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Full text of "Das literarische Deutschland : Mit e. Einl. v. C. Beyer"

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Adolf Hinrichsen 


HÄZIEST 


THE INCOME FROM 
THE BEQUEST OF 
MRS. ANNE E. P. SEVER, 
OF BOSTON, 
Widow of Ool. James Warren Sever, 
(Class of 1817,) 


3 Nbay, ERP 





Vrofpekt. 


„Marnches Jahr fchon trug ich mich mit dem Plan des „literarifchen 
Deutfchlands". Ich empfand es ftets als eine große Lücke in unſerer natio- 
len Fiteratur, daß fie nicht ein Werk aufjzuweifen hatte, das die Geiftesfchäße 
des Dolfes der Denker und Dichter (nicht folche der letzteren allein) zufanımen: 
faßt, ſeien es auch mer die einer beftimmten Heitepoche: eine Art Moment: 
photographie, die unfere deutſchnationalen Errungenschaften und Beftrebungen 
wiederzufptegeln im Stande ift — — — —“ 

So beginnt Adolf Hinridfen fein Dorwort zu feinem großen literar: 
hiftorifchen Werf „Das literarifche Deutſchland“. 
| Und fpäter heißt es dafelbit: 

„Ob es gut gelang, das zu entfcheiden überlaffe ich den maßgebenden 
Kunftrichtern und — der vox populi.“ 

Nun denn, jene Lücke in unferer nationalen Kiteratur ift nicht mehr vor: 
handen, unfer „literarifches Deutſchland“ hat fie ausgefüllt, und diefe Kunft: 
richter und die vox populi haben geſprochen. Die Iestere durch die 
That; denn „Das literarifche Deutfchland“ ift viel begehrt und wandert 
in alle Welt, nah allen Erdteilen. — Die erfteren mögen in unferen Citaten 
\elbft reden; iſt es doch wie eine Hochflut von Glückwünſchen, Belobigungen 
und unge über den Autor BEN deſſen — — 








| ‚Das literarische Deutichtand da preis eleg. gebunden 12 Mark. 
7 Fl. 45 Rr — 1 Fr. 


Durch alle Buchhandlungen des Ins und Auslandes zu beziehen. 


—— 


Vorſtudien, wie fie ein fo umfaffendes Gebiet: die Geſammt -Literatr 
aller Zweige erfordert, in würdiger Weife lohnend. Ja, find doch den peı 
fönlichen Feinden und Heidern hinrichſen's — wer hätte die nicht, nachdeı 
er etwas ſich errungen! — die Waffen, erhoben, um diefem Werke zu Schade 
che noch ein Buchftabe deffelben gedruckt war, in den eigenen Händen verfehrl 
fo daß ihre beabfichtigten Stöße, von dem Gegner nicht einmal des Parieren 
für würdig erachtet, auf fie ſelbſt zurüdprallten, ihre wahren Motive ent 
hüllend. Auf den Sieg über diefe ift der unentwegt vorwärts gefchritten, ” 
Derfaffer diefes Werkes nicht ftolz, wohl aber auf feine Schöpfung, und dab. 
er ein Recht hierzu hat, das mögen die nachfolgenden Seiten bezeugen. — 


Die Verlagshandlung: 


Verlag der Albumſtiftung 
(Carl Hinſtorff's Verlag). 


— 


Die Kritik 


' über die Lieferungsausgabe des Werkes „Das literarifhe Deutſchland“ 


von Adolf 


Hinrichſen. 


Maximilian Schmidt: 


— „Die prächtige Einleitung von 
. Beyer führt das Werk in glängender 
Reife bei dem deutſchen Publikum ein 


Werke der zeitgenöjfiihen Literas 
tur bilden.” — Zum Schluß wünfht der 
Kritifer dem Autor „alles Glück zu dem 


— — — und das Hauptwerf — —, Ihönen Unternehmen und den wohlver: 


a8 ſich würdig der Einleitung an: 


licht, wird eines der interefjantejten | 


dientenLohn : die allgemeine Anerkennung, 
die demſelben ſicher zu Teil werden wird“ zc. 


PR. I. Pcldersen 


hebt Hervor „den wahrhaft erjtauns 
lihen Fleiß, mit dem das Werf ber: 
geitellt ift und die folojfale Arbeits: 
maffe, die darin ſteckt. Die Anordnung 
des mächtigen Sammeljtoffes ift im Einzel: | 








nen ſehr überfichtlich und durch die ver: 
Ihiedenartige Einführung der Schriftſteller 
mit Abwechſelung von jelbitredend Auftres 
tenden befonders reizvoll. Das ‚@anje ist 
eine wadere, großartige Leiſtung.“ 


Ttofeooor Rev. 8. MD. 6. Hering 
Carlſtadt, N. Jerſey (Amerika) 
Ichreibt an den (ihm perfönlich unbefannten) Autor: 


„Fhr „Hlerarischeso Deutschland — 


Setzoffen of. 


a er ZU 
Sassen Sie sich denn, 


— bereitet mir die geofe Freunde, Phnen|verehrler Herr, in aller Kürze sagen, 


über den Öscan meine ausgeseichnete 
ÜInerhennung dafür su oenden. Bin 
solches Werk, wie das hrige, otcht 
geradezu einzig in unserer deutschen 
Piteralur da. Schon afkein die bloßen 
Namen all” Ser verschiedenen „Schrift- 
sleller“, Sie auf diesen Shrentilel An- 
spruch haben, aus der unabsehbaren 
ut von „Shribenten" Acraus zu sam- 
mein, erfordert eine oo umfangreiche 
Belesenheit und ein so gereiftes, über 
die verschiedensten wissenschaflfichen 
Objekte sich verbreitendes und darum 


aß wohl Niemand Ihre Arbeit so 
sehr würdigen wird, als as filera- 
cisch gebilPehe Amerika, 8as mit einer 
— ich möchte sagen — gewissen Fie- 
Gechitse unsere Seulschen geistigen 
Produktionen verfolgt, namentlich 
vor eisernem Heiß sowieso den höch- 
ofen Respekt hat, um wieviel mehr 
vor dem Ahrigen, Ca er mit einer 
sofchen Belesenheit und Aritlischen 
Befähigung wie hinzeichender Hennt- 
nis Oer persönfichen Verhältnisse ge- 
paact ish“ 


gans ungewöhnliches Mrteil, Cafß man 


„Das literarifhe Deutfdland.“ 


Preis eleg. gebunden 12 Mark. 


Durh alle Buchhandlungen des In: und Auslandes zu beziehen, 


* 


4 
Dr. Max Koch 


N Yigg der „Zeitfchrift für vergleichende Literaturgeſchichte“) 


ihrer, 
ıbrung 
dit ji 


fällt „ein unbfdingt anerfennendes Urteil“ und erklärt das Unternehmen für „ein cher Üü 


jeitgemäßes und mit hervorragender 


Umſicht durdgeführtes“ 2c. 


August Silberstein: 


(in der „Wiener Allgemeinen Zeitung‘) 


— — — „das „Literarifche Deutich- 
land“ in feiner Vollendung ein Nad) 
Ihlagebud, das für literariiche Kreiſe 
großen Wert haben und fogar ein Be: 
dürfnis bilden wird. Könnte man über 
einzelne Namen und nicht entichiedene, 
Abgrenzung von Willenichaft und Belle: | 


triſtik rechten, jo bleibt dagegen wieder, 


eine Namensfülle, auch bibliographiiche 
Derjelbe ferner an gleiher Stelle: 
— „ſo ijt einerfeits das Streben 


Reichhaltigfeit, welche in gegebenen Fällen :_ 
‚ihre Ihägbare Nüplichkeit bewähren und ” 
‚diesbezüglich in feinem anderen biogra: 
phiihen Lexikon erreiht werden. Die 
Ausjtattung des Verlages iſt vorzüglid 


hlunc 


und man muß geitehen, daß die Biogra⸗ ve: 


phien — aud Zelbjtbiographien — in: 
tereflante Einblide, und mit der Fülle 
immer mehr, gewähren.“ 


die der Schriftiteller und Dichter eine 


deutlich, Allen möglichit gerecht zu werden, Abwechslung und Erfenntnis des ir: 


andererjeits ein in hiltorijcher und lite: 
rariiher Hinfiht brauchbares, 
Ihäßenswertes Handbuch in verhältnis: 
mäßig kurzer Zeit zu vollenden. 
Selbjtbiographien mehren ſich ſogar und 
geben höchſt intereflante Einblide in 
Stufengänge des Strebens, wie übers 
haupt faum andere Lebensgänge, als 


ebenio | 
Leſeſtoff. 
Die 


diſchen Schidjals ergeben dürften. 


* 


trım 


Hier iſt nahezu einromantijidher — 


Die Ausführlichkeit des bi— 
bliographiſchen Teiles bei den einzelnen 
Namen iſt ein Vorzug, der noch mit den 
Jahren feinen Wert ſteigern, überhaupt 


ſich dem Bedürfniffe befonders entiprechend | 


bewähren wird.“ 


Prof. Dr. Ferd. Mar. Wendt: 


(in der „Silefia”) 


„Allen Freunden der modernen deutichen & 


Literatur, ſowie 


allen Schulbibliothefen it Adolf Hinrichien’s „Literariihes Deutſchland“ bejtens 


zu empfehlen“ zc. 


Friedrieh v. Sehmidt: 


— „Mir gefällt das Merk außeror: 
dentlih. Es enthält alles, was der Freund 
unjerer Literatur darin nur irgend zu 
ſuchen berechtigt ift. Beſonders muß ich 


den flaren und lebendigen Stil loben, in 


Derfelbe an anderer Stelle: 


— — ,Ndolf Hinrichjen bietet uns 
die Hand zu einem Gange durch Die 


welchen es gefchrieben ift, und der wirk— 
ih den unklaren, verſchlungenen, lang: 
atınigen Stil, in dem leider fo viele hoch— 
gepriefene Romane unferer Zeit abgefaßt 
Jind, weit übertrifft” 2c 


'deutiche Literatur, durch den blühenden 
deutſchen Dichtergarten. 


Wir kennen den 


— 3— 

Führer, die Kenntniſſe, Sicherheit, Erz verſteht und in klarer, leicht verſtändlicher 
Fahrung und Zuverläſſigkeit deſſelben. Sprache zu uns zu reden weiß. Grund 
Wir "willen, daß er uns den ficherften genug, feine Hand gerne und willig zu 
und kürzeſten Weg durch die vielfach ver: | ergreifen“ ꝛc. 

ichlungenen Gänge des Gartens zu zeigen 


August Srebentlist 


erklärt das „Literarifhe Deutſchland“ „für berufen, eine bisherige Lücke im deutſchen 
Schrifttum thatſächlich bejtens auszufüllen“ zc. 


Wilhelm Ressel 


bezeichnet das Werk als „ein im der That wertvolles, den Stoff vollkommen er= 
ihöpfendes und verdienſtvolles“ und die Einleitung Beyers als „eine äußerſt 
treffliche”. 


Rudolf Pfleiderer: 
(in Perthes' „Deutſches Literaturblatt”) 


— — ‚Bir erhalten bier ein jtatt | Epigonentum bezeichne, fondern einen 
liches Werk von ſchönem großen Druck Aufihwung zu echt beutjchenationaler 
— — —. Go tritt das ſchöne müs | Poeſie“ — gewiß aber auch nod) ein 
hbevolle Werk von Adolf Hinrichien in) Wogen gärender, zum Teil zerftörender 
eine fühlbare Lüde ein —, die es richtig Kräfte! Nach allen Seiten wird das 
ausfült. Beyer jchidt eine hiftoriiche Werk als Literaturgejhichte der Ge— 
Einleitung voraus, in welcher er auf die genwart und als unentbehrliches Nach— 
Seite jener Anficht tritt, „daß die Lite: ſchlagebuch willkommen fein.“ 
tatur der Gegenwart fein ſchwächliches 





Derjelbe ferner an gleicher Stelle: 


— — „Das Werk ift vermöge feiner wart mit reihem Material an 
Ausführlichkeit (ohne Gedehntheit) weit Baufteinen dazu, zum Teil Selbſt— 
mehr, als nur ein praftiiches Nach: | fchilberungen unferer literarischen Zeit: 
ihlagebud, vielmehr ein Quellwerk genoſſen. 
jur Literaturgefhichte der Gegen: | 


Gust. Woldem. Frh. v. Biedermann: 


„Ss wird durch das „literarische Deutich- | einen Begriff bilden zu fönnen, was zur 
land“ ein Handbuch) geboten, welches ſehr Beurteilung ihrer Arbeiten oft recht 
eriprießliche Dienjte leiften wird, um ſich | wichtig iſt“ ac. 
über die Perfönlichkeit des Schriftitellers 


„Das literarifdhe Deutfdland.“ Preis eleg. gebunden 12 Mark. 
Durd alle Buchhandlungen des In: und Auslandes zu beziehen. 





6 


Eduard Loewenthal: 


(in der Parifer Revue „Le Monde de l’Esprit“) 


— — — „Nos voisins, tout en se| 
targuant en maintes occasions d’etre 
par excellence la nation des penseurs, 
ne semblaient pas avoir fait grand 
cas, jusqu’& prösent, ni de leurs pen- 
seurs en general, ni m&me de leurs 
penseurs eminents. Dans les etudes 
sur l’histoire de la litterature natio- 
nale, les poétes seuls avaient les hon- 
neurs de la discussion. 
ceux-ci se contentait-on de trier 
quelques individualites privilegiees, | 
dont on faisait l’apoth6ose la plus 
outr&e et dont on poussait l’analyse | 
jusqu’aux moindres details, avec une 
insistance fatigante. 


Encore parmi | 





L’ouvrage deM. Ad. Hinrichsen peut 
done être considere comme un veri- 
table pronunciamento contre l’outre- 
cuidance de certaines coteries litte- 
raires. L’auteur a fait porter son 
examen sur les Guvres des prosateurs 
et des auteurs dans toutes les branches 
scientifiques et philosophiques, aussi 
bien que sur les @uvres des poe6tes. 
A. Hinrichsen a done le merite d’avoir 
mis fin & cette pratique traditionnelle 
de la suppression par le silence (Todt- 
schweige-System), et de r&parer dans 
une certaine mesure l’ingratitude de 
ses compatriotes envers leurs gens de 
lettres.‘“ 


Ludwig Goldhann: 


— „ein treffliches Nachſchlagewerk, das 
wirklich eine empfindliche Lüde in unferem | 
literarifchen Leben ausfüllt und eine höchſt 


wertvolle Ergänzung ber vorhandenen Con⸗ 
verjationslerifa bildet. 


Georg Ebers: 
— —, erkennt den Eifer und das | bezeichnet ferner das Werk als „ein ſehr brauch 


Gefhid an, mit dem Adolf Hinrichlen 


diefe Schwierige Aufgabe gelöft hat.“ Er 


bares und nützliches, das jeinen Erfolg 
verdient” ꝛc. 


Isidor Proschko: 
(im „Neuigfeits:Weltblatt”) 


— — „ein fehr Schön ausgeftattetes und hochintereſſantes Werk, dem 


Leſerkreiſe ſehr warm empfohlen.“ 


Max Vogler: 


(in der „Thüring. Volksztg.“) 

„Dieſes umfangreiche Werk ift ein zeit: umfafjende Darftellung alles deſſen giebt, 
gemäßes Unternehmen im eigenjten was von den gegenwärtig lebenden deuts 
Sinne des Worts. Es foll eine längft ſchen Schriftitellern und Schriftftellerinnen 
empfundene Lücke in unferer nationalen Li- auf den verichiedenen Gebieten literari- 
teratur ausfüllen, indem e8 eine möglichit ſcher Thätigkeit geleitet wurde. Die Form 


i — 


der Darftellung iſt die biographiiche, die | Beyer, der Verfailer der großen „Deut: 


aber dadurch, daß die Verarbeitung des | ich 


gewaltigen Stoffs im einzelnen als eine 
fehr verfchiedenartige auftritt und die in 
das Merk aufgenommenen Autoren darin 
zum Teil ſelbſt über ihr Leben und Schaffen 
erzählen, eine wohlthuende Diannigfaltig- 
feit erhält. Die literariichen Arbeiten der 
betr. Schriftitelleer — „Denker und Did; 


ter“ im weiteiten Umfange — find teils. 


im, teil8 unter dem Tert in fleinerer 
Schrift aufgeführt, was einen raſchen 


Überbli jehr erleichtert, und Die alpha: 


betifche Anordnung des Ganzen macht das 
Werk zu einem höchſt wertvollen Nach— 
ſchlagebuch, das jedem, der ein Intereffe 





ſchen Poetik“, hat das Werf mit einer fehr 
inftruftiven und begeijtert gefchriebenen 
längeren Skizze über die gefammte poetische 
Literatur von ihren Anfängen bis auf 
die Gegenwart wirkſam eingeleitet, und 
er zeigt fi darin von den beiten Hoff- 
nungen auf die nächte Zukunft unjeres 
nationalen Schrifttums erfüllt. Das Bud, 
welches der Herausgeber übrigens durch 
eine forgfältige Beobachtung und weitere 
Berüdfihtigung alles ‚neuen Werdens‘ 
auf literariſchem Gebiete fortzufegen ge: 
denft, führt uns alfo mitten hinein in den 
erhabenen Tempel deutichen Geiſteslebens, 
und wir können nidt anfleben, das- 


bat an unferer Literatur und allem, ſelbe Sowohl nad der praktifhen wie 
was damit zufammenhängt, unent- idealen Heite hin als ein ungemein 
behrfih fein wird. Der rühmlichit be: | verdienftvoles zu bezeichnen.“ 


kannte Literarhiftorifer Prof. Dr. Conrad 


Ludwig Büchner: 
— — ‚id fann mid nur anerfennend über die ebenfo mühfame wie fleifige 


Arbeit ausſprechen“ ꝛc. 


Ftof. Heinzich Gross: 


„— eindanfenswertes Unternehmen. Die | der Einleitung, die in meifterhafter Weiſe 
Einleitung ift, wie von einem Fachmanne Bündigkeitmit Gründlichkeit vereint, feinen 
wie C. Beyer nicht anders zu erwarten | Eintrag zu thun. — — Dies Werk, das 
ſtand, gediegen und geijtvoll gefchrieben. für jeden Freund unjeres nationalen 
Iſt man auch mit mander Anſicht Beyers  Schrifttums umentbehrlih ilt, hat 
nicht einverftanden, fo iſt dies wiſſenſchaft meinen vollen Beifall” ꝛc. 
liche Anfichtsjache und vermag dem Werte 


Gerh. v. Amyntor (Dagob. v. Gerhardt): 


— ‚Wer fchnellüber die Berfonalien und | will — — der wird mit Freuden nad 
Schriften eines Autors orientiert fein | dem „literariichen Deutichland“ greifen“ zc. 


Brof. Dr. J. Frohschammer: 


— „Es iſt bewunderungsmwert, in fo kurzer Zeit das großartige Unternehmen 
foweit zu fördern. — — Das Werk fann ja nur allmählich volljtändig werden 
und muß ja ohnehin in bejtändigem Werden begriffen bleiben, da immer neue 
Schriftiteller auftreten, die Berückſichtigung heiſchen“ 2c. 


„Das literarifhe Deutſchland.“ Preis eleg. gebunden 12 Mark. 
Durch all: Buchhandlungen des In- und Auslandes zu beziehen, 











— 3— 


Dr. Heinrich Penn: 


(in der „Brünner Morgenpoſt“) 


„Es handelt fich bei dem Herausgeber | Ziele gedenft, die er fich bei feinem Sams 
darum, ein eht nationales Literatur= melwerke geftedt hat. Eine werthvolle Ein: 
werf zu jchaffen, wie es uns bis jegt in | leitung aus der Feder des renommierten 
der wünjchensmwerten und unferer Bücherei | VBerfaffers der „Deutichen Poetik“, Prof. 
würdigen Weiſe gefehlt hat. Dabei lag Dr. E. Beyer, unter dem Titel „Geiſt 
es Hinrichſen ferne, die guten und ihren und Inhalt der deutſchen poetischen 
Zweck erfüllenden Literaturkalender, Hilfs: Literatur“ ſchließt fi daran und bietet 
bücher ꝛc. herabzujegen oder ihnen ents | in feiner lihtvollen Daritellung, zahlreiche 
gegenzutreten, find diefelben dod von neue Gefichtspunfte enthaltend, eine über: 
vornherein nur für den Fachmann an= | aus gehaltvolle Beigabe des Werkes. Nun 
gelegt und diefem vielfadh unentbehrlich, | folgt das Hauptwerk, nad) dem Alphas 
während fie, ihrem rein jahlihen Inhalt | bet geordnete Biographien jener Helden 
nad), das Intereſſe des Laien naturgemäß | von der Feder, welche durch ihre ſchrift— 
ausichließen. Er will ein bleibendes jtelleriihe oder journaliftiihe Thätigkeit 
Dentmal beim Volke allen jenen | Aniprud erheben fünnen, dem litera> 
fegen, welche dur Ausübung des edelſten riſchen Deutichland zugezählt zu werden, 
Berufes, der Schriftitellerei, in der Jept: | und finden wir in dem Bude eine Dar: 
zeit dazu beigetragen haben, uns Deutz | ftellung ihres Lebensweges, ihres Schaf: 
chen den Titel des „Volkes der Dich: fens, Wirkens und ihrer Werte. — Das 
ter und Denker“ im beiten Wortjinne | Werf wird nicht verfehlen, allerwärts 
zu erringen; und wiederum nicht nur um das größte Interefje zu erregen, — 
jene wenigen handelt es fi, deren Na: es bietet uns eine erſchöpfende Darftel: 
men der breiten Maſſe des Volkes bereits | lung der gegenwärtig ſchaffenden und wir: 
vertraut flingen, fondern es galt allen, | fenden „Ritter vom Geiſte“ auf dem Felde 
auc) jenen waderen Streitern, deren Thä- | der literariichen Produttion. Wir em: 
tigkeit eine befchränttere, in engere Gren- pfehlen das Werf den deutichen 
zen gebannte bleibt, während ihr Streben Yamilien, die ihre Schriftiteller 
vielleicht nicht weniger mutig, edel und an: und Publiziften, von denen jie 
erfennenswert it. Wir können dieſer | ja täglich die Speife für den Geift 
Bublifation unjere Anerfennung erhalten, auch näher kennen ler- 
nicht verfagen. Sie enthält ein Vor: nen jollen, aufs bejte.“ 
wort des Herausgebers, in dem er jener, 








Johannes Fastenrath 


erfennt an „den großen Eifer und die vortreffliche Methode des 
Verfaſſers“ und it der Dieinung, dab „„Piefes Werk für die Kenntnis 
unjerer Literaturgejchichte von dauerndem Werte ijt.‘ ıc. 


Konr. Ferd. Meyer: 


— — „Ein gutes und dienftbares Buch, | holen fann. Das Unternehmen iſt deshalb 
wo man jih in allen Fällen Rates er: ein nügliches und zeitgemäßes“ 2c. 


— — 


Prof. Dr. Johannes Flach 


urteilt, daß „Dies Werk einem fühlbaren Bedürfnis entgegenfommt, da es wert: 
volle und abfolut zuverläffige Biographien enthält; das Verfahren, den Autor 
jelbft reden zu laſſen, verdient jedoch den Vorzug. Die Auswahl beweilt, daß 
alles mit Verſtändnis und Geſchick angeordnet ift” ꝛc 


Rudolf Schact: 
(im „Norddeutichen Journal“) 


— — „Vorerſt haben wir E. Beyers | den Augen zu verlieren. Daß auch Adolf 
wohlgelungene Abhandlung über „Beift | Hinrichlen nur durch ermunterndes Ent: 
und Inhalt der deutſchen poetiſchen Liter | gegenkommen ſeitens der Schriftſtellerwelt 
ratur“, welche dem Werke als Einleitung dies nationale Werk ſchaffen konnte, iſt 
dient, rühmend hervorzuheben. Was das ‚leicht einzujcehen. „Ob es gut gelang?“ 
Werk felbft, die Anordnung und Auswahl | fragt er in der Vorrede. Bieten die übri— 
des gewaltigen Stoffes betrifft, jo müflen gen Lieferungen dieſelbe veiche Mannig— 
wir dem Herausgeber unfern vollen Beis | faltigfeit der Darjtellung, die, ohne zu er: 
fall geben, wenn auch hie und da kleine müden, unterhält und belehrt, fo fei dem 
Lücken bemerkbar ind. Mir willen aus Verfaſſer des „literariihen Deutſchland“ 
eigener Erfahrung, wie Schwierig das Zus | ein herzliches „Glückauf“ zugerufen. Die 
ſtandekommen eines jolhen Sammelwerfes | elegante Ausstattung, der forrefte Drud 
it, wie viel raftlofe Energie und Aus: werden das Buch fchnell in den Kreifen 
dauer erforderlich ift, um unter den mans | ber Schriftiteller und des Publikums be= 
nigfahen Widerwärtigkeiten nicht zu er= | liebt machen,“ 
lahmen und das vorgejtedte Ziel nicht aus 


Professor Dr. Rudolf Seydel 
urteilt, da „‚da8 Werk feinen Zweden vollauf Genüge thut“. 


Alexander Büchner: 
„Das Vorwort ift ſehr anfprechend und [rung ift vortrefflih und läßt jede Kon— 
die Einleitung überfihtlich, gedrängt, aber | furrenz hinter ſich“ ac. 
vollftändig. Die typographiſche Ausfüh: 


HEirnst Evers: 
(im „Immergrün“) 

„Ein Eammelwerf, das vielen Fleiß | pfehlen das Buch allen denjenigen, welche 
verrät, ein vorireffliches Hilfsbuch für Li- ſich mit der lebenden Schriftſtellerwelt 
teraten, Redakteure ꝛc, ein Bauftein Deutſhlands bekannt zu machen wün— 
für den Literarhiſtoriker: wir em⸗ ſchen.“ 


„Das literarifhe Deutſchland.“ Preis eleq. gebunden“ 19 Mack. 
Dur alle Buchhandlungen des An: und Auslandes zu beziehen. 








10 


Fr. Brunold: 


„Für jeden Kritifer unentbehrlich, wie 
denn jeder Freund der deutichen Litera— 
tur e8 mit Nugen gebrauchen wird, Es 


it zu wünſchen daß die Beftrebungen des 


Verfaſſers Lohn und Anerkennung finden 


‚ mögen.“ 


Dr. Carl Biltz: 


(in der „Norddeutfchen Allgem. Zeitung”) 


— — „Die Biographien haben alſo 
größtenteils den Vorzug unbedingter Zus 


|9et ſich ihr Pfad abfeits in die Büſche 


geſchlagen und zu kaum befannten und 


verläffigkeit und Originalität. Dev letz- für möglich gehaltenen Erwerbsquellen ge— 
tere Umftand bedingt es auch, daß wir; führt. — — — Eingeleitet iſt das Werk 
hier nicht nur ein gemwöhnliches von einer Überficht des Entwicelungs: 


Nahfhlagewerf vor uns haben, 
fondern dab das Buch auch zu forte 
laufender Lektüre brauchbar und 
empfehlenswert ift. Die Lebensläufe 
der verfchiedenen Dichter und Schriftjteller 
zeigen uns gar viel verjchlungene, oft recht 
feltfjame Bahnen: felten, daß die betreffen: 
den die große Heeritraße gewöhnlicher bür- 


ganges unferer poetiichen Literatur durch 
Profeſſor Beyer, den bekannten Verfafler 
der „Deutfchen Poetik“. Es werden darin 
manche intereflanten und geiltvollen Ber: 
ſpektiven über die Entwidelung unferer 
‚Literatur, nit nur aus der Vergangen: 
heit, fondern auch für die nächſte Zukunft 
aufgeſtellt.“ ꝛc. 





gerlicher Berufsarten gewandelt find, oft 
Derſelbe ſpäter an gleicher Stelle: 


— — „Die biographiſchen Skizzen der Männer der ſtrengeren Fachwiſſenſchaft in 
einzelnen Schriftſteller enthalten in knap⸗ den Bereich feiner Mitteilungen mit bins 
per Form, aber überall den Eindrud | eingezogen hat. Dem Lefer wird es inter— 
friiher Originalität und Zuverläffigkeit |effieren, auf diefe Weife in bequemer 
machend, das Notwendigite über den Le: | Form Nachrichten von dem Lebensgange 
bensgang des jedesmaligen Autors und |vonDännern zu erhalten, welche oft im 
die hauptſächlichſten feiner publiziſtiſchen Leben wie in den Kreifen der Wiſſenſchaft 
Veröffentlihungen. Angenehm berührt es | genannt werden, ohne daß doch bisher 
bejonders, daß der Herausgeber ſich nicht | aus den ſonſt leicht zugänglichen Encyklo— 
auf die ſchönwiſſenſchaftlichen Schriftitel: | pädien oder Konverjationslerifen Näheres 
lec allein beſchränkt, ſondern auch die |über diefelben zu erfahren war.“ 


Emil Peschkau: 


— — „ein fehr nügliches Werk, in dem ich Vieles gefunden, was mir nicht 
bloß neu, jondern auch intereffant war” ꝛc. 


Konrad Telmann: 


„ein wertvolles und empfehlenswertes Nachſchlagebuch“ xc. 


11 


Robert MWile-Aucisner: 
(im „Bromberger Tageblatt") 


„Als das Unternehmen projekticrt und | tigung des vorliegenden Werkes fcheint 
zur Teilnahme aufgefordert wurde, erhob | uns in jeder Weiſe erwiefen. — — Wohl 
ich plöglich gegen den Herausgeber eine viele Leſer möchten gern etwas 
Polemik, die — wir müſſen das offen Näheres über ihre Lieblingsauto- 
geitehen — eimas weit ausholte, um ren erfahren, — — da kommt 
ihren Zwed zu erreihen. — — — Beyer ihnen denn das „literarifde 
giebt in der Einleitung einen Mae Male | Deutimlann- zu Hilfe und giebt 
ten Überblid über die gejammte deutſche erſchöpfende Auskunft“ x. 
poetifche Literatur. — — Die Berech⸗ 


Hermann Kiene: 
(im „Hausbuch“) 

„Das monumentale, von dem | Hebung und Entwicelung der Poefie ver: 
rühmlichft befannten Dichter Adolf heigende Bewegung wiederfpiegele, in 
Hinrichfen herausgegebene Werf „Das die Erfcheinung getreten, ein Rieſen— 
Iiterarifhe Deutichland“ liegt vor uns. werf, dem das ganze literariiche 


Somit ift der jahrelang gehegte Wunfch 
des Herausgebers, der deutfchen Kitera: 
tur ein Buch zu geben, welches die Ge: 
genwart in ihrer literarifchen Bedeutung, 


Deutſchlaud und alle, welche au 
der geiftigen Eutwickelung un— 
ſerer Nation mitarbeiten, Juter- 
eife bezeugen ſollten.“ 





die Präftig aufjtrebende, eine grandiofe 


Carl Trog: 


„Wohl noch nie habe ich ein Buch | der fühlt lebhaft, dass dieses „litera- 
mit solcher Befriedigung aus der Hand |rische Deutschland‘ dem deutschen 
gelegt, wie dieses, das dem deutschen | Volke bisher gefehlt hat, und wenn 
Volk einen Einblick gewährt in das | die ursprünglichen Widersacher dieses 
Schaffen der lebenden deutschen‘ Werkes jetzt erkennen werden, wie 
Schriftstellerwelt, welche in edlem Wett- | dasselbe die Gemüter des Volkes sei- 
eifer die hehre Blütenzeit deutscher | nen Schriftstellern und deren Werken 
Literatur herbeiführen wird, wie sie|zuwendet, dann müssen ihnen die 
der beredte Prophet in der Einleitung | Waffen aus den Händen sinken, wol- 
so bestimmt und hoffnungsfroh ver- | len sie nicht im eigenen Fleische wü- 
kündet. Wer dies Werk gelesen hat, | ten“ etc. 


Hhulfiche Arteile finden ſich in zaffreihen deutfhen und 
ausländifhen Beitfhriften und Bageblättern. 





„Das literariſche Deutſchland.“ Preis eleg. gebunden 12 Mark. 
78.4 Ar. — 15 Fr. 


Durd alle Buchhandlungen des In: und Auslandes zu beziehen. 





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Dis! literarifche Deutfchland, 


Don 


Adolf Hinrichſen 


mit einer Einleitung von Prof. Dr. C. Beyer. 


Berlin und Roſtock. 
Derlag der Album-SHSfiftung. 
(Carl Hinſtorff's Verlag.) 

1857, 





Dorwort. 


Manches Jahr fchon trug ih mich mit dem Plan des „literarifchen 
Deutfchlands”. Ich empfand es ftets als eine große Lücke in unferer natio- 
nalen Kiteratur, daß fie nicht ein Werk aufzuweiſen hatte, das die Geiftesfchäße 
des Dolfes der Denker und Dichter (nicht folche der letzteren allein) zufammenfaßt, 
feien es auch nur die einer beftimmten Seitepoche: eine Art Momentphotographie, 
die unfere deutfchnationalen Errungenfchaften und Beftrebungen wiederzufpiegeln 
im Stande ift. Und doch hege ich den Stolz, nicht nur eine folche, durch 
das erdrücende Morgen bereits verwifchte, in dem „literarifchen Deutfchland“ 
j.t liefern, fondern ich gedenfe, mein hiermit begonnenes Werf fortzufeßen: 
viele Momentphotographien zu fchaffen und das ewig neue Werden in folchen 
feftzubanmen, foweit meine Kraft reiht. Danach wird ein Anderer, vielleicht 
Befjerer ſich finden, der diefes mein Erbe mit Frohmut und feſtem Willen 
antritt. 

Ja, Frohmut und fefter Wille! Beide gehören zu einem folchen Gang 
durch das gewaltige literarifche Deutfchland. 

Es ift hier nicht der Ort, vom „Schriftftellerelend” zu erzählen, oder gar 
ein Klagelied darüber anzuftimmen. Die älteren Glieder des literarifchen 
Deutfchlands kennen daffelbe, und die jüngeren werden nicht davon verfchont 
bleiben. Niemand vermag fein Ohr und Auge zu verfchliegen gegen die 
Ausflüffe fogen. „Kollegialität”, geboren vom fchelfüchtigen Gefpenft der Miß— 
gunft, welches nirgend fo ftattlich und fo daheim ift wie bei dem „Dolf von 
Brüdern”, das mit der Feder herrfcht, foweit die deutfche Zunge klingt. Es 


IV 





ift zwar verlockend, einige Entbüllungen zu machen, gewiß wären fte recht 
lehrreih für Manchen und bewahrten ihn vor unangenehmen und häßlichen 
Berührungen, wie fie allerdings Wenigen erfpart bleiben. Auch mir nicht, 
feit ih es wagte, mitringen zu wollen nah dem Kicht, trogend jenen unfauberen 
Elementen, die einen fo dunklen Schatten auf unfer Iiterarifches Deutfchland 
werfen, indem ſie neidvollen Berzens, alles zu ſich hernieder in den Staub zu 
ziehen verjuchen. 

Doch mit wel’ hoher Genugthuung, mit welch’ gerechtfertigtem Stolz 
blife ich auf jene andere Seite; febe die gefamte vornehm denfende Schrift: 
ftellerwelt; böre ihr Willkomm; richte mih auf an ihren herzerquickenden 
Worten der Ermunterung und ergreife ihre helfenden Hände. a, fie ftanden 
freu auf meiner Seite, all die Zeit, die Edlen. Auch bei dieſem Werf, und 
es gelang. Ob es gut gelang, das zu entfcheiden überlaffe ich den maßge— 
benden Kunftrichtern und — der vox populi. 

Über mein Werk felbft habe ich wenig zu fagen: möge es für ſich felbft 
fprehen! Die Einleitung in daffelbe bat ftatt des Herrn Prof. Honegger, 
wie urfprünglich Deabjichtigt, der berühmte Derfaffer der „Deutſchen Poetif” 
zu fchreiben mir die Ehre erwiefen, worüber mit mir alle diejenigen erfreut 
fein werden, welche das eben genannte monumentale Werk Prof. Dr. Beyers 
fonnen. 

Ih babe geglaubt, durch die verfchiedene Wiedergabe des groß: 
arfigen mir gebotenen Stoffes (den ich bei der Zahl der Berückſichtigten felbit: 
verftändlich nicht ftets in feiner ganzen, oft unmöglichen Breite habe verwenden 
können) eine reizvolle Mannigfaltigkeit zu fchaffen. 

Eine eingebendere Kritik auszwüben, habe ich nicht als meines Amtes erachtet; 
vielfach ift mir jedoch eine kurze derartige Bemerfung anı Plate erfchienen, 
fhon um derjenigen willen, deren Erlebniffe gering (bez. mir in geringem 
Mage Fundgegeben), währmd ihre literariſchen Leiftungen groß waren, fo das 
durch die Länge der einen Biograpbie im Derbältnis zur anderen leicht ein 
irrtümliches Dorurteil erweckt werden könnte, ein Fall, der bei Kennern 
natürlich wicht eintreten wird. 

Mein Werk beſchäftigt fib nur mit dem lebenden literarifeben Deutſch— 
land, Leider babe ich daber, der Konfequenz balber, manchen lieben und ver: 
trauten Namen aus meiner Eifte entfernen müffen, da em böberes Gefchic 
ihn plößlich geitriben bat (U. v. Dewis, Ed. Dochler, Kom. Fligier, G. K. 


v 


Fromman, Wilh. Genaft, Karl Grün, 6. v. hirſchfeld, Th. v. Huber: 
fiebenau, Eug. John [Marlitt!, Ad. Jordan, H. Jordan, B. Jülp, Iof. 
Jungmann, Ed. HKöller, W. Koner, B. R. K. Langenbef, Aug. Frh. v. 
Koen, 5. Kuchs, Joh. Hordmam, A. v. Reumont, ©. Saalfeld, Ad. Schmidt, 
Wilh. Schnitter, F. Th. Difcher, Joh. Willomiser, Aller. Fiegler u. 4.) 

Es erübrigt mir nur noch, meinen berzinnigen Danf allen Jenen zu 
fagen, die mir mit Rat und That geholfen haben, mein fchwieriges Unter: 
nehmen zum erft geſteckten Siel zu führen. Ich habe meine befte Kraft 
daran gefetst, mich diefer Sreumdlichfeit würdig zu erweifen und werde befon: 
ders danfbar fein, wenn ich aufmerffam gemacht würde, wo mir das nicht 
gelang. Jeder Winf für die Derbefferung diefes Werkes wird mir herzlich will: 
fommen fein, möge er immerhin einen Tadel in fich fchließen. Dor allem aber 
lade ich alle diejenigen aus unferem großen Kreife, welche in diefem 
Buhe noch fehlen, in die geplante Fortſetzung meines „litera> 
riihen Deutfchlands“.*) 


Charlottenburg bei Berlin, am 1. Oftober 1887. 


Adolf Hinrichjen. 


*) Ein von mir beitimmter Teil des Neinertrages diefes Werkes flieht in die Unter— 
ftügungsfafle Des „Deutſchen Schriftfteller- Albums“ (Albumftiftung für arme Kollegen). 


Geift und Inhalt der deutfchen poetildyen Literatur 
Einleitung 
in „Das literarifhe Deutſchland“ 


von Prof. Dr. €. Beyer 
(Verf. der Deutſchen Poctik). 


Um die nationale Bedeutung der Beltrebungen des literarischen Deutich- 
lands und jomit die Stellung der gegenwärtigen Literaturepoche anſchaulich zu 
machen, iſt eine hiſtoriſch-philoſophiſche Beleuchtung der gefamten deutichen poetiichen 
Literatur in ihren Anfängen, in ihrer Entwidelung, in ihren drei Blütenperioden 
(6., 12., 18. Jahrh.) von höchſtem Werte. 

Eine ſolche zum Teil fritiihe Würdigung hat zu zeigen: wie die Erinnerung 
die Wurzel der Poeſie ſei; — wie die einzelnen Dichtungsgattungen fich gegen: 
feitig ablöften; — mie ſich das Herrichendwerden der einen oder der anderen 
Richtung auf den Gebieten der deutschen Poeſie aus der Zeitgeichichte pinchologiich 
und philofophiich erklären lafie; ferner was die gegenwärtige Periode einer haraf: 
teriftifchen deutichenationalen Literatur bedingte; endlich, welche Austichten ſich der 
Literatur für die fernere Zukunft eröffnen. 


Dem Forfcherblide des Fachmannes tritt bei der Rüdihau in die deutich- 
geſchichtliche Vordämmerung zunädft die Wahrnehmung entgegen, daß auch im 
Garten der germanifchen Poefie Mnemoſyne die Mutter der Mufen war, daß 
die Poeſie fo alt ift, wie die Einbildungsfraft, und daß Singen und Sagen im 
geiftigen Entwidelungsgange das Urſprüngliche war. 

Der Verlauf in der poetiihen Entwidelung war zunächſt folgender: 

Uriprüngli gab das dichtende Volk feine altgeſchichtlichen Stoffe als 
Sagen, die fomit die Urzellen der Poefte bilden. Durd das fpätere Forichen 
nah Grund und Urſache diefer Sagen entitand der Mythus, welder ſpäter 
allegoriich wurde. Alles Sich-Erinnern beruhte auf einer ſinnlichen Verfnüpfung 
der Vorftellungen, welche zu gleichklingenden Nedewendungen hindrängte. Man 
ordnete bewußt: oder unbewuht das Gedädhtnismaterial in eine Kette ſich rufender 


Glieder, und man verband die behaltenswerten Worte mit einem NRedeton, To dat 
fie Gefang (Muſik) wurden. Die Ausdehnung der Sapteile bedingte die Länge 
der rhythmiſchen Neihen: fie Ihuf den Vers. Dean lich zum Vers den gleichen 
Anlaut, Anklang treten und wurde fih der Wirkung der Lautwicderholung 
bewußt. 

So erhielt die urſprüngliche poetijhe Form die Miſſion eines 
Gedädhtnismittels in Bertretung der nodh fehlenden Buchſtaben— 
ſchrift. So wurde fie Ohrenſchrift, bis die Brofa durch die vicle Jahr— 
hunderte ſpäter erfundene Schreibfunft firiert werden konnte. 

Als die dichteriihe Phantaſie der Nation Geſchichte und Naturleben durd: 
gearbeitet und hinreihenden Stoff in fih aufgenommen hatte, begann die Blüte 
der Epif. Es entitand das Volksepos, an das fih hiſtoriſch das Kunſtepos 
reihte. Mit feiner Entwidelung erſt entfaltete fi) das fubjektive Element der 
Poeſie: die Lyrik, die fih durch die liedartige Erzählung (Ballade, Romanze) 
einführte. Durd das Aufblühen der Lyrik infolge Erftarfung dev Subjeftivität 
war das Abblühen der Epif bedingt. Die Blüte aller Poeſie war fodann die 
Bereinigung des ſubjektiven und des objektiven Elements zur Poeſie der Hand— 
lung: zum Drama. 

Folgen wir den hiſtoriſchen Manifeſtationen diefes Entwidelungsganges, To 
finden wir als die älteften Denfmale unferer durch Erinnerung weiter geiponnenen 
Literatur neben Gottesanrufungen, Aderbauregeln, Gefegesformeln und der um 
360 n. Chr. entitandenen bedeutungsvollen Bibelüberfegung des gothiihen Moſes 
Ulfilas (dev das vorgefundene Nunenalphabet von 16 auf 26, zum Teil dem 
Griechiſchen entlehnte Zeichen ergänzte) feine Spur von nennenswerten Aufzeich: 
nungen in beutiher Sprade. 

Die erften poetischen Denkmäler unferer Literatur ftammen erft aus dem 
8. und 9. Jahrhundert. Es find: 1, ein Bruchſtück des Hildebrandliedes, das ben 
Kampf eines Vaters mit feinem tot geglaubten Sohne ſchildert und wahricheinlich 
den Hauptteil eines eriten großen Volfsepos bildet, deſſen übrige Teile 
verloren gingen, ohne daß ein Kunftdichter es fpäterhin veritanden hätte, das 
Erhaltene zum großen Volfsepos abzurunden; 2. Beowulf (Kampf mit Wafler: 
dämonen); 3. die Merſeburger Zauberjprüdhe; 4. das Wellobrunner Gebet; 5. der 
Heliand (alti. Meſſiade des 9. Yahrh.); 6. Muspilli (Weltbrand, der auch die 
Götter vernidtet); 7. das Ludmwigslied (Hymnus auf Ludwigs Sieg am 3. oder 
4. Auguſt 881); 8. das Waltharilied (2 Pergamentblätter von je 15 Zeilen, 


— : 


deren ſpätere lat. Nachbildung von Scheffel 1876 überjegt wurde). 9. Otfrieds 
Evangelienharmonie, Krift. 

Diefe erhaltenen Werke zeigen von nicht zu unterihägendem literarifchem 
Leben, von Dichterifchem Können: vomeinererjtenerfindungsfreudigen 
Blütenperiode, die ih in’s 6. oder 7. Jahrhundert verlegen 
möchte. Mehrere derfelben (3. B. das Waltharilied, das Weſſobrunner Gebet, 
der Heliand) find in Alliterationen abgefaßt und regen zu Reflerionen darüber 
an, wie zweifellos nur der Stabreim es war, der unferer deutichen Sprade in 
vorgeichichtliher Zeit ihr accentuierendes, dharafteriftiihes Gepräge 
verlieh, indem fi der Redeton auf dem Erinnerungspfoften der Alliteration 
(alfo auf der Stammfilbe) feſtſetzte. Wie viele Dichter mögen fich abgelöft 
haben, wie viele Dichtungen mögen verloren gegangen fein, bis obige, von tiefer 
Geiltesarbeit zeugenden Produkte der Zeit entreiften, ja bis Otfrieds Krift 
(— als das erfte erhaltene metrifche und gereimte Gedicht mit vierzeiligen 
Strophen, Reimparen unter Verwerfung der AMliteration) entjtehen fonnte. Ob 
man jodann für das deutiche Nationalepos der Nibelungen den Kürenberger 
oder mehrere Zujammenfteller der alten Sage annimmt, jedenfalls haben wir im 
legten Redaktor deſſelben einen ganz gewaltigen Dichter zu erbliden, deſſen Kunſt— 
höhe eine durch Jahrhunderte gepflegte dichteriiche Beſtrebung Fonftatieren läßt. 
Wie ein deus ex machina mögen dieſe Arbeiten dem uneingeweihten Leſer er: 
Iheinen: dem philoſophiſch urteilenden Fachmanne repräjentieren fie Ausdrud und 
Abſchluß eines durch viele Menfchenalter hindurch eritrebten poetischen Aufbaus 
unferer Nation. 

Dies gilt insbefondere von der für die Jahre 1150—1300 zu ftatuies 
renden goldenen Beriode unferer Literatur, die ums plöglich eine 
wunderbar vollendete Strophif im höfiſchen Minnejang vor das trunfene 
Auge rüdt, die Einfachheit der Naturpoefie mit ihren kunſtloſen Reimparen 
aufgiebt und durch Verfchlingung der Verje in überichlagenden Reimen gleihmähige 
Töne und Reihen begründet. Die Geiltesthaten der Minnefinger jchließen 
ein Geheimnis in fih, deilen Enträtfelung und Ergründung ſich uns bislang 
entzog: das Geſetz der Dreiteiligfeit als Fundament, welches dem Deutjchtum 
den Vorzug lang gepflegter Gründlichfeit fihert, die eine Art Analogon höchſtens 
bei Pindar und in den Chorgelängen der griechiſchen Tragifer findet, wo die 
beiden gleihartigen Bejtandteile von Strophe und Antiitrophe mit dem ungleich— 
artigen ber Epode zu einem größeren Ganzen verbunden find. 


SE 


Betrachten wir zunächſt die dichteriihe Produftionsfähigfeit unferer Nation 
während der genannten Blütenperiode, jo läßt diejelbe unfer Volk in reichem 
Make poefiefräftig erfcheinen. Nicht nur die beiden Teile des Nibelurgenepos 
und das Gudrunlied entftrömten feiner urwüchligen Boeficquelle: nein, auch noch 
eine Neihe fleinerer Volfsepen aus dem Sagenkreis der Völferwanderung (der 
große Nofengarten, Ortnit, Hugdietrih, Wolfdietrih, König Rother, Rabenſchlacht, 
Biterolf und Dietleib) find zu nennen; ferner vereinzelte Sagen, Legenden, das 
Tierepos Neinhart der Fuchs; endlich das ſich anichließende, raſch ſich entfaltende 
altromantiiche (höfiche) Kunftepos mit feinen furzen Neimparen, welches feine 
Etoffe (Malagis, Rolandslied, Wilhelm von Orenſe, Reinalt oder die Haimons— 
finder, Flos und Blankflos) dem Eagenfreile Karls des Großen, ſowie dem 
Sagenkreife von König Artus Tafelrunde entlehnte (Iwein; Triſtan und Iſolde; 
Migalois; Migamur; Lanzelot vom See; Titurel; Parcival, das Meifterwerf 
Molframs von Eihenbah). Der lepte diefer Sagenfreile insbejondere bot un 
jerem originalgenialen Rich. Wagner die urdeutichen Stoffe zu feinen Mus 
fifdramen. 

Die Dichter des Kunftepos erweckten wie auf Zauberichlag die prächtig 
erblühende höfiſche Lyrif, in weldher eine Schar von dichtenden Rittern, von 
Fürften, Königen, fahrenden Schülern in Burgen und Baläften um die Palme 
der Poeſie rangen: ein Heinrih von Beldefe, der eine Epoche im hiſtoriſchen 
Entwidlungsgang des Vollreims bildet; ferner Dietmar von Aift, Wolfram von 
Eſchenbach, Walter von der Vogelweide, Gottfr. von Eirafburg, Hartmann von 
der Aue, Ulr. von Licchtenftein, Reinmar von Zweter, Nithart aus Bayern, der 
Begründer der höfiihen Dorfpoefie, u. A. Ihre Dichtungen find dur die in der 
Nationalbibliothef zu Paris befindliche, uns im 30jährigen Krieg geraubte Mas 
neſſeſche Handichriften- Sammlung erhalten, deren Zurüdgabe ich in der Garten: 
laube (1871. Nr. 4) forderte, und deren Studium an Ort und Stelle mir durd) 
die zuvorfommende Empfehlung des um die Pflege des Deutihtums in Paris 
hochverdienten Botichafters Grafen v. Münfter ermöglicht wurde. Wenn ich aud) 
gerne einräume, daß die Kreuzzüge in ihrer Wirkung auf Erweiterung des 
geiftigen Gefichtsfreifes der Blüte unferes Dlinnegelangs zu ftatten kommen, fo 
dürfen wir doch nicht überjehen, daß diefer wertvollen Blüte — zum Teil wenigitens 
— die ureigene Entwidelung fehlte. Sie lehnte fih an die Minneverherriichung 
der provencaliihen Troubadours, ohne deren füdliche Glut und deren franzöfiichen 
Humor anders als maniriert wiedergeben zu fünnen. 


— VI — 


Immerhin mochte man an eine ähnliche poetifche Entfaltung in Deutichland 
glauben, wie fie in Griechenland erfolgte, wo bekanntlich der Lyrik das Drama 
entreifte, denn auch unfere eriten bezüglichen Verſuche wurzelten im Mythus, in 
der Legende, bis urplöglid — um 1300 — ber in der Manefleihen Sammlung 
erhaltene Sängerfrieg auf Wartburg entitand, eine beachtenswerte Dichtung, 
welhe dem Epos die erzählenden Partien und der Lyrik die ftrophiihe Form 
entlehnte. Sie mußte notwendig der Anfang für eine dramatiſche Periode 
werden, wie fie denn als eriter Verſuch eines beutichnationalen Dramas von 
Bedeutung war. ’ 

Leider aber führten die Kämpfe und Bebürfniffe der Zeit, die zur Refor: 
mation und Revolution hindrängten, zur Überhandnahme des profaifchen Ele— 
ments und zum Verfall der poetilchen Literatur. In Heinrih von Meikens 
(Frauenlobs) Tönen und in denen des Schmieds Barthel Regenbogen hören wir 
bereits die höfiſche Lyrif ausklingen. 

Die Beitrebungen der das Weſen mit der Form verwecjelnden Meiſter— 
fänger fonnten den Niedergang der Poefie nicht aufhalten. Dazu fam jene durd) 
die Reformation gegebene neue Eprade, der niederfähftihe Dialekt. Luther, der 
fih nad) der ſächſiſchen Kanzlei richtete, wählte ihn für feine meifterhafte Bibel: 
überfegung und verdrängte dadurch die either herrfchende volltönende Dichterfprache, 
die fo entwidelt war, daß man beiipielsweile in 200,000 Berjen nicht einen ein: 
zigen unreinen Neim zu entdeden vermochte. Diefe literaturloje, auf den geringen 
Wortihag der Bibel angemwiejene neue Sprache erichwerte durch ihre notoriſche 
Wortarmut die Entfaltung dev Poeſie, wie andererfeits der Kampf gegen das Papſttum 
ein gut Teil der poetiihen Volkskraft abjorbierte. Es galt zunächſt, diefe nun: 
mehr für alle deutihen Dichter maßgebende Spradform (melde noch unjer 
Goethe als „den ſchlechteſten Stoff“ bezeichnet, an dem er — „der unglückliche 
Dichter Leben und Kraft verderbe*) zu bereichern, zu ſchmeidigen, fie poeltefähig 
zu geitalten. Die bedeutendjten Geifter (wie Fiichart) zeigten den Weg durch 
MWortzufammenjegungen und Neologismen, oder fie entlehnten die fehlenden Be— 
griffswörter modernen Sprachen, oder auch — wie Melanchthon, Erasmus u. N. 
— dem Haffiihen Altertume. Es wirkt für den Tieferblidenden mindejtens 
erheiternd, wie allenthalben Spradreinigungsvereine gleih Pilzen aus der Erde 
aufihoffen, um ähnlich unferen heutigen Puriftenvereinigungen die mühſam er: 
worbenen Sprahihäge in den Bann zu legen, ohne zu bedenken, daß viele 


— VII — 


Fremdwörter unfere Sprache bereihern und wegen ber nicht erjeßbaren Kürze 
des Ausdruds unentbehrlich erjcheinen. 

Trogdem finden wir auch im 16. Jahrhundert ein poetifches Gähren und 
Mühen, wenn man auch im gewiſſen Sinne auf allen Dichtungsgebieten fo ziemlich 
von vorne anfangen mußte. In der Lyrik ruhte die weltliche Poefie, aber das 
verinnerlichende Kirchenlied fand um fo mehr Pflege. Eine Zeitlang fchien 
Luther mit den geiftlihen Liedern die „Buhllieder” völlig zu verdrängen. Aber 
da ſprengte das internationale Volkslied die firdhlihen Hemmniffe. Es bemäch— 
tigte fich aller Ereigniffe und wurde fo wirkſam, daß Luther felbft die Pfalmen 
zu Bolfsliedern umftimmte. Nur dem Volksliede haben wir es zu danfen, daß 
das accentuierende Prinzip der Minnefinger als versregelnder Sprachgeiſt nicht 
ertötet wurde, bis es in der Gegenwart des literariichen Deutjchlands feine 
unbezwinglie Allgewalt neu zu entfalten vermochte. 

In der Didaktif und in der Epik waren zu verzeichnen die jchwerticharfen 
Satiren Huttens, des Vorläufers Leifings; ferner Fiſcharts Jefuitenhütlein, und 
fein glüdhaft Schiff; endlich Rollenhagens ſatiriſch-allegoriſcher Frofchmäufeler (eine 
Aufichwellung des Homeriſchen Froſchmäuſekriegs mit Luther als Froſch-Elbmarx) u. N. 

Auf dem Gebiete des Dramas wirkten bafisbildend Luthers Zeitgenoffe 
Hans Sachs, ber vom kirchlichen Spiele zum Drama fortichritt und nicht we: 
niger als 55 Tragödien und 78 Luftipiele fchrieb und jo der Schöpfer des neuen 
beutfhen Dramas wurde. Nächſt ihm ift Ayrer zu nennen, ber fih an die 
Engländer anſchloß und in feinen 69 Stüden fremder Wefen auf Sachs'ſche 
Überlieferung oculierte; ferner der Tübinger Dramatiker Frifchlin und der Herzog 
Julius von Braunfhweig, der das erjte ftehende Theater errichtete. 

Die in den landläufigen Darftellungen der Literaturgefchichte am meijten 
geihmähte Periode ift die Zeit vom 30jährigen bis zum Tjährigen Kriege. Aber 
ich behaupte, daß diefelbe für den Aufbau unferer Literatur imponierend dafteht, 
fo fehr man fie auch wegen der notgedrungenen Begünftigung des Fremdländiſchen 
bis in die Gegenwart anzugreifen gewohnt ift. 

Eben diefe Zeit bedeutet die Blüte des evangeliſchen, echt nationalen Kirchen= 
liedes, das fich eng an die ewig Schöne Lyrik des alten Teftaments anfchloß. Dann aber 
hat ber unvergeflene Neformator der deutihen Metrif, Opig, der anftelle der 
Silbenzählung tonliche Silbenmeffung einführte, im Verein mit einer ftolgen Zahl 
diefem Jahrhunderte erblühter Dichter wirklich Anregendes geleijtet. Cs blühte 
die Spruchdichtung, das Lehrgedicht, die Satire, das Schäfergedicht, das Drama. 


— IE 


Gryphius und Lohenfteins im Einzelnen ſchlüpfrige, unſchöne, ſchwülſtige, — 
im Ganzen fünftleriich abgerundete, der Renaifjance huldigende Dramen; Günthers 
(von Goethe gerühmte) tiefempfundene prächtige Lieder; Flemmings und S. Dachs 
gemütsinnige Lyrifen, Logaus geiftvolle Sinngedichte (3000 an der Zahl); Paul 
Gerhardts feflelnde religiöfe Gefänge, welche eine Richtung veranlaffen, die im 
Gemeindebewußtfein auch das perfönliche Empfinden geltend machte; weiter neben 
Bucholtzens modernen Helden: und Liebesromanen ber befte Roman des 17. und 
18. Jahrhunderts Simpliciffimus von Grimmelshaufen; Schmwenters Überfegungen 
engliiher Dramen, welde das Franzofentum verdrängten und aufbauend wirkten; 
die von mir zum erftenmal nachgemwiefene (vgl. meine deutiche Poetif Bd. IL., 
©. 517) Begründung und Schöpfung einer erften deutfchen Originaloper durch 
des Nürnberger Dichters Harsdörffers Libretto Seelewig (== ewige Seele) —: 
Dies und nod viel Anderes bildet in feiner Summe ein imponierendes Zeugnis 
für den poetifchen Ertrag des Jahrhunderts. Ja, es beweift, wie gerade das 17. 
Jahrh. es war, welches den Boden ebnete, dem im 18. Jahrh. jene rührigen 
Geiſter entiprießen follten, die eine neue Blütenperiode unferer Literatur uns: 
mittelbar heraufzuführen mitberufen waren. Der fiegreiche, jährige Krieg mit 
feinen gewaltigen Stoffen und feinen nationalen Heldengeftalten förderte den 
Auffhwung der Literatur ähnlich), wie die erften italienischen Feldzüge Fr. Bars 
baroſſas das Emporfommen der mittelhochdeutichen Ritterpoeſie, oder unfer 1870er 
Krieg die Erfolge unferes neuen literarifchen Deutjchlands. Im 18. Jahr). 
vollendete Deutichland feine geiftige Machtſtellung; das literarifche Deutichland 
des 19. Jahrh. follte die geiftige Präponderanz Hinzufügen. Ein Krieg leitete 
zur neuen Blütenperiode unferer Literatur hin, und Krieg ift ihre Lofung auf 
lange Zeit hinaus geblieben. 

Bodmer war cö, der einen fiegreihen Kampf gegen den franzofenfreund: 
lihen Gottſched führte und den nationalen Gedanken wie die Liebe zur gerina- 
nischen Poefie durch Herausgabe des Nibelungenlieds und der Minnefinger pflegte. 
An feinem Streben beteiligten fih die Bremer Beiträger: der fatiriihe Nas 
bener, der humorreiche Zachariä, der vollsmäßige Gellert u. A. Auf die Hebung 
des Geſchmacks wirkten die Fabeldichter Lichtwer und Pfeffel, wie befonders bie 
Halberftädter Anafreontifer durd ihre heiteren Lieder. Die Ideen des Huma— 
nismus begannen ſich zu entwideln, e8 wuchs die Liebe zum klaſſiſchen Altertume: 
Der Geift der ganzen Literaturperiode war die gewollte und 
erlangte Verbindung mit dem Grichentume Es begann eine 


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Strömung, von deren revolutionären Energie ſich ſkeptiſche Epigonen wohl kaum 
die richtige Vorftellung machen werden. Das Rejultat war Wiedergeburt, Blüte 
unferer Literatur inmitten des Einfluſſes englifcher und franzöfiiher Freidenfer, 
inmitten ber Erfolge des deutihen Nationalismus. 

Die drei Namen Klopftod, Leiling, Wieland waren es, welde die 
neue Blütenperiode einleiteten, welche das urbargemachte Waldgrundjtüd deuticher 
Porfie in einen prächtigen Park ummwandelten, über deſſen kunſtvoll vergoldetes 
Stafet erotifche, acclimatifierte Blumengefträuche fih neigen, welche einen nie 
geahnten literarischen Reichtum anhäuften, deijen heres ex asse das glücdliche 
Suhrhundert wurde. Klopſtock, der Meilter der Ode, der Schöpfer des National: 
werfs Meiftas und der geiltige Nachfolger Wolframs von Eſchenbach, führte eine 
Verſchmelzung des deutſchen Elements mit dem driltlihen und altklaſſiſchen 
herbei, ja, ev brachte die ethiſch-religiösſe Seite der Poeſie zu einem vorläufigen 
Abſchluß. 

Der vielgewandte, ſprachkundige, aalglatte, phantaſiereiche Wieland, der 
Gottfried von Straßburg des 18. Jahrhunderts, verlieh unſerer poetiſchen Sprache 
wunderreihe Beweglichkeit, heitere Gefälligfeit und Anmut, jinnlichen Liebreiz; er 
wurde Anbahner des Kosmopolitismus in der Poeſie. Die pedantiiche Kurzſich— 
tigfeit jprad) ihın das deutichenationale und das chriſtliche Element ab, weil er 
nad Art feiner franzöfiihen Mufter auch Zopfiges, Loderes bot und wie die 
Anafreontifer internationale Weiſen anjtimmte. 

Endlich der klardenkende, bejonnene Leſſing, diefer mit jcharfer Kritik zu 
Licht und Leben vordrängende Bewunderer der Antike, an den ſich für die Folge 
alle Satirifer und Dramatiker anſchloſſen (wie die Idyllendichter an Klopftod und 
die Nomantifer an Wieland), er nahm die Shakeſpeareſchen und Galderonjchen 
Dramen zum Ausgangspunft feines Kunſtwerks einer deuticheoriginellen Tragödie 
(Miß Sara Sampfon, Emilie Galotti), in welcher er ebenjo wie in feinem Luft 
Ipiel Minna von Barnhelm Vorbild aller Dramatifer wurde. Ein Prometheus 
der deutichen Poeſie und ein Erweder poetiſcher Selbjtändigfeit leitete er Die 
deutiche Dichtkunft gleihiam aus Klopitods Himmel und Wielands Paradies nad) 
der germanischen Heimatsflur zurüd. Er gewöhnte die Poeſie, deutſch d. h. wahr 
und frei zu reden. So wurde er der Patriarch deuticher Geiſtesfreiheit mit ger: 
maniſch⸗kosmopolitiſcher Richtung. So machte er den Zaubernimbus des franzöft: 
hen Auslands in demielben Maße jchwinden, als er das deutiche Selbitgefüpl 


= ER 


hob und jene dur Die Eiege bei Roßbach geichaffene Hippofrene aud durch 
beutfchliterarifche Erfolge nährte. 

Klopftods Tiefe, Wielands Anmut, Leſſings Echärfe erzeugten bei der 
jungen Tichtergeneration einen Gährungsprozeß, der das Beſtreben zeitigte, zur 
Natur zurüdzufehren, Ideales zu eritreben, Niedageweienes aus fich ſelbſt zu 
erzeugen. 

Während fi die ruhigeren Elemente des Hainbunds an Klopftod an: 
ſchloſſen und die Romantiker und Nitterdichter dem Vorbilde Wielands folgten, 
itrebte eine Anzahl wirklicher Kraftgenies, auf eilendem Pegafus den Parnaß zu 
erflürmen, weshalb man ihnen (nad Klingers Schaufpiel Sturm und Drang) 
den Namen Stürmer und Dränger verlieh. Klingers „Falihe Spieler”, die das 
Vorbild zu Schillers Räubern wurden, Heinſes Künftlerroman Ardinghello, 
Maler Müllers Drama Niobe und Genovefa weckten allerwärts Begeifterung 
für Poeſie. 

Zu den Stürmern und Drängern zählten in ihren. Jugendjahren Herder, 
Goethe, Schiller, jene unſterblichen Großmeifter in der Loge deutſcher Poeſie, 
welche das höchſte Endziel der Dichtkunft: literariihe Allfeitigkeit und 
Befühlsinnigkeit, fowie harmoniſche Vermählung des deutichhriftlichen mit 
dem altklaffiihen Elemente voll erreichten. 

Ihnen ift die neue Blütenperiode deutſch-poetiſcher Literatur, 
welche die gefamte Weltkultur in fih aufzunehmen ftrebte, zu verdanfen. 

Herder, der in feinen 1778 gefammelten Stimmen der Völker die Volks: 
licher aller Völker und Zeiten vereinte, bildete den Übergang und wurde Begründer 
einer Weltliteratur. 

Schiller, der unjterblihe Schöpfer eines deutjchnationalen Dramas mit 
romantiſch idealem Charakter, wurde der erjte Klaſſiker auf dem Gebiete der 
nationalen Lyrik. 

Und Goethe, ber die Aufmerkjamfeit unjeres Volks duch Egmont auf 
das echt deutfche Hiftorische Drama lenkte, und als Tichterfürft von feinem Parnaß 
aus einen Glanz verbreitete, wie heute auf politiichen Bahnen der einzige Bismard, 
verlich der neuen Epoche ihr bellleuchtendes Gepräge. 

Beide aber im Vereine führten mit freier Schöpferfraft und kritiſcher 
Geftaltung die literarifche Revolution in Deutihland aus dem gejtaltlofen, 
Hastiihen Tohumwabohu in die bislang unerreichte klaſſiſchreine Kunſtſphäre des 


Ewigſchönen. 
1! 


— XI — 


Die wenigen nennenswerten Lyriker jener Tage traten ſchüchtern auf das 
Sebiet der religiöfen Lyrik zurüd, das ihnen Goethes und Schillers Genius 
überließ, welcher ſich des chriftlichen Elements mehr und mehr entäußern zu 
wollen jchien, wobei freilid die Wahrnehmung ſich aufdrängt, daß ſich dieſes 
riftliche Element ebenfowenig ignorieren ließ, als es die neue Richtung in ſich 
aufzunchmen vermodte: Wink genug für das literariiche Deutichland der Gegen: 
wart, in der "im Eintreten begriffenen Zufunftsreligion des Idealbegriffs ber 
Wahrheit, den Jeſus lehrte, eine Verföhnung mit den chriftlichen Elementen auch 
in der Poeſie herbeizuführen. 

Auch auf dem dramatischen Felde wagte Niemand, mit Goethe und Schiller 
in die Schranfen zu treten, weshalb die dii minorum gentium des Weimarfchen 
Mufenhofes das Gebiet der didaktifchen Poeſie bearbeiteten. Schüchtern traten 
Einzelne in jene von Goethe in „Stella“ und von Schiller in „Kabale und 
Liebe” betretene Bahn, indem fie Familiendramen Ichrieben, vder — wie Iffland 
und Kogebue — bürgerliche Rührſtücke. 

Nur der Noman fand feit Wielands philofophiihem Agatbon, feit Muſäus' 
wigelndem Grandifon, feit Hermes’ empfindfamem Nomane „Sophiens Reife“ ꝛc. 
gefteigerte Pflege, obwohl Goethes jentimentale Romane als ſchwer zu erreichende 
Mufter abichreden mußten. Gottwert Müllers humoriſtiſcher Roman (Siegfried 
von Lindenberg), Thümmels, Hippels, Bengel:Sternaus Werke, Langbeins launige 
Schriften, Engels und Stillings Familienromane trugen zur Hebung der Mittel: 
bildung bei. 

Vorbildlih wirkte in Ergänzung Schillers und Goethes Jean Paul 
Fr. Richter durch Erftreben der Harmonie des Gemüts. Er wandte ſich der 
modernen Lebensiphäre zu und wurde durch Witz, Geiſt, Humor, Ideenreichtum, 
ſowie durch leichtbeichwingte Darftellung eines phantaftiich ausgemalten Dafeins 
Deutichlands größter Humorift, eine Doppelnatur: ein realer Ydealift oder ein 
idealer Nealift. Sein fraufer, barofer, tropenüberladener Stil übte die nachhal: 
tigfte Wirkung auf die modernen Dichter und Schriftjteller, denen er die literari- 
Ihen Grenzpfähle in unabjchbare Weite hinausrüdte. 

Die ih an ihn — wie auch an Wieland — anlehnenden Romantifer be= 
herrichten das literarifche und Fünftleriiche Leben unferes deutichen Vaterlands 
zwiſchen 1805— 30, feit Tied feine Gedichte unter dem mit voller Unbefangenheit 
gewählten Titel „Nomantifche Dichtungen‘ herausgegeben hatte. Da fie gegen- 
über der klaſſiſch-kühlen Gelehrtenpoefte Gefühlsinnigfeit und Volfstümlichkeit er: 


— Xu — 


ſtrebten, jo entlehnten fie ihre Stoffe nicht aus dem klaſſiſchen Altertum, fondern 
aus dem vomantiihen Mittelalter. Ihre mit Fichtes Jdealismus und Schellings 
Naturphilofophie durchtränkte Weltanihauung verfuchte eine Art Verichmelzung von 
mittelalterlich-chriftlider Schwärmerei und Bantheismus. Ihre Begründer waren 
Novalis und Wadenroder, ihr Eritiiher Anwalt W. Schlegel, ihr Vollender Tied, 
der Meiſter der deutichen Novelle, die durch ihn das Naifonnement des philoſo— 
phiihen Romans erhielt. Ihre Lyrifer waren Eichendorff, Hölderlin, Ehamiffo, 
deſſen Muſtercyklus Frauenliebe und Leben übrigens bereits als Totenklage der 
abiheidenden Nomantif ericheint. 

Ihre beileren Romanſchriftſteller lenkten den Roman auf das chriftliche, 
myjtiihe Gebiet (Amad. Hoffınann, Steffens, Zihoffe, Ernft Wagner, der im 
Diterdingen die Poefie dithyrambiſch verherrlihte u. A). Bon den Dramas 
tifern der Romantif leijtete Heinrich v. Kleift wohl das Höchſte durch feine 
grandiofe Hermannsſchlacht, ferner durch den (von Dr. Siegen) neu bearbeiteten 
Zerbrochenen Krug, endlid durch fein effeftreiches Käthchen von Heilbronn. Sein 
Drama iſt realiftiicher gehalten, als jenes von Schiller. Fouqué, Brentano u. N. 
Ihadeten der Entwidelung des Dramas und des Romans durch ihre romantiichen 
Unwahrſcheinlichkeiten. 

Bei vielen Romantikern machte ſich Mangel an Schöpferkraft bemerklich, ein 
marasmus senilis, in welchem die Theodor Hellſchen (Wincklerſchen) Fabriküber— 
ſetzungen und die Claurenſchen abgeſchmackten Vogelſchießen nur zuweilen durch innere 
Klänge (z. B. C. Immermanns) unterbrochen wurden. Dieſe Claurens (ic) erinnere 
nur an ſein ſaftloſes „Mimili“), van der Felde, Schilling ꝛc. beherrſchten die 
Leihbibliotheken und gaben ein erſchreckendes Bild der faulen Plattheit und Mittel- 
mäßigfeit diefer Diaffenliteratur. Den Nugiasftall zu räumen, erihien der belle- 
triftiiche Thefeus Hauff, während die Fritifche Thefeusrolle Menzel und Börne 
übernahmen. 

Anregend wirkten die Dichter der ES chidjalstragödien (Merner, Müllner, 
v. Houmald, und bejonders der geniale öjterreichiiche Schiller Grillparzer), gegen 
welche Eajtelli feinen jatirischen, parodierenden Schidjalsfirumpf, und Platen, der 
epochebildende Meiſter einer mufterhaften Form, feine luftreinigende ariſtophaniſch 
gehaltene Berhängnisvolle Gabel richteten. 

In enger Beziehung zu Goethe und Schiller ftanden die Dichter der Bes 
freiungsfriege, die direkten Vorläufer der heutigen Periode einer deutichenationalen 
Poeſie. Sie bedeuten eine Epoche der politifch:patriotiichen Lyrik und das Auf: 


— XV — 


flammen des bdeutich-freiheitlichen Selbftgefühls: Arndt, der Dichter des nun endlich 
beantworteten Fragezeichen:Liedes: Mas ift des Deutichen Vaterland? — ferner der 
religiös-ſchwärmeriſche Schenkendorf, der feurige, tyrtäiſche Körner und vor allem 
der Dichter der geharnifchten Sonette und der jchwerticharfen Zeitgedichte, Fr. 
Rückert, der die Muſter für eine deutich-politiich-patriotiihe Lyrik allen Zeiten 
lieferte. Nüdert ift e8, der in der Folge das Geheimnis entdedte, daß die 
deutiche Eprade die poetifhe Weltiprade Sei, und der den Nachweis lieferte, 
wie die Begeijterung fürs Vaterland fi) mit der Liebe für die Menfchheit ver: 
einen läßt, der jodann als Heros der Form, als Dichter des lyriſchen Weltevan- 
geliums (Liebesfrühling), wie als Begründer einer echten lyriſch-didaktiſchen Poeſie 
durch die Weisheit des Brahmanen eine Ehrenjtellung neben Goethe und Schiller 
als dritter Klaſſiker unferer Literatur beanipruchen darf, wie er denn im 
Ningen nah der Palme nationalen Ruhms in anmutender Schüchternheit und 
Zartheit eine poetische Weltliteratur neu begründete und dann durch feine Öftlichen 
Roſen (derem Seiteniprößlinge Bodenftedts Mirza-Schaffy, Daumers Hafis, Ham: 
mers Anfchaulihe Spruchgedichte find) die Lyrik des Jahrhunderts narkotiſch bes 
einflußte. 

An der Seite der patriotiihen Freibeitsfänger fchritten die verwandten 
ſchwäbiſchen Dichter vorwärts. Ihre Vertreter — in erſter Linie Uhland — find 
von Schillers und Goethes Geift zur Klarheit poetiſcher Empfindung gehoben 
worden. Wie mande Stoffe mittelalterlichen Lebens haben fie mit urwüchſig 
eigenem Empfinden dem Zeitbemußtfein vermählt! 

An ihnen vorüber ſchoſſen jene jugendlich genialen Kraftgenies der dreißiger 
Jahre, auf welche die Zulirevolution ihren berüdenden Zauber ausübte. Mit 
feder Ungeniertheit proflamierten fie die Emanzipation von der romantiſch-ſalbungs— 
vollen Schwärmerei und die Herrichaft bes rein Menſchlichen, des Zeitbedürfnifies. 
Nah Wienbargs Ajthetifchen Feldzügen wurden fie unter dem willfürlic gewählten 
Namen des Jungen Deutichlands bewundert, gefürchtet, verfolgt. Mutig ſchwangen 
fie fih auf die hochgehenden Wellen des modernen Zeitbewußtjeins: fie wurden 
urdeutſch und urpraftiich, indem fie aufhörten, bloße Denfer und Träumer zu 
fein. Hiermit trafen fie das Nichtige, fofern die nationale Literatur berufen ift, 
an den Kämpfen und Freuden der Nation teilzunehmen. Selbit in der Form 
revoltierten fie, indem fie die Schablone der hergebrachten Schulmetrif kühn durch— 
braden und zur urdeutihen Accentuation, wie zum altgermanijchen Sprach 
rhythmus zurücktehrten. 


= xy — 


Ihr genialer Vorläufer war 9. Heine, der ungezogene Liebling der Grazien, 
einer der größten Lyriker aller Zeiten, der in Atta Troll die unfünftlerifchen Ge: 
finnungspoeten parodiert und die beutichen Zuftände im Wintermärchen geißelt. 

Die Häupter des jungen Deutichlands waren der bühnenkundige Laube, 
fowie der revolutionär wirkende Gutzkow, der dem durd die Romantifer fajt ver: 
drängten nationalen Trama die Bühne zurüderoberte und unfer heutiges modernes 
Bühnendrama begründete, welches feine Stoffe der Wirklichkeit entnimmt. Effekt: 
voll erwählt er die einfchneidendften Lebensfragen zum Ausgangspunfte feiner 
Dramen (j. B. die Heuchelei im Urbild des Tartüffe, den Kampf mit der 
Sagung und mit der Pietät des Herzens im Uriel Afofta); er verlangt freies 
Denken und polemiftert gelegentlih (im Roman Mally) gegen Ehe und Religion, 
wie ja aud) feine Freunde den Markt der praktiſchen Wirklichkeit mit Energie betraten. 

Die Konfequenz des jungen Deutichlands zogen die politifhen Lyrifer 
der bis zur Gegenwart reichenden vorlekten Literaturperiode. Weder Prozeſſe 
noh Landesverweilungen vermodten ihrem rüdjichtslofen Anftürmen gegen die be: 
jtehende Ordnung Einhalt zu thun. So wurden fie Barteifchildträger, Vormelder 
und Sturmläufer der Revolution von 1848. Georg Herwegh mit feinen abjtraften 
Dichtungen eines Lebendigen; Hoffmann von Fallersleben, der viellomponierte 
legte fahrende Dichterphilifter mit feinen fehr konkreten unpolitiſchen Liedern; 
Dingelftedt mit feinem freigeiftigen, alle äfthetiihen Feinſchmecker faszinierenden 
Gedichte eines kosmopolitiſchen Nachtwächters; Freiligrath mit feinen politischen 
und fozialen Gedichten, und noch eine ganze Neihe von Dichtern, die unter dem 
Einfluffe ber politiichen und fozialen Streitfragen ftanden (mie beifpielsweile der 
Erneuerer des romantiſchen Epos in „Otto der Ehüß“, Kinfel; ferner der für 
moderne Ritterlichkeit eintretende ariftofratiih angelegte Strachwitz, Prug, Wal: 
dau und der Ofterreicher A. Grün mit feinen revolutionären Epaziergängen eines 
Wiener Roeten), fie alle verhehlen nicht ihre Unzufriedenheit mit den herrichenden 
Geſellſchaftszuſtänden. 

Die Philoſophie des freien Gedankens und einer kräftigen Sittlichkeit er— 
ſtreben die philoſophiſchen Lyriker, unter denen größere oder geringere Wirkung 
übten: Wilh. Jordan (der im „Schaum“ ſeinen politiſchen Sekt mit revolu— 
tionärem Knall an die Decke ſprudeln läßt), der ſtudentiſch flotte, bilderreiche 
Gottſchall, Jul. Moſen, Hamerling, der ſich nicht in den leichten Rhythmen Grüns 
und Lenaus bewegt und in vielen Stücken Ähnlichkeit mit Jean Paul hat. 

Den Kultus des Gemüts und der Beſchaulichkeit pflegen: die Vertreter 


— XVI — 


der modernen Wald: und Blumenpoefie, ein Butlig, ein Karl Lehmann 2c., 
ferner die ſpezifiſch-chriſtlichen Lyriker, der tiefinnige Dreves, der pietijtiiche Viktor 
von Strauß, der melodiihe Spitta, der ftimmungsreihe Julius Sturm, der 
liebenswürdige Schults, endlih aber die modernen Anafreontifer: Der 
formenflare Geibel, der feinfinnige, ſprachlich ſaubere Heyie, der humane Frei— 
maurer Nittershaus, der volfstümlihe Fr. Hofmann, der feinfinnig vefleftierende 
A. Möſer, der ſcharfdenkende Joſ. Nordmann, der gemütatmende Fogler, der idealis 
fierende I. ©. Fiicher, der vollsgemütvermittelnde Kleinmaler Adolf Grimminger, 
der tiefgrundige Genremaler Zettel, der klaſſiſch-gediegene Aler. Kaufınann, der 
funfenfprühende Johannes Faftenrath, der anmuterwedende Roquette u. dv. N. 

Zur literariihen Hebung des 19. Jahrhunderts haben durch Erweiterung 
des Ideenkreiſes mehrere bedeutende Romanfchriftiteller beigetragen. 

Einige derfelben lehnten fi) an den hiftorifchen Noman Walter Scotts an 
und gaben uns den halbwifjenichaftlihen Roman mit echt poetiſcher, künſtleriſcher 
Auffaſſung und verbürgter Geſchichte. Ich nenne als die bedeutenditen: Guftav 
Freytag (Ahnen); Ebers, den Nomantiker unter den Ägyptologen, mit feinen in 
haltreihen Nil-Romanen; Scheffel (Ekkehard); Harmening (Die Overftolze); Felix 
Dahn u. A. 

Andere bildeten die Zeitnovelle und den Zeitroman fort: Der klaſſiſch-milde 
Gottfried Keller, Julius Groſſe, Theodor Storm, Konrad Ferd. Meyer (Jürg 
Jenatſch ꝛc.), Spielhagen u. A. Wieder andere bearbeiteten den See: und 
den ausländiihen Noman in farbenpräcdtigr Weile G. B. Nojenthal- 
Bonin). 

Endlich erheiterten andere (darunter in erjter Reihe der hochbedeutende 
Keuter, deffen Verbreitung faum das Idiom Eintrag zu thun vermag) durch humo— 
riſtiſche Romane und Novellen (z. B. Ernit Editein). 

Auf dem Gebiete des Dramas ſchuf Ehrilt. Grabbe die neue Gattung des 
originellen Kraft-Dramas, weldes marfige Geftaltung und ſchwungvolle 
Zeihnung der Charaktere im Geiſte Shakeſpeares verlangte und feinen Meifter in 
Hebbel fand, der die Jozialen und pſychologiſchen Intereſſen in feinen Bereich zog 
und in dem jelbjt von einem Schopenhauer ausgezeichneten Drama „Maria Mag-— 
dalena“, wie in den „Nibelungen“ Werfe von vorbildliher Bedeutung ſchuf. 
Auch noch andere gaben dem Jahrhunderte fünftleriihe Impulfe (ih nenne nur Büch- 
ners „Dantons Tod“, Gregorovius’ Tod des Tiberius, Ludwigs Agnes 
Bernauer ꝛc.). 


— XVII — 


Eine befondere Ausdehnung gewann die deflamatoriihe Jambentragödie. 
Die Leichtigkeit der Bearbeitung, wie der Erfolg, verlodte zur gefteigerten Produktion, 
wovon Raupachs 8 Bände dramatifierter Geihichte, Auffenbergs 26 Dramen, 
Immermanns, Nüderts und Uhlands Buhdramen, A. Werners Martin Luther, 
Herrigs Arbeiten, ſowie andernteils die trefflihen Repertoireftüde Alb. Lindners 
Brutus und Collatinus, Krufes Brutus und deifen mit dem Echillerpreis ge: 
frönte Gräfin, ferner Halms, Henfes u. a. Dramen zeugen. 

Die fulturelle Bedeutung der Jambentragödie beruht für den Tieferbliden- 
den jedenfalls darin, daß fie einen erheblichen Beitrag zur Fortbildung der dra= 
matifhen Kunſt lieferte und aus ihr das moderne Bühnendrama erblühte. 

Diefes deutichenationale Bühnendrama der Gegenwart hat fi 
ebenfo über die ungebundene Zügellofigkeit des originellen Kraftdramas, wie über 
den pedautiſch gefpreizten Gang der Jambentragödie emporgefhwungen, um 
in freideuticher Form den been der Gegenwart künſtleriſchen wie voltstümlichen 
Ausdruc zu verleihen. Freilih war die Konfequenz diefer neuen Gattung das 
unfünftlerifche bürgerlihe Schaufpiel, das Luſtſpiel, die Poſſe. Geübtere Dichter: 
naturen fanden ſich verfucht, das mwachgerufene Intereſſe durch Epefulation auf 
die angeregte Schauluſt des Publikums auszunügen. Mer nur halbwegs fih als 
Dichter fühlte, begann für die Bühne zu fchreiben. Gelang es ihm, eine brillante 
Fabel dem Gefhmad feines Publikums entiprechend zu bearbeiten, jo war feine 
Diktatur auf der Bühne — wenn auch nur vorübergehend — gefichert. Dies 
war bei Charlotte Birch: Pfeiffer der Fall, deren effektvoll dramatifierte Cauferien 
ihr den Beifall des Publikums fiherten. Werke, wie Brachvogels Narziß, Frey— 
tags Journaliſten, Mofenthals den Kommunismus befämpfender Eonnenwendhof, 
Heyſes Elifabeth Charlotte, Spielhagens Liebe um Liebe u. v. a., ferner Namen 
wie Wildenbruch, Wilbrandt, Gottſchall, Halm, Redwitz, Schall, Bauernfeld, 
Hadländer, Butlig, Benedir, Holtei, Raimund, Neftroy, Julius Roſen ꝛc. be: 
deuten die Einmwirfung des modernen Bühnendramas in feinem Verdienft um die 
ülthetiiche Neife und Höherbildung des aus dem Gefundbrunnen des Deutichtums 
ihöpfenden Sahrhunderts. 

Co zeigt fih denn am Abſchluß der legten Literatur-PBeriode (Ende der 
ſechziger Jahre) ein triebfräftiges, entwidelungsfähiges, zielbemußtes Zuſammen— 
wirfen auf allen Gebieten der Poeſie. 

Es bedurfte nur noch eines letten nationalen Impulſes, um alle fonver: 
gierenden Strömungen in das gemeinlame nationale Bette zu leiten und eben 


— XVIII — 


damit die Blütenſaiſon einer deutſch-nationalen Kraft- und Kunſtpoeſie zu 
eröffnen. 

Diefe eleftrifierende, die geſpannten Kräfte entfefjelnde Loſung jollte in nie 
geahnter Weife das Jahr des Heils 1870 bringen, als die idealen Güter ber 
Nation gefährdet erjchienen. Unter jenem wie Donnerhall erbraujenden Zauber: 
rufe zum Schuge des deutſcheſten Stromes, der ſchon fo oft rheinweingoldene 
Saiten von deutſcher Leier ertönen madte, ja, unter dem Schwertgejang eines 
zweiten Tyrtäus in tauſendfachen Geftalten und Formen vereinte ſich das ge: 
famte literariiche Deutichland zu einiggemeinfamer That, weldhe die Mahnung der 
mancherlei jterbenden Attinghaujen bes deutichen Dichterwaldes in potenzierter 
Form zur Mahrheit brachte. 

Durch diejes wunderbare Zuſammenwirken fäntliher Hügel und Berge des 
deutfchen Parnaſſes haben wir ſeit 1870 gemwilfermaßen das Ziel der himmel: 
ftürmenden Titanen erreicht: eine im Aufblühen begriffene deutſch-natio— 
nale Literatur von ureigener Genialoriginalität, von Alleinfraft 
und Siegesjelbjtbewußtjein, — eine Poeſie, die ihre Feen, ihre Stoffe und 
Charaktere dem deutſchen Leben und der deutihnationalen Gefühlsweiſe unmittel: 
bar und ungemilcht entnimmt, — ja, eine Poeſie, welche einen bewußten Gegen: 
jag zur abgeblühten Schaum: und Traumpoejie der Nomantifer bildet; eine 
Poeſie, die den gejunden Bebürfnifjen einer praktiich gewordenen und im gehobenen 
Enthufiasmus praftiich gebliebenen deutihen Gegenwart fowie deren Kulturerrungen- 
ihaften Rechnung trägt und zum poetiſch gewordenen Spealbegriff der Wahrheit 
madtvoll hindrängt. 

Mitten im Halten und Treiben unferes Yabriflebens, im Rennen und 
Sagen des Eijenbahnficbers, mitten im Klopfen der Telegraphen, wie im jchrillen 
Klingeln der Telephone war eine jtattlihe Zahl von Dichtern erjchienen, denen 
ein Gott die Zunge löfte, damit fie aus Geift und Gemüt unferer Nation heraus 
fagten und jängen, wie es dem deutſchen Volksgewiſſen, dem deutſchen Volksgefühl 
und dem jelbitändig und groß gewordenen deutihen Volfscharafter entipräde. 

An Stelle des Volksliedes entjtanden volfstümliche Kunftlieder; e8 wurden 
die Gegenjtände des Volfsinterefjes, die brennenden Zeitfragen in poetiihe Elek: 
trizitätsbeleuchtung geitellt. Vom Feuer der Vaterlandsliebe entflammt, priejen 
die Dichter in quellenden Jubeltönen die endlich errungene deutihe Einheit, Macht 
und Ehre. Ein Reich war wieder auf Erden, ein deutiches Neich, ein. deutfcher 
Kaifer. Es muß noch den ſpäteſten Epigonen als ein herzerhebendes Schaujpiel 


— — 


erſcheinen, wie alle Richtungen und Schulen des literariſchen Deutſchlands plötzlich 
vereint ſich fanden in dem neuen, dem echten, dem germaniſchen Deutſch— 
nationalismus. 

So erblühte zunächſt die neue Ara einer neuen deutſchen, ſelbſtbewußten, voll- 
fräftigen, patriotiſch-reifen Rolitifslyrif, die in der Quinteflenz ihrer Einzeläußerungen 
ſchon jegt ein vollgiltiges Zeugnis ablegt von der Gefühlsftärfe (nicht mehr bloß 
Gefühlstiefe), von der Leiftungsfräftigfeit des literariichen Deutihlands; — Jo er- 
wuchs eine Lyrif, die für die Folge auch in der Form den nationalen Charakter 
immer gelungener und vollwichtiger aus dem Urguſſe hervortreten zu laſſen berufen 
iſt, — eine Lyrik, die unfere Dichter auffordert, ihre deutich zu accentuierenden, 
volfstümlichen Empfindungen durch deutſche Sangbarkeit zu manifejtieren. 

Daher mußte in derfelben Gegenwart nach Tangem Irrgange in ber Fremde 
mit Naturnotwendigfeit die Schon von Goethe (Briefwechiel mit Humboldt ©. 57) 
ſehnſüchtig gewünfchte urdeutfche Metrik und Proſodik erftehen: eine deutiche Be— 
tonungslehre, deren wiſſenſchaftlicher Ausbau in Anlehnung an Fr. Rüdert mir vor: 
behalten war, und die in ftolzer Befriedigung zum erjtenmal den Eat proflamieren 
konnte: Das in der neuhoddeutfhen Metrik zu beahtende Geſetz darf 
nur das der Nccentqualität fein, welche mufifalifher und logiſcher 
Natur ift; das Quantitätsprinzip ift nicht mehr zu rehabilitieren. 

In diefer deutichen Betonungslehre, ferner in dem von mir geichaffenen, feither 
faum dem Namen nach gefannten deutſchen Vers: und Strophenſyſtem durfte ich 
jum erftenmal die Befreiung von der überlebten, ihablonenhaften Echulregel fordern, 
um im neu erftandenen Reiche auch in der Poeſie die Befreiung vom Fremdentum 
anzuftreben. Nad dem Jahre 1870 mußte eine Wiſſenſchaft der Poeſie zeigen, 
daß Deutichland auch in der Poefie auf eigenen Füßen zu ftehen und jelbjtändig 
den Pegafus zu zügeln vermöge, fobald es einmal in den Eattel geſetzt fei, daß 
es ferner in feinen uralten Maßen ſchon Alles befige, was durch den Frembdenfultus, 
fo lange gefucht, nicht gefunden werden Eonnte. 

Es mußte für das literarifche Deutichland der Zukunft in einem originellen, 
nah den Muftern unferer Klaffiter gefchaffenen Geſetzbuche gezeigt werden, wie 
der deutſche Geiſt für fein Empfinden naturgemäß einer Rhythmik bedarf, Die 
auf den lieblihen Wellen des urdeutfchen Accents Beift und Kraft unferer Sprache 
zu entfalten vermag. 

Mas die Epif der Gegenwart, wie der Zukunft des literarischen Deutich- 
lands anlangt, machen ſich bereits erfreuliche Anläufe zu einem neuen Volks— 


epos im neuen Reiche bemerflih. Man darf ein neues Volksepos um fo mehr 
erhoffen, ald nunmehr der Begriff „Volk“ fo recht eigentlich neu geichaffen worden 
und nunmehr deuticher Geiſt, deutiches Streben und nationaldeutiches Intereſſe 
Hocherleuchtete wie Meittelgebildete durdglüht. Wir Haben durch ureigene Kraft 
große, weltgefhichtlihe Thaten zu ftande gebracht und wir befigen bereits in unferer 
aufblühenden politischen Lyrik die Grundlagen zu einem deutſchen Nationalepos der 
neuen literariihen Blütenperiode. Trügen nicht alle Zeichen, fo dürften die Kunſt— 
dichter der nächſten Zukunft im ftolzen Gefühle deutfcher Kraft die epiichen Volfs- 
gelänge von den Lieblingen der Nation vereinigen: vom großen Wilhelm Rexe, 
vom jungen Heldenfrige, vom eifenftarfen Kanzler, vom ernit beredten Schweiger. 

Eine gefteigerte Miffion wurde im neuen deutichen Dichterreih auch dem für 
Zeitcharafter und Zeitbedürfnis unfhägbaren Zeitroman, fowie der Zeit- 
novelle. Nicht meine ich jene erbärmlichen Fabrikate, Vermächtniſſe, Enthüllungen, 
welche uns ein phraſendurchſpicktes und phrafengeflidtes Gemengſel von Lebens: 
beichreibungen und banalen Eauferien bieten, ohne daß deren ausgetrodnete, vom 
Kuß des Genius unberührt gebliebene Autoren je die Technik des Romans ftudiert 
hätten, ja, ohne daß diefelben ſich die Fähigkeit errungen haben, eine wirklich leitende 
Idee herauszufchälen, um in deren Symbolifierung das Kunftgeheimnis zu ver: 
raten, wie dies beifpielsweile Spielhagen thut, der in „Reih' und Glied” die Idee 
des Volkswohls ſymboliſierte, oder Heyfe, in deſſen „Die Kinder der Welt“ die 
Idee der Religion des Geiltes zum Ausdrud gelangt. 

Wenn ſchlechte Romane geeignet waren, das Bol zu demoralifieren, es harafter: 
ſchwach und gefinnungslos zu machen, fo beginnen die wenigen Mufterromane der 
Gegenwart, die Muſterlehrer der Nation zu werden, um fie zu begeijtern, zu ver: 
edeln, ihre Bildung zu fteigern. Wir ftehen zweifellos vor einer beglüdenden und 
hoch zu preifenden Blütenperiode der Zufunft. Mehr und mehr wird die Grund» 
lage des Romans ein fittlihes Motiv und ein wahrhaft fittliches Ziel, welches 
allein gegen die Laszivität und Frivolität fremder Nationen zu fchügen vermag. 

So wird denn der Roman der Gegenwart den wahren Realismus mit dem 
— ohne erjteren nicht mehr denkbaren Idealismus zu verföhnen und zu verflären 
haben, indem er in die Lehre geht bei ernten Hiftorifern und logiſchdenkenden 
Geſchichtsphiloſophen, damit er Fünftig nicht bloß mit dem rührt, was ihn ganz 
und wahr erfüllt, jondern auch mit dem, was er beiler, wahrer als andere der 
fo oft zur fragenhaften Kama degradierten Geſchichte nachzuerzählen weiß. 


— XXI — 


Auch das Drama unſeres neuen literarischen Deutihlands ſucht fih an 
Allem zu erwärmen, was die Nation erhebt, bewegt, belebt. Es zieht mehr als 
je die brennenden Fragen auf allen Gebieten heran: auch die politischen, wie dies 
Werthers deutfchnationaler Kriegsplan beweilt. Na, es erkennt die Bedürfniſſe, 
die Leiden und Freuden feines Volks, denen es (vgl. Devrient’s Jenenfer Luther: 
feitipiel) voll gerecht zu werden fi bemüht. 

Das nationaldeutiche Drama jtrebt darnach, den vollen Inhalt unferer Zeit 
— der Empfindung und dem Bewußtfein der Nation zu vermählen und u. A. auch 
Bolitifdrama zu werden. — Diejes Streben freilich hatten Schon jene Dichter, welche 
ih an Ariftophanes politische Luſtſpiele anzulehnen fuchten: ein Blaten, ein Rückert, 
ein Prutz, ein Gutzkow. Aber ihre Zeit war noch nicht hinreichend vorbereitet für diefe 
Gattung Politikdrama. Prug vor Allem mußte mit jeiner politischen Wochen: 
jtube (1843) die Erfahrung machen, daß politiihe Komödien ein politiich reifes Publi- 
fum fordern. Noch hieß es für ihn: ein politiih Drama ein garitig Drama. Freytags 
Journaliften, Hamerlings Teut 2c. als fortgeſetzte Verjuche eines politiihen Dramas 
fanden ſchon geloderteren Untergrund in der erftarfenden Nation. Nun ift feit 
1870 ein weiteres Fortfluten und ein Aufgehen in der dramatiſchen Kunft fichtbar. 
Tas Nationalgefühl ift erftarft und vermag Ideen zu fördern, welche von der Kraft 
des Deutichtums zeugen. Wir find ein einig Brüdervolf geworden und können 
mit Selbitgefühl auf unjere Errungenschaften zurüdbliden. Nun haben unfere 
Dramendiditer, welde aus dem Born des Volksbewußtſeins Ichöpfen, zu zeigen, 
daß wir — wie wir in der Politik die Feſſeln des Fremdtums abjtreiften — dies 
auch auf dem Gebiete des Dramas vermögen. 

Unſere deutjche Originalität bafiert nicht auf der Oberfläche eitlen Scheins, 
fondern im tiefgrundigen deutichen Herzen, weshalb denn auch unfer deutichnationales 
Drama der Zufunft alle Schwächen, alle Thorheiten im Spiegel gefunden Humors 
refleftieren und eine originelle Charafteriftif bieten muß, welche die Fülle des geiftigen 
Lebens und des deutjchnationalen Inhalts vereint und fomit für Deutichland eben 
jo harakteriftiich werden muß, wie die nationaldramatifchen Driginalformen (Masken, 
Baudevilles, Mantel- und Degenftüde 2c.) fremder Nationen für dieſe. 

Wenn wir zum Schluß nad) den vorjtehenden Nriomen, Betradhtungen und 
Schlußfolgerungen den Blid in die Zukunft werfen, jo müfjen wir erfennen, daß 
die Wiedergeburt Alldeutichlands das Erftchen und Aufblühen einer deutfchnationalen 
Poeſie inaugurierte; ja, wir müſſen einfehen, daß wir trog der genialen Leiſtungen 


— XXI — 


der legten Blütenperiode (1772— 1813) nicht am Ende angelangt find, Die Steige: 
rung des Völferverfehrs und des dadurch bedingten Ideenumſatzes, die großartigen 
Erfindungen der neueren Zeit 2c, haben dem literarischen Deutichland ein urweites 
Feld eröffnet, neue große Perfpeftiven und neuen reichen Stoff zu Tage gefürdert, 
wie ihn Goethes Zeit nicht zu bieten vermochte. Und fo Schafft der Genius der 
Zufunft weiter, 

Der Tieferblidende bemerkt eine geradezu grandiofe Hebung des geiftigpoetiichen 
Gehalts unferes Jahrhunderts. Platens marmorne Form, Heines ariftophanifche 
Grazie, Lenau’s originale Gefühlstiefe 2c., fie find erreiht. Die deutiche Literatur 
ſchiebt neue fräftige Triebe. 

Wenn erft die politiihen und fozialen Wogen geglättet fein werden — mit 
dem Ole allfeitiger Befriedigung, wenn unfer Deutichland gekrönt fein wird mit 
der Krone des inneren Ausbaues, dann wird die im vollen Eintreten begriffene 
neue Blütenperiode im Zenith ihres Glanzes ftehen. 

Als ahnender Vates ſehe ich bereits die leidenschaftlich erregten Springfluten 
deutſchen Parteihaders fich legen, Sehe ich die ausfichtslofen Kulturfämpfe und fo: 
zialen Wirrfale glüclich überwunden, fehe ich aber auch, wie Deutichlands Volk 
auf dem Gebiete der Literatur und Poeſie einer nie geahnten Höhe entgegen ſteuert, 
auf welcher gottbegnadete Sänger und Dichter eine neudeutſche, eine vierte klaſ— 
fifhe Periode der Literatur herbeiführen, — eine Blütenperiode, Die es 
verfteht, in der Vereinigung alles geiftigen Kapitals mit Originalität und Genialität 
ächt deutiches Denken, Fühlen und Wollen zu fördern, um als Ausgangs: und 
Zielpunft diefe Deviie zu zeigen: Volfstümlihe, echte, wahre, deutiche 
Empfindung, die fih in Anfhauung umfegt, und die wiederum Em— 
pfindung urfräftig und urmädtig erzeugt. 

In diefer Blütenperiode der Zukunft wird fih das ftarfe Nationalgefühl mit 
dem vollendeten Weltbewußtſein im Idealbegriff der Mahrheit zur leuchtenden 
Sternenfrone über den Häuptern einer glüdlihen Nadwelt vereinen! — — 


Hauptwerk. 


— — — — — — Du wünfdeh unfterblid zu leben? 
Leb’ im Ganzen! Wenn Du lange dahin bift, es bleibt. 


Schiller. 


Um Gottes eigne Glorie zu ſchweben, 
Vermag die Runſt allein und dark es wagen, 
Und weſſen Herz Vollendetem geſchlagen, 
Dem hat der Himmel weiter nichts zu geben! 


Platen. 


U. 


Abegg, Georg Friedrich Heinr., wurde | 


am 19. März 1826 in Königsberg als 
der Sohn des berühmten Striminaliften 
Heinr. A., Verfafler des befannten „Lehr: 
buches der Straf-Rechtswiſſenſchaft“, ges 
boren. Nachdem er das Gymnaſium in 
Breslau abjolviert, ftudierte er 1844—48 
in Breslau und Heidelberg Mebdicin. Er 
wurde 1863 Lehrer an der fönigl. Heb— 
ammenlehranjtalt zu Danzig, deren Diref: 
tor 1866. Er pflegte bejonders Kinderheil: 
funde und Gynäkologie und wird auf die 
ſen Gebieten als Autorität anerfannt. Im 
Jahre 1872 erhielt er den Titel eines Ge— 
heimen Sanitätsrats, 1878 wurde er 
Dedicinalrat im Dtedicinalkollegium von 
Weftpreußen. 


Außer zahlreichen, in Fachzeitſchriften zerz | 


ftreuten Abhandlungen verfahte er: Bericht über 
die königl. Hebammentehranitalt zu Danzig 1819 


bis 68 (1869), „Zur Geburtshülfe und Gynä— 


kologie“ (1868, 1873 u. 1882) w. 


Abicht, Carl Ernit, geb. 8. April 
1831 zu Elausthal a./Harz, jtudierte Phi— 
lologie zu Göttingen, mwirfte zuerit als 
Lehrer an den Gymnaſien zu Nüneburg, 
Emden, wurde darauf als Profeſſor nad) 
Schulpforta berufen und 1570 zum Dis 


reftor des Gymnaſiums zu Oels ernannt. 


Er iſt Berfaffer einer erflärenden Ausgabe 
des Geichichtsichreibers Herodot, die 1886 in 4. 
Auflage erichienen ift; 1869 gab er eine fritiiche 
Yusgabe dieles Hijtorifers heraus. Ferner bearbei- 
tete er eine erflärende Ausgabe des Arrian und 
ipäter eine fritiiche Ausgabe deſſelben Geichicht3: 
ſchreibers. Daneben find zahlreiche Programme 
und Abhandlungen, welche über Derodot und 
Arrian handeln, in willenichaftlichen Zeitſchrif— 
ten (im Philologus, in der Berl. philolog. Wochen: 


Das literariibe Deutichland. 


Ichrift u. a.) veröffentlicht. Darunter verdient 
' Hervorhebung die commentatio de codieibus He- 
rodoti recte nestimandis, 1869. Wuc auf ge: 
Ichichtlihem Gebiet ift derſelbe thätig gemelen; 
er bearbeitete die neueren Auflagen der Ditt- 
mar'ſchen Geſchichtswerke (insbeſondere der deut: 
ſchen Geſchichte). 

| Ackermann, Karl, geb. 2. März 
1841 zu Fulda, befuchte von 135 1— 1860 
das Gymnaſium feiner Bateritadt, ſtu— 
dierte dann auf den Univerfitäten zu 
Marburg und München -zuerit Dtedicin, 
dann Mathematik und Naturwiſſen— 
ſchaften. Er erwarb fih die facultas 
'docendi in der Mathematik, den eracten 
‚und den beichreibenden Naturwiſſenſchaf— 
‚ten, daneben die in den beiden alten klaſ— 
ſiſchen Spraden. Seine Lehrthätigfeit be> 
gann er am Gymnaſium zu Fulda. Er 
wirft jet (1887) als Oberlehrer in Kaſſel. 

Werfe: Über die Guldin'ſche Negel; Die Käfer; 
Bibliot, hassiaca; Bibliot. paedag. 

Adami, Friedrich (Paul Frohberg), 
wurde in Suhl am 18. October 1816 
geb., widmete fi) nad) Abjolv. der Schule 
dem Studium der Medicin, ging jedoch 
‚bald zur Vhilofophie über. Nachdem A. 
ſich durch die Herausgabe des ſ. Zt. viel 
'gelefenen Almanachs Sonnenblumen und 
dur) eine Neihe von Dramen: 

Ein ehrlicher Mann, der Aufitand in Barce: 
Ilona, Prinz und Apothefer oder Der legte Stuart, 
Tauiend Aengite um Nichts, Der Doppelgänger, 
Ein deutfcher Leinweber ıc. 
bereits einen Namen gemacht, erichien ein 
berühmtes Werf Luife, Königin von Breus 
‚Ben, das dem Autor außerordentliche Anz 
‚erfennung und Auszeichnungen eintrug. 
Seit 1849 wirft N. in der Redaktion der 
„Neuen Preußiihen Zeitung“. 

1 














2 


Adelmann. Adler. 


Außer den genannten Werken verfahte A. noch | anftalten (1880). Beide Lehrbücher find von der 
eine Anzahl Novellen, indem er beſonders fein | Kritif in der Hauptfadhe ſehr günftig beurteilt 
Augenmerk auf die hiſtoriſche Novelle richtete: | worden. Einzelne voltswirtichaftliche Auffäge von 


Aus den Tagen zweier Könige, Große und Heine | ihm find im verfchiedenen Beitungen, Schulpro- 
Welt, Fürft und Burgmann, Aus Friedrichs des grammen und eitjchriften erfäjienen. An den 


Gr. Beit ıc. 

Adelmann, Margarethe. Da alle 
geitorben, die mir nahe genug geftanden, 
um biographiſche Notizen von mir geben 
zu können, fo will ich, obgleich fo alt und 
bejonders jeit leter Zeit jehr leidend, 
doch einige Notizen niederfchreiben: 

IH bin geb. zu Würzburg 1811, am 
3. November, und noch daſelbſt lebend. 
Angeborene Talente und ein fteter Drang 
fie auszubilden und nutzbar zu machen, 
bei bejtändig auftretenden äußeren Hinder: 
niſſen. Da ich mit acht Jahren meinen 
Vater verloren, die Mutter Witwe mit 
jehr jpärlihen Einnahmen, der Sohn ſtu— 
dierend — die Hauptperjon in der Fa: 
milie. — Auch fpäter war das Leben ftets 
bemüht, mir jeine Schattenfeiten zuzu— 
wenden, doch nicht vermögend, für lange 


den friichen Sinn zu fniden und die rege 


Teilnahme an den großen Ereigniffen 
und Errungenſchaften der langen von mir 
durchlebten Zeit abzuſchwächen. — Von 
Anno 11 bis 87. 

In Drud erſchienen: (1844) ein Bändchen Ge- 
dichte, ſpäter häufige Beiträge für die Mnemo— 
ſyne. Erinnerungen an Kiffingen (Gedichte 1864). 

Adler, A., geb. den 10. Juni 1850 
in Schwebheim bei Schweinfurt, Bayern, 
bejtand 1870 in München an der tgl. po: 
lytechniſchen Hochſchule die Prüfung für 
das Handelslehramt, wurde hierauf an der 
fgl. bayr. Gewerbichule zu Ajchaffenburg 


als Lehrer angeftellt und 1873 an die |f 


öffentliche Handelslehranftalt in Leipzig 


berufen. Die philofophiiche Doftorwürde 


erlangte er auf der Univerfität Leipzig. 
Seine aud im Buchhandel erichienene 
Promotionsichrift behandelte das Thema: 
Ricardo und Garen in ihren Anfichten über 
die Srundrente. Seitdem find von ihm 
erſchienen: 

Leitfaden für den Unterricht in der Handels: 







Conrad'ſchen Jahrbüdern für Nationalötonomie 
und Statiftif arbeitet A. als Kritiker jocialpoli- 
tiſcher Schriften mit. 

Adler, Friedrich, wurde am 15. Ok 
tober 1827 zu Berlin geboren, bezog 
nad) Abjolv. der Schule die Bauafademie 
in Berlin und arbeitete praftifch unter 
Stüler, unter dejien Oberleitung er 1854 
bis 1857 die Bartholomäusfirche zu Ber 
lin erbaute. Als Anerkennung feiner 
Zeiftungen bei diefem Bau wurde er als 
Lehrer an die Berliner Bauakademie bes 
rufen und jpäter als Profeſſor daſelbſt 
angeftellt, wo er bis 1877 wirkte, in 
welchem Jahr das Minifterium der öffent- 
lihen Arbeiten ihn als Geheim. Baurat 
und vortragenden Nat berief, um ſpeciell 
das Kirchenbauweſen als Dezernent zu 
leiten. Im felben Jahr wurde er - 


Mitglied der Akademie zu Berlin, 
darauf auch zu Wien und Petersburg 
erwählt. A. that fich befonders im 
Kirchenbau hervor (Chriſtuskirche u. Tho⸗ 
‚masfirhe Berlin 1863 1868; Elifa- 
bethlirche zu Wilhelmshaven 1869— 1872; 
Paulsfirche zu Bromberg 1874—1879), 
Außer zahlreichen Abhandlungen in geitfchriften 


ſchrieb er: Mittelalterliche Baditeinbamwerke des 

preuß. Staates (1859), Baugeſchichtliche Forſchun⸗ 
gen in Deuticland (1870), Ausgeführte Baus 
werfe (1872), Die Ausgrabungen von Olympia 
(mit Curtius), Die Baugefchichte von Berlin, 
Schlüters Leben und Werke ıc, 


Adlersfeld, Frau v., fiche Valle: 
trem. 





Adolf, 2., fiche Laſſon, Ad. 

Aelſchker, Edmund, wurde am 27. 
März 1841 als Sohn eines Goldarbei— 
ters zu Bielig geboren. Nachdem er die 
Hauptſchule“ jeiner Vaterſtadt befucht 
hatte, fam cr an das Gymnafium zu 
Teſchen, an dem er auch die Maturitätg- 





‚prüfung ablegte (1860), um fobann die 


wiſſenſchaft (1879). Leitfaden der Volkswirt: Univerfität Wien zu beziehen. An der 
ſchaftslehre zum Gebrauche an höheren Fachlehr- philoſoph. Facultät diefer Hochſchule wid: 


* Auer, Fr.u.d.,seoh TI 


— 


Ahlborn. 3 


mete er ſich vorzugsweiſe hiſtoriſchen, geo- 
graph. und germaniſtiſchen Studien und 
übernahm nach Vollendung des afademi- 
ihen Trienniums zunächſt eine Erzieher: 
ftelle in einem angejehenen Wiener Bür— 
gerhaufe. Im J. 1869 erwarb er fich die 
Lehrbefähigung für Geichichte und Geo: 
graphie, im folgenden I. auch jene für das 
deutſche Sprachfach an Oberrealichulen. 
Als Suppfent für diefe Fächer wirfte 
Aelſchker im Schuljahre 1869/70 an der 
Schottenfelder k. k. Oberrealichule in Wien | 
und erhielt dann eine Zehritelle an der 
Staats-Oberrealfchule in Klagenfurt. An | 
dieſer Mittelfchule wirkt Aelſchker noch | 
heutigen Tages als Profeflor. | 
Seine literarifche Thätigfeit begann er mit zwei | 
Auffägen germaniftiihen Inhaltes in dem Pro: | 
der Klagenfurter Realihule: Über deutiche | 
ofitionen (1871) und Über Schiller drama: | 
Fragmente’(1872). Hieran reihte jich eine | 
große Anzahl biftorischer, geographiicher und ger: 
maniftiicher Aufjäge, die in verichiedenen Zeit: | 
fhriften Aufnahme fanden, jo 5. B.: Die Genen: | 
ormation in Kärnten (Boltsfalender1873), Der | 
See, Der Ulrihäberg, Birunum (Heimat 

1877, 1881, 1882) u. a. Für Hölders hiſtor. 
YJugendbibliothet ſchrieb Aelſchler: Maria Therefia 
vor ihrer Thronbeiteigung und Maria Therefia im 
Erbfolgefriege (1877, 1879). Eine Monographie: 
Das edictiner-Stift St. Paul in Kärnten 
lieferte er 1880. Mit befonderer Vorliebe wandte 
ſich Welichker eingehenden Studien über die Ge: 
fchichte feiner neuen Heimat zu, und als Frucht 
derfelben erichien fein zweibändiges Werk: Ge: 
ſchichte Kärntend von der Urzeit bis zur Gegen: 
wart, mit befonderer Rüdficht auf Culturverhält- 
niſſe (1885) — die erfte vollftändige Geſchichte 
diejes Schönen Alpenlandes, die, bei allem willens 
ſchaftlichen Ernſte durch gelättige Daritellungs» 
weiſe ausgezeichnet, weite Verbreitung fand. Im 
J. 1887 gab Aelſchker gemeinſchaftlich mit Joſ. 
Palla die erſte, den Forderungen der Gegenwart 
entſprechende Heimatskunde des Herzogthums Kärn⸗ 
ten heraus, ein Werk, das, vorzugsweiſe für die 
Lehrerichaft und die übrigen gebildeten Kreiſe des 
Sandes berechnet, ein ſehr jchätbares Handbuch 
geworden ift und wegen der vielfadh neuen und 
zwedentiprechenden Behandlung des Stoffes viel 

Lob geerntet hat. 


Ahlborn, Luije (2. Haidheim), geb. 
Jaeger, wurde am 14. Mai 1834 zu Melle 
bei Osnabrüd geboren. Ihr Vater, ein 
hannöverjcher Jujtizbeamter, leitete jelbjt 


| Philologen 4. geboren. 


Ahlwardt. 


mit Hülfe von Hauslchrern den Unterricht 
dc8 talentvollen Kindes. Schon als ganz 
junges Mädchen fühlte Luiſe A. einen uns 
wibderjtehlichen Drang zum Dichten und 
Fabulieren in fih, dem aber größere 
Sachen erjt fpäter, in reiferen Jahren ent- 
Iprangen. 1855 vermählte fie ſich mit 
dem Gutsbefiger Oberamtmann Ahlborn 
zu glüdlicher Che, die jedoch der Tod zer: 
riß. Als Witwe fiedelte fie nad) Hanno— 
ver über. 

Dauptmwerfe (Romane): Im Geift und in der 
Wahrheit, Elijab. v. Brandenburg, Das ſchlimme 
Jahr, Die Familie Braunau, Im tiefen Forft, 
Philipp von Ortwalde und Schloß Favorite. 

Ahlwardt, Theod. Wilhelm, wurde 
am 4. Juli 1828 zu Greifswald als 
der Sohn des durch feine vorzüglicdhen 
Überjegungen der griehiihen Dichter 
Pindar, Theofrit 2c. berühmt gewordenen 
Er jtudierie 
1846—1850 zu Göttingen und Greifs— 
wald und widmete fich befonders dem 
Studium der orientaliihen, bejonders 
femitiihen Spraden und der arabiſchen 
Handidriften, für deren Kenntnisnahme 
die Bibliothek zu Paris ihm günſtigſte 
Gelegenheit gab. Im Jahre 1861 wurde 
er zum ord. Profeſſor der morgenländis 
Ihen Spraden an die Univerfität zu 
Greifswald berufen. 

N. gilt als eine der hervorragenditen Autos 
ritäten auf dem Felde der altarabiihen Poeſie, 
feine Ausgaben der Hajfide des Chalef elahmar, des 
Diwans des Abu Nowas und der Dimane der ſechs 
altarabiichen Dichter ꝛc. gelten als die beften, 
die überhaupt eriftieren. Ebenſo wird jein Hand» 
Ihriftenfatalog „Verzeichnis arabiiher Hand» 
Schriften der füngl. Bibl. Berlin aus den Ges 
bieten der Poeſie, Schönen Literatur, Ziteraturs 
geihichte und Biographif” (1571) gerühmt. 

Ahrens, Jürgen Friedr., wurde am 
2. Oftober 1834 in Sarlhufen (Holjt.) 
geboren, widmete fid) dem Lehrerberuf 
(Scullehrerjeminar zu Segeberg 1854 
bis 1857). Als Hülfslehrer in Seges 
berg angejtellt, lernte er hier eine Reihe 
hervorragender Lehrkräfte kennen, nad) 
denen er Sich bildete. Von dort aus 
nahm er eine Stelle als Hauslehrer in 


1* 


Albers. 


Naftorf an. 1861 wurde er 
Itzehoe, 69 Hauptlehrer in Brunswin-Kiel, 
hörte in feinen Mußeſtunden Borlejungen 
an der Univerfität. namentlich Sejchichte 
(bei Brof. Uſinger), Literaturgeih. (Prof. 
K. Weinhold), Hunitgeih. (Brof. Thau— 
low); wurde 71 Hauptlehrer an der IL, 


78 an der I. Bürgerichule und 1880 | 


Direktor der Gewerbeichule, bie jchon jeit 
73 von ihm im Nebenamt mitverwaltet 


worden war, Er jchrieb: 
Graf Adolf IV oder Vergangenheit und Ge: 
genwart (Epos 1865), Feldblom (Plattdeutſche 


Ged. 1872), Lehr: und Leſebuch für Fach: und 


Fortbildungsihulen (1881), Die gewerbliche Er: 
ziehung in Vergangenheit und Gegenwart (1885), 


lihen Entwidelungsgange (1886), 
fertigfeitsunterricht (gefrönte PBreisarbeit 1886). 


Albers, Joh. Heinrich, geb. am 3. Oft. 
1840 zu Meldorf in Holjtein, jtudierte auf 
dem Akademiihen Gymnaſium zu Ham: 
burg und den Univerfitäten Noitod und 
Straßburg i./E. Philologie und Geſchichte 
und widmete ſich Dem Lehrfach. Nach länge: 
rem Aufenthalt in England und Rußland 
leitete er im Hannöverſchen ein Privat: 
injtitut, trat aber fpäter (1874) in den 
höheren Schtildienit Elſaß-Lothringens und 
ut 3. 3. Oberlehrer an der Kailerl. Neal: 
ichule zu Deep. 

Derfelbe gab heraus: Poetiſcher Hausihat 
(Gedichtiammlung 1869), Die Erziehung Kaiſer 
Heinrich's III. in ihrer Bedeutung für die ſtaat— 
liche und Firchliche Entwidelung des 11. Jahr— 
hunderts (Differtation 1870), Lehre vom Teufel 
(Preisichrift 1875), Deutiche Götter: und Helden: 
fage (1878), König Dagobertsſage im Elſaß und 
der Pfalz (1884), Chriſtl. Feſte (1879). Außer— 
dem zahlreiche wiſſenſchaftl. Aufläge in zeit: 
ichriften und Tagesblättern. Hat jih in den 
legten Jahren vorzugsweile mit elſäſſiſcher Ge: 
ſchichte beichäftigt und diejelbe in populärer Weile 
in reichsländiſchen Zeitichriften behandelt. 


Albert, Mih. ch bin geboren am 
21. Oftober 1836 zu Trappold, einem 
anjehnlichen ſächſ. Dorfe in der Nähe 
der Stadt Schäpburg in Siebenbürgen. 
Meine Eltern waren wohlhabende Yand- 
leute und hatten für mic, einen zarten, 
lebhaften Knaben, ſchon frühe einen geis 


Lehrer in! 





Albert. 


ftigen Beruf in Ausficht genommen. Ueber 
den Unterricht in der Dorfichule wuchs 
ih raih hinaus. Elf Jahre alt fam 
id in die Lateinſchule in Schäßburg. 
Ich lernte freudig, aber die Revolutions: 
jtürme der Jahre 1848, 1849 unter: 
braden das Schulleben mit langen Baus 
jen. Wir Knaben ſprangen mit leichtem 
Sinn dur all die blutigen Wirren und 
ergögten uns an dem bunten Wechſel. So 
hörten wir 1849 den Kanonendonner der 


wüthenden Schlacht bei Schäßburg, in 


der Petöfi verſchwand, der heute ſo gefei— 
erte Freiheitsſänger der Magyaren. Frühe 


ſchon zog mich meine Natur unwiderſteh— 
Die Reform des Kunſtgewerbes in ihrem geſchicht- 
Der Hand: | 


li zu poetiihem Fühlen und Sinnen, jo 
daß ih in Gefahr gerieth, ein Träumer 


‚und Phantaft zu werden, nur mein raſt— 


[08 angefachtes Vorwärtsjtreben rettete 
mich davor, und unjere ftrenge Disciplin 
führte mi) dem realen Leben wieder zu. 
1857 abjolvierte ich die Schule und bezog 
die Hochichule zu Jena, um mich dort für 
das Lehr: und Pfarramt vorzubereiten. 
Ich wurde Mitglied der Burichenichaft 
Teutonia — all das Neue hier wirkte 
anregend auf mich ein, die gemeinfamen 
jtudentiihen Ausflüge, die ſchwungvollen 
Vorträge Cuno Fiihers zogen mid) mächtig 
an, ein freifinniger, willenichaftlicher 
Heift war es, den wir auch in der Theo: 
logie einathineten: über Allem waltete 
auf diefem Boden die große literarhijto: 
riihe Erinnerung. 1858 ging ich zu der 
Univerfität Berlin über, um hier haupt: 
ſächlich Ziteraturgeichichte zu jtudieren. Ein 
Jahr darauf vertauichte ich Berlin mit 
Wien. 1860 kehrte ich in die Heimat zus 
rüd. Bald erhielt ich eine Anjtellung als 
Gymnaſiallehrer in Biltriß, dann 1861 
in Schähburg, wo id) durch Vereheliyung 
1863 meinen Hausjtand gründete. So 
ſchwer mir erjt der Xehrerberuf und das 
damit verbundene Leben erichien, habe ich 
doc) ftets darin meinen wahren Beruf 
erfannt. 


Meine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit ſtand mit 
dieſem Berufe im beiten geiſtigen Einklange. 


5 


Alberti. 


Vom Anfang der 60er Jahre erichienen bis 
in die jüngfte Zeit herauf von mir eine Reihe 
von Gedichten meift vaterläntiichen Inhalts in | 
Zeitſchriften, eberjo viele Aritifen und fFeuille: | 
tons. Außerdem erjchienen folgende Novellen: 
Herr Lucas Seiler 11861), Die Dorfidule 
11866), Das Haus eincd Bürgers (1868), Traus 
gott (1874) 2e. ꝛc. Dramatilche Arbeiten: Die 
Flanderer am Alt (1883), Hartenad (1886). Auch 
verfahite ich einige wiſſenſchaftl. Abhandlg. zur 
Siebenbürg. Literaturgeſchichte. 

Alberti, Eduard Ehriftian Scharlau, 
geb. den 11. März 1827 in Friedrich— 
fadt; fein Vater gl. Ns. Stadt: und 
Gerichtsichout dal. (aeb. 3. Oct. 1783 
in Prenzlau, ftarb 26. December 1859 
in Kiel); feine Mutter Maria geb. Haude 
(geb. 28. Eept. 1783 in Friedericia); be: 
ſuchte die Stadtſchulen in Friedrichjtadt, 
von 1841 — 1844 diejenige unter dem Ref: 
tor 8. 2. Biernagfi, lernte 1844 bis 
1848 Oftern den Buchdruck; ging Oſtern 
1848 bis dahin 1850 in die Prima der 
Huſumer Gelehrtenſchule, Rector Schütt, 
itubierte Philologie in Kiel von Oſtern 
1850 bis dahin 1854 (Lehrer vorwie: 
gend Nigich und Forhhammer), war 3 
Jahre ordentl. Mitglied des philologiichen 
Seminars und drei Mal glüdliher Con: 
current um das Schafftanum, beftand um 
Ditern 1854 das Schulamts-Eramen, war | 
von Oſtern 1854 bis dahin 1856 Haus: 
lehrer beim Grafen Magnus v. Moltfe 
auf Grünholz in Schwanfen und ſpäter 
in Horn bei Hamburg, promovierte zur, 
philojophiihen Doctorwürde im Juli 
1856, hielt fih im Sommer 1857 drei 
Monate in Kopenhagen auf, habilitierte 
fih in Kiel um Mic. 1857 als Privatdo- 
zent, auch Euftos der 2. Univerfitätsbi- 
bliothef. Scrieb: 

Zur Dialektik des Platon. Vom Theätet bis 

Barmenided. Des M. Fabius Quintilian 
zur Redekunſt. 10. Bud. Lateiniſch 

und deutich mit Fritifchen Noten und erläutern: 
den Anmerkungen. Plutarchs QTimoleon und 
Aemilius, Griehiih und deutſch mit 

Moten und erflärenden Anmerkungen. 

Die über Geift und Ordnung der Bla: 
—5* Schriften, beleuchtet aus Ariſtoteles. 
el Treu (Erz), Hüben und drüben (Erz.), 
Greichen (Ery.) zc. 10. Gab heraus: Lexikon der | 








Alberti. 


ſchleswig-⸗holſt. Schriftfteller von 1829— 1865 und 
Supplement dazu bis 1882. 

Alberti, Sophie, geb. Mödinger, (S. 
Verena), wurde am 5. Auguit 1826 zu 
Potsdam geboren. Ihre talentvolle Bega— 
bung erhielt in dem Vaterhauſe, in wel: 
chem Sinn und Gefhmad für alles Edle 
und Echöne waltete, die Mufif ganz be— 
jonders in edeliter Weile geübt wurde, 
Stoff und Nahrung. Alle Kinder der 
hochgeachteten, verdienitvollen Eltern was 


‚ren nad der poetiichen Seite hin begabt, 


die beiden jüngiten, ein Bruder und So: 
phie, in hervorragender Weile. Schon 
ganz früh entfaltete ſich das ſchöpferiſche 
Talent des fleinen Mädchens, im Alter 
von 7 Jahren entjtand ihr erjtes Gedicht, 
im 9. Jahre ein Luftipiel und im 13. 
eine Novelle in franzöfiiher Sprache. 
Dur die Familie wurde das Talent 
der jungen Dichterin nicht unterftügt, weil 
man meinte, des Mittelmäßigen gebe es 
genug in der Welt. Dies wirkte entmus 
thigend, und ein langes Schweigen, ver: 
mehrt durd) förperliches Leiden, trat ein. 
Dann aber ließ der Schaffensdrang fich 
nicht mehr hemmen, brad) ſich Bahn aus 
innerer Notbhwendigfeit. Daß nicht Eitel- 
feit der Leitjtern war, zeigt die durch fo 
viele Jahre mit ängitlihem Eifer ge— 
wahrte Anonymität. — 1870 ſtarb ihr 
Gatte (Schulrath) nach kurzer, aber jehr 
glüdliher Ehe. Nach feinem Tode blieb 
©. N. in Potsdam, wo fie nur ihrem 
literarifhen Schaffen lebt. 

Außer einer zahlreihen Menge von Beiträgen 
in belletr, Zeitichr. erſchienen von ihr: Elfe (Nov.), 
Ein Sohn de3 Südens (Rom.), In der Weihr 
nachtszeit (Erz.), Photographien des Herzens 


Gov.), Ueber Alles die Pflicht (Rom.), Aus allen 


Kreilen (Nov.), Aus der Penſion, Altes und Neues 
(Nov.), Bon allen Zweigen (Anthol.) 2c.; außer: 
dem eine Reihe höchſt anerfannter Ueberſetzungen 
aus dem Englifchen. 

Alboth, Joh. In dem an origin. 
Typen reichen Erzgebirge wurde id am 
23. November 1861 in Joahimsthal ges 
boren. Nachdem ic die Volksſchule in 
Joachimsthal bejucht, ſchickten mic) meine 
Eltern mit 15 Jahren nad) Prag, „um 


Albrecht. 


6 


Alfred. 


auch einen Lehrer zu haben,” denn die Lübeck und bezog fodann die Univerfität 


ehrfamen Bürger meiner Vaterftabt brü- 
fteten fih damals nidht wenig mit ihren 
„Lehrerſöhnen“. ch wollte zwar ftudies 
ren, aber mir war die Volfsichullehrerei, 
von der Volksichule her zuwider. Da: 
rum las id Tag und Nacht nur lite 
rariſche Werke, wozu mich die Vorträge 
des ausgezeichneten Sermaniften Th. Thu: 
pe nicht wenig aneiferten. 





Im Mai 1879 madte ich eine Don 


Leipzig, um Philologie zu ftudieren. 1870 
promovierte er in Leipzig, beitand 1871 
in Leipzig die Staatsprüfung für das 
Lehramt, trat Anfang Octobers deſſelben 
Jahres im Nicolaigymnaftum zu Leipzig 
als Probefandidat ein und wurde 1872 
an derjelben Anjtalt definitiv angeftellt, 
Im Sommer 1872 erging an ihn die Auf- 
forderung, ins Neichsland zu kommen, 
und er befleidete bis 1574 an dem Gol- 


Quijote-Fahrt nach Wien, um dort ganz | legium in Gebweiler die Stelle eines 
der Literatur zu leben, aber ſchon nad) | ordentlichen Lehrers. In gleicher Eigen: 
einigen Wochen fam ich aufs Aeußerſte | Schaft fodann an das Lyceum in Colmar 


abgemagert bei einem Bekannten in Graz | verjegt, wurde er im Jahre 1577 zum 
Oberlehrer ernannt und iſt als. folder 
noch jegt an diejer Anſtalt thätig. 

Seine wiljenihaftlihe Hauptbeihäftigung be; 
fteht feit Mai 1877 in der Sammlung von 
Urkunden behufs Herausgabe eines vorläufig bis 
zum Jahre 1500 reihenden Urkundenbuches der 
Herrſchaft Rappoltjtein. Daneben verfahte er 
mehrere kleinere Abhandlungen: Beſuche deuticher 
Könige und Kaifer in Colmar, Feſtrede zur eier 
von Kaiſers Geburtstag 1878, Deutiche Könige 
und Kaiſer in Colmar 1883, Die ältere Linie der 
Rappoltiteiner 1896. 


Alfred, T., fiche Bibra-Spehhardt. 


Nllenfpach, Jo). Urban, wurde am 
24. Mai 1864 zu Küsnacht am Zürichiee 
als der Sohn ehrenwerther, aber armer 
Eltern geboren, die nicht im Stande wa— 
ren, dem Knaben eine höhere wiſſenſchaft— 
liche Bildung, wie er fie erfehnte, zu ge: 
ben, Sondern ihn von Kindheit an zum 
Broterwerb anhalten mußten. In buntem 
Wechſel ftridh dem Jüngling das Leben 
dahin, bald jagte es ihn hinaus aus der 
Heimat, nachdem er ohne Lujt und Er: 
folg Hintereinander es fid als Zuder: 


an. Hier wollte ich mich für die Uni- 
verfität vorbereiten, aber ſchon im Juni 
1881 hatte mich der Hunger doch zu ei— 
nem Volksſchullehrer gemacht. Hamerling 
und Nofegger zu jehen, war meine größte 
Freude in diefen traurigen Tagen. Ich 
wanderte hierauf nad) Böhmen zurüd und 
erhielt eine Zehrerftelle im Dorfe Tifjau, 
Bezirk Karlsbad, wo mir neuerdings ſeit 
ſechs Jahren wöchentlich fechs Faſttage 
beichieden find, weil ich die paar Tage: 
löhnerkreuzer — To zahlt Böhmen feine 
wirflihen Lehrer — zu meiner Fortbil- 
dung verwende. | 

Mein erftes Gedicht erihien am 2, December 
1882 im „Deutichen Dichterheim“. Seit dieſer 
Zeit habe ich in mander bedeutenden Zeitichrift 
Deutichlands und Oeſterreichs Gedichte veröffent: 
licht und hoffe demnächſt eine Gefammtausgabe 
meiner Poeſien zu veranftalten. | 


Albrecht, Karl Friedricd Hermann, 
geb. zu Lübeck am 3. Januarl846. Nad: 
dem er von feinem fünfzennten bis zwan— 
zigiten Yebensjahre als Lehrer an der v. | 
Großheim'ſchen Realſchule dafelbit thätig 
gewejen und fid während diejer Zeit als 
Autodidakt in den klaſſiſchen Sprachen ge: 
nügend vorgebildet hatte, trat er 1866 als 
Schüler in der Gymmafialprima des 
Lübeder Katharineums ein, beftand die 
Reifeprüfung und verließ 1867 das Gym: 
nafium. Bis Michaelis 1867 vertrat er 
aushülfsiweile die Stelle eines wiſſenſchaft⸗ 
lihen Hülfslehrers am Katharineum zu 





bäcker, Tischler und Bankbeamter verſucht 


hatte. Mit 17 Jahren ging A. nach 
Amerika, wo er eine harte Schule durch— 
zumachen hatte, durch die er geläutert und 
welterfahren gemacht wurde, ſo daß er, 
wieder in die Heimat zurückgekehrt, des 
Stoffes genug aufgehäuft hatte, um ſei— 
nem inneren Drange, das Erlebte nieder: 
zufchreiben, nachzukommen. Er lebt jept 


7 


Allmers. Alfaticus, 
in Züri als Erpedient einer großen öſterreich, im fog. Waldviertel, geboren 
Zeitung. a verlor meine Eltern, namentlid) die 
a a me kn Set 
—— — — ahdem i as Nealgumnafium zu 
Jahr in Amerifa, Getäufchte Weiberlift ıc. Weidhafen a. d. Theye obfofoiert 4 
Allmers, Hermann, am 11. Febr. | trat ich nad) manderlei Verſuchen, Land: 
1821 zu Rechtenfleth in der Ofterftader wirt zu werden, in die Lehrerbildungs- 
Marsch unterhalb Bremen als ein Sproffe | anftalt in Krems über, worauf ih im 
eines alten ſeit Jahrhunderten erbanges | Jahre 1850 in Wien eine fire Stellung als 
jeffenen Friefengeihlehts. Auf den Communallehrer erhielt, welches Amt ich 
Wunſch der Mutter, deren er in dem noch heute mit Luft und Liebe befleide. 
weit und breit befannt gewordenen Ges | Nebenbei beichäftige ich mic) gerne, und 


diht „In der Fremde” gedenft, widmete 
A. ih der Landwirtihaft, der er erſt 
nad) ihrem Tode wieder untreu wurde, 
um feinen Geift und fein Willen fernab | 
von der heimatlichen Scholle auf mannig= 
fahen Reifen in Deutichland und Jtalien | 
auszubilden und zu pflegen. Aber Die 
iprihwörtlich gewordene Heimatsliebe der. 
„DMarichenleute” trieb auch ihn ftets 
wieder an den elterlihen Herd zurüd. 

Hier entjtand zuerft das in vielen taufend 
Eremplaren verbreitete „Marſchenbuch, Land: und 
Bolfsbilder aus den Marichen der Weſer und 
Elbe“ (1857). Bier verwertete er auch feine 
genaue Kenntnis von Land und Leuten in Sta: 
lien, das er freuz und quer bereift hatte, wovon 
feine „Römiſchen Schlendertage” beredtes Zeugnis 
ablegen. 


Die ihm befreundeten Hiltorienmaler 


| gendfünden:Regijter. 





Otto Anille, H. v. Dörnberg und Arthur 
Fitzer jhmüdten fein Haus mit Wand: 
bildern, meiftens aus der Gejchichte der | 
Menichen, die es zum Ziel mander kunſt- 
finniger Wandrer machten. Unvermählt 
lebt er hier mit einem Neffen als Letzter 
feines alten Gefchlechts. | 

Auch als Menſch fand A. Gelegenheit 
in Fülle, ſich Hervorzuthun, und zwar 
als Vogt und Vorftand feiner heimat- 
lichen Gemeinde, die ihn innig verehrt. 
und lange feiner gedenken wird. | 
SYuber den genannten Werken erichien noch von | 
% Elektra (Dram.), Die Pilege des Kunitgelans | 
ges im deutichen Nordmweiten, Hauptmann Böje, | 
ein deutfches Zeit: und Menfhenbild und ein 
Bändchen lyriſcher Dichtungen. | 


Allram, ol. 
Februar 1360 zu Schrems in Nieder: 


chen ich ſchon manden Tert 


Ich wurde am 22. 


zwar ſeit meinem 16. Jahre, auf lite— 
rariſchem Gebiete und trachte namentlich 
mit meinem geſunden Humor, den jeder 
Waldviertler in den heimatlichen Wäl— 
dern einſaugt, mir und vielleicht auch an— 
deren das „biſſerl“ Leben angenehm zu 
machen. 

Meine größeren Werke gehören in das Ju— 
In der Lyrik beſitze ich 
gerade ſo viel Gefühl und Gemüth, daß eine 
nicht zu große Familie damit reichen kann. 
Meine Dialekt-Sachen haben mir den Namen 
„Der Waldviertler:Sepp“ eingetragen, und 
ein paar luſtige Einafter und Librettos wurden 
viel belacht. Mein Stedenpferd jedoch iſt und 
bleibt das „Feuilleton“, wovon ich in mehre: 


ren Tagesblättern, ſowie in Journalen veröffent: 
‚lichte, doch bleibe ich auch bier meinem humo— 


riſtiſchen Prinzipe treu, Ich betheilige mid) aud) 
lebhaft an der muſikaliſchen Humoriſtik und pflege 
mit Eifer den deutichen Männergelang, für wel 
geliefert habe. 
Seit einiger Zeit bin ih auch Mit-Redakteur 
eines humoriitiihen Wiener Boltsblattes, als wel: 
her ich mich mehr um heitere Liederterte al3 um 
das garftige Lied der Politik kümmere. 


Alſatieus, jiche Nathgeber. 


Alsleben, Julius, wurde am 24. 
März 1832 zu Berlin geboren. Ur: 
Iprünglicd) für das Studium der orienta= 
lichen Sprachen beftimmt, beſuchte N. 
die Univerfität feiner Waterftadt und 
promovierte zum Doktor in Kiel, gab 
jedoch feiner ungewöhnlichen muſikaliſchen 
Begabung halber auf Anrathen Dehn’s 
jeine erjt gefaßten Pläne auf und wid— 
mete ſich der Mufif als PBianift, Schrift: 
fteller und Theoretifer. Auf diefem Felde 
hat er fich vielfach ausgezeichnet, bejon- 


Alten. 


ders durch fein Werk „Das mufitalifche 
Lehramt”, dem mande Neuerungen im 
mufifaliichen Unterricht, vor allem eine 
bisher mangelnde Vertiefung, ein größerer 
Ernjt und ein Aufhören der dilettanten: 
haften Art des Lehrens zu danken: ift. 
Auch als Vorfigender des Tonkünſtler— 
Vereins in Berlin erwarb N. fich große 
Verdienfte, ipeziell um die Hebung des 
Schulgefangunterrichtes. A. iſt Mitar: 
beiter fajt aller bejieren Diufifzeitungen, 
aud rief er ein eigenes Blatt „Harmo— 
nie” betitelt, ins Leben, das die Inter— 
Wen der Tonfünjtlervereine und ihrer 
Mitglieder vertrat, jeit 1879 aber auf: 
gehört hat zu ericheinen. Gegenwärtig ift 
A. Lehrer am fönigl. afademischen Snititut 
für Kirchenmuſik, Geſanglehrer am Aska— 
niſchen Gymnaſium und Organiſt an der 
St. Lucas-Kirche. Als Ehrenämter beklei— 
det er die eines ſtellpertretenden Mitgliedes 
des fönigl. mufitaliihen Sachverftändigen: 
vereins, eines Vorfisenden des Tonkünſt— 


lerz, des Muſiklehrer- und des Organiften | 


vereins. 1577 wurde er zum fönigl. Pro: 
feſſor ernannt. 


Alten, Frdr. Kurt von, am 6. Januar 
1822 in Gr. Goltern bei Hannover gebo= 


ren, der 5. Eohn des Oberhauptmanng 
v. Alten auf Gr. Goltern. 1838 wurde er 
Offizier im Königin-Qufaren:Regiment zu 
Osnabrüd, 1847 trat er in oldenb. Hof: 


dienjt. Erhielt die Verwaltung der Privat: 
bibliothef (60000 Bd.) und Kupferftich- 


ſammlung (30000 BL.), zu denen er die 
Kataloge ſchrieb. 1855 wurde ihm die 


Oberleitung der übrigen Kunſt- und wiſ— 


ſenſchaftlichen Eammlungen ©. K. 9. des 
Großherzogs übertragen, jchrieb die Ka- 
taloge zu der Gemäldejammlung und der 


Altertümerfammlung in Oldenburg, zu der 


Bildnisſammlung in Eutin. 1874 er: 
wählte man ihn zum Vorjigenden des Ol- 
denburger Landes-Vereins für Altertums: 
funde. Von feinen literariichen Arbeiten 
find zu nennen: 

Der Krieg in Schleswig-Holftein 1848. Nach 
off. Quellen mit Karten und Plänen. 1850. 


8 


Altona. 


| Graf Ehriftof v. Oldenburg und die Grafenfehde 
(1533). Zur Erinnerung an Fr. W. Herzog von 
Braunjchweig 1809. Cornelia Ploos v. Amftel. 
1864. 4. J. Garftens. 1865. Dann zu den 
Werfen von J. X. Carftens 1866. Georg Lud— 
wig Herzog von Schleswig-Holftein-Gottorp. Ein 
Beitrag zur Gefchichte des 18. Jahrhunderts. 1867. 
Aus Tiſchbeins Leben und Briefwechiel, (Gnethe, 
ı Herzogin Amalie.) 1872. Die Bohlwege (Römer: 
| wege) im Herzogthum Oldenburg. 1879. Sachfen 
Ipiegel (Codex piet. Oldenburg), herausgegeben 
|von N. Lübben und F. v. Alten. 1879, ac, ae; 


Altona, Heinr. d', fiehe Grabow. 


Altſchul, Jakob, wurde am 14. 
Februar 1843 in Böhmiſch-Leipa geboren, 
‚abjolvierte dajelbft das Gymnaftum, ftu: 
‚dierte dann an der Wiener Univerfität 
‚die Rechte, erwarb 1871 den Doktortitel 
‚und wandte ſich in der Folge der Ad: 
vofatur zu. 1881 vermählte er fi) mit 
der Wiener Hofopernfängerin Bertha 
Steinher und lebt nur mehr feiner Fa- 
milie und jeinem Berufe. 

1874 erfchien von ibm „Der Geift des Hohen 
Liedes, Geihichte, Kritit und Ueberfegung“ und 
1876 in Wien die Dichtung „Nicht um eine 
Krone!“ 

am Ende, Chrijtian Gottlob Ernit, 
wurde 1519 am 24. Januar in Witten: 
berg geboren, unterbrach eine philologische 
Studienrichtung, um fi) dem Buchhandel 
zu widmen und hatte von 1853— 70 ein 
eigenes Geichäft in Dresden. Im Jahre 
1574 wurde er als Bibliothekar an das 
ftatiftiiche Bureau im ſächſ. Minifterium 
des Innern berufen. 

Verf. : Kornblumen (Ged.), Des Maurers Weihe 
(Dichtg.), Julius Hammer (Biogr.), Feldmarſchall 
am Ende, Der fgl. Große Garten bei Dresden 
und andere biogr. und geidhichtl. Schriften. 

AUm:Herd, Paul, wurde am 8. Mai 
1325 zu Obergejteln, am Fuß der Grim- 
'jel, geboren, fam als elfjähriger Anabe 
ans Kantons-Kollegium von Brig und 
ging behufs weiterer Ausbildung nad) Ita— 
lien, Franfreid und Holland. Von 1849 
wirkte er in der Nähe von Metz als Pro: 
feilor der deutichen Sprade; aber fein Be- 
ruf führte ihn bald nach Deutichland, wo 
er zwölf Jahre lang dem Predigtamte ob- 
‚lag und dabei halb Europa durchreifte. In 





I 








Amonn. 9 
ähnliher Thätigfeit kehrte er 1863 in! 
fein Vaterland zurüd und weilt gegenwär: 
tig auf der weltberühmten Königin der 
Berge, der Nigi, im bejcheidenen Kapu— 
ziner-Hoſpiz, wo er feine legten Tage der 
Scriftjtellerei widmet. 

Unter den zahlreihen Schriften, die er heraus: 
gab, mögen folgende genannt werden: Maria, die 
Zröfterin der Betrübten, oder Geſchichte der Ber: 
ehrung Mariä ald der Echugpatronin der Stabt 
und des Landes Luremburg, quellenmäßig darge: 
ſtelltz Denfwürdigfeiten von Ulrichen, ein Beitrag 
zur Freiheitsgeſchichte der Schweiz; Thomas in 
der Bünden oder ber Freiheitsftampf von Mal: | 
lis, ein hiſtoriſches Drama; Sankt Franziskus, 
ein romantiſches Epos in zwölf Liederkränzen; 
Sankt Eliſabeth, eine Hymne in zwölf Harfen: 
Hängen, ꝛc. ꝛc. 


Amoun, Phil. Jak., iſt 1853 zu 
Rentſch in Südtirol geboren (einem Dorfe 
bei Bozen); er jtudierte am dortigen und 
am Haller Gymnafium, darauf an der 
Univerfität Innsbruck Germaniftif und 
Philologie. 

Er fchreibt germaniſtiſche und cultur-hiftorifche 
Auffäge, zumeift über tirolifche Themata, tou— 
riftiihe Feuilletons und Neifebefchreibungen, 
Skizzen über tiroliihe Schlöfier zc. und gedenft 
feine literariihen Arbeiten demnächſt in einem 
Buche gefammelt herauszugeben. 


Ammypntor, Gerh., fiehe D. v. Ger: 
hardt. 


Anacker, Hch. Ed. Herm. Am 27. 
Juni 1826 zu Düben (Prov. Sachſen) 
geboren. Bon 1844—48 ſtudierte ich in 
Berlin Tierheilkunde. Auf Grund der ab» 
jolvierten Eramina erfolgte meine Anitel: 
lung als Kreistierarzt. Als joldher er: 
hielt ich von Morbach aus (Kreis Bern- 
fajtel) am 6. Febr. 1872 einen Auf als 
Profeſſor der Ipeziellen Pathologie und 
der pathologiihen Anatomie an die mit 
der Univerfität verbundene Thierarznei- 
Ichule zu Bern, nachdem id) 1869 von 
der medicinifchen Fakultät zu Gießen zum 
Doktor promoviert worden war. 1875 
erhielt ich mein Anjtellungspatent als 
Königl. Departements-Tierarzt für den 
Regierungsbezirt Düffeldorf. 1880 er: 
nonnte mid das Brofelloren-Kollegium 





| 





Anderegg. 


bes Royal of Veterinary Surgeons zu 
London zum Ehrenmitgliede diefes Kollege. 

Seit 1862 gebe ich die Zeitichrift, „Der Tier: 
arzt“ Heraus. Wiſſenſchaftliche Beiträge er: 
ſchienen von mir im Magazin für Tierheiltunde, 
in der landwirtidaftlihen Zeitung von Prof. 
Fühling. in Schumacher's Jahrbuch der Land— 
wirtſchaft, in den „Vorträgen für Tierärzte“ und 
in „Der Tierarzt“. Die Berner Regierung ers 
fannte mir den Preis für eine ausgefchriebene 
Preisfhrift über Maul: und Klauenſeuche zu. 
Seit 1885 bin ich Mitarbeiter an Koch's Ency: 
clopädie der geſamten Tierheiltunde und Tier: 
zucht in Wien. Als jelbftändige Werke er: 
ſchienen von mir: Landwirtſchaftl. Tierlehre 
und Tierheiltunde (in Gemeinſchaft mit Köhnte) 
für Landwirte. 2. Aufl. 1880. Allgemeine Vieh: 
aucht. 1874. Fütterungslehre der gröftern Haus: 
tiere. 1874. Spezielle Rathologie und Therapie 
für Tierärzte. 1879, 


Anderegg, Felix, geb. den 23. Juni 
1834 in NRöthenbad (bei Herzogenbud)- 
jee, Kanton Bern), woſelbſt fein Vater 
Lehrer war und nebenbei Landwirtichaft 
betrieb. Er nahm im vorgerüdten Kna— 
benalter dajelbft neben der Schule bei 
dem nachherigen Seminarlehrer Spichiger 
Privatunterricht, um fid) auf das Semi: 
nar vorzubereiten, in das er 1850 ein: 
trat. Nach 2jähriger Studienzeit im Se— 
minar Münchenbuchfee (Bern) erhielt er 
das Patent als Lehrer und wurde als 
folder 1852 an die Stelle feines Vaters 
nad) Röthenbach gewählt. Während des 
Schulunterrihts fing er nım an, landmw. 
Studien mit allem Fleiß obzuliegen; 
machte in den Ferien einen landw. Kurs 
auf der landw. Schule Rütti bei Bern, 
unter Direktor Matti, und einen Flache: 
baufurs unter Direktor Markwalder in 
Mettingen im Auftrag der ökonomiſchen 
Gejellihaft des Oberaargau’s. In diefer 
Geſellſchaft hielt A. die erften öffentlichen 
Vorträge über Landwirtichaft und in der 
oberaaraauischen Lehrerkonferenz die erſten 
naturwiſſenſchaftlichen. Bis 1866, vier: 
zehn Jahre lang, wirkte er als Primar— 
lehrer in feinem Geburtsorte Röthenbad). 
Bon 1866— 74 befleidete er das Amt 
eines Lehrers und Dfonoms bei Moſer 
& Co. in Herzogenbuchjee. Hier hatte er 


Anderegg. 


10 


Anders. 


viel freie Zeit, in welcher er fi) nun aus: | gegründete volfsw. Blatt für Graubünden, von 


Schließlich dem naturwiljenichaftl. Studium 
widmete. Die öfon. Gejellihaft ernannte 
ihn zum Sekretär. Er gründete die erite 
jchweizerifche landw. Fortbildungsfchule in | 
Wanzwyl, leitete diejelbe bis 1874, errich⸗ 
tete landw. Kurſe, bielt zahlreiche Vor— 
träge, gründete die Wochengeſellſchaft in 
Wanzwyl, hielt Vorträge für Frauen 
über Gemüſe- und Gartenbau, veröffent: 
lichte viele landw. Aufläße, namentlich über 
Bodenverbeiferung, Objtbau, Thierſchutz 
2c. %., gründete die Viehverficherungs: 
gelellihaft Wanzwyl und Umgebung, deren 





toitp * $ 72, 
Seite ee 5 Sahte fang wor. Dom 1874 mit Eifer den häuslichen Pflichten. Privat: 


bis 1874 war er Mitleiter der landw. 
Winterkurſe in Burgdorf. 1874 erhielt 
A. einen Ruf als Lehrer der landw, Ab: | 
teilung an der Kantonsschule des Kantons 
Graubünden in Chur. Ein ungemein 
reiches Feld bot jih ihm in dem Bünd— 
nerlande. Ganz bejondere Verdienjte hat 
fih A. auch durch fein Wirken als fan: 
tonaler Wanderlehrer erworben. 1883 
wurde er zum Seneraljefretär des jchweiz. 
landw. Vereins, deiien Hauptbureau in, 
Bern ſich befindet, gewählt. Fünfzehn 
chrenvolle Auszeichnungen find dem rajt- 
lojen Förderer des Landbaues, der Alp: 
wirtſchaft, der Viehzucht 2c. 2c. zuerkannt. 

Bon den 65 Schriften, welche er bis jebt | 
herausgegeben, find die wichtigften: Landw. Bud: 


vollendete. 
geiſtvollen älteren Manne, deſſen Einfluß 





führung, im Auftrage des ſchweiz. landw. Ver— 
eins bearbeitet, 1873; Anleitung zur Gründung, 
Einrihtung und Verwaltung von Orts-Viehver— 
ſicherungs⸗Geſellſchaften nach dem Grundfat; der 
GSegenfeitigfeit, 1879; Der rationelle Wiefenbau 
in Gebirgsgegenden, 1879; Der Tabafbau in 
der Schweiz, 1880; Eine Reife durd die Bünd— 





ner:Alpen, 1881; Landw. Geſpräche (1. Teil); | 


Der naturkundliche Unterricht in der Vollsſchule, 
1885; Das NRindvieh der Schweiz, ftatiftifch- 
landıw. Atlas der Schweiz, 6 Karten, 1882; Die 
Abftammung des rhätiihen Viehs, 1882; En: | 
quäte über die ſchweiz. Landwirtichaft, 1883; 
Die Handelöpflanzen auf der Landesausftellung 
in Bürih, 1888; Die Bewirtihaftung der 
Bündneralpen, 1883; Die Obftverwertung in der 
Schweiz, 1854; Die jchweiz. Landwirtichaft in | 
ihrem intenfiveren Betriebe, 1885; Der Gemüſe⸗ 
bau, 1886; Die Schweizerziegen, 1887, zc. x. 


1883—87 die Schweiz. landw. Zeitichrift, von 
Joh. 1878 an zugleih auch die Schweiz. Mil: 


induftrie, von 1852—87 den Schweiz. Bauern: 
falender. 


Anders, N. J., fiche N. Jakob. 


AUndreae, Sophie Friederike, wurde 
geboren den 15. März 1840 als Altejte 
von 9 Geſchwiſtern auf einer beffischen 
Staatsdomäne bei Frankfurt a. M., ge: 


noß bis zum 13. Jahr häuslichen Unter: 


richt durch Erzieherinnen, beſuchte dann 
etlidhe Jabre, bei der Großmutter woh— 


nend, die Mufterichule in Frankfurt. Ins 


Elternhaus zurücgefehrt, widmete fie ſich 


jtudien, Lektüre, eine lebhafte Korreſpon— 
denz füllten die Freiftunden und verfürzten 
die langen Winterabende eines Yandlebens 
ohne jede Gejelligkeit; dazwiſchen kamen 
Reiſen nah Frankfurt zur Großmutter, 
welche den Beſuch der Enkelin jehr liebte. 
Nahdem im Lauf der Jahre die 3 Brü: 
der ausgeflogen, 2 Schweſtern verheiratet 
und die jüngjte ſehr jung geftorben war, 
auch jonjtige ſchwere Schidjale die Fa— 
milie heimgelucht hatten, vertauſchte man 
das Land mit einer fl. Univerfitätsjtadt, 
wo ein jüngerer Bruder feine Studien 
Die Befanntichaft mit einem 


tief in ihr Leben eingriff, wurde in der 
Folge die indirefte Veranlaſſung zu F.'s 


ſchriftſtelleriſcher Thätigkeit. Dem erſten 
Verſuch 1877, von mahgebender Seite 


ermutigend beurteilt, folgten raſch eine 
Reihe liter. Arbeiten, meift Jugend— 
und BVolfs-Erzählungen, wovon mehrere 
in Buchform, die meiften jedoch in Zeit- 
ſchriften erjchienen find. 

Hauptwerfe: Camilla, Im Hinterhaus, Der 
Muhme Erbitüd, Dunkle Gotteöwege, Ein Ges 
Ihwiiterpaar, Eva, Scweiter Barbara (Er— 
zäblungen),; Stille Stunden für die Baffionszeit, 
Bearbeitung nad Rambad). * 

Andree, Rich., wurde am 26. Fer 
bruar 1835 als der Sohn des weit und 
breit befannt gewordenen Geographen 


Ferner redigierte er von 1876—83 das von ihm Karl Theodor U. zu Braunichweig ge: 


.— 


Andrejanoff. 
boren. Nach Abfolv. der Schule widmete 


er fih dem Studium der Naturwiſſen- 
ſchaft (Leipzig). Zur Zeit der nationalen | 
Kämpfe zwiſchen Deutihen und Czechen 


1859 ging A. nad) Böhmen. Aus dem 
regen Intereſſe A.'s an den deutich-Ila- 
vishen Beziehungen und jenen Wirren 
entiprangen jpäter eine Reihe von et): 
nographifch-fulturgeihichtlihen Schriften: 
Tſchechiſche Gänge (1872), Das Sprachgebiet der 
Saufiger Wenden mit ethnographiſcher Karte 





43 


Andrefen. 


Requiem, 3. Licht, Chopin, Dichtg., Elfenbraut: 
fahrt ꝛc. 

Audrejen, Karl Guſtav, wurde am 
1. Juni 1813 zu Ueterſen (Holitein) ge: 
boren, widmete ſich dem Studium der 
alten Sprachen in Kiel. Nach beendeten 
Studien wurde er als Gumnaftallehrer 
in Altona angeftellt, gab fein Amt jedoch 


‚auf, um fich als Privatdozent in Bonn 


(1873), Wendiihe MWanderitudien, zur Kunde | 
der Zaufit und der Sorbenwenden (1873). Am 


Jahre 1864 bereifte A. Schottland, um 
befonders das keltiſche Element der Be- 


völferung zu ftubieren, daſelbſt entjtand 


das befannte Werk Vom Tweed zur Pent: 
landföhrde (1866). 


Die allgemeine Aner: 


fennung, welche diejes Werk feitens der 
berufenen Kreiſe fand, veranlaßte A, 
fh nun ganz der Geographie und Ethno— 


graphie zu widmen. 
Außer einer großen Zahl von Aufjägen in 


den einfchläg. Zeitichriften jchrieb er: Ethnoar. 


Barallelen und Bergleihe (1878), Zur Bolfs: 
funde der Juden (1881), Die Metalle bei den 
Naturvölfern (1884), Die Anthropophagie (1887) 
ꝛc. Außerdem gab er gemeinichaftlih mit O. 


Beichel einen Phyfik.sitatiit. Atlas des Deutſchen 


Reiches (1877), einen Bolksihulatlas (1876) 


und einen Allgem. Handatlas heraus (1881 und. 


öfter). 

Seit dem Jahr 1873 wirft N. als 
Direktor der großen geographiihen Anz: 
jtalt von Velhagen & Klafing in Leipzig. 


21. Juli 1857 in Koslow, Gouvernem. 
Tambow, als Sohn des Generals An: 
dreas v. A. geboren. 


nah der Geburt ®. wurde der Vater 
ı wandte ſich daneben hauptſächlich dem Stu: 


nad Riga verjegt, wo ber Knabe das 


Gymnaſium abjolvierte, um feine Studien. 
alsdann in Dorpat, jpäter in Jena zu, 
Nahdem A. mehrere Jahre 


vollenden. 
auf Reifen, zum Zwed der Erweiterung 


jeiner Kenntniffe und Anschauungen, ver: | 


bradt, vermählte er fid) 1882 mit einem 
geiftig bedeutenden Mädchen, mit dem er 
in glüdlichfter Ehe in Riga lebt. 


Wenige Jahre 


Ni 


zu babilitieren (1870). Vier Jahre 
jpäter ward er als außerordentlicher 
Profeſſor berufen. A. iſt als hervorra= 


‚gender Germanijt alljeitig anerkannt, bes 


fonders feine, Grimm betreffenden Werfe 
find hervorzuheben: 

Über deutihe Orthographie (1855), Werk: 
regifter für deutiche Orthographie (1856), Res 
gilter zu J. Grimm’s Deutiher Grammatif 
1865), Über Grimm's Ortbographie (1867), 
Über die Sprade J. Grimm’s (1869). Außer: 
dem verfahte er: Die deutichen Familiennamen 
(1862), Tie altdeutihen Perſonennamen in ihrer 
Entwidelung und Ericheinung als heutige Ge— 
Iichlehtsnamen (1872), Ronturrenzen in der Gr: 
klärung der deutichen Geichlechtsnamen (1883), 
Über deutſche Bolfsetymologie (1876), Sprad): 
gebrauh und Sprachricdhtigfeit im Deutichen 
(1880) :c. 


AUnemiüller, Bernd., wurde 1820 in 
dem ſchwarzburg. Dorfe Haberndorf gebo— 
ren. Nachdem er das Gymnaſium in Rus 
doljtadt bejucht Hatte, jtudierte er in Jena 


' Theologie und Geſchichte, wurde nad) Voll- 
‚endung feiner Studienzeit Hauslehrer in 





Seine Hauptwerfe: Dichtungen, Am Kaiſerſitz, 


Rudolſtadt in der adligen v. Ketelhodt- 
Andrejanoff, Viktor v. (Livonius), 


ſchen Familie und hierauf mehrere Jahre 
bis 1856 Erzieher des Prinzen Georg, 
jest regierenden Fürften von Schwarzburg— 
Nudoljtadt. Von 1857 —67 war er Zeh: 
rer am Gymnaſium in Rudolſtadt und 


dium der Geſchichte feines engeren Vater: 
landes zu. Von 1868 an wurde er als 
Bibliothefar an der öffentl. Bibliothek in 
Rudolſtadt und als Ardivar des Schw.: 
Rudolit. Staatsarchivs angeftellt und zum 
Archivrat ernannt. Er fchrieb mehrere auf 


Schwarzburgs Geſchichte bezügl. Schriften 


und Programme, von denen folgende zu 
nennen find: 


Angelrodt. 


M. Bartholomäus Gernhard und der Rudol: 
ftädter MWucherftreit im 16. Jahrh., zugleich ein 
Feitrag zur Geihichte der Gräfin Katharina der 
„Heldenmütigen“ ıc. (1861). Joh. Friedrich, Fürft 


zu Schw.-Rudolſtadt 1721—1767, Bfätter der | 


Erinnerung aus feinem Lchen zur 200jähr. Jubel: 
feier des Oymnafiums (1864). Der ſchwarzburg. 
Hausfrieg, nad) den Quellen erzäblt (1864). Ca: 
roline Luiſe, Fürftin zu Schwarzburg:Rudolftadt 
(+ 1854), geb. Prinzeffin von Hefien-Homburg, 
nad) ihren eigenen Aufzeichnungen, nad) Briefen 
und authentischen mündlichen Quellen, mit Porträt 
(1869). Dramatifche Aufführungen in den Schw.: 
Rudolftädtiihen Schulen, vornehmlich im 17. und 
18 Jahrh. ein Beitrag zur Geſchichte der Schul: 
fomödie (1882). Viele Beiträge in Zeitichriften. 
Angelrodt, Karl, geboren am 12. 
Nov. 1845 zu Frömmftedt bei Meifenfee 
in Thüringen, wurde auf dem Seminar 
zu Erfurt zum Lehrer ausgebildet und 
wirft als folcher feit 1866 in Nordhaufen 
am Harz. Dadurch, daß Freunde feine 
Feldpoftbriefe, die er als Mitfämpfer 
des legten Krieges aus Frankreich jchrieb, 
in den Zeitungen veröffentlichten, fam er 
ummillfürlich mit der Preſſe in Berührung, 
und da jene Berichte Anklang gefunden 
hatten, übernahm er die Kritik der öffent: 
lihen Theateraufführungen. Er felbit 


ſchrieb mehrere Feitipiele, die in Privat: 
Seine, 
wilienichaftlichen Neigungen find befonders | 


freifen zur Aufführung gelangten. 


auf Botanik und Entomologie gerichtet. 
Herausgegeben hat er (mit A. Bode): Flora 

von Nordhaufen und der weiteren IUmgegend. 1886. 
Anger, Oskar, fiche O. Klemich. 


Unhäufer, Wilhelm, 19. November 
1841 zu Trier geboren, befuchte die 
Schule feiner Vaterjtadt, widmete fich 
dem Studium der Rechtswiſſenſchaft 
(1859— 1862, Bonn, Heidelberg, Berlin). 
Nah Ablegung der drei jurift. Brüfun: 
nen arbeitete er meiſt beim Landgericht zu 
Trier als Aſſeſſor. 1878 zum Landge: 


rihtsrath ernannt, 1879 nad) Kleve, 1882 | 


nad) jeiner Heimat zurückverſetzt und 1886 
zum Oberlandesgerichtsrat in Köln be: 
fördert. 


Verfafier der Dramen: Tarquin der Stolze 
1878, Nora 1879, Gorfiz Ulfeld 1884, Gedichte 
1882. 


12 


Annas. 


Annas, Mil. Ernit (Hadland- 
ı Rheinländer), wurde am 19. April 1859 
zu Ratingen im Landfreife Düſſeldorf 
als der erjte Sohn der fehr zahlreichen 
Familie eines Handwerkers geboren. Als 
der Vater bald von der fatholiichen zur 
‚evangeliichen Konfeffion übertrat, mußte 
er feine Vaterftadt verlaffen, da er nun 
fein Brot dortjelbft nicht mehr fand, 
und fo ließ fi der Vater denn, nad: 
dem er fürzere Zeit in Dülfen nahe der 
holländiihen Grenze gewohnt, dauernd 
in der Nähe von Mülheim a. d. Ruhr 
nieder. Für den Lehrerberuf beftimmt, 
erhielt er feine Ausbildung dazu auf der 
 Präparandenanftalt zu  Götterswider: 
bamm bei Weſel und im evang. Lehrer: 
jeminar zu Mörs am Niederrhein. Im 
Jahre 1880 verlieh A., mit dem Zeugnis 
der Reife zur proviforifchen Verwaltung 
einer Elementarlehrerftelle verjehen, das 
| Mörfer Seminar und erhielt eine An: 
ſtellung in Neviges. Dort ift er augen: 
blicklich noch im Dienft der Schulbehörden. 
Schon in Mörs benutzte A. die freie Zeit 
zum Studium der Stlaffifer und befon: 
ders der Dialektliteratur, und am meiften 
30g ihn das Plattdeutſche Frig Reuters an. 


So erſchien „Van de Waterkant bit an de 
' Alpenwand, die Dialeftdichter der Gegenwart“, 
eine Anthologie, welche Proben vieler Dialekt: 
dichter Deutichlands, Oſterreichs und der Schweiz 
enthält. Dieje Arbeit brachte den Herausgeber, 
‚der übrigens feine fämtliden Sachen unter dem 
Pſeud. E. Hadland:Rheinländer veröffentlicht, mit 
‚ vielen Dialeftdichtern in Verbindung und erwarb 
‚ihm manden Freund. Für das Jahr 1888 wird 
„E. Hadland-Rheinländer’3 plattbüticher Kalén— 
der för't bergiche Volk on Lankd“ erfcheinen. Ans 
nas iſt Verfafler zahlreicher Iyriicher Produfte, 
Humoresfen, Märchen, Erzählungen, Reimfprüce 
%c., die in den verfchiedenften Beitichriften erfchies 
nen find. 








) 
i 


I 





Anno, Anton, wurde am 19. März 
1838 zu Aachen geboren und gehört feit 
feinem 15. Lebensjahre der Bühne an. 
Seine eriten Engagements waren Aachen, 
Köln, Elberfeld, Heidelberg, Amfterdam, 
Mainz, Bajel. Im Jahre 1864 kam er 
zum eriten Male nach Berlin an das 





Anſchütz. — 
damalige Callenbach'ſche Theater und 
wurde ſpäter von hier aus als erſter Ko— 
mifer für das neue Stadttheater in Köln 
verpflichtet. Von Köln engagierte ihn Dir. 
Maurice für das Thaliatheater in Ham- 
burg, und waren jeine legten Engagements 
die Hoftheater St. Petersburg und Dres: 
den. 1884 übernahm N. die Direktion 
des Refidenztheaters in Berlin, die er 
1887 niederlegte, um diejenige des Kö: 
nigl. Schaufpielhaufes zu führen. Seine 
Hauptwerfe (meiſt Pollen und Luſt— 
ipiele): 

Berliner in Wien, Eine Sommermwohnung in 
Charlottenburg, Handel und Wandel, Im Thea: 
ter-Bureau, Holz und Blech, die Balletichule, Fa— 
milie Hörner, Königsgrenadiere, Des Lebens 
Wellen oder die Macht des Geldes, Die beiden 
Keihenmüller, Das berrenlofe Gut. 

Auſchütz, Roderich Heinrich Theodor, 
wurde am 24. Juli 1818 zu Breslau 


13 








geboren. Er ilt der Sohn bes in der 
deutihen Bühnenmwelt einjt hochgefeierten 
Biener Hofichauipielers Heinrich Anſchütz 
aus deilen zweiter Ehe mit Emilie, geb. 
Butenop, welche ebenfalls Dtitglied des | 
Hofburgtheaters war. 
uilienfreife mußte der Sinn für Bühnen: 
funit und Poefie um fo leichter erwachen, 
als AniHüg durch mehrere Jahre in 
Kinderrollen am Hofburgtheater mit: 
wirfte. Die Neigung zu poetiiher Be— 


In diejem as | 





ihäftigung ließ denn aud nicht lange 


auf fih warten, aber jchon während der | 


Anthony. 


fehrte. Nachdem einige feiner dramati- 


ſchen Verſuche von berufenen Fachleuten 


als Talentproben bezeichnet worden waren, 
trat er endlih im Mär; 1857 mit jet: 
nem Xraueripiele , 

„Brutus und fein Haus“ vor die Offentlichfeit 
und errang damit einen entichievenen Erfolg, 
welcher auch im Jahre 1861 das Traueripiel 
„Johanna Graz“ begleitete, Im Yahre 1863 
folgte das Schaufpiel „Kunz von Kaufung” und 
nad einer langen Baule 1879 das vieraftige 
Luftipiel „Die Eheitifter“, 

In naher Beziehung ſtand Anſchütz zu 
allen fünftleriihen Zeitgenoifen und na= 
mentlih war ihm Friedrich Halın ein 
treuer Freund und Ratgeber. Ein 
glückliches Familienleben macht ihm das 
Schickſal nahezu völliger Erblindung er- 
träglicd und er beichäftigt fih nit nur 
mit lyriſchen und dramatifchen Kompoſi— 
tionen, ſondern fteht auch im Begriffe eine 
Sammlung jeiner Gedichte zu veranitalten. 

Anthony, W., fiche Asmus, W. 

AUuzengruber, Ludwig (2. Gruber), 
am 29. November 1839 zu Wien ge 
boren, beabtichiigte, fih dem Studium 
der Bhilojophie zu widmen, was er aber 
nah dem Tode feines Vaters infolge 
großer Geldverlufte jeiner Mutter und 
deren Familie aufgeben mußte, um in 
eine Wiener Buchhandlung einzutreten. 
Mit volliter Hingebung war A. während 
diefer Zeit mit der Ausbildung feines 
Willens befchäftigt, auch begann damals 


Univerfitätsjahre ſchlug die Leidenschaft, ſchon in dem 18jährigen Süngling der 
dem Berufe des Vaters zu folgen, zu dramatiſche Geiſt fich zu regen, wofür 


hellen Flammen auf. 
dieſer Scaujpielertrieb auf einer in 
Bien damals jehr befannten Dilettantens | 
bühne befriedigt, wo jein Talent allge 
mein anerfannt war. 

Ein Augenleiden, welches feit den erſten 
Kinderjahren mit ihm wuchs, zerjtörte 
endlich jede Hoffnung, der Bühne anzu— 
gehören. Anichüg trat in den Staats— 
dienit, wo er bis zum Range eines 
Seftionsrathes aufitieg. Die freie Zeit, 
widmete er der Poeſie, zu welder er 
nunmehr mit erneuerter Xiebe zurück— 





Jahrelang wurde 


eine Reihe von Theaterjtüden aus jener 
Periode den Beweis liefern. Gleich: 
zeitig jedoch fühlte A. abjolut feinen Be— 
vuf für den Buchhandel, weshalb er den- 
felben 1860 ein für alle Dale an den 
Kagel ding, um zum Theater, jeinem 
inneriten Drang nad), überzugehen. 1860 
bis 1867. Sein erftes größeres Stüd 
von Bedeutung und Erfolg „Der Pfarrer 
von Kicchfeld“ (1870) machte die Runde 
auf allen deutihen Bühnen und gewann 
dem jungen Autor ein allieitiges Inter— 
eife, das ihn zu neuen, womöglich nod) 


Appel. 


bejleren Leiftungen glühend anfpornte. | 
Um ganz diefer erfehnten Schriftitellerei 
[eben zu fönnen, verließ A. das für 
furze Zeit von ihm verwaltete Amt an 
der Polizei in Wien und lebte als 
Theaterdichter des Theat. an der Wien. 
Von der gelamten gebildeten Welt im 
höchſten Grade anerfannt und gefeiert, 
befonders der Eigenart und echten Ein- 
fachheit feiner Volksſtücke und Dorfge- 
ihichten wegen, find N. zahllofe Aus: 
zeichnungen zu Teil geworden, u. a. wurde 
ibm 1878 der große Scillerpreis zuer: 
fannt. Von 1882— 1885 redigiert N. die 
Zeitſchrift „Die Heimat“, feit 1885 den 


14 





„Figaro“. 

Seine Hauptwerke: Der Pfarrer von Kirchfeld 
(GBolksſtück), Der Meineidbauer (Volksſt.), Die 
Kreuzelſchreiber (Volksſt.), Der Gewiſſenswurm 
(Bolksſt.), Der Schandfleck (Rom.), Alte Wiener | 
(Bolksft.), Dorfgänge (Bauerngeſch.), Allerhand | 
Humor (Skizzen), Der Sternfteinhof (Rom.). 

Appel, Carl, geb. am 17. Mai 1857 
zu Berlin, feit 1886 Privatdozent der 
romanifchen Philologie an der Univerfität 
Königsberg i./ Br. 

Er ſchrieb wiflenichaftlihe Arbeiten aus dem 
Gebiete der roman. PBhilol.: Das Leben und die 
Lieder des Trobadord Peire Rogier, 1882; Die 
Berliner Handichriften der Rime Petrarca's, 1886; 
Artikel in Fachzeitichriften. — Überfegungen aus 
dem Schwediihen: Guſtav Retzius: Finnland, 
1885; Oscar Montelius: Die Kultur Schwedens 
in vordriftlicher Zeit, 1885. 

Appelt, Wilhelm, wurde am 21. 
Mai 1841 in Neichenberg in Böhmen 
geboren, jtudierte anfangs in feiner Va— 
terftadt und jpäter in Wien, wo ihn das 
dortige Kunftleben ſowohl der bildenden 
Kunft wie der Muſik gefangen nahm; | 


ganz befonders aber zog ihn das damals 


in höchſtem Glanze jtehende Burgtheater 
in jeinen Zauberbann. Schon von 
frühefter Jugend an poetiſch thätig, in 
eriter Zeit viel der Lyrik Huldigend, 
welcher er überhaupt nie ganz untreu 
wurde, trat er mit feinen Saden doch 
erit ſpät in die Offentlichfeit, und zwar 
geihah dies zuerjt mit feinen Erzählun: 
gen und Novellen, melde einen guten 


Armand. 


Erfolg erzielten. Hierdurch ermutigt, 
widmete er ſich ganz der fchriftitellerifchen 
Laufbahn und ift gegenwärtig Dtitarbeiter 
vieler belletriftiichen Bläker Deutichlands. 
Armand, fiche F. A. Strubberg. 


Arneth, Alfr. Ritter v., wurde am 
10. Juli 1819 als Sohn des berühmten 
Numismatifers und Archäologen gleichen 
Namens zu Wien geboren. Er widmete 
fih nad) Abjolv. des Gymnafiums zu 
Kremsmünfter dem Studium der NRedhts- 


wiſſenſchaften (Wien 1836— 1842), wäh 


rend er gleichzeitig all feine Muße auf 
biltoriihe Studien verwendete, welches 
Intereſſe beſonders durch feine Anjtellung 
an dem kaiſerl. Haus: und Staatsarchiv 
gewährt wurde. Damals entjtanden aud) 
die hiltor. Werke: Das Leben des Feldmar: 
ſchalls Grafen Guido von Starhemberg (1853), 
Prinz Eugen von Savoyen (1853), welch letz⸗ 


‚teres Werk A. die Auszeichnung der Er: 


nennung zum Wicedireftor des Hof- und 
Staatsarchivs verfchaffte. A. wurde leb- 
haft angeregt, eine umfaſſende und tief 
eingehende Gefchichte des Lebens und der 
Regierung der großen Kaiferin Maria 
Therefia zu ſchaffen, er unternahm das 
nad) langen und bis in die feinften Ein: 
zelheiten gehenden Studien an der Hand 
der k. k. Archivfchäge, die feiner Obhut 


‚anvertraut waren. Dieje „Geſchichte Ma— 
ria Therefias“ fteht wohl als eines der 


beiten, diefen fo dankbaren Stoff behan- 
delnden Werfe da und hat mit Recht 


‚den Namen des Autors berühmt gemadht. 


Unter anderen Auszeihnungen wurde er 
1848 in die fonftituierende Nationalver: 
jammlung nad) Frankfurt a. M. gewählt, 
1869 auf Xebenszeit in das Herrenhaus 
des öſterreichiſchen Neichsrates berufen, 


wo er bei den Debatten, befonders über 
‚die fonfeffionellen Geſetze fi bervorthat. 


Faſt gleichzeitig wurde ihm das hohe 
Amt des Direktors des öfterreichifchen 
Staatsardhivs übertragen, auch wurde 
er zum Bräfidenten der Akademie der 
MWiflenichaften berufen. Außer den er: 
wähnten Werfen find hervorzuheben: 


Arnhard. 


Briefwechſel zwiſchen Maria Thereſia und 
Marie Antoinette (1866), Briefwechſel zwiſchen 
Mar, Ant., Joſef II und Leopold II (1866), 
Beaumarchais und Sonnenfels (1868), Joſef I] 
und Katharina von Rußland (1869), Joh. Chr. 
Bartenitein und feine Zeit (1871), Briefe der 
Kaiſerin Mar. Ther. an ihre Kinder und Freunde 
(1881). 

YArnhard, Anna. Ih wurde am 
20. Auguft 1850 zu Münden als das 
Altefte von drei Geſchwiſtern und die 
Tochter des Kaufmanns Wilhelm Arn— 
hard geboren. Dein ganzes bisheriges 
Leben habe ich in meiner Baterftadt bei 
den Eltern zugebradt, und ijt dafjelbe 


15 


Arnold, 


Berf.). 1875. — Tre maschere di terra cotta 
(in Ann. dell’ Inst.). 1880. — Scenildje Alter: 
tümer (in Baumeilter, Denkm. des klaſſ. Altert.). 
1885. — Außerdem find — abgefehen von Bei» 
trägen in Fachzeitichriften — noch anauführen: 
Verſuch einer grich. Überfegung der Oden des 
Horaz. 1858. — Sophofleiiche Rettungen. 1866. 
— Sappbo (in Virchow und Holtendorff, Samm— 
lung gemeinverftändlicher wiſſenſchaftlicher Vor: 
träge). 1871. — Krieg und Poefie (in Weiter: 
mann's illuftr. deutfche Monatähefte). 1872. — 
Schule und Haus. 1877. — Zur fFrage der liber: 
bürdung an den humaniſtiſchen Gymnaſien. 1883. 


Arnold, Carl Wilibald Eduard, ge: 
boren 13. Januar 1823, trat 1839 als 
Avantageur in die 2. Artillerie-Brigade 


einfah und ereignislos geweſen. Die ein, befuchte 1840—43 die vereinigte Ar- 
Liebe zur Heimat, über deren engite | tilferie- und Ingenieur-Schule und wurde 
Grenzen id niemals hinausgefommen | 1842 Seconde-Lieutenant. 1849 auf 3 
und ein ſympathiſches Verjtänbnis für | Monate zur Dienftleiftung bei der Schles- 
die Eigenart ihrer Bewohner führten | wig-Holfteinifchen Artillerie kommandiert, 
mic) dazu, meine Stoffe meift den bäuer- | yerblieb er nach Genehmigung feines Ab: 
lien Kreifen zu entnehmen, und aud) | fchiedegefuchs aus der preußifchen Armee 
ſolche Stätten zu ſchildern, deren ſchwer- in jener als Premierlieutenant, wurde 
mütige Schönheit nicht jedem Auge fih 1849 Hauptmann und Batteriechef und 
offenbart. | füßrte im Feldzug die reitende Batterie. 

Arnold, Bernhard, geb. 31. Juli Er nahm teil an der Schladt bei Kol: 
1538 zu Würzburg, ftubierte in München | ding und an ber Belagerung von Fride⸗ 
und Berlin 1855—1860 Philologie, ricia 1849 und an der Schlacht bei Idſtedt 
wirfte als Studienlehrer in Würzburg und | 1850. Nach Auflöfung der Schleswig: 
München, wurde 1872 Gymnafialprofefjor | Holfteiniihen Armee wurde er von den 
in Würzburg, von wo er 1876 als Rektor | deutichen Bundescommiflären als Vatterie- 
an das Gymnafium in Kempten berufen | def in dem Holfteinifchen Kontingent über: 
wurde. 1884 erhielt er die Ernennung | wielen, nahm 1852 feinen Abſchied, als 
zum correipondierenden Mitgliede des kaiß, derfelbe däniſchem Befehle unterjtellt 
deutichen archäologischen Inſtituts, ſowie wurde, ward im October 1852 wieder in 
das Ritterkreuz 1. Klaſſe des königl bayer. | der preußifchen 5. Artillerie-Brigade als 
Verdienftordens vom h. Michael; aud) war  Seconde-Lieutenant angejtellt und 1853 
er wiederholt Mitglied der Dlinifterialcom: zum Premier-Lieutenant befördert. War 
miffionen, welche alljährlid in München | 1854—56 Lehrer an ber Divifionsichule 
zur Vornahme der Staatsprüfungen aus in Glogau, 1856—58 Kommandeur ber 
der klaſſiſchen Philologie gebildet werden. 5. Handwerfs-Kompagnie, wurde 1859 
Arnold's wiſſenſchaftliche Tätigkeit bezieht | zum Hauptmann befördert und als Kom— 
ſich hauptiächlich auf das antife Bühnen: pagniechef zur 1. See-Artillerie-Nompagnie 
weien. Dahin gehören feine Schriften; | ernannt. 1861 als Batteriechef in bie 

Die tragifche Bühne im alten Athen. Progr. Rheiniſche Artillerie-Brigade Nr. 8 ein: 
85 Wilh.-Symn. 1868. — Platte mit jcenifhen rangiert, verblieb er im Feldzug 1866 
Vorftellungen im Collegio Romano (ein Feitgruß als Kommandeur der Erfag-Abtheilung in 


ber »hilol. Geſellſch). 1868. — Das altrömiiche I 
—— en Bon. 1873. Sie Koblenz, wurde unter Beförderung zum 


antife Theatermasten (in Verh. der 29. Philol.. Major in das Feld-Artillerie-Regiment Nr. 


Aſcherſohn. 


11 als Abteilungs-Kommandeur verſetzt, 
führte im Kriege 1870/71 die 3. Abtei— 


lung und nahm in der 3.Armee am Treffen | 


bei Weißenburg, an der Schladht von 


Wörth, der Beichiefung von Pfalzburg, 


an der Schlacht bei Sedan und an ber 
Belagerung von Paris teil, erhielt das 
eiferne Kreuz 1. und 2. Klaſſe. 1871 zum 
Oberitleutnant befördert, wurde er 1872 
zum Kommandeur des ojtpreußiichen Feld— 
Artillerie-Regiments Nr. 1 ernannt, 1873 
zum Oberſt befördert. Im December 
1874 erhielt er den nachgeſuchten Ab— 
ihied und beichäftigte fih mit militär: 
literariihen Arbeiten. 

Nachdem er ſchon als Hauptmann die ala Preis: 
aufgabe von der Generalsnipection der Artillerie 
geitellte Imarbeitung der „Grundzüge für Die 
Ausbildung der verichiedenen Übungsflafen der 
Artillerie“ vollzogen hatte und dafür prämiirt 
war, wurde er Mitarbeiter an den Blättern für 
literariiche Unterhaltung, ſchrieb Aufſätze für das 
Archiv für Art.» und Ingen.Offiziere und den 
„Soldatenfreund“. 
der Feld- und Feitungss Artillerie eine den neuen 
Berhältnifien entiprechende Bearbeitung der Grund; 
züge unter dem Titel: „Die Ausbildung der 
‚Feld: Artillerie” im Archiv und als Separatab- 
drud, und 1883: „Der Batteriedienft“ ꝛc 


Aicherjohn, Paul Friedr. Aug., 
wurde am 4. Juni 1834 zu Berlin ge: 
boren, 
Berlin. Er bereite mit &. Rohlfs 
1873—1874 als Botaniker die Libniche 


Wüſte und brachte als Frucht dieſes 


Streifzuges höchſt wichtige Beiträge zur 
botaniichen Wiſſenſchaft mit, die er in 
Fachzeitſchriften, wie auch in den Werken 
Schweinfurt's und Rohlfs, deren eifriger 
Mitarbeiter A. war, veröffentlichte. Außer: | 
dem erwarb er ſich ein jchätbares Ver— 
dienft um die Kenntnis der Flora der 
Provinz Brandenburg durch fein gleich: 
namiges Werk (1864). 


Asmus, Wilhelm (W. Anthony), am 
17. Februar 1837 zu Lübeck geboren, 
urſprünglich zum Theologen beſtimmt, 
jedoch ſehr bald zum Studium der Phi— 
loſophie übergehend. Seine Leidenschaft 
für das Theater entzog ihn 1857 ſchon 


16 


1876 erſchien nach Trennung 


ſtudierte Naturwiſſenſchaften zu 


Auer. 


der Univerfität, indem er fi einer Wan: 
dertruppe anichloß, von der er bald an 
größere Bühnen aufrüdte und dort be= 
ſonders als Negiffeur und Dramaturg 
wirkte. Im Jahre 1869 berief das 
Stadttheater in Breslau ihn zur Leitung 
der Negie und dort wirkte A. auch als 
Belletrift und dramat. Lehrer. Seit 1872 
wendete fih A. der Journaliſtik zu und 
iſt jeßt Nedakteur des Tageblattes in 
Schweidnitz. Seine Hauptwerfe: 

'  Blüthen und Blätter (G.), Die feindlihen Brü— 
der, Silhouetten u. Aquarellen aus der Kouliſſen— 
welt, Jm Traum, Schuld und Sühne, Prinzeſſin 
Amaranth, Goldelle, Des Knaben Wunderborn, 
Unter dem Pantoffel. 


Auer, Adelh. v., fiehe Eh. v. Eofel. 


AUve:Lallemant, Friedr. Chriit. Ber 
ned., am 23. Mai 1809 zu Lübeck geboren. 
"Schon frühzeitig wurde in dem Kinde Die 
Luſt zur Muſik durch den Water, einen 
ausgezeichneten Muſiklehrer, rege gemacht, 
die ihm auch für fein ganzes Leben blieb 
und ihm eine Quelle der Freude und Er: 
holung wurde. Nachdem er das Gym— 
nafium feiner Vaterſtadt abfolviert, ſtu— 
dierte er von 1830— 1834 die Rechte in 
Jena. Sein muſikaliſches Intereſſe brachte 
ihn in Verbindung mit vielen hervorra— 
genden Werfönlichfeiten der damaligen 
Zeit, fo bejonders trat er zu der Schwä- 
gerin Schillers, Karoline von Wolzogen, 
in nahe Beziehungen, die hohen Einfluß 
auf die Entwidelung des ideal angelegten 
und feurigen Jünglings ausübten. Nach 
Beendigung feines Studiums lich At. 
ſich als Advofat in Lübeck nieder (1835) 
und wurde 1843 zum Obergerichtspro— 
kurator ernannt. In Folge feiner Ver: 
dienjte wurde er vom Großherzog von 
Meimar im Jahre 1880 zum Hofrat er: 
‚nannt. Bald darauf legte er jein Amt 
‚und feine Thätigfeit nieder und fiedelte 
(1882) nad) Berlin über. Hauptwerfe: 

Das deutihe Gaunertum, Die Mecdulle:Zeut' 
(Roman). Der Erb: und Gerichtsherr (Roman). 
Herz und Geld (Roman). Yuda (Roman). Get. 


Novellen. Die Meriener Bodsreiter des IS. und 
19. Jahrhunderts. Der Magnetismus mit feinen 





Avenarius. 
Berirrungen. Phyſiologie der deutſchen 


Avenarius, Ferdinand, am 20. 
Dezember 1856 zu Berlin geboren, ftu- 
dierte in Leipzig und Zürich Saturmiffen: 
Ihaften, Philojophie, Kunft und Litera- 
tur, Nach beendeten größeren Neijen be- 
zog U. wieder das durch die Überfiede- 
lung feiner Familie ihm zur zweiten 
Baterftabt gewordene Dresden, wo er fi) 
nn Schriftitellerei hingab. Haupt: 


Bandern und Werden (Ged.), Deutiche Lyrif 
der Gegenwart, feit 1850 (Anth.), Die Kinder 


von Woh 


B. 


— 7 ——— Juli 1846 
zu Mähriſ au. Gymnaſialſtudien zu 
Kobihüg, preuß. Schleſien, von 1858 
bi6 1866, Univerfität zu Breslau 1866 
bi 1867, zu Prag 1867—1870. Trat 
1870 ins Lehramt, wirkte an den Gym: 
nafien zu Budweis, Znaim und gegenwärtig 
zu Görtz als Gymnafialprofeflor und Bi: 


; : Über Platons Gorgias, 1873. Mis- 
ellana eritiea (zu Aeihylos u. Eurip.) 1880. 
tes asticae (Über den Lateinunterricht) 

er Lucians Pjeubofophift. 1883. Lu: 

1884. Sprichwörter und Sentenzen aus 

den griech. Idyllen⸗Dichtern. 1887. Außerdem 
Ahandlungen und Recenfionen in der Oſterr. 
Gymnaſ.Zeitſchrift — Promotionsfchrift (unge: 


drudt): De coniunctivi apud Horatium usu. 

Baceioceo, Friedr. Albrecht, wurde 
am 10. Dftober 1834 in Aachen ge: 
boren. Er widmete fih nad Abjolvieren | 
der Schule dem Beruf eines Journalüten 
und arbeitete ſchon, faum zwanzig Jahre 
alt, an verjchiedenen Zeitjchriften, jo an 
„Über Land und Meer“ zc. init. Nach 
mehrjährigem Aufenthalt in Stuttgart 
zog er nah) Wien, um eine zeitlang eine 
Redaktiongftelle an der „Deutſchen Zei: 
tung“ zu übernehmen. Sein Hauptfeld 
it die Politik, daneben das humorijtiiche 
Seuilleton. Auch hat er ſich mehrfach als 
Kriegsberichterftatter Hervorgethan. Außer 


Das lit erariihe Deutichland. 








L 


— Bach. 

einer zahlreichen Menge von novelliſti— 
ſchen Beiträgen in den angeſehenſten 
deutſchen und öſterreichiſchen Zeitungen 
erſchien von ihm: D. n. Schreckenstage in 
Paris (1872), eine Frucht feines Aufent: 
baltes in Paris während der Herrichaft 
der Kommune. Noch ijt hervorzuheben, 
daß B. einer der eifrigiten Kämpen für 
die Annäherung und den Frieden zwifchen 
Deutihland und Oſterreich ift, wofür 
unter anderen zablreihe Artikel in der 
„Allgemeinen Zeitung“ (unter B—o) 
Zeugnis ablegen. 


Bach, Dttilie, wurde am 6. Juli 
1836 zu Hirſchberg geboren, wo ihr 
Vater als Kaufmann lebte. Kaum ſechs 
Jahre alt, fiedelte Ditilie mit ihren 
Eltern in Folge der Geichäftsaufgabe 
des Vaters nad) Berlin über, wo fie 
die für den erwählten Lehrerinnenberuf 
nötige Ausbildung erhielt. Nah Roll: 
endung ihrer Studien wirfte fie zuerit 
als Erzieherin und Lehrerin in Ungarn, 
dann in Prag und jchlichlih in Berlin, 
wo fie jest noch lebt. Sie Ichrieb außer 
für viele Zeitjchriften die von der Kritif 
jehr günftig beurteilten Romane: 

Nationale Gegenſätze (1875), Zerriſſene Fäden 
(1881), Elfriede (1881), Ded Vaters Schuld 
(1881). Außerdem für Zeitichriften u. Zeitungen: 
Der Dämon des Haufes (1877), Im Strome des 
Lebens (1882), Gebrochener Zebensmut (1882), 
Vom Burfhen zum Whilifter (1886), Von der 
N 5 ereilt (1886), Befiegt (18>7), Ins Herz 
getroffen (1857), Eva (1881), Judith (1857), 
Fluch der Lüge (1887) :c. 

Bacher, Julius, wurde am 8. Au: 
guft 1810 zu Ragnit in Oſtpr. geboren. 
Er widmete jih uriprüngli dem Stu: 
dium der Medizin und ließ fih nad) Boll: 
endung feines Studiums (auf der Uni: 
verfität zu Königsberg) in Pobethen als 
Arzt nieder, jedoch nicht für lange Zeit; 
denn die Erfolge feiner, neben der ärzt— 
lichen Praris eifrig betriebenen Schrift: 
jtellerei ließen ihn bald alles Andere 
aufgeben, um nur dieſer Thätigkeit zu 
leben. Er jiedelte 1845 nad) Königs 
berg über und wurde bald einer der 

> 


Badhaus. 


fruchtbarjten Autoren, hervorragend auf 
dem Gebiete des hiſtoriſchen Romans. 


18 


| 


Bächtold, 


Induſtrie-Vereins. Seit einigen Jahren 
lebt er in Brenien ala Privatmann, mit 


Seit 1857 lebt B. in Berlin, feit 1886 | wilfenfchaftlihen und dichteriſchen Arbeis 
‚ten ſich beichäftigend. 


in Charlottenburg. 

Hauptwerfe: Lucie (Trauerfpiel 1848), Karla 
d. XII erite Liebe (Tr. 1850), Die Eroberung 
von Schweidnig (Roman 1853), Die Brautichau 
riedrih d. Gr. (Roman 1857), Sophie Char: 
lotte (hiit. Roman 1857), Friedrid I lette Le: 
benstage (h. R. 1858), Aus dem Leben (Dram. 
1858), Geſamm. Novellen (1560), Lady Sey— 
mour (Tr. 1864), Sibylle v. Cleve (Rom. 1865), 
Napoleons letzte Licbe (Nom. 1568), Auf dem 
Wiener Kongreß (Nom. 1869), Prinzeſſin Si: 
donie (Rom. 1870), Ein Urteilsſpruch Waſhing— 
tons, 2 Bände, Verichiedene Abhandlungen über 
Bernitein und Berniteinerde in verfchiedenen Zeit: 
ſchriften. 


Backhaus, Wilhelm Emanuel, Sohn 
des 1857 verſtorbenen Apothekers Ernſt 
Wilhelm Carl Backhaus, wurde am 
26. März 1826 in Petershagen a. d. 
Weſer geboren. Er beſuchte bis zu ſei— 
nen neunten Jahre die dortige Stadt: 
ſchule und empfing alsdann bis zu feiner 
Konfirmation PBrivatunterriht. Auf den 
Wunih jeines Vaters widmete er fi 
dem faufmännifchen Berufe und trat als 
Handlungsbeflifiener in ein Geſchäftshaus 
zu Bielefeld (Wejtfalen) ein. Im J. 1854 
gründete er ein eigenes Geſchäft. Unter 
Mitwirfung der bremifchen Gewerbefam: 
mer rief er 1858 eine Zeitichrift, „Die 
Nordd. Hanſa“, ins Leben und war Redak— 
teur derjelben. In demielben Jahre ſchrieb 
er im Auftrage der bremifchen Gewerbe: 
fammer: Schuß der Arbeit! Schu der freiheit! 
Ein Beitrag zur Löſung der Gewerbefrage. Bald 





darnad) wurde er zum Mitgliede der Bürz 


gerſchaft gewählt, in weldyer er 10 Jahre 


wirkte. Als Mitglied diefer gefeggebenden 


Körperichaft, wie aud in feiner literari: 
chen Thätigkeit ſchloß er ſich denjenigen 
politiichen Beſtrebungen an, welche die Ein: 
heit, Macht und Herrlichkeit Deutich: 
lands zum Ziele hatten, während er in 
national-öfonomilher Beziehung teilnahın 
an der Gründung verichiedener Vereine, 
namentlich) des bremiſchen Künſtler-Ver— 
eins, ſowie des bremifchen Gewerbe: und 


Außer der angeführten ſtaatsökonomiſchen 
Schrift fchrieb und veröffentlichte er: Zur Aritif 
der modernen Kunft, eine Reihe von Borträgen 
(1856); Zum Gedächtnis Schillers, ein Rad: 
Hang der Jubelfeier feines 100jähr. Geburts: 
tages (1860); Ein Dialog (u. d. Pieudonym 
Theoph. Neauder, 1880); Ein dem Fürſten Bis: 
mard gemwidmeter Preis: und Lobgeſang (1881); 
Der Liberalismus, Fürſt Bismard und die Bar: 
teien (1881); Hausaltäre, eine Anthologie (1883); 
Die Geſchichte von den Troglodyten (u. d. Pſeud. 
Immanuel Baldur. 1885); Schutt und Aufbau, 
vier ftaatsöfonom. Abhandlungen (1886); Chriſt⸗ 
lihe Weisheit aus der vordriftlichen Zeit, in 
Sprüchen (1887); Bom Baume der Erkenntnis, 
Gedanken und Ideen (1887); Am Heilsbronnen, 
eine national:foziale Erzählung (1887); Bud der 
Sprüche (1857). B. Ichrieb Abhandlungen und 
fatiriiche Erzählungen für Wochen: und Monats 
ſchriften, war langjähr. Mitarbeiter deutſcher und 
amerifanifcher Zeitungen und dichtete: Am Wege, 
eine Bereinigung lyriſcher und epifcher Gedichte ; 
Die verhängnisvolle Botſchaft, ein patriotifches 
Schauſpiel, ıc. 

Bächtold, Jakob, wurde am 27. 
Januar 1848 zu Schaffhaufen geboren. 
Nach Abſolvierung der Schule widmete er 
ſich dem Studium der deutſchen Literatur. 
Nachdem er 1870 zum Doktor promo— 
viert hatte, habilitierte er ſich 1880 an 
der Univerſität Zürich und wurde 1886 
daſelbſt zum Profeſſor ernannt. B. hat 
ſeinen Ruf in erſter Reihe durch ſeine 
feinſinnigen und haarſcharfen Kritiken er— 
worben, er iſt Mitarbeiter vieler Zeit⸗ 
ſchriften und giebt die „Bibliothek älterer 
Schriftwerfe der deutihen Schweiz“ her: 
aus. Seit 1887 erfcheint feine —— 
„Seichichte der deutſchen Literatur in der Schweiz”. 

Hauptwerfe: Hans Salat (1876), Die Stret: 
linger Ehronif (1877), Niflaus Manuel (1878), 
Aus dem Herderichen Haufe (1881), 3. C. Schweir 
zer (1884), Goethes Götz in dreifacher Gejtalt 
(1882), Goethes Ipbigen. auf Tauris (1888), 
Bodmers krit. Ged. (18831, Briefwechſel zwilchen 
Kurz und Mörife (1885). 

Baehr, Paul, wurde am 26. Septbr. 
1855 zu Thorn geboren. Für den Sol⸗ 
datenjtand bejtimmt, mußte er jedoch, kaum 
Offizier geworden, Kranfheits halber ſei— 


Bäfer. 
nen Abjchied nehmen. Er lebt in Bad 


Deynhaufen feiner Gejundheit. Hier jchrieb 


er einige freundlih aufgenommene Ge— 
dihte und Bad Deynhaufen u. f. Umgebung“. 
Er ift Inrifcher Mitarbeiter mehrerer Zeit- 
ihriften und gab (1887) eine Anthologie 
Rheinisch-Meftfäliicher Dichter heraus. 

Bäfer, Ernſt F. N, geboren zu 
Berlin 15. Dezember 1866; mußte fich, 
auf Wunſch feiner Eltern, dem Kauf: 
mannsjtande widmen, veröffentlichte in 
verjchiedenen Zeitungen Aufläge muſika— 
lifchen Inhalts (über norwegiihe Muſik, 
Biographien ꝛc.). Demnädft ift eine 
größere biographiihe Arbeit über Hein- 
rih Hofmann von ihm zu erwarten, 
welchen Stomponijten bereits viele feiner 
Auffäge behandelten. 


Bärwinfel, Frip. 

Ich ward geboren, wie man 's wird, 
Mich hatt’ Niemand verjchrieben: 

Die Eltern hätt’ es nicht genirt, 
Wär ich hübjch ausgeblieben. 

Ich ward zum Dichter, wie man 's wird, 
Wenn man in ftillen Stunden 
Für das, was durch die Seele ſchwirrt, 
Das rechte Wort gefunden. 

Sch blieb im Duntel, wie '3 fo geht, 
Traut man den eignen Füßen, 
Greift nit an's Schlepptau und verſchmäht 
Das Handwerk zu begrüßen. 

Gedrudt doch ward ih. Wer büßt nicht 
Die Luft in feiner Jugend! 

Run fich Gedicht reiht an Gedicht, 
ich auf meine Tugend. 

Jetzt kitzelt nicht3 mehr. Ich bin taub 
Für der Berfuhung Loden, 

Ich rechne mich doc nur zum Staub, 
Erwart nit Nachruhms Gloden. 

Schrieb: Der Schußgeift (Luſtſpiel 1882), In 
der init (2. 1883), Nah der Schrift (8. 
1884) ꝛc. ıc. 

Bänmkfer, Wilhelm. Ich bin geboren 
am 25. Oftober 1842 in Elberfeld. Nach 
Vollendung meiner Studien am Gymna⸗ 
fium dafelbjt (1863) beſuchte ich die kö— 
nigl. Akademie in Münjter und die Uni- 
verfität in Bonn, um Philoſophie und 
Theologie zu ſtudieren. Im Jahre 1866 
trat ih in das Seminar in Köln ein und 
wurde am 1. September 1867 zum Prie— 
ſter geweiht. 


19 


Nachdem ih ſodann je ein: 


Baldamus, 


Jahr in Bergerhof (Kreis Waldbröl) und 
als Vikar in Alfter (bei Bonn) thätig ger 
wejen war, erhielt ich 1869 meine Ans 
ftellung als Kaplan in Niederkrüchten 
(Kreis Erkelenz). Hier traf ich als Paſtor 
den befannten Literarhiltorifer Dr. Wild. 
Lindemann (FT 20. Dezember 1879). 
' Sein leuchtendes Beifpiel hatte eine eigene 
Anziehungsfraft und gab den erfien Ans 
ftoß zu meiner literariichen Thätigfeit. 
Wie er feine Mußeſtunden der deutichen 
‚Literatur widmete, jo benußte ic} die mei— 
nigen zu Studien auf dem Gebiete der 
Muſilgeſchichte, Hymnologie und Archäo—⸗ 
logie. 

Bisher erſchienen folgende Schriften von mir: 
Paleſtrina. Ein Beitrag zur Geſchichte der kirchen⸗ 
muſikaliſchen Reform des 16. Jahrhunderts, 1877; 

Orlandus de Laffus, der letzte große Meifter der 
niederländiſchen Tonichule, 1878; Zur Geſchichte 
der Tonkunft in Deutichland von den erften An— 

fängen bis zur Reformation, 1881; Der Totentang, 

‚eine Studie, 1881; Namen: und Sachregifter zur 
 5bändigen Mufitgefhichte von A. W. Ambros, 
1882; Das fath.deutiche Kirchenlied in feinen 
ı Singweifen von den früheiten Zeiten bis gegen 
des 17. Jahrhunderts, 1883 und 1886, 
2 e 


de. 

Dieſem füge ich noch hinzu, daß ich Mits 
arbeiter an einer Reihe von Zeitjchriften 
bin. Im Jahre 1884 verlieh mir Se. 
Majeftät der König Albert von Sachſen 
das Ritterkreuz des Albrechts-Ordens 
II. Klaſſe. 


Baldamus, Auguft Carl Eduard, 
geb. am 18. April 1812 zu Giersleben 
im Herzogthum Anhalt, Sohn des dor= 
tigen Kantors und Lehrers Johann Fried: 
rich B., ſtudierte, vorgebildet auf den 
Gymnafien zu Ajchersleben und Köthen, 
‚von 1832—36 in Berlin Theologie uns 
ter den Augen des unvergeßlichen Auguit 
Neander. Hauslehrer im gräflih Pers 
ponder’ihen Haufe im Jahre 1836/37, 
‚fehrt er in feine Heimat zurüd, um das 
theol. Eramen zu abjolvieren, tritt 1838 
als Lehrer in das Kollegium des Gymna⸗ 
fiums und der höhern Töchterſchule zu 
Köthen ein, erhält 1849 die von ihm 
erbetene Pfarrei in Diebjig und 1856 


2* 











Baldamus, — 20 — Balleitrem di Gaftellengo. 


die von Dfternienburg, für welche er in | jährlich jeit 1842 unternommen — trus 
folge von SKechlfopfsleiden 1864 einen | gen nicht wenig dazu bei, jein Beobach⸗ 
Vertreter beſtellen darf, nimmt ſeinen tungsmaterial zu bereichern. Seine ſorg— 
Aufenthalt in Halle bis gegen Ende Of: fältig geführten Zug und Niſttabellen 
tober 1870 und überjtedelt dann 1 Vögel Deutſchlands umfaſſen heute 
Koburg, wo er 1873 die erbetene Pens | gerade 50 Jahre. Im Jahre 1845 rief 
fionirung erhält und bis jegt feinen Stu: B. die Deutſche Ornithologengejellihaft 
dien lebt. Won frühefter Jugend ab vom | ins Leben, deren erſte Verfammlung er 
Bater in der Mufik unterrichtet und von |unter mancherlei Schwierigkeiten nad) 
der Mutter für die Liebe zur Natur ges | Köthen berufen durfte, und deren Sekre— 
wonnen, bejuchte er in Berlin neben jeis | tär er bis 1863 blieb. Als folder 
nen theolog. Studien die Vorlefungen des | gründete er nad) dem Eingehen der „Rhea“ 
Prof. Darr, des Begründers der Muſik- | die ornithologiihe Zeitſchrift „Nauman— 
wiſſenſchaft 2c., welder ihn zu fernerm |nia” (1849), die ſich von 18560 —66 
Studium der Mufif unter verlodenden | mit dem „Journal für Ornithologie” von 
Ausfihten nad) Berlin und in fein Haus | Dr. 3. Canabis vereinigte. 
einlud. Zugleich hatte er die zoologiihen | Im Jahre 1865 erfchien unter dem Titel 
Vorlefungen des liebenswürdigen Geh. Rat | air Busch vs. * — 
widme uchlein, das au in ranzojtlche 
— 8 Lichtenftein — > bie überfeht wur, m 9. 1877 e — * ja 
b ymnaſiaſt gema te Belannt- nad) einander der 1. Band des „Illuſtrirtes 
ichaft mit den beiden Ornithologen Prof. | Handbud der Federviehzucht“, dem 1878 der 
Dr. Joh. Friedr. und Joh. Andreas Nau- 2. Band und 1880 die zmeite Auflage des 


— Are 3 1. Bandes und 1882 das „Das Hausgeflügel“ 
Mann d beide in * * * | folgte. Gleichzeitig mit dem 1. Bande erichien 
wohnend — erneuert und ſich ſeitdem cin ı. Bändchen „Vogelmärchen“, dem in kürze— 


hauptſächlich mit dem Studium der Le: | fter Frift ein 2. und 3. folgen werden. Nach 
bensweife 2c. der Vögel beſchäftigt. Von Drudfertigitellung des 3. Bänddens wird ſich B. 
den ausſchließlich oder doch vorzugsweile * —— einiger wiſſenſchaftlich ornitholo⸗ 
dieſem Zwecke gewidmeten Reiſen war ge — u re 
ee h Jahren reihliches Material gefammelt hat 

befonders fein fünfmonatlicher Aufenthalt | vorausgefett, daß ihm feine bisherige förperliche 
im füdl. Ungarn — 1847 — , wohin | und geiftige Friſche noch einige Jahre erhalten 
er auf Einladung des ausgezeichneten | NSS" ſollten. 

Ornithologen Erzherzog Stephan gekom- B iſt korreſpondierendes und Ehren— 
men war, reich an Beobachiungs- und mitglied von 31 naturwiſſenſchaftlichen 
Sammler:Erfolg. Kaum minder förder: | Vereinen des In- und Auslandes und 
(ich war ihm fein fünfwöchentlicher Beſuch wurde vor 29 Jahren von der philo- 
bei dem Prinzen Lucian Bonaparte — ſophiſchen Fakultät der Univerfität Roſtock 
1850 — in Paris, der ihn feinerfeits |jum Dr. philos. honoris causa ernannt, 
zweimal durch mehrtägigen Aufenthalt! Balleſtrem di Cajtellengo, Eu: 
in Diebzig auszeichnete, und bei Herm. | femia Gräfin von, wurde am 18. Auguit 
Schlegel, dem genialen Direktor des be- 1854 zu Natibor als Tochter des Land: 
rühmten Leidener Muſeums — 1860. ſchaftsdirektors B. geboren. Schon früh: 
Ferner meift ausgedehntere Erfurfionen | zeitig entwidelte fid) in dem Kinde ber 
nad) den ornithologiich intereffanten In | Hang zum Träumen und Fabulieren, wo: 
jeln an der ſchleswig-holſteinſchen Weſt- für eine Menge Kleiner niedlichen Ge— 
füfte, nach Holland, Belgien und Nord: dichte, Skizzen 2c. den Beweis liefert. 
frankreich, Norditalien, in die Schweizer | Dabei erhielt das junge talentvolle und 
und Tyroler Alpen und nad) den deut: ‚vielfeitige Mädchen mit feinem rajtlojen 
hen Gebirgen und Seen — fat all- Streben eine vorzügliche Erziehung im 











Baltzer. 


Hauſe ihrer Eltern, 
platz geiſt- und gemütvoller Menſchen war 
und ſo Eufemia eine Pflegeſtätte ihrer 
Geiſtesanlagen bot. Als fie dann ernſtlich 
zur Feder griff, wurde ihr Mut ange: 
ipornt durch die Annahme ihrer erjten | 
größeren Arbeit, einer hiltoriichen Skizze, 
durh das „Bud für Alle”. Bon nun 


an Ichaffte die junge, damals 17jährige 


21 


das ein Tummel: | 





Autorin unermüdlich, bejeelt von dem uns 


Baltzer. 


gungen der erſten 40er Jahre zogen auch 
ihn, den getreuen Kämpfer für die Sache 
der Wahrheit, mit geſteigerter Kraft an, 
und wurde ſeine Anteilnahme an dem— 
ſelben für feine ganze folgende Lebens— 
thätigfeit bejtimmenbd, als die Beftätigung 
jeiner Berufung als Prediger nad Halle 
und nachmals nad Nordhaufen von den 
maßgebenden Behörden verweigert wurde. 
Da legten der Kirchenvorftand zu St. Ni: 


widerftehlichen Drang, ihr Inneres und | colai in Nordhaufen und Balger in De: 
das Meben und Streben darin Anderen litzſch ihre Aemter nieder und gründeten 
zu erichließen und von Herz zum Herzen (1847) in Nordhausen eine freie Religions: 
zu fprehen. So ward fie Mitarbeiterin Gemeinde. An bitteren Kümmerniljen hat 
fait aller beileren Zeitfchriften. Im Jahre | es in der nun folgenden langen Periode 
1883 vermählte fie fih mit Herren von politiſcher und religiöfer Verfolgung feinem 
Adlersfeld und fiedelte von Breslau nad) Leben nicht gefehlt, aber er ift reiner und 


Militih in Schleiten über. 

Hauptwerke, meift Romane und Novellen: 
Blätter im Winde (1876), Gefammelte Novellen 
(1876), Berfchlungene Pfade (1877), Lady Me: 
fufine (1878), Tropfen im Dcean (Gedichte | 
1878), Das Erbe der zweiten Frau (1877), 
Heideröslein (1880), Charitas (Anth. 1880), Ein 
Meteor (Dram. 1880), Im Glanze der Krone | 
(Biogr. 1882), Im Zeichen des rothen Kreuzes 
(Selbftich. Alb. 1882), Violet (1883), Aus tiefem 
Borne (1883), Skaldenklänge (Anth. 1883), aus 
dem Englifchen überf.: Neue Blätter, Tagebuch) 
der Königin Vitoria (1884). 


Balter, Eduard, wurde am 24. Ok— 
tober 1814 in Hohenleine bei Leipzig als 
der jüngſte Sohn des dortigen evangeli- 
ihen Pfarrers geboren. Vom 14. Jahre 
an in Schulpforta wiljenichaftlich vorge: 
bildet, bezog er 1834 die Univerfität Zeip- 
sig, 1836 die zu Halle. Dreiundzmwanzig 
Jahre alt, kehrte er zur Unterjtüßung 


feines greifen Vaters ins väterlihe Haus 
zurüd und erhielt bald nad) deilen Tode | 
die Stelle des Diafonus und Hofpitals | 
predigers zu Delisih. Tiefes häusliches 


Unglüd, welches hier während 6jähriger 
Wirkſamkeit ihn traf, ließ ihn ungebeugt, 
regte feine heilige Berufsliebe nur mäch— 
tiger an und ließ den Plan in ihm rei- 
fen, als Mifftonär fernen Völkern der 
Verkünder der chriftlichen Grundmwahr: 
heiten zu werden. Zu deſſen Ausführung 
fam es aber nicht: Die kirchlichen Bewe— 


glüclicher aus ihnen hervorgegangen, ges 
ftügt von der Anerkennung feines Volkes. 
Im Jahre 1848 finden wir ihn im Frank: 
furter VBorparlament und dann als Vertre— 
ter des WahlfreijesNordhaufen in der Ber: 
J liner Nationalverſammlung, von dieſer in 
die Verfaſſungs-Kommiſſion gewählt, als 
Mitarbeiter an der „Charte Waldeck“, alſo 
an der Wiege unſeres verfaffungolebens, 
das er auch ſchriftſtelleriſch durch Mitbe— 
gründung der Neuhäufer Zeitung und durch 
‚fein Verfaſſungs- und Neihsbüchlein er: 
folgreich förderte. Gleich nad) der Neu: 
begründung feines Herdes zum Mtitglied 
der Stadtverordneten Nordhaufens, dann 
zu deren Vorfigenden erwählt, bekleidete er, 
nad allen Richtungen unermüdlich wir: 
fend, diefe ehrenvolle Stellung bis 1881. 
An den Folgen „Lebensgefährlicher” Ver: 
wundungen, die er 1848 in Ellrich zu 
erdulden hatte, ſchwer leidend, lebt er 
3. 3. bei feinen Kindern in Durlad). Vor 
jeiner Gemeinde hielt er viele Vorträge, 
deren Ausgabe unter dem Titel „Alte und 
Neue Weltanfhauung“ ihm wie feiner Sache 
in weitejten Kreifen aufrichtige Bekenner 
und Verehrer zuführte. 

Haupts (teil vegetarianiiche) Schriften: Py—⸗ 
tagoras der Weife von Samos, Mujonius, Cha: 
rafterbild aus der röm. Kailerzeit, Ideen der ſo— 


zialen Reform, Empedocles, Fünf Bücher vom 
| wahren Menfchentum, Apollonius v. Tyana; 








Bamberg. Bamberger. 
außerdem befonders Voefien: Aus dem Evange: | das Auswärtige Amt dem Höchſt-Kom— 


lium, Aus der Edda, Aus meinem Leben u. | mandierenden der Ofkupations-Armee, 
„Zereinsblatt des deutichen Vereind für natur: & [ Mant Br (itif 
emäfje Lebensweiſe, feit 1868; jetzt „Ihalyfia“, | Rat bei von Manteuffel, als politischen 


ortgeführt von Dr. Aug. Aderholbt. at bei. Er verblieb in diefer Stellung 
in Compiegne, Nancy und Verdun bis 
Bamberg, Felir, geb. den 17. Mai | zur Räumung des franzöfiihen Gebietes, 
1820 zu Unrubjtabt, ftudierte, nachdem | und wurde dann zur Übernahme des eriten 
er das katholiſche Gymnaſium in Groß: in Stalien gegründeten deutichen Berufs: 
Slogau bejuht Hatte, in Berlin und Konfulates, des von Meffina berufen. 
Paris. In lepterer Stadt bejchäftigte | Als 1880 das deutiche General-Konfulat 
er fich bejonders mit franzöfifher Litte- in Genua gegründet wurde, ward das— 
ratur und mit den Wechſelwirkungen der | jelbe B. zuerteilt. Er iſt dajelbit ein: 
beutihen und franzöfiihen Philoſophie. ftimmig zum Decan des Konfulats-Corps 
So nahm er in den 40er Jahren an gewählt worden. _ 
der Bewerbung um den von der „ala: | —— mu .- en Minen 
3 4134 446 en Einflu er eltzuſtan u et 
bemie ‚der moraliſchen und politiſchen der Kunſt und über die Werke Friedrich —* 
Wiſſenſchaften ausgeſchriebenen Preis: | Gefchichie der Februar-Revolution (1849), 
„Theorie de la certitude‘‘ Anteil, und | (na gefammelten Original-Dofumenten von den 
nad dem 3. Zt. im „Moniteur‘‘ ver | bervorragenditen franzöfiichen Zeitgenofjen, welche 
öffentlichten Berichte des Alademie - Mite aus Ai ee 
nliedes Adolf Frand war feine Schrift Hede: über den Ablauf der orientaliihen Ange: 
eine der hervorragenderen. In Paris |Tegenheiten um die Mitte des 19. Jahrhunderts 
lernte er 1844 Friedrich Hebbel kennen, ae — — Titel . — 
iplomatıque e la Urise orien e, —3583 
an welchen er über deſſen Tod hinaus |" Friebric) Hebbel's Tagebücher“ 1885— 1887. 
durch die engſten Freundſchaftsbande ge- B. ift im Beſitz der ſämtlichen Driginal-Manu— 
feſſelt blieb, ſo daß er mehr als vierzig ſtripte Hebbel's und bereitet die Herausgabe des 





Jahre jpäter deſſen gefammten literarifchen | 


Nachlaß und zwar zunächſt die „Tage: 


bücher” herauszugeben begonnen hat. 1851 
trat er in den preußiihen Staatsdienit, 
wurde der preußiichen Gefandtichaft in 
Paris beigegeben, jpäter preußifcher und, 
nach Stiftung des norddeutichen Bundes, 
norddeuticher Konful in Paris. In die: 
fem Zeitraum von beinahe 20 Jahren | 
verteidigte B. in den hervorragenditen | 
franzöfiichen Zeitungen und Revuen mit 
Ausdauer und Sadhfenntnis die Notwen- 
Digfeit der politiihen Reform Deutſch— 
lands und die Berechtigung Preußens 
zur Echöpfung diejer Reform. Während 
des bdeutich-franzöfiihen Krieges wurde 
er in das große Haupt-Quartier nad 
Verjailles berufen, dafelbjt mit der Lei— 
tung der Preß- Angelegenheiten betraut 
und für die Löfung dieſer ſchwierigen 
Aufgabe mit dem eifernen Kreuze belohnt. | 
Nach Beendigung des Krieges gab ihn | 








umfafienden „Briefwechſels Hebbel's mit Freun— 
den und berühmten Zeitgenoſſen““ vor. In Röt— 
ſchers Jahrbüchern für dramatiihe Kunſt und 
Literatur, Sowie in anderen deutichen und fran— 
zöſiſchen Revuen bat B. zahlreiche Abhandlungen 
veröffentliht, in der Allg. deutichen Biographie 


| die Biographieen von Glud, Hebbel, 9. v. Kleiit, 


Dtto Ludwig, Graf v. d. Goly und David Han: 
femann. Seine vermifchten Schriften jollen dem+ 
nächſt erfcheinen. 


Bamberger, Ludwig, wurde am 22. 
Juli 1823 zu Mainz geboren, jtudierte in 
Gießen, Heidelberg und Göttingen Rechts: 
wiſſenſchaft. Während feiner praftiichen 
Thätigfeit am Mainzer Gericht redigierte 
er die „M. Ztg.‘ und nahm lebhaften An- 
teil an den Ereignilfen der Jahre 1848 
und 1849, jo daß er zur Flucht aus 
feinem Vaterlande gezwungen wurde (in 
contumaciam zum Tode verurteilt). Erit 
nad der Amneſtie (1866) kehrte er nad) 
Mainz zurüd, nachdem er die Zwiſchenzeit 
zu größeren Reifen im Auslande benust 


Band. 


hatte. 1871 zum Reichstagsabgeordneten | 
gewählt, wurde er von Bismard befonders 
begünftigt und zu manderlei Mijfionen 
verwendet, doch ging B. Ipäter zu den Be: 
fümpfern des großen Kanzlers über und 
jpielte eine gewiſſe Rolle als einer der eifrig: 
ten und begabtejten Borfämpfer der Frei— 
handelspartei. Ohne jein Zuthun wurde 
B. von nun an mehr und mehr nad) linfs 
gedrängt und ſchied Ichließlich ganz aus der 
nationalliberalen Fraktion, um mit einigen 
Gefinnungsgenoffen eine neue Partei zu 
gründen. 

Damal3 veröffentlichte er die j. Zt. Aufſehen 
erregende Schrift „Die Seceſſion“ (1581). Außer: 
dem fchrieb er viele politiſche und national:öfono: | 
milde Schriften: Die Flitterwochen der Preßfrei— 
beit (1848), Erlebnifje aus der pfälz. Erhebung | 
(1849), Juchhe nad Italien (1859), Bertrauliche | 
Briefe aus dem Zollparlament (1870), Die Ar: | 
beiterfrage unter dem Gefichtspunfte des Vereins: 
rechts (1873), Deutichland u. d. Sozialismus 
(1878), Deutichtum und Judentum (1880); Gegen 
den Staatsfozialismus (1884), Lasker (1884) ıc.; | 
auch iſt B. Alice Mitarbeiter vieler Zeitichriften. | 


Band, Dtto Alerander, wurde am 





23 


Bandom, 


in Zeitfchriften zerftreuten, meijt kritiſchen 
Abhandlungen, jchrieb B. noch: 

Münchner Gallerie (1852), Gedichte (1858), 
Worte für Welt und Haus (1863), Alpenbilder 
(1863), Ziterar. Bilderbuch) (1866), 

Bandow, Eugen, geb. am 20. ep: 
tember 1546 zu Berlin, Realichüler, be: 
gann feine journaliftiiche Thätigfeit 1867 
als Barlamentsberichterftatter im Reichs— 
tag des norddeutichen Bundes, ſpäter 
Redakteur in Berlin, Bromberg und 
Metz, 1882/83 im Neuter’ichen Tele: 
graphenbureau in London, bereifte wie: 
derholt Skandinavien, längeren, Aufent- 
halt in Holland und Belgien. Auch 
als Überjeger aus dem Engliichen und als 
dramatiſcher Schriftiteller thätig. Seit 
1884 Barlamentsberichterjtatterder Neuen 
Preuß. Zeitung. 

Bar, Karl Ludw. von, wurde am 24. 
Juli 1836 zu Hannover geboren, widmete 
ſich nad) Abjolv. des Gymnaſiums in feiner 
Vaterſtadt dem Studium der Rechtswiſſen— 
‚Schaft in Göttingen, jpäter in Berlin. Er 


17. März 1824 zu Magdeburg geboren. war mehrere Jahre als Richter angeftelt, 
Er abjolv. die Schulen feiner Vaterftadt | vertaufchte aber feinen Amts- mit einem 
und lag dann dem Studium der Philo: Lehrſtuhl, als die Univerfität ihn (1866) 
ſophie urıd Literatur und Kunſtgeſchichte nach Roftod rief. Hier legte er in feinen 
od. Nach Beendigung deifelben begab er | Merten den Grunditein zu jeinem jpäteren 
NH auf mehrjährige Reifen zum Zwed die Auf als hervorranender juriftiicher Schrift: 


Geiſteskultur der jüdlichen Länder, haupt: 
ſächlich Italiens kennen zu lernen und er: 


er wieder in Süddeutſchland, bejonders 
Münden 5 Jahre feinen Studien wid— 


mete. 1865 und 1866 lich B. ein größe 


tes Werk „Kritifche Wanderungen in drei Kunſt— 


gebieten“ erjcheinen. Im Jahre 1865 fies 


delte er von Münden nach Dresden über, 


jteller, auch wurde er bald nad) Breslau, 


| und er> fpäter nad) Göttingen berufen. 
warb fic) dann in Dresden in zehnjähriger 
Tätigkeit einen Auf als Kritiker, worauf | 


Seine Hauptwerfe: Das internationale Privat: 
u. Strafreht (1862), Recht und Beweis im Ge: 
ſchworenen-Gericht (1865), Das Beweisurteil d. 
German. Prozefies (1866), Necht und Beweis im 
Civilprozeß (1867), Die Grundlagen des Straf: 
rechtes (1869), Spitematit d. deutjch. Civilpro: 
zehrechtes (1875), Handbuch d. deutih. Straf: 
rechts (1882) I. ıc. 


Barach, Roſa, geb. Gottlob, wurde 


und übernahm 1871 die Feuilletonredaf-: am 15. Mai 1841 zu Neuraußnig gebo— 
tion des „Dresdener Journals“, wurde | ren. Ihre Eltern waren arm, aber lieb: 
Ipäter zum Profeſſor der Literatur- und |ten ihr Kind zu innig, um den erjt ges 
Kunftgeihichte und 1886 zum Chefredaf: hegten Plan, daſſelbe im jugendlichen Alter 
teur des „Dresdener Journals“ ernannt, ſchon einen Broterwerb juchen zu laſſen, 
das feine Neform und Hebung im pa— durchzuführen, da fie die ungewöhnliche Be: 
triotiihen Sinne der NReichspolitif ihm | gabung und Energie Roſas entdedten. In 
dankt. Außer dem gen. Merk und vielen | Brünn öffnete fid) dem fleißigen Mädchen 


PBarad. 


eine höhere Töchterfchule, wo fie ihren 
Wiſſensdurſt gegen Handarbeitsitunden 
jtillen durfte. Unter harten Entbehrungen 
eignete fie ſich hier ihr Willen an, bis fie 


im Alter von 16 Jahren eine Stelle als | 


Erzieherin annehmen fonnte. Nach zehn: 
jährigem Wirken in folder Stellung grün: 
dete Ste in Rudolfsheim bei Mien eine 
höhere Töchterfchule. Bald darauf verhei— 
ratete fie fich mit einem dortigen Arzt. In 
den legten Jahren befindet fie fich vielfach 
auf Kunftreifen mit ihrem Heinen Sohn, 
einem muſikaliſchen Wunderfinde, 

Sie ſchrieb: Aus eianer Kraft (Nov. 1880), 
Soldatenfrit (Nov. 1881), Gefeilelt (Dichtung 
1881), Aus Oſterr. Herzen (Liederbuh 1882), 
Liebesopfer (1884). 


Barack, Karl Auguit, geboren am 23. 
Oftober 1827 zu Oberndorf a. N., Stu: 


dierte german. Literatur in Tübingen, ı 


machte 1554 Studien an größeren Bis 
bliothefen, trat 1855 als Konfervator in 
den Tienft des Germaniihen Mufeums 
in Nürnberg und wurde 1860 zur Ver: 
waltung der Fürftl. Fürftenbergifchen Hof: 
Bibliothek in Donaueſchingen berufen. 
Im Herbite 1870 trat er an die Spike 
eines Gomites zur Neugründung einer 


Bibliothek in Straßburg an Stelle der 


daselbft zu Grunde gegangenen, der dazu 
erlaſſene Aufruf fand begeifterten Wider: 
ball und war von den glänzenditen Er: 
folgen begleitet. 1871 zur Organilation 
und Leitung der zu errichtenden Kaif. 
Univerj.z und Landes:Vibliothet nad 
Straßburg berufen, wurde er daſelbſt zum 
Tberbibliothefar mit dem Titel und Rang 


eines ordentlichen Profeſſors ernannt, in 


welder Stellung er noch jegensreich thätig 
und bemüht ift, die ihm anvertraute be: 
reits zu den größten Bibliotheken Deutich: 
lands zählende Univerfitäts: und Landes— 
Bibliothef einer noch größeren Vervoll— 
kommnung entgegen zu führen. 

Seine bedeutenditen Werke: Die Werfe des 
Hrotsvita (1858), Hans Böhm u. d. Wallfahrt 
nach Niflashaufen 1476, ein Voripiel des großen 
Bauernfrieges (1858), Ein Lobgediht auf Nürn: 
berg aus d. J. 1490 von dem Meifterfänger Kunz 


24 


Bardeleben. 


Haß (1858), Nadrichten zur Geſchichte der Kirche 
‚von Eſchenbach a. d. Pegnitz (1859), Des Teu⸗ 
fels Ney, Tatir. didakt. Gedicht des 15. Jahrh. 
(1863), Die Handichriften der Fürftl. Fürften- 
berg. Hofbibliothet in Donauefhingen (1865), 
Gallus Oheims Chronit von Reichenau (1866), 
Bruditüde aus Wigand’3 von Marburg Reim: 
chronit (1867), Zimmeriſche Chronik (1869). 

Bardeleben, Heinr. Adolf, am 1. 
März 1819 zu Frankfurt a. O. geboren, 
jtudierte in Berlin, Heidelberg und Bas 
ris Medizin, dozierte dann an der Uni: 
verfität Giefen (1843-— 1849) und folgte 
im Jahre 1849 einem Nuf der Univer- 
ſität zu Greifswald als ordentlicher Pros 
feffor der Chirurgie. Gleichzeitig über: 
nahm er das Direktorium der hirurgiichen 
Klinik dafelbit. Er machte den öſterreichi— 
chen Krieg als Seneralarzt mit und wurde, 
zurückgekehrt, an die Univerfität Berlin bes 
rufen. Auch Frankreichs Echladhtenfelder 
in jegensreiher Thätigfeit zu betreten, 
war B. vergüönnt; bier zeichnete er fich bes 
| Tonders aus und wurde als Anerkennung 

jeiner hervorragenden Leiftungen zum Ge— 
neralarzt à la suite des Sanitätsforps 
ernannt und mit dem eilernen Kreuz des 
foriert. Am 22. Mär; 1887 erteilte 
ihm der Kaiſer den Nang eines Generals 
majors. 

Außer vielen wiſſenſch. Abhandlg. in Fadhzeit: 
Iichriften, in Virchow's und Müller's ‚Archiven‘ 
:c. begründete B. feinen fiterarifchen Ruf dur 
das mit höchiter Anerkennung viel genannte Werk: 
Yehrbuch der Chirurgie und Üperationslehre (8. 
Aufl. 1879). 

Barfus, €. v., geb. am 7. November 
1825 zu Tepleben in Pommern, das 
Gymnaſium zu Danzig bis Prima bes 
jucht, von 1842 — 51 in der preuß. Ar: 
mee gedient, von 1845 ab als Offizier, 
vom Jahre 1851—58 beim General: 
ftabe der niederländifchen Armee in Oſt— 
indien, feit 1875 als Schriftiteller thä— 
tig, vorzugsmweile als Novellift und Feuille: 
toniſt. 

Schrieb: Reiſeſkizzen und Novellen. 

Bark, Ernſt, wurde am 25. März 
1853 bei Dorpat geboren. Während die 
Mehrzahl der baltiihen Schriftfteller einen 


25 


Barre. Bartels. 

gegen das Ruſſentum fämpfenden Sinn | densrichter in Rappoltsweiler und in Col: 
entwidelt, ift B. ein warmer Verehrer mar. 1876 wurde er als Landgerichts: 
der ruffiichen Nation und hat am Kampfe aſſeſſor nach Düfleldorf berufen, 1880 zum 
derfelben gegen den dieje an ihrer Größe Richter befördert und 1886 nad) Trier 
hindernden Abfolutiemus thätigen Anteil | als Landgerichtsdireftor verjept. 
genommen, weshalb er 1878 aus Ruß-  Hauptwerfe: Gedichte (1860), Neue Novellen 


land fliehen und feine Beftrebungen vom 
Ausland aus verfolgen mußte. So ent: 
ftand in Genf 1883 das Werf: Rußlands 
Aulturbedeutung, im welchem der Verfahier 


Pfeiffer (18753). | 
Bartels, Daniel, wurde am 18. No: 

vember 1818 zu Lübeck als der Sohn 

eines Gaftwirtes geboren. Er zeigte ſchon 


3 1886); auch überjegte er: Brüderſchaft der 


ein Programm der liberalen Partei in yaſtwi en. 
Rußland entwirft. Seit jeiner Flucht aus als Kind eine ungewöhnliche Begabung 
Rußland durchging B. Europa in allen | für Malerei und, wurde von feinen El 
Richtungen, studierte Philofophie, Ge: tern nad deren Überfiedelung nad) Ham— 
ſchichte und politiſche Ofonomie in Leipzig burg zu einem Maler in die Lehre gege— 
und München, worauf er Studienreifen ben. Nach mehrjährigen Reiten etablierte 
nah England, Belgien, Holland, Spanienze, er ih in Hamburg als Meiſter. Im 
machte und feine Eindrüce in Neifeffizzen Sabre 1853 gab er jedoch jein Geſchäft 
veröffentlichte, von denen diejenigen über wie die inzwiſchen ergriffene Lehrerſtellung 


die iberiiche Halbinfel in einem Bande ge: 


lammelt (1883) in Buchform erfchienen. | 
Auf feinen Reiſen hatte B. eine Anda— 
Iufierin fennen und lieben gelernt, deret- 
wenen er 1885 wieder nad) Spanien zu: 
rüdfehrte, wo er ſich niederlich bis au 
dem jehnlich erwarteten Eintreffen der Er— 
laubnis, wieder in fein Vaterland zurüd: | 
fehren zu dürfen. Inzwiſchen gründete er 
in Madrid ein Verlagsgeichäft und lebt | 
dort als Berichterftatter der „Köln. Ztg.“ 
und der Berl. „National:Ztg.”, in welcher 
Eigenichaft er die Flugichrift „Der deutich- | 
ſpaniſche Konflikt um die Kolonien und 
der Nevolution in Spanien“ veröffent: | 
lichte. B. that ſich außer in vielen po: | 
litiſchen Schriften hauptſächlich als Über: 
Ieger ſpaniſcher Nomane hervor, jo: 
Gaftelard Ricardo, Bargos Cölibat ꝛe. | 
Barre, Ernft, wurde am 18. Januar 
1843 zu Paderborn geboren. Nachdem 
er das dortige Gymnaſium abjolv., be: 
jog er 1861 die Univerfität zu Heidelberg, | 
Ipäter zu Berlin, um ſich der Rechtswiſſen— 
Ihaft zu widmen. Der deutich-franzöfiiche 
Krieg ſetzte vorläufig feinen weiteren Plä⸗ 
nen ein Ziel, indem er ihn zu den Fahnen | 
vie, Als Offizier heimgefehrt, betrat er. 
feine frühere Garrierc wieder, wurde Frie: 





auf, um die Leitung eines großen Advo- 
fatenbureaus zu übernehmen. Er jchrieb 
beſonders plattdeutiche Werte: 

Der Grillenſcheucher (S Bde. 1867 — 1879), Spa: 
jiergänge im Fabelkleide (1869), Pludfinten (2 
Ye. 1883— 1887). 

Bartenftein, Karoline Freifrau von, 
wurde 1827 zu Wien geboren. Sie 
genoß eine gute Erziehung und war mit 
einem hellen, raitlofen Geiſt begabt. 
Schon früh griff fie zur Feder und vers 
faßte ein Gedichtbüchlein „Seelenblicke“, 
das viel Anerkennung (bejonders durch 
E. M. Vacano) gefunden. Die beite 
Heine Schöpfung der Dichterin it „Der 
Gedanfenfalender“, eine Eammlung von 
Aphorismen, die vielfady von den beiten 
Zeitichriften abgedrudt find. Außerdem 
ichrieb fie zwei Feine Novellen vom Duntel 
zum Licht, Steinernes Herz. Mit K. v. B. er: 
licht ihr alter Name, da fie die lebte 
weibliche Sprofie des Geſchlechtes ijt, der 
legte männlidye Sproß war der verjtorbene 
Hausprälat Sr. Heiligkeit des Papſtes 
A. Reichsfrhr. v. B., ein Bruder der 
Dihterin, nunmehr Ehrendame am hoch— 
adligen Damenftift zu Troppau. 


Barth, Karl, wurde am 2. Juni 1811 
zu Eichftädt als der Sohn des Negierungs- 


Barthel. 


fefretärs B. geboren. Nach Abfolvierung 
des Gymnafiums zu Augsburg, wohin der 
Vater 1817 verjegt wurde, bezog 8. B. 


die Univerfität Münden, um dajelbit | 
Rechtswiſſenſchaft und Philoſophie zu ftus 


dieren. Inzwiſchen war der Vater zum 
erjten Bürgermeijter von Augsburg er: 
wählt und öffnete als folder fein Haus 


weiten Kreilen bedeutender Berfönlich- 
feiten, mit denen aud der vielfad, zum 


Beſuch anweſende Sohn in regen Verkehr 
trat, was nicht ohne Einfluß auf ihn blieb, 
vielmehr ſeinem, über die trodenere Bes 
rufsthätigfeit hinausſtrebenden Beift reiche 
Nahrung bot. Im Jahre 1839 ließ er 


fi) als Rechtsanwalt in Schwabmünden, | 


jpäter (1843) inLandsberg, dann in Augs: 
burg, feiner zweiten Waterjtadt, nieder. 
Hauptwerke: Myſtiſche Gedichte (1847), Ge: 
famm. Schriften (Erzählungen für die Jugend 
1850), Der Hochaltar der Liebe (D. 1867); auch 
gab B. Körners (Vater) Schriften heraus, 
Barthel, Guftav Emil, wurde am 
21. Juli 1835 zu Braunſchweig geboren. 
Nah Abjolv. des Gymnafiums widmete 
er ich dem Buchhandel und errichtete 1865 
eine Verlagsbuhhandlung in Halle, die er 
jedoch jeit 1873 nicht vergrößerte, Er 
widmete fih nun ausschließlich der Schrift: 
jtellerei, der er jchon von Jugend auf zuge: 
thangewejen war. 1882 ftedelteer nad) Gie⸗ 
bichenftein über. Außer vielen in Zeitichrif- 
ten zerjtreuten Arbeiten veröffentlichte er: 
Scherz und Humor (Ged. 1875), Deiliger 
Ernit (Ged. 1876), Des Mädchens Wunderhorn 


(Anthol. 1883). — Herausgeber von Zenaus Wer: 
fen, Tegners Konfirmand, des Sächſ.thür. Dichter: 


buch3 ꝛc. zc. 


Bartholomew, j. Graf-Bartholo- 


mem. 
Bartſch, Chriltian, geboren 1832. 


26 


Bartſch. 


aus dem Volke an Poeſien erhaſchen 
fonnte. 1872 nahm er zunächſt eine Zeh- 
reritelle an der höheren Töchterſchule in 
Tilfit an und ijt feit einigen Jahren als 
Rektor einer mittleren Mädchenſchule thä— 
tig. Nachdem in den „Mitteilungen“ 
der Litauiichen liter. Gejellich. eine Abhand- 
lung über das litauiſche Volkslied oder die 
Daina und eine foldhe über litauiiche 
Volksliteratur von B. erichienen war, 
veröffentlichte er im Herbit 1886 im Auf: 
trage der Litauifchen Literariihen Geſell— 
Ichaft den 1. Band feiner Daina Balfai. Me: 
lodien litauiſcher Volkslieder, welche Ausgabe 
fowohl von dem preußiihen Kultusmini— 
fterium, wie von den Provinzial:Yand: 
ftänden Djtpreußens unterjtügt wurde. 








‚Den Hauptinhalt des eriten Bandes 


machen die von B. ſelbſt aus dem Volks— 


munde aufgezeichneten litauiihen Lieder 


aus, und da jämtliche Liederterte ſangbar 
‚überfeßt und dem Ganzen auch Anmer: 
fingen und eine längere Einleitung bei— 
gegeben jind, findet hier die dee, daß 
vorzugsweiſe Volkslieder, wofern ſie in 
ihrer Ganzheit treu wiedergegeben ſind, 
wichtige Urkunden für das völkerpſycho— 
logiſche Studium bilden müſſen, ihren 





| vollen Ausdrud. Der 2. Teil der Samm— 


lung joll alles aufnehmen, was an litaui- 
ſchen Volkslieder-Melodien jonit zwar ſchon 
veröffentlicht, aber zerſtreut und darum 
großenteils unbekannt und wirkungslos 
geblieben iſt. 


Bartſch, Karl, wurde am 25. Febr. 
1832 zu Sprottau geboren, beſuchte die 
Schulen zu Gleiwitz und Breslau und be— 
zog 1849 die Univerſität Breslau, um 
ſich auf den Kath des für B. lebhaft in: 








B. war von 1855 —1858 Lehrer aufeinem  tereffierten Prof. Weinhold dem Studium 
Nittergute bei Schirwindt, nahe der Ruf: | der germaniihen und römischen Sprachen 
füih:litauifchen Grenze. Erſtaunt ebenfo | zu widmen. Nachdem er 1853 in Halle 
über die Menge, wie über die Eigenartig- | promoviert hatte, trat er eine Studien: 
feit litauifcher Volfsmärchen, welche er er: reife nad) England und Franfreid an, 
zählen hörte, bildete er fein Schon vorher | hauptſächlich um die alten provencaliichen 
angefangenes Litauiſch Ichnell weiter aus | Handichriften fennen zu lernen. Bald 
und notierte mit Begeilterung, was er nach jeiner Rüdfchr wurde er als Kuftos 


Bafedow. 


der Bibliothek des germanischen Mufeums 
nad) Nürnberg und fpäter als Profeſſor 
der deutichen und röm. Philologie nad) 
Roftod berufen. 1871 erhielt er eine 
gleihe Profeſſur in Heidelberg, wo er 
außerdem noch die Direktion des Semi: 
nars für neuere Sprachen inne hat. B. 
bat fih als einer der berufenjten und 
bervorragenditen Germaniſten bemährt 
und wird auf diefem Gebiete allgemein 
als höchite Autorität angeſehen. Vielfache 
Auszeihnungen lohnten fein Schaffen, u. 
a. wurde er von feinem Landesherrn zum 
Geheimen Rath ernannt, auch ift er Ritter. 
hoher Orden, Mitglied vieler gelehrt. Ge: 
jellihaft. x. Außer unzähligen in Zeit: 
ſchriften zeritreuten wiljenichaftl. Abhanbd: | 
lungen jchrieb, rejp. gab er heraus: 

Seit 1869 die von Pfeiffer begründete Zeitichr. 
für deutiche Altertumsfunde „Germania“. Wan: 
derung und Heimkehr (Ged. 18741, Sagen, Mär: | 
hen und Gebräuche aus Medlenb. (1879— 1880), 
Dichtungen des Berthold von Holle Die Erlöfung, 
nebjt anderen geiftlihen Boefien (1858); Mittel: 
bochdeutiche Gedichte (1860), Meleranz; von dem 
PBlaier (1861), Meifterlieder der Kolmarer Hand: 
ſchrift (1862), Die deutichen Liederdichter d. 12. 
u. 13. Jahrh. (1864), Kudrun, aus dem Mittel: 
hochdeutſch. (1865), Das Nibelungenlied (1866), 
Der Nibelungen Not (1870), Sancta Ngnes, geiſt— 
liches Schaujpiel (1869), Wolfram’s Parzival | 
und Titurel (1870), Das Rolandslied ac. ıc., 
ferner literaturgefhichtl. Studien vom höchſten 
Intereſſe, für den Literarhiftorifer unentbehrlich. 


Bafedow, Adolf von, wurde am 
15. März 1825 in Deſſau als ein Nach— 
fomme des berühmten Bhilantropen gi. N. 
geboren. Nach Abjolvierung der Schule in 
Deſſau und Zerbit widmete er fich dem 
Soldatenjtande. Nach Beendigung des 
deutich-franzöfifchen Krieges nahm er fei- 
nen Abjchied und lebte als Oberitleutnant | 
in Deflau, eifrig mit jchriftitellerischen Ar- 
beiten bejchäftigt. 

Hauptwerfe: Der Rautenkranz, Dram. (1854), 
BWeidmannsfahrten (1865), Friedensfeit (1875), 
Liebe iſt blind (1875), Wenn man Freunde hat | 
(1875) ꝛc. | 

Bafedow, Hans von, geb. am 30. 
Juli 1857 zu Deflau in Anhalt. Wid- 
mete fih vorzüglich Literaturgeichichte, 


| 
| 





27 


Baltian. 


Kunſtgeſchichte und mufikal. Studien, ne: 
benbei auch den Naturmifienichaften und 
Philofophie. Machte weite Reifen. Führte 
mehrere Jahre Theaterdireftion — wäh 
rend welcher Zeit er bis dahin noch nicht 
‚gegebene Dramen aufführte. Lebte dann 
einige Zeit in Weimar, wo er namentlic) 
mit Franz Liszt in enger Verbindung ftand. 
Beluchte die größeren Städte Deutichlands, 
um die Theater und Kunftanftalten zu ſtu— 
dieren. Redigierte eine furze Zeit eine 
| freifinnige Zeitung. Lebt jept in Mün— 
‚hen als Herausgeber einer Dramaturgie. 

Verfaßte außer vielen zeritreuten wiſſenſchaft— 
lichen und kunſthiſtoriſchen Artikeln und Novellen 
den Roman „Elfriede“, den er dramatiſierte, das 
mit Beifall aufgenommene Drama „Dolores“, 
das Trauerjpiel „Johannes”, das Drama „Rauch“, 
das Trauerfpiel „Heimkehr“, das Luftipiel „Der 
Brautwerher”, eine Biographie Ibſen's und Ju— 
lius Grojje's. Arbeitet augenblidlih an einer Ge— 
Ihichte des deutichen Theaters und Dramas jeit 
1800. Iſt Referent einer großen Anzahl fünitl. 
und wiſſenſchaftl. Blätter. 

Baſtian, Adolf, wurde am 26. Juni 
1826 zu Bremen geboren, befuchte das 
Gymnaſium dajelbft und widmete ſich dem 
Studium der Medizin und Naturwiſſen— 
Ihaften. Nach Beendigung feiner Studien 
legte er den Grund zu feiner jpäteren Be: 
rühmtheit als Reifender durch große Tou— 


- 
* 


‚ren in fait allen Erdteilen und die Nie— 





derichrift feiner Erlebniffe und erworbenen 
‚Erfahrungen. Im Jahre 1866 fehrte er 
mit reichen Kenntniffen, befonders der bis- 
her noch faft ungeahnten birmanifchen und 
ſiameſiſchen Literatur, nad) Europa zurüd 
und habilitierte fich als Privatdozent in 
Berlin bei der philof. Fakultät. Hier wurde 
ihm die Verwaltung des Ethnologiichen 
Mujeums übertragen und furze Zeit dar- 
auf er jelbjt zum Profeſſor der Ethnologie 
ernannt, auc führte er den Vorfit der 
Geſellſchaft für Erdfunde, in welder Ei- 
genichaft er befondere Gelegenheit hatte, 
die Begründung der Anthropologiihen Ge- 
jellihaft anzuregen. Außerdem führt B. 


noch den Borfig verjchiedener gelehrter Ge— 


jellihaften, von anderen ijt er Mitglied. 
B.s große Verdienfte um die Ethnologie 


Bau. 


haben ihm zahlloje Auszeichnungen ein: 
getragen, jo wurde er mehrere Diale von 
der Regierung zu höchſt wichtigen Expedi— 
tionen veranlaßt, deren reiche Ergebnifle 
an ethnographiichen Sammlungen B. nun: 
mehr ordnete und im Muſeum aufftellte. 
Hauptwerfe: Ein Beſuch in San Salvador 
(1859), Der Menſch in der Geichichte (1860), Die 
Völker des öftlichen Ajien (1866), Mexiko (1868), 
Weltauffafiung der Buddhiiten (1870), Ethnolo: 
giſche Forſchungen (1871—73), Vorftellungen von 
der Scele (1875), Die Aulturvölfer des alten Ame: 
rifa (1878), Die Heilige Sage der Bolynefier 
(1881), Zur Kenntniß Hawaii's (1883), Inſel— 
gruppen in Oceanien (1883), Allgemeine Grund: 
züne der Eilmologie (1884), Religionsphilofo: 
phiſche Probleme (1884), Völkerftämme am Brah— 
maputra (1883), Der Fetiſch (1884), Zur Lehre 
der Geographiſchen Provinzen (1886) ıc. ıc. 
Bau, Alcrander, geb. den 31. Januar 
1853 zu Berlin, befchäftigte ſich von Ju— 
gend auf mit Naturbeobadhtungen, die er 
in zahlreihen Fachzeitſchriften veröffent- 
lichte. Unterfuchungen über das chemiſche 
und phyſikaliſche Verhalten verjchiedener 
Subjtanzen beim Verbrennen veranlaften 


ihn, ich mit Feuerwerkerei zu beichäftigen, | 


und jchrieb er: Die Luftfeuerwerkerei in Ver: 
bindung mit transparenten Montgolfieren, 1876, 


28 


Baubilfin. 


Taubjtummenanftalt zu Breslau, und 
wurde 1878 an eine Stadtichule in Bres- 
‚lau berufen, wo er gegenwärtig noch wirkt. 
Schon im Anaben regte fih der Sinn für 
Literatur, namentlich Poeſie. Bald ent: 
Itanden auch die erften poetiichen Verſuche 
B.'s, welcher fi nad) genauerer Kenntnis 
der Holtei'ſchen Gedichte bald faſt aus— 
‚Schließlich ‚der Dialeftvihtung zuwandte. 
An die Offentlichfeit wagte er fich erft 
ipäter, namentlich nad) einem ermutigen 
den, anerfennenden Urteil des leider fo 
früh verſt. fchlef. Dialeftdichters Robert 
Rößler, und in Zeitungen, Zeitichriften u. 
Kalendern wurde nun eine ganze Neihe von 
Beiträgen aus der Feder B.’s veröffent: 
licht. Nachdem er Mitglied der „Breslauer 
Dichterſchule“ geworden war, erfchien von 
ihm 1886 eine mit Beifall aufgenommene 
Sammlung von Humoresten und Ges 
dichten in fchlef. Mundart unter dem 
Titel „Quietfchvergnügt“ und 1887, „3 Mo: 
|nopol oder Kupp muß ma hoan“, humoriſt. 
| Scene in jchlef. Mundart. 


| Baudiſſin, Uri, Graf v., wurde 
am 22. Februar 1816 zu Greifswald als 





ferner die dritte Auflage von Der Luftfeuer, ein Sproß eines alten Geſchlechtes das 
werker, 1876. Seitdem für viele Zeitjchrif; ſeinen Stammbaum bis in das 12. Yahr: 
ten arbeitend, begann er (1885) mit der hundert zurüdzuführen vermag, geboren. 
Bearbeitung praftiiher Handbücher für, Schon früh wurde der Anabe dem Offi— 
Inſektenſammler, wovon das Handbucd für diersſtande beftimmt und deshalb in das 
Schmetterlingsfammler (1886) erſchien und ſehr Kadettenhaus zustopenhagen gebracht. Un: 
günftige Aufnahme fand. Handbuch für Käfer; geachtet der inneren abmahnenden Stimme 


ſammler erfcheint 1887. 


Bauch, Hermann, wurde am 17. 
März 1856 zu Heidersdorf, Prov. Echle: 
fin, als der Eohn des Stellenbefiters 
und Schuhmaders Anton Baud) geboren. 
Er beſuchte die Volksſchule feines Hei: 
matsortes. Um feinen Lieblingsichüler 
vor dem Echufterfchemel zu retten, erbot 
fich der Hauptlehrer Nobert Grehl in edel: 
mütigjter Weiſe, ihn unentgeltlich fürs 
Seminar vorzubereiten. Nach vollendetem 


Studium im Seminar zu Breslau am= | 


tierte er eine Zeitlang als Lehrer in Baum: 
garten bei Franfenftein, jpäter an der 


blieb Graf B. doch feinem Fahneneide 
getreu, der ihn auf die Seite der Dänen 
zwang. Bei Tüppel (1849) wurde er ver: 
wundet. Nicht lange darauf nahm er ale 
Major jeinen Abjchied und fehrte nad) 
Deutihland zurüd, um ganz feiner lite 
rarischen Thätigfeit zu leben, Deren Früchte 
allgemein Anerkennung gefunden haben: 
Er ichrieb die Romane: Der Albatrof (1864), Ein 
pfeud. Hauslehrer (1865), Liebe u. Leidenſchaft 
11866), Gattin und Tochter (1867), Ronneburger 
Moiterien (1869), Die Stieftinder (1870), Marotte 
(1871), Der Lebensretter (1872) In engen Kreiſen 
(1874), Das Damenftift(1875); ferner einen fulturs 
geſchichtlichen Novellen-Cyllus, betitelt Cine Wan: 
derung durch Jahrtaufende (1875) u. mehrere Luſtſp. 


Bauer. 


Bauer, Ludwig Cöleftin (2. Rebau), 
wurde am 19. Mai 1832 zu Ingolitadt 
geboren. Nachdem er das Gymnafium zu 
Würzburg und die Univerfität München, 
wo er Philoſophie jtudierte, abjolviert 
hatte, war er mehrere Jahre als Haus: 
fehrer thätig. 1861 wurde er als Stu— 


29 





dienlehrer an die Lateinfchule in Milten— 
berg, jpäter nad) Kigingen berufen, 1871 
zum Scdulrath, im gleihen Jahre zum 
Bezirksſchul-Kommiſſar und bald darauf 
zum Mitglied des Kreisiholardats von 
Schwaben erwählt. Er jchrieb hauptſäch— 
(ih Gedichte, die ſich durch Formſchönheit 
auszeichnen. | 

Hauptwerte: Gedichte (1860), Geiit der Jah: 
reäzeiten (Reimipiel 1862), Friſch gelungen (Ged. | 
1863), Der Schmied von Ruhla (Oper 1862), 
Die Nazarener in Pompeji (D. 1864), Harold 
(D. 1869), Bürgerlih (Nov. 1866), Fliegender 
Sommer (Ged. 1874), Auf Wegen und Stegen 
(Ged. 1881), Uber Berg und Thal (Ged. u. Ge: 
Ihichten f. d. Jugend 1883). 

Bauer, O. ©., fiehe Ottomar Ge: 
bauer. 








burg 1834. Zuerſt im Kaufmannsjtand, 
wandte er fich jeit 1856 dem philologiichen 
und dem juriftiihen Studium zu, pro: 
movierte in Heidelberg, abfolvierte eine 
biftorifche Prüfung in Prag, lebte meh: 
rere Jahre in London, ward Lehrer in 
Hamburg 1862, gab in demjelben Jahre 





in deutſcher Überjegung Macaulay's disa- 


bilities of the jews heraus, und 1880 


Das Licht des Lebens, ein Lied von Jeſu. 
Bauermeifter, Mar, wurde am 25. 





Februar 1841 zu Berlin geboren. Er wid: 


mete fih dem Soldatenjtande (1859 bis | 


1865). In legterem Jahre verheiratete 
er fi und nahm feinen Abjchied, um nad) 
Amerika auszumandern. Kaum ein Jahr | 
der Beobachtung jenes republifanijchen 
Lebens und Treibens und aller damit ver: 
bundenen Mißſtände: der Schuglofigfeit 
bes Einzelnen, der Zucht: und Rüdjicht: | 





fofigkeit dagegen der Waffen genügte, ihm | 
den Aufenthalt zu verleiden, und fehrte er | 
wieder nach Berlin zurüd, wo er jegt als | 


Bauernfeld. 


fruchtbarer dramatischer Schriftiteller u. 


Novellift lebt: Rüdesheimer (1869), Marteten: 
derliebe (1871), doppeltes Fiasko (1871), Bei 
Bismard (1872), Friih! fromm! frei! (1883), 
Ein flotter Student (1883), Werbeoffiziere, Er 


‚macht Bifite, Sein freund, In ficherer Hut, 


Eine komiſche Alte :c. 


Bauernfeld, Eduard von, wurde am 
13. Januar 1802 zu Wien geboren. Im 
jugendlichſten Alter verlor er feine Eltern 
und war auf feine eigene Kraft verwieſen. 


In den Jahren, da anderen Knaben der 


Himmel voller Geigen hängt und ihr gan: 
zer Sinn nur auf kindliche Spiele und 
Vergnügungen gerichtet ift, mußte B. be: 
reits jein Brot durch Stundengeben ver: 
dienen. Unter harten Entbehrungen machte 
er die Schul: und Univerlitätsjahre 
(Rechtswiſſenſchaft) durch und wurde als 
Konzeptspraftifant bei der niederöfterrei: 
chiſchen Regierung, im Jahre 1843 bei der 
Lotteriedirektion angeftellt. In der Muße: 
zeit jeines Amtes, bejonders nachdem er 


| eine bejjere Einnahme erworben, madıte er 
Bauer, Bhilipp, geboren in Ham: | 


größere Studienreijen ins Ausland, teils 
amtlich), teils privatiın. Unterwegs lernte 
er u. A. Anaftafius Grün fennen, und bald 
bildete dieſe Bekanntſchaft ſich zu intimjter 
Freundfchaft aus, die großen Einfluß auf 
B. ausgeübt. Beide Dichter haben ſich in 
den „Märztagen” um Ofterreich hochver— 
dient gemadt. Nah Abſchluß Ddiejer 
Kampfeszeit nahm 3. feine Entlaffung aus 
dem Dienft, um ganz der Schriftitellerei in 
Wien leben zu können, die ihm Ruhm und 
Auszeihnungen in Hülle und Fülle ge- 
bracht, und zu deren begabtejten und lies 
benswürdigiten Vertretern B. gehört. 
Außer vielen Anerfennungen feines 
Schaffens verlieh fein Kaiſer ihm das Kom— 
thurfreuz des Franz Joſef-Ordens ınit dem 
perjönlihen Adel, die Stadt Wien er- 
nannte ihn zu ihrem Ehrenbürger. Seine 
Dramen haben alle Bretter, die die Welt 
bedeuten, fi) erobert. Hervorzuheben find: 
Belenntniffe, Bürgerlih und Romantiih, Groß: 
jährig, Der Brautwerber, Die Verlafjenen, Leicht: 
finn aus Liebe, Das Liebesprotofoll, Helene, Ein 
deuticher Krieger, Franz von Sidingen, Der fate: 


Baumbach. 


goriſche Imperativ, Zu Haufe, Kriſen, Die Zug— 
vögel, Die Virtuoſen, Mädchenrache ꝛc. ꝛc. Außer: 
dem hat B. ſich auch in der Lyrik und im Roman 
hervorgethan: „Gedichte“, Die Freigelaſſenen 
(Rom.), Poetiſches Tagebuch in zahmen Tenien 
vom Jahre 1820 bis Ende 1886. 


Baumbach, Rudolf, wurde am 28. 
September 1842 zu Kranichfeld i. Th. ges 
boren und von feinem Vater, einem her: 
zogl. Meining’ihen Hofarzt, für das Stu: 


30 


Baumgart. 


| Reife nad Griechenland, welche von Som= 
mer 1853 bis Anfang 1855 über das 
Feſtland, die Injeln und einige Punkte 
Kleinaſiens ausgedehnt wurde; daran 
Schloß fi ein Aufenthalt in den Haupt- 
‚ftädten Italiens und in Paris. Von 
Herbſt 1855 bis dahin 1856 Lehrer am 
Blohmann’ihen Inftitute in Dresden. 
Nach einer in Berlin abgelegten Staats- 


diumd. Naturwiffenſchaften beftimmt. Nach prüfung kurze Zeit Lehrer am franzöfiichen 
Abfolv. der Univerfitäten Würzburg, Leip: Gymnaſium dajelbit, dann am Gymna= 
zig, Jena und Heidelberg promovierte er ſium in Elberfeld. Von Oftern 1860— 68 
an der legteren zum Doktor und wirkte Oberlehrer am Catharineum in Lübeck; 
als Lehrer in Trieft, doch nicht für lange; | dann Direktor bes fürftl. Gymnafiums 
denn eine unmiderftehliche Reifeluft ließ ihn in Gera und jeit 1870 Direftor bes 
fein Lehramt niederlegen und führte ihn | fönigl. Domgymnafiums zu Halberftabt. 
in die weite Welt, bis er endlich nach 1871 wurde er vom Reichskanzleramte 





manchem Kreuz: und Querzug durch ganz 
Europa in fein engeres Vaterland zurück— 
fehrte und fi in Meiningen niederlieh. 
B.'s Lieder und Sänge haben die Welt 
durchwandert und find in allen Landen ges 
fungen und gelejen, jo daß ihr Verfaſſer 
einer der befannteften und genanntejten 
Dichter Deutichlands geworden, ausgezeich- 
net durch einen vornehmen Zug, der B. 
niemals gejtattete, jeine Feder inden Dienft 
der Tagesgögen zu ftellen. | 

Seine Hauptwerfe: Enzian, ein Gaudeamus für 
Bergfteiger (1876), Zlatorog, Alpenfagen (1877), 
Lieder eines fahr. Geſellen (1878), Horand und 
Hilde (1879), Frau Holde (1881), Sommer- 
märdhen (1881), Spielmannslieder (1882), Mein 
Frühjahr (1882), Bon der Landftraße (1882), 
Truggold (Erzähl. 1883), Abenteuer u. Schwänte | 
(1888), Krug und Tintenfaß (Geb. 1887). | 

Baumeister, Carl Auguft, iſt am 
24. April 1830 zu Hamburg als Eu 
eines Kaufmanns geboren. Als der Vater 
franfheitshalber fein Geſchäft aufgab und 
in die Heimat der Mutter überfiebelte, er: | 
hielt der ältefte Sohn feine Vorbildung 
auf dem Gymnafium zu Wolfenbüttel. | 
Studierte dann ſeit 1848 vornämlid) 
tlaifiiche Philologie auf den Univerfitäten 
Göttingen und Erlangen, promovierte: 
auf erjterer 1852. Machte in Hamburg 
eine Staatsprüfung für das Lehramt, in 
Berlin archäologiſche Vorftudien zu einer | 








nad Straßburg berufen zur Organifation 
des höheren Schulmwelens in Elſaß-Lothrin⸗ 
gen; er fungierte dafelbit als Regierungs- 


‚rat, ſeit 1879 als Minifterialrat, bis er 


1882 auf Veranlafjung des Statthalters 
v. Manteuffel zur Dispofition geftellt 
wurde. Seitdem lebt er in München, mit 
archäologischen und anderen jchriftftelles 
riihen Arbeiten bejchäftigt. 

Literarische Publifationen: Batrachomyome- 
chia Homero vulgo attributa, fritiiche Ausgabe 
mit Prolegomenen, 1852. Hymni Homerieci, fri« 
tiiche Ausgabe mit Einleitung und Kommentar, 
1860, Tertausgabe 1858. Topographiſche Skizge 
der Inſel Euboia, Programm Lübeck 1864. Kul- 
turbilder aus Griechenlands Religion und Kunft, 
populäre Vorträge, 18656. Commentatio de 
Atye et Adrasto, 1860. SHiftorifches Quellen⸗ 
buch zur griehiichen Geichichte, für Schulen bear- 
beitet gemeinichaftlich mit W. Herbit, 3. Auflage, 
1882. Daneben mande Aufſähe in Fachzeilſchrif⸗ 
ten, beſonders über das höhere Schulweien. 
Seit 1884 ericheint: Denkmäler des klaſſiſchen 
Altertums, bearbeitet unter Mitwirkung zahlreicher 
Fachgelehrten, mit mehr als 2000 großen und Heis 
nen Abbildungen. 


Baumgart, Mar, wurde geboren am 
7. September 1850 zu Krotofhin, Pro: 
vinz Pofen, als jüngiter Sohn des 1860 
ebendajelbjt verjtorbenen Euperintenden- 
ten Wilhelm Baumgart. Nachdem er das 
fönigl. Wilhelms-Gymnaſium jeiner Va—⸗ 
terjtadt bejucht, trat er, 1870 mit dem 
Reifezeugnis entlafien, bei Beginn des 


Baumgarten. 


31 


— 


Baumgarten. 


Krieges gegen Frankreich in das mobile feſſor der Literatur und Geſchichte an das 


Kriegsheer. 


Im Juli 1871 bezog er die Polytechnikum zu Karlsruhe Folge zu 


tönigl. Friedrich-Wilhelms-Univerfität zu leiſten. Hier ſchrieb er ſeine bekannte 


Berlin und abfolvierte hierſelbſt als klaſ— 
ſiſcher Philologe fein alademiſches Trien- 
nium. Im Sommerfemeiter 1873 begrün- 
dete er ben afademifchen Thcaterverein, der 
bald darauf in den akademiſch-literariſchen 
Verein umgewandelt wurde. Nach Beendi- 
gung feiner Studien fungierte B. als Er: 
jieher in mehreren gräflichen Häujern und 
entfaltete während diejer Zeit eine gemein- 
nügige Thätigfeit dur Gründung von 
Ariegervereinen, bejonders in Pofen und 
Schleſien. 1879 nahm er bei jeiner Ver: 
heiratung dauernd Wohnung in Berlin. 
Neben feiner Thätigfeit ald Lehrer an einem 
Militärpädagogium in Groß:Lichterfelde 
beteiligte er fih nunmehrals Mitarbeiter an 
den verichiedenften Tageszeitungen; er redis 
gierte bald Darauf die von ihm ins Leben 
gerufene „Allgemeine Deutiche Studenten 
zeitung“, die fpätere „Studentenzeitung, 
Gentralorgan für d. Studierenden Deutich: 
lands“. Auch ift B. als Nedner in Ber: 
einen 2c. thätig. 

1883 erſchien von ihm der „Allgemeine deut: 
Ihe Studenten:Kalender”, 1884 „Grundſätze und 
Bedingungen zur Erlangung der Doctorwürde bei 
allen acultäten der Univerfitäten des deutichen 
Reichs“, 1885 „Die Stiftungen und Stipen- 
dien zu Gunften der Studierenden an den Univers 
fitäten des Deutſchen Reichs nebit den Statuten 
und Bedingungen für die Bewerbung und den 
Borichriften über die Stundung reſp. den Erlaf 
des Kollegienhonorars“, 1886 „Die Literatur 
des In: und Auslandes über Friedrich den Großen”, 
anläßlich des hundertjährigen Todestages des gro: 
ben Königs zufammengeitellt. 


Baumgarten, Hermann, wurde am 
28. April 1825 in Leſſe (Braunichweig) 
geboren. Nach Abjolv. des Gymnafiums 
in Rolfenbüttel widmete er fi) dem Stu: 
dium der Philologie und Geſchichte (1842 
bis 1847 Jena, Halle, Leipzig, Bonn, Göt⸗ 
tingen). Dann war er mehrere Jahre Ne: 
dakteur der Braunfchweiger „Deutich. 
Reichszeitung”, welche Stellung er jedoch 
aufgab, um nah Wiederaufnahme jeiner 
hiſtoriſchen Studien einem Ruf als Pro: 


— — — — — —— — —— ——— — — nn 


Geſchichte Spaniens zur Zeit der franzöſiſchen Re— 
volution (1861) und Geſchichte Spaniens vom Aus⸗ 
bruch der franzöſiſchen Revol. bis auf unſere Tage“ 
(1865—1871). Dieſe Werke verſchafften 
ihrem Verfaſſer einen Ruf an die Univerſi— 
tät Straßburg. 

Außer den genannten Werken ſchrieb B. noch: 
Gervinus u. feine polit. Überzeugungen (1853), 
Partei oder Vaterland ? (1866), Der deutiche Lis 
beraliSmus (1867), Die religiöfe Entwidelung 
Spaniens (1875), Jak. Sturm (1876), Werke über 
Sleidan (1879— 1881), Bor der Bartholomäus: 
naht (1882), Geihichte Karls V. (1885) ꝛe. 


Baumgarten, Mihacl, wurde am 
25. März 1812 zu Hafeldorf (Holftein) 
geboren. Er widmete fi dem Studium 
der Theologie und wurde 1846 als Paſtor 
in Schleswig angejtellt. Bier Jahre fpäter 
erhielt er einen Ruf als ord. Profeſſor der 
Theologie in Roftod, nahdem er fich län- 
gere Zeit zuvor ſchon in Kicl Habilitiert 
hatte. Hier in Roſtock focht B. einen harten 
Strauß mit dem medlenb. Oberkirchenrat 
wegen religiöjer Meinungsverjchiedenhei- 
ten aus, dem die Behörde ein ebenfo ein— 
faches wie furzes Ende madte, indem fie 
den Gegner kurzerhand jeiner Profeflur 
entfegte. Diergegen erhob ſich nicht allein 
der alfo Gemaßregelte, jondern auch ein 
großer Teil der angefehenften Bürger 
Roftods, woraus eine Riefenankflage gegen 
die Unterzeichner (faft taufend) einer Zu: 
ſchrift an den Konfiftorialrat Krabbe und 
gegen B. entiprang, die erjt in legter In— 
jtanz mit der Freiprehung der — nahe— 
zu taufend Angefchuldigten endete. Immer 
von neuem trat B. gegen jenes „ebenſo 
einfache, wie furze‘ Verfahren feiner mäch— 
tigeren Gegner mit Streit- und in Zeits 
ihriften auf, ohne etwas anderes zu er- 
reichen, als Geld: und Gefängnisitrafen. 
B. fteht als evangelifcher Geiſtlicher nad) 
allen uns zu Gebote ftehenden Quellen 
vollfommen rein und durdaus auf dem 
Boden des pofitiven Quthertums da. Da: 
für legen auch jeine Werfe Zeugnis ab: 


Baumgarten. 


32 


Baumbhauer. 


Die Echtheit der Paftoralbriefe (1837), Bub holm, wirkte als Lehrer an den Kollegien 


Kommentar zum Alten Tejtament (1843— 1844), 
Apoftelgeichichte oder Entwidelungsgang der Kirche 
von Jeruſalem bis Rom (1852), Nachtgefichte des 
Sadarja (1854), Zwölf kirchenpolitiiche Vorträge 
zur Beleuchtung der firchl. Gegenwart (1869) ıc. 


Baumgarten, Paul Maria, ge: 
boren am 25. Juli 1860, bezog nad) 
Abſolv. der Schule die Bonner Hochſchule, 
Ipäter die zu Marburg, Breslau und 
Straßburg, um Jurifterei zu jtudieren. 
Wenn jchon bei der juriftiichen Fakultät 
eingeichrieben, beichäftigte ſich derſelbe 
doc) vorwiegend mit ſtaatswiſſenſchaftlichen 
und biftoriichen Studien. Im Jahre 1883 
publizierte er eine Feine Arbeit über: Die Heren- 
prozeſſe in Deutihland und 1886 Zur Natur: 
geichichte der Preſſe, eine kulturhiſtoriſche Studie. 

Im Januar 1885 promovierte er und 


bejtand zu Colmar das Referendareramen., 


Da ihm jedod) die Jurifterei zu wenig be: 
hagte, um fie zu feiner Lebensbeſchäfti— 
gung zu machen, jo wandte er fi dem 
inftematiihen Studium der Geſchichte in 


zu Feldkirch (Vorarlberg) und Stonyhurſt 
(England), widmete fih dann hauptſäch— 
(ih literatur-hiftoriihen Studien und ift 
jeit 1874 Mitarbeiter an der Zeitichrift 
„Stimme aus Maria-Laach“, welche, zu 
Maria-Laad) am Rhein 1871 begründet, 
nad) der Ausmweilung des Ordens aus 
dem bdeutichen Reiche, von Belgien und 
jpäter von Holland aus weiter redigiert 
wurde. Er hat die erſte ausführlichere 
Biographie des holländiihen Dichters 
Vondel verfaßt. Schriften: Leifings relig, Ent- 
widelungsgang (1877), Zongfellows Dichtungen 
(1878), Goethes Jugend (1879), Ealderon (1881, 
ins Spanifche über). 1881), Jooſt van den Bon- 
del, j. Leben u. feine Werte (1882, ins Holländ. 
über). 1886), Goethes Lehr: und W re 
(1882), Sonette (1883), Erinnerungen an Biſchof 
Greith (1834), Die Lilja, aus dem Isländiſchen 
überf, (1884), Reifebilder aus Schottland (1884), 
Goethes Leben und Werke (1885), zahlreiche Auf: 
fäge in d. „Stimmen aus Maria⸗Laach“. 


Baumbauer, Heinrich, geboren am 


Berlin zu. In dem Februarhefte 1887 26. Oktober 1848 zu Bonn, ſtudierte 


der polnischen Zeitichrift „Przeglad Porz: 
chenie” zu Krakau begann er eine Ars 
tifeljerie über „die hiſtoriſche Entwidelung 
und den heutigen Stand des katholiſchen Ver: 
einswejend in Deutfchland“. Seit Beginn 
des Jahres 1885 ift er ftändiger Mit- 
arbeiter am „Hiftoriichen Jahrbuch der 
Görrlsgeſellſchaft“, herausgegeben von 
Brofeffor Grauert in Münden. 1887 
weilte derjelbe in Bonn, an der Samm: 
lung der Urkunden für das von den Stän- 
den MWeftfalens ins Leben gerufene und 
von Dr. Finke herausgegebene „weit: 
fäliihe Urkundenbuch“ beteiligt. 


Baumgartner, Alerander, wurde 
am 27. Juni 1841 zu St. Gallen als ein 
Sohn des berühmten Staatsmannes und 
Yandammanns Gallus Jak. B. (j. Gmür 
Luzern 1869) geboren. Er trat 1860 in 
den Sejuitenorden, ftudierte Philologie, 


nad Abfolvierung des Gymnafiums auf 
der dortigen Hochſchule Mathematik und 
Naturwiſſenſchaften, insbefondere Mine- 
ralogie und Chemie, löfte eine von der 
philoſophiſchen Fakultät geftellte Preis» 
aufgabe und promovierte im Jahre 1869. 
Hierauf jegte er in öttingen feine Studien 
fort, beitand daſelbſt das Eramen pro 
facultate docendi und übernahm cine 
Lehrerſtelle am Technikum zu Franken: 
berg i. Sachſen, die er nad) einem Jahre 
mit einer folchen an der höheren Handels: 
ſchule zu Hildesheim vertauſchte. Doch 
auch hier blieb er nur ein Jahr, indem 
er 1873 eine Lehrerſtelle an der Land— 
wirtſchaftsſchule zu Lüdinghauſen i. Weit: 
falen übernahm, wo er ſeitdem wirkt. 
Schon in früher Jugend regte ſich in 
B. neben dem Drange des poetiſchen 
Schaffens eine große Neigung zu natur— 


Philoſophie und Theologie an den Or: wiſſenſchaftlichen Beobachtungen, und dieſer 
densſchulen zu Münfter in Weftf., Maria: | doppelten Anlage treu bleibend, hat er 
Laach und Ditton (England), jfandinavis außer jeinen Gedichten mehrere natur: 
Ihe Literatur in Kopenhagen und Stod: wiſſenſchaftliche Lehrbücher, ſowie eine 


— 


Baumſtark. 


große Reihe ſelbſtändiger mineralogiſcher 
Unterſuchungen in Fachzeitſchriften ver: 
öffentlicht. Unter den ſchwierigſten oft faſt 


entmuthigenden Verhältniſſen arbeitend, 


gelang es ihm, durch letztere die Aner— 
kennung der Fachgenoſſen des In- und 
Auslandes zu erwerben. Die Kaiſerl. 
ruſſiſche mineralogiſche Geſellſchaft zu St. 
Petersburg ernannte ihn zu ihrem wirk— 
lichen Mitgliede, und die Königl. Aka— 
demie der Wiſſenſchaften in Berlin be— 
ſchloß, ihm eine Anzahl wertvoller In— 
ftrumente zur erfolgreicheren Fortjegung 
jener Studien zur Verfügung zu jtellen. 
Als Lyriker vertritt B. die chriftlich- 
gläubige Richtung. Am beiten gelingen 
ihm fingbare Lieder, Sonette und Sprüde. 
Außer der genannten Sammlung ver: 
öffentlihte B. noch zahlreihe Gedichte 
in verfchiedenen Zeitichriften. 


Baumftark, Eduard, wurde am 28. 
März 1807 zu Sinzheim in Baden ge: 
boren, widmete fih dem Studiumder Rechte 
u. Kameralwiſſenſchaften (Heidelberg 1825 
bis 1828). Nachdem er an derjelben Uni- 


verfität mehrere Jahre als Privatdozent 


gewirkt hatte, wurde er als Profeſſor nad) 
Greifswald berufen, wo er über Kameral: 
und Staatswiſſenſchaft las. 1843 wurde 
ihm das Direktorium der jtaats- und land- 


wirtih. Akademie Eldena übertragen und 


im Jahre 1856 der Titel und Rang 


eines Gch. Negierungsrathes verliehen. 


Auf politischen Felde gehört B. zur natio— 
nalliberalen Partei und ift jomohl in der 
preuß. Nationalverfammlung, in der erſten 
Kammer und im Herrenhaufe, wie im Er: 
furter Parlament und im Konjtituieren- 
den Reichsſstage des Norddeutichen Bundes 
als Mitglied thätig geweſen. 

Hauptwerfe: Staatswilienfhaftlihe Verſuche 
über Staatäfredit (1833), Kameraliftiiche Encyflo: 
pädie (1835), D. Ricardo, Grundgeſetze der Volks— 
wirtfchaft (überf. 1837), Zur Einfommenjteuer: 
frage (1849), Zur Geſchichte der arbeitenden 
Klaſſen (1853), Einleitung in das mwillenichaft: 
liche Studium der Landwirtſchaft (1858). Außer 
feinem eigentlihen Fach beichäftigte B. ſich auch 
mit Muſik, die er ſelbſt leidvenfchaftlich liebt, und 


Das literarifhe Deutichland. 


33 


Baumitarf. 


Ihrieb: 4. Fr. J. Thibaut (1841), gab (1829 fg.) 
Bardale’s auserlefene Volkslieder der verfchiedenen 
Völker der Erde heraus. 


Baumſtark, Reinhold (KL. Bed), 
wurde am 24. Augujt 1831 in Freiburg 
i. B. als ein Sohn des befannten Ver: 
faller8 der „Urdeutſchen Staatsalterthü- 
mer” geboren. Er widmete ſich nach Ab— 
folvierung der Schule dem Studium der 
Rechtswiſſenſchaft. Im Jahre 1857 wurde 
er zum Amtsrichter und 1864 zum Kreis» 
‚gerichtsrat in Konſtanz ernannt. Er be: 
ſchäftigte fidy eingehend und mit Vorliebe 
jmit der Spanischen Literatur, deren Pfa— 
‘den er an Ort und Stelle nachging (Mein 
Ausflug nad Spanien, 1868). Im felben 
‚Jahre trat B. zur katholiſchen Kirche über 
| und veröffentlichte die Aufiehen erregende 
‚Schrift: Gedanten eines Proteftanten über die 
päpftlihe Einladung zur Wiedervereinigung mit 
‚ der römijchtatholiichen Kirche (1868). Auf dem 
ı Felde der religiöfen Schriftitellerei hat B. 

ih aud in fpäteren Jahren noch vielfach 
hervorgethan, wie er auch außerdem als 
ı Dlitglied des Landtages (1879) perſönlich 
‚für feine Kirche und jpeziell deren Inter: 
eilen in Baden eintrat. B. wurde 1881 
zum Oberamtsrichter in Achern und 1886 
zum Zandgerichtsrat in feiner Vaterſiadt 
ernannt. 

Außer den genannten Werfen verfaßte er: Die 
fatholiihe Volkspartei in Baden (1870), Unfere 
Wege zur fatholiihen Kirche (1871), Fegefeuer: 
| geipräde (1872), Dan. D’Eonnell (1873), U. Co: 
lumbus (1873), Kaifer Leopold I. (1873), Zur 
ſpaniſchen Frage (1875), Cervantes (1875), Die 
Ipanifche NationalsLiteratur im Zeitalter der habs: 
burgiſchen Könige (1877), Las Caſas (1879), auch 
überſetzte er Cervantes's Muſternovellen (1868) 
und Calderon's Die Dame Kobold (1869) ꝛe. 


Baur, Johann Auguft Friedrich, geb. 
17. Dezember 1844 zu Laichingen auf 
der rauhen Alb, MWürtemberg, wo fein 
Vater damals Arzt war, fam 1847 mit 
der Beförderung jeines Vaters zum Be: 
zirks- (Oberamts-) Arzt nah Blau— 
beuren, befuchte daſelbſt die Lateinſchule, 
dann das niedere evangelilchstheologiiche 
"Seminar dalelbit als Hoipitant 1857 bis 
‚1858, trat jodann 1858 in das evang.= 

3 











Baur. — 34 — 


theol. niedere Seminar zu Urach über, 
von wo aus er 1862 als Angehöriger 
des Tübinger Stifts die Univerfität Tü⸗ 
bingen bezog, um Philoſophie und Theo— 
logie zu ſtudieren. Nachdem er ſein Fa— 
kultätsſtudium im Frühjahr 1867 mit 
guten Erfolg abjolviert hatte, trat er in 
den Dienft der evang. Landeskirche in 
Würtemberg und fand feine erjte defini- 
tive Anftellung am Anfang des Jahres 
1374 als Pfarrer in Sontheim auf der 
rauhen Alb, von wo aus er 1879 durd) 
den Akademiſchen Senat der Univerfität 
Tübingen als Patron der Pfarrei auf die 
evang. Pfarrei Weilimdorf bei Stuttgart, 
Oberamts Leonberg, ernannt wurde. Seine 


Erjtlingsichrift „Deutichland in den Jahren 
1157— 1525, betrachtet im Yichte gleichzeitiger 


anonnmer und pfeudonnmer deuticher Volks: und 
Flugſchriften“ gab er im Jahre 1871 ber: 
aus, nachdem er fchon in feinen Studen— 
tenjahren ſich befonders mit der Geſchichte 
der deutichen Reformation bejchäftigt hatte. 
Im Jahr 1876 folgte, von Prof. Dr. 
Alerander Schweizer in Zürich mit einer 
Vorrede verfehen, feine Schrift über 
„Luthers Schrift von der Freiheit eines Chriften: 


menſchen“ 1876 und dann im Jahre 1878| 
„Martin Luther, ein Lebensbild”, neu heraus: | 


gegeben zum Lutherjubiläum. Daneben 
wurden die philojophiichen und theologi- 
chen Studien eifrig fortgefegt ; als Früchte 


Bayberger. 


‚Tendenzen in der evang. Kirche, ſowie 
‚für möglichite Einfachheit der kirchlichen 
Gemeindeordnung gegenüber von hierar: 
chiſchen und bureaufratiichen Beftrebun: 
‚gen. B.'s theologiihe Richtung ift be: 
‚zeichnet durch die freundſchaftlich-innige 
‚Verbindung, in welcher er mit Schleier: 
macher's jharflinnigitem und getreueſtem 
‚Schüler, dem hochbetagten NAlerander 
‚Schweizer in Zürich jteht. 


| Bapyberger, Franz, geb. 21. Sept. 
‚1853 zu Geifenfeld in Oberbayern, ſtu— 
‚dierte unter Nabel in München Erdkunde 
u. abfolvierte die techn. Hochſchule (1879). 
Nealienlehrer an der jtädt. höh. Töchter: 
ichule zu Kempten. Bisherige Arbeiten: 

Der Inngletiher von Kufftein bis Ha Er- 
nänzungsheft zu Petermanns geogr. Mitteilungen 
(1881). Die Spuren alter Gletjcher, die Seen 
u. Thäler d. bayr..böhm. Waldes. Ergänzungs- 
beit zu Betermanns geogr. Mitteilungen (1886). 
Die Burgbalde bei Kempten. Eine geolog.:geogr. 
Skizze. Der Durdbrud des Inn von Schärding 
bis Paſſau :c. 

Bayer, 8. Rob. v. (Nob. Byr), 
wurde am 15. April 1835 zu Bregenz 
‚als der Sohn eines Arztes geboren und 
von dieſem für den Eoldatenftand be— 
jtimmt, auf die Militärafademie zu Wie— 
‚nerNeuftadt geihidt. Bis zum Witt: 
meijter in einem Qufarenregiment in Mai— 
land avanciert, nahm er 1862 feinen Ab: 


1 
i 








I 


derjelben erihien „Die Weltanfhauung des ſchied um ganz ſeiner Lieblingsthätigkeit, 
Chriſtentums“ 1881. Im Frühjahr 1881 | der Schriftitellerei fich hingeben zu kön— 
wurde ihm von der ev.stheol. Fakultät in nen. Vor allen Dingen benupte er die 
Zürich die Würde eines Dr. theol. honoris | im Militärjtande gemachten Erfahrungen 
causa übertragen. Als Dantſchrift für | und verwerthete feinen Einblid in Die 
diefe Ehre widmete B. den 1. Band jei- Übelſtände der damaligen militäriichen 
ner „Theologie Zwingli’s“ 1885 der genann | Einrichtungen mit den Werfen Kantonie⸗ 
ten Fakultät. Der zweite Band —— und öfterreichifche Sarnifonen (1860 
alljeitig aufs Befte aufgenommenen Schrift > 6 ) Diele Werke gab B. unter dem 
iſt gegenwärtig in Bearbeitung. Neben | pjeud. Robert Byr heraus, teils um nicht 


diejen größeren und anderen kleineren Den Eindrud eines unzufriedenen Offiziers 


Artikeln über geichichtlihe Ge enftände hervorzurufen, teils aber, weil in dama— 
hat ®. au) Kiterariich an den Rämpfen ‚liger Zeit das Geſetz die Zenfur aller von 


der Gegenwart fich beteiligt, insbejondere 
als Kämpfer für die Freiheit der theo— 
logiſchen Wiffenichaft gegen romanifierende 


einem Offizier verfaßten Werke behörd— 
licherieits verlangte. Einmal unter dic: 
ſem Dednamen befannt geworden, zumal 
‚die genannten Schriften vielfad) anerkannt 


* — — — — 





Bazing. 
wurden, behielt B. denfelben für alle feine 


Ipäteren Werke, meijt jozialpolitiihe No: 


mane, bei: 
Anno Neun und Dreizehn (1866), Mit eherner 


Stim (1868), Der Kampf ums Dafein (1869), | 
Sphinx (1870), Nomaden (1871), Auf abichüffiger | 
Bahn (1872), Larren (1876), Der heimliche Gaſt 


(1883), Caſtell Urani (1885) ı. B. ift aud 


Berfafier mehrerer über faft alle Bretter mit Er: 


folg gegangen. Dramen: Lady Ölofter(Trauerfp.), | 
Der wunde Fled (Schaufp.). Zum Schluß ſei 
bemerkt, daß B. einer der geſuchteſten 


novelliftiichen Mitarbeiter der vornehme: 
ren Beitichriften ift. 

Bazing, Hugo. Ic bin geboren in 
Stuttgart am 26. März 1820, Habe 
Jurisprudenz ftudiert, und dann die praf: 
tiihe Yaufbahn des Yuriften durchlaufen, 
bis ich 1885 als Landgerichtsrat in Ulm 
in den Rubeftand trat. Seit 1875 bin 
ih erjter Vorjtand des Vereins für Kunft 
und Altertum in Ulm und Oberſchwaben, 
und es beſteht meine literarische Thätig- 
feit wejentlid) darin, daß ich für die Ver: 
öffentlihungen diejes Vereins von Zeit 
zu Zeit Aufſätze liefere, jo 3. B. in den 
Verhandlungen gedachten Vereins Neue 
Reihe, Heft 5 über den Ortsnamen Hart, 
Heft 6 über den Quellfult, dann in den 
von dem Königl. Statiftiihen Landesamte 
gemeinschaftlich” mit dem Ulmer Verein 
herausgegebenen württembergiichen Bier: 
teljahrsheften für Landesgeſchichte Jahr: 
gang 9 über das Ulmer Stadtrecht des 13. 
Jahrhunderts, über Brehung der Rugg— 
burg. Vorzugsweiſe aber bejchäftige ich 
mic mit der Ortsnamenkunde, in welcher 
Richtung ich jeit Jahren an einem größeren 


Werke arbeite, nämlich) an der Sammlung | 


der in den 15000 Flurfarten der württem: 
bergiſchen Landesvermefjung enthaltenen 
Namen. 


Beaulien, G.de, wurde am 17. März 
1846 zu Frankfurt a. d. O. geboren. Nach 
Vollendung ihrer Erziehung ging fie nad) 
Berlin, um ſich noch befonders in der Mu: 
ſit, für die fie ſchon früh hervorragende 
Anlagen entwidelt hatte, im Taufig’ichen 
Inftitut zu vervollfommnen. Inzwiſchen 


35 


— 


Beaulieu⸗Mareonnay. 


begann ſie kleine Novellen zu ſchreiben und 
Romane aus dem Engliſchen zu überſetzen, 
was ihr trefflich gelang, ſo daß ſie bald 
Mitarbeiterin einer Reihe von Zeitungen 
und Zeitſchriften wurde. Sie unternahm 
viele Reiſen ins Ausland und verwertete 
die dort erworbenen Kenntniſſe von Land 
und Leuten; beſonders ſind ihre Italieniſchen 
Reiſebriefe und die Spaniſchen Frühlingstage 
(1885) hervorzuheben. 





Beaulieu-Mareonnay, Karl Dlie 
vier Frhr. von, wurde am 5. September 
1811 in Minden als ein Abkömmling einer 
im fiebzehnten Jahrhundert ausgewander: 
‚ten franzöfiihen Refügierfamilie gebo— 
ren. Er widmete fih dem Studium der 
Rechte zu Heidelberg, Göttingen und Jena 
und wurde 1335 in ever als Amtsaubi- 
‚tor angeftellt. Hier begann er aud) feine 
Ichriftftellerifche Laufbahn mit feinem erften 
Drama, das zwar aufgeführt, aber nicht 
gedruckt wurde. Im Jahr 1839 war B. ber 
‚rufen, den Fürften Hermann von Wied als 
Reifegefellichafter zu begleiten, welche Zeit 
zu den angenehmiten Erinnerungen B.’S ge: 
hört, zumal er hierdurch Gelegenheit fand, 
Italiens Kulturgefhichte an Ort und Stelle 
zu ftudieren. Nahdem B. zurüdgefehrt, 
in Weimariche Dienjte getreten, nahm er 
1848 feine Entlafjung, um der Großherzo: 
gin als Hofmarichall zu dienen und bald 
darauf die Intendanz des Hoftheaters zu 
Weimar zu übernehmen, welde Stellung 
er bis zum Jahre 1857 in jegensreichemn 
Wirken befleidete. Nah Auflöfung des 
Bundestags, zu deilen Mitglied B. 1864 
ernannt worden, fiedelte B. mit dem Titel 
als Wirkl. Geh. Rath nad) Dresden über, 
' Hier lebt er nunmehr ganz feiner Schrifte 
jtellerei, die ihn beionders als Literars 
und Kulturhiftorifer berühmt gemacht hat. 

Hauptwerfe: Der Hubertusburger Friede (1871), 
Ernſt Auguft, Herzog v. Sachſen-Weimar-Eiſenach 
(1872), Eiographbie und Gedichte von Apollonius 
von Maltig (1873), Anna Amalia, Karl Auguft 
und der Miniiter von Fritih (1874), Karl von 
Dalberg und feine Zeit (1879), Troilus und Gorefr 
fidba, Epos von Boccacio, im Metrum des 
Originals überjegt (1850). 





g* 


Bebber. 


Bebber, M. J. van, wurde am 10. | Arhivar- Laufbahn vorzubereiten, 


Juli 1841 in Grieth bei Eleve geboren, 
genoß feine Schulbildung im Gymnafium 
Emmerich, ftudierte hauptſächlich Mathe— 
matik und Naturwiſſenſchaften in Münſter 
in Weſtf. und Bonn, wurde als Lehrer 
am Gymnaſium in Cleve, dann an der 
Kreisgewerbeſchule in Kaiſerslautern an— 
geſtellt und 1878 zum Rektor der Real— 
ſchule zu Weißenburg, endlich 1879 zum 
Vorſtand der Abteilung der deutſchen See— 
warte in Hamburg für Wettertelegraphie, 
Sturmwarnungen und Kaſtenmeteorologie 
für das deutſche Reich ernannt. In 
letzterer Eigenſchaft zeichnete B. ſich viel— 
fach aus und verfaßte eine Reihe von her: 
vorragenden meteorologifhen Werfen: 
Die Regenverhältnifie Deutichlands (1876), 
Typiſche Witterungseriheinungen (1884 u. 1886), 
Handbuh der ausübenden Witterungsfunde, 2 
Theile (1885 u. 1886), Auf der deutichen See: 
warte (1884); außerdem ſchrieb B. viele wiſſen— 
ſchaftliche Abhandlungen in Zeitichriften. 
Behmann, Georg Karl Auguft, 
wurde am 16. Auguft 1834 zu Nürnberg 
geboren und widmete fih dem Studium 
der Rechte zu München und Berlin. Nad)- 
dem er fi in Würzburg habilitiert (1861), 
ging er (1862) als ord. Profefior nad) Ba- 


fel, fpäter nad) Marburg (1864), Kiel! 


(1864), Erlangen (1870) und ſchließlich 
nad) Bonn (1880), wo er noch jeßt lebt, 
eifrig als juriftiiher Schriftſteller thätig 
und als folher jehr geichägt: 

„ Über die usucapio ex causa jndicati (1860), 
Uber den Umfang der Perlonaljervitut des usus 
nad römilhem Recht (1861), Das römiſche Do: 
talret (1863—1867), Zur 2ehre vom Cigen: 


tumserwerb durch Acceſſion (1867), Der Kauf 


nad) gemeinem Recht (1876) ıc. 

Bechitein, Neinhold, wurde am 12. 
Dftober 1833 in Meiningen als ein Sohn 
des um die thüringiiche Sagen: und Mär— 
chenpocfie fo hochverdienten Ludwig Bech— 
ftein geboren. Er widmete fich dem Stu: 
dium der germanilhen Philologie und 


der Altertumsfunde zu Leipzig, München, | 


Berlin und Jena, ging dann nad) Mei: 
ningen zurüd, um ſich unter der Leitung 
feines Vaters auf die Bibliothekar: und 


36 


Bed. 


war 
‚dann ein Jahr lang Hülfsarbeiter im 
Arhiv des germaniihen Mufeums zu 
Nürnberg, verließ dieje Stelle aber wieder, 
um feinen erkrankten Vater in deſſen 
Amtsgeihäften (als erfter Bibliothekar in 
Meiningen) zu unterftügen und zu vers 
treten. Nach deſſen im nächften Jahre 
(1860) erfolgten Tode verſah er ein Jahr 
‚lang interimiftiih die Geſchäfte an der 
herzoglichen Bibliothef und ging darauf 
nad) Leipzig, um hier jeine Studien fort— 
zuſetzen. 1866 habilitierte er fi in Jena 
als Privatdozent der deutichen Philologie 
und wurde 1871 als ord. Profefior der 
deutfchen und neueren Literatur nad) Ro— 
ftod berufen. Außer zahlreichen, in Zeit: 
ſchriften zerjtreuten Arbeiten fchrieb und 
edierte B. u. a.: 

Die Ausſprache des Mittelhochdeutichen (1858), 
Ebernand’3 von Erfurt Heinrih und Kunegunde 
(1860), Altdeutihe Märchen, Sagen und Legen: 
‚den (1863), Des Matthiad von Behein Evange: 

lienbuch in mitteldeuticher Sprache (1867), Gott: 
fried'3 von Straßburg Trijtan (1869), Triſtan und 
Iſolt in deutfchen Dichtungen der Neuzeit (1876), 
Heinrich's von Freiberg Triftan (1877), Ausgem. 
Gedichte Waltherd von der Vogelweide (1879), 
Das höfiſche Epos (1881), Ulrich's von Lichten: 
ftein Frauendienfte (1887) ıc. 

Bed, Friedrih, wurde am 20. Juni 
1806 zu Ebersberg als der Sohn des 
fönigl. Yandrichters Karl Theodor B. ge: 
boren. Nach Abfolvierung des Gymnafiums 
zu Neuburg a. D. befuchte er das Lyceum, 
Ipäter das philologische Seminar zu Mün— 
chen, um fich der Philologie zu widmen. 
1836 wurde er als Lehrer an der Latein 
Ihule zu München angeftellt, in welcher 
Stellung er bis zu feiner Beförderung als 
Profeffor ans Ludwigsgymnafium (1850) 
verharrte, während er gleichzeitig die Re— 
daftion der „Münchener politifchen Zei: 
tung“, Ipäter der „Neuen Münch. Ztg.“ 
leitete. Nach zehnjähriger angeltrengter 
 Thätigkeit am genannten Gymnafium fegte 
er ſich zur Ruhe und iſt nur noch litera= 
riſch beichäftigt, obgleich ſeit 1878 voll: 
‚Ständig erblindet. 

Geſchichte eined deutihen Steinmeben (Nov. 








Bed. 


1834), Gedichte (1844), Über die Schidjaldidee 
in der Religion der Griechen (1847), Über die 
Zeusidee (1852), Die Weihe des Tages (1856), 


Seitffänge (1860), Theophanie (1877), Lehrbücher | 


der Poetit und Stiliftif (1860), Sprud: und 
Rätjelbüchlein (1883) 2. Auch überfegte B. 
Louis Claude de St. Martins Dichtungen (1863). 


Bed, Kl., ſ. Baumftark, Reinhold. 


Berker, Adelin. Geboren den 25. De 
zember 1848 zu Schulenburg, Provinz 


Hannover, wo mein Vater Georg Louis | 


Leopold Beder, vermählt mit Elife, geb. 
De Rocle, Brediger war, habe ich etwa 
15 Jahre alt zuerjt das Gymnafium zu 
Holzminden, dann dasjenige zu Hameln 
bejucht, weil meine Mutter als Witwe 
dorthin zog. Oſtern 1870 bezog ich die 
Univerfität Göttingen, machte den Feldzug 
als Kriegsfreimilliger mit und trat nad) 
Beendigung defjelben aus, um meine Stu: 
dien wieder aufzunehmen. Sn literarifcher 
Beziehung habe id) manches für Zeitungen 
undJournale geihrieben. Weiter find her: 
ausgefommen: Die Gebrüder Saus und Braus 
und Hüll und Füll (1885), Zwei Nafeweife auf 
der Ferienreiſe (1886). 

Becker, Auguft, wurde am 27. April 
1828 zu Klingenmünfter in der Rhein: 
pfalz geboren als der Sohn des dortigen 
Lehrers, der den Knaben früh ſchon für 
feinen eigenen Beruf bejtimmte. Zu der 
Eltern Leidweſen bezeigte A. jedoch wenig 
Luft für diefe ihre Abficht, und fo mußten 
fie fih, wenn auch ſchweren Herzens, in 
As Willen ergeben, ohne doc) feinen höhe: 
ren Gedanfenflug recht zu begreifen. N. 
zog nun nah München, wo er, bei den 
unzureichenden Mitteln der Eltern meift 
auf fich ſelbſt angewiefen, durch literariſch— 
fritifche, kultur-hiſtoriſche und Feine novel- 
(iftiiche Arbeiten für Zeitichriften die Aus: 
führung feines jehnlihen Wunſches, Ge- 
ſchichte zu jtudieren, ermöglichte. Ungeahnte 
Erfolge jeiner literariihen Schöpfungen, 
befonders feines Jung⸗Friedel (lyriſches Epos 
1854) befejtigten mehr und mehr den 
Entihluß B.'s, ſich ganz der Schriftitel- 
lerei zu widmen, zumal eine Reihe erjter 


Zeitungen gerne die Mufenfinder bes 


37 





Bedh:Widmanftetter. 


jungen Autors annahm. Bald bot fi 
ihm Gelegenheit, auch redaktionell (ar: 
zeitung) thätig zu fein. Nach fünfjähri- 
gem Wirken in diefer Stellung gab B. 
die Zeitung auf und nahm Anlaß, ſich 
ganz feinem eigentlichen Feld, dem Roman, 
zuzumwenden. Im Jahre 1868 fiedelte 8. 
nad) Eilenadh über, wo er als einer der 
fruchtbarften und geachtetſten Schrift: 
fteller lebt. 

Hauptwerfe: Des Rabbi Vermächtnis (1866), 
Hedwig (1868), VBerfehmt (1869), Aus Dorf und 
Stadt (1869), Der Karfunfel (1870), Der Niren- 
fiiher (1871), Thurmtätherlein (1872), Das Jo: 
hannisweib (1875), Franz Staren und Mignons 
Eiertanz (1882), Auf Waldwegen (1881), Das 
alteBild (1881), Willi (1883), Der Held von Guns 
tersblum (1883), Geſchichte und Märchen, Die 
Nonnenjufel (1886), Eine Stimme (1886), Eleo: 
nore (1887). Außerdem das ethnographifche Wert 
Pfalz und Pfälzer (1858). Auch als Lyriker 
hat B. große Erfolge zu verzeichnen; feine Lieder 
und Balladen aus Jungfriedel find vielfach kom» 
poniert und werben allerorten gelungen. 


Beh: Widmanftetter, Leopold v. 
Seine beiden Eltern hatten für den Kna— 
ben feine Liebe. Dieje Andeutung genügt, 
um glaubhaft zu maden, daß dem finde, 
welches am 15. November 1841 zu Graz 
in einem Dadjftüblein des großväterlichen 
Haufes geboren worden, gar wenige 
Schlummerliedlein gejungen wurden. Ein 
braver Mann nahm fi) des von der eige: 
nen Mutter gehaßten und verfolgten Kna— 
ben an. Es war dies ein Bruder der 
Mutter, Anton v. Bedh:Widmanftetter, 
aus alter jteieriicher Familie. Diefer, her: 
zensgut und doch zugleich auch eifenfeit, 
bat bei beichränften Mitteln den Knaben 
in ſchweren Kämpfen geichügt. Die mwal- 
tenden jchwierigen Verhältniſſe nötigten 
den Knaben, früh in die Fremde zu gehen 
und in einem von der Heimat weit ent- 
fernten oberitalienifhen Militär-Erzie: 
hungshauje die mäßige Ausbildung zu ges 
nießen, die dafelbt geboten wurde. Von 
da ftieg er in eine Artilleriefchule auf. 
Im Jahre 1859 trat B. in die öſterr. 
Armee und diente in den beiden fteierifchen 
Zandesregimentern, alle Chargen-Grade 


Beer. 


durchichreitend bis zum Hauptmann. Sie- 
ben Jahre davon war er Lehrer an der 


Kadettenſchule Graz und "Liebenau bei 
Graz, außerdem war er einigemale mit, 


ehrenden willenichaftlichen Aufträgen be: 
dacht worden. Im Jahre 1882 trat er 
aus dem militärischen Dienft. Schon als 
Militär: Erziehungsfnabe waren Werfe 
über Geſchichte B.'s einzige Freude. So: 


weit dies die dienitlihen Pflichten geftat- | 


teten, vertiefte ſich ſpäter dieſe Neigung. 


Als Autodidaft wurde er endlich Quellen 


foricher im Bereiche der Geſchichte feiner 
engeren Heimat Steiermark. 
Bon feinen Arbeiten dieſer Nichtung verdienen 


Erwähnung: Ulrich's v. Liechtenitein, des Minne: | 


fängers, Grabmal auf der Frauenburg (1871); 
Das Grabmal Leufold’s v. Wildon in der Stifts: 
fire zu Stainz und die Siegel der Wildoner 
(1872); Genealogiſche Studien über das Geſchlecht 


der Gräfin Sufanna Elifabeth Kempinsfi, Ges 


mahlin des Herzogs Albrecht Ill. von Sachſen— 
Koburg (1876); Studien an den Grabftätten alter 
Gefchlehter der Steiermark und Kärntens (1877 


bis 78); Grabjtein der chriftlichen Zeit zu Frieſach 
in Kärnten (1882); Die Epigonen der fteierifchen 
Udelichaft von 1283 (1883), die Porträts in 


Kupferftichen der fteieriichen Herren und Grafen 
von Stubenberg (1883); Uber Arhive in Kärn— 
ten (1884). Von fulturgeichichtlihem Intereſſe 


find mehrere Kriminalprozeſſe früherer Jahrhun: | 
derte, welde B. aus den Original:Aften befprad), | 


dann die Abhandlung „Die ältere Art der Geld: 
beihaffung im Kriege" (1884). Einen Beitrag zur 
Beleitigung der kriegsgeſchichtlichen Dichtungen 
bildet die 186 erjchienene Schrift: Die angebliche 


Belagerung von Graz und die Schlacht bei Fornitz 


im Jahre 1532 als unbiftorifch abgewieſen. 


Beer, Adolf, wurde am 27. Februar, 


1831 zu PBroßnig in Mähren geboren, 
widmete fih, nachdem er die Schule ab: 


folviert, dem Studium der Geſchichte und | 


Volkswirtſchaft an den Univerfitäten Ber: 
lin, Wien, Brag und Heidelberg (1848 
bis 1852). Nachdem er mehrere Jahre 
als Lehrer zu Ezernowig, Wien und Prag 
gewirkt, berief ihn die Rechtsakademie zu 
Großwardein als außerord. Profeſſor der 
öfterr. Geſchichte. Bald darauf fam er 
in gleicher Eigenfchaft nad) Wien zuerft 
an die Handelsafademie, jpäter als ord. 


Profeſſor an die technische Hochſchule da— 


38 


— Beheim⸗Schwarzbach. 

ſelbſt. Im Jahre 1871 zog er ſich von 
ſeinem außerordentlichen, dem Miniſte— 
rium für Kultus und Unterricht gewid— 
meten Dienſte zurück, um ausſchließlich 
wieder ſeinen literariſchen Arbeiten und 
ſeiner Amtsthätigkeit, die den öſterr. 
Schulen, denen B. als Unterrichtsrats— 
mitglied vorſtand, reichen Segen gebracht 
hat, ſich hingeben zu können. 

Hauptwerke: Geſchichte des Welthandels (1860), 
Die Fortſchritte des Unterrichtsweſens (1867), 
Die erſte Teilung Polens (1867), Aufzeichnungen 
des Grafen Bentink über Maria Thereſia (1871), 
Holland und der öſterreichiſche Erbfolgekrieg 
(1871), Die Finanzen Oejterreihs im 19. Jahr: 
' hundert (1877) x. 

Beheim-Schwarzbach, Max, geb. 
15. April 1839 zu Berlin, jtudierte in 
Halle und Berlin, anfangs Theologie, 
ſpäter Geichichte, Deutich ac. Seit Neujahr 
1564 als Lehrer am Pädagogium Oftrau 
beſchäftigt, hat er jid vor allem der Er: 
forſchung der inneren Kolonifationen der 
Hollenzollern Hingegeben und hierbei meh: 
rere Werke veröffentlicht (Friedr. d. Gr. als 
Gründer deuticher Kolonieen, Hobhenzollerniche Ko: 
lonijationen, Die Zillerthaler, Friedr. Wilb. I. in 
Zithauen, Die Befiedlung in Ojtdeutichland zc.); 
auch hat er mehrere vaterländiiche Dramen: 

Deutichlands Morgenröte, Von Prag bis Schweid— 
nit, Herzog und Schöppenmeiiter 
geichrieben, fowie einige Bände Gedichte 
herausgegeben: 

Eheglück und Deutiche Lieder und Gedichte. 

Behrens, Bertha (W. Heimburg), 
‚wurde am 7. September 1850 zu Thale 
am Harz geboren. Sie empfing ihre Aus: 
bildung in Quedlinburg, wohin ihre El— 
tern überfiedelten. Da die Mutter Ber: 
thas lange leidend war, lag der Tochter 
die Pflege ob, und am Kranfenbett der 
ı Mutter war es, wo die jegt vielgenannte 
Autorin ihre erite Novelle jchrieb. Die 
unerwartet freundlie Aufnahme diejer 

erſten und einiger bald nachfolgenden Ar: 
‚beiten jpornte das junge Mädchen aufs 
|äußerfte an und war die natürliche Ver— 
anlaſſung, daß dafjelbe die Schriftitellerei, 
ſpeziell die Novelliftit zu ihrem Lebens» 
beruf machte. Seit 1881 lebt fie in Kötz— 











39 


Behringer. Beisler. 

Ihenbroda bei Dresden. Außer zahl:|bis 1850). In leßterem Jahre Fam er 
reihen Veröffentlihungen in Zeitfhriften | in das erzbiichöflihe Seminar, um für 
(bejonders in der Gartenlaube) erichienen ‚die priejterliche Weihe vorbereitet zu wer— 
folgende Schriften von B. B. unter dem | den, die 1851 ſtatthatte. Nachdem er als 


Bieud. Wilh. Heimburg: 

Aus dem Leben eineralten Freundin (1878), Zum: 
penmüller8 Lieschen (1879), Kloſter Wendhaufen 
(1880), Jhr einziger Bruder (1882), Ein armes 
Mädchen (1884), Trudchens Heirat (1855), 
Andere (1886) zc. 

Behringer, Edinund, geb. am 22. Mai 
1828 zu Babenhaufen in Schwaben als 
der Sohn eines fürftl. Fuggeriichen Herr: 
ihaftsrichters, erlebte, von den trefflichiten 
Eltern geliebt und geleitet, unter elf Ge: 
ſchwiſtern eine glüdliche Kindheit. Die 
Gymnaftalftudien führten ihn nad) Augs— 
burg und dann nad) Kempten, ıwo er das 
Gymnaſium im Jahre 1847 abjolvierte, 
Philoſophiſche, juridiiche und philologische 
Studien beſchäftigten ihn an der Univer: 
htät München, wo er im Jahre 1851 die 
jtaatlihe Lehramtsprüfung beitand; von 
da bejuchte er die Univerfität Bonn, wo 


ns 
Die 


er Dahlmann, Arndt, Abel, Ritihl, Aſch- 


bach und namentlihd Simrod hörte, der 
in ihm die Liebe für germanijtiiche Stu: 
dien wachrief; im Studienjahre 1853/54 
frequentierte er die Hochſchule Würzburg, 
nadhdem er jein jugendlidhes Werk Das 
Felſenkreuz, ein Seitenjtüd zu „Amaranth“ 


von D. v. Nedwig, gedichtet hatte. Vom | 


Jahre 1855—65 Studienlehrer, dann 
Gymnafialprofeſſor, meift in Würzburg, 


wurde er im Sahre 1871 als Studien- 
reftor nad) Ajchaffenburg berufen, wo er 


gegenwärtig noch weilet; er ijt weltlichen 
Standes, aber unverheiratet. 


Abgefehen von einzelnen Hleineren Auflägen und 


Gelegenheitsgedichten erichienen von ihm: Das 
Felſenkreuz (1854, 78), Das Morgenopfer der Na: 
tur (1866, 67), Zur Würdigung des Heliand 
(1863); Heliand und Kriſt (1870); Das 
ihmüdende Beimort in der Jliade und im Ni: 


belungenliede (1873), Ein Kaiſerwort (1871, 72), | 
Ein Gotteswort (1872), Die Apoftel des Herrn 


(1879, 85). 


Behrle, Rudolf, wurde am 17. April 
1826 zu Herbolzheim in Baden geboren. 
Er jtudierte Theologie (Freiburg 1847 


Gymnaſiallehrer, dann als Hülfsgeiitlicher 
gewirkt, wurde er als Pfarrverwalter nach 
Seifingen, ſpäter in gleicher Eigenſchaft 
‚nad Oberachern, hierauf nad) Kappel am 
Rhein und an die Spitalfirche zu Kon: 
ſtanz berufen. Bon da erhielt er eine 
‚definitive Anjtellung als katholischer Haus: 
'geiftliher an der Sroßherzoglichen Heil: 
und Pfleganſtalt Jllenau (badiſche Irren— 
anſtalt), an welcher er nahezu 8 Jahre 
ſegensreich wirkte. B. zeichnete ſich in 
ſeinem geiſtlichen Beruf mehrfach aus und 
wurde 1872 zum Domkapitular von dem 
Erzbiſchöflichen Domcapitel zu Freiburg 
i. B. erwählt und 1873 als ſolcher in— 
ſtalliert. Er iſt von Papſt Leo XIII. 
zum päpſtlichen Geheimkämmerer ernannt 
worden, von Großherzog Friedrich von 
Baden zum Ritter des Ordens vom Zäh— 
ringer Löwen mit Eichenlaub, und iſt zu— 
gleich Inhaber des Ehrenkreuzes des 
Fürſtlich Hohenzollern'ſchen Hausordens. 

Hauptwerke: Joſeph und ſeine Brüder (Schau— 
ſpiel 1857), König und Königin (Erzähl. 1861), 
Frauentreue (Schaufp. 1869), Der faliche Treffer 
‚(Lujtip. 1869), Der Franktireur (Fleines Kriegs: 





bild 1871), Tobias (Schaufp. 1873), Die Kinder ° 


im Walde (Weihnadtsbild 1887). 

Beisler, Karl Rudolf, wurde am 17. 
Juli 1837 zu Nidda im Großherzog: 
tum Helfen geboren, widmete ſich nach Ab— 
jolvierung des Gymnaſiums zu Bensheim 
a. d. Bergitraße zunächit theoiogischen Stu— 
dien, ging 1858 jedody zur Jurisprudenz 
über und ftudierte in München (bis 1860) 
und Gießen. Nach 1861 beitandenem Fa— 
fultätseramen und 1863 abgelegter 
Staatsprüfung für das Juſtiz- und Ver: 
waltungsfac arbeitete B. mehrere Jahre 
in der Advofatur und zulegt am Hof— 
gericht zu Darınjtadt, ward von da an 
verſchiedenen Gerichten der Provinz Star: 
fenburg zu richterlicher Aushülfe verwen 
det und wurde 1370 Landgerichtsaſſeſſor 
in Seligenftadt. 1874 ward er in gleicher 





Bet. 


Eigenschaft an das Landgericht Reinheim 
veriegt und von da 1879 als Amtsrichter 
des Amtsgerichts Darmftadt I berufen, 
wo er noch jetzt lebt, jeit 1872 glücklich 
verheiratet mit ciner Tochter des nad): 
maligen Oberlandesgerihtsrats Königer 
in Darmftadt. Schon als Gymnaſiaſt 


40 


Bellermann. 


widmete fih dem Studium der Rechts: 
wiſſenſchaft und habilitierte fi) 1852 in 
Halle. Nachdem er dafelbft eine außer- 
ordentlihe Profeffur innegehabt, wurde 
er 1857 als ordentlicher Profeſſor der 
Rechte nad) Greifswald berufen. Hier 
verfaßte er mehrere juriftifche Werke von 





feine Mitſchüler zeitweilig mit poetifchen 
Leiftungen überrafchend, zog fein Amt ihn 
von eingehenderer literarifcher Beſchäfti— 
gung ab, während er mit Beginn der 70er 
Jahre politiiche Korreipondenzen und Ar: 
tifel, namentlih in der „Frankfurter 
Preſſe“ zu liefern pflegte. Die meiften 
von B. herrührenden Aufläße find von 
eigenen Dichtungen durchſetzt. In Bud): 
form erſchien: 

Eine Rheinfahrt über Mainz nad Düfleldorf 
(1881); Ein lyriſch-epiſches Gediht „Erna“ in 
ottave rime (1884). 

Bekk, Adolf, wurde am 16. Juni 1831 
zu Baden bei Wien geboren. Früh ver: 
wailt, wurde der Anabe in eine Erzie: 
hungsanftalt gegeben, wo er eine freud— 
lofe Jugend verlebte. Nach Abjolvierung 
diefer Schule ging er nad Xeipzig, um | 
Medizin zu ftudieren. Da jedoch dieſer 


Beruf bei tieferem Einblid ihm nicht be: | 


bagte, ging er zum Studium der Philo— 


fophie und Literatur über. Nah Voll | 
endung diefer Studien an erftgenannter | 


Univerfität und zu Wien, Graz, Jena, 


wo er nad Ablegung jeines Lehrerexa— 
mens 1869 angeitellt wurde. 1870 wurde 
er als Direktor der Lehrerbildungsanitalt 
nad Salzburg berufen, wo er in Aner: 


fennung feiner Verdienjte um das höhere 


Schulwejen Ofterreihs zum Schulrat er: 
nannt wurde (1879). 

Außer vielen, meift literarbiftoriihen Arbeiten 
in Beitichriften verfaßte B.: Ranken (Geb. 1862), 
MW. Shateipeare (1864), Shalelpeare und Homer 
(1865), Wohin (Ged. 1882), Die Verteidiger 
Wiens in den Türfentriegen (1883) ıc. 


Bekker, Ernit Immanuel, wurde am 


16. Auguft 1827 als der Sohn des be— 


rühmten Philologen B., Verfallers der 
Anecdota graeca, zu B. geboren. Er 


hervorragender Bedeutung, als deren Lohn 
er zum Nachfolger Windſcheid's in Heidel- 
berg ernannt wurde (1874). B. zählt den 
ausgezeichnetiten juriftiichen Schriftftellern 
unferer Zeit bei. Außer zahlreichen in 
teils von B. jelbjt herausgegebenen Zeit: 
ſchriften (Kritifhe Vierteljahrsichrift für 
Geſetzgebung und Rechtswiſſenſchaft, Jahr: 
buch des gemeinen deutihen Rechts) er— 
ſchienenen Arbeiten veröffentlichte er: 
Die prozeſſualiſche Konfumption im Haffiihen 
römifchen Recht (1853), Theorie des heutigen 
Strafrehts (1857), Allerlei von deutſchen Hoch— 
Ichulen (anonym 1869), Die Aktionen des römi« 
Ichen Privatrechts (1871— 73), Das Recht des Be: 
fies bei den Römern (1880), Die Couponprogefie 
ar Spitem des heutigen Pandektenrechts Bd. I 
2C. 


Bellermann, Heinrich, der älteſte 
Sohn Friedrih B.'s, wurde am 10. März 
1832 zu Berlin geboren. 1853 wurde 
er Sefanglehrer am Grauen Klojter, 1862 
fol. Mufitdireftor, 1866 nach A. B. Marr 
Tode a.:0. Profeſſor an der Univerfität, 
und 1875 ordentl. Mitglied der Akade— 


München kehrte B. in feine Heimat zurüd, |" = ber Künfte zu Berlin. 


Seine Hauptwerfe: Die Menfuralnoten und 
\ Taftzeihen des 15. und 16. Jahrhunderts (1858), 
Der Kontrapunft (1862, 2. Aufl. 1877, 3. Aufl. 
1887) Die Größe der mufitalifhen Intervalle 
(1873), ferner hat er nad Grell's Tode deſſen 
„Aufläge u. Gutachten über Muſik“ herausgegeben 
(1887). 

Belling, Eduard, ift zu Ehrimm in 
der Provinz Poſen den 30. Januar 1845 
geboren, hat das Gymnaſium zu Lilfa und 
‚nach Abjolvierung defielben die Univerfität 
Breslau beſucht, wo er unter Prof. Haafe, 
Herg und Roßbach klaſſiſche Philologie und 
unter Heinrich NRüdert, dem Sohne des 
berühmten Dichters, und Friedr. Pfeiffer 
Germaniftif jtudierte. Durch den anregen: 
den Einfluß diefer Gelehrten, und nament- 


| 








Belolamel:Morgan. 


[ih der beiden leßteren, denen er im Laufe 
der Zeit näher trat, entſtanden einige ger: 
maniftifche Arbeiten. AZuerft die Metrit 
Sciller's (1883), melde eine eingehende 
Würdigung der formalen Eeite unjeres 
großen Dichters enthält, deſſen eigene An: 
fihten und die Goethe’s und Humboldt’s 
über die äußere Form des Kunſtwerks an: 
führt. Ahnlich ift die Metrit Leffing’s (1887) 
abgefaßt. Noch zu erwähnen find einige 
Programme über Goethe's Metrik; auch Die K- 
nigin Luiſe in der Dichtung (1886) ift eine lite: 
rariihe Studie von allgemein anerfann: 
tem Wert. 


Belvolawef-Morgan, Camillo. Ich 


41 


Bendel. 


war, und betitelte ſich Feuilletone und Novel: 
letten (1883). An diefes Opus reihten ſich 
nunmehr in jchneller Folge zahlreiche An: 
dere. 1885 gelangte mein erjtes, größeres 
Bühnenwerk, das Schauſpiel Waldveilchen 
am Stadt⸗Theater zu Mödling zur erſten 
Aufführung. 1886 machte ich eine Reife 
nad) dem Driente, weldyer zwei Merfe ih: 
ren Urſprung verdanken: Erinnerungen aus 
Serbien und Dreißig Tage in Kleinafien. Für 
die erftgenannte Broſchüre wurde mir von 
König Milan von Serbien feine große 
Hausdeforation mit der Krone am weiß: 
blauen Bande des Eanct:Sava:Ordens 
verliehen. Darnad) erfchien die dreiaktige 
Oper König Camille, für welche der rühm— 


bin am 28. Oftober 1860 zu Wien ges | lichft befannte öſterreichiſche Kompofiteur 


boren, wo mein Vater Geheimfefretär bei 
der königl. niederländifchen Geſandtſchaft 
war. Mit zwölf Jahren fam id) an das 
Gymnafium, welches ich mit meinem zwan⸗ 
zigften Lebensjahre abjolvierte, worauf ich 


die faiferlihe Landwirtichafts-Afademie | 


Franzisfo:-Jofefinum in Mödling nächſt 
Wien bezog. Das Studium der Agronomie 
behagte mir aber nicht auf die Dauer; 
ich wandte mich daher den philojophiichen 
und philologiſchen Studien zu, denen ich 
an der Alma mater Vindobonensis ſechs 
Semefter hindurch oblag. Meine lyri— 
ſchen Erſtlingsdichtungen erſchienen im 
Jahre 1876 unter dem Titel Kleine Blu: 
men, Kleine Blätter. Die in diefem Büchlein 
enthaltenen Gedichte aus den verfchiedenen 
Zeitichriften und Taſchenbüchern, in denen 
fie erfchienen waren, zu ſammeln und in 
einem Bändchen vereinigt herauszugeben, 
hatte nämlich meinem Vater zuerft unfer 
unvergehlicher Anaftafius Grün und ſpäter 
die Dichterin Ada Ehriften gerathen, deren 
beiderjeitigem, wiederholtem Drängen end- 
li nadjgegeben und das Werlchen ediert 
wurde. Ada Ehriften ſelbſt ſchrieb dazu 
eine Vorrede und führte mich, den da— 
mals faum noch jehszehnjährigen Roeten, 
fomit in die edle deutiche Dichtergilde ein. 
Mein nächftes Werk erichien erſt einige 


' Mufifdireftor Buwa in Graz die Mufik 
| Schreibt. 


Mein neueftes Werk ift endlich 
ein Roman, Prinz Ludwig betitelt. 
Bendel, Joſeph, wurde am 10. Of: 
tober 1846 zu Rofendorf in Böhmen ge: 
boren. Nach Abfolvierung der Schule wid- 


mete er fi) dem Studium der Bhilojophie 





und Philologie, wirkte als Lehrer an 
verfchiedenen Gymnaſien, jeit 1879 als 
Profeſſor am deutihen Staatsgymnafium 
auf der Hleinfeite in Prag. 1886 wurde 
B. von den deutjchen Städten Nordböh: 
mens Gablonz, Friedland, Krakau ꝛc. 
in den öjterr. Reichsrat gewählt. 
Hauptwerke: Firdufi (Trauerfp. 1881), Zeitge: 
nöffifche Dichter (1882), Die Deutichen in Böh— 
men, Mähren und Sclefien (1884). 
Bender, Ferdinand, ift als Sohn 
eines Gymnaſiallehrers am 12. Of: 
tober 1847 zu Darmitadt geboren. Eine 
früh auffeimende Neigung zur Muſik 
fand in den verfchiedenen trefflihen Auf: 
führungen, die er in feiner Vaterftadt zu 
hören Gelegenheit hatte, reiche Nahrung. 
In Heidelberg, wohin er ſich zunächit 1864 
begab, um klaſſiſche Philofophie zu ſtudie— 
ren, führten ihn die geiftvollen Vorträge 2. 
Häuflers und die gründlichen Erörterun: 
gen B. Stark's in Geſchichtswiſſenſchaft und 
Archäologie ein; noch tiefer aber wirkten 


Jahre ſpäter, als ich bereits Hochſchüler auf ihn die jugendlich-friſchen Vorträge H. 


Benele. — 1 Benfey-Schuppe. 

Köchlys. Daneben ward im Kreije gleich: | die Schule in feiner Vaterjtabt abjolviert 
geftimmter Freunde mande Stunde der | hatte, jtudierte er die Rechte (1833 — 35) 
Poefie und der Mufif gewidmet. Ein fehr und promovierte 1836 zum Doktor. 
jugendlicher dramatifcher Verſuch fand an! 1863 ernannte die Stadt Hamburg ihn 


einem laufhigen Plätzchen am Abhang des 


Gaisberges willige Ohren und freund: 
ſchaftlich nachſichtige Beurteilung, eine 
Reihe von profaiihen „Skizzen aus dem 
Leben“ in weiterem Kreile der Freunde, 
für die fie gedrudt wurden, freundliche 
Aufnahme. Die Hompofition eines Liedes 
von Friedrid Halm veranlaßte einen für 


den jugendlichen Tonfeger hocherfreulichen | 


Briefwechſel mit dem leider bald darauf 


verftorbenen öſterreichiſchen Dichter; Alter: | 


tum und Kunſt vermittelten eine Freund— 
Schaft mit Gottfried Kinfel, den Sohn des 
Gefangenen von Naugard und Spandau. 
Diefer poetiſche Aufenthalt am Nedar: 
jirand wurde 1566 mit demjenigen auf 
der Zandesumiverfität Gießen vertaufct. 
Hier trat naturgemäß die jtrenge Vorbe— 
reitung auf den erwählten Beruf mehr und 
mehr in den Vordergrund. Das Frühjahr 
1869 brachte das Doftordiplom und jofort 
eine Verwendung an der Realſchule zu 
Friedberg in Oberheifen. Zu Büdingen, 
an deſſen Gymnaſium B. 1871 fefte 
Anſtellung gefunden, entjtand die poe— 
tiiche Erzählung „Redley“ (1873), die in 
weiteren Kreifen freundli aufgenommen 
wurde. Meniger ſprach eine nad) B.’s Ver: 
jegung an das Gymnafium zu Darmjtadt 
veröffentlichte zweite epiſche Dichtung 
„Banthea” (1876) an, was den Verfaller ver: 
anlaßte, jeitdem nichts Poetiſches mehr in 
Drud zu geben. Von inzmwilchen unter: 
nommenen dramatiſchen Arbeiten wurde 
das einaftige Luftipiel „Zwei Auftfpiele, ‚im 
Frühjahr 1883 mehrmals auf der Darm: 
ſtädter Hofbühne aufgeführt. 1886 er: 
ſchien „Geſchichte der altgriechiſchen Literatur‘, 

Von kleineren Arbeiten hat B. Aufſätze und 
Kritiken philologiſchen, pädagogiſchen und allge: 
mein⸗literariſchen Inhalts, teilö ſelbſtändig, teils 
in Beitichriften, ſowie einzelne Gedichte in Zeit: 
ſchriſten veröffentlicht. 











zu ihrem Archivarius, als welcher er Ges 
legenheit fand, feiner ſchriftſtelleriſchen 
Neigung zu folgen und literarhiitoriichen 
Studien obzuliegen: 

Hauptwerke: Hamburger Geihihten und Sagen 
(1854), Gedichte (1855), Hamb. Gelchichten und 
Denfwürdigfeiten (1856), Von unehrlichen Leuten 
(Kulturhiit. Studien 1863). 


Benjey-Schuppe, Anna(Scuppe). 
Ich bin in der fleinen Stadt Yanded in 
Schleften geboren. Meine Kindheit umd 
Jugend verledte ich in Lande, Bricg, 
Groß-Glogau, Breslau und Berlin, an 
welchen legteren Orte mein Vater als 


| Ober-Tribunalsrat wirkte. Schon in meis 


ner Kindheit zeigte fi bei mir einiges 
Ichriftitellerifches Talent, indem ich fleine 
Gedichte, eine Reiſebeſchreibung, allegori- 
Ihe Erzählungen und viele Aufläge ver: 
faßte. Doch wurde dieje dichteriſche Nei— 
aung bald überwuchert durch die Leiden: 
Ihaft zur Diufil. In den fünfziger Jah— 
ren nenoß ich den Unterricht in der mus 
ſikaliſchen Kompofition durd den Kompo— 
nilten Ludwig Dleinerdus, dann feßte ich 
dieje Studien unter dem Kirchenfompo: 
nijten Moritz Brolig in Breslau fort. In 
Berlin empfing id) in diefer Beziehung nod) 
manches geiltige Almofen, da es mir nicht 
mehr möglicd war, ordentlich Unterricht zu 
nehmen, und gedenfe ich hierbei in größter 
Dankbarkeit des Komponiften Georg Vier: 
ling und des verftorbenen Konzertmeifters 
Hubert Rieß. Ich widmete mid) ganz der 
Mufif, gab Mufikunterricht und fompo: 
nierte Chor: und Orcheiterwerfe, ſowie 
auch Kammermufif. Eine Muſik von mir 
zu Shafejpeare’s Nomeo und Julia, Dur 
verture und Entr’actes wurde in Gotha 
am Hoftheater und am Stadttheater in 
Breslau aufgeführt. Ebenfalls gewann 
ih eine Violin-Piano-Sonate von mir 


Benefe, Otto, wurde am 5. Oftober | mandje Anerkennung, die in Konzerten vor: 
1812 zu Hamburg geboren. Nachdem er | getragen wurde, und vor Heinerem Kreiſe 


Benndorf. 43 Bergau. 

in Weimar durd Franz Liszt und Küm- fache widmen wollte, arbeitete er dann 
pel. Nahdem ih in Ungarn, Wien, zunächſt ein Jahr lang in dem Bürcau 
Dresden als Mufiflehrerin gewirkt, ver: | eines Bauinſpektors, hörte zugleich aber 


heiratete ih mid, Schon in älteren Jahren, 
mit dem Schriftjtelleer Rudolf Benfey, 
1879, mit dem ich, durd) innigfte Scelen- 


ſympathie verbunden, in glüdlichiter Ehe 
Erjt feit meiner Heirat beichäftige 
ih mich Schriftitelleriih, obwohl ich kurz | 


lebe. 


vorher jchon einen kleinen Verſuch gemacht 
habe. Novellen, VBolks-Erzählungen, Auf: 


fäge, Märchen für Kinder ericheinen von 
vielen 


mir unter „A. Schuppe” in 


Blättern. 

Benndorf, Friedrih Auguft Otto, 
wurde am 13. September 1838 zu Greiz 
geboren. Nachdem er das Gymnaſium zu 
Blauen abiolviert hatte, widmete er ich 
in Erlangen und Bonn dem Studium der 
Philologie. 1864 — 1866 Stipendiat aus 
den Reg. Jnitituten, 1867 und 1868 in 
Sicilien und Athen und habilitierte er 


(1868) für Archäologie in Göttingen, wor: | 
auf er einen Ruf als Profeſſor nach Zürich, 


auch die Vorlefungen über antike und 
neuere Kunſt der Profeſſoren 8. Fried: 
länder umd A. Hagen und bejuchte fleißig 
die Gemälde-Gallerie und die Sammlung 
von Abgüſſen nah antiten Skulpturen. 
1855 ging B. nad Berlin, ftudierte auf 
‚der Königl. Bau-Afademie die Arditektur 
und hörte auf der Univerfität die Vor: 
[efungen über Archäologie und Kunſtge— 
Ihichte. Seine erſte wiſſenſchaftliche Ar: 
beit war eine Widerlegung von Böttichers, 
in feiner Teftonif der Hellenen ausge: 
Iprochenen irrigen Anficht über das opus 
monotriglyphon des Vitruv. Nachdem 
9. 1858 fein Staatseramen gemad)t, 
arbeitite er ein Jahr lang in dem Zen— 
tralbureau der Königl. Kommilfton für 
den Bau der Eifenbahn von Königsberg 
nad Endtluhnen. Dann übernahm er 
die Ipezielle Leitung des Baues eines Juſtiz⸗ 
palaftes zu Bartenftein in Ojtpreußen, 


dann nah Prag und zulegt (1877) nach | ftudierte nebenbei aud) bie mittelalter: 
Wien erhielt. Mit Conze unternahm er | lihen Bauwerke der umliegenden Ort: 
1875 eine Erpedition nach Samothrate. Ihaften. 1861—1863 bereite er ganz 
Zwei Erpeditionen 1881 und 1882 führte Italien und jtudierte eingehend bie Kunſt⸗ 
er nach Kleinaſien. Von Lytien brachte geſchichte dieſes Landes. Nah Deutſch- 
er die altgriechiſchen Friesreliefe eines land zurückgekehrt, baute er zu Danzig 
großen Grabbaues, des Heroon von Gföl- tin Auftrage der Regierung ein Pfarr— 
baſchi-Tryſa, nad) Wien. Wirkliches Mit: haus. Außerdem baute und rejtaurierte 


glied der Akademie der Willenichaften in 
Wien, des arhäologiichen Anititutes, der 
Societät in Göttingen 2c. 


Hauptwerfe: Die antifen Bilderwerfe des La: 
teranenfiihen Mufeums (1867), Die Metopen 


Haufer (1880), Griechiſche und ficilifche Vaſen— 


‚zu Beitlin. 


B. die Klofterfirche zu Zarnowig in 
Mejtpreußen, die mittelalterlihe Kirche 
1868 erhielt B. einen Ruf 
als Brofejlor für Kunſtgeſchichte an die 


e durch Kreling neu organifierte Kunſt-Ge— 
von Selinunt (1873), Neue ardäologiiche Unter: | 


fuhungen auf Samothrafe (mit Conze und | 


werbeichule zu Nürnberg. B. wurde auch 
Sefretär und Hausinfpektor der Kunſtge— 


werbefchule und widmete ſich mit allem 
Seine Stel- 


bifder (1869— 1883), Reifen in Lykien und Ha: 
rien (1884), Das Heroon von Gjölbaſchi-Tryſa Eifer ſeinem neuen Amte. 
(1888). . fung an der Kunitichule gab er 1872, in 

Berg, Alois, |. 8. v. Geritenberg. | Folge von Zerwürfnifien mit feinem Dis 

Bergau, Rubolf, wurde am 6. Ja: rektor, jedoch auf und lebte fortan als 
nuar 1836 auf dem Gute feines Vaters | Privatnann. Nachdem B. ſchon in den 
in der Nähe von Königsberg geboren, | Jahren 1866 und 1869 den General: 
empfing 1846 —1854 zu Königsberg i. Br. | Konfervator der Kunſtdenkmäler des preuß. 
feine Schulbildung. Da er ſich dem Bau: | Staats auf feinen Dienitreifen vertreten 


Bergbohm. 


44 


— 


Berge. 


hatte, übernahm B. 1876 nad) der Erkran- weiblichen Geſchlechts und dem Dichter: 
fung des Legteren und fpäter nad) deilen | beruf, den einzelne Mitglieder deſſelben 


Tode, fait alle Gejchäfte deſſelben. 
Jahre 1878 übernahm B. im Auftrage der 
Landjtändeder Prov. Brandenburg die Auf: 
ftellung eines vollftändigen Inventars der 
Bau: und Kunſtdenkmäler in der Prov. 
Brandenburg, zu welchem Zwecke er, in 


Begleitung eines Zeichners, während der | 


Sommer 1879 bis 1881 diefe Provinz 
von Ort zu Ort bereifete und während 
der dazwiſchen liegenden Winter das ge: 
fammelte Material ausarbeitete, welches 


in einem rei) illuftrierten Werfe im Jahre | 


1885 zu Berlin publiziert worden ilt. 
An einem Ähnlichen Werf über die Denf: 
mäler der Provinz Ojftpreußen arbei- 
tet B. 


Bergbohm, Carl, geb. am 18. Sep: 
tember 1849 zu Riga, ftudierte feit 1867 
in Torpat, fpäter in Berlin und Leipzig, 
habilitierte ſich 1877 in Dorpat für öf- 
fentliches Recht ; zum Profeſſor des Staats: 
und Völferrechts erwählt 1884. Willen: 
ſchaftliche Reiſe: 1880—81 in Deutich- 
land und Ofterreih. Nach feiner Nüd: 
fehr zum Staatsrat ernannt. 

Separat erihienene Schriften: Staatöverträge 
und Geſetze ald Quellen des Völkerrechts (1877); 
Die Bewaffnete Neutralität 1780— 1783, eine Ent: 
widelungsphafe des Völkerrechts im Seefriege 
(1884); deutiche Ausgabe des ruffiihen Werkes 
von 7. v. Martens in Peteräburg: Völkerrecht, 
Das internationale Recht der civilifierten Natio- 
nen (1883, 1886). 

Berge, Elifabeth von. Ich bin am 
12. März 1838 zu Ober:Ullersdorf, dem 
bei Sorau, Provinz Brandenburg, gele: 
genen Gute meines Waters als deſſen 
jüngftes Kind geboren. Schon in früher 
Kindheit zeigte ich Liebe zu Büchern und 
großen Lerneifer und jchrieb, feit ich fchrei- 
ben fonnte, meine kindlichen Bhantafien nie- 
der. Die Dleinigen hielten, befonders als 
ich älter wurde, diefen Hang zum Träumen 
und Dichten für ein Unglüd und befämpften 
denjelben nad) Kräften. ch habe über: 
haupt durd das Vorurteil, welches ſich 
der höheren wiſſenſchaftlichen Bildung des 








Im in ſich fühlen, entgegen jtellte, jeher zu 


leiden gehabt. Daß ich jo, von feiner 
Seite aufgemuntert, fondern vielmehr jtets 
niedergehalten, an meiner Befähigung 
ernfte Zweifel zu hegen anfing, ift mohl 
natürlid, und erft eine Reife nad) Stalien 
brachte meinen Entihluß, mich ganz dem 
literarifchen Schaffen zu widmen, zu völli= 
ger Reife. Dazu bedurfte es aber zu— 
nächſt ernfter, wiſſenſchaftlicher Studien ; 
der Mangel derielben erſchien mir jchon 
damals und erjcheint mir noch als ein 
hauptſächlicher Grund der gewiſſen Ge— 
ringſchätzung weiblicher Schriftſtellerei. 
Ich betrieb mit Eifer hauptſächlich die alten 
Sprachen, Literatur, Geſchichte ꝛc. Auch 
jetzt noch bin ich fortwährend durch Studien 
aller Art, namentlich auch des der Phi— 
loſophie, beſtrebt, mein Wiſſen und Den— 
fen zu erweitern. 1873 trat ich mit Ghri« 
ftina von Schweden zuerjt an die Offentlich- 
feit. Diejes Drama wurde von der Kritik 
bemerkt und günftig beurteilt, im Publi— 
fum fand es, namentlid in der Damen- 
welt, viele Freunde. Heinrich IV folgte 
1880, (RPaufanias 1885), Mein letztes 
Trauerfpiel Alexei, jedenfall$ mein beftes 
Merk, wird demnächſt auch durd den 
Drud veröffentlicht werden. Seit nahezu 
fieben Jahre habe ich die prächtig gelegene 
Marrburg bei Braubah am Rhein zu 
meinem MWohnfig erwählt. 


Berge, Karl v., |. Homrighaufen. 


Bergen, Wilh., ſ. W. Reſſel. 
Berger, C. ſ. A. Wechßler. 


Berger, Johann Baptiſt (Gedeon von 
der Heide), der jüngſte Sohn achtbarer 
Eltern, wurde zu Coblenz am 19. Dezem: 
ber 1806 geboren. Nachdem er in feiner 
Vaterftadt das Gymnafium abfolviert, be= 
gab er fih 1825 nad) Rom und trat da> 
jelbft in das Kollegium Urbanum de Pro- 
paganda Fide ein, um fi zum Miffio: 
när auszubilden. Doch faum hatte er feine 


Berger. 


Studien in der Propaganda vollendet und 
wollte eben promopvieren, als ihn die Mi- 
(itärprlicht nötigte, ohne allen Verzug heim⸗ 
zufehren. Erſt nad Beſeitigung vieler 
Schwierigkeiten gab die preußiiche Regie: 
rung den Konfens zu feiner Ordination, 
melde in Coblenz, und zwar zu St. Eaftor 
in feiner Pfarrfirhe durch den dortigen 
Weihbiſchof Milz 1830 ftattfand. Am 
10. Mai 1830 wurde er zum Caplan nad) 
Vallendar ernannt und dann am 3. No: 
vember 1830 zum Gaplan von Boppard. 
Nah dem 1832 erfolgten Tode feines 
Prinzipals, des Cantons-Pfarrers Jo— 
hann Nikolaus Bens wurde er zum Ad— 
miniftrator der Pfarrei Boppard, und 
1833 zum Gantons- Pfarrer in Boppard 
ernannt. Am 25. Juni 1861 wurde er 
zum Definitor der erſten Definition des 
Decanates St. Goar ernannt, und 1870 
zum Dedanten des Decanates St. Goar. 
Und fo ijt er bis heute, nun fchon feit 56 
Jahren, in Boppard in jeelforglicher 
Thätigfeit. 
Im Drud von ihm erfchienene Schriften: 
Rede des heiligen Eyprian über das Gebet des 
Herrn, überjegt (1831). Die Nächte der büßen: 
den heiligen Magdalena, Betrachtungen, aus dem 
Italieniſchen überjegt (1833). Die Nahtwachen 
des h. Auguftinus, Biſchofs von Bona, aus dem 
Italieniſchen überfegt, (1833). Anmweifung zur 
Berubigung ängftlicher Seelen in ihren Zweifeln 
— Bd. VI. Praktiſche und moralifhe Anweiſung 
u einem chrijtlichen Zeben, von P. D. Carl Jo— 
dent Duadrupani, Barnabiten, aus dem Stalie- 
niſchen überjegt (1856). 6 Bände überjegt: Aus: 
wahl von Reden der Kirchenväter auf alle Sonn: 
und Feittage de3 hriftlichen Jahres (1833). Ge: 
dichte (1846). Die Träume (pjeudon.) (1852). 
Der Sieg der Wahrheit (1853). 
einer Seele (1854). Die Totenfhau (1856). 
Gnaden (1856). Gedichte (1857). 


Berger, Wilhelm, wurde am 21. Ja- 
nuar 1833 zu Barmen geboren. Als der 
Sproffe einer alten Kaufherrnfamilie 
wurde W. B. fchon bei feiner Geburt, 
jenen Traditionen getreu, dem gleichen 
Stande bejtimmt. Zwanzig Jahre alt, 
ging er nach Amerika, um dort fein Glüd 
zu verfuchen und gleichzeitig feinen fauf: 


45 


Die Reife mit | 


Bergmann. 


In Cincinnati gründete er eine deutjche 
Mufitalienhandlung, die er aber bald auf: 
gab, um die ihm angebotene Leitung eines 
großen Mufifalienverlages in Bofton zu 
übernehmen. In Eincinnati hatte er fi 
jehr glücklich verheiratet, doch trieb ihn 
die Sehnſucht, feine Heimat wiederzu: 
jehen, nad) Deutichland zurüd. Im Jahre 

‚1877 zog er fih von feinen kaufmän— 
niihen Geſchäften zurüd und lebt nun 
ganz feiner ſchriftſtelleriſchen Thätigfeit 

‚in Bremen. 

Hauptwerte: Von den Inſeln u. a. See 
(poetiiche Erzähl. 1883), Das Trauerfpiel (Luft: 
jpiel 1884), Opfer des Krieges (Nov. 1883), 
Knurrhaſe (Rom. 1885), Ziele des Lebens (Rom, 
1885), Schwanfende Herzen (Rom. 1886), Aller: 
lei Schidjale (Erz. 1887), Marga (Rom. 1856), 
Vom Markt ded Lebens (Nov. 1887). 


Bergmann, Werner, wurde am 9. 
Mai 1804 zu Ihenbüttel im Hannöver: 
chen geboren. Er widmete fi) dem Stu: 
dium der Theologie in öttingen (1824 
bis 1827) und wurde in Drafenburg bei 
Nienburg a. d. Weſer als Pfarrer an— 
geftellt, wo er bis 1877 in treuer Pflicht- 
erfüllung lebte, um, dann in den Ruhe: 
ftand getreten, nad) Hannover überzufie- 
‚deln. Er beihäftigte fi vorwiegend mit 
lyriſchen Gedichten und fammelte daneben 
fleißig für feine (1882 erfchienenen) 
Braunſchweigiſchen Schriftfteller und Schriftitelle: 
rinnen von 1600 bis 1882. Außerdem ver: 
faßte er: 

Minona (Ged. 1856), Schlacht bei Drafenburg 
(Erzähl. 1868), Tizian (Rom. 1865), Lieder und 
vermilchte Gedichte (1870). 


Beringuier, Rihard, wurde am 4. 
März 1854 zu Berlin geboren und wid: 
mete fi) nad) Abfolvierung des Friedrich- 
Wilhelms: Gymnafiums zu Berlin dein 
Studium der Rechte auf der Univerfität 
Berlin. Er promovierte im Jahre 1878 
und wurde zum Neferendar im Bezirk des 
Kammergerihts ernannt. Nachdem er 
1884 fein Richterexamen abgelegt, fun: 
gierte er als Gerichtsaſſeſſor und Hülfs- 
rihter beim Amtsgeriht I in Berlin. 








männifchen Geſichtskreis zu erweitern. | Neben den amtlihen Beichäftigungen 


Berfom. 


treibt B. gefchichtliche Studien und richtet | 
fein Augenmerk bejonders auf die Ge: 
Ichichte Berlins (Dtitarbeiter des „Bär“ 2c.) 
Seit 1884 giebt er die Mitteilungen des Ver— 
eins für die Gedichte Berlins heraus, feit 
1885 redigiert er das Korrefpondenzblatt des 
Gefammtvereind der deutihen Geichichte und Al: | 
tertumsvereine” und jeit 1887 Die franzöfifche 
Colonie. Selbſtändige Werfe: 
Ausführliche Beihreibung der Feier zum 200: 
jährigen Gedächtnis des Edikts von Potsdam | 
(1885), Die Stammbäume der Mitglieder der 
franzöfiihen Colonie in Berlin (1887) :c. 


Berfow, Karl, fiche El. v. Wolfers- 





46 


Bermann. 


Gedichte (1855), Feitipiele (1859), Die Herr: 
lichfeit der Kirche Gottes (1862), Gedichte, 2. u. 
3. Band (1877, 1884). 

Bermann, Dioriz (Berth. Diormann, 
M.B. Zimmermann), wurde am 16. Mai 
1823 zu Wien geboren. Nach Abfolvierung 
der Schule trat er in das Gejchäft feines 
Vaters ein, welches er nad) deilen Tode 
weiterführte. Diejes Gefchäft, eine Kunſt— 
handlung, war wohl geeignet, höchſtes In— 
tereſſe zu erweden, und erfordert eine ganze 
Kraft und ein ganzes Willen. So widmete 
DB. fich diefer Aufgabe mit Leib und Seele, 
jpeicherte Aunftihäge ayf und jammelte 


dorff. beſonders biographiſche Materialien von 
Berlepſch, M. Goswina von. Ich hohem Wert. Es lag in der Natur der 
bin 1845 in Erfurt geboren, habe jedoch Sache, daß B. im Laufe der Jahre auf 
jeit früheſter Kindheit in der Schweiz gelebt, | dieſem Felde ein umfangreiches Wiſſen fich 
wohin mein Bater 9. A. v. Berlepich durch erwarb; diefes verwertete er vielfach in 
die Ereignifle des Jahres 1848 fliehen | Zeitichriften, die mit Vorliebe feine archäo: 
mußte und feiner erft fpäter ihm dorthin | togiichen und biographiichen Arbeiten auf: 
folgenden Familie, nad) harten Kämpfen, nahmen. Bejonders ragten B.'s geichicht: 
eine neue Heimat bieten Tonnte. Dur liche Studien über die alte Kaiferftadt 
den Literarifhen Beruf meines Vaters | Mien hervor, fo daß er nunmehr in biefer 
und vielleicht durd ererbte Neigung fam| Beziehung als ipezialiftiicher Lofal-Chro: 


ich jelbjt zum Echreiben. Ich begann teil: 
zunehmen an den Arbeiten meines Va— 
ters und blieb diefer Thätigfeit auch treu 
bis zu jeinem im Jahre 1883 erfolgten 
Tode. Eeitdem erjt betrat ich eigentlich 
jelbjtändig den literariihen Plan. Es 








nift gilt. i 

Hauptwerfe: Oſterreichs biogr. Lexikon (1857), 
Geichichte der Wiener Stadt und Borft. (1863), 
Alt:Wien in Geihichten und Sagen für die reifere 
Jugend (1865), Dunkle Geſchichten (1868), Hof: 
und Adelsgeſchichten (1868), Das ſchwarze Kabi: 
net, oder: Myſterien der Bolizei (1873), Ein finftes 


erihienen in Zeitichriften von mir No: res Staatsgeheimnis (1874), Der Stephansdom 


velletten, Aufläge, Gedichte, dann größere 
Novellen. In Buchform: Ledige Leute (Nov. 
1856). Ich lebe jeit 1883 nun in Wien, | 
wohin mid; Familienverhältniffe aus mei: 
ner lieben Heimat, der Schweiz, führten. 


Berlyn, Gujtav, ift am 30. April 
1522 in Freudenberg geboren als Sohn 
des literarifch berühmten Arztes Doktor 
med. Chr. Berlyn und feiner Gattin 
Sofephine, geb. Endres, Tochter des Le: 
gationsrats Endres in Würzburg. Nach 
wiſſenſchaftlicher Vorbildung widmete er 
Jich dem kaufmänniſchen Fache und ift jept 
als General-Agent der größten Ver: 
ſicherungs-Geſellſchaften Deutfchlands thä— 
tig. Hauptwerke: 





(1878), Alt» und Neu-Wien, Geſchichte der Kai— 
ferftabt (1881), Kronprinz Rudolf von Öfterreich, 
Wiener Ehrenkränzlein (1883), ſterreich-Ungarn 
im XIX. Jahrhundert (1883), Illuſtr. Geſchichte 
der öfterr. Armee (1886) ic. 


Bern, Marimilian, wurdeam 18. Nov. 
1549 zu Cherfon als Sohn eines ruſſi— 
Ihen Hofrats geboren. In frühefter Kind: 
heit Schon wurde in ihm der Sinn für 
Poeſie von feiner ungewöhnlich gebildeten 
und auch dichteriich begabten Mutter ge: 
wedt und rege erhalten. Als er feinen 
Vater in früher Jugend verlor, verlich 
er mit jeiner Mutter und feinen Ge: 
ihmwiltern feinen Geburtsort Cherjon und 
überfiedelte feiner Ausbildung halber nad) 


‚Wien. Hier verlor die Familie ihr großes 


Bernard, 


Vermögen. Diefer Umftand, ſowie ein ju: 
gendlicher, aber tief in Das Leben des an— 
gehenden Boeten eingreifender Noman, den 
das Schickſal tragiſch abſchloß, veranlaßten 
B., 1873 der Univerſität, an der er Philo— 
jophie jtudierte, untreu zu werden und 
fih als „MWanderlehrer” der durch ihr 
nomadenhaftes Leben am regelmäßigen 
Schulbeſuch behinderten jüngiten Artijten 
einer berühmten Kunftreitergejellichaft an: 
zuſchließen. Nad) einiger Zeit verlor der 
aufjtrebende Jüngling die Luft, ſich mit 
Kindern abzuquälen, die früher Beifall 


verdorben, und jo trennte er fich denn | 


wieder von dem abenteuerlichen Kreiſe. 
— Im Jahre 1875 erſchien B.'s erjte 
Erzählung Auf ſchwankem Grunde, — Außer 
auf jeinem Hauptgebiete, dem der No: 
velliftif, war B. auch erfolgreich für den 
Jugendichriften:Berlag ſowie für Die 
Bühne thätig. Seine einaftige Plauderei 


Meine gefchiedene Frau hat viele Erfolge er: IR auoleld: an. ber Vninerkiit, 


rungen. Nach einem längeren Aufenthalt 
in Berlin und Hamburg hielt B. fid) 
einige Zeit in Leipzig und München auf 
und fehrte dann nad) Wien zurüd. 1886 


zog er nad) Paris, wo cr fih ein Jahr 
(1873), Die Bildniffe des Älteren Scipio (1875), 
ı Die Bildniffe berühmter Griechen (1877), Nö: 


darauf mit einer jungen, in drei Spraden 
ſchriftſtellernden franzöfiihen Schauſpiele— 
rin, Olga Wolbrück du Théatre Natio- 
nal de FOdéon, verheiratete. 
Hauptwerke: Auf ſchwankem Grunde (1875), 
Geitrüpp (1876), Sich jelbit im Wege (1877), 
Deutſche Lyrif ſeit Goethe's Tode (1877), Meine 
geihiedene Frau (1878), Ein ſtummer Mufifant 
(1879), Anthologie für die Kinderftube (1879), 
Illuſtr. Hausihag für die Jugend ((1880), Für 
Heine Leute (1886), Am eignen Herd (1886), De: 
flamatorium (1887), Luftige Stunden (1887). 
Bernard, J. 1. 3. B. Mufdi. 
Bernays, Michael, wurde anı 27. No— 
vember 1834 zu Hamburg geboren. Nad): 
dem er das Johanneum in feiner Vater: 
ſtadt abjolviert hatte, lag er dem Studium 
der Literaturgeihichte zu Heidelberg und 
Bonn ob, 1872 habilitierte er fich in Leip— 
zig al& Privatdozent und ward im nächiten 
Jahre zum Profeflor in Münden ernannt, 
wo er noch jest thätig ift, als bedeuten: 


47 











Bernhard. 


der Literarbiftorifer anerfannt, befonders 
auf dem Gebicte der Goetheforſchung her: 
vorragenDd. 

Hauptwerfe: Über Kritik und Gefchichte des 
Goethe'ſchen Textes (1866), Goethe’s Briefe an 


F. A. Wolf (1868), Zur Entſtehungsgeſchichte des 


Schlegel’ihen Shakeſpeare (1872), der junge 
Goethe (1875), Goethe und Gottiched (1880). 


Bernhard, W. ſ. Jankowitz. 


Bernoulli, Johann Jakob, wurde 
am 18. Jan. 1831 als ein Abkömmling 
des alten, aus dem 16. Jahrhundert ſtam— 
menden ausgezeichneten Gelehrtenge— 
ſchlechts B. zu Baſel geboren. Er genoß 
ſeine Vorbildung in ſeiner Vaterſtadt und 
widmete ſich dann teils in Berlin dem 
Studium der klaſſ. und der deutſchen Phi— 
lologie. Erſt in Folge einer Reiſe nach 
Italien im J. 1856 trat er zur Archäo— 
logie und Kunſtgeſchichte über. Nach ſeiner 
Rückkehr wurde er als Lehrer am Gym— 
naſium zu Baſel angeſtellt und habilitierte 
1874 
erhielt er die außerord. Profeſſur für 
Archäologie. 

Hauptwerke: Über den Charakter des Kaiſers 
Tiberius (1859), Über die Laofoongruppe (1863), 
Über die Minervenftatuen (1871), Aphrodite 


milhe Monographie, 1. Bd. 1582, 2. Bd. 1886. 
Bernow, Ludw., ſ. Luiſe Jung. 


Bernuſtein, Dar, wurde am 12. Mai 
1854 zu Fürth geboren, erhielt jeine 
Edulbildung zu Münden und widmete 
fih an der dortigen Univerfität dem 
Studium der Rechte. Seit 1883 lebt B. 
in München als Rechtsanwalt und gleich: 
zeitig als angeſehener und einer der frucht- 
barjten Novelliften und Dramatiker. 

Hauptwerke: Unbefangen (Luftip. 1877), Das 
ES chmalbenneft (Nov. 1879), Alles in Ordnung 
(LZuftip. 1881), Mein neuer Hut (2. 1881), Dag— 
mar (Trauerfp. 1881), Ruth (Schaufp. 1881), 
Ein auter Menih (Poſſe 1882), Ein dunfler 
Punkt (2.1884), Gold (Sch. 1885), Ritter Blau: 
bart (2. 1886). 


Berthen, J. f. Groß v. Trodan. 


Berthold, Karl Adam, wurde am 
6. Juli 1835 zu Münfter geboren. Nad): 


Berthold. 


dem er das Gymnafium feiner Vaterftadt 
beiucht hatte, jtudierte er daſelbſt Philo— 
logie, um fid) dem Lehrerberuf zu widmen. 
Im Jahre 1860 abjolvierte er fein Era: 
men und wurde nad) Vollendung des vor: 
geichriebenen Probejahrs am Gymnafium 
zu Brilon, dann am Realgymnafium zu 
Bocholt angeftellt. Neben jeinem Lehramt 
führt er (jeit 1875) die Nedaktion der 
Zeitihrift „Natur und Offenbarung“. 

Hauptwerfe: Die heilige Elifabetb (Epos 
1866), Daritellungen der Natur (1873), Im 
Freien (Naturbilder 1876), Bon der Nordſee bis 
zu den Alpen (1875), An friſchen Quellen (11879), 
Die Naturfchöne (1882). 


Berthold, 2, ſ. B. Lehmann-Filhes. 
Bertin, Paul Robert Adalbert (Ro: 


bertin oder Berinto), wurde als der zweite | 


48 


— Bertz. 

Realgymnaſium zu Berlin und abſolvierte 
an diefer Anftalt zugleich fein pädagogi— 
ſches Probejahr. 1878 ward er dann als 
ordentlicher Gymnafiallehrer am Realpro= 
gymnaſium zu Langenberg, Rheinland, 
definitiv angejtellt. Er jchrieb: 

Aias. Eine dramatiihe Dichtung nah So— 
phocles (1881), Altklaſſiſche Mythen und Sagen. 
Zwölf poetiiche Gemälde aus Dvids Metamor- 
pbojen (1883), Lehre von der Interpunftion mit 
erläuternden Beilpielen aus deutſchen Dichtern 
und Dentern (1886). Außerdem iſt B ftändiger 
Mitarbeiter von Zeitichriften für die Jugend, der 
auch die meiften feiner Lieder gewidmet find. 


Bert, Eduard, geboren am 8. März 
1853 zu Potsdam, begann feine jchrift: 
jtellerifche Laufbahn im Jahre 1871 als 
poetiiher Mitarbeiter der Jahreszeiten. 
Er jtudierte in Leipzig und Tübingen 
Philoſophie und Staatswillenichaften und 





Sohn des Kaufmanns Robert Bertin am 
23. Januar 1849 in Peitz, im Kreiſe 
Cottbus, geboren. Nach einigen Jahren 
fam er in das Haus feines Großvaters, 
Schloßprediger in Dobrilugt. 


Hier ver: | Jahr nad Paris. 


veröffentlichte no als Student ſozial— 
wiſſenſchaftliche Auffäge. 1877 ging er 
zum Studium des Franzöfiihen auf ein 
1878 fiedelte er nad) 


lebte er unter der treuen Pflege und Leis | England über und lebte daſelbſt anfänglich 
tung feines Großvaters eine ſehr glüdliche | als Lehrer der neueren Spraden in einer 
Jugend. Er bejuchte die Stadtſchule und Seeſtadt, bis er fi) in London ganz der 
wurde daneben vom Großvater für das | fchriftitellerischen Thätigfeit zuwandte, der 
Gymnaſium vorbereitet. Er fam auf das | Nriftotelian Society beitrat und eine Anz 
Gymnaſium zu Luckau und blieb hier, bis zahl kritiſcher Auffäge über die englifche 
fein Großvater ftarb. Darauf nahmen ihn | Literatur, fowie einige Märchen in deut: 
feine Eltern zu ſich nad Neuftadt bei ſchen Blättern erjcheinen ließ. 1881 ver: 
Magdeburg; fie liegen ihn das Domgyms | anlafte ihn eine ſchwere Nervenfrankheit 
nafium in Diagdeburg befudhen. Die El: |fih der Idealkolonie anzufhließen, die 
tern zogen ſpäter nad) Berlin, währenderin | der engliiche Jugendichriftitelleer Thomas 
Magdeburg blieb und in einem faufmanne- | Hughes in Amerifa begründete. Er faufte 


hauſe eine Hauslehreritelle übernahm. 
Nachdem er das Abiturienten:Eramen be- 
ftanden hatte, lag er 1872—1876 in 
Halle vornehmlih altphilologifhen und 
germaniftiichen Studien ob, erlangte 1876 
auf der dortigen Univerfität die philofophi- 
Ihe Doktorwürde und erwarb ſich an der: 
jelben Univerfität 1877 die facultas 
docendi für höhere Unterrichtsanftalten. 
Schon 1876 verwaltete er eine willen 
Ihaftlihe Hülfslehrerftelle am Realgym-⸗ 
nafium zu Potsdam. Eine gleiche Stelle 
bekleidete er von 1877 an am Andreas: 


ſich eine Farm in den Urwäldern von 
Tennefjee und lebte dafelbit einfam in 
einem Blocdhaufe bis 1882, wo er zum 
Bibliothekar der neuerrichteten öffentlichen 
Bibliothef in Rugby, Tenn., ernannt 
wurde. Nachdem er diefe geordnet und 
‚ihr einen Katalog gegeben, fehrte er 1883 
nad) England zurüd. Hier wurde er Aſſi— 
ftent an der London Library und Vorſtands— 
mitglied einer Abendichule für Lehrlinge, in 
welcher er verichiedene engliiche Vorträge 
hielt. Er fchrieb während diefer Zeit in eng— 
liſcher Sprache feine hiſtoriſche Erzählung 





Beſeler. 


The French Prisoners, die von der Kritik we- in Wien Philoſophie. 


49 


Betz. 


Nach einem länge: 


gen ihres reinen engliihen Stils gerühmt ren Aufenthalte in Teutichland widmete 


wurde, Der Erfolg dieſes Buches ermög: | 
lihte ihm um Oſtern 1884 die Heimfehr 
nah Deutichland. 
in Stuttgart nieder, wo er Montesquieu's 
Berfiihe Briefe überfegte und mit kriti— 
ſcher Einleitung und hiltoriihem Kommen: 
tar verjah; aber im Mai 1585 zog er in 
feine Baterjtadt, um dafelbit in der Stille 
die Nefultate jeiner Manderjtudien lite: 
rariich zu verarbeiten und jeinen neuen 
Roman unter dem Titel Gtüd und Glas zu 
vollenden. 


Zunächſt ließ er ſich 


‚er ſich der jchriftitelleriichen Thätigkeit 
und begann in verjchiedenen periodischen 
Drudichriften Humoresfen zu veröffent: 


‚üichen. Im Jahre 1878 übernahm er die 


Bejeler, ar! Georg Ehriftoph, wurde | 


am 2. November 1509 zu Rödemiß in 


dung in der Domichule zu Schleswig und 
widmete ſich dem Studium der Nechte zu 
Münden und Kiel. 1835 habilitierte 
er fi als Privatdozent in Heidelberg 
und wurde fur; darauf als Profeſſor 
nad Baſel, 1837 nach Roſtock berufen. 
In Greifswald, wohin er 1842 als Pro— 
fefior der Rechte ging, wurde er zum 
Abgeordneten der deutichen Nationalver: 
fammlung gewählt, in welcher Eigenschaft 
er fih ſpeziell als Führer des rechten 
Gentrums vielfad auszeichnete, befonders 
durch fein Eintreten für die preußiiche 
Erbfaijerpartei. 1859 als Profeſſor nad) 
Berlin berufen, nahm er bier als dreimal 
gewählter Rektor der Univerfität und Mit— 
glied des preußischen Herrenhauſes eine 
einflugreiche Stellung ein. Seine juris 
ftiihen Werke werden den beiten beige: 
zählt: 

Die Lehre von den Erbverträgen (183540), 
Über die Stellung des römischen Rechts zu dem na- 
tionalen Nechte der germaniſchen Völker (1837), 
Vollsrecht und Juriſtenrecht (1543), Syſtem des 
gemeinen deutich. Privatrechts (1847 — 59, 3Nde,), 
Kommentar über das Strafgeſetzbuch für d die preußi: 
ſchen Staaten (1851), Zur Gefchichte des deutichen 
Ständeredhts (1860), Liber die Geſetzeskraft der 
Kapitufarien (1871), Erlebtes und Eritrebtes 
(ISS4). 

Bejozzi, Mar, geb. 1547 
Steiermarf, jtudierte in Graz 


zu Cilli in 
Jura und 


Tas literariihe Deutſchland. 


 Thätigkeit einzudänmen. 


Redaktion der „Gillier Zeitung”. Im 
Jahre 1891 wurde er zum Nedafteur des 
„Budweiſer Kreisblattes“” beitellt. Non 
Budweis ging er wieder nach Eilli und 
geltaltete die „Eillier Zeitung“ unter dem 
Namen „Deutihe Wacht“ zu dem ſchnei— 


digſten und entjchiedeniten deutſchnationa— 
‚len 


Blatte Steiermarfs. Die wadiende 
Auflage der „Deutichen Wacht“ und die 
rückſichtsloſe Polemik derjelben gegen die 


a co: ſloveniſchen Chauvinijten lich ihm eine 
Schleswig geboren, erhielt jeine Vorbil— 'große Zahl nationaler Gegner eritehen, 


die fein Mittel unverlucht ließen, feine 
Dreimal im 
Yaufe eines Jahres wurde er wegen Preß— 
vergeben vor die Geſchwornen geitellt, Doc) 
jedesmal einjtimmig freigeiprochen. Im 
Jahre 1885 wurde er nach Neichenberg 
berufen, um dort das Tageblatt „Deutiche 
Volkszeitung“ zu gründen und als Chef: 
redafteur zu leiten. Nach faſt einjähriger 
Thätigfeit, während welcher er die „Deut: 
iche Volkszeitung” zu einen deutichnatio: 
nalen Kampforgan ſchärfſter Tonart ge— 
macht hatte, übernahın er die „Süddeut— 
iche Breite” in München als Herausgeber 
und Redakteur. Er blieb jedoch in dieſer 
Stellung nur ein halbes Jahr, da er dem 
an ihn von Graz aus ergangenen Rufe, 
die Stelle eines Chefredafteurs der „Deut— 
schen Preſſe“ zu übernehmen, Folge leiltete. 
Mar B. dient und diente nur der deutſch— 
nationalen ‘Bartei, für welche er mit wah— 
rer, tiefempfundener Begeifterung jederzeit 
eintrat. 


Beta, Ottomar Heinrich, wurde am 
7. Februar 1845 zu Berlin geboren und 
erhielt jeine erjte Erziehung in Stettin, 
dann in Yondon, wohin jein Vater als 
politiicher „Verbrecher“ des Jahres 1848 
hatte flüchten müſſen. Schon früh half 

4 


Bethuſy Huc. Beyer. 

er dem Vater bei deſſen ſchriftſtelleriſchen Beruf eines Landwirts und pachtete ſich 
Arbeiten und überſetzte aus dem Engli- ein Gut in Holſtein. Mit 25 Jahren 
ichen ins Deutide, auch wurde er Mit: | durfte er das von ihm innigſt geliebte 
arbeiter mehrerer engliiher Journale, | Mädchen heimführen und lebte mit ihr 
Nah) der allgemeinen Amneftie fehrten und im Kreije der nun fommenden klei— 
Vater und Eohn in ihre Heimat zurüd, nen Familie höchſt glüdlih bis zu dem 
wo lepterer fi) bald ganz der literari: | Tage, wo er als „Bettler“ fein Gut 
ihen Thätigfeit widmete. 'verlafien mußte. Nun brachen fummer: 
_ Hauptwerfe: David Rizzio — 1887), volle Tage über die Familie herein. Der 
ee ee gr #7 gif, Junge Vater mußte Brot für die Seinen 
derbogen (1875), Unter Unkraut (Nom. 1876), | ſchaffen, er wurde Cigarrenverkãufer und 
In Liebesbanden (1877), Eine deutſche Agrar: — Dichter. Gleich ſein erſtes platt— 
verfaſſung (1879), Nichts halb! (Schauſp. 1885), deutſches Buch Klaas Hinerk (1876) erwarb 


Peregrine (1556), Jeder für Alle (1886), Politik 
des Unbewußten (ISS6), Die Kunſt verheiratet: 
und doch glüdlih zu Jein (1886). 


Bethuſy Due, Valeska Gräfin v. 
(Moritz von Reichenbach), wurde am 15. 
uni 1849 auf dem Gute ihres Vaters 
Kielbaſchin in Oberichlefien geboren. Sie 
erhielt eine jorgfältige Erziehung im elter: 
lihen Haufe und bejchäftigte ſich Ipäter 
eifrig mit Studien philofophiicher und 
kunſtgeſchichtlicher Richtung. 1876 ver: 
öffentlichte fie ihre erjien Novellen und die 


| 





freundlihe Aufnahme, welche diejelben | 


allerorten fanden, ſpornten die junge Dich: 
terin zu immer beſſeren Leiſtungen an. 
1869 vermählte fie jih mit dem Grafen 
B. auf Deſchowitz in Oberichlefien, wo fie 
als fruchtbare Schriftitellerin lebt. 
Hauptwerfe: Der Sohn des Flüchtlings (Rom. 
1881), Die Eichhofs (Rom. 1881), Die Schloß- 
frau von Dramnit (Nom. 1582), Durch (Nom. 
1884), Auf Ummegen (Nom. 1854), Coeurda: 
men (Nov. 1885), Die Yazinsti's (Nom, 1887), 


Bettziech, ſ. O. Beta. 


Beuthien, Angelius, wurde am 8. 
Dezember 1834 in Pronsdorf in Hol— 
ſtein geboren. Den erſten Unterricht em: 


pfing er von einem Privatlehrer, wurde 


aber dann in die Schule geichickt, da die 
Familie ihr Gut verkaufte. Der frühe 
Tod des Vaters machte den Knaben ernit 
und ſtill und verwiſchte all feinen ur: 
Iprünglichen kindlichen Yeichtlinn, jo daß 
er zu einem joliden und jtrebenden Jüng— 
ling heranwuchs. Er widmete fich dem 


jih vielen Beifall, ebenſo De latinſche Buer 
un fin Nawers (1878), Senator Jaſperſen (1579), 


| Halfblod (1880). Bald fchien denn die Sonne 


wieder durch die trüben Wolfen und B. 
fand Brot für ſich und die Seinen in Lübeck. 


Beyer, Konrad (Konrad Byr), 


‚wurde am 13. Juli 1834 zu Pommers: 


felden bei Bamberg geboren. Der Bil 
dungsgang B.'s nahm in Bayern feinen 
Ausgangspunft, allıwo bejonders der Phir 
lologe Imhof großen Einfluß auf das 
Geijtesichen des heranwachſenden Jüng: 
lings gewann. Zum Abſchluß gelangten 
feine Studien in Leipzig, wo er auf na 
turwifienschaftlichen, philoſophiſchen und 
belletriftiichen Gebieten gleichzeitig mit 
Brehm im Haufe Profeflor Rofmäßlers 
Aufenthalt nahm. Hier entitand B.s 
erſte fachwiſſenſchaftliche Abhandlung: 
Über die anatomiſchen und phyſiologiſchen Ver— 
hältniſſe der vegetabiliſchen Zelle. Ihr ſchloß 


ſich die philoſophiſche Schrift Erziehung 


zur Vernunft an. Beide Schriften fanden 
Beifall, beſonders die letztere, die bereits 
in dritter Auflage vorliegt und von Carlo 
Rusconi ins Italieniſche überſetzt wurde. 
In Verfolgung des Planes, mit ſeinem, 
durch religionsphiloſophiſche Schriften be— 
kannt gewordenen Bruder ein internatios 
nales Erziehungsinftitut zu gründen, er: 
probte ſich B. nad) der Doftorpromotion 
in längerer Unterrichtsthätigkeit. Durch 
den plöglichen Tod des Bruders fcheiterten 
die pädagogiſchen Abjichten Konrad B.'s. 
Er wandte ji) anderen Plänen zu, ber: 


Bener. — 5 


vorgerufen durch den regen Verkehr mit 
Rüdert. Eine erihöpfende Darjtellung des 
Lebens dieſes Dichters im Zuſammenhange 
mit jeinen Dichtungen zu liefern, diejer Ent: 
ihluß reiftemehrund mehr zur Frucht heran. 
Seine biographiichen und literarhijtorifchen 


Werke über Nüdert, durch welde B. Bes 


gründer einer Rüdertliteratur wurde, haben 
ihm die höchſten Auszeichnungen erworben. 
Im Jahre 1879 zog B. nad) Eiſenach, um 
in friiher Lenzesluft jeine Gejundheit zu 
fräftigen. Dort entjtanden mehrere Werke: 
Arja, die ſchönſten Sagen aus Indien und 
Iran (illuftriert von Prof. Hutichenreuter), Zur 
deutichen Kircheneinigung, ein literariſch-philoſo— 
phiſches Zeitvotum, Neue Mitteilungen über Fr. 
Hüdert, Leben und Geift Ludwig Feuerbachs; 
außerdem mehrere anmutige novelliſtiſche 
Skizzen und Erzählungen. Auch auf dra— 
matiſchem Gebiet war B. thätig: 
Römiſches Schattenſpiel, Der geräuſchloſe Feld: 
zug, Kaiſerjubelfeier, Kaiſergold (zur goldenen Ju— 
belhochzeit des Kaiſerpaares gedichtet), ferner: 
Muſenweihe, Deutſchlands Kaiſer-Willkomm, — 


ſämtlich auf vielen Bühnen mit Erfolg zur 
Aufführung gelangt. Den ſchon früher 
(1863—1865) herausgegebenen Dich— 
tungen: Der Nire Sang, Lieb und Leid, Poetiſche 
Aphorismen reihten ſich in Eiſenach Die 
patriotifchen Lyrifen: Erinnerungsblätter aus 
einer Dichtermappe (1871) an. Außerdem 
ihrieb B.: Zillbach, kulturgeſchichtliche Schil: 
derung der Grafichaft Henneberg und des Ortes 
Zillbach und defien Bedeutung als Foritlehran: 
ftelt. Ein volles Jahrzehnt weilte B. in 
Eiſenach, dann zog er in den Eüden. 
Inzwiſchen Hatte es ihm an Auszeich— 
nungen nicht gefehlt. Er erhielt den Titel 
eines Profeſſors und Hofrats, viele höchſte 
Orden, periönlihe Anerkennung in Ge: 
ftalt von Handſchreiben, Bildern, Pre: 
tiofen: vom Naifer, der Kaijerin, dem 
Großherzog von Weimar und vielen an- 
dern Fürjten und Fürſtinnen. Auch 
wurde B. Meifter und Ehrenmitglied des 
freien deutſchen Hochſtifts in Frankfurt 
am Diain, Mitglied der preuß. Akademie 
der Wiſſenſchaft in Erfurt, erftes und 
einziges Ehrenmitglied der Herdergejell- 
ihaft 2c., mehrere feiner Werfe wurden 


1 


— Beyrich. 

in verſchiedene fremde Sprachen überſetzt. 
Hervorzuheben wäre noch B.'s Deutice 
Poetik, ein Werk, das wohl keinem Leſer 
des „liter. Deutſchl.“ fremd ſein dürfte, 
ſo daß wir uns verſagen können, näher 
darauf einzugehen. Auch auf dem hu— 
manen Gebiete freimaureriſcher Literatur 
war B. thätig, wovon eine große Zahl 
‚von Abhandlungen in Zeitichriften zeugt, 
ſowie die Schrift: Rückert als Freimaurer und 
Dichter (1880), ferner die didaktiſche Dichs 
‚tung: Geift der Lehrlingsaufnahme. Gegen: 
wärtig weilt B. in Stuttgart, eifrig mit 
Neubearbeitung einzelner Schriften, bes 
ſonders einer umfaſſenden neuen Aufl. der 
‚großen Nüdertbiographie beichäftigt. Dort 
ſchrieb er aud einen fulturgefchichtlichen 
Roman: Erzherzog Karl oder der Kampf um den 
 Niederwald und mehrere Novellen. 


Beyrich, Glementine (Elem. Helm), 
wurde am 9. Oktober 1825 zu Deligich 
in Sadjjen geboren. Nach ihres Vaters 
‚Tode wurde fie im Haufe ihres Ontels, 
des Edulrats Weik in Merjeburg er: 
zogen, jpäter fam fie zu ihrer weiteren 
‚Ausbildung nach der fönigl. Luifenftiftung 
'zu Berlin. 1848 verband fie fich mit dem 
Geh. Bergrat Prof. Beyrich zu glücklichſter 
Ehe. Unter ihrem Vatersnamen Glem. 
Helm hat fie fi) einen bedeutenden Auf 
als Jugendichriftitellerin, beſonders für 
junge Mädchen, erworben. 

Hauptwerfe: Märchen (1859), Kinderlieder 
(1561), Backfiſchchens Leiden und Freuden (1862), 
Lillis Jugend (1870), Drei Erzählungen für 
junge Mädchen (1872), Das Kränzchen (1873), 
Prinzeßchen Eva (1874), Frau Theodora (1874), 
Das vierblättrige Kleeblatt (1877), Unterm Schnee 
erblüht (1579), Zeni von Hohenſchwangau (1882), 
Elfchen Goldhaar (1582), Unfere Selekta (1880), 
Profefiorentöhter (1883), Die Stiefihweitern 
(1886), Die Glüdsblume von Capri (1886) ꝛe. 


Beyttenmiller, Theodor, wurde am 
2. Februar 1520 zu Weinsberg geboren. 
Früh verwaiſt, erhielt er jeine Vorbildung 
im Wailenhaus zu Stuttgart, in deſſen 
Lehrerjeminar er auc für jeinen zufünf: 
‚tigen Beruf vorbereitet wurde. 1546 
wurde er, nachdem er feine Studien im 








= 


Bar also 
run. IL PE FE 


Bibra:Spehhardt. — 


Stuttgarter Polytechnikum ergänzt hatte, 
Erzieher beim Geſandten Fürſt Gortſcha— 


koff und 1850 beim Oberſtallmeiſter 


Graf Taubenheim, bis er (1857) von 
der Regierung als Reallehrer angeſtellt 
wurde. Außer zahlreichen, meiſt poe— 
tiſchen Beiträgen in Zeitſchriften ver— 
öffentlichte er: 

Gedichte (1846), Maiglöckchen (Ged. 1854), 
Unſere alt: und mittelhochdeutſchen Dichter ((1861), 
Deutſche Sprach- und Stillehre (1877), Blumen: 
gewinde deuticher Lyrik (Anthol. 1884), Tempel: 
halle chriſtlicher Lyrik (Anthol. 1884). 


Bibra-Speßhardt, Freiin Thekla 
von (T. Alfred), geb. am 3. Juni 1847 
in Römhild. Im Jahre 1875 wurde ich 
infolge einer akuten Krankheit ſchwer ner— 
venleidend, blieb jahrelang nahezu ge— 


lähmt, und in der Kerkerhaft meines Kran— 


fenzimmers eröffnete ih mir als Lebens: 
beruf das Studium der Literatur. Auf 
Anraten einiger Freunde verfuchte ich mic) 
fpäter ganz insgeheim ſchöpferiſch in Elei: 
nen und größeren Weuilleton:Arbeiten, 


welche zu meiner Freude alsbald in Frauen: 


zeitungen und Jugendblättern Aufnahme 
fanden. Eo entitanden Sagen, Märchen, 
Novellen u. dgl. Nach und nad) eritarkte 
meine Sejundheit, jo daß ih im Jahre 
1885 cine Erholungsreiie nad) Dresden 
unternehmen fonnte und dort des Ver: 
gnügens teilhaftig wurde, die liebenswürz 
dige Schriftitellerin Frau v. Schober, geb. 
v. Gumpert, perſönlich kennen zu lernen. | 
Ihrem Rate zufolge legte ich mein bis: 
heriges Pjeudonym T. Alfred ab und trat 
Weihnachten 1556 mit einer Jugendſchrift, 
betitelt „Die Hochſchule“, unter meinem 
wahren Namen mit Glück an die Öffent: 
lichkeit. 

Hauptwerfe: Rieſenkönig Watzmann (1884), 
Neujahrstraum (1854), Eine Badeſaiſon (1885), 
Sefiona (1586), Die Hochſchule (1SS6), Das Frei: 
fräulein (1887). 


Bickell, Guſtav, wurde am 7. Juli 
1538 zu Nafjel geboren, widmete jid) 
dem Studium der Theologie und Philo— 
logie (Halle 1857 — 1862). Nachdem er 


532 — 


Biedermann, 


ih in Marburg für femitiiche und indo— 
germanische Sprachen habilitiert hatte, 
trat er zum Katholizismus über und ließ 
ſich 1867 in Fulda zum Priejter weihen. 
Bald darnach folgte er einem Ruf als 
ordentl. Profeſſor für femitiiche Sprachen 
und Literatur an die Akademie Müniter, 
1874 nad) Innsbruck. B. iſt Mitarbeiter 
einer Neihe von fachwiſſenſchaftlichen 
Zeitichriften und jeine irren über 
Theologie und Sprachwiſſenſchaft werden 
ſehr geichägt. 

Hauptwerke: Grundriß der hebräiſchen Gram—⸗ 
matik (1868--1870), Gründe für die Unfehl— 
ı barfeit des Hirchenoberhauptes (1870), Conspec- 
tus rei Syrorum literariae (1871), Meffe und 
Paſcha (1872), Ausgewählte Gedichte der fnris 
ſchen Kirchenwärter (1873), Nalilag und Damnag 
(1876), Synody Brixinenses saecula XV 
(1880). 





Biedermann, Detlev Wilib., Frei— 
herr von (Milibald), ein Bruder des 


' Goetheforichers gl. N., wurde am 22. OR. 


1823 zu Nd. Forchheim i. Erzg. geboren, 
widmete fi) der Yandwirtichaft und kaufte 
ſich im Erzgebirge an. Hier beichäftigte er 
ſich viel mit Schriftitellerei, und um deriel: 
‚ben ausschließlich leben zu können, gab er 
den Beruf eines Yandwirts auf und zog 
‚nad Dresden. 

| Werfe: Über die Pflichten und Rechte der Ritter: 
ı qutsbefiger (1566), Kleines Treiben aus einer Hei: 
nen Stadt (Rom. 1569), Der Roman als Kunit: 
werk (1876), Mathematik für Damen (1880), Yeis 
tungsweſen fonft und jest (1882). 


Biedermann, Friedrich Carl, wurde 
am 25. September 1312 zu Leipzig ge 
‚boren. Er widmete ſich nad) Abjolvie: 
rung der Dresdner Kreuzichule dem Stu: 
dium der klaſſiſchen Philologie zu Yeipzig 
und Heidelberg und habilitierte ſich 1835 
in Leipzig, wo er 1538 als auferord. 
Profeſſor der Bhilofophie angeftellt wurde. 
Neben jeiner Lehrthätigkeit betrieb er eifrig 
jtaatswilfenichaftlihe Studien und be: 
gründete 1542 die Zeitichrift „Deutſche 
Monatsihrift für Yiteratur und öffent: 
liches Leben‘, und zwei Jahre Ipäter den 
„Herold“, eine  literarilch = politiiche 


Biedermann. 


Wochenſchrift, welche jedoch 1847 zu er- 
iheinen aufhörte. B. hatte ftets den Mut | 


jeiner Meinung, und fo hielt er auch nicht 


53 


Bielenftein. 


bahnverwaltung zuerteilt, wo er zulet 
jtellvertretender Generaldirektor und Vor: 
jtand der technischen Abteilung der Ge: 


mit feinen Anſichten über die damaligen neraldireftion zu Dresden mit dem Titel 
Zuftände inSadjen zurüd. Die Folgewar, | als Geheimer Finanzrat war. Am 1. 


daß ihm 1946 für die Zufunft alles Halten 
jtaatsrechtlicher Vorträge verboten wurde. 
Nach dem MWechfel im ſächſiſchen Minifte- 


April 1857 trat B. aus dem Staatsdienft 
in Ruheſtand, bei welcher Gelegenheit der 
König von Sachſen ihm Nang und Titel 


rium wurde er Mitglied des Vorparla- | eines Geheimen Nates erteilte. B. hat ſich 
ments und hier in den Funfziger- Ausschuß | nicht nur in feiner amtlichen Thätigkeit her- 
gewählt. Auch gehörte er der deutichen | vorgethan, jondern ragt aud) jchriftjtelle: 
Nationalverfammlung am wo er zuerft am riſch, befonders als Goetheforicher hervor, 
linfen Centrum, nah dem Frankfurter |ja, jeine Werke auf diefem Gebiete zählen 
Aufſtand aber am rechten Centrum ſaß. | zu den beten, die wir überhaupt dort aufzus 
Hier zählte er zu den eifrigiten Vorkäm- weilen haben: Goethe und Leipzig (1865), 


pfern der Erbfaijerpartei. In Folge eines 
von ihm verfaßten Auflages in den „Deut: 
hen Annalen‘ wurde B. feiner Brofeffur 
enthoben und außerdem eine Feſtungs— 
Itrafe über ihn verhängt. 1855 wurde 
ihm die Redaktion der Weimarer Zeitung 
angetragen, die er annahın und nad) Wei: 
mar überſiedelte. Hier verweilte er falt | 
ein Jahrzehnt, dann zog er wieder nad) | 
Leipzig und redigierte hier die „Deutſche 
allgemeine Zeitung‘. Bald darauf (1865) 
wurde er in Ehren wieder in feine Pro— 
feflur eingelegt. Es hat B. an Auszeic): | 
nungen nicht gefehlt und jeine Leiſtun— 
gen find anerfannt worden: Zundamental: 
Philofophie (1838), Deutihe Philoſophie von 
Kant bis auf unsere Taqe (1842), Vorlefungen | 
über Sozialismus (1847), Geihichte des eriten 
Preuß, Heichstages (1847), Deutichland im 18. | 
Yahrh. (1854), Friedrich d. Große und fein Ver: | 
bältnis zur Entwidelung des deutichen Geiites: 
lebens (1859), Kaiſer Heinrih IV. (Drama 1861), 
Deutihlands trübfte Zeit (1862), Otto III. 
(Drama 1863), Der letzte VBürgermeilter von | 
Straiburg (Dr. 1870), Dreißig Jahre deutſch. 
Geſchichte (18680), Frauenbrevier (1881), Heinr. 
v. Kleiſts Briefe an ſeine Braut (1883), Meyers 





Leben (1836) ꝛe. | 


Biedermann, Guſtav Woldemar 
freiherr von, wurde am 5. März 1817 
zu Marienberg i. ©. geboren. Nachdem | 
er die Schule und die Univerfität (Nechts- | 
wilienichaft) Heidelberg und Leipzig (1836 | 
bis 1839) abjolviert hatte, trater in ſächſi⸗ 
Ihe Staatsdienfte und wurde der Eiſen— 


Goethes Aufläge zur Literatur (1873), Goethes 
Briefe an Eichitädt (1872), Goethe und Dresden 
(1875), Goethes Tages: und Jahreshefte (1876), 


ı Goethes amtliche und geiellichaftliche Vorträge, fo: 
‚wie geiftliche Briefe (1876), Goethe und das jäch: 
ſiſche 


Erzgebirge (1877), Goethe-Forſchungen 
(1879), Neue Folge (1886), Goethes Briefwechſel 
mit Friedrich Rochlitz (1887.) Auch iſt B. Mit— 
arbeiter der großen Weimariſchen Goetheausgabe 
(Speziell giebt er zunächſt mit Erich Schmidt die 
beiden eriten Bände der IV, Abteilung, die Briefe 
Goethes, heraus); außerdem ift B. eifriger Mit: 
arbeiter bei der von Profeſſor Mar Koch heraus: 
gegebenen Yeitichrift Für vergleihende Literatur 
geichichte, u. a. wiſſenſchaftlichen Blättern. 


Bielenjtein, Augujt, wurde am 4. 
März 1526 in Dlitau geboren. Nachdent 
er das Gymnaſium zu Sculpforta ab» 
jolviert, bezog er 1846 die Univerfität 
Dorpat, um Theologie zu ftudieren. 
Schon im Jahre 18552 wurde er als 
Pfarrer in Neu-Autz (Kurland) ange: 
jtellt, jiedelte jedoh 1867 in gleicher 
Eigenschaft nah Doblan über, wo er 
noch jetzt als Pfarrer der deutichen Ge— 
meinde thätig iſt. Präſident der lettiſch— 
literar. Sejellichaft ift er ſeit 1564 und 
Dr. phil. hon. c. der Königsberger Unis 
verfität jeit 1853. Neben feinem jeeljor: 
geriichen Wirken beichäftigte B. fich ein» 
gehend mit dem Studium der lettichen 
Sprade, um deren Erfenntnis er sich 
große Verdienite erworben hat. Sein 
zweibändiges Werk: Die lettiiche Sprache nach 
ihren Lauten und Formen (1863) wird als 


Bil. 
die bedeutendite Arbeit auf dieſem Felde 


genannt. Außerdem verfaßte er: 


Lettiſche Grammatit (1863), Elemente der 


54 


lettiihen Sprache (1866), Lettiiche Bibel (1877), | 


Sammlung lettiicher Rolfslieder (1875). 1000 
fettiiche Räthiel (181) ıc. 


Bielz, Eduard Albert, wurde am4. Fe— 
bruar 1827 zu Hermannitadt in Sieben: 
bürgen geboren, widmete fih nad Been- 
digung der juridiich=politiichen Studien 
dem Staatödienite (von 1848— 75) in 
verihiedenen Verwaltungszweigen. Seit 
feiner früheiten Jugend beichäftigte er ſich 
nebenbei vorzugsweile mit Naturgeichichte, 
Erdkunde und Statiltif, ward 1849 Mit— 
begründer des fiebenbürgiihen Vereins 
für Naturwilfenichaften zu Hermannſtadt 
und beteiligte ſich an deſſen Yeitung als 
Schriftführer (von 1851 — 70) und Vor: 
itand (jeit 1875). Dabei wirkte er als 
thätiges Mitglied des Vereins für ſieben— 
bürgiihe Yandesfunde und des 1580 ent: 
ftandenen jiebenbürgiichen Karpathen-Ver— 
eins fortwährend im Intereſſe der genaue: 
ren Erforihung und Beichreibung feines 
Heimatlandes (Siebenbürgen), welches er 
durch zahlreiche Ausflüge und amtliche Be: 


— Bienengräber. 

1861—63, beteiligte ſich bei der Her— 
ausgabe der erſten Auflage des unter 
der Leitung des königl. ung. ſtatiſtiſchen 
Landesbüreaus erſchienenen „Orts-Lexi— 
fon der Länder der ungar. Krone“ (1873) 


und bearbeitete die neue Auflage von J. 


reilungen in allen feinen Teilen auf das 


Gründlichite kennen zu lernen Gelegenheit 
hatte. Er ſchrieb nebit zahlreichen größeren 
und Eleineren Auflägen in den Verband: 


lungen und Mitteilungen des fiebenbür- 


giihen Vereins für Naturmwiljenichaften, 
in der öfterr. Nevue, in den Jahrbüchern 
des ftebenbürgifchen Karpathenvereing u. a. 
Zeitichriften jelbitändig: Fauna der Wirbel: 
tiere Siebenbürgens (1856); Fauna der Land: 
und Sühmwaller-Mollusfen Siebenbürgens (1856); 
Handbuch der Landeskunde Siebenbürgens, eine 
phyſikaliſch-ſtatiſtiſch-topographiſche Bellhreibung 
dieſes Landes (1857), Kurzgefaßte Erdbefchrei: 
bung von Siebenbürgen, für den Schulgebraud) 
bearbeitet (1858); Neifehandbuch für Siebenbür: 
gen mit einem Kärtchen und drei Städteplänen 


(1881); Siebenbürgen, ein Handbuh für Reis | 
fende mit einer Überſichtskarte, Städteplänen und | 


Derielbe rebi: 


Umgebungäfärthen (1885). 
gierte auch die neue Folge der „Trans: 
filvania”, einer Wocenichrift für fiebenb. 


Landeskunde, Literatur und Landeskultur 


Michaelis Erdbeichreibung und Geſchichte 
von Ungarn (1880). 

Bienengräber, Alfred, geb. am 
8. Novbr. 1840 im Pfarrhaus zu Grimme, 
Herzogt. Anhalt, beiuchte das Gymnaſium 
zu Zerbft, ftudierte in Halle und Berlin, 
ging 1863 als Privatlcehrer nad) dem 
Lauenburgſchen, promovierte in Leipzig 
als Dr. phil. und fand 1865 Anftellung 
in Bernburg zunädjit als Yehrer, bald dar: 
auf als Seijtliher. Im Jahre 1868 ver: 
heiratete er fich mit Helene v. Rauſchen— 
plat. Nachdem er von 1872 — 76 ale Geiſt— 
liher an den Anhaltiihen Strafanitalten 
in Plögfau und Coswig gewirkt, wurde 
er im Herbit 1876 durd das Fönigl. ſäch— 
ſiſche Minijterium des Innern als Par: 
rer an die Landesitrafanitalt in Zwickau 
berufen, in welcher Stellung er bis Ende 
1880 verblieb. Seitdem ift er Oberpfar: 
ver in Meerane. 

Literariſch iſt B. zuerſt 1864 mit einem Bänd— 
chen Gedichte „Freud und Leid“ vor die Offent— 


lichkeit getreten, das, ſchnell vergriffen, auf Wunſch 


des Verfaſſers nicht wieder aufgelegt ilt. Bald 
darauf erichienen Novellen und Novelletten in vers 
ichiedenen Zeitichriften, vornehmlich in der Leip— 
iger Allgemeinen Modenzeitung. Vom Jahre 
1876 an wurde er Korreipondent und Mitarbeiter 
für mehrere fonfervative Zeitungen. Zahlreiche 
Artikel über Gefängnisweſen veröffentlichte er in 
den Blättern für Gefängnisfunde, dem Neuen 
Blatt, den fliegenden Blättern aus dem rauhen 
Haufe und anderen. Theologifche Artikel erichie: 
nen von ihm in Vilmar's Rajtoralblättern, Obler’s 
Halte, was Du halt, Sächſ. Kirchen: und Schul» 


‚ blatt und anderen Fachzeitichriften. Von kleineren 


Schriften verdient hervorgehoben zu werden: 
Briefe eines Mannes nah dem Herzen Gottes 
(1868), Zur Geſchichte der griechiſchen Poeſie 
(1870), Aus Krieg und Frieden (1870), Schmerz 
und Weltichmerz (1878). Als Erbauungsichrift: 
jteller ijt B. namentlich durch drei größere Werfe 


' befannt geworden: Die Liebe ilt des Geſetzes Er— 


füllung, Predigten (1878), Ich und mein Haus 
wollen dem Herrn dienen, eine Hochzeitsgabe aus 
Gottes Wort (1879), Im Sonntagsfrieden, ein 


Bierling. — 
Erbauungsbuch für die Sonn und Feſttage eines 
irhenjahres (1886). 

Bierling, Ernit Rudolf. Ich bin ge: 
boren am 7. Januar 1841 in Zittau, mo 
mein Vater Advokat und ftädtifcher De: 
pufirter ad pias causas war. 1851—59 
befuchte ich das dortige Gymnaſium, ſtu— 
dierte dann in Leipzig, beitand 1862 und 
1563 die beiden eriten juriftiichen Staats: 
prüfungen und wurde Doktor der Rechte. 


Von meinen Leipziger Yehrern haben be= 


fonders Wächter und Albredt Einfluß auf 
meine Entwidelung geübt. Im Sommer 
1864 und 1865 in Göttingen, wo na= 
mentlich Lotze auf mid) gewirkt hat. 1868 
Rechtsanwalt in Zittau, wo id) noch im 
jelben Jahre meinen Vater verlor. 1871 
Vrivatdozent in Göttingen, Mid. 1873 


ord. Brofefior der Rechte in Greifswald. 


1878, 81 und 84 Mitglied der pomm. 
Provinzialiynode, 1875 und 55 Mitglied 
der preuß. Gencralinnode, 1881—8S5 
Mitglied des preuß. Abgeordnetenhaufes. 
Meine Hauptlehrfäher: Kirchenrecht, 
Strafredt und Strafprozeh. 

Größere Schriften: Geſetzgebungsrecht evang. 
Sandestirchen im Gebiete der Hirchenlehre (1860), 
Zur Kritik der juriſt. Grundbegriffe (1. Th. 1877, 
2. Th. 1883), Die fonfelfionelle Schule in Preußen 
und ihr Recht (1885). Außerdem kl. Schriften, 
1866, 69, 71, Abhandlungen in der Zeitichrift für 
Kirchenrecht, den Deutich:evang. Blättern, Holten: 
dorf's Rechtslerikon ꝛc. 


Biermann, Gottlieb, geb. 1824 zu 
Preßburg, ftudierte am evang. Lyceum ſei⸗ 


ner Vaterſtadt und in Jena Theologie, 


wandte ſich dann dem Gymnaſiallehramte 
zu und endigte ſeine Studien in Wien. 
Von 1856— 73 war er Lehrer am evang. 


Symnafium in Teichen, jeither Direktor 
und Schulrat am deutichen Gymnaſium 
der Kleinleite in Prag. 


Außer biftoriihen Abhandlungen in den Jah: 


resberichten der beiden Pehranitalten, an denen er 


tätig war, und in Zeitichriften veröffentlichte B. | 
1859 die Geſchichte der evang. Kirche Uifterr.s | 


Schleſiens, 1863 die Gefhichte de3 Herzogtums 
Tefchen und 1874 die Geichichte der Herzogtümer 
Troppau und Nägerndorf. Die beiden Werfe, die 
von der Kritik nicht unfreundlid aufgenommen 
warden, bilden die Geſchichte Dfterr.:Schlefiens; 


>) 


— Biermann. 

auf Grund dieſer Arbeiten hat ihm 1875 die phil. 
Fakultät der Breslauer Univerſität das Ehren— 
doftorat verlichen. 


Biermann, Otto, Sohn des Vorigen, 
1558 zu Teichen geboren, jtudierte Mathe— 
matif und Phyſik zu Prag, Wien und 
Berlin, wirkt jest an der Univerfität Prag 
als Privatdozent. 

Er veröffentlichte eine Reihe von mathematiichen 
Arbeiten, vornämlich in den Schriften der kaiſerl. 

ı Afademie der Willenfchaften, außerdem (1887) 
ein größeres Werk „Theorie der analytiſchen Funk— 
tionen“, 

Billroth, Theodor, wurde am 26. 
April 1829 in Bergen (Rügen) geboren. 
Er widmete jih dem Studium der Arz— 
neifunde zu Göttingen und Berlin, und 
habilitierte ſich 1856 an legterer Univer— 
ſität, worauf er als Aſſiſtent Langenbecks 
an der Univerlitätsklinif fungierte. Drei 
Fahre ſpäter wurde er als Brofellor der 
Chirurgie nad) Züri) und 1867 nad) 
Wien berufen, wo er noch jest thätig iſt. 
B.'s Fadjkollegen betrachten ihn als eine 
der eriten Autoritäten auf dem Gebiet der 
Chirurgie, der Pathologie und bejonders 
der Hijtologie. Ebenſo rechnen feine Werfe 
zu den wertvolliten dieſer Wiſſenſchaften, 
für welche ſie bahnbrechend gewirkt haben. 
Außer unzähligen Abhandlungen in Fach— 
zeitſchriften wirkt B. auch als Mitredak— 
teur an Langenbecks „Archiv für kliniſche 
Chirurgie“/. 

Hauptwerke: Über den Bau der Schleimpoly— 
pen (1855), Unterſuchungen über die Entwickelung 
der Blutgefäße nebſt Beobachtungen aus der chi— 
rurgiichen Univerfitätsffinit zu Berlin (1856), 
Beobadjtungsjtudien über Wundficher (1862), 
Die allgemeine hirurgiiche Pathologie und The: 
rapie (1863), Chirurgiiche Briefe aus den Feld— 
lazarethen Weißenburg und Mannheim (1870), 
Unterfuchungen über VBegetationsformen der Coc- 
' eobacteria septiea (1N74), Über das Lehren und 
Lernen der mediziniihen Wilfenihaften an den 
Univerfitäten der deutihen Nation (1876), Kran: 
| fenpflege im Haufe und im Hofpital (1880). 

Bils, Karl Friedrich, it am 6. Juli 
‚1830 in Schildau, Prov. Sachen, gebo- 
ren, wo fein Vater Aktuarius war. Im 
Jahre 1832 wurde derielbe als Bürger: 
meiſter nad) Herzberg berufen. Der 





Silk, 


Knabe verlebte dort, von treueiter elter: | 
licher Liebe gehütet, in den freien und 
gefunden Umgebungen der Heinen Stadt. 
eine glückliche Kinderzeit. 1544 fam 
er auf das Gymnaſium zu Torgau, 
welches er 1845 verließ, um in Halle 
zunächſt Theologie und Philologie, dann 
die legtere Wiſſenſchaft ausfchlichlich zu 
ftudieren. Bon den Halle’ihen Docenten 
übten ©. Bernhardn, Erdmann, 9. Leo 
und Tholud befondern Einfluß auf ihn aus. 
1550 ging er auf die Univerfität Berlin. 
Nah beitandenem philologiihen Staats: 
eramen hielt er fein Probejahr in Mit: 
tenberg ab und nahm 1853 eine Stelle 
am Gymnaſium zu Torgau an; vier Jahre 
Ipäter ging er von da, hauptſächlich um 
Berlin wieder näher zu fein, an die Neal: 
Ihule zu Potsdam über. In der Ein: 
ſamkeit diefer Nefidenz arbeitete er feine 
„Dramatiichen Studien“ (1863) aus. Eben: 
falls zu Potsdam entjtand die Tragödie 
„Goriolan“. 1861, nad) der Verlobung 
mit einer Yandsmännin, hatte der Ver: 
fajier feine Stellung in Potsdam aufge: 
geben umd war nach Berlin übergelicdelt, 
um ih durch germaniftiiche Studien zu 
einer Docentenjtellung an der Univer: 
fität vorzubereiten. In dieſer Zeit wurden 
die Luftipiele verfaßt: „Mein Mann ichreibt 
Tragödien“ und „Der glüdfihe Bräutigam”. 
Das erite ward wiederholt im Ber: 
liner Refidenztheater mit Beifall aufge: 
führt. Kurz darauf entftand die Bose: 
„Der alte Barbarofia” (1866). 1564 promo: 
vierte B. in Jena, zog es jedoch vor, 
anitatt, wie er urſpruͤnglich beabfich: 
tigt, ſich dort zu habilitieren, cine im 
Eommer 1564, furz nad feiner Ber: 
heiratung, ihm angebotene Stellung als 
Redakteur bei der „Nordd. Allgem. Itg.“ 
anzunehmen. Diefem Blatte gehörte er als 
politiiher Redakteur bis zum Sommer 
1570 an. Bon da an lebte er lediglich 
Ipradhlichen Studien und Ichriftitellerifchen 


Beichäftigungen. 1872 erſchien von ihm: 
„Die Duenna“ von Michard Br, Sheridan, 


überlegt und mit einer literar-hiſtoriſchen Einlei— 


56 


Binder. 


tung verſehen; 1877: „Anno Zweitauſend“, Zu— 
kunſtspoſſe; 1886, unter dem Pſeudonym Oenophi— 
lus, die Poſſe: „Der Fürſt von Raiatea“. 1883, 
nach dem Tode ſeiner erſten Gattin, hatte 
er ſeine dem Andenken derſelben gewidme— 
ten „Gedichte herausgegeben. Seit 1879 
hatte B. die Berichterftattung über das K. 
Schauſpielhaus für die „Nordd. Allgem. 
tg.” übernommen. Bon Michaelis 1877 
ab ift er Mitglied der „‚Berliner Gefell- 
Ihaft für das Studium der neueren 
Sprachen”, in deren Organ: dem „Archiv 
für das Studium der neueren Sprachen‘ 


mehrere ſprachwiſſenſchaftliche Aufiäge von 


ihm veröffentlicht wurden. 
Binder, Aul., ſ. 3. Iſenbeck. 


Binhad, Franz X, geboren den 11, 
April 1536 zu Waldſaſſen in der Ober: 
pfalz, erhielt in den Jahren 1848 bis 
18555 feine Vorbildung an den Stu: 
dienanitalten Metten und Amberg und 
itudierte von 1855— 1859 an der Uni: 
verfität München anfänglich Philoſophie, 
Naturwiiienichaft und Gefchichte, bis er 
ih dem Fachſtudium der altklaſſiſchen 
Philologie zumandte. Nach feinem im 


Jahre 1859 beitandenen Staatseramen 


für das Gymnaſiallehramt wirkte er von 
1360— 1863 als Affiitent zu Eichftätt 


‚und Negensburg, von 1863 bis 1873 als 


Studienlehrer in Neuburg an der Donau 
und in Amberg und feit 1873 als Gym— 
naſialprofeſſor zu Burghaufen an der Sal: 
zach, hierauf zu Eichitätt, wo er noch ge: 
genwärtig dienftlich thätig ift. Literariſch 
befchäftigte ſich derielbe befonders mit 


‚der Überfegung neulateiniſcher Dichter. 


So übertrug er Das 3. und 4. Buch der 
Wälder und Die gefhichtlichen Oden des 1. Bandes 
der gejammelten Werte des bayriihen Horaz, 
Jakob Balde. Zugleich lieferte er manche 
pbilologishe Arbeiten (Grundbegriffe des an: 
tifen Münzweſens, Zuſammenhängende deutich: 
lateinische und deutſch⸗griechiſche UÜberſetzungsſtücke). 
Am bekannteſten wurde er jedoch als 
Yprifer durch feine Reime und Träume; 
ferner durch feine 1852 erfchtenene zweite 
Gedichtſammlung Eigenes und Fremdes Seit 


Bippard. 


1882 erfchienen von B. außer zahlreichen | 


Gedichten, beionders Epigrammen, in 


verſchiedenen belletriftiihen Zeitichriften. 


Abhandlungen über die „Seichichte der 
ehemaligen Cijterzienjerabtei Waldſaſſen“ 
in Programmen und Tagesblättern. 


Bippard, Georg, geb. 17. Aug. 1816 
in Barfa a. W. in Thüringen, wo der 
Vater Grundbefiger und Bädermeifter 
war. Den erften Unterricht empfing er 
in der dortigen Bürgerichule. Nah Abjolv. 
der Schule bejuchte er 6 Semeiter hin: 
durch die Univerfität Jena; die beiden 
eriten hörte er theologiihe und philol., 
weiterhin nur philol. Collegia, daneben 
philojoph. und hiftoriiche. Nachdem eine: 
philol. Arbeit von der philo). Fakultät 
mit dem 1. Preiſe gekrönt worden, bes 
gab er fih nad Berlin und jegte feine 
Studien fort. Darauf vertaufchte er Ber: 


57 


— 


Birkenbühl. 


die Lehre von der Indifferenz des Guten 
und Böſen den kategoriſchen Imperativ 
nicht verdrängen; auch Herbart vermochte 
ihn nicht zu befriedigen. So ſuchte er 
ganz und gar ſein Heil bei den Hellenen: 
Pindar und Sokrates-Platon, bisher der 
Hauptichriftiteller jeines philol. Studi: 
ums, wurden nun die Führer und Stüßen 
bei feinem Streben, den rechten Weg 
durch das Leben zu finden. In Jena fün- 
digte er in Betracht der geringen Zahl 
philol. Studenten und weil es ihn 
drängte, über manches, was ihn in den 
legten Jahren bewegte, ſich öffentlich 
auszuſprechen, Vorlefungen an nicht bloß 
über Philologie, Jondern auch über neue 
deutiche Literatur und pauliniiche Briefe, 
und er befam auch einen Kleinen Kreis 
aufmerffjamer Zuhörer. Daneben ent: 
widelte er eine vieljeitige literariiche 
Thätigkeit. Nachdem feine Preisichrift 


lin mit Leipzig, bejuchte Hermann’s Vor: ſchon 1843 erſchienen war, lieferte er 
lefungen und wurde in die griechische Ge: Rezenfionen und Abhandlungen für viele 
jellichaft aufgenommen; daneben hörte er Zeitichriften und ſchrieb Rindars Leben, Welt: 


Hartenftein, und wurde jo in das Her: 
bert'ſche Syſtem eingeweiht. 1839 beichloß 
er die Univerſitätsſtudien. Der Plan, | 
nod längere Zeit in Leipzig zu privatis 
fieren und ſich für das afademifche Lehr: | 
fach vorzubereiten, wurde vereitelt durch 
eine Augenfranfheit. Nach ärztlicher Wei- 
fung mußte er auf unbejtimmte Zeit 
allem Leſen und Schreiben entjagen und 
die Stadt verlaiten. Erſt nachdem er 
den Sommer 1842 meift im Bade 
Liebenjtein zugebradt, war er jo weit 


anihauung und Kunſt (1848). 1850 wurde 
er zum aufßerordentlichen Profeſſor er⸗ 
nannt. 1852 nahm er ſeinen Abſchied 
und begab ſich zunächſt nach Paſſau, von 
hier nach Wien und dann in Folge eines 
Rufes als Profeſſor an die Univerſität 
Prag. 

Birkenbühl, K., ſ. H. Grasberger. 

Birlinger, Anton, wurde am 14. 


Januar 1834 zu Wurmlingen bei Tü— 
bingen geboren. Er widmete ſich dem Stu— 


hergeſtellt, daß er es wagen konnte, eine dium der Theologie und deutſchen Philo— 
Privatlehranſtalt in Eiſenach zu über: | logie auf der Univerſität Tübingen, wo er 
nehmen. Und nad) Verlauf von 2°’. Jah: im Umgang mit Uhland ſeine wiſſenſch. 
ren war er im Stande, fich in Jena als Srundlage zur deutichen Mythologie legte. 


Privatdozent für Philologie zu habilitieren. | 
Das Studium der Theologie hatte er aufge: | 
geben und nahm dann feine Zuflucht zur 
Bhilofophie und glaubte bald einen Erſatz 
der Religion an der fittlich:religiöfen Welt: 
anihauung von Kants sries gefunden zu 
haben. Die Bekanntſchaft mit Hegel zer: 
itörte dieſen Glauben, doch konnte ihm 


Nachdem er fich zeitweile in Münden, 
Breslau und Berlin aufgehalten, um ger: 
maniſtiſchen Studien obliegen zu fünnen, 
habilitierte er fih 1869 in Bonn für deut— 
ſche Philologie und wurde 1872 dajelbit als 
Profeſſor angeftellt, in welcher Eigenſchaft 
B. noch jett dort wirft, gleichzeitig eifrig 
und mit Erfolg fchriftitelleriih thätig, in 


Birnbaum. — 58 — Biſſing. 


letzterer Beziehung beſonders mit der Erz zurück, um ausſchließlich der Schriftſtellerei 
forſchung der Süddeutihen alten Sagen, in Speier, vom Bapit zum Nammerherrn 
Sitten und Gebräuche, Lieder, Sprache be: | ernannt, leben zu können. N 

ſchäftigt, um welche er fich aud) durd) die | Sein eigentliches Feld iſt der biltoriiche Ro— 
Begründung der „Alemannia“, Zeitſchrift man: Tuthers Brautfahrt (IST), gegen die Re: 
fu Eprace, Literatur und Voll F ded g | formation gerichtet, ebenfo Franz von Sidingen 
ur Sprache, {1 era ut und oltstunde DES | (1859), Königin Bertha (1860), Barbaroiia 
Eljaß, Oberrheins und Schwabens jehr | (1862), Die Aufgeflärten (1864), Canofia (1872), 


verdient gemacht. Hauptwerfe: Voltstümliches Die Neihsfeinde (1874), Urdeutih (1875), Die 


(1862), Schwäbiih:Augsburgiiches Wörterbuc, | Neudeutic (1853) :c. 

S6H), Kelir : i tilgerbüchlei ‚eo: Zoerdi nn 
KanBan & Inreden bie Shmaben (INES), lem, Omtintg, Ferdinand, wurde im Jahre 
Sprache rechis des Rheins feit dem 13. Jahrh. 1932 in Heidelberg geboren, woſelbſt er 
(IS68), Aus Schwaben (1873), Des Knaben Wum: ſtudierte, in Philoſophie und Geſchichte 
derhorn (1574 Altdeutſche Neujabröblätter summa cum laude promovierte, dann 
1874). Dans Bujtetter Ernſtlicher Bericht (1887). an dortiger Univerfität eine Neihe von 

Birnbaum, Karl, wurde am 18. Mai | Jahren Privatdozent der Gedichte war. 
1829 in Zouvains (Belgien) geboren. Er Als foldher ſchrieb er: Athen und die Politik 
widmete fi dem Studium der Kameral- | feiner Staatsmänner von der Niederlage der 
und Landwirtichaft (Gießen und Jena), — — Pa ei vv ee 
und nachdem er auch mehrere Jahre prak- | Dann wandte er fich der Xournaliftit zu, 
tiſch als Landwirt thätig geweſen habili-⸗ dar Redakteur mehrerer Blätter, feit 10 
tierte er fih in Sieben als Dozent. 1867 Jahren nunmehr die in Freiburg i. B. 
wurde er als Profeſſor nad) Zeipzig bes | sricheinende „Breisgauer Zeitung“, ein 
rufen. Seine wiſſenſchaftlichen Werke ges | gfatı gemäßigt:liberaler Richtung, redi— 
nießen eines vorzügliden Rufes. 'gierend. 


Hauptwerfe: Über die Wirtſchaftsſyſteme R — 
Bitter, Lothar, ſ. Alfred Stößel. 


(1857), Lehrbuch der Landwirtichaft (LS50—63), 

Fr. ©. Schulze ald Reformator der Landwirt: 

Ihaft (1860), Die ifolierten landw. Lehranftalten  Wittong, Franz (Oskar Stern), wurde 
und die Univerfität (1863), Denkſchrift über das | am 2, Novbr. 1842 in Mainz geboren. 
Genoſſenſchaftsprinzip in Anwendung und An: r 

wenbbarfeit in der Sandwirtihaft (1870), Hand: Er widmete ſich dem Kaufmannsberuf, be⸗ 
buch für Landwirte (9. Aufl. 1880), Anleitung ſchäftigte fi) jedoch daneben eifrig mit 
zum Studiengang des Yandwirts (1874), Landw. dem Studium des Dramas. Eine leiden: 


Tarationdlehre (1877), Taſchenbuch zum Bonitie: : f RR c w 
ren (1885). Von ihm neu herausgegeben oder pre — * ——— 
bearbeitet find Fr. Thiel's Landw. Konverſations- ihn eine geſchaftlichen Plane g 


lexiton (1877/82) und Block: Mitteilungen landw. um ſich anderen, mehr feinen Neigungen 
Erfahrungen, Anfihten und Grundfäge im Ge: entiprechenden zuzumenden. 1871 zurüd: 
biete der Veranihlagung und Nehnungsführung | geehrt vom Kriegsihauplag, übernahm 
— a R , er die Opernregie des Stabdttheaters in 
Biſchoff, Joſeph (K. v. Bolanden), Mainz, 1872 die Regie in Stettin, 1873 
wurde am 9. Auguit 1828 zu Gailbad) | die in Bremen, 1876 die in Hamburg am 
(Rheinpfalz) geboren, widmete ſich dem Thaliatheater, wo er noch) jetzt als Über: 
Studium ber Theologie zu Münden und regiſſeur am Stadttheater thätig ift, zu: 
wurde 1852 zu Speier zum Priefter ge: | glei) als fruchtbarer Dramendichter. 
weiht. Bald darauf wurde er als Dom: Khauptwerke: Die Meifterfänger und das Juden: 
faplan in Speier angeftellt. Später wirfte | tum in der Mufif (Parodie 1871), Blaue Rofen, 
er noch als Pfarrer in Börrftadt (1857) | Thwarze Tulpen (Suftip. 1871), Die Dämonen 
he * J des Herzens (Trip. 1871), Plaudereien über die 
und in Berghaufen (1859) und trat 1869 Reform der deutichen Bühne (1872), Emmerid 
aus dem geiftlihen Stande in die Welt Joſeph (Schaufp. 1872), Wichtelmänner (Märchen 





59 


Bittrich. Bleiſteiner. 
1872), Lancelot (Op. 1875), Des Königs Schwert franz. Offiziers (1882), Aus Norwegens Hoch— 
(2. 76), Die Lachtaube (L. 76). Die Plaudertaiche | landen (Movellen 1853), Der Nibelungen Not 
(2. 1878), Der Weftindier (Schip. 1893), Der | (Nom, 1854), Wer weih es (1884), Schledhte Ge: 
Lügner (2. 1884), Flottenmanöver (2. 1887). ſellſchaft (1885), Lord Byron (2 Dram. 1886), 
— oe Welt und Wille (Ged. 1886), Geſchichte der 
: Bitteid), Diaz, * 17. * engliſchen Literatur (2 Bde. 1887). 
1 Bor ohnbaft, D rllten ah Bleifteiner, Georg, wurde am 13. 
dajerbjt wohnhaft, veröfpentlichte Torfge: März 1865 zu Nürnberg als Sohn eines 
ihichten, Novellen und Gedichte in Zeit: | Genrer - N 
(chrift Sr ift Serausneber und Kedaf Lehrers geboren. Der Umitand, daß er 
t * * — fü en — it ‚in früheiter Jugend einige Jahre in Blind» 
2 rich reg * Beifällig ie heit zubrachte, trug, fo unliebfam er an 
en TI 3 und für fi) fein mochte, doch wejentlid 
nommen wurden neben den Dorfgeichichten rüe fi 1 & we) 


onen dazu bei, den Knaben in der Melt der 
des Autors Gedichte in Laufiger Diundart. | 36 2 
Sie wurden zuerft in Zeitungen veröffent: Phantaſie heimiſch zu machen. Die jo ges 


: : wedte Fähigkeit, von außen fommende 
licht und erſcheinen geſammelt in Buchform. Findruge helbftändin aufzufaflen umd zu 

Blasko, Ludwig, wurde in Lugos in geftalten, machte ſich fpäter, als die Er: 
Ungarn als Kind einer magyarijchen Mut- | blindung glücklich bejeitigt wurde, in poe— 
ter und eines ſlaviſchen Vaters am19. Mai tiſcher Produktion geltend, die er gegen 
1859 geboren. In bejcheidenen Verhält- | den Willen feines, nur auf das Praktiſche 


niſſen aufgewachſen, bezog er nad) Abjol: | 
vierung des Gymnaſiums jeiner Vater: 
ſtadt die Univerfität zu Budapeft und 
hörte Jus, wurde zum Doktor promoviert 
und wirft feit 1885 als Rechtsanwalt in 
feiner Heimat. Eeit feiner Kindheit be: 
geiftert für deutſche Dichtung und deutjche 
Wiſſenſchaft wurde er geiftig ein ganzer | 
Deuticher. 

Seit jeinem 17. Jahre fchrieb er, dem Drange 
feines Innern folgend, viele Iyriihe Gedichte, die 
in verſchiedenen Tagesblättern und literarischen 
Wochenſchriften erichienen und Anklang fanden, 

Am 19. Dezbr. 1856 führte er Emma 
Cſermely, ein an Geilt und Liebreiz gleich 
bedeutendes Mädchen, als feine Gattin 
heim. 


ein. 





Bleibtreu, Carl, wurde am 13. Ja: 
nuar 1859 zu Berlin als ein Sohn des 
berühmten Schladhtenmalersgi.N.geboren. 
Nachdem er die Schule abfolviert und län: 
gere Zeit aufStudienreifen verbracht hatte, 
fiedelte er mit feinen Eltern nad) Char: 
lottenburg über, um fich ganz der Schrift: 
ftellerei, als ein Jünger der realiftiichen 
Schule, zu widmen. Im Jahre 1886 über: 
nahm B. die Redaction des Magazins für 
Siteratur des In- und Nuslandes. 


Inter feinen, von der Kritif fehr ancrfannten 
Werfen find hervorzuheben: Erinnerungen eines 


gerichteten Vaters und pedantifcher Lehrer 
eifrigit betrieb. Das noch während feiner 


Gymnaſialzeit verfaßte Traueripiel Eliſſa 


trug ihm, jo unreif es in vielen Stücken 
jein mochte, doch mannigfache Aufmunte: 
rung und Anerkennung feines Talentes 
Nah Beendigung der Gymnaſial— 
ſchulzeit bezog er zuerft die Univerſität Er- 


langen, jodann die in Leipzig, um nad) 


dem Geheiß feines Vaters Theologie zu 
jtudieren. Dod) wandte er fi) bald auf 
Grund feiner Überzeugung von dieſem 
Studium ab und lebt jeitdem in Leipzig 
der fchriftitelleriichen Thätigfeit als Kunſt— 


‚referent. Auf dem Gebiete des Dramas 


ſchrieb er in neuefter Zeit das Trauerfpiel 
Kaifer Dtto der Dritte. 

Bliedner, Arno. Ach wurde am 17. 
Oftober 1848 in Pfarrfeßlar bei Kahla 
im Herzogtum Altenburg geboren, wo 
mein Bater Pfarrer war. Von letterem 
erhielt ih den eriten Unterricht in den 
alten Spraden; außerdem befuchte ich bis 
zu meinem 14. Jahre die Dorfihule. Nach 
vierjährigem Aufenthalt auf dem Gymna— 
fium zu Altenburg bejtand ic) das Abitu— 
rienteneramen und jtudierte dann 3 Jahre 
in Jena und Leipzig Theologie und Philo— 
fophie, worauf ich mich dem Kandidaten- 


Bliemcden. 


eramen in Altenburg unterzog. Zodann | 
begab ich mich 1870 behufs weiterer Aus⸗ 
bildung nad) Berlin, errang hier einen aka— 
demiichen Preis, wirfte einige Zeit im 
Paulinum und ging 1872, da ich zur 
Ausübung des geiftlichen Berufes Feine 
rechte Neigung fühlte, nad) der Schweiz, 
um daſelbſt cine Hauslehrerſtelle zu über- 
nehmen. Hier betam ich zuerit Geſchmack 
an der Pädagogif, fühlte jedoch beim Un: 
terricht meines Zöglings, daß id) manche 
Mißgriffe machte, weil ich, wie leider jo 
viele, an die Ausübung des Erzieherge: | 
ſchäftes ging, ohne mic) achörig dazu vor: 
bereitet zu haben. Ich beichloß daher, 
das pädagogiſche Seminar des in weiten 
Kreifen befannten Profeſſors Stoy in Jena 
zu bejuchen. Demſelben gehörte ich drei 
Jahre lang an, die legten beiden Jahre 
als Oberlehrer. Während dieſes meines 
Aufenthaltes in ‚Jena beitand ich auch das 
Eramen für Kandidaten des höheren Schul: 
amts. Seit 1875 verwalte id) das Amt ei: 
nes erjten Lchrers am Sroßherzogl. Schul: 
(ehrer: Seminar zu Eiſenach, weldye Anitalt 
weientlih nach Herbartiihen Grundſätzen 
eingerichtet ift. Auf lepteren beruht denn 
auch mein 1883 erjchienenes Schiller⸗Leſebuch, 
im Jahre 1885, 1886 veröffentlichte 
ich K. V. Stoy und das pädagogiſche Univer— 
ſitätsſeminar. In dem ſeit etwa 10 Jahren 
innerhalb der Herbartiihen Schule ent: 
Itandenen und noch nicht beigelegten Streite 
zwilchen den Anhängern Stoy’s und Zil— 
ler’s habe ich eine vermittelnde Stellung 
einzunehmen gelucht und derielben mehr: 
fah in päbagogiichen Zeitichriften Aus- 
druck gegeben. 

Außer den genannten Werken und einem Schrift: 
chen „Über Fremdwörter in der deutjchen Sprade“ 


(1886) habe ich viele Aufläge in pädagogiichen 
Zeitichriften veröffentlicht. 


Bliemchen, j. ©. Schumann. 


Blind, Karl, wurde am 4. September 
1826 zu Mannheim geboren. Er widmete 
jich dem Studium der Literatur und Ge: 
Ihichte zu Heidelberg bis zum Jahr 1845, 
wo er alle weiteren Pläne aufgab, um 


lock, KA- ‚Art Ta 


60 


— Bloch. 

politiſcher Agitator zu werden, begeiſtert 
von dem Wuͤnſche, mitzuſchaffen an dem 
Aufbau des einigen Deutichlande, Bei 
Staufen auf einem Sreilcharenzuge Schwer 
verwundet und gefangen genommen, wurde 


‚er zu langjähriger Zudthausitrafe verur— 


teilt, jedoch Schon nach faum einem Jahr 
von feinen Freunden gewaltiam befreit. 


‚Er floh darauf aus feinem Vaterland und 


erst im Sahre 18970, als die 48er Pläne 
und die damals geitreute Saat zu reifen 
‚begannen und helle Blüten trieben, kehrte 
N, zurüd, um aufs neue feinem Vater— 
land zu dienen. B. lebt in London nur 
feiner literariichen Thätigfeit. Seine Abs 
bandlungen über Geſchichte, Mythologie, 
Altertumsfunde, vor allem aber über Po— 
litik erichienen in zahllofen Zeitichriften 
und werden jehr geichägt. 


Bloch, Eduard, geboren zu Berlin 
am 20. Auguft 1831, lebt als Bud 
händler in Berlin (Firma: Eduard Blody’s 
Theater-Buchhandlung) verfaßte Humori— 


ſtiſches und Dramatijches, namentlich ein: 


aktige Luſtſpiele und Pollen, welche viel- 
fach aufgeführt wurden und die ſämmtlich 
auch im Buchhandel erſchienen ſind. 


Bloch, Ida, geboren zu Breslau den 
.April 1854. Lebte von 1861 bis 
1883 in Berlin. Von dieſer Zeit ab 
in Charlottenburg. Beſchäftigt ſich ſeit 
1883 mit Kinderliteratur, hauptſächlich 
mit der Herausgabe von Beſchäftigungs— 
und Gefellichaftsipielen für die Jugend 
und iſt Mitarbeiterin der beileren Jugend: 
zeitfchriften. 


Blum, Hans, wurde am 8. uni 1841 
zu Leipzig als Sohn des berühmten polis 
litifchen Nedners und Abgeordneten Ro: 
bert Blum geboren. Nachdem er feine 
Borbildung in Schweizer Schulen genofien, 
ftudierte er 1860-64 in Xeipzig und 
Bern die Nechte und lieh fih 1869 als 
Rechtsanwalt in Leipzig nieder. 1870 
machte er den deutſch-franzöſiſchen Krieg 
als Korreipondent des „Daheim“ mit. 


29 


Blum. — 61 — Blumenthal. 


Zurückgekehrt, übernahm B. die Redaktion zu verwerten und falls ihm Erfolg werde, 
der „Grenzboten“, die er bis Ende 1878, ganz der Schriftſtellerei ſich hinzugeben. 
alſo noch in ihrer beſſeren Zeit, leitete. B. Schrieb: Vom Felde der Liebe (Ged. 1887). 


it eifriges Mitglied der nationalliberalen Blumenthal, Oskar, wurde am 13. 
Partei, gehörte als joldes 1867 — 70 dem März 1852 zu Berlin geboren, ftudierte 
Norddeutichen Neihstage an und it jeit dort und in Leipzig Philologie. Von 
1867 Mitglied des Vorſtandes dieſer Bar: 1873 — 74 redigierte er die „Deutiche 


tei für Sachſen. Dichterhalle“ in Leipzig, welche Thätigkeit 

‚Auber einigen vorzüglien juriftiihen Werfen, op feiner Überfiedelung halber nad) Dres: 
ee aufgab. Hier gründete er eine Zeit- 
(1870), Sãchſ. Rechtsfreund, Annalen des Reichs: z gr u g ee a 
gerichts (13 Bände, 187986), eine kritiihe Be: ſchrift: „Für Dichtkunft und Kritif” und 
arbeitung des alten Pitaval :c., it B. auch belle: | zog nad) dem Eingehen derjelben nad) Ber: 
* gung ie sen ‚in, um hier Mitredakteur des „Berliner“ 
unleren Tagen (1876), Nobert Blum (Biogr. u = 
1878), Junius (Schaufp. 1853), York (Schaulp. Tagebl. zil werden, welche Stellung er 
1834), Der Überläufer (1884), Herzog Bernhard 1887 aufgab, um ein eigenes Theater in 
(1885), Hellwyl u. Budenberg (INS6), Die Ab: Berlin zu gründen. 


tiffin von Sädingen (1887), hijtoriiche Romane. Hauptwerfe (meift Luftipiele): Gemiſchte Ge: 
Als Anwalt ift B. vorzugsmeife in Ver- jelihaft (1877), Allerhand Ungezogenheiten 
tretung von Schriftitellern thätig. (1878), Die Vhilofophie des Unbewuhten (1878), 


i Vom Hundertiten ins Taufendite (1878), Paula's 
Blum, Lodoisfa von (E. dv. Waldow) Scheimnis (1880), Operationen (1880), Frau 


wurde am 25. Dezember 1841 in Ruſſiſch- Venus (1SS1), Der Brobepfeil (1882), Die große 
Polen geboren. Nachdem ihr Water, Offi- Glocke (1894), Der ——— 
zier in preußiſchen Dienſten, geſtorben, Blumer, J. H., ſiehe H. Dünger. 


ebenſo fur; vor der Vermählung ihr der: Blümu er, Hugo, wurde am 9. Auguſt 
lobter Freiherr v. —— fiedelte 1944 zu Berlin geboren, ftudierte dafelbjt 
fie von Berlin nad Wien über, wo fie for und in Bonn und Breslau Philologie und 
wohl redaktionell, wie ſchriftſtelleriſch thü- Archäologie, habilitierte ſich 1868 in Bres— 
tig war bis zum Jahre 1852, da fie ihrer lau, war hier mehrere Jahre ala Gum: 
geſchwãchten Geſundheit halber nach Ber Nafiattchrer und zu gleicher Zeit als Pri— 
nedig zog, wo fie noch jetzt als fleißige No- vatdozent thätig und wurde 1875 als Pro— 
vellijtin lebt. j es fefior nad) Königsberg, 1877 an die Uni: 
— — — verſität Zürich berufen, wo er noch jetzt 
telsburg (1873), Das Sündenerbe (1ISTH, Ge- Of 3.) gerfee ; { . 

jemmelte Novellen (1876), Die Here von Wro: wirkt, ſchriftſtelleriſch beſonders mit dem 
itama (1550), Aus dem Leben der Armen (1882), I Studium der Xiteratur über bildende 
Chne Seht (1584), Der Doppelgänger (1886), Künſte befchäftigt. Seine Werfe auf die: 


:. 2 Be 
a ————— ER ſem Gebiete werden zu den beſten ihrer 


Blum, Dar, wurde am 23. Dezem⸗ Se Kunſtliebhaber und Kenner im Al: 
ber 1863 als Sohn eines Landmannes  tertum (1873), Ausgabe von Leſſing's Yaofoon 
in Wohkuhl, einem Dorfe in Medlenb., | (1876), Yaofoonftudien (1852), Das Kunſtgewerbe 
geboren. Er empfing den eriten Unter- | im Altertum (1885) ꝛe. | 
riht im Elternhauje bis zum neunten) Blüthgen, Victor, wurde am 4. Ja: 
Jahre, da er in das Gymnaſium zu Neu: | nuar 1844 in Zörbig (Prov. Sadjien) geb., 
itrelig geichieft wurde. Nach Abjolvierung | befuchte die lateinische Schule An Halle und 
deſſelben widmete er ich dem Kaufmanns | widmete fich dafelbft dem Studium der 
itande, fühlte jedod) wenig Neigung für Theologie, war nad) Bejuc des Prediger: 
diefen Beruf und gab ihn bald wieder feninars in Wittenberg bei der Abfaſſung 
auf mit dem Plane, ſein lyriſches Talent eines theol. Lexikons in Elberfeld thätig 


— S« —2 y-'kht. 


Bobertag. — 


und ging von da nach Marburg in Heſſen, 
um ſich für die akademiſche Laufbahn 
Wiſſenſchaften. Wenn ihm auch weit auf— 


vorzubereiten, lenkte indeſſen im Herbſt 


1876 in eine ausſchließlich journaliſtiſche 


und belletriſtiſche Thätigkeit ein. Zunächſt 
ein halbes Jahr bei der „Krefelder Zei— 
tung”, ſeit 1878 bei der „Gartenlaube“ 
in Leipzig redaktionell beichäftigt, ver: 
heiratete er ſich 1881 und gab die redaf: 
tionelle Thätigfeit gänzlich auf, um in 
Freienwalde a. d. Oder, dem Heimats— 
orte jeiner Gattin, ausichlieglid feiner 
Schriftjtellerei leben zu können. Leider 
mußte feine Gattin 1885 die Geburt 
eines Sohnes mit dem Tode büßen. Be: 
ſonders als Jugendfchriftiteller iſt B. all: 
feitig anerfannt. 

Hauptwerfe: Schelmenfpiegel (1876, 2. Aufl. 
1886), Froſchmäuſekrieg (1878) und zahlreiche 
andere, von Osfar Pletich u. N. illuſtrierte Yieder- 
bücher, Helperiden (1879), Bunte Novellen (1880, 
2. Aufl. 1887), Gedichte (1881), Der Friedensitörer 
(1883), Poirethouſe (1884), Aus gährender Zeit 
(1884), Der Preuße (1854), Yebensfrühling 


(1887). 


Bobertag, Felir, wurde am 19. Mai 
1841 zu Gr.:Läswig in Schlefien geboren. 
Nach Abjolvierung des Gymnaſiums zu 
Liegnig bezog er die Univerfität Breslau, 
um PBhilofophie zu jtudieren. Im Jahre 


1565 legte er jein Eramen ab und wurde 


zu Breslau als Lchrer angeftellt. Nun: 
mehr amtiert er daſelbſt als Oberlehrer 
und Privatdozent. B. hat fich als Literar- 
hijtorifer vielfach hervorgethan, befonders 
hervorzuheben: Geſchichte des Romans, 2 Bde. 
(unvollendet), die Derausgabe von Grimmels— 
baufens Schriften, der Jobſiade, Miſchmaſch, 
Narrenbuch, I1. Schleſ. Schule, Aſiatiſche Briefe 
ud. 

Bodenstedt, Friedrich von (Mirza 
Schaffy), wurde am 22. April 1819 zu 
Beine in Hannover geboren. Won feinen 
Eltern für den Kaufmannsjtand beſtimmt, 
mußte er die Handelsichule befuchen und 
wurde nad Abjolvierung derielben als 
Lehrling in cin Kaufgefchäft gegeben. 


Schon damals regte fid) in dem Jüng- 
ling ein heißes Schnen nad Wiſſen, und 


62 


Bodenitedt. 


eines Tages warf er das „Hauptbuch“ 
von fi) und Flopfte an den Tempel der 


gethan wurde, jo lag dody der Weg da= 
hinein nicht jo flar und offen vor ihm: 
Ihwere Eorgen, Not und Entbehrungen 
umjtarrten den Ningenden. Endlich er: 
reichte er das erſte vorgeftedte Ziel: die 
Univerfität Göttingen. Nachdem er hier, 
Ipäter in München und Berlin Philoſo— 
phie und Gejchichte, daneben neuere 
Spraden jtudiert hatte, nahm er eine 
Stelle als Erzieher in Moskau an, haupt: 
ſächlich um die ruſſiſche Sprade und um 
dort Land und Leute zu ftudieren. Von 
Moskau unternahm B. einen Ausflug nad 
Tiflis, wo ihm eine Gymnaſiallehrerſtelle 
angeboten wurde. Hier lernte er auch 
den Träger des durch B. jo berühmt ge: 
wordenen Namens Mirza Schaffy, einen 
Orientaliten von hervorragenden Willen, 
fennen. B. himwiederum verdanft M. 


(1885), Zum Nachtisch (1886), Die Stiefihweiter Sc. wohl manden Stoff aus dem Kan: 


kaſiſchen, ja mand)es Lied feines melo— 
dienreichen ſchönſten Werkes, ebenjo half 
der Freund bei der Schöpfung des großen 
ethuographiichen MWerfes: Die Völker des 
Raufafus. Im Jahre 1546 gab B. feine 
Stellung als Zchrer auf, um wieder nad) 
Deutſchland zurüczufchren, wo er zunächſt 
in München verweilte, in regem Verkehr 
mit Friedrich Liſt. Von München aus 
unternahm er eine Kunſtreiſe in den Süden, 
ließ ſich vorübergehend in Trieſt als Re— 


dakteur des Oſterr. Lloyd nieder, welche 


Stellung er der Revolution (1848) halber 
jedoch wieder aufgab, um nach Berlin zu 
gehen. Von dort aus war er auch po— 
litiſch thätig und zeichnete ſich beſonders 
auf dem Friedenskongreß in Frankfurt 
a. M. (1550) aus. Hierauf war B. 
längere Zeit mit der Nedaktion der Weſer— 
zeitung in Bremen betraut. Nach Auf: 
gabe dieſer Thätigkeit hielt er fich zeit: 
weile in Kaſſel und in Thüringen auf, 
bis er vom König von Bayern (1854) 
als Profeſſor der jlaviihen Sprachen und 
Literatur nad) München berufen wurde. 


Bödiker. 


1867 als Intendant des Hoftheaters nad) 
Meiningen berufen und gleichzeitig in den 
Adeljtand erhoben, leitete er das Theater 
und die Kapelle bis zum Jahre 1869 in 
alänzender Weiſe, aud) verdanfte man 
jeinem noch jahrelang weiter ausgeübten 
Einfluß Vieles. Seit 1878 lebt B. in 
Miesbaden als einer der talentvolliten 
deutichen Sänger, deſſen liederfüßer Diund 
Unvergängliches gefungen. Hauptwerke: 

Kaslow, Puſchkin und Lermontow (1843), 
Die poetiihe Ukraine (1845), Die Völker des 
Kaufajus (1848), 1001 Tage im Orient (1849), 
Die Lieder des Mirza Schaffy (1551, 126. Aufl. 
1887), Aus Heimat und Fremde (Erz. 1852), 
Demetrius (Trauerip. 1856), König Autharis 
Hrautfahrt (Luftip. 1860), Aus Oſt und Met 
(Ep. 1861), Epifche Dichtungen (1863), Shafe: 
ſpeare's Vorläufer und Zeitgenofien (1858), Ge: 
ſamm. Schriften (1865— 1869), Das Herrenhaus 
in Eichenwalde (1872), Einkehr und Umſchau 
(1873), Aus dem Nachlaß des Mirza Schaffy 
(1874), Alerander von Korinth (Schaufp. 1876), 
Theater (1876), Der Sänger von Schiras, Hafi— 
filhe Lieder (1877), Verichollenes und Neues 
(1877), Die Lieder und Sprüde des Omar 
Chajjam (1881), Aus Morgenland und Abend» 
land (1883), Neues Leben (1886) ıc. ꝛc. 


Bödiker, T., geb. 1843, wurde in weis 
teren Streifen zuerjt befannt durch die von 
ihm verfaßte Einleitung zum Katalog der 
deutichen Abteilung der Wiener Weltaus— 
jtellung vom Jahre 1873 und durd) Ar: 
beiten über das Auswanderungsmweien, 
ihrieb fodann volfswirtichaftliche Aufſätze 
in der „Gewerblichen Zeitichrift‘ und ver: 
faßte größere und fleinere Werfe über 


63 


— Boeck. 

| Gedichten aus der Gegenwart” (1855) veröffent⸗ 
liht. Beethoven-Studien, die teilweiie 
publiziert wurden, braten B. auf Die 
See der Schöpfung eines Beethoven-Mu— 
jeums; als WVorläuferin defjelben wurde 
am 60. Sterbetag des Meiſters (26. März 
1887) die „Beethoven: Sammlung” in 
| Heiligenftadt bei Wien eröffnet. B. be: 
fleidet gegenwärtig bei dem großen lite: 
rarifhen Unternehmen des Kronprinzen 
von Ofterreih: „Die öft.ung. Monardie 
in Wort und Bild” die Sefretär:Stelle. 


Boeck, Karl v. d. (Derboed), wurde 
am 23. Mai 1832 in Münſter geboren. 
Sein Vater, Major, beftimmte den Kna— 
ben Schon früh für den Soldatenftand, je: 
dody mußte diefer jehr bald eines förper: 
lichen Leidens halber feinen Abjchied neh: 
men. Er wanderte nun nad) Amerifa aus, 
machte den Krimfeldzug und den Krieg 
in Indien gegen die Sepoys mit und 
fehrte nad) Beendigung derielben nad) 
Deutfchland zurüd. Hier führte er zeit- 
weile die Redaktion der „Weſtfäliſchen Zei: 
tung“ in Dortmund und zog dann nad) Ber: 
| lin, wo er nod) jegt, der Schriftjtellerei fich 
hingebend, lebt. 

Außer vielen, in Zeitichriften zerftreuten Pro: 
duften, ſowohl AJugendfchriften wie Arbeiten no: 
velliftiicher Art, find hervorzuheben: Die im Neu: 
terichen Dialekt geichriebenen Spledder und Splöhn 
(1879), ferner: Nofe von Soejt (1866), Die Ge: 
heimnifie von Berlin (1873), Der Spion (1875), 
Ludwig der XIV. und fein Hof (1877), Onkel 
Toms Hütte und Beecher-Stowe (1880), Norden: 





„Die Kommunalbefteuerung in England und | jtöld im ewigen Eife (1881), Luiſe, Königin von 
Wales“, „Die Zuläfjigfeit des Nechtsweges und | Preußen (1881), Prinz Heinrich's Weltumfeglung 
die Kompetenztonflifte”, „Die Gewerbe: und Ver: | (1881), Kaifer Wilhelms Leben (1883), Weit: 
ſicherungsgeſetzgebung des deutſchen Reiches“, ‚Die | inbienfahrt des Prinzen Heinrih von Preußen 
—— der europäiſchen Staaten‘, | (1884), Jungdeutſchland in Afrika (1885). 
„Die Regelung des Feingehalts der Gold: u. Silber: P £ Cx 
wanren“. B. lebt als Geh. Rat u. Bräfident Böcker, Ewald, wurde amı1. Februar 
1844 zu Solingen geboren. Er beſuchte 


des Neichsverfiherungsamtes in Berlin. | y;. Schule zu Köln, wohin feine Eltern 

Böck, Iofef, geboren zu Wien am 16. überſiedelten; dann bezog er die Univer: 
Februar 1859, hat bisher eine Neihe von | täten Bonn und Greifswald, um klaſſi— 
Auflägen, zumeift kulturgeſchichtlichen In- ſche Philologie zu ftudieren. Nachdem er 
halts, Fachwerke über Buchdruderkunft 1867 promoviert, trat er jeine Laufbahn 
umd verwandte graphiiche Zweige, ſowie | als Lehrer in Wollin Pommern) an, von 
eine Anthologie: „Gutenbergdug. Eine Ber; hier wurde er an die Töchterſchule in Bran— 
berrlichung der Buchdrudertunft in Gedanfen u. denburg, fpäter an diejenige zu Potsdanı 


Böhm. — 64 — Böhmerle. 


und zuletzt an die Eliſabethſchule in Frank- Deutſchböhmen, überſiedelte hiernach nach 
furt a. M. verſetzt, wo er noch heute am: | Wien und abſolvierte daſelbſt die Ober— 
tiert. realihule. Won unbefiegbarer Liebe und 
. — pi Dramen: — — weh Sehnfucht nad) dem Walde gedrängt und 
a ee rn ERED- Re von entihieenfter Reigung für das Zorf 
gr fady bejeelt, entihlug fih Böhmerle der 
Böhm, Dlartin (Guftav Braun), |: Moiti 

ihm zugedadten Beltimmung, fi den 
murbe am 4. Dezember 1844 zu Breslau Handelswijlenichaften zu widmen, und bes 

geboren, bejuchte das Gymnaſium zu Glei— a Waren : 
wig und widmete jid) dem Beruf der Ma— — —9— 
lerei, den er aber der Schriftſtellerei zu Fürften Siecht nitein b v is “ 
Liebe an den Nagel hing. Sein Gebiet and "m: ae Ze 
iſt die Poſſe: Unſere Soldaten, Der Bettelſtu— — Mitteln —— *es 
dent in Berlin, Anna, zu Dir ift mein liebjter | tüpt, innerhalb dreier Jahre ‚den Forſt⸗ 
Gang, Der Rattenfnger von Hameln, Der ge, betrieb-⸗Induſtrie- und Adminiftrativfurs 
ſchundene Naubritter, lärmenden Angedentens :c. | mit Erfolg abjolvierte. 1873 zum Forft 
Zum 90. Geburtstage unferes Kaiſers | eleven ernannt, unterzog B. fi) 1874 der 
ſchrieb B. Mein Kaiſer 90 Jahre, wofür der | Staatsprüfung für den jelbftändigen Forſt⸗ 
Autor von den Allerhöchſten Herrſchaften verwaltungsdienit und wurde fur; darauf 
bejonders ausgezeichnet wurde, da das zum Forſtaſſiſtenten befördert. Anläßlich 
Stückchen an faſt allen PBrivattheatern, der Urganifierung des forjtlihen Ver: 
von militärischen 2. Vereinen aufgeführt | ſuchsweſens in Ojterreih wurde B. zur 
wurde. B. it gleichzeitig Redakteur der, Dienftleiftung bei der E. £. forſtlichen Ver: 
befannten Berliner Theaterzeitung „Neue juchsleitung in Wien delegiert und dem 
Welt“. Verſuchsleiter, Prof. Dr. A. Freiherrn 
Böhmer, Eduard, wurde am 24. von Seckendorff-Gudent adjungiert. Mit 
Mai 1527 in Stettin geboren, widmete der Vornahme von Unterſuchungen betraut, 
ſich in Halle und Berlin (1846 — 1549) verfaßte er: „Seitgehalt der Raummaaße 
dem Studium der Theologie, habilitierte und das Gewicht des Holzes im forſtgefäll— 
ih 1854 als Privatdozent in Halle, ten Zuftande“ („Mitteilgn. aus dem forſtl. 
wurde 1866 zum außerord. und 1868 zum Verſuchsweſen Oſterreichs“, J. Bd. 1877), 
ordentlichen Profeſſor ernannt. Seit 1872 ferner „Das waldtrockene Holz in Bezug 
wirkte er an der Univerſität Straßburg, auf deſſen Feſtgehalt nach Gewicht im 
bis ev 1883 in den Ruheſtand trat und Raummaaße“ (1879). Im Jahre 1877 
nach Lichtenthal bei Baden überfiedelte, ‚bearbeitete B. auf Veranlaſſung der k. k. 
B. hat ji) befonders um die romanische Forſt- und Domänen: Direktion in Görz die 
Literatur hochverdient gemacht; feinen „Tafeln zur Berechnung der Kubikinhalte 
häufigen und weiten Forſchungsreiſen, be: ſtehender Kohlmeiler, der Kohlenausbeute 
jonders auch mit Tholuf, verdanfen wir als und des Feitgehaltes geſchichteter Hölzer“, 
Früchte derielben mandes feiner ausger welde Seitens des Miniſteriums für 
zeichneten Werke: Die Provenzaliſche Poeſie Aderbau in der öfterreihiihen Staats: 
der Gegenwart 1870), Spanish reformers of | forjtverwaltung zur Anwendung vorge: 
two centuries from 1520 (1NT4), Prozeß des schrieben wurden. 1877 zum Ingenieur: 
Öranzisfaners Franzisto Ortig (1875) x. Adjunkten im forittechnifchen Departement 
Böhmerle, Emil, wurde am 10. April des Aderbauminifteriums und ins Forit: 
1553 zu Shwarzfofteleg (Böhmen) ge:  einrichtungsbureau des Aderbauminijte: 
boren. Nach dem in feinem Heburtsorte | riums einberufen, wurde er 1835 zum 
genofjenen lementarunterrichte, bezog Oberförfter im forſttechniſchen Departe: 
derjelbe die Nealichule zu Landskron in ment des Aderbauminifteriums befördert. 





Böhmert. — 
1886 übernahm B. die Redaktion des 
„öſterreichiſchen Forſtkalenders“. 


Böhmert, Viktor, wurde am 23. Au: 
guft 1829 in Quefig bei Leipzig geboren. 
Er widmete ſich zu Leipzig dem Studium 
der Rechte und befonders der Volkswirt: 
ſchaft, indem er ſich letzterer Wiſſenſchaft 
nach und nach ausſchließlich zuwandte. 
1855 verließ er ſeine juriſtiſche Stellung 
in Meißen und ging nad) Heidelberg, um 
dort cine national:öfonomishe Wochen: 
ſchrift herauszugeben; 1857—1860 ve: 
dDigierte er das „Bremer Handelsblatt“, 
und hier in Bremen zeichnete er ſich be: 
jonders bei der Begründung des Kon: 
greſſes deuticher Volfswirte aus. 1866 


wurde B. zum Eyndifus der Bremer | 
Handelskammer gewählt, 1866 als Bro: 
feffor der Nationalöfonomie nad Zürid) | 
u.1875 nad) Dresden (Polytechnikum) und 
gleichzeitig als Direktor des Sächſiſchen jta= 


tütiichen Bureau berufen. B.giltunitreitig 
als einer unjerer bedeutenditen National: 
öfonomen, jeine Werke zählen zu den bejten 
auf diefem Felde: Freipeit der Arbeit (1858), 
Beiträge zur Geſchichte des Zunftweiens (1861), 


Der Sozialismus und die Arbeiterfrage (1872), | 
Arbeiterverhältnifle und Fabrifeinrichtungen der 


Schweiz (1873), Die Gewinnbeteiligung (1878). 
Außerdem viele Aufläte in Yeitungen, bejonders 
in der „Zeitichrift des Königl. ſächſ. jtatiftiichen 
Bureau”, ferner in dem von B. mit Gneiſt re 
digierten „Urbeiterfreund“ und in der von ihm 
herausgegebenen „Sozialkorreſpondenz“. 
Böhtlingk, Arthur, am 19. Mai 
1849 als Abkömmling einer deutichen Fa: 
milie zu Petersburg geboren, widmete fic) 
dem Studium der Seichichte an den Uni: 
verfitäten Petersburg und Berlin, habi: 
litierte fih 1573 zu Berlin als Privat: 
Dozent; wurde 1875 nad) Jena als Bro: 
feſſor der Geſchichte berufen, wo er noch 
jegt wirft, befannt geworden durch jein 
vorzügliches Werk: Napoleon Bonaparte, 
feine Jugendgefhichte und fein Emportommen 
(1878). Außerdem verfaßte er die Dramen: Nö: 
nig Konrad (1881), Franz von Sidingen (1881). 


Böhtlingf, Otto, wurde am 30. Mai 
1315 zu St. Betersburg als Sohn deut: 


Tas litereriihe Deutſchland. 


65 


Bölte. 


her, aus Lübeck ftammender Eltern ges 
boren. Nah Abjolvierung des Gymna— 
ums zu Dorpat begann er feine Unis 
verjitätsitudien (orientaliihe Sprachen) 
‚zu St. Petersburg. Um feine Kenntnis, 
bejonders des Sanskrit zu vervollfomm: 
‚nen, bezog er 1835 diellniverfitäten Berlin 
und Bonn. Nachdem er 1842 zum Mit- 
glied der Akademie der Wiſſenſchaften, 
1860 zum Wirklichen Staatsrat, 1875 
zum Geheimrat ernannt worden war, fie: 
delte er von Petersburg nad) Jena, jpäter 
(1885) nad) Xeipzig über, wo er nod) 
heute als einer der hervorragendften Orien— 
taliften lebt. 

Hauptwerfe: Sanstritwörterbuh (1853 bis 
1875), Acht Bücher grammatilcher Regeln, Sans: 
frit:Chrejtomathie, Über die Sprache der Jakuten, 
Indiſche Sprüde ıc. 


Bölte, Amely Charl. El. Dar., wurde 
am 6. Oftober 1817 zu Rehna i. Medi. 
‚geboren, erhielt ihre Erziehung und Aus: 
bildung im Haufe ihrer Eltern. Sie ver: 
lobte fich, jehr jung nod, doch wurde 
das Verhältnis vor der Hochzeit aufge: 
löjt, weshalb A. B. unverheiratet ge: 
blieben ift. Sie wirfte mehrere Jahre 
‚als Erzieherin, bradte längere Zeit in 
England zu, um die englische Spradje zu 
jtudieren, welche Errungenſchaft fie jpäter 
in ihren UÜberjegungen engliiher Romane 
ins Deutſche verwertete. 1852 ließ fie 
ih in Dresden nieder und fiedelte 1879 
nad) Wiesbaden über, wo fie noch jett 
lebt, außer mit dem Schreiben von No— 
vellen und Romanen eifrig mit Veröffent— 
lihung von Artikeln für die Emanzipa- 
tion der Frauen beichäftigt. 

Hauptwerfe: Erzählungen aus der Mappe eis 
ner Deutfchen in Engl. (1548), Viſitenbuch eines 
deutichen Arztes in London (1852), Männer und 
rauen (1854), Das Forſthaus (1855), Liebe und 
Ehe (1856), Frau v. Staöl (1850), Frauenbre— 
vier (1864), Streben iſt Leben (1868), Eliſabeth 
(1873), Die Gefallene (1882). 


Bömers, Karl Wilhelm Theodor, 
geboren am 17. Juni 1848 zu Blomberg 
im Fürſtentum Lippe, beſuchte von Oſtern 
1863 bis Oſtern 1568 das Gymnaſium 


- 


o 


——— 
pri. 


1871). 


Bördel. 


66 


Böttger, 


zu Detmold, ftudierte bis Michaelis 1571 | zehn nad und nach ausgearbeiteten theol. 
auf den Univerfitäten Tübingen, Leipzig | Schriften fanden mehrere hohe Beachtung, 


und Göttingen die Nechtswillenichaft und 


und die theologiiche Fakultät in Göttingen 


lebt feit dem 1. Oftober 1879 als Land: | erteilte ihm 1841 ein Zeugnis, in welchem 


richter in Bückeburg. 

Außer Novellen (Wendelin, Felir Fidelis, Die 
Herlinge, Ibika, Vriſchemai, Die Gloden von Al: 
tena, Herr Waldrabe), welche in Zeitichriften er: 
ſchienen und noch nicht geſammelt find, ſowie klei— 


neren rechtswiſſenſchaftlichen Schriften, fchrieb er: | 


„Haideblume”, ein Sang von Lenz und Xiebe 
„Fahrtgeſchichten“ {1S84). „Gepa“ 
(Nom. 1887). 

Börckel, Alfred, wurde am 15. No— 
vember 1851 zu Mainz geboren, erwählte 
urſprünglich den Kaufmannsſtand zu ſei— 
nem Beruf, gab dieſen jedoch auf, nachdem 
ſeine erſten ſchriftſtelleriſchen Verſuche ihm 
die Hoffnung gewährten, daß ihm auf die— 
ſem edleren Felde Früchte genug wachſen 
würden. 1879 zum Bibliothekar des Gu— 
tenberg-Kaſino und der Mainzer Stadt: 
bibliothek erwählt, welche Stellung er noch 
heute inne hat. 

Hauptwerfe: Vom Rhein Geb. (1875), Inko 
der Huronenhäuptling (1880), Frauenlob (11), 
Die fürftlihen Minnefinger (1882), Guttenberg 
(1883), Der Philoſoph von Sansfouci (1885), 
Strandlieder (1885), Arnold Walpod (18871. 

Böttger, Chrift. Heinr. Adam, wurde 
am 2. Cftober 1801 zu Förſte am Harz 
geboren. Den erften Unterricht erhielt der 
geiftig begabte, wenn auch förperlid) 
ſchwache Knabe von feinem Großvater. 
Dann bejuchte er die Schule in Dfterode 
bis zur Univerfitätszeit, die er als Sti- 
pendiat in Göttingen (1523-27) durch— 
machte, wobei fein Hauptaugenmerk auf 
Homiletif und Natechetif nerichtet war. 
Nach Vollendung feiner Etudien und Ab: 
legung feines Eramens wirkte er als Haus: 
lehrer beim Etaatsminiiter v. Kraft in 
Meiningen. Er hatte die Anwartichaft auf 
eine Predigeritelle, doch gab er lieber diefe 
auf, als dak er jeiner religiölen ber: 
zeugung untreu wurde, die Feinesiwegs 
mit dem von ihm verlangten Offenba- 
rungseide übereinftimmte. Er fuchte ſich 
daher auf andere Weife die Bahn zubrechen 
und der Theologie fürderlich zu jein. Won 


‚feine außerordentliche Befähigung aner— 


fannt, fowie das Bedauern, daß ein folder 


‚Dann zum Verlajien feiner Laufbahn ge: 
zwungen ſei, ausgeiprochen wird. Nach— 


dem der ausſchlaggebende Miniſter ent— 
ſchieden hatte, daß „nicht über 300 Tha— 
ler verfügt werden fünne“, die B. für die 
Profeſſur in Göttingen als Gehalt bean: 
Ipruchte, nahm letzterer (1542) die ihm 
gebotene Mitarbeiteritelle an den von 
Wilh. Freih.v.Hodenberg herausgegebenen 
vater. Quellenftudien an, und jo wurde 
aus dem Theologen ein Geſchichtsforſcher. 


Schon jeit 1839 in Hannover wohnhaft, 


führte er feine Verlobte, eine Tochter des 
Oberamtmanns Gropp in Braunschweig, 
zum Traualtar, jobald er jenes Zeugnis 
der theolog. Fakultät in Händen hielt. 
Durch Privatſtunden und die Errichtung 
einer kleinen Penſion wurden die hierzu 
nötigen Subfiftenzimittel beichafft, die ſpä— 
ter durch die jchriftitellerischen Erfolge B.'s 
ergänzt wurden. Es hat B. an Auszeich- 
nungen und Anerfennungen feiner hervor: 
ragenden Leitungen auf dem Gebiete der 
Geſchichtsforſchung nicht gefehlt, u. a. iſt 
er zum außerordentl. Mitgliede der Ge: 
ſchichts- und Altertums-Sefellichaften in 
Sriesland und von ſeinem König zum 
Bibliothefar ernannt worden mit dem 
Wunſche, daß er „leine Forichungen auf 
dem Gebiete der Geſchichte des föniglichen 
Haufes und der hannoverichen Yande, wie 
er darin Gründliches geleistet habe, fort: 
legen“ möge, was denn auch feitens des 
Autors mit mehreren Merken geicheben ift. 
Seit 1575 befindet fih B. in der Pflege 
jeiner einzigen Tochter in Gannftatt und 
erfreut fich eines glücklichen Yebensabends 
nach treu vollendeter langer Tagesarbeit, 
fürperlich und geijtig Fräftig. 

Hauptwerke: Die allmähliche Entjtehung der 
welfüchen Sande (1858); Grenzen zwifchen den 
Alloden des Herzogs Heinrich des Löwen bei der 


Bötticher. 


Teilung derjelben unter jeine Söhne im Jahre 
1203. (1860); Tas braunſchweig-üneburgiſche 
Koppen, zur Nubelfeier ter Gründung von 
Braunfchweig erörtert (1860); Die Brunonen, 
Lorfahren und Nachkommen des Herzogs Ludolf 
in Sadjen, von 775—1117 ıc. (1865); Stamm: 
tafel der Welfen (1865); Hermann der Cheruöfer: 
fürſt und Befreier Deutſchlands vem römiſchen 
Jeche durch die rarianiſche Nieterlage (1874); 
Diöcefan- und Gaugrenzen Norddeutichlands 
swilhen Oder, Main, jenfcits des Abeins, der 
Nord: und Titice, von Ort zu Ort jchreitend, (ur: 
fundlich) feitgeitellt (1874, 75); MWohnfite der 
Deutihen in dein von Tacitus in feiner Germania 
beichriebenen Sande (1877). 


Bötticher, Karl Gottlieb Wilhelm, 
nurde am 29. Mai 1506 in Nordhaufen 
geboren. Nach Abfolvierung feiner hei: 


miſchen Schule bezog er die Berliner 


Baualademie und nurde 1834 Lehrer an 


der Deſſinateurſchule, 1838 an der Aka— 


demie der Künfte, 1839 an der Allge: 
meinen Baufchule. 
Profeitor und zum Mitglied der Afade: 


mie der Künſte, 1868 zum Direftor der: 


Efulpturen: und Abgußfammlung am Mus 
jeum ernannt. Die literariihe Thätig— 
feit B.'s anlangend, jo lenkte er zuerft 
durch feine Tektonik der Hellenen (1844 
bis 1852) die Augen der Fachgenofien 
auf fih. Ferner find hervorzuheben: 
Unterfuhungen auf der Afzopolis zu Athen 
(1863), Die Thymele der Athena:Nite auf der 
AfropoliS von Athen (1880), außerdem viele 


behbedeutende archäologiſche und funitgefchicht: 


lihe Abhandlungen in Kadızeitichriften. 


Bohrmann, Heinrih (Bohrmann- 
Riegen), geboren in Saarbrüden (Rhein: 
provinz), fam jehr jung nad) Berlin, und 
nach einjährigem Aufenthalt daſelbſt nad) 
Wien. Hier in Verbindung mit Grill: 
parzer getreten, der den Trang nad) ichrift: 


jtelleriicher Thätigfeit lebhaft förderte, bes 


fuchte er durch einige Jeit die Wiener Unis 
verfität, und ließ als erfte, größere Ar: 
beit (1866) die Tragödie „Der legte Baben— 
berger”” erfcheinen, welches Stück hervorra= 
gende literariihe Beahtung fand. Tas 
demnächit erfchienene Schauſpiel „Ein Sohn 
feiner Zeit” gelangte zuerjt in Breslau zur 
Aufführung, worauf demjelben das Schau: 


67 


ſpiel „Lady Efiher“ 


1844 wurde B. zum 


Bolanden. 


folgte, das in Berlin, 
Breslau, Graz ꝛc. günſtige Erfolge fand. 
| Durch mehrere Jahre mit Laube zur Grün: 
‚dung des Wiener Stadttheater verbuns 
‚den, verlieh er nach deſſen erftem Abgang 
gleichfalls feine Stellung als Generalie: 
fretär des genannten Initituts, um die Dis 
‚reftion der damals nch ihrem Grüne 
‚dungszwede treuen „Komiſchen Oper“, 
ſowie jräter die Direktion des fönigl. freift. 
Theaters in Prebburg zu übernehmen, 
Inzwiſchen hatte ſich B. mit J. Niegen 
(Pſeudonym) literariich verbunden, und 
erſchien zuerft unter dem gemeinfamen 
Schriftſtellernamen Bohrmann-Riegen das 
Schauſpiel „Verlor'ne Ehre“, welches die 
Runde über faſt ſämmtliche deutſche Büh— 
nen machte, in Amerika vielfach zur Auf— 
führung gelangte und ins Böhmiſche, Uns 
gariihe und Croatiſche überfegt wurde, 
Seither erſchienen und wurden aufgeführt unter 
dem gleihen Autorennamen: „Majeſtät“, Luftip., 
„Ein Löwenritt“, Luſtſp., „Bellerophon“, Luftip., 
„zer Seelenfänger“, Yujtip.; ferner die Libretti 
au den fomilhen Opern: „Das Spitzentuch der 
Königin“, Muſik von Johann Strauß, „Der Che: 
valier von San Marco“, Muſik von Joſef Bayer, 
„Der Brinz:Gemahl“, Mufit von 2. Englän: 
der, „Der ſchöne Kurfürſt“, Muſik v. Joſef Hell: 
mesberger, „Iduna'“ (Iyriiche Oper), Muſik v. 3. 
P. Gotthardt, ſowie in letzter Zeit von B. und 
P. v. Schönthan „Der Sklavenhändler“, Muſik 
v. franz Soucoup, und von B. allein: „Der Ber, 
walter von Niederhof”, Schauſp., „Fürftin Naris: 
fin‘, Schauſp. (teilweile nach) Fortis). — Kleinere 
Erzählungen und Novellen erihienen von B.:R. in 


Zeitichriften. 
Bolanden, K. v., ſ. Joſ. Biſchoff. 


Boldt:Elbing, U., geb. am 17. Fe— 
bruar 1838 zu Kl. Sausgarten, Neg. 
Königsberg i. Br., als Sohn eines Gutss 
bejigers, bejuchte das Lehrerfeminar in 
Tr. Enlau und jpäter ein Brivatinftitut 
von Dr. Scheinert. Mehrere Hundert 
feiner Artikel, hauptſächlich pädagogischen 
und naturhiltoriichen Inhalts fanden in 
Zeitihriften und Zeitungen Aufnahme. 
‚on anerfanntem pädagogiihem Scharf: 
blicke zeugten feine anonym erjchienenen 
‚Licht: und Echattenbilder in der Rund: 


5* 


68 


Bolliger. Bonn. 


ſchau des „PBädagogiums“ von Dr. Dittes: ſiſche Philologie. Darauf war er als 
Wien, unter „Vom deutichen Oſtſeeſtrand.“ Lehrer thätig: zuerit in Dresden (1836 
Außer mehreren Eleineren Dialeftarbeiten ,bi$ 1838), dann in Berlin als Ober: 
in plattdeuticher Mundart find von ihm lehrer am Friedrich-Wilhelms-Gymna— 
hervorzuheben: Ut'm Noatangiche, volfstüm: ſium und am Grauen Klojter bis 1842, 
liche Erzählungen in plattdeutiher Mundart darnach in Stettin als Profeſſor am Gum: 
(1877), ferner: De Sproaf en Kleed. Sämmt: naſium dafelbft. 1849 wurde er als Bro: 
liche bis jegt erſchienenen Arbeiten dieſes feſſor an die Univerfität Wien berufen. 
Autors befinden ſich gefammelt im Pro: | 1867 kehrte er als Direktor des Gym: 


vinzial-Muſeum in Danzig. 


Bolliger, Adolf, geboren 1854 im 
Schweizer-Kanton Nargau, nad theol. u. 
philoſ. Studien 1575 u. 1876 Yehrer der. 
Bezirtsihule Scöftland, Doftorpromo: 
tion in Leipzig 1878, Privatdozent der 
Philoſ. in Bafel 1879-1537, daneben 
Lehrer der deutihen Sprade u. Yitera: 
tur an dev Baleler Nealjchule 1552 bis 
1557; Verfaſſer des „Problem der Caufalität“ 
(1878) u. des „Anti-Kant oder Elemente der Yogif, 
der Phyſik u. der Ethik““, Bd. I (1882). 


Bone, Heinrich, wurde am 25. Sep: 
tember 1813 in Drolshagen, einem freund- 
lichen Städtchen Weftfalens, geboren. Nad) 
Abjolvierung des Gymnaſiums jtudierte 
er 1832--1855 Philologie in Bonn. 
Nachdem ev 1535 jein Eramen abgelegt 
hatte, machte er zunächſt fein PBrobejahr 
am Diüffeldorfer Gymnaſium durch und 
wurde 1839 als Gymnaſiallehrer in 


naſiums zum Grauen Klofter nad) Berlin 
zurüd, gleichzeitig zum Direktor des Pä- 
dagogiihen Seminars für gelehrte Schulen 
und zum Mitglied der Akademie der Wil: 
jenichaften ernannt. 1875 wurde B. als 
vortragender Nat in das Unterridtsmi- 
nifterium berufen und 1852 zum Ges 
heimen ObersRegierungs:Rat ernannt, in 
welder einflußreihen Stellung er noch 
jegt thätig üt, als einer unferer ausge: 
zeichnetiten Shulmänner und Philologen, 
befonders als Autorität auf dem Gebiete 
der Plato- und Arijtoteles: Forihung ans 
erfannt. 

Hauptwerfe: Aristorelis Metaphysiea (2 Voll. 
1847), Über die Kategorien des Ariftoteles (1853), 
Blatoniihe Studien (1858), Ariftoteliihe Stu; 
dien (1862— 1887), Index Aristorelieus ( 18701, 
Über den Uriprung der homeriihen Gedichte 
(1851), Beiträge zur Erklärung des Sophofles ꝛc. 


Bonn, Franz, (F.v. Münchberg, Frhr. 
v. Rachwiß, v. Dliris), geboren am 18. 


nöln, Später (1542) als Oberlehrer in Juli 1830 zu Münden als der Sohn eines 
Bedburg angeftellt. Nachdem er bereits Oberrehnungsrates, widmete fid) nad) ab» 
1550 den Profeffortitel erhalten, wurde | jolviertem Gymnaſium dev Jurisprudenz, 
er 1856 zum Direktor des Gymnaſiums | trat 1557 als Staatsanwaltsfubjtitut in 
zu Nedlinghauien, drei Jahre jpäter als den bayr. Staatsdienit, in welchem er bis 


folder in Mainz erwählt, wo er bis zu 
feiner Penſionirung (1573) verblieb, um 
nad) diefer fi dauernd in Wiesbaden 
niederzulaſſen. 

Hauptwerke: Gedichte (1838), Legenden 1839), 
Veilchenſamen (Ged. 1841), Deutiches Leſebuch, 
I. Teil 1840 156. Aufl. 1837), II. Teil 1853 
(12. Aufl. 18851, Cantate kirchl. Geſangb. 1846 
(8. Aufl. 1883), Sonette (1856), Lat. Dichter 
1870) ww. 


Vonitz, Hermann, wurde am 29. Juli 
1814 zu Langenſalza geboren, jtudierte 
1532 — 1556 in Yeipzig und Berlin ka}: 


zum Staatsanwalte am Oberlandesgerichte 
in München jtieg, nachdem er 14 Jahre lang 


‚in Donauwörth, Ansbah und Bayreuth 


die Süßigkeiten des Lebens in der Bro: 
vinz zur Genüge durchgefoftet hatte. Mit 
dem 1. Januar 1881 trat er in den Dienit 
des Fürſten von Thurn und Taris als 
Präfident der Dom.:Kammer und Direktor 
des Eivil:Kollegialgerichtes IL. Inſtanz in 
Regensburg. 

Sein Eritlingswerf: „Wolfram“, Dichtung, 
erichien im Jahre 1854, blieb jedoch ebenio wie 
das nad) einer Rheinſage erzählte, 1855 erfchienene 


Bonnet, 


epiihe Gedicht: „Schott von Grünitein‘ troß 
einiger jehr anerfennender Beſprechungen ziemlich 
unbeachtet. Formtalent und eine Icharfe ſaty— 
riiche Begabung geben feine „Lavagluten“ (1854) 
fund. Gin erzählendes Gedicht von ihm: „Jaco— 
pone“ erſchien im Jahre 1884. B. iſt eifriger 
Mitarbeiter von Nugend : Jeitichriften. Einige 
derartige Grzäblungen find unter dem Titel „Au: 
gend-Luſt und Leid“ (1874), feine dramatiichen 
Tihtungen aber unter dem Titel: „Theater: 
ftüde für die Jugend‘ 1880) geſammelt erſchie— 
nen. 

Durch jeine Echriften für die Jugend, 
zu welchen eine große Anzahl Bilderbücher 
fommen, zu denen B. Verfe geichrieben, 
die die Kinder gerne haben und jo leicht 
auswendig lernen, hat jich derielbe einen 
jehr geachteten Namen unter den deutichen 


Jugendichrififtellern erworben. 

Bon feinen bumoriftiihen Produften jind be: 
ſonders zu ermähnen: „Luſtige Naturgefchichte 
oder Zoologia eomica“, „Yuitige Botanik u. Mis 
neralogie‘‘, „Das Nibelungenringer!”, „Der päda— 
aogiich verbeilerte Strummelpeter‘‘, „Leben und 
Thaten des Herfules“, „Ein wichtiger literarifcher 
Fund‘. B. ift ciner der Hauptmitarbeiter der 
„stieg. Blätter“. Das Gebiet des Nomans be: 
trat B. mit ſeinem „König Mammon“, Außerdem 
verfaßte B. mehrere Volksſtücke: „Tante Blaubart, 
Die Treutellife, Gundel vom Königfee u. Opern: 


terte, wie: „Die fieben Naben“. „Ter Hans iſt 


da“ ac. 


Bonnet, 3. In Ornshagen, einem 
Dorfe Rommerns, bin id) geboren am 
4. Mai 1843, und zwar als ältejter Sohn 
eines Chemifers und Kabrifanten. Mein 
Vater, bei deſſen Taufe Napoleon I. Pate 
geitanden, war zur Hälfte franzöfifchen 


Bluts. Doc) durd) feine, einem deutichen 


Pfarrhauſe entitammende Mutter hatte er 
gut deutsche Gelinnungen überfommen. 


Mährend mein jüngerer Bruder von uns 


ferer Mutter her eine hübſche Anlage für 
Muſik zeigte, bildete ich früh die väter: 


liherfeits im Gelegenheitsgedichten ges 


pflegte poetische Ader in mir aus. Unter: 


richtet wurden wir von unferen Eltern | 


und dem Dorflehrer. Dann famen wir 
auf das Pyritzer Gymnaſium, nad) defjen 
Abfolvierung wir uns dem Studium der 
Theologie widmeten. Ich ftudierte zuerft 
inHalle, mehr Literatur und Kunſtgeſchichte 


69 


Bonwetid). 


als Theologie, darauf in Tübingen, mo 
Bed mid zum Derzenstheologen madıte, 
zulegt noch in Berlin. Nachdem ich einige 
Jahre Hauslehrer geweſen, folgte ich auf 
ein Vierteljahr als Hülfsprediger einem 
Rufe an die deutfche Gemeinde in Peſt. 
So viel ich vermochte, juchte ich Land und 
Leute fennen zu lernen; aber daheim hatte 
ich) meine Eltern und meine Braut, mit 
der mid) ein doppeltes Yiebesband ver: 
einigte, nämlich ihre frübere Verlobung 
mit meinem Bruder. Eo zog ich denn fröh— 
lich der deutichen Grenze zu. Nicht viel 
jpäter ward id 3. Pfarrer zu Dramburg 
in Bommern, wo auch das Net des jun: 
gen Paares gebaut wurde. Wir ficdelten 
dann nad Köln am Rhein über und von 
da, weil die dortige Etellung in der Miſſion 
‚auf die Dauer nicht geeignet ſchien, nach 
Hohenſolms. Hier wurden nun glückliche 
Jahre in einer anmutigen Bergidylle ver— 
lebt, bis wir Rheinland mit der Mark 
vertauſchten. 

Was meine literariſche Thätigkeit anbelangt, ſo 
begann ich ſie als Student in Tübingen mit ſtiz— 
zenartigen Arbeiten, die in Zeitſchriften Aufnahme 
fanden. Dann wandte ich mich der Volks- und 
Jugendliteratur zu. Dahin gehört beſonders der 
Schweizeriſche Robinſon, Ringende Mächte und 
Bilder aus dem Leben. Es reihen ſich dann ſpä— 
ter an: Der Geiſterbanner von Rothenburg, ein 
kulturh. Rom., die Biographie des Fabeldichters 
Wilhelm Hey ıc. 

Bonwetſch, G. Nath., wurde am 
5./17. Febr. 1848 zu Norfa, deuticher 
Kolonie im Gouvern. Saratow, Nufland, 
geboren, ftudierte zu Dorpat 1866— 1870 
Theologie, ebenfo zu Göttingen Dec. 1574 
bis 1875, au zu Bonn Winter 1877 
bis 1873. Ordiniert zum Hilfsgeiftlichen 
‚in Norfa am 7.19. Febr. 1871. ro: 
ı movierte in Dorpat zum Mag. theol. am 
8.20. April 1578, zum Dr. theol. am 
2.14. Nov. 1881. Er habilitierte ſich 
April 1878 als Privatdozent, wurde Juni 
1878 etatmäß. Dozent, 1852 außerordentl. 
Prof. der hiſtor. Theologie und 1883 ord. 
Prof. diefes Fade. 

‚ Schriften: Über Weſen, Entitehung und Fort— 


| gang der Arkandisziplin INT). — Die Schriften 


Bormann. 


Tertullians nach der Zeit ihrer Abfaſſung unter: | 
fucht (1878). — Die Geſchichte des Montanismus 
(1881). — Unfer Reformator Martin Luther (Feit: 
rede im Namen der Univ, zur Lutherfeier). — 
Cyrill u. Methodius, die Lehrer der Slaven (1835). 
— Die Prophetie im apoft. u. nachapoſt. Zeitalter 
(1884). — Thomafius, Dogmengeih. Bd. 1 


Bormann, Edwin, wurde am 14. 
April 1851 zu Leipzig geboren, abjol- 
vierte die Schule dafelbit und darauf 
das Polytechnikum in Dresden, um ted)- 
niſche und naturwiſſenſchaftliche, ſpäter 
auf den Univerſitäten zu Leipzig und 
Bonn auch kultur- und kunſtgeſchichtliche 
Studien zu betreiben. Nach Vollendung 
derſelben zog er wieder in ſeine Vaterſtadt, 
wo er als begabter Humoriſtiker und eifri— 
ger Mitarbeiter vieler Wipblätter lebt, be: 
ſonders als Dialeftdichter (ſächſiſch) talen— 
tiert. 

Hauptwerke: Seid umſchlungen, Millionen! 
(Lied 1879), Mei Leibzig low’ ih mir! (Ged. 
1882), Neinede Fuchs (1882), Schelmenlieder 
(1883), Leib'ger Allerlei (1883), Biff! Baif! | 
Buff! (1884), Schwalbenbrief (1885), Die Tafel: | 
runde (1956). 


Born, ©. F. |. ©. Füllborn. 


Born, Stephan, wurde am 28. De: 
zenber 1824 zu Liſſa (Poſen) geboren, 
widmete jid der Buchdruckerkunſt (Berlin, 
Brüffel, Paris). Gleichzeitig bildete er 
fein Wiſſen jedoch weiter aus, indem er 
an der Univerfität Berlin Borlefungen 
über Philoſophie und Geſchichte hörte. 
1848 jtand er mit an der Spige der De- 
mofraten, redigierte aud) das Organ der 
jelben „Die Verbrüderung“. Bon der Po: ; 
lizei verfolgt, flüchtete er (1849) in die 
Schweiz, die er nicht wieder verlaſſen hat. 
Hier wirkte er zunächſt als Buchdruder, 
dann als Lehrer, ſchließlich als Redakteur. 
Nahdem er feit 1860 als Profeſſor für 
deutihe Sprade und Literatur an der 
Akademie in Neuenburg gewirkt hatte, 





übernahm er 1878 die Redaktion der, 
Zu gleidher Zeit 
habilitierte er fi) an der Univerfität Baſel 


„Basler Nachrichten”, 


70 


Bornhak. 


und wurde 1879 zum außerordentl. Pro: 
feſſor und Ehrendoftor ernannt. 
Hauptwerfe: Vorträge über Heine, Zenau ac. 
(1865— 85), Marcel (Trauerip. 1852), Herr und 
Diener (1856), Die romantische Schule in Deutich- 
land und Frankreich (1879), außerdem Überjeguns 


new herausgegeben 1856 "| gen aus dem Englifchen und Franzöfiihen: Daudet, 


Ch. Martins, Nenan, Didon ꝛc. 


Bornuhaf, Suitav Adolf Emanuel, 
wurde am 30. Januar 1823 in Halle 
a. Saale geboren. Nachdem er das Gym— 
naſium zu Halle a./S. abjolviert hatte, be: 
zog er die Univerſität Halle, um Philoſo— 
phie zu jtudieren. Auf seine geiſtige Rich: 
tung wirkten befonders ein: Bernhardy, 
Leo und Erdinann, 1857 promovierte er, 
abjolvierte fein Brobejahr am Gymnaſium 
zu Köslin, wurde darauf Kollaborator an 
der lateiniihen Hauptſchule des Halleſchen 
Wailenhaufes, von 1360 —1S71 wirkte 
er als Lehrer an dem Realgymnaſium zu 
Nordhauien und wurde in dem legtge- 
nannten Jahre als Oberlehrer an die 
Königl. Elifabethichule zu Berlin berufen, 
wo er noch gegenwärtig thätig ift. Am 


‚16. März 1886 wurde er zum Profeſſor 


ernannt. DB. bat ſich als Kiterarhiftorifer 
einen vorzügliden Ruf erworben, feine 
Hauptwerfe: 

Grammatik der hochdeutſch. Sprache (1862), Ge» 
ſchichte der Franken unter den Meromwingern (1863), 
Grammatik der lateiniihen Sprache nach den 
Ergebniſſen der neueren Sprachforſchung (1871), 
Lehrbuch der brandenburgiich:preußiichen Seichichte 
(1878), Leitfaden für deutiche Poetik (1878), 
Lexikon der allgemeinen Literaturgeſchichte (1881), 
Geſchichte der franzöſiſchen Literatur (1887). 


Borſtell, Friedrich (Franz Schar: 
buſch), wurde am 31. Dezember 1837 zu 
Hüfelig, Kreis Stendal, geboren, befuchte 
die dortige Dorfihule bis zu feiner Kon— 
firmation, nahın danad) Privatunterricht, 
fam 1854 auf die Präparandenanjtalt zu 
Halberfiadt und 1856 auf das Seminar 
daſelbſt, erhielt 1859 die dritte Lehrer: 
ftelle in Unjeburg, Kreis Wanzleben, und 


ging 1868 als Lehrer nad) Aſchersleben. 
Hauptwerfe: Lustige Geſchichten (1878), Platt: 


als Privatdozent für moderne Literatur | dütfeh in Verfen un Rimeld (1886), 


Boſſart. 


Bofſart, Guſtaf Friedrich, wurde am 
17. Dezember 1528 zu Barchim in Mecklb. 


gebor., widmete fich nad) Abiolvierung des | 


Gymnaſiums dem Studium der Philoſo— 
phie und Geſchichte (Leipzig, Berlin, Kö— 
nigsberg), Doftorierte 1850 au letztgen. 
Univerjität und ging dann als Gouver: 
neur eines ruſſiſchen Bringen mit diejem 
auf Reifen. Nah Deutichland zurückge— 
fehrt (1554), lebte er zunächſt längere 
Zeit auf dem Lande, alsdann in Schwerin 
und Hannover, ſchließlich in Hamburg, al: 
lenthalben literariich und redaktionell be: 
Ichäftigt, in Hamburg als Nedafteur des 
„Hamburger Korreipondenten“ noch heute 
thätig. ä 

Hauptwerfe: Lukrez' Werfe in metrifcher Uber: 
tragung (1865), Die Zukunft Ofterreihs (1869), 
Die politiiche Langeweile (1876). 


Borberger, Emil von, wurde am 
17. Oftober 1827 in Fulda geboren, wid: 
mete ji) der Zandwirtichaft bis zum Jahre 
1856, nachdem er inzwildhen als Poſt— 
beamter in Fulda thätig geweſen. In ge: 
nannten Jahre gab er die Okonomie gänz: 
lich auf, um ausſchließlich jeinen ſchrift— 
jtelleriihen Arbeiten zu leben. 

Außer vielen Beiträgen in Zeitfchriften ſchrieb 
er: Der Gefangene von Naugard (1850), Prinz 
Eugen von Savoyen (1855), Andreas Hofer 
(1856), Ein Walpurgistraum (1859), Jehudas 
letter König (1882) ıc. 


Borberger, Robert, wurde am 28. 
Mai 1836 in Gotha geboren, genoß 
feine Schulbildung in Erfurt, feine Uni: 
verfitätsbildung in Jena, wo er ſich be: 
fonders dem Studium der Philologie und 
Geſchichte widmete. 1878 zum Nealichul: 
lehrer in Erfurt, 1583 zum Oberlehrer 
in Bofen ernannt. DB. hat ſich befonders 
als Literarhiftorifer einen Ruf erworben: 
wir verdanken ihm vieles über Wieland 
und Zeifing, feine „Rüdert-Studien“ find 
nad denen Prof. C. Beners als die be: 
iten anerfannt. Außerdem verfaßte B. 
viele bedeutjame literarhiltoriiche Abhand— 
lungen in Hempels und rotes Klaſſiker— 
Ausgaben und in Zeitihriften, auch über: 


11 


— Boy⸗Ed. 
ſetzte er aus dem Indiſchen Bhagavad— 
Gitä, das Lied der Gottheit. 

VBoy-Ed, Jda, wurde am 17. April 
1852 in Bergedorf geboren. Sie genoß 
ihre Erziehung in Lübeck, wohin ihre El: 
tern überftedelten. Hier verheirathete fie 
ich Schr jung noch. Die Familie ihres 
Gatten befämpfte die ſchriftſtelleriſchen 
Neigungen Ida B.'s energiſch. Erſt nad): 
dem ſie einige Zeit, von den Ihrigen ge— 
trennt, in Berlin faſt nur von den Erträ— 
gen ihrer Feder gelebt, ließen ihre Ange— 
hörigen ihr das Recht, ihr Eigenleben nach 
ihren geiſtigen Bedürfniſſen zu geſtalten, 
und geſtatteten ihr, nunmehr ihre Beſtre— 
bungen frei zu verfolgen. 

Hauptwerke (Novellen und Romane): Ein 
Tropfen (1882), Männer der Zeit (1884), Seine 
Schuld (1885), Dornenfronen (1836), Abgründe 
des Lebens (1857). 

Brachelli, Hugo Franz Nitter von, 
‚wurde am 11. Februar 1834 in Brünn 
‚geboren, jtudierte an der Wiener Univer: 
ſität Philofophie, Rechts: und Staats: 
'willenichaften. 1855 bei der Direktion 
‚der adminijtrativen Statiftif angeitellt, 
‚1860 zum außerord., 1864 zum ordentl. 
Profeſſor der Statiftif, des Verfaſſungs— 
und Verwaltungsrehts an die techniiche 
Hochſchule in Wien, 1872 in das öjterr. 
Handelsminifterium als Regierungsrat u. 
Vorſtand des ftatiltiihen Departements 
‚berufen und 1873 zum f. k. Hofrat er- 
'nannt. 8. hat ſich befonders als Sta- 
tiſtiker einen ausgezeichneten Ruf er: 
worben. 

Hauptwerfe: Die Staaten Europas (4. Aufl. 
1884), Deutihe Staatentunde (1856/57), Sta: 
tiſtiſche Skizzen der europälihen und amerifa- 
niſchen Staaten, ‚ferner geographiſch-ſtatiſtiſche 
Handbücher von Oſterreich-Ungarn, Deutichland, 
der Schweiz, Italien ıc. 

Bradel, Fernande Freiin von, wurde 
‚am 24. November 1835 zu Schloß Welda 
bei Warburg geboren. Sie erhielt ihre 
Erziehung im elterlichen Haufe unter Lei— 
tung des begabten Dorfpfarrers, da fie 
förperlich zu ſhwach war, um der mütter- 
‚lichen Obhut zu entbehren. Das war aud) 


Brand. 


der Grund, weshalb fie, außer einigen klei— 
neren Neifen, ihr väterliches Schloß nie 
verließ. Schon als junges Mädchen fühlte 
fie zwar bereits die Begabung zum Did)- 
ten und Echreiben in ſich, aber erſt in 
reiferem Alter entichloß fie ſich, an die 
ffentlichfeit zu treten. 

Hauptwerke: Die Tochter des Kunftreiters (Nom. 
1875), Heinrich Findellind (Erz. 1875), Da: 
niella (Rom. 1878), Am Heidſtock (Nom. 1581), 
Prinzeß Ada (183), In fernen Yanden (1884), 


VBraud, Wilhelm Ferdinand (Noland 
Nolandin), geboren am 24. Mai 1854 
zu Holtenjen bei Eldagfen, Provinz Han: 
nover, erhielt feinen erjten Unterricht von 
jeinem Bater, ſowie dem Paſtor Dr. Munde 
und dem Rektor Bauer zu Eldagien. Dar: 
nach beſuchte er das Lyceum in Hannover 
und ftudierte in Straßburg Philoſophie. 
Im Alter von 20 Jahren ging er in das 
Ausland und hat feitdem in Frankreich, 
namentlich aber in England feinen Wohn: 


12 


Branky. 


verhinderten B.'s Anſtellung als Pro— 


ſitz gehabt. Londoner Korreſpondent ver: | 
ſchiedener hervorragender deutſcher Blät-⸗ 


ter, iſt er zugleich ein thätiger Mitarbeiter 
der engliſchen Preſſe. Er ſchrieb zwei No— 
vellen: Verloren — gewonnen und unter dem 
Pſeudonym von Roland Rolandin Der 
Geiſt der Königin Katharina. Seine Londoner 
Streifzüge, eine Sammlung von Auflägen 
und Efizzen über das Pondoner Leben, die 
urfprünglid) in der „Sartenlaube” und 
„Über Land und Meer” berausgefommen, 
haben in Deutichland viel Anklang gefun— 
den, nod mehr aber in England, wo fic 
unter dem Titel London Life, seen with 
(German Eyes (1857) in einer engl. Über— 
ſetzung erichienen find, 


Brandes, Georg, wurde am 4. Fe: 
bruar 1842 in Kopenhagen geboren, ſtu— 
dierte dafelbit Philoſophie. Nach Nbiol: 
vierung der Univerfität begab er ſich län: 
gere Zeit auf Reiſen. Zurückgekehrt fing 
er an der Univerfität an, die Vorleſungen 
zu halten, auf welchen fein Hauptwerf: 
Die Literatur des 19. Nabrbunderts in ihren 
Hauptftrömungen dargeitellt (1872— 87), 


ruht. Tie freien Grundfäge des Werts 


be: » 


fejlor. 1877— 83 war er in Berlin wohn: 
haft und wurde der deutichen Sprache 
mächtig. 

Hauptwerfe in deutſcher Sprache aufier dem 
genanntın: Paflelle (1877), Sören Kierfegaard 
1879, Yord Beaconsfiecld (1879), Ludwig Hol: 
berg (1885), Moderne Geifter (zweite Ausgabe 
1887). 

Branfy, Franz, ach. om 6. Auguft 
18542 zu St. Helena bei Baden nächſt Wien, 
gegenwärtig Prof. am f. f. Civil-Mädchen: 
Penſionate in Mien, gab mit Vernalefen 
Die Spiele und Heime der Kinder in Tifterreich 
(1873) heraus, im 3. Nahresberichte der 
f. k. Zchrerbildungsanftalt in Wien erſchie— 
nen (1876) Die Beiträge zur Pädagogik des 
deutichen Mittelalters, mit Hofratb Dr. ©. 
Ulrih und Prof. W. Ernſt bejorgte er 
die Herausgabe des in der öfterr.-ungar. 
Monarchie weitverbreiteten Leſebuches für 
öfterr, Volks- und Bürgerihulen, im J. 1886 
veröffentlichte er die aus Urfunden ger 
ſchöpfte Dentichrift zur Säkularfeier des k. k. Ci— 
vil-⸗Mädchen-Penſionats, 1887 erſchien Die Me 
tbodif des Unterrichts in der deutſchen Sprache; 
in der Zeitichrift für deutſche Whilologie 
finden ſich von ibm unter dem Titel 
Hegentiedchen, Dans und fünf Sagen vom Hoch— 
ſchwab Nolfsiberlieferungen aus Ofter: 
rei. , Im J. 1886 verlieh ihm der Kaiſer 
von Oſterreich das goldene Verdienſikreuz 
mit der Krone. 


Braſch, Diorik, wurde am 18. Auguſt 
1843 zu Zempelburg in Meftipreußen ge: 
boren. Nachdem er das Gymnaſium in 
Frankfurt a./D. abjolviert hatte, widmete 
er Sich zuerft dem Etudium der Natur: 
wiltenichaften und Medizin, Ipäter dem 
der Literatur, Geſchichte und Philoſophie 
auf den Univerfitäten Berlin, Greifswald 
und Jena (1863— 68). Auf feine geiftige 
Richtung wirkten bier hauptfählidh ein: 
Trendelenburg, Dove, Dubois-Reymond, 
Helmholtz, Boedh, Gurtius, Hother, Mi: 
chelet, Kuno Fischer, George Budae, Schö— 
mann, Eufemibl. Im 9. 1870 promo: 
vierte er in Leipzig und war bis 1874 
in Berlin literariich und wiſſenſchaftlich 


Braun. 


thätig. Eeit 1874 lebt B. in Leipzig, wo 


er von 1874—80 als Nedafteur des 
großen Bredhaus’ihen Konverfationsleris 
fons fungierte und ſeitdem eifrigmitichrift- 
ftelleriichen Arbeiten beichäftigt iſt, 
längft allgemeine Anerkennung gefunden 
haben. 

Hauptwerke: 
der Philoſophie (1870), 
delſohn's 
(1874), Mendelſohn's Schriften zur Philoſophie, 
Aeſthetik und Apolog. (2Bde. 1880), Schiller als 
Philoſoph und Hiſtoriker (1884), Die Klaſſiker 
der Philoſophie von den früheſten griechiſchen Den-⸗ 
fern bis auf die Gegenwart, eine gemeinfahliche 
hiſtoriſche Darftellung (3 Bde, I883— 86), Ge: 
iommelte Efians und Charafterföpfe zur neuern 
Lhiloſophie und Fiteratur (2 Bde. 1885—86), 
Die Philoſophie der Gegenwart, ibre wejentlichiten 
Richtungen und ihre Sauptvertreter (vierter , 
Schluß⸗] Bd. der Klaſſiker der Philoſophie, I887), 
riedrich Ueberweg's Nachlaß, philofophifche Ab: | 
bandlungen und wiſſenſchaftliche Korreipondenzen, 
mit einer hiſtoriſch-philoſophiſchen Einleitung - 
(2 Fde. 1887 — SS). 


Braun, Benno, ſ. Fr. Zimmermann. 


Braun, G., S. J. wırde 1831 in 
Neustadt, einem Landſtädtchen des ehemal. 
Aurfürftentums Helen, einem wohlhaben: 
den Kaufmann geboren. Schon in früheiter 
Jugend zeigte er eine auffallende Befähis 


Benedichus v. Spinoza's Syſtem 
Lichtitrablen aus Men: 


aung für mechaniſche und tedhnologiiche 


Künſte. 
in Marburg und Fulda, wo er abſolvierte. 
Im J. 1849 begab er ſich nach Nom, um 
im deutschen Kollegium fich den Studien 
zu widmen. Die Aſtronomie jtudierte er, 
dafelbjt unter P. Secchi, und der innige 
Umgang mit demielben trug viel dazu 
bei, die Vorliebe für Ajtronomie noch zu 
vermehren. 1856 fehrte B. nach Fulda zus 
rüd und wurde Lehrer der Mathematif 
und Phyſik an dem.dortigen Knabenſemi— 
nar. Im J. 1861 begab ih B. nach Oſter— 
reich, um in die Geſellſchaft Jeſu einzu— 
treten. 1865 kam B. nach Preßburg als 


Profeſſor der Phyſik. Bald nachher (1851) 
publizierte er feine erſte Schrift: Das Paſſa⸗ 


genmifrometer, Nephorfop. Das von B. er: 
fundene Baflagenmifrometer ift ein Appa— 
rat, welher den Meridiandurchgang von 


13 


die, 


Schriften nach der ..Ethiea“ dargeſtellt 


Die Gpmnafialitudien macte er, 


Braun. 


Sternen mit der größten Genauigfeit und 
 Eliminirung der perfönlichen Gleichung zu 
beftimmen geftattet. Gleichzeitig befakte 
fh B. mit der Herftellung von Metall: 
ipiegeln nad) einer neuen Methode. 
Nach Überwindung großer Echmwierigfei: 
ten fonnte er 1865 die erjten Proben dem 
berühmten Optifer Merz in München zei- 
gen, der höchſt eritaunt war, eine fo Schöne 
Slaspolitur auf Metall zu finden. 1866 
Ihrieb er eine Abhandlung über eine rein- 
magnetiihe Kompenfation des Bifilar— Magnet: 
meterd. 1867 veröffentlichte B. eine Ar: 
beit über zwei neue geographiſche Entwurfs:Ar- 
ten. Won 1869 bis Ende 1871 bradıte 
er in Nom zu. P. Secchi überließ ihm 
gänzlih die Ausführung der abjoluten 
magnetischen Meſſungen. Als Frucht die: 
fer Meſſungen erichien u. A. eine Abhand- 
‚fung Über erdmagnetiiche Mefiungen (1871). 
Später (1874) wurde diejelbe bedeutend 
verbejiert. Am J. 1872 erſchien eine Ab- 
bandlung von B. über cine Methode, die 
' Sonne mit den Brotuberangen zu photograpbieren. 
Im gleichen Jahre wurde aud) das Nepho: 
'jfop vervollfommnet, fo dat mit demiel- 
‚ben auch die ablolute Höhe der Wolfen 
leicht und ohne Kalkül gefunden werden 
fann. Im September 1875 wurde P. B. 
'als Direktor an die neu errichtete von 
Kardinal Hannald geitiftete Sternwarte 
‚in Kaloeſa in Ungarn verfegt. In diefer 
‚Stellung jchrieb er zunächſt viele Artikel 
‚in Beitichriften. Im Herbſt 1884 verlich 
'P. B. die Sternwarte und fiedelte nad) 
Mariafchein in Böhmen über, um fich zu 
erholen. Dort erjt fand er hinreichend Zeit, 
'um fein Hauptwerk zu vollenden: Berichte 
von dem Erzbiſch. Haynald'iden Objervatorium 
in Kalocsa, über die dafelbit in den eriten fünf 
Jahren auägeführten Arbeiten. Gleichzeitig 
mit dieſer Arbeit lieferte P. B. eine lange 
Reihe von Artikeln in „Natur und Offen: 
barung” über Kosmogonie, Geogonie und 
Theorie der Sonne. Diefelben erjcheinen 
auch jeparat. Außerdem beteiligte er ſich 
an einer Preisfrage, welche von Warner 
Observatory in Amerifa ausgefchrieben 
‚wurde über die hellen Dämmerungs-Er— 


14 


Braun, Braun. 
Icheinungen. P. B. überarbeitete feine Brauu, Julius®., wurde am 28. No— 
frühere Abhandlung mit Hinzufügung | vember 1843 zu Eichwege a. d. Werra ge: 
neuer Bemerkungen, und er hatte die boren. Sein Bater (Apotheker) wünjchte, 
Freude, daß die von ihn engliſch einge: | daß Julius den gleichen Lebensberuf wie 
iandte Abhandlung mit einer goldenen er jelbit erwähle, jedoch zeigte der Jüng— 
Dredaille prämiirt wurde. ling, der ſich ef frühejter Jugend an 
60 ri Ihon mit literariihen Plänen getragen, 
Braun, * I" J. ©. Obriſt. nach Abſolvierung des Gymnaſiums ar 
Braun, Friedrih. Jh bin am 18. nachdem er jelbjt einige Jahre als Apothe— 
November 1550 in dem Landſtädtchen | fer thätig gewefen, durchaus feine Neigung 
Kirchheim unter Ted geboren; habe meine | hierfür, jo daß der Vater ihn ſchließlich 
Kindheit in Kirchheim, Eßlingen und Welz- | für den Kaufmannsſtand beſtimmte, gleich— 
heim, wo mein Vater Schul- und Kirchen— | falls gegen Die eigenen Pläne B.'s. Den 
ämter befleidete, und nad) feinem Tode Eltern zuliebe, die fich feinen wiſſen— 
in Stuttgart verlebt, wo meine Deutter ſchaftlichen und fünjtleriichen Neigungen 
als Voriteherin einer Mädchenpenſion ein jtandhaft widerjegten, trat er ſchließlich 
Iebhaftes Hausmweien leitete, in dem es an | in ein Kaufmannsgeichäft als Socius ein, 
veicher geijtiger Anregung nicht fehlte. | gab dieſe Beihäftigung jedod) jofort nach 
Meine Studienzeit in Tübingen wurde dem 1879 erfolgten Tode des Vaters auf 
durch den Krieg 1870 unterbrochen; ich | und lebte von da an ausichliehlich feiner 
machte einen Teil deilelben als freiwill. | Schriftitellerei in Berlin. Das große Kris 
Krankenpfleger mit. Auf meine Tübinger | tifenwerf B.’s über unſere drei Klaſſiker, 
Studien folgte ein Winter in Berlin und an dem er über ein Jahrzehnt gearbeitet, 
eine Reife durch Norddeutichland und Eng: ‚war von epohemachender Wirkung. 


land. Seit 1873 jtehe ich im evangelifchen 
Kirchendienit. Während id) in den Jüng- 
lingsjahren wejentli von äſthetiſchen 


und literarischen Intereſſen beherricht war, 
haben Diejelben allmählih zurüdtreten 


müſſen hinter den religiös-kirchlichen und 


human⸗ſozialen, die mir durch die Ge: 
italtung meines äußeren und inneren Le: 
bens, durch den ganzen Ichweren Ernit der 
Zeit und die Einblide, die mir mein Amt 
darein gab, nahe gelegt wurden. Ich bin 


Hauptwerfe: Ein politiiher Verbrecher (Zuftip. 
1880), Der Schullehrer von Kloſewitz (Dram. 
1880), Wilh. von Grumbach (Dram. 1881), 
' Schiller und Goethe im Urteile ihrer Zeitgenoiien 
(7 Bde. 1882— 87), Leſſing im Urteile feiner 
Zeitgenofien (2 Bde. 1533), Glüd ins Haus 
(Schaufp. 1884), Umfonft gelebt (Rom. 3 Bde. 
1887), Erjte Liebe (Rom. 2 Bde. 1887), Schiller 
und die Frauen (1887), Schiller in Bauerbach 
(Luſtſp. 1887). 


Braun, B., |. A. Simon. 
Braun (Wiesbaden), Karl, wurde 


aber der Freude am wahrhaft Schönen | am 20. März 1822 zu Hadamar geboren. 
nicht untreu geworden und rege hie und Nachdem er die Schule abfolviert hatte, 
da die Feder zu poetifchen Verſuchen, 3. B. | bezog (1840) er die Univerfität Marburg, 
1886 zum „Jubiläum des Stuttgarter | fpäter Göttingen, um Philologie und 


Gymnaſiums („Zubiläumsgäfte”, Feitipiel). 

Schriften von mir find: Glaubensfämpfe und 
Sriedenswerfe 1885 (Bilder und Skizzen aus 
Kultur: und Kirchengeichichte) und Martin Luther 
im deutfchen Lied (1883. Anthologie und eigene 
Gedichte); außerdem theologiihe Aufläte und 
Broſchüren. 

Ich bin ſeit 1880 würtemb. Hofkaplan, 
ſeit 1887 Hofprediger. 


Braun, G., ſ. ©. Böhm. 


Rechtswiſſenſchaft zu ſtudieren. Bereits 
1849 ließ B. ſich als Anwalt beim Ap— 
pellationsgericht in Wiesbaden nieder. Bis 
1849 war er Mitglied der naſſauiſchen 
Kammer, ſeit 1859 Präſident derſelben. 
Später (1867) wurde er auch in das preuß. 
Abgeordnetenhaus und inden norddeutſchen 
Reichstag, 1871 in den deutſchen Reichs— 
tag gewählt, wo er ſich der national-li— 


Brauns. 


beralen Partei anſchloß und bald einer 
ihrer ausgezeichnetſten Vorkämpfer wurde. 
Inzwiſchen (1866) war er zum Ober— 
tribunal in Berlin übergeſiedelt, ging je— 
doch 1879 als Rechtsanwalt beim Reichs— 
gericht nach Leipzig. Die Muße, welche 
ſeine amtliche und politiſche Stellung ihm 
ließ, benutzte B. nicht allein zu ſchrift— 
ſtelleriſchen Arbeiten, ſondern er unter— 
nahm auch weite Reiſen nach anderen 
Weltteilen, über die er uns manches 
höchſt wertvolle Werk geſchenkt hat. Auch 
außerdem iſt B. als Schriftſteller auf ver: 
Ichiedenen anderen Gebieten als hervor: 
ragend anerfannt und die meilten feiner 
Werke jind als außerordentlich wertvolle 
Bereiherungen unferer Literatur allge: 
mein willfommen geheißen. Sauptwerfe: 

Die Zins: MWuchergelege (1356), Gewerbefreiheit 
und Freizügigfeit (1859), Frankfurts Schmerzens: 
ſchrei (1868), Bilder aus der deutichen Klein: 
ftaaterei (1869), Während des Krieges, Parla— 
mentsbriefe (1869), Aus der Mappe eines deut: 
ſchen Neihsbürgers (1874), Mordgeſchichten 


(1874), Reifebilder (1875), Reiſeſtudien (1875), | 


75 


Eine türkiſche Reife (1877), Z:itgenoflen (1877), 


Reife-Eindrücde aus dem Südoiten (1875), Nand: 
gloflen zu den Wandlungen der legten Jahre, Aus 
der Mappe eines deutichen Abgeordneten, Rand: 
glofien eines Parlamentariers (1879), Kulturge: 
ſchichtliche Novellen (1881), Doktor Sackauer 
(1881), Champagner (1881), Bon Friedrich dem 
Großen bis zum Fürſten Bismard 11882), Blu: 
tige Blätter (1583), Pandimonium (1887). 


Brauns, C. W. Eınma, geb. Eggers. 
Am 11. Juni 1836 wurde ih in Herr: 


haufen am Harz geboren. Dein Vater, 


Volksichullehrer, wurde bald an die Stifts- 
ihule in Gandersheim verjegt, und hier 
verlebte ich meine Jugend. Meine Eltern 
iheuten feine Koften, mich in einer Pens 
fion alle die Fertigkeiten erlernen zu laſſen, 
welche damals nötig erichienen, um wür— 
dig einen häuslichen Herd gründen zu Fön: 
nen. Darauf fehrte ic) in das Elternhaus 
zurüd. 1861 verheiratete id) mich und 
wurde die beglüdte Frau meines braven 
Mannes. Und ganz allmählich, ohne daß 
ich felbit wußte, wie es geichah, lenkte 


Brauns. 


ſtrebungen der Menſchheit und ſah ein 
weites ungeahntes Feld der Arbeit vor mir, 
auf das ich mit begeiſterter Liebe den Fuß 
ſetzte — zögernd und zaghaft freilich, wie 
es dem MWeibe gebührt. Mein Dann 
wurde mein Freund und Lehrer in diejer 
wie in vieler anderen Beziehung, und da 
uns Gott das Glück verjagte, Kinder zu 
beſitzen, jo war es mir vergönnt, unter 
feiner Führung der Kunſt und Wiſſenſchaft 
zu leben und mich — ſofern es meine 
häuslichen Pflichten geitatteten — dem 
Ichriftitelleriichen Berufe zu widmen. Außer 
einem Idyll Wild Nöschen waren es 
meiltens furze Novellen und Abyandlun: 
gen, welche in den Feuilletons verichiede: 
ner Zeitungen und Wochenichriften erſchie— 
nen. Mein Dann ging nad Japan und 
ich begleitete ihn. Gleich nad meiner 
Heimkehr benutzte ich meine Studien aus 
Japan zu einem zweibändigen Nomane 
Die Nadel der Benten, den ich im Jahre 
1883 herausgab. Auf diefen folgte im 
Jahre 1885 Die alte Mühle und im Jahre 
1886 Freifrau Sibylle von Kirchheim. 





Brauns, David Auguſt. Geboren zu 


Braunſchweig am 1. Auguft 1827, begann 


ih gegen Ende 1845 das Studium der 
Medizin, dem ic) erjt als praftiicher Arzt 
im Jahr 1855 entjagte, um nad) ziemlich 
bewegtem Leben — während deſſen mid 
Forſchungsreiſen, befonders in den Orient, 
nad England und Skandinavien, vielfad) 
in Anſpruch nahmen — und nad) 1861 
erfolgter Verheiratung und längerem Auf: 
enthalt in meiner Heimat von 1374 an 
dem ſchon lange von mir fultivierten Stu— 
dium der Geologie al$ Dozent der Univer— 
jität Halle ausichließlich zu leben. Meine 
‚ziemlich umfaſſende Thätigfeit als geolo- 
giſcher, zum Teil auch populär-wiſſen— 
ſchaftlicher Schriftſteller begann bereits 
1857 und dauert noch fort. Eine weitere 
Quelle ſchriftſtelleriſcher Arbeit, die mich 
noch mehr mit dem größeren Publikum in 


ſich mein Geſchick in andere Bahnen; ich Berührung brachte, eröffnete ſich mir in— 
nahm Teil an den wiſſenſchaftlichen Be: folge einer 1879 angetretenen und 1882 


Breden. 


— mit dem Nüdmeg über Italien — be 
endeten Reife nad Japan, auf welder 
meine Frau, die Echriftftellerin C. W. €. 
Brauns, mid begleitete. Verſchiedene 
Eſſays in Zeitichriften entiprangen haupt: 
jächlich dem lebhaft von mir aefühlten Be: 
dürfniſſe, der verkehrten Auffaſſung japa= 
niicher Verhältniſſe entgeaenzutreten, welche 
uns aus der Zeit, da die Holländer aus- 
ichließlid mit Japan verfehrten, überkom— 
men find und leider bis in die jünafte Zeit 
noch in hohem Maße herrichen. Ein be: 
fonderes Augenmerk richtete ſich jedoch 
einesteils auf Die — meines Cradtens 
für deutiche Koloniſation befonders gün— 
jtige — Inſel Meſſo und ihre Ureinwohner, 
die Ainos, anderenteils, und mit beſon— 
derer Vorliebe, auf die Mythologie, die 
Märchen und Sagen der Napaner, von 
denen ich eine größere kritiſch gehaltene ı 
Eammlung, bis jet die einzige, welche 
Anspruch auf Vollftändigfeit machen kann, 
im Jahr 1885 zur Grimm’ihen Säku— 
larfeier herausaab. 


Breden, Ada (Ada Chrilten), wurde 
am 6. März 1844 dem Kaufmann Fries 
derif in Wien geboren. Da die Familie 
Ada’s verarmte, ging fie, kaum ermachlen, 
bereits zur Bühne, ſpielte an mehreren 
Theatern in Böhmen und Ungarn bis zu 
ihrer, 1864 erfolgenden Berheiratung. 
Ihre Ehe war nur furz, da der Tod fie 
löfte. Einige Jahre Ipäter verband Ada 
fich zum zweiten Male mit dem Nittmeis | 
jter von Breden, mit dem fie in glück— 
licher Ehe in ihrer Naterftadt lebt, neben 
ihren Rflihten als Gattin und Mutter 
eifrig mit jchriftitellerifichen Arbeiten, be 
fonders auf dem Felde der Lyrik, bes, 
ſchäftigt. 

Hauptwerke: Lieder eines Verlorenen (1869), | 
Aus der Aſche (1870), Schatten (1872), Aus der | 
Tiefe (1878), 

Breitenjtein, Mar. Geboren zu 
Iglau in Mähren am 10. November 1855, 
babe ih meine Gymnaſial- und Univer: 
jitätsftudien zu Mien im Jahr 1876 ab: 
jolviert. Nachdem ich mich bereits als | 


716 


Brennede. 


Student mit literariichen Verſuchen be— 
ichäftigt habe, begann ich im Jahre 1876, 
jobald ich meine juriltiihe Eramina be: 
ſtanden hatte, meine publiziftiihe Thätig- 
feit, indem ich die akademiſche Wochen— 
Ihrift Alma mater", Organ für Hoch— 
Ichulen, gründete, melche ich bis zum Jahre 
1881 redigierte. Ferner babe ih vom 
Jahre 1877—81 den Akademiſchen Kalen: 
der der öfterr. Hochſchulen redigiert und her: 
ausgegeben. Auch habe ich im Jahre 1880 
das Kommeröbuch der Wiener Studenten ver: 
faßt. Außerdem habe id) eine Sammlung 
öffentlicher Xorträge und Neben, ſowie eine 
Zammlung der bedeutenditen Reden des öjterr. 
Barlaments herausgegeben und redigiert; 
dann eine Brofchüre Die Zukunft der Prager 
Inirafität, fowie eine Abhandlung Die Re- 
form der Hechſchulen, ſewie endlich einige 
humoriftiiche Merfchen, Feuilletons, Über: 
ſetzungen aus dem Engliichen 2c. gearbeitet. 


Breunecke, Adolf, wurde am 30. 
September 1841 zu Jever geboren. Nach 
Gmpfarg feiner Edyulbildung bezog er 
die Univerfität Breslau, um Philologie 
und Geſchichte zu ftudieren. Er unter: 
brach feine Garriere, um den deutſch— 
franzöfiichen Krieg mitzumachen, und 
wurde, zurüdgefehrt, 1871 als Lehrer 
in Brandenburg, 1873 als Hauptlehrer 
an der Gemwerbeichule in Hildesheim und 
1875 als Oberlchrer an der NRealichule 
in Elberfeld angeftellt. 1880 wurde er 
zum Profeſſor an legterer Schule ernannt, 
wo er noch heute amtiert. 

Hauptwerke: Verſchiedene Stände (1876), Am 
Hofe der Fran v. Staöl (1880), Um Baris 
(Erz. 1882), Am Wechiel der Tage (Anthol. 
1855), Guropa (Wanderbilder 1886). 

Brennefam, Otto, wurde am 13. 
Auguſt 1842 in Berlin geboren, ftudierte 
(1861-1864) daſelbſt Theologie. Nach 
Abjolvierung der Univerfität nahm er eine 
Stelle am Militärwaiienhaufe in Potsdam 
an, wurde 1866 zum Prediger und Rektor 
in Joahimsthal, 1874 zum Oberpfarrer 
in Genf und 1878 zum “Brediger in 
Cröchern in Sachſen ernannt, von wo cr 


Brenning. 


77 


Brentano, 


1887 nad) Elettenberg am Harz verſetzt Erzeugniſſe erzielten, veranlaßten ihn, fid) 


wurde. 


Hauptwerke: Der Heidereiter von Grimnit 


(Erz. 1878), Werbelow (1575), Nikolaus v. Buch | Beh (1870), 


(1879), Weihnachten (1879), Irrfahrt und Heim: 
fahrt (1880), Emilie (1880), 
Joahimsthal (1881), Ein leichtes Herz (1882), 
Ein hartes Herz (1882), Getraute Treue (1883), 
Henner und Amrei (1887), 
(1887), Die neue Sintflut (1857). 


Brenning, Emil, 
April 1837 zu Münden geboren, abjol: 
vierte die Schule zu Hersfeld und widmete 
fi dem Studium der Bhilojophie an den 
Univerfitäten Marburg und Göttingen 
(1856—60), wu bejonders Dorner und 
Loge auf jeine geiftige Richtung einwirk— 
ten. Bon 1862—65 war er Prinzen: 


Mutter Dorothee triſch am. 


wurde am 15, 


erzieher (des jegigen Großherzogs, Herzogs 


Paul Friedrid, der Großfürſtin Marie, 
des Herzogs Johann Albrecht) in Schwerin. 
1865 wurde B. als Lehrer in Bremen 


angeftellt, wo er nod) jegt amtiert, neben: 


jeiner Lehrthätigkeit emfig mit Ichriftitelle: 
riſchen, vorzüglid) literargeichichtlichen Ar: 
beiten, die ihn befannt gemacht haben, be— 
ſchãftigt. 

Hauptwerke: Plobin's Lehre vom Schönen 
(1863), Hippel's Buch über die Ehe herggb. (1868), 
Geſchichte der deutſchen Literatur (1883), Schefer 
(1884), Otto Funcke (1854), Graf Schack 1886), 
Des Herzens Stimme (1886). 

Brentano, Franz von, wurde am 
15. Januar 1835 in Boppart geboren, 
ftudierte Theologie und Bhilojophie an 
den Univerfitäten Würzburg und Bonn. 
1564 zum Briefter geweiht, habilitierte 
er fi) 1866 als Privatdozent der Phi— 
lojophie an der Univerfität Würzburg und 
erhielt 1572 dajelbit eine Profeſſur, die 
er jedody niederlegte, um nad Wien zu 
gehen, wo er als Privatdozent noch jetzt 
thätig iſt. 

Hauptwerfe: Die Pſychologie des Ariſtoteles 
(1867), Biychologie vom empirischen Standpunfte 
(1875). 

Brentano, Fritz, wurde am 17, 
Februar 1840 zu Mannheim geboren, 
beſuchte die Schule feiner Vateritadt. Die 
Erfolge, welche ſeine erjten literariichen 


‚ Berlin als Brivatdozent, wurde 1872 


'ganz der Schriftitellerei zu widmen. 
Hauptwerke: Am Erlenbah (Nov. 1876), Allerlei 

Etwas Ulk (1879), Kunterbunt 

(1879), Fahrende Komödianten (1879), Lenz 


Die Lutherbibel in und Liebe (Anthof. 1883), Der Weber von on: 


‚don (Schwanf 1883), Durdlaucht haben geruht 
(Schw. 1884), Amerifanifh (Schw. 1885), Ele: 
m. Klausmann 1856), Alfreds 
(Schw. m. Kluusmann 1856). 


' Brentano, Zujo, geb. am 18. Dezem⸗ 
‚ber 1544 in Aichaffenburg, bejuchte die 
Gymnaſien zu Augsburg und Aichaffen: 
burg, die Univerfitäten in Dublin, Mün— 
hen, Heidelberg, Würzburg, Göttingen 





Briefe 


und erwarb an denſelben den Grad eines 
‚Dr. jur. utr. und philos. 


Nachdem er ein 
Jahr lang dem von Engel geleiteten Ita: 
tiltiihen Seminar in Berlin angehört 
hatte, machte er 1863 mit diefem eine 
Studienreife nad) England und verblieb 
dajelbjt nah Engel’s Abreife zur Boll: 
endung feiner Studien. Nach Deutidland 
zurüdgefehrt, habilitierte fih B. 1571 in 
als 
außerord. Profeſſor nach Breslau berufen 
und nad Ablehnung eines Nufes nad) 
Jena 1873 zum ord. Profeſſor ernannt. 
1856 wurde er in gleicher Eigenihaft an 
die Univerfität Straßburg berufen. Einen 
1887 an ihn ergangenen Ruf, als Nad): 
folger Lorenz von Stein’s den national- 
ökonomiſchen Lehrſtuhl an der Wiener 
Univerfität einzunehmen, hat derjelbe ab- 
gelehnt. 

Dauptwerfe: On the History and levelope- 
nent of gilds and the Origin of Trade Unions 
(1870), Die Arbeitergilden der Gegenwart (1871, 
1872), Die Gemwerfvereine im Verhältnis zur Ar: 
beitsgeleggebung (1872), Die engliihe Ehartiften: 
bewegung (1874), Das Arbeitsverhältnig gemäh 
dem heutigen Hecht (1877), Die Arbeiterverfiches 
rung gemäß der heutigen Wirtichaftsordnung 
(1879), Der Arbeiterverſicherungszwang, feine 
Vorausfegungen und feine Folgen (1881), Die 
gewerbliche Arbeiterfrage (1872), ins Franzöſiſche 
uͤberſetzt von Caubert 1885, Die chriſtlich ſoziale 
Bewequng in England (1883), Über eine zufünfs 
tige Handelspolitif des deutichen Reichs (1885). 

“ 


Breslauer, Dar. Ich bin geboren in 
Trebnig in der preuß. Prov. Schleſien am 


Breytung. 


19. Juni 1856. Nach Abjolvierung mei- 
ner Schulſtudien bejuchte ich die Univer: 
jitäten zu Yeipzig, Heidelberg u. Breslau 
und widmete mid; nad) erfolgter Promo— 
tion namentlich) dem Gebiete der medizi— 
nischen Chemie und öffentlichen Sefund: 
heitspflege. Seit 1880 bin ich in dieſer 
Tisciplin ununterbrodhen amtlich thätig 
gewejen. Von meinen literariichen Arbei- 
ten führe id an: 

Über das Epichlorhydrin und einige Derivate 
deſſelben (1879); Einfache Methoden zur Trint: 
waflerunterfuchung zum Gebraud für prakt. Ärzte 
1884) ; Iſt der Zufat von Salicnliäure zum Bier 
geſundheitsſchädlich zu erachten und als Nahrungs: 
mittelfälfchung ftrafrechtlich zu verfolgen? (1884) ; 
Die Unterfuhung der Luft für bugieniiche Zwecke 
(1855); Die chemiſche Beſchaffenheit der Luft in 
Brandenburg a. d. 9. Ein Beitrag zur Kenntnis 
der quantitativen Zufammenfegung der atmoiphäs 
riihen Luft (1886); Zur Frage der chemiichen 
Sadverjtändigen (1887), ſowie einige Heinere Ab: 
handlungen. 

Seit 1. Januar 1886 bin ich Redakteur 
und Herausgeber der deutichen Chemifer: 
zeitung. 


Breytung, Nubolf (Pieud. Barba: 
cofa), wurde geboren in Magdeburg am 31. 
Oktober 1828, beſuchte 1837—1S45 in 
Breslau das Gymnaſium bis Sekunde, 


erlernte die Landwirtichaft, ging jedoch im 


Sahre 1857 zum Gifenbahnbau über 
(Stargard:Cöslin:Colberg), zog als Bahn: 


meijter von Berlin nad) Riga (Rußland), | 


weilte dort 1561— 1870. Dann fehrte 
er nach Breslau zurüd und wurde dort 
an der Nechten:-Oder:Uferbahn als Bahn: 
meijter, fpäter als Kalfulator und Bau: 
amtsjefretär angejtellt (bis 1580). Zeit: 
dem als Feuilletonift und Mitarbeiter 
vieler Tageszeitungen und Zeitichriften 
jein Leben „gefriftet“, von 1553 (Fe: 
bruar) ab bei der Handelstammer in Cp- 
peln als Regiſtrator angeitellt. 
habe ich noch nicht zu verzeichnen, werde 
auch wohl nicht dazu kommen, beabfich: 
tige aber, im „Kleinen“ weiter wie bis: 
her für Aufklärung und Menſchenwohl zu 
arbeiten. 


78 


Werke: 


Broddorff. 


Broddorff, Eophie Gräfin von, 
Goph. Mar. Wilhelmi), wurde am 14. 
‚April 1848 zu Damgaard als eine Tochter 
des Kgl. däniſchen Hofjänermeifters v. Ahle: 
feldt geboren. Sie lich unter Pfeud. (in 
Zeitichriften zerjtreut) erfcheinen: Das Herz 
‚von Stein (1875), Schloß Liebenftein (1876), 
ı Die Eötvös (1879). Hiernach bradte fie 
längere Zeit auf Neifen zu, während deren 
nur fleinere Aufläge in Zeitichriften ge 
drucdt wurden. Erſt 1885 trat Gräfin 
'v. B. mit ihrem wahren Namen an Die 
Offentlichfeit: Elſe Benker (Novelle), Bilder 
aus vergangenen Tagen (1887). Autorin hei⸗ 
‚ratete 1870 und ift jeit 1883 in Darm: 
‚stadt wohnhaft. 


Broekel, Johanna Antonie(N.Brood), 
wurde am 1. September 1819 zu Ton- 
dern geboren. Früh jchon verwatft, war 
fe darauf angewiefen, ſich jelbft ihr Brot 
zu verdienen, weshalb fie, faum 25 Jahre 
alt, ein Penfionat für Mädchen in Kiel 
gründete, Nach dreißigjährigem treuen 
Wirken in diefer mühereihen Thätigfeit 
war fie endlich im Stande, diefelbe auf: 
‚zugeben, und ſich ganz der Schriftftellerei 
‚zu widmen, 

Hauptwerke: Schutzlos aber nicht hilflos (1863), 
Blätter und Blätthen (1868), Tas Schloß in 
den Urdennen (1869), Auf den Ozean des Lebens 
11875), Vormund und Mündel (1877), Licht 
und Schatten (1581), Nur eine Tochter (1882). 


Bromberg, 9. v., |. 9. Thom. 
Broof, A. j. A. Broefel. 


Brown, Rod., ſ. Hildebrandt: 
Strehlen. 


Bruch, Carl Auguſt Marimilian, 
geboren am 16. Aug. 1838 in Waldbröl, 
Reg.-Bezirk Köln, Sohn des Pfarrers 
Carl Wilhelm Bruch, erhielt feine Gym: 
nalialbildung in Minden, befuchte die Uni: 
verfitäten Bonn und Göttingen und wid: 
mete ſich der Theologie. Nach Abjol: 
vierung des afademijchen Trienniums war 
er mehrere Sabre Hindurd im praftifchen 
Schulamt thätig und wurde im Jahre 
1565 zum ‘Pfarrer der reform. Gemeinde 








1 


Brucd: Sinn. — 
in Hüdeswagen berufen, in welcher Stel— 
[ung er nod heute jteht. einer von 
früher Jugend an gehegten Neigung für 
das Studium der alien Sprachen folgend, 
beichäftigte er Nic, namentlih in den 
legten zehn Jahren, mit der Verdeut— 
ihung der alten klaſſiſchen Dichterwertfe 
und gab nach einander folgende Bücher 
heraus: 

Die Tragödien des Sophofles, deutih in den 
Versmaßen der Urſchrift; Die Tragödien des 
Aſchylos; Hellas, lyriſche Dichtungen aus dem 
hellenifchen Altertum; Ausgewählte Dramen des 
Euripides (Medea, Iphigenia in Aulis, Iphi— 
genia bei den Tauriern, Alkeſtis, Jon, Dippolnt); 
Koma, Iyriihe Dichtungen aus dem römifchen 
Altertum; Lebensweisheit der Alten in Sentenzen 
aus Sophofles, Äſchylos und Euripides; Des 
Tu. Horatius Flaccus den, deutih in den 
Bersmahen der Urſchrift. 

Gegenwärtig arbeitet er an der Voll: 
endung der UÜberjegung des Euripides, 
von welcher in furzem Hekabe, Orcjtes 
und die Bakchen ericheinen werden. 


Bruch-Zinn, Gareline (Adelh. v. 
Trachenfels), wurde zu Olmüß am 13. 
Januar 1853 als die Tochter eines öfter: 
reihiichen Offiziers geboren und iſt auch 
mit einem folchen verheiratet. Früher 
in Graz Icbend, war fie cifrig als no: 
velliftiiche Mitarbeiterin der dort erichei: 
nenden Blätter thätig. Ebenfo ichrieb fie 
Ipäter für Wiener Blätter Novellen, 
Eſſays, Skizzen ꝛc., auch trat fie gegen 
dic Emanzipationsbeftrebungen auf, den 
alten Sat verfechtend, daß der cchte und 
einzige Beruf des Meibes der als Gattin 
und Mutter ſei. Seit mehreren Jahren | 
in Mien lebend, wirft die Autorin als | 
fleißige Mitarbeiterin einer großen Zahl 
ölterr., auch mehrerer deutichen Zeit: 
Ihriften. 


Brückner, Alcrander, wurde am 5. 
Auguft 1834 in Petersburg geboren, 
widinete fih auf den Munich feines Ba: | 
ters den Kaufmannsjtande, vertauichte | 
aber fpäter das Komptoir mit der Unis 
verfität und jludierte von 1857— 1861 
in Heidelberg, Jena und Berlin Geſchichte. 








} 


— Brüll. 

Auf ſeine geiſtige Richtung wirkte beſon— 
ders ein: Häußer, Droyſen. 1861 wurde 
er als Profeſſor an die Rechtsſchule nach 
Petersburg, 1867 an die Univerfität 


Odeſſa, 1872 an die Univerfität in Dor: 


pat berufen. Außer vielen Abhandlum: 
gen in Fachzeitichriften find folgende Werke 
B.'s befonders hervorzuheben: 

Finanzgeſchichtliche Studien, Kupfergeldfriien 
(1867), 3. Poſoſchkow (1878), Peter der Große 
(1879), Der Zar Alerei (1879), Katharina 11 
(1883). 


. Brüll, Adolf, wurde zu Kojetein in 
Oſterreich am 27. April 1846 geboren. 
Nah Abfolvierung des Gymnafiums be: 
ſuchte er die Univerfitäten zu Wien, 


‚Prag und Breslau und wurde am 20, 


Februar 1867 zum Doktor promoviert. 
Hierauf machte er fein theologiihes Era: 
men und erhielt die Autorilation zur Be: 
kleidung einer Rabbinerjtelle. Aın 10. Of: 


tober 1871 wurde er an die Nealichule 


der israelitiihen Gemeinde in Frankfurt 
a. M. als Neligionslchrer berufen. Bon 


ihm find erfchienen: 


Fremdſprachliche Redensarten und als fremd: 


ſprachlich bezeichnete Wörter in den Talmuden 


und Midralhim, Trachten der Juden im nad: 
bibliichen Altertum; Das jamaritaniihe Targum 
zum Pentateuch nebſt zwei Anhängen; Dr. 
Einhorn; Preſſe und Judentum; Feſtrede, ge: 
halten bei der freier zum 100. Gedächtnistage des 
Todes Mojes Mendelsſohn's; Der Ruf des Ber: 


‚Töhnungstages, Predigt. 


Brümmer, Karl Wilhelm Franz, 
geb. am 17. November 1536 zu Mufter: 
haufen a. d. Doſſe als der einzige Sohn 
eines Handwerkers, erhielt feinen Unter: 
richt in der dortigen Stadtichule, während 
für feine Ausbildung in dev Muſik und 
in den fremden Spraden durch Privat: 
lehrer arforgt wurde. Der Wunſch des 
Vaters, daß der Eohn den Beruf eines 
Volksſchullehrers erwähle, fagte diefem um 
jo mehr zu, als er darin feiner Neigung 
zum Leſen und Studieren ungehindert fol: 
gen fonnte. Eine eigentliche Vorbildung 
zum Eintritt ins Seminar erhielt B. nicht, 
er trieb vielmehr auf eigene Hand alle 


— 


Brugmann. 


möglichen Studien, beſonders Geſchichte 
und deutſche Literatur, deren Schäge ihm 
dur wohlwollende Gönner frühzeitig ver: 
mittelt wurden, und aus jener Zeit ſtammt 
denn aud) jeine dauernde Vorliebe für die 
Literatur und die Örundlage feiner um: 
fallenden Stenntnis derjelben. Nachdem B. 
das Xehrerieminar in Köpenid 1856 ab: 
jolviert, wurde er Lehrer an der Stadt: 
ſchule ın Zehdenid, fam 1860 als Kantor 
und Lehrer nad Trebbin und 1863 als 
Organijt und Yehrer nad) Nauen. Bei 
Gründung des Realprogymnaſiums da- 
jelbjt trat er 1569 als Lehrer an daſſelbe 
über und blieb in diefer Stellung bis 
1579, wo ihn das Vertrauen der jtädti- 
ihen Behörden in das Konreftorat der 
Stadtſchule berief. Seit dem Jahre 1860 
literariich thätig, verfuchte B. ſich zunächſt 
auf pädagogiſchem Gebiete und veröffent: 
lichte mehrere Schulichriften, bejonders 
über den Unterricht in 
Sprache. Mit Herausgabe feines Deutichen 
Dichter-Lerikons. Biographifche und bibliogra> 
phiſche Mitteilungen über deutihe Dichter aller 
geiten (2 Bde. 1875— 76) betrat er das lite: 
rargeſchichtliche Gebiet und lieferte mit 
diefer Arbeit den Literaturhijtorifern ein 
ſchätzenswertes Quellenwerf. Eine neue, 
bedeutend erweiterte und die Gegenwart 
in umfallenditer Meile berückſichtigende 
Ausgabe jenes Werkes eridien als Lerifon 
der deutfchen Dichter und Profaiften bis zu Ende 
des 18. Jahrh. (1584) und als Lerikon der 
deutihen Tichter und Rroiaiiten des 19. Jahrh. 
(2 Bde. 1885), 


Brugmann,KarlFriedrihChriitian, 
geboren zu Wiesbaden 16. März 1849. 
Beſuchte das Gymnaſium feiner Vater: 
Htadt; alsdann (1867 —71) die Uni— 
verfitäten Halle, Yeipzig und Bonn, um 
Philologie und indogerm. Sprachwiſſen— 
haft zu jtudieren. Wurde zu ſprach— 
willenichaftl. Studien namentlich durch 
Georg Eurtius in Leipzig angeregt. Nad): 
dem er 1572— 1877 als Gymnafiallehrer 
in Wiesbaden (1 Jahr) und in Leipzig 
(4 Jahre) gewirkt, habilitierte er ſich 





80 


der deutſchen 


— Brugſch-Paſcha. 

Oſtern 1877 an der Unio. Leipzig für 
„vergleichende Sprachwiſſenſchaft und 
Sanskrit“ und wurde 1882 zum außer: 
ordentlichen Brofeilor befördert. Zugleich 
war er (vom Herbjit 1877 an) Dozent 
‚des Sriehiihen an dem mit dev Univer: 
'fität verbundenen Kailerl. ruſſiſchen phi— 
lologiihen Anftitut zu Leipzig. Beide 
Amter gab er im Herbit 1854 auf, um 
einem Rufe als ordentl. Profeſſor der 

„vergleichenden Sprachwiſſenſchaft“ an 
die Univerf. Freiburg i. B. zu folgen. 
Nach 2’/sjährigem Wirken an diejer Hoch— 
ſchule wurde er, nachdem mittlerweile durch 

G. Gurtius’ Tod das Fach der indoger: 
man. Sprachforihung feinen Hauptver— 
treter an der Univerj. Leipzig verloren 
"hatte, nad) Leipzig zurüdberufen als or: 
dentl. Profeſſor „der indogermaniichen 
Sprachwiſſenſchaft.“ Die wichtigiten unter 
feinen Publikationen find folgende: 

G. Curtius und K. Brugmann Studien zur 
griech. u. lat. Grammatit B. IX u. X (1876 
bis 1878). Morphologiihe Unterluhungen auf 
dem Gebiete der indogerm. Spraden B. I—IV 
(1878— 1851), berausgeg. von 9. Dithoff und 
K. Brugmann. Gin Problem der bomeriichen 
' Tertkritif und der vergleichenden Sprachwiſſen— 
ſchaft (1876). Litauiſche Volkslieder und Märchen 
aus dem preußiſchen und dem ruſſiſchen Litauen, 
geſammelt von A. Leskien u. K. Brugmann 18824 
Zum heutigen Stand der Sprachwiſſenſchaft 1885). 
Griechiſche Grammatik, enthalten in Iwan Muͤller's 
Handbuch der klaſſiſchen Altertumswiſſenſchaft II 
(1885). Grundriß der vergleichenden Grammatik 
der indogerm. Sprachen I. B. (1886). Außer— 
dem zahlreiche ſprachwiſſenſchaftl. Aufſätze in 
Fachzeitſchriften. 

Brugſch-Paſcha, Heinrich, wurde 
‚am 18. Februar 1527 in Berlin geboren, 
ſtudierte dafelbit Philojophie und Archäo: 
logie, ging dann nad) Paris und Yondon, 
um die Mufeen zu erforichen, und unter 
nahm im Auftrag der preußiichen Regie: 
‚rung 1853 feine erjte wiſſenſchaftliche 
Reiſe nad) Agypten. Zurüdgefehrt, ha: 
;bilitierte er fih in Berlin als Privatdo- 
‚zent. Bereits 1857 unternahın B. Die 
| zweite größere Forſchungsreiſe nad) Agyp: 
ten. Kurz darauf wurde er der preußi— 
ſchen Geſandtſchaft in Perſien beigegeben, 





Brun:Barnow. 


welche Stellung er zur eingehenden Durch⸗ 


forjchung diefes Landes benutzte. Nach 
dem Tode des Sefandten kehrte B. in feine 
Heimat zurüd und wurde zum Konful in 
Kairo ernannt. Nach vierjähriger amt: 
licher Thätigfeit wurde B. als Profeſſor 
nad Göttingen berufen. 1870 berief ihn 
der Vizefönig von Agypten, um die Leitung 
der Hochſchule in Kairo zu übernehmen. 
Der Chedive Tewfik Paſcha verlieh B. 
den Rang und Titel eines Paſcha als An 
erfennung feiner hohen Verdienfte um die 
Erforihung der Nilländer. Auch in 
Deutjchland, wohin B. 1578 zurüdfehrte, 
um feinen Wohnfig in Charlottenburg zu 
nehmen, hat B. die ihm gebührende Wert- 
ihägung gefunden: allgemein wird er als 
der hervorragendite Vertreter auf dem Ge— 
biete der ägyptiſchen Altertumsforihung 


anerfannt. 

Hauptwerte: Sammlung demotiſcher Urkunden 
(1850), Neifeberihte aus Agupten (1855), Geo: 
graph. Inichriften altäguptiicher Denfmäler (1857 
bis 1866), Die ägyptiſche Gräbermwelt (1867), 
Über Bildung und Entwidelung der Schrift 
(1868), Wanderungen nah den Türfisminen 
(1868), Reife nach der Dafe el Karjeh (1878), 
Brinz Friedrih Karl im Morgenlande (mit Fr. 
v. Gamier 1884). 


Brun-Baruow, J. v. ſ. J.v. Brunſig. 


Brumm, Heinrich, wurde am 23. Ya: 
nuar 1822 in Deſſau geboren, jtudierte 
1839— 1843 Altertumskunde in Bonn. 
In legterem Jahre ging er nad) Italien, 
das er freuz und quer durchwanderte und 
erforichte. 1854 nad) Bonn zurüdgefehrt, 
habilitierte er fih und wirkte daſelbſt meh: 
rere Jahre als Brivatdozent und Kuftos 
der Univerfitätsbibliothef, bis er einen 
Ruf als Sefretär des Archäologiſchen In— 
ftituts in Rom (1856) erhielt, welches 
Inftitut fein Wiederaufblühen B. ver: 
dankt. 1866 als Profeſſor der Archäo- 
logie nah München berufen, 1868 zum 
Konjervator des Münzfabinets und der 
Vaſenſammlung dajelbjt ernannt. Außer 
vielen wiſſenſchaftlichen Abhandlungen in 
Zeitichriften, verfaßte der um die Archäo— 
logie jehr verdiente Autor: 


Das literariihe Deutichland. 


81 


— 


Brunnemann. 


Geſchichte der griechiſchen Künſtler (1853— 
1859), Die Kunſt bei Homer (1868), Beichrei: 
bung der Glyptothek Königs Ludwig J (1868), 
I rilievi delle urne etrusche (1870), Probleme 
in der Geſchichte der Valenmalerei (1871), Ar: 
 häologie und Anichauung (1555). , 

Brunnemann, Karl, wurde am 17. 
Dftober 1823 in Berlin geboren, bejuchte 
das Joachimstalſche Gymnaſium und be- 
zog ſodann die Univerfität dajelbit (1842 
bis 1846), um Philoſophie zu ftudieren. 
1847 als Lehrer in Stettin angejtellt. 
Seit 1869 wirft B. als Direktor des 
Realgymnafiums zu Elbing, neben feiner 
Lehrthätigkeit viel mit Ichriftitelleriichen, 
hervorragend literargeihichtlichen Arbei- 
ten beichäftigt. 

Hauptwerfe: Geſchichte der nordamerifaniichen 
‚ Literatur (1865), Wanderungen eines deutichen 
‚ Schulmeifters (1872), Studien zur Geſchichte ‚der 
franzöſiſchen Revolution (1877) ; außerdem lieferte 
B. vorzügliche Ausgaben der Moliereihen Lujt: 
ipiele (1878), Corneille3 Dramen (1854) ıc. 

Brunner, Sebaltian, wurde am 10. 
Dezember 1314 zu Mien geboren, abjol: 
vierte dafelbit die Schule und die Univer: 
ſität als Theologe, wurde 1838 zum Prie— 
'fter geweiht und als Kaplan in Neudorf, 
‚dann in Perchtoldsdorf, Hierauf in der 
MWienerherberg, endlich (1842) als Pfarrer 
in Altlerchenfeld bei Wien angeſtellt. B. 
erfreute fi der befonderen Gunſt Dtetter: 
‚nis, der ihn zu vielen religiös-politiichen 
Miffionen verwandte. Nachdem er 1844 
zum Doftor promoviert hatte, wählte die 
Miener Univerfität ihn (1853) zum Pre: 
diger und Operar an der Univerfitätsfirche. 
'1865 ernannte der Bapft ihn zum Haus: 
prälaten und zehn Jahre ſpäter zum erz— 
biichöflichen Konfiftorialrat in Wien. 

Hauptwerfe: Genies Malheur und Glüd (1843), 
Fremde und Heim (1544), Die Welt, ein Epos 
(1845), Der Nebeljungen Lied (1545), Der deutiche 
Hiob (1846), Blöde Kitter (1548), Schreiber: 
knechte (1848), Gelammelte Erzählungen und 

poetifhe Schriften (1864— 1868), Hau: u, Baus 
fteine zw einer deutichen Literaturgeſchichte 1884). 





Brunold, Fr., ſ. A. 5. Meyer. 
Brunjig, Ida Edle von (v. Bruns: 
Barnow), wurde am 9. März 1840 in 
6 


Buchbinder. 


Breslau als Tochter eines Generals ge— 
boren. Die erſten Jahre ihrer Kindheit 
brachte ſie in Glogau, Danzig, Köln, 
Trier, Koblenz zu, da ihre Eltern in die— 
ſer Zeit mehrfach den Wohnſitz wechſeln 
mußten. Erſt als „großes Mädchen“ ge— 
langte ſie zu einem regelmäßigen Unter— 
richt und zwar in Münſter. Von hier aus 
ſiedelte die Familie nach Görlitz über, nach— 
dem der Vater in den Ruheſtand getreten 
war. Mit ihrem dreißigſten Jahr begann 
J. v. B. unter dem obigen Pſeud. ihre 
ſchriftſtelleriſche Thätigkeit, angeſpornt 
durch die hübſchen Erfolge, deren ihre 
„Erſtlinge“ ſich zu erfreuen hatten. 


Mitarbeiterin einer Reihe von Zeitſchrif— 
ten noch jetzt lebt. 


Hauptwerke: Die Letzten eines alten Geſchlechts 


(Erz. 1870), Die Tochter des Prieſters (1879), 
Sallihe Wege (1881), Ein Wort an die deutjchen 
Frauen (1883), Das Frauenglüd (1884). 


Buchbinder, Bernhard (G. Klinger), 
wurde am 12. Juni 1849 in Budapeft 
geboren. Sein Vater jtarb, als B. nod) 
ein Knabe war; troßdem fiel ihm, als 
dem Alteften von fünf, die für einen elf: 
jährigen Jungen ſchier unmögliche Auf: 


gabe zu, bei den Geſchwiſtern Vaters und 


Ernährerftelle zu vertreten. Unter den 
größten Entbehrungen und unfagbaren 
Drangfalen, oft der Verzweiflung nahe, 
gelang c8 dem Kinde, dieſe Aufgabe zu 
löfen. Mit dem zwanzigiten Jahre ver: 
faßte B. ein kleines Theateritüd, das mit 
Erfolg zur Aufführung gelangte, — To 
wurde er Echriftiteller. Er lebt in Buda— 
peft. Außer zahlreichen in Zeitichriften 
und Zeitungen zerjtreuten Arbeiten find 
hervorzuheben: 

Die Herrgottsmörder (1870), Wer iſt der Herr 
im Haufe (INTO), Die Nahe des Jeſuiten (1873), 
Der Paſcha von Bert (1875), Die Ninderhändlerin 
(1875), Vergeſſen im Armenhaufe (1582), Väter 
und Söhne (Rom. 185), Der letzte Briejter 
(1886). 

Bucher, Adalbert Bruno, wurde am 
24. April 1826 in Köslin geboren. Nach 


Abjolvierung der Schule widmete er ſich 


Sie 
zog nun nach Dresden, wo ſie als fleißige 


Bucher. 


der Sournaliftif in Wien, wurde 1870 
‚zum Sekretär des Muſeums für Kunft 
‚und Induſtrie ernannt und flieg 1880 zum 
Vizedireftor mit dem Rang und Titel cines 
' Negierungsrates empor. B. hat ſich durch 
‚feine Schriften um die Kunſtgeſchichte ſehr 
‚ verdient gemacht, darunter find hervorzu— 
heben: Geſchichte der techniihen Künfte (1874), 
Die Aunft im Handwerk (1875), Katechismus d. 
Kunſtgeſchichte (1880), Nealleriton des Kunſtge— 
werbes (1883), Mit Gunft (1586). Außerdem 
viele funjtgefchichtlihe Abhandlungen in Zeit: 
ſchriften, Pu ne in der von B. (mit A. Gnautb) 
REEUNÜDEREDENEN Monatsſchriſt „Das Aunfthand- 
w 


Bucher, Adolf Lothar, ein Bruder 
des vorigen, wurde am 25. Oktober 1817 
zu Neuſtettin geboren, abſolvierte das 
Gymnaſium in Köslin und die Univerſität 
Berlin, wo er die Rechte ſtudierte. Er 
wurde 1838 als Ausfultator beim Ober: 
landesgeridht Köslin angejtellt und 1843 
als Aſſeſſor an das Landgericht zu Stolp 
‚verfegt, von hier aus in die. preußifche 
‚Nationalverfammlung gewählt. 1850 
mußte B. politischer Verfolgungen wegen 
nad) London fliehen, wo er ſich durch jour- 
‚naliftiiche Arbeiten ernährte. 1864 nad) 
‚Berlin zurüdgefehrt, wurde er von Big: 
mard in das Minifterium des Auswär— 
tigen berufen und 1865 zum Zegationg- 
rat, 1968 zum Wirflihen Legationsrat 
und zum vortragenden Nat im Minijter. 
des Ausw. ernannt. In diefer Eigenschaft 
hatte B. die hohe Ehre, zu Bismard in 
nahe Beziehungen zu treten, ihn auf ſei— 
nen Neilen und in den 1870/7ler Krieg 
zu begleiten, wo er an den Friedensver— 
bandlungen thätigen Anteil nahm. 1876 
wurde er zum Wirfl. Geh. Legationsrat 
ernannt. Seit 1856 z. D 

Hauptwerfe: Kulturgefchichtliche Skizzen aus den 
Induftrieausitellungen aller Völker (1851), Der 
Varlamentarismus, wie er iſt (1855 und 1881), 
Bilder aus der Fremde (1862), Preußens altes 
Neht an Schleswig-Holitein (1865, anonym), 
Der Cobdenflub (1881, anonym). B. bejorgte 


die zweite Ausgabe von Laſſalle's Syſtem der 
erworbenen Rechte. 


Buchholz, Wilh., ſ. Jul. Stinde. 





Buchner. 


Buchner, Wilhelm, wurde am 29. 
Januar 1827 zu Darmſtadt geboren. 
Nahdem er das Sumnafium feiner Va— 
teritadt abjolviert hatte, bezog er die Uni- 
verfität Berlin, um Philojophie zu tudie: 
ren. 1852 zum Lehrer in Krefeld, ſpä— 
ter dafelbjt zum Direktor ernannt. Ne: 
ben jeiner Lehrthätigfeit betreibt B. be- 
ſonders literarhiftoriihe Studien, deren 
Refultate er in nachfolgenden, allgemein 
anerfannten Werfen niedergelegt hat: 

Deutiche Ehrenhalle (1862), Gefchichte der deut: 
fhen Nationalliteratur (1572), 2eitfaden der 
Kunftgeihichte (1878) ꝛe. 


Buchwald, Otto, wurde am 28. Au: 
guit 1842 in Klein-Gaffron in Schleſien 
geboren. Nach Abjolvierung des Gymna: 
fiums ging er auf die Univerfität Breslau, 
um ſich dem Studium der klaſſiſchen und 
germaniſchen Spraden zu widmen. 1865 
bis 1574 Lehrer am Gymnafium Görlig, 
1874 bis heute Direftor des Gymnaſiums 
in Fürjtenwalde. 

Hauptwerfe: Kleine Baujfteine (1569), Das 
neue Geſangbuch (1869), Gejunde Naturen (1871), 
Bergeltung (1872), Unter die Haube (Lujtip. 1872). 


Budde, Emil Arnold, geboren zu Gel: 


dern, Neg.-Bez. Düſſeldorf, am 28. Juli 
1842, als Sohn eines armen Schullehrers, 


befuchte, nachdem er durch Privatunter: 
richt eines befreundeten Geiftlichen vor: 


gebildet war, das Gymnafium zu Düflel- 
dorf, dann (1859) die Univerjität Bonn, 


und zwar zunädjit als stud. theologiae 


catholicae. Nach einem halben Jahre hatte 
er indeſſen die Anficht gewonnen, daß er wei: 
tere theologische Kenntniſſe entbehren fünne, 


nahm kurz entichlojien eine Hauslehrerſtelle 


an und verdiente ſich in anderthalbjährigem 
Genuß diejer freudenreidhen Poſition das 
nötige Geld, um zur Univerfität zurück— 
zufehren. Dort jtudierte er nunmehr Na— 
turwiflenichaften, promovierte 1564 und 
machte das Eramen pro facultate, wurde 
Kandidat in Barmen und ging darauf als 
Lehrer der Naturwillenihaften an Die 
höhere Schule der Kreisſtadt Mayen, 
Reg⸗Bez. Koblenz. Nachdem er dort 2°/e 


83 


Buddeberg. 


‚Jahre lang die Theorie und Praris der 
Kleinſtädterei fennen gelernt, ging er nad) 
‚Bonn zurüd, trieb Privatitudien und ha— 
bilitierte ih im Sommer 1869. Als der 
‚Krieg ausbrad), war für die Dozenten vors 
‚läufig nichts zu thun, und eine zufällige 
Begegnung mit einem Freunde des Ne: 
dafteurs Kruje veranlaßte ihn, fi der 
‚Kölnifhen Zeitung als Kriegsberichter: 
ltatter anzutragen. Die Redaktion der 
K. 3. erfudhte ihn, fich vorerſt den inneren 
Betrieb einer großen Zeitung anzufehen; 
das that er und trat in die Nedaftion ein, 
ging jedoch nad) einem Vierteljahr wieder 
ab. Bis 1872 bejorgte er neben feiner 
Dozententhätigfeit kleinere redaktionelle 
Arbeiten; dann bot ihm die Kölnische Zei- 
tung die Stelle ihres Pariſer Spezial: 
forreipondenten an. Diefe nahm er an, 
blieb bis 1978 in Paris, ging dann, weil 
ihm das Klima der franzöfiihen Haupt: 
jtadt nicht zufagte, nad) Nom, wo er ſich 
vom Parlamentarismus furierte, und hier: 
auf nad) Konjtantinopel, wo er ſich ver: 
heiratete. Im Juni 1887 verließ er die 
Türfei, um nad) Berlin überzufiedeln. 

Neben feinen politifchen Briefen jchrieb er für 
die Kölnische Zeitung Feuilletons; von diefen ift 
eine fleine Sammlung jatyriicher Briefe aus Rom 
unter dem Titel „Staunemayer’s römiſche Kunft: 
fahrten‘‘ in Buchform erfchienen; eine zweite 
Zammlung „Orientalia‘ wird demnächſt heraus: 
gegeben. Im übrigen ift er auf dem Gebiet ſei— 
ner Fachwiſſenſchaft, der Phyſik, fortwährend 
thätig geweſen, jchrieb u. a. im Auftrag des Mi: 
nifteriums der landwirtichaftlichen Angelegenheiten 
‚ein fleines Lehrbuch der Phyſik (1887), außer: 
dem eine größere Anzahl von Abhandlungen. 


Buddeberg, Carl Dietrich, geb. 20. 
Sept. 1840 zu Lohne, Wejtfalen (Vater 
Paitor in Lohne), bejuchte das Gymna— 
ſium zu Soejt von 1851— 1861; ſtudierte 
in Berlin und Bonn Naturwiljenfchaften; 
1866 in Bonn promoviert; 1866 als Bro: 
befandidat nad) Lippſtadt an die Neal: 
ſchule berufen, jpäter dort angejtellt. Ein: 
‚gezogen zu den Kriegen 1864, 1866 und 
‚1870/71. In beiden lebten Kriegen 
mit dem Heere in Feindesland. 1872 


6* 


Buddens. 


nad Naſſau verſetzt als Rektor der Real⸗ 
ſchule, 1876 köngl. Schulinipeftor dajelbit. 

Beröffentlichte in den Verhandlungen des na: | 
turwifjenich. Vereins für den Reg.: Bez. Wiesbaden 
fortlaufende Beobadhtungen über Lebensweile u. | 
Entwidelungsgeihichte einheimiſcher Käferarten, 
fowie über Verbreitung derielben. 


Buddens, Theobald, wurde am 6. 
Juli 1816 in Gotha geboren, abjolvierte 
das Gymnafium feiner Vaterſtadt und die | 
Univerfität Jena als Theologe, wonad) er, 
fich längere Zeit auf Reifen im Süden be- 
fand. 1845 ging er als Garnifonprediger | 
nad) Gotha, 1852 als Diafonus nad) Wal: 
tershaufen und 1869 als Prediger nad 





s4 


hauptſächlich vergleichende 


Büchner. 


hielt er wegen geleiiteter Dienfte das fran— 
zöſiſche Bürgerrecht und wurde vielfach als 
Sraminator und Generalinipeftor der 


| lebenden Spraden verwandt, ift auch als 


Officier de l’Instruction publique defo- 
riert. In feinem Unterricht betreibt er 
Literaturges 
Ihichte, wobei ihm häufige große Reifen 
ins Ausland fehr zu ftatten fommen. Seit 
1858 mit einer Hanauerin verheiratet, 
verlor er diefelbe 1880. Sein einziger 
Sohn iſt im franzöfiichen Unterrichtsweſen 
angeitellt. 

Schriften, deutih: Gedichte (1851), Byron, 
Bilgerfahrt, im Versmaß des Originals überfegt 


Bella, St. Blafi, wo er noch heute lebt. (1854), Geſchichte der engl. Poeſie, 2 Bde. (1855), 


Hauptwerfe: Der Stern der Wartburg (Erz. 
1856), Das Leben der Liebe in Liedern (Anthol. 
1870), Pfarrerd Erdenwallen (1877), Drollige 
Geſchichten in Bildern und Gedichten (1850), Du: 
manes Chriitentum (1882), Treue um Treue 


Franzöſiſche Literaturbilder, 2 Bde. (1855), Der 
‚ Wunderfnabe von Briftol, Lord Byrons legte 
Liebe, Romane (1861, 1862), Fidele Geſchichten, 
geſ. Novellen (1836). Außerdem eine große An- 
zahl novelliftiiher und literarhiitoriicher Arbeiten 





(1883), Jung Harald (1554). in Zeitichriften. Franzöfiih: Jean Paul's Bor: 


ule zur Aeſthetik, üb tert in 
Büchner, Alerander, geb. 25. Oft. dA * — — 
1827 zu Darmſtadt, beſuchte das dortige | La — de P. Richter, 2 Bde. (1862), 
Öpmnaftum und beyog 1045 bie Sanes- es Cumelies ie Slakeenre (ip) Les 
univerfität Gießen, ſpäter auch Heidelberg, | Hanois (1878), Kryloff et ses Fables, dis- 
um Jurisprudenz zu jtudieren; doftorierte cours de Rentree des Facultss, Essai sur 
im Sommer 1848, beteiligte ſich an cd ger — — — > 
4: , | o8sop ) \ En - $ 
politifchen Bewegung und erlitt Verfol: | Bacon? Darm — —— (1835), melde 
gungen, denen er durch Reifen ins Aus: jeptere Schrift in der ſchwebenden Streitfrage 
land aus dem Mege ging. Gelegentlich | großes Aufichen erregte. ‘Ferner eine große Zahl 
eines Ausflugs nad London im Sommer | vermifhhter Aufläge, welde in den Parijer Re— 
1851 wurde er des Einverftändnilies mit If — — Memoiren gelehrter Gefell: 
den dortigen Flüchtlingen bezichtigt und — 
aus dem heſſiſchen Staatsdienſt verwieſen, | 
in den er als Acceſſiſt eingetreten war. Büchner, Ludwig, wurde am 29. 
Er ftudierte nun Kunjt und Literatur: März 1824 in Darmitadt geboren, ftu: 
wiflenihaft in München und habilitierte dierte in Gießen, Straßburg, Würzburg 
ſich 1852 als Privatdozent an der philo: ‚und Wien Medizin. Nach Vollendung feis 
ſophiſchen Fakultät zu Zürich. Aus An: ner Studien 1542—1848 ließ er fih in 
laß einer Reife nah Paris trat er 1557 | Darmitadt als praftifcher Arzt nieder, 
in den franzöltihen Staatsdienjt, in habilitierte fih 1854 als Privatdozent 
welchem er jeither ohne Unterbrechung ver: in Tübingen und fiedelte nach hier über, 
blieben iſt. Er war zuerjt am College de gleichzeitig als Aſſiſtenzarzt an der Klinik 
Valenciennes, dann am I,yc&e de Caen  thätig, welche Stellung er jedoch in Folge 
für das deutiche u. englische Fach angejtellt, der vielen ihm durch fein berühmtes Werk 
und wurde dann an legterem Ort zum Kraft und Stoff (1855) erjtandenen Anfein: 
Professeur de litteratureetrangere a la dungen wieder aufgab und nad) jeiner Va— 
Faculte des Lettres befördert. Auch er terftadt zurüdfehrte, wo er noch jetzt lebt, 


Büdinger. 


außer als Arzt in hervorragender Meile 
literarifch thätig. 

Haupiwerfe: Kraft und Stoff (16. Aufl. 1888), 
Natur und Geift (1857 — 1874), Die Darwinſche 
Theorie (1859 — 1876), Phyſiologiſche Bilder(1861 
bis 1886), Aus Natur und Wiſſenſchaft (1862 
bis 1884), Der Menſch und feine Stellung in 
der Natur (1868— 1872), Der Gottesbegriff und 
feine Bedeutung in der Gegenwart (1874), Aus 
dem Geijteöleben der Tiere (1875— 1880), Licht 
und Leben (1582), Die Macht der Vererbung 
(1882), Liebe u. Liebesleben i. d. Tierwelt (1883 
bis 1885), Der Fortichritt in Natur und Ge 
fhichte (1884), Thatjahen und Theorien aus 
dem naturmwifienichaftlichen Leben der Gegenwart 
(1887). Die Schriften Büchner's, insbejondere 
fein ob. gen. Hauptwerk, find in faft alle leben: 
den Sprachen überjegt worden. 


Büdinger, Dar, wurde am 1. April 
1828 in Kaſſel geboren, jtudierte in Bonn 
und Berlin Philologie und Gefchichte, 


habilitierte fi) 1851 in Marburg als 
Privatdozent. 1861 wurde er nad) Zürich | 
als ord. Profeſſor der Geſchichte und 1872 

in gleicher Eigenihhaft nad) Wien berufen, | 


1877 zum Mitglied der kaiſ. Afademie der 
Miftenfchaften ernannt. B.'s hiſtoriſche 
Werke haben hohe Anerkennung gefunden, 
bejonders hervorzuheben: 

Dfterreihiihe Geihichte bis zum Ausgange 
des 13. Jahrhunderts (1858), Zur Kritif der 
altbayriichen Geſchichte (1858), König Richard III 
von England (1858), Die Normannen und ihre 
Staatengründungen (1860), Die Königinhofer 
Handſchrift und ihr neuefter Vertheidiger (1859), 
Nachrichten zur öfterreihiichen Gefchichte aus alt: 
ruffiichen Jahrbüchern (1861), Ein Buch unge» 
riſcher Geſchichte (1866), Mittelgriechiſches Volks: 
epos (1866), Wellington (1869), Lafayette (1870), 


Vorleſungen über engliſche Verfaſſungsgeſchichte 
(1880), Abhandlungen in den Schriften der kaiſ. 


Alademie (1872—1887), darunter die umfang: 
reihften: in den Denkichriften 1881 und 1887; 
Cicero und der Batriciat; Der Patriciat und das 
Fehderecht in den leiten Jahrzehnten der römi— 
chen NRepublit. In den Situngsberichten: Krö— 
fus Sturz (1878), Lafayette in Ofterreih (1878), 
Kleon bei Thufydides (1880), Zeit und Raum 
bei dem indonermaniichen Volke (1881), Alten 


zu Columbus Gefchichte von 1473— 1492 (1886), | 


Zeit und Echidjal bei Römern und Weftariern 
(1887). 


Bürger, Fr., j. ©. Reſſel. 
Bürger, Hugo, j. H. Lubliner. 


— Bürſtenbinder. 
Bürſtenbinder, Eliſabeth (E. Wer: 
ner), wurde am 25. November 1838 in 
Berlin als die Tochter eines wohlhaben- 
den Kaufmanns geboren. Bereits als 
ganz junges Mädchen fühlte Elifabeth das 
Bedürfnis, ihre Heinen Erlebniſſe, zu bun— 
ten Geſchichtchen ausgefhmüdt, niederzu- 
Ichreiben, zumal da ihr Leben im Haufe 
der Eltern ein einfames war. Der hüb— 
Ihe Erfolg, den ihre erite Veröffentlichung 
in einer Stuttgarter Zeitung fand, gab 
‚der jungen Autorin zu weiteren Berfuchen 
Veranlafiung, die befanntlich von großen 
Erfolgen gekrönt wurden, befonders ift €. 
DB. unter ihrem Pſeud. (oben) als Mit- 
arbeiterin der Gartenlaube befannt ge: 
worden. 
Hauptwerke: Gartenlaubenblüten (1872), Am 
Altar (1873), Glüd auf! (1874), Gelprengte 
Feſſeln (1875), Vineta (1877), Frühlingsboten 
(1880), Der Egoift (1882), Gebannt und Erlöft 
(1884), Ein Gottesurteil (1885). 


Buff, Adolf. Ich bin geboren den 
1. September 1838 zu Gießen, wo mein 
Vater die Profeſſur der Phyſik an der 
‚dortigen Univerfität inne hatte. ch be: 
juchte das Gymnafium meiner Vaterftadt 
und widmete mid) fodann von 1857 bis 
1862 in Gießen und Bonn dem Studium 
der Philologie und Geſchichte. Im Jahre 
1562 wurde mir von der Königin von 
England die Erziehung ihres jüngften 
Eohnes, des Prinzen Leopold, jpäteren 
Herzogs von Albany übertragen, in 
welder Stellung ich bis 1866 verblich. 
Von da an bis gegen Ende 1875 be: 
ſchäftigte ich mich hauptſächlich mit ein: 
gehenden Studien über englifche Literatur 
und Geſchichte, befonders nad) der natio- 
nalöfonomijchen Seite hin, meinen Auf: 
enthalt abmwechjelnd in London, Berlin 
und München nehmend. Gegen Ende 
1875 trat id in den Dienft der Stadt 
‚Augsburg als Vorftand des dortigen jehr 
bedeutenden Stadtardivs, welchem Amte 
id aud) zur Zeit noch vorſtehe. Meine 
fchriftftellerifche Thätigkeit hat fich über 
‚vielerlei Gegenftände erftredt, hauptſäch— 














* Walls dot, seh.) 


Bulthaupt. 


lich aber über engliſche Geſchichte und 
Literatur des 17. Jahrhunderts (zum Teil 
in engliiher Sprade) und über die po: 
litiſche und ſoziale Geſchichte Augsburgs, 
ſowie auch über die Geſchichte der Kunſt 
und des Kunſtgewerbes in dieſer Stadt. 
Einiges war von vornherein nur für 


86 


Bulthaupt. 


würde jetzt ſeine Anforderungen an ihn 
geſtellt haben, wenn nicht ein glückliches 


Geſchick ihn unerwartet in die Lage ge— 
jegt hätte, einem jungen Ruſſen als Haus— 
lehrer nad) Kiew zu folgen und als Lohn 
dafür eine längere Reife durd) den Orient, 
Griechenland und Italien zu machen, deren 


wilienschaftliche Zejer beftimmt, das meiite  Iyrifhe Früdte B. in der Gedichtſamm— 
jedoch wendet fih an meitere Kreife. lung Dur Froft und Gluten (1876) nieder: 
Meine Schriftitelleriichen Arbeiten finden |gelegt hat. Zur Zeit ihres Ericheinens 
fih in vielen wiljenichaftlichen und ande- | lebte der Dichter als Rechtsanwalt in ſei— 
ren Yeitichriften umd Zeitungen zerftreut. ner Vaterjtadt, eine Stellung, die ihn je 
‚länger deito weniger zujagte, und die er 

Bulthaupt, Heinvih Alfred, wurde zu feiner größten Freude 1575 mit dem 
am 26. Oftober 1849 in Bremen gebo- ; Amte eines Stadtbibliothefars vertaufchen 
ven und bejuchte, nachdem er in den erjten | konnte, das ihm der Senat nad) dem Tode 
Knabenjahren den Unterricht feiner Eltern, | des berühmten Reifenden Dr. J. G. Kohl, 
die damals einer größeren Brivatichule | feines Vorgängers im Amte, übertrug. 


vorltanden, genollen, vom 9. Jahre ab 
das Gymnaſium jeiner Baterftadt, das er 
im Herbit 1868, um die Nechte zu ſtu— 
dieren, verließ. Er führte dies Studium | 
in der üblichen Zeit auch zu Ende, aber | 
‚Lebende Bilder war cin modernes Drama 


die vielfachen Anregungen, die das Thea— 


ter dem Knaben Schon in früher Jugend | 


gegeben, der befonders auf das Drama: 
tiiche gerichtete poetiiche Drang und eine 


der jtarfen Neigung dahin entiprechende 
‚Ihe Gebiet und veröffentlichte, nachdem er 


eifrige Brlege der Muſik machten während 
deſſen ihre Mechte geltend. Einmal ſchien 
es, als wolle die Muſik den jungen Stu: 
denten ganz gefangen nehmen, dann wieder 
überwog der dichterifche Trieb, der end: 
lid, da 8. feine mufifaliihe Begabung 


nicht für Stark genug anlah, die Oberhand 


behielt. Schon im Jahre 1860 entitand 
eine Erftlingstragödic, das Drama Saul, 
das in Bremen wiederholt zu erfolgreicher 
Aufführung gelangte und dem jungen Did: 


Von jegt an nahm B.'s literarifche Thätig— 
feit den glüclichiten Aufihwung. Zwar 
hatte fie auch während feiner juriſtiſchen 
Praxis nicht gerubt. Den beiden kleinen, 
oft aufgeführten Yujtipielen Die Copiiten U. 


Die Arbeiter gefolgt. Jetzt, im ruhigen Das 
fen des Amtes, das feinen Wünſchen fo 


vollkommen entiprad), begab er ſich zu: 


nächſt auf das kritiſche und literarhiftori: 


die Dramaturgiichen Skizzen U. Streifjüge U. 
die Feine Broihüre über Das Mündener Ge: 
ſamtgaſtſpiel ISSO vorangefchidt, in den Jah: 
ven 18982 und 1883 feine befannte Dra: 





maturgie der Klaſſiker. Nun erſchien B. auch 
als jelbjtichaffender Dramatiker wieder in 
‚der Offentlichfeit und errang mit feinen 
Tragödien Die Maltefer, Gerold Wendel und 
‚Eine neue Welt, die auf fait allen größeren 
ı Bühnen Deutichlands aufgeführt wurden, 


ter den Weg vorzeichnete. Dieſer bewegte plötzlich fo glänzende Erfolge, daß fie feine 
ſich im Zickzack. Herrſchte im Saul der; früheren weit hinter ji ließen. Daneben 
breite, allzu wortreiche Jambus vor, der trat B. als Novellijt auf, ſchrieb eine Reihe 
NH an der Sprade Schillers gebildet | größerer muſikaliſcher Dichtungen, die von 
hatte, dann befleiigte fid) das in Proſa Mar Bruch, Nubinjtein, Vierling, Rein: 
geſchriebene Corſiſche Traueripiet einer ges |thaler, Dietrich fomponiert wurden, been 
wiſſen zur Wortkargheit werdenden frag: dete eine Dramaturgie der Oper, ein umfang: 
mentariichen Kürze. 1872 waren B.’s |reiches Werk, das als Pendant zur Dra: 
Etudien beendet und das praftiiche Leben | maturgie der Klaſſiker feine dramatiichen, 


Bungartz. = 
theatraliihen und mufikaliihen Studien 
vereint, und waltet dabei in der „Weſer— 
Zeitung‘ während der Winterjailon des 
Amtes als Theaterkritifer, mit mannig: 


fachen neuen dichteriichen Plänen beichäf: 
tigt, die er in der nächſten Zeit zur Neife 


zu bringen hofft. 


Bungars, Jean, geb. am 6. Mai 
1854 in Köln a. Rhein. Hauptbeſchäf— 
tigung XTiermalerei und Fadliteratur. 
Gegenwärtig Mitredakteur von „Köhlers 
Rirtfchaftsfreund” und Herausgeber und 
Redakteur des Kalenders für Hundes, Ka: 
ninchen=, Geflügel=, Singvögel-Jüchter und 


Liebhaber. Mitarbeiter verichiedener Fach: ı 
zeitihriften. Gründer und 3. 3. Ehren: | 


präfident des Hamburger Vereins zur För: 
derung reiner Hunderacen. Inhaber der 
Berdienftmedaille für Kunſt und Wiſſen— 


ihaft Sr. Hoheit des Herzogs v. Sachſen⸗ 


Eoburg-Gotha, vieler Staats- u. Aus: 
ftellungsmebaillen. 

Berfafler von Kynos, Handbuch; zur Beurteilung 
der Rafjenreinheit des Hundes (1884), Hühner: 
raffen (1885), Taubenraflen (1585), Waller: u. 
Biergeflügel (1856), Die jagdbaren Tiere Euro: 
pas (1886), Deuticher Hundelport (1886), Mo: 
dell:Brieftauben- Album (1587), Kalender f. 
Hunde-, Geflügel:, Kaninhen: ıc. Züchter und 


Siebhaber (1587), Hunderaſſen (Nichtjagdbunde) 


el und Bilderbuch für Heine Hundelichhaber 
ss7). 

Gehörte 1881 der Allgemeinen Ge: 
flügel-Zeitung in Wien als Mitredafteur 
an; dieſes Blatt iſt jeit dem Tode des 
Chefredafteurs und Herausgebers einge: 
gangen. Früher in Hamburg anfällig, do: 
miziliere feit April 1886 in Lechenich 
(Rheinprovin;). 


Bunge, Rudolf, wurde am 27. März 
1836 in Köthen geboren, beſuchte die 
Schule jeiner Vaterjtadt und ging nad) 
Baris, um zweds jpäterer Ubernahme 
des Geſchäftes jeines Vaters Chemie zu 
itudieren. Bon Paris aus befuchte er die 
Schweiz, Italien und Galabrien. Durch 
ein higiges Fieber wurde er zur Rückkehr 
in die Heimat gezwungen. Hier über: 
nahm er die väterlihe Fabrik und be— 


s7 


Bunſen. 


ſchäftigt ſich daneben mit ganzer Hin— 
gabe literariſch. Seine Dramen haben 
die Runde auf faſt allen deutſchen Bühnen 
gemacht und ſeine Poeſien ſind von den 
beſten Komponiſten in Muſik geſetzt und 
werden allerorten geſungen. 

Hauptwerke: Blumen (Ged. unter dem Pſeud. 
Rudolf, 1854), Heimat und Fremde (Ged. 1864), 
Dornröschens Brautfahrt (1867), Der Herzog 
von Kurland (Trauerſpiel 1871), Tragödiencyklus 
(1875), Die Zigeunerin (Luſtſp. 1878), Schau— 
ſpiele (1881), Ausgewählte Feſtſpiele und Opern— 
dichtungen (1882), Deutſche Samariterinnen 
(1883), Der Trompeter von Säkkingen (1884); 
außerdem zahlreiche Beiträge in Zeitſchriften. 


| 
Bunſen, Nobert Wilhelm, wurde am 
31. März 1811 als der Sohn des Pro: 
feſſors B. in Göttingen geboren. Er ab: 
jolvierte die Gymnasien in Göttingen und 
Holzminden und die Univerfität in erſte— 
‚rer Stadt als Student der Naturwiſſen— 
ſchaften. Nachdem er noch einige Zeit in 
Paris, Wien und Berlin Chemie jtudiert 
"hatte, habilitierte er ſich 1833 für dieſe 
Wiſſenſchaft an der Univerſität feiner 
Baterjtadt. 1836 wurde er an das Poly— 
tehnifum in Kaſſel, 1838 als außerord. 
Profeſſor an die Univerfität Marburg be- 
‚rufen, 1541 zum ordentlihen Profeſſor 
und gleichzt. Direktor des Chemiichen In— 
ſtituts in Marburg ernannt, 1851 nad) 
Breslau, 1852 nad) Heidelberg berufen, 
wo er noch heute wirkt, nachdem er am 
17. Oftober 1851 bei Gelegenheit feines 
fünfzigjährigen Doftorjubiläums in An— 
erfennung feiner ausgezeichneten Leiſtun— 
ıgen und hohen Verdienjte um die Wiſſen— 
| 








Ihaft zum Geheimrat mit dem Prädifat 

Excellenz ernannt worden ilt. 

' Hauptwerk: Eiſenorydhydrat, das Gegengift der 
arfenigen Säure (1834), Über eine volumetrifche 
Methode von ſehr allgemeiner Anwendbarkeit 
(1854), Safometriihe Methoden (1857), Chemi: 
he Analyſe durch Spektoralbeobachtung (mit 
Kirchhof, 1861), Anleitung zur Analyſe der Aſchen 

und Mineralmafler (1874). 


Bunz, Gottlob, geboren am 15. Juli 
1833 zu Großbottwar in Württemberg 
als Sohn eines Geiftlihen. Seine Er: 
ziehung erhielt er in der vortrefflichen 


838 


Burian. Burdhardt. 


Erziehungsanftalt zu Etetten im Remsthal. der Stadt nad) der Schweiz. Dort hielt 
Auf der Univerfität Tübingen widmete er ji, mit medizinischen Studien beſchäf— 
er fih dem Etudium der Theologie. Nah tigt, in Züri, Bern und Genf auf, bis 
feiner Studienzeit war er einige Jahre er nad dem Staatsftreihe Napoleons, 
bei der Redaktion des „Chriftlichen Runft: im Jahre 1852 aus der Schweiz aus- 
blatts“ in Stuttgart thätig. Tann trat gewieſen, genötigt war, auf immer Eus 
er nad einer Reife in Ofterreih und ropa den Nüden zu kehren und nad) Ame- 
Italien wieder in den praftiichen Kirchen: | rifa auszumandern. In Newyork wid: 
dienjt ein. Gegenwärtig befleidet er eine mete er ſich der ärztlichen Laufbahn und 
Pfarrei in Chmenhaufen bei Reutlingen. fungierte viele Jahre als Arzt der Emi- 
Er verüffentlichte in Zeitichriften verfchie: | granten- Behörde des Staates Newyork 
dene Arbeiten kunſtgeſchichtlichen, gefhicht: im Caftle Garden und als befuchender 
lihen und kirchenpolitiſchen Inhalts. Arzt kranker und armer Einwanderer. 
Ton bejonderen Schriften mögen genannt | Eeit dem Jahre 1870 etablierte er ſich 
werben: als prakt. Arzt, nachdem er feine offi- 
— Dee in ee “ ge —— zielle Stellung als Arzt der Emigranten— 
m auf Do aeramer un unſtgeſchi 1 a e H 3 
behandelt, ebenſo Ar Winnenthal. "Die eins. Behörde aufgegeben hatte. Seine lite: 
firhe zu St. Georg in Tübingen. Tuwingia rariſche Thätigkeit war Anfangs nur auf 
illustrata daz iſt das abgebildt Tüwingen im hygieniſche und ſpezifiſch mediziniſche Auf— 
Dun a man bl A on Dubireumsfenfänt füge beihränft. Im Jahre 1866 begann 
ftände und Geſchichte der Sründungsgeit Der er jeine journaliftiiche Laufbahn als Her 
Franzoſenfeiertag am 25. März 1848, Belchrei- ausgeber der in Newyork erſcheinenden 
bung des blinden Franzoſentums in Württemberg, maur. Zeitſchrift „Die Reform“. Im 
welcher große Aufregung, Nüftung und bewaff- | Jahre 1881 übernahm er die Redaktion 
‚nete Auszüge der Bevölferung dem vermeintlichen der Wochenſchrift „Matonia“ für mauri- 
SELORENE, che, humane und gefellichaftliche Inter- 
Burian, Jojeph Julius, geboren in efien. 
Euczamwa in der Bufowina, Ofterreih, am Wurdhardt, Jak, wurde am 25. 
24. Oftober 1825. In Lemberg, wohin Mai 1818 in Bafel geboren, abfolvierte 
fein Vater als Landesöfonomie-Verwalter | die Eule dafelbft und widmete fi an 
berufen wurde, abjolvierte er das in der dortigen Univerfität (1837—1839) 
Glaufenburg begonnene Gymnafialſtudium dem Studium der Theologie und gleich— 
und bezog im Jahre 1843 die Univer- zeitig der Geſchichte und Literatur. 1839 
fität in Wien. Er widmete fih auf bezog er die Univerfität Berlin, um aus: 
Wunſch jeines Vaters dort den juridifchen | schließlich den legteren beiden Disziplinen 
Etudien, beſuchte aber häufiger noch die obzuliegen. 1844 habilitierte B. fich und 
Torlefungen der medizinifhen Fakultät wurde als Profeſſor an die Univerfität 
aus Neigung. Im Nevolutionsjahre 1848 feiner Vaterſtadi berufen, wo er noch jetzt 
beteiligte er jih an der Erhebung. Im wirkt, auch literariich viel befchäftigt und 
Oltbr. 1848 übernahm B. das Kommando | als feiner geiftvoller Kritifer und Lite: 
des mobilen Univerfitätsforps und war rarbiftorifer allgemein anerfannt. 


einer der acht Verteidigungsleiter gegen die 


Belagerungstruppen Wiens. Am 31. Ob 
teber verwundet, lag er verborgen, bis jein 
Zuftand die Flucht über die Grenze ge: 
ftattete. Hierauf Ichte B. in Dresden und 


Saupiwerfe: Die Kunſtwerke der belgiſchen 
Städte (1842), Jakob von Hechſtaden (1843), 
Erzbiſchof Andreas von Krain und die letzte 
Konzilverſammlung zu Baſel (1853), Die Zeit 
GConftantinö des Eroßen (1854), Die Kultur der 
Nenaifiance in Atalien (1855), Cicerone, Anlei: 
tung zum Eenuß der Kunſtin erfe Stalins (1855). 





Leipzig, beteiligte fid) an der Dresdener 
Nevolution und flüchtete nach Einnahme | 


Burfhart, Th., i. Jul. Conard. 


Yurmeiter. 


Burmefter, Ludwig Ernft Hans, 
wurde im Jahre 1842 zu Othmarſchen 
bei Hamburg geboren, abjolvierte die Leh— 
rerabteilung für Mathematik und Natur: 
wiſſenſchaft an der techniſchen Hochichule 
in Dresden, jtudierte auf der Univerfität 
Göttingen, erlangte dafelbit feine Doktor: 
Promotion und ftudierte ferner auf der 
Univerjität Heidelberg. Nach Beendigung 
jeiner Studien war er drei Jahre als 
Lehrer der Mathematik u. Phyſik am ehe- 
maligen deutihen Realgymnafium zu Lodz 
in Ruffiich- Polen thätig. Habilitierte ſich 
dann als Privatdozent an der technifchen 
Hochſchule zu Dresden und erhielt an der: 
jelben die Profeſſur für darftellende und 
innthetifche Geometrie. Derjelbe veröffent: 
lichte mehrere mathematiiheAbhandlungen 
in Zeitichriften, fchrieb ferner über Theater: 
peripeftive in der „Allgemeinen Bauzeitung 
1884” und als felbjtändige Werke: 

Theorie und Darftellung der Beleuchtung ge: 
fegmäßig geitalteter Flächen (1871), Grundzüge 
der Reliefperfpeftive (1883), Lehrbuch der Kine: 
matif I. Band (1886). 


Buſch, Morig, wurde am 13. Fer 


bruar 1821 in Dresden geboren, widmete 
fih dem Studium der Philofophie und 
Theologie und doftorierte in legterer Dig: 
ziplin. 1849 zu den „Unzufriedenen”“ ge 
hörend, wanderte er nad Amerika aus, 


doch widerte das dortige Leben und Treis 
ben ihn weit mehr nod) an, als die Klein: 


ftaaterei daheim. Er fehrte deshalb nad) 
faum Sahresfrift in fein Vaterland zurüd 
und widmete fih nun ganz der Edhrift- 
jtellerei. Daneben unternahm er mehrere 
Reiſen in das Ausland, wodurd) fein Ge— 
fihtsfreis fi) außerordentlich erweiterte. 
Auch redaktionell war B. vielfach thätig 
(Grenzboten in ihrer beſſeren Zeit, han— 
nov. Kourier ꝛc.). Viele Jahre lebte B. 
in unmittelbarer Umgebung des Fürjten 
Bismard, der ihn zu mancherlei Miffio: 
nen verwandte und ihn mit großem, durch 
den echt patriotiiden Sinn M. B’s er: 
wedten Vertrauen beehrte. Nunmehr lebt 
B. in Berlin, bejonders befannt gewor: 


89 


Buſch. 


den durch ſeine vorzüglichen Werke über 
Bismarck. 

Hauptwerke: Geſchichte der Mormonen (1870), 
—* Geſchichte der Internationale (1872), Deut: 
her Volkshumor (1877), Deuticher Vollsglaube 
(1877), Die gute alte Zeit (1878), Graf Bis- 
mard und feine Leute (1878), Tagebuchblätter 
(1879), Wunderliche Heilige (1879), Unfer Reichs: 
fanzler (1884). 


Buſch, Wilhelm, wurde am 15. April 
1833 in Wiedenfahl (Hannover) geboren, 
zeigte jchon als Knabe eine ganz unge 
wöhnlihe Anlage zum Zeichnen; er be 
juchte deshalb die Polytechniſche Schule in 
Hannover und die Akademie zu Düffeldorf 

‚und Münden. Außer vielen Scherzge: 
‚dichten, die er felbit illuftrierte, in Witz— 
‚blättern, befonders in den „liegenden 
ı Blättern”, verfaßte B. die „Münchener 
Bilderbogen“, deren föftliher Humor in 
Wort und Bild den Namen ihres Autors 
ſchnell weit und breit befannt gemacht hat. 
Hervorzuheben: Mar und Morit, Der heilige 
Antonius von Badua, Pater Filucius, Die fromme 


Helena, Abenteuer eined Junggeiellen, Julchen, 
Balduin Bählamm, Buſch-Album. 


Bufolt, Scorg, geboren 13. Novem: 
‚ber 1859 zu Mühlen Gut:Keppurren bei 
Inſterburg. Bis zum 11. Lebensjahre 
wurde ich von Hauslehrern in dem Haufe 
des Pfarrers Paſtenazi zu Jodlauken, 
dann in dem des Pfarrers Demwig zu 
Puſchdorf unterrichtet. Dieje Erziehung 
bradte mich in einigen Fächern verhält: 
nißmäßig weit, ließ aber in andern fo 
jtarfe Züden, daß ich in denfelben bei der 
| mangelhaften Grundlage jtets nur ſchwer 
vorwärts fam. 1861 fam ich auf das 
Gymnafium zu Infterburg. 1869 erhielt 
id) das Zeugniß der Reife und bezog die 
Univerfität Königsberg. Daſelbſt trieb 
ih zunächſt hit. Studien unter 8. W. 
Nisih und W. Mauernbrecher. Erfterer 
ift auf meine gejamte hilt. Bildung von 
größtem Einfluffe gewejen und er ift mir 
in allen Stüden bis zu jeinem Tode ein 
treuer Gönner und Berater geblieben. 
‚Bei Überweg und Roſenkranz hörte ich 
‚viel Philofophie. Als Bergmann nad 








90 


Buß. Buß. 
Königsberg berufen wurde und K. W. einſamen als im Sommer belebten Bade— 
Nitzſch nad) Berlin ging, wandte ich mich und Luftkurort. Nah 5 Jahren der reich— 


zeitweife ausſchließlich philojophiihen Stu: | jten leiblichen und geiltigen Erfriihung 


dien zu. Im Jahre 1874 wurde meine 
Preisihrift über die Erfenntniktheorie und 
Metaphyſik Spinozas von der philojophiichen 
Fakultät der Königsberger Univerfität ge: 
frönt. 1875 promovierte ich mit zwei 
Abhandlungen über die Ideenlehre Spinozas 
und den zweiten atheniihen Bund (1875), ſo 
daß mir der Doftorgrad in beiden Fächern 
zuerfannt wurde. In der Überzeugung, 
mehr für die Sejchichte befähigt zu ſein, 
wandte ich mich wieder vorwiegend hilt. 
Etudien zu. 1875 bis 1876 meilte id) 
in Italien und Griechenland und zwar 
mit Unterjtügung des kgl. preuß. Kultus: 
minifteriums. Die mannigfahen Anre: 
gungen und Anſchauungen, die ich auf der 
Reiſe erhielt, find von bleibendem Werte 
für mich geblieben. 1878 habilitierte id) 
mid) in Königsberg mit dem Werk vie 
Lakedaimonier und ihre Bundesgenofien (1875) 
und wurde im Herbſt 1879 als Nach— 
folger des nach Göttingen berufenen Vol: 
quardien als Ertraordinarius für alte Ge: 
Ihichte nach Kiel berufen. 1881 wurde 
id) zum Ordinarius befördert. 1885 er: 
ſchien der erite Band meiner griechiſchen 


und des glüdlichiten Eheſtandes, rief mich 
das Vertrauen der Stadt Zofingen im 
Aargau an die dortige erite Pfarritelle, 
‚die ich unter den angenehmiten Verhält- 
niſſen gleichzeitig mit dem Inſpektorat 
über einen Teil der aargauiichen Bezirke: 
Ihulen befleidete. Hier jchrieb ih Das 
Bergleben in religiöler Beleuchtung. 1879 an 
die St. Leonhardsgemeinde in Baſel be: 
rufen, griff ich zum Trojt über erlittene 
Enttäuſchungen wieder zu alpinijtiichen 
Studien, übernahm die mir angetragene 
Fortjegung der Wanderitudien aus der Schweiz 
des verjtorbenen Brof. Dr. Djenbrüggen, 
'gab den 6. Band derjelben heraus und 
zog mid) nad) 1’/2 Jahren aus dem Lärm 
des Basler Barteihaders wieder in Die 
friedliche Stille der Berge zurüd, wo mir 
jeither (ſeit 1850) in Glarus ein mei: 
‚nen Neigungen entiprechender Wirfungs: 
kreis offen ſteht. Wie ih als Student 
eine akademische Preisfrage gelöſt hatte, 
ſo jollte mir jpäter eine von der Hooper 
Geſellſchaft zur Verteidigung der chrüt- 
lichen Religion ausgeichriebene Preisfrage 
zum eriten theologischen Buche verhelfen, 


Geſchichte, dem jest im Herbit der zweite 


* dem allerdings eine Menge Aufſätze im 
olgen wird. 


theologiſchen und kirchlichen Zeitſchriften 
vorangegangen waren. In Lank ausge— 

Bu, Ernſt, geboren den 15. Februar arbeitet und nad) der Krönung in Zofin— 
1543 in Trenifen, Kanton Bafel, als gen umgeichrieben, erſchien daſſelbe 1876 
Cohn des dortigen Pfarrers. Nach Ab⸗ uͤnter dem Titel Die hriftliche Miffton, ihre 
jolvierung der Schule und Univerfität | prinzipielle Berechtigung und prattiſche Durch: 
legte ih mein Eramen ab und empfing führung, veranlafte mich ſpäter zu weis 
die Ordination als evangeliiher Geift: tern Schriften über diefelbe Frage Die 
licher, jegte meine Studien noch ein Jahr Miſſion einſt und jegt (1883) umd Neue Mil: 
in Berlin und Tübingen fort und trat fionsöeftrebungen (1885), wie zur Gründung 
1869 in den praftiihen Kirchendienft ein. | und Herausgabe der „Zeitihrift für Miſ— 
Verfchiedene, während der Studentenzeit ſionskunde und Religionswiſſenſchaft“ in 
unternonmene Reifen nad Paris und Verbindung mit Dr. Th. Arndt:Berlin 
den Süden Franfreihs, nad Wien ꝛc., und X. Doppel in Haubach-Heſſen, führte 
brachten mir vielerlei Anregung. Nach zur Gründung des über fait alle pro: 
1"/sjährigem Vikariatsdienſt in verſchie- teſtantiſchen Länder verzweigten, von den 
denen Gemeinden übernahm ich die Pfarr: Koryphäen der theologiihen Wiſſenſchaft 
tele in Lanf, einem im Winter ebenjo getragenen „allgemeinen evangeliſch-pro— 


9 


Buſſe. Byr. 

teſtantiſchen Miſſionsvereins“ und zur ſchen Hauſe der Herren und Grafen von 
praktiſchen Anhandnahme neuer Miſſions- Stubenberg, Erbſchenken der Steiermark. 
beſtrebungen unter den Kulturvölkern Oſt- In Ungarn erzogen, wo ihre Eltern große 
afiens. Dieſen Beſtrebungen ſollte ſei- Güter beſaßen, übte das lebhafte Mäd— 
tens der Wiſſenſchaft die öffentliche An— chen nicht nur die gewöhnlichen adeligen 
erkennung ausgeſprochen werden, als die Paſſionen, ſondern vertiefte ſich in die 
Univerſität Heidelberg 1886 mir als den Pflege der Dichtkunſt und Muſik. Von 
Vorſitzenden des genannten Vereins die den von ihr gedichteten und ſelbſt in Muſik 
Würde eines Dr. theol. honoris causa | gelegten Erzeugniſſen find hervorzuheben: 
verlich. Von andermweitigen, teilweife Drei Lieder im Lolfston, Ich trag im Herzen 


gemeinfam mit andern herausgegebenen 
Schriften nenne ich ein in mehreren Kans | 
tonen eingeführtes Lehrmittel für den Ne: 
ligionsunterriht in der konfeſſionell ge: 
miſchten Volksſchule und die Familienbibel, 


Auszug aus der h. Schrift für Häusliche Erbau— 


ung und Jugendunterricht. 


Buſſe, Emilie (Ella Weiler). Einer, 
angejehenen Kaufmannsfamilie der Rhein⸗ 


provinz entiproffen, erblidte ih) am 23. 


Januar 1835 in Hünshoven bei Machen | 
Obgleich ich - von | 


das Licht der Welt. 
Jugend auf das lebhaftejte Intereſſe für 
unfere deutiche Literatur hatte, fo würde 
ih es doch damals nicht gewagt haben, 
ſelbſt mit literarischen Verſuchen an die 
Dffentlichkeit zu treten. Erit als Witwe | 
(eines höheren Beamten) griff ich zur Feder. | 
Meine Bemühungen wurden auch bald in. 
iofern belohnt, als kleine Geiftergeichichten 
in Zeitichriften freundlihe Aufnahme 
fanden. 


Butjcher, Auguit, wurde am29. März 
1845 in Othmarsreuthe in Württemb. ge: 
boren und im Wailenhaufe zu Weingarten 
erzogen, da feine Eltern früh veritarben, 
ihn als kleinen Knaben allein zurücklaſſend. 
Er widmete fi dem Lehrerberuf und 
wurde 1570 in Untermardthal a.d. Donau, 
1880 in Ehlingen angeftellt. 

Hauptwerke: Kleine Blumen, Eleine Blätter 
(Ged. 1866), Zeritreute Blätter Ged. 1872), 
Nelken und Reſeden (Ged. 82), Bilder aus ber: 
— (1884), Die gelbe Kravatte (Hum. 





verwitwet geweſene Gräfin Zichy von 
Vaſonykeö, entſtammt dem uralten ſteiri— 


eine Wunde, Mein Herz iſt ſchwer ꝛc. 
Buyr, C., ſ. Konrad C. Beyer. 
Byr, Rob. ſ. v. Bayer. 


C. 
Calion, J. ſ. J. C. Poeſtion. 


Camillus v. d. Donau, ſ. Belo— 
lawek⸗Morgan. 


Campe, C. v., ſ. C. v. Dincklage— 
Campe. 


Cappilleri, Hermine, wurde am 13. 
Januar 1840 in Peſt als die Tochter des 
Gutsbeſitzers Czigler von Veecſe geboren. 
Sie verlebte ihre erſte Jugend auf dem 
elterlichen Gute, wo ſie auch den erſten 
Unterricht erhielt, bis ihre Eltern nach 
Wien überſiedelten. Hier wurde ihre Er— 
ziehung vollendet. Früh ſchon regte ſich 
in dem jungen Mädchen der Hang zum 


Dichten, und die hübſchen Erfolge, welche 


ihre erſten poetiſchen Verſuche errangen, 
zeichneten ihr die Laufbahn als Dichterin 
vor. Auch trat ſie bald an die Spitze der 
Redaktion eines belletriſtiſchen Blattes. 
1870 verband ſie ſich mit Wilh. Cap— 
pilleri (ſ. d.) zu glücklichſter Ehe. 

Hauptwerke: Jugendträume (1858), Liederkranz 
(1859), Boefiegeitalten (1863), Aus der Tiefe 
(1573), Streifzüge auf dem Gebiete des Kultur: 
lebens (1855). 


Gappilleri, Wilhelm, wurde am 21. 


‚November 1554 zu Salzburg geboren, 
Buttler, Anna Gräfin von, vorhin 


erhielt feine Vorbildung in Wien, nad) 
deren Vollendung er dajelbit das Kon— 
jervatorium befuchte und bei damaligen 


92 


Garion. Garriere. 
Meiftern bramatiichen Unterricht empfing, | welche mit den Konjequenzen des Darwi- 
um fih der Bühne zu widmen. Nacd | nismus harmonieren. Bon feinen jelbs 
mehrjährigem Wirken als Schauſpieler | ftändigen Merten find hervorzuheben: 
übernahm er die Direktion des deutichen — (1848), Plug — — —— 
Theaters m Brody, gab dieſe Stellung Bewutfein, Mille 1876), Der Men als 
jebod wegen ungenügender Subvention Sersitzwed (1877), Grundlegung der Ethif (1881), 
bald wieder auf und ging nad) Hamburg, | Entwidlung und Glüdjeligteit (1886), außerdem 
wo er längere Zeit als Dramaturg und | viele Brofhüren, z. B.: Das moderne Fauftredht 
Schauſpieler thätig war. 1868 zog C. —— ———— (1863), Oſterreich und bie 
nad Wien, gab jeine bisherige Laufbahn er 
auf und widmete fich der Schriftſtellerei. &arriere, Moriz, wurde am 5. März 
a —— rg 1817 in Griedel (Wetterau) geboren, ab: 
üten und Blätter 862), i Schw. 
1867), Der Fuchs in der Schlinge (Eſp. 1870), ſolvierte das Gymnaſium Webzlar und 
Eine Frauengrille (Lſp. 1873), Zeitlichtle (1875), bezog 1835 bie Univerfität Gießen, fpäter 
Brennefleln (1879), Tauperlen (1881), Bühnen: Göttingen und Berlin, um Philoſophie zu 
ftüde (1873—1887). Itudieren. Nach Abjolvierung dieſer Hoch— 
Carion, Fr, ſ. F. Lubojatzky. ſchulen lebte er einige Jahre, mit Kunſt 
Carl, C. . C. Caſſau. ſtudien beſchäftigt, in Italien und habili- 
6 Ä il Glifabeth, Kö— tierte ſich, zurüdgefehrt, 1842 als Privat: 
REINER. SENEOR, \. Eliſabeth, Kö- pozent an der Univerfität Giehen. 1853 
nigin v. Rumänien, wurde er als Profeſſor der Ajthetit nad 
Garneri, Bartholomäus Ritter von, München berufen, wo er auch an ber 
wurde am 3. November 1821 in Trient | Kunjtafademie über Kunftgeichichte lieſt. 
geboren, erhielt feine Vorbildung in Wien C. ift allgemein als einer der hervor: 
und beabfichtigte fi dem Studium der | ragenditen Bhilofophen der Gegenwart an- 
Philoſophie und Nefthetif zu widmen, wäh: | erkannt, feine Werfe haben bahnbrechend 
rend feine Familie ihn für die juridifche | gewirkt und unſer philoſophiſches Willen 
Laufbahn bejtimmt hatte. Beide Pläne | außerordentlich bereichert. Außer unzäh: 
wurden dur ein jchweres Förperliches | ligen, in Zeitichriften zerftreuten Abhand— 
lungen find hervorzuheben: Abälard und He: 


Leiden C.'s zeritört, das ihn zwang, Wien | 


fofort zu verlaflen, um ein milderes Klima 
aufzufuchen und dort längere Zeit zu ver: 
weilen. 1857 trat er den Befiß feines 
väterlihen Gutes in Steiermark an. Von 
hier aus wurde er 1861 in den Landtag 
und 1870 in den öſterreichiſchen Reichs— 
rat gewählt, in welchen Körperichaften er 





mit an der Spite der liberalen Partei 
ftand. C. ift ein geſchätzter Mitarbeiter 
vieler befjerer Zeitichriften. Er gehört 
der fleinen Gruppe von Autoren an, 
welche die Frage der Vereinbarung ct 
fittliher Grundſätze mit der Entwidelungs: 
lehre ernitlid in Angriff genommen hat 
und dabei nicht von einer direften Ab: 
leitung des Eittlidhfeitsbegriffes von den 
Gejegen des „Kampfs ums Dafein“, fon: 
dern von Prinzipien ausgegangen iſt, 


loiſe (1843), Das Weſen und die formen der 
Poeſie (1554), Erbauungsbud für Dentende in 
"alten und neuen Dichterworten (1858), Ajthetit 
(1559), Die Kunft im Zufammenbange mit der 
Kulturentwidelung (1863— 1875), Deutfche Gei- 
 fteshelden im Elſaß (1871), Die fittlihe Welt: 
' ordnung (1877), Agnes (Liebeslieder und Gedan: 
Ne (1883). 


Carus, Julius Viktor, wurde am 
25. Auguft 1823 in Leipzig geboren, ſtu— 
dierte dafelbjt von 1841—1845 Medizin 
und Naturwiflenfchaften, wurde nad) Ab: 
jolvierung der Univerfität Ajfiftenzarzt am 
Georgenhoſpital in Leipzig und 1849 als 
Konjervator des vergleichend:anatomifchen 
Mufeums nad Orford berufen, wo er 2 
Jahre verblich, um nad) deren Verlauf 
nad) feiner Vaterjtadt zurüdzufehren und 
ſich an der dortigen Univerfität zu habi— 


Caſſau. 


litieren. 1853 zum außerord. Profeſſor 
der vergleichenden Anatomie ernannt, als 


93 





Caſſel. 


dagogik der Alten (1882), Fröbel und die Kin— 
dergartenpädagogif (1882), Geſammelte pädago: 
giſche Aufſätze (1885), Vorſchule der Geometrie 


welcher er noch jetzt thätig iſt, literariſch 867), Erhabendes und Belebendes, Erzählungen 
befannt geworden beſonders durch Die Ge: | aus großer Zeit (mit Steinberg zulammen, 1883), 
[dichte der Zoologie und Durch die vorzügliche | Der —— Humoresken (mit Bartho— 


Überjegung der Darwinſchen Werke; fer: 
ner find hervorzuheben: Zur näheren Kenntnis 
de3 Generationswechjels (1849), Syſtem der tie: 
riihen Morphologie (1853), Handbuch der 300: 
logie (1863—1875), Bibliotheca Zoologica 
(1881), Fauna des Mittelmeers (1885). 
Caſſau, Carl, wurde als Sohn des 
Salinpedellen Joahim Caſſau in Lüne— 
burg am 26. April 1840 geboren, be: 
fuhhte feit dem 4. Jahre eine Frauen, 
die Seminarſchule und beichäftigte 
als Knabe ſchon mit der Dichtkunit, 
der er auch als Hauslehrer auf But Diter- 
moft in der Familie Lindenberg treu blieb. 
Er bezog 1859 das Seminar jeiner Va- 
teritabt und ward 1860 zum Lehrer der 
ihule in Gelle ernannt. Hier in 
eine freiere realiftiihe Strömung geraten, 
verbrannte er damals alle feine Jugend: 
ie. Im Jahre 1865 berief ihn 
der iftrat feiner Vaterjtadt als Leh- 
rer an die dortige Bürgers, jet Deittel- 





| 





fäule. Hier wandte er na - idealen 
Richtung wieder zu. Zunächſt mit auto: 
hibaftifhen Studien, bejonders Mathe: 
matit beihäftigt, warf er ſich, angeregt 
von dem lebendigen Streben dortiger Leh⸗ 
zerfreile, der Schriftitellerei in die Arme, 
indem er 1870 durch den damals von Lüben 
redigierten „praftiichen Schulmann“ feine 
‚erfle Arbeit über „Zinsfaktoren“ veröffent- 

| Bald wurde er dann Mitarbeiter 
at aller hervorragenden pädagogiihen 
Inzwiſchen hatte ſich C. aud) wiſ⸗ 
rg autodidaktiſch weiter gebildet 
ind legte das Mittelichullehrer-Eramen 
für Mathematit und Naturwiſſenſchaften 
edit Engliich und bald darauf das Rek— 
als Eramen in Diagdeburg mit Erfolg 
ib. Darauf fegte E. feine chriftitelleri- 
be Ehätigkeit fort. Unter feinen Wer: 


















a 
miehre für Mittelihulen (1877), Leſſing 
und Goethe im Lichte der Bädagogif (1579), Päz 


lomäi zufammen, 1885), Die Schweden in Üülzen 
(Nov. 1884). 

Caſſel, Paulus Stephanus (Ibn 
Zebi), wurde am 27. Februar 1821 in 
Sroßglogau geboren. Nach Abjolvierung 
des Gymnaftums bezog er die Univerfi- 
tät Berlin, wo er unter Ranke's Einfluß 
hiltoriihen Studien oblag. Nach Voll- 
endung derjelben übernahm er die Re: 
daftion der „Erfurter Zeitung“ (1850 
bis 1856). m legteren Jahren trat er 
von der jüdiichen zur evangelifchen Kirche 
über. Nach Aufgabe feiner redaktionellen 
Thätigkeit wirkte E. als Bibliothekar an 
der fönigl. Bibliothek zu Erfurt und gleich— 
zeitig als Sefretär an der dortigen Aka— 
demie mit dem Titel Profeſſor. 1859 
legte er jein Amt nieder und zog nad) 
Berlin. Hier wirft er als Prediger der 
Shriftusfirche in fegensreiher Thätigkeit, 
gründete an derfelben eine jehr beiuchte 
Sonntagsihule nad) engliihem Muſter 
und ebenjo ein Kinderheim. ©. ilt durch 
feine ausgezeichneten Vorträge ſowohl im 
In-⸗ als Auslande befannt geworden, wie 
durch feine hiftoriichen, kulturgeſchichtlichen 
und literarhiftoriihen Werke: 

Hiftorifche Studien (1847), Magyariiche Alter: 
tümer (1848), Die Gedichte der Juden (1850), 
Von Warfhau bis Olmütz (1851), Über thüring. 
Ortönamen (1856 — 1858), Eddiſche Studien 
(1857), Die Bücher der Richter und Ruth, theol.: 
homiletiſch bearb. (1865), Der Schwan (1860), 
Drachenkämpfe (1868), Altkirchlicher Feſtkalender 
(1869), Symbola Renati (1872), Vom Wege 
nach Damaskus (1872), Über den goldenen Thron 
Salomonis (1573), Kaiſer- und Königäthrone in 
Geſchichte, Symbol und Sage (1874), Aus quten 
Stunden (1874), Das Buch Eſther (1S7S), Die 
Symbolif des Bluts (1882), Fredequnde (ISS3), 
Aus Literatur und Symbolif (1554), Literatur 
und Gefchichte (1835), Zoroaſter (1855), Heidel« 
berg und jein Name (1336). 

Cerri, Kajetan, wurde am 26. März 
1826 in Bagnolo in der Zombardei ge: 
boren, er abiolvierte die Schule zu Wien 


— Klonstb Seile — — Dee after A-\rh. 


FT 


Chriſt. — 
und beabſichtigte, ſich dem Studium der 
Rechte zu widmen, wurde aber in ſeinen 
Plänen durch die Ereigniſſe des Jahres 
1848 geſtört, wodurch er zu einer mehr— 
jährigen Studienreiſe, beſonders nach Ita— 
lien, veranlaßt wurde. Zurückgekehrt, 


ward er Kandidat beim Miniſterium für 


Landeskultur und Bergbau und gleich— 
zeitig Profeſſor der italieniſchen Geſchichte 
und Literatur am Konſervatorium in 
Wien. 1873 wurde er zum Offizial im 
Miniſterium des Innern, 1883 zum Hof— 
ſekretär im Miniſt. d. Äußern ernannt. 

Hauptwerke: Politiſche Liebeslieder (1848), 
An Hermine (Ged. 1849), Glühende Liebe (1850), 
Inneres Leben (1860), Aretino (1871), Gottlieb, 
ein Stillleben (1871), Ein Glaubensbekenntnis 
(Zeitftrophen 1872) 


Chriſt, Jean, j. 2. Gutbier. 


Ehrift, Wilhelm von, wurde am 2. 
Auguft 1831 in Geifenheim geboren, jtu: 
dierte 1850 — 1853 klaſſiſche Philologie in. 
Münden und Berlin, promovierte 1853 
und begann jeine Lehrthätigfeit am Mari: 
milian-Oymnaftum in München. Nah 
fiebenjähriger T 
lehrer erhielt er eine Profefſur an der 
Univerfiiöt Münden, wo er noch jetzt 
wirft, gleichzeitig als Vorſtand des phi- 


lologiſchen Seminars, Konfervator des 


fünigl. Antiguariums und Mitglied des 
Oberſten Schulrates. 
König ihn durch die Verleihung des Ver— 
dienſtordens der bayriſchen Krone aus, 
womit der perjönliche Adel verbunden ijt. 

Hauptwerfe: Grundzüge der griehiihen Laut: 
lebre (1850), Metrit der Griechen und Römer 
(1874); außerdem lieferte Ch. vorzügliche fritiiche, 
Ausgaben des Pindar, Homer und Ariftoteles, auch 
ift er Mitarbeiter vieler Fachzeitſchriften. 


Chriſten, Ada, j. A. v. Breden. 
Ghrujen, ſ. 8. R. Uſchner. 
& hryſauder, Franz, wurde am 8. 


04 


hätigfeit als Gymnaſial- 


1876 zeichnete der | 


Glaar. 


ſtändnis für Muſikgeſchichte bekundete er 


in ſeinem erſten Werk Über die Molltonarten 


in den Volksgeſängen und über das Oratorium 
1853). Durch dieſe Schrift wurde er mit 
Dehn, Hauptmann und Gervinus bekannt, 
mit denen gemeinſchaftlich er die „Deut— 
ſche Händelgeſellſchaft“ begründete, deren 
Aufgabe, aus der Benennung hervor— 
gehend, Ch. ſich zum Lebenszweck machte. 
Er gab nunmehr ſeinen Lehrerberuf auf, 
um ſich ausſchließlich der Muſikſchrift— 
ſtellerei zu widmen und ſeine Forſchungen 
auf dem genannten Felde unbehindert zu be— 
treiben. Ferner iſt aus Ch.'s liter. Thätig— 
feit hervorzuheben: Die vorzügliche Händel: 
biographie ı 1S58— 1867) und die Jahrbücher für 
mufifalifche Wiflenichaft (1863). 
'  &laar, Emil, wurde am 7. Oktober 
1542 in Lemberg geboren. Er war von 
‚feinem Water für den Kaufmannsftand 
| befttmmt, fühlte jedoch durchaus feine 
Neigung für diefen Beruf, fondern ging 
zur Bühne und zwar betrat er die „welt: 
bedeutenden“ Bretter zuerit unter Laube 
ra ine in Wien), der auch jpäter 
jein Freund und Genoſſe blieb, da er 
nad) längerer Trennung, während der El. 
auf verichiedenen großen Bühnen auftrat, 
mit ihm vereint in Leipzig, ſpäter in 
Weimar wirkte, bis er 1572 als Ober: 
regilleur an das Landestheater in Prag 
berufen wurde. 1876 übernahm El. 
die Direktion des Berliner Nefidenzthea: 
‘ters, 1879 die des Frankfurter Stadt: 
' theaters. 
Hauptwerfe: Gedichte (1868), Der Friede 
(1871), Auf den Knieen (1871), In Homburg 
(1871), Die Heimfehr (1872), Gute Geijter 


(1872), Simſon und Telila (Lip. 1873), Shelley 
( Trauerip. 1874), Gedichte (1885). 





Glara, Naimund, j. L. v. Hörmanı. 


Glaud:Zaar, Charles (Karl Eaar), 
wurde am 3. Juli 1850 von franzöfi- 


Juli 1826 in Lübtheen (Medlenb.) geb. ſchen Eltern in Wien geboren, zeigte früh 
Er bejuchte die Schule dajelbit und im Neigung und Beruf zur bildenden Kunft 
Schwerin, nad) deren Abjolvierung er fi) und Poeſie, mußte fih aber dem Stu: 
dem Xehrerberuf zu widmen beichloß. dium der Landwirtichaft widmen. Nach 
— — — Intereſſe und Ver- erlangter Selbſtändigkeit wurde er Schau— 


* Omnistel, Manz, Auh TI: 


95 


Claus. Clausen. 
fpieler, fanı nad) Anfängen an der Wiener | Berliner Artilleriefchule angeftellt. 1355 
Theaterafademie, in Marburg und Brünn | als Profeſſor an das Polytehnifum in 


1872 an das zur Zeit von Laube ges | Züri, 1856 an die dortige Univerfität, 


gründete Wiener Stadttheater, ſodann an | 
das Stuttgarter Hoftheater, wirkte von 
1877 bis 1886 wieder an mehreren 


Bühnen; jeither in Weimar am Hof: 


theater als Schauſpieler und Regiſſeur 
angeſtellt, literariſch hauptſächlich als Ver— 
faſſer reſp. Bearbeiter und Überſetzer 
vieler Bühnenſtücke thätig. 

Hauptwerke: Angebetete Eliſabeth (2. 1876), 
Die Luſtſpielkonkurrenz (Schw. 1878), Die Gold: 


probe (2. 1881), In Monaco (2. 1886), Scar: | 


ron’s Nomödianten:Roman (mit Anmerkungen, 
1887); UÜberfegungen und Bearbeitungen von 


Moliere, Marivaur, Beaumardais, Augier, Du: 


mas, Sardou, Erdmann:Chatrian, Labiche, Ob: 
net, Baludi, St. Pierre (Paul und Virginie), 
Tilfier (Mein Onfel Benjamin). 


Claus, Karl Friedvrih Wilhelm, 
wurde am 2. Januar 1835 in Kafjel ge 
boren, jtudierte Naturwillenichaften, be: 
ſonders Zoologie in Marburg und Gießen 
(1854— 1858), habilitierte fich im Herbit 
1858 in Marburg, ein Jahr fpäter in 
Würzburg als Privatdozent für Zoologie, 
wurde 1860 als außerord. Profeſſor da— 
ſelbſt angeftellt, 1863 als ord. Profeſſor 
nah Marburg, 1870 nad) Göttingen und 
1873 nad) Wien berufen, wo cr nod) jept 
als hervorragender Zoolog und Verfechter 
der Descendenzichre lebt. Er iſt zugleidy 
Direktor der zool. Station in Trieft und 
giebt jeit 1878 die Arbeiten des zool. 
Inftituts in Wien in der zool. Station 
in Triejt heraus. 

Hauptwerfe: Die frei lebenden Gopepoden 
(1863), Unterfuchhungen zur Erforichung der genea— 
logiſchen Grundlage des Kruſtaceenſyſtems (1876), 
Unterfuchungen über die Organifation und Ent: 
widelung der Medufen (1883), Die Platysceliden 
(1887), Grundzüge der Zoologie (1866, 4. Aufl, 
1880), Lehrbuch der Zoologie (4. Aufl. 1887). 


Clauſius, Rudolf Julius Emanuel, 
wurde am 2. Januar 1822 in Köslin 
(Pommern) geboren, widmete fi dem 
Studium der Phyſik in Berlin (1840 bis 
1844). 1850 habilitierte er ſich dafelbft 
und wurde als Lehrer der Phyſik an der 


1867 nah Würzburg und 1869 nad) 
‚Bonn berufen, wo er noch jet thätig ift. 
Unter feinen um die Kenntnis der Phnfif 
jehr verdienten Werfen heben wir her: 
vor: Über das Weſen der Wärme, berglichen mit 
Licht und Schall (1857), Die Potentialfunftion 
und das Potential (1859, 4. Aufl. 1885), Ab: 
handlgn. über die mechaniſche Wärmetheorie 
(1865), Über den Zulammenhang zwifchen den 
großen Agentien der Natur (1885). 
Clauſſen, Anna Augufte Henriette 
(Tante Anna), wurde am 5. Juni 1814 
als Tochter eines evangelischen Geijtlichen 





zu Tetenbüll geboren, erhielt ihre Aus: 
‚bildung im elterlihen Haufe zuerft in 
‚ihrer Baterjtadt, jpäter (von 1825 an) 
‚in Hafeldorf, wo der Vater als Prediger 
‚gewählt wurde. Schließlich fam A. €. 
noch ein Jahr in ein Mädcheninftitut 
‚nad Altona, um ihre Sprachkenntniſſe 
zu vervolllommnen. Zurüdgefehrt, unter: 
richtete fie ihre fleineren Gefchwilter und 
andere Echülerinnen ihres Vaters. Nach 
dem 1859 erfolgten Tode des legteren 
fiedelte die Familie nad Itzehoe über. 
Hier begann A. E. ihre literarische Thä- 
‚tigkeit, indem fie fih an einem Preis— 
ausſchreiben beteiligte: Für ſtille Abendſtun⸗ 
‚den. Dann ſchrieb fie eine Reihe von 
Jahren unter dem ob. Pjeudonym: Mag: 
dalene Steffens (eine Volksſchr. 1877), Simon 
der Jude (1882); außerdem arbeitete jie für 
‚ mehrere Beitjchriften. 

Cölln, Julius Eduard von, geboren 
am 8. Dftober 1831 zu Bremen. Den 
nachhaltigſten Einfluß auf meine geiftige 
Entwickelung hatte meine hochbegabte, fein: 
fühlige und fenntnißreiche, felige Mutter, 
‚die es fich mit der Ausdauer echter Liebe 
angelegen jein ließ, den Sohn jchon im 
‚zarten Jugendalter mit den Echäßen der 
Literatur befannt zu machen und die Nei- 
gung für edelfte Kunſt im Herzen des 
‚Knaben zu weden. Diefes geiftige Erb: 
teil ijt immer mein Eigen geblieben. 
Unter folcher Einwirkung begann ich ſchon 


Cohen. — 96 — Cohn. 


ſehr früh die erſten dichteriſchen Verſuche 
und rang mit feſtem Willen, mich zu im— 
mer ſteigendem Erfolge empor zu arbeiten. 
So entſtand vorerſt Lyrik, dann Dramen 
und ſpäter wandte ich mich der Helden— 
dichtung zu, als der Form der Dichtkunſt, 
die meiner Neigung und Begabung am 
beiten entipyah. Im Jahre 1865 ver: 
öffentlichte . ih unter dem Namen Mar 
Freidank eine Sammlung von Lyrik und 
erzählender Dichtung. Dann hielten mich 
Lebensverhältniffe von mweitern Heraus: 
gaben zurüd, bis id) 1884 die Helden: 
dichtung König Konrad der Junge erfcheinen 
ließ, und zwar unter meinem wirklichen 
Namen. Seit dem Frühjahr 1883 hat 
mid) eine Lähmung der Füße meiner be: 
ruflihen Thätigfeit entzogen und an den 
Schreibtiſch gebannt. Von diefem Zeit: 
punft an beichäftige id mich ausjchließ- 
lich mit Hiftorischen und literarischen Stu: 
bien, und als Früchte dieſer erniten Be: 
mühungen entjtand eine Reihe größerer 
Heldendichtungen, die ich fpäter heraus: 
zugeben gedenfe. 


Eohen, Emil Wilhelm, geboren am 
12. Oftober 1842 zu Nafjaer unweit 
Horjens in Yütland, bejuchte das Gym— 
nafium in Altona, ftudierte in Heidelberg 
und Berlin. 1867—1869 Aififtent am 
mineralogiichen Inſtitut in Heidelberg. 
In Heidelberg 1869 promoviert, 1871 
habilitiert. Won 1872—1873 die ſüd— 
afrifaniihen Diamant: und Goldfelder, 
ſowie die Oſtküſte zwiſchen Lydenburg und 
Delagoa:Bai bereift. 1878 als außer: 
ordentlicher Profeſſor für Petrographie 
und als geihäftsführendes Mitglied der 
Commilfion für die geologiihe Landes: 
Unterfuchung von Eljaß-Lothringen nad) 
Straßburg berufen. 1884 als ordentl. 
Profeflor für Mineralogie und Geologie 
nad) Greifswald berufen. Selbjtändig 
erichienene Arbeiten: 

Die zur Dyas gehörigen Geſteine des füdlichen 
Dbenmwaldes (1871), Geognoitiiche Karte der Im: 
gegend von Heidelberg, zulammen mit €. ®. 
Benede, 2 Blätter (1874 u. 1877), Geognoitis 


Ihe Beichreibung der Umgegend von wert; 
zulammen mit €. W. Benede (1879—1881 
Sammlung von Mifrophotographien zur Veran 
Ihaulihung der mikroſtopiſchen Struktur von 
Mineralien und Gefteinen (1880—1884), Die 
Struftur und Zufammenfegung der Meteoreifen 
erläutert durch photographiiche Abbildungen ges 
ätter Schnittflächen, zufammen mit Dr. A. Bre 
jina (1886). 

Cohn, Ferdinand Julius, wurde am 
‚24. Januar 1828 in Breslau geboren, 
jtudierte 1844— 1850 daſelbſt und in 
Berlin Naturwiſſenſchaften, hauptſächlich 
Botanik. Er habilitierte ſich 1850 als 
Dozent der Botanik, wurde 1859 außer⸗ 
ord. und 1872 ordentlicher Profeſſor an 
der Univerſität Breslau. C. hat ſich durch 
feine botanischen Werke, welche meiſt die 
jenigen Pflanzen behandeln, die auf der 
Grenze zwiſchen Pflanzen⸗ und Tierreich 
jtehen, einen Ruf erworben. Hervorzu— 
‚heben find: Zur Naturgeſchichte des Protocoe- 
eus pluvialis (1851), Die Menfchheit und die 
Pflanzenwelt (1851), Unterſuchungen über die Ente 
widelungägeichichte der mitroftopifihen Algen und 
Pilze (1854), Neue Unterf, über Bacterien 
(1872— 1875). 

Eohn, M., ſ. A. Mels. 


Eohn, Moritz (Conimor), wurde am 
8. Januar 1844 in Kreuzburg geboren, 
erhielt jeine VBorbildung am Brieger Gym: 
nafium und widmete ſich dem Handels» 
ftande. Daneben beichäftigte er fich mit 
Scriftjtellerei, und nachdem feine Thea⸗ 
terſtücke mehrfache Erfolge erzielt hatten, 
gab er feinen urfprünglichen Zebensberuf 
auf, um ſich ausschließlich der Schriftitelles 
rei zu widmen. Er lebt in Wien als 
lyriſcher Mitarbeiter vieler Zeitfchriften. 
Seine Hauptwerfe: er 


Der Improvifator (Drama 1874), Vor der, 
Che (Dr. 1876), Eine Vifitenkarte (Dr. 1877), 


Der goldene Reif (Dr. 1878), In ei e 
(Dr. 1881), Im Lichte der Wahrheit (Dr. 1882), 
Lieder und Gedichte (1883). 
Cohnheim, Julius Friedrich, wurde 
am # Juli wi in De Pom— 
mern) geboren, abſolvierte das Gymna⸗ 
ſium zu Prenzlau und die U täten 
Berlin, Würzburg und Greifswald a 








Colshorn. 


Mediziner. 
wurde er (1862) praktiſcher Arzt in Ber: 


(in, 1864 Affiftent am pathologifchen In⸗ 
ftitut des dortigen Chariteefrantenhaufes, | 


bis er (1868) als Profeſſor für Patho- 
logie und pathologische Anatomie nad) Kiel 
berufen wurde, wo er bis 1872 wirkte, 


da er nach Breslau, 1878 nad) Leipzig 


überfiedelte. Hier ift er noch jet, auch 


als Direktor der Pathologiichen Anſtalt 


thätig.. Außer vielen in Zeitichriften zer 
itreuten Arbeiten, find von E.’s verdient: 
vollen Werfen die wichtigſten: Unterfuhun: 
gen über die emboliichen Prozeſſe (1872), Neue 
Unterfuhungen über die Entzündung (1873), Die 
Tuberfulofe vom Standpuntte der Infektionslehre 
(1876), Borlefungen über allgemeine Pathologie 
(1877—80). 


Colshorn, Theodor, wurde am 13. 
Januar 1821 in Ribbesbüttel geboren, 
bejuchte zunächit die heimische Dorfichule, 
ipäter das Lehrerjeminar in Hannover, 
wurde 1838 als Lehrer in Warmbüttel, 


97 





1840 in Platendorf, 1843 in Gifhorn, 
1848 in Hannover, 1867 am dortigen 
Gymnafium angeftellt, wo er noch jetzt 
als ordentlicher Lehrer thätig if. | 
Hauptwerke: Märchen und Sagen (1854), Licht 
um Liebe (1860), Freiheitäfriege (1863), Die 
deutlichen Kaifer (1863), Des Mägdleins Dichter: | 
wald (9. Aufl. 1881), Deutihe Mythologie 
(2%, Aufl. 1877), Balladen und Bilder (1879). 


Conard, Zulius (TH. Burkart, Fr. | 
Helm), wurde am 8. September 1823 in 
Königsberg i. Pr. geboren, abjolvierte 
das Gymnafium und die Univerfität da— 
jelbft als Student der Medizin. Da dieje 
Wiſſenſchaft ihn jedoch wenig anzog, ver: 
taujhte er dies Studium mit dem der 
Philologie und Geſchichte. Nad) einigen | 
Semeftern an der Berliner Univerfität 
wurde C. Hauslehrer, daneben viel mit 
Ihriftftellerischen Arbeiten beſchäftigt. Als 
diefe guten Erfolg hatten, gab er ſich 
Schriftitellerei hin, trogdem er 
1869 das Unglüd hatte, fajt voll: 


Händig zu erblinden. ih 
Hauptwerke: Rob. Morton (1859), Evangelien 
der That (Ged. 1860), Der entiprungene Ga: , 


Das literariihe Deutihland. 


} 


Conimor. 


Nach jeiner Doftorpromotion | leerenjffave (1861), Der ftumme Bettler von 


Beit (1861), Der Glödner von Stodholm (1862), 
Der Fluch der Geblendeten (1862), Der Ge: 
brandmarfte (1864), Bon Rom nad) Berlin (1864), 
Die Apoftel der Finfternis (1865), Die Opfer 
von Amalfi (1865), Die Seherin von Louifiana 
(1866), Das Vermächtnis des Präfidenten (1867), 
Verlorene Kronen (1868), Brot oder Tot (1869), 
Der Höllengraf (1869), Die Dame im Schleier 
(1870), Zorbeer und Cypreſſe (Ged. 1871). 


Eonimor, |. Mor. Cohn. 
Eonrad, ſ. Georg Prinz v. Preußen. 


Conrad, M. G., wurde am 5. April 
1846 in Gnodjtadt (Franken) geboren. 
Er wurde jchon frühe dem Lehrerjtande 
bejtimmt, jtudierte neuere Sprachen, Kunſt⸗ 
geihichte und Pädagogik (1864—1868). 
In legterem Jahre promovierte er und 
wurde als Lehrer in Genf angeitellt. 
Nach dreijähriger Thätigkeit als Lehrer, 
gab er dieſen Beruf auf, um fich aus: 
ſchließlich der Schriftitellerei, die ihn auch 
vielfach) ins Ausland führte, fo nad) Frank: 
reih, Spanien, England, Belgien ꝛc., 
und die ihm jpäter reiche Erfolge gebracht, 
zu widmen. €. ijt einer der talentvoll= 
ten Bertreter der neuern realiſtiſchen 
Schule in Deutichland, deren von ihm ins 
Leben gerufenes Hauptorgan „Die Gefell- 
ſchaft“ er ſeit 1885 redigiert. Außer zahl: 
reihen in Zeitichriften zerftreuten Arbeiten, 
teils novelliftiichen, teils wiſſenſchaftlichen 
Inhalts, find von feinen glänzend beur: 
theilten Schöpfungen hervorzuheben: 

Erziehung des Volkes zur Freiheit (1870), 
Peſtalozzi (1872), Humanitas! (1874), Mehr 
Licht! (1876), Die Elerifale Schilderhebung (1878), 
Die lebten Bäpite (1875), Flammen für freie 
Geifter (1879), Barifiana (1850), Franzöfiiche 
Charakterföpfe (1852), Madame Lutetia (1583), 
Lutetia’3 Töchter (1883), Totentanz der Liebe 
(1884), Die Emanzipierten (1887). 


Eonrady, Emil von, wurde am 21. 
März 1827 in Glogau geboren. Der 
Vater, felbit Offizier, bejtimmte den Sohn 
früh ſchon für den eigenen Lebensberuf, 
und jo genoß der Letztere feine Erziehung 
im Kadettenhaufe, nad) deren Vollendung 
er die Offiziersfarriere bis zum komman— 


— 


Gonfertius. — 8 — Contzen. 


dierenden General durchlief, als welcher Contzen, Heinrich, wurde am 23. Mai 
er 1885 ſeinen Abſchied und ſeinen 1835 zu Stormbruch im Waldeck'ſchen ge— 
Wohnſitz in Frankfurt a. M. nahm. boren, beſuchte als Student der Juris— 
Geiſtig und körperlich noch friſch, hatte prudenz, wie Staats- u. Kameralwiſſen— 
er das Streben, für die Armee, der er ſchaften die Univerſitäten Marburg, Jena 
ſo lange angehört, noch zu wirken und und Leipzig, widmete ſich nach erlangter 
benutzte er die erlangte Freiheit, um Doktorwürde auch noch theologiſchen Stu— 
einige brennende Fragen zur Sprache zu dien und nahm, nachdem er bereits 1861 
bringen, woran ihn feine bisherige Stel- in Baſel die venia docendi für Staats— 
lung gehindert. 1886 erſchien von ihm wiſſenſchaften erlangt, im folgenden Jahre 
eine Broſchüre: Einquartierung und Flurent: Seinen Wohnfig in Leipzig, mo er feine 
Ihädigung. Der Zweck derjelben war die fchriftftelleriihe Thätigfeit begann. Am 
Regelung der Vorichlagung der Offiziere Herbſt 1868 als afademifcher Lehrer an 
bei den jährlihen Manövern und die die Forjtafademie nad Eiſenach berufen, 
Einschränkung der Flurentihädigungsfo: Ichrte er dafelbft bis 1870, um dann an 
ften. Wichtiger ift die Arbeit, die im dem neugegründeten Bolytehniftum zu 
Sommer 1886 erihien: DieAusbildung der Nahen den Lehrftuhl für Nationalöfono: 
Infanterie auf dem Ererzierplag. Das Werk mie zu übernehmen. Im Jahre 1875 ging 
fol die Zeit bis zum endlichen Erfcheinen C. nah Zürih, wo er an der dortigen 
eines neuen Reglements ausfüllen. Es | Univerfität erfolgreich wirkte. Dennod 
ift Diefer Arbeit großes Interefje und viel | konnten ihm die, das Zürcher Gcmein- 
Anerkennung entgegen getragen worden. weſen beherrihenden politischen Verhält- 
Eonfentins, Rudolf Otto, wurde am niffe nicht behagen, und fo zog er fi, 
25. Dezember 1813 in Konig geboren, | Namentlich aud) ber Herausgabe größerer 
empfing jeine Vorbildung auf dem Königs: nationalöfonomiidher Werte we EN, OR 
berger Gymnafium. Unzureichender Mit: | läufig ins Privatleben surüd, n ebenfo 
tel halber unterbrach er feine Weiterbil- reuer Anhänger des Königtums von 
dung und wurde Offizier. Doch nicht Gottes Önaden und der Wirtihaftspolitit 
für lange Reit fonnte einem Jüngling des Furſten Bismard, wie unverföhnlicher 
von dem hochitrebenden Geifte E.’s die: Feind des zerfegenden modernen Man⸗ 
fer Beruf genügen, 1834 trat er zur, Geltertums, fümpfte er als Chefredakteur 
Bühne über, um techniſche Studien für | verihiedener fonfervativer Zeitungen 
feine geplanten Dramen zu treiben. Ex | tapfer gegen bie Feinde der Regierung, 
war num in Dresden, Chemnig, Halle, welchen Namen aud immer dieſelben 
Weimar, Eiſenach und Wiesbaden beſchäf— haben mochten. Jetzt leitet er das fon: 
tigt; in legtgenannter Stadt ſchrieb er Jervative „Dromberger Tageblatt «Was 
fein erites Traueripiel Zefus, das den Dich: | 6. u literariſche Thãtigkeit betrifft, fo find 
ter auf den Hohenasperg bradıte. Der | feine nationalöfonomifchen Werfe nament- 
Freiheit zurücgegeben, ſuchte und fand €. | (ich rn von Wichtigfeit, weil er auf 
wieder Beichäftigung als Schaufpieler, das ittelalter zurücgeht und biejem bie 
Ihließlidh in Karlsruhe, mo er noch heute | ag Pest Rüdjicht zuteil werden laͤßt. 
lebt, in den legteren Jahren jedoch nur | Y! übrigen erblidt er in der Wiederan⸗ 
noch fiterarifch thätig. fnüpfung der unterbrodhenen Kontinuität 
Hauptwerfe: Brunbild (Trauerfp. 1842), Diez, | Der wiſſenſchaftlichen Bewegung ein weſent⸗ 
tungen (Afboin, Attila 1881), Noftradamus liches Moment zur Zöfung der von F 
(1881), Neue Gedichte (1854), Usus et tyran- | zu Tag fich brennender geftaltenden foziale 
nus (1885). Frage. Mehrere von E.’s Werfen fin 
Eonftant, W., ſ. K. v. Wurzbach. auch ins Italienische überjegt. Auch ift 





Conze. 


C. ſeit 1874 korreſpondierendes Mitglied 
der R'. Accademia di Scienze, Lettere 
et Arti zu Padua. 

Hauptwerke; Die Volkswirtſchaftslehre ala Un: 
terrichtsgegenſtand auf höheren und niederen Schu—⸗ 
len (1868), Cinleitung in das ſtaats- und volks— 
wirtfchaftlihe Studium, ein Beitrag zur Theorie 
und Geichichte der Rationalöfonomie (1870), Ge: 
ſchichte der voltswirtichaftlichen Literatur im 
Mittelalter (1872), Forſtliche Zeitfragen (1872), 
Die Nationalölonomie, ein politisches Bedürfnis 
unferer Seit (1872/73), Die foziale Frage, ihre 


Geihichte, Literatur und Bewegung in der Gegen: 
wart (1872), Die Aufgabe der Volfswirticafts: 


lehre gegenüber der fozialen Frage (1875), Über 


die foziale Bedeutung der Gegenwart, Hand: u. 


Lehrbuch der Nationalöfonomie (1886, 1887). 


Eonze, Alerander, wurde am 10. Der | 


zember 1831 in Hannover geboren, ab: 
jolvierte das dortige Gymnaſium und be— 
zog 1851 die Univerfität Göttingen, 1854 
die zu Berlin, um Archäologie zu fludie- 


ren. 1855 habilitierte er fi in Göttingen 


als Privatdozent, wurde 1863 als Pro- 


fefior der Archäologie nad Halle, 1869 


nah Wien und 1877 nad) Berlin ber 
rufen. Inzwiſchen unternahm er mehrere 
Forfhungsreifen nad) dem Orient, deren 


Refultat er in den Werfen Eine Reife auf 
den Sinfeln des Thraziichen Meeres (1860), Reife 


auf der Inſel Lesbos (1865), Archäologiſche Un— 
terfuhungen auf Samothrafe (mit Niemann und 
Hanfer 1875— 1880) veröffentlichte. Außer: 
dem hervorzuheben: Meliſche Tongefähe 
(1862), Die Bedeutung der klaſſiſchen Archäolo— 
gie (1869), Zur Geichichte der Anfänge d. griech. 
Kunft (1870— 1873), Heroen⸗ und Göttergeitalten 
der griechiihen Kunft (1874). 


Gornelia, j. 9. Kiefefamp. 


Eornelins, Augufte, wurde 1841 in 
Darmitadt geboren. Auf Grund einer 
hervorragenden gejanglihen Begabung 


erwirfte fie fich vom Könige von Preußen | 


ein Stipendium zu ihrer Ausbildung, 
mußte aber ihre Zufunftshoffnungen bes 
graben, da eine ſchwere Krankheit fie der 
Reinheit ihrer Stimme beraubte. Einige 
ichriftitellerifche Verſuche, während ihres 
Leidens unternommen, fanden Anklang, 
fo daß die Autorin ſich ganz der Schrift 


99 


Cornelius, 


ftellerei widmete. Seit mehreren Jahren 
lebt fie in Charlottenburg. 

Hauptwerfe: Platen in Venedig (Luftip. 1866), 
Die blinde Frau (Luſtſp. 1866), Dramatifche 
Studien (Luftip. 1867), Er will auf die Bühne 
(2uftip. 1867), Die erfannten Götter (2. 1867), 
König und Dichter (Sch. 1868), Nur ein Helb 
(1877), Das Kind, wie e$ weint und lacht (1885), 
Sonnenschein und Regen (1885), Glüdliche Kin 
derzeit (1885), Goldmäuschen, der Kobold, das 
Riefenfind (1887), Der Strummelpeter (1887); 
außerdem überjegt U. E. aus dem Franzöfiichen 
und Englifchen. 


Cornelius, Carl Adolf, wurde am 
12. März 1819 in Würzburg geboren, 
widmete fi dem Studium der Philologie 
und Gefchichte (Bonn, Berlin: 1836 bis 
1841). 1843— 1846 Gymnaſiallehrer in 
Koblenz, 1846— 1849 Dozent am Lyceum 
Hoſianum in Braunsberg; habilitierte fich 
1851 an der Univerfität Breslau als Bris 
vatdozent der Gejchichte, wurde 1854 das 
jelbjt zum außerordentl., furz darauf in 
ı Bonn zum ordentl. Profeſſor ernannt und 
1856 nad) München berufen, wo er nod) 
jegt wirft. 

Die Münfterifhen Humaniften und ihr Vers 
hältnis zur Reformation (1851), Gefchichtsquellen 
des Bistums Münfter (1853), Gedichte des 
Münfteriihen Aufrubrs (1855— 1860), Studien 
zur Gefchichte des Bauernfrieges (1862), Die 
Niederländiihen Wiedertäufer während der Bes 
lagerung Münfters (1869), Die Verbannung 
Galvins aus Genf im Jahre 1538 (1886) zc. 


Cornelius, Carl Sebaftian, wurde 
am 14. November 1819 in Ronshaufen 
‚geboren, jtudierte in Marburg und Göt— 
‚tingen Mathematik und Naturwiffenichaf: 
‚ten und habilitierte fih 1851 in Halle 
‚als Privatdozent. Hier wirft er nod 
‘jest. Von feinen vielen, auf diefem Lie 
‚teraturfeld hervorragenden Schriften nen— 
nen wir: 

Grundriß der phyſikaliſchen Geographie (1852, 
6. Aufl, 1886), Uber die Bildung der Materie aus 
ihren einfachen Elementen (1856), Theorie des 
| Sehens und räumlichen Vorſtellens vom phyfi« 
'faliichen, phyſiologiſchen und piychologiichen 
Standpunkt aus betrachtet (1861), Grundzüge 
einer Molekularphyſik (1866), Über die Bedeutung 
des Gaulalprinzips in der Naturwiſſenſchaft 
(1867), Über die MWechlelwirfung zwiſchen Leib 
und Seele (1871). 





7* 


* 
KDomamkz, ak S Ra, aftv 1 4. 


Correus. 


Correus, Heinrich Hermann Emil, 
wurde am 10. Januar 1848 zu Nowawes 
geboren. Nach ſeiner Vorbildung zu Pots— 
dam und Berlin widmete ſich derſelbe dem 
Studium der Naturwiſſenſchaften und 
wandte ſich pädagogiſchen Beſtrebungen zu. 


Er wirkte als Lehrer am Pädagogium zu 
Groß-Lichterfelde und in Berlin, gegen: 


wärtig am Falk-Realgymnaſium. Als 


Schrififteller jchrieb er zahlreiche Aufſätze 


naturwiſſenſchaftlichen, hygieiniſchen, pä- 
dagogiſchen und pſychologiſchen Inhalts, 
welche er in Fachzeitſchriften veröffentlichte. 
Im Jahre 1878 gab derſelbe fein bekann— 
tes Lehrbuch der Anthropologie heraus, das 
gegenwärtig in der dritten Auflage vorliegt. 


In demjelben giebt er eine Auswahl des | 


anthropologischen Stoffes für Seminarien, 
höhere Lehranftalten und die Oberklaffen 
der Mittelihulen und mit dem Stoffe 
überall zugleich) die Unterweifung in der 
Methode. 1885 gab C. feinen Leitfaden 
der Anthropologie heraus, welcher genau nad) 
den Dispofitionen des Lehrbuches gear: 
beitet ift und troß der knappen Bemeſſung 
des Stoffes ein ſcharf gegliedertes und 
leicht überfichtliches zufammenhängendes 
Ganze darftellt. 


Eorvinus, Jak. ſ. W. Raabe. 


Coſel, Charlotte von (Adel. v. Auer). 
Ich bin 1818 in Breslau geboren. Mein 


Vater, der im Jahre 1876 als General 


der Kavallerie in Schwedt ftarb, war, als 
ih geboren murde, Kommandeur des 
zweiten Garde-Ulanen-Negiments. Er fo- 
wohl wie meine Mutter, geb. v. Auer, 
waren Dftpreußen, obwohl beider Fami— 
lien nicht daher jtammen. Deine Kind- 
heit und Jugend habe ich in Berlin ver: 
[ebt, habe meine Erziehung dort erhalten. 
An geiftiger Anregung fehlte e8 weder in 
der Familie noch in dem Umgangstreis, 
den die Verhältniffe ung zuwieſen und, fo 
reichlich die Freuden der Gefelligfeit uns 
zu Teil wurden, jo jugendfroh wir die: 
jelben genoſſen, vor einer verlöfchenden 
Wirkung ſchützte uns Erziehung wie Bei: 


100 


— Coſel. 

ſpiel, ſchützte uns das Leben ſelbſt, das 
uns vielfach eine recht ernſte Seite zeigte 
und zu höheren und allgemeinen Inter— 
eſſen anregte, wenn auch nicht in der hin— 
reißenden Weife, in der die ſich allmählich 
vorbereitenden und ſich immer gewaltiger 
geftaltenden Zeitereigniffe fpäter auf Geift 
und Gemüt ihre erhebende und Flärende 
Wirfung übten. Im Jahre 1848, trau: 
rigen Andenfens, nahın mein Vater den 
Abſchied, und wir zogen nach Schwedt, wo 
er fi fpäter Haus und Garten faufte, 
das wir jeßt, 10 Jahre nach feinem Tode, 
verkauft, um nad Berlin zurüdzuziehen. 
‚Dies der äußere einfache Gang meines 
Lebens, in das ein häufiger Zandaufent- 
halt in Djtpreußen meinerfeits bei einer 
mir jehr befreundeten Familie, jowie ges 
meinschaftliche Reifen mit meinen Schwe— 
ftern und ein reger Verkehr mit meinen 
verheirateten Brüdern, willtommene Ab— 
'wechfelung brachten. Irgend ein, von 
55 her wirkender Einfluß hat mich 
nicht zur Schriftſtellerin gemacht, ich habe 
auch nie daran gedacht, es werden zu 
wollen. Ich babe fogar fehr wenig Ge: 
legenheit gehabt, in literarischen Kreifen 
zu verkehren, auch Später nicht, als ich ſelbſt 
auf diefem Feld geiltiger Arbeit thätig war. 
Als die einzigen Männer von Bedeutung, 
die Später in fördernder und ermutigen 
der Weife nach diefer Richtung Hin auf 
mid wirkten, nenne ich den Profeſſor 
Aegidi, den leider früh verftorbenen Pro— 
fellor Friedrich Eggers und den Profeſſor 
und Domherrn Nögite, Direktor der Ritter: 
afademie in Brandenburg und nun aud) 
ſchon feit Jahren tot. Es war wohl ein: 
fach ein innerer Zug, der mir, erſt zu 
Spiel und Scherz, dann zum Ernit die 
Feder in die Hand gab. Ich war längſt 
Hauspoet und Gelegenheitsdichter für 
Freunde und Bekannte, che fih der 
Schaffensdrang auf ein weiteres Feld 
wagte und die erften Novellen entjtanden. 
An Veröffentlihung dachte ich jedod) 
dabei nicht. Wie fich aber aus einem 
einmal gewagten Anfang das Meitere ents 








Gramer. 


widelt, wie aus einem eben — 
Stoff ein zweiter emporwächſt, wie das 
Auge ſich ſchärft für die feineren Züge, | 
die ein Charafterbild vervollftändigen, wie | 
man das Leben und die Dienichen dabei 
fennen lernt und ſich gerade durch dieſe 
Erfenntnis mit Vielen ausjöhnt, was halb 
verftanden nur abftoßend wirft, das wird 
ja jeder Echriftiteller aus eigener Erfah: 
rung wiſſen. Ich habe viele Freude an 
meinem Beruf gehabt, habe eine jehr wohl: 
wollende Kritik erfahren, laſſe aber jegt, 
wenn auch mit tiefem Bedauern, die Feder 
ruhen. Es hat eben alles feine Zeit, und 
wenn Friſche und Reife nicht mehr Hand 
in Hand gehen, wenn die uns ſonſt liebjte 
und anregendite Beichäftigung anfängt, 
förperlich erichöpfend zu wirken, dann, 
meine ich, hat man ſich zu fügen und recht: | 
zeitig den abſchließenden Punkt unter fein 
Etreben zu jeßen. 

Hauptwerfe: Novellen (1856—1862), Fuß: 
tapfen im Sande (1868), Die barmberzige | 
Schweſter (1868), Schwarz auf weiß (1869), Das 
Seben fein Traum (1874), Gefammelte Werte 
(1874), Im Labyrinth der Welt (1878), Aufge: 
löſte Difjonanzen (1878), Der liebe Gott gebt 
dur den Wald (1879), Luftichlöfier (1882). 

Cramer, Sohann Jakob Wilhelm 
Hermann, wurde geboren den 23. Oftober 
1817 auf dem Kloftergute Marienſtuhl 
vor Egeln, Neg.:Bez. Magdeburg. Er 
verlor feinen Vater fchon als Anabe. In 
zweiter Ehe vermählte fi die Mutter 
mit dem Herzogl. Bernburgiichen Berg: 
affeflor, Ipäteren Berg ftommilfionsrat F. 
R. von Bulle in Harzgerode. Diejer Im: 
ftand war weſentlich beftiimmend für des 
Knaben Berufswahl. Durch die Etel: 
lung des Stiefvaters hatte der Sohn Ge— 
legenheit, das bergmännifche Zeben dafelbjt 
fennen zu lernen. Nach der Vorbildung 
im Haufe durch die Elementarfchule und 
ſpäter durch Hauslehrer befuchte Er. das 
Gpymnafium des Klojters „Unferer lieben 
Frauen” zu Magdeburg. Im Jahre 1835 
trat er in den bergmännijchen Beruf ein, 
um ſich zum Staatsdiener bei der preuß. | 
Bergverwaltung auszubilden. Unter Leis | 











101 


— 


Cramer. 


tung des Königl. Oberbergamts zu Halle 
a. S. hielt er ſich zur praktiſchen Aus— 
bildung in der Technik auf den Stein— 
kohlenwerken zu Löbejün und Wettin im 
Saalkreiſe auf, beſuchte ſodann den Kupfer— 
ſchiefer⸗ und Braunkohlenbergbau, ſowie 
die Kupferhütten in der Grafſchaft Mans— 
feld unter gleichzeitiger Teilnahme an 
dem Unterricht auf der Bergſchule zu 
Eisleben, machte ſich hierauf bekannt an 
Ort und Stelle mit dem Salinenbetriebe 
in der Provinz Sachſen, dem metalliſchen 
Bergbau und dem Hüttenweſen auf dem 
Harze, bezog im Jahre 1838 die Uni— 
verſität in Halle, im Jahre 1839 die in 
Berlin, wo er zugleich auch ſeiner Mili— 
tärpflicht genügte. Nach Ablegung der 
erſten Prüfungen zum Bergeleven und 
Bergreferendar, ſowie nach einigen fach— 
männiſchen Reifen in Bayern, Sachſen, 
Thüringen und Helfen erhielt er jeine 
erſte Anftellung als technischer Bergſekre— 
tär bei dem Königl. Bergamte in Eis: 
leben, wurde bald darauf als Hülfsar: 
beiter an das Oberbergamt nad) Halle 
a. S. gezogen und am Schluß des Jahres 
1852 zum Bergmeifter dajelbit ernannt, 


Im Jahre 1853 legte er die leßte Staats: 


prüfung ab und wurde in Folge defien 
unter dem 7. Juni deifelben Jahres zum 
Oberbergamtsafleflor ernannt unter Bei: 
behaltung feiner legten Dienftitellung. 


‚Mit der Vereinigung der beiden Berg: 


ämter zu MWettin und Eisleben mußte er 
feinen Wohnort 1853 nad) Eisleben ver: 
legen, wurde aber bereits 1855 zum 
Bergamtsdireftor in Nüdersdorf bei Ber- 
lin ernannt, welchen Dienit er im felben 
Jahre übernahm, worauf feine Ernennung 
zum Bergrat erfolgte. Mit der allge: 
meinen Maßregel der Aufhebung der 
Bergämter 1861 trat er in das Kolle: 
gium des Oberbergamts zu Halle a. ©. 
ein und wurde zum Oberbergrat und 
1874 zum Geheimen Bergrat ernannt. 

Hauptwerke: Darftellung der Hauptmomente 


in der Nechtö- und Verwaltungsgeſchichte des 
Steintohlenkergbaues im Saalfreife (1556), Bei— 


Io 0A -Rosttn, MAVV. 


Gramm: Burgdorf. 


träge zur Geichichte des VBergbaues der Provinz 
Brandenburg (1872— 1887), Geſchichte der Königl. 
Eiſengießerei zu Berlin (1875;. 


Gramm = Burgdorf, Chriitian 
Friedrich Adolph Burghard Freiherr von, 
geboren 25. Januar 1837 zu Leſſe im 
Herzogtum Braunichweig. 1851 in die 
Oberſekunda des Gymnaſiums zu Braun: 
ihweig. 1853 auf das Collegium Ca- 
rolinum dajelbit. In Braunfchweig im 
Huuje des Hofpredigers Dr. Heinrich, 


102 





Credo. 


Winter 1876/77 in Rom. Sommer 1877 
nah Paris bis 1878 Oftober. Reife 
nah Spanien und Nord-Afrika. Wird 
1878 zum Mitgliede des braunfchweigis 
Ihen Landtags gewählt. Vermählt ſich 
am 23. Juni 1851 auf Schloß Kobelau 
mit Margarethe von Tihirihfy u. Boe— 
gendorff, lebt auf feiner Beligung in 
Burgdorf und in Braunfchweig. Nimmt 
großen Anteil an dem politiihen Leben 
jeiner engern Heimat, bejonders auch nad) 


Thiele. 1855 nach Heidelberg, um Rechte: | dem 1884 erfolgten Tode des Herzogs 


wiſſenſchaft, Kameralia und Staatswiſſen— 
ſchaften zu ſtudieren. 


Verkehr im Haufe | 


des Freiherrn von Bunien, Heinrich von 


Gagern, Robert von Mohl. 
Göttingen, 1857 nad) Berlin. 1861 als 
Ausfultat. beim Königl. hannoverihen 
Amtsgerichte Lüchow in den hannoverfchen 
Staatsdienit. 
amt Lehe verjegt. Nach der Abjolvierung 
des großen Staatseramens 1864 als 
Amtsafjellor nah Reinhauien bei Göttin: 
gen verjeßt. 
Hannover, geht 1866 nad der Schladt 
bei 
Verwundeten; jcheidet zugleich aus dem 
Staatsdienft. 1867: tritt wieder in den 
Staatsdienit als Regierungsaffellor bei der 


fönigl. Regierung in Breslau, zur Aus: | 
‚recht, die Ahnenprobe, der Herr Aſſeſſor. 
‚Band Novellen Aus drei Lebenskreiſen. 


hilfe 1868 in Beuthen, 1869 als Ver: 
treter des Yandrats in Graudenz beichäf- 
tigt. 1869 im Oftober tritt er als Kam: 
merherr und Intendant des Hof-Theaters 
in den Dienjt des reg. Fürjten Neuß j. 2. 
1871 Hofmarihall dort. Reorganifiert 
das Theater in Gera; nimmt rührig Anteil 
an der Gründung der Genoſſenſchaft deut: 
ſcher Bühnen-Angehöriger. Nach ſchwerer 


Krankheit ſcheidet er aus dem fürſtlichen 


1856 nad) 


1562 an das Verwaltungs- 


1865 an die Landdroſtei in 


Zangenjalza dorthin zur Pflege der | 





Wilheım. Wird 1885 als Gcihäftsträ- 
ger des braunichweigiichen Regentichafts- 
rats und als Bevollmädtigter zum Bun- 
desrate nad) Berlin gelandt. Nimmt noch 
Teil an der Wahl des Prinzen Albrecht 
von Preußen zum Negenten des Herzog 
tums. Wird 1885 zum Miniſter-Reſi— 
denten ernannt und lebt als folcher in 
Berlin. Das erite Dial, da E. als Schrift 
iteller in die Offentlichfeit trat, war 1856 


‚mit der Überjegung einer fleinen erbaus 


J 








Hofdienſt, unter Ernennung zum Haus: 


marſchall. Wird gelegentlich der Delegier— 


ten-⸗Verſammlung der Genoſſenſchaft deut⸗ 


ſcher Bühnen-Angehöriger zum Ehrenmit⸗ 
gliede der Genoſſenſchaft ernannt. Bringt 


lihen Schrift von Newman Hall. Dann 
mit einem Band Märchen. Ein Band Ges 
dichte erichien in Celle. Unter verichiedenen 
Namen erjchienen Novellen, fulturhiftori- 
Ihe Skizzen 2c. in Zeitungen und Four: 
nalen. Eine Novelle Das Hausgefeg erihien 
in Gera; ebenjo drei Zujtipiele; Schlitten, 
Ein 
In 
neuerer Zeit iſt E. mit Publikationen ſei— 
ner Arbeiten nicht an die Offentlichfeit ge: 
treten, ohne aufgehört zu haben, literariſch 
thätig zu fein, joweit feine Arbeiten auf 
andern Gebieten ihm dazu Dluße ließen. 


rede, Karl Siegmund Franz, wurde 
am 23. Dezember 1819 in Berlin ge: 
boren; ftudierte 1838 — 1842 in Berlin 
und Heidelberg Medizin; doftorierte im 
en Jahre; bereite ulsdann 

Oſterreich, Italien, Frankreich, Belgien, 
die Schweiz, um ſeine Kenntniſſe zu vers 


den Winter 1875/76 in Italien zu. | vollftändigen; wurde 1843 Aifiitenzarzt 
Wird Herbit 1576 zum Mitgliede der an der Klinik für Geburtshilfe in Berlin, 
braunichweigiihen Landesſynode gewählt. | habilitierte fi) 1850 als Privatdozent 


Gredner. 


für Geburtshilfe an der Univerfität Ber: | 
lin; wurde 1852 zum Direktor der Heb— 
ammenjchule und zum dirigierenden Arzte 
der G.bärabteilung der Charite ernannt, 
1356 als Profeſſor der Geburtshilfe und | 
Direktor der Hebammenſchule und der Ent: 
bindungsanjtalt nad) Xeip;ig berufen, 
1860 zum Hofrat, 1870 zum Geheimen 
Medizinalrat ernannt. C. hat fih an- 
erfannterweile hohe Verdienite um Die 
Spnäfologie und Geburtshilfe erworben. 

Hauptwerfe: Aliniihe Vorträge über Geburts: 
bilfe (1853 —1854), Lchrbuh der Hebammen: | 
tunft (4. Aufl. 1886), Geſunde und kranke 
Böhnerinnen (1886); außerdem zahlreihe wiſ— 
Inihaftlihe Abhandlungen in Fachzeitichriften, 
bejonders in dem von ihm in Gemeinſchaft mit 
Spiegelberg redigierten „Archis für Gynäkologie.“ | 





Gredner, Hermann, wurde am 1. 
Dftoser 1841 in Gotha geboren. Er be: 
fuhte die Akademie in Klausthal, Bres— 
lau und Göttingen, um Geologie zu ſtu— 
dieren, vervollfommnete fein Willen durch 
längere Reifen in Nordamerifa und ha: 
bilitierte fich alsdann (1869) in Leipzig. | 
1870 erhielt er dajelbit eine Profeſſur, 
wurde 1371 zum Direktor der geologi- 
hen Landesunterfuhung Sadjens und 
1881 zum Oberbergrat ernannt. Er. iſt 
Verfaſſer vieler geologischen Arbeiten von 
Auszeihnung, bejonders ragt fein Werk: | 

Elemente der Geologie (1872, 4. Aufl. 1878) 
hervor. | 

Creizenach, Wilpelm Michael An- | 
ton, wurde am 4. Juni 1851 in Frank- 
furt a. M. als ein Sohn des berühmten | 








Literarhiftorifers Theodor Er. und Enkel 
des theol. Gelehrten Michael Er. ge: 
boren. Nachdem er das Gymnaſium 
feiner Waterjtadt abjolviert hatte, bezog 
er die Univerfitäten Göttingen und Leip— 
zig, habilitierte fih 1879 zu Leipzig als 
Privatdozent für Literaturgeihichte und 
wurde 1883 als Profeſſor nah Krakau 
berufen, wo er neben jeiner afademijchen 
Thätigfeit eifrig als Schriftiteller thätig 
üt, feinen Familientraditionen getreu, der 
Literarhiftorif ſich widmend. 





103 


Eremer. 


Hauptwerfe: Verfuch einer Geichichte des Volks: 
Ihaufpiels von Doktor Fauſt (1878), Zur Ent: 
ſtehungsgeſchichte des neuen deutihen Luftipiels 
(1879), Die Bühnengeihichte des Goetheichen 
Fauſt (1881); auch hat E. die 2. Aufl. des Brief: 
wechlels zwiſchen Goethe und Marianne v. Willes 
mer (1. Aufl. v. Th. Cr.) herausgegeben. 


Gremer, Chriitoph. Jof., wurde am 
15. Juli 1840 in Bonn geboren, ftudierte 
1861—1864 daſelbſt Philoſophie, Ge: 
Ihidhte und Kunſt und widmete fidh der 
Journalijtif, zuerjt in der Redaktion der 
„Bonner Zeitung,” 1564 der „Kölner 


Blätter” (Kölnische Bolfszeitung), und war 


dann Redakteur der Kölniſchen Handels: 
zeitung. Von 1866—1863 betrieb er 
medizinische Studien in Bonn, war dar: 
nad in Baris bis Juni 1870 journalis 
jtiich thätig. Zurüdgefehrt, übernahm er 
die Redaktion des „Weitfäliichen Mer: 
fur“, 1871 trat er in die der „Germa— 
nia” ein. C. lebt nunmehr in Ber: 
lin und gehörte urfprünglich zur Gen: 
trumsfraftion auch als Abgeordneter (von 
1875 an), jchloi ſich jedoch ſpäter aud) 
äußerlich mehr der fonjervativen Partei 
an, zu der er fich politijch ftets gered)- 
net hat. Beranlafjung zu diejer verän- 
derten Frontſtellung gab jein energiiches 


Eingreifen in die fonjervative ‚Berliner 


Bewegung‘, zu deren hervorragenditen 
Mitgliedern er zählt. Zeit 1883 vertritt 
er als fonjervativer Abgeordneter den der 
Reſidenz unmittelbar benachbarten Kreis 
Teltow-Charlottenburg. Hauptwerfe: 
Aus dem Karliftenlager, (nach eigenen Auf⸗ 


‚zeichnungen und Studien in Spanien 


1874), Die politiihe und foziale Bedeutung 
‚der vatifaniihen Definition vom unfehlbaren 


Lehramte des römiſchen Papites (1876), Europa, 


Rußland und die orientaliihe Frage (1876). 


Creſſieux, E., ſ. Cam. Gräfin Seyſſel 
d'Aix. 

Cron, Klara, ſ. Kl. Weiſe. 
ECunectator, ſ. K. A. Rene. 


Curti, Theodor (Karl Schoenburg), 
wurde am 24. Dezember 1848 in Rap: 


ie) Wndsnuch Wilnehm. Ser after 14. 


Eurtius, 
perswyl geboren. Nach Abfolvierung bes | 
Gymnafiums in St. Ballen, der Akade: 
mie in Genf und der Univerfitäten Zürich 
und Würzburg als Student der Medizin, 
begann er feine journaliſtiſche Laufbahn 
als Korrefpondent, fpäter Redakteur der 
„Srankfurter Zeitung”. 1871—1873 
Redakteur der „Et. Gallener Zeitung“, 
1873—1878 wiederum Redakteur der 
„Srankfurter Zeitung”, feit 1879 Chef: 
redakteur der „Züricher Poſt“ in Zürich. 

Hauptwerke: Blumenfträuße (Ged. 1868), Jo⸗ 


hann Elmer (Rom. 1876), Hans Waldmann 
(Dram, 1583), 


Curtius, Bogumil, ſ. H. Kurkig. 


Curtius, Ernſt, wurde am 2. Sep⸗ 
tember 1814 in Lübeck geboren, abſol— 
vierte das Katharineum daſelbſt und ftu— 
dierte in Bonn, Göttingen und Berlin 
Philologie. Nach Vollendung feiner Stu: 


104 


— Eyre. 

(1852), Die Plaftif der Hellenen an Quellen 
und Brunnen (1876), Altertum und ‚Gegenwart 
(1877), Ausgrabungen von Olympia (1877. bis 
1880), Griechiſche Geſchichte (5. Aufl. 1878 
bis 1881), Atlas von Athen (1878), Die Al: 
täre von Olympia, Akademiſche Abhandlungen 
(1882), 

Ehre, A. Frau (A. Erye), wurde 
am 11. Juni 1837 in Morms geboren. 
Früh Schon regte ſich in dem jungen Mäb- 
hen, das feine Erziehung im elterlichen 
Haufe empfing, ein dichteriſcher Schaffens: 
drang, dem ſpäter eine Reihe von No: 
vellen entiprang: 

Anna (1874), Not und Erlöfung (1875), Die 
Lotosblume (1876), In Bifitentartenformat 
(1877), Die Nahtwandlerin (1878), Ein Glüds: 
[005 (1880), Warum? (1881), Gabriele (1882), 
Die letzte Weihnacht (1883); auch ift N. C. 
die vermählt in Darmitadt lebt, Mitar— 
beiterin vieler Zeitichriften. 





dien bereifte er Griechenland mit Bran- 
dis zufammen, ſpäter in Gemeinschaft 
mit O. Müller. Zurückgekehrt, promo— 
vierte er und habilitierte ſich 1843 an 
der Berliner Univerſität, wo er ein Jahr 
darnach als außerord. Profeſſor angeſtellt 
wurde. Gleichzeitig wurde er zum Er— 
zieher des Prinzen Friedrich Wilhelm 
von Preußen berufen, den er auch nach 
der Univerſität Bonn begleitete. 1856 
wurde C. als ordentl. Profeſſor der Hal: | 
ſiſchen Philologie und Archäologie nad) | 
Göttingen berufen, wo er gleichzeitig die 
Direktion des philologiichen Seminars | 
übernahm. Hier weilte ev bis 1863, da | 
die Univerfität Berlin ihn berief. Von 
hier aus betrieb er im Auftrag des deut: 
Ihen Neichs feit 1875 Die Ausgrabung 
von Olympia. Hier fungiert er auch 
als Direktor des Antiguariums und ge: | 
hört der Afademie der Wifienfchaften als 
deren Sekretär an. Von G’s Merken, 
die zu den ausgezeichnetften Schöpfungen 
auf dem Gebiete der 
Geſchichte zählen, heben wir hervor: 
Anecdota delphica (1847), Peloponneſos 
(1851— 1852), Beiträge zur Geſchichte und To— 
pographie von Kleinaſien (1872), Olympia 


Archäologie und 


Gzedif, Emil (Hugo Schalt), wurde 
‚am 13. Oftober 1853 in Mattfee geb., 
abſolvierte die Schulen in Melk und Satz: 
‚burg und widmete fich dem Poſtfach. Er 
nimmt nunmehr die Stelle eines Poſtoffi⸗ 
cials in Wien ein, neben feiner amtlichen 
Thätigkeit literariſch, befonders als Lyri⸗ 
ker, thätig. 

Hauptwerke: Lieder (3 Bde. 1876— 1878), 
Gedichte (1878), Vom Trinken und Lieben (Ged. 
1579), Was mir blieb (Ged. 1880), Marie 
(1880), Lieder (1881). 


Gzigler, ſ. Cappilleri. 


D. 

Daelen, Eduard, wurde am 18. März 
1545 in Hörde geboren. Der Vater be: 
ftimmte ihn urſprünglich für fein eigenes 
dad: die Mafchinenbauerei, doch fühlte 
ber Jüngling, ausgeftattet mit mandjerlei 
Talent und feurigen Geiftes, feinen rechten 
Beruf hierfür, fo daß er nad) dem Beſuch 
der Barmer Gewerbeſchule und der Ber: 
liner Gewerbe-Akademie diefe Laufbahn 
aufgab und fich der Dialerei widmete, die 
Kunftafademien zu Düffeldorf und Mün— 





Dahl. 


105 


Dahn. 


chen bejuchte und ſich in Düffeldorf nie: | geboren. Bald nad) feiner Geburt fiedel- 
‚ten die Eltern nad) München über, wo 


derlieh. 

Neben feiner Porträtmalerei befchäftigte D. fich 
auch vielfach literariſch, fpeziell die Humoreske 
pflegend: Narrfingen (1879), Der Blid ins Zen: 
feit3 (1880), Der Reinfal (1881), Keine Spiel: 
verderber (1882), Bismards Himmelfahrt (1882), 
Von der Wurſchtigkeit (1883), Das hohe Lied vom 
Bier (1884), Die 11 Gebote der Ehe (1885), 
Wilhelm Buſch und feine Bedeutung (1886). 

Dahl, Friedrid. Ich wurde geboren 
am 24. Juni 1856 zu Roſenhofer Bröf, 
Kreis Oldenburg in Holftein. Als ich 
zwei Jahre alt war, faufte mein Vater 
den kleinen Hof Bodhorft bei Gismar, 
von wo aus ich ſpäter bis zu meiner 
Konfirmation (1872) die Echule zu Kel— 
lenhuſen beſuchte. Schon früh hatte ih 
ein Intereſſe an allen Naturförpern, die 
mich umgaben, obgleid) mir gerade in die: 
jer Beziehung in der Dorfichule durch: 
aus nichts geboten wurde. Nachdem ich 
1'/2 Jahre Landwirt gewejen, wurde mir 
endli mein jehnlichfter Wunfch, zu ſtu— 
dieren, gewährt. Eeit 1873 beſuchte ich 
das Gymnafium zu Eutin von der Quarta 
an und verließ dafjelbe 1879 mit dem 
Zeugnis der Reife. Schon in Eutin be- 
ichäftigte ich mich eingehend mit Natur: 
wiſſenſchaften, namentlih Zoologie, ob: 
gleich ich darin faſt ausſchließlich auf eigene 
Hülfe angewiejen war. Um meinen Blid 
über die Fauna unferes Landes zu er: 
weitern, jtudierte ic) in Leipzig, Freiburg 
i. Br., Berlin und ſchließlich in fiel. 
Auf der Univerfität Kiel promovierte ich 
1884 zum Dr. phil. Eeit 1885 war 
ich Aſſiſtent am zoologiichen Inſtitut der 
Univerfität Kiel und am 8. März; 1887 
habilitierte ich mid) an diejer Univerfität 
als Privatdozent. 

Hauptwerfe: Analytifhe Bearbeitung der 
Spinnen Norddeutichlands (1883), Beitrag zur 
Kenntnis des Baues und der Funktionen der In: 
fettenbeine (1884), Die Notwendigkeit der Nelis 
gion, eine letzte Confequenz der Darwin'ſchen 
Lehre (1886). 

Dahn, Felir (Ludw. Sophus), wurde 
am 9. Februar 1834 in Hamburg dem 


Künftlerpaare Friedrich und Conftanze D. 


der Knabe feine Ausbildung erhielt. Nach 
Abjolvierung des Gymnafiums widmete 
er fid) dem Studium der Rechte (München 
und Berlin 1850—57). Nachdem er 
1855 zum Doktor promoviert war, habis 
litierte er fi) 1857 als Privatdozent in 
Münden. 1862 wurde er als außerord. 
Profeflor an die Univerfität Mürzburg, 
1872 als ordentl. Profeſſor nad; Königs: 
berg in Pr. berufen, wo er noch heute 
wirft. Neben feiner Lehrthätigkeit übt 
er in hervorragenditer Weiſe Schriftftel: 
lerei aus. Er ift allgemein als einer der 
formgewandteften Meifter auf dem Gebiete 
der Reimkunſt und gleichzeitig als der vor: 
nehmfte Autor auf demjenigen der belle: 
triftifchen Germaniftif anerkannt. 

Außer jur. Fachwerken und unzähligen Bei: 
trägen zu faft allen befieren Zeitichriften find von 
felbftändigen Werfen hervorzuheben: Harald und 
Theano (Ep. 1856), Gedichte (1856), Die Könige 
der Germanen (1861), Sind Götter? (1874), Nö: 
nig Roderich (1875), Balladen (1875), Deutſche 
Treue (1875), Ein Kampf um Rom (1876,12. Aufl. 
1883), Die Amalungen (1876), Kämpfende Her: 
zen (1878), Baufteine (1879), Der Schmied von 
Gretna⸗Green (1880), Armin (1880), Odhins 
Troft (1880), Der Fremdling (1880), Stalden: 
funft (1882), Kleine Romane aus der Völferwan: 
derung: Felicitas, Bifjula (1883), Deutiche Ge: 
ſchichte (1883— 87), Walhalla, germaniiche Götter: 
und Heldenjagen (1884), Gelimer (1885), Die 
Kreuzfahrer (1885), Die jhlimmen Nonnen von 
Potier (1885), Fredegundis (1856), Urgeſchichte 
(1886). 

Dahn, Therefc, geb. Freiin v. Drofte: 
Hülshoff, Gattin von Felir Dahn, Nichte 
der berühmten Dichterin Annette v. D.-9., 
wurde am 28. Mai 1845 in Münfter ge 
boren, erhielt eine vorzügliche Erziehung, 
welche namentlich auf die regen Geiftes: 
talente und Anlagen des jungen lebhaften 
Mädchens Nüdficht nahm, jo daß aud 
ihre bedeutende mufifaliihe Begabung 
(hauptſ. Harfe) gepflegt wurde. 1573 ver: 
mählte fie fich mit Felix Dahn und lebt 
als deſſen Gattin in Königsberg. 

Werke: Gedichte (mit F. D. 1873), Walhalla, 
germanifche Götter: und Heldenfagen (mit F. D. 
1884), Aventiuren, mittelalterliche Sagen (1887). 


Dolton, Sri ul, r6 LANVUNYVYL, 
5 aßır yv. \% I 


Dambad). — 

Dambach, Otto, wurde am 16. De— 
zember 1831 in Querfurt (PBrov. Sachſen) 
geboren, abjolvierte das Friedrich-Wer— 
derihe Gymnaſium und die Univerfität 
zu Berlin (1845—51) und legte nad) 
Vollendung feines Studiums die jurijti- 
ihen Staatsprüfungen ab, worauf er bei 
der Staatsanwaltihaft am Stadtgericht 


zu Berlin angejtellt wurde, bis er 1862 


als Auftitiarius an das Generalpojtamt 
berufen wurde. Nachdem er mehrere 
Jahre jpäter zugleich zum a. o. Profeſſor 
der Rechte an der Univerfität Berlin er: 
nannt worden war, wirkfternunmehr gleid): 
zeitig neben feinem praktischen Dienit (als 
Wirklicher Geheimer Ober-Poſt-Rath) aud) 
als Profeſſor der Rechte an genannter 
Univerfität. Außerdem iſt er Vorfigender 
der Kgl. Preuß. Sachverſtändigen-Ver— 
eine, welche gefeglich berufen find, die Fra: 
gen über Nahdrud und Nachbildung zu 
begutadhten. D. ragt literariich befonders 


durch feine Schriften über das Urheber: | 


recht hervor: die ſämmtlichen ſ. 9. Ur: 
heberrechtsgeiege find von D. entworfen 
und im Reichsſstage vertreten worden. 
Ebenjo hat er beim Abſchluß der meiſten 
neuen deutichen XiterarsVerträge mit: 
gewirkt. 

Hervorzuheben: Die Gutachten des Preuß. 
liter. Sachverſtändigen-Vereins über Nachdruck 
(1563, 1574); Geſetzgebung des Norddeutichen 
Bundes, betr. das Urheberreht an Schriftwerten 
x. (1871): Wufterfchusgeleg (1876), Patent: 
geieg (1877); Der deuiſch-franzöſiſche Literar— 
Vertrag (1883), Abhandlungen über Nahdrud 
und Nachbildung in Holgendorff’s Strafrecht u. 
Völkerrecht. Ferner: Beiträge zur Lehre von der 


Griminalverjährung (1860); Das Telegraphen: | 


Strafrecht (1872); Geſetz über das Poſtweſen des 
Deutichen Reiches (4. Aufl. 1881). 
Dandelmann, Bernhard, wurde am 
5. April 1831 zu Forſthaus Obereimer 
bei Arnsberg geboren, erhielt feine Vor: 
bildung in Paderborn und widmete fidh 
nad Abjolvierung des Gymnaſiums dem 
Studium der Foritwillenihaft in Neu: 
ftadt:Eberswalde, jpäter an der Univer: 
fität zu Berlin. 1855 abjolvierte er fein 
Dberförftereramen. 1862 wurde er als 


106 





Dannehl. 
Oberförſter in Hambach, 1864 als Forſt⸗ 
inſpektor in Potsdam und 1866 als Forſt⸗ 
meiſter und Direktor der Forſtakademie 
Eberswalde angeſtellt. 1868 wurde ihm 
als Anerkennungszeichen ſeiner hervor: 
ragenden Verdienſte auf dem Gebiete der 
Forſtwiſſenſchaft der Titel Oberforſtmeiſter 
verliehen. 1867 rief er die „Zeitſchrift 
für Forſt- und Jagdweſen“ ins Leben. 
‚Außerdem giebt er das „Jahrbuch der 
preußiihen Fort: u. Jagdgeſetzgebung und 
Verwaltung” heraus (jeit 1867). Das 
neben verfaßte er mehrere, von feinen 
Fachgenoſſen bejonders anerkannte forit 
wiſſenſchaftliche Schriften. 


Dannehl,Suftav, wurde am 25. Juli 
‚1840 zu Kalbe a. Milde geboren, abjol- 
vierte das Gymnaſium zu Salzwedel und 
die Univerfitäten Berlin und Halle, wo 
bejonders Bökh, Haupt, Droyien, Ger: 
hard, Meüllerhof, Bernhardy auf feine 
geiftige Richtung einwirften. 1868 wurde 
er als Gymnafiallchrer in Rudolftabt, 
11870 in Sangerhaufen angeftellt und 
wirft nunmehr jeit 1881 als Oberlebrer 
am Gymnaſium zu Sangerhaujen. Lite— 
rariſch hat D. fich beionders durch fein vor= 
zügliches Werk Die Niederdeutſche Sprache und 
Literatur (1873) befannt gemadt, ferner 
durch Das blutige Jahr (L’annde sanglante 
p. Paul Jane), metr. Ueberſetz. (1874), Victor 
Hugo, LXebensbild (1885), Anthologie jungvla- 
miſcher Dichtung (1854); außerdem ift er Ver⸗ 
faller mehrerer Quftipiele: Ein Syivefter: 
abend, Ein Mißgriff, In Todesängiten, Zange 
Kleider ꝛc. Daneben iſt D. ein angejehener 
Mitarbeiter einer großen Reihe von Zeit— 
ſchriften. 

Danneil, Friedrich Hermann Otto, iſt 
geb. in Salzwedel in der Altmark am 28. 
Mai 1826. Sein Vater war Direktor des 
Gymnaſiums und hat als Spezialforſcher 
im Gebiete der Geſchichte der Altmark 
und des altmärkiſchen Adels ſich einen 
geachteten Namen erworben. D. beſuchte 
das Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt und 
ging 1846 zur Univerſität, um Theolo— 
gie zu ſtudieren. In Halle führte der 








Danneil, 


jegige Brofefjor der Theologie in Jena, 


Dr. Hilgenfeld, ihn als fein getveuer Vetter 


in das Verjtändnis der Tübinger Theo: 


logie (Baur, Zeller, Schwegler u. a.) ein. 


Im 2. Studienjahre abjolvierte er jein 
Militärjahr und ging 1348 nach Berlin, 


wo er bis 1849 blieb. 1849 legte er die 
1. theol. Prüfung ab und arbeitete dann 


bis 1853 am Gymnaſium feiner Baterjtadt. 
Damals wirkte Mafius dort und der Ber: 
kehr mit dem Berfaffer der „Naturjtubien‘ 
wurde ihm zu reihen Gewinn. Inſonder— 
heit ließ er fih durd) ihn bejtimmen, zum 
Gymnafiallehrer-Eramen zu arbeiten, und 
esgelang ihm, die freie Zeit auszunugen und 
Ditern 1853 in Halle das Eramen zu 
bejtcehen. Nun ging er an das Pädago— 
gium zum Kloſter Unfer Lieben Frauen 
in Diagdeburg. Das Probejahr wurde 
ihm erlaſſen und ihm fofort die unterjte 
Hülfslehreritelle übertragen. Damals gab 
er jeine Erjtlingsichrift heraus: Das Kir: 
chenjahr der Schule. Zwölf Bibelandachten aus 
dem Gymnafialleben und ward in Jena zum 
Dr. plilos. promoviert. 1857 jchrieb 
er Das heilige Bater Ufer, der Chriſten Reichs: 
gebet an den dreieinigen Gott. 1858 trat er 
in den Ehejtand und 1860 übertrug der 
Convent des Klojters ihm die Pfarre in 
Niederndodeleben bei Magdeburg. Bald 
erweiterte fich fein Gefichtsfreis und er 
zog die Gejchichte des magdeb. und nord: 
deutihen Bauernjtandes vom Standpunfte 
der Kultur in fein Intereſſe. So entitand 
eine Geſchichte von Niederndodeleben ſeit 
937: Geſchichte des magdeb. Bauernitandes und 
des Dorfes Niederndodeleben von 1200—1400. 


1864 gab er die Protofolle der eriten luthe— 
riſchen Generalfirdjenvifitation im Erzitift Magde— 


107 


Daſſenbacher. 


preußiſche Staat, ein Wächter der heiligen zehn 
Gebote und im Jahre 1870ſchrieb er für die 
Schullehrer zur Unterlage für die ihnen 
aufgegebene Schulhronif Die Dorfihulge: 
Ihichte des HerzogthHums Magdeburg. Meiter 
gab er 1873 ein Konfirmandenbüclein her: 
aus und 1872 einen Fragebogen zur heil. 
Schrift zur Beförderung des Bibelver: 
ſtändniſſes. An den firdlichen Zeitfragen 
beteiligte er fi mit Intereſſe. Als die 
Sroingiten nad) Diagdeburg und auf die 
umliegenden Dörfer faınen, jchrieb er 
1868: Sieben Fragen und Antworten über die 
Wiederfunft Jeſu Ehrijti auf Erden; in dem: 
jelben Jahre wies er in einer Schrift 
über das Nomanifieren auf dieje Firchliche 
Beitfranfheit und ihre Gefahr hin. Ebenjo 
ſchrieb er 1866 genen die Neigung, das 
Beiwerk in der Taufe zu überſchätzen 
(Abrenuntiation, Erorcismus u. dgl.) und 
|die Hauptiache zu unterſchätzen: Geſchichte 
und Beurteilung des altkirchlichen, Iutheriichen 
und agendarijchen Taufformulars. Den ſächſ. 
Provinzialiynoden hat er, erſt durch Be- 
rufung des Kirchenregiments, dann durch 
Wahl der Kreisiynoden, feit dem Jahre 
1375 angehört und im Jahre 1875 wurde 
er in die Drei-Männer-Kommiſſion zur 
Ausarbeitung eines Provinzialgeſang— 
buches gewählt. Gleichzeitig mit diejer 
Arbeit unterzog er ſich mit ſachverſtändigen 
Freunden der Revifion des alten magdeb. 
Geſangbuches und gab 1882 ein evanges 
(ches Schul-Geſangbuch heraus. Zur Luther— 
feier im Jahre 1883 bearbeitete er die 
Lieder Zuthers nad) der Erlanger Aus— 
gabe unter dem Titel: Dr. Martin Luthers 
| geiftliche Lieder nad) feinen drei Gefangbüdern 
\von 1524, 1529 und 1545. 





burg aus den Jahren 1562—1564 heraus und 


1871 folgte ihnen die Bearbeitung einer 
alten magdeb. Kirchenordnung aus der Zeit von 
1400. Im Intereſſe der Landſchulen be: 
arbeitete er jeit 1868 das fogenannte Bar: 
feber Spruchbuch mit Luthers Katechismus 
in urfprünglidem Tert, gab in demjelben 
Yuhre, um das Rechtsbewußtſein in der Ju⸗ 
gend zu beleben, einen Auszug aus dem 
preußiihen Strafgejegbuh heraus: Der 


Daſſenbacher, Johann E., geboren 
1835 zu Vöcklabruck in Oberöjterreich, ſtu— 
dierte an den Univerfitäten zu Prag und 

Mien und ift jeit 1861 im Gymnaſiallehr⸗ 
‚amte, nunmehr als Gymnaſial-Profeſſor 
in Prag, thätig. Seit jener Zeit vers 
öffentlichte er viele Aufiäge über Schul: 
‚fragen in Oſterreich, bejonders über das 
Inſtitut der Realgymnaſien, über den Bes 


Daudert. 


ſuch der öjterr. Miittelfchulen, vor allem 
aber ijt fein Name in der öjterr. Zehrer: 
welt durch den von ihm feit 19 Jahren 
jährlich herausgegebenen Schematismus | 
der öſterreichiſchen Mittelichulen und durch 
den öſterr. Studentenfalender bekannt. 
Von feinen wiſſenſchaftlichen Arbeiten zeu: 
gen mehrere in den Programmen der Lehr: 
anftalten, an denen er wirkte, veröffent- 
lihte Programmarbeiten. 


Daudert, Ernft®ilhelm, am 10./22. 
Februar des Jahres 1829 in Riga ge: 


boren, erhielt eine faufmännifche Erzie: | 9 
hung, etablierte fi) als felbftändiger Kauf: | 


108 





mann im Jahre 1853 und hatte als ſol— 
cher Gelegenheit, Reifen durch Deutich: 
land, Holland und Belgien zu machen, 


eignete fich die franzöfiiche, englifche und | 
däniſche Sprache an und lernte auf diefe 


Meife bei feiner Vorliebe für literarifche 
Beſchäftigung die betreffenden Literaturen | 
fennen. Kontemplativ veranlagt verfuchte 
er ſich Schon in einer jehr frühen Periode | 
feines Lebens auf dem Gebiete der Lyrik. 





Er war 20 Jahre hindurch Mitglied, zu— 
legt PBräfident des Comités, dem die Ver— 
waltung des Rigaſchen Theaters anver: 
traut ift. Sein Feltipiel Schillers 46. Ge: | 





burtstag wurde auf mehreren Theatern auf: 
geführt. Seit einer langen Neihe von 
Sahren gehört D. auch dem Rigaer „Did; 
tervereine“ an, deſſen Präſes er zweimal‘ 
gewefen ift. Glücklich verheiratet, lebt er 
in jeiner Vaterſtadt, teils als Mitglied des 
Magiftrats amtlich, teils als Kaufherr gez | 
Ihäftlich und endlich in feinen Mußeftun: 
den literarifch bejchäftigt. 

Gedruckt find von ihm unter dem Pſeudonym 
Ernit Wildau „Gedichte“ und unter feinem eigent: 
lihen Namen „Lebensblüten”, Liederbud). 


Daum, Fr. Aug. Herm. Ich bin 
am 10. Mai 1818 in Quedlinburg ge: 
boren und habe in Magdeburg das Klo: 
jtergymnafium U. 2. Sr. beſucht. 1839 
bezog id) die Univerfität Halle, um Theo— 
logie zu jtudieren. Diefen Wunſch hegte 
ich jchon früh und ungünftige Verhältnifie 





De Bary. 


und Kämpfe konnten ihn nicht unterdrüden. 
Meine beiden theologiihen Prüfungen 


beſtand ich 1843 und 1845, war dann 


Prädifant in Schkölen bei Naumburg, 
Hauslehrer in Pommern und bei Muß 
fau und wiederum PBrädifant an der St. 
Petrifirhe in Magdeburg. 1852 wurde 
ih in Tangermünde zum Prediger er: 
wählt und war dort bis 1868, nachdem 
ih in Magdeburg ſchon zwei Dichtungen 
herausgegeben: 

„Der verlorne Sohn” (eine moderne Dichtung) 
und „Johannes Hus,‘ der Märtyrer von Konſtanz, 
ab ich bier heraus: Magiſter Hus, ein Wedruf 
für die deutichen Proteftanten, und fchrieb dann 
die Verfolgungen der Evangeliidhen in Böhmen, 
Kämpfe und Leiden der Evangelien in Öfter: 
reich, Steyermarf, Kärnthen und Krain, auch be- 
Jonders im Antereffe des Guſtav-Adolf-Vereins: 
Bilder der Not u. Thaten der Liebe aus dem 
Gebiete des G.A.V., Geftalten und Bilder aus 
dem Gebiete des G.eA.“V. Auch für meine Kon: 
firmanden arbeitete ih und gab heraus: die 
Scheidelehren der evangel. und römiſchen Kirche, 
wie ih in Tangermünde und anderen Orten eis 
nen Zweigverein gründete. Ein Heftdhen patrio» 
tiicher Lieder war bereits 1848 unter dem Titel: 
Deutfchland erjchienen, ein anderes erfchien 1866 
unter dem Titel: Ein Lorbeerkranz für Preußens 
tapferes Heer. 

Im Jahre 1868 wurde ih nah Gr. 
Leinungen bei Sangerhaufen berufen, um 
wieder Ordnung berzuftellen, was mir 
auch nach vielen Kämpfen gelang. Dann 
erfolgte 1876 eine Berufung nad) der 
Stadt MWanzleben und hier gab ich eine 


epiiche Dichtung heraus: 

Guſtav Adolf in Deutihland. Dann im In: 
terefie der folonialen Bejtrebungen erfchien 1885 
im geographiichen Inſtitut in Weimar ein Heft: 
chen: Stanley’s Forihungsreile quer durch Afrika, 
1886 ein zweites: Die Erforihung der Nilquellen 


und nächſtens wird ein drittes erfcheinen: Land 


und Leute von Madagasfar. 

De Bary, Heinrich Anton, geb. den 
26. Januar 1831 zu Frankfurt a. M. er: 
hielt feine Vorbildung auf dem Gymna— 
fium und an den von Vereinen unterhal- 
tenen naturwiſſenſchaftlichen Bildungsans 
jtalten feiner Vaterſtadt, ftudierte dann 
(1849—53) in Heidelberg, Marburg und 
Berlin Medizin und ließ ſich nad) beftan- 
denem Staatseramen in Frankfurt als 


Dechent. 


Arzt nieder. Die Abſicht, dieſen Beruf mit 
dem eines naturwiſſenſchaftlichen Dozenten 
zu vertauſchen, beſtand ſchon vor Ab— 
ſchluß des Medizinſtudiums, und bereits 
1854 fand ſich Gelegenheit, ſie durch die 
Habilitation als Privatdozent an der Tü— 
binger Univerſität auszuführen. Herbſt 
1855 wurde De B. als Profeſſor der Bo— 
tanik an die Univerſität Freiburg berufen. 
1867 ſiedelte er in gleicher Eigenſchaft nach 
Halle über, 1872 endlich an die neu ge— 
gründete Univerſität Straßburg, an wel 
her er, ungeachtet vielfaher Berufungen, 


109 


v. d. Deden. 


‚dortigen Berforgungshaus, die er 7 Jahre 
‚lang bekleidete. Nachdem er den Doktor: 
titel fih erworben, jchrieb er eine Neihe 
von Artikeln über Gegenitände der Kir: 
chengeſchichte und Kunftgefchichte für ver: 
ſchiedene Zeitichriften. 1879 wurde er 
als Pfarrer an die Baulsfirche berufen. 
‚Seit diefer Zeit hat fich fein literariiches 
Intereſſe bejonders der Kirchengefchichte 
Ssranffurts zugewandt, während er Ans 
fangs fi hauptſächlich mit der altchrift- 
lichen Kirchengeſchichte beſchäftigt hatte. 
Er hielt eine Reihe von Vorträgen in 


verblieb, und wo ihn feine Kollegen da- dem Verein für Geſchichte und Alter: 


durch auszeichneten, daß fie ihm bei der 
eriten Wahl eines Rektors diejes Amt über: 
trugen. Seine wifjenichaftlihe und jchrift: 
ftelleriiche Thätigkeit erſtreckt ſich über fait 
alle Gebiete der Botanik, das paläontolo- 
giihe ausgenommen. Der Stand ber 
Wiſſenſchaft in feiner Lehrzeit führte feine 
Aufmerfiamtfeit befonders auf die niederen 
Pflanzen, Algen und Pilze, und mit diefem 
umfangreichen Gebiete hat er fih auch in 
der Folgezeit bejonders viel beichäftigt. 


jelbftändig erfchienenen, von der maßgebenden Kritik 
glänzend beurteilten Bublifationen feien bier ges 
nannt: Morphologie und Phyjiologie der Pilze 
(1865), Bergleihende Anatomie der Brgetationd: 
organe der Phanerogamen und Farne (1877), 
Morphologie und Biologie der Pilze (1834), Vor: 
lefungen über Batterien (1856). 


Dechent, Georg Jakob Friedrich 
Paulus Hermann, geboren 15. Septem- 
ber 1850 in MWefthofen bei Worms, er: 
hielt den erjten Unterricht in alten 
Sprachen durch feinen Vater, der gleich— 
falls Seijtliher war, und befuchte dann 


das Wormſer und das Frankfurter Gym: 


naſium zur weiteren Ausbildung. 1868 
bezog er zum Studium der Theologie die 
Univerfität Heidelberg, von wo er nad) 
jwei Semeftern nad Göttingen überfie- 


Prof. A. Nitiche zu hören. 1871 machte 
er das erite, ein Jahr jpäter das zweite 
theologische Eramen in Frankfurt a. M. 


und erhielt 1372 die Predigerjtelle am 





tumskunde; einige diefer Studien jind 


r 


in den Mitteilungen diejes Vereins er: 
Ihienen. Außerdem iſt ihm die Aufgabe 
zugefallen, für die allgemeine beutjche 
Biographie die Lebensſkizzen von Frank: 
furter Theologen zu liefern. 1885 gab 
er eine Feitihrift heraus zur eier des 
300jährigen Beitehens der Frankfurter 
niederl. Gemeinde: Geſchichte der von Ant: 
werpen nad) Frankfurt a. M. verpflangten nie 


derländiichen Gemeinde Augsburger Konfeljton, 


Bon zahlreichen, teils in Zeitfchriften, teigz | welche von dem verftorbenen Pfarrer Dr. 


Steiß begonnen war. Die Früchte diejer 
Studien über belgiihe Kirchengeichichte 
vermwertete er fodann in einer mehr volks— 
tümlihen Weife in der Sammlung: Für 
die Feite und Freunde des Guſtav-Adolph-Ver— 
eins, deren 20., 43. und 45. Heft von 
ihm herrühren. 


Decken, Auguſte von der (A. v. d. Elbe), 
wurde am 30. November 1828 zu Bleckede 
geboren. Früh ſchon zeigte ſich in dem 
aufgewedten Kinde dichteriiche Begabung, 
die in ihrem jpäteren Leben denn auch 
zum vollen Ausdrud gelangte. Der Aus: 
‚übung ihres fchriftitelleriichen Talentes 
gab fie fich erſt eigentlich nad) dem Tode 
ihres Gatten hin, da fie nach Hannover 


zog, wo fie noch jeßt lebt. 
delte, um beſonders die Vorlefungen von 1% Ir 


Außer novelliftifchen Beiträgen zu Zeitichriften 
heben wir hervor: Junker Ludolfs Gedenfbüchlein 
(1878), Chronifa eines fahrenden Schülers (1880), 
Die Ridlinger (1881), Lüneburger Gedichten 





(1833), Der Bürgermeifterthurm (1885), Braufes 
jahre (1885), Dornröschen (1586), Souverän 


Dedenroth. 


(1886), Brüder Meienburg (1881), Amf, der 
Hindu (1884), Heliandsjänger (1884), Um ein 
Grafenihloß (1887). 

Dedenroth, Eugen Hermann von 
(Pitawall), wurde am 5. März 1829 in 
Saarlouis geboren, befuchte das Kölnische 
Gymnaſium zu Berlin und widmete fich 
dem Dffiziersitande. Eine etwas bittere 
Satyre aus feiner, Damals ichon fleifigen 
Feder bereitete ihm, der zopfigen Offiziers- 
Cenſur jener Zeiten wegen, foviel Unan— 
nehmlichfeiten, daß er aus dem ftehenden 
Heere zur Landwehr übertrat, um aus: 
ſchließlich der Schriftſtellerei zu leben. 
Später avanzierte er zum Hauptmann, 
als mwelder er den 1866er Krieg mit: 
madte. Eeit 1873 lebt D. in Kötzſchen— 
broda bei Dresden. 

Hauptwerfe: Die Schöpfung (1855), Glanz 
und Flitter (1856), Der große KAurfürft (1857), 
Des Kaiſers Polizei (1858), Deutiche Revolution 
(1860% Gefammelte Novellen (1860), Budoir 
und Salon (1863), Männer des Volkes (1864), 
Die erite Liebe Auguft des Starken (1865), Die 
Grafen Harded (1865), Maria Stuart (1865), 
friedrih der Grohe (1868), Youis Napoleon 
(1868), Wilhelm Tell (1869), Der Händler von 
Nachod (1870). 

Dehio, Georg Gottfried, geboren zu 
Neval den 22. November 1850 als der 
Cohn des Wirkl. Staatsrats J. W. D. 
Beluchte das Gymnafium feiner Vaterjtadt 
und bezog 1869 die Univerfität Dorpat, fic- 
delte 1869 nad) Göttingen über, um unter 
Leitung von Waitz bijtoriiche Studien, be: 
fonders auf dem Gebiete des Mittelalters, 


zu betreiben. Promovierte dafelbit 1872, 


befuchte noch das Seminar von Sybel in 
Bonn und lieh ſich endlih in München 


110 


Dehn. 


| fleineren Unterfuchungen wurde in den 


nächſten Jahren veröffentlicht: 
2, 9. Alberti und die Bauprojekte Papft Ni— 
'folaus V, Zur Geſchichte der Buchſtabenreforra 
'in der Renaiffance, Die Kompoſition von Ras 
phaels Spafimo di Sicilia. Das Werk ift feit 
1884 im Erfcheinen. 

Murde 1882 zum außerordentl. Mit: 
alied der Kal. bayriihen Akademie der 
Wiſſenſchaften ernannt, in welcher er über 
die „Geneſis der hriftlichen Baſilika“ vor: 
trug, und erhielt zu aleicher Zeit Berufun: 
gen an die Univerfitäten Breslau und 
Königsberg. Lebt jeit 1883 am leßteren 
‚Orte als ordentlicher Profeſſor der Kunſt⸗ 
geſchichte. Wiederholte Studienreien in 
den Jahren 1880—86, dreimal nad 
' FSranfreih und zweimal nah Stalien, 
‚dienten zur Verbreitung des in Gemein: 
ihaft mit dem Architekten ©. v. Bezold 
herausgegebenen Werkes: Die kirchliche Bau- 
| funft (1884, 1887). Ferner: Altitalienifche Ge 
| mälde als Quelle zu Goethe'3 Fauſt (1886), 
Romaniſche Nenaifiance (1886). 
Dehn, Paul, geb. 9. Auguft 1848 
'in Berlin, urfprünglid Buchhändler, ftus 
dierte in Straßburg, Stuttgart, München, 
| Berlin und Wien. Hauptfſächlich Volks— 
wirtichaft (Schmoller, v. Stein). Reifen 
nach Konjtantinopel, Athen u. |. w. Haupt⸗ 
ſchriften: Deutichland und Orient in ihren 
 wirtichaftspolitiihen Beziehungen (3 Tle.), und 
 Deutichland nah Diften (3 Te). In Bor: 
bereitung außer Fortfegungen der Orient: 
‚schriften noch: Zur Politit des Verkehrs. 
Seit 1881 in Wien wohnhaft. 


Delbrück, Berthold, geb. am 26. Juli 


| 842, befuchte das Pädagogium in Halle, 


| 1 


nieder. Nach Vollendung einer Geſchichte bezog dann Die dortige Univerfität, um 
des Erzbistums Hamburg-Bremen im Zeitalter Philoſophie und Philologie zu Itudieren, 
der Miſſion (2 Bde. 1877) trat er 1876 eis und vollendete feine Studien in Berlin, mo 
nen längeren Aufenthalt in Italien an, | er befonders Sansfrit pflegte. Nachdem er 
der hauptlählid der Weiterführung der | den Doftorgrad erworben, wirkte er zeit: 
am Rhein und in München begonnenen | weije als Gymnaſiallehrer, habilitierte ſich 
kunſtwiſſenſchaftlichen Studien gewidmet dann 1868 in Halle und erhielt ſchon im 
wurde. Seit dem Herbit 1877 als Pri- | folgenden Jahre einen Ruf als Profeſſor 
vatdozent an der Münchener Univerfität | der vergleichenden Sprachforſchung nad 
habilitiert, las ev abwechjelnd über firchen: Jena, als welder er noch jegt dafelbit 
und funftgeichichtliche Gegenitände, Von wirkt, literariih beionders durch feine 


Delbrück. — 111 — Denifle. 


Einleitung in das Sprachſtudium (1880) bekannt ſchungen hochverdient gemacht und ver— 
geworden. öffentlichte außer zahlreichen wiſſenſchaft— 
— * For lichen Abhandlungen in Zeitſchriften fol— 
——— —32 —— gende, unter feinen jelbftändigen Werfen 
fitäten (1875). hervorzuhebende Schriften: 
Die Kriegswaffen in ihrer biftoriichen Entwides 
Delbrüd, Hans, wurde am 11. No: Tung rd ——— * — ei — 
. ichen Künſte — 79), Das Tragikomiſche in 
vember 1848 in Bergen (Snjel Rügen) — Gegenwart (1880), — 1889. 
geboren, abfolvierte das Gymnafium zu k * 
Greifswald und die Univerfitäten dajelbft, Denifle, Heinrich Suſo, wurde am 
in Heidelberg und Bonn als Student der | 16. Januar 1844 zu Imſt in Tirol ge: 
Geſchichte. Nach Vollendung feiner, durch | boren, trat nad) Vollendung feiner Vor: 
den Krieg unterbrodhenen Studien wurde ſtudien in den Dominifanerorden zu Gratz, 
er Erzieher des Prinzen Waldemar von | Wo er 1866 zum Priefter geweiht wurde. 
Preußen (1874— 79). 1881 habilitierte Nachdem er no in Rom am Kollegium 
er fich in Berlin als Privatdozent für Ge: | Santi-Thomae de Urbe weiteren Studien 
ichichte, 1884 erhielt er an der dortigen | obgelegen hatte, abfolvierte er daſelbſt fein 
Univerfität eine Brofeffur. Er giebt die | Leftoratseramen und wirkte ala Lehrer und 
„Preußiſchen Jahrbücher“ heraus und | Priefter in Grag, wurde aber 1880 in- 
verfaßte eine Neihe von allgemein aner: | folge feiner ausgezeichneten Gelehrſamkeit 
fannten biftoriichen Werfen: und Leiftungen vom General des Ordens 
Lehen des Feldmarfhalls Graf Neithart von | als Generaldefinitor nad) Rom, 1883 je: 
Gneifenau (1880), Hiſtoriſche Schriften (1880), | doch vom Papſte als Unterardivar des 
Die Perſerkriege (1886). Vaticaniſchen Archiv an Stelle Balans 
Delius, Nikolaus, geb. am 19. Sep: | berufen, in welcher überaus einflußreichen 
tember 1813 in Bremen, abfolvierte dag | Stellung er noch heute wirft. Ds Haupt 
Gymnaſium dafelbft und die Univerfitäten | feld war das Studium der mittelalter- 
Berlin und Bonn als Rhilologe. Doktor: lichen Myſtiker, welches weite Gebiet er 
promotion: 1841 zu Berlin. 1855 erhielt als einer der hervorragendften Meiſter be- 
er eine Profeſſur in Bonn. Er trat 1879 | berricht, und wandte ſich dem Studium 
mit dem Titel Geheimer Regierungsrat in | der mittelalterlihen Univerfitäten zu. 
den Ruheſtand. Literariſch ragt D. befon- Seine Hauptmwerfe: Die katholifche Kirche und 


s = die Ziele der Menfchheit (1872), Das geiftliche Les 
Ken * ausgezeichneter Shakeſpeare- Forz | pen (1873), Das Buch von geiftliher Armut 
er hervor. 


(1877), Bekehrung Taufers (1880), Sufos Schrif: 
Hauptwerke: Die Tiedihe Shakeſpeare⸗Kritik 


ten (1878— 80), Die Univerfitäten des Mittels 
(1846), Über das englifche Theaterweien zu Shafe: 


' alters bis 1400 (1885). Seit 1885 giebt 
peares Zeiten (1853), Provencaliiche Lieder (1863), ; : : ‚di it⸗ 
Abhandlungen zu Shakeſpeare (1878); außerdem ex im Vereine mit Ehrle ©. 3. die Zeit 


lieferte er eine vorzügliche Überſetzung von Shafe: ſchrift: Archiv für Literatur— und Kirchenge⸗ 
ſpeares Werten. sügliche ſet u 5 Ichichte des Mittelalters heraus. 


Delmar, Eva, f. D. v. Eifenftein. | Denkt, V. M. Otto (D. v. Schaching), 
wurde am 23. März 1848 in Chading 

Demmin, Auguft, wurde am 1. April | (Bayern) geboren, erhielt ſeine Vorbildung 
1823 in Berlin geboren, betrieb jeine im Klofter Metten, feine weitere Ausbil 
Studien dafelbft und in Baris, wo er einen | dung im Gymnaftum zu Regensburg. Yon 
großen Teil jeines Lebens zubrachte. 1872 | da aus bezog er das Yehrerfeminar Straus 
zog er nad) Wiesbaden, wo er noch jegt | bing. 1870 als Lehrer in Vilshofen ans 
lebt, ausſchließlich feinen Forſchungen er: | gejtellt, mußte ev bereits nad) zwei Jah: 
geben. Er hat fi um die Altertumsforz | ren feiner Lehrthätigfeit jein Amt nieder 





— — —— ——— ——— un — — — — — — — 





.— 


Derboel. 


legen infolge eines Konflikts mit feiner 
Behörde, hervorgerufen durch die Richtung 
feiner Schriftitellerei. Nachdem er hierauf 
längere Zeit redaktionell gewirkt hatte, zog 
er nad) Breslau, wo er noch jeßt, aue⸗ 
ſchließlich feiner literarischen Thätigkeit 
bingegeben, lebt. 

Hauptwerfe: Blumen aus dem Gottesgarten 
(1871), Ziberaler Friede (1872), Die Lehre und 
die Barteiftrömung unferer Tage (1872), Immer: 
gr (1873), Klofter und Töchterfchule 1874), 
— Lug und Trug (1874), Blumen und Diſteln 


Derboek, C. D., |. C. v. d. Boek. 


Dernburg, Friedrich, wurde am 
3. Oktober 1833 in Mainz geboren, ſtu— 
dierte in Berlin die Rechte und wurde 
1860 Advokat in Darmſtadt. Neben ſei— 
ner rechtsanwaltlichen Beſchäftigung war 
D. ein eifriger Politiker, der auch 1871 
in den erſten deutſchen Reichstag gewählt 
wurde, deſſen Mitglied er durch zehn Jahre 
blieb, zur nationalliberalen Bartei gehörig. 
1875 übernahm er die Redaktion der „Na— 
tionalzeitung”, der er noch jetzt vorfteht. 
Neben feiner hervorragenden politischen 
Journaliſtik ift D. auch novelliftiich thätig 
geweſen und Mitarbeiter vieler Zeitichrif- 
ten; an jelbjtändigen Werfen verfaßte er: 


Spaniihe Bilder (1854), Ruffiihe Leute 
(1885). 


Dernburg, Heinrich, geboren 3. März 
1829 in Mainz, widmete ſich dem Stu: 
dium der Jurisprudenz an den Univer: 
fitäten Gießen und Berlin, nad) deifen Voll- 
endung er zum Doktor promovierte und 
fih 1851 zu Heidelberg als Privatdozent 
für Rechtswiſſenſchaft habilitierte. Schon 
im Jahre 1856 erhielt er einen Ruf als 
außerordentl. Profeſſor nad) Züri, und 
wurde 1355 dort ordentl. Brofeffor. Im 
Jahre 1363 ging er als ordentl. Profeſſor 
nah Halle, 1873 in gleicher Eigenſchaft 
nah Berlin für römiſches Recht. Im 
Jahre 1866 wurde er ins Herrenhaus 
berufen. Von feinen als vorzüglich an: 
erkannten juriftiihen Werfen heben wir 
hervor: 


112 





Deichän. 


Geſchichte und Theorie der Kompenfation nach 
römiſchem Recht (1852), Das Pfandrecht nad} den 
Grundfägen des heutigen röm. Rechts (1860 und 
64), Lehrbuch des preuß. Privatrehts (1871— 80), 
Das Bormundfhaftsreht der preuß. Monarchie 
(1875), Bandelten (1885). 


Deichan, Ludwig, Edler von Hann- 
jen (Ludwig Sendad), wurde am 3. April 
1848 zu Zalatna inSiebenbürgen geboren. 
Schon als Kind zeigte er Anlagen zur Ma— 
lerei, doch unterblieb die Ausbildung ſei— 
nes Talentes Mangels der hierzu nötigen 
Mittel. Seine Erziehung genoß erim k.k. 
Therefianum in Wien, vollendete 1870 
die juridifchen Studien an der Wiener Unis 
verfität und trat hierauf in ben Staats— 
dienjt. Derzeit ift er Kommiſſär bei der 
Wiener Polizei-Direktion. Seine litera= 
riſche Thätigkeit begann frühzeitig, und 
verjuchte er fih auf den heterogenften Ge- 
bieten, ohne indeß ſich voreilig an die 
DOffentlichkeit zu wagen. So find denn 
auch bisher nur eine Anzahl feiner Ges 
dichte, Feuilletons und Novellen zerſtreut 
in eitichriften und Anthologien erſchienen. 
Nunmehr bereitet der Autor die Heraus 
gabe einer Auswahl feiner lyriſchen Dich- 
tungen vor. 


Destouches, Ernſt von, ift der letzte 
männliche Nachkomme einer aus Frank: 
reich ftammenden Familie, die zu Anfang 
des 18. Jahrhunderts nad) Bayern Fam. 
Er wurde am 4. Januar 1843 zu Müns 
hen geboren, erhielt in der Pfarrichule 
zu St. Anna unter Zeitung des befannten 
Pädagogen Ludw. Solereder den eriten 
Unterricht, bejuchte dann das Ludwigs: 
gymnafium und von 1861—65 die Uni- 
verfität zu München, wo er im eriten Jahre 
Philoſophie, in den drei folgenden Rechts— 
willenichaft jtudierte. Früh ſchon hatte er 
die Dlutter verloren, und als dann 1863 
auch der Vater ihm durch den Tod ent- 
riffen wurde, ftand der Jüngling, ohne 
Stüge und ohne Vermögen, allein und 
verlaffen da. Boll Feuereifer und Energie 
jedoch, ließ er ſich nicht abjchreden, feine 
einmal begonnene Laufbahn zu verfolgen. 


Detlef. 


Bon großem Nupen war ihm denn auch 
das ehrenvolle Andenken, das dem geijtig 
bedeutenden edlen Vater alljeitig gewidmet 
wurde und deſſen Ausflüſſe als ein förder— 
liches MWohlwollen dem Sohne zu jtatten 
famen. Die Stadt Münden bejonders 
war es, die ihm in folcher Weiſe entgegen 
fam, indem fie ihm 1863 die Fortführung 
der von feinem Vater Ulrih v. D. be: 
gonnenen Münchener Stadt-Chronif über: 


trug und 1864 ihm eine Stellung als Ad: 


latus des mit der Bejorgung des Stadt: 
arhivs betrauten Nates bot; gleichzeitig 
gewährte fie ihm ein Stipendium, jo daß 
er 1865 die Univerjität abjolvieren und 


in die Nechtspraris eintreten fonnte. 1868 | 


wurde er vom Magijtrat als Direftorial: 
fefretär angejtellt und verehelichte ſich bald 
darauf mit einer Tochter des Hofſchau— 


ipielers Heinr. Büttgen. 1876 zum Sekre⸗ 


tär im Geheimen Staatsardive und 1880 
zum Geheimjefretär ernannt, ward er 1887 
mit dem Titel und Rang eines fönigl. Na: 
tes ausgezeichnet. In Sejtalt von Orden 
und Sonftigen Ehren fand das 
feitige Wirfen v. D.'s jowohl als Staats- 
beamter, wie als Hiltorifer und Dichter 
verdiente Anerkennung. 

Hauptwerfe: Chronif der Stadt Münden, Die 
Spitäler zu St. Mar und St. Elifabeth zu Mün: 
hen, Geichichte des Haus:Ritter-Ordens vom heil. 
Georg, Urkundliche Beiträge zur Geihichte Mün: 
hens, Geſchichte des St. Elifabeth:-Ordens, Ge: 
ihichte der Sangespflege und Süngervereine in 
Münden, Münchener Bürgertreue, Münchens 
Schützenweſen und Schütenfeite, Säfularbilder 
aus Münchens Vergangenheit und viele fleinere 
biftorifche Arbeiten in Zeitichriften ıc.; ferner: Aus 
der Jugendzeit (Gedichte); Feſtſpiele: Germania, 
Der Ehrentag, Viktoria, Märchens Abichied, Mu: 


nichia, Schwalbenbotichaft, Bavaria, Lili's Part, | 
Des Haufes Schutzgeiſt, Ein Bergleetraum, Roth: 


kehlchen ꝛer; Dichtungen: Hildebold von Schwan: 
gau, Das deutiche Lied, Fahnenlied, Im Berges: 
thal ꝛc., welche von verichiedenen deutfchen Kom: 
poniften in Mufif gelegt wurden. 


Detlef, Hugo, j. Meta Detlefien. 


Detlefien, Emil D., geboren Sep: 
tember 1854 zu Huſum, Sohn eines 
Bolfsichullehrers. Juni 1877 zu Würz— 


Tas literariihe Deutichland. 


113 


viel: ı 


Detto. 


burg zum Dr. phil. promoviert. Diſſer— 
tation: Über Didenwahsthum cylindrifher Or: 
gane. Fernere Abhandlungen: 

Verfuch einer mechaniſchen Erklärung des er: 
centriihen Didenwahstums verholzter Achſen 
und Wurzeln (1881), Über die von Ch. Darwin 
behauptete Gehirnfunftion der Wurzelipigen 
(1882), Über die VBiegungselafticität von Pflan: 
zenteilen (I. Ti. 1884, II. Te. 1887). Wie 
bildet die Pflanze Wurzel, Blatt und Blüte? 
Willen der Gegenwart, Bd. 50. 


Detto, Wild. Albert, geboren 25. 
Februar 1845 in Seehaufen i. d. Alt 
marf, beiuchte das Gymnaſium zu Sten- 
dal, ftudierte in Berlin 1864—1867 Ge— 
ſchichte und Philologie, jet angeftellt als 
Oberlehrer am Gymnafium in Wittſtock. 
Er veröffentlichte das zur Einführung in 
das Verjtändnis des Horaz vorzügliche 
Hülfsmittel: Horaz und feine Zeit (1883). 


Deumeland, Heinrih, wurde am 
8. April 1822 zu Mörje geboren, wo fein 
Vater Landwirtichaft betrieb. Früh ſchon 
mußte der Knabe auf dem Felde feines 
Vaters mitarbeiten und fonnte ſomit nur 
‚eine mäßige Schulbildung erlangen troß 
‚feiner Wißbegier und feines, päter durch 
‚eigene Weiterhülfe bethätigten Lerneifers. 
‚Nah dem Tode jeines Vaters übernahm 
D. die „Wirtſchaft“ deitelben, wo er nod) 

jest lebt. Er lieferte eine Neihe von, metjt 
plattdeutichen Gedichten und Humoriftiichen 
Aufſätzen in Zeitichriften; als jelbftändige 
Werke erſchienen: 

Dei Ackerjagd tau Vorigeslewen (1875), Hapät— 
jen ut minen Blaumenjahren (1878), Kicheri 
(1885), Quiectjorg Kicheri (1886) ꝛe. 
Deutſch, Chr., ſ. I. A. H. Ebrard. 


Devrient, Otto, wurde als ein Sohn 
des berühmten Schauipielers Eduard D. 
‚am 3. Oftober 1538 in Berlin geboren. 
Nach Vollendung feiner Schulitudien ging 
er, alter Familientradition getreu, zur 
Bühne und wirkte in Stuttgart, Berlin, 
‚Leipzig, Karlsruhe und Weimar. 1876 
wurde er infolge feiner hervorragenden 
Inſcenierungstalente als artiftiicher Leiter 
‚des Nationaltheaters nah Mannheim und 
= 


114 


Dewitz. Dieckhoff. 
1878 als Intendant an das Stadttheater Salem, Das Bild der Gouvernante, Allerlei Blät— 
zu Frankfurt a. M. berufen. 1884 über- ter und Blüten und Für Mütter; außerdem er⸗ 
nahm er die Direktion des Hoftheaters zu Ihienen mehrere novelliftiiche Beiträge in 
Oldenburg, in welcher Eigenidaft er nod) | Zeitſchriften. 
jetzt thätig iſ. Dieckhoff, Auguſt Wilhelm, wurde 
Hauptwerke: Zchn Minuten Aufenthalt (1866), am 5. Februar 1823 in Göttingen geboren, 
ſtudierte dort Theologie und habilitierte 


Zwei Könige (1867), ag eg het 
Huinen von Athen nad) Kotzebue (1870), Iphi— h ) 
; ‚fid) 1850 als Privatdozent. 1854 wurde 


genie auf Tauris, Tertüberfeg. zu Gluds Oper 


(1870), Uthal, Tert zu Mehuls Oper (1870), 
Kaifer Nothbart, phantaft. Volksſtück (1871), Ti— 
berius Grachus (1571), Was wir bieten, Felt: 
jpiel (1873), Bühnen: und Familien-Shafefpeare 
mit Ed. Devrient (1874— 75), Goethes Kauft 
al3 Mufterium in 2 Tagewerf. bearb. (3. Auf: 
lage 1877), Über allen Zauber Liebe (1881), | 
Briefe v. Iffland u. Schröder an Werdy (1881), 


| 





Roſtock berufen. 


er zum außerordentlihen Profeſſor in 
Göttingen ernannt, 1860 als orbentl. 
Profeſſor der hiſtoriſchen Theologie nach 
Von feinen, der ftreng 
fonfelfionellen Richtung huldigenden Wer: 
fen find hervorzuheben: 

Die Waldenfer im Mittelalter (1851), Die evan» 


Freudenfpiele a. Hofe Herzog Ernft d. Frommen x 5 ice 

(1882), Luther, hiftorifches Charatterbild, (4. Auf- | — een 

lage 1883). gatoriſche DE ll Die firdlihe Trau— 
B78), Gi — 

Dewitz, Alexandrine von, geb. Gräfin —— 8* — — rg Frese 
Moltte (Charlotte Ernft), wurde am2.Dlai | (1882), Der Ablaßſtreit (1886), Luthers Lehre 
1827 als Tochter eines mecklenb. Grund: in ibrer erften Gejtalt (1587). 
befigers geboren. Sie erhielt ihre erite| Dieffeubach, Georg Chriftian, 
Ausbildung im elterlihen Haufe und ver: | wurde am 4. Dezember 1822 zu Schlig im 
lebte die erjten 12 Jahre „im Walde”, Großherzogthum Heilen als Sohn des da— 
dann verfaufte der Vater feine Güter und | maligen Stadtpfarrers, fpäteren Ober: 
überfiedelte als Oberitallmeijter des Groß: | pfarrers und Defans 2. Chr. D. geboren. 
herzogs nad) Neuftrelig. Hier wurde Alex- Von jeinem Vater und Großvater, dem 
andrine von Lehrern des Gymnaſiums im | als pädagogiicher Schriftiteller bekannten 


elterlihen Haufe unterrichtet, ſpäter voll: 
endete der Kirchenrat Kaempfer, ein Schü: 
ler Schleiermaders, ihre Erziehung. Sie 
genoß eine glüdliche freudvolle Jugend, 
gehoben durch die Anregung, welde fie 
bei den Freunden ihres väterlichen Haufes 


fand. Namentlich war es der intime Ver: | 


kehr Emanuel Geibels, von dem fie aud) 
ein, in den Werfen des Dichters fehlendes 
Gedicht befigt, der auf das Geiftesleben 
des jungen Mädchens einwirfte. Endlich 
ſchlug die Echeideftunde. Alerandrine ver: 
mählte ſich mit dem jegigen Geh. Jultiz- 


rat von Dewig. Nach dem Tode eines ge: | 
liebten Kindes griff die junge Frau zur 


Feder, um Troſt zu ſuchen und zu finden. | 
Zuerſt überjegte fie einige Werfe aus dem 
Engliihen, dann verfaßte fie auf Ans 
regung ihrer Freundin der Herzogin Ga: 
roline von Mecklenburg einige Novellen: 


Kirchenrat Joh. Ferd. Schlez vorgebildet, 
bejuchte er das Gymnaſium zu Gießen 
von 1837—1840 und dann bis 1843 
die Univerfität dafelbjt und widmete ſich 
den Studium der Theologie. Seine Ju— 
gendzeit war eine glückliche, beſonders da— 
duch, daß er mit einem wenig älteren 
Bruder vereint war und fein väterliches 
und großväterlies Haus nur wenige 
Schritte von einander entfernt ftanden. 
Nach dem Bejuh des Prediger-Semi— 
nars in Friedberg und Abjolvierung des 
zweiten Eramens wirkte D. als Lehrer 
in feiner Heimat und in Darmitadt. 
1847 trat er als Vifar und Pfarrver— 
walter in das Amt ein erjt zu Kirchberg 
bei Gichen und dann zu Vielbrunn im 
Odenwalde. 1855 folgte er einem Rufe 
des Grafen Carl von Schlig gen. von 
Görtz in jeine Vaterſtadt, wo er in die 





Diet. 


2. Stadtpfarrei eintrat. In demjelben 
Jahre verheiratete er fih mit Wilhelmine 
Hartmann aus Weglar. Im Jahre 1873 
rüdte er zur 1. Pfarrftelle feiner Vater: 


ſtadt auf als Nachfolger feines Großva- 


ters und Waters in der Oberpfarrei. 
Neben feinen Amtsarbeiten leitete er meh— 
rere Jahre eine Privatſchule in Schlitz. 


Außerdem beichäftigte er fich mit literari= 


ichen Arbeiten, teils theologischen Inhalts, 
teils poetiſchen, namentlich ließ er verichie- 
dene Eammlungen von duftigen Gedichten 


für Kinder ericheinen. Auch fürtheologifche, | 


pädagogiiche, belletriftiihe und politische 
Zeitichriften lieferte er viele Beiträge. 
Bom Jahre 1872 an war er Mitglied 
der heſſiſchen Landesſynode, inderen Geſetz⸗ 
gebungsausſchuß er wiederholt gewählt 
wurde. 1884 verlieh ihm die theol. Fa— 
kultät zu Greifswald die Würde eines 
Doktors der Theologie. 

Hauptwerte: (8. Th. in mehreren Auflagen 
erichienen) Evangeliiche Haus: Agende (1853), Wort 
und Saframent (1872), Ein Hochzeitsſtrauß (1874), 
Bum Geburtstag (1875), 'Kranfenblätter (1862 
ff.), Bibelandadhten (1879 — 1884), Evangel. Haus: 
andachten (18803), Kleine Evangelien-Poſtille (1885), 
Kleine Epiſtel⸗Poſtille (1886); Diarium pastorale 
(1857 — 1870); ferner®edichte: Kinderlieder( 1852), 
Gedichte (1857), In der deutichen Frühlingszeit 
(1871), Aus dem Kinderleben (1878— 1883), Glüd: 
liche Kinderzeit (von Fed. Flinzer illuſtr. 1883), Für 
unfere Kleinen (Illuſtr. Monatsbl. 1884 u. ff.) 
Fröhliche Jugend (1586), Aus vier Reichen (1886), 
Daneben giebt D. feit 1883 eine allfeitig aner: 
fannte Sammlung von Kinderichriften (von verſch. 


- 


Berfafiern, auch aus fremden Sprachen überf.) 


heraus. 

Diet, Auguft, wurde am29. Juni 1850 
im Bogefenjtädtchen Barr im Eljaß ge: 
boren, erhielt jeine erjte geiltige Ausbil- 


115 


Dieyich. 


Band. 1873 abfolvierte er feine theolos 
giſchen Studien und ging nad) Paris, um 
fein Willen daſelbſt zu vervollftommnen, 
Ipeziell die Vorlefungen in der literarischen 
Fakultät (Sarbonne) zu hören. Zurückge— 
fehrt, beteiligte er fih an einem theolos 
giſchen Preisausichreiben, wobei er den 
Eieg errang. 1875 wurde er als Vikar 
nad) Hongenbieten, zwei Jahre fpäter in 
gleicher Eigenichaft an die Thomaskirche in 
Straßburg, Ende 1877 als Pfarrer nad) 
Schönburg und 1887 endlich nad Muns 
dolsheim bei Straßburg berufen. Trgß der 
anftrengenden Berufsarbeiten fand D. Zeit, 
fich literariſch zu beichäftigen, zunächſt na= 
turgemäß auf dem ihm wichtigiten und in⸗ 
tereflanteften Gebiete. Hiervon zeugen eine 
Reihe von Schriften über innere Miffion 
x. Außerdem ift D. Verfaſſer dichterischer 
Werke. 

Hervorzuheben: Bergſtimmen (1877), Ein 
Denkſtein (1878), Zur Feier des 400jähr. Geb. 
Luthers (von Neßler fompon. 1883), Klänge aus 
| dem Eljah (1886). 


| Dieizſch, Emil, geboren den 7. April 
‚1829 auf dem Trippitadter Eifenhüttens 
werk bei Kaiferslautern. Beſuchte das 
Stillwag'ſche Knabeninititut in Frankfurt 
a. M., dann das Gymnaſium zu Worms, 
Trat dann als Lehrling in eine Apothefe 
in flailerslautern. Ward dort 1848 als 
‚derzeitiger Sprecher des Kailerl. Turne 
vereins wegen eines Aufrufs: „An die 
Pfälzer Turner”, verhaftet, doch bald 
wieder freigegeben. Nach einem dreijähs 
rigen Aufenthalte als Apothefergehülfe 
in Radolphzell, Zürih und Mannheim 
bezog er von 1850— 1852 die Univerjis 











dung in der Volks und höheren Bürger: | tät in München, und als ihm ſpäter wer 
Ihule daheim, bis er 1864 das Gymmaz | gen feiner Vergangenheit von 1848 und 
fium zu Straßburg bezog, wo er 1868 das | 1849 in politiicher Beziehung Schwierige 
Abiturienteneramen abjolvierte. Alsdann | keiten in den Weg gelegt wurden, fiedelte 
ging er zur Univerfität, um Theologie zu | er 1854 nad Amerika über. Seitdem 
jtudieren. Daneben jchöpfte er fleißig aus | wohnt er in Chicago, wo er zuerjt als 
dem Quell der Schönen Literatur, verfaßte | Apotheker, vom Jahre 1865 an bis zum 
auch manches Gedicht und jammelte diefe | großen Brande der Stadt als Importeur 
Erzeugniffe ſpäter, nachdem die meijten in | von deutichen Apotheferwaaren thätig war, 
Zeitichriften abgedrudt waren, zu einem Im großen Feuer verlor er jein ganzes 


RD end IHev, sen y 1% * 


116 


Dillmann. Dippel. 

nicht unbedeutendes Vermögen durch den im elterlichen Haufe, verlobte ſich, jung 
fajt allgemeinen Banferott aller VBerfiche: noch, mit einem Hauptmann, weldyes Ver: 
rungsfompagnien. Nach dem Feuer wurde | hältnis ſpäter jedody wieder gelöjt wurde, 
er vom Volfe 1574 und 1876 zum Co: unternahm viele anregende Reifen, auf 
roner von Cook County erwählt und denen fie mit manchen bedeutenden Geiſtern 
ichrieb als folder 1878 die in der ganz | befannt wurde, die großen Einfluß auf fie 
zen englüihen und deutichen Preſſe der | ausübten. Die Hübichen Erfolge, von denen 
Union Aufiehen erregende Zeitihrift: ihre „Eritlinge” begleitet waren, veran— 
„Crowner’s Qnest's Three annual Reports | laßten E.v. D., ſich ganz der Schriftitellerei 


of E. D. Coroner of Cook County (1854), 
Kraft und Stoff, aus der Geichichte des deutichen 
Volfes. 1856 ſchrieb er im Auftrage der 
Groß-Loge des DruidensOrdens in 
Waſhington und Philadelphia für die Ver. 
Staaten, zum 25jährigen Stiftungsfefte 
des Ordens das Melodrama: Die Druiden, 
Muſik von ©. W. Richter, Aus den legeljahren 
einer angehenden Weltitadt (Erzählungen 1887). 
D. ift außerdem Dlitarbeiter am „Puck“ 
in New-York, an „Der Weiten” und „Da: 
heim” in Chicago. 

Dillmanı, Chrijtian Friede. Auguit, 
geboren den 25. April 1523 in Illingen 
(Württemberg), bejuchte das Gymnaſium 
inStuttgart und die Univerfität Tübingen, 
wo er Philoſophie und Theologie, daneben 
orientaliiche Sprachen ftudierte. Nach län: 
geren Studienreifen im Orient habilitierte 
er fih 1852 als Privatdozent für alt 
teftamentarische Exegeſe und orientalische 
Spraden in Tübingen, wirkte bier aud) 
als außerord. Profeſſor, folgte 1854 einem 
Ruf nad) Kiel, wo er 1860 zum ordentl. 
Profeſſor ernanntwurde. Nachdem er noch 
in Gießen gewirkt hatte, berief ihn Die 
Univerfität Berlin, wo er noch jeßt, gleich— 
zeitig als hervorragendes Mitglied der 
Akademie der Willenichaften, wirft. 1885 
wurde D. zum Slirchenrat ernannt. Von 
feinen bedeutenden Werfen heben wir ber: 
— Buch Henoch (1853), Grammatik der 
äthiopiſchen Sprache (1857), Die kleine Geneſis 
(1859), Über den Urſprung der altteſtamentlichen 
Religion (1865), Ascensio Isaiae (1877). 


Dincklage-Campe, Emmy Baro— 


zu ergeben. Auf dem Gebiete des Romans 
‚ragt fie unter den fchriftjtellernden Frauen 
ı hervor. 

Hauptwerfe: Hochgeboren (1869), Tolle Ges 
ſchichten (1870), Sara (1871), Geſchichten aus 
dem Emslande (1872), Rinder des Südens (1873 1, 
Im Sirofto (1877), Schule des Herzens (1879), 
Wir (1880), Fürftlich Blut (1883), Die Amfiva: 
rier (1853), Lieb und Länder (1885), Blutjung 
(1886). 

Dippel, Joſeph, wurde geboren am 
15. Januar 1840 zu MWittibreut in Nieder: 
bayern als der Sohn eines in dürftigen 
Verhältniffen lebenden Tagelöhners. Er 
beſuchte die Elementarichule des Pfarr: 
‚dorfes und lenkte durch feine Begabung 
‚die Aufmerkiamkeit der Pfarrgeiftlichkeit 
‚auf fi, die glaubten, aus dem Knaben 
etwas machen fünnen. Nachdem er von 
dem dortigen Benefiziaten Joſeph Wejtner 
einige Wochen in den Anfangsgründen der 

lateiniichen Sprade unterrichtet worden 
‚war, trat er 1851 in die Studienanftalt 
Paſſau ein, wo er das Gymnaſium durch— 
machte und im Jahre 1859 abfolvierte. 
Die Liebe zur Philoſophie war in dem 
'Süngling mächtig geworden, wehhalb er 
ſich auch nicht damit begnügte, die philo- 
ſophiſchen Kollegien am fönigl. Lyceum in 
Paſſau zu beſuchen, fondern ſich auch viel 
mit Lektüre philoſophiſcher Werfe beichäf: 
tigte. Im Jahre 1863 Prieſter geworden, 
ward ev 1864 zum Hofmeilter des jüngiten 
Sohnes des erbl. Neichsrates und fönigl. 
Kämmerers Carl Maria von Aretin auf 
‚Schloß Haidenburg berufen. Danad) ward 
D. von dem damaligen Biichofe von Paſſau 


| 








nejfe von, wurde am 13. März 1825 in | Heinrich von Hofjtätter an die Univerfität 
Campe an d. Ems, dem Stammgute der Würzburg geihidt, um fid) dem philolos 
Familie, geboren, genoß ihre Erziehung giſchen Studium zu widmen. Er bejuchte 


Dithmar, 


dort die philologiihen Vorlefungen und 
das philologiihe Seminar und promo: 
vierte daſelbſt 1865. Die Differtation hatte 
Anerkennung gefunden, jo daß D. 1866 
als Profeſſor der Rhilofophie am königl.Ly⸗ 


ceum in Freifing in Ausfiht genommen | 


war, doch zerichlug fich diefer Plan und 
D. widmete fich dem feelforglichen Berufe, 
in welchem er jeither bejtändig wirft. Doc) 
bat derjelbe auch neben diejer Thätigfeit 
die philoſophiſchen Studien nicht vernady: 
läſſigt. So erſchienen aus feiner Feder 
viele Beiträge in philofophiichen Zeitſchrif— 
ten. Auch hat er mehrere ſelbſtändige 
Werke verfaßt: 

Handbuch der Aſthetik und der Geſchichte der 
bildenden Künfte (1871), Chriftliche Geſellſchafts— 
Iehre (1873), Die beiden Grundfragen der Gegen: 
wart (1877), Der neue Spiritismus (1881), Der 
neuere Peſſimismus (1884), Die Bedeutung des 
fathol. Kirchenjahres für das hriftl. Leben (1887). 


Dithmar, ©. Theodor, zu Homberg 
in Niederhefien am 10. Dezember 1810 
geboren, ward früh mit deutjchen Lie— 
dern und namentlich den Hainbundfängern 
vertraut, ftudierte von 1828— 1832 Theo: 
logie in Marburg, widmete ſich dem höhe: 
ren Schulweſen und ward von Bilmar, 
dem er in feinen altdeutichen Studien viel 
verdankt, an das Gymnaſium zu Mar: 
burg berufen, welchem er v. 3.1837 bis 
1875 angehörte. Hauptlehrgegenftand war 
ihm das Deutſche in Prima, das er 
20 Jahre lang mit vieler Liebe be- 
forgte. Er verfaßte 1850 ein deutjches 
Hiftorienbuch, ſchrieb wiſſenſchaftliche Ab: 


handlungen: Über altdeutichen Katechismusunter: | 
richt (1848), Über die Entftchung des Neuhoch- 
deutichen (1860) und über den heifiichen Poeten | 
Hans Wilhelm Kirchhoff, 7 1605 (1867). Auch | 


in den Kriegszeiten jchrieb er Gedichte, 
welche zu guten Zweden verwertet wurden, 
deren Erlös Striegerfamilien zu qute Fam. 
Am gediegenjten mögen die poetijchen 
Erzeugniſſe von ihm jein, welche er, von 
der Vorzeit ausgehend, zu den Jubiläen 
der Sämmtlichen heifiihen Gymnaſien 
Ichrieb. Diejelben wurden gedrudt und 


117 


Dito. 


meift zum Vortrag bei dem öffentlichen 
Feſtakt bejtimmt. 


Dito, |. Elifabeth, Königin von Ru— 
mãnien. 


Dittes, Friedrich, wurde am 23. Sep- 
tember 1829 in Irfersgrün im jächjtichen 
Bogtlande geboren, befuchte die Nikolai— 
ſchule zu Leipzig und die dortige Univerfität 
als „Philoſoph“. Bon braven, aber armen 
Eltern ftammend, mußte erdieKoften feiner 
Studienzeit zumeift jelber erwerben, und 
fo kam e8, daß er erjt viel fpäter, als unter 
gewöhnlichen Verhältnifien der Fall ge 
wefen, fein Studium vollenden und Die 
weitere Laufbahn als Lehrer betreten konnte, 
Er beitand 1860 das Eramen für das 
| höhere Schulamt und promovierte in dem: 
jelben Jahre. Danad) wirkte er zu Thal: 
heim, dann in Reichenbach, Plauen und 
Leipzig, bis er als Subreftor am Gym 
naſium zu Chemnig angeltellt wurde. 
Nahöjährigertreuer Pflichterfüllungberief 
‚der Herzog von Gotha ihn als Direktor 
des dortigen Seminars und als Schulrat. 
1868 fiedelte er als Direktor des Päda- 
gogiums nad) Wien über, in welder Stel: 
‚lung er bis 1881 verblieb, um dann in 
den Ruheſtand zu treten. Unter feinen, 
um die Pädagogik und ihre Förderung 
hochverdienten Werfen find hervorzuheben: 

Grundriß der Erziehungs: und Unterrichtsichre 
(1868), Geſchichte des Unterrichts (1871), Lehr: 
| A] * Pſychologie (1873), Methodik der Schule 


| *Dittrich, Adolf. Als der Sohn eines 


Offiziers am 4. Januar 1829 zu Prag ge— 
boren, trat ich 1844 als Kadett in die Ar— 
tillerie, kam in das Bombardierkorps, war 
1848 vor Wien, 1849 in Ungarn, ver— 
ſuchte mich ſpäter in einigen hiſtoriſchen 
Arbeiten, gab 1858 eine Schrift: Erinne— 
rungen an Mainz, heraus, trat aber im ſel— 
ben Jahre — vielleicht hatte ich mich we— 
gen meiner Schriftſtellerei verfeindet — 
als Oberlieutenant aus der Armee, um 
wenige Monate jpäter beim Ausbruche des 
Krieges bei einem Freimilligenbataillon 








x Dittmon, Manz, SuM. T22. 


Döbeln. 


einzutreten. Nach dem Feldzuge erlangte 
ich mit vieler Mühe einen Poſten bei einer 


118 


Dörr, 


geboren, widmete fih dem Studium der 
Theologie, wirkte als Kaplan und Lehrer 





Eijenbahn, wobei ih Muße hatte, mid) | in Ajchaffenburg und wurde 1826 als Bro- 
ziemlich häufig mit literarifchen Arbeiten | feffor des Kirchenrechts und der Kirchen: 
zu befaſſen. Zumeift waren es artilleriftis | geſchichte an die Univerfität München be: 
ſche, fortififatorische und allgemein militä- | rufen. Hier lebt er noch heute, auch als 
riiche, dann hiftoriiche Arbeiten, Jowie Re: | Bräfident der Akademie der Wiſſenſchaften 
zenftonen über militärwillenichaftl. Werke. | thätig. D. machte ſich literariich zuerſt 
Nah Errichtung der Landwehr trat ic) in | befannt durch den leidenſchaftlichen Pro— 
biefe ein, wobei es mir oft ſehr ſchwer | teftantenhaß, den feine Werke atmeten, 


wurde, meine Amts- und meine militä- 
riſchen Pflichten zu vereinbaren. Gleich— 
wohl jticg jeßt auch meine Schriftftelleriiche 
Thätigfeit, und ich wendete mich nun aud) 
ber Belletriftif zu. Hervorzuheben wäre 
hier: Die Verlobte des Junkers (1882), und 
Bürger und Soldat (1553). Nun aber wurde 
id) jeit 1882 wiederholt von ſchwerer 
Krankheit befallen und mußte nicht nur vor 
zwei Jahren aus meinem Amte jcheiden, 
ſondern auch meine jchriftitellerifche Thätig— 
feit zeitweile einichränfen. Ich ging nad) 


Baden, um mid) da vollfommen zu reftaus 


rieren, fiedelte darauf in das bei Wien ge: 
legene Zainz und von da nad) dem Wiener 
Vororte Währing über, um mid) ganz 
den Studien und der Feder zu widmen. 


Döbeln, 3. v., ſ. F. Kießling. 


Döderlein, Ludwig, wurde geboren 
1855 zu Bergzabern; ftudierte zu Erlan: 
gen, Dünen, Straßburg; war 1878/79 
Probefandidat am Gymnafium zu Mül- 
haufen i.E ; dann zwei Jahre Dozent für 
Naturgeihichte an der Medizinihule in 
Tofio, Japan; bereijte einen größeren Teil 
von Japan, fowie die Liu-Kiu-Inſeln zum 
Studium der Meeresfauna; fehrte 1882 
mit reihen Sammlungen nad) Straßburg 


dozent für Zoologie thätig iſt. 

Bublizierte: Die Liu-Kiu-⸗Inſel Amami Oshima, 
ſowie verſchiedene Arbeiten über die japaniſche 
Fauna (Spongien, Fiſche, Echinodermen), refe— 
rierte im Zool. Jahresbericht 1884 und 1885 
„Mammalia“. 


Döllinger, Ignaz Joſ. Joh. von, 
wurde am 28. Februar 1799 in Bamberg 





Werke, deren hohen wiſſenſchaftlichen Wert 
man trotzdem nicht hinwegleugnen durfte. 
Da kam das vatikaniſche Konzil (1870) 
und brachte in D.’s Anſchauungen eine ge— 
waltige Ummälzung hervor, derart, daß 
er in Wort und Schrift gegen die Welt: 


herrſchaft und gegen die Unfehlbarfeits- 


(ehre des Bapjtes Pius IX. auftrat. Dan 
forderte von Rom aus feine und feiner 
Sefinnungsgenofjen Unterwerfung. Am 
28. März 1871 gaben D. und feine Freunde 
ihre definitive Gehorfamsvermeigerung ges 
gen den Papſt fund. Damit war der Alt- 
fatholizismus geichaffen. So nimmt D. 
eine hochbedeutende und einzige Stellung 
in der Geſchichte des Katholizismus ein: 
fein energiiches, ſelbſtvergeſſenes Eingrei- 
fen in diejelbe ließ für feine Glaubens— 
genofjen eine neue Ara anbrechen, mie 
Niemand fie für möglich gehalten hätte 
gegenüber der gewaltigen päpftliden 
Macht. Auch als Schriftiteller hat D. ſich 
in hervorragenditer Weiſe ausgezeichnet. 

Hauptwerke: Lehrbuch der Kirchengeſchichte 
(2. Aufl. 1843), Die Reformation, ihre innere 
Entwidelung und ihre Wirkungen (1846—48), 
Hippolytus und Galliftus (1853), Chriftentum 
und Kirche (1860), Kirche und Kirchen, Papſtlum 
und Kirchenſtaat (2. Aufl. 1861), Vergangenheit 
und Gegenwart der fatholifchen — 


zurüc, wo er feither als Direktor des Die Papftfabeln des Mittelalters . (1 


Naturhiftoriihen Mufeumsundals Brivat- | 


Univerfitäten ſonſt und jet (2. Aufl. 1867), Urs 
re zur Geſchichte des Konzils von Trient 

Dörr, Friedrich, wurde am 30. April 
1831 in Schleswig geboren, abjolvierte 
die Schulen dafelbft und in Glüdftadt und 
darauf die Univerfitäten Tübingen, Bonn 
und Halle als Philologe. Nach mehrjäh- 
riger Lehrthätigkeit in Hamburg vertaujchte 


Dohm. — 
er dieſen Beruf mit dem des Schriftſtel— 
lers, war redaktionell in Altona, Lübeck 
und Berlin beſchäftigt und ſchrieb: 


Chriſtabend (1856), Griechiſcher Liederſchatz 


(1857), Der Reim bei den Griechen (1857), Der 
deutiche Krieg gegen Frankreich (1871); auch gab 
er, veranlaft durch feine Bekanntichaft mit Neu: 
ter, den Plattdütichen Volkskalenner (1858 u. f.) 
und das Plattdütiche Volksbok (1869) heraus. 


Dohm, Hedwig, wurde am 20. Sep- 
tember 1833 in Berlin geboren, verhei: 
ratete fih 1855 mit dem Humoriften Ernft 
Tohm (F 1883), dem Begründer des 
„Nladderadatih”. Sie hat ſich durd ihr 
ichneidiges Eintreten für die Fraueneman— 
zipation befannt gemacht. 

Hauptwerfe: Der Jeluitismus im Hausjtand 


(1873), Die Frau in der Wiſſenſchaft (1874), Der | 


Frauen Natur und Recht (1876). 


Dohme, Robert, wurde am 17. Juni 
1845 in Berlin geboren, widmete fich dem 
Studium der Arditeftur und Kunſtge— 
Ihichte. 1870 wurde er zum Bibliothekar 
der k. Hausbibliothef ernannt und trat 


1874 als Direftionsbeamter der f. Natio: | 


nalgalerie auch in den Staatsdienit. Bei 
der Begründung der k. Akademie des 
Bauweſens (1880) wurde er in dieſe be: 
rufen. 1884 ſchied er aus der National- 
galerie, um die Verwaltung der Kunſt— 
jammlungen des f. Haufes zu übernehmen. 
Eeit 1875 wirft er als Redakteur des 
Sahrbuchs derpreußischen Kunftiammlung. 
Bon feinen verdienten Werfen heben wir 


bervor: 

Die Kirchen des Eiftercienfer:Ordens in Deutſch— 
land (1869), Kunſt und Künftler des Mittelalters 
und der Neuzeit (1877—80), Künftler des 19. 
Jahrhunderts (1882), Geſchichte der deutichen Bau: 
funft (1887). 


Domanig, Karl, geboren 3. April 
1851 zu Sterzing in Tirol, jtudierte in 


Innsbrud, Straßburg und Rom. Dr. phil. 
Seit 1881 in Wien; in der Euftodie der 


kunfthiftor. Sammlungen des Ah. Kaifer: 


haufes, Lehrer im Kaiferl. Haufe. 
Beröffentlihte: Parzival-Studien (1878, 1880) 

und verſchiedene wiſſenſchaftliche Abhandlungen. 

Novellen und Fleine Iyriiche Gedichte im Tiroler: 


119 


Dombromsti. 


' Kalender (1ST9—1S81) und im Üfterr. Jahr: 


buch. Hof, Straub (Schaufp. 1885), Der Abt 
von Fiecht (poct. Erz. 1887), Braut des Vater: 
landes (1887). 


Dombrowsfi, Raoul Ritter von, 
'entitammt einer der ältejten polniſchen 
| Adelsfamilien. Er wurde am3. Juni 1833 
inPrag geboren, erhielt feine Schulbil- 
"dung im elterlihen Haufe und danad) im 
Gymnaſium zu Prag. Nach Abjolvierung 
deflelben trat er als Kaiferfadett in die Ar- 
mee. Bald hatte er Gelegenheit, fih in 
dem italienischen Feldzuge rühmlich aus— 
zuzeichnen, fo daß er ſchon im 16. Jahre 
vor Venedig zum Offizier ernannt wurde. 
Nah dem Friedensihluß bezog der junge 
Offizier feine Garnifon und lebte hier, in 
enger Freundichaft mit dem Dichter Ste: 
phan von Milenfovics verbunden, feiner 
Pflicht, daneben alle freie Zeit willen: 
haftlihen Studien widmend. Der Tod 
feines Vaters veranlafte ihn, die militä- 
rische Laufbahn zu verlaſſen und fich der 
Lande und Forftwirtichaft zuzumenden. Er 
bejuchte die landw. Akademie Hohenheim, 
machte mehrere größere Studienreifen und 
ließ fih endlich bleibend auf den Gütern 
Ulis und Sesna bei Pilfen nieder, wo 
er fih 1859 zu glüdlicher Ehe mit einem 
‚ebenfo liebenswerten wie bedeutenden 
Mädchen verband. Er zeichnete fich Schrift: 
jtellerifch befonders durch feine Fachſchrif— 
ten über land: und forftwirtichaftl. Ver: 
hältnifje aus, daneben bethätigte er fich 
als geiſt- und gemütvoller Poet. 

Hauptwerke: Die Urproduftion und Induſtrie 
' gegenüber den forderungen unferer Zeit (1869), 
Das Reh (1876), Aus dem Tagebud; eines Wild: 
tödters (1877), Lehr: und Handbuch für Jäger 
(1878), Der Fuchs (1883), Splitter (1884), Wald: 
brevier (1885), Die Geweihbildung dereuropäifchen 
Hirfcharten (1885), Der Wildpark (1886), Allge: 
meine Encyclopädie der gefammten Forit: und 
Jagdwiſſenſchaften (1886). 








Dprer, Edmund, wurde am 15. Juni 
1831 zu Baden geboren, erhielt feine Bor: 
bildung auf dem Gymnafium in München 
und widmete fih dort und auf ber Unis 
verfität Leipzig dem Studium der Philo— 


DorieurT::tbed. 


fophie. Zu feinem Leidweſen ließ fein 


ichwanfender Gejundheitszuftand ein regel: 


rechtes Verfolgen feines Studiums nicht zu, 
ſondern zwang ihn, Erjtarfung im Süden 
zu fuchen. Nach mehrjährigen Aufenthalt 


in der Schweiz und in Spanien, wo er 


ſich eingehend mit Kultur: und Literatur: 
funde des Landes beichäftigte, überfiedelte 
er nach Dresden und gab ſich hier aus: 
Schließlich feinen Studien und der Aus: 
übung der Schriftftellerei bin: 
Hauptwerfe: Sonette (1857), Roswita (1857), 


Wahrheit und Sage (1877), Bunte Blätter | 


(1578), Albrecht Haller (1878), Cancionero (1879), 
Granatblüten (1879), An Galderon (1881), 
Goethe und Galderon (1881), Cervantes und feine 
Werke nad) dtfch. Urt. (1881), Luiz de Camoens 
(1855), Faſtnachtsſpiele (1855 u. ff.), U. F. Graf 
von Schack (1885), Rudolf von Habsburg (1886), 
Zwei Schweitern (1886), Heinrich von Pillena 
(1886). 


Dorieux-Brotbeck, Betty Magda: 


lena, geboren in Bafel, den 17. April: 


1937. Durch Umftände bewogen, ent: 
zogen mich meine Eltern ſchon im 10. 
Jahr den öffentlichen Lehranitalten mei: 
ner Vaterftadt. 
und ein furzer Aufenthalt in einem Ben: 
fionat der franzöfifhen Schweiz fonnten 
mir nicht den Mangel eines regelmäßigen, 
initematifchen Unterrichts erfegen; ich ent- 


bebrte hierdurch — wie mich die Erfah: | 


rung in der Folgezeit lehrte — während 
meiner Nugendzeit eines wohlthätigen Ge: 
gengewichts gegen eine allzulebhafte Ein- 
bildungsfraft. Die Welt der Ideen ging 
mir erſt dann auf, als mir ein in Bajel 
jtudierender Theologe feine Sammlung 
klaſſiſcher Bücher zur Verfügung stellte. 
Als ih mid dann, im 19. Jahr, mit 
deinfelben — ber nun Geiſtlicher in einer 
bedeutenden Landgemeinde geworden, ver: 
heiratete, war ich wohl mehr dem Impuls 
eines mächtig angeregten Geijteslebens, 
als dem Zug des Herzens gefolgt. Des: 
halb wurde auch dieſes Band ſpäter wieder 
gelöſt. Am Jahre 1868 verheiratete ich 
mich mit meinem jegigen Öatten, Guftav 
Doricur. Er war cs, der fih am erften 


Dorn, 


12 


Einigen Privatunterricht | 


— 


20 Dorr. 

um mein poetiſches Talent fümmerte. 
Ich ward dadurch bewogen, meine Gedichte 
Poesie Lyriques (1878), Die von meinem Gat⸗ 
ten in franzöfiiche Proſa überfegt find, her: 
auszugeben. Im Jahre 1877 veröffent: 
lichte ih ein Bändchen: Lyriſche Gedichte 
in deuticher Sprache. Damals war mir 
Miſtrals provenzaliiches, Tändliches Epos 
„Mireio” in die Hände gefommen. Ich 
machte einige Ipielende Verſuche, Stellen 
"daraus zu überfegen. Aus dem Gelin: 
gen derjelben entipann ſich der Entſchluß, 
das Ganze in deutihe Verſe zu über: 
tragen. Die Ichönfte Belohnung und 
freude an meinem vollendeten Werk 
(1880) habe ich gefunden in der ehren: 
vollen Aufnahme in den provenzialifchen 
Dichterbund „Felibrige“. 


* 
Dorr, Robert, wurde am 4. Septem⸗ 
ber 1835 in Fürſtenau in Weſtpreußen 
einem Landmanne geboren, der ihn früh 
ſchon für den eigenen Beruf beſtimmte. 
Da der Knabe jedoch, nachdem er Die 
Schule abjolviert, wenig Neigung für Die 
Okonomie zeigte, bezog er die Univerfität 
Königsberg, um Geſchichte, Philofopbie 
und Literatur zu ſtudieren. Seit 1862 
wirft D. als Lehrer in Elbing, 1871 zum 
Oberlehrer, 1856 zum Profeſſor ernannt. 
Daneben beichäftigte er ſich Literarifch, 
bauptlächlich auf dem Gebiete der Dialekt: 
‚Dichtung: 
| Tmofchen Michel on Noacht (1862), De lofti- 
gen Wiewer von Windjor en't Plattdietiche äwer: 
ſett' (1877). 


Dove, Alfred, wurde am 4. April 1844 
'als ein Sohn des berühmten Phyſikers 
Heinrich Wilh. D. zu Berlin geboren, wid: 
mete fih dem Studium der Gefchichte 
(1561—65) zu Berlin und Heidelberg. 
‚Er beabftchtigte, der Journaliſtik ſich zu 
ergeben, und übernahm die Nedaktion der 
„Srenzboten“, legte dieſelbe aber nad) 
furzer Zeit wieder nieder und übernahm 
diejenige der Zeitichrift „Im neuen Reich“ 
bis zu ihrem Eingehen. 1873 beſchloß er, 
feine afademiiche Laufbahn wieder zu be: 





— after A ki, 


Dragendorff. 


treten, habilitierte fich zu Berlin und wurde 
1875 als außerord. Profeſſor nad) Breslau 
berufen, wo er 1879 eine ordentl. Bro: 
feſſur für Gejchichte erhielt. 1886 wurde 
er in gleicher Eigenschaft nad) Bonn be: 
rufen. 

Dauptwerfe: Doppelchronik von Reggio (1873), 
Die Forfterd und die Humboldts (1881), Deut: 
Ihe Geihhichte (1883). 


Dragendorff, Georg J. N. geb. am 
20. April 1836 in Roftod, Sohn des Dr. 
med. und Privatdozent Ludw. D. erhielt 
jeine Schulbildung auf dem Gymnafium 
einer Vaterſtadt, erlernte das Apotheker: 
gewerbe im Geſchäfte von Dr. Fr. Witte 
ebendort, ftudierte und abfolvierte das 
Staatseramen in Noftod, hielt fi dann 
mehrere Jahre in Heidelberg auf, wurde 
1860 Affiftent am chemiſchen Laborato— 
rium in Roftod, wo er im Herbſt 1861 
zum Dr. phil. promovierte. 1862 über: 
nahm er die Ausführung der gerichtlich 
chemiſchen Arbeiten für das St. Peters: 


burger Phyſikat und gründete die „Phar- 


mazeutiiche Zeitichrift für Rußland.” 
1865 wurde er als ordentl. Profeſſor der 


Pharmazie nach Dorpat berufen, 1872| 


zum Ehrendoflor der Diedizin der Univer: 
fität München freirt; 1885 wurde ihm 
die goldene Hanbury- Medaille „for origi- 
nal research in the Natural History 


and Chemistry of Drugs“ erteilt. In 


den Jahren 1882—87 bekleidete er das 
Proreftorat der Univerfität Dorpat, 1875 
bis 1887 das ESefretariat der Dorpater 
Naturforjcher-Gefellihaft, 1881— 87 war 
er Bräfident des Kirchenrates der Univer: 
htätsgemeinde und 1854—87 Präfident 
des Kuratoriums des Dorpater Privat: 
gumnaftums. 1867 wurde er zum Staats- 
rat, 1879 zum wirfl. Staatsrat ernannt. 

Außer zahlreichen Auflägen in Zeitfchriften ver: 


öffentlichte D. die drei erjten Jahrgänge der Vhar: 


mazeutischen Zeitfchrift für Nufland, 12 Jahr— 
gänge der Sitzungs-Berichte der Naturf.Geſellſch., 
5 Jahrg. des Jahresberichtes für Pharmakognofie, 
Lharmazie 2c.; ferner: Die gericht. chemiſche Er: 
mittelung von Giften (1868 und 1875, ruffilche 
Überiegung derf. 1874, franz. Überfegungen 1875 


121 


Dreger. 


und 1886), Beiträge zur gerichtlichen Chemie 
(1871), Materialien zu einer Monographie des 
Snulins (1871), Die chemiſchen Wertbeftimmun-« 
mungen ftarfwirfender Droguen (1874, franz. 
Über). 1876), Beiträge zur Pomologie (1878), 
Die qualitative und quantitative chemiſche Analyfe 
von Pflanzen und Pflanzenteilen (1882, engl. 
Überſ. 1884, franz. Überſ. 1885). 


Dreger, Auguft, geboren den 13. 
September 1827 in Rechow in der Dit: 
priegnig, erhielt jeine wiſſenſchaftliche 
Ausbildung auf dem Progymnaſium zu 
‚Erofien a. D. und dem Pädagogium zu 
Züllihau. Im Jahre 1849 madıte er 
als Feld-Intendantur-Beamter den Feld: 
zug in Baden mit, wohnte hier der Be: 
lagerung und Übergabe der Feftung Ra— 
ftatt bei und blieb nody bis Ende 1850 
bei der preuß. Okkupations-Armee da— 
jelbit. Während der Belagerung lernte 
er den im Lager vermweilenden Hacklän— 
der und nach der Übergabe den Oberft 
v. Corvin fennen, welch' Letzterer der 
Revolutionsarmee als Seneralitabs:Chef 
angehört hatte. Nachdem die Truppen 
in die Heimat zurüdgefehrt waren, be: 
endete Dreger feine Studien in Berlin 
und wurde fofort nad) beftandenem Staats: 
eramen zur Ober-Rechnungs-Kammer in 
Potsdam, der oberjten Reviſions-Inſtanz 
des preuß. Staats einberufen. Nad) 
Miederheritellung des deutichen Reichs 
trat er zum Reichs-Rechnungshofe über, 
welcher Behörde derielbe als Geheimer 
Rechnungs-Rath noch angehört. Eeit 
‚Jahren feuilletoniftisch thätig, dehnte er 
‚in neuerer Zeit feine literariiche Thätig- 
keit auf lofalhiftoriiche und ſtaatswiſſen— 
Ichaftliche Gebiete aus. Das Merk: Die 
Berufswahl im Staatödienft hat in der Preſſe 
und im Publikum die chrendjte Aner— 
‚fennung gefunden. 


| 
| 


Dreves, Guido Maria. Ich bin ge 





boren zu Hamburg den 27. Oftober 1854, 
‚meine Eltern Lebrecht Blücher D. und 
Maria, geb. Salmin. Mein Bate Joſeph 
von Eichendorff (ſ. Gedicht in feinen W.). 
1862 zog mein Vater nad) Feldfird), wo: 


Dreyer. 122 Druskowitz. 

ſelbſt ich in dem Inſtitute Stella matu- Guſtav Adolf (1869— 70) bekannt. Außer: 
tina ſtudierte. 1869 trat ich in den Or- dem hervorzuheben: Bernhard von Weimar 
den der Geſellſchaft Jeſu und ward nad) | (1885). 


Vollendung meiner pbilofophiichen und 


theologischen Studien 1882 zum Priejter 


geweiht. Seitdem habe ich mic) meiſt lite: | 
rariich beichäftigt, und zwar neben Poeſie 


vor allem theoret. und praft. Hymnologie, 
Geſchichte des Kirchenliedes, Choralge- 
Ihichte, mittellateinifche Literatur. Seit 
längerer Zeit befinde ich mich meiſt auf 
wiflenich. Reifen zum Zwede meines Mer: 
fcö Analecta hymnica medii aevi, durd) 
das ic) mir den Boden für eine Gefchichte 
zunädjt der latein. Hymnologie bereiten 
möchte. 

Hauptwerfe: Stimmen durd den Lenz (1883), 
Ein Wort zur Geſangbuchfrage (1854), O Chriit 
bie merf! (1885) Die Hymnen Johanns v. Jen: 
jtein (1856), Kränze und Kirchenjahr (1886). 


Dreyer, Otto, wurde am 4. Dezember 
1837 in Hamburg geboren, widmete fich 
dem Studium der Theologie und wurde 
1363 als Pfarrer in Gotha angeftellt, wo 
er nod) jeßt als Superintendent thätig ilt. 
Sein literariiches Wirken beſchränkt fich, 
abgeſehen von rein fachwiſſenſchaftlichen 
Arbeiten, auf einige Broſchüren, die viel 
Anerkennung gefunden haben und in denen 
der Verfafler eine „Erneuerung der pro— 
tejtantischen Kirche im Geifte evangel. Frei: 
heit und im Einklang mit der gefammten 
Kulturentwidelung unferer Zeit“ anftrebt. 

Hervorzuheben: Feiter Glaube und freie Wiſſen— 
ſchaft (1869), Das einzige Erkennungszeichen reli: 
giöfer Wahrheiten (1874), Das Chriftentum und 
der Wunderglaube (1580). 


Droyjen, Buftav,wurde am10.April 
1838 als ein Sohn des großen Hiftorifers 
Joh. Guſt. D, zu Berlin geboren, widmete 
fich wie fein Vater dem Studium der Ge— 
ſchichte, abjolvierte die Univerfitäten Jena, 
Berlin und Göttingen und habilitierte 
fih 1864. 1869 wurde er als außerord. 
Profeſſor nad Göttingen und drei Jahre 
jpäter als ordentl. Profeſſor nach Halle 
berufen. Er machte ſich literariich beſon— 
ders durch fein vorzüglides Werk über 


Drusfowiß, Helene. Ih wurde am 
2. Mai 1858 zu Hieging bei Wien geboren. 
Künſtleriſche Sowohl, wie wiſſenſchaftliche 
Talente fündigten ſich früh bei mir an, 
und wurde die Entwidelung derielben von 
jeiten meiner Mutter (der Vater wurde 
mir früh durch den Tod entriffen) jtets 
| gefördert. Ich abiolvierte 1875 das Kon- 
ſervatorium zu Wien (Klavier und Har— 
monielehre), beſtand in demſelben Jahre 
‚das Maturitätseramen am Piariſten⸗Gym— 
naſium zu Mien und bezog hierauf die 
Univerfität Züri. Hier hörte ih nad) 
erfolgter Immatrikulierung Borlefungen 
über Bhilofophie, klaſſiſche Philologie, Ars 
häologie, Drientalia, Germaniſtik und mo— 
derne Sprachen und Literaturen und war 
ı Mitglied des philologischen und hiſtoriſchen 
Seminars. 1878 beitand ich die philo— 
ſophiſche Doktorprüfung, hieltin den nächſt⸗ 
folgenden Jahren in Wien, Münden, Zür 
rich, Baſel und anderen Städten öffent: 
liche Vorleſungen über literar-hiltorifche 
‚und philofophiihe Themen und bin feit 
1882, den Aufenthalt häufig ändernd, als 
Schriftitellerin thätig. Nachdem ich zuerit 
für verfchiedene öſterr. deutiche und ſchwei— 
zerifche Zeitungen und Zeitichriften Bei— 
träge geliefert, begann ich mit der Publi— 
fation jelbjtändiger Werfe in Buchform. 
Unter meinem Namen find erichienen: 
Über Lord Byrond Don Juan (1878), Percy 
Byſhe Shelley (1884), Drei englifche Dichterinnen 
(1585), Moderne Verſuche eines Religionserfages 
(1886), Wie ift Verantwortung und Zurechnung 
ohne WUnnahme der Willensfreiheit möglich? 
(1887), Zur neuen Lehre. Betradhtungen (1887), 
Die Unbaltbarkeit des Utilitarismus (1887). 


Duboe, Charles Eduard (Nobert 
Maldmüller), geboren am 17. September 
1822 in Hamburg, mußte ſich auf Wunſch 
feiner zärtlich geliebten Mutter dem Kauf: 
mannsitande widmen, obwohl der hochbe- 
gabte, vieltalentierte Jünglingwenig Beruf 
hierfür zeigte. Er trat in ein Handlungs⸗ 











Duboc. 


haus, für das er nad) Vollendung feiner | 


Ausbildung lange und große Reifen ins 
Ausland machte, wobei jeineigener Geſichts⸗ 
freis fi) außerordentlich erweiterte. Sich 
jelbft über das eigentliche Feld feiner Zus 
funft nicht Elar, wandte er fih, nachdem 
er den endlichen Entichluß gefaßt hatte, 
den Kaufmann an den Nagel zu hängen, 
juerft der Malerei zu. Doc, als jeine 
daneben betriebenen dichterischen Verſuche 
ihm hohe Erfolge eintrugen, beichritt er 
endlich den rechten Weg und wurde Schrift: 
ſteller. Als folcher hat er fich einen außer: 
ordentlichen Auf, Ipeziell auf dem Gebiete 
der Novelle, als deren feinfinniger Meiſter 
er allgemein angejfehen wird, erworben. 
Er lebt in Dresden. Er iſt mit dem 
Weimar'ſchen Falfen-Orden 1. Klaſſe und 
den ſächſiſchen Albrechts-Orden 1. Klaſſe 
dekoriert, welch' letzterer ihm aus Anlaß 


der Herausgabe der Memoiren einer Fürſten- 


toter neuerdings verliehen wurde. Den 
eriteren erhielt er am Schluffe der fünf: 
jährigen Dresdener Vorortsperiode der 
deutihen Schiller - Stiftung, während 
welher Periode (1874— 79) Waldmüller 
Bräfident der Stiftung war. 

Hauptwerke: Unterm Schindeldach (1851), Dich: 


ters Rachtquartiere (1853), Merlind Feiertage | 
(1853), Gedichte (1857), Lacia passare (1857), 


Dorfidyllen (1860), Wanderftudien (1861), Gehrt 
danjen (1862), Die fleine Gipägiekerin (1869), 
Des wohljeligen Eufebius Hutzler Selbitbefennt: 
niffe (1871), Die PVerlobte (1879), Das 
mãchtnis der Millionärin (1870), Schloß Ron: 


canet (1874), Memoiren einer Fürftentochter 


(1883), Don Adone (1883), Maddalena (1883), 
Bond oder Braun (1884), Um eine Perle (1885), 
Nidiace (1885), Das Geheimnis (1887). 
Duboe, Karl Julius. Ich bin am 
10. Oktober 1828 zu Hamburg als ber 
jüngſte von 6 Geſchwiſtern geboren. Deine 
Mutter gehörte einer alten angejehenen 


123 


Du Bois:Reymond. 


Lehen ohne Gott und in meinem Hauptwerk: 
Der Optimismus al3 Weltanfchauung (1881) er: 
fenntlih. Nach Abjolvierung philoſophi— 
Iher Studien auf den Univerfitäten Gießen 
und Berlin und mehrjährigen Reifen, die 
mich bis nad Auftralien führten, lebte 
ih von 1860—1870 dem aufreibenden 


Dienſt der Tagespreile, davon die legten 


6 Jahre als Redakteur der Berliner Na— 
tional:Zeitung. Dann genötigt, wegen an: 
gegriffener Gefundheit diefem Beruf zu 
entjagen, zog ich mid) nad) Dresden zu— 
rüd, wo ich feitdem ununterbrochen ge— 
[ebt habe. Hier find von 1873 ab außer 
den jchon erwähnten 2 Büchern die fol- 
genden Geſchichten von mir erjchienen: 
Geihichte der engl. Prefie nah 9. Grant 
(1873), Pſychologie der Liebe (1874, 4. Aufl. 
1880), Gegen den Strom, Gefammelte Auffäte 
(1877), Reben und Ranfen, dgl. (1879), Blau: 
dereien und Mehr (1884), Die Tragif vom 
Standpunft des Optimismus (1886). 


Du Bois-Reymond, Emil, wurde Ser also 
am 7.November 1818 in Berlin als Sohn ufwuh ı 44 


‚eines hohen Staatsbeamten geboren, be— 


Ver: | 





Kaufmannsfamilie an, mein Vater dage: 


gen, der ſchon vor meiner Geburt ftarb, 
war ein eingewanderter Nordfranzoie, 
aus Havre gebürtig. Die philofophiiche 
Neigung deſſelben hat fich auf mid) ver: 
erbt und ift in allen meinen Schriften, 
namentlich in dem 1875 veröffentlichten 


| 
| 


fuchte das franzöfiihe Gymnaſium in ſei— 
ner Vaterjtadt und bezog deren Univer- 
fität mit der urfprünglichen Abſicht, Theo- 
logie zu ftudieren. Zwei Semejter genüg- 
ten, dem feurigen Süngling flar zu machen, 
daß er für die Kanzel nicht geboren, und 
jo vertaufchte er die Theologie mit den 
Naturwiflenichaften. Er fiedelte nun nad) 
Bonn über, um dort die gerade vorzüg- 
lichen Kollegien über Geologie zu hören, 
dann ging er in feine Vaterftadt zurück 
und widmete ſich vorzugsweile dem Stu: 
dium der Phyſik (unter Johannes Müller). 
Nachdem er bereits 1851 zum Mitglied der 
Akademie der Wiſſenſchaften erwählt wor— 
den, berief dieUniverfität Berlin ihn 1858 
zum ord. Brofeflor der Phyſiologie. D. gilt 
unftreitig mitRecht alseiner der bedeutend⸗ 
ſten Phyfiologen unferer Zeit, feine Werke 
auf diefem Gebiete find geradezu epoches 
machend gemwejen und haben diejem Zweige 
der Wiſſenſchaft viele Blüten getrieben. 


Hauptwerke: Unterfuchungen über tieriiche Elek— 
trizität (1548— 85), Gedächtnisrede auf Johannes 


Düder. 124 Dührng. 
Müller (1860), Beſchreibung der Vorrichtungen zeugung und Einprägung der ſchwereren Wort: 
und Verfuchsweilen zu elektro-phyſiologiſchen bilder und des MWortfinnes (8. Aufl. 1885), 


Zwecken (1863), Abhandlungen über Muskel: und | Der Neligionsunterricht in der evangeliichen Volks— 


Rervenphyſik (1875— 77), Über die Grenzen des 
Naturerfennens (1882). 


Dücker, Johann Friedrich, geboren 


den 29. September 1826 in Averlad, 
Süder-Dithmarſchen, beſuchte bis 1842 
die Volfsichule des Ortes, wurde dann 


ein halbes Jahr von einen Kandidaten 
der Theologie unterrichtet, war 3 Jahre 
lang Schulgehülfe in Büttel, Kirdip. St. 
Margrethen, dann 3 Jahre auf dem Se: 
minar in Segeberg, von wo er 1848 im 
Rantzauſchen Freiforps am erjten Sch. 
Holit.-Feldzuge als Freifchärler teilnahm; 
eraminiert 1848, dann ein Jahr Sol: 
dat in der Schl.Holſt. regulären Armee 
(Schlachten von Kolding, Gudsde und 
riedericia, wo er in Gefangenichaft ge 
riet); 1849 Lehrer an der Segeberger 
Sceminar:Übungsihule, 1554 Lehrer an 
der gemilchten Schule in Kesdorf und zu: 
gleich privatim an der höhern Bauern- 
ihule in Woltersmühlen, 1859 Lehrer 
an der Ober-Mädchenklafle in Neuftadt 
a. d. Oſtſee, 1861— 1864 im Vorjtande 
des holjt. Zehrervereins und leitete die 
Verhandlungen auf der Lehrerverfamm- 
lung in Preetz 1863 und in Heide 1864 
(Gründung des Allg. Schl.Holſt. Lehrer— 


vereins), 1863 zweiter Hauptlehrer an 


der Knaben-Mittelſchule in Altona, feit 
1576 Neftor an der Mädchen: Mtittelichule 
dafelbjt, 1556 Ehrenmitglied des Pädag. 
Vereins in Altona, jeit 1870 Kurator 
der holft. Voltsihul-MWmw.- und Waiſen— 
kaſſe, ſeit 1974 Vorſitzer im Ausschuß 
des Altonaer Kreditvereins, Seit 1850 
in der Adminiftration der Saßſtiftung, die 
er im Verein mit dem Gründer derſel— 


ben neu organifierte und noch jegt neben 


feinem Schulamt verwaltet. 

Hauptwerfe: Aufgaben zu mündlichen und 
Ichriftl. Sprachübungen in niederdeutichen Volfs: 
Ihulen (1859, 11. Aufl. 1885), Erſtes Sprad): 
buch. Aufgaben zur Erzeugung und Cinprägung 
der Mortbilder und Spracdformen (21. Aufl. 
1887), Zweites Sprachbuch. Aufgaben zur Er: 


ſchule und der Katechismus unfers Biſchofs (1561), 
‚ Materialien zu unmittelbaren Sprahübungen in 
der Volfsichule, durchwebt mit Proben, Andeu: 
tungen und Mufterauflägen (1865), Biblifche 
Glaubens: und Sittenlchre (1864), Bilder aus 
der ſchlesw.holſt. Geichichte, für Schule und 
Haus (1865). 


Dühring, Eugen, wurde am 12. Ja: 
nuar 1833 in Berlin geboren, widmete 
‚fih der Jurisprudenz und war jchon in 
den Staatsdienft getreten, als ein fich ein: 
‚Stellendes Augenleiden ihn zwang, dieſe 
‚Karriere aufzugeben. So bezog er nod) 
einmal die Univerfität und ftudierte Nas: 
‚tionalöfonomie. Er habilitierte fi) 1865 
als Privatdozent an der Univerfität Ber: 

lin, doch entzweite er ſich mit feinen Kol 
‚legen und mußte 1877 aus dem Lehr: 
‚förper jcheiden. Unter feinen philoſophi— 
ſchen und nationalöfonomiidhen Echriften 
find hervorzuheben: 
'  Napital und Arbeit (1865), Kritiihe Grund» 
' Tegung der Tolfswirtichaftslchre (1866), Geſchichte 
der Philoſophie (1860), Kurſus der Nationalötos 
nomie (1873), Kritiſche Geihichte der Mechanik 
(1875), Logik und Wiſſenſchaftstheorie (1878), 
Die Judenfrage als Raſſen-, Sitten: und Kultur 
frage (1881), Der Wert des Yebens (1881). 








Dümmler, Ernſt, am 2. Sanuar 
1530 in Berlin geboren, ftudierte dort und 
in Bonn Geſchichte, habilitierte fi) 1855 
in Halle und erhielt dafelbjt 1558 eine 
Profeſſur für Geſchichte. 1876 wurde er 
zum Dlitglied der Gentraldireftion für die 
Herausgabe der Monumenta Germaniae 
in Berlin erwählt. Zuerft wurde D. lite: 
rarilch befannt durd) feine als ausgezeich— 
net anerkannte Geſchichte des oftfränfiichen 
Reiches (1186265, 2. Aufl. 1887). Außerdem 
heben wir hervor: 

Bilgrim von Paſſau und das Erzbistum Lord 
(1854), Murilius und Yulgarius (1866), Gesta 
Berengarii imperatoris (1871), Kaiſer Otto der 
Große (1876). 


Düntzer, Job. Heinrich Joſ. (H. Blu: 
mer), wurde am 12. Juli 1813 in Köln 
‚geboren, abjolvierte das Gymnaſium feir 





— 


Dürauer. 


ner Baterjtadt und bezog 1830 die Univer— 


fität Bonn, um Philologie zu jtudieren. | 


Sodann vervollitändigte er feine Studien, 
beionders altklaffiiheSpraden und Sans— 
frit, in Berlin. Nachdem er 1837 ſich 
in Bonn als Dozent habilitiert hatte, jtrebte 
er nad) einer Profeſſur, und lehrte da= 


jelbjt nicht ohne Beifall, aber da die dor= 


tigen Verhältniſſe ungünftig wurden, 


nahın er 1846 die ihm angetragene Stel: 
lung als Bibliothekar am Fatholiichen Gym | 


nafium zu Köln an. 
1885 feierte er hier fein fünfzigjähriges 
Doftorjubiläum. D. machte fi, neben 


Homer und Horaz, die Goetheforichung 


zur Lebensaufgabe und zeichnete fich auf 
diefem Gebiete befonders aus. 
Hauptwerfe: Goethe's Fauft in feiner Einheit 
und Ganzheit (1836), Zu Goethe’ Jubelfeier 
(1849), Frauenbilder aus Goethe's Jugendzeit 


(1852), Freundesbilder aus Goethe's Leben (1853), | 
Goethe’s Fauſt (1850 und 1857), Schiller und | 


Goethe (1859), Neue Goethe-Studien (1861), 
Goethe und Karl Auguft (1861 und 1865), Mus 
Goethe's Freundeskreiſe (1868), Charlotte von 
Stein (1874— 1876), ®oethe’3 Leben (1880), 
Schillers Leben (1851), Leijings Leben (1882), 


Hemmels Ausgabe der deutichen Klaſſiker, befon: 
ders Herders Werfen geliefert (53 Defte, in meh: 
teren Auflagen jeit 1853), Abhandlungen zu 
Goethe's Leben und Werfen (1885), 
briefe Goethe's an Frau von Stein (1856). Auch 
bat er mehrere, Goethe, Herder und Knebel be: 
treffende Briefwechſel zuerit herausgegeben. 


Düraner, 5. I. (9. Ernſt), wurde 
am 24. Februar 1854 in Wien geboren, 
abjolvierte das Gymnafium und die dor: 
tige Handelsafademie und betrat dann die 
Beamtenlaufbahn im Dienjte des öſterr. 
Landesausſchuſſes. Da ihm die Regel— 
mäßigfeit und Einförmigfeit des Dienjtes 


nicht zujagte, wandte er ſich der Schrift: 


jtellerei zu. Er lebt in Prag. 

Hauptwerfe: Da Sepp (Ged. 1877), Sei mir 
gut (1877), Ein Vorurteil (1850), Da oldi Pfoarra 
(1882). 


Durege, 9. Ich bin geboren zu 
Danzig am 13. Juli 1821, bejuchte das 
Spmnaftum meiner Vaterjtadt und ftu: 


125 


Am 7. Februar 


i 8° in Breslau. 
Chriftof Kaufmann (1882), Erläuterungen zu | 


Liebes: | 


— Dyiony. 
dierte in Bonn, Berlin und Königsberg. 
Nachdem ic eine Zeit lang bei Beljel 
Affiftent an der Sternwarte in Königs: 
berg gewefen war, wurde id) 1849 in 
Königsberg zum Doktor der Philoſophie 
promoviert. Ich habilitierte mich 1857 
als Privatdozent an dem eidgenöfftichen 
Bolytehnifum und an der Univerfität in 
Zürich, wurde 1864 als ordentlider Pro— 
fellor der Mathematif an das Polytech: 
nifum in Prag berufen und 1868 zum 
ordentlihen Profeſſor der Mathematik an 
der Univerjität in Prag ernannt. 
Hauptwerke; Theorie der elliptiichen Funktio— 
nen (1861), Elemente der Theorie der Funktionen 
einer fompleren veränderlihen Größe (1864), 
| Die ebenen Curven dritter Ordnung (1871). 





Dziony, Joſeph, ift am 13. März 
1848 in Pogoſch, Kreis Neuftadt O./S. 
geboren. Worgebildet in dem Königl. 
Lehrerjeminar zu Oberglogau in den Jah: 
ren 1865— 1867, war er bis 1871 Hülfs- 
lehrer an mehreren Schulen Oberſchle— 
fiens. Seit 1871 wirft er als Lehrer 
Nach Ablegung der Mittel 
ihullehrer: und Nektoratsprüfung in den 
Jahren 1883 und 1884 gewann er Muße, 
fich neben feinem eigentlichen Berufe der 
Schriftitellerei zu widmen. Er ift Mit— 
arbeiter mehrerer pädagogiicher Blätter 
und fultiviert insbejondere das Gebiet 
der Jugend: und Volfsliteratur. Auf 
feine Anregung bin iſt der „Verein ka— 
tholifcher Lehrer Breslaus“ feinerzeit der 
Frage der Nugendliteratur näher getreten 
und hat eine Jugendſchriften-Kommiſſion 
eingelegt. Die Entitehung des in den 
Jahren 1886 und 1887 erichienenen I. 





und II. Heftes des Verzeichniffes von Au: 
gend: und Volksſchriften nebſt Beurteilung ders 
ſelben ift hauptiächlich feinen Bemühungen 
'zuzufchreiben. Die Arbeit hat in den be: 
leiligten Kreilen Anerkennung gefunden, 
‚und es fteht zu hoffen, daß diejelbe, wie 
‚es in einem Anſchreiben des verjtorbenen 
Fürſtbiſchof Nobert heißt, „recht viel 
Böſes verhindern und reichen Segen ftiften 
wird”. 


Ebeling. 


€. 


Ebeling, Adolf, wurde am 24. Okto— 
ber 1827 in Hamburg geboren, erhielt 
feine Borbildung im Johanneum dafelbit, 


ftudierte und promovierte in Heidelberg. 


und machte dann eine große überſeeiſche 
Reiſe nah Brafilien. 1851 nahm er 
jeinen Aufenthalt in Baris, als Erzieher 


und Korreipondent deutiher Zeitungen, 


jpäter als Profeſſor an der faiferl. Handels: 
akademie. 1873 folgte er einem Rufe 


126 


Eberlein. 


Mein Vater war der Geiltliche des Orts, 


Als ich drei Jahre zählte, wurde mein Ba: 
ter auf der Pfarritelle Handſchuchsheim 


bei Heidelberg Pfarrer und jpäter Defan. 


In Handſchuchsheim mit feiner wunderbar 
ihönen Umgebung verlebte ich inmitten 
meiner fünf Geſchwiſter eine ſehr glüd: 
liche Jugendzeit. Mein Vater unterrichtete 
uns Kinder zugleich mit mehreren andern, 
die feiner Obhut anvertraut waren, im 
Verein mit einem Lehrer aus der franz 
zöſiſchen Schweiz in den meilten Fächern. 





nah Kairo an die dortige vicefünigliche | Er war äußerſt pflichttreu und gewiſſen— 
Kriegsichule, und kehrte 1878 nach Europa haft, uns Kindern ein Vorbild in Treue 
zurüc, woer ſich dauernd inKölnniederließ. und Fleiß. Meine Mutter, eine reich bes 


Außer zahlreihen Beiträgen in Zeitſchriften 
und Sammelwerfen verfahte E. eine Neihe von 
Werfen, weldhe von der Kritik jehr lobend aner: 
fannt wurden, u. a. Bilder aus dem modernen 
Paris (1860— 70), Gaſelen (1868), Kaleidoſkop 
aus dem Jahre 1870 (1870), Deutiches Künitler: 


Album (1572-1874), Bilder aus Kairo (1879), 


Das heutige Agypten (1855), Nero (1885), Mer 
moiren der Gräfin Remuſat und der Generalin 
Durand (1884— 1887), Napoleon IIL und fein 
Hof (1887). 

Ebeling, Friedrih Wilhelm, geb. am 
15. Januar 1822 in Halle, beſuchte das 


dortige Gymnaſium und bezog 1840 die 


gabte, poetifch beanlagte, dabei jehr praf: 
tiſche Frau, voll Herzensgüte und Geilt, 
führte mich Schon früh ins häusliche Les 
‚ben mit feinen vielerlei Obliegenheiten ein. 
Im Jahre 1858 zog mein Bater nad) Ba 
denweiler, wo er bis zum Jahre 1876 
fein Amt als Geiſtlicher verwaltete, Hier 
lernte ich meinen reichgebildeten Gatten 
‚fennen. Er war Vifar im Haufe meines 
Vaters. Nah mehr als zweijährigem 
Brautſtande vermählte ich mich mit dem: 
jelben im Jahre 1863 und folgte ihm auf 





Univerfität dajelbft, ipäter die zu Berlin, ſeine erfte Stelle in Schatthauſen bei 
wo er aud) den Doktorgrad erwarb. Die | Heidelberg, wo er Pfarrverweſer war. 
allgemeine Anerkennung, deren jeine erften | 1865 wurde mein Gatte als Pfarrer nad) 
literarischen Arbeiten ſich erfreuten, ver: | Baierthal bei Wiesloh und 1881 nad 
anfaßten ihn, feine akademiſche Laufbahn | dem Städtchen Abelsheim, feinem Geburts: 
abzuschließen und ſich ganz der Schrift: | ort, berufen und wirkt daſelbſt feither als 
ftellerei zu widmen. €. hat ſich durch Pfarrer und Defan. So viel es die Arbeit 
feine Geſchichtswerke fehr verdient gemacht, der Hausfrau, die Pilihten der Gattin 
auch hat er feine Kenntnis der komiſchen und Mutter erlauben, widme ih mic 
Literatur in dem ebenfo betitelten Wert literariſcher Arbeit. * 

(1865) in hervorragender Weiſe bethätigt.  Neine Schriften gelten vorzüglich der Frauen: 


Außerdem hervorzuheben: 

Fabius Gohler (1850), Zchn Jahre im Zucht: 
baus (1850), Sieben Bücher franzöfiicher Ge: 
Ichichte (1855), Beiträge zur Geſchichte und Po: 
titif des 17. Jahrhunderts (1856), Mon plaisir 
(1865), Kyaw und Brühl (1885). | 

Eben, 9., ſ. Hans Fladı. | 


Eberhardt-Bürck, Adelheid. Am 
23. Juli 1836 erblickte ich im Marktflecken 
Schönau bei Heidelberg das Licht der Welt. 


welt: Gmelfa (Ep. 1856), Markgraf Ernft und 
Ida (Ep. 1860), Freud und Leid im heiligen 
Krieg, ein Liederkranz aus Deutſchlands grohem 
Jahr (1871), Die Macht der Liebe, ein Buch für 
und wider die rauen (1875), Dildegarde (1876), 
Ideal und Wirklichkeit (1875), Nathanael Traus 
gott (1879), Maria die Kleidermacherin (1885). 


&berlein, Richard, geb. am 9. März 
1321 in Böhned, erlernte die Kaufmanıı 
Ihaft in Zeipzig, ging von derjelben ab, 
um am gleihen Orte durch Brivatunter: 


— 127 — 


Ebermaper. Ebers. 
richt ſich zum Univerſitätsſtudium vorzu- | fung als Profeſſor für Bodenkunde, Agri— 
bereiten, wobei er nebenbei philoſophiſche kulturchemie und Klimatologie an die Uni— 
Kollegien hörte, ließ ſich jedoch bejtimmen, | verſität München, wo er noch thätig. 
im Jahre 1842 in das elterlihe kauf- Seine hervorragende Beteiligung am forjts 
männifche Gejchäft als Teilhaber einzutres | lihen Unterrihte Bayerns gab Veran— 
ten, machte ſich 1850 ganz jelbftändig und laſſung, daß er ich jpeziell die Erforſchung 
verwandelte jpäter fein Maarengefchäft in der Phyſik und Chemie des Waldes zur 
ein Bankgeihäft. 1860 trat er in den | Lebensaufgabe machte, um dadurd) die 
Meininger Landtag ein, welchem er ſeit- naturwiſſenſchaftliche Begründung der 
dem ununterbroden angehört hat.  Forftwirtichaft zu fördern. Im Zuſam— 
Kr —— * * — eg Ab: | menhange damit fteht feine lebhafte Be— 
ndiungen: € en lebten n . | 344 he i 
1882). Ent und Gefellf Saft be Bull R 886 teiligung an der Gründung des forſtlichen 
und Zur Verſöhnung des Idealen und Realen Verſuchsweſens in Deutſchland, ſpeziell die 
(1856), die Dramen: Die Brüder (1879) und durch ihn veranlaßte ſtaatliche Errichtung 
Ter goldene Pantoffel (1885), und die Novellen: | des forftlihen Verſuchsweſens in Bayern 
u N er gg Haus und die Gründung der forſtlich-meteorol. 
ide Ziel en Tamilie (IBB, Sympathi | Stationen bafelbit (1866 und 1867) be⸗ 
hufs Erforihung des Waldflimas. 
Hauptwerfe: Die phyſikaliſchen Einwirkungen 
des Waldes auf Luft und Boden und feine klima— 
tologiſche und hygieiniiche Bedeutung (1873), Die 








Ebermayer, Ernſt Wilhelm Ferdi- 
nand, geb. am 2. November 1829 zu Reh— 


Iingen bei Bappenheim (Bayern) als Sohn 
eines proteftant. Pfarrers, ſpäteren De 
fans und Hauptpredigers in Nördlingen. 
Nah Vollendung feines vorbereitenden Un: 
terrihts an den Studienanftalten Winds— 
bad, Nördlingen und Ansbady wollte er 
dh anfänglich die Pharmazie als Lebens: 
beruf wählen, verließ diejelbe aber nad) 
vollendeter Prüfung an der Univerj. Mün: | 
den und widmete fich dem Studium der | 
Naturwifienichaften an der Univerfität 
und der polytehnifhen Schule dafelbft. | 








gefammte Lehre der Waldjtreu mit Rückſicht auf 
die hemifche Statik des MWaldbaues (1876), Phy— 
fiologifche Chemie der Pflanzen (1882), Die Ve: 
Ichaffenheit der Waldluft und die Bedeutung der 
atmoſphäriſchen Kohlenſäure für die Waldvegeta- 
tion (1885). Außerdem viele Abhandlungen in 
Fadzeitichriften. 


Ebers, Georg, wurde am 1. März 
1837 in Berlin geboren, erhielt feine Vor: 
bildung in der von Fröbel gegründeten 
Erziehungsanftalt zu Keilhau jowie auf 
den Gymnafien Kottbus und Quedlinburg 


1852 wurde er Aſſiſtent bei Prof. von Ko: 
bell an der mineralogiihen Staatsfjamm- 
lung, und 1853 machte er in München 
die höhere Lehramtsprüfung für Chemie, 
fürNaturgefchichte und Technologie. Schon 
im jelben Jahre erhielt er eine Lehrſtelle 


und bezog 1856 mit der Abficht, fich der 
Nechtswifienichaft zu (widmen, die Unis 
verfität Göttingen. Kurze Zeit des tieferen 
Hineinlebens in die Jurisprudenz genügte 
jedoch, dem jungen Studenten Far zu 
machen, daß ihm auf diefem Felde kein 
an der königl. Landwirtichafts: und Ge: | inneres Genügen erwüchſe. Eo jattelte 
werbeichule zu Nördlingen, und 1858 | er um und begann Archäologie und Sprach— 
wurde ihm die Funktion eines Rektors an wiſſenſchaften zu ftudieren. Der raſtloſe 
der k. Gewerbeichule zu Landau übertra: | Fleiß und das eifrige Streben E.'s wurden 
gen. Aber noch im felben Jahre ijt er an durch ein, bereitd in jeinem einundzwan— 
die Forftlehranftalt Aſchaffenburg berufen, |zigiten Jahre ſich einftellendes ſchweres 
wo ihm die neu kreirte Profeffur für Che: Leiden nicht gehemmt. Nachdem dieſes 
mie, Mineralogie und Geologie übertras | jchmerzhafte, immer wieder von neuem 
gen wurde. Nach 20jähriger Thätigkeit an | ausbrechende Leiden E. ſechszehn Jahre 
diefer Anjtalt erfolgte 1878 feine Beru: . lang verichont, brad) es vor neun Jahrın 





Ebert. 


128 


Ebner⸗Eſchenbach. 


wieder heftiger aus, und kein Mittel hat er als ordentl. Profeſſor nach Leipzig be— 
rufen, als welcher er noch jetzt wirkt, da— 
neben vielfach und in hervorragendſter 
Weiſe ſchriftſtelleriſch thätig. Unter ſeinen, 


ſich wirkſam dagegen erwieſen; aber weder 
Lähmung noch Schmerzen fochien E.'s 
geiſtiges Leben und ſein Fortſchreiten an. 
1859 vertauſchte er Göttingen mit Ber— 
lin und ging nach Vollendung ſeines Stu— 
diums auf mehrjährige Forſchungsreiſen, 
beſonders um Kenntnis von den ägyptiſchen 
Muſeumsſchätzen Europa's zu nehmen. 
1865 habilitierte er ſich dann an der Uni— 
verſität Jena als Dozent für ägyptiſche 
Sprache und Altertumsfunde, und 1866 
erhielt er dort eine Profeſſur. 1870 be: 
rief ihn die Univerfität Zeipzig, an der er 
noch jest wirft. Inzwilchen unternahm E. 
mehrere Forſchungreiſen, hauptſächlich nad) 
Agypten und Nubien, deren reiche willen: 
Ichaftliche Ausbeute (Papyrus Ebers :c.) 
jeinen Ruf begründete. E. gilt als einer 
der bedeutenditen Agyptologen unferergeit. 
Aber mehr noch: er hat dem hiftorischen 
Roman eine neue Ara erſchloſſen (ſ. Ein: 
leitung d. „liter. Deutſchlands“), und feine 
Verdienfte auh um unfere belletrifti: 


(en jpiegbürgerlihen Anfechtungen, die €. 
gerade auf diefem Felde erlitten — große 
und nicht wegzudisputicrende. 





(1872), 


Von E.'s, in bunderttauienden von Eremplaren | 


verbreiteten Werfen heben wir hervor: Eine ägyp: 
tiſche Königstochter (1864), Ägypten und Die 
Bücher Moſe's (1868), Durch Goſen zum Sinai 


(1871), Uarda (1876), Homo sum (1878), Die | 
Flamberg, Sturm), geb. am 18. Januar 


Schweitern (1879), Hgupten in Wort und Bild 
(1879), Eine Frage (1881), Die Frau Burge: 
meifterin (1882), Der Kaiſer (1883), R. Lepfius, 
ein Zebensbild, Ein Wort (1883), Baläftina (1884), 


Serapis (1584), Cicerone (1885), Die Nilbraut | 


(1886), Elifen. (Boetifche Erzäblung in gereimten 
Verfen. (Öttave rimen.) 1887). 

Ebert, Adolf, wurde am 1. Juni 1820 
in Kaffel geboren, abjolvierte das Gym: 
naſium daſelbſt und die Univerſitäten Mar— 
burg, Leipzig, Berlin und Göttingen. 
letztgenannter Univerſität promovierte er 
zum Doktor und habilitierte ſich als Privat— 
dozent für Geſchichte und Literaturge— 
ſchichte, ſpeziell romaniſche. 1849 ſiedelte 
er an die Univerfität Marburg über, wo 
er außerord. Profeſſor wurde, 1862 wurde 


An 


ſche Literatur find — ungeachtet der vie: tellerinnen. 


"habilitierte er fich zu Erlangen. 





um die Literatur und ihre Geſchichte hoch— 
verdienten Werfen heben wir hervor: 
Quellenforſchungen aus der Geſchichte Spaniens 
(1849), Handbuch deritalienifchen Nationalliteratur 
(1854), Allgemeine Geſchichte der Literatur des 
Mittelalters (1874—87 ). 
Ebner-Eſchenbach, Marie Baro- 
nin von, wurde am 13. September 1830 
in Zdislawitz (Mähren) geboren, genoß 
eine ausgezeichnete Erziehung im elter— 
lichen Hauſe unter Anleitung ihrer Stief— 
mutter (die Mutter ſtarb kurz nach der 
Geburtdes Kindes). Früh mitden Meiſter— 
werken unſerer Literatur bekannt gemacht, 
brachte das hochbegabte Mädchen denſel— 


ben ein inniges Verſtändnis entgegen und 


faßte das glühende Beſtreben, ihnen nach— 
zueifern. Und dieſem Streben erwuchſen 
reiche Erfolge: M. v. E.:E. gilt nunmehr 
als eine der talentiertejten lebenden Schrift: 
1849 vermählte fie ſich mit 
einem Offizier und lebt mit demjelben in 
glüdlichiter Ehe in Wien. 

Hauptwerfe: Die Prinzeffin von Banalien 
Erzählungen (1875), Bozena (1876), 
Aphorismen (1880), Erzählungen (1881), Dorf: 
und Sclofgeihichten (185, Zwei Comtelien 
(1885), Neue Dorf: und Schloßgeichichten (1856). 


Ebrard, Joh. Heine. Aug. (Deutich, 


1818 in Erlangen als Sohn eines Geiſt— 
lichen, der ihn von vornherein für feinen 
eigenen Beruf bejtimmte, weshalb er die 
Univerfität feiner Vaterjtadt und die zu 
Berlin als Theologe abfolvierte. 1841 
1844 
wurde er als Profeſſor der Theologie nad) 
Züri) und 1847 als ſolcher nad) Erlangen 
berufen, wurde 1853 Konfiftorialrat in 
Speyer, wo er bis 1861 wirkte, da er in 
den Ruheſtand trat. Von feinen Werfen, 
die fi) — ſoweit es poetiiche find, durch 
Reinheit und Formvollendung — foweit 
es proſaiſche find, durch fünftleriihen Auf: 
bau auszeichnen, heben wir hervor: 


— 


Ed. 


Einer ijt euer Meiiter (1856), Rudolf von der | 
Balz (1560), Hermann (1861), Die Kreuzeiche 
(1862), Scleswig:dolftein (1863), Werner 
1864), Die Roje von Urach (1869), Der Boael: 
iteller von Eichlippthal (1571), Ein Leben in Lie: 
dern (1872), Cheiriſophos Reiſe durch Böotien 
(1872), Ein deuticher Mann (1878), Reife in den 
Sevannen (1880), Ein Totentanz (1880), Wis 
cordo (1881). 


Ed, Ernit,wurdegeborenam 21. Auguſt 
1838 zu Berlin als Sohn des Geh. Mied.: 


129 





Raths W. Eck und nach dem frühen Tode 
deitelben in Echulpforta (1851—57) er⸗ 
zogen. Er ftudierte die Nechte (1857 — 60) 
in Berlin und Heidelberg, promovierte in 
Berlin (1860) als Doctor juris und, 


4 
I 


machte die richterliche Laufbahn bis zum 
Gerichts: Ajiehhor (1565) durd. Dem— 
nächſt (1866) in Berlin als Privatdozent 
des römiichen Rechts habilitiert, wurde er 
dajelbjt (1S71) zum auferord. Profeſſor 
ernannt und zu Djtern 1572 als ordentl. 
Profeſſor nad) Gießen berufen. Zu Oſtern 
1873 ging er zufolge eines neuen Rufs 
nach Halle a. d. ©., zu Dftern 1877 nad) 
Breslau, zu Ojtern 1881 nad Berlin. 
Seine Thätigkfeit iſt mehr dem Lehrberuf | 
als der Schriftjtellerei zugewendet. Als | 
jelbjtändige Schriften von ihm find u. a. 
erihienen: 

Die Ddoppeljeitigen Klagen (1870), Die Ber: 
pflichtung des Verkäufers 2c. (1874), Beitrag zur 
Lehre von den ädiliziſchen Klagen (1885). 


Eckardt, Julius von, wurde am. 
1.Auguft 1836 zu Wolmar in Zivland ges | 
boren, jtudierte zu St. Petersburg, Dorpat 
und Berlin Jurisprudenz und Gefchichte 
und lich ſich 1560 in Riga nieder, wo 
er als Beamter des livländiichen evang. 
Konfijtoriums und als Redakteur der 
„Rigafchen Zeitung” thätig war und an 
den Kämpfen für die Erhaltung des an— 
geftammten Rechts und des deutſch-pro— 
teſtantiſchen Charakters der Oſtſeeprovin— 
zen eifrigen Anteil nahm. Als die ruſſiſche 
Regierung ſich für die Ruſſifikation dieſer 
Provinzen entſchied, verließ E. im Jahre 
1867 jeine Heimat. Von 1867 —70 Re— 
dafteur der „Srenzboten“, von 1870— 74 





Das literariide Teutichland. 


Eckardt. 


Redakteur des „Hamb. Korreſpondenten“ 
und der „Börſenhalle“, wurde er 1874 
zum Sekretär des Hamburgiſchen Senats 
erwählt, welches Amt er acht Jahre lang 
bekleidete. Als der Senat ihm auf Grund 
einer Beſchwerde der ruſſiſchen Regierung 
Beſchränkungen feiner publiziſtiſchen Thä- 
tigkeit auferlegen wollte, verließ E. Ham— 
burg, um als Geh. Regierungsrat nach 
Berlin überzuſiedeln. Anfangs im Mi— 
niſterium des Innern beſchäftigt, trat er 
1884 als Hülfsarbeiter in das auswär— 
tige Amt über; 1885 wurde er zum kaiſ. 
Konful in Tunis ernannt. Won feinen 
verdienten Schriften find zu nennen: 
York und Paulucei, Beiträge zur Geſchichte der 
Konvention von Tauroggen (1365), Die baltifchen 
Provinzen Rußlands (1869), Rußlands Ländliche 
Zuſtände feit Aufhebung der Zeibeigenichaft (1869), 


| Baltifche und ruffische Kufturitudien (1869), Jungs 


ruſſiſch und altlivfändiich (1871), Zivland im 18, 
Jahrhundert (1876), Gabriel Merkel über Deutich: 
land in der Schiller: Gocthereit (1886). Anonym 
erichienen: Aus der Petersburger Geſellſchaft (6. 
Aufl, 1873—75), Rußland vor und nach dem 
Kriege (1879), Berlin und Petersburg (1580), 
Bon Nikolaus I. zu Merander III. (18S1), Auf: 
jiihe Wandlungen (1882). 


Eckardt, Doris, geb. am 6. Septems 
ber 1847 zu Vellahn (Mecklenburg), be: 
fuchte die Hochſchulen zu Parchim und 
Schwerin, Schriftitelleriich auf nautiſchem 
und ethnologiihem Gebiete thätig, lieferte 
namentlich über die melanefiichen Inſel— 
gruppen und ihre Bewohner beachtenswerte 
Dionographien (im „Globus“ u. a. a.O.); 
Skizzen aus der Südſee u. A. m. erfchienen 
im „Daheim“, „Schorers Yamilienblatt“ 
und anderen Zeitichriften, ebenfo auch zer: 
ſtreut einige feiner Kriegserinnerungen aus 
dem Feldzuge 1870/71, in dem er mit- 
fünpfte. &. widmete fih dem Buchhandel 
und gründete 1982 in Hamburg ein Spe— 
zialgeichäft für Geographie und Nautif. 


Eckart, Nudolf, geboren am 1. De— 
zember 1561 zu Schöncbed, Kreis Oft: 
priegnig in der Prov. Brandenburg, er: 
hielt bis zu ſeinem zehnten Jahre den 
Schulunterricht von feinem Vater, welcher 

9 


Eder, 
inScönebed eine Rnabenerziehungsanftalt 


leitete. Im Jahre 1572 bezog er das 
Gymnaſium zu Nordhaulen am Harz, das 


mit dem herzogl. Gymnaſium in Holzmin⸗ 
den (Herzogt. Braunichweig) vertaufchte. 
Hier veröffentlichte er in Zeitichriften und 


130 


Eckers. 


Phyſiologiſche Unterſuchungen über die Bewe— 
gungen des Gehirns (1843), Crania (Fermaniae 
(1863— 65), Die Hirmmindungen der Menichen 


: { r (1869), Lorenz Dfen (1880), Dundert Jahre einer 
er bis Oberſekunda beſuchte und ſodann 


Freib. Profeſſorenfamilie (1886), 
ders, Guſtav, Sohn des Rektors 





der neuen Stadtichule zu Zinna, wurde 
am 17. Auguſt 1511 geboren. Der Vater 


inTagesblättern feineerjten Boefien. Nach folgte dem Aufruf des Königs Friedrid) 
abjolviertem Daturitätseramen bezog E., Wilhelm III. zur Befreiung des Vaterlan: 
zunächſt um Theologie zu ftudieren, die |des 1813. Die Mutter, Sophie E., Tod): 
Univerfität Göttingen, doch wandte er fich |ter des Paftors Rißmann in Dennemwig, 
bereits im dritten Semejter gänzlich von | nahm mit ihren Söhnen ihre Zuflucht zur 
diefem Studium ab und warf fih nun: | Großmutter, ernährte ſich durch ihrer 
mehr mit Eifer auf fein Lieblingsftudbium | Hände Arbeit und ermwirfte, daß beide 
der philolophiihen Miffenfchaften. Neben: ; Söhne ftudierten. Guftav blicb vom ſechs— 
bei war er literariſch thätig, für Zeitichrif: | ten bis zum vierzehnten Jahre bei feinem 
ten Novellen, Skizzen, Efjays und Poeſien Großonfel, dem Paſtor Eders in Bram: 
liefernd. Nachdem er noch in den legten | bach, wo er die glücklichſte Zeit feines Le: 
Semeftern die Univerfität Greifswald be: bens vollbrachte. Nah dem Beſuch der 





ſucht und auf mannigfachen Kreuz und 
Querzügen durch Norddeuticland Land 
und Leute kennen gelernt hatte, beendete 
er fein Univerfitätsftudium und widmete 
fich völlig dem ſchriftſtelleriſchen Fach, auf 
novelliftiihem, Inriihem, literarhiftori: 
ihem Gebiete thätig. 1887 nahm er ſei— 
nen Wohnfig in Nörten (Prov. Hannover) 
und gründete dajelbjt die Halbmonatsichrift 
für Dichtkunſt und Kritik, das „Nord: 


deutihe Journal“, deſſen Nedaftion er! 


gegenwärtig inne hat. 

Werke: Saat auf Hoffnung, Altes und Neues 
aus Herz und Welt (1885), Am kuriſchen Haft, 
Die Ohrfeigen (Erz. f. d. reif. Jug. 1886), Licht 
und Schatten (Ged. 1887), Niederſächſiſches Dich: 
terbuch (1887). 

Ecker, Alerander, wurde am 10. Juli 
1816 in Freiburg geboren, jtudierte in 
Heidelberg Medizin und Naturwillenichaf: 
ten und legte 1837 das Staatseramen ab. 
1839 habilitierte er Sich zu Freiburg, 


wirfte hier als Privatdozent, dann in Hei | 


delberg als außerord. Profeſſor, bis er 
1844 eine Brofejlur in Bafel erhielt. 1850 
berief ihn die Univerfität jeiner VBaterftadt, 
an welcder er noch jest wirft. ©. zählt 
zu den hervorragenditen Anatomen unje: 
rer Zeit. Unter feinen verdienten Werfen 
find hervorzuheben: 


Gymnaſien zu Zerbit und Wittenberg Stu: 
dierte er Theologie und befonders die 
Philoſophie Hegels in Berlin, wurde Kan- 
didat der Theologie und 1836 Lehrer im 
Haufe des Neichsgrafen Peter v. Medan 
in Mitau und machte an der Univerfität 
zu Dorpat die Eramina. 1839 wurde er 
Lehrer an der Kreisichule zu Goldingen, 
1844 Oberlehrer und Eraminator für das 
Lehrfad der deutichen Sprade und Lite: 
ratur am failerl. Gouvernementsgymna: 
fum zu Riga. Er wurde Mitftifter des 
Rigaer Naturforichervereins, gründete den 
Rigaer Dichterverein und gab als Präſi— 
‚dent des Thierichußvereins die Jahres: 
berichte von 1860— 74 heraus. Er grün: 
dete und leitete das erite weibliche Gym: 
naſium in Niga von 1857 — 74. Im ron: 
dienſt erlangte er den Hang eines Kolle: 
gienrats und wurde Ehrenmitglied von 
18 gelehrten Gejellichaften. 

Er gab heraus: 1846 das Drama Jokoſte, 1878 
Tirefias, 1880 Des Greiſes Erzählung, eine Kris 
tif von Erzählungen des Alten Teftaments und 
1:86 die Bevölferung der Urzeit. Auberdem find 
von ihm gedrudt: ein Feſtgedicht zur Schillerfeier 
in Riga und Pie Gründung Heidelbergs, cin 
hiftoriicher Nachweis der Wanderungen der Sue: 
ven und Chatten aus Indien an den Main in 
dichterifcher Form und ein Sendichreiben nach Yü« 
ri, cin Separatvotum in der Schladhtfrage. 


Editein. 


Eckſtein, Ernit, wurde am 6. Februar 
1845 in Gießen geboren, abfolvierte da: 
jelbit das Gymnaſium und widmete fich 
dem Studium der Literatur, Philofophie 
und Geihichte an der Univerfität feiner 
Baterjtadt, dann an der zu Bonn. Nach— 
dem er zum Doktor promoviert war, ging 
er auf Reilen ins Ausland, um feinen 
Gefichtsfreis zu erweitern. Zurüdgefehrt, 
wandte er fi) der publiziftiichen Laufbahn 
zu, war redaktionell an der „Neuen freien 
Preſſe“ in Wien und fpäter an der „Deut: 
ihen Dichterhalle”, danah am „Schalt“ 
thätig, bis feine außerordentlichen litera- 
riihen Erfolge ihn veranlaßten, ſich von 
aller derartigen Thätigfeit frei zu machen 
und ſich ganz der jelbjtändigen Schrift: 
ftellerei hinzugeben. Nachdem €. zuerft 
vornehmlich die Satire und Humoreske 
gepflegt hatte, wandte er fich jpäter aus— 
ihließlicher dem Roman zu, zu deſſen an- 
gefeheniten Autoren E. nunmehr zählt. 

Sauptwerfe: Schach der Königin (1870), Die 
Stumme von Sevilla (1871), Venus Urania 
(1872), Der Belud im Karzer (1875), Aus Se: 
funda und Prima (1876), Initium fidelitatis 
(1876), Satirifche Zeitbilder (1877), Das hohe 


Lied vom deutichen Profeſſor (1877), Sturmnadt | 


(1878), MWurillo (1880), Die Claudier (1881), 
Brufias (1883), Das Vermächtnis (1885), Uphro- 
dite (1885), Violanta (1886), Pia (1887). 
Edelmann, Wilhelm, geb. den 30. 
Mai 1843 in Hagenweil (Kant. Thurgau), 
ftudierte Theologie in Tübingen und Eid: 
jtädt, 3. 3. Pfarrer in Murg am Wallenſee 
(Schweiz), bürgerlid von Muolen (Kant. 
St. Gallen), veröffentlichte Schon als Stu: 
dent verfchiedene Gedichte in den „Monat— 
rofen des Schw. Studentenvereins“, wurde 


1868 PBriefter und Kaplan in Mörihmil 


bei St. Gallen, gab 1875 eine Samm: 
lung Gedichte heraus unter dem Titel Die 
Friedensengel. 
gen erfchienen feither in verschiedenen Zeit: 


ſchriften. 


Eder, Joſef Maria, wurde am 16. 
März 1855 in Krems an der Donau ge— 
boren. Daſelbſt abſolvierte er das Gym— 
naſium und wendete ſich dem Studium 


131 


Mehrere kleinere Dichtun: | 


Egelhaaf. 


der Naturwiſſenſchaften an der Wiener 
Univerfität im Jahre 1872 zu. Zur weis 
teren Ausbildung in der Chemie abjol- 
vierte er die techniſche Hochſchule in Wien 
und praktizierte am k. k. berg= und hütten⸗ 
männifchen Reichslaboratorium; nachdem 
ev furze Zeit als Supplent für Chemie 
an der Staatsoberrealichule in Troppau 
gewirkt hatte, wurde er Aſſiſtent an der 
Lehrfanzel für chemiſche Technologie an 
‚der techniſchen Hochſchule in Wien (bei 
Prof. Pohl) und habilitierte fih im Jahre 
‚1880 als Privatdozent für Photochemie 
\dafelbjt. Seit dem Jahre 1882 wirft er 
als Profeſſor der Chemie an der Wiener 
Staatsgewerbeſchule. 

Hauptwerke: Die chemiſchen Wirkungen des fars 
bigen Lichtes (1879), wovon eine franzöfiiche und 
englifche Überfegung erſchien; Über die Reaktionen 
der Chromate auf Gelatine, Gummi und andere 
Subftangen organ. Urfprungs (1878), welche Ars 
' beit von der Wiener photographiichen Geſellſchaft 
den Preis der goldenen Medaille erhielt; Die 
| Photographie mit Chlorfilbergelatine, in Gemein⸗ 

Ihaft mit Hauptmann Pizzighelli herausgegeben 
(1881), Theorie und Praris der Photographie 
ı mit Bromfilbergelatine (3. Aufl. 1886); Die Mo: 
| mentphotographie und ihre Anwendung auf Kunft 
und Wiffenihaft (1886). Außerdem viele fach» 
wiſſenſchaftl. Abhandl. in Zeitichriften ꝛc. 1882 
begann €. das Ausführlihe Handbuch der Phos 
tographie (1882—87) und gründete 1886 das 
' „Jahrbuch für Photographie und Reproduktions⸗ 
technik.“ 

Egelhaaf, Gottlob, wurde am 1. 
März 1848 zu Gerabronn geboren, er: 
hielt jeineBorbildung auf dem Gymnafium 
dajelbft und bezog 1866 die Univerfität 
Jena, um Geſchichte und Literatur zu ftus 
dieren und fi nad Abjolvierung dem 
Lehrerberuf zu widmen. E. machte ſich 
namentlich durch ſeine vorzüglichen Grund— 
züge der deutſchen Literaturgeſchichte (3. Aufl. 1884) 
literariſch bekannt. Won ſeinen weiteren 
Werken heben wir hervor: 

Der italieniſche Krieg (1879), Grundzüge der 
Geſchichte (1885), Deutiche Geichichte zur Zeit der 
| Reformation (1885), Analeften zur deutichen Ges 
ſchichte (1886). 
| Egenolff, Peter, geb. 1851 im Res 
 gierungsbezirf Wiesbaden, bejuchte er das 
Gymnaſium zu Hadamar, jodann die Unis 


9* 








Enger. 


verfitäten München, Göttingen, Berlin und 
Straßburg. Anfangs wollte er die akade— 
mijche Karriere verfolgen, war jedoch ge— 
jwungen, zum Gymnaſium zurüdzufehren, 
und jo wirfte er jeit Herbit 1877 als Bro: 
fefjor für alte Spraden am Gymnaſium 
zu Mannheim; von 1857 an in gleicher 
Eigenihaft am Gymnaſium zu Heidelberg. 


Seine Promotion zum Dr. phil. fand 


1874 in Straßburg itatt. 

Schriften: Anonymi epitoma grammaticne 
(1577). Erotemata grammatica ex arte Diony- 
siana oriunda (18801, low να zip 
THY Brzzifung TWUnYnEny Zu BUdEHLE ZIWEN- 
zes (1880), Die orthoepiichen Stüde der byzan— 
tinischen Literatur (1857). Nusßerdem viele Bei: 
träge in willenichaftlihen Zeitichriften. 


Egger, Joch, geb. am 16. Auguft 
1539 zu St. Banfraz im Ultenthale in Ti— 
rol, habe ich meine früheiten Jugendjahre 
dajelbjt und bei Verwandten zu Margreid 
verbradjt, bis ich im Alter von 12 Jah— 
ren zu cinem Verwandten in die Yandes: 
hauptſtadt Innsbruck fam. Bier ftudierte 
ih am Gymnaſium und an der pbilofo: 


132 


— Egli. 

Im Jahre 1869 begann ich auch mein 
Hauptwerk: Geſchichte Tirols von den älteſten 
Zeiten bis in die Neuzeit. 1876 verheiratete 
ich mich mit Louiſe von Troyer. 1882 
veröffentlichte ich Die Tiroler und Vorarlberger. 
Gleichzeitig ließ ich mich von Prof. Zin- 
gerle an Stelle des nad) Prag und dann 
nad Wien berufenen Prof. von Inama— 
Sternegg für die Herausgabe des legten 
umfangreicjiten Bandes der tiroliichen 
Weistümer gewinnen, und diefe Arbeit 
ı hat mid) jeitdem vollauf beichäftigt, da ich 
nach Vollendung des Tertes die Ausarbei- 
‚tung des Negijters und Slofjars über alle 
‚vier Bände und die Nachträge in Form 
‚eines Ergänzungsbandes allein auf mid) 
genommen habe. Vier Eleinere Arbeiten 
veröffentlichte ich in den Programınen des 
Innsbrucker Gymnaſiums, alle auf Die 
Geſchichte Tirols bezüglid. 


Egli, Johann Jacob, wurde am 17. 
Mai 1825 zu Laufen (Schweiz) geboren, 
widmete fich dem Lehrerberuf. 1866 ba: 
‚bilitierte er ſich an der Univerfität Zürich) 


phijchen Fakultät, wo ich mic vorzüglich als Privatdozent für Erdkunde und wurde 
hiſtoriſchen, geographiſchen, philoſophiſchen 1883 zum Brofeffor ernannt. Unter feinen 
und germaniitiichen Ztudienwidmete. Nach | in vielen Auflagen verbreiteten Werfen 


glüdlicher Abjolvierung der Lehramtsprü— 
fung für Geſchichte und Geographie, er: 
hielt ih 1565 eine Euppleatur an der 
Oberrealfchule zu Innsbruck und nad) Ab- 
legung der Prüfung für deutihe Sprache 
und Literatur die erledigte Stelle als wirf: 
lidher Lehrer und Profeſſor an der ge: 
nannten Anstalt. Nachdem ich mir nod) 
das philoſophiſche Doktorat erworben, be: 
gann ich meine Korihungen auf dem Ge— 
biete der tiroliichen und öjterr. Sefchichte 
mit zwei Arbeiten (Die älteften Geſchichts— 
fchreiber Tirols (1867), Herzog Leopold III). 
1869 vertaufchte ich die Stelle mit der 
eines Profeſſors am Obergymnaſium da— 
ſelbſt, wurde gleichzeitig proviſor. Bezirks— 
ſchulinſpektor der Bezirkshauptmannſchaft 
Steutte, zwei Jahre ſpäter der Stadt 
Bozen und Gerichtsbezirke Neumarkt und 
Kaltern, in welcher Eigenſchaft ich bis 
zum Anfange des Jahres 1878 verblieb. 


heben wir hervor: 

Geographie für Volksſchulen (1857), Entdeckung 
der Nilquellen (1866), Nomina Geographica 
(1872), Neue Erdkunde (7. A. 1887), Neue Schweis 
zerfunde (7. U. 1883), Handelsgeographie (4. X. 
1888), Geſchichte der geogr. Namenkunde (1886). 


Ehrlich, Alfred Heinrich, wurde am 
‚5. October 1522 in Wien geboren, zeigte 
früh Schon große mufifalifche Anlagen und 
‚widmete jich dieſer Kunſt und ihrer Aus— 
übung. Nach vielen, von reichen Erfolgen 
gekrönten Konzertreiſen in Deutſchland und 

dem Ausland ließ er ſich in Berlin nieder, 
wo er als Lehrer an einem Konſervatorium 
(Stern'ſches) und als Muſikkritiker lebt. 
1875 wurde ihın der Titel Profeſſor ver: 
lieben. 

Hauptmwerfe (Romane): Abentener eines Em: 
porfömmlinas(1861), Runftund Handwerk (1862); 
Novellen: Aus dem Wufiferleben, die Muſik— 
Aeſthetik (1582), Lebensfunft und Kunſtleben 
(1885), Dazardfpiel der Gefühle (1886), 


Eichler. — 133 — Einsle. 


Eichler, Marie, wurde am 19. Sep- Louisville, wo er bis 1851 blieb, da cr 
tember 1852 zu Stendal geboren, genoß eine Aufforderung von New:Y)ork erhielt, 
ihre Erziehung in Merſeburg im elterlichen |bie Leitung der von Friedrich Kapp ge: 
Haufe und fiedelte mit ihrer Familie 1874 | gründeten „Abendzeitung“ zu übernehmen. 
nad Arnjtadt über. Sie ijt Mitarbeiterin Er folgte diefem Nufe und in New-York 
des Gartenlaubenfalenders, des Univer: hat er jeitdem gelebt und gewirkt. 1854 
jums, von Wejtermanns Monatsheften 1C. bis 58 redigierte er die „New-Yorker 
und ließ jelbjtändig erfcheinen: Harzblumen,  Staatszeitung“. Seine Thätigfeit an 
(Sagen und Geld. aus d. Harz. 1886). parteipolitiihen Blättern brachte ihn im 

9%. Verlaufe mit den wichtigften Größen der 
ze Be» e a, — | demofratiichen Bartei in Berührung, deren 


mete fich zu Heidelberg und Freiburg dem bedeutendſter Agitator unter den Deutichen 


Studium der Rechte und lebt feit 1871 ‚der öftlihen Staaten er wurde und au 
als Oberamtsrichter in Lahr. ‚deren Kämpfen er ſich bis auf die neueite 


Hauptwerfe: Wanderluft (1848), Gedichte in Zeit betheiligte. Als Kandidat Ddieler 
allerlei Humoren (1853), Leben und Liebe (1855), | Partei unterwarf er ſich wiederholt Volks— 
Pfalzgrafen (1859), Deutiches Knabenbuch (1865), | wahlen mit wechſelndem Glück, wurde Mit: 
Ihe inſchwabiſch (1368), Lyriſcher Kchraus (1869), glied der Staatslegielatur, Coroner und 
Biedermaiers Liederluſt (1870), Melodien (1875), Mitalicd des K * — Beit b 
Hortus delieiarum (1877), Gold (1882); außer | Mitglied Des Kongreſes. Zur Zeit des 
dem gab €. das Allgemeine deutſche Kommersbud | Seceſſions-Krieges war er während der 
beraus (25. Aufl. 1883). Bauer des Gouverneurs Seymour 

; General-Kommiſſär in deſſen Etabe, ſpäter 

Eichwald, 5, |. Karl Tannen. wurde er Ueberfeger am Erbichaftsgerichte. 

Eickhoff, Anton, wurde am 11. Sep: | Nach Ablauf feines Kongreßtermins 1879 
tember 1827 auf der Kaldewey bei Lipp- | ward er Spezial-Korreipondent der N). 
jtadt geboren. Eeine Eltern waren wenig | Staats: Zeitung während der Kongreß— 
bemittelt. Bis zu feinem 15. Jahre ging | Sigungen in Wafhington, bis er 1885 vom 
er in die Glementarihule zu Bennings | Präfidenten Cleveland zum Fünften-Aus 
haufen und bejudhte dann die höhere Bür- ditor des Schapamtes in Majhington er: 
gerihule in Lippjtadt, wo er insbefondere nannt wurde, welches Amt er jebt be: 
die neueren Sprachen ftudierte, um ſich dem fleidet. 1882 ſchrieb er als Denkichrift zur 
Lehrfache zu widmen. Er blieb in Lipp- | Feierdes einhundertjährigen Beitchens der 
jtadt bis zu feinem 19. Jahre und ent- deutichen Gefellihaft in New: orf das 
ihloß fih dann, da ihm die Mittel zu Geſchichtswerk: „In der neuen Heimat.” 


' y i 
fernerem Studium fehlten, nach Amerika Einsle, Anton, geb, 1848 zu Baden 


au andern. Er reiſte im Herbſt d. J. . m: = = 

en ni einem —5 — * nn bei Wien, Redakteur der Oſterr. Buchhänd- 
nach New-Orleans und von da nad) Si ler⸗Korreſpondenz in Wien (Organ des Ber: 
Louis, wo er furze Zeit durch Unterricht: | EINS ber öſterr. Buchhändler), Fachſchrift— 
geben feinen Unterhalt verdiente und dann ſteller. Verfaſſer einer Bibliographie der 
die Nedaftion einer einen Zeitung über- erſten Preßerzeugniſſe der Druditädte des 
nahm. 1849 fuhr er nad) Debüque in 15. Jahrhunderts. (1887.) 
Jowa, um dort eine Zeitung zu redigieren, &ifenftein, Dela von und zu (Eva 
mußte aber im folgenden Herbit aus Ge- | Delmar), wurde am 18. März 1862 zu 
ſundheitsrückſichten das rauhe Klima des | Prag geboren. Sie genof ihre Ausbildung 
oberen Miiftifippithales mit einer mil- | im elterlichen Haufe. Früh Ichon regte ſich 
deren Luft vertauichen. Er übernahm die | in dem jungen Mädchen die Luft am Fabu— 
Redaktion des „Beobachter am Ohio“ in lieren, und da ihr eriter literarijcher Ver: 








Eisler. 


fuch freundliche Aufnahme fand, beichloß 
fie, ichriftitelleriich weiter zu ftreben und 
zu Schaffen. 

Werke: Stille Geihichten (Nov. 1886), Sonne 
und Schatten (Nov. u. Skizzen 1887). 

Eisler, Moritz, geb. 20. Januar 1823 
zu Broßnig in Mähren, jtudierte in Prag, 
wo er unter den Herbartianern Erner u. 
Nahelowski, dann unter den Heglianern 
Smetana u. Hanuſch Philoſophie und 
unter Oberrabbiner ©. L. Rappoport jü— 
diſche Theologiehörte. Vorerſt ſich geſchicht⸗ 
lichen Studien zuwendend, fing er dann 


134 


Eitner. 


folge langdauernder Krankheiten ihre ge— 
ringen Erſparniſſe geopfert hatten, nichts 
mehr beanſpruchen konnte. 1856 bezog 
ich die Univerſität Breslau, wo ich vier 
Jahre hindurch philologiſchen, philoſo— 
phiſchen und hiſtoriſchen Studien oblag. 
1860 zum Dr.der Philoſophie promoviert, 
beitand id) im jelben Jahre meine Staats» 
prüfung und trat 1861 bei der Realichule 3. 
heil. Geiſt in Breslau ein. Noch in dem: 
jelben Jahre verheiratete ih mich mit 
Elvira Steinfe. 1865 ging id an das 
Gymnaſium zu St. Varia Magdalena 





an, die jüd. Philojophie des Mittelalters | über. 1873 entſchloß ich mich nad) langen 
zu bearbeiten. Seit 1853 Schuldirektor | inneren Kämpfen, die mir angebotene Be: 
und Religionslehrer am k. k. Obergym: | rufung als Direktor des neu zu gründenden 


nafium zu Nikolsburg. Es erjchienen 


von ihm: Borlefungen über die jüd. Philofophien 
des Mittelalters, I. Abth., enthaltend eine Dar; 
ftelung der Syſteme: Saadiad, Bachias, Ibn 
Gebirols, Jehuda Halevis und Jbn Esras (1876). 
II. Abth. Vorlefungen über Philofophie und Ne: 
ligion des Maimonides (1870). III. Abth., ent: 
haltend eine Darftellung der Syiteme des Gerſo— 
nides, Chasdoi Creskas und Joſef Albo (1883). 
Dann noch folgende Auffäge: Die Quellen des 
Spinoziftiihen Syitems (1882), Jon Daud und 


fein Buch: „Die erhabene Religion” (1886), Jbn | 


Zadit u. fein Buch: „Der Mikrofosmos (1887). 


Eitner, Ernit Guftav, wurde am 9. 
October 1835 zu Polnisch Liſſa in der 
Prov. Poſen von einfachen, aber braven 
Eltern geboren. Den erften Unterricht ge: 
noß ich in der Stadtichule meiner Vater: 
jtadt. 10 Jahre alt kam ich nad) Königs» 
walde in der Grafichaft Glatz, wohin mein 
Vater als Grenzbeamter verjegt worden 
war, und hier genoß ich mit einem älteren 
Bruder und einigen Schulfreunden die 
Freuden einer reizvollen und harmlojen 
Jugend. Bereits 14 Jahr alt, wurde ich 
auf das Gymnaſium nad Schweidnig ge: 
bradt, und damit einer meiner Lieblings— 


Symnafiums in Wohlau anzunehmen. 
1879 fonnte ich meine Aufgabe in Wohlau 
als gelungen und beendet betradhten und 
‚ihre Fortführung andern Händen über- 
| laſſen. 1881 fiedelte ich daher nah Görlitz 
‚über, deſſen Magijtrat mir die Leitung 
feines Gymnaſiums übertragen hatte. 

An literariihen Arbeiten jind, abgeſehen von 
zahlreichen Feuilleton⸗Artikeln in Journalen und 
Zeitungen, von mir veröffentlicht worden: Jakob 
Baldes Leben und Charakter (1863), Justini hi- 
storiaram libri (1865), Ausgewählte Sinn: 
gedichte von Friedr. v. Logau (1870), Friedrichs 
v. Logau fämmtliche Sinngedichte (1872), Dr. 
Steinbah und die Gottichedianer (1872); Bilder 
aus dem altrömifchen Zeben (1874), Die Künftler- 
Schule zu Rhodus (1880), A. Sulpieius Marimus, 
ein elhähriger Dichter (1884), Luther und das 
deutihe Haus (1883), Die Realfchule zu Görlig 
unter Haumann’s Direft. (1887). 


Eitner, Martha (Eric) Norden), geb. 
am 14. Febr. 1851 zu Kottwig bei Naum- 
burg a. Bober als zweites Kind des Ba- 
ſtors Hermanı E. und feiner Frau Her 
mine geb. v. Hantfe u. Lilienfeld. Sch 

"hatte jtets große Vorliebe für Bücher, 
hörte und erzählte gern Geſchichten, und 








wünfche, mich dem Studium widmen zu | wollte gern „etwas werden“. ch wurde 
dürfen, freilid unter ſchweren Opfern feis nur von meinem Vater unterrichtet, bis 
tens meiner Eltern, erfüllt. Raſch durchlief derſelbe 1862 als zweiter Geiftliher nad) 
ic die Klafjen, ſeit meinem Eintritt in die Trebnig bei Breslau berufen wurde. Ich 
Sefunda auf meine eigene Kraft und die | bejuchte dort eine Privatſchule. 1864 
Unterftügung freundlider Gönner ange: | wurde mein Vater nah Winzig, Kreis 
wiejen, da id) von meinen Eltern, die in- Wohlau, berufen. Mit meinem Unterricht 


Elbe. 


war e8 zu Ende, eine gute Schule gab es 


nicht. Ich war fränflich und wurde Auto— 


didaftin im weitelten Sinne des Wortes. 
Mich zum Eramen vorzubereiten, mußte | 


id aufgeben. Der Wunſch, zu ſchreiben, 


lebte Schon während der Kindheit in mir 


und wurde immer mächtiger. ch Ichrieb 
Novellen, die ih meinen Freundinnen 


heimlich vorlas, und die von ihnen „wune | 


derſchön“ gefunden worden. Ach verjuchte 
auch fie unterzubringen, natürlih ohne 
Erfolg. Jahrelang habe ich das Echreiben 
gelafjen, bis id) doch meine ganze Kraft 


und Energie daran ſetzte, um an das Ziel 
zu fommen. Ich habe nur die Nächte bins | 


135 


Elimar. 


(Harz) erzogen und vermählte fih 1855 
mit dem Bringen Heinrich LXXLV. Reuß 
j. & Sie bewohnte mit ihm das Gut 
Jänkendorf in der Oberlaufiß bis 1886, 
und lebt legt als Wittwe in Ilſenburg, 
ihr Schönes dichteriiches Talent ausübend. 
| Hauptwerfe : Sejammelte Blätter (1867), 
| zweite vermehrte Auflage u. d. Titel! Gedichte, 
' erfte Sammlung (1882), Gedichte, zweite Samm: 
fung (1880), Die ſieben Sendicdhreiben (1872). 


Elimar, Herzog von Oldenburg (3. 
Maler, A. Günther), wurde am 23. Ya: 
nuar 1344 zu Oldenburg als Eohn des 
Großherzogs Paul Friedrih Auguft von 
Dldenburggeboren. Nach Vollendung feiner 


durch gearbeitet, damit niemand es merken | Erziehung bezog er die Univerfität Bonn, 
ſollte, hattefeine Konnerionen und habe bis | wo er Zurisprudenz ftudierte. 1865 trat 
zur Ermüdung oft mit den Schwierigkeiten | Herzog Elimar in die Armee, bei welcher er 
gefämpft. Schließlich erſchien 1830 unter his zum Jahre 1875 verblieb. 1876 ver: 
dem Pſeudonym M. v. Hanfeld zum erjten= | mäplte er fich mit Nathalie, Baronefje von 
mal eine Geſchichte von mir im Reichs- Frieſenhof, und lebt nun auf Schloß Erlau 
boten. Ich nahm bald das Pjeudonym | yeiMien, welchen Aufenthalt er nur unter: 
Erich Norden an. Unter diefem erſchien pricht, um größere Studienreifen zu unter: 
1881 ein Buch: „Die Macht der Verhält: nehmen, da Herzog Elimar immer nod) 
nie“. Das Buch hat mir wenig Erfolg | eifrig bemüht ift, feine Kenntniffe zu ver 
und Freude eingebradt. Ich war nicht auf volltommnen und feinen Gefichtskreis zu 
meinem richtigen Gebiet, und erit, als ich erweitern, wie auch Stoff für feine aller: 
mich nicht mehr durch die ſich wideripres orten erfolgreich aufgeführten feinfinnigen 


enden Urteile und Anforderungen von 
Berlegern leiten ließ, jondern von meinem 
chriſtl. Standpunft aus für höhere Kreife 
und bejonders für das Volk jchrieb, habe 
ih Erfolg gehabt und Freude. (Sch lebe 


im Haufe meines Vaters, der jeit 1884 | 


Superintendent der Diözeſe 
Winzig ilt.) 


Mohlaus: 


Außer den genannten Schriften find bervorzus | 


beben: Das kranke Hannchen (1883), Verloren und 
Wiedergefunden (1854), Mit Gott und ohne Gott 
(1884), Unter Gottes ftarfer Hand (1885), Treu 
bis and Grab (1885), Nachhauſe (1885), Saat 
und Ernte (1886), Heimatlos (1886), Die Rofe 
von Benares (1887), Gib Senith (1887), Der 
Blaumüller (1887). 


Elbe, 4. v. d., j. Aug. v. d. Deden. 
Eleonore, Füritin Reuß, wurde als 


die Tochter des Erbgrafen Hermann zu 
Stolberg Wernigerode am 20. Februar 


1835 zu Gedern geboren, in Ilſenburg 


Luſtſpiele zu ſammeln. 

Hauptwerke: Luſtſpiele: Zu glücklich, Herr von 
Lohengrin, In Hemdärmeln, Ein paſſionirter 
Raucher, Dornröschen, Edle Zeitvertreibe, Nichts 

ı Neues unter der Sonne, Hans im Glüd, Ein guter 
Menſch, Der arme Hugo (1876— 84). 


' &lifabeth, Königin von Rumänien 
(Carmen Sylva, Dito), geborene Fürftin 
Wied, wurde am 29. December 1843 in 
‚Neuwied geboren, geno eine bejonders 
ausgezeichnete Erziehung und vermählte 
ſich 1869 mit dem Fürjten, jegigen Könige 
von Rumänien. Der Tod ihres einzigen 
ı Kindes wurde der begabten Fürftin die erſte 
Veranlaſſung zur Schriftitellerei, in deren 
Ausübung fie Troft fuchte. Seit jener 
Zeit iſt die hohe Frau neben der edeljten 
Erfüllung ihrer Prlihten als Landesmutter 
‚unausgejegt literarifh thätig geweſen. 
Ihre meiſt poetiihen Werfe fanden eine 





— 


Ellger. 


außerordentlich freundliche Aufnahme und 
Beurteilung. 

Hauptwerfe: Sappho (1880), Dichtungen (1881), 
Stürme (1581), Ein Gebet (1882), Die Dere 
(1582), Jehova (1883), Aus C. S. Königreich 
(1885), Aus zwei Welten (1853), Meine Ruh 
(1854), Mein Rhein (1884), Nitra (1885), 
Stürme (1886). 


Ellger, Karl Friedrih Guſtav, ge 
boren den 8. Oftober 1845 zu Jätſchau bei 


Slogau, vorgebildet auf dem evangelischen 


Gymnaſium zu Glogau, ftudierte 1864 
bis 1568 zu Berlin Philologie und Philo— 
ſophie und ward 1869 Hülfslehrer, 1870 
ordentlicher Zehrer, 1881 Oberlehrer am 
Sophiengumnafium dafelbjt. Er promo: 
vierte 1871 zu Göttingen. Er veröffent: 
lichte „Die Zufäge au dem Proömium der Heftodi: 
ſchen Theogonie“ (1553) und eine Anzahl Ne: 
zenfionen philologiichen und pädagogiſchen 
Inhalts in Zeitichriften, auch bearbeitete 
er Die Biographien klaſſiſcher Philologen 
und neulateiniſcher Dichter in Meyers 
Konverlations-Lerifon. 


Elling, Fr; v., ſ. Karl Müller. 
Ellifſen, Hans, geb. 1.Jan. 1845 als 


Eohn des durch feine literarifche und polis 


tiiche Thätigfeit befannten 1872 veritor: 
benen Bibliothefiefretärs Dr. Adolf E. 
in Göttingen, erlernte nach vorhergegan- 
gener Gymnaftalbildung 1860— 63 in 
Hannover den Buchhandel, war dann als 
Sehülfe in Lüneburg, Halle, Zerbit, Göt— 
tingen, Berlin und Leipzig thätig. 1870 


gründete er in Göttingen ein ſpäter nad) | 


Leipzig verlegtes Verlagsgeichäft, war aud) 
1876— 79 Befiger einer Sortimentsbuch— 


handlung in Göttingen, NahAufgabe der: | 


jelben widmete er ſich vorwiegend biblio- 


graphiichen und ichriftitelleriichen Arbeiten, 


welche legteren u. a. (in Beiträgen zum 
„Börienblatt für den deutfchen Buch: 
handel”) die Literatur und Geſchichte des 
Buchhandels betrafen. 
er, ohne Ichriftitelleriicher Thätigfeit ganz 


untreu zu werden, eine Sortimentsbudh | 


handlung in Leipzig. — Zu den erften von 


156 


1587 eröffnete 


— Elm. 

gehören einige 1867 in den Stuttgarter 
Erheiterungen erſchienene Novelletten. 
Selbſtändig erſchienen ſpäter: 

Der Schönſten. Gedichte (1869), Kriegsſtim- 

mungen eines Daheimgebliebenen. Ged. (1870), 
Talisman gegen das Unglück. In fremden und 
‚eigenen Gedanken (1872), Nirwana. Verſe eines 
| Gefeflelten (1876), Die Berühmtheiten der Welt 
nad) Stand und Beruf geordnet (1552), Das 
neue Lied vom Dr. Eilenbart (3. U. 1886). 


Elm, Hugo, wurde am 7. März 1843 
in Gera geboren, ablolvierte das Gymna— 
ſium dafelbit, widmete fih dann dem Lehrer— 
beruf und wurde nach Abfolvierung des 
Etaatseramens als Lehrer an der höheren 
Töchterſchule zu Gera angeltellt. Er bes 
ichäftigtefich neben feiner amtlihen Thätig- 
feit befonders mit der Verabfaflung von 
Yugendfchriften, die befonders die Beſchäf— 
tigung der Jugend im Auge hatten. Seine 
größeren Werke: „Spiel und Arbeit“, „Spritz⸗ 
arbeit“, „Laubfägearbeit”, „Theatermeiſter“, 
„Weihnachtsbuch“, „Knacknüſſe“ ꝛc. wurden als 
muſtergiltig von der Kritik anerkannt. 
Gleichzeitig veröffentlichte er eine Reihe 
novelliſtiſcher Arbeiten und war als Feuille— 
toniſt an der „Geraer Ztg.“ thätig. 1883 
ſiedelte er in gleicher Eigenſchaft nach 
Dresden über und wirkt hier als Feuille— 
toniſt, Romanſchriftſteller und Lehrer für 
Natur- und Handelswiſſenſchaften an zwei 
höheren Schulen 

Hauptwerke: Die Elſäſſerin (1865), Der Flücht⸗ 
ling (1867), Im Jakobsthurm (1869), Brunnen⸗ 
nymphe (1870), Das Forſthaus (1871), Weib: 
nachtstage (1871), Der lange Advokat (1874), Die 
Fürſtin (1879), Im Bann des Nihilismus (1880), 
Das Geheimnis des rothen Buches (1880), Satan 
im rad (1881), Eine Braut (1882), Der ind: 
ling (1582), Seitab vom Wege (1882), Im 
Streit (1®85), Die Kinder des Staatsanwalis 
(1886), Edle Brüder (1556), Im Kampf um 
eine Krone (1886), Die Perrücke des Alten (1886), 
Die Dame ohne Herz (1586), Der verjilberte 
Cicero (18861, Mara (1587), Eine Tochter des 
Volkes 11887), Schön Lika (1887), Das Glücks— 
find (1887). 


Elmar, Karl, fiche Karl Zwiedad. 


Eljter, Otto. Ich wurde geboren am 
11. November 1852 zu Ejchershaufen im 





E. veröffentlichten belletriftiichen Artikeln | Weſerkreis des Herzogthums Braunjchweig 


Elmert. 


als Sohn des Phyſikus Dr. med. Nobert 
Eliter. Meine erite Jugend verlebte ich in 
dieſem Fleinen Städtchen. Ach befuchte 
nad) einander die Gymnaſien zu Holzmin- 
den und Wolfenbüttel. 
Krieg ausbrach, ftrebte ich mit allen Kräf— 
ten danad), in die Armee einzutreten. Aber 
erſt im Jahre 1872 trat ich als Avantageur 


in das Herzoglich Braunſchw. Infanterie: | 


Regiment, welches zu Pfalzburg und ſpäter 
zu Dieg garnijonierte. 
gehörte id) als Offizier bis zum Jahr 1883 


an, um welchen Zeitpunft ich in Penfion | 


ging. Da ich als Offizier mic) ſchon willen: 
ſchaftlich und ſchriftſtelleriſch beichäftigt 
hatte, wollte ich mid) jetzt ganz der Schrift: 


nach meinem Abgange vom Regiment nad) 


Braunjchweig zurüd, woſelbſt meine in= 


zwiſchen verwittwete Mutter lebte. Bier 


trat id) in Verbindung mit dem Verleger | 


des „Tageblatts“, für das id) mehrere Ar: 


beiten lieferte (Novellen und geſchichtliche 


Arbeiten). 1884 wurde ich Nedakteur des 
Braunſchw. Tagebl. und blieb in meiner 
Stellung bis 1. Februar 1887. Um diefen 
Zeitpunkt ging ih nad Kreuznach und 
übernahm die verantwortliche Zeitung des 
Kreuznacher Tageblatts. 


Gefchichte der braunfchweigiihen Truppen (1884), 
Weſſen Schuld (Rom. 1885), Am Bivouakfeuer, 
Manöver: und Garnifongeihichten aus Elſaß-Loth— 
ringen (1885), Elfriedens Geburtstag (Schwan 
1886), Manövertage (Luftip. 1857), Eine Jugend: 
fünde (Schaujp. 1887). 

Elwert, Wilhelm Ludmw., geb. den 29. 
Januar 1834 als der Sohn eines Gold: 
arbeiters in Tübingen, fam, weil von Ju: 
gend auf kränklich, erjt mit 7 Jahren in 
das dortige Lyceum, fonnte auch fpäter die 
Schule nur unregelmäßig bejuchen, wes— 


bald er durch Selbitudium die Lücken feines | 
Wiffensauszufüllen juchte. Mit 14 Jahren | 


wurde er in die Kaufmannslehre gethan, 


profitierte aber in derfelben faufmännifch | 


wenig, hatte jedod Zeit, im Umgang mit 
Freunden aus der Studenten: und Buch» 
händler-Weltanjeiner weiteren Ausbildung 


137 





Als 1879 der schließlich einförmiges Leben fort, bis er 








In Buchform 


erſchienen bis jetzt: Nunequam retrorsum, | 
‚tur in Deutſchland (1864), Walter Scott (1865), 








Elze. 


‚zu arbeiten. Sein Wunſch, eine ihm zus 
‚Tagendere Thätigfeit zu finden, jcheiterte an 


den perfönlichen Verhältniſſen und aus 
Mangel an Konnerionen. So fegte er fein 


Ende 1866 auf Beranlaffung eines Lands- 
mannesmitdiefemin Reutlingen ein Fabrik: 
geichäft gründete, welches aber — wahr: 
ſcheinlich weildiejer, fein ipäterer Schwager, 


auch Verfe machte — nicht prosperierte. 
Dem Regimente | 


Seit 1885 lebt er nun als Kaufmann in 
Stuttgart. Eine Auswahl feiner Gedichte 
gab er im Jahr 1868 auf Veranlaffung 
eines befreundeten Verlagsbuchhändlers 
unter dem Titel „Heimatlieder” in den 


h Druck. 
ſtellerei widmen. ch ging nad) einiger Zeit 


Elze, Friedrid Karl, am 22. Mai 
1521 in Dejjau geboren, widmete fi) dem 
Studium der Philologie, jpeziell der eng: 
liſchen Sprache und Literatur. Nachdem 
er lange Zeit als Lehrer und Profeſſor am 
Gymnaſium in Deſſau gewirkt hatte, berief 
ihn die Univerſität Halle als Profeſſor, als 


: welcher er dort nod) jegt thätig ift, daneben 


literariih eifrig und mit ſchönem Erfolge 
thätig. Unter feinen, bejonders um die 


ı Kenntnis der engliichen Literatur hochver: 


dienten Werfen heben wir hervor: 
Engliſcher Lieverihag (1851), Shafefpeares 
Hamlet (1857), Die engliſche Sprache und Litera— 


Der englilhe Herameter (1867), Lord Byron 
(3. Aufl, 1886), W. Shafeipcare (1876), Abhand- 
lungen zu Shafeipeare (1877), Vermiſchte Blätter 
(1877), Gedichte (2. Aufl. 1878), Grundriß der 


engliſchen Philologie (1887). 


Enberg, U. v. R., |. A. v. Gottberg. 
Ende, am, f. am Ende. 
Ende, ©. v., ſ. Aler. de Néve. 


Endemann, Wilhelm, wurde am 24. 
April 1825 in Marburg geboren, bejuchte 
das dortige Gymnaſium, ftudierte dafelbit 
und in Heidelberg die Nechte und wurde 
1851 als Staatsanwalt in Rinteln, 1856 
als Aſſeſſor beim Obergericht in Fulda ans 
geitellt. 1862 wurde er als ordentl. Pro: 
feſſor der Nechtsmwillenichaft und Ober: 


'appellationsgerichtsrat nad) Jena, als 


Engel. 


welder mit Ausnahme der Jahre 1868 
bis 1870, in denen er Mitglied der Nord: 
deutichen Gejeggebungsfommilfton zu Ber: 
lin war, er bis 1875 wirkte, da er einem 
Huf nad) Bonn folgte. 1883 wurde ihm 
der Rang und Titel eines Geheimen Nathes 
verliehen. E. zählt zu den ausgezeichnetiten 
Juriſten, unter feinen hochverdienten Wer: 
fen heben wir hervor: 

Die Beweislehre des Zivilprozeſſes (1861), Das 
Prinzip der Nectäfraft (1862), Das deutiche 
Handelsrecht (1865, 4. U. 1887), Die Bedeutung 
der Wucherlehre (1866), Studien in der fanonift. 
Wirthichafts: und Rechtslehre (1874, 1883), Die 
Haftpflicht der Eiſenbahnen (1877), Das d. Zivil: 
prozehrecht (1868), Der d. Zivilprogeß (nad) der 
Neihs:C- PD.) 1878 -1880), Eifenbahnrecht 
(186). 


Engel, Eduard, geboren am 12. No: 


vember 1851 in Stolp (Bommern), ſtu— 
dierte zu Berlin romaniſche Spraden, pro: 
movierte 1874 und verheiratete ſich im 
fommenden Jahre zu Berlin. 1879—83 


138 


Engel. 


‚träge zur Gtatijtif (1870), Die moderne Woh— 
nungsnot (1874), Das Zeitalter des Dampfes 
(1880), Das Rednungsbuc der Hausfrau (1881). 


Engel, Franz, wurde am 21. Juli 
1834 zu Nöbel’i. Mecklenb. als der Sohn 
des dortigen, in großem Anfehen jtehenden 
und allgemein verehrten Bürgermeifters 
geboren. Der mangelhaften Schuleinrich- 
tung daheim wegen fam er im 13. Jahre 
nad) Berlin in die Penſion eines Obeims. 
Der leidende Gejundheitszuftand des Kna— 
ben verhinderte einen regelmäßigen Schul: 
bejuch, jo daß es jpäter durch eigene Kraft 
und Fortbildung mande Lücke feines 
Schulwiſſens auszufüllen galt. Auch feine 
naturwiſſenſchaftlichen Studien zu Berlin 
und Leipzig konnten nur beichränft und 
bruchjtücweife betrieben werden. Eine 
ihm gebotene Gelegenheit, an einer Erpe- 
dition zweds Erforihung amerikanischer 
Bodenverhältniffe wurde freudig anges 








redigierte er das „Magazin für Literatur | nommen. An Ort und Stelle begann €. 
Des ne und Auslandes“. Nunmehr lebt | feine Forſchungen, kreuz und quer durch 
E. als Reichstagsbeamter in Berlin, neben | Amerika führte ihn fein Weg, auf dem er 


jeiner amtlihen Thätigfeit mit Erfolg 
ſchriftſtelleriſch thätig. 

Hauptwerke: Lord Byron (1876), Geichichte 
der franzöfiichen Literatur (1882), Geſchichte der 
englifchen Literatur (1883), Die Überſetzungsſeuche 
in Deutichland (18S4), Heines Memoiren (1885), 
Griechiſche Frühlingstage (1887). 


Engel, Ernit, wurde am 26. März 
1821 in Dresden geboren, abjolvierte die 
Akademie in Freiberg, um fid) dem Berg: 
wejen zu widmen. Nach Vollendung eini= 
ger größerer Studienreilen ins Ausland 
trat er 1850 in den Staatsdienft, wurde 
1853 zum Referendar und 1857 zum Re: 
gierungsrat, 1860 zum Direktor des Sta- 
tistiichen Büreau in Berlin ernannt. In 
Anerkennung jeiner großen Verbdienfte um 
die Statiftif wurde er 1863 zum Geheimen 
Oberregierungsrat ernannt, als welcher er 
bis zu feinem, 1882 erbetenen Abjchied in 
hervorragenditer Weile thätig war. Nun: 
mehr lebt €. in Oberlößnig bei Dresden. 


Hauptwerfe: Die Methoden der Volkszählung 
(1861), Land und Leute Preußens (1862), Bei: 


‚wertvolle Funde in Fülle machte, die ihm 
allgemeine Anerkennung eintrugen, Leider 
erwieſen ſich feine Mittel als unzulänglich, 
und als er endlich von Allem entblößt war, 
blieb ihm nichts übrig, als durch förper: 
liche Arbeit jein Leben zu frilten. Doc 
das Klima ließ ihn nicht dazu fommen, 
feinen Kohl zu bauen, wie er begonnen, 
er verließ Amerika, wiederum unter ſchwe— 
ren Entbehrungen und kam auf den Wunſch 
ſeines alternden Vaters in die Heimat zu— 
rück. Als der Krieg 1870 ausbrach, ſchloß 
‚€. ſich den Truppen als Kriegsfreiwilliger 
(36 Jahre alt) an und zeichnete ſich vor 
dem Feinde mehrfach aus. Nunmehr iſt 
E., nachdem er mehrere Jahre am Muſeum 
‚der landwirthſch. Hochſchule zu Berlin als 
ı Hülfsarbeiter gewirkt hatte, Bibliothekar 
dieſer Anitalt. 
| Außer vielen fachwiſſenſchaftlichen Auffägen in 
Zeitichriften find von jelbitänd. Werfen bervorzus 
heben: Studien unter den Tropen Amerikas (2.4. 


1879), Wegeblumen aus dem Ränzel eines Wan: 
derburſchen (1883). 





Engel. 


Engel, Karl Dietrich Leonhard, geb. 
am 21. Februar 1824 zu Oldenburg, im 
Großherzogtum. 


139 


Engelien. 


iſt jeit 18 Jahren an dem Realgymnafium 


Frühzeitig Talent zur 
Muſik zeigend, wurde er zum Violinipieler 


ausgebildet und trat ſchon im 12. Jahre, 


öffentlich als Solift auf. Am Verein mit 


jeinem älteren Bruder (Friedrich Engel, 2 
geit. 1882 als Hoffonzertmeijter in Olden— 
burg) wurden von Zeit zu Zeitdurc Nord: 
deutihland und Holland mit Glück mehr: 
fache Kunjtreifen unternommen, und Die 
Gebrüder Engel fanden überall die beite 
Aufnahme und erfreuten ſich des größten 
Beifalls. Nachdem der Altere fich jpäter 
nah Rußland begeben, folgte Karl im 


Jahre 1842 ebenfalls einem Rufe dahin, : 
um in die Kapelle des im Gouvernement 


Rjäſan lebenden Fürften Dmitri von 


Nariſchkin als Solijt einzutreten. Nah 


mehrjährigem Aufenthalt dajelbit erhielt er 


1846 ein Engagement an der faijerlichen | 


Kapelle zu St. Petersburg und wurde | 
Konzertmeiiter am faiferl. rufftichen Thea= | 


ter. Als die Jahre zur Penſionsberechti— 
gung abgelaufen waren, zog es ihn zur 
deutfchen Heimat zurüd. Abwechielnd in 
Berlin, Bremen und Oldenburg lebend, 
wurden kleine Kunſtreiſen unternommen, 
dann zog er mit feiner Familie nad) Dres: 
den. Außer der Mufik iſt Literatur feine 
Lieblingsbeihäftigung. Es erichienen: 





Deutiche Buppentomödien. 8 Boch. Mit geichicht: 


lihen Einleitungen (1874— 79), Bibliothefa Fau- 
ftiana (1874), Job. Fauſt. allegoriſches Drama. 
Mit —— (1877, 2. A. 1882), Das Volks— 
ſchauſpiel Dr. J. Fauſt. Mit einer Bühnenge— 
ſchichte ꝛc. (1882), Zufammenjtellung der Fauſt— 
fchriften vom 16. Jahrhundert bis Mitte 1884 
(1885), Das 300jährige erite Fauftbuh. Ein 


Buch Zubiläum (1887), Die Don Juan:Sage auf k or 
'lehrerftelle in der Familie des Gutsbe— 
ſitzers Zaftrow, und ein Jahr danach trat 


der Bühne (1887). 


Engelhardt, Hermann, geb. am 10. 
März 1839 zu Oberhohndorf bei Zwickau 
i. S,, beſuchte die Bürgerfchule zu Zwidau, 
darauf das Lehrerieminar zu Freiberg: 
Noten. Er war Hilfslehrer an der Stadt: 
Ihule zu Noſſen, Hauslehrer in der Fa- 
milie v. Arnim auf Croſſen, Zehrer am f. 
Seminar zu Friedrichitadt- Dresden, und 


zu Neuitadt-Dresden angeitellt. — Aus 
jeinen Schriftitelleriichen Arbeiten feien her: 
vorgehoben: 

Flora der Braunfohlenformation im Königreich 
Sachſen (Breisichrift), Beichreibung einiger ter: 
tiärer Tierüberrejte von Seifhennersdorf, Über den 

Löß in Sachſen, Über den Kalktuff im allge— 
meinen und den von Robſchütz mit ſeinen Ein— 
ſchlüſſen insbeſondere, Tertiärflora v. Göhren, Über 
Braunkohlenpflanzen von Bockwitz bei Borna, Be— 
merkungen über Tertiärpflanzen von Stedten bei 
Halle, Tertiärpflanzen aus dem Leitmeritzer Mittel: 
gebirge, Kurze Geſchichte der kaiſerl. Leopold⸗Ka⸗ 
roliniſchen deutſchen Akademie der Naturforſcher 
bis zum Jahre 1878, Über die Cyprisſchiefer Nord: 
böhmens und ihre pflanzlichen Einſchlüſſe, Über 
Planzenreite aus den Tertiärablagerungen von 

Liebotitz und Vutſchirn, Über die foljilen Pflanzen 
des Süßwaſſerſandſteins von Tichernowit, Über 
die Rhön und die Rhöner, Über bosniſche Ter: 
tiärpflangen, Über tertiäre Pflanzenrefte von 
Waltſch, Uber Braunkohlenpflanzen von Weufel: 
mis, Die Grednerien im unteren Quader Sad: 
jens, Die Tertiärflora des Sefuitengrabens bei 
Kundratig in Norbböhmen, Ein Blid in Nord: 
böhmens Koblengebiet, Ein Beſuch in der vulfani» 
ſchen Eifel, Briefe über Einführung der Kinder in 
die Natur, Auf welche Weiſe ift der Unterricht in 


der Volksſchule nachhaltiger zu geitalten? ? (Breis: 
| —* ‚Sur Botanif auf Seminarien, Die Schul: 
luft 


Über die Behandlung der Geologie auf 
Realichulen. 


Engelien, Auguft Karl Hermann, 
geb. den 24. Auguſt 1832 zu Landsberg 
a. W. als Sohn eines Schneidermeifters 
dajelbft, erhielt feine Schulbildung zuerft 


in der Volfsichule, dann in der höheren 


Bürgerſchule feiner Vaterjtadt und verlieh 


‚legtere Anjtalt nad) bejtandener Abgangs- 


prüfung Oſtern 1849. 


Noch zu jung, um 
in ein Zehrerjeininar aufgenommen werden 
zu können, übernahm er zunädjit eine Haus: 


er in das Seminar für Stadtſchullehrer zu 
Berlin ein. Er wurde von demfelben 
1853 entlaffen und unterrichtete bis 1854 
an der Eiegertihen Knabenſchule, bis 
1856 an der Fräulein Neumannfchen hö— 
heren Mädchenſchule, bis 1859 an der 


Fräulein Schmidtichen höheren Mädchen: 





ſchule, bis 1860 an der Wohlthatichen 


140 


Engell⸗Günther. Engelmann. 

höheren Knabenſchule zu Berlin. Am wanderungs-Angelegenheiten für Zeit: 
1. Mai 1860 trat er in den Dienſt der ſchriften thätig, 1872— 76 iſt ſie Redak— 
Stadt Berlin, war bis 1870 Lehrer der trice des Bazar. Es erſchienen von ihr 
18. Semeindeichule, und von da bis jeßt ift einige kleine belchrende Schriften, die 
er Leiter der 30. Gemeindeſchule, von Jugendichrift Weihnachts-Abende in Brafilien 
1878 ab mit dem Titel Neftor. Seine mit eigenen Jluftrationen. 


äh find außer den Beiträgen für Engelmann, Emil, wurde am 26. 
verſchiedene Zeitichriften: August 1837 zu Kirchheim u. T. geboren, 
Geſchichte der Stadt Landsberg a. d. Warthe, — ierte das 6 Stutt 
von den älteften Zeiten bis auf die Gegenwart, In | A jo vierte Das ymnaſium zu Stu tgart 
Gemeinichaft mit fr. Henning (1857), Samm: und beabſichtigte, ſich philoſophiſchen Stu— 
lung von Mufterauflägen für die Volfsihulen und dien zu widmen, wurde aber dur Fa— 
die Mitteltlaffen böberer Anaben: und Mädchen: milienverhältniſſe veranlaßt, Kaufmann 
ſchulen (6, U. 1885), Leitfaden für den deutichen | R ki Thä 
Sprachunterricht (1862, 1. Teil, 80. U. Ir87, zu werden. Neben feiner praftiihen Thä— 
11. Teil, 38, A. 1887), Der deutihe Sprad: tigkeit widmet E. alle feine Muße dem 
unterricht in der Voltsihule und der Seminar, Studium der Literatur, Ipeziell auf dem 


lehrer Strübing (1863), Orammatif der neuhoch— i i 
deutichen Sprache (3. U. 1883), Schulgrammatif Gebiete ber — — — 


der neuhochdeutſchen Sprache (5. A. 1584), Grund: | jeher begeilterte. 3 
riß der Gefchichie der neubochdeutihen Grammatit ſchriften zerſtreuten epiſchen und lyriſchen 
und der Methode des grammatiſchen Unterrichts Arbeiten find hervorzuheben: 
in der Vollsſchule (1585); außerdem in Gemein: Volksmärchen und Götterſagen aus germanis 
ſchaft mit Deinrih Fechner: Deutſches Leſe- ſcher Vorzeit 11878, 2. Aufl. 1881), Daffelbe neue 
buch. Aus den Quellen zufammengeftellt. Ausgabe | Folge (1882), Märdenbilder aus germaniſcher 
A in 5 Teilen, B in 3 Teilen, C in zwei Teilen | Vorzeit (1882), Aus dem Schwabenland, 8 Lie: 
(1873), Ubungsitoff für den Unterricht in der der im Volkston (IN83), Die ſchönften Mären und 
deutſchen Rechtſchreibung, methodiſch geordnet (3. | Heldenfagen der Vorzeit (1884), Das Nibelungen: 
4. 1886). | | lied für das deutfche Haus (1885), Das Gudrun: 
Eugell:Siünther, Quliane, wurde | lied (1855), Die Frithiofs-Sage, das Lied von 
am 3. Aug. 1829 zu Sülze in Medlenburg Nritbiof dem Kühnen für das deutſche Haus (1886), 
j : . s e1ce Der Minnefänger (1886), Parzival (1887). 
geboren, verlebte ihre Kindheit dajelbit und | 
mußte von früh an als ältejtes unter vielen) Eppler, Chriftoph Friedrich, am 10. 
Sprößlingen ihrer Mutter Gehilfin in dev Juli 1822 als Sohn eines Rotgerbers zu 
großen Wirthichaft fein, während fie — | Kirchheim a. N. neboren, bildete fihaufden 
bei den damaligen mangelhaften Schul: Seminar zu Eßlingen (1837—39) zum 
verhältniffen — gelegentlich ihre Geſchwiſter Volksſchullehrer aus und diente als fols 





unterrichtete. Daneben lehrte fieder Vater, 
jelbft ein leidenschaftlicher Mufifer, Mufik, 
Literatur und Anderes. Nach dem Tode 
deſſelben mußte fie hinaus in die Welt, 
um durch Unterrichten für ſich und Die 
Ihrigen Brod zu verdienen. Später ges 
langte fie dadurch nad) Brafilien, wo fie 
eine Erziehungsanjtaltgründete und einiges 
Geld erwarb. Inzwiſchen hatte fie ſich ver: 
heiratet und ging nach vieljährigem Auf: 
enthalt mit ihrem Gatten in Berlin, von 
dort, als derjelbe jih von ihr getrennt 
hatte, nah Zürich. Literariih war fie 
bejonders auf dem Gebiete der Frauen: 
frage, des Erziehungsweiens und in Aus: 


cher an verichiedenen Schulen, bis er 1845 
durch Wilhelm Hoffmann, nadmaligen 
Hofprediger in Berlin, als Lehrer an die 
Milfionsanftalt zu Bafel berufen wurde. 
‚Dort erlernte er zugleich mit den Zög— 
lingen die alten Spradyen. -Bon 1852 — 56 
jtudierte er an der Univerfität Bajel un— 
ter Hagenbad), Riggenbach, Stodmeyer 
und Auberlen Theologie, wurde Mentor 
der Söhne des eidgenöſſiſchen Oberſt Alioth, 
ſammelte die im ehemaligen Bistum Bajel 
zerſtreut lebenden Proteſtanten zu ciner 
evangeliichen Gemeinde in Arlesheim im 
Birsthale (1856—66), wurde jodann 
Pfarrer der Gemeinde Waldenburg im 





| 


Gras. 


Basler Jura (1867— 1877) und wirft 
feitdem in gleicher Eigenichaft an der Ar: 
beitergemeinde Birsfelden bei Baiel. 

Als Lehrer am Milftonshaus verfahte er das 


Leben des Armeniers Hakub Naticharoff und des 


Indianermilfionars David Brainerd. Durch ſei— 
nen väterlichen Freund Albert Knapp, den befann: 
ten hrijtlichen Dichter und Schriftiteller, angeregt, 
gab er feine freundlich beurteilten Miſſionslieder 
beraus unter dem Titel „Milftionsharfe”. Später 
ſchrieb er die Gefhicdhte der Gründung der arme: 
nilch:evangel. Gemeinde Schamachi, Thränenjaat 
und Freudenernte auf Madagasfar, Der Kämme: 
rer aus Mohrenland oder Die erjte Heidenbefeh- 
rung, ferner das literarhiſtoriſche Bild des Kirchen: 
biftorifers und Dichters Karl Rudolf Hagenbach. 
Seine zattjinnigen Iyrifchen religiöfen Dichtungen 
erihienen in verichiedenen Zeitichriften zc.; im 
Jahre 1881 erichienen fie gefammelt unter dem 
Titel: Blätter und Blüten vom Lebensbaum. 


Eras, Wolfgang, wurde am 14. April 


141 


Erdmann. 


Das Reichseiſenbahnprojekt (1876), Der Wäh— 
rungsitreit (1855), Das Branntweinmonopol 
. (1856). 

Erdmann, David, geb. am 28. Juli 
1821 zu Süjtebiefe in der Neumarf, be: 
juchte das Gymnaſium zu Königsberg i.d. 
N. von 1835 —43, jtudierte in Berlin bis 
1847 Theologie, wurde dort in diefem 
Jahre rite zum Dr. phil. promoviert, er: 
warb fi) 1550 den Xicentiatengrad in 
der Theologie, wurde zum Domhülfspre— 
diger in Berlin ordiniert, verwaltete das 
‚Pfarramt in Fürftenberg a. d. D., wurde 
bei der Mobilmahung des Gardecorps 
‚zum Feldprediger ernannt, 1851 zum Die 
viltonsprediger bei der 2. Gardediviſion 
'in Berlin berufen und habilitierte ſich 
1853 als Privatdozent der Theologie an 


1843 in Schönfeld bei Großenhain ge; | der Univerfität zu Berlin und hielt Vor— 
boren. Was meinen Bildungsgang anbe: leſungen über neuteft. Exegeſe und Kirchen: 


trifft, So erhielt ic meine Schulbildung 
in Dresden und jtudierte nach abgelegter 
Maturitätsprüfung (1861) in XYeinzig, 


Sena, Berlin. Jh war für das Lehrfach 


in Mathematik und Naturwiflenichaften be> 
ſtimmt, jattelte aber nach der Promotion 
(1864) um und wandte mid) den Staats- 


wiſſenſchaften, namentlih der National: 


öfonomie, zu. In Berlin nahmen fi 
Brince- Smith, Faucher, Midaelis und 
andere führer der Freihandelspartei mei- 
ner an, welche einen welentlichen Einfluß 
auf meine handelspolitifche Richtung ge— 
wannen. Ich wurde ein eifriges Mitglied 
des Nationalvereins und war längere Zeit 
bei verjchiedenen politischen Blättern in 
Rheinland und Weitfalen thätig, 1868 
Seneraliefretär d. Rheiniſch-Weſtfäliſchen 
Handels: und Gewerbevereins, 1869 — 70 


Sefretär der Bielefelder Handelsfammer. 
1871 wählte mich die Breslauer Kammer 


zu ihrem Syndifus; jeit 1878 gehöre ich 
der Stadtverordneten-VBerfammlung und 
dem ſtädtiſchen Etatsausſchuß an. 
Hauptwerkte: Der Zwangsitaat und die deut: 
ihen Sozialilten (1868), Zeitfragen auf dem Ge: 
biete der Bolkswirtichaft und Geſetzgebung (1869), 
Handelspolitifche Aufgaben nach dem Kriege (1871), 


geihichte, verfaßte die Schriften: Lieben 
und 2eiden der eriten Chriiten I. (1854) und 
De primae epistolae Joanneae argumento, 
nexu et consilio (1855). Im Jahre 1856 
als ordentl. Profeſſor der Theologie nad) 
Königsberg i. Pr. berufen; dort zugleid) 
jeit 1857 Pfarrer an der altjtädtiichen 
Kirche, las hier über neutejt. Eregele, bibl. 
Theologie, Batriftif und Kirchengeichichte ; 
ſchrieb hier De notione et finibus patristices 
(1857) und einige Programme für die 
preußiſche Hauptbibelgeſellſchaft über die 
Geſchichte des Bibellejens. 1856 von der 
Berliner theol. Fakultät zum Dr. theol. 
freirt. 1864 als Generalfuperintendent 
der Provinz Schlefien nach Breslau be: 
rufen, 1865 bier zugleich zum ordentl. 
Honorar: Brofeflor der Theologie an der 
Univerfität ernannt. 

Schrieb bier Kommentare zu den Büchern Sa: 
muelis (1871), zu dem verſchiedene Aufjäte in 
Herzogs Real-Encyklopädie der proteitant. Theo: 
logie (1881), Brief Jafobi (180), und aus Anlaß 
des Yutherjubiläums Ichrieb er Luther und Die 
Hohenzollern (1883), Dante als Zeuge des Evan: 
geliums in der Neuen Chrijtoterge vom Jahre 
1887, Luthers Beziehungen zu Schlejien, ins: 
befondere zu Breslau (in der Neihe der von dem 
Verein für Neformationsgefchichte herausgegebenen 
Schriften), 1857. 





Erdmann. Erdmannädörffer. 

Erdmann, Eduard, wurde am 1./13.| des 70. Geburtstages des verdienftvollen 
Juni 1805 in Wolmar geboren, jtudierte in Volfsichriftftellers Ferdinand Schmidt cin 
Torpat und Berlin Theologie, ging Später Feitgedicht heraus unter dem Titel Die 
jedody zum philojophiihen Studium über, | Ratsverfammlung der Afen in Walhalla, ein 
habilitierte fi) 1834 als Privatdozent in | Traum von den alten germaniſchen Göttern, ferz 
Berlin, wurde 1836 als außerord. Pro: | ner erſchienen: Holda, ein Elfentraum (1886), 
feſſor nach Halle berufen und wurde 1839 Geſchichte der Entwidelung (1897). 
dajelbjt zum ordentl. Profeflor ernannt. Erdmannsdörffer, Bernhard,wurde 
Literariih machte E. fi) befonders durd) | am 24. Januar 1833 in Altenburg ge— 
jeine einzig daftehende, hochbedeutende | boren, jtudierte Philologie und Geſchichte 


Darftellung der Geichichte der neueren Philofophie 
befannt. Bon jeinen weiteren, allgemein 
anerfannten, meilt in mehreren Auflagen 
erichienenen Werfen heben wir hervor: 

Natur und Schöpfung (1837), Grundriß der 
Pſychologie (1840), Grundriß der Logik und Meta: 
phyſik (1841), Pſychologiſche Briefe (1851), Ernite 
Spiele (1855). 

Erdmann, Guſtav Adolf, wurde am 
16. Juli 1859 in dem Dörfchen Ahrens: 
hagen bei Straljund als der Sohn eines 
armen Torfihullehrers geboren. Im drit: 
ten Jahre ließ ein Mädchen ihn vom Arm 
fallen, wodurd er fidy eine jchwere Ver: 
legung des Rückgrates zuzog. Mit feinem 
13. Jahre erft war er geheilt und fonnte 
nun daran denfen, eine Schule zu beſuchen. 


Da wurde fein in fönigl. Dienite jtehender | 


Vater 1872 an die militärijche Erziehungs: 
anjtalt zu Schloß Annaburg verjegt. Der 
Geneſene beſuchte zunächft 1'/e Jahr die 
Schule des Anjtituts, erhielt nebenher 
fremdiprachlichen Unterricht und ging1874 
auf das Gymnaftum zu Wittenberg. 1881 
wurde er nad) abgelegtem Abiturium nad) 
Obrsleben zur Verwaltung einer Dorfichul- 
lehrerſtelle geſchickt. Im Herbit d. J. ging 
er als Lehrer an das Militär-Knaben— 
Erziehungs-Inftitut zu Schloß Annaburg, 
allwo er nod) jegt wirft. Nachdem er 1583 
das vorschriftsmäßige zweite Lehrerexamen 
zu Halberjtadt abgelegt, begann er feine 
literarische Thätigfeit. Zunächſt veröffent: 
lichte er eine Broſchüre über die Geichichte des 
fönigl. Militär» Anaben » Erziehungs » Initituts zu 
Schloß Annaburg (1883), jodann ſchrieb er 
pſeudonym (Guſtav Lehrer) für mehrere 
pädagogiſche und andere Zeitſchriften päda— 
gogiſche Artikel. 1886 gab er zur Feier 


(Jena und Berlin: 1852—55), habili— 
tierte fi) 1858 in Jena, 1861 in Berlin, 
nachdem er längere Zeit Studien halber in 
Italien verweilt hatte, wurde 1863 als 
Lehrer an der Kriegsafademie in Berlin 
'angeitellt und 1869 zum außerord. ‘Pro: 
feſſor an der Univerfität dajelbjt ernannt. 
' Als ordentl. Profeſſor wirkte er dann nad) 
einander in Greifswald, Breslau und Hei— 
delberg, an legterer Univerfität noch jeßt. 
Dauptwerfe: De commercio quod inter Ve- 
netos et Germaniae civitates aevo medio inter- 
cessit (1858), Herzog Karl Emanuel (1862), Graf 
Georg Friedrih von Walded (1889), Das Zeits 
alter der Nov. i. Hellas (1870), Urkunden und 
Aftenftüde zur Geſchichte des Kurfürjten Friedrich 
ı Wilhelm von Brandenburg (1864— 83). 
Erler, Joſef, entftammt einer anges 
jchenen Innsbruder Bürgerfamilie und 
wurde am 9. Auguft 1857 zu Trieft ges 
boren, abfolvierte das Gymnaſium zu Inns⸗ 
brud und die juridiichen Studien an der 
Wiener Univerfität. Im Jahre 1850 trat 
er bei der E. f.Statthalterei in Linz in den 
Staatsdienft, wurde in das VBerwaltungss 
gebiet der Tiroler Statthalterei veriept 
und avanzierte dort vajch zum E. f. Poli: 
zeikommiſſär und Leiter des f. k. Polizei— 
fommillariates in Ala. E. gehört der jün— 


geren Tiroler Dichterichule an. 
Hauptwerfe: Mein Land Tirol (1877), Der 
Geigenmader von Tirol (1878), Des Kaiſers 
Ehrenfrany (1879), Aus der Sommerszeit, Des 
Prinzen Meiſterſchuß (1880), Vom Bodenfee zum 
Arlbera (1882), Eſſays (1885—86) Außerdem 
ift E. Mitarbeiter vieler bejierer Zeitichriften. 
Ermiſch, Hubert Marimilian. Geb. 
am 23. Juni 1850 zu Torgau, bejuchte 
ich die Gymnaſien zu Kolberg, Bromberg 
und Frankfurt a. d. D. und bezog Oſtern 





Ermiſch. — 
1868 die Univerſität Heidelberg, die ich 
nach einem Jahre mit Göttingen ver: | 
taufhte. Hier fejlelte mid namentlich 
Georg Waitz, zu deſſen engerem Echüler: 
freife ich zu gehören das Glüd hatte. 
Nach einer Unterbredungder Studien durch 
den Feldzug 1870/71, den ich als Ein: 
jährigfreiwilliger mitmachte, promovierte 
ic Herbit 1871. Ein Jahr fpäter zog ich 
als Erzieher der Prinzen Otto und Adolf 
zu Shaumburg-?ippe nad) Büdeburg, wo 
mir jpäter auch der Poſten eines fürftl. 
Hofbibliothefars übertragen wurde. Von 
bier aus machte ih Frühjahr 1873 das 
Eramen in Göttingen. So angenehm 
meine Büdeburger Stellung in vieler Be: 
ziehung war, entichloß ich mich doch, die 
pãdagogiſche Laufbahn mit einer anderen 
zu vertauſchen, die mir mehr Zeit zu wiſſen— 
Ihaftlichen Arbeiten ließ, und trat 1874| 
in den preußiichen Archivdienft ein. ch 
wurde zunächſt dem unter Zeitung des 
Archivrats Prof. Dr. Grünhagen jtehen: 
den Staatsardjive in Breslau überwieſen. 
Hier entitanden mehrere Auffäge zur ſchle— 
ſiſchen Geichichte in den Jahren 1435 —52. 
Nah vierzehnmonatlihem Aufenthalt in 
Breslau folgte ich einem Ruf nah Dresden, 
wo mir die durd den Tod des Dr. F. F. 
von Topra⸗Klett frei gewordene Stelle eines | 
Archivars am fol. ſächſ. Hauptſtaatsarchive 
übertragen wurde (1875); meine Ernen- 
nung zum Archivrat erfolgte 1880. Be: 
fonders willkommen war es mir, daß ich 
mic) an der Bearbeitung des im Auftrage 
der Staatsregierung zuerſt von Gersborf, 
jest von Otto Toſſe und mir herausgegebenen 
Codex diplomaticus Saxoniae regiae be: 
teiligen fonnte. Ich habe von diejem groß | 
angelegten Werke bis jegt 3 Bände heraus: 
gegeben, nämlich ein Urfundenbud der Stadt 
Chemnit; und ihrer Klöfter (1879) und den 1. 
und 2. Band eines Urfundenbuchs der Stadt 
Sreiberg (1883, 1886), denen ein dritter bald 
folgen wird. Die Herausgabe diejes lep- 
teren Urkundenbuchs veranlafte mich zu 
eingehenden bergwerfs: und bergrechtsge: 
Ihichtlihen Studien, deren Refultate teil: 











143 


Eſcherich. 


weile in dem Werke Das ſächſiſche Bergrecht 
des Mittelalters (1887) niedergelegt ſind. 
Noch andere kleinere Arbeiten ſchloſſen ſich 
an die Urkundenpublikationen an; ſie ſind 
teilweiſe, wie die Geſchichte des Benediktiner— 
kloſters zu Chemnitz, in von Webers Archiv 
f. d. Sächſiſche Geſchichte, teilweiſe in dem 
eine Fortſetzung deſſelben bildenden Neuen 
Archiv für Sächſ. Geſchichte und Altertums— 
kunde, das ich ſeit 1880 herausgebe, er— 
ſchienen; die umfangreichſte dieſer kleinen 
Arbeiten, die Studien zur Geſchichte der ſäch— 
fiich-böhmifchen Beziehungen 1464— 71, ift auch 
jeparat erichienen (1887). Verheiratet bin 
ich feit 1876 mit Charlotte, geb. Langer: 
feldt aus Büdeburg. 


Eſcherich, E., wurde am 11. März 
1856 zu München geboren, genoß den Un: 
terricht im elterlihen Haufe, erzogen von 
einer liebevollen und geiſtig bedeutenden 
Mutter (den Vater hatte fie früh jchon 
verloren). Eine unglüdliche Ehe, die fie, 
befonderer Verhältniſſe halber, ſchon früh— 
zeitig ſchloß, machte das junge träume— 


riſche Mädchen zur reifen Frau und zer— 


ftörte einen großen Teil ihrer Ideale. Erft 
als ſich diefes unfelige Verhältnis löſte, 
begann die Sonne ihr wieder zu leuchten. 
Sie fuchte nun Troft in der Poefte und 


deren Ausübung. 


Hauptwerfe: Runkelſtein (1881), Saga (Erz. 
1884), Iſaria (Erz. 1886). 


Eſchſtruth, Nataly von, wurde am 
17. Mai 1860 als die Tochter eines hei: 
ſiſchen Offiziers zu Hofgeismar geboren. 
1867 fiebelten die Eltern nad Merſeburg 
und 1872 nad) Berlin über, woſelbſt Na— 
taly ihre Erziehung in einem Penftonate 
erhielt. Schon frühzeitig hatte ſich die 
Liebe zur Poeſie bei dem jungen Mädchen 
geäußert, wofür Gelegenheitsgedichte in 
Menge beredtes Zeugnis ablegen. Bald 
wagte fie ſich an kleine Novellen: Die Königs: 
ihwärmerin, Wie fi Hoheit rädht, die Ro— 
mane: Der Mühlenprinz, Erltönigin, Die Gank— 
lerin. Daneben beichäftigte fie ſich auch 
mit dramatiihen Arbeiten, von denen 


ra Esmarch, Joh. Friedrich Aug., wurde 


MIT. 


Esmard). — 
Pirmaſenz oder Karl Auguſts Brautfahrt, Die 
Sturmnixe zur Aufführung gelangten. N. 
v. E. iſt Mitarbeiterin mehrerer Zeitichrifz 
ten, bejonders in der 1587 eingegange: 
nen „Deutſche Illuſtr. Ztg.“ war fie ein 
ftändiger Gaſt. 

Außer dem Gen. find hervorzuheben: Gänſe— 
fiefel, Wolfsburg, Katz und Maus, Polniſch Blut, 
Hazard, Verbotene Früchte, Botpourri, Wegefraut. 





am 9. Januar 1823 in Tönning geboren. 
Sein Vater, ein vortrefflicher Arzt, wünſchte, 
daß fein Sohn gleichfalls dem eigenen Be: 
ruf ſich widme. Nichts war dem willens- 
durjtigen Jüngling angenehmer, denn ges 
rade für die medizinische Wiſſenſchaft und 
ihre humane Ausübung empfand er Be: 
geiſterung: auf feinem anderen Felde fünne 
man jo unmittelbar der Memſchheit die— 
nen, meinte er mit Recht. 1843 bezog er die 
Univerfität Kiel und jtudierte hier, ſpäter 
in Göttingen, Medizin. Nach Vollendung 
feiner Studien legte er das Staatseramen 
ab und wirkte als Aſſiſtent Yangenbeds 
am hirurgiichen Hoipital in Kiel. 1848 
zog er in den jchleswig-holfteinichen Krieg 
als Arzt, dann fungierte er als Oberarzt | 
beim Lazarett in Flensburg. 1849 habi: 
litierte er fih in Stiel. 1854 wurde er 
Direktor der hirurgiichen Klinik und 1857 | 
ordentl. Profeſſor. Nad) dem Tode feiner 
eriten Gattin, einer Tochter Strohmeyers, 
vermählte ſich E. (1872) mit der Prin— 
zelfin Henriette von Schleswig-Holitein: | 
Sonderburg. E. gilt als einer der bedeus | 
tendjten (wenn nicht der bedeutendfte) Chi: | 
rurg der Gegenwart. Er hat fid) ganz 
außerordentliche Verdienſte um dieſe Wii, 
ſenſchaft, ipeziell um das Lazarettweien und. 
die friegschirurgifche Technik erworben. 
Hauptwerfe: Uber Refeftionen nah Schußwun— 
den (1851), Uber chroniiche Gelenfentzündungen 
(1866), Der erite Verband auf dem Schlachtfelde 
(1569), Gelenfneurojen (1572), Kriegschirurgiiche 
Technik (1877), Die erite Hilfe bei plöglichen Une | 
RR (1582), Samariterbriefe (1856). | 
Ettel, Konrad, am 17. Januar 1847 | 
als zweiter Sohn mäßig wohlhabender. 











Landleute zu Neuhof bei Sternberg in, 
* = i 


an, Kork. Sa af ptuir. 


> 


144 


Ettig. 


Mähren geboren, wurde frühzeitig zum 
Studieren beftimmt. Nah vollendetem 
zehnten Jahre fam er zur Vorbereitung 
für das Gymnaſium nad) Freudenthal in 
Schleſien. Zur Erlernung der zweiten Yan 
desſprache fam er ſodann nad) Kremiier, 
wo er die Gymnaſial-Studien zurüclegte. 
Das Erwahen des nationalen Geiltes 
nad) dem Jahre 1859 Hatte zur Folge, 
daß ſich auch die deutihe Minderheit der 
daſelbſt Studierenden enger zuſammen— 
ſchloß und ihrerſeits Kraft und Begeiſte— 
rung im eifrigen Studium der deutſchen 
Literatur ſuchte. Dadurch erwachte früh: 
zeitig bei ihm die Neigung zur poetiſchen 
Geſtaltung. Seine Eltern hatten ihn für 
den geiſtlichen Stand beſtimmt, doch fühlte 
er wenig Beruf hierfür, und nachdem er 
das theologiſche Seminar in Olmütz zwei 
Semeſter beſucht hatte, erklärte er ſeinen 
Austritt und kam 1867 nach Wien, wo 
er Philoſophie hörte, hierauf ohne Mittel 
zum Studium, in die Dienſte der Nordbahn 
trat. Hier begann er eine literariſche 
Thätigkeit. 

Hervorzuheben: Eiſenbahn- und Telegraphen— 
lieder (1881), Wiener Weiſ' und Frauenpreis 
(1884), Ideale und Idole (18*5), Grundzüge der 
natürlichen Weltanſchauung (3. Aufl. 1887). 


Ettig, Johann Franz, wurde am 20. 
Dezember 1850 in Borna (Sachſen) ge— 
boren als Sohn braver, aber armer El— 
tern, die ihm nicht die Mittel zum erſehn— 
ten Beſuch eines Lehrerſeminars zu gewäh— 
ven vermochten. Aber der Wunſch E.'s, die 
akademische Laufbahn zu betreten, war zu 
mächtig in ihm erwacht, als daßer auf deſſen 
Erfüllung hätte verzichten mögen. So er: 
warb er fi in einer Stellung als Steuer: 


'erpedient unter viel Entbehrungen das 
‚nötige Geld, um feine Pläne verwirklichen 


zu fönnen, und endlich bezog er das Se: 
minar in Grimma. Heute wirft er daſelbſt 
als eriter Oberlehrer. 

Bon feinen — meift poetiihen Werfen heben 
wir hervor: Stunden der Weihe (1877), Der 
Weg des Lebens (1579), Familienleben und ya: 
milienerziehung in poctiichen Bildern (1881), Dar: 
fenflänge (158%. 


= 


Nachtrag. 


(A—E.) 


Bickell, Guſtav, verfaßte noch: 
S. Isaaci Artiochenioperaomnia (1873-771. 
Carmina Veteris Testamenti metrice (1882), 
Dichtungen der Hedräer (1882— 83), Der Bre: 
diger (Koheleth) über den Wert des Daſeins (1884), 


Blume, Ludwig, it am 31. Januar 
1546 in Wien geboren, hat jeit 1863 phi⸗ 
tologische, ſpeziell germaniftiiche und hifto- 
riſche Studien an den Univerfitäten zu 
Wien und Berlin betrieben und ijt feit 
1571 °Profejlor am E. . Akademiſchen Gym: 
naſium in Wien für Deutiche Sprache und 
Literatur und Allgemeine Geichichte. Sein 
wiſſenſchaftliches Arbeitsgebiet iſt Litera: 
turgeſchichte. 

Er hat folgende ſelbſtändige Schriften publi— 
ziert, von denen die meiften vorzüglich beurteilt 
wurden: Das deal des Helden und des Weibes 
bei Homer mit Rückſicht auf das deutiche Altertum 
(1874), Über den Iwein des Hartmann von Aue 
(1879), Goethe als Student in Leipzig (1884), 
Goethes Egmont, mit Einleitung und Anmer: 
tungen herausgegeben (1887). 


Carſtens, Klaus Heinrich Wilhelm, 
wurde am 22. Auguft 1849 zu Neuen: 
kirchen (Str. Norderdithmarſchen) geboren, 
widmete ſich dem Lehrfache und amtirt 
derzeit in Dahrenwurth bei Lunden (Holit.). 

Er verfahte viele fprachliche bez. dialektiſche Auf: 
füge für Zeitichriften und gilt als eine Autorität 
auf dem Gebiete der Dialeftforfchung. 1884-85 | 
redigierte er den „Urdsbrunen”, empfehlenswerthe | 
Zeitſchrift für volkstümlich wiſſenſchaftliche Kunde, 
deren Leitung E. demnächſt wieder übernehmen 
wird. Gegenmärtig arbeitet er an einer ſprachlich 
mythologiſchen Abhandlung über die Abzählreime 
und an einer Sammlung Dithmarfcher Sagen 
und Märdıen, 


Eonwens, Anna, geboren 1859, ge: 
noß eine treffliche Erziehung im elterlichen 
Haufe und widmete fich nach der Schulzeit | 
umfajjenden Studien, befonderes Gewicht 
auf die lateinischen Klaſſiker legend, ebenfo 
ſuchte ſie in die Geheimniffe der Natur: 
wiſſenſchaften einzubringen und die Pro: 
bleme der Philoſophie zu löſen. Seit 





‚treten konnte. 
Gymnaſiums zu Zweibrücden wurde E. 


mehreren Sahren lebt fie in Berlin als 
eifrige Diitarbeiterin von Zeitſchriften, für 


die fie Romane und Novellen ſelbſt Schreibt 


‚und ſolche aus fremden Sprachen überfegt. 


Euno, Friedrich) Wilhelm, ift geboren 


‚am 19. Mai 1838 zu Germersheim am 


Rhein (befanntaus Kaiſer Rudolphs legten 
Tagen). Der Vater C.'s, ein Beamter, 
dernunmehr hochbetagt im Ruheſtande lebt, 
hielt diefen feinen älteften Sohn von Su: 
gend auf zum Lernen und allem Guten 
jtrenge an. Ihm verdankt es derielbe, 
daß er die wiljenichaftliche Laufbahn be: 
Schon als Schüler des 


durch den Sejchichtsunterricht des Bro: 
feſſors Dr. Finger für die hiltorifchen 
Studien begeiſtert. Nach Vollendung feiner 
Univerfitätsjahre interimiftiicher Hülfs— 


‚prediger an der franzöfiſch-deutſch⸗refor— 
mierten Gemeinde zu Biihweiler in Elſaß 


für kurze Zeit geworden, fand derielbe 


‚manche Anregungen zu Forihungen in 


der Geſchichte des ehemaligen Herzogtums 
Zweibrücen durch den Rajtor Fr. W. Cull— 
mann. Die Wirkſamkeit als deutſcher Pre— 
diger in der reformirten Paroisse de Plai- 
sance zu Paris erweiterte den Blick des 
jungen Mannes. 

Bon entiheitungsvoller Beftimmung für feine 
nachherige literariſche Thätigkeit wurde aber erit 
fein Eintritt in den Dienit der evangelischen Kirche 
Naſſau's (1865). Dort öffneten fih ihm die 
Schätze der Herborner Bibliothet, auf weiche ihn 
der naſſauiſche Hiftoriograph Keller aufnerfiam 
machte, Auch die Räume des Archives zu Idſtein 
wurden fpäter befucht, um dafelbit tiefere For: 
Ihungen zu machen. Das Ehemals der Herborner 
Hochſchule ſowie die Geſchichte der Fürſten des 
oraniſch⸗naſſauiſchen Fürftentums, ebenſo allmälig 
auch all der reformierten Territorien Deutichlands, 
welche mit jenen mehr oder weniger in Berüh— 
rung ftanden, machte er jest zum Gegenſtande 
angeltrengter Studien. Als erſte Frucht derfelben 
urfte er 1869, nachdem er bisher einige Ar— 
beiten für Zeitſchriften geliefert, veröffentlichen 
Johann, der Ältere von Naſſau— Dillenburg- 


ein fürftlicher Neformator. Nah den Haupt: 


als 1858 der Ruf an ihn erging, Pre: 
momenten feines Lebens gejchildert. Bald dar: 


Te TAN a ‚diger der deutichreformierten Gemeinde in 
auf erichien feine vorzüglihe Geichichte der Stadt — eher 5 
— ra Ri - 6 die —— zu St. Betersburgzu werden. Seit dieſer Zeit 
Unterreichenbach bei Birftein an, um auch die ver: | lebt D. in angejtrengter und weit ausge: 
Ihiedenen iſenburgiſchen Ardive durchforſchen zu | dehnter Berufsthätigkeit — fein Konfijto- 
fönnen. Es bot ſich ihm in denfelben ein reiches | rialbezirk erſtreckt ſich bis an das Schwarze 


Material dar, welches er zum Teil nach ſeiner 
Überſiedelung nah Spannbeck in Südhannover Meer — in der ruf. Hauptitadt. 1868 


1882 bei Publikation des „Gedächtnisbuch deut: Konfiftorialrat geworden, erhielt er 1883 
ſcher Fürften und Fürftinnen reformierten Be | von der Univerjität Marburg die Würde 


kenntniſſes“ (in Verbindung mit Dr. theol. 4. 
Zahn, Konfiftorialrat Dr. Ehlers, Pfarrer Beder, 
Paſtor Dreves und Paſtor Richter herausgegeben) 
verwerten fonnte. Gr verfaßte weiter die popus 
lär gehaltenen Schriften: Magifter Johann Bader, 
Kaspar Dfevian, Johannes der Ältere, Pfalzgraf 
bei Rhein und Herzog zu Zweibrüden, und den 
XIV. Teil des ähifhen Memorabile für 1886. 
Zum 15. März; 1887, dem dreihundertjährigen 
Todestage des Neformator Dlevianus, gab C. her: 
aus: Blätter der Erinnerung an Dr. Kaspar Dle- 
vianus. Auch ift er Mitarbeiter an mehreren kirch— 
lichen Beitfchriften des In- und Auslandes, fomie 
an der allgemeinen Deutichen Biographie. Seit 
1887 wohnt er mit feiner Familie in dem am 
Fuße der Ruine Pleffe gelegenen Dorfe Eddige- 
haufen, wohin er durch die Wahl der Bewohner 
berufen wurde. 


Dalton, Friedr. Hermann, wurde in 
Dffenbad) a. M. am 20. Auguft 1833 ge- 
boren. Nachdem der Vater — ein Eng: 
länder — bereits 1836 mit feiner Fa— 
milie nad) Frankfurt a. Di. übergefiedelt 
war, bejuchte der Knabe zunächſt das dor- 
tige damals berühmte Handelsinftitut von 
Hafjel, vertaufchte dafjelbe aber 1844 mit 
dem Gymnafium, als der jchon früh rege 
gewordene Wunſch, Pfarrer zu werden, 
mit unmiderjtehlicher Gewalt ſich geltend 
machte. NahBollendung des Gymnafiums 
bezog D. 1853 die Univerfität, zunächſt 
Marburg, dann Berlin und Heidelberg. 
Keiner der Profeſſoren machte einen tie- 
feren und nachhaltigeren Eindrud auf den 
jungen Dann als Immanuel Nitzſch. Der: 
jelbe wollte feinen Schüler für die wiſſen— 
Ihaftlihe Laufbahn gewinnen, aber die 
größere Herzensneigung zog ihn zur Wirk⸗ 
ſamkeit eines Geiftlichen. Nachdem er 1856 
die Univerfitätsprüfung, 1858 die Staats: 
prüfung beftanden, war der Entſchluß ge: 
reift, als Miffionar nach Indien zu ziehen, 


eines Doftors der Theologie. 
| Die fnapp zugemefjenen Mußeftunden boten zu 
literarifcher Thätigkeit erwünfchte Gelegenheit; wir 
nennen von bedeutenden Werfen bier: Nathanael, 
Vorträge über das Chriftentum (2. Aufl. 1864), 
Geſchichte der reform. Kirche in Rußland (1865), 
| Das Gebet des Herrn in den Spraden Rußlands, 
| linguiftifche Studie mit beigefügten 108 Sprad» 
| proben (1870), Smmanuel, der ——— Ka⸗ 
techismus als Bekenntnis und Erbauungsbuch er⸗ 
flärt und ans Herz gelegt (2. Aufl. 1888, ins 
Holländ. überſ.), Reifebilder ausdemDrient{1871), 
| Reifebilder aus Spanien (1872, ins Hol. überf.), 
Neifebilder aus London und Holland (1875), 
Ferienreiſe eines evang. Predigers (1886, ins Dän. 
‚ überf.), Job. Goßner (2. Aufl. 1878), Job. v. Mus 
ralt (1876), John a Lasco (1881, ins Hol. u. 
ı Engl. überj.), Die evang. engen in der 
ruf. Kirche der Gegenwart (1881), Sranz., 
| Engl. u. Hol. überſ.), Der ſonale Ausjag (1882, 
ins Boln. überf.), Evang. Betrachtungen in 5 Bon, 
(2. Aufl), Verfaſſungsgeſchichte der ‚luth, 
Kirche in Rußland (1887), Geſchichte, en und 
Weiſe der evang. Sonntagsfchule (1887). 


Dorn, E., f. E du Feaur. 


Du Boys-Reymond, Emil, ſchrieb 
noch: Unterſuchungen am Zitteraal (1881), Reden 
(1886—87). 


Eſſelborn, Karl, wurde am 31. Mai 
1852 in Alzey (Helen) geboren, beab» 
fichtigte, Ingenieur zu werden und befuchte 
zu dem Zweck das Bolytechniftum in Darm: 
ftadt. Eine langwierige Krankheit zwang 
ihn jedoch, diefe Laufbahn aufzugeben, 
nachdem er bereits bei der Mürttember- 
giihen Staatsbahn angeftellt gemwefen. 
Er widmete fih nun ausſchließlich der 
bereits während feiner dienftlihen Thä- 
tigkeit betriebenen Schriftftellerei. 

Hauptwerfe: Eudocia (Drama), Ein tös 


geſuch (Poſſe), Des Pfalzgrafen Toter (Ep., 8. 
Aufl.), Bleifederffizzen, Hasdrubals Weib(Drama), 








EI 


1. Teil. 


Ettinger. 


Ettinger, Paul, geb. am 1. März 
1857 zu Münfterberg in Schlefien. Be: 
ſuchte die Volksſchule jeiner Vaterjtadt und 
jeit Oftern 1870 das Friedrichs-Gymna— 
fium zu Breslau. Durch Vermögenslofig- 
feit gezwungen, weiteren Studien zu ent- 
jagen, verließ er das Gymnaſium in der 
Prima Oftern 1877, um fi einer Be: 
amtenlaufbahn zu widmen. Bis 1879 im 
Vorbereitungsdienft befchäftigt, trat er am 
3. Juli 1879 in den unmittelbaren preuß. 
Etaatsdienjt und gehört feither dem Se: 
fretariat der fgl. Regierung zu Breslau an. 

Schrieb Gedichte, Iyriichen, erzählenden und 
bumoriftiihen Inhalts, Eſſays und Feuilletons, 
welhe in verſchiedenen Zeitichriften veröffentlicht 
wurden. 


Ettoire, Herm., ſ. Herm. Riotte. 
Euſebius, j. Hermanı Frommann. 


Euting, Julius, wurde am 11. Juli 
1839 in Stuttgart geboren, jtudierte urz 


Iprünglich Theologie, wandte fi) aber jpä- 
ter orierıtaliichen Studien zu (1861—64: 
Tübingen, Paris, Orford und London). 
Nach Zurüdlegung vieler gefahrvoller Ori⸗ 
entreijen ging er nad) Straßburg, wo er 
als Univerfitätsprofellor und erjter Biblio: 
thefar wirft. E. hat ſich als einer der 
ausgezeichnetſten Drientaliften bewährt. 
Er iſt wohl der bejte Kenner altjemitischer 
Inſchriften, fo entdedte er u. a. die alt-ara— 
mãiſche Stele zu Teima (5. Jahrh. v. Chr.) 
und die althebräiihe Synagogeninschrift 
zu Balmyra (c. 250 n. Chr.). 


Hauptwerte: Qolasta (mandäiicher Tert, 1867), | 


Punifde Steine (1871), Sechs phönikiſche Ju: 
Ihriften aus Idalion (1875), Inichriftliche Mit: 


teilungen (1876), Carthagiſche Inichriften (1893), | 


Rabatäiſche Injchriften aus Arabien (1855). 
Evander, 9., I. H. Guttmann. 


Evers, Ernjt Eduard, geb. am 15. 
Auguft 1844 im lübſchen Stadtſtiftsdorfe 
Kaköhl im öjtlihen Holjtein. Es ijt mir 


nimmer an der Wiege gelungen worden, 
daß ich dereinft zum literariihen Deutſch— 
land folle gezählt werden. Meine Groß: 
väter waren ojtholjteinische Bauern, pa— 
triarchaliſche Geſtalten mit fernfeften Hän— 


Hinrichſen, Das literariſche Deutichland. 


145 


Evers. 


den und frommen Herzen. Mein Vater hat 
‚als Stellmacher das Felleifen getragen 
durch Deutichland und über die Grenzen 
deſſelben hinaus und hat durch Wagenbau 
‚einen ſolchen Wohlſtand erlangt, daß er 
‚feine beiden Söhne hat jtudieren laſſen 
können. War’s das treuberzig jchlichte Er- 
‚zählen einer frommen Mutter, welche in 
‚dem ältejten Buben die Luft zum Fabu— 
‚lieren wedte, war's die liebliche Gegend 
der Heimat, welche dieſe Luft nährte? Ich 
‚weiß es nicht. Das weiß ich, daß ich in 
den Tagen der Kindheit zu den Fühen des 
Paſtors Claudius, eines Sohnes vom 
Wandsbecker Boten, geſeſſen habe und 
mir das Herz habe erwärmen lafjen von 
jeiner Rede. Das weiß id aud, daß nad) 
dem Tode des Paſtors Claudius der Volks» 
ſchriftſteller Nik. Fries als Paſtor nad) 
Blefendorf, wo mein Geburtsort einges 
pfarrt war, gefommen ift. Derjelbe kam 
oft in das Haus meiner Eltern und hat 
mich dann jelber auf das Gymnafium in 
Plön gebradt. In Stiel jtudierte ich drei 
Semejter Theologie, hörte daneben bei 
Harms über Logik, bei Weinhold und Kl. 
Groth über alt: und neuhochdeutiche 
Sprade. Es war jene Zeit, da Schles— 
wig-Holjtein vom dänischen Joche freiges 
worden war und da in Deutichland das 
Feuer unter der Alche glomm, um im 
Sommer 1866 aufzuflammen. An einen 
ruhigen Fortgang des Studiums war nicht 
viel zu denken. Als eben die fiegreichen 
Schaaren Preußens aus Böhmen heim: 
gekehrt waren, fam ich nad) Berlin, um 
meine Studien unter Dorner, Steinmepyer, 
Tweiten und SHengitenberg fortzufegen. 
1569 bejtand ich das theologiiche Amts— 
examen in Kiel und wurde im jelben Jahre 
als Paſtor für die Pfarre in Tetenbüll an 
der ſchleswigſchen Weſtküſte erwählt. Da 
fige ich nun feit achtzehn Jahren auf ein— 
jamer Scholle, umgeben von einer glüd- 
lihen Familie. Im Jahre 1874 jchrieb ic) 
meine erjte Erzählung, welche 1875 er: 
ihien. Von jener Zeit an habe ich eine 
Erzählung der anderen folgen Laien. 
10 


Eye. 


Wenn auc die von mir herausgegebenen | 
Bücher in hriftlichen Kreifen weite Vers | 
breitung gefunden haben, jo habe ic) doch 
von jeher eine weitergreifende Thätigfeit 
geübt auf dem Gebiet der Sonntagsblatt: 
Literatur. An fait allen bedeutenden Er: 
bauungsblättern Deutichlands bin ich Mit— 
arbeiter für das Fach der Erzählung. Seit 
3 Jahren bin ich Nedakteur des „immer: | 
grün“, 

Hauptwerke: Martjen Flors Gelundheit, Vom 
Berge der Seligkeiten, Rogate, Steinsmühlen, 
Klein und Groß, Der Herr an Bord, Der Wil— 
derer, Eheſtand — Weheſtand, In die neue Welt, 
Am Walde, Aus der großen Zeit, Das Leben im 
Licht, Glockenklänge, Gnadenquellen, Am Throne | 
Gottes. | 





Eye, Joh. Lud. Aug. von, wurde am, 
24. Mai 1828 in Fürftenau geboren, jtus 


146 


— Fahliſch. 

Fowler wurde. Im Auftrage dieſer Firma 
bereiſte €. faſt die ganze civilifierte Welt 
und bildete ſich nicht allein zu einem der 
bhervorragenditen Technifer und Ingenieure 
heran, jondern ſammelte auch wertvollen 
Stoff zur jpäteren literariichen Verwer— 
tung. 

Hauptwerke: Das Agrikulturmaſchinenweſen in 
Agypten (1867), Wanderbuh eines Ingenieurs 
(1871— 80), Boltmar (1877), Der Waldteufel 


(1875), Mönd und Yandsfnedt (1881). 


Fahliſch, Paul, wurde am 27. Mai 
1544 zu Nagow, einem Dorfe am Weit: 
rande des Spreewaldes, geboren. Sein 


dierte zu Göttingen und Berlin anfänglich | Vater, Friedrich F., war Lehrer in dieſem 
die Rechte, ging aber Ipäter zum Studium | Orte. Ragow iſt reich an prähiftorifchen 
der Philofophie und Geſchichte über und | Funden. Diejer Umſtand regte jchon früh 
beichäftigte ſich noch befonders mit Alter: | feinen Sinn auf nähere geihichtlide Er- 
tumsfunde. 1853 berief ihn das Germa- forſchung nicht nur dieſes Dorfes, fondern 
nische Diufeum als VBorftand der Kunſt- des ganzen Spreewaldes an. Nachdem er 
und Altertumsfammlungen. 1875 ging |die höhere Bürgerichule in Yübben befucht 
er nad) Dresden, um das Diufeum an der | und dann das Seminar zu Neuzelle von 


Kunftgewerbeihule zu begründen. In— 
zwilchen unternahm er viele ausgedehnte 


und erfolgreiche Reifen, deren Nefultate | 


wir in feinen, allgemein als hervorragend 
anerkannten Werfen wiederfinden. 1887 
fiedelte E. nach Brafilien über, wo er „die 
geiftige Eroberung eines der Schönen Er: 
denwinfel bezwedt im PBalmenlande, wo 
die deutfche Seele Ruhe und Entzüden 
trinfen kann.“ 

Hauptwerfe: Kunſt und Leben der Borzeit 
(1854), Deutichland vor 300 Jahren in Leben 
und Kunſt (1857), Eine Menſchenſeele (1563), 
Weſen und Wert des Daleins (1870, 2. Aufl. 
1856), Das Neich des Schönen (1878), Die Deut: 
chen in Brafilien (1885). 

Eyth, Mar, am 6. Mai 1836 in 


boren, bejuchte das Polytechnikum zu 


Stuttgart und ging nad) deſſen Abjolvie: 
rung nad) England, wo er bald Ingenieur 
der großen Tampfpflugfabrif von John 





preußiſchen 
Kirchheim (Württemberg) als der Sohn 
des berühmten Theologen Eduard E. ge: 


1563 bis 1566 abfolviert hatte, trachtete 
er danad), im Spreewald als Lehrer ange: 
ftellt zu werden. Dies gelang ihm, indem 
er in der Stadt Yübbenau ein Heim fand. 
Sofort begann er feine lofalgejchichtliche 
Thätigfeit. Durch Güte des verftorbenen 
Standesherrn Grafen Herm. Rochus zu 
Lynar wurde ihm Einfiht in die alten 
Schloßurkunden verjtattet, die er einige 


Jahre lang bearbeitete. 1877 erichien feine 
| „Seichichte der Spreewaldftadt Lübbenau”, Späü— 


ter ſchrieb er noch verichiedene Artikel: 
Ein Blatt aus des Spreewalds grauer Vorzeit. 
Die Überſetzung aus der amerifanifchen Zeitſchrift 
„Harper's new munthly magazine‘: The prus: 
sian wends and their home, Das Schwinden des 
euß Wendentums, Der Spreewald. Eine 
hiſtoriſche Skizze. Außerdem hat er ſich noch 
an der Herſtellung der Kießlingſchen Spe— 
zialkarte vom Spreewald nebſt Führer be— 
teiligt. Kleinere Korreſpondenzen für ver— 
ſchiedene Zeitungen ſind von ihm in grö— 
ßerer Zahl geliefert worden. 


_— 


Falckenheiner. 


Falckenheiner, Wilhelm, wurde am 
3. November 1821 als älteſter Sohn des, 


durch ſeine „Geſchichte heſſiſcher Städte u. 


Stifter“ bekannt gewordenen Pfarrers 
Karl F. in Hofgeismar geboren, verließ 
1837 das Waterhaus, in dem er feine 
erjte Erziehung nenofjen, und fam in das 
Kaſſeler Gymnafium. 1840 bezog er die 
Univerfität Marburg, um Theologie und 
Philologie zu ftudieren. Durch den früh: 
zeitigen Tod des Vaters, welcher die aus 
elf Köpfen bejtehende Familie in traurig: 
jter Zage zurüdließ, wurde der von Prof. 
Hettberg und Prof. Denke befürmwortete 
Plan einer akademiſchen Laufbahn ver: 
eitelt. Um der Familie in ihrer hülflofen 
Lage eine Stüge zu bieten, trat F. als 
Lehrer in einem Kaſſeler Brivatinftitut ein, 
und nahm Mutter und Gejchwilter zu fich 
bis zu feiner erjt zehn Jahre ſpäter er: 
folgenden Bermählung. Wenige Jahre da- 
nad übernahm %. jelbit die Zeitung jenes 
Injtituts, nachdem er die theologiiche und 
die philofophiiche Doktorwürde erlangt und 
das Neftoratseramen bejtanden hatte. Er 
ging dann für einige Zeit nach dem franzö- 
ſiſchen Spracgebiete, um die dortige 
Eprade beherrichen zu lernen, wurde, zu: 
rüdgefehrt, als Prediger nad) Kafjel be: 
rufen und wirkte hier bis 1874 in ſegens— 
reicherjeeljorgeriicher Thätigfeit. Daneben 
beihäftigte F. fih aud) mit dem öffent: 
lihen Zeben und den praktiſchen Beſtre— 
bungen für Volkswohlfahrt, und wurde als 
Abgeordneter in den legten kurheſſiſchen 


Landtag gewählt. 1873 wurde F. Stadt- 


jhulreferent und Inſpizient im Neben: 
amte, 1874 erfolgte jeine Berufung als 
Regierungs- und Schulrat in die fünigl. 
Regierung zu Kaſſel, wodurd) jeiner geiſt— 
lihen Amtsthätigfeit ein Ziel gelegt wurde. 

Außer zahlreichen Beiträgen in Zeitichriften find 
von dieſes tüchtigen Sculmannes verdienten 
Schriften hervorzuheben: Ich weiß, an wen ich 
glaube (2. U. 1563), Der evangeliiche Geiftliche 
und das öffentliche Leben (1864), Zur Verſtändi— 
gung und zur Verjöhnung, ein Wort an den Ar: 
beiterftand (1869), Uber die Grenzen des konfeſſ. 
Elementes (2. A. 1872), Heſſiſche Jugendluft (1876), 


In der Ferienkolonie (1883), Aug der böfen alten | 


147 


— Falk. 
Zeit, ein heſſ. Volksbüchlein (1854), Jungdeutſch— 
land am Fuße unjerer nationalen Ehrendenfmäler 


Qu). 





| Falk, Dar, wurde am 7. Oftober 
1528 in Belt geboren, mußte nad) Abiol- 
vierung der Schule, da jein Vater ftarb, 
feinen Unterhalt jelbjt verdienen und be: 
gann mit Überfegungen ungarifcher Werke 
ins Deutjche. Alter und reifer geworden, 
mit ausgezeichnetem publiziitiichen Talent 
ausgeftattet, benußte F. dasfelbe, um in 
großen Zeitungen Djterreichs und Ungarns 
auch politifch aufzutreten. Er wußte fi) 
bald Geltung zu verichaffen und wurde an 
die Epite der Redaktion des „Peſter 
Lloyd“ berufen, welches Blatt er zu einer 
Weltzeitung erften Ranges erhob vermits 
tels jeiner anerkannten Echneidigfeit der 
politiiden Auffaffung und feiner Echlag- 
fertigfeit. Nachdem er 1870 aud) in den uns 
gariichen Reichstag gewählt worden, fpielte 
er eine hervorragende politische Rolle als 
Angehöriger der gemäßigt liberalen Bartei. 
 Selbjtändige Bücher hat $. nicht erfcheinen 
laſſen, jondern fein ganzes literarisches 
Können auf politiihe Schlagartifel ges 
richtet, deren hohe Bedeutung allgemein 
gewürdigt ift. 

Falke, Jakob v., wurde am 21. Juni 
1525 in Napeburg geboren, jtudierte in 
Erlangen und Göttingen Vhilologie und 
Geſchichte. Nach Vollendung feiner Stu: 
dien ging er nad) Düſſeldorf, wo er fich ein= 
gehend mit der Gejchichte der Kunſt und 
Kultur beichäftigte. 1855 folgte F. einem 
Auf nad) Nürnberg als Konjervator am 
Germaniſchen Muſeum, gab diefe Stel: 
lung jedoh auf, da er den ſehnlichſten 
Wunſch Heate, nad) Wien zurüdzufehren 
‚und ihm Gelegenheit hierzu durd den 
Fürſten Kiechtenftein geboten wurde. Nach— 
dem er lange Zeit feine Kraft den Liechten- 
fteinihen Kunſt- und Bibliothefsichägen 
gewidmet und fich bereits literariih als 
Kunfthiltorifer einen Ruf erworben hatte, 
ward er 1865 zum erjten Kuſtos am f. k. 
Mufeum für Kunſt und Induftrie ernannt, 
um das er ſich große Verdienjte erworben 
10* 








148 


Falfner. 


hat. Im Dezember 1885 wurde er zum trat er ein neues Gebiet, auf welches ihn 
Direktor diejer Anftalt ernannt. Won allerdings feine Reifen und feine Befannt: 
feinen hodhbedeutenden Werfen heben wir ſchaft mit den Berhältniffen der Deutichen 


Falkenſtein. 


hervor: außerhalb der Reichsgrenzen hinwieſen. 
Er gründete zu Berlin den „Allgemeinen 
deutſchen Schulverein zur Erhaltung des 
Deutſchtums im Auslande“, welder7 Jahr 
ipäter bereits in etwa 320 Gruppen über 
30,000 Mitglieder zählte. Jetzt ift er 
Oberftabsarzt an der Haupt-Kadetten— 
Anftalt Gr.-Lichterfelde. 


Falkner, Hugo, liche Diar v. Weißen: 
thurn. 


Faller, Julius Emil, wurde geboren 
am 21. December 1536 zu Todtnau, wo 
jein Vater Bürgermeijter war. Nach voll: 
endeten Studien der Theologie, Philo— 
logie und Gejchichte zog er vorerit, da er 


Die deutiche Trachten: und Modenwelt (1858), | 
Kunst und Leben der Borzeit (1859), Geſchichte 
des modernen Geihmads (1881), Gefchichte des | 
Haufes Liechtenftein (1832), Die Kunft im Haufe | 
(1882, 5.4), Hellas und Rom (1882), Äſthetik 
des Kunftgewerbes (1854), Die Wiener Porzellan: 
fabrif (1886). | 

Falfenitein, Julius, geboren den 1. 
Juli 1842 zu Berlin, Sohn eines praft. 
Arztes, erhielt feine Ausbildung auf dem 
franzöſiſchen Gymnaſium in Berlin und 
ſpäter in der mediz..hir. Akademie für das | 
Militär. Er machte den Feldzug gegen 
DOfterreich und gegen Frankreich) mit und 
wurde zuerit befannt als Mitglied der 
deutfhen Loango-Erpedition, welche ſich 





von 1873— 76 durch ſtreng wilfenichaft- 
liche Arbeit an der Weſtküſte Afrifas un: 
bejtrittene Verdienſte erwarb. Er leitete 
die Station Tichintichoticho und vertrat 
die ethnologiiche, naturwiſſenſchaftliche und 
medizinische Forſchung. Seine Photo: 
graphien, ſowohl Negertupen, Tier: und 
Pflanzenbilder, wie Landichaften vereinigte | 
er in einem 1576 veröffentlichten „Album | 
der Loango-Küſte“. Neben einer Reihe 
kleinerer medizinischer Abhandlungen er: 
fchien der von ihm verfaßte 2. Band des, 
großen Werkes der Erpedition und Später 
der „Natgeber für Koloniſten, Seeleute 
und Reijende in jüdliche Gegenden“, wel: 
cher bejonders die Pioniere der Kultur in 
die Gefahren ihres Wirkungskreifes ein: 
führen und fie vor denjelben bewahren | 
follte. Es war ihn außerdem vergönnt, 
durch richtige Behandlung den erjten le— 
benden Gorilla nach Europa zu bringen. 
Seine verdienten Arbeiten find abgefehen von | 
Heineren Aufläsen folgende: Afrifantiches Album. | 
Die Loangoküſte nebſt Tert (1975), 2. Abteilung 
des Werkes der Yoango:Erpedition (1881), Arzt: | 
licher Ratgeber für Koloniften, Seeleute und Rei: 
fende in jüdliche Gegenden (1882), Weſt-Afrika 
vom Kap Nun bis zum Damara:Land (1854), | 
Zwei ungelöfte afrifanifche Fragen. (Aus allen 
MWeltteilen 184), Die Zukunft der Kongo: und 
Suinea-Gebicte (155). Im Jahre 1530 be: 











ſich für einen pofitiven Lebensberuf, außer 
dem theologiichen, nicht recht erwärmen 
fonnte, die Literatenlaufbahn vor und 
fam in die Schweiz, wo ihn indeh doch bald 
mancherlei Erfahrungen und Bedenken be: 
jtimmten, eine Lehrſtelle anzunehmen 
(1864). Seither lebt er in Zofingen (im 
Yargau), neben der Schule in beicheidener 
Weiſe der Mufe dienjtbar. 1882 hat er 
feine Dichtungen, die bisher in zahlreichen 
Journalen zerjtreut geweſen, zu einer 
Sammlung vereinigt, herausgegeben unter 
dem Titel: „Das Gſcheidtlinger Dichteralbum, 
poetiſcher Blütenſtrauß.“ 


Farner, Ulrich, geboren am 28. Juli Me⸗ 
1855, Sohn des Spenglermeiſters, ſpäter aldo 
Gemeindepräfidenten in Oberjtammbeim, fu.72% 


wurde für die theologiiche Laufbahn vor: 
bereitet. Da fih aber ſchon jehr frühe 
Zweifel und freilinnigere Denkweiſe in 
dem Knaben fund gaben, Fam er als Lehr: 
ling in ein Handelshaus nach Schaffhaujen, 
Ipäter nad Zürid. Damals begann F. 
feine erjten literarischen Verſuche, indem 
er für mehrere Zeitungen Feuilletons 
Ihrieb und (1875) die Dichtungen des 
Zürderischen Poeten, Rudolf Kilchſperger 
jammelte, fichtete und herausgab, Das 
Leben in Zürich behagte F., da er neben 





Faſtenrath. 


feiner Komtorthätigkeit Muße fand, philo— 
ſophiſche und jur. Kollegien zu hören. 


149 


Faßbender. 


für das Volk des Cid und er beſang 
Hesperien in einer Reihe von Liedern 


Nach vielen Widerwärtigkeiten und Schick- und Romanzen, die ſich durch ſeltenen 
ſalsſchlägen beſchloß F. feine kaufmän- Schwungund Wohllaut auszeichnen. Dann 
niſche Laufbahn, nahm ſeine Studien wie- aber machte er es ſich zur Lebensaufgabe, 
der auf und widmete ſich beſonders den den Epaniern in ihrer Sprache Deutſch— 


Milttärwiflenichaften. Er wurde Unter: 
offizier, ein Jahr jpäter Inf.Lieutenant, 
ichrieb ein Handbuch für Unteroffiziere und 
verfaßte eine größere Preisichrift für den 
ſchweizeriſchen Offiziersverein, die ihm 
ein Ehrendiplom eintrug, und gründete jo: 
dann 1878 eine neue Ichweizeriiche Mi— 
litärzeitung: „Der Wehrmann”. Gleich— 
zeitig ſchrieb er Dialeftjtüde für die Volks— 
bühne, welche jeither vielfach aufgeführt 
wurden. 1882 ging F. nah München, 
um namentlich größere deutihe Theater 
zu ſehen. Zurüdgefehrt, gründete $. in 
Et. Gallen die „Schweizeriiche freie Volks— 
zeitung“ und (mit Hüller) die „Schweize: 
riihen Soldatenblätter”. Inzwiſchen ver: 
heiratete F. fi mit Bertha A. Bäblein. 
1885 übernahm er die Redaktion der „All: 


| lands große Männer aller Zeiten zu jchil- 
‚dern und endlich ſuchte er auch den Franz 
zoſen einen Begriff vom deutichen Geiſtes— 
leben beizubringen. Ebenſo wie die ſpa— 
nische Preſſe die Meifterichaft F.'s in der 
Eprade Kajtiliens, rühmt die franzöfiiche 
feinen gewandten franzöfiichen Stil. 
Hauptwerfe: Spaniſcher Nomanzenitrauf 
(1866), Klänge aus Andalufien (1567), Hespe— 
riihe Blüten (1869), Jmmortellen aus Toledo 
(1869), Das Buch meiner Ipaniichen Freunde 
(1870), Den deutichen Helden (1871), Calderon 
(1882), La Walhalla y las glorias de Alemania 
(1572—1887), Granadiſche Elegien (1885), Die 
zwölf Alfonjos von Kaitilien (1556), Fignres 
de l’Allemagne contemporaine (1887); außer 
* viele Überſetzungen aus dem Spaniſchen. 


Faßbender, Martin, wurde geboren 
in Steinebrück, Reg.B. Köln a. Rh., am 


gemeinen Schweizeriihen Volkszeitung”. | 24. März 1856, beiuchte das Gymnafium 
Außerdem redigierte er die „Schweizer. |inKoblenz, wo er 1877 das Abiturienten: 
Verfehrszeitung“, „Hiddigeigei” und die | eramen machte, worauf er fi) vier Jahre 
von ihm gegründeten „Helvetiichen Lite: | an der Universität in Bonn und der landw. 


raturblätter”. 

Hauptwerfe: Das Marmorfreuz (1873), Ru: 
dolf Kilchiperger (1875), Felix und Eulalia (1876), 
De lät Herr Meyer (1880), De Better us Bas 
tavia (1882), Militäriiche Schule (1882, 1883), 
Gefammelte Romane (1884), Die Roſe von 30: 
fingen (1884), Die Sonderbundsbraut” (1884), 
Das Burgfräulein von Narburg (1885), Die 
» Bettel-Urfchel (1886), Rache fürs Grauholz (1887). 


Faftenrath, Johannes, wurde am 
3. Mai 1339 in Remſcheid geboren, er: 
hielt nach Überfiedelung feiner Eltern nad) 
Köln dafelbit feine Vorbildung und wid— 
mete fi in Bonn, Heidelberg, Münden, 
Paris und Berlin demStudiumder Rechts: 
wiſſenſchaft. Nachdem er kurze Zeit als 
Auskultator in Köln gedient hatte, gab er 
die juridiiche Laufbahn gänzlih auf, um 
ſich ausfchließlicd der Poeſie zu widmen. 
Ein viermonatlicher Aufenthalt inEpanien 
weckte in ihm eine glühende Begeijterung 


ı Akademie in Boprelsdorf philofophiichen, 
theologiſchen, ſtaatswiſſenſchaftlichen und 
landwirtſchaftlichen Studien widmete und 
ſpäter an der Univerſität in Leipzig pro— 
movierte. Nach ſeiner Studienzeit arbei— 
tete er ſich auf dem Bureau der „Anwalt— 
ſchaft ländlicher Genoſſenſchaften“ in Neu— 
wied a. Rh. unter der Leitung Raiffeiſens, 
des Gründers der nach ihm benannten 
Kreditgenoſſenſchaften, in das Bankweſen 
praktiſch ein und machte ſowohl mit Raiff— 
eiſen zuſammen, als allein zum Zwecke der 
Agitation für Verbreitung der genoſſen— 
ihaftlihen Tendenzen Reifen nah Schle— 
fien, Bayern, Württemberg, Elſaß-Lothrin— 
gen ıc. und wurde 1883 Nedafteur der 
Zeitſchrift „Weſtf. Bauer” in Münjter, 
wo er den Verband ländlicher Kreditge— 
nofjenichaften mit dem Mittelpunfte der 
„Ländlichen Centralkaſſe“ in Münſter grün— 





— —D—— San dr. 319 


Faulmann. 


dete, ſozialpol. Mitarbeiter verſch. literar. 
Unternehmungen iſt und folgende Schriften 
verfaßte: 

Die ländlichen Spar: und Darlehnskaſſen-Ver— 
eine (1883), Die Nettung des Bauernftandes aus 
den Händen der Wucherer (1986 achte Auflage), 
Wer ift der Bauernfünger? (pleud. 1884), Die 
Bauernvereine in geichichtliher Entwidelung 
(1858), Das Vorfommen des Wuchers auf dem 
Lande im Bereich der Brovinz Weftfalen (1887). 


Fanlmanı, Karl, wurde am 24. Juli 
1835 in Halle geboren und widmete fid) 


150 


— Fechner. 

bens vertrocknete dann die poetiſche Ader 
faſt gänzlich. Die Luft zum Fabulieren er- 
wachte erjt wieder, als 1874 von befreuns 
deten Amtsbrüdern zur Förderung des reli— 


'giös-fittlihen Lebens „Das Evangelische 


Wochenblatt” gegründet wurde. Seitdem 
brachte jeder Jahrgang eine Reihe populär 
gefchriebener Artikel von meiner Feder. 
Vornehmlich find es Schäden des Volks— 
lebens, welche darin beiproden werden, 
aber auch volfsverjtändliche Aufläge über 


der Buchdruckerkunſt, Daneben mit großem | Gefundheitspflege habe ich in nicht ge- 
Eifer Sprachſtudien betreibend. Seine Be: |ringer Zahl veröffentliht. Als Pfarrer 
Ihäftigung bot ihm Gelegenheit, die Steno— | muß man fo oft an die Kranfenbetten tre= 
graphie aus dem Grunde zu erlernen, fo ten, und da überfommt einem unwillfür: 
da er die Buchdruderei aufgab und fi) lich der Gedanke: ad), fünnteft Du den 





als Lehrer der Stenographie in Wien nie- 
berließ. Er ſchuf ein ganz neues Syſtem 
(die phonetiiche Stenographie), welches 
jeitens der Fachmänner die höchſte An- 


erfennung fand, ebenfo wie jeine in vielen, 


taufenden von Eremplaren verbreiteten 
Lehr: und fonitigen Bücher über Steno- 
graphie und über Buchdruderfunft. 

Hauptwerke: Stenographiſche Unterrichtsbriefe | 
(1877), Bud der Schrift (1878), Illuſtrierte Ge: 
Ihichte der Schrift (1890), Geſchichte der Bud) 
druderfunit (1882), Anleitung zur phonetifchen | 
Stenographie (1833), Hiftorifche Grammatik der 
Stenographie (1887). 

Fauth, Adolf, geb. am 15. Februar 
1836 zu Schauren. Nachdem der Vater 
(Pfarrer) frühe geftorben, zog die Mutter 
nad Saarbrüden. Dort befuchte ich das 
Gymnaſium und bezog im Herbit 1857 





die Univerfität Heidelberg, um Theologie | 
zu jtudieren. Nach vierjährigem Studium 


zu Heidelberg, Berlin und Bonn machte 


ih zu Koblenz die theologiichen Eramina | 


und wurde im Frühjahr 1864 durch das 
fönigl. Konſiſtorium als Pfarrer nad) Lud— 
weiler, einer alten Hugenottengemeinde, 
berufen. Nach Sjähriger gefegneter Wirk: 
famfeit meldete ich mich auf die mehr in 
der Nähe Saarbrüdens gelegene Bfarritelle 
zu Sersweiler, wohin ich im Herbit 1872 
mit meiner Familie überfiedelte. Schon 














während der Gymnaſialzeit pflegte ich mit 
Eifer die Poeſie, aber im Drange des Le: 


armen Leuten doch auch in ihrer Leibes— 
not helfen! Von diefem Gefühle getrieben, 
benußte ich meine Mußezeit zum Studium 
der Medizin und bin meiner Gemeinde 
nicht nur ein Seelforger, ſondern aud) ein 
„Leibforger” geworden. Bejonders fanden 


meine fleinen Erzählungen aus dem Volks— 


[eben bei dem Lejerfreije des Eo. Wochen: 


blattes freundlihe Aufnahme. 

63 entjtanden folgende Erzählungen: Aus dem 
Dienftbotenleben: Gretchen; die Folgen ſchlechter 
Erziehung ſchildernd: Der verlorene Sohn; gegen 
das Koftgängerunmelen: Der Koftgänger; gegen 
die Trunkſucht: Der Hirt von Ludolfingen; aus 
dem Handwerferleben: Die Zwillinge, Um Geld 
und Gut; gegen die Mifchehe: Elifabet, 
Traugott; gegen die Schundliteratur: Giftige 
Früchte; gegen das Vereinsunweſen: er 
einler; gegen die Eonfeffionslofe Schule: Die 
Schule von Schwarzbadh” ; gegen die Soyialbemo» 
fratie: Der Agitator ꝛe. Voltstümliche Brofchüren 
find: Aus dem Handwerföburfchenleben, Hüte Di 
vor der Miſchehe, Im Eheſtande, Freundlicher 
Ratgeber für junge Eheleute. Polemiihe Schrif: 
ten: Ein freies Wort, Ein moderner Reformator 
der Volksſchule, Marpingen und dad Evbange⸗ 
lium 20. Populärsmediziniihe Schriften: Der 
Heine homdop. Haudfreund (4. Aufl.), Der Not 
belfer oder wie man bei plöglihen Unglüdsfällen 
Hilfe bringt, Drei Feinde unferer Kinderwelt 
und viele Heine Aufläge der verichiedenen Volks: 
Beer 


Fechner, Guſt. Theod. (Dr. Mifes), 
wurde am 19. April 1801 in Groß-Sähr: 
hen (Niederlaufig) geboren, ftudierte ur: 
Iprüngli Medizin in Leipzig, ging aber 


* Sr, mom Aus r r»y79 #-314q 2 


Fechner. 


bald zu den Naturwiſſenſchaften über, ha— 
bilitierte jich 1832 hierfür und wurde 1834 


zum ordentl. Profeſſor in Leipzig ernannt, 


welde Stellung er bis 1839 befleidete, 
da er eines Augenleidens halber aus dem 
Lehrkörper zeitweile jcheiden mußte, um 
erjt mehrere Jahre ſpäter wieder an die 
Univerſität Leipzig zurüdjufehren, dies: 


mal aber als Ajthetifer und Naturphilos 


ſoph. F. entwidelte eine reiche und uni— 
verjelle literarische Thätigfeit: neben ſei— 
nen hochverdienten fachwiſſenſchaftlichen 
Arbeiten pflegte er den Humor; beſtieg er 
den Pegaſus als Lyriker; jchmiedete er 
Rätſel und brütete wiederum über tiefen 
älthetiichen Problemen. 

Hauptwerfe: Büchlein vom Leben nah dem 
Tode (3. Aufl. 1887), Über das höchſte Gut 1846), 
Nanna, oder über das Seelenleben der Bilanzen 
(1849), Zindaveite (1851), Elemente der Pincho: 
phyſik (1860), Uber die Seelenfrage (1861), 
Die drei Motive und Gründe des Glaubens (1863), 


Einige Jdeen 3. Sch. u. Entw.-Geſch. d. Orga: 


nismen (1873), Vorſchule der Äſthetik (1876), 
Die Tagesanſicht gegenüber der Nachtanſicht. — 
Außerdem unter dem Namen Miles: Gedichte 


(1842), kl. Schriften (1875), Nätfelbüchlein (4. | 


Aufl. 1875). 


Fechner, Hermann Ad., geb. 6. Aug. 


1834 zu Görlig als Sohn des dortigen 
(1880 verftorbenen) Oberlehrers F., be: 


ſuchte die Nealfchule und das Gymnaſium 


feiner Vaterſtadt, jtudierte 1352 —55 Ge: 
Ihichte, Philofophie und Philologie in 
Leipzig, Berlin und Breslau, Nov. 1855 
in BreslauzumDr.phil.promoviert, 1856 
bis 1860 Hilfslehrer am Eliſabethgymna— 
fum zu Breslau, 1860—1872 ord. Leh— 
rer an ber Realſchule I. Ordn. zu Erfurt, 
jeit 1872 UOberlehrer am Johannesgym— 
nafium in Breslau, 1879 kgl. Brofeflor. 
Differtation: Über den Gerechtigfeitäbegriff des 
Ariftoteles (1855). Schrieb außerdem: 
Jakob Böhme's Leben und Schriften (1857), 
Dtto von Reitenbudh und Udalrich von Aquileja 
(1859), Leben des Erzbiſchofs Wichmann von 
Magdeburg (1865), Geſchichte des deutſch-franzö— 
ſiſchen Krieges 1870/71 (dritte Aufl. 1872), Ge: 
Ichrfamteit oder Bildung, Beitrag zur Löſung der 
Gymnafiumss und Realfchulfrage (1879),, Die 
bandelspolitifchen Beziehungen Preußens zu Diter: 
reih 1741—1806 (1886) und eine Anzahl klei— 


151 


— Fechner. 
nerer Arbeiten aus der Zeit Friedrichs des Großen 
in verſchiedenen Zeitſchriften. 

Fechner, Ludwig Wilhelm Heinrich, 
wurde als der Sohn eines Handwerkers 
am 17. Mai 1845 zu Unruhſtadt geboren. 
Er beſuchte die Stadtſchule daſelbſt und 

erhielt daneben Privatunterricht in frem— 

den Sprachen und Muſik. Nachdem er ſich 
auf der Präparandenanſtalt zu Wollſtein 
für den Eintritt in ein Lehrerſeminar vor— 
bereitet hatte, wurde er Zögling des Schul— 
lehrerſeminars zu Bromberg. Nach ſei— 
nem Abgange vom Seminar war F. zuerſt 
| (von 1864 ab) Zehrer an den Elementar: 
klaſſen der ſtädtiſchen Realichule zu Brom: 
‚berg, von 1865 ab in gleicher Stellung 
am fol. Wilhelms: Symnafium zu Berlin 
thätig und fam 1871 als ordentl. Lehrer 
an das fol. Seminar für Stadtſchullehrer, 
‚in welcher Stellung er nod) jet wirft. 
Im Jahre 1570 machte er in einem bran— 
denburgiichen Regimente den Feldzug gegen 
Frankreich mit, unterrichtete 1871—76 
die Prinzeſſin Luife Margarete, Tochter des 
Prinzen Friedrih Karl, gehörte auch mehr: 
mals der fol. Prüfungs-Kommiſſion für 
Mittelfchullehrer und Nefktoren als Mit- 
glied an. 

Hauptichriften: Deutiche Fibel nad) der analy— 
tiſch⸗ynthetiſchen Leſemethode (Ausg. a,b, e in vie: 
len Aufl. 1873—87), Neue Hand: Tribel (1887), 
| Erftes Lejebuch (36. Aufl. 1887), Der erſte Leſe— 

unterricht (4. Aufl. 1887), Die analytiſch-ſynthe⸗ 
tiiche Leſemethode (1879), Die Methoden des erften 
2efeunterrichts (1882), Vier feltene Schriften des 
ſechzehnten Jahrhunderts (1882), Grundriß der 
Geſchichte der wichtigiten Leſelehrarten (1884). 
Deutſches Leſebuch (mit A. Engelien, Ausgabe a, 
'b, e in vielen Aufl. 1873—87) und zahlreiche 
andere Schulbücher, pädagogiihe und andere Auf: 
ſätze, auch Gedichte ꝛc. in Zeitichriften. 


Fedderſen, Friedrich Auguft, wurde 
am 26. Mai 1838 in Nordfriesland ge: 
boren. Seine erjten Kinderjahre fielen 
noch in die „Itille“ Zeit des dreißigjähri- 
gen Bölferfriedens vor 1848. Freilich 
war’s die Stille vor dem Sturm. Und 
als er anbrach, da war es befanntlicd) ge— 
rade Schleswig: Holitein, über das Die 
Kriegsfurie am wildeiten dahinfegte. Um 








Fedor. 


ſo erklärlicher iſt der tiefe Patriotismus 
der „Meerumſchlungenen“, von F.'s Dich— 


terherz beſonders innig empfunden und 


ſpäter in edler Weiſe in ſeinen Werken, 


am ſchönſten in %.'8 reifſter und bedeu⸗ 


tendſter Schöpfung „Rüm Hart“ (weites 
Herz) zum Ausdruck gebracht. Dann kam 
der Ernſt des eigenen Lebens. Nach Zu— 
rücklegung der Univerſitätszeit zu Göttin— 
gen, Kiel, Heidelberg und Kopenhagen und 
nach Abſolvierung des theologiſchen Exa— 
mens wählte die Gemeinde Niebüll in ſei— 
ner nordfrieſiſchen Heimat F. zu ihrem 
Seelſorger, als welcher er bis heute treu 
und ſegensreich gewirkt hat. Daneben war 
F. vielfach literariſch thätig. Als der Tod 
ihm all’ fein Lieben, fein Weib und fein 
Kind, entriſſen hatte, da ſuchte er Troft 
bei der göttlichen Muſe, deren treuer und 
Heißiger Jünger er wurde. Von feinen, 
vom echteſten Patriotismus, tiefer und 
doch freiſinniger Religioſität und der Liebe 
zum Guten durchwehten poetiſchen Werfen 
heben wir hervor: 

Nibelungenkranz (1876), Vom heiligen Buch 
(1877), Odyſſeuslied (1877), Deutſche Kaiſerlieder 


(1878), Kornblumen (1880), Lutherlieder (1883), 
Rüm Hart (1887). 


Fedor, Maria, ſiehe K. v. Zobeltitz. 


Feldt, Auguſte, geb. zu Berlin am 
18. März 1831 (Tochter des kgl. preuß. 
Rates a. D. Feldt), leitete von 1859— 81 


eine Privat: Töchterfchule zu Friedland (in 
Medl.), war von 1881—85 Vorſteherin 


eines Töchterpenfionats in Feldberg, von 
1887 ab in Prenzlau. 

Schrieb: Gedichte, Worte für junge Mädchen 
(1876), Kl. Novellen u. ſ. w. 

Fellenberg: Ziegler, Ferd.Albr. v., 
geb. 4. Januar 1819 in Bern, befuchte 
das Erziehungsinftitut feines Wetters, des 
befannten Pädagogen Eman. von F. in 
Hofwege, ſtudierte 1543 —44 Civilrecht 
und Chemie in Bern, 1844— 45 Landwirt: 
Ihaft in Hohenheim. Nach Bern zurüd- 
gefehrt, wurde er Landwirt in der Weg- 
mühle, auf feinem väterlichen Gute, 1847 
vor dem Sonderbundsfrieg, nahm er fich 


15 


52 


— 


Feller. 


ein Weib in Fräulein Sophie Marie Ziegler 
und wurde ſo beglückter Hausvater. 1848, 
als es ringsum in der Schweiz ſtürmte, er- 
wählte man ihn zum Bibliothefar der 
öfon. Gefellichaft, in die er 1846 einges 
treten war, und welcher Gefellichaft er bis 
1874 wiederholt diente als Präfident und 
langjähriger Redakteur der „Bern. Blätter 
für Zandwirtichaft” x. Als Volks- und 
Zandmwirt ließ er eine Menge Artikel in 
vielen Blättern ericheinen ; er erfand 1862 
einen fehr rationellen Pflug(Fellenberger). 
Um dieje Zeit erichien auch die erite Auf: 
lage von der Bedeutung des Stallbüngers 
unter dem Titel Der Geift in der Materie, 
Zrodenlegung der Sümpfe (1864), Gegen Futter 
not (1865), Bemwäfierungslehre (1864), Rechen⸗ 
Incht (1877); mit 5. Nödiger zuſammen 
giebt er den „Volksarzt“ und von 1862 
bis 1884 gab er mit legterem den Land⸗ 
wirthichaftlihen Schreib: und Hülfs⸗Ka— 
lender für Schweizer Landwirte heraus 
Ferner erichienen von ihm (1872—1886 
in 5. Aufl.) Kurze homöop. Arzneimittellehre 
und 1875 Was ift Homdopathie, ſodann 1887 
in gr. 8°, Pläne und Beichreibungen von Scheus 
nen und Ställen nach dem Dr. Hoff’ihen Syſtem 
mit 8 Lithograph. Plänen, 


Feller, Joſeph, wurde am 15. Januar 
1839 in Wörth geboren, erhielt eine forg- 
fältige Erziehung im Seminar des Klofters 
ı Metten und danad auf dem Gymnaſium 
in Negensburg. Er widmete ſich dem Kauf: 
mannsftande, war lange Zeit in einem 
großen Fabriketablilfement in Chemnig 
thätig und gründete, lebhaft für Literatur 
intereffiert, 1874 eine Buchhandlung in 
Chemnitz. 

Hauptwerke: Der Liebe Leid und Freud (1868), 
Im erften Jahrzehnt des neuen Reichs (1881), 
Viel Gefühl (1886). 


Selling, Otto, wurde am 12. Januar 
'1853 in Berlin geboren, ftudierte dort, 
‚in Halle und Jena Philologie und Lite: 
raturgeichichte, um ſich der journaliftifchen 
‚Laufbahn zu widmen 1876 übernahm 
er die Nedaftion der „Saalezeitung”“ in 
Halle, ſpäter die des „Braunichweiger 








Fenſch. 


Tagebl.“ 
teur der „Berliner Preſſe“ in Berlin. 


153 


Seit 1885 lebt er als Redak— 


Fick. 


an der genannten Anthologie fort, betei— 
ligte mich an der von Bruno Meyer her: 


Hauptwerfe: Die Tochter des Präſidenten ausgegebenen „Deutſchen Warte“ und 


(Schaujp. 1882), Jmmergrün (Plauder. 1882), 


Marietta (Schaufp. 1883). 
Feuſch, Albert Eduard Ludwig. ch 


wurde am 14. März 1838 zu Stettin ges 


boren, bejuchte das Marienſtifts-Gym— 
naftum, welches damals eine Elite von 
Pädagogen beſaß. Der Dichter und Hi- 
ſtoriker Ludwig Gieſebrecht war mein Leh— 
rer. Der Balladen-Komponiſt Karl Löwe 
weihte mich ſchon als Knaben in die edle 
Kunſt der Muſik ein und öffnete mir ſein 
Haus. Hans Prutz (Prof. in Königsberg) 
war in Prima mein Mitſchüler und führte 
mich in ſeines Vaters, des Dichters Ro— 
bert Prutz Haus ein, in welchem ich einem 
in engerem Kreiſe veranſtalteten Vortrags: 
Cyklus über deutſche Literatur beiwohnen 
durfte und unvergeßliche Stunden, auch 
im perſönlichen Verkehre mit Rob. Prutz, 
verlebte. Auf den Univerſitäten Halle und 
Berlin ſtudierte ich Philoſophie und Theo— 
logie und fungierte nach Abſolvierung des 


erſten theologiſchen und des Schul-Exa—⸗ 


mens an der Realſchule des Directors 
Sievert zu Stettin. 1865 trat ich zu 
Wollin i. Pomm. in ein vereinigtes Schul⸗ 
und Kirchenamt, welches ich drei Jahre 
lang verwaltete. Drei Jahre lang ver— 
waltete ich darauf noch das davon abge— 
zweigte Diakonat an St. Nikolai daſelbſt. 
Auf der Schule und in der Vaterſtadt auf 
die mannigfaltigſte Weiſe künſtleriſch an— 
geregt babe ich ſchon als Knabe einen 
ſchriftſtelleriſchen, insbejondere dichteri- 
ihen Trieb in mir verjpürt. Deine Ju— 
gendgedichte mit einer geringen Zahl in 
fpäteren Jahren entjtandener Gedichtehabe 
ih unter dem Titel „Leben und Weben“ 
veröffentlicht. 


von Julius Sturm redigierten „Blüten: 
ſtraußes chriftlicher Dichtungen” beteiligt. 
Im Frühjahr 1871 wurde ich Archidiafo- 
nus an der Domkirche zu Soldin in der 
Neumark. Hier jegte id) meine Mitarbeit 


Schon während meiner 
Wolliner Zeit war ich als Mitarbeiter des 


wandte nunmehr meine jchriftitellerifche 
Thätigkeit in größerem Maße als bisher 
der Willenjchaft meines Standes zu. Die 
Ergebnifje diejer auf die Homiletif gerich- 
teten Thätigfeit liegen in der von Dr. 
Wendel redigierten „Predigt der Gegen: 
j wort vor. Die von mir in Wollin bes 
gründete und redigierte, gegen den die Ein- 
heit unferer evang. Landeskirche und den 
‚religiöfen Frieden durch feine Unduldſam— 
keit bedrohenden Konfeilionalismus ges 
richtete Wochenichrift „Die Union” war 
vor meinem Abzuge aus Wollin eingegan- 
gen. Sn Soldin fonnte ich einen, durch 
Stettiner Eindrüde hervorgerufenen, lange 
gehegten Wunſch ausführen, indem ich 
mich der Freimaurer-Loge anichloß, und 
verlebte in amtlicher und gefelliger Ge- 
ı meinfchaft dajelbit jechs ſchöne, den Ide— 
'alen der Menſchheit gewidmete Jahre. 
Hier entjtand auch eine Brofchüre „Dog— 
matiſche Zeitfragen”. Die Idylle zu Nic): 
tenberg bei Stralfund, wohin id) Oftern 
1877 dur Mahl der Gemeinde berufen 
wurde, währte nur 1?/ı Jahr. Ich wurde 
für die Oberpfarre zu Forit i. L. empfoh— 
len, welche ih Neujahr 1879 antrat und 
noch innehabe. Hier verfaßte ich zur Unter: 
ftügung meines Konfirmanden:Unterrichts 
mein „Hülfsbuch zum Unterricht im Meinen Ka: 
tehismus Luthers“, deſſen vierte Auflage dem 
nächſt erfcheinen wird. Im Uebrigen dur) 
ein gefährliches Augenleiden bedroht, be: 
Ihränfe ich gegenwärtig meine fchriftitelle: 
riſche Thätigfeit auf freimaurerifche Ar: 
beiten: Beiträge in freim. Seitichriften; auch 
fchrieb ich die Brofchüre: Freimaurertum und 
Ehriftentum, gegen Prof. Nielfen in Kopenhagen 
(2. U. 1886). 


Fick, Auguft, wurde am 5. Mai 1833 
in Petershagen bei Minden geboren, ſtu— 
dierte Vhilologie in Göttingen, wo er aud) 
jeit1858 alsLehrer am Gymnaſiumwirkte. 
Neben feiner Lehrthätigfeit befleißigte er 
|fich eingehender Studien der indogermas 








Filhẽs. — 
niſchen Sprachen, und erhielt 1876 eine 
Profeſſur für vergleichende Sprachfor— 
ſchung in Göttingen. Außer zahlreichen 
wiſſenſchaftlichen Abhandlungen in philo: 
logiichen Zeitichriften verfaßte F. das 
epochemachende Werk: 

Vergleihendes Wörterbuch der indogermani: | 
ſchen Sprachen (1868, 3.4. 1874— 76), ferner: 
Die ehemalige Spracdeinheit der Indogermanen 
Europas (1873), Die griechiichen Berfonennamen 
(1874), Die Odyſſee (1883), Ilias (1886), Hefiod 
(18871. 

Filhes, Bertha, fiehe B. Lehmann. 

Filueins, Vater, fiche PB. Lippert. 


Finfch, Friedrih Herrmann Otto, 


154 





Sohn des verdienitvollen Slasmalers Mo- 
rig F., geb. 8. Auguit 1839 in Warm: | 
brunn (Schlefien), war für den Kauf: 
mannsjtand bejtimmt, den er aber aufgab, | 
als ji) ihn eine Stellung in der Türfei 

bot, in welcher er feine Liebe zu Reifen 

und wiſſenſchaftlich. Sammeln befriedigen 

fonnte. Ein dreijähriger Aufenthalt (1861 

bis 1864) als Aſſiſtent im Reichsmuſeum 

für Naturgeichichte in Leyden verfchaffte 

ihm (unter Profeſſor Schlegel, van der 

Hoeven u. U.) hervorragende Spezial: 

fenntnis der höheren Wirbeltiere und bald 

einen Namen als Ornitholog. 1864 über: 

nahm F. das naturbiltoriiche ethnologiſche 

Mufeum in Bremen, dem er bis 1878 als 

Direktor vorſtand. 

An diefe Zeit fällt die Hauptthätigfeit feines 
ornithologiihen Schaffens: Monographie der Ba- 
pageien (1867—69), Ormithol. Sentral:Bolyne: 
fiens (1869), Die Vögel Dit-Afrifas (1870), — die 
beiden letteren Werke im Berein mit Hartlaub, — 
Die Artenbeichreibungen für Brehms „Gefangene 
Vögel”, ſowie zahlreiche wiſſenſchaftliche Abhand: 
lungen und Monographien, von denen die Mehr: 
zahl Ornithologie, hauptſächlich Afrikas und der 
Südſee, betrifft. In jener Zeit erichien aud) ein 
für die Völferfunde nicht unwichtiger fompilato: 
rifcher Beitrag: Neu-Guinea und feine Bewohner 
(1865). 1872 unternahm F. eine Studienreife nad) 
den Ver. Staaten von Nordamerika, die ihn bis 
an die Geftade des Stillen Meeres führte, 1873 
bereijte er Zappland, 1876 (mit Brehm und Graf 
Waldburg:Zeil) Weft:Sibirien, als Leiter der vom 
Verein für die deutiche Nordpolfahrt in Bremen 
ausgerüfteten deutichen Erpedition, die reiche, na: 
mentlich ornithologiiche Ausbeute Tieferte: Reife 





— 


Fiſchbach. 


nah Weſt-Sibirien (1879) und Willenichaftliche 


| Ergebniffe. Wirbeltiere (1879). Mit Unterftügung 


der Humboldt-Stiftung in Berlin bereiite F. 1879 


bis 1882 die Südfee (Hawaii, Mifronejien, Neu: 


Britannien ıc.), Reifen, die für Forihungen wie 
Sammlungen gleich wichtig wurden. So erbiclt 
das fün. zoolog. Mufeum in Berlin allein über 
5600 Wirbel: und an 30,000 niedere Tiere. Zu 
den Hauptrefultaten zählt aber vor Allem die 
Sammlung von 164 Gefihtsmasfen von Völker: 
typen, nad) Lebenden abgegofien. 1884 und 85 
leben wir F. wieder in der Südfee; diesmal als 
Leiter einer folonialpolitiihen Erpedition, die, von 
der Neu-Guinea:-flompagnie ausgerüftet, mit der 
Ermwerbung von „Kaifer Wilhelmsland“ einen ra: 
chen und befriedigenden Abſchluß fand. Mit dem 
Dampfer „Samoa” wurde u. A. die Nordoſtküſte 
Neu:Guineas befahren und für weite Streden zu: 


erſt erſchloſſen und entdedt (Hanfemannküfte, Ichiff: 


bare Kaiferin-Auguftafluß, Finihhafen, Berlin 
bafen ꝛc.). Auch die Wiſſenſchaft ging nicht leer 
aus und brachte namentlich der Ethnologie reiche 
und überraichend neue Ausbeute, wovon dem Fön. 
Mufeum für Völferfunde in Berlin allein über 
2000 Stüde zugeführt wurden. Neben dem regen 
Schaffen für die Wiſſenſchaft hat F. fih auch in 


der Tagesprefie einen Namen erworben. 


Filchbach, Friedrich, geboren 10. Fe: 
bruar 1839 in Aachen, befuchte die Schule 
in Beneberg, das Gymnafium in Köln 
und die Mufterzeihner-Schule in Berlin; 
wirkte von 1862—1870 in Wien, von 
1870— 1883 an der k. Afademie in Hanau 
und feit 1883 als Direktor der Kunſt— 
gewerbeſchule in St. Gallen. Bon 1858 
an wird F. in Wiesbaden wohnen. 

Seine Hauptaufgabe ift feit 1862, der Ma: 
Ichineninduftrie geeignete edle Ornamente für die 
Maflenproduktion zu fomponieren (3. B. für Ta: 
peten, Teppiche, Damafte, Stidereien ꝛc.). Seit 
1860 fammelte und publizierte F. die wichtigiten 
alten Ornamente der Weberei und der Haus: 
induftrie-Stiderei ꝛe. Nach fompetentem Urteil 
verdankt Deutichland feiner energischen literarifchen 
und artiitifhen Thätigkeit zum Teil die in den 
legten Dezennien errungene Unabhängigfeit von 
der frangöfiichen Kunftinduftrie. Publikationen : 
Stiderei:Album, Südflaviiche Stidereien, Urna: 
mente der Hausinduftrie — Spitzengewebe, 
Ornamente der Gewebe, Geſchichte der Tertil— 
kunſt, Farbige Stickerei-Muſter, Die künſtleriſche 
Ausſtattung der bürgerlichen Wohnung, Die Ein— 
führung neuer Kunſt-Induſtriezweige in der 


Schweiz (Preisichrift). 
Filcher, Albert Friedrih Wilhelm. 
Ich bin am 18. April 1829 zu Ziefar ger 








Fiſcher. — 
boren. Mein Vater, Diakonus daſelbſt, 
wurde bald als Paſtor nach Hohendodele: | 
ben bei Magdeburg verjegt. In legterer 
Stadt abjolvierte ih das Domgynaftium 


und ftudierte 1849—52 in Halle Theolo: 
gie. Nachdem ic) ?/ı Jahr lang Hauslehrer, 
geweſen, leitete ich 3 Jahre hindurd) eine | 


schola collecta für Mädchen in Schöne: 


bed bei Magdeburg und trat 1858 als 


wiſſenſchaftlicher Hilfslehrer bei dem evan- 
geliihen Gymnaſium in Gütersloh ein. 
Ich fand an der Lehrthätigfeit fo viel Ge: 
fallen, daß ih Neigung veripürte, 
Laufbahn als Gymnafial-Religionslehrer 
zu machen. Dod) folgte id) 1859 der Be: 


rufung meines heimatlihen Konſiſtoriums 


in das Diafonat an der Schloßkirche in 
Quedlinburg. 1861 wurde ich Paftor zu 
Althaldensleben und 1867 Superinten: 
dent und Oberpfarrer in meiner Geburts- 
ftadt Ziefar. Neben den geichichtlichen 
Studien hatte mich unter den theologischen 
Disciplinen jchon feit Jahren die Ge: 
ſchichte des evangeliichen Kirchenliedes an- 
geiprochen. Ich legte umfaſſende Samm— 


lungen an und widmete den größten Teil 


meiner freien Zeit dem Studium der Hym— 
nologie. Etwas mehr Muße hierfür er: 
bielt ich, als ich 1877 in die Oberpfarr: 
ftelle zu Groß-Ottersleben unweit Magde— 
burg berufen wurde. Mein „Kirchenlieder: 
Lexikon“, welches Hymnologiich:literarifche 
Nachweiſungen über 4500 der wichtigſten 
und verbreitetſten Kirchenlieder enthält, 
erſchien in 2 Bänden 1878 und 1879. 
Diefes mühſame Werf hatte fich einer all 
gemeinen Anerkennung zu erfreuen. Im 
Auftrage des Perthesichen Verlages habe 


ih fodann das befannte große „Allgemeine | 


evangeliiche Geſang- und Gebetbuc von 
6.8. %. v. Bunſen“ (1881) in völlig neuer 
Bearbeitung herausgegeben. 1883 madhte 
ich den Anfang mit der Zeitfchrift „Blätter 
für Hymnologie“. Seit 1884 redigiere ic) 
diefelbe in Gemeinſchaft mit Dr. Linfe in 
Altenburg. Bon meinen fonjtigen Schrif: | 


ten führe ich noch folgende an: Die „gieder 
von Anna Karbe” habe ich in einer Auswahl her: 


155 


die 


Fiſcher. 


ausgegeben (2. A. 1886) und mit einer Vorrede 
verſehen, Die ſonn⸗ und feſttägliche Liturgie (1881). 
Wegen meiner bymnologiichen Arbeiten 
wurde mir von der theologiihen Fakultät 
zu Jena am 29. Juli 1854 die Würde 
eines Doktors der Theologie verliehen. 


Fiſcher, Alerander, geboren 1855 in 
Budapeſt, bejuchtedortjelbit und in Deutich- 
land die Schulen, ift gegenwärtig Guts— 
befiger und Kurator der Budapefter Spar: 
kaſſe. Schon frühzeitig äußerte ſich feine 
‚literarifhe Neigung, er ſchrieb ſchon als 
Süngling Feuilletons in die Budapelter, 
deutichen und ungarischen Journale. Er 
hält Vorleſe⸗Cyklen über die Entwidlung 
des deutſchen Theaters, über die mittel: 
alterliche Dichtung zc. 1885 —86 erſchie— 
nen einige größere literarhiftoriiche Auf: 
läge von ihm in Zeitichriften, 1886 über: 
jegte er metriſch Emerich von Madach's Ger 
danfendichtung „Die Tragödie des Men: 
ſchen“ und machte dadurch ein bedeutendes 
Werk der ungariichen Literatur dem deut: 
ſchen Leferfreis befannt. 1887 ericheint 
eine größere Biographie über Alerander 
Petöſi, desgleihen eine literarhiſtoriſche 
Studie über Emerid von Madad. F. 
hat es fich zur Aufgabe gemadıt, die Haupt- 
werfe der ungarischen Literatur den Deut: 
chen zu erjchließen. 


Filcher, Emil, geboren den 31. Juli 
\1847 in Eisleben, wojelbit fein Vater 
Stadtmufiftus war. Nach Beſuch der 
Schule und der Bräparandenanitalt abjol- 
vierte er das fün. Seminar feiner Vater: 
ſtadt und beftand 1868 die Lehrerprüfung. 
Die erfte Anftellung als Schulamtsfandi- 
dat erfolgte in Hettftebt, und nad) zwei 
Fahren nad) einer abermalig abgelegten 
Staatsprüfung erhielt $. von der kön. Re— 
gierung zu Merfeburg das Neifezeugnis für 
die definitive Verwaltung einer Lehrer: 
jtelle. Die erften Verfuche fchriftitelleri- 
Ihen Wirfens begannen mit der Veröffent- 
lihung einiger Arbeiten in verfchiedenen 
pädagogiichen Blättern. Nach feiner Ber: 
Heck mit Selma Körber, Pflegetoch— 











156 


Fiſcher. — Fiſcher. 

ter des Magiſtratsaſſeſſors L. Demelius in ſchaft er in intime Berührung mit Ger— 
Hettitedt, fiedelte er 1876 nad) Gera über. | vinus, Strauß u. a. fam, die großen Ein— 
Reiche Anregung und Belehrung bot ihm | Fluß auf jeine geiftige Richtung ausübten. 
bier die von dem Hofrat Profeſſor Dr. Th. 1853 wurden F.'s Vorlefungen plötzlich 
Liebe geleitete Gejellihaft von Freunden vom Minifterium inhibiert, ein Vorgehen, 
der Naturmiienichaften, zu deren Borftand das gerechtermaßen um jo größeres Auf: 
er ſchon eine Reihe von Jahren zählt. Außer | jehen erregte, als es Gründe dafür nicht 
einer größeren Anzahl von Aufjägen nas gab, wenn diefelben nicht etwa rein per 


turwiljenichaftlichen Inhalts in Zeitichrifz 
ten 2c. find als ſelbſt. Werfe hervorzuheben: 

Taschenbuch für Pflanzenſammler (6. A.), Etis | 
fetten für Pflanzenſammlungen (2. A.), Tafchenb. 
für Schmetterlingsſ. (2. A.), Et. für Schmetter: 
lingsi., Tafchenb. für Mineralienf., Et. für Mine , 
ralienf., Winfe für Raturalieniammler, Sprad): 
ftoff zu Leutemanns Tierbildern für den Ans 
Ihauungsunterridt (2. A.). 

Filcher, Johann Georg, wurde am 
25. Oftober 1816 in Groß-Süßen geboren 
und von feinen Eltern, einfachen Bauers— 
leuten, für den Beruf eines Volksſchul— 
(ehrers bejtimmt. Da F. jedoch nad Ab- 
jolvierung jeines Lehrereramens außer: 


lönliher Natur waren. Mit Freuden hieß 
die Univerfitätjena den hochbegabten Aka— 
demifer willtommen, und bier wirkte er 
als Profeſſor bis 1872 in hervorragend» 
jter Weile. In Anerkennung feiner aus: 
gezeichneten Verdienfte verlich der Groß— 
berzog von Weimar ihm den Titel eines 
Geheimrats und berief ihn zur Begleitung 
des Erbgroßherzogs nad Italien. 1872 
rief die Univerfität Heidelberg ihn zurüd, 
5. zählt zu den hervorragenditen Philo— 
jophen unierer Zeit. Die ausgezeichnetiten 
Gelehrten jüngerer Generation ſprechen 
‚mit Begeijterung von Kuno 3.8 Kollegien 


ordentliche Geiftesanlagen zeigte, fo ers | und heben mit Genugthuung hervor, daß 
möglichte er noch den Beſuch der Univer: fie F.'s klarer und hinreißender Darftels 
fität, nachdem er zuvor als Lehrer gewirkt | lungskunſt, wie feinen epochemachenden 
hatte. In Tübingen jtudierte er nun Nas literariſchen Schöpfungen eingut Teil ihres 


turwiljenichaften, Literatur und Geſchichte 
und wurde an der Oberrealichule in Stutt= 
Bald darauf erhielt er 


gart angeftellt. 
den Titel Profeffor und 1855 von feinem 
König den Kronenorden. 1887 trat F. in 
den Ruheſtand. Außer zahlreichen, in Zeit: 


fchriften zerftreuten Gedichten, die fih, wie, 
überhaupt die poetijchen Werke 5.8, durch 
jeltene Formenſchönheit und Innigkeit der | 


darin ausgedrüdten Empfindung auszeich 


nen, heben wir hervor: 

Gedichte (1854), Saul (1861), Friedrich II. 
(1863), Neue Gedichte (1865), Florian Geyer 
(1866), Kaiſer Marimilian von Mexiko (1868), 
Den deutihen Frauen (1869), Aus frifcher Luft 
(1872), Neue Lieder (1876), Merlin (1877), 
Der glüdliche Anecht (1881). 


Filcher, Kuno, wurde am 23. Juli 


1824 in Sandewalde geboren, ftudierte in | 


Leipzig und Halle zuerſt Philologie, ſpä— 
ter Theologie und Bhilofophie. 1849 habi« 


litierte er fich in Heidelberg als Privat 


Dozent für Philofophie, in welcher Eigen- 


Wiſſens verdanfen. 

Hauptwerke: Diotima, die dee des Schönen 
(1549), Logik und Metaphyſik (1852), Geſchichte 
der neueren Philoſophie (1852), F. Bacon und 
fein Nachfolger (1856), Kritik der Kantiſchen Phi— 
loſophie (1883); außerdem eine Reihe von Mono: 
graphien: Spinoza, Leibnitz, Kant, Fichte, Schels 
ling x. x. 

Fiſcher, Diartha Nenate Augufte, geb. 
am 17. Auguft 1851 zu Zielenzig als 
jüngſte Tochter des Amtmanns 9. Filcher, 
eines ehemaligen Gutsbefigers. Meine Zeit 

it ſeit Jahren eingeteilt in die Kranken— 
pflege meiner, mir über alles teuren Mut— 
‚ter und in meine literariiche Thätigfeit, 
die fih auf Novellen, Novelletten und Ers 
zählungen für die Jugend in Zeitichriften 
erſtreckt. 

Fiſcher, Robert, geb. 19. Juli 1829, 
beſuchte die Univerfität Leipzig 1849—- 52, 
um die Nechte und Nationaldfonomie zu 
jtudieren, ward in Gera Aftuar beim 
Stadtrat und Natsfämmerer, fam 1869 








Filcher. 


als Kanzleirat in das Minijterium, wurde 
1877 einftimmig zum Oberbürgermeifter 


von Gera auf Lebenszeit gewählt, aber 


1881 wieder in das Minijterium als Ge: 
beimer Regierungsrat und ftellvertreten- 
der Abteilungschef berufen. 


Literariiche Thätigkeit: Jurisprudenz: Kauf: 


mãnniſche Rechtskunde (2.Aufl. 1881), Das Au: 
torenrecht (2. Aufl. 1871), Berwaltungsgeiete des 
Rorddeutichen Bundes (1872), Die Gemwerbeord: 
nung für den Norddeutfhen Bund (1869), Die 


157 





F= Fiſchhof. 

richtete ein halbes Jahr lang zu Hückes— 
wagen, darauf ein Vierteljahr lang zu El— 
berfeld, wo er mit Auguſt Döring und Gott⸗ 
fried Conze eine noch dauernde Freundichaft 
ſchloß. Mit Hilfe Levin Shüdings und an— 
derer Freunde trat er Oſtern 1851 in das 
Friedrih-Wilhelms-Oymnafium zu Köln 
ein, das er 1855 mit dem Zeugnis der 
Reife verließ. Den nächſten Winter war 


‚er Hauslehrer in Köln, bezog dann Die 


Ausführung der Gewerbeordnung (1870), Die 


Gewerbeordnung des Fürftentums Reuß j. Linie 
(1863), Katehismus des Handelsrechts (3. Aufl. 
1885); Nationalöfonomilhes: Offentlihe Vor— 
träge: Bildung (1874), Arbeit (1874), Kapital 
(1875), Geld (1875), Preis und Lohn (1875), 
Kredit (1876), Leichenverbrennung (1877); Steno: 
bie: Nournal für Stenographie (1852), Die 
rapbiichen Syiteme von Gabelsberger und 
Stolze (1852), Stenographiihes Schiller: und 
Album (4. Aufl. 1880), Stenographiiche 
Unterrihtöbriefe (1861), Theoretiich:praftiicher 
Zehrgang der Gabelöbergerichen Stenograpbhie (28. 
Aufl. 1886), Theoretiſch⸗praltiſcher Lehrgang der 
ung des &abelsbergerichen Syitems(1881), 

lätter zum Unterricht in der Gabeläber: 

erſe Stenographie (2 Hefte 1880), Steno— 
Mörterbucd) (7. Aufl. 1887), Handbuch 

der ESbergerſchen Stenographie (1854), Der 
Unterricht in der Gabeläbergerijhen Stenographie 
1886), Briefwechſel zwiihen Gabelsberger und 
nd (2. Aufl, 1887), In Freud und Leid, 

von N. Fiſcher in ſtenographiſcher Schrift 

—— Stimmen des Lebens, Gedichte von R. 
in ſtenographiſcher Schrift (1886). Frei: 
maurerei: Katehimen der ffreimaurerei (1. Teil 
B.Huft., 2. Teil 11. Aufl. 3. Teil 9. Auft., 4. Teil 
4. Aufl. 1887), Alazienzweige, Orabreden (1871), 
Maurerweibe, liturgifche Beiträge (2. Aufl. 1878). 


Fiicher, Wilhelm, wurde am 28. Fe: 
bruar 1833 zu Wermelskirchen im Ber: 


Univerfität Bonn, um fi der Eafjischen 
Philologie zu widmen, unterbrach jedod) 
feine Studien 1858, um Mittel zu ihrer 
Fortiegung zu erwerben, und war bis 


1860 wiederum Hauslehrer inKöln. Dann 


fehrte er als folder nad) Bonn zurüd, pro: 
movierte zu Bonn 1863, ging als Haus» 
lehrer nach Amjterdam, bereitete ſich dann 
in Pfaffendorf bei Koblenz, wohin feine 
Familie übergefiedelt war, noch einige Mo— 
nate auf das Staatseramen vor, das er 
1865 zu Bonn ablegte, und ward als Rek— 
tor an die höhere Bürgerichule nad) Ott: 
weiler bei Saarbrüden berufen. In diefer 
Stellung und die 5 legten Jahre zugleich 
als königl. Lokal-Schulinſpektor wirkte er 
von 1865— 82, nahm dann feinen Ab— 
Ihied und fiedelte 1884 nad) Büdeburg 


über, wo er noch lebt. 

Hauptwerfe: Gedichte (1862), Graf Edmund ıc. 
(1863), Holländische Geihichten (1870), Du ſollſt 
nicht ſtehlen (2. Aufl.), Bunte Bilder (2. Aufl.), 
Paſcha u. Bofttyrann, Glüdauf! Parathina, Bade: 
leben auf Borkum, Luft und Lehre (fünf Erzäh: 
lungen für die Jugend). 


Fiſchhof, Adolf, wurde am 8. Dezem: 
ber 1816 in Alt-Dfen (Ungarn) geboren, 


giihen geboren und bejuchte die dortige | erhielt von feinem Vater eine forgfältige 
Voltsihule. Seine Neigung zur Dichtkunft | Erziehung und abjolvierte das Gymna— 
äußerte jich früh. Als 1845 feine Eltern | fium in Beft, um dann 1836 die Univer: 


nad Hüceswagen verzogen, nahın er durd) 
ein kleines Gedicht im Kreisblatte Abichied 
von der Heimat und jah ſich jo mit 12 
Jahren zum erjtenmal gedrudt. In H. be: 





jität Wien zu beziehen, wo er dem Stu: 
dium der Medizin oblag. 1545 promo- 
vierte er und nahm Dienjte im Wiener 
allgemeinen Krantenhaufe. Am 13. März 


fuhte er 2 Jahre lang die höhere Bür- 1848 ſprach F. die erften freien Worte 


gerihule. Da ihm die Mittel zu den hö— 


in Ojterreich vor Taufenden. Seine Nede 


beren Studien fehlten, jo entichloß er fi, | war der Funfe, der dort die Revolution 


Volfsichullehrer zu werden, bejtand 1550 
die Gehilfen-Brüfung zu Mörs und unter: 





hervorrief. Echon am Abend des 15. März 
war Ofterreich ein fonjtitutioneller Staat. 


Fittger. — 158 — 


Fitting. 


Bald darauf wurde F. in den Reichstag ſpiele (Albr. Dürer in Bologna und J. Kepler), 


gewählt, und ihm der Bojten eines Mi- 
nijterialrates im Minifterium des An: 
nern übertragen. Am 7. März 1849 
wurde F. bei Auflöfung des fonftituieren- 
den Neichstages verhaftet und erjt nad) 
neunmonatlicher Haft ab instantia frei= 
geiprochen. F. widmete ſich num der me: 
diziniihen Praris und wurde einer der 
beichäftigtiten Arzte Wiens. 1861 nad) 
dem Wiederbeginn des Eonjtitutionellen 
Lebens veröffentlichte F. mit dem nach 
maligen Minifter Unger die Auffehen 
erregende Schrift Zur Löfung der ungarifchen 
Frage. Außerdem publizierte er eine Neihe 
von bedeutenden politiihen Artikeln im 
„Peſter Lloyd“, in der neuen freien Brefje 
zc. und die Schriften: Ein Blid auf Ofter: 
reichs Lage, Zur Erweiterung der Munizipal:Aus 
tonomie und jeine bedeutendjte Arbeit: Öſter— 
reih und die Bürgichaften feines Beitandes. 
Außerdem hervorzuheben feine vorzüglich 
bejprochenen und ins Engliſche übertra: 


genen Aufjäge über die Reduktion der 


fontinentalen Heere und die Schrift: Die 
Spradenrehte in den Staaten gemiſchter Natios 
nalität. Nunmehr hat %. ſich bereits feit 
Jahren vom politifchen Leben in ein Land: 
haus bei Klagenfurt zurücdgezogen. 


Fittger, Arthur, wurde am 4. Ofto: 
ber 1849 in Delmenhorft geboren, zeigte 
früh jchon ein bedeutendes Zeichentalent, 
jo daß feine Eltern dem glühenden Wunſch 
Arthurs Rechnung trugen und ihn auf die 
Kunftafademie nad) München ziehenließen. | 


Adalbert von Bremen (1873), Fahrendes Volk 
(1575), Die Here (1876), Winternädte (1881), 
Von Gottes Gnaden (1583). 

Fitting, Hermann, wurde am 27. Aug. 
1831 in Maucenheim geboren, widmete 
ih dem Studium der Rechtswiſſenſchaft 
zu Würzburg, Heidelberg und Erlangen, 
‚habilitierte ſich 1856 in Heidelberg und 
wurde 1857 als aufßerord. Profeflor des 
römiſchen Nechts nad) Bajel, 1862 als 
ordentl. Profeſſor nad) Halle berufen, wo 








Nad Vollendung feiner Vorftudien unter: 


‚er nod) jet wirft. Unter feinen, um die 
Rechtswiſſenſchaft hochverdienten Werfen 
‚heben wir hervor: 

Über den Begriff der Rückziehung (Habilitas 
tionsſchrift 1856), Die Natur der Correalobliga: 
tionen (1859), Über das Alter der Schriften rös 
mijcher Juriften (1860), Zur Geſchichte des Sol: 
datenteitaments (1866), Das Castrense pecu- 
lium (1871), Juriſtiſche Schriften des früheren 
Mittelalters (1876), Der Neichscivilprozeh (1878), 
Das Reichs-Konkursrecht und Konkursverfahren 
(1881), Die Entbehrlichkeit der Novelle zur Civils 
progebordnung (1886). 


Flach, Johannes. Ich bin geboren 
den 1. März 1845 in Billau in Ojtpreußen, 
‚wo mein Vater, der jegige Geh. Juftizrat 
F. in Potsdam, damals Garnifonauditeur 
war. Als ich vier Jahre alt war, wurde 
mein Vater nach Bojen verjegt. Dort machte 
ich das Gymnaſium durch und unter dem 
jetzigen Schulrat Dr. Kammerbrod 1864 
das Abiturienteneramen. Dann ſtudierte 
ich klaſſiſche Philologie in Königsberg, wo: 
‚hin mich bejonders Karl Lehrs gezogen 
hatte, und Berlin, promovierte, machte 
das Oberlehrereramen und wurde als Zeh: 





nahm er mehrere Kunſtreiſen ins Aug: rer angejtellt am fünigl. Gymnafium in 
land, jpeziell nad) Jtalien, wo er ſich in | Elbing, wo ic aud meine jegige Frau 
Rom an den alten Meiſtern und ihren Im Haufe des Kommerzienrat Peters fen 
Schöpfungen zu einem tüchtigen, nunmehr nen lernte. Nach einigen Jahren ging ic) 
in hohem Anfehen jtehenden Maler heran: | nahTübingen, habilitiertemic) dort 1874, 
bildete. Einen ebenfolhen Ruf hat F. ſich wurde drei Jahre ſpäter außerordentlicher 
aud) als Dichter erworben. Wie feine Ge: Profellor. Das bedeutendfte Werk, was 
mälde, meijt hiftorischen Genres, auf allen ich als Philologe verfaßt, ift Die Geſchichte 
Kunftausftellungen vertreten find, jo mach: | der griech. Lyrik (188385). Daffelbe brachte 
ten feine Dramen die Runde über die, mir aud) von auswärts Ehrenbezeugungen 
Bühnen. ein, u. a. wurde id) Ehrenmitglied des Syl- 

Dauptwerfe: Roland und Roſe (1871), Feſt- logos in Konftantinopel. Infolge von uns 


* Glach Ber p-3 19. 


Flach. — 
verdienter Zurückſetzung ſchrieb ich 1885 
die Broſchüre: Die akademiſche Karriere der 
Gegenwart, welche in Tübingen einen uns 
beichreibliden Sturm erregte, indem ſich 


viele der Profefioren getroffen fühlten. | 
Infolge deſſen verließ ich den Ort und 


juchte meine Entlaffung nad, um mid) 
ganz der ſchriftſtelleriſchen Karriere zu wid— 


men. Noch über Tübingen hinaus hatte 


ich den Vorzug, mit Männern, wie Brof. 
v. Gutsftreid, Paul Dubois:Reymond, 
v. Köftlin, in freundichaftlihem Berhältnis 
zu bleiben. Schon vorher hatte ich einzelne 
Kovellen geichrieben, die teils in Zeitſchrif— 
ten, teils gefondert erichienen waren. 1886 
veröfrentlichte ich einen Band Altgriechiſcher 
Novellen und die Novelle Sappho und ver: 
faßte auch nad) wie vor fulturhiftoriiche 
Broſchüren, wie Der deutiche Profeſſor der 
Gegenwart, Aulturbilder aus Württemberg, Klaffi- 
zismus oder Materialismus, Die Einheitjchule der 
Zufunft, Der deutihe Student der Gegenwart, 
und ein Bündchen Feverzeichnungen. Gegen: 
wärtig lebe ich in der Heinen, anmutig ge: 
legenen thüringiſchen Refidenz Rudoljtadt. 


Flach, Joſephine Adelheid Diathilde, 
geb. zu Wiesbaden am 6. Auguft .1826 
als Tochter eines hohen Staatsbeamten. 
Dein Vater, glei ausgezeichnet durch 
Charakter, Geift und umfallende Kennt: 
niſſe, leitete jelber meine Erziehung, nie 
babe id) eine Schule oder jonftige Anjtalt 
bejucht, aber ich erhielt die beiten Xehrer. 
Ein jtilles Kind, zeigte ich in zartem Alter 
ihon einen regen Wilfensdrang. Auch die 
Kunitfertigfeiten, die das Leben ſchmücken, 
Muſik, Zeichnen und Malen ꝛc., wurden 
bei meiner Erzichung nicht vernachläſſigt. 
Tas Haus meiner Eltern war, der Stel: 
lung und SBerfönlichfeit meines Vaters ent- 
Iprehend, immer ein jehr gefelliges ge: 
weſen. So verlebte ic) eine ſehr heitere, 
jorglofe Jugend, bei der die glänzenden 
Feſte am damaligen naſſ. Hofe in eriter 
Neihe ftanden. Im Herbft 1861 verlor 
ih meinen theuren Vater. 


meiner Schweſter ließen uns aus der 


159 





Die Trauer 
um ihm nebſt der ſchweren Erfranfung 





— Flaiſchlen. 

‚ großen Geſelligkeit zurüdtreten. Deine 
"Studien hatte id) immer fortgejegt, fie 
bildeten meine Freude und Erholung, und 
immer fand id) geiltreiche, gelehrte Män— 
ner, die mir dabei behilflich waren. 1878 
Ichrieb ich meine erite Novelle Gabricke, 
die vom Publikum beifällig aufgenommen 
wurde. Seitdem bin ihunausgejegt ſchrift⸗ 
jtellerifch thätig geblieben. 

Hervorzuheben: Lorna (1880), Unter der Herren— 
eiche (1881), Derzenswirren (1883), Eine alte 
Jungfer (1884), Durd Kampf zum Ziel (1855), 
Wogen des Lebens (1886), Fürſt und Bettler 
(1886), Die Grafen von Templeville (1857). 


Flaifchleu, Cäſar (Cäſar Stuart), 


' geb. am 12. Mai 1864 in Stuttgart, ver: 


lebte feine Kinderjahre in Ellwangen, mo: 
jelbjt jein Vater Dlajor und Bezirkskom— 
mandeur. Theologie zu jtudieren bejtimmt, 
famer1877 aufdas Gymnaſium nah Stutt- 
gart zurüd, wohin auch feine Eltern jpäter 
wieder überfiedelten. 1850 gaberjedod) dies 
geplante Studium auf und trat zum Buch» 
handel über. Nah Beendigung ſeiner Lehre 
und einer längeren Reife durch Belgien 
und Holland ging er 1883 nad Brüſſel 
und war faft zwei Jahre in einer der eriten 
buchhändlerischen Firmendort thätig. 1555 
führte ihn die Wanderluft nach Bern. Hier 
erwachte fein langgehegter Wunſch nad) 
afademiiher Bildung von neuem, zumal 
ihn der ergriffene Beruf nicht jo ganz be> 
friedigen wollte. Er benußte die Gelegen— 
heit, an ber Univerfität daſelbſt Vorleſun— 
gen zu hören, und hatte die Freude, ſich 
für die nächſte Zeit ganz feinem Studium 
widmen zu dürfen, worauf er fürs erjte 
nad Berlin ging. 

1584 veröffentlichte er: Nachtſchatten, Gedichte, 
Fragmente, Tanebuchblätter eines Sonderlings, 
und 1886: Graf Lothar, dramatiſche Dichtung. 

Flammberg, ©., fiche I. 9. A 
Ebrard. 


Flott, Lebrecht, fiche L. St. Foglar. 


Foglar, Ludwig Stephan (Lebr. Flott), 
wurde am 24. Dezember 1820 in Wien 
geboren, betrieb philoſophiſche Studien an 
der Univerſität Wien und widmete” ſich 


Fontane. 


dem Kaufmannsberuf als Beamter der 
Donau: Dampfihifffahrt:Gefellihaft, in 
welder Stellung er noch jegt thätig it. 
Daneben gehört allejeine Muße der Schrift: 
ftellerei, da er eine reiche, vornehmlid) Iy- 
riſche Begabung fein eigen nennt und den 
Vers in feltener Neinheit beherricht. 
Hauptwerke: Cypreſſen (1842), Strahlen und 
Scyatten (1845), Ein Stüd Leben (1847), Frei: 
beit3:Brevier (1848), Geichichtenund Sagen(1848), 
Erzählungen (1858), Neue Gedichte (1859), Still 
und bewegt (1859), Donaufagen (1860), Minne: 
hof (1864), Freudvoll und leivvoll (1867), Ge: 
Schichten u. Gedenfblätter (1883), Gedichte (1883). 
Fontane, Theodor, wurde am 30. De— 
zember 1819 in Neu-Ruppin als Sohn | 
wohlhabender Eltern geboren, die den 
Knaben für den Apotheferberuf bejtimm: 
ten. Da diefe Laufbahn Theodor F. jedoch 
nicht behagte, jo jchloß er damit ab und 
ging auf vier Jahre nad England, um 
feinen Geſichtskreis zu erweitern, ſpeziell 
um fi die Kenntnis der englifchen Lite: 
ratur anzueignen. 1859 nad Berlin, 
jeinemnunmehrigen Daheim, zurüdgefehrt, 
widmete er ſich der journaliftiichen Lauf— 


160 





bahn, wurde Redakteur für den engliichen 
Artikel an der „Neuen preußifchen (P) 
Zeitung“ und ſpäter Theaterreferent der 
„Voſſiſchen Zeitung“. F. ift einer der an- 
gejehenften Berliner Kritiker, er zeichnet fich 
bejonders durch Feinheit und Schärfe der 
Auffaſſung aus. Außerdem heben wir un: 
ter jeinen, verdientermaßen allgemein an= 
erkannten Werfen hervor: 

Gedichte (1851), Aus England (1860), Balla: 
den (1861), Wanderungen durch Brandenburg 
(1862), Jenſeit des Tweed (1862), Der ſchles— 
wig.holfteiniche Krieg (1866), Der öfterr. Krieg 
(1870), Der deutich-franzöjiiche Krieg (1876), 
Bor dem Sturm (1878), Orete Minde (1880), El: 
lerntlipp (1551), Schad von Wuthenow (1883), 
Graf PBetöfi (1855), Unterm Birnbaum (1886), 
Gecile (1887). 

Forchhammer, Beter Wilh., wurde 
am 23. Oftober 1803 zu Hufum geboren, 
ftudierte Philoſophie und beſonders Alter- 
tumsfunde in Kiel, habilitierte ſich daſelbſt 
und wurde dort 1837 ordentlicher Bro: 
feſſor. F. hat ſich als ausgezeichneter Alter: 
tumsforſcher einen glänzenden Namen er— 


Forrer. 


worben. Von ſeinen verdienten Werken 


nennen wir: 

Hellenika (1837), Sokrates und die Athener, 
oder der Revolutionär und die Geſetzlichen (1837), 
Topographie von Athen (1841), Die eyklopiſchen 
Mauern (1847), Beichreibung der Ebene von Troja 
(1850), Adilles (1853), Das Schöne ift ſchwer 
(1863), Die Gründung Roms (1868), Argonauten 
(1880), Zur Reform des höheren Unterrichtsweſens 
(1882), Erklärung der Jliad mit Karte (1554), 
Kunftbeftrebungen (1886). 

Forrer, R. jun., geb. am 7. Februar 
1866, feit 1882 Redakteur der von einem 
Konfortium ſchweizeriſcher Altertums- 
freunde herausgegebenen „Antiqua“, Un- 
terhaltungsblatt f. Freunde der Altertums⸗ 
funde, 1883 Mitglied der antiquariihen 
Sejellichaft zu Zürich, neuerdings (1887) 
zum forreipondierenden Mitgliede der 
Bündner hiſtoriſch-antiquariſchen Geſell⸗ 
ſchaft ernannt. Er ſchrieb: Tages: und po— 
pulãr⸗wiſſenſchaftliche Korreſpondenzen, Artikel und 
Feuilletons in Tagesblättern und Zeitſchriften ꝛc. 
ſtreng wiſſenſchaftliche Artikel ꝛc. in Fachblüttern, 
wiſſenſchaftliches Spezialgebiet: die Prähiftorie, 
Hauptgebiet inliterar. Produktion: Allgem, Kulturs 

efchichte, verbunden mit Kunftgefchichte und Ge— 

30 Daneben Sammler von Altertü— 
mern, Manuffripten, Autographen 2c., 
Bublifation von foldhen; häufige Reifen, 
Studium der Mufeen, Publikation ihrer 
Objefte. 


Forftenheim, Anna, wurde am 21. 
September 1846 in Agram geboren. Sie 
erhielt eine vortreffliche Erziehung, zuerft 
im elterlichen Haufe, fpäter in einem Pri⸗ 
vatinftitut. Hauptſächlich aber verdankt 
fie ihre wifjenschaftliche Bildung einem uns 
ermüdlichen Selbititudium. 1867 verheis 
ratete fie fi mit einem Wiener Bantlier, 
mit dem fie noch jest in glüdlicher Ehe 
in Wien lebt, neben ihren häuslichen Pflich⸗ 
ten emfig fchriftitellerifch thätig und als 
Mitbegründerin des „Vereins der Schrift: 
ftellerinnen und Künftlerinnen in Wien“ 
mit den verjchiedenften literarijchen Kreis 


fen im regen Verkehr. 

Hauptwerfe: Catarina Cornaro (1875), Die 
ihöne Melufine (1881), Prinz Tantalus (1882), 
Manoli (1853). Außerdem viele Novellen, Auf: 
fäge und Gedichte in Zeitichriften. 


Fournier. 161 Fränkel. 

Fournier, Auguſt, geb. am 19. Juni ter dem Titel Hiftoriihe Studien und Skizzen 
1850 zu Wien, in Ungarn aufgewachſen, erſchienen. Seit Jahren iſt er Mitarbeiter 
war anfänglic für eine techniſch-kommer- der beiten Journale Ojterreichs u. Deutſch— 
jielle Laufbahn bejtimmt und vorgebildet, | lands. F. hat aud) als praktiſcher Archivar 
wandte ſich aber jchließlich, jeit jeinen | gewirkt und in den Jahren 1878—83 
Knabenjahren von lebendigjtem Intereſſe das Archiv des Wiener Minifteriums des 
für die Geſchichte bejeelt, den humanijtis | Innern geleitet. Einige in diefer Eigen- 
ihen Studien zu und bezog nad einem | jchaft von ihm verfaßte jtaatsrecht-hijto: 
am afademifhen Gymnafium in Wien ab- riſche Arbeiten find noch nicht veröffent- 


gelegten Abiturienteneramen die Wiener 
Univerjität. Hier und an dem Wiener In: 
jtitute für öſterr. Geihichtsforichung voll- 
endete F. jeine Studien, unternahm 1872, 
nahdem er zum Doktor promoviert wor: 
den war, eine Forihungsreiie in deutiche 
Arhive und Bibliothefen und habilitierte 
ſich 1875 an der Hodhichule jeiner Vater: 
jtadt mit einer Schrift über Abt Johann | 
von Viktring und feinen Liber certarum histo- 
riaram (1875). Nach einem längeren Auf: 
enthalte in Baris (1377 und 1878) trat 
F. mit einem Buche über Geng und Co: 
benzl, Geihichte der öjterr. Diplomatie von 
1501—1805 hervor (1850), weldes ihn 
mit einigen anderen wiſſenſchaftlichen Ab- 
bandlungen (Zur Geſchichte der pragmatiſchen 
Santtion, Gerhard van Swieten als Cenjor u.a.) 
1830 eine außerord. Profeſſur der öſter⸗ 
reichiſchen Geſchichte in Wien eintrug. 1883 
ging F. als ordentl. Profeſſor der allges 
meinen Geſchichte an die deutſche Univers 
fität nad) Prag. Ein Jahr zuvor hatte, 
er ſich neuerdings nad) Paris begeben, | 
um in dem dortigen Archive des Miniſte— 
riums des Außern Studien für größere 
Arbeiten zu machen, von denen die eine: 
Deutichland im Zeitalter Napoleons 1., in der 
Cotta ſchen „Bibliothet für deutiche Ge: 
ihichte” ericheinen ſoll. Als eine Art Vor- 
läufer Hierzu ſchrieb F. eine für einen wei: 
teren Lejerfreis berechnete Biographie Napo: 
feons 1. (1.80. 1886). Daneben behielt F. die 
Blege der öjterreichiihen Geſchichte immer 
im Auge, wie auch feine jüngjt veröffent- 
lichte Schrift Über Handel und Verkehr in Uns 
garn und Polen um die Mitte des 15. Jahrhun— 
derts. Ein Beitrag zur Gedichte der öſterr. Kom: 
merzialpolitit (1887) bezeugt. Eine Anzahl 
von F.'s kleineren Schriften ijt 1555 un: 


| 


| 


Das literariihe Deutichland. 


licht. 

Fränfel, Wilhelm, wurde den 1. Ja: 
nuar 1841 zu Odeſſa geboren, wo er auch 
das Gymnaſium abfolvierte. 1857—62 
jtudierte derjelbe Bauingenieur: Wijien- 
ihaften am kön. Bolytechnifum zu Dres: 
den, und praktizierte hierauf 3 Jahre als 
Ingenieur bei den Vorarbeiten und grö- 
Beren Bauausführungen der kön. ſächſ. 
Staatseilenbahn-VBerwaltung. Nach Ab: 
legung der Staatsprüfung als geprüfter 
Zivilingenieur und Erlangung des Doktor: 
titels an der Univerfität Jena, wirkte der: 
jelbe zunächſt als Aſſiſtent, dann als ord. 
Lehrer und feit 1869 als ord. Profeſſor 
der Ingenieurwiſſenſchaften an der Ted) 
niſchen Hochſchule zu Dresden. Eine Reihe 
von bautechnifchen Abhandlungen des Ge— 
nannten find in Zeitichriften veröffent- 
(iht. Größere Monographien find er- 
ſchienen: Über bewegliche Brüden in dem von 
Sonne und Schäffer herausgegebenen Handbuch 
der Ingenieurwiſſenſchaften, und über Drebichei: 
ben und Schiebebühnen in den von Winkler her: 
 ausgegebenen Vorträgen über Eifenbahnbau, 

Frahım, Ludwig, wurde am 25. Juli 

1856 zu Timmerhorn im Kreiſe Stor: 
marn geboren, wo der Vater als Land: 
wirt lebte. Mit bildungsfähiger Hand be: 
gabt, war es der Wunſch des Knaben, 
Dialer zu werden. Allein der Beſuch einer 
gewöhnlichen Volksſchule, die Unkenntnis 
der zu betretenden Bfade ließen den Lieb- 
‚lingsplan nicht zur Ausführung kommen, 
Es wurde die Laufbahn des Lehrerberufes 
eingeichlagen. Nachdem auch der Unter: 
richt in den neuen Sprachen und der Muſik 
erfolgt war, und der Aipirant ein paar 
‚Bräparandenjahre Hinter jich hatte, fand 
11 


Francçois. 


der Beſuch des Lehrerſeminars in Üterſen 
1876— 79 ſtatt. F. war dann Lehrer an 
den Echulen zu Tremsbüttel und Duven- 
ftedt, bis er 1882 zum Lehrer in Reth- 
wifchfeld bei Oldesloeerwähltward. Außer 
Gedichten, Erzählungen zc. in Zeitihriften 
find hervorzuheben: 

Heimatgrüße aus Deutichlands Norden in Lies 
dern und Idyllen (1885), Klaus Störtebefer in 
Sang und Sage (1855) (mit F. Sundermann), 
— und Inſelland (1886) (mit Ingwer 
Peterſen), Die Doppeleiche. Schleswig-Holſteins 
Land und Volk im Dichterwort (1887). 

Francois, Marie Louiſe von, geboren 
27. Juni 1817 in Herzberg, verlor früh 
ihon den Vater, wurde im Haufe ihres 
Ontels, des befannten 1870 bei Spichern 
gefallenen Generals v. F. erzogen und 
lebte bis zu feinem Tode bei ihm. Danad) 
zog fie nach Weißenfels, wo fie ihr ganzes 
ferneres Leben in ftiller Zurüdgezogenheit 
verbrachte, ausfchließlich ihrer ſehr erfolg: 
reichen literariichen Thätigfeit hingegeben. 

Hauptwerte: Gefammelte Novellen (1867), Die 
legte Nedenburgerin (1871), Gel. Erzählungen 
(1871), Stufenjahre eines Glüdlihen (1877), Der 
Kabenjunfer (1879), Der Poſten der Frau (1881), 
Judith (1883). 

Franf, Ulr., fiche Ulla Wolff. 


Fraukl, Ludwig Auguft, Nitter von 
Hochwart, wurde geboren am 3. Februar 
1810 in Ehraft (Böhmen), ftudierte Phi- 
lojophie, ſpäter Medizin in Wien. Früh 
ſchon darauf angewieſen, fein Brot jelbit 
zu verdienen, wurde ihm nicht Die Möglich: 
feit, daheim in Ofterreich ein regelrechtes 


Studium zu beenden, fondern er ging, 
nachdem er ſich durch literarifche Arbeiten | 


162 


Franz. 


Es fehlte F. nicht an Beweiſen der An— 
erkennung feiner hervorragenden Leiſtun— 
gen und humanitären Verdienſte. So 
wurde er 1850 Ehrenbürger feiner Vater: 
ſtadt, 1880 Ehrenbürger von Wien, 1876 
erhob der Kailer von Djterreih ihn in 
den Ritterjtand, 1851 wurde er zum Di: 
reftor des Miener Muſikvereins und zum 
Profeſſor der Ajthetif, 1866 zum Schul: 
rat ernannt. Andere Auszeichnungen wur: 
den ihm im Auslande zuteil. Daneben 
gilt 5. als gottbegnadeter Dichter. Von 
feinen Werfen heben wir hervor: 


Habsburglied (1832), Sagen aus dem Morgen» 
lande (1834), Chriftof Colombo (1836), Rachel 


(1842), Don Juan de Auftria (1846), Ein Ma: 


gyarenfönig (1850), Hippofrates u. die Cholera 
(1853), Libanon (1855), Aus Ägypten (1860), 
Helden: und Liederbuch (1861), Primator (1864), 
Geſammelte poetiihe Werte (1880), Biographie 
ı Grillparzerd (1883), Andreas Hofer im Lieb 
(1854), Nikolaus Lenau (1885). 





einiges Geld verdient hatte, auf längere | 


Zeit ins Ausland. 
gekehrt, verfuchte er, daſelbſt als Arzt zu 
leben, doch gelang ihm das nicht, und er 


nahm den Poſten eines Eefretärs der Wie: | 


ner israelitifchen Gemeinde, der er durd) 


jeinen Glauben angehörte, an. Daneben 


war er fowohl fchriftitelleriich, wie redak— 
tionell vielfach thätig, in lebterer Be— 


Nah Wien zurüd: 


i 


ziehung als Redakteur der „Sonntags: 


blätter” und des „Oſterr. Morgenblattes“. 


Franz, Emma, fiehe M. v. Pelzeln. 
Franz, Henr., fiehe Fr. v. Belzeln. 


Franzisei, Franz, geboren am 26. 
December 1826 in Klagenfurt, genoß feine 
Vorbildung am Gymnaſium daſelbſt, be: 
ſuchte dann das theologische Seminar, ward 
Kaplan in Sagrig, danach in Heiligen: 
‚blut, Schließlich in St. Veit. 1870 wurde 
Fr. Dechant in Grafendorf im Gailthale 
(Kärnten), als welcher ernoch heute ſegens— 
reich wirft. Daneben ift er vielfach lite: 
rariſch thätig gemwefen. 
|  Hauptwerke: Kultur-Studien über Volfsleben, 
Sitten und Gebräuche in Kärnten (1879), Märchen 
aus Närnten (1884), Touriftiiche Farbenſkizzen aus 
Kärnten (1885). 

Franzos, Karl Emil, geboren den 25. 
Oftober 1848 in Czortkow in Podolien, 
abjolvierte das Gymnaſium in Ezernowig 
und die Univerfität Wien als Student der 
Rechtswiſſenſchaft und legte 1871 die 
Staatsprüfung ab, gab aber die juriftifche 
Karriere infolge politiicher Unannehmlic- 
feiten völlig auf und widmete fich der 
Journaliſtik. Nachdem er eine Reihe 
von Jahren im Ausland gelebt hatte, zog 
er nah Wien und übernahm die Ne: 





— 


Freeden. 


daktion der „Neuen Illuſtr. Zeitung“, die 


er 1886 niederlegte, um die neubegründete 
Zeitſchrift „Deutſche Dichtung“ zu redi— 
gieren. Durch alle Dichtungen Fr.’s zieht 
ein vornehmer Haud, wie in wenig ans 
deren, und daß dieſe Eigenihaft allge 
meine Anerkennung fand, dafür zeugt die 
große Beliebtheit des Autors gerade in 
den höheren Edjichten der Gefellichaft. 
Hauptwerfe: Aus Halb:Afien (1876), Die Ju: 
den von Barnow (1877), Vom Don zur Donau 


(1878), Junge Liebe (1878), Stille Gedichten | 


(1880), Ein Kampf ums Redt (1882), Deutiches 
Dichterbuch aus Öfterreih (1883), Mein Franz 
(1863), Der Bräfident (1884), Tragiiche Novellen 
(1885). Die meiften der angeführten Werke find 
in mehreren Auflagen erichienen. 

Freeden, Wilhelm Jhno A. v., wurde 
am 12. Mai 1822 in Norden geboren, 
fiundierte in Göttingen und Bonn Mathe: 
matif und Naturwiſſenſchaften und wirkte 
von 1845—56 als Oberlehrer am Gym: 
nafium zu Sever, von 1856— 67 als Rek—⸗ 
tor der Navigationsihule in Elsfleth. 
1867 gründete er die deutiche Seewarte 


163 


Freſenius. 


dem Fr. ſpäter befreundet war. Durch 
dieſen wurde auch ſeinem dichteriſchen Ta— 
lent Geltung verſchafft, ſo daß er nach 
wenigen Jahren, in welchen er als Lehrer 
gewirkt, dieſe Laufbahn völlig aufgab und 
ſich ausſchließlich der Schriftſtellerei wid— 
mete. Fr. hat dieſen Rath Gutzkows nicht 
zu bereuen gehabt, reiche Erfolge lohnten 
ſein Schaffen, namentlich auf dem Gebiete 
des Romans und der Novelle. Seit 1862 
‚gehörte Fr. der Redaktion der National: 
zeitung an. 

Hauptwerfe: Dichter und Frauen (1859), Mes 
Iufine (1860), Qanitas (1860), Die drei Grazien 
(1862), Charlotte Corday (1864), Papſt Ganga— 
nelli (1864), Auf heimifcher Erde (1866), Freier 
Boden (1868), Im goldnen Zeitalter (1870), La 
Bucelle (1872), Lucifer (1873), Lebenärätfel 
(1875), Renaiflance und Rokokko (1875), Ber: 
liner Dramaturgie (1877), Nach der erften Liebe 
(1884), Novellen (1884), Gold (1885), des 2er 
bens Überdruf (1886), 

Frejenins, Auguft, geboren am 5. 
März 1834 in Frankfurt a. Main. Zum 
Kaufmannsjtande gezwungen, entlagte er 


| 


furz nad) erlangter Volljährigkeit dem ihm 
unangenehmen Berufe, bezog die Univer- 
fitäten Heidelberg und München, lebte dann 
mehrere Jahre in Baris dem Studium der 


in Hamburg, deren Direftor er bis 1876 
blieb. Nicht allein die Gründung der 
Seewarte war fein Verdienft, jondern er 


machte dieſelbe zu einer ber bedeutenditen 
derartigen Anftalten der Erde. Bon F.'s 
anerkannten Werfen heben wir hervor: 
Die Prarid der Methode der fleinen Quadrate 
(1863), Handbuch) der Nautif (1864). Außerdem 
giebt er feit 1870 die „Hanfa, Zeitichrift für See: 
wejen” (zuerft mit Tedlenburg, jetzt allein) heraus. 
Freiberg, Günther v., fiehe Ada 
Pinelli. 
Freidanf, Dar, ſiehe Ed. v. Cölln. 
Freimund, Jul. ſiehe Konr. Meyer. 


Freiwart v. d. Mies, ſiehe Heinr. 
Swoboda. 


Frenzel, Karl, wurde am 6. Dechr. 
1827 in Berlin geboren, widmete fi) nad) 
Abjolvierung des Gymnafiums dem Stu: 
dium der Philoſophie und Geſchichte an 
der Iniverfität Berlin, wo befonders Böckh 
und Ranke Einfluß auf feine geiftige Rich— 
tung ausübten. Mehr noch Gutzkow, mit 


renocorkk, Errub, serh. 12% 


franzöſiſchen Literatur und des Theaters 
‚und fiedelte 1867 nach München über. 
Hier war er hauptſächlich auf dramatiſchem 
und dramaturgiichem Gebiete thätig. Er 
‚überjegte und bearbeitete eine Reihe fran⸗ 
zöſiſcher Stüde für die deutjche Bühne. 
| Eine Heirat unter Ludwig XV, Die Lebenäretter, 
ı Der Dämon des Weins, Das liebe Jh, Der Bud: 
| lige, Die Fiaminna, Alles Komödie, Die Höhle des 
Löwen, Mercadet, Der Laftträger, Unterm erften 
Eindrud, Vollblut, Die Herren Dienftboten, Lie: 
beönarretei, Zwei weiße Raben, Die weiße Nelte, 
Die beiden Witwen, Der Roman einer Stunde, 
Ein gefährlicher Freund, Allzu ſcharf macht ſchartig, 
Falſche Locken, Jung gefreit hat nie gereut, Die 
Pläne der Tante u. a. m. Auch verſchiedene 
in den Eeparatvorftellungen des Königs 
Ludwigs II von Bayern aufgeführte Schau: 
ı und Zuftipiele: Das Alter eines großen Königs, 
Eine geheime Audienz, Léonard der Perrüden: 
mader, Ein Minifter unter Ludwig XV., Der 
Fächer der Pompadour, Trianon, und die Pro— 
gramme von zwei bei gleiher Gelegenheit 


11* 








Freudenthal. 


gegebenen Balletten mit Geſang mit Be: 


nugung Moliereiher Motive, Mufit von Mar 
enger: les plaisirs de l’isle enchantee und 
Amor und Pſyche ftammen aus feiner Feder; 
desgl. eine Bühneneinrihtung von Shafe- 
ipeares’ „Thimon von Athen” und eine 
folche von „Thomas Aniello“, einer hinter: 
lafjenen Tragödie von Auguft Frejenius, 
eines entfernten Verwandten des Be: 
arbeiters. 


Freudenthal, Auguft, wurde am 2. 
September 1851 in Fallingbojtel als Sohn 
braver, aber unbemittelter Eltern geboren, 
widmete fih dem Lehrerberuf, wirkte meh: 


rere Jahre als Hauslehrer auf dem Gute 
Luhmöhlen bei Salzhaujen, gab aber 


I&hließlich dDiefe Laufbahn aus Neigung zur 
publizijtiichen Thätigfeit auf, der er ſich 
nun ausichließlid widmete. Seit 1883 
iſt er Redakteur der Bremer Nachrichten. 

Hauptwerfe: Gott Zufall (Luſtſp. 1875), Nach 
Mitternadht (Drama 1878), Gedichte (1878), Der 
Steuerrat (Luftip. 1882), Incognito (Zuftip. 
1583). 


Freund, Wilhelm, wurde am 27. Ja— 
nuar 1806 in Kempen geboren und jtus 
dierte in Berlin und Breslau Philologie. 
Nachdem cr als Lehrer in Breslau gewirkt 
hatte, vertrat er die Rektorſtelle am Gym: 
nafium zu Hirihberg (1345 —51). Als: 
dann gab er dieje Stellung auf, um einige 
Studienreilen zu unternehmen, nad) deren 
Beendigung er eine isracl. Gemeindeſchule 
in Gleiwig einridhtete und Ddiejelbe als 
Direktor leitete. 1870 ftedelte er wieder 
nad) Breslauüber, woerſeitdem ausſchließ— 
lich feiner literarischen Thätigfeit lebt. Unter 
feinen Werfen heben wir hauptſächlich fein 
Wörterbuch der lateiniihen Sprade (18341—45), 
eines unjerer vorzüglichiten überhaupt her: 
vor. Außerdem find bejonders zu er: 
wähnen: Gelamtwörterbuh der lateiniſchen 
Sprade (1SH—45), Virgil mit Anmerkungen 
(1852), Sechs Tafeln Literaturgefhichte (3. N. 
1873), Triennium philologieum (2. 9. 1579 
bis 1885), Wie ftudiert man Philoſophie (d. 4. 
1885). 


Frey, Herm., fihe Martin Greif. 


164 


Freyhan. 


Freyhan, Adolf, wurde am 8. Ok: 
‚tober 1840 in Breslau als der Sohn eines 
Kaufmanns geboren, in deſſen Laufbahn 
er nad) Abfolvierung des Gymnafiums 
eintrat. Er hegte von Jugend an ein 
lebhaftes Intereſſe für die Literatur und 
ihre Meiſterwerke, die er fleißig in feiner 
Mußezeit ftudierte. Seit vielen Jahren 
‚gehört er dem Verband „Breslauer Dich 
terſchule“ an, um den er ſich jehr verdient 
gemacht und deſſen Vorfigender er nun 
bereits feit Jahren ift. Von feinen eis 
genen Werfen heben wir hervor: 

Ein falicher Ton (Luſtſp. 1869), Zwilhen neun 
und elf (1875), Durch den Kladderadatich (1877). 

Freytag, Alerander, Baron, von Los 
ringhoven, wurde am 8. Mai 1849 als 
Sohn des damaligen ruffiihen Geſandt⸗ 
ſchaftsſekretärs, jpäteren Geheimrats Carl 


‚Baron Fr. in Rio de Janeiro geboren. 
ı Dei der bald darauf erfolgenden Verſetzung 





feines Vaters fiedelte auch er als kleiner 
‚Knabe zunächſt nah Stodholm, ſodann 
nad) Kopenhagen über. Hier verbradte 
er im elterlihen Haufe im Kreife feiner 
Geſchwiſter eine glüdliche Kindheit und 
genoß eine jorgfältige, von Hauslehrern 
geleitete Erziehung. Als nad Abtrennung 
‚der deutihen Provinzen von Dänemart 
(1864) ein in deutſcher Sprade geleiteter 
Unterricht in Kopenhagen jchwer erreich— 
‚bar wurde, fam Alerander in die Heimat 
feiner Mutter, nad) Bremen auf die fogen. 
| „Selchrten- Schule”, welche ſich eines aus: 
gezeichneten Rufes erfreute. Nach Abjol- 
‚vierung derjelben begab er fid) in die deut: 
chen Djtfee- Provinzen Rußlands, ließ ſich 
auf der Univerſität Dorpat immatrifulieren 
und beitand dort 1871 ſein Staatseramen. 
Dazwiichen hatte er eine Zeitlang in Ber: 
lin jtudiert und als der Strieg von 1870 
ausbrach, trat er, obzwar fremder Unter: 
than, von Begeijterung für die deutjche 
Sade bejeelt, als Kriegsfreiwilliger in 
das Heer. Auf Wunſch feines Vaters 
ginger nad) beendeten Feldzuge nah Ruß: 
land zurüd und trat in Riga in den Dienit 
der Lievländiſchen Nitterfchaft, der feine 


Freytag. 


Familie als eine der älteſten angehört. 


Anfangs nur aus Liebhaberei, jpäter mehr berufs: | 


mäßig beichäftigte er ſich mit verichiedenen fchrift« 


ftelferiichen Arbeiten. Er fchreibt Erzählungen, | 


Novellen, Feuilletonsartifel, befonderd über ruf: 
fiihe Zuftände ꝛc. für Zeitichriften. 


Freytag, Sultan, wurde am 13. Juli 
1816 in Kreuzburg (Schlefien) als ber 
Eohn des dortigen wohlbenüterten Bürger: 
meiſters und Arztes geboren, befuchte das 
Gymnaſium in Dels und die Univerfitäs 
ten Breslau und Berlin, wo er Vhilolo: 
gie, Geſchichte und Literatur ftudierte und 
mo feine neiltige Richtung unter befonderer | 
Beeinfluffung von Hoffmann von Fallers: 
leben ſtand. Nach Vollendung feiner Stu: 
dien ging Fr. als Privatdozent für Ge 
fchichte, deutiche Sprache und Literatur 
nad Breslau, gab aber bald die afade 
miſche Laufbahn auf, um fi ausſchließlich 
der Schriftitellerei zu widmen. Er rebdi- 
gierte nun von 1848—70 mit Julian 
Schmidt die „Srenzboten“, die er zu un« 
geahnter, leider Später wieder verlorener 
Größe bradte. Als der deutſch-franzö— 
ſiſche Krieg losbrach, erfaßte auch F. 
die allgemeine Begeiſterung, und wenn er 
auch zu alt war, um als Soldat in die 
Reihen zu treten, ſo litt es ihn doch nicht 
daheim. Er zog mit und blieb im ganzen 
Feldzug im Hauptquartier des Kronprin— 
zen. Zurückgekehrt, lebte num F., aus: 
ichließlich feiner Schriftitellerei hingegeben, 
teils in Leipzig, teils auf feinem Gute 
Siebleben bei Gotha. Daneben redigierte 


- 
= 


165 


Freytag. 


bild geweſen, Hunderttauſende haben ſich 
‚an jeinen Merfen erquict, und haben ſich 
reiner, edler gefühlt als fie fein Bırch aus 
der Hand legten, aleichviel welches. 
Hauptwerke: Die PBrautfahrt (Dram. 1842), 
Der Gelehrte (1844), An Breslau (1845), Die 
Valentine (1846), Graf Waldemar (1847), Die 
Journaliſten (1853), Soll und Haben (1855, 
31. 9. 1886), Die Fabier (1859), Die Technif 
des Dramas (1863, 5. A. 1886), Die verlorene 
Handichrift (1864, 15. A. 1885), Die Ahnen: 
Ingo und Ingraban, Das Neit der Zaunfönige, 
Die Brüder vom deutlichen Haufe, Markus König, 
Die Geſchwiſter, Aus einer Heinen Stadt (1872 
bis 1880), Bilder aus der Vergangenheit (3. 9, 
1886), Geſammelte Werte (186). 


Freytag, Ludwig, wurde am 3. Mai 
1842 zu Bremen geboren, abiolvierte da— 
jelbit das Gymnaſium und danad) die Uni 
verfität Berlin als Student der Philo— 


z 
= 


‚logie und Geſchichte, daneben eifrig mit 
‚dem Etudium der Literatur beichäftint. 


Nach der Doktorpromotion legte er 1869 
fein Staatseramen ab und wurde als Zeh: 
rer in Berlin, fpäter in Lichterfelde (Ka— 
dettenanftalt), 1880 als Oberlehrer am 
Friedrichsrealgymnaſium zu Berlin ange: 
jtellt. Daneben redigiert er das „Zen: 
tral-Organ für die Intereſſen des Real— 
ſchulweſens“ und iſt literariich vielfach 
rühmlich hervorgetreten: 

Preußens Ruhm (1866), Kampf und Sieg 
(1870), Tiberius und Tacitus (1870), Jephthah 
(1871), Byron's Manfred (1871), Graf Tanfred 
(1875), Herwara (1883); außerdem lieferte F. 
vorzügliche Überfetungen des Nibelungenliedes, 
der Fritbjoföfage, ded Gudrunliedes ıc. 


Freytag, Vhilipp, wurde zu Sorau 


er die Zeitfchrift „Im deutichen Reich“. | in der Niederlaufig am 14. Oftober 1840 
1879 überfiedelte er nad Wiesbaden, mo geboren. Sein Water war der damalige 
er noch heute lebt als der allverehrtefte | O.-L.-Ger.Aſſeſſor Nobert Frentag, feine 
der deutichen Schriftiteller unferer Zeit. | Mutter Thekla Amalie geb. Zwanziger. 
F. iſt der Dichter des vornehmiten und | 1847 wurde fein Water an das D.-L.- 
von niemand erreichten modernen Luft: | Gericht zu Breslau verfeßt und dort er: 
jpiels und Romans. Machtlos prallte aller | hielt F. feine Erziehung. Daſelbſt ſtu— 
Neid und die in unferer literarifchen Mi- | dierte er auch Rechts- und Staatswiſſen— 
jere fo heimische Mißgunſt an dem idealen ſchaften, um wie feine Vorfahren von väter: 
Geiſt ab, der durch Freytags unvergäng- licher und mütterlicher Seite Beamter zu 
lihe Schöpfungen weht wie durd die werden. Der franzöfiiche Krieg von 1870 
wenig anderer Schriftiteller. Hunderten | bis 1871 gab feinem Schickſal eine ent— 
von jungen Autoren iſt F. ein edles Vor: ſcheidende Wendung. Als Reſerve-Offizier 


ride, — 
des 3. Garde-Grenadier-Regmts. Königin 
Eliſabeth erhielt er bei dem Sturm auf 
Le Bourget am 30. Oktober 1870 eine 
überaus ſchwere Wunde, welche ihn auf 
Jahre an das Schmerzenslager feſſelte, 
jeder amtlichen Thätigkeit entzog und lite- 
rariſcher Beſchäftigung zuführte. So ent— 
ſtand zunächſt eine Rätſel-Sammlung 
(Sphinr), der ſpäter eine Fortſetzung folgte 
(Neue Rätiel). 1871—72 verlebte er in 
Stalien, und diefen Aufenthalt benußte er 
im Belondern, um ſich mit dem neapoli: 
taniſchen Volks-Idiom bekannt zu machen. 
Tas Reſultat dieſer Studien war eine, 
jegt ſehr verbreitete, metriſche Überfegung | 
neapolitanischer Volkslieder (O dolce Na- 
poli). Nebenher erfchienen von feiner 
Feder in zahlreihen Zeitichriften Neife: 
jkizzen, Eſſays, Kritiken ꝛc. Eine beſon⸗ 
dere Monographie widmete er der Wart- 
burg. Diejelbe iſt betitelt „Wartburg: 
erinnerungen“ und zeichnet ſich durch ſin⸗ 
nige Senn des Gegenftandes, wie 











reihen Berichte find nur vereinzelt i in die 


166 


Fride. 


zu Braunfchweig aufgenommen zu werden. 
Dit eilernem Fleiß und unter größten 
Entbehrungen, da eine Geldunterftügung 
ihm vom Elternhaufe nicht gewährt wer: 
den Eonnte, abjolvierte er dasfelbe und 
bezog 1833 die Univerjität Göttingen, um 


‚ Theologie zu jtudieren. Hier übten Ewald, 


Grimm und Herbart großen Einfluß auf 
feine geiltige Richtung aus. 1837 be- 


'ftand er die Prüfung vor dem Konſiſto— 


rium in Wolfenbüttel, kehrte jedoh zur 
Fortjegung feiner philofophiihen Studien 
nad) Göttingen zurüd und gründete, durch 
Herbart unterjtügt, eine Erziehungsans 
jtalt. 1842 wurde er nah M.Gladbach 
berufen, um daſelbſt eine Realſchule zu 
errichten und als deren Neftor zu am: 
tieren. 1837 verheiratete er fih und 
hatte das Leid, feine Gattin von einer 
Lungenkrankheit befallenzufehen, die einen 


Aufenthalt im Süden dringend erheifchte. 
‚So mußte er feine Stellung in M.-Glad- 


bad) niederlegen und nad) Wiesbaden zie— 
Hier unterrichtete er an der von 
der Herzogin Elijabeth gegründeten höhe— 





Öffentlichkeit gedrungen, indefjen wieder: ren Töchterichule und gewann dieſe neue 
holtin Muſikgeſetztworden. $.wurde,nadj: Thätigkeit bald fo lieb, daß er bier, jtatt 
dem er in Breslau Stadtrichter und Nez | wie beabjichtigt, ein Jahr, 14 Jahre als 
gierungs-Rat geweien, im Jahre 1882 | Rektor verblieb, ipäter aud), feiner außer: 
Ober-Regierunge-Rat und Direktor des | gewöhnlichen Tüchtigkeit wegen, gleichzeitig 


Bezirks: Verwaltungs:Serihts zu Danzig, | zum Diterzieher des Erbprinzen ernannt. 


und 1887 in das k. preuß. Oberverwal- 
tungs-Gericht zu Berlin berufen. Ber: 


mählt iſt er feit 1876 mit Wilhelmine 


Schleiden, einer Toter des großen Bo- 
tanifers Matthias Jacob Schleiden. 


Fricke, Friedrich Wilhelm, wurde am 
4. Dezember 1810 in Braunschweig als 
ein kränkliches Kind geboren, dem ein re— 
gelmäßiger Schulbeſuchtrotz guter Anlagen 


und großen Lerneifers nicht zuteil werden 


fonnte. Erſt im achtzehnten Jahre war 


er joweit gefräftigt, dat er als Autodidakt 
im volliten MWortiinne mit dem Erwerb | 
Mit 


von Kenntniſſen beginnen fonnte. 
zwanzig Jahren gelang es ihm unter gro: 
ben Schwierigkeiten, in das Gymnaſium 





1870 fiedelte F. zwei Jahre nad) jeiner 
Penſionierung nad Bamberg über, wo er 
einLandgut erworben hatte, und lebte nun⸗ 


mehr nur feiner Gejundheit und der lange 


erjehnten ſchriftſtelleriſchen Thätigkeit, 
kehrte jedoch 1875 ſchon nach Wiesbaden 
zurück, da ihm der Landaufenthalt nicht 


behagte. Jetzt machte er es ſich zur Lebens⸗ 
aufgabe, eine neue Orthographie zu ſchaf— 


fen, zu welchem Zweck er den Allge- 
meinen ferein für vereinfachte recht- 
schreibung ins Leben rief, der jest b bereits 
viele taufend Mitglieder zählt. F. hat 
ſich als ausgezeichneter Pädagoge bewährt, 
auch feine Kahichriften legen Zeugnis für 
jeine Tüchtigfeit ab. Daneben fanden feine 


poetiſchen Werke die günftigite Beurteilung. 


Frickhinger. 


Hauptwerke: Weltgeſchichte im Gedicht (1862), 
Leitfaden für den Geſchichtsunterricht (1872), Die 
Orthographie nach den in der deutlichen Sprache 
liegenden Geſetzen (1876), Sittenlehre (1882), 
Erziehungs: und Unterrichts-Lehre (1882), Uber: 
bürdung der Schuljuyend (1882), Abriß der ver: 
einfachten Volfsorthographie (1SS5), Kurze deut: 
Ihe Spradlehre (3. A. 1885), Prinzeß Ilſe 2. 4. 
1887). 


Frickhinger, Albert, früher Apotheker 
und Meagiitratsrat, ſpäter langjähriges 
Mitglied der bayriihen Abgeordneten: 
fammer, geboren im J. 1818, arbeitete 
fleigig an der Durchforſchung feiner Hei: 
mat (Nördlingen im Niesgau) in botani: 
cher und geognojtiiher Beziehung Durch 


ihn wurden die Geognoſten auf die Ver: | 


jenfung zmwilhen dem Schwaben: und 
Frankenjura infolge von vulfanischen Aus: 
brüchen aufmerfiam gemadt. Die von 
ihm und Profeſſor Schnizlein in Erlangen 
gemeinjam herausgegebenen Vegetations: 
verhälinilfe der Jura: und Kruperforma- 
tion in den Flußgebieten der Wörnitz 
und Altmühl (1845) jtellen eine Fläche 
von 90 [_JMeilen unter die botaniih am 
beiten durchforſchten Süddeutichlands. 
Sein Katechismus der Stöchiometrie er: 
lebte 6 Auflagen in 1844— 87. In feinen 
Fußtapfen wandelt aud der Sohn 


Frickhinger, Hermann, Apotheker in 
Nördlingen, geboren 1851, welder na— 
mentlich die Brunnenwaſſer feiner Vater: 
jtadt in hygieniſcher, chemiſcher und mi: 
frojfopiicher Beziehung einer Unterfuchung 


unterwarf und die geognoftiihen Unter: 


ſuchungen imRiesgaufortiegte. Auch über 
verjchiedene chemilch-pharmazeutische Ge: 
genjtände hat derjelbe mehrere Abhand- 
lungen geichrieben. 


Friedberg, Emil Albert, wurde am 
22. Dezember 1837 in Honig geboren, 
vollendete Seine Gymnaftaljtudien im 


Grauen Klojter zu Berlin und bezog als: 


dann die Univerfität dajelbit, ſpäter die 
zu Heidelberg als „Juriſt“. Nah Ab: 
jolvierung der Univerfität war er als 
Auskultator in Berlin thätig, verließ aber 


167 


Friedeberg. 


die praktiſch⸗juriſtiſche Karriere, habili— 
tierte ſich 1862 als Dozent für Kirchen— 
recht umd erhielt 1865 eine Profefjur 
‚in Halle, 1868 eine ſolche in Freiburg 
und 1869 in Leipzig, wo er nod) jegt als 
‚hervorragender juriſtiſcher akademiſcher 
Lehrer wirkt. Unter ſeinen als bedeutend 
anerkannten Werfen heben wir hervor: 
Das Recht der Eheichlichung (1865), Die Civil: 
ehe (1866, 2. Aufl. 1877), Aus deutihen Buß— 
| büchern (1868), Die Grenzen zwiſchen Staat und 
Kirche (1872), Der Staat und die Biſchofswahlen 


(1874), Verlobung und Trauung (1876), Lehrbuch 


des katholiſchen und evangeliichen Kirchenrechts 
(1879, 2.9. 1554), Die Grundlagen der preus 
ßiſchen SKirchenpolitif unter Ariedrih Wilhelm 
IV. (1882). 

Friedeberg, Meyer, wurde am 6. 
März 1858 in Militſch geboren. Da fein 
Vater 1862 das Kreisrabbinat in Tilfit 
‚übernahm, bejuchte Diener daſelbſt das 
Gymnaſium, mußte nad) Abjolvierung 
defielben mit Stundengeben fein Brot teil- 
weife jelber verdienen, weildas Einfommen 
des Vaters für alademiihe Studien der 
einzelnen Glieder nicht ausreihte. Cr 
hörte in Leipzig Kunftgeichichte und deutiche 
‚Literatur, um fid) der Journaliſtik zu 
‚widmen und alsdann von ihm gefaßte 
‚ideal gedachte Neformpläne für das Ju— 
dentum auszuführen. 1881 fiedelte $. 
nad) Berlin über, wo er weiter ftudierte, 
feinen Unterhalt wiederum durch Stunden- 
‚geben und die Erträgnifje für viele von 
ihm verfaßte Zeitungsartifel bejtreitend. 
Nah Vollendung feines Studiums wurde 
F. Sekretär des deutſch-iſr. Gemeinde- 
bundes in Leipzig und dann in Berlin, 
ſowie nebenbei Kournalift, als welder er 
fi) nunmehr in Königsberg niedergelafjen 
hat und in der Redaktion des „Kgsb. Tage- 
blatts“ beichäftigt iſt. 

Hauptwerke: Das praftiiche Judentum (1881), 
Bilder aus DOftpreußen (1885), Bilder von der 
Oſtgrenze (illuftr. 1886), Zur Gründungsgefchichte 
| der jüdiihen Gemeinden Altpreußens (1886). 
Friedemann, Edmund, geboren zu 
Zehdenick den 1. Dezember 1847, jtudierte 
zu Berlin, Bonn und Heidelberg Gejchichte 
‚und Rechtswiſſenſchaft, war als Hilfs: 








Friedenitein. 


richter am Stadtgeriht Berlin bis Of: 
tober 1879 thätig und trat jodann zur 


Anwaltichaft über. Er ift Dozent an der 


Humboldt:Afademie zu Berlin, Mitglied 
der Berliner Stadtverordnetenverfamm: 
lung und erfter Vorfigender des Hand— 
werfervereins für den Weſten und Süb- 
weiten. 1869 fchrieb er eine Erwiderung 
auf Richard Magners Judentum in der 
Muſik, betitelt: Das Judentum und Richard 
Wagner, ferner Die Kranfenverfiherung, eine 
gemeinfahliche Darftellung, ſowie verjchiedene 
Aufſätze publiziftiichen Inhalts in ber 
„Nation“ und anderen Zeitungen. 1886 


erihien aus jeiner Feder ein von der 


Kritif vorzüglich beſprochener Hiftorifcher 
Roman Gatilina. 


168 


Friedenſtein, Wilhelm, am 30. Ok— 


tober 1854 in Budapeft geboren, befuchte 
die dortige Realichule, dann die Handels: 
afademie. Im Alter von 17 Jahren trat 
er in cin Bantinftitut in Wien. 1873 
ging er nah Hamburg. Neigung zum 
Theater veranlaßte ihn, zur Bühne zu 
gehen. Er war zwei Jahre lang Schau: 
jpieler, da er es aber nicht dahin bringen 


fonnte, an einem größeren jtändigen | 


Theater engagiert zu werden und er als 
finanzieller Leiter des Carl Schulze: 
Theaters in Hamburg Schiffbruch gelitten, 
ging er nad Amerifa, nachdem er mit 
dem damaligen Redakteur der Berliner 
National-Reitung ein mündliches Abfom- 
men getroffen, „Briefe aus Amerika” zu 


ſchreiben. Zwei Monate nad) feiner Ab: 


reife jtarb jener Redakteur und F. erhielt 
fein Manuffript als im Nachlaſſe des 


Verfchiedenen gefunden, nad New-York 
fih erhalten, 


ie 


gefandt. Nun mußte F. 
wie es eben ging. Er haufirte mit un- 
echten Schmuckſachen, Galanteriewaaren.c. 


von Farm zu Farm ziehend, war dann 


Kellner und jchließlih Mitarbeiter der 
„Weſtlichen Poſt“. 
Europa zurück, ging nach Deutſchland und 


trat in die Redaktion der „Deutſchen 


Union” jegigen „Berliner Zeitung” ein 


1876 fehrte er nach 


Friedmann. 


für Theaterberichte. Gleichzeitig arbeitete 
er für andere Zeitungen. Von hier ging 
F. nah Rußland und wurde Redakteur 
des in Libau erjcheinenden „Tagesanzeis 
ger“. Nach Wien zurüdgefehrt, lebte $. 
zuerft als Feuilleton-Mitarbeiter verjchie- 
dener großer Blätter in Wien, dann als 
Redakteur, Ipäter Eigentümer des poli- 
tiſchen MWochenblattes „Ertrapoft“ und 
der „internationalen Reifezeitung”. Bon 
feinen ſelbſtänd. Werfen hervorzuheben: 

Die Frau des Verwalters (1879), Die Kinder 
der Berbannten (1883); auch dramatifierte er u. 
a. Spielhagens Romane. 


Friedmann, Alfred, geboren am 26. 
Oktober 1845 in Frankfurt a. M. als 
der Sohn eines reihen Kaufherrn, der 
ihn von vornherein für feinen eigenen Be: 
ruf bejtimmte. Daneben beichäftigte F. 
ſich mit den Werfen der Dichtkunft unferer 
Meifter, ſuchte auch fonft fein Wiſſen mit 
eifrigem Streben zu bereichern, gab ſchließ⸗ 
(ih die faufmänniiche Karriere auf und 
ging nach Heidelberg, um Literatur und 
Kunfigeihichte zu ftudieren. Nachdem er 
in Zürich fein Studium abgeſchloſſen, gab 
er fih ausſchließlich der Echriftitellerei 
bin, in der er ſeitdem Tüchtiges geleiftet 
und zu deren produftioften Jüngern er 
gehört. Seit 1886 wohnt F. in Berlin. 

Hauptwerke: Aus Hellas (1874), Merlin und 
Orpheus (1874), Zeichtfinnige Lieder (1878), Ber: 
tauſcht (1878), Lebenämärden (1879), Erſetzter 
Berluft (1880), Dramen (1880), Gedichte (1882), 
Optimiftiihe Novellen (1883), Neue Märchen 
(1884), Erlaubt und unerlaubt (1886), Aus 
Höhen und Tiefen (1886). 

Friedrich, Friedrih, wurde am 2. 
Mai 1828 in Groß-Vahlberg (Braun: 
ſchweig) geboren. Sein Vater, ein treff- 
licher Geijtlicher, wünfchte ſehnlichſt, daß 
Friedrich ſich gleichfalls den ſeelſorgeri— 
ſchen Beruf ermähle, und diefem Plane 
gemäß erhielt er jeine VBorbildung auf dem 
Gymnaſium. 1847 bezog er die Uni: 
verfität Göttingen, ſpäter die zu Halle 
und Jena, Schon in Halle zog ihn die 
Philoſophie, Literatur und Geſchichte weit 
mehr an als die Theologie, für die er einen 








Friedrichs. — 
inneren Beruf nicht fühlte. In Jena gab 
er ſchließlich letzteres Studium gänzlich 
auf und widmete ſich ausſchließlich erſteren 
Disziplinen. Bereits 1853 hatte Fr. das 
Glück, feinen Herzenswunid, Journalift 
zu werden, ausführen zu fünnen, da ihm 
Gelegenheit geboten wurde, in die Redak— 
tion der Leipziger „Illuſtr. Zeitung‘ zu 
treten. Die reichen Erfolge jedoch, mit 
welchen feine eigenen literariichen Arbeiten 
gekrönt wurden, veranlaßten ihn, die res 
daftionelle Thätigkeit Schon nad) einigen | 
Jahren abzuichließen und nunmehr als 
freier Schriftfteller zuerft in Berlin, dann 
in Eifenach, zeitweife wiederum in Leipzig 
und Schließlich (feit 1886) in Dresden zu 
leben. F. genießt hohes Anjehen unter 
den Boten vom Parnaß, er war längere 
Yeit Vorfigender des deutichen Schrift: 
fteller-Berbandes, der ihn Manches zu 
danken hat. Er ragt beionders auf dem 
Gebiete des Romans hervor, deſſen be: 
gabtejten Autoren er beizählt. 

Hauptwerfe: Die Orthodoren, Der Tod des | 
Verräterd, Nemefis, Die Frau des Minifters, | 
Aromm und frei, Die Schloßfrau, Ehemänner, 
Das Buch der Liebe, Studentenfahrten, Heiße 
Herzen, Bon Sünde zu Sünde, Hie arm, bie 
reih, Des Haufes Ehre, Mit den Waffen, Hinter 
den Koulifien. 

Friedrichs, Hermann, geboren am 
14. Juni 1854 in Et. Goar, genoß jeinen 
eriten Unterricht auf der dortigen Ele 











169 


Frieſe. 

milienverhältniſſe halber und um nicht 
in ſeiner dichteriſchen Laufbahn durch die 
redaktionelle Tretmühlenarbeit weiter ge— 
hemmt zu werden, die Redaktion des „Ma— 
gazins“ nieder und begab ſich auf Reiſen 
nad Stalien und dem Orient. 

Bon feinen vorzüglich beurteilten Werten heben 
wir hervor: Die Rache der Bajadere, eine epiſch— 
Iyriiche Dichtung (1880), Erlofchene Sterne, Dich— 
tungen (1885), Margaretha Mentes (Rom. 1885), 


Gedichte (1886), Lebenäbilder, neue Dichtungen 
(1887), Liebestämpfe (Nov. 1887). 


Friefe, Eugen Karl, wurde am 10. 
September 1845 in Königsberg geboren, 


‚widmete fih dem Soldatenftande und be: 


Juchte die Kadettenanftalt zu Berlin, nad) 
deren Abfolvierung er in die Armee ein: 
trat. Im Feldzuge 1870, den er als 
Offizier mitmachte, gefundheitlich geichä- 
digt, nahm er bald danad) jeinen Abichied 
und lebte von nun an ausſchließlich feinen 


literariichen Neigungen. 

Hauptwerfe: Am Stammtiich (1878), Vendetta 
(1883), Aus dem Skizzenbuche eines Jägers, 
Mit Jul. Grofje das Voltsftüd: Unter den Linden; 
außerdem das Preisvolfsichaufpiel Die Andreas: 
nadt. 


Frimberger, oh. Georg. Als der 
erite Sohn eines Bindermeijters wurde 
ih am 16. Dezember 1851 zu Groß-$n= 
zersdorf in Nieder: Ofterreich geboren. Die 
heimatlihe Schule wollte mir gar bald zu 
eng werden. Hauptſächlich meiner rafchen 


mentarichule und befuchte dann die Neal: | Fortichritte im Freihandzeichnen halber 
Ihule in Elberfeld, wo fein Vater Uhr: | riet mein mir gewogener Lehrer meinem 
mader war. Von Haufe aus, troß des Vater, mich ftudieren zu laſſen. Diefem, 
Handwerferftandes feiner Eltern, gutfituirt | der felbft ein gewandter Zeichner und Bild: 
und freigebig unterjtüßt, lebte er nad) Ab= ſchnitzer ift, fchmeichelte der Vorſchlag, 
jolvierung der Schule einige Jahre in | und jo fam ich denn, 11 Jahre alt, nad 
Brüffel, ging hierauf nad Züri, ſtu- Wien, und zwar zunächſt in eine Bürger: 
dierte dort 6 Semefter Philojophie, Ge- ſchule, aus welcher ich dann in die Real- 
ſchichte und Literatur und trat während ſchule übertrat. Hier fand Profefior 
diejer Zeit in Beziehungen zu Gottfried | Friedrih Haflwander an meinen Feder: 
Kinkel, Conrad Ferd. Meyer und Gott: | zeichnungen befonderen Gefallen und er— 
fried Keller. 1882— 84 verlebte Fr. | munterte mich dazu, die Akademie der 
in Süditalien und Eicilien, namentlich bildenden Künfte zu befuchen, welche mic) 
in Neapel, und leitete dann in Leipzig auch nad Abfolvierung der Unter-Real- 
das „Magazin für die Literatur des In- ſchule als außerordentlihen Schüler auf: 
und Auslandes”. 1886 legte Fr. Fa: nahm. Aber auf Wunſch meines Vaters 





Frimmel. 


kehrte ich nach Verlauf eines Jahres wie: | Nürnberg ꝛc. 


der zur Realſchule zurück und erhielt, als 
ich meine Studien vollendet hatte, durch 


Vermittlung des dermaligen Direktors der 


Wiener Handels-Akademie, Dr. Rudolf 
Sonndorfer, eine Stelle als Zeichner im 


170 


* Friſch. 

Hier empfing er in den 
alten kunſtpflegenden Städten außeror— 
dentliche Anregung, ſo daß er, nach Wien 
zurückgekehrt, ein eifriger Beſucher der 
Kollegien Thauſings und Eitelbergers 
wurde. 1879 promovierte Fr. als Doktor 


der Medizin, gab aber aus Neigung für 
Nordbahn. Anderthalb Jahre ſpäter die Kunſtgeſchichte und ihr Studium den 
wurde ich definitiver Beamter und als ärztlichen Beruf gänzlich auf. Er ging 
ſolcher 1875 der Werkſtätten-Leitung in nun nach Paris, nach Holland, Belgien, 
Mähr.-Oſtrau zugetheilt, woſelbſt ich drei Deutſchland, Italien. Schon 1883 war 
Jahre verblieb. 1878 ward ich abermals | Fr. ſtellvertretender Kuſtos im Oſterr. 
in das Konftruftions-Bureau verfegt, in | Mujeum, und erhielt 1885 einen Ruf 
welchem ic) heute noch wirke. Im Jahre | dahin als wirklicher Kuftos. Gegenwärtig 
1575 ehelichte ich eine reic) begabte und iſt Fr. Beamter der Kailerlihen Kunft- 
gemütvolle Wiener Bürgerstodhter. In jammlungen in Wien. Außer einer Neihe 
die Offentlichfeit trat ich erit im Jahre | von, in Zeitjchriften veröffentlichten, Ar: 
1572 mit einem Nätjel-Sonett, das in | beiten heben wir hervor: 

dem Wiener Familien-Journal gedrudt | _ Beethoven und Gocthe (1833), Zur Kritik von 


. S . STAR Mr > or. | Dürerö Apofalypje (1854), Die Apofalypie in 
wurde. Mehrere ähnliche Produkte er- |, YBilderhandihriften des Mittelalters (1885), 
ſchienen in anderen Zeitichriften. Neben | Reue Beethoveniana (1887). 


diejen Kleinigkeiten jchrieb ich Novellen, | - 
Dorfgeihichten, populär-wiſſenſchaftliche Friſch, Guſt, fiehe Guſt. W. Jahn. 
Friſchbier, Karl Hermann, geboren 


Aufſätze und Gedichte für verjchiedene 
Beitichriften. Zahlreiche größere humo- den 10. Januar 1823 zu Königsberg, ge: 
riſtiſche Poöme und Gejhichten in nieder: | bildet im dortigen Seminar, 1842 —53 
öjterr. Mundart brachte ich in den legten | Zehrer an den evang. Stadtjchulen in Butt: 
zwei Jahren in Wiener Vereinen zum ſtadt und Heilsberg, dann in Königsberg, 
Vortrage. Einige diejer Piecen publizierte ſeit 1872 daſelbſt Rektor der Altjtädti- 
der Schaufpieler E. A. Friefe in feinem | ſchen Bürgerichule für Mädchen. Aus den 
„Wiener Humor“. Eine Sammlung all’ | Beiträgen zu Wanders Spridwörter-Lerifon ent» 


Dajhinen : Konftruftions = Bureau der 





1 


meiner Dialeft-Artifel ift derzeit unter 
der Preſſe. 

Hauptwerfe: Rheuma (Lujtip. 1880), Die Kö: 
nigin der Nacht (1881), Dorfgeihichten (1881), 
Geihichten aus Dorf und Stadt (1882), Der 
Sprung des Tiberius (1882), Gedichte und Rätſel 


(1884), Bon dahoam. GihichtIn und Gedichtin | 


(in niedersöfterr. Mundart) (1837). 
Frimmel, Theodor, wurde am 15, 
Dezember 1853 zu Amjtetten in Nieder: 
Oſterreich geboren, abjolvierte das Gym: 
naſium in MWiener-Neuftadt und jtudierte 
in Wien Medizin. Daneben widmete er 
alle Muße der Kunſt (Dialerei und Mufif) 
und dem Studium der Kunſtgeſchichte. 
Nah Ablegung des erjten medizinischen 
Rigorojums (1876) unternahm er eine, 
längere Reife nah Münden, Augsburg, | 


ſtand feine erjte Sammlung: Vreußiſche Sprid: 
wörter und voltstümliche Redensarten (1864). 
Das Büchlein gewann in weiten Kreilen freund» 
liche Beachtung und erregte durch das Mißgeſchick, 
von dem es betroffen wurde (dad Werk wurde 
richterlicherfeitö verboten, mußte ſchließlich aber 
frei gegeben werden), in der wiſſenſchaftlichen Welt 
befonderes Intereſſe. Die Anfechtung, welche 
das Büchlein ausgehalten, förderte nicht 
nur deſſen Verbreitung, jondern wurde 
auch PVeranlafjung, daß dem Sammler 
Beiträge aus allen Gegenden der Pro— 
vinzen Oft: und Weftpreußen in fo reicher 
Fülle zugingen, daß er ſchon 1865 eine 
‚zweite große Auflage herausgeben konnte. 


Eine zweite Sammlung der Sprichwörter 





erihien 1876. 5. veröffentlichte im Laufe der 
Jahre noch folgende jelbitändige Werke: Preußiſche 
Volfsreime und Volksſpiele (1867), Hexenſpruch 


Frita. — 
und Zauberbann. Ein Beitrag zur Geſchichte des 
Aberglaubens in der Provinz Preußen (1870). 
Preußiſche Volkslieder in plattdeutſcher Mundart 
(1877). Sein Hauptwerk, eine monumentale, von 


171 


echt deutſchem Fleiß zeugende Arbeit, an dem er 
faſt dreißig Jahre geſchaffen, erichien 1882 unter 


dem Titel: Preußiſches Wörterbuch. Oft: und 
weſtpreuß. Brovinzialismen inalphabetiicher Folge. 
Außerdem hat F. noch verfchiedene Abhandlungen 
und Sammlungen in wiſſenſchaftlichen Journalen 
publiziert. Für die Intereſſen jeines Stan: 


des iſt F. hervorragend thätig geweien; er 


iſt Mitbegründer des Peſtalozzi-Vereins 
für die Provinz Preußen (1861), war 
eine Reihe von Jahren Vorſitzender im 
Vorſtande dieſes Vereins und leitete 1861 
bis 1872 die großen Provinzial-Lehrer— 
verfammlungen zu Königsberg, Marien: 
burg, Danzig, Gumbinnen und Elbing. 
Frita, J., Siehe J. Schreyer. 
Fritz, S., liche Fr. Singer. 
Fröhlich, Guſtav, geboren 1. Juni 
1827 als Sohn eines Lehrers im wei: 
marijchen Boigtlande, bejuchte 1841—47 
das früher von Herder gegründete Semi- 
nar zu Weimar, bildete ſich in verjchie- 
denen Wiflenichaften und in fremden 
Sprachen durch Selbititudium fort und 


ftudierte jpäter (1865— 68) nod) zu Jena | 
Philofophie (bei Kuno Fiicher und Fort: | 


lage), Mathematik, Naturwiſſenſchaften 
und Pädagogik (letztere bei ‘Prof. Dr. 
Volkmar Stoy) und war zugleich Mitglied 
des Stoyihen pädagogiihen Seminars. 
Dort wurde er in die von Herbart (1776 
bis 1841) gegründete wiljenichaftliche Pä— 





Frohberg. 


berg in Thür. Von 1868— 71 bekleidete 
er die Stelle eines Konrektors in Erfurt. 


‚Nachdem er hierauf von 1871—73 als 


Direktor einer höheren Töchterſchule zu 
Hildesheim und von 1873 — 75 als Neftor 
der evang. Sejamtichule zu Hörde i. Weſtf. 
gewirkt Hatte, wurde er 1875 nad) St. 
Johann (Rheinprov.) berufen, um eine 


‚große paritätiiche Stadtihule zu organi- 


fieren und zu dirigieren. Dajelbit wirft 
er gegenwärtig noch als Rektor und fal. 
Inſpektor der jtädtiihen Schulen fehr er: 
folgreih. Auf feine Ausbildung als Päda— 
gogen, Schulmann und Schriftiteller wirkten 
bejonders fürdernd ein: Dr. Chrijtian 
Schreiber, fernerder der Herbartichen Rich: 
tung in freier und felbitändiger Weiſe fol: 
gende hervorragende Pädagog Prof. Volk: 
mar Stoy in Jena und der Direktor der 
Mittelihule E. Weife in Erfurt. F. ſteht 
als Erzieher und Schulmann mit feinen 
Ideen auf Herbartihem Boden. Unter 


ſeinen ausgezeichneten, um die Pädagogik 


bochverdienten Werfen heben wir hervor: 

Die Schulorganilation nad) den Forderungen 
des Staats: und Kirchenrechts ( Breisfchrift 1873), 
Die deutiche Mittelfchule (1874), Die Simultan: 
ſchule (Breisihrift 1876), Die Erziehungsichule 
(Breisichrift 1877 — 78), Die wiſſenſchaftliche Pä— 
dagogik Herbart:Ziller-Stons (Preisichrift, 4. A. 
1557), Die Grundlehren der Schulorganifation 
(Beeisichrift, 2. A. 1887), Stons Leben, Lchren 


‚und Wirken (1885), Die Klaſſiker der Pädagogik, 


fortgeſetzt x. Außerdem verfaßte F. eine Anzahl 


von meiſt pädagogiſchen Abhandlungen in Zeit— 


‚Schriften ꝛe. 


dagogik, welche von Stoy in Jena (1843 
bis 1885) und jpäter (1854—82) von 


Biller in Leipzig und feinen Schülern ge: 


pflegt und weiter gebildet wurde, einge: | 


führt. Nachdem 5. 1847 Hauslehrer zu 
Erleben bei Erfurt und darnad) bis 1850 
Lehrer in Berka a. J. gewejen war, wurde 
er 1850 als Rektor an die neugegründete 
vereinigte Bürgerfhule zu Stadt Lengs— 
feld a. d. Rhön berufen, um diejelbe ein- 
zurichten und zu leiten. Dort wirkte er 
bis 1858, und von dieſer Zeit an bis 1868 
als Rektor an der Stadtihule zu Raiten- 


Frohberg, Paul, fiehe Fr. Adami. 
Frohſchammer, Jakob, geboren 6. 


‚Januar 1821 in Illkofen, einem Kleinen 





Dorfe unweit der Donau zwiſchen Regens— 
burg und Straubing. Seine Gymnaſial— 
ſtudien vollendete er in Negensburg und 
fam 1841 an die Univerfität in München. 
Daſelbſt widmete er fi) dem philojophi- 
ſchen und theologischen Studium, wurde 
1850 an genannter Univerfität Privat- 
dozent und 1854 außerordentlicher Pro: 
fejlor der Theologie. Im Jahre 1855 
trat er als ordentl. Profeſſor in die philo- 


Frobihammer. 


fophiiche Fakultät über und lehrt jeitdem 


als Profeſſor der Vhilofophie in München. | 


Fr. ift einer der bedeutendften Philoſophen 


der Gegenwart. Seine erſte Schrift erſchien 
1850 unter dem Titel: Beiträgezur Kirchengeſchichte. 
1854 erſchien jeine zweite Schrift: „Uber den Ur: 
fprung der menschlichen Seelen. Rechtfertigung 
des Generationismus“. Zu diefer Zeit entitand 
der Streit über das Weſen oder die Subſtan— 
tialität der menschlichen Seele gegen den mächtig 
um fich greifenden Materialismus. Fr. betheiligte 
fih lebhaft an diefem „Kampf um die Seele“ be: 
fonderd durd feine Streitichrift gegen E. Vogt: 
„Menichenfeele und Phyſiologie“ (1855). Unterdeß 
hatten die Jeluiten und ihre Zöglinge und An— 
bänger in Deutfchland dem Buche über den „Ur: 
Iprung der menſchl. Seelen“ Beachtung gewidmet 
und darin firchlich Anftößiges reip. der mittel: 
alterlihen Scholaftif, deren Erneuerung fie an— 
ftrebten, Widerfprechendes gefunden. Dasjelbe 
ward demgemäh in Rom bei der Kongregation 
des Inder der verbotenen Bücher denunzirt und 
auch richtig auf diefen Inder geſetzt (1857). Zur 
Unterwerfung unter dieſes Inderdefret aufgefor: 
dert, verweigerte Fr. dieſelbe alö unberechtigt ge: 
fordert, da die Verurteilung nur fein Bud be: 
treffe, nicht feine Perfon. Man drang vorläufig 
nicht weiter darauf. Als aber 1858 ein neues 
Werk: „Einleitung in die Philofopbie und Grund: 
riß der Metaphyſik“ erſchien, in welchem wieder: 
um die Scholaftif vielfahe Kritik erfuhr, da be- 
gannen die Neufcholaftiter eine neue Agitation 


gegen ihn. Auf die Angriffe derfelben antwortete 
Fr. mit feiner Schrift: „Uber die freiheit der | 
Zur Verteidigung dieler | 


Wiſſenſchaft“ (1861). 
Freiheit der Wiſſenſchaft, ſowie zur Förderung 


felbftändiger philoſ. Studien überhaupt gründete | 
nun Fr. die philof. Zeitichrift „Athenäum“, von | 
weldyer aber nur 3 Jahrgänge ericheinen fonnten 


(1862—64). Noc ehe der erfte Jahrgang dieſer 


Zeitichrift vollendet ward, wuhten es die Jefuiten 


und ihr Anhang in Rom dahin zu bringen, dab 
nicht blos die „Einleitung“, „Über die freiheit 
der Wiſſenſchaft“ und das „Athenäum“ auf den 
Sinder gelegt wurden, fondern Papſt Pius IX. 
auch ein Breve oder „apoftoliihes Schreiben” an 
den Erzbiichof von München gegen Fr.'s Piloſophie 
richtete und neuerdings Unterwerfung forderte. 
Da diefe wiederum von Fr. verweigert ward, er: 


172 


Frohſchammer. 


nahme erwieſen hatte, ließ ſich dazu nicht beſtim— 


men. Bald darnach erſchien die bekannte päpſtliche 
Eneyklika vom 8. Dezember 1864 nebſt dem 
famoſen Syllabus von 80 Sätzen, welche das 
Kampfprogramm der Jeſuiten und des von ihnen 
beherrſchten Papſttums für den bereits eingeleiteten 
Kulturkampf enthielten. Fr. publizierte dagegen 
feine „Beleuchtung der päpſtlichen Encyflifa vom 
8. Dezember 1864 und des Syllabus von 80 
Sätzen“ (1865, zuerft anonym, dann 1870 unter 
feinem Namen). — Schon früher hatte ſich Fr. 
vielfach mit der modernen Naturmwiflenfchaft ber 
ſchäftigt und hatte die Reſultate diefer Studien dars 
aeftellt in feiner Schrift: „Uber die Aufgabe der 
Naturphilofophbie und ihr Verhältnis zur Naturmif: 
ſenſchaft. Mit Unterfuchungen über Teleologie, Ma: 
terie und Kraft“ (1861). Nunmehr wurden die 
Nefultate der modernen Naturmifienichaft mit dem 
chriftlichen, reſp. kirchlichen Lehrſyſtem in einer 
fritiichen Parallele in Betracht gezogen in einem 
größeren Werke: „Das Chriftentum und die mo» 
derne Naturwiflenichaft” (1868). Diefem Wert 
folgte ein weiteres: „Das Recht der eigenen Über 
jeugung” (1869). Es war nım das vatifanische 
Konzil berangelommen mit feinem Dogma von 
der päpitlichen Infehlbarfeit, dem Altkatholizismus 
und dem nun vollends ausbrechenden Kulturfampf. 
Gegen das vatifanische Konzil mit feinen Ber 
ſchlüſſen richtete Fr. mehrere Nrtifel und Bros 
ihüren. Dem Altkatholizismus hat er fich nicht an+ 
geichlofien. Am Kulturfampf dagegen nahm felbit- 
verständlich Fr. reihen Anteil in Artifeln und Bro: 
ſchüren. Im Jahre 1873 erfchien eine Schrift von 
ihm, die wiederum zugleich gegen den Materialis« 
mus und gegen den veralteten firhlichen Dogmatis- 
mus gerichtet war: „Das neue Willen und der neue 
Glaube. Mit befonderer Berüdfichtigung von Dr. 
3. Strauß „Der alte und neue Glaube”. Dann 
erſchienen 3 Brojchüren zur Prüfung der Grund» 
lagen und Berechtigung des Papfttums, nämlich: 
„Der Fels Petri in Rom“, „Der Primat Petri 
und des Papſtes“ und „Das Chriftentum Chrijti 
‚und das Chrijtentum des Papſtes“. Dieſe Bro— 
ſchüren wurden aud in das Franzöſiſche, Eng- 
liſche, Italienische und Spaniſche überfegt. Endlich 
erſchien 1878 die letzte Brojhüre im Kultur 
kampf: „Uber die wahre Bedeutung des Kultur 
tkampfes“. Die gefammelten Abhandlungen waren 
ſchon 1875 erichienen: „Über die religiöfen und 
firchenpolitifchen (fragen der Gegenwart“, Unters 





folgte die übliche hierarchiſche Maßregelung, ins- des hatte Fr. neben diefer mehr religionsphilo» 
bejondere Verbot des Befuches feiner philofophiz | ſophiſchen und kirchenpolitiſchen literariſchen Thä- 
ſchen Borlefungen von jeiten der Theologie-Aſpi— | tigkeit ſchon ſeit längerer Zeit unabläffig an der 
ranten und natürlich aller rechtgläubigen Katho: | Ausbildung feines philoſophiſchen Syftems ge 
lifen. Die Studierenden der Münchner Univerfität | arbeitet, von welchem endlich 1877 der erfte grund« 
nahmen aber Partei für ihren Lehrer. Nuntius | legende Teil im Buchhandel erihien unter dem 
und Bilhöfe (mit den Jefuiten im Hintergrunde) | Titel: „Die Phantaſie ald Grundprinzip des Welt: 
bemühten fih nun, Fr.'s Entfernung von feiner | prozeſſes“. Es folgten nun 3 Heinere Schriften, 
Profeſſur zu erwirfen, aber vergebens. König die zur Erläuterung und weiteren Begründung 
Marimilian II., der ihm ſtets heiondere Teils | des Syſtems dienen Sollten. Zuerſt: „Wonaden» 


Fromman. 


und Weltphantafie” (1879), dann „Über die Be: 
deutung der Einbildungstraft in der Philofophie 
Kants und Spinozas (1879), hierauf „Über die 
Brinzipien der Arijtoteliichen Philoſophie und die 
Bedeutung der Phantafie in derjelben“ (1881). 


Run folgte der zweite Band des Syitems: „Die 
Genefis der Menſchheit und deren geiftige Ent: | 
wicklung in Religion, Sittlichfeit und Sprache”. | 


(1883). Hierauf wieder eine Meine Schrift: „Die 
Philoſophie als Idealwiſſenſchaft und Syſtem. 
Zur Einleitung in die Philoſophie“ (1884). End: 
lich der dritte Band des Syitems „Uber die Or: 

anijation und Kultur der menfchlichen Gefell: 
—* Philoſophiſche Unterſuchungen über Recht 
und Staat, ſoziales Leben und Erziehung“ (1885). 


Fromman, Hermann (Eufebius), 
wurde am 7. Februar 1837 als dritter 
Sohn des Buchhändlers F. J. Fr. zu Jena 
geboren, beſuchte das Gymnaſium in Weis 
mar, jtudierte Philologie in Jena, Bonn, 
Berlin, beitand 1860 an legtgen. Univer: 
fität das Eramen und ward in Minden, 


fpäter in Büdingen als Guymnafiallehrer 


angejtellt. Seine literarische Thätigkeit 


wandte ji) bejonders und mit Erfolg dem, 


Gebiete der Äſthetik zu. 
Haupswerfe: Verſchiedenheiten des Geihmads 


im poetijchen Ausdruck bei lateiniichen und deut: | 


ſchen Klaſſikern (1866), Drei Vorlefungen über 
Arth. Schopenhauer (1572), Harmloſe Studien 
(gefamm. Aufläge literarhiftor., philoſoph. und 
pädag. Inhalts, 1874), Die Fahrt nad) Schwarz: 
burg (1874). 


Frommel, Emil Wilhelm, wurde am 
5. Januar 1828 zu Karlsruhe geboren 
und ftudierte nad) Abjolvierung des Ly— 


ceums dajelbit in Halle, Erlangen und 


Heidelberg Theologie. Nachdem er das 
Staatseramen abgelegt, wurde er 1850 als 
Vilarund 1854 alsHof: und Stadtvifarin 
feiner Vaterſtadt angeſtellt. Ebenda ver: 
waltete er aud) jeine erſte Pfarritelle, jpä- 
ter überfiedelte er nad) Barmen und 1869 
wurde er Garnilonprediger in Berlin. 
1872 wurde er dajelbit zum Hofprediger 


ernannt, als welcher er noch heute jegens= 
rei wirft. Er wurde 1883 von der Ber: 


liner evang. theol. Fakultät zum Doktor 
der Theologie creiert. Von feinen Wer: 
fen, Volksſchriften im echten Sinne des 
Wortes, heben wir hervor: 


173 


— Fruhwirth. 

Erzählungen für das Volk (1873), Familien⸗ 
chronit eines Geiftlihen (1878), Treue Herzen 
(1850), Blätter von allerlei Bäumen (1880), 
ı Allerlei Sang und Klang (1884), Die 10 Ge: 
bote (1885), Aus allen Winden (1836), Das 
Vaterunjer, D Straßburg, In zwei Jahrhun— 
derten, Aus vergangenen Tagen, Händel und 
Bad, Der Heinerle von 2indelbronn, In des 
Königs Rod, Aus der Hausapotheke, Beim Am: 
pelihein, Die Gräfin, Aus einem Kellnerleben, 
Feldblumen, Yon der Kunft im täglichen Leben. 


der Realſchule die k. k. Hochſchule für Vo- 
denkultur in Wien und erhielt das Diplom 
an derſelben, beſuchte einige Vorleſungen 
der juridiſchen Fakultät der Wiener Uni— 
verſität. Geprüft für landw. Lehranitals 
ten. Die eriten Arbeiten waren botanischen 
Inhalts. Nebenbei als Spezialität Ber: 
öffentlihungen aufdem Gebiete der Höhlen: 
funde. Er redigiert die „Mitteilungen der 
"Sektion für Höhlenkunde“ feit ihrem Be— 
jtchen (1882) und veröffentlichte eine Mo— 
nographie Über Höhlen in der Zeitjchrift des 
d. u. öſterr. Alpenvereins. Das eigent- 
liche Gebiet feiner publiztitischen und wiſſen⸗ 
‚schaftlichen Thätigkeit ift die Landwirt- 
ſchaftswiſſenſchaft, ſpeziell landw. Pflan- 
zenbau und landw. Betriebslehre. Er 
‚unternahm landw. Studienreiſen durch 
Mittel⸗ und Weſteuropa zu wiederholten 
Malen und eine ſolche durch die Verei— 
nigten Staaten und Kanada. Er ver: 
öffentlichte zahlreiche einfchlägige Arbeiten 
und Auffäge in landw. Fachzeitichriften 
Dfterreihs, Deutfchlands, der Schweiz und 
Nordamerifa’s. 


Fuchs, Georg Friedrich, geb. am 3. 
April 1840 zu Flomborn in Rheinheſſen, 
studierte in Gießen und Erlangen Theo: 
(ogie; feit 1862 Pfarrvifar, jeit 1867 
Pfarrer in Beerfelden im heſſiſchen Od. 
Seit 1864 jchriftitelleriih thätig als 
Journaliſt, Deitarbeiter von Kirchenzeituns 
‚gen in Deutichland und Norwegen, als 


Kritiker. 
Bei. Schriften: Der Alfohulismus 2c. (1883), 
| Luthers Lehre von Ehe, Familie ıc. (1554), Grab 





Beuhwirth, Karl, geb.am 31.Auguft Ser also 
1862 zu Wien, befuchte nach Abjolvierung WIRT. 


- we 


Fuchs: Nordhoff. Fuld. 


oder Urne, oder: Wie follen und wollen wir un: 


der Mathematif und Geodäfie an der tech— 
fere Toten beitatten? (1586). 


niſchen Hochſchule Dresden ernannt; aud) 
uchs-Nordhoff, Ric, Frhr. v., übernahm er dajelbft im Jahre 1881 die 
PR ee hoft, Rih, Ih Verwaltung der Bibliothef. Außer dem 
5 ‚oben genannten Werke veröffentlichte er 
Füllborn Carl George (G. F. Born), Abhandlungen mathematiſchen, geodäti- 
FE 
‚ = | altes. urch die Leßtgenannten wirkte 
glüdsfälle die Verhältnifie in feinem Var er darauf hin, die A und Pa⸗ 
terhauſe ee Plan tentſchriftenſammlungen der technifchen 
—— 
, und dadurch ihren Wert für die Geſamt— 

Kaufmannsitande ſich frühzeitig eine Exi⸗ heit des Volkes wefentlich zu erhöhen. 

ftenz zu gründen. Doch er fand hier feine | 
Befriedigung und wandte fi) daher in] Fuld, Ludwig, in Mainz geb. am 23. 
Berlin, wo er in regen Verkehr mit be: Dezember 1859, Rechtsanwalt in feiner 
deutenderen Scriftftelleen trat, wieder Vaterſtadt, ift Verfafler der bedeutenden 
feiner urſprünglichen Neigung zu, haupt: kriminaliſtiſchen u. ſozialpolitiſchen Schrif⸗ 
ſächlich der Literatur ſich widmend. Er ten: Einfluß der Lebensmittelpreiſe auf die Be— 
ſchrieb zuerſt Novellen und kleinere Auf— ** - ———— 
5 un er oralſtatutit, a ud ijche recher⸗ 
—* Ne rar De alle We tum, * rückfällige — Zur —— 
tichen Str ng, t 

Fa erſcheinen, von denen hervorzuheben Unfalnremngscgson 6.2 1680, Real 
nd: ®i Brüd t, Jlabella, Ma; | mus im Strafredt und Kommentor zu dem Un: 
rietta, ee re a bet faltgejege vom 11. Juli 1887, Sozialreform im 
kant, Zeonore, Die wilde Rofe von Ellernbruch ıc. | Deutihen Reid. Außerdem ſchrieb er zahl: 
Ferner gab er 1885 das epiſche Gedicht | reiche kleinere Studien für Zeitſchriften und 
Königin Schönhild Heraus, dejien Widmung | ift Mitarbeiter an verichiedenen juriſtiſchen 





die Königin Carola von Sachſen annahm. 
3. iſt Mitarbeiter vieler Zeitichriften und 
lebt jetzt ausichließlich feiner ſchriftſtelle— 
riihen Thätigfeit auf feinem idyllischen 
Villengrundjtüd zu Trachau bei Dresden. 


FSuhrmann, Georg Arwed, wurde ge: 
boren zu Dresden am 6. Dezember 1840. 
Er jtudierte an der techniſchen Hochſchule 
feiner Vaterſtadt und an der Univerfität 
Leipzig Mathematik, Geodäfte und Natur: 
wiſſenſchaften. Nachdem er als Geodät 
praktiſch gearbeitet hatte, wirkte er als 
Alfistent und als Privatdozent am Poly: 
technikum Dresden, erwarb ſich (1866) 
den Titel eines Doftors der Philojophie 
und veröffentlichte das Werk Aufgaben aus 
der analytiichen Mechanik, welches 1879 und 
1882 in zweiter Auflage erjchien. Im 
Jahre 1869 wurde er zum außerordent- 
lichen, 1875 zum ordentlichen Profeſſor 


Beitichriften. 


Fulda, Karl Heinrid) Sigismund, geb. 
am 21. Oktober 1820 in Kaſſel, Sohn des 
Ober-Finanzrats gleichen Namens, erhielt 
die Grundlagen feiner wiſſenſchaftlichen 
Ausbildung auf den Gymnaften in Hanau, 
Kafjel u. Hildesheim (Andreanum). Kaum 
16 Jahre alt, ging er zur Univerfität über, 
jtudierte in Bonn, Göttingen und Mar—⸗ 
burg die Rechtswiſſenſchaft undhörte außer: 
ı dem hiftorifche, literarische und foziale The= 
mata behandelnde VBorlefungen, nament- 
(ich bei Ernft Morik Arndt, A. W. v. Schle⸗ 
gel, Welfer und Naecke (dem Philologen), 
Kalter, Hüllmann, Löbell, Dahlmann, 
Richter (dem Kirchenhiftorifer), Puchta, 
ı Daurenbreder, Mühlenbrud, Gervinus 

u.a. Auch verkehrte er in Kafjel vielfad) 
im Haufe der damals dort mwohnenden 
Gebrüder Grimm. Nach Abfolvierung ſei— 





Fulda. 


ner juriftijchen Eramina hat $., da ihm 
die Erfüllung feines Lieblingsmunfches, 
eine akademiſche Laufbahn einzufchlagen, 
durch jeine damaligen bejchränften Ber: 
bältniffe unmöglich) gemacht war, die praf- 
tifche juriftiiche Karriere im Staatsdienfte 
gewählt und nad) einander als Staats: 
anmwalt und Staatsprofurator, dann als 
Einzelrihter, Mitglied von Richterfollegien 
und Unterfuhungsrichter gemwirft und 
zweds feiner Studien und Forfchungen 
auf dem Gebiete des Gefängnisweſens fort: 
geſetzte größere Reifen nad) Frankreich (be: 
jonders Paris), Holland, Belgien, die 
Schweiz und überall in Deutichland un: 
ternommen, die größeren Strafanjtalten 
befucht und ihre Einrichtungen ftudiert. 
Er hat die Ergebniffe feiner Feftftellungen 
in einer großen Anzahl von ihm ver: 
faßter Gefängnisichriften veröffentlicht 
und iſt Mitglied verjchiedener großer 
Gefängnis-Vereine geworden. Nach voll: 
endeter 40jähriger Staatsdienftzeit hat er 
feine Entlaffung aus feinen öffentlichen Am— 
tern nachgejucht und unter Verleihung des 
roten Adlerordens bewilligt erhalten, und 
benugt er jeine Muße zu meiterer aus— 
gebehnter jchriftftelleriicher Wirkſamkeit 
auf den Gebieten der Behandlung einer 
Reihe von Aufgaben rechtswiljenichaft: 
licher, literarifher und ſozialpolitiſcher 
Fragen, wie er das feit feinem 19. Le— 
bensjahre gethan, wo feine damalige finan- 
zielle Lage ihn nötigte, durch feinen Ver: 
dienft aus fchriftftellerifchen Arbeiten ſich 
früh ſchon auf eigne Füße zu ftellen. 


Hauptwerfe: William Shafefpeare, eine Studie 


(2, Aufl.); Leben Charlottes von Schiller, Fe 


0. Sengefeld; Adalbert v. Chamiſſo und feine Zeit, 
hrift und Biographie zur Säkularfeier des | 

i (27. Januar 1881); Die dramatifche | 
Kunft auf der deutihen Bühne; Heſſiſche Zeiten 
und heſſiſche Berlönlichkeiten von 1751—1831 
(50 Jahre); Die Reform des Gefängnisweſens in 
Deutfchland; Die Gefängniöverbeflerung und der 
Strafvollzug für das deutihe Reich; Die Ge 
ſchworenengerichte nad) Analogie der Schöffen: 
gerichte; Uber den Gerichtseid und feine Reſtau— 
ration; Das Verbredertum; Die Kaiferliche Bot: 
ihaft und die Sozialdemofratie; Friedrich Fröbel 
und die Kindergärten; Feitfhrift zur Säfular: | 


175 


Fulda. 


feier der Geburt Ludwig Uhlands (27. April 1887). 
Außerdem eine große Anzahl von Beiträgen in 


Zeitſchriften. 


Fulda, Ludwig, wurde am 15. Juli 
1862 in Frankfurt a. M. geboren, abfol- 
vierte das Gymnafium dafelbjt und wid— 
mete fich zu Heidelberg, Leipzig und Ber: 
lin dem Studium der Philofophie und 
deutichen Sprache, nad) deilen Vollendung 
er in feine Baterftadt zurüdging und 1884 
nad München überfiedelte. 

Hauptwerke: Die Aufrichtigen (Luftip. 1883), 
Satura (ed. 1884), Das Recht der Frau (Luſtſp. 
1884), Unter vier Augen (LZuftip. 1856), Neue 
Augend (Novelle in Verfen 1887), Ein Meteor 
(Zuftip. 1887). 


G. 


Gaedertz, Karl Theodor, Sohn des 
Folg., geboren zu Lübeck, den 8. Januar 
1855, ſtudierte Philologie in Leipzig und 
Berlin, beſonderen Nachdruck auf Germa— 
niſtik legend. Früh ſchon mit den Dich— 
tungen Fritz Reuters, der gerade in Lübeck 
viele Verehrer zählte, bekannt gemacht 
und lebhaft für die plattdeutſche Sprache 
intereffiert, beſeelte ihn der Wunſch, ein— 
mal nach Kraft und Gaben ſeinem Vor— 
bilde nachzueifern, ferner aber auch ſprach— 
forſchlich den plattdeutſchen Dialekt zu kul— 
tivieren. Erſteres gelang ihm inſofern, 
als ſeine Dichtungen: Julklapp, Leeder un 
Läuſchen und ſeine plattdeutſche „Komödie“ 
außerordentlich freundlich aufgenommen 
wurden. In zweiter Beziehung lieferte 
G. viel wertvolles Material, beſonders in 
ſeiner Geſchichte des Niederdeutſchen 
Schauſpiels, für welche der Senat Ham— 
burgs ihm ein Ehrengeſchenk erteilte. 
Außerdem hervorzuheben: Gabriel Rollen: 
bagen (1881), Fritz ReutersReliquien (1855), 
Emanuel Geibel:Biographie (1886); ferner lies 
ferte ©. vorzügliche Überfegungen von Corneilles 
Horatius, Racines Ejther ꝛc. G. lebt als Aſſi— 
ftent an der föniglihen Bibliothek in Ber: 
lin, befindet fich jedoch meiſt auf liter. For: 


ſchungsreiſen im Auftrage der Regierung. 


Gaedertz. 


Gaedertz, Theodor, wurde am 6. De: 
cember 1815 in Lübed geboren und wid: 
mete jih nad Abjolvierung des dortigen 
Gymnaſiums vom Jahre 1835 an dem 
Studium der Rechte in Bonn, Göttingen, 
wo er 1839 zum Doftor beider Nechte pro: 
mopierte, und zulegt in Berlin. Daneben 
beihäftigte er ſich eifrig mit Kunſtge— 
Ihichte, auf welchem Felde er auch im 
jpäteren Leben anerfanntermaßen Vor: 
zügliches leitete. Nach Rückkehr in jeine 
Heimatjtadt Lübeck ließ ©. ſich 1840 da— 
jelbjt als Advofat und Notar nieder, wurde 
1847 Brofurator am Obergerichte, 1851 
Verwaltungsbeamter des neugebildeten 
Zandamtes und 1871 erjter Oberbeamter 
des vereinigten Stadt- und Zandamtes, jo: 
wie der Obervormundihaftsbehörde im lü— 
beckiſchen Freijtaate. Er war langjähriger 
Schriftführer, dann Direktor des Lübeder 
Kunjtvereins. Er zählte zu den entichie: 
denſten Verfechtern der jegt nicht mehr 
bezweifelten Echtheit der Darmitädter 
Madonna, wogegen das Dresdener Bild 
eine ſpätere nicht von Holbeins Hand 
herrührende Kopie. Hieraus erwuchien 
feine Schriften: Hans Holbein der Jüngere 
und feine Madonna des Vürgermeifters Mayer 
(1872), ſowie Rubens und die Rubensfeier 
in Antwerpen (1878). Ferner gelang es 
ihm in feinem Hans Memling und deſſen A: 
tarfchrein im Dom zu Lübeck (1885) die Ori: 
ginalität des trefflihen Gemäldes jenes 
Meijters als unzweifelhaft nachzuweiſen. 

Außer den genannten Kunftichriften ftammen 
aus feiner Feder die Biographie Adrian van 
Djtade, fein Leben und feine Kunſt (1869), welche 
feinen Schriftitellerruf begründete, Erinnerungen 
aus Wisbys Vorzeit (1883), Ratsherr Thomas 
Briedenhagen und der von ihm geitiftete Hoch— 
altar in der Marienkirche zu Lübeck (1885), Der 
vormalige Altarfchrein in der Siehenhausfapelle 
in Schwartau (1886). 


Gäßler, Augujte von, Tochter des 


176 


Galen. 


gendzeitſchriften. Ihre Jugend gehörte 
einem zahlreichen Familienkreiſe, ihr ſpä— 
teres Leben nahezu ausſchließlich der Pflege 
alter krankender Eltern. Karg genug war ihr 
all dieſe Jahre hindurch die Muße zuge— 
meſſen, deren ſie bedurfte, um auch ihrer 
Lieblingsneigung, der Poeſie, zu leben. 
So hat ſie bis jetzt auch ein ſelbſtändi— 
ges Buch nicht erſcheinen laſſen. 


Galen, Phil. ſ. Ph. Lange. 


Gampe, Theodor Heinrich, geb. 3. No— 
vember 1845 in Chemnig als der Sohn 
eines Kleinbauern, welcher zugleih das 
| damalsmehrübliche Haufiergeichäft betrieb, 
wobei der Knabe ihn von Dorf zu Dorf be> 
| gleiten mußte. Bei dem unftäten Leben war 
natürlich an eine regelrechte Schulbildung 
nicht zu denken. Erft viel jpäter, da er 
ſich jelbit als Kaufmann in feiner Vater: 
ſtadt etabliert hatte, gelang es ihm, die 
Lücken feines Willens durch ftrenges Stu— 
dium und Nahhülfeftunden auszufüllen. 
Daneben verfaßte er viele Skizzen, Ges 
dichte 2c. für Zeitichriften, beichäftigte ſich 
auch eingehend mit nationalöfonomijchen 
Studien, deren Nejultate er in ſpäteren 
Schriften verwertete. 1878 fiedelte ©. 
nad) Dresden über, um fich ausjchließlich 
der Schriftitellerei zu widmen. 

Hauptwerke : Peter und Alerei (Drama), Lied 
und Leben, Kunſt und Arbeit, Kambyſes in 
Ägypten (Dram.), Wanderſprüche. Dresden (5. 
| Aufl.), Die Albrehtsburg (3. Aufl), Die Stief 

brüder (Erzähl.). 


Ganghofer, Ludwig Albert, wurde 
am 7. Juli 1855 in Kaufbeuren geboren, 
empfing feine Schulbildung in Augsburg 
und Regensburg und widmete ſich der Dia- 
ſchinentechnik. Da ihm diejer Beruf jedoch 
abſolut nicht zuſagte, ſchloß er die bereits 
begonnene praktiſche Lehrzeit ab und be— 





königlich bayr. Landrichters Bernard von zog die Univerſität Berlin, wo er philo— 
Gäßler, geboren am 9. Febr. 1834 zu ſophiſchen Studien oblag und vor allen 
Burghaufen, lebt in Freifing in Bayern. | Dingen eifrig literaturgeichichtliche Kennt⸗ 
Sie wirkt vorzugsweile als Jugendſchrift- niſſe fich zu erwerben beitrebt war. Die 
ſtellerin in Poeſie und Proſa und iſt lang- großen Erfolge, deren gleich ſeine erſten 
jährige Mitarbeiterin vieler beſſeren Juz ſchriftſtelleriſchen Verſuche ſich zu erfreuen 


Ganſer. 


hatten, ließen den Entſchluß in ihm reifen, 
ſich ausſchließlich die Literatur zum Ar— 
beitsfelde zu erkieſen. Seit 1881 lebt G. 
in Wien als einer der beliebteſten novel— 
Liftiichen Mitarbeiter deuticher und öiterr. 
Zeitichriften, der ſich bejonders auch als 
dramatiicher Schriftitellev bereits einen 
Hangvollen Namen erworben hat. 

Hauptwerte: Vom Stamme Aſra (Ged.), Der 
Anfang vom Ende (Luftip.), Johann Fiſchart 
und jeine Verdeutſchung des Nabelais, Der zweite 
Schatz (Schauſp.), Der Herrgottöfchniger von Am: 
mergau (Schip., 5. Aufl.), Der Vrozeßhanſel 
(3. Aufl.), Bergluft (Erzähl.), Der Geigenmacder 
(Schip.), Heimat und Fremde (Erz.), Die Sün- 
den der Väter (Rom.). 


Ganfer, Anton, geboren 1835 zu 
Wien, beabfihtigte, fi) dem Studium zu 
widmen. Die Revolution 1848 unter: 
brach diejelben. Sein Vater, ein ange: 
ſehener Kaufmann, verlor hauptſächlich 
durch die Folgen der Revolution jein Ver: 
mögen. Der Sohn war unter diejen miß- 


lihen Berhältniffen gezwungen, an bal- 
digften Verdienft zu denken, umfomehr, 


als nad) dem baldigen Tode des Vaters 
feine Mutter und zwei Halbichweitern 
größtenteils auf ihn angewiejen waren. So 
wurde er Kaufmann. Daneben war er 
eifrigft beitrebt, den Mangel an ſyſtema— 
tiſcher höherer Schulbildung durd) eifriges 
Studium der Klaffifer und insbejonders 
der Philoſophie zu erſetzen. Nach jahre: 
langem ernftlichen Streben ſchrieb er jelbft 
mehrere philoſophiſche Eſſay's, in denen 
er feine Grundanihauungen zum Aus: 
drude bradte: Was jollen und fünnen wir 
fauben? (1878), Ein philoſophiſches Problem 
C1880), Das Ding an fich (1881), Pantheismus 
und Entmwidelungstheorie (1882), Materie aus 


Nichts (1883), Unſer Willen (1885), Die Ent: | 


ftehung der Bewequng (1887), Das Ende der 
Bewegung (1888). Außerdem verfaßte ©. 


auch Gedichte, die günftig beurteilt wur: 


den, die meilten find zu einem Bande 
geſammelt: Aus drei Dezennien (1885). G. 


iſt ſeit mehr als 20 Jahren mit der 
Schweiter von Alerander Liezen-Dayer | 


verheiratet und lebt, nachdem er ſich 1871 


Das literariihe Deutſchland. 


177 


Gaſſert. 


von den Geſchäften zurückgezogen hat, feit 
Jahren in Graz. 


| Gaffert, Heinrih, wurde am 22. 
April 1857 als der Sohn eines Dorf: 
ihullehrers in Sölden geboren. Kaum 
zwei Jahre alt, verlor er den Vater und 
wuchs nun unter der Anleitung einer zärt= 
lihen Mutter im heimischen Dorfe bis 
zu feinem elften Jahre heran. Dann 
zog die Familie nad) Freiburg, wo der 
‚Knabe die Volksfhule und das Gymna— 
ſium, alsdann die Univerfität als Stu: 
dent der Medizin abjolvierte und 1884 
‚fein Staatseramen ablegte. Nachdem er 
‚weiter feiner Militärpflicht genügt hatte, 
‚ließ er fi in Eigeltingen nieder und er- 
‚langte 1885 die medizinische Doktorwürde. 
‚Neben der Ausübung feines praftiichen 
Berufs widmet er alle feine Muße der 
‚Literatur und Kunft und ift jelbit aus— 
‚übend in einer Reihe von Zeitfchriften, 
ſpeziell als poetiicher Mitarbeiter thätig. 








Gawalowsfi, Carl Wilhelm, wurde 
am 30. Juni 1861 zu Zubrſchi, bei 
Roznau in Mähren, wo fein Vater als 
Wirtichaftsverwalter thätig war, geboren. 
1864 überfiedelte die Familie nad) dem 
deutſch-böhmiſchen Städthen Poderjam, 
wo der Vater die Stelle eines gräflich 
Salmſchen Wirtichaftsdireftors angenom— 
men hatte. Hier genoß ©. ſeine erſte 
Schulbildung und eine überaus forgfäl- 
tige häusliche Erziehung, doch hatte er das 
Unglüd, feine Mutter, eine fein gebildete 
‚Frau, bald zu verlieren. 1871 fam der 
Knabe auf das Realgymnaſium zu Kaaden. 
Nach Ablegung der Reifeprüfung in Brür 
‚bezog G. 1879 die Univerfität Prag und 
widmete fi) dem Studium der Ger— 
manijtif und der Gejchichte, doch hörte 
er auch Vorlefungen über Philojophie, 
klaſſiſche Philologie und Geographie. 1830 
ging er nad) Leipzig, wo er die begonnenen 
Studien fortiegte und noch Sansfrit 
und vergleihende Sprachſtudien betrieb; 
1882 beichloß er jeine Studien in Graz. 


12 








Gayette-Georgens. — 118 — Gebauer. 


Hier war er bereits nad Beendigung | längeren Briefwechſel über Pädagogik, mit 
derfelben ſoweit heimild geworden, daß | der beide ſich lebhaft beichäftigten. 1856 
er eine ſich ihm 1883 darbietenbe Ge: | trat Jeanne Marie als Mitvorfieherin an 
legenheit ergriff und als Volontär bei | dieSpigeder in Oſterreich von Georgens ge⸗ 
der fteiermärfifchen Landeebibliothef am | gründeten Erziehungsanjtalt für Geiftes- 
Koanneum eintrat. 1885 wurde er zum ſchwache und wirlte daſelbſt ſehr ſegensreich, 
— an ... 3 — F ... on e m u. 
nannt und 1886 als Amanuenfis definitiv | errichtete. 1886 löfte der Tod das lange 
angefiellt. Won feinen fehr beifällig beur: | glüdliche Band, welches die beiden Gatten 
teilten Merfen heben wir hervor: umſchloß, und Jeanne Marie überficdelte 
i —— —— Sen, Diäten en wo fie nun ausichließlich 
o orenz (Ep. 1885), Steiermärkiſches Dichters | ; } n : . 
buch (Anth. 1887); auch giebt ©. den fehr be: a m we * geführten literariſchen 
liebten beutfch:nationalen Kalender (feit 1886) Beſtrebungen lebt, in neuerer Zeit vor⸗ 
heraus. ‚nehmlid mit der von ihr 1886 begrüns 
deten Zeitichrift „Im Haufe“ beichäftigt. 
Gayette-Georgens, Jeanne Dia: | — eg = Kritif — beſte ge 
. \ in wurdigten erken heben wir außer den genannten 
vie v., wurde am en ur 17 * hervor : Gedichte, Der Geiſt des Schönen (prak— 
Colberg geboren, verlebte ihre Kindheit in | ziehe Sfthetit für Frauen), Vom Baume der freien 
PBillau bei ihren Großeltern und fam erft | Erkenntnis, Marimus Caſus, Die Frauen im 
ipäter wieder zu ihren Eltern nad) Bres- | Beruf — —— —— area — 
io, mione, Unſere junge Mädchenwelt, Claudia, Ge 
lau, wo ber Vater ze — ee dichte, Vornehm und edel, Abhängig und frei, 
forps und Feſtungsinſpe teur er Provinz | Gpith, Lehr: und MWanderjahre (in zweiter Auf⸗ 
Schleſien war. Echon früh zeigte fie den | Lage unter dem Titel: Sic) ſelbſt erobert), Die 
Hang und Drang zum Dichten und Fa— a ——— *— en —— 
: . Nor: as Spiel der jugend, Spielbuh für Mädchen, 
—— — — r Das Kind des Meeres, Künſtlers Lieben. 


Eltern, verfaßte das junge, mit reichrr Gebauer, Ottomar (O. G. Bauer), 
Phantafie begabte Mädchen mandes Ger | geboren 5. Auguft 1827 in Saarlouis, 
dicht und mande fleine Erzählung, die! widmete fih dem Offiziersftande, nahm 
fich fpäter zu größeren Dichtungen, No: | 1872 als Major feinen Abfchied und lebt 
vellen, Romanen und Bühnenftüden ent: | nunmehr in Karlsruhe. Schrieb: Freud’ 
widelten. 1844 trat fie zuerjt mit dem | und Leid (2. Aufl. 1880). 


Roman „Elifenhof” unter dem Pſeudo— ; 
npm Jeanne Marie an die Öffentlichkeit, , Gebhardt, 9. Ernft, geb. am 12. Juli 


und der freundliche Beifall, welcher die: | 1832 in Ludwigsburg, widmete ſich urs 
ſes — — ae ae ſprünglich dem Apotheferberuf, den er je: 
Folgen in Buchform und auch in vielen doch bald zu Gunften der Landwirticaft 
Sournalen, in denen die junge Dichterin aufgab. Als Landwirt lebte er mehrere 
ich bald heimiſch machte. Mit Herm. , Sabre in Amerika. Neben der Ausübung 
Kletke gab fie das „Frauenalbum“, eine diefer Tebensthätigfeit betrieb G. eifrig 
Galerie berühmter Frauen heraus. Außer theologiſche Studien, benen er ſich ſchließz 
mit dieſem trat ſie auch mit vielen an— lich ganz hingab, auch der Landwirtſchaft 
deren befannten Dichtern in Verbindung, daletſagend. 1855 nad) Europa zurücge: 
fo befonders mit Guftav zu Putlit, der fehrt, vollendete er feine Studien in Bre⸗ 
ihr mit Rat und That zur Seite ftand men und wirfte von da an als Reiſepre— 


und ihr manden dankbar angenommenen diger, nunmehr in Biel wohnhaft. 
. a = ’ Hauptſchriften: Frohe Botſchaft in Liedern 
Dienſt erwies. Damals lernte fie auch (2 Aufl. 1883), Der Jubiläumsfänger (6. Aufl. 


ihren fpäteren Gatten fennen durch einen | 1886). 








Gedeon v. d. Heide. 


Gedeon von der Heide, |. 3. 
3. Berger. 


Geffcken, Fr. Heinrih, wurde am 9. 
Dezember 1830 in Hamburg als der 
Sohn einer dortigen alten Patrizierfa— 
milie geboren. Nach Abjolvierung des 
Sohanneums bezog er die Univerfität Bonn, 
danach die zu Göttingen und Berlin als 
Student der Rechtswiſſenſchaft. In Göt— 
fingen promovierte er zum Dr. jur. und 
wandte ſich alsdann der diplomatischen 
Laufbahn zu, wurde Legationsfefretär in 
Baris, darauf Geſandter der Hanſeſtädte in 
Berlin bis 1866 und in London, wo er zwei 
Sabre verblieb, um dann in jeine Vater: 
ftadbt als Syndifus zurüdzufehren. 1872 
erhielt er einen Ruf als Profeſſor der 
Rechts: und Staatswiſſenſchaften an die 
Univerfität Straßburg, nahm jedoch nad) 
zehnjähriger akademiſcher Lehrthätigfeit 
eines Nervenleidens halber jeinen Ab— 
ihied und kehrte wiederum in feine Vater: 
ſtadt zurüd. 

Unter ©.’3 ausgezeichneten Werfen heben wir 

or: Die Reform der preuf. Verfafiung (1870), 

1851er Staatöftreih und feine Wirkung auf 
Europa (1870), Die Berfaflung des deutichen 
Bundesftaats (1870), Staat und Kirche (1875), 
Der Sozialiömus (1876). Zur Geſchichte des 
orientaliihen Krieges (1854—80), Die völfer: 
rechtliche Stellung des Bapftes (2. Aufl. 1886). 
deutiche und franzöfiihe Ausgaben von 
Schiene Völkerrecht (1881— 1888), Politifche Fe: 
Derzeichnungen (1888). 

Geiger, Ludwig, wurde am 5. Juni 
1848 als ein Sohn des ausgezeichneten 
Drientaliften Abraham ©. (7 1874) in 

geboren. Sein grundgelehrter 
Bater weihte den Knaben früh jchon in 
die Wiſſenſchaft ein, und defien eigene her⸗ 
vorragende literariihe Wirkſamkeit ver- 
fehlte nicht, Ludwig ©. die einzufchlagende 
Richtung zu zeigen. So bezog er nad) 
Vollendung feiner Gymnaſialſtudien die 
Univerfität Heidelberg und lag hier, dar: 
auf in Göttingen und Bonn dem Studium 
der Literatur: und Kulturgefhichte ob. 
Nachdem er in Göttingen doftoriert hatte, 
habilitierte er ſich 1873 in Berlin, von 


179 


| 


‚erhielt. G.s hervorragende literarische Leis 


Sende. 
welcher Univerfität er 1880 eine Profeſſur 


tungen auf dem Gebiete der Kultur und 
Literaturgefchichte find nicht weniger ans 
erfannt wie die feines Vaters. Won jeis 
nen verdienten Werfen heben wir hervor: 

Joh. Reuchlin, fein Leben u. feine Werke (1871), 
Geſchichte der Juden in Berlin (1871), Petrarka 
(1874), Deutiche Satirifer des 16. Jahrhunderts 
(1878), Renaiflance und Humanismus in Italien 
und Deutichland (1882); außerdem giebt G. das 
Goethe-Jahrbuch (feit 1880) und die Zeitichrift 
für Kultur und Literatur der Renaiflance (feit 1887 
mit der Zeitihrift Mar Koch's verſchmolzen) 
heraus. 

Genee, Rudolf, geb. am 12. Dezember 
1824 als ein Sohn des Dramatifers Friedr. 
G. zu Berlin, beabſichtigte, ſich ſeines 
ſchon frühzeitig ſich zeigenden ungemeinen 
Zeichentalentes wegen der Holzſchneidekunſt 
zu widmen, beſuchte auch nach Abſolvie— 
rung des Gymnaſiums die königl. Kunfts 
afademie. Daneben verwendete er allefeine 
Muße auf das Studium der ihn begeiftern: 
den Dramen Shafefpeare’s und verfuchte 
fih auf Anraten feiner Freunde als Vor: 
leſer mit großem Erfolg. Da er nun ins 
zwiſchen auch felbit zur Feder gegriffen und 
au auf der Bühne bald durchſchlagende 
Erfolge aufzuweiſen hatte, jo gab er alle 
früheren Pläne auf und befchloß, ſich aug- 
ſchließlich der Schriftitellerei hinzugeben, 
daneben jedoch jeine Shakeſpeare-Vorle— 
jungen weiter zu fultivieren. Reiche Er: 
folge lohnten G.'s Streben auf beiden Ges 
bieten. In erfterer Beziehung hat er ſich 
nicht allein für feine eigenen dramatischen 
' Schöpfungen alle „weltbedeutenden“ Bret⸗ 
ter erobert, jondern fih auch um die Ges 
Ihichte des deutichen Schaufpiels durch 
feine Lehr: und Wanderjahre des deutſchen Schaus 
ſpiels (1882), durch feine Geſchichte der Shake⸗ 
fpeare-Dramen in Deutjchland (1870) und durch 
feine Hundert Jahre des königl. Schaufpiels in 
Berlin (1886) hochverdient gemacht. Außer: 
dem heben wir von ©.’s alljeitig glänzend 
beurteilten Werfen hervor: 

Kreuz und Schwert (1851), Luftipiele (1853), 
‚Der neue Timon (1861), Shakeſpeare's Leben 
u. Werfe (1871), Poetiſche Abende (1874), Die 


12* 





Genſichen. 


deutſche Theaterfrage (1877), Geſammelte Komö— 
dien (1879), Klaſſiſche Frauenbilder (1884), Die 
Marienburg (1884), Die Hlausnerin (1884), Gaft: 
reht (1884). 

Genjichen, Otto Franz, wurde am 
4. Februar 1847 in Driefen als der Sohn 
des dortigen Pfarrers (7 1885) geboren, 
widmete ſich nad) Abjolvierung des Gym: 
nafiums dem Studium der Mathematik 
und Eaffiichen Philologie zu dem Zweck, 
eine akademische Laufbahn einzufchlagen. 
Schnelle Erfolge, welche ihm für feine lites 
rariſchen Arbeiten (Eſſays, Kritiken, poes 
tiſche Schöpfungen) zuteil wurden, endlich) 
feine Berufung als Dramaturg an das 
Wallner-Theater (1874) gaben ihm Ber: 
anlafjung, jeine anderweitigen Abſichten 
aufzugeben und ſich der Schriftitellerei zu 
widmen. Nachdem jeine Stüde die Nunde 
auf den deutihen Bühnen gemacht, bejon- 
ders auch eine hervorragende Stelle auf 
dem Repertoir der fönigl. Schaufpiele in 
Berlin gefunden hatten, madte ©. fi) 


1878 von den Verpflichtungen als Dramas 


turg frei, um binfort als unabhängiger 
Literat in Berlin zu leben. G. ragt be: 
fonders durch die jeltene Formvollendung 
feiner poetiichen Erzeugniſſe hervor, er gilt 
allgemein als einer unjerer talentvolliten 
Dichter, von dem noch viel zu erwarten 
fein dürfte, 


Hauptwerfe: Spielmannsweilen, Gajus Gra: 
chus, Jeſus von Nazareth, Judas Jichariot, Dan: 
ton, Vork, Minnewerben, Der Bligableiter, Ajas, 


Erlofchene Geſchlechter, Aus jonnigen Fluren, | 


Euphrofyne, Phryne, Wiedergefunden, Die Mär: 
hentante, Felicia, Frau Aipafia, Lydia, Frauen» 
lob, Der Mönd von St. Bernbard, Frauenichön: 
heit, Nobespierre, Tamina, Immortellen, Stu: 
dienblätter, Bier Erzählungen. 

Genth, Adolph, wurde im Jahre 1813 
zu Biebrich geboren als ältejter Sohn des 
dortigen Predigers am herzogl. naſſauiſchen 
Hofe, Ph. Chr. G. Den erjten Unterricht 
erhielt der Knabe von jeinem Vater, einem 


wiſſenſchaftlich hochgebildeten Manne. 1828 
beſuchte er das humaniſtiſche Gymnaſium 
zu Weilburg, 1832—36 die Univerſitäten 
zu Marburg, Heidelberg und Würzburg. 


An legterem Orte machte er fein Doktor: 


180 


engen. 


eramen, und 1837 beitand er feine Staats» 
prüfung zu Wiesbaden, nad) welcher ihm 
fein Wirkungsfreis als Medizinalacceffift 
zu Bad Langen » Schwalbad angemwielen 
wurde. Dieje Stellung bekleidete er bis 
1858, in weldem Jahre er aus dem naj- 
jauifhen Staatsdienite austrat und als 
praftiiher Arzt zu Schwalbad) verblieb. 
| 1843 verheiratete er fih mit Sujanna 
Bonnet aus Franffurt a. M., 1866 
ernannte ihn der Herzog Adolf von Naſſau 
zum Hofrat, und 1869 verlieh ihm der 
König von Preußen ven Charakter als 
| Geh. Sanitätsrat. Außerdem erhielt ©. 
in Anerfennung feiner ausgezeichneten mes 
diziniſchen Zeiftungen eine Reihe von Or⸗ 
den. ©. lebt jegt, nachdem er feine ärzt⸗ 
lihe Praris aufgegeben hat, in Wies- 
baden. 

Hauptwerfe: Der Kurort Schwalbad, Die Anã⸗ 
‚mie in ihrer Beziehung zu den Minerafquellen 
Schwalbach's, Rulturgefihichte der Stadt Schwals» 
* — des Kurortes Schwalbach (3 
Aufl.. 

Genutzen, Pauline, wurde am 26. 

1842 auf dem Gute Mildſtedthof bei 

ſum geboren. Auf ſtiller, meerumrauſch⸗ 
‚ter Heide erwuchs das träumeriſche Kind. 
In der Stille fang fie ihre Lieder, die fie 
der Natur abgelauſcht, und hattedie Freude, 
fie im Bolfskreife ihrer Heimat von Mund 
zu Mund Elingen zu hören. Ihr Streben 
geht dahin, das fchleswig-holfteinifche Volk, 
‚mit jeiner verhaltenen Zeidenichaft, ſei⸗ 
nem ftarrfinnig eigenen Schwe 
Ausharren und feiner Begei 
‚Recht und Wahrheit, im Liede zu 
Bis jegt trat G. nur als Mi 
‚an Zeitichriften hervor. 


Georg, Prinz von Preußen (G. Con: 
rad), wurde am 12. Februar 1826 als 
ein Sohn des hochjeligen Prinzen Friedrich 
von Preußen in Berlin geboren. Er wurde 
in Düfjeldorf auf das jorgfältigfte erzo— 
gen, wobei bejonderer Nahdruf auf die 
Ausbildung der vielen jhönen Talente des 
jungen Brinzen gelegt wurde. Leider ftellte 
fih ein Halsleiden der Pflege feiner her- 











Georges. 


vorragenden gejanglichen Begabung in den 
Meg, welches ihn Niemals ganz verlieh 
und einen häufigen Aufenthalt in heilfräf- 
tigen Bädern bedingte. Den Traditionen 
des Hohenzollernhaufes gemäß, trat Prinz 
Georg in die Armee, in der er jeßt den 
Rang eines Generals einnimmt. Unter 
feinen, von hoher dichterifher Begabung 
zeugenden Werfen (Dramen) heben wir 
hervor: 


Phädra, Elektra, Der Aleranderzug, Don Syl: 


vio, PVolante, Lurlei, Kleopatra, Chrijtine von 
Schweden, Umionft, Der Talisman, Arion, Wo 
liegt das Glück?, Medea, Adonia, Ferrara, Ka: 
tharina von Medici, Konradin. 


Georges, Karl Ernit, wurde am 26. 
Dezember 1806 in Gotha geboren. Er 
bejuchte von 1817— 1825 das Gymna— 
fium zu Gotha und von 1825— 1826 
das zu Nordhaufen, dem damals der Leri- 
fograph Kraft als Direktor vorjtand. 
NRaturgemäß übte diejer bedeutenden Ein- 
fluß auf die fpätere geiftige Richtung und 
Entwidelung®.’saus. Er widmete ſich dem 
Zehrerberufe und wurde nach Abjolvierung 
derliniverfitäten Göttingen und Leipzig als 
Hilfslehrer am Gymnaſium zu Gotha und 
1846 daſelbſt als Oberlehrer angejtellt, 
wo er bis zu feiner Benfionierung (1856) 
thätig war. In Anerkennung jeiner aus: 
gezeichneten Leijtungen auf dem Gebiete 
der lateinischen Lerifographie wurde ihm 
1863 das Prädifat Profeſſor verliehen. 
An jeinem 5Ojährigen Jubiläum als Lexi— 
fograph (1878) erhielt er von feinem 
Herzog das Verdienjtfreuz für Kunjt und 
Wiſſenſchaft und an jeinem 50jährigen 
Doltorjubiläum das Ritterkreuz des Her: 
zogl. ſachſen-erneſtiniſchen Hausordens I. 
Klaſſe. Auch wurde er von der f. un 
— philologiſchen Geſellſchaft zu Bu⸗ 
peſt zum Ehrenmitgliede ernannt. 
Hauptwerke: Deutich-lateinifches Handwörter— 
buch (1830, 7. Aufl. 1882), Etymologiſches Wör— 
terbuch (1840), Lateiniſch-deutſches Handmwörter: 
buch (1848, 14. Aufl. 1879), Meines Lateinisch: 
deutihes Handwörterbud; (1864, 5. Aufl. 1885), 


Meined? Deutfh » lateiniſches Handwörterbuch 
(1865, 4. Aufl. 1882), Memoria Wuestemanni 


(1857), Gnomologia (1863). 


181 


Gerbel-Embad. 


| Gerbel:Embach, Carl Nicolaus v., 
geboren am 9./21. Mai 1837. 

| Im Innern Ruklands fam ich auf die Welt, 
Doch bin von deutichen Eltern ich entiprofien — 
| Aus Livland ftammten fie. Mein Bater war 
' Bon altem Adel, doch nicht reih an Gütern. — 
| In Riga wuchs ich auf, und diefe Stadt 
Verehr' ich gern als meine erfte Heimat. 

Den Wiſſenſchaften war ich ftetö ergeben, 

In Dorpat habe Jura ich ftudiert, 

Doch auch Geſchichte, Poeſie, Äſthetik, 
Literatur, ſowie Philoſophie 

Mit regem Eifer immerdar getrieben. 

In Tübingen einft promovierte ich 

Als Doktor der Philojophie. — In Dreöden 
| Dann fand ich Später eine neue Heimat, 

Wo ich in diefem Augenblick noch lebe, 

| Bon Liebe fang ich, fang auch fromme Lieder, 

| Schrieb And’res noch in Poeſie und Profa, 
‚Und hoff’ auch Manches noch zu produzieren. 
Unzählige Artikel über Rußland 

Auch babe ih in Zeitungen geichrieben, 

Die Panflawiften und die Nihiliften 

Mit meiner Feder flott befämpft. — Es nahm 
Die Politik mir viele ſchöne Jahre, 

Doch blieb geſund ich, lebensfrob und friſch. 


I} 


Gerber, Guſtav. Ach bin am 13. 
Januar 1820 in Berlin geboren. Mein 
Vater war Oberlehrer an der fönigl. Real— 
ſchule daſelbſt. Ich beſuchte das königl. 
Friedr. Wilhelms-Gymnaſium in Berlin 
bis 1838, ſtudierte Philologie und Philo⸗ 
ſophie an der Univerſität daſelbſt, beſtand 
das Examen pro fac. doc. 1842, promo— 
vierte Oſtern 1846. Als Cand. prob. 
1843—44 am fönigl. Friedr. Wilhelms: 
Symnafium in Berlin, als Lehrer an der 
fönigl. Realichule bis 1545, alsdann an dem 
genannten Gymnafium bis Djtern 1851. 
Oſtern 1851 folgte ich einem Rufe, die 
Organifation und Leitung der Realichule 
in Bromberg zu übernehmen. Bis Ojtern 
1886 war ich Direktor des Realgymna— 
fiums in Bromberg, trat dann wegen ans 
dauernder Kränfklichkeit in den Ruheſtand 
und überfiedelte nach Charlottenburg. (R. 
Adler-Ord. 3. Kl. m. Schl.) Am 12. Mai 
1876 hat mir die Stadt Bromberg das 
Diplom als Ehrenbürger verliehen. In 
der 13. Zegislatur: Periode des preußiichen 
| Landtags war ic) deifen Mitglied und ge— 





| 


Gerber. 


hörte der nat.elib. Fraktion an. Von 
Gründung der Berliner Nationalzeitung 
bis zum Tode meines Freundes Dr. Zabel, 
des Chefredafteurs derjelben, war ich Mit: 
arbeiter dieſes Blattes, befonders für die 
Unterrichts-Angelegenheiten. Außer flei- 
neren Abhandlungen, Nezenfionen u. |. w. 
ſchrieb ich: Die Sprache als Kunft (187174, 
2. Aufl. 1885), Die Sprache und das Erkennen 
(1851. Im Laufe des nächſten Jahres 


denfe ich zu veröffentlichen: Vom MWefen | 


bes Id. 


Gerber, Karl Friedrich Wild. von, 
geboren am 11. April 1823 zu Eheleben 
als Sohn des Rektors der dortigen Stift: 
ſchule, jtudierte die Rechte zu Leipzig und 
Heidelberg, promovierte und habilitierte 
ſich 1844 in Jena als Privatdozent, wurde 
1546 außerord. Profeſſor dafelbit, 1847 
als ord. Profeffor nach Erlangen, 1851 
als Kanzler der Univerfität nach Tübingen, 
1562 nad) „Jena berufen, wo er gleichzeitig 
als Oberappellationsgerichtsrath angejtellt 
wurde. In den Jahren 1857 —1861 
war er zugleih Mitglied der deutjchen 
Handelsgelepfommilfion, 1867 des erften 


deutichen Neichstags, und 1871 Bräfident | 


der erjten Sächſiſchen Landesſynode. Im 
Jahre 1863 bot ihm die Univerſität Leipzig 
eine Profeſſur an, die er bis zu ſeiner 
Berufung als Miniſter des Kultus und 
öffentlichen Unterrichts bekleidete (1871). 


In dieſer hohen und einflußreichen Stel: | 


lung fand ©. reichlich Gelegenheit zur Ver: 
wertung feines ausgezeichneten Willens 
und feiner gefammelten reihen Erfah: 
rungen. Sachſen ſchuldet ihm den höchſten 


Dank, wie aud) jein König vielfach durch 


die ©. erwieſenen Ehren anerkannt hat. 
Nicht weniger verdankt ihm die Willen: 
haft. Unter feinen Schriften heben wir 
bejonders das als eine der bedeutendften 


juriftiichen Arbeiten diefer Art überhaupt 
geltende Werf Spitem des deutfchen Brivat: | 


rechts (15. Aufl. 1886) hervor, daneben: 
Geſammelte juriitiihe Abhandlungen (1872), 
Grundzüge eines Syſtems des deutihen Staats: 
rechts (3. Aufl. 1880), 


182 


Gerhardt. 


Gerhardt, Carl Adolf Ehriftian Ja— 
fob, geboren in Speier, 5. Mai 1833, 
beſuchte das Gymnafium in Speier, tu: 
dierte 1850 —1856 in Würzburg, wurde 


1860 Privatdozent in Würzburg, 1861 


Profeſſor in Jena, 1872 in Würzburg, 
1885 in Berlin. Unter feinen verdien: 
ten Schriften heben wir hervor: Der Kehl: 
fopfäcroup (1859), Der Stand des Diaphrag— 
ma’s (1860), Lehrbuch der Kinderfrankheit (4. 
Aufl. 1881), Lehrbuch der Auskultation und Per: 
kuſſion (4. Aufl. 1883); außerdem giebt er 
‚heraus: Handbuch der Kinderkrankheit. 


Gerhardt, Dagobert von (Gerh. v. 
Amyntor), iſt am 12. Juli 1831 zu Lieg— 
nig als ältefter Sohn des Generals v. ©. 
geboren und widmete ſich nach bejtande: 
Item Abiturienteneramen erjt den Forſt⸗ 
wiſſenſchaften. Die unrubigen Zeiten von 
'1848 veranlaßten ihn jedoch, umzujatteln 
und 1849 Militär zu werden. 1864 focht 
er als Hauptmann gegen die Dänen, war 
ſpäter eine Zeitlang im Generalitabe und 
nahm 1870 als Dlajor am deutjch-fran: 
zöſiſchen Feldzuge teil. Infolge dauern: 
der, durch eine jchwere Verwundung ers 
zeugter Nervenihmerzen ſah er fich zur 
Aufgabe einer vielverfprechenden militä- 
riſchen Zaufbahn veranlaft, für die er in 
der Aufnahme früherer Studien und der 
Pflege der literarifhen Produftion jet 
in feinem Potsdamer Tuskulum reichen 
Erſatz findet. 

Die literariihe Phnfiognomie Gerhard von 
Amyntors ift die eines unerfhrodenen tapferen 
Kämpfers gegen die verderblihen Mächte des 
Slaubensindifferentismuß und der Vaterlands— 
lofigfeit, die in der literariſchen Modemelt das 
— Wort führen. Amyntor, der überall das 
Recht des Gemütes und der Invidualität zu 
wahren ſucht, ſteht immer über den Parteien und, 
philoſophiſch geſchult, prüft und wägt er alles 
Zeitige mit kritiſchem Scharfſinn. Bald ſteigt er 
— wie in dem Roman „Im Hörſelberg“ — in 
die Tiefen des ſeeliſchen und phyſiſchen Lebens 
hinab, bald behandelt er die Probleme des Glau— 
bens und des Wiſſens — in „Das biſt du“, ſowie 





‚in feinem Roman „Vom Buchſtaben zum Geiſte“ 
— bald belebt er die Vergangenheit mit frifcher 
poetiiher Farbe — jo in den hiſtoriſchen Ro: 
manen „Frauenlob“ und „Gerfe Suteminne”. — 
Auch der jatyriichen Didaktik ift er mächtig. Sie 


Gerlach. 
zeigt ſich in den „Liedern eines deutſchen Nacht: 
wãchters“, ſowie in dem „Neuen Romanzero“, 
Dichtungen, welche den ethiſchen Modelügen ſcharf 
zu Leibe gehen. Eine Fülle befruchtender Anre— 
gungen und geſunder Gedanken über Welt und 
Menſchen enthalten die „Hypochondriſchen Plau— 
dereien“ und die „Randgloſſen zum Buch des 
Lebens“, „Auf der Breſche“ und „Aus der Mappe 
eines Idealiſten“. 

Gerlach, Hermann Deartin Theodor, 
wurde geboren am 9. November 1841, 
als 3. Sohn des dort im Jahre 1851 ver: 
ftorbenen Oberprediger Th. G., zu Som: 
merfeld i. d. Neumark, wurde von 1553 
bis 1858 vorgebildet auf dem Stal. Pä— 
dagogium und Waiſenhaus bei Züllihau, 
bezog 1858 Die Univerfität Berlin, um 
Theologie zu ftudieren, promovierte 1862 


in Halle zum Dr. phil., 1863 in Berlin 


zum Lie. theol. und habilitierte fid) 1864 
in der theol. Fakultät zu Berlin als Pri— 
vatdozent für das Alte Teftament. Nach— 
den er im Januar 1865 in Berlin das 
examen pro facultate docendi für das 


höhere Schulfach beitanden und an der 


Dorotheenjtädtiihen Realſchule und dem 
Louiſenſtädt. Gymnaſium zu Berlin ans 
geitellt gemweien war, erhielt er 1869 die 
Drdination für das geiftlihe Amt. Seit 
März 1869 Paſtor in Friedersdorf (bei 


Sceelom), feit 13. April 1869 verheiratet 
mit Clara, geb. von Förfter, feit Januar 
1872 in Garz (Kr. Nuppin), feit Novem: 


ber 1878 Paſtor in Luiſa (Str. Oſt-Stern⸗ 


berg) ift er jeßt feit Juli 1882 als Paſtor 
der Landgemeinde zu Fort i. Laufig, mit 
dem Titel Archidiafonus, angeftellt. Uns 


ter jeinen verdienten Werfen heben wir 
hervor: Renan’s Leben Jeſu (1864), Die rö: 
miſchen Statthalter in Syrien (1865), Die Dos 
tationd:Aniprühe der evang. Landeskirche (2. 
Aufl. 1875), Allgemeine firchliche Ehronif (1881). 

Gerland, Georg, wurde am 29. Ja: 
nuar 1833 in Kaſſel geboren, jtudierte in 
Marburg und Berlin Philologie, Geogra- 
phie, Geſchichte, und wirkte als Lehrer 
in Hanau, Dlagdeburg und Halle. 1875 
berief ihn die Univerfität Straßburg als 
Profeſſor für Geographie und Ethnologie. 
G. gilt als einer unferer hervorragend- 


183 


Germanus. 


ften Ethnologen und als bedeutender An- 
thropologe. Auf legterem Gebiete zeich- 
nete er fich befonders durch die treffliche 
Vollendung der Anthropologie der Naturvölfer 
aus, welche Arbeit ihm nad) feines Freun— 
des Waitz Tode zufiel. Außerdem her— 
vorzuheben: 

Über das Ausfterben der Naturvölter (1868) , 
Die Völker der Südſee (1570—72), Anthropo: 
logifche Beiträge (1574), Atlas der Ethnographie 
(1876), Atlas der Völferfunde (1857). 

Germanus, Conjt., ſ. 9. Grieſer. 

Germonif, Ludwig, geboren 29. No— 
vember 1823 in Fiume, ſtudierte Die 
Rechte an der Univerfität Graz, übte jeis 
nen praktiihen Beruf jedoh nur durch 
4 Nahre als Hilfsbeamter in Kärnten aus, 
da er fich der literarischen Thätigkeit völlig 
zuwandte, nachdem cr früher ſchon Mit— 
arbeiter des „Wanderer“ und der „Dit: 
deutſchen Bolt” war; 1856 Redakteur der 
Klagenfurter Ztg.“, und ſpäter, nachdem 
er durd) 15 Jahre als Archivar und Biblio: 
thefar in Laibach gewirkt hatte, vief er 
in Wien das „Inland“ und den „Pa: 
triot“ ins Leben; 1874 gründete er in 
Wien den Grillparzer-Verein, als deſſen 
Bräfident er ſich vielfach ausgezeichnet und 
um die Literatur verdient gemacht hat. 

Hauptwerke: Kornblumen (Ged.), Die Weiber 
von Veldes, Veronika, Nonne von Mantua, No: 
velle, Alpenglühen (Ged., 10. A.), Zur Geſchichte 
der Kärntner-Lieder. 

&erof, Karl von, wurde am 30. Ya: 
nuar 1815 in Vaihingen (Württemberg) 
geboren, genoß feine Vorbildung in Stutt- 
gart, wohin jein Vater, Prediger, bald 
nad Karl G.'s Geburt verjegt wurde. 
Der Familien-Tradition gemäß, wandte 
der mit großer Begabung ausgeitattete 
Jungling jih dem Studium der Theolo- 
‚gie in feiner nunmehrigen zweiten Vaters 
ſtadt zu, nad) deifen Abjolvierung er als 
Repetent am Seminar in Tübingen wirkte. 
1844—49 befleidete er die Stelle eines 
Diakonus in Böblingen, alsdann rückte 
‚er zum Helfer, Oberhelfer, Stadtdefan 
"und eriten Hospital- Prediger in Stuttgart 











‚auf, bis er infolge vielfacher Auszeichnun— 


154 


Gersdorff. Gerſter. 

gen, beſonders als hervorragendſter Kanzel: | gelegt, neben der künſtleriſchen Ausbildung 
rebner zum Oberhofprediger und Prälaten auf der fönigl. Malerafademie zu Berlin 
ernannt wurde. 1868 erhob fein König ihn | ih möglichſt gründliche wiſſenſchaftliche 
in den perj. Adelsftand. Neben feiner Kenntniſſe zu erwerben, weshalb ©. auch 
reihen feelforgeriihen Wirkſamkeit war Philoſophie und ſchöne Wifjenfchaften dort 


G. als Poet in anerkannt ausgezeichneter 
Meile thätig. Seine von tiefem Gemüt, 
echter Neligiofität und ferniger Geiftes- 
fraft getragenen Lieder find in allen 
deutichen Gauen gelungen worden. 

Hauptwerfe: PBalmblätter (57. Aufl, 1886), 
Pfingitrojen (8. Aufl. 1884), Blumen und Sterne 
(10. Aufl. 1882), Deutiche Oftern (6. Aufl. 1883), 
Jugenderinnerungen (3. Aufl, 1876), Bon Je— 
rufalem na Rom (2. Aufl. 1881), Der letzte 
Strauß (5. Aufl. 1887), Unter dem Abendftern 
(5. Aufl. 1887). 

Gersdorff, Ada von, wurde 1854 
in Czarnikow in Poſen geboren, wo der 
Vater Landrat war. Schon frühzeitig 
zeigte fi bei dem lebhaften Kinde eine 
dichteriiche Begabung, aber eine bewegte 
Jugend, eine frühe Verlobung ließen dem 


jungen Mädchen wenig Zeit, ſich ſchrift- 
jtellerifch zu befchäftigen. Im neunzehnten 


Jahre vermählte fie fi) mit Gero von 
Gersdorff. Als Frau gab fie fih nun 
mit raftlojem Eifer der Schriftitellerei hin. 
Im Jahre 1878 löſte fie unbefriedigten 
Herzens das Band, das fie an den Gatten 
feflelte, und fehrte mit ihrem Sohn in 
das Haus des Vaters zurüd, des nun: 
mehrigen Majoratsheren auf Sudniden 
in Oftpreußen. A. v. ©. iſt Mitarbeiterin 
verſchiedener Journale. Von ihren Schrif: 


ten find hervorzuheben: Gerettet, Herrin von 
Schönwerth, Aus Langeweile, Mittellofe Offi— 


ziere x. Die Sommermonate bringt Frau 


von G. auf dem Gute ihres Vaters zu, 
ihr Winteraufenthalt ift Berlin, wenn 
nicht Reifen fie in das Ausland führen. 


Gerjtenberg, Karl von (Al. Berg), 
wurde am 15. Juli 1846 in Weimar ge: 


boren, fiel Schon früh durch fein hervor: 


tretendes Zeichentalent auf und beichlof 
deshalb auf Anraten Sachverſtändiger nad) 
Abjolvierungdes Öymnafiums „Wilhelms: 
ftift” Dialer zumerden. Eben jene Berater 
hatten jedoch dem begabten Jüngling nahe 


‚und fpäter noch in Jena ftudierte und 
‘hier zum Doktor promoviert wurde. Nun 
teilte ©. feine Muße zwiſchen die Mal 
und die Dichtfunft, zu der ihn das Stu: 
dium der deutichen Meifterwerfe begeiftert 
hatte; nach und nad) trat die Malerei im- 
mer mehr in den Hintergrund, und ©. 
‚wählte die Schriftftellerei zu feinem Le— 
‚bensberuf. Damals (1862) erichien jein 
erjtesBuch, natürlich Gedichte. Dann aber 
wurden feine weiteren VBeröffentlihungen 
durch langjährige Studienreifen in Bor: 
der-Afien, Südrufland, Italien und der 
Schweiz unterbrochen, nad) deren Beendi— 
gung er die Redaktion der Augsburger 
„Allgem. Zeitung” leitete. Später ging 
er nad) den baltischen Provinzen, wo er 
Vorträge über Literatur: und Kunſtge— 
Ihichte hielt. 1883 gründete er Die 
„Allgem. Rundſchau auf dem Gebiete der 
Künſte ꝛc.“, die er als Chefredakteur heute 
noch leitet. Das eigentliche literarische 
Feld G.s ift der Roman. Auf diefem Ges 
biete hat der Autor reiche Zorbeeren ges 
erntet, die wohl verdient find; außerdem 
ſchenkte er uns jedoch aud als die Frucht 
langjähriger ernfter Studien eine vorzüg- 
liche Literaturgefchichte (2. Aufl. 1875). Der: 
ner find hervorzuheben: 

Schwert und Roje (Gedichte), Wandervorträge 
über deutihe Literatur (1870), Die Kirche und 
das Chriſtentum der Zukunft (1871), Johann 
Huß (Trauerjp. 1872), Walbhalla der Heiligen 
(2. Aufl. 1873), Zwanglofe Spaziergänge (1878), 
Faliche Perlen (1879), Die Rofe von Himri(1879), 





Aus dem Staube der Hauptitabt (1884), Vom 
Glück vergefien (1884), Die Verworfenen (1885), 
Ein königlicher Märtyrer (1886), DO, diefe Töchter! 
(Zuftip. 1886), Unſer Schwiegerfohn (Luftip. 
1886), Das Ungeheuer (Luftip. 1886), Ein dunkler 
Ehrenmann (Boltsit. 1887). 


| Gerjter, Franz Karl, wurde am 25. 
Auguſt 1853 zu Regensburg geboren. Den 
erſten Schulunterricht erhielt er in Nürn— 
berg, wo jein Vater 1859 — 61 als Arzt 


Geritmann. 


thätig war. 1871 abjolvierte er das hu— 
maniftiiche Gymnafium in Regensburg. 
Die Sehnjucht nad) voller Freiheit ergriff 
ihn darauf jo mädtig, daß er feinem in- 
neriten Wunſche, Arzt zu werden, vor: 
läufig entjagte und nad) Münden zog, 
um die techniſche Hochſchule daſelbſt zu be— 
ſuchen, die er 1876 abſolvierte. Der Ober: 
bergrat Profeſſor Gümbel bemerkte G.'s 
Intereſſe für naturwiſſenſchaftliche Arbei- 
ten, befonders für Geologie, und nahm ihn 
als Aififtenten an das Büreau der bay: 
riſchen geognoftiihen Landesaufnahme. 
Dort blieb er über drei Jahre, betrieb 
eifrig naturwiſſenſchaftliche Studien unter 
Baeyer, Zittel, Siebold, Nägeli und pro: 
movierte 1878 zum Dr. phil. an der Uni» 
verfität München. Eine Reihe zufälliger 
Greignifie brachten ihm bald darauf num 
endlich doch die Erfüllung feines Herzens- 


wunſches, Arzt zu werden, und begann er 


1880 das Studium der Medizin. 1883 er: 
hielt er den ehrenvollen Auftrag, ſich in 
Paris und London neben Elinifchen Stu: 
dien ſpeziell mit der Zahnheilkunde zu be— 
fhäftigen zum Zweck fpäterer ärztlicher 
Dienftleiftung bei König Ludwig II. Nach 
feiner Rückkehr, bei welcher Gelegenheit er 
Holland und Belgien bereifte, unterzog er 
fi) dem mebdiziniihen Schlußeramen und 
promovierte als Dr. med. in München, 
übte 1885 ärztlide Praris in Kempten 
(Schwaben) aus und fehrte dann nad 
München zurüd, wo er nunmehr als ge: 
fuchter Familienarzt thätig ift. Sein lite: 


rariſches Hauptgebiet ift die Satyre; zahle 
reiche Feuilletons derartigen Genres legen. 


Zeugnis für feine Begabung ab. Ferner 
hervorzuheben: 

Die Plänerbildungen um Ortenburg bei Paſſau, 
Der Charakter König Ludwigs II. von Bayern. 

Gerjtmann, Adolf, wurdeam 31. Juli 
1855 in Oftrowo geboren, widmete fich 
nah Abfolvierung des Gymnafiums zu 
Berlin dem Studium der Kunſt- und Lite: 
raturgejchichte und der modernen Spraden 
an den Univerfitäten Berlin und Heidel- 
berg. Nachdem er 1879 die philojophijche 


155 


Gertler. 


Doktorwürde erlangt hatte, widmete er ſich 
der Journaliſtik und gehört ſeit 1883 der 
Redaktion der Berliner „Nationalzeitung“ 
an. Unter ſeinen, von der Kritik auf das 
günſtigſte beurteilten Werken heben wir 
hervor: Alphonſe Daudet, ſein Leben und ſeine 
Werke; die Theaterſtücke: Die Leute von Hohen— 
Selchow, Der Kernpunkt; die Novellen: Aus dem 
Leben, Viſionen, Aſſuntas Schatz ꝛc. Seit einis 
gen Jahren giebt G. auch ein theatergeſchichtliches 
Jahrbuch heraus. 

Gertler, Joſef, geb. am 10. Januar 
1852 in Tünjcht bei Leitmerig, befuchte 
die Realichule und das Zehrerfeminar in 
Leitmerig, wurde zuerft angeitellt 1871 
als Lehrer in Auffig a. d. Elbe, 1874 als 
Bürgerjchullehrer in Warnsdorf. Er iſt 
Mitarbeiter von Jugend» und Schulzeituns 
gen, Tages und Mochenblättern. 

Günftig beurteilte Hauptwerfe: Bunte Bilder 
aus der Schul: und Lehrerwelt (humoriſt.); Klatſch⸗ 
rojen und Bechnelten, Blätter und Blüten friichen 
Humors; Haus und Schule, ein Liederreigen mit 
verbindenden Deflamationen, in Mufif gejett von 
Ed. Wagner; Turnerluft, eine Sammlung humo— 
riftifcher Vorträge, Lieder, Gedichte, herausgegeben 
in Gemeinſchaft mit E. ©. Fröhlid. 

Geskhy, Theodor, wurde am 27. Auguft 
1837 zu Merjeburg geboren, jtudierte von 
1858 anin Halle anfangs Theologie, jpäter 
Philologie und Literaturgeihichte. Schon 
während feiner Studentenzeit verfaßte er 
Kunftreferate und Gedichte für Zeitungen. 
Seine Thätigfeit als Rezenſent von Theater⸗ 
jtüden veranlafte ihn, die Schöpfung 
folher jelbjt zu verjuhen. Inzwiſchen 
wirkte ©. feit 1862 an der Nealichule 
in Wittftod und übernahm ipäter die 
Zeitung der Schola colleeta in Burbach 
bei Siegen. Er beftand in jener Zeit 
auch die Prüfung pro facultate docendi 
'und wurde darauf. am Gymnaſium zu 
Eutin, 1872 zu Geifenheim angeftellt. 
Neben feiner Lehrthätigfeit widmete ©. 
‚feine Muße literarifchen Arbeiten, verfahte 
eine große Anzahl oftmals aufgeführter 
Dramen, außerdem literarhiftorische Eſſays 
für viele Zeitichriften und zahlreiche, meift 
patriotiſche Zeitgedichte. 
|  Hauptwerfe: Der Rhein joll deutſch bleiben 








Geßler. — 
(1870), Arndt (1870), Der gute Kamerad (1871), 
Eine hübſche Überraſchung (1875), Eine Frau, die 
ſchnupft (1875), Germanicus (Epos 1876), Ein 
Attentat auf den alten Fritz (1877), Ein Wed: 
fel in Sicht (1882), Spielhagen unter den Nihi: 
liſten (1583). 

Gehler, Friedrih. Am 14.November 
1844 hielt id) zu Lahr im Breisgau mei- 
nen Einzug ins Dafein. Ein Pfarrer hat 
mich in den Dienjt Merkurs gebracht, wor- 
über ich dem Manne lange gegrollt. Jetzt 
thue ich's nicht mehr, da ich jo viele heiß- 
hungrig nad) Brod jchreien höre und ihnen 
die Ideale ihrer Jugend in den Lebensweg 
treten jehe, die in jungen Tagen Mufenkult 
treiben fonnten. Ich trat in den Dienft 
des Marktes, aber die Seele hörte feine 
freiihenden Stimmen nicht. Geſchehniſſe 
erfinnen, Menſchen und Dinge im Geijte 
erichaffen, war meine Neigung, die Lyrif 
floß dabei jpärlich, aber ein Drama ging 
mit erfreulihem Erfolg über die Bretter. 
Ein bedeutender, heute aber vergeflener Ly— 
rifer, Hugo Delbermann, war literarischer 
Zeuge diejes Bühnenerfolges in meiner 
SJünglingszeit. Er war auch mein Ge: 
noſſe, als e8 galt, das allgemein verloren 
geglaubte und von mir im Jahre 1863 
wieder aufgefundene Grab der Friederike 
von Seienheim mit einem Denkmal zu 
ſchmücken. Anno 1870 habe id) als frei- 
williger Jäger die Waffe ergriffen und bin 
nad Frankreich hineingezogen. 

Was meine Seele während des Feldzuges er: 
faßte und erfüllte, das habe ich in dichterifchen 
Gebilden, „Sonette eines Feldfoldaten“ betitelt, 
niedergelegt. In die Heimat zurüdgefehrt, habe 
ih neben meinen Berufsgeihäften das Studium 
klaſſiſcher Sprachen wieder aufgenommen, das mir 
in jungen Tagen verjagt blieb. Als Dank für 
die Erhebung, die mir die Sonne Griechenlands 
ind Herz geleuchtet, habe ich die Tragödie „Kaf- 
fandra” gedichtet. Sie ift Buchdrama geblieben, 
bat aber ald Dichtung mandhe erfreut. Stets war 
ich ein treuer Sohn meiner oberrheinifchen Hei⸗ 
mat mit ihrer wunderbaren Waldromantif, wie 
fie noch am Fuße der Schwarzwaldberge zu Haufe 
ift. Bon folder Romantik find meine beiden epi— 
Shen Dichtungen „Dieter und Walheide” und 


186 


Giehrl. 


aus Schwaben „Der Röhrle von HäfnerNeu« 
haufen“. Die einen jagen, es fei ein wunderliches, 
die andern halten es für ein luftiges Buch, und 
wieder andere nehmen cs bei allem Humor der 
Daritellung für ernfthafte Lektüre. 

ber meiner Baterjtadt bei Hafen und 
Nebhühnern habe ich mir ein Neft an den 
Berg Alt Vater hingebaut. 


Gichrl, Emmy (Tante Emmy), wurde 
am 1. November 1837 in Regensburg als 
Tochter des fönigl. bayr. Finanzminifters 
Dr. Joſeph von Ajchenbrenner geboren, 
fiedelte aber ſchon in zarter Kindheit mit 
den Eltern nad) München über. Gute Leh— 
rer leiteten im Elternhauje den Unterricht 
des begabten Kindes, das ſchon frühzeitig 
eine dichteriihe Beanlagung zeigte, der 
man aber wenig Wert beilegte. Kurze Zeit 
nad) ihrer Vermählung mit dem bayr. Wir 
ſeſſor Rudolf Giehrl in München verlor fie 
den über alles geliebten Vater. Sein Tod 
erichütterte ihren Shwachen Körper auf das 
tiefite, ein unheilbares Nervenleiden follte 
fie für immer auf das Kranfenlager wer: 
‘fen. Obwohl die Kranke auf ihrem Schmer- 
zenslager, von allem äußeren Verkehr ab» 
gezogen, fih ausſchließlich geiftig beſchäf⸗ 
tigte, trat fie doch erjt nad dem Tode 
ihres Gatten (1876), mit dem fie in glück⸗ 
lichſter Ehe gelebt, mit ſchriftſtelleriſchen 
Arbeiten an die Offentlichfeit, und zwar 
auf dem Gebiete des Erziehungsweiens 
und vorzüglich als Jugendihriftitellerin. 
Sie wurde Mitarbeiterin fämtliher Ors 
gane des fatholiihen Exrziehungsvereins in 
Donauwörth und anderer fathol. Zeit 
ſchriften * dem Bear „Tante 
Emmy”. Während ihrer langen 5 
jähr. Schmerzenszeit entjtand nad) — 
‚eine große Anzahl veizender Kindergeſchich⸗ 
ten und Erzählungen, die von der Kritik 
äußerft günitig beurteilt wurden. Hervor⸗ 
zubeben find: 

Bon der Wiege ins frühe Grab (1870), Das 


illuſtr. Märchenbuch für große und kleine Kinder 
(1880), Kinderbücdlein der Tante Emmy (1880), 


„Hohen Geroldseck“ getragen. Meine oberrheinis | Meifter Fridolin, Maria Hilf (1881), Bilderbuch 
fche Heimat hat beide Werfe warm aufgenommen. | für brave, Feine Kinder (1882), Das But von 
Lachen lernte ich ſpät im Leben. Als ich's konnte, | den braven Geihwiftern (1884), Märchen, neue 
ſchrieb ich humoriſtiſche Gedichte und das Epos | Folge (1883, 2. Aufl. 1837). Seit 1884 ift ©. 


Gierke. 


Herausgeberin des Illuſtrierten Kinderkalenders, 
der weit und breit beſtens bekannt iſt. 

Gierke, Otto Friedrich, wurde am 
11. Januar 1841 in Stettin geboren, wid— 
mete ſich dem Studium der Rechtswiſſen— 
ſchaft unter Beſeler, wirkte ſeit 1872 als 
ordentl. Profeſſor der Rechte in Breslau, 
ſeit 1884 in Heidelberg und folgte 1887 
einem Ruf der Univerfität Berlin als Bro: 
feflor des deutfchen Rechts. Unter feinen 
Schriften heben wir das durch glänzende 
Beherrichungeineseritaunlichen Materials 
fih auszeichnende Werk: Das deutſche Ge: 
nofienihaftsreht hervor. 

Giejebrecht, Friedrich Wilhelm von, 
wurde am 5. März 1814 in Berlin ge: 
boren, abjolvierte das Gymnafium zum 
Grauen Klofter und die Univerfität feiner 
Baterjtadt, wo er fih dem Studium der 
Bhilofophie und Gefchichte widmete und 
unter dem bejonderen geiltigen Einfluß 
Ranke’s jtand. 1837 wurde er als Zeh: 
rer am Joachimsthalſchen Gymnaſium in 
Berlin angeftelli, wo er bis zum Jahre 
1857 wirkte, da ihn die Univerfität Kö— 
nigsberg als ordentl. Profeſſor der Ge- 
ſchichte berief infolge jeiner ausgezeichne- 
ten Geſchichte der deutichen Kaiſerzeit. 1862 
bot die Univerfität München ihm eine Bro- 
feſſur. Dort wirkte er auch als Direktor 
des hiftorischen Seminars und wurde vom 
König von Bayern in den Adelsitand er: 
hoben und zum Geheimrat ernannt. ©. 

als einer unferer hervorragenditen 

rifer. Bon feinenhochverdienten Wer- 
fen heben wir außer dem genannten, nun 
bereits in 5. Aufl. erichienenen hervor: 

Zehn Bücher fränkiſcher Geſchichte vom Biſchof 
Gregorius von Tours (2. Aufl. 1878), De Gre- 


gorii VII. registro emendando (1858), Deutſche 
Reden (1872), Arnold von Brescia (1873). 


Giltersberg, v., ſ. Ferd. Gleich. 

Girndt, Otto, geb.in Landsberg a. W. 
am 6. Februar 1835, erhielt feine Schul- 
bildung auf dem Gymnafium zum Grauen 
Klofter in Berlin, bezog dann die Univer: 


ftät dajelbit, danach die zu Heidelberg, wo 
‚dierte auf der Univerfität Gießen und der 


er Philofophie und Geſchichte ftudierte, um 


187 


Glaſer. 


alsdann die journaliſtiſche Laufbahn ein— 
zuſchlagen. ©. ragt beſonders als drama- 
tiicher Autor hervor, feine Stücke nehmen 
auf dem Repertoir aller deutichen Büh— 
nen eine Stelle ein. Gleichzeitig erwarb 
G. fi) auch einen Ruf als Novelliit. 

Hauptwerke: Cäfar Borgia (Trauerfp.), Baroli 
(Luftip.), Meine Mutter hat's gewollt (Schaufp.), 
Novellen, Charlotte Corday (Dram.), Die Gou— 
vernante, Strafredt, Dramatiiche Geftalten, Ein 
beimliche8 Verhältnis, Gemütliche Gefellichaft, 
Orientaliſche Wirren, Die Galoichen des Glüds, 
Romanhaft, Vereinsdamen, Die Rettung des Kö— 
ınigs, Danfelmann, Luſtige Geſchichten, Erich 
Brabe. 

Glaſer, Adolf (R. Reimar), geboren 
am 15. Dezember 1829 in Wiesbaden, 
zeigte früh ſchon eine Dichteriiche Begabung 
und war von dem MWunich erfüllt, eine 
wiſſenſchaftliche Laufbahn einzuichlagen, 
mußte fich aber dem; Willen feines Vaters 
fügen und trat demzufolge nad) Beendi— 
gung feiner Schulzeit in das faufmäns 
nische Gejchäft feines Onfelsein. Nah Ber: 
lauf einiger Jahre erjt wurde ihm die Aus: 
führung jeiner früheren Pläne ermöglicht, 
‚indem er, bereits einundzwanzigjährig, die 
Berliner Univerfität bejuchte und daſelbſt 
literarische und philofophifche Studien be— 
trieb. Nunmehr beihloß er, die Your: 
naliftik zu feiner Lebensaufgabe zu machen. 
Bald bot fi ihm Gelegenheit hierzu durch 
die Übernahme der Redaktion der „Illu— 
ftrirten deutihen Monatshefte”, die er 
mit einer Unterbredung noch jett leitet 
und zu einem Journal vornehmiten Ran— 
ges erhoben hat. Bon Gs durch die 
Kritik jehr anerkannten Werfen heben wir 
hervor: 

Krimhildens Nahe (Traueripiel), Penelope 
(Schaufp.), Familie Schaller (Rom.), Gefchichte 
des Braunfchweiger Theaters, Erzählungen und 
Novellen, Was it Wahrheit? Leſeabende, Schlitz⸗ 
wang (Rom , 4. Aufl.), Weibliche Dämonen, ger: 
brochene Kronen, Wulfhilde, Moderne Gegenſätze, 
Aus Hohen Regionen, Savonarola, Kordula, Das 
Fräulein von Billecour. Außerdem that G. ſich 
auch als Überſetzer holländiicher Romane hervor. 

Glaſer, Ludwig, geboren 9. Februar 
1818 zu Grünberg in Oberheſſen, ſtu— 





Glehn. 


höheren Gewerbeſchule (jetzt Polyt.) zu 
Darmſtadt. Zweijähriger Acceß an der 
Realſchule zu Darmſtadt: 1839 — 41, Pro: 
motion: Ende 1842, Dirigent der Real— 
ſchule zu Biedenkopf: 1842—56, erſter 
Lehrer am Auguſtineum (ſpäter Realgym— 
nafium) zu Friedberg: 1856—59, Lehrer 
am Gymnaſium zu Worms feit 1859, zum 
Profeffor ernannt: 1873, von der Negie- 
rung ernanntes Mitglied der Landwirt: 
Ihaftlihen Zentraljtelle: 1873— 79, Di: 
reftor der Nealichule zu Bingen a. Rh.: 
1874— 79, auf Nachſuchen penfionirt: 
1879. GL. ift Verfaffer einer Reihe ver: 
dienter und allgemein anerfannter natur: 
wiſſenſch. und pädag. Werke, von denen 
. wir hervorheben: 

Naturkunde zur Bildung rationeller Haus: und 
Feldwirte, Jowienaturfundiger Hausfrauen (1856), 
Kurzer Leitfaden der Naturkunde (1858), Der 
neue Borfhaufen (1863), Landwirtſchaftliches Un: 
geziefer (1867), Leben der mittleren und niederen 
Tierwelt (mit 2. Klo 1870), Naturftudien (1871), 
Die jchädlichen Obft: und Weinftodinfetten (1871), 
Die Heine Tierwelt (1875), Etymologiiches Ta: 
ſchenwörterbuch für Botaniker (1885), Die Klein: 
tierwelt in ihrem Nutzen und Schaden für die 
Haus:, Land» und Forſtwirtſchaft (1856), Cata- 
logus etymologicus Coleopterorum et Lepi- 
dopterorum (1887); außerdem finden ſich Ab: 
bandlungen G.'s in faſt allen einfchlägigen Zeit: 
ſchriften. 


Glehn, Ernſt von, geboren in Reval 
1848 und in dem dortigen Gymnaſium 
erzogen, habe ich in Dorpat, St. Peters— 


burg und Leipzig die Rechte ſtudiert und | 


Ipäterhin drei Jahre im St. Petersburger 


158 


Handelsgericht gedient. Seit 1878 aus Ges | 


fundheitsrüdfichten genöthigt, in einem 
jüdlichen Klima zu leben, habe ich mir 
Weinsberg erwählt und hier ſeit 1881 


begonnen, mit Überjegung neuer Werke der | gie Univerfitäten Kiel, Erlangen, Berlin, 


ruffifchen Literatur, die für deutſche Leſer 


geeignet, mich zu beichäftigen. 


I 
I 


Bisher habe ich überjegt: Mori von Sadjen | 


von Kukolnik (Rom.), Die Peſt, von Graf Saliak 
(Rom.), Sergei Gorbatoff, von Wemwolod Solo: 
wioff (Nom.), Eine Million, von Graf Saliaf 


(Rom.), Die lette Seite, von Chrustſchow-Sokol⸗ 
nifoff (Nov.), Das Ende, letzte Erzählung Iwan 


Turgenjews; aud) , 


Ruſſiſche Bauern” von Graf 
Leo Tolitoy. 


Glehn. 


Glehn, Nicolai v., geb. den 16. Juli 
1841 auf dem Nittergute Jelgimeggi in 
Eithland bei Neval, jtudierte von 1861 
bis 1864 in Dorpat, machte darauf Reis 
fen, zumal in Deutfchland und Stalien, 
beihäftigt fich feit 1866 mit der Land» 
wirtichaft auf jeinem Gute Jelgimeggi und 
mit willenichaftlichen Arbeiten national» 
öfonomijchen Inhalts. 1877 erichienen 
feine Nordiſchen Lieder, während feine wiſſen⸗ 
ſchaftlichen Arbeiten in verfchiedenen Zeit 
ſchriften abgedruckt find. 


Gleich, Ferdinand (von Giltersberg), 
wurde am 16. Dezember 1816 in Erfurt 
geboren, abfolvierte das Gymnafium feis 
ner Vaterftadt, darauf die Univerfität 
Leipzig als Philologe und begann dann 
jeine Laufbahn als Lehrer, die er jedoch 
nad mehrjährigem Wirken unterbrad), um 
die Redaktion der „Geraer Zeitung“ zu 
übernehmen, welche er biszum Jahre 1864 
führte, da er infolge eines Rufes als 
Dramaturg an das Landestheater nad) 
Prag überfiedelte. 1866 ging er nad 
Dresden, wo er nod) heute als Nedafteur 
der vornehmiten Dresdner Zeitung, des 
„Dresdner Anzeiger“ lebt. ©. hat fich 
einen he Ruf als feinfinniger 
Kritiker und Feuilletonift erworben, da— 
neben find auch die Vorzüge jeiner grös 
eren Schöpfungen allgemein anerfannt 
worden. 

Hauptmwerke: Die beiden Komtefien (Rom.), 
Paul Eifenihmidt (Rom.), Des Fürften einzige 
Liebe (Rom.), Aus der Bühnenwelt, Herzog Alba, 
's Lenerl vom Schlierſee (Luftip.). 

Gleiſs, Otto Ludwig Friedrich Auguſt, 
geboren zu Glückſtadt in Holſtein am 19. 
Dezember 1841, bejuchte von 1862—67 


um Theologie zu ftudieren, ward dann 
Paſtor in Wefterland auf Sylt, ift jeßt in 
Hamberge bei Lübeck; überjegt. jeit 1879 
aus der jfandinaviihen und der franzö⸗ 
ſiſchen Sprade, iſt Mitarbeiter von ver: 
ſchiedenen theologischen Zeitichriften. 1876 
machte ©. eine größere Neife durch Däne- 
mark, Schweden und Norwegen, um die 





Slöfter. 


fogenannten „Grundvigſchen Volkshoch- 
ſchulen“ aus perſönlicher Anſchauung ken⸗ 
nen zu lernen, welche Kenntnis G. in 
einem eingehenden Artikel über dieſes 
Thema in der „Allg. ev.luth. Kirchen— 
zeitung“ vermwertete. 1885 madte ©. 
eine zweite Reife nad) dem Norden und 
nahm zugleih als Berichterftatter einer 
größeren deutſchen politiichen Zeitung an 
der 8. Hauptverfammlung der evangeli- 
ihen Allianz in Kopenhagen Teil. ©. 
überjegt theol. und pädagog. Werke jowie 
Novellen, von denen wir hervorheben: 
3. Topalius, Aus hohem Norden, Marie, Er: 
zählungen, Heegaard, Über Erziehung, Hauch 
Weſen des Unglaubens, Kierkegaard, Entweder: 
Dver, Hanien, Die Jugend Jeſu ꝛc. 
Glökler, Johann Philipp, wurde am 
12. $anuar 1819 in Thuningen (im würt- 
tembergifchen Oberamt Tuttlingen) als der 
Sohn eines Lehrers geboren, der den Kna— 
ben früh ſchon für den eigenen Beruf be: 
ftimmte, weshalb er ihn das Lehrerjemi- 
nar in Ehlingen bejuchen ließ. Nach er: 
folgreicher Abjolvierung desjelben machte 
er an der Anitalt fein Brobejahr durch, 
wurde 1838 als Lehrer an der höheren 
Töhterihule in Ludwigsburg und nad 
Ablegung des Eramens an der Real 
ichule daſelbſt, jpäter aber (1862) in 
Stuttgart an der K. Realanſtalt ange— 
ftellt, wo er noch jet lebt. 1881 wurde 
er zum Profeffor ernannt. Neben jeiner 


— 


189 





Amtsthätigkeit war Gl. auch literariſch 
mit vielem Erfolg, zuerſt natürlich auf 
dem ihm nächſtliegenden pädagogiſchen Ge⸗ 
biet, daneben jedoch auch als Literarhiſto— 
riker und begabter Lyriker thätig. | 

Hauptwerke: Heimatklänge (2. Aufl.) ; Schwä: | 
biihe Frauen; Im Leide; Joh. Kepler; Für jtille 
Stunden; 3. I. Mojer; Land und Leute Württem: | 
bergs; Deutſches Sprach- und Übungsbuch, Recht: 
freibeübungen, Auflatübungen, 3. V. Andreä. | 

Glück, Elifabeth (Betty Paoli), ger 
boren am 30. Dezember 1815 in Wien, | 
genoß eine ausgezeichnete Erziehung, deren 
Vollendung jedoh dadurch verhindert 
wurde, daß die Familie ohne eigene Schuld 








Glümer. 


ftadt zu Gunften eines Eleinen, viel wohl: 
feileren Ortes inRußland aufgeben mußte. 
Zur Jungfrau erwachſen, mußte Elifa- 
beth ihr Brod fich felbit verdienen und 
hatte das Süd, in der Fürftin von 
Schwarzenberg eine edelgefinnte und gü- 
tige Herrin zu finden, die das junge, reich 
talentierte Mädchen, bald lieb gewann und 
dasjelbe faſt wie eine Tochter behandelte. 


Nah dem Tode der Fürftin fiebelte die 


nun ganz Vereinſamte nad) Wien über, 
wo fie, ausichlieglich der Ausübung ihres 
lange jchon gepflegten hervorragenden dich⸗ 
teriichen Talents hingegeben, lebt. 
gilt jet als die talentvollfte und vor: 
nehmſte öfterreichifche Dichterin, deren ly— 
riſche Schöpfungen von ebenfo hohem Ge: 
danfenflug als von tiefer Gefühlsinnig- 


Sie 


‚feit zeugen und feltene $ormvollendung 


aufzumeilen haben. 
Hervorzuheben: Gedichte (1841), Nah dem 
Gemitter (Ged. 1843), Novellen und Erzählungen 


(1844), 2yrifches und Epifches (1856), Neue Ge— 


dichte (1869), Grillparzer's Werte (1875). 


Glümer, Claire von, geboren 18. Of: 
tober 1825 in Blankenburg, wurde in 
einem Penfionat in Weißenburg erzogen 
und ging nad) Vollendung ihrer Ausbil: 
dung als Erzieherin nad) Hannover. Früh 
ihon, als ein halbes Kind noch, hatte fie 
den Ernft des Lebens bis zur Hefe aus: 
gefoftet; der Vater wurde wegen politi= 
ſcher Agitationen verfolgt und war in freis 


‚willige Verbannung in das Ausland ges 


gangen, die Mutter ftarb furz nach der 
Konfirmation El. v. Gl.'s; nun hatte fie 
jelbft für ihren Unterhalt forgen müſſen, 
und als es ihr eben gelungen war, ein 
neues freundliches Heim, wenn auch unter 
Fremden, zu gründen, da rief der Vater 
fie ab, ihm bei feiner publiziftiichen Thä- 
tigkeit zur Hand zu fein. Sie wurde ſelbſt 
eine eifrige Politikerin, und als fie ihrem, 
in Haft befindlichen Bruder bei einem 
Fluchtverſuch Vorſchub leiftete, traf auch) 
fie eine Verurteilung nebſt Verweiſung 


aus Dresden, ihrem damaligen Wohnort. 


plöglid verarmte und die theure Groß: | Erft viele Jahre jpäter wurde ihr die 


meiner. 


Rückkehr geitattet. 


190 


Godin. 


Cl. v. ©. hat ſich Aſſeſſor beim Kammergericht, bis er 1844 


außer durch vorzügliche Überſetzungen aus ‚zum außerordentl. Profeſſor an der Vers 
dem Engliſchen und Franzöſiſchen auch | liner Univerfität ernannt wurde und gleich- 
durch eigene, gleichfalls außerordentlich zeitig eine Hilfs-Nichterftelle am Ober: 


günftig beurteilte Echöpfungen befannt 
gemadht. 


Hauptwerke: Kata Morgana (Rom.), Aus den | 


Pyrenäen (1854), Berühmte Frauen (1875), Er: 
innerungen an die Schröder-Devrient (1862), Aus 
der Bretagne (1867), Erlöft (1867), Die Augen 
der Valois (1871), Alteneichen (1878), Dönning- 
haufen (1881), Bom Webftuhl der Zeit (1882), 
Lutin und Lutine (1885). 

Gmeiner, Chriftiane (Gary Groß), 
in Zohr bei Würzburg geboren am 8. Fe: 
bruar 1841, genoß eine jehr forgfältige 
Erziehung im elterlichen Haufe, wirkte zu: 
erit als Erzieherin in einem fürftlichen 
Haufe Deutichlands und lebte feit 1871 
in Rom, wo fie ein Mädcheninftitut für 
höhere Etände gründete. Um einer Lieb: 
lingsihülerin auf deren Wunſch nad) Ser- 
bien zu folgen, gab fie (1884) die An- 
jtalt auf und führt jeit ihrer Rüdfehr 
nad Rom nur einen Kurſus für deutiche 
Sprade und Literatur. Sie ijt novelli- 
ftiihe und Inriiche Mitarbeiterin einer 
großen Reihe von Zeitichriften. Hervor: 
zuheben die Novellen: Höhenluft, S. Peter 
in Siht; Märchen, Legenden und Gedichte. 

Gnad, Ernft, wurde am 19. April 
1837 in Pillen (Böhmen) geboren, wid: 
mete fih dem Lehramt für deutiche und 
Haffiiche Philologie, wirkte zehn Jahre als 
Brofeflor in Venedig und Padua, fpäter in 
Trieft. Seit 1870 fungiert er als Zandes: 
Schulinſpektor, zuerft in Tirol, jeit 1875 
wieder in Trieft. Außer zahlreichen Ge- 
dichten, Erzählungen, Feuilletons 2c. in 
Zeitichriften, aud) Programmabhandlun: 
den, meijt in deuticher, teilweife auch in 
italieniicher Sprache, publizierte ©.: 

Populäre Vorträge über Dichter und Dichtkunft 
(1870— 1887), die allfeitig vorzüglich aufgenom- 
men und beurteilt wurden. 

Gueift, Rudolf, wurde am 13. Aus 
gujt 1816 in Berlin geboren, ftudierte 
Rechtswiſſenſchaft, habilitierte ſich 1839 
daſelbſt und wirkte als Referendar, dann 


Ni 








tribunal erhielt. Zegteres Amt legte er je 
0051850, politiſcher Gründe halber, nieder. 
Seit 1859 gehörte G. dem Abgeordneten 
hauſe als Mitglied des linfen Centrums an, 
infolge feiner Bedeutung und ausgezeich 
neten rednerischen Begabung bald mit an 
deſſen Spipe tretend. Auch als Mitglied 
der fonftituierenden norddeutichen Bundes» 
verjammlung entwidelte ©. eine hervorra= 
gende Thätigfeit. Vor allen Dingen aber 
machte er ſich um die Regelung der inneren 
Verwaltung Preußens verdient. 1875 
wurde ©. zum Erften Rath des Ober-Ver⸗ 
waltungsgerichts ernannt und Stellvertres 
ter des Präfidenten. Seit 1871 gehört ©. 
aud dem deutſchen Reichstagund zwar als 
Mitglied der nationalliberalen Partei an. 
Nach den Gejagten bedarf es faum nod 
einer weiteren Begründung für G.'s hers 
vorragende Bedeutung und für die alle 
gemeine Verehrung, die er als Afademiler, 
Jurift und Politiker genießt. Es erübrigt 
uns von feinen epochemachenden Werfen 
hervorzuheben: 

Syntagma Institutionum (1858, 2. Aufl, 
1880), Adel und Nitterfchaft in England (1851), 
Das engliihe Verfaſſungs- und Verwaltungsrecht 
(1857 —1863, u. ſp. in 3. Aufl.), Verwaltung, 
Juſtiz und Nechtäweg (1868), Die preußiiche Kreis⸗ 
ordnung (1870), Der Rechtsſtaat (2. Aufl. 1879), 
Seieh und Budget (1879), Zur Verwaltungsreform 
in Preußen (1880), Die preußiſche Finanzreform 
(1881), Engliihe Verfaſſungsgeſchichte (1882), 
Englifches Parlament (1886). 


Godin, N., ſ. A. LinzGodin. 
Goedefe, Karl (Karl Stahl), wurde 


am 15. April 1814 in Celle als der Sohn 


eines wohlhabenden Kaufmanns geboren, 
widmete ſich dem Studium der Literaturs 
geihichte in Göttingen und wirkte von 


1840 - 1855 als literarifcher Leiter und 


Eorreipondent in der Hahnichen Buchhand⸗ 
lung zu Hannover. Alsdann zog er nad 
Gelle, um bier, in jtiller Zurüdgezogens 
heit fein großartig angelegtes Werk, ein 


Göring. — 
rechtes Meiſterwerk: Grundriß zur Geſchichte 
deutſcher Dichtung auszuarbeiten, für welche 
Schöpfung die philoſophiſche Fakultät in 
Göttingen ihm die Doktorwürde erteilte 
und ihm eine Profeſſur für Literaturge— 
ſchichte anbot, die er jedoch erſt 1873 an— 
nehmen fonnte. Außer dem genannten 
Merk verdanfen wir G. noch eine Anzahl 
weiterer wertvoller Bereicherungen unjerer 
Literatur, von denen wir hervorheben: 
N. H. Anigge, Pamphilius Gengenbad, Ema— 
nuel G®eibel, Goethes Leben und Schriften, Bür: 
ger in Göttingen, außerdem gab ©. die Biblio» 
hek deuticher Dichter des 16. Jahrhunderts heraus. 
Göring, Hugo, geboren den 28. De 
zember 1849 in Berfa a. d. Werra, jtu: 
dierte Theologie und Medizin in Jena, 
Berlin und Leipzig, unterrichtete an den 
Realichulen in Leipzig und Bafel und ha= 
bilitierte fi) 1880 in der philofophiichen 
Fafultät der Univerfität Bafel. Er ſchrieb 
außer vielen Abhandlungen und Kritiken 
philoſophiſchen und pädagogischen Inhalts: 
Leben und Schriften 3. B. Baſedows (1880), 
Jacotots Univerfalunterricht (1881), Leſſings Les 


191 


— 


Goch. 


zeitig die dortige landwirtfchaftliche Aka— 
demie, nad) deren Abjolvierung er mehrere 
Studienreifen nad) dem Eljaß, Frankreich 
und Belgien unternahm. Zurückgekehrt, 
gründete er 1862 in der Nähe Dres: 
dens eine landwirtichaftlihe Gartenbau 
ſchule, gab dieſelbe jedod in Folge einer 
Berufung an die Großherzogl. landmwirt- 
ſchaftliche Gartenbauſchule in Karlsruhe 
auf. Hier gründete er den Gartenbaus 
Verein für Baden und die „Rheinische 
Gartenſchrift“, die er alsdann fünf Jahre 
lang redigierte. Er verfaßte außerdem 
Die Obſtbaumſchule (1869, 2. Aufl. 1884), 
und entwidelte eine reihe journaliftiiche 
Thätigfeit in Fachzeitichriften. 1869 trat 
&. aus dem Staats- in andere Dienfte 
und zeichnete ſich vielfach durch neuartige 
Anlagen aus, bejonders als Direktor der 
Marburger Weinbauichule, bis er 1881 
in den Ruheftand trat. Nachdem er feine 
erſchütterte Gefundheit gefräftigt hatte, fies 
delte er mit feiner Familie nah Baden 
b. Wien über, habilitierte fich als Dozent 


ben (1884) und gab Iſelins pädagogiiche Schrif: | für Obft- und Weinbau (1885) an der 


ten (1882) und Leſſings fämtliche Werke in zwanzig | 


Bänden (1882—1885) heraus. Demnädjit | 
ericheinen: Fröbels Leben und Werke UNd Sophie 
Germain als Philofophin. Alle feine Beſtre— 
bungengipfeln indem Ziel: Errichtungeiner | 
deutſchen Lebensſchule, deren Plan 
er 1883 dem Kultusminiſter von Ecave: | 
nius in Kopenhagen und 1886 Herrn v. 

Goßler in Berlin vortrug, gedrudt in den 

„Deutichen Blättern für erziehenden Un- 

terricht” 1887, Ertrablatt und auszugs⸗ 

weile in „Echorers Familienblatt“, 1886. 


Ss Goethe, Hermann, wurde am 16. 
März 1837 zu Naumburg als ein Ab: 
fomme der Thüringer Linie der Familie 
Goethe geboren, bejuchte das Gymnafium 
dajelbjt, danach das zu Halle und wandte 
fih alsdann dem Studium des Garten: 
baues und der Zandwirtichaft zu. Nach: 
dem er eine VBorpraris in Dresden, Er: 
furt und Hamburg durdgemadt hatte, 
wurde er 1859 Affiftent bei Dr. Eduard 
Lucas in Hohenheim und befuchte gleich: | 


ISA Kork. Or p.319 


Wiener Hochichule für Bodenkultur, wo 
er noch jet wirft. Außer den genannten 
heben wir von G.'s verdienten Werfen be- 


| fonders hervor: 


Der Obitbaum (2, Aufl.), Der Weingarten, 
Handbuch der Ampelographie (2. Aufl.), Die Reb⸗ 
laus, Atlas der wertvollften Traubenlorten, Die 
Rebenveredlung, Die Phyllorera, Amerik. Reben. 


Goetz, Ferdinand, geboren am 24. 
Mai 1826 in Leipzig als Sohn des Ober: 
zollinfpeftors Fr. W. G. befuchte die Tho— 
masichule und wurde 1846 Student der 
Medizin. Schon damals nahm er mit 
ganzer Seele Anteil an der politiichen 
Bewegung. 1847 traf ihn das Conci- 
lium abeundi, Karzerftrafe und Verluft 
aller Stipendien wegen Teilnahme an der 
damals verbotenen Burfchenichaft, aber 
die politifche Frühlingswonne des Jahres 
1848 machte Alles wieder gut. Im Mai 
1849 zog ©. für die Reichsverfaſſung mit 
in den Maikampf nad) Dresden, dem wies 
der Unterfuhungshaft und Stipendienvers 


Soldhann. 


luft und fpäter Klagfreiftellung unter Ver: 
luft der polit. Ehrenrechte folgten. 1850 
promovierte G., war eine Zeit lang als 
Reifearzt fort, dann bis 1855 in Geit- 
hain, um von da aus in Lindenau dau— 
ernd zu bleiben. Hier ein reiches thäti- 
ges Leben als Arzt und in allen öffent: 
lihen Angelegenheiten, welches nod) zwei- 
mal zu politiihen Unterfuhungen und 
Haftitrafen 1850 und 1865 führte. Bon 
1857 übernahm ©. die Redaktion der 
„Deutichen Turnzeitung“ und von 1860 
die Gefhäftsführung der Deutichen Turner: 
ſchaft, die bis jegt in feinen Händen. 1868 
bis 1870 war G. Mitglied des erſten nord: 
deutichen Neichstages und 1887 des deut- 
ſchen Reichstages und gehört der national- 
liberalen Fraktion an. Er gab heraus: 

Das dritte ftatiftiiche Jahrbuch der deutjchen 
Turnerihaft (1871), Das erfte, zweite und dritte 
Handbuch der deutſchen Turnerfchaft (1879, 1884 
und 1887), Bahn frei (2. Aufl, 1878), Feuer: 
wehrlieder (8. Aufl, 1883). Eine Sammlung 
„Aufläge und Gedichte‘ mit Lebensbeichreibung 
nad Gs Aufzeichnungen hat Rud. Lion zufam: 
mengeftellt und zum 2öjäbrigen Jubiläum G.'s 
ala Gejhäftsführer der deutihen QTurnerichaft 
berauägegeben. 


Goldhann, Franz, ein Neffe des 
Folg., wurde am 10. Januar 1859 in 
Balma Nuova als der Sohn eines Haupt: 
manns geboren, der mit feiner Familie 
jedod bald nad) Trieſt, dann nad) Wien 
und endlich nad) Graz überfiedelte. Hier 
begann und vollendete G. feine Studien. Er 
zeigte ſchon früh eine große Vorliebe für 
die deutiche Literatur, für klaſſiſche und 
moderne Werke, fein Lieblingsfchriftiteller 
wurde P. K. Rojegger, deilen Schüler 
und Anhänger er noch jet ift. Eine Fe— 
rienreife durch die Bergwelt des jteiri- 
Ihen Oberlandes wirkte mächtig auf ihn 
ein, jo daß er alljährlich jeine Bergfahrten 
wiederholte: durch Oberjteiermarf, nad) 
Kärnten, Oſterreich, Salzburg, Tirol 
und Bayern, wo er fih reiche Kennt: 
niffe auf dem Gebiete der Alpiniftif er: 
warb und das Volksleben aus eigener 
Anihauung gründlich fennen lernte. Bald 


192 


Goldhann. 


wurde G. Mitarbeiter verichiedener Your: 
nale. Er ſchreibt Feuilletons, Skizzen, No: 
velletten, Abhandlungen über Natur und 
Volksleben, über Literatur und Kunft. Be: 
fondere Beahtung und Anerkennung fan 
den feine „Streifzüge in den Alpen“. ©. 
lebt als Staatsbeamter in Graz. 


Goldhann, Ludwig, wurde am 8. 
Dezember 1823 in Wien als ein Sohn 
wohlhabender Eltern geboren. Schon früh: 
zeitig zeigte der Knabe große Begabung 
und heißen L2erneifer, deſſen zu eifrige 
Ausübung jedoch fo nachteilig auf ihn ein: 
wirkte, daß er gemütsfrant wurde und 
feine Schulitudien unterbrechen mußte, erit 
in Bozen Genefung wiederfindend. Nad) 
Abfolvierung des Gymnaſiums bezog er 


‚die Univerfität Wien, wo er neben dem 


Studium der modernen Sprachen ſich mit 





gen Geleile des Alltagslebens. 


‚Eifer auf die altklaſſiſche Literatur ver- 
legte. 


Da warf das Jahr 1848 aud) ©. 
mit eifernem Flügelihlag aus dem ruhi⸗ 
Er trat 
in die akademiſche Legion und wurde ums 
ter Fiſchhof (ſiehe diefen) in den Ausschuß 
gewählt. Da feine Familie durchaus fon- 
ſervativer Richtung angehörte, jo trat ein 
heftiger Konflikt zwifchen den Gliedern der: 
jelben ein, von denen zwei Brüder im 





‚er in den Staatsdienit trat. 


Kampfe fich gegenüberftanden. ©. ver: 


‚ließ deshalb die Heimat und das Eltern: 


haus und fiedelte nad) Brünn über, wo 
Nachdem er 
nod) 1850 zum Doftor promoviert wor: 


‚den, wandte er fi) mit mehr Muße ſei— 


nen literarischen Studien zu. Außer ei- 
nigen, in Zeitichriften zerſtreuten Gedich— 
ten war bis jeßt noch nichts von ©. ver: 


\ öffentlicht, nur erfchienen feine ausgewähl— 


ten Dichtungen, und das Traueripiel Ar: 
fine. 1852 madte ©. eine Erholungs- 
reife nach Italien, als deren Frucht jpäter 





(1855) Aeſthetiſche Wanderungen in Sizilien 
erſchienen, ein Buch, das ſehr günftig auf- 


genommen wurde und feines Verfaſſers 
Namen zuerft befannter machte. 1857 
ging G.'s Trauerfpiel Der Landrigter von 


Goldſchmidt. 


Urbau zum erſten Mal über die Bühne. 
Daſſelbe machte den Autor mit Friedrich 
Hebbel bekannt, der ihm bis zum Tode 
ein freundlicher Berater blieb. Inzwiſchen 
war G. zum Adjunkten der Finanzproku— 
ratur emporgerückt. Aber das Beamten— 
leben jagte ©. nicht zu. Nur die oftma- 
ligen Reifen u. A. nach England, Franf- 
reih und Deutihland und die Bekannt: 
ſchaft mit Fr. Halm, Laube, Grillparzer 
u. A. erfriichten ihn und hielten ihn auf: 
recht. 
ſeiner literariſchen Leiſtungen erfuhr G. 
doch mancherlei Zurückſetzungen und lernte 
das ganze Elend, den erbärmlichen Brot— 
und Konkurrentenneid kennen, der nir— 
gend ſo ausgebildet iſt wie in dem edlen 
Schriftſtellerſtande (heutzutage tauſendmal 
ſchlimmer als in damaliger Zeit!). Oft— 
mals ermüdete G. und wandte ſich mehr 
der Tagesjchriftitellerei in Geſtalt leicht: 
beſchwingter Fenilletons für Zeitungen 
zu, fehrte aber immer wieder zu der edle— 
ren Muſe, dem Drama zurüd. 1867 


nahm er feinen Abichied aus dem Staats: 


dienit und lebte von nun an ganz feiner 
Literariihen Thätigkeit, die er nur durch 
längere und fürzere Reiſen unterbrad). 
Außer den genannten heben wir von ©.s 
allgemein anerkannten Werfen hervor: 
Der Günjtling eines Kaiſers (Trauerfp.), Am 
Rande des Abgrunds (Dr.), Ein Königshaus 
(Dr.), Der Solofänger (Luftip.), Ein Tanz mit 
der Königin (Lip.), Im alten Raubſchloß, Dich: 
tungen und Skizzen aus Mähren, Tief im Ge: 
birg (Trauerjp.), Ein verfauftes Herz (Dr.), Eine 
ſchlimme Kritik (Zuftfp.), Maria und Martha (Dr.), 
Auf Rigi-Culm (Dr.), St. Hubertustag (Schm.). 


Goldſchmidt, Levin, geb. 30. Mai 
1829 in Danzig, hat auf dem Gymnafium 
jeiner Vateritadt den Unterricht ausge: 
zeichneterZehrer genofjen, insbejondere des 
Altertumsforihers Joachim Marquardt 
und des Hiſtorikers Theodor Hirſch. Hat 
1847—1851 in Berlin, Bonn, Heidel— 


berg, Berlin jtudiert und 1851 in Halle % 


promoviert. Demnädjit hat er gegen 31/e 
Jahre bei dem Stadt: und Kreisgericht 
fowie bei dem Commerz und Admirali: 


Das literariihe Deutichland. 


193 


Troß glänzender Beurteilungen 


Goſche. 


täts⸗Collegium zu Danzig als Auskulta— 
‚tor, nach zurüdgelegtem zweiten Eramen 
als NReferendar gearbeitet, mit dem prafti- 
ſchen Recht, aber auch rechtshiſtoriſch eifrig 
befchäftigt. Durch feine Konfeſſion (verfaj- 
ſungswidrig) von der vichterlihen und 
akademischen Laufbahn in Preußen aus: 
geichloffen, habilitierte er ſich 1855 in 
Heidelberg, wurde 1861 außerordentlicher, 
aber noch unbejoldeter Brofefjor, 1866 
ordentlicher Profeſſor dajelbit. 

' 1858 gründete er die noch jet ericheinende 
| Zeitichrift für das gefamte Handelsrecht ; fie enthält 
‚sehr zahlreiche, zum Theil monographiiche Ar: 
beiten von G. 1862 erichien ein Lehrbuch der 
Encyelopädie im Grundriß; 1864—1868 der 
erſte Band feines Dauptwerkes: Handbuch des Han: 
delsrechts, welches auf mirtichaftliher und ge: 
Ihichtliher Grundlage das Europäiſche Handels: 
‚recht, mit beſonderer VBerüdjichtigung des Deut: 
‚schen, darjtellt; 2. Ausgabe von Abthlg. 1 (jetzt 
"9. I) 1874—1875, Wbthlg. 2 (jet Bd. IN) 
'2fg. 1, 1885. Dazu famen Gutachten über die 
inzwiſchen in Fluß geratene deutſche Handels: 
— (über den Preußiſchen Entwurf 2 
Hefte, 1857 — 1858; über den zweiten Nürnberger 
‚ Entwurf, Gutachten an das badiiche Juſtizmini— 
'fterium 1860); zahlreiche Gutachten in wichti— 





— 


gen Handelsprozeſſen; Abhandlungen hiſtoriſchen 
und juriſtiſchen Inhalts in verſchiedenen Zeit— 
ſchriften. Auf dem erſten deutſchen Handelstage 
zu Heidelberg, 1861, hat er als Referent für die 
Einführung des deutſchen Handelsgeſetzbuchs, die 
Errichtung kaufmänniſch beſetzter Handelsgerichte, 
die Errichtung eines oberſten deutſchen Gerichts: 
hofes gewirkt, IS6S—1N70 ſich als Bezirksrat 
an der Badiſchen Verwaltungsrechtspflege beteiligt. 
Bei der Errichtung des erſten oberſten deutſchen 
Gerichtshofes, des Bundes-Oberhandelsgerichts 
zu Leipzig, wurde er, in Gemäßheit einer beſon—⸗ 
deren Klaujel des Geſetzes, als einziger und zwar 
füddeuticher Rechtslehrer in denselben berufen und 
bat demjelben bis zum 1. Juli 1875 angehört 
— unter den Entiheidungen diejes Gerichtshofes 
iſt ein jehr beträdtliher Teil (bis zu Bd, XV 
einschließlich) aus feiner Feder gefloſſen und er 
hat weſentlich die für die Redaktion maßgebenden 
Grundfäge mitbeftimmt. Nachdem er wiederholt 
Berufungen ausgejchlagen, nahm er 1875 einen 
zweiten Ruf an die Univerſität Berlin unter 
der genehmigten Bedingung an, daß er feine 
ı Vehrthätigkeit vorwiegend dem Handelsrecht zu: 
enden dürfe. 


Goſche, Richard Adolf, wurde am 4. 
uni 1824 in Neundorf bei Kroſſen ge— 
boren, jtudierte in Leipzig und Berlin 

13 





* Sollingrfosef. Sch 314 


— 


Gottberg. 


Literaturgeichichte und Orientalia und ha= 


bilitierte fih 1850 für diefe Fächer an 


der Berliner Univerfität. 1861 wurde 
er bajelbft zum außerordentl. Profeſſor er: 
nannt und 1863 als ordentl. Profeflor 


nad) Halle berufen, wo er noch jekt als 


anerkannt tüchtiger Drientalift und her: 
vorragender Xiterarhiftorifer lebt. Seit 
langen Jahren gehört ©. dem deutſchen 
Schriftſteller-Verbande (nunmehr als Ver: 
trauensmann) an, deſſen Beftrebungen er 
außerordentlich gefördert hat. Unter jei- 
nen von der Kritik glänzend beurteilten 


Merken heben wir hervor: 

Die Alhambra und der Untergang der Araber 
in Spanien (1854), Uber Ghazzalis Leben und 
Merfe (1858), Die Kitäb el-amäil (1867), Die 
ehnte Mufe (1867), Gervinus (1871), Richard 
Bagners Frauengeftalten (1883), Georg Ebers 

(Biogr. 1883). 


Gottberg, Anna von (A. von R. En- 
berg), wurde am 10. März} 1826 auf 
dem Gute Neifewig i. Schlefien als die 
Tochter des Freiherrn von Rottenberg ge: 
boren und im elterlichen Haufe unter der 
Leitung eines hochbegabten Vaters von 
trefflichen Lehrern erzogen und befonders 
in Muſik fünftleriih ausgebildet. Früh 
ſchon zeigte fi) in dem jungen willensdur: 
ftigen Mädchen der Hang zum Dichten und 
Fabulieren, und als fie fi 1862 mit dem 


preußilchen Offizier von Gottberg ver: 


mählt hatte, mit dem fie ipäter nach Dres: 
den überfiedelte, benugte fie alle Muße, 
die ihre hausfraulichen Pflichten ihr ließen, 
zu eingehenden philoſophiſchen und lite: 
rariſchen Studien, die fie jpäter in ihren 
Werfen zu verwerten gedachte. Dies ge- 
ſchah auch, bejonders in dem als hödjit 
bedeutend anerkannten Roman Was zum 
Biele führt (1887), ein Werk, das ein, Frauen 
jelten gegebenes philojophiiches Verftänd: 
nis befundet und von der Autorin noch 
vieles erwarten läßt. Außerdem erichien 
1861 ein Band „Gedichte“. A. v. ©. 
bat ſich auch als geacdhtete Mitarbeiterin 
in vielen Zeitichriften heimisch gemacht. 


Gotthardi, W., |. Mor. Müller. 


194 


Gottſchall. 


Gottſchall, Karl Rudolf von, wurde 
am 30. September 1823 als der Sohn 
eines Offiziers in Breslau geboren, be= 
ſuchte die Gymnaſien zu Koblenz und Ras 
jtenberg, wohin die Familie nad) der Pen— 
fionirung des Vaters zog. Nach Vollen- 
dung feiner Schulbildung widmete fih ©. 
dem Studium der Rechte an der Univerfi- 
‚tät Königsberg. Es war das im Jahre 
1841, da e8 ſchon heiß im deutichen Volks— 
‚herzen zu gähren begann und die im 
Hintergrunde von 1848 ſchlummernden Er⸗ 
eigniffe ihren Schatten vorausmwarfen. 
Mas war natürlicher, als daß der von 
 Freiheitsdrang und Vaterlandsliebeerfüllte 
Gottſchall der erften einer zu fein beftrebt 
war, von denen, die beutich fein wollten! 
Aber die Zeit war noch nicht reif. Das 
ſollte auch der junge Ungeduldige erfahren: 
‚das consilium abeundi war die ftrenge 
Antwort der Univerfität an die vorwärts 
drängende akademiſche Jugend auf deren 
 Freiheitsruf. Mit den andern z0g auch 
G. hinaus aus der alten Preußenjtabt 
nun gen Breslau. Hier derjelbe Freis 
heitsruf — dielelbe ftrenge Antwort. — 
Mit großer Mühe und unter vielen 
Schwierigkeiten gelang es G. die Er 
laubnis zum Weiterfiubieren in Berlin 
zu erhalten. Nach Beendigung feiner 
Studien gedachte ©. die akademiſche Lauf: 
ı bahn zu ergreifen, aber als ihm die Frage 
nad jeiner nunmehrigen Gefinnung vor⸗ 
gelegt wurde, gab er frei und franf zur 
Antwort, daß er feine Gefinnung nicht 
geändert habe. Damit war e8 um jeine 
akademiſche Zukunft geichehen. Es war 
das zur jelben Zeit, da ®. zum erften 
ı Male als dramatiſcher Dichter hervortrat. 
Es war fein toller Beifallsfturm, der jei- 
‚nem „Lord Byron in Italien” entgegen- 
braufte, aber es war mehr; die vornehm- 
ſten Kunftfenner vereinigten fi zu dem 
Urteil, daß ©. ein Dichter jei. Und 
das blieb er. — Er wirkte num als Dra- 
‚maturg in Hamburg, naddem er 

Zeit in gleicher Eigenjchaft zu Kön 

thätig gewejen. Dieſe Stellung gab er 











Grabe. — 195 — Grabom, 


nad) feiner, 1853 erfolgten Bermählung | Pole von Geburt, von Beruf Aderbauer, 
mit einer ebenfo liebenswürdigen wie geift- | war fehr bemüht, dem Anaben eine gute 
reihen Echlefierin auf, um die Nedaftion Edulbildung zu geben. Vom 7. Jahre an 
der beiden Zeitihriften „Unfere Zeit“ und | befuchte er die Dorfichule, außerdem genoß 
„Blätter für literariihe Unterhaltung” er deutichen Privatunterricht bei dem das 
zu übernehmen, die er bis 1887 leitete. | maligen Kaplan in Lubetzko, Konſt. Sterba. 
Es hat ©. an Anerkennung feiner hohen 1871—73 bejuchte er die Präparanden⸗ 
Verdienfte um die deutiche Literatur, die | ſchule in Zublinig, wurde 1874 in das 
er bereichert hat wie wenig andere, feines: | Zehrerjeminar zu Pilhomwig aufgenommen 
wegs gefehlt. Mas dem Dichter fo felten | und beftand 1878 die Lehrerprüfung. Seit 
zuteil wird, ©. iſt e8 geworden: die Mit | 1886 ift er Lehrer in Ollſchin. Die erjte 
welt flocht ihm den Lorbeer, nicht bleibt Luft und Liebe zum geiftigen Echaffen 
es, wie in den meijten Fällen, der Nach- | zeinte fi bei G. jchon frühzeitig. Er 
welt erjt vorbehalten: verfaßte kleine polnische Erzählungen und 

Hauptwerfe: Lieder der Gegenwart (1842), | fchrieb als Jüngling zahlreiche Gedichte. 


Der Blinde von Alcala (1846), Wiener Jmmor: | „ : er: 20a} 
tellen (1848), Gedichte (1849, 1858), Ferdinand Später zwangen ihn mißliche Verhältniſſe, 


vom Schill (1850), Mary Douglas (1852), Die beſonders eine langwierige und koſtſpielige 
deutiche Nationalliteratur in der erften Hälfte des Krankheit, jein Talent auch als Erwerbs: 
19. Jahzh. (5. Aufl. 1854), Sebaftopol (1856), quelle zu verwerten. So entitanden zahls 


—— er, 5 gen — reiche Erzählungen, Novellen ꝛc., die in 


fafus (1870), Sriegäfieder (5. Aufl. 1870), Por. | Dielen Zeitſchriften abgedrudt wurden. Als 
trät3 und Studien (6. Aufl. 1870— 71), Janus Bud erichien: Die Sagen, der Aberglaube und 
eye —— Fe IT  abergläub. Sitten in Schleſien. 
arzen Adler 5), Welke 17), | — 

—— Kalb (1880), Die Erbichaft des Blutes, Grabow, Heinrich (d Altona), wurde 
(1882), Die Bapierprinzeifin (1884), Schulröschen | am 29. Januar 1853 in Eppendorf ges 
(1884), Verſchollene Größen (1886). boren. Er widmete fi der Zournaliftif 

Grabe, Franz, wurde am 12. März | und ift ſeit 1880 Redakteur des Annaber 
1843 in Altenbruch geboren, hegte den fehn: | ger Wochenblattes. Literariſch ift er Haupt» 
lichſten Wunſch zu ftudieren, mußte jedoch ſächlich auf dem Gebiet des Feuilletons 
auf Munich der Eltern Kaufmann werden. | tätig, außerdem heben wir von feinen 
Srühzeitig zeigte der Knabe mancherlei | Jelbftändig erſchienenen, durch die Kritik 
Talente, bejonders nannte er eine reiche gänftig — — 
muſikaliſche Begabung ſein eigen, der ue — ————— 
ipäter Früchte in einer Reihe von Walzer⸗ er —— sr * ed 
und a eablden (U — Recht (Schauſp.), Krauſes Zeug (Erz. u. Plaud.). 
wohnte G. auch ein hübſches literariſches 
— inne, das ſich ſpeziell in feinen |, GrafBariholomew, Mary, ges 
plattdeutfchen, von der Kritif günftig auf- Fe am a 1832 zu Weinheim 
genommenen Mufenkindern äußerte: Dit (Baden) als die Tochter vornehmer eng» 
un dat in Hadler Platt (1877, 2. Auft. 1886), liſcher Eltern — der Vater war ein hoher 
Bon de Elmfant ut Hadelnland (1880), Frig | Offizier im Regiment der Königin. Die 
Reuter (Schw. 1882), Die beiden Peter (1882), | Mutter ftarb drei Tage nach der Geburt 
Das Wüller-Klärchen (1882), Ut ole un nee Tier des Kindes, welches der Water in das 
den (1886). G. ift als Kaufmann in Lüding⸗ Yirfenauer-Thal“ zu den, ihm befann- 
worth i. Hadelnland anfällig. ten Oberförftersleuten Bernhard brachte, 

Grabinsti, Ludwig, wurde am 13. wo e8 eine traute, liebe Heimat und un— 
Auguft 1857 in dem jchlefiichen Dörfchen | endlich gute Pflegeeltern fand. Der Vater 
Groß-Lagiewnid geboren. Eein Vater, |ftarb einige Wochen nad) diejer Zeit, und 


13* 





Granella. 196 Grazie. 


fo blieb die Waiſe bis zu ihrem acht- G. und der Doris geb. v. Januszkiewicz, 
zehnten Jahre im Förfterhaufe, das im empfing den erjten Unterricht im elter- 


Eommer aud Kurgäfte beherbergte und 
lebhafte Anregung gewährte. 1857 ver: 
heiratete fie fi) mit dem Buchhalter der 
Frankfurter Bank, George Graf, einem 
hodjgebildeten Manne, mit dem fie in 
glüdlichiter, mit mehreren talentvollen 
Kindern gefegneter Ehe lebt. Frau ©.:B. 
hat vorzugsweiſe ein Iyriiches Talent, und 
hat ſich beionders befannt gemacht durch 
ihre Kochrezepte in Werfen, die fie nad) 
den befanntelten und beliebtejten Volks— 
melodien gedichtet hat. Außerdem Ichreibt 
fie hauswirtichaftlihe und erziehliche 
Briefe, ſowie Aufläße, Gedichte und Er: 
zählungen für eine Reihe von Zeitichrif: 
ten. Seit Jahren ift fie die unermüdliche 
Vorfämpferin für die Einführung des 
theoretiihen Kochunterrichts und der Er- 
lernung des allereinfachſten Haushaltes in 
den Bürgermädchenichulen. 


Granella, ſ. 5. W. Tangermann. 


Grasberger, Hans (Karl Birken: 
bühl), geboren am 1. Mai 1836 in Ob: 
dad, abjolvierte das Gymnaſium zu Kla— 
genfurt und bezog 1856 die Univerfität 
Wien, um Rechtswiſſenſchaft zu ftudieren. 
Von Haufe aus ohne Vermögen, mußte 
G. die Koſten jeiner Studienzeit großen: 
teils felbjt erwerben, was er zuerjt durch 
Stundengeben, ſpäter aber durch litera- 
riiche Arbeiten in Gejtalt von Zeitungs: 
feuilletong zu Wege brachte. Die jchnellen 
Erfolge, welche er auf der urſprünglich 
nur nebenbei betretenen Bahn als Schrift: 
jteller zu verzeichnen hatte, drängten ihn 
ſchließlich von jeinen früheren Lebens: 
plänen hinweg, und da mit feiner lite: 
rariihen Thätigfeit auch feine Erfolge 
wuchjen, blieb er bei der Feder: 

Singen und Sagen (1869), Sonette (1873), 
Aus dem Narneval der Liebe (1873), Jan Mit: 
nehm (iteiriicher Dial., 1880), AU Wandarbüachl 
(1884), Nir für unguat (1885). 

Graßmaun, Guſtav Julius Carl, 
geboren 16. Juli 1852 zu Milow, Kreis 
Brenzlau, Sohn des Gutsverwalters Garl 


lichen Haufe und bejuchte darauf Die 
Friedrich Wilhelms: Schule zu Stettin. 
1870 trat ©. in den unter norddeutſcher 
Bundes-Verwaltung jtehenden medlenbur: 
giſchen Poſtdienſt, wurde in verjchiedenen 
Orten des Großherzogtums, von 1874 
bis 1879 bei der fail. Ober: Boftdireftion 
in Schwerin beichäftigt und iſt feit 1879, 
während deſſen er 1831 zum Poſtſekretär 
befördert, ältefter Beamte des Poſtzweig— 
‚amtsin Hagenow (Medibg.). Im I. 1878 
verheiratete fih G. mit Bertha, ältelten 
Tochter des großh. Stallkommiſſars Rüft 
zu Redefin. — Zum 60. Geburtstage [nes 
Zandesfürjten gab ©. ein Gedenfblatt her: 
aus, das noch in demielben Jahre 1883 
‘eine neue Ausgabe erlebte. Weiter ijt 
G. vorzüglid auf hippologiihem Gebiete 
literariſch thätig, er veröffentlichte mehr: 
fach Abhandlungen diefer Art in verichie- 
denen Zeitichriften und ift auch und zwar 
bejonders für die Geftütfunde Mitarbeiter 
der Encyklopädie der gejamten Zierheil- 
funde und Tierzucht. 


Grazie, Marie Eug. delle, wurde am 
14. Auguſt 1864 als Tochter des Berg: 
bau-Direktors Cäſar d. Gr. in Weih- 
‚firden in Ungarn geboren und verbrachte 
die erjten zehn Jahre ihres Lebens in Ber: 
ſaska, einem Gebirgsdörfchen anderunteren 
‚Donau im Banate. Nah dem Tode des 
Baters, von weldhem das phantafievolle 
Kind nicht nur die Liebe zur Natur, ſon— 
dern auch die Begeilterung für Poeſie und 
Kunft geerbt hatte, überfiedelte die Mutter 
nad Wien, um bier für die Ausbildung 
| rer beiden Kinder beſſer Sorge tragen 
zu fünnen. Marie Eugenie abjolvierte 
hier die Bürgerichule und bejuchte hier: 
auf länger als ein Jahr das Pädagogium 
bei St. Anna. Bon dem Plane, Lehrerin 
zu werden, mußte fie jedoch abitehen. 
Siebzehn Jahre alt, ließ fie ein Bändchen 
„Sedichte” ericheinen, die ſehr günftige 
Beurteilung fanden. Ebenjo das Epos 











Greffrath. 


Hermann (1883, 2. U, 1884), und ein Trauer: | 


tpiel Saul (1884), Die Zigeunerin (1884), An- 
derien ald Märchendichter. 


Greffrath, Henry, wurde am 3. Fe 
bruar 1818 unweit Teterom, wojein Vater 
bermalen Gutsbefiger war, geboren, be: 
juchte das Gymnaſium in Güftrow und nad) 
Abfolvierung des Abiturienteneramens die 
Univerfitäten NRoftod, Leipzig und Berlin. 
Das Studium der Theologie, welchem er 
id) widmen wollte, gab er wieder auf und 
wandte fi der Philologie und natur: 
willenihaftlihen Studien zu. Das Jahr 
1848 riß auch ihn. in den Strudel der 
damaligen großen politiichen Bewegung, 
und er ſah fich, als die Reaktion zur Herr: 
ſchaft fam, zur Auswanderung nad) Auftra- 


197 


‚ragt beionders jeine „Geſchichte der Stadt 
Rom im Mittelalter“ hervor. 


"Arbeit eroberte ſich der Autor einen Ehren: 


Greif. 

wirkte er einige Zeit als Lehrer, gab diefen 
Beruf jedoch gänzlich auf, um ausſchließ— 
ih der Schriftitellerei leben zu können. 
Um feinen Gefichtsfreis überhaupt zu er- 
weitern, bejonders aber au), um italie- 
niſche Geſchichte an Ort und Stelle gründ- 
lich zu ftudieren, begab er fid) nad) Rom, 
wo er 22 Jahre gelebt hat. Er reiite 
aud nad Griechenland und dem Orient. 
Seit 1884 bat ©. feinen Mohnfig in 
München genommen. Unter G.'s Werfen 





Dit dieſer 


plag unter den Hiftorifern; die Stadt 
Rom ernannte ihn zum römiſchen Ehren: 


bürger. 
Außerdem hervorzuheben: Wanderjahre in Ita— 


ne Hier eilte er ſofort nach den | lien, Zuerezia Borgia, Der Kaiſer Hadrian, Die 
ldern, gehörte aber zu den vielen | Grabdenkmäler der Päpſte, Corfica, Athenais, 
oder den meilten, welche fein Gold fanden. | Euphorion, Kleine Schriften zur Geihichte und 
Nachdem er fich dann ein Jahr lang allerlei , Kultur. 

ihm jehr heterogenen Beſchäftigungen hatte | Greif, Martin (eigentlid Hermann 
unterziehen müflen, gelang es ihm durch Frey), geboren 18. Juni 1839 als der 
günstige Umftände, am St. Peter's Kollege | Sohn eines hohen Staatsbeamten in 
der hohen biihöflichen Kirche in Adelaide | Speyer, abjolvierte das Gymnaſium in 
eine jehr angenehme und gut beioldete Münden und widmete ſich dem Soldaten: 
Stellung als Profeſſor für neuere Epras | ftande, den er aber bereits als Lieutenant 
hen und deren Vergleihung mit den alten quittierte, um ganz feiner Mufe leben zu 
zu erhalten. Nebenbei betrieb er einigen | fünnen, der wir Serrliches bereits ver: 
Buchhandelund war aud) anderweitig fom: danken. G.'s Gebiete find das Drama 
merziell engagiert. Nach einem Aufent: | und die Lyrik, und auf beiden blühte ihm 
halte von 14 Jahren in den auftralifchen der Ruhm. Seine Dramen haben die 
Kolonien Jah er fih aus Gefundheitsrüd- Runde über fajt ſämmtliche Bühnen ge: 
fichten zur Nüdfehr nad) Europa gezwuns | macht, und feine Lieder klingen im Munde 


gen und lebte zunächſt in Jena, jept aber 
in Deflau. Er gilt als gründlicher Kenner 
Auftraliens und Polynefiens und ift ein 
thätiger Mitarbeiter am „Globus“, am 
„Ausland“, an der „Rundſchau für Geo: 
graphie und Statiſtik“ zc. 


Gregorovius, Ferdinand, wurde am 
19. Januar 1821 in Neidenburg geboren, 
ftudierte urfprünglih Theologie in Kö— 
nigsberg, ging aber bald zur Philofophie 
und Gefchichte über, da er einen inneren 
Beruf als Theologe nicht fühlte. Nach— 
dem er feine Studien vollendet hatte, 


der Sänger. ©. lebt in Münden, reip. 
auf Reifen, die ihn die meifte Zeit fern 
halten, 

Hauptwerfe: Gedichte (4. Aufl.), Corf. Ulfeldt 
(Trauerfp.), Nero (Trauerjp.), Deutliche Gedent: 
blätter, Marino Falieri (Trauerfp.), Prinz Eugen 
(Schaufp.), Heinrich der Löwe (Schaufp.), Die 
Pfalz am Rhein (Schaufp.). Außerdem finden ſich 
Gedichte ©.'3 in fait allen befferen Zeitichriften 
jeritreut. 


Grey, Karl, j. MW. Grote. 
Grieben, Hermann, wurde am 8. Fe— 


bruar 1822 in Cöslin (Pommern) geboren, 
zeigte als Knabe ſchon ungemein geiltige 


Sa olso 
ya. 


— 


Grieſebach. 


198 


Grimm. 


Anlagen, die ihn auf den jpäteren Lebens | Parnaß. Herner heben wir hervor: 


weg hinwieſen. Nah Abjolvierung der 
Gymnaſien zu Eöslin und Breslau bezog 
er 1841 die Univerfität Breslau, wo er 
theologiſchen, philoſophiſchen und philo- 
logiſchen Studien oblag, und nad) Erwer— 


Dung der Doftorwürde von 1846—48 


als Hauslehrer wirkte, um dann die Lehr: 
thätigfeit zu Gunſten der publiziſtiſchen 
völlig aufzugeben. Nachdem er das Volks: | 
blatt in jeiner Waterjtadt, die „Djtiees 
zeitung“ in Stettin, die „Zeitung“ in Lübeck 
und die „Bommerfche Zeitung” in Stettin 
redigiert hatte, berief ihn 1859 die „Kölni—⸗ 
Ihe Zeitung” als Mitglied ihrer Redaktion 
infolge feiner hervorragenden journalifti- 
Ihen Begabung. Bon feinen eigenen lite: 


rariihen Arbeiten, die meiltens in lyri— 


ſchen, fi durch Gefühlsinnigfeit auszeich: 
nenden Erzeugnilfen bejtehen, heben wir 
hervor: 

Lieder eines Studenten, Aeſchylos Prometheus 
(metrifch überfegt), Liebfraue, Norddeutiche Früh: 
lingäterzjinen, Das Kutſchkelied, Zeititimmen, 








Wanderlieder, Durh Wald und Waſſer, Gott | 


grüß' die Hunt! Geſammelte Gedichte; ferner 
Dante Alighieri (Studie), Kutſchke vor dem Un: 
terfuchungsrichter (liter. Protof.). 
Grietjebach, Eduard, geboren am 9. 
Dftober 1845 in Göttingen, ftudierte 
Rechts- und Staatswilfenihaft in feiner 
Vaterjtadt und in Leipzig und trat, nad) 
zweijähriger Thätigkeit als Auskultator 
beim Kammergericht in Berlin, in die 
diplomatiſche Laufbahn ein, zunächſt bei 
der Geſandtſchaft in Rom, danach in 
Konſtantinopel, ſpäter nach einander in 


Smyrna, Jaſſy, Bukareſt und Petersburg, 


nunmehr als Kaiſerlich deuticher Konful 
in Port au Prince angejtellt. Außer 
durch zahlreiche jehr bedeutende und von 
tief eingehendem Studium zeugende lite 
rarbiftorifche Arbeiten, bejondegs durch 
feine „Deutiche Literatur K70 Bis 
1871”, erwarb ©. ſich hauptſächlich durch 
jeine, von hoher dichteriiher Begabung 


Beweis ablegende epifhe Schöpfung Der, 
‚vollendete Schönheit der Formen, doch 


neue Tannhäufer (14. Aufl. 1857) einen glän: 
zenden Namen unter den Boten vom 





Tannhäufer in Rom, Kin —Ku—Ki—Kuan 
(Nov.), Chinefiihe Novellen, Die Wanderung der 
Novelle, Die treulofe Witwe; auch gab ©. bie 
Werke Heine v. Kleiſts in vorzügliher Ausgabe 
heraus, 


Grimm, Hermann, wurde am 6. Ja⸗ 
nuar 1828 als der jüngfte Sohn des be 
rühmten Sprachforſchers Wilhelm G. in 
Kaſſel geboren, abjolvierte das dortige 
Gymnaſium und widmete fi dem Stu- 
dium ber Philoſophie und Kunſtgeſchichte 
in Bonn, ging alsdann auf mehrere Jahre 
(1850 -53) nad) Rom, wo er die alten 
Meiiter ſtudierte und gründete nach ſeiner 

Rückkehr in Berlin die Zeitſchrift „Über 
Kunftleben und Kunftwerfe”. 1865 ha— 
bilitierte er fih als Privatdozent für 
Kunſtgeſchichte an der Univerfität Berlin, 
die ihm 1872 eine ordentliche Profeſſur 
ertheilte. In Anerkennung feiner hervor: 
ragenden afademiichen Verdienſte verlieh 
der Kaiſer ihm 1884 das Präbdifat als 
Geheimer Regierungsrat. 

Bon feinen, auf das günftigite beur- 
teilten Werfen heben wir hervor: Armin 
(1851), Demetrius (1854), Goethe in Italien 
(1859), Eſſays (185975), Unüberwindliche 
Mächte (1859), DasLeben Michel '8(1870), 
Das Leben Rafael's (1872), Fünfzehn Eſſays 
(4. Aufl.). 

Grimmelt, Ferdinand. Ich bin ge: 
boren zu Gefcher in Weitfalen am 8. Mai 
1835, jtudierte nad) Vollendung der Gym: 
naftaljtudien zu Coesfeld Philoſophie und 
Theologie an der Akademie zu Münfter 
und wurde 1860 zum Prieſter geweiht. 
Weil ein heftiges Halsleiven mir eine an— 
jtrengende Berufsthätigfeit unmöglich 
machte, begab ich mid) nad) Holland, wo 
id während 4 Yahre als Erzicher lebte. 
Hier bildete die Lektüre der niederlän— 
diſchen Literatur, namentlih die Werfe 
des Jooſt van der Vondel meine Lieb: 
lingserholung und lernte ich in Letzteren 
einen Dichter kennen, hervorragend durch 
Fülle und Tiefe der Gedanken, wie durch 


faum dem Namen nad) befannt im deut— 


Grifar. 


{hen Vaterlande, dem er durd) feine Ge: | 


burt — zu Köln am Rhein — angehörte. 
Es reifte in mir der Entſchluß, die her: 
vorragenden Werke diejes Fürſten unter 


den Dichtern der Niederlande zum Ge: 
meingute meines Vaterlandes zu machen. 


Meine plögliche Abberufung aus der bis: 
berigen Stellung (1864) und meine An- 
ftellung als Kaplan in Liesborn verjchob 
die Ausführung des Planes; erſt 1868 
erichien die Bearbeitung des Trauerjpiels 
Vondels, des „Lucifer“, nebjt einer Le— 


bensbejchreibung des Dichters. Belonders 


die Anregung des blinden Profeſſors Dr. 
Schlüter, dem ich durch meine Überfegung 
näher trat, ermutigten mich, die Arbeit 
fortzufeßen und jo erjchienen noch ferner 
Jephta, Trauerjpiel in 5 Akten, und ein Bänd— 
hen geſammelter Gedichte Vondels, leg: 


teres in Gemeinjchaft mit dem damaligen | 


Studiojusundjegigen Profeſſor derKirchen— 
geſchichte am Prieſterſeminar zu Ryſen— 
burg, Dr. Andreas Janſen. 

Außerdem erſchien noch die Bearbeitung 
des apologetiſchen Werkes des Amſter— 
damer Advokaten Dr. Joan Bohl: Die 
Religion vom politiſch-juridiſchen Standpunkte 
(1874). 
den, jegt nad) Beendigung der Wirren 
bes Kulturfampfes zur friedlichen Arbeit 
an der niederländiichen Literatur zurüd- 
zufehren. Im Dezember 1874 wurde ich 
als erjter Seelforger nad) Heef bei Ahaus 
verjegt und 12/2 Jahre jpäter zum Pfarrer 
diefer Gemeinde ernannt. 

Grijar, Hartmann (Conft. Germa: | 
nus). Geboren zu Koblenz in Rhein: 


preußen am 22. September 1845, trat 


id) nach Abjolvierung der afad. Studien 
der Theologie zu Münfter und zu Inns⸗ 
brud als Dr. theol. und Prieſter, in den 
Jefuitenorden ein, mit der vollften Überzeu: 
gung von der Jrrtümlichfeit der gegen den⸗ 
jelben erhobenen Anklagen, eine Uber: 
jeugung, bie fich jeit meiner Zugehörig: 
feit zu demſelben nur befräftigen fonnte. 
Seit 1871 doziere ich an der theolog. Fa: 
fultät der k. k. Univerfität Innsbruck 


K>. er 
Gruseboch, ie) Auarmıı, SM 


199 


Gröber. 


Kirchengeſchichte; als deren o. ö. Profeſſor 
wurde ich nach erlangtem öjterr. Staats= . 
bürgerrechte von der Regierung ernannt. 

Nach verfchiedenen vorausgegangenen Arbeiten 
‚in Beitichriften publizierte ich 1882: „Galileis 
jtudien. Hiftor.-theol. Unterfuhungen über die 
röm. Kongregationsdekrete“ ꝛc. Dieſem Werte 
folgten 1883 meine „Reformatorenbilder. Hiſto— 
riſche Vorträge” zc., unter dem Pieudonym Con 
Itantin Germanus herausgegeben. Die ehren: 
vollen Rezenfionen, welche über beide Publika— 
tionen erfchienen, heben beſonders den Ton rus 
biger, verföhnlicher Erörterung und das von über: 
flüffiger Polemik abjehende Eingehen auf den 
Sachverhalt als Vorzug diefer Schriften hervor. 
1886 gab ich jodann auf Grund handichriftlicher 
Studien die Disputationes Tridentinae des 
hochangeſehenen Trienter Konzilätheologen Jaco: 
bus Zainez, General der Gejellihaft Jeſu, heraus, 
ı mit biftor. Einleitungen, Kommentaren ıc. Ber: 
ſchiedene Reilen, eine mit Unterftügung ber f. 
Akademie der Wiſſenſchaften von Wien, führten 
mich in der Zwiſchenzeit wiederholt nah Italien 
zu längerem Aufenthalt. Ich war dajelbit, und 
namentlich in Rom mit Sammlungen von Do: 
fumenten zur Gefchichte des mittelalterl. Papſt— 
tums beichäftigt. Seit ihrer Gründung im "gi 
1877 verſah ich die Innsbruder „Zeitichrift für 
kath. Theologie”, deren Redakteur ich eine Zeit 
lang war, mit Abhandlungen, Rezenfionen und 
Analekten kirchengeſchichtlichen Inhaltes, haupt» 
ſächlich wiederum aus dem Gebiete der Papſt— 
geſchichte ꝛe. 


Gröber, Mar Guſtav, geb. 4. Mai 
1844 zu Leipzig, ftudierte feit 1864 da- 
ſelbſt Philologie und Philojophie, wurde 
'1869 auf Grund einer für die Erforichung 
‚der Handichriftengenefis bahnbrechenden 
philologiſchen Unterſuchung über das alt: 
 franzöfiiche Epos „ Fierabras“ ebendafelbft 
zum Dr.philos. promoviert, 1871 Dozent, 
1873 außerordentliher Profeſſor der ro: 
maniſchen Philologie in Zürich, 1874 or: 
dentliher Profeſſor deſſelben Faches in 
Breslau und 1880 nad) Straßburg in glei= 
her Eigenichaft berufen. Als Herausgeber 
der von ihm 1876 begründeten Zeitichrift 
für Romanische Philologie, die mit der in 
Paris erfcheinenden „Romania“ zu den 
vornehmiten, diefem Zweig neuerer Philo— 
logie gewidmeten Zeitichriften gehört, hat 
er namentlich auf ein einträchtiges me— 
thodiſch⸗wiſſenſchaftliches Zufammenmirfen 





Hoffentlich wird es möglicd) wer: | A 








J 2 


Groll. 


der gelehrten Vertreter der romaniſchen 
Philologie der neulateiniſchen und der 
Länder deutſcher Zunge hingewirkt. In 
einem „Grundriß der Romaniſchen Phi— 
lologie“, der unter Mitwirkung hervor— 
ragender Fachgelehrter von ihm im Jahre 
1886 begonnen wurde, wird das Zukunfts— 
programm der jungen Wiſſenſchaft im 
Zulammenhang mit ihrer Geichichte ent: 
widelt und zum erften Male der Verſuch 
einer ſyſtematiſchen Darftellung des ge 
famten Inhalts der romanischen Phi— 
lologie gemadt. Seine weiteren litera= 
riſchen Arbeiten beziehen ſich auf alt: 
franzöfifhe Sprache und Literatur, auf 
die Überlieferung der Troubadourdichtung, 
auf romanische Sprachgeſchichte, Wulgär- 
latein 2c. und haben auch außerhalb feines 
Schülerkreiſes anftoßgebend gewirkt. 


Groll, Theodor, wurde am 3. De— 
zember 1831 in Düſſeldorf geboren und 
beſuchte die höhere Bürgerfchule. In früher 
Jugend ſchon ausgeiprochenen Einn für 
Poefie und Kunft zeigend, drängten ihn 
die Verhältnifie unabweisbar ins materielle 
Leben. Damit aber waren feine Studien 
nicht abgeichlofjen; jede freie Stunde viel: 
mehr wurde dazu benutzt. Nach fünf: 
undzwanzigjährigem erniten Schaffen hatte 
er ſich eine unabhängige Stellung errun: 
gen, welche gejtattete, ſich mehr der jchrift- 
jtelleriichen Thätigkeit zu widmen. — So 
erſchien 1885 das erfte Bändchen Gedichte 
in niederrh. Mundart unter dem Titel: 





200 


Groſſe. 

wo derſelbe ſeine Vorbildung erhielt, um 
ſich alsdann an den Univerſitäten zu Leip— 
zig und Wien dem Studium der Philo- 
jophie und Literaturgefchichte zu widmen. 
1872 übernahm ©. die Redaktion der 
„Allgemeinen Kunitzeitung“ und betrat 
damit die Laufbahn eines Journaliſten, 
der er treu geblieben iſt, nunmehr als 
Chefredakteur der Wiener „Neuen Illuſtr. 
Zeitung”, thätig. 

Hauptwerkfe: Junges Blut (Nov.), Weltliche 
Dinge (Nov.), Prinz Klotz. 

Groffe, Julius Maldemar, geboren 
25. April 1828 in Erfurt als der Sohn 
eines Geiftlichen (fpäter Konfiftorialrath 
in Magdeburg), der den Anaben früh 
ſchon für den eigenen Beruf beftimmte. 
Dies entiprad) jedod dem feurigen Sinn 
des Sohnes jo wenig, daß er den Bater 
zur Aufgabe feiner Bläne veranlaßte. Mit 
fih felbjt über feine Zukunft nicht im 
flaren, widmete er fich zuerft dem Beruf 
eines Architekten, ging aber ſpäter zur 
Jurisprudenz über, deren Studium er in 
Halle oblag. Gleichzeitig beichäftigte er 
fich eingehend mit Runft-Ziteraturgeichichte. 
Nach und nach begann der junge für Die 
Meifterwerfe deuticher Dichtkunft glühende 
Student, das jus zu vernadhläffigen, und 
als er fein erites Bühnenftüd über die 
Bretter gehen ſah und den beraufchenden 
Beifall der Menge kennen lernte, da ent- 
ſchloß er fich kurz, ſagte den Nechten ade 
und wurde Poet. Er fiedelte num zur 


„Seerfchtiaden. Humoresten aus dem Leben Paftor | nächſt nach München über und war bier, 
Gerft’s, weiland Gefängnisprediger in Düffeldorf. Ipäter auch furze Zeit in Leipzig jonrna- 
Dieſe Erftlingsgabe wurde günftig aufge liſtiſch thätig (als Redakteur der Beilage 
nommen, ebenfo zwei Novellen: Charakter: | der offiziellen Zeitung 1855—66 und 


und Beitbilder, und Schidfalswege, Aus fturm: 
bewegter Zeit. 1886 trat G. mit dem erften 
größeren Roman hervor: Die Freunde, nebft 
einer Vorgeſchichte, und 1887 erichienen die 
Erzählungen: Der Pfarrer im Gebirge und 
Das verlorene Dokument. 

Groller, Balduin, wurde am 5. Sep: 
tember 1848 in Arad geboren. Kurze 
Zeit nach feiner Geburt fiedelten die El- 








tern mit dem Anaben nad) Dresden über, 


‚ipäter der Münch. Propvläen), während 


welcher Zeit auch die meijten feiner mit 
Begeifterung aufgenommenen Dichtungen 
entitanden. 1870 übertrug die Schiller: 
jtiftung ihm das Generaljefretariat, in 
welcher ehrenvollen Stellung er jegt noch, 
in München lebend, wirft. Unter G.'s, 
von glänzender Begabung und höchiter 
Formbeherrſchung zeugenden Werfen, die 


‚ihrem Autor einen Plag unter den vor: 


Groß. 


nehmſten Dichtern der Zeit angewieſen 
haben, heben wir hervor: 

Deutſchland vorwärts (Ged.), Novellen (3Bde.), 
Untreu aus Mitleid (Rom.), Eine alte Liebe 
(Nov.), Wider Frankreich (Ged.), Gegen den 
Strom (Rom.), Der neue Abälard (Nom.), Der 
Revolutionär (Rom.), Maria Mancini (Rom.), 
Der Stadtengel (Rom.), Gejammelte erzählende 
Dichtungen (6 Bde), Der Wafunger Rath; Abul 
Kapins Seelenwanderung, Abenteuer des Kale— 
widen (Epen). — Geſammelte Iyr. Gedichte. — 
Natürliche Magie (Rom.), Offene Wunden (Erz.), 
Meue Erzählungen, Sophie Monnier (Rom.), 
Zmeierlei Mai (Rom.), Ein bürgerlicher Deme: 
trius (Rom.), Sherwood (Nom.), Der getreue 
Edardt (Rom.), Mimofen (Theaternovellen); Das 
Bürgerweib von Weimar (Rom.); Dramen: Die 
Dnglinger, Die jteinerne Braut, Jobann von 
Schwaben, Friedrid von der Pfalz, Per lebte 
Grieche, Judith, Gudrun, Dürers Erdenmwallen, 
Tiberius, Die Herzogin von Ferrara, Unter den 
Linden, Prospero. 


Groß, Cary, j. Chrift, Gmeiner. 


Groß, Ferdinand, wurde am 8. April 
1849 in Wien geboren, abjolvierte da— 
ſelbſt die Echule und betrieb alsdann auf 
eigene Hand philofophiihe und literari- 
iche Etudien, daneben eifrig journaliftiich 
beichäftigt. 1879 berief ihn die „Frank: 
furter Zeitung“ an die Spige ihres Feuille— 
tons, welche Stellung ®. jedoch bald nie- 
verlegte, um in die Redaktion der „Wie: 
ner Allgemeinen Zeitung” zu treten, der 


er noch jegt, als einer unjerer geiſtreich⸗ 


ften und feinfinnigften euilletoniften über: 
haupt, angehört. 

Hauptwerke: Geheimniffe, Kleine Münze, Mit 
dem Bleiftift, Der erfte Brief, Aus der Bücherei, 
Paſſionsbriefe, Die neuen Journaliften, Blätter 
im Winde. 

Groß, Heinrih, wurde am 20. Juli 
1849 in Niederfladnig als der Sohn des 
fürftl. Auersperg’ihen Juſtiziärs Johann 
G. neboren, befuchte zuerjt die Volksſchule in 
Saaz und abfolvierte daſelbſt auch die 
Gymnafialftudien. Nach abgelegter Ma— 
turitätsprüfung bezog er die Univerfität 
Prag, wo er anfangs mathematijche, ſpä— 
ter philofophische Studien betrieb und ſich 
für das Gymnafiallehramt vorbereitete. 
Er wirkte dann als Xehrer an der Mit: 


201 





Groß von Trodau. 


telfehule in Pilfen und Komotau, wurde 
1871 an die Militärafademie nad) Wie: 
ner-Neuftabt berufen, vertaufchte aber 
dieje Stelle bald mit einem Lehramte am 
Staatsgymnafium in Triejt, nachdem er 
fih mit einer liebenswürdigen Förfters- 
tochter vermählt hatte, mit der er noch 
heute in der Hafenjtadt an der Adria in 
glüdlichfter Ehe lebt. Hier gab er auch 
vielen der Schule entwachfenen Mädchen 
Unterricht in der deutſchen Literatur, bei 
welcher Gelegenheit er die hohe Bildungs» 
fähigkeit des weiblichen Gejchlehts und 
die natürliche Begabung deijelben zu ſchrift⸗ 
jtellerijcher Thätigfeit erfannte. Er be: 
Ichäftigte fi num eingehend mit dem weib— 
lihen Schrifttum, und die Frucht dieſes 
Studiums waren, außer zahlreichen Kris 
tifen und „Briefen über das deutiche 
Frauenſchrifttum“ in verjchiedenen Tages 
blättern und Zeitichriften, die Skizze 
Deutſchlands Dichterinnen und Schriftitellerinnen 
(1882) und die Anthologie Deutiche Dichte: 
rinnen und Schriftftellerinnen in Wort und Bild 
(1885), welche beide Werke von der Kritik 
äußerst günftig aufgenommen wurden, und 
G. vielfeitige Anerfennungen und Aus— 
zeichnungen eintrugen. Sein Streben ift 
e8, dem Frauenjchrifttum freie Bahn zu 
Ihaffen, und mander Erfolg it ihm und 
feinen zahlreichen Mitjtreitern denn auch 
bereits geworden. Viele Iyriiche Gedichte, 
Eſſays, Kritiken 2c. find in verſchiedenen 
Zeitjchriften zerftreut. 


Groß von Trockau, Augufte Jo: 
hanna ($. Berthen), geboren 3. Juni 1845 
zu Würzburg als die ältejte Tochter des 
Freiheren Friedrihd Groß von Trodau, 
Inhaber des Seniorats der älteren Li— 
nie, erhielt ihre Erziehung durch Hause 
lehrer und franzöfiihe Gouvernanten, jpä= 
ter fam noch der Beſuch der Fortbildungs- 
klaſſe einer Erziehungsanitalt in Würzburg 
dazu. Außer einem zweijährigen Aufent- 
halt in Genua, woſelbſt fie als Erzieherin 
in einer Familie plaziert war, hatte fie 
ihren Wohnſitz ftets in Würzburg im el- 
terlihen Haufe, woſelbſt fie zur Zeit noch 


— 


Groth. 


weilt. Bon ihren, durch die Kritik fehr 
anerkannten Schriften heben wir hervor: 

Drei Tage aus dem Leben einer Frau, Liebe 
und Zeidenjchaft, Aus den Bergen, Tante Lisbeth, 
Des Sohnes Sühne, Gefühnt, Ein Nürnberger 
Kind, Comteß Ilka, Poefie und Proſa, Minne: 
leid und Minneluft (Ged.), Ich heirate meine 
Tochter (Zuitip.). 

Groth, Klaus, wurde am 24. April 
1819 in Heide geboren als der Sohn ei- 
nes fleineren Zandwirtes, der nicht die 
Mittel beſaß, um denfelben, feinem Wunſch 
nad), jtudieren zu laſſen. Der mwifjens- 
durjtige und begabte Jüngling eignete fi 
daher als Autodidaft die für den höheren 
Lehrerberuf nötigen Vorfenntniffe an, 
nadhdem er das Seminar abjolviert und 
bereits an einer Volksſchule gewirkt hatte. 
Er ging nun zunädjit nad) Kiel und berei- 
tete fih für das höhere Lehramt vor. 
1857 habilitierte er ſich dafelbit als Pri— 
vatdozent für neuere Spradhen und Lite 
raturgeichichte und erhielt 1866 eine Pro: 
feſſur, nachdem er feine Kenntniffe zuvor 
auf mehrjährigen Studienreifen vervoll- 
ftändigt hatte. G. hat ſich befonders durch 
feine plattdeutichen Dichtungen befannt und 
um diejen Zweig der Literatur hochverdient 
gemadt. Nach Reuter dürfte Groth un: 
jtreitig als der bedeutendite und volkstüm— 
lichſte plattdeutiche (holftein. Dial.) Dich: 
ter anzujehen fein. 

Hauptwerfe: Quidborn (Ged., 15. Aufl.), 
Bertelln (Erz.), Voer de Goren (Ged.), Ut min 
Jungsparadies (Erz. ), Über Mundarten und mund: 
artliche Dichtungen. 

Grothe, Wilhelm (Carl Grey, Hug. 
v. Rittberg). Ih bin am 5. Oftober 
1830 in Berlin geboren, wo mein Vater 
Leiter einer Schule war. Nachdem ich 
diejelbe abjolviert hatte, wurde ich Zög— 
ling des Gymnaſiums zum grauen Klojter. 
Unter den Benfionären meines Vaters be- 
fand fich der Spätere Charafterjchaujpieler 
Adolf Herbit. Seinem Einfluß in frühfter 
Jugend iſt es wohl zuzuichreiben, daß mein 
Sinn fid der Bühne zumandte. 
Bater war gegen das Theater nicht einge: 
nommen, jedoch wollte er mich lieber als 


202 


Mein | 


Grothe. 


Theolog ſehen und beſtand auf das Studium, 


bis Ludwig Tieck und der Regiſſeur des 
Hoftheaters Weiß, wie der große Tragöde 
Moritz Rott meinen Vater von ſeiner 
Strenge abbrachten. So zog ich denn nach 
beendeten Studien in die Welt, um mein 
Glück als Schauſpieler zu ſuchen (1851). 
Während meines Theaterlebens ſind als 
literariſche Arbeiten einige ungedruckte 
Dramen zu nennen, die das Lampenlicht 
der Bühne geſehen, dann jedoch verloren 
gegangen ſind. So Correggio in Mantua 
und Wolfram von Eſchenbach. Auch Entwürfe 
zu anderen Schau: und Trauerſpielen ent— 
ſtanden. Mein unruhiges Blut ließ mich 
niemals lang an einem Orte weilen, und 
im Zigeunertum der Kunſt lernte ich die 
ganze Mifere des Theaters kennen, fo 
daß Ekel mich ergriff und id nad Ber: 
lin heimkehrte, um mir nun ein ſtändi— 
ges Engagement zu juhen. Durch einen 
Zufall traf ich mit meiner jpäteren Frau 
Elifabeth Marx zujammen, die mid) der 
Bühne treulos machte. Einige Novellen 
‚(zum Teil den Bühnenfreifen entnommen), - 
die ich in Zeitichriften hatte erjcheinen 
laſſen, wiefen mic auf die Literatur hin. 
In jene Zeit fällt aud) mein Zufammen- 
wirken mit Marjchner, dem ic in zehn 
Tagen das Libretto Hiarne gefhrieben 
hatte, fo wie ih auch das Traueripiel 
Jaczto und meinen erjten Roman Schwert 
und Kapuze oder König Wangeslam und Die 
Seinen (1861) verfaßte. Nach meiner Ber: 
heiratung (1860) gründete ich eine Ver: 
‚lagsbudhhandlung, die Anfangs prospes 
vierte, dann mir aber mein ganzes Ver: 
mögen koſtete. 1872 ftarb meine Frau, 
wonah ich den Geihäftsmann aufgab 
und mic ganz der Schriftitellerei zu— 
wandte. In der Zeit meines Buchhändler: 
tums entſtand ein großer Teil meiner Ro— 
mane (einige 30 Bde.), darunter die Kinder 
des Papftes, (ins Engl, Däniſche, Italie— 
nische und Czechiſche überjeßt) und Aus dem 
Reich der Lampenu. der Schminke, Schaufpieler: 
novellen, das Drama Inez de Cajtro, das 
‚fait an dem Todestage meiner Frau zus 











Grotthuß. — 
erſt in Berlin gegeben wurde, das Epos 
Schildhorn und Teufelſee, die Abhandlungen: 
Epikureiſche Gedanken von Hugo von Rittberg 
und Kriminalnovellen von Karl Grey. 
Daneben wirkte ich am Berl. Figaro. Die 


203 


Gruber. 


wieder, die mich von den Wahrheiten der 
fathol. Religion überzeugt hatten. Das 
find die Hauptpunfte meines Lebens. Ich 
\wohne nunmehr in Wien. 

Unter den, durch die Kritit höchſt anerfannten 





Dramen Ricdelieu und der Zambo gingen | Werken der Dicterin heben wir hervor: No— 


unter raufchendem B:ifall über die Bret- 
ter. In dem legten trat ich bei Gele: 
genheit eines Benefizes zum legten Dale 
auf. Auch mit den meilten Berliner 
Zeitungen trat ih in Berührung, für 
deren Feuilleton ih Novellen (meijt 
biftoriich) Ichrieb. 1874 verfaßte ich das 
Lieferungswerk: Berliner Leben, Dem 1875 


Der Bauernfönig und fein Liebhen und Die | 
1878 erhielt | 


Kinder des Glüdes folgten. 
ih einen empfindlihen Schlag, da der 
Ertrag meiner Arbeiten völlig verloren 
ging, id verarmte und aus Berlin nad) 
Friedrihshagen zog. Mit Energie griff 
ih zu der Feder und habe von da an 


vellen (1867), Die Geſchichte einer Groß: 
mutter (1868, 2. Aufl. 1881), Die Familie Rus 
nenthal (1870), Die Adoptiogeſchwiſter (1871), 
Die Männer der Loge (1872), Die gemiſchten 
Ehen (1874), Vier Lebensbilder (1376), Novellen 
(1878), Ein Bilderbuch ohne Bilder (1878), Die 
beiden Vettern (1880), Lucie (1881), Die Leib» 
eignen (1882), Die Rache Anna Dimitrowna’s 
(1854), Helene Grandfa& (1855), Wilhelm Hort 
(1886), Gineoſa Gantarini (1837). 


Gruber, 2, j. &. Anzengruber. 


Griündler, Adele, iſt am 2. April 
1854 zu Elberfeld als Tochter des da— 
maligen Poſtdirektors Sachſſe geboren. 
Durch mehrfahe Verfegungen des Vaters 
wechlelte fie in ihrer Kindheit öfter den 





einige 40 Novellen wie auch den Roman | Wohnort und fam 1862 nad) Arnsberg, 
Das Glüd und feine Saunen gefhrieben. Bon 1864 nad) Danzig, 1865 nad) Berlin, in 
Eriteren find viele nicht nur in Zeitichrif- welch letzterem Ort fie ihre ganze geiftige 
ten, jondern auch in Buchausgabe (z. B.  Entwidelung und fpeziell eine gründliche 
Unter dem geflügelten Löwen, Belladonna, Ruf: | Ausbildung im Klavieripiel durd Pro: 
füche Rebellen, Im Sturm der Leidenſchaft, Die |feffor TH. Kullak empfing. 1878 ver: 
Flibuſtier, Der Wilderer u. ſ. w.) erichienen. maͤhlte ſie ſich mit dem damaligen Hilfs⸗ 


Grotthuß, Eliſabeth Baronin von. 
Ich bin in Dürben, dem in Kurland ge— 
legenen Gute meiner Großeltern geboren, 
mein Vater diente als Ingenieuroberſt in 
der ruſſiſchen Armee. Ich ward in P 
tersburg erzogen, und hatte ſchon als Kind 
das Unglück, das Augenlicht zu verlieren. 
Meine guten Eltern brachten mich ins 
Ausland, um mich von den geſchickteſten 
Arzten behandeln zu laſſen. Doch konnten 
dieſe mir nicht helfen, ich geriet, denn 
ich war damals bereits erwachſen, faſt in 
Verzweiflung über mein Unglück, konnte 
mich gar nicht darein fügen. Da lernte 


Ür 


prediger an der Sophienkirche in Berlin 
Ernit Gründler, mit welchem fie 2 Jahre 
'fpäter die Landpfarre zu Langhelwigsdorf 
bei Bolkenhain in Schlefien bezog und nad 
‚abermals 3 Jahren nad dem alten fur: 
fürjtlihen Jagdſchloß Annaburg überfie- 
delte, wo fie noch jeßt wohnt. An die 
‚Offentlichkeit trat fie zuerſt mit einer Er: 
zählung im Töchter-Album, feitdem er- 
‚schienen zahlreiche Aufläge (Erzählungen, 
Abhandlungen, Kritifen, Reifebilder), in 
chriſtlichen Volksblättern und Kinderzeit- 
‚Schriften, auh in Mufikzeitungen. 


Gründorf, Karl, wurde am 1. Mai 





ih, die Proteſtantin, die fatholiihe Ne: 1830 auf dem Fellenihloiie Riegersburg 
ligion fennen und lieben, ich machte mei- in Steiermark als der Sohn eines fürſt— 
nen Rücktritt in diefelbe und ward ge— lich. Liechtenftein’ihen Verwalters und Be: 
tröftet; fie war es aud, die mich zur zirkskommiſſars geboren, empfing feine 
Scriftitellerin machte; denn ich gab in | Vorbildung im Gymnafium zu Graz und 
meinen erjten Romanen die Controverfen ſtudierte Philoſophie und Rechtswiſſen— 


Srünmwald. 


Ihaft. Die Liebe zur Kunſt ließ ihn das 
trodene Rechtsgebiet plößlich verlaffen, 
und als Echaufpieler zum Theater über: 
treten. 


fefretär in Preßburg, Linz, Salzburg und 
am Karltheater in Wien, woſelbſt er zwei 
Jahre verblieb. Hierauf trat er zum Thea: 
ter an der Wien als Theaterdichter über 
und wurde 1858 für das Theater in der 
Joſephſtadt als Schauspieler und Dichter 
engagiert. Nachdem G. beinahe zehn Jahre 
mit wechlelndem Glück der Bühne ange: 
hört und wohl die jugendliche Begeiite: 


rung für Thalia von der Sehnſucht nad) | 


einer geficherten Zukunft gedämpft wor: 
den war, trat er 1860 zur Kaiſerin Eli 
jabeth-Meftbahn als Beamter über, in 
deren Dienjt er bis 1886 ftand und da— 
jelbft die Stelle eines Bureau: Vorjtandes 
und Bibliothefars inne hatte. Auch als 


Gemeindevertreter für das öffentliche Wohl 
wirkte G.; er genoß das Vertrauen der | 


Gemeinde Fünfhaus (Wien), die ihn 1880 
zum Ortsichulrate wählte. Im ag 
1568 fungierte er als behördlich angejtell- 
ter artiftiicher Direktor des Sommer: 
Theaters in Hießing bei Wien. ©. it 
Verfafler einer Neihe von Theaterjtüden | 
(meiſt Volksſtücke), die mit Erfolg über 
die angelehenften Bühnen Öfterreichs und 
Deutichlands gingen. Hervorzuheben: 

Das Tifhrüden (1853), Ira Aldridge (1853), 
Trau— ihau— wem? (Volksſt. 1856), Ein Gulden: 
zettel (1857), Eine Schlange (1857), Ein Wun: 
derdoftor (1858), Ein Freund, wie er fein loll, | 
Opfer der Confuln, Noblesse oblige, Zu dreien, | 
Er Soll ſich austoben, Eilgut, 
Feuerprobe, Ein Nihilift, Don Quixote, In der | 
Einöd’, Modelle, Waſſerkuren, Hoch hinauf, tief | 
binab, Überall Broteftion, Der Sternguder (1887). | 
Jetzt iſt ©. Chef: Redakteur der Fachzeitung: 
„Neues Wiener Theaterblatt”. Außerdem viele 
Beiträge in Zeitichriften. 


Grünwald, Moriz. Geboren wurde 
ih am 29. März 1853 in Ung. Oſtra, 
Mähren. In Ung. Hradiich und in Wien 


(am afademiihen Gymnaſium) befuchte | 


und vollendete ich die Gymnaſialklaſſen, 
worauf ic) die Wiener Univerfität befuchte. 


204 


Von 1851 —54 wirkte er nun 
teils als Echaufpieler, teils als Theater: | 


Eine moderne 


Grünmald. 


Hier trieb ich befonders Philologie, orien- 
taliſche, Elaififche und moderne. 1873 be= 
zog ich die Univerfität zu Leipzig, wo ich 
die Vorlefungen der Prof. Fleischer, Loth, 
Barnde, Ebert befuchte. Im felben Jahre 
veröffentlichte ich: über die feltiichen Elemente 
im Sranzöfiihen. Hierauf wandte ich mich 
behufs RVervolllommnung der orientali= 
chen Spracden, insbefondere der Afin- 
riſch-Babyloniſchen nach Paris, woſelbſt 
ich durch Kahre weilte, und des vertrauten 
Umganges von Männern mie Oppert, 
Abbe Martin, Derenbourg, Halévy, 
Schwab gewürdigt wurde. Als Mitglied 
und Bibliothefar der Société philologique 
de Paris, wie als Mitglied der Societe 
de numismatique et d’archeologie hielt 
ich in beiden Geſellſchaften zahlreiche Vor⸗ 
träge. 1877 erhielt id eine Supplenten⸗ 
jtelle an der fönigl. Faiferl. Staats: 
Oberrealfchule in Budweis, wofelbft ich 
ein Sahr wirkte, und überdies in dem 
dortigen Kreisblatte zahlreiche Feuilletons 
in gebundener und ungebundener Form 
veröffentlihte. An dieſem Jahre ver: 
‚öffentlichte ich meine Splitter aus der Werk: 
ſtätte eines Sprachforichers, worin der x gegen: 
feitige Einfluß des Deutichen und Franzö— 
ſiſchen ganz bejonders beleuchtet werden 
ſollte. Im Jahre 1878 ging ich nad) 
Breslau an das jüdiich-theologiihe Se: 
minar, beiuchte drei Jahre hindurch die 
Vorleſungen dafelbit und erhielt mein Dis 
plom als Rabbiner. 1881 erbielt ich 
‚einen Auf als Rabbiner nad) Belovar in 
Croatien. Daſelbſt gründete ich das bis 
jett noch erfcheinende „Jüdiſche Central: 
blatt“, das nicht nur die bedeutenditen 
jüdiichen, ſondern auch dhriftlichen Theo: 
logen zu feinen Mitarbeitern zählt. Von 
Belovar aus Schrieb ich zahlreiche Feuille— 
tons, beionders aber pädagogiiche Auf: 
ſätze in Beitichriften. 1883 wurde id 
nach Piſek in Böhmen als Nabbiner be- 
rufen und auch dort hielt ih an der Aus— 
bildung und Erweiterung meiner Studien 
feſt, jchrieb die Geihichte der Gemeinde, 
in der ich wirfte, und zahlreiche Feuille— 





Grünwald⸗ZJerkovitz. 


tons unter eigenen Namen, wie auch un— 
ter dem Pſeudonym Dr. Friedrich Thugut. 
1886 erhielt ich einen Ruf als Bezirks— 
rabbiner nach Jungbunzlau. 
Zeit wirke ich neben meinem Amte als 
Rabbiner und Prediger als Religions— 
lehrer an den Volks: und Bürgerſchu— 
len, wie aud am f. f. Obergymnafium 
und als Direktor der hieſigen deutjchen 
Volfsihule.. Meine Muße verwende ich 
zur Abfaſſung einer Geichichte der Juden 
Böhmens, wovon der 1. Teil im Jahre 
1886 erichienen iſt. 

Außerdem hervorzuheben: Bibel, Talmud und 
Evangelium (1876), Die Bolksihule und das 
Leben (1878), Reformen in den öjterr. Schulen 
(1878), Die Mittelih. Deutichl. (1878), Über 
den Einfluß der Bibel ꝛc. (1882), Romaniſche 
Studien (1882 — 1883), Die jüdiihen Familien: 
namen (1856). 

Grünwald: Zerfovit,Sivonie,ent- 
ftammt einer durch Kailer Rudolf II. ge: 
adelten Familie und wurde 1559 in To- 
bitihau in Mähren als Tochter eines hoch- 
gebildeten Arztes geboren. Nur kurze Zeit 
bejuchte das Kind öffentliche Lehran— 
ftalten, die Normalſchule in Holleichau 
in Mähren, wohin fie mit den Eltern ge: 
zogen war, und gleic) darauf ein Mädchen: 
penfionat in Wien, wo fie einige Monate 
verblieb. Als ganz junges Mädchen 309 
fie nach Budapeſt zu Verwandten und 
erregte dort allgemeines Aufjehen dadurch, 
daß fie nad) kaum zweijährigem Aufent: 
halte in Ungarn die öffentlihe Staats: 
Prüfung als Profefjorin (tanär nö) für 
die Gruppe der Geſchichte und Sprade 
für ungariiche Bürgerfchulenin ungarischer 
Sprache ablegte und in Tages: und belle: 
trijtiichen Blättern Eſſays und Lieder in 
magyariicher Sprache veröffentlichte. 1875 
reilte fie nah Münden, um daſelbſt für 
die Bühne ausgebildet zu werden, ver: 
lobte fich aber dort nach furzem Aufent- 


halt mit einem Sprofien des fürſtlichen 


Geſchlechtes Kolofotroni, einem Enkel des 
berühmten griehiihen Nationalhelden 
Theodorosst., dem fie einige Wochen jpäter 
nad) Athen als Sattin folgte. Nach kurzer 


205 


Seit dieſer 


— Grüß. 

unglücklicher Ehe ließ ſie ſich von ihrem 
Manne ſcheiden. Sie kehrte nach ihrer 
Heimat, nach Mähren, zurück und ver— 
heiratete ſich bald darauf zum zweiten 
Male mit dem Fabrikanten Leopold Grün— 
wald in Wien, mit dem ſie in glücklichſter 
Ehe lebt. 1887 erſchienen (anonym) 
ihre, bereits in 3. Aufl. vorliegenden Lie— 
der der Mormonin in Papyrusrollenform, 
die einen großen Erfolg hatten und durch 
ihre Originalität in Inhalt und Aus— 
ſtattung beſonderes Intereſſe erregten. 


Grüſß, Chriſtian, wurde am 13. Auguſt 
1830 zu Drachenhauſen in der Nieder— 
Lauſitz als der vierte Sohn eines Land— 
mannes geboren. Mit dem zehnten Jahre 
kam er zu ſeinem älteſten Bruder Martin, 
einem Lehrer, in körperliche und geiſtige 
Pflege. Dieſer, ſelber poetiſch beanlagt, 
‚legte ſchon den Keim zur Dichtkunſt in 
‚des Knaben Herz. 1849 — 51 verbrachte 
er auf dem Seminar zu Neuzelle, jeinen 
Berufsftudien hingegeben. Seine freie 
' Zeit benugte er, um fic) in das Studium 
der Klaffifer zu vertiefen und um nad) 
Herzenoluſt „Verſe“ zu ſchmieden. 1851 
führte ihn ſein Geſchick nach Berlin. Hier 
wurde er Jugendlehrer und hatte das 
Glück, einen Freundſchaftsbund mit dem 
früh verſtorbenen Dichter Oppermann zu 
ſchließen, der anregend auf ihn wirkte. G. 
hat mehrere Jugendſchriften geſchrieben, 
die von der Kritik ſehr günſtig aufgenom— 
men wurden; hervorzuheben iſt: Der kleine 
Kindergarten (1864). Außerdem hat er einen 
Band Dichtungen unter dem Titel Mutter: 
liebe (1871) veröffentlicht, welche in dritter 
vermehrter Auflage ericheinen. Neben jei- 
ner amtlichen Thätigfeit als Rektor einer 
'ftädtiihen Schule in Berlin beteiligt er 
ſich als Mitarbeiter an verfchiedenen Zeit: 
ſchriften. 

Grunau, Joſeph, geb. am 11. Dezem— 
ber 1864 zu Köln a. Rh., ging nad) voll— 
endeten Symnaftalitudien als fahrender 
Schüler nach Belgien, England und Frank— 
reih. Seit 1886 in Straßburg als Abbe. 











Grund. 


Gründete im jelben Jahre das Organ für 
kathol. Poeſie „Die Neue Sionsharfe”, 


206 





—“ 


Grunert. 


der erſten Inſtitute Londons trat ſie ler— 
nend und lehrend zu gleicher Zeit auf. 


welche er ſeit 1887 mit Leo van Heem- Dort fand fie auch im Haufe Ferd. Frei⸗ 


ftede unter dem Titel „Dichterftimmen 
der Gegenwart“ herausgiebt. Im März 
1887 gründete er die „Katholiſche Dich: 
terſchule“ zur Hebung katholiſcher Dich: 
tung. Beichäftigte fih außer Poefie mit 
Kritik, Länder: und Völkerkunde und Po— 
litik. 
Grund, M., ſ. M. Grundſchöttel. 


Grundemann, Peter Reinhold, geb. 
zu Bärwalde (Am.) am 9. Januar 1836, 
befuchhte das Gymnafium zu Stettin 1847 
bis 1854, ftubierte in Tübingen, Halle 


und Berlin (1854— 58), nad) Reifen in 


Griechenland und Norwegen wurde er 
Hilfsprediger in Pouch bei Bitterfeld (1861 
bis 1863), Gefängnisprediger in Frank: 
. furt a. D.(1863—65), als Milfionsfar- 
tograph in Gotha 1865— 69. Eeit 1869 
Baftor in Mörz bei Belzig. Sein in Gotha 
gearbeiteter Allgemeiner Miffionsatlas wurde 
ein bahnbrechendes Werf. Demfelben folgte 
der Kleine Miffionsatlas (2. Aufl. 1886). Auch 


ren Sinne beichränfte ©. faft ganz auf 
die Heidenmilfion. 

Hervorgehoben: Kleine Miljionsbibliothet (1876 
bis 1881), 3. F. Riedel, ein Lebensbild (1873), 


und zahlreiche Artikel in der „Allgem. Miffionss 


zeitfchrift”, von denen einige, namentlih „Sta 
tiftit der evangel. Miffion“ in befonderer Ausgabe 
weitere Verbreitung erlangten. Auch in den „Ge: 
ſchichten und Bildern aus der Heidenmilfion” bat 








G. zu den trefflichen Farbendrudbildern die Ge: | 
Ihichten geliefert. Seit kurzem erjcheint von ihm 


eine Reihe voltstümlicher Feiner Miſſionsſchriften, 


Grundfchöttel, Marie, wurde am 


20. Juni 1832 in Koblenz als Tochter des. 


damaligen Staatsprofurators und jpäte: 
ren Yuftiz:Senatspräfidenten und Geh. 
Nats ©. geboren, verlebte ihre Jugend» 
jahre in Köln, Koblenz-Ehrenbreitjtein und 
Paderborn. Im Hauje mußte fie früh die 
verjtorbene Mutter vertreten, und nad) 
dem plößlichen Tode des Vaters entichloß 
fie fi, Lehrerin zu werden. In einem 





ligrath's Freundihaft und Ermutigung. 
Bon London begab fie fich in ein Penfio- 
nat nad) Brüflel, abfolvierte das Lehre— 
rinnen-Eramen in Düfjeldorf, war in einer 
deutichen Anftalt als Lehrerin thätig und 
ging dann auf eine Reihe von Jahren in 
den Süden. Ahr Beruf als Erzieherin 
führte fie nad) Italien, ſpäter nad der 
Inſel Wight, dann wieder nad) Jtalien, wo 
fie den Winter in Piſa, den Sommer hoc) 
in den Appenninenund am liguriichen Meer 
verlebte. Nach zehnjährigem Aufenthalte 
im Auslande fehrte fie nach Deutihland 
zurüd, widmete fih mit Eifer dem Stu— 
dium der Kunſt, abjolvierte das Eramen 


‚auf der Akademie der Künfte in Berlin 


als Zeichenlehrerin und wurde dann in 
Köln an der höheren Töchterſchule anges 
jtellt. ©. ſchrieb für verfchiedene belle 
triftiiche Journale in Poefie und Profa, 
auch überfegte fie Dichtungen in den Fors 
men der Originale aus fremden Epraden. 


Als Buch erfchien: Diefieits und jenfeits 
feine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit im enge: — efſeits und jenſei 


der Alpen (Nov. 1874). 
Grunert, Julius Theodor, wurde am 
31. Januar 1809 in Halle a.d. ©. ges 


boren. Schon frühzeitig befeelte den Kna⸗ 


ben der glühende Wunſch, Forfimann zu 
werden. Nach Abjolvierung des Gymnas 
fiums widmete er fi daher mit großem 
Eifer dem Studium der Naturwiſſenſchaf— 
ten auf der Univerfität Halle, nach deſſen 
Vollendung er zum Oberförfter Krüger zu 


‚ Oberberg fam, bei welchem er in die Forſt⸗ 


„Dornen und Ähren vom Miffionsfelde” (1887). und Jagdlehre eintrat. 


Genügend vor: 
bereitet, bezog G. 1831 die damals unter 
Pfeil blühende höhere Forftlehranftalt Neu: 
ſtadt-Eberswalde, danach wiederum die 
Univerfität Halle, um noch Staats: und 
Rechtswiſſenſchaften zu hören. 1936 legte 
er die forjtliche Staatsprüfung, 1838 bie 
Feldmeflerprüfung ab. Nachdem ©. als» 
dann die preußische höhere Forftkarriere in 
allen ihren Phaſen durchlaufen, auch von 
1859 — 1866 als Direktor der Forftafas 


Grunewald. 


demie Eberswalde gewirkt hatte, fuchte 
er 1878 als UOberforftmeijter in Trier 
feinen Abichied nad, der ihm in ehren: 
der Weiſe und unter Verleihung des 
roten Adlerordens gewährt wurde. 

Bon feinen, um die Foritwilienichaft hochver— 
dienten Werfen beben wir hervor: Der preufifche 
Se: (1869, 2. Aufl. 1883), Forftlehre (1. Die 
orftlichen Hilfswiſſenſchaften, 2. Die Forftwifien- 
haft, 4. Aufl. 1884), Jagdlehre (1879— 80), Die 
Forſtlehrlings⸗ und die Förfterprüfung (1885), 
Die Jagdgefetgebung Preußens in ihrer geichicht- | 
fihen Entwidelung (1885); 1861 gründete er 
bie Zeitichrift „Forftliche Blätter,” welche er mit 
Borggreve bis jegt fortgeführt hat. 


Grunewald, 5, ſ. 8. v. Zobeltig. 


207 





Grunzel, Joſef 2. Geboren den 23. 
Dftober 1866 zu Alt-Paka in Böhmen, 
fam ich frühzeitig nach Neichenberg und 
abjolvierte —8 das Gymnaſium. Be— 
reits während meiner Gymnaſialzeit be— 
ſchäftigte ich mich auf das eingehendſte mit | 
den Spraden, und als ich 1884 die Wie: 
ner Univerfität bezog, widmete ich mid) 
dem Studium der Orientalifti. Meine 
Sprachkenntniſſe veranlaßten das Drga= 
niſations-Komité, mir die vorbereitenden 
Arbeiten für den VII. internationalen 
Drientaliften:Kongreß zu übertragen, der 
1886 in Wien tagte. Darauf unternahm | 
ich eine längere Orientreife, hielt mich zwei 
Monate in Konftantinopel auf und begab 
mid 1886 nad Paris, um mid) in Chi— 
neſiſch, Japaniſch und Malayifch zu ver: 
vollfommnen. In den Abhandlungen der 
Akademie der Wiffenichaften, jowie in vie 
len deutſchen und ausländiichen Zeitichrif: 
ten erſchienen Beiträge von mir, teils fach— 
wiſſenſchaftlichen, teils rein literarischen 
Charakters. Heuer ericheint im Drude 
meine Geſchichte der osmanischen Literatur. 


Günther, A., j. Herzog Elimar. | 


Günther, Georg, ift geboren zu Al- 
tenburg am 17. Dezember 1845 als Eohn 
des befannten Balladendichters Friedrich 
G. (geftorben als Kirchenrat zu Nonne: 








burg 1883) und genoß von feiten beider 
Eltern eine forgfältige Erziehung. Faſt 


Günther. 

nur vom Vater vorgebildet, trat G. nad) 
vollendetem 14. Zebensjahr in die Prima 
des Altenburger Friedrihs-Onmnafiums 
und abfolvierte diejes, um ſodann, na— 
mentlich angeregt durch den damaligen Ref: 
tor, den tüchtigen Philologen H. €. Foß, 
die Haffischen Sprachen, Geichichte und 
Altertumswiſſenſchaft zu ftudieren. Von 
1864—65 hielt er fich zu diefem Zweck 
in Sena, wo er bejonders Göttling und 
Nipperdey, von 1865—66 in Bonn auf, 
wo er vor allen Ritihl und Otto Jahn 


hörte, ohne fi durd das Studium den, 
' Genuß eines frohen Burfchenichafterlebens 


und der reichen Naturſchönheit beider Orte 
einschränken zu laffen. Von 1866 an bes 
ſuchte er die Univerfität Leipzig, mofelbft 
er 1868 zum Dr. phil. promovierte und 
furz darauf ſein Staatseramen bejtand. 
Dem erwahten Mandertrieb zu fteuern, 
veranlaßte ihn zunächſt eine im jchönen 
Dresden fich bietende vorteilhafte Privat⸗ 
ftellung, in welcher er fi 1871 verheis 
ratete. Im nächſten Jahre berief ihn das 
Miniftertum andas®ymnafium zuBaugen, 
von wo er wieder ein Jahr fpäter nad) 


‚der Hauptftadt des Vogtlandes, Plauen, 


verjeßt wurde. Die Stille der Provinz, 
welche ihm 14 Jahre lang anjtatt der 
größeren Anregungen einer Großjtadt bes 
Ichieden blieb, nüßte er zu eingehenden 
Studien vornehmlich der alten wie neuen 
Dramatik und zur Abfaffung einer Reihe 
von Dichtungen und gelehrten Schriften, 
von denen er die erfteren vorläufig mehr 
zurüdhielt, während die Publikation der 
legteren, namentlich feiner Grundzüge der 
tragiſchen Kunſt (1885), ihm allgemeine Ans 
erfennung und außer derjenigen gelehrter 
und belletriftifcher Zeitichriften die g. 1. Me— 
daille f. K. u. W. und den Brofeffortitel ein- 


bradhte. 

Außerdem hervorzuheben: Otto der Dritte 
(Trauerip. 1874), Beiträge zur Geſchichte und Aſthe⸗ 
tif der antifen Tragödie (1880), Alerei Orlow 
(Trauerfp. 1884), König und Giftmifcher (1884, 
ins Stalienifche überjegt von Dr. Alfredo Mazza 
in Rom), Roſe und Afazia, gefammelte Reden 
(1887), Zeugniffe und Protefte, vermiſchte Auf 
fäge über tragiihe Kunſt (1887). 


Günther v. Freiberg. 
Günther v. Freiberg, ſ. Pinelli. 


Giünthert, Julius Ernjt von, wurde 
am 26. Januar 1820 zu Ludwigsburg ge 
boren. Als der Sohn einesOffiziers wurde 
aud) er zumSoldaten bejtimmt. Bald aber 
follte in ihım die Begeiſterung für die Boefie 
erwacen. Als Kadett — er war nad) der 
Konfirmation als Freiwilliger in ein In— 
fanterie-Regiment eingetreten — ſchaffte 
er ſich von jeiner kärglichen Löhnung Scil- 
lers Werke lieferungsweije an, zu denen 
Goethe und Shafejpeare fi geiellten. 


"Alle diefe und andere Meijterichöpfun: 


gen verichlang er mit förmlichem Heißhun— 


ger, jede freie Minute ihnen midmend. 


Nach gut beitandener praftiicher und theo— 
retiiher Prüfung zum Offizier vorgerüdt, 
veröffentlichte er auf Anregung von Guſt. 
Schwab, der jo manchen jungen Boeten 
ermutigte, Gedichte, denen Überjegun: 
gen, Erzählungen, Stimmungsbilder in 
Miener Blättern und fachliche Auffäge in 
Militärzeitichriften folgten. Seine Ge: 
ſänge, die die Heldenthaten Radetzky's feier: 
ten, erwirften ihm die Verleihung der gol: 
denen Medaille pro literis et artibus. 
Viſcher, der Ajthetifer, der G. wohlmwollte, 
führte ihn einem Kreife von Männern zu, 
die von bleibender Bedeutung für ihn wur: 
den: Uhland, Kerner, Strauß, Möride und 
Notter, welche legteren durch ein inniges 
Freundſchaftsband mit ihm verbunden wa— 
ren. G.'s Werke: Mörike und Notter, die Er- 
innerungen eines Schwaben und Barbablanca, 
haben ihm hohe Anerkennung erworben. 
G. lebt nunmehr, nahdem er bis zum 
Oberſt emporgerüdt ift und fein fünfzig: 


jähriges Dienitjubiläum gefeiert hat, in 
Stuttgart, eifrig mit literarischen Plänen | 


und Arbeiten beichäftigt, von welchen meh: 
tere: Agnes, eineNovelle, Gedichte, Dornenkronen 
bereits gedrudt vorliegen. 


Guerard, Wilhelm von,geb. 11. Juli 
1837 in Elberfeld als jüngjter Sohn des 
verit. Seh. Sanitätsrates Dr. Theodor v. ©. 
in Elberfeld, widmete fih dem Studium 
der Zahnarzneitunde und ift feit 1871 in 


208 


= Güthling. 

| Berlin als Hofrat und Hofzahnarzt an: 
ſäſſig. Er it Berfafler zahlreiher Schrif- 
ten auf dem Gebiete der Zahnpflege, 
Mitarbeiter der medizinischen Hausbücher 
(Zahn: und Mund-Krankheiten und Zahn 
pflege), hat ſich durch viele populärwilien- 
ſchaftliche Borträge und Flugblätter als 
eifriger Förderer der Zahnpflege hervor: 
gethan und erfreut fih aud als aus- 
übenver Zahnarzt eines weit über Berlin 
binausreidhenden vorzügliden Rufes. 


Güthling, Karl Eduard, geboren den 
23. Februar 1824 zu Lengerich in Weftf., 
vorgebildet auf dem Gymnafium in Bader: 
born, jtudierte in Münfter und Berlin 
Philologie und Geſchichte, 1848 Lehrer, 
1851 Oberlehrer am Gymnafium zu Din: 
den, 1862 Prorektor in Bunzlau i. Schl., 
1865 Direktor in Yauban, 1867 Direktor 
des Gymnafiums in Liegnig, wo er nod) 
jegt wirft: 

Hauptwerfe: Kurfürft Morit von Sachen (1858), 
DerL, Annäus Seneca Apokolokyntosis (1861), 
De latinitate false suspecta (1863), $rammatifa 
(1865), Beiträge zur Kenntnis der klaſſ. Latinität 
(1866), De Titi Livii oratione disputatis. 
Gap. I. (1867 —72), Die erften weitfältfchen Hu- 
maniften (1867), De Taciti Agricola (1878), 
Die Lehre des Arijtoteles von den Seelenteilen 
(1882). 

Güthling, Otto August Heinrich, 
Sohn des vorigen, geboren den 28. 
Februar 1853 zu Minden, vorgebildet 
auf dem Gymnaſium zu Bunzlau i. Schleſ., 
Zauban und Liegnig, jtudierte von 1871 
an Theologie und Philologie in Göttingen, 
wirfte 1875 als Lehrer am Gymnafium in 

| Liegnig, 1877— 1884 in Gark a. d. Ober, 
feit 1884 als Gymnaftallehrer in Liegnig. 

Außer mehreren Überfegungen (Lykurg, Iſo— 

frates, Livius, Thukydides, Terenz, Xenophon, 
Bergil, Plutarch u. m. a.) gab er den Dvid u. 
Bergil in neuen Terten heraus. 


Güthner, Nina, geboren am 25. Aus 
guſt 1835 als die Tochter des Ritters Franz 
Lothar Fuchs von Bimbah in Bimbad, 
einem Gute in Bayern, erhielt im Haufe der 
Eltern eine trefflihe Erziehung, vermäßlte 
fih 1859 mit einem bayrifchen Offizier, der 








Guglia. — 209 — Guntram. 


nach dem franzöſiſchen Feldzug als Major Krakau, abſolvierte das Gymnaſium zu 
ſeinen Abſchied nahm und mit ſeiner Fa- Graz und widmet ſich dem Studium der 
milie nach Neu-Ulm zog, wo die als beliebte | Medizin. Er beſchäftigt ſich mit Über: 
Mitarbeiterin einer großen Anzahl von fegungen polnifher Dichtungen ins Deut: 
Zeitihriften befannte Dichterin noch jegt ſche, die jehr gelobt werden, befonders 
lebt. ‚die Übertragung von Adam Asnyks aus: 


Hauptwerke: Die Wahl (Dram.), Balladen, gewählten Gedichten (1887). 
Des Henkers Tödhterlein von Ulm (Rom.), Die , 
Schwanenjungfrau (Nov.). Guntram, K. |. Camillo Wagner. 


Guglia, Eugen, geboren zu Wien am) Gurlt, Ernit, wurde am 13. Sep- 
24. Auguft 1857, verließ die Schule, um | tember 1825 als der Sohn eines um die 
als Lehrling in eine Buchhandlung zu Tierarzneikunde jehr verdienten Gelehrten 
treten, entſchloß ſich jedoch nachträglich im Berlin geboren, ſtudierte daſelbſt Me— 
zum philoſophiſchen Studium und abſol- dizin, promovierte 1848, machte eine wiſ— 
vierte zu dem Zwed Realſchule und Gym ſenſchaftliche Reife nach Frankreich, Groß: 
nafium. 1877 bezog er die Univerfität pritannien 2. und war von 1852—56 
jeiner Baterftadt und itubierte Geſchichte Langenbecks Aſſiſtent an der chirurgiſchen 
und moderne Philologie unter Muſſafia, Klinit. 1853 habilitierte er ſich als Pri- 
D. Lorenz und A. Fournier. Nach Vollen⸗ vatdozent für Chirurgie, wurde 1862 
dung ſeines Studiums promovierte er außerord. Profeſſor an der Univerſität 
1882 zum Doktor, abſolvierte das Staats⸗ Berlin. G. hat ſich in den Feldzügen 
examen und trat als Supplent in die 1864, 1866 und 1870 als tüchtiger Kriegs- 
Realſchule zu Währing ein. 1885 wurde chirurg und Operateur bewährt. Sein 
er als wirklicher Lehrer an eine Oberreal-⸗ | yorzüglichites Gebiet iſt die Heilung von 
ihule zu Prag, 1987 zurüd nad Wien: Anochenbrühen und Gelenkkrankheiten, 
Währing verjegt. Neben feiner amtlihen für die er eine neue Methode der Gelenk— 
Thätigkeit war G. vielfach literarifch thätig,  rejettion vorgeſchlagen hat. Die Geihichte 
indem er zahlreiche hervorragende zumeift und Statiftif der Chirurgie ift wejentlich 
literarhiftorifhe Feuilletons und Eſſays durch feine Arbeiten bekannt geworden. 
für Zeitungen und Zeitigriften lieferte. | Zudem ift er Mitarbeiter an medizini- 
Gegenwärtig arbeitet er an einem größeren ſchen Enzyflopädieen, redigiert die Zeitz 
Werk: Der Urfprung der Gegenrevolution in schrift „Kriegerheil”, das Organ der Ber: 
Frantreich. ‚eine vom rothen Kreuz, das „Biograph. 

Gumpert, TH., ſ. Th. v. Schober. | Lerifon der hervorragenden Arzte aller 
owi Rudi d Zeiten und Völker“ und iſt Mitbe— 

Gumplowiez, Ludwig, wurde am gründer von Langenbecks „Archiv für 
23. März 1838 in Krakau geboren. Er füniſche Chirurgie" geweien. 1885 er— 
wirft jeit 1876 als Dozent, jeit 1883 als hielt ©. den Charakter als Geheimer 
Prof. ber Staatswiſſenſchaften an der Unis | Mepisinalrat. Won feinen hochverdienten 
verfität in Graz. Bon feinen Werfen | merken heben wir hervor: 
heben wir hervor: Beiträge zur vergleichenden pathologijchen Ana⸗ 

Philoſophiſches Staatsrecht (1877), Das Recht tomie der Gelenkfranfpeiten (1853), Über die 
der Nationalitäten in ſterreich- Ungarn (1879), | Eyftengeihwülite des Haljes (1855), Über den 
Rechtsſtaat und Sozialismus(1550), Berwaltungs: | Transport Schwerverwundeter und Kranfer im 
lehre mit Rüdjiht auf öjterr. Verwaltungsrecht | Kriege (1859), Handbuch der Lehre von den 
(1881) Der Raſſenkampf (1882), Grundriß der Knochenbrüchen (186065), Leitfaden für Ope— 
Soziologie (1855). | zationdübungen am Reue, a 6. un 

. . u 885), 2 zur Krankenpflege Fe 

Gumplowiez, Ladislaus, Sohn des (1868), Zur Geihihte der Internationalen und 

Vor., geboren am 14. Februar 1869 in freiwilligen Krankenpflege im Kriege (1873), Die 








Das literariihe Deutihland. 14 


Guſtafsſon. — 210 — Guttmann. 


Kriegschirurgie der letten 150 Jahre in Preußen Guttmann, Hermann, wurde am 17. 
(1875), Die Gelenk: Refeftionen nad) Schußrer· Auguſt 1848 in Namslau, Reg.Bezirk 
gen \ABTO). Breslau, geboren, wo fein Vater Kauf: 
mann war. Bis zu feinem 10. Xebens- 
jahre befuchte er die Schule feiner Vater- 
jtudierte er in Leipzig und Berlin (1876 er eig Mg ae 
bis 1877) unter 5. Ritſchl, ©. und E. Reife für das Univerfitätsftudium erhielt. 


Eurtius, Th. Mommſen u. a. Philologie. | Ariprünati ; 
, Ä 2“ prünglich für den Apotheferjtand be: 
1879—80 madte er eine neue Studien- ftimmt, 309 ihn feine Vorliebe für bie 


reife durch Deutichland, bereifte auch die Naturwilienihaften zur Medizin Bin. 
Schweiz und Italien. 1882 wurde er Nachdem er einige Zeit als Gehrfing in 
zum orbentl. Profeffor der römischen Phi- einer Breslauer Apotheke zugebracht, be: 
(ologie an der Univerfität Helfingfors er⸗ gab er fich nad) Berlin, um dafelbit fich 
nannt. An den legten pädagogiſchen Res | dem Studium der Medizin zu widmen, 
formbeftrebungen in Sinnland hat G. Ieb- 1870— 71 war er bei der freiwilligen 
haftejten Anteil genommen, man wählte Krankenpflege im Garnifonlazareth zu 
ihn zum Präfes der Direktion des Läro- Saarlouis thätig. Nachdem er 1972 in 
verket für gossar och flickor. ©. hat Zerlin die mebiz. Doktorwürde erhalten 
lateinische Abhandlungen veröffentlicht über hatte, fette er feine Stubien in Halle, 
verſchiedene Gebiete der Haffühen Phi Seipzig, Jena und Mürzburg fort. 1874 
lologie und zahlreiche philologiihe und defiand er in Berlin die Staatsprüfung, 
päbagogifche Regenſionen und Auffäpe (auch jyojefpft ex als Arzt thätig it. 1875— 76 
metriſche Überjegungen) in deutſcher, la⸗ npfolvierte er feine Dienftpflicht als Mir 
teiniſcher und ſchwediſcher Eprade. Auch jitärarzt. 1884 eridien zum erftenmale 
ſchrieb er in finnländiſchen Zeitihriften die yon ihm herausgegebene Monatsjchrift 
über deutfche Verhältniſſe. Hervorzuhe— „Hogieniihe Rundihau”. Bon G.s zahl: 
ben: Eine Biographie über F. Ritſchl (1877), | reichen Abhandlungen erwähnen wir: Die Diph: 
Über die klaſſiſchen Studien in Deutſchland (1878), | fperitis in ihrer Bedeutung für die Familie, Über 
Über C. Nohls Reformpädagogif (1886). Seit | den Wert der Impfung, Ift das Tabadrauchen 
1887 ift ©. Herausgeber einer ſchwe— Dre hg er ng * 
— ei ‚Epide > Sind ( — 
diſchen literariſchen Zeitſchrift der „Finsk Ylutsverwandten ſchädlich? Über die Beerdigung 
Tidſkrift“ in Hellingfors. | Scheintodter, Über Hautpflege ꝛe. Außerdem ift 
G. ärztlicher Mitarbeiter vieler Zeitſchriften. 
Gutbier, Luiſe Jeannette Chriſtine Guttzeit, Johannes, wurde 1853 zu 
(Jean Chriſt), wurde am 29. Mai 1836 Königsberg i. Br. als Sohn eines ver— 
in Seidingſtadt als die Tochter eines thüs abſchiedeten Offiziers, Lehrers und fpäteren 
ringiſchen Geiftlihen (jest Kirchenrat) Beamten geboren, war, nad) häufigem 
geboren, empfing eine vorzügliche Erzie- Ortswechſel in der Kindheit und Erziehung 
bung und verheiratete fid 1854 mit einem | inder Kadettenſchule, von 1871— 79 preus 
Kaufmann. Als dieſes Band durch den ßiſcher Infanterieoffizier. Nachdem er 
Tod des Gatten gelöft wurde, ging fie feinen Abfchied genommen, lebt er vege: 
nod aus innerem Drang zur Bühne, | tariich und widmet feine ganze Muße lite: 
entjagte ihr indes bald und gab ſich nun rariſchen Arbeiten, von denen mehreren 
ausſchließlich ihrer ſchriftſtelleriſchen Thä- cine günftige Aufnahme zuteil wurde: 
tigfeit Din. Von der Kirche zur Natur, Unfinn und Inmoral 
Hauptwerfe, meilt Dramen: Napoleon, Mara, in bibliihen Gedichten, Worin befteht uniere 
Im Banne der Schuld, Eleagar, Moderne Kuren; | Unfterblichfeit? Sprüche zur Scelenveredlung, Der 
Menfchen von Adel, Tante Eva’s Erben, fonfequente Humanismus. 


Guſtafsſon, Fridolf, wurde 1853 in 
Finnland geboren. Außer in Finnland 








Haardt von Hartenthurn. 


9. 


Haardt von Hartenthurn, Vin 


zenz, geboren am 13. Augujt 1843 zu 
Iglau in Mähren, genoß jeine Ausbil: 
dung in der Militärafademie W.-Neu: 
ftadt, aus welder er 1862 als Leutnant 
in die öÖfterreichiiche Armee eintrat. Nach 
Abjolvierung der Kriegsichule in das Ge: 
neraljtabsforps eingeteilt, wurde er viel- 
fah in wiſſenſchaftlicher Richtung ver: 


wendet, wobei namentlich die Yandes-Be: | 


Ihreibungs-Arbeiten in den öfterreichifchen 
Küftenprovinzen Dalmatien, Iſtrien, Kü— 
ftenland 2c. für feine fünftige Laufbahn 
enticheidend geworden find. Zu Anfang 


der 70ger Jahre mit dem Lehramte der, 


höheren Taftif an der technifchen Militär: 
afademie zu Wien betraut, verließ er — 


mittlerweile zum Hauptmann im General: | 


ftabstorps vorgerüdt — die militärische 
Laufbahn und übernahm 1877 die willen: 
Ihaftliche Leitung der geographiichen An- 
ftalt von Eduard Hölzel in Wien. Hier: 
mit betrat v. H. das eigentliche Feld jeiner, 
den Zweden der Schule und der Willen: 
ihaft gewidmeten Thätigfeit. An dem 
großen Aufihwunge der öfterreichiichen 
Schul⸗Kartographie hat er einen hervor- 
ragenden Anteil genommen und find ihm 
zahlreihe Werke, wie Schul: Atlanten, 
Wandkarten ꝛc. für den elementaren, mitt: 
leren und höheren Unterricht zu verdan- 
fen; vor allen find in dieſer Richtung die 
im Jahre 1882 publizierte „Wandfarte 
der Alpen” und die erjt vor kurzem er: 
fhienene „Überfihtsfarte der ethnogra- 
phiſchen Verhältniffe von Afien“ als die 
Frucht langjähriger Arbeiten berühmt ge: 
worden. Als geographiſcher Schriftiteller 
bat fih H. durch eine Reihe von Auf: 


fägen hervorgethan, die in den verjchies 


denen fachwiſſenſchaftlichen Zeitichriften 
zerftreut find; in den Jahren 1884—85 


redigierte er die „Mitteilungen der k. k. 


geographiichen Gejellihaft” zu Wien. 


Haaf, C. Maria Catharina (Balth. 
Ludwig, E. Wejtphal), wurde am 29. Febr. 


211 


Habenicht. 


1844 in Ottweiler (Rheinpreußen) ge— 
boren. Die an landſchaftlichen Reizen 
reiche Heimat weckte frühzeitig den Sinn 
für Naturſchönheit in dem Kinde; die 
Verhältniſſe im Vaterhaus gewährten ihm 
eine ungetrübte jorgenlofe Jugendzeit, und 
tüchtige Lehrer unterftügten und förderten 
‚die Neigung zu Kunft und ichönen Wiſſen⸗ 
haften. Um ſich ganz dem Studium der 
Mufif zu widmen, ging €. 9. nad) gründ- 
liher Vorbildung nad) Mainz, jtudierte 
dajelbjt während eines Ajährigen Aufent- 
altes Generalbaf, Kontrapunft und Kom— 
'pofition und bildete fich im Klavierſpiel 
unter Zeitung Friedrih Zur volljtändig 
aus. Nachdem fie mehrere Jahre in 
Mainz als Mufiklehrerin gewirkt hatte, 
fiedelte fie nady Paderborn über, wo fie 
‚neben ihrem mufifaliihen Beruf auch lite: 
rariſch thätig war und in der Folge Mit: 
arbeiterin von vielen Zeitichriften wurde, 

Von ihren zahlreihen Schriften nennen wir: 
Luſtige und ernite Mufitantengefhichten, Sa: 
rajtrom:Schneidlein, Der Sängerfrieg in Burg: 
ſteinbach, Das Komödianterle, Der Benefifarius. 
ı1886 und 1887 leitete C. 9. die Redaktion der 
„Mufifaliichen Jugendpoft“. Aufserdem war fie 
* — muſikaliſchem Gebiet vielfach ſchöpferiſch 

atig. 


Habenicht, Hermann, iſt am 3. März 
1844 als Sohn eines Porzellandrehers 
und Modelleurs in Gotha geboren. Er 
beſuchte das Realgymnaſium daſelbſt von 
1854—59. 1879 trat er (in ärmlichen 
Verhältniſſen) auf Empfehlung feiner 
Mathematik: und Zeichenlehrer als Schü- 
ler Dr. Auguft Petermanns in die geo- 
graphiiche Anftalt von Juſtus Berthes ein. 
Er arbeitete von da an für Petermanns 
Mitteilungen und Stielers Handatlas 
unter jeines Lehrers Leitung bis zu defjen 
Tod (1878). Seine Anlage für Gebirgs- 
zeihnung wurde gründlich ausgenußt, wo: 
durch er ſich eine tüchtige Kenntnis ber 
geſammten Erdoberflächengejtaltung ver: 
Ihaffte. Dabei fiel ihm eine gewiſſe Ge: 
jegmäßigfeit (Einjeitigfeit) im Bau der 
großen Kettengebirge auf, welche bereits 
einige Jahre früher durd Süß und Dana 

14* 








Habicht. 


entdeckt wurde, und die 1875 zur Auf— 
ſtellung der nun allgemein bekannt ge: 


wordenen „Theorie von den ſphäriſchen 


Kraterbeden” führte. Seit 1878 übernahm 
er die Redaktion eines Drittels von Stielers 


Handatla3 und gab mehrere, von der Kritik höchſt 


anerkannte Kartenwerfe heraus, und zwar: Juſtus 
Perthes' Elementar: Atlas, Atlas zur Heimatskunde 
des deutfchen Neichs, Auftus Perthes' Taſchen— 
Atlas, Spezialtarte von Afrika ꝛc. Gegenwärtig 
ilt er mit der Nedaktion neuer Auflagen diejer 
Werte und Neubearbeitung, reſp. Erweiterung 
des v. Sydowſchen Schulwandatlas beichäftigt. 
Außerdem ift H. Mitarbeiter faſt aller einſchlägi— 
gen Fachblätter :c. 

Habicht, Ludwig, wurde am 23. Juli 
1830 in Sprottau geboren und bejuchte 
die Realſchule daheim. Da jeine Eltern 
nicht die Mittel bejaßen, ihn, wie er ſehn— 
lichft wünschte, eine akademiſche Karriere 
machen zu laflen und er früh jchon fein 
Brot ſelbſt verdienen mußte, jo trat er 
als Schreiber bei einem Staatsanwalt 
ein, benußgte jedoch jeine Muße zu ener: 
giſchen Studien. Dann machte er Eleine 
Ichriftftelleriiche Verſuche in Zeitichriften, 
die ſolchen Erfolg hatten, daß er nad) 
einigen Jahren weiterer literariiher Thä— 
tigkeit feine Stellung aufgeben und nad) 
Berlin überfiedeln fonnte, wo er redak— 
tionell wirkte, nunmehr jedoch als freier 
und geachteter Scriftiteller Lebt. 

Hauptwerfe (Romane und Novellen): Ariminal: 
novellen (1864), Der Stadtichreiber von Liegnik 
(1864, 2. Aufl. 1851), Irrwege (1866), Zwei 
Höfe (1868), Schein und Sein (1875), Darte 
Kämpfe (1876), Auf der Grenze (1878), Der 
rechte Erbe (1879), Ein Mann, ein Wort (1879), 


Wille und Welt (1SS4), Im Sonnenichein (1884), | 


Zum Rhein (1886). Außerdem iſt 9. ein an: 
gefehener Mitarbeiter belletriftiicher Zeitfchriften. 


Hader, Franz (Franz v. Eeeburg), 
wurde am 20. Januar 1836 in Nymphen— 
burg bei Münden geboren, abjolvierte 
das Gymnaſium in legtgenannter Stadt, 
allwo er auch die Univerſität befuchte und 
Philoſophie und Theologie jtudierte. 1959 
wurde er zum Prieſter geweiht. Er hatte 
feine ſeelſorgeriſche Wirkſamkeit jedoch faum 
begonnen, als eine ſchwere Krankheit ihn 
daniederwarf und jahrelang an das Lager 


212 


Hackland⸗Rheinländer. 


feſſelte. Nach endlich wiedererlangter Ges 
ſundheit wurde er Hofitiftsvifar in Mün— 
chen, 1886 zum Kanonikus und Hoffaplan 
ernannt. Neben feiner priefterlichen je 
gensreihen Thätigfeit zeichnete H. ſich 
auf dem Gebiete der Novelle aus. Am 
Harjten tritt jeine Erzähler: und Form: 
talent in dem „ägyptiichen Joſeph“ (nun⸗ 
mehr in 6. Auflage erſch.) und in dem 
Marienfind .(4. Aufl.) hervor. 
Außerdem heben wir hervor: Die Here 
Lohr, Durch Naht zum Licht (2. Auf), 
Nachtigall (2.Aufl.), Die Herenrihter von Würzburg 
(3 Aufl.), Jakob Steiner, Die Fugger u. ihre Zeit, 
Ehre Vater und Mutter, Und führe uns nicht in 
Berfuhung, Dein Reich fomme zu uns ꝛc. 


Hackland-Rheinländer, C., |. 
Wild. Annas. 


Söüäckel, Ernft, wurde am 16. Februar 
‚1834 in Potsdam geboren, jtudierte zu 
Berlin und Würzburg Naturwiſſenſchaften 
und Medizin, promovierte 1857 und legte 
‚im folgenden Jahre das medizinische 
‚Staatseramen ab. 1861 habilitierte er 
ſich für vergleichende Anatomie und wurde 
1862 zum außerord., 1865 zum ordentl. 
Brofefior in Jena ernannt. Er unter: 
nahın mehrere große Forichungsreifen, jo 
‚nad den canarischen Inſeln, nad dem 
Rothen Meer, nad) Ceylon und Bom— 
‘bay ꝛc., deren Ergebnifle in feinen, um 
die Naturwiffenichaften und ihre För— 
derung hochverdienten Werfen niederges 
‚legt find: Bon diejen heben wir hervor: Mo: 
'nographie der Radiolarien (1862), Generelle 
Morphologie der Organismen (1866), Mono: 
graphie der Kallihwämme (1872), Natürliche 
Schöpfungsgeſchichte (7. Aufl. 1875), Über Ar: 
 beitsteilung im Natur: und Menſchenleben (1869), 
Über die Entjtehung und den Stammbaum des 
Menſchengeſchlechtes (4. Aufl. 1870), Biologische 
Studien (1870), Das Leben in den Meereötiefen 
(1870), Anthropogenie (3. Aufl. 1879), Mono» 
graphic der Medufen (1881), Indiſche Neifes 
briefe (2. Aufl. 1854), Darwin, Goethe und 
Zamarf (1882). 9. war einer der erften 
deutſchen Naturforicher, die ſich offen zu 
der Darwinſchen Theorie befannten. Er 
‚wirft noch jegt als einer der ausgezeich— 
netſten Afademiter in Sena. 





von 
e 





Hägele. 


Hägele, Joſeph Mathias, geb. 1823| 
zu BZizenhaufen in der Bobdenjeegegend, 
ftudierte zu Freiburg und Heidelberg Phi: 
loſophie und Geſchichte, nebenbei Flaffifche 
Literatur und Philologie. 1846 Preis: 
träger der Univerfität Heidelberg, beſtand 
er 1847 die Staatsprüfung als Fach— 
lehrer und gedachte, von Gervinus und 
Häuffer ermuntert, als Privatdozent auf: 
zutreten. Das Sturmjahr 1848 warf ihn 
in eine andere Laufbahn. Seine Be: 
geifterung wurde bald abgekühlt, doch war 
er 1849 noch nicht genugſam ernüchtert, 
um dem Maiaufftande ganz fernzubleiben. 
1849 Kriegsgefangener, wurde 9. vor 


die Unterfuchungsfommiffion des Stand: 


erichtes geftellt und nad; Aufhebung die: 
* Gerichtes zu acht Jahren Zuchthaus 
verurteilt. Er gehörte zu den ſiebenzehn 
„politiſchen Verbrechern“, welche Groß— 
herzog Leopold im April 1852 auf ſeinem 


Sterbebette begnadigte. Nachdem H. einige 


Zeit Profeſſor in der Schweiz geweſen, 
trat er in die Dienſte der Herderſchen 
Verlagsbuchhandlung in Freiburg. Ihr 
Konverſationslexikon und Kirchenlexikon gab ihm 
mehrjährige Beſchäftigung, doch fand er Zeit zu 
noch anderen literariſchen Leiſtungen: Zuchthaus: | 

eſchichten (1854), welche dem Verfaſſer Ruf ver: 
hafften; Erfahrungen in einfamer und gemein: 
famer Haft (2. Aufl. 1862), 3 Jahrgänge des 
Kalenders „Für Zeit und Emigfeit“. 1859 trat 
9. in erzbiihöflihe Dienfte, blieb aber nebenbei 
fiterarifch thätig: Andreas Hofers letter Gefährte 
(2. Aufl. 1867), Der Rüdfällige (1868), Auf: 
fäge in die biftorifch-politifchen Blätter u. ſ. f. 
1865 übernahm er die Redaktion des „Freiburger 
Boten”. Ferner lieferte er: Der moderne ort: 
fchritt und die arbeitenden Klaſſen, Die fatholi: 
chen Feiertage und das goldene Kalb mit feinen 
Horniſten (2. Aufl. 1869), Das erſte Brandopfer 
der Dffenburgerei (2. Aufl.), eine Leuchtkugel in 
die ſoziale Dämmerung (1870). Nach dem Kriege 
famen neue Auflagen des Herderfchen Konverſa— 
tions: und Kirchenlerifond in Zug, woran H. ſich 
abermal3 beteiligte. Nachdem der berühmte Bolfs- 
fchriftfteller Alban Stolz 1883 gejtorben, wurde 
H., den er Jahrzehnte hindurch feines näheren 
Umganges gewürdigt, deſſen Biograph (2. Aufl. 
1884). Auch für Zeitungen ift 9. bis 1871 
vielfach thätig geweſen. Steter Kränklich— 
feit wegen trat 9. 1885 in den Ruhe— 


213 


— Hägeli. 

Hägeli, Albert, geboren zu Hilſen— 
heim (Unter-Elſaß) den 2. Februar 1840, 
aus einer anſehnlichen Bauernfamilie 
ſtammend, die bereits vor zwei Jahr— 
hunderten im gefagten Orte anſäſſig wurde. 
Er wurde von dem Ortspfarrer Peter 
Hamion zum Studieren bewogen und für 
das Kolleg von Rappoltsweiler vorbe: 
reitet, das er 1857 mit der Oberprima 
(Philofophie) im kleinen Seminar zu 
Straßburg vertaufchte, jodann Theologie 
im großen Seminar zu Straßburg ſtu— 
dierte und 1864 Priejter wurde. Nun: 
mehr befindet ji H. als Pfarrer in Nord: 
beim, Unter-Eljaß. 9. hat verfaßt: Garcia 
Morenos Tod (1876), weldyes Drama in mehreren 
fremden Sprachen, wie jpaniiche, italienische, vlä— 
miſche überfegt wurde, und vom Verfaſſer ſelbſt 
franzöfiich bearbeitet und erweitert iſt. Ferner it 
von 9. erichienen: Der königliche Prätor von 
Straßburg (Hiftoriiches Drama 1883), Die Mero: 
vingerpfalz zu Kirchheim (König Dagobert II.) 
Hiltor. Drama 1886). Die Dramen murden 
ehr qünftig beurteilt und vielfach mit Erfolg 
aufgeführt. 9. hat aud) Predigten veröffentlicht, 
u. a. Predigten bei einer achttägigen Million 
(1886), Tridunm, mit einer Lobrede auf den 
heil. Martinus (1887). 

Häußner, Joſef, geb. 11. Juli 1850 
zu Bühl bei Baden; nad Abjolvierung 
des Gymnaſiums ftudierte er auf der 
Univerjität Freiburg i. B. anfangs Theo- 
logie und Philologie, dann ausschließlich 
klaſſ. Philologie, beitand 1874 die Prü— 
fung für das höhere Lehramt, promo: 
vierte bei der philof. Fakultät in Tübin- 
gen auf Grund einer Differtation über 
Horaz und war dann an mehreren Gym: 
nafien (Raftatt, Freiburg, Heidelberg, 
Bruchſal), nunmehr als PBrofejior in 
Karlsruhe thätig. 

Hauptwerke: De Horatianorum carminum 
libri quarti octavo (1876), Die deutiche Kaiſerſage 
(1882), gefürzt als Vortrag „Unfere Kaiſerſage“ 
in Virchow⸗Holtzendorffs Sammlung (1884), Cru⸗ 
quius und die Horazfritif (1884), Tertausgabe 
von D. Horatius Flaceus, gemeinſchaftlich mit 
D. Keller (1885). Außerdem mehrere Rezenfionen 
über biftorifhe und philologiihe Werke in ver: 
ichiedenen Zeitichriften. 


Hafner, Ditrih Gerhard, wurde am 





ſtand. 


4. Oktober 1856 auf Radelow bei Tan— 


Hafner. 


tom in Pommern geboren, widmete fid) 
der Journaliftil. Er ift nunmehr Re 
dakteur in Wittenburg, neben feiner re 
daftionellen Thätigfeit auch ſelbſt ſchaffend 
als Lyriker, Feuilletonift, Kritiker und 
Hiltorifer thätig und auf diefen Gebieten 
Mitarbeiter vieler politifcher und belle 
triſtiſcher Zeitichriften. 


Hafner, Tobias (Sebaftian Spundle), 
geboren 7. Januar 1833 zu Langenau 
bei Ulm als Kind armer Eltern. Ich 


befuchte die gewöhnliche Volksichule mei: | 


ner Heimat; der Unterricht war fehr man 
gelhaft, da ich zur Sommerszeit an Bauern 
um Lohn verdingt wurde und ich daher 
während dieſer Zeit die Schule wöchentlich 
nur 2—3 mal beſuchte. Vorbildung für 
den Schulftand erhielt ich bei einem Dorf: 
Ichullehrer und indem Seminar Nürtingen. 
Als Lehrer war ich an verichiedenen Orten 
angejtellt, namentlich aber zu Tübingen, 
Ulm, Heilbronn, Zangenau, Ravensburg. 
Während meines 2'/sjährigen Aufenthalts 
in Tübingen befuchte ich regelmäßig die 
Vorleſungen über Literatur von Brof. Dr. 
Viſcher (Aſthetiker), fowie weitere Vor— 
leſungen über Pädagogik, Phyſik, Kirchen: 
geſchichte, Anatomie. Durch Fleiß und 
Ausdauer ſuchte ich den Mangel meiner 
Schul- und Seminarbildung auszugleichen. 
Unter den ſämtlich von der Kritik ge: 
würdigten Hauptwerfen 9.s heben wir 
(Red.) hervor: 

Blätter und Blüten aus dem Schwarzwald 
(Ged. 1868), Mein Liederbuh (2. Aufl. 1880), 
Geſchichte der evang. Kirche zu Ravensburg (1884), 
Geihichte der Stadt Ravensburg (1887). So: 
dann viele Schulbücher, endlich eine Menge (uns 
gefammelte) Gelegenheitägedichte, viele davon in 
Ulmer Mundart unter Pjeud. Sebaftian Spundle. 


Dagen, Ab., ſ. Joſ. Harpf. 


Hager, Hans Hermann Julius, ge: 
boren am 3. Januar 1816 zu Berlin als 
der Eohn eines Militärarztes, bejuchte 
die Schulen zu Düben und Bernau, da: 
nad) die Gymnafien zu Torgau und Bran- 
denburg a. d. H., und trat 1832 in die 


214 


— 


Haggenmacher. 


wo er das eigentliche Feld feiner reichen 
‚Begabung in dem ergriffenen Beruf ent= 
deckte. Mit großem Fleiß ſetzte er neben 
‚feiner gefchäftlichen Thätigfeit feine Stu- 
dien, bejonders phyſikaliſchen und ſolche 
‚über die Gährungschemie fort, zumal er, 
‚ohne viel Zufhuß vom Haufe, für feine 
Zufunft auf die eigene Kraft angewieſen 
war. 1841 abjolvierte er ohne weitere 
Vorbereitung das Staatseramen. Nach— 
dem er dann nod ein Jahr als Gehilfe 
gedient hatte, trat H. 1842 in den Befig 
der Stadtapothefe zu Frauftadt, die er 
1859 verkaufte, um ſich ausichließlich der 
Chemie und pharmaz. Literatur zu wide 
men. 1881 fiedelte er von Berlin, wos 
bin er gezogen war, nad) Frankfurt a. O. 
über, wo er nod) jet lebt. 1859 wurde 
9. in Jena zum Doktor promoviert. Er 
iſt Ehrenmitglied der k. ruf. mediz. Ges 
jellihaft zu Wilna, des allgem. öjterr. 
Apothefervereins, der Gejellihaft ſchwed. 
Arzte,vieler pharm. Gefellichaften Europas 
und Amerikas. 

Bon feinen jehr verdienten Werken heben wir 
bervor: Handbuch der pharm. Rezeptierfunft (4. 
Aufl.), Kommentar zu den Pharmalopden Norb- 
deutfchl., Anleitung zur Fabrikation fünftl. Mi⸗ 
neralwäfler, Pharmacopoea homoeopatica, Ma- 
nuale pharm. (4. Aufl.), Adjunienta varia, 
Handbuch der Unterfuhungen. Erfter Unterricht 
d. Pharmazeuten (4. Aufl.), Botaniſcher Unterr. 
(3. Aufl), Das Mifroftop (7. Aufl), Kommen: 
tare zur 1. und 2. Ausgabe der Pharmacopoea 
' Germanica, Pharmazeutifche Zentralhalle (20 
Jahrgänge), Handbuch der pharm. Praris zc. 


Daggenmacher, Otto (ein Stief- 
John Johannes Scherrs), geboren am 21. 
Februar 1841 in Winterthur (Schweiz), 
befuhte das Gymnafium feiner Vater: 
ftadt und das in Züri), wo er aud) Theo— 
logie ftubierte. 1868 wurde er als Predi— 
ger in Richterswyl und 1871 als folcher 
in Zürich angeftellt. 
Hervorzuheben: Dichtungen (1873), Atlantis 
(1874), Neue Dichtungen (1876), Danae (1881), 
Die Gefangenen (1885). 
Hahn, Werner, wurde am 13. Mai 
1816 in Marienburg (Wejtpreußen) ges 














pharmazeutiiche Lehre in Salzwedel ein,  boren, widmete fih nad Abfolvierung 


Haidheim. — 
des vaterſtädtiſchen Gymnaſiums dem Stu— 
dium der Philoſophie und Literaturge— 
ſchichte an der Univerſität Berlin und 
lebt nunmehr ſeit vielen Jahren als 
Schriftſteller in Sakrow bei Potsdam. 
H. erwarb ſich zuerſt und insbeſondere 
einen vorzüglichen Ruf durch ſeine Geſchichte 
der poetiſchen Literatur der Deutſchen (10. Auf: 
lage). Außerdem heben wir hervor: 
Edda, Lieder germ. Götterfagen (1872), Deut: 
Ihe Poetik (1879), Poetiihe Mufterfammlung 
(1882), Odin und fein Reich (1886). 
Daidheim, 2, |. 2. Ahlborn. 
Hain, Herm., ſ. Herm. Jahn. 


Dalada, Anna Helene, wurde im 
Fahre 1856 in Polen geboren. Sie nannte 
eine reiche Begabung ihr eigen, und weite 
Neilen, die fie durd ganz Europa, nad) 
Afrifa und nad Alten unternahm, gaben 
ihr den Stoff zu verdienjtvollen Arbeiten 
in, deuticher, polnischer und ruſſ. Sprade. 
Ihre ethnographiichen Skizzen trugen ihr, 
ſehr jung noch, den Meluſinen-Orden, die 
italieniihe und die franzöfiiche große gol: 
dene Medaille ein. Sie lebt verheiratet in 
Kaslau (Böhmen) und it zur Zeit mit 
der Überjegung Kraszewski'ſcher Werke ins 
Deutſche beichäftigt. 


Hallier, Ernit, wurde am 15. No: 
vember 1831 in Hamburg geboren. Da 
feine Eltern brav, aber arm waren, fonnte 
jein Wunſch, zu ftudieren, nicht erfüllt 
werden, und jo wurde er nad) dem Be- 
juh einer Bürgerichule Gärtner. Erit 
in feinem zwanzigiten Jahre wurde ihm 

fit, auf feine früheren Wünjche 
zurüdzufommen, und er bezog, nachdem 


er die Gymnaſialſtudien nachgeholt hatte, 


die Univerfität Berlin, jpäter die zu Jena, 
wo er Vhilojophie und hauptſächlich Na: 
turwillenichaften ftudierte. 1857 bezog er 
die Univerfität Göttingen. 1358 promo: 
vierte er und wurde im felben Jahre als 
Lehrer im Pharmaceutiichen Inititut von 
Brofefjor Ludwig, und nachdem er fi 
1860 habilitiert hatte, als Privatdozent 
1864 als Profeſſor in Jena angeftellt. 


[4 


215 


Hallwich. 


Von H's ausgezeichneten, um die Botanik hoch— 
verdienten Werfen heben wir hervor: Nordſee— 
ftudien, Die Weltanihauung des Naturforfchers, 
Ausflüge in die Natur, Die Pflanze und der 
Menih, Flora von Deutichland (neubcarb., 32 
Bände), Exkurſionsbuch, Schule der ſyſtematiſchen 
[ER Die Plaſtiden der niederen Pflanzen. 





Dallwich, Hermann, geboren am 9. 
Mai 1838 zu Töplik in Böhmen, er: 
hielt feine erjte Erziehung im väterlichen 
Haufe. Sein Vater jtarb frühzeitig. Nad) 
Adfolvierung des Gymnafiums in Kom: 
motau bezog er die Prager Univerfität, 
um ſich dem Studium der Philoſophie 
‚und Gefchichte, ferner der Volkswirtichaft 
und der deutjchen Literatur zu widmen. 
Seine Abſicht, auch eine „ausländiiche” 
Univerfität (München) zu beſuchen, jtich 
unter den damaligen fonderbaren Ber: 
hältniſſen in Ofterreih auf — polizeiliche 
Hinderniffe. Nach abjolvierten Studien 
bekleidete H. eine Zeit lang die Stelle eines 
 Erziehers und erlangte 1862 an der Uni— 
verfität zu Prag die philoſophiſche Dok— 
torswürde, um fich dajelbjt als PBrivat- 
dozent zu habilitieren. Noch als Student 
begründete er (1861) gemeinschaftlich mit 
Ludwig Schlefinger, Julius Lippert u. 
A. m. den Verein für Gejchichte der Deut- 
ſchen in Böhmen, zu deſſen eifrigiten Mit- 
gliedern er feither zählt. Die böhmiſche 
Seihichtsichreibung war bis dahin faſt 
ausichließlih den Händen ezechiſcher Bar: 
teimänner überlaſſen geweien, deren ‘Bar: 
teilichfeit der bekanntlich hochbedeutſamen 
Stellung der Deutſchen in Böhmen feines- 
wegs Rechnung trug. So hatte der neue 
‚Verein die Aufgabe, eine empfindliche Lücke 
auszufüllen. In den „Mitteilungen“ dies 
jes Vereins erichienen H.'s erſte wiſſen— 
‚Schaftlihe Arbeiten. 1864 folgte er einem 
Rufe als Profefjor der Handelsgeihichte 
und Geographie an die höhere Handels- 
‚lehranftalt in Neichenberg, wo er fünf 
Jahre fpäter als Sekretär der Handels- 
‚und Gewerbefammer die Gejchäftsleitung 
| diefes Inſtitutes übernahm. 


| Seiner Thätigfeit in diefem Amte entjprangen 
u. A. die Monographien: Die erfte Fabrik in 








Halm. 


Reichenberg (1869), Zur Flachsgarnkriſis (1870), 
Zur Geſchichte der Görlitz-Reichenberger Straße 
(1870), Gewerbe und gewerbliche Fachſchulen im 
nördlichen Böhmen (1873), Nordböhmen auf der 
Weltausſtellung in Wien (1873), Zur Reorgani⸗ 
ſation des 
(1881) u. Schon früher hatte er eine An— 
zahl jelbjtändiger Schriften zur Geſchichte der 
Deutihen in Böhmen veröffentlicht, jo Die Herr: 


Ihaft Türmig (1863), Die Jefuitenrefidenz Ma: | 
riajheune (1867), Gedichte der Bergitadt Grau | 


pen (1868); denfelben folgten die Bücher und 
Brofhüren: Zur Gefchichte der 
Leipa (1870), Reichenberg und IImgebung. Eine 
Orisgeſchichte mit fpezieller Rüdficht auf gewerb⸗ 
liche Entwickelung (1871 u. 1874), Gründung 
der Bergſtadt Hohenelbe (1882) ꝛe., als deren 
Abſchluß das Buch Töplitz, Eine deutſch-böh— 
miſche Stadtgeſchichte (1886) betrachtet werden 
kann. Am bekannteſten wurde H.'s Name durch 
eine Reihe von Schriften zur Geſchichte Wallen— 
ſteins. Die bedeutendſte: Wallenſtein's Ende. 
Ungedruckte Briefe und Akten (1879). Die Be— 
deutung dieſes Buches wurde von allen Seiten 
einſtimmig anerkannt. In engſter Verbindung 
hiermit ſtehen: Heinrich Matthias Thurn als 
Zeuge im Prozeß Wallenſtein. Ein Denkblatt 
zur dritten Säkularfeier Wallenſtein's (1883), 
Geſtalten aus Wallenſtein's Lager: Johann Me— 
rode, Johann Aldringen (1885). Zumeiſt pole⸗ 
miſchen Inhalts ſind die beiden jüngſten Schriften 
deſſelben Verfaſſers: Gindely's Waldſtein und 
Wallenſtein und Waldſtein (1887). 9. iſt auch 
auf politiſchem Gebiete in den geſetzgebenden 
Körperſchaften ſeiner engeren und weiteren Heimat 
thätig, und zw. im böhmiſchen Landtage und zu— 
gleich als Abgeordneter im Abgeordnetenhauſe 
des öſterreichiſchen Reichsrates. 


Dalım, Margarethe, ſ. M. Maytner. 


Hamerling, Robert, wurde am 24. 
März 1830 in Kirchberg am Walde 
(Nieder-Oſterreich) geboren. Er verlebte 
bier eine frohe und freie Kinderzeit; denn 
zum Beſuch einer ordentlihen Schule 
fonnten ihm feine Eltern, brave aber arme 
Bauersleute, nicht die Mittel gewähren. 


Unter diefen Umſtänden war es ein Glüd | 


für den willensdurftigen und begabten 
Knaben, daß ihm durch die Aufnahme 
unter die Chorfnaben des Zwettler Stif- 
tes eine Stätte geboten wurde, wo er die 
ihm innewohnenden Talente auszubilden 
und die erjehnten Kenntniffe zu erwerben 
Gelegenheit fand. 


— Unterrichts in Öfterreich 


Stadt Böhmiſch- 


Nachdem er die Schule: 


216 





1 





' Studien. 


Hamerling. 


des Stiftes abjolviert hatte, bezog er, 
von ebdeldenfenden Freunden unteritüßt, 
die Wiener Hochſchule. Man ſchrieb da— 
mals das Jahr 1848, und nichts war 
natürlicher, als daß der heißblütige, von 
Freiheitsdrang beſeelte Jüngling ſich mit— 
ten hineinſtürzte in die gährende Revo— 
lution. Manches enge Band der Freund— 
ſchaft wurde in jenen Tagen geknotet, und 
dieſe Zeit jugendlicher Luſt und Schwär: 
merei, von echteſtem Patriotismus getra— 
gen, gehört heute noch zu den liebſten Er— 
innerungen des Dichters. Dann trat wie— 
der der Ernſt des Lebens heran: Philo— 
ſophie und alte Sprache, beſonders Sans— 
krit boten H. das Feld zu energiſchen 
1855 legte er ſein Lehrerexa— 
men ab und wurde am Gymnaſium zu 
Trieſt angeſtellt. Dort in feſter, ſorgen— 
loſer Lebensſtellung konnte der junge Dich— 
ter nun auch ſeiner Muſe Altäre bauen. 
Hier entſtanden: Gin Sangesgruß vom 
Strande der Adria (1857), Venus im Eril 
(1858), Sinnen und Minnen (1859), Ein Schwa- 
nenlied der Romantit (1862), Germanenzug 
(1864) und endlich feine herrliche Dichtung 
Ahasverus in Rom (1868), die den Dichter 
mit einem Schlage in die vorderfte Reihe 
der Gottbegnadeten erhob. Er fonnte num 
fein Lehramt aufgeben, was feine ſchwäch⸗ 
lihe Gejundheit wünfchenswert machte, 
und lebt in Graz, ausſchließlich feiner 
Schriftitellerei hingegeben. Außer den ge 
nannten Werfen heben wir von H.'s glän: 
zend anerfannten Schöpfungen noch her: 


vor: Der König von Sion (1869), Geſammelte 


Dichtungen (1871), Danton und Nobespierre 
(1871), Die fieben Todfünden (1873), Afpafia 
(1876), Lord Lucifer (1879), Die Waldfängerin 
(1881), Amor und Binde (3. Aufl. 1883), Proſa 
(1884), Hefperiiche Früchte (1884). 


Heine ausgenommen, iſt Fein deuticher 
Epifer und Lyriker der neueren Zeit jo 
vielfach in fremde Spraden überfegt wor: 
den wie Hamerling. Beſonders ermwäh- 
nenswert ift, daß H. auch an feine älteren 


Werke immer von neuem die Feile legt, 


jo daß nur ftets die lebten Auflagen ge 
lejen werden Sollten. 


Hammann. 


Hammann, Otto, geboren zu Blanz | 


tenhain bei Weimar 1852, ftudierte 1870 


217 


Hankiewicz. 


Liebesfeſſel oder die neue Wahlverwandſchaft, 
der auf mehreren Bühnen wiederholt, er— 


bis 1872 zu Leipzig, Jena, Heidelberg folgreich zur Aufführung gelangte. Doch 


die Rechte und Volkswirtſchaft. Nach ab— 

elegtem Staatsexamen Juſtizamtsaceeſſiſt 
ÖReferendar) in Weimar. Widmet fich 
nach militärischer Dienftzeit ausſchließlich 
der literarifchen Thätigfeit. 1877—1878 
Mitherausgeber der Dramaturgiſchen 
Blätter in Leipzig. Seit Herbit 1879 
in Berlin. Als Feuilletonift und Publi- 
ciſt Mitarbeiter der angefehenften Blätter 
und Zeitfchriften; Korrefpondent der Schleſ. 
Ztg. Münchener Allg. Ztg., Hamburg. 
Korrefpondent 2c. 


DHandtmann, Friedrid Augujt Edus | 
ard, geboren in Potsdam am 28. Mai 
1542. Studierte Theologie auf den Uni- 
verfitäten Berlin, Tübingen, Halle. Zur 
Zeit Pfarrer in Seedorf bei Lenzen a. 
Elbe. Beſchäftigt fi) privatim mit eth— 
nologiihen und prähiftoriihen Studien, 
it Mitglied der Berliner, jowie der Deut- 
ihen Anthropologifhen Geſellſchaft und 
Inhaber des Ehrendiploms des Märki— 
ihen Provinzialmufeums zu Berlin. Von 
den verdienten Merken H.'s find hervor: 
zubeben: 

Slavismus im Lichte der Ethik (1878), Neue 
Sagen aus der Markt Brandenburg (1883), Rote 
Immortelle, Brandenburgifches Märchen, Dich: 
tung in 29 Bildern (1886). Außerdem viele 
Beiträge in Journalen pädagogiicher, hiſtoriſcher 
und politifcher Richtung. 

Hankel, Johannes Wilhelm Paul, 
Sohn des Lehrers und Kantors Chriftian 
Hanfel, wurde zu Halle a. ©. am 29. 


'in zweiter Auflage erſchien. 





Auguft 1861 geboren. Er beſuchte da- 
—* die Bürgerſchule und ergriff auf 
Wunſch feines Vaters die techniſche Lauf: 
bahn, d. h. er lernte praftiih Mechaniker 
und bejuchte zur weiteren Ausbildung in 
diefem Fache die Gewerbeichule feiner Va— 
teritadt. In Berlin, als Techniker thätig, 
erwachte in ihm mit Allgemalt die Liebe 
zur Kunſt und ſchönen Wiſſenſchaft, die 
ſchon in frühejter Kindheit in ihm rege 
war. 


1882 verfaßte er einen Schwanf 


mehr als diejes Werk brachte das Drama 
Galilei ihm Anerfennung, weldes 1885 
erihien. Zur weiteren wiljenichaftlichen 
Ausbildung Hofpitiert er nun an der Uni- 
verfität feiner Vaterſtadt. 


Hanfiewicz, Klemens Nitter von, 
geboren am 2, September 1842 zu Na- 
ſtaſow in Galizien, ftudierte (klaſſ. und 
ſlav. Philologie, Philoſophie) an den Unis 
verfitäten Lemberg und Wien und erlangte 
1868 an der erfigenannten Univerfität den 
philofophiihen Doktorgrad. Derſelbe 
wirkte als Gymnaſiallehrer an mehreren 
Gymnaſien ſeines Heimatlandes und zu— 
letzt am Gymnaſium in Czernowitz. Seit 
der Gründung der deutſchen Univerſität 
in Czernowitz (1875) iſt derſelbe Sekre— 
tär und Dozent der rutheniſchen Sprache 
und Literatur an der gen. Univerſität. 

Derſelbe veröffentlichte 1869 eine treffliche Schrift: 
Grundzüge der flavifchen Philofopbie, welche 1873 
Die Grundidee 
diefer Schrift ift eine kurze Darftellung der Bes 
jtrebungen und Nefultate des philofophilgien For⸗ 
ſchens, in fofern daſſelbe von den Slaven aus: 
ging und ſofern von denſelben teils Neues, Ori— 
ginelles geleiftet, teils Altes, Übernommenes in 
einer eigenartigen Weije erfaßt, durchgearbeitet 
und hiernady gewiſſermaßen umgeftaltet wurde. 
Später veröffentlichte H. in Zeitihriften mehrere 
größere Abhandlungen (Über die Grenzgebiete der 
Philoſophie und der Naturmwilienichaften, ber 


die Kunft auf der (1873er Wiener) Weltaus: 
ſtellung, Über die neuejten philoſophiſchen Bewe— 


gungen bei den Slaven u. a.). 1874 erſchien von 
demjelben eine „Pſychologie“ für Mittelichulen und 
1875 eine Heine Schrift „Über das Nccentuationd» 
Syſtem in der Sanskrit-, griechiſchen und ruthenis 
Ihen Sprade”. Außerdem ift H. Mitarbeiter 
einer Reihe von Fachzeitſchriften, namentlich des 
„Archiv für ſlaviſche Philologie”. 

Hannaf, Emanuel Franz Adam, ift 
zu Tefchen in öfterr. Schlefien am 30. Mai 
1841 geboren. Da fein Vater jchon 1842 
ftarb, jo wuchs er im Haufe feines müt- 
terlichen Großvaters, eines Bürgers und 
Hausbefigers in feiner Vaterftadt, auf. 
Er beſuchte das Fatholiihe Gymnaſium 
Tefchens 1851-59, bezog 1859 die Unis 


Hanne. 


verfität Wien und widmete fich dajelbit | 
biftoriichen, philologiſchen, linguiſtiſchen u. 
vhilofophiichen Studien. 1861 wurde er 
Mitglied des hiftoriihen Seminars, das 
unter Zeitung von Dr. Aſchbach und Dr. 
Alb. Jäger jtand. Ein Kreis talentvoller | 
junger Dänner, zu denen Brunner, Hartel, 
Horawig, Hans Lambal und Zeißberg ge: 





218 


Hanne. 


Dorfe unweit Lehrte im früh. Königreich 
Hannover, iſt der Sohn eines Landman— 
nes. Bis in fein 15. Jahr genoß er nur 
den Unterricht der dortigen Dorfichule, be: 
fuchte jeit 1830 das Gymnaſium in Hil: 
desheim, dann das Collegium Carolinum 
in Braunfchweig, jeit 1833 —37 die Uni: 
verjitäten Göttingen, Halle, Berlin. Bon 


hörten, förderte durch Beilpiel und Verkehr | Haupteinfluß auf ſeine wiſſenſchaftliche Bil- 
das wifjenichaftliche Streben H.'s, während dung waren durch ihre Vorlefungen: Ott: 


zugleih die fonjtitutionellen Bewegungen 
in Ofterreich, die nationalen in Deutjch: 
land feine politiihen Anfchauungen beein: | 
flußten. 1863 legte er für das Lehramt 
an Gymnaſien die Prüfung ab. Danad) 
trat er als Probefandidat an das k. k. 
akademiſche Gymnafium in Wien ein, wo 
er 1864 als Supplent angejtellt wurde. 

In diefer Zeit erfchienen feine erſten fchriftitelle: | 
riihen Arbeiten: eine Abhandlung „Über D. Fa- | 
bius Pictor und die römiihe Gründungsſage“ 
und „Das Hiſtoriſche in den Perſern des Aiſchy— 
los“. Außerdem arbeitete er an einem umfang: 
reiheren Werfe über „Appianus und feine Quel— 
len“, das erſt 1869 erſchien. Auf Grund diefer 
wiſſenſchaftlichen Arbeiten habilitierte er fih an 
der Wiener Univerjität als Privatdogent für Ge: 
ſchichte und Kultur des Altertums (1866), nad): 
dem er jhon 1864 zum Doftor der Philojophie 
promoviert worden war. 1866 wurde er zum Pro: 
feffor an dem Leopoldftädter Kommunal:Heal: 
gymnafium in Wien ernannt und blieb in diejer 
Stellung bis 1872. In diefer Zeit entitand fein 
in acht Auflagen verbreitetes Werk „Die öfterr. 
Vaterlandskunde“; danach edierte er Lehrbücher 
für die Geichichte des Altertums, des Mittelalters 
und der Neuzeit. 1869 vermählte fih H. mit 
einer Landsmännin. Im jelben Jahre wurde er 
an die Lehrerinnenbildungsanftalt in Wien und 
1870 an das ftädtifche Pädagogium dafelbit be 
rufen. Bald danad) erfolgte feine Ernennung zum 
Direktor des Landes:2ehrerfeminard in Wiener 
Neuftadt. In diefer Zeit erſchienen feine vorzügl. 
Lehrbücher der Geſchichte. 1831 wurde er zum 
Direktor des Lehrerpädagogiums in Wien ernannt, 
welche Stellunger noch heutebefleidet. Er lieh nun 
noch erſcheinen: Lehrbuch der öſterr. Geſchichte, 
der Verfaſſung und der Staatseinrichtungen der 
öfterr..ungar. Monarchie (2. Aufl. 1885), ſeit 1886 
(mit Dittes) die Umarbeitung von Dr. Schmidts 
Geſchichte der Pädagogik, außerdem viele Abhand: 
lungen in Zeitichriften, Programmen ıc. 





Hanne, Johann Wilhelm, geboren am 





29. December 1813 in Harber, einem 


fried Müller, Herbart, Hinrichs, Julius 
Schaller, in der Theologie Lücke, Ewald, 
Marheinefe. Won 1838—51 privatifierte 
er in Braunfchweig, hielt dort 10 Jahre 
hindurch jeden Winter zahlreich bejuchte 
öffentlihe VBorlefungen über das Weſen 
und die Entwidelung des Brotejtantismus, 
über Gefhichte der Philoſophie, Ajthetif, 
Pſychologie, Religionsphilojophie. _ Der 
auf ihn aufmerfjam gemachte Herzog Mil: 
helm fuchte ihn, nachdem er ſich buch eine, 
auf feine Aufforderung von H. im Dom ge: 


haltene Predigt ſehr angeſprochen gefühlt, 


(1844) zu ſeinem Hof: und Domprediger 
zu machen, ließ ſich aber durd eine ges 
meinſame erregte Vorftellung ber dortigen 
Stadtgeiftlichfeit, die in H. einen gefähr: 
lichen Hegel’ihen Bantheiften erblidte, be— 
jtimmen, fein gegebenes fürftliches Wort 
zurüdzuziehen. Von 1851—61 wirkte 9. 
als Prediger zuerft in einem Dorfe unweit 
Hildesheim, dann 7 Jahre hindurd) in dem 
falenbergichen Fleden Salzhemmendorf, 
wo er eine reichgelegnete pfarramtliche 
Praris entfaltete. Von Salzhemmendorf 
wurde er 1861 als Profefjor der prak— 
tiichen Theologie und Pfarrer der Kirche 
zu St. Jakobi nad) Greifswald berufen, 
wojelbjt er, und zwar eine zeitlang unter 
jehr ſchwierigen Verhältniffen und im hei— 
Ben Kampfe nicht nur mit der orthodoren 
pommerſchen Beiftlichkeit, fondern auch mit 
der theologischen Fakultät, die freifinnige 
protejtantijche Richtung vertrat, bis er fi) 
als Pfarrer emeritieren und als Profeflor 
beurlauben ließ, um nah Hamburg-Eppen- 
dorf überzufiedeln. 

Bon den manderlei Schriften, welche 9. vers 


Hanſchmann. 


öffentlichte. find als die wichtigſten folgende her: 
vorzubeben: Rationalismus und jpefulative Theo: 
logie (1838), Schleiermacher als religiöfer Ge: 
nius Deutichlands (1839), Sokrates als religiöfer 


Genius Griechenlands (1840), Der moderne Nihi: | 


lismus und die Straußſche Glaubenälchre (1842), 
Der ideale Proteftantismus (1845), Antiortho: 
dor, Gegen Fanatismus und Pfaffentum (1846), 
Der freie Glaube (1847), Vorhöfe zum Glauben 
(1850—51), Zeitfpiegelungen (1852), Belennt: 
niffe, drei Bücher vom Glauben (1853), Die Jdee 
der abjoluten Perfönlichkeit (1859, 2. Aufl. 1864), 
Anti-Hengitenberg (1865), Der Geiſt des Chriften- 
tums (1867), Die Kirche im neuen Reich (1872). 


Hanjchmann, Alerander Bruno, 


wurde in Leipzig am 4. Januar 1841 ges 
boren, erhielt jeine Gumnaftalbildung in | 


Weimar, wo fein Vater Seminar= und 
Bürgerjchuldireftor, ſowie vortragender 
Rat im Kultusminifterium über das ge: 
ſamte Volks ſchulweſen des Großherzogtums 
Sachſen war, und ſtudierte in Jena und 


Leipzig Theologie, Philologie und Päda-⸗ 
gogif. Neben dem Brotjiudium widmete 
er feine freien Zeiten bejonders der Litera⸗ 
tur, Archäologie und Kunſtgeſchichte. Seine 


Kenntniſſe und Ideen in der Literatur, Phi— 
lologie und Kunſt hat er mannigfadh in 
Gotha und Koburg im Haufe des General: 
intendanten und Dichters Freih. Guftav 
von Meyern=Hohenberg als Jnformator, 
im Haufe des berühmten Literarhiftorifers 
Prof. Dr. Beyer bei literarifhen Mitarbeis 
ten, auch als Lehrer des damaligen Kon: 
jervatoriums zu Koburg verwertet, wäh: 


219 


= Hanien. 
‚nannte ihn 1874 infolge feiner Bejtrebun- 
‚gen auf pädagogifchem Gebiete zu feinem 
Ehrenmitgliede und Meifter. 
|  2iterarifh machte 9. fich zumeift durch feine 
große Biographie Friedrich Fröbels bekannt, die 
teilweife in faſt alle europäifhe Sprachen über: 
ſetzt wurde und ein anerfannt vorzügliches Quell: 
buch für alle Autoren und Redner auf dem Kin— 
‚ dergartengebiet bildet. Außerdem verfaßte 9.: 
Das Syftem des Kindergartens (1874), Chronif 
der Stadt Waldenburg (1880), Die Handarbeit 
in der Knabenſchule (2. Aufl. 1881), Aus Lenz 
und Sommer (1883). Seine bedeutungsvollen 
Arbeiten über den Künftler und Naturforicher 
| Bernard Paliſſy erichienen vorläufig in Zeitichriften. 
Danjen, Gotthard von (G. Spreng- 
feld), Sohn des Regierungsarchivars Joh. 
v. 9., iſt am 22. Auguft 1821 zu Reval 
geboren, erhielt feine Schulbildung größ: 
tenteils im 3. Gymnaftum zu St. Beters- 
burg, ftudierte dafelbit 1841, darauf in 
Dorpat 1842 —46 Philologie und Ge: 
ſchichte und abjolvierte das Oberlehrer: 
eramen in den hiſtoriſchen Wiſſenſchaften. 
Seit 1848 Dozent für neuere Spraden 
am Forjtinjtitut in St. Petersburg, ver: 
tauſchte er dieſe Stellung 1854 mit der 
eines Oberlehrers der Geſchichte und Geo— 
graphie beim Gymnafium feiner Vater: 
jtadt, an welchem er ununterbrochen bis 
zur Emeritierung (1885) wirkte. Er er: 
warb den Hang eines Kollegienrates und 
wurde für Auszeichnung im Staatsdienjte 
mehrmals mit höheren f. ruffiichen Orden 
deforiert. Während feiner 37jähr. Wirk: 





rend er dabei zwei theologiicd: pädagogische | ſamkeit als öffentlicher Lehrer ift er auch 
Prüfungen als cand.theol. und cand.rev. | häufig in fommunalen Amtern thätig ge: 
min. ablegte, jowie er fpäter als Dozent | wejen und befleidet noch gegenwärtig die 


am Technikum zu Frankenberg und am Al: 
bertinum zu Burgſtädt in Sachſen in wiſ— 
ſenſchaftlichen Fächern wirkte. Nach Ab- 
legung eines Reftoreramens vor dem Ge: 
lamt-Konfiftorium zu Glauchau wurde er 
als Rektor (1870) und ſpäter (1374) als 
Direktor der Bürger: und Fortbildungs- 
Ihulen zu Waldenburg in Sachſen ange: 
ftellt, wo er noch heute jegensreich und an 
allen gemeinnügigen Bejtrebungen teilneh: 
mend wirft und aud) literariich beichäftigt 
iſt. Das „Freie Deutiche Hochſtift“ er: 


‚Stelle eines Direktors der Sektion für 
'Vaterlandsfunde in der ejtländischen lite: 
rariſchen Gejellihaft und dem ejtl. Pro- 
vinzialmujeum, eines Mitgliedes des re: 
valſchen Stadtichulfollegiums und des eſtl. 
ſtatiſtiſchen Komités. 1887 iſt er zum 
Amte eines revalſchen Stadtarchivars vo— 
ziert worden. 

| Seine vielen Schriften find alle hiſtoriſchen und 
geographifchen Inhalts, und wenn auch die meiften 
‚lokale Stoffe behandeln, fo hatten fie fich doc 
‚über die engere Heimat hinaus einer weiten Ber: 
breitung zu erfreuen und find von der inländifchen 





Hanälid. 


wie ausländiihen Kritif ſehr günftig beurteilt 
worden. Unter feinen Werfen find beſonders her: 
vorzubeben: Die Kirchen und ehemaligen Klöfter 
Revals (1858, 3. Aufl. 1885), Die Sammlungen 
inländifcher Altertümer und anderer auf die bal: 
tiihen Provinzen bezüglichen Gegenftände des eft: 
ländilchen Provinzialmufeums ꝛc. (1875). In den 
„Beiträgen zur Kunde Eft:, Liv: u. Kurlands“, Bd. 


II u. ILL, find von ihm 1876—86 eine Reihe von | 


Publifationen aus dem fehr reichen Revaler Stadt: 
archiv, u.a, Briefe Guſtav Waſa's u. Erichs XIV,, 
Revald Belagerungen dur die Ruffen 1570/71 
und 1577, und zahlreiche Regeiten von Urkunden 
enthalten. Meine Vaterftadt Neval vor 50 Jah: 
ren in humoriſtiſcher Darftellung unter dem ob. 
Pfeudon. (1877), Die Gefchichte Revals in ſei— 
nem Führer durch Reval und Imgebungen (1878), 
Geſchichte des revalihen Gouv.Gymnaſiums, zu 
deſſen 250jährigem Jubiläum (1881). 


Haunslick, Eduard, geb. am 11. Sep: 
tember 1825 in Prag, zeigte fchon im 
frühen Knabenalter hervorragendes mufi- 
faliiches Talent und Verftändnis und bil- 
dete jih unter Tomaſchek in Prag aus, 
während er gleichzeitig an der dortigen 
Univerfität Philofophie ftudierte. 1856 
habilitierte er fich für Aſthetik und Muſik— 
geihichte an der Wiener Hochſchule, wo 
er 1861 zum außerord. und 1868 zum 
ordentl. Profeſſor ernannt wurde und nod) 
jept wirft. 9. ragt literariih beſonders 
als feinfinniger und ſcharfer Kunftkritifer 
hervor. Außer feinen ftändigen Referaten 
in der Wiener „Neuen freien Preſſe“ he: 
ben wir hervor: 

Vom Mufifaliih: Schönen, ein Beitrag zur Re: 
vifion der Ajthetif der Tonkunſt (7. Aufl.), Ge: 
ſchichte des Konzertweſens in Wien, Aus dem Kon— 
zertfaal, Die moderne Oper (8. Aufl.), Aus dem 
Opernleben der Gegenwart. Mufitalifche Statio- 


nen, Konzerte, Komponiften und Birtuofen der 
legten 15 Sabre. 


Harberts, Harbert, geb. am 26. De: 
jember in Emden, ftudierte in Bonn Phi: 
lologie und Literaturgefchichte, um fich dem 
Lehrfache zu widmen. Doc gab er die- 
jen Beruf nad) furzem Wirken an dem 
Gymnafium in Gravenhage (Holland) auf 
und folgte feinem langgehegten Wunfche, 
Yournalift zu werden. Er ging nun nad) 
Hamburg, wo er zuerft das „Hamburger 
Volksblatt”, jeit 1875 aber die „Reform“ 


220 


Harnad. 


redigiert. 9. machte fich zuerit befannt 
durch feine vorzüglich beurteilte Biographie 
‚von Klara Horn (3. Aufl. 1886). 

Außerdem beben wir hervor: Wilde Ranfen 
Ged. 1867), Der Donoratiorentiih in Di 
(Sat. 1882), Uber dies und das (1888), Rote 
Roſen (1886). 


Darnad, Otto. Ich bin geboren am 
23.November 1857 zu Erlangen in Bayern, 
wo mein Vater — gebürtig aus St. Pe— 

‚tersburg — als Profefjor der Theologie 
an der Univerfität wirkte. Nachdem der— 
jelbe im Jahre 1866 nach Dorpat berufen 
worden war, bejuchte ich dort das Gym: 
nafium und bezog im Jahre 1875 Die 
Univerfität, wo ic) zunächft Geſchichte ſtu⸗ 
dierte, bald aber mein Intereſſe vormwie- 
gend der Literaturgeichichte und vor allem 
der Goethe-Forihung zumandte. Ich er- 
warb mir in der Folge den Oberlehrergrad 
für die Fächer der Gefchichte und deutſchen 
Sprade. Im Jahre 1879 verließ ich Liv» 
‚land und verbrachte die nächſten Jahre in 
Deutſchland und Italien. In Göttingen 
promovierte ih 1880 auf Grund der Dij- 
jertation: Die politiihen Beziehungen zwifchen 
dem Karolingiſchen und Byzantiniſchen Reich 
(1880). Ein Jahr ſpäter ließ ich erſchei— 
nen! Napoleon, dramatiiches Gedicht in Vorfpiel 
und fünf Aften (1851). 1882 erhielt ich 
von der Göttinger philof. Fakultät den 
erften Preis der Benefe-Stiftung für die 
Bearbeitung des Themas: Das Kurfürften- 
kollegium bis zur Mitte des vierzehnten Jahrhun— 
derts (im Drud erſchienen 1883). In demiel- 
‚ben Jahre kehrte ich nad Livland zurüd 
‚und. übernahm an dem ritterfchaftlichen 
Gymnaſium zu Birfenruh bei Wenden die 
Stelle eines Oberlehrers der Geichichte und 
deutihen Sprache. An verſchiedenen Zeit: 
ſchriften auf hiſtoriſchem und literarbhifto: 
riſchem Gebiet thätig, bemühte ich mich zu: 
gleich zur Verbreitung genauerer Kenntnis 
der Zuftände Livlands jenfeits der ruffi- 
ſchen Reichsgrenze mitzuwirken. 1887 er: 
ſchien mein Buch: Goethe in der Epoche feiner 
Vollendung, Verfuch einer Darftellung feiner Denk: 
‚weile und Weltbetrahtung. Nachdem ich zu 
‚Ende 1886 Birkenruh verlafien, bin ich 








Harpf. 5 
egenwärtig Borjteher einer Privat-Real- 
—* zu Wenden. Der Geſellſchaft für Ge— 
ſchichte und Altertumskunde der Oſtſee— 
provinzen gehöre ich als Mitglied an und 
bin Mitarbeiter an der von der Goethe— 
Geſellſchaft zu Weimar veranſtalteten Edi- | 
tion der Werfe Goethe’s. 


Darpf, Jojeph Adolf (Adolf Hagen), 
wurde am 18. März 1857 zu ®raz geboren, 
bejuchte die Realihule und die chemiſche 
Fachſchule am Polytechnikum dafelbit, wo | 
er vorwiegend Naturmwifjenichaften ſtu⸗ 
dierte. Inzwiſchen benutzte er ſeine Ferien | 
zu größeren Ausflügen, befonders nad) 
Deutichland, das er ebenjo liebt wie jein 
eigenes Vaterland, da jeine Abſtammung 
mütterlicherjeits auch eine reichs-deutfche 
iſt. Dieje jährlichen, immer wiederholten 
und jtets wacjenden Neifen bis nad 
Rußland 2c. bildeten den Sinn des Jüng- 
lings weit über jeine Jahre, andererfeits 
entfremdeten fie ihn aber auch dem er: 
griffenen Zebensberuf als Techniker, und 
jo hatte er das zwanzigite Jahr erreicht, 
als er nochmals fein Studium von vorne, 
begann. Er holte nun das Reifezeugnis 
am Gymnafium nad und bezog die Uni- 
verfität, um fich der Philofophie zu widmen. 
Alois Niehl führte ihn in diefelbe ein, 
Außerdem betrieb 9. Literatur und mo: 
derne Spraden. Eine Reiſe nach Frankreich 
diente zur Bervolllommnung feiner franz. 
Sprachkenntniſſe. In Paris gingen ihm die 
Mittel aus, und ſuchte und fand er dort | 
eine Zehritelle, die er bis 1881 bekleidete. 
Alsdann ging er wieder in feine Heimat | 
jurüd, wo er nod) jet als nationaler | 
Schriftſteller wirft. | 

9.3 literarijches Feld ift die Lyrik. Seine Dich: 
tungen zeichnen ſich bejonders durch die ihnen 
innewohnende hohe nationale Begeifterung aus, 
die fich des bedrängten Volkstumes im Often an: 
annimmt: Sagen und Singen (1883), Aus der 
deutſchen Ojtmarf (1883), Rufe aus dem deutfchen 
Oſten (1884), Wehrund Waffen (mit. Fels 1885). 
Außerdem zeichnete 9. fih durch mehrere ver; 
diente Arbeiten auf dem Gebiete der Goethefor: 
hung aus: Goethe's Erfenntniäprinzip (1883), 
Schopenhauer und Goethe (1885) x. Nein phis, 
loſophiſch iſt: Die Ethik des Protagoras (1884). 














221 


— 


Hart. 


Hart, Heinrich, wurde am 30. Dezem: 
ber 1855 in Wefel geboren, beſuchte das 
Gymnafium zu Münjter und widmete fich 
(1875— 79) dem Studium der Philofo- 
phie, Geſchichte und Sprachen auf den 
Hochſchulen zu Münfter, Halle und Mün- 
hen. Nah Abfolvierung der Univerfität 
wandte 9. fi der Journaliſtik zu und 
[ebt nun nach mehrjähriger redattioneller 
Thätigleit als ſehr geachteter Dichter in 
Berlin. Seit längerer Zeit beichäftigt 9. 
der Plan zu einer großartigen Dichtung: 
Das Lied der Menjchheit, in welcher er die ge 
ſammte Menfchengefchichte in poetiſchem 
Gewande darſtellt. Das Werk erſcheint 
vorläufig in einer Zeitſchrift, ſpäter erſt 


| in Buchform. 


Hauptwerke: Weltpfingiten (Ged.), Das Buch 
der Liebe (Anthol. mit dem Folgenden), Stalienis 
Ihe Novellen (mit dem Folg.), Kritiihe Waffen: 
gänge, Sedan (Trauerfp.), Deutiches Herz und 
deuticher Geiſt (Anthol.) 


Dart, Julius, ein Bruber desVorigen, 
wurde am 9. April 1859 in Münfter ges 
boren, abjolvierte das Gymnafium und 
die Afademie dafelbft, danach die Univer: 
fität Berlin als „Juriſt“. Die Laufbahn 
feines Bruders beftimmte ihn zur Aufgabe 
aller anderen Zebenspläne, um gleichfalls 
der Muſe zu dienen und zwar meiltens 
in Gemeinfhaft mit dem Genannten (ſiehe 
oben). 

Bon feinen eigenen und alleinigen Schöpfun: 

en heben wir hervor: Sanfara (Ged.), Die Schau: 

buun (Dram.), Der Rächer (Trauerſp.), Blü- 
tenlefe aus ſpaniſchen Dichtern, Boefie der Sla— 
ven, Das jechste Gebot (Hom.), Maria von Ba: 
zailles (Trauerip.). 


Dartfelder, Karl, geb. am 25. April 
1848 in Karlsruhe, vorgebildet auf dem 
Gymnafium feiner Baterjtadt, bezog 1868 
bis 1870 die Univerfität Heidelberg, 1870 
bis 1871 Berlinund 1872— 75 wieder Hei— 
delberg, anfangs zum Studium der Theo: 
logie und orientaliihen Spraden, ſpäter 
der klaſſiſchen Philologie und Geſchichte. 
1875 promovierteerin Heidelberg zum Dok— 
tor der Philoſophie mit der Arbeit: De Cice- 
rone Epicureae doctrinae interprete. Nah 


— 222 — 


Hartmann. Hartmann. 
beftandenem Staatsexamen wurde er Leh⸗ mus ihm viele Gegner erſtehen ließ. Aber 
rer am Gymnafium zu Freiburg i. B. | gerade diefer Widerſtand befeitigte H.'s 
1875—80, ſodann Ardivrat am großh. | philofophiiche Stellung und daneben aud) 
GeneralsLandesardiv in Karlsruhe von feinen Ruf. Es ift jo vieles über 9. ges 
1850—82, hierauf Profefior am Gym: fchrieben worden, daß Plumacher dies ge— 
nafium zu Heidelberg bis jetzt. ſamte Dlaterial in der Schrift Der Kampf 
Von jeinen verdienten literariichen Arbeiten | ums Unbewußte herausgegeben hat. Bon 
mögen folgende hervorgehoben fein: Die Quellen feinen weiteren, gleichfalls, wie nicht an- 


von Cicero's zwei Büchern de divinatione (1878), ; . — 
Die alten Zunftordnungen der Stadt Freiburg ders von einem fo gewaltigen Geifte wie 
i.B. pi er = — ein Heidel: der H.'s zu erwarten, — 
berger Humaniſt (1880), Fünf Bücher Epigramme | zum Teil geradezu epochemachenden Schrif⸗ 
von Konrad Celtes (1881), Konrad Geltes und | a erh wir - ch 

der Heidelberger Humaniſtenkreis (1881), Zur | 2 


Geſchichte des Bauernkriegs in Sübmweit-Deutich: | 


land (1884), Deutiche Überfegungen klaſſiſcher 


Schriftfteller aus dem Heidelberger Humaniften- 
freis (1884), gemeinfam mit Adalbert Horawig: 
Der Briefwechiel des Beatus Rhenanus (1886). 


Hartmann, Eduard von (Karl Ro: 
bert), geb. am 23. Februar 1842 als der 
Sohn eines preuß. Generals in Berlin, 
der ihn früh ſchon für den Soldatenjtand 
bejtimmt hatte. So trat Ed. v. H. denn 
nad) Abjolvierung des Friedrih-Wilhelm: 
Gymnaſiums 1859 in die Armee und 
wurde 1860 Offizier. Bereits 1865 mußte 


er jedoch eines Knieleidens halber, das 


| Scellings pofitive Philofophie, Gejammelte 


philof. Abhandlungen, Erläuterungen zur 

ſophie des Unbewußten, Die Selbftzerfegung des 
| Ehriftentums und die Religion der Zukunft, Kri⸗ 
tifche Grundl. des transcend. Realismus, Wahr: 
beit und Irrtümer des Darwinismus, Phãno⸗ 
menologie des ſittlichen Bewußtſeins, Geſchichte 
und Begründung des Peſſimismus, Die Kriſis 
des Chriſtentums in der modernen Theologie, 
Das religiöſe Bewußtſein der Menſchheit im Stus 
fengange feiner Eniwickelung, Die Religion des 
Geiſtes. Das Judentum in Gegenwart und Zus 
kunft, Philoſophiſche Fragen der Gegenwart, Der 
 Spiritismus, Moderne Probleme, Die deutjche 
Aſthetik ſeit Kant; außerdem verfaßte 9. auch 
dramatiſche Dichtungen (unter ob. Pieud.). 

H. lebt feit vielen Jahren in jtiller Zus 


ihn nie mehr verlieh, feinen Abſchieb neh: rückgezogenheit in Lichterfelde bei Berlin, 
men. Er bezog nun die Univerfität, pro | Hartmann, Gottlieb Friedrid Her: 
movierte 1867 als Doktor der Vhilojophie mann. Im DOsnabrüdihen Nordlande 
und lebte ausichließlich feinen Studien, | zu Ankum am 22. März 1826 geboren, 
deren erjtes und größtes literarifches Er: | im elterlichen Haufe, welches eine ſorgſam 
gebnis bereits 1869 erſchien und feinen geordnete Sammlung von altgermaniſchen 
Verfaſſer mit einem Schlage unter die her: in der Umgegend gefundenen Altertümern 
vorragenditen Philofophen der Gegenwart | den forichenden Augen des Knaben dar: 
verſetzte, ihn, den fiebenundzwanzigjähri- bot, Zeuge der im Verlaufe der legten 
gen, der diefe Jahre nicht einmal wie an- ZJahrzehnteimmer mehr ſchwindendenVolks⸗ 
dere benußt, fondern einen Teil davon feſte und Volksgebräuche, hatte meine Auf: 
„im bunten Rod“ vertändelt hatte. Die merkſamkeit ſich Schon früh auf den Mythus 
Philofophie des Unbewußten will den Welt: und die Kulturgefchichte der engeren, Ipäter 
prozeh aus dem Antagonismus von Mille | der weiteren Heimat gerichtet, zugleich war 
und Vorftellung erklären, eine Verſchmel- auch das Studium ihrer Gefchichte zu 
zung der Philojophie Schopenhauers mit meiner Lieblingsbeichäftigung geworden. 
derjenigen Hegels und Schellings. Das Nachdem ih) von 1840—45 das Rats: 
Vorhaben ift dem Verfafler vermöge ſei- gymnaſium zu Osnabrüd befucht, in den 
nes feinen äjthetijchen Gefühls und ſei- Jahren 1545 in Heidelberg, von 1846 
ner reichen naturwillenichaftlichen Kennt: bis 1548 in Göttingen und zulegt in 
nifje voll und ganz gelungen, wenn auch Würzburg die Arzneiwiiienichaften tus 
jein hierbei zu Tage tretender Peſſimis- diert und 1849 die medizinischen Staats: 


Hartung. 


eramina abjolviert hatte, fand ich von 
1550 an in 2intorf am nördlichen Ab- 
hange des Miehengebirges in der Mitte 
zwiſchen Osnabrüd und Minden als Arzt 
Beihäftigung, zugleich auch Gelegenheit, 
meine Forſchung nad) Sagen, Gebräucen, 
geichichtlichen Überlieferungen und anderen 
dahin ſchlagenden Gegenjtänden fortzufegen. 
Hier wohne ich auch jegt noch, meine Muße—⸗ 
ftunden mit geſchichtlichen und fulturhifto: 
riſchen Forſchungen und Veröffentlichungen 


ausfüllend. 
Es findvon mirherausgegeben: Gedichte (1862), | 
Die Schlacht am Schlagvorderberge (2. Auflage | 
1867), Wittetind (1868), Bilder aus Wejtfalen, 
Sagen, Volfs: und FFamilienfefte, Gebräuche, 
Bolksaberglaube zc. (1871), Neue Folgemit Illuſtr. 
1884), Wanderungen durch das Wittekinds⸗ oder 
engebirge (1876), Das Buch vom Sadjien: 
berzog Wittefind, Sagen und Dichtung nebit hiſt. 
Einleitung (mit Dr. Dito Weddigen herausgegeben 
mit uf. 1883), Der Sagenſchatz Weitfalens 
von D. Weddigen und 9. Hartmann (1884), 
n weſtf. Dichtkunſt in hoch: und platt: 
deuticher Sprache (1885). Außerdem verfchiedene 
Heinere Schriften geichichtlihen Inhalts, Unter 
der Preſſe befindet ſich: „Mythe und Sage“, 
Gedichte. 


Sartung, Jul. j. v. Pflugk⸗Hartung. 


Sarweck-Waldſtedt, Gottfried 
Mar, wurde am 3. Auguſt 1849 in Zör- 
big (Provinz Sachſen) als ein Sohn des 
damaligen Lehrers und Kuftos G. A. 9. 
geboren. Not und Sorge ftanden an fei- 
ner Wiege, da der Vater ſich in die da- 
maligen politischen Wirren hatte verftriden 
laſſen und zu Feſtungshaft verurteilt wurde. 
Des Lehramtes verluftig erklärt, fiedelte 
die Familie nad) des Vaters Freilaffung 
nah Halle a.d. ©. über, woſelbſt diefer 
durch Klavierunterriht und Konzertgeben 
feine Familie fümmerlich ernährte, 1861 
wurde derfelbe durch Gnade des Prinz: 
regenten (jegigen Kaiſers) im Schulamt 


wieder betätigt. Mar 9. befuchte zunächit 


223 


Haſak. 


nach Berlin, wo er, ſich ganz der Jour— 
naliſtik widmend, an verſchiedenen Zeitun: 
gen mitarbeitete. 1874 verließ er Ber— 
lin und lebte nun abwechſelnd in Thü— 
ringen, Oſt- und Weſtpreußen und in Leip⸗ 
zig als Literat, Hauslehrer und Redakteur. 
Erjt 1881 kehrte er nach Berlin zurüd, 
wo er fich lebhaft an der hriftlich-jozialen 
Bewegung beteiligte. Da er jedoch in Ber: 
lin nicht feiten Fuß zu fallen vermochte, 
ging er nad) dem Harz, wo er noch heute, 
ausſchließlich feinen literarischen Arbeiten 
bingegeben, lebt (Dfer bei Goslar). 

Bon feinen Schriften find hervorzuheben: Her: 
zensklänge (Ged. 1870), Des Teufels Minijter 
(Zeitged. 1871), Frühlingsblüten (1872), Helden» 
klingen, ein gebrochenes Herz (Erz. 1872), Eduard 
Laster (Biogr. 1874), Aus den Fremdenbüchern 
des Harzes (1876), Briefe aus Rumänien (1877), 
Elfriede (Erz. 1880), Tem Kaiſer Heil! (Feſtſp. 
1881, wiederh. aufgef.), Adelinde oder ein Sieg 
des Chriftentums (Dram. 1851), Friedrih Fries 
fen (Biogr. 1885), Aus dem Brodensfremden: 
buch (1887). 

9. hat eine Reihe von Stiftungen ꝛc. 
ins Leben gerufen. 1886 wurde ihm die 
goldene Medaille für Kunft und Willen: 
Ihaft (von Sachſen-Meiningen) verliehen. 


Haſak, Bincenz, wurde geboren im 
Jahre 1812 in Neuftadtl bei Friedland in 
Böhmen; er wurde 1836 in Leitmerig 
zum Priejter geweiht und feierte im Jahre 
1886 fein 50jähriges Jubiläum als Prieſter 
und Seeljorger; er arbeitete durch 18 Jahr 
als Kaplan in der böhmiſch-ſächſiſchen 
Schweiz (Arnsdorf auf Binsdorf) und feit 
dem Jahre 1854 als Pfarrer in Weis: 
firhlig. Seit 1840 iſt berjelbe raft- 
los thätig für pädagogiihe und theolo: 
giſche Blätter, ebenjo als publiziftiicher 
Schriftſteller. 

1868 gab er das wichtige Quellenwerk heraus: 
Der chriſtliche Glaube des deutſchen Volkes beim 
Schluſſe des Mittelalters; 1881: Dr. M. Luther 
und die religiöfe Literatur feiner Zeit bis zum 
Sabre 1520; 1882: Die Himmelsftraße oder die 


die Schulen von Halle und ging dann auf | Evangelien des Jahres in Erklärungen für das 


das Seminar in Ofterburg, um fich dem 
Lehrerberufe zu widmen. Das eng be 
grenzte Leben behagte aber dem Jünglinge 
nicht; er verlieh das Seminar und eilte 


chriſtliche Volk nad deutichen Plenarien aus der 
Zeit 1500; 1883: Die legte Roſe oder Erklärung 
des Vater Unfer nad) Marfus von Weida und 
Münzinger von Ulm — 1470, 1854: Ein Vers 
gißmeinnicht oder von der heiligen Meile, nad) 


*fbanbumg, Abo Gomud Gustour — 3 a, 


Haskarl. 


Predigten des Michael, Biſchof von Sidonien, 
Suffragoneum in Mainz, 1548; 1885: Herbit: 


blumen oder alte ernfte Wahrheiten, 1887: Pal: 


fionsblumen oder Betrachtungen über das Leiden 
und Sterben Jeſu Chriſti und Ein Epheufranz 
oder Erklärung der X Gebote Gottes nad Mar: 
fus von MWeida — aus dem Jahre 1516. 
Hasfarl, Juſtus Karl, geboren den 
6. December 1811 in Kaflel, fam früh: 
zeitig nad) Bonn, wo jein Vater als 
Rechnungsreviſor beim Oberbergamt an: 
geftellt worden war. Hier bejuchte er das 
Gymnafium 1819—27 und trat alsdann, 
um feiner Vorliebe für Botanit Genüge 
zu leiften, als Lehrling in den dortigen 
botaniihen Garten ein. 1830 hörte er 
ein Jahr lang botaniſche Vorlefungen in 
Bonn, genügte feiner Militärpflicht und 
fegte feine Studien im bot. Garten in 
Düfjeldorf fort. 1834 fehrte er nohmals 
an die Bonner Univerfität zurüd. 1836 
ichiffte 9. fih nad Java ein, um feine 
Kenntnifje zu erweitern, mußte aber hier, 


ohne Geld und Hülfsmittel, viele Schwie: 


rigfeiten überwinden und mit Entbehrun- 
gen kämpfen. Endlich entriß ihn eine An— 
ftellung am botan. Garten in Java feiner 
Verlegenheit, für welden er wiederholt 
Reifen ins Innere Java’s machen mußte. 
Aber dies Klima griff H.'s Gefundheit 
dermaßen an, daß cr feine Stellung 
aufgeben mußte. Er that dies in der 
Hoffnung auf eine befjere, ihm vom 
holländiihen Miniſter in Ausficht ge: 
ftellte Beichäftigung. Da ihm aber nicht 
Wort gehalten wurde, nahm er den Po: 
jten eines Sefretärs der Handelsfammer 
in Düffeldorf an, wo er fi) mit feiner 
Familie kümmerlich durchſchlug. Damals 
erſchienen ſeine Werke: Over het nut der 
lanten Java’s (1844), Plantae javanicae 
1847), Auftralien und jeine Kolonien (1849), 
Allgemeines Namen: und Sachregiſter der Flora 
von 1818—62 (1851), Das Kap und die Kaffern 
(1852), und bejorgte die deutiche Ausgabe 
von Junghuhn's Java. 1854 wurde 9. 
vom Hol. Kolonial-Miniſterium beauf: 
tragt, nah Java zu gehen, um den 
Bau von Chinarindenbäumen zu beauflich: 
tigen. 9. zeichnete fih hier in hohem 


224 


— Hasper. 

Grade aus, wurde mehrfach dekoriert und 
erhielt ein einträgliches Amt, das er aber 
aufgab, wie die Nachricht, daß fein Weib 
und feine Kinder, die ihm nachkommen 
follten, unterwegs verunglüdt waren, ihn 
völlig daniederwarf. Nach Europa zurüd- 
gekehrt, wurde er zum Mitglied mehrerer 
botanijchen Gefellihaften erwählt, und von 
der Univerfität Greifswald zum Doktor 
h. c. ernannt. Er fiedelte fih nun in 
‚Kleve an, heiratete die Schweiter feiner 
‚verftorbenen erſten Frau und bejchäftigte 
fi vorzugsweife mit indiiher Botanik 
und mit feinen literorifhen Arbeiten, 
endlich mit Ordnen feiner, 25000 Arten 
umfafjenden Herbarien. 





Hasper, Ludwig Wilhelm, geboren 
den 13. Auguft 1825 zu Cönnern a. S., 
gebildet auf dem Gymnafium zu Witten 
berg. Auf der Univerfität in Halle waren 
es befonders G. Bernhardy und Heinrich 
Leo, fowie als Philofoph Erdmann, die 
einen tieferen Einfluß auf ihn gewannen. 
Beſonders verdankt er ed Hr. Leo, daß 
er ihm fefte politiihe Prinzipien zu ges 
ben wußte, auf die geftügt er in dem 
‘tollen Jahre 1848 als Führer der Stu: 
dentenſchaft in fonfervativem Sinne zu 
wirken im Stande war. Er ging darauf 
1850 nad) rite beitandenem Doktor und 
Oberlehrereramen auf zwei Jahre nad) 
Paris, um dort in der großen Biblio 
thef, in der Sorbonne, dem college de 
France und der &cole des chartes Stu: 
dien zu machen. 1851 reifte er durch 
Frankreich, um die Bibliothelen von yon, 
Montpellier zc. kennen zu lernen. 1852 
nach Deutichland zurüdgefehrt, hielt er 
fein Probejahr in Magdeburg an der da— 
maligen höheren Handlungsihule ab, ging 
1853 als jüngjter ordentlicher Lehrer an 
das Gymnafium in Wittenberg und 1854 
als zweiter Oberlehrer an das Gymna- 
fium in Mühlhaufen. 

Hier veröffentlichte er zwei noch unedierte in 
| Rarid und Montpellier gefundene Handſchriften 


des Hyginus philosophus de imaginibus coeli 
(1861) und Aswvapins "Apstivuu ep! 








ehe 


Haſſell. — 2 
nokreias ray Ykopevzivov (1861). Außerdem | 


ae zur Förderung der Lektüre deö neuen 
tes in ber Uripradhe auf dem Gymna⸗ 
he zwei Kommentare, den einen zum Galater: 
1863 


wurde er an die Ritterafademie zu Bran: 
denburg a. 9. berufen, wo er mit feinem Di: 
reftor Köpfe zufammen an der Zeitung des fon: 
fervativen Vereins thätig war, eine Thätigfeit, die 
. auch jchon Fri ger in a unter 
chweren Kämp eübt hatte. Oſtern 1867 
wurde er ſodann ind 

Gr. Glogau berufen, nachdem er kurz vorher 


eine „Beiträge zur Topographie der homeriichen 
Zlias“ Brandenburg a. 9. veröffentlicht hatte. 


In u ſtützte er auf diefe rein wiflenfchaftliche 
Kebct me andere für die Schule: „Das alte Troja 
und das Schlachtfeld der homerischen Helden“. 1870 
erfchien von ihm: Pauli Brief an die Römer, im 
Urtert zunächit für den Schulgebrauch erklärt. 
Aus den ſtiliſtiſchen Übungen mit feinen Prima: 
nern erwuchs jodann eine Ülberfegung des Lei 
fing’ihen Laoldon ins Lateiniſche. 1882 gab er 


eine Auswahl aus Beranger’3 Liedern heraus und | 
1885 „‚M. Tullii Ciceronis disputationes Tus- | 
enlanas“. Außerdem manche Beiträge in Zeit: | 


fi Demnähit wird von ihm erfcheinen 
es Fauft”. 
Saſſell, William von, geboren zu Ver- 


den in Hannover am 16. December 1833 | 


als Sohn des nahmaligen Generalleut: 
nants v. H., bejuchte das Gymnaſium zu 
Celle und wurde 1849 in die fol. Ka: 
betten-Anjtalt in Hannover aufgenommen, 
die er 1852 verließ, um in die Hanno: 
veriche Armee einzutreten. Nachdem er 
von 1853— 1858 als Subaltern-Offizier 
beim Hann. Garde⸗-Huſaren-Regiment ge: 
ftanden, wurde er in den Seneraljtab ver: 
jeßt, dem er bis zur Auflöfung der Armee 
(1866) angehörte. Am Feldzuge in Thü- 
ringen nahm er als Generaijtabs-Offizier 
im General-flommando teil. 1867 trat 
er in fol. Sähfiihe Militärdienfte, und 
zwar als Rittmeilter in das 2. Reiter: 
Regiment, mit dem er auch 1870 ins Feld 
rüdte.. 1874 nahm er feinen Abfchied 
und wohnt feitdem in Dresden, bezw. 
Loſchwitz, ſich mit alter Vorliebe hiſtori— 
ihen und geographiichen Studien widmend. 
1887 fiedelte er nad) jeinem alten Fa— 
miliengute Clüversborjtel im Bremenjchen 
über. 


Das literariihe Deutichland. 


25 


(1861), den andern zum Epheferbrief (1862). | 


as Direftorat des Gymnaſii 








Haßlwander. 


Hauptwerke: Die hannoverſche Kavallerie und 
ihr Ende (1875), Der Aufſtand des jungen Prä⸗ 
tendenten Carl Eduard Stuart. Ein hiſtoriſcher 
Verſuch (1877), Die ſchleſiſchen Kriege und das 
Kurfürſtentum Hannover, insbeſondere die Kata⸗ 
ſtrophe vom Kloſter Jeven 1757 (1879). 


Haßlwander, Friedrich, wurde am 
4. Oktober 1840 als ein Sohn des Hi— 
ſtorienmalers Joſef H. in Wien geboren, 
abſolvierte die k. k. Oberrealſchuͤle auf 
dem Schottenfelde, ſtudierte ſodann ein 
Jahr am k. k. polytechniſchen Inſlitut, 
worauf er 1860 als Schüler an die k. 
k. Akademie der bildenden Künſte über— 
trat, um ſich daſelbſt im Fache der Hi— 
ſtorienmalerei auszubilden. Während fei⸗ 
ner fiebenjährigen Studienzeit an der ge— 
nannten Hochſchule wurde er zweimal 
bei der öffentlichen Preisverteilung durch 
ehrende Anerkennung feiner fünftlerifchen 
Zeiftungen ausgezeichnet. 1866 begann 
er feine Wirkſamkeit als Lehrer des Frei- 
bandzeichnens an der öffentlichen Oberreal- 
ſchule im 8. Bezirke und verfah diefelbe 
bis zu feiner 1873 erfolgten Ernennung 
zum Profeſſor an ber k. f. Oberrealſchule 
in Sehshaus bei Wien. 1879 wurde 
er vom Semeinderate ber k. k. Reichs: 
haupt⸗ und NRefidenzitadt Wien zum Pro: 
fellor an der Kommunal:Oberrealichule im 
4. Bezirke ernannt. Der Penſions-Ge—⸗ 
jellichaft bildender Künftler in Wien trat 
er 1870 bei; 1877 wurde er von den 
Mitgliedern dieſer Gefellihaft zum Se: 
fretär gewählt. 

Von feinen fünftlerifchen Arbeiten find folgende 
Kompofitionen bejonders erwähnenswert: Der 
Tod, 2orelei, Der Sturm auf dem Meere, Die 
Kraniche des Ibykus, Lenore, König Richard III., 
Fauft in der Hexenküche. Als Schriftfteller machte 
er ſich durch zahlreiche Gedichte, welche in den 
verſchiedenſten öjterreichiichen und deutichen Zeit: 
Ichriften veröffentlicht wurden, bemerkbar, Außer: 


dem ift derjelbe als Novellift und Verfaſſer funft: 
und literargejchichtlicher Artikel befannt geworden. 


Hatle, Eduard, wurde am 23. März 
1851 zu Altenmarkt bei Fürftenfeld in 
Steiermarf geboren, bejuchte von 1856 
die Volksjchule zu Altenmarkt und Für- 


ſtenfeld, von 1863— 71 das k. k. Staats- 


15 


Hattler. 


gymnafium zu Graz und widmete ſich jo: 
dann durch fieben Semejter an ber f. £. 
C. F. Univerfität zu Graz dem Studium 
der Naturwilienichaften. Im Jahre 1876 
legte derfelbe die Lehramtsprüfung aus 
den naturgeichichtlichen Disziplinen für 
Obergymnaften und 1877 aus Mathema- 
tif und Phyſik für Untergymnafien ab. 


1876 wurde 9. zum Adjunften des na— 


turhiftoriihen Mufeums am Joanneum 
in Graz ernannt, melde Stelle er nod) 


jegt bekleidet. Nachdem derſelbe feine theos 


retifchen Kenntniſſe in den folgenden Jah: 
ven durch praktiiche Übungen in Zabora- 


torien der Univerfität und techniſchen Hoch: 


ihule zu Graz ergänzt hatte, wurde er 
auf Grund einer willenichaftlichen Arbeit 
unter dem Titel „Zur Kenntnis der pe: 
trographiichen Beichaffenheit der ſüdſteier— 
märfiichen Eruptivgefteine” zu den philo- 
fophiichen Nigorofen an der Univerfität 
zu Graz zugelaffen und 1880 zum Doftor 
der Philoſophie promoviert. 

1885 erichien fein bisheriges Hauptwerk: Pie 
Minerale des Herzogthums Steiermark, 1886 
Mineralogiiche Miscellaneen aus dem naturhiſto— 
riſchen Mufeum am Noanneum und 1887 Der 
fteiriihe Mineralog, Anleitung zur Beltimmung 
der bisher in Steiermark aufgefundenen Minerale 
mittelft der einfachiten Verſuche. 


Hattler, Franz Ser., ift geboren am 


11. September 1829 im Torfe Anras | 


in Tirol. Sein Vater war faiferlicher 
Forfibeamter, in deſſen Begleitung auf 
feinen Amtswegen der Anabe vielfach Ge: 
fegenheit fand, den Einn für Tirols Na: 
turfchönheiten zu weden und zu ſchärfen, 
ſowie das Wolf in jeiner Lebensart und 
Sprachweiſe fennen zu lernen. Nachdem 
er feine Gymnaftaljtudien in Bozen (Süd— 
tirol) vollendet hatte, wählte er für ſei— 
nen Lebensberuf den Ordensjtand und 
ſchloß fih 1842 der Geſellſchaft Jeſu 
in Ofterreih an, in welcher er feine wei- 
tere Ausbildung in den klaſſiſchen Sprachen, 
in der Philoſophie und Theologie erhielt. 
1862 wurde ihm die Beitimmung, in der 
von feinem Orden gegründeten und ges 
leiteten Lehr: und Erzichungsanftalt zu 


226 


Hauff. 


Kalksburg bei Mien als Erzieher, Pres 
diger, Profeſſor der’ Religion, der Deuts 
ſchen Literatur und philofophiihen Pro— 
pädeutif an den höheren Klaſſen des Gym: 
naſiums zu wirken. Im die Zeit feines 
dortigen fait zwanzigjährigen Aufenthaltes 
‚fällt auch der Beginn feiner literarischen 
Thätigkeit. 

Die meiſten Schriften H.'s verfolgen den Zweck, 
die Kenntnis und Verehrung des gottmenichlichen 
Herzens des Welterlöfers zu verbreiten: Stillleben 
im Derzen Jeſu, Garten des Herzens Jeſu, Haus 
des Herzens Jeſu, Monat des Herzens Jeſu ꝛc. 
Aufgemuntert von feinem UOrdensbruder Prof. 
of. Nungmann, verfuchte 9. als „Volksſchrift— 

ſteller“ aufzutreten, was ihm mit großem Erfolg 
gelang. Alban Stolz übertrug ihm in feinen 
legten Lebensjahren die Fortfegung des von ihm 
gegründeten „Nalenders für Zeit und Ewigkeit“. 
Außerdem verfahte H. pädagogiſche Schriften, zu« 
nächſt für verſchiedene Zeitfchriften, fpäter in einer 
‚ Bearbeitung in dem Bude: „Kinderſchutz“ ges 
‚Tammelt, Um den fathol. Erzichern cin Mufters 
bild vor die Augen zu ftellen, verfaßte H. die 
eingehende Lebensbefchreibung des Jeluiten Jakob 
Rem. Für die Jugend ſelbſt ichrieb er das 
Bud: Katholiſcher Kindergarten oder Legende für 
‚ Kinder, aus welchem er cinen Auszug veranitals 
tete unter dem Titel: Blumen aus dem katholi— 
ſchen Kindergarten. Der Wert beider Schriften 
befundet ſich ſchon dadurch, daß jie in furzer Zeit 
mehrere Auflagen erhielten und in fait alle eu— 
‚ropäiihe Spraden überlegt wurden, Das ums 
fangreichite aller Werke 9.3 ift das; Wander: 
buch für die Neife in die Ewigkeit, Es behan- 
delt die wichtigſten, zeitgemäßen Fragen des fa» 
tholiichen Katechismus in populären Abhandlungen, 
1882 übernahm 9, die Nedaftion und Herauss 
gabe der Monatichrift: „Sendbote des Herzens 
Jeſu in Innsbruck. Die geihwächte Geſundheit 
nötbigte H., 1886 die Redaktion wieder aufzu 

und fich auf rubigere fchriftftelleriiche Thätigfeit 


zurückzuziehen. 


Hauff, Karl Georg Friedrich Gujtav, 
Ich bin geboren 23. April 1821 in Auen⸗ 
jtein bei Marbach. Meine Laufbahn ift 
die gewöhnliche eines württembergiſchen 
Theologen: Beſuch von Lateinſchulen, vier 
jähriger Aufenthalt im niederen Seminar 
zu Diaulbronn, vierjähriger Aufenthalt im 
Stift zu Tübingen. Won 1846— 1851 
Inftitutslehrer in Livland (Lasdohn und 
Sellin); nachher wieder Theolog, „1856 
Pfarrer in Yangenteutingen, Od. Obhrin: 





227 


Haug. Hausegger. 


gen; 1872 in Ohmden bei Kirchheim a. | Herangewachſen in ländlicher Abgeſchie— 
T.; 1880 in Steinbad bei Gerabronn; | denheit, wo von äußerem Treiben unbe: 


verheiratet. 

Sb babe mich früher dichterifch verſucht und 
1861 einen „Siederftrauß” herausgegeben, habe 
aber damit wenig Glüd gehabt. Meines Wiſſens 
bat bloß R. v. Gottſchall mir die Ehre erwiefen, 
mid unter die Dichter einzureihen, und zwar 
nit unter die ſchwäbiſchen Dichter, ſondern un: 
ter die von ihm fo genannten „Unafrcontifer“. 
(Blütenfrang neuer deutihen Dichtung S. 511). 
Andere Gedichte (auf Uhland, Dionyios, Zagreus ꝛc.) 
finden ſich in meinen Schillerſtudien (Anfang). 
Manches fann und darf ich aus newiffen Rüd— 
fihten nicht druden laſſen. Hauptlählich ift 
meine poetiiche Ader jeit längerer Zeit nur noch 
in lateinischen Gedichten (Diftihen) bemerkbar. 

Der Sinn für Kritik wurde in mir 
durch Viſchers äjthet. Vorlefungen und in 
der Theologie hauptjählih durd) Baur 
gewedt. Als ich in Livland deutſche Li- 
teratur zu lehren hatte, behandelte ich be— 
fonders Schiller, las Mehreres über ihn, 
verglich die Urteile über ihn und juchte 
mir eben dadurd eine eigene Anficht zu 
bilden. Es ijt dies eine ähnliche Diethode 
wie die von Fr. Strauß in jeinen zwei 
Hauptwerfen befolgte,; auf feine literar: 
geſchichllichen und kritischen Abhandlungen 
bat fie Etr. freilidy nur in jehr geringem 
Make angewandt. In der angegebenen 
Weiſe find alle meine literariichen Auf: 
jäge gehalten. 

Meine eriten lit.sfritiichen Arbeiten waren Auf: 
fäge über Schillers Jungfrau von Orleans und 
Maria Stuart, ſpäter über Schillers Räuber ge: 
gen Ludw. Edardt. Außerdem jchrieb ich Rezen— 
fionen und literarbiftoriihe Studien in einer 
Reihe von Zeitichriften. Erſt jpät, im Alter von 
58 Jahren, trat ich als Verfaſſer eines literar: 
fritifichen Buches auf und zwar mit meinen 
Schillerftudien. Sodann folaten 2 Schubarts— 
bücher: Schubarts Gedichte (1854) und Schu— 
bart in feinem Leben und feinen Werfen, beide 
ancrkennend beurteilt. Ach bin Mitglied des deuts 
ſchen Sprachvereins und der Goetheitiftung, habe 
auch in cin paar frühere Jahrgänge de3 Goethe: 
jahrbuchs einige wenige Kleine Beiträge geliefert. 


Haug, Maria (M. Liebrecht), geboren 
ben 5. März 1850 zu Middern (Mürt- 
temberg) als Tochter des dortigen Etadt- 
pfarrers €. Haug (geit. 1880 als Dekan 
und Bezirfsidulinipektor in Befigheim). 


‚rührt, ihr Geiftes- und Gemütsleben zu 
einer fräftigen, zunächſt mehr nad) innen 
gewandten Entfaltung gelangte, wurde fie 
‚von liebenden Eltern jorgfältig erzogen. 
Ihre Jugendzeit brachte fie im Kreife ihrer 
Familie zu. Häusliche Verhältnifie, To: 
‚wie manche andere Umftände wiefen Dia: 
ria frühe darauf hin, ihrer ſelbſt vergefiend, 
‚für andere zu leben. Auch die Thatſache 
‚vor allem, daß ihr Vater, ein überaus 
gewillenhafter Seelforger, die ältefte Toch— 
ter dazu anleitete, ihm bei Krankenbe— 
ſuchen, in der Armenpflege ꝛc. an die 
Hand zu gehen, follte folgereih für fie 
werden. Vielfacher Verkehr mit dem Volke, 
Einblicke in die mannigfaditen Verhälts 
niffe, welche fie mit licbender Teilnahme 
in fih aufnahm und verarbeitete, bildeten 
‚fie, ohne daß fie es ahnte, dazu heran, 
‚ihre Gaben und Kräfte fpäter auf einen 
größeren Felde zu bethätigen. Zunädjit 
galt ihr Augenmerk der Kinderwelt, zu 
der fie fich hingezogen fühlte, hernach aber 
auch weiteren Kreifen. Freundliche Er— 
I munterungen veranlaßten fie, den einmal 
beichrittenen Pfad weiter zu wandeln. 


Hauptwerke: Vereint zum Lob des Meifters, 
‚Von Sieg zu Sieg, In Seilen der Liebe, Ein 
Glückskind, Jugendgabe, Zwei Waifenfinder, 
Traudchen, Ein patriotiſches Schwabenkind, Hinter 
Schloß und Riegel. 














Sausegger, Friedrich von, wurde 
am 26. April 1837 in St. Andrä in Kärn⸗ 
ten geboren. Durch feinen Vater, der felbit 
fünftlerifch beanlagt war, wurde der Kunſt— 
finn des Knaben früh erwedt. Später ver: 
legte er fich neben feinen juridiichen Stu— 
dien auf die Muſik, jtudierte Kontrapunft 
und Kompofition bei Gottfried Salzmann 
und dann am Konfervatorium in Wien 
bei Tefjoff, wurde Advofat in Graz und 
habilitierte ſich 1871 auf der Univerfität 
in Graz als Dozent für Geſchichte und 
Theorie der Muſik, wo er fih aud als 
Kritiker bethätigte. 1878 erjchien feine 
Broihüre Nichard Wagner und Schopenhauer 


15* 


— 


Haushofer. 


1885 fein Buch Die Muſik als Ausdruck. 
Daffelbe enthielt den, der maßgebenden 
Kritik nach gelungenen Verſuch, der Mufif 
eine neue äjthetiiche Grundlage zu ſchaffen. 
Es wurde fehr beifällig aufgenommen und 
erfuhr in kurzer Zeit eine zweite Auflage. 
Außerdem verfaßte H. eine Reihe von Auf: 
fägen in Muſik- und anderen Zeitjchriften, 
denen er auch jegt noch als Mitarbeiter 
angehört. 

Haushofer, Dar, geb. zu München 
am 23. April 1840, jtudierte an der 
Münchener Univerfität Philofophie und 
Jurisprudenz. Nach dem Abgange von 
der Univerfität wandte er fi) zunächft dem 
Staatsdienſte zu und veröffentlichte 1864 


228 


— Hand. 

ruhe, abfolvierte zunächſt das Lyceum jei: 
ner Vaterſtadt und alsdann die Univers 
fität als Theologe. Beſonders richtete 
er bier fein Augenmerk auf die Kirchen- 
geihichte, die ihn vor allem anzog, ganz 
natürlich, da der junge Student das Glück 
hatte, Droyjen’s Schüler zu werden. In 
Göttingen und Berlin vollendete er feine 
Studien, legte alsdann in Heidelberg fein 
Staats: und Licentiatseramen ab und 
habilitierte fi dajelbit als Privatdozent 
‚für Kirchengefhichte. Daneben war 9. 
auch journalijtiih thätig als Redakteur 
des „Süddeutihen Wocenblattes”, für 
liberale Ideen eintretend. 1864 wurde 
er als Aſſeſſor in den Oberkirchenrat 





eine von dee Münchener Univerfität ge- und 1867 als außerordentliher Profeſſor 
frönte Preisſchrift „Der landw. Kredit”; an die Univerfität Heidelberg berufen. 
gleichzeitig aber auch einen Band „Ge: | 1870 erfolgte feine Ernennung zum or: 
Dichte“. Bald verlieh er den trodneren dentlihen Profeſſor dafelbit. 
Staatsdienft wieder und widmete ſich dem — — — —— ser 
—— 
beſondere der Nationalökonomie, promo⸗ Reihe von gediegenen und durch die Kritik vor— 
vierte und habilitierte ſich an der Münz züglich beurteilten Romanen: Antinous (1880), 
chener Univerſität als Privatdozent und | Rytia (3. Aufl. 1883), Jutta (4. Aufl, 1887), 
ward 1868 Brof. an der neuerrichteten tech; Elfriede (1856). 

nischen Hochſchule Münden. Nun folgte‘ Hayd, Heinrih. Ich bin geboren 
eine Neihe von, durch die Kritik glänzend 11. Januar 1829 in Münden. Nach— 
beurteilten jftaatswiflenschaftlihen und na= dem ich meine Studien an der Latein: 
tionalöfonomiichen Arbeiten; am befannz | [hule und dem Gymnafium beendet hatte, 
tejten darunter ein Lehr: und Handbuch der | trat ich noch vor Vollendung meines 17. 
Statiftit (2. Aufl. 1551), Von 1875—81 | Lebensjahres an die Univerfität über. 
vertrat er die Stadt München im bayris | Dort widmete ich, teils, weil ih über 
ichen Landtage. Neben zahlreichen in Zeit: | meine Berufswahl noch nicht mit mir im 
ſchriften zeritreuten Artikeln volfswirt: | Neinen war, teils aus Begeifterung für 
ihaftlihen, ſozialwiſſenſchaftlichen und | die Bhilojophie, zwei Jahre dem Studium 
funjtgewerbliden Inhalts jchrieb er meh: | der legteren und hörte Worlefungen bei 
rere Quftipiele, ein neues Bändchen Ge: | Görres, Lalaulr, Schubert, Höfler, Sie 
Dichte Unhold der Höhlenmenſch (1879), und | ber und Sepp, zum Teil aud) medizinijche 
erzielte feinen größten Erfolg mit einem |und jurijtiihe. Insbeſondere aber zog 


umfangreichen dramatiichen Gedichte Der 
ewige Jude (1886), Er ilt ein Sohn des 
Landſchaftsmalers M. Haushofer; eine ju: 
gendliche Gattin jtarb ihm nach nur dreis 
jähriger Ehe; feither lebt er als Profeſſor 
der Staatswillenihaften zu Münden. 
Dausrath, Adolf (George Taylor), 
geboren am 13. Januar 1837 in Karls: 


mid) Profeſſor Deutinger an, der wie 
fein Anderer die jungen Leute an fi) zu 
ziehen wußte und perſönlich viel mit 
ihnen verkehrte und jehr häufig in phis 
loſophiſch-⸗poetiſchen Kränzchen, die durd) 
jeine Anregung fich gebildet hatten, er: 
ſchien. Er gewann einen enticheidenben 
Einfluß auf meine ganze Lebensrichtung, 





Hayd. — 
und ihm verdanke ich auch die erſten An— 
regungen Studium der Aſthetik und 
der Kunſtgeſchichte, welches genährt wurde 
durch fleißigen Beſuch der Münchener 
Kunſtſſammlungen. Indeß kam das Jahr 
1848 mit feinen Stürmen und der Bil- 
dung des Studenten-Freiforps, welches 
den Stubien nicht ſonderlich günftig war. 
Gleichwohl ftudierte ich in diefer Zeit 
mit ilterung die Merfe des Nic. von 
Eufa und die Theologie des Raimund 
von Eabunde, und nebenbei den Plato. 
Ende 1848 entichloß ich mich zum Stu: 
dium der Theologie und hörte 3 Jahre 
lang bie einschlägigen Kollegien bei Stabel- 
baur, Döllinger, Reithmayr und befon- 
ders Haneberg. Aber auch mährend 
biefer Zeit waren meine Studien mehr 
religionsphilojophiicher Art. Im Herbit 
1851 trat id) nah Vorfchrift in das 
Klerifalfeminar zu Freifing ein und er: 
bielt 1852 die Prieftermeihe. Da meine 
geiſtlichen Vorgefegten wünſchten, daß 
jeder Neugeweihte wenigſtens eine Zeit 
lang auch in der prakliſchen Seelſorge 
wirke, jo trat ich in dieſe ein und war 
während der nächſten 3 Jahre als Hilfs: 
auf dem Lande thätig, trieb 
‚nebenbei mit allem Ernſte philolo- 
Studien, um mid) einer erhaltenen 
ufforderung gemäß für den philologiichen 

5 vorzubereiten. Als id 1855 
Selegenheit des Todes meines Vaters 
ieder nah Münden fam, wurde mir 
ort eine Kaplan und Predigerftelle an: 
iragen, die id) bis 1864 verjah. Bald 
übernahm ich dazu noch die mir 
Stelle des Adjuntten am f, 









si bereitete ich mich auf meine Doktor: 

romotion vor, und reichte als Refultat meiner 
Studien eine Monographie über P. Abélard 
(1863 Regenäbg.) bei dertheolog. Fakultät ein, mo» 
durch ich mir die Julafiung zum examen rigo- 
rosum erwarb. Indeſſen gab ich 1859 eine ſchon 
als Student während einer fchweren Krankheit 
angefangene Überfegung des Buches Job in ge: 
reimten Verſen und mit Anmerkungen heraus. 
1860 wurde ich zum Dr. theol. promoviert und 
madte zugleih aud den Pfarrfonfurs mit. 


229 





Hefner:Altened. 


1863 Tick ih auch meine gereimte Überjegung 
der Pſalmen druden. 1864 wurde ich durd eine 
langwierige Krankheit genötigt, das Predigen und 
meine Kaplanftelle aufzugeben und erhielt die 
Beremoniarftelle an der Hofftiftäfirche, indem ich 
zugleih auch noch 2 Jahre lang die durch den 
im felben Jahre erfolgten Tod des Konfervators 
erledigte Stelle deffelben am f, Münzfabinete als 
Verweſer verfahb. 1866 wurde ich zum Profeflor 
der Philofophie und Afthetit am Lyceum in Frei: 
fing ernannt, wo ich ſeitdem Logik, Metaphyſik, 
Seh hichte der Philoſophie, Piychologie und Ajthetif 
doziere, indem ich meinen philof. Vorträgen die 
„Wiſſenſchaft des Wiſſens“ von W. Nofenkrang zu 
Grunde lege. Außer ſchon früher erfchienenen 
Rezenfionen und Auflägen für Literaturblätter ꝛc. 
Ichrieb ich bier 1871—1872 die Prinzipien des 
Seienden bei Ariſtoteles und den Scholaftifern, 
dann für die Kempter Bibliothek der Kirchenväter 
Überfeßungen des Irenäus und ausgewählter 
Werke des Auguftinus, Gregor von Nyfio, Ey» 
rilus von Aler. und Joh. Damasc, endlich (1887) 
über den Willen ala Prinzip aller geiftigen Thäs 
tigfeiten. 

Hefner⸗Alteneck, Jakob Heinrich) 
von, wurde am 20. Mai 1811 in Alchaf- 
fenburg geboren und mwibmete fi dem 
Etudium ber Kultur: und Kunftgefchichte 
an der Univerfität Münden. Nachdem 
er zum Doktor promoviert worden, habi- 
litierte er fih 1834 und wurde 1835 
zum Profeſſor, 1850 zum Konfervator 
der Kunftiammlungen zu Münden, 1863 
zum Sonfervator des fünigl. Kupferftich- 
und Zeihnungs-Habinets und 1868 zum 
Seneraltonfervator der Kunftdenfmale 
Bayerns und zum Direktor des Bay: 
riihen Nationalmufeums ernannt. 

Von feinen auögezeichneten Werten heben wir 
bervor : Trachten des Kriftlihen Mittelalters, 
Kunftwerfe und Gerätihaften des Mittelalters 
und der Renaiſſance, Trachten, Kunftwerfe und 
Gerätfchaften des Mittelalters (2. Aufl.), Orna- 
mente der Holzikulptur von 1450—1820, Eijen: 
werke oder Ornamente der Schmiedefunft des 
Mittelalterd und der Nenaiffance, Ornamente 
alter Meifter. 

Hegel, Karl, wurbe am 7. Juni 1813 
als ein Sohn des großen Philojophen 
gl. Namens in Nürnberg geboren, wid: 
mete fich an der Univerfität Berlin, jpäter 
no zu Heidelberg dem Studium der 
Philofophie und Geſchichte und wurde 
nad Vollendung deſſelben und bejtan= 


Heiberg. — 
dener Doktorpromotion als Gymnaſial— 
lehrer in Berlin angeſtellt, 1841 als 
Profeſſor der Geſchichte nach Roſtock und 
1856 nach Erlangen berufen, wo er noch 
jetzt thätig iſt. 

Von ſeinen verdienten Werken heben wir her— 
vor: Dante über Staat und Kirche (1812), Ge 
Shichte der Städteverfallung von Stalien (18147), 
Chroniken der deutjhen Städte vom 14. bis zum 
16. Jahrhundert (1862—1887), Chronif des 
Dino Compagni (1875), Verfaſſungsgeſchichte von 
Köln im Mittelalter (1879), von Mainz (1832). 

Heiberg, Hermann, wurde am 17. 
November 1840 als ein Sohn des Rechts— 
anwaltes Dr. E. Fr. H. und Nita, geb. 
Gräfin von Baudillin, in Schleswig ge: 
boren, abjolvierte das Gymnaſium dafelbft 
und widmete fi) dem Buchhandel. Nach 
Beendigung der Lehrzeit in Kiel und Köln 
übernahm er (1859) das in der erregten 
dänischen Zeit von feinem Vater begrün: 
dete Geſchäft in Schleswig, ſchuf einen, 
namentlid Schulbücher umfaſſenden Ver: 
lag fowohl in Deuticland als aud in 
Djterreih, war Inhaber einer großen 
Buchdruderei und fiedelte 1870 nad) Ver: 
äußerung feines Geichäftes nad Berlin 
über, um die geihäftliche Direktion der 
;Norddeutichen Allgemeinen Zeitung‘ zu 
übernehmen. In gleicher Eigenschaft war 
er zwei Jahre ſpäter in der „Spener: 
ihen Zeitung” thätig, bis er in die Di- 
reftion der preußifchen Bankanſtalt be: 
rufen ward, wo er bis zur Liquidation 
des Inftituts (1878) verblieb. Während 
diefer Jahre bereifte H. den Norden, 
Deutſchland, England, Holland, Belgien, 
Frankreich und die Schweiz, fam mit den 
großen Bankınftituten in Berührung und 
erweiterte feine Geſchäfts- und Lebenser: 
fahrungen. Später war 9. felbit als 
Finanzagent thätig, fam aber um die 
Früchte feines Fleißes, ward zu Pro: 
zeffen gezwungen und zog ſich enttäufcht 
zurüd. Seit 1884 befigt H. ein eigenes 
Bureau und vertritt in Berlin den „Ham: 
burger Gorreipondenten” und die „Ham: 
burger Börjenhalle“, auch ift er Vertreter 
der „Gartenlaube“ in Leipzig. 


230 


Heide. 


' 1831 ſchrieb 9. fein erftes Buch: Aus den 
Papieren der Herzogin von Seeland, welchem dann 
die, wie jenes ſehr günftig beurteilten Werke 
folgten: Acht Novellen (1882), Ausgetobt (2. Aufl. 
18834), Ernſthafte Gefchichten (1884), Die gols 
dene Schlange (1884), Apotheker Heinrich (1885), 
Ein Bud (1885), Eine vornehme Frau (1886), 
Either’s Ehe (1886), Ein Weib (1887). Außer: 
dem viele novelliftiiche Beiträge in Zeitichriften 
und Zeitungen. 


Heide, Sid. v. d., ſ. 3. B. Berger. 


Deidt, Karl Maria, geb. am 15. Ja: 
nuar 1866 zu Genf, verlor 1870 bereits 
feinen Vater. Da Letzlerer fein Vermö: 
gen hinterließ, waren die jeit Dem Tode 
des Vaters verfloffenen Jahre tete Jahre 
des härteſten Kampfes ums Dafein. 
Dennoch jeßte es die für ihr Kind in 
reinfter Liebe und Selbitaufopferung ſor— 
gende und energiihe Mutter durch, den 
Eritgeborenen ftudieren zu laſſen. Zuerft 
wurde das Miener Schottengymnaftum 
abjolviert und vor dem Eintritte in die 
Univerfität eine Reife durch Süddeutſch— 
land bis Straßburg, durch Nordtirol und 
Salzburg mit Unterftügung eines wohl- 
thätigen Gönners unternommen. 

1885 erihien H.'s Erjtlingsopus „Die Blut: 
rache“, ein Schaufpiel, 1836 folgte ein Sonetten» 
franz „Das Buch Kaflandra” (in 3. Auflage be: 
reits erfchienen und fehr günftig beiproden). Aus» 
herdem iſt H. Mitarbeiter vieler öfterreih. und 
deuticher Zeitichriften. 

Deigel, Karl von, wurde am 25. März 
1835 in München geboren, befuchte das 
dortige Gymnafium von 1843 —1854 
und 1854 —1858 bafelbit die Univerfität 
als „Philoſoph“. Nach Vollendung feiner 
Studien berief ihn Fürft Heinrich zu 
‚ Garolath-Beuthen als Bibliothefar und 
Reifebegleiter feines Sohnes, in welch' 
(egterer Eigenihaft H. ein großes Stüd 
von der Welt zu jehen befam und fremde 
Länder und Leute kennen lernte. Von 
1865 —1875 fungierte er dann als Re 
dafteur des „Bazar“ in Berlin, welche 
Stellung er auf Beranlafjung Ludwigs 
von Bayern aufgab, um, des Königs 
Wunſch gemäß, nad Münden in die uns 
mittelbare Umgebung des funftliebenden 














Heigel. 


Herrſchers zurüdzufehren. 
diefer 9. in den Adel. 
Abgeſehen von zahlreihen novelliftiichen Bei: 
trägen in Zeitjchriften, deren beliebter Mitarbeiter 
9. iſt, heben wir an felbitändigen Werfen ber: 
vor: Bar Cochba, der letzte Judenkönig (Dicht.), 


1831 erhob 


Waldurg (Erz), Mo? (Erz.), Novellen, Ein 


Thzaterteufel (Nov.), Ohne Gewiſſen (Rom.), 
Die Dame ohne Herz (Nov.), Benediktus (Rom.), 


Der Karneval von Venedig (Rom.), Es regnet | 
(Nov.); die Dramen: Marfa, Bor hundert Jahren, 


Die Freunde, Joſephine Bonaparte, Die Ichöne 
Zarin. 

Heigel, Karl Theodor, wurde am 
23. Auguſt 1842 in Münden geboren, 
gab jih dem Studium der Philofophie 


und Geſchichte in feiner Waterjtadt hin, | 


promovierte 1867, wurde 1872 Sefretär 
am Allgemeinen Reichsarchiv, habilitierte 
ſich ein Jahr danach für Geſchichte und 


wurde 1879 zum ordentlichen Profeſſor 
’ | Arme — den Theater. Er wurde Schau: 


an der tehniihen Hochſchule in München 
ernannt. 1883 wurde ihm an Gieſe— 


brecht's Stelle die Leitung des hiltorischen | 


Seminars an der Univerfität übertragen. 


Hauptwerfe: Das Herzogtum Bayern zur Zeit | 
Heinrich des Löwen (1867), Ludwig I. von‘ 


Bayern (1872), Der öjterreihiihe Erbfolgeftreit 
(1877 ), Ausdrei Jahrhunderten (1831), Münchens 
Geſchichte (1833), Neue hiſtoriſche Aufjäge (1533), 
Quellen und Abhandlungen zur neueren Ge: 
ſchichte Bayerns (1834), Hiftorifche Vorträge und 
Studien, dritte Folge (1837). 


Deimburg, ®., |. B. Behrens. 


Heims, Paul Gerhard (Gerhard Wal- 
ter), wurde am 4. Mai 1847 von deutjchen 
Eltern in Kopenhagen geboren, erhielt 
jeine Gymnafialausbildung in Paris, 
Guben, Altona und Flensburg, und ſtu— 
bierte in Erlangen, Berlin und fiel 
evangel. Theologie; wurde dann Inſtituts⸗ 


voriteher in Nordichleswig und ſpäter 


Baftor in Wallsbüll bei Flensburg, von 
welher Stelle er im Jahre 1881 zum 
faiferl. Mearinepfarrer berufen wurde. 
Als folder machte er 1831—1883 eine 


Reife um die Welt an Bord S.M. ©. 


„Eliſabeth““, und 1834—1885 eine Reije 


nah Südamerika, Weltindien und Nord: | 


amerifa an Bord S.M. ©. „Nymphe“. 


231 


Heinemann, 


Zur Zeit beim Stabe der Marineftation 
‚der Oſtſee in Kiel. 

Unter feinen, von der Kritik günftig beurteilten 
| Werten heben wir hervor: Unter der Kriegsflagge 
des deutihen Reiches: J. Reihe: Rund um die 
Erde (2. Aufl. 1886), IL. Neihe: Kreuzerfahrten 
in Djt und Welt (1886), In freier Luft, Novell, 
(1836), Seeſpuk: See-Aberglauben, Märchen und 
Schnurren, in Seemannskreiſen gefammelt (1888). 


Heinemann, Heinrih, wurde am 
15. September 1842 zu Biſchofsburg in 
‚Oftpreußen als der Sohn eines Arztes 
geboren. Schon früh faßte er eine lei- 
denschaftlihe Neigung zur Kunft. Nach— 
dem er das k. Friedrich-Wilhelms-Gym— 
nafium zu Berlin abjolviert hatte, war 
es zunächſt feine Abficht, Maler zu werden. 
Doch da ihm die Subfijtenzmittel fehlten zur 
Verwirklihung diefer Idee, warf er * 
einem anderen Zweige der Kunſt in die 





ſpieler. So fern aber ſtand er und ſeine 
Familie bis dahin Allem, was der Bühne 
zugehört — ſo fremd war ihm die Welt 
des Theaters — daß er keine andere 
Brücke zu ihr fand, als indem er ſich 
an einer Sommerbühne zu Breslau als 
Choriſt engagieren ließ. Dies war der 
Anfang ſeiner theatraliſchen Karriere — 
im Jahre 1864. Sein Talent für Cha— 
rakterrollen wurde bald erkannt und ge— 
würdigt, und nach mehreren Engagements 
an verſchiedenen Provinzbühnen, wurde 
er 1872 von Heinrich Laube an deſſen 
eben neu begründetes „Wiener Stabt- 
Theater” berufen. 

Ungefähr um diefelbe Zeit entitand feine erite 
literarifche Arbeit — ein einaktiges Luftipiel: 
„Gefährlich“. Er reichte dafjelbe Laube ein, 
unter dem Titel: „Schöne Maske, wer biſt Du?“ 
Laube's kritiſche Notiz auf dem Manuſtripte lau— 
tete: „Das iſt ganz geiftooll, aber zu ſpitzfindig, 
dad „„Schöne Maske, wer biſt Du?““ — Doc 
ſchredte ihn dieſer erſte fruchtlofe Verſuch nicht 
ab, ſich an neue Aufgaben zu wagen. Noch in 
Wien ſchrieb er ein Schauſpiel: „Die Himmels⸗ 
braut“ (nach einer Novelle von Moritz Hart⸗ 
mann), das als Buchdrama großen Anklang 
fand, auch in Breslau zu wiederholten Malen 
aufgeführt wurde. Während ſeines Breslauer 
Engagements trat er in freundſchaftliche Bezie— 
hungen zu Carl von Holtei, der ihn mit ganz 








Dein. 


befonderer Teilnahme zu neuem Schaffen ermun: | 
terte. Sein nächſtes Werk (1876) war ein Quft: 
Ipiel „Der Phönix“, zu dem ihm Goethe'3 Er: 
zählung: „Der Mann von 50 Jahren“ in den 
„Wahlverwandtichaften” die Anregung gegeben. 
Es war died das erfte Stüd H.’s, welches über 
eine gröhere Anzahl von Bühnen ging; doch war 
der Erfolg aud) hier noch fein durchſchlagender. 
Dieſem Stücke folgte (1880) ein Scjaufpiel: | 
„Die Phantaften“, das fozial:politijche Fragen | 
behandelt; zur Aufführung i" es eben aus diefem 
Grunde nicht gefommen. 1883 erichien dann: | 
„Der Schriftftellertag”, ein Quftfpiel, das großes 
Glück machte und über ſämtliche deutiche Bühnen 
ing. Hierauf folgte (1884) abermals ein Luft: | 
‚ Ipiel: „Das Echo“, und diefem (1886): „Herr | 
und Frau Hippofrates‘‘ (Luftfpiel). Das foeben 
vollendete neuefte Werk Hes führt den Titel: 
„Auf glatter Bahn“ (Luftipiel), und ift zuerft | 
am f. Schaufpielhaufe zu Berlin mit durch: 
ſchlagendem Erfolge in Szene gegangen. 
Inzwiſchen hat Heinemann eine lebens: 
Tänglide Stellung als Charafterdariteller 
‚am ag Hoftheater zu Braun: 
Ihweig gefunden, die ihm Muße läßt, 
ſeinem ſchriftſtelleriſchen Berufe auch fer⸗ 
nerhin zu leben. 


Heino, Friedrich Emanuel, wurde am 
14. Juni 1858 zu Baußen geboren, be- 
ſuchte dafelbjt die Volksſchule und das 
Gymnafium, wandte ſich jedoch, durch 
Yamilienverhältniffegegwungen, 1878 dem 
Buchhandel zu. Nach Beſuch der Handels: 
ſchule trat er 1879 in Leipzig in eine 
Buchhandlung als Volontärein, wurde aber 
dur Krankheit genötigt, von diefem Be: 
rufe gänzlich abzujchen und fuchte der Ge- 
nefung wegen im folgenden Jahre die 
Schweiz auf. Nach Sachſen zurücgefehrt, 
bald in Dresden, bald in Baugen auf: 
hältlih, Iebt er nunmehr ganz feinen 
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten. 


* Heinrich, Karl, ſ. K. H. Keck. 


Deinriei, Carl Friedrich Georg, 
wurde in Karkeln (Oft-Breußen) am 14. 
März 1844 geboren. Seine Jugend ver: 
lief unter den Eindrüden des Wirkens 
feines Vaters, der mit freudiger Hingabe 
den Pflichten des evangeliihen Pfarr: 
amtes lebte. Die Gaftfreibeit und bie 
Haren, behaglichen Verhältniſſe des El— 








232 


Heintze. 


ternhauſes verſchönten dieſelbe. Der wif- 
ſenſchaftliche Trieb, welcher ſich in dem 
Knaben regte, erhielt auf dem Gymna— 
fium zu Gumbinnen beftimmtere Richtung. 
Auf der Univerfität Halle ftand er in der 
beginnenden Gärungsperiode unter dem 
behütenden Einfluß Tholuds, während er 
in Berlin, wo der Entſchluß, fein Leben 
der theologischen Wiſſenſchaft zu widmen, 
reifte, vor anderen durch Niedner, Dorner 
und Trendelenburg angeregt und geleitet, 
fodann durch Tweſten zur Beichäftigung 
mit dem Urchriftentum beftimmt wurde. 
Nachdem er 1866 in Halle zum Dr. phil, 
und 1868 in Berlin zum lie. theol, pros 
moviert worden war, fand er fünf Jahre 
hindurch im Domfandidatenftift zu Berlin 


‚eine Arbeitsftätte, welche es ihm ermög- 


lichte, die wiſſenſchaftlichen Studien fort- 
zuſetzen und zugleich durch eigene Erpro— 
bung die großen Aufgaben des Firchlichen 
Lebens würdigen zu lernen. 1871 habi⸗ 
litierte er fi an der Univerfität Berlin, 
nachdem er fein Erftlingsmwerf über „Die 
Valentinianiihe Gnofis und die heilige 
Schrift” geichrieben hatte. 1873 wurde 
er als außerordentlicher Brofeflor für neu: 
tejtamentliche Eregefe nah Marburg be⸗ 
rufen und zwei Jahre fpäter zum 

lihen Profeſſor ernannt. Geit 1881 ift 
er Mitglied des königl. Konſiſtoriums in 
Kaſſel. Außer einer Reihe von Abhandlungen 


in theologifchen u. a, Zeitfchriften ‚der Neu⸗ 
bearbeitung zweier Bände des exe 


Handbuchs zum neuen Teftamente von me 
veröffentlichte er eine Erklärung der beiden 
rinthierbriefe (1880, 1887). —— weiſt 
er die engen Beziehungen der A e des Chriſten⸗ 
tums zu der antiken Kultur nad). + Aa 

Heinte, Albert. Am 30. März 1831 
wurde ic zu Naugard in Bommern ges 
boren. Von meinem Vater, der bald nach⸗ 
ber zum Pfarrer im Wachholzhagen bei 





Treptow a. d. Rega berufen wurde, vor⸗ 
bereitet, bejuchte ich drei Jahre lang das 
Marienftifts-Gymnafium zu Stettin 
ing von dort 1849 auf die U 
Ile, um Theologie und Philole 
jtudieren, Doch das Intereſſe für 






rn; 6% is, ul, Dan SO. 


Heintze. — 
Haffiihe und die deutſche Philologie, auf 
dem Gymnafium vornehmlidy durch Bonig 
erregt, überwog allmählich immer mehr, 
zumal ſeitdem ich Halle mit Erlangen ver- 
taufht und hier in Nägelsbadh einen er: 
neuten lebendigen Beweis dafür gefunden 
hatte, daß Philologie und nüchternfte 
Trodenheit nit notwendig zuſammen— 
fallen. Leider konnte ih nur ein Jahr 
mid) dieſer belebenden und begeifternden 
Einwirkung hingeben. Ich ging nad) Ber: 


lin, um. dort gleichzeitig mein Jahr ab: | tedı 
weiteren pädagogiichen Ab- und Ausfichten 


zubienen. Bon den damals in Berlin 
wirkenden philologiichen Kräften konnte 
id unter diefen Umftänden feinen weiteren 
beftimmenden Eindrud empfangen. Se: 
doch Hatte ich mich ſchon mit Beifeite- 
— der Theologie für die Philologie 
entihieden, und das praktiſche Schulfach 
fand mir als Lebensziel klar vor Augen. 
1854 beitand id) in Greifswald die philo- 
ſche Prüfung. 1855 ging ich als 
wiſſenſchaf tlicher Hilfslehrer an das Gym: 
nafium zu Köslin und war hier unter 
dem irefflichen Direktor Adler beichäftigt, 
bis ih 1856 eine feite Anjtellung an dem 
in der Bildung begriffenen Bugenhagia- 
num in Treptow a. d. Nega erhielt. Nach 
Jahresfriſt vertaufchte ich Treptow mit 
Stolp. Hier babe ih mid auch ver: 
heiratet und zwar 1858 mit einer Tochter 
des Poftdireftors Tobold in Neuftettin. 
ieje wurde mir nah langem Siechtum 
ch den Tod entrifien, wie aud) drei 
von den vier Kindern, die fie mir ge- 
oren hatte. So ftand id) denn nad) 18 
| vereinfamt da, mit einem zwölf: 
ähr Sohne. Gott führte mir eine 
zweite treffliche Gattin zu, Auguſte Schön⸗ 
erg, eine Pfarrerstochter, mit welder 
En —* Bun in mein ver- 
Haus rt find. Außerhalb der 
‚habe ih in deutfche —— 
* — ER ya! a le 
fen: Hafen ebeiten, a abgeſehen von 
anden in Beitjchriften zerftreuten Aufſätzen, 
jende: Mittelhochbeutiches Lejebuch für höhere 

N alten (1864, 2. Aufl. 1875), Dramatifche 















* 






233 





Heinzel. 


ilder zur Darſtellung in höheren Schulen (1874), 


B 
Er deutſchen Familien⸗Ramen —— geo⸗ 


graphiſch, ſprachlich (1882), Verſuch einer Paral— 
lele zwiſchen dem ſophokleiſchen Dreſtes und dem 
ſhakeſpeareſchen Hamlet (1857), Die Familien: 
Namen von Stolp, mit Berüdfihtigung der Um: 
gegend (1866), Gregorius auf dem Steine, der 
mittelalterliche Odipus (1877). 


Deinzel, Dar, wurde am 28. Of: 
tober 1834 in Oſſig (Schlefien) geboren, 
befuchte das Gymnafium in Breslau und 


wurde nad) Abjolvierung desfelben Haus: 


lehrer, gab dieſe Wirfiamfeit und alle 


jedoch der Journaliftif zuliebe auf und 
begann dieje Laufbahn zunächſt als Be: 
rihterftatter mehrerer Berliner Tages: 
zeitungen, jpäter als Redakteur einer 
Reihe von Provinzialblättern („Brom 
berger Zeitung“, „Oberjchlefiicher An: 
zeiger”, „Hausfreund“. Die Erfolge, welche 
feine Dialeftwerfe fowie feine mundartlich- 
bumoriftiichen Vorlefungen erzielten und 
die Beliebtheit, deren er fih als no: 
velliftiicher Mitarbeiter an verjchiedenen 
Zeitichriften erfreute, ermöglichten 9., die 
redaktionelle Tretmühle zu verlaflen und 
ausſchließlich feiner Schriftjtellerei (nun: 


mehr in Echyweidnig) zu leben. 


Hauptwerfe: Aus Herzenägrund (Ged.), Vä— 
gerle flieg aus (Ged.), Ohne Titel, Überfeungen 
aus dem Däniſchen, A ſchlä'ſches Pukettel, Od 
mi trübetimplig, A Iuftiger Bruder, Mei jüngftes 
Kindel, mundartlihe Dichtungen, Fahrende Ge: 
fellen, Humoriftifche Genrebilder, Maiglödel(Ged.), 
In Sturm und Wetter (Ged.), Der gemittliche 
Schläfinger (Kalender jährlich ſeit 1883). 

Heinzerling, Johann Georg Ernit 
Friedrich, geboren den 15. December 1824 
zu Großenbufed bei Gießen, ftudierte von 
1843—48 in Darmitadt, Berlin und 
Gießen Mathematik, Naturwiſſenſchaften, 
Architektur und Ingenieurbauweſen, war 
von 1848—56 beim Brücken- und Hoch— 
bau der Main-Wefer-Bahn, insbejondere 
bei dem Entwurf und Bau des Stations- 
gebäudes in Gießen, praktiſch und gleich 
zeitig am Gymnaſium zu Gießen als 
Lehrer des Freihandzeichnens nad) eigner 


‚bewährter Methode thätig, baute von 


Heitemeyer. 


1856—60 als Sektions=- Ingenieur der 


Heſſiſchen Ludwigs-Eiſenbahn-Geſellſchaft 


die Bahnſtrecke Ingelheim-⸗Bingen bis zum 
Anſchluß an die Linie Köln-Bingerbrüd, 
wurde 1860 Lehrer des ngenieurfachs 
an der höheren Gewerbejchule zu Darın: 
ftadt, 1864 außerordentl., 1868 ordentl. 
Profeſſor der Bau: und Ingenieurwiſſen— 
ihaften an der Univerfität Gießen und 
wirft jeit 1870 als Brofeflor des Brüden- 
baues und der höheren Baufonftruftionen 
an der zu gleicher Zeit eröffneten tech— 


niſchen Hochſchule zu Nahen. Hier wurde er 
Mitbegründer und erſter Vorfigender des Aachner 
Architeftens und Ingenieur⸗Vereins, ſowie des 
Gewerbevereins für Aachen ꝛe, ftiftete einen für 
die Dozenten der technifchen Hochſchule beftimmten 
willenschaftlihen Verein und war Mitbegründer 
des Aachner Webeſchul-Vereins famt der in einem 
von ihm zu diefem Zweck umgebauten Haufe ein: 
gerichteten blühenden Aachner Webeichule für die 
Wollen-Induſtrie. Auch konftruierte H. die zu 
baulihen Unterfuhungen beftimmte Baumage, 
ftellte auf der Verfammlung deutſcher Architekten 
in Hamburg (1868) über die Bildungägelehe der 
Formen in der Architektur neue philoſophiſche Ge: 
fihtspunfte auf, indem er zugleich durch eine Aus: 
ftellung teils frei, teils deffriptiv:geometrifch be: 
handelter „PBflanzenftudien” zu einem vielfeiti« 
geren und erafteren Stubium der zur Verwendung 
in der Architeftur und Ornamentif geeigneten 
Pilanzen anregte. — Außer zahlreihen Abhand: 
lungen in Fachblättern ift 9. der Verfafler der 
folgenden, von der fachmänniſchen Kritit als vor: 
züglih anerkannten Werke: Die Brüden in Eifen 
(1870), Ein Beitrag zur Begründung einer all: 
emeinen Theorie und Syſtemkunde der Baufon: 
Arußtionen (1875), Grundzüge zur konſtruktiven 
Anwendung und praftiihen Berechnung 
Brüden: und Hochbauten (1870—74), Die an: 
greifenden und widerftehenden Kräfte der Brüden: 
und Hochbau⸗Konſtruktionen (2. Aufl. 1876), Die 
Brüden der Gegenwart (zum Teil 2. Aufl., 1873 
bis 1857) und Der Eifenhodhbau der Gegenwart 
(1878—88). 

Heitemeyer, Ferdinand, wurde am 
10. Februar 1828 als jüngiter Sohn eines 
Orgelbauers und Klavierfabrifanten zu 
Paderborn geboren. Won dem Funitlies 
benden Vater ererbte er ſchon früh eine 
innige Borliebe für die Kunft, während 
diefromme, gutherzige und überaus thätige 
Mutter ihn für alles Schöne und Edle 
zu begeiftern verjtand. Er abfolvierte das 


234 


— Helbig. 
Gymnaſium zu Paderborn und bezog dann 
die Akademie in Mänſter. 1848 -50 
ſtudierte er Philoſophie und Theologie, 
wurde 1853 zum Prieſter in feiner Vater— 
ftadt geweiht und als Kaplan in Hörſte 
bei Lippftadt angeftellt. 1861 erfolgte 
feine Ernennung zum Pfarrer in Nord- 
'heringen, 1867 in Desdorf und 1887 in 
Beverungen. Hs literarifches Haupt: 
gebiet ift die Lyrif. Seine Dichtungen 
bergen ebenfoviel Gemüt und Gedanken: 
tiefe wie tadellofe Formenſchönheit. 
Hervorzuheben: Gedichte (1874, 2. Q.), Ehren» 
preis für Papſt Pius IX. (4. Aufl ), Harfe der 
Liebe zum heiligiten Altarsfaframente (1880, 3. 
Aufl.), Deutihe Sagen (1835), Clodoald (Dram. 
1886). Außerdem iſt H. Igriiher Mitarbeiter 
einer großen Zahl der beften Zeitichriften. 
Helbig, Frievrih. IH bin geboren 
in Jena am 1. Dezember 1832, gehöre 
aljo nicht mehr zu den jüngeren ſtürmiſchen 
Drängern zum Parnaſſe. Ich ftudierte 
nach Abjolvierung des Weimarer Gym- 
nafiums anfangs der fünfziger Jahre in 
Jena und Heidelberg die Jura (und neben: 
bei Philoſophie und ſchöne Wiffenichaften); 
abjolvierte treulich meine beiden Staats: 
prüfungen und gelangte jo zu Amt und 
MWürden, legte au, wie es jedem ehr: 
famen Staatsbürger ziemt, als Dreißiger 
meinem Naden das fanfte Joch der Ehe 
auf. Es hat mich und meine brave Frau 
(Anna geb. Hoth) oft Schwer gedrüdt, denn 
wir haben nad) einander vier liebe Kin: 





der der begraben, wenn uns auch die gleiche 


Anzahl noch verblieb. Meine erſte nach he 

erfolgreiche That war eine Heine im Jahrei 

in der „Sartenlaube“ — „Die 
rbeiter bis auf den 







zu leben, n 


nafialzeit verjagt, in einer Stadt 
ein ftändiges —— hatte, bis 


Held. 


dem dramatiſch unmözlichen Stoffe loskommen 
konnte, auch ſonſt noch im Stillen einige drama: 
tiihde Sünden begangen hatte, erlebte ich mit 
ber Tragödie Gregor VII, einen ftarfen Bühnen: 
erfolg, erſt in Weimar, dann im Berliner Na: 
tionaltheater — mit dort zwanzigmaliger Auf: 
führung, die ſich nad) Angabe des Direktors Gum: 
tau verdoppelt haben würde, wenn nicht gerade 
der große Finanzkrach eintrat. Mit meiner dar: 
auf folgenden Tragödie Babel (1873) konnte ich 
feinen Bühnenerfolg erzielen. Bei der Schwierig: 
keit, unfere Theaterdireftoren für Stüde erniterer 
Gattung zu begeiftern, verfuchte ih nun in der 
leichtern Gattung des Luſtſpiels Boden zu ge: 
winnen. Mit meinem biftorischen zuerft von einer 
Bandertrupp:, dann in Leipzig und feitdem an 
einer Reihe erfter Theater au geführten Luſtſpiele: 
Die Komödie auf der Hochſchule, errang ich auch 
gleich einen äußerlich hübſchen Erfolg, überzeugte 
mich aber gleichzeitig, daß ich für dies leichte Fach 
zu Ihwerfällig angelegt fei. 1836 trat ich wieder 
mit einem fünfaktigen biftoriihen Drama: Ni— 
tolaus de Smit heraus, das eine ſechsmalige Auf: 
führung an hiefiger Bühne erlebte, aber ungedrudt 
blieb. Ein zweiaktiges Hiitor. Genrebild: Luther 
im Bären zu Jena, erlebte an einer Anzahl Kleiner 
Bühnen, namentlih in Mitteldeutihland, Auf: 
—— iſt aber ebenfalls nicht gedruckt. Er— 
chienen find noch: Groß⸗Schlemm, Luſtſp. (1880), 
Nah Goethe, Luſtſp. (1880), Das Küßchen. 
Schwan. Ferner die Feitipiele: Die Wacht am 
Diterfteine (1883), die Brautfahrt (1885), und 
zulegt: Lorenz Friedemann (Schaufp., aufgef. in 
Gera 1887). Außerdem ſchrieb ich eine Anzahl 
Rovellen und zerftreute Artikel in Beitfepriften 
und Tagesblättern. 


Held, Yojef von, geboren am 9. Aus 

ft 1815 zu Würzburg, jtudierte Die 

echte in feiner Vaterſtadt, in Heidelberg 
und München, doktorierte 1838 in Würz- 
burg und habilitierte fih 1839 dafelbit. 
1841 erfolgte jeine Ernennung zum außer: 
ordentl. und 1843 zum ordentl. Brofefjor 
der Rechtswiſſenſchaft. 

Bon feinen in Fachkreiſen als vorgüglih an: 
erlannten Werten heben wir hervor: Syſtem des 
Verfaſſungsrechts (1856), Frankreich an der Spitze 
der Zivilifation (1863), Staat und Geſellſchaft 
(1861— 63), Deutſchland, der deutiche Bund und 
die deutihen Großmädte (1864), Grundzüge des 
allgemeinen Staatsrechts (1868), Verfaſſung des 
deutihen Reichs (1872), Das Kuilertum als 
Rechtsbegriff (1879), Der Menſch als Ausgangs: 
punkt der Rechtsphiloſophie (1883). 


Helene, j. Helene v. Hüljen. 


235 


Heller. 


Heller, Heinrich Juftus. Sohn eines 
Kaufmanns, bin ih am 11. November 


| 1812 zu (Neuftadt) Eberswalde geboren. 
Nach meiner Vorbildung in Prenzlau und 
‚auf dem Joahimsthalihen Gymnaſium 
‚in Berlin habe ih A'/e Jahr hindurd) 
in Berlin klaſſiſche Philologie, Mathe— 
malik und Phyſik ftudiert. Seit 1863 
am fgl. Realgymnaſium thätig, bin id) 
diefer Anftalt — trog mander Neben: 
beſchãftigung, wie am Friedrich: Wilhelms: 
gymnaſium, am Dorotheenjtädtiihen Real: 
gymnaſium 2c. — erhalten geblieben, habe 
‚den Titel Brofeffor und bei meinem Ab- 
gange 1883 den Noten Wolerorden be: 
kommen. Won 1841—44 habe id} unjern 
Kronprinzen im Lateiniſchen, eine Zeit: 
‚lang aud in Geographie und Geſchichte 
unterrichtet, in den Sommermonaten von 
1842 —43 aud die Stelle feines Er- 
jiehers auf Babelsberg vertreten. 1848 
habe ih ein Trauerfpiel: Graf Caſtel Melhor 
druden laffen. 1856 erfchienen meine „Gedichte“, 
welche ſehr anerfennende Beiprehungen gefunden 
haben. Außerdem habe ih an belletrijtiichen 
Sachen bis jetzt nur noch Humoresken in Profa 
und Berfen in Zeitfchriften erfcheinen laſſen. — 
Ungleich zahlreicher find meine wiſſenſchaftlichen 
‚Arbeiten: De la place de l’adjectif (1848), 
De la suppression de l’artiele devant les sub- 
stantifs joints aux verbes (1856) ; andere Ab» 
handlungen über franzöfiiche, deutſche, engliſche 
Literatur z. B. über die règle de Vaugelas, 
über die gemeinſame Quelle des Campiſtronſchen 
Andronique und des Schillerſchen Don Carlos, 
zur Kritik und Überſetzung Shakeſpeares, über 
Goethes römiſche Elegien und Epigramme, über 
die Quellen der Difianfihen Gedichte, über deutiche 
Grammatik, Auffäge äfthetiihen Inhalts, viele 
Krititen und Auseinanderfegungen grammatifchen 
und etymologifchen Inhalts, eine Abhandlung über 
Metaftafios (und Mozarts) La Ülemenza di 
Tito, über den Naturalismus (Zolas). Die meiften 
meiner Aufläge behandeln jedoch, teils in latei- 
nifcher, teil in deutſcher Sprade, Stellen grie- 
chiſcher und lateiniſcher Schriftiteller im Philo— 
logus, und es ift von 1854 bis 1886 fein Band 
des Philologus erfchienen, der nicht eine oder 
— Abhandlungen von mir, beſonders über 
Cãfars Kommentarlen, enthalten hätte ; gerade dieſe 
Auseinanderfegungen haben zu einem mir von 
Treitichle mit dem größten Unrecht zum Vorwurf 
gemachten Briefwechlel mit Napoleon III. geführt 
— ein Vorwurf, der erhoben wurde, als Le 
Siöele 1871 das die Einfendung meiner vom 











_ 236 — 


Heller. Hellmuth. 


Kaifer gewünfchten Abhandlungen begleitende und | Dellmuth,€., |. Schmidt-⸗Weißenfels. 


— höflich gehaltene Schreiben zum Abdruck Hellmut h, ©, ſJ. Paul Zang. 

Heller, Dttilie. Ih bin am 7. Au- Sellwald, Friedrich Anton Heller v., 
guſt 1849 in Berlin geboren; mein Vater, wurde am 29. März 1842 in Padua ge: 
Prof. 9. 3. H., unterrichtete mich ſelbſt boren und widmete fih dem Dffiziers- 
in den neueren fremden Sprachen, und ſtande. Da diefer Beruf jedoch feinem 
mein Intereſſe wandte fich Schon früh der außerordentlic) regen Geiſte nicht genügen 
franzöfiſchen und engliſchen Literatur zu. fonnte, verließ er 1871 die Armee, um ſich 


Da aber das Studium der Mufif meine 
Zeit in gleihem Maße beanſpruchte, hat 
meine felbjithätige Teilnahme an litera- 
riihen Beltrebungen erſt Spät begonnen, 
nämlich im Jahr 1879. Ein während 
eincs Reieaufenthalts in Paris verfaßter 
Artikel über franzöfiihe Dramatik wurde 
im „Magazin für die Literatur des Aus: 
landes“ abgedrudt; ich habe von da ab 
die meilten der in demſelben erfcheinenden 
Kritifen, die franzöfiiche Belletriſtik be— 
treffend, verfaßt, auch viele Artikel über 
englifche Werfe. Der Erfolg, die freund: 
liche Anerkennung, die mir bei diefer Thä— 
tigkeit zuteil wurde, bewirkte, daß id) ihr 
bis 1883 treu blieb. Bon ba ab ent- 
ſagte ich der Kritik, um Zeit zu gewinnen 
für eigene belletrijtifche Produktion. Mein 
erjter Roman Stephan Broda erihien 1884, 


die Veröffentlichung eines zweiten Kathinka, 


erfolgte unmittelbar darauf. Beide Werke 
hatten fich einer günftigen Aufnahme zu 
erfreuen. Außerdem erjchienen mehrere 
Romane in Zeitichriften. 


Hellinghaus, Dito (Dito Lingau), 


wurde am 23. März 1853 in Drolshagen | 


(MWeitfalen) geboren, jtubierte von 1871 
bis 1874 Philoſophie, Philologie und 
Literaturgefchichte, in Münfter, Halle und 
Leipzig, doftorierte 1875 an legtgenannter 
Univerfität und wurde 1876 am Real: 
aymnafium zu Münfter angeftellt, wo er 
noch heute als Oberlehrer thätig ift. 
Literariih machte 9. ſich namentlich durch feine 


vorzüglihe Ausgabe der „Meifterwerfe unjerer | 


wiſſenſchaftlichen Studien zuzumwenden. Er 
wirkte nun zunächſt als Redakteur des 
„Auslands“ in Augsburg (ſpäter in Stutt: 
gart), zog fich aber nach zehnjähriger Thätig- 
feit von der Redaktion zurüd, um ausſchließ— 
li freien literariihen Arbeiten leben zu 
‚fünnen. 9. hat fi vornehmlich auf kul—⸗ 
turhiftorifchen und geographifchen Gebieten 
ausgezeichnet. 
Von feinen um diefe Wiſſenſchaften und ihre 
Förderung hochverdienten Werfen heben wir ber: 
be Kulturgeihichte in ihrer natürlichen Ents 
widelung bis zur Gegenwart (3. Aufl.), Die Erde 
und ihre Bölfer (2. Aufl.), Gentralafien, Im 
ewigen Eis, Naturgelchichte der Menichen, Amerifa 
in Wort und Bild, Frankreich in Wort und Bild, 
Die weite Welt, Jtalien in Wort und Bild. 


Helm, Glementine, |. El. Beyrich. 
Delm, Fr., |. Julius Conard. 


Helmers, Heinrih, geboren den 1. 
Dezember 1847, trat, nachdem er die Real: 
ſchule feiner Vaterſtadt abjolviert hatte, in 
den Kaufmannsſtand und übernahm 1870 
‚die von feinem Vater gegründete Kunft: 
‘handlung, weldyes Gejchäft cr jedoch 1884 
‚aufgab. In früher Jugend ſchon wurde 
‚der Knabe von einer für Poeſie und Kunft 

begeifterten Mutter in das Reich der Mus 
fen geleitet und hatte in feinen Ainaben- 
jahren jchon die Freude, daß die Tage: 
blätter feiner Baterjtadt unter einem Pſeu⸗ 
donym kleinere Gedichte, Rätjelaufgaben 
u. ſ. mw. von ihm zum Abdrud brachten. 
Im 18. Lebensjahre ftehend, verfaßte er das jeit: 
her in mehreren Auflagen erfchienene Werk: „Wie 
und Was foll man deflamieren?“ und im fol: 
genden Jahre die gleichfalls mit Beifall aufgenom: 





Dichter” und durch feine „Deutiche Poefie von | mene Schrift: „Das Liebhabertheater. Ein Hand: 
den NRomantifern bis auf die Gegenwart” befannt. | buch für Dilettanten der Schaufpieltunft". Yu 
Außerdem hervorzuheben: Stolberg und Voß | derjelben Zeit begründete er die MWochenfchrift: 
(1883), "Am Meeresftrande (1882), Aus allen | „Album für Unterhaltung“, welche jedod) in den 
Erdteilen (1886). Kriegsftürmen des Jahres 1870 ſchon wieder 


* Yodlır, A Ber Ar] 5 


Helmbolg. 


—* mußte. 1875 war er Mitbegründer des 
ifinnigen 2ofalblatte8 „Bremer Volksblatt”. 
Von diefem Zeitraum an erjchienen von ihm in 
rajher Folge: Unfehlbar (Luftip.), Hermann der 
Deutihe (Feftgedicht zur Enthüllung des Her: 
mannsdenkmals auf der Grotenburg), Am Tage 
von Sedan (FFeitip.), Vergangene Zeiten (Feitip.), 
Sedan (Vier Brologe), Zum Geburtäfeite des 
Kaifers (Bier Prologe), Das Bild des Kaiſers 
— Aufl.), Die Brüder der Nacht (Luſtſp.), 
Das der Prologe (Deutſche poetiſche Chro— 
nit der Gegenwart I]. Aufl.), St. Willehadus, 

Das Libretto der Operette Der 
Teufel als Eheitifter (comp. v. Adolf Hagen), 
Unterm Bantoffel(Schwanf), Mufenzauber (allego: 
rüches Feitipiel), Zwei neue Prologe zum Geburts: 
ſeſte des Kaifers, Weihnachtsgruß und viele Feſt— 


—— Sänger, Schützen · und Sedanfeſten. 
lieferte er zahlreiche Terte zu Rompo⸗ 


e Ernit Simon, Eyle u. A., als: Eine 


fü 
m Zur grünen Hochzeit, Der Maler auf 
rin 


—— euden u. ſ. w.; ebenſo auch viele 
ariſche Artikel für Zeitſchriften und 
Tagesblätter. 


Helmholt, Hermann Ludw. Ferd. v., 


wurde am 31. Auguft 1821 in Potsdam 
geboren, widmete ſich (1838—42) dem 
Studium der Medizin in Berlin, promo- 
vierte 1842 und wurde Militärarzt in 


Potsdam. Hier blieb er bis 1848, er 


ging dann als Aſſiſtent des anatomiichen 
Mufeums und Lehrer der Anatomie an 


der Kunftafademie nad) Berlin, 1849 als 


Vrofeſſor der Phyſiologie nad) Königsberg, 
1853 als Brofefior der Anatomie und Phy⸗ 
fiofogie nach Bonn, von wo er 1858 
einem Rufe als Profeſſor der Phyſio— 
e nach Heidelberg folgte und 1871 
8 or der Phyſik nad) Berlin zu- 
rüdfehrte. Er machte ſich zuerit durch die 
Srfindung und Konitruierung eines Augen: 
jels zur Unterfuhung der Netzhaut 
efannt, über welchen Gegenjtand er eine 
hamige Schrift erfcheinen lich. Die: 

gten die geradezu epochemachenden 

te: Handbuch der phyſiologiſchen Optif und 
fe von den Tonempfindungen (4. Aufl.), 
Schriften hoben ihren Verfaſſer 
fort zu den erſten Phyſiologen der 
‚empor. Bon feinen weiteren Wer: 

ch beionderd wichtig: Über die Erhal- 

t, Uber das Sehen, Bopuläre Vor: 

Haftliche Abhandlungen ; 























237 


Hempel. 


\ außerdem eine große Anzahl von hochbedeutenden 
Abhandlungen in Müllers „Archiv für Anatomie“, 
in Boggendorf3 „Annalen“ ꝛc. 1885 wurde 9. 
vom Kaiſer in Anerkennung feiner aus: 
gezeichneten Verdienſte in den Adelsitand 
erhoben. 


Dempel, Mar. Ich bin am 14. Juni 
1863 zu Dresden geboren, bejuchte die 
beiten Brivatichulen meiner Vaterftadt und 
fpäter das fünigl. Schullehrerieminar zu 
Dresden-Friedrichjtadt. 1881 wanderte 
ih nad) Amerifa aus. Was mid) von 
dannen trieb, vermöchte ih heute noch 
nicht zu jagen, vielleiht war es Unzu— 
friedenheit, vielleicht Uebermut, vielleicht 
Ehrgeiz. Die Ausfiht auf materiellen Ge: 
winn war e8 ficherlich nicht, die mich nad) 
Amerifa lodte, eher war es die Hoffnung, 
dort bald zu Ehre und Anſehen zu ges 
langen. Es find mir im Anfang meines 
Hierjeins die Enttäufhungen und Wider: 
wärtigfeiten nicht eripart geblieben, welche 
den Einwanderer gewöhnlich heimjuchen. 
Ich habe mich lange Zeit kümmerlich durch 
Privatſtunden ernähren müſſen, bis ein 
reiher Mann fih für mich intereffierte. 
Er engagierte mich als Hauslehrer. Von 
diefer Zeit an habe ich beffere Tage ges 
ſehen. Auf die Verwendung des in St. 
Louis als Mäcen bekannten Phil. Brod- 
‚mann erhielt ich eine Anftellung als Hilfs— 
[ehrer an dem Toensfeldtichen Erziehungs- 
inftitute. Später avancierte ic) zum or— 
dentlichen Lehrer und Vorjteher des Pen: 
ſionats derjelben Anftalt. 1884 nahm 
ich die mir angebotene Stellung als Ober: 
[ehrer an dem von Brof. Dr. Hilgemann 
‚neu gegründeten Erziehungsinjtitute für 
Mädchen an. Schon im nächſten Jahre er- 
| hielt ich einen Auf als Direktor der deutjch- 
'amerifanifhen Schule nad) Omaha im 
Staate Nebraska. Dieſe Stellung habe ich 


heutigen Tages noch inne. Meine erften Poe⸗ 
fien, entweder QTurnerlieder oder Gedichte freis 
| finniger Tendenz, erfchienen in verſchiedenen Four: 
nalen. 1883 veröffentlichte ih ein Bändchen 
Turnerlieder unter dem Titel „Turnerleben“. 
Diefelben fanden eine jehr freundliche Aufnahme, 
Seit 1883 bin ich Mitarbeiter einer Reihe von 











Henle. 


Zeitſchriften ꝛc., denen ich pädagogiſche Aufläte, 
auch Novelletten, Humoresfen und Gedichte liefere. 
Im Augenblid bereite ich die Herausgabe meiner 
gefammelten Gedichte vor. 


* Henle, €, j. El. Levi. 
Henne am Rhyn, Otto, wurde am 


26. Auguft 1828 in Et. Gallen in der 
Schweiz geboren, befucdhte das Gymnafium 


feiner Vaterjtadt und die Univerfität Zü— 


rich, wo er Kultur und Kunftgeichichte 


Ntudierte. Nachdem er 1851 zum Doktor, 


philof. promoviert worden war, trat er 
in Staatedienfte und zwar zunächſt als 


Sekretär bei der Regierung des Kantons 
Et. Gallen. 1857 erfolgte feine Ernen-⸗ 


nung zum Profeſſor und 1859 zum Staats: 
archivar, als welcher er noch jegt thätig 
ift. Außerdem wirkte H. auch als Kour: 
naliſt und zwar als Redakteur des „Boten 
aus dem Riefengebirge“, fpäter der „Neuen 
Züricher Zeitung“. 

Hauptwerke: Geſchichte des Schweizervolkes, 
Die Kulturgeſchichte im Lichte des Foriſchrittes, 
Kulturgeſchichte der neueren Zeit, Allgemeine Kul—⸗ 
turgeibichte von ver Urzeit bis zur Gegenwart, 
Deutihe Volksſage, Gottfried Kinkel, JUuftrierte 
Kulturgefhichte, Die Freimaurerei in 10 Fragen 
und Antworten. 

Henrich, Albertine (Paul Stein), 
wurde am 23. September 1812 als die 
Tochter eines Geiftlihen zu Lord im 
Nemsthal geboren. Ihre Kindheit ver: 
brachte fie in einem Dorfe der ſchwäbi— 


Ihen Alp, wo ihr Vater Pfarrer war, 
teils im Haufe der Eltern, teils in dem 


Städtchen Blaubeuren, wo fie den Schul— 
unterricht empfing. Die eifrige Lektüre 
Ecdilleriher und Goethefcher Dramen er: 


weten dem jungen Mädchen den glühenden | 


Wunſch, zur Bühne zu gehen. Nachdem fie 
die ſich ihr entgegenftellenden Hindernifie 
befiegt hatte, wurde fic als Elevin am Etutt- 
garter Hoftheater angenommen, debütirte 
daſelbſt nach kurzem Unterricht in tragifchen 
Rollen mit vielem Glüd und erhielt darauf 
ein Engagement in Mainz. Nach dem Tode 
des Vaters veranlaßte ihr Vormund fie, 


238 


Henzen, 


‚arzt Henrich. Nah glüdlihen Jahren 
kamen ſchwere Schickſalsſchläge. Ihr Mann 
erkrankte unheilbar, und nach ſeinem Tode 
lag ihr die Sorge und die Erziehung ihrer 
drei unverſorgten Kinder ob. Auf den 


Rat eines Freundes griff ſie zur Feder. 
Mit ihren „Erzählungen aus dem ſchwäbiſchen 
Volksleben“ trat ſie zum erſten Mal mit Erfolg 
an die Offentlichkeit. In den größeren Werten, 
die fie bald darauf herausgab, zeigte fie ein ſchö— 
nes und allgemein anerfanntes Talent für den 
geihichtlihen Noman. Nah der Vermählung 
ihrer Tochter verließ fie Deutihland und lebte 
längere Zeit bei derjelben in Spanien, darauf 
vier Jahre bei einem Sohn in Kalifornien, alds 
dann Ffehrte fie nach Spanien zurüd, wo fie ihren 
literariichen Arbeiten lebt. 

Hauptwerfe: Der letzte Kurfürſt von Mainz 
(bit, Rom.), Drei Chriftabende (Rom.), Guten» 
| berg (bift. Rom.), Novelliftiihe Gemälde aus 
Stadt und Land, Die Braut im Alofter (Rom.), 
Albreht von Brandenburg (bift. Rom.), Aus 
| Andalufion (Nov), Das Haus der Hofrätin 


| (Rom. ), Handwerk und Anduftrie (Rom.). 





| 
| Henzen, Karl Georg Milhelm, wurde 
‚am 30. November 1850 zu Barmen ges 
boren und bejuchte nach Abfolvierung der 
Schule das Konfervatorium in Leipzig, 
um fein hervortretendes mufifaliiches Tas 
(ent ausbilden zu laffen. Einer Vorliebe 
zur Literatur wegen, die ihm ein befjeres 
Feld zur Beaderung zu fein ſchien, gab 
er jedoch die mufifaliichen Pläne auf und 
ftudierte Whilofophie und Literaturge— 
ſchichte. 1874 übernahm er die Redak— 
tion der „Dramaturgiſchen Blätter‘, Die 
er faft zehn Jahre hindurd führte, um 
danach die ihm gebotene Stellung als Dras 
maturg des Leipziger Stadttheaters anzus 
nehmen. H.'s eigene dramat. Schöpfuns 
gen haben zum großen Teil die Runde 
über faft alle deutichen Bühnen gemadıt 
und find von durdichlagendem Erfolg be—⸗ 
| gleitet geweſen. 

Hervorzuheben: Die Kypſeliden, Lügen des 
' Herzens, Der Graf von Caftagnac, Oſſian, Die 
| Anbetung der Hirten, Bettina von Mont, Die 
Pfalzgräfin, Martin Luther, Urih von Hutten. 





GSerbert, Heinrich, geboren am 27. 





die Bühne zu verlaffen, und vermählte fie Juli 1838 in Hameruden bei Reps. In 
fich kurze Zeit darauf mit dem Theater: dem Haufe feiner Eltern verlebte er die 


, α, ner Qu. Tar. 


239 


Herbert. Herchenbach. 

erſten 20 Jahre ſeines Lebens, indem er gelangen —— — as: 
feine Studien an dem cv. Gymnafium | Tut Karts VI und IRKS: Die Gefunbhettanftee 
A. K. in Hermannftadt und der dortigen FB — DIS um —— en 
f. k. Nechtsafademie vollendete, fich zus | Jahrhunderts. Seit 1885 findet er Gelegenkeit, 
gleih dem Etudium der Goleopterologie | die Erfahrungen, welche er einft als Gerichts 
widmete und eine umfangreiche Käfer: | deamter gefammelt hat, als Sekretär des Ober, 
fammlung anlegte. Im Jahre 1858| — be ei A. K. in Sichen« 
machte derfelbe eine ausgedehnte Reife — 

durch Deutſchland und das obere Italien, Hercheubach, Wilhelm, geboren am 
und trat dann als Gerichtsauskultant in | 13. November 1818 in Neunfirchen bei 
den k. k. Staatsdienft. Zuerft wurde er Siegburg, widmete ſich dem Lehrfache und 
dem Sandesgericht im Hermannftadt, dann | begründete nad) Abjolvierung des Semi— 
dem Bezirksamt in Neps zugeteilt, um |nars und mehrjähriger Amtsthätigkeit in 
endlich zu der eriteren Stelle zurüdzufeh: | Düſſeldorf dafelbit eine Privatlehranftalt, 
ren, wo ihn die Auflöfung der k. f. Be⸗ | der er zwanzig Jahre hindurch vorstand, 
hörden in Siebenbürgen ereilte, fo daß er | nad deren Ablauf er ſich zurüdzog und 


im April 1861 in Disponibilität verſetzt 
wurde. Die Wiederheritellung verfaſſungs⸗ 
mäßiger Zuftände in Siebenbürgen führte 
ihn zum Studium der vaterländifchen Ge- 
ſchichte hin und als er darauf 1861 die 
Univerfität Heidelberg bezog, widmete er 
ih hauptſächlich geihichtlihen Studien. 
Nachdem er auch in Berlin und Jena 
Nudiert, die Ferienzeit aber zu Neifen 
durh Deutichland und Holland benußt 
hatte, kehrte er in die Heimat zurüd und 
fand ſehr bald cine Anftellung an dem 
Hermannftädter ev. Gymnaſium A. K. zu: 
nächſt als Eupplent und nad) Ablegung 
der Lehramtsprüfung als Profeſſor, in 
welher Stellung er ſich noch jetzt be 
findet. Im Herbit des Jahres 1866 
wurde er zum Sekretär des Vereins für 
fiebenbürg. Landesfunde gemählt, jpäter 
auch zum Haupikaſſier und Ausſchußmit— 
nlied desjelben Vereins. In diefer Stellung 
fand er anregende Förderung zu geichichtlichen | 
Arbeiten durch den Vorftand des genannten Ber: 
eins, den bedeutendften fähhfiichen Geichichtsforfcher | 
und Geſchichtsſchreiber Dr. ©. D. Teutich, Biſchof 
ber ep. Landeskirche A. K. in Siebenbürgen, und 
veröffentlichte 1867: Beiträge zur Geſchichte von 
Schule und Kirche in Hermannftadt zur Zeit 
Karls VI. 1878 gab er ein Repertorium über 
die Siebenbürgen betreffende Literatur heraus und 
beteiligte fich darauf im Auftrage des Ausfchufies 
des Vereins für fichenbürgiiche Landeskunde an 
der Herausgabe der Quellen zur Geſchichte Sie: | 
benbürgens aus ſächſ. Ardiven. 1883 verfahte 
er; Die Reformation in Hermannftabt und dem , 








ausſchließlich feiner Cchriftitellerei Lebt. 

9. bat fih um die Jugendliteratur durch feine 
Schriften hohe PVerdienite erworben. Die Zahl 
derfelben überfteigt zweihundert; viele davon find in 
mehreren Auflagen verbreitet, die meilten in 
fremde Sprachen überjegt. Außerdem jind für 
Erwachſene hervorzuheben: Herzogshut und Hailer: 
frone (Rom.), Mathilde (Rom.), Deutfcher Geijt 
und deutfhes Schwert, Graf fFlorentin von Hack— 
haufen (Erz.), Harte Köpfe und fleißige Leute 
(Erz.), Eine Mutter mit jieben Kindern (Erz.), 
Der Sonnenbauer (Erz.). Außerdem hat cr nod) 
eine Menge von Erzählungen für Zeitichriften 
geichrieben. 


Herfurth, Franz Karl, geb.am 1. Ja— 
nuar 1853 zu Kronjtadt in Siebenbürgen, 
abiolvierte das dortige ev. Gymnaſium, 
jtudierte 1871—75 auf den Hochſchulen 
Jena, Berlin und Leipzig Theologie und 
Philologie, ift feit 1. September 1576 
ord. Profefjor am Honterusgymnafium in 
Kronftadt. Eeit 1886 erjcheint von ihm 
herausgegeben und geleitet „Der Eieben- 
bürgifche Volksfreund“, ein illuftr. Sonn: 
tagsblatt für Stadt und Land. H. ijt aud) 
in der fiebenbürgishen Tagespreſſe und 
als Mitarbeiter am Obert’ihen „Schul: 
und Kirchenboten“ ꝛc. thätig. 

Bon feinen literarifchen Veröffentlihungen jind 
auch außerhalb Siebenbürgens befannt und gut 
aufgenommen worden: Was ift ſtudentiſche Res 
form? ein Wort an die deutiche Studentenichaft 
(1875), Wie hat doch der Djtergedanfe ſoviel 
Troft und Ermunterung für uns (1850), Der 
Guſtav Adolf: Terein ein Hort des Proteitantis; 
mus (1880), Unfer gelelligeö Leben (1885). 


Hergenröther. 


SHergenröther, Joſeph von, wurde 
am 15. September 1824 in Würzburg 
geboren, befuchte das dortige Gymnaſium, 
nad deſſen Abjolvierung er fidh dafelbft, 
ipäter in Rom dem Studium der Theo: 
logie hingab. Er wurde alsdann Kaplan 
in der Pfarrei Bellingen, habilitierte fich 
1851 für Theologie in München, wo er 
1850 zum Doktor promoviert worden 
war, und erhielt 1852 als Ertraordina= 
rius, 1855 als Ordinarius die Profeſſur 
für Kirchenrecht und Kirchengeſchichte da- 
jelbjt. 1868 wurde er vom Bapft als 
Mitglied der fanoniftiihen Kommiffion 
nah Rom berufen, 1877 zum Hausprälat 
und 1879 zum Kardinal ernannt und mit 
der Leitung des Vatikaniſchen Archivs 
betraut. 

Bon feinen ald hochbedeutend anerkannten Wer: 
fen heben wir hervor: Photius, Patriarch von 
Konftantinopel (1867—69), Anti-Janus (1870), 
Katholifche Kirche und chriftlicher Staat in ihrer 
geihichtlihen Entwidelung und ihrer Beziehung 
zu den ragen der Gegenwart (2, Aufl. 1874), 
— der allgem. Kirchengeſchichte (3. Aufl. 


Hergeuröther, Philipp, Sohn des 
fönigl. Univerfitätsprofefjors und Gerichts- 
arztes Dr. Jakob H. ward am 25. Mai 
1835 zu Marktheidenfeld geboren. Nach 
Bollendung feiner Studien in Würzburg, 
wo er 1856/57 die eregetiiche Preisfrage 
löfte, ward er 1858 Kaplan in Fellen, 
dann Kooperator und feit 1859 Pfarr: 
verwejer in Randersacker; ſeit 1860 Slate: 
het und Beichtvater bei den a. Schul— 
ſchweſtern in Heidingsfeld, 1866 Neligi- 
ons⸗ und Gejchichtslehrer an der königl. 
Studienanitalt Würzburg und, nachdem er 
1866 auf Wunſch des jel. Biſchofs Georg 
Anton von Stahl promoviert hatte, feit 
1868 zugleich Privatdozent an der Univer: 
fität dajelbit. Als fih auch in Würzburg 
die Partei der Altkatholifen gegen die De- 
finition des Vatikaniſchen Konzils erhob, 
9. eine Predigt darüber hielt (gedruckt 
1871), wurde derſelbe in den Zeitungen 
verfolgt und verleumbderifcherweile beim 
fönigl. Staatsminifterium verklagt. Ob: 


240 





ie Hering. 

wohl die fönigl. Regierung im Sommer 
1871 entſchied: „Die Anklage beruhe auf 
Unmahrheit und Entftellung, und fei nicht 
der mindefte Grund zu einer Beahndung 
gegeben“, ward durch Dekret (Oftern 1872) 
vom Fönigl. Minifterium erklärt: „Weit 
Schluß des Studienjahresift H.jeiner Stelle 
enthoben. Es bleibt demfelben überlaſſen, 
fih bis zu diefem Termine um eine ans 
derweitige Verwendung zn bewerben.“ 
Auguft d.%. erhielt H. auch die fönigl. Pfar⸗ 
rei Wipfeld, vefignierte jedoch fogleich wie 
der auf diejelbe, da Biſchof Franz Leopold 
von Eichftätt ihn als Profeſſor an fein 
biichöfliches Lyceum, das in ganz Deutjch 
land rühmlichjt befannt ift, berief. 1884 
ernannte ihn Leo XIII. zum päpftlichen 
Hausprälaten. Derjelbe iſt auch Ber: 
trauensmann des katholiſchen Juriſten⸗ 
vereins für die Diözefe Eichitätt. 

9. Ichrieb über die Bedeutung der antiocheni⸗ 
Shen Schule auf exegetiſchem Gebiete, die Civil: 
ehe, die Euchariſtie als Opfer, die Unfehlbarfeit 
des Papftes (1870), den Geſchichtsunterricht an 
den Studienanftalten (1873), die Sonntagäheili« 

ung vom religiöfen, moraliihen und bugieinis 
— Standpunkt (1878), die Appellationen nach 
dem Dekretalenrecht (1875), den Gehorſam gegen 
die weltliche Gewalt (1877), Artikel im Freibur⸗ 
ger Kirchenlexikon u. a. Ein Lehrbuch des Kir⸗ 
henrechts von demjelben wird demnächſt erſchei⸗ 
nen. 

Hering, Ernit Wilhelm Emil, ift geb. 
am 19. Juni 1827 zu Stargard in Pom— 
mern, wo fein Vater königl Landes Oko⸗ 
nomierat war, ein tiefgebildeter Dann, 
deſſen Schriften über Landwirtichaft ſehr 
geihägt wurden. Nach Abjolvierung des 
Soahimsthalihen Symnafiums in Berlin 
wandte er fi, dem Drange nad) dem Ewi⸗ 
gen folgend, dem Studium der ev. Theolo- 
gie zu, der er mit Erfolg auf den Univerfi- 
täten Berlinund Halle oblag. Im Haufedes 
theinifhen Kaufheren Hermann Jung, der 
9. als Erzieher, Hilfsprediger und öffent 
lihen Schullehrer engagirt hatte, erw 
terte fich feine Weltanfhauung und funs 
damentierte fi) feine praftiiche Theologie. 
Nachdem er einem Rufe des Magiftrats 
zu Fürftenwalde an die dortige Domge: 


*76 ga, UN ar w.3NO 


L 


Hermann. 


Hermine, 


meinde gefolgt, erging bald ein zweiter |wurbe er zum Doktor promoviert, habili- 


an ihn vom berühmten Hofprediger Dr. 
Fr. Wild. Krummacher in die Hilfsprediger- 
ftele an der Hof: und Garniſonkirche zu 
Potsdam. In diefer Stellung gewann er 
die bleibende Freundichaft dieſes bedeu- 
tenden Sanzelredners. 


Seine erjten jchriftitellerifchen Produftionen in 


Potsdam, namentlich das „Kirchliche Wochenblatt“, 


fanden großen Beifall, fpeziell von feinem Könige 


Friedrich Wilhelm IV., dem er — eine hiſtoriſche 
Reminiscenz — die legte Predigt hielt, die der 
edle, damals jchon leidende Monarch in feiner 
Friedensfirche hörte. Bei dem herrichenden Bar: 
teihader in der Kirche gelang es jedoch H.'s Geg— 
nern, ihn von Potsdam zu verdrängen. Er wurde 


mit einem jelbitändigen Pajtorate und erhöhtem 


Einfommen entichädigt, trug aber ſchwer an die: 
fer Kränfung. Trogdem folgte er einem ehrenvollen 
Rufe der großen ev. Gemeinde in Brüffel nicht, 
da ihm das franzöfiihe Weſen in Belgien bei 
jeinem ſtark ausgeprägten deutichen und proteitan: 
tiihen Charafter unerträglich war. Wenige Jahre 
barauf ging er mit Frau und Kindern nach Ame: 
rifa, wohin ihn die ev. Gemeinde in Stapleton 
dicht bei Newyork berufen hatte. In diefer Stel: 
lung gab er ein populäres Kirchenblatt, „Die Hei: 
mat”, heraus, die ihn bald zu der außerordentl. 
Profeffur für Homiletif, Kirchengeichichte und Lo— 
gik an der theologiihen Fakultät zu Bloomfield 
bei Newarf N.⸗«J. führte. Da traf ihn die ſchwere 
Erkrankung feiner Gattin, die auf Drängen des 
Arztes eine Nüdkehr ins Vaterland unabweislich 
machte, wo er auf Befehl des Kaiſers Wilhelm, 
der fih noch feines früheren Hilfspredigers er: 
innerte, eine der beſſeren Pfarren, diesmal in der 
Neumark, erhielt. Hier aber begann bald mit dem 
unduldijamen Superintendenten eine Disharmonie, 
fo daß 9. feine Penſion nahm und wieder über 
den Dcean ging, da ihm die Gemeinde zu Carl: 
ſtadt N. J. bei Newyork ihre Vfarritelle angetra: 
gen hatte. Hier wirft er noch, auch literarifch 
immer noch thätig. 1885 erichien von ihm „Der 
letzte Grund der Dinge“, oder: „Läßt ſich das 
Dafein Gottes beweiſen?“, eine von der Kritik 
fehr günitig aufgenommene Schrift, ebenfo wie das 

erihienene Werf: Der Stand Der gegen: 
wärtigen Naturphilojophie. 


Dermann, Claus, |. Herm. Klencke. 


Hermann, Konrad, wurdeam 30. Mai 
1819 als ein Sohn des gleichnamigen her: 
vorragenden Bhilologen zu Leipzig geboren, 
beiuchte und abjolvierte die dortige Tho— 
masichule und jtudierte in feiner Water: 
ſtadt und in Berlin Philoſophie. 1840 


Das literariihe Deutichland. 





tierte fich 1849 in Leipzig und wurde 1860 
zum außerord. und 1881 zum ord. Hon.: 
Profeſſor dajelbit ernannt. 

Bon feinen, der Hegelichen Philofophie dienen: 
den Werfen heben wir hervor: Grundri einer all: 
gemeinen Ajthetif, Philoſophiſche Grammatif, Ge: 


Ihichte der Philofophie, Philol. der Geſchichte, 
Die Afthetif in ihrer Geſchichte und als wiffen 
ſchaftliches Syftem, Die Sprachwiſſenſchaft nad) 
| ihrem Zufammenhang mit Logik, menfchlicher 
Geiftesbildung und Rhilofophie, Der Gegenfat 
| des Klaffiihen und des NRomantifchen in der 
‚neueren Philojophie, Die deutfchen Studenten, 
Hegel und die logiiche Frage der Philoſophie in 
der Gegenwart. 


Hermine, ſ. Emma Ladder. 


Herold, Julius Clemens, geb. am 
11. November 1844 in Ober:Bielau, Ar. 
Görlitz, befuchte die Dorfihule in Heide- 
Sersdorf (Station zwiichen Kohlfurt und 

Lauban), machte jodann den üblichen Leh— 
‚rerbildungsgang dur (Seminar zu Reis 
chenbach D./L.), amtierte in Ebersbad) bei 
Görlitz, in Sagan und feit 1871 in 
‚Breslau, zuerjt an Volks-, fpäter an Mit— 
telſchulen. Er ift Mitarbeiter pädagogischer 
‚und anderer Zeitichriften, erhielt bei der 
Preisaufgabe der „Wiener Vorſtadtzei— 
tung“ ein Diplom (Thema: Mädchenerzie: 
hung), gründete die „Schleſiſche Schulzei= 
tung“ mit und nahm einige Jahre an der 
Redaktion derjelben teil und redigiert feit 
‚1876 den (Poſtelſchen) „Deutichen Leh— 
rerfalender“. 

Außerdem jchrieb er: Schematismus, der öffent: 
lihen evang. Elementarihulen Schlefiens (1873, 
3. Aufl. 1885), Zeittafel der Geſchichte der Pä— 
dagogif, Adreß-Notiz der Lehrer und Lehrerinnen 
‚an den Breslauer Bolfsichulen (8 Jahrg.), Wie: 
ı derholungsbüchlein für den geographiſchen Unter: 
richt, Der Stadt: und Yandfreis Breslau, 30 In— 

terpunftionsregeln nebſt Übungsbeiſpielen. 

Herrig, Hans, geb. am 10. Dezember 
1845 in Braunjchweig, bejuchte das Frie— 

drichsgymnaſium in Berlin und die dor— 

tige Univerſität, um Rechtswiſſenſchaft zu 

ſtudieren. Nach ſeiner Doktorpromotion 

und Abſolvierung des Staatseramens war 

er ein Jahr als Referendar beim Stadt— 

gericht in Berlin beſchäftigt, beſchloß aber 
16 








Herrmann. 


dann feine juriftifche Karriere, um ſich der 
Hournaliftif zu widmen. Seit 1882 ge 
hört H.der Redaktion des „Deutichen Tage: 
blattes“ an, deſſen Feuilleton feiner Lei— 
tung unterjteht. H.'s literariiches Haupt: 
feld ift das Drama, zu deſſen vornehmiten 
Vertretern der neueren Zeit er gehört. 
Hauptwerfe: Alerander (Dram.), Kaiſer Frie 
drich der Rotbart (Dr.), Jerufalem (Dr.), Der 
Kurprinz (Dr.), Die Meininger, ihre Gaftipiele 
und Bedeutung für das — Theater, Kon— 
radin (Dr. 3 Aufl.), Nero (Dr.), Martin Luther 
(Feftipiel), Lurustheater und Volksbühne, Die 
Chriſtnacht (ein Weihnadhtsfpicl), Columbus (Dr.). 
Herrmann, Conrad, wurde am 18. 
Juli 1817 zu Hanau (Kurheſſen) geboren, 
erhielt feine Vorbildung in der dortigen 
Nealihule und in zwei Brivatinftituten, 
um dann 1830 in die Zeichenafademie da= 
jelbft überzugehen, da jein Vater, jelbjt 
ein tüchtiger Maler, den Wunſch hegte, 
jeinen Sohn diejelbe Laufbahn einſchlagen 
zu laffen. Prof. Wejtermayer, ein Freund 
Schillers, nahm ſich des talentvollen Kna— 
ben an, ihm verdanfte er auch die An— 
regung, fein lüdenhaftes Schulwiſſen durch 
Nachhülfe und Selbititudium zu vervoll— 
fommnen. Ye mehr Kenntniffe er ſich an: 
eignete, defto durftiger wurde er danad) 
und deſto gleichgültiger wurde ihm die 
Malerei. Endlich erlaubte fein Vater ihm, 
den Beruf aufzugeben und in eine Buch: 
druderei einzutreten. Daneben dichtete 9. 
fleißig, wofür eine Menge von Iyrifchen 
Ergüffen in verjchiedenen Zeitungen Zeug: 
nis ablegten. Es folgten dann viele Wan- 
derjahre, die H. bald als Setzer, Korref: 
tor, Faktor, bald als Nedakteur (ichliep- 
lich der „Saarbrüder Zeitung” 1857 — 73) 
fahen. Leider büßte er bei Begründung 
eines eigenen Gejchäftes fein mühſam 
„Eripartes“ wieder cin. Das hinderte ihn 
aber nicht, weiter zu dichten und zu fin: 
gen. 1867 erichienen feine gefammelten 
Gedichte Ericeen, ferner heben wir hervor: 
Schlimme und hohe Tage, ein Sonettenfranz 
(1871), Die Invaſion der Franzoſen (1873), 
Der Pfifferjatob von St. Johann » Saarbrüden 
(biftor. Rom. 1878), Das Forſthaus zu Erlen: 
bronn (Nov. 1878); außerdem unzählige poetilche 


242 


Herrmann. 


und proſaiſche Beiträge in Zeitſchriften. H. lebt 
in Saarbrücken. 


"Herrmann, Julius Adolf, geb. am 
20. Auguft 1858 zu Hermsdorfbei Braunau 
in Böhmen als Sohn des Oberlehrers 
ı Thaddäus H., eines ausgezeichneten Schul: 
mannes und Ehrenbürgers diefer Gemeinde, 
ſtudierte fünf Klaſſen am Stiftsgymnafium 
der Benediftiner in Braunau und bejuchte 
1875 das Pädagogium zu Trautenau. Das 
ſelbſt gründete er nad) Art der Hainbünd:- 

ler einen Verein literariſch begeijterter 
Studenten, welder in mehreren wöchent- 
lichen Sigungen die Dichtkunft eifrig pflegte 
‚und fi) mit den damaligen literariichen 

Größen, wie Grün, Geibel, Scheffel 2c., 

in Verbindung ſetzte. Nach Auflöfung des 

Bundes vollendete H. feine Studien in 

Komotau und wurde darauf als Lehrer 

in Dörfel bei Neichenberg angeftellt. Da: 

jelbjt vervollkommnete er ſich weiter in der 

Muſik, deren Grundelemente er feiner mu 

jifaliich jehr gebildeten Mutter verbankte, 

indem er fontrapunftiiche Studien machte 

und fi durch die Kompofition von Män- 
nerchören 2c. in weiteren Kreifen befannt 
madte. 9. ift Mitarbeiter mehrerer 
Blätter, Verfafler von Dorfgejchichten 
(Der Pechandres), Novellen (Aus Tante Cilli's 
ı Tagebuche), Humoresfen ꝛc. 








Herrmann, Ludwig, geb. zu Aſchaffen— 
burg (Bayern) am 19. Mai 1807, ftu: 
dierte in Würzburg Medizin, erwarb 1829 
den Doftorgrad, begab fich zu feiner wei- 
teren Ausbildung nah Münden, Wien 
‚und Paris und jchrieb 1832 in Algier, 
‚wo cr als Unterarzt in die franzöfifche 
‚Offupalionsarmee eingetreten war, feine 
Inaugural-Diſſertation De morbis, qui Al- 
gerii vceurrunt (gedrudt 1833). Im Mai 
1534 von König Otto zum Bataillonsarzt 
‚in der griehiihen Armee ernannt, ging 
er im Juli mit einem der in München 
gebildeten Freiwilligen: Korps nad) Grie- 
chenland. Wegen jeiner während der Bet: 
‚ epidemie auf der Inſel Boros im I. 1837 
ı geleifteten Dienſte wurde erzum Regiments: 


Her. 


arzt mit Hauptmannsrang befördert und 
mit dem Ritterfreuze des griechischen Er: 
löjerordens dekoriert. 1838 trat 9. unter 
dem Reformator Sultan Mahmud II. in 
den Eanitätsdienft der ottoman. Pforte. 
Während feiner Sjährigen Dienitzeit in 
ber Türfei hatte er verjchiedene Stellen 
inne, wie: Mitglied des oberjten Sani- 
tätsrates des osmanifchen Neiches, Pro- 
fefjor an der medizinischen Schule, Gene: 
ralinſpektor der Militärhofpitäler 2c. 1846 
fehrte er nad) Deutichland zurüd, verweilte 
längere Zeit in Wien und Berlin und ließ 
fi) 1848 in Ajchaffenburg als praftiicher 
Arzt nieder. Nach 18 Wanderjahren grün 
bete er hier feinen häuslichen Herd. 
Während feines Aufenthaltes in der Türfei war 
9. von 1840—43 Korrejpondent der „Augäburs 
ger Allgemeinen Zeitung” und dann Korreſpon— 
dent der „Leipziger Allgemeinen Zeitung”. Als 
praftiicher Arzt in Ajchaffenburg begann er feine 
literarifche Thätigkeit mit der Beröffentlihung 
fachwiſſenſchaftlicher Schriften, wie: Soden bei 
Aſchaffenburg (1855), Erfahrungen, welche mit 
dem Aichaffenburg:Sodener Wafler gemadt wur: 
den (1857), Die Aihaffenburg-Sodener jod:brom: 
Baltigen Kochialzquellen (1858) ıc. Bon 1867—85 
veröffentlichte H. in verschiedenen Zeitungen grö— 
Bere geſchichtliche und naturmwillenichaftliche Auf: 
fäte, Bilder orientaliiher Kulturzuftände, biogra> 
phiſche Notizen über den Dichter Wilhelm Heinfe, 
Reifebilder aus Agypten und Kleinaſien, aus dem 
Speflart und aus dem Ddenwald ꝛe. Im Jahre 
1886 erichienen feine als hervorragend anerfann- 
ten Rüderinnerungen aus dem Orient, die dem 
Autor viele Auszeichnungen eintrugen. 1886 
wurde H. am grauen Staar mit Erfolg operiert, 
mußte aber bis jet zur Schonung der operier: 


ten Augen eine Baufe in feiner literariichen Thäs 


tigfeit eintreten lafien. 


Herb, Wilhelm, wurde am 24. Sep: 
tember 1835 in Stuttgart geboren, wid: 
mete fi dem Beruf eines Landwirts, 
den er jedoch bald wieder aufgab, um 
Philofophie und germanifhe Sprachen in 
Tübingen zu ftudieren. Er wurde hier 


1858 promoviert und habilitierte ſich 


1862 als Privatdozent der germani- 
ihen Spraden in Münden, nachdem 
er im Jahre 1859 als württembergiicher 
Leutnant gedient und im Jahre 1960 
dur eine Studienreije nah England 


243 


Herzberg: Fränfel. 


und Frankreich feinen Gefichtsfreis er: 
weitert hatte. 1869 erfolgte feine Er: 
nennung zum Profeſſor der Literatur: 
geihichte und der deutihen Eprade am 
Polytechnikum zu München, an dem er 
nod heute wirft, zugleich Mitglied ber 
f. bayriſchen Akademie der Wiſſenſchaften. 

Bon H.'s formenreinen und ſchwungvollen, von 
der Kritik als Meifterdichtungen hervorgehobenen 
Werken führen wir an: Gedichte, Zanzelot und 
Ginevra, Das Rolandslied, Marie de France, 
Der Wermwolf, Hugdietrich's Brautfahrt (3. Aufl.), 
Heinrich von Schwaben, Die Nibelungenfage, 
Deutihe Sage im Elſaß, Triftan und Iſolde, 
Die Sage von Parzival und dem Gral, Bruder 
Rauſch, Spielmannsbud). 

Herzberg: Fränfel, Leo, geboren 
1827 zu Brody in Galizien, genoß bier 
einen jorgfältigen Privatunterricht und 
neigte fih ſchon früh der damals nur 
gering entwidelten Tagesliteratur zu. Er 
jchrieb für Bäuerle’s „Wiener Theater: 
zeitung”, für Saphir’s „Humorift“ und 
Kuranda’s „Oſt-Deutſche Poſt“, wurde 
aber erſt allgemeiner befannt, als er 
11849, nadjdem er ein Jahr in den Step: 
‚pen Beflarabiens zwiſchen den dort zer: 
ftreut liegenden deutichen Kolonien verlebt 
hatte, mit feinen Bildern aus Rußland und 
Beflarabien und feinen fulturbiftoriichen 
' Beiträgen in Wertheimer’s Jahrbüchern 
bervortrat. In demjelben Jahre trat er 
in die Nedaltion der von dem damaligen 
öfterreih. Minifterpräfidenten Fürften 
Felix von Schwarzenberg gegründeten 
„Reichszeitung“ und jpäter in die des 
„Oſterr. Lloyd“ ein und war gleichzeitig 
für auswärtige Blätter als rolitiicher 
‚ Korreipondent thätig. Seit einer Reihe 
von Jahren lebt H. als Eefretär der 
k. k. öfterreih. Handels: und Gewerbe: 
fammer in feiner VBaterjtadt Brody und 
wurde für jein humanitäres Wirken mit 
dem goldenen Verdienſtkreuze mit der 








Krone ausgezeichnet. 

Außerdem hervorzuheben: Einfiedlerin auf Loui⸗ 
fiana (1849), Polnische Juden (1866, 1878 und 
1887). 


Herzensfron, Viktor, geboren am 
23. März 1820 zu Wien, widmete fid) 


16* 


Heſekiel. 


dem Soldatenſtande, dem er von 1838 
bis 1845 als Offizier angehörte. In 
letzterem Jahre nahm er ſeinen Abſchied, 
um ſich ausſchließlich der bis dahin nur 
nebenbei in ſeinen wenigen Mußeſtunden 
betriebenen Schriftſtellerei hingeben zu 
können. Er führte nun ein erfolgreiches 
Leben in mancherlei Stellungen: als Re— 
dakteur der öſterr. Jugendzeitſchrift, als 
Bibliothekar des Grafen von Waldbott, 
und endlich als Leiter der Chemnitzer, 
Bamberger, Sondershaufener und Rudol- 


jtädter Bühnen. Daneben war 9. vielfach 


literariſch ausübend thätig, ſowohl als 
feinfinniger Kritiker, novellift.und Iyrifcher 
Mitarbeiter beſſerer Zeitichriften, wie aud) 
als Berfaller einer Reihe von oftmals 
aufgeführten Dramen. 9. lebt nunmehr 
als artijtiicher Direktor des Aktien-Thea- 
ters in Erfurt. 1855 erhielt er den Titel 
Domänenrat, und jpäter mehrfache Orden. 

Hauptwerfe: Elfriede (Dram.), VBornehm und 
gering (Dr.), Gaitrollen (Dr.), In der Wiege 
verlobt (Dr.), Ein Bagabund (Dr.), Eine Über: 
ralhung (Dr.), Milton (Dr.), Herbitblätter (Nov. 
5. Aufl.), Spinnitubenmärden (9. Aufl.), mi: 
fhen Hell und Dunfel (2. Aufl.). 

Heſekiel, Ludovika, ift am 3. Juli 
1847 als eine Tochter des berühmten 
Chriftitellers George 9. (J 1874) in 
Altenburg geboren und wurde natürlicher 
Weiſe früh ſchon durch ihren Vater für 
die Poeſie begeiltert. Mit deffen Erlaub: 


niß zog fie als freiwillige Krankenpflegerin 


mit in den deutſch-franzöſiſchen Krieg, in 
welcher Eigenichaft fie fih mehrfach aus— 
zeichnete. Nicht minder befannt machte 
fie fih durch ihr literariiches Wirken, 
von deſſen Ergebnilien (Romanen) wir 
hervorheben: Eine brandenburgifche Hofjungfer 
(1868), Lenz Schadewacht (1871), Baradenleben 
(1572), Von Brandenburg zu Bismard (1873), 
Deutfhe Träumer (1879), Lottchen Lindholz 


(1882), Gott mit uns (1852), Unterm Sparten: | 
ſchild (2. Aufl. 1883), Des Kailers Gaft (1883), 


Fromm und feudal (1585), Jeſus meine Zuver: 
verficht (1885). 

Heſſe-Wartegg, Ernſt v., wurde 
am 21. Februar 1851 in Wien geboren, 
unternahm 1872 feine erjte größere Neife 


244 


Heuſſenſtamm. 


durch Süd-Europa, ferner die Donau— 
länder, Türkei und Syrien, um natur 
wiffenihaftliche und ethnologiſche Studien 
zu betreiben. Ferner bereifte er 1875 
den Ardipel und Zentral-Amerifa; 1876 
Neu:Meriko, die Fellengebirge und bie 
| Brairien der Vereinigten Staaten; 1878 
wiederum Amerika, um die Regelung des 
Miffijfippi-Flußneges zu ftudieren; 1880 
Algier, Tunis, Tripolis, Agypten, Nu: 
bien u. ſ. w.; 1883 wiederum Nord— 
Amerifa; 1884 Süd-Amerika; 1885 und 
1886 nochmals den Nordojten des nord- 
amerifaniihen Sontinents. 1887 (zur 
Zeit unferer Drudl.) begiebt 9. fid) 
‚wiederum nad) Südamerifa. 

Bon 9.:W.’3 hochbedeutenden Werfen, in denen 

er die reihen Schäge feiner Reiſeergebniſſe nieder» 
gelegt hat, heben wir hervor: Unterfeeifhe Tun» 
‚nelbauten (1874), Prairiefahrten (1878), Nord» 
amerifa (1880—1884, 3, Aufl., in mehrere 
Sprachen überjegt), Miffiifippifahrten (1880), 
The new South West (1880). Tunis, Land 
‚und Leute (uripr. engliih 1881). Außerdem 
viele Beiträge in Journalen. 





Heuſſenſtamm, Theodor Graf von de als 
(Theod. Stamm), geboren am 12. Märzn 320 


1801 in Wien, lebte nad) Abjolvierung 
‚des Gymnaliums feiner Vaterſtadt dem 
‚Studium der Kunjt, mit Muſik, Poeſie 
und Malerei gleichmäßig beichäftigt, da 
feine Wermögensverhältniffe ihm eine 
praktiſche Beſchäftigung nicht aufnötigten. 
Er behielt jeinen Wohnort in ftiller Eins 
ſamkeit in jeiner Vaterjtadt Wien, nur 
bin und wieder dur Kunft: und Stu: 
dienreilen nad) Deutichland, Italien und 
Frankreich ſich anregend, ſelbſt jegt im 
ehrwürdigen Alter immer noc) eifrig weiter 
jtrebend und der Kunft huldigend. 

Hauptwerfe: Schattenriffe (Rom.), Ein weib— 
liches Herz (Dicht.), Hesperus (Ged.), Gedichte, 
Im Abenditrahl (Dicht), Der wunderliche Pilger 
(Luftip.). 

Heveſi, Ludwig (Onfel Tom), wurde 
am 20. Dezember 1543 in Heves (Un— 
garn) geboren und von dem Vater früh: 
zeitig für den eigenen, den medizinischen 
Beruf bejtimmt. Nachdem Ludwig 9. 
jedoch fein medizinisches Studium beendet 


Heydenreid). 


hatte, und inzwilchen bereits literariſch 
als Feuilletonift mit Erfolg thätig ge: 
wejen war, gab er den ärztlichen Beruf 
völlig auf, um fi) ganz der Journaliftif 
und Schriftitellerei zu widmen. Er ge 
hörte lange Zeit der Redaktion des „Peſter 
Lloyd”, jeit 1875 derjenigen des „Wiener 
Fremdenblattes“ an und hat ſich den Auf 
eines feinfinnigen Feuilletoniften erworben. 
Hauptmwerfe: Sie follen ihn nicht haben (Hus | 
mor.), Kleine Leute (Jugendichr. 1871—1874), | 
Des Schneidergejellen Andreas Jelky Abenteuer 
(Humor.), Auf der Schneide (Nov.), Neues Ge: 
- fhichtenbuch, Auf der Sonnenfeite (Nov.). | 
Hehdenreich, Eduard, ift am 29. 
Mai 1852 in Dresden geboren. Seit 
1865 beſuchte er das Kreuzgymnaſium 
dafelbft. 1871 zur Univerfität entlaflen, 
hörte er in Leipzig philologiſche und 
biftorifche Vorlefungen. Befonders nahe 
trat er den damals mit größtem Segen 
wirfenden flaffiihen Philologen Ludwig 
Lange, Friedrich Ritihl und Georg Eur: 
tius, in deren afademilchen Gejellichaften 
er fih die Grundfäge wiſſenſchaftlicher 
Forſchung durch antiquariich- hiltorifche, 
tertkritifaliihe und ſprachwiſſenſchaftliche 
en ameignete. Außerdem feflelten 

ihn vor anderen der Germaniſt Zarnde, 
der Hiftorifer Voigt, der Philolog Lip: 
fins und der Pädagog Edjtein, in deſſen 
Seminar H. zuerit in den Beruf bes 
Lehrers praftifch eingeführt wurde. 1875 
erwarb er den Doftorgrad und legte 1876 | 
die Staatsprüfung ab. Nachdem er furze | 


245 





am Leipziger Thomasgymnafium als 
r gewirkt hatte, erhielt er 1876 einen 
Auf an das Gymnafium Albertinum zu 
Freiberg, welchem er jeit diejer Zeit un- 
unterbrochen angehörte. 1882 habilitierte 
er fih außerdem als Privatdozent der 


zum an der k. ſächſiſchen Berg: 


Hauptwerfe: Quaestiones Propertianae 


Heyſe. 


que matre Helena libellus (1879), Zum 25jäh⸗ 
rigen Amtsjubiläum feines Vaters als Pfarrers 
zu Leubnitz bei Dresden: eine Chronif diefer Pa- 
rochie (1879), Kriegsdrangſale von Freibergs 
ländlicher Umgebung (1879), Bibliograpbiiches 
Repertorium über die Geihichte der Stadt Frei— 
berg und ihres Berg: und Hüttenwejens (1885). 
Außerdem lieferte H. eine große Anzahl werts 
voller Beiträge für Zeitichriften. 


Heyſe, Paul, wurde am 15. März 
1830 zu Berlin geboren, abjolvierte das 
dortige Friedrich: Wilhelms -Gymnafium 
und widmete fih dem Studium der Phi: 
jofophie und Kunst: ſowie Literaturgeſchichte 
(1848— 1852) an der Univerfität jeiner 
Vaterftadt und in Bonn, nad deiien Ab» 
ihluß er eine Reiſe nad Italien machte, 
um einesteils die Kenntnis der italie: 
nifchen Literatur⸗ und Kunſtgeſchichte ſich 
anzueignen, andererſeits um ſeinen gei— 
ſtigen Geſichtskreis überhaupt zu erwei— 
tern. H. hatte damals (1853) ſich bereits 
literariſch hervorgethan und viele Freunde 
und Gönner erworben, an deren Spitze 
der kunſtliebende König von Bayern ſtand. 
Dieſer ſetzte den jungen Dichter durch 
Gewährung eines Jahrgeldes inden Stand, 
ausſchließlich feinen literariihen Beſtre— 
bungen zu leben, ungefefjelt Durch tägliche 
Lebensjorgen, ein Vorzug, der wenigen 
Boten vom Parnaf zu Teil wird. Auf 
den Wunſch des edlen Fürjten ſiedelte 
9.1854 von Berlin, wo er nad) jeiner 
Rückkehr von Italien lebte, nah München 
über. Bald war er durch die Erträge 


‚feiner Feder in der glüdlichen Lage, jenes 


Ausdruds der Gnade feines Proteftors 
nicht mehr zu bedürfen. 

Paul Heyſe gilt ebenjowohl auf dem 
Gebiete des Dramas, wie auf dem der 
Novelle, gleichzeitig als Lyrifer, ale einer 
der vornehmjten Meifter der Gegenwart. 


Seine Dramen haben alle Bühnen fi) 
‚erobert und feine Lieder find in jedes 


(1875), Die Oyginhandichrift der Freiberger Gym; Sängers Mund. 


nafialbibliothet (1878), Fabius Pictor und Li: | 


Hauptwerfe: (Dramen) Francesfo von Rimini, 


vius, Ein Beitrag zur römischen Quellenforfhung | Meleager, Die Sabinerinnen, Ludwig der Bayer, 
(1878), Livius und die römische Plebs, Ein Die glüdlichen Bettler (nad) Gozzi), Eliſabeth 
Bild römiſcher Geihichtäfchreibung (1882), In- Charlotte, Die Grafen von der Eiche, Maria 
certi auctoris de Constantino Magno eius- Moroni, Hadrian, Hans Lange, Kolberg, die Göt— 


Heyſe. 


tin der Vernunft, Ehre um Ehre, Graf Königs: 
marf, Elfride, Die Franzoſenbraut, Die Weiber 
von Schorndorf, Das Recht des Stärkeren, Alki— 
biades, DonJuans Ende, Drei einaftige Trauer: 
fpiele und ein Luſtſpiel, Getrennte Welten, Die 
Hochzeit auf dem Aventin, Die Weisheit Salo— 
mos, Gott ſchütze mich vor meinen Freunden, 
Safha; (Romane) Die Kinder der Welt, Im 
Baradiele; 19 Bände Novellen, (Gedichte) Das 
Skizzenbuch. Der Salamander, Verſe aus Jtalien, 
Sprudbüdlein. In Gemeinschaft mit Emanuel 
Seibel überjegte H. das Spaniſche Liederbud), 


ein bi di . Giuftis und Le is. | % , 
allein die Gedichte G. Giuftis und Leopardis ein, wurde dafelbit eingeladen, an ben 


Mit Hermann Kurz gab H. den „Novellenſchatz“ 
und mit Ludwig Laiftner den „Neuen deutſchen 
Novellenſchatz“ heraus. 

Heyſe, Wilhelm, wurde am 19. No: 
venber 1825 zu Leußow (Medlenburg- 
Strel.) geboren, bejuchte die dortige Do— 
manialfchule und wurde 1841 in das 
Zehrerjfeminar zu Mirow als Zögling auf: 
genommen. 1846 erhielt er das „Zeug: 
niß der Anitellungsfähigkeit‘ und wurde 
Hauslehrer auf einem Gute bei Paſewalk. 
Hier machte er fih au in feinen Muße- 
itunden mit den Werfen unferer großen 
Dichter bekannt. 1849 vertauſchte er 
feine Stelle mit einer gleichen bei Uder: 
münde. m felben Fahre wurde er Zeh: 
rer in Carwiß bei Feldberg, im folgenden 
in Berda bei Neubrandenburg, wo er fid) 
zu glüdliher Ehe mit einer jungen Er: 
zieherin verband. 
„Erſtling“: Ausgewählte Blüten meiner Zu: 
gend, der ſehr freundlich aufgenommen 
wurde, und ihm ein Geldgefchent feines 
Zandesfürften eintrug. 
nah Leußow verſetzt, jedoh 1879 auf 
feinen Wunſch aus dem Amte entlafen. 
Er fiedelte nun nad) Wefenberg über und 
lebt gegenwärtig als Privatlehrer in Rog— 
gentin bei Mirow i. M. 

Außer dem genannten heben wir von H.'s, 
durch die Kritik jehr günftig beurteilten Werfen 
hervor: Punſchendörp (1861), De medlenbörger 
Burhochtied (1862), Rosmarin un Ringelblomen 
(1862), Friſchen Karmiten ut Kriſchan Schulten 
fin Mustift (2. Aufl. 1864), Klänge aus Ban: 
dalia (5. Aufl. 1887). 

Hilarius, ſ. F. v. Raſt. 

Hilber, Vincenz, 1853 zu Graz in 
Steiermark geboren, beſuchte Volksſchule 


246 


1851 erſchien H.'s 


1853 wurde er! 


Hildebrand, 


und Gymnafium ebenda, ftudierte an den 
Univerfitäten zu Graz und Straßburg 
Naturwiſſenſchaften, beftand zu Graz bie 
Prüfung für das Turnlehramt an-Mittel- 
ſchulen und 2ehrerbildungsanitalten, pros 
movierte mit Geologie als Hauptfad im 
Semefter 1876/77 zu Graz, veröffent- 
lichte Unterfuchungen über das fteirifche 
Tertiär, trat 1878 als Volontär an der 
k. k. geologiichen Neihsanftalt in Wien 


geologischen Aufnahmen teilzunehmen; in 
der Eigenſchaft eines jelbitändig arbei- 
tenden Sektionsgeologen vollführte er 
1879 — 1884 die Detailaufnahme einer 
auf die Länder Galizien, Mähren und 
Schleſien verteilten Fläche von ungefähr 
320 geogr. [Meilen und veröffentlichte 
die zugehörigen geologiihen und paläons 
tologischen Berichte. Außerdem bearbeitete 
er während diefer Zeit die von der 
Szehenyi’ihen Erpedition in Dftafien 
gelammelten Landjchneden. Seitdem ver: 
öffentlichte er einige Unterfuchungen über 
Gegenſtände der phyſiſchen Erdfunde und 
beteiligte fih an der deutichen Ausgabe 
von Ami Boués „Turquie d’Europe“. 
1879 habilitierte er fih als Privatdozent 
für Geologie an der Univerfität in Graz, 
in welcher Eigenichaft er fich daſelbſt trog 
eines vor Jahren erjtatteten und jeither 
urgierten Vorſchlages zum Ertraordinarius 
noch befindet. 


Hildebrand, F., |. Frig Volger. 


Hildebrandt -» Strehlen, Karl 
Theod. Heinr. (Roderid Brown), wurde 
am 18. Juni 1815 in Djtpr. geboren; 
widmete ſich nad) Abjolvierung der Ma— 
turitätsprüfung auf dem Gymnafium zu 
Braunsberg, dem Studium der hiftorifchen 
Wiſſenſchaften auf der Albertus-Uiniver: 
fität zu Königsberg 1837—41l. Nach 
Ablegung der Prüfung pro facultate 
wirfte cr als Privatſchulvorſteher und zu: 
legt als Rektor der höheren Bürgerfchule 
zu Strelig von 1858— 78. 1879 nahm 
er feinen Abſchied und lebt feitdem in 








Hilgendorf. — 2 


Freiburg a. U., ausſchließlich mit feinen 
literariichen Arbeiten befchäftigt, die ihm 
einen Ruf als Volks: und Jugendichrift: 
fteller erworben haben und von denen 
wir hervorheben: Die Kinder des Kommuniſten, 
Sluftrierte Fabeln (2. Aufl.), Martin (2. Aufl.), 
Robin Hood, Was willit Du werden? Der neue 
Sachſenſpiegel, Humoriftiicher Eheitandsfatechis- 
mus, Josephus redivivus und Romant. Erzäh— 
lungen aus Thür. 


Hilgendorf, Franz Dlartin, geboren 


marf), fam bald nad) Berlin, ftudierte 


hier und in Tübingen Naturwiſſenſchaft, 


hauptfählid Zoologie. Seine Doktor: 
Dillertation, Planorbis multiformis im 
Steinheimer Süßwaſſerkalk (erichien 1866 
in den Monatsb. der preuß. Akad. der 
Wiffenich.), lieferte den beiten direkten 
und viel zitierten Beweis für die erjt 
vor Kurzem wicder hervorgetretene Des— 
jendenztheorie. Epäter von Fr. Sand: 
berger jcharf angegriffen, brachte er nad) 
neuen Unterjuhungen in ‚Zur Streitfrage 
des Plan. multif.‘“ (1879) Die Bolemif zum 
fiegreihen Abſchluß. — Nachdem er als 
Direktor des Hamburger zoolog. Gartens 
(1868— 1870), fodann als Dozent der 
Zoologie am Dresdener Polytechnikum 
und Brofeflor der beichreibenden Natur: 
wiſſenſchaften an der kaiſ. japanifchen me: 
diziniichen Akademie in Tokio (1873 bis 
1876) fungiert hatte, fehrte er wieder 
zu der Thätigfeit, von der er ausgegangen, 
zur Muſeums-Zoologie zurück. Die meiſtens 
dem ſyſtematiſchen Felde angehörigen Ar: 
beiten find in Zeitichriften und Reifewerfen 
zerftreut und nicht jehr umfangreich. Eeit 


1886 führte er neben jeiner amtlichen | 


Stellung am f. zool. Mujeum zu Berlin 


die Nevaktion des Archivs für Natur: Kiefengebirge als jüngfter Sohn eines dor 


geſchichte. 


Hille, Peter, wurde am 11. Sep⸗ 
tember 1854 in Erwigen bei Driburg 


geboren, beſuchte die Gymnaſien zu War: 
burg und Münfter, und beabfichtigte In— 
genieur zu werden. Da dies Fach ihm 


jedod; nicht zuiagte, ging er zur Univerz | 


5. Dezember 1839 in Neudamm (Reue | It ee ab 











Hillern. 


fität Leipzig über, wo er hauptſächlich 
unter R. Eeydel Pſychologie und unter 
Springer Kunſtgeſchichte ftudierte, da— 
neben auch medizinische Kollegien befuchend. 
Bejonders zog ihn dann Zarncke (über 
deutfche Literatur) an. Daneben befchäf: 
tigte er fich mit Schriftitellerei, und hier 
war es Ernit Editein, damals Redakteur 
der „Dichterhalle”, der H. unter feine 
Flügel nahm und ihm mit Nat und 
H. ſchrieb nun 
für eine Reihe von Zeitungen und Zeit— 
Schriften: Gedichte, literarhiftoriiche Stu— 
dien, Humoresten ꝛc. Seit 1885 lebt 
9. in Bormont, ausichließlicd mit litera- 
riſchen Arbeiten beichäftigt. 

Hervorzuheben: Die Sozialiften (Rom. 1887), 
Der deutiche Naturalismus (1887). 

Hillern, Wilhelmine von, am 11. 
März; 1836 als die Tochter der berühmten 
dramatiſchen Dichterin Charlotte Birch: 
Pfeiffer in München geboren, empfing 
im elterlihen Haufe eine vorzüglide Er: 
ziehung und widmete fih, angeregt durd) 
den Verkehr mit den erjten Bühnengrößen, 
die im Hauje ihrer Eltern aus und ein 
gingen, dem Theater. Nachdem fie in 
Karlsruhe, Berlin, Frankfurt, Diannheim 
u. ſ. w. gewirkt hatte, vermählte fie fich 
mit dem Kammerherrn Gerichtsdireftor 
von Hillern zu Freiburg i. Br. Bier 
begann fie ihr literariihes Schaffen, das 
die geiltreiche Frau bald zu einer unferer 
hervorragenditen Dichterinnen erhob. 

Hauptwerfe: Der Arzt der Seele (Rom.), Aus 
eigener Kraft (Rom.), Die Geyer:-Wally (Roman, 
jpäter dramatifirt), Die Augen der Liebe (Luftfp.), 
Und fie kommt doch (Rom.), Die Friedhofsblume 
(Nov.). 

Hilfe, Benno Heinrich Darko, geboren 
am 25. Juni 1838 zu Schmiedeberg im 


tigen Richters, erhielt feine erſte Schul- 
bildung daſelbſt durch einen Privatlehrer, 
bejuchte von 1847 ab das Gymnaſium 
zu Neiße, ftudierte auf den Univerfitäten 
Breslau und Berlin Rechts: und Staats: 
willenichaften von 1857 ab, trat 1860 
als Ausfultator bei dem Kammergerichte 


248 


Hilfe. Hinderfin. 

ein, wurde 1862 zum Neferendar und | als Lehrer thätig, fiedelte er 1367 nad) 
1864 zum Gerichtsafleiior befördert, als Göttingen über, wo er ſich inzwifchen 
welcher er in mehreren Orten der Pro— | in der juriſtiſchen Fakultät habilitiert 
vinz Polen amtirte. Nachdem er 1867 hatte. 1869 trat er in das Königl. 
zum Doktor promoviert war, trat er als | Statiftiihe Seminar und Königl. Stati— 
Kreisrichter bei dem Kreisgerichte in Won: ſtiſche Bureau zu Berlin ein, um 1872 
gromiez und 1872 in Gnefen ein, mo: das Syndifat der zur Abwehr der da- 
felbft er 1876 zum Kreisgerichtsrat er: | maligen Streits verbündeten Bauge- 
nannt wurde. Nachdem er fi) 1876 einer werke zu übernehmen, und daffelbe An- 
Augenoperation unterzogen hatte, welche fang 1874 mit dem Syndikat der Gr. 


in kurzen Zwiſchenräumen nod fünf mal 
wiederholt wurde, ſchied er 1878 infolge 
gänzlicher Erblindung aus dem Staats: 
dienfte aus, und lebt feit da ab in Berlin. | 

Durch das Vorbild feines auf dem Gebiete des 
ſchleſiſchen Provinzialreht3 bewährten Baterö an: | 
eregt, wandte er fich frühzeitig der literarifchen 
bätigfeit zu, welche hauptlählih auf dem Ge: 
biete der Rechtswiſſenſchaft und Volkswirtſchafts— 
Iehre fich bewegt. Bon jelbitändigen Werten er: | 
Ihien 1867 das Gotteäurteil der Abendmahls: | 
probe, 1870 Formulare für Rechtshandlungen 
der freiwilligen Gerihtäbarfeit. 1874 ſyſtemati— 
Ihe Sammlung der Enticheidungen des Gerichts: 
bofes für Kompetenz⸗Konflikte, 1879 Formulare 
für Rechtshandlungen der ftreitigen Gerichtöbarfeit, 
welche beiden fommentierten Formulare in 6. bezw. 
3. Aufl. eriiyienen find. Daneben verfahte 9. 
viele Beiträge in Zeitfchriften und Tagesblättern | 
aus dem Gebiete des Bau: und Gewerbe⸗-Rechts 
und der Volkswirtſchaftslehre. 





Hilfe, Karl Darko Otto, am 25. Juni 
1838 zu Schmiedeberg im Riefengebirge 
als Eohn des Gerichtsrates H. geboren, 
erhielt feine Gymnaftalbildung in Neiße 
und ftudierte in Breslau urfprünglich 
Medizin, Später Rechtswiſſenſchaften und 
Philoſophie. 1858 erhielt er dort für 
feine Abhandlung ‚„„Quando dies legato- 
rum et fideicommissorum cedat atque 
veniat historice exponatur‘ den König: 
lihen Preis. 1859 in den Staatsdienft 
eingetreten, arbeitete er beim Königl. 
Stadtgericht und Kammergericht als Aus: 
fultator und NReferendar. Er promovierte 
gleichzeitig in der philofophiichen und in 
der juriftiichen Fakultät. Zunächſt, weil 
feine beſchränkten Vermögensverhältniſſe 
ihm ſolches wünſchenswert machten, an 
der Königl. Tierarzneiſchule zu Berlin 


Berliner Pferde-Eiſenb. Aktien-Geſ. zu 
vertauſchen. Neben letzterer Stellung nahm 
er 1877 ſeine Lehrthätigkeit an der Berl. 
Bauafademie wieder auf, erweiterte ſolche 


bald naher auf die Gewerbeafademie, 


um nad Verbindung beider zur techni- 
ihen Hochſchule ſolche an dieſer fortzus 
jegen. Bereits feit dem 1. Jahre ihrer 
Begründung Mitglied der juriftiichen Ge— 
jellichaft, ift er bei Begründung des Deut: 
ſchen Juriftentages mitbeteiligt. Auf den 
internationalen ftatiftiichen Kongreflen zu 
Petersburg und Budapeſt gehörte er den 
Präfidien als Schriftführer an, und wirkte 
als Antragfteller mehrfach erſprießlich. 


Seine erften jelbjtändigen Arbeiten entjtanden 


| während feiner 2Zehrthätigfeit in Göttingen. Lei— 


tende Grundzüge des deutichen Militär-Strafver: 
fahrens (1868) und Die Civil: und Mifchehe 
(1869). Es folgten Die Selbitmord » Statiftif 
(1872), Grundzüge der Baurechtswiſſenſchaften 
(1884), Statiftif der Betriebäunfälle auf den 
deutichen Straßenbahnen (1886), Kommentar zur 
Baupolizei:Ordnung (1857). Außerdem arbeitete 
er für eine große Anzahl Zeitihriften und Ta— 
gesblätter. NAugenblidlich ijt er mit Herausgabe 
eines im Ericheinen begriffenen größeren Wertes 
(Syitem des Baurechts und der Baupolizei-Wils 
ſenſchaften) beichäftigt. 


Hinderfin, Friedrich von (F. Tiro), 
geboren 29. Oftober 1858 als Sohn des 
verft. Generals d. nf. von 9. in Breslau, 
ftudierte in Göttingen und Berlin Die 
Rechte und wirkt feit 1887 als Neferen- 
dar in Straßburg. 

Hauptwerke: Gedichte (1878—1885), Heinrid 
der Vierte, Nero, Kaiſer Otto der Dritte, Jeſus 
von Nazareth, ſämtlich Schaufpiele in fünf 
Aufzügen (1886); außerdem Überfegung der 
„Hefabe* des Euripides und des „Angelo“ von 
Viktor Hugo. 


Hinrichſen. — 

Hinrichſen, Adolf, wurde am 15. Ja⸗ 
nuar 1859 in Bützow (Mecklenburg) als 
der Sohn eines ausgezeichneten Juriſten, 
des damaligen Kriminalrats, jetzigen Land⸗ 
gerichtsrats H. geboren, abſolvierte die 
Schulen daheim und in Schwerin und — 
ſiebenzehnjährig — ſein Militärjahr in 
— worauf er, ſelbſt nicht im klaren 
über ſeinen zufünftigen Beruf, ſich zunächſt 
bei befreundeten mecklenb. Gutsbeſitzern 
die Landwirtſchaft „ein wenig anſah“, und 
als ihm dieſelbe als Lebensberuf abſolut 


nicht zuſagte, auf Einladung ſeines Betz | 


ter6, des damaligen Redakteurs der 
„Sartenlaube“, nad) Leipzig ging. Schon 
als Knabe verwendete H. alle Muße dazu, 
urchtbar“ glutvolle und ſchwunghafte Ge⸗ 
dichte, Skizzen u. ſ. w. zu verfaſſen, er— 
muntert durch ſeine gemütvolle und ſelbſt 
poetiſch angelegte Mutter. Dieſe Beſchäf— 
tigung wurde von dem Jüngling fortgeſetzt 
und trieb in Leipzig, der Heimſtätte lite 
rariihen Lebens, mande Blüten. Dabei 
blieb es dem jungen Poeten, der nunmehr 
als ſolcher in mehreren Zeitichriften auf: 
zutreten begann, nicht erjpart, Lücken fei- 
nes Wiſſens zu entdeden, und dieſe aus: 
zufüllen, war er in Leipzig, ſpäter auf vie: 
len und weiten Reifen eifrigft bemüht. Die 
hübihen Erfolge, die H.'s literarische 
Verſuche hatten, brachten ihn bald zu dem 
Entihluß, fich ganz der Schriftftellerei zu 
widmen, was ihm um jo weniger ſchwie— 
tig in materieller Hinſicht erſchien, als er 
von Haufe aus einiges Vermögen bejaß. 
Da verlor er diefes durch Schwindler, die 
feine zweiundzwanzigjährige Unerfahren: 
heit auszubeuten wußten, und nun wurde 
die frühere — zwar enthufiaftiich betrie- 
bene — Liebhaberei zum bitteren Ernft: 
zur Eriftenzfrage. 9. ging zunächſt in 
jein Elternhaus zurüd, bier nur feinen 
literarifhen Arbeiten lebend. Als Lands— 
mann und begeifterter Verehrer Frig Neu: 
ters unternahm er es, dieſem nachzuſtre— 
ben, indem er zuvor durch emfig betriebene 
theoretiiche und praktiſche Dialektſtudien 
in den Geift der plattdeutichen Sprache 


249 


Hinrichſen. 


und des plattdeutſchen Volkes einzudrin- 
gen juchte, was ihm, nad) den Urteilen 
der Kritif über feine plattdeutichen Werke: 
Wohre Geſchichten (1883), Twei Leimögefchich: 
ten (1883), Frömd in de Welt (1884), De Evers 
(2. Aufl. 1887), auch gelang, welche Schrif— 
ten den Echöpfungen Reuters faft gleich 
geftellt wurden. 1883 gründete H. auf den 
Nat feines Verlegers Hinftorff die platt: 
deutjche Zeitichrift „Husmannsfoft“, deren 
Redaktion er aber bereits nach einem Jahr 
aufgab, um mehr Herr feiner Zeit zu fein, 
fein Können dankbareren literarifchen Uns 
ternehmungen zuzuwenden und vor allen 
Dingen aus dem fleinen Ort nad) Berlin 
überzufiedeln. Als Beleg dafür, daß er 
zur hochdeutſchen Literatur und deren 
Pflege übergetreten, ließ 9. dann (1884) 
furz hintereinander ericheinen: Grin, ein 
Kranz irischer Dichtungen, umſchlungen mit Thos 
mas Moore’ihen Liedern (2. Aufl, 1884), und 
Er hat Glüd (Nov. 1884). In Berlin begann 
H. die Vorarbeiten für fein „Deutſches 
Schriftſteller-Album“ (mit Ernft von Wil- 
denbruch herausgegeben 1885), das ihn 
faft mit der gefamten vornehmeren Schrift: 
ftellerwelt Deutichlands in Berührung 
brachte. Der Ertrag diejes Werkes ijt bes 
fanntlich armen Kollegen gewidmet, welche 
Beitimmung bereits in einer Neihe von 
Fällen zur Ausführung fam und noch fort= 
während fommt. Für dieſes Werl wurden 
H. viele Auszeihnungen zuteil. Im jelben 
Jahre erfchien ein Novellenfranz unter dem 
Titel Künftfer:Liebe und Leben (2. Aufl. 1886), 
ein Werk, das allgemeine Anerkennung 
gefunden hat. Gleichzeitig verfahte 9. 
das gut aufgenommene Drama Rerfehmt 
(1885). Auf Anregung einer hohen, 9. 
und feinen Beftrebungen wohlmwollenden 
Frau begründete er 1885 die Zeitichrift 
„Für edle Frauen“. Leider ließen die Ver: 
leger das Blatt aus Mangel an „edlen 
Frauen“, die ſich für etwas anderes als 
Putz zu interejfieren vermögen, eingehen, 
obwohl der Tendenz und ihrer redaftio: 
nellen Durchführung von allen maßgeben- 
den Seiten das höchſte Lob gefpendet wurde. 
1887 feftigte und erweiterte 9. die „Als 





Hintner. 


bumitiftung“, indem er ihr neue Einnah- 
mequellen durch die Gründung einer Ver: 
lagsabteilung erſchloß, deren gefchäftliche 
und techniſche Leitung der altbewährten 
Carl Hinftorff’ichen Verlagsfirma übertra- 
gen wurde. Nun nahm 9. fein längjt ge— 
plantes und vorbereitetes, hiermit zur Aus: 
führung gelangtes Siterarifches Deutfchland in 
Angriff. 1886 verheiratete er ſich und 
lebt in glüdlichiter Ehe, jeit 1887 in Char— 
lottenburg (Berlin). 


Hintner, Valentin, wurde am 31. 
Januar 1843 zu St. Veit in Defereggen 
(Tirol) geboren, abjolvierte das Gymna— 
ſium in Briren (Tirol), darauf die Uni- 
verfität in Innsbruck und wurde 1870 
als Gymnaſiallehrer nad) Czernowitz be— 
rufen. 1871 zum Gymnaſfialprofeſſor er: 
nannt, wirkte er ein Jahr am Symnaftum 
zu Mariahilf in Wien, feit diefer Zeit am 
afad. Gymnafium in Wien. Bon feinen 


verdienten Werfen heben wir hervor: 

Urbis Romae viri illustres (1870), Kleines 
Wörterbuch der lateiniihen Etymologie (1873), 
Euripides Kyklops (1871), Griechiiches Elemen: 
tarbuch (1873), Andeutungen über den gegenmär- 
tigen Stand der Fragen, die das indogermaniiche 
Urvolf betreffen (1873), Griehiihe Schulgram: 
matif (1882, 3. Aufl. 1887), Griechiiches Übungs: 
buch (1883), Griechiiche Aufgaben (1886), Hero: 
dots Perierfriege (2. Aufl. 1887), Beiträge zur 
tiroliichen Dialektforihung (1873— 78); außerdem 
zahlreihe Abhandlungen in den bedeutenditen 
Zeitſchriften. 


Hirſch, Franz, wurde am 2. Mai 
1844 in Thorn geboren, beſuchte das dor— 
tige Gymnaſium 1852 —63 und bezog dann 
die Univerfität Heidelberg, um Philoſo— 
phie und Gejchichte zu jtudieren. Als er 
dann fein Studium in Königsberg und 
Berlin zum Abſchluß gebracht hatte und 
im Begriff ſtand, fich zu habilitieren, wurde 
er durch Gottſchall und Laube zur lite 
rarifchen Laufbahn veranlaßt. Er über: 
nahm zunächſt 1872 die Redaktion des 
„Neuen Blattes”, jodann 1874 die 
Redaktion des „Salon“ und 1884 legte 
er beide Stellungen nieder, um Die 
Leitung des „Magazins für die Literatur 


95 


>0 


— Hirt. 
des In- und Auslandes“ in die Hand zu 
nehmen. 1884 fiedelte H. nad Berlin 
über, als Chefredakteur von Schorers Fa: 
miltenblatt, als welder er nod jet 
thätig iſt. 

H. erwarb ſich beſonders als Literarhiſtoriker 
einen Ruf und zwar durch ſeine vorzügliche 





„Illuſtr. Literaturgeſchichte des deutſchen Volkes“ 
(1876) und durch „Die Geſchichte der deutſchen 
Literatur“ (1883). Außerdem hervorzuheben: 
Die Oper und der Literaturgeiſt (1867), Die 
orientaliſche Frage (1877), Annden von Tharau 
(1881). 


Sirt, Hugo, wurde am 21. Juni 1842 
zu Neuftadt- Magdeburg als der Sohn 
eines Baubeamten geboren und auf dem 
Kloſtergymnaſium zu Dlagdeburg vorge: 
bildet. Frühzeitig erweiterte ſich der Ge— 
fihtsfreis des Knaben, der den Vater auf 
deſſen Geſchäftsreiſen vielfach begleitete. 
Seiner Neigung, Theologie zu jtudieren, 
fonnte er nicht folgen; eine langwierige 
Krankheit des Vaters zwang ihn, einen 
anderen Beruf zu ergreifen, um feiner 
Mutter und feinen jüngeren Geſchwiſtern 
eine Stüße zu fein; er wandte fi) dem 
Poſtfach zu. Ein innerer Drang, ſich 
weiter fortzubilden, ließ ihn in feinen reis 
jtunden mit naturwilfenichaftlihen und ge: 
ſchichtlichen Studien fih befallen. Im 
langen Kampf zwiihen Pflicht und Nei- 
gung behielt er troß vieler herben Ent: 
täufhungen cin lebhaftes Intereſſe für 
Wiſſenſchaft und Kunſt und bethätigte dies 
in fchriftjtellerifchen Arbeiten für Zeitun— 
gen und Zeitichriften. 1879 gab er die Heine 
Schrift beraus: „Das muſikaliſche Element in 
der deutichen Poeſie. Ein Beitrag zur rechten 
Würdigung des geſprochenen Dichterwortes“, die 
ihm freundliche Anerkennung eintrug. Seit eini— 
gen Jahren beichäftigt 9. fi mit dem Studium 
der Altertumsfunde, befonders Aufihluß ſuchend 
über Handel, Verkehr und Gewerbe in alter Zeit. 
Die Ergebnifie diefer Studien legte er mit ver: 
ſchiedenen Abhandlungen in Beitfähriften nieder. 
Von feinen Arbeiten find befonders hervorzuheben: 
Silhouetten von der Gaſſe, P. K. Nosegger, Die 
Kirche in Arenberg, Eifenah und Umgebung, Die 
Feſte der Neuftadt während der Zeit ihrer Selb» 





‚ ftändigfeit, Das ältefte Verſchlußmittel. 9. lebt 
als Roitbeamter in Burg. 


Hirth. — 

Hirth, Georg, geb. 13. Juli 1841 
zu Gräfentonna (Herzogt. Gotha), war 
1857—62 Eleve der Perthes'ſchen geo— 
graph. Anſtalt in Gotha, und widmete 
ſich darauf volkswirtſchaftl. Studien in 
Leipzig, wo er 1868—66 die „Deutſche 
Turnzeitung“ redigierte, war dann Mit 
alied des f. ftatiltiichen Seminars und 
Sekretär der Viktoria: National:$nvaliden: 


ftiftung zu Berlin, begründete daſelbſt 


1867 den „Barlaments:Almanad“ (16. 
Ausgabe 1887) und 1868 die „Annalen 
des MNorddeutihen Bundes“, feit 1871 
„Annalen des deutihen Reichs“, die er 
feit 1882 gemeinihaftlid mit M. Seydel 
berausgiebt. 1869— 70 war er Mitglied 
der Kommilfion zur weitern Ausbildung 
der Statijtif des Zollvereins und 1870 
bis 1871 Mitredakteur der „Allgemeinen 
Zeitung” in Augsburg. Seit 1871 lebt 
er al8 Buchdrudereibefiger, Mitinhaber 


der „Neueften Nachrichten” und Kunits 


Ihriftiteller in München. 

Er fchrieb: Statiftiiches Jahrbuh der Turn» 
vereine (1863 und 1865), Das gelamte Turn: 
wejen (1865), Freiſinnige Anfichten der Bolfs: 
wirtichaft (3. Aufl. 1876), jowie zahlreiche Ab» 
bandlungen und ftatiftiiche Unterfuhungen in 
feinen Annalen. Mit 3. von Gojen gab er das 
Tagebuch des deutich-franzöfiichen Krieges (1870 
bis 1874) heraus. Seit Mitte der 7Ver Jahre 
wandte er feine publiziſtiſche Thätigfeit mit großem 
Eifer und Erfolg der Förderung des Kunftge: 
werbe3 zu und hat auf diefem Gebiete durd 
zahlreiche mwohlfeile Publikationen dem Kunft: 
handwerk und der Erkenntnis der Kulturgeichichte 
wertvolle Dienſte geleiitet, jo in den Werfen: 
Der Formenfhat der Renaiffance (1877 ff., Teit 
1879 unter dem Titel: Der Formenſchatz), Das 
deutihe Zimmer der Gothik, Renaiſſance ꝛc. 
(worin 9. eine Begründung der Deforationskunft 
giebt), (3. Aufl. 1886), Kulturgefchichtliches Bil: 
derbuch aus drei Jahrhunderten (1883 und ff.) 
und eine Reihe von Fakſimile-Reproduktionen alt: 
deuticher Holzfchnittwerfe und Zeichnungen von 
Dürer, Holbein, Eranad), 3. Amman, B. Solis 
u. 4. (1880 u. ff.). Große Beachtung fanden 
auch feine „Ideen über Zeichenunterriht und 
fünftlerifche Berufsbildung”, ſowie Aufläte über 
Holbein ꝛc. 


Hirt, Arnold, wurde am 25. Februar 
1843 zu Geich bei Düren geboren, em: 
pfing den erjten Unterricht in der Dorf- 


251 


— Hitz. 
ſchule daſelbſt, dann Privatunterricht in 
Düren bis zum Eintritt in das Lehrer: 
feminar zu Kempen. Nah Abjolvierung 
defielben wurde er 1866 als Lehrer in 
Nuhrberg und 1868 als folder in Dijter: 
nich bei Zülpich angeftellt, wo er ſich 
auch fein Neft baute. 1875 murde er 
als Lehrer der Stadtihule nah Köln 
verjegt, wo er meiter feine Studien be— 
trieb, fo daß er 1877 jein Eramen für 
Mittelfhulen und 1878 die Rektorprü— 
fung in Koblenz ablegen fonnte. Da— 
neben betrieb er emfig hiftorische und 
literaturgeſchichtliche Studien und fchrieb 
für mehrere Zeitungen und Zeitſchriften 
‚derartige auch muſikgeſchichtliche Artikel. 
Unter feinen jelbftändigen Werfen heben mir 
| hervor: Kurze Lebensbilder aus der vaterl. Ges 
ſchichte für Voltsihulen (12. Aufl.), Vaterl. Ge 
ſchichte für Mädchenſchulen (mit befond. Berückſ. 
der deutih. Frauen), Der Anſchauungsunterricht 
‚in der Volksſchule. 





Hitz, Luiſe, wurde am 13. Januar 

1835 in München geboren. Von ſchwei— 
zeriſchen Eltern ſtammend, — ihr Vater 
war ein geachteter Porträtmaler — fühlte 
ſie ſich trotzdem von jeher als Deutſche. 
Ihre Kindheit verlebte ſie in der Schweiz 
und genoß vom 12.—14. Jahre in Aarau 
den trefflichen Ziteratur-Unterricht des be= 
fannten Fabeldichters A. E. Frölih. Die: 
ſem und der hochgebildeten Mutter dankte 
ſie vielfahe Anregung ihres dichterischen 
' Talentes, das fi Schon früh in dem be— 
'gabten Kinde zeigte. Als drüdende Feſſel 
‚empfand fie die Kleinftädterei ihrer bis- 
herigen Wohnorte und atınete auf als die 
Eltern nad München überfiedelten, wo ihr 
‚lebhaftes Temperament in dem fünjtle: 
riſch angeregten Leben der ſüddeutſchen 
Hauptitadt volle Befriedigung erhoffte. 
Mancherlei Verhältnifje jtörten jedoch das 
ruhige Fortichreiten ihrer Entwidelung, 
fo daß ſie erjt viel Später die jchriftitel- 
(erifche Beihäftigung aufnahın. 

Das Kriegsjahr 1870/71 hatte ihre Ichhafte 
patriotifche Begeifterung gemwedt, fie ſchrieb So— 
nette, die ihr, wenn auch erit viel ſpäter veröffent: 
licht, mehrfache Ausgeihnungen eintrugen. Bald 








Hitze. 


darauf ließ ſie einen Band Gedichte erſcheinen, 
die ſie in weiteren Kreiſen als gemütvolle Dich— 
terin bekannt machten. Eine weiter zu erwäh— 
nende Publikation iſt das „Bühnenweibfeftipiel 
und ſein Meiſter“. L. H. lebt, auch als eifrige 
und beliebte Mitarbeiterin (Aufſätze, Gedichte ꝛc.) 
an vielen Zeitfchriften thätig, in Münden. 
Hitze, Franz, wurde am 16. März 
1851 zu Hanemide, Kreis Olpe (Weſtf.) 
geboren, bejucdhte die Stadtichule in Olpe, 
dann das Gymnafium zu Paderborn und 
1872— 78 die Univerfität in Würzburg. 
Er ift Generaljefretär des Arbeiterwohl 
(eines Verbandes fath. Arbeitgeber und 


252 


— Höfer. 

für ihr Kind zu arbeiten, entriß ſie der 
widerſtandsloſen Hingabe an ihren 
Schmerz. Sie fand Gelegenheit, die Lei- 
tung einer Schule in Löbau, Weſtpr. zu 
übernehmen und zog mit ihrem Bater 
und ihrem Kinde dorthin. Nachdem fie 
bier fieben Jahre in gebeihlicher Thätig- 
feit gewirft, leider auch ihren Vater, ihre 
‚legte Stüge, verloren hatte, verheiratete 
fie fi) mit dem Dr. phil. Alb. Hochheim, 
welder damals Lehrer am Real-Progym— 
nafium zu Marienwerder war. Mit ihm 
zog fie bald darauf nad) Ortelsburg und 





Arbeiterfreunde) und Redakteur des gleich: | dann nad) Wittjtod in der Darf, wo ihr 
namigen Verbandsorgans in M. Glad: Gatte Rektor der jtädt. Mädchenſchulen ift. 


bad), Mitglied des preußifchen Yandtages 
und des deutichen Reichstages, in weldyem 
er fich lebhaft als Kommiffionsmitglied, 
Antragfteller und Referent an der fozialen 
Geſetzgebung beteiligte. 

Hauptwerfe: Die joziale Frage und die Be: 
ftrebungen zu ihrer Löſung, 3 Vorträge (1877), 
Kapital und Arbeit und die Neorganilation der 
Geſellſchaft, 16 Vorträge (1881), Die Quinteflenz 
der Sozialen Frage (1880), Schub dem Handwerk 
(1883); außerdem zahlreiche Auffäge in „Arbeiter: 
wohl” und in den Volksichriften: Das Häusliche 
Glück (1880), Der Schnaps (1882), Kompaß 
für den verheirateten Arbeiter, Kompaß für den 
jugendlichen Arbeiter, Kompaß für die Söhne 
Kolpings. 9. ift thätiges Mitglicd der kath. 
fozialen Partei. 

Hochheim, Adelheid, geb. Eihmann, 
wurde auf Charlottenthal, dem Gute ihres 
Großvaters, bei Königsberg in Pr. ges 
boren. Ihre Eltern zogen bald darauf 
nad) Königsberg und gaben ihrer einzigen 
Tochter eine gute Erziehung. Noch in 
jehr jugendlihem Alter machte fie das 
Lehrerinnen-Eramen und nahm gleich nad) 
der Einfegnung eine Stelle als Erzieherin 
in Polen an. Doch nur 2 Jahre er: 
trug fie die Trennung von ihren Eltern. 
Nah ihrer Rüdkehr in die Heimat ver: 
heiratete fie fi) mit dem Magiſtratsſe— 
fretär Schwahn. Sechs Jahre lebte fie 
mit diefem in glüdlichjter Ehe, mwelder 
ein Sohn entiproß, dann verlor fie ihren 
- Gatten und glei) darauf auch ihre Mutter 
durch den Tod. Nur die Notwendigkeit, 


Poetiſches Talent batte fie ſchon auf der 
Schule gezeigt, und ihre Lehrer Alerander Jung 
‚und Ludwig Kuhls übten in dieſer Beziehung 
‚ großen Einfluß auf fie. Auf des Lebteren Ber 
anlaſſung wurden auch einige ihrer Jugendvers 
ſuche in Zeitfchriften gedrudt. 1884 übernahm 
ſie die Redaktion der Wochenſchrift „Frauenheim“, 
melde fie noch jett führt. Gedichte, Aufi 
und Fleinere Erzählungen, Märchen u. dergl. 

‚in diefer Zeitihrift von ihr erichienen. Eine 
ı Auswahl ihrer Gedichte ald Buchausgabe ift ges 
rade (1887) in Vorbereitung. 

Höfer, Paul, wurde am 11. März 
1845 im Dörfhen Eraja am Fuße des 
Gräjer Kopf geboren, bejuchte das Gym: 
nafium in Mühlhauſen i. Thür., wo bes 
fonders Prof. Ameis feinen Sinn für poes 
tiiche Echönheiten zu weden wußte. 1863 
bis 1866 ftudierte H. in Halle Theologie, 
Philoſophie und Philologie, danach lebte 
er noch einige Zeit befond. mit literatur: 
geſch. Studien beſchäftigt, in Groß-Salze, 
Magdeburg und Groß-Wechſungen bei 
Nordhaufen, um alsdann 1870 in Göt— 
tingen nad) Abjolvierung mehrerer Prü— 
fungen fein erjtes Amt als Gymnafial: 
lehrer anzutreten. Tort entjtand auch fein 
erites Werk: 

Die Bedeutung der Philofophie für das Leben 
nah Plato (1870). Eine jchwere Krankheit bins 
derte ihn an der Teilnahme am franzöfiichen 
Kriege. Yon Göttingen wurde 9. nah Spandau 
und fpäter nad Zerbſt verfegt. Gier gab er 
\ fein zweites Werf, das Drama „Armin“ heraus, 
‚an dem er lange ſchon gearbeitet hatte, und defien 

Held ihm Gegenitand eingehender geihichtl. Stus 
ı dien war. Dann erſchien das Schaufpiel „Die Orgel 








Höfler. 


von Argenteuil”. In Zerbſt gründete H. fich auch 
fein Heim, indem er fich mit Freifrau v. Monteton 
zu glüdlidher Ehe verband. 1884 erihien „Der 
Feldzug des Germanifus im Jahre 16“. Im: 


lee nad) Bernburg berufen worden, mußte 
fich aber (1886) einer Erfranfung halber von jeinem 
Amt irennen und nah Wernigerode am Harz 
überfiedeln, mo er Genejung erhofft. Außer den 

annten, von der Kritif beſonders günftig be: 


ehe Werten verfaßte 9. viele kritiſche, 


(1882) war 9. von Zerbit als eriter, 


äfthetiiche, hiſtoriſche und politiiche Auffäge in | 


Zeitfchriften und Tageblättern. 
Söfler, Conitantin Ritter v., wurde 


am 27. März 1811 in Memmingen ges 


boren, jtudierte in München und Göttin: 
gen Geſchichte, unternahm dann mehrere 


Studienreijen, hauptiählih nad) Italien, 


und trat, zurüdgefehrt, in die Redaktion 


der „Münchener offiziellen politiichen Zeis 
tung”. 1838 habilitierte er fih als Privat: 


dozent für Geſchichte dajelbit, wurde 1839 
außerord. und 1841 ordentlicher Brofefior. 
1842 erfolgte feine Wahl in die Afademie 
der Wiljenichaften. Im Jahre 1847 plög: 
ih durd das der Lola Montez ge: 
neigte Minifterium penfioniert, und dann 
als Arhivar in Bamberg reaftiviert, gab 
er die Quellenfammlung für fräntifche 
Gedichte heraus und wandte er ſich be- 
fonders der Erforfchung der hohenzollern- 
ſchen Geſchichte zu. Die NAuffindung der 
ältejten politiihen Urkunde des Haufes 
Hohenzollern, die Herausgabe der Denk: 
würdigfeiten des Nitters Ludwig v. Eyb, 
fpäter nod) die Monographie über Barbara 
Markfgräfin von Brandenburg, entjtam- 
men dieſer Periode. 1851 empfing er 


einen Auf nad) Prag, wo er fi dur 


mannhaftes Eintreten für die Deutjchen 
auszeichnete und eine hiſtoriſche Schule 
in mehr als 30jähriger Wirkſamkeit be- 
gründete. Er führte die vergleichende hi: 
ftorifche Methode ein, wie denn der Kreis 
feiner Studien und der Inhalt feiner 
Bublifationen ebenjo der deutichen wie der 
romanischen und ſlaviſchen Geſchichte an- 
gehörten. Das Verftändnis der ſlaviſchen 
Geihichte und ihres jteten Antagonismus 
gegen die Deutichen hat wejentlih er 


253 


Höft. 


feinen Zandsleuten eröffnet. 1872 wurde 

er in den Adelsſtand erhoben und gleich 
zeitig auf Lebenszeit in das öfterreichifche 
Herrenhaus berufen. Nach vollendetem 
70. Lebensjahre gemäß dem in Ofterreich 
geltenden Geſetze penftoniert, fegt er auch 
in dem Ruheſtand die literariihe Wirk— 
ſamkeit ununterbroden fort und gilt als 
‚eine der Stüßen des geiltigen Lebens der 
Deutichen in Böhmen. 

Bon H.'s bochbedeutenden hiltoriihen Werten 
find hervorzuheben: Die deutichen Päpfte, Kaiſer 
Friedrich II., Lehrbuch der allgemeinen Geichichte, 
Ruprecht II. von der Pfalz, Fränkiſche Studien, 
Böhmishe Studien, Die huſſitiſchen Geſchich ts— 
Ichreiber, Die Zeit der Iuremburgiihen Kaijer, 
Karl V. und Adrian VI. Zur Kritik der Quel: 
lenkunde des eriten Negierungsjahrs Karl V., 
Bapit Adrian VI., Die romaniihe Welt und ihr 
Verhältnis zu den Reformideen des Mittelalters. 

Höft, Chriftian Hinrich Ferdinand, 
geboren 1. Mai 1827 im Dorfe Sipitorf, 
beſuchte die heimatlihe Dorfſchule, danach 
die Stadtſchule zu Oldenburg und begann 
alsdann ſeine Laufbahn als Schulgehilfe, 
bis er 1846 ins Segeberger Lehrerſemi— 
nar aufgenommen wurde. 1848 zog er 
mit hinaus als Dragoner gegen den Feind 
des „meerumſchlungenen“ Vaterlandes. 
Nach Beendigung des Feldzuges legte H. 
‚fein Examen ab und wurde 1851 in 
Schwienkuhl als Elementarlehrer, 1852 
in Oldenburg als Lehrer und 1854 als 
Organiſt u. Lehrer in Hohenftein bei Olden⸗ 
burg, 1859 in Hasberg, 1865 in Wedel 
und 1866 als Lehrer in Rendsburg an- 
'geitellt. Der Unterricht in der Heimatskunde 
' führte 9. auf ein tieferes Studium der Geſchichte 
derjenigen Orter, in denen er als Lehrer thätig 
war. 1869 erſchien feine erſte Schrift: Uber den 
Urfprung und Bedeutung unferer geographiſchen 
Namen mit befonderer Berückſ. d. Umg. Rends⸗ 
burgs. 1882 begründete H. mit Lehrer Carſtens 
zuſammen die period. Zeitſchrift „Am Urdsbrun— 
nen. Mitteil. für Freunde volkstümlich. Kunde“, 
deſſen Redaktion abwechſelnd von H. und Carſtens 
geführt wird. Das Blatt war urſprünglich nur 
für einen engeren Kreis von Intereſſenten be— 
ſtimmt, hat fich jedoch inzwiſchen auch außer dem— 
ſelben viele Freunde erworben. Dieſe, wie auch 
andere Zeitichriften brachten eine Neihe von Ar: 
tifeln aus 9.'3 Feder. Im Ericheinen begriffen: 
Verſuch einer Geichichte der Rendsburger St. 











254 


Höllerl. Hoffmann. 
Marienkirche. Zum Jubelfeite des 600jährigen Gymnaſium feiner Vaterjtadt und wid: 
Beftehens diefer Kirche. mete fi) an der Univerfität zu Breslau in 
Höllerl, Adolf, Sohn eines fgl. bayer. | ben Jahren 1843— 47 dem Studium ber 
Bezirksgerichtsrates, wurde geboren zu | Haffiihen Philologie unter Schneider, Am⸗ 
Neuftadt in der Oberpfalz Bayerns am broſch und Haaſe. An legterem gewann 
17. Juni 1854 und beſuchte in Weiden | er bald einen wohlwollenden Ratgeber und 
die Lateinfhule, die Nealgymnafien Res väterlihen Freund, und den Vorlefungen 
geneburg, Münden und die Gymnafien | desjelben über lateiniſche Sprachwiſſen⸗ 
Amberg, München, Regensburg. Er hofpis ſchaft verdankte er die Anregung zu ſeinen 


tierte an der Univerfität in München und 
widmete fih ſpäter der Echriftitellerei. 
Er beteiligte fich an mehreren literarifchen Unter: 
nehmungen, welche jedod nicht profperierten, da 
ihm jomwohl, als auch feinem Kommilitonen die 
geichäftlihe Erfahrung fehlte. Dies veranlafite 
ihn, in eine Redaktion, und von da in den Buch— 
handel zu treten, um denſelben praftiich fennen 
zu lernen. Nachdem ihm letzterer nicht zugelagt 
hatte und er fich überzeugte, keine Geſchäftsader 
zu befigen, widmete er ſich wiederum jchriftitelle- 


riſchen Arbeiten und war zu Ddiefer Zeit Korre: | 


ſpondent und Mitarbeiter mehrerer politifcher 
Organe. Er fahte den Entihluß, fih von nun 
ab ausſchließlich der katholiſchen Sache zu widmen, 
und jo war er denn um diefe Zeit in cinigen 


fatholiichen Redaktionen thätig und fpäter ıwies | 


derum in einer katholiſchen Buchhandlung Mün: 
fterd. Außer unzähligen Zeitungsartifeln und 
Heferaten fchrieb cr mehrere Broſchüren. Er be: 
reifte Süddeutichland und einen großen Teil 


Norddeutichlands, ferner Holland und die Schweiz. | 


Nach Oſterreich verfchlagen, gründete er mit einem 
Erbteile, welches ihm zufiel, den „Wiener Hand: 
weiler für die katholiſche Welt“, der fich nad 
zwei Jahren in das z. 3. im fünften Jahrgange 
jtehende „Oſterr. literarifhe Zentralblatt“ um: 
wandelte, das cr in Gemeinfchaft befter Autoren 
berausgiebt und redigiert. 


Hörmann, Leopold, geboren am 26. 
DOftober 1857 in Urfahr, bejuchte die 
Volksſchule daſelbſt und dann eine Zeichen: 
ſchule in Linz, erlernte hierauf von 1870 
bis 1875 die Bildhauerei in Wien, ift 


jeitdem mit kurzen Unterbrechungen als ( 


Bildhauer in Linz thätig. 

Seine 1886 erfchienenen oberöſterreichiſchen Lie: 
der: „SchneefaderIn und Himmelihlüff’In“ hatten 
fih des lebhafteiten Beifall der Kritif zu er: 
freuen, ebenjo die „Neuen Lieder und Gedichte 
in oberöjt. Mundart”. 9. iſt Mitarbeiter vieler 
Zeitſchriften öſterreichs und Deutfchlands und 
reift auch als Recitator. 


Hoffmann, Emanuel, geboren zu 
Neiße, den 11. April 1825, befuchte das 


fpäteren Arbeiten auf dem Gebiete der 
lateiniihen Syntar. Nach einem halb: 
jährigen Aufenthalte in Berlin: kehrte er 
nad) Breslau zurüd und wurde hier 1848 
zum Dr. phil. promoviert. Im jelben 
Jahre trat er eine Reife nad) Jtalien und 
Frankreich an, und folgte dann 1850 eis 
nem Rufe als außerordentl. Profeſſor der 
klaſſiſchen Philologie an die Univerfität 
Graz. Seit 1856 wirft er als ordentl. 
Profeffor und Leiter des philologiſchen 
Seminars an der Univerfität zu Wien, 
Seine wiſſenſchaftlichen Arbeiten bewegen ſich 
abgeichen von zahlreihen Beiträgen zur Kritik 
und Erflärung griechiſcher und römiſcher Schrift: 
fteller in Beitichriften, auf dem Gebiete der las 
teiniihen Grammatif, der römischen Antiquitäten, 
der Mythologie und ——⸗— 

Hauptwerke: Homeros und die Domeriden-Sage 
von Chios (1856), Caesaris commentarii cett. 
cum praefatione critica (1856—57, eine neue kri⸗ 
tiſche Auflage ift im Drud begriffen), Die Arval 
brüder (mit Zufägen vermehrter Abdrud aus 
'den Verhandlungen der XVII. Berfammlung 
deuticher Philologen 1858), Die Honftruftion 
der lateiniſchen Zeitpartiteln (1860, zweite ums 
gearbeitete Auflage 1873), Das Geſetz der XI 
Tafeln von den Forcten und Scnaten, nebit Ans 
bang: Über die Accensi Velati und das alt 
römifche Schuldrecht (1866), Der Agricola bes 
Tacitus (1870), Mythen aus der Wanderzeit der 
gräfositaliihen Stämme, I. Aronos und Zeus 
' (1876), Patriziſche und plebeiihe Kurien (1879), 
' Studien auf dem Gebiete der lateinifdhen Syntar 
(1883). 





Hoffmann, Hans, geb. 27. Juli 1848 
in Stettin, jtudierte 1866— 71 in Bonn, 
‚Berlin und Halle Philologie und Lite: 
raturgeſchichte, wurde an legtgen. Univer: 
ſität zum Doktor promoviert und widmete 
fich dem Lehrfache, zuerft als Hauslchrer, 
dann am Gymnaſium zu Danzig thätig. 
Er unterbrady dieſe Wirfjamkeit, um ſtu— 


Hoffmann. 


dienhalber eine längere Reife nach Italien 
zu machen, die er bis nad) Griechenland 
und der Türkei ausdehnte, und nad) deren 
Rückkehr er nah Berlin überfiedelte. Nach— 
dem er bier furze Zeit feine Lehrthätig- 
feit ausgeübt, ſchloß er ganz mit derjelben 
ab und widmete fi der Echriftitellerei. 
1885 übernahm er die redaktionelle Leis 
tung der „ Deutichen Jlluftrirten Zeitung“, 
die jedod bereits 1887 wieder einging, 


fanntermaßen eine vortrefflihe war. 

9. hat ſich als feinfinniger Novellift einen 
Namen in der Literatur gemacht. Seine Mar ab: 
gerundeten Schöpfungen atmen außergewöhns 
liches Kunftverftändnis, das den Autor zu den 
beiten Zutunftshoffnungen berechtigt. Hervorzu⸗ 
heben: Unter blauem Himmel, Der feige Waldes 
mar, Der Herenprediger, Brigitte von Wisby, 
Im Lande der Phäaken. 


Hoffmann, Dinna, geboren am 3. 
Novbr. 1840 als tie Tochter eines prote— 


Bayern. 
lichen Vater, fand aber in der reich be— 
— tief gebildeten Mutter eine kräftige 
füge und einen offenen Geift für alles 
Edle und Schöne. Von früh auf zur Er: 
zicherin bejtimmt, vollendete Minna ihre 
Etudien vom 15. Jahre an in einer fran- 
öfiichen Hochſchule für Mädchen am Gen: 
er Eee, welche Gegend ihr durch ſchöne 
Sreundichafts-Verhältnifie bis heute zur 
zweiten Heimat geworden ift. Nicht weniger 
für ihre innere und äußere Aus- 

ung war ein jehsjähriger Aufenthalt 
in einer feingebildeten Familie in Karls: 
ruhe, jowie ein 15jähriges Verweilen in 
Paris, wo fie fih nad) einem vollendeten 
Erziehungswerf, als Freundin in der Fa- 
milie fortlcbend, an einigen Werken der 
inneren Miffion beteiligte und neben grö- 
beren Reifen in Franfreih, Jtalien und 


255 








Hoffmann, Donner. 


„Berloren und erbeutet” (1873). Nach mehreren 
fleinen und größeren Überfegungen aus dem Franz: 
fiichen ins Deutfche, machte ſich M. H. an die Über: 
fegung eines größeren theologiſchen Werkes von 
dem franzöf. Philoſophen E. de Preſſenſé, das 
1884 unter dem Titel: „Der Erlöjer“ heraus» 
fam und beifällig aufgenommen wurde. 


Hoffmann- Donner, Heinr., wurde 
am 13. Juni 1809 in Frankfurt a. M. 
geboren, widmete ſich auf den Univerfi- 


‚täten Heidelberg, Halle und Paris dem 
trogdem H.s redaktionelle Führung aner: 


Studium der Medizin und wurde 1831 


Lehrer der Anatomie am Senkenbergiſchen 


Inftitut zu Frankfurt, 1851 dirigierender 
Arzt an der ftädt. Irrenanſtalt dajelbit und 


1881 zum geheimen Sanitätsrat ernannt. 
Literariſch hat H. fich befonders durch feine föftlichen 
Humoresten, vor allen Dingen durch feinen in 150 
Auflagen erfchienenen in Kart alle Spradhen über: 
fetten „Strummelpeter" befannt gemacht. Außer⸗ 
dem hervorzuheben: König Nukfnader, Im Him— 


ı mel auf Erden, Der Faulpelz, Prinz Grünewald, 
| Gedichte, Auf heiteren Pfaden, Humoriftiihe Stu— 
| dien, und auf medizinischen Gebiet: Beobachtungen 


ſtantiſchen Geiftlichen zu Negensburg in 
Sie verlor früh den vortreffe, 


über Seelenftörungen und Epilepfie. 
Hoffmann von Wangenheim, 


Pauline, wurde am 19. Juli 1856 zu 


Seyda in Sachſen geboren, wo ihr Vater 
mit feiner zahlreihen Familie als pen- 
fionirter Offizier lebte. Not, Sorge und 
Krankheit warfen ihre tiefen Schatten früh 


| auf ihren Lebensweg, aber auch glüdliche, 
| heitere Stunden gab ihr das Elternhaus. 


Ihrer poetiſch beanlagten Mutter ver: 
dankte fie die Gabe zum Dichten und Fa— 
bulieren. Zuerft erfchienen Gedichte und 


kleine Auffäge in verjchiedenen Zeitichrif- 
ten, jpäter ihre zart getönten Märchen: 
bilder, unter denen wir Schneeelfe und 
Eifhen hervorheben. 
9. v. W., mit dem Eijenbahn-Betriebs: 
ſekretär H. zu glüdlichfter Ehe verbunden, 


in Erfurt. 


Seit 1883 lebt P. 


Hoffmeifter, Herrmann Wilb. (Mil: 


der Schweiz aud) mehrere jchriftitellerifche | helm Meifter), wurde am 21. Oktober 


Arbeiten unternahm. 


1839 in Ofterwicd (Harz) geboren. Der 


Kleine Erftlingsverjuche blieben ungedrudt, als | Water, ein braver Tiſchler, befaß nicht die 


der Krieg 1870— 71 jedoch Elſaß, dem fie durch 
ihre freunde nahe verwandt blieb, von Frankreich 
lostrennte, entichloß fie ſich, ihre erite, dieſen 
Stoff behandelnde Novelle zu veröffentlichen: 


Mittel, um des jtreblamen Knaben jehn: 
lichſten Wunsch, zu ftudieren, erfüllen zu 
| fönnen, fondern ließ ihn fein eigenes Hand» 


Hofmann. 


256 


Hohenfurth. 


werk ergreifen. Nach Verlauf feiner Lehr: | bei dem Meyer'ſchen Konverſationslexikon 


zeit wurde es dem Jüngling jedoch er: 
mögliht, das Lehrerjeminar in Halber: 
ftadt zu befuchen. Nach Abjolvierung des: 
jelben wirkte er als Lehrer in feiner Vater: 
ftadt, in Quedlinburg und Berlin, wo er 
1871 als ſtädtiſcher Lehrer und rite pro= 
movierter Dr. philos. angejtellt wurde. 

Bon jeinen durch die Kritif günftig beurteilten 
Werken heben wir hervor: Deutſche Volksbilder; 
Die Hohenzollern; Der Glaube unſerer Bäter; 
Deutihlands Kulturgeihichte in ihren Grund: 
zügen; Luther und Bismard, Comenius und Beita- 
lozzi, Guſtav Adolf, Der eilerne Siegfried, Kaiſer 
Wilhelm der Siegreiche, und fieben Eramentate: 
Hismen für die Mittelichullehrer: und Rektorats— 
prü fung. 


Hofmann, Friedrih, wurde am 18. 
April 1813 zu Coburg geboren, — be: 
fuchte das Gymnafium daſelbſt und hegte 
die Abficht, fi) dem Studium zu widmen. 
Aber als er 17 Jahre alt war, verlor die 
Familie ihren Ernährer, und Friedrich H. 
mußte nun für ich jelbit forgen. Mit 


großer Mühe und unter vielen Entbeh— 
| Voltsdichter, als folder hat er ſich wie irgend ein 


rungen verdiente er das zu jeinem Unter: 
halt Nötige. Er gab Privatitunden, war 
Advokatenſchreiber und wirkte als „Prä— 


fett” des Sängerchores, das in den Stra— 
Deutſchlands Erniedrigung und 


Ben, in der Kirche und bei Begräbniſſen 
zu fingen hatte. Vor allem aber verjorgte 
er auch den Acceſſiſtendienſt im Juſtizamt, 
um dajelbjt eine Subalternitelle zu erhalten, 
die ihm nunmehr als die Endftufe feiner 
Laufbahn erichien. Glücklicherweiſe machte 
feine Dichternatur einen Strid) durch dieſe 
befcheidene Lebensrechnung. Es war näm: 
lich inzwiſchen die $ulirevolution von 1830 
mit ihren Fortjegungen in Deutichland und 
Polen ausgebrochen, und der allgemeine 
Freiheitsdrang war auch in den jungen 
Dichter gefahren und hatte fi in einer 
Reihevon Freiheitsliedern geäußert, welche 
ihm eine Kriminalunterfuhung zuzogen, 
deren Ergebnis der Ausſchluß vom Staats: 
dienſt war. Jetzt mußte er feine Pläne 
aufgeben, und da er einmal mit „Schrei: 
ben“ angefangen hatte, blieb er dabei. 
Zunächſt gelang es ihm, eine Beichäftigung 


zu erhalten. 1834 ficdelte H. nad) Jena 
über, wo er neben dem Studium eifrig 


literariich thätig war. 
Hier entitand fein erftes Bud, das Schaufpiel 


| „Die Schlacht bei Fockſan“ und bald darauf 


folgte fein „Rundgemälde von Coburg“. Dabei 
blieb er aber feinem eriten liter. Debüt, dem Lexi— 
fon, treu. In Hildburghaufen, wohin 9. 1841 
übergefiedelt war, erichienen einige feiner Gedichte 


| gefammelt, deren Ertrag armen Kindern eine Weib: 


nachtsbeiherung bringen jollte. Das gute Wert 
gelang und wurde weiter und weiter ausgedehnt 
und alljährlich erneut. Über 100 000 Kinder find 
glüdlich mit dem Gewinne diejes Unternehmens 
gemaht worden. Bierzehn Jahre arbeitete H. an 
dem großen Lexikon und er darf ftolz auf dieſe 
Leiftung fein, die, vereint mit feinen poetif 

Schöpfungen, ihm das philoſophiſche Doftordiplom 
von Jena einbrachte. 1855 ging H. nad Bene 
dig und Steiermark, aber ſchon im folgenden 
Jahre wurde er von der Meyerichen Firma nad 
Hildburghaufen zurüdberufen, um das „Univer 
jum“ zu redigieren. 1858 gab er diefe Thätig- 
feit auf, um nad) Leipzig überzufiedeln, wo er 
1861 jtändiger Mitarbeiter der „Gartenlaube” 
| wurde, welcher er fortan ausichließlich angehörte, 
bis er, 25 Jahre jpäter, als „Ehrenredafteur“ 
derfelben in den Ruheſtand trat. H. ift ein echter 





anderer bewährt, befonders die Herzen der Kinder 
ſchlagen ihm entgegen. Bon feinen Werfen heben 
wir noch hervor: Coburger Quädbrünle (500 
Schnadahüpfle), Die Veſte Coburg, Kinderfefte, 
Erhebung, Die 
Eſels jagd, Die beiden Brüder, Drei Kämpfer, 
| Dichterweihe, Dec Kinder Wundergarten, Geifter- 
ſpuk auf der Veſte Coburg, Die Harfe im Sturm, 
Ausgewählte Gedichte: Nah fünfundfünfzig 
Jahren. 


Dohenfurth, Fu, 1. F. Proſchko. 


Hohenhanjen-Rüdiger, Elifevon, 
wurde am 7. März 1812 in Ejchwege ges 
boren und erhielt eine jorgfältige Erzie— 
bung im elterlihen Hauſe. 1831 vers 
‚mählte fie fih mit dem Oberregierungs- 
‚rat Rüdiger, nad) deſſen, 1863 erfolgtem 
Tode fie fich ganz der Schriftitellerei hin— 
gab, angeregt und ermutigt durch viele, 








der Literatur angehörige Freunde, insbe: 
fondere auch durch den funftfinnigen und 
ihr wohlgeneigten Prinzen Georg von 
Preußen. 

Außer vielen in Zeitihriften veröffentlichten 
novelliitiichen Beiträgen hervorzuheden: Berühmte 


Hohenziel. nn 


Liebespaare (1870— 84), Berühmte Freundichaf: 
ten (1875), Der Roman des Lebens (2. Aufl. 
1884), Brevier der guten Gejellichaft en. 
Aus Gocthe’3 Herzenäleben (1885). 


Hohengziel, Erich, |. F. K. E. Fried: 


mann. 


Dohnhorft, Hedwig von, wurde am 
3. Juli 1836 zu Gandersheim, einem Land: 
fite ihres Vaters, geboren und verlebte 


den größten Teil ihrer Jugendzeit auf dem | 


alten Stammſchloß der Familie von Cam: 
pen, der feiten Ritterburg Schloß Hirfche 
berg am Harz. Der Vorliebe zum freien 
Umherſtreifen in Wald und Feld geiellte 
fih ein reges Intereſſe für fremde Län 
ber, ihre Völker und ihre Geſchichte und 
befonders für fremde Spraden, die fie 
mit Leichtigkeit fi) aneignete. Dem jtillen | 
und glüdlichen Familienleben jollte fie aber 
bald entriſſen werden: die Eltern nahmen 
fie mit in die Reſidenz, wo fie am Hof 
vorgeftellt wurde und ji bald mit dem 
bedeutend älteren Baron von Hohnhorſt 
vermählte. Ihr Gatte bekleidete eine ein- 
Hußreiche Stellung als General:Adjutant 


und Kammerherr am Hofe des regieren 


den Herzogs Wilhelm von Braunfchweig, 
dem er dreißig Jahre hindurch treu diente. 
Läftige Hofintriguen verleideten ihnen die 
Nefidenz, fie gingen zunächſt auf ihr Gut 
und unternahmen bald darauf größere 
Reifen ins Ausland. 1870 verlor 
Hedwig von 9. den Gatten im Dienite 
für das Vaterland. Die junge Witwe 
folgte nun der alten Vorliebe, die Länder 
und Völker der Erde fennen zu lernen. 
Sie lebte mehrere Jahre hindurch in Ita— 
lien, bewunderte die Kunſtſchätze der Haupt: 
ftädte und jchrieb interefiante Reiſeſkizzen 


für Journale. 
Den Stoff für ihr Hauptwerk „Reijebilder aus 
dem Libanon” holte fie ſich ſelbſt auf den Ber— 


gen der Cedern, zu denen ſie eine ebenſo gefahr⸗ 


volle, wie genuß: und ergebnisreiche Wanderung 
unternahm. hr Weg —* ſie auch zu dem 
heiligen Grabe, ſie durchſtreifte das ganze gelobte 
Land und legte ihre Eindrücke in ihrem „Tage— 
buche“ nieder. 


Das literariſche Deutſchland. 


* Hoolaur, Mash Sheopuul, 


57° — Hohnitein. 

Hohnitein, Otto, geb. zu Braun: 
Ihweig am 7. Juli 1842 als Sohn des 
ı Rats Hohnitein, befuchte das Gymnaſium 
‚feiner Vaterjtadt von 1852 —62. Nad) 
| abfolviertem Abiturienteneramen begab er 
ch nad) Göttingen, um dort Theologie 
und Geſchichte zu ftudieren. Nachdem er 
das theol.Eramenbeitanden und 11/s Jahre 
als Hauslehrer gewirkt, wurde er Lehrer an 
derhöheren Privatlehranftalt des Dr. Gün- 
ther zu Braunjchweig und im Jahre 1870 
als wiſſenſchaftlicher Lehrer an der ftädt. 
höheren Mädchenſchule daſelbſt angeftellt. 
Außer zahlreichen geſchichtlichen Abhand— 
lungen in den „Braunſchweigiſchen Anzei- 
gen”, dem „Braunfchweiger Tageblatte” 
und der „Dlagdeburger Zeitung“ erjchie- 
nen von ihm im Buchhandel: Die Harzburg, 
| Heinrich der Löwe und Kulturhiſtoriſche Bilder 
aus alter Zeit, Braunihweig am Ende des Mit: 
telalters, welche Werfe insgelamt jehr gün- 
ſtig aufgenommen wurden. 


Holland, Wilhelm Ludwig, geb. am 
11. Auguft 1822 in Stuttgart, jtudierte 
Philologie in Tübingen und Berlin und 
verweilte nachher längere Zeit in Paris. 
1847 habilitierte er ſich an der Univerfität 
Tübingen für germanijche und romaniſche 
Spraden und erhielt jpäter eine Pro: 
feſſur für dieſe Fächer in genannter Stadt, 
wo er nod) jegt lebt. 9. gilt als einer 
der hervorragenditen Kenner der älteren 
deutihen und romaniſchen Yiteratur. 

Bon feinen verdienten Werken heben wir ber: 
vor: Chreftien von Troies, Schauſpiele des Her⸗ 
zogs Heinrich Julius von Braunſchweig, Buch der 
Beiſpiele der alten Weiſen, Li romans don che- 
valier aulyon von Örestien von Troies (3. Aufl.), 
Briefe der Herzogin Elifabeth Charlotte von Or: 
leans, Schreiben des Hurfürften Karl Ludwig 
von der Pfalz und der Seinen, Goethes Fauſt 
(2. Aufl). Im Auftrage der Witwe Uhlands gab 
H. des Dichters Werke heraus, ferner mit Keller 
| und Pfeiffer Uhlands Schriften zur Geichichte der 
ı Dichtung und Sage. 


Dolleben, Heinvih 2. F. von, geb. 
1848 in Trier. 1863 als Kadett in Die 
damalige preuß. Dtarine eingetreten. Nach 
21 Jahren und verichiedenen Seereiien 
in allen Meeren als Korvetten-Hapitän 

17 








DER Av. 320 


258 — 


Holm. Holtz. 


ausgetreten. Seitdem Lehrer der Artillerie | liſchen Erperimenten zu beſchäftigen, was 
bei der Mearine-Afademie und Schule. zurFolge hatte, daß er nad) jeiner Schul- 


Erfte literarifche Thätigkeit in Fachwiſſenſchaf— 
ten: Artillerie-Tabellen (1878), Torpedos und 
Sceeminen (1878). Mitarbeiter der „Heeres-Zei⸗— 
tung”, „Roten, Militär-Encyflopädie“ u. dergl. 
Belletriftifche Werke, Humoresten und Erzählun: 


gen aus dem Seeleben: Sieben Jahre Seefadett | 


(1883), Deutiches Flottenfeben (1884), Drei 
Sunggejellen (1885). Zahlreiche Artitel verfaßt 
al3 Mitarbeiter der „Anternationalen Revue“, 
Hannover Mirizinsfi (1883—87), desgl. fach— 
wiſſenſchaftlich und belletriitiih in den Wafler: 
fport-Journalen „Ahoi” und „Waſſerſport“. 


Holm, Ernit 2. E., geb. am 15. Auguft 
1831 zu Karby in Schleswig-Holſtein, 
Sohn des Paſtors H. E. 9. daſelbſt, müt— 
terlicherfeits aus einer jehr alten Paſto— 
renfamilie ftammend, bezog im 12. Jahre 
das Gymnaſium in Schleswig, erlebte im 
Haufe des Oberjahwalters Karl Hande, 
eines der Vorfämpfer für Schleswig-Hol- 
fteins Befreiung vom Dänenjoche, die Ab: 
fafjung des Liedes „Schleswig-Holſtein 
meerumfchlungen“ durch den ebenfalls im 
Haufe mwohnenden Advofaten Matthäus 
Chemnig, bezog Djtern 1851 die Univer: 
fität Erlangen, ftudierte dann in Bonn 
und Kiel, eraminiert 1856 in $lensburg, 
trat, weil er von den dänifchen Kirchen: 
behörden nicht angejtellt wurde, in den 
oldenburgifhen Kirchendienſt, wurde 30. 
März 1862 Hilfsprediger in Renſefeld, 
Fürftentum Lübeck, fehrte bei der Befrei- 


ung Scleswig-Holfteins Februar 1864 
wieder in fein engeres Vaterland zurüd, 


wurde im Juni 1864 Paftor zu Rüllfchau 


bei Flensburg, im November 1869 Paſtor 


rbüll auf Alien. 
Außer zahlreichen, meift Igrijchen Beiträgen für 
Zeitfchriften verfahte H.: Gedichte (1863—81). 


Holt, Wilhelm, als Sohn eines Gute: 
befigers geb. 1836 zu Saatel bei Barth, 
wurde bis zu jeinem 12. Lebensjahre durd) 
Hauslehrer unterrichtet, worauf er in das 
Gymnafium zu Stralfund trat. Hier be- 
gann er ſchon früh, fich in feinen Muße— 
ftunden nad) Anleitung leicht faßlicher 
Lehrbücher mit chemiſchen und phyſika— 


zu 





‚zeit (1857) mit der Abſicht, Naturmwifjen: 
ſchaften zu jtudieren, die Univerfität be: 
zog. Er bejuchte der Reihe nad die Uni- 
‚verfitäten Berlin, Dijon und Edinburgh, 
wo er namentlich phyſikaliſche, chemiſche 
und mathematiihe Kollegien hörte, und 
‚ging hierauf 1861 nad) Berlin zurüd, um 
nad) Einrichtung eines ſelbſtändigen Er- 
perimentierzimmers phufifaliiche Unter: 
ſuchungen anzuitellen. Dies geihah, da 
jeine Verhältniſſe ihm ein freieres Leben 
geltatteten, mehr aus Liebe zur Sache 
ſelbſt, als in der Abficht zu promovieren 
und fo eine Anjtellung zu gewinnen, da 
die Univerjitätsfarriere, welche ihm allein 
zujagte, in jener Zeit noch wenig Chancen 
bot. 


Nach einigen geringeren Erfolgen gelang e3 ihm 
1865, die nach ihm benannte Da hi Fr zu 
erfinden, der ſpäter noch einige verwandte Appa- 
rate nachfolgten, mit deren Vervolltlommnung er 
bis 1869 beichäftigt war. Im felbigen Jahre 
hatte er die Freude, da die Umiverfität Halle 
‚ihn h. c. zum Doftor promovierte und die Göt« 
tinger Afademie der Wiffenichaften ihn zum forres 
ſpondierenden Mitgliede ernannte; aber zu gleicher 
| Zeit befiel ihn ein Nervenleiden, welches eine teil« 
weile Lähmung feiner Glieder nad) ſich zog und 
ſo bartnädig war, daß er Berlin verlaflen und 
auf Jahre feine Arbeiten unterbreden mußte. 
| Kaum wieder bergeftellt, traf ihn ein neues Miß— 
geihid; zwei feiner Brüder, Gutsbefiger, fals 
lierten, und hiermit ging fein Vermögen verloren. 
Da geihah es, daß ihm 1877 auf jein Geſuch 
die Aſſiſtentenſtelle am phyſikaliſchen Inftitute zu 
Greifswald übertragen wurde, wo er unter Leis 
tung des Herrn Profeſſor v. Feiligich nicht nur 
feine Kenntniſſe erweitern, ſondern aud Muße 
zu Ichriftitelleriicher Thätigkeit finden konnte. Auf 
die nächſten Jahre fällt denn aud die Mehrzahl 
feiner Veröffentlihungen, welche vorwiegend elek: 
triihe Unterfuchungen betreffen und in Poggen: 
dorffs Annalen und anderen phufilaliihen und 
naturwiſſenſchaftlichen Zeitichriften erfchienen find, 
Auch ein Buch: Über die Theorie, Anlage und 
Prüfung der Blikableiter (1878), und ein ande: 
res: Über die Zunahme der Bliggefahr und ihre 
| vermutlichen Urfachen (1880), vollendete er in 
\ diefer Zeit. Seit 1881 als Privatdozent an der 
| Univerfität Greifswald habilitiert, las er neben 
Phyſik im engeren Sinne mediziniihe Bhnfit, 
Aitrophufit, phufitaliiche Geographie und phyſika— 
liche Technologie, worauf 1884 jeine Ernen» 








Holkendorff. 


nung zum auferorbentl. Profeſſor erfolgte. 1883 
eitatteten ihm dann die Verhältniſſe, feine Braut, 
da Bülle, Tochter eines Zollverwalterd aus Hei: 

ligenhafen, zum Altare zu führen. 

Holtendorff, Franz von, wurde am 
14. Oftober 1829 in Bietmannsdorf (Uder: 
marf) geboren, jtudierte 1848—52 in 
Berlin, Heidelberg und Bonn die Nechte 
und wurde in Berlin von 1853—56 am 
Kammergericht beihäftigt. 1857 habili- 
tierte er fi in genannter Stadt und 
wurde 1861 außerord., 1873 ord. ‘Bro: 
feſſor an der Univerfität Berlin. Im ſel— 
ben Jahre folgte er einem Rufe nad) Mün— 
den, wo er noch jeßt lebt. 1861—74 


ber die „Allgemeine Strafrechtszeitung“, | 


eit 1866 (mit Virchow) die „Sammlung 
gemeinverftändlicher Vorträge“, jeit 1872 
die „Deutichen Zeit: und Streitfragen” und 
feit 1871 das „Jahrbuch für Gejeggebung, 
Verwaltung und Rechtspflege des deutichen 
Reiches“ heraus. Außerdem ift H.einer der 
Mitbegründer des deutichen Juriftentages, 
bes LZettevereins, des deutichen Proteftan- 
tenvereins 20. H. gilt als einer der aus⸗ 
gezeichnetiten Juriften der Gegenwart; li- 
terariich heben wir (außer der oben er: 
wähnten weitverzweigten derartigen Thä- 
tigfeit) bejonders hervor: 

— Rechtszuſtände, Das iriſche Gefängnis: 
ſ Die Kürzungsfähigkeit der Freiheitsſtrafe, 
Die Prinzipien Bolitit (2. Aufl.), Das Ver: 
brechen des Mordes und die Todesftrafe, Hand- 
buch des deutschen Strafrechts, Die Brüderfchaft 
des Rauhen Haufes (4.Aufl.), Encyflopädie der 
Rechtswiſſenſchaft (4. Aufl.), Das Aſylrecht und 
die Auslieferung der Verbrecher, Die Ideen des 
ewigen Völferfriedens, Zeitglofien des gefunden 
Menichenverftandes, Handbuch de3 Völkerrechts, 
Rumäniens Uferrehte an der Donau. 


Homrighauſen, Karl (K. v. Berge), 
geboren am 19. September 1858 in Ber: 
leburg, bejuchte das Seminar in Hilchen- 
bahund wurde 1878 als Lehrer in Kierjpe 
angejtellt, nahm jedoch bald jeinen Abichied 
und lebt jet als Kaufmann dafelbit. 

Außer (meift Iyriichen) Beiträgen in Zeit» 
fhriften hervorzuheben: Kleine Lieder (1880), 


Honegger, Johann Jakob, ift am 


259 


Honegger. 


dörfchen des fchweizerifchen Kantons Für 
rich als Eohn eines unbemittelten Klein: 
bauern geboren. Früh für den Beruf 
‚des Volfsichullehrers beitimmt, wurde er 
ſehr forgfältig und weit über feinen Stand 
erzogen, jtarfen Teils im Pfarrhaufe, 
So lernte er ganz jung mehrere Sprachen 
und Literaturen in ausgedehntem Maße 
fennen, und das hat über feine eigentliche 
Lebensbeitimmung entichieden. Nachdem 
‚er die Mittelfchule paffiert, fam er ins 
Lehrerfeminar zu Küßnacht am Zürichfee, 
machte nad 4 Jahren das Eramen als 
Sekundarlehrer und trat in den praktiſchen 
Dienit, mußte aber des damals vorherrs 
ſchenden Bedürfniſſes an Lehrkräften halber 
auf der unteren Stufe der Elementars 
Ihule beginnen; während feines 40jähri— 
gen Schuldienſtes hat er in feiner Praris 
alle Stufen von da bis zur oberjten durchs 
‚laufen. Nach wenigen Jahren diefer Bes 
ſchäftigung trat er aus und begann dann 
‚1849 jeine Studien von Neuem. Völlig 
mittellos und gezwungen, ben Lebensunters 
' haltnebenbeizu juchen, hat er unter bitteren 
Entbehrungen fieben weitere Jahre auf Ge⸗ 
ſchichtsſtudien (die Präparation inbegriffen) 
in Züri, zum Schluß in Baris verwendet, 
Bon da famer alsLehrer an daſſelbe Semis 
nar, andem er 10— 12 Jahrezuvor dieerfte 
höhere Bildung empfangen, nad) 4 Jahren 
an die Kantonsſchule zu St. Gallen, kehrte 
nad) wiederum 4 Jahren, mit den erften 
großen Entwürfen jchriftjtelleriicher Art 
beichäftigt, um auf Jahre hinaus nur 
ihnen zu leben, nad) Zürich zurüd. 1868 
und 1869 nahm er als Mitglied und 
Sekretär des zürcheriſchen Verfafjungss 
rechtes ſtark an der Politik feines engeren 
Vaterlandes teil, zog ſich aber nad) ger 
ſchloſſenem Kampfe definitiv von dieſem 
Felde zurüd. Hernach ward er als Do- 
zent an die Hochichule, zunächſt für die neu 
errichtete Abteilung der Lehramtsfchule 
berufen und dann zum Profeffor ernannt, 
Auch wirkt er jeit 20 Jahren in der en- 
geren Verwaltung des Konſum-Vereins 





13. Zuli 1825 zu Dürnten, einem Berg: | Zürich und hat ganz weſentlich dazu beis 


17* 


Honore. — 21607 — Hoplit. 


getragen, daß dieſes nach vielen Rich— 
tungen arbeitende Inſtitut annähernd zum 
erjten feiner Art auf demSontinent empor: 
jtieg. — Oftere Reifen und längere Auf 
enthalte in Deutſchland, Frankreich, Jtas 
lien und England dienten ihm zur ſcharfen 
Beobachtung der Länder und Völker. Als 
feine fpezifiiche Lebensarbeit find die lite 
ratursund kulturgefchichtlichen Werke feiner 
Feder zu betradten. 

Hauptwerke: Herbitblüten, V. Hugo, Lamar: 
tine und die franzöfiichen Lyrifer im 19. Jahr: 
hundert, Literatur und Kultur, Grunditein einer 
Kulturgefhichte der neueren Zeit, Geichichte der 
franzöfiichen Kultureinflüſſe, Katechismus der Kul⸗ 
turgeſchichte, Die poetiihe Nationalliteratur der 
Schweiz, Allgemeine Kulturgeſchichte, Ruſſiſche 
Siteratur und Kultur, Lieder und Bilder. 


Honoré, Mathias Wilhelm, wurde 
am 24. Mai 1836 zu Fredericia, einer 
Feftung, gelegen am Meere im füdlichen 
Fütland, geboren. Er gehörte der dors 
tigen einft franzöſiſch, jest deuticherefor- 
mierten Gemeinde an. Nachdem er das 
Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt befucht hatte, 
vollendete er feine Studien an ber Ko— 
penhagener Univerfität. Im Kriege von 
1864 gegen Preußen und ſterreich nahm 
er als dänischer Offizier Teil und erhielt 
wegen feines Verhaltens im Gefecht bei 
Düppel das Nitterfreuz des Dannebrog- 
ordens. Sept lebt er als Kaufmann und 
Fabrifant in Leipzig. 

Schon in Dänemark war 9. mit der Feder 
thätig, indem er vielfach Artikel für verichiedene 
Tageblätter ſchrieb. Nachdem er fi in Deutſch— 
land angefiedelt hatte, wurden viele feiner Gedichte 
und Erzählungen in Zeitichriften abgedrudt: Als 
jelbftändige Werte find erſchienen: Roſenlieder 
(1880); außerdem eine vorzüglich beſprochene 
Überfegung: Die Flucht des Hirfdes, nad) dem | 
Dänifchen des Ehriftian Winther (1883). 


Hopfen, Hans, wurde am 3. Januar 
1835 in Münden geboren, widmete fidh 
an der dortigen Univerfität dem Studium 
der Rechtswitjenichaft, nach deſſen Vollen: 
dung er dasStaatseramen ablegte. Statt | 
jedoch die juriftiiche Laufbahn weiter zu 
verfolgen, wandte er ſich aus Veran— 
laffung der jchnellen Erfolge, von denen 











feine erften literariihen Verſuche gekrönt 
wurden, der Schriftitellerei zu und fiedelte, 
nachdem er zuvor eine längere Studien: 
reife nach Italien und Frankreich unter: 
nommen hatte, 1864 nah Wien über. 
Seit 1866 lebt H. als einer der ange 
jehenften Schriftiteller in Berlin. Seine 
außerordentlihe Geftaltungsfraft, ſowie 
die feltene Feinheit in der Zeichnung feiner 
Charaktere erhob ihn zu den Meiftern 
des deutihen Romans und der Novelle, 
wie er auc als Lyrifer hervorragt. _ 

Hauptwerke: Gedichte, VPeregretta (Rom.), Ver» 
dorben zu Paris (Rom.), Arge Sitten (Rom.), 
Aichenbrödel in Böhmen (Schaufp.), In der 
Mark (Schaufp.), Der graue Freund (Rom.), 
Juſchu (Rom.), Verfehlte Liebe (Rom.), Bayrifche 
Dorfgefhichten, Der alte Praktitant (Nov.), 
Die Heirat des Herrn v. Waldenberg (Rom.), 
Die Gefhichten des Majors (Nov.), Meine Leute 
(Nov.), Mein Onkel Don Juan (Rom.), Die Einfame 
(Nov.), Brennende Liebe (Rom.), Das Allheil⸗ 


| mittel (Rom), Zum Guten (Rom.), Der lebte | 


Hieb (Nov.), Ein wunderlicher Heiliger (Rov.), | 
Der Genius und fein Erbe (Ron. Feitipiel 

zum 90. Geburtätag S. Maj. des Kaiſers, Ro» 
bert Leichtfuß (Rom.). 


Hoplit, i. Rich. Pohl. 


Hopp, Ernſt Otto, geboren am 19. Aus Ser 
guft 1841 in Abtshagen (Pommern), abjol- Aldo 
vierte das Gymnaſium in Stralfund und A324 
die Univerfitäten Breslau, Greifswald und 
Berlin und wanderte dann als Journalift 
nad Amerika aus. Dort führte er ein 
buntes, wechlelreiches Leben, bald als 
Lehrer, bald als Redakteur thätig. Nach 
falt zehnjähriger Abweſenheit kehrte 9. 
endlic in fein Vaterland zurüd, gründete 
die „Oftdeutihe Preife in Bromberg, 
deren Redaktion er bis 1880 leitete, da 
er diejenige von „Schorers Familienblatt‘ 
und des „Echo“ übernahm. Seit 1885 
lebt H. ausschließlich feinen literarischen 
Arbeiten, namentlich befannt geworden 
durch feine amerikanischen Skizzen und 
die gemütvollen Berliner Federzeihnungen. 

Hervorzuheben: Transatlantiihe Stimmen 
(1876), Transatlantifhes Skizzenbuch (1876), 
Unter dem Sternenbanner (1878), Geſchichte der 


Vereinigten Staaten von Amerifa (1882), In | 
der großen Stadt (1883). | 


Hoppe. 


261 


Horawitz. 


Doppe, Oscar, geboren zu Hufhaus ſche Zeitungen arbeitete, über die ſoziale 
bei Ilfeld 24. März 1838, abjolvierte | Frage jchrieb, auch eine Anzahl von liter 


die Schule 1858, war praftiich beichäftigt 
bei einem Ecloffer, darauf in der Ma- 
ihinenbauanftalt und Eijengießerei zu Il⸗ 
jenburg 1858—60, befuchte die technijche 
Hochſchule zu Hannover 1860—64, be: 
ftand das Staatseramen für den Eifen- 
bahn: Mafchinenbau 1864, war angeftellt 
als ingenieur zu Clausthal 1864—68, 
wurde dann berufen ala Dozent für Phyſik 
und Maſchinenfächer an die kgl. Bergafa- 
demie zu Clausthal 1868, in welcher 
Etellung er fich noch heute befindet. Von 
feinen jehr verdienten Publikationen heben 
wir hervor: 

5 mit Erläuterungen verfehene, die Zwillings⸗ 
waflerfäulenpumpen im Königin⸗Marien⸗Schacht 
bei Clausthal betreffende Tafeln, 2 neue goniome: 
triiche Formeln nebft Diagrammen, Beobachtun—⸗ 
gen der Wärme in der en einer Üo- 
locasia odora (1879), (Auf Grund Ddiefer Ab 
handlung zum Mitgliede der faif. Leop. Carol. 
deutich. Akad. der Naturforfcher erwählt), Bei— 
träge zur Geſchichte der Erfindungen, Die Berg: 
werte, Aufbereitungsanitalten und Hütten ac. des 
Ober» und Unterharzes, Sammlung Tafeln, ent: 
haltend Stammbäume der Aufbereitung zu Claus: 
tbal (2. Aufl.), Schulenberg (3. Aufl.), Zautenthal 
(3. Aufl.), Beobachtungen in einem 145 m unter 
der Erboberflähe eingerichteten magnet. Obſerva⸗ 
torium, Elektrotechnik, die techniſch-wiſſenſchaft⸗ 
lihe Abteilung des jährlich) erfcheinenden Berg» 
und Hüttensfalenders (bearbeitet feit 1882). 


Horamwit, Adalbert, wurde am 23. 
Sanuar 1840 als ein Sohn deuticher El: 
tern zu Lodi in der Lombardei geboren. 
Ter Bater, ein vielbejchäftigter Arzt, 
wurde 1844 als Spitaldireftor nad) Klo: 
fterneuburg berufen, wo der Knabe feine 
Vorbildung erhielt. Diejelbe wurde an 
Miener Gymnaſien vollendet, wonach er 
fih dem Studium der Philologie und 
Geihichte widmete. An der Univerfität 
übten vornehmlich Aſchbach, Franz Pfeiffer; 
Bonig, Vahlen, Lorenz von Etein bedeu- 
tenden Einfluß auf die geiftige Richtung 
H.'s aus. 1862 wurde er zum Doktor 
promoviert. 
Jahre als Journaliſt thätig, indem er 


im nationalen Einne für öfterr. und Deuts | 


rarifchen Skizzen verfaßte (über ©. Frey: 
tag, 9. v. Sybel, Th. Mommſen, W. 
Gieſebrecht 2c.). 1863 erhielt er durch 
Bonig’s Empfehlung eine Etelle als fuppl. 
Lehrer an der Oberrealichule zu Troppau, 
von 1864—69 wirkte er als Supplent 
am Obergymnafium in Wien⸗Joſephſtadt, 
an dem er einft jelbft jtudiert hatte. Ins 
zwiſchen wurde er auch Dozent der Geſchichte 
an der Wiener Univerfität. 1869 berief 
ihn die Akademie der bildenden. Künſte 
in Wien als Dozent für allgemeine Kul- 
turgeſchichte. Er las hauptſächlich alte 
Geſchichte und Geſchichte der Renaiffanceund 
hat dieſe Stellung in Verbindung mit der 
Lehre der helleniſchen und römiſchen Al— 
tertümer noch heute inne. 1870, als in 
Folge des deutſchen Krieges auch der 
oͤſterreichiſchen Herzen eine begreiflicherweiſe 
hohe Aufregung ſich bemächtigte, verfaßte 
H. die Flugſchrift „Deutſche Worte ei— 
nes Oſterreichers“, die Aufſehen und den 
Namen ihres Autors weiter bekannt machte. 
1872 unternahm H. ſchwer niedergedrückt 
durch den Tod ſeiner, ſtets bei ihm le— 
benden, ihm über alles geliebten Mutter 
eine Reife nad) Dresden, Leipzig 2c., bei 
welcher Gelegenheit er Freytag, Voigt, 
Hirzel, Zarnde, Edjtein u. A. kennen 
lernte. Dann ging er nad) Berlin, um 
Ranke, Droyfen, Dunder, Müllenhoff, 
Mommfen u. A. zu jehen und mit ihnen 
nun auch, nach früher bereits jtattgehabter 
Ichriftlicher auch in mündliche Verbindung 
zu treten. 1873 wurde 9. durch den 
Handelsminifter in Die Enqueten für Preis: 
und Lohnverhältnifje berufen und dalelbit 
zum Referenten für die hijtoriihe Kom: 
miffion gewählt. 1874 wurde er am 
Obergymnafium des IX. Bezirks in Wien 
angeftellt, an dem H. gleichfalls nod) jegt 
lehrt. 1881 wurde er von der fail. 
Akademie der Willenihaften in Wien 


Danach war er für einige zum forrefpondierenden Mitgliede ge: 


wählt. 
Außer einer Anzahl von Beiträgen in Fach— 


Horn. 


und anderen Zeitichriften heben wir von 9.’ 
Werfen hervor: Zur Geſchichte der bdeutichen 
Hiftor. im 19. Jahrhund. (1871), Beatus Rhe— 
nanus (1874), Kaſpar Brufhius (1874), Analekta 
iu Geſchichte des Humanismus (1878), Ric. 

- und bie nationale Idee (1880), Eras- 

inda (1883), Zur jozialen Frage (1884), Grie- 
hide Studien (1884), Jobs. Heigerlin (1884), 
Fürft Bismard (1886), Wilhelm Scherer (1887). 


Horn, Gotthard Albert, wurde am 
6. April 1833 zu Colbig bei Wolmir- 
jtedbt als Sohn des dortigen Kantors und 
Lehrers ©. 9. geboren. Er zeigte ſchon 
früh eine lebhafte Phantafie und poetiiche 
Anlagen. Leider hielt fein Körper mit 
jeinem regen Geift nicht gleichen Schritt, 
fo dat er den Schulbefud) vielfach unter: 
brehen mußte. Er empfing feinen Un: 
terricht an der Elementarjchule feines Hei- 
matsdorfes, danach an der lateinischen 
SHauptihule zu Halle und endlih am 
Magdeburger Tomgymnafium. Aus dem 
angeführten Grunde fonnte aud) fein ſehn⸗ 
lichſter Wunſch, Theologie zu ftudieren, 
fi nicht erfüllen. Er wandte fich nun: 
mehr dem Lehrfach am Seminar für 
Stadtichulen in Berlin zu, aber der ruhige 
Fortgang auf diefem Lebenswege blieb ihm 
verlagt. Familienverhältniffe hielten ihn 
noch 2 Jahre, weldhe er ala Gerichtsbes 
amter thätig war, von feinem Ziel zu- 
rüd. In feinen Freiftunden bereitete er 
fih für die Lehrerprüfung vor, die er 
1863 in Köpenick beftand, wonach er als 
Lehrer an einer Elementar-Knabenſchule 
in Brandenburg angejtellt wurde. 

Literarifch beteiligt H. ſich ala Mitarbeiter an 
verfchiebenen pädagogiihen u. a. Beitichriften, 
er veröffentlichte hauptfächlich Gedichte, die 1883, 


unter dem Titel „Herbftblumen”, gefammelt er: 
ſchienen. 


Horft, C., |. v. Cramm-Burgdorf. 

Sorit, 3., |. Joh. Hostaſch. 

Hofäns, Friedr. Wilh., wurde am 
7. Septbr. 1827 zu Deſſau im Herzogt. 
Anhalt geboren. Als Sohn eines Mu- 
fifers wurde er früh zur Beichäftigung 


mit der Muſik angehalten und erhielt Ichon 
als Knabe neben Klavier- und Orgel: 


262 





Hofäus, 


Unterricht auch Unterricht in der Theorie. 
Dennoch zog ihn von Kindheit an eine 
tiefere Neigung zur Wiſſenſchaft, ſpeziell 
zur Theologie. 1846 bezog er die Unis 
verfität Halle, 1847 wandte er ſich nad 
Leipzig und 1849 abfolvierte er die theo- 
logiihe Staatsprüfung in feiner Vater- 
jtadt. Ein weiterer Aufenthalt in Er» 
langen, der ihn mit den dortigen Theol, 
und Philoſ. befannt machte, führte ihn 
nach Neuendettelsau, wo er infreundichaftl. 
Verkehr mit Pf. Löhe trat. 1850 über- 
nahm er eine Hilfspredigerjtelle an der 


‚von der Landeskirche getrennten ev.-luth. 


Gemeinde in Breslau, legte dieſelbe je 
doch aus Gefundheitsrüdfichten ſchon 1852 
wieder nieder. 1853 wurde er vom Erb» 
landmarſchall Grafen Friedr. Hahn auf 
Bafedow nad) Mecklenburg berufen und 
damit begann für ihn die Wanderzeit. 
Bon den zehn Jahren, welche er ber Leis 
tung der erwachſenen Söhne des Gen. 
widmete, verlebte er nur einen befcheide- 
nen Bruchteil in Deutichland; wiederholte 
Reifen nad) Frankreich und der Schweiz, 
wie längere Aufenthalte in Italien, Spa- 
nien, Belgien und Holland, England, Jr- 
land, Schottland füllten meilt dieſe Zeit 
aus, Mit beionderer Aufmerkſamkeit ſtu⸗ 
dierte er nun Länder und Sitten, Sprachen 
und Literaturen, bildende Kunftund Boefie, 
Archäologie und Geſchichte. In Nom ges 
noß er den bildenden Umgang mit Cor- 
nelius, Overbed, Preller, Heine. Brunn 
u. ſ. w. In Paris beſuchte er die Vor- 
leſungen der Sorbonne und ſtudierte viel 
in Muſeen und Bibliotheken. In Lon⸗ 
don zog ihn neben dem Britiſh⸗Muſeum 
und der National-Galerie befonders das 
Prinzeß-Theater an, wo damals die Shake⸗ 
Ipeare-Revivals unter Leitung von Char: 
les Kean und feiner hochbegabten Gattin 
aufgeführt wurden. Während eines vor- 
übergehenden Aufenthaltes in Medlenburg 
promovierte H. in Noitod 1859. 1863 
wurde er als Gumnafial-Oberlehrer am 
Gymnaſium zu Deſſau angeftellt und 1866 
folgte er einer Berufung als Erzieher 


263 


Hostaſch. Hübner. 

ber beiden älteſten Söhne des damalig. Hervorzuheben: Die Pechvögel, Pfingſten in 
Erbprinzen (jegt regierenden Herzogs) | Wien, Dämon Schwiegermutter, Inkognito. 
Friedrich von Anhalt. Als die Erziehung) Hübuer, Emil, wurde am 7. Zuli 
der beiden jungen Prinzen 1871 als voll» 1834 in Düffeldorf geboren und in Dres» 
endet angejehen wurde, blieb H. gleich: | den vorgebildet. Nachdem er danad) die 
wohl in feiner Hofitellung als Leiter der | Univerfitäten Berlin und Bonn abjolviert, 
herzogl. Bibliothek und zugleich als Lehrer | unternahm er mehrere Studienreifen nad) 
der jüngern Prinzen und Brinzeifinnen Frankreich, Italien, Spanien und Portu⸗ 
des herzogl. Haufes. 1375 gründete er |gal, England und Schottland, letere vier 
mit einigen Freunden den Verein für Anz im Auftrage der Atademie der Wiflen: 


halt. Geihichte und Altertumskunde, dem 
er noch vorfteht; auch hat er jahrelang 
den Anhalt. Kunitverein geleitet. 1869 


erhielt er den Titel eines herzogl. Hof: | 
rats, 1887 wurde er zum geheimen Hof: 


rat ernannt. 
Bon H.'s dichteriſchen Veröffentlihungen heben 


haften in Berlin. 1859 habilitierte er 
ſich an der dortigen Univerfität und wurde 
1863 zum außerord., 1870 zum ordentl. 
Profeſſor der klaſſiſchen Philologie er: 
nannt. 


Bon H.'s, um die ei 


fehr vers 
dienten Werfen find hervorzuheben: 


nscriptio- 


wir hervor: Span. Volkslieder und Volfsreime ıc. | nes Hispaniae Latinae, Inscriptiones Hispa- 
(1862), Amazone (Trfp. 1863), Prinz Louis er: | niae Christianae, Inscriptiones Britanniae 
dinand (vaterl. Trip. 1865), Nofalinde (ep.-Iyr,  Latinae, Exempla seripturae Latinae epi- 


Dihtung 1866), Kriemhild (Trip. 1867), Don 
Sylvios Brautfahrt (Faſtnachtsſp. 1870), Yo: 


banna v. Kajtilien (Trip. 1871), Abjalom (Trip. | 


1871), Vier Gedihtfammlungen (Geiftl. Dichtun— 
gen 1835, Askania 1885, Arendjec'er Lieder 1886, 
Balladen und Elegien 1886). Geſchichtl. Arbeiten: 
Ahasverus von Lehndorff (2. Aufl. 1867), Die 
Altertümer Anhalts (1879), 5. W. Ruſt (1852) 
u.f. w. Zur liter. Gedichte: Die mittelalterl. 
deutſchen Handichriften der Fürft:Georgs:Bibliothef 
zu Deflau, Euphroſyne (1871), Geiftl. Dichtungen 
des Fürften Magnus zu Anhalt, Zur Geich. der 
Defiauer Gelehrten-Buchhandlung, Briefe Gellerts 
an die Fürftin Joh. Elifabeth von And.-Zerbit, 
Briefe Klopſtocks an Herzog Franz von Anhalt: 
Deſſau. E. W. Behriih (1883), Dichter und 
Dichterinnen a. d. Haufe der Askanier, Elifabeth 
v. d. Rede in Deſſau und Wörlig, Großherz. 
Karl Auguft und Goethe in Wörlig 20. Zur 
bildenden Kunſt: Wörlig, ein Handbud für die 
Beſucher des Wörliter Gartens und der Wör— 
liger Kunftfammlungen (2, Aufl. 1883), die Wörs 
liger Antiken (1873), Die Gemäldegalerie des 
Stiftäfchlofjes zu Mofigbau (1874), Herzog Franz 
und 3. 3. Windelein (1878) ꝛc. und in Zeit 


ostajch, Joſ. (Julius Horit), geb. 
12. November 1864 zu Innsbrud in 
Tirol, widmete fih nad abfolviertem 
Gymnaſium zu Krakau dem Beamten: 
itande. Derzeit in Wien jchriftitelleriich 
thätig im dramatiſchen Fade. Verfaſſer 
mehrerer mit Beifall aufgenommenen 
Pollen und Schwänte. 


'eraphicae, Grundriß der Vorleſungen üb-r die 
römiſche Literaturgefhichte (4. Aufl.). 

Hüffer, Hermann, wurde geboren zu 
 Münfter in Weftf. am 24. März; 1830. 
Er ift der Sohn des durch feine Bezie— 
hungen zu dem Minifter von Stein be- 
'fannten Oberbürgermeifters von Münſter 
Johann Hermann H. Schon im Knaben 
alter zeigte er eine entichiedene Neigung 
‚für Geſchichte und Literatur. Seine 
Schulbildung erhielt er auf dem Gym: 
nafium in Münfter 1841—48 und be= 
ſchäftigte fich dann auf den Univerfitäten 
Bonn 1848-50 und Berlin 1850—51 
mit geſchichtlichen und juriftiihen Studien. 
Eine längere Neife führte ihn im Jahre 
1851 dur) Frankreich nad) Italien, und 
ein fiebenmonatlicher Aufenthalt in Rom 
übte auf feine ganze fpätere Entwidelung 
enticheidenden Einfluß. 1853 promovierte 
er zu Breslau in der juriftichen Fakultät 
und habilitierte ſich nach einem längeren 
Aufenthalt in Paris 1855 in Bonn, 
wurde 1860 außerordentlidher, 1873 or: 
dentlicher Profeſſor, 1881 Präſident des 
hiſtoriſchen Vereins für den Niederrhein, 
1884 Geheimer Juftizrat. Seine Vor: 
lefungen behandeln Staatsreht, Kirchen⸗ 
‚recht und Völferreht. Bon 1865—66 





Hügel. — 264 — Hülfen. 


gehörte er dem preußischen Abgeordneten: | das dortige Gymnaſium und widmete ſich 
baufe, von 1868— 70 dem Norddeutichen der Schriftftellerei. Sein Hauptgebiet 
Neihstag an, darunter ein Jahr als iſt die Humoresfe, als deren Vertreter 
Sefretär und alle drei Jahre als Mit- H. ein beliebter Mitarbeiter der re 
glied der freien parlamentarifhen Ber: | genden Blätter“ und vieler anderer 
einigung, welche ihm die Freiheit ließ, | blätter ift. 


feinen eigenen Anfıichten unabhängig von ülfen, Helene von (Helene), aeb 
dem Zwange der Parteien Ausdrud zu PR — — 3 nass 
geben. Außerdem wurde fein Aufenthalt | ]go9g auf dem Stammgute ihrer Familie 
in Bonn durch zahlreiche Reifen unters Ziantkenfelde bei Berlin geboren, empfing 
broden, die er zu wiſſenſchaftlichen nn Haufe der Eltern eine forgfame Er- 
Zweden an bie Archive von Preußen, | iopung, die befondere Rüdficht auf die 
Oeſterreich, Frankreich, England, Italien \chönen Talente der jungen Gräfin nahm 
u — unternahm. und in Berlin durch den Unterricht eines 
Schriften ſind zum Teil juriſtiſcher Art, Klaviervirtuofen zum Abfchluß gebracht 
3. B. verſchiedene Schriften aus dem rheinifchen | Klaviervirtuo zu g 
Kirchenrecht, ferner die Beiträge zur Geſchichte wurde. Dort, am Berliner Hof, deſſen 
der Quellen des kanoniſchen und des römiſchen Zierde die junge, mit allen äußerlichen 


Rechts im Mittelalter (1862), in denen er u. A. } 2. 

eine von ihm in Paris entdedte Duelle des und ren — 
Gratianiſchen Detrets und ihren wahrſcheinlichen | War, lernte fie den Gardelieutnant Botho 
Urheber Algerus von Lüttich behandelte; ferner | von Hülfen, den nadmaligen General 
die Forfchungen auf dem Gebiete des franzöftichen | Intendanten der königlichen Echaufpiele, 
und rheinischen Kirchenrechts (1863). Schon feit fennen, mit dem fie ſich 1849 vermählte 


1855 beteiligt . an der von Rante, Ber 
u. A. — ——— Sammlung der — und bis zu ſeinem Tode (1886) in 


ſchreiber der deutſchen Vorzeit und ſeit 1864 glücklichſter Ehe lebte, angeregt durch den 
wandte er ſich mehr und mehr hiſtoriſchpolitiſchen Verkehr in ihrem Haufe, das allen Trö- 
Forfhungen über das Zeitalter der franzöſiſchen gern der Literatur und Kunſt allezeit 
Revolution zu. Frucht derfelben ift vornehmlich fen ftand 
dad Werk: Diplomatifhe Verhandlungen aus | Orren land. PER = 

der Zeit der frangöfiichen Revolution (1868 bis | Von ihren, durch Publi gi Preſſe 

1879, 3. 3b.), der 4. und 5. Band follen, bis freundlich aufgenommenen genen —* 
um Frieden von Luneville reichend, den Abfcptuß Schöpfungen heben wir hervor: Aus Herz 

iefes —— —— —— * — * — Faser u 

beiten dienten dem umfallenden Werke als Er— ‚ n ‚ Ohne Flitter, 
gängung, ſo — Die — Br —* und Wahrheit, Elimar, Remeſis. 
ranzöfiicher Herrfhaft (1863), Rheiniſch- weſtfä⸗ 
liche Zuftände zur Zeit der franzöſiſchen Revolus Huemer, Johann, wurde am 18. 
tion (1873), Die neapolitaniſche Republif des April 1849 zu Raab in Ob d 
Jahres 1799 (1884). Neben den Biftorifchen | geboren, gebildet auf dem Gymnafium in 
bat 9. in den letzten 10 Jahren zahlreiche Fite- Linz, ftudierte an der Univerfität Wien 


rarbiftorifche Arbeiten geliefert, von denen mir : 
befonders hervorheben: Mitteilungen über Hein: 1869— 1873; 1874 Lehrer am Real- 


ri Heine (1878), Marianne Willemer (1878). | und Obergymnafium in Brünn; jeit 1875 
Am eingehendften Pe fih 9. in den Profeſſor am Staatsgymnafium im IX 
legten Jahren mit den Werten feiner Lands: Bezirk Wiens — 
männin Annette von Droſte, über deren Lebens» Cr beichä > fih beſonders mit £.2 fpät 
gang er und ein hervorragendes Werk lieferte teinifehen chriftlichen Dichtern De Sedulii poeti 
(1887). Diefem folgte ein Lebensbild Alfr. v. vita ct scriptis Tnaug. diss. (1878), TR vet 
Reumont (+ 1887). * Schriften iſt das Ber Stoffenwert Se Dichter Sedulius (1880), ' 
ftreben eigen, mit wiflenjchaftlicer Genauigfeit grofie teitifche Ausgabe diefed Dichters 2 
eine künſtleriſche Form zu verbinden, im Corpus patr. eccles. ald ®, 10. $ u dem 
Hügel, Wilhelm, wurde im Jahre a Re bei den rifff lat 
1848 zu Mannheim geboren, abjolvierte | Hymnendictern (1876), ber 











Hueppe. er 
ältejten lat.hriftl. Rhythmen (1879), Die Aus: 
gabe Cruindineli sive Fulchari ars metrica 
(1883). Aus dem Gebiete der Grammatik ſtammt 
die Epitomae des ®rammatifers Virgilius Maro 
(1882). Er beichäftigte fich viel mit der Ge— 
ſchichte der mittellateinifihen Dichtung. Hierher ge- 
bört die Auägabe des Hugo Ambianensis, der Ar- 
nulfi delicie eleri und des Synodius deö Werne- 
rius Basiliensis, mittellateinifhe Analeften u. X. 
Er ift Mitarbeiter vieler Zeitihriften. In das 
Gebiet der Schulbücdherliteratur gehört Horatii 
Fl. carmina selecta für den Schulgebraud (2. 
Aufl. 1886). 


Dueppe, Ferdinand. Ich bin am 
24. Auguft 1852 in Hebdesdorf in der 
Rheinprovinz geboren und befuchte bie 
Gymnafien Neuwied, Koblenz und Weil: 
burg, welches legtere ich Oſtern 1872 
mit dem Neifezeugnis verlief. Da ich 
ſehr ſtark aufgeichoffen war und meine 
Gejundheit deshalb nicht immer fehr feit 
war, mußte ich mich viel im Freien mit 
Körperübungen befallen und machte mit 
einigen Naturforichern viele Ausflüge, 
durch welche in mir ein nachhaltiges In— 
tereffe arı den Naturwiſſenſchaften erwedt 
wurde. Aus äußeren Gründen mählte 
ih als Fachſtudium die Medizin, welche 
ih in Berlin als Zögling des Friedrich 
Wilhelms-nftituts ftudierte. 1876 pro= 
movierte ih, 1877 abiolvierte ich Die 
Staatsprüfung. Bon diefem Jahre ab 
war ic aktiver Militärarzt, wurde jedoch) 
als ſolcher bereits 1879 für mehrere 
Jahre als Hilfsarbeiter an das kaiſerl. 
Gefundheitsamt fommandiert. In diejer 
Stellung konnte id dann endlich mid 
dem Zweige der Medizin widmen, welcher 
dur jeine umfaſſende Berüdfichtigung 
der Naturwiſſenſchaften mir befonders zu: 
jagte, der Hygiene. Da unfere Hochſchulen 
diefen Zweig, ohne den ein wifjenichaftliches 
Studium der Medizin auf die Dauer un: 
möglich ift, aber recht ftiefmütterlich bes 
bandelten, nahm ich, um endlich ganz 

g zu fein, 1884 eine Stelle als 

Dozent der Hygiene und Leiter des hy: 

eniichebafteriologiich. Laboratoriums am 
then Inſtitut in Wiesbaden an. 

Meine literariſchen Arbeiten befchäftigen fich 


265 


Hugelmann. 


| zum größten Teil mit dem biologiihen Grenz» 
| gebiete der Hygiene und haben in eriter Linie die 
Abfiht verfolgt, das wichtige Gebiet der allges 
meinen Perfegungsvorgänge und der Gärungss 
phyſiologie zu fördern. Hieran fnüpften fich aber 
weitere Forſchungen über die naturwiſſenſchaft⸗ 
lihen Seiten der Infektionäfrantheiten. Außer: 
dem war ich bemüht, mich durch Arbeiten in 
mehreren Turnfchriften an den ebenio danfbaren 
als intereffanten fragen der förperlihen Erzies 
bung und der Reform unſeres Turnweſens zu 
beteiligen. Bon den vorzüglich beurteilten Werfen 
H.'s heben wir (Redatt.) hervor: Die Formen der 
Bakterien und ihre Beziehungen zu den Gattungen 
und Arten, Die Methoden der Bakterienforfchung, 
Die bygienifche Beurteilung des Trinfwafiers vom 
biologiäpen Standpunfte. Außerdem viele wif- 
ſenſchaftliche Abhandlungen in Fachjournalen, 
endlih eine Feſtrede: Über Beziehungen der 
Fäulnis zu den Infektionskrankheiten. 


Hugelmann, Karl, wurde als Sohn 
des k. k. Regimentsarztes Dr. Heinrid) 
9. am 6. Oftober 1844 zu Ketskemet 
in Ungarn geboren und verlebte jeine 
Kindheit in den wechlelnden Beitimmungs- 
orten feiner elterlihen Familie (Kets— 
femet, Mor, Wien, Graz 2). Nach 
dem Tode feines Vaters beſuchte er das 
Gymnaſium in Görz, bezog 1862 bie 
Univerfität Graz, um fi dem Studium 
der Rechts: und Staatswiſſenſchaften zu 
widmen, und wurde dajelbit 1869 zum 
Doktor der Rechte promoviert. 1870 
habilitierte er fich als Privatdozent für 
Statiftif und Staatsfunde an der juris 
diihen Fakultät der Grazer Univerfität 
und fungirte als foldyer bis 1873, näme 
lid bis zu feinem Eintritte als Beamter 
in die Direktion für adminijtrative Sta— 
tiftit in Wien. 1886 erfolgte feine Er— 
nennung zum Präſidial-Sekretär des 
Neichsgerichtes in Wien, welche Stellung 
er gegenwärtig befleidet. In die juris 
diſche Staatsprüfungskommiſſion ward 9. 
Ihon in Graz berufen, und zwar 1871 
in die ſtaatswiſſenſchaftliche, 1872 in die 
rechtshiftoriihe Abteilung; in Wien ift 
er feit 1874 Mitglied der ſtaatswiſſen— 
ſchaftlichen Staatsprüfungstommiifion. 

Seine fchriftftelleriihe Thätigkeit begann 9. 
in Beitungen und Zeitichriften mit Auflägen vor» 
wiegend ftaatäwijienichaftlicher Natur. Daneben 





1 


| 





Hummel. 


war er auch auf dem Gebiete der Bibliographie und 


266 


ſuchte. 


Bibliothekswiſſenſchaft, ſowie auf dem Felde litera⸗ 


turgeſchichtlicher Forſchung thätig. Außer den Ar— 


beiten in der öſterreichiſchen Zeitſchrift für Ber: 


waltung find nachbezeichnete, ſelbſtändige ver: | 


diente Schriften hervorzuheben: Studie zum öſter— 
reihiihen Vereins- und 
(1879), Das Recht der Nationalitäten in Diter: 
reich und das Staatögrundgefeg über die allge 
meinen Rechte der Staatsbürger (1880), Stu: 
dien zum öjterreichiich. Verfaffungsrechte, 1. (1886), 
Die Zentralilation der Amtsbibliothefen in Wien 
(1887). 

Hummel, Augquft, geboren 4. Auguft 
1839 zu Halle a./S., wirkte, nachdem er 
ih auf dem Seminar zu Eisleben zum 
Lehrer ausgebildet hatte, von 1863— 75 
an den Schulen jeiner Vaterjtadt und 
wurde im leßteren Jahre als Lehrer an 
das Seminar zu Deligich berufen, wo er 
noch jest thätig iſt. Seine Wirkſamkeit als 
Jugendichriftiteller eritredte fich außer auf Beis 
träge zu Jugendzeitichriften hauptſächlich auf Be: 
arbeitung ausländ. Romane, um deren weltfund» 


Verfammlungsredhte | 





— Huſchat. 

Dem Vater, einem raſtlos thäti— 
gen, vielbeſchäftigten Kunſtmaler, verdankte 
ſie Talent und warmes Intereſſe für die 
Kunſt, der Mutter, einer frohſinnigen, franz. 
Schweizerin, die Liebe zur Poeſie und 
den offenen Blick für die Wunder und 
die Reize der Natur. Dieſer Letzteren 
hatte ſie außerdem auch noch den ganzen 
im Elternhauſe genoſſenen Schulunterricht 
zu danken. Nach dem 1871 erfolgten 
Tode des Vaters griff ſie zur Feder und 


ſchrieb ihre erſten Novellen, denen bald 


Märden, Skizzen und Gedichte in bunter 
Reihe folgten. In der bejeligenden Hoff: 
nung auf frühen Erfolg zum Wohl und 
Nugen der Ihrigen hatte fie die jchöne 
Heimat verlafjen; jchwer enttäuscht jedoch 
fehrte fie nad faft dreijähriger Abweſen— 
heit zurüd. Der nad langen, ſchmerz— 
vollen Leiden erfolgte Tod der heißgelieb- 


‚ten Mutter war der ſchwerſte Schlag für 


lihen Inhalt der deutichen Jugend in lebens: | Mi 
‚Schaffen für längere Zeit. Seit kurzem 


vollen Bildern näher zu bringen: Entdedung von 
Amerifa nah Campe (2. Aufl. 1880), Wald» 
läufer nach Ferry (3. Aufl. 1879), Lederſtrumpf— 
Erzählungen nad Cooper (4. Aufl. 1886), Si: 
—— Rüſtig nach Marryat (2. Aufl. 1881). 
In populärwiſſenſchaftl. Schriften find von ihm 
verfaßt: Das Leben der Erde (1870), und (im 
Verein mit Dr. Otto le) Phyſikaliſche und che: 
mifche Unterhaltungen (1870). Strengeren wifien: 
Ichaftl. Charakter trägt jein Handbuch der Erd: 
funde (1876). Endlih wurden amtliche Anre— 
gungen die Veranlaſſung zu einer Reihe von 
weit verbreiteten Schulbühern. Es erichienen: 
Kleine vaterländiihe Geſchichte (27. —29. Aufl. 


1887), Kleine Erdfunde (24.—26. Aufl. 1887), | 
Grundriß der Erdkunde (2. Aufl. 1882), Hilfs: | 


buch zum Unterricht in der Erdfunde (1885), 
Schul⸗Atlas (1887), Kleine Naturkunde (4. Aufl. 
1887), Leitfaden der Naturgefhichte (14. Aufl. 
1887), Grundriß der Naturgeihichte (2. Aufl. 
1886), Anfangsgründe der Naturlehre (1881), 





Leitfaden der Naturlehre (1837), Erperimentier: 


tunde (1887). 
Hummel, Frida (Frida v. Kronoff), 


geb. den 19. Februar 1853 zu Cannitatt 


am Nedar, als das jüngjte Kind fein- 
gebildeter, tiefreligiöfer Eltern. In jartem 
Alter Schon erfüllte fie ein innerer Geſtal— 
tungsdrang, dem fie durch Schreiben von 
Märden und Lujftipielen zu genügen 





die junge Schriftjtellerin und lähmte ihr 


erit betrat fie wieder die literariihe Bahn. 
Sie iſt Mitarbeiterin einer Reihe von 
Zeitichriften. 1887 erjchien ihr erites 
jelbjtändiges, jehr günſtig beurteiltes Werk: 
Narziß (Nov. und Humor.). 

Huſchak, Joſef Andreas, wurde am 


'8.Juni1834inrumau(Böhmen)geboren. 


Seit 1861 lebt H. in Wien als fürftlich 
Schwarzenbergicher Beamter und in glüds 
lichſter Ehe mit feiner hochgebildeten, gleich— 
falls poetiſch angelegten Gattin. 

Bon H.'s, durd die Kritik außerordentlich güns 
ftig beiprochenen Werfen heben wir hervor: Dich): 
terfrühling (Ged. 1860), Aimbleameln (Ged. im 
jteier. Dialeft, 2. Aufl. 1863), Stadtparfniren 
(Aphorism. 1868), Aus der Wandermappe des 
Lebens (1888). Außerdem iſt H. Mitarbeiter vieler 
Zeitfchriften in Deutfchland und öſterreich. 


Hutter, W. Theodor. Ah bin am 
16. September 1860 zu Hermsdorf bei 
Nordtgabel in der böhmiſchen Zaufig ges 
boren, genoß nach Abjolvierung der Volks⸗ 
ihule Privatunterricht und bezog hierauf 
durd 6 Jahre das Jejuitenfollegium Ma— 
riafchein in Böhmen, um im Jahre 1881 
in Prag in den Orden der Reform. Benes 


Huyſſen. 


diktiner (Stift Emaus) in Prag als Mönch 
einzutreten. Schon frühzeitig durch die Lek— 
türe unferer großen Dichter, namentlich 
der Romantifer, angeregt, ſchrieb ic) für 
katholiſche Blätter fleine Erzählungen und 
Gedichte. Die beengenden Klojterregeln 
wurden mir lältig, und ich warf fie ab, 
trat aus und wurde Lehrer an einer Mäd— 
chenſchule (Friedland bei Reichenberg). 
ALS ſolcher war ic als Publizift thätig, wurde 
Feuilletonijt verſchieden. Provinzblätter und fchrieb 
die „Nordböhm. Sagen“, welche beifällig aufge: 
nommen wurden. In freundchaftlichen Beziehun: 
mit dem Schriftiteller Reſſel in Reichenberg, 
beteiligte ih mid an der Herausgabe des — 
ſels Farnilienfreundes“, übernahm hierauf, da ich 
auch als politiſcher Schriftſteller thätig war, die 
g der in ſterreich ſtark verbreiteten „Deutfch: 
nationalen Volksſchrift“. In dieſer Stellung gab 
ih eine Sammlung von Gedichten „Aus der Jus 
Br. (1885) heraus. 1886 erichien eine 
chüre von mir: Geſchichte der Gegenrefor: 
mation in Deutichböhmen und 1897 Die Ge 
dichte des Judentums in Polen. 


Huhffen, Botthelf, geboren am 8. | 


ruar 1822 zu Nymegen in Holland. 
erhielt meine Schulbildung zum aller: 
größten Teil in Cleve am Niederrhein, 
wohin meine Eltern, als ich eben 11 Jahre 
alt war, verzogen als Inhaber und Leiter 
eines Penfionats für junge Mädchen. 
1842 —45 jtudierte ih in Halle und in 
Berlin Theologie, abjolvierte am eriteren 
Orte auch mein Militärjahr. In Berlin 
beitand ich 1846 gleich auch meine erite 
ihe Prüfung und 1848 in Ko— 

die zweite. ch unterrichtete wäh: 
rend meiner Kandidatenzeit am Inſtitut 
meiner Eltern, ward aber fchon im jelben 
dee Pfarroifar für den erkrankten 
von Emsler in Kanten am Nie: 
‚weshalb ich, als deffen Adjunft- 

pfarrer mit dem Rechte der Nachfolge 
Ei 1850 ki — zum gei 


Be dir Vorgängers jeit 1851 

alleiniger in und zugleich in der 
ami ar —— verbundenen kleinen 
de Mörmler, ete ich mit gleich 

‚im —0 zu de⸗ 
en , ein „Boltsblatt" auf 
m Boden, "in welchem ich jahrelang 







267 


ı büchlein: 


heraus. 





Huyſſen. 


Leitartikel ſchrieb und Gedichte veröffentlichte. 
Auch verfahte ich eine feine Schrift über die St. 
Viktoräfirche zu Kanten, ſchrieb ein Konfirmations: 
„Der Bund zwifchen Chriſto und dem 
Chriften“, welches fürzlih in 4. Aufl. erichienen 
ift, ſchrieb kirchliche und firchenpolitiihe Korre— 
Ipondenzen für andere Blätter und gab mein grö: 
ßeres Werk über „die Feſte der riftlihen Kirche” 
1858 übernahm ich dann auch auf Be: 
ſchluß der Bonner Paſtoralkonferenz die Redak— 
tion des „Evangeliſchen Gemeindeblattes für 
Rheinland und Weſtfalen“, 1861 machte ich eine 
Reife nah Italien und ward dann im Herbit 
1862 ald Pfarrer nad Kreuznach an der Nahe 
verjegt. Hier ſchrieb ih, außer einigen Einzel: 
predigten und fleinen Broihüren, eine Schrift 
über „SKirchengründung und Reformation in 
Kreuznach und Umgegend“. Dann erjchien 1867 
eine Sammlung von Predigten von mir unter 
dem Titel „Zeititimme”; darauf, hauptſächlich 
als Frucht meiner italienischen Reife, eine Schrift 
über „heidniſche und chriſtliche Altertumskunde“. 
1870 machte ich dann den deutſch-franzöſiſchen 
Krieg mit als Militäroberpfarrer für den zweiten 
Lazarettbezirk der Armee, in Folge deſſen 1871 
eine Sammlung von „S Feldpredigten als Fries 
densgruß an die Heimat‘ und 1872 eine größere 
Schrift: „Bilder aus dem Kriegsleben eines Mi: 
litärgeiftlichen, ein Beitrag zur Kulturgeſchichte 
des deutfch-franzöftichen Krieges’ erichien. 1872 
ward ich dann als Divijionspfarrer nach Koblenz 
verjegt. Hier leitete ich zugleich die evangelifche 
höhere Töchterihule, verbunden mit einem Ses 
minar für Zchrerinnen an ſolchen, und gemiller: 
maßen als Frucht dieſer Thätigkeit entſtand erſt 
eine kleinere Schrift über „Die Poeſie in der 
Schule“ und ſpäter die beiden Bändchen „Zur 
idealen Pädagogik“ und „Fünf Kapitel zur ideas 
len Pädagogik“. Dur die Kämpfe um die 
Eivilftandsgefeggebung wurde veranlaht im Jahre 
1874 die Sri t „Die Eivilehe, vom kirchlichen 
und firhenrechtlihen Standpunkte aus beleuchtet 
und verteidigt”, und 1882 die andere: „Bürs 
gerliche —— und kirchliche Trauung, 
nicht eines oder das andere”. Inzwiſchen ward 
id im Sommer 1874 ala Militfroberpfarrer des 
IX. Urmeeforps und Garnifonpfarrer von Altona 
und Hamburg nad Altona verjegt. Bon dort 
aus beſuchte ih 1880 die Überammergauer 
Baffionsfpiefe und Trieb infolge deſſen die Schrift: 
„Ehrifti Leiden im deutichen Volksſchauſpiel“. 
1882 erſchien dann die größere Arbeit „Über die 
Poeſie des Krieges und die Kriegspoeſie“. 1883 
ward ih — als Konſiſtorialrat und Militär⸗ 
Oberpfarrer des VII. Armeekorps nad Münſter 
i. Weſtf. verſetzt und im Spätherbſt deſſelben 
Jahres erſchien mein „Chriſtlicher Reiſebegleiter“, 
dann 1884 eine Sammlung von Liedern und 
Gedichten von mir unter dem Titel „Häusliche 
Feierſtunden“, nachdem ich ſchon einige Jahre 


Hyrtl. 


früher eine Heine Sammlung „Patriotiſcher Feier: 
länge” herausgegeben hatte, Aus den legten 
Jahren find dann noch zu erwähnen die vier 
Heineren Schriften: „Lebensmut und Todesfreus 
digkeit, ein ernites Wort wider den Selbſtmord“, 
„Der militäriiche Dienfteid und feine Bedeutung 
fürs Leben“, „Deutichlands und Preußens Kriegös | 
herr und Kriegsheer“, „Die Heiliahaltung der 
Ehre alö eine Sache der Chriftenpflicht und der 
Manneswürde dargeftellt”“, Der Militärdienft, eine 
Schule für das Leben. 

Hyrtl, Joh. wurde am 7. Dezember 
1811 in Eilenftade (Ungarn) geboren, 
gab fi) an der Univerfität Wien natur: 
wiſſenſchaftlichen, beſonders anatomischen 
Etudien hin und wurde 1833—37 Pro— 
feftor der genannten Hochſchule. 1837 
zum Profeſſor in Prag ernannt, kehrte 
er 1845 in gleicher Eigenſchaft nad) Wien 
zurüd und wurde fur; darauf zum Mit: 
glied der kaiſerlichen Afademie ermwählt. 
1874 trat 9. in den wohlverdienten Ruhe: 
ftand und lebt jegt in Perchtolsdorf bei 
Mien. Mit Recht genießt H. als Ana- 
tom eines ausgezeichneten Rufes, der ihn 
in die vorderjte Neihe diefer Fach-Autoren 
erhebt. 

Hauptwerfe: Lehrbuch der Anatomie des Men: 
fchen (1846, 16. Aufl. 1882, in viele fremde 
Spraden überjegt), Handbuch der topographiichen 
Anatomie (1847, 7. Aufl. 1883), Beiträge zur 
vergleichenden Angiologie (1850), Handbuch der , 
praftiihen Zergliederungsfunft (1860), Crypto- 
branchus Japonicus (1865). 








— 
Ja · 

Jacob, Anton, geb. am 21. Auguſt 
1851 in Breitenbrunn, abfolvierte das 
human. Gymnafium zu Kempten und wid— 
mete fi) nad) Vollendung feiner Studien 
an der Universität München dem Lehr: 
fahe. Er wirkte an techniſchen Mittels 
ſchulen zu München, Lichtenhof-Nürnberg 
und wurde 1879 zum Rektor der Real: 
ihule in Kronach ernannt, als welder er 
noch jet thätig ift. | 

1879 erichien fein erftes Werk: Lehrbuch der 
matbematijchen Geographie für Real: und Han— 
delsichulen, ſowie für Lehrerfeminare, das fehr an— 
erfennend beurteilt und vom Minifterium als Lehr: | 





268 


Jacob. 


buch für Mittelfchulen in Bayern genehmigt wurde. 
1883 gab 9. eine aftronomifche und phyfiiche Geo: 
grapbie, betitelt „Unfere Erde”, heraus, ein Werf, 

as gewiſſermaßen eine Einleitung zu der „Län« 
der: und Völkerkunde“ bildet. 1886 erfchien 
„Weltkunde“, ein vorzügliches Buch für die reis 
fere Jugend. 


Jacob, Nathan (N. J. Anders), wurde 
am 25. April 1835 zu Berlin geboren, 
verlor feine braven, aber armen Eltern, 
als er noch ein Kind war, und wurde auf 
Koften der Mendelsjohnichen Stiftung er- 
zogen. Er erlernte alsdann das Bude 
binderhandwerf und fehrte nach mehreren 
Wanderjahren nad) Berlin zurüd, wo er 


als Gejelle arbeitete. 

Als folder machte er feine erften Titerarifchen 
Verfuche, und zwar mit einem Begrübungsgedicht 
an den Prinzen Friedrich Wilhelm — 
und feine erlauchte Gemahlin. Das Gelingen 
regte ihn zu weiteren Vorgehen an, ermuntert 
durch den damaligen Theateragenten Heinrich, der 
ihm mit Nat und That zur Seite ftand, Nun 
verfuchte er fich in Skizzen, Novellen, bis der F 
radezu überraſchende Erfolg ſeines Meinen 8 
bildes „Dietrich und Brechſtange“ am Meyſel⸗ 
ſchen Theater in Berlin ihn auf die Bühne wies. 
Es folgten nun eine Unzahl Mleinerer und größer 
rer Stüde, unter denen namentli die von Eb. 
Jacobſon bearbeitete Poſſe „Starker Tabea” 
einen nachhaltigen dauernden Erfolg errang und 
an 200 aufeinanderfolgende Aufführungen ers 
lebte. Außerdem verfaßte J. viele Novellen, Ge 
dichte ꝛc., die in Zeitihriften und in Buchform 
erichienen. Bon befannteren Arbeiten heben wir her⸗ 
vor: Die ſchöne Helena (Dr.), Nur ein Berlin, 
lie Hagedorn, Hammer und Ambos, Vater Jı 
Im Dienft, Er fucht feine Frau, Leo (Xiederfp.), 
Drei Mark, Das Reich der Jllufionen, Schatten, 


| Sein eigen Blut, Zwei Jahre Zuchthaus (Rov.); 


Der Kandidat (Hum.), Aus Race (Nov.), 
Modell (Nov.), Todfeinde (Erz.), Aus bemegter 
Zeit, Unfer altes Berlin. 

Jaeobſon, Eduard, wurde am 10. 
November 1833 in Groß-Streli (Ober: 
ichleften) geboren, auf dem Gymaſium zu 
Oftrowo vorgebildet und widmete ſich dem 
Studium der Medizin an der Univerfität 
Berlin, die ihn 1859 zum Doktor pros 
movierte. Der außerordentlihe Erfolg, 
deilen feine erjte Bühnendichtung, der 
Schwank Fauft und Gretchen, ſich zu erfreuen 
hatte, gab ihm die Veranlaffung, fich ganz 
der Echriftjtellerei zu widmen. Er hat in 


Jaconde. 


Gemeinſchaft mit Moſer, Kneifel, Girndt 
und Rojen, größtenteils aber felbitändig 
eine große Anzahl von, mit durchſchlagen— 
dem Erfolg aufgeführten Poſſen verfaßt, 
von denen wir hervorheben: 

Bei Waſſer und Brot, Beckers Geihichte, Sing: 
nögelchen, 500 000 Teufel, Der Poſtillon von 
Münceberg, Die Galojhen des Glüdes, Das 
Mädel ohne Geld, Ebbe und Flut, Die Lachtaube, 


269 





Der jüngfte Leutnant, Der Mann im Monde, Ein 
gemachter Mann ꝛc. 
erreichten die Jacobſon'ſchen Stücke die 
Jubiläumsziffer 100. 


Jaconde, ſ. Helene Stökl. 


Jaeger, Guſtav, wurde am 23. Juni 
1832 zu Bürg (Württemberg) als ber 
Sohn eines Geiſtlichen geboren. Er durch— 
lief die Lateinfhule und das niedere Se: 
minar, da jein Vater ihn für den eigenen 
Beruf beftimmt hatte. Nach Beendigung 
der Seminarlaufbahn änderte Guftav 9. 
jedoch) jeine Berufswahl, befuchte zunächit 
ein Jahr das Polytehnifum zu Stuttgart, 
wo er neuere Spradhen und Dtathematif 
ftudierte, und arbeitete dann als Volon- 
tär am. Stuttgarter zoologiſchen Muſeum. 
1851 bezog er die Univerfität Tübingen 
und abjolvierte dort das Studium der Me— 
dizin und Chirurgie, promovierte aud) da— 
jelbit umd habilitierte fi) 1856 als Pri- 
vatdozent in Berlin. Er gründete hier in 
Verbindung mit einem Kapitaliften zu— 
nädhjft ein Aquarium, das er jedoch infolge 
ungünftiger Zeitverhältniffe bald aufgab, 
um als technijcher Direktor einer Aktien- 
geiellihaft einen Tiergarten anzulegen. 
Als auch) das nicht glüdte, kehrte er 1866 
nad) Stuttgart zurüd, wo er ſich als Zeh: | 
ter des Polytechnikums und der Tierarznei: 
ſchule niederließ. 1884 zog er fi von 
diefer Thätigfeit zurüd und lebt nun ſei— 
nen ſchriftſtelleriſchen Arbeiten und fei- 
ner — Wolle. 

Außer vielen Abhandlungen in Fa: u. a. Zeit: 
ſchriften heben wir von feinen außerordentlich an: 
erfannten Werfen hervor: Zoologiſche Briefe, In 





Dit der legten Poſſe 





Saden Darwins contra Wigand, Die Darwin: 
Ihe Theorie und ihre Beziehungen zu Moral und 
Religion, Skizzen aus dem Tiergarten, Das Le: | 


Jäger. 


ben im Wafler, Die Wunder der unfihtbaren 
Welt, Deutichlands Tierwelt, Wanderungen durch 
das Tierreih, Die menſchliche Arbeitäfraft, Die 
Normalkleidung als Gefundheitsihug, Entdedung 
der Seele, Lehrbud der allgemeinen Zoologie. 
Seit 1881 giebt 9. ein der Fortbildung feiner 
Lehre und Praris gemidmetes Monatsblatt „Prof. 
Dr. I. Jägers Monatsblatt” heraus, 


Jäger, Oskar, wurde am 26. Oktober 
1830 inStuttgart geboren, jtudierte Theo: 
logie und Philologie, daneben privatim 
eifrig Geihichte zu Tübingen und wirkte 
als Lehrer in Freyimfelde, Stuttgart, Ulm, 
Meplar, als Rektor in Mörs und jeit 
1865 als Direktor des Friedrich-Wilhelms⸗ 
Gymnafium zu Köln, als welder er nod) 
heute thätig ift. 

Von feinen hochverdienten Werten heben wir 
hervor: John Wyeliffe und feine Bedeutung für 
die Reformation (1854), Geſchichte der Römer 
(5. Aufl. 1883), Geihichte der Griechen (5. Aufl. 
1887), Preußen und Schwaben, Die puniichen 
Kriege (1870), Geichichte der neueſten Zeit (Fort: 
ſetzung von Schloſſers Weltgeihichte, 30. Aufl. 
1882), Aus der Praris (1883), Weltgeihichte 
in 4 Bänden (8. I. Il. 18857). 


Jähns, Karl Marimilian Wilhelm, 
Sohn desKomponiften und Muſikgelehrten 
Prof. Frd. Wild. J., wurde am 18. April 
1837 zu Berlin geboren und dort auf 
der von feinem Großvater K. 5. v. Klöden, 
dem Altmeifter brandenburg. Natur: und 


Geſchichtsforſchung, begründeten ſtädtiſch. 


Gewerbeſchule ausgebildet. 1854 trat er 
zu Aachen in das 28. Inf.Regt., beſuchte 
die Divifionsfhule zu Trier, wurde im 
März 1857 Offizier und ftand als folder 
abwechielnd in Aachen und Jülich. 1859 


erichien fein Märchenepos: Reinhart. Eine Samms 


| Tung Iyr. Gedichte: Ein Jahr der Jugend (1861) 


fam nicht in den Buchhandel, fondern wurde ala 
Gewinn der Schiller-Lotterie verteilt. Feitgedichte 
zur Schillerfeier (1859), zur Weberfeier (1860) 
und zur Leſſingfeier (1862). Das Album des 
German. Mufeums brachte 1860 eine Reihe von 
Sonetten: Bilder aus dem 16, Jahrhundert. — 
Die bier zuerit bervortretende geſchichtliche Rich— 
tung ſprach ſich dann deutlich aus in zwei topo— 
graphilch-hiftor. Studien: Aachen, die Kaiſerſtadt, 
und Jülichſche Geihichten (1861—62.). 1859 
bezog 3. die Berliner Kriegsafademie. 
1863 vermählte er fih; ein Jahr jpäter 


Jähns. 


wurde er Regimentsadjutant zu Aachen 
und ſchrieb als ſolcher die Geſchichte des 2. 
Rhein. Inf.⸗Regts. Nr. 28 (1865). m fol- 
genden Jahre nahm er den Abſchied und 
fiedelte nach Berlin über, um ſich germa— 
niftiihen Studien zu widmen. Die Er: 
eigniffe des J. 1866 aber führten ihn in 
den Dienft zurüd; während des Krieges 
verjah er ein Decernat im Kriegsmini- 
fterium, und als dann 1867 beim großen 
Seneralftabe der Neben-Etat für willen: 
Ichaftlihe Zwecke eingerichtet wurde, war 
J der erfte in demfelben berufene Offizier. 
Meitere Kreile gewann fi J. dur die Vor: 
Iefungen, welche er in willenichaftlichen Vereinen 
Berlins hielt, 3. B.: Pie Entitehungsgaeichichte 
der Berliner Friedrichsſtadt, Walther v. d. Vogel: 
weide, Wodan ala Jahrgott. Während des Feld» 
zugs 1870 fungierte 3. ald Kommiflar des Ges 
neraljtabes für die Eifenbahnlinie Straßburg: 
Paris in Nancy. 1872 erfolgte feine Berufun 
auf den Lehrſtuhl der Gejchichte der Rriegsfunft 


an der Berliner Kriegäafademie, den er dreizehn | 
Am Übrigen gehörte er 


Jahre lang innebielt. 
dauernd der geogr..itat. Abtheilung an, für welche 
er u. N. die dreizehn Jahrgänge der befannten 


270 


Jahn. 


reift und hofft, das groß angelegte Werk im 9. 
1888 zu vollenden. 

Zahn, Albreht Carl Rudolf Her: 
mann, wurde am 29. Auguft 1847 in 
Mittenwalde geboren, feine Jugendzeit 
verlebte er in Spandau, woſelbſt jein 
Vater als Juſtizrat wirkte. Er entjtammt 
einer alten märfifchen Familie, ift väter: 
licher: und mütterlicherjeits mit dem Turn⸗ 
vater Jahn verwandt. 1867 bezog J. 
die Univerfität Berlin, um Deutſch, Ge— 
Ihihte und Geographie zu ftubieren. 
Diefes Studium erlitt eine Unterbrechung 
durch Abſolvierung des Dienftjahres 1868. 
Zum großen Humboldtfeft der Berliner 
‚Univerfität (1869) lieferte er das dem 
Programm beigegebene Feitgedicht. 1870 
nahm Jahn als Rejerveoffizier am Feldzug 
teil und hat ſich das eiferne Kreuz er: 
worben. Nah der Nüdfehr aus dem 
Feldzuge nahm er feine Studien wieder 
‚auf, war aber daneben auch literariſch 
thätig. Seine während des Feldzuges 








geogr. „Regiftrande des gr. Generalſtabs“ redi: | entftanbenen Kriegälieder, die feinen Ka— 


gierte. 1869 wurde er zum Hauptmann, 1878 | Meraden in erniter Zeit oft zur Ermuns 
zum Major, 1885 zum Oberftleutnant befördert. | terung gedient, gab er unter dem Titel: 


Im folgenden Jahre nahm er den Abfchied, und 
die Univerjität Heidelberg promovierte ihn zum 


Ehren:Doktor der Rhilojophie. — Inzwiſchen 


hatte 5. eine auägebreitete literariiche Thätig— 
feit entfaltet. An größeren Werten heben wir 
hervor: Roß und Reiter in Leben, Sprade, 
Glauben und Geichichte der Deutichen (1872), 
Das franzöfifche Heer von der großen Revolu: 
tion bis zur Gegenwart (1873), Die Schladt 
von Königarä (1876), wohl die umfaflendite 
Monographie einer Schlacht, welche es giebt; 
dann Fein als hochbedeutend anerfanntes Haupt: 
wert: „Handbuch einer Geſchichte des Kriegs: 
weſens von der Urzeit bis zur Nenaifiance. Bes 
waffnung, Kampfweiſe, Befeltigung, Belagerung, 
Seeweſen“ nebſt einem Atlas von 100 Tafeln 
(1850) und als Ergänzung „Heereäverfaflungen 
und Völferleben” (1855). Außer diefen größeren 
Merken veröffentlichte 3. eine bedeutende Anzahl 
kleinerer Arbeiten in Zeitfchriften und Zeitungen. 
Das von J. 1866 gedichtete, 1871 erweiterte pa: 
triotifche Feitipiel „Zur Heimkehr“ ift feit andert: 
halb Jahrzehnten auf vielen deutihen Soldaten: 
bühnen aufgeführt worden. Seit Jahren ift 9. 
von der Hiftoriichen Kommiffion in München mit 
Abfaſſung einer „Geichichte der Kriegswiſſenſchaf— 
ten“ betraut, hat für diefe Aufgabe die Biblio: 
thefen Deutichlands, Frankreichs und Italiens be: 


Erinnerungäblätter aus eiferner Zeit zum Beften 
eines in Spandau zu errichtenden Krieger 
denfmals heraus und fand damit eine 
freundliche Aufnahme. 1873 beftand $. 
zu Berlin fein Eramen pro facultate 
docendi; dann ging er als Lehrer an 
‚das Nealprogymnafium zu Eilenburg, 
‚wurde 1875 zum Dr. phil. promopiert 
und übernahm 1876 das Rektorat der 
höheren Schule zu Halver in Weftfalen. 
‚1878 ging 9. als erjter Zehrer an die 
Realſchule zu Seelen. Zuvor lieh er noch 
die Dihtung: Ein Sang von Lothringen ers 
ſcheinen. 

Für die Kriegervereinsbewegung war J. uns 
ausgeſetzt thätig; 1884 gab er ein Liederbuch des 
Deutichen Kameraden heraus (2, Aufl. 1885), 
feit 1884 ift er Redakteur der Braunfchweigiichen 
Landmehrzeitung, des offiziellen Organs des 
Braunfchmweiger Landmwehrverbandes. 1889 bat 
J. feine Gedichte gefammelt und in einem ftatt- 
‚lien Bande unter dem Titel „Wegewart“ er: 
ſcheinen Iafien. Dies Werk ift von der Prefie 





‚ außerordentlich günftig beiprocdhen worden. 1888 


erſcheinen feine „Rriegserinnerungen“. 1888 wird 


Jahn. 


271 


Janfe-Cärola. 


J. einem Rufe ald Direftor einer höheren Lehr: | biete zu und gab, nachdem ich zum Doktor 


anftalt nach Braunfchweig Folge leiften. 

Zahn, Guſtav Wilh. (Guftav Friſch), 
wurde am 23. Februar 1818 in Sanders» 
leben geboren, trat nad) Beſuch der Schule 
in die Meißgerberei jeines Vaters ein, 
gab jedoch das Geſchäft auf und widmete 
ih der Landwirtſchaft. 1852 ermählte 
ihn jeine Vaterſtadt zum Bürgermeiiter, 
welhes Amt er bis zum Jahre 1858 
befleidete, da er Direktor des Knaben: 
rettungshaufes und der Brüderanftalt in 
Züllchow wurde und gleichzeitig als Redak—⸗ 
teur des „Züllhower Boten“ fungierte. 

Literarifch bat 3. fich befonders durch fein be: 

„Dobelied in Liedern” (5. Aufl. 1873) 
gemadt; auferdem hervorzuheben: Der 
Brautftand (2. Aufl. 1860), Neuer Frühling 
(2. Aufl. 1860), Der Gratulant (Ged. 1850), 
lungen für das Volk (1850), Das fchöne 

Auisle ( 1870). 

Jahn, Herrmann (Herm. Hain), ge: 
boren den 13. Auguft 1857 in Klein: 
Dielen (Mecklenburg), befuchte das Gym— 
nafium in Roftod, mußte dafielbe jedoch 
verlaſſen, da ein rheumatiſches Leiden 
ihn zwarg, ein milderes Klima aufzu: 

en. Zwei Jahre am Gardajee gaben 
ihm feine Gefundheit wieder. Er lebte 
nun zumächit in Noftod, jeit 1882 in 
Gohlis bei Leipzig ausſchließlich feinen 
literarifchen Arbeiten. 

Dauptwerfe: Arbues de Epila, König Eric) 
(Dram.), Deutfche Lieder, Im Bann der Venus, 

denfe Dein (Ged.), Agnes Bernauer (Dram.), 

Bermwehte Blätter (Ged.), Iſuſchka (Ged.). 

Jahn, Ulrih Guſtav, wurde am 15. 
April 1861 als zweiter Sohn des durch 
fein hohes Lied in Liedern bekannten 
Dichters Guftav J. in Züllchow bei 
Stettin geboren. Auf dem f. Marien: 
fiftsgymmafium zu Stettin herangebildet, 
bezog ich 1879 die Univerfität und mid: 
mete mich zunächit in Leipzig und Berlin 

und germaniftiihen Studien. 
1882 begab ich mich nad) Breslau und 
mpfing dort durch Karl Weinhold Frucht: 
bare : für die deutfche Mytho— 
logie und Sittenfunde. Infolge deflen 

andie ich meine Kraft ganz diejem Ge: 










promoviert war, im Winter deſſelben Jah: 


res meine Schrift heraus: Die deutſchen Opfer: 
gebräuche bei Aderbau und Viehzucht. Ein Beitrag 
zur deutſchen Mythologie und Sittenkunde. Jhrfolg: 
ten 1885: Volksſage aus Pommern und Rügen. 
AufGrund diefes Werkes wurde ichin den Voritand 
der Gefellichaft für pomm. Gefhichte und Alter: 
tumsfunde gewählt und mit der Redaktion der 
Baltifhen Studien betraut. m diefer Eigen: 
ſchaft lag es mir ob, mich auch praftifch mit der 
Prähiftorie durch Ausgrabungen ꝛc. zu befafien; 
ferner fiel es mir zu, die fFeitichrift zur Begrükung 
des 17. Kongreſſes der deutichen anthropologiichen 
Geſellſchaft in Stettin zu ſchreiben. Sie erſchien 
‚unter dem Titel: Herenmwefen und Zauberei in 
Pommern (1886). Hatte mir der Anihluß an 





Paul Weinhold die erbitterte Feindfchaft der 
' Müllerhoff » Mannhardt’ihen Schule zugezogen, 


jo gewannen mir die durch die Anregung des 
Breslauer Germanijten entitandenen Rublifationen 
dafür das MWohlwollen der deutichen Anthropo» 
logen, deren Altmeifter, Rudolf Virchow, mich 
in den Stand jetste, meine Sammlungen des 
Volkstümlichen in Pommern in meit größerem 
Maßſtabe betreiben zu fünnen, als vorher. Die 
nächſte Frucht diefer Arbeiten wird cine Samm— 
fung der Bommerfchen Kinder: und Hausmärden 
fein, welche ih in drei Bänden demnächſt zum 
Drud zu befördern gedente. — Was meine Yes 
bensitellung angeht, jo bin id nad vorüber: 
ebendem Aufenthalt in Züllhom bei Stettin, 

aldenburg in Schlefien, Stettin und Grabow 
a. W. zur Zeit als ordentlicher Lehrer am ſtädtiſchen 
Friedrihs-Realgymnafium in Berlin angeitellt. 


Jauke-Carola, geboren am 24. 


Dezember 1834 in Köslin, wurde im 


Berlin und Naumburg a. d. Saale er: 
zogen, burchreifte in früher Jugend Deutſch⸗ 
land, England, Franfreih, Oſterreich— 
Ungarn, die Donaufürftentümer und Sie: 
benbürgen, erlernte außer Latein fieben 
Sprachen geläufig und beichäftigte fich 
viel mit ausländifcher Literatur und mit 
Überfegungen. 

Bon ihren fehr gut aufgenommenen Werfen 
beben wir hervor: 2 Bändchen Gedichte (1866), 
1869 erfchien die 3. Auflage der Gedichte und 
dad 3. und 4. Bändchen lyriſcher Poeſien. In 
Zürich gab ſich die Autorin gefhichtlihen und 
pbilofophiichen Studien bin und verfahte das 
„Mätfel der Unfterblichkeit”, die „Weltubr“, 
welche 3 Auflagen erlebten, Bier Novellen, und 
4 Luſtſpiele (2. Aufl.). Italiend Riviera, Die 
ſchönen Seen bei Mailand beitimmten fie, am 
Genferfee den Abend des Lebens zu verleben, 


Janko. 


Janko, Wilhelm Edler von, geboren 
5. Dezember 1835 zu Mantua als Sohn 
eines Artillerie-Stabsoffiziers und für Die 
militärische Laufbahn bejtimmt, erhielt 
feine Ausbildung in der k. k. Militär: 
Akademie zu Wiener-Neuftadt. Trat als 
Lieutenant aus derfelben 1854 in das 
(lombardiſche) Infanterie-RegimentNr.23 
in die Armee. Befand fih 1854-55 
bei dem zur Operation gegen Rußland 
beitimmten Heere in Galizien, machte 
1859 den Feldzug in Italien, 1864 jenen 
in Schleswig=Holftein (Oberlieutenant im 
72. Inf.Regmt. und im Generaljtabe), 
endlich den Krieg bei der Nordarmee 1866 
als Hauptmann mit. Schon in den 
Friedensjahren ununterbrochen mit Hifto- 
riihen Studien beihäftigt, thätig als 
Lehrer in den Kadettenichulen, quittierte 
er 1867 den aktiven Dienft, um ſich ganz 
feiner ſchon feit den Anabenjahren ihm 
innewohnenden Neigung für die Gejchichte 
(eben zu können und fand durch feine 
erneuerte Stellung im k. k. Kriegs⸗Archive 
hierzu mwejentlihe Unterftügung. 1884 
wurde er franfheitshalber in den Ruhe— 
ftand verjegt. 

J. war es befonderd darum zu thun, wenig 
gefannte oder vergefiene Ereignifje und Perſön— 
licteiten der heimatlichen Kriegsgeſchichte in Er⸗ 
innerung zu bringen. Er hat mit großem Fleiß 

earbeitet, hierfür ſprechen feine zahlreichen grö— 
Een oder kleineren Aufläge in militärifchen 
Blättern, in wiſſenſchaftlichen Zeitſchriften ꝛc. 
Auch entwickelte er eine lebhafte Thätigkeit als 
Rezenſent mannigfaltiger hiſtoriſcher oder militärs 
hiſtoriſcher und biographiſcher Werke. Er war 
u. a. auch Mitarbeiter an Poten's bekanntem 
Handwörterbuch der geſammten Militärwiſſen- 
ſchaften (über 400 Artikel) und den „Allgem. 
Deutſch. Biographien“. Seine erſte, im Buch— 
handel erſchienene Arbeit iſt betitelt: Laudon, 
der Soldatenvater in ſeinem Leben und Wirken 
als Soldat, Feldherr und Menſch (1863, preis⸗ 
gekrönt). Als Oberleutnant noch veröffentlichte 
J. Diterreich in ſtatiſtiſcher Beziehung (1865), 
bierauf folgten: Wallenftein, ein Charakterbild 
im Sinne der neueften hiſtoriſchen Forichungen 


(1867), Laudons Leben (jein Hauptwerk 1869), | | 


Schwendy (1870), Die Schlaht am Marchfelde 
(1878), —* und Geſchichte, ſowie Laudon in 
Gedicht und Liede feiner Zeitgenoſſen (1880). 
Durch und durch deutſche Geſinnung charakteri« 


272 


— Janſſen. 

fiert J's Arbeiten, die ſich faſt durchweg der 
günſtigſten Beurteilung erfreuten. Für ſeine lite⸗ 
rariſche Thätigkeit wurde J. vom Kaiſer mit der 
roßen goldenen Medaille für Kunſt und Willen: 
—* ausgezeichnet. 

Jauſſen, Joh., wurde am 10. April 
1829 in Xanten geboren, widmete ſich 
dem Studium der Philologie und Ge— 
ihichte an der Akademie zu Münfter und 
an den Univerfitäten Bonn und Berlin, 
habilitierte fih 1854 und wurde im felben 
Jahre Profeſſor am Gymnaſium zu Frank 
furt a. M. 1860 wurde er zum Prieſter 
geweiht und 1880 zum päpftlien Haus⸗ 
prälaten und apoftoliihen Protonotar 
ernannt. 1875 gehörte er dem R 
tage als Mitglied (Zentrum) an. J. 
bat ſich ſowohl als Literarhiftorifer wie 
als Geichichtsforiher einen bedeutenden 
Nuf erworben, wenn er auch in leßterer 
Beziehung nicht ganz auf religiösneu- 
tralem Boden ftehen dürfte. 

Hauptwerke: Gefhichtäquellen des Bistums, 
Münfter (1856), Frankfurter Reichskorreſponden; 
(1863), Frankreichs Rheingelüfte (1863), Guftav 
Adolf in Deutfchland (1865), Karl ber 
(1867), Böhmer’s Leben und Schriften (1868), 
Geſchichte des deutichen Volkes feit dem Mittel: 
alter (13. Aufl.), Schiller als Hiftorifer (2. E70). 
1879), Zeit: und Lebensbilder (3. Aufl, 1879), 
An meine Kritifer (6. Aufl. 1884), Ein zwei 
Wort an meine Kritifer (4. Aufl. 1884). 


Januszfiewiez, Hans von (9. v. 
Reinfels). Aus meiner erften | 
zeit, Die am 17. Januar 1855 in Stettin 
begann, ift nicht viel zu bemerken. Ich 
fing ſchon früh an der „Schrift“ nad 
zu „itellen“, indem ich meine Erſparniſſe 
zumeiit in Büchern anlegte. An meiner 
Abficht, mich nad) Abfolvierung der Schule 
(Real-Gymnafiuın) dem Militärftande zu 
widmen, hinderte mich meine „Unmäßig- 
* * — * alias 
nicht mit meiner Breite im 
So wanderte ich denn ee 
ſeſſel. Lange ließ ſich aber meine Leiden⸗ 
Haft, Papier zu verderben, nicht zügeln 
und die Schriftitellerei beſch mid 
in meinen Dußeftunden. Ich wurde Jour 
nalijt. 1880 trat ich als Mitglied indie Redaktion 






Jarke. 


der „Stett. Zeitung“ und des „Stett. Tgb.“, pr 
dem ich Schon als Kaufmann? Jahre lang für diefe 
Blätter die Theaterkritit gefchrieben hatte. 
fie ich mein erjtes Theaterftüd „Blumenduft 
oder Das gnädige Fräulein“ (Lujtip.) aufführen, 
dem in demjelben Jahre der Einafter „Kombi: 
nationen“ folgte (beide nebit der Satire „Theater: 
Hatih“ 1880 unter dem Titel „Dramatiſches 
Allerlei” erſchienen). 1883 folgten die Einakter 
„Marotten”, „In eigener Schlinge“ und „Im 
Negligee". Die letztgenannte Plauderei machte 
mich als Bühnenfchriftiteller weiteren Kreifen bes 
tannt, fie fam an vielen Bühnen mit Erfolg zur 
Aufführung. Seit diefer Zeit habe ih mich vor: 
nehmlich auf fozialpolitifchen Felde bewegt. Mein 
Beruf als Redakteur nahm mich ganz in Anfpruch. 
Seit 1. November 1887 gebe ich die „Stettiner 

Big." und die „Kinderpoſt“ heraus. 
One neue Meine Theaterftüde „Alte Briefe”, 
„Eibouquet” und „Kapituliert” find noch in 
legter Zeit entitanden. Auch nenne ich noch das 
Suftipiel „Kinderfchliche”, welches 1884 in Lieg- 
nis zur Aufführung gelangte und beifällige Aut. 
nahme fand. 


Jarke, Franzista Julie (E. Rudorff), 
geboren ben 3. Dezember 1815 zu Königs: 
berg ala Tochter des Kaufmanns Schle— 
fus, empfing daheim und auf Reifen 
durch Deutichland, Belgien, Holland und 


273 


Ibn Bebi. 


ſchichte, Nechts- und Staatswifjenichaften, 
promovierte zu Göttingen 1878 mit einer 
Abhandlung „Zur ſtrafrechtlichen Stellung 
der Sklaven bei Deutſchen und Angel: 
ſachſen“. 1879 und 1880 war er bei 
Leopold von Ranke, weldher damals an 
der Vorbereitung jeiner „Weltgeichichte“ 
arbeitete, als Aſſiſtent thätig. Einer mehr: 
jährigen Lehrthätigkeit an Berliner Gym- 
nafien gingen wilfenichaftliche Arbeiten zur 
Seite. Noch lange nach der Univerfitätszeit blieb 
er in Beziehungen zu Karl Wilhelm Nitzſch bis 
zu dejlen im 53. 1880 erfolgten Tode. J. 
gehört zu denjenigen Mitgliedern der Nitzſch'ſchen 
Schule, welche an der Fortentwicklung von Ritzſchs 
Gedanken über Geſchichtsſchreibung felbitthätig 
mitarbeiten und inöbejondere beftrebt find, feine 
Anſchauungen über die wirtſchaftliche Entwides 
lung der Völker zur Geltung zu bringen. Stu: 
dien über Bufendorf als Juriften und als His 
ftorifer führten ihn in die Gefchichte des deut: 
ſchen Einheitsgedanfens. Er veröffentlichte über 
diefen Gegenftand: Pufendorf3 Lehre von der 
Reichsverfaſſung. Ein Beitrag zur Gefhichte der 
| deutihen Einheit (1882). Danach) erfhien: Ge: 
Ihichte des deutſchen Einheitätraumes und feiner 
Erfüllung. In den Grundlinien dargeitellt (preis: 
gekrönt 1885). Auf wirtihaftsgeihichtlihen Ge: 














Franfreih eine reihe Bildung, verheis | biete ift fein Hauptwerk die hiſtoriſch-ſtatiſtiſche 


ratete ſich 1850 mit dem Nitterguts- 
befiger J. mit welchem fie bis zu jeinem 
Tode (11. März 1878) eine glüdliche 
Ehe, meiſt in der Stille des Landauf— 
enthalts, führte. Erit in fehr reifem 
Alter entichloß ih F. I. eine literarijche 
Arbeit der Offentlichfeit zu übergeben. 
Sie beteiligte fih 1864 an dem Konkurrenz: 
ausihreiben Der Modezeitung Victoria für eine 
größere Erzählung, und fie war es, die mit dem 
Roman „Durch Leid zum Licht” den eriten Preis 
erwarb. Seitdem fhrich fie verfchiedene Erzäh: 
lungen für eitichriften, die unter dem Titel: 
Deutſches Leben‘ vereinigt erſchienen und fich 
alle durch piychologifche Vertiefung und gemandten 
Stil auszeichneten, wie auch der in englifchen 
Verhältniſſen Spielende Roman „Die Tochter des 
Rabob“. Außerdem veröffentlichte jie: Stunden 
der Weihe, eine Sammlung von Ausiprüden 


Arbeit: Die Volkszahl deutſcher Städte zu 
Ende des Mittelalters und zu Beginn ber 
Neuzeit (1856). Seit 1885 iſt er Dozent 
an der Univerfität Berlin und giebt daneben 
die „Jahresberichte der Geſchichtswiſſenſchaft“, fo: 
wie die „Hiftoriichen Unterfuchungen” heraus. 


Sbn Zebi, j. Paulus Caſſel. 


Jeaune, Maria, |. von Gayette- 
Georgens. 


Sehle, Ludwig, geboren in Wien am 
23. Auguft 1842, abjolvierte daſelbſt an 
der techniihen Hochſchule die hem.stech- 
niihe Fachſchule. Seit 1867 in Prerau 
(Mähren-Diterr.) als Chemiker angeftellt, 
im Jahre 1873 zum Gerichts-Chemifer 
ernannt. 1874 gründete er die meteo- 


leiermachers, Stunden der Erhebung, Aus: rologiſche Station Prerau, deren Beob- 


ſprüche von 8. 3. 


loren! 3 


Jaſtrow, J., geboren am 15. Sep- 


itzſch; Onfel Born, Der: achtungen jeit 1878 von der Ef. Zentral— 
lichte Größe, Unterwegs und Am Ziel. ‚Anftalt für Meteorologie in Wien in 


extenso publizirt werden. Von 1878 


tember 1856, ftudierte 1875 —78 auf den | bis 1882 wirkte er als vom f. f. Ader- 
Univerfitäten Breslau und Berlin Ge: | bau-Minifterium ernannter Deuter der 


Das literariihe Deutfchland, 18 


Seitteles. 


meteorol. Agrar:Depeichen für Mähren 
und wurde ihm für feine Leiftungen auf 
dem Gebiete der Agrar-Meteorologie das 
goldene Verbdienfifreuz verliehen. Eeit 
1880 beichäftigt er fich mit Mafler-Ana- 
lyſen, Nahrungsmittel = Unterfuhungen, 
mit Hygiene und ſemiotiſch-chem. Unter: 
fuhungen. Die Refultate der Unterfuchun: 
gen find teils in den Berichten des na— 
turwiſſenſch. Vereines von der techn. Hoc): 
ſchule in Wien, in den Abhandlungen des 
naturforfchenden Vereines in Brünn ver: 
öffentliht, teils im Manuffripte der 
Bibliothek des Landes-Eanitäts-Rates in 
Brünn eingereiht. _ 

Mir heben hervor: Uber Witterungsfunde, Der 
heutige Stand der Witterungsfrage, Zur Grund» 
waſſertheorie, Unterfuchungen von Nahrungs: und 
Senufmitteln, Zehnjührige Beobadhtungsrefultate 


der meteor. Station Prerau, Die Mortalität der 
Stadt Prerau und ihre Beziehung zur Witterung. 


Jeitteles, Adalbert, geboren zu Wien 
20. Aug. 1831, war anfänglich im Lehr: 
fache an&taatsmittelichulenthätig, wandte 
fih aber 1859 dem Bibliothefsamte zu, 
welchem er fortab in ununterbrodhener Zeit: 
folge angehörte. Erft Hilfsarbeiter an der 


Amtsbibliothef des f. k. Minifteriums für | 


Kultus und Unterricht, erhielt er 1861 
die Etelle eines Amanuenfis an der k. k. 
Univerfitätsbibliothef in Mien und wurde 
1867 zum Efriptor an der Univerfitäts- 
bibliothef in Graz, 1871 zum Kuftos an 
derjelben Anftalt, endlich 1874 zum Vor: 
ftand der Univerfitätsbibliothef in Inns— 
brud ernannt. 1868 erwarb er fich zus 
gleich die venia legendi als Privatdozent 
für deutfhe Philologie an der Grazer 
Univerfität und hielt in den Jahren 1868 
bis 1874 in Graz, 1876— 77 in Inns⸗ 
bruck gutbefuchte Vorlefungen aus diefem 
Miffensgebiete. Yon 1869 bis zum Aus: 
tritt aus feinem Rirfungsfreife in Graz 
war er überdies als Graminator für 


deutihe Eprade und Literatur in der 
‚der Schule des Kirchdorfes Oldenswort, 


wifienichaftlichen Pıüfungsfommilfion für 
das Nealihulamt und feit 1871 auch in 
jener für das Lehramt an Handelsſchulen 
thätig. Tiefe mehrfache, durch eine leb— 


274 





Senfen. 


hafte ſchriftſtelleriſche Thätigkeit verftärkte, 


anftrengende Beihäftigung erfchütterte 


‚aber jeine Gefundheit derart, daß er fi 


1881 genöthigt jah, feine Entlaffung aus 
dem Staatsdienfte anzufuchen, die ihm 
unter kaiſ. Anerkennung feiner Verdienfte 
im November desjelben Jahres gewährt 
wurde. Seither lebt er, wiſſenſchaftlichen 
Arbeiten obliegend, als Privatmann in 
feiner Vaterſtadt Wien. 

Von feinen ald bedeutend anerfannten ſelb— 
ftändigen Schriften heben wir hervor: Neuhoch— 
deutiche Wortbildung. Auf Grundlage der hiftor. 
Grammatif für weitere Kreife bearbeitet (1865), 
Althochdeutſche Grammatik von K. N. Hahn. 
2. Aufl, bearbeitet von U. 3. (1866, 4. Aufl. 
1875), Grundzüge einer Reform der öfterreid. 
Staatsbibliothefen (1872), Auswahl aus Ulfilas’ 
gothifher Bibelüberſetzung. Mit Glofjar und 
einem Grundriß zur goth. Laut: und Fleriond« 
Ichre. Von Karl Aug. Hahn. 3. Aufl. heraus 
gegeb. und bearb, von N. 3. (1874), Altdeutiche 
Predigten aus dem Bencdiftiner-Stifte St. Paul 
in Kärnten (au u. d. Titel: Altdeutiche Hand» 
ſchriften aus Dfterreich. Teil 1.) (1878), Die St. 
Pauler Predigten und Herr Anton Schönbach. 
Abwehr einer Rezenfion über das Werk Alld. 
Predigten aus d. Benediktinerftifte St. Raul“, 
Zugleich ein Beitrag 3. liter. Kritik unferer Tage. 
(1881). 


— — 


mannes in Brock, Kirchſp. Viöl, Kreis 
Huſum, geb. den 21. Juni 1822, genoß 
den Jugendunterricht in der heimatlichen 
Dorfſchule, mehrſtenteils landwirtſchaft— 
licher Verhältniſſe wegen bei nur winter: 
lihem Schulbeſuch. Nach vollendetem 18. 
Lebensjahr bezog er das Lehrerfeminar 
zu Sfaarup auf der Injel Fühnen (Däne- 
marf), das er nad) 2 Jahren verlieh. 
Nachdem er anderthalb Jahre als Haus» 
Ichrer gewirkt hatte, ward er 1884 von 
dem Edulfollegio der Gcmeinde Oldens— 
wort in der Landſchaft Eiderftcht zum 
Lehrer an der Volksichule zu Hemme ein- 
ſtimmig gewählt und nad adhtjähriger 
Wirkſamkeit dafelbft zum 1. Lehrer an 


an welder er bis zu feiner Emeritierung 


(1. April 1884) eine feinen Wünſchen 
‚und Kräften entipredhende und lohnende 





— 


Jenſen. 


275 


Ille. 


Thätigkeit fand. Religionsphiloſophiſche 1836—40 die Rechte. Ta er zum hans 


MWerfe bildeten neben naturfundlichen 
Schriften feine Lieblingsleftüre. 

Er veröffentlihte: Die Humanität im Lichte 
des Ehriftentums ift da3 einzig wahre Prinzip 
des Unterrichts und der Erziehung durch die Volks— 
ſchule. Diefer Broſchüre folgte in verſchiedenen 
pädag. Zeitichriften eine Reihe von Abhandlungen 
über pädag. Themata, die ein allgemeinercs, fuls 
turelles Intereſſe in Anſpruch nehmen durften, 
und 1881 eine zweite Brofhüre: Das Weltprinzip 
der Freiheit. Von dem auf 5 Teile berechneten 
Werk: Chriftlihe Religionslehre für den Unter: 
= der gereifteren Jugend, find die erjten 3 

e bereit3 erſchienen und von der Kritik als 
vorzüglich beurteilt, der vierte erſcheint 1887. 

Jenſen, Wilhelm, wurde am 15. Fe: 
bruar 1837 in Heiligenhafen (Holftein) 
geboren, beſuchte das Kieler Gymnafium 
und beabfichtigte, fi) dem Studium der 
Medizin hinzugeben. Nach Abfolvierung 
der erſten Semefter an der Univerfität 
Kiel behagte ihm bei tieferem Einblid in 
dieſe Wiffenichaft und ihre „Geheimniſſe“ 
das Studium nicht, und wandte er fich 
dem der Philofophie zu. Nachdem er noch 
einige Semefter in Würzburg und Bres- 
lau verbracht hatte, überfiedelte er nad) 
Münden, betrieb dort feine Studien weiter 
und übernahm 1868 die Redaktion der 
„Echwäbiihen Volkszeitung” in Stutt- 
gart, die er nur ein Jahr leitete, um 
dann diejenige der „Norddeutichen Zei- 
tung“ in Flensburg zu übernehmen. Von 
1872— 76 wohnte J. in Kiel, jeit 1876 
in Freiburg i. B., ausfchlichlidh feiner 
EC hriftftellerei hingegeben. J.'s Haupt: 
feld iſt die Novelle, die er meifterhaft be: 
herrſcht. 

Hauptwerke: Novellen, Neue Novellen, Dido 
(Dram.), Juana v. Kaſtilien (Trſp.), Minatka 
(Rom.), Eddyſtone, Sonne und Schatten, Die 
Namenlofen(Rom.), Nach hundert Jahren (Rom.), 
Holzwegtraum, Aus mwechlelnden Tagen, Flut 
und Ebbe, Nirwana, Fragmente, Um den Kaijer: 
ftuhl, Frühlingsfturm, Bor Sonnenwende, Meta: 
morphofen, Über den Wolken (2. Aufl.), Aus 
ftiler Zeit, Ein Stiggenbud, Vom alten Stamm, 
Aus den Tagen der Hanja. 

Ihering, Rudolf v., wurde am 22. 
Auguft 1818 in Aurich geb. und ftudierte 
in Heidelberg, Münden und Cöttingen 





noverihen Staatsdienft nicht zugelafjen 
wurde, ging er nad) Berlin, um die afas 
demiſche Laufbahn zu betreten, promos 
vierte 1842 daſelbſt, habilitierte ſich 1843 
als Privatdozent für römiſches Recht und 
erhielt 1845 eine ordentl. Profeffur in 
Bajel. 1846 folgte er einem Ruf nad 
Roſtock, 1849 nad) Kiel, 1852 nad) Gier 
Ben, 1868 nad) Wien und 1872 nad) 
Göttingen, wo er noch jet als einer der 
hervorragendjten Rechtslehrer der Gegen» 
wart lebt. 

Hauptwerfe (diemeijtenin fremde Sprachen übers 
ſetzt): Geift des römischen Rechts (4. A. 1878— 87), 
Über den Grund des Beſitzſchutzes (2. U. 1869), 
Civilrcchtsfälle ohne Entſcheidungen (4. A. 1 
Die Jurisprudenz des täglichen Lebens (6. A. 
1886), Der Kampf ums Recht (8. A. 1886), Der 
Zweck im Recht (2. X. 1854), Das Trinkgeld (eine 
von den vielen erfolglofen Anregungen zur Abs 
Ihaffung des leidigen Trinfgelder » nmwefens), 
—— und Ernſt in der Jurisprudenz (3. Aufl. 
1884), 


Ile, Eduard Valentin, wurde am 17. 
Mai 1823 zu Münden geboren, abfol- 
vierte das dortige Gymnafium und wid— 
mete fih der Malerei. 1868 wurde ihm 
Rang und Titel eines Profeffors der fol, 
Akademie der bildenden Künfte und fpäter 
der Bair. Berdienft-Orden vom hl. Michael 
verliehen. 

Von feinen Schriften heben wir hervor: Kaiſer 
Sofef II. (Lebensb. 1850), Gedichte (1855), Her⸗ 
zog Friedrich von Tirol, genannt mit der leeren 
Taſche (Oper 1860), Kunft und Leben (Schaufp. 
1863, wiederholt mit Erfolg aufgeführt). Außer 
dem viele Gedichte, Novellen ꝛc. in den „Flie—⸗ 
genden Blättern“, deren Redaktion I. 1864—75 
angehörte, auch in anderen Blättern erfchienen 
Beiträge J.'s, außerdem verfahte er mehrere 
Schwänfe, Feitipiele z2c., die vielfach aufgeführt, 
doch nit im Buchhandel vertreten find. 


Immanuel, Rilh., |. G.W. Schulze. 


Inama-Sternegg, Karl Theodor 
von, aus einer alten tiroliihen Adels» 
familie ſtammend, ift der Eohn eines hö— 
heren bayriihen Richterbeamten, deſſen 
Vater in der Zeit der Erwerbung Tirols 
durd) Bayern (1809) in bayriiche Dienfte 
getreten war. Geboren am 20. Januar 

18% 


Inama⸗Sternegg. 


276 


Joel. 


1843 madte er feine Gymnafialftubien | ftif” (bis jegt 16 Quartbände), das dit. 
in Neuburg a./D. und Amberg, feine | ftatiftifche Handbuch (bis jeßt 5 Jahrgänge), 


Univerfitätsftudien in München, wo er 
Aura abjolvierte, befonders aber national: 
ökonomiſchen Studien unter Hermann 
und hiſtoriſchen unter Giefebreht nad) 
ging. Noch im legten Jahre feiner 
Univerfitätszeit (1864) veröffentlichte er 
feine erfte wirtſchaftsgeſchichtliche Arbeit 
über die volfswirtichaftlichen Folgen des 
30jährigen Krieges in Raumers Taſchen⸗ 
buch, auf Grund derer er das Doftorat 
erwarb. Nach 2Y/sjähriger Gerichts: und 
Verwaltungspraris habilitierte er fid) für 
Staatswiflenihaften an der Univerfität 
Münden, erhielt aber ſchon im Jahre 
darauf (1868) einen Ruf an die Uni- 


die 13bändigen Spezial-Ortsrepertorien, 
das öfter. Städtebuch find feine Schöpfuns 
gen, neben welchen er die „Itatiftiihe Mo— 
natsſchrift“ zu befonderem Anjchen in der 
Fachwelt emporgehoben hat. Zugleich) 
blieb er auch in feiner neuen Stellung 
feinem akademiſchen Zehrberufe getreu und 
bat in der Wiener Univerfität ein jta- 
tiftifches Seminar eingerichtet, von wel: 
chem jährlich ein Bericht über die Leiſtun— 
gen desselben erfcheint. Die kaiſ. Akademie 
der Wiffenihaften hat ihn 1877 auf 
Grund feiner ausgezeichneten Leitungen 
zu ihrem forrefpondierenden Mitglied ge: 
wählt, ebenjo ijt er Mitglied der kaiſ. 


verfität Innsbrud, dem er auch Folge Leop.:Karol. Akademie der Naturforfcher, 
leiftete, nachdem er vorher ſchon eine Neihe | des internationalen ſtatiſtiſchen Inſtituts, 
kleinerer wirtichaftsgefchichtlicher und theos | der soci@t& de statistique de Paris und 
retifher Arbeiten auf verſchiedenen Ge- der sociedade de Geographia in Rio 
bieten der a ae Janeiro. 

licht hatte. Auch in der Folge pflegte er # 

mit gleicher Intenfität die theoretiihen, IOEL, Morig. Ich bin am 19. Ok— 
wie die hiſtoriſchen Studien feines Faches; | tober 1826 als Sohn des Rabbiners 
zu den erfteren zählen insbejondere Die H. J. zu Birnbaum geboren, habe in 
Unterfuhungen über das Stantögebiet (1869-72) den Anabens und angehenden Jünglings: 
und Die Verwaltungslehre (1870), zu den letz- jahren bei meinem el. Vater Hebräiich 
teren Die Unterfuhungen über das Hofinitem und Talmudiich jtudiert, abfolvierte dann 


und die Entwidelung der Dörfer (1872 und 
1874), Über die Geſchichte der Preiſe (1873), 
Die Ausbildung der aroßen Grundherrichaften 


(1878) und die deutiche Wirtſchaftsgeſchichte 


(1879), mit welcher er der ganzen For— 
ſchung eine neue Grundlage gegeben hat. 
Mit J. Zingerle hat er 3 Bände tiroliſcher 
Meistümer herausgegeben. Im Jahre 
1880 nad) Prag berufen, lehrte er an 
biefer Univerfität 3 Semejter lang, um 
dann 1881 die Leitung der jehr im Argen 
liegenden amtlihen Statiftif von Oſter— 
reich zu übernehmen. In diefer Stellung 
und feit 1884 als PBräjident ber k.k. 
ſtatiſtiſchen Zentral-Kommiſſion hat er Die 
amtliche Statiftif Ofterreihs von Grund 
aus reformiert, Jowohl was den Umfang 
ihrer Arbeiten als aud) die Einrichtung 
ihrer Publifationen, betrifft. Dies große 
Quellenwerf der „Ofterreihiihen Stati- 


‚in Pofen das Gymnaſium, machte meine 
Univerfitätsitudien in Berlin, legte Darauf 
das Eramen pro faeultate docendi in 
Berlin ab und promovierte als Doctor 
philosophiae in Halle. 1854 fam id) 
‚als Hilfslehrer an das jüdische theologische 
Seminar zu Breslau, wofelbjt ih 9 Jahre 
dozierte, bis id Ende 1863 zum Rab» 
biner in Breslau gewählt wurde, und 
‚Seit jener Zeit bis heute diefes Amt ver- 
walte. In diefer Zeit ließ ich folgende 
jelbitändige Schriften ericheinen: 

Lewi ben Haffan als Religionsphilofoph (1862), 
Don Hasdei Cruscas — — 
ren in ihrem geſchichtlichen Einfluſſe dargeſte 
(1866), Spinoza's theologiicdhpolitiiher Traftat 
auf feine Quellen geprüft (1870), Zur Genefis 
der Lehre Spinoza’s (1871), Notizen zum Buche 

| Daniel. Etwas über die Bücher Sifra und 


| Sifre (1873), Religions⸗philoſophiſche 3 
(1876), Meine in Veranlafjung eines 


Jordan. 


abgegebenen Gutachten über den Talmud (1877), 
Die Angriffe des Griechentumd gegen Juden und 
Ehriften in den eriten Jahrhunderten der rö— 
milden Gäfaren (1879), Blide in die Religions: 
geihichte: I. Teil: Der Talmud und die grie 
chiſche Sprache nebft zwei Erkurfen, a. Ariftobul 
der jüdiichen Peripatetifer, b. die Gnofis (1880), 
IH. Teil: Der Konflift des Griechentums mit 
dem Chriftentume in feinen Folgen für das Zu: 
dentum (1883). An ſpezifiſch theol. Schriften 
babe ich veröffentlicht: Feftpredigten (1867), Zur 
Orientierung in der Kultusfrage. Dazu eine 
Ergänzung (1869). Von 1861—86 eine größere 
Anzahl von patriotiichen Predigten. Ebenfo eine 
Anzahl Gelegenheitö: Predigten. Israelitiſches 
Gebetbuh für die öffentliche Andacht (1872, 
2. Aufl.1880). Streitichriften: Überdie Lasker'ſche 
Refolution, Offener Brief an Herrn Profeflor 
v. Treitſchle (1879), Gegen Gildemeiiter (1884). 


Jordan, Karl Hermann, wurde am 
18. November 1854 in Liegnig in Schle— 


277 


Jordan, 


und Tilfit vorgebildet und ftudierte in 
Königsberg und Berlin Philoſophie und 
Naturwiſſenſchaften. Nah Beendigung 
‚feiner Studien lebte er einige Zeit in 
Leipzig, wurde jedoch infolge politischer 
Preßvergehen aus Sachſen vermwielen 
und fiedelte 1846 nad) Bremen über, 
wo er, ganz feiner Schriftjtellerei hin— 
gegeben, bis zum Sahre 1848 Iebte, 
da er ſich lebhaft an dem politischen Ge— 
triebe beteiligte und nad Berlin ging. 
Er gehörte bier dem Frankfurter Parla— 
ment als Abgeordneter (Zentrum) an. 
1850 wurde er zum Minifterialrat in der 
Marineabteilung des Reichsminifteriums 
für Handel ernannt, nahm 1851 feinen 





Abſchied und gab fih nun ganz feinen 
ſchriftſtelleriſchen Beſtrebungen in Frank 


fien als Sohn des Nittergutsbefigers in furt a. M. bin. Literariih wurde J. 


Bolkendorf bei Neumarkt (Schlefien) ge: 
boren. Er befuchte das Gymnafium zu 
Sagan und das Realgymnafium zu Gör- 
fig und machte, feiner Neigung für Natur- 
wiſſenſchaft und Erdfunde folgend, zuerft 
an ber Univerfität zu Berlin, darauf zu 
Wien, feine entiprechenden Studien (1874 
bis 1878). Aus verjchiedenen Gründen 
gab er jeinen Plan, naturmwiffenichaftlicher 
Forfhungsreifender zu werden, auf und 
wandte fih mit fteigendem Intereſſe den 
Tagesvorgängen zu. 1883—84 ging er 
völlig zur Journaliftif über. Er ift feit 
1883 als Redakteur am Biologiſchen 
Zentralblatt thätig und gründete im De: 
zember 1883 die „Fränkiſchen Nach— 
richten“, die er noch jekt in dem Sinne 
eines freifinnigen Volfsblattes leitet, troß 
feiner Erziehung in jtreng fonjervativen 
Kreifen. 


Bon felbftändigen größeren Arbeiten heben wir | 1846 in Ragnit (Dftpreußen) 


or: Die Binnenmollusten der nördl. gemäß. 
von Europa und Ajien u. d. arktiſchen 
Zänder (1888); Phyfiographie, Eine Einleitung 
in das Studium der Natur. Nach dem Engli— 
ſchen von T. H. Hurley für deutiche Lefer frei 
bearbeitet (1884). 
Sordan, Wilhelm, geboren am 8. Fe- 


bruar 1819 in Infterburg (Oſtpreußen), 
wurde auf den Gymnafien zu Gumbinnen 


in weitejten Kreifen vornehmlich und zu— 
erſt durch feine Nibelungen befannt, wels 
ches Werk ihn zu den hervorragendften 
Meiftern der Forms und Verskunit erhob 
und feinen Ruf für immer begründete. 
Auch auf dem Gebiet des Dramas hat 
%. ſich befonders ausgezeichnet. 

Hauptwerke: Nibelungen (Siegfried:Sage 12. 
Aufl.1884, Hildebrands Heimkehr, 7. Aufl. 1884), 
Strophen und Stäbe (Geb. 1871), Arthur Ar« 
den (Schaufp. 1873), Durch's Ohr (Luftip. 4.9. 
1880), Epiiche Briefe (1876), Andachten (Geb. 
1877), Sein Zwillingsbruder (Luftip. 1883), 
Tauſch enttäufht (Luſtſp. 2. Aufl. 1886), Die 
Sebalds (Rom. 1884), Feftipiel zur 100jährigen 
Feier der Gebrüder Grimm (1885); außerdem 
lieferte J. vorzügliche Überfegungen von Homers 
Ilias und Ddyfiee, der Tragödien des Sophofles 
und von Shafefpeared Dramen. 


Fordan, Wolfgang Arthur, ein Brus 
der des Morigen, wurde am 26. Mai 
eboren, 
befuchte das Gymnaſium Tilfit, Aubierte 
zuerft Theologie, danach Philologie in 
Königsberg, legte 1871 fein Eramen ab 
und wirkte als Gymnafiallehrer dafelbft, 
fpäter in Raftenburg, feit 1877 in Gum: 
binnen. 
Hauptwerfe: Anklänge und Reime (Ged. 


1875), Student und Dichter (Schaufp. 1875), 
Leibeigne Lieder (1875), Das Gebet des Herrn 


Soft. 
(Ged. 1881), Das 5Ojährige Jubelfeſt (Ged. 
1882). 


Joſt, Eduard, geboren 21. Juli 1838 
in Trier, war früh ſchon auf feine eigene 
Kraft angewiejen, da die Familie 1851, 
nahdem Eduard J. joeben das Gymna— 
fium abjolviert hatte, durd) den Tod ihres 
Ernährers beraubt wurde. Er wirkte nun 
zunächſt als Erpedient im Sefretariat des 
Handelsgerichts in feiner Vaterſtadt, ging 
jedoch 1859, Diefer trodenen Arbeiten 


278 


müde, zur Bühne als Opernfänger (Bas 
riton) und war als folder 4 Jahre mit 


Erfolg thätig. 1864 trat er in die Ne 
daftion der „Zrierihen Volkszeitung“, 
übernahm 1867 die Leitung des „Anz 
zeigers“ in Dürkheim, 1870 diejenige des 
„Eilboten“ in Landau und 1882 Dieje- 
nige des „SKreisblattes” in Merzig an 
der Saar. Seit 1885 lebt J. in Leipzig 
als Bibliothekar des Alfred Loreng’ichen 
Antiquariats und Redakteur der Zeitichrift: 
„Der Zuſchauer“. 

Hauptwerte: Gedichte, Geld und Liebe (Nov.), 
Der Junker von Haidenau (Nov.), Zeitgedichte, 
2. Schumann, Studios Rheinfahrt (Nov. 2. A.), 
Der gute Haifer Mar (Nov.), Deutiche Treue 
(Erz., 2. Aufl.), Die Patriotin von Lautern 
(Erz.), Klofter und Grafenburg (Erz., 2. Aufl.), 
Die Braut aus dem Norden, Landſtuhl und 
Ebernburg, Geſchichte der Stadt Kaiſerslautern, 
Der gemütliche Jahresbote. 


Irrgang, Georg, geboren am 31. 
März 1860 in Kl. Naundorf bei Dresden, 
verlebte Kindheit und Jugend durchgängig 
in Dresden und wandte fi) nad) Abjol- 
vierung des dortigen Annen-Realgymna= 


Sfenbed. 

ten in verfhiedenen Tagesblättern eine 
gewiſſe Popularität. In diefen Jahren 
entftanden auch die größeren bramatijchen 
und novelliftiihen Dichtungen, die zum 
Theil bald darauf in Leipzig erichienen, 
wohin fi Irrgang vermöge der Gunft 
begüterter Freunde und eigener Eripar: 
niſſe aus der Zeit feines Beamtenlebens 
wandte, um Kunſt- und Geijteswiflen: 
haften zu ftudieren. Er gab die Be 
amtenfarriere völlig auf und ſchlug nad) 
vollendetem Studium als Schriftiteller bis 
auf weiteres in Dresden fein Heim auf. 


Nach einander find bis jet (1887) erſchie⸗ 
nen: Lenora (Schaufp.), Die Brüder (Schip.), 


| Belopidas (Trip.), Der gefährliche Vetter (Lip), 





und Leid 


Das verfchleierte Bild (Schaufp.), In Freud 
(Nov.), Die Wege der Liebe 
(Zuftip.), Junge Träume (Ged.), Die Poeſie des 
Lebens (Ged.); und mannigfaches in Zeitichriften 
und Tagesblättern, 

Sienbed, Julius Heinrich (I. D. 
Binder), wurde am 24. Mai 1847 in 
Münfter i. W. geboren, ftudierte in Berlin 
und machte dann längere Reifen durch 
Europa und Amerika, welche er jchon früh: 
zeitig unter verſchiedenen Pieudonymen 
ſchriftſtelleriſch verwertete. Zu Anfang 
der 70er Jahre wurde fein Vollsſchau— 
Ipiel Der Brand von Chicago mit Erfolg an 
verfchiedenen deutichen Bühnen Nord» 
amerifas aufgeführt. Seine Novellen, 
Romane und Efjays finden fih in den 
gelefenjten deutichen Zeitungen und Jour- 
nalen. Dabei hat derjelbe eine Reihe 
von Jahren eine Erziehungs: und Un 
terrichts-Anftalt für Knaben geleitet, der 


fiums — weniger feiner Neigung als dem | u. A. auch der König von Siam zehn 
Zwange der Verhältnifie folgend — der junge Edelleute zur Ausbildung übermwies. 


Beamtenfarriere zu. 
Hauptverwaltung der kgl. ſächſ. Staats- 
bahn eine angenehme Anftellung, die ihm 
freie Zeit genug ließ, fich dem Kunftleben 
Dresdens zu widmen. Er hospitierte in 
ben philofophiihen und literariichen Vor: 
lefungen des fol. Polytechnikums, hielt 
bin und wieder Vorlefungen äfthetiicher 
Art, und verſchaffte fich durch Veröffent- 
lihung lyriſcher und novelliftiicher Schrif- 


% fand in der In wohlthätigen und politiihen Vereinen 


vielfach thätig, trat J. auch oft als Red: . 
ner auf. 

Ming, Wilhelm von, geboren am 10. 
Auguft 1821 zu Delmenhorft im Groß: 
berzogtum Oldenburg, trat 1835 in Die 
oldenburgiihe Militärfchule ein und diente 
als Volontär, Fähnrich und Offizier bis 
1844. Im Jahre 1846 ging er zur 
Colonia über, bereifte feit 1849 einen 


Judeich. 


großen Teil Deutſchlands als Beamter 
jener Geſellſchaft, zog ſich 1368 von den 


Geſchäften zurück, und privatifiert gegen: 


wärtig in Kajlel. 

Jugendwerfe: Die Dramen: Montmorency, 
Karl Stuart, Gustav Wafa, und Gedichte (von 
dem Verfaſſer zurücdgelegt). Außerdem heben 
wir von den vorzüglich beurteilten Werfen des 
Dichters hervor: Die Dramen: Himmel und Erde 


(1858, 2. Aufl. 1859), Robespierre (1859), | 


Michael Kohlhaas (1861), Narr und Sänger, 
dem Drama Himmel und Erde entnommen, und 
für die Bühne bearbeitet (1862), Johanna d’Arc 
(1868); ferner: Gedichte (1873), Das epiich: 
Igriiche Gedicht Held Guſtav (1875), Gedichte, 
(zweite vermehrte Aufl. 1878). In Vorbereitung 
befinden ſich ein Liederband und ein desgl. 
Aphorismen. 


Sudeich, Joh. Friedr., geboren 27. 
Januar 1828 zu Dresden, jtudierte Forit: 
wiſſenſchaft in Tharandt und an der Uni- 
verfität Leipzig. Seit 1849 bei der ſächſ. 
Forſteinrichtungsanſtalt beichäftigt; 1857 
Forſtmeiſter auf der Waldherrichaft Hohen: 
elbe in Böhmen; 1862 Direktor der Forft- 
lehranftalt zu Weißwaſſer. Seit 1866 
Direktor der Forjtafademie zu Tharandt, 
1878 zum Geheimen Oberforitrat ernannt. 
Außer durch zahlreiche Abhandlungen in 


forjtlihen Zeitichriften hat er fi als | 


Schriftiteller einen Namen erworben durd) 
jein Lehrbuch Die Forſteinrichtung (1871, 4. 
Aufl. 4885); er tritt darin für die von 
Preßler begründete „Reinertragslehre” 
ein. Das befannte Handbuch von Ratze— 
burg: Die Waldverderber und ihre Feinde, 
bearbeitete er in 7. Aufl. vollitändig neu 
(1876), in 8. Aufl. unter dem Titel 
Lehrbuch) der mitteleuropäifchen Forſtinſektenkunde 
in Gemeinschaft mit Brofefior Dr. Nitiche 
(I. Abth. 1885). Seit 1868 leitet er 
die Redaktion des „Tharandter forftlichen 
Jahrbuchs“. 1873 erſchien der erſte Jahr: 
gang feines Deutfchen Fort: und Jagdkalen— 
ders (2 Bde.) feit 1882 fortgejegt von ihm 
mit Behm unter dem Titel Forſt⸗ und Jagd⸗ 
falender. 


Jüngſt, Antonie, wurde zu Werne, 
einem weſtfäliſchen Landftädtchen, am 13. 
uni 1843 geboren. Ihr Vater war 


279 


— Jürgenſen. 

dort Steuerempfänger. Nach dem frühen 
Tode der Eltern kam ſie in das Haus 
des Juſtizrats Crone zu Rheine, wo ſie 
eine glückliche Jugend unter der reichen 
Liebe der Pflegeeltern, die kinderlos waren, 
verlebte. Sehr jung noch, zeigte das be— 
gabte Mädchen Luſt und Liebe zum Dichten. 
Zur Vollendung ihrer Studien kam ſie 
nach Aachen zu den Urſulinerinnen von 
‚St. Leonard, wo fie anderthalb Jahre zu: 
‚bradte. Inzwiſchen waren ihre Pflege: 
eltern nah Münster übergefiedelt, und 
‚dort lernte fie nad) der Rückkehr aus der 
Penſion den blinden Profeſſor Ch. B. 
‚Schlüter fennen, der in freundichaftlichem 
‚Verkehr ihrem Geift reihe Nahrung gab 
‚und fie zu dichteriſchem Schaffen anregte. 
'  Hauptwerfe: Conradin der Staufe (Ep. 2. Aufl. 
1887), Der Gloden Romfahrt (ein Bildereyel. 


1884), Der Tod Baldurs (Ep. 1886). Außer: 
dem veröffentlichte fie in verſchiedenen Zeitichrifs 


| 


ten Novellen, Reiſebeſchreibungen und Gedichte, 
A. J. lebt in Müniter. 


SZürgenjen, Guftav Theodor, geboren 
zu Sandbed bei Kappeln in Angeln am 
22. Juli 1854 als der Sohn eines Land— 
manns. Mein Vater, der eine fehr gute 
Schulbildung genofien hatte, interejfierte 
fi) mehr für Bücher als für Landwirt- 
ſchaft, gab eine Zeit lang zu Kappeln ein 
Wochenblatt heraus und hatte aud), wie 
man wohl jagt — eine „poetiſche Ader”. 
Im Jahre 1866 zogen meine Eltern nad) 
Jütland, wofelbft mein Vater eine Land: 
jtelle gefauft hatte, doch fehrten wir ſchon 
nah faum drei Jahren in die Heimat 
zurüd. Den Beruf eines Lehrers wäh— 
lend, beiuchte ih in den Jahren 1874 
bis 1877 das Lehrerjeminar zu Edern- 
förde und nahm nad) beendetem Kurjus 
eine Lehrerftelle in Wandsbed bei Ham⸗ 
burg an, welche Stellung ich noch jegt 
inne babe. 

Was meine Gedichte betrifft, fo find fie zu: 
meift Igrifcher Art und vorwiegend in plattdeuts 
ſcher Sprache abgefaht. Zum Gegenitande haben 
fie meiftend Bilder aus dem Naturleben, was 
darin feinen Grund haben mag, daß mein El— 
ternhaus ziemlich abſeits vom Dorfe lag und ich 
jo meine Jugend in ländlicher Abgejchiedenheit 














Juncker. 


verbrachte. Erſchienen ſind ſie in verſchiedenen 
Zeitſchriften. Eine eigene Sammlung iſt bis 
jetzt noch nicht herausgegeben. 


Juucker, E., |. E. Schmieden. 
Jung, Adalb., ſ. A. E. Seiginger. 


Jung, Julius, wurde am 11. Sept. 
1851 zu Imſt in Tirol geboren, ftubierte 
von 1869— 1875 in Innsbrud, Göttin: 
gen und Berlin Philofophie und Geſchichte, 
promovierte 1873 und habilitierte ſich 
1875 an der Univerfität Innsbruck als 


Privatdozent für Geſchichte. 1877 wurde 


er als außerord. Profeſſor desjelben Fachs 
nad) Prag berufen, wo er noch jet, jeit 
1884 als ord. Profefior thätig iſt. 
Hauptwerfe: Nömer und Romanen in den 
Donauländern, biftorifchsethnographiiche Studien 
(1877, 2. Aufl. 1887). Die romaniſchen Land: 
Ichaften des römifchen Reihe, Studien über die 
inneren Entwidelungen in der Haijerzeit (1881). 


Jung, Zuife (Ludwig Bernow), wurde 


am 17. September 1843 in Meersburg. 


(Baden) geboren, im Haufe ihrer Eltern 


und in einem Klofter erzogen. 1871 über: 


fiedelte fie mit ihren Eltern nad) Baden: 
Baden, wo fie noch jegt lebt. Außer 
Beiträgen für Zeitfchriften verfaßte fie 
die jelbjtändig erichienenen Werke: Dreifjig 
Jahre (Rom.) und Miterlebt (Nov.). 


Zunghand, Sophie, ift am 3. De 
zember 1845 in Kaffel als älteftes Kind 
des kurheſſiſchen Hofrats J. I. geboren. 
Der Vater jtarb 1860. Die Familie litt 
nad feinem Tode unter dem Drude un: 
günftiger Verhältnifje, fo daß ©. J., auf 
ihre eigene Kraft angewiefen, 1864 als 
Lehrerin nad) England ging. Hier er: 
warb fie fich eine tüchtige Kenntnis des 
intereflanten Landes, feiner Sprade und 
vor allem feiner Literatur. 1869 fehrte 
fie nah Kaſſel zurüd. Als Erftlings- 
früchte literariihen Schaffens, die in jener 
Periode gezeitigt worden, find zu nennen: 
Ein Bändchen Gedichte (1869) und die Er: 
zählung Xerflofiene Stunden (1871). Wäh— 


rend ber Jahre 1871 — 73 brachte fie die 


Wintermonate in Berlin, das ihr reiche 


280 


Jungmann. 


Anregung bot, zu. Es erſchienen nun 
die Novellenſammlung Freudvoll und leidvoll 
(1874) und der Roman Käthe (1876), der 
äußerft freundlih aufgenommen wurde. 
Im jelben Jahre begab fih ©. J. nad) 
Italien. In Rom wurde fie 1877 die 
Gattin des nachmaligen Dozenten an der 
dortigen Univerfität J. Schuhmann. Die 
nicht glüdliche Ehe wurde jedoch bald ge: 
löſt dur Sophie J.'s Rückkehr nad) der 
deutihen Heimat und einige Jahre ſpäter 
gefeglich geihieden. Der ernfte Schritt 
hatte viele Kämpfe und Leiden zur Folge, 
nichtsdeftoweniger war das literariiche 
Schaffen jtetig fortgegangen. 

1878 erihien: Haus Edberg (Rom.), Die 
' Schwiegertohter (Nov. 1878), Orſana und an« 
dere Novellen (1880). 1883 famen ihre Neuen 


Novellen heraus, es folgten die Nomane Die 
Gäſte der Madame Santincs (1884), Helldunfel 
(1885) und Die Amerifanerin (1886). Mehrere 
‚ihrer, von der Hritif vorzüglich beurteilten Werke 
find in fremde Spradhen überfegt worden. Die 
Autorin lebt zur Zeit in Wiesbaden. 


ZJungmann, Ernſt. Ich bin als 
ein Eohn des Majors Eduard Julius J., 
des Eiegers von Edernförde, welcher am 
5. April 1849 Chriftian VIII. in die 
Luft fprengte und die Gefion eroberte, 
‚geboren am 3. Juni 1851 zu Olden- 
burg im Gr.; befucdhte das Gymnafium 
zu Hamburg, die Kadettenkorps Bensberg 
und Berlin. Eines Augenleidens halber 
zum militärifhen Dienft unbrauchbar, 
wollte ich jtubieren. Ich fam nach Züne- 
‚burg auf das Gymnafium, mußte jedoch 
‚aus demfelben Grunde das beabfichtigte 
Studium aufgeben und auf das Land 
gehen. Ich lernte in Holftein die Land— 
wirtihaft, war jpäter 1!/e Jahre in 
Schweden, darauf längere Zeit in Bel- 
gien, wo ich mich wieder dem Studium 
zumandte (Gent und im Kloſter Dia: 
‚lonne bei Namur). Darauf begab id) 
mich nad Oftpreußen, kaufte eine Fleine 
Beligung, bekleidete die verjchiedeniten 
Ehrenämter (Amtsvorfteher, Standes- 
beamter 2c.). In der Muße des Land- 
‚lebens warf ich mid auf das Studium 











Jurit. 


281 


Juſtinus. 


ber Geſchichte und begann, mid) literariſſh Juſtinus, Oskar, wurde am 21. Fe: 


zu beichäftigen. 
erfchien ein Band Gedichte unter dem 
Titel: Nordilche Herbitblätter (1883). Als das 
Werk Beifall fand, konnte ich bald darauf ein 
Epos „Skomand“ herausgeben. Die zweite Auf: 
lage folgte nach zwei Jahren. Ich hatte in» 
ſchen meine Befitung verfauft, arbeitete einige 
Beit in einer Berliner Redaktion und murde 
1884 als Chefredakteur der Lübeder Ztg. nad 
Lübed berufen. Die anftrengende Berufsthätigkeit 
ließ mir wenig Zeit zu anderen Arbeiten. Außer 
Heinen Abhandlungen und Novellen, die zerftreut 
in verfchiedenen Zeitichriften erjchienen find, 
vollendete ich einen Hleineren hiftorifchen Roman 

„Zönnied Emwers“. 


Jurik, Yofefine, wurde am 30. Mai 
1859 zu Wien geboren. Sehr begabt, 
erwarb fie fih früh einen Ruf als 
Jugendichriftftellerin, ſowie durch ihre 
Neden in mehreren Prefprozefien zu 
Wien und Eilli als mweibliher Advo— 
fat. Ihr Hauptaugenmerf war auf die 
Bither und deren Literatur gerichtet, ihre 
jachgemäßen Abhandlungen, ſowie bie 
ither-Unterrichtsbriefe, welche fie in 

itungen veröffentlichte, haben in 
den Fachkreiſen Aufjehen erregt. Auf 
ihren Konzertreiſen durch Deutichland 
und Ofterreih (1882 und 1883) fand 
fie als Leiterin des Zitherquartetts Jurik 
reichen Beifall. Sie gründete den erften 
Wiener Damen-Zitherklub, defien Präfi- 
dentin fie wurde, und gab durch ihre 
Fachartikel die Anregung zur Gründung 
vieler — In ihrer Eigen⸗ 
ſchaft als Jugendſchriftſtellerin iſt J. J. 
aus produktiv. Ihre Schreibweiſe iſt 
haft und anmutend und namentlich ihre 
Märchen befigen poetiihen Reiz. Zur 
Zeit J. J. in Donauwörth (Bayern) 
als Redaltrice der im „Caſſianeum“ er- 
fcheinenden Jugendichriften und ift emfig 
mit literarifchen Arbeiten bejchäftigt. 





aufp.), Der , 
ürfen vor Marburg (bift. Nov.), Typen aus 
—— Humoresten, Die Roſe von Eichwald 


bruar 1839 in Breslau geboren und er: 
lernte nach Abfolvierung der Schule die 
Handelswifienihaft im Geichäftshaufe 
feines Vaters. Daneben trieb er eifrig 
literariihe Studien, da feine Neigung 
ihn weit mehr zu der Schriftitellerei als 
zu der Kaufmannjchaft hinzog. 1861 
wurde fein erjtes Quftipiel Der Vereinäheld 
aufgeführt, doch verging eine Reihe von 
Fahren, bis feine ſonſtige Lebensſtellung 
ihm erlaubte, feiner Muſe weiter zu 
dienen. Erſt nachdem fiebzehn Jahre 
fpäter fein Luſtſpiel: Unfer Zigeuner mit 
großem Erfolg über alle deutiche Bühnen 
gegangen war, entichloß er fich mit dem 
Verlufte des Vermögens feine ſämtlichen 
Geſchäfte zu liquidieren und nad) Berlin 
überzufiedeln, wo er ſeitdem ausſchließlich 
feiner literariihen Beichäftigung lebt. 
J. Aultiviert neben der Bühnenſchrift⸗ 
ftellerei aud) den Humor in der Erzäh— 
lung, Plauderei, dem Liebe und Spiel, 
wovon eine große Anzahl Beiträge in 
Zeitihriften und Tagesblättern Kunde 
geben. Eine kleine Sammlung humo— 
riſtiſcher Typen gab er als Ein Photos 
graphie-Album (1885) heraus. Won den 
zwanzig Theaterftüden, welche von dem 
Autor zur Aufführung famen, haben einen 
nachhaltigen Erfolg errungen: Unfer Bis 
geuner, In der Kinderftube, Die Eheftifterin, 
Griechiſches Feuer, fowie die mit Heinrich) 
Willen gemeinfam verfahten Pollen: 
Apfelröschen, Gefellichaftliche Pflichten, und Das 
gegen zweihundert Dal hintereinander in 
Berlin gegebene Kyritz⸗Pyritz. 


Juta Bertha, j. Groß v. Trodau. 


Jverſen, Henrich, geboren zu Lörup⸗ 
feld am 19. Oktober 1848, bejuchte die 
heimatlihe Schule (unter Barfod) und 
beabfidhtigte, Lehrer zu werden. Seiner 
ſorgſamen Mutter verdantte er feine Kennt- 
nifle in deuticher Sprache, die er in der mit 
dänifchem Unterricht betriebenen Schule 
nicht erwerben fonnte. 1868 bezog J. 
das Lehrerfeminar in Tondern unter dem 


Iwerſen. 


Seminardirektor Schmidt, der ſich des 
Einſamen in väterlichſter Weiſe annahm. 
1870 unterbrach J. ſeine Studien, um 
mit gegen den Erbfeind zu kämpfen; 1872 
wurde er mit dem „erſten Charakter“ ent— 
laſſen und in Kalleby (Nordangeln) als 
Lehrer angeſtellt. Hier gründete er ſich 
auch feinen häuslichen Herd. 1879 wurde 
er als Hauptlehrer und Organijt nad) 
Mundbrarup berufen. 

J.'s literariihes Feld ift die Lyrif. Seine 
Gedichte, die fich einer gewillen Vollstümlichkeit 
erfreuen, find in feiner Heimat in Mufif gejegt 
und werden dort gelungen. 


Jwerſen, Adelheid Marie Catharine 
Nicoline Andree, geb. Fri, am 25. Aus 
guſt 1829 in Flensburg geboren, empfing 


ihre Bildung ausſchließlich dur den | 
Spradjlehrer ©. Bradenhoeft aus Ham: 


burg. Von 1864 an erteilte fie in der 


unterriht. Die große Bewegung von 
1848, namentlich die Erhebung der Elb— 
herzogtümer, trieb fie als eifrige Schles: 
wigholfteinerin in die politiiche Arena der 
Tagespreife, wo fie für verſchiedene Blät- 
ter Artikel fchrieb. 1851 weilte fie meh: 
rere Moden in Paris und lernte hier 
Viktor Hugo und Heinrich Heine fennen 
— ein Aufenthalt, der ihrer geijtigen 
Entwidelung jehr förderlich und von nad) 
baltigem Einfluß auf ihr Seelenleben 
war. 1854 verheiratete fie ſich in Flens- 
burg mit dem gleichgefinnten und gleich— 
ftrebenden Julius J. 

Es find von ihr Gedichte, Überfegungen, 
Feuilletonbeiträge, Reiſeſkizzen, Märchen und an— 
dere Arbeiten verſchiedenſter Art in fehr vielen 
Beitichriften erfchienen. 1886 erfchienen ihre aus: 
gewählten Gedichte unter dem Titel: „Traum 
und Leben, Liedesflänge aus Schleswig-Holſtein, 
von Adelaide Marie“, welche ſich ſehr günftiger 
Rezenfionen zu erfreuen hatten. 


werfen, Julius %. (Julius), geb. 
den 24. November 1815 in Norder:St. 
Jürgen bei Flensburg (Sohn des ver: 
ftorbenen Sciffsfapitäng Mich. Iwerſen 
dafelbjt), von 1840—57 als Kaufmann 
in Flensburg felbftändig. Won 1842 an 


282 


Faden. 


literariich thätig auf dem Gebiete der 
Journaliſtik. Zeitweilig Mitarbeiter an 
„Itzehoer Wochenbl.“, „Hamb. Nachr.“, 
„Lübeck. Ztg.“ und anderen Zeitungen. 
Feuilletonarbeiten: Gedichte, meiſt lyriſch, 
und Überſetzungen von Novellen aus dem 
Engliſchen in verſchiedenen Zeitſchriften. 
Die veröffentlichten Artikel in Proſa, teils 
von Flensburg, teils von Kiel, teils von 
Rendsburg aus geſchrieben, ſind unzäh— 
lig. Seit 1859 ſeßhaft in Rendsburg. 
Politiſch gehört J. der liberalen Partei— 
richtung an. 





K. 
Kaden, Edmund, wurde am 22. April 
1858 in Bieberſtein bei Freiberg (Sachſen) 





geboren. Die Erziehung, welche mir mein 
franz., engl. und deutſchen Sprache Privat: 


Bater, ein bergmänniicher Unterbeamter, 
zu Teil werden lalfen fonnte, war die 
denkbar einfachjte. — Ich beſuchte die Dorf: 
Ihule vom 6. bis zum 14. Lebensjahre. 
Nah erfüllten 14. Lebensjahre wurde 
id Bergarbeiter (Silbergrube „Güte Got: 
tes” zu Scharfenberg bei Meißen). Die 
einzige Gelegenheit mich geiltig weiter aus- 
zubilden, fand ich längere Zeitindem Bejuche 
der Sonntagsichule zu Meißen, bis ih 1875 
nad Freiberg überfiedelte, um dort Die 





fgl. Bergichule zu beſuchen. Nach been- 
detem Bergichulbejuche befleidete ich furze 
Zeit die Stelle eines Steigers, wurde aud) 
Ipäter bei der Verwaltung der Bergfnapp: 
ſchaftskaſſe angeftellt und trat 1883 in 
den Gemeindevermwaltungsdienit über, in 
welchem ich noch jetzt und zwar gegen: 
wärtig als Stadtfaffierer in Buchholz 
(Erzgebirge) thätig bin. 

Der dichterifche Trieb hat fich frühzeitig in 
mir geregt. Schon als Kind hatte ich neben —— 
denen Liedern einen Lobgeſang auf die altehr— 
würdige Bergſtadt Freiberg verfaßt. An die 
Öffentlichkeit trat ich zuerſt 1878 mit der kleinen 
poetiihen Erzählung: Des Bergfnappen letzte 
Schicht. Später habe ih zwei Sammlungen 
meiner Gedichte zum Belten armer Bergmanns⸗ 
finder herausgegeben. Die Entfaltung meines 
Heinen föriftitelerifihen Talentes ift daburd 


Kaden. — 283 — Kämpf. 


fehr gehemmt morben, daß id bisher alle| Mien, das therefianiiche Gymnafium da— 


meine Kräfte dahin richten mußte, mir eine, | N : : ite— 
ſelbſt. Hier begann er bereits ſeine lite— 


Rahrungsſorgen geſchützte Lebensſtellung zu er: | rariſche Thätigfeit mit Ornithologiſchen 
ringen. In den vielen Kämpfen und Sorgen, Streifzügen in Zeitſchriften. Er wandte ſich 
die ein foldes raftlofes Vorwärtäftreben mit ſich medizinischen und naturwiſſenſchaftlichen 
bringt, ift mir die Poeſie ftetö eine treue Freun— Studien au. 1884 erfolgte feine Beru— 
din und milde Tröjterin gemeien. du. . * 
fung als Amanuenſis ans zoologiſche Hof— 
Kaden, Woldemar, wurde am 9. Fe- kabinet. Im Jahre 1885 trat er feine 
bruar 1838 in Dresden geboren, ftudierte | erfte Stubienreife in die Herzegowina an, 
Theologie und Pädagogik in Leipzig, um |deren Ergebniffe er in einer Neihe von 
fih dem Lehrfad zu widmen. Nachdem | öffentlichen Vorträgen und Feuilletons in 
er zunädjit als Hauslehrer in Niga ge: | Zeitfchriften verwertete. Infolge diejer 
wirft, folgte er einem Ruf an eine Pris | öffentlichen Thätigfeit wurde er vom Mi: 
vatichule in Dorpat, deren Direftorat er | nifterium mit der Miffion der zoologiichen 
mehrere Jahre verwaltete, um dann in | Erforihung Bosniens und der Herzegowina 
Paris franzöfiihe Sprachſtudien zu bes | und der Herausgabe eines diesbezüglichen 
treiben. Danad wirkte er als Direktor | Werkes betraut, welch’ erjtere K. unter 
einer deutihen Schule in Neapel, in wel- | großen Gefahren und Entbehrungen vor: 
her Stadt er noch jegt lebt und zwar züglich durchführt. Das Werk ift im 
feit 1876 als Profeſſor der deutichen | Erjcheinen begriffen. 
Sprade und Literatur an einem Lyceum. j ——— —— —— die Er ei 
I 1 } J eurteilt wurden, heben wir hervor: Im Zeichen 
er dr 8. ich — ſonders als der Schwalbe (Geſammelte Ornithologiſche Beob— 
yri er aus. eine Poeſien engen EINEN | achtungen und eine ornithologiiche Forihungsreife 
ungemeinen Wohltlang, der wie Mufik in der Herzegowina, 1881—86), Sankt Georg 
anmutet. Auch feine Kulturbilder erfreuen u en ra .. sen 
; : Rufe hä über die Voritehhundfrage (1887), Waldfahrten 
ſich age —— 4 —— — (1887), Aus dem Tagebuche eines Fährtenſuchers 
zu ben eiten, die, Ipeziell über Ita VEN, | (Jagd: und Neifejfizzen aus der Herzegowina, 
eriftieren. 1888), Die Fauna der Herzegowina (1888). 
Hauptwerfe: Wandertage in Jtalien, Duritige | 


Tage, Italieniſches Wunderhorn, Unter den Dli- 4 
venbäumen, Sommerfahrt durch Italiens ſüdliche Kämpf, Saul Fjaac, geboren am 6. 


Provinzen, Ztalienifhe Gipsfiguren (2. Auft.), | Mai 1818 zu Liſſa. Schon in früher 
Skizzen und Kulturbilder aus Italien, Pompe: Jugend zeigte er ein außerordentliches 
han — Rh Mirage "Talent für die hebrätjche — das 
= eng n der se gegta IM yon feinen vortrefflihen Eltern jorgiam 
arg arte a a gepflegt wurde. Er beſuchte das Gym— 
nafium zu Berlin und machte dort gleich- 

Kadich, Hans von, wurde am 12. Ja= | zeitig jüdifch-theologiihe Studien unter 
nuar 1864 in der Jejuitenfaferne zu Brünn | Rofenftein. Diefe vollendete er in der 
als Sohn des damaligen Majors Heinrich | Schule des berühmten Rabbi Afiba Eger 
v. 8. geboren und blieb daſelbſt bis 1869, |in Poſen. Danach wirkte er als Haus- 
da fein Vater nach Klofterbrud bei Znaim | lehrer in Weftfalen. 1840 bezog er die 
transferiert wurde. Hier wuchs der Knabe | Univerfität Halle, wo er unter Gefenius, 
in ber ungebundenften Freiheit auf und | Rödiger, Erdmann, Gruber, Leo, Nie: 
wurde durch diefe Eindrüde der Grund |meier u. A. umfaſſende Studien abjol- 
zu feiner Liebe zur Waldnatur gelegt. Die | vierte, befonders in Linguiftil, Geihichte, 
erften zwei Lateinklaſſen abjolvierte er am | Philofophie und Pädagogik. Nachdem er 
Gymnafium zu Znaim und von 1876 an, | 1844 als Dr. phil. et Mag. bonar. 
anläßlic) der Berufung feines Vaters nad) | art. promoviert worden, wirkte er als 











Kalckſtein. 


Religionslehrer und Prediger in Mecklen⸗ 


burg-Strelig. 1845 wurde er zum Prediger 


am Prager Tempel berufen. 1850 habili- 
tierte er fih als Dozent für jemitifche 


Prof. und 1883 vom Kaiſer in Aner: 
fennung feiner Berdienfte zum Regierungs⸗ 
rat ernannt. 
Oberaufieher an dem ilraelitiichen Mäd— 
chenwaiſenhauſe, wo er häufig religiöfe 
Vorträge hält, ferner hält er den Rabbi: 
natsfandidaten, die in Prag ftudieren, 
Vorträge über Eregefe und Homiletif. 


K. ift auf dem hebräifchen wie deutichen Ge: 
biet ein fruchtbarer Schriftiteller. Bon jeinen 


284 


Er wirft aud) als geiftlicher | 


Kalion. 


der deutſchen Ausgabe von Lanfrey's Geſchichte 
Napoleon J. (1882) und die Vollendung des 
Werkes in deutſcher Sprache (1885—1887). 


' Kalion, ſ. J. Poeſtion. 
Sprachen und Literatur, wurde 1858 zum | 


' Kampori, Samuel, geboren & Bug 
ganz den 6. Februar 1830. Befuchte 
Volksihulen und Gymnafien. Enblid 





vollendete er den philoſophiſchen und 
‚theologischen Kurjus in Preßburg, wos 
ſelbſt er nach gemachten zwei Rigorofen 
\jwei Jahre als Supplent am Gymnas 
fium wirkte. Darauf machte er no 
‚einen zweiten Kurſus und ſtudierte zwei 
Jahre (1852—55) in Halle und Göt- 


ald hervorragend und bedeutungsvoll beurteilten fingen, fich für Profefjur vorbereitend. 
jelbitändigen Werten heben wir hervor: Die Ma: ‚Hier ftudierte er, um in den Studien, 


famen aus dem Tachfamoni des Charifi, Akabja | x; N : 
bei Mahalallel, Nichtandalufiihe Poeſie -andalu: | bie er bereits u. 10 * — 
ſiſcher Dichter, Die Inſchrift auf dem Denkmal kommnen, nochmals die Theologie un 


Mefas Königs von Moab, Die Grabſchrift Eich: Philofophie, obendrein auch die klaſſiſche 


munazard Königs der Sidonier, Das Hohelied 
(3. Aufl.), Simrat:Jah, Suleiman; außerdem 
viele Beiträge zu Fach- u. a. Zeitfchriften. 


Kaldjtein, Ludwig Friedr. Carl v., 
wurde als ein Sohn des durch geogra- 
philche Lehrbücher und Reifefhilderungen 
befannten Hauptmann a. D. Dr. phil. 
v. K., in Berlin am 16. April 1845 ge: 
boren und ſtudierte jeit 1864, nad) voll- 
endeter Gymnaſialbildung, in Berlin, Hei: 
delberg und Königsberg Geſchichte. Er 
habilitierte fih an legtgenannter Univer: 
fität, nahdem er 1868 promoviert, als 
Privatdozent. 

Er veröffentlichte mehrere gelehrte Unterfuchun: 
en aus der franzöfiihen Geſchichte unter den 
role und eriten Capetingern, darunter am 
bedeutenditen: Geichichte des franzöfiichen König» 
tums unter den erſten Capetingern (1877). Dies 
Merk verfchaffte ihm die Mitarbeiterfhaft an den 
„Sahresberichten der Geſchichtswiſſenſchaft“. Seine 
Mitarbeit erftredte fih auf franzöfiiches Mittel: 
alter, englifche Geihichte von den Tudors bis zur 
Revolution von 1688 und Geſchichte Nordame: 
rikas. Eifrige politifche Thätigkeit in liberalem 
Sinne führte denfelben auch auf wiſſenſchaftlichem 
Gebiet mehr und mehr Studien über neuere Ge: 
ſchichte, Kulturgeſchichte und Volkswirtſchaft zu, 
und wurde er Mitarbeiter namhafter Zeitungen 
und Zeitſchriften. 1879 nach Berlin übergeſie— 
delt, übernahm K. neben populären Vortrags— 
eyklen an der Humboldtakademie die Bearbeitung 


Philologie und die Drientalia. Bon 

' Göttingen direft zum ordentlichen Pro: 
feſſor der Theologie und des Obergym⸗ 
nafiums nach Preßburg berufen, wirfte 
‚er 30 Jahre in diefer Eigenichaft. Sammt 
den Supplentenjahren war er 35 Jahre 
lang doppelter Profeſſor, d. h. er befleis 
dete zwei Profeflorenjtellen, die gegen: 
wärtig mit zwei neuen Profeſſoren beſetzt 
find. Seit 2 Jahren lebt er als Privat: 
gelehrter, allerjeits unabhängig und zus 
rüdgezogen. 

"8.3 literariſche Thätigkeit ift von Belang. 
Abgeſehen von feinen übrigen mannigfachen Werfen 
ift jein Bibelwerk das einzige aus dem Urterte 
in ungarifcher Sprache. Seine Koranüberfegung 
aus dem Arabiſchen barrt der Preſſe. Das in 
deutiher Sprache 1882 erfchienene erfte Heft 
feiner Wifjenihaftlihen Vorträge, die auf dem 

Gebiete der vergleichenden Sprahmifienichaft ſich 
' bewegen, wird fortgefegt werden. Das Lexikon 
' Latino-Sanseritum (analytifh und das Sans: 
\ frit mit lateiniichen Lettern gefchrieben) und das 

Glossarium Latino-Persicum (analvtiih und 

das Perſiſche mit lateinischen Lettern geichrieben), 
die er nur für fich zufammengeitellt, follen nächſtens 
der Prefie übergeben werden. 


Kappes, Karl, geb. zu Ettlingen 
1825, befuchte das Gymnafium in Raftatt 
und in den oberen Klaſſen das zu Frei- 
‚burg, ftudierte in Freiburg Philologie, 





Karlowitſch. 


machte 1847 ſeine Staatsprüfung, war 


hierauf als Lehramtspraktikant verwendet JE 


an den Gymnaſien zu Konjtanz, Bruchſal 
und Freiburg, wurde an legterem 1853 
ordentlicher Gymnafiallehrer, 1860 Pro: 
feſſor, 1882 in gleicher Eigenfhaft am 
Gymnafium in Konjtanz, 1866 Borjtand 
des Progymnafiums in Donaueichingen, 
1868 Direktor und 1873 Direftor des 
——— zu Karlsruhe. 

Außer mehreren Beiträgen philologiſchen, pä— 
dagogiſchen und ſtatiſtiſchen Inhalts in verſchie— 
denen Fachzeitſchriften lieferte ſeine literariſche 
Thätigfeit folgende verdiente Schriften: Zur Er— 
Härung von Bergils Aeneide (1859— 71), Zur 
Geihichte der römischen Ritter unter den Königen 
(1855), Zur Methodif des Geſchichtsunterrichts 
auf Gelehrtenihulen (1861), Zum Deutich-Latei: 


285 


Kaftropp. 


treffliche Bearbeitung von Grabbe'3 „Don Juan 
d Fauft” für die Bühne. 

" Kaftropp, Guftav, ald Sohn eines 
Apothefers geboren 30. Auguft 1844 zu 
Salmünjter, Prov. Heſſen-Naſſau. Ber 
fuhte das Gymnaſium zu Göttingen, 
wurde Apotheker und ftudierte dann auf 
drei Konfervatorien, zuStuttgart, Weimar 
und Sondershaufen Mufif, um ſich zu 
der Künftler-Laufbahn vorzubereiten, war 
zudem an zwei diefer Konfervatorien als 
Lehrer des Violin- und Klavierjpiels, 
fowie in Weimar als Lehrer der Lite 
raturgeſchichte thätig, lebt jept als Muſik— 
lehrer in Hannover. 


Neben den mufitalifchen liefen literariſche Stu: 
dien und Arbeiten. Er war ein halbes Jahr 





niihen Wörterbud) (1868), ÜberNaturanihauung | Volontär an der Redaktion des Hannoverichen 
bei der jtudierenden Jugend (1872), Zur Real: | Kouriers, ſeitdem Mitarbeiter verichiedener Zei— 
Ihulfrage (1877), Erzählungen aus der Geihichte tungen und Journale. Von den in Buchform 
für den eriten Unterricht auf höheren Schulen | erihienenen Werken heben wir hervor: König 
(8. Aufl. 1886), Leitfaden für den Unterricht in | Elf's Lieder, eine lyriſche Rhapfodie (2. Aufl.), 
der deutichen Stiliſtit für höhere Lehranftalten | Suleifa (Trauerfp., mehrfach aufgeführt), Gno— 
(4. Aufl. 1885), Vergil's Aeneide, Bukolifa und | menmärden, Dornröschen (dram. Märchen, mehr: 
Georgia für den Schulgebraud erläutert (1—4. fach aufgeführt), Kain (Epos), Heinrich von Of: 
Aufl. 1873-86), Salluft’3 Catilina und Yus | terdingen (Mär), Nordjtrand, ein Heldengedidht. 


rtha, für den Gebraud der Schüler erläutert 
1856), Zur Schulfrage (1883). Die Beiträge 
zu der Vergilserflärung haben in weiten Streifen 
Anerfennung und Verwertung gefunden. 


Karlowitich, ſ. v. Gerbel-Embad). 


Karpeles, Guftav, geboren am 11. 
November 1848 in Loſchitz (Mähren), 
ftubierte Philofophie, Geihichte und Li- 
teratur an der Univerfität Breslau und 
wandte fih dann der Journaliſtik zu. 
Er war nad) einander an der Redaktion 
von „Auf der Höhe”, der „Breslauer 
Nahrihten”, der „Breslauer Zeitung“ 
und von Weftermann’s „Deutichen Mo— 
natsheften“ thätig, lebt jedoch ſeit 1883 
als freier Schriftjteller in Berlin. Er 
machte fich zuerſt durch feine literarhifto: 
riſchen Arbeiten über Heine in weitejten 
Kreifen befannt und geachtet. Diejen 
folgten ſpäter die ebenfo vorzüglich beur- 


tei Werke: Die Frauen in der jüdiſchen 
, Unter Palmen, Ludw. Börne, Nic. 


Katich, Guſtav Adolph, wurde am 
21. April 1813 zu Berlin geboren und 
erhielt feine wiſſenſchaftliche Ausbildung 
in den Schulen von Berlin und Magde- 
burg und auf den Gymnafien zu Zudau 
und Potsdam. 1834 bezog er die Uni» 
verfität zu Berlin, um Medizin zu ſtu— 
dieren und wurde während feines dortigen 
Aufenthaltes als Mitglied in die litera- 
riſche Sonntags-Gefellihaft aufgenommen. 
Da das Studium der Medizin jeinen Nei- 
gungen nicht entiprad), jo entjagte er 
—— 1836, um ſich mit Bewilligung 
ſeiner Eltern, jedoch unter einem ange— 
nommenen Namen, der Schauſpielkunſt 
zu widmen. Er trat zu dieſem Behufe 
als Volontär bei dem Hoftheater zu 
Deſſau ein, welches unter Bethmann's 
Leitung ſtand, und erhielt im nächſten 
Jahre eine Anſtellung als Hofſchauſpieler 
zu Schwerin, wo er ſich verheiratete. 
1840 wurde er durch ein hartnäckiges 
Kehlkopfleiden gezwungen, aus dem lieb—⸗ 





Lenau, Im Foyer, Deutſche Liebe (Luſtſp.), Ein 
unbefannter Lierat; außerdem lieferte er eine | 


‚Sand Sedor, 


gewonnenen Berufe zu ſcheiden, und ein 
Ar h 123. 


Katſcher. 


Jahr darauf von der Regierung zu Pots— 
dam als Eupernumerar bei der Zollver: 
waltung angeftellt. Seit 1860 fungierte 
er als königl. Preuß. Steuer-Inſpektor 
und Etationsfontioleur zu Kehl, dann 
Maldshut (Baden) bis 1875. Von dort 


penfionieren und lebt feitdem in Oppenau 


im badiihen Schwarzwalde. 

Außer verfireuten Gedichten und Erzählungen 
erfchienen von ihm: In der fremde, Lieder eines 
Terichollenen (1858), Vitibuf (Rom. 1865), Unter 
dm Storchneft (Nom. 1866), Emilie (poet. Erz. 
1866), Auf der Wacht zu Kehl am Rhein, Zeits 
gedidte aus dem Jahre 1870 (1875), König 
Winter (Märchen 1881), 


Katjcher, Leopold, wurde am 30. 
Auguft 1853 zu Cſakova bei Temesvar 
geboren, wandte fih nad Abjolvierung 
der Echule der Journaliftif zu und lebt 
jeit mehreren Jahren als Herausgeber 
einer Korreipondenz in Berlin. Er ift 
bejonders tief in das Studium der eng: 
liſchen Literature und Kulturgeſchichte 
eingedrungen und hat uns mehrere wert: 
volle Beiträge über dieſen Oegenftand 
geliefert. 

Von feinen felbftändigen Werfen heben wir 
hervor: Zierden der engliſchen Literatur (1880), 
Bilder aus dem engliſchen Leben (3. Aufl. 1883), 
Charafterbilder aus dem 19. Jahrhundert (1884), 
Nebelland und Themjeftrand (1886), Aus Eng: 
land (1886). 

Kayferling, M., geboren den 17. 
Juni 1829 in Hannover, bejtimmte fich, 
nachdem er die Echule in feiner Vater: 
ftadt abjolviert hatte, zum Studium der 
jüdischen Theologie, dem er fodann meh: 
rere Jahre in Halberftadt, Nikolsburg, 
Prag und Mürzburg oblag. 1851 bezog 


biftorischen Etudien. Durch Leopold von 
Ranke zu hiſtoriſchen Forſchungen ermune 
tert, richtete er ſein Hauptaugenmerk auf 
die bis dahin in Deutſchland wenigſtens 
vernachläſſigte Geſchichte und Literatur 


der Juden auf der pyrenäiſchen Halbinſel. 
Schon ſein erſtes größeres Werk „Sephardim, 
Romaniſche Poeſien der Juden in Spanien“ 


286 


religiöſe Grundſätze mit Hinblick auf 














Keck. 


(1859) wurde als bahnbrechend allgemein freudig 


begrüßt. Dieſem folgte 1861 der erſte Teil der 
Geſchichte der Juden in Spanien und ſechs Jahre 
ſpäter die Geſchichte der Juden in Portugal. 
Hieran ſchließt ſich ſeine Monographie „Menaſſe 
ben Israel. Sein Leben und Wirken. Zugleich 
ein Beitrag zur Gefhichte der Juden in Eng« 


nach Danzig verfeht, ließ er fih 1877 | land‘ (1861), welche 1877 ins Englifche überjegt 


und gleich den übrigen die ſpaniſch-portugieſiſche 
Literatur betreffenden Schriften von ſpaniſchen 
Autoren als Quelle benugt wurde. 1 ers 
ſchien: „Moſes Mendelsfohn’s ——— Bear 
und 1862 die erfte ausführlihe Biographie des 
Berliner Rhilofophen unter dem Titel Mofes 
Mendelsfohn. ein Lelen und feine Werke. 
Von diefem bedeutenden Werke ift jet eine zweite 
vermehrte und umgcarbeitete Auflage mit authen ⸗ 
tiſchen Sluftrationen im Drud erfhienen (1888). 
Hierher gehört aud) die Schrift: „Mof. Mendels⸗ 
fohn. Ungedrudtes und Unbefanntes von ihm 
und über ihn‘ (1883) und „Der Dichter E. Kuh. 
Ein Beitrag zur Gefchichte der deutichen Literatur‘ 
(1864). 1879 erihien das Bud „Die jübi 
Frauen in der Geſchichte, Literatur und > 
das bei feinem Erſcheinen die Prefle befchäftigte 
0 ins Engliiche und Ungarifche überjet 
wurde. 


K. wurde 1861 von der aargauifchen 


Regierung als Rabbiner der ſchweizeriſchen 


Sfraeliten und 1870 von ber ifrael. Ges 
meinde in Peſt als Rabbiner und Pres 
diger berufen. Während feines Aufent- 
baltes in der Echweiz wirkte er für die 
bürgerliche Gleichitellung feiner Glaubens» 
genoſſen und ſuchte auch Später in Broſchüren 
Angriffen gegen dieſelben zu begegnen. 
Wir erwähnen nur: Die rituale Schlacht⸗ 
frage oder iſt Schächten Tierquälerei? (1867), 
Die Blutbefhuldigung von Tisza-Eßlar (1882), 
Der Wucher und das Judentum (1882), Das 
Moralgefeb des Judentums in Beziehung auf 
Familie, Staat und Gefellihaft (1882, anonym 
erſchienen). Außer feinem Handbuch der ifraes 
litiſchen Geſchichte, von dem bis jegt fünf Auf 


h N ; ME erſchi 884 5. Aufl.), li 
er die Univerfität in Berlin und miß: | fagen ELDER RB. SIDE Damen 5 


mete fih mit Eifer philofophifchen und | 


viele Beiträge zum „Deutſchen Mufeum“ von R. 
Trug, Wiener Jahrbücher, Monatöheft für Ges 
Ihichte und Wiſſenſchaft des Judentums, Allg. 
Zeitung des Nudentums, Hebr. Bibliographie, 
Woihod (St. Betersburg), Revue des &tudes 
juives u.a. m. Auch wurden von ihm mehrere 
Predigten und eine „Bibliothek jüd. Kanzel 
redner‘‘ (2 Bände, 1870, 1871) veröffentlicht. 


Keck, Karl Heinrih (Karl Heinrich), 
wurde am 20. März 1824 zu Echleswig 


Keil. — 
geboren und von ſeinem Vater, einem bra- 
ven Handwerker, für das Lehrfach beſtimmt. 
Er beſuchte die Bürgerſchule und ſpäter 
das Gymnaſium in ſeiner Vaterſtadt, 
wirkte dann ein Jahr als Hauslehrer und 
bezog 1843 die Univerſität Kiel. Hier 
und in Bonn betrieb er eifrig philologiſche 
Studien. 1848 machte er den däniſchen 
Feldzug mit, wurde gefangen genommen 
und erſt nach mehreren Monaten in Frei: 
heit gejeßt. Im folgenden Jahre abjol: 
vierte er fein Echulamtsexamen und wurde 
definitiv als Gymnaſiallehrer in Glückſtadt 
angeftellt, welche Stelle er bereits provi- 
foriich bekleidet hatte. Er war dann noch 
als Oberlehrer in Plön und als Rektor 
in feiner Vaterſtadt an derfelben Echule, 
die ihn einft vorgebildet hatte, beſchäſtigt. 
Seit 1870 fungiert er als Direktor des 
Gymnafiums zu Hufum. Neben feiner 
amtlichen Thätigfeit leitet K. die Redak— 
tion des „Deutichen Literaturblattes“ (feit 
1881) und verfaßte eine Reihe vorzüg: 
[ih beurteilter Werfe, von denen wir her: 
vorheben: 

Die Kaiferwahl in Frankfurt, Sedan (Erz.), 
Anna (Id. 4. Aufl.), Die Pfingftweihe oder die 
Einfegnung (Id. 3. Aufl.), Norddeutiches Leſe—⸗ 
buch (16. Aufl.), Vaterländiſch. Leſebuch (11. Aufl.). 


Keil, Robert, wurde am 22. Auguft 
1826 zu Weimar geboren, beſuchte das 
dortige Gymnafium und widmete ſich an 
der Univerfität Jena dem Studium ber 
Rechtswiſſenſchaft. 1851 wurde cr zum 
Doftor promoviert und lebt feit 1861 als 
Rechtsanwalt in feiner Baterftadt. Litera- 
riſch machte K. fich bereits durch feine 
Schriften (mit Richard Keil) über Stu— 
denten= und Burjchenichaftswefen befannt, 
ipäter trat er aber mit bedeutenderen 
Goethe⸗ forſchlichen Werfen hervor, indenen 
viel Neues über den Dichterfürſten nieder: 
gelegt ift. 

Hauptmwerfe: Geſchichte des Jenaiſchen Stuben: 
tenlebens (1858), Die Gründung der deutſchen 
Burihenihaft in Jena (1865) u. Ahnl.; Frau 
Nat Briefwechlel mit Goethe (1871), Bor 100 
Jahren (1875), Goethe, Weimar und Jena im 
Jahre 1806 (1882), Wiener Freunde 1784— 1808 


287 


Keim. 


(1883), Wieland und Reinhold (1885). Außerdem 
unzählige Beiträge fultur: und literar:biftoriichen 
Inhalts für Zeitichriften. 


Keim, Franz, am 28. Dezember 1840 
zu Altlambach (Dfterreich) geboren, ſtu— 
dierte Rhilofophie an der Univerfität Wien. 
Da die Familie plöglich verarmte, Fonnte 
K. feine Abficht, die afademifche Laufbahn 
einzufchlagen, vorläufig nicht ausführen, 
ſondern mußte als Privatlehrer fein Fort: 
fommen fuchen. Erjt jpäter, als er unter 
mancherlei Entbehrungen und mit eiferner 
Energie einige Erfparniffe gemacht hatte, 
fonnte er fein Etudium mit Erfolg be: 
enden. Eeit 1883 amtiert K. als Pros 
feflor der deutichen Sprache und Literatur 
am Gymnafium zu St. Pölten bei Wien. 
Literariſch hat K. fich zuerjt einen Namen 
durch fein Drama Sulamith gemacht, das 
allerorten mit durchſchlagendem Erfolg auf: 
geführt wurde. 

Außerdem hervorzuheben: Der Königsrichter 
(Trauerſp.), Sturmlied der Siebenbürgen, Der 
Meifterfjchüler (Luſtſp.), Stefan Fadinger, Freis 
berr von Münchhauſen (Luftfp.), Das Kunftideal 
und die Schillerkritit, Aus dem Sturmgefang des 
Lebens (Ged.). 


Keiper, Philipp, geb. am 15. März 
1855 zu Otterberg (Rheinpfalz) als Sohn 
eines Volksſchullehrers, erhielt feine Gym⸗ 
nafialbildung in Kaiferslautern und Zwei⸗ 
brüden, betricb philologiichelinguiftiiche 
Etudien auf der Univerfität Erlangen 
1872— 75, madte 1875 das Staatsera- 
men für die hiftorifch-philologischen Fächer 
in Münden, trat Ende diejes Jahres in 
den Staatsdienit als Gumnafiallehrer zu 
Erlangen (1875/76), Ludwigshafen a. R. 
(1876— 81), Zmweibrüden 1881 bis jegt. 
Murde 1877 von der philofophiichen Fa— 
fultät der Univerfität Erlangen zum Dok— 
tor der Philoſophie promoviert. 

Hauptwerle: Die Perſer des Aſchylus als 
Quelle für altperfiihe Altertumskunde (1877), 
Die neuentdedten Inſchriften über Cyrus (1882), 
Les Noms propres Perso-Avestiques et läge 
de la lögende Zoroastrienne im Museon. 
Außerdem viele Auffäge, Rezenfionen, Gedichte zc. 
in Beitfchriften. Mitarbeiter an dem von Dr. 
Autenrieth vorbereiteten „Pfälz. Jdiotifon‘. 


Keller. 


Keller, Franz. Ich bin geboren am 
24. Dftober 1824 in Günzburg an der 
Donau als der Sohn des bürgerlichen 
Weißgerbers Joſeph Seller, der jüngite un: 
ter 7 Geſchwiſtern, ftudierte in Augsburg, 
wo ic) 1844 das Gymnafium abfolvierte 
und nad) 2jähr. philof. Studien die Uni- 
verfität München bezog und im dortigen 
Georgianum die theolog. Studien abfol- 
vierte (1849). Angeftellt wurde ich als 
Kaplan in Altusried von 1849—56, als 
Pfarrkurat in Haldenwang bei Burgau 
im freiherrl. v. Freybergihen Patronat 
von 1856—62, als Pfarrer in Waldkirch, 
einem abgelegenen Dorfe in einem Seiten- 
thälchen des Donauthales, von 1862 —76 
(hier verfaßte id) die meilten meiner ſchwä⸗ 
biihen Gedichte, von denen ich mehrere 
bei VBerfammlungen des pädagog. Vereins 
vortrug), als Pfarrer in Unterroth von 
1876 bis heute. Meine Eltern brachten 
fi) nur mit vieler Arbeit fort, und wurde 
ich ſelbſt nichts weniger als verzärtelt. 
Die Mutter, eine zartbejaitete Seele, hatte 
viel zu leiden durd) Krankheit. Den Vater 
fonnten wir faft nur fürdten, die Mutter 
Dagegen liebte jedes der 7 Geſchwiſter 
mehr als das eigene Leben. 

Aus diefer Stimmung floflen einige meiner 
Gedichte, die in meinen Sammlungen enthalten 
find. Als armes Studentlein lebte ich fait ganz 
von Geſchenken der Wohlthäter in Augsburg. Erſt 
in der Oberff. des Gymnaſ. befam id ein Stis 
pendium und jpäter in München einen Freiplak im 
Georgianum. Das erjte Mal ließ ich, beftürmt 
von mehreren Freunden und ermutigt von meinem 
Eoäven und freunde Dr. Thalhofer, Gedichte er: 
fcheinen in ſchwäbiſcher Mundart anno 1872 unter 
dem Titel „Doaraſchleah“ (Dornichlehe, 4. Aufl.). 
1873 erichienen „Etle Hagabutza“ (etliche Hage: 
butten, 3. Aufl.). Eine dritte Sammlung ift bes 
titelt „Erdbörla os'm Wald“ (2 Aufl.). Eine vierte 
Sammlung führt den Namen „Duranand”, Durch— 
einander oder gemilchte Gedichte, und eine neuefte, 
zu Dftern dieſes Jahres erichienen, heißt „Brau— 
örla“. Alle wurden jehr freundlich aufgenommen. 


Keller, Gottfried, wurde am 19. Zuli 
1819 als Sohn eines Drechslermeiſters 
in Zürich geboren. Früh jtarb der Vater; 
doch die wackere Mutter, obgleich arm an 
irdiihen Gütern, that alles, um ihrem 


288 


Keller. 


Gottfried den Weg durchs Leben zu öff- 
nen. So fonnte der regſame Knabe erit 
die Armenſchule, dann das Landfnaben- 
inftitut und endlich die neu errichtete In— 
duftriefchule befuchen. Nachher trat er zu 
einem Landichaftsmaler in die Lehre. Drei 
Jahre brachte er hernad) in München zu. 
1842 fehrte er nad) Zürich zurüd, wurde 
mit dem Dichter Follen befannt, welcher 
fich väterlich des jungen Mannes annahm, 
da er jah, daß diejer ganz ordentliche Bil- 
der und vorzügliche — Verſe machte. Fol: 
[len brachte 1845 eine Auswahl von K.'s 
Gedichten im „Deutihen Taſchenbuch“ 
zum Abdrud. Nun gab K. das Malen 
auf, begann an der Hochſchule Zürich zu 
ftudieren, feßte, mit einem Reiſeſtipendium 
des Züricher Senats verfehen, feine Stu: 
dien in Heidelberg und Berlin fort und 
fehrte 1855 wieder in die Heimat zurüd, 
wo er fich vorerft mit literarijchen Arbei- 
ten beichäftigte, dann aber, um ein fiche: 
res Ausfommen zu haben, 1871 die Stelle 
eines eriten Staatsjchreibers des Kantons 
Züri) annahm. Gleichzeitig wurde er in 
den Großen Rat gewählt. 1876 legte er 
fein Amt nieder, um ſich ganz der Schrift: 
ftellerei zu widmen, welde ihn zu ihren 
berühinteften und vornehmiten Jüngern 
der Neuzeit zählt. Außer als Novelliit, 
gilt 8. befonders auf dem Gebiet der Ly— 
rit als einer unferer größten Meiſter, 
feine Lieder find in allen Landen verbrei- 
tet und im Munde jedes ihrer Sänger. 

Bon feinen felbftänd. Werfen heben wir ber: 
vor: Gedichte (1846), Neuere Gedichte (1851), 
Der grüne Heinrich (Rom. 1854), Die Leute von 
Seldwyla (Erz. 1856), Sieben Legenden (1872), 
Romeo und Julie auf dem Dorfe (Erz. 1876); 
Züricher Novellen (1878), Das Sinngediht (Nov. 
1881), Gefammelte Gedichte (1883), Martin Sa: 
lander (Rom. 1886). 


Keller, Jakob, geb. den 22. Oftober 
1843 in Kästhal bei Brugg (Aargau), 
ftudierte während vier Jahren in Baiel 
(Wilhelm Wadernagel und Jakob Burk— 
hardt), Heidelberg (Carl Lemcke und Ed. 
Zeller), Jena (Aug. Schleier und 2. 3: 
Rüdert) und Zürih Geihichte, Philoſo— 


Keller. — 
phie, Literatur und Theologie. Er war 
von 1869— 72 Pfarrer feiner Heimat⸗ 
emeinde. Damals, als im Aargau die 

ahl der Geiftlihen grundjäglich in die 
Hand des Volkes gelegt ward, entichloß 
er fih für den pädagogiſchen Beruf und 
wirfte von 1872—86 in Yarau als Lehrer, 
an der Bezirksſchule und hierauf (1873) 
als Lehrer und Rektor (1876) des Töchter: 
injtituts und aargauiſchen Lehrerinnen: 
feminars. Seit 1886 lebt er in Wet- 
tingen als Seminardireftor. 

1874 hat er eine Hiftorifche Einleitung in die 
Bibel herausgegeben (2. Aufl. 1878); 1877 er: 
ſchien von ihm eine Überfegung von Louis Vul— 
liemins Histoire de la Conföderation suisse 


(2. X. 1882). Eine Bearbeitung diefer Schweizer: | 


gefhichte für Schule und Haus fam 1881 her: 
aus, Seit Anfang der 80er Jahre jchrieb er 
Überſetzu en von kleineren franz. Monographien 
(Mad. de Necker-Sauſſure, L' Emancipation po- 
litigue de Gendve, Henri Zichofte u. A.). Pä— 
dagogiich-Hiftorifches (Karl Gottlieb Pfeffel, Das 
rhätiihe Seminar Haldenftein-Marihlins, Iſaak 
Iſelins Verdienfte um die Verbreitung der Baſe— 
dowichen Ideen in der Schweiz, Sechs Room: 
briefe u. A.). Kulturbiftorifches (Joſeph des II. 
Schweizereife vom Jahre 1777, Die Gründung 
der helvetiichen Gejellihaft in Schinznadh, Die 
Erwerböverhältniffe des juraffiihen Berneraar: 
gaus während der 2. Hälfte des vorigen Jahr- 
bundert3) und Literarhiftoriiches (Iſaak Iſelin 
und Heinrich Peſtalozzi, Ungedrudte Briefe Wie: 
lands an Iſaak Iſelin, Zur Kenntnis F. M. Leuch— 
ſenrings, Zinzendorfs erſtes Auftreten in der 
Schweiz, Goethe im Kreiſe Iſaak Iſelins, Lite— 
rariſche Parallelen zu Schillers Wilhelm Tell, 
Zur Erinnerung an Klopftod, im Oberland u. A.). 
Die Werke wurden von der maßgebenden Kritif 
vorzüglich beurteilt. 


Keller, Joſ. Anton, ift geboren am 
19. März 1840 zu Oberndorf bei traut: 
heim, befuchte das Gymnafium zu Tauber: 
biihofsheim und ftudierte am Lyzeum zu 
Freiburg, welches fi) damals unter der 


vorzüglihen Direktion Dr. Nofts eines | 


289 


Keller. 


winded und Raftatt. Zu gleicher Zeit redi- 
gierte er den „Raftatter Anzeiger“, desgl. 
war er auch im Schulfahe in Neufaged 
thätig, bis infolge des Kulturfampfes die 
dortige Privatlehranftalt gefchlofien wurde; 
verwaltete jodann die Stabtpfarrei Bühl 
(1873—76) und hierauf faft neun Jahre 
lang die zu Breifah. 1880 trat er in 
die Redaktion des „Magazins für Päda— 
ogik“ ein; 1884 wurde er Pfarrer in 
ottenheim bei Freiburg, 1885 erzbiſchöfl. 
Schulinipeftor für das Kapitel Breifad. 

K. verfahte nicht nur eine Reihe theologiſcher 
Schriften, ſondern es erſchienen auch von ihm 1874: 
Deutſchlands Stromgebiete, 1875 Botanische Ta: 
bellen (2. Aufl., ald Lehrmittel vom badiſchen 
Oberſchulrat und vom bayerifchen Kultusmini— 
fterium empfohlen). Unter feinen theologiſchen 
Schriften find die befannteften: Fünf Meßandach— 
ten für dee Schuljugend (7. Aufl.), und beion- 
der3 jeine Beilpiel-Sammlungen, bis jegt 14 
Bändchen, welche in verfhiedene fremde Sprahen 
überfegt werden. 

Keller, Ludwig, geboren am 28. März 
1849 zu Friglar in Heflen, reformierter 
Konfeifion, bejuhte das Gymnafium zu 
Rinteln, ftudierte zu Leipzig und Dar: 
burg erſt Jurisprudenz und Staatswillen- 
haften, fpäter Philoſophie und Geſchichte, 
promovierte 1872 zu Marburg, trat dann 
an demfelben Ort in den Staatsardiv- 
dienft ein und wurde am 1. Okt. 1874 an 
das Staatsardiv zu Münfter verjegt, 
defien Vorſtand er feit 1881 ift. 

Er ift Berfafler folgender größerer Schriften: 
Geſchichte der Wiedertäufer und ihres Reis zu 
Münfter (1880), Die Gegenreformation in Bei 5 
falen und am Niederrhein (1881), Ein Apoſtel 
der MWiedertäufer (Hans Dend (1882), Die Re: 
formation und die älteren Reformparteien (1885), 
Die Waldenfer und die deutichen Bibelüberfegun: 


gen (1886), Zur Gefchichte der altevangeliichen 
Gemeinden (1837). 


Keller, Dtto, geboren 28. Mai 1338 


bejonderen Rufes erfreute; alsdann bezog |zu Tübingen als Sohn des Prof. der 
er die Univerfität zu Freiburg, jtudierte | deutfchen Sprade und Literatur Dr. Adel 
Philologie und Theologie, bearbeitete eine | bert K. bejuchte das Seminar zu Schön: 
theol. Preisaufgabe, promovierte auf der | thal, danach das evangeliihe Stift zu 
Univerfität Jena rite zum Dr. phil. und | Tübingen, um Theologie zu jtudieren. Im 
wurde 1865 zum Prieſter geweiht. Als achtzehnten Lebensjahr gab er dieſe Ab- 
Vifar war derjelbe angejtellt in Kappel: ſicht jedoch auf und wandte ſich der Phi— 


Das literarifhe Deutfchland. 19 


Keller⸗Jordan. 


lologie in möglichſt weiter Ausdehnung 
zu, ſiudierte germaniſche, romaniſche, orien⸗ 
laliſche und altklaſſiſche Sprachen, um 
ſich ſchließlich als eigentlichen Berufs— 
zweig die letztgenannten zu wählen. Hier— 
zu wurde er beſonders veranlaßt durch 
das Studium der Schriften Böckhs, Bopps, 
Melders, Ereugers, Jahns u. A. 1860 
promovierte S., begab fi dann nad 
Bonn, um Ritihl, Welder und Jahn zu 
hören, ging für einige Zeit nad) Paris 
und wirkte, zurücigefehrt, als Gymnaſial⸗ 
lehrer zu Hall, Draulbronn, Ludwigsburg, 


Tübingen, bis ihn 1866 der Fürft von 


290 


Kellermann. 


mütsfranften Mutter in vollem Maße 
fennen. Ihren Schulunterricht empfing 
fie in einer Zehranftalt zu Frankfurt a.M. 
Bereits 1854 vermählte fie fi) mit dem 
Kaufmann E. Keller, an defien Seite fie 
eine Neihe von Jahren in Merifo und 
ipäter in Deutichland zubrachte. Nach 
dem Tode zweier blühender Kinder trieb 
es die ſchwer heimgefuchte Frau von der 
Eeite ihres Mannes nad) Tübingen. Hier 
hatte fie lange Jahre mit den widrigften Ges 
ſchicken zu fümpfen. Später erft geftalte- 


‚ten ſich ihre materiellen Intereſſen freund» 





Hohenlohe-Ohringen auf Grund der ab- geugnis ab für eine nicht gewöhnliche Geftaltungs- 


gelegten Profefioratsprüfung zum Rektor 
des Lyzeums in Ohringen ernannte, 1872 
wurde K. als Ordinarius für Haffifche 
Philologie und Vorftand der archäologi- 
hen Sammlung nad) Freiburg berufen. 
Von dort aus unternahm er Studienreifen 
nah Italien, Griechenland und Klein- 
Afien. Nach dreijährigem Wirken folgte 
K. einem Ruf an die Univerfität Graz, 
wo er 5'/a Jahre lehrte, um dann nad) 
Prag überzuficdeln, wo er noch heute als 
ordentl. Brofefjor für klaſſiſche Philologie 
und Mitvorftand des philologiſchen Semi- 
nars wirft. 

Bon feinen hochverdienten jelbftändigen Werfen 
heben wir hervor: Geſchichte der griechiſchen Fa- 
bel (Difjertation 1860), Q. Horati Flacci opera 
recens (mit Alfred Holder 1864—70), Ohrin— 

en zur Zeit der Römer (1871), Adolf Bacmeifters 

Feltilähe Briefe (1874), Rerum naturalium scrip- 
tores Graeci minores (1877), Epilegomena zu 
Horaz (1879— 80), Saturnifcher Vers (1883 bis 
1886), Tiere des Haffiihen Altertums (1887). 


Keller: Jordan, Henriette, wurde am 
4. Juni 1835 zu Marburg in Heflen als 
Tochter des berühmten Sylvejter Jordan 
geboren, der die Kurheſſiſche Verfaſſung 
in den dreißiger Jahren diejes Jahr: 
hunderts geichaffen und danad) in langer 
Sefangenihaft auf dem Marburger 
Schloſſe ſchmachtete. Sie verlebte deshalb 


y 








liher. Frau 8.3. gehört zu den probuftivften 
Schriftitellerinnen der Neuzeit. Ihre Werte legen 


kraft. Abgejehen von vielen Romanen, Novellen, 
Erzählungen und Aritifen, die in den verſchie⸗ 
denften Zeitichriften und ee erichienen, 
heben wir hervor: Roderich ner (Erz. 1888), 
Meritan. Novellen (1884), Natalie (Erz. 1885), 
Hacienda Felicidad (Kultur-Rom. 1886), Die 
Grubers (Erz. 1887), Aus der (Nov. 
1887), Trandatlantifches (Briefe und Nov. 1888). 


Kellermann, Auguft, wurde am 18. 
Juli 1849 zu Eppinghofen bei Muh 
a.d. Ruhr geboren. Sein Vater war Werk: 
führer auf einer größeren Tuchfabrif. 
Nah Abjolvierung der dortigen Volks— 
ſchule befucdhte der Anabe eine Fortbil: 
dungsanftalt, darauf die Realihule I. 
Ordnung zu Mühlheim a. R., deren Brima 
er verließ, um zu einem Feldmeſſer in die 
Lehre zu treten. Nach zwei Jahren (1869) 
beitand er das Feldmefler-Eramen in 
Düffeldorf. 1870 wurde er behufs wei- 
terer Ausbildung von der Landesvermeſſung 
in Hannover nad) Aurich in Oftfriesland 
geſchickt, woſelbſt er an allen Bermeffungs: 
arbeiten teilgenommen hat. 1871 wurde 
er zum SKatafter-Eupernumerar ernannt 
und 1872 als Aififtent des Kataſter-In— 
Ipeftors an die fönigl. Finanzdireftion in 
Hannover berufen. Im Jahre 1875 mußte 
K., eines langwierigen rheumatiſchen Leis 


dens wegen, jeine Laufbahn in der Ka: 
eine jehr traurige Kindheit und lernte | tafterverwaltung aufgeben und lebt feit- 
den Ernft des Lebens an der Eeite der | dem als Privatgeometer, woneben er fi) 
durch die Gefangenichaft des Vaters ge: | aud mit Echrifttellerei befaßt, zu der Nei— 


TR Ur, Dohhun, Sex 2 RS: 





Kellner. 


gung und Begabung ihn hinzogen. Unter 
mandjerlei Leiden, die ihn und feine Fa⸗ 
milie während langer Jahre heimfuchten, 
entitanden feine Gedichte, die K. 1877 ge- 
fammelt herausgab und die ihm viele An- 
erlennung eintrugen. 


Kellner, Friedr. Wilh., geboren den 
26. Dezember 1830 zu Karlsruhe in 
Breuß.-Schlefien, wirkte in den Jahren 
1851—59 als Lehrer an einigen Ele 
mentarſchulen Schlefiens, unter anderen 
auch an ber mit dem Seminar zu Münſter⸗ 
berg verbundenen Muſterſchule. 1859 

er einem Rufe an das Hollanderjche 

und Erziehungsinftitut (jegt ritter- 

8 Gymnafium) zu Birkenruh in 
Zivland, wo er bis 1863 verblieb. Nach 


Ablegung des 
ber Univerfität zu Dorpat wurde er hier: 
auf als wiſſenſchaftlicher Lehrer an der 
Kreisſchule Pe: angeftellt, wo er noch 
iert. 
Während — — an letzterem Orte 


verf er mehrere Lehr: und Lernmittel geo- 
—* und arithmetiſchen Inhalts, die ſaͤmt⸗ 


291 


erforderlichen Eramens an 





von dem ogiſchen Konjeil der Univerfität 
Dorpat zur ia 8 * — — — 
provinzen — er 
— 8. A. und bes ©. Staniß- 


lausordens 3. und 2. Kl. 


Kellner, Lorenz, wurde am 29. Ja- 
nuar 1811 * rg et 
geboren, wo ater, Heinrich K., 
retor des Lehrerjeminars 
ee —— —— * 
begeiſterten er Peſtalozzi's, erbte er 
die Anlagen und die Liebe zum Lehrer: 
berufe, für welchen er ſich auch nad) be- 
—— Gymnaſialſtudien mit ganzer 

entſchied. Einige Jahre in Erfurt 

Lehrer und ſpäterhin Rektor einer Volks⸗ 
ule, wurde er 1836 an das erwähnte 
neugegründete Seminar berufen, wo er bis 
1848 mit dem Vater zulammen wirkte, 
Im legteren Jahre erhielt K. die Be: 
rufung zum Regierungs- und Schulrat in 
Marienmwerber und befleidete dieje Stelle 


Kelterborn. 


Eigenſchaft nach Trier verfegt wurde, welche 
Stellung er bis zu feiner 1886 erfolgten 
Penfionierung beffeidete. Seine großen 
Verdienfte um die Schulen und um Die 
pädagogiiche Literatur wurden 1861 von 
der Afademie in Münfter durch die Dok— 
torwürde h. c. und von der Staatsre⸗ 
gierung 1871 durch den Geheimrats:Chas 
rafter, jowie 1877 durch Verleihung hoher 
Orden anerfannt. 1849, 1850 und 1867 
bis 1871 war er Mitglied des preußis 
hen Abgeordnetenhaufes, vertrat die ges 
mäßigt-fonfervative Richtung und nahm 
an den Verhandlungen über das Volke: 
ſchulweſen im Haufe und in den Home 
miffionen äußerft lebhaften Anteil. 

K. fteht mit feinen Schriften auf dem kirchlich⸗ 
religiöfen Standpunfte, jedoch ohne jede Schroffr 
beit und Intoleranz. Zur Pädagogik der Schule 
und des Haufes (1850, 12. Aufl. 1888), Bär 
dagogifche Mitteilungen aus den Gebieten der 
Schule und des Lebens (1852, 3. Aufl. 1868), 
Erziehungsgefhichte in Bildern und Skizzen mit 
bef. Rückſ. auf das Volksſchulweſen (1869, 3. 
Aufl. 1880), Kurze Geichichte der Erziehung und 
des Unterrichts ꝛc. (1877, 8. Aufl. 1886), Volls⸗ 
ſchulkunde (1855, 8. Aufl. 1886), Poeſie in der 
Volksſchule (2. Aufl. 1856), Deutiches Lefe- und 
Bildungsbud für höhere kath. Schulen (1857, 
10. Aufl. 1886), Materialien für den mündl. 
und ſchriftl. Gedanfenausdrud (9. Aufl. 1888) 
—— und Edelmann (Erz., 3. Aufl, 


Kelterborn, Rudolf,geboren zu Baſel 
7. Juni 1843, hat feine akademiſchen Stu⸗ 


dien zwiſchen die ſchönwiſſenſchaftlichen 
und Rektor | und naturhiſtoriſchen Fächer geteilt, ſobah 


er fich einesteils zur praftiichen Ausübung 
des Lehrerberufes und andernteils dazu 
befähigte, in der poetifchen Literatur 
jelbitthätig aufzutreten. Zahlreiche Reifen 
in faft allen Ländern Europas unter 
ftügten diefe Abfiht und übten zugleich 
den Griffel in der Darftellung von Nas 
turgemälden, Land⸗ und Stabtbildern, die 
mit Beifall aufgenommen mwurbden. 
Gleichzeitig erfchienen Inrifhe Gedichte ſowohl 
ernfter al3 heiterer Art, bald felbftändigen Chas 
ratter3, bald für feftliche Anläffe. Einiges wurde 
fomponiert. Namentlich vielfahe Verbreitung 
fanden kurze Denkſprüche. Hervorzuheben aus 


bis 1855, daerauffeinen Wunſch in gleicher diefer Zeit ift das Idyll „Sofeph und Gretden“, 


19* 


Kempf. 


äter 

> En vorerft eine Reihe dialekt 
Scherze. Bon Dramen in der Schriftipradhe find 
erichienen und zum Teil aufgeführt: Die Lotos⸗ 
blumen, Elias Emigmeier, Auf der Alp, Gut 
getroffen, Hans Holbein. Von den bisher ver« 
öffentlichten Novellen vorwiegend humoriftifcher 
Art feien erwähnt: Die Reifelehrlinge, Im Appen: 
zelferländchen, Sonnenaufgang, Der Stadtpoet, 
Burgen und Bürger, Der Landaufenthalt, Im 
Schweizerhäuschen, An der Ihönen blauen Donau. 
K. lebt gegenwärtig als —* in Baſel und iſt 
Mitarbeiter zahlreicher Zeitſchriften der Schweiz 
und Deutichlands. 


Kempf, Heinrich, geboren am 80. 
April 1860 zu Oberböbling bei Wien, 
bejuchte nad) Abfolvierung der Bürger: 
ſchule die f. k. Lehrerbildungsanftalt zu 
St. Anna in Wien. 1878—79 Lehrer 
an der Bürgerjchule in Oberdöbling. Von 
Diefer Zeit an den Lehrerberuf aufgebend, 
als Schriftjteller thätig; anfänglih auf 
naturwiſſenſchaftlichem Felde, hauptſächlich 
über die niederöſterreichiſche Flora. 

Bemerkenswerte Arbeit: Flora des Schnee 
berges in NO. Später waren «3 aufer Nies 
beröfterreich auch Steiermark und Kärnten, wo» 
ſelbſt fih K. der Verbreitung naturw. Kenntniffe 
befleißigte. In neuerer Beit ift er ausſchließlich 
als touriftiicher Schriftiteller thätig und gelang 
es ihm, auf diefem Felde fich bald einen Hang» 
vollen Namen zu erwerben. Seine „Führer 
durch das Kahlengebirge” und „Semmering:Ul- 
manach“ gehören zu den beiten Reifehandbüchern 
über diefe Gegenden. Außer den bereit erwähnten 
felbftändigen Publikationen feien hier noch „Weib: 
nachts⸗Almanach“ und „Die Bäder und Luftkur⸗ 
orte von ſterreich⸗ Ungarn, Deutichland und der 
angrenzenden Länder” angeführt. 


Kerl, Georg Heinrich Bruno, geboren 
am 24. März 1824 zu St. Andreasberg 
auf dem Oberharze, bejuchte das Gym: 
nafium zu Clausthal (Oberharz), ſtudierte 
1840—43 auf der Bergichule (ſpäter 
Bergakademie) dajelbit, dann 1844 auf 
der Univerfität zu Göttingen Chemie, 
Phyſik, Diineralogie und Technologie, trat 
1846 auf der Oferhütte bei Goslar ein, 
wo er alsbald zum Hütteneleven ernannt 
wurde; er erhielt aber am Ende dieſes 
Jahres einen Ruf als Lehrer der Chemie, 
Hüttenkunde und Probierkunſt an die 
Slausthaler Bergihule. Während diefer 


292 


Kerz. 


ng K. zur dramatiſchen Poeſie über Lehrthätigkeit verſah er, ſeit 1049 Hütten⸗ 
ftifher | gehülfe, zeitweilig den Munzwardeindienſt, 


wurde 1851 zum Vizehüttenmeiſter bes 
fördert und dabei mit den Funktionen 
eines Hilfsreferenten bei der fgl.. Berg: 
hauptmannſchaft und eines Hilfsarbeiters 
für das Eifenhüttenwejen beim kgl. hannov. 
Berg: und Forftamte zu Clausthal betraut. 
1853 gab K. die legtere Thätigkeit auf, 
übernahm dafür die Gefchäfte eines Hilfs- 
arbeiters fürSilber-Bergbaus- und Hütten» 
weſen bei genannter Behörde und wurde 
1853 Hüttenmeifter, 1854 Bergprobierer, 
1858 Bergamtsaffefjior und 1862 Pro- 
feffor an der Clausthaler Bergafademie. 
1867 folgte derfelbe einem Rufe an bie 
fgl. Bergakademie zu Berlin, an welcher 
derjelbe zur Zeit noch als Dozent Av 
Metallhüttenfunde, Probierkunft, Löt⸗ 
rohrprobierfunft und chemiſche Technologie 
—— iſt. Seit 1868 iſt er Mitglied 
der kgl. preuß. techniſchen Deputation für 
Gewerbe im Handelsminiſterium und von 
1877—85 war er nichtſtändiges Mitglied 
des kaiſ. Patentamtes, welche Tetere 
Stelle er aus Gefundheitsrüdlichten aufs 
zugeben gezwungen war, 

Die wichtigſten feiner — find nach⸗ 
ſtehende: Die Oberharzer Hüttenprozeſſe (2. * 
ra > ee Ge auf. 1 1800) * 

ommumon⸗Un rze u 
bud der metallurgiihen Hüttenkunde 
1801-180) * = SS, que L 
van ven ohrun en 
1862), Grundriß = Se A 
Handbuch der Thonwaareninduftrie (2, 

1879), Grundriß der 

0 Aufl. 1879), Grundriß 

2. Aufl. 1881), age Eifenhüttentunde 

(1875), Grundriß der eg ; & 

Metallurgifhe Probiertunft (2. U 

Probierbuch (1880), rer in dr mei 
2), Mit p 


giſchen Probierkunit ( Do), NEE 

techn. Literatur — a er 
Dr.Stohmann bearbeitet er die zur —— ind. U 
erſcheinende „Musprattiche Chemie 

auf Künfte und Gewerbe“ (auf 7 nennen. veran⸗ 
ſchlagt), * ſeit 1859 iſt K. Mitredakteur der 
„Berg: und Hüttenmänniſchen Zeitung “:. 


Kerz, Ferdinand, wurde am 27; April 
1812 zu Mainz geboren. Er beſuchte 
das Gymnafium feiner Vaterſtadt, trat 


Keſſel. 


1831 freiwillig in die Großherzogl. Heſſi⸗ 
Ihe reitende Artillerie ein und wurde 
1836 Offizier. 1841 wurde er auf fein 
Nachſuchen zur Gendarmerie verjegt und 
trat 1878 als Oberſt in Folge eines 
Augenübels (grauer Staar) in den Pen: 
fionsftand. 

Hauptwerke: Die Entftehung des Sonnenfy: 
ſtems (2. Aufl. 1877), Erinnerungen an Säße 
aus der Phnfit (1884), Über die Entftehung der 
Körper, welche fi) um die Sonne bewegen (1886), 
Plaudereien über die Kant⸗Laplace'ſche Nebular: 
Sypotheſe (1887). 


Keffel, Carl von, geboren am 24. 
Dezember 1807 zu Groß Neudorf bei 
Brieg in Schlefien, war der Sohn bes 
Landesälteften und Rittergutsbefigers v. 
Keflel. Die erfte Erziehung erhielt er im 
elterlichen Haufe, bezog dann das Gym- 
nafium zu Brieg, fam ſpäter in das Ka— 
bettenforps und diente als Offizier in ber 
preußiichen Armee. Nach feinem Aus: 
ſcheiden aus derfelben trat er in den Eivil- 
dienft, verließ denfelben aber, weil er 
feine feiner Bildung und feinen Kennt: 
niffen angemefjene Beförderung fand und 
widmete ſich nun der Journaliſtik und 
literarifchen Arbeiten. 

Er übernahm zuerſt die Redaktion der „Trier: 
hen Ztg.“, der „Rheins und Ruhr⸗gZtg.“ und 
einer Beitung in Münfter, und fiedelte ſchließlich 
nah Berlin über. Bon feinen vorzüglich beur- 
teilten größeren Romanen nennen wir: Aus 
dem Leben eined Junggefellen, Peteröburg und 
Stodholm, Eine heimliche Ehe, Königstreu, Der 
Teufel auf Reifen, Schill und feine Gefährten, 
Lebenärichtungen, Schleswig«Holftein meerum⸗ 

Die aus feiner Feder gefloflenen Nos 
vellen und Erzählungen find fo zahlreih, daß 
wir bier nur einige hiftorifhen Inhalts anführen 
wollen. Hierzu gehören: Ron Auerſtädt bis 
Berlin, Bon Berlin bis Stralfund, Bon Ulm bis 
Wien, Der Zunter von Nüfler, Keine Rofe ohne 
Dornen, Ein Abenteuer an der Seeküfte ꝛc. An 
Werten militärischen Inhalts ift K. der Verfafler 
der Feldzüge von 1866 und 1870/71. Derfelbe 
lebt jett bereits jeit einer Neihe von Jahren, 
von Körperleiden ſchwer heimgeſucht, zu Rheins» 
berg in völliger Abgefchiedenheit. 


Kewitich, Karl Theodor, geboren am 
8. Februar 1834 zu Pofilge (Wejtpreußen), 
wo fein Vater damals Lehrer und Dr: 


— 293 


Keyfer. 


ganift war. Er befuchte die Domſchule 
dajelbjt und das Gymnafium zu Konig 
(1845— 53) und widmete ſich der Mufik, 
die von frühfter Jugend an von beften 
Lehrern bei ihm gepflegt wurde. Nach— 
dem er fih brei Jahre als Hoboift 
im Muſikkorps eines pommerſchen In— 
fanterie-Reg. und durch höhere Mufil- und 
andere Studien inBerlin vorbereitet hatte, 
legte er 1858 die Prüfung als Lehrer 
für Volksſchulen am Seminar zu Brauns- 
berg ab und wurde im nädjten Jahre 
als Lehrer und Organift in Wabez bei 
Culm angeftellt. In ſolcher und ähnlicher 
Stellung wirkte er zu Schweg, Graudenz, 
DBerent. 1865 legte er die zweite Leh— 
rerprüfung und 1867 das afabemifche 
Mufiferamen ab und wurde 1873 zum 
Erften Seminarlehrer ernannt. Bon 
1884—85 verwaltete 8. das Direftorat 
am Seminar zu Berent. Infolge eines 
Nervenleidens nahm er 1886 feinen Ab» 
Ihied aus dem Etaatsbdienft und lebt nun 
ganz feiner mufifaliihen und ſchriftſtelle— 
riihen Thätigfeit in Berlin. 

K. hat ſich vielfache Verdienfte erworben, fo 
gehört er mit zu den Förderern des allgemeinen 
deutfchen GäciliensBereins, als deſſen Diöcefans 
Präfes für das Bistum Culm er fungiert. 
Auch wurde auf feine Anregung vom Kriegämis 
nifter ein Lehrkurſus auf Staatäloften für die 
Hoboiſten der Armee an ber fgl. akademiſchen 
Hochſchule für Muſik in Berlin eingeri 
mufifalifhe Schöpfungen gelten, abgejehen von 
einer zahllofen Menge von Arrangement3 und 
SelegenheitösRompofitionen für ilitär und 
a. Mufiffapellen, vornehmlid der Ki mufil. 
Dieje (fiehe Katalog des allgem. deutſch. Cäcis 
lienvereins) find rühmlihit befannt geworben. 
K. wurde 1882 durch die Verleihung des Grades 
eine „Maestro Compositore‘ von der Akademie 
di St. Cecilia in Rom ausgezeichnet. 1874 
wurde er von der Hol. Regierung zu Danzig ala 
Bertrauensperfon zum Bericht und zu event, 
Vorſchlägen in Sachen der Mufitpflege ernannt. 
K. ift ein beliebter literarifcher Mitarbeiter einer 
Reihe von Fach- und anderen Zeitſchriften, denen 
er Referate über Bücher und Mufikalien, beſon— 
ders aber belehrende Aufläge über Muſikweſen ꝛc. 


liefert. 

Keyfer, Stefanie, geboren am 30. 
März 1847 in Sondershaufen, erhielt 
eine vorzügliche Erziehung, deren Reful- 


KReyierling-Rautenburg. 


tate noch durch mehrfahe Reifen in bie 
Schweiz und Italien gefeftigt und ermwei- 
tert wurden. Früh begann fie ſchon zu 
„ſchreiben“, zunächſt Märchen, Novellen, 
Gedichte, ſpäter auch Romane für Zeit- 
Ihriften. Nunmehr ijt die Autorin faft 
in allen beſſern Zeitichriften heimifch ge 
worden, und ihre Dichtungen erfreuen ſich 
einer überaus günftigen Beurteilung. 

Bon jelbftändigen Werken hervorzuheben: Der 
Krieg um die Haube, Glodenjtimmen, Im Win: 
termond, Fanfaro, Der Mut der Wahrheit, Die 
Loranixe. 

Keyſerling-Rautenburg, Ceeile 
Gräfin, geb. Gräfin Anrep- Elmpt, wurde 
am 22. Juni 1847 in Schwitten (Kur: 
land) geboren, genoß eine vorzügliche Er: 
ziehung im Haufe ihrer Eltern, wobei tüch— 
tige Lehrkräfte zu Hilfe gezogen wurden, 
Die es verjtanden, die in dem jungen Kinde 
Ihlummernden ſchönen Talente, befonderg 
die leidenihaftliche Vorliebe für Poeſie 
zu weden und die rechten Bahnen zu lei— 
ten. Sehr jung noch, begann die Gräfin 
Cecile zu dichten und zu fabulieren, und 
als fie jpäter mit ihren, von tiefem poeti- 
ihen Gemüt und vornehmer Geiſtesrich— 
tung zeugenden Novellen fih an bie 
Öffentlichteit wagte, fand fie vielen Bei- 


fall. Gleich ihr erftes Werk: Maddalena | 


(Nov. 1833) erwarb ihr Freunde und Der: |. 
ehrer, mehr noch ihre vorzüglich beurteilte 
Novellenfammlung: Mahres und Erträumtes 
(1887). Die Autorin lebt, vermählt mit 
dem Grafen Keyſerling, auf ihrem Schloß 
Rautenburg bei Zappienen (Dftpreußen), 
weiter mit, für die Zukunft noch viel ver: 
fpredenden literar. Arbeiten bejchäftigt. 


Kiefer, Ludwig (Ludwig Kiefer-Rarft), 
wurde am 1. März 1860 zu Waldmohr 
(Pfalz) als ber Sohn achtbarer Bauers: 
leute geboren. Er bejuchte unter fchweren 
Opfern feiner Eltern die Lateinſchule zu 
Homburg, darauf das Gymnaſium zu Zwei: 
brüden, ohne jedoch dafjelbe ganz zu ab- 
folvieren; mannigfache Kränfungen feines 
Ehrgefühls, die er als ein Unterftügungs- 
bedürftiger erleiden mußte, ſowie die Ab: 


294 








— Kiehne. 

neigung, dem Wunſche ſeiner Eltern ge⸗ 
mãß — ie zu ſtudieren, veranlaßten 
ihn, ſeine Shultudien abzubrechen. Er 
verfuchte, eine Anftellung im Staatsdienfte 
zu erlangen, und widmete fich feit 1883 
für 3 Jahre dem reichsländifchen  Forjt- 
dienjte und wurde darauf Bureau⸗Vor⸗ 
fteher in einer größeren Oberförfterei. 
Die Neigung zur Schriftitellerei, jowie das 
Streben, fid) zu vervollflommnen, ließ ihn 
neben einer gediegenen, umfangreichen Lek⸗ 
türe ein fleißiges Studium pflegen, deſſen 
Ergebniffe er in feinen Beiträgen für Zeit- 
ſchriften niederlegte. 


Kiehne, Martin Hermann, geb. zu 
Wernigerode a. H. am 10. April 1855, 
bejuchte das fünigliche Lehrerfeminar zu 
Barby a. E., beftand 1875 die erfte, 1878 
die zweite Lehrerprüfung, erlangte 1885 


durch die Mittelichulprüfung die Qualifi- 


fation zur Anftellung als Mittefichuffehrer 
und Lehrer an höheren Töchterichulen, 
jeit 1877 Lehrer an der von dem bekann⸗ 
ten Bädagogen Rektor G. Schurig diri⸗ 
gierten Mittel: und höheren Töchterjchule. 
Nach Mitarbeit an den hervorragendſten Zeit 
de feine erite 


Ichriften und Sammelwerken 
Gedichtſammlung „Lenzfahrt“ be 

Abdrud in den Eike "eilfgen 
tern den u 


balt durch 


Ende Dichtung a 
tiſche Dichtung aus der Bölferwanderung 


„Die Dorfprinzeh“, erzählende Dichtung | . 
Daneben giebt R. * —— „Heinfte Be 


ſchrift der Welt”, Hausbuch 
Redaktion er —— Iojeı 
Weiſe leitet, — 
Kienaft, Friedrich Auguſt, wurde a 
27. Juli 1853 zu Melk in Niede 
als Sohn des dortigen k. k. Steue 
—2 K. geboren. 
u 
klaſſe begann er in dem von den 
diktinern zu Melk unterhaltenen k. 
gymnaſium ſeine Studien, verließ 
1865, um das Realg 
Pölten zu befuchen, weil der 
fränklichen Körper eine Orts 









Kienzl. — 
empfohlen. Da dieſe nicht den erwünfch: | 
ten Erfolg hatte, kehrte er nach Melk und, 
nahdem er im Elternhaus feine angegrif: 
fene Gefundheit gefräftigt, an das Ober: 
gymnaſium zurüd. Nach Abjolvierung der 
Edule trat er, für die pharmazeutische 
Raufbahn beftimmt, als Praktikant in die 
Stiftsapothefe zu Admont in Steiermart 
ein, legte 1872 zu Graz die Tirozinal- 
prüfung ab und war dann der Reihe nad) 
Alfiftent der Pharmazie zu St. Pölten, 
Sclägel, Scheibbs und Eilenerz. Ein 
bartnädiges Nervenleiden fegte ihn außer | 
Stand, feinen Berufspflidhten ferner nad): | 
zufommen; er ging in das Elternhaus zu: | 
rüd, um der Heritellung feiner Gejund- 
heit zu leben, und widmete alle feine 
Kraft dem Studium der Klaſſiker, dem er 
aud) bereits in feiner pharmazeutischen | 
Praris mit Eifer obgelegen. Die mannig: | 
fahen Hinderniffe, die ihm in den Meg | 
traten, konnten ihn nicht entmutigen; je 
größer die Miferfolge waren, die er bei: 
feinen Unternehmungen erntete, defto leb⸗ 
bafter wurde in ihm die Begeijterung für 
die Schriftitellerei und ihre Ausübung. 





295 


Riepert. 


ders durch Ad. Jenſen und Franz Liszt 
aufgemuntert, ſich gänzlich der Muſik zu 
widmen. Ließ fih 1874 bei der philofo- 
phiſchen Fakultät in Graz immatrikulieren, 
fegte fpäter feine philofophiichen und mus 
ftlaliichen Studien in Prag und Leipzig 
fort, woſelbſt er aud) feine fchriftitellerifche 
Thätigkeit als Mitarbeiter verjchiedener 
Journale begann, führte in den genann- 
ten Städten bereits mehrere feiner Kom: 
pofitionen auf. Kehrte 1877 nad Graz 
zurüd, hielt Vorträge und veranitaltete 
Konzerte, in welchen er außer feinen eige— 
nen, namentlih Wagner'ſche Werke zur 
Aufführung bradte. Promovierte 1579 
in Wien zum Doktor der Bhilofophie und 
Muſik auf Grund der fpäter erichienenen 
Schrift Die muſikaliſche Deflamation. Hielt 
id 1879, in regem Verkehr mit Wagner 
und Liszt, in Bayreuth auf. Ging 1880 
nah München, wo er einen gemifchten 
Chorgejang-Berein dirigierte und 20 mu— 
fitwiffenfchaftliche Vorträge hielt. Unter: 
nahm 1881—82 als Komponift große 
Konzertreifen duch Deutichland, Ungarn 
und Rumänien, war 1883—84 eriter 


1885 überfiedelte er mit feiner verwitwes | Kapellmeifter der deutihen Oper in Am— 
ten Mutter nad) Leoben, wo K. nod im |fterdbam, fpäter in Erefeld und zog ſich 
jelben Jahre ein Studentenheim eröffnete | dann nad Graz zurüd, um dort 1884 


und 1886 die Redaktion der „Leobner 
Rundſchau“ übernahm. 

Bon feinen ſelbſtändigen Werken heben wir 
hervor: Mit Gott (Anthol.), Admont, Beſiegte 
Vorurteile. 


Kienzl, Wilhelm, geb. am 17. Ya: 
nuar 1857 als Sohn eines Advofaten in 
Waitzenkirchen (Oberöfterreih). In Graz, 
wo jpäter (1860) die Familie ihren Wohn: 
fig nahın, abjolvierte K. das Gymnafium 
und machte 1374 die Diaturitätsprüfung. 
Erhielt feit dem fünften Jahre Klavierunter: 
richt, in fpäterer Zeit durch Mortier de Fon⸗ 
faine. Auf des legteren Anraten ſtudierte 
er Kompofition bei W. U. Remy (Dr. 
Wilhelm Mayer) in Graz und machte ſpä— 
ter noch kontrapunktiſche Studien bei Jo— 
fef Krejei in Prag und bei Jofef Rhein: 
berger in Münden. Wurde fpäter befon- 


J 


die Oper „Urvaſi“ (deren Textbearbei— 
tung gleichfalls von ihm herrührt) zu 
vollenden. 

Diefe Oper, 1886 zum erftenmal aufgeführt, 
ift bisher K.'s Hauptwerf. Unter der Feder des 
Komponiften eine zweite Oper: „Heilmar der 
Narr”. Bon anderen Kompojitionen K.'s erichie: 
nen 98 Klavierftüde, 70 Lieder, 15 Chöre, 4 Or: 
efter: und 3 Kammermufifmwerke im Drud. Vor 
kurzem hat 8. ein Buch „Miscellen” (gefammelte 
Aurfäße über Mufit, Mufiter und mufifalifche 
Erlebniffe) herausgegeben. 1886 wurde er zum 
artiftifchen Direftor des fteiermärfifhen Mufif: 
vereins in Graz berufen und vermählte ſich dann 
mit ber vortrefflichen Sängerin Lili Hole. Er 
wirft nun in Graz ald Dirigent, Komponift, 
mufifalifcher Schriftiteller, Pianiſt, Muſikpädagog 
und durd öffentl. Vorträge über Mufifgeichichte. 


Kiepert, Heinrich, wurde am 31. Juli 
1818 in Berlin geboren. Nach Vollendung 
feiner Univerfitätsitubdien dafelbft unter— 


Kieſekamp. — 
nahm er mehrere Reiſen nach Kleinaſien, 
nad) deren Rückkehr er (1845) als Direk⸗ 
tor des Geographiichen Inftitutes zu Wei⸗ 
mar angeftellt wurde, welches Amt er bis 
zu feiner Erwählung in die Afademie der 
Wiflenichaften (1858) inne hatte. Er do- 
zierte nun an ber Univerfität in Berlin, 
wurde 1859 zum außerordentl. und 1874 
zum orbentl. Profeſſor ernannt. K. gilt 
als einer der ausgezeichnetiten Geogra- 
phen und Kartographen der Gegenwart. 
Von feinen bedeutenden Arbeiten heben 
wir hervor: 

Lehrbuch der alten Geographie, Leitfaden der 
alten Geographie, Handatlas in 45 BL, feit 
1856 in jährlih wiederholten Auflagen, Atlas 
antiquus 12 BI. ebenjo, Atlas von Hellas in 
24 Bl. Paläftina; außerdem viele Abhandlungen 
in Zeitfchriften und eine große Anzahl von Karten, 
namentlih den Drient, das türkiiche Neich zc. 
betreffend, in beutfcher, franzöfifcher und griechi— 
ſcher Sprade. 

Kieſekamp, Hedwig, geb. Bracht (He: 
lene Kornelia, Rafael), geb. im Jahre 
1846 auf dem Rittergute Heinrichenburg 
in Weftfalen, verlebte ihre Kindheit in 
ländlicher Etille und genoß neben dem Un- 
terricht der Dorfichule denjenigen des Orts⸗ 
geiftlihen. Das freie Umberftreifen in 
Wald und Feld erwedte in ihr früh Schon 
den Sinn für Poeſie. Nad dem Tode 
ihres Vaters fam fie behufs weiterer Aus⸗ 
bildung in das Klofter der Urfulinerinnen 
zu Maezeyd. Hier, wo die Mufit vor 
allem eine Pflegftätte fand, faßte fie den 
Entihluß, Sängerin zu werden. Ihre 
Verheiratung binderte die Verwirklichung 
diejes Planes, 1884 folgte fie ihrem Gat⸗ 
ten nah Münfter. Hier konnte fie fich 
num ganz ihrer Vorliebe für die Kunft hin- 
geben. Sie genoß des anregendften Ver: 
fehrs, vor allem lernte fie Levin Schüding 
fennen, der ihr bei ihren erften jchrift- 
ftelleriichen Verſuchen freundlich die Hand 
reichte. Mandherlei Reifen, die fie faft 
durch ganz Europa führten, erweiterten 
ihren Gefichtsfreis um ein bedeutendes. 
Ein frohes literariiches Echaffen begann. 

1876 gab fie einen Band Märchen unter dem 
Titel „Neuer Märchenſchatz“ (2. Aufl. 1883) her: 


296 


= Kießling. 

aus. Bald folgte wieder ein Märchenbuch Am 
Kamin“. Ein Jahr darauf „Friſcher Märchen⸗ 
ftrauß”, endlih 1884 „Früblingsmärden 
Groß und Klein”. Ihre Werke wurden von 
Kritif ſehr freundlich au — Als Mit- 
arbeiterin verſchiedener Zeitſchriften lieferte wi 
riſche Gedichte. 1887 erſchien ein neuer Kranz 
licher und von mafgebender Seite — 
urteilter Märchendichtungen unter dem Titel „ 


der Sturm ſang“. 


Kiekling, Friedrich Ferdinand (Fer 
dinand von Döbeln), wurde am 21. 
1835 zu Döbeln (Sachſen) geboren. Schon 
frühzeitig befundete der Knabe eine nicht 
gewöhnliche Begabung. Doc der Vater, 
ein jchlichter Handwerker und mittellos, 
bejtimmte ihn wieder für den Handwerker⸗ 
ftand. Dem väterlihen Wunſche fi fü- 
gend, führte denn der Süngling tagsüber 
Hobel und Säge, um dann bes Abends 
an ben * ia den re 
gen Geift und das empfängliche Gemüt zu 
bilden und zu erquiden. Die eifrige Le 
türe der Biographien bedeutender Männer, 
die aus eigener Kraft fi ihr Leben 
ftalteten, feuerte ihn an, die Ungunft 
ner äußeren Verhältniſſe zu 
Mit unermüblihem Fleiße erwarb ſich der 
junge Mann in verhältnismäßig kurzer 
Zeit einen Schag von Kenn Das 
Studium Shakeſpeare's und der 
Ihen Dramatiker, die er in ber egung 
(as, begeifterten ihn für das Theater und, 
einem unmiberftehlihen Drange — 
ging er zur Bühne. Poetiſche Verſuche 
aller Art fallen in diefe Zeit. Bald er 
fannte er, daß jelbftändiges € n feine 
Aufgabe fei, und er wurde in dieſer Mei- 
nung nod) beftärft, als einige feiner dra- 
matiihen Arbeiten beifällige Aufnahme 
fanden. So entjagte er denn der Bühn 
und ging zu weiterer Ausbildung nach Eng: 
land und Amerika, wo er für ve 
deutſche Zeitungen feuilletoniftiiche A 
ſchrieb. 1870 machte er den Feli 
Frankreich mit und ließ ſich nach 
densihluß in Leipzig nieder, wo er ale 
Feuilletonift am „Neuen Blatte“ und 
deren Zeitichriften thätig war. Uni 








— 


Kihn. 


297 


Kindermann. 


bemüht, ſich fortzubilden, hörte er noch Intereſſe der ſtudierenden Jugend, welche 


als reifer Mann auf der Univerfität Leip- 
zig philofophifche, literarhiftorifche und ge= 
ſchichtliche Vorlefungen. 1876 reifte er 
zur Weltausftelung nad Philadelphia. 
Aus der neuen Welt in die Heimat zurüd- 
gekehrt, nahm er feinen dauernden Auf: 
enthalt in Dresden, wo er während breier 
Jahre den „Belletriftiichen Verlag“ führte, 
um dann ebendafelbjt die Redaktion der 
„Saronia” und des „Patriotiichen Haus- 
ſchatzes“ zu übernehmen. 

Außer einer großen Menge von Artikeln und 
Erzählungen, die in den ——— Zeitſchrif⸗ 
ten zerftreut find, find es insbeſondere folgende 
feiner Werfe, die verdienen, genannt zu werden: 
Boten des Frühlings, Gedichte (1861), Schwänfe 
und Ränfe (1862), Tormniftergefhichten (1870), 
Unter deutfchen Fahnen (Bilder aus dem Sol; 
datenleben, 1876), Gold und Blut (Rom. 1882), 
Mlerandra (Rom. 1882), Aus Krieg und Frieden 
(1871), Höllenftudien (1874), Jupiter und Ger: 
mania (1878). Zur Aufführung gelangten fol: 
gende Bühnenftüde: Königs Geburtstag, Ein Tag 
aus s Leben, Nur ein Reiter, Schrift: 
lich! urtstagsgeſchenk, Preußens Erhebung, 
Chriſtfeſt im Felde, Haaſe auf Kunſtreiſen. 

Kihn, Heinrich, geb. am 30. April 
1833 zu Michelbadh, königl. bayr. Bezirks- 
amts Alzenau, beſuchte das Gymnaſium 
zu Afchaffenburg und ftubierte nach defjen 
Abfolvierung am Lyceum daſelbſt Philo- 
fophie und an der Univerfität Würzburg 
Theologie und Philologie. 1855 trat er 
ebenda als Zögling in das bijchöfliche 
Kleritalfeminar ein und löfte 1857. die 
von der theologischen Fakultät geftellte 

fgabe über Die Bedeutung der anti- 
ocheniſchen Schule auf dem exegetiſchen Gebiete. 


In demfelben Jahre zum Priefter geweiht, beſchä 


war er bis 1858 als Kaplan in Urfprin- 
gen-Duttenbrunn und Hammelburg in der 
Eeelforge thätig und wirkte dann in die: 
fem Städtchen von 1848—64 als Sub- 
reftor der Lateinfchule und ala Studien: 
lehrer mit Vorliebe an der Erziehung und 
Ausbildung der Jugend. 1860 verfaßte 
er das Echulprogramm Über die Nutzbarkeit 
unjerer Lateinſchule. 1864 zum Stubienleh: 
rer am fönigl. Gymnafium in Eichftätt 
ernannt, verfaßte er im religiössfittlichen 


eines geeigneten Gebetbuches entbehrte, 


den Meg zur Meisheit, ein Andachtsbuch für 
Studierende und Gebildete (4. Aufl.1886). 1866 


erſchien feine Differtation Die Bedeutung der 
antiochenifchen Schule auf dem eregetiichen Ge 
biete nebjt einer Abhandlung über die älteften 
chriſtlichen Schulen, befonders zu Antiochia, Edefja 
und Nifibis, welche die günftigjte Beurtei- 
lung erfuhr. Als Profeſſor der Theologie 
an die Univerfität Würzburg berufen mit 
der Verpflichtung, Vorlefungen über Pa— 
treologie, theologiihe Einleitungswiſſen⸗ 
haften und Hermeneutif zu halten, ver: 
band er hiemit nach feiner Ernennung zum 
Ordinarius (1879) noch den Vortrag des 
Kirhenrehts. Im Jahre 1884/85 be- 
fleidete er das Rektorat der Hochſchule, 
und erſchien: 

rof. Möbler, ein Lebensbild als Beitrag zur 
Gelhhichte der Theologie der Neuzeit (2. U. 1885). 
Hier Ichrieb er fernerneben einer Reihe von Auflägen, 
die in theologifchen Zeitichriften erſchienen, das 
vorzüglihe Werk „Theodor von Mopfueftia und 
Junilius Afritanus als Eregeten” nebjt einer fris 
tiſchen Textausgabe von des letzteren „Instituta 
regularia divinae legis“ (1880). An dieſes 
—— ſchloſſen ſich die Abhandlungen an: Über 

eupia und @AAnyopta nad den verlorenen her 
meneutiſchen Schriften der Antiochener (1880), 

ber ben Betrieb der hebr. Spradhe an Gymna⸗ 
* und theol. Lehranſtalten (1883), Der Ur: 
prung des Briefes an Diognet (1882), Praktiſche 
Methode zur Erlernung der hebräiſchen Sprache, 
Grammatik mit Übungsſtücken, Anthologie und 
MWortregifter für Gymnafien und theol. Zehranftals 
ten (gemeinfam mit D. Schilling verfaßt 1885), ers 
läutert die Regeln an zahlreichen mit tranffribierter 
Ausfprahe und Überjegung verbundenen Beiſpie⸗ 
len. 8. ift zur Seit mit Ausarbeitung einer 
ri Fr und Methodologie der Theologie" 

gt. 

Kindermann, Carl, wurde am 8. 
Auguft 1882 zu Lübeck geboren. Eein 
Vater war Bote am Oberappellations- 
gericht dafelbft mit kleinem Einfommen 
und großem Kinderfegen. Der Knabe er- 
hielt, da nur wenig zu feiner Ausbildung 
verwendet werben fonnte, feinen Unters 
richt in einer Mitteljchule, erjt mit dem 
12. Jahre fonnte er eine Realſchule in 
Lübeck beſuchen, die er nad) zwei Jahren 
verließ, um in ein Krämergeſchäft als 


Kinzel. — 
Lehrling einzutreten. 
Lehrzeit war er mehrere Jahre, zuerſt als 
Bodenmeiſter, dann als Aſſiſtent und zu— 
legt als Kaſſierer bei der Lübeck-Büche— 
ner Bahn thätig, in welcher Zeit er ſich 
aud) verheiratete. 1858 wurde er zum 
Beamten des ſtädtiſchen Leihhaufes er: 
wählt, welche Stellung er 12 Jahre inne 
hatte. Nebenher war er feinem Bruder 
als ſtiller Teilhaber in einem gemein: 
Ihaftlic gegründeten photogr. Gefchäfte 
behülflih und gründete in Lübeck ein 
Dienſtmann-Inſtitut, verbunden mit einer 
Haupt:Agentur der Renten-, Kapital: und 
Lebensverfih..Banf Teutonia in Leipzig. 
Um das photogr. Geichäft feines nad) 
Hamburg überficdelnden Bruders fäuflich 
zu übernehmen, gab er feine Beamtenjtel- 
lung im Leihhauſe auf und führte jenes 


298 





Kiplke. 


Nach fünfjähriger dem Gebiete der deutſchen Literatur und des 


deutſchen Altertums veröffentlichte er die felb- 
ftändigen, vorzüglich beurteilten Schriften: Der 
Junfer und der treue Heinrih, ein Rittermärdhen 
des 14. Jahrhunderts (1880), Zwei Rezenſionen 
der Vita Alexandri Magni, eine Abhandlung 
über ein mittelalterliches Werk aus der Alexander⸗ 
fage (1884), Lamprecht's Alerander nad) den drei 
Terten mit dem Fragment des Alberie von Be- 
fangon und den lateiniichen Quellen heraus— 
gegeben und erklärt (1884), Das deutiche Volls⸗ 
lied des 16. Jahrhunderts, für die Freunde der 
alten Literatur und zum Unterricht (1885). Seit 
1885 ift K. Redakteur des „Jahresberichts für 
germaniiche Philologie”. 


Kipfe, Karl, wurde am 20. November 
1850 zu Breslau geboren und erhielt 
dort feinen Schul- und erjten Muſik— 
unterridt. 1967 bezog er das Leipziger 
Konjervatorium der Mufif und blieb drei 
Jahre defien Zögling. Nachdem er noch 


14 Jahre, bis eine Augenſchwäche ihn für fich weitere zwei Jahre in Leipzig 
zwang, feine photogr. Thätigfeit einzu: | mufifaliiche Studien betrieben hatte, wurde 
jtellen und fi dem Lebens-Verſicherungs- er als Mufikdireftor nad Lippitadt be: 


fache ganz zu widmen. 

K. humoriftiih beanlagt und mit dichteriſchem 
Talent begabt, daS er zu vervollfommnen ſtets 
beitrebt war, jchrieb Feſtprologe, Vereins- und 
Tafıllieder, kleine Mastens und Polterabend: Auf: 
führungen und Widmungen heiteren und erniten 
Inhaltes in hoch- und plattdeutiher Mundart, 
die ihren Weg in die Öffentlichkeit fanden. 1881 
erfchien ein Band humor. plattd. Gedichte unter 
dem Titel „Feldblomenſtruß“, welcher von der 
Kritit fehr gut aufgenommen wurde. 

Kinzel, Karl, geb. 17. März 1849 
in Berlin als Sohn des Rektors Dr. 
C. K., vorgebildet auf dem kgl. Friedrich— 
Wilhelms-Gymnaſium daſelbſt, ſtudierte 
in Berlin anfangs Theologie, dann be— 
ſonders deutſche Philologie von 1868 bis 
1872, machte den Feldzug gegen Frank— 
reich als Freiwilliger mit, war an meh— 
reren Berliner höheren Lehranſtalten 
thätig, nachdem er in Halle auf Grund 
einer Dilfertation über Wolfram von 
Eſchenbach promoviert und in Berlin 
das Eramen pro facultate docendi be 
ftanden. Seit 1875 angeftellt am Ber: 
liner Gymnafium zum Grauen Kloſter. 

Außer einer Reihe von Auflägen in willen 
ſchaftlichen und belletriftiichen Zeitſchriften aus 





rufen und hatte dort als Dirigent des 
gemischten Chorgefangvereins der Geſell— 
ihaft „Eintracht“ Symphonie:, Kammer: 
muſik- und Chorfonzerte zu leiten. Auch 
wurde ihm die Direktion der dortigen 


' Liedertafel und des auf feine Veranlaffung 
‚fpäter ins Leben getretenen Lippſtädter 


Sängerbundes übertragen. Anläßlich 
feiner Berheiratung gab K. 1875 feine 
Lippftädter Stellung wieder auf und ſie— 
delte neuerdings nad) Leipzig über. In 
den Jahren 1875— 78 paufierte der aus— 
übende Mufifer gänzlich bei ihm; er war 
ausſchließlich literariich thätig und zwar 
hauptſächlich als Kritifer und Biograph 
für Fach- und politiihe Zeitungen. Ein 
Jahr lang redigierte er die „Blätter für 
Hausmufif” und war namentlich auch als 
Opernreferent des Leipziger Tageblattes 
jehr thätig. 1878 übernahm er die Lei: 
tung zweier Männergelangvereine in Leip- 
zig, und 1879 diejenige der. Pilſener 
Liedertafel und fiedelte zu dieſem 

nad Pillen über, 1884 trat. er von 
der Zeitung der Liebertafel zurüd, um 
fih ganz dem muſikaliſchen Lehrfache zu 


Kirchbach. 


widmen. Geſundheitsrückſichten zwangen 
ihn indeſſen 1886 dieſe Thätigkeit auf— 
- zugeben, er zog wieder nad) Leipzig, um 
fih abermals ganz feiner literariichen Be: 
ihäftigung hinzugeben. 

Er übernahm einen Teil der redaktionellen 
Arbeiten für die von H. Pfeil feit 25 Jahren 
geleitete „Sängerhalle”, die er feit 1887 allein 
redigiert. K. iſt außerdem Mitarbeiter einer 
Reihe von muſikaliſchen Zeitichriften, feine Ar: 
beiten erfreuten fich vieler Anerkennung, indem 
fie die Hebung und Ausbildung edler Geihmads: 
rihtungen bei Dilettanten und Laien und einen 
gelunden künſtleriſchen Fortſchritt in Fachkreiſen 
anftreben. 


Kirchbach, Wolfgang, wurde am 18. 


September 1857 zu London geboren. 
Nach UÜberfiedelung feiner Eltern nad) 
Deutichland wurde er zu Dresden in der 
Marquart'ſchen, Krauſe'ſchen Erziehungs: 
anſtalt und im königl. Gymnaſium auf 
das akademiſche Studium vorbereitet. Er 
ſtudierte auf der Univerſität Leipzig Phi— 
loſophie und Geſchichte, um ſich dann 
gänzlich ſeinem literariſchen Berufe zu 


widmen und vielſeitigen Studien zu leben. 
| Bantia (1853), Handausgabe des Plotin (1854), 


Seit 1879 wohnte er in München, von 
wo er mancherlei Reifen in Italien ꝛc. 
unternahm. Bon jeinen ınit Recht glän: 
zend beurteilten ſelbſtändigen Werfen 
heben wir hervor: Märchen (1879), Salvator 
Roſa (Rom. 1880), Kinder des Reiches (vater: 
länd. Nov. 1835), Ausgewählte Gedichte (1383), 
Ein Lebensbuch (gefammelte Eleinere Schriften 
1885), Lord Byron (Eſſay 1886), Waiblinger 
(Zrauerfp. 1886), Das Nätjel (eine ſchalkhafte 
Geſchichte 1887) und viele Meinere Arbeiten. 


Kirchhoff, Guſtav Robert, wurde 
am 12. März 1824 in Königsberg ge— 


boren, ftudierte Mathematik und Phyſik 
an der dortigen Univerfität, habilitierte 


fih 1847 zu Berlin, wurde 1850 als 


außerord. Profeſſor nach Breslau, 1854 als 
ordentl. Brofefjornacd Heibelbergund 1875 
in gleicher Eigenschaft nad) Berlin berufen, 
wo er der Akademie der Wiſſenſchaften an- 
gehört. 1883 verlieh der Kaijer ihm in An- 
erfennung feiner hohen Berdienite um die 
Wiſſenſchaft Rang und Titel eines Ge- 
heimen Regierungsrates. 


299 


Kirchhoff. 


hochbedeutenden Werken heben wir hervor: 
Unterfuhungen über das Sonnenfpeftrum und 
die Speftren der hemifchen Elemente (mit Bunfen 
1861, 3. Aufl. 1866), Borlefungen über mathe: 
matifche Phyſik (2. Aufl. 1877), Sefammelte Ab: 
bandlungen (1881, zuvor in Poggendorff'3 „An: 
nalen‘ und in Crelle's „Journal für Mathes 
matik“ erichienen). 


Kirchhoff, Joh. Wild. Adolf, geboren 





' Theologie und Bhilojophie. 


den 6. Januar 1826 zu Berlin, bejuchte 
das Friedrich-Wilhelms-Gymnaſium und 
‚die Univerfität dajelbit als „Philoſoph“ 
‚und wirkte dann als Lehrer, von 1849 
an als Profeſſor am Joachimsthal'ſchen 
Gymnaſium. 1865 wurde er an Die 
Univerfität feiner Vaterjtadt als ordent- 
‚licher Profeſſor berufen, 1860 in Die 
Akademie der Wiſſenſchaften gewählt und 
1867 zum Mitdirektor des Philologiichen 
Seminars ernannt. Literariſch madte K. 
ſich beſonders durch die Umbrifchen Sprach— 
denkmäler bekannt und hochverdient. Außer— 
dem heben wir von ſeinen ſelbſtändigen, 
durch die maßgebende Fachkritik glänzend 
beurteilten Werken hervor: Das Gotifche 
Runenalphabet (1852), Das Stadtreht von 





Corpus inseriptionum graecarum IV (1859), 
Die Homterifche Odyſſee und ihre Entitehung 
(1859), Die Kompojition der Odyſſee (1869, 
2. Aufl. 1879), Corpus insceriptionum attiea- 
rum 1 (1873), Studien zur Geſchichte des gries 
chiſchen Alphabets (4. Aufl. 1887), Staat der 
Athener (2. Aufl. 1881), Ausgaben der Euri- 
piden 1855 und 1867, der Aelkbnlen (1880). 

Kirchner, Friedrih, geb. 1. Mai 
1848 zu Spandau als Sohn eines Pre- 
digers, bejuchte das Joachimthalſche Gym⸗ 
naſium zu Berlin, deifen Alumnus er 
war, und ftudierte in Halle und Berlin 
Dann be= 
gleitete er einen jungen Dann als Er- 
zieher nad) der franzöfiihen Schweiz, 











leitete 1870— 72 ein theol. Convikt in 
Berlin und weilte bi8 1874 als Hauslehrer 
in England. Bon hier aus promovierte 
er als Dr. phil. und Lic. theol., ward 
dann in Berlin Lehrer, ſpäter Oberlehrer 
am fgl. Realgymnafium jowie Dozent für 





Bon jeinen | 


Literaturgeihichte und Philoſophie an der 
Humboldt-Afademie dafelbit. 


Kirſchner. 


Außer „Gedichten“ (2. A. 1878) ſchrieb er beſon⸗ 
ders pbilofoph. Werke, von denen wir feine Meta- 
phyſik (1880), Geſchichte der Poilslerie (2.9. 
1884), Diätetil des Geiftes (2. Aufl. 1886) und 
Wörterbuch der philof. Grundbegriffe (1886) als 
vorzüglich beurteilt hervorheben. n Standpunft 
ift 0 eined rationalen Realismus, d. h. er be» 
trachtet die Vernunft als höchſte Inſtanz, fordert 
aber, daf fie die Refultate der Rehurforisung 
bei ihren Konftruftionen eg ferner 
fucht er Glauben und Wiſſen, d. h. die Forbes 
rungen des Gemütes mit denjenigen der Vernunft 
zu verföhnen. 


Kirfchner, Lola (Oſſip Schubin), 
wurde am 14. Juni 1853 zu Prag ge 
boren und erhielt eine ſorgfältige Erziehung 
im elterlichen Hauſe. 
regte ſich in dem jungen Mädchen ein 
unwiderſtehlicher Drang zum Dichten und 
Fabulieren, deſſen Blüthe ſich ſpäter zur 
ſchönen Frucht entwickelte und nunmehr 
in voller Reife ſteht. Der Roman iſt 
das Feld der Autorin, die kunſtvolle Kno— 
ten zu ſchlingen und nicht gewöhnliche 
Menſchen zu zeichnen verſteht, wie wenige 
ihrer ſchreibenden Mitſchweſtern neuerer 
Zeit, wenn auch ihr eigentümlicher, als 
nicht echt deutſch getadelter Stil ihr manche 
Widerſacher heraufbeſchworen hat. 

Hauptwerke: Schuldig (1883), Mal occhia 
ae Auf Ehre (1884), Ein Frühlingstraum 


Kiy, Friedrich Wilhelm Viktor, geb. am 
1. Mär; 1837 zu Beutnerdorf bei Ortels- 
burg in Oftpreußen, wurde vorgebildet auf 
dem Oymnafium zu Raftenburg unter 
Tehomw, jtudiertein Königsberg zuerft Theo: 
logie, dann Philofophie und Philologie. 
Bon Karl Rojenkranz angeregt, wibmete er 
fich befonders dem Stubium der Philofophie 
Hegels und Echopenhauers. Nach abjol- 
viertem Ex. pro fac. docendi war der: 
jelbe in verjchiedenen Privatftellungen und 
an der höheren Bürgerfchule zu Bartenftein 
thätig. Oftern 1873 wurde er auf Hein- 
ri Viehoffs Veranlaffung an das Real- 
gymnaſium zu Trier —* Im folgen: 


den Jahre heiratete er eine Tochter Vie: 
boffs und lebte im engjten Verfehre mit 


300 





Klaar. 


dikat „Oberlehrer“ beigelegt worden war, 
wurde derſelbe 1885 an das m⸗ 
naſium zu Elberfeld berufen, woſelb 
noch jetzt thätig iſt. 
Er hat folgende verdiente Schriften —5 — 
Die Satire Aſthetiſche Abhandlung, —— 
ſſimismus und die —— 
ehrplan für den deutſchen Unterricht re 
Lehrplan für den lateiniſchen Unterricht (1879), 
Die Kantichen Kategorien und ihr Verhältnis zu 
den Ariftotelifhen mit Rüdficht auf den 
— Stand der Wiſſenſchaft (ea en 
g der deutſchen Leſebücher für untere 
—— Klaſſen von H. Viehoff (1881), Bear 
beitung des Handbuchs der deutſchen Rational: 
— für die oberen Klaſſen von H. Biehoff 
882), Grundlage der Moralphilojopbie vom 


Schon frühzeitig | ken nunft des Hegel-Rofenkranzichen Syftems 


(1884), — — des Sans Kommentars 
von 9. Biehoff enblicklich ift 8. 
mit der —— der sat chen — 
chaft ſeines Schwiegervaters beſchaäftigt, wovon 
eine Poetik mit einer biogr. Skizze Viehoffs von 
8. foeben erſcheint. 


Klaar, Alfred, wurde am 7. Novbr. 
1848 in Prag geboren, ftubierte in Wien, 
dann an der Univerfität feiner Vaterſtadt 
die Rechte und wandte ſich literarifchen 
Studien, fchriftftelleriiher und publizi⸗ 
ftiicher Thätigfeit zu. Er gehörte 1868 
bis 1872 der Redaktion des „Tagesboten 
aus Böhmen“ an und trat bann als Kris 
tifer in ein hype; Verhältnis zur „Bo- 
hemia“. Er gilt als befonders 1035 Ge 
geiler Kritifer. Im Jahre 1885 

ilitierte er fi) ald Privatdozent für Lir 
teraturgefchichte an der deutſchen poly: 
technifhen Hochſchule in Prag. 


Ir 


Hauptwerke: Grillpargers Dttofar (eine Unter 
fuhung), Ludwig Börne (Gedenkrede), Der Em: 
Bin geifpiel ie pen Komö (Aufts 
piel), I. B * — IL, Das 
moderne Drama in Be n und Haupt« 
vertretern, * 

Klaiber, Karl Hermann, zu 


geboren 
Stuttgart 8. Mai 1835 als Sohn des 
—* Gymnaſialprofeſſors Dr. Gott⸗ 
fried K. und ſeiner Gattin Maria geb. 
Hauff, einer Schweſter des Dichters Wil⸗ 
helm Hauff, ſtudierte, nachdem er ſämmt⸗ 
liche Klaſſen des Eberhard-Ludwigs⸗Gym⸗ 


demſelben. Nachdem ihm 1883 das Prä- naſiums feiner Vaterſtadt durchlaufen, 


Klapp. 


1853—57 indem evang. Seminar (Stift) 
zu Tübingen Philojophie und Theologie. 
Eins und ein halbes Jahr verbradte er 
in Rom als Hauslehrer und Vikar bei 
dem damaligen fal. preußiichen Gejandt- 
ſchaftsprediger K. Heing 1859 —61. 1866 
erite definitive Anftellung als Pfarrer in 
Weiler, Delanats Weinsberg, 1874 
Pfarrer in Wurmberg, Def. Maulbron, 
feit 1885 in Hirjau, Def. Kalm. Ehren: 
mitglied der „Soci6ts d’histoire Vau- 
doise“ in 2a Tour. Dr. philos. 
Außer gelegentlichen Auffägen, Rezenfionen :c. 
verjchiedenen Blättern find hervorzuheben: 
Arnaud, Pfarrer und Kriegsoberſter der 
er. Ein Lebensbild (1880), Urkundliche 
Geſchichte der reformierten Gemeinden Cannit att« 


Stuttgart-Qudwigäburg, von den älteften Zeiten 
bis auf die Gegenwart. Ein Beitrag zur Ges 
gidhte der reformierten Kirche in Würtemberg 
(1884), Das Nlofter Hirfau. Für Geichichts:, 
Altertums:, Kunft- und Naturfreunde (1886). 


Klapp, Michael, wurde am 15. Fe 
bruar 1834 in Prag geboren, abjolvierte 
daſelbſt das Somnaftum und die Univer: 
fität als „Philofoph“ und wandte fich 
alödann der Journaliftif zu. Er war 
redaktionell an der „Dftdeutichen Brefie”, 
der „Sartenlaube”, der „Neuen Freien 
Preſſe“ und der „Montags:Revue” (bis 
1877) thätig. Nachdem er bereits meh- 
Ping Berfeht * en & —5* 

| ewordenen Zuftipiel „Roſenkranz 
und Süldenftern“ hervor, das glänzende 
Erfolge erzielte und ein Repertoirjtüd fat 
fämmtlicher deutfcher Bühnen wurde. 


_ Außerdem wir hervor: Komiſche Ge- 
—— aus jübiihen Volksleben (1859). 

(1867), Wiener Bilder und Büften (2. A. 
1867), Bilder vom Maräfelde (2. Aufl. 1869), 
Revolutionsbilder aus Spanien (1869), Zweierlei 
Juden (1869), Pilgerfahrt von Tannhäufer dem 
Jüngeren (1875), Reiſetagebuch de3 Schah von 
Berfien (1876), Die Bankgrafen (1877), Fräus 
(18 (1878), Der Glüdshafen 

78). 


Klatt, Johannes, geboren 31. Of: 
tober 1852 in Filehne, beſuchte 1862 


301 


Klatte. 


1872 an ber kgl. Bibliothek beichäftigt 
(feit 1880 Kuftos), verheiratet mit Mar: 
garete Papig. 

Hauptiriften: Doktordiffertat. De trecentis 
Cänakyae poetae indici sententiis (1873), 
Dhanapäla’s Rishabhapancäcikä (1879), Die 
Jaina⸗Handſchriften der kgl. Bibliothek zu Berlin 
(1881), Indiſche Drude (1881), Extracts from 
the historical records of the Jainas, im In- 
dian Antiquary (1882). 8. ift Mitarbeiter an 
den Jahresberichten der Geſchichtswiſſenſchaft, Ig. 
1—4 (1878—81), an den Jahreäberichten der 
Deutihen Morgenländ. Gefellihaft 1880 — 81, 
Drient. Bibliographie im Literatur: Blatt für orient, 
Philologie (Bd. 1-3, 1884—86.). 

Klatte, Alfred, wurde am 26. April 
1846 zu Bonn geboren, befuchte das dor: 
tige Gymnafium, nad) deſſen Abfolvierung 
er fi der journaliftiihen Laufbahn wid- 
mete. Er wurde Redakteur der „Straß: 
burger Poſt“ und ift auch literarifch haupt⸗ 
ſächlich thätig als Muſikkritiker und Feuille- 
tonift. Bon feinen größeren Arbeiten find 
hervorzuheben die Erzählungen: 

Das Forfthaus (1878), Im Sturm der Leis 
denichaft (1884), Verftoßen (1885). 


Klee, Elifabeth, wurde am 19. Juli 
1842 als Tochter des Ober-Regierungss 
rats und jpäter noch Konfiftorialpräfident 
Dr. 8. in Poſen geboren. Früh zeigte 
fih der Drang zum ſchriftlichen Ausdrud 
des ſtets vollflutenden Innenlebens, worin 
freilihd Gemüt und Phantafie meijt dem 
ſcharfen nüchternen Verſtande, der fnappen 
Haren Form zum Schaden die Oberhand 
behielten. Als fie ihre Eltern verloren 
hatte, —— für fie eine Art Wander— 
leben. Bei Freunden und Verwandten 
fowol, wie in Kurorten, die ihre leidend 
gewordene Gejundheit herftellen follten, 
gingen etwa 15 Jahre dahin, darunter 
drei in praktiſcher Zehrthätigkeit, zu der 
fie dur) ein öffentl. Eramen (1866 in 
Danzig) autorifiert ward. Doch fie er: 
fannte auf all diefen Verjuchsitationen, 
daß fie noch nicht in ihrem eigentlichen 

ahrwafler war. Sie jehnte fih nad 


bis 1868 das Gymnafium in Bromberg, | Selbftändigfeit, Unabhängigkeit und lite— 
ftudierte in Berlin 18698 —72, haupt: rariſcher Thätigfeit. 


jählih Sanskrit unter A. Weber, feit 


1873 wurd: ihre erit: Novelle „Unter dem 


Klee. 


Joch“ gedrudt, und zu gleicher Zeit fait ein pä- 
dagog. Aufſatz, darauf einige Erzählungen für 
Jugendblätter. 1874 zog fie nah Dreäden, wo 
fie Heitbem gang ihre Heimat hat. Überfegungen, 
die der erften Originalarbeit vorauägingen, wie 
3. B. eine des problöme du mal, übten auch 
weiter noch ihren Stil und Ausdrud. 1876 er: 
Ihienen: Mignon Maria, 1877—78 Wafhington 
und Franklin, Überwunden, 1879 Die Heimat im 
Hochland, 1880 Ein Vermächtnis, 1881 Lehr: 
jahre des Lebens, 1885 Sein und Schein und 
Ein BVierblatt. 


Klee, Gotthold Ludwig, geboren 17. 
Mai 1850 zu Dresden, befuchte von 1859 
das unter der Leitung jeines Vaters (des 
ausgezeichneten Pädagogen und Goethe: 
fenners Julius Ludwig 8.) jtehende Gym: | 
nafium zum heil. Kreuz und bezog 1868 
die Leipziger Univerfität. Hier ftubierte , 
er Philologie, ipeziell Germaniftif, und 
erwarb ſich 1872 die philofophiiche Dof- 
torwürde. Darauf erteilte er während 
ber beiden folgenden Jahre in feiner Vater: 
ftabt Unterriht an verfchiedenen höheren 
Lehranftalten und legte 1874 in Leipzig 
die philologische Etaatsprüfung ab. Noch 
im felben Jahre nahm er die Stelle eines 
Direktors der Lateinfchule zu Deidesheim 
an. Nachdem er dort elf Jahre hindurd) 
gewirkt hatte, wurde er zum Oberlehrer 
am Gymnafium zu Bauten ernannt, 
welche Stellung er gegenwärtig bekleidet. 

Abgejehen von zahlreichen Beröffentlihungen in 
Zeitſchriften find von feinen äußerft günftig beurteil: 





302 





ten Werfen hervorzuheben: Zur Hildefage (1873), 


Gubrun (Überjegung 1878), König Rother (Nach: | 


dihtung 1880), Alpharts Tod (Nachdichtung 
1880), Zwanzig deutſche Boltsbücher (1881), 
Ausgabe von Guſtav Schwabs Gedichten mit 
Biographie (1882), Die deutſchen Heldenfagen 
(1883, 2. Aufl. 1884), Sieben Bücher deutſcher 
Vollsfagen (1884), Langobardiiche Sagen und 
Geſchichten (1884), Der arme Mann im Todenburg 
(1885), Alte deutihe Märlein und Schwänke 
(1886), Eines deutichen Volkes Ruhm und Un 
tergang (1887), Hausmärchen aus Altgriechen: 
land (1887), 


Klein, Yda, ſ. Iſabella Nowotny. 

Klein, Johannes, wurde am 27. De: 
ember 1818 zu Dittmannsdorf bei Neu: 
Habt in Oberfchlefien als der Sohn ſchlich—⸗ 


ter, rechtſchaffner Bauersleute geboren. | feinen vorzüglich beurteilten 
Nach Vollendung feiner Ehulbildung auf | find mehrere in Mufif gefegt. 


— Klein. 

der Elementarſchule im benachbarten Ries 
gersdorf und auf dem tgl. fath. Gymna⸗ 
tum in Neiße ftudierte er auf der Unis 
verfität Breslau von 1840-43 Theo 
logie und bejchäftigte fich daneben eifrig 
mit literariihen Arbeiten, nachdem er 
Ihon in der Schulzeit poetifche Verſuche 
gemacht hatte. Sobald er feine Studien 
in dem Priefter-Seminar (Alumnat) zu 
Breslau beendet, erhielt er 1844 bie 
Priefterweihe, und wurde darauf als Ka⸗ 
plan in Oppersdorf bei Neiße angeftellt, 
wo er bei einem ehrmwürdigen Pfarrer 6 
Jahre lang des Amtes waltete. In diejer 
Zeit veröffentlihte er Aufſätze in Zeit 
Ihriften aus dem Leben des berühmten 
Marquis Bombelles, deſſen m 

Leben er fih zum eingehenden Stubium 
gewählt; auch gab er jeine erfte Gedicht⸗ 
fammlung heraus. Nach dem Tode des 
Pfarrers in Oppersdorf wurde K. als 
Kaplan nad Steinau in Oberjchlefien ver: 
jegt, jedoh bald darauf als Pfarrer 


nad Groß-Strenz berufen und fam von 
hier aus nad neun Jahren durch Stellen- 


tauſch nach Arnoldsdorf bei Ziegenhals. 
Daſelbſt wurde er zum. Doktor 


viert auf Grund feines Buches ben 
Janfenismus. Das Anerbieten,Rel 
lehrer am Mathias-Gymnafium zu 2 
lau zu werden und an ber Univerfität 


als Dozent zu wirken, mußte 8. in Rüd- 
ficht auf feinen körperlichen Zuftand und 
feine finanziellen Verhältniſſe able 

Er ging nun nad) Zoewen in Be 

um auf der dortigen Univerfität ei 
afademifchen Grad in dem Jus canoni- 
cum rite zu erwerben, und wurde Bac- 
calaureus des kanoniſchen Rechts. 1870 
übernahm er die Pfarrei Glaejendorf. 
Hier erwartete ihn eine wei | 
Eeelforgarbeit. Daneben gab er mehrere 
Gedichtiammlungen heraus und lieferte 
Beiträge (hauptiächlich religiöfe 
Pädagogik, Erzählung, Reifebeichreibung 
Kritik) in verfchiedenen Zeitfchriften. Von 
- .. 


Kleinpaul. 


Kleinpaul, Rudolf, wurde am 9. 
März 1845 zu Groß-Grabe bei Kamenz 
geboren, ftudierte in Leipzig Philoſophie 
und Philologie und in Berlin Natur: 
wiſſenſchaften. Er machte vielfache Rei: 
fen, namentlih in Italien, Griechen- 
land, Agypten und Pälaftina, und [lebte 
zunächft in SFranfreih, dann in der 
franzöfifchen Schweiz, ſchließlich in Rom, 
jeit 1878 in Leipzig. Hier vermwer: 
tete er die reihen Kenntniffe von Land 
und Leuten, die er ſich auf feinen Reifen 
erworben. In weiteſten Areilen wurde 
K. jedoh durd feine hochbedeutende 
Schöpfung Kreuziget ihn (2. Aufl. 1883) bes 
fannt. Außerdem heben wir von feinen 
glänzend beurteilten jelbftändigen Werfen 
hervor: 

Die Dahabiye, Reiſeſkizzen aus Ägypten (1879), 
Roma Gapitale (1880), Mediterranean (1881), 
Rom in Wort und Bild (1884), Italienischer 
Sprachführer (2. Aufl. 1884), Der Pringenraub 
(1884), Menihen: und PBölfernamen (1885), 
Florenz in Wort und Bild (1886). 


Kleinfchmidt, Arthur, wurbe am 8. 
April 1848 in Wiesbaden geboren, ab- 
folvierte 1868 das Gymnaſium in Franf- 
furt a. M., jtudierte bis 1872 in Hei- 
delberg Geſchichte und wirft daſelbſt feit 
1875 als Privatdozent, feit Febr. 1887 
als außerordentliher Profeſſor. 

Seine ſchriftſtelleriſche Thätinfeit ift eine rege, 
er ift nicht nur an Zeitichriften und den großen 
Encyflopädien (Erſch-Gruber, Encyklopädie der 
neuen Geſchichte von Herbft, Deutſche Encyklo— 
pädie) Mitarbeiter, ſondern jchrieb auch eine Anzahl 
Bücher. Die bedeutenderen derjelben find: Jakob 
111., Markgraf von Baden und Hochberg, der erfte 
regierende Convertit in Deutichland (1875), Ruß— 
lands Geſchichte und Politik, dargeftellt in der 
Geihichte des ruſſiſchen hohen Adels (1877), 
Karl Friedrih von Baden (1878), Die Eltern 
und Geihmifter Napoleons I. (1878, 2. Aufl. 
1886), Napoleon I. (1880), Augsburg, Nürnberg 
und ihre Handeläfürften im 15. und 16. Jahr: 
hundert (1881). 


Kleinfchmidt, Auguft Albert Theo: 
dor, geboren am 15. April 1847 als 
Eohn eines Eubalternbeamten in dem 


Amtsörthen Volkenroda im Herzogtum | 


Gotha, erhielt den erften Unterricht von 


803 


Klencke. 


dem daſigen Ortspfarrer, beſuchte ſpäter 
die I. Bürgerſchule, dann das Lehrerſe— 
minar zu Gotha. Hochbegabte Lehrer an 
legtgenannter Anftalt wirkten jehr anre: 
gend auf ihn ein, jo Echmidt, Dittes, 
Kehr, Burbach, Zeyß. Die von Jugend 
auf in ihm fchlummernde Liebe für bie 
ihöne Literatur erwachte hier mächtig 
und veranlaßte die erjten dichteriichen 
Verfuhe. Epäter Lehrer an der Bürs 
gerſchuie der kleinen thüringiſchen, durch 
Guſtav Freytags Neft der Zaunkönige be⸗ 
kannt gewordenen Stadt Ohrdruf (Or⸗ 
dorf), gründete er daſelbſt ein Inſtitut 
zur Ausbildung von Mädchen aus den 
höheren Ständen, wurde 1878 Seminar: 
lehrer in Friedberg im Großh. Helen, 
1881 in gleicher Eigenichaft an die Lehrer— 
bildungsanftalt in Bensheim an der Berg: 
ftraße verjegt. 

K. iſt namentlih auf pädagogiſchem Gebiete 
ſchriftſtelleriſch thätig, Mitarbeiter der geachtetften 
päd. Zeitichriften und des „Päd. Jahresberichtes“. 
Seine Deutihen Stilübungen (3 Bde. 1885 u. 
1886) haben in weiten Kreiſen großen Beifall 
gefunden. 1887 erjchienen die Orthogr. Diktier- 
ftoffe in Aufjasform, in früheren Jahren gab er 
die Werke: „Aus Deutfchlands Vergangenheit‘ 
und „Lubang“ (Zebensb.)undandereheraus. Seine 
„Bunten Blätter“ (1884) find ſehr günftig auf- 
genommen worden. 

Klende, Hermann, geboren den 28, 
Dezember 1853 zu Großenhain in Sachſen, 
befuchte die Fürftenfhule zu Grimma, 
ftudierte Medizin in Leipzig und Würz⸗ 
burg, war Arzt an der Großherzoglichen 
Heilanftalt Sachſenberg bei Schwerin, 
dann an verfchiedenen Krankenhäuſern, 
machte größere Reifen über See, ließ fi 
in Dresden als Arzt nieder. Mein Les 
bensplan war der, mir eine volle moderne 
Bildung: naturwiſſenſchaftliche, geihicht- 
liche, philofophifche zu erwerben und außer: 
dem und dabei in einem Gebiete und 
einem Fade fo zu Haufe und jo geübt 
zu fein, daß ich praktiſch nützlich in der 
Melt wirfen könnte. Ich habe dabei um 
ſo ſchwerer empfinden müffen, da ich früh 
den Vater verlor und feinen Anhalt fonit 
| hatte, welche bittren Lebensfämpfe Jeder 





Kles. 


304 


Klinger. 


durchzumachen hat, der außerhalb der ges | Apotheker in der neu eröffneten Veteri— 


wöhnlichen Geleife fein deal aufrecht 
zu erhalten und zu erreichen fucht. 

Bon 8.'3 vorzügl. beurteilten Schriften heben wir 
(Red.) folgende Hauptwerke hervor: Im Reiche des 
Ideales (1880), Bom an gg Peſſimismus 
zum freudigen Realismus (1882), Der Geiſt der 

eit (1883), Der Naturalismus und die Geſellſchaft 

1885), Die pathologiihe Anatomie und die Hei: 
lung der Krankheiten (1885), Der Nervenarzt und 
die Eleftricität im Dienfte der Therapie (1886), 
Am Webftuhl der Zeit (1887). 

Kles, Karl Heinrich Joſeph Raphael 
Felir, geboren den 30. Juni 1832 in 
Breslau, beſuchte das fath. Gymnafium 
feiner Vaterftabt und ftubierte in Leipzig 
und Breslau Medizin. In Breslau zum 
Doktor der Medizin promoviert, legte er 
dafelbit jein Staatseramen ab, praktizierte 
von 1858 —66 in der Provinz und nahm 
als Stabsarzt an dem öjterreich-preußi- 
Ihen Feldzuge Teil. Hierauf vorüber: 

ehend in Berlin praftiich thätig, ließ er 

ch 1868 in Dresden dauernd nieder und 
übernahm die Leitung der „Diätetiichen 
Heilanjtalt“, welche noch in demjelben 
Jahre in feinen Befig überging. Der 
Genannte veröffentlichte folgende verdiente 
populärsärztlihe Schriften: 

Die diätetiiche Heilmethode (1875, 8. Aufl.), 
Der diätetiſche Arzt, ag en 
Diätetifche Kuren zc. (1888, 6. Aufl.), A 
zur Behandlung und Heilung aller Kranth. go 
die diätetiſche Heilmetode (1886). 

Klever, 3. W., 1821 geboren in 
Kurland, beendete in der Stadt Bausfe 
die Kreisſchule und trat als Lehrling in 
eine Apothefe Nigas ein. Nah 4!/s 
Jahren abjolvierte er in Dorpat das Ge- 
bilfeneramen und trat bei feinem früheren 
Prinzipal als Gehilfe ins Geihäft. Nach 
2 Jahren in Dorpat immatrikuliert, been» 
dete er den Univerfitätsfurfus für Phar- 
macie und erhielt den Grab eines Pro: 
vifors 1. Kl. 1848 wurde ihm nad) Ab: 
jolvierung des Dagiftereramens und Ber: 
theidigung feiner Differtation „Der Phos- 
phor und feine Verbindungen“ der Grad 
eines Magiſters der Pharmacie erteilt. 
Im ſelben Jahre wurde er als gelehrter 


närſchule angeftellt. 1873 wurde. Die 
Schule in ein Veterinärinftitut umgewan⸗ 
delt und K. zum Dozenten für Pharmacie 
und Pharmaeognofie umbenannt, wo er 
zugleich die allgemeine anorg. und org. 
Chemie, jo wie die qualitative analytifce 
Chemie noch gegenwärtig für bie Stu: 
dierenden der Veterinärmedizin vorträgt 
und die praftifhen Übungen in ber Apo- 
thefe leitet. 

Bon jelbftändigen Werten hervorzuheben: Be: 
terinärpharmacopoe oder die in der Veterinär: 
medizin Anwendung fi Arzneimittel zc. ꝛc. 
(1862), Pharmaceutiſche Technik, Ein Handbuch 
für Veterinär-Landmwirte und Viehzüchter (1864), 
Pharmac. Technik (2. verm. Aufl. 1879), Betes 
rinärpharmacopoe v. Klever und 


Lehmann 
ruffifcher Sprache (1881), Pharmaceutijche Technit 
in ruſſiſcher Sprache (1886). 


Klinger, ©., ſ. B. Buchbinder. 


Klopfer, Carl Eduard. Geboren am 
29. April 1865 zu Wien, als der Sohn 
eines geachteten und wohlhabenden Kauf⸗ 
manns, war id) anfangs für den gleichen 
Lebensberuf beftimmt, während ich eifrigit 
literariſche ** pflegte; endlich — 
es mir, meinen Wunſch, die Schauſpieler⸗ 
Karriere einzuſchlagen, durchzuſetzen. Ab⸗ 
wechſelnd mit autodidaktiſchen Studien und 
folchen als erterner Hörer an der Hoch⸗ 
ſchule bejchäftigt, nahm ich bei einem 
Wiener Schaufpieler dramat. Unterrit. 
1881 fand ich mein erftes pi 
bei einer Schaufpielertruppe in 
in Ungarn, wirkte fpäter in Danzig, Mei⸗ 
ningen, Saaz, fehrte aber dann nad) Wien 
zurüd, indem ich der Bühne entjagte und 
mid der Schriftitellerei widmete, Nad. 
dem ich kurze Zeit an einem belletrifti Unter 
nehmen in Wien als redaftioneller 
thätig gewejen, wandte ich mich 1885 nach Leipzig 
wo ich meine literariihen Verbindungen bedeus 
tend ausdehnte. Hierauf leitete ich bis 1886 d 
Redaktion des humor. Wochenblattes „Schalk" ü 
Berlin. Meine Einberufung Mil ärjtellung 
bewog mich, dieje Pofition aufzugeben und nad) 
meiner Vaterftabt — 1837 erſchien 
mein erſter größerer Roman „ mer“, Was 
ich durch mein Vagantentum ald Schaufpieler ge 
wonnen zu haben glaube, das ilt eine gründlich 










Kloſe. 


Kenninis der Bühnentechnik, die mir behilflich 
ſein ſoll, meine Verſuche als dramat. Fr 
ſteller zu unterftüen. 


Klofe, Mar, wurde am 1. Septbr. 
1848 in Landed (Schlefien) geboren und 
bejuchte, nachdem er durch Privatunter- 
richt vorbereitet war, das Gymnaſium zu 
Slag, welches er im Herbit 1864 ver: 
ließ und bis 1866 das Friedrihs-Gnm- 
. nafium in Breslau benußte. 1866 wid- 
mete er fich, dem Wunſche feiner Eltern 
gemäß, der Landwirtichaft, welcher er als 
Beamter und Befiker bis zum Jahre 1879 
angehörte. Bereits 1868 machte er fich 
durch einige landwirtſchaftliche Flugichrif- 

ten befannt und gewann durch Mitarbeit 
an sen Zeitſchriften den Schrift- 
ftellerberuf lieb, welchem er fich ſchließlich 

ih widmete. Seit 1880 bewohnt 
er jeine Billa in Heriſchdorf bei Warm- 
brunn in Schlefien. 


= len 
erfe erſchienen: Führer dur d 
und en des Biefengebirges, 


die Sagen: und Märchenwelt der 


Glatz, Die Hohenzollern, Ein deuticher 

Naturs und Herzensreime, Feitflänge 
—— Das Schmuckkäſtchen des kleinen 

edichte, Rationelle Fütterung 

Kai * Br landwirtſchaftlichen 

Obhut und das Ma— 

— rg Wort über Flachs· und 
Leinbau, Kommerzienrat, Wie Rübezahl die 
fühnften Wünfche eines Sterblichen erfüllt (Sing» 
el), Die . age. 8. ift Redakteur ber 


„Rübezahl" (zum Beften eines 
eims im Riefengebirge). 










Auguftin, geboren zu Kotze⸗ 
Bam e F me ben 2. zu 
337, e nad empfangenem Ele: 
mentarumterricht der Dorfichule vom 9. 
1850—57 das fgl. Gymnafium zu Gr.⸗ 

ogaı und bezog 1857 die Univerfität 
er neben der Theologie be: 
jematif und Philoſophie ſtu— 
1er 1861 zum Prieſter 
geweiht — war er fait 2 Jahre als 
Kooperator in Niklasdorf (öfter. Schlej.) 
thätig, erhielt 1863 die Kreisvifarftelle 
zu Bunzlau in preuß. Schleſien und 1864 


Das literariihe Deutſchland. 


305 


—— von ihm folgende günftig | 


Aluge. 


die Pfarrei Schönfeld, Kreis Bunzlau, 
wo er noch wirkt. 

Seine Vorliebe für philoſophiſche Studien be— 
kundete er durch ſeine im Jahre 1875 (1. Heft) 
und 1877 (2. Heft) erſchienenen „Philoſophiſchen 
Fragmente, mit Bezug auf die v. Hartmannſche 
Bhilofophie des Unbewußten“, welche, von her» 
kömmlichen Anfhauungen abweichend, im wefent: 
lien erfenntnistheoretijchen Inhalts find. 1879 
erſchien eine zweite Ausgabe in einem Bande. 
— Seit 1879 zum kgl. Kreisſchulinſpektor er- 
nannt, wandte ji K. mehr pädagogiihen Stu: 
dien zu und veröffentlichte 1883 feinen „Katechis— 
mus der katholiſchen Religion für die mittleren 
und oberen Klaſſen der Elementarſchulen“. 


Kluge, Hermann, geb. 11. Mär} 1832 
in Ehrenhain bei Altenburg, gebildet auf 
dem Gymnafium zu Altenburg und auf 
den Univerfitäten Jena, Heidelberg, Leip- 
zig, ift feit 1857 Profeſſor am Gymna— 
ſium in Altenburg. 

1859 erſchien von ihm die Abhandlung „De 
controversia, quae inter Erasmum Kotero- 
damum atque Lutherum de libero fuit ar- 
bitrio‘‘, 1868 „Die antife Tragödie in ihrem Ver: 
e | bältniffe zur modernen“. 1869 erjchien die erfte 
Auflage der berühmten „Geichichte der deutichen 
Nationalliteratur”, wönon 1887 die 18. Auflage 
| auögegeben wurde und die in etwa 200,000 Exem⸗ 
plaren verbreitet ift. Diefelbe wurde ins Fran- 
zʒeſiſche überſetzt unter dem Titel „Histoire de 
la Litterature Allemande d’aprös le Dr. Her- 
mann Kluge par J. Philippi avec une pr£- 
face de L. Orouslé“. Fortunato Demattio, 
Profefjor an der Univerfität Innsbrud, hat fie 
wenigitens — ins Italieniſche übertragen 
unter dem Titel , Saggio sulla storia della 
letteratura tedesca (Klopstock, Wieland, il 
parnasso di Gottinga. Lessing, Herder). Pa- 
gine dettate ad uso degli italiani sulla de- 
cima quinta edizione della storia della lette- 
ratura nazionale tedesca di Erm. Kluge. 
Per di Fortunato Demattio, professore 
nell’ J. R. Universitä d’Innsbruck“ (1886). 
Ton der Prefle wurde das Buch glänzend auf: 
genommen. Im Anfchlu an die Literaturgefchichte 
erfhien 1877 eine „Auswahl deutſcher Gedichte”, 
wovon 1887 die dritte (illuftr.) Auflage ausge⸗ 
geben worden ift. Endlih hat K. noch „Ihemata 
zu deutfchen Auffäten und Vorträgen” bearbeitet, 
wovon 1876 die erite und 1885 die vierte Aus 
gabe erſchien. 


Knapp, Hermann Georg, wurde am 
13. April 1828 in Schwendi bei Ulm 
geboren. Als der Sohn eines Schullehrers 
bejuchte er bis zum 10. Jahre die Volfs- 

20 








Knauer. 


306 


Kneiſel. 


ſchule beim eigenen Vater und kam von ſchaftlichſtem perſönlichen Verkehr jtehend, 
dort zum Studieren an die lateiniſche nahm er an den die Zeit bewegenden 


Schule zu Biberach, wo er 5 Jahre ver: 
weilte. Dann ſetzte er fein Studieren in 
Ehingen a./D. fort, bezog die Landes: 
Univerfität Tübingen und nad) 11/s Jah: 
ren die Univerfität Freiburg. Nach Ajähr. 
Aufenthalte an legterer Univerfität ent: 
fagte er jeinem urſprünglich gemählten 
theologischen Berufe und wandte ſich nad 
Frankreich, der Schweiz und Italien, wo 
er Sprach- und Kunſtſtudien oblag. Be: 
fonders in Rom verkehrte er mit den her: 
vorragenditen Künjtlern, wie Beter v. Cor: 
nelius, Freiherr v. Nhoden, Bildhauer 
Achtermann ꝛc. Nach feiner Rückkehr aus 
Italien lebte er ein paar Jahre in Urſen— 
dorf. 

Hier im Verklehre mit Bauer und Landmann 
entftanden feine erften oberſchwäbiſchen Dialekt— 
Dichtungen. Von diefem Dorfe zog er nad) Ulm 
und jpäter nad Biberach, redigierte an beiden 
Drten Zeitungsblätter und zog von letzterer Stadt 
aus nad) Stuttgart, wo er feit 1864 als Privat: 
lehrer für Sprachen und Muſik thätig ift. Seine 
Gattin Piftoria, geb. Magg, eine echte Oberſchwä⸗— 
bin, übte befonderen Einfluß auf feine Dialektdich— 
tungen aus. Hervorzuheben: Hellauf und glattaweg! 
(in — Mundart, 4. Aufl. 1887). Vorher waren 
von ihm erſchienen: Luitbertus oder Das Bäuerlein 
von Fulgenſtadt (eine oberſchwäb. Legende 1859), 
Poetiſche Verſuche eines Profaiters (1863), Zwei: 
te3 Bändchen (1865), Dritte8 Bändchen (1865), 
Aus meinem Gärtlein (Ged, 1878). 

Kuaner, Vincenz Andreas, ift am 
20. uni 1828 in Wien geboren, abjol- 
vierte das Gymnafium des Benediftiner: 
ftiftes zu den Schotten in Wien und die 
philofophiiche und theologifche Fakultät an 
der Wiener Univerfität. 1850 trat er 
in den Benediftinerorden des genannten 
SC chottenftiftes, wurde 1853 zum Ordens: 
priefter geweiht und war bis 1877 vor: 


philofophiichen Erörterungen ſtets regen 
Anteil, Zufolge der durch das vatifanifche 
Konzil veranlakten Mißhelligfeiten faßte 
K. den Entihluß, ſich ausſchließlich der 


‚philofophiihen Lehrthätigkeit zu widmen, 


und verfaßte zum Zwed der intendierten 
Vorlefungen eine „Geſchichte der Philos 
ſophie“ (1876), die wegen ihrer Beliebt 
‘heit bei den Prüfungstandidaten 1882 
eine 2, Auflage erlebte und bereits eine 
dritte jtarf umgearbeitete und vermehrte 
in Sicht hat. 1878 als Privatdozent an 
der philof. Fakultät in Innsbrud thätig, 
mußte 8. infolge einer heftigen Gelenks— 
entzündung die akademiſche Thätigfeit 
unterbrechen, vollendete aber nebenbei ein 
größeres Werk William Shafeipeare, der Phis 
loſoph der fittlihen Weltordnung (1879). Nah 
Mien zurüdgefehrt übernahm K. die eben 
in der Neuordnung befindliche reichhaltige 
Bibliothek des Schottenftiftes (100,000 
Bände) und hatte dabei den Junioren 
Vorträge über Geſchichte der Philoſophie 
mit bejonderer Berüdfichtigung der Lehre 
Ct. Thomas Aqu. zu halten. 

| Eine Frucht diefer Vorträge find die „Brunds 
linien der Ariſtoteliſch-Thomiſtiſchen Pfychologie“ 
1885). In dieſen ſoll der Nachweis erbracht wer⸗ 
den, daß die Auffaſſung der ariſtoteliſchen und 
thomiſtiſchen Lehre beſonders von Seite der ſo— 
genannten Neuſcholaſtiker aus der Schule Albert 
Stöckls eine prinzipiell falſche iſt. Außerdem bers 
vorzubeben: Die Könige Shafelpeared. Ein Beis 
trag zur Rechtsphilofophie (1863), Zwei Beiträge 
zur Würdigung der deutichen Philoſophie, a. Ein 
Votum für Hegel, b. De argumentis, quibus 
Deum esse probatur (1867), Uber den Unters 
fhied von Traum und Machen (1874), Die Lieder 
des Anafreon in finngetreuer Nachdichtung (1858). 








Kueifel, Rudolf, geboren in Königs— 


zugsweiſe in der praftiichen Seeljorge in | berg i. Pr. am 8. Mai 1832 als Sohn 
Mien thätig, Schon in feinen früheften | des dort engagierten Sängers Wilhelm 
Jugendjahren durch einen feiner Anver: | Kneifel, machte mit feinen Eltern ſchon 
wandten, einen tüchtigen Kantianer aus | frühzeitig viele Reifen, erhielt häuslichen 
der alten Echule, in die Kantſche Philo: Unterricht, befuchte dann einige Jahre das 
fophie eingeweiht und ipäter mit dem Domgymnafium zu Magdeburg, nahm 
(1857 von Rom indizierten) Wiener Phi- dann noch längere Zeit Privatunterricht 
lofophen Dr. Anton Günther in freund: | und widmete fich bauptlächlic dem Stus 


Kneſchke. 


307 


Knortz. 


dium der Literatur und Philoſophie. Zei⸗ Leipzig ſeit 100 Jahren (2. Aufl.), Das Konſer⸗ 


tig zur Bühne gegangen, war er mehrere 
Jahre als Dramaturg und Regiſſeur am 
Magdeburger Stadttheater engagiert, er: 
richtete im Jahre 1860 eine eigne Theater: 
direftion, der er ſechsundzwanzig Jahre 
vorjtand. Im Jahre 1886 ließ er fi 
in Berlin (Pankow) nieder, um fich aus: 
fchließlich der Bühnenliteratur zu widmen. 
K. hat über vierzig Stüde gefchrieben, 
bie ſämtlich meiſt mit durchichlagendem 
Erfolg aufgeführt worden find, größten: 
teils an faſt allen Bühnen. Bühnen: 
fenntnis und ein niemals verleßender 
Humor, der namentlich in den weiblichen 
Charakteren und in den graziöfen Liebes- 


Igenen Hervortritt, zeichnen dieſe Stücke 
aus 


vatorium der Mufif zu Leipzig, Emil Devrient, 
Deutiche Lyriker feit 1850 (Anthol.). 
Knork, Karl, ift am 28. Auguft 1841 
in Garbenheim (Rheinpreußen) geboren. 
Er befuchte das Gymnafium in Wetzlar 
und wandte ſich Schon jehr früh philolos 
giihen Studien zu. Nachdem er einige 
Zeit in London zugebraht und auf der 
Univerfität in Heidelberg die Vorlefungen 
von A. von Reichlin:Dieldegg gehört, kam 
er 1864 nad) den Vereinigten Staaten, 
Vier Jahre war er als Lehrer in Detroit 
(Mich.) thätig, während welcher Zeit er 
die Spradhe der Indianer ftudierte, was 
ihn fpäter befähigte, ſelbſt Longfellow auf 
einige ſprachlichen Verftöhe in feinen Ins 
dianer-Epen aufmerfjam zu machen. Bon 


Am befannteften find geworden das Boltsftüd; | 1868 — 71 befleidete R. eine Stelle als 
Die Lieder des Mufifanten, und die Luftfpiefe: | Profefior der deutichen Sprache und Lites 


Tochter Beliald, Der liebe Onfel, Die Kudud3, | ratur an der „High School“ 


Papageno, Sie weiß etwas, Desdemonas Tafchen» 
bu, Anti-Kantippe, Ein deutfches Mädchen im 
Elſaß, Sein einziges Gediht, Emmas Roman, 


in Oſhkoſh 
(Wis.), woſelbſt er auch Latein und enge 
liiche Literatur lehrte. 1871 wurde ihm 


Haus der Mahrheit, Wo ift die Frau? Die große | die Stelle eines Superintendenten des 


Unbefannte. 
Kinefchfe, Emil, wurde am 4. No: 
vember 1835 als ein Sohn des berühm- 


deutfchen Departements am „Normal:Ses 
minary“ in Cincinnati übertragen. Hier 
übernahm er die Redaktion des fünften 


ten Heraldifers Prof. E. H. K. zu Leipzig | Jahrganges vom „Pionier“. Drei Jahre 


geboren, bezog 1853 nad) Abjolvierung 
des Nikolai-Gymnaſiums die Univerfität 
feiner Vaterſtadt, wo er Philoſophie, Phi: 
lologie und Literaturgeichichte ſtudierte und 
1857 promoviert wurde. Hiernach wirkte 
er ala Lehrer in Tresden, wandte fd) je: 
doc) alsbald der Journaliſtik zu, und zwar 
war er nacheinander ala Redakteur der 
„Europa“, des „Leipziger Tageblattes“, 
des „Bazar“ und bes „Berliner Frem- 
denblattes“ thätig, als deſſen Chefredaf: 
teur er noch jegt in Berlin lebt. K. hat 
fi auf dem Gebiete der Literaturgefchichte 
hohe Verdienſte erworben, zuerft wurde cr 
durch fein treffliches Werk Goetheund Seit 
ler in ihren Beziehungen zur Frauenwelt be: 
fannt, das uns viel des Neuen und Inter: 
eſſanten erſchloß. 


Außerdem heben wir hervor: Das deutſche Luft: 
Ipiel in Vergangenheit und Gegenwart, Zur Ger 


fpäter ging er nad) Indianapolis, wo er 
die „Deutiche Zeitung“ redigierte. Bon 
da übernahm er eine Predigeritelle bei der 
„Freien Gemeinde” in Johnstown, Die 
er 1882 aufgab, um eine ähnliche Stelle 
in Melroje, einer Vorftadt von Newyork, 
anzunehmen. Bor Jahresfrift ift er jedoch 
aud von diefem Amt zurüdgetreten, um 
in Newyorf ganz feinen literarifchen Stus 
dien zu leben. 

K. hat eine reihe und alljeitig anerfannte 
Schriftftellerifche Thätigkeit entwidelt, von deren 
Ergebnifjen wir hervorheben: Märchen und Sagen 
der nordamerifaniichen Indianer (1871), Aug 
dem Wigwam, Uralte und neue Märchen und Sas 
gen der nordamerifaniihen Indianer (1880), 
Amerikanische Skizzen (1876), Aus der trands 
atlantijchen Gefellhtaft (1882), Mythologie und 
Civilifation der nordamerifan. Indianer (1882), 
Kapital und Arbeit in Amerifa (1881), Staat 
und Kirche in Amerifa (1882), Amerifanifche Les 
bensbilder (1884), Eines deutichen Matrofen Nords 


ſchichte des Theaters und der Muſik in Leipzig, | polfahrten (1885), Zongfellow (1879), An ame- 


20* 


Knothe. 
rican Shakespeare bibliography (1876), Shake— 


fpeare in Amerika (1882), Ameritanifche Gedichte | lau 


der Neuzeit (1883), Modern american lyrics 
(1880), Zwei amerikaniſche Joyllen (Eliſabeth von 
9. W. Longfellow und Eingeichneit von J. ©, 
MWbittier, über). 1879), Longfellow's Hiawatha 
(überf., eingeleitet und erflärt), Gedichte, Neue 
Gedichte (1884), Humoriftifche Gedichte (1877), 
Lieder und Romanzen Altenglands (1872), Schot: 
tiſche Balladen (1875), Epigramme (1877), Neue 
Epigramme (1884), Representative german 
poems (1885), Goethe und die Wertherzeit mit 
dem Anhang Goethe in Amerifa (1885), IJrlän: 
diiche Märchen (1886), Guſtav Seyffarth (1886), 
* * and works of Gustavus Seyffarth 
1886). 


Kuothe, Hermann Friedrich. Ich bin 
den 9. Dftober 1821 zu Hirfchfelde bei 
Zittau geboren, wo mein Vater damals 
Diafonus, ſpäter Paſtor war. 1832 
bezog ih das Gymnafium zu Zittau, 
1840 die Univerfität Leipzig, woſelbſt 
ih Theologie ftudierte. Obgleich ich in 
legterer aud) das zweite Eramen abge: 


308 


KRoberftein. 


ſchichte meines gefamten Heimatölandes, der Ober: 
‚ nad den verfchiedeniten Seiten hin 
forfhen und feitzuftellen eu, und 
chichte einzelner Dörfer, Städte, Kirchen, 
fter, Landichaften, Adelsfamilien, teil die poli« 


bergelegt. Bon den im Bud) 
ſchienenen Schriften erwähne ih: Karl 
Kretihmann, Der Barde Rhingulph, ein Beitrag 
zur Geſchichte des Bardenweiens (1858), Urkund⸗ 
liche Geſchichte des —* Eigenſchen Kreiſes in 
der königl. ſächſ. Oberlauſitz (1870), Urkundliche 
Geſchichte des Kloſters Marienſtern (1871), Ur⸗ 
kundl. Grundlagen zur Rechtsgeſchichte der Dber: 
laufig (1877), Geſchichte des oberlaufiger Adels 
und Heiner Güter bid nah Mitte des 16. SDR 
(1879), Fortfeßung derf. bis 1620 (1887), 
Anteil der Dberlaufig an den Anfängen des 
30jähr. Krieges (1880), Gefchichte des 

bandwerfs in der Oberlaufig (1882), Urkunden: 
buch der Städte Kamenz und Löbau (1883), Die 
Stellung der Gutäunterthanen in der 


legt Hatte, jah ich mich, da zu jener | (1885 


Zeit die Ausfichten für Erlangung eines 
geiftlihen Amtes ſehr ungünftig waren, 
dennoch genötigt, nicht weniger als 10 
Jahre lang teils als Hauslehrer im In— 
und Auslande, teils als Lehrer an Mäd— 
cheninſtituten und in einzelnen, befonders 
der Fremdenkolonie angehörigen Familien 
Dresdens meinen Unterhalt mir zu er: 
werben. 1855 wurde ich als Oberlehrer 
an der damals vereinigten Gymnafial- 
und Realichul-Anftalt zu Zittau, 1861 als 
Profeſſor beim königl. ſächſiſchen Kadetten⸗ 
korps zu Dresden angeſtellt, als welcher 
ih 1880 infolge andauernder Kränklich— 
feit . meinen Abjchied nehmen und in 
Penſion gehen mußte. 

Bejondere Verhältniffe lenkten ſchon in früher 
Jugendzeit mein reges Interefje auf die eigen 
tümliche Gefchichte meines Geburtsortes, So ent: 
ftand dann Ipäter, al3 die erfte von mir heraus: 
gegebene felbftändige Schrift, die „Geſchichte des 
Fleckens Hirfchfelde” (1851), an melde fich die 
der „Dörfer, Rohnau, Roſenthal und Scharre“ 
(1857) und von „Burkersdorf und Schlegel” 
(1862), welde einft fämtlich zur Parochie Hirſch⸗ 
felde gehört hatten, anſchloſſen. Won der engiten 
Heimat ausgehend, habe ich dann im Laufe ber 
Jahre zumal die ältefte und darum dunkelſte Ge: 





i Guts den älteſten 
—— — Dienfte und — 


Koberſtein, Karl. Zu Schulpforta 
in der Provinz Sachſen wurde ich als 
einzige Sohn des bekannten Literarhift: 
rikers Auguft 8. am 15. Februar 1836 
geboren. Zwiſchen den ehrwürdigen Denk 
mälern alter Klofterherrlichkeit, ummeht 


von dem belebenden Atem Thüringer 


Waldberge, wuchs ich mit — 
Geſpielen in fröhlicher Ungebundenheit 
heran, bis ich, durch Privatunterricht ſorg⸗ 
fältig vorbereitet, 1849 in den eigentlicher 
Verband der berühmten Landesihule trat. 
Als es fich beim Aufrüden in die höheren 














| Klaſſen endlich um die Mahl eines Lebens: 


berufes handelte, hätte ic) mich am Lieb: 
‚sten für das Waffenhandwerk entichieben, 
allein die mißlichen Ausfichten, die ſich 
dem unbemittelten Bürgerlichen in ber 
Jahren ſchwungloſer Reaktion erich 
ließen mich auf die Träume friegerijchen 
I en unb eine andere, me 
nen fünftlerifchen Neigungen entiprechen! 
Laufbahn einjchlagen. Aus Elöfte icher 
Abgeſchiedenheit eilte ich 1856, zu Stettü 
als Einjährig- Freiwilliger meiner Wehr 


Koberſtein. 


pflicht zu genügen und gleichzeitig unter 
der Leitung des damaligen Stadttheater: 
direftors, Julius Hein, die erften ſchüch— 
ternen Schritte auf den mweltbedeutenden 
Brettern zu wagen. 1860 folgte ich einer 
Einladung Eduard Devrients an die im 
ſchönſten Gebeihen begriffene Karlsruher 
Hofbühne. Der zweijährige Aufenthalt in 
der badiſchen Refidenz war von enticei- 
dender Bedeutung für mein äußeres und 
inneres Leben. Denn legte ich durch meine 
Verlobung mit der Tochter des unvergeß— 
fihen Siflorien- und Landſchaftsmalers 
Karl Friedrich Leffing den Grund zu einer 
beglüdten Häuslichkeit, fo rief die tägliche 

mit einem Manne wie Eduard 


hä 
Devrient den Schriftſteller in mir wach. 
Die auf reichiter Erfahrung beruhenden Lehren, 


welche der geiftvolle Dramaturg bei jeder ſich dar⸗ 


bieterden Gelegenheit, vor allem aber im Kreiſe 
des mit der Prüfung neu einlaufender Bühnen: 
werfe betrauten Zefefomit&s verſchwenderiſch aus: 
rigen pflegte, übten auf meinen empfäng: 

, für jegliche Unterweifung danfbaren Sinn 
die nachhaltigſte Wirkung aus und ermutigten 
ann Una die mir ſelbſt vielleicht innewoh: 

poetilche Begabung durch eigene dramatifche 
Berfuche zu erproben. Mein Erftlingswerf, „Flo: 
rian Geyer”, ift jo gut wie ganz in Karlsruhe 


anden, nur die legte, abichließende Überarbeis 


eniſt 

une ich mir für Dresden vor, wohin mic 

1 ein Antrag der tgl. jähl.„Seneraldireftion 

berief. Das fünfaftige Trauerfpiel gehört mehr 

ober minder der zweifelhaften Gattung der fog. 
en” an. Ließ fih mein Eintritt in die 

— 

dramatifchen 


» 
den jähen Übergang in das jugendliche 
akterfach aber doppelt anftrengende Berufs: 
gteit gejtattete mir nur felten ein längeres 


am ch. So rüdte denn, ein 
der —* chen Geſchichte entnommener 
ſam von der Stelle und blieb 
t unvollendet im Pulte liegen, als 
awifon, dem zuliebe ich gerade dieſ 
einem Gebirnleiden 


= 





en 
verfiel, das 
und feinen freunden vorzeitig ent: 
zelanger Baufe und erft dann, als 
a 

e e Ar: 

— führte Se man ı ch zum 


’ 


309 








Koberftein. 


Schluß, ohne im Eifer des Vollendens zu gewah— 
ren, wie die ergänzenden Teile mit dem bereits 
ausgearbeiteten Bruchſtück in grellem Wideritreite 
ftanden. In die für einen ausgeiprochenen Cha: 
rafterdarfteller berechnete Hauptrolle ftahlen fich 
nämlich jetzt, wo ich ſtatt Dawiſons den jugend: 
lich feurigen Dettmer vor Augen hatte, einzelne 
Züge, die um fo befremdender wirken mußten, je 
weniger fie der urfprünglichen Anlage entipradhen, 
je unvermittelter fie zum Vorſchein famen. Ein 
Unftern ſchien auch —* über meinem armen 
Stück zu walten, denn wenige Tage vor der Auf: 
führung, die feine Lebensfähigkeit darthun follte, 
brannte unfer jchönes Theater, Gottfried Sem; 
vers Meifterbau, bis auf die Grundmauern nie 
der (1569). Damit war aber auch der laftende 
Bann gehoben: von nun an fonnte ich eine Reihe 
ftattlicher Erfolgeverzeichnen. „König Erih XIV.“ 
machte die Runde über alle größeren Hof» und 
Stadttheater Nord» und Süddeutfchlands. Nicht 
lange nad) jeinem Erſcheinen erfuhr mein ſchau— 
ſpieleriſches wie literariſches Thun eine längere 
Unterbrehung. Hatte ich ſchon 1866 die Muskete 
des preußiſchen Landwehrmanns monatelang ges 
tragen, jo entzog mich der franz. Arieg meinem 
Haus und Bent für geraume Zeit. Kaum wie: 
der daheim und noch erfüllt von den jüngiten Er: 
lebnifien, legte ih Hand an ein hiſtoriſches Luſt⸗ 
fpiel, welches, Richelieu's Anfchläge gegen Lothrin— 
en behandelnd, von allen größten wie kleinſten 
Theatern des neuen Reichs willlommen geheißen 
ward, felbit in Amerila eine freundlihe Auf: 
nahme fand und auch heute noch nicht gänzlich 
von dem deutfchen Nepertoir verſchwunden ift. 
Dauernd hallten die Eindrüde des „großen Jah— 
red” in mir nad. Die eingeborene, im Eltern: 
baufe reichlich genährte, durch den Frohndienft 
des Theaterd aber lange zurüdgedrängte Freude 
an vaterländifcher Geſchichte rührte fich jet auf 
einmal wieder mit ganzer Kraft und wollte nicht 
ruben, bis fie im gefchriebenen Wort lebendigen 
Ausdrud gefunden. Nah emfigen, mit bin: 
— reue betriebenen Vorbereitungen griff 
ch in der Hoffnung zur Feder, daß es mir ge— 
lingen werde, den Mangel an wiſſenſchaftlicher 
Methode durch Friſche der Darſtellung, durch 
Märme und Wahrhaftigkeit der Empfindung aus: 
neigen. Inzwiſchen hatte fich eine tiefgehende 

andlung in mir vollzogen: ich war herzlich 
theatermüde geworben, ie follte fich auch der 
alternde Schaufpieler, dem die göttliche Trunfen: 
beit beraufchender Triumphe verfegt geblieben, 
aus dem zerfahrenen, atemlos haftenden Aulifien: 
treiben nicht nah einem gebaltvolleren ſtillum—⸗ 
friedeten Dafein jehnen? Ein ſchweres Nerven: 
leiden warf mid) 1883 darnieber, jeder ferneren 
Ausübung des alten in Einhalt gebietend. 
Seitdem lebe ich, ausfchließlih mit den neueften 
Erzeugnifien deuticher Geſchichtsforſchung und Lis 
teratur beichäftigt, in Dresden. Eine Auswahl 


Koch. — 
meiner hiſtoriſchen Aufſätze iſt erſt kürzlich erfchie: 
nen und unter dem Titel „Preußiſches Bilder— 
buch“ in die Welt hinausgegangen. Außer den 
genannten Werken verfaßte ich noch: Was Gott 
uſammenfügt, das ſoll der Menſch nicht ſcheiden 
Öhiit. Luſtſp.) und zahlreiche hiſtoriſche und bios 
graphiſche Aufläge in Zeitſchriften. 

Koch, August, geb. zu Braunfchweig 
am 10. März 1836, wurde auf dem Gym: 
naſium feiner Vaterſtadt vorgebildet, tu: 
dierte in Göttingen und Berlin Philofo: 
phie und fungierte nad) in Königsberg be— 
ftandenem Staatseramen pro fac. doc. in 
Inſterburg u. Danzig. 1866/67 unternahm 
er eine Reiſe zu wiſſenſchaftlichen Zwecken 
nad) England und Frankreich, wirkte zeit: 
weile als Brofefjor in Fontainebleau bei 
Paris. 1879 trat er in den Ruheſtand 
und lebt jegt in dem Tuskulum Nüderts 
bei Koburg. Seine Publikationen behan: 
belten vornehmlich Rückert, Thümmel und 
die literariihen Frauen. 

Hervorzuheben: Der deutiche Brahmane, Die 
Weisheit des Brahmanen, Rüdertitudien, Rüderts 
Hamäfa, Die geharnifchten Sonette (zwifchen zwei 
kleinſtaatlichen Refidenzen), Eine mißliche Herzens: 
frage, Thümmels Cäcilie, Thümmel-Studie, Aus 
dem Kabinet der Grazien, Aus Wielands Frauen⸗ 
freifen, Arthusfage, Rückerts weftöftlicher Divan. 

Koch, Diary. Geboren am 13. Nov. 
1859 zu Lüderode am Harz, befuchte ich 
vom 6. Jahre ab die Bürgerfchule zu 
Heiligenjtadt und ſpäter daſelbſt die Zeh: 
rerinnen-Bildungsanftalt, in welcher fich 
mir unter der vortrefflichen Leitung des 
jegigen Seminardireftors zu Warendorf, 
Dr. Funke, die Schäße unferer Literatur 
erichlofien. Bon Herbit 1878 als Lehrerin 
in Krefeld thätig. Nun wagte ich es in den 
folgenden Jahren, mit den erften Verfuchen ei: 
gener Kraft in Zeitfchriften an die Öffentlichkeit 
ni treten — Gedichte und Romane. Die freund: 

iche Aufnahme, welche felbige fanden, ermutigte 
mid) zu Weiterem, und fo erſchien 1884 „Lores 
ley“, ein epiſch⸗Iyriſches Gedicht in 11 Gefängen 
(2. Aufl. 1887). 


Koch, Diar, geboren zu München 22. 
Dezember 1855, befuchte das Gymnafium 
im Klofter Metten a. d. Donau und 
fam 1874 an die Univerfität München, 
wo er 1878 promovierte. Nachdem er 


310 


Köberle. 


noch Borlefungen in Berlin gehört, ha— 
bilitierte er fich im Winterlemefier 1879 
bis 1880 an der Univerfität Marburg 
i. 9. für neuere Literaturgefhichte und 
wurde 1885 zum außerordentlihen Pro- 
feſſor befördert. 1886 gründete er bie 
„Zeitſchrift für vergleichende Literatur: 
gefhichte”. Won Ks vorzüglid bes 
urteilten felbftändigen Schriften heben 
wir hervor: Die Schleswigichen Literaturbriefe 
(1878), Helferich Peter Sturz (1879), Über das 
Duellenverhältnis von Wieland’3 Oberon (1879), 
Über die Beziehungen der engliſchen Literatur zur 
deutfchen im 18. Jahrh. (1883), Shalefpeare: 
biographie (1885), Herausgabe und teilweife neue 
Überfegungvon Shakeſpeare's dramatischen Werten 
1882— 85), Herausgabe von Chamiſſo's Werfen 
(1883), von Leſſings Werfen (1886), von Jm- 
| mermann’3 Werfen (1887), Neubearbeitung von 
Vilmar's Lebenäbildern deutiher Dichter (1885), 
Sottfhed und die Reform der deutſchen Litera- 
tur (1886). 


Köberle, Georg, wurde am 21. März 
1819 in Nonnenhorn am Bobenfee ge 
boren und im Gymnafium St. Stephan 
zu Augsburg erzogen. Im Jahre 1838 
mußte er auf Befehl feiner Eltern ſich 
zur Fortjegung der Studien ins deulſche 
Kollegium nad) Rom begeben. Die reli- 
giöfen Anſchauungen in diefer von den Je⸗ 
fuiten geleiteten Anftalt ftanden jedoch in 
fo Schroffem Gegenſatz zu denen des Jüng- 
lings, daß er fchon nach ſechs Monaten Rom 
wieder verließ und nach München zog, wo 
er fi) dem Studium der Philofophie und 
Rehtswifienihaft ergab. Er war noch 
Student, als er 1843 mit feinem Trauer- 
ſpiele Die Prätendenten auf dem Hoftheater 
zu München den erjten Dichter-Erfolg er- 
rang. Dies entſchied über feine Berufs- 
wahl. 1845 überfiedelte er nad) 

Hier trat er fchriftftellerifch hervor 


Fa" 


zwar zunächſt mit den Auf eines 
SJefuitenzöglings (1846), mel er⸗ 
regten, auch in faſt alle europälfchen 
Sprachen überſetzt und in Newyork nach⸗ 


gedruckt wurden. Er wandte ſich nun ganz 
der Schriftſtellerei zu, indem er ſich be— 
ſonders der Theaterkritik unterzog. In 
dieſer Zeit erſchienen auch ſeine Dramen 


Kögel. — il — Köhler. 
Die Medizäer (1849) und Heinrih IV. von | Hofprediger und Königl. Schloßpfarrer, 
Frantreich (1851), — beide von vielen ſowie Ephorus des Königl. Domkandi— 


Bühnen mit durchſchlagendem Erfolge | datenftifts (eines Prediger-Seminars), 
gegeben, — melde den Dichter mit 1878 Mitglied des Evangelifhen Ober: 


dem Heidelberger Theater in nähere Be: 
rührung bradten, deſſen Direktion er 
dann mehrere Jahre leitete. Infolge 
feiner epochemachenden Schrift Die Theater: 
Krifis im neuen Deutichen Reihe wurdeer 1872 
als Direktor des Hoftheaters nad) Karls: 
ruhe berufen, doc) jagte ihm die moderne 
Handhabung des Theaters, durch den ver: 
berbten Geihinad des Publikums er: 
zwungen, nicht zu, und jo legte er bereits 
im nächſten Jahre fein Amt wieder nieder 
und lebte von nun an als freier Schrift: 
fteller in Wien. 

Hauptwerfe: Alles um ein Nihts (Rom.), 
Die Theaterkrifis, Meine Erlebniffe als Hof: 


theater-Direftor (2. Aufl.), Mar Emanuels Braut: | 


fahrt (Schaufp.), Des Künftlers Weihe (Feitip.), 


George Wafhington (Schaufp.), Die Heldin von | 


Dorktomn (Dram.), Der Verfall der deutichen 
Schaubühne ‚und die Bewältigung der Theater: 
talamität, Brennende Theaterfragen. Seine in 


find noch nicht erjchienen. 
Neueftens überfiedelte er nah Halle 


a. d. S. 


Kögel, Rudolf, geboren den 18. Fe— 
bruar 1829 zu Birnbaum in Poſen, em— 
pfing ſeine Vorbildung unter Eckſtein's 
Direktion 1343 —47 auf der lateiniſchen 
Schule zu Halle, ſtudierte dann Theo— 
logie und Philologie in Halle und Berlin 
unter dem Einfluſſe von Jul. Müller, 
Tholud, Neander und Nigih, unternahm 
1851 eine Reife nah Spanien, der 

und SJtalien, wurde 1852 Ne 
ligionslehrer am Vitzthum'ſchen Gymna⸗ 
fium in Dresden, 1854 Seminarlehrer 
in Berlin, 30. November deſſelben Jahres 
orbiniert und als Prediger in Nakel bei 
Bromberg eingeführt, 1857 Pfarrer an 
ber deutſchen evangelifchen Gemeinde im 
Haag, kehrte 1863 als Hofprediger nad) 
Berlin zurüd, wurde 1864 Ober-Kon— 
filtorialvat und vortragender Rat im 
Kultusminijterium, Ende 1873 zweiter 





Kirchenrats, 1879 General-Superinten- 
dent der Kurmarf an Stelle Hoffmann’s, 
Dezember 1880Nachfolger Hengitenberg’s 
als Ober=Hofprediger mit dem Rang eines 
Nates erfter Klaſſe. Die Würde eines 
Dr. theol. verlich ihm die Univerfität 
Bonn 1867. Anfang 1887 wurde ihm 
von Eeiner Majeſtät dem Kaiſer Die 
Stelle eines Domherrn von Brandenburg 
verliehen. K. ſteht als Kanzelredner in 
höchſtem Anjehen, hat aber auch durch 
ſeine ſonſtige Wirkſamkeit in einflußreichiter 
Stellung in fonjervativem und kirchlichem 
Sinne viele Erfolge erzielt. 

Bon feinen verdienten Schriften, meift Pre- 
digten, Kafualreden, Vorträge ac. heben wir ber 
vor: Der erſte Brief Petri in Predigten ausge: 
legt, Laſſet Euch verjöhnen mit Gott, Pro domo, 
Die Seligpreilungen der Bergpredigt, Kirchliche 
Gedenkblätter aus der Kriegszeit 1870/71, Das 


den legten fünfzehn Jahren gefhriebenen Werte Baterunſer in Predigten ausgelegt, Aus dem 


Vorhof ins Heiligtum (Predigten über Alttefta- 
mentlihe Texte), Der Brief Pauli in Predigten 
ausgelegt, Das deutfche Volf und der Sonntag, 
Wach’ auf, du Stadt Jerufalem (Zeitpredigten 
und Reden), Vaterländiiche und kirchliche Gedenk⸗ 


tage, Die Aufgabe der evangel, Geijtlichkeit an 


der fozialen Frage. Seit 1880 gieht er mit 
Wilh. Baur und Emil Frommel das poetijche 
Jahrbuch „Neue Chriftoterpe” heraus, 


Köhler, Carl Syloio, geb. 6. April 
1844 zu Güntersberge im Harz, ftudierte 
zu Heidelberg, Tübingen, Göttingen, Ber: 
lin und Halle Religionswifienichaft, Phi- 
(ofophie und Naturwiſſenſchaften. Auch 
den praktiſch-techniſchen Wiſſenſchaften 
widmete er ſein Intereſſe. Zumeiſt pri— 
vatiſierend, konzentrierte er ſpäter ſeine 
bibliographiſchen Studien auf die Pflege 
der klaſſiſchen Literaturwiſſenſchaft. 

Seine Werke „Das Tier im Sprichwort der 
Griechen und Römer“, „Homer Analekta für 
Schule und Leben“ und „Die Realkonkordanz 
der griechiſchen Tragiker“ ſind in den weiteſten 
— mit Beifall aufgenommen. Für die ver: 
dienjtvollfte Publikation deſſelben gilt die Studie 
über die Literae votivae der Bibliographie und 
die Abhandlung über Die Autorfchaft der alade: 





812 


Köhler. Köhler. 

—— —— ae a he Novelle und der Humoresfe zu. Er lebt, 
e. hat außer ve tedenen Reuje en : 

und Feuilletons auch zahlreiche patriotifche Ge: | m ——— — be 3 

[egenbeitögebichte veröffentlicht, doch befchäftigt er in Seiner Vaterſtadt, nur m 

fich, jebt in Leipzig, wifienichaftlich faftausichließlich | Arbeiten für viele Zeitfchriften, deren be 

nur mit bibliothefwifjenidaftlien Studien und | [iebter Mitarbeiter K. ift, und für Bud 


deren Bublifationen. 


Köhler, Guſtav Ferdinand Rudolf, | Merten heben wir hervor: Herz 


geboren den 9. Februar 1840 zu Berlin, 
wo der Vater Kaufmann war, genoß 
feine Schulbildung nad) Überſiedelung 
der Mutter nad) Potsdam in der Königl. 
Nealihule und dem Gymnafium dieſer 
Stadt. Seine urſprüngliche Abficht, 
Chemie zu jtudieren, gab er in Folge 
eines Vortrages des Hofpredigers Dr. 
Friedr. Wilh. Krummacher über die Mif- 
fions-Thätigfeit der Echotten auf, um 
fih dem theologischen Lebensberufe zu 
widmen. Die vierjährige Studienzeit 
wurde in Halle a. d. ©. in Berlin ab: 
folviert und wurden die Profeſſoren Julius 
Müller, Niedener und Dorner von be- 
ftimmender Bedeutung für die theologische 
Richtung K.'s. Nach beendigtem Studium 
wurden die beiden theologiihen Staats: 


prüfungen und die Prüfung pro schola | 


ſchnell hinter einander bejtanden, und das 
praktiſche geiftliche Arbeiten begann: zuerft 
verfretungsweile in Mansfelde N. M., 
dann als Hilfsprediger an der Zwölf 
Apoftellirche zu Berlin, dann als Pre 
diger zu Görbitſch, als Divifionspfarrer 
zu Nendsburg und jegt zu Danzig. 

Von feinen, durch die Kritik fehr günftig be: 
urteilten jelbjtändigen Werken heben wir hervor: 
Wunde Stellen (ein Beitrag zur Diagnofe etlicher 
Krankheitserfheinungen an den ev. Landesfirchen 
Preußens), Das Chriftentum in der Armee, Die 
Bollstümlichkeit der ev. Kirche. Außerdem bat 
K. eine grobe Anzahl von Auflägen in kirchlichen 
und politiihen Blättern veröffentlicht. 


Köhler, Heinrih, wurde am 7. Ja= 
nuar 1852 in Potsdam geboren und wib- 
mete fi nad) Abjolvierung des Gymna- 
fiums feiner Vaterftadt der Schriftftellerei. 


Er begann „natürlih” mit der Lyrik, 


wandte fich aber bald dem jegigen Haupt: 








form beichäftigt. 


Bon feinen vorzüglich befprochenen be 
un t 


(1880), Durch Läuterungen (1881), Allein in der 


| Welt (1882), Der neue Hauäherr (4. Aufl. 1888), 


Irren und finden (1884), Novellen aa 
Eine fritifche Zeitfrage (Luftip.), Waldelfe (1885), 
Kataftrophen (1886). 

Köhler, Henriette, wurde am 5. Mai 
1813 zu Boigenburg, einem lieblichen 
Fleden der Provinz Brandenburg, als 
die Tochter des Predigers $. ©. A. Ger: 
hardt geboren. Nicht unter allzu günfti- 
gen Verhältniffen verlief Henriettes Jus 
gend, die Eltern fämpften oft mit Sor- 
gen; denn die Nachwehen ber fran- 
zöſiſchen Schredenszeit machten fich merk: 
ih fühlbar, außerdem bejuchten brei 
Brüder Henriettes das foftipielige Gym⸗ 
nafium. Das junge Mädchen genoß nur 
den Unterricht in der —* Landſchule, 
ſuchte ſich aber durch Selbſtſtudium weiter 
zu bilden. Als der Vater und Ernährer 


‚1839 plötzlich ftarb, ſtand die Familie 
‚ratlos da. Um für des Lebens Unter 


halt zu forgen, ging Henriette ala Ge 
jellichafterin nad Berlin. Hier unter 
drüdenden Verhältnifien manderlei Art 
unternahm fie ihre erften dichterifchen Ver: 


ſuche. Inzwiſchen hatte fie den Prediger 


Köhler in Wuitz bei Zeig fennen gelernt 
und folgte ihm auf feinen Wunſch in fein 
Haus, um die Erziehung feiner beiden 
mutterlofen Töchter zu übernehmen. Bald 
follte das Verhältnis ein innigeres werden, 
da fie ihrem Brodherrn die Hand zum 
Bunde für's. Leben reichte. Aber ihr 
Glück war nicht von Dauer, nad) Furzer 
Ehe verlor fie den Gatten. Wiederum 
traten num materielle Sorgen an die Ver: 
einfamte heran. Sie mietete fi ein 
Stübchen in einem Bauernhaufe, um noch 
durch 10 Jahre den Kleinen Ort, wo fie 


feld feiner Thätigfeit, dem Roman, der ſo reiche Liebe gefunden, ihre Heimat zu 


Köhler. 


nennen. In dieſe Zeit fällt die Heraus: 

gabe ihrer Gedichte. Wenn diefelben aud) 
nicht gleich den erhofften Erfolg hatten, 
fo wurde ihr poetiiher Wert von fom- 
petenter Seite doc) rüdhaltlos anerkannt. 
Auch während diefer und der fpäteren 
Jahre blieb H. K. das Leid getreu. Sie 
ftarben, die fie liebte, und endlich ſah fie 
fi) allein mit einem nun erwachſenen 
Enfel, der ihrer Pflege anvertraut war. 
Nunmehr lebt fie ganz vereinfamt in 
Prenzlau, immer noch, obgleich hochbe- 
tagt, der Muſe dienend. 

Außer einer neuen verbefierten Auflage ihrer 
Gedichte heben wir von ihren felbftändigen Werten 
die trefflihen Jugendichriften hervor: —— 
und Sinderlieder (1878) und Charfreitag und 


313 


König. 

Der Lehrerftand wurde ihm aber in der 
Reaktionsperiode der erften fünfziger Jahre 
gründlich verleidet. Als fein Vorhaben, 
Buchhändler zu werden, ebenfalls auf 
Hinderniffe ftieß, trat er in das Poſtfach 
ein, dem er, mit Unterbrechung der Ab: 
leiftung feiner Militärpfliht, über 12 
Jahre angehörte und in dem er in diefer 
Zeit in der Provinz Sachſen, beim Eifen» 
bahnı-Poftamte Nr. 9 in Soeſt und Dort: 
mund, bei den Boftämtern in Hamm, 
Minden und beim Berliner Hofpoftamte 
thätig war. Dortichiederfreiwilligaus dem 
Dienfte, um fich ganz der Journaliftif zu 
widmen, nachdem er vielfach bereits für 
angejehene Zeitungen, namentlich über die 


—— (1878), 14 Bilder aus dem Leben Jeſu Perſonalverhältniſſe der Beamten und über 
(187 


Köhler, Reinhold, wurde am 24. 
Juni 1830 in Weimar geboren, abjol: 
vierte das dortige Gnmnafium und be: 
zog 1848 die Univerfität Jena, ftudierte 
bier, in Leipzig und in Bonn Philologie 
und Literaturgefchichte und wurde 1857 
als Bibliothefar an die großherzogl. Bi: 
bliothef feiner Vaterſtadt berufen, zu 
deren Oberbibliothefar er 1881 ernannt 
wurde. Außer eigenen Werfen lieferte 
K. mehrere Klaffiter: Ausgaben, die wir 
den beiten beizählen. 

Hervorzuheben : Alte Bergmannälieder (1858), 
Vier Dialoge von Hans Sachs (1858), Zu Hein: 
=. von Meiſt's Merken (1862), Kunft über alle 

Künfte, ein bös Weib gut zu machen (1864), 
Danted Göttlihe Komodie und ihre deutichen 
Überfegimgen (1865), Wielands Oberon (1868), 
Eſtniſche Märden (1869), Sicilianifhe Märchen 
1870) Schillers Afthetiihe Schriften (1871). 


König, BrunoEnil, geboren11.April 
1833 zu Hettftäbt, bejuchte bis zu feiner 
Konfirmation die Etadtichule feiner Va— 
terftadt. Er hätte fid) gern dem Stu— 
dium der Rechtswiſſenſchaft gewidmet, 
allein die Vermögensverhältnifie feiner 
Eltern geftatteten dies nicht. Nach feiner 
Konfirmation beſuchte er die Präparan- 
denanftalt und das Seminar zu Eisleben. 


Verkehrsweſen geichrieben hatte. 


Einige Jahre war er in der Redaktion der 
Beitung des Dr. Strouäberg „Die Poſt“ beichäftigt, 
und wurde von diefem auch mehrfach zu größeren 

Reifen verwendet. 1869 gründete er zu Berlin das 
Beamtenblatt „Deutiche Poſt“, das bald einen wei⸗ 
ten Leferkreis” eroberte. Aus dem Verlag feines 
Blattes entwidelte ſich allmälig eine Buchhand— 
lung für Verkehrsweſen. In Folge von Pro: 
zeffen und anderen Unannehmlichkeiten fiedelte er 
im Sahre 1875 mit Familie nad Wien über. 
Dort fchrieb er feine „Schwarze Kabinette“. In 
dem dafür erzielten Honorar gewann er die Mittel, 
wieder nad) Deutjchland zurüdkehren zu fünnen. 
Ein wadrer Autodidalt, ift K. unabläffig be 
müht gemwefen, einen Schat von Kenntniffen zu 
ſammeln und die Mittel zur angemefienen Er» 
ziehung feiner Kinder zu gewinnen. Schriftftel- 
leriſch thätig lebte er dann in Selnhaufen, Leipzig 
und Hamburg, wo er u. U. eine Reihe Novellen, 
Humoreäfen, Romane und Gedichte jchrieb. Läns 
gere Zeit führte er die Redaktionen der „Dan 

iger Bolls-Zeitung”, des „Bürger- und Bauern 
tr in Inſterburg und dann der „Bromber⸗ 
ger Zeitung“. Müde all’ der Wandlungen und 
eiden eines Provin ial:Zeitungäredafteurs, Tebte 
er darauf in Liegnik völlig abgeſchloſſen einige 
Sabre hindurch lediglich der Schriftitellerei, lieh 
fih aber fpäter bewegen, die Redaktion der „Ras 
tiborer Zeitung für Oberfchlefien” zu übernehmen, 
Nach Ablauf eines Jahres gab er indeß dieſe 
Stellung wieder auf und ging nach Saalfeld in 
Thüringen, wo er gegenwärtig als Redakteur und 
Schriftſteller ii it. An Büchern find unter 
anderen von I. erichienen: Deutichlands Feldpoft, 
ein Gedenfblatt an den deutich-franzöfiichen Arieg 
(1871), Schwarze Kabinette (1875), Geſchichte der 
Briefgebeimnifie und des ſchwarzen Kabinets 


König. 


314 


König. 


Preußen-Deutfclands (1879 2, Aufl.), Die Poſt einige ſchüchterne poetiiche Verſuche hin- 


ſonſt und jegt, hiftorifch-panegyriihe Verſe (1881), auszubringen. 


Das Cabinet noir in Frankreich (1881), Das 
Pfarrhaus im Freigericht (Rom.), Das Buch vom | 
Schmweidniger:fteller in Breslau (1886), Geſchichte 
der brandenburgiſch⸗preußiſchen Poſt von ihren 
Anfängen bis zur Entfaltung zur Reichäpoft für 
Sedermann (1887), Ritter Hans von Schwei- 
nichen (1887), König und Flötenvirtuos (1887), 
Sidingens Leben und Ende (1887), Major von 
der Gröben (1897), Benjamin Raube (1887). | 
Außerdem find zahlreihe Aufläge in iluftrierten 
und anderen angefehenen Sournalen, meiftens 
belletriitiichen und hiftoriihen Inhalts, von 8. 
erſchienen. 


König, Ewald Auguſt, wurde am 22. 
Auguſt 1833 in Barmen geboren als der 





Sohn eines Kaufmannes, der bald dar: 
auf nad) Zennep überfiedelte. Hier ftarben 
Mutter und die beiden Brüder des klei— 
nen Ewald Auguft, ehe diejer noch zwei 
Jahr alt war, und vereinfamt und liebelos 
wuchs der arme Knabe unter Mietlingen 
auf; denn den Vater nahmen fein Ger 
Ihäft und der Kampf mit dem Leben in 
Anſpruch. Als Mikerfolge im Geſchäft 
dennoch die Erwartungen des Vaters ver: 
eitelten und ihn zur Überficdelung nad) 
Köln am Rhein beftimmten, ward Ewald 
Auguftauf einige Jahre im Haufe eines aus: 
wärtigen Elementarlehrers untergebracht 
undbejuchte jpäterdas Friedrih- Wilhelms» 
Gymnafium in Köln. Sein Wunſch, Me: 
dizin zu ftubieren, jcheiterte troß der beiten 
Zeugniffe und eines zugeteilten Stipen- 


diums an der Mittellofigfeit des Vaters, | jteller. 


und der ftrebfame Jüngling jah ſich ge: 
zwungen, um möglichſt bald auf eigenen 
Füßen ftehen zu fünnen, den faufmänni- 
ſchen Beruf zu ergreifen. Der Drud 
diefer Prüfungszeit ward ihm nur durd) 
das Studium der deutichen, griechiſchen 
und römijchen Klaffifer einigermaßen er: 
leihtert. Gutzkow's „Ritter vom Geifte“ 
und die Diden’ihen Romane, die er 
immer und immer wieder mit Genuß 
las, regten 8. fo fehr an, daß er im 
Geifte eine Menge Erzählungen und 


Der Ernit des Lebens 
begann für K. nun erit, als er — 
obwohl mit dem Zeugnis der Befähi- 
gung zum Einjährig » Freimilligendienft 
— aus Mittellofigkeit drei Jahr: in der 
Linie dienen mußte. Hier fand er den 
Stoff und die Anregung zu feinen Hu- 
moresfen aus dem Soldatenleben, welde 


‚zu feinen erjten erfolgreichen literarijchen 
Verſuchen gehörten. 


Mit der überjtan- 
denen militäriichen Dienjtzeit famen die 
herben Prüfungen in K.'s jungen Leben 
zum Abſchluß. Er fand in Elberfeld eine 
Buchhalterftelle und verlobte ſich mit einer 
jungen Elberfelderin. Die Mobilmachung 
des preußischen Heeres 1859 verhinderte 
jedod die Gründung eines eigenen Haus: 
jtandes. K. wurde zu den Fahnen ge: 
rufen. Nach der Demobilifterung und 
nachdem K. die Stellung eines Geſchäfts— 
führers in Elberfeld erlangt hatte, ver: 
mählte er fih im Mai 1860. Der 
dunkle literarifche und poetiihe Drang 
in ihm, die Geftaltungs= und Erfindungs- 
gabe famen nun zum Durchbruch und fan- 
den Vermwirklihung, als K. auf die Ans 
regung jeines Vetters Emil Rittershaus 
zur Feder griff. Er fchrieb feine humo— 
riſtiſchen Erftlinge, die in Zeitjchriften er: 
Ihienen und reihen Beifall fanden. Mit 
dem Erfolge wuchſen Ks Mut, Kraft 
und ernites Streben nad Fortbildung 
und Selbjtvervollflommnung als Schrift: 
Die Bahn war gebroden; den 
Humoresfen und Skizzen folgten Novellen, 
den Novellen Romane. Er wurde als 
ftändiger Mitarbeiter von größeren Blät- 
tern hoch willkommen geheißen; und ſchon 
1868 fonnte er dem kaufmänniſchen Bes 
rufe Valet jagen und fi ganz und mit 
voller Hingabe feinem geijtigen Schaffen 
widmen. Durch die großen Erfolge jei- 
nes preisgefrönten Romans Durch Kampf 
zum Srieden war feine literariiche Lauf— 
bahn gefichert. 1870 erwarb er ſich ein 
eigenes Heim in Neumied, überfiebelte mit 


Romane entwarf, ohne indefjen es über | feiner Familie dorthin und lebte nun jel- 


König. 


nem fchriftitelleriichen Beruf. Das Be- 
dürfnis, wieder in das reichbewegte Leben 
einer großen Stadt einzutreten, um neue 
Eindrüde zu gewinnen, veranlakte ihn 
im Herbſt 1882 wieder nad Köln über: 
zufiedeln, das er als feine Vaterſtadt be- 
tradhtet. Hier traf ihn zwei Jahr jpäter 
ber ſchwere Schidjalsichlag, feine älteite, 
reichbegabte Tochter zu verlieren. K. hat 
den edlen Ehrgeiz, als echter Volksſchrift— 
fteller an der Fortbildung jeiner Zeitge— 
nofjen zu arbeiten, und diefem Wollen ift 
fein Können ganz gewachſen. Er gehört 
heute zu den gelejenjten Autoren der Zeit. 
Bon feinen zahllojen Werken heben wir 
bejonders hervor: 

Humoresfen (3. Aufl. 1875), Die Geheimnifie 
einer großen Stadt (1870), Durd Kampf zum 
Frieden (1871), Die Tochter des Franctireurs 
(1873), Um ®old und Ehre (1875), Auf der Bahn 
des Verbrechens (1876), Schuldig (1877), Die 
Hand der Nemefis (1878), Dunkle Wege (1879), 
Schuld und Sühne (1879), Der Armendoftor 
(1880), Ein verlorened Leben (1882), Vor den 
Geſchworenen (1832), Das goldene Kreuz (1883), 
Va banque (1884), Schachmatt (1854), Um 
Glück und Dafein (1885), Schatten de3 Lebens 
(1885), Der Berjhollene (1885), Spuren im 


Sande (1886), Die Tochter des Kommerzienrats | 


(1886), Mephiſto (1887). 


König, Robert, wurde am 15. No: 
vember 1828 in Danzig geboren, ſtu— 
bierte Theologie und Philologie in Berlin, 
Bonn, Edinburg und Halle, um ſich 
dem Lehrfach zu widmen. 1854 erfolgte 
feine Ernennung zum Rektor der Cäci— 
lienfchule zu Oldenburg, 1858 diejenige 
zum Inſpektor der Gouvernantenanftalt 
und des Töchterpenfionats in Droykig bei 
Zeig. 1860—63 meilte er in privater 
Lehrthätigfelt zu Lauſanne. Neben feiner 
amtlichen gab K. ſich auch lebhafter literari- 
her Thätigfeit hin, deren Erfolge ihn 
zur Aufgabe feiner lehramtlichen Laufbahn 
beftimmten, um fih ausſchließlich ber 
Schriftjtellerei widmen zu fünnen. 1863 
übernahm er die Redaktion des „Daheim“. 
Er hat fi befonders durch feine illu- 
firierte „Deutiche Literaturgefchichte” be: 


815 


Köppen. 


fannt und verdient gemacht, die bereits 
in 17 großen Auflagen verbreitet ift. 
Auch feine weiteren Werke find vorzüglich 
beurteilt und anerfannt worden. 

Hervorzuheben: Zur Charakteriftif der rauen» 
frage, Der große Krieg von 1870 (2. Aufl.), 
Der alte Nettelbed; Meiſter Schott und feine Fa— 
ı milie (Aus der Belagerung von Straßburg, 2. 
Aufl.), Deutiches Frauenleben im deutfchen Liede, 
| Annette von Drofte-Hülshoff, Abrii der deutſchen 
Literaturgefhichte (1887). 


Köppen, Fedor von, wurde am 8. 
März 1840 in Kolberg geboren, widmete 
fih dem Soldatenftand und durchſchritt 
nacheinander alle Grade bis zum Major 
‚in Koblenz, nahm 1880 feinen Abjchied 
als Oberjtleutnant und fiedelte zunächſt 
nad Leipzig, jpäter nach Berlin über. 
K. hat fi) befonders durch feine ausge: 
zeichneten Werke über das Hohenzollern: 
haus befannt gemacht. 

Hervorzuheben: Preußens Erhebung, Kolberg 
1807, Ein Strauß für Schleswig, Die Welt in 
Waffen, Otto von Bismard, Unjer Land und 
Volk, Die Hohenzollern und das Reid, Streifs 
und Feldzüge, Männer und Taten, Drei Le: 
bensbilder Hohenzollernſcher Fürftinnen. 





} 
) 





' Körner, Paul Georg, wurde am 16. 
Januar 1856 als der jüngite Sohn bes 
Theatermalers Karl K. zu Dresden ge: 
boren. 1860 fiedelte die Familie nad) 
Magdeburg über, wo der Vater am Stadt: 
theater Stellung erhalten, um ſchon 1862, 
nachdem derfelbe einer fchweren Krankheit 
erlegen, ratlos nad) Dresden zurüdzueilen. 
Die weitere Kindheit K.'s war eine wenig 
freundliche, und als ihm feinem inneren 
Drange zu folgen nicht vergönnt war, 
wandte er ſich nad) beendeter Schulzeit 
zur Porzellanmalerei und erhielt 1874 
Stellung an der fönigl. Manufaktur zu 
Meißen. 

Die frühe Belanntfhaft mit dem Theater und 
feine für daffelbe bemahrte Liebe trieben ihn zu 
dramatiihem Schaffen. Abgefehen von früheren 
Berfuchen veröffentlichte er bisher die günftig be: 
urteilte Tragödie Die Cherusfer (1885) und das 
Schaufpiel Des Markgrafen Brautfahrt (1886), 


Körting. = 

Körting, Heinrich, geboren zu Leipzig 
den 15. März 1859, bejuchte das Gym: 
nafium feiner Waterftadt, um fih dann 
dem Studium vorzugsmweife der romani- 
ſchen Philologie zu widmen. Als feinen 
verdienftvollften Lehrer hat er neben fei- 
nem Bruder Guftav (j. o.) Adolf Ebert 
in Leipzig anzuführen. K. promovierte 
1882 mit einer Studie über „zwei reli- 
giöſe Paraphrafen P. Corneille’s“, ha- 
bilitierte fi) 1884 an der Univerfität 
Leipzig für das Gefamtgebiet der roma— 
niſchen Sprachen und Literaturen, ediert 
feit 1885 in Gemeinſchaft mit Diet- 
rich Behrens-Greifswald die „Zeitſchrift 


für neufranzöfiihe Sprache und Literatur”. | 


Vieler Anerkennung hatte fich zu erfreuen 


feine: Geſchichte des franzöfiihen Romans im 
XVI. Jahrhundert (1885—87). 


Köſterus, Friedrich, geb. am 27. Ja: 
nuar 1830, hat frühzeitig pädagogifche 
Schriften praftiihen und geichichtlichen 
Inhalts verfaßt. Unter den erfteren find 
Die Zehn Gebote kath. Kindererzichung bereitsin 
4. Auflage erichienen und ins Ungarische 
und in Amerifa ins Englijche überſetzt 
worden. 

Die biftoriihen Auffäge in Zeitungen und 
Broihüren befchäftigen ſich quellenmäßig mit dem 
Unterrichts: und Erziehungsweſen des Mittelalters, 
und jind namentlich von Bedeutung: Frauenbil: 
dung im M.A. und Die deutiche Sprache in der 


Kirche des M.A. Seit Dftober 1884 hat er die | 


Redaktion der Monatsihrift „Ambrofius”, Fath. 
Gentralorgan für Jugendfeelforge, übernommen. 
Bon feinen Gebethühern haben beſonders das 
Gebetbuch für ältere Schulkinder „Das Gottes: 
find“, ſowie auf die erfte heil. Kommunion und 
Firmung vorbereitenden „Das große Wert“ und 
„Der Streiter Chrifti“ weite Verbreitung und 
Anerkennung gefunden. 


Köſting, Karl, wurde am 3. Februar 
1842 in Wiesbaden geboren. Der begabte 


316 











Köftlin. 


gleihmwohl ſchon früh ein innerlich reiches 
und nad) der Gemütgfeite ungewöhnlich 
vertieftes. Dinter dem Ladentiſch in der 
zerftreuenden Beichäftigung über allen mög- 
lichen und unmöglichen tragiſchen Entwür⸗ 
fen brütend, hatte die gährende Phantafie- 
fraft des jungen Dichters do) Spielraum 
genug, um den Kolumbus, fein erjtes Werk, 
zu fchreiben. Dasfelbe, obwohl noch un: 
reif, erlebte ungeahnt glänzende Erfolge. 
Bei einer Vorftellung des Stüdes lernte 
K. eine reiche Dame fennen, die, begeiftert 
von K.'s Diufenkind, dem Dichter materiell 
helfend zur Seite trat. Eine Empfehlung 
Viſchers, des Nefthetifers, erſchloß dem 
Strebenden weitere literariſche Areife. 
Er begann nun ein eifriges geographi- 
ches, ethnologiiches, gefchichtliches und 
philofophiiches Studium zu treiben, und 


‚widmete fih ganz der Schriftfiellerei, 
zunächſt den Plan zu einem gigantifchen 


Bühnenwerk jchmiedend, der Bentalogie: 
Das gelobte Land, Das Himmelreih, Die neue 
Welt, Ein Weltgericht, Edentraum. Das Werk 
ift nicht zur Aufführung gefommen, was 
Jeder, der unfere traurigen Theaterver- 
bältniffe, ohne Ideale, nur mit einem uns 
eheuren Aufwand von politiihen Rüd:- 
ichten behangen, als felbjtverftändlich be- 
greift. Das Werf wird durch eine epi⸗ 


ſche Dichtung prologartig eingeleitet, Die 


unter dem Titel Der Weg nad) Eden erſchien 
und ſehr anerkannt wurde. 

Don 8.’3 weiteren Schöpfungen heben wir ber: 
vor: Zwei Könige (Trauerjp.), Hermann der Ber 
freier (Schaufp.). 


Köftlin, Julius, geb. am 17. Mai 
1826 in Etuttgart, widmete fi aus in- 
nerem Drange der Theologie, deren Stu⸗ 
dium er in Tübingen und Berlin betrieb. 


Seine Berufung zum außerord. Profeſſor 
erfolgte 1855 nah Göttingen, wo er gleich⸗ 


Knabe erhielt die gelehrte Vorbildung, | zeitig auch als Univerfitätsprediger am- 
fonnte aber nach dem Tode des Vaters | tierte. 1860 überficdelte er als ordentl. 
feinen Studienplan nicht verfolgen und | Profefjor nad) Breslau und 1870 in glei⸗ 
trat daher zunächſt in ein faufmännifches | her Eigenihaft nad) Halle. 1865 wurbe 
Geſchäft ein. Sein Kinderleben war aber |er auch zum Konfiftorialrat, 1867 zum 


Köftlin. 


Mitglied des Breslauer, 1877 zu dem 
des Magdeburger Provinzialkonſiſtoriums 
ernannt. Literariich hat K. fich befonders 
durch feine vortrefflihen Werke über Lu- 
ther, deſſen Schöpfungen und Lehren, einen 
Namen vom beiten —— erworben. 
twerle: Die ſchottiſche Kirche (1852), Lu⸗ 
thers Lehre von der Kirche (1853), Das Weſen 
der Kirche (1854, 2. Aufl. 1872), Der Glaube, 
fein Weien, Grund und Gegenftand (1859), Zus 
thers Theologie (1863), Martin Luther, fein Le 
ben und feine Schriften (1875, 3. Aufl. 1883), 
Luthers Leben mit Jlluftrationen (1882, 4. Aufl. 
1887), Martin ge der deutihe Reformator 
Bi * 1883), Luther und Janſen (3. Aufl. 


Köftlin, Karl, wurde am 28. Sep: 
tember 1819 in Urach geboren, jtubierte 
Bhilojophie und Theologie in Tübingen 
und Berlin, wurde 1849 zum Dr. phil. 
promoviert, habilitierte fih als Privat: 
bozent und wurde 1857 außerord. und 
1863 ord. Profeſſor der Philofophie und 
Aeſthetik in Tübingen. Nahe Beziehun- 
gen zu dem Ajthetifer Viſcher (f 1887) 
veranlaßten ihn zu tieferem Eindringen 
in dieſes Weijen Gebiete. Ein Ergebnis 
iſt 8.8 glänzend anerkannte üſthetit (18609). 
Außerdem hervorzuheben: 

Der Lehrbegriff des Evangeliums und der 
Briefe des Johannes (1843), Goethe's Fauft, 
feine Kritifer und Ausleger (1860), Hegel in phis 
lojophifcher, politiiher und nationaler Beziehung 
(1870), Der Ring der Nibelungen (1877), Dich: 
tungen von Hölderlin (1884), Geſchichte der 
Ethik I. (1887). 


Kohl, Horit Ernft Arminius, wurde 


317 





Kohler. 


Waig in Paläographie und Diplomatif ſich 
praktisch zu üben, promoviertein Leipzig und 
blieb dann noch bis 1877 in Berlin. Nach 
Leipzig zurückgekehrt, beitand erdie Staats: 
prüfung fürdas höhere Schulfach und ward 
nad kurzer Probezeit am Nikolaigymna- 
ſium zu Leipzig 1878 an die Nealichule 
I. O. nad Chemnit berufen, an der er 
bis 1880 thätig war. Seitdem wirkt der- 
jelbe als Lehrer der Geſchichte am Fönigl. 
Gymnafium zu Chemnig. 

An literariichen Arbeiten find von ihm erſchie— 
nen: Zehn Jahre oftgotischer Geſchichte 526—536 
(1877), Geihichte des Mittelalters (188184), 
Annalen der deutſchen Geſchichte im Mittelalter, 
von der Gründung des fränfiihen Reichs bis 
um Untergang der Hobenftaufen. Ein Handbuch 
hr das wiſſenſchaftliche Studium der deutichen 
Geſch. im Mittelalter (mit G. Richter 1885—87), 
Die Chronik des Bilhofs Otto von Freifing 6. 
und 7. Buch (über. 1881), Die Chronik des 
Otto von St. Blajien (über). 1881), Thaten 
Friedrichs (I.) von Bilhof Dtto von Freiſing 
(überj. 1883), Rahewins Fortſetzung der Thaten 
Friedrichs von Biſchof Otto von Freifing (über). 
1886). Außerdem lieferte K. als Mitarbeiter des 
hiſtoriſchen Handatlad von Droyjen den Tert zu 
den beiden Karten: Deutichland im 14. Jahrh. 
und Deutichland im 15. Jahrh., und jchrieb 
mehrere hiftorifche Artikel für den 1. Band der 
Deutihen Encyklopäbdie. 


Kohler, Joſef, geb. am 9. März 1849 
in Offenburg (Großherzogtum Baden), ſtu⸗ 
dierte nad) Abjolvierung der Lycealftudien 
und nad) mehrmonatlihem Aufenthalte in 
der franzöfiihen Schweiz in Freiburg und 
Heidelberg Jurisprudenz, machte 1871 u. 
1873 das erfte und zweite jwriftiiche 


geboren am 19. Mai 1855 zu Waldheim | Staatseramen, erlangte an der Univer: 
in Sadjen, woſelbſt fein Vater, Robert  fität Freiburg den Doctor juris und wid: 
K., damals die Stelle eines erjten Haus mete fich zuerſt der praktiſch-juriſtiſchen 


geiftlihen am Zuchthaufe bekleidete. In 


Thätigfeit. 1873—78 wirkte er in Mann⸗ 


Chemnig, wohin der Vater 1859 verfegt | heim, wurde hier Amtsrichter, Kreiöge- 


wurde, um das Aınt eines Superintenden- 
ten zu übernehmen, bejuchte K. die höhere 


richtsaſſeſſor, Kreisgerihtsrat und folgte 
1878 einem Rufe als Profeffor an die 


Bürgerfhule und das Gymnafium. Auf | rechts- und ſtaatswiſſenſchaftliche Fakultät 


der Univerfität Leipzig widmete fich der— 
jelbe alsdann dem Studium der Gefchichte 


der Univerfität Würzburg; 1882 trat er 
in die Redaktion der „Zeitihrift für ver- 


und Vhilologie und wandte fi 1876 nad) | gleihende Rechtswiſſenſchaft“ ein; 1836 


Berlin, um unter der Leitung von Georg 


wurde er zum auswärtigen Mitgliede des 


Kohn. 


Inſtituts voor de Taal-, Land- enVol- 
kenkunde van Nederlandsch-Indie im 
Haag und zum forreipondierenden Dele- 
gierten der Societ& Acad&mique Indo- 
Chinoise in Paris ernannt; im Jahre 
1887 zum forrefpondierenden Mitgliede 
der Société de Lögislation comparée 
in Paris. 

Hauptwerfe: Deutiches Patentrecht, Autorredht, 
Recht des Markenſchutzes, Geſammelte Abhand: 
lungen aus dem gemeinen und franzöfiichen Civil: 
recht, Beiträge zur germanijchen Privatrechtäge 
ſchichte (Veronefer Urkunden), Civil-progefiualifche 
Rechtsaufgaben, Pfandrechtliche Forſchungen, 
Shakeſpeare vor dem Forum der Jurisprudenz, 
Nachwort zu Shakeſp. v. d. Forum der Juris— 
prudenz, Zur Lehre von der Blutrache, Moderne 
Rechtsfragen bei islamitiſchen Juriſten, Gommenda 
im islamitiſchen Rechte, Das Recht als Kultur: 
erſcheinung, Das chineſiſche Strafrecht, Das Recht 
ald das Lebenselement der Völker (nah einem 
Vortrag in der Juriſtiſchen Geſellſchaft in Wien 
am 26. November 1886), Aus dem Lande ber 
Kunft. Sodann Auffäge in verfchiedenen Zeit 
ſchriften. 


Kohn, Salomon, wurde am 8. März 
1825 in Prag geboren. Seine Eltern be— 
ſtimmten ihn früh ſchon für den Handels— 
ftand, ließen ihn jedoch feiner Neigung 
folgen und bis zum 21. Jahre den Stu— 
dien obliegen, und zwar zunächſt in der 
Mittelfehule, danach an der technifchen 
Hochſchule und zulegt an der Univerfität 
zu Brag. Hier ftudierte er 1844—46 un: 
ter Prof. Kullik und dem Sternwarte: 
direftor Kreil, höhere Mathematik, Phyſik 
und Ajtronomie. In jene Zeit fielen auch 
eine erjten fchriftftellerifchen Verſuche, doch 
wurde fein Name nicht befannt, da er nur 
unter den Anfangsbuchſtaben deſſelben 
ſchrieb (Novellen für Zeitichriften). 1847 
trat er in das Geſchäftshaus feines jehr 
angefehenen Vaters ein, verheiratete fich 
1849 mit der gemütvollen und hochgebil- 
beten Regine Seitteles und fand neben 
feiner geſchäftlichen Thätigfeit immer noch 
Muße zu literarifchen Arbeiten. 

Zunächſt trat er mit feinem fo berühmt ge 
mwordenen, in mehrere Sprachen überfegten Ro: 
mane: Gabriel (1875) hervor, der das cigen: 


318 


— Kohut. 

tümliche Schickſal hatte, erſt durch Reproduktion 
aus fremder Sprache dem Bolf der Dichter und 
Denfer befannt zu werden. Ferner verfaßte er: 
Ein Spiegel der Gegenwart (1875), Die Starten 
(1877), Die filberne Hochzeit (1882), Prager 
Shettobilder (1884), Neue Ghettobilder (1886), 
Zwei Erzählungen (1886); außerdem zahlreiche 
novelliftifipe Veröffentlihungen in Beitichriften. 
Nah dem Tode feines Waters (1863) 
übernahm K. das Handelshaus deffelben 
allein. Eeit 1874 beichäftigt er fich aus: 
schließlich mit Echriftitellerei. Ex erfreut 
ſich des Vertrauens feiner Mitbürger und 
bekleidete außer anderen Ehrenämtern aud) 
das eines Vorftandsmitgliedes der Prager 
Schillerzweigſtiftung. 





Kohut, Adolf, geb. am 10. November 
1847 in Mindszent (Ungarn), begte ur 
Iprünglich die Abficht, fi der Theologie 
zu widmen, und befuchte zu diefem Zweck 
das jüdifch-theol. Seminar zu Breslau, 
gleichzeitig aber die dortige ſowie die Wie 
ner Univerfität, wo er philofophifche, hiſto⸗ 
riſche, orientalifhe und literaturgeſchicht⸗ 
lihe Borlefungen hörte. Dieſe letzteren 
zogen ihn fo ungemein an, daß er zu ihren 
Gunſten auf feine einftigen Pläne verzich- 
tete und fi) der Journaliſtik zuwandte. 
1878 promovierte er in Jena zum Doktor 
der Philoſophie. Er gehörte nacheinander 
den Redaktionen der „Breslauer Nachrich— 
ten“, der „Tüfleldorfer Zeitung“, der Ber: 
liner „Tribüne“ und der „Berliner Zei— 
tung“ als Mitglied an, wurde jedoch 1884 
plöglih von Berlin ausgewieſen und fies 
delte nach Dresden über, wo er noch jeßt 
als Redakteur des „Orcheſter“ und als 
angejehener Echriftiteller lebt. 

Von feinen vorzüglich beurteilten jelbftändigen 
Werten heben wir hervor: Herder und die Huma— 
nitätöbeftrebungen, Humboldt und das Judentum, 
Unfere drei Dichterheroen und das Pfaffentum, 
Aus meiner rheinischen Studienmappe, Naturges 
Ihichte der Berlinerin, Moderne Geifteäheroen, 
Mofes Mendelsjohn und feine Familie, Heitere 
Fahrten, Friedrich der Große und die frauen, 
Weber:Gedentbuh, Nagende Gipfel, Leuchtende 
Fackeln, Aus tem Reiche der Karpathen, Tragiſche 





—— Die deutſche Sappho, Am 


Dünenſtrand der Oſtſee. 


319 


Nachtrag. 


(E-E8.) 


Faſtenrath, Rudolf, wurde am 12, 
März 1856 in Kreuzweg bei Halver in 
Weſtfalen geboren. Den wirkjamjten 
Unterricht verdankt er dem Rektor Kudes 
in Halver. 1872 ging F. nad) ber 
Schweiz, wo er mit feinem 18. Lebens⸗ 
jahre die „Echweizeriihe Dichterhalle” 
gründete und redigierte. Neben diefer 
Beitichrift gab er (von 1877 an) die 
„Neue deutſche Dichterhalle” heraus, die 
1881 in den Befiß Heinze’s in Dresden- 
Striejen überging, der fie unter dem Titel 
„Deutſches Dichterheim‘ bis zur Stunde 
noch fortführt. Auch veröffentlichte er eine 
Anthologie ſchweizeriſcher Liederperlen Im 
Haine der Mufen. Auf dem Gebiete der fa- 
tyrifchen Plauderei ift $. mit befonderem 
Erfolge thätig geweſen. Als Lyriker ift 
er der Eänger der Freundſchaft. Mit 
feinen fchriftjtellerifchen Arbeiten befchäf: 
tigt, lebt F. fill und zurüdgezogen in 
Herisau. 


Feang, Emmy du (E. Dorn), wurde 
am 16. Februar 1837 als die Tochter 
eines in die Ditjeeprovinzen eingewans 
derten ſchwediſchen Ingenieurs geboren. 
Nah dem frühen Tode des Lepteren ge 
ftatteten die beichränften Vermögensver: 
hältniffe dem begabten Kinde nur den 
Befuc einer Freiichule, aber der Drang, 
fi weiter fortzubilden, ließ das junge 
Mädchen ipäter jede freie Stunde, die 
nicht dem Gelderwerb gewidmet war, zum 
Selbftubium benugen. Ein angeborener 
Forſchungsſinn trieb fie zu eingehenden 
Studien auf dem Gebiet ihrer Landes- 
geſchichte, wobei mehrere Gelehrte fich 
ihrer Beftrebung annahmen. Solchen 
entiprang auch ihr Erftlingswerf: Ein 


Außerdem verfaßt E. du F. Gedichte und 
Novellen für Zeitihriften. Sie lebt, 
vermält mit dem rujfiihen Hofrat du 
Feaur, in Riga. 

Flach, Hans, verfaßte noch: Afade: 
mifche Silhouetten (1887), Hellenismus der Zus 
funft (1888), Alice (Rom. 1888). 

Görlitz, Karl, geboren am 31. März 
1830 in Stettin, abjolvierte das dortige 
Gymnafium und widmete fi dem Kauf 
mannsftande. Neben diefer Berufsthä: 
tigkeit beichäftigte H. fi literariſch und 
wurde durd die ihm auf diefem Felde 
bald erblühenden Erfolge zum gänzlichen 
Verlafien des Handelsitandes bemogen. 
Er lebt nun feit vielen Jahren als freier 
Schriftſteller in Berlin. 

Bon feinen Werken, meijt mit Erfolg aufge: 
führte Luftfpiele, find zu mennen: Das erite 
Mittagefien, Nur franzöſiſch, Eine vollfommene 
Frau, Drei Paar Schuhe, Madame Flott, Ein 
weiblicher Gutsherr, Frauenrechte, Die Jugends 
freundin, Dienftbotenplagen, Die Romanheldin, 
Vergehlichkeit. 

Golling, Joſef, geboren 13. März 
1848 zu Linz a. D., bejuchte das Gym» 
nafium daſelbſt, ftudierte Philologie in 
Wien unter Vahlen, Em. Hoffmann, 
Hartel und Gomperz, wirkt jeit 1873 
als Gymnaftallehrer (gegenwärtig in Ol- 
müß). Seit 1878 Mitarbeiter an der 
Zeitihr. f. d. öfterr. Gymn. fällt ihm 
befonders die Beiprechung von auf Eyntar 
der antiten Sprachen bezüglichen Erichei- 
nungen zu; als Mitarbeiter am „Gym 
naſium“ (Baderborn) beſpricht er unter 
anderem die Bearbeitungen des Tacitus. 
Bon felbftändigen Arbeiten find erwäh— 


nenswert: Zur Lehre vom fog. inneren Obs 
jette, Zur Syntar der Komparation, Über einen 
angebl. Lokativ im Lateiniſchen, Das 2. Supinum 


Schwedenkind, welcher Roman —A Verbalfubſtantiv im Ablativ; Zu Tacitus' 


gut aufgenommen wurde. Demfelben 
folgten ähnliche Arbeiten, wie Die Äbtiſſin 
von Herford (1882) und Um eine Herzogsfrone 
(1885), die gleichfalls vielen Anktlangfanden. 





„Agricola“. 

Hartung, Albert Emil Guſtav, wurde 
am 9. April 1826 zu Treuenbriegen als 
jüngfter Eohn des dajelbjt 1842 verſtor— 


benen Kantors und Organijten geboren, 


320 


Henjenjtamm, Theodor Graf, ver: 


befuchte das Gymnafium zum Grauen |fahte noch: Maste und Lyra (Trip. u, Ged.). 


Klofter in Berlin und verließ daſſelbe 
im Jahre 1845, um auf der Univerfität 
daſelbſt Theologie und Philologie zu tus 
dieren. Nach abgelegtem Eramen wurde 
er am Friedrichs-Gymnaſium beſchäftigt 
und an eben dieſer Anftalt, nad) einjäh- 
rigem Aufenthalt in Schottland, im Jahre 
1859 als ordentlicher Lehrer angeitellt, 
aber bereits im folgenden Jahre nad) 
Wittjtod berufen zur Gründung einer 
höheren Lehranitalt. An dieſer wirft 
er noch als Oberlehrer. 

Abgeſehen von Altſprachlichem, wie durch feine 
„Stichverje zur lat. Syntar“ (1874) und von 
Hleineren Abhandlungen, wie durch die „über 
Burns’ poetiſche Epiiteln und den nordamerifa: 
nijchen Dichter William Cullen Bryant‘ hat’ er 
ſich in den weiteften, befonders turnerischen Kreifen 
befannt gemacht dur feinen „Turnerſpiegel“ 
(1883), ein Buch, in dem er fi) gleichzeitig als 
—— Feuilletoniſt, Lyriker und Komponiſt 
erwei 


Heinrichs, Emilie, ift am 1. März 
1823 in Schleswig geboren, dajelbit er: 
zogen und, da ſehr talentiert, auch künſt— 
leriſch jorgfältig ausgebildet worden. Früh 
ſchon zeigte fi in dem jungen Mädchen 
das Verjtändnis für Poeſie, ein bren- 
nender Batriotismus erfüllte fie und gab 
den Anlaß zu ihrem erjten dichterifchen 
Hervortreten bei der Erhebung ihres 
meerumjchlungenen Baterlandes. Später 
wandte fie fich dem hiſtoriſchen Roman 
zu. Sie verheiratete ſich im Jahre 1850 
und fiedelte nach Hannover über, bis fie 
diefen Wohnfig mit Altona (1872) und 
legteren wieder mit Braunſchweig (1878) 
vertaufchte. ° 

Hauptwerfe: Raleidojtop (1855), Norddeutſches 
Familienbuch (1856), Gold und Ehre (1858), 
Ein deuticher Held (Schaufp. 1859), Der Mas: 
tenball (1860), Hennig Brabant (1861), Ein Deuts 
ſcher Kaiſer (1863), Der Bruderzwiit (1863), | b 
Dunkle Tage (1864), Der Nommerzienrat (1865), 
Zeibrenten (1866), Bettler und Millionär (1867), 
Der Erbe von Grundhof (1868), Novellen (1869), 
Im Irrenhauſe (1873). 


Herigau, Willib. v., jiehe A. Löhn— 
Siegel. 


“Holder, Alfred Theophil, geboren 
4. April 1840 zu Wien als Sohn bes 
Porträtmalers Joh. Gottlieb H., befuchte 
in Raftatt 1847—49 die Volksſchule, 
1849—58 das dortige Lyzeum, ftudierte 
1858—60 Bhilologie in Heidelberg (bei 
A. Holgmann, L. Kayſer, B. Starf, 3. 
Chr. F. Bähr, 2. Häuffer), 1860—1861 
in Bonn (bei F. Ritihl, F. G. Welder, 
D. Jahn, F. Diez, N. Delius, Aug. Reiffer- 
ſcheid, O. Gildemeifter), kehrte nach Heidel- 
berg zurüd, wo er bis 1862 weiter ſtu— 
dierte. Nah 1862 bejtandener philolo: 
giicher Staatsprüfung reiſte er nach Paris, 
wo er 7 Donate lang auf der faiferlichen 
Bibliothek palaeographiihen Studien ob- 
lag. 1863—66 war er als Lehrer am 
Raftatter Lyzeum thätig; 1866 folgte 
er einem Rufe nach Holland an das Privat- 
Gymnaſium Schoonoord zu Ryswijk, dann 
machte er Reiſen nach verſchiedenen Bi⸗ 
bliotheken Belgiens, Nordfrankreichs und 
Englands. 1867 nach der Heimat zu— 
rückgekehrt, wurde ihm eine Vertretung 
an der höh. Bürgerſchule in Ladenburg 
übertragen. 1867 wurde er Volontär 
an der Großh. Hofbibliothek in Karls— 
ruhe; 1868 Bibliothek-Praktikant; 1869 
zum Doktor der Philoſophie promoviert; 
1870 definitiv als Hofbibliothekar an— 
geſtellt, und 1872 in den Gro rg 
Staatsdienſt an der Großh. Hof 
Zandesbibliothefübernommen. feinen 
—— Zaun ** *— 
altharius, lateiniſches Gedicht 
— Nah * nn — 
rung berichtigt, mit deutſcher Übertragung und 
Erläuterungen (mit Joſeph Viktor 1874), 
Q. Horati Flacei opera (mit D. Keller 1864 
bis 1878), Cornelii Taeiti de origine et ritu 
—— (1878), Herodoti historiae (1886 
is 1888), Avienus (1857). Außerdem gab 
9. viele Lateiner, altdeutſche und alteng- 
liſche Schriften u. ſ. w. heraus und iſt 
eineifriger Ditarbeiter der „Sermania’‘2c. 
Hopp, Ernit Otto, verfaßte nod: 
Bundesftaat und Bundeskrieg (1886); „In der 
— Stadt“ erſchien in 4 Aufl. 1887). 


Il. Teil. 


Kolatſchek. 


Kolatſchek, Adolf, geb. 7. Mai 1821 
in Bielig (öfterr. Schlef.), ftubierte, nach— 
dem er die Volfsihule in Biala, das 
evangeliihe Gymnafium zu Teihen und 


das Lyzeum in Preßburg befucht, an der 


Wiener Hochſchule Jurisprudenz (1840 
bis 1844), worauf er eine Reife durd) 
Sübdeutihland und die Schweiz unter: 
nahm, auf welcher er die damaligen Ko— 
ryphäen der Wiſſenſchaft und Kunft in 


Münden, Tübingen, Zürih und Heidel- 


berg fennen lernte. Nach feiner Rück— 
fehr und Verehelihung unterzog er ſich 
den Prüfungen für den philofophifchen 
Doktorgrad in Wien und übernahm die 
Lehrkanzel für Philoſophie und Geſchichte 
am Teſchner Gymnafium. 
Abgeordneten ins deutſche Parlament ge: 
wählt, ichloß er fih in Frankfurt der 
äußerften Linken an und ging mit dem 


die Schweiz. 

Bon Zürih aus redigierte er die „Deutiche 
Monatsichrift für Politik, 
Als in Prevfen und öfterreich die Monatsſchrift 
verboten wurde, ging K. 1851 nad Paris, von 


1848 zum | 


321 





iffenihaft und Kunft“. | 


wo er nach zweijährigem Aufenthalte nad) Amerita | 
auszumandern fich entichloß. In New:Norf wurde | 
fosmologiihe Betrachtungen (1884), Geſchichte 


er bald Mitarbeiter angefehener Blätter und Her: 


auögeber der „Deutichen Monatshefte”, als wels 


her er eine Rundreiſe durch die Ber. Staaten | 


machte. 1856 fehrte er als jtändiger Korreſpon— 
dent mehrerer Journale nad Paris und 1857 
nah Wien zurüd, Um den dur das Eingehen 
der Ronatsihrift abgerifienen Faden wieder auf: 
zunehmen, gründete er 1858 die „Stimmen ber 
Zeit”. 1861 war fein im Wiener Frauenverein 
gehaltener Vortrag „Die Stellung der Frauen 
in Amerifa” erichienen. Nachdem er 1874—76 


den „Öfter. Ofonomift” geleitet, gab er 1882| 


einen Vortrag über „Die Bedeutung der Stadt: 
bahnfrage für Wien” und 1886 die Schrift „Das 
Wiener Pädagogium in den Jahren 1868— 81", 
ein Schul: und Aulturbild, heraus, 


‚der Arthropodenkunde beizutragen. 
Zoogeographie bearbeitet er mit Fleiß. 


Kolbe, 


ſiſtorialrats Smend zu Münſter die Stelle 
eines Schulverwalters an der evangeli- 
hen Gemeindeſchule zu Oding in Weit: 
falen, beichäftigte ſich feit 1877 literarifch, 
publizierte zahlreihe Abhandlungen in 
verjchiedenen zoologifhen und allgemein: 
naturwiſſenſchaftlichen Zeitjchriften und 
wurde 1882 durch Profeflor Peters als 
Alfiftent am königl. zoologiihen Muſeum 
der Univerfität nad Berlin berufen. 

K. iſt beflifien, die Kenntnis des Einzelweſens 
ald Teil des Ganzen zu erftreben, den organi« 
[hen Zufammenhang in der Natur zu —— 
und zu dem modern⸗wiſſenſchaftlichen Aufſchwunge 
Auch die 
Seine 
hauptfächlichen einschlagenden Schriften find: Über 
die Libelluliden Weftfalens (1877), Das Flügel: 
geäder der Pſociden und feine ſyſtematiſche Be: 
deutung (1880), Monographie der deutichen Pſo— 
ciden (1880), Natürliches Syftem der carnivoren 
Eoleoptera (1880), Über den Zweck der Appen- 


5 dices les und d ti icarii 
Parlament na 9 Sluttgart, 1850 aber in ices anales und der entiprecdhenden vicariirenden 


Organe amdinterleibsende der Libelluliden (1881), 
Das phylogenetiche Alter der europäiſchen Pſo— 
cidengruppen (1882), Neue Plociden des königl. 
zoologiihen Mufeums zu Berlin (1883), Neue 
Coleoptera von Weitafrifa (1883), Beitrag zur 
Spitematif der 2epidoptera (1883), Üüber die 
madagasfariihen Dytisciden des königl. zoologi— 
ſchen Muſeums zu Berlin (1883), Entomologiſch— 


der Arthropodenkunde (1884), Die Entwidelungs: 
ftadien der Rhagium-Arten (1884), Zur Natur: 
geihichte der Termiten Japans (1885), Zum 


| Andenten an W. ©. N. Neferftein (1885), Zur 





ı Kenntnis der Plocidenfauna Madagasfars (1885), 


Beiträge zur Kenntnis der Coleopterenfauna 
Koreas, nebit Bemerkungen über die zoogeogra— 
phiſchen Verhältniſſe —* Faunengebietes und 
Unterſuchungen über einen Sinnesapparat im 
Gaumen von Misolampidius (1886), Über einige 
erotiiche Lepidopteren- und Coleopteren-Larven 


(1887), Beiträge zur Zoogeographie MWeitafrifas, 


geſammelten Coleoptera (18871. 


Kolbe, Hermann Julius, geboren zu 


Halle in Weftfalen am 2. Juni 1855, 


befuchte das Gymnafium zu Münſter, 


widmete fih dem Studium der Natur: 


wiſſenſchaften, wurde aber durch geſund⸗ 


heitliche u. Familienverhältniſſe gezwungen, 


dem regulären Studium zu entſagen, er⸗ 
hielt 1878 durch Vermittelung des Kon⸗ 


Hinrihfen, Das literariihe Deutſchland. 


nebit einem Bericht über die während der Loango— 
Erpedition von Dr. Falkenſtein in Chindoro 
Außerdem zahl: 
reihe Abhandlungen in Zeitichriften. Seit 1893 
ift 8. Referent für den von der zoologiſchen 
Station in Neapel herausgegebenen „Joologiſchen 
Jahresbericht”; 1884 und 1885 redigierte er die 
„Berliner entomologiihe Zeitichrift‘‘. 


Kolbe, Theobald Johannes Imma— 
nuel, geboren am 1. Juli 1838 zu Bots: 
dam, ift der Sohn des 1358 zu Berlin 
verjtorbenen PBrivatlehrers K. Nachdem 

21 


Kolbe, 


er feine Ehulbildung auf der fol. Real 
ſchule zu Berlin erhalten, betrat er die 
faufmännifche Karriere, welche er jedoch, 
nachdem er zwei Jahre lang als Gehilfe 
thätig geweſen, verließ, um fi dem Lehr: 
fache zu widmen. Auf dem Seminar zu 
Miünfterberg ausgebildet, übernahm er 


1862 eine Lehrerjtelle an dem Rauhen 
Haufe zu Horn bei Hamburg und fiedelte 
1866 nad) Berlin über, wo er feit 1870 


als jtäbtifcher Lehrer amtiert. Seit 1874 
wirft er auch zugleich als Eivillehrer im 


2. Garde-Regiment zu Fuß. Auch außer: 
halb feiner Lehrthätigkeit hat er, durch 


das Vertrauen feiner Mitbürger berufen, 
das Amt eines Kirchenältelten der St. 
Golgatha-Gemeinde, eines Synodal-De- 
putierten von Berlin und eines Schieds⸗ 
mannes inne, 

Zur Zeit der — des neuen Münz— 
ſyſtems ſchrieb er: Münz, Maß- und Gewichts— 
Ordnung des deutſchen Reiches (1874), ein Büch— 
lein, das, dem praktiſchen Bedürfnis jener Zeit 
entſprungen, mehrere Auflagen erlebte. 1886 er⸗ 
ſchienen von ihm: Unterrichtsbriefe der deutſchen 
Sprache und des Rechnens, welche, zunächſt für 
die Avancierten des Heeres, zugleich auch für 
weitere Kreile beitimmt find, 


Kolbe, Wilhelm. Am 7. Auguft 
1826 wurde ich zu Marburg in Heſſen 
geboren. Nach Abfolvierung der Gym: 
naftaljtudien in meiner Vaterſtadt ſtu— 
dierte ich auf dortiger Univerfität Theo: 
logie. Die kirchen-geſchichtliche Bedeu: 
tung Marburgs ſowohl im Mittelalter, 
als legter Wohn: und Begräbnif-Stätte 
der h. Elifabeth, Landgräfin von Thürin- 
gen und Helfen, und als Ausgangspunft 
der Eroberung und Chriftianifierung des 
heidniichen Preußenlandes durch den deut: 
ſchen Nitter-Orden, als auch im Zeitalter 
der Reformation, wo die erjte protejtan- 
tiſche Univerfität Deutſchlands daſelbſt ge: 
gründet und das bekannte Religionsge— 
ſpräch über das h. Abendmal zwiſchen 
Luther und Zwingli gehalten wurde, ga— 
ben mir mannigfache Anregungen zu die— 
ſen einſchlagenden geſchichtlichen Studien, 
die durch meine Anſtellung als Pfarrer 


322 


Kolde, 


an der dafigen lutheriſchen Stadtkirche 
der St. Eliabeihfirhe im Jahre 1856 
‚noch weſentlich gefördert wurde. Der 
— Anblick ſo vieler mittelalterlicher 
Kirchen⸗ und Profan⸗Bauten, wie fie Mars 
burgin feinem alten Landgrafen=Schloß, der 
St. Eliſabethkirche mit ihren Kunſtſchätzen 
und indem deutichen Hauſe 2c. bewahrt, tries 
ben mich zum Studium der Kunſtgeſchichte 
und Archäologie. Dazu fam die Bedeus 
tung, welche gerade Heflen als das Land 
der alten Chatten dadurd erlangt bat, 
daß deſſen Bewohner ihre alten Eike 
durh den Sturm der Völferwanderung 
hin bis zum heutigen Tage größtenteils 
‚innebehalten und jomit uralte Volksſilten 
‚und Gebräude, jowie Namen bewahrt 
‚haben, die anderwärts längit abhanden 
'gefommen. Diejer Umſtand gab mir Ans 
‚laß, ſowohl einzelne prähiftorifche Denk 
mäler zum Gegenjtand bejonderer Unter 
ſuchung zu maden, als aud, im täglichen 
‚Verkehr mit dem Wolfe in allen feinen 
Schichten, deilen uralten Gebräude und 
Sitten zu ftudieren und deren Zufamnıen: 
bang mit den mythologiſchen 20. Anjchaus 
ungen der germaniichen Vorzeit nachzu⸗ 
weilen. — 

Von den vorzüglich beurteilten ſelbſtändigen 
Merken 8.3 heben wir hervor: Das qute Net 
der evang.luth. Kirche Oberhefiens (1869), Die 
Einführung der Reformation in Marburg (1871), 
Die Kirche der heiligen Elifabeth in Marburg 
(2. Aufl. 1882), Marburg im Mittelalter (1878), 
Marburg und der jiebenjährige Krieg (1830), 
Heidnifhe Altertümer in Oberheſſen (1881), 
Heſſiſche Sitten und Gebräuche (1586), Heſſiſches 
Hiftorienbüclein (1886). 











Kolde, Auguft, geboren in Friedland 
D./S. 3. Auguft 1846 als ältefter Sohn 
des evang. Pfarrers Carl Ad. K., der 
durch feine zahlreichen theologiihen Schrif— 
ten, namentlich durch jeinen Katechismus, 
weit hin befannt und 1886 geftorben ift. 
K. bejuchte 1859 das Gymnafium zu 
St. Dar. Dlagdalena in Breslau, von 
1865 ab eben dort als Student der 
Philoſophie und Theologie die Univerfis 
tät. 1873 Pfarrer in Liſſa und jeit 


Koppel. 


1877 Redakteur der Trewendtſchen Ju⸗ 
gendbibliothef. 

Hauptwerfe (fehr günftig beurteilt): Frifch ge 
wagt iſt halb gewonnen (Erzählung für die Ju: 

nd 1877), Die Krankenkommunion, Hilfsbuch 
fir angehende. eiftlihe (1879), Bogatzkys —— 
denes Schatzbüchlein, neu bearbeitet (1882), Val: 
fionäpredigten (1887). 

Koppel, Ernit, geboren zu Hamburg | 
am 22. April 1850, ftudierte zu Heidel— 
berg, München und Leipzig Jurisprudenz 
und widmete fi) nach beendetem Stu: 
dium der literariihen Laufbahn: 

Ein Drama: Iphigenie in Delphi, als Stu- 
dent gefchrieben und zur Aufführung in Weimar 


angenommen. Bald nad Beendigung der Stu: 
dienzeit erfolgte ein längerer Aufenthalt in Ita: 


lien, namentlih in Nom. Dann erfhienen: Ge: | 
dichte, Savonarola (Trip.) und Merlin (Dram.), | 


Iegtered gelangte in Weimar zur Darftellung. 
Bon Kern dramatiihen Arbeiten wurden J 


323 





geführt: Man ſucht einen Verleger (Luſtſp.), Die 
Venetianerin (Luſtſp.), eine metriſche Übertragung | 
von Le trésor von Francois Coppee. Wäh: | 
rend eines wiederholten Aufenthalts in Rom, 
Mien und Münden entitanden die Trauerfpicle: 
Slaufus, Ahasver, Roland und andere drama: 
tiſche Arbeiten, denen fich die Bühne biöher ver: 
fchlofjen hat. Eine Reihe von Novellen, Auf: | 
fägen, Stritifen und Gedichten wurde in Zeit 
ſchriften und Zeitungen veröffentlicht. 


Kornfeld, Hermann, am 27. Ob 





tober 1840 in Poſen geboren, hat auf 
dem vorgejchriebenen Wege die ärztliche 
Praris beichritten. Seit 1864 beamteter 
Arzt, benugte er feine Mußeftunden, um 
Verjchiedenes, teilweije pfeudonym, zu ver: 
öffentlichen, meijt in Sournalen oder als 
Broſchüren (3. B. Hamlet, Ei der Geiftes- 
ftörungen, PBaralyie), 3. T. als felb- 
ftändige Werke: Blandford Scelenftörungen | 
mit Anmerkungen, Gerichtlihe Medizin (1886). | 
Letzteres Buch ift ins Ruſſiſche übertragen. 
Korfchelt, Guſtav, geboren am 27. 
Sanuar 1818 in Zittau, war bis 1. 
April 1883 Oberlehrer an der 1. Bür— 
gerichule dajelbit. 
tigfeit als Stadtverordneter wurde er we: 
nige Monate nad) feiner Benfionierung 
zum Stadtrat gewählt. Seit 1860 ift, 
er Mitglied der Oberlauf. Geſellſchaft der 
Wiſſenſchaften zu Görlig. 








Nach 13jähriger Thür |} 


Koſchwitz. 


Bon feinen in Drud erſchienenen Schriften 
find hervorzuheben: Geſchichte von Verthelsdorf 
(1852), Geichichte von Herrnhut (1853), Krieges 
ereigniffe von Grofhennersdorf und Umgegend 
(1857), Überfall bei Hochkirch (1858), Geſchichte 
des Seminars in Zittau (1861), Geſchichte von 
Olbersdorf (Preisihrift 1865), Geſchichte der 


‚ Oberlaufiger Webinduftrie (1867), Kriegsdrangs 


fale der Oberlaufig zur Zeit des Huffitenfrieges 
(1867), des 30jährigen Krieges (1868), Ges 
ſchichte von Oderwig (1871), Kriegädrangfale der 
Oberlaufit zur Zeit des Tjährigen Krieges (1878), 
des bayriſchen Erbfolgefrieges (1883), des frans 
zöſiſchen Krieges (1884), Sitten und Gebräuche 
in der Oberlaufit in früherer Zeit (1886), Das 
Bombardement von Zittau am 23, Juli 1757 
(1887), Das Strafrecht der Vorzeit in der Übers 
lauſitz (1887) und Sriegsereignifie von Görlitz 
und Umgegend zur Zeit des 3Ojährigen Krieges 
(1887). Außerdem zahlreiche gefchichtliche Auf— 
ſätze in Zeitſchriften und Tageblättern. 


Koſchwitz, Eduard, geboren den 7. 
Oktober 1851 zu Breslau, befuchte das 
Matthiasgymnafium und feit 1871 bie 
Univerfität feiner Vaterftadt. 1875 auf 
Grund feiner Differtation: Über bie 
Chanson du Voyage de Charlemagne 
à Jerusalem et à Constantinople pro: 
moviert, war er einige Zeit an der Bres⸗ 


‚lauer Univerfitäts-Bibliothef, und nad) 


1877 abgelegter Staatsprüfung als Leh—⸗ 
rer an einem Breslauer Gymnaſium und 


‚an der Stadtihule zu Görlig thätig. 


1877 habilitierte er fih für das Fach 
der romanischen Philologie an der Unis 
verfität Straßburg, die er 1880 mit der 
Akademie zu Münfter vertaufchte. Nach 
kurzem Aufenthalte in Kiel, wohin er zur 
Vertretung eines erkrankten Profeſſors 
entjendet worden war, erhielt er 1881 
einen Ruf als ordentlicher Profeflor an 


‚die Univerfität Greifswald. 


Seine wiſſenſchaftlichen Arbeiten bezogen fich 
teils auf das eigenartige altfrangöfifche Heldens 
gediht von Karls des Großen Bilgerfahrt, teils 
auf die ältejten franzöfiihen Sprachdentmäler, 
In letzter Zeit hat er auch pädagogiichen Fragen 
ein Intereffe zugewandt und u. a. durch Begrüns 
dung des deutfchen Einheitsſchulvereins (1886) die 
Frage der Einheitsfhule in Fluß gebracht. Bon 
einen verdienten Schriften find zunennen außer der 
ob. Diff.: Sechs Bearbeitungen des altfranzöfi 
chen Gedidhts von Karls des Großen Neife nad) 
Jerufalem und Konftantinopel (1879), Karls des 

21* 


Koferig. 


Großen Reife nad) Jerufalem und Ronftantinopel, 
ein altfranzöfiiches Heldengedicht, (1880, 2. Aufl. 


1883), Les plus anciens monuments de la 


langue francaise (1879, 4. Aufl. 1886), Rom: 
mentar zu den ältejten franzöſiſchen Sprachdenk⸗ 
mälern J. (1886). 1879 begründete er mit ©. 
Körting die „Zeitichrift für neufranzöfifhe Sprache 
und 2iteratur”, und 1881 die „Franzöſiſchen 
Studien”. 

Kojeriß, Carl von, geboren im Jahre 
1834 in Deflau, wurde 1850 Seemann, 
1851 trat er bei der Artillerie des brafil. 
Heeres ein und diente 2 Jahre. Nach 
Auflöjung der Fremden-Legion bereifte er 
das Innere der Provinz Rio Grande do 
Eul, ließ ih 1856 in Pelotas als Lehrer 
nieder und war bis 1862 dort Schul: 
direftor; 1862 ging er in gleicher Eigen- 


324 


Koſſinna. 


— in der Tagespreſſe. Seiner Organiſation 
ankt das Deutſchtum von Rio Grande den politi— 
ſchen Einfluß, den es gewann, und die Aufrechthals 
tungdeuticher Sprade und Sitte. 1886 war K. zum 
erften Male wieder in Deutichland, wo er fi 
an der Zeitung der füdamerifanifhen Ausftellung 
(Berlin) und den Kolonial:Kongreß in hervor: 
ragender Meife beteiligte. K. it Hauptmann in 
der Reſerve des brafil. Heeres, Archivrat des 
Kaiſerreiches, Ehrens und effektives Mitglied 
ablreiher wiffenichaftlicher Gefellichaften und be» 
Näftigt ſich ſpeziell mit Anthropologie und Eth- 
nologie Südamerifad. Mitarbeiter an vielen 
wiſſenſchaftlichen Fachblättern. In Bücherform 
erfhien von ihm in Deutfh und Portugieſiſch 
(von der Kritik vorzüglich aufgenommen) y yo 
'peraute o Seculo, Rom vor dem Tribunal des 
ı Jahrhunderts, Economia e Nacional, A terra 
‚eo homem, Subsidio ethnographicos, Bilder 
‚aus Brafilien und zahlreihe Pamphlets, Bro: 
Ihüren ıc. 





Ihaft nad) Rio Grande. An beiden Orten | 

war er gleichzeitig als Journalift in bra-, Koffiuna, Guftaf, geboren zu Tilfit 
filianifchen Blättern thätig. 1864 fiebelte am 28. September 1858, beſuchte da— 
er nad) Porto Alegre über und übernahm ſelbſt das Gymnafium, ftubierte 1876 bis 
die Redaktion der „Deutihen Zeitung“, | 1880 in Göttingen, Leipzig, Berlin und 
die er 17 Jahre lang führte. Zugleich Straßburg i. E. vorwiegend germaniſche 


machte er Eramen als Advokat und wurde 
als folder bejtallt. Die ganze Zeit über 
(von 1864 bis heute) hat er in nicht 
unterbrocdhener Reihenfolge, außer derdeut- 
ſchen Zeitung, brafilianijche Blätter rebi- 
giert: Ordem, Mercantil, Jornal de Commercio, 
Rio Grandenfe, Gazeta de Porto Alegre, Reforma 
und abermals, jet, Jornal de Commercio). 1865 
wurde er zum Chef der Kolonialverwal- 
tung der Provinz ernannt und ftand dem 
Poſten bis 1869 vor. Nach und nad) 
gab er dem Deutichtum der Provinz Rio 
Grande einheitliche politiſche Drganifa- 
tion und ijt ſeit 1370 Führer desjelben. 
1880— 81 war er Präſident der deutſch— 
brafilianiihen Ausftellung. Seit 1882 
ift er Abgeordneter der Provinz Rio 
Srande do Sul und vertritt das Deutjch- 


tum in der Preſſe wie im Parlament als | 


anerfannter Führer deijelben. 

1882 trat er in die Redaktion der „Deutfchen 
Zeitung” zurüd und gründete „Koſeritzs deutfche 
Zeitung‘, heute das gelefenite Blatt Brafiliens. 
Seit 1873 giebt er alljährlich „Koſeritz deutichen 
Volkskalender“ für Brafilien heraus; iſt einer der 
älteften und angefeheniten der dortigen Journaliiten 
und handhabt beide Sprachen, deutiche und portu: 


und klaſſiſche Philologie und widmete fih 
‚dann dem Staatsbibliothefsdienite, 1881 
‚bis 1886 als Aſſiſtent an den Univerfi: 
‚tätsbibliothefen zu Halle a. d. S. und zu 
Berlin, feit 1887 als Kuftos der Uni— 
verfitätsbibliothef zu Bonn. Zu Studien 
in deuticher Altertumskunde wurde er na= 
mentlich durh Karl Müllenhoff in Ber: 
lin angeregt, deſſen willenichaftlihe Be: 
‚deutung er in „Bezzenbergers Beiträgen 
zur Kunde der indogermanifhen Spra- 
chen“, Bd. XI (1884) darftellte. Außer 
mannigfachen germaniftiihen Auflägen in 
Fade und allgemeinen Zeitichriften ver: 
‚öffentlichte er: 

Über die älteften hochfränkiſchen Sprachdenk⸗ 
mäler (1881), Bibliotheca philologica, Jahrg. 
‚1883, mebrere Karten in Droyjens Allgemeinem 
hiſt. Handatlas, herausg. von R. Andree (1886); 


auch bearbeitete er K. Bädekers Berlin und Um— 
gebungen (5. Aufl. 1887). 








 Kofmann, Robby Auguft, geboren 
den 22. November 1849 in Danzig, be 
ſuchte das Gymnaſium dajelbjt und er: 
‚langte die Maturität auf dem Kolleg. 
 Fridericianum zu Königsberg i. Pr. jtu: 


325 


Kotelmann. Kowarz. 


dierte in Heidelberg, Jena, Leipzig (wo welche ich 1870 in Greifswald beſtand. 
er 1871 promovierte) und Würzburg. | Nach derſelben unternahm ich zu meiner 
Privatdozent in Heidelberg 1873, eben: | Erholung eine Reife nad) Dänemark und 
dajelbjt Profefior ertraord. 1877. Er Schweden. Zwei Jahre ſpäter vertaufchte 
unternahm zahlreiche Reifen in die Hüften: |ich die praftiihe mit der afabemifchen 
gebiete des Mittelmeeres, der deutichen Laufbahn in Leipzig, gab aber diejelbe, 
Meere, des roten und Eismeeres, deren durch Familienverhältnifje beftimmt, fehr 
Ergebnifje er in einer Anzahl von Echrif- | bald wieder auf, um in Marburg unter 
ten, jeparat oder in wilfenichaftlichen Zeit: | Lieberfühn, Nafje, Mannkopf, Roſer, 
ſchriften veröffentlihte. In den legten! Echmidt-Rimpler und Dohrn Medizin zu 
Sahren hatten feine Arbeiten hauptſäch- ftudieren. Echon nad) einem Jahre ab- 
lich die Naturgefchichte der Krebstiere zum | folvierte id) das Tentamen physicum, 





Gegenſtand. 


Kotelmann, Louis Wilhelm So: 
hannes. Ich bin geboren am 29. Auguft 
1839 zu Demmin in Pommern, wo mein 
Vater Konrektor am Gymnafium war. 
Diefer Anftalt habe ich auch bis zu mei: 
ner Konfirmation als Schüler angehört 
und bin dann als Zögling in das fol. 
Pädagogium zu Putbus eingetreten. 1858 
bezog ich die Univerfität Erlangen, um 
Theologie zu ftudieren. Zwei Jahre habe 
ih bier zu den Füßen der Profeſſoren 
v. Hofmann, Deligih und Thomafius ges 
jeffen und die Univerfitätsferien zu grö- 
Beren Reifen nad) der Schweiz, Italien 
und Ofterreich:Ungarn benugt. Darauf 
begab ich mich nach Berlin, wo ich be: 
fonders Tweſten, Nitzſch und Trendelen- 
burg hörte und 1861 meine theologiichen 
Studien abſchloß. Die nächſten Jahre 
wirkte id als Erzieher in Medlenburg, 
Dftpreußen und Pommern und murbe 
während diefer Zeit nicht nur als Doktor 
der Philofophie promoviert, fondern be— 
ftand auch meine beiden theolog. Eramina 
vor dem fol. Konfiftorium in Stettin. 
1866 zum Diafonus in Garz (Rügen) 
erwählt, verwaltete ich diefes Amt 17/e 
Jahre, bereifte inzwiſchen Frankreich und 
wurde 1868 als Paſtor und Schloß: 
prediger nad) Putbus berufen. Da id) 
zugleich in den oberen Klaſſen des dor: 
tigen Gymnaſiums zu unterrichten hatte, 
fo wurde die Ablegung der Prüfung pro 
facultate docendi von mir gefordert, 


wurde Aififtent an dem phnfiologiichen 
Inſtitute der Univerfität underlangte 1876 
nad) abgelegter Staatsprüfung die Appro- 
bation als Arzt. Da ich mich jeit An 
beginn meiner medizinischen Studien fpe- 
ziel ophthalmologifc ausgebildet hatte, fo 
befuchte ich, nachdem ich inzwiichen auch 
noch als Doktor der Medizin promoviert 
worden war, die bedeutenditen Augen— 
kliniken Deutfchlands und ließ mich dann 
als Augenarzt in Hamburg nieder, wo 
ich noch heute thätig bin. Zum Teil bier, 
zum Teil in Marburg habe ich die fol- 
genden Schriften verfaßt: 

Die Geburtöhilfe bei den alten Hebräern, aus 
den Altteftamentlihen Quellen dargeitellt (1876), 
Die Körperverhältnifie der Gelchrtenichüler des 
Sohanneums in Hamburg (1876), Die Vivifeftions: 
frage (1880), Iſt die heutige Jugend der höheren 
Lehranftalten mit Schularbeit überbürdet? (1881), 
Zur Gefundheitäpflege des Mittelalters (fultur« 
geihichtl. Studien nad Predigten des 13., 14. 
und 15. Jahrhunderts 1888). Außerdem find 
zahlreiche Auffäge in Zeitichriften erichienen. Bon 
1888 an gebe ich die von mir begründete Zeit: 
Schrift für Schulgefundheitspflege heraus. 


Kowarz, Ferdinand, geboren zu Plan 
in Böhmen 23. Februar 1838, trat nad 
Abfolvierung feiner afademiihen Studien 
1859 in den öfterreichiichen Staatsdienit. 
Durch den perfönlihen Verfehr mit Dr. 
'R. Schiner angeregt, widmete fih K. der 
Dipterologie, bereilte auf Veranlaſſung des 
hervorragenditen Dipterologen Prof. Dr. 
H. Loew im Intereſſe der Wiſſenſchaft 
Tirol, Ungarn, das Banat und die an— 
grenzenden Gebiete von Serbien und Rus 





Kraffert. 


mänien. K. entdedte zahlreiche neue Dip- 
terenarten und ijt auch publiziftifch thätig. 

Seine Monographien der Dipterengattungen 
Chrysotus 1874, Medeterus 1877, Argyra und 
Leucostola 1879, erichienen in den Verhandl. 
der zool. bot. Gefellihaft zu Wien. Die Dip: 
terengattung „Kowarzia Mik“ und mehrere neue 
Dipterenarten, welche 8.3 Namen tragen, wie: 
Tachytrechus Kowarzii Mik, Dioctria Ko- 
warzii Friv., Ortalis Kowarzii Loew, Thryp- 
tocera Kowarzii Now. Aricia Kowarzii Schn. 
find Ehrenzeihen feiner anerfannten Verdienite 
um die dipterologiihe Wiſſenſchaft. 

Kraffert, Adalbert Hermann, geboren 
ben 17. Oktober 1828 zu Braunsberg, 
beiuhte das dortige Gymnafium und 
bezog 1846 die Univerfität Königsberg, 
um Theologie zu ftudieren; ſeit Oftern 
1848 widmete er fich dem Studium der 
Philologie und Gejchichte. 1851 zum 
Dr. phil. promoviert, verlebte er Die 
Kandidatenjahre in Tilfit, Nagnit und 
Königsberg, von wo er Oſtern 1855 einer 
Besfanı als eriter ordentlicher Lehrer 
an die Realſchule zu Infterburg folgte. 
Hier aszendierte er 1858 zum Oberlehrer, 
ging aber 1860 an die Oberſchule zu 
Franffurt a. D. über, 1866 an das Gym: 
nafium zu Liegnitz, 1875 an das zu Aus 
ri, 1887 an das zu Verden (Hannover), 
wo er noch amtiert. Seit Juni 1887 
ift er K. Profeſſor. 

Hervorzuheben: Geſchichte des evangelifchen 
Gymnaſiums zu Liegnit (1869), Chronik von 
Liegnitz (1547—1815), (2 Bände 1871—72), 
Beiträge zur Geihichte von Liegnig (1873), Vom 
Baum ded Lebens (Religiöfe Poeſien 1871), 
Beiträge zur Kritik und Erklärung lateinifcher 
Autoren (1883). Außerdem Programme: Überden 
Zufammenhang von Schuld und Strafe (1856), 
— * * der a allen ——* 

onen in m e ologuch⸗ o en 
Beifehriften u. |. w. £ 

Krafft, Guido, geboren 15. Dezember 
1844 in Wien, Sohn des DOrientaliften 
und Kunſthiſtorikers Albrecht K.(T 1847), 
widmete fih am k. k. polytechniichen In⸗ 
jtitut und jpäterhin auch an der Univer: 
fität Wien naturwiſſenſchaftlichen Studien, 
nad) einer Vorpraris auf der Erzherzog 
Albrecht'ſchen Domäne Friedef in Schle 
fin, war 8. Hörer ber k. k. höheren 


326 


Krainz. 


landw. Lehranſtalt Ung.⸗Altenburg (1862 
bis 1863 und 1863/64), und 1864 bis 
1866 auf der fürjtl. Zobfowig’ichen Dos 
mäne Unter:Berfovic und der Fürjt Joh. 
‚Ad. Schwarzenberg’ihen Domäne Lobofig 
praktiſch thätig. 
Hier fchrieb er 1865 einen Leitfaden der Land⸗ 
'wirtichaft, 1866 wurde er Aſſiſtent für Lands 
| wirtichaft, und 1869 fupplierender Profeffor an 
der f. f. höheren landw. Lehranſtalt Ung.⸗Alten⸗ 
burg. 1868 übernahm K. vorübergehend die 
Verwaltung des Inſtitutsgutes, bei welcher Ge 
legenheit er das Material für ſeine Promotions: 
fchrift: Normale und anormale Metamorphofe 
der Maispflanze (1870) fammelte, Mit Beof. 
W. Hede fchrieb er über die Internationale Ge: 
treidemühemaſchinenkonkurrenz zu Ung.»Wltenburg 
1869 (1870). 1868, 1869 und 1870 fungierte 
er ald Dozent der Landwirtſchaftslehre an den 
Schullehrerkurſen in Wien. 1870 habilitierte er 
ſich als Dozent für Landwirtihaft am polytedh« 
nischen Inftitut in Wien. 1870 bot ſich ihm 
Gelegenheit, in die Verwaltung des Grun 
des Fürſtenhauſes Schwarzenberg in Böhmen 
Einficht zu nehmen. Als Frucht diefer Inſpeklion 
erichien von ihm: Ein Großgrundbefig der Gen 
wart (1872, polniih von Wladyslaw Zamadzki 
1880). 1875 redigierte K. das „Öfterveitiee 
Landw. Wochenblatt”, und feit 1876 „Fromes 
Öfterr.ungariichen Landwirtſchafts ⸗Kalender 1864 
wurde er a. Profeffor an der k. k. techniſ 
Hochſchule in Wien. K. betrachtete es als 
feiner Lebensaufgaben, ein zeitgemäßes Lehrbuch 
der Landwirtſchaft zu verfaflen; — 
nad mehrjährigen, unermüdlichen 
und Studien 1875—78 unter dem Titel: Lehr 
buch der Landwirtſchaft auf wiſſenſchaftlicher und 
raftifcher Grundlage (4. Aufl.). 1879 beteiligte 
ch K. an der Herausgabe von por Thaerd 
„Örundfäße ber rationellen Landw u 
‚ bie 


(Neue Ausgabe 1880). 1881 übern 
Herausgabe und Redaktion ded „ 
Landwirtſchafts⸗Lexikons (2. Aufl. 1887). 
Krainz, Johann (Hans vonder Sarın), 
geboren zu Eilli in Steiermark am 6, 
Sept. 1847, ftubierte am Gymnaſium 
zu Marburg und abjolvierte bajelbjt 1864 
die Lehrerbildungsanftalt. Als Haupt 
ſchullehrer befähigt, erhielt er 1865. 
erite Anftellung in Eilli, fam 1866 
Marburg und 1868 nah Stabl 
Murau. Hier erſchloſſen jih ihm bie 
Naturihönheiten des herrlichen | 
landes, die Reize der Alpenmwelt, und, Die 
eigenartigen Sitten und Gebräuche ber 










Krauer. 


Oberjteirer madten in 8. die Forſcher— 
luft rege, dem friichen Bulsichlage des 


827 


Krauie, 


—— Bergamenter in Bukareſt 
und ſchrieb bisher Feuilletons, Novelletten 


deutſchen Volkslebens in der grünen Mark und kleinere wiſſenſchaftliche Aufſätze in 


ſeine volle Aufmerkſamkeit zuzuwenden. 
Während ſeiner weiteren lehramtlichen 
Dienſtleiſtungen in St. Gallen, Marburg, 
Leoben, Kalwang, Oberwölz, Knittelfeld 
und (ſeit 1878) Eiſenerz vertiefte ſich K. 
immer mehr und mehr in die heimat— 
kundliche Forſchung und veröffentlichte 
die Reſultate teils in zahlreichen Feuille— 
tons und Auflägen in größeren Sour: 
nalen, teils in jelbitändigen Bublifationen, 
Auch war er auf alpinijtiihem und mus 
fealem Gebiete thätig. 

Es erſchien 1876 von ihm eine Abhandlung 
„Der Lehrer alö Förder der Heimatkunde,‘ welche 
an die fteir. Zehrerfchaft verteilt wurde. 1880 
erſchienen, al3 Produft mehr als 10jährigen Sam: 
mcelfleies die ‚Mythen und Sagen aus dem 
ſteiriſchen Hocdlande”. Werner gab K. heraus: 
Eiienerz und die Pfarrfirche St. Oswald dafelbit, 
eine kurzgefaßte Gchhichte des f. k. 47. Inf.Re— 
giments und die Monographie: Eiſenerz in der 
oberen Steiermarf. Er blieb bei allem diefen 
feinem Lehrberufe getreu und verfaßte auch meh: 
rere jehr günſtig beurteilte Jugendſchriften: Wan— 
derungen durd Steiermark, Sagen aus Steier: 
marf, Denfwürdige Männer aus Steiermarf, 
Erzherzog Johann, der Schußengel der Steier: 
marf, Der Schatzkaſten des Steierlandes und 
Die Schlacht bei St. Gotthardt. K. wurde fei: 
tens feines Kaifers und anderer Fürften in 
Anerkennung feiner vorzüglihen Leiftungen aus: 
gezeichnet; Kronprinz Rudolf von Oſterreich bes 
traute K. mit der Bearbeitung des Themas: 
„Bollöleben, Sitten und Sagen der Deutichen“ 
für den das Herzogtum Steiermark zu behan— 
deinden Band des Werkes: Die öfterr.sung. Mo— 
narchie in Wort und Bild. 


Kramer, Johannes, geboren ben 7. 
September 1851 zu Annaberg in Sadjien 
als der Sohn bes Bezirfsrats K., befuchte 
die Landesichule zu Meißen und dann das 
Gymnaſium zu Freiberg. Bei Ausbruch 
des deutich-franzöfifchen Krieges trat er 
als Freiwilliger in das Heer ein, wurde 
bei Ehampigny am 30. November ver: 
wundet, ſetzte nach Beendigung des Krie- 
ges feine Studien von 1871—75 fort 
auf der Univerfität Leipzig (Philologie). 
Seit 1876 ift er Teilhaber an dem 


Zeitſchriften. 

Seine Sujets find meiſt dem rumäniſchen 
Volksleben entnommen. Er iſt Mitverfaſſer eines 
in Bukareſt erſcheinenden deutſchen Lehrbuches für 
Rumänien und kultiviert insbeſondere die Über— 

ſetzung aus dem Rumäniſchen ind Deutſche. 


Arauſe, Emil, geboren 30. Juli 1840 

in Hamburg, ftudierte von 1857 —60 im 
Konjervatorium (Leipzig) die Tonkunft 
| und wirft in feiner Vaterſtadt als Lehrer 
‚des Klavierjpiels, der Theorie und jeit 
1865 als einflußreiher mufifalifcher 
"Schriftjteller für die Tagesprefje und in 
Fachzeitungen. Von feinen Kompofitionen 
‚find ungefähr 60 Originalwerfe, darunter 
Cantaten, Kammermuſik 2c., publiziert, 
‚unter feinen pädagogiihen Werfen zeich- 
‚nen fi) op. 38, op. 43 und op. 57 aus, 
Seit 1885 gehört K. dem Lehrer-Kolle— 
gium des Hamburger Konfervatoriums an. 
Bon feinen größeren literarifchen Arbeiten 
erſchien bisher nur eine polemiſche Schrift: 
Der muſikaliſche Dilettantismus (1869). 


Krause, Ernſt (Carus Sterne), wurde 
am 22. November 1839 in Zielenzig ges 
boren, widmete ſich der Pharmacie, ging 
jedoch nach dem 1863 abgelegten Staats- 
eramen zu fultur- und naturwiſſenſchaft⸗ 
‚lien Stubien über, entwidelte als jtäns 
diger Mitarbeiter vieler Zeitſchriften eine 

ausgebreitete Thätigfeit in der Popu— 
larifierung naturs und kulturgeſchichtlicher 
Probleme und wurde ein eifriger Vor: 
fämpfer des Darmwinismus. 1877 bes 
gründete er Die diefen Beſtrebungen ge> 
widmete Zeitichrift „Kosmos“, deren Re— 
daftion er jedoch 1882 wieder niederlegte, 
da fie feine Kraft zu ſehr abiorbierte 
und feine andermweiten Studien beichränfte. 
Von feinen verdienten Werfen heben wir 


hervor: 

Naturgefhichte der Geipenfter (1863), Werben 
und Vergehen (1876, 3. Aufl. 1886), Er. Darwins 
Leben mit einem Vorwort von Karl Darwin 
(1880), Die Krone der Schöpfung (1884), 
Charles Darwin und fein Verhältnis in Deutſch⸗ 





Krauſe. 


land (1885), Plaudereien aus dem Paradieſe 
— Die alte und die neue Weltanſchauung 
(1888 


— Georg, iſt geboren am 21. 
Juni 1849 in Cöthen, beſuchte das Gym— 
naſium ſeiner Vaterſtadt und widmete ſich 
danach zunächſt der pharmaceutiſchen Lauf: 
bahn. Er trat zu dieſem Zwecke 1864 
in eine Apotheke Cöthens als Lehrling 
ein, beſtand 1868 das Gehilfenexamen 
und konditionierte hierauf, bis 1871 in 
Eichenbarleben, Arnsberg, Überlingen am 
Bodenfee, St. Imier (Schweiz), Küftrin 
und Meferit. Von 1871— 72 abfolvierte 
K. das vorgeichriebene afademishe Stu: 
dium an der Univerfität Berlin, worauf 
er nad abgelegter Etaatsprüfung bis 
1873 als Volontär in der Zuderfabrif 
Wulfen thätig war, danad) von 1873 bis 
1874 als Apotheker in Dortmund, Chur 
und Solothurn Fonditionierte. Hierauf 
trat er als Chemiker in die Fabrik von 
Fr. Müller in Leopoldshall ein. 

Mit welchem AIntereffe und welchem Eifer er 
diefem neuen Berufe oblog, beweift am beiten 
der Umſtand, daß er ſich in dem kurzen Zeit 
raum von anderthalb Jahren genügende Vertraut⸗ 
heit mit dem großartigen Betriebe erwarb, um 
in ſeinem 1877 erſchienenen Werke: Die Indu 
ſtrie von Staßfurt und Leopoldshall und die 
dortigen Bergwerke, die erſte dieſen Induſtrie— 
zweig völlig erſchöpfend behandelnde Arbeit liefern 
zu können. 1875 ging K., nachdem er in— 
zwifhen auf Grund einer Differtation 

„Über das Vorkommen und die Verwen— 
dung des Stakfurtits“ promoviert hatte, 
als Affiftent an das unter Prof. W. Ham- 
pe's Leitung ftehende chemiſche Labora— 
torium der Bergakademie Clausthal. Leis 
ber war er franfheitshalber genötigt, dieſe 
Stellung wieder aufzugeben. 1877 grün: 
dete 8. die „Chemiker-Zeitung“, ein Fach— 
blatt von anerkannt hervorragender Be- 
deutung. K. war (1874) der Entdeder eines 
neuen StaffurterMinerals, welches er „Reicharbtit” 
benannte und im „Archiv für Pharm.“ näher 
beichrieb. Außerdem veröffentlichte er eine große 
Anzahl von Abhandlungen in Fachzeitichriften und 
die verdienten jelbftändigen Werke: Induſtrie 
von Stahfurt und Leopoldshall (1877). Eine 
in 8, Aufl. erfchienene Tabelle der chemiſchen 


328 


— — — — ——— — — — ———— — — —— — — 


Krauſe. 


Elemente in deuticher, ee und ee 
Sprache. Chemifersfalender für 

Auszug aus dem Zolltarife für 8 der 
chem. und verwandlen Induftrie von Amerika, 
dem deuiſchen Zollgebiete, England, Franfreic, 
Italien, Öfterr.-Ungarn, Rußland und der 

K. gab die erfte Anregung und beteiligte fi dann 
lebhaft im Juni 1878 an ber Gründung des 


Vereins — Chemiker. Er gab 
am 17. und 21. Januar 1883 6 . Sem ßtg, 


1883, 137) den erften Anſtoß —8 Errichtung 
des Wöhler⸗Denlkmals. K. ift Inhaber meh: 
rerer Medaillen und Mitglied einer großen 
Anzahl von gelehrten Gejellihaften des 
Ins und Auslandes. 


Krauſe, Karl. Geboren 24. September 
1835 in Sontra (Heflen), befuchte ich 
das Gymnafium zu Hersfeld, sing 1853 
zum Studium der Theologie und Philo- 
logie nad) Bonn, 1854 nad Marburg, 
wo ich die Eramina in beiden ni 
1857 u. 1858 ablegte. Nach Bejtehung 
des Probejahres am Gymnafium zu Mar: 
burg ging ic) als fog. beauftragter Lehrer 
an das Gymnafium zu Hanau, mo 
von 1859 —68 wirkte. 1868 befuchte 
die Centralturnanftalt in Berlin, lebrte 
dann bis 1871 am Gymnafium zu Rin- 
teln a. W., von wo ich Oftern 1871 an 
das Gymnaſium („Francisceum“) 
Zerbft berufen wurde. An legterem 
ich noch) gegenwärtig, feit 1881 als * 
feſſor, thätig. 

Meine Studien über den Humanismus 
ich 1863 mit einer kleinen — 


und Dichters Eurieius Cordus, durch; 
zu weitern Forſchungen auf dieſem 
Gebiete angeregt wurde. Dieſe pe 
dem Haupte des Erfurter Humanidmus Fury vor 
ge —* — —— Heſſus, 
argeſte m men zahlreichen. mit ihr 
in Berührung ftehenden Gel ehrtentreife, 1871 
erfchien und nit Beifall aufgenommen wurde 
— ge br den — utianu⸗ 
u nen, eine erſte Sam DR 
öffentlihung der handichriftl. Briefe des befannte 
Gothaer Humaniiten, — erſchienen 
meine „Melanthoniana“, eſten 
über die Begie won ———— 
und deſſen 
Krauß, Sriebrich Salomo, vurde at 
7. (14.) Oftober 1859 zu ®ı ı in Sla 
vonien von jüdifchdeutichen Eltern geboren. 










se‘ 


Krebs. — 
Die Elementar- und Gymnafialfchulen 
hat er. ebendafelbjt bejucht. Als Gym: 
nafiaft bejuchte er gewöhnlich die Jahr: 
märfte in Slavonien und Chormotien, 
hielt fich Sehr viel auf Dörfern unter 
Bauern auf und lernte fo das Volfsleben 
fennen. In Wien ftubierte er von 1877 
bis 1881 Haffiiche Philologie und Sprach— 
vergleichung (legtere unter Friedrid) Mül- 
ler). 1881 wurde er zum Doctor phi- 
losophiae promoviert. 1884—85 bereifte 
er im Auftrage des Kronprinzen Rudolf 
von Djterreih und zugleich im Auftrage 
der Wiener Anthropolog. Gejellichaft den 
Balkan und fehrte nad) 1Amonatlicher 
Reife mit überaus reichen ethnographiichen 
Materialien nah Wien zurüd. 
Hauptmwerfe: De praepositionum usu apud 
sex scriptores historiae Augustae (1882), 
Das Gemälde von Kebes (1882), Artemidoros aus 
Daldis, Symbolik der Träume (1882), Sagen 
und Märden der Südflaven (1883 u. 1884), 
Sitte und Brauch der Südjlaven (1885), Süd— 
flavifhe Herenfagen (1884), Südſlaviſche Pelt: 
fagen (1884), Das Mundſchaftsrecht de3 Mannes 
über die Ehefrau bei den Südflaven (1885), Das 
Bauopfer bei den Südflaven (1887), Kaijer Kon: 
ftantin auf der Sonnenburg (1886), Sreca, Glüd 
und Schidfal im Volksglauben der Südflaven 
(1886), Die Wahlbrüder (Hercegov. Huslaren- 
liev 1887), Die Königreiche Kroatien und Sla— 
vonien (1888). Slaviſche (ferbiiche) Publikationen: 


329 


Kreiten. 


Reihe von Yahren weniger als Darfteller, 
denn als Bureaubeamter thätig war, zu— 
gleich an feiner weiteren, wiflenichaftlichen 
Fortbildung arbeitend und ſich vieljeitig 
literarifch beichäftigend. 

Den erften öffentlihen Erfolg errang 8. 1870 
mit einem Prolog, welcher bei einer zum Bejten 
für die Hinterbliebenen deutſcher Krieger im 
Grandtheater zu Amfterdam veranftalteten Mas 
tinee geſprochen wurde. Noch größeren Beifall 
fand ein an mehreren Berliner Theatern zur Feier 
der Enthüllung des Schillerdenfmald 1871 ges 
Iprochener Prolog. Im Jahre 1877 veröffent« 
lichte K. ein Bändchen „Gedichte”, teils lyriſchen, 
teild bumoriftiih-Tatyriihen Inhalts, welche die 
günftigfte Aufnahme fanden. Das Trauerfpiel 
„Der Bürgermeiiter von Breslau” (1878) wurde 
von der Schillerftiftung zu Augsburg preisgefrönt 
und an mehreren großen Theatern (Köln, Bres⸗ 
lau) mit ungeteiltem Beifall aufgeführt. Auch 
die Kritik Iprach fi ungemein anerfennend über 
das Merk aus, ebenfo über das nationale Trauer: 
ipiel „Kaiſer Dtto III.“, „unten und Flammen“, 
Igrifche, und „Diftelblüten”, humoriſtiſch-ſatiriſche 
Gedichte (1880). Auch „Nirwana“, neue Dich 
tungen vermifchten Inhalts (1885) wurde äußerft 
beiföllig aufgenommen. 1886 vollendete K. fein, 
auf genaueften Studien berubendes, großes hifto- 
rifhes Drama „Wafhington‘‘, welches behufs 
Aufführung in Amerifa ins Englifche übertragen 
wurde. 


Begenwärtig lebt K. dramaturgiich und 
fritiich thätig in Deſſau. 


| Kreiten, Wilhelm, geboren zu Gangelt 


Pandrie Huso i Pavecie Luka (1885), Tri | (Rheinprovinz) 22. Juni 1847, trat als 


rijeci Hercegovea (1885), Smailagic Meho 
(1886). 


Krebs, Hugo, geboren den 17. Mai 
1847 zu Brieg bei Breslau als Sohn 
des beliebten Novelliften Julius K., verlor 
früh feine Eltern und wurde in dem fatho- 
fischen Waifenhaufe zu Breslau erzogen. 
Ein Gedicht, weldhes K. zum Namenstage 
des geiltlichen Vorſtehers diejes Maifen- 
hauſes anfertigte, machte denfelben auf 
das Talent des Knaben aufmerkfjam; er 
wurde zur weiteren Ausbildung auf das 
Kol. Matthiasgymnaſium gegeben, natür- 
lich unter der jtillichweigenden Voraus: 
ſetzung, daß er fich dereinſt dem geiftlichen 
Stande widmen werde. Eeiner Neigung 
folgend, ‚ging 8. jedoch, anftatt ins Alu: 
minat, zum Theater, wo er durch eine 


Sechszehnjähriger in das Noviziat des 
Jeſuitenordens zu Münſter in Weitfalen. 
Dort nahm er nad) zwei Jahren die un: 
terbrochenen klaſſiſchen Studien wieder 
auf und ging dann (1867) nad) Amiens, 
wo er fi hauptiächlih dem Studium 
der franzöfifchen Literatur widmete. 1869 
nad) Deutichland zurüdgefehrt, mußte er 
wegen zunehmender Kränflichkeit die phi— 
loſophiſchen Studien unterbreden und 
hörte dafür während 2 Semeſtern an der 
Akademie zu Münfter i. Weſtf. hiſtoriſche 
und äfthetifche Worlefungen, bei welcher 
Gelegenheit er fich beionders mit dem 
Profeſſor Chriftoph Bernard Schlüter 
befreundete und von ihm mannigfadhe 
Anregung zu literariichen Arbeiten em— 
pfing. Inzwiſchen wurde K. von feinen 





Kremer. 


330 


Kreßner. 


Oberen nad) Maria-Laach bei Andernach | Buchhandel und lieferte daneben viele Ar: 


berufen, um dort das Studium der Theo- 
logie zu beginnen. 1872 wurde indeß 
das Studienhaus am Laacher See infolge 
des Jeſuitengeſetzes aufgelöft und K. wegen 
feiner Schwachen Gejundheit nah Air (in 
der Provence) zur Fortiegung feiner theo: 
logiihen Studien geichidt. 

Hier veröffentlichte er auch feine erften kultur: 
biftoriichen und literarifchen Arbeiten über König 
Rene und die neuprovenzaliihe Dichterjchule. 
Nach einem weiteren Aufenthalt in Caſtres und 
Lyon wurde 8. 1876 in die Redaktion der Zeit: 
ſchrift „Stimmen aus Maria-Laach“ berufen, 
welche nach ihrer Vertreibung aus dem Klojter 
am Laacher See auf dem gräflihen Schloß, Ro: | 
biano ein Unterfommen gefunden hatte. Außer | 





den Artifeln für die Zeitſchrift beſorgte er bier | 
die Bervollitändigung und einheitliche Bearbeitung | 
des von feinem Mitbruder P. Diel begonnenen | 
Lebens Brentanos (1877). Ihm folgte 1878 
das Charakterbild Voltaires (2. vermehrte Aufl. | 
1885). Eine ſchwere Krankheit verhinderte ihn | 
dann für zwei Jahre an jeder Arbeit. Er wurde 
1879 in das Spital nad) Nahen und fpäter in 
dasjenige von Kirchrath (Holland) gebracht, wo | 
zwar das Übel nicht gehoben wurde, die Kräfte 
jedoh mieder zurüdkehrten. Hier gab er nun 
uerſt eine Sammlung der nachgelaſſenen Schriften 
Kines verftorbenen Freundes P. Diel heraus und 
ein Bändchen ausgewählter Gedichte unter dem 
Titel: Heimatweilen aus der Fremde, dem ein 


Bändchen freiübertragener Weihnachtslieder des | 


titel in die verſchiedenſten Zeitungen, 
meift mit Humor gewürzt, verjuchte ſich 
aud) in der Dichtkunft, und da fein erjtes 
Gedicht mit Beifall aufgenommen wurde, 
jo war ihm dies eine Anregung, ſich 


auch darin immer mehr auszubilden. 


Mandes Gedicht floß nun aus feiner 
Feder, 3. B. Zur Krönung Sr. Majeftät, Ein 
Begräbnis preußiicher Pioniere, Zum Maifeite, 
Turnergruß, Colonia, Wllerjeelentag u. v. and. 
Dann verſuchte er fi aud an größeren erzäb- 
lenden Gedichten: Ahasver, Ein Schwanengefang 
(1883, 2. Aufl.), Noch iſt Lelau nicht verloren 
(4, Aufl. 1884), Deutihlands Einigung (1883, 
ufl.). 


” 


. Aufl. 
' Kreßner, Wolf, geboren den 18. 


November 1853 zu Frankfurt a. Ober, 
ftudierte in Berlin, Laufanne, Paris die 
alttlaffifshen und modernen Spraden, 
Lehrer in Berlin (1877), Frankfurt a. 
Oder (1877—81), Kaſſel (jeit 1881), 
forreip. Dlitglied der Berliner Geſellſ 
für das Studium der modernen Sprachen, 
Nedakteur der „Franco-Gallia“ und ber 
Spaniſchen Bibliothek. 
Hauptihriften: Eigentümlichkeiten des altfran« 
zöſiſchen epifchen Stils (1878), Willen] 
Ausgaben und Lehrbücher: Ruſtebuefs Gedichte, 
nad den Handjchriften der Barifer 


neuprovenzaliichen Dichterd Lambert folgte. Im bliothek herauägegeben (1885), Cervantes No- 


Auftrage des Stammherrn von Drojte-Hülsho 
begann er 1883 eine neue, um den nicht unbes 
beutenden Nachlaß des Hülshoffer Archivs vers 
mehrte, mit Einleitungen und Anmerkungen ver: 
fehene Ausgabe der Schriften Annettend von 
DrojtesHülshoff, welcher als Abſchluß 1885 das 
erfte ausführliche, aus authentiihen Quellen ge 
IhöpfteLebensbild der weſtfäliſchen Dichterin folgte, 
Inzwilhen waren auch die feit vier Jahren be: 
gonnenen Moliere-Studienzum Abſchluß gediehen, 
und erſchien als deren Ergebnif 1837 das Bud: 
„Moliere und feine Werke". Auch für einzelne 
Zeitſchriften lieferte er kritiſche Beiträge. Die 
Mehrzahl der genannten Schriften ift jehr gut 
beurteilt worden. 

Kremer, Heinrich, geb. 29. Februar 
1836 zu Widrath, befudhte bis zum 13. 
Lebensjahre die dortige Elementarjchule, 
erwarb fid) aber fpäter durch Selbſtſtudium 
die Kenntnis der franzöfiihen Sprade, 
wodurd) er auch in der deutichen Sprache 
ftilgewandt wurde, Er widmete ſich dem 


ff velas ejemplares I., mit erflärenden Anmer- 


fungen (1835), Calderon, La vida es sueno, 
mit erflärenden Anmerkungen (1886), Caballero 
Con mal 6 con bien & los tuyos te ten, mit 
erflärenden Anmerkungen (1886), Cervantes, Don 
Quijote I., mit erflärenden Anmerkungen (1887), 
Harkenbufh, Los amantes de Teruel, mit er: 
flärenden Anmerktungen (1887), Galderon, El 
Alcalde de Zalamea, mit erflärenden 







gen 

(1884); außerdem lit.-hift. 
ten, hauptfächlich in Herrigs Archiv. Sch 
gaben: Seribe, Le Verred’Eau (1878), Macau 
a 

te n Racı 
Lord —— —— Warren Haſtin 
(1885), Guizot, Histoire de la Civilisatior 
en Europe (1886), Piron, Mötromanie (1887) 
Racine, Phödre (1888); Zeitichriften: Gallia, 


Kretzer. 


tiſche Monatsſchrift für franzöſiſche Sprache und 
Literatur (1882/83), Franco-⸗Gallia, kritiſches Dr: 

an für franzöſiſche Sprache und Literatur. (Fort: 
Frans der Gallia, 1834). 


Kretzer, Mar, wurde am 7. Juni 
1854 in Pofen geboren. Leider konnten 


331 








ſtrones. 


demie zu Koſchau in Ungarn, wurde 1857 
zum außerordentlichen Profeſſor dieſes 
Faches beſtellt und wirkte in dieſer Ei— 
genſchaft bis zu dem Jahre des völligen 
Umſchwunges in den Verhältniſſen Trans— 


leithaniens, 1861, — nicht ohne Erfolg 


feine Eltern den ſehnlichſten Wunſch des bemüht Land, Leute, Spradhe und Lite: 


hochbegabten Knaben, zu ftudieren, nicht 


erfüllen, ſondern wieſen ihn früh ichon | 


auf einen Broderwerb an. Er trat des: 
halb im 13. Jahre in eine Fabrik ein. 
Eine längere Krankheit feilelte ihn an 
das Zimmer und gab ihm die Feder in 
die Hand. Die Leichtigkeit, mit welcher 
er fein Fühlen und Empfinden auf das 
Bapier zu bannen vermochte, erweckte 
in ihm das glühende Verlangen, Schrift: 
fteller zu werden, wenn er ſich auch fei- 
neswegs verhehlte, daß die großen Lücken 
feines Wifjens überbrüct werden müßten, | 
ehe er an ein Erreichen jeiner hochge— 
ftedten Biele nur denfen durfte. Er 
würde Autodidaft im volliten Wortiinne, 
und bald jah er feinen Traum verwirklicht. 

Bon Br der Naturaliftif Huldigenden und 


dieſem Gebiet bedeutenden Schöpfungen 
wir hervor: Die beiden Genoſſen (Rom.), 





erbare Schwärmer (Rom.), Die Betrogenen 


om.), Schwarzfittel (Erz.), Die Verfommenen 
om.), Berliner Novellen und Sittenbilder, Ge: 


ammelte Berliner Skizzen, Drei Weiber (Rom.), 
Im Sündenbabel (Rov.), Im Riefenneft (Rom.). 


Krones, Franz, Ritter von March— 
land, geboren 19. November 1835 zu 
Ungariſch⸗Oſtrau in Mähren, 1836 bis 
1844 in Neureifch erzogen; 1844—52 
Schüler Gymnafiums der Landes: 
hauptftadt Brünn, 1852—56 Hörer der 
philofophiihen Fakultät an der Wiener 
e, an welcher er vorzugsmeife 

ographiiche und germaniſtiſche 
‚ Mitglied des hiſtoriſchen 
| und des 1855 neugegrünbeten 
8 für öfterreihiiche Geſchichtsfor⸗ 
‚wurde und den philoſophiſchen Dok⸗ 
torgrad erwarb. Früh genötigt, ſich auf 















Füße zu ftellen, übernahm er (1856 
die Supplentur ber öjter- 
an der Rechtsaka⸗ 


ratur Ungarns fennen zu lernen. 1859 
beitellte er feinen häuslichen Herd, indem 
er eine Yandsmännin, Anna Pernitza, zur 
Frau nahm, und vertaufchhte 1861 feine 
bisherige Berufsitellung mit der vorläus 
figen Stellung eines Profefiors am I. 
Staatsgumnaftum in Graz. Er habili- 
tierte ſich 1862 als Dozent für öjterreis 
chiſche Geihichte und wurde 1865 zum 
ordentl. öff. Profeſſor diejes Faches an 
der Hohichule ernannt, nahm an der Or: 
ganifierung des hiltoriihen Seminars 
1866/67 mejentlihen Anteil, ebenjo an 
den Arbeiten des hiſtoriſchen Vereins für 


Steiermark, bekleidete 1869 und 1873 


das Defanat der philofophiihen Fakultät, 
1877 das Rektorat, und wurde 1874 forr. 
Mitglied der faif. Akademie der Wiſſenſch. 
in Wien. 1873 zum proviforiichen Leiter 
des neugegründeten Mädchenlyceums auss 
erjehen, widmete er fih 1873—74 die: 
jem Nebenberufe und ijt jeit einem De: 
zennium aud als Fachmann im Landes— 
Ihulrate für Steiermark thätig. 1880 
erhielt er den Orden der eil. Krone ILL, 
mit ihr die Erhebung in den Abeljtand 
mit dem Prädifate v. Mardland. 


Hauptwerfe: Umriffe des Geſchichtslebens der 
deutfchsöfterreihiihen Ländergruppe (1868), 

fterr. Gefchichte (fürs Volk, 6 Bde), Die öfterr., 
böhm. und a eng Länder im legten Jahr: 
hundert vor ihrer Vereinigung 1437—1526 
(1864), Ungarn unter Maria Therefia und, Jo— 
jepb II. (1871), Handbuch der Geſchichte Dfter- 
reihs (5 Bde, 1876—1879, der 4. Bd. ermeis 
tert „herausgegeben u. d. T. Geihichte der Neu- 
zeit Öfterreih8 vom achtzehnten Jahrhundert bis 
auf die Gegenwart 1879), Grundriß der ölterr. 
Geſchichte mit befonderer Rüdfiht auf Quellen⸗ 
und Literaturfunde (1881), Die freien von 
Saneck und ihre Chronik als Grafen von Eilli 
(1883), Geſchichte der Karl-Franzens:Univerjität 
in Graz (1886), Zur Geſchichte Oſterreichs im 
Zeitalter der franzöfifchen Kriege und der Rejtaus 


Kronoff. 


ration, 1792—1816 (1886). Von nichtakademi⸗ 
ſchen, populären Schriften: Die Stellung der 
Deutfhmährer in Vergangenheit und Gegenwart 
(1872), Eine Wanderung durch die alte Steier: 
marf, h. v. fteierm. Volktsbildungs-Ver. (1873), 
ar Öfterreichd für die reifere Jugend 


Kronvff, Frida v., ſ. Fr. Hummel. 


Krüdener, Carl Edgar Emanuel Adel: 
bert Baron v., wurde als der Sproß 
eines altadeligen, jeit 600 Jahren in Liv: 
(and begüterten Geſchlechts am 8. Juni 
1857 geboren und empfing den erften Un: 
terricht im elterlichen Haufe in feiner Hei⸗ 
mat und fpäter in einem Privatinftitut 
zu Dresden, wo die Familie einen län- 
geren Aufenthalt nahm. 1877 bezog er 
die Forjtafademie zu Tharandt nad) vor: 
angegangener Volontär-Praris auf dem 
Nevier Poftelmig bei Schandau. Hier 
lernte er den bedeutenden Unterjchied fennen 
zwiſchen den rationell eingerichteten For: 
ſten Deutichlands und den damals noch 
teils verwahrloften Urforſten Livlands. Mit 
diefer Erkenntnis begann auch fein liter 
rariſches Schaffen, und zwar veröffent⸗ 
lichte er eine große Zahl von Artikeln über 
dieſes Thema und trug ſo mit zur He— 
bung jener Übelſtände in feinem Heimat: 
(ande bei. Gleichzeitig wandte v. K. fi in | P 
gleicher Weiſe der zoologiſchen Wiſſenſchaft 
und ihrer Literatur zu. K. lebt auf fei- 
nem väterlichen Rittergut Mohlfahrtslinde 
(Livland) feinen öfonomifchen u. forftlichen, | * 
wie feinen literariichen Beichäftigungen. 

Krüer, Heinrich Wilhelm (Millibald 
Skett), geboren 7. Dezember 1825 in 
Udte als Sohn bes Advofaten und No- 
tars Hermann K. und Frau Sophie, geb. 
Scholle, erhielt feinen Unterricht in Uchte 
auf der lateiniihen Schule des Paſtors 
Mehlis und des cand, theol. Thiermann, 
dem jpäteren Profefjor in Göttingen, jo 
wie in Bremen beim Profeſſor Kotzenberg. 
K. befleidet feit 1869 die Stelle des 
— der Handelskammer in Min⸗ 
en 


Von feinen, durch die Kritit außerordentlich fache, dozierte am früheren 


günſtig beurteilten ſelbſtändigen Werken heben 


332 


Krüger. 


wir hervor: Jedem das Seine (Rom.), Bunte 


Blätter (Ged.), Die Wahrheit bift Du! (Säle. ); 
Porta⸗Weſtphalika und Deynhaufen (Hiftor.), Alles 
Ihon dageweſen, Das Verderblihe der Soyialder 
mofratie (Skizz.). 


Krüger, Carl A., wurde am 14. März 
1839 zu Schöneberg a. d. Weichſel ges 
boren, bereitete fi im Seminar zu Das 
rienburg für den Lehrerberuf vor, war 
darauf in dem Dorfe Kohling bei Danzig 
eine Reihe von Jahren als Lehrer thätig 
und beſchäftigte ſich nebenher mit päba- 
gogiſcher Schriftſtellerei. Nachdem er durch 
eifriges Studium an ſeiner Fortbildung 
gearbeitet, wurde er Hauptlehrer der Ges 
meinbeichule zu Zoppot und legte darauf 
die Rektoratsprüfung ab. Später erhielt 
er einen Ruf nad Königsberg i. Br., 
hörte bier, um fein Wiſſen zu bereichern, 
‚eine Zeitlang Vorlefungen an der Unis 
verfität und ift gegenwärtig Rektor ber 
Sadheimer Bürgerichule für Mädchen. 


Bon feinen weit verbreiteten und vo 
beurteilten Schriften heben wir hervor: 
der hrifil. Kirche (1873, 4. Aufl. 1884), 
| ftrauf (1875, 4. Aufl. 1887), eh Dr 
(1876), Geſchichtsbilder für Bolksf — 
Bilder Abe re, 


14. Aufl. 1887), Gengrapätice 
und Sage (1878, 2. Aufl. ce Bi 
phie — 8. Aufl. 1887), Schu 
(1880, 3. Aufl. 1887), Naturlehre (1 


2. Aufl. 1886), Bilder aus der 
Aufl. en. — in ee und 





aus der Heimat und er In), Sen 2. Au; 
1884), Deutihe Schulgrammatif (1888, 2, Au‘ 
1884), Deutiche Literaturfunde * 2. Aufl, 
1886), Charafterbilder aus der Naturgeſchich 
(1885), Vaterländiſche Gefchichte (1886), Grun 
züge der Geographie und Geſchichte 

Grundzüge der Naturgeſchichte und Raturlehte 
(1887), Grundzüge der Nealien (1887). "6100 


Krüger, Richard, geboren am 15. 
Februar 1856 zu Berlin, ſtudierte 1874 bie 
1878 die Bauingenieur-Wiffenjchaften auf 
der kgl. techn. Hochſchule zu Hannover, 
war nad) Beendigung feiner Stubien. 
feiner Heimat bis Anfang 1880 prattiſch 
tätig, widmete ſich hierauf dem Lehr: 













Technikum zu Rinteln (1880-1 38: 


Krufe. — 333 — Kübel. 


dann an den technifhen Fahihulen zul Kübel, Robert, geboren 12. Februar 
Burtehude (1881—1836) und iſt ſeit 1838 zu Kirchheim u. T. (Würtemberg), 
diefer Zeit Lehrer an der Bauſchule in | befuchte die Lateinjchule feiner Vaterftadt, 
Edernförde. dann 1852 —56 das evangel. theolog. 
— — — —— a. Seminar zu Schönthal, wo befonders der 
— Städten (1881), Die Lehre befannte, zur Rechten ber Schleiermacher⸗ 
von den Brennmaterialien (1883), Die Filter ſchen Schule gehörige Dr. theol. Elwert 
für Haus und Gewerbe (1886). Einfluß auf ihn hatte. Studierte Philo- 

Kruſe, Heinrich, geboren in Strals fophie und Theologie zu Tübingen 1856 
fund 15. Dezember 1815, Sohn des Al- | bis 1860; von feinen Lehrern find be: 
termanns des Gemwandhaufes Andreas ſonders Bed, Baur, Dehler zu nennen. 
Krufe, der lange als Landtagsabgeord: | War ein Jahr Pfarrvifar, dann (1861 
neter Stralfund und Rügen vertrat. Er bis 1865) Nepetent in Blaubeuren, wo 
ftudierte 1833— 37 in Bonn und Berlin er befonders den hebräifchen und alttejta- 
Philologie und Archäologie und lebte dann | mentlichen Unterricht hatte; machte 1865 
längere Zeit im Auslande, namentlich in | eine Studienreife nad) Paris, war dann 
England, wo er die beiden ältejten Söhne | bis 1867 Nepetent in Tübingen, wo er 
des befannten PhilanthropenEarl of Shaf: | feine akademiſche Thätigkeit mit einer Vor: 
tesbury erzog. 1844—47 war er Gym: leſung über das Deuteronomium, ebenfo 
nafiallehrer in Minden. Er widmete fi) | feine fchriftitelleriihe Laufbahn mit Auf: 
dann der Preſſe. fägen in verſchiedenen Zeitichriften er- 

Während der Nationalverfammlung 154849 | öffnete. Erwarb 1866 den Grad eines 


in Frankfurt redigierte er ald Nachfolger von | G ; ee : 
—— dort —— ——— tage Licentiat der Theologie; ee in Plan 
Nah einem Aufenthalt in der Schweiz trat er geſetzte Überſiedlung an die Univerſität 
in die Redaktion der „Kölniſchen Zeitung“ | Heidelberg zerſchlug ſich. 1867 — 70 
ein, bie er jeit 1855 als Chef:Redakteur leitete. | Diafonus in Balingen. 
ALS nad) den jiegreihen Kriegen von 1866 und | gier ſchrieb er feine „Bibeltunde“ (4. Aufl. 
1870/71 Berlin als Reichshauptſtadt ——— 1886) und wirkle durch diefe, ſowie als — — 
ne —— gung ie als — & Berlin, ‚einer von der Regierung berufenen Kommiſſion 
richterſtatter ber Tg nn * ode Büde, Zur Regelung des Religionsunterrichts weſentlich 
zn ma 0 IE I is hen AU Bye, Bike en, Shui Km 
fiher Stile und im Krefe jener Familie (feit| m buutfdrenang, Ländern angenommen wurde) 
—— — pe —— 1870 wurde er von der k. preuß. Regierung nad) 
gg — ———— Herborn in Naſſau als Prof. theol. und Direltor 
2. rc. bier und da * ben Blättern ver, | DS — — — 5* 
öffentlicht. 1868 erſchien anonym fein Tue | en a tee Schrift‘ he a Dres 
fpiel: Die Gräfin, das ein Jahr darauf neben digten, Torträge “a 1974 ging ex in fein 
Geibeld Sophonisbe mit einem Schiller: Preife | 3 Vaterland zurüd ald Stadt f bald 
efrönt wurde. Seitdem find von ihm eine Reihe a ee rer re as 
der biftorifcher Dramen erfhienen: Wul: | nachher aud) Begistätäutiufpektor zu ar are 
= König Eric, Worik von & fen wurde 1879 nah Tübingen als ord. Brof. der 
Brutus, Marino Sallere, Rofamande, Dad Rd: | Zrroroste für fuitematiide Zyeologie am Becis 
’ u En Rap —— Stelle berufen, in demfelben Jahr Dr. theol. 
rn Witlen von — a ‚ Diefe Dramen h. e. von Leipzig, it Mitarbeiter bei we 
haben viele neue Au lagen erlebt find aber nur Realencyklopäbie (2. Aufl), Gen > —— 
vverdoagem ſo⸗ 
Stüde waren ein ſtiller Proteſt gegen den auf wie mehreren Zeitſchriften. 
den beutfchen Bühnen wieder zur Derrfhaft ge | Kübler, Johann Jakob, geboren in 
Iangten jlechten franzöfiichen Gejhmad. Seine | Winterthur 6. Januar 1827, befuchte die 


humoriftiichen Scegeicichten find aud gelammelt Schuien feiner Vaterſtadt bis nach zurüd- 
—J Sein neueſtes Werk find Faſtnachts— gelegtem 15. Altersja br, hierauf ‚bat 





Kühne. 


Gpymnafium in Zürich und ftudierte dann 
an dortiger Univerfität Philofophie und 
Theologie. 1848 beftand er das Stants- 
eramen und empfing die Ordination zum 
Mitgliede der zürcherifchen Geiftlichkeit, 
fegte aber feine Studien fort an der Unis 
verfität Tübingen und zulegt in Paris. 
Während jeines Aufenthaltes in Tübingen 
erhielt er von der Univerfität Königsberg 
auf Grund einer Differtation über Her- 
barts Metaphyſik das Diplom als Doktor 
der Philojophie. In die Heimat zurüd- 
gekehrt, ward er 1850 Pfarrverweſer in 
Neftenbach, welche Gemeinde ihn ein Jahr 
darauf definitiv zum Pfarrer wählte. 
Dis jetzt hat er dort —— feine Muße⸗ 
ftunden aber ausgefüllt ſowohl mit dichteriſchem 
Schaffen, als auch mit naturwiſſenſchaftlichen Ar: 
beiten. 1850 gab er einen Band Gedichte her: 
aus, 1857 das „Heldenbuch der Schweiz” (eine 
Samml. ep. Ged.), 1863 Neue Gedichte, 1880 
Erzählungen aus der helvetiihen Revolution, 1882 
drei Novellen Sternfraut, Boftillenreiter, Baracken⸗ 
oberjt, 1886 endlih „Aus aller Welt” (Samml. 
von 17 Eleinen Nov.). Bon 1859 an befchäftigte er 
fih mit mifroffopiiher Botanik, Zoologie und | 
Geologie. Das Nefultat diefer Arbeiten, gemein: 
Ichaftlih ausgeführt mit Heinrih Zwingli, ift 
veröffentlicht in dem Werke: Die Foraminiferen 
ded jchweizerifhen Jura (1879), welches der 
große Mifrogeolog Ehrenberg in Berlin eines 
befonderen Vortrages gewürdigt bat. Als praf: 
tiihe Verwertung feiner naturwiſſenſchaftlichen 





Forfhungen find endlih noch folgende Drud: 
Ichriften 8.3 zu nennen: Die Gärung und die 
Krankheiten des Weins (1871) und Mittel gegen 
die Kranfheiten, Schäden und Feinde der Rebe 
und des Weins (1881). 

Kühne, Elsbeth, wurde am 2. Ja- 
nuar 1852 als jüngfte Tochter eines 
berzogl. braunfchweig. Staatsbeamten ges 
boren, bejtand mit 17 Jahren ihr Lehre: 
rinneneramen und ift jetzt Vorjteherin 
eines Töchter-Inftituts zu Blankenburg 
a. Harz. 

Die Ichriftftellerifche Laufbahn betrat fie mit 
einer hiſtor. Erzählung „Williram“, melde Lob 
in zahlreichen Kritifen erntete. Darauf folgten 
die „„Proverbes dramatiques‘ und „Ebert von 
Braunſchweig“ (Trip.). 

Kühne, Julie (Fr. Mafche), geboren 
am 9. Mai 1837 in Stettin als die, 
Tochter eines ſehr angejehenen reichen | 


334 


Kürſchner. 


Kaufherrn und Gutsbeſitzers. Der plötz⸗ 
liche Tod des Vaters ließ die Familie 
in zwar begüterten, aber ſehr verwickelten 
Verhältniſſen zurück, denen die Mutter 
nicht gewachſen war. Es fehlte die len— 
kende Vaterhand, und die Lage der Fa— 
milie war troß ihrer MWohlhabenheit eine 
unerquidliche, ja oft hilflofe, jo daß ſchon 
auf den erften Lebensweg Yulies dunkle 
Schatten geworfen wurden. Fremde ſchal⸗ 
teten und walteten in Haus und Hof und 
machten ſich diefe Ratlofigfeit zu * 
Als Julie herangereift war, ergriff 
nach ihren Kräften die Zügel, doch nicht 
für lange; denn 1856 verheiratete ſie 
ſich mit dem Oberlehrer Dr. Kühne in 
Siettin. Die Ehe entſprach nicht den Er⸗ 
wartungen der jungen Frau; ſo 

ſie ſich nach einigen Jahren von ihrem 
Gatten. Seitdem lebt ſie ihrer ſchrift⸗ 
ſtelleriſchen Thätigkeit. 

Hauptwerke: Die Frauenvereine der Gegen⸗ 
wart und die ſittliche Berechti der frauen 
frage (1872), Elfriede Laub (Schaufp. 1872), 
— 
oder Der Ein 
1876), Sie il wie * er ihr Glück oder 
Here und Teufel (Luſtſp. 1882). 

Kürfchner, Jofeph, wurde am 20. 
September 1853 zu Gotha geboren und 
widmete ſich urſprünglich einem Kunſi⸗ 
handwerk. Seit 1881 lebt er in Stull⸗ 
gart, befonders bei dem W. ee 
Verlage engagiert, deſſen Sa K. 
außerordentliches organiſatoriſches 7 
erkannte und an ſich zu feſſeln wu 
Aus K.'s vielſeitiger liter. Thãtigleit heben 


wir hervor: Die Berauögebe der „Deutfchen 
Nationalliteratur”, des „Rich. en 
buches“, des „Deutſchen Literaturfal t 


Taſchen⸗Konverſations⸗Lexikon“, ber 
„Vom Fels zum Meer“ (die K. auch 
der Chronologie für das deutſche Theater, der 
Bayreuther Tageb., der Operntext-Bibliothek, K. 
Eckhof, des Staats- Hof- und Communalhandbuchs 
nebſt ſtatiſtiſchem Jahrbuch.. K. führt die ihm 
in Anerkennung ſeiner Verdienſte verliehe— 
nen Titel eines Profeſſors und Hofrates. 


Kuhn, Kaſpar Joſeph, wurde in Rohr: 
bad), einem Dörfchen im füdlichen Württem- 


Kundel. 


berg, am 8. November 1819 geboren und 
fernte und betrieb alle Geſchäfte feines 
Vaters, der Ofonom, Seilermeifter, Bier: 
wirt, Bäder, Schnapsbrenner und Spe— 
zereihändler war. Erſt mit 21 Jahren 
fam er zum Studium und dann 1842 an 
das Gymnaſium in Augsburg, das er 1848 
abjolvierte. Im nämlichen Jahre trat er 
in den Benediftiner-Orden, jtudierte an 
der Univerfität München Theologie und 
wurde 1853 zum Priejter geweiht. Bon 


da an war er 17 Jahre lang Profeſſor 


am Gymnafium Et. Stephan in Augsburg 
und betrieb nebenbei Botanif und Ento- 
mologie. 1870 fam er in das Slofter 
DOttobeuren und mußte in der Seelforge 
mitwirken. Dort jtellte er das ehemalige 
Ihöne Theater wieder her und errichtete 
ein Mufeum für Altertümer und Natura- 
lien, das nun von vielen Fremden befucht 
wird, befonders wegen der herrlichen Kon: 
chylienſammlung. 

Hauptwerke: Geſchichtskalender oder tägliche 


Aieraturgeſchichte (1857), Die Käfer des füd: 
bayerſchen Flachlandes, analytiſch beichrieben 
), Katholiſche Literaturchronik (1866), Si— 
lach oder Die Stiftung des Kloſters Dttobeuren 
(bift. Ritterſchauſp. 1877), Der heil. Alexander 
(bift. Schauſp. 1877), Die Zigeunerhütte am ae 
fee (Nov. 1878), Nichts als Hinderniffe! (Luftip. 
1879), Bon Augsburg nach Lima (Nov. 1879), 
ter Jeremias (Nov. 1879), Dito von Wittels: 
ch (Dram. Ged. 1880), Robert und Leander 
(Nov, 1880), Luftig und liſtig (Luſtſp. 1880), 
Die Kinder des Nebellen (Nov. 1880), Die miß— 
u Weiberfur (Luftip. 1881), Der bl. Wille: 
(bift. Schaufp. 1882), Blide in die Natur 
(1883— 84), Kolping, der Gefellenvater (Dram. 
Bilder 1887). 


Kundel, Karl Friedrich. Geb. 1819 
im Herzogtum Schleswig, Landſchaft An- 
geln, befuchte ich von meinem 17. Jahre 
an das Gymnafium zu Flensburg, ſtu— 
bierte von 1841—46 in Kiel und Göt— 
fingen, machte den deutich-dänifchen Krieg 
als Kombattant und fpäter als Militär: 
arzt mit, praktizierte bis 1861 in Kap: 
peln, von da an in Kiel. Von 1860— 65 
war ic) Arzt Ihrer Königl. Hoheit der Her: 
zogin von Glücksburg. 


335 


Kuniſch. 


Hauptſchriften: Der Kurort Sylt und ſeine 
Wirkung, Die Ampfvergiftung, ihr Weſen und 
ihre Heilung, Sind Stoff und Kraft Urſache und 
Wirkung? 


' Kunifch, Hermann, geb. am 9. Ja— 
nuar 1856 zu Neike, bejuchte das dortige 


Realgymnaſium, ftudierte in Breslau Nas 
turwiſſenſchaften und unter Ferd. Roemers 


| Zeitung ſpeziell Geologie. Nach feiner Pro: 


‚motion wurde er deflen Aſſiſtent. Nach 
'Abfolvierung der philologiihen Staats: 
prüfung nahm er eine Stellung als willen: 
Ihaftliher Lehrer an einer höheren Un: 
terrichtsanftalt an. Seine literariiche Thä— 
tigfeit bewegt fih hauptſächlich auf dem 
Gebiete der Geologie und Paläontologie. 
Nah ihm iſt ein Haarftern des Muſchel— 
falts als Dadocrinus Kunischi benannt 
worden. Vielfach wird er als Sachver— 
ftändiger in bydrognoftiihen Fragen und 
ganz befonders bezüglich der unterirdiichen 
Wäſſer zu Nate gezogen. 


Hauptwerfe: Die Meteoriten unter befonderer 


| T * 
d l (1883), 16 
Erinnerungen aus der Welt⸗, Kirchen⸗ Kunſt⸗ und | — — ber Tltiden * 


Erdbeben (1884), Über das Auſſuchen unter: 
irdifher Wäfler (1885). Außerdem zahlreiche 
Abhandlungen in den Nahresberichten der ſchleſ. 
Geſellſch. f. vat. Kultur (1882—86) und in der 
gel, d. deutich. geolog. Geſellſch. (1883 bis 
1886 


unfel, Adam Joſef, geb. am 27. No: 
vernber 1848 zu Lohr in Unterfranfen, 
ftudierte Medizin auf den Univerfitäten 
Münden, Göttingen, Würzburg, Leipzig. 
Seit Frühjahr 1883 Profeſſor der Phar— 
mafologie an ber Univerfität Würzburg. 
Aufſätze fachwiſſenſchaftlichen Inhaltes, 
meiſt über phyſiologiſche Themata in den 
verſchiedenen mediziniſchen Zeitſchriften. 
Kunzendorf, Paul, wurde am 11. 
September 1853 zu Berlin als der Sohn 
eines Kaufmanns geboren. In feinem 


achten Jahr hatte er bereits den Tod 


des Vaters zu beflagen, und der Mutter 
allein blieb die jchwere Aufgabe, über 
des Knaben weitere Erziehung zu wachen. 
Sie that e3 mit der ganzen Sorgfalt, die 
ihr eigen war, und dem Aufgebot aller 
Kräfte. Nachdem er den erjten Unter: 
richt in den Vorſchulklaſſen genoflen hatte, 


Kurs. 


trat er 1861 in das Berliniihe Gym- 
nafium zum Grauen Klojter, weldes er, 
— unter Friedrich Bellermann's, 
ann unter Hermann Bonitz' Direktorat 
beſuchte. 

Um — Erwerbs willen mußte er ſein heißes 
Verlangen, die Univerſität zu beſuchen, aufgeben. 
Er trat in ein kaufmänniſches Geſchäft, widmete 
ſich jedoch in ſeinen Mußeſtunden literar. Beſchäfti— 
gung. Hier unter den Bapierballen entitanden neben 

edichten auch zahlreiche proſaiſche Aufſätze, die 
fpäter, vermehrt und verbeflert, im Drud er: 
ſchienen. 1879 gab er die faufmännifhe Stel: 
lung auf und gab fi ausſchließlich literarifcher 
und —— — Thätigkeit hin, in letzterer 
Hinſicht namentlich auf dem Gebiete der täglichen 
Berichterſtattung durch Ausgabe einer Lokalkor—⸗ 
reſpondenz für alle größere Zeitungen Berlins. 
1880 erſchien eine Sammlung von Gedichten 
K.'s unter dem Titel „Feſtgrüße“, und in dem— 
felben Jahre gab K. das „Berliner ——— 
blatt“ heraus, in welchem er zahlreiche proſaiſche 
und poetiſche Arbeiten aus feiner Feder ver: 
öffentlichte. Ähnliche Aufläge erfchienen alljährlich 
in verfchiedenen Zeitjchriften und Kalendern. 


Kurs, Augufte, geb. Rofenberg, wurde 
am 26. November 1810 zu Berlin ge 
boren. Ihr Vater gehörte als Offizier 
der preußiichen Artillerie, aus der er 
fpäter als Oberft ausſchied, an und ftand 
in den auf die Befreiungskriege folgenden 
Jahren mehrmals in Erfurt, wo A. 8. 
einen Teil ihrer Mäbchenjahre zubradhte. 
Einige Jahre nach ihrer Rüdkehr in die 
Heimatjtadt verheiratete fie ſich mit dem 
Geh. Kanzleirat Dr. Georg Kurs. Der 
Tod entriß ihr diefen ihren Gatten 1885. 

Innere Begabung, Freude an Natur und Kunft, 
jowie äußere Anregung im Haufe der Eltern wie 
Ipäter im eigenen, hatten in U. 8. früh den 
dichteriſchen Sinn gewedt; doc entſchloß fie fich 
verhältnismäßig erit jpät zur Herausgabe eines 
Teils ihrer lyriſchen Gedichte, die dann aber (1851) 
in rajcher Folge unter dem Titel „Epheublätter“ 
drei Auflagen erlebten. Den Epheublättern folg: 
ten zunächſt ein Novellencyllus „Am Fenſter“ 
und a, wieder Gedichte meift Iyriichen Cha: 
rafterd unter dem Titel „Gemüt und Leben“, 
In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre gab 
U. K. Reifeerinnerungen aus Süddeutſchland, 

eich und Oberitalien, „Aus dem Sommer” 
betitelt, heraus, und lieh ferner eine größere jelb» 
ftändige Dichtung „Nora” und eine dem Engli« 


ſchen nachgedichtete Sage „Cora Lynn“ erfcheinen. 
Seit Ende der fünfziger Jahre veröffentlicht fie 


336 


_ Kurtzig. 

außer zahlreichen Novellen, Gedichten und Reiſe⸗ 
ſtizzen in verſchiedenen Zeitſchriften, allj im 
eg a ar „Damentalender“ (früher „ 
liner Tajchentalender”) eine größere — 
riſcher Gedichte. Auch die zur Feier des 

tages J. Maj. der Kaiſerin in den gl. 

u Berlin, Hannover, Kafjel und Wiesb ges 
Ares Prologe wurden feit einer längeren 
Reihe von Jahren von U. K. verfaßt. 


Kursig, Bogumil Curtius, geboren 
am 1. Mai 1865 zu * Pro⸗ 


vinz Poſen, als Sohn des Fabrikbefigers 
und Stadtrats Kurkig, befuchte das kgl. 
Gymnafium feiner Vaterſtadt und w 
mete fi 1882 dem Kaufmannsitande. 
Außer zerftreut in Zeitichriften "erfdhienenen 
Gedichten und Feuilletond erihien von ihm im 
Buchhandel: Moderne Klänge, Dichtungen (1887); 
ferner ein Quftipiel: Hohe Dilettanten (1887). 
Kurkmann, Louis (2. Biccolomini), 
geb. 20. Juli 1835 zu Gluponie 
Bofen), bejuchte die Gymnafien zu Hohen» 
ftein i. Oftpr. und zu Poſen, ftubierte in 
Breslau Theologie, wandte fi dem 
Bibliothek⸗, jpäter dem Lehrfach * und 
lebt jetzt als ——— in P na 
Er üb te aus d iſchen Vincenz 
„Lied — —— ee Slowackis 
" d i —* To]. 
2 Bag Die polnifche Liter. in der 
erften Hälfte des 19. Jahrh.“, mit en 
Übertragungen poln. Gedichte: ferner 
grapbilhe Zufammenftellung von etwa 1000 Wers 
fen, die aus dem Polnifchen überjegt find, oder 
die polniiche Literatur behandeln, : „Die 
— in Deutſchland“. Zu dem Kreiſe 


diefer Thätigfeit gehören noch zah Korres 
ſpondenzen für Zeitjchriften über geile Sm, 
Bon bibliographiichen Arbeiten find zu er 


der im Drud erſchienene Katalog der 
ichen Majorats+Bibliothef —— owie 
der in Gemeinſchaft M. E. Sosnowsti heraus» 
gegebene Katalog der Raczynski'ſchen öffentl 
Bibliothet in Poſen, für me er 
ichichte diefer vibliothet verfaßt hat. 







Bi 


Lachuer, Carl. Am 10. April 1851 
wurde ich in München als Sohn des Kom 
poniften Ign. 2. geboren, meine Schul 
bildung erhielt ih auf der Muſterſchule 
in Frankfurt a. M. und auf dem t 


Lademann. 


337 


Ladenburg. 


nifhen Hochſchulen von Stuttgart und | demia Giovanni italiene in Neapel er: 
Münden. Nach abgelegtem Staatseramen | nannt. 


trat ih 1871 in Baupraris als Eijen- 
bahningenieur ein, um diefen Beruf 1875 
gegen eine lehramtliche Thätigfeit einzu> 
taufchen; ich begann diefelbe als Lehrer 
für Baumwifjenihaften an der fol. höh. 
Gewerbeſchule in Hildesheim und über: 
nahm 1880 das Direftorat der jtäbdt. 
Handwerkerſchule in derjelben Stadt. Vor: 
zugsmweife habe id) mich mit der Erfor— 
ſchung der bislang gänzlich unberüdfichtig- 
ten Holzardhiteftur befaßt und 1882 eine 
größere Monographie über die Hildes- 
heimer Holzbauten gejchrieben. 

1885 erſchien ſodann der erſte Band der Ge: 
ſchichte der Holzbaukunſt in Deutichland, dem 
nunmebr 1887 der zweite und legte Band ge 
folgt iſt. Mein letztes größeres lit. Unternehmen 
beiteht in der Herausgabe einer Fachzeitſchrift für 

blihen Unterricht, um das in der Jetztzeit 
pre wichtige gewerblihe Schulweſen für: 
dern zu helfen. 


Lademann, Adelheid Roſalie (A. 
vom See), wurde am 26. September 1824 
als erites Kind eines in bremiichen Dien- 
ſten jtehenden Dffiziers in Bremen ge 
boren, bejuchte die Schulen ihrer Vater: 
itabt bis zum 14. Lebensjahre und feßte 
dann den Unterricht in engliſcher und 
franzöfifher Sprache, wie in der Muſik 
privatim fort. Zwei Geſchwiſter jtarben 
in früher Jugend, zwei Brüder gingen 
als Kaufleute nah Nord: und Sübd- 
amerika, Adelh. Roi. hielt es für ihre 
Pflicht, bei den Eltern zu bleiben. Ver: 
ſchiedene aus Gefundheitsrüdjichten unter: 
nommene Badereijen vermittelten die Be— 
fanntihaft mit liter. thätigen Männern, 
auch mit dem Rezitator M. Perels, dem 
AR. infofern zu Dank verpflichtet war, 
als fie auf fein Anrathen Hin an die 
Dffentlichkeit trat, zuerjt mit Feuilleton: 
artifeln in den verſchiedenſten Tagesblät- 
tern, fpäter mit größeren ſehr gut beur— 


teilten jelbjtändigen Arbeiten. A. R. lebt 


no jeßt, dem Hausmwejen ihrer Brüder 
vorjtehend, in Bremen. Im Jahre 1882 
wurde fie zum Ehrenmitgliede der Acca- 


Das literariihe Deutihland. 


Schriften: Aus vergangenen Tagen (Erz. 1879), 
Rhönfagen (1880), Eisblumen, eine Winterplaus 
| derei (1880), Am Morgen des Konfirmations: 
| tages (Ged., 2. Aufl. 1850), Cora (Rov. 1882), 
Aus dem Leben (3 Erz. 1885), Der Todeshecht 
ge 1886). 


Ladenburg, v., |. C. 9. Mann. 


Zadurner, Alois, geb. zu Meran in 
Tirol am 19. Auguft 1838, widmete ſich, 
nahdem er dafelbit die Normalichule und 
das Gymnafium bejucht, dem Studium 
der Medizin, und genoß auf den Hoch— 
Ihulen zu Münden und Wien feine wife 
jenichaftlihe Ausbildung. 1864 zum 
Doktor ernannt, begann er in jeinem 
Vaterlande feine ärztliche Thätigfeit, und 
zwar zuerjt in der Umgebung Dierans 
und im Paſſeierthale. Infolge Über: 
anftrengung in feinem Berufe 30g er fi 
‚ein Zungenleiden zu, das ihn 1870 be: 
wog, die rauhe Gebirgsluft Paſſeiers zu 
verlaffen, und in dem milden Klima 
Merans Heilung zu fuchen. Seit diejer 
Zeit lebt er als praftiiher Arzt aus— 
Ihließlih feinem Berufe dafelbit, die 
Mußeitunden der Lyrik widmend. 

1884 erſchien von igm ein Bändchen Gedichte. 


Laien, Phil, j. PH. Waflerburg. 


Zaiftner, Ludwig, geboren den 3. No: 
vember 1845 in Eßlingen am Nedar, ſtu— 
dierte im Stift zu Tübingen Philofophie, 
Theologie, Gefhichte und germaniftiiche 
Fächer, war mehrere Jahre im würtem- 
bergiihen Kirchendienit, dann (jeit 1870) 
elf Jahre lang Hauslehrer in München, 
wo er noch jegt feinen Aufenthalt hat. 

Von feinen vorzüglich beurteilten wiſſenſchaft⸗ 
lihen und dichteriihen Werten heben wir hervor: 
Das Recht in der Strafe (1872, hervorgegangen 
aus einer philoſoph. Promotionsfchrift), Nebel: 
jagen (1879, zur deutihen Mythologie), Der Ar— 
chetypus der Nibelungen (1886); Barbarojjas 
| Brautwerber (1875, ep. Ged.), Golias, Studen- 
tenlieder des Mittelalters (aus dem Lateinifchen 
1879), Frau Rata (ep. Ged.), Novellen aus alter 
Zeit (1882). Im Verein mit Paul Heyſe giebt 
er feit 1884 den „Neuen deutſchen Novellenihag“ 
heraus. Seit Jahren bereitet er eine „Mythenge— 


22 











Klo ade, Ermma Fovrnmmune >), uh. 426 


Lambel. 


ſchichte vor, deren erſter Band unter dem Titel | 
„Mittagsgeifter“ 183° ericheinen wird. 

Lambel, Hans, geboren 26. Auguſt 
1842 zu Linz in Oberöfterreich, bejuchte 
das Gymnafium feiner Baterftadt und bes 
zog hierauf die Univerfität Wien, wo er 
unter Franz Pfeiffer fih dem Studium 
der deutichen Philologiewidmete. 1863 zum 
Doktor der Philoſophie promoviert, trat er 
1864 als Kollaborator an der Wiener Hof: 
bibliothef ein. 1870 fam er als Gym- 
naftallehrer nad) Oberhollabrunn, von wo 
er 1874 als Profefior an das Gymnaſium 
zu Prag-Kleinſeite verjegt wurde. 1875 
habilitierte ev fih an der ‘Prager Uni: 
verjität. In diefen beiden Stellungen 
wirft er noch gegenwärtig, feit 1884 mit 
dein Titel eines außerord. Univerfitäts: 
profeflors. 

Die vorzüglich beurteilten Arbeiten L.'s bes 
wegen ſich vorzugsmweile auf dem Gebiete der 
mittelhochdeutichen und neueren Literatur. Außer 
Beiträgen zur Germania u. a. Beitichriften er: 
fchienen von ihm: Bericht über die im Auguft | 
1868, August und September 1871 und 1872| 
in Oberöfterreich angeitellten Weistümerforichuns | 
gen (1869 — 1873), Erzählungen und Schwänfe 
(deuticher Klaſſiker des Mittelalterd 1872, 2.9. 
1883), Das Steinbud. Ein altdeutiches Gedicht 
von Yolmar, Mit Einleitung, Anmerkungen und 
einem Anhange (1877), Ein neuentdedtes Blatt 
einer Heliandhandfchrift. Mit Tafel (1881), Her: 
derd Werfe (1885). 

Lammers, Auguft, wurde 23. Auguft | 
1831 zu Lüneburg geboren, widmete ich 
nach Abfolvierung des philologiſchen Stu: 
diums auf der Univerfität Göttingen der 
Sournalijtif und war thätig als Redak— 
teur der „Mefer: Zeitung“ in Bremen, 
der „Allgemeinen Zeitung“ in Hildesheim, 
der „Zeitung für Norddeutichland“ in 
Hannover, der „Süddeutſchen Zeitung“ in 
Franffurt, der „Elberfelder Zeitung“, des 
„Brem. Handelsblattes“ und nunmehr als 
Leiter der Zeitichr. „Nordweſt“ in Bremen. 
L. hat fich bejonders um das gemeinnügige 
Vereinsleben verdient und durd) eine Reihe 
volkswirtſchaftlicher Schriften befannt ges 
macht. 

EN Die geſchichtliche Entwidelung 
des Treibandels, Die deutjche Auswanderung, 











335 


' (1869) erfchienen. 


Landau. 


Der Moorraud) und feine Kulturmiſſion, Die 
Verjüngung der Kirche, Die Vettelplage, Bes 
fämpfung der Trunffucht, Branntweins und Kaffees 
Ichenten, Öffentliche Kinder-Fürſorge. 

Landau, Diarcus, wurde am 21, Nos 
vember 1837 in Brody in Galizien ges 
boren. Teils dem Wunſche feiner Eltern, 
teils der eigenen Neigung folgend, wid⸗ 
mete er ich dem Haufmannsitande, Nach— 
dem er die Handelsichule abfolviert hatte, 
trat er 1852 in ein Bankhaus ein und 
arbeitete dann (jeit 1869 in Wien) in 
verjchiedenen Bankgeſchäften, bis er ſich 
1878 von den Geichäften zurüdzog, um 
ganz der Wiſſenſchaft zu leben. Seine 
faufmänniihe Beihäftigung hatte ihm 
indeffen genügende Muße gelaflen, um 
die zu praftiihen Zmweden erworbene 
Kenntnis der neueren Spraden durch 
ſyſtematiſches Studium der englifchen und 
romanischen (befonders italienischen) Liter 
raturen zu vertiefen und fid) die Kenntnis 
der lateinischen Sprache zu erwerben, ſowie 
fich mit hiſtoriſchen Studien zu beichäf- 
tigen. Zu legteren wurde er beſonders 
durch das Beilpiel feines älteften Bruders, 
des (1878 verjtorbenen) Reichsratsabge⸗ 
ordneten Dr. Joahim 2. und durch bie 
Werke von Gibbon und Sismondi 
regt. Noch von Brody aus hatte er w 
derholt Deutihland und Italien beſucht; 
legteres um Forichungen über Boccaccio 
anzuftellen, zu deſſen Biographie er bereits 
1861 den Plan entworfen hatte, 

Diefe Arbeit veranlaite ihn aud zu Studien 
über die Novellen und deren En I, ala 
deren Frucht: „Die Quellen des Defameron 
Bon Wien aus, wohin er 
1869 überfiedelte, ging er 1871 nad 


wo er auf Grund dieſes Werkes das 
der Philoſophie erwarb. 


delle“, welches die Nachahmer und N gen 


1875 erichien Kin 
„Beiträge zur Geſchichte der — No⸗ 


Boceaceios in der Novelliſtik behandelt, und 

fein „Giovanni Boccaccio, fein Leben und feine 
Werte.” Eine italieniiche Überjegung Diefes Werkes 
mit vielen Zufägen bat Hr. Camillo Antona Tras 
verft zu liefern unternommen. Den Überga 

von den rein literarifchen zu den hiftorifchen St 
dien bildet feine "Staltenifche Literatur am öft 
reihiichen Hofe‘ (1879), welde von Frau Aus 
gufte von Stein:Rebechini ins Jtalieniiche über 












Sandeämann. 


fegt wurde (1880). Bei der Beihäftigung mit | 
biefem Werfe überzeugte er fich, wie viel nod) | 
für die Gefchichte Öſterreichs in der Zeit Kaifer 
Leopold I. und feiner Söhne zu thun fei, und 
beſchloß daher, einen Teil diefer Beriode in gründ: 
licher Weiſe zu bearbeiten. Er begann 1880 die | 
Wiener, Jowie die italieniihen Archive zu — 
forſchen. Auf feinen, zu dieſem Zwecke nach Sta: 
lien (1880 und 1882) unternommenen Reiſen 
ſetzte er aber auch feine Studien über die italie— 
niiche Literatur fort und konnte demnad) eine 
ftarf vermehrte und verbeflerte Ausgabe der 
„Quellen deö Detameron‘‘ (1884) erfcheinen laſſen. 
Als erſtes Ergebnis jeiner Studien über öiter: 
reichiſche Geihichte erihien 1885 ‚Rom, Wien, 
Neapel während des ſpaniſchen Erbfolgefrieges. 
Ein Beitrag zur Geſchichte des Kampfes zwiſchen 
Rapfttum und Kaifertum.“ Tr iſt 2, mit der 
Geſchichte Kaifer Karl VI. und feiner Regierung 
beichäftigt, von welcher der erfte Band (enthaltend 
Die Jugend und Erziehung Karls, eine Daritel: 
fung der politiichen Verhältniſſe und Verband: 
lungen, welche den ſpaniſchen Erbfolgefrieg ber: 
beiführten, den Arien in Spanien und die Re 
gierung Karls daſelbſt bis zu feiner Abreife im 
Jahre 1711) 1888 drudfertig werden wird. 


Landesmann, Heinrich Hieronymus 
Lorm), geboren am 9. Auguft 1821 in 


339 





Nifolsburg, erhielt, feiner ſchwächlichen 
Gefundheit wegen, eine häusliche Erzie: 
hung, da der Arzt einen regelmäßigen 
Schulbeſuch unterjagte. Leider wurden 
feine Leiden nicht gehoben, jondern ber 
Knabe erlebte den jchweren Schlag, fein 
Gehör völlig und fein Geficht teilweife 
zu verlieren. Wenn ihm hierdurch aud) 
die meiften äußeren Zebensgenüfle verſagt 
wurden, jo fand er doch reihlih Erſatz 
in feiner jtillen Einfamfeit bei feinen 
Büchern. Sehr jung nod), ergriff 2. felbft 
die Feder. Belonders durch feine fritifchen 
Arbeiten wurde der junge Autor fchnell 
befannt, und vornehmlidh fein Werk: 
Wiens poetiihe Schwingen und Federn (1846) 
lenfte die allgemeine Aufmerkſamkeit auf L., 
aber aud) diejenige — weniger angenehme 
— Metternichs, fo daß L. auf den Rat auf: 
rihtiger Freunde Wien eiligit verließ und 
fih nad) Berlin wandte. Erjt 1848 konnte 
er ungehindert wieder in die alte Kaiſer— 
ftadt zurückkehren. Im Jahre 1856 ver: 
mählte er fi mit einem hochgebildeten, 
gleichfalls poetifch angelegten Mädchen. | 





Landsknecht. 


Seit 1873 lebt L. mit feiner Familie in 
Dresden als einer unferer begabteften, 
fruchtbarſten und angefehenften Schrift: 
fteller. 

Hauptwerke: Am Kamin (Erz. 1857), Erzäh— 
lungen eines Heimgefehrten (1858), Geflügelte 
Stunden (1875—76), Der Naturgenuß (1876), 
Novellen und Szenen (1878), Diogenes im Tin: 
tenfaß (1878), Intimes Leben (1879), Späte 
Vergeltung (Rom. 1879), Gedichte (4. Aufl. 1886), 
Wanderers Ruhebank (1880), Der ehrliche Name 
(Rom. 1880), Der Abend zu Haufe (1881), Außer 
halb der Gejellihaft (Rom. 1881), Ein Kind des 
Meeres (Rom. 1882), Bor dem Attentat (Rom. 
1884), Natur und Geift im Verhältnis zu den 
each Der fahrende Geſelle (Rom. 

584). 


Laudsknecht, d. alte, ſ. K. Schultes. 
Zanditeiner, Karl, wurde am 30, 
Augufi 1835 in Stoizendorf (Niederöfter: 
reich) geboren, erhielt feine Erziehung in 
Klojterneuburg, wohin der Vater -als 


Stiftsbeamter verjeßt worden. Nachdem 


feine Vorbildung in Wien und in Melt 
vollendet war, trat er in das Piariſten— 
follegium zu Krems ein, um fi dem 
Lehrerberufe zu widmen. Er wirfte als: 
dann zunächſt in Freiftadt, darauf in 
Wien, wo er gleichzeitig philofophifche 
Studien betrieb. 1860 empfing er bie 
Priefterweihe und wurde 1864 Gymna⸗ 
fiallehrer in Krems, 1865 zum Profeſſor 
ernannt. In gleicher Eigenichaft fam er 
4 Jahre fpäter nad) Wien (Joſephſtädt. 
Gymnafium). Dort wurde er Landes: 
Ihulrat und 1885 dur das Vertrauen 
feiner Mitbürger zum Gemeinderat er: 
wählt. Von feinen vorzüglich beurteilten 
felbftändigen literariſchen Echöpfungen 
heben wir befonders hervor: 

Bulsfhläge (Dicht. 1862, 2. Aufl. 1866), 
Aus dem Leben eines Unbekannten (Rom., 3. A. 
1864), Die Kinder des Lichts (Rom., 2. Aufl. 
1865), Edmund Fröhlich (Rom., 3. Aufl. 1865), 
Die Rofe von Jericho (1867), Die Kaiferftadt an 
der Donau (4. Aufl. 1873), Die Landtagskandis 
daten (Luſtſp. 1876), Erwin (Ep., 2. Aufl. 1876), 
Ein gewöhnlicher Menſch (Luſtſp. 1876), Der 
Bürgermeiſter von Wien (Dicht. 1883). Seit 
1885 redigiert 2. den „Tierfreund“, 

Lang, Hieronymus von, ift geboren 
am 4. Juli 1827 zu Leutkirch als Sohn 


22* 
— — 


Lang. = 
des Olmüllers A. Lang daſelbſt. Er wid— 
mete fi dem Studium der Rechtswiſſen⸗ 
haft auf der kgl. Univerfität zu Tübin- 
gen, wurde, nahdem er in den Jahren 
1849 und 1851 die beiden höheren Dienjt« 
prüfungen im Departement der Jujtiz er: 
jtanden hatte, 1853 zum Oberamts-Ge- 
rihts-Aftuar in Neresheim ernannt und 
im Sahre 1856, feinem Anfuchen ent: 
Iprechend, auf die Gerichts-Aftuarsitelle 
in Obringen verjegt. 1858 wurde er zum 
Kollegial-Hülfsarbeiter bei dem Zivilfenat 
des fol. Kreisgerichtshofs in Ellwangen 
beftellt und 1862 zum Ober-Juftizaffellor 
bei demfelben Zivilfenat ernannt. Im 
Jahre 1868/69 wurde er zum Kreisge— 
richtsrat bei dem neu errichteten kgl. Kreis» 
gerichtshof zu Rottweil befördert, infolge 
der neuen Juftiz-Organifation im Jahre 
1879 zum Landgerichtsrat bei dem kgl. 
Landgericht zu Rottweil ernannt und 
wurde ihm 1883 die Stelle eines Land» 
gerichtsdireftors zu Rottweil übertragen. 


340 


Lang. 


Repetent in Tübingen (theol. Stift), nad: 
dem er zuvor als Vikar in Ulm thätig 
geweſen war; wurde 1873 Diafonus in 
Leonberg, 1878 Paſtor in Maulbronn 
und 1883 Pfarrer inLudmwigsburg. Neben 
dem feljorgerlihen Beruf befdhäftigte 2. 
fid) auch eifrig literarifch, mit befonderem 
Erfolge auf dem Gebiete der Erzählung. 

— Auf ſchwäbiſchem Boden (1881), 
Ruſenſchloß (1882), Nonnenämtlein (1883), Med» 
tildis von Hohenburg (1884), Der Bildhauer von 
Kos (1884), Regiſwindis (1886), Bündner und 
Schwaben (1886), Maulbronner Geſchichtenbuch 
(1887). 

Lang, Wilhelm, wurde am 16. Juli 
1832 in Tuttlingen (Württemberg) ge: 
boren, widmete jih urſprünglich dem Leh⸗ 
rerberuf, verlieh diefe Laufbahn jedoch 
nad kurzem Wirken, um mit Glüd der 
Sournalijtit ſich zuzuwenden. Zunädjit 
in der Redaktion der „Augsburger Allgem. 
Ztg.“ beichäftigt, trat er 1860 in die des 
„Schwäbilhen Merkur” in Stuttgart, 
der er noch jetzt angehört. Er machte 


Derjelbe ift Verfaſſer folgender, vorzüg: | fihbefonders durch literarhiltoriihe Schrif⸗ 


lich beurteilter juriftiicher Werke: 


Handbuch des im Königreid Württemberg Be 


tenden Perſonen⸗, Familiens und Vormundſchafts⸗ 
rechts (1871), Supplement (1872, 2. Aufl. 1881), 
Handbuch des im Königreich Württemberg gelten: 
den Sadenrehts (1876 — 1880), Supplement 
(1884). Ferner finden ſich im würt. Archiv für 
Recht und Rechts-Verwaltung, in Boſchers Zeit: 
ſchrift für freiwillige Gerichtsbarkeit und im würt. 
Gerichtäblatt verſchiedene kleinere Auffäge über 
juriftifche Fragen von demfelben. In Anerken⸗ 
nung dieſer literarifchen Thätigfeit wurde 
er vonderjuriftiichen Fakultät der kgl. Uni- 
verfität zu Tübingen im Jahre 1881 zum 
Doctor juris utriusque honoris causa 
ernannt. 


Lang, Paul (D. Hellmuth), wurde 
am 9. September 1846 in Wildenftein 
(Württemberg) geboren, beſuchte die La: 
teinſchulen zu Münfingen und Lauffen und 
das theologiihe Seminar in Schönthal, 
nach deſſen Abjolvierung er an der Uni— 
verfität Tübingen Theologie und Philo: 


ten über Dav. Fr. Strauß und Michel 
Angelo als Dichter bekannt. Außerdem 


| find feine trefflichen Transalpiniſchen Stubien 
(1875) und die Peloponefiihen Wanderungen 


(1878) hervorzuheben, ferner: Bon und aus 
Schwaben (1885—87). 
Lange, Ernſt Phil. Karl (Phil. Galen), 
geboren am 21. Dezember 1813 in Pots⸗ 
dam, abfolvierte das dortige Gymnafium 
und gab fi dann medizinischen Studien 
bin, gemäß dem Wunjche feines Vaters, 
eines jchrangejehenen und tüchtigen Arztes. 
Aber daneben folgte 2. dem Zuge feines 
eigenen Herzens und betrieb emfig philo- 
ſophiſche und vor allem literariide Stu: 
dien. Nachdem er 1839 zum Doktor pros 
moviert worden, betrat er zunächſt die 
Laufbahn eines Chirurgen, als folder an 
ber Berliner Charite, ſpäter als Militär- 
hirurg thätig. Im Jahre 1845 wurde 
er zum Oberarzt am Potsdamer Kabdetten- 
hauſe, 1847 zum Bataillonsarzt in Biele: 


fophie jtudierte, um ſich dem geiftlichen | feld ernannt und 1857 in feine Vater: 


Berufe zu widmen. 


Er wirkte dann als | jtadt als Stabsarzt verjegt, als welder 


Lange. — 
er bis zum Jahre 1878 wirkte, da er 
mit dem Charakter eines Oberſtabsarztes 
in Penſion ging. Literariſch machte L. 
ſich weiten Kreiſen zuerſt und vornehmlich 
durch ſeinen berühmt gewordenen Roman 
Der Irre von St. James bekannt, der ebenſo 
wie ſeine ſpäteren Werke von beſonders 
feinem pſychologiſchen Verſtändnis und 
vollendeter Kunft des Aufbaues zeugt. 
Hauptwerfe: (Romane) Der Anfellönig, Fritz 
Stilling, Walther Lund, Andr. Burns und feine Fa: 


milie, Baron Brandau und feine Junker, Emery 
Glandon, DerStrandvogt v. Jasmund, Der Sohn 


841 


Langen. 


demſelben Ort befleidet hatten, und wurde 
darauf als Domprediger nad) Halberjtadt 
berufen. Nachdem er feine Frau verloren 
hatte, verband er ſich 1863 zum zweiten 
Male mit Meta Gerlah zur glüdlichen 
Ehe. 

— ihm ſind zwei Liederſammlungen erſchie— 
nen unter den Titeln: Unter den Sternen (1863) 
und Am Bache (1872). 


Langen, Heinrich, wurde geboren am 
21. März 1839 zu Köln am Rhein. Er 
genoß ſeine Vorbildung auf dem kath. 


des Gartners, Die Inſulaner, Der Leuchtturm von | Öymnafium an Marzellen daſelbſt und 

—* ——— * Es Dell > widmete fi) dem Studium der Theologie 
rbe von Bettys Ruh, Jane die Züdin, Die h R 

Tochter ded Diplomaten, Das Irrlicht von Ar: auf ber Univerfität zu Bonn. Nachdem 

gentieres, Walram dorft, Der Löwe von Luzern, er nach Vollendung berjelben ein Jahr 

Der Friedensengel, Jrene, Der Alte vom Berge, | das Priejterfeminar feiner Vaterftadt be- 


Der Raftelbinder, Der Einfiebler vom — ſucht hatte, erhielt er 1862 die Prieſter— 


Frei vom Joch, Die Perle von der Die, Der 


Vechvogel, Fürſtendiener ꝛc. 
Lange, Martin Hugo (Martin), iſt 


geboren am11.November 1818 in Pforta, | 


wo fein Vater Profeſſor und zulegt Ref: 
tor war. Zunächſt befuchte der Knabe die 
Klofterfchule Donndorf in der güldenen 
Aue unter Rektor Krafft und Adjunft Glöck—⸗ 
ner, fchrte nad) 2 Jahren nach Pfortazurüd 
und ward unter die Alumnen aufgenom: 
men. Nachdem er feine jehs Echuljahre 
durchlaufen und das Zeugnis der Reife 
erhalten hatte, jtudierte er 1837—38 in 
Leipzig, von 1838—40 in Berlin Die 
Rechte. Sein erſtes Eramen madte er 
1840 beim Berliner Kammergericht und 
ging als Ausfultator nah Naumburg, wo: 
bin jeine Mutter nad) dem Tode feines 
Vaters übergefiedelt war. Hier beitand er 
1842 feine Referendariatsprüfung und 
verlobte ſich mit H. Sofie Richter, einer 
Waiſe. 1845 entichloß er ſich noch Theo: 
logie zu ftudieren. Er ging nad Halle 
und hörte hier Tholiud, Müller, Hupfeld 
und Dähne. 1848 beftand er feine erite, 
in demjelben Jahre feine zweite theologische 
Prüfung und verheiratete fi) 1849. In 


Weißenfee bei Erfurt zum Diafonus ge: 


wählt, waltete er 4 Jahre feines Amtes, 
das jchon fein Groß: und Urgroßvater an 


weihe und wurde in demjelben Jahre als 
Religionslehrer an der höheren Bürger: 
ichule zu Eupen angeftellt. In diefer Stel- 
fung blieb derjelbe bis 1874, zu welcher 
Zeit er als Direktor an das neu zu grün 
dende Lehrer-Seminar zu Elten (Reg.:Bez. 
Düffeldorf) berufen wurde. Nach Verlauf 
von vier Jahren wurde 2. an das Se: 
minar zu Büren i. Weſtf. verfegt und 1882 
wieder in feine rheinifche Heimat, an das 
Seminar zu Odenkirchen. 

2, hat eine Reihe von Abhandlungen pädago— 
giſchen und philoſophiſchen Inhaltes veröffent- 
licht. Außerdem erſchien von demſelben 1885 
ein Cyklus Gedichte „Der Heiland“ betitelt, in 
welchem in 60 Liedern, in engem Anſchluß an 
die Evangelien, ein Lebensbild des Heilandes ge— 
geben wird, 

Lanzky, Paul, geb. 8. Auguft 1852 
in Weiſſagk bei Forft (N.-2.), genoß den 
elementaren und erften lateinifchen Unter: 
richt privatim, bejuchte 1864—70 die 
Realſchule zu Guben und widmete fich 
darauf dem Studium der romanifchen Li- 
teratur und der Philoſophie an den Hoch— 
Ihulen zu Züri, Pifa und Rom. Das 
Zand, welches er feit 1873 mit zwei kurzen 
Unterbredungen aus Gejundheitsrüd: 
fihten dauernd bewohnt, veranlaßte ihn 
zu eingehendem Studium der italienischen 
‚Literatur, Gefhihte und Philoſophie, 








L'Arronge. 


deſſen Reſultate er namentlich 1876 bis 
1882 anonym, pſeudonym oder mit Na— 
mensunterſchrift in zahlreichen Artikeln 
in deutſchen Zeitſchriften und 1879 —82 
in der „Riviſta Europea“ und der „Gaz— 
zetta della Domenica” veröffentlichte. 

1882 mit den philofophiihen Schriften Frie— 
drich Nieiches bekannt geworden, mit welchem 
nicht genug gewürdigten Denfer er 1884—85 in 
Nizza und im Herbit 1886 an der liguriſchen 
Küſte verweilte, wandte er ſich faſt ausſchließlich 
der Philoſophie zu, wo er ſich vom Pantheismus 
Spinozas durch den Peſſimismus Schopenhauers 
zu einem relativen Optimismus auf evolutio— 
niſtiſcher Baſis hindurchgearbeitet hat, wie es aus 
feiner letzten und reifſten Schrift: Abendröte, Pſycho⸗ 
logiſche Betrachtungen (1887) und in der vor⸗ 
züglich beurteilten peſſimiſtiſchen Novelle: Erlöſt 
vom Leid (1887) erleuchtet. L. lebt ſeit 1879 
dauernd in oder bei Florenz. 


L'Arronge, Adolf, iſt am 8. März 
1838 als der Sohn des Theaterdireftors | 
Th. 2. in Hamburg geboren, widmete jid) 
dem Studium der Muſik in Berlin und 
Leipzig und wirkte als Operndirigent in 
Danzig, Köln, Würzburg, Stuttgart 2c., 
zulegt am Krollihen Theater zu Berlin. 
1866 verfaßte 2. fein erftes Bühnenftüd: 





342 


Laspeyres. 


die Direktion desLTobe- Theaters in Breslau 


übernommen, die er bis 1878 behielt. Im 
Jahre 1881 übernahm er das Berliner 
Friedrih-Wilhelmftädtiihe Theater, aus 
dem heraus er (1883) das „Deutiche 
Theater” ſchuf, das 2. noch heute leitet, 
fortwährend auch literariſch nody weiter 
jtrebend. 

Laspeyres, Etienne. Ich bin als 
der zweite Sohn des Profeſſors der Juris: 
prudenz Adolph 2. geboren.am 28. No— 


'vember 1834 zu Halle a. ©. Meine 


Gymnaſialbildung empfing ic in Halle, 
Erlangen und Lübed, jtubierte 1853 —59 
in Tübingen, Berlin, Göttingen, Halle, 
Heidelberg, promovierte in Halle 1857 
als Dr. jur., in Heidelberg 1860 als 
Dr. phil. und habilitierte mich 1860 in 
Heidelberg für Nationalöfonomie. 1861 
verbrachte ich in den Niederlanden, 1363 


in Hamburg zu geſchichtlichen und ſtati— 


ſtiſchen Studien. 1864 wurde id) ordent— 
licher Profejlor in Baſel, 1866 in Riga 
am Bolytechnitum, 1869 in Dorpat, 1973 
in Karlsruhe am Polytechnikum, 1874 in 
Gießen. Meine Xorlefungen umfaſſen 


Das große Loos (Poffe), das mit großem Er: | die ganze Nationalöfonomie mit befonderer 
folg aufgeführt wurde, und dem jehr bald Berückſichtigung der Statijtit. Meine Ab- 
die ebenfo gut aufgenommenen Stüde folg: | handlungen bejonders über Geſchichte und 
ten: Die Sphinx (1867), SchweiterMaria(1807), Statiftit der Preife, Steuerübermälzung, 
Der Neuigkeitsjäger (1869), Die Herren Tertia: | Standort der Produktion finden fih in 


ner (1870), Gebrüder Bod (1870), Die Spigen: 
fönigin (1871), Mäffer (1572). Den größten 
Erfolg errang L. in jener Zeit mit dem, 
gemeinichaftlich mit ©. v. Moſer verfaßten 
Zuftipiel: Papa hat's erlaubt (1872), Das 
über alle Bühnen ging und noch heute, 
bejonders an Dilettantenbühnen, vielfach 
aufgeführt wird. Daijelbe gilt aud) für 
die (gleichfalls mit Mofer ' verfaßten) 
Poſſen: Der Regiſtrator auf Reiſen (1872), Va— 
ter Gorilla (1872); dann (1873) dichtete L. 
fein Volksſtück Mein Leopold und erklomm 





damit die höchſte Staffel feiner Ruhmes— 
leiter: Hafemann’s Töchter (1877), Doktor Klaus 
(1878), Wohlthätige Frauen (1879), Der Kom: 
pagnon (1880), Die Sorglojen (1882), Das Heim: 
chen (1883), Der Weg zum Herzen (1884), Die 
Loreley (1885). Inzwiſchen hatte L. 1874 


der Zeitfchrift für Staatswiſſenſchaft, in 
den Hildebrand’ihen Jahrbüchern, im 
Fauchers Vierteljahrsichrift für Bolte- 
wirtichaft, im deutichen Handelsblatt, dem 
Berliner ftat. Jahrbuch, in dem Jahres: 
heftswerfe zu Meyers Konverfationslerifon 
und in der öſterr. ſtatiſtiſchen Monats— 
ſchrift. Selbſtändig erjchienen von grö— 
ßeren Sachen: Zur Geſchichte der volfswirt- 
ſchaftlichen Anſchauungen der Niederlande zur Zeit 
der Republif (1863), Der Einfluß der Wohnung 
auf die Sittlichfeit (1869). Seit zirka 8 Jah⸗ 
ren arbeite ih an den Wirkungen ber 
preußifchen Mahl⸗ und Schladhtitener und 
den Wirkungen ihrer Aufhebung. 

Laffon, Adolf (2. Adolf), geboren 
12. März 1832 zu Strelig in Medien 


Laßwitz. 


343 


Lauſer. 


burg, beſuchte ſeit 1342 das Gymnaſium in Breslau, dann als wiſſenſchaftlicher 
in Neuſtrelitz, bezog 1848 die Univerſität Hilfslehrer am kgl. Gymnaſium zu Ra— 


in Berlin und abſolvierte daſelbſt die Brüs tibor. 


Von dort wurde er Oftern 1876 


fung. für. das höhere Schulamt 1858. | an das Herzogl. Gymnaſium Erneftinum 
Ceit 1859. wirft er als Lehrer an dem | zu Gotha berufen, wo er als Gymnafial- 


Luifenftädtiichen Realgumnafium, jeit1877 
auch als Dozent an der Univerfität. 
Seine erjten literariihen Arbeiten erſchienen 
in Herrigd Archiv von 1859 an, fpäter bat er 
fih als Kritiker in verichiedenen politifchen und 
Fach⸗ Zeitſchriften bethätigt. Größere Urbeiten 
von ihm find die Schulicriften: Baco v. Veru— 
lams wijienihaftlihe Prinzipien (1861), Das 
Aulturideal und der Krieg (1868), Umriſſe zur 
Lehre von der Schule (1871); in Buchform: 9. 
G. Fichte im Verhältnis zu Kirche und Staut 


(1863). Meiiter Edhart, der Myſtiker (1868), | 


und Zukunft des Völkerrehts (1871), 


Segenitand und Behandlungsart der Religions: 


philoſophie (1880), Syſtem der Nechtsphilofopbie 
da , Urmenmweien und Armenreht (1887). 
Der geiſtlichen Lyrik gehört an: Herzensſtille 
(1808) Endlich: ift zu erwähnen: Giordano 
Bruno von der Urſache :c., überjett und erläu: 
tert (1872). 2. ift als Philoſoph ein Ausläufer 
der Hegelihen Schule; außerhalb engerer Fach— 
kreile find feine größeren Arbeiten bis jet noch 
weniger befannt geworden, dort jedoch günitig 
ur Eine große Zahl von Abhandlungen 
von 
Philoſ. Geſellſchaft zu Berlin‘, fowie in den von 

herausgegebenen „Philoſophiſchen Vor: 
trägen’‘, außerdem in den „Breub. Jahrb.”, in 
den „Mhilofoph. Monatöheften” und in anderen 
geitfhriften. 


Lafwis, Kurd, wurde am 20, April‘ 


1848 zu Breslau geboren. Seine Schul- 
erhielt er auf dem Gymnaſium 


zu St. Eliiabeth dajelbit und jtudierte 













alsdann auf den Univerfitäten zu Bres— 
und Berlin Mathematif und Phyſik. 


williger an dem Kriege gegen Frankreich 
1, vollendete jodann feine Studien in 
au und promovierte dort mit der 
| ertation „Über Tropfen an 
ten Körpern, welche der Schwerkraft 
tworfen find“ zum Doktor der Phi- 
hie (1873). Im folgenden Jahre 
olvierte. er die Staatsprüfu 
ltate docendi in Mathematik, 
ographie und Philofophie und leijtete 
Vrobelahr ab, zuerit am Johanneum 


O/T1 nahm er als Einjährig-zreis 





lehrer, ſeit 1884 als Profefjor wirft. 
Bon phyſikaliſchen Unterfuhungen zu erkennt: 
niötheoretiichen und hiſtoriſchen Studien geführt, 
wandte er feine wiſſenſchaftliche Arbeit ſeit 1875 
ausichliehlich der Philoſophie, und zwar ſpeziell 
dem Grenzgebiet derielben mit den Ratunwiften, 
Ihaften zu. Mit einem größeren Werte über 
‚ die Geſchichte der Corpuskularphyſik feit längerer 
' Zeit beichäftigt, veröffentlichte er eine Reihe von 
Abhandlungen zur Geſchichte der Atomiſtik in 
der „Vierteljabrsichrift für wiſſenſchaftliche Phi— 
fojophie". Sein Bud „Atomiftif und Kriticis— 
mus (1878) beabjichtiat, die Lehre der ſog. 
finetiihen Atomiftif vom Standpunkte des Kri— 
ticismus Kant's aus zu begründen. Außer den 
wiſſenſchaftlichen Arbeiten jchrieb er vielfach po- 


pularwiſſenſchaftliche Abhandlungen als Feuille— 


findet fih in den „Verhandlungen der 


tond und in Zeitichriften, insbeſondere in den 
legten Jahren eine Reihe biograpbiich-fulturge: 
ſchichtlicher Artikel für die „Nation“ unter dem 
Titel „Philoſophiſche Charakterköpfe“. Als Buch 
erſchien die Volksſchrift „Natur und Menſch“ 
(1878) und „Die Lehre Kant's von der Ideali— 
tät des Raumes und der Zeit allgemeinverſtänd— 
lich dargeſtellt“ (1883), welche mit dem Gilles» 
ihen Breije für die beite Popularifierung ber 
Kantiſchen Philofopbie gefrönt wurde. Daneben 
entiwicelte er eine ziemlich umfangreiche Thätig- 
keit als Recenſent wiſſenſchaftlicher Werte für 


rh 
. 1879), Sowie Apoifis (1882) 
Außerdem 


Lanfer, Wilhelm, wurde am 15. Juni 





1836 zu — geboren, * ſich nach 
Abſolvierung des vaterſtädtiſchen Gym» 
naſiums, des niedern Seminars in Urach, 
des theol. Stiftes in Tübingen und nach 
langjährigen Reiſen in Frankreich, Spa: 
nien, Stalien und dem Oriente dem Stus 
dium der Kımftgefhichte hin und widmete 
fich der Journaliftif. Als deren Jünger 
hat 2. ſich beionders auf dem Gebiete 


Lazarus, 


der auswärtigen Rolitif, des Feuilletons 
und der Kunſtkritik einen ausgezeichneten 
Auf erworben. Er giebt feit Jahren die 
„Algemeine Kunftchronif”, eine der vor: 
nehmſten Wiener Revuen, heraus und fun- 
ei außerdem als Redakteur des „Neuen 

iener Tageblattes“. Auch als felbft- 
ſchaffender Schriftiteller ift 2. mit großem 
Erfolg an die Offentlichkeit getreten, beſon⸗ 
ders find feine, Spanien behandelnden hifto- 


344 


Seclair, 


Über die Ideen in der Gefchichte (1865), Über 
den Ursprung der Sitten (2. Aufl. 1867). Zur 
Lehre von den Sinnungstäufhungen (1867), Ein 


| piobolngtiiher Blick in unfere Zeit (2. Aufl. 


1872), Was heißt national? (2. Aufl. 1880), 
Schiller und die Schillerftiftung (1884), Jdeale 
Tragen (3. Aufl. 1885). 

Leelair, Anton Edler von, geboren 
1848 in Verona, brachte feine Knaben— 
jahre ebendafelbit, dann in Venedig und 
Mailand zu, beſuchte das Gymnafium in 


riihen Schriften hervorzuheben. Haupt: | Prag und Graz und bezog 1866 die Unis 
werfe: Die Matinses Royales und Friedrich verfität in Graz, an der er durch 3 Jahre 
der Große (1865), Aus Spaniens Gegenwart  philolog., hiftor. und philof. Kollegien 
(1872), Geſchichte Spaniens von dem Sturze Iſa- frequentierte. Dieje Studien fanden 1872 


bellas bis zur Thronbefteigung Alfonſos (1877), 
Unter der Pariſer Kommune (1878), Bon der Mar 
ladetta bis Malaga (1881), Florentiner Plaudes 
reien (1884), Die Kunſt in Öfterreich-Iingarn 
(1884—85), Ein Herbftausflug nad) Siebenbürgen | 
(1886). | 
Lazarus, Moriz, wurde am 15. Sep- 

tember 1824 in Filehne (Pofen) geboren, 

widmete fih dem Kaufmannsftande, be: 

trieb jedoch daneben eifrig hebräiſche und 

philofophifche Studien. Bald entiagte er 
dem geichäftlichen Beruf, abfolvierte nad} 

träglich das Gymnafium in Braunschweig 

und bezog 1846 die Univerfität Berlin, 

um Philoſophie, Rechtswiſſenſchaft und 

Geſchichte zu ftubieren. Nach Beendigung 

des Studiums begann er die Vorarbeiten 

für fein berühmt gewordenes bedeutendſtes 
Merk: Das Leben der Seele in Monographien | 
(3. Aufl. 1885). Daſſelbe verjchaffte dem 

Verfaſſer allfeitige hohe Anerkennung unb 

den Ruf als Profefior der Pinchologie 

an die Univerfität Bern, die ihn 1862 

zum ord. Profeflor ernannte. Sechs Jahre 
wirfte 2. daſelbſt mit Erfolg, dann fehrte 
er nad Berlin zurüd, lehrte hier an der 
Kriegsafademie und wurde 1872 als ord. 
Honorar: PBrofeflor an die Univerfität da— 
jelbit berufen. Seit 1859 giebt. die „Zeit: 
ihr. für Völferpfochologie u. Sprachwiſſen⸗ 
ſchaft“ heraus. L. zählt den hervorra= 
aenditen Philofophen der Jetztzeit bei. 
Von feinen hochbedeutenden Werfen he— 
ben wir außer dem genannten noch bes 
fonders hervor: 


ihren Abichluß in der Gymnaſiallehramts⸗ 
Prüfung für klaſſ. Philologie. Nachdem 
2. einige Zeit als Hofmeifter in adeligen 
Häufern zugebraht und aud den Ein: 
jährig-Freimwilligendienit abgeleiftet hatte, 
trat er 1872 als Supplent an dem Gym: 
nafium in Marburg a./Dr. ins öffentl. 
Lehramt und erhielt noch im felben Jahre 
eine Lehrftelle in Bozen; von hier fam 
er 1874 an ein neuorganifiertes Gym: 
nafium in Prag und wirkte bajelbit bis 
1883, in welchem Jahre er die Direftor: 
ftelle an dem Staats-Obergymnafium in 
Mies (Böhmen) erhielt, die er gegen: 
wärtig noch inne bat. 

Schon an der Hochſchule beichäftigte ſich 2. 
neben feinen Berufsftudien angelegentlich mit na» 
turmwifjenichaftl. Materien; daran ſchloß fich Seit 
1874 infolge perfönliher Anregungen, die von 
dem Univerj.:Prof. Aloid Riehl ausgingen, ein 
intenfives Studium im Bereiche der pbilojopb. 
Disciplinen und auf den Grenggebieten zw. 
Philoſophie und Naturwifienichaft hiſtoriſch an 
Kant’3 erfenntnistritiihe Ergebnifle anfnüpfend, 
madte 2, feit 1876 die Probleme der Erfennt« 
nistbeorie, deren Bedeutung gegenwärtig immer 
mehr und mehr zur Geltung gelangt, zum Haupt: 
objefte feines Nachdentens ; daß Pſychologie, Logik, 
Geſch. d. Philoſophie und die philof. Literatur 
der Gegenwart überhaupt eingehend berüdfichtigt 
werden mußten, ift jelbitverftändfih. 2. nimmt 
in den Fragen der Erkenntnistheorie einen Stand» 
punft ein, der die allernädite Verwandtſchaft 
aufmweift mit den ontologiichen Überzeugungen von 
Wilh. Schuppe, Ernit Laas, Joh. Rehmke, Ric. 
v. Schubert-Soldern und Ernſt Mach. Dielen 


‚feinen Standpuntt bat 2. in folgenden Bublifa- 


tionen dargelegt: Der Realismus der modernen 
Naturwiſſenſchaft im Lichte der von Berkeley und 





Ledderhofe. 


Kant angebahnten Erfenntniäfritif (1879), Bei: 
träge au einer moniftifchen Erfenntnistheorie (1882), 
Krit. Idealismus u. Poſitivismus (Vierteljahrſchr. 
f. wiſſ. Philoſ. V. Ig.). Das Ffategoriale Ge: 
präge ded Denkens in feinem Einflujje auf die 
Probleme der Philofophie, insbeſ. der Erkennt: 
nistheorie (ebenda VII. 3g.). Außerdem hat 2. 
in der gen. Bierteljahrichr. und in den Göttinger 
Gelehrten Anzeigen ausführliche Recenfionen phi⸗ 
loſophiſcher Schriften veröffentlicht. 

Seit 1877 ift 2. mit einer Tochter 
bes öfterr. Generals Franz Plieg ver: 
mählt. 

Ledderhofe, Karl Friedrich, ift den 
31. Oftober 1806 in Mannheim geboren, 
ftammt aber väterlicher Seits aus Kaſſel. 
Erjt mit feinem 13. Lebensjahre 1819 
trat er in das Lyceum von Mannheim, 
und fonnte ſchon 1826 die Univerfität 
in Heidelberg beziehen. Er widmete ſich 
bier der Theologie und Philologie. Ber 
rühmte Namen, wie Daub, Paulus, Um: 
breit und Ullmann, ſowie Ereuzer, Bähr 
und Schloſſer waren feine Lehrer. Da 
die Vorlefungen des rationaliftifhen Pro⸗ 
fellors Paulus feinem Gemüte auf die 
Länge nicht entiprachen, wandte er fid 
der pofitiven Seite zu. Nachdem er 1829 
fein Eramen als Theologe beitanden hatte, 
trat er als Hauslehrer in eine englifche 
Familie und nad) anderthalb Jahren als 
folder in ein deutiches Haus in Trieſt. 
Hier fand er durch Berührung mit dem 
befannten Phnfiologen Rudolf Wagner 
und einem Basler Freunde das „eine 
Notwendige”. Weil er das Klima nicht 
ertragen fonnte, zog er ſich in feine Hei- 
mat zurüd, um in dem Sirchendienfte 
verwendet zu werden. No im Herbite 
1833 trat er als Vikar in den Dienit 
des Pfarrers Henhöfer von Spöd bei 
Karlsruhe, der befanntlih aus der rö- 
mifch-fatholifchen Kirche ausgetreten, mit 
ungewöhnliher Kraft und geiltreicher 
Volfstümlichfeit vor zahlreichen Menſchen 
das reine, lautere Evangelium verfün- 
dDigte. Der junge Vikar trat gerade in 
den Kreis der fieben Geiftlichen, welche 
wider den einzuführenden rationaliftifchen 
Katehismus den Kampf begannen. 


345 


Ledderhoſe. 


In Spöck war es, wo L. 1835 fein erſtes 
Buch: Das Leben Dr. Martin Luthers heraus: 
gab. Das Buch wurde ins frangöfiiche überfegt 
und erlebte 1883 drei verm. Auflagen. Bon 
den zwölf Bänden gefammelte Biographien L.'s 
heben wir unter anderen hervor: Philipp Me: 
lanchthon (ins englifche und franzöſiſche überfegt), 
Der alte Bergprebiger Johann Mathefius von 
Joachimsthal, Friedrich Myconius, Der Lieder: 
fänger Johann Heermann. Das Leben des würt: 
tembergiſchen Driginalpädagogen Johann Fried: 
rich Flattich intereifierte bejonders die pädago- 
giſche Welt und erfchien bis jett in 5 Auflagen; 
Forftmann, Herberger, Schöner und Hedinger. 
Zum Beften der chineſiſchen Milfion erfchien das 
Leben des berühmten Predigerd Jänide an der 
Bethlehems⸗Kirche in Berlin. Die Lebenäbilder 
der ogin Henriette von Württemberg, der 
beiden Patrioten Johann Jakob Mofer und jeis 
ned Sohnes, des Minijterd Friedrich Karl von 
Mofer erfchienen von ihm. Mit der Biographie 
deö großen Aurfürften Friedrih Wilhelm von 
Brandenburg betrat der Verfaſſer das hiftoriiche 
Gebiet. Dahin gehört aud die Geſchichte des 
fiebenjährigen Krieges, der in vielen taufenden 
Eremplaren verbreitet ift, und jo wie fein Wil: 
beim von Dranien, oder der Abfall der Nieder: 
lande bei dem chriftlichen Verein im nördlichen 
Deutichland erſchien. Einige feiner Bücher, wie 
das Leben des Jänide und des Bilhof3 Gott: 
lieb Spangenberg find ins holländiſche überjegt. 
Obwohl der Verfaſſer den Frieden liebt und 
vieles in der Erbauungsliteratur geichrieben hat, 
fo bat er doch das geiftliche Schwert ergriffen 
in feiner Brofhüre: Wahrheit od. Lüge wider 
die Schrift des Alban Stolz mit dem Titel: 
Diamant od. Glas. Auch das Gebiet der evans 
gelifhen Heidenmilfion ift in feinen Schriften 
über die Hottentotten, Bufchneger und Arawakken 
von ihm bereichert worden. Der Volksbote aus 
Baden, ein Kalender, wurde von ihm in den 
erften 21 Jahrgängen allein gnefchrieben und noch 
immer arbeitet er für denjelben. Das Ziel feiner 
amtlihen und literariſchen Thätigfeit war, das 
ihm am Herzen liegende Volk zu dem bewährten 
Grunde der evang. Kirche zu führen und darin 
zu ftärfen, 

Im Jahre 1836 wurde 2. als Pfarr: 
verwefer nah St. Georgen auf dem 
Schwarzwald berufen und im Jahre 1838 
diefe große Pfarrei ihm definitiv über: 
tragen. Fünfzehn Jahre hielt er unter 
vielem Segen dort aus. Die Pfarrei 
Brombadh in dem von Hebel befungenen 
MWiefenthale war im Jahre 1851 die 
zweite Pfarrei, die er zu veriehen hatte. 


dier trat er als Präſident eines Komites 


Lederer. — 
mit der jetzt ſo ausgedehnten Pilgermiſſion 
auf St. Chriſchona bei Baſel in Ber: 
bindung. Nur 8 Jahre konnte er in, 
Brombach bleiben, indem er jeine legten 
Kräfte feinem Heimatlande, der Pfalz, 
Ichenfen wollte. 1859 trat er jeine Pfar: 
rei Nedarau an und verwaltete zugleich 
dritthalb Jahre das Dekanat Ober-Hei— 
delberg. Auch hier wurde ihm eine Prä- 
fidentichaft aufgetragen über „Die Netz 
tungsanitalt armer Kinder „Pilgerhaus“ 
bei Weinheim, ſowie er jich auch bei dem 
chriſtlichen Vereinshaus in Mannheim be: 
teiligt hat. Im Jahre 1879 feierte er 
ſein fünfzigjähriges Amtsjubiläum, und 
als er 25 Jahre in feiner Gemeinde 
Nedarau war, wurde auch diejer Tag 
feitlih begangen. Im Frühjahr 1983 
erfreute ihn fein Großherzog mit dem 
Nitterfreuz des Zähringer Löwenordens 
erſter Klaſſe. 2. arbeitet noch immer li— 
terariich troß feines hohen Alters. 


Lederer, Siegfried, wurde am 30. 
uni 1861 zu Prag geboren. Sein am 
1. September 1856 verjtorbener Water 
war Lehrer und wandte dem Unterrichte 
des begabten Knaben außerordentliche 
Sorgfalt zu, während die Mutter in bes 
jonders günjtiger Weiſe auf ihres Kindes 
Herz und Gemüt einwirkte. 2. beſuchte 
die beiden Prager Gymnafien und bezog | 
1879, unterjtügt durch ein Franz-Jo⸗— 
ſeph-Eliſabeth-Goldſtipendium, die Unis | 
verfität dajelbit, wo er unter Beterfen, | 
Hilberg, Stumpf, Marty, Vielmetti, 
Holzamer u. a. die alt:flaffiihen und drei, 
moderne Spraden, fowie Philojophie | 
jtudierte. Nun wurde er Mitarbeiter verfchie: 
dener belletriftiichen Zeitichriften und Tageshlätter. | 
Damals entitand aud fein erſtes Buch: Aus | 
fonnigen Landen (Novellen nach italienischen und 
a ir Originalen), eine Bearbeitung von 
Ferraris Giovine ufficiale, die unter dem Titel | 
„Das Geheimnis des Herrn Marcheſe“ am Berliner 
Refidenztheater aufgeführt wurde, ferner eine 
freie Bearbeitung von Salvatore Farinas Ers 
zählung Il Signor Jo. 1884 unterzog ih 
2. der Lehramtsprüfung für klaſſiſche 


Philologie am Obergymnaftum, dann dem | 


346 


Jahren als Schüler verlaijen hatte. 


und gefiel jehr gut. 


Lehmann. 


philologiſchen und philoſophiſchen Rigo— 
roſum. 1884 kehrte er als Lehrer an 
dieſelbe Anſtalt zurück, die er vor fünf 
< I Mit 
dem Ober-Regiſſeur des Prager deutihen Landes: 
theaters, Karl Skraup, bearbeitete er nun Dus 
manoirö „Les femmes terribles“ ; dieſes Quits 
ipiel wurde unter dem Titel „Unter uns” im 
Berliner Wallnertheater zum eritenmal aufgeführt 
Faſt gleichzeitig erſchien 
eine Sammlung von Caſtelnuovos ausgewählten 
Novellen, von L. eingeleitet und frei bearbeitet. 


Mittlerweile war er zu der Familie des Prof. 


Dr. Otto Keller in freundichaftliche Berührung 
getreten; ein glüdlicer Zufall lieh ihn in dem 
Haufe deffelben eine neue Handichrift von Arrians 
Anabaſis entdeden. Der Bericht über Dielen 
von der Kritif freudig begrüßten Fund wurde in 
einem Sculprogramme veröffentlidt. 1886 
unternahm X. einen Ausflug nad Wien, 
der ihm von großer Bedeutung wurde, 
da ihm von mahgebender Seite die UÜber— 
jiedelung nah Wien ermöglicht wurde. 
Seit 1887 wirft 2%. am Staatsgumna- 
ſium daſelbſt als Profeſſor der klaſſiſchen 
Philologie, ſeine Muße ſchriftſtelleriſchen 
Arbeiten widmend. 


Lehmann, Bernhard, geboren zu 
Danzig 24. März 1851, beſuchte die 


Gymnaſien zu Danzig und Eulm a. W.; 


jtudierte in München, Königsberg, Inns— 
brud und Dlünjter vorzugsmweije Geſchichte, 
Geographie und Nationalökonomie; pro: 
movierte zu Innsbrud mit der Diiier: 
tation „Die Schrift des Wido von Fer: 
vara, Über das Schisma des Hildebrand, 
im Zufammenhange des Gregorianijchen 
Kirchenftreites”, welche 1878 erichien; 
lehrte 1879—86 als Gymnaſiallehrer 
an den Gymnafien zu Neuftadt, Deutſch⸗ 
Krone, Culm und Röſſel und jchrieb in 
diejer Zeit noch: Nepetitorium der alten Ge 
ſchichte und Das Volt der Sueben von Cälar 
bis Tacitus. Ein Beitrag zur Ethnographie 
der germanischen Vorzeit. Zugleich be: 
ihäftigte er fi praftiih auf fozialpoli- 
tiſchem Gebiet und gründete und leitete 
als Sekretär den „Weſt- und ojtpreußi- 
ihen Bauern:Verein“, für welden er 
auch ein Blatt, den „Weit: und Oſtpreu— 


— 


Lehmann. 


ßiſchen Bauer“ redigierte und bis 1886 


faſt allein ſchrieb. Dieſe Thätigkeit brachte 
ihn indeſſen mit ſeinen vorgeſetzten Be— 
hörden in ſo viele Mißhelligkeiten, un— 
tergruben durch Aufregung und Anſtren— 


gung feine Gejundheit, daß er fein Amt 


niederlegte und in feiner Heimatitadt eine 
Buchhandlung begründete, welche er jeit 
1886 leitet. 


Lehmann, Sojef, geboren am 19. 
November 1838 in Deutſch-Kahn in Böh— 
men, jtudierte in Leitmerig und Prag, 
war an mehreren Realichulen in Böhmen 
lehrthätig, wirkte dann an den Lehrer: 
leminarien in St. Pölten, Krems und 
Graz, in welch letterer Stadt er zugleich 
als Schulinipeftor das fommunale Schul- 
weſen leitete, und fungiert nun als Pro— 
fefior am Lehrerinnenieminar in Wien. 


Bon feinen verdienten Werfen heben wir ber: | 


vor: Deutihe Schulgrammatif für Yehrerbil: 


dungsanitalten (5. Aufl.), Zeitfaden für den Uns | 


terriht in der deutichen Grammatif (5. Auft.), 
Alphabetiiches Wörter:Verzeichnis, Sprach: und 
Auflagbuch für öfterreich. Bürgerichulen, Sprad: 
bud) für öfterreihiiche Volksſchulen (in zwei Aus: 
gaben). 

Lehmann-Filhes, Bertha (2. Ber- 
thold, B. Files). Ich bin am 20. Fe 
bruar 1819 in Berlin geboren. 


den Verkauf feines Rittergutes in Schle- 


ſien (Kammerswaldau) in einen Prozeß 
verwickelt, der ihn tief verſtimmte und 
ſeine Vermögensverhältniſſe bedeutend ges 


ſchädigt hatte. Zum Glück für ihn und 
uns Kinder verband meine Mutter mit 
einem ſtets fröhlichen Sinn hohe Selbſt— 
verleugnung, unermüdlichen Fleiß und 


itrenge Sparſamkeit, wodurch fie nicht nur 


ihren Haushalt auf anitändige Weiſe er: 


hielt, fondern aud) des Vaters Diut immer | 
aufs Neue belebte und uns durch ihr Bei⸗ 
Ipiel zur Einfachheit und Genügſamkeit 
erzog. Da mein Vater eine gediegene 


Bildung befaß und durch feine Berufs- 
thätigfeit gebunden war, übernahm er e8, 


uns Kinder ſelbſt zu unterrichten, eine 


Pflicht, der er fich mit der größten Ges 


347 


Mein 


Bater war ſchon vor meiner Geburt durch 


Leidesdorf. 


wiſſenhaftigkeit unterzog. Später über— 
gab er das Lehramt für einige Zeit einem 
Onkel von mir, dem vor einigen Jahren 
in Königsberg geſtorbenen Philoſophen 
Profeſſor Karl Roſenkranz. 

Die erſte Anregung zur ſchriftſtelleriſchen Thätig— 
keit erhielt ich durch die mir innig befreundete 
E. Ebeling, und zwar als ich bereits verheiratet 
war. Mein Gatte, der mir leider zu früh durch 
den Tod entriſſen wurde, gehörte dem Gelehrten: 
itande an. Er war Bhilologe, ein äußerſt geiſt— 
reiher Mann und dabei jo großdenkend, dal es 
ihm nie einfiel, auf meine liter. Beftrebungen 
bohmütig herab zu ſehen, wie es Gelehrte häufig 
zu thun pflegen. Das Schriftitellern mußte übris 
gens bald wieder ruhen. Wirtichaft, Mann und 
Kinder nahmen meine Thätigfeit Jahre lang aus: 
ſchließlich für jich in Anipruch. Aber wenn meine 
Kinder mir die Feder aus der Hand genommen, jo 
Ipielten fie mir diefelbe auch wieder in die Finger. 
Von dem Wuniche getrieben, das fejtjuhalten, 
was ich im unausgeſetzten Verkehr mit ihnen er: 
lauſchte, ſchrieb ich ihre naiven Fragen, ihre ori: 
ginellen Spiele — alles was mid fo innig er: 
freute und beglüdte, auf. Ich legte die Meinen 
Erzählungen einem Verlagsbuchhändler vor und 
zu meiner freudigen Überraihung erklärte dieſer 
jich fogleich bereit, die Sammlung unter dem 
Titel „Kinderwelt” mit Nllujtrationen von Theo— 
dor Hofemann zu veröffentlichen. Ich ſchrieb 
nun zunächſt noch ein Feines Buch: Liebesgruß, 
das auf ähnliche Weile entitand wie „Kinder: 
welt“, und dann gleich darauf für die erwach— 
ſene Jugend ein größeres Buch: Erinnerungen. 
Leider gerieth Letzteres durch ein Verfehen in die 
Kategorie der Kinderbücher, was ihm jedenfalls 
Schaden brachte. Darauf folgten meine größeren 
Bücher: Die petite mere, Elijabeth, Der Wäch— 
ter auf der Joſephshöhe. Ein Roman: Schloß 
Iſenſtein, iſt erit in neuerer Zeit erichienen. 
Zwiſchendurch hatte ich mich auch in das dram. 
Gebiet gewagt. Es glüdte mir mit cinigen 
Stüden recht gut; mehrere gelangten zur Auf: 
führung. Vor Allen gefiel das Heine Luſtſpiel: 
Er hat etwas vergeſſen. Es it fait über alle 
Bühnen Deutichlands gegangen. Mehrere Heine 
Quftipiele, wie 3. B.: Bergluft, Ein Braut: 
Eramen, Profeſſors Herzensitudien, Auf der 
Flucht, Bier Herzen und ein Schlag, Auf dem 
Gipfel des Glüds, Eine Landpartie, Blumen: 
ſprache zc. folgten. Kindermärhen wie: Dorn: 
röshen, Die Lindenfee hatten E. Ebeling und 
ich ſchon früher dramatifiert und herausgegeben, 





ebenſo ein Auftipiel: Zu jung, zuſammen ge 
\fchrieben, welches an mancher Bühne Deutich: 
lands gute Aufnahme fand. 

Leidesdorf, Mar, am 27. Juni 
1818 in Wien geboren, hat dajelbit jeine 


Leiningen-Wefterburg. 


Studien gemadht und das Doktordiplom 
erworben. Er verlegte fich vorzugsmeife 
auf das Studium der PBiydiatrie. 
befuchte die Irren-Anſtalten in Stalien, 
Deutichland, England und Frankreich und 
habilitierte fih 1856 als Dozent für pfy: 
chiſche Krankheiten. Hielt von da an Vor: 
lejungen, welche ſehr bejucht waren, meil 
er diefe Krankheiten in engem Anſchluſſe 
an die übrigen ſomatiſchen Erkrankungen 
abhandelte und fie als Gehirnfrankheiten 
darftellte. 

Im Jahre 1860 veröffentlichte 2. ein Kom: 

pendium der Pſychiatrie für Ärzte und Studie: 
rende. Fünf Jahre jpäter ein Lehrbuch der pin: 
chiſchen Krankheiten, in welchem die bahnbrechenden 
Gehirnanatomiſchen Studien Meynerts Aufnahme 
fanden und zum beredten Ausdrude der An— 
Ihauung L.'s über Geiftesftörungen wurden, in« 
dem er von der genauen Kenntnis des Gehirns 
eine gründlichere der pſychiſchen Krankheiten er: 
hoffte. Das Lehrbuch wurde auch ins Ztalienifche 
übertragen mit vielen Zufägen und einer Vor: 
rede von Schiff. Im Jahre 1866 wurde 
L. zum außerordentlihen Profeſſor feines 
Faces ernannt. 1870 entitand durch 
feine fortgefegten Bemühungen für den 
kliniſchen pſychiatriſchen Unterricht die 
erite derartige Klinik in Ofterreih. 1872 
wurde 2. zum Primarzte der Irrenab— 
teilung im Allgem. Stranfenhaufe; 1875 
zum Vorjtande der pſychiatriſchen Klinik 
in der Wiener Landesirrenanſtalt ernannt. 
Seine Vorleſungen erfreuen fi einer 
roßen Beliebtheit. Viele Publikationen 
ind aus feiner Feder erichienen, von de: 
nen jeine pſychiatriſchen Studien und 
feine Arbeiten über Epilepfie bejonders 
hervorzuheben find. Im Jahre 1886 
wurde 2. zum Oberften Sanitätsrat er: 
nannt. 


Zeiningen - Wefterburg, Karl 
Emich Graf zu, geboren am 5. Septbr. 
1856 zu Bamberg, abjolvierte 1874 das 
Max-Gymnaſium zu Münden, trat 1874 
beim fönigl. preuß. 2. Heil. Hular.:Reg. 
Nr. 14 ein, bei dem er, 1884 zum Pre: 
mierleutnant ernannt, nod) ſteht. 1880 
bis 1883 fungierte er als perlönlicher 
Adjutant des Erbgroßherzogs von Sadjen. 


348 


Er 


Leiftner. 


Er giebt fi in feiner dienftfreien Zeit 
dem Studium ber Ergänzung feiner Far 
miliengefchichte, der Heraldik und Sphra⸗ 
giſtik, auch der Numismatif hin, deflen 
Ergebniffe in Zeitichriften veröffentlicht 
wurden. 

Hervorzuheben: Geſchichte und Beichreibung 
der Burg NeusZeiningen, Friedrich J. Graf von 
Leiningen, der Minnefänger und fein Lich, Speyrer 
Bilhofschronif, Längsrillen, Die Kampfichilde in 
der St. Elifabethenfirhe zu Marburg, Mann» 
heimer Siegellammlung, Ein toison d’or Ma: 
nuifript zu Caſſel, Kedinghovens Wappenbucd zu 
Münden, Eine alte Steinffulptur zu Dürk— 
heim a./d., Die Satungen der Krämerinnung zu 
Grünſtadt, Hiſtoriſche Blätter aus dem alten 
Leininger Lande. 

Leiſtner, Carl von, wurde am 12. 
März 1837 als Sohn eines königl. Ad: 
vofaten zu Erlangen im bairifchen Kreiſe 
Mittelfranken geboren, bejuchte zuerſt das 
Gymnaſium feiner Vaterftadt, abjolvierte 
dann zu Münden und vollendete die jus 
riftifchen und philofophifhen Studien an 
‚der Erlanger Univerfität. Da feinen Va: 
‚ter am nämlichen Tage, an welchem bie 
Mutter nah ſchwerem Leiden verftarb, 
ein Schlagfluß traf und auch diefer ins 
folgedeſſen dabinfiechte, war er ſchon in 
den Jünglingsjahren auf ſich felbit ange: 
wiefen und fuchte baldige Unterkunft im 
Dienite der königl. VBerfehrsanftalten. Ob- 
wohl die Beichäftigung eines Eijenbahn- 
beamten feinen Wünſchen keineswegs ent: 
ſprach, widmete er ſich bderjelben doch 
1862—83 aufs eifrigſte, bis ein förper: 
liches Leiden 1884 feine Verfegung in den 
bleibenden Ruheſtand herbeiführte. 
Unter folden Verhältniſſen entihloß er ſich jos 
‘fort, auf dem literariihen Felde fünftighin feine 
ausfchlichliche Thätigfeit zu entfalten. Schon 
während feiner Studienjahre waren ſchriftſtelle— 
riſche Verfuche feine Lieblingsbeichäftigung. Wenn 
er jet nach einer Paufe von Jahrzehnten darauf 
surüdfam, jo ftand ihm eine durd viele ſchwere 
‚Prüfungen erlangte LZebenserfahrung zur Seite, 
und er hatte in feiner zweitebelihen Gattin Elite, 
geb. v. Leiftner, mit der er fi im Jahre 1880 
verheiratete, eine gleichen Beitrebungen zugäng: 
‚liche Gefährtin. Anfänglih widmete er fih vor: 
zugsweiſe der Verabfaflung von Romanen und 
Novellen, auch bochdeuticher Poeſie, worauf ſpä— 
ter Dialeftdichtungen in oberbairifcher Mundart, 








Leiſtner. 


Reiſeſtizzen und Eſſays folgten. In jüngſter Zeit 
endlich wurden auch Jugendſchriften und ſprach— 
wiſſenſchaftliche Ausarbeitungen in Angriff ge— 
nommen. Hauptwerke: Am Ponte dei sospiri 


(Rom.), Demastiert (Rom.), Die legte Schrante 


(Künitler-Rov.), D’ liab'n Berg’! (Dialeftdicht.), 


Die Tochter des Kerkermeiſters (Rom.), Standes: 


gemäß (Rom.), Wanderungen in der Fränkiſchen 
Schweiz, Des deutichen Reiches Schagfäjtlein am 
—— Die maleriſchen Seen Baierns 
(Reifeb.), Zwei Erben (Rom.), Waldröschen 
(Rom.), Fremdwörterbuch, Zwiſchen Bergen und 
Burgen (Jugendſchr.). 


Zeijtner, Elife von, als Tochter des 


349 


Ipäteren fönigl. Kreiskaſſa-Kaſſiers von 


Oberfranten Joſeph von 2. am 13. Fe- 
bruar 1851 zu Münden geboren, ver: 
brachte ihre Jugend im elterlichen Haufe, 
erhielt zu Bayreuth eine höhere Jnitituts- 
Ausbildung und fiedelte nad) dem Tode 
des Vaters mit Mutter und Brüdern in 
die Univerjitätsitadt Erlangen über. Dort 
verehelichte fie fih 1880 mit dem Vor: 
bergehenden. 
laßt, verfuchte auch fie das Glück auf lite- 
rariihem Wege, jomweit fi eine folche 
Thätigfeit mit den Pflichten einer rühri- 
gen Hausfrau und Mutter vereinbaren 
läßt. 


Von ihrem Gatten veranz | 


Menſchen. 











Der Herzensdieb (Erz.), Belauſchte Monologe 


(Nov.), Blauſtrümpſchen (Nov.). 
Zeitenberger, Johanna (Marie, 


Jean Litahorsky), wurde am 31. Januar 


1818 zu Prag geboren. Ihr Vater, der 


früher ein Gutsbefiger bei Prag geweien 


war und fein ganzes bedeutendes Ver— 
mögen verloren hatte, war ein Dann 
voll Willen, das er fich unter Fichte und 
durch Selbititubium erworben hatte. Als 
Johanna jehs Jahr alt war, ſiedelten 
ihre Eltern nah Wien über, wo ihr 
Vater als Agent niedersöjterreihiicher 
Spinnfabrifen eine Anſtellung erhielt. 
Johanna genoß unter den Augen des Va— 
ters eine vorzügliche Erziehung, fie wurde 
in der Muſik und Malerei ausgebildet 
und ihr die franzöſiſche, engliſche und ita- 
lieniſche Sprache geläufig gemadt, auch 
fand ihr poetiiches Talent reiche Nahrung 


' Durch anderthalb Jahre leitete Joh. 2. 


günſtig aufgenommenen Berfe: 
Werte: Mit gefeiten Waffen (Eheftandsepif.), 


riſche Verfuhe gemadıt. 





Leitgeb. 


in anregendem Verkehr mit hochgebildeten 
Mitten im glüdliditen Fa— 
milienleben traf Johanna der erſte harte 
Schlag des Schickſals — der Vater jtarb. 
In Böhmen, bei treuen Verwandten bot 
fih Mutter und Tochter ein neues Heim; 
durch drei Jahre leitete Johanna daſelbſt 
die Erziehung einer jungen Nichte. Ein 
Todesfall in der fie beherbergenden Fa⸗ 
milie löjte auch diefes Band. Nach einer 
Reife durch Norddeutichland kehrten Mutter 
und Tochter nad Wien zurüd, wo Joh. 
ihre ſchriftſtelleriſche Thätigfeit begann. 
Im Jahre 1848 vermählte fie fich mit 
dem Hofpoitbeamten E. Wolf, mit dem 
fie fpäter nad Unter-Steiermarf über: 
fiedelte, nur der Häuslichfeit und der 
Pflege ihres Töchterchens lebend, das ihr 
nad) wenigen Jahren durch den Tod ent: 
riſſen wurde. 1859 fiedelte fie nad) Graz 
über, und widmete ſich dem erziehlichen 
Beruf und ihrer jchriftitelleriichen Thä— 
tigfeit. 

Sie ſchrieb Artikel für Zeitfchriften und Ta; 
esblätter und gab damals auch ihr erftes ſelb— 
tändiges Büchlein: Marien: Frühlingslieder her: 
aus. Demielben folgten die, von der Kritik jehr 
Kindergarten 
(Märchen), Veronika von Teſchenitz (hiſt. Tip.), 
Die Phiole Caglioſtros (Luftip.), Epheu (Ged.), 
Lichtitrahlen (Nov.), Schneeglödchen (relig. eng 
ic ın 
Graz ericheinenden „Frauenblätter“, die wie fo 
viele derartige liter, Unternehmungen heutzutage 
aus Mangel an Interefle für nicht durchaus mas 
terielle Dinge eingehen mußten. Durch eine 
Reife nad) dem Süden richtete fie fih auf und 
fiedelte jpäter nah Salyburg über, wo fie noch 
gegenwärtig als Witwe lebt. 


Leitgeb, Otto Ritter von. Ich bin 


—* am 24. Oktober 1860 in Pola 


Iſtrien) als Sohn eines öſterr. Oberſten. 
Nah Vollendung meiner Gymnaſialſtu— 
dien bezog ich die Univerfität Wien, ging 
1881 nad) Heidelberg, darauf nah Inns— 
brud und fchließlich abermals nad Wien, 
wo ich 1884 meine juridiihen Studien 
zum Abſchluſſe brachte. 

Schon am Gymnafium hatte ich einige litera: 
In jener Zeit erichien 
mein erjter Aufſatz in Roſegger's „Heimgarten”, 


Leitner. 


mein eriter Igrifcher Verſuch in der Wiener „Neuen 
Illuſtr. Zeitung“. Nad Vollendung meiner Uni: | 
verfitätsjtudien widmete ich mich ganz literarifchen 
Arbeiten. Ih bin auf lyriſchem, Teuilfetonifti 
ſchem und novelliftiichem Gebiete thätig und 
glaube, meiner Tendenz nad) auf die Bahn gelenkt 
zu werden, deren Vertreter die gemäßigten, edle: 
zen (vorzüglich) franzöfiichen neueren Realiſten 
find. Meine Arbeiten erichienen biäher zerftreut 
in verfchiedenen belletriftiichen und Tagesblättern. | 

Leitner, Karl Gottfried Ritter von, 
geb. zu Graz am 18. November 1800, 
vollendete dort die Nechtsftudien und 
wurde von den ſteiermärkiſchen Landſtän— 
den, deren Mitglied er war, 1836 zum 
Ständejefretär gewählt. Die ſchweren, mit 
jteten Gemütsaufregungen verbundenen, 
geichäftlihen Anftrengungen während der 
politiihen Vorgänge im Jahre 1848, bei 
welchen 2. der freifinnigen Reformpartei 
der Landjtände angehörte, erichütterten 
feine ohnehin ſchwache Geſundheit fo fehr, 
daß er 1854 in den Ruheſtand trat und 
ſich mit feiner bruftfranten Gemahlin zu 
ihrer beiderjeitigen Erholung nad) Italien 
begab. Allein bald fehrte er mit der 
Leiche der geliebten Lebensgefährtin, die 
ihm in Piſa ein unerwarteter Tod ent: 
riffen hatte, wieder in die Heimat zurüd. 
Hier nahm er nad) einiger Zeit als jtän- 
diicher Abgeordneter und Referent beim 
Vereine zur Unterjtügung fteiermärfifcher 
Invaliden und bald darauf als Kurator 
des ſtändiſchen Joanneums, wozu ihn deſſen 
Gründer, Erzherzog Johann, 1858 er: 
nannte, die Bejorgung öffentliher Ge— 
ſchäfte wieder auf und bekleidete diefe Eh⸗ 
renämter bis 1864. 1870 verlieh ihm 
Kaiſer Franz Joſef in Rüdficht feiner dich: 
teriichen und öffentlich patriotiichen Thä- 
tigfeit den Orden ber eifernen Krone 
und 1880 die Univerfität Graz das 
Ehren » Doftorat der Philoſophie. L. 
nahm 1843 an der Gründung der inner: 
öfterreichiichen und fteiermärfifchen Ver: 
eine für Geſchichte, ſowie jpäter an jener 
der Zweig.Scillerftiftung in Graz leb- 








kiſchen Zeitichrift”. 


350 


Zeitungen, wobei er nicht ohne Glück vers 
haften Anteil; beteiligte ſich durch viele ſuchte, Paul Lindaus (f. d.) jatiriihe und 
Jahre an der Redaktion der „Steiermär: | feinfinnige Plauderei nachzue 
ı er auch weit hinter feinem geifi 


— Leitſchuh. 

Von ſeinen glänzend beurteilten Werken heben 
wir hervor: Gedichte (1825, 2. verm. Aufl. 1857), 
Herbitblumen (Ged. 1870), Novellen und 
(1880), Johann Baptift, kaiſ. Bring und Erzherz. 
von Ofterr. (Biogr. 1861), Anjelm Hüttenbrenner 
(Biogr. 1868). Viele von 2.'3 Gedichten wurden 
von Komponiften, wie Franz Schubert, Fr. Lach⸗ 
ner, Sigm. Thalberg, Konr. Kreuger, Anf. Hütten: 
brenner u. a., in Muſik gejegt. \ 

Leitſchuh, Friedrih, wurde am 4. 
April1837 zu Münnerftadt (Unterfranken) 
geboren, widmete fi dem Studium ber 
Philologie und Geſchichte. Seit 1874 
wirft derjelbe als Vorftand der Fönigl. 
Bibliothek und der königl. Kunſtſammlung, 
dann als Dozent der Kunftgefchichte am 
fönigl. Lyceum in Bamberg. 

Ton feinen vorzüglich beurteilten Werten heben 
wir hervor: Die Entftehbung der Mytbol und 
die Entwidelung der griechiihen Religion IE 
Otto von Botenlaube in feinen Liedern (1871), 
Der Entwidelungögang. der deutichen Kunft und 
Siteratur (1876), of. Heller in feiner Bedeutung 
für die Aunftgefchichte (1876), Beiträge —— 
ſchichte des Hexenweſens (1883), Albrecht 
Tagebuch der Reiſe in die Niederlande (1884), 
Katalog der Handichriften der königl. Bibliothel 
zu Bamberg (1887), Aus den Schügen ber 
Bamberger Bibliothef (1888), Führer durch die 
tönigl. Bibliothek und Aunftiammlung Bambergs, 

Leigner, Dtto v., geboren am 24, 
April 1847 in Saar (Mähren), gab ſich 
philofophifchen Studien an den Hochſchulen 
zu Graz und München hin, um fich nad 
deren Vollendung der au 
widmen. Er wirkte zunächſt einige: 
an einer Münchener Zeitung, ſchrieb 
einige Feine Artikel für die „ fi 
deren freundlihe Aufnahme ihn hoffen 
ließ, daß es ihm gelingen würde, in 
Berlin feiten Fuß zu fallen. Das jepte 
er auch durch, indem er als Mitglied in 
die Redaktion der „Berliner B 3." 
aufgenommen wurde, Seit 1883 fun 
giert v. 2. als Redakteur der von Jante 
herausgegebenen „D. Ro ng“, 
einem Unterhaltungsblatt. Außer 
jes, fchreibt 2. noch für einige 










1 
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mern, ° — 
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Lemde. 


bild zurüdbleibt. Außerdem hat L. meh: 
rere felbit. MWerfe verfaßt, von denen, 
außer einigen Eleinen Gedichtſammlungen, 
erwähnenswert find: 

Die moderne Kunft (1877), Anleitung in 60 
Minuten Kunſtkenner zu werden (1879), Jllus 
ftrierte SLiteraturgeichichte (1880), Aefthetiiche 
Studien für die Frauenwelt (1880), Unfer Jahr: 
hundert (1883), Das Apoitelcden (Rom. 1855), 
Blitz und Stern (Nov. 1886). 

Zemde, Karl (Karl Danno), wurde 
in Schwerin am 26. Auguft 1831 geboren, 
ftudierte in Göttingen, Münden, Heidel— 
berg Philoſophie und Literaturgeichichte, 
vervolljtändigte feine Kenntniffe in Paris 
und habilitierte ſich 1862 an der Univer: 
fität zw Heidelberg, die ihn 1867 zum 
außerord. Profefjor ernannte. 1873 folgte 
er von Münden aus einem Rufe nad 
Amjterdam, 1876 nad) Aachen und 1885 
nad Etuttgart an die dortige technilche 
Hochſchule. 


Von ſeinen glänzend beurteilten Werken heben 
wir beſonders hervor: Geſchichte der deutſchen 
Dichtung neuerer Zeit (von Opitz bis Klopſtock, 
1871), Bopuläre Aſthetik (5. Aufl. 1878); unter 
ob. Pfeud.: Lieder und Gedichte (1861), Beowulf 


(Rom. 1882), Ein füher Knabe (Nov. 1884). | 


Lemke, Elifabeth. Ich bin am 5. Juni 
1849 in Rombitten (bei Saalfeld in Dit: 
preußen) neboren und habe jeit dem Herbit 
1886 meinen Aufenthalt in Berlin. 
Mein Bater Richard Lemke (geb. 1818 
in Danzig, geit. 1879 in Rombitten) war 
Rittergutsbefiger und über zwanzig Jahre 
lang Landſchaftsrath. Meine Erziehung 
wurde im Elternhaufe durch Gouvernan⸗ 
ten beforgt. 
Lebensjahr war ich mir ſelbſt überlafien. 
Die Liebe zur Natur und das Verlangen 


nach ſchriftlicher Aeußerung empfangener 


Eindrüde waren von früheſter Zeit an in 
mir rege. 
Es waren zumeift Feuilletons (darunter einige 


351 


Von meinem jechzehnten | 


Lemling. 


** (für Soli, Chor und Orcheſt.) „Die 
Waldksnigin“ verfaßt, welche 1882 in Danzig zur 
| Aufführung fam. 1881 erichienen meine Apho— 
\riömen in ®erien, „Loſe Körner”, welche eine 
fehr günitige Aufnahme fanden. Seitdem habe 
ic) mich vorwiegend um die Verwertung des in 
meiner Heimat Volkstümlichen bemüht und zus 
gleich mein Intereffe für die Natur aus bloßer 
Beobachtung zu wiſſenſchaftlicher Beſchäftigung 
geführt. Ich durfte bald ertennen, daß ragen, 
welche allgemeinere Teilnahme beanipruchen fün- 
nen, etwas Treibendes, uns von unferer eigenen 
Beſchränkung Befreiendes in fi tragen, Meine 
Verbindungen dehnten fi immer mehr aus; fo 
wurde ich im J. 1882 Mitglied verich. wiſſenſch. 
Vereine. (Weſtpreuß. bot.»z00log. Verein, An: 
thropologiihe Sektion in Danzig, Berlin. Ge 
jellichaft f. Anthropologie, Ethnologie und Urs 
geſchichte) 1883 evfchien der 1. Teil meines 
| Buchs „Volfstümliches in Oſtpreußen“. Das Bud 
ı erfuhr gleichfalls eine günstige Beurteilung. 1886 
erſchien der 2. Teil „Volkstümliches in Djtpreus 
ben“. Ein 3. Teil ift in Ausjicht genommen 
worden. — Der Zwed meines nunmehrigen Auf: 
enthalts in Berlin beiteht darin, mir weitere 
Kenntnifie in einzelnen Wiſſenſchaften, befonders 
in Böltertunde zu erwerben. Daneben babe ich 
die feuilletoniftiiche Thätigfeit wieder aufgenom: 
men und neuerdings angefangen, Vorträge über 
Völkerkunde zu halten. 


Lemling, Joſef. Ih wurde am 17. 
Januar 1825 in Marmagen, Urft (Rhein: 
provinz) geboren, und lebe nod) jegt da- 
ſelbſt. Seit 1846 bis zur heutigen Stunde 
widmete ich meine rajtloje Thätigfeit den 
photographiſchen Fortichritten und allem 
was dazu dient: Optik, Chemie zc., op: 
tiſch⸗chemiſche und mechaniſche Gravier— 
und Druckverfahren für Kunſt, Glas und 
teramiſche Induſtrie. Mein Endziel iſt 
die Förderung der Kleine und Hausin- 
duftrie.. Nur infoweit bin ih Schrift- 
fteller, als ich dasjenige, was ich im 
Laufe von 40 Jahren durch meine For— 
ſchungen, Reifen und praftiihen Arbeiten 
für die Praris als zweddienlic erfannt, 
in nadjftehenden Schriften veröffentlicht 
habe: 








novelliftiiche Arbeiten) und kleinere Dichtungen, Zuerſt ſchrieb ih Beiträge zu W. Horn's 
die im Drud erſchienen und zwar in der Danz. Photog. Journal, dann (1860) vollendete ich 
Zeitung, in der Oſtdeutſchen Preſſe ꝛc. Yon den | mein erftes Werft: Der praftiiche Photograph 
Gedichten wurden einige im Laufe der Zeit in (2. Aufl.), und fchrieb Beiträge zu Fr. Boll: 
Mufit geſetzt, u. A. von Wilh. Tappert. Mit mann’s photog. Monatöfchriften. Yon 1864 bis 
dem Komponiften Franz Jöge wurde gemeinfam | 1866 erichien mein Werf: Der Forſcher auf dem 
das Libretto der dann von ihm fomponierten Gefammtgebiete der praftiihen Photographie, 


Lemmermayer. 


1869 und 1870 meine zwei Bändchen: Die photog. 
Fortſchritte der neueften Zeit, Die Photoverrotypie, 
das erite Werfchen über Lichtdrud. Zahlreiche 
Mitteilungen von mir erjchienen in H. Krüger's 
Phot. Zeitung und in der Zeitſchrift: Licht, im 
Photogr. Wochenblatt, in der deutihen Photo: 
araphensZeitung und in verfchiedenen Zeitfchriften 
für Thoninduftrie. 1875 erichien mein Werf: 
Der freund des Photographen, 1885 und 1886: 
Die Photographie im Dienfte der Induftrie. 1887: 
Der Photo » Chemifer und die Hausinduftrie. 
I. Bändchen. 

Lemmermaher, Frig, wurde am 6. 
März 1857 als der Sohn eines ange: 
jehenen Borträtmalers in Wien geboren. 
Der Vater ftarb früh und ließ feine Fa- 
milie ohne jegliches Vermögen zurüd. 
Danf dem Fleiß und der Opfermwilligfeit 
feiner vortrefflihen Dlutter war es dem 
Knaben vergönnt, eine gute Schule zu 
beſuchen, nad) deren Abjolvierung er bie 
Univerfität feiner Vaterſtadt bezog, wo 
er mit Vorliebe philojophiichen, hiſto— 
riihen, literatur und kunſtgeſchichtlichen 
Studien oblag. Einer Künjtlerfamilie an⸗ 
aehörend, unter Bildern und Elaffifcher 
Mufit, die feine Mutter übte, aufge 
wachſen, mit den Erzeugnifjen der Lite: 
ratur früh vertraut, wurde ſchon in feiner 
Kindesieele die Liebe zur Kunſt gemwedt 
und entwidelt. Früh zeigte ſich die Nei- 
gung zum poetiſchen Schaffen; ein Erft: 
lingsverjuch, eine Dorfgefchichte, die Auf: 
nahme in einem Blatte fand, ermutigte 
F. 8%. zu weiteren fchriftitelleriihen Ars 
beiten. Er ſchrieb dann Kritiken, Feuilles 
tons, Eſſays, Skizzen, Gedichte und hatte 
bald die Freude, jeine Arbeiten in vor: 
nehmen Blättern abgedrudt zu fehen. 
1882 madte er eine größere Reife durd) 
Deutichland, jchrieb 1883 feinen mittel: 
alterlihen Roman Der Alchymiſt, der zuerit 
in einer Zeitichrift veröffentliht wurde, 
und ein Jahr darauf als Buch erichien, | 
von der Kritif fait allgemein jehr günftig 
aufgenommen. Schwere Zeiten raubten 
ihm bald darauf, was er beſaß. Er ging 
nad) Italien und bereitete in Genua ge— 
meinſam mit Felir Bamberg (j. d.) die 
Herausgabe des reichen Briefwechjels Fries 





352 


Lentz. 


drich Hebbels vor. Gegenwärtig iſt F. L. 
mit der Veröffentlichung ſeiner geſam— 
melten Skizzen, Eſſays zur Literatur und 
Kunſt, Gedichte und der 2. Auflage ſeines 
Alchymiſten beſchäftigt. 


Lentz, Michel. Ich bin in Luxemburg 
am 21. Mai 1820 geboren. Nachdem 
ih allda die Primärjchulen beſucht und 
meine Humaniora abfolviert hatte, bezog 
ih 1841 die freie Univerfität in Brüfkel, 
die ich jedoch bald verließ, um bei der 
Reorganifation der Regierung 1843 als 
einfacher Unterbeamte in die Landesver⸗ 
waltung einzutreten. Ich wurde bald zum 
Kedakteur befördert und habe bis 1869 
alle Stufen des Subalternbeamtentums 
durchgekämpft, bis ich als dienitthuender 
Büreauchef 1869 zum Amte eines Rates 
an ber fgl. großh. Rechnungskammer be 
fördert wurde. 

Meine erjten Schöpfungen find harmloſe Lies 
der, die ich zum Bergnügen und zur Erbeiterung 
meiner freunde im gejelligen Kreije dichtete, und 
die nad) und nad aus den engen Grenzen des—⸗ 
felben hinaustönten und mid zum weitern Ar 
beiten ermutigten. So hat fich aus Gelegenheits⸗ 
liedern und Gedichten nach und nad das Bänd⸗ 
hen angejammelt, das ich in die Welt hinaus» 
geſchickt habe, und welches das Publikum und die 
Preſſe mit jo viel Güte aufgenommen haben. 
ift der Nachklang meiner Empfindungen aus dem 
Leben und aus der Natur, die ich über Alles 
liebe, und das Rejultat meiner Erfahrungen unter 
den Menfchen. Was mid; aber beionders bemog, 
die ganze Sammlung herauszugeben, das war 
der Wurf, einen beicheidenen Beitrag zur Li— 
teratur der deutichen Dialekte zu liefern, meinen 
fangesliebenden LZandesfindern Lieder zu geben, 
und dem leider viel verbreiteten Vorurteile, als 
eigne fich unjere Mundart nur zur Bearbeitung 
von ſpaßhaften, felbit trivialen Thematas, ent 
gegen zu treten. Im Jahre 1865 wurde ich zum 
Ritter der Eichentrone, 1876 zum Ritter 1. Abtei⸗ 
lung des großh. Sahlen-Weim. Ritterordens der 
Wachſamkeit oder vom weißen Falten und 1879 
zum Offizier der Eichenfrone ernannt. 

Hauptwerfe: Der Feierwon (1859, zum Na> 
tionallied der Luremburger geworden), 
Späh an Jericht (Ged. 1873), Hierfchtblumen 
(Ged. 1887). 

Lenz, Oskar, wurde am 13. April 
1848 in Leipzig geboren, jtudierte daſelbſt 
Naturwiſſenſchaften und zog nah Abſchluß 


Leo. 


feines Studiums nad) Wien, wo er eine 
Anftellung bei der geologiihen Reichs— 
anftalt fand. Bon dort aus unternahm 
er mehrere Forichungsreilen, die in einer 
ſolchen nah Weſtafrika (im Auftrag der 
Deutihen Afrikaniſchen Gejellihaft in 
Berlin) gipfelten. Nach wenigen Jahren 
bereits beauftragte ihn diejelbe Gefell- 


ſchaft 


fremden Landes. Die reichen Er— 


gebniſſe dieſer Reifen hat L. in den ſehr 
verdienſtlichen Werfen: Stkizzen aus Weſt⸗ 


Afrika (1878) und Reiſe durch Marokko, Sahara 
und Sudan (1884) niedergelegt. Seit 1883 
iſt 2. Nedakteur der interellanten Zeit- 
ſchrift „Aus allen Weltteilen“, welche 
Stellung derjelbe niederlegte, als er im 
Sommer 1885 eine dritte Erpedition 
nah Afrika im Auftrage der k. k. geogr. 
Sejellihaft in Wien unternahm. 1887 
zurüdgefehrt, wurde 2. zum ord. Pro: 
feffor der. Geographie der deutichen Uni- 
verfität in Prag ernannt. 


Leo, Auguft, ſ. A. Pulvermacher. 
Leonie, $., ſ. F. Lortſch. 


Lerſch, Bernard Marimilian, iſt ge 


boren zu Aachen am 12. Oktober 1817. 
In den Jahren 1836—41 beſuchte er die 
Univerfitäten Bonn und Berlin und Die 
Barijer Kliniken. Seit 1842 war er als 
praftifher Arzt zu Aachen thätig; jeit 
1875 hat er fih von der Praris zurüd- 
gezogen. Hauptſächlich der Balneologie zu: 
gewandt, hat er die hervorzuhebenden vor: 
züglich beurteilten Werfe verfaßt: 
Geſchichte der Balneologie und Begologie (1863), 
Hydro⸗Phyſik oder Lehre vom phyſikaliſchen Ver: 
balten der natürlihen Wäſſer, namentlih von 
der Bildung der falten und warmen Quellen (2. 
Aufl. 1870), Hydro⸗Chemie oder Handbud der 
Chemie der natürlichen Wäſſer nach den neucjten 
Refultaten der Wiſſenſchaft (2. Aufl. 1870), Die 
phyſiologiſchen und therapeutifchen Fundamente 
der praftiichen Balneologie und Hydropoſie auf 
Grundlage des Verſuches und der Beobadhtung 
am gefunden und franfen menſchlichen und tie 
riſchen Organismus (1868), Monographien der 
Dineralwätter von Burtiheid, Spa, Malmedy, 
Die Ruinen des Römerbades zu Aachen (1878), 
Über die Urſachen der Erdbeben (1879), Kalender 


Das literarifhe Deutſchland. 


353 


zu einer zweiten Reife zur Erjchlie: | 


Leske. 


des Naturbeobachters (1880), Ewiges Kalendarium 
(1877), Über die ſymmetrifchen Verhältniffe des 
Planeten:Syitems (1885. Strenge Befolgung der 
Regel des goldenen Schnittes unter anderen merk: 
würdigen Berhältnifien). Vorher gingen 2 ähnliche 
Abhandlungen. Aachen, Burticheid und Umge— 
bung. Führer (4. Aufl. 1885, außer den Über— 
ſetzungen). Beſchäftigt ift er zunächſt mit einer 
umfaflenden Chronik der Erdbeben und mit einem 
Abriß der Chronologie. 


Leske, M., |. M. Witter. 


Leffing, Julius, wurde am 20. Sep: 
tember 1843 in Stettin geboren, widmete 
ſich dem Studium der Kunftgeichichte zu 
Berlin, wurde 1866 zu Bonn zum Doktor 
promoviert, habilitierte fih 1870 und 
wirkt ſeitdem als Profeſſor an der Ted): 
niſchen Hochſchule zu Berlin, hauptiächlich 
Geſchichte des Kunftgewerbes lehrend. 1872 
wurde 2. zum Direktor am Kunſtgewerbe⸗ 
mujeum ernannt. Won feinen hochver— 
dienten meijt funftgefhichtlihen Werten 
heben wir befonders hervor: 
Altorientaliihe Teppihmufter (1877), Die Re: 
naiſſance im heutigen Kunſtgewerbe (1877), Mufter 
altdeuticher Keinenftiderei (1878, 10. Aufl. 1885), 
| Silberarbeiten des Anton Eifenhoit aus War: 
burg (1881), Holzichnigereien des 15. und 16. 
Jahrhunderts (1882), Der Modeteufel (1884), 
Was ift ein altes Kunſtwerk wert? (1885). 

Le, Emil Adolf. Geboren am 14. 
‚April 1855 zu Königsberg i. Pr., be: 
juchte ich 1863— 73 das dortige Kneip- 
höfiſche Gymnafium und widmete mid) 
nad) erlangter Daturität dem Studium 
der Mathematik und Naturwiſſenſchaften 
an den Univerfitäten Königsberg, Heidel— 
berg und Leipzig. Nachdem ic am lep- 
teren Orte den philofophiichen Doftorgrad 
erworben hatte, war ich jeit 1878 Aſſi— 
ſtent am phyfifaliichen Inititut der Uni- 
verfität Heidelberg, bis ich im Herbit 1881 
nah Berlin überfiedelte. 

Hier wandte ich mich ſeit dem Jahre 1883, als 
Aififtent für Phyſik und Meteorologie an der 
fgl. landw. Hocichule, ganz beionders der me: 
teorologiihen Wifienihaft zu, welche mid auch 
zu der Tagesprefie in engere Beziehung brachte. 
Nicht allein verfah ich als Voriteher eines pri» 
vaten „Berlin. Wetterbureaus“ eine Anzahl Ber: 
liner Zeitungen mit täglichen Wetter-Prognoſen, 
Wetterkarten zc., fondern ich war auch beitrebt, 


23 








LeusSteding. 


durch öftere Feuilletons, kürzere Zeitungsnotizen 
und anderweit veröffentlichte Aufläge populär: 
wiſſenſchaftlichen Inhalts die Ergebnifie der 
Witterungsfunde weiteren Kreifen zugänglich zu 
machen. 

Leu:Steding, Bünther, geboren am 
10. Oftober 1860 zu Celle, beſuchte das 
Real-Gymnafium feiner Vaterftadt, wid— 
mete fih dann dem Staatsdienft, war eine 
Zeit lang als AJujtizanwärter bei dem 
Amtsgerichten Celle und Geeftemünde und 
beim Landgerichte in Lüneburg thätig. 
Seit 1884 lebt er unabhängig als Schrift: 
jteller und hat 1886 jeinen Wohnfig von 
Celle nad) Berlin verlegt. . 

Von feinen Schriften führen wir mit Über— 
gehung der fritiihen bier an: Liebe in der Küche 
Geſangspoſſe, Muſik von Guſtav Steffens 1885), 
Sie will es nicht (Schwanf 1886), Die Andere, 
(Schaulp. nad W. Heimburg 1887); Höher und 
höher (Schaufp. nach dem böhm. Roman von 
Luzick⸗Srbova, 1887). 

Levetzow, Ferdinand Carl Auguft 
von, geboren am 23. Januar 1820 zu 
Pinneberg (Holitein), wurde von tüchtigen 
Hauslehrern vorgebildet, bejuchte die „‚ge- 
lehrte Schule” zu Ploen und bezog 1839 
die Univerfität Berlin, danach Heidelberg, 
Münden und Kiel, an welchen er, dem 
Willen feines Vaters, nicht der eigenen 
Neigung folgend, die Rechte jtudierte. Ein 
unglüdliherSturz mit einem Pferde machte 
dem Studium und der Jurilterei ein vor: 
Schnelles Ende und veranlaßte &., ſich der 
Zandwirtichaft zu widmen, die er 3 Jahre 
praftiih bei feinem Bruder erlernte. 
1848 zog v. 2. mit gegen Dänemark, 
wurde Offizier und fpäter im Kriegsmini- 
fterium bejchäftigt. 
das Bundesfontingent als ſolches auf: 
bob, und 2. in ein däniſches Regiment 
verjegt wurde, nahm er fofort feinen Ab: 
Ihied und ging vorläufig nad) Mecklen— 
burg, ſpäter nad) Bayern, wo die frü- 
heren ſchleswig-holſt. Offiziere Anftellung 
fanden. Hier erlernte er den Telegraphen: 


dienst, fand auch eine Anftellung in Düne: | 


chen, trat aber bald zum Poſt- und Eiſen— 
bahndienft über und erhielt 1855 ein 
einträgliches Amt, das ihn in den Stand 


354 


Als aber Dänemarf | blattes“. 
„Sädj. DVorfzeitung‘ in Dresden-Neu: 
jtabt, wo er bis 1883 verblieb, zu welcher 


i 





— Levi. 

ſetzte, ſich einen Hausſtand zu gründen. 
1864 wurde er zum Poſtmeiſter von Kiel, 
dann zum Poſtdirektor daſelbſt ernannt, 
nahm jedoch 1874 eines Augenleidens 
halber, ſeinen Abſchied und ſiedelte nach 
Pinneberg über. 

Dort lebt v. L. ausſchließlich ſeinen ſchriftſtelle⸗ 


riſchen Arbeiten als feuilletoniſtiſcher Mitarbeiter 
von Zeitſchriften und Tagesblättern. 


Levi, Eliſe (E. Henle), geboren am 
10. Auguſt 1832 in München, empfing 
eine treffliche Erziehung im Hauſe ihrer 
Eltern, verheiratete fi 1853 mit dem 
Fabrifbefiger Levi in Ehlingen, feit 1881 
in Münden. Früh ſchon begann €. L. 
zu dichten, indem fie ein bejonderes Ta: 
[ent für das leichte Luftipiel an den Tag 


legte. 

Hervorzuheben: Ein Duell (1871), Der 18. 
Oktober (1871), Durch die Intendanz (preiäge: 
frönt 1878), Die Wiener in Stuttgart (1879), 
Der Erbontel (1880), Das Teftament des Grafen 
(1881), Monrihard in Wiener Heimat (Rom. 
1883), Entehrt (1883), Liebeöqualen (1883), 
Guat is's (Dicht. im bayer. Dial. 1884), Murillo 
(1885). 


Levy, Alphonje (Ernft Maurer, Al: 
phonje Müller), wurde am 19. November 
1838 in Dresden geboren und dort er— 
zogen, Nach einer ziemlich bewegten Lauf: 
bahn ging er im Jahre 1575 zur publizifti- 
ſchen Karriere über. Worübergehend war 
er Reitartifelichreiber der „Dresdner Nach— 
rihten“, dann (1876/77) Redakteur der 
„Dresdner Zeitung”. Darauf fchrieb er 
längere Zeit die Xeitartifel des „Birnaer 
Anzeigers“ und des „Meißner Tage: 
1880 wurde er Redakteur der 





Zeit er in die Redaktion des „Freiberger 


| Anzeigers” trat, wo er noch jet arbei: 
‚tet, 


Moſaiſcher Religion, lebt er mit 
einer Brotejtantin vermählt in jehr glüd: 


licher Ehe. 


Außer zahlreichen, in Tagesblättern verftreuten 
Novellen und Auffägen (Überfegungen von 2a: 
martines „Oraziella“, „Rapbael* und feiner Ge 


dichte) verfaßte er: Apfelblüten (Dicht.), Jean 
Jacques Nouficau, Meiſterwerke der Dresdner 


Lewald. — 355 — Leyden. 


Gallerie (25 Sonette), Die Begräbniskapelle im Die graue Degeneration der hinteren Rüden: 
Dom zu Freiberg (Feſtſchrift). Eine große Ver: | marköftränge (1863), Reflerlähmungen (1870), 
breitung fanden Es deutſchen. franzöfiſchen und Über Lungenbrand (1871), Klinik der Rüdens 
—— en. ——— — — markskrankheiten (1874 - 76). 
s ums. er ⸗ ⸗ 
Gotta * ‚on em die Verbienftmebaile en —— Leu 
ür Kunſt un iſſen . am 22. 
Lewald (-Stahr), Fanny, wurde am | Januar 1864 in Kottbus, befudte ans 
24. März 1811 in Königsberg geboren, fangs die Realſchule feiner VBaterftadt und 
empfing eine treffliche Häusliche Crziehung | Auge —— vollendete —* Re 
nd trat 1828 zum Chriftentum über, | er auf ärztliche Anordnung von vegelmäßi: 
Nach einer ee literar. Thä- | — Schulbeſuch Abjtand nehmen mußte, 
ee ee reg 
rofeſſor Dr. Ado ahr, un ⸗ 
—— pille Ehe ihre Thätigkeit fort. gabten Vaters, der in jungen Jahren 
Wert uf Werk erfchien, und Er wurde ſelbſt die Aufmerkjamteit A. v. Humboldts 
bald eine der fruchtbarften Botinnen vom | auf ſich zu lenken wußte, weckte frühzeitig 
Parnaß, zugleich) aud) eine der geadhtetften, ed — ſchlummernde poeliſche 
und letzteres mit Recht; denn nicht allein or um \ ug im Jahre 1881 erfchien 
—— pe und — wi en J au — ann a 
, jondern auch tiefes Gem , 
And bie ee ihrer Schöpfungen. die 2. Auflage erlebte, jeither aber vers 
Hauptwerke: Italienifches Bilderbuch (1847), | griffen ift. Später erfchien, zahlreicher Ars 
Erinnerungen aus dem Jahre 1848 (1848), | tifel in Zeitſchriften nicht zu gedenfen, eine 
Meine Lebensgeihichte (1861—62), Dfterbriefe } ; 
für Frauen (1863), Für und wider die Frauen politifche Broſchüre, und im Jahre 1886 
ee ——— 
n ’ ’ — 
ſentlich erweitert hatte, wieder in ſeine 


en (1874), Busen ahnen) * — 
er 6), a Ne» ‘ . 

Le Novellen (1879, Helmar Heimat zurückgekehrt war, die Gedicht⸗ 
(1880), Treue Liebe (1882), Stella (1883), Im — Wilde Ranken heraus, bie von 
Abendrot (1885), Familie Darner (1885). der . —— ein aufgenommen 

{ j am 20. April , Wurde. Gegenwärtig bereitet 2., der durch 
* eg —— wihmete Eh Vorträge und Improviſationen vielfach an 
dem Studium der Medizin, dem er 1849 | NeOffentlichteit tritt, die Herausgabe einer 
bis 1854 zu Berlin oblag. 1853 pro, etzählenden Dichtung Des Judentnaben Weib, 
movierte er, legte 1854 fein Stantseramen |" um und eine Novelle in Verjen 
ab und wurde Militärarzt in Düffel- | Por Dir zu mir, von mir zu Dir! vor. 
dorf, fpäter in gleicher Eigenfchaft noh| Liebenwein, Joſef Richard de Ca— 
in Danzig, Gumbinnen und Königsberg |lafanza Paul Alerander Akbar Rao ( Fe⸗ 
wirlend. 1859 wurde er zum Oberarzt lice d'Agaro), wurde am 22. Auguſt 1864 
ernannt und nad) Berlin verſetzt. 1865 | zu Wien geboren. Im Haufe feiner Eltern, 
folgte er einem Ruf als Profefior und | teils in Wien, teils auf deren Gütern 
Direktor der med. Klinik nad) Königsberg, | bei Lilienfeld in Niederöfterreich, genof 
1872 nad) Straßburg und 1876 nad) er eine forgfältige Erziehung; eine hoch— 
Berlin. 2. it Mitherausgeber der „Zeit- | gebildete Mutter erteilte ihm felbft den 
Ihrift für kliniſche Medizin“. Außer vies |erften Unterricht in den Elementargegen: 
len Abhandlungen dort und in anderen |ftänden, fowie in den mobernen Spraden. 
Zeitihriften verfaßte 2. die als hochbe> | Dann fam er in das Gymnafium des 
deutend anerkannten Werte: Benediktinerordens zu den Schotten in 


23% 


Liebmann. 


Mien. Nachdem er die Gymnaſialſtudien 


356 


Liebrecht. 


richt in einer Privatſchule meiner Heimat 


vollendet hatte, ſchickte ihn ſein Vater auf erhalten. 1848 kam ich aufs Gymnaſium 


die juridiſche Fakultät der Univerſität 
Wien, welche er 1887 glücklich abſol— 
vierte. 

1885 erſchien in der Zeitung „Der Reichs— 
bote” die Erzählung „D' Rieglerin“ als erites 
gedrudtes Opus. Zahlreiche Heinere Geſchichten 
und die größeren Erzählungen „Florl“, „Beo“ 
und „Lelia” folgten in ralcher Reihenfolge, von 
denen beſonders die letztere in der Wiener Gefell: 
ſchaft gefiel. 
1885 die Voſſe „Zwilchen zwei Stühlen” aufge: 
führt und das Luſtſpiel „Die Söhne des Conte“, 
danach 1886 das Schaufpiel „Lady Rhoda Bougb; 
ton“. Außerdem veröffentlichte er die Genealogie 
der engliihen SHerzogshäufer im Almanach) de 
Gotha (1886— 88). 


Liebmann, Otto, geb. 25. Februar 
1840 zu Löwenberg in Edhlefien, jtudierte 
an den Univerfitäten Jena, Leipzig, Halle, 
habilitierte fih 1866 zu Tübingen als 
Privatdozent der Philoſophie. Dachte 
1570— 71 als Kampagne Freiwilliger den 
franzöfifchen Krieg mit. Wurde 1872 bei 
Neubegründung der Univerfität Straßburg 
als außerord. Profeſſor dorthin berufen. 
Nah einigen Jahren zum ord. Profeſſor 
ernannt, gehörte er der Straßburger Unis 


verfität bis 1882 an. Im leßtgenannten | 


Jahr folgte er einem Ruf als ord. Bro: 
feſſor an die Univerfität Jena und wurde 
zum großberzogl. ſächſ. Hofrat ernannt. 


Bon den verdienitvollen Werten L.'s heben wir | 


bervor: Kant und die Epigonen, eine kritische 
Abhandlung (1865), Uber den individuclien Be: 
weis für die Freiheit des Willens (1866), Über 
den objektiven Anblid, eine kritiſche Abhandlung 
(1869), (anonym) Bier Monate vor Paris, Be: 
lagerungstagebucd; eines KampeFreiw. (1871), 
Analyſis der Wirklichkeit, eine Erörterung der 
Grundprobleme der Philofopbie (1876, 2. verm. 
Aufl. 1880), Gedanken und Thatlachen, pbilofo: 
phiiche Abhandlungen, Aphorismen und Studien 
(1582), Uber philofopbilche Tradition, eine akade— 
milche Antrittörede (1883), Die Alimar der Theo: 
rien, eine Unterfuhung aus dem Bereich der all: 
gemeinen Wilicnichaftslehre (1884); außerdem 
zahlreiche Abhandlungen, Aritifen und Skizzen in 
Fachzeitſchriften. 


Lieboldt, Johannes Chriſtian Auguſt. 
Ich bin am 1. Mai 1836 in Travemünde 
geboren und habe meinen eriten Unter: 


Don feinen Dramen wurde zuerft | 


nad) Zübed, infolge der bejonderen Mühe, 
die mein jeliger'Bater auf mich wandte, 
gut vorbereitet. 1857 bezog ich die Unis 
‚verfität Erlangen, um Theologie zu ſtu— 
‚dieren, hernach bejuchte ich Berlin und 
Tübingen. 1861 machte ih in Lübed 
mein Eramen pro ministerio und über: 
‚nahm in Holftein, danad) auch in Eng: 
land Hauslehrerftellen, war aud) ein Jahr 
lang in Lübeck als Privatlehrer thätig, 
‚daneben häufig durch Vertretung von Geiſt⸗ 
‚lihen mid im Predigen übend und auf 
meinen eigentlichen Beruf vorbereitend. 
1864 erhielt ich die Stelle des erften Leh- 
rers am Marquard'ſchen Inſtitut in Dres: 
‚den und blieb hier, bis ich 1866 ans 
Gymnafium zu Eutin berufen wurde (als 
‚ Ordinarius der Quarta und für das He 
‚bräifche). Zum Baftor wurde ic) 2 Jahre 
ſpäter gewählt, und zwar in einer ſchles— 
‚wigichen Gemeinde der Propftei Tondern, 
Klanrbüll mit Namen. Hier blieb ich bis 
1872, von dieſer Zeit an bekleidete ich 
‚das Amt als Paftor der heil. Geiſt-Ge— 
‚ meinde und des Grfl. Neventlowitiftes in 
Altona, dazu wurde mir Predigt und Seel: 
ſorge an der Altonaer Gefangenanftalt an: 
vertraut. 1873 verheiratete ich mich mit 
Emilie A. F. Bartholly. 

Hauptwerfe: Die St. PaulisKirche fonft und 
jet (1882), Das neue Reventlom:Stift in Al: 
tona (1885), Der Streit über die Aurisdiktion 
im Schauenburgiichen Hofe zu Hamburg (1881), 
‚Der Aufenthalt des Chriftianus Demofritus in 
Hamburg und Altona (1884), Urkunden aus dem 
preußifchen geheimen Archiv in Betreff der Belage: 
— durch die Dänen im Jahre 1686 

4). 


Liebrecht, Felix, wurde am 13. März 
1812 zu Breslau in Schlefien geboren. 
Anfänglich nad) dem Tode feines Vaters 
zum Haufmannsjtande beitimmt, beichloß 
er fpäter, fi den Studien zu widmen, 
und beſuchte nad) Ablegung des nötigen 
Examens die Univerjitäten zu Breslau, 
Berlin und Münden von 1828—33. 
1848 zum Profeſſor der deutfchen Sprache 








Liebrecht. 


an das Athénée Royal zu Lüttich in Bel- 
gien berufen, bekleidete er dieſe Stelle bis 
1868, wo er fich penfionieren ließ. Zu: 
vörderjt dem Studium der Philologie ob: 
liegend, wendete er fi) dann bejonders 
dem der Volkskunde zu, ſchrieb mannig- 


857 


— Lier. 

losbrach, verließ er heimlich die Lehre und 
ließ ſich in Rendsburg anwerben. Nach dem 
1849er Feldzug nahm er in einer Apotheke 
zu Fehmarn ſeinen Beruf wieder auf, 
wurde aber bald von neuem einberufen 
und machte den Feldzug 1850/51 mit, 


trat darauf wieder in ſeine alte Stelle 
verſchiedenen gelehrten Zeitſchriften abge- ein, verblieb daſelbſt drei Jahre, konditio— 
druckt wurden. L. ift Ehrenmitglied der nierte 1 Jahr in Heide, 2 Jahre in Eutin, 
Geſellſch. zur Beförderung des Nord. Mus | ftudierte zwei Semefter in Kiel und zwei 
feums zu Stodholm, Mitglied der Afas | Semefter in Gießen. Nach beendetem Stu: 
demie der gemeinnüglichen Wiffenichaften | dium trat er in Altona als Volontär ein, 
zu Erfurt, der Academia Scientiarum machte in Ofdenburg (Großherzogtum) fein 
Bonarumque Artium zu Palermo, der | Eramen, um die Hofapothefe zu Eutin zu 
Societä Siciliana per la Storia Patria | übernehmen, die fein Vater für ihn fäuf- 
in Palermo, der Academia di Scienze, | lich erworben hatte. Hier arbeitete er an ver: 


fache darauf bezügliche Arbeiten, die 3 


Lettere ed Arti de’ Zelanti zu Aci-Reale, 
der Sociedad del Folk-lore Castellano 
zu Madrid, der Associagao dos Jor- 
nalistas e Escriptores zu Liſſabon. Ein 
Chlagfluß, der ihn zu Anfang diejes 
Jahres (1887) betroffen, hat ihn faft ganz 
des Gedächtniſſes beraubt und hindert ihn 
daher, ſich ferner mit wiſſenſchaftlichen 
Arbeiten zu beichäftigen. 

Er gab heraus: Der Pentamerone oder das 
Märchen aller Märchen, aus dem Neapolitaniſchen 
übertragen von F. 2., nebit einer Vorrede von 
Jacob Grimm (1846), Des heiligen Johannes 
von Damascus Barlaam und Zofaphat, aus dem 
Griehiihen, mit einem Vorwort von Ludolph 
von Bededorff (1847), John Dunlops Geſchichte 
der Proſadichtungen oder Gefhichte der Romane, 
Novellen, Märchen u. ſ. w., aus dem Englifchen, 
vielfach vermehrt und beridhtigt, ſowie mit ein» 
leitender VBorrede, ausführlihen Anmerkungen und 
einem vollitändigen Regiiter verjehen (1851), Des 
Gervafius von Tilburg Otia Imperialia, in einer 
Auswahl neu herausgegeben und mit Anmerkun: 
gen begleitet (ein Beitrag zur deutſchen Mytho— 
logie und- Sagenforjhung, 1856), Zur Volks— 
funde, alte und neue Auffäte (1879). Die Werte 
wurden in deutfchen und fremden Zeitungen vor: 
züglich beiprochen. 

Liebrecht, Marie, |. Digrie Haug. 

Lienan, Wilhelm, wurde am 2. No: 
vember 1831 zu Neujtadt a. d. Oſtſee in 
Holjtein geboren, bejuchte das Gymnafium 
zu Lübeck und trat als Lehrling in eine 
Apotheke dajelbit ein. 


Ihiedenen chemiſchen Zeitichriften: „Ardiv der 
Pharmacie”, „Chemiſche Centralballe” u. a., 
gründete und redigierte die „Semeinnügigen Blät⸗ 
ter" (mit dem Rechtsanwalt Böhnder), die aber 
fpäter eingingen, ſchrieb 1863 die „Flora des 
Fürftentums Lübeck“ und wurde als Gerichts— 
chemiker für daflelbe angeftelt. 1879 ver: 
faufte er jeine Apothefe und zog bald dar: 
auf nad) Rendsburg, wo er eine Droguen- 
handlung anlegte und die jchleswig-hol- 
jteinfche „Filchereisgeitung“ gründete, die, 
als 2. nad) zwei Jahren von der Redaktion 
zurüdtrat, aufhörte zu ericheinen. Nach» 
dem er feine Droguenhandlung verkauft, 
ift 2. als Gerichtschemifer in Rendsburg 
beeidigt und beichäftigt ſich außer mit vor: 
fommenden chemiſchen Unterfuchungen mit 
literariichen Arbeiten. 


Lier, Hermann Arthur, geb. am 1. Fe— 
bruar 1857 zu Herenhut als Sohn eines 
Kaufmanns, bezog, nachdem er für kurze 
Zeit die Erziehungsanftalt der Brüder: 
‚gemeinde zu Nisfy bejucht hatte, 1872 
das Gymnaſium zu Zittau, das er nad) 
Beftehung der Reifeprüfung 1878 wieder 
verließ, um fih dem Studium der Ger 
ſchichte zu widmen. Er wandte ſich zu die: 
ſem Zweck zunächft nah München, wo er 
gleich im Beginn des erften Semefters in 
das von Wilh. von Giejebrecht geleitete 
hiftorifche Seminar eintrat. In München 











Als 1849 zum verfaßte er eine Arbeit über den Augs— 


zweiten Dale der Krieg gegen Dänemark burgiſchen Humaniftenfreis mit befonderer Beruͤck⸗ 


Lierow. 


—** Bernhard Adelmann's von Adelmanns⸗ 
elden, auf Grund welcher er 1882 zu Leip⸗ 
zig promovierte. Nach Leipzig war er be— 


358 


— Lilie. 

Dann ging er nach Schleiermachers Tode 
1834 nach Roſtock zur Vollendung ſeiner 
Studien. 1835 abſolvierte er das Ten- 





reit6 1879 übergejiedelt, um dort jeine tamen und 1838 das Rigorofum und 


Studien zu vollenden. 


arbeiter an der fgl. öffentlichen Biblio: 


thef zu Dresden, welche er noch inne hat, 


nachdem ihm 1886 der Titel eines Euftos 
verliehen worden it. 

Zum Teil im Zufammenbange mit feiner amt: 
lihen Thätigfeit hat er ji in Dresden vor allen 
ber Beichäftigung mit der deutichen Literatur zus 

ewandt, während ihm feine Vorliebe für die bil- 
ende Aunft zu verichiedenen Arbeiten auf diefem 
Gebiet anregte. Noch in Leipzig jchrieb er einen 
Auflag unter dem Titel: „Ottmar Nachtigalls 
Joci ac sales mire festivi. Ein Beitrag zur 





Kenntnis der Schwantliteratur im 16. Jahrhuns | 


dert.“ Einige Jahre Ipäter veröffentlichte er „Die 
Briefe des Dichters 3.3. Ewald an den Stall: 
meijter von Brandt.” Neben diefen Arbeiten lie: 
erte er zahlreiche populärwilienihaftlihe Auf: 
äte aus den Gebieten der Geſchichte, Literatur und 


Kunst für Zeitichriften und Tagesblätter. Auch 
iſt er Mitarbeiter der „Allgemeinen deutichen Bio: 


graphie“. 1886 übernahm er die Bearbeitung 
des Tertes für das von W. v. Seidlik heraus: 
gegebene „Hiſtoriſche Porträtwerk“. 


Lierow, Guſtav Adolph Wilhelm, iſt 
geboren den 30. Januar 1813 zu Spendin 
bei Kloſter Dobbertin (Mecklenburg), wo 
ſein Vater Gutspächter war. Die erſten 
10 Jahre verlebte er im elterlichen Hauſe. 
Dann fam er in das Haus des Kloſter— 
hauptmanns Ferdinand von Raven zu 
Dobbertin, um mit deſſen älteftem Sohne 
unterrichtet und erzogen zu werden. Hier 
nahm ſich auch die edle Frau des Haufes 
feiner aufs Freundlichjte an und blieb 
zeitlebens feine muütterlihe Freundin. 
1828 bezog erdas Gymnaſium zu Güftrom 
und 1832 die Univerfität zu Berlin, um un: 
ter Schleiermadjer und Neander Theologie 
zu ftudieren. 1833 ging er nad) Göt- 
fingen, wo er mit dem Profeſſor Ama- 
deus Wendt befreundet wurde, ber ihn 
an Adalbert von Chamiſſo empfahl. Bon 
Göttingen fehrte er 1833 nad Berlin 
zurüd, wo er num auch mit Adelbert v. 
Chamiſſo in freundlihen Verkehr trat. 





tung fanden. 


n. 1881 erhielt er | wurde im felben Jahre zu Lohmen zum 
eine Anjtellung als wiſſenſchaftlicher Hilfs- | Paſtor erwählt. 


Er verheiratete ſich 
1847 mit Dttilie, geb. Zangfeld, der Tochter 
eines Gerichtsrats zu Parchim. 

Er gab 1842 einen Band „Lyriſche Gedichte‘ 
heraus, welche jehr wohlwollend beſprochen wur ⸗ 
den; ſodann 1843 mit John Brinkman das 
„Meckl. Album‘‘, dann 1844 „Chriftliche Zeit 
lieder. Dann erſchienen 1848 ‚Vier Lieder“, 
die damals in der Prefie ganz befondere Bea» 
Dann erihien „Am Reformations⸗ 
feſt“ (1882, ein Seitlied). Außerdem finden ſich 
zerftreut Lieder von ihm in vielen Zeitfchriften, 
die er noch zu einem Bande zu fammeln beab» 
fichtigt. 


Lilie, Adolf (Wolfgang Schild), wurde 
am 22. Dftober 1851 zu Ober⸗-Kratzau 
in Deutſch-Böhmen als der Sohn eines 
Tuchmalfersgeboren. Er beſuchte die Stadt: 
ſchule in Kratzau und kam dann auf die Real⸗ 
ſchule nach Reichenberg, mußte dieſelbe aber 
ſchon nach zwei Jahren verlaſſen, da ſeinem 


Vater, infolge des ſchlechten Geſchäftsgan— 





ges im Kriegsjahre 1866, die Mittel zu ſei— 
nem Weiterſtudium fehlten. Schweren Her— 
zens nahm er von dem liebgewordenen 
Studium Abſchied und wurde Tuchmacher. 
1869— 72 war er im Geſchäfte feines 
Vaters thätig, ſehnte fi) aber aus den 
Feſſeln heraus und wurde, als es, infolge 
eines neuen Aufichwunges der Schule, 
überall an Lehrern fehlte, Aushilfslehrer 
an der Schule zu Maffersdorf. Diejes 
Amt war fein verlodendes, jondern 309 
Demütigungen und Enttäufhungen nad) 
fi, die ber, für die Jugendbildung be 
geifterte 2. ſchwer empfand. Er beſchloß, 
„wirklicher“ Unterlehrer zu werden, und 
befuchte zu dieſem Zwed die Lehrerbil- 
dungsanftalt zu Trautenau. Auf Grund 
feines Beugnifies erhielt er, nachdem er 
fih von einer ſchweren Erkrankung, in 
folge Überanftrengung, erholt hatte, eine 
Anftellung als Unterlehrer an der Knaben: 
ſchule zu Gablonz, an der er noch heute 


Liliencron. 


wirkt. 1879 erwarb er ſich das Zeugnis 
für Bürgerſchulen. 

Die in jenem Jahre erwachende nationale Bes 
wegung begeiiterte 2. und lich ihn den Plan 
faiten, eine Erzählung auf deutichnationaler Grund» 
lage zu fchreiben und in derfelben für die deutſch— 
nationale Erziehung einzutreten. Sein Plan ver: 
wirflichte ich bald. Xeider fand fein Wert, 


dem er den Titel „Auf treuer deutiher Wacht“ 


gegeben hat, zwar eine treffliche Beurteilung, 
trogdem aber nicht den erhofften Erfolg. Dejien 
ungeachtet verlor 2. nicht den Mut, fondern jtrebt 
auf der beichrittenen Bahn rüjtig vorwärts. 
Lilieneron, Nohus Freiherr von, 
wurde am 8. Dezember 1820 in Plön 
(Holjtein) geboren, genoß eine treffliche, 
von tüchtigen Hauslehrern geleitete Erz 
ziehung, bejuchte zweds Abihluß feiner 
Vorbildung die Gymnaſien zu Plön und 
zu Lübeck und bezog im 20. Lebensjahre 
die Univerfität Kiel, um Theologie zu 
jtudieren. Da ihm diejes Studium jedod) | 
nicht zufagte, wandte er ſich den Rechts— 
wiſſenſchaften, jpäter aber wieder in Kiel, 
nachdem er inzwiichen auch Hörer an ber 
Berliner Hochſchule gewejen, germani— 
ſtiſchen Studien zu. Im Jahre 1846 
wurde er zum Doktor promoviert, und ging | 
nad Dänemarf,umnordiiche Spradjtudien 


359 


— Silienfeld. 

Redaktion der, ‚Allgemeinen deutichen Bio- 
graphie“ zu leiten, zu welchem Zweck er 
nad) München überfiedelte. Im Jahre 
1876 wurde 2. zum Prälaten und Propjt 
des adeligen St. Johanniskloſters zu Schles- 
wig ernannt, in welcher ritterichaftlichen 
Stellung er noch jegt amtiert. — Literariſch 
bat fih 2. beſonders als ausgezeichneter 
Germanift einen Ruf erworben. 

Hervorzuheben: Lieder und Sprüche aus ber 
legten Zeit des Minnefangs (mit W. Stade 
1855), Über die Nibelungenhandichrift E. (1856), 
Düringiihe Chronik von Johann Rothe (1859), 
Die hiſtoriſchen Volkslieder der Deutichen vom 
13.— 16. Jahrhund. (1865—69), Deutiches Leben 
im Bolfslied um 1530 (18855). 

Lilienfeld, Baul von, entitammt dem 
livländifchen Zweige einer alten, in Liv— 
und Eitland weitverbreiteten Adelsfami- 
lie. Er ift zu Bialyitod am 29. Januar 
1829 geboren, erhielt feine erite Erzie— 
bung auf dem väterlichen Gute Hallef bei 
Bernau. Danad) fam er auf das Peters— 
burger Gymnaſium und endlid in das 
faiferl. Alerander:&yceum, wo er ſich vor: 
nehmlih mit Nationalöfonomie beſchäf— 
tigte. 1849 trat er in den Staatsdienft 
als Beamter im Ofonomiedepartement des 








an Ort und Stelle zu betreiben. 1848 
habilitierte er fich zu Bonn, unterbrad) 
jedoch feine afademiiche Laufbahn, um an 
der Erhebung jeines Vaterlandes gegen 
Dänemark teilzunehmen, was er als Be: 
vollmächtigter der proviforischen Regierung 
bis 1850 in Berlin that. Zum Pro: 
feſſor in Kiel ernannt, jedoch von der dä— 
niſchen Regierung nicht anerkannt, folgte 
er 1852 einem Rufe als außerord. Pro: 
feſſor der deutichen Philologie nach Jena. 
Nur 3 Zahre lehrte er hier, dann wurde er 
zum Sachſen⸗Meiningiſchen Geheimen Ka— 
binetsrat ernannt und bald darauf auch 
mit der Intendantur und Leitung der 
Hoffapelle betraut, ſpäter auch zum Her: 
joglihen Bibliothefar ernannt. 1869 
wurde 2. zum Mitglied der bayerijchen 
Akademie der Wiflenichaften erwählt und 
von der hiftorischen Kommiſſion in München | 
mit dem ehrenvollen Auftrag bedacht, die 


! 
1 





Minifteriums des Innern unter N. Mi- 
liutin, deſſen beſonderer Gunft v. 2. fi 
zu erfreuen hatte. 1853 erfolgte L.'s An— 
jtellung beim Gouvernement von Eitland 
in Neval. Während des Krimfrieges 
wurde 2. dem fommandierenden General 
Grafen v. Berg zugeteilt, den er auch als 
Beamter nad) Finnland begleitete. Dort 
vermählte fih P. v. 2. mit der Gräfin 
Caroline Mellin. Er gab fi) nun der 
Verwaltung feiner ausgedehnten Güter im 
Beterhofichen Kreije hin und wurde 1861 
vom Staat als Friedensvermittler jenes 
Kreifes ernannt, welches jchwierige Amt 
er mit großem Erfolg bis 1867 verwal- 
tete, und bei welcher Gelegenheit er ſich 
namhafte Verdienite um die Negelung der 
Wirren erwarb, die bei der damals er- 
folgten Abſchaffung der Leibeigenſchaft ent- 
ftanden. Seine Beitrebungen wurden durch 
Verleihung von Orden und Ehrenzeichen, 


Limpurg. 


360 


Lindau. 


wie durch die Erwählung zum Präfidenten | tigte, über die er auch im „Deutichen 


des Landichaftsamts des Beterhofichen 
Kreifes anerfannt. Manchen wichtigen 
Fortſchritt inbetreff des Schulweſens ꝛc. 
rief er hier ins Leben. 1866 wurde er 
auch zum Ehrenfriedensrichter und bald 
danach zum Präſidenten dieſer Körperſchaft 
berufen. So lernte er Land und Leute 
gründlich kennen, und auch die Schatten: 
jeiten der dort herrichenden Verhältniſſe 
blieben ihm nicht fremd. Er legte dieſe 
Erfahrungen in dem (anonym erichiene- 
nen) Bud: Sand und Freiheit (1868, ins 
Deutjche überfegt 1870) nieder. Vorher ſchon 


(1860) war 2. mit Erfolg literarifch an die Offent« 
Iichfeit getreten, und zwar mit dem trefflichen 


Werk: Grundlagen der Nationalöfonomie. | : r 
en 1877 die Monatsfchrift „Nord und Süd”, 


Jahre 1867 wurde v. L. zum Vice-Gouver: 
neur von Petersburg und 1860 zum Gou— 
verneur von Kurland ernannt, als welcher 
er fih das volljte Vertrauen und die An- 
erfennung der Bewohner jeiner Provinz 


erwarb. Er wirkte in diefer einflußreichen | 


Stellung bis 1885, da er fid) nad) Peters- 
burg zurüdzog und zum Senateur ernannt 
wurde. Die Staatsregierung ehrte den 
verdienjtvollen Beamten durch Verleihung 
vieler hoher Orden. 

Was L.'s literariſche Thätigkeit anbetrifft, jo 
ift befonders fein hochbedeutendes, von ungemei: 
nem Wiffen und klarſter philoſophiſcher Anſchau— 
ung zeugendes Werft: Gedanken über die Sozials 
wwiffenfchaft der Zukunft (5 Bde. 1873—81), her: 
vorzuheben: I. Die menſchliche Gefellichaft als 
realer Organismus, 1]. Die fozialen Geſetze, 
III. Die foziale Pſychophyſik, IV. Die foziale 
Phyſiologie, V. Der Verſuch einer natürlichen 
Theologie. Das im wahren Sinne des Wortes 
monumentale Werk hat die höchſte Anerkennung 
ſe itens aller Autoritäten auf diefem Gebiete ge: 
funden. 


Limpurg, Franz, 
haufen. 


Lindau, Paul, wurde am 3. Zuli 


ſ. Ziegler⸗Kli pp: 





Muſeum“ 2c. feine erſten Aufſätze ver: 
öffentlichte. Promovierte nach ſeiner Rück— 
kehr in die Heimat mit einer Diſſertation 
über Molières Individualität in ſeinen 
Werken. Trat zunächſt in die Redaktion 
der „Allgemeinen Preußiſchen Zeitung“ 
ein, leitete dann ſelbſtändig die „Düflel- 
dorfer Zeitung“, jpäter die „Elberfelder 
Zeitung“, begründete 1869 das „Neue 
Blatt” in Leipzig, ſiedelte 1871 nad 
Berlin über, wo er furze Zeit ald Nach— 
folger Carl Heigels die Redaktion der Lis 
terariichen Beilage des „Bazar“ erledigte, 
rief 1872 die „Gegenwart“ ins eben, 
deren Redakteur er bis 1881 blieb, und 


deren Herausgeber er noch heut iſt. Der 
Verſuch, eine jpezifiih Berliner Wochen⸗ 
fohrift unter dem Titel „Das Neue Ber 
lin“ zu fchaffen, fchlug fehl. Neben die- 
jer, feiner journaliftiihen Wirkſamkeit er- 
warb fih 2. auch den Auf eines äußerft 
‚fruchtbaren und genialen Schriftftellers. 
| Yelonbers ragt er auf dem Felde ber 
"Satire hervor, feine Harmlofe Briefe eines 
| deutichen NHleinftädters (1870-71, 2. Wufl. 
11879), zählen zu ben beiten Erzeug— 
niffen jener Gattung, die wir überhaupt 
befigen. Auch als Bühnendichter ver: 
‚zeichnet 2. ungewöhnliche Erfolge, wenn 
auch feine eigentlihe Domäne die Plaus 
derei ift. Dieſe ſprudelt in geiftreicher, 
nie ermübdender, nie langmweiliger Weife, 
von Schneidigen Geiftesbligen durchleuchtet, 
aus jeiner Feder, und wenn er aud) zahl: 
loſe Nachahmer gefunden hat, fo ift Lindau 
doch ihr Meifter geblieben. Won beion: 
derer Bedeutung für &. wurde der Auf- 
‚enthalt in Leipzig, wo er mit Heinrich 
Laube in innigften Verkehr trat. Laube 
brachte auch L.'s dramatiiches Erftlings: 








1839 in Magdeburg geboren, ging nad) | werk Marion“ am dortigen Stadtthealer 
Abjolvierung jeiner Studien in Halle und | zur Aufführung, und dem andauernden re 
Berlin nad) Paris, wo er fi) während gen Verkehr mit Laube, der inzwiſchen 
eines mehrjährigen Aufenthaltes mit der nach Wien als Direktor des von ihm ge: 
franzöfiichen Literatur namentlich des acht- gründeten Etadttheaters übergeftebelt war, 
zehnten Jahrhunderts eingehend beſchäf- | ift es zuzufchreiben, daß L. fih nun vor 





361 


Lindau. Linde. 
Allem der Bühnenfchriftitellerei zumandte. | Amt zu Berlin verfegt, 1880 zum vor: 


„Maria und Magdalena‘ war eines der er: tragenden Rat und 1884 zum Geheim— 


ſten Schaufpiele, die das Laube'ſche Stadt: 
theater mit größtem Erfolge zur Auffüh: 
rung bradte. 

Hauptichriften: Bühnenmwerfe: Theater (1879 
bis 1881, 2. Aufl.) und Schau: und Luftipiele 


(1888): Marion, In diplomatifcher Sendung, | 


Maria und Magdalena, Diana, Ein Erfolg, 


Tante Thereje, Der Zankapfel, Gräfin Lea, Ber: | 


fhämte Arbeit, Jungbrunnen, rau Sufanne 
(mit Hugo Lubliner), Mariannens Mutter, Ga: 
leotto (nad) Echegaray). Erzählungen und Ro: 
mane: Kleine Gefchichten (1872), Herr und Frau 
Bewer (1852, 8. Aufl. 1887), Toggenburg und 
andere Geichichten (1583), Mayo (1884, 5. Aufl.), 
Helene Jung (1885), Der Zug nad) dem Weiten 
(1886, 5. Aufl. 1887), Arme Mädchen (1887). 
Siterariihe und kritiihe Schriften: Literarifche 
Rüdfichtslofigkeiten (3. Aufl. 1872), Moliere 
(1872), Alfred de Muffet (2. Aufl. 1877), Dra: 
maturgifche Blätter (1874, Neue Folge 1879), 
Gefammelte Aufläge (1875), Aus dem literari« 
ſchen Franfreih (2. Aufl. 1882). Reifen: Aus 
Venetien (1864), Aus Paris (1865), Vergnü— 
aungäreilen (1875), Aus der neuen Welt (1885), 
Im Fluge (1885). Verichiedenes: Harmlofe Briefe 
eined deutichen Kleinftädters (1870 und 1871, 
2. umgearbeitete Aufl. 1879), Moderne Märchen 
(1871), Nüchterne Briefe aus Bayreuth (1876, 
11. Aufl. 1887), Überflüffige Briefe (3. Aufl. 
1878), Wie ein Luftipiel entfteht und vergeht 
(1876), Zwei ernjthafte Geichichten (1877, 2. 
Aufl. 1878), Bayreuther Briefe vom reinen Tho— 
ren, Rarfifal (5. Aufl. 1883), Aus der Haupts 
ftadt (2., Aufl. 1883), Interefiante Fälle 
(1888). Überlegungen zahlreiher Werfe von 
Augier, Dumas und Sardou. 


Lindau, Rubolf, geboren am 10. Of: 
tober 1830 zu Gardelegen (Alimarf), ein 
Bruder des Vorigen, fiudierte Philoſophie 
und Philologie, um den Beruf eines Zeh: 
rers zu ergreifen, dem er auch ſechs Jahre 
lang in Frankreich oblag. Glüdliche per: 
ſönliche Verbindungen ermöglichten ihm 
den Eintritt in die diplomatiſche Karriere, 
welche ihn weit in der Melt berumführte, 
jo befonders für lange Zeit nad Aſien, 


deſſen Rolf und feine Sitten er gründlid) | 


ftudierte. Nach Teutichland zurüdgefehrt, 


Attaché der deutihen Botſchaft in Paris 
auszuzeichnen, worauf cr, 1877 zum Le: 


\ 


wurbe ihm Gelegenheit geboten, fich | mit dem monumentalen Werf: 


‚Rat ernannt wurde. 

|  Literarifch machte 2. ſich in Deutfchland zuerft 
bekannt dur feine Berichte aus dem deutſch— 
franz. Kriege, den er als Sekretär des Prinzen 
Auguft von Württemberg mitmachte. Diefelben 
erichienen jpäter gefammelt in Buchform. Bor: 
nehmlich ift 2. aber ala Novelliit bervorgetreten. 
Hauptwerfe: Un voyage autour du Japon 
(1863), Peines Perdues (Nov. 1871), Die preu- 
Hiihe Garde im Feldzuge 1870—71 (1872), Er: 
zählungen und Novellen (1873), Robert Aſhton 
(Rom. 1876), Schiffbrud (Nom. 1877), Liquidiert 
(Nov, 1877), Bier Novellen (1878), Gordon 
Baldwin (Nov. 1878), Die Heine Welt (Nov. 
1879), Gute Gefellihaft (Rom. 1880), Winter: 
tage (1882), Der Gaſt (Nov. 1883), Auf der Fahrt 
(Nov. 1886). 


Linde, Antonius von der, wurde am 
14. November 1833 zu Haarlem in Hol- 
land geboren, jtudierte in Amjterdam, 
Leyden und Göttingen Theologie und 
wurde im Sahre 1859 in Amjterdam 
als altreformierter Prediger angeſtellt. 
Sein begeijtertes Eintreten für Deutſch— 
lands Ehre und Anſprüche vernotwendigte 
im Jahre 1871 feine Auswanderung nad) 
Deutichland. 2. wurde 1876 als Preuße 
nationalifiert und wirft jeitvem als Ober: 
bibliothefar der kgl. Landesbibliothek in 
Wiesbaden. 2.,deralseinerdergelehrteiten 
lebenden Träger der Wiſſenſchaft gilt, hat 
ſich literarifch vornehmlich und zuerſt wei- 
‚ten Kreifen durch jeine Ehrenrettung Gus 
tenbergs gegenüber dem Coſterſchwindel 
befannt gemadt. Er hat eine anerfen: 
nenswerte Vorliebe dafür, dunklen Exiſten⸗ 
zen, vor allem falſch beurteilten Berfön- 
lichkeiten nadhzufpüren. Eo hat er unter 
anderen die Geichichte des falichen Deme— 
trius und den Caſpar Haufer geichrieben, 
fo bat er die entlegenjten Quellen der 
Geſchichte und der Literatur des Schach— 
ipiels aufgeſucht, insbefondere aber einen 
glänzenden Beweis feines Willens und 








Ihichte und Erfindung der Buchdruck— 
funft erbradt. 


Aus dem vielfeitigen verdienftlihen und all« 


gationsrat ernannt, in Tas Auswärtige | feitig anerfannten literarifchen Schaffen A. v. d. 


Lindenberg. 


Lindes heben wir bejonders hervor: Bibliographien: 
Haarlem (1868), Balth. Bekker (1869), Bened. Spi- 
noza (1871), Die Handichriften der k. Landesbiblio— 
thef zu Wiesbaden (1877), Die Naffauer Drude 
dalelbit (1882), Die Naflauer Brunnenliteratur 
daſelbſt (1883), Das Breviarium Moguntinum 
(1884) ıc.; Theologie: Ecelesia Reformata mi- 
litans (1859), Das Konzil von Dordrecht (1863), 
Das Leben Jeſu (1865), Gefammelte Abhandl. 
(1866— 68); Philoſophie: Spinoza (1862), Schel« 
lings Philoſophie der Offenbarung (1862), Ideen 
(1867); Viele Werke über Schahfunde, Haupt: 


werfe: Geichichte und Literatur des Schahipiels 


(1874) und Quellenftudien (1851); Geſchichte: 
Histoire des guerres de la Moscovie (1866), 
Die Haarlemer Cojterlegende (1870), Gutenberg 
(1878), Geichichte der Erfindung der Buchdrud: 
funft (1886), Kafpar Haufer (1886). 
Lindenberg, Baul, geb. am 11. No: 
vember 1859 in Berlin, befuchte zuerft das 


Gymnaſium feiner Vaterftadt, dann das in 


Görlitz, zeigte Schon früh literarische Nei- 
gungen und veröffentlichte bereits wäh: 
rend feiner Gymnaſialzeit einige Jugend: 
und Volfserzählungen. Durd den Tob 
feines Vaters an einer weiteren Univer- 
fitätsausbildung gehindert, widmete er fich, 
um auch praftiihe literarische Erfahrun: 
gen zu jammeln, fürzere Zeit hindurd) 


dem Buchhandel und befleidete darauf 


mehrere Jahre hindurch die Stellung eines 
Feuilleton:Redafteurs der „Görlitz. Nach— 
richten“. Als die Tendenz der Zeitung 
geändert wurde, trat er aus der Redak— 
tion, und nachdem er ganz Süddeutſch— 
land, Italien, die Schweiz 2c. bereiit, 
folgte er 1882 einem Rufe als Redak— 
teur an die „Deutiche Rundſchau“. Als 
befonderes literariiches Feld wählte er 
jeitden die Geichichte der Entwidlung 
feiner Vaterſtadt Berlin, welches Gebiet 
2. anerkannt meilterhaft beherriht und 
auf dem er ungewöhnliche Erfolge errang. 
Von feinen Schriften heben wir befonders 
hervor: 

Dem Kaifer, deutihe Dichtergaben (1878), Aus 
der Zeit — für die Zeit (Feuillet. 2, A. 1883), 
Berlin, Schuglos und ſchuldlos (Nov. 2. Aufl. 
1884), Berliner Blut (heit. und ernite Geſch., 
2. Aufl. 1885), Berlin (illuftr. 1886), Potsdam 


(iluftr. 1856), Federzüge (HFeuillet. 2. Aufl. 
orte (2. Aufl. 1887), 


1886), Berlin. geflügelte 
Im Weichbilde des Bären (Berlin, Skizz. 1887). 


362 


Lindner. 


| — Außerdem gab er im Auftrage der Afrikan. 


Geſellſchaft heraus: Otto Schütt’3 Reifen im füd» 
weitlihen Becken des Kongo (1887). 


Lindner, Chriſtian Albert, wurde am 
24. April 1831 in Sulza als der Sohn 
eines Salinenbeamten geboren, bejuchte 
das Gymnafium zu Weimar und bezog 
1849 die Univerfität Jena, um Philo— 





logie zu ftudieren. Der Vater in jeinen 
beicheidenen Verhältniſſen war nicht im 
‚Stande, ihm vielen Zuihuß zu geben, 
‚und obwohl der junge Student förmlich 
‚in Privatitunden ſchwelgte, vermochte er 
nicht, die nötigen Mittel zur Beendigung 
‚feines Studiums zu erihwingen. Co 
wurde er Hauslehrer auf einem Gute in 
‚Pommern. Eine dreijährige peinliche 
Sparſamkeit ermöglichte 2. den Abſchluß 
‘feiner Studien in Berlin, wo er aud) 
zum Doftor promoviert wurde und 1861 
jein Staatseramen ablegte. Er wirkte 
nun als Lehrer in Prenzlau, dann in 
Spremberg, dann in Rudolſtadt. Der 
‚große Erfolg, welchen jein Trauerjpiel 
Brutus und Collatinus (1866), das er in das 
maliger Zeit verfaßt hatte, errang, ver: 
lodte den hoffnungsfreudigen Dichter zur 
Aufgabe feiner ficheren Brotitelle, um 
„frei“ zu fein und in Berlin ausſchließlich 
der Schriftitellerei zu leben. Nun kamen 
fchwere Jahre der Not und bitterjten Ent- 
behrung. Er hatte ſich das anders ge 
dacht, ahnungslos, daß der Dichter im 
Golde wühlt, aber meiſt ohne Geld ilt. 
Wieder mußten die Privatitunden aus- 
helfen, und wieder „ſchwelgte“ er darin. 
Dies Halten nad) Brot und Ruhm un: 
tergrub feine geijtige und körperliche Ge: 
jundheit, und als ihm endlich Hilfe wurde, 
da war es jchier zu fpät. Albert Lindner 
war ein Liebling der Nation geworden, 
aber fie hatte ihn fait verhungern laſſen. 
Völlig gebrochen, lebt, nein — vegetiert 2. 
in einer Anftalt für Geiftesfranfe. Außer 
dem genannten, heben wir von L.'s glän- 
zend anerfannten Werfen folgende hervor: 


Dante Mligbieri (Dram. Gedicht), William 
Shafeipeare (Schſp.), Stauf und Welf (Trip.), 








Lindner. 


Katharina II. (Trip.), Die Bluthochzeit oder Die 
Bartholomäusnaht (Trip.), Marino Falieri 
(Trip.), Don Juan d’Auftria (Trſp.), Geihichten 
und Gejtalten (1877), Das Ewig: Weibliche (1878), 
Das Rätſel der Frauenjeele (Nov. 1882), Völker: 
frühling (Nov. 1882), Der Schwan von Avon 
(1881), Der Reformator (Dram. 1883). 


Lindner, Felir, geboren am 4. Mai 
1849 zu Dels in Schlefien, beſuchte das 
Gymnaſium zu Bunzlau in Schlefien; 
ftudierte neuere Sprachen in Breslau und 
Berlin 1868— 71; vollendete dann feine 
Studien in England: Spring Hill Col- 
lege, Moſeley bei Birmingham; promo— 
vierte 1872 in Roſtock, legte fein Staats- 
eramen in Breslau 1873 ab, und wurde 
1873 in Roftod i. M. am Realgymnas 
fium als Lehrer angeftellt. Michaelis 
1873 habilitierte er fih als Privatdozent 
an der dortigen Univerfität. 

Außer vielen Artiteln in den Fachzeitſchriften 
und außer Rezenfionen hervorzuheben: Über die 
Beziehungen des Ortnit zu Huon de Bordeaux 
(Differtation 1872), Über das Präfix a im Eng- 
Küchen (Habilitationsichrift 1873), Lobgedicht auf 
die Zuſammenkunft Franz I. mit Carl V. in 
Aiguesmortes, nad) dem Original auf der Roft. 
Univ.:Bibl. herausgegeben (1575), Grundriß der 
Laut⸗ und Flexions-Analyſe der neufranzöſiſchen 


Schriftſprache (1881). 


Lindner, Guſtav, wurde am 23. 
Sanuar 1833 in Breslau geboren. Er 
bezog nad Beendigung feiner Schulſtu⸗ 
dien die Univerfität feiner Waterjtadt 
(1851—55), promovierte 1855 diejelbe, 
wurde darauf Erzieher und Lehrer am 
Pädagogium in Züllihau (1855—59), 
alsdann Lehrer am Dlagdalenäum in 
Breslau(1859— 67), Prorektor am Gym: 
nafium zu Hirſchberg (186”—70) und 
ift ſeit 1870 Direktor deifei en Gymna— 
fiums. Er madte fi literarifch befon- 
ders befannt durch feine vorzügliche Griechi— 
Ihe Syntar (5. Aufl. 1881). Außerdem her- 
vorzuheben: 


363 


Lingau. 
Lingau, Otto, ſ. D. Hellinghaus. 


Lingg, Hermann, wurde am 22. Ja= 
nuar 1820 zu Lindau am Bodenjee ge: 
boren, jtudierte nach Abjolvierung des 
Gymnaſiums zu Kempten an den Univer: 
fitäten Münden, Freiburg, Berlin und 
Prag Medizin, wurde 1843 zum Doktor 
promoviert und trat im gleichen Jahre 
als Arzt in die Armee, der er als folder 
bis zum Jahre 1851 angehörte. Danad) 
zog er nah München, wo er noch jest 
lebt. Literariſch trat er zuerit (auf Ver: 
anlaffung feines Freundes Emanuel Gei- 
bel) mit „Gedichten“ (1854) hervor, 
welche ihrer ungemeinen Formvollendung 
halber die Aufmerkſamkeit der Kritif auf 
fih lenkten und Großes von dem Dichter 
verhießen. Daß dieje Hoffnung feines: 
wegs getäujcht, ſondern ſich voll bewahr: 
heitet hat, darüber herrſcht heute, da 
Hermann Lingg unfern vornehmiten Par: 
naßboten zuzählt, fein Zweifel. Bejonders 
die Lyrif und das Epos meiſtert L. in 
fait unvergleichliher Weiſe; gemaltige 
kosmiſche und hiſtoriſche Objekte in den 
fnappen Rahmen eines Gedichts zu fallen, 
veriteht faum einer unter den lebenden 
Dichtern jo wie Lingg. Auch auf dem 
‚Gebiete des Dramas hat 2. bedeutende 
Erfolge zu verzeichnen. 

Hauptwerke: Catilina (Trfp., 1864), Die Wal: 
füren (Ep., 1864), Die Bölterwanderung (Ep,, 
1868), Gedichte (1868), Waterländiihe Balladen 
und Geſänge (1868), Gedichte (1870), Zeitge: 
dichte (1870), Biolante (Dram. 1871), Dunfle 
Gewalten (Ep., 1872), Der Doge (Dram., 1873), 
Berthold Schwarz (Dram., 1874), Macalda 
(Trſp. 1877), Schlußiteine (Ged., 1878), By: 
zantinifche Novellen (1871), Bon Wald und See 
(Nov., 1883), Elytia (Dram., 1883), Lyriſches, 
Neue Gedichte (1885), Die frauen Salones 
‚(Dram. 1886), 


Linke, Oskar, am 15. Juli 1854 
in Berlin geboren, ftudierte zuerjt Phi- 





Griechiſche Formenlehre (1863), De M. Por- |lologie, um fi) dem Lehrerberuf zu mwibd- 
cio Latrone comment. (diss. inaug., 1855), | men, gab jedoch dieſe Abficht auf und 


De Lucio Cestio Pio com. (1858), De Arellio 
Fusco com. (1862), De C. Albucio Silo com. 
(1861), De Junio Gallione com. (1868), Eine 
Handichriftliche Chronik von Hirihberg (1874). 


ging zum Studium der Philofophie, Kunit- 
wilfenihaft und Literatur über, 1877 
zum Doktor promoviert, betrieb er noch 


Linz.Godin. — 
fleißig weitere literariſche und äſthetiſche 
Studien, begann daneben zu ſchriftſtellern, 
und zunächſt ohne Erfolg, beſchloß er doch, 
ganz im Dienſte der Muſen zu leben. 
Perſönlicher und ſchriftlicher langjähriger 
Verkehr mit R. Hamerling und E. von 
Hartmann iſt für ihn von beſonderer Be— 
deutung geworden. 

Hauptwerke: Mileſiſche Märchen, Das Bild 
Eros (Nov.), Präludien (Nov), Leukothea (Rom.), 
Eros und Pſyche (Ep.), Aus dem Paradieſe 
(Ged.), Liebeszauber (Rom.), Ergo bibamus 
(Sed.), Die Bienen (Epigramme), Die Fürftin 
dieier Welt (Nov.), Satan (Nov.), Die Ver: 
ſuchung des heiligen Antonius (Epos), Antinous | 
(Epos), Tas Leben Jefu (Rom.). 


Linz: Godin, Amelie (Am. Godin), 
wurde am 22. Mai 1824 in Bamberg | 
geboren, empfing eine ungewöhnlich gute 
häusliche Erziehung und verheiratete fich | 
in ihrem 20. Zebensjahre mit einem hoc): 
gebildeten Offizier. In glüclichfter Ehe 
lebte fie nun an der Eeite ihres Gatten 
in deffen Garnijonen, zunächſt in Koblenz, 
dann in Mainz, darauf in Stettin und 
(hlieglih in Stralfund. 1870 zerriß 
der Tod diefes Band, und Amelie 8. 
fiedelte nah München über, wo fie nod) 
jegt lebt, ausschließlich literar. Schaffen, 
deſſen Beginn fich jedoch bereits in die 
erite Zeit ihrer Ehe zurüddatiert, hinge— 
geben, — bejonders als Märchenerzählerin 
beliebt. 

Hauptwerke: Märchen (1860), Märchen aus 
Feld und Wieſe (1861), Eine Kataftrophe und 
ihre Folgen (Rom. 1863), Der Magdborn (Dicht. 
1865), Neue Märchen (1867), Wally (Rom. 1870), 
Frauenstiebe und Leben (1874), Neues Märchen: 
buch (1874), Schidjale (Nov. 1881), Mutter und 
Sohn (Rom. 1882), Gräfin Lenora (Rom. 1882), 
Polniſche Volksmärchen (1883), Märden aus 





364 





aller Herren Ländern (1883). 


Lion, E. Theodor, geboren zu Göt— 
tingen den 23. Mai 1838, stud. phil. | 
ebendajelbit von 1856—59, ordentliches | 
Mitglied des k. philol. Seminars bis 
Dftern 1859, des k. pädagogiichen und 
arhäologiihen Seminars von 1858 bis 
1859, beftand die Prüfung für das Lehr: 
amt an höheren Lehranſtalten 1859, pro— 


— 


Lipkowitz. 


movierte 1861 (Doktordiſſertation: Oe- 
dipus Rex quo tempore a Sophocle 
docta sit quaeritur), wurde von 1861 
bis 1862 proviforiih am f. Domgym⸗ 
nafium in Magdeburg beſchäftigt (Bro: 
grammabhandlung 1862: De parabasi 
in Aristophanis Acharnensibus com- 
mentatio), als ordentlicher Zehrer in Jen: 
fau bei Danzig von 1862—67, Rektor 
des Realprogymnafiums zu LZangenfalza 
von 1867— 79, Oberlehrer am Realgym- 
naftum und Gymnafium zu Hagen in 
Weitfalen von 1879 —85, erhielt das Prä— 
difat Profeſſor 1884, wurde infolge eines 
Gebörleidens auf jeinen Antrag 1885 in 
den Ruheſtand verfegt, gegenwärtig in 
Thal (Herzogt. Gotha) wohnhaft. 

Seine fchriftitellerifchen Arbeiten haben meift 
franzöfilche und englifche, ſowie italieniſche Schul 
ausgaben zum Gegenitand: Moliere, Femmes 
Savantes (2. Aufl.), Tartufe, Misanthrope, 
Avare, W. Irvings Alhambra und Bracebridge 
Hall, Green, the Tudors and the Stuarts, 
Segur, histoire de Napol&on et de la grande 
armee etc. (bis jet 2 Bde.): English Theatre, 
Bulwer, the Lady of Lyons, H. J. Byron, 
Married in Haste, H. J. Byron, „Our Boys“, 
H. J. Byron, Cyril's Success, Michelet, pr&eis 
de l’'histoire moderne, Xavier de Maistre, 
Voyage et Exp@dition nocturne autour de ma 
chambre, Marryat, Masterman Ready, Ma- 
rechal, histoire romaine, W. Irving, Voyages 
and Discoveries of the Companions of Co- 
lumbus. Außerdem die neueren Bände der Bi- 
bliotheque frangaise und English Library, 
fowie fämtlihe Bände der Biblioteca italiana. 
Daneben neuerdings eine italienifche Elementar: 
grammatif und eine Schrift über „Bad Thal in 

büringen”, welde u. a. einen Abriß der Drtö« 
geichichte, des Scharffenbergs und eine Biographie 
des verftorbenen Emil Palleske enthält. Früher 
des Comenius große Unterrichtälehre nebit einer 
Lebensbefchreibung des Comenius (2. Aufl.). 


Lipkowitz, Paulus Otto Diedrich Mo: 


‚rig, geboren am 1. Auguft 1850 zu Bes 


verungen (Weitf.), beſuchte das Gymnas 
fium zu Paderborn und die Univerfität 
zu Berlin, beichäftigte ſich frühzeitig mit 
publiziftiihen Arbeiten und widmete fi 
feit dem Jahre 1877 vollftändig der Jour⸗ 
naliftif. 

Den Shwerpunft feiner publiziitiichen Thätig- 
feit verlegte L. auf das politifhe und volfäwirt: 


gift. — 
ſchaftliche Gebiet. Behufs Populariſierung der 
ausübenden Witterungskunde errichtete &. im 
Sabre 1884 das Berliner Wetterbureau, welches 
unter 2.5 Zeitung die Tagesprefje mit täglichen 
fonoptifchen Wetterkarten, ſowie mit MWetterpro: 

ojen und anderem meteorologiichen Material in: 
truftiver Art verficht. 


Lift, Guido, wurde am 6. Oftober 


365 


Littrom. 


Tode feines Vaters (1877) z0g 2. fi 
ganz vom Saufmannsftande zurüd und 
verband fih ein Jahr ** zu glück—⸗ 
lichſter Ehe. 

G. ſchreibt hiſtoriſche und topographiſche und 
mythologiſche Eſſay's für fachwiſſenſchaftliche Or— 


l 
gane und Tageszeitungen. Als Mitglied der 
meiſten Sport⸗Klubs, legte er den Grund zu 


1848 als Sohn eines angeſehenen Kauf: einer wertvollen Sammlung von Büchern, 
manns und Abkömmling einer alten, einſt Waffen und Antiquitäten. Im Jahre 1877 er— 


adeligen Kamili i € Ihien feine jelbftändige Arbeit: Die Burg der 

Gr * i e zu Wien geboren Als Markgrafen der Oftmart auf dem Leopoldberge 
tgeborener- ward ©. 8, trog feines |gei Wien, die von der Kritik jehr beifälf 

; | 3 g auf: 

MWiderwillens, für ‚den Stand des Vaters | genommen wurde. Daran ſchioſſen fi an grö- 

beftimmt und erhielt eine dahingehende | heren Arbeiten der Roman: Ellida und feine 


Iorgfä tige Erziehung. Alle fpäteren Wün— | Novellen: Aus dem Dftrarlande. 
ido’s, die techni En 
Ka > le Beainle Littrow, Heinrich Edler v., wurde 


die Malerakademie beſuchen zu dürfen, 6 
jcheiterten an dem eifernen Silen = ‚am 26. Januar 1820 als ein Sohn bes 


aters. berühmten Aitronomen 9.9.2.2. zu Wien 
en ART — | enoren, abfolvierte das Gymnaſium da- 
ſelbſt und danach die Darine-Afademie 
in Venedig, um ſich dem Seedienſt zu 
widmen. Nachdem er feine Vorbildung 
durch aſtronomiſche Studien unter feinem 
Vater, damals Direktor der Wiener 
Sternwarte, beendet, trat er als Seefa- 
dett in die Marine ein. 25 Jahre alt, 
wurde er zum Supplenten für Dtathe- 
matif und Nautit an der Marine-Afa- 
demie zu Venedig ernannt. Nach mehr: 
jährigem Wirken dafelbft, ging er wieder 
zur See, wurde 1857 zum Fregattenfa- 
pitän befördert und im gleichen Jahre 
zum Direktor der Nautiihen Akademie 
in Trieft ernannt, welches Amt er 1864 
mit dem eines Zentral-Hafenkapitäns in 
Raguſa vertaufchte. Seit 1867 nimmt 
L. die Stellung eines See-Inſpektors in 
Fiume ein. In Anerkennung feiner hohen 
Verdienſte um das Seeweſen wurde v. 
L. vielfach ausgezeichnet und mehrfach) 
'deforiert. Außer jehr verdienftvollen und 
höchſt anerkannten nautiſchen Werfen, be- 
ſchäftigte fih v. 2. auch erfolgreich mit 
poetiſcher Schriftitellerei. Seine Tochter 
Lea iſt eine bereits rühmlich befannte 
Marinen-Malerin in Fiume. 

Hauptwerke: Aus der See (Ged. 1877 4. Aufl.), 
Bon Wien an die Adria (Ged. 1881), Kantippe 
(Luſtſp. 1882), Der Kuß (Luftip. 1882), Gute 


Der innere Drang zum Studium und 
zur Poeſie ließ fich aber nicht unterdrüden. 
Seine freie Zeit benutzte L. dazu, Geſchichte, 
Archäologie und Anthropologie zu ſtu— 
dieren, er dichtete und übte fich in an: 
deren fchönen Künſten. 1868—70 leitete 
er die von ihm gegründete Privatbühne 
„Wallhalla“ mit vielem Glüde als Di- 
reftor und Regiſſeur in einer Perſon 
und jammelte reiche praktische Erfahrun: 
gen. Mit einem „Klub zur Erforſchung 
unterirdifcher Gänge”, den er darauf ins 
Leben rief, hatte er, da er mit Indolenz 
und Mangel an Verſtändnis für feine 
een zu kämpfen hatte, weniger Glüd. 
1870 übernahm er, an Stelle 3. von 
Payer’s, das Sekretariat des „Dfterr. 
Alpenvereins”, wie die Redaktion des 
VI. Bandes von deſſen Jahrbuche, legte 
im nächſten Jahr jedod die Ehrenftelle 
wieder nieder, da er gegen die Ber: 
ſchmelzung des öfterr. mit dem deutfchen 

verein ftimmte, und in der Mino— 
rität blieb. Nun famen Neifejahre, welche 
ihn ganz Europa fennen lernen lichen 

welche er benußte, feinem Lieblings- 
Hubium, der präbiftoriihen Forſchung, 
mit allem Eifer obzuliegen; auch begann 
er in Ddiefer Periode feine eigentliche 
ſchriftſtelleriſche Thätigkeit. Nah dem 


I 





Livonius. — 366 — Löher. 

Lehre (Luſtſp. 1882), Die Marine (1882), Fiume in Dänemark als Schulfach (1886). In fran— 
in maritimer Beziehung (1882), Über plaſtiſche zöſiſcher Sprache hat er publiziert: Quelques r&- 
Darftellungen des Meeresgrundes (1882), Fiume Hexions sur les &tudes g&ographiques (1879) 
feine Umgebung und feine Geſchichte (1884), | und in engliſcher Sprade: Vineland excursions 
Novellen und Romane Aus dem Geeleben | of the ancient Scandinavians (1883). 


— Löher, Franz von, wurde am 15 
„Franz von, wurde am 15. 
Livonins, |. Andrejanoff. Oftober 1818 in Paderborn geboren, 
Löffler, Ernft, in Kopenhagen geboren | widmete ſich der Rechtswiſſenſchaft, deren 
am 28. Februar 1835. Schon als Knabe | Studium er 1833—41 in Halle, Mün— 
empfand er einen mächtigen Drang zur hen und Berlin betrieb, worauf er in 
Betrachtung der Natur. Dabei erkannte | den Staatsdienit trat und in Paderborn 
er ſchon früh, daß die Art und Weiſe, 1848 die „Weftfälifche Zeitung“ gründete. 


inder die®eographie (damals hiftor. Neben- 
fach) in Hand» und Lehrbüchern behandelt 
wurde, nichts weniger als befriedigend war, 
und er gewann bald die feite Überzeugung, 
daß man nur durch innige Anſchließung 
an die Naturwiſſenſchaften und die Eth: 
nographie dem geographiihen Studium 
wahres Intereſſe und willenichaftlichen 
Wert verleihen könne. Demzufolge hörte 
er naturmwillenichaftfiche Vorlefungen auf 
der Univerfität Kopenhagen, arbeitete in 
MufeenundLaboratorien und machtehäufig 
Erkurfionen. Nach mehrjährigen Studien 
unterwarf er fih einem Eramen inphnfifcher 
Geographie mit Geognofie und Meteoro: 
logie als Hauptfächer, legte ſich nachher 
auf ethnographiſche, jtatiftiiche und hiſto— 
riſche Studien und bemühte ſich durch Reifen 
im Auslande Selbjtanihauung zu gemwin- 
nen. 1866 promovierte er und begann 
als Privatdozent geographiiche Vorlefungen 
auf der Univerfität zu halten. 

Unter fortgejegten Studien, Vorlefungen und 
Reifen trat er ſchon 1864 als geographifcher Ber: 
fafier auf mit einem Heinen „Lehrbud der phy— 
ſiſchen Geographie” und 1876 mit einem „Hand: 
buch der Geographie”, welches fpäterhin 3 dänische 
Auflagen erlebt hat und zugleich ins Schwediſche 
überjegt wurde. 

1883 erhielt er feſte Anftellung als 
Profefior an der Univerfität Kopenhagen 
unter der mathemat. maturwiſſenſchaftlichen 
Fakultät. 


Unter ſeinen in deutſcher Sprache publizierten 


Wegen Steuerverweigerung wurde er 1849 
prozeſſiert und verhaftet, jedoch freige— 
ſprochen. In der aufgelöſten zweiten Kam— 
mer gehörte L. zur gemäßigten Linken. 
Im Jahre 1854 habilitierte er ſich an 
der Univerſität Göttingen, von wo ihn 
König Maximilian IL. als ſeinen litera— 
riſch-wiſſenſchaftlichen Sekretär an ſeinen 
Hof rief, ihm auch eine Profeſſur an der 
Münchener Univerſität verlieh, während 
die Akademie der Wiſſenſchaften ihn zum 
ordentlichen Mitgliede wählte. Der Nach— 
folger, Ludwig II., ernannte L. 1864 
zum Direktor des Reichsarchivs und 1875 
zum Geh. Rat. Für ihn machte L. meh> 
rere Studienreifen, wie ſchon für König 
Dear. Außer zahlreihen Beiträgen in 
ı Zeitichriften heben wir unter den meilt 
glänzend beurteilten Schriften 2.8 hervor: 

General Sport (Ep., 3. Aufl.), Das Syſtem des 
preuß. Landrechts, Land und Leute in der Alten und 
Neuen Welt (d. Werfes Material jammelte 2. 
auf einer Reife durch Nordamerika), Sicilien und 
Neapel, Gefhichte der Jafobäa von Bayern, Gries 
chiſche Küftenfahrten, Kanarische Reifetage, Kretiſche 
Geftade, Enpern (3. Auft.), Rußlands Werden 
und Wollen, Beiträge zu Geſchichte und Völker⸗ 
funde, Kampf um Teneriffa (fpan. Ep.), Archi⸗ 
valiſche Zeitchrift. 

Löhn-Siegel, Daria Anna (Willi: 
bert von Herigau), wurde am 30. No 
vember 1830 zu Naundorf bei Freiberg 
in Sachſen als Tochter eines Predigers 
‚geboren. Das fehr talentierte Kind er 





Abhandlungen ſollen genannt werden: Mehrere hielt von dem Vater eine ſorgfältige Er⸗ 
hydrographiſche Auffäge in Petermanns Mitth. ziehung, erlernte auch die klaſſiſchen Spra⸗ 


ꝛe., Über geographiſche Studien der Gegenwart | — er f 
(1876), Die Geographie und ihre Hilfswiffen: | Gen. Im 15. Jahre ſchrieb fie bereits 


ichaften (1881), Über den Zuftand der Geographie | ihr Drama Odyſſeus auf Ogygia in den Vers⸗ 


Löhn⸗Siegel. — 
maßen des Agamemnon von Aſchylus. 
Um ihre Bildung zu vervollſtändigen, ging 
ſie nach Dresden und bildete ſich in Muſik 
und Sprachen weiter aus, nahm darauf 
Unterricht bei Eduard Devrient in der 
dramatiſchen Kunſt, weil ſie die Abſicht 
hegte, zur Bühne zu gehen. Sie nahm 
zuerſt ein Engagement in Poſen an, und 
als dieſe Bühne geſchloſſen wurde, bei 
kleineren Schauſpieler-Truppen. Darauf 
gehörte ſie für kurze Zeit der Leipziger, 
Magdeburger und Oldenburger Bühne an 
und war zuletzt langjähriges Mitglied des 
Hoftheaters in Dresden. Im Jahre 1872 
verheiratete ſie ſich mit A. Siegel, dem 
Begründer und Chefredakteur der „Kon— 
ſtitut. Zeitung“ in Dresden, an welchem 
Blatt fie ſeit 11 Jahren Mitarbeiterin 
geweſen war und zum Teil das Feuilleton 
geleitet hatte. Im Jahre 1870 hatte ſie 
auch den 1. Dresdner Frauenbildungs— 
verein gegründet, als deſſen Worfigende 
fie fungiert. Derjelbe befteht noch jetzt 
und übt eine außerordentlich ſegensreiche 
Thätigfeit. Als Schriftftellerin entfaltete 
Anna Löhn-Siegel eine ungemein reiche 
Dielfeitigkeit. Sie ſchrieb vornehmlich 
Bühnenftüde, humoriſtiſche Reijebriefe und 
Memoiren aus ihrem Theaterleben; außer: 
dem Gedichte (befonders für den Vortrag), 
Novellen und einige Romane. Ihre Büh— 
nenjtüde, die auf den meiften Bühnen 
Deutichlands aufgeführt und mit Beifall 
aufgenommen wurden, find folgende: 

Der Philoſoph (Luftip.), Jduna (Dr.), Rechter 
und linker Flügel (Luitip.), Pindars Werte 
Ruftip.), Gefahr über Gefahr (Luftfp.), Luifa 
Strozzi (Trip.), Bei 40 Grad Réaumur (Luftip.), 
Im Finſtern (Luftip.), Liebeständelei und Liebe 
(Zuitip.), Das falſche Gretchen (dramat. Scherz), 
Hermann von Siebeneihen (Schaufp.). Von 
ihren weiteren fchriftitellerifchen Arbeiten 
find die von der Kritit ungemein günftig 
aufgenommenen Werke zu erwähnen: Reife: 
tagebuch, Theater-Erinnerungen und Humoresken, 
Gejammelte Novellen, Reifeerlebniffe aus Norden 
und Süden, Zwei alte Apothefer (Rom.), Die 
Kinder der Elarice Strozzi (Rom,), Die Frau von 
Wärninghaufen (Rom.), Wie ih Schaufpielerin 
wurde, Aus der alten Kulifienwelt, Yom Olden: 
burger Hoftheater zum Dresdener. 


367 


2oeper. 


Loeper, Guſtav von, wurde am 27. 
‚September 1822 in Wedderwill (Pom— 
mern) geboren, widmete ſich dem Stu- 
dium der Philofophie und Rechtswiſſen— 
ihaft in Heidelberg und Berlin, nad) 
deſſen Abfolvierung er die gerichtliche Lauf: 
‚bahn einſchlug und 1854 beim fol. Haus: 
minifterium zu Berlin angejtellt wurde. 
‚In Anerkennung feiner bedeutenden Ber: 
‚dienfte um die Krone wurde 2. 1865 
‚zum Minifterialrat, 1875 zum Direktor 
des Hausardivs, 1878 zum Nat eriter 
Klaſſe und 1886 zum Wirfl. Geh. Rat 
‚mit dem Erzellenz-Präbifat ernannt. 

Literariich ragt &. befonders ala Goetheforfcher 
hervor. Ihm verdanken wir einen großen Teil 
der tieferen Ergründung diefes Gebietes, jo warf 
er befonderö helfe Streiflichter auf die „Fauft”s 
Geſchichte und auf Goethes Gedichte. Seine 
| Ausgabe des „Fauft (2. Aufl. 1879) dürfte 
| zweifellos die vorzüglichite fein, die wir über 
haupt befißen. 


Loeſche, Georg Karl David, geboren 
zu Berlin am 22. Auguft 1855, gebildet 
auf dem Joachimsthalſchen Gymnafium 
dafelbjt und auf den Univerfitäten Bonn, 
Tübingen, Berlin, wo er Theologie jtus 
dierte. Nach verjchiedenen Reiſen in der 
Schweiz, Schottland, England und Ita— 
‚lien war er 1880 furze Zeit Vikar an 
der deutſchen evangelifchen Gemeinde in 
Florenz. Im Frühling 1885 habilitierte 
er fi für Kirchengeſchichte an der Ber: 
liner Univerfität, von wo er im Oftober 
1887 einem Ruf als außerord. Profeſſor 
nah Wien folgte. 

Hauptwerfe: Augustin und Plotin (1880), 
Luther⸗Lieder (1883), Florenzer Predigten (1884), 
Ernſt Morig Arndt (1884). Außerdem hiſtori— 
ſche Auffäge in den „Jahrbüchern für protejtan« 

tiihe Theologie“ in Hilgenfelds „Zeitſchrift für 
wiſſenſchaftliche Theologie” in den „deutſch⸗evan⸗ 
geliichen Blättern‘ zc. 


Löſchhorn, Karl, wurde am 16. Sep- 
tember 1851 zu Magdeburg geboren, 
ftudierte Theologie und Philologie, war 
als Lehrer, insbefondere der oberjten 
Klafien an verichiedenen höheren Lehran— 
ftalten, nunmehr als Profeſſor in Dresden 
thätig und veröffentlichte zahlreiche be- 








Loewe. 


deutende, in das Fach ber theologiichen 
und philologiihen Kritik einſchlägige 
Schriften, die fi großer Verbreitung er: 
freuen. 

Die wichtigſten unter ihnen find: Quaestio- 
nes |yricae et tragicae (1869, 71), Quaestio- 
nes metricae (1873), Quaestiones Sophoclae, 
commentatio de Aeschyli anno natalieio 
(1874), De notione Dei Aeschylae et patrum 
ecelesiasticorum (1879, AJubiläums- Schrift), 
Kritiſche Studien (1880), Kritiihe Studien zu 
Scillerd Briefen über die äjthetiihe Erziehung 
des Menichen (1880), Kurzer Abriß der Geichichte 


Magdeburgs (1880, Zubiläumsfchrift), Religions | 


philoſophiſche Schriften (1881), Muſikaliſche Stu: 
dien (1882), Theologiihe Studien und Kritiken 
(1882), Die notwendigften Regeln der griechiſchen 
Syntar (1887) ꝛc. 

Loewe, Hans Georg, als Sohn ei- 
nes Baumeilters am 1. März; 1855 in 
dem Ichlefiihen Städtchen Ober-Glogau 
geboren, wurde als Kind nad) dem ober: 
ſchleſiſchen Grenzjtädtchen Myslowitz ver: 


368 


dierte in Breslau, Jena, Würzbu 


Loewe. 


Stellungen als Redakteur der damals eben ge— 
| gründeten „Neueſte Nachrichten“, ſpäter als ſol— 


cher der „Freie Zeitung“ und zuletzt als redak— 
tioneller Mitarbeiter des „Sleinen Journal”. 
Noch gegenwärtig lebt 2. in Berlin als Feuille— 
tonift und Redafteur. 

Loewe, Ludwig, wurde am 11. März 
1844 in Berlin als der Sohn eines Arztes 
geboren. Anfänglih für die faufmän- 
niſche Zaufbahn bejtimmt, folgte er jedoch 
ipäter feiner eigenen Neigung und * 
u 
Straßburg Medizin, habilitierte in 
Bern, dozierte dort für kurze Zeit und 
lebt als Arzt in Berlin. 

Er iſt Verfafier zahlreicher anatomiſcher Schrif⸗ 
ten ; hervorzuheben find feine verdienſtlichen Bei⸗ 
träge zur Anatomie des Nerveniyitems und ber 
Sinnesorgane, Nafe, Auge, und fein treffliches 
Lehrbuch der Obrenbeilfunde. 

Löwe, Marie Luife, wurde am 4, 








April 1828 zu Grimma als Tochter des 


ſchlagen, wo er unter dem Einfluffe des | Profeſſors E. G. Witzſchel geboren und 


dort jtarf vertretenen Polentums jeine 
elementare Schulbildung genoß. Schon 
früh zeigte jich bei dem Knaben die Luft 
zum Fabulieren; zum eigentlihen Durch: 
bruch fam aber erjt feine Neigung zum 
Journalismus, als feine Gymnafialzeit 
in Ratibor vorüber war. Einer feiner er: 
ften Zeitungs-Nrtifel brachte den faum Zwanzig: 
jährigen Ihon mit dem Preß-Geſetze in Konflikt. 
Er ging in Folge deſſen nad Wien, wo er wäh: 
rend feines zweijährigen Aufenthaltes für dortige 
Wigblätter ſchrieb. Dann aber war der 
MWandertrieb in 2. erwacht. Er durch— 
ftreifte Ober» und Nieder-Dfterreich, Steier- 
marf, Slavonien, Stalien, auf feinen 
Wanderungen nur von den Erträgnifien 
feiner Artifel-Schreiberei lebend, bis er 
endlih in Venedig und fpäter in Mai— 
land fejten Fuß faßte. Drei volle Jahre 
feflelte das bewegte ſüdliche Volksleben 
und das Studium der Kunft-Antife den 
aufitrebenden Jüngling an den oberita- 
lieniihen Boden, bis er den Lodungen 








erhielt von dem geiftig bedeutenden Vater 
eine fehr gute Erziehung; daneben war 
auch die Mutter bemüht, das dichterifche 
Talent ihrer Tochter zu pflegen und zu 
‚fördern. Ihre eriten poetiihen Verſuche 


erſchienen, zu einem Strauß vereinigt, 


unter dem Titel 100 Blüten. Im Jahre 


‚1850 vermählte fie fich mit dem Landes— 


ſchulprofeſſor H. Löwe, dem fie im Laufe 
ihrer glüdlihen Ehe ihre 100 Lieder weihte. 

Außerdem erfchienen viele Beiträge von ihr in 
fchweiz. und deutichen Blättern in Poeſie und 
Profa, auch verfahte fie zahlreihe Nätiel, und 
ſchrieb unter andern die Lebensbejhreibung ihres 
veritorbenen Sohnes, des Dr. Guſtav Löwe. 


Marie Luiſe L. lebt jegt mit ihrer Fa— 
milie in Leipzig. 

Loewenſtein, Rudolf, wurde am 20. 
Februar 1819 in Breslau geboren, jtu- 
dierte an der dortigen und der Berliner 
Univerfität Philologie. Er gründete 1848 
gemeinihaftlih mit D. Kaliih und €. 
Dohm den „Kladderadatih”. Als deffen 


der Metropole deutichen literarifchen Stres | Redakteur wurde 2. 1849 aus Berlin 
bens nicht mehr miderjtehen konnte und | ausgewiefen, doch ihm die Nüdfehr be 


1882 nad Berlin überfiedelte. 
Hier fand 2. auch bald ein pallendes Feld 


reits im folgenden Jahre erlaubt. 
Außer zahlreichen politifhen und dichteriichen 


für feine journaliftiihe Bethätigung in den | Beiträgen in Zeitfchriften heben wir bejonders 


— 3 


Loewenthal. 


die glänzend beurteilte formſchöne und gefühls: 
innige Dichtung „Ehret die Frauen“ (1876) 
hervor. Auch eine große Menge meift im Mufif 
geſetzter Kinderlieder verfaßte 2, jowie das be: 
fannte „Chafjepot-Lied” (1870). Als Jugend- 
Ichriftfteller trat 2. auch mit der Gründung der 
Kinderzeitichrift „Bud“ und des „Kindergartens“ 
(1850—1861 und eine Fortſetzung deſſelben mit 
luftrationen von Schärenberg und Mathilde 
Eöfter unter dem Titel „Kindergedanken“) hervor. 


Loewenthal, Eduard, geboren am 
12. März; 1836 in Ernsbad (Württem: 
berg), abjolvierte das Stuttgarter Gym- 
nafium und ftudierte in Tübingen Juris: 
prudenz und Philojophie von 1855 —59. 
In legtgenanntem Jahre mitteljt einer 
Differtation über Spinoza und Leibnitz 


zum Doftor der Philofophie promoviert, | 


begründete er in Frankfurt a. M. die 


6 — 


Loewenthal. 


gitant““ vertrat die Intereſſen der neuen 
Religionsgejellihaft, die von der preu— 
Bilden Regierung als folde anerkannt 
‚war, gewillermaßen als rationeller Bor: 
läufer des nachmaligen Kulturkampfs. 
In Dresden, wo fih 2. im Jahre 1866 
nieberließ, gründete er die Gogitanten- 
Akademie, eine Art reformierter Hoch— 
‚Schule mit den Prinzipien der Cogitanten- 
Gemeinden. Der Krieg von 1870/71 
machte diefer Akademie ein Ende und L. 
‚war in feiner Eigenjchaft als Redakteur 
des „Dresdner Kurier” und als Gründer 
‚des Europäiichen Unionsvereins genötigt, 
nad) der Schweiz zu flüchten, wo er (in 
Zürich) die „Freiheitswacht“ herausgab. 
1871 kehrte &. nad Berlin zurüd und 
trat in die Redaktion der „Staatsbürger: 





„Allgem. deutiche Univerfitätszeitichrift” | zeitung‘ ein und 1873 übernahm er die 
und trat als Mitredafteur in den „Ars Chef-Redaktion der „Neuen Freien Zei: 
beitgeber” von Mar Wirth ein. 1860 | tung“ ,gründeteaud) den, Deutſchen Verein 
wurde 2. infolge eines Artikels über einen für internationale Friedenspropaganda“ 


Studenten-Krawall in Greifswald aus 
Frankfurt ausgemwiefen. Jedoch wurde 
diefe Maßregel infolge eines Mißbilli— 
gungs:Botums des „geieggebenden Kür: 
pers“ der damaligen freien Neichsitadt 
wieder rüdgängig gemadt. L. folgte aber 
einem von Wiesbaden an ihn ergangenen 
Rufe, um die Redaktion der Wiesbadener 
Zeitung zu übernehmen. Als folder wurde 
er wegen eines Artikels „Eine Zeit und 
Weltbetradhtung beim Jahreswechjel” der 
Herabwürdigung der Religion angeklagt 


und in erſter Inſtanz zu 2 Monaten Kor: 


reftionshaus, in zweiter Inſtanz zus Tagen 
Gefängniß verurteilt. Bald darauf über: 
nahm er die Redaktion der Bayne’jchen 
„Glocke“ in Leipzig, gründete daſelbſt auch 


den „Zeitgeiſt““. 1863 lernte er in Leipzig | 


Ferdinand Laſſalle kennen, der ihn ver: 
anlafte, nah Berlin überzufiedeln, wo 
er in der Tagesprefle thätig war. 1865 
gründete 2. in Berlin und Weimar die 


lozial-hHumanitäre Religionsgejellichaft der | 


Gogitanten, die ihrer Tendenz nad) als 
deiſtiſche Freidenfer bezeichnet werden 
können. Ein eigenes Organ „Der Co: 


Das literarifhe Deutſchland. 


als Fortiegung des im Jahre 1868 in 
‚Dresden von ihm begründeten Europäi- 
ſchen Unionsvereines. Wegen Beleidigung 
des Staatsminijteriums und Dtajeitätsbe- 
leidigung zu 5 Monaten Gefängniß verur: 
teilt, begab fi) 2.1875 nad) Brüfjel, von 
da nad) einjährigem Aufenthalte nad) Lon⸗ 
donund 1877 endlich nad) Baris, rejp. 1879 
nad St. Denis bei Paris, wo er jeitdem 


vermweilt. 

In Paris gründete er „Die Weltbühne”, 
| „Deutiche Parifer Zeitung‘‘, und eine franzöftiche 
| Monatsfchrift „Le Monde de l’Esprit”. In 
der „Weltbühne“ wie j. 3. im „Dresdner Ku: 
rier“, der „Freiheitswacht“ und der „Neuen freien 
Zeitung‘ befämpfte 2. in energiſcher Weije den 
modernen Militarismus. In diefem Sinne ver: 
öffentlichte er auch die Schriften: Der Militarismus 
al3 Urfache der Maflenverarmung (1868, auf 
Veranlafjung der Societ des amis de la paix 
‚in Paris 1869 ins Franzöſiſche überjett), ſodann 
Grundzüge zur Neform und Kodififation des 
Völferrehts (auch in 2 franzöſiſchen und 2 eng: 
liſchen Überfegungen erjhienen), endlih: Zur in» 
ternationalen Friedenspropaganda,eine Flugſchrift, 
die ſ. 3. viel Auffehen erregte. L.'s bedeutendites 
Werk: Syitem und Geihichte des Naturalismus 
iſt in 5 Auflagen erichienen, in Amerika auch in 
englifcher Überletung. Das Geſetz der Iphäriichen 
Molekularbewegung iſt in deutſcher und englifcher 


24 





Löwner. 


Ausgabe in 2 Auflagen erſchienen. Ein Drama 
2.3: Napoleon III. und die Kommune von Paris 
wurde ins Englilche überjegt. Zu erwähnen find 
noch 2.3 Schriften: Eine Religion ohne Be: 


tenntnis (1865), Die nächfte Wiffensftufe (1875), | 
endlich Le Cogitantisme ou la religion scien- | 


tifique basee sur le positivisme spiritualiste 
(1886). 

Löwner, Heinrih. In Budin, ei- 
nem feinen Städtchen des ehemal. Leit: 
meriger Kreifes, wurde ih am 1. Sep- 
tember 1854 geboren. Meine Knaben: 
jahre verlebte ich in meinem Geburtsorte, 
Mit dem 12. Lebensjahr bejuchte ich das 
Symnafium, abjolvierte dafjelbe zu Prag- 
Kleinſeite und bezog nach abgelegtem Abi- 
turienteneramen (1874) die Univerfität 
Prag, um claſſ. Philologie, deutſche Phi- 
lofophie zu ftudieren. 1880 erwarb ich 
mir die Befähigung für claſſ. Philologie, 
trat 1879 bereits ins Lehramt, dozierte 
zunächſt in Arnau (Böhmen) im Riejen- 
gebirge unter Dir. Daſſenbacher. Seit Sep: 
tember 1850 lebe ich in Eger, wo id) 
am dortigen Gymnafium bis heute als 
Profeſſor für claſſ. Philologie verwendet 
wurde. Im Herbite 1880 heiratete ich. 
Auch bin ih Dr. der Philoſophie. 

Was meine liter. Thätigfeit anbetrifft, fo trat 
ih 1881 mit einem Programm „Die Herolde in 
d. Homer. Gefängen” zum erften Male vor die 
Öffentlichkeit, eine Schrift, die in der Berliner 
Philolog. Wochenjchrift, in der Philolog. Rund» 
fhau u. a. Fachzeitichriften recht günſtig beur— 
teilt wurde. Seit dem gedachten Jahre bin ich 
unausgejegt fchriftitelleriich thätig, veröffentlichte 
in Fachzeitſchriften Aufſätze und Nezenfionen über 
öfterreihifche und deutiche Gymnafialprogramme, 
verfuchte mich nebenbei mit Glück und Erfolg im 
Feuilleton, in der Dichtung, publizierte im Jahre 
1855 die populären Aufläge aus dem klaſſ. Als 
tertum, die im Jahre 1886 in 2. Aufl. erfchienen. 
Die Kritif hat fi über diefe Publikation jehr 
anerfennend ausgeſprochen. Schließlich bemerfe 
ich noch, daß ich als großer Kinderfreund mid 
auch in der Nürnberger Kindergartenlaube von 
Zeit zu Zeit mit Meinen Beiträgen einfinde. 

Lohmann, Peter, wurde am 24. 
April 1833 zu Schwelm bei Elberfeld 
geboren, widmete fi dem Buchhandel, 
den er zu Eſſen erlernte, und in welchem 
er dann mehrere Jahre Fonditionierte 
(Hannover). Neben jeiner Berufsthätig: 


370 


Lohmeyer. 


keit beſchäftigte er ſich mit literariſchen 
Studien, las beſonders die Meiſterwerke 
der Klaſſiker und griff ſchließlich ſelbſt 
zur Feder. Die inneren Erfolge, welche 
ihn auf dem Gebiete des Dramas lohn— 
ten, veranlaßten ihn zur baldigen gänz 
‚lien Aufgabe feines gejchäftlichen Wir: 
‚tens. Im Sabre 1856 überfiedelte er 
‚nad Leipzig, um ein regjames Theater 
‚zu Studieren. Gleichzeitig war er bier 
‚auch journaliftiich thätig und zwar zus 
nächſt an der Redaktion der „Sluftriert. 
Zeitung“, fpäter an der „Neuen Zeitfchrift 
für Muſik“ und fchließlich als Redakteur 
des „Sluftrierten Kalenders”. Sein ei— 
gentliches literarisches Feld ift das Drama 
geblieben. Seine Stüde (dram. Werke) 
find meift mit Erfolg über die Bühne 
gegangen. Beſonders heben wir hervor: 
Efier (Trip. 1856), Savonarola (Trip. 1856), 
Der Schmied in Rubla (Schaufp. 1858), 
ford (Trfp. 1858), Oliver Crommell ( 
1858), Mafaniello (Trip. 1864), Karl Stuarts 
Ende (Trip. 1870), Appius Claudius (Trfp. 
1870), Gegen den Strom (Dram. 1872). Außer: 
dem Geſangsdramen. Ferner: die drama» 
tiſche Dichtung mit Mufif; Pantheon deutſcher 
Dichter (Anthol. 12, Aufl. 1886). 
Lohmeyer, Julius, am 6. Dftober 
‚1835 zu Neiße geboren, in Berlin lebend, 
beichäftigte ſich literariſch beſonders 
dem Gebiete der Jugendſchriftſtellerei, 
welchem er fi einen Ruf erworben bat. 
‚2. ift der Begründer der von ihm heute 


noch redigierten Jugendzeitichrift Die 
Heimftätte 





Deutiche Jugend“, welche eine 
in faft jedem Haufe, das Kinder birgt, 
gefunden hat. Bon L.'s jelb 
jehr günjtig beurteilten Jug 
heben wir hervor: Sonnenideinden, Im 
Märchenwalde, PBuppeninfel, Unfer Hausglüd, 
Lachende Kinder, Kinderhumor, Fragemäulden, 
König Nobel, Koboldgeſchichten. Außerdem ift 
2. Verfaſſer mehrerer gut aufgenommener 
Novellen und Bühnenftüde: Der Stamm: 
halter (Luftfp.), Die Freunde aus der Provinz 
(Luſtſp.), Junges Blut (Rov.). 

Loh meyer, Theodor, geboren am 6. 
Dezember 1843 zu Scildeiche bei Bie- 
lefeld, Sohn eines Volksſchullehrers (Ref: 


Lommel. 


tors), beſuchte fünf Jahre das Gymna— 
ſium zu Bielefeld und ſtudierte darauf 
in Halle und Berlin Philologie. Von 
1868— 77 war er als Lehrer am Gym: 
nafium in Herford thätig, wurde darauf 
als erfter ord. Lehrer an das Realpro— 
gymnaſium in Altena a. d. Lenne berufen 


und erhielt 1883 den Titel Oberlehrer. 


Außer verfhiedenen Beurteilungen von Büchern, 
namentlih aus dem Gebiete des Deutichen, be— 


ſonders in der Zeitichrift für das Gymnaftalwelen, | 


veröffentlichte derjelbe eine Abhandlung „Zur 
orthographiſchen Frage” und fodann „Zur Ety 
mologie‘, hauptfächlich weitfäliicher Fluß: und Ge: 
birgänamen”, zu der er Durch die Menge rätjelbafter 
Snamen in der Umgegend von Altena veran: 

bt worden war. Daſſelbe Gebiet behandelte er 
ferner in feiner Schrift „Beiträge zur Etymologie 
deuticher Flußnamen (1881), den in der Ab- 
Id in „Neue Beiträge zur Etymologie deut: 


w 


Flußnamen”, deögleihen in fleineren Auf: 

in Fachzeitichriften. 1886 ließ er eine 
eine deutfche Satlehre nebjt einer Auswahl 
aus der Formenlehre und einer Zeichenfegungs- 
lehre“ erjcheinen, in der bejonderd auch auf die 
Verdeutſchung der grammatiſchen Fremdwörter 
Gewicht gelegt worden ift. 


Lommel, Eugen, geboren am 19. 
März 1837 zu Edenfoben in der bayr. 
Pfalz als Sohn eines praktischen Arztes, 
wandte ſich ſchon frühzeitig, als Latein- 
ſchüler, naturwiſſenſchaftlichen Studien zu, 
zunächſt auf dem Gebiete der bejchreiben- 
den Naturwillenichaften, hierbei wejent- 
lich unterftügt durch ein ausgeſprochenes 

talent. Als Schüler des Gymna= 

zu Speier (1850—54) nahm er 
Untereit der Gemerbefcule, und fühlte 
t der Gewerbeſchule, und fühlte 

fih unter dem Einfluß des bedeutenden 
ſilers Schwerd, der an beiden An: 
fialten fein Lehrer war, mehr und mehr 
zu den eraften Naturmwiljenichaften, ins- 
bejondere zur Phyſik, hingezogen. Dem 
Studium der Phyſik und Mathematik 
widmete er fi denn auch auf der Uni» 
verität zu München (1854—58), wo 
Jolly, Liebig, Seidel u. N. feine Lehrer 
waren. Nachdem er ſodann einige Zeit 
als Hauslehrer in Deidesheim gewirkt 
hatte, nahm er 1860 eine Stelle als 


371 





Lorenz. 


Lehrer der Naturwiſſenſchaften an der 


Kantonsschule zu Schwyz an, wurde 1865 
Lehrer der Mathematif am Gymnaſium 
zu Zürich, promovierte dafelbit (1865) 
und habilitierte fich als Dozent für theo- 
retiiche Phyſik an der dortigen Univerfi- 
tät und polytechniſchen Hochſchule. 1867 
wurde er als Profeſſor der Erperimen: 
talphyſik an die land= und forftwirtichaft- 
liche Akademie Hohenheim, 1868 an die 
Univerfität Erlangen, 1886 in gleicher 
Eigenſchaft an die Univerfität München 
berufen, wofelbft er auch feit 1876 ala 
forreipondierendes, feit 1886 als ordent- 
liches Mitglied der fönigl. Akademie ber 
Wiſſenſchaften angehört. 

Seine zahlreichen wiſſenſchaftlichen Abhandlun: 
gen bewegen ſich auf den Gebieten der erperis 
mentalen und theoretiihen Phyſik, insbefondere 
der Optif, ſowie der reinen Mathematif. Von 
den eriten find bejonders hervorzuheben die Ars 
beiten über Fluorescenz, Phosphorescenz, Inter: 
ferenz, Beugung und Theorie des Lichts, von 
den leßteren die Studien über die Beſſel'ſchen 
Funktionen (1868). In weiteren Kreifen wurde 
er befannt dur die populär:willenichaftlichen 
Schriften: Wind und Wetter (1873, 2. Aufl, 
1880), Das Wejen des Lichts (1874, die eng— 
liſche Überſetzung The Nature of Light in 4, 
kr Lexikon der Phyſik und Meteorologie 


Lorenz, Ditofar, wurde am 17. März 
1832 in Iglau geboren, ftudierte 1851 
bis 1854 Geſchichte und Philologie in 
Wien, habilitierte fih 1856 und wurde 
1860 außerord. und 1862 ord. Brofeflor 
der Geſchichte daſelbſt, während er gleich. 
zeitig beim f. f. Hausarchiv angeftellt war 
(1857—65). Seit 1885 wirft 2. als 
Profeſſor der Geſchichte in Jena. Lites 
rariih machte 2. fich zuerft durch feine 
vorzügliche Deutſche Gechichte des 13. und 14. 
Jehrhunderts rühmlichjt befannt. Außerdem 
heben wir bejonders hervor: 

Geſchichte König Ottokars Il. von Böhmen 
(1866), Geſchichte des Elſaſſes (mit Wilh. 
Scherer, 3, Aufl. 1885), Papftwahl und Kaifers 
tum (1874), Drei Bücher Geſchichte und Politik 
(gef. kl. Schr., 1876), Deutichlands Geihichtös 
punfte im Mittelalter (3. umgearbeitete Aufl. 
1885, 1887), Die Geſchichtswiſſenſchaft in Haupt: 


| richtungen und Aufgaben fritilch erörtert 2. (1886). 


24* 


Lorm. 


Lorm, H., ſ. H. Landesmann. 


Lortſch, Franziska Emma Friederika 


(F. Leoni), geb. Runtzler. Ich bin am 
6. Oktober 1844 zu Durben in Kurland 
als jüngſte Tochter des dortigen Pfarrers 
nad) deſſen Tode geboren und ſtamme 
mütterlicherjeits aus der Familie des Dich— 
ters Immermann. Don meinem zweiten 
Lebensjahre an bin ich in Libau in Kur: 
land erzogen und zeigte von Kindheit auf 
Neigung und Begabung zu Ichriftlichen 
Arbeiten, befonders zu Überjegungen. Das 
Studium fremder Spraden und Mufif 
interejfierte mich ganz bejonders. Der 
Gedanke, mid) ganz fürlegtere auszubilden, 
mußte an dem Slojtenpunft jcheitern. Ich 
hatte, als ich erwachſen war, auch nicht 
Zeit, meinen Neigungen zu leben, da Die 
Notwendigkeit des Selbjterwerbs an mid) 
herantrat. Während 10 Jahren lebte ic) 
als Erzieherin an verjchiedenen Orten, 
machte melgfad) Reifen, lernte Welt und 
Menſchen fennen. 
benugte ich ſtets zu meiner Fortbildung. 
Auch der Gedanke, Diafoniffin zu werden, 
hat mir fehr nahe gelegen, die einleitenden 
Schritte hierzu waren bereits gethan, doch 


ließ fi meiner ſchwachen Gejundheitwegen 


diefe Idee nicht zur Ausführung bringen. 


In meinem 28. Jahre verheiratete ih 


mich mit Alfred Lorti in Libau, welcher 
dur Berichte in verichiedenen fachwiſſen— 
ſchaftlichen Zeitichriften über feine Reifen 
in Auftralien, ſowie durch einen auſtra— 
liſchen Roman gleichfalls als Schriftiteller 
bervorgetreten it. 

Bald fand ich num die nötige Muße zum Schrei: 
ben, ohne meine Pflichten als Hausfrau und 
Mutter, die ich jtets als die erften und größten 
anfehe, zu beeinträchtigen. ch verfaßte ein Mär: 
chenbuch „Unter dem Tannenbaum” und gab ein 
„Chriſtliches Geburtstagsbud” heraus. Auch in 
verfchiedenen Journalen und Zeitjchriften find 
teils Originalarbeiten, teil$ Überjegungen von mir 
erfchienen. Ferner habe ich an Überſetzungen grö— 
berer Werke herausgegeben: Die Realijten der 
großen Welt, Olga Nikolajewna's Tagebuch (beide 
a. d. Ruſſ.), Ein Andahtsbuh (a. d. Engl.), 
Der Regenbogen in den Wolfen oder Worte des 
Trojtes für Stunden der Trübfal, Die Eurfijtin 


372 


Meine Mußeftunden | 


Lotheißen. 


(von Fürft Meſchtſchersky) und ein Vollsdrama 
(von Graf. N. Tolftoi). Die maßgebende Kritik 
bat diefe Werke fehr gut aufgenommen. 


Xotheien, Ferdinand, wurde am 
20. Mai 1833 zu Darmſtadt geboren, 
abjolvierte das dortige Gymnafium und 
widmete fih dem Studium der Philo— 
logie, Kunjt und Literaturgeſchichte an den 
Univerfitäten Göttingen, Berlin, Gießen. 
Im Jahre 1858 wurde 8. Gymnafial- 
lehrer in Büdingen (Heflen), übernahm 
1863 die Leitung einer großen Erziehungs: 
anjtalt in Genf und wurde 1870 nad) 
Wien berufen, wo er jeittem als Pro— 
fellor der franzöfiihen Sprache und Lite: 
ratur wirft. Neben feiner akademiſchen 
Thätigkeit hat 2. ſich auch literariſch aus— 
gezeichnet, insbeſondere durch ſeine vor— 
züglichen Werke über die franzöſiſche Lite— 
ratur, die von feinſtem Verſtändnis und 
ungemein tiefem Studium des behandelten 
Stoffes Beweis ablegen und zu den beſten 
zählen, was wir hierüber bejigen. 

Hauptwerfe: Literatur und Gefellihaftin Frank 
reich zur Zeit der Revolution (1872), Geſchichte 
der franzöfiichen Literatur des 17. Jahrhunderts 
(1877—83), Moliere (1880), Zur Sittengefchichte 
Frankreichs (1885), Margarethe von Naparra, 
ein Kultur: und Literaturbild aus der Zeit der 
franzöfiichen Neformation (1885). ! 

Louran, Hermine (H.von Waldemar), 
wurde am 26. März 1855 als die jüngjte 
Tochter des höheren pfälziihen Beamten 
EN. Frid in Frankenthal geboren. Außer 
‚einem Schönen mufifaliihen Talent zeigte 
‚das lebhafte Kind früh eine große Lern- 
und MWißbegierde, der die Eltern, bejon: 
ders Die feingebildete Mutter, gerecht zu 
| werden ſuchten. Hermine wuchs im glüd- 
lichſten Familienfreie auf. Der erjte 
ihwere Schlag in ihrem jungen Leben 
war der plöglihe Tod einer geliebten 
Schweſter; ihm jollten jchwerere folgen. 
1869, nachdem der Vater um jeine Pen— 
‚fionierung eingefommen, zog die Familie 
nach dem jchönen Heidelberg. Ein Jahr 
nur war es 9. vergönnt, den vorzüglichen 
Unterricht der Profelloren, worunter be: 
ſonders derjenige des Profeſſors Behaghel 











Lubliner, 


in Literatur und Geſchichte fie feflelte, zu 
genießen. Da fam der Krieg 1870, welcher 
der Familie verhängnisvoll wurde, indem 
er ihr den zweitältejten Sohn raubte — 
vier Wochen fpäter begrub man den Vater. 
Sein Tod zog für die Familie eine An: 
derung der Verhältniffe in der traurigiten 


Weiſe nah fih. Um auf eignen Füßen 


ftehen zu fönnen, mußte 9. durch 1/e 
Jahre ein Brüffeler Inftitut befuchen 
und trat dann, faum 17 Jahre alt, in 
eine Stellung als Erzieherin ein. Bald 
darauf verlobte fie ſich mit dem Inge— 
nieur Zouran, dem fie 1873 als glüdliche 
Gattin in fein jchönes Heim folgte. 
Ihre erſten fchriftitelleriihen Verſuche fallen 
ſchon in ihre Kinderzeit. Der Reichtum ihrer 
Phantaſie ſtrebte zum Ausdruck zu gelangen. Un— 
gehindert konnte ſie nun in ihrer Ehe der alten 
Quft. und Liebe nachgeben; es entſtanden kleine 
Erzählungen, Novellen, Romane, auch trat 
ſie in die Reihe der Jugendſchriftſteller ein. 
Von ihren ſehr gut aufgenommenen Schriften ſei 
hier nur „Foerſters Trude“ hervorgehoben, welche 
Arbeit der Autorin viele Freundinnen erworben 


hat. 


Zubliner, Hugo (9. Bürger), ift am 


22. April 1846 in Breslau geboren, war 
von feinem Pater, einem angejehenen 
Kaufmanne, früh ſchon für den eigenen 
Beruf bejtimmt. Leider wurde der Fa- 
milie ihr Haupt durch einen frühen Tod 
entriffen. Die Hinterbliebenen fiedelten 
nad) Berlin über, wo Hugo feine Schul: 
bildung empfing. Danach erlernte er die 
Meberei und widmete fi) der Tertil- 
induftrie. Ausgedehnte Geſchäftsreiſen 
madten ihn mit den Sitten und Ge 


bräuchen anderer Völker befannt und er 
weiterten feinen geiftigen Horizont. Lite 

Früßpeitig durch fein. 
Luftipiel Nur nicht romantiih befannt, das. 


rariſch machte ſich 2. 


bereits einen durchichlagenden Erfolg er: 
jielte, als der Autor das zwanzigſte Les 


bensjahr noch nicht erreicht hatte. Heute, 


gehört 2. zu den belichteften Bühnen: 
dichtern Deutichlands. Die meijten Er: 
folge fanden die Stüde: 

Der Frauenadvofat (Luftfp.), Sabriele (Schau: 


Ipiel), Die Frau ohne Geift (Luftfp.), Auf der | 


373 


— Lubojatzky. 
Brautfahrt (Luftip.), Der Jourfix (Luſtſp.), Die 
Mitbürger (Luſtſp.), Glück bei Frauen (Luſtſp.), 
Frau Suſanna (Schauſp., mit Paul Lindau), Die 
armen Reichen (Luſtſp.), Gräfin Lambach (Schau— 
ſpiel), Die Frau von 19 Jahren (Luſtſp.). Auch 
auf dem Gebiete des Romans verſuchte ſich 2. 
in neuerer Zeit: Die Gläubiger des Glüds (1885), 
welches Werk vorzüglich beurteilt wurde, 
Lubojatzky, Franz Anton (Fr. Ca: 
rion), wurde am 16. Dezember 1807 in 
Dresden geboren, erlernte die Juwelier: 
funft. Eine leidenſchaftliche Vorliebe für 
das Theater trieb ihn auf die Bühne, 
nod che er feine Zehrzeit beendet hatte. 
Er wirkte nun als Mime bei verſchiedenen 
Truppen, zunächit bei fleineren, ſolchen, 
die ein Nomadenleben dem feiten Wohn: 
fig vorziehen. Mit ihnen ftreifte 2. durch 
die Lande, von Stadt zu Stadt ziehend. 
Nachdem es 2. dann gelungen war, ein 
Engagement an einer größeren Bühne zu 
finden, war er in die Sage verfegt, ſich 
mehr literariihem Schaffen hinzugeben, 
‚für das ihm zuvor bei feinem unjtäten 
‚Leben die Muße gefehlt hatte. Seit dem 
Jahr 1830, alfo ein halbes Jahrhundert, 
kultivierte 2. den Roman. Jahr für Jahr 
faſt erſchien ein, meift mehrbändiger Ro⸗ 
man, oft auch mehrere Werfe aus feiner 
Feder, fo daß L. einer unſerer frucht- 
‚barften Autoren geworben ift, ohne daß 
‚er fein dichterifches Können je verbraucht 
‚bat; diefelbe ungewöhnliche Gejtaltungs- 
‚kraft, welche feine erften Schöpfungen be⸗ 
lebt, thut fih auch in den letzten Fund. 
Hervorzuheben: Der Rebell von Man, Der 
Profelyt, Die Züdin, Bunte Reihe, Novellen, 
Ruſſiſche Intriquen, Die Neukatholiſchen, Eine 
preußiſche Familie, Die fieben Todfünden (nad) 
Eugen Sue), Oswald Ehrenhaupt, König Friedrich 
Auguft von Sachen und jeine Zeit, Licht: und 
Schattenbilder, Die Mofaiten, Schloß Stolpen, 
Erzählungen, Neue Erzählungen, Katharina II., 
Maria Therefia und ihre Zeit, Ein geteiltes Herz, 
Deutiche Feierabende, Johann Georg I. von Sach⸗ 
fen, Der alte Deflauer, Ein deuticher Fürft, Der 
Kaplan von Königgräg, König Auguft und fein 
Goldſchmied, Der Jeluitenzögling, Die Klöppel—⸗ 
Lady, Die Witwe von Met, Jakob Pemnid, 








Zubota, N. v. d., ſ. A. Moſchkau. 
Ludwig, Balth., |. M. K. Haaf. 


Ludwig. 


Ludwig, Friedrid, geboren am 24. 
Oftober 1851 zu Schleufingen, ftudierte 
in Berlin und Göttingen Naturwiſſen⸗ 
Ihaften und Mathematif, promovierte 
1874. Seit 1875 Gymnaſiallehrer am 
Gymnafium zu Greiz, feit 1850 Ober: 
lehrer dajelbit, erhielt derfelbe 1886 den 
Profeffortitel. Seine literariihe Thätig: 
feit erjtrect fi) befonders auf die bota— 
niihen Gebiete der Mykologie, der Plan: | 
zenbiologie und der Floriftik. | 

Derielbe ift Mitarbeiter vieler Fachzeitſchriften, 
fowie ald Mitglied der Kommiſſion für die Flora 
von Deutichland und der D. Bot. Gefellich., als 
Borjtandsmitglied des Bot. Vereins für Gefamt: 
thüringen und des Bot. Vereins „Irmiſchia“ in 
Sondershaufen, als korrefpond, Mitglied der na: | 
turwiſſ. Geſellſchaft Jiis zu Dresden, der Société 
mycologique de France, al$ ordentliches Mit: 
glied des Botan. Ber. d. Provinz Brandenburg 
und des naturw. Ver. f. Thür. u. Sachen, Mit: 
arbeiter an den Organen dieſer Gefellichaften. 
Von wichtigeren Arbeiten heben wir hervor: Flo: 


\ 


374 


Ludwig Salvator. 


Die Entdedung des Gynodimorphismus der Als 
fineen, Das Hervortreten von Protoplasmafäden 
bei den Drüfenhaaren von Silphium perfolia- 
tum, Die Anpaffungen der Gattung Erodium 
an Infektenbeftäubung zc., Über den Beſtäubungs⸗ 
mechanismusvon Apocynumandrosaemi folium, 
Zur Biologie der Apocyneen, Über die Beſtäu— 
bungsverhältniffe einiger Sühmafferpflangen und 
ihre Anpaffungen an Wailer und Waflerinfeften, 
Über eine der Schnedenbefrudhtung angepaßte 
Blütenentwidelung, Blütendimorphismusdes Mais 
blümdens, Die verſchiedenen Blütenformen von 
Pflanzen der nämlichen Art :c. 


Ludwig Salvator, Erzherzog von 


Dfterreich, wurde am 4. Auguit 1847 als 
ein Sohn des Großherzogs Leopold IL 
von Toskana geboren, zeigte im früheiten 
Knabenalter Schon eine ungewöhnliche Bes 
gabung und fühlte ſich bejonders zu dem 
Studium der Naturmwifjenichaften hingezo- 
gen. Er trat in die Armee und bekleidet 
nunmehr den Rang eines Oberjten, in 
Zindis bei Trieft wohnhaft. Er unter: 


riftifche Arbeiten: Nachträge zur Flora henne- 
borgica. Galeopfisbaftarde bei Greiz, Eine Er: 
furjton in das Triebthal bei Jodeta, Ida-Wald— 
haus und die naturhijtorifchen Eigentümlichkeiten Fade . : 
feiner Umgebung zc. Vermifchtes: Über das Ad: ſelbſt illuftrierten Werken niedergelegt: 
forptionsipeftrum von Bonellia viridis, Cerato- Die Balearen (1869— 84), auf der Barifer Welt: 
phyllum demersum, eine zweite Elodea, Molinia ausſtellung mit der großen goldenen Medaille aus: 
coerulea als Fliegenfängerin und die Entomoph- | gezeichnet), Tunis (1870), Der Golf von Bucs 
thorafrankheit der Syrphiden, Beiträge zur Thü: cari-Porto-Ré (1871), Jachtreiſe in die Syrten 
ringer Volfsbotanif, Das Leben und Wirken des (1874), Eine Spazierfahrt im Golf von Korinth 
Brof. Dr. Herm, Müller. Mykolog. Arbeiten: Bilz: | (1876, Eine Blume aus dem goldenen Lande 
referate in Juſt's bot. Jahresber., Uber Micro- | oder Los Angeles (1878), Die Serben an der 
coceus (Monas) prodigiosus, Ein eigentümliches | Adria, ihre Typen und Trachten (1879), Die Ka— 
Vorkommen des Blutwunderpilzes (in Eiern), Über | rawanenftraße von Ägypten nad Syrien (1879), 
die Phosphorescenz der Pilze und des Holzes  Bizerta und feine Zukunft (1881), Um die Welt, 
Inaug.Diſſ. 1874), Über die Phosphorescenz ; ohne zu wollen (1883), Loſe Blätter aus Abas 
von Ag. (Collybia) tuberosus Bulk, — zia (1886), Paxos und antipaxos (1887). 
kungen, Ptychogaster albus Cord., die Coni-— i 

Dinfonnuon Polyporns Piychnganternur.upec. | Lübke, Wilhelm, wurde am 17. Jas 
Polyporus agaricicola Nov. spec., Über Gärung nuar 1826 in Dortmund geboren, wid: 
und Schleimfluß der Eichen zc. Zoplogiſche mete ſich dem Studium der Philologie und 


Aufläge zc.: Die Milben der Bierfilze, Über das j s A 
en von Niptus hololeueus Falderm Kunſtgeſchichte. Auf letzterem Gebiete leiitete 


bei Greiz, Gammarus puteanus, Über das Vor; | er literarifch bald Hervorragendes, fo daß 
— ei —— rag) um — | er 1857, vornehmlich auf Grund des Wer: 
Schriften pädagogiihen Inhalts: Einige wichti: | fa. . f 

gere Abjchnitte aus der mathematischen Botanif. = Leſchigte der —— Aufl. ge 
Die wigtigften Säge der Planimetrie, Über die als Profeſſor an der Bauafademie zu Ber 
mangelhafte und fehlerhafte Behandlung der Pilze lin angejtellt wurde. 1861 berief ihn das 
aud in den neueren Lehrbücern der Botanik, | Züricher Polytechnikum in gleiher Eigen: 
Biologische Arbeiten: Anthemis Cotula L. und | ſchaft und 1866 das zu Stuttgart Seit 
Anthemis arvensis L. im Kampfe ums Dajfein, | 1885 wirft 2. als Direktor der Gemälde 


Kleiltogamie und Samenverbreitung bei Collomia. A : E 
Die biologiihen Verhältniffe der Plantagineen, | galerie in Karlsruhe, in Anerkennung ſei— 


‚nahm viele Reifen zu feiner willenichaft- 
lihen Ausbildung Die Refultate bat 
‚der Erzherzog in den trefflichen, von ihm 


Lüdemann. 


ner hohen Verdienſte um die Kunſtge- 
Ihichte 1886 zum Geh. Rat ernannt. | 


Bon 2.'3, zu den bedeutendften Schöpfungen | 
auf diefem Gebiet überhaupt zählenden Werken | 
heben wir (außer gen.) hervor: Die mittelalter: 
lihe Kunſt in Weitfalen (1853), Die Frauen in 
der Runitgeihichte (1862), Studien zur Kunfts | 
geſchichte (1867), Geſchichte der Nenailiance Frank: 
reihs (1868), Vorfchule zur Geſchichte der Nlir: | 
chenbaukunſt des Mittelalters (6. Aufl. 1873), 
Abriß der Gefchichte der Bauftile (4. Aufl. 1878), 
Geſchichte der italieniihen Malerei (1878—79), 
Grundriß der Nunftgefchichte (10. Aufl. 1886), Ge: 
Ichichte der Plaſtik (3. Aufl. 1880), Gefchichte der 
deutfchen Renailfance (2. Aufl. 1881), Bunte 
Blätter aus Schwaben (1885), Kunſtwerke und 
Künftler (1886). 


Liidemann, Carl. ch bin geboren 
in Kiel den 6. Juli 1805, ältefter Sohn 
des SKonreftors an der Slieler Gelehrten: 
ichule Lorenz 2. Bon meinen trefflichen 
Eitern jorgfältig erzogen, bejuchte ich bis 
zu meinem vollendeten 18. Jahre das 
Gymnaſium, widmete mich auf der Uni— 
verfität Kiel dem Studium der Philologie 
und Theologie, beitand 1828 mein theo: 
logifhes Amtseramen mit dem 1. Cha: 
rafter, und der Aufforderung, meine Kräfte 
der akademiſchen Thätigfeit zu widmen. 
Diejer Aufforderung eingedenf, bewarb 
ih mid in Kiel um das Amt eines ad- 
junetus ministerii an der Nifolai-firche, 
trat daljelbe am 26. Januar 1831 an, 
feßte aber dabei meine witlenichaftlichen 


Studien fort, gab Studierenden, welche 


es wünjchten, Privatiffime über Dogmatik 
und Geihichte der Philofophie, ward zum 
Dr.philos.promoviert (1834) und in dem: 
jelben Jahr noch zum Prediger an der Heil. 
Geiſt-Kirche, die zugleih Garniſonskirche 
war, rejp. von der Gemeinde Kiel ermählt 
und vom Könige Friedrich VI. ernannt, 
lebte ſeitdem als Prediger und Privat: 
dozent der doppelten Aufgabe eines kirch— 
lihen und afademifhen Amtes, rüdte in 
legterem vom Privatdozenten 1839 zum 
außerordentl. und 1841 zum ordentl. 
Profeſſor der Theologie und Mitglied des 
Eraminationstollegiums auf, ward von 
der theol. Fakultät zu Kiel zum Dr. theol. 


Lüdemann. 


ernannt, und blieb in dieſer Thätigkeit 
bis zum Ende des Jahres 1868, da ich 
mein Predigtamt niederlegte, um ganz 
meinem akademiſchen Amte zu leben. In 
dieſem war ich nun zwar zunächſt auf die 
ſ. g. praktiſche Theologie, oder wie ich ſie 
lieber nenne, die Theorie der kirchenamt— 
lichen Praxis gewieſen, beſchränkte mich 
aber nicht auf ſie und die ihr eigenen 
praktiſch-theologiſchen Disciplinen, ſon— 
dern habe auch immer von Zeit zu Zeit 
‚über das Syſtem der chriſtlichen Ethik, 
über das Weſen des Chriſtentums und 
‚über die Geſchichte und Theorie des 
Volksſchulweſens Vorlefungen gehalten, 
und dabei unausgefegt die Übungen des 
homiletiſchen wie des katechetiſchen Se— 
minars geleitet. Überdies ward id) vom 
‚afadem. Konfiftorium dreimal (1853, 
1854 und 1866) zum Rektor der Unis 
verfität erwählt, wie von der theol. Fa— 
fultät im Jahre 1870 zum afademiihen 
Mitglied der landeskirchlichen General: 
ſynode zu Rendsburg. Dabei hatte ich 
im Auftrage der Negierung zweimal 
(1861 und 1863) die Landespredigt für 
‚die Holt. Ständeverfammlung in Itzehoe 
zu halten, und die 60er Jahre hindurch 
die erjt 1869 zum Abſchluß gekommenen 
‚Arbeiten einer Geſangbücherkommiſſion 
als präfidierendes Mitglied derjelben zu 
leiten. 

18850, da des Krieges wegen feine Vorlefun: 
gen gehalten werden fonnten, benutzte ich zu einer 
größeren Reife durch Preußen, Oſterreich, Nord» 
‚italien, die Schweiz, Baden und Heilen, auf der ich 
die bedeutenditen praftifchetheologiihen Prediger: 
feminare befuchte. Meine ſchriftſtelleriſche Wirkſam— 
keit anlangend, fo hebe ich hervor: Überficht über die 
| Miffions-Beitrebungen der evangel. Kirche (1837), 
Die zur Eröffnung des homilet. Seminars von 
mir gehaltene Predigt über Job. 21, 15—18 
(1839), Meine Schrift über die fittlihen Motive 
des Chriftentums, ihre Belchaffenbeit, ihren ethi- 
ſchen Wert und ihre Gebräuche in der Firdl. 
Praxis (1841), Fürchtet euch nicht, denn der 
Sohn Gottes lebt in der Menſchheit, und fein 
Vater ift auch euer Vater, ein Weihnachtsgedicht 
(1843), Meine Schrift über das Wejen des pro» 
teftantiichen Kultus, deijen Prinzipien dogmatiſche 
Milde, ethiiche Tiefe und ethiiche Reinheit feien, 
und der nur im treuen Felthalten dieſes ein 











Lugano. — 376 — Lullies. 


echtes Zeugniß und kräftiger Pflege des Chriſten- ſätzen und Erzählungen für Tagesblätter und Zeit— 
tums jein fünne (1846), Meine Rede über das | fchriften. 


Verhältnis de3 Chriftentums zum Staatöbürger: | ’ — 
tum, im Auftrage des afad. Konfiftoriums in Lullies, Sriedrib Hans, geboren am 


der großen Aula zur Geburtötagsfeier des Kö- 18. Oktober 1858 zu Kalmweitichen, Kreis 
nigs Chriftian VIII. (1846), Beiträge zur Ge: | Goldapp in Oftpreußen, befuchte die Dom- 


Ichichte des homilet. und fatechet. Seminars der Ckriohricha- i 3 
Univerſität Kiel, aus der Univerſitätschronik ſchule und das Friedrichs Kollegium zu Rö- 
diefer Jahre befonders abgedrudt (1885—86), nigsberg und jtudierte daſelbſt von 1876 


Meine Schrift über die Verleugnung Gottes | bis 1880 Geſchichte, Geographie und Phi: 
des Vaters — gegen den überhandnehmenden lologie. Er wurde 1880 zum Dr. phil. 
Konfefjionalismus (1861) und zur Bekenntnis: promoviert und ift feit Oftober 1880 als 


frage (1861). Beide Schriften thaten ihre Wir: : z 
fung, und im Jahre 1871 erlebte die über die Lehrer am Wilhelms-Gymnafium zu Kö— 


Verleugnung Gottes des Vaterd noch eine ſchwe- nigsberg thätig. Außerdem ift er Schrift» 
diſche Überfegung. Aus dem Buch des Lebens, führer der dortigen geographifchen Geſell— 
Sammlung meiner Predigten (1863). Erft jpä- chaft 

Das Sieh one Gen 
* Trial "Fehler 8° | gebiet (1880), Die neueften Reifen in Afien (1883 
fümer Der Menſchheit— ein Morgengruß an die | und 1885), Die Kenntnis der Griechen und Rös 
befiere Zeit, —— Lehrgedicht, welches mn feinen mer vom Pamir⸗Hochlande (1887) und eine Reihe 
engzufammenhängenden 5 Abjcriften diejenige | bift. Karten zu Ondens Weltgefchichte. 


Welt: und Lebensanfhauung zur Darftellung 
Luftig, Auguft, wurde am 4. No: 


bringt, durch welche wir am Chriſtentum feſt— 
halten können, ohne es einem philoſophiſchen oder vember 1840 zu Hartmannsweiler im 
Ober:Elfaß geboren, von wo feine Eltern 


firhl. Materialismus zur Beute werden zu laffen. 


Lugano, Silvio, |. Riebel-Ahrens. 4 Jahre ipäter nad) Miülhaufen über: 

Luigi, G., ſ. O. Luis. ſiedelten. Nach beendetem Schulbeſuch 

Luis, Olga (Gola Luigi), wurde am trat er als Zeichner-Lehrling in eine große 
16. Juni 1858 zu Hamburg geboren, Druckerei ein; militärpflichtig, wurde er 
genoß dafelbjt in einem guten Inftitute | Militärmufifer in Verfailles. Nach ab: 
ihre Erziehung und hat, fürzere und län- ſolvierter Dienjtzeit ging er nad) Mül— 
gere Ausflüge ins In- und Ausland, die | haufen zurüd, wo er zur Zeit noch lebt 
ungemein dazu beitrugen, den Geſichts- in einer großen photographiſchen Anjtalt 
freis des jungen Mädchens zu erweitern, als Retoucheur angeftellt. Mit jeinem 
abgerechnet, ausschließlich in diefer Stadt dreißigiten Jahre fing er in feinem „Mil- 
gelebt. Das Intereſſe an literariichen Er: | hüſer Ditſch“ zu „fingen“ an. Heute 
zeugniffen zeigte ſich zuerft in einer wirk- gilt er als einer der bedeutendften leben: 
lihen Leidenſchaft, „Märchen und Ge: | den Dialektdichter alemannifcher Zunge. 


Ihichten” erzählen zu hören, fpäter in —— nk —— re 
i of w warze Liebihhafte (Luitip. 1879), Dans di 
einer unbefiegbaren Lejeluft, ber ſich bald | uns (Rufıfp. 1879), Herbftblättle (Bed. 1880), 


eigene ſchriftſtelleriſche Verſuche anreihten. Im Gretele fine Künftler (Luſtſp. 1880), Mil: 
Schon während der Schuljahre wurden hüſer Bilder (Dr. 1880), D’ Milhüfer in Paris 
fleine Rätfel in Verſen von Olga 2. in |(Zuitip. 1880), Dr_Ajtronom (Luſtſp. 1881), 
heimischen Blättern abgedrudt. Dann D Tante Domino (Tuftip. 1881), Ne Hirot dur 
/ z „4. d' Ertrapoft (Luſtſp. 1882), D’ Hüslit vo dr 
famen Jahre, in denen das junge Mäd- | Fraü Suppedunfe (Luftip. 1882), Bilder us em 
hen ihre ganze Kraft der Malkunſt wide Elfaß (Ged. 1883), Der Hochzitsdag (Luftip. 1883), 
mete, da aber der Mangel an Kompo— 83 te rn 2 and —— 
36 S Luſtſp. 1885), Im Jülie ſi eimnis (Luſtſp. 
ſitionstalent fein eignes Schaffen zuließ, | 1g85) or un ‘no dr Hocit (Cuftp. 1888), 
gab fie diejes Studium auf und wandte | An pr Falle (Luitip. 1886), Bi de Wilde (Luftip. 
ſich wieder mehr der Dichtkunft zu. 1886), D’ Gſellſchaftere (Luftip. 1887), D’ 
Bald wurde ihr der Weg in die Offentlichkeit | Singftund (Luftip. 1887). Außerdem iſt 2, Mit: 
gebahnt, und fo fchrieb fie eine Neihe von Auf: | arbeiter von Zeitichriften. j 











Luthardt. 


Luthardt, Chriſtoph Ernſt, wurde am 
22.März 1823 in Maroldsweiſach (Unter⸗ 
franken) geboren, widmete ſich dem Stu— 
dium der Theologie zu Erlangen und Ber: 
lin, wirfte als Gymnafiallehrer in Mün- 
hen, habilitierte fih 1851 als Privat: 
dozent der Theologie in Erlangen und 
wurde 1854 zum außerord. Profeflor in 
Diarburg, 1856 zum ord. Profeſſor in 
Leipzig ernannt. 1865 wurde ihm der 
Titel eines Konfiftorialrats, 1875 der 
eines Domberrn und 1887 der eines 
Geh. Kirchenrats verliehen. 

Am verbreitetften und populärften dürfte feine 

längend beurteilte „Apologie des Chriftentums‘ 
(10. Aufl. 1882) geworden jein. Von 2.3 wei: 
teren verdienftvollen Werfen heben wir befonders 
bervor: Die Lehre von den leiten Dingen (1861, 
2. Aufl. 1870), Die Lehre vom freien Willen 
(1863), Kompendium der Dogmatif (1865, 7. 


377 





Aufl. 1886), Die Ethik Luthers (1867, 2. Aufl. | 
1875), Die Ethit des Ariftoteles (1869—76), | 


Der Johanneifhe Urfprung des vierten Evange: 
liums (1874), Die modernen Weltanſchauungen 
(1880), Die Kirche in ihrer Bedeutung für das 
öffentliche Leben, Die antike Ethik (1887). Seit 
vielen Jahren giebt 2. die befannte „Allgem. 
evang.slutheriiche Kirchenzeitung” heraus. 


Luthardt, Chriitoph, wurde am 25. 
Februar 1827 zu Hof, Kreis Oberfranten, 
geboren. Er beſuchte das Gymnafium zu 
Nürnberg und abjolvierte dasfelbe 1844. 
Nah vollendeten akademiſchen Studien 
beitand er mit Erfolg die Staatsprüfung 


und war mehrere Jahre im Finanzminis | 


fterium zu Ansberg thätig. Im Jahre 
1860 wandte er fi der journaliftiichen 
Laufbahn zu und wurbe auf dem Gebiete 
der Volkswirtihaft und Politik Mitar: 
beiter an größeren Zeitungen in Berlin 
und Wien. Nachdem er durd 22 Jahre 


als Redakteur in München, Braunjchweig, 


Holjtein und Hannover gewirkt hatte, | von Eberhards ſynonymiſchem Wörterbud) über: 


übernahm er die redaktionelle Leitung 
und den Verlag der im Jahre 1867 ges 
gründeten befannten „Korrejpondenz Hoff: 
mann“, der ältejten und verbreitetjten 
Korrefpondenz in München. 


Lutze, Ernft Arthur, wurde am 13. 


Oktober 1848 zu Goethen geboren, ab: 








Lyon. 


folvierte das Gymnafium zu Potsdam 
und bezog 1870 die Univerfität Leipzig, 
um Medizin zu ftubieren. Hier wirkten 
befonders auf feine geiftige Richtung ein: 
die berühmten Phyfiologen Gebr. Weber 
einerjeits und der namhafte Literarhifto: 
rifer Joh. Mindwig andererjeits. Nach— 
dem er zum Doktor promoviert worden, 
ließ er ſich als praftiicher Arzt in Ham: 
burg nieder, wo er fi ſchnell eine 
ausgedehnte Praris und einen guten Ruf 
erwarb. Deſſen ungeachtet zog es ihn 
nad) der Hauptftadt mit ihrem ſchnelleren 
geiftigen Pulsichlag, und jo jtedelte er 
1886 nad) Berlin über. Neben feiner ärzt- 
lihen Berufsthätigfeit ift 2. auch —B 
thätig, zunächſt natürlich auf mediziniſchem Ge: 
biete. So veröffentlichte er, außer zahlreichen 
Beiträgen in Fach- und andern Zeitſchriften, die 
homöopathiſche Schrift: liegend. Blätter“ (1870). 
Außerdem trat L. aber auch als Lyriker hervor 
und zwar mit den ſehr günſtig beurteilten Werken: 


| „Blüten“ (1879), und „Veilchen“ (1886). Auch 
verſuchte er fich neuerdings auch auf dramatischen 


Gebiete in dem luſtigen Einafter „Othello’3 Er: 
folg“ (1887), welder bereit3 im SHelgoländer 
Königl. Theater mit ungewöhnlihem Beifall in 
Scene ging. 


Lyon, Paul Otto, wurde zu Spitte: 
wig bei Meißen am 10. Januar 1855 
geboren. Auf der Univerfität Leipzig ſtu— 
dierte er von 1874— 79 Philologie, ins» 
befondere deutiche Sprade und Literatur. 
Darauf war er an den Realgymnafien zu 
Leipzig, Döbeln und Dresden-Altjtadt als 
Oberlehrer thätig; an dem lehteren wirft 
er noch jegt. Auf Grund feiner mit Bei: 
fall aufgenommenen Arbeit: Goethe'3 Ver— 
hältnis zu Mopftod (2. Aufl. 1882) erwarb er 
fi in Leipzig die philofophiiche Doktor: 
würde. 

Bald darauf wurde ihm die Neubearbeitung 


tragen, der er 1883— 1886 die Neubearbeitung 
von Bederd großem Werfe über den deutjchen 
Stil und von Heyſe's ſprachwiſſenſchaftlichen Ars 
beiten folgen ließ. In feiner Schrift „Minnes 
und Meifterfang“ gab er eingehende Bilder aus 
der altdeutichen Literatur, während fein „Hand— 
buch der deutfhen Sprache” die Ergebnijie der 
neuen germaniftifchen Forſchung in fnapper Weile 
zufammenfafit (1885). Gegenwärtig giebt er uns 


Maaß. — 378 — Macherl. 


ter Mitwirkung von Rudolf Hildebrand und an: ſität Straßburg, machte verſchiedene Stu: 


derer namhafter Gelehrten die „Zeitichrift für den u: : 2 en ’ 
deutschen Unterricht” heraus, welche einen geſun⸗ dienreifen, wurde 1867 Aſſiſtent der Che 


den Ausbau des deutihen Unterrichts anitrebt, | ME An der k. k. Forſtakademie in Maria⸗ 

zugleich aber auch eine Wirkung auf das geſamte brunn, 1870 Adjunft an der k. k. hem.- 

Schrifttum unſerer Zeit beabſichtigt. Außerdem phyſ. Verſuchsſtation für Wein- und Obſt— 

zahlreiche Auffäge in Zeitſchriften und größeren pay in Kloſterneubhurg, 1873 Direktor der 

Zeitungen. * 

landw. Landesanſtalt. 

Neben zahlreihen Publikationen in der „Wein: 

laube“ und anderen Fachblättern, Ipeziell den von 

MM. der Anftalt in S. Michele herausgegebenen „Ti— 

roler landw. Blättern” und dem Tiroler landw. 

Maak, Martin, geb. zu Hamburg am | Kalender find befonders zu erwähnen: Das von 


S 5 .„. Bar. Babo und E. Mad herausgegebene, von 
10. — er — das Johan der kompetenten Fachkritik als vorzüglich aner— 
neum un as ala emiſche ymnaſium in kannte Handbuch des Weinbaues und der Keller: 
Hamburg, ſowie dann die Univerfitäten wirtſchaft (2. Auft.), ferner: Die Gärung und 
Sena und Berlin. Nach mehrjährigem | Technologie des Weines, als Teil aus Schwad: 


Aufenthalte in Franfreih und England höfers Lehrbuch der landw. chem. Technologie. 


fungierte er von 1856—1863 als or: 
— acherl, Peter, geboren zu Gaſen 
dentlicher Lehrer an dem Gymnaſium zu | in — * —5 7— 
Neubrandenburg, Großh. Deedlenburg: | 41. Hi» Eruhien in ( Bidet 
Strelis, bann ee 6 um in® 5, | machte die Studien in Graz und Italien, 
trelitz, dann an dem Gymnaſium In Pots | u, er zum Dr. phil. promovierte, diente 
dam und an dem Realgymnafium in 5 Jahre in der Seelforge, 14 Jahre im 
> = M “al I b . ’ a 
Sprottau, Prov. Schleſien. Um Michaelis Griichungsfache im fleinen und großen 
2 ging er an bie höhere Mädchenſchule Seminar und ift jeßt (1887) Dozent der 
ab er au —— als — Philoſophie im Prieſterhauſe zu Graz, 
Reh, In — ellung er ſich noch ugleich Redakteur des Grazer Volksbl. 
gegenwärtig efin! et. : . Literariſch machte M. ſich vornehmlich durd 
Bon feinen literariſchen Arbeiten heben wir herz | feine anmutigen und gefühlsinnigen poetiſchen 
vor: Zwei Geſpräche über den Austritt aus dem | IRerfe: Alpenblumen (Ged.), Gentianen (Gev.); 
Judentum (1853), The Congeniality of the | qufjerdem durch mehrere Gebetbücher J. B. See: 
English and (German Languages illustrated lenbrunn von 1575 und Eleinere Sachen, ſowie 
(1855), ©. E. Leſſings Erziehung des Menjchen- Überjegungen aus dem Italieniſchen befannt. 
geſchlechts oder die Entwidelung der religiöfen z 
Idee vom Judentum zum Chrijtentum (1862), Maähly, Jakob, wurde am 24. De: 
Unfere deutſchen Dichterheroen und die fogen. zember 1828 in Bajel geboren, lag an 


Shatelpearomanie (1874), Die foziale Stellung ; i zui 
der Juden in Deutſchland und das Civilehegeſetz der dortigen und ber Göttinger Univer- 


(1876), Abr&g6 de ’histoire de Prusse (deux. tät dem Studium der Philologie ob, 
&d. 1977). Leilings Einfluß auf die geiftige Be: | wirkte nad Abjolvierung als Gymnaftals 
* ſeiner am > der ne lehrer in feiner Vaterſtadt, habilitierte 

a Prononciation francgaise (1880), The Eng- | * “. gps : 
lish Pronunciation (1882), Was joll mit Eljaß: | ſich 1852 als Privatdogent ie Bhilologie 
Lothringen werden? in „Zeitbewegende Fragen“ und wurde 1865 außerordentl., 1375 or- 
(1884). Außerdem zahlreiche Abhandlungen in | dentliher Profellor an der Baſeler Hoch: 
Schulprogrammen. ſchule. 


Mach, Edmund, wurde 1846 in Ber— Literariſch machte M. ſich beſonders als Sprach— 


er forfcher, daneben aber auch als Dichter befannt. 
gamo geboren als Sohn eines k.k. öſterr. Von ſeinen ſelbſtändigen Werken heben wir her— 


Militärarztes, ſtudierte nach abſolvierter vor: Das Erdbeben zu Bafel (Ep. 1856), Die 
Mittelſchule an der chemiſchen Fachſchule am Sängerfahrt (1856), Nhigmurmel (Dicht. im bajel. 


i in 3 Wi Dial., 1856), Sebaſtian Caſtellio (1862), Frieden 
— = Frag = nn — (1862), Mathilde (Ep., 2. Aufl. 1862), Weien 
zwei Semejter an der landw. Akademie und Geihichte des Auftipiels (1863), Angelus 


Hohenheim, ein Semejter an der Univer- Politianus (1864), Ri). Bentley (1368), Dedis 








Märzroth. 


pus Koloneus (1868), Byrfopolias (hum. Ged,, 
1873), Bilder aus der Gegenwart (1874), 
Geihichte der antiken Literatur (1880). 


Märzroth, Di. (eigentl. M. Barad)), 


die Univerfität dajelbit, ſich philofophifchen 
Studien hingebend. Nahdemer zum Doktor 
promoviert worden, widmete er ſich der 
Journaliſtik, war als Theaterfrititer, No: 
vellift und Humorijt an vielen Zeitichriften 
thätig und beliebt und begründete den „Ro: 
met”, die „Komische Welt“ und das „Wie: 
ner Feuilleton“, die er bald zu Anjehen 
bradte. Im Jahre 1869 jtarb feine 
Lieblingstochter, weshalb er ſich nad) Sal;- 
burg zurüdzog, die Stätten feines einfti- 
gen häuslihen Glückes fliehend. Dort 
lebt er noch jegt, wenn auch vereinjamt, 
dod) immer nod) literarifch emfig ſchaffend 
als ein Meiſter der feineren Humoresfe. 

Hauptwerfe: Bilder, Lieder und Gedichten, 
Satans Zeier (Ged.), Liederbuch ohne Goldichnitt, | 
Spottvögel, Geiſer- und Geiitergeftalten aus 
dem alten Wien, Ein Märden aus unferen 
Tagen, Schattenrifje aus dem alten und neuen 
Wien, Umrifje, Kleine Wahrheiten, Lachende Ge: 
ſchichten, Weltluft (Ged.), Funfzig Jahre eines 
Boeten, Ernit und Scherz, Altwien, Neu:Deca: 
merone, 


Magnus, fiehe Heinrih Groß. 


Mahn, Anna (Anıy Wothe), wurde 
am 30. Januar 1858 in Berlin geboren. 
Die Eltern gaben ihr eine ihren beſchei— 
denenbürgerlichen Verhältniffenangepaßte 
forgfältige Erziehung. Von lebhaften Nas 
turell wuchs Anna bis zu ihrem 16. Jahre | 
als glückliches Kind auf; dann jedod) trat 
der Ernit des Lebens an fie heran. Der 
Bater verlor fein Eleines, mühſam er: 
worbenes Vermögen, und das junge Mäd— 
hen war nun auf ſich felbit angewieſen 
und genötigt, den Kampf ums Dajein 
aufzunehmen. Eie erwarb ih ihren Unter: 
halt durch Stundengeben und weibliche 
Handarbeiten und benußte ihre Freijtun- 
den zur Fortbildung ihres Geiſtes und 
zu Heinen fchriftjtellerischen Verſuchen, 
doc hatte fie mit der Verwertung ihrer | 
Eritlingsarbeiten nicht den Erfolg, den fie | 











379 


Mahn. 


erhofft hatte; fie lebte das alte Leben 
voller Mühe und Sorge weiter. Da ges 


‚lang es ihr endlid, eine Stelle in einem 
; 4 ’ Verlagsgeſchäft zu erhalten. 
ift am21. März 1818 zu Wien geb., befuchte 


Ihre Ber 
Ihäftigung beftand in der Buchführung, 
Leſen von Korrekturen ꝛc. und war dieſe 
Arbeit auch mechanisch und proſaiſch, Jo 
ihüßte fie dody vor Mangel und ließ dem 
jungen Mädchen die Abend: und Nacht: 
jtunden zu geiftigem Bormwärtsgehen. Durd) 
ihre, in jolhen Stunden geübte Schrift: 
jtellereiund durch die Gründung der „Deut— 
Ihen Frauenblätter” (die fie bis zum 
Jahre 1885 leitete) war ſie in der Lage, 
ihre Stelle aufzugeben und ganz ihrer 
Feder zu leben. hr liebenswürdiges Ta- 
lent fand freundlichen Anklang in der 
Frauenwelt, und ihre hübjchen Arbeiten 
verichafften ihr mande Freundin. 

Bon ihren literar. Erzeugniflen find folgende 
zu nennen: Frauenliebe und Leben, Sommer: 
träume (Nov. u. Skizz.), Ein Roſenſtrauß (Nov.), 
Der Hausihat, Berfunfene Sterne (Nov. u. 
Skizz.), Das Gift unferer Zeit, Wie lebt man 
glücklich? (Brofch.), Lenzesblüten (Nov. u. Skizz.), 
Herzensjtimmen (Anthol.), Des Weibes Glüd. 

Anny W. lebt jet als Gattin des 
Verlagsbuhhändlers Adolf Dahn in Leip— 
zig und wird neben ihren häuslichen Pflich— 
ten der redaktionellen Zeitung einer von 
ihr in's Leben gerufenen neuen trefflichen 
Wochenschrift für die deutihen Frauen: 
„Bon Haus zu Haus“ gerecht. 


Mahn, Hermann (Albreht Thal), 
wurde am 6. Mai 1863 zu Jannowiß 
i. R. geboren, abjolvierte die Schule ſei— 
nes Heimatsortes, ſowie jpäter die Stadt- 
ihule zu Kupferberg und wandte fich der 
Laufbahn eines Bureau:Beamten zu. 

Literariich wählte M. fi) die Novelle und die 
Humoreste zum Felde, und zwar als Mitarbeiter 
von Zeitichriften. 


Mai, Bruno, fiehe Hugo Wauer. 


Mair, Franz, der Sohn eines Leh— 
vers auf dem Lande, wurde am 15. März 
1821 in Weifendorf am Marchfelde ge: 
boren. Schon mit dem 10. Jahre fam 
er aus dem Elternhaufe nad) Etsdorf (bei 


380 


— 


Mair. Mair. 

Krems), um ſich bei feinem Onfel, einem | Mair, Georg, wurde am 9. März 
tüchtigen Organijten, in der Muſik ſowohl 1850 zu Meranſen in Tirol als der Sohn 
als aud in den übrigen Wilfenszweigen | eines Bacherbauern geboren. Kaum brei 
auszubilden. Nach einigen Jahren be: | Jahre alt, verlor der Knabe feinen Vater 
ſuchte er in Wien die Realihule und das | und wurde von feiner Mutter, die fidh 
Konjervatorium. Mipliche Verhältniffe wenig um ihre Kinder fümmerte, einer 
zwangen ihn, feine mufifaliihe Laufbahn Müllerfamilie zur Erziehung übergeben, 
zu verlaflen und fih dem Lehramte zu nachdem das Anmelen des Verftorbenen 
widmen, um feinen hochbetagten Vater zu verkauft worden und die übrigen Fami— 
jtügen. Nach deſſen Abjterben ging er je lienglieder in alle Windrichtungen zerftreut 
doch wieder nad Wien. Stets bemüht, waren. ®eorg verlebte dort eine freud- 
feine Kenntnilfe zu vermehren und fein | lole Jugend, bejuchte die Gemeindeſchule, 
entichieden muſikaliſches Talent geltend empfing dann Privatunterricht und fam 
zu machen, gelang es ihm bald, ſich durch 1864 auf das Gymnaſium der Augujtiner- 
jeine Kompofitionen einen quten Namen | Chorherren zu Briren, fpäter auf das der 
zu madyen. In hervorragender Weiſe bes Benediktiner zu Meran. Er hatte ur: 
teiligte fih M. an den freiheitlichen Be: ſprünglich Theologie ftudieren wollen, aber 
ftrebungen der Wiener Lehrer. Zu dem Bes | der Ichlimme Einfluß eines Freundes, deſſen 
hufe, die Trennung der Kirche von der fanatiſcher Übereifer an dem Ziel vorbei- 
Schule zu fördern, gründete er in den geſchoſf ſen, hatte M, die, für diefen Ber 
finfteren Zeiten des Konkordates den Ver: ruf nötige innere Überzeugung geraubt, 
ein „Boltsichule” und jtrebte dur) Wort | und jo widmete er fi) dem Studium der 
und Schrift der freiheitlihen dee zum Rechte auf der Univerfität Innsbrud, trat 


Durchbruche zu helfen. 

Auf literariihem Gebiete war er ebenfo thätig 
wie auf mufifaliihem. Er war Mitarbeiter der 
päd. Zeitfchrift „Volksſchule“, gab deutiche Leie: 
bücher für Voltsichulen (4 Bände) und für Bür: 
gerichulen (3 Bände) heraus, ferner eine kurze 
Literaturgefchichte und Mythologie und eine Bro: 
ſchüre: Winte zum Gebrauche der analytilh:iyn: 
thetiſchen Methode, auf muſikaliſchem Gebiete 
leiitete er jehr Verdienitliches durch die Abfaſſung 
einer praftiihen Singlehre, welche in Ofterreich 
das erite Werk diefer Gattung war und nod 
heute allgemeine Anwendung findet. Seine Ge: 
fangbücher: Liederftrauß (für Volksſchulen), Lie: 
derbuch (für Bürgerfchulen), feine 


Provinzitädten eingeführt. Dem berühmten Män- 
nergelangverein „Schubertbund”, welchen er grün: 
dete, fteht er feit einem Vierteljahrhundert als Di: 
rigent vor und leitet überdies noch den n.eö. Sän— 
gerbund. Die Zahl jeiner Werke überfteigt ſchon 
weit die Zahl 100, worunter auch größere find, 
die ihren Weg nad Amerifa machten. Seine: 
Auswanderer, Dornröschen, Germanenzug, An: 
dreas Hofer find Schöpfungen, die ihn überleben 
werden. Für die f. f. Hof-Kapelle fchrieb er in der 
jüngften Zeit zwei große Mefjen, welche, von der 
Hoffapelle aufgeführt, allgemeines nterefie er: 
regten. Beim Feſtzuge im Jahre 1879 wurde er 
von feinem Kaifer ausgezeichnet. 





Schulfeſtlieder 


ſind nicht nur in Wien, ſondern auch in den | then (1885), Der Feldzug des Dareios gegen die 


aber fehr bald zu dem der Geſchichte und 
der Naturwiſſenſchaften über. Mittelloſig— 
feit zwang M. jedoch nochmals zu einem 
Wechſel. Um jchneller zu Brot zu kom— 
men, gab er ſich nun philologiichen Stu- 
dien hin und zwar unter B. Jülg, Job. 
Müller und A. Zingerle (1874— 76). Im 
Jahre 1879 legte er die Prüfung ab, 
wirkte in Trieft, Weidenau, ſchließlich ala 
Gymnaſialprofeſſor in Saatz, feit 1886 
als folher in Arnau a. €, 


Siterarifch trat M. hervor mit den ſehr bei⸗ 
fällig beurteilten Schriften: Das Land ber Sfy: 


Stythen (1886). 


Makſa, Ida, wurde am 17. Mai 
1857 in Neichenberg als Tochter des Ma: 
giftratsrates und Landtagsabgeordneten 


‚Anton Jahnel geboren. Schon in ihrer 


früheften Jugend pflegte und befaßte fie 
fih mit Vorliebe mit Malerei, Mufif 
und Poeſie. Ein Lieblingswunfd, zur 
Bühne zu gehen, erfüllte fich ihr nicht, 


‚da fie — im Begriffe, Sängerin zu wer» 


‚den — den Dr. med. Leop. M. fennen 


Maler. — 331 — Manfred. 


lernte, mit dem fie ſich 1877 vermäßlte. | Arbeiten ſich eines nicht ungünftigen Ur: 
Im neunten Jahre einer glüdlihen Ehe | teils erfreuten, ging ich auch gern auf den 
wurde fie Witwe und lebt feitdem ber Vorſchlag ein, an dem von E. Schröder 
Pflege ihrer 2 Kinder und der Poefie, in | herausgegebenen Werke Friedrich der Große 
Reichenberg. Ihre erjten Gedichte er: in feinen Schriften teilzunehmen. 
Ihienen in „Reſſels Familienfreund“. Manfred, J, fiehe Fr. A. Mautſch. 
— I, ſiehe Elimar, Herzog von Mann, Carl Heinrich, am 4. Januar 
FIOBEN: 1839 in Zürich geboren und in früheiter 
Maltzan, Malwine, Gräfin von, geb. Jugend feines Vaters beraubt, durchlebte 
in Berlin am 10. Auguft 1817 als äl- er feine Jugendzeit in Schaffhaufen, der 
teſte Tochter zweiter Che des verftorbenen | Heimat feiner Diutter, und empfing feine 
fönigl. Kammerherrn im Hofitaat des hoch: | Schulbildung in der dortigen Realſchule 
feligen Prinzen Wilhelm von Preußen |und im Gymnafium. Nach vollendeter 
Reihsgrafen Eugen von Malgan. Nach- | Schulzeit widmete er ſich dem Buchhandel, 
dem ich einige Jahre eine höhere Töchter: | der ihm mancherlei geiftige Anregung bot. 
ſchule bejucht hatte, empfing ich meine fer | Seine erjte Publifation Chriftliches Gedenk⸗ 
nere Bildung teils durch Privatunterricht, | buch, welches feitdem 12 Auflagen erlebte, 
teils durch Selbftjtudium, und ſchon früh | war nod eine Frucht der Mußeſtunden 
entwidelte fih in mir eine große Vor: |einer in Dresden verlebten glüdlichen 
liebe für Literatur und Theater, Sowie der | Fremdezeit. Im Jahre 1866, nad) be— 
Hang zu fchriftitellerifchen Verſuchen, was reits fünfjährigem Aufenthalt in Bern, 
wohl als ein Erbteil meines feligen Wa; | ward er zur Redaktion eines Blattes, des 
ters zu betrachten fein dürfte, dem die | „Pilger“ aufgefordert, das erſt auf frembe, 
Feder ebenfalls die liebſte Gefellichaft war, dann auf eigene Rechnung, erit in Bern, 
und welcher ſich vielfach mit Kunſt und | dann in Schaffhauſen erſchien und nad) 
Wiſſenſchaft beichäftigte, wie auch i Muße-⸗ | 12jährigem Beſtande als „Volksblatt für 
ſtunden verſchiedene kleine ſchriftſtelleriſche Stadt und Land“ in Baſel ſeine dornen⸗ 
Arbeiten verfaßte. Angeborne Zaghaftigleit volle Laufbahn abſchloß. Aus dieſer Re— 
ließ mich jedoch die zahlreichen Schöpfun— | daftionsthätigfeit find folgende jelbjtändige 
gen meiner Phantafie forgſam, felbjt vor | Arbeiten hervorgegangen: Frau von Krüde— 
meiner Familie, verbergen, und die Er- | Wet Ken, Dehgemälhe, :ETIeh 200 —253 
zeugniſſe meiner ſtillen Thätigkeit — Ge- ln Berbältniffen ** —B 
dichte, Novellen und Dramen — gelang: P. von Ladenburg), Bon einem Webertnaben, 
ten nicht an das Tageslicht, wurden auch | aus welhem ein berühmter Mann wurde. (Freie 
ipäter größtenteils von mir vernichtet, da Bearbeitung eines engl. Werts.) Als das Volfs- 
ich dieje Verſuche für völlig verfehlt und | blatt für Stadt und Land eingegangen 
wertlos hielt. Erjt auf Anregung des un: war, erhielt er wieder einen Ruf nad) 
ferem Haufe befreundeten berühmten Kunft- | Bern als Redakteur des „Berner Boten“ 








philofophen und Kritifers Dr. H. Th. Röt- (1880), mußte aber bei einer Verſchie— 
ſcher, wagte ich mich mit einigen Gelegen- | bung der politiihen Parteiverhältniſſe den 
heitsgedichten hervor, beteiligte mich an | Plag wieder räumen und ward zur Re⸗ 
der von E. Schröder herausgegebenen daftion eines Parteiorgans, Der „Frei⸗ 
Überjegung der fämtlichen Werke Mo: beit“ berufen (nicht mit derjenigen von 
liore's u. übertrug verſchiedene höhere Dra= | Moft zu verwecjjeln). Dieje Zeit von 
men in das Deutiche (Der Cid von Gorneilte, | 1882—85 war eine politiſch jturmbewegte, 
Zaire von Voltaire, Athalia von Nacine, Bajazet |die ihn zu reger Teilnahme am öffent: 
von Racine, Lukretia von Ponfard). Da meine |lichen Leben veranlaßte. Eine Frucht 


Manno. 332 Mannftaedt. 

diefer Epifode find die Spieße und Nägeleines | Geifte nicht. Die Lektüre einer Theater: 
Sriedfertigen. Erinnerungen aus den Jahren zeitung war enticheidend für M.’s Zus 
188285. Dann ift für ihn eine ſchwie⸗ kunft. Er ließ fich als jugendlicher Lieb: 
rige ftellenloje Zeit eingetreten, nachdem haber bei einer reifenden Gefellichaft en- 
er ciner nahezu 20jährigen redaktionellen gagieren, fpielte aber vorzugsweiſe Cha- 
Thätigfeit Valet gegeben. Sie diente in- rafterrollen, arrangierte nebenbei die 
bei zur Vertiefung und zur Hinüberlei- Muſikſtücke, begleitete inErmangelungvon 
tung in eine andere Richtung literariihen Orcheſter am Klavier, malte Deforationen, 
Wirfens; eine erfte Frucht derjelben iſt: unterſtützte fogar den Theatermeifter und 


Die fehweizer. Altoholgefepgebung. Derjelben 
folgen Die ſchweizeriſche Bundesverfafiung mit 
Erläuterungen und die Schweizeriihe Militär: 
gejeggebung. Endlich bleibt noch zu erwähnen 
übrig Bern und feine Umgebungen und Städte: 


erwarb ſich auf diefe-Art bald große Büh- 
nenfenntnis. Dabei vernadläffigte er 
feine mufifalifchen Arbeiten nicht, fondern 
Ichrieb, obwohl er nie eine wirkliche Par— 
titur zu Gefiht befommen hatte, eine 


bild Bern; erftered 1883, lettered 1887 ers große Oper „Der Taucher“ ,. welche am 


Ichienen. et Pe ; 
Leipziger Stadttheater vielleicht zur Auf: 
Manno, Karl, fiehe Karl Lemde. führung gefommen wäre, hätte fie M., 
Mannftaedt, Wilhelm, geboren den die Unreife des Werkes fühlend, nicht 
20. Mai 1837 in Bielefeld als’ Sohn ſelbſt zurücgezogen. Er fomponierte und 
des Eifenbahnbaumeifters, ſpäter preu: | dichtete nun verfchiedene einaftige Opern, 
Bilhen Fabrikinſpektors M., befuchte die | die er auf den Provinzialbühnen auffüh- 
unteren Klaffen des dortigen Gymnaſiums, ren ließ, an welchen er ſich allmählich 
dann die Gewerbeſchule in Hagen, welche | zum Kapellmeifter hinaufgearbeitet hatte. 
er bereits mit dem 14. Jahre abfolvierte. Im Jahre 1865 glaubte er ſich genügend 
Er ging darauf nad) England, wo er in | vorbereitet, in Berlin fein Heil zu ver: 
das faufmännifche Geſchäft eines Ver: ſuchen. Nach allerlei Entbehrungen ge: 
wandten eintrat, welcher ihm, obwohl M. lang es ihm, am Woltersdorff: Theater 
erſt im 17. Jahre ftand, eine eigene Firma eine ganz untergeordnete Stellung zu fin- 
in Zondon gründete. Die Militärverhält: | den. Aber ſchon nad) wenigen Monaten 
niffe zwangen M., nad) Deutichland zu: | trat eine Wendung feines Schidjals ein. 
rüdzufehren. In Hagen nahm er nun | Die Mobilmahung im Frühjahr 1866 
eine Stellung als Buchhalter in einem regte ihn an zu einer einaftigen Poſſe 
Fabrifgefhäft an; nach Falliffement feines | „Alles mobil”. Das Stüd, in wenigen 
Prinzipals leitete er die Fabrik für eigene Stunden geichrieben und fomponiert, hatte 
Rechnung. Geſchäftliche Kalamitäten und | einen durchſchlagenden Erfolg und wurbe 


fein ausgeiprochenes Talent für Mufif, 150 Mal gegeben. 


veranlaßten den 19jährigen M., einen 
ihm wünſchenswerteren Lebensberuf zu 
ſuchen. Als tüchtiger Klavierfpieler — 
er war häufig öffentli aufgetreten — 
wollte er fi) nunmehr gänzlich der Muſik 
widmen. Ging auf gut Glüd nad) Leipzig, 


zeigte feine, ohne jede theoretiichen Vor: 


fenntnifje gefchriebenen Kompofitionen dem 
Profeſſor M. Hauptmann, der fich bereit 
erklärte, ihn unter feinen Schülern auf: 


zunehmen. Doch das ernite Studium be: | 


hagte dem ungeduldig vorwärtsftrebenden 


Im demfelben Sommer fchrieb M. für die ges 


"nannte Bühne no 5 Stüde, war dabei ſowohl 
als Kapellmeifter wie als Darfteller fom. Rollen 
thätig, und dirigierte auferdem nod einen Ge: 
fangverein. Unter vielen Anträgen wählte er im 
Herbit eine Stellung als Kapellmeifter und Dra— 
maturg an das Krollſche Theater, wo ein patrio⸗ 
tifches Stüd „Krieg und Frieden” von ihm auf 
geführt wurde und bald hinterher am Wolterör 
dorfitheater das Volksſtück „Die Berliner Feuer 
wehr“. Ein Jahr darauf war er wieder am 
Woltersdorfftheater als Kapellmeiiter und Dra⸗ 
maturg bis zum Jahre 1870. In. Diefer Zeit 
entitand, außer anderen Sadjen, dad Vollsſtud 
„Das Milchmädchen von Schöneberg”, weldes 


Marbadı. 


bis zum heutigen Tage zu den beliebtejten Stüden 
feiner Gattung zählt und jelbft in Amerifa von 
eigens dazu zufammengeftellten Truppen im gan: 
zen Sande aufgeführt wurde. 1870 wurde M. 
an das Tiftoriatheater als Kapellmeifter berufen 
und blieb in diefer Stellung unter den Diref: 
tionen Gerf, Behr, Hendrichs, Hahn, bis er ſich 
verheiratete und dann in das Zeitungsverlags— 
geichäft feines Schwiegervaterd, des Geheimrat 
Günthers, ald Redakteur verjchiedener gemwerbl. 
Blätter eintrat. Auch gründete er eine eigene 
äftbetiiche Monatsſchrift „Der Kunftfreund” und 
fchrieb Feuilletons für politifche Blätter, ohne 
dabei der Bühne untreu zu werden. Vielmehr 
ermutigten ihn feine Bühnenerfolge dahin, daß 
er Ichliehlih jede andere Beihhäftigung aufgab. 
Seit mehreren Jahren fchreibt er vorzugsweiſe 


für das Gentraltheater und zwar jährlid zwei 


Stüde, die biäher ohne Ausnahme vom größten 
Erfolge begleitet waren. M. hat, außer ver: 
ichiedenen Opern: und Operettenterten und vielen 
noch nicht in der Dffentlichkeit erichienenen mus 
ſikaliſchen Werten, etwa 50 abendfüllende Bofien 
und Volfsftüde geichrieben, die troß ihres lofalen 
Charakters doc) die weiteite Verbreitung gefunden 
haben. In Wien ift 3. B. „Der Stabätrompeter” 
das einzige Stüd norddeuticher Abftammung, das 
über bundertmal hintereinander, und das Vhite 
Stüd, was überhaupt jemals inWien bundertmal 
fortlaufend aufgeführt if. Im Auslande findet 
man M.'s Posten in Überfegungen und Bearbeis 
tungen fowohl in England und Amerika, wie in 
Schweden, Norwegen, Dänemark, Rußland, Un: 
garn und Stalien ftebend auf dem Nepertoir. 


Marbach, Oswald, wurde am 13. 
April 1810 in Jauer geboren, befuchte 
das Gymnaſium zu Liegnig und widmete 
fi) auf den Univerfitäten Breslau und 
Halle dem Studium der Philofophie. Er 
wurde 1831 zum Doktor promoviert und 
wirkte zunächſt als Gymnafiallehrer in 
Liegnitz; habilitierte ſich 1833 und wurde 
1845 zum Profeflor in Leipzig ernannt. 
Im Jahre 1851 wurde ihm in Anerfen- 
nung feiner Verdienſte der Titel eines 
Hofrates verliehen. 

Außer einer trefflichen Geſchichte der griechi— 
ſchen Philoſophie (1838) und einer verdienitlichen 
Geſchichte der Philofophie im Mittelalter (1841), 
welche jeinen Namen in weiten Gelehrtenkreiſen 
befannt machten, befonders zu erwähnen: Volta: 
bücher (1838—47), Über moderne Literatur 
(1838), Buch der Liebe (Ged. 1839), Die Dios— 
turen (Nov, 1840), Dramaturgie des Aristoteles 
(1855), Ein Weltuntergang (1860), Protheus 
(Dr. 1864), Coriolanus (Trſp. 1855), Drama: 


383 


Markus. 


| turgifche Blätter (1866), Herodes (Luftip. 1867), 
| Das Halljahr Deutichlands (Ged. 1870), Deutſch— 
lands Wiedergeburt (1871), Die Drefteia des 
Aeſchylos (1874), Lenz und Liebe (Ged. 1877), 
Licht und Leben (Ged. 1883). Die Hritif hebt 
vornehmlich die Bollendung der Form und fünft- 
leriihe Abrundung an M.'s poetiihen Werfen 
bervor. 

Fe , 

Markus, Jordan Kajetan, geboren 
am 22. Januar 1831 zu Friedberg in 
Südböhmen als der Sohn eines geadhte- 
ten Lederermeifters und Ofonomiebefigers, 
defien Ahnen ſich nach ihrem Beſitze, der 
eriten Anfiedlung und dem daraus ent 
ftandenen jegigen Torfe „Markus am 
Chumberg“ „Markus von Chumberg“ 
nannten. M. widmete fi nach zurüd- 
gelegten Studien dem Lehrftande und hat 
fich ftets an zeitgemäße Reformen, na- 
mentlih aber bei den Worarbeiten des 
neuen öfterr. Schulgefeges auf das leb- 
baftefte beteiligt. 

Derjelbe war jchon feit dem Jahre 1856 Mit- 
arbeiter verfchiedener in: und ausländ. politifcher 
und belfetr. Blätter. Bon den felbftändig ber: 
auögegebenen Werken nennen wir mit Außeracht⸗ 
laſſung der Schulliteratur und Reifebücher: Bei: 
träge zur Schlägler Chronik, Pazmansdorf im 
V. U. M. B., Markt Friedberg, defien Umgebung 
und feine berühmten Männer, Oberplau, Ge: 
ſchichte Öſterreich Ungarns für Schule und Haus, 
Adalbert Stifter, Ein Denkmal ꝛc. (illuftr.). 


Er war Gründer und Vorjtandsmit- 
glied verfchiedener wiſſenſchaftlicher, ge: 
meinnüglicher und deutſchnationaler Ver: 
eine, wo er die Mitglieder durch Bor: 
träge für feine Jdeen zu begeiftern wußte. 
Auf diefe Weife ift es ihm auch gelun: 
gen, in die Lage zu fommen, an den Ge: 
burtshäufern verdienftovoller Männer ſei— 
ner Heimat, wie des berühmten Arztes 
und Lehrers Oppolzer (Grager), des Che: 
mikers Pleiſchl (Hofienreut), des Mufik- 
gelehrten Simon Sechter (Friedberg) ꝛc. 
Dentfteine zu errichten. Um aber das 
Andenken an den genialen Naturjchilderer, 
den Malerpoeten Adalbert Stifter, auch 
im Böhmerwalde wach zu halten, ſchmückte 
M. jenen durch Natur und Poeſie ges 
heiligten Punkt des Böhmerwaldes, den 
| „Blöderftein“, wo ein Teil der Stifter: 





— — —— — — — — 


TIEREN Ervarunb, BR Yu] ı». 


— 


Maronski. 


384 


Marquardt. 


ſchen Novelle „Der Hochwald“ ſpielt, mit mern 1874), Einige linguiſtiſch-hiſtoriſche Bes 


wärtig (1887) im Verein „Deuticher Böh- 
mermwaldbund“ als erfter Obmann der 
„Bundesgruppe Wien“ feine Thätigfeit. 
Südböhmiſche Gemeinden fandten ihm 
Ehrenbürgerdiplome und die Großkom— 
mune Wien zeichnete ihn durch Verleihung 
des Bürgerredhtes aus. 


Maronsfi, Stanislaus, iſt am 30. 
April 1825 zu Gnejen im Großherzog: 
tum Pofen geboren. Seine Eltern jchid- 
ten ihn im 9. 1840 auf das Gymna— 
fium zu Trzemeszno. Nachdem er da- 
jelbjt das Zeugnis der Reife erhielt, 
bezog er die Univerfität Breslau, wo er 
hauptſächlich hiſtoriſche, geographiiche, 
philologiſche und philoſophiſche Vorleſun⸗ 
gen hörte. 1854 unterzog er ſich der 
mündlichen Prüfung pro facultate do- 
cendi vor der königl. wiſſenſchaftlichen 


Prüfungstommiffion dafelbit, und wurde 


ihm auf Grund dieſer Prüfung die un: 
bedingte facultas docendi erteilt. — Dar: 
auf trat er am Gymnafium zu Culm fein 
Probejahr an, von wo er 1855 an 
das Gymmafium zu Conitz als willen: 
ſchaftlicher Hilfslehrer zur Dienitleiftung 
geichicdt wurde: Im Jahre 1857 wurde 
er als 3. ord. Lehrer an dem neugegründ. 
Progymnafium zu Neuftadt i. Weftpr. 
angeitellt, und als dasjelbe im jahre 1861 
zu einem volljtändigen Gymnafium er: 
hoben wurde, wurde M. 1861 zum 2, 
Oberlehrer dafelbit ernannt. Im Jahre 
1872 nötigten ihn Gefundheitsrücfichten, 
jeine Penfionierung zu beantragen. In 
Ruheſtand verjegt, verzog er nad) Poſen, 
von wo er 1875 nad) Neuenburg i. Weſtpr. 
überfiedelte, verlegte alsdann von hier 
1876 jeinen Wohnfig nad Pelplin, wo 
er noch jetzt lebt. 

Bon jeinen verdienftlichen hiſtoriſchen Arbeiten 
find im Drud erfchienen: O Sottysach w Polsce 
(Über das Schulzenamt in Polen 1851), De augu- 
rihne Romanis (1859), Die ftammverwandt: 
Ihaftlihen und politifchen Beziehungen Bommerns 
zu Polen bis zum J. 1227 (1876), O nawro- 
ceniu Pomorzan (Üser die Befehrung der Pom— 


einem Niefen-Obelist. DM. entfaltet gegen: | Merfungen und Greurfe anläplih ber Schrift 


Philippis: „Die von der Marwitz“ (1840), Sto- 
wianie Meklemburscy (Die medlenburgifchen 
Slaven 1831), Rozbiör krytyezny Libri Be- 
neficiorum Jana Laskiego (Aritiide Analyſe 
der Libri Beneficiorum des Johann Laski 1882), 
Herodots Gelonen keine preußiſch-litauiſche 
Völkerſchaft (1883), O zatozeniu biskupswa 
lubuskiego (Über die Gründung des Bistums 
Lebus 1883), Obraz ekonomiczno-statystyezny 
Archidyecezyi Gnieznienski@j w wieku XVI. 
(Ökonomifch-itatiftiiche Verhältniffe der Erzdiözeie 
Gnefen im X VI. Jahrhundert 1883), Jan Laski, 
Prymas (Primas Johann Laski 1884). 


Marquardt, Ludwig. Geboren zu 
Yaftrow in Wejtpr. am 21. Jan. 1846 
als Sohn eines Grundbefigers, genoß id) 
den eriten Schulunterricht ‚in der Vater— 
itadt, fam dann nad Berlin auf das f. 
Friedrih-Wilhelms-Symnafium, welches 
damals unter der Direktion des Prof. Dr. 
Friedrich Ranke (Bruder des Hiltorifers 
Leop. v. Ranke) jtand. Nah Abſolvie— 
rung des Abiturienten-Eramens (1868) 
widmete ih mich in Berlin dem Studium 
der Theologie; unterbrochen wurde die 
Studienzeit durch den deutſch-franzöſiſchen 
Krieg, an welchem ich als freiwilliger Feld» 
diafon teilnahm. 1871 verließ ich bie 
neue Reihshauptitadt, um zunächſt (und 
zwar auf einem Rittergute in der Nähe 
von Danzig) eine Hauslehreritelle anzu- 
nehmen. 1872 bejtand ich zu Königsberg 
i. Pr. das Eramen pro lic. conc., worauf 
ich mid) zeitweife bei meiner Mutter (der 
Bater war kurz vorher gejtorben), zeit 
weile bei einem Vetter in der Nähe von 
Bromberg aufbielt. Hier lernte mich Kons 
fitorial-Rat Taube (jegt Generaljuper- 
intendent von Wejtpreußen) fennen und 
nahm mid) in Ausficht als Paftor fürdievon 
der Parodie Krone a./Br. neuabgetrenn: 
ten Gemeinden Gogolin und Lutichmin- 
Schanzendorf. So fam id) in die Provinz 
Poſen; denn nachdem ich 1873 in Königs: 
berg das Eramen proministerio bejtanden, 
erhielt ih zu ‘Bofen die Ordination für 
‚die genannten beiden Trenngemeinden, und 
zwar als „Pfarrer adinterim.“ Nachdem 





Martellus. 3 
ich zirka 2/2 Jahre in diefer Stellung ge: 
wirft und mic) auch inzwifchen mit Frl. Eli- 
fabeth Goeldner verheiratet hatte, wurde 
id) durd) das Königl. Brovinzial:Konfifto: 
rium in die vafant gewordene Pfarrftelle 
zu Mogilno (Reg.-Bez. Bromberg) berufen. 

Da mein Pfarramt fowie die Nebenämter mir 
immer nod Zeit genug lafjen zu wiſſenſchaft⸗ 
lichen Studien, ſo habe ich mich 1883 daran ge— 
macht, ein Werk zu verfaſſen, das den Titel führt: 
„Das deutſche Volk in ſeiner geſchichtlichen und 
kulturgeſchichtlichen Entwickelung“, deſſen 1. Band 
(bis 1517) bereits erſchienen. Veranlaßt durch 
die hundertſte Wiederkehr des Todestages Fried: 
rich des Großen, ſchrieb ich das Buch für Schule 
und Haus: „Friedrich II., der Große. Zum hun— 
dertjähr. Gedächtnis feines Todes“, welches Wert 
vielen Erfolg hatte, da 1887 bereits das 5. Tau: 
ſend erfchien. 


Martellus, fiche Carl Ed. Klopfer. 


Martenjen, Heinrid) Emil, wurde 
am 3. Februar 1847 auf. der zur preu: 
Bilden Provinz Schleswig-Holftein gehö: 
renden nordfriefiichen Inſel Nordftrand, 
wofelbjt fein Vater Lehrer war, geboren. 
Nach dem fchon im Jahre 1850 erfolgten 
Tode feines Vaters zog feine Mutter mit 
ihren 5 Kindern nad) dem im Kreife Ton: 
dern belegenen Kirchdorfe Fahrntoft, woher 
fie ftammte. Hier wuchs der Knabe unter 
der liebevollen Pflege feiner Mutter, die 


früh- einen riftlihen Sinn in ihm zu 


weden verjtand, auf, und ſchon aus diejer 
Zeit datieren die erften Verfuche feiner 


dichterischen Thätigfeit. Nach feiner Konz 


firmation widmete er ſich dem Lehrerbe— 
rufe, und, nachdem er 3 Jahre an ver: 
ſchiedenen Orten als Unterlehrer fungiert 
hatte, bezog er, 19 Jahre alt, das Leh— 
terfeminar in Tondern, welches er 1869 
abjolvierte. Nachdem er bis 1872 in 
Tondern als Lehrer gewirkt hatte, und 
jwar zuleßt an der dortigen Seminar: 
übungsschule, wurde er zum Diſtriktsſchul— 
lehrer in Bütjebüll-Addebüll bei Bredftebt 


ernannt, blieb hier jedoch nur 17/4 Jahr | 


und übernahm dann 1874 die Nedaktion 
der fonfervativen „Neuen Zeitung“ in 
Bredſtedt. Als im Frühjahr 1877 die 
Miffionsanftalt in Breflum eröffnet wurde, 


Das literarifhe Deutſchland. 


35 — Martin. 
erhielt er einen Ru 


f als Lehrer an diefe 
Anftalt, an wel 


her er noch heute thätig ift. 

Schon während feiner Seminarzeit Ichrieb M. 
verfchiedene religiöfe Gedichte, deren erſte Samm: 
fung unter dem Titel „Freundes:Grüfje” 1874 er: 
ſchien. Das Buch hat bis jeht 4 Auflagen erlebt 
und ift von der gefamten Preſſe vorzüglid) be: 
urteilt worden. Außerdem hat er eine Novelle 
„Aus Naht zum Licht“ gefchrieben. 


Martin, fiche M. H. Lange. 


Martin, Theodor, geboren 18. Juni 
1839 in Konftanz, abjolvierte 1859 dag 
Gymnafium der Vaterftadt und 1863 die 
theologiichen Studien an der Univerfität 

Freiburg. Nach vierjähriger Tätigkeit 
als Vikar in Donaueſchingen, wo im Archiv 
und in.den Sammlungen viele Anregung 
‚geboten ift, zog derfelbe 1867 als fürſtl. 
Fürſtenberg. Hofkaplan auf das kunſibe— 
rühmte Schloß Heiligenberg am Bodenſee 
‚und wurde dort 1886 zum Monſignore 
‚und Bäpftl. Gcheim-flämmerer ernannt. 

Seine literarifche Thätigkeit erftredt ſich über 
biftorifches und funfthiftorifches Gebiet. Außer 
einer Monographie über Heiligenberg find Auf: 
fäge über die Judenverfolgnng 1348, die Reid): 
| tümer der Reichenau; außer der italienischen Reife 
beichreibung „Im Fluge“ Arbeiten über die deut: 
ſchen Maler von Gegenbauer und Ludwig Seit 
‚in Rom und Anderes von ihm im Drude er: 
Schienen, der Mitarbeiterichaft an verjchiedenen 
Zeitſchriften nicht zu gedenken. 


Martin im Grund, |. M. Grund: 
Ichöttel, 


Marty, Anton, geboren am 18. Of: 
‚tober 1847 zu Schwyz in der Schweiz, 
machte philojophiiche Studien zu Würz- 
burg und Göttingen, an weldem leßz— 
teren Orte er aud aus Philoſophie pro: 
movierte. Er wirkte dann zuerſt einige 
Sahre als Profeſſor der Philofophie am 
Lyzeum in Schwyz, dann (von 1875—80) 
‚in gleicher Eigenſchaft an der neugegrüns 
beten Univerfität in Czernowitz und feit 
1880 an der deutſchen Univerfität in Prag. 

Von den vorzüglich beurteilten Schriften M.’s 
heben wir hervor: Über den Urſprung der Sprache 
(1875), Die Frage nach der geihichtlichen Ent: 
widelung des Farbenſinnes. Nebſt zwei Ans 
hängen: Uber die Begriffe Helligkeit und Inten— 
fität der Gefichtsempfindungen; Über Befähigung 

25 





| 








Maice. 


und Berechtigung der Poeſie * Schilderung von 
Farben und — (1879), Über ſubjektloſe Sätze 
und das Verhältnis der Grammatik ;u Logik und 
Piychologie (1885), Über Sprachrefler, Nativis- 
mus und abſichtliche Sprachbildung (1886). 


Mache, Fr., fiehe Jul. Kühne. 


Maſchek, Friedrich, geboren am 6. 
November 1849 zu Steden in der deutſch— 
böhmiſchen Iglauer Kolonie, die fich gegen 
das andringende Slaventum mannhaft 
wehrt. Der Vater war Militärarzt und 
fam nad Italien, fo daß ſchon der Knabe 
die Eindrüde des Flaffiichen Landes em: 
pfing. Seine Gymnaſialſtudien abjolvierte 
er in Bunzlau, Olmüg und Wien und 
bezog 1867 die Univerfität Wien, wo er 
ſich namentlich germaniftifchen, hiſtoriſchen 
und äfthetifhen Studien widmete. Nach 
abgelegten Prüfungen nahm er 1873 eine 
Lehrerſtelle am Obergymnafium in Reichen: 
berg an, wo derſelbe noch heute als Pro— 
fefior wirkt. 

Seit 1874 Mitarbeiter der „Reichenberger Zei: 
tung” lieferte er für diefelbe Theater» und Muſik— 
referate, Feuilletons, Novellen ıc. Für den deut: 
ſchen Jeſchker- und Iſergau Norbböhmens hat 
ſich derfelbe durch die Sammlung der Sagen und 
Volksmärchen dieſes interefianten Gebirgslandes 
verdient gemacht, ift Mitbegründer des Gebirgs— 
vereind f. d. Jeſchker- und Jlergebirge und redis 
giert die „Mitteilungen“ diejes Vereins. Haupt 
werke: Doktor Kittel, eine nordböhmiſche Fauſt— 
fage (1882), Ein ertremer Wagnerianer (um. 
Nov. 1883), Ein neuer Maecenad (hum. Nov. 
1885), Goethes Reifen (1887), Geſchichten aus 
dem Jfergebirge (1888). Außerdem feuilletonis 
ftifche Aufläge und Novellen in Zeitſchriften. 

Matthes, Franz Adolf Eduard, am 
6. Mai 1838 zu Sommerfeld in der Darf 
Brandenburg geboren, befuchte die Gym- 
nafien zu Sorau und Lauban, wojelbit er 
feine Märchen vom Deutihen Neiche verfaßte, 
bereifte als Journalift Holland und Bel: 
gien, beftand darauf die Prüfung fürs 


Lehramt und war dann mit Albert Lindner | 


zufammen Lehrer an einer schola collecta 
zu Spremberg, danad) Leiter einer Privat: 
Ihule zu Drebfau, langjähriger Privat: 
(ehrer in Berlin, darauf Leiter eines pho— 
tolithographiichen Landkarten⸗Inſtituts in 
Weimar, ſpäter Nedafteur von pädago: 


386 


Maufid. 


giſchen und politiihen Zeitjchriften und 
(ebt gegenwärtig, als ſtädtiſcher Xehrer und 
Schriftiteller thätig, wieder in Berlin. 

Es find von ihm erjhienen: Deutſchlands 
Wiedergeburt, Lieder: u. Sonetten-Eyflus (1886), 
Zorber:Reife, Volks: und Soldatenlieder (kompo— 
niert von Otto Gehrke 1868), Kaifer Wilhelms, 
tes Siegreihen Ehrenhalle (Lieder: und Sonetten» 
Cyelus 1871), Das deutiche Nationalfeft, Eigenes 
und fremdes (1872), Schul-Atlas in 44 Karten 
(1873), Olympos und Walhalla (Feitip. 1874), 
Die deutiche Staatsihule (1877), Raturgeſchi 
der Vögel (1883), Im blauen Engel (Zuftjp. 
1886), Phyſikal. Handbuch (1887— 88). 


Maukſch, Fr. A. Julius (I. Man- 
fred, A. Neumann), geb. am 18. Dezember 
1856 zu Mugfchen, Kreis Leipzig (Sad: 
jen) als Sohn des Strumpfwirfermeifters 
und Kaufmanns Fr. Maukſch und befien 
Ehefrau Marie Louife, geb. Schreiber. 
Er trat, 19 Jahr alt, als Stenograph 
und Privatſekretär in Dienfte des Dr. 
A. Söndermann, Schriftitcller und Re 
dakleur der A. Wolf'ſchen Verlagsmwerfe 
in Dresden, in welcher Stellung er 8%/a 
Jahr verblieb. Während diefer Zeit 
wirkte er auch als Berichterftatter vers 
ſchiedener Zeitungen, nad) diefem als belle: 
triftifcher Schriftiteller. 

Er ift Verfaſſer vieler Novellen, Humoresken, 
fowie der fehr günftig beurteilten Romane: In 
Feſſeln der Leidenſchaft, Unſchuldig verurteilt, 
Harry und Röschen, Die 3344 Der Erb⸗ 
— Das Kreuz der Liebe, Bulgariens deutſcher 

eld. 


Maurenbrecher, Wilhelm, wurde 
am 24. Dez. 1838 in Bonn als ein Sohn 
des ausgezeichneten Juriſten R. M. gebo— 
ren, abſolvierte das Studium der Geſchichte 
daſelbſt, in Berlin und München, habi— 
litierte ſich 1862 in ſeiner Vaterſtadt, 
wurde 1867 als Profeſſor der Geſchichte 
nach Dorpat, 1869 als ſolcher nach Kö— 
nigsberg, 1877 nach Bonn und 1884 
nach Leipzig berufen. Neben feiner aka— 
demiſchen Wirkſamkeit ift M. auch fchrifte 
jtellerifch in hervorragender Weiſe thätig. 

Hauptwerfe: Karl V. und die deutichen Protes 
jtanten (1865), England im Neformationdzei 
‚alter (1866), Studien und Skizzen zur Gef 
| der Reformationszeit (1874), Don Carlos (1876) 


Maurer. 


387 


Maurus. 


Geſchichte der katholiſchen Reformation (1880), | außerordentlihen Profeffor in München 


Die preußifche Kirchenpolitit und der Kölner 
Kirchenftreit (1881). M. redigiert auch feit Jahren 
das „Hiftoriihe Taſchenbuch“. 


Maurer, Ernft, fiehe Alph. Levy. 


Maurer, Joſeph, it am 16. Ja: 
nuar, 1853 zu Ajparn a. d. Zaya (Nie 
der⸗Oſterreich) geboren. Seine Gymna⸗ 
fialftudien madte er in Wien am Jo— 
jephftädter Gymnafium. Nah Vollen- 
dung berfelben jtudierte er vier Jahre 
Theologie an der Wiener Univerfität. 
Am Jahre 1877 wurde er zum Priefter 
geweiht. Er wirkte dann mehrere Jahre 


auf dem Lande und dann in Wien in, 


der Seeljorge, bis er 1884 eine eigene 
Pfarre antrat zu Markt-Hof bei Marchegg. 

Literarifch verfuchte ſich M. zumeift in hiſto— 
riſchen Erzählungen, die in verichiedenen Zeit: 
friften und Kalendern zeritreut find. Die be» 
deutendfte, die auch feparat erfchien, foll er: 
wähnt werden: Bruder Marcellin Ortner von 
Klofterneuburg (1883). M. veröffentlichte auch 
biftorifche Artikel in verfchiedenen Fachzeitſchriften 
auf Grund feiner Forſchungen in verſchiedenen 
Archiven. 1887 erihien von M. ein bedeuten: 
des hiſtoriſches Werk, die Arbeit vieler Jahre: 
Kardinal Leopold Graf Kollonitih, Primas von 
Ungarn. M. hatte dazu, zahlreiche öffentliche 
und Privat:Archive teils in —* und Ungarn, 
teild auch in Italien und Malta benugt. Das 
Werk ift ein bochintereffante® und mit ftaus 
nenswertem Fleiße zufammengeftelltes Quellen: 
wert. Seinen nunmehrigen Aufenthalt an der 
Mündung der Mar in die Donau hat M. 
dazu benuft, die Geſchichte feines jegigen Pfarr 
orted und des k. k. Luſtſchloſſes Schloßhof, 
einer Schöpfung des Prinzen Eugen v. Savoyen, 
zu ſchreiben. Auch die „Geſchichte des Marktes 
Aparn a. d. Zaya“ (1887) entitand ſchon in 
diefer Zeit, wozu die Archive fleihig benutt 
wurden. M. ift auch Mitarbeiter an den Re 
geiten für die Geſchichte des Erzbistums Wien. 


Maurer, Konrad von, wurde am 29. 
April 1823 zu Frankenthal geboren, wid: 
mete fih nad Abfolvierung des alten 








ernannt, wurde er im jahre 1855 ebenda 
zum Ordinarius befördert. Ein viertel: 
jähriger Aufenthalt in Kopenhagen (1857) 
und ein halbjähriger auf Island (1858) 
diente Studien auf dem Gebiete der 
altnordiſchen Rechtsgeſchichte, über welche 
derſelbe ein Semeſter lang auf Einladung 
der norwegiſchen Regierung an der Unis 
verfität ji Chriftiania Vorlefungen bielt. 

Literariih erwarb M. fich inäbefondere einen 
Auf als Erforfher isländiihen Kultur: und 
Staatslebend. Bon feinen verdienftvollen Schrif— 
ten heben wir hervor: Die Entitehung des is— 
ländiſchen Staates (1852), Die Belehrung des 
norwegiſchen Stammes zum Chriftentume (1855, 
1856), Isländiſche Volksſagen der Gegen: 
wart (1860), Jsland von feiner erften Entdedung 
bi8 zum Untergange des Freiſtaats (1874), 
Udeigtoner de nordgermaniske Ritskilders 
Historie (1878), Zur politifchen Geſchichte Js— 
lands (1880). 

Maurus, Heinrich, wurde 29. April 
1826 in Graz in Steiermark geboren, 
abjolvierte das Gymnaſium in feiner Va- 
terftabt als Zögling des damals dort be- 
ftandenen kaiſ. Conviftes, und die juris 
diihen Studien auf den Univerfitäten in 
Graz und Wien, wo er fid an der Stus 
dentenbewegung im März 1848 und den 
darauf folgenden Wiener Ereignifjen bis 
zum Oftober jenes Jahres lebhaft bes 
teiligte. Darnach genötigt, zu flüchten 
und ſich verborgen zu halten, konnte er 
erſt Ende 1849 nad) erfolgter Generals 
Amneftie zur Wiederaufnahme feiner Stus 
dien nad) Graz zurückkehren, wo er 1850 
zum Doctor juris utriusque promoviert 
wurde. Nachdem ihm für den Eintritt 
in den Staatsdienft Schwierigkeiten ge 
macht wurden, trat er auf Grund feiner 
Ihon während feiner Studienzeit in Wien 
und Graz erworbenen Praxis als Advofa= 


Gymnafiums zu Münden von 1839 bis | tur:Konzipient, in Privatdienft als Rechts: 


1844 dem Studium der Rechte an den 
Univerfitäten zu Münden, Leipzig und 


fonfulent bedeutender Berg und Eijen- 
hüttenwerfe und Güter in Steiermarf 


Berlin. Auf feine geiftige Richtung wirkten | und Krain, welche Stellung ihm in einer 
befonders ein: E. Albrecht, Guftaf Ho= | fünfzehnjährigen ausgebreiteten Thätigfeit 
mayer, Karl Freiherr von Ridhthofen, | vollen Einblid in alle Zweige des prafs 


Jakob Grimm. Im Jahre 1847 zum | 


tiihen Wirtichaftslebens und der foziale 


26* 


388 


Maurus, Mauthner. 

politiihen Ericheinungen verihaffte, den) Mauthner, Frig, geboren am 22. 
er in feinen fpäteren Publikationen auf | November 1849 zu Horzik (Böhmen) als 
diefen Gebieten verwertete. 1859 und 1860, | der Sohn eines reichen Kaufmanns, be= 


als die politiihe Neugeftaltung Diterreichs die ſuchte das Gymnafium zu Prag und tus 
Geifter befchäftigte, erfchienen feine erjten politis 


fhen Brofhüren: Deutih:Öfterreih und „Keine 
Provinzial-Yandtagsverfaflung für Deutich-Öfter: | 


dierte daſelbſt einige Semeſter die Rechte. 
Schnelle Erfolge, die feine erjten litera= 


reich“, denen andere Aufläge folgten, in welchen 
die Konftituierung der damals zum deutſchen 


Bunde gehörigen Länder Oſterreichs zu einer | 


politiihen Einheit mittelft einer vom Bolfe 
direft, und nicht von den Landtagen ge: 
wählten, Ginzigen Vertretung begehrt wurde. 


Nah der im Jahre 1866 erfolaten Lö— 
jung des Privat-Dienftverhältnifies wid: 
mete er fih ausschließlich) den volfswirt- 
ſchaftlichen Studien, als deren Frucht zuerit 
Die Grundfäte der Volkswirtſchaftslehre vom 
Standpunkte der fozialen Reform (1868) und 


Die moderne Beiteuerung und die Befteuerungs: 
reform (1870) erichienen. Während des 
deutfch-franzöfischen Krieges war er in 
Graz als Obmann des deutihen Zentral: 
Hilfsfomites für Steiermark an der Spiße 
der dortigen patriotischen Bewegung und 
überficdelte Anfangs 1871 nad Heidel- 
berg, Später nach Karlsruhe, wo er bis 
1876 domizilierte. In diefer Zeit erſchien 
das Buch: Über die Freiheit in der Volfswirt: 


ſchaft und 1874 die Broichüre: Uber die Urfachen | 


| riſchen Verfuche erzielten, veranlaßten M. 
zur Aufgabe des Jus, um fi ausſchließ— 
lich der Schriftitellerei zu widmen, zunächſt 
‚als Feuilletonift an Prager Zeitungen, 
jeit 1876, da er nad) der deutſchen Reichs» 
hauptſtadt überfiedelte, an Berliner Blät— 
tern, nämlich dem Berliner Tageblatt und 
Schorers Familienblatt, an legterem als 
ſtändiger Mitarbeiter thätig. Weiteren 
Kreifen wurde M. durch feine parodiftiiche 
Studie Nah berühmten Muftern (1878) be 
kannt, in denen er in genialer Weije die 
Geißel über abgeihmadte literariiche 
| Deaniriertheiten ſchwingt. Ebenfo beifällig 
| 





wurde fein Dilettanten-Spiegel (1883) aufs 
‚genommen. Außerdem heben wir hervor: 
Kein Gut, fein Mut (Luſtſp. 1876), Vom armen 
| Sranifchfo (1879), Einfame Fahrten (1879), 
‚ Rleiner Krieg (1879), Die Sonntage der Baro— 
nin (1881), Xantippe (1983), Aturenbriefe (2. 
| Aufl. 1885). 

| 

Mautner, Eduard, wurde am 13. 


der berrfhenden allgemeinen Teurung, während | . 
er gleichzeitig auch als Mitarbeiter am Pierer | November 1824 in Belt geboren, fam nad) 
UniverfalsKonverfations-Lerifon für Steuerweien | dem frühen Tode feines Baters mit feiner 


und Staatswiflenichaft thätiq war. 
nad Wien zurücdgefebrt, erſchien 1878 das Bud: 
Der moderne Verfaſſungsſtaat als Rechtsſtaat 
fritifiert, in welchem ausgeführt wird, daß das 
dem Volke gebührende Recht der Gejeggebung in 
den modernen Volfsvertretungen und im Parla: 
mentarismus nicht vorhanden iſt, fondern nur durch 
die Einrichtung der direften Volksgeſetzgebung 
nad) Schweizer Muſter verwirklicht werden würde, 


Ende 1876 | 


Mutter nah Wien, wo er feine Gymna— 
ſial- und Univerfitätsitudien (Medizin und 
Rechtswiſſenſchaft) abfolvierte. 1844 bezog 
er dann nod) die Leipziger Hochſchule, um 
Philoſophie zu ftudieren. Inzwiſchen uns 
ternahm er feine erjten literarischen Geh: 
verfuche, unterjtügt befonders von Alfred 


Seit 1550 auf einer Eleinen Berigung | Meißner, die bald in einen flotten Yauf 
in Eggenberg bei Graz wohnend, ijt er |übergingen, da fein Lujtipiel Das Preis: 
für die inzwiſchen eingetretene Schwen- | luftipiel ein ſolches, wie der Titel jagte, 
fung der deutſchen Wirtichaftse und So: | wurde und große Erfolge erzielte. Sein 
zialpolitif aus dem früheren Liberalismus | Name wurde jchnell befannt, was ihm die 
zu manchen der in feiner VBoifswirtichafts: nun eingeichlagene Fournaliftenlaufbahn 
Ichre vertretenen Prinzipien, durd Dit: | ebnete. Er wirkte für mehrere Jahre an 
arbeiterschaft an Fachzeitichriften in Berlin | Wiener Sournalen, fiedelte jedoh 1855 
und München fortthätig, lebt jedod) im nad) Paris über, wo ihm eine Stelle bei 
Übrigen volljtändig zurüdgezogen vom der Direktion der Staatsbahn angeboten 
öffentlichen Leben in Ojterreid). ‚worden. Nach zehnjährigem Fernſein kehrte 











May. 


er nach Wien zurüd, entichloffen, wiederum | 
ber bereits im und hielt jowohl in Vereinen und Berfammlungen 


Sournalift zu werden. 


folgenden Jahre bot fich ihm Gelegenheit, | 


389 


Mayer. 


Wiederholt trat M. Th. M. ald Rednerin auf 


Vorträge meift pädagogilher Tendenz, wie auch 
wiederholt Cyklen von Vorträgen über Äüſthetik 


jeinen Plan zu ändern, indem er als Hilfs: und Literatur. Lebhaft thätig ift fie auch auf 
arbeiter bei der f. f. Bibliothek in Wien | dem Gebiete der Jugendliteratur; fie giebt den 


angejtellt wurde. Nunmehr wirft M. als 
Bublizift im Minifterium des k. Haufes. 

Bon feinen, meift mit durdhichlagendem Erfolge 
aufgeführten Bühnenftüden nennen wir außer 
dem erwähnten: Gräfin Aurora (Schaufp. 1852), 
Eglantine (Schaufp. 1864), Im Augarten (Feſtſp. 
1880), Bon der Nar zur Donau (Feſtſp. 1881), 
Der Niren Weibegruß (Feitip. 1886). Außer: 
dem: Gedichte (1846), Novellen (1858), Gedichte 
(1858) und trefflihe Überfegungen franzöſiſcher 
Bühnenftüde. 


May, Maria Therefe (A. Wichodil), 
wurde am 9. Januar 1851 als Tochter 
eines Kaufmanns in Bielig (öfterr. Echle- 
fien) geboren. Nach glüdlich verlebten 


Kinderjahren fam fie nad) Troppau, wo: 
hin ihre Mutter überfiedeltwar, und bildete | 


fi durch Privatunterricht zur Erzieherin 
aus. Sie hatte den lebhaften Wunfch, 
Lehrerin an einer öffentlichen Anftalt zu 


werben und bejuchte deshalb die Trops 


pauer Zehrerinnen:Bildungsanftalt, wo fie 
unter der Leitung tüchtiger Lehrkräfte fich 
eine gründliche Berufsbildung erwarb und 


ihr Eramen mit Auszeichnung beitand. 
Mitten unter den Vorbereitungen zu dem: | 


jelben ſchrieb M. Th. M. ihre erfte No: 
velle: Irene, welche der Verfaſſerin viele 
Freunde erwarb. Hierdurch ermutigt, gab 
M. Th. M. ihre mittlerweile erlangte 
Stelle als öffentliche Lehrerin auf, auch 
weil ihre zarte Gejundheit den Anftren- 
gungen des Lehrberufes nicht gewachſen 
war. Sie widmete fih nunmehr voll: 
ftändig der literariihen Laufbahn. 

In rafcher Aufeinanderfolge erfhienen von nun 
die Novellen: Fräulein Doktor, Tief verfchleiert, 
Schweigen iſt Gold, Mimofa, Aus den Erzäh: 
lungen eine Engels, Der Zauber der Sprache, 
Baronefie Kanthippe, Die Studentin, Salome, 
fowie die Nomane: Ein SKloftergeheimnig und 


Ein NRätjel, welche Werke von der Kritif wie vom | 


Publikum mit großem Beifalle aufgenommen 
wurden. M. Th. M. hat fi auch ald drama: 
tische Dichterin mit Glück verſucht. Sie fhrieb 
bie Luftipiele Polychrom und Doppelgänger. 








öfterreihiichen Jugendfalender heraus, ferner er: 
ſchienen von ihr Erzählungen für Kinder unter 
dem Titel: Kleines Volk, ſowie noch eine große 
Zahl anderer Jugendichriften in verſchiedenen 
Sammelmwerten veröffentlicht worden find. Als 
Redaktrice wurde dielelbe dur die Herausgabe 
der Zeitichrift „Die Mädchenſchule“ befannt, wie 
fie eine beliebte Mitarbeiterin vieler Fachblätter ift. 


Mayer, Adolf Eduard, wurde am 9. 
Auguft 1843 zu Oldenburg ale Sohn 
des Schulmanns, Dichters und Hiftorifers 
KA. M. geboren. 1851 fiedelte feine 
Familie nad) Mannheim über, woſelbſt 
der Knabe das Gymnaſium bejuchte. 1860 
ging er als Polytechniker nad) Karlsruhe, 
1862 als Student der Chemie nad) Hei- 
delberg und promovierte 1864 daſelbſt 
zum Dr. phil. 1864 ftudierte er orga= 
nifhe Chemie in Gent, 1865 in Halle, 
wurde 1866 MNififtent am Univerfitäts- 
laboratorium dafelbft und kam im folgenden 
Jahre in gleicher Eigenſchaft an die Ver: 
fuchsftation zu Karlsruhe. 1868 habili- 


tierte er fich als Privatdozent in Heidel- 


berg. Von Einfluß auf feine Studien: 
wahl und auf feinen Studiengang waren 
folgende Lehrer: H. Schröder in Mannheim, 
Bunfen, Kirchhoff, Heſſe in Heidelberg und 
Fr. Stohmann, Julius Kühn in Halle. 
1875 wurde M. außerordentliher Pro: 
feffor in Heidelberg und ein Jahr darauf 
folgte er einer Berufung nad) Holland 
an die neu errichtete landwirtichaftliche 
Akademie und zur Einführung des Sy— 
ſtems der Verfuchsitationen in Holland. 
1877 wurde er zum Direktor der erjten 
holländischen Station ernannt. Seit 1879 
iſt M. forrefpondierendes Mitglied, ver: 
Ichiedener gelehrten Geſellſchaften in Oſter— 
reih, Stalien und Schottland. M. ift 
Verfaſſer zahlreicher phyſiologiſcher und 


‚landwirtichaftliher Abhandlungen in den 


„Landwirtſchaftlichen Verſuchsſtationen“, 
in den „Landwirtſchaftlichen Jahrbüchern“ 


Far, olro 
Nı®. 


Mayer. 
u. ſ. w. Mehrere feiner Publikationen | 
bewegen fih an den Grenzen der Natio: 
nalöfonomie. Won feinen vorzüglid auf: 
genommenen jelbjtändigen Werfen find 
hervorzuheben: unterſuchung über die alkoholiſche 
Gärung (1869), Das Düngerkapital und der Raub⸗ 
bau (1869), Lehrbuch der Agrikulturchemie (1870, 
3. Aufl. 1886; ins Ruſſiſche überſetzt), Lehrbuch 
der Gärungschemie (1872, 3. Ausg. 1880; ins | 
Italieniſche überfegt), Die Ernährung der land: | 
wirtſchaftlichen Kulturpflanzen (1874, ind Hol: 
ländifche, Däniſche, Schwediſche überfegt), Die 
Lehre von den chemiſchen Fermenten (1884.) 
Mayer, Karl Auguft, geboren am 
8. Juli 1808 in Eijenberg (Rheinpfalz), 
befuchte das Gymnafium zu Kreuznach 
und die Univerfitäten Heidelberg, Bonn 
und Berlin, um anfangs Hüttenkunde, 
ſpäter Philologie und Geſchichte zu ſtu— 
dieren zum Zwed, den Beruf eines Lehrers 
zu erwählen. Nachdem er 1833 zum 
Doktor promoviert worden, unternahm 
er eine längere Studienreife nad Franf- 
reih und Italien und wirkte danach als 
Lehrer an den Gymnaſien zu Elberfeld, 
Aachen und Mannheim. Im Jahre 1868 
wurde er als Direktor des Nealgymnaz | 
fiums nad) Karlsruhe berufen, wo er bis, 
1873, da er in Benfion trat, wirkte. | 
Außer feiner trefflihen „Deutihen Geſchichte 
für das deutiche Wolf” (1857) hat er eine gute 
„Deutihe Poetik“ (2. Aufl. 1879), die allge: 
meinen Beifall fand, verfaßt, ferner: Waterlän: 
diſche Gedichte (1844), Der Räuber und fein 
Kind (Nov. 1849), Die Hunte (Ged. 1851), 
Schsundjechzig (Rom. 1873), Die Brüder (Rom. 
1874), Zwei tapfere Herzen (Rom. 1876), Auf 








390 





der Hochſchule (Rom. 1878), Novellenkranz 
(1886). 


Mayer, Dianfred, ward am 2. April 


Mayerhofer. 


rüdfihten nahm M. 1880 feinen Abichieb. 
Schon früher durd die Lektüre von Giefe- 


brechts Gefchichte der deutſchen Kaiferzeit 


zu biftorifchen Studien angeregt, wandte 
er fich num ganz der Geſchichtswiſſenſchaft 
zu, hörte an der Univerfität zu Münden 
philofophiiche, hiftorifche, juriftifche, ſtaats⸗ 
wiſſenſchaftliche und literarhiſtoriſche Kol⸗ 
legien und erwarb ſich 1883 den Doftor- 
grad in der Philofophie. 1883 als Prafti- 
fantim gl. bayer. geheimen Staats-Ardjive 
zugelafjen, wurde M. außerdem noch 1885 
zum Sanzliften des hohen fol. Militär 
Mar:ofeph:Ordens berufen. 

Ms Thätigkeit als Hiftorifer ift zunüchſt auf 
bayerische Landesgeſchichte gerichtet. 1883 erſchien 
feine treffliche Geihichte der Burggrafen von Res 


gensburg. Die Regeſten zur Geſchichte der Burg 


grafen werden demnächſt in den Verhandlungen 
des biftorifchen Vereins der Oberpfalz und von 
Regensburg eriheinen. Ebenfo ift „Leben, Wirken, 
Werke und Korrefpondenz des bayeriichen Staats 
mannes und Selhichtäithreibers Dr. Biguleus 
Hundt von Sulzemoos“ demnädft zu erwarten. 
Außerdem kleinere biftoriihe Tages Eſſays, die 
in verfchiedenen Zeitungen und Zeitiriften, meift 
anonym, erfchienen find. 


Mayerhofer, Johann v. Gott. Ich 
bin geboren am 1. Januar 1851 auf 
einem Einödhofe der politiihen Gemeinde 
Heidenhof bei Paſſau in Niederbayern. 
In Paſſau und in München abjolvierte 
ih Gymnafium und Univerfität, nahm 
Praris am f. bayr. Allgemeinen Reiche: 
archiv (April 1877), wurde zum Dr. phil. 
promoviert, trat nad) Beſtehen des ardji- 
valifhenStaats-Konfurjes(1832) in fürſtl. 
Fürftenberg’iche Archivsdienſte zu Donau- 
eſchingen, fehrte aber ſchon Juli 1883 


1855 als Sohn des f. bayerischen Haupt: | nad) Bayern zurüd, um die Kreisarchiv: 
manns Lorenz; DM. in München geboren. | Sefretärftelle in Bamberg zu übernehmen. 
Nach erhaltenem Abfolutorium des kgl. Ich erfreue mich des doppelten Glüdes, 
Ludmwigsgymnafiums trat derjelbe am 10. ein braves Weib zu befigen und in einem 
Auguft 1875 in die kgl. bayerische Armee | Berufe zu wirken, der mich nad) all’ feinen 
ein, bejuchte als Portepeefähnrich des fgl. Seiten hin ebenjo anregt und befriedigt, 
3. Cheveaurlegers = Regiment „Herzog | wie er mir feit meinen Studentenjahren 
Marimilian“ die kgl. Kriegsichule und | als Ideal vorgeſchwebt hat. Obſchon ich 
wurde 1877 zum fol. Sckondlieutenant mich aber in erjter Linie in meiner Amts: 
im tgl. 2. Cheveaurlegers-Negiment ſphäre bewege, fo laſſe ich doch zu gele— 
„Taris“ befördert. Aus Gefundheits: | gener Stunde meine Feder auch anderweit 


Mayr. 


Ipazieren gehen, im Bayeriihen im All 
gemeinen und im Bayerijch-Heiteren in: 
fonberbeit. 

Bon ſolchen Schriften möchten der Aufzählung 
wert fein: Luſtſame Geſchichte des Münchener 
Hofbräuhaufes (2. Aufl. 1883), Mei’ Pfoarra 
(Ep. Ged. 1883), Geſchichte des k. Auftichlofies 
Schleißheim (1885), Harmloje Humoreäfen (1886), 
Clara Ziegler (Biogr. Skizze 1887). 


Mayr, Ambros, ift zu Söll im tiro- 
liichen Unterinnthale am 8. Mai 1849 
geboren. Er vollendete jeine Studien zu 
Ealzburg, Innsbrud und Wien und trat, 
mit juridifchen, germaniftiichen und philo: 
logischen Kenntniſſen ausgerüftet, die lehr: 
amtliche Praxis an. Acht Jahre verlebte, 
M., unabläffig Ichriftitelleriich thätig, als 
Profeſſor an den vereinigten Mittelfchulen 
zu Komotau am Erzgebirge; im Jahre 
1882 fam er an das fail. fün. Staates 
gymnafium zu Bozen in Südtirol, wo 
er bis zum Ende des Jahres 1887 amt: 
lih und literariich thätig war. Gegen— 
wärtig ift M. Profeilor am Staatsober: 
gymnafium zu Troppau. Er erprobte, 
ſich oftmals mit entichiedenem Erfolge als 
Wortführer der jungtirolifchen Literaten: 
gruppe und gilt dermalen als einer ihrer | 
angejeheniten und tapferiten Vertreter. 

Bon zahlreichen Meineren poetiihen und pro: , 
faifhen Erzeugnifien abgefehen, find M.'s ber: | 
vorragendite Schriften folgende: Charafterbilder 
aus Protagoras (1876), Derodot, eine literarge: 
ſchichtliche Studie (1878), Hans von Berthalers 
auserlefene Werke (1883), Scillerd Gedichte, 
auögewählt, eingeleitet, erläutert (1886), Der 
fhwäbiihe Dichterbund, Studien (1886), Tiroler 
Dichterbuch (1888). 

Maytner, Alberta (Margarethe 
Halm), wurde als Tochter des k. k. öjterr. 
Landihulinipeftors A. Ritter v. Wilhelm, | 
päd. Schriftſtellers 7, geboren zu Neu: 
ſander in Galizien, vermälte ſich zum 
erften Dale mit dem E£, f. öfterr. Artillerie: 
leutnant SKeftrand, zum zweiten Dale 








391 





mit dem f. f. öjterr. Oberftleutnant 
Maytner, lebt geichieden in Graz und iſt 
ſeit 1867 ſchriftſtelleriſch thätig. Von ihren 
ſelbſtändigen, von männlichem Geiſte zeu— 
genden Werfen hervorzuheben: Wetter: 


Meding. 


leuchten, Skizzen und Effays, Aus der Dornen: 
hecke, Gedichte, Ein weiblicher Prometheus (Rom.), 
Die Philoſophie des Glüdes. 


Meding, Oskar (Gregor Samorow), 
wurde am 11. April 1829 in Königs 
berg geboren, jtudierte die Rechte in ſei— 
ner Vaterſtadt, in Heidelberg und Berlin, 


wurde 1851 NAusfultator beim Appella= 


tionsgericht in Marienwerder, trat 1853 
in die Verwaltung über und wurde bei 
den Negierungen in Liegnig, Potsdam 
und Düſſeldorf beichäftigt. Im Jahre 
1859 widmete er fih dem Dienft des 
Königs von Hannover, deilen bejonderer 
Gnade er fich erfreute und mit dem er, 
inzwifchen zum Negierungsrat ernannt, 
1866 nad) Wien ging. Im Jahre 1870 


‚nahm er feinen Abichied, lebte zunächſt 


in der Schweiz, dann in Stuttgart, dar: 
auf mehrere Fahre in Berlin, nunmehr 


ſeit 1879 in Schloß Mohldenberg, einer 
hannöverſchen Zandroftei bei Derneburg. 
M. gehört zu der Gegenwart. 


Seine 
Werke zeugen nicht allein von außeror: 


dentlicher Geftaltungstraft, fondern bieten 


auch ein gewiſſes politifches Intereſſe, da 
der Autor in ihnen feine reihen Er: 


fahrungsſchätze verwertet hat. 


Hauptwerfe: Am Szepter und Aronen (1872), 
Europäiihe Minen und Gegenminen (1875), 
Die Römerfahrt der Epigonen (1878), Der Tor 
desgruß der Legionen (1874), Zwei Kaiferfronen 
(1875), Kreuz und Schwert (1875), Held und 
Kaifer (1876), Höhen und Tiefen (1880), Mes 
moiren zur Beitgeichichte (1881), Kaiſerin Elifa- 
beth (1881), Des Kronprinzen Regiment (1881), 
Die Groffürftin (1882), Um den Halbmond 
(1883), Das Haus des FRabrifanten (1883), 
Peter III. (1883), Schwere Wahl (1883), Plewna 


(1884), Die Saroborufien (1885), Gipfel und 


Abgrund (1887). Er fchrieb außerdem zahl: 
reihe feuilletoniftifche Artikel, Efiays, Plaude— 
reien und nationalöfonomijche Abhandlungen für 
„Über Land und Meer” unter verjchiedenen Pſeu— 
donymen wie Paul von Weiler, Benno Reden, 


Detlev von Geyern, Kurt von Walfeld und vielen 


anderen. 


Meerheimb, Richard von, geboren 
am 14. Januar 1825 zu Großenhain in 
Sadjen, als Sohn des aus dem Feld— 
zug nad) Rußland im Jahre 1812 rühm- 


Meerheimb. 


lihft bekannten Küraffieroberften von 
Meerheimb, der den Knaben frühzeitig 
ihon dafür bejtimmte, gleichfalls dem 
Vaterlande zu dienen und, wie er, Sol- 
dat zu werden. Bon glühender Liebe für 
ben erwählten Beruf befeelt, trat er 1839 
in das Dresdener Kadettenhaus ein, von 
wo aus er, nad) dreijährigem Verweilen 
dajelbft, zum Portepeejunfer im Leibregis 
ment ernannt wurde, um zwei Jahre 
jpäter zum Leutnant in demfelben zu aan 
zieren. Sein Wiſſensdrang ließ ihn auch 
die Gebiete der Philofophie, der Kunft 
und Literatur forfchend durchitreifen und 
mande ſchöne Frucht vom Baume ber 
Wiffenihaft pflüden. Dann fam das 
Jahr 1848 mit feinen Kämpfen, an be: 
nen M., und zwar mit Auszeichnung, 
lebhaften Anteil nahm. In den, auf 
dieſe Echredenszeit folgenden Jahren gab 
ih v. M. neben der Erfüllung feiner 
militärischen Pflichten ganz feinen lite: 
rariſchen Arbeiten hin, auch unternahm 
er mehrere Reifen, um feinen Gefichts: 
freis zu erweitern. Als ein Produkt diejer 
Erlebniffe und Studien lie er einen Kranz von 
Dichtungen unter dem Titel „Soldatenwelt” er: 
icheinen, von denen der Düppeler Signalift, 
Das treue Gretel und Der treue Poſten geradezu 
volfstümlich geworden find. Vorher ſchon war 
M. mehrfah mit großem Erfolge als Dichter 
an die Öffentlichkeit getreten und zwar mit 
dem Epos „Gulat und Dichadra” (1848), 
das durch ein an ihm verübtes Plagiat befonders 
Aufiehen erregte, Poeten-Welt (1859); ferner er: 
Ihienen: Die Sachſen an der Mostwa (1853, 
2. Auflage 1860), Das Bud für Edelfrauen 
(1862), Paul Kiniſchi, das ungarische Volksepos 
(frei na dem Magyarifchen 1864), Die Liebes: 
mär von Rimini nach Leigh Stunt (1877). Bald 
darauf erfhien dad „Hohelied vom deutlichen 
Meibe” (1864), das ungeteilten Beifall fand, 


Inzwiſchen hatte Richard von Meerheimb, 
der zum” Hauptmann avanziert war, die 
italienifhen Zuftände ftudiert und das 
bezügl. Werk: Bon Palermo bis Gacta, der 
Kampf um Thron und Thrones Ehre (1860—61) 
veröffentlicht, deffen Neinertrag den Grund» 
ſtock zur” ſächſiſchen Invalidenftiftung bil- 
dete, der mancher brave Imvalide Bes 
freiung aus drüdender Not verdantt. 
Im Jahre 1866 wurde v. M. auf dem 


392 








Megas. 


Schlachtfelde von Gitſchin ſchwer verwun⸗ 
det und hatte darauf ein langes Kran— 
fenlager zu überftehen. Er wurde zum 
Major ernannt und machte als Oberft 
(eutnant den Feldzug gegen Frankreich 
mit, und wurde deforiert. Kurz nad) dem 


‚Kriege veranlaßte ihn ein ſchweres Leiden, 


das ihn befiel und nie ganz wieder verließ, 
den Abſchied zu nehmen, den er unter 
Verleihung des Oberftenpatents erhielt. 
Er lebt nunmehr in Dresden, ganz feinen 
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten bingegeben. 
Hierbei vermag v. M.’s Energie, troß 
zerichoflener Füße, feiner Freude an der 
Natur Genüge zu thun. Sein Pietäts- 
bau „Sachſendank“ auf dem Navolau in 
Tirol, jegt Wallfahrtsort der Touriften 
aller Nationen, giebt davon Zeugnis, 

Außer den bereit3? genannten Werfen M.'s 
find noch befonders feine Monodramen (dramas 
tifche Handlung, in der nur eine Perſon ſpricht) 
hervorzuheben. Die Eigenart derjelben ift zwar 
auf manden Widerfpruc geftoßen, aber die maß⸗ 
gebende Kritit hat im höchſten Grade bie geniale 
Begabung des Autors anerkannt, der das Denk 
barfte geleiftet, um den Schwierigkeiten, bie ſich 
folder Art von Stoffbehandlung ganz natürlid) ent⸗ 
gegenftellen, dichterifch zu bejeitigen. Die Mos 
nodramen find 1887 bereit in 4. Aufl, unter 
dem Titel „Pſycho⸗Dramenwelt“ erſchienen und 
befonderd durch öffentliche Vorträge, zw denen: 
diefelben fich vorzüglich eignen, allgemein befannt 
geworden. 

Megas, H., fiehe Heinr. Groß. 

Mehlif, Hermann, deſſen Vorväter 
feit einer langen Reihe von Jahren als 
Beiftliche, Beamte oder Offiziere im$ 
noverfchen, bezw. in den nächjt baram ges 
legenen Ländern, thätiggemwefen find, wurd 
am 1. November 1837 zu Wunftorf bei 
Hannover geboren, woſelbſt jein Ba 
Oberfirchenrat Dr. theol. Georg M., Brü 
lat und Senior des uralten, der Sagı 
nad) von Karl dem Großen errichteten Stifr 
tes war. Hier wurde früh der Sinn für 
Heimatskunde, fowie der für die Baus 
dentmäler des Mittelalters in ihm ger 
wedt, und leßterer wurde jo mädtig, daß 
er ihn faft bewogen hätte, bie bautedhe 
nische Laufbahn einzufchlagen. Inde 
ftudierte er nad Abfolvierung der 













Meifter. 


torfchule feiner Vaterſtadt und nad) dem 
Beſuch der Gymnaſien inBüdeburg und in 
Hannover von 1857 — 60 zu Ööttingen und 
Erlangen Theologie. Darauf kehrte er in 
das väterliche Haus nad) Wunftorf zurüd, 


393 


Melena. 


Sein erwählter Beruf verichaffte ihm bie 
Gelegenheit, jeine ibdeelle Beanlagung zu 
befriedigen; er fuchte für feinen Aufent- 
halt bald die Schweiz, bald die Nhein- 
gegend auf, und nachdem er auf der Uni- 


beichäftigte ſich mit geſchichtlichen, päda- verfität Göttingen promoviert, erwarb er 
gogiſchen und theologishen Etudien und in Köln eine Apothefe, heiratete und er: 
unterrichtete zugleid an der dortigen | richtete ein hemilches Lehr-Laboratorium, 


Schule. Nachdem er 1862 aud) die zweite 
theol. Prüfung bejtanden hatte, befam er 
einen Ruf zum Eintritt in das Hofpiz zu 
Loccum. Fünf Semefter gingen bier un: 
ter theoretiihen und praftiihen Studien 
und Übungen jchnell dahin; 1865 wählte 
ihn das Kapitel des Stiftes Baſſum in 
ber Grafichaft Hoya zum zweiten Stifte: 
prediger dajelbit. Dort wandte er feine 
Aufmerfjamfeit u. a. auch bejonders dem 
Volksichulweien zu und ward 1874 zum 
Kreisichulinipeftor ernannt, 1884 rüdte 
er zum erjten Stiftsprediger auf und im 
Oktober deſſelben Jahres erfolgte feine 
Ernennung zum Superintendenten der 
Diözeje Baſſum. 

Durch die Rejtauration der dortigen altehrwür: 
digen, impofanten und herrlichen Kirche angeregt, 
veröffentlichte er hier eine Gefchichte und Beſchrei— 
bung der Stiftöfirhe au Baſſum (1870), fodann 
verfaßte er einen vollftändigen und ausführlichen 
Lehrplan (1873), darauf „Katechetiſche Entwürfe 
über den fl, Katehismus Luthers, ein Wegweiſer 
für die fatechet. Behandlung des Erckſchen Spruch— 
buchs in Kirche und Schule“ (4. Aufl. 1888), dann 
eine Bolfsihultunde (2. Aufl. 1882—84), einen 
Auszug aus den fatechet. Entwürfen für die Schü- 
ler (6. Aufl. 1887), welche Werte vorzüglich be: 
urteilt und weit verbreitet find; außerdem man: 
herlei Aufläge und Abhandlungen geichichtlichen, 
pädagogiichen und theologiichen Inhalts, ſowie 
fatechetiiche und homiletiſche Arbeiten in verfchic» 
denen Zeitichriften. 

Meister, Wilh., |. W. Hoffmeifter. 

Meisten, Ernft, wurde als Sohn 
eines militäriihen Juftizbeamten 1824 
geboren und wählte nad) feiner Neigung 
das Studium der Naturwiſſenſchaften. M. 


machte die pharmazeutiiche Laufbahn durch 


und ging dadurch über diejelbe hinaus, 
daß Eilhard Miticherlih in Berlin ihn 
für einige Jahre zu feinen Aſſiſtenten bei 
feinen Arbeiten und SKollegien berief. 


in welchem er eine Reihe von Jahren 
perſönlich unterrichtete. In ſpäteren Jah— 
ren zog er ſich nach Berlin zurück, da 
einige ſeiner Brüder und Verwandte dort 
als Profeſſoren und Negierungsbeamte 
lebten, und benußte feine fünjtleriichen 
Talente zur Befriedigung feines dichte 
riihen Dranges. 

Er jchrieb: Bhawani (eine didaktiſche Dichtung, 
welche die Schöpfung behandelt), Misdroy, Ho» 
benzollernlied (eine rhapſodiſche Dichtung aus der 
neueften Seit). 


Melena, E., fiche Esp. v. Schwarz. 


Mels, A. (eigentlid Mart. Cohn), 
wurde am 15. April 1829 in Berlin 
geboren, jtudierte daſelbſt Philoſophie, 
unterbrach aber feine Univerfitätszeit 
1848, um den Schleswig-Holſteiniſchen 
Feldzug mitzumachen. Reife: und Aben- 
teuerluft ließ ihn in der franzöftichen 
Fremdenlegion in Afrifa fi) anmwerben. 
Von dort ging er nad Paris und nad 
einigen Jahren nah Spanien als Re 
dafteur des Journals „Las Novedades“ 
in Madrid. Aber nicht lange, dann 
wurde er wiederum von feiner alten Vor—⸗ 
liebe für das Soldatenleben erfaßt, er 
trat in die fpanifche Armee, wo er es 
bis zum Hauptmann brachte. 1862 ver: 
ließ er Spanien, nachdem er feinen Ab» 
ſchied genommen hatte, um nad Jtalien 
zu ziehen, wo er, meilt in Florenz und 
Neapel lebend, als Korrefpondent thätig 
war. Zwei Jahre ſpäter kehrte er nad 
Deutſchland zurüd, wurde ftändiger Mit: 
arbeiter des „Daheim“, jpäter an „Über 
Land und Meer“ und lieferte Berichte 
für auswärtige Zeitungen. 1871 zog er 











nah Wilhelmshöhe als Geſellſchafter 


Napoleons IIL., der bejonderes Wohlge— 


Melzer. 


fallen an ihm gefunden hatte. 


394 


deflen Tode fiedelte M. nach Wien, kurz 


darauf nad Graz, dann nad) Paris und | gants und Günthers (1879, 2. bed. verm. Aufl. 


fhließlidy wiederum nad) Neapel über, 


wo er noch jet lebt. 


Mendheim. 


Nach | Kaifertums (1874), Johannes Baptifta Baltzers 


Leben, Wirken und wiſſenſch. Bedeutung (1870), 
Die Autonomie der Bernunft in den Syſtemen 


1882), Die Unfterblichkeitäichre I. ©. Fichtes 


‚vom Standpunfte des Theismus (1881), Leſſings 


Die ungewöhnlich reichen Lebenserfahrungen, | 


welche M. Gelegenheit hatte, auf feinen wechſel⸗ 


reihen Pfaden zu fammeln, legte er in feinen, 
von großer Geitaltungäfraft zeugenden Werfen 
nieder, von denen wir hervorheben: Erlebtes 
und Erdachtes (1869), Herzenskämpfe (Nov. 1869), 
Gebilde und Geftalten (Nov. 1870), Seltiame 
Schickſale (Erz. 1871), Heine’3 junge Leiden 
(Zuftip. 1871), Unfichtbare Mächte (Rom. 1875), 
Der Staatsanwalt (Schaufp. 1875), Das letzte 
Manujtript (Luſtſp. 1875), Neue Horizonte (Rom. 
1876— 78), Silhouetten von Wiener Schriftftellern 
und Sournaliften (1876), Die legte Reife (Schaufp. 
1876), Neuer Frühling (Schaufp. 1876), Wil: 
helmshöhe (1880). 


Melzer, Ernft, geboren zu Leifers- 
dorf, Arcis Goldberg in Schleſien, am 
21. September 1835, erhielt feine Vor: 


philofophilhe Grundanihauung (1882), Goethes 


philofophifhe Entwidelung (1834), Erfenntniss 
\theoretifche Erörterungen über die Syfteme von 
Ulriei und Günther (1886). 


Der Beweis für 


das Dafein Gottes in den Syitemen von Au: 


auftinus und Aant (1886). Außerdem bat er 
biographiſche Arbeiten über die Dichter Eichen: 
dorff und Hermann Kunibert Neumann in den 
Thätigkeitsberichten der Neißer Philomathie, fo 
wie eine Reihe Bücherrezenfionen in den philo⸗ 
ſophiſchen Monatsheften von Schaarfchmidt ver- 
fat. Gegenwärtig arbeitet er an einer Biographie 
des verſtorbenen P®hilofophi--Profeflors Event 
und an einer Schrift über Geſchichtsphiloſophie, 
welche in der 1888 erjcheinenden AYubelfchrift 
ur ‚Feier des 5Ojährigen Beitehend der wiſſen⸗ 
—** Geſellſchaft Philomathie in Neiße Auf 


nahme finden wird. 


bildung am kath. Gymnaſium zu Glogau 
von 1847 —54 und ſtudierte an den Unis 
verjitäten Breslau und Bonn Theologie, 


Philologie und Philoſophie. 
movierte er in Bonn mit einer Abhand: 
lung über die Selbitbewußtieinstheorie 
des Auguftinus und des Gartefius. Hier: 
auf wirkte er furze Zeit als Lehrer an 
einem PBrivatinjtitut in Mertſchütz bei 
Jauer und dann als Journalijt in Bres- 
lau und Glogau. 


1860 pro: 


nähren. 


Im Jahre 1868 be— 


ſtand er das Examen pro facultate do- 


cendi und wirkte ſodann von 1868 —85 
als Realgymnaſiallehrer am ſtädtiſchen 
Realgymnaſium in Neiße. Am 1. Oktober 
1885 wurde er auf ſeinen Antrag wegen 
Kränklichkeit und beſonders wegen Augen: 
ſchwäche penſionirt und beſchäftigte ſich 
ſeitdem in Glogau mit journaliſtiſchen und 
philoſophiſchen Arbeiten. Die letzteren 
ſind kritiſch-hiſtoriſchen Inhalts und ſtehen 
auf dem Standpunkte des Theismus. 
Seit 1887 iſt er Redakteur des „Alt: 
fatholifchen Bolfsblattes“ in Bonn. 


Werke: Augustini et Cartesii 


Doftordiffertation), Herder ala Geſchichtsph lo: 
foph (1872), Die Entmwidelung des deutichen 


placita | yurchichneidend, zurüd. 1883 aber entjagte 


de mentis humanae sui cognitione (1860, | 


I 


i 





Mendheim, Dar. Ich bin am 11. 
Januar 1862 in Leipzig geboren. Leider 
ſtarb mein Vater fchon, ehe ich noch mein 
jiebentes Jahr vollendet hatte. Da er 
fein Vermögen hinterließ, fo war meine 
Diutter genötigt, unſere kleine Familie, 
zu der nod mein jüngerer Bruder ges 
hört, durch ihrer Hände Arbeit zu er 
Dank ihrer Geſchicklichkeit ge: 
lang ihr dies aud) vortrefflich, ſodaß ich 
ipäter die Nealjchule unferer Stadt be: 
juhen konnte. Wenig mit anderen Kin: 
dern verfcehrend, fand ich ſchon frühzeitig 
großes Gefallen an guten Büchern und 
am Theater. Nachdem ich 1879 die Ab: 
gangsprüfung bejtanden, mußte ich zu 
meinem größten Leidweſen aus Familien- 
rüdfichten den Plan, mic noch privatim 
für die Univerfität vorzubereiten, auf: 
geben. Um aber doch den geliebten Bü— 
ern nicht ganz entfremdet zu werden, 
wurde ich Buchhändler. 1882 unternahm 
ich eine längere Reife nad) Xondon und 
fehrte im Herbſt desfelben Jahres, den 
Rhein entlang mwandernd und Bayern 


ih. genanntem Berufe wieder, arbeitete 1 
Jahr lang zu Haus und fonnte 1884 in die 


Menge. 


Oberprima besRealgymnafiums zu Borna 
aufgenommen werden. Djtern folgenden 
Jahres bejtand ich die Reifeprüfung und 
babe feitdem in Leipzig Germaniftif, Phi— 
lofophie und neuere Geſchichte jtudiert. 
Gegenwärtig ſetze ich Diele Studien in 
München fort. 

Gedichte, eine Erzählung, dramatiihe Berfuche 
und tulturgeihichtlihe Aufläge find bis jet aus 
meiner Feder hervorgegangen. 


Menge, Rud. Ich wurde geboren 
am 7. Juni 1845 in Meimar, bejuchte 
dajelbit das Gymnafium, ftudierte in Jena 
und Berlin Philologie. 1867 wurde ich 
promopiert und in Weimar als Gym: 
nafiallehrer angeftellt. Meine Mußezeit 
widmete ih der Kritik und Erklärung 
von Caeſar, eine Beichäftigung, die aud) 
jetzt nod im Mittelpunfte meiner wiſſen— 
Ihaftlihen Thätigkeit ſteht. 

Veröffentlicht habe ich auf dieſem Gebiete außer 
zahlreichen Aufſätzen und Rezenſionen: eine Schul— 
ausgabe des bell. Gall. (2. Aufl. 1887); noch im 
Erſcheinen begriffen iſt das mit Dr. Siegmund 
Preuß gemeinſchaftlich unternommene Lexicon 
Caesarianum. — Die in der Stadt Weimar 
berrfchenden Beltrebungen legten mir Intereſſe 
für Die bildende Kunft nahe, ein längerer Aufent— 
halt in Italien (1872) öffnete mir die Augen für 
die Schönheit der antifen Kunjt und erregte in 
mir den Wunſch, auch der Schule dieſe Herrlich: 
keiten zugänglich zu machen. Durch mehrere Auf: 
füge gewann ich weitere Kreiſe für die Jdee und 
veröffentlichte dann 1880 die „Einführung in die 
antife Kunit” mit Atlas (2. Auflage 1855). 
1876 ans Oymnafium in Eifenad) verlegt, fam 
ic in nahe Beziehungen zu den dortigen Herbar— 
tiſchen Kreifen (Rein, Adermann) und erkannte 
buld, daß aud für die höheren Schulen aus der 
Herbartiihen Pädagogif fich großer Gewinn zichen 
laſſe. Ich beteiligte mih an dem „Herbart— 
Kränzchen“ und fchrich verschiedene Auffäge, um 
meine Kollegen für die Sache zu gewinnen. Außer: 
dem begründete ich dort, damit im Schulunter: 
richt die Anſchauung und die damit verbun: 
dene Selbitthätigkeit der Schüler nad allen Seiten 
bin gepflegt werden Fönnte, ein Schulmuſeum. 

1886 folgte ic) einem Rufe an die la- 
teinifche Hauptichule der Frandeichen Stif- 
tungen in Halle, wo ich als 2. Oberlehrer 
und Profeſſor wirke und zugleich die Pen: 
fionsanftalt als Inſpektor-Adjunktus des 
Rektors zu beauffichtigen habe. 


395 


Mente. 


Menke, Theodor. Ich bin am 24. Mai 
1819 in Bremen geboren und habe Phi- 
(ologie und verwandte Fächer ftubdiert. 
Infolge des gewaltigen Eindruds, den das 
fur; vorher erfchienene Leben Jeſu von 
Strauß auf mich und einen Teil der da— 
maligen jüngeren Generation machte, rich: 

teten fich meine Studien auf den Zuſammen⸗ 
ı Bang der griechiſchen Kultur mit der des 
‚Orients, und id) promovierte im Jahre 
'1843 mit einer Differtation Lydiaica 
‚in Halle. Das Jahr 1848 veranlafte mich, 
die nach meiner Univerfitätszeit ergriffene 
und, wie es fchien, ausfichtslofe Lehrerkar— 
riere in meiner Vaterſtadt aufzugeben, 
nachträglich Jurisprudenz zu ftudieren und 
mid in Bremen als Anmalt niederzu: 
laſſen. Ich blieb aber dabei der Wiſſenſchaft 
treu, und als die Firma Juſtus Perthes, 
für die ich bereits einen Orbis antiquus 
für Schulen und eine zum großen Teile 
neue Bearbeitung des v. Sprunerichen 
' Atlas antiquns beforgt hatte, mich im 
Jahre 1864 einlud, auf die Dauer nad) 
Gotha überzufiedeln, um einen neuen 
| Bibelatlas und eine neue Ausgabe des 
v. Sprunerſchen Handatlas für die mittlere und 
neuere Geſchichte zu übernehmen, folgte ich 
dieſer Einladung. Seit der Zeit lebe ich 
in Gotha ganz hiſtoriſch⸗geographiſchen 
Studien und zwar nach Beendigung der 
genannten beiden Werke der hiſtoriſchen 
Geographie des früheren deutſchen Reichs, 
für die ich ein Handbuch in mehreren 
Bänden für die Publikationen des königl. 
preußiſchen Staatsarchivs zu ſchreiben 
übernommen habe. Leider iſt ſeit einer 
Reihe von Jahren meine Arbeitskraft durch 
ein gefährliches Übel, das ich mir durch 
langjähriges Stehen am Arbeitspulte zu= 
gezogen habe und die Kur dieſes Übels 
jo beeinträchtigt, daß ich feine Ausficht 
babe, das viele Arbeit erfordernde Werk 
zu vollenden; einen Teil desſelben aber 
hoffe ich fertig zu bringen. 


1 





Meaunukes, Hermann. Ich wurde am 
15. Juli 1865 in Brody (Galizien) ge: 


Merkel. 


boren. Mein Vater war ein jübiicher 
Kaufmann, orihodor zwar in religiöfer 
Beziehung, aber gebildeten Geiſtes; er 
ftarb als ih faum neun Jahre zählte. 
Id) war für den Handelsitand bejtimmt, 
aber zuerft mußte ich verſchiedene Tal- 
mudjchulen bejuden. Dann begann ic) 
aber, mic) profanem Willen zuzumenden, 
und der deutjchen Spradje, deuticher Bil: 
dung und deutſcher Literatur galt meine | 
ganze Muße. Dann aber widmete ich 





396 


Merkens. 


des 7. Bandes: Handelsrecht (1885) und des 9. 
Bandes: Handelskunde (1886). Zur Zeit iſt M. 
mit der Herausgabe eines neuen Rechenſyſtems, 
das ſich ſchon an vielen Schulen und Schülern 
als äußerſt praktiſch bewährte, beſchäftigt. 
Merkens, Heinrich Ludwig, geboren 
zu Köln am 27. Juli 1836, beſuchte 
die Schule ſeiner Vaterſtadt und widmete 
ſich alsdann, auf Wunſch der, einer alten 
angeſehenen Kaufmannsfamilie angehören⸗ 


den Eltern, der merkantiliſchen Laufbahn, 


in welcher er ZJahre (18535—1858), aber 


mich für einige Jahre dem Kaufmanns ſehr gegen feinen inneren Beruf verharrte. 
berufe in Lemberg und Wien; aber die Mon hier ab, der eigenen Neigung freier 
fer Beruf erfüllte mid mit Abneigung, überlaſſen, beichäftigte er ſich anfangs faft 


vielmehr trieb es mid aus voller Macht 
zum literariihen Schaffen. So bin id) 
feit 1884 literarifch thätig. 

‘ch Ichrieb bisher für zahlreiche hervorragende 
Sournale Eſſays aus dem Gebiete der Literat., 
Kulturfchilderungen aus Galizien, Novelletten, 
Kauferien zc., die fich einigen Beifalls erfreuen. 
Der Deutihen in Galizien habe ich dabei immer 
gedacht und ihre Yage mitten unter den hochmü— 
tigen Polen zu jchildern gefudt. 1888 ericheint 
mein erſtes größered Buch unter dem Titel: 
„Enthüllte Seelen”, ein Novellenbudy; ebenfo 
gebe ich im Vereine mit Mar Moczan ein Dichter: 
buch für Lyrik und Profa-Dichtung unter dem | 
Titel „Jung-Oſterreich“ heraus. | 


Merkel, Eugen Friedrich, geboren 
am 31. Mai 1854 zu Mannheim als 
der Sohn eines kgl. bayr. Zollverwalters, 
machte feine Studien an der Lateinſchule 
zu Amberg und am Realgynnafium zu 
München, befuchte alsdann zu feiner Fady: | 
ausbildung die Münchener Höhere Han- 
delsichule, die techniſche Hocichule und 
die Univerfität zu Münden, beſtand 1876 
die Prüfung für das höhere Lehramt an 
humaniſtiſchen und techniſchen Lehranſtal— 
ten Bayerns für die Handelswiſſenſchaften 
und befindet fich ſeit 1880 im Beſitze des 
Dienftesdefinitivums als Hauptlehrer für | 
Handelswillenichaften an der Münchener | 
jtädt. Handelsschule. | 

Die eriten Jahre der Anftellung gehörten der 
Vertiefung der Studien und der pädagogiſchen 
Arbeit im Intereffe der Schule. Am Jahre 
1884 begann M. feine Mitarbeiterfhaft an 


Brettingers Handbibliothef der gefamten Handels: 
wiffenihaften und übernahm die Bearbeitung 





ausſchließlich mit ſchöner Literatur, ging 
aber bald zum hiſtoriſchen und kulturhi— 
ftorifchen Face über, in welchem er, in 
Würzburg als Privatgelehrter lebend, 
noch thätig iſt. 

M.'s verdienſtvollſte Arbeit ift feine, in Ges 
meinichaft mit Prof. Wegele herausgegebene Vers 
deutfhung der Werke Friedrichs des Großen, in 
welcher er fi mit Erfolg beftrebte, die Eigen» 
fchaften der friedericianiihen Schreibmweile zu bes 
wahren. Das Werk erfhien in drei Bänden: 
Denfwürdigkeiten zur Geſchichte des Haufes 
Brandenburg (1873), Geſchichte meiner Zeit 
(1873), Geſchichte des fiebenjährigen Krieges 
(1874), Briefe Friedrichd des Großen an Bol« 
taire (1876), Briefe Friedrichd des Großen an 
d’Nlembert und den Marquis d’Argens (1878). 
Schon zwei Jahre vorher hatte M. durch die 


Sammlung „Gedanken Friedrichs des Großen, 


vorzüglich in ihrer Beziehung auf die Gegen 
wart” feine gründlihe Vorbereitung zu dem 
Unternehmen ermwiefen, das ihm im Jahre 1876 
auch die Anerkennung des deutichen Kaiſers eins» 
brachte durch Verleihung des preußiſchen Kronen⸗ 
ordend. Bon feinen übrigen Publitationen find 
anzuführen: Wilde Blumen, ein Liederftrauß 
(1861), Das Weib. Ein Beitrag zu feiner Ges 
ſchichte und Pſychologie (1865), Jeanne, ein bit. 
Beitbild (1866), Weiblihe Erziehung und die 
Stimme des Philofophenvon Sans-Souci (1866), 
Friedrichs des Großen kriegswiſſenſchaftliche Schrif⸗ 
ten (1876), Friedrichs des Großen Philofophie, 
Religion und Moral (1876), Deutichland in 
feiner tiefen Erniedrigung (1877), Das Gaftmahl 
des Trimalchio (1876), Deuticher Humor alter 
Zeit (1879), Deutiher Humor neuer Zeit (1881 
in Gemeinihaft mit Richard Weitbrecht). 


Mertens, Ludwig von. Sit im 
Jahre 1826 zu Wien geboren, ftubdierte 
die Rechte, ging hierauf zur Armee nad) 





—— 


Metner. 


Htalien und Ungarn. Aus Gejundheits- 
rüdfihten, in Folge ſchwerer Krankheit, 
welche er fi während des Feldzuges 
1849 zugezogen, trat er in den Civil— 
ftaatsdienft. In freien Stunden ftudierte 
er die Hlaffifer alten und neueren Da: 
tums in ihrer Urſprache. 

Er jchrieb dadurch angeregt: Das belagerte 


Wien, Das Idyll auf dem Kahlenberge, Die 


moderne Gefellihaft, Die vornehme Gefellfchaft, 
Der deutiche Bürgermeifter, Falod zc., war feit 
30 Jahren ein fleißiger Mitarbeiter an den 
„Fliegenden Blättern”. Letzterer anonym (Sen- 


timentalen Briefe der Laura Gruber, geb. Fiſcher, 


beren Hochzeitreife und Weibliche Reife nad) 
Suaz, welde aud ald Bud erjchien). Jetzt 
lebt ex in Benfion teils in Wien, teils 
in Salzburg, teils in Rom. 


Mebner, Friedrid Oskar, ift ges 
boren am 26. April 1846 zu Erotten- 
dorf bei Annaberg im ſächſ. Erzgebirge. 


Die Vorliebe für Natur und alle ihre, 


Erjheinungsformen darf ich zum nicht ge: 
ringen Teil den Einflüffen der heimat- 
lihen Gebirgslandichaft zufchreiben. Seit 
Ditern 1874 Oberlehrer am tgl. Schul: 
(ehrerfeminar in Plauen (zuvor in Fal— 
fenjtein i. Vogtl. und Noffen) und zwar 
als Lehrer für Länder: und Völkerkunde. 

Beruf und Neigung gaben Veranlaffung zu 
folgenden liter. Arbeiten, die, wie dies bei einem 
Lchrer felbitverftändlih, in den Mußeſtunden 
entitanden find. Bogtlöndiihe Wanderungen (2. 
Aufl. 1882), Das Erzgebirge und feine Bedeu: 
tung für die Kulturentwidlung Sachſens (1881), 
Spezialfarte des Eljterthales von Plauen bis 
Eljterberg (1854), Karte von Plauen und Um: 
gegend (3. Aufl. 1887), Plauen und Umgebung, 
ein Führer für fremde und Einheimiſche (1887, 
3. Aufl. 1888). In der Tagesprefje bin id) 
feit Jahren ſchon regelmäßig auf verfchiedenen 
Gebieten thätig. 


Meurer, Julius, geboren am 13. 
Januar 1838 zu Leipzig, abjolvierte die 
Realſchule daſelbſt, widmete ſich dann der 
Landwirtſchaft, welche er praktisch auf 
verihiedenen Gütern in Sachſen und 
Preußish-Schlefien erlernte. 1855 —57 
ſtudierte derfelbe auf der Forſt- und Land: 
wirtichafts:Afademie zu Tharandt. 1858 
bereifte er Nußland und Schweden. Da: 


397 


Meurer. 


nad) lag er rechtswiſſenſchaftlichen Stu: 
dien an der Univerfität zu Brüffel ob. 
1859 bereijte er Frankreich, wandte fid) 
dann nad) Spanien x. 1860 madhte 
ih M. in Preußiſch-Schleſien ſeßhaft, 
wo er das Rittergut Hammer, im Kreiſe 
Wohlau, anfaufte und bis 1863, da er 
den Befit wieder verfaufte, felbit bewirt- 
Ihaftete. Darauf erwarb er die Herr: 
ihaft Sallach bei Eilli in Steiermarf. 
Als der 1866er Feldzug ausbrad), be: 
teiligte fih M. lebhaft an der Bildung 
des Alpenjägerforps, und machte als f. f. 
Offizier die italienische Campagne in die: 
jem Korps mit. Nach Beendigung bes 
Feldzuges widmete fih M. wieder der 
Bewirtſchaftung feines Gutes, welches er 
1870 veräußerte, worauf er fih an ei— 
‚nem Kohlenbergbaue in Schwaß bei Te: 
plitz beteiligte. Bis 1872 leitete er dieſes 
Unternehmen, weldes um dieje Zeit in 
den Belig einer Aftiengefellichaft über: 
ging, deren Direktorium M., von da an in 
in Wien domizilierend, bis auf den heu— 
tigen Tag angehört. Von Anfang der 
ftebziger Jahre an war M. auf dem al- 
pinen ®ebiete bejonders thätig, jo daß 
er als einer der beiten Kenner des ganzen 
| Alpenlandes gilt, er führte zahlreiche Hoc): 
‚touren auf die hervorragendjten Gipfel 
aus, redigierte durch 9 Jahre die „Oſter— 
reihifhe Alpen-Zeitung‘ und war bis 
1887 Bräfident des „Ofterreih. Alpen: 
ı Klub.’ 


Von feinen vorzüglich beurteilten ſelbſtändigen 
Werfen heben wir hervor: Spiritiſch-philoſo— 
phiſche Neflektionen über den menschlichen Geiit 
(1871), Handbuch des Alpinen Sport (1882), 
luftrierter Spezials führer durch die Ortler 
Drug (1884), Führer durch die Dolomiten 
(4. Aufl. 1835), Illuſtrierter Führer durch die 
Hochalpen Djfterreihs (1. Teil Illuſtr. Führer 
durch Weit:Tirol und Vorarlberg 1885; 2. Teil 
Illuſtr. Führer durch Dft-Tirol und die Dolo— 
miten 1886; 3. Teil Illuſtr. Führer durch die 
öſtlichen Alpen (von Salzburg ıc.) 1897). 
Außerdem Karten: Der Drtler Alpen (1884), 
| Bon Tirol (1886), Der öftlihen Alpengebiete 
Öjterreihs (1887), Der Schughäufer und Klubs 
hütten in den öfterreichiichen und deutfchen Alpen 
(1887). 








Meyer. — 398 — Meyer. 


Meyer, Alerander Heinrich Guftav auch feine Jugendſchriften, Novellen und 
(Alex Waidmann), wurde am 13. April Romane find rein und ideal gedacht und 
1834 in Leipzig als Sohn des Kauf: geiponnen. Wie friiher Waldesduft und 
manns J. 9. M. geboren. Er widmete |fonniger Frühling mweht es durch Die 
fih der Journaliſtik und wirkte als Re: | meijten; denn der Wald ijt das Daheim 
bafteur an verjdiedenen Zeitungen und dieſes Dichters. 

Fahjournalen. Sein literarisches Haupt: — — ler) Mana aus 
feld ift die Jagdwiſſenſchaft, Volkswirt: | Zerıhte Fur Die Sugeld 79971, 10 

Ihaft, Sandwirtihaft, Gartenbau und | ganp der Juzend (Nov. 1842), Ser und Mair 
Natur: ſowie Reijebilder. Er ift Heraus: | märdhen (1845), Anemonen (Nov. 1845), Erſtes 
geber des trefflich beurteilten „Jäger: Va- | und zweites Leben (Rom. 1847), Gedichte (1847, 


u ; 3. Aufl. 1887), Aus Gegenwart und Bergangen» 
demecum“ und Verfaſſer zahlreicher volks⸗ Geit (Nov. 1847), Aus dem Sehen (Rov. 1854), 


wirtſchaftlicher Artifel in Zeitungen. Michel Bellmann (Rom. 1862), Welt und Gemüt 
(Nov. 1867), Die Aönigin im Traum (Rom. 
Meyer, Auguft Ferdinand (F. Bru- | 1871), Literariſche Erinnerungen (1876-81), 
nold), ift am 19. November 1811 in Py: —— — —— (Erz. 1881), 
rig (Pommern) geboren, widmete fi TOTER j 
nah dem Genuß einer guten Edulbi- | Meyer, Clem. Friedrich (Fr. Meyer 
dung bem Lehrerberuf, den er in Berlin |v. Walded), geboren am 15. Mai 1824 
ausübte. Hier, im raſchen Wechlelipiel | in Aroljen (Fürftentum Walded), bejuchte 
des Lebens führte ihn das Schickſal meh: | eine Privatichule in feiner Vaterjtadt, dars 
reren jungen Dichtern in den Weg, deren |auf das Gymnafium zu Weplar. Um 
anregender Verkehr fein eigenes poetifches | die Bergwiſſenſchaften zu jiudieren, machte 
Talent wedte und lebhaft förderte. Lange |er zuerjt einen Vorbereitungsturfus auf 
Yahre lebte er in Berlin in inniger der polytechniſchen Schule zu Kafjel durch, 
Freundſchaft mit A. Bernftein, E. Schulz: | bezog dann die Bergakademie zu Klaus— 
Ferrand, W. Jäger u. A., und manches | thal und gab ſich darauf ein Jahr lang 
feiner jpäter in die Melt gepflogenen | naturwilienihaftlihen Studien an ber 
zarten Gedichte verdankt jener Zeit feinen | Univerfität zu Berlin Hin, folgte aber 
Ursprung. Im Jahre 1834 trennte fich | einer lange genährten Neigung und hörte 
N. F. M. von feinem Freundesfreife, | Vorlefungen über deutiche Sprade, Liter 
fein Beruf führte ihn nad) Stettin, meh: | ratur: und Altertumsfunde. 1845 zum 
rere Jahre jpäter nad) dem waldgrünen | Dr. phil. promoviert. Wermögensvers 
Joachimsthal in der Ufermarf, wo er hältnilfe zwangen ihn die Stellung eines 
noch jeßt, feit 1879 nur feinen literari= | Erziehers beim Grafen Medem auf Altaug 
Ihen Arbeiten bingegeben, lebt. Fr. in Kurland anzunehmen. Nachdem er auf 
Brunold (nur unter diefem Namen ift er | der Univerfität Dorpat feine Eramina als 
befannt) iſt ein echter Dichter aus der Oberlehrer der deutichen und lateinifchen 
alten Schule, in feiner zarten Keuſchheit Sprache abgelegt, folgte er 1852 einem 
vielen der jüngeren Sänger faum nod Ruf als Chefredakteur der „St. Peters: 
verſtändlich, auch unferer materiellen Zeit | burger deutſchen Zeitung” nach Peters: 
nicht eigentlih mehr angehörig. Seine |burg. Dort wirkte er auch als Lektor 
Poeſien treffen den Volkston, da fie ein: | der deutichen Sprade und Kiteratur an 
fach, Ihliht und tiefem Gemüt entſproſſen der kaiſerlichen Univerfität und als Ober: 
find. Alle, die da fingen, kennen Brus | lehrer der deutihen Sprache an der Haupts 
nolds licderfüßen Mund, dem das ſtim- | Schule zu St. Betri und wurde in jeiner 
mungsvolle Grab auf der Haide, das präch: erſten Eigenihaft zum Kollegienrat er: 
tige: Es ſchlaft das Meer entfloffen ift. Aber |nannt. Im Jahre 1874 verließ er feir 





Meyer. 


ner leidenden Gejundheit halber Peters: 
burg, und fiedelte nach Bonn, Später nad) 
Heidelberg über. 


als Privatdozent für germanijtiihe Wiſ— 
jenichaften und wurde 1885 daſelbſt zum 
Profeſſor ernannt. 

Bon jeinen vorzüglich beurteilten Werfen heben 
wir bejonders hervor: Der Baria (Ep. 1843), 
Bilder aus dem Bergmannsleben (1844), Stu: 
dien über deutiche A.t und Kunft (1851), Poe— 
tiihe Schriften (1854), Der Feind vor Odeſſa 
(Dram. 1854), Hero und Leander (1858), Die 
Erbin von Glengary (Schaufp. 1866), Childerich 


399 


Nach feiner völligen 
Geneſung habilitierte er ſich in Heidelberg | 





(Scauip. 1872), Goethes Märchendichtungen 
(1879), Rußland (1884). 


Meyer, Conrad Ferdinand, wurde 
am 12. Oktober 1825 in Zürich geboren 
als der Sproſſe eines alten Schweizer! 
Geſchlechts. Nachdem er das Unter: und 
das Obergymnafium in feiner Baterjtabt 
bejucht hatte, zog er zu einem längeren 
Aufenthalte nah Lauſanne und Genf. 
Nah Züri zurüdgefehrt, ftudierte er 
die Rechte, jedoch nur für furze Zeit, da 
ihm das Studium nicht zujagte. Er ergab 
fih dann einem jtillen und eingezogenen 
Leben, zuerjt in hiſtoriſche Studien ver: 
tieft, aber auch dies Gebiet feſſelte nicht 
für lange fein Intereffe. Darauf begann | 
er zu Dichten und widmete nun feine ganze | 
Kraft der Schriftjtellerei. Mehrfache Rei: 
jen unterbrachen dieje Zurücgezogenheit, 
jo lebte er längere Zeit in Paris und in 
Italien. Im Jahre 1875 verheiratete 
er fih mit einer Tochter des Oberjten 
€. Ziegler in Züri, erwarb jchlichlich 
einen Zandfig in Kilchberg, wo er jeßt 
mit feiner Familie lebt. Seine litera= 
riihe Laufbahn betrat M. im Jahre 
1864 mit feinen Zwanzig Balladen, die auf 
Verwendung Guſtav Pfizers erichienen 
und vielen Beifall fanden. Das große 
Jahr von 1870 wurde aud für M. bes 
deutungsvoll. Von einem unmerflich ge: 
reiften Stammesgefühl mächtig ergriffen, | 
that er damals das franzöfiiche Weſen ab 
und wurde innerlich deutſch. Er gab dieſer 
Sinnesäußerung Ausdrud in der herr: 





Meyer. 


lien Dichtung Huttens letzte Tage (6. Aufl. 
1887), in der er ſich als gottbegnabdeter 
Poet erwies. Bereits im nächſten Jahre 
folgte das Idyll Engelberg, dann nad) eins 
gehenden Vorſtudien in den Chronifen jei: 
ner engeren $eimat, fein mit Recht fo 
berühmt gewordener Roman Zürg Jenatſch 
(10. Aufl. 1887). Darauf dichtete er die No⸗ 
velle Der Heilige (7. Aufl. 1887), ferner ver: 


‚öffentlichte er Gedichte (3. Aufl. 1887), Meine 
‚ Novellen, Das Amulet, Der Schuß von der Kanzel, 


Plautus im Nonnentlojter, Guſtav Adolfs Page 
(1583), Die Leiden eines Knaben (1883), Die Hoch— 
zeit des Mönchs (1884), Die Richterin (1885) und 
Die Verfuhung des Pescara (1887). Gering 
it die Zahl der Bücher, die M. in die 
Melt geſchickt hat, in ihnen aber hat 
er eine jtets wachſende dichterifche Kraft 
entwidelt und dem deutichen Volke Gaben 
geichentt, wie wenige Dichter unferer Zeit. 
Die meiften feiner Stoffe find früheren 
Jahrhunderten entnommen, aber feine 
feiner fein gemeißelten Geſtalten trägt mo: 
derne Gefinnung und Anſchauung in ſich, 
plaftifch Steht fie im Rahmen ihrer Zeit, 
ein Vorzug, den heutzutage wenige Autoren 
biftoriicher Romane verdienen. 


Meyer, Georg. Ih bin am 21. Fe 
bruar 1841 in Detmold geboren als Sohn 
des am 2. Januar 1866 gejtorbenen Ober: 
bürgermeifters M. Meine Ausbildung habe 
ich auf dem dortigen Gymnafium empfan= 
gen, meine Univerfitätsbildung in Jena, 
Heidelberg und Göttingen. Epäter habe 
ich noch die Univerfität Berlin befucht und 
gleichzeitig dein mit dem föniglich preuß. 
ftatiftifchen Bureau verbundenen jtatijtis 
ihen Seminar als Mitglied angehört. Im 
Jahre 1863 habe ich in Heidelberg die 
juriftifche Doftorwürde erworben und in 
demfelben Jahre in Detmold das erite ju— 
riftiiche Staatseramen beftanden. Meine 
praktiſche Ausbildung habe ich teils in dem 
Juſtiz⸗ und Verwaltungsdienit des Fürſten⸗ 
tums Lippe, teils an dem ftatiftiichen Bus 
reau thüringer Staaten zu Jena genofien, 
wo ich unter Hildebrands Leitung als Hilfs: 
arbeiter beihäftigt war. Im Winter 


400 


— — 


Meyer. Meyer. 
1867/68 babe ich mid) in Marburg als |nuar 1872 felbftändig. 1877 gab er das 
Privatdozent habilitiert, bin daſelbſt 1872 | mit erheblichen Verluften für ihn verbun- 
zum außerordentl. Profeffor ernannt und dene Geſchäft auf, und erſt 1881 gelangte 
1875 als ordentl. Profeffor nad) Jena |er zur Führung der Rebaktionsgefchäfte 
berufen worden. Deine Vorlefungen ums |der „Neuen Wogen der Zeit” und fpäte: 
fafien deutſches und öffentliches Recht; ren „Danziger Allgem. Zeitung“. 
meine Spezialfächer find deutiches Staats: — hit — be lieder — —— 
m | € J 
und Verwaltungsrecht. * Politiſchen An⸗ | 34 ihre bolitiiche ein wechlelte, ar = 
gelegenheiten habe ich jtets lebhaftes In⸗ duͤeb ipm nur eine fernere Ichriftitellerifche Thäs 
terelje zugewendet. In den Jahren 1878 | tigfeit übrig. Vier Monate verbrachte er mit der 
und 1879 habe ich den MWahlfreis Jena | Sulemmenftbung * — —— 
im weimariſchen Landtage vertreten; ſeit —— —⏑— —— — —23 
1881 vertrete id) den dritten weimariſchen gen des Ins und Auslandes wurde. In feiner 
Wahlkreis (Jena-Neuſtadt) im Reichstage. 


| Vereinsthätigfeit entitand das Feſtſpiel zum Stif: 
Ich gehöre der nationalliberalen Bartei an. | tungsfefte des Allgemeinen Bildungs-Vereins zu 
Meine Hauptwerfe find: Das Recht der Er: 


Danzig. (1881) „Pyramus und Thisbe in der 
propriation (168), Grundzüge des norddeutfchen | Geiſterſtunde“. 184, bald nad) dem Tode ei» 
Bundesrechtes (1868), Staatsredhtliche Erörterun: | NET Mutter, 


verheiratete er fi mit Erna Teiftler, 
gen über die deutiche Reichsverfaſſung (1872), der Tochter eines Vürgerfchullchrers in dem erz— 
Lehrbuch des deutichen Stantörechts (1878,2.Auft. | gebirgiihen Städthen Marienberg. 
1885), Lehrbuch) des deutihen Verwaltungsrehts |) Meter, Johann Hinrid) Otto, wurde 
(1880 und 1885), Die Verleihung des Königs: | am 5. Januar 1829 in Wiljter geboren 
ll: außerdem Abhandlungen in Seite Ind [ebte bis zu feinem 10. Jahre in 
Schaafſtedt, einem Geeftdorfe in Süder: 
Meyer, Johann Guftav Gottfried dithmarſchen, wofelbjt fein Vater Hof: und 
(John Dieyer), wurde am 6. November | Brennereibefiger war, und der Sohn den 
1846 zu Danzig geboren, befuchte von erſten Unterricht in der dortigen Dorfichule 
1854— 63 das ſtädtiſche Gymnafium feis | empfing. Nachdem der Vater fein Befig- 
ner Vaterjtadt und trat nad) Erlangung | tum in Schaafjtedt veräußert hatte und 





der Berechtigung zum einjährigen Militär: 
dienste das. die faufmännifche Laufbahn an. 
Faft unmittelbar darauf begannen feine 


Arbeiten für Zeitungen und im Vereins: 





Eigentümer einer Waffermühle zu Solle: 
rup im Schleswigichen geworden war, be: 
Juchte der Sohn eine Zeitlang die Dorf: 
Ihule in Jörl, fpäter eine Privatichule in 


weſen, welche num nicht mehr von feiner | Lunden in Norderdithmarihen und eine 


geihäftlichen Thätigkeit zu trennen waren. | 


1867 ging er nad) Franffurt a. d. O. in 
Stellung, nad) einem Jahre machte er eine 


ſolche in Echleswig. Alsdann erlernte er 
die Müllerei und das Zimmerhandwerf. 
Bon dem Prediger in Jörl im Lateinischen 





Engagementsreife über Frankfurt a. M., 
Köln und Berlin, fand aber bei feiner 
Rückkehr nur im Genoſſenſchaftsweſen Be: 
Ihäftigung, bis er 1869 in Marienwer: 
der feine geihäftliche Thätigfeit aufneh- 
men konnte. Nach einer kurzen Pauſe wäh: 
rend des Kriegsjahres 1870 war er kurze 
Zeit in Poſen thätig, fand im Jahre 1871 
in feiner Vaterſtadt wieder geichäftliche 
Anftellung und machte ſich infolge des To— 
des feines allererften Brinzipals mit einem 


und Griechiſchen unterrichtet, gab M., in 
welchem jchon während feiner Schul: und 
Lehrjahre die Luft und der Trieb zum 
Studieren rege gewejen war, fein zweis 
faches Handwerk auf und wurde, 22 Jahre 
alt, Tertianer des Gymnaſiums zu Mel 
dorf in Süderdithmarfchen. 1854 bejtand 


er das Maturitätseramen und bezog Die 


Univerfität Kiel, um Theologie zu ſtudie— 
ren. Bald jedod) an diefem Studium mes 
niger Gefallen findend, jtudierte er haupt: 





feiner früheren Geſchäftskollegen am 1. Ja— 


ſächlich Literatur, Aſthetik, Philoſophie 


Meyer. 


und Geſchichte bis 1857, da er die Uni- 
verfität verließ und eine Stelle als Leh— 
rer in Altona übernahm. 1859 aus die— 
fer Etellung fcheidend, folgte er einem 
Rufe nad) Itzehoe als Redakteur der „Se: 


401 


hoer Nachrichten“, welchen Poſten er bis. 


1862 befleidete. Im Juli genannten Jah: 
res gründete er die Idioten-Anſtalt in 
Kiel, die er noch jegt als Direktor leitet. 

Bon ihm find folgende Werke erjchienen: 2y: 
riſche Gedichte (1856, 2. Aufl. unter dem Titel 
„Hochdeutiche Gedichte” 1886), Dithmarfcher Ge: 
dichte, plattdeutiche Poeſien in dithmarſcher Mund: 
art (1858—59, 3. Aufl. 1886), Plattdeutjcher 
Hebel, eine freie Überſetzung der Hebelichen alle: 


3. Aufl. 1886), Gröndunnerädag bi Edernför (Ep. 
1873), De Konterlör fin Dochter (Nov. 1858), 
Kafien mit de Hummel (Nov. 1859), Kleinigkeiten 
(Sinnipr. 1878, 3. X. 1886), To Termin (Schw.), 
Unf’ ole Moderſprak (Schw.), Sangesbrüder 
(Schw.), Studiofus Müffel (Schw.), Theodor 
Preußer (Dr.), Schlaraffen (Schw.), En lütt Wai— 
fenfind (Boltsft. mit Gef.), Im Kruge zu Tolt 
(Volksſt. mit Gef.), Feftfpiel zum 90. Geburtstage 
des Kaiſers. Viele feiner lyriſchen Gedichte find 
fomponiert worden. 


Meyer, Johannes, ift geb.am 11. De: 
zember 1835 zu Nüdlingen im jchmeiz. 
Kanton Schaffhaufen. Seine Gymnafial- 
bildung empfing er am Schaffh. Gymna⸗ 
fium, wo er unter Zeitung hervorragen> 
der Lehrer, wie M. W. Gößinger, K. Knies 
und R. A. Morftadt, eine jtarfe Neigung 
zu philologiſchen und hiſtoriſchen Studien 





Meyer. 


(1858—62) thätig war. Hier konnte er 
die große Samfon’jche Bibliothek für feine 
Studien benugen, und eine erjte Frucht 
biefer ftillen Arbeit waren populäre Vor: 
träge über vergleichende Geſchichte der 
deutfchen und franz. Poefie. Von Livland 
weg begab er fi über Berlin, wo ihn 
Jacob Grimm freundlih empfing, für 
furze Zeit nach der Heimat und von da 
nad Paris, um daſelbſt neben praftifcher 
Thätigfeit fich der Yortiegung feiner Stu- 
dien auf den reichen Bibliothefen zu wib- 
men. Bereits war mit einem hervor: 


ragenden Nomanijten der neue 
mannifhen Gedichte ind Wlattdeutiche (1859, 9 e n Schule 


der Plan eines altfranz. Leſebuchs, woran 
Friedr. Diez lebhaften Anteil nahm, bis 


‚ins einzelne verabredet, da ward ihm die 
Ausſicht für längeren Aufenthalt in Baris 


benommen. Er mußte nad Haufe zurück— 
fehren. Um fein Leben zu friften, ſah er 
fich gezwungen, die Redaktion eines Blat: 
tes in Schaffhaufen zu übernehmen. Von 
der dornenvollen Arbeit eines Nedakteurs 
zurüdtretend, übernahm. er vorübergehend 
eine Lehrſtelle an der ftädtifchen Neal: 
Ihule zu Scaffhaufen. Endlid gewann 
er 1869 diejenige Stelle, die ihm zujagte, 


nämlich die eines Gymnaftallehrers an 


faßte. In Bafel, wo er ftudierte, gewann 
ihn Wild. Wacdernagel, der font wenig | 


eigentliche Jünger feines Faches nad) fi) 
gezogen Hat, für die Germaniftif. 
dem faßte M. von vornherein die Trias 
des nationalen Geijteslebens, deutſche 
Sprade, Didtung und Nedt, in ihrem 
Bufammenhang als Gegenftand feiner 
Studien ins Auge und ging den Spuren 
des deutfchen Genius nicht bloß auf deut: 


regung, auch auf franz. Gebiete nad), wo 
ihn jeder Fund doppelt erfreute. 
Abgang von der Univerfität erhielt er eine 
Lehritelle an der Schmidt'ſchen Anftalt zu 
Sellin in Livland, in welcher er 4 Jahre 


Das literarifhe Deutſchland. 


Zu 





Nach 


der thurg. Kantonsſchule zu Frauenfeld, 
welcher er bis auf dieſen Tag treue Dienſte 
widmete. 1873 übernahm er das Kon— 
rektorat und 1875 das Rektorat der An— 
ſtalt, welches er bis 1878 beibehielt, um 
dann von 1880 an neben ſeinem Unter— 
richt die Verwaltung der Kantonsbiblio— 
thek und des Kantonsarchivs zu beſorgen. 
1883 erteilte ihm die Univerſität Zürich 
den Ehrendoktor. 

Hauptwerke: Der Schaffhauſer Richtebrief 
(1857), Erinnerung an die Schillerfeier zu Fellin 
(1860), Der Unoth (1868), Bürgermeiſter Hein: 
rih Schwarz (1868), Deutiches Sprachbuch (alle: 


manniſch-hochdeutſch, 2 Kurſe, 1866), Küflenberg 
ihem, fondern, nad) Wadernagels An: |im b 
‚(1871—72), Geſch. des ſchweiz. Bundesrchts 
(1875— 78), Die drei Zelgen (1880), Thurg. Ur— 


im bad. Klettgau (1866), Schweiz. Schulzeitung 


kundenbuch (jeit 1882). 


Meyer, Jürgen Bona, am 25. Okto— 
ber 1829 in Hamburg geboren, ftudierte 


26 


Meyer. — 402 — Meyer. 


in Bonn und Berlin Philoſophie, habiz- | den Republifaner-Kalender und 3 Jahre den Zuger 
litierte fih 1862 in Berlin und folgte Hausfalender, bevor er nad; Zürich 309. 


i uf als Profeſſor der Philo 
— — J 1 { bh | Meyer, eo, geb. am 3. Juli 1830 
phie nad) Bonn. . hat fich als philo: |, Blebel ibmmete ‚fich Dan 
fophifcher und pädagogiicher Schriftiteller |! Diedein (Sannover), widmete ſich 
> —* Studium der Philologie (Berlin und Göt⸗ 
hbervorgethan, auch auf pädagogiichem Ge: R bilitierte fi 1856 ( 
biet durch Gründung des liberalen Schul: ge — ae hr Per an legt: 
vereing für Rheinland u. Weftfalen felbſi- genn. Univerfität, wurde 1862 zum außer 
thätig gewirkt. ordentl. Brofeflor ernannt und 1865 als 
Bon feinen ald ausgezeichnet anerfannten Schrif: ordentl. Profeſſor nah Dorpat berufen, an 
ten heben wirhervor: Ariftoteles Tierfunde (1855), welcher Hochſchule er nod) jet wirft. In 
Zum * — — Bee BON * Anerkennung feiner ausgezeichneten Vers 
taire un ouffeau (1856), Religionsbekenntni : J— 
und Schule (1862), Kants Pſychologie (1870), — en 
Philoſophiſche Zeitfragen (1870, 2. Aufl. 1874), | ‚u . rar ernann ne 
Meltelend und Weliſchmerz (1872), Der alte | ter feinen, fompetenterfeits glänzend be⸗ 
und der neue Glaube, Betrachtungen über Strauß’ | urteilten Schriften heben wir hervor: 
Bekenntnis (1873), Zum Bildungsfampf unferer | Der Infinitiv der homeriſchen Spradie (1856), 
Zeit (1875), Der Kampf um die Schule (1882), | Bemerfungen zur älteften Gedichte der griechi- 
Yeitfaden zur Geſchichte der Philofophie (1882), ſchen Mythologie (1857), Lergleichende Gram: 
Friedrichs des Großen pädagogiihe Schriften | matit der griehiihen und lateiniihen Sprache 
und Äußerungen (1855), Probleme der Lebens: | (1861—65 u. 1854), Die gotiſche Sprache (1869), 
weisheit (1887). Lioländiſche Reimchronik (1976), Über Glauben und 
Meyer, Konrad (Jul. Freimund), | Wiſſen (1876), Grichiihe Aorifte (1879), Über 
wurde am 3. September 1824 in Winkel, das Leben nad dem Tode (1880). 
ine tiich gelegenen Dorfe bei Bü— . 
einem romantiic gelegenen Dorte bei le | Meer, M. Wilhelm. Ich bin am 
lady in der Schweiz geboren, erhielt feine 15. Keb 1888 zu Sraunidmeig al 
Schulbildung in der Sekundarſchule zu el Slaf —* — 8 ar 
Bülach) und wurde dann Kanzliſt beim Be- HN eines DLajermeiters geboren um 
jollte zum Kaufmann erzogen werben. 


zirfsamtmann, da feine Eltern nicht in Mei A : 
.Qq eine früh hervortretende Neigung zum 
ei U De — nn 2 — | Studium der Naturwiljenichaften fand bei 
uch in dieſer HAND —— DIN, | einem Vater, wohl auch wegen fehlender 
das Vertrauen feiner Mitbürger zu er Geldmitiel fein Gehör. An meinem 15 


ringen, das ihn 1851 zum Gemeindeprä- — 
ſidenten und 1859 zum Vezirksrichter erhob. ‚Lebensjahre mußte ich die Realſchule ver: 


Im Jahre 1862 wurde ihm die Haupt: lafjen, um in eine Buchhandlung als 
agentur der Schweizeriihen Mobiliar-Ver— en: Der Befiger dieſer 
liherungs:Sefellihaft angeboten, und jo uchhandlung erlaubte es mir, in meiner 


fiedelte er zwecks Übernahme derjelben nad) freien Zeit die naturwiſſenſchaftlichen 
Züri üb & - Werke zu ſtudieren, welche fich im Laden 
) über, wo er nod) heute als In— En 
inektor d — befanden. Bald feſſelte mich die Stern— 
pektor des Inſtituts lebt. 
Frühzeitig machte ſich bei K. M. ein un— kunde erart, daß es mir gelang, einige 
gewöhnliches dichteriſches Talent geltend, das zu- aſtronomiſche Rechnungen auszuführen, 
eg een im se Dialekt ſich 4 weldhe die Aufmerkfamfeit des damali- 
yätigte, ſpäter aber auch zu allgemeiner verſtänd— : tt = 
lichem Ausdrud gelangte und des Dichters Namen Rn ha Söttinger — 
auch außer feinem Heimatlande bekannt machte, | * ilhelm Klinkerfueß, owie es ama⸗ 
Herdorzuheben: Gedichte (ſchw. Dial. 1844, 2. ligen Rektors der dortigen Univerſität, 
Aufl. 1860), Geiſtliche Lieder (1816), Jubellieder A, Clebſch, auf ſich zogen. Als mein Va: 
(1849), Die Sungfrau von Velcans (Ep. 1839 | ter inzwiichen geftorben war, konnte ich, 
Lieder der Armut (1556, 2. Aufl. 1872), Die - : * 
Schulreiſe (1857, 3. Aufl. 1880), Kampfgefpräche protegiert von obengenannten beiden Mãn⸗ 
(1876— 80). Daneben redigierte M. 4 Jahre nern, 1872 die Univerſilät zu Göttingen 





Meyer. 


beziehen, wo ich Durch befondere Vergünſti⸗ 
gung ordentlich immatrifuliert wurde, wäh: 
rend ich auf der Sternwarte die Wohnung 
und fonjtigen Vorzüge des Aififtenten ge- 
noß und fogleic) die praftiiche aftronomifche 
Karriere begann. 1873 ging id) unter 
ähnlichen Vergünftigungen nad Leipzig, 
1874 nad) Züri), wo id) 1875 zum Dok— 
tor promovierte. 1876 habilitierte ich 
mid) als Privatdozent für Ajtronomie an 
der Züriher Hochſchule, wurbe aber fo: 
glei) darauf nad) Neuenburg zur zeitwei- 


ligen Vertretung des Affiftenten an ber 


dortigen Sternwarte abberufen. Won dort 
ging ich als Obſervator an die Stern: 
warte zu Genf, wo id von 1877—83 
thätig war und mehrere wiljenihhaftliche 
Werte in franzöfifher Sprade, unter 
anderem Die Monographie, Le systöme de 
Saturne, herausgab. Dit populärer Schrift: 
ftellerei befaßte ih mich nur ausnahms— 
weife. Die damals entitandenen Efiays 
find 1879 unter dem Titel Kosmographijches 
Sligenbuch erjchienen. Nach dem 1882 er: 
folgten Tode meines Direktors Emile 
PBlantamour übernahm ich offiziell die 
Direktion der Sternwarte, nahm aber we- 
gen verjchiedener Differenzen mit der Re— 
—— im folgenden Jahre meinen Ab⸗ 
chied und ging nad) Wien, wo mir das 
damals größte Fernrohr der Erde zur 
Fortfegung meiner Arbeiten zur Berfügung 
geftellt worden war. Als am 28. Januar 
1884 fi) mein früher genannter erjter 
Gönner auf feiner Sternwarte in Göttin: 
erichoß, veröffentlichte ich in der „Meuen 
Preſſe“ einen Nefrolog über diefen genialen 
Mann, der einige voreilige und ungerechte Worte 
enthielt, welche die leitenden Kreife der Berliner 
lebhaft gegen mich einnahmen und 

von der Staatlichen Karriere auf unbeftimmte 
ausſchloſſen. Dur dieſen unliebfamen 

T fall wurde ich ganz gegen meinen Wil 
aus der Karriere des Draftilien Aftronomen, 
der ich mit Begeifterung hing und in welcher 
glüdlih vollendete Arbeit aufweilen 

fan, in die Laufbahn des populären Schrift: 
Ich ſchrieb inzwiſchen: Spa- 
Be ya 
un re milie 

Kosmifche Weltanfichten (1886), Auf der Stern- 


403 


Meyer. 


warte (1887). Die Lebensgeſchichte der Geftirne 
in Briefen an eine Freundin (1887). 


Meyer, Nihard M., geb. 5. Juli 
1860 zu Berlin. Er empfing ſchon auf 
dem Gymnafium den Antrieb zum Stu: 
dium der deutichen Philologie, welchem er 
in Leipzig, Berlin und Straßburg oblag. 
In W. Scherer fand er einen bejtimmen- 
den Führer und väterlichen Freund. In 
Berlin promovierte er 1883 und habili» 
tierte fid) 1886. Sein wiflenfchaftliches 
Hauptinterefle gilt der „poetilchen Embryo: 
logie“, der Entwidelungsgefhichte ſowohl 
des einzelnen Gedichts als der einzelnen 
dichteriichen Individualitäten und der 
deutichen Literatur. Außer einer Schrift 
Swift und Lichtenberg (1886), erichienen von 
ihm verfchiedene ſpeziell germaniftiiche 
Arbeiten, leider meijt wenig anſchaulich 
geichrieben; hervorzuheben der Aufſatz: 
Über den Refrain, „Yeitichrift für vergleis 
chende Literaturgejchichte“, 6 I. M. 
wurde auch mit der Herausgabe von 
Scerers „Poetik“ beauftragt. 


Meper: Ziegler, C. F, ſiehe Conr. 
Ferd. Dieyer. 


Mich, Joſef, geboren am 8, April 
1834 zu Schwabenig in Mähren, abjols 
vierte 1847—55 die Gymnaſialſtudien 
in Olmütz und bejuchte hierauf die Unis 
verfität in Wien, wo er 1859 für das 
Lehramt an Gymnafien approbiert und 
jpäter auch zum Doktor der Philoſophie 
promoviert wurde. Bon Haufe aus arm, 
mußte er frühzeitig jchon die materiellen 
Mittel zu feiner Erhaltung größtenteils 
jelbfterwerben fungiertedaher vomftnaben: 
alter an als Correpetitor und Lehrer. Diefe 
Verhältniſſe erzogen ihn frühzeitig zu einem 
Pädagogen und Lehrer und gewöhnten ihn 
andererjeit8 an eine größere Arbeitsleis 
ftung. Noch vor Vollendung feiner Stus 
dien wurde er als Präfekt an der k. k.— 
Therefianifchen Nitter-Afademie in Wien 
angeftellt. In diejer Stellung wirkte er 
7 Jahre als Erzieher und Lehrer und 
hatte Gelegenheit und Anlaß, die Theorie 


26* 





— 


Michelet. 


und Praxis der Pädagogik und Didaktik 
gründlich und allfeitig zu ſtudieren. 1865 
‚wurde M. zum k. k. Profeſſor am Staats 
gumnafium in Troppau ernannt. Als 
1869 die Neorganijation ber Lehrerbil- 
dungsanftalteninAngriffgenommnmwurde, 
half er neben jeiner obligaten Amtsthä- 
tigkeit im Unterrichte an der Lehrerbils 
dungsanftalt in Troppau aus und lehrte 
dafelbft 2 Jahre hindurch) Pädagogil. 
1870 wurde er Mitglied der k. k. Prü- 
fungs-Kommilfion für Volks⸗ und Bürger: 
ihulen und f. k. Bezirksſchulinſpeltor; 
nebitdem verjah er noch immer das Lehr: 
amt am Gymnafium, von dem er erjt 
1873 enthoben wurde, als ihm 3 Bezirke 
zur Inſpektion zugewieſen wurden. An 
den zahlreichen organiſatoriſchen Arbeiten, 
welche die Reformation des Volksſchul⸗ 
weſens in Ofterreich erforderte, beteiligte 
ſich M. jehr lebhaft und war bei der Lö— 
fung der hierauf bezüglichen Fragen ſtets 
in erſter Linie thätig; nicht nur in ſeiner 
amtlichen Stellung, ſondern auch als Ob⸗ 
mann des ſchleſ. Landeslehrervereins und 
als Gemeinderat Troppaus entwickelte er 
eine vielfeitige erfolgreiche Thätigteit. Seit 
1878 ift er Direktor ber k. k. Lehrerbil⸗ 
dungsanſtalt in Troppau und leitet ſeit 
1884 zugleich die Lehrerinnenbildungs— 
anftalt; nebftdem fungiert er feit 1879 
als Mitglied des k. k. ſchleſ— Landesſchul⸗ 
rates. 

Trotz der Belaſtung mit zahlreichen amtlichen 
und außeramilichen Geſchäften bethätigt ſich M. 
fleißig und erfolgreich in literarifchen Arbeiten; 
neben zahlreichen kleinen Auffägen in verfchiedenen 
Zeitichriften erfchienen von ihm folgende Schriften: 
Grundrik der Seelenlehre (5. Aufl), Grundriß 
der Logik (3. Aufl.), Allgemeine Erziehungslehre 
(6. Aufl.), Allgemeine Unterrichtölehre (6. Aufl.). 


Außerdem in Gemeinfchaft mit R. v. Zeynek und 
mit Alois Steuer: Leſebuch für öfterr. Volks: 


404 








ſchulen und Anleitung zum Gebrauche des Leſe— 
buches. 


Michelet, Carl Ludwig, am 4. De— 
zember 1801 als Mitglied der franzöft- 
ſchen Kolonie in Berlin geboren, erhielt 
feine Schulbildung auf dem franzöſiſchen 


— Michelet. 

Gymnaſium daſelbſt. Sein Stammvater, 
der zum Proteſtantismus übergetreten 
war, wanderte 1720 aus Metz aus. 
Don Michaelis 1819—22 ftudierte M. 
auf der Univerfität feiner Vaterſtadt die 
Rechte, und trat nad Ablegung der er 
jten Prüfung als Austultator beim dor» 
tigen Stadtgericht ein. Neben der Juris⸗ 
prudenz hatte er auch eifrig philoſophi⸗ 
ſche und philologiſche Studien etrieben, 
und hinſichtlich der erſteren eſonders 
Schleiermacher und Hegel gehört. Er 
verließ bald die juriſtiſche Laufbahn, um 
ſich ganz der Philoſophie zu widmen. 
Am 25. September 1824 erlangte er die 
philofophiihe Doktorwürde durch feine 
Inaugural-Differtation: De doli et cul- 
pae in jure criminali notionibus, welche 
viel von juriftiihen Schriftitelleen benußt 
worden it. Am 16. März 1826 habir 
(itierte er fi als Privatdozent an ber 
Berliner Hohihule, und wurde am 23. 
November 1829 zum Profeſſor der Phir 
(ologie und Philoſophie ernannt, nachdem 
er einen Auf nad) Königsberg abgej 

gen hatte. Er hat aljo bereits in 
fünfzigjähriges und fein fechzigi 
Aubiläum als Doktor und Un 

{ehrer, als Profefior fein fünfzigi 
gefeiert. In den Ferien machte er 

nad Frantreih, Großbritanien und Ita 
Don 182650 verband er mit 






finnigfeit, der Regierung mipliebig. | * 


Lebensergebniſſe legte er ausführlich in 
dem Bude: Wahrheit aus. meinem Ak 
(1884) nieder. 


— 





Michelet. 


Michelet's hochbedeutende, ſchon zum größten 


405 


— 


Michelſen. 


auf das „Handbuch der allgemeinen Geſchicht 


Teil gedruckte Schriften find folgende: Die Ethik | der Philoſophie“ (Bd. XIV), und „Erklärung 
des Nriftoteles in ihrem Berhältniffe zum Ey: | ded Parmenides des Plato und der Metaphyſik 
ftem der Moral (1827), Das Syftem der philo: | des Ariſtoteles“ (Bd. XV), die noch redigiert 


ſophiſchen Moral mit Rückſicht auf die juridifche 
Smputation, die Geichichte der Moral und das 
riftliche Moralprinzip (1828), Aristotelis Ethi- 
corum Nicomacheorum Libri X, Vol. I tex- 
tum continens (1829). Vol. II commentarium 
continens 1835 (altera editio 1848), Examen 
eritique de l’ouvrage d’Aristote, intitul& 


werden müſſen. Die dritte Abteilung (Bd. XXI 
bis XXX) enthält „Vermiſchte Schriften”, Die 
aud) größtenteils ſchon gedrudt, aber erſt aus 
den vielen Zeitjchriften, in denen fie zerjtreut 
find, gefammelt werden müflen. Bd. XXI Kri- 
tifen, Berichte und Gutachten; Bd. XXII— XXIII 
Borträge, Diskuffionen und Abhandlungen in 
der Philoſophiſchen Geiellihaft; Bd. XXIV bis 


Metaphysique: ouvrage couronne par 
Y'Acadömie des sciences morales et politiques, | XXV „&emeinverftändlibe Schriften”: Neden 
(Paris 1836), Gefchichte der letzten Eyiteme der | in Bezirfövereinen und Wahlverfammlungen, Auf: 
Philoſophie in Deutichland von Kant bis Hegel | fäge und Artikel in politifchen Zeitungen (noch 
(2 Bde., 1837 —38), Schelling und Hegel (1839), | ungedrudt, aber drudfertia); Bd. XXVI die 


Anthropologie und Pſychologie (1840), Borle: 
fungen über die Perfönlichfeit Gottes und die 
Unjterblichfeit der Seele oder die ewige Perlön: 
lichfeit des Geiftes (1841), Entwidelungsge: 
ſchichte der neueften deutſchen Philofophie mit 
bejonderer Rüdficht auf den gegenwärtigen Kampf 
Scellingd mit der Hegelihen Schule (1843), 
Die Epiphanie der ewigen Perſönlichkeit des 
Geiftes, eine philofophiiche Trilogie: Erjtes Ge: | 
ſpräch Die Perfönlichteit des Nbjoluten 1844, | 
Zweites Geipräh Der biftorifche Chriftus und 
das Neue Ehriftentum 1847, Drittes Gefpräd | 





lateinifhen, und XXVII die franzöfilchen 
Schriften; Bd. XXVIII—XXIX Briefwechſel 
(ungedrudt, aber der erite Band drudfertig); 
Bd. AXX Anhang, Belege. 

Michelet gilt als einer der hervorra— 
gendjten Bhilofophen der Gegenwart. Die 
jüngere philojophiihe Generation ehrt 
des Meiſters Namen auch in vielen Aus 
tobiographien des „liter. Deutichlands“. 


Michelfen, Eduard, geboren am 11. 


Die Zukunft der Menichheit und die Unfterblid: September 1838 zu Hadersleben, ftu: 


feit der Seele oder die Yehre von den leiten 


Dingen 1852 (2. Aufl. 1863), Zur Verfaffungs: | 


frage (1848), Zur Unterridtsfrage (1848), Die 
Loſung der aclellihaftlichen Frage (1849), Vor: 
fchläge zur Umgejtaltung der deutichen Univerfi: 
täten (1850), Esquisse de Logique (Paris, 
1856, Separat-Abdrud aus der Revue philo- 
sophique et religieuse, Vol. V), Eine italie- 
nifihe Reife in Briefen (1856, 2. Aufl. 1864), 
Die Gefchichte der Menfchheit in ihrem Entwide- 
lungsgange feit dem Jahre 1775 (2 Bde. 1859 
bis 1860). Herausgabe der Zeitihrift: „Der 
Gedanke”, Organ der philoſophiſchen Gefellichaft 
zu Berlin (9 Bde., 1861—1884), Naturredt 
oder Rechtsphiloſophie (2 Bde, 1866), Das 
Forum Romanum (1877), Das Syſtem der 
Philoſophie, als erafter Wiffenichaft in 5 Bänden: 
Logif, Dialektik, Metaphyſik (I) 1876, Die Na: 
turpbilofopbie auf dem Grunde der Erfahrung 
(Il) 1876, Die Geiſtesphiloſophie (III) 1878, 
Die Philoſophie der Geſchichte (LV—V) 1879 
bis 1881. — Mit dem Fahre 18854 begann Mi: 
chelet die Herausgabe ſeiner „Sefammelten Werte“ 
in Drei Abteilungen: Die erſte Abteilung: „Leben 
und Syſtem“ iſt bereits vollftändig in 6 Bänden 


erſchienen: Die Lebensbeichreibung (I) und das | 


Spitem (II— VI). Bon der zweiten Abteilung: 
„Einzelne Disziplinen der Philoſophie“ find bis 


jegt in der Gefamtauägabe nur erfhienen: Bd. | 


VITI—IX, die Rechtöphilofophie enthaltend. 
Die anderen Bände find einzeln zu haben, bis 


dierte Theologie und Philofophie in Halle, 
‚Kiel und Erlangen und übernahm nad) 
‚des Vaters Tode die Hildesheimer land: 
wirtſchaftl. Lehranſtalt, die er zur Mujter: 
‚anftalt machte, wofür ihm viel Aner: 
kennung und Auszeichnungen zu teil wur: 
‚den. Die Provinz Hannover verdankt 
‚ihm Großes, bezüglid) feines Eingreifens 
‚bei Neugeftaltung des landw. Vereinsle— 
‚bens, Veranftaltung von Ausitellungen, 
‚Hebung des Molfereiweifens und Für: 
‚derung ſonſtiger gemeinnügiger Beſtre— 
dungen. 

Hauptichriften: Mitteilungen über das landw. 
Unterrichtsweſen (1865'66), Von Pflug zum 
Schwert (1876, 3. Aufl. 18854, Wollen wir als 
dankbare Söhne für Vater Thaer ein Denkmal 
ſetzen? (1864), Gefchichte der Deutichen Yandwirt: 
ſchaft (2. Aufl. 1882), Die Olfuchen und ihre 
Verfälihung (1878). Zahlreiche Abhandlungen 
'u.1. m. 

Mießler, Adolf B. Th. (Adolf Reins- 
burg), geboren 5. Oktober 1562 in Lieg— 
nig, fiedelte frühzeitig nad) Breslau über, 
wo er jetzt noch in einer Stellung als 
Eiſenbahnbeamter anfällig it. 





Mikloſich. 


M., der ſich durch fleißiges autodidaktiſches 
Studium emporgearbeitet, lieferte zahlreiche Ab: 
bandlungen, die meift die Länder: und Völkerkunde 
behandeln und in verichiedenen Zeitichriften ꝛc. 
niedergelegt find, als 5. B. in „Schorers Fami— 
lienblatt”“, „Ausland“, „Weltpoft”, „Deutiche 
Rundihau für Geographie und Statiftif” ꝛc. 
1883 begründete er den „Deutichen Geographen: 
Almanach“, der 1884 in feinem erften Jahrgange 
erichien, aber nur mit geteiltem Beifall aufge: 
nommen wurde. Cine veränderte Fortſetzung 
dieſes Werkes joll demnächſt in Angriff genom: 
men werden. Auch bearbeitete M. die fämt: 
lihen geographiſchen Artifel von „Kürſchners 
Taſchenkonverſations-Lexikon“. 

Mikloſich, Franz von, wurde am 
20. November 1813 in Luttenberg, 
(Steiermark) geboren, widmete ſich dem 
Studium der Rechtswiſſenſchaft an der 
Univerſität Graz und fand nach Abſol— 
vierung eine Anſtellung an der Hofbi— 
bliothek zu Wien. Er betrieb hier ein— 
gehende 
oͤffentlichte das ausgezeichnete Werk: 
Radices linguae palaeoslovenicae (1845), 
das des Autors Namen Jchnell befannt 
madte. 1849 wurde M. zum außerord. 
Profeſſor der Slaviltif in Wien ernannt, 
und bereits im folgenden Jahre erhielt 
er die ord. Profeflur für daſſelbe Fach. 


Am gleihen Jahre trat er mit dem! 


Lexicon linguae palaeoslovenicae (2. Aufl. 
1865) hervor, und 1852 begann fein 
größtes Werk zu erfcheinen: Pergleichende 
Grammatif der ſlaviſchen Spraden. Die 
Schrift wurde von der gefamten urteils: 
fähigen Kritif als eine einzige und groß: 
artige Leitung anerkannt, welche ihrem 
Urheber einen Pla an der Spike der 
bedeutenditen Slavijten ficherte. Außer: 
bein heben wir noch hervor: 

Formenlehre der altjlovenishen Sprade (2. 
Aufl. 1854), Monumenta Serbica (1858), 
Chrestomathia palaeoslovenica (1857, 2. Aufl. 
1861), Bildung der flavischen Perfonennamen 
(1860), Die jlavifhen Elemente im Rumuniſchen 
(1861), Die jlavilchen Elemente im Magyarifchen, 
deögl. im Neugriechiihen (1870), Die Legende 
des heiligen Eyrillus (1870), Albanifche For: 
ſchungen (1871), Über die Mundarten und Wan: 
derungen der Zigeuner Europas (1877). 


Millenfovies, Stephan (Stephan 


406 


Milow, 


Drfova in der Walachei als der Sohn 
eines öfterr. Oberjt geboren. Der Beruf 
feines Vaters brachte für die Familie einen 


häufigen Wechiel des Wohnortes mit fich, 


jo war auch der Unterricht, den St. M. 
empfing, fein einheitliher. Im Jahre 
1849 wurde er in das Kadettenkorps zu 
Dlmüg aufgenommen und drei Jahre jpü- 
ter in das 37. Linien-Infanterie-Regiment. 
Zum Offizier vorgerüdt, wurde er 1854 
von feinem Regiment an das militäriich 
geographiiche Inſtitut in Wien gejandt, 
verblieb dajelbit, avanzierte zum Haupt: 
mann und nahm 1870 feinen Abichied. 
Er lebte durauf, vielfach literarifch mit 
Erfolg thätig, auf feiner Befigung in der 
Steiermark und fiedelte 1880 nad) Görz 
über, welchen Wohnort er noch jetzt inne 





Haviftiiche Studien und ver:| 


hat. 

St. M. machte ſich zuerft literariſch befannt 
durch Seine, 1864 erichienenen Gedichte, die all: 
ſeitig fehr gut aufgenommen wurden, daran reibte 
ſich feine gemütsinnige Erzählung Verlorenes 
Glück (1866), ferner: Auf der Scholle (Ged. 
1867), Ein Lied von der Menjchheit (Ged. 1869), 
Zwei Novellen (1872), In der Sonnenwende 
(Ged. 1877), Wie Herzen lieben (Erz. 1883), 
Deutiche Elegien (1885) und fein 1879 erjchies 
nened Drama König Eric. 


Milow, St, ſ. St. v. Millenkovics. 


Miunckwitz, Hans (Johannes Mind: 
wi der Jüngere), Sohn des am 29. Des 
‚zember 1885 zu Heidelberg verewigten, 
in weiten Kreilen als Schriftjteller, Dice 
ter und Überſetzer vorteilhaft befannten 
Leipziger Profefiors Dr. Johannes M., 
wurde am 11. April 1843 zu Leipzig ges 
‚boren. Seine Schulbildung empfing er 
auf dem „Modernen Sefamtgymnafium“ 
in Leipzig, wo Friedrih Spielhagen zu ſei— 
nen verehrtejten Lehrern gehörte. Mit 
fünfzehn Jahren widmete er ſich zunächſt 
dem Kaufmannsftande, indem er in eine 
Leipziger Großhandlung eintrat, in der er 
neun Jahre verblieb. Daneben ftudierte 
er dort Volfswirtfchaftslehre unter Roſcher 
und beſchäftigte ſich eingehend mit dem 
Studium der Literatur. Außerdem ver— 








Milow), wurde am 9. März 1836 in vollkommnete er ſich raſchen Schrittes in 


Minor, 


ber Theorie und Praxis der Schadjipiel: | 
funft und brachte es darin frühzeitig zu 
hoher Fertigkeit, indem er zahlloje Preije 
auf den verjchiedenen Gebieten dieſes 
Spiels davon trug, eine ganze Anzahl 
vortreffliher Schachwerke jchrieb, von vie: 
len Schachvereinen durch die Ehrenmit: | 
gliedichaft ausgezeichnet wurde und ſeit 
1864 über zwanzig Jahre lang die Re— 
daktion der „Deutihen Schachzeitung“ lei⸗ 
tete, Die er jedocd) 1886 niederlegte. 1872 
trat er als Oberbuchhalter in eine Leip- | 
iger Bankgeſellſchaft ein und ftieg raſch 
zum Banfbevollmäcdtigten empor. 1876 
übernahm er die jelbjtändige Leitung aus: 
gedehnter Kohlenwerke und Ziegeleien in 
Schleſien, dod führte ihn fein Hang zu 
ſchriftſtelleriſcher Thätigfeit Schließlich wie: 
der nach Leipzig zurüd, wo er zwar 1878 
ein faufmänniiches Geſchäft begründete, 
diefes jedody nad) Verlauf von einigen 
Jahren veräußerte, um fich feitdem voll: 
ſtändig dem jchriftitelleriichen Berufe zu 
widmen. 

Schon von 1863 an hatte er in den Tages: 
blättern und Schachorganen zahlreiche Iyriiche Ges 
dichte veröffentlicht, und 1870 war ein Bändchen | 
Geharniſchte Sonette und Königälieder von ihm | 
unter dem Titel „Deutichlands Traum, Kampf | 
und Sieg“ erichienen, das vielen Beifall fand. 
Neuerdings hat M. den Begafus wiederholt mit 
Glück beitiegen, aber aud) ſich durch ebenfo ſchnei— 
dige, wie ſachgemäße Belprehungen (in „Blätter 
für Literarifhe Unterhaltung”) der Neuerichei: 
nungen auf epilhem und Inrifchem ‘Felde der 
Poeſie einen Namen als Kritifer gemacht, wäh» 
rend er von feinen eigenen Dichtungen gegenwär— 
tig eine Sammlung Iyriiher und ein ebenfalls 
bereit3 vollendetes Eleineres Epos von neun Ges 
fängen „Der Sohn der Mainotin” für den Drud | 
vorbereitet. 1887 erſchien die Brojhüre Jung: | 
deutfchland (pfeud.). 


Minor, Eilefius, fiehe O. Marbad) 
Miris, v., fiche Franz Bonn. 





407 





Mirza-Schaffy, i.Fr.v. Bodenſtedt. 
Miſes, Dr., ſiehe G. Fechner. 


Mitzſchke, Paul, wurde am 19. Au— 
guſt 1853 zu Naumburg a. S. geboren, 





ſtudierte Philologie und Geſchichte, wurde 
1874 Hilfslehrer am Andreas-Inſtitut zu 


— Möbius. 

Sulza und 1876 Gymnaſiallehrer in Für: 
ftenwalde. Seit 1877 ift er am Geh 
Staatsarhiv zu Weimar angeftellt. Eeine 
Arbeiten bewegen fi auf dem Gebiete 
der Geſchichte, Kulturgefhichte und deren 
Hilfswiffenihaften, außerdem überjegt er 
aus dem Griechiihen, Lateinischen und 
aus einigen modernen Spradien. Außer 
mehreren Schriften über Stenographie 
heben wir an jelbitändigen und Über: 
ſetzungs-Werken hervor: 

Der Froihmäufelrieg (1876), Die Familie 
Mitfchke (1877), Naumburger Inschriften (1881), 
Die Bibliotheken Naumburgs, Jaroslam Cermaf 
und fein Gemälde „Die Hufiten vor Naumburg“ 


(1883), Des Baulus Jovius Chronik der Grafen 


von Orlamünde (1886). 

Möbius, Paul, wurde am 31. Mai 
1825 zu Leipzig als Sohn des als Nitro: 
nom und Mathematiker rühmlichit bekann— 
ten dortigen Profefiors Dr. 4. F. M. 
geboren. Im Vaterhaufe ſchon früh zu 
reger wiſſenſchaftl. Thätigkeit angeleitet, 
erhielt M. feine Vorbildung auf der Bür— 
gerz und auf der Nikolaiſchule in Leipzig, 
jtudierte dann in den Jahren 1844 bis 
1848 in Leipzig und Berlin neben Theo: 
logie auch Philologie und Philofophie und 
erwarb ſich 1847 zu Leipzig durd eine 


Abhandlung über Clemens Alerandrinus 


die Würde eines Doftors der Vhilojophie 
und bald darauf die eines Kandidaten der 
Theologie. Nachdem er weitere philolo— 
giſche und pädagogiihe Prüfungen be: 
ſtanden, betrat er 18-48 die praftifche Lauf: 
bahn im höheren Schulamt als Lehrer 
an dem Gymnafium (Thomasjchule) zu 
Leipzig und wirkte feit 1849 auch als 
Nahmittagsprediger an der Univerjitäts: 
fiche. 1853 wurde ihm die Etelle 


.des Direktors der Lehranftalt für Buch— 


händlerlehrlinge übertragen. 1865 wurde 
er zum Direktor der erjten Bürger: 
ſchule in Leipzig ernannt, in welcher Stel: 
[ung er jedoch nur 4 Jahre wirken konnte, 
da er fhon 1869 als Seminardireltor 
und Seneralichulinpeftor für das Herzog: 
tum Gotha nad) Gotha berufen wurde, 
wo fih ihm ein größerer Wirkungskreis 


Möller. 


erichloß. Schon 1872 wurde er zum Prot- 
ephorus des Seminars und vortragenden 
Nat im Herzogl. Staatsminifterium be- 
fördert, 1874 durch Verleihung des Nit- 
terfreuzes des erneftinifchen Hausorbens 
ausgezeichnet und 1880 zum Oberfchulrat 
ernannt. In diefer hervorragenden Stel- 
lung wirft M. dort noch gegenwärtig. 
Unter feinen literarifhen Arbeiten heben wir, 
als auch in weiteren Kreiſen befannt geworden, 
hervor: Die Volfserzählung Erhard der Waffen: 
Ichmied (1852); Der Spieler (1853), Alpenerzäh: 
lungen (1854), Katechismus der deutichen Lite: 
raturgeihichte (6. Aufl.), Bar Kochba (Trauerfp. 
1863), feine Neden über Schiller, Shafefpeare u. 
Fr. Nüdert u. ſ. zahlreichen Beiträge zu politifchen 
u. Unterhaltungsblättern. — Er bat auch (unter | 
dem Bleudonym M. Baul) bereits mehrere Bände jei: 
ner Rätſeldichtungen in Buchform ericheinen lafien, 
nämlich: Sphinx (2. Aufl.), ferner die neue Sphinx 
(1877), Silvula logogriphorum (1881), Thü— 
ring. Rätſel und Charaden (1881) und NRätfelhafte 
Erinnerungen an Leipzig (1884). Noch umfafiender 
iſt M.’S Wirken auf dem Felde der Theologie und 
Pädagogik; es erichienen von ihm u. a.: Überfegung 
und Erflärung des Midraich Ele Eskera (1854), 
Der Segen des Gebetes (1857), Die Forderungen 
der Gegenwart an die Bildung der rauen (1866), | 
Die Überbürdung der Volksſchule (1867), Theos | 
logen oder Seminariften? (1867), Über die pä— 
dagog. Aufgabe der Individualifierung, nament: 
li an der Volksſchule (1870), Die Bedeutung | 
der deutichen Männergefangvereine für die Kultur; 
entwidelung der Gegenwart (1876), Inwiefern 
vermag auch die Schule der gegenwärtigen Ber: | 
wilderung der Jugend entgegenzutreten (1878), | 
Erinnerungen eines Schulmannes aus den lebten 
25 Jahren (1878), Die Pflege des Tierſchutzes 
in der Voltsfchule (1879), Seid allezeit fröhlich | 
(1580), Die Pflege des Gemütes an der Volls« 
ſchule (1882). In allen diefen Schriften giebt | 
fih der Autor als ein auf dem Boden eines 
werfthätigen Chriftentums jtehender warmer Pa— 
triot und humaner Volfsfreund zu erkennen. 








Möller, Hermann, geboren 1850 in 
Schleswig, befuchte 1864—67 das Gym— 
nafium zu Flensburg, ftudierte 1864— 71 
Haffische Philologie und Geſchichte zu Kiel, 
Leipzig, Münden, Berlin, im Rinter 1874 
bis 1875 germ. Philologie zu Breslau, pro: 
movierte 1875 zu leipzig zum Dr. phil. mit | 
der Schrift „Die Ralatalreihe der indo- 
germanilhen Grundſprache im Germani— 
ſchen“, war 1878— 83 Privatdozent für 


408 


Möllhauſen. 


vergleichende Sprachwiſſenſchaft und ger: 
maniſche Sprachen an der — 
Kiel, iſt feit 1884 ord. Profeſſor (nor: 
meret Dozent) für deutihe Sprade und 
Literatur an der Univerfität Kopenhagen. 

Hauptmwerfe: Das altengliihe Volksepos in 
der uriprünglichen ftrophifchen Form (1883), Zur 
althochdeutſchen Alliterationspoefie (1888) und 


linguiſtiſche und philologifhe Abhandlungen, ge 


denft eine hiftorifhe Grammatik der friefifchen 
Sprache herauszugeben. 


Möllhanfen, Balduin, wurde am 
27. Januar 1825 in Bonn geboren, er: 
lernte nad) feiner Konfirmation und bis 
dahin befuchter Schule die Landwirtjchaft 
in Bommern, genügte darauf feiner Mis 
(itärpflicht und wanderte 1849 nad) Ames 
rifa aus, wo er ein jehr bewegtes Leben 
führte, lange Zeit ein Genoſſe der In: 
dDianer, die er auf ihren Jagdzügen be 
gleitete. Nach vier Jahren kehrte er in 
feine Heimat zurüd, aber nur, um nad 
einem Atemzug deutſcher Luft wieder 
über das Dieer zu gehen. Endlich, nad) 
mandjerlei Kreuz: und Querfahrten z0g 
es doc) den Deutichen wieder nad) Deutſch— 
land. Er zog nad) Potsdam, wo er eine 
Stellung als Bibliothekar der königlichen 
Bibliotheken fand, fiedelte aber 1886 nad) 
Berlin über. Die ungewöhnlich reichen 
Lebenserfahrungen, auf jo abenteuerlichen 
Neifen, wie fie wenigen nur bejchieden 
find, gefammelt, verwertete M. in feinen 
beiden Neifewerfen: Tagebuch meiner Reife 
vom Milfiffippi nah den Hüften der Südſeen 
und Forihungsreifen(Colorado-Erpedition) und 
in feinen groß angelegten Erzählungen und 
Romanen, die von zahlreichen, meilterhaft 
entworfenen Schilderungen amerikanischen 
Landes, Lebens und Treibens durchflochten 
find und vielfach an „Lederftrumpf”, den 
liebften Freund tüchtiger Jungen, erin: 
nern, ohne doc epigonenhaft zu fein. 

Hervorzuheben: Der Halbindianer (Erz.), Der 
Flüdtling (Erz.), Der Mayordomo (Erz.), Pal: 
menblätter und Schnerfloden (Erz.), Das Mor: 
monenmädchen (Rom.), Reliquien (Rom.). Die 
MWandanenwaile (Nom.), Der Meerkönig (Rom.), 


Nord und Süd (Nom.), Der Gocdlandpfeifer 
(Rom.), Das Hundertquldenblatt (Rom.), Der 


Mohr. — 
Piratenleutnant (Rom.), Der Keſſelflicker (Rom.), 
Das Finkenhaus (Rom.), Weſtliche Fährten (Erz.), 
Die Einſiedlerinnen (Rom.), Das Monogramm 
(Rom.), Die Kinder des Sträflings (Rom), Die 
Hyänen des Kapitals (Rom.), Die Reiher (Rom.), 
Fragmente (Rom.), Die Töchter des Konſuls 
(Rom.), Der Schat von Uuivira (Erz.), Der 
Fanatiker (Nom.), Die Trader (Rom.), Der 
Haushofmeifter (Nom.), Wildes Blut (Nov.), 
Das Logabud (Erz), Der Fährmann am Ka: 
nadian (Erz.), Die Familie Melville. 
Mohr, Ludwig, wurde geboren am 
10. Februar 1833 zu Homberg, im frühe: 
ren Kurfürftentum Heflen. Er genoß den 
Unterricht des Progymnafiums und Se- 
minars feiner Vaterjtadt, in welch letzte— 
rem er fich zum Lehrer ausbildete. Nach: 
dem er mehrere Jahre als Hauslehrer 
thätig geweſen war, jeiner Militärpflicht 
genügt und in Homberg einer Töchter: 
ſchule vorgeflanden hatte, gab er im Jahre 
1859 feine LZehrerthätigfeit auf, um ſich 
in Kafjel mit feinem nachmaligen Schwa— 
ger Jenuit, welcher dafelbit eine mecha— 
niſche und optiſche Werkſtatt hatte, zu 
aflociieren. Da dieſer jedoch bald dar— 
auf ftarb, das Geſchäft auch nicht den 
ehegten Erwartungen entiprad, liqui— 
erte er im Jahre 1866 daſſelbe und 
lenkte in die Schriftfteller:Laufbahn ein. 
Seine erftere größere Arbeit, der nefchichtliche 








409 


— 


Moltke. 


Abſolvierung des Gymnafiums wandte er 
fih daher ganz der Journaliſtik zu, neben⸗ 
her mit Vorliebe mit dem Studium mo— 
derner Sprachen beſchäftigt. Seine Kennt: 
nis des Italieniſchen erhielt durch jähr: 
lihen Aufenthalt in Italien ſolche Vollen- 
dung, daß er 1887 Berichterjtatter des 
„il teatro illustrato‘ fürSüddeutichlands 
Bühnen wurde. Seit 1885 iſt M. als 
Kritiker (für die königl. Theater der bayer. 
Hauptjtadt) in der Redaktion der „Mün— 
chener Signale für Bühne, Literatur und 
Kunſt“ thätig. 

Außerdem find noch zwei Schriften bervorzus 
heben: Dichterprofile und Der Roman des 19. 
Jahrhunderts, 


Moltfe, Hellmuth Graf von, geboren 


am 26. Dftober 1800 zu Parchim (Med: 


lenbg.), nunmehr preuß. General-Feld- 
marjchall und Chef des Generaljtabes der 
Armee, der fi als einer der größten 
Strategen aller Zeiten bewährt und ſich 
neben Fürft Bismard den höchſten Ehren: 
plat in der deutihen Geſchichte des 19. 
Jahrhunderts errungen hat (über fein 
militäriiches Wirken ſiehe W. Buchner: 
„Sraf Moltke. Ein Lebensbild“ ; Frhr. 
v. Firds: „Feldmarſchall M. u. d. pr. 
Seneralftab”; Wild. Müller: „Generals 


Aoman Roth: Wei (2. Aufl. 1886) hatte einen | feldmarichall Graf M. ꝛc.), ichrieb: 


Erfolg. Nah dem mißlungenen Verſuch, 
Hefien eine belletriftiiche Zeitichrift zu grün- 

, bot fich ihm Gelegenheit, in den Dienſt der 
Fönigl. Eifenbahnverwaltung zu treten, in wel: 
chem er fich noch befindet. Er lebt gegenwärtig 
in Norbhaufen a. 9. Hauptwerke: Roth Weib | 
(2. Aufl. 1886), Die blaue Dame (1871), Aus 
vergangenen Tagen (Erz. 1871), Altes Schrot 
und Horn (Erz. 1885), Eddergold (Ged. 1886). 
Außerdem Novellen in verfchiedenen Zeitfchriften. 


- Moltau, Harry, wurde am 8. Juni 
1863 in Schwabach geboren. Er befuchte 
die Lateinfchule feiner Vaterſtadt, ftudierte 
mit Eifer die reiche klaſſiſche Bibliothef 
im Elternhaufe, und beichäftigte fich ſchon 





als Schüler mit fchriftftelleriichen Verfuchen 
Ichrieb Humoresfen, aud zwei Dramen, 
von denen das eine aufgeführt wurde), 
ind war von dem brennenden Wunſch 


erfüllt, Schriftfteller zu werden. Nach 


Briefe über Zuftände und Begebenheiten in der 
Türfei aus den Jahren 1835—39 (3. Aufl. 1877), 
Der ruſſiſch⸗türkiſche Feldzug in der europ. Türfei 
1828 und 1829 (2. Aufl. 1877), Briefe aus 
Rußland (2. Aufl. 1877). 

Moltke, Dar Leopold, wurde am 18. 
September 1819 zu Küftrin geboren, ab» 
jolvierte das Gymnaſium feiner Vaterftadt 
und trat, für den Buchhandel beitimmt, 
da feine Eltern nicht die Mittel hatten, 
ihn ftudieren zu laſſen, als Lehrling in 
eine Buchhandlung ein. Nachdem er lange 
Jahre als Buchhändler in Kronftadt in 
Siebenbürgen gelebt hatte, übernahm er 
dajelbft die redaktionelle Leitung der „Deut: 
chen Dichterhalle“ und ein Jahr darauf 
die der „Kronftädter Zeitung”, legte die 
felbe aber bald darauf nieder, um an ber 
Erhebung Ungarns teilzunehmen. Als 


Mommien. 


Leutnant wohnte er der Belagerung von 
Temesvar bei, geriet aber nad) der Nie- 
berlage von Velagos erſt in rulfiiche, dann 
in öjterreichiiche Sefangenichaft. Nachdem 
ihm im Jahre 1851 feine Freiheit wie: 
bergegeben, erwarb er ſich jeinen Lebens: 
unterhalt in Trieft durch Unterrichts: 
ſtunden, ging dann nad Küftrin zurüd, 
darauf für einige Jahre nad Berlin und 
309g 1864 nad) Leipzig, wo er noch jetzt 
als Beliger eines Berlagsgeichäftes Lebt. 
Daielbit gründete er aud) feine Zeitichrift: 
„Deutiher Sprachwart. Für Kunſt und 
Kunde, Hege und Pflege, Schirm und Schub 
unferer Mutteripradje”. 

M. ift der Berfaller des in Siebenbürgen zum 
Bolfslied gewordenen Liedes „Siebenbürgen, Land 
des Segens“. Auch außerdem hat M. in feinen 
zahlreichen Liedern den zu Herzen des Volfes ge: 
henden Ton getroffen, der ihm viele freunde er: 
worben bat. Hauptwerfe: Haideblümchen (Ged. 
1840), Ufermuicheln (Ged. 1542), Tag: und Nacht: 
falter (Ged. 1843), Monumente für Monumente 
(Poet. Tagebuch, 1843), Deutiher Dichterwald 
(1852), Ein Frühling (Ged., 3. Aufl. 1853), 
Auch ein Büchlein Lieder (Ged., 2. Aufl. 1865), 
Neuer deuticher Parnaß (Anthol. 1832), Schuß: 
und Truglieder für die Siebenbürger Sachſen und 
das Deutichtum in Ofterreih (1832), Gedichte 
(4. Aufl. 1853). 


Mommfen, Theodor, wurde am 30. 
November 1817 in Garding (Schleswig) 
geboren, bejuchte das Gymnaſium zu Al: 
tona und die Univerfität Stiel, vervoll: 
ftändigte feine Kenntniffe durch mehr: 
jährige Studienreifen, hauptſächlich in 
Stalien. BZurüdgefehrt, wirkte er kurze 
Zeit als Journalijt, wurde aber bereits 
1848 als außerord. Profeſſor der Rechts» 
wifjenichaft nad) Zeipzig berufen. In den 
politiichen Strudel jenes verhängnisichwe: 
ren Jahres hineingerifjen, mußte Di. 1850 
feine Profeſſur niederlegen und fiedelte 
nad) der Schweiz über. Dort wirkte er 
von 1882—54 als ordentl. Profeſſor in 
Züri, von legterem Jahr an in gleicher 
Eigenſchaft in Breslau, bis er 1858 nad) 
Berlin berufen wurde. Er gehörte 1872 
bis 1882 dem preuß. Abgeordnetenhaufe 
an (nationalliberal, jpäter liberal). Seit 


410 


Morämwel, 


1874 fungiert M. als jtändiger Sefretär 
der fol. Akademie der Wiffenihaften. M. 
bat fi neben feiner akademiſchen Bes 
rühmtheit auch literariih den Ruf eines 
der bedeutenditen Hiftorifer und Alter: 
tumsforicher der Gegenwart erworben. 
Dieſes Prädifat nahm M. zuerjt mit 
‚feinem monumentalen Werk: Römiihe Ge: 
ſchichte 8. Aufl. (1852) für fih in Anjprud. 
Außerdem heben wir unter den hochver- 
‚dienten Werfen M.'s bejonders hervor: 

Dsfiihe Studien (1845 u. 1846), Die unter 
italienifchen Dialefte (1850), Corpus inscrip- 
tionam Neapolitanarum (1851), Die nord 
‚etruäfiihen Alphabete (1853), Die  Stabtreihte 
‚ der lateiniihen Gemeinden Salpenja und Malace 
(1855), Die römiſche Chronologie bis auf Cäfar 
(2. Aufl. 1859), Corpus inscriptionum lati- 
narum (1863--1886), Römiſche Forſchungen 
(1864-79), Analecta Liviana (1873), Römis« 
ſches Staatsreht (2. Aufl. 1876— 77), Ortlich« 
feit der Warusichlacht (1855). Außerdem eine 
große Anzahl willenichaftliber Abhandlungen in 
den Dentichriften gelehrter Gefellichaften und in 
Fachzeitichriften. 

Moramel, Carl Sottlob, wurde am 
| 15. Auguft 1816 in Zittau geboren als 
‚ein Nahfomme einer aus Gernilomw bei 
Königgrätz ausgewanderten Erulantenfa= 
milie. Er beiuchte die Bürgerſchule ſei— 
ner Vaterſtadt von 1823—30. Seit 
legterem Jahre widmete er ſich, wie feine 
Vorfahren, der Obit:, Gemüje: und Kunſt— 
‚gärtnerei. Neben feiner beruflichen Thä— 
tigkeit gab fih M. auf autodidaktiſchem 
Wege eingehenden Etudien der Alter: 
tumsfunde bin, auf Grund deren er eine 
‚zahlreihe Menge von teils wertvollen, 
meiſt intereflanten Schriften verfaßte, de— 
‚ren Mehrzahl auf Zittau und Umgegend 
ſich bezieht. Außerdem ift M. vielfach 
als begabter Dichter hervorgetreten. Von 
wichtigeren Veröffentlihungen heben wir 
hervor: 

Geſchichte der böhmiſch-evangeliſch. Erulanten» 
gemeinde in Zittau ac. (1847), Zittavia oder 
Zittau in |. Vergangenheit und Gegenwart (1548 
bis 1849), Geichichte von Friedensdorf zc. (1861), 
Geichichte von Bertsdorf ꝛc. (1867), Dorfchronik 
(1873), Jahrbuch der Geſchichte der Schüten- 
gefellichaft zu Zittau (1884), Gefchichte der Petri— 
und PBaulisfirhe in Zittau (1582), Gejchichte der 











Morgenitern. 


Quftgärten in Zittau von 1230—1879 (1879); 
außerdem viele Beiträge in Zeitichriften und 
Tagesblättern, teilweile auch als Separatabdrüde 
erihienen. 

Morgenitern, Lina, wurde als die 
Tohter des Kaufmanns Bauer in Bres- 
lau am 25. November 1830 geboren, 
empfing eine trefflihe Erziehung und be: 
ſchäftigte fich früh ſchon mit kleinen lite 
rariihen Verfuhen, befonders mit Mär: 
hendichtungen. In reiferen Jahren, nad) 
ihrer Berheiratung, wandte fie ji) dem 
Gebiete der Wirtichaftslehre und Frauen— 
frage zu und machte fid) namentlich durch 
die Begründung der befannten Berliner 
Volksfüchen und des Hausfrauenvereins 


verdient. Erftere Schöpfung ermöglichte 


ihr auch, durch den ihr zufallenden jehr 


hohen materiellen Gewinn, manderlei 
andere Pläne zu verwirklichen, die fie, 


teils im Interefje der Frauenemanzipation 
unternahm. Seit einer Reihe von Jahren 


redigiert fie die „Dtſche. Hausfrauenzei- 


tung” in Berlin. 


Außer einen, von Hausfrauen gern benußten 


„Kochbuch‘ veröffentlichte X. M. die freundlich 


aufgenommenen Märchen: Bienenfätchen (1859), 
In der Dämmerung (1860); die Erzählungen, 
Rovellen 2c.: Aus dem Volfsleben (1861), Ba: 


radies der Kindheit (1861), Die Heinen Menſchen 


(1862), Die Plauderjtunden (1874), Liebe und 


Leid (1869) ;, Glaube, Andacht und Pflicht (1861), 
Polens Nationallieder (1864); Studien über 
Außerdem fchreibt fie die 


Hauswirtfchaft ıc. 
meiften Artikel ihres gen. Blattes felbit. 


Morgenitern, Marie, wurde am 
27. Januar 1831 zu Clausthal als die 
Toter eines Lehrers geboren. Ein leb— 
baftes Kind, las und lernte fie mit vielem 
Eifer. Schon im 17. Jahre zeigten ſich 
die Anfänge eines jchmerzvollen Nerven: 
leidens, das fie durchs Leben tragen jollte, 
und das fie zu einem ftillen Leben zwang, 
welches ihr, ihrer ganzen Eigenart nad), 
Ihwer werden mußte. Von zärtlich for: 
gender Mutterliebe umgeben, die an allen 
ihren Beftrebungen thätigen Anteil nahm, 
fuhte und fand die Kranke auf ihrem 
Cchmerzenslager hohe Freude und reichen 
Genuß bei ihren Büchern. Den weit 


411 


Morin. 


gehenditen Einfluß auf ihre Bildung 
übte einer ihrer Arzte, Dr. Ned, aus, in 
deſſen Behandlung fie in der eriten 
Hälfte der fünfziger Jahre überging, um 
während der nächſten vier Jahre ein Glied 
feiner Familie in Wolfenbüttel zu bilden. 
Schwer leidend, faft hilflos, da fie ſich 
faum jelbjtändig bewegen fonnte, las fie 
viel, und ein lebhaftes Intereſſe für Eng- 
land und engl. Literatur erregte in ihr 
den Wunſch, die engliſchen Dichter in 
ihrer Sprade lejen zu können. Ihr treuer 
Arzt half ihr dazu. Gemeinſchaftlich ga- 
ben fich beide dem Studium der Sprade 
bin. Mit äußerfter geiftiger und körper: 
licher Anstrengung brachte Dtarie M. es 
bald dahin, ein englisches Buch zu über: 
ſetzen — jetzt tragen 32 Bücher, die fie 
überjegt hat, ihren Namen, der großen 
Reihe Eleinerer, in Zeitichriften 2c. ver: 
öffentlichter Arbeiten nicht zu gedenken, 
Im Jahre 1859, nahden M. M. fo 
weit genejen, daß fie ſich au gejelligem 
Umgang erfreuen konnte, fehrte fie zu ihrer 
Mutter zurüd nad) Alfeld a. d. Leine, wo— 
hin diefelbe überjtiedelt war, genof dort das 
hohe Slüd, in der freien Gotteswelt umher: 
ftreifen zu können, und bereitete ſich auch 
da für ihren fpäteren Beruf vor. Auf 
Anraten des Prof. Schweiger in Göttins 
gen, wo fie nunmehr lebt, jchrieb fie „Ein 
Spaziergang nach derLippoldshöhle,“ deſſen 
Annahme durch eine Zeitſchrift M. M. 
zu weiterem Streben ermutigte. Bon 
ihren bald darauf entitandenen jelbjtän: 
digen, jehr freundlih aufgenommenen 
Werfen find zu nennen: 

Ein Monat in Göttingen (Erz.), Ein Menſchen— 
leben (Erz.), Glüd auf! (Erz.) 

Morin, George, deſſen Großeltern 
von väterlicher Seite aus Frankreich ſtam— 
men und während der großen franzöftichen 
Kevolution nad) Deutichland ausgewans 
dert waren, wurde am 1. Oftober 1831 
zu Freifing in Oberbayern als der Sohn 
des George Morin, 1. Wachtmeijters des 
damaligen 2. bayr. Küraflier-Regiments 
„Prinz Eduard von Sachſen“ geboren. 








Mormann. 


Wegen des häufigen Garniſonswechſels, 
die fein Vater durchzumachen hatte, fonnte 


George nur in raichen Abwechslungen die 


Lateinſchulen von Landshut, Freifing, Mün- 
chen und Germersheim befuchen. Im legt: 
genannten Orte verlor er, 17 Jahre alt, 
feinen Vater dur den Tod. Er voll: 


endete zulegt durch fleißige und ange: 


ftrengte Privatitudien feine Ausbildung. 

Außer feinen zahlreichen deutjchpatriotifchen 
Arbeiten als Redakteur erichienen von ihm: Stern 
und Roſe (ep. Geb. 1863), Das Jahr 1864 
(Feitlp.), Die Fee Morgana (Soloſcherz 1871), 
König, Dichter und Maler (1874), Paſſau, das 
Coblenz an der Donau (1878), Aus rubmvollen 
Tagen (1882) und König Ludwigs II. von 


Bayern Leben, Wirken und Tod (1886). Außer: | 


dem viele Gedichte in Anthologien, Zeitichriften ꝛc. 

Mit den großen goldenen Medaillen 
für Kunſt und Wiſſenſchaft ward derjelbe 
ausgezeichnet: von Herzog Max in Bayern, 
König Osfar II. von Schweden und Kö— 
nigin- Mutter Joſefine von Schweden. 
M. lebt jeit vielen Jahren in München, 


woſelbſt ihn der Münchner Sournaliften: | 


und Schriftiteller- Verein zu feinem 3. 
Präfidenten gewählt hat. 


Mormann, B., |. Mor. Bermann. 


Morjch, Anna (Albert Mofer), 1841 


zu Granfee geboren, in Potsdam erzogen, 
zeigte Schon von Kind an große Neigung 
zur Muſik. Familienverhältniſſe, die fie 
ichon jehr frühzeitig zur Führung eines 
Hausweſens nöthigten, hinderten fie, ſich 
ganz dem Studium zu widmen, fo fonnte 
fie nur langjam das Ziel einer gründ— 
lihen muſikaliſchen Ausbildung erreichen. 
Da ihr auch die nöthigen Mittel fehlten, jo 
war fie frühzeitig genötigt, Unterricht 


zu erteilen und exit 1868 gelang es ihr, 


mit ihren Erfparnifien in Berlin Unter: 
richt bei Taufig und Ehlert, Kontrapunft 
und Fuge bei Krigar zu nehmen. Scon 


während diefer Zeit hatte fie privatim | 


mit großer Hingebung mufifhiftoriiche Stu: 
dien getrieben. Die Benutzung der kgl. 
Bibliothek in Berlin führte fie zu ver: 
tieftem Quellenftudium, und neben den 
praftiihen Studien, die fie eifrig zum 


412 


Mori. 


| Zehrberuf trieb, beichäftigte fie fich bereits 
mit fchriftlichen Arbeiten. 

| Auf Zureden einer Freundin fandte fie einige 
davon an Redaktionen von Beitichriften, aber erft 
unter männlihem Pſeudonym hatte fie die Ge— 
nugthuung, fofort angenommen zu werden, was 
ihr unter ihrem eigenen Namen nicht gelang. 
Diefe erften Arbeiten erfchienen 1876 in ber 
„Tonkunſt“. Als dann 1878 Profeſſor Breslaur 
die mufifpädagog. Zeitung „Der Klavier-Lehrer“ 
gründete, wurde Anna M. ald Mitarbeiterin, 
ſpeziell für das hijtorifche Fach, engagiert. Seit 
jener Zeit erjchienen ihre Arbeiten unter eigenem 
Namen, fie arbeitete fortlaufend für die Zeitung 
weiter, begann ihre biftoriihen Artikel mit der 
älteften Zeit und zwar in Briefform, und ijt 
darin (1887) bis zur Zeit der Niederländer forts 
geichritten. Eine Reife nad Italien gab ihr Ge: 
legenheit, den italienischen Kirchengelang zu ftus 
dieren. Seit 1884 lebt fie dauernd in Berlin 
und hat dort ein Mufifinftitut gegründet, welches 
fi reger Teilnahme erfreut, 1884 und 1885 
bielt fie öffentlih mufifhiftoriihe Vorträge; dies 
felben find umgearbeitet ald Buch unter dem 
Titel „Der italienifche Kirchengefang bis Pale— 
ſtrina“ erfchienen. 





Morjch, Johann Baptift, geboren am 
5. Mai 1849 zu Mainz, bejuchte das 
Mainzer Gymnafium und trat, nachdem 
er ſolches 1870 abfolviert, in das fathol. 
PBriefterjeminar zu Mainz ein, um fathol. 
Beiftlicher zu werden. In Ermangelung 
einer entipr. inneren Befriedigung an 
dem Studium der kath. Theologie ver: 
‚ließ er im September 1871 das gedachte 
Seminar und beſuchte die Univerfität 
Gießen behufs Studiums der Rechtswiſſen⸗ 
Ichaften(1871). Am 7. Mai 1874 beftand 
er auf der Univerfität Gießen das jurie 
jtifche Fakultäts-Eramen und war nun von 
Juni 1874 bis 19. Eeptbr. 1879 in Mainz 
an dem dortigen Gerichte, an dem Kreis: 
amte, einem Notar und einem Rechts— 
anwalt als großh. heil. Gerichtsaſſeſſor 
beichäftigt, um den geleglicden Acceß zu 
vollzichen. Am 19. September 1879 
erfolgte feine Ernennung zum Notar mit 
dem Aıntsfige zu Wöllſtein, woſelbſt er 
jest noch als Notar fungiert. 
| Ins Algäu, Reifcerinnerungen aus dem bay: 


riſchen Hochgebirge, Ein Weihnachtsabend eines 
ı Qunggelellen (1884). 





Mor. 


Mory, Eugen Rihard. Ich bin in 
Sarepta (Südrußland) am 29. April 1846 
geboren, wo mein Vater Vorfteher einer 
deutichen Kolonie war. Als ich 1Y/e Jahr 
alt war, fiedelten meine Eltern nad) Pe— 
tersburg über, wo ich meine erjte Er: 
ziehung unter Hauslehrern erhielt. Mit 
11 Jahren ſchickte mich mein Vater nad) 
Deutichland in eine Herrnhutiſche Pen: 
fionsschule. Ih war zuerft in Gnaben- 
berg bei Bunzlau, dann in Niesty bei 
Görlitz und ſchließlich auf dem theologi- 
ihen Seminar in Gnabdenfeld. Roetifche 
Bemühungenmwurden nicht ermutigt. Dan 
fürdtete Ablenkung von „erniteren Etu: 
dien“. Die bejten, wenn aud unfrei- 
willigen Liebesdienfte leifteten mir Die: 


jenigen meiner Zehrer und Verwandten, 


die meine unreifen Gedichte grauſam kri— 
tifierten, um mid) vom Verſeſchreiben ab: 
zubringen. Ic ließ mir gelagt fein, was 
ih als richtig anerfannte, und fuchte 
meine Fehler zu vermeiden. Als ich 1867 
nad) England gegangen war, um dort 
als Lehrer zu wirken, fam mir die erjte 
Ermutigung im poetischen Schaffen. Eine 
Überjegung von Moores „Farp of Tara“ 


wurde in einer Zeitjchrift aufgenommen. | 


Dann folgte eine lange Zeit des Schwei- 
gens. Als ich in Oldham bei Mancheſter 
als Brivatlehrer etabliert war, und wenig 
zu thun hatte, wachte mit der Zeit zum 
Dihten auch der Drang dazu auf. Im 
Jahre 1874 fam ich nad) Bafel und habe 
feither als englischer Lehrer hier ein viel- 
beihäftigtes Leben geführt. Doc fand 
ih Zeit, mein Schaufpiel Wintelried und 
einige als Feuilleton erſchienene Novellen 
zu Schreiben. Auch eine Anzahl Eeinerer 
Gedichte für Zeitſchriften entftand. 


Moſchkau, Otto Karl Alfred (A. 
v. d. Yubota), wurde am 24. Januar 
1848 in Löbau (Kgr. Sachſen) geboren. 
Seine Eltern waren der Thierarzt K. N. 


Moſchkau und Laura, geb. Beichling, vor 


ihrer Verheiratung Mitglied des königl. 
Hoftheaters zu Dresden. Nach dem Be: 


413 


Moſchkau. 


ſuche der Bürgerſchule zu Löbau und der 
Handelsſchule zu Bautzen, frequentierte 
M. als Hörer naturwiſſenſchaftliche, hy: 
gieiniſche und anatomiſche Vorleſungen 
am kgl. Polytechnikum und der kgl. Kunſt— 
akademie zu Dresden und promovierte 
1873 als Doktor der Philoſophie. 1879 
ernannte ihn das Freie Deutſche Hochſtift 
für ſeine Verdienſte auf dem Gebiete 
der Geſchichtsforſchung, Schrifttums⸗ und 
Volkswirtſchaftslehre zum Meiſter und 
Ehrenmitgliede. M., welcher feiner einige 
Zeit vorherrfchenden journaliftiihen Thä- 
tigkeit wegen, öfter feinen Wohnort wech: 
jelte, auf mehrere Jahre in Dresden, 
Leipzig und Wien lebte, weilt nun jeit 
Jahren in dem lieblihen Kurorte Oybin 
im Zittauer Gebirge, wo berjelbe ein be: 
‚fcheidenes Landhaus fein eigen nennt, 
und wo er das Sommerhalbjahr hindurd) 
fih) der Pflege feines auf der Burg 
Oybin aufgeftellten „hiftoriihen Mu— 
feums“ widmet. Seine erjte, 1868 mit 
Ernejtine, geb. Pfeifer, geſchloſſene und 
überaus glüdliche Ehe, trennte 1885 der 
Tod. Seit 1887 ward ihm in Dlinna, 
‚geb. Taubmann, eine neue liebevolle Le: 
bensgefährtin. 

M. war und ift noch ziemlich vielfeitig ſchrift⸗ 
ftelleriich thätig. ALS einſtig praftizierender Ho» 
möopath redigierte derfelbe einige Jahre den 
„Arztlihen Hausfreund“ und die „Geſundheits— 
wacht“. Diefem Gebiete hat er, um ſich mehr 
zu zentralijieren, Valet gefagt. Won feiner ſchön— 
wifienichaftlichen Thätigkeit zeugen folgende Schrif: 
ten: Schiller in Gohlis; Zofef Pitinger, ein ti 
roler Sängerleben , Friederike Brion, Beiträge zur 
Sriederifenliteratur ; Goethe und Carl Auguſt auf 
dem Onbin; Ernſt Fiebiger, ein laufiger Natur: 
dichter. Ferner edierte M.: Leopold Schefer's 
Buch des Lebens und der Liebe. Auch ſchrieb 
derjelbe viele Heine Beiträge über Goethe; für 
die Zofalblätter feiner Heimat eine Reihe Dorf: 
geſchichten; 1868 erſchien als Eritlingswerf ein 
Bändchen Gedichte „Frühlingsblüten“. Hierher 
ehörig dürfte auch die Zeitihrift „Mitteilungen 
fi Autographenfammler" fein, welche unter ſei— 
ner Redaktion drei Jahre verausgabt wurde. Der 
Zeit widmete fih M. infonders der Philatelie, 
der Touriftit und der Geſchichte. Auf dem Ges 
| biete der Vhilatelie, die er in Deutichland zuerft 
wiſſenſchaftlich fundierte, ift fein Name weit be: 
\fannt. Er redigierte die „Deutfche Briefmarken» 














Mofer. 


Beitung”, den „Philatelift”, die „Germania“, die 
Weltpoſt! und derzeit jeit 1873 das bedeutendfte 
Fachblatt für diefe junge Wiſſenſchaft, das „Zus 
ftrierte Briefmarfen-Journal” in Leipzig. Zahl: 
reich und in vielen Auflagen verbreitet Find feine 
Werte über Briefmartentunde. Derjelbe jchrieb 
als jelbftändige Werke: Geſchichte der Briefmarken 
und Darftellung der Wafferzeihen auf denjelben 
(4. Aufl.); Eſſais-Handbuch, Beiträge zur Phi— 
latelie, Das große Handbuch für Bofkmatten. 
fammler (5. Aufl.), und joeben ein Kleines Hand» 
buch für Poſtmarkenſammler. Zahllos find die 
einzelnen veröffentlichten Beiträge über dieſes 
Thema; vieledavon erfchienen in fremden Spraden. 
M. begründete auch den erjten Deutichen Brief: 
marten-Sammler:Berein und die erite deutiche 
Prüfungsitelle gefälichter Marten. Die Societe 
francaise de Timbrologie in Paris verlich ihm 
1878 das Ehrendiplom, die namhafteſten deutichen, 
auch amerikanischen Fachvereine ernannten ihn zu 
ihrem Ehrenmitglieve. Auch auf dem Gebiete der 
Geſchichte und Touriftik ift M.'s Name in weiteren 
Kreifen befannt geworden. Derjelbe vedigierte 6 
Jahre die Altertumszeitung „Saronia”, 5 Jahre 
die hiſtoriſche Zeitfchrift „Oymwina“ und derzeit 
das hiftor.stouriftiiche Fachblatt „Lufatia“ (Organ 
des Laufiger Gebirgsvereinsverbandes). Seine 
verfchiedenen biftoriichen Werfe gelten der Ober: 
laufig und dem nördl. Böhmen. Genannt feien: 
Auf dem Oybin, Die prähiſtor. Altertümer der 
Oberlaufig, Laufisführer, Der große und Eleine 
Oybin⸗Führer, Führer durch Zittau und Umge— 
bung, Geſchichte der oberl. und nordböhm. Raub: 
burgen, Geichichten der Burgen Lämberg, Oybin, 
Karlsfried, Mühlſtein, Bürgitein, Tollenftein, meh— 
rere Dorfchronifen und fein umfänglichites Werf 
Chronik von Burg und Kloſter Oybin. Einzel: 
Beiträge zur Geſchichte Sachſens und Böhmens 
erſchienen in diverfen gelehrten u. a. Zeitichriften 
unzäblige, meift den Oybin und feine Umgebung 
und das Laufiter Gebirge behandelnd, welche Ge: 
gend er durd Begründung eines Gebirgsvereins 
mit Erfolg touriftiich weiter erſchloß, der er über: 
haupt mit grofer Liebe jeine Kräfte widmet. 
Sein 1879 begründetes und von ihm geleitetes 
„Mufeum für Geſchichte des Oybin“ ift jeit 1883 
im Nitterfaale der Burg Oybin aufgeftellt, zu 
defien würdiger Aufftelung König Albert von 
Sachſen, Großherzog Alerander von Weimar, 
Fürft Johann von Lichtenftein u. U. danfenswerte 
Förderung leifteten. In neuefter Zeit jchrieb M. 
für mehrere Fachzeitungen auch Beiträge über 
Waffenktunde, deren Studium er in Wien unter 
Rudolf von Haidinger mit Luſt und Liebe oblag; 
auch betraute ihn 1884 der Rat der Stadt Zittau 
mit der Aufjtellung des ſtädtiſchen Mufeums, eine 
Aufgabe, die er erfolgreich zu löfen verftand. 


Mofer, Ernit, geboren den 9. Ja: 
nuar 1863 in Königsberg i. Pr., be 


414 





Moser. 


ſuchte die Univerfität feiner Vaterftabt 
und mwibmete fih der Journaliſtik und 
Schriftitellerei. Er lebt noch jegt in 
Königsberg i./Br. 

Hauptwerfe: Wir werben Nonne (Schwanf 
1882), Frau Clara (Schwanf 1883), In der 
————— — — a 1 

prüche, Sentenzen, amme un 
deuticher — Dichter (1885), — 
Weiſen aus dem 12.—17. Jahrh. Text und Über: 
tragung (1886), Otto mit dem Bart (Epos von 
Konrad von Würzburg), übertragen und mit m 


gleitendem mittelhochdeutſchem Text hera 
(1887), Mittel⸗, Hoch: und Niederdeutiche 
arten und Zungen (1888) herausgegeben. 


Mojer, Guſtav v., am 11. Mai 1825 
in Spandau als der Sohn eines ah, 
geboren, widmete ſich dem Soldaten 
für welden Beruf er im Kadett 
vorgebildet wurde. Als Yägerl 
vermählte er fich mit der Seien 
Gutsbefigers in Holzkirch bei Sörlig, m 
auf er feinen Dienſt quittierte, um 
der Landwirtichaft zu widmen. Er de | 
nahm fpäter das Gut feines Schwie 
vaters, und dort legte er den Grund 
feiner fpäteren Berühmtheit. Gleich ſei 
erjten Bühnenftüde waren von größte 
Erfolge begleitet. M. ift einer unſer 
fruchtbarſten und beliebtejten jiels 
dichter geworden. Teils allein, teils m 
geiftesverwandten Schriftitellern in Ge 
meinſchaft, Liefert M. noch jegt faſt Jahr 
für Jahr neue Stüde. Wir heben von 
denfelben hervor: — 

Wie denken Sie über Rußland? (1861) 
foll dein Herr jein (1861), Ein moderner & 
(1861), Jedem das Seine (1862), Ein 
Gerjon (1863), Eine Frau, die in Paris m 
(1866), Kaudels Gardinenpredigten (187 ), Die. 
Gouvernante (1872), Splitter — 187: 
Bapa hats erlaubt (mit !’Arro 1. bin, ‚878 
Aus Liebe zur Kunſt (1873), Ein amerikaniſches 
Duell (1874), Sonntagsjäger (mit —8 1876), 
Der Schimmel (1877), Krieg im {| riechen Gi " 9 
Fr. v. Schönthan, T. din., ——— alte See 
(1881), Der Zugvogel (mit * Schön 
1881), Unſere frauen (desgl. 
lingen (1882), Der R ——— jr fen. 
2’Arronge 1883), Das  "Stiftungsfeft x. 2 


Mofer, Hans Daniel Konrad, wa 
am 18, Oftober 1857 als Sohn des® Schr 



















Mofer. 


ftellers und Hiftorifers Otto M. in Leipzig 
geboren. Im Haufe der Eltern auferzo- 
gen, bejuchte er vom Jahre 1870 ab das 
Thomasgymnafium feiner Baterjtadt, wel: 
des er abjolvierte, um darauf an der Uni- 
verfität Leipzig philologischen Studien ob- 
zuliegen. Schon während feiner Gymna— 
fialzeit entwidelte fih in dem beanlagten 
Yüngling ein ungewöhnlicher Erkenntnis: 
drang, der ihn fait allen Wiffens-Gebieten, 
bejondersaber ausgebreitetenphilologiichen 
Studien zuführte. Auch die Mufif, die 
ſchönen Künjte, wie namentlich Malerei 
und Kunftgefchichte, zogen ihn an, und als 
er ferner mit der Stenogrophie befannt 
wurde, ergab er ſich aud) dieſer mit Eifer 
und Erfolg, fo daß fein Name in der ſte— 
nographilhen Welt befannt und geachtet 


415 





I 
| 


1 
| 


— 


Mothes. 


ebenſolche der engliſchen Malerei, ſowie ein Werk 
Das Schönheitsideal in der Kunſt verfaßt. M.'s 
neueftes Werk ift eine etymologiiche Grammatik 
des Hochruffiihen. Auf pbilologiihem Gebiet 
ift noch die Broihüre M.'s Volapük und Pafilingua, 
eine kritiſche Studie über die beiden namhafteſten 
Weltſpracheidiome, ſowie Die natürliche Entwides 
lung des Menſchengeiſtes im Lichte der Welt: 
rache, zu bemerken. 


R Mothes, Oskar, geboren am 27. Des 


die Redaktion des „Magazin für Lite: | 


ratur des Auslands“ eintretend, dem 
friftjtelleriichen Berufe zu. Als der Ne 
dafteur des „Magazins“, Dr. 5. Hirſch, 
im nächſten Jahre nad Berlin überfie- 
delte, veränderte auch M., jetzt verhei- 
ratet, feinen Mohnort und begab fich auf 
Veranlafjung des Gen. mit nad) Berlin, 


allein fein leidender Gejundheitszuftand | tor nieder, 


machte ihm die Rückkehr nad) Leipzig zur 
Pflicht. 

Nachdem er völlig geneſen war, nahm er feine 
Ihriftftelferiihe Thatigkeit wieder auf und ver: 
faßte mannigfache Artifel für Journale und Zeis 
tungen, und führte einen Gedanken aus, der ihn 
ſchon lange beichäftigt Hatte, die Ausarbeitung von 

ien einer Stenograpbie der Mufif, welche 
fliehen in den interefjierten Kreiſen machte. 
Bald darauf gab er einen Eſſay über Gefchichte 


| 








} 


der Stenographie heraus, dem ſich in der neueſten 


Zeit ein zweiter, größerer und von der Fachkritik 
ald vorzüglich bezeichneter über dasjelbe Thema 
anfhloß, welches indefien erft in gegenwärtiger 

von M. in der Bearbeitung einer umfaflenden 

| Geſchichte der Stenographie erihöpft 
den fol. Faſt zu nleicher Seit mit feinen 
Arbeiten begann M. Überfegungen aus der 

fi Siteratur zu veröffentlichen; jo Salty: 
8 Herren Golomwleff, Gogols Erzählungen, 


ne Tagebuch eines Zägers, Michailoffs 
te 9 ‚und Doftojewstys Schuld und Sühne. 
i ee Gebiet hat er eine illus 

n e der ſpaniſchen Malerei und eine 








jember 1828 zu Leipzig als der Sohn 
eines ſehr angejehenen Advokaten, erhielt 
eine treffliche, von Hauslehrern geleitete 
Erziehung, bezog 1843 die techniſche An— 
jtalt und die Kunftafademie zu Dresden, 
zeichnete fi dort aus und rüdte in das 
Ütelier des Profeſſors Gottfr. Semper 
vor. Nachdem er dann noch als Zimmer: 
(ehrling praktiſch fich beichäftigt, konnte 


iR Ex. wandte fi, im Jahre 1883 in er bereits 1847—48 den Totalumbau der 


Nüdigsdorfer Kirche in gotiihem Stil 
jelbftändig leiten. Ende 1848 trat er 
ins Militär, mußte aber — als Ar— 
tillerieleutnant — feinen Abſchied neh: 
men, eines Stehlfopfleidens wegen, und 
widmete ſich wieder feinem alten Beruf. 
Studien halber bereifte er Italien, Spas 
nien und Frankreich und ließ ſich 1852 
in Dresden, 1853 in Leipzig als Archi— 
1854 verheiratete er ſich 
mit Julie Wohlgeh aus Dresden. Zahl 
reihe Neubauten und Reſtaurierungen 
tragen feinen Namen und legen von M.’s 
Kunft Zeugnis ab, z.B. Schloß Wiefen- 
burg bei Brandenburg, Marienkirche in 
Zwidau, Schloß Huttenburg bei Meißen, 
engl. Kirchen zu Karlsbad und Leipzig, 
Matthäi⸗Kirche dafelbit, Schloß Schön: 
feld bei Greiz ꝛc. Von den verdienjt- 
vollen Schriften M's heben wir hervor: 

Geſchichte der Baukunſt und Bildhauerei Ve— 
nedigs (1856—58), für welches Werk dem Ver— 
faſſer viele Auszeichnungen zuteil wurden. Ferner: 
Illuſtr. deutſches Baulexikon (1858, 4. Aufl. 
1878), Illuſtr. archäologiſches Wörterbuch für 
bildende Kunſt des Mittelalters und deutſchen 
Altertums (in Gemeinſchaft mit Alex. Müller, 
1870— 72), Die Baſilikenform bei den Chriſten 


dereriten 5 Jabrh., zugl. Doktordiſſertat. in Yeipzig. 


1864, 2. Aufl. 1874). Yon 1872—78 war M, 


Redakteur der „SZeitichrift für praftiihe Baus 
kunſt“. Ferner: Technisches Wörterbuch (deutich, 


"Moos Rouski, Haxamdır, sau: Tr® 


Müller. 


franz. und engl., 1873— 76), Die Baukunſt Ita: 
liens im Mittelalter (1884), Das evang. Kirchen: 
gebäude (mit V. Schulte und Th. Prüf. 1886). 
Außerdem zahlreiche Beiträge in Zeitſchriften. 
Namentlich die Werke über Venedig und 


über die mittelalterliche Baufunft Staliens | 


find als Ergebnifje völlig jelbjtändiger tief 
eingehender Forſchung als geradezu epoche⸗ 
machend anerkannt worden. 


Müller, Adolf, wurde am 16. Ya: 
nuar 1821 zu Friedberg in der Wetterau 
als der Sohn eines Rektors geboren. Er 
befuchte das Gymnafium zu Darmitadt, 
nad) deilen Abfolvierung er die Univer: 
fität Gießen bezog, um Forſt- und Natur: 
wiffenfhaften zu ftudieren. Nach voll: 
endeten Studien durdjlief er alsdann alle 
Grade bis zum Oberförfter, als welcher 
er noch jetzt in Krofdorf bei Gießen lebt. 
Teils allein, teil$ mit feinem Bruder 
Karl veröffentlichte er eine Reihe von 
fehr verdienjtlihen zoologiihen Werfen. 
Daneben iſt er ein beliebter Mitarbeiter 
vieler Zeitichriften. Außerdem it M. 
aud als poetifcher und Bühnen-Schrift- 
fteller hervorgetreten. 

Hauptwerfe: Die Gebrüder Haas im Jahre 
1848 (PB. 1853). Die legten Tage von Pompeji 
(Op. 1855), Die Griesgrämigen (LZuftip. 1855), 
Alera (Nov. 1856), Das Reich der Finken (1866), 
Des Königs Wandlung (1866), Charakterzeich— 
nungen der deutichen Singvögel (1866), Woh— 
nungen in der Tierwelt (1866), Gefangenleben 
a Singvögel (1871), Die einheimischen 
Säugetiere und Vögel (1873), Unſere nützlichſten 
Säugetiere (1876), Tiere der Heimat (1882, 2. 
Auflage mit folorierten Bildern 1888), Doftor 
Fauſt's Ende (Trag. 1887). 


Müller, Albert, wurde geboren am 
14. September 1831 zu Ringelheim, be— 
fuchte von 1839 — 49 das Lyceum zu Han 
nover, wohin, jein Vater 1832 als Pre— 
diger zu St. Agidit berufen war, und jtu- 
dierte von 1849—53 zu Göttingen Phi: 
lologie. Nahdem er von 1853—56 am 
Johanneum in Lüneburg eine willenichaft: 
liche Hilfslehrerftelle bekleidet hatte, wurde 
er am Lyceum zu Hannover ordentlicher 
Gymnaſiallehrer, blieb an diefer Anitalt 
bis 1867 und wirkte darauf 3 Jahre als 


416 


Müller. 


Konreftor am Gymnafium zu Hameln. 
1870 wurde er Direktor des kgl. Gyms 
nafiums zu Ploen und fiedelte 1874 in 
gleiher Eigenihaft an das köngl. Gym⸗ 
naftum zu Flensburg über. 

Erichienen find von ihm, abgefehen von zahl: 
reichen Rezenfionen im „Philologiſchen Anzeiger“ 
und einigen Heineren Auffägen in Fachzeitſchrif⸗ 
ten, folgende Schriften: Die ſeeniſche Einrichtung 
in Nriftophanes’ Acharnern (1856), Sceniſche 





Tragen zu Euripides’ Alceſtis (1860), Das Cin- 
gulum militiae (1873), David Toflanus’ Leben 
und Wirken (1882). Ferner Jahresberichte über 
fcenifche Altertümer im Philologus, über römiſche 
Kriegsaltertümer daf., die Artikel: Feitungsfrieg 
und Gelhügmelen, ſowie Toga und Waffen (in 
Baumeifterd Dentmälern des Haffiihen Alters 
tums), im Philologus: Die Rangordnung und 
dad WUvancement der Centurionen, Ablommans 
dierte Genturionen, Sepulcralmonumente römiſcher 
Krieger; endlich Ariſtophanes' Acharner mit kri— 
tiihen und eregetiihen Anmerkungen (1863), 
Lehrbuch der griehiihen Bühnenaltertümer (als 
Teil des griehiihen Altertumswertes von K. F. 
Hermann, 1886) und Die Ausrüftung und Bes 
waffnung des römischen Heeres in der Kaijerzeit, 
als Erklärung einer Sammlung von 14 von Ernft 
du Bois nah den Angaben des Berfafjers ent+ 
mworfenen und gravierten Modellfiguren römifcher 
Krieger (1872). Als Schulbuch gab er heraus 
F. Blecke's Elementarbuch der lateiniſchen Sprache 
(8. Aufl. 1887). 


Müller, Alph., fiehe Alph. Levy. 


Miller, David Heinrich, geboren zu 
Buczacz am 6. Juli 1846 als der ältelte 
Sohn des Buchhändlers Albert M. Urs: 
Iprünglich bejtimmt, den Beruf des Bas 
ters zu wählen, entſchloß er ſich jpäter, 
die Gelehrtenlaufbahn zu betreten. Nah 
Abjolvierung des Gymnafiums bezog er 
die Univerfität Wien im Jahre 1869, wo 
er anfänglich germaniftiiche und hiſtoriſche 
Studien trieb, wendete fi aber bald dem 
Studium der orient. Spraden zu. Er be: 
ſuchte alsdann die Univerfitäten Leipzig, 
Straßburg und Berlin und habilitierte 
fih 1876 an der Wiener Univerfität für 
ſemitiſche Sprachen. Noch im felben Jahre 
befuchte er London, wo er im Britijh- 
Mufeum längere Zeit arbeitete, im nädjt- 
folgenden Konftantinopel, wo er in den 
Bibliotheken der Moſcheen verichiedene 


Mueller. 


—“ 


Handſchriften kopierte und kollationierte. 
Im Jahre 1880 wurde er zum außer— 
orbentl., im Jahre 1885 zum ord. Pro⸗ 
fefior defielben Faches ernannt. 

Seine Arbeiten bewegen fich hauptſächlich auf 
dem Gebiete der jem. Epigraphif und Spradfor: 
fhung, aud auf keilſchriftlichem Gebiet, er hat 
ſich aber aud) als Editor arab. Werke jehr ver: 
dient gemadt. Auf feine Anregung baben zwei 
öfterr. Forichungsreifende, Siegfr. Langer und 
Eduard Glafer, Forihungsreiien in Südarabien 
mit beitem Erfolg unternommen. Hauptwerfe: 
Südarabiihe Studien (1877), Bericht über die 
Ergebnifie einer Reife nach Konftantinopel (1878), 


417 


Müler. 


der klaſſiſchen Philologie zum Gegenftande feiner 
Studien gemadt. Endlich wurde er dur Stel- 
lung und Neigung veranlaßt, mehrere Hilfsbücher 
zu verfafien. Seinen Ruf in der gelehrten Welt 
begründete das längft vergriffene Wert de re 
metrica poetarum Latinorum (1861). Bon 
diefem erſchien 1878 ein Auszug. Im Jahre 1879 
publizierte er ruffiih, 1880 deutſch ein vorzügs 
lihes Handbuch der griehilhen und römischen 
Metrik, welches auch ins Franzöfiihe, Italieniſche 
und Holländifche übertragen ilt. Im Jahre 1885 
fam heraus die Schrift: Der faturnifche Vers und 
feine Denkmäler. Von feinen Tertausgaben find 
zu erwähnen: die Ausgaben des Phardrus (1867), 
Horaz (1869, 1879, 1885), der lateinischen Ele: 


Burgen und Schlöffer Südarabiens (1879—81), | giter (1870), des Rutilius Namatianus (1870); 
Sabaifhe Denkmäler (1883), Sabaifche Inichrif: | beionders hervorzuheben: die Bearbeitungen des 
ten (1883), Zur vergleichenden femitiihen Sprach: | Lucilius (1872), des Phaedrus mit metrifcher 
forfhung (1884), außerdem zahlreiche Aufläge in | Reftitution der nur in profaifcher Baraphrafe er- 
Fachzeitichriften, bei. in der „Zeitichrift der D. | haltenen Fabeln (1877), des Porfyrius Optatia- 
M.G.“ Ausgaben: Al Hamdäni’s Geographie |nus (1877), des Ennius (1885), der drama 
der arabiſchen Halbinfel nad der Hſſ. von Ber | tiichen Fragmente des Livius und Naevius (1885). 
lin, Konftantinopel, London, Paris und Straß: | Im Gebiet der Literaturgefchichte find bier zu er- 
burg, Asma'i’s kitäb al-fark, 1 Band der Ans | wähnen: die Biographien des Lucilius (1875), 
nalen des Tabari, außerdem Beiträge zu Gele: | Horaz (ruffiich, —9 erweitert in deutſcher 
nius hebr. Wörterbuch (10. Aufl.) Mitheraus- Sprache, 1880). des Ennius (1883). Die des 
geber der „Wiener Zeitſchrift für die Kunde des Horaz wird gegenwärtig in das Franzöſiſche, reſp. 
Morgenlandes“. Auf keilſchriftlichem Gebiete: Italieniſche übertragen. Noch verdient hier be— 
Die Inſchrift von Aſchrat-Darga. | fondere Erwähnung die Schrift de Phaedri et 


Aviani fabulis (1875), die der Gefchichte und Me- 

Mueller, Eduard Friedrich Hermann | tbodologie der Philologie dienenden Werte: Ge: 
Lucian, geb. in Merfeburg am 17. März Nihte der klaſſiſchen Philologie in den Nieder: 
836, befucht 1846—54 das I - | landen mit dem Anhang: Über die lateinifche 
18 ‚ beiudte von — as Ioa- Verſifikation der Niederländer (1867) und F. 
chimsthalſche Gymnaſium in Berlin, bil⸗ Ritſchl, Eine wiſſenſchaftliche Biographie (2. Aufi. 
dete ſich dann weiter auf den Univerſitä⸗ 1878). Unter den Hilfsbüchern verdient Erwäh— 
ten Berlin und Halle. In Berlin wirkten | "118: el . ag ee Aus: 
Böckh und Haupt, in Halle Bernharby | De PT sen nen, vorad; Terner, Das Dumma- 


‘ B e i rinm ÖOrthographiae et Prosodiae Latinae. 
vorzüglicy auf ihn ein. In Berlin pro | Außerdem hat 2. M. zahlreihe Aufläge und 














movierte er 1861. Zu Dftern 1862 ver: 
ließ er Deutichland und brachte 5 Jahre 
in Holland zu. Im Jahre 1867 habilis 
tierte er fih in Bonn. 
als ordentlicher Profeſſor der lateiniichen 
Sprade und Literatur an das im Jahre 
1867 gegründete hiftoriich = philologiiche 
Snftitut zu St. Petersburg berufen. In 
Anerkennung feiner hohen Berdienfte wurde 
M. zum kaiſ. ruffiihen W. Staatsrat er- 
nannt und ihm mehrere hohe Orden ver: 
lieben, 
Die wiſſenſchaftliche Thätigfeit M.'s ift haupt: 
ſächlich der antiten Metrif, der Grammatik und 
tif der lateiniſchen Autoren, endlich der 
römiſchen Literaturgeichichte gewidmet. Außer: 
dem hat er die Geichichte und Methodologie 


Das literariihe Deutſchland. 


1870 ward er 


Rezenfionen, zum Teil populären Inhalts, publi« 
ziert. Zur Stunde ift er mit der längit mit 
Spannung erwarteten Ausgabe des für vorflal: 
ſiſche Latinität äußerft wichtigen Grammatifers 
Nonius Marcellus beichäftigt. 


Müller, Ewald, geb. am 21. Januar 
‚1862 zu Drebfau bei Kottbus als der 
Sohn eines Nentners, erhielt dafelbit in 
‚der öffentl. Schule und feit 1871 durch 
den Privatunterricht des Ortsgeijtlichen 
feine Vorbildung für das Gymnafium zu 
' Kottbus, das er von 1874—77 beſuchte. 
‚Ertrat 1878 in die Präparandenanjtalt zu 
Alt-Döbern und ein Jahr jpäter in das 
‚dortige Lehrerſeminar ein, das er 1882 
abjolvierte. Seitdem wirkt er als Lehrer 
in Kottbus. 





27 


Müller, 


Bon ihm erfchien 184: Frühlingsblüten (Ged.), 
1887: Berhaltene Gluten (Ged.). 

Müller, Friedrich, wurde am5. März 
1834 in Jemnik (Böhmen) geboren, ftu: 
dbierte 1853 —57 an der Wiener Uni: 
verfität klaſſiſche Philologie und orienta- 
lifhe Spraden und wurde 1858 als Bi: 
bliothefar an der Univerfität zu Wien 
angeftellt, welche Stellung er mit einer 
gleihen an ber Hofbibliothef vertaufchte. 
Diefe gab er 1884 wegen geihmwädhter 
Sehfraft auf. 1860 habilitierte er ſich 
als Privatdozent für vergleihende Sprach⸗ 
wiflenfhaf und wurde 1866 zum außer: 
ordentl., 1869 zum ord. Profeſſor er: 
nonnt. Im felben Jahre ermwählte ihn 
die kaiſ. Akademie der Wifjenihaft zum 
Mitglied. 

Bon feinen, um die Spradforfhung hodjver: 
dienten felbft. Werten heben wir bevor: Der 
Iinguiftiihe und der ethnographiſche Teil der 
Reife der öfterr. Fregatte Novara (1867 und 
1868), Allgemeine Ethnographie (1873), Grund» 
riß der Sprachwiſſenſchaft (1876—88). 

Miller, Friedrih Mar, wurde am 
6. Dezember 1823 in Deſſau geboren. 
Schon frühzeitig zeigte der Knabe, der 
im 4. Lebensjahre feinen Vater, den Dichter 
Wilhelm Müller, verloren hatte, Spuren 
von Talent. Er bejuchte zuerft die Schule 
in Defiau, danach die Nikolaiſchule in 
Leipzig. Im Jahre 1841 bezog er bie 
Univerfität Leipzig und widmete ſich dort 
unter Hermann, Haupt und Brodhaus 
ber klaſſiſchen und vergleichenden Philo— 
logie, fowie bejonders dem Stubium der 
arabiſchen und hebräifchen Sprachen, und 
des Gansfrit. 1844 ließ der junge Ge: 
lehrte fein Erftlingswerf erfcheinen, Hitö- 
padesa, eine beutjche UÜberfegung aus 
dem Sanskrit einer altindiſchen Fabel- 
fammlung. Im felben Jahre überfiedelte 
Mar M. von Leipzig nad) Berlin; dort 
gehörte er bald zu den eifrigiten Schü: 
lern von Bopp, NRüdert, Alex von Hum: 
boldt, Schelling und Bödh. 1845 begab 
fih Di. zur weiteren Fortſetzung feiner 
Studien nah Paris. Dort bejudhte er 
die Vorlefungen von Eugene Burnouf, 


418 


— Müller. 

dem berühmteſten aller Sanskrit⸗Gelehr⸗ 
ten, der bald ſein wärmſter Freund und 
Beſchützer wurde. Burnouf war es, der 
zuerſt die beſondere Begabung Müllers 
für Sanskrit anerkannte und denſelben 
aufforderte, an ein Werk zu gehen, 
welches dann das magnum opus des 
deutſchen Gelehrten wurde. Um jene Zeit 
exiſtierte nämlich noch keine Geſammtaus— 
gabe bes Rig-Veda ſammt Kommentaren. 
Burnouf bewog Max Müller, fi der 
Aufgabe zu unterziehen, an welche fich 
bisher noch Fein Gelehrter herangemagt 
hatte. Es waren wohl einzelne Bruch— 
ftüde bes Rig-Veda erfchienen, allein 
nicht die Kommentare und nicht die Hym—⸗ 
nen felbft. Zwecks Manuffriptvergleihung 
und um Stoff für feine kritiſche Arbeit 
zu finden, ging M. nad) England, ftus 
dierte in den Archiven der Dftindifchen 
Kompagnie und in den Bibliotheken zu 
Orford, und erreichte die Herausgabe 
des „Rig-Veda“ endlich, durch die uner— 
mübdlichen Beftrebungen feines teilnehmen: 
den Freundes des Preußiſchen Geſandten 
Bunfen, bei der East India Company, 
die die Fonds für den Drud der Müller: 
Ihen Ausgabe der Heiligen Hymnen der 
Brahmanen und deren Kommentare bemilligte. 
Gerade 25 Jahre mwährte die Veröf— 
fentlihung des großen Werkes. Bald 
nad) dem Erfceinen des I. Bandes des 
„Rig-Veda“ (1849) folgte M. einem Ruf 
der Univerfität Orford, um daſelbſt Vor: 
lefungen über vergleihende Philologie zu 
halten, zuerft als Stellvertreter von Pro— 
feſſor Trithen, nad) defien Tode (1854) 
als ordentliher Profeſſor diefes Lehr: 
fahes. Im Jahre 1875, nad) 25jähriger 
Wirkſamkeit legte M. feine Profefforen- 
jtelle in Oxford nieder, da er beabſich— 
tigte, nad) Deutſchland zurüdzufehren, um 
ganz jeiner literariſchen Thätigfeit zu 
leben. Seine Abfiht kam jedoch nicht 
zur Ausführung. Die Univerfität Orford 
betraute ihn mit der Herausgabe der 
„Heiligen Bücher des Oſtens“ und Dar 
ıM. kehrte auf feinen Lehrftuhl zurüd und 


Müller. 


419 


Müller. 


fieft noch jegt auch in London über ver: | über Menſuralmuſik (1886); von allge Ar: 


leihende Philologie, über Sanskrit zc. 
8 Jahre 1872 hielt er eine Reihe von 
Vorleſungen an der Univerſität Straß- 
burg. Reiche Ehrenbezeugungen lohnten 
M. Er ift Mitglied faft aller gelehrter 
Körperichaften. Bon feinen zahlreichen 
felbftändigen Werfen, die feinen Namen 
zueinemder glänzenbiten in der Gelehrten: 
welt gemacht haben, find hervorzuheben: 
Die Herausgabe des Rig-Beba, Chips from a 
workshop, Die deutſchen Klaffiter vom 
2-19. Jahrhundert, Gefchichte der alten Sans: 
frit-Literatur, Baſedow, Deutiche Liebe (Erz. 7. 
Aufl.), Katalog des Buddhiftiichen Tripitaa. 


Müller, Hans Emil Felir, Sohn des 
rheinischen Dichters Wolfgang Müller von 
Königswinter, geboren 18. September 
1854 zu Köln a. Rh., beſuchte die Gym- 
nafien in Köln und Wiesbaden, wurde 
im Jahre 1873 von einem Zungenübel 
befallen, das ihn fait 3 Jahre hindurch 
zum Beſuch von Kurorten in der Schweiz 
und Stalien zwang. Bolljtändig wieder: 
bergejtellt, widmete er fi auf den Uni- 
verfitäten Leipzig und Bonn philofophifchen 
und kunſigeſchichtlichen Studien, promo- 
vierte in Leipzig „cum egregia laude“ 

Dr. phil. und veröffentlichte ver- 
Ühiebene biftorifche, kunſthiſtoriſche und 
poetijche BER Pick 8* g Fe 5 
Frankfurt a. M. nieder, verjah die Kunft- 
tritif in der „Frankfurter Preſſe“, gab 
eine Wochenfchrift für Städtewejen „Die 
Stadt” heraus und begann, ſich mit mu- 
ſilwiſſenſchaftlichen Studien, befonders des 
Mittelalters, zu befaſſen, zu deren gründ⸗ 
licher Behandlung er mehrfach größere 
Reifen dur Deutſchland, Italien, Frank⸗ 
reich, Belgien und die Schweiz unternahm. 
1885 war er eine Zeit lang an ber 
Großherzogl. Hof: und Landesbibliothef 
in Karlsruhe angeftellt und wurde im 

Jahre in die mufifalifche Abteilung 

Engl. ——— zu Bern berufen. 

a en, re Die Runtſo u 
tigen en ne Die Fr en 
v. s (1888), Hucbalds echte und unechte 
chriften über Muſit (1884), Eine Abhandlung 


beiten jeien u. a. erwähnt: Davos in geſchichtl. 
kulturgeſchichtl. und landſchaftl. Beziehung (1875), 
Betrachtungen über das Studium der Kunſtwiſſen⸗ 
haft (1878), Lieder in Luft und Leid (1873), 
Armins Tod (Dram. 1878), Der König fchläft 
(Zuftfp. 1887). M. fchreibt auch vielfach für Zeit. 
Schriften. —— befannt wurden feine Briefe 
über die Jubelfeier der afadem. Runftausftellung 
Berlin 1886 in der Münchener „Allgem. Zeis 
ung . 

Müller, Hermann Alerander, geboren 
14. Februar 1814 zu Bremen, befuchte 
feit 1827 die dortige Gelehrtenjchule. Um 
Philologie zu jtudieren, bezog er 1832 
die Univerfität Bonn, wo Welder, Näte, 
Heinrich, Chr. Aug. Brandis und A. W. 
Schlegel feine Lehrer wurden. Bon 1834 
an jegte er feine Studien in Berlin unter 
Boeckh, Raumer, Ranke, Steffens, Gabler, 
Micelet und Erbmann fort und begann, 
fih insbefondere dem Studium der an: 
tifen Kunft unter Ebd. Gerhard zu wid⸗ 
men. Um Fr. Thierſch zu hören, ging 
er 1836 nah Münden. Auf Grund 
feiner Differtation „Panathenaica” wurde 
er 1836 zum Doktor promoviert. Durch 
dieje Studien aud im Franzöfiichen und 
Engliihen gefördert, erhielt er 1837 die 
Stelle eines Lehrers der neueren Spra- 
hen in Rinteln. Auf Grund des noch 
in demjelben Jahre in Kafjel gemachten 
praftiichen Zehrereramens wurde er zum 
Hilfslehrer ernannt, 1838 an das Gym» 
nafium in Kaſſel verſetzt und 1839 zum 
ordentlichen Lehrer, jowie bald nachher 
zum Mitglied der Prüfungskommiſſion für 
die Lehrer an den Realtcjulen ernannt. 
1842 an das Oymnafium in Fulda vers 
jegt, befuchte er 1844 von dort aus Paris 
und folgte 1846 einem an ihm ergan- 
genen Rufe an die Hauptichule zu Bre— 
men. 1847 trat er dies Lehramt an und 
befleidete e8, vorzugsweile am Gymna⸗ 
fium thätig, bis 1879, da er auf fein 
Anfuchen in den Ruheſtand verjegt wurde. 
In Fulda jchrieb er 1842 eine franzöfiihe Gram⸗ 
matit für Gymnaſien (5. Aufl.) und ein franz. 
Lehrbuch für Gymnaſien; in Bremen: Beiträge 
zur franzöftihen Syntar (1849) eine Ausgabe 
von Delavignes „Louis XL.“ und „les Enfants 

27* 


Müller. 


d’Edouard“ mit franzöi. Kommentar (1844). 
Später wandte er ſich mehr dem Studium der 
bildenden Künſte zu, machte deshalb 1851 eine 
Reiſe nach Oberitalien, 1856 nad Dresden und 
Wien, 1857 über Paris und das Tüdliche Frank: 
reich nad) Rom umd Neapel, befuchte 1862 und 
1867 die Weltausftellungen in Yondon und in 
Paris, bereifte 1864 Belgien, und 1871 vorzugs: 
weile die Heineren ftunftreihen Städte Italiens. 
Die Früchte diefer und anderer Reifen in Deutſch— 
land waren einerjeits zahlreiche Artikel in deut: 
ichen Zeitichriften, insbej. in den „Dioskuren“, 
andererjeits eine „Karte der mittelalterlichen Kir: 
chengebäude Deutſchlands“ mit Tert (1856), fo» 
wie die Schrift: Der Dom zu Bremen und jeine 
Kunftdenfmale (1861), die Bearbeitung der übri- 
gen Kirchen Bremens im „Organe für chriftliche 
Kunſt“ und in den „Mitteilungen der öſterreich. 
Gentraltommilfion für die Baudenkmale“, ferner 
„Die Mufeen und Kunſtwerke Deutichlands“ (1857 
und 1858), Feine Abhandlungen über Bilder: 
bandichriften der Bremer Stadtbibliothef, Die 
Huinen des Kloſters Hude im Großherzogtum 
Didenburg (1867), das in Gemeinichaft mit Bau- 
rat DO. Mothes verfahte „Illuſtrierte Wörterbuch 


der Künfte des germaniichen Witertums, des | f 


Mittelalterd und der Nenaiffance” (1877 — 78), 
Biographiiches Künſtler⸗Lerilon der Gegenwart 
(1881), Lexikon der bildenden Künfte (1883) und 
zahlreihe Kunftartifel in Spamers und Meyers 
Konv.Lerifon, ſowie 1876 ein Gedenkbuch der 
freien Hanſeſtadt Bremen für das Pierteljahr: 
hundert 1851 — 75. 


Müller, Johannes, geboren den 13. 
Auguft 1846 zu Grimma, befuchte 1858 
bis 1864 die dortige fol. Landesſchule, 
an welder fein Vater als Brofeflor 
(ipäter Konrektor) wirkte, unter dem Ref: 
torate Eduard Wunder's. In Leipzig 
widmete er fich hierauf dem Studium der 
Theologie und Philoſophie unter befon= 
derer Anregung durch die Profefloren 
DDr. Luthardt, Deligih, Kahnis, Dro- 
biich, feines Ontels E. von Tifchendorf 
und des Paſtors zu Nikolai, Dr. Ahlfeld. 
Nachdem er dann mehrere Jahre als Haus: 
lehrer in den Familien des Grafen Schwe— 
rin in Wolfshagen (Udermarf) und des 
NittergutsbefigersR. Himburg in Schride: 
Rogätz (bei Magdeburg) und als Mit: 
glied des Predigerfollegs zu St. Pauli 
in Leipzig thätig geweſen war, berief ihn 


1871 das fol. ſächſ. Unterrichtsminiftes 


rium als Oberlehrer an das Schullehrer— 


420 


Müller. 


feminar zu Annaberg, und von da 1873 
als Oberlehrer an das Seminar zu Plauen 
i. Vogtl. 1878 wurde er vom kgl. Mi⸗ 
nifterium zum Mitglied der Kommilfion 
fürdie Wahlfähigfeits-Prüfung (der Volls⸗ 
Ichullehrer) am Seminar Plauen ernannt. 
1879 wählte ihn der Altertumsverein zu 
‚Plauen zu feinem Vorfigenden; 1882 
promovierte er auf rund feiner „Quellen- 
Ihriften und Geſchichte des deutſchſprach⸗ 
lihen Unterrichts” bei der Univerfität 
Leipzig in absentia zum Dr. phil. 1883 
‚wurde er in den Stabtgemeinderat 
Plauen gewählt. Von 1885—87 wi 
er als 1. Oberlehrer am Fürſtlich Schön- 
burgihen Seminar zu Waldenburg in 
Sachſen, wohin ihn auf Präfentation des 
ürften Otto Friedrich von Schönburg 
aldenburg das königl. Unterrichtsm 
niſterium berufen hatte. Im Jahre 1888 
olgte er einem Rufe als Direktor des 
landftänbifchen Seminars zu Baugen. 
In Plauen, beziehentl. Waldenburg, außer 
verjdiedenen Artikeln im Anzeiger für Kunde 
der deutichen Vorzeit, in Kehrs pädagog. Blättern 
für Zehrerbildung 2c., die folgenden verdienſtvollen 
Schriften verfaßt worden, worin zum Xeil bie 
Ergebniffe der jeit 1877 alljährlich unternommer 
nen Studienreifen nad) deutichen, 
und jchweizeriichen Bibliothefen und ——— ver⸗ 



















Methodik, 1882), Herzog Enſe des 
Spezial: und jonderbarer Bericht v. 1 
— n (1883), * und = 
Schulordn en un Iverträge Deut! 
und hieberländifcher * 1. und 2. 
1296— 1523 (1885—1886), Mitteilungen i 
Altertumsvereins zu Plauen (1880, 1882-85, 
1887). | 

Müller, Karl (Otfrid Mylius), wurde 
in Stuttgart am 8. Februar 1819 geboren. 
Er befuchte das Gymnaſium dajelbft und 
erlernte die Buchdruckerkunſt. Eifriges 
Selbjtudium in jeder freien Stunde er: 
möglichte es ihm endlich, an der Univer— 
‚fität Tübingen feine mühjam errungene 


— 


Müller, 


421 


Müller. 


Bildung durch humaniſtiſche Studien zu ſich M, mit Guftava Frige aus Bremen, 
vervolljtändigen. Zwei Jahre darauf über: | verlor jeine Gattin aber bereits nad) faum 
nahmerdie Redaktion der „Erheiterungen“, | zweijährigem Glück. Um fich zu zeritreuen, 
einer ſ. 3. jehr verbreiteten Zeitfchrift. Er | ging M. nun für längere Zeit nad) Bremen 


gehörte derjelben bis zum Jahre 1868 an 
und entwidelte in diefem langen Zeitraum 
eine ungemein fruchtbare fchriftitellerifche 
Thätigfeit,verfaßte Erzählungen, Novellen, 
Romane, die zunächſt in den Spalten feines 
Blattes unter verichiedenen Pſeudonymen 
ihren Weg indie Offentlichkeit und ein dank⸗ 
bares Publitum fanden. Seit dem Jahre 
1868 in der Redaktion der H. Schön: 
leinſchen Zeitichriften in Stuttgart thätig, 
übernahm er 1884 die Nedaftion des 
„Auslandes“. 

Des Lebens Wandlungen (Rom. 1854), Anfichten 
der Natur aus allen Neihen und Zonen (1856), 
Dunkle Wege (Erz. 1856), Vier finnige Erzählungen 
(1860), Gravenet (hift. Rom. 1861), Ausge: 
wählte Erzählungen (1863), Neue Pariſer My: 
fterien (Rom. 1864), Neue Londoner Myjfterien 
(Rom. 1865), Die weiße Frau (Rom. 1866), 
Die Irre von Eſchenau (Rom. 1868), Das Teita- 
ment von St. Helena (Rom. 1869— 74), Illu⸗ 
ftrierte Gefchichte des Krieges (1870-71), Aus: 
gewählte Novellen (1873), Der Menich dentt, 
Gott Ienft (Rom. 1874), Ein verlomer Sohn 


(Rom. ek Spbigenie (Nom. 1875), Für 
Frauenhand (Erz. und Nov. 1875), Jlluftrierte 


Geſchichte der Vereinigten Staaten (1877), Am 
i Grabe (1877), Am Hofe der nordiichen 

is (Rom. 1878), Die Indianer der nord» 

weſtl. Brairien (1881), Bienemanns Erben (Rom. 
1882), Roien und Dornen (Nov. 1882), Humbug 
1884), Die rote Gräfin (Rom. 1884), Amor im 
(Rom. 1885), Der Shafeipeare-Myihus 
(1885). und etwa 100 Bolfs- und Jugendichriften. 
"Müller, Otto, wurde am 1. Juni 
1816 zu Schotten in Oberhefien geboren. 
Er bejuchte die Gymnafien zu Büdingen 
und Darmitadt, ftudierte darauf Kameral⸗ 
w ah gab diejes Eur ie 
auf und nahm, zwanzigjährig, die Stelle 
eines Bibliothefars an der Sofbibfiothet 
in Darmftadt an. Im Jahre 1843 jchied 
er aus der ihm lieb gewordenen Stellung 
u ) übernahm die Redaktion eines. belle: 
teiftiichen Blattes, des „Frankfurter Kon- 
verjationsblattes“. Fünf Jahre ſpäter 
er in die Redaktion des „Mannheimer 
rnals“. Im Jahre 1850 verheiratete 















zu feinen Schwiegereltern. Erſt 1854 
nahm er feine journaliftiiche Thätigfeit 
wieder auf, und zwar als Redakteur. der 
von ihm mitbegründeten Zeitichrift „Frank 
furter Diufeum“, welche: Stellung er je 
doch 1856 niederlegte, um nad) Stuttgart 
überzufiedeln, wo er fich durch Verehe—⸗ 
lihung mit der Schweiter feiner verftor- 
benen Frau ein neues glüdliches Heim 
ſchuf. Dort lebt M. noch jept als einer 
unjerer fruchtbarften und angeſehenſten 
Romanſchriftſteller. Bon feinen eigens 
artigen, meifterhaft aufgebauten Werfen 
heben wir hervor: 

Marlom (2. Aufl, 1848), Petrus von Vinea 
(1846), Georg Volker (1851), Der Tannenihüg 
(4. Aufl. 1852), Charlotte Adermann (2. Aufl. 
1854), Der Stadtſchultheiß von Frankfurt (3. 
Aufl. 1855), Der Klofterhof (1859), Roderich 
(3. Aufl. 1860), Aus Petrarfas alten Tagen 
(1862), Edhoff und feine Schüler (1863), Die 
Liebe im Grabe (1865), Der Wildpfarrer (1866), 
Erzählungen (1868), Der Profeſſor von Heidel- 
berg (1870), Der Fall von Konftanz (1872), Der 
Majoratsherr (1875), Diadem und Maske (2, 
Aufl. 1875), Der Poftgraf (1876), Münchaufen 
im Vogeläberg (1876), Monifa (1877), Schatten 
auf Höhen (2. Aufl. 1881), Altar und Kerfer 
(1884). 

Müller, Wilhelm, wurde am 2. Der 
zember 1820 zu Giengen in Württem- 
berg geboren, widmete ſich ausgedehnten 
Studien, umfafjend Theologie, Philofophie 
und Philologie zu Tübingen, wirkte: als 
Lehrer in der Schweiz (Trogen) und als 
DOberlehrer in Weinsberg. 1863 wurde 
er Profeſſor am Tübinger Gumnafium 
und trat nach zwanzigjähriger Thätigfeit 
in den Ruheſtand. M. lieferte eine Reihe 
vorzüglicher Geſchichtswerke. Beſonders 
hervorzuheben: Leitfaden für den Unterricht in 
der Geſchichte (1860, 13. Aufl. 1885), Politiſche 
Geſchichte der Gegenwart (1867—86, 20 Boe.), 
Politiſche Geſchichte der neueren Zeit (1867, 3. 
Aufl. 1875), Iluſtrierte Gefchichte des deutfch- 
franz. Krieges (1871), Kaiſer Wilhelm (3. Aufl. 
1877), Graf Moltte (2. Aufl. 1880; ſiehe diefen), 
Fürft Bismard (2. Aufl. 1885), Deutihe Ges 


Müller. 


ſchichte (1880), Europätfche Gefchichte und Politik 
(1871—82), Hiftorifhe Frauen (2. Aufl. 1882); 
M. gab auch eine neue Bearbeitung von Beders 
Meltgeihichte heraus (1884—86). 


Miller, Wilibald, wurde im Dorfe 
Wildſchütz am 9. März 1845 geboren. 
Nah Abjolvierung der Dorfihule wurde 
M. in das Piariftenfollegium nad) Weiß- 
waſſer zur Abfolvierung der fogenannten 
vierten Klaſſe und dann mit einer jähr: 
lihen Unterftügung der Baronefie Anna 
Stillfried ans Gymnafium nad) Troppau 
geihidt. M. follte Theologie ftudieren. 
Da er fi aber nad) abfolvierter Oftava 
dagegen fträubte, kam e8 zwilchen ihm und 
feinen Wohlthäternzum Bruce. M. mußte 
nadjgeben und trat 1864 als Kandidat 
der Theologie ins Olmützer fürjterzbiichöf- 
liche Alumnat, das er jedoch mit Schluß 
des Schuljahres verließ, da es ihm un: 
möglich war, fid) mit der fatholifchen Dog⸗ 
matif auseinanderzufegen. Er bejog 1865 
die Univerfität in Wien, wo er fih an 
der philofophiihen Fakultät injfribieren 
ließ, jedoch neben Aihbadh, Zimmermann 
und Kner auch die berühmten Mediziner 
Hyrtl und Brüde hörte. Später begab 
er fi) nad) Prag, wo er die Vorlefungen 
der Profeſſoren Gindely, Höfler und Vie 
befuchte, gleichzeitig aber auch als Hof: 
meifter im Haufe des Generals der Ka— 
vallerie Baron Koller fungierte. Nachdem 
M. noch mehrere Jahre als Lehrer und 
Hofmeifter in Verwendung geftanden hatte, 
in erfterer Eigenſchaft auch längere Zeit 
im Haufe der Erzherzogin Maria The 
refia, begab er fi 1871 nad Konftan- 
tinopel und weilte dort zwei Jahre als 
Hauslehrer. Da er innerhalb diejer Zeit 
vielfach) als Journalift und Korreipondent 
von Wiener Blättern thätig war, fo kehrte 
er 1873 mit der Abfiht nad Wien zus 
rück, fid) gänzlich der Journaliſtik zu wid— 
men. Da aber mit Rückſicht auf die Er- 
eignifje des Jahres 1873 an ein Unter: 
fommen als Journalift in Wien jo leicht 
nicht zu denfen war, nahm M. einen Ruf 
als Redakteur der „Neuen Zeit” nad) DI- 


422 


Müller-Buttenbrunn. 


müß an. 1879 wurde er zum Sfriptor 
der Olmützer Stubdienbibliothef ernannt. 
Von M.’s verdienftvollen Schriften heben 


wir hervor: Das romantifhe Mähren. Eine 
Sammlung vaterländiiher Sagenftoffe (1882), 
Geihichte der königl. Hauptitadt Olmütz (1882), 
Joſef v. Sonnenfels. Biographiſche Studie zur Ges 
ſchichte der Aufklärung in Ofterreich (1882), Ger« 
hard van Smwieten. Biographiſcher Beitrag zur 
Geſchichte der Aufklärung in Ofterreich (1883), Füb- 
rer durch die maſchl. Sudeten (1885), Führer an 
der m.:{chl. Zentralbahn (1885). 


Müller -Guttenbrunn, Adam, 
wurde am 22. Dftober 1852 in Gutten- 
brunn im Temeſcher Banat geboren. Er 
befuchte die Volksſchule und das Piariften- 
Gymnafium in Temesvar und vollendete 
feine Studien in Hermannftadt (Sieben- 
bürgen) und Wien, wo er 1874 in Staats- 
dienfte trat. Er lebte als Beamter von 
1874 bis Ende 1879 in Linz (Ober: 
öfterreich), und feit 1880 ift er in Wien 
jeßhaft, wo er ſeit einem Jahre die Stel- 
lung eines Feuilleton-Redafteurs und 
Theater-Kritifers an der „Deutichen Zei- 
tung“ befleidet. 
M.G. ift literarifch thätig ald Dramatiker und 
Novellift, er jchrieb den vorzüglich beurteilten Ro» 
man: Frau Dornröschen (2. Aufl. 1887) und 
wirkt in erfolgreicher Weife als Publiziſt. Sein 
tes Drama erfchien unter dem Titel: G 
Judith (1877), fein zweites: Im Banne der 
Pfliht (1879). Diefelben gelangten zur Au 
rung, erregten aber fein beſonderes Intereſſe. 
Erſt die dritte dramatiihe Arbeit M.-G.'3: Des 
ambault Ende (1880) machte ben 
ichrieb ein ð dem A —— —— 
rieb ein Vorwort zu dem Au 
Werke und ſchenkte dem Verfaſſer desſelben dau⸗ 
ernd ſeine Freundſchaft. Dieſelbe erwies in 
mannigfacher Weiſe fruchtbar, und die letzte dra 
matiſche Arbeit H. Laube's, das Luſtſpiel —— 
ſpielerei“, das 1883 im Burgtheater zur Auffül 
rung gelangte, ift eine Kompagni bie er 
mit M.G. ſchrieb. Die Novellen M.’s find 
bisher nicht gefammelt erſchienen und fein Schaus 
—— —* *4 Linz zum > 
aufgeführt wurde, hat fich vermöge feines ſta 
realiftiihen Inhaltes auf den deulſchen 3 
nicht Bahn brechen fönnen. Die weileſte 
breitung aber haben neben vielen en 
und novelliftiichen, zwei Fleinere ften db 
Verfaſſers gefunden: „Wien war eine Theater 
ftadt” (4. Auflage) und „Die Lektüre des Bolles 
(8. Auflage). M.G. hat 1875 im Verein mi 


Haufes Fou 
jungen Schriftiteller befannt. 





Müller-Balm. 


einigen freunden in Wien das literarifche Unter: 
nehmen „Gegen den Strom“ begründet und das— 
felbe verdankt vornehmlich feinen beiden Schriften 
feine Lebenskraft. „Wien war eine Theaterftadt” 
ift faft ein —— Wort geworden, und die 
Streitſchrift des Verfaſſers, die in poſitiven Bors 
ſchlägen gipfelte, ift der Ausgangspunft einer Be: 
mwegung geworden, die jet bei der Schaffung eines 
deutſchen Volkstheaters in Wienangelangtift. Noch 
ftärfer bat feine Schrift über „Die Lektüre des 
Volkes" gewirkt. Diejelbe ſetzte die öfterreichifche 
Regierung und das Parlament in Bewegung, 
und das Wort, das der PVerfaffer ausgab: Bes 
fümpfung der Schund: und Schandliteratur durch 
Befeitigung des Prämienwuchers, ift in Öfterreich 
volftändig zum Siege gelangt. Auch auf dem 
Gebiet der Jugendleltüre wußte M.:G. fi Ein» 
fluß zu verfchaffen. Zahlreich find die Auffäge, 
die M.G. über feine Heimat, das Banat ver: 
öffentlichte, und in welcher er Aulturbilder aus 
diefer großen deutſchen Anfiedelung in Ungarn 
entrollte. 


die Anregung zu einem eigenen Geſetze (über die 
Deinzehnt:-Ablöfung) in Ungarn im Gefolge hatten. 
Der Deutfche Schulverein in Wien betraute M.G. 
in jüngfter Zeit mit der Redaktion feines Kalen— 
ders, wodurd ihm ein neuer Wirfungäfreis er: 
ſchloſſen wurde. 


Miller: Balım, Adolf (Ad. Palm), 
geboren 10. März 18340 zu Stuttgart. 
Sein Vater begründete 1843 das feitdem 
in Württemberg zu größter Verbreitung 
gelangte „Neue Tagblatt”, in welchem 
P.'s erſte Gedichte ꝛc. erfchienen, als er 
noch das Gymnafium beſuchte. Auf ſei— 
nes Vaters Wunſch eine Zeit lang bie 
faufmännifche Laufbahn verfolgend und 
in einer Dampfbootrhederei zu Amjterdam 
als Korreipondent thätig, in welcher 
Stellung er auch ausgedehnte Seereijen 
machte, ergriff er nad erreichter Voll: 
jährigfeit jenen Beruf, den er von An 
fang an gerne ermwählt hätte: er widmete ſich 
am Stuttgarter Polytechnikum, das durch 
Lübkes und Viſchers Berufung gerade 
damals zu voller Blüte heranwuchs, kunſt⸗ 
und literargeihichtlihen Studien und be: 
gann feine eriten größeren Erzählungen 
r veröffentlichen. Seit 1866 mufifali- 
der und dramaturgiicher Kritiker, ſam— 
melte er das Material zu feinem Buche, 
das eine Geſchichte des Stuttgarter Hof- 


423 


Die erften Aufſätze über Magyarijche 
Wirtihaft im Banat (1882) wirkten fo, daß fie 


— Mündberg. 

theaters enthält und 1883 unter dem 
Titel Briefe aus der Bretterwelt erfchien. Die 
Aufnahme dejjelben feitens der Preſſe und 
des Publikums war eine vorzügliche. 
Von P.'s Erzählungen wurde die erite 
Der Fund im Biscayer Golf (unter dem Sam⸗ 
meltitel „Im Labyrinth der Seele“) durd) 
Alfred Meißner in die Offentlichkeit ein- 
geführt. Auf diefe Arbeit Hin berief 
Herrmann Schönlein ihn zum Chefre- 
dafteur feiner illuftrierten Journale, welche 
Stellung PB. 1870— 74 bekleidete. Später 
widmete er ſich hauptſächlich der Redak— 
tion des eigenen „Neuen Tagblatts“. 
Seine Erzählungen, unter denen noch 
Maler und Diplomat, Gold und Eifen, Luzi 
durch Inhalt und Form fid) auszeichnen, 
find zum Teil in fremde Sprachen über: 
tragen worden. P. iſt Ehrenprofejjor in 
Stalien. 


Münchberg, Fr. v., f. Frz. Bonn. 


Mummenthey, Karl Wilhelm Ju- 
lius, Sohn eines fönigl. Baumeijters, 
wurde am 15. Januar 1841 zu Königs» 
hütte bei LZauterberg a. Harz geboren; 
beitand Dftern 1861 als Schüler des 
Lyceums zu Hannover das Abiturienten- 
eramen und Djtern 1867 vor der kgl. 
preußiſchen wiſſenſchaftlichen Prüfungs: 
kommiſſion zu Göttingen das Examen 
pro facultate docendi, nachdem er auf 
der polytechniſchen Schule zu Hannover 
und der Univerſität Göttingen Mathema— 
tif, Phyſik und neuere Spraden ſtudiert 
und zu feiner weiteren Ausbildung einen 
längeren Aufenthalt in Frankreich ge— 
nommen hatte. Von Oſtern 1867 bis 
Michaelis deilelben Jahres war er am 
Gymnaſium zu Norbhaufen befchäftigt, 
von dort wurde er nad) Schulpforta bes 
rufen, 1869 folgte er einem Rufe nad) 
Schwerin i. M. und übernahm Midjaelis 
1871 die Leitung der damals neu zu 
gründenden höheren Bürgerſchule, jegigen 
Realprogymnafiums zu Altena a. d. Lenne, 
welcher Anjtalt er noch gegenwärtig als 
Rektor vorjteht. 


Munder. 


1875 wurde von ihm ber „Verein für Orts: 
und Deimat-Hunde im Süderlande” ind Leben 
gerufen und 1879 auf feine Anregung das 
„Süderländiihe Mufeum” in Altena erbaut. Er 
ift Herausgeber der „Jahrbücher des Vereins für 
Orts: und Heimat-Kunde im Süderlande”, von 
denen bis jetzt die eriten beiden Jahrgänge 
(1882, 1884) erſchienen find. 


Munder, Franz. Ich bin am 4. 
Dezember 1855 zu Bayreuth geboren, 
bejuchte dort Volksihule und Gymnaſium 
und jtudierte feit 1873 in München Li— 
teraturgeihichte. 1877 promovierte ich, 
1879 habilitierte ih mid an der Uni 
verfität München für neuere Literatur: 
geihichte (vorwiegend deutiche). Auf einer 
willenichaftl. Neife 1879 durch Nord: 
deutichland und Dänemark, 1880 durch 
die Schweiz, jammelte id) das Material 
zu meinen Arbeiten über Klopftod und 
über Leſſing (eine Reiſe nad) Berlin 
1885 ergänzte das leßtere), Meine her: 
vorragenditen Univerfitätslehrer waren 
Konrad Hofmann und Michael Bernays, 
außerdem die Münchener Elaifiihen Phi— 
lologen. Meine jelbitändig erjchienenen 
Schriften: Über zwei kleinere deutiche Schriften 
Aventins (1879), Leſſings perfönliches und lite: 
rariiches Verhältnis zu Alopftod (1880), Ausgabe 
der. Meinen deutih. Schriften Aventins (1880), 
Ausg. des altfranzöfiichen Nitterg. Joufrois (mit 
Konr. Hofmann, 1850), J. W. Schäfer, Geichichte 
der deutich. Literatur im 18. Jahrhundert (2. Aufl. 
1581), Skizze einer Biographie Yavaters (18853), 
Leſſinas ſämtliche Schriften von Lachmann (3. 
Aufl. 1886), Leſſings ausgew, Schriften (1886), 
F. G. Klopitod, Geſchichte feines Lebens und ſei— 
ner Schriften (1888). Daran ſoll ſich eine kri— 
tiſch-hiſtor. Ausgabe der Oden Klopitods ſchließen. 
Außerdem Feuilletons und wiſſenſchaftliche Auf— 
ſätze für verſchiedene Zeitſchriften und Sammel: 
werke, beſ. für die Allg. dtſch. Biographie, für 
die Allg. Itg., für Wiener Blätter und für Mo— 


natsichriften, jowie Einleitungen zu Ausgaben der | 


Schriften Klopjtods, Wielands und 9. v. Nleifts. 


Mund, Hugo, wurde am 7. Juli 1842 


in Braunschweig geboren, hat dajelbjt die 


424 


Murau. 


tüchtigen Lehrern praftifch und theoretifch 
‚die Tonkunft, zuerft in Braunfchmweig, 
nachher in Hannover und ernährte fich be= 
reits während feiner Studienzeit als Kla— 
vierftimmer, Lehrer und Geſangvereins— 
‚Dirigent, war aud) bis 1866 Günſtling 
‚des blinden und mufifliebenden Königs 
Georg V. von Hannover. 1866 war M. 
Chor: und Mufifdireftoram Stadt-Theater 
in Leipzig, von 1867—71 lebte er teils 
‚in feiter Stellung, teils privatim als Die 
rigent und Lehrer in Rußland. (Sara— 
tow, Betersburg). 1871 wieder nad 
Deutichland zurückgekehrt, verlebte M. ein 
halbes Jahr iu Berlin, um die dortigen 
Kunſt- und Mufifverhältniffe fennen zu 
lernen, ließ fich jedody Ende 1871 wieder 
dauernd in Hannover nieder, dort als 
Mufikichriftiteller, Dirigent und Lehrer 
ı wirfend. 

Außer mehreren Liedern und Orchefterfompo- 
fitionen erihien von M. Muſikaliſches Künſtler— 
brevier (1878), Ein Beitrag zum Gefangunters 
richt (1880), ferner unterhaltende und belehrende 
Artikel in der Zeitichrift für den Fortſchritt in 
der Mufit „Die Tontunit“. 1885 wurde M. in 
Anertennung feiner mufifaliichsliterariichen Thä⸗ 
tigkeit von einer unter dem Minifter des öffent 
lichen Unterrichtö ftehenden italieniſchen Hochſchule 
'zum Professore onorario ernannt. 





I 





M uran, Karoline, wurde am 1.März 
1861 in Wien geboren und genoß eine treff- 
‚liche Erziehung im Haufe ihrer Eltern. 
Nach Vollendung ihrer Ausbildung juchte fie 
‚ihren geiftigen Blid durd vielfache und 
weite Reiſen, beionders nad Spanien (mo 
fie aud) jeßt, 1887, wiederum weilt, nach— 
dem fie ſeit 1855 England und Frank: 
reich durchfreuzte) zu erweitern. Sie it 
lyriſche Mitarbeiterin vieler Zeitichriften. 
1382 erichien ein Band ihrer gelammelten 
anmutigen Poeſien unter dem Titel: Aus 
Oſterreichs Herzen. 


Muſchi, Jean Bernard, wurde am 





Echule bejucht und ſich als mufifaliich be: 17. Januar 1847 in München geboren, 
anlagter Knabe auf Anraten des Dome | befuchte das Gymnaſium zu Alchaffenburg 
organiiten Sonnemann und des Lieder: und das zu Würzburg, wohin jein Vater, 
fomponijten Franz Abt jpäter der Muſik vormals Hofſekretär des Königs Otto von 
gewidmet. 1857—63 ſtudierte M. bei | Griechenland, als Oberzollinſpektor bes 


Muſtafa⸗Bey. 


rufen worden. Nach Abſolvierung der Schul: 
ſtudien betrat M. bereits den literariſchen Plan 
mit einigen Zeitungsfeuilletons und einem Bänd⸗ | 
chen „Gedichte“, eine Jugendfünde, die vergeflen 
und vergeben ift auf Grund feiner fpäteren Lei— 
ftungen. Inzwiſchen bezog M. die Univer- 
fität, hörte Urlichs, Zerer, Dahn, Umpfen— 
bad) zu Würzburg; gleichzeitig diente er 
den Muſen mittels einiger Novellen und 
des Romans Keine Rofe ohne Dornen. Dann 
fam der Krieg von 1870, und M. zog 
mit hinaus gegen Frankreich. Heimgefehrt, 
wandte er fi) dem Studium wieder zu, 
diesmal aber dem der Geichichte und Li— 
teraturgeichichte, da die Juriſterei ihm 
nicht behagte. Prof. Wegele, Lerer, Edm. 
Behringer u. a. übten nun befonderen 
Einfluß auf die Geiftesrihtung M.s. 
Inzwiſchen dichtete M. das Epos „Afidore von | 
Lohma“ (1874), das ihn weiteren Kreiſen befannt 
machte und 1886 die 4. Aufl. erlebte. Mitten 
im freudigften Schaffen verlor M. feine 
junge, eben erft heimgeführte Gattin, und 
die tiefe Trauer um fein geihmwundenes 
Glück verwiſchte auf Jahre hinaus alle 
ichriftjtelleriichen Pläne des Vereinjfamten. | 
In glücklicher zweiter Ehe (1876) fehrte | 
ihm auch die Echaffensrreudigfeit Aal 
Er gab zunächſt die Anthologie für die Jugend „Die 
deutichen Klaffiter in der Schule” und die treffliche 
Sammlung aus mittelalterlihen. Dichtern „Aus 
alter Zeit” heraus; bald darauf erſchien fein Epos 
„Zwei Herzen und ein Schlag”, eine Art von 
Umbdichtung des herrlichen „Engelhard“ von Kon: 
rad von Würzburg, feine glüdliche Idee M.’s, 
deshalb auch wohl in weiteren, bereits gefaßten 
Plänen aufgegeben. Im Jahre 1880 ging 
M. nach Bregenz, wo er Robert Byr und 
Alfred Meißner fennen lernte. Hier ents 
ftand M.'s vorzüglich beurteilte Dichtung „Mag: 
nus“. Mon Bregenz fiedelte Di. nach den 
Ufern des Rheins über. 1882 ließ M. fich 
dann in Deflau nieder, wo er nod) jet 
lebt, auch journaliftisch thätig und zwar 
als Redakteur des Anhaltiihen „Staats: 
anzeigers“. Aus feinerdortigen ſchriftſtelleriſchen 
Thätigfeit feien noch erwähnt: Lieben und Leben 
(Nov.), Erzählungen im Anb.-Defi. Kalender und 
Mein Anhalt. Sämtlichjehrbeifällig aufgenommen. 


Muſtafa-Bey, fiche Gerh. Nohlfs. | 
Mylius, O., ſiehe K. Müller. 





425 


Naaff. 


N. 


Naaff, Anton Auguſt, wurde am 28. 
November 1850 zu Weitentrebitſch bei 
Saaz geboren. Er entitammt einem als 
ten ferndeutihen Bürgers und Bauern- 
geichlechte, das ſeit 400 Jahren bereits 
im Saazer Land jeßhaft und mwohlange: 
jehen war. N. bejuchte zuerft das Saazer 
Gymnafium, darauf die Ciſterzienſer— 
Schule in Komotau. Entgegen jeiner Neis 
gung, Anlage und der Wohlmeinung feines 
von ihm jehr geſchätzten Klafjenlehrers 
folgend, wandte er ſich der juridifchen 
Laufbahn zu und gab jo feinen Wunſch, 


ſich den hiſtoriſch-philoſophiſchen Studien 


zu widmen, auf. An der Wiener Uni— 
verfität begann er 1871 feine Berufs: 
tudien als Juriſt. 1873 bezog er die 
Univerfität Prag, erledigte dort feine 
juriftifhen Studien mit dem Entichluffe, 
nad Ablegung der legten Prüfungen in 


die Geridtspraris einzutreten, als ihn 


der Ausbruch einer jchleichenden Krank— 
heit, zumeiſt in Folge geiltiger Überans 
ftrengung aufs Kranfenlager warf, wo 
er nahezu ein volles Jahr unter quälen- 
den Leiden hoffnungslos daniederlag. Nur 
der aufopfernditen ſorgſamſten Pflege im 
Haufe jeines Großvaters zu MWillonig 
dankte er fein Leben. Von MWillonig aus 


‚übernahm er die Redaktion des Jahr: 


buches „Egerbote” mit dem belletriftiichen 
Volksbuche „Comotovia”. Mit Freude er: 
griff er die Gelegenheit,- publiziitiich für ſeinen 
engeren Deimatöfreis zu wirken; er überjiedelte 
nah Komotau, wo er in fünf Nahrgängen der 
„Comotovia” (1875— 79), außer zahlreichen Ges 
dichten, viele hiſtoriſche Arbeiten, wie Geichichte 
der Stadt und des Herzogtums Saas, Ur-Geſchichte 
der Städte Brür, Karlsbad und Franzensbad, 
ſowie viele biographiiche Arbeiten ericheinen lieh, 
welche leßteren er mit feltener Dingebung und 
Wärme für die Sache ſchrieb. In die Zeit feines 
Aufenthaltes in Komotau fällt auch die Heraus— 
gabe und Redaktion der „Yiebesgaben” (1877), 
eines Voeſien- und Novellenalbums, das er im 
Verein mit Anderen zum Beſten der notleidenden 
Grigebirgbewohner ericheinen lied. Mon fo: 


motau ging N. nad) Prag, wohin er zur 
Nedaktion des „Prager Tagblattes“ be= 


Nadler. 


426 


Nagl. 


rufen wurde; allein Gefundheitsrüdiichten | mählte fi N. mit der rühmlichit befannten 
zwangen ihn, bald darauf nad) Töplig | Prager Sängerin Friederifa Leitner, bes 


überzufiedeln. 


1881 verließ er Zöplig, |reifte Italien und betrat nad) länges 


wo er eine fruchtbare fchriftftelleriiche | rer Zeit wieder die Bühne (Königsberg 


Thätigfeit entwicelt hatte, begab fi zu: |a. O 


Im Jahre 1884/85 hatte N, 


erft nad) Wien, und von da für längere |die Stellung eines Beamten ber E. £ 


Zeit auf Reifen. 
Monate in der Echweiz und in Italien 
gelebt hatte, kehrte er nad) Wien zurüd, 
um fich bleibend dort niederzulaffen. Auf 
einem einfachen Landfig in unmittelbarer 
Nähe der Etadt lebt er ftill jeiner Muſe. 
Seit 1881 ift N. Herauägeber und 2eiter der 
im 11. Jahrgange ftehenden literariſch-muſikali— 
Shen Zeitichrift „Die Lyra”, welche unter jeiner 
Leitung neugeftaltet, einen großen Aufſchwung ge: 
nommen hat. Dem liebenswürdigen, * 
Talent R.’3 mit feinem vollstümlichen Anhauche 
danken wir einen Band Gedichte unter dem 
Titel „Bon ftiller Inſel“ (1882), die ſich durch 
befondere Sangbarkeit auszeichnen und vielfach 
in Muſik gefett, weite Verbreitung fanden, wie 
„Es raufcht ein ftolger Strom zum Meer” u. A. 
Außerdem find an jelbft. Werten hervorzuheben: 
Die Dur-Tepliger Gruben: und Quellen-fata: 
ftrophe (mit Karten und Plänen), Eine Freizunft 
der Neuzeit (1880), Deutſche Volksgeſchichten aus 
Difterreich (1884), Das deutſche Volkslied in 
Böhmen (1888), Neue Gedichte (1888). 


Nadler, Guſtav Adolf, wurde am 
22. März 1834 zu Czernowitz in der 
Bukowina geboren. Er widmete fid) feit 
1853 dem Studium der Medizin und 
Philofophie an der Univerfität Wien, 
mußte aber, $amilienverhältnifje halber, 
diefe Laufbahn aufgeben und wurde 1855 
Techniker. 1859 führte ihn ein innerer 
Drang der Bühne zu, er wurde Schau— 
fpieler. Es erſchloſſen fich ihm neue Stu— 
dienquellen, an denen er zum dramatis 
ſchen Schriftiteller reifte. In weiten Kreis 
fen wurde er 1871 von Prag aus be- 
fannt durch fein hiſtoriſches Schaufpiel 
Ein Geheimnis unter Jofef IT., welches Stüd 
unter dem Minifterium Hohenwart ver: 
boten wurde, nachdem es von demjelben 
Staatsmanne, als Statthalter in Lienz, 
die Erlaubnis zur Aufführung erhalten 
hatte. In Deutichland ging das Schau: 
jpiel unter dem Titel Ein Opfer der Jefuiten 
über viele beſſere Bühnen. 1872 ver: 


Nahdem er mehrere | Boftiparkafje in Wien inne und war gleich» 


zeitig Chefredakteur der „Ofterr. Illuftr. 
Familienblätter”. 1886 reilte er als 
Rezitator, namentlich) der ſiebenbürgiſch⸗ 
deutjchen Dichter (M. Albert, Flanderer, 
am Alt und Hartened). Am 27. No- 
vember 1886 feierte N. fein 25jährige 
Schaujpieler-Jubiläum, wobei ihm 
ehrenvolle Aufmerkſamkeiten zuteil wur⸗ 
den, zumal aus feinem Heimatlande, deſſen 
erfter deutſcher Schauipieler und dra- 
matifcher Schriftiteller er ift. Von jeir 
nen, teils in Drud erfchienenen, teils als 
Manuffript gedrudten, zur Aufführung 
gelangten Dichtungen, find folgende her⸗ 
vorzuheben: r 
Der Grobian (Auftip.), Im Boubdoir der Pom⸗ 
pabour (Luftip.), Beethoven in der ma 
a Sr ee u 
eimnis unte € „(8 J 
Ehr' und Wehr Echauſp.), —2 
(Luftip.). N.s Verdienſt iſt es, daß er (I 
in feiner Heimat als Schauſpieler wirkend, 
erſte Herausgabe der „Buchenblätter“ (eine Samm⸗ 
lung einheimiſcher Poeſien) anregte und zur Ver⸗ 
wirklihung nad) beten Kräften mithalf. ie 


Nagl, Hans Willibald, wurde am 11. 
Mai 1856 in Natſchbach bei Neunkirchen, 
Niederöfterreih, auf dem Kleinen Land 
gute feiner Eltern geboren und zeig ‚früh 
zeitig eine große Neigung zum geiftlicher 
Stande. Er abfolvierte das Gymnafium 
in Wiener Neuftadt und trat hierauf in da 
altehrwürdige Benediktinerftift zu Der 
Schotten in Wien, von wo aus er ſi 
dem Studium der Theologie und der orien⸗ 
lichen Spraden an der Wiener Univer- 
fität hingab. Innere Widerſprüche zwan: 
gen ihn jedoch, nad) 4 Jahren die geift- 
liche Laufbahn aufzugeben, worauf er ih 
dem Studium der Germaniftif an der 
nämlichen Univerfität, unter bejonderer 
Berüdfichtigung der bayriſch⸗vſter 

















Natorp. 


ſchen Dialektforfhung, widmete. In bie 
germaniftiihen Studien hinein fiel ein an- 
jtrengender Militärdienit bei mehreren Ka- 
vallerie-Regimentern, was feine Anſchau⸗ 
ungen und Erfahrungen nad) einer ganz 
neuen Seite bin bereidherte. Er erwarb 
fih die Offiziersharge und 1886 an der 
philoſophiſchen Fakultät in Wien den Dok⸗ 
torhut, nachdem er mittlerweile noch einige 
Zeit als Erzieher im Haufe des Fürften 
Carlos Auersperg in Prag gelebt Hatte. 

Bielfeitige Lebenserfahrungen unter den ver: 
ſchiedenſten Ständen — Bauern, Bürgern, Geijt: 
lihen, Soldaten, Gelehrten und Arijtofraten — 
drängten ihn auf die Bahn fozialer Betrachtun: 
gen, und namentlich ift es der Bauernftand, der 
ihm am Herzen liegt. Auch in jeinen jprad) 
wiſſenſchaftlichen Arbeiten zeigt jich der Beobachter 
bäuerlicher Berhältniffe und Anſchauungen. N.'s 
jelbftändig erichienene, günftig aufgenommene 
Schriften find folgende: Lehrer, Bauernabende 
und Boltsftudien (1883), Die Konjugation im 
niederöjterr. Dialelt (1883), Die Deklination des 
Subjtantivs im niederöfterr. Dialekt (1884), Pä- 
bagogiiche Bedeutung der Wirtäftube im Bauern: 
leben (1886), Über den gegenwärtigen Stand der 
bayrifh:öfterreihiihen Dialektforſchung (1886), 
Roanad, I. Teil, Grammatiſche Analyje des nie: 
——— Dialektes (1886), Der Fuchs Roaner 

). 


Natorp, Paul Gerhard, geboren zu 
Düfjeldorf 24. Januar 1854, abfolvierte 
daſelbſt das Gymnafium, ftudierte (1871 
bis 1876) an den Univerfitäten Berlin, 
Bonn und Straßburg hauptſächlich Phi- 
lologie, wandte ſich in der legten Zeit 
feines akademiſchen Studiums erft der 
Vhilofophie zu und habilitierte fih 1881 
für dieſes Fach an der Univerfität Mar- 
—J— er 1885 zum außerord. 

or befördert wurde. Es erſchienen 
von ihm: 

Descartes’ Erkenntnistheorie, Eine Studie zur 
Vorgeſchichte des Kritigismus (1882), Forſchuͤn⸗ 
9 zur ichte des Erfenntnisproblems im 

(1884); Verſchiedene Aufläge in Fach⸗ 

bef. den philofophiihen Monats: 

er (Bd. XXIII mit C. Schaarſchmidt, 
von ®b. XXIV. ab allein) redigiert. 


Naumann, Emil, wurde am 8. Sep- 
tember 1827 zu Berlin geboren. Sein 
Vater war der bekannte Arzt, Profeſſor 


427 


Naumann. 


und Autor in feiner Wiffenfchaft Moritz 
Ernft Adolf N. Durd) Johanna Matthieu 
(jpätere Gattin Gottfried Kinfels) und 
den alten Ries erhielt er in Bonn, wohin 
fein Vater 1828 als Direktor der mebi- 
zinifchen Klinik berufen worden war, bie 
erſte mufifalifche Ausbildung. Als er ſich 
fpäter in Frankfurt a. M. aufhielt, genoß 
er dort den mufifalifchen Unterricht Schny- 
ders von MWartenjee. Nachdem das Leip: 
ziger Konſervatorium durch Felix Diendels- 
fohn gegründet worden, ging N. nad) der 
Mufenftadbt und ward dajelbft einer der 
eriten Schüler des genannten Meiſters, 
der bis zu feinem frühen Tode an der 
fünftleriichen Entwickelung N.'s lebhafteſten 
Anteil nahm. 1844 ging N. von Leipzig 
wieder nach Frankfurt a. M., woſelbſt er 
ſeine muſikaliſchen Studien unter Meſſers 
Leitung und bei Mendelsſohn fortſetzte, 
und abſolvierte darauf die Univerſität zu 
Bonn. 


1848 brachte er ſeine erſte größere Kompoſition, 
„Chriſtus der Friedensbote“, in Dresden durch 
die königl. Kapelle zur Aufführung; Ende deſſel— 
ben Jahres ward das Oratorium in Berlin, 1854 
unter des Komponijten eigener Zeitung in Exeters 
Hall zu London aufgeführt. Dem „Chriſtus“ 
folgte eine große Meile, eine Kantate „Die Ber: 
ftörung Jeruſalems“, die Oper „Judith“, das 
Singfpiel „Die Mühlenhere” und eine Duverture 
„Zoreley”. Die Aufführung der Kantate „Die 
Berftörung Jeruſalems“ in Weimar Teitete Franz 
Liszt perfönfich mit großer Hingabe. 1856 be» 
rief ihn König Friedrich Wilhelm IV., der durch 
die —— Nes „Über Einführung des Pſal⸗ 
mengejanges in die evangeliiche Kirche” auf den 
jungen Tondichter aufmerffam geworden, als Hof: 
firhen:Mufitdireftor nach Berlin, wo er für den 
Domdor über 30 Pſalmen und Sprüde kompo— 
nierte und das umfangreiche Werk „Pialmen auf 
alle Sonn: und Feiertage des evangeliichen Kir: 
chenjahres“ auf Befehl des Königs herausgab, der 
den Komponiften in dem darauf folgenden Jahr 
mit dem roten Adlerorden deforierte. Eine weis 
tere Auszeichnung ward N. für die Abhandlung 
„Das Alter des Pialmengefanges” zu Teil, ins 
dem ihm die Univerfität Jena dafür die philo» 
ſophiſche Doftorwürde verlieh. Mit dem Werk 
„Die Tonkunft in der Kulturgeichichte” (1869— 70) 
begann er die eigentlihe Schriftitellerlaufbahn 
unter günftigen Ausfichten, da er mit Bezug auf 

eriten Teil des Buches auf Vorſchlag der 


den 
| Berfiner Akademie der Künfte zum Fönigl. Pro: 


Neander. 


feſſor der Mufif ernannt worden war. Weitere 
der Geihichte und Wiflenichaft feiner Kunſt ges 


widmete Arbeiten von ihm find: „Deutiche Ton: | 


dichter von Sebaſtian Bah bis auf die Gegen: 
wart” (fünf Auflagen und eine Prachtausgabe), 
„Nachklänge, Gedenkblätter aus dem Muſik-, Kunſt⸗ 


und Geiftesleben unferer Tage“ (1872), „Stalies | 
niſche Tondichter von Paleftrina bis auf die Ge: | 
genwart” (für welcde dem Autor vom König Bil: | 
tor Emanuel der Orden der italienifchen Krone | 


verliehen ward und deren zweite Auflage nebit 


Prahtausgabe 1876 erihien), „Muſikdrama oder | 


Oper, eine Beleuchtung der Bayreuther Feſtſpiele“ 
(18761, „Zufunftsmufif und die Muſik der Zus 


funft“ (1877), „Die Arciteftonif der Fuge“ | 


(1878), „Der moderne muſikaliſche Zopf (1880) 
und die 1885 vollendete „Illuſtrierte Mufifge: 
Ihichte”. Letztgenanntes Werk ward noch wäh 


rend feines Ericheinens ins Holländiiche und Eng: | 


liſche überfest, fein Autor vielfach ausgezeichnet. 
Seit 1873 lebt N. in Dresden, woſelbſt er am 
königl. Konfervatorium der Tonkunſt Vorlefungen 
über Geſchichte und Äfthetif der Mufit hält. Gin 
Teil feiner Zeit aehört der jourmaliftiichen und 
mufifhiftorifchen Thätigfeit; jedoch widmet er ſich 
augenblidlich (1887) feiner, ihrer Vollendung ent— 
gegengehenden Oper „Loreley“. 


Neander, Theoph., |. W. Badhaus. 


Nellenburg, Rod., |. 8. Müller. 
Nello, ſ. Ed. Dlautner. 


Nemmersdorf, Fr. v., |. Fr. v. 
Neizenftein. 


Neol, N. de, ſ. A. de Neve. 


Nesmüller, Joſ. Ferdinand (eigentl. 
Müller), wurde am 8. März 1818 in 
Mähriſch-Trübau als der Sohn eines 
Handmwerfers geboren. 
Gymnaſium zu Politichfa bis zu feinem 
13. Jahre, alsdann erlernte er, wie fein 
Vater, das Schuhmacherhandwerk. Als 
aber die Erlöſungsſtunde, die ihn zum Ge: 
jellen machte, jchlug, ſchob er feinen Schu— 
jterichemel zur Seite, erfüllt von einem 
glühenden Streben nach Höherem als der 
Kunit, den Mitmenschen auf diefe Art die 
„Wege zu ebnen“. Zunächſt befuchte er 
unter harten Entbehrungen das Olmüßer 


Seminar mit jolhem Erfolge, daß er bald | 


eine Lehrerſtelle erhielt. Da der Lohn fei- 
ner Arbeit nur ein färglicher war, juchte 
er jih als Muſiker beim Theater neben: 


428 


Er beiuchte das 


Neubauer. 


Aber mit der 
‚Bühne in Berührung gelommen, litt es 


her etwas zu verdienen. 


‚ihn nicht lange mehr auf dem Katheder. 
Er wurde Schaufpieler. Als ſolcher wirkte 
er in den verichiedenften Städten an Elei- 
nen und großen Bühnen bis zum Jahre 
1854, da er ein Theater in Dresden 
gründete, deſſen Direktion er lange Jahre 
‚mit bejtem Erfolg inne hatte. 1881 zog 
er fich, jeines vorgerüdteren Alters we— 
‚gen, von jeiner theatraliihen Thätigkeit 
zurüd. Literariſch trat N. zuerjt mit jei- 
nen Bilferthalern (1849) hervor, die mit gros 
kem Erfolge an vielen Theatern zur Auf: 
‚führung gelangten. Den gleichen Beifall 
fanden die meilten feiner jpäteren Dras 
men, von denen wir hervorheben: 

Der Gnome und fein Narr (1849), Die rau 
Tante (1850), Die Pflegetinder (1850), Die Thals 
müble (1851), Ein armer Teufel (1852), Eine 
Soldatenfamilie (1853), Ein Theaterffandal 
(1859), Der Marienhof (1872), Schach der Lüge 
(1878), Die wilde Toni (1881), Gräfin Flavia 
(1882), Der Dorfteufel (1882), Freigeſprochen 
(1883), Das Geheimnis (1885), Der jhöne Emil 
(1885). 

Neubauer, ErnitRudolf, iſt zu Iglau 
(Mähren) am 14. April 1828 geboren. 
Er jtudierte Philoſophie und die Rechte in 
Mien, wo er während des Revolutions— 
jahres 1848 als Korps:Adjutant in der 
akademiſchen Legion diente, und widmete 
fi im Jahre 1849 dem Lehrerberufe, zus 
nächſt am Gymnaſium in Czernowitz (1851 
bis 1872), dann, ſeit 1873, als Gym— 
naftaldireftor inRadaug in der Bufowina, 
als welcher er, durch Verleihung des Titels 
eines Echulrates ausgezeichnet, im Jahre 
1883 jeinen Abfchied nahm. Er ijt als 
Rhapſode auf dem Gebiete der Stegreif: 
Dichtkunft eine phänomenale Erſcheinung. 
Literariich hat N. als Dichter, wie auch 
als Schulmann, Xiterarhiftorifer und Ge— 
ichichtsforicher gewirkt. 

Sein dichteriſches Hauptwerk ift das Melt: 
gedicht „Die Ndeonen“ (1583), eine geniale, hoch» 
bedeutfame Schöpfung. Sonitige bisher im Drud 
| erfchienene Werke: Schilf und Weide (Ged.), Oſter⸗ 
reichifche Lieder, Lieder aus der Bukowina, Die 


Bukowina (illuitr.), Erzäblungen aus der Buko— 
wina, Grundzüge zur Geſchichte von Seretland, 











4 


Reubauer. 


Über dad Gudrunlied, Über Triftan und Iſolde, 
Anafreons Dden, Nogaia oder Die Steppen: 
fhlaht (Dicht.), Der Handel um die Seele 
(Schaufp.), Die Waife (Luftfp.), Novellen, Ge: 
danken über dad Schulweſen, Conjtantin Bran— 
fowan u. a. m. 


Neubauer, Johann, wurde am 27. 
April 1849 zu Littengrün in Böhmen ges 
boren, befuchte das Obergymnaftum in 
Eger, das er 1867 abjolvierte. Hierauf 
fam er in das fürfterzbiihöfl. Seminar 
nach Prag, um Theologie zu jtudieren ; nad) 
zweijährigem Aufenthalte in demjelben trat 
er in das PBrämonftratenjeritift Tepl ein, 
verließ diefes aber nad) zwei Jahren und 
wendete jih von den theologiihen Stu: 
dien dem Studium der deutichen Literatur 
zu, welches er jchon in den legten Jah— 
ren mit bejonderer Borliebe betrieben 
hatte. Im Sabre 1873 fam er als Leh— 
rer für deutiche Sprade und Geographie 
und Geſchichte an die Realfchule in El— 
bogen, wo er nad) Ablegung des Eramens 
zum Profeſſor ernannt wurde; er wirft 
gegenwärtig noch in diefer Stellung. 

N. beichäftigte fich Schon während feiner theo— 
Iogifhen Studien literariih. In den Jahren 
1868— 71 veröffentlichte er in Journalen einige 
Novellen und Erzählungen; von 1871 an betei« 
ligte er fich vorwiegend als Mitarbeiter an Lite: 
raturblättern und periodiichen Schriften. Als erfte 
felbftändige Arbeit von ihm erfchien die literatur: 
geſchichtliche Studie „Die katholiſche Dichtung in 
der deutichen Literatur feit der Reformation bis 
zur Gegenwart“ (1874). Seit 1884 giebt er Schul: 
ausgaben klaſſ. Werke mit Einleitungen und An: 
merfungen (Graeſer's Schulausg. klaſſ. W.) her: 
aus. Die fchnell beliebt gewordene Sammlung 
ift Schon bis zum 30. Hefte gediehen. 


Neugeboren, Heinrih, wurde am 


26. September 1832 in Kronjtadt geboren, 
befuchte das Gymnaſium feiner Vaterſtadt 
und bezog 1852 die Univerfität Berlin, 
um fi in ben erjten zwei Jahren dem 
Studium der Philofophie, Theologie und 
Philologie zu widmen, während er im 
dritten Jahre ausſchließlich philologiiche 
Borlefungen an der Wiener Univerfität 
hörte. 1856 erfolgte feine Anftellung als 
eriter Klafjenlehrer des Kronftädter Gym: 
nafiums. 1857 legte er die vorgefchrie- 


29 


Neuhauß. 


bene Prüfung ab. Um die Ergebniſſe der 
Pſychologie als Naturwiſſenſchaft von der 
menſchlichen Seele, als Grundlage der Pä⸗ 
dagogik und Didaktik, in immer weitere 
Kreije zu verbreiten, begann N. 1859 die 
|„Bierteljahrsichrift für die Seelenlehre“ 
in Kronjtabt herauszugeben. 1860 ver: 
mählte er fi mit Hermine Schaffe. 1861 
gründete er mit einigen Gefinnungsge- 
nofjen den Kronſtädter ſächſiſchen Kronver— 
ein, den er als erſter Vorſtand fieben 
Jahre hindurch leitete und deſſen 25jähr. 
Jubiläum er 1886 als Ehrenmitglied mit- 
feierte. Im Jahre 1869 eröffnete er mit 
zwei jüngeren Kollegen eine private jechste 
Klaſſe für Mädchen, die nad) dreijährigem 
Beitehen den übrigen fünf öffentlichen 
Klafien angereiht wurde. Seit 1875 ift 
N. Mitglied der Kommiffion zur Prüfung 
der Kandidaten der Theologie und des 
Lehramtes in der evang. Landeskirche Sie- 
 benbürgens, und zwar für das Gebiet der 
Philofophie, insbeiondere für Logik und 
Pſychologie. 1877 wurde er zum Stabdt- 
prediger gewählt. 

N. ift Verfaſſer zahlreicher Beiträge für. päda- 
gogiſche und theologische Zeitichriften, von denen 
bejonders ein im Drud erfchienener Vortrag: „Über 
die Behandlung des Religionsunterrihts in der 
Volksſchule“, am fiebenbürgifch.deutichen Lehrer: 
tag gehalten, ihm viele Anerkennung eintrug. 
Außerdem hervorzuheben: Lebens: und Charafter: 
bild des Daniel Georg Neugeboren (1886), Jos 


hannes Honterus, der Reformator der Sachſen in 
' Siebenbürgen (1887). 








Neuhauf, Rihard, geboren den 17. 
DOftober 1855 zu Blanfenfelde (Kreis 
Teltow), erhielt jeine Vorbildung auf dem 
Luifenftädtiihen Gymnafium in Berlin, 
jtudierte vom Oftober 1876 ab in Berlin 
und Heidelberg anfänglich Naturmillen- 
haften, ging jedoch 1878 zur Medizin 
über, und abjolvierte 1882 die ärztlichen 
Eramina. Bereits während der Studien- 
zeit unternahm er Reiſen durch das ganze 
jüdlihe Europa, und hinüber nach Nord» 
Afrika, ferner nad) dem hohen europätichen 
Norden, nad) Lappland und dem Nord: 
Kap. 1884 trat er zu wiſſenſchaftlichen 





Neumann, — 


Zwecken eine Reiſe um die Erde an, die 
ihn mit allen 5 Erdteilen bekannt machte. 
Die Hauptſtudien galten dem ſtillen Ozean, 
der in Folge der neuen Erwerbungen für 
Deutichland jegt von jo großem Intereſſe 
ift. Zwei riefige Folianten mit felbjtge- 
fertigten Photogrammen veranihaulichen 
Land und Leute dieſes ungeheueren -Injel- 
reiches (Eigentum der Bibliothek der Ber: 
liner anthropologiichen Gejellidhaft). Eine 
eingehende Studie über die Südſee-Inſu— 
laner erfchien in der „Zeitfchrift für Ethno- 
logie“ (1885). 

Weitere Ergebnifie der Reife waren: Eine Arbeit 
über die Seefranfheit (1885), Meteorologiſche Un» 
terfuchungen auf einer Reife um die Erde, ſowie 
Beobachtungen über Dämmerungserfdeinung en 
und Bodiatallicht (1885), Eine Beichreibung der 
Hawaii-Infeln (1886). Das neuejte Wert R.'s 
iſt die Überfegung der „Anthropologie“ von Tos 
pinard, Generaljefretär der Parifer anthropolo» 
re Geſellſchaft. 

eumann, Fritz Heinrich Georg, ge 
boren am 23. April 1854 zu Warnemünde 
i. M. Vorgebildet zuerst auf der Real: 
ſchule, dann aufdem Gymnafium zu Schwe- 
rin i. M., bezog er Oftern 1873 die Uni- 
verfität Berlin, um unter Tobler und 
Müllenhoff romanishe und germaniſche 
Philologie zu ftubieren. Nachdem er feine 
Studien in Heidelberg fortgeſetzt, promo- 
vierte er 1876 und war dann 2 Jahre 
Hilfsarbeiter an der Heidelberger Univer: 
fitätsbibliothef. 1878 habilitierte er fich 
in Heidelberg für romanische und engliſche 
Philologie und wurde 1881 zum außer: 
ordentlihen Profeſſor daſelbſt ernannt. 
1882 folgte er einem Ruf als außeror: 
dentlicher Profeflor der romaniſchen Phi: 
lologie an die Univerfität Freiburg i. B. 
und wurde daſelbſt im folgenden Jahre 
zum ordentlihen Profeſſor befördert. 

N. giebt in rn mit D. Behaghel das 
Literaturblatt für germaniiche und romaniſche Phi⸗ 
Iologie heraus (Bd. I.—VIIlI., 1880—87), ver: 
öffentlihte: Zur Laut» und Slerionslehre des 
Altfranzöfiihen (1878), Über Sapdoppelformen 
der franzöfiichen Sprache (1884), Die romaniſche 
Philologie. Ein Grundriß (1886). 

Neumann, Karl Gottfried, wurde am 
7. Mai 1832 in Königsberg geboren, wid: | ( 


430 — 


8 
weiter Art (1862), Die magnetiſche 
i ge Polariſationsebene des echte — 


Neumann⸗Spallart. 


mete ſich dem Studium der Mathematik 
an der Univerfität feiner Vaterjtadt, har 
bilitierte fi 1857 als Privatdozent und 
wurde 1863 zum außerorbentl Pro: 
feflor in Halle ernannt, im jelben Jahre 
aber bereits als ordentlicher Profeſſor nach 
Bajel berufen. Er wirkte in gleicher Eigene 
haft in Tübingen (1865 —68), 

an der Leipziger ag lehrend. 


Unter ſeinen, von der 
würdigten Werten heben u — —— de 
allgemeinen Problems über den 
peraturzuftand einerhomogenen Bug Horde Bam 
die Entwidelung einer Funktion mit 
—* nah den Kugelfunktionen und 


der Elektrizitäts und Wärmeverteilung in 
Ringe (1864), Borlefungen über Riemannd 

der Abelſchen Integrale (1865), Die Haupts 
Brennpunkte eines kennen Liane ing 


Ben der Galilei⸗Newto 
* en 
Newtonſche 


heorie der elektriſ —— 
ſuchungen über das logarithmiſche und 
Bein (1877), eng che Unterſuchungen 


Neumann-Spallart, Franz Ritter 
von, wurde am 11. November 1837 zu 
Wien geboren, ergab fi an der Wiener 
are * regen der Staats» 
un tswillenichaften und promovierte 
unter den Aufpicien bes Kaiſers imJ.1862. 
1864 erfolgte feine Ernennung zum Pros 
feflor an ber — in Wien, 
1871 diejenige zum außerorbentlihen Bri 
feflor an der Univerfität dafelbf. Su 
folgenden Jahre begann er als orbents 
licher Profeſſor an der Hochſchule für 
Bodenkultur zu Ichren, und 1884 wurd 
er zugleich Honorar⸗Profeſſor * Statiſti 
an der Wiener Univerfität, in mel 

enihaft er noch jegt, auch literariji 
* dem Gebiete hervorr virkt. 

Von ſeinen hochverdienten | wir 
bervor: Oſterreichs Handelspolitif (1864), ), 
Sivilifation und der wirtſcha Fortſch 
(1868), re. (1873), 
und der Wohlſtand f\ 3 
Theuerung der — (1874), 9 Reik 
—— (1 Überfichten der Weltwirtichafi 
—J— Be chs maritime Entwi 















errric 





Neumann»Strela. 


Neumann:-Strela, Karl. Ich bin 
am 30. Dezember 1838 als Sohn eines 
Kaufmanns in Stralfund geboren. Dort 
erlernte ich den Buchhandel, war noch ein 
Jahr Buchhandlungsgehilfe in Berlin und 
gab mid dann ausſchließlich hiſtoriſchen 
Studien und literarifchen Arbeiten hin. 
Dann ging id nad) Weimar, wo ich ſechs 
Jahre lang in inniger Freundihaft mit 
Karl Gutzkow lebte, dem ich nebit Karl 
Frenzel in Berlin, wohin ich mid) von 
Meimar wandte, die größte Anregung und 
Förderung verdanfe. Inzwiſchen lebte ich 
zwei Jahre in Leipzig, kehrte dann fpäter, 
1868, nad Berlin zurüd, wo ich in die 
Redaktion des „Bazar“ trat. Dann lebte 
ich teils auf Reifen, teil wieder in Berlin, 
wo ich feit 1877 meinen dauernden Wohn: 
fig nahm und feit Anfang 1887 die Re: 
daftion der „Kinderwelt“ (Beilage zu der 
Zeitichrift „Mode und Haus“) übernom: 
men habe. — Bon den äußerft günftig be: 
urteilten Werten N.'s heben wir (Red.) 
hervor: 

Das Ehriftgefhen? (1861), Sophie La Roche 
und Wieland (1862), Mit dem Zopf (1865, 2. 
Aufl. 1868), Erzählungen (1872), Wer #t von 
Gottes Gnaden? (1872), Berliner Blau (1873), 
Narren und Sünder (1875), Aus dem Reiche des 
Todes (1875), Bunte Reihe (1875), Bring Lieschen 
(1878), Theater:NRovellen (1878), Thron und Reich 
(3 Auflagen, 1881—84), Kaiſer Wilhelm (1882), 
Im Silberfrany (1883), Vom alten Fri (1886), 
Die Erziehung der Preußiſchen Regenten (1888), 
Hohenzollern⸗Büchlein (1883), Kaijerin Augufta 
(1888). Außerdem ift N. ein beliebter Mitarbeiter 
vieler Zeitfchriften und Tagesblätter. 


Nenmeifter, Mar Heinrich Auguft, 
wurde am 15. Mai 1849 zu Kleindrebnig 
bei Bifhofswerda in Sachſen als Sohn 
eines kgl. Oberförfters geboren, empfing 
bis zum 11. Lebensjahre Unterricht in der 
Elementarfchule und durch Privatitunden, 
bejuchte ſodann das Realgymnafium zu 
Annaberg und nad) Abjolvierung defjelben 
ein Jahr lang das Kleinröhrsdorfer 
Staatsforftrevier und zwei Jahre lang 
die Forjtafademie zu Tharandt. Bei der 
Abgangsprüfung in Tharandt erhielt er 
wegen hervorragender Leitungen Die 


431 


Neumirth. 


Medaille. Sodann 2jähriger Acceß auf 
Langebrüder Staatsforftrevier und ein- 
jähriger Acceß bei der Forjteinrichtungs: 
Anftalt. In dem Staatseramen für 
den höheren Forftdienft erhielt er die fels 
tene Genfur „ausgezeichnet“, wodurd er 
ohne weiteres zur Anftellung als Forſt⸗ 
ingenieuraffiitent gelangte. Als diejer war 
er, wie auch ſpäter als Forftingenieur thä- 
tig bei Forfteinrichtungsarbeiten, nament⸗ 
lid in Görlig, auf den fürftlich reußifchen 
Befigungen, auf den fürſtlich Claryſchen 
Befigungen in Böhmen, auf Staatsforft: 
revieren. 1880 erhielt er den Auftrag, 
an der Forjtafademie Tharandt über Wald: 
bau und Forſtſchutz zu lefen, und zu gleicher 
Zeit trug ihm ber Fürft Hatzfeldt-Trachen⸗ 
berg feine Forſtmeiſterſtelle an. Die letz⸗ 
tere trat er, erjt 31jährig, an, übernahm 
aber auch zugleich die Direktion im fürftl. 
Kameralamt und wurde Gencralbevoll: 
mächtigter des Fürften. Aus diefem ihm 
liebgewordenen Wirfungskreije fonnte ihn 
nur eine Berufung auf eine forftliche Hoch⸗ 
ſchule entfernen, welche bereits 1882 nad) 
Tharandt erfolgte. Seitdem doziert N. 
in Tharandt über Waldbau, Forjtihus, 
Forftverwaltungsfunde und Jagdkunde. 

Die erfte literarifche Leiftung N.’3 betrifft eine 
intereflante Beobachtung über Generation des 
Fichtenborkentäferd (1871). Bis zum J. 1880 
ſchrieb N. Rezenfionen über forſtliche, beſonders 
forftmathematifche Werte in verichiedenen forftl. 
Beitichriften. Seit diefer Zeit find, namentlich 
im Tharandter Jahrbuch, faft alljährlih Artikel 
N.s über forftl. wichtige ragen zu finden, bes 
fonders diejenigen, welche mit Forfteinrichtung und 
Forftmathematit zufammenhängen. In der neues 
ren Beit hat fih N. vornehmlich mit der Hebung 
der deutichen Gerbrindenproduftion und mit forftl. 
Drganifation befaßt. Seine kürzlich erichienene 
Schrift „Wie wird man ein Forftwirt ?* (1887) 
ftellt ein beachtenswertes Normalprogramm auf 
und ift für die foziale und wiſſenſchaftliche He 
bung des Forſtfachs berechnet. Auf Grund die: 
fer verdienftlihen Schrift wurde N. von der Unis 
verfität Leipzig zum Dr. phil. ernannt. 


Neuwirth, Joſef, wurde am 5. Juni 
1855 in Neufhlo (Böhmen) geboren, 
widmete ſich nach abjolviertem Gymna— 
ſium dem Studium der Philoſophie und 


Neve. 


Kunſtgeſchichte an der Univerfität Prag, 
promovierte daſelbſt zum Dr. phil. und 
folgte darauf einem Ruf als Gymnafial- 
lehrer nad) Prag. Drei Jahre darauf er: 
folgte feine Ernennung als Gymnafial- 
profeflor. Seit dem Studienjahre 1885/86 
ift N. an der deutſchen Univerfität Prag 
für Kunftgefchichte habilitiert. Seine Schu: 
lung als Kunſthiſtoriker dankt er dem Prof. 
MWoltmann und Prof. Alwin Schulb der⸗ 
wis in Prag. 

RN. ift Verfaſſer größerer, auch felbitändig er: 
fchienener Abhandlungen über Bauthätigfeit der 
alamannifhen Klöſter, St. Gallen, Reichenau und 
Petershauſen, Datierte Bilderhandfchriften öfters 
reichiſcher Klofterbibliothefen, Studien zur Ge 
ſchichte der Miniaturmalerei in Ofterreich, ſowie, 
nebjt einigen Kleinen Auflägen, der von ber Kritik 
fehr günftig aufgenommenen Monographie über 
Albrecht Dürers Roſenkranzfeſt. Demnächſt wird 
erſcheinen ſeine Geſchichte der chriſtlichen Kunſt in 
Böhmen bis zum Ausſterben der Przemysliden. 
Seit einigen Jahren ſammelt N. Material für 
eine Geſchichte der Miniaturmalerei in öſterreich. 


Neve, Alexander de, wurde am 15. Ja⸗ 
nuar 1847 in Berlin geboren. Nachdem ich 
die kgl. Realſchule bis Ober-Sekunda be— 
ſucht und mein, für das von mir vorge— 
ſteckte Lebensziel nötige Penſum von ſtennt⸗ 
niſſen abſolviert hatte, trat ich, der Fa— 
milientradition folgend, in den Handels— 
ftand ein. Nachdem ich bald die Vor: 
jtudien zu einem fünftigen Rothſchild hin- 
ter mir hatte, begann für mid erjt ber 
eigentlihe Kaufmann, der Groſſiſt, der 
hinter Kladde und Hauptbuch, hinter Konto: 


432 


datenſtand bejtimmt. 


— 


Niemann. 


riihen Face, allerdings nur als Amateur, 
aus „Liebe zur literarischen Kunſt“ zu 
weihen. Ich beitieg aljo den launenhaf- 
ten und ftörriihen Pegafus und fertigte 
etwa in den jechsziger Jahren Beiträge 
für die „lieg. Blätter“ und für den „Bes 
obadter an der Spree”, fowie für die 
„Berliner Pfennig Blätter” an; aud 
ſchrieb ich einige einaftige Pollen, natür= 
(ih pjeudonym. Dann trat eine längere 
Pauje ein, da ich geihäftli Reifen nady 
Dänemark, Schweden, Finnland und Ruß 
land unternahm und mir während demfeine 
Muße zu literarifcher Arbeit blieb. Dieſe 
Paufe mag wohl 10 Jahre involvieren, 
als ich der Kaufmannsfarriere Valet jagte 
und verſchiedentlich Beamtenitellungen eins 
nahm, mit denen id), gewilfermaßen von 
einem Wandergeilte, der darin beitand, 
daß ich fein „Sitzfleiſch“ beſaß, getrieben, 
bald gänzlich abſchloß. 

Bor mehreren Jahren legte ich mich daher auf 
die Berufsichriftftellerei, indem ih Humoriſtika 
für einige fleinere Berliner Wigblätter ſchrieb; 
bald aber vergrößerte ſich mein Abnehmerfreis, 
und jetst liefere ich jomohl kleinere Humoriftifa, 
Humoresfen, fürgere Erzählungen und humorijti« 
ſche Auffäge als auch Illuſtrationstexte in witzi— 
ger Form für eine große Zahl von Blättern. 


Niemann, Auguſt, wurde am27. Juni 
1839 zu Hannover als der Sohn eines 
höheren Offiziers geboren und von feinem 
Vater früh jchon gleichfalls für den Sol- 
Nah Abfolvierung 
der Schuljtudien trat er in das Militär 


Korrent und Korreipondenzen die Welt ein und wurde 1857 Offizier. Als ſolcher 


nur vom Standpunkte des Debets und 
Kredits betrachtet. Und bei all’ diefen Ar- 
beiten, die teilweiſe ſchablonenhaft und 
automatisch waren, rejp. find, machte ſich 
in mir ein Drang zu „Höherem“ gel— 
tend; denn während ich die Waarenpoſten 


garnifonierte er u.a. in Göttingen, wo er 
gleichzeitig die Univerfität bejuchte, um 
philofophiiche und Geſchichtsſtudien zu be- 
treiben. Im Jahre 1866, nad) dem Feld: 
zug, trat er aus der Armee, um ſich ganz 
der Schriftitellerei widmen zu fünnen. Er 


buchte und Disfontofäge den Summen | lebte zunächſt in Hannover, dann in Genf, 


binzufügte, jpannen ſich zwilchendurd in 
meinem Hirne Ideen und Gedanken, auf 
humorreicher Grundlage liegend, ab, die 
mir den Impuls gaben, meine Feder, Die 


ja hinlänglid daran gewöhnt war, in übernehmen, die er noch inne hat. 


Tinte getaucht zu werden, dem litera= 





Ichließlich, feit 1867 bis jegt, in Gotha, 
wohin ihn eine Berufung der Verlags: 
handlung von J. Perthes führte, um die 
Redaktion des Gothaiſchen Hoffalenders zu 
Als 
drei Jahre jpäter der König von Preußen 


Niemeyer. — 
zu den Waffen gegen den Erbfeind rief, 
war N. einer ber erſten, die ſich zur Ver: 
fügung. ftellten. Nach Beendigung des 
Krieges wurde N. zum Hauptmann er- 
nannt. Literariih hat N. als eigentliche 
Domäne den Roman ſich gewählt. Er hat 
fih auf diefem Gebiete einen ausgezeich— 
neten Ruf erworben, befonders begründet 
durh die ungewöhnlich feine pſychologi— 
ihe Schärfe feiner Charafteriftit. Außer: 
dem lieferte er ein treffliches Mititärifches 
Handlerifon (2. Aufl. 1881) und eine ver: 
dienſtliche Geſchichte des franzöfifchen Feldzuges 
(1871, ins Englifche überjegt 1872). 

Hauptwerke: Katharina (Rom., 2. Aufl. 1880), 
Eine Emanzipierte (Rom. 1880), Balchen und 
Thyrfosträger (Rom. 2. Aufl. 1882), Die Grafen 
von Altenſchwerdt (Rom. 1883), Pieter Marik 
(Rom. 2. Aufl. 1886), Das Geheimnis der Mus 
mie (Rom. 1885), Das Flibuftierbuh (Rom. 
1886), Des rechten Augen Ärgernis (Rom. 1887), 
Eulen und Krebje (Rom. 1888). 


Niemeyer, Paul, wurde am 9. März 
1832 zu Magdeburg als der Sohn des 
Kreisphyfifus Dr. Eduard N. geboren. Nach 
dem 1837 erfolgten Tode des Waters 
fiedelte die Familie nad Erlangen über. 
Mit eigener NAufopferung und großer 
Thattraft erwarb die Mutter durch Kla- 
vierunterricht die Mittel zum Studium 
ihrer beiden Eöhne. P. N. beſuchte das 
Gymnaſium zu Erlangen und erwarb mit 
17 Jahren die Reife für die Hodhichule. 
Zwei Jahre jtudierte er Medizin in Halle, 
wo der Phyfiologe Volkmann (Vater) und 
der Chemiker Marchand nachhaltig auf 
ihn einwirften. Dann fand er in Er: 
langen ausgezeichnete Lehrer in der Heil 
funde und Heilkunſt. 1854 erwarb er 


die Doftorwürde in Berlin. Als Aififtent 
feines Bruders Felir N. am ftädtiichen 


Krankenhaus zu Magdeburg wurde er, der 
bisher mehr Theorifer geweſen, in die ärzt- 
lihe Praris größten Maßſtabes einge: 
führt. Das ſchöne Zufammenwirfen der 
Brüder wurde durch die Berufung des 
älteren nach Greifswald aufgelöft. Nach 
Ablegung des Staatseramens ließ ſich 


Das literarifhe Deutihland. 


433 


= Niemeyer. 

P. N. als jelbftändiger Arzt in feiner 
Vaterſtadt nieder. In die lebhafte Strö— 
mung der Bildungsvereine gezogen, warf 
er fid immer eifriger und erfolgreicher 
auf jchriftjtelleriiche Belehrung des Vol: 
fes, doch blieb die ftille, ernjte wiſſen— 
Ihaftliche Forfhung fein Hauptfeld. Das 
Kriegsjahr 1870/71 bradte für N. eine 
gewaltige Thätigfeit. Er übernahm nicht 
nur einen großen Teil der ftädt. Armen- 
praris, jondern aud) die Oberleitung eines 
Sranzofenlazaretts und hatte nebenher 
noch die ausbrechende Pockenkrankheit zu 
bekämpfen. 1875 ſiedelte N. nad) Leipzig 
‚über, um dort fofort feine volfsbelehrende 
ı Thätigfeit in größerem Maßjtabe aufzu— 
nehmen. Bielfac wurde er auch zu Vor: 
trägen nad) auswärts berufen. 1876 ha- 
bilitierte er ſich als Dozent an der Leip- 
ziger Hochſchule. 1878 gab er infolge 
eines Rufes des „Vereins für volfsver- 
ſtändliche Gefundheitspflege”“ nad) Berlin, 
feine akademiſche Stellung auf. Im Jahre 
1859 Hatte fih N. mit Klara Wagner 
aus Poſen verheiratet, in der er die 
treuefte Lebensgefährtin gefunden. Im 
Jahre 1880 wurde ihm dieſelbe durch 
den Tod entriffen. Im Anſchluß an den 
erwähnten Verein übte und lehrte er mit 
fteigendem Erfolg die vernunftmäßige Ge- 
jundheits- und Heilkunde, deren Klar: 
ftellung und Ausgeftaltung er fein Leben 
gewidmet hat. Wie es bei allen refor: 
matoriſchen Charaktern gefchieht, fo ift 
auch diefer ärztlihe Neuerer von jeher 
mehr angefeindet und verfannt, als an— 
erfannt worden; er ſelbſt hat fi) von 
Ertremen in feinen Thefen und in feiner 
Polemik nicht freigehalten. Das Pro- 
gramm der von ihm begründeten neuen 
Richtung der Heilkunde, der Hygienifchen, 
‚hat N. in feinem erften Berliner Vor: 
‚trage „Dichtung und Wahrheit in der 
Heilkunſt“ dargelegt. Das „Freie deutſche 
Hochſtift“ in Frankfurt ernannte N. zum 
Ehrenmitgliede und Meijter, außerdem ift 
er forrefpondierendes Mitglied verfchiede: 
ner anderer ärztlicher Geſellſchaften des 


28 








Nietſchmann. 


Auslandes. Dem Herzoge von Meiningen 
dankt er den Titel Sanitätsrat. 

N. ift Verfaſſer zahlreicher wiſſenſchaftlicher und 
populärer Aufſätze und ſeit einer langen Reihe 
von Jahren jtändiger Mitarbeiter vieler Fach— 
und anderen Zeitichriften. Seit kurzem hat ſich 
N. ein jelbftändiges Organ für laufende popu— 
läre Belehrung in feinen „Arztlihen Sprech— 
ftunden” geichaffen. Yon feinen hochbedeutenden 
Merten heben wir hervor: Handbuch der Perkuſ— 
fion und Ausfultation (1868—71), Medizinische 
Abhandlungen (1871— 75), Tridinen-Katehismus 
(4. Aufl. 1874), Boden:Bentilation (1875), Die 
Zunge (6. Aufl. 1887), Herz:, Blut: und Iympb- 
gefähe (1874), Die Huftenfranfheiten (3. Aufl. 
1878), Die Erfältungstranfheiten (2. Aufl. 1878), 
Die Hämorrhoiden (1874, 2. Aufl. 1884), Die 
Stropheltrantheit (1879), Die Lungenihmwind: 
ſucht (1876), Düring- Album (1874), Gejund: 
beitslehre des menichlichen Körpers (1876), Die 
Sonntagsruhe (1876, 2. Aufl. 1884), Arztlicher | 
Ratgeber für Mütter (1877, 2. Aufl. 1885). Die 
a der angeführten Werte find aud) in fremde 
Sprachen überjegt worden. 


Nietſchmann, Hermann Otto (Ar: 
min Stein), geboren am 11. Januar 1840 
zu Neuß bei Wettin, abjolvierte die Ge: 
lehrte Schule in Halle und widmete ſich 
dem Studium der Theologie an der dor: 
tigen Univerfität unter Tholud. Nach 
Vollendung der Hochſchulzeit wurde N. 
zunächſt Hauslehrer und trat alsdann, 
nad Ablegung feiner Eramina (1867), 
in das Diafonat zu St. Morig bei Halle 
ein. Dort wirft er noch jegt, gleichzeitig 
feit langen Jahren auch als Pajtor an 
St. Cyriaci. Neben feiner jeelforgeriichen 
Thätigfeit widmet fih N. der Schrift: 
ftellerei und hat er Tüchtiges als Er- 
zähler und Volksſchriftſteller geleiftet. 

Meifter Gottfried (1871), Der Mönd vom 
Berge (1872), Der Leiermann und fein Kind 
(2. Aufl.1885), Das Trudchen von Potlitz (1874), 
Der alte Frig und fein Adjutant (1877), M. 
Kirchner (1878), Katharina von Bora (3. Aufl. 
1876), Die Todfeinde (1879), Der Erbe von 
Friedheim (1879), Ein getreuer Ancht (1880), 
Unter dem Schirm des Höchften (1881), Königin 
Luiſe (1883, 2. Aufl. 1887), Aus Dorf und 
Stadt (1884), Ein braver Lützower (1886). 





Niggli, Arnold, geboren am 20. De: 
zember 1843 in Narburg, Kant. Aargau | 
(Schweiz), ftudierte, nachdem er in Aarau 


434 


Niſſel. 


die Kantonsſchule abſolviert, die Rechte 
in Heidelberg, Zürich und Berlin. Seit 
1875, bis zu welchem Jahr er als An- 
walt praftizierte, bekleidet er das Amt 
eines Stadiſchreibers (Sefretärs des Ge- 
meinderates) in Aarau. 

In der „Sammlung mufifal. Vorträge” ers 
ſchienen von ihm die äußerft günftig beurteilten 
biographijch-fritiihen Eſſays über Fr. Chopin, 
Franz Schubert, Die Sängerinnen Gertrud 
beth Mara und Fauftina BordonisHaffe, Nicolo 
Paganini, Giac. Meyerbeer, in der Sammlung 
„Offentlicher Vorträge, gehalten in der Schweiz”, 
die Vorträge über Rob. Schumann und Joſeph 
Haydn. 1876 veröffentlichte er „Die Sch che 
Mufitgejellichaft. Eine mufif. und fu chichtl. 
Studie”. Bon weitern biographiſch-kritiſchen Ar⸗ 
beiten aus ſeiner Feder ſeien erw j 
über Felix Dräſecke (1887) und über 
Kirchner (1887). 


Niffel, Franz. Ich bin am 14. März 
1831 zu Wien geboren als der Sohn 
eines ſ. Zt. ſehr beliebten und noch jeßt 
im Andenfen der Wiener fortlebenden 
Schaufpielers. Nah zurüdgelegter Bür— 
gerichule befuchte ich das Gymnafium bei 
den Schotten. Leider mußte ich den Ge- 
danfen an weitere öffentlihe und regel- 
mäßige Studien aufgeben, da ein heftig 
ausbrechendes Bruftübel mich durch meh- 
rere Jahre zur äußerften Echonung zw 
Ich blieb deshalb fortan auf die Selbit- 
bildung angemiejen und widmete mid), da 
ih frühzeitig mit der Bühne vertraut und 
zum Schaffen für diejelbe angeregt wor⸗ 
den, ganz dichteriichem Beruf. 

Verjchiedene Entwürfe und Arbeiten führten zu 
feinem Ziele und dienten nur der Entwicklung 
meines Talentes. Dahin gehörten aud) die beiden, 
gleichfalls nur als Studien zu betradhtenden und 
niemals veröffentlichten Traueripiele „Die In: 
quifitoren” und „Nareiß, der Freigelaſſene“, die 
ich gemeinfam mit meinem Jugendfreunde Sig: 
mund Schlefinger verfaft habe. Ein ebenfalls 
von uns gemeinfam verfahtes Volksſtück „Das 
Beiipiel” kam im Jahre 1882 im Theater an der 
Wien zur Aufführung und fand eine beifällige 
Aufnahme Wir fühlten jedoch beide, da bier, 
wo die Poſſe fait unbeitritten herrichte, der Boden 
nicht fei, auf welchen wir gedeihen fonnten. ch 
wandte mich nun dem höheren Drama zu. Im 
September des Nahres 1856 öffneten ſich mir 
die Worten des Wiener Hofburgtheaters. i 
Scaufpiel „Ein Wohlthäter” wurde mit durch 


Niſſel. 


arg ge Erfolge aufgeführt, erhielt ſich lange 
auf Repertoir und murde auch auf vielen 
anderen Bühnen nicht ohne Glüd gegeben. Auf 
dem Burgtheater folgten noch 1858 mein hifto- 
riſches Schaufpiel „Heinrich der Löwe“ und 1862 
mein Trauerjpiel „Perſeus von Macedonien“. 
errangen einen höchſt ehrenvollen, teilmeije 
länzenden Erfolg, verſchwanden aber dennod 
Bald wieder vom Repertoir. Zwei andere dra: 
matiſche Werke: „Dido“ und „Die Jakobiten“ 
find, erfteres 1856, letzteres 1859 entitanden. 
1863 vollendete ich nody mein Drama „Die Zau— 
berin am Stein“, worauf in meinem Schaffen 
eine fehr ftarfe Pauſe eingetreten ift. Ich hatte im 
3. 1862 eine junge Witwe, die Dpernfängerin Se: 
rafine Konrad, geborene Baroneſſe Binder von 
Kriegelitein kennen gelernt, mit welcher ich mid) 
im April 1864 vermählte. Sie wurde mir zu 
meinem tiefften Schmerze nad) allzu kurzer Che 
fhon 1868 durd den Tod entriffen und Hinter: 
ließ mir drei Kinder im zartejten Alter. Da 
gleichzeitig meine Gejundheit eine abermalige und 
nachhaltige Erſchütterung erfuhr, fo trat eine jehr 
ige Beriode der bitterften Sorgen ein, welde 

der iſchen Stimmung nicht günftig mar. 
Gleichwohl entitanden in diejen Jahren noch zwei 
dramatifche Werke: „Der Königsrichter” und „Rus 
dolf von Erlach“, welche jedoch nad) ein paar 
vergeblihen Verſuchen, fie auf die Bühne zu 
bringen, bis heute unveröffentlicht in meinem Bulte 
blieben. Das im Jahre 1877 vollendete 
Trauerjpiel „Agnes von Meran” wollte ich nicht 
dem gleihen Schidjale überantworten und ent: 
$ mich daher, dasjelbe zunächſt als Bud) er: 
nen zu laſſen, obwohl ich es keineswegs für 
ein Buchdrama“ hielt. Der Erfolg war, ob» 
wohl e8 Anfangs unbeadhtet blieb, ein über: 
raſchend glüdlicher, denn um diefes Wertes willen 
wurde mir November des Jahres 1878 die Aus: 
—— deutſchen Schillerpreiſes zu Teil, 
worauf auch Aufführungen des Werkes in 
Weimar, Wien und Berlin erfolgten. Das letzte 
wichtige und entſchieden glücklichſte Ereignis in 
meiner Dichterlaufbahn iſt wohl der von Büh- 
nenerfolg, den meine „Zauberin am Stein“ nad) 
faft iger Mißachtung 1882 im Wiener Burg: 
errungen bat, worauf fie auch den Weg 

über viele andere Bühnen gemacht hat. Ich lebe 


feither, wie übrigens auch vordem, ftil 
und zurüdgezogen, teils in meiner Vater: 
ftadt Wien, teils auf dem Lande. Zus 
nehmende Kränflichfeit und Familienjor: 

en mancher Art ließen mich in den legten 
Sahren nur felten zu erniter und befon- 


le au fortgejegter Arbeit fommen. 
8 iſt deshalb nur ein einziges Werk nod zur 
| ‚ das Luftipiel „Ei 
Bablager Caritse Sat Tab nr Onknärfe 


435 


Niſſel. 


und zahlreiche Bruchſtücke entſtanden, welche ſich 

jedoch, wofern mir noch einige Zeit zu leben ver: 
önnt ift, noch zu einem oder dem anderen ganzen 
erke zuſammenſchließen dürften. 


Niſſel, Karl, iſt am 25. November 
1817 in Neumarkt (Schlefien) geboren 
als ein Sohn braver, aber fehr armer 
Eltern, die nicht in der Lage waren, dem 
begabten und wifjensdurftigen Knaben eine 
gehörige Schulbildung geben, geichweige 
denn, ihn, feinem Wunſche gemäß, ftus 
dieren zu laſſen. So mußte er fich denn 
jelbit den Weg in den Tempel der Wiffen- 
haften zu bahnen ſuchen. Er ſchritt 
mit ganzer Energie diefem Ziele zu, be: 
gann früh, in feinen Jünglingsjahren, ſich 
mit poetifchen befonders auch novellifti- 
Ichen Arbeiten zu beſchäftigen und befchloß, 
nur dem literariihen Beruf zu leben. 
Vornehmlich machte er fih durch feine 
Dramen befannt, die zumteil mit großem 
Erfolge aufgeführt wurden. Ihrer Dich: 
tung lebt er noch jett, daneben als Mit- 
arbeiter an Zeitichriften thätig, in Lieg- 
nig wohnhaft. 

Hauptwerte: Des Meifters Lohn (Dram. 1858), 
Die Söhne des Kaijers (Trauerjp. 1859), Ulrich 
von Hutten (Trauerijp. 1861), Rahel Rufiel 
(Zrauerjp. 1867), Hohenzoller und Piaſt (Luftip. 
1873), Die Florentiner (Trauerjp. 1874), Riego 
(Trauerjp. 1874), Dame Lucifer (Luftip. 1875), 
Ein ſchöner Wahn (Luftip. 1876), Aus Zeit und 
Leben (Ged. 1880), Das Wörterbuch des Diderot 
(Zuftip. 1882). 

Niffen, Moritz, it am 17. Februar 
1822 in Stedejand geboren; hat in den 
Jahren 1843—46 das Tondernſche Leh— 
rerjfeminar beſucht; ift von 1846 an-im 
praktiſchen Schuldienfte: erſt in Dith- 
marſchen, dann auf Fehmarn, ferner auf 
Amrum und endlid 21 Jahre am Ge: 
burtsorte. Seit 1850 befchäftigt er fich 
privatim mit dem Studium der friefischen 
Sprade, auf deren Erforihung er viele 
Mühe und viel Geld verwandt hat; iſt 
in den Ferien von Ort zu Ort gereift, 
um die frifiichen Dialekte zu verzeichnen 
und Eprihwörter zu fammeln. Zn den lan- 

en Winterabenden ift manches Gedicht aus feiner 

der gefloffen und fein erites Wert war: „De 

25% 


Nitihmann. 


freske Sjemftin“ d. i. der friftiche Spiegel, mit 
einer hochdeutſchen Überfegung, deifen erjte Auf: 
lage längft vergriffen ift. Sein zweites Werk: 
„De freske Findling, d. 5. frifiihe Sprichwörter 
und Nedensarten, it im Selbitverlage in 6 Hef: 
ten erjchienen, mittelft Unterftügung von Seiten 


der fünigl. Regierung. Das Intereffante an dem | 
‚ päbie”, 


Werke iſt die große Mannigfaltigfeit in der aus: 
gezeichneten Sprachblüte und die Korrektheit in 
der Darftellung der frifiihen Dialekte. In dem 
Vorworie dieſes MWörterbuches find äußerſt in- 
tereilante Forichungen niedergelegt über Sage, 
Sitte und religiöfen Kultus des frifiichen Alter: 
tums, dargeitellt und begründet nad) den Uber: 
bleibjeln in der Sprache. Zu Zeitichriften bat 
er mehrere Beiträge geliefert, befonders für den 
„Urds:Brunnen“. Daneben, ift N. vielfah mit 
frifiihen Vorträgen an die Offentlichkeit getreten. 


Nitſchmaun, Heinrich, wurde am 
26. April 1826 in Elbing als ein Sohn 
des Kreisgerichtsrats N. geboren und von 
diejem früh ſchon für die eigene, die ju— 
rijtiiche Karriere beftimmt. Diejer Plan 
follte fi) jedody, des Knaben zarter Ge— 
fundheit halber, nicht verwirklichen, fon: 
dern derjelbe widmete fih nad) Abſol— 
vierung des vaterjtädtiihen Gymnafiums 
der Landmwirtichaft. Aber des Jünglings 


Geiftestalente [hlummerten nicht, und als 
feine Gefundheit gefräftigt war, gab er 


ſich mit Feuereifer den Studien hin, be: 
ſuchte auch die Berliner Univerfität, um 
bejonders ſprachwiſſenſchaftliche Vorlefun- 
gen zu hören. Im Jahre 1855 erwarb 


er das Nittergut Polaren, das er 1865 


wieder verkaufte, um ausschließlich feinen 
literarijchen Arbeiten ſich bingeben zu 
fönnen. Seitdem lebt er in Elbing (mit 


Unterbrehung durd einen Aufenthalt in 


Berlin von 1880— 83). N. hat ſich haupt: 
fächlich einen Namen erworben durch feine 
vorzüglich überfichtlihe und erſchöpfende 
Geſchichte der polnischen Literatur (1882), außer: 
dem machte er fich infofern verdient, als 
er uns eine große Zahl polnischer Werte 
in mufterhaften Überſetzungen zugänglic) 
machte. Echliehlih feien auch N.'s eis 
genes poetiiches Talent und feine Bega: 
bung für Kompofition erwähnt. 
Hervorzuheben: Polniſcher Parnaß (Überf. 4. 
Aufl. 1875), Album ausl. Dichtung (Überſ. a. d. | 


436 








Noad. 


Engl., Franz., Boln., Serb. 1868), Dreißig fla- 
wiſche Melodien (Mufit von ©. Döring, 1868), 
Erinnerungen an Dliva (1878), Deutiches Land 
und deutſche Lieder (3. Aufl. 1886), Jris, Dich 
terfiimmen aus Polen (1880), Hogia (Ep. 1885), 
Balladen und Sonette (1888). Außerdem Beiträge 
für Zeitfchriften und für die „Deutſche Encyflos 


Noad, Guſtav Adolf, geboren am 
25. Oktober 1813 zu Borna, widmete 
fih dem Lehrerberufe und begann feine 
Ichriftftelleriiche Laufbahn in feinem 20, 
Lebensjahre mit poetiſchen Beiträgen in 
Zeitſchriften, auch mit pädagogiihen Auf 
fägen in der „Sächſiſchen Schulzeitung“, 
fowie mit dem Büchlein: Gedädtnisübungen 
für die Elementarflafjen der Volksſchulen. In 
feiner fpäteren Berufsitellung als Lehrer 
hatte N. vielfache Veranlaſſung und Ges 
legenheit, den tiefgehenden Einfluß des 
Volksgeſanges auf die fittlihe Bildung 
fennen zu lernen. Diefem Gedanken dient 
jein Schöner Liederkranz (1842, 34. Aufl.), 
eine Sammlung von 230 der gangbariten 
Singweijen mit befierem Terte als den 
vielen bisherigen Gaſſenhauern. Zunächſt 
ließ N.nun das treffliche Werk: Beiträge zur 
Pädagogik und Didaktif (1843—46) erfcheinen. 
Außerdem gab N. eine große Zahl von 
Schulicriften, Übungsbüchern, Wand: 
karten 2c. heraus und im Jahre 1381 eine 
jehr günftig beurteilte Sammlung von Epi- 
grammen: Altes und Neues aus den Papieren 
des Verfaſſers vom Liederfranz. Obwohl N. 
bereits 1875, feines vorgerüdteren Alters 
wegen, feinen Abjchied nahın, ift er fort— 
während noch emfig literariich thätig. 


NoE, Heinrih Auguft, ift am 16. 
Juli 1835 in München geboren, bejuchte 
das dortige Gymnafium und bezog 1853 
die Univerfität München, 1854 Erlangen, 
um Natur: und Sprahwillenihaften zu 
jtudieren. Nachdem er 1864 zum Dr. 
phil. in Erlangen promoviert worden, 
begab er fich zunächit auf jahrelange Rei— 
fen ins Ausland, ließ fih dann in 
feiner Vaterſtadt, 1875 in Wien und 
1885 in Görz nieder und lebt ausſchließ— 
lich feiner literariſchen Thätigfeit, beſon— 


Noeldeke. 


ders durch feine trefflichen Reifebefchrei- 
bungen befannt geworben. 

Hauptwerke: In den Boralpen (1864), Bay: 
riihes Seebuh (1865), Brennerbuh (1866), 
Oſterreichiſches Seebud (1867), Bilder und Ge: 
ftalten (1869), Bilder aus Südtirol (1869), 
Italienisches Seebuch (1870), Elfah » Lothringen 
(1871), Robinfon in den hohen Tauern (1872), 
Deutiches Alpenbuch (1872—85), Ein Tagebud) 
aus Abbazia (1884), Sinnbildliches aus der Natur 
(1884), Die Oftalpen (1885); Die Brüder (Rom. 
1870), Gafteiner Novellen (1874), Am Hofe des 
—— (Rom. 1886), Sebaldus (Rom. 
1880). 


Noeldeke, Theodor, wurde am 2. 
März 1836 in Harburg geboren, ſtudierte 
in Göttingen, Wien, Leyden und Berlin 
Drientalia, habilitierte fi 1861 an erft- 
gen. Univerfität, wurde 1864 als außer: 
ord. Profefior nad) Kiel berufen, daſelbſt 
1868 zum ordentl. Profeſſor ernannt und 
ging 1872 in gleicher Eigenihaft nad) 
Straßburg. 

Bon N.’3 Schriften, die zu den vorzüglichiten 
auf diefem Felde zählen, find befonders zu nen» 
nen: Geſchichte des Korans (1860), Das Leben 
Mohameds (1863), Zur Poeſie der alten Araber 
(1864), Die altteftamentarifche Literatur (1858), 
Grammatif der neufyriihen Sprade (1868), 
Deögleihen der mandäiſchen Sprade (1875); 
—— treffliche Überfegungen aus dem Ara— 


Nösgen, Karl Friedrih, am 31. 
März 1835 zu Halberjtadt geboren, fam 
infolge von Berfegungen feines Waters 
1841 nad) Königsberg und 1850 nad 
Danzig. Das gerade in dem fünften Jahr: 
zehnt diefes Jahrhunderts jehr bemegte 
geiftige und geiftliche Leben Königsbergs 
berührte den Knaben frühe. Der Ber: 
fehr jüngerer theologifcher Dozenten im 
elterlihen Haufe und der Beſuch des alt- 
ſtädtiſchen Gymnaſiums, auf dem anfangs 
noch Dr. Rupp jelbit, und fpäter ein Ge- 
finnungsgenofie, Religionsunterridt er: 
teilte, ließ nicht felten am ſelben Tage 
die entgegengefegten Anfichten über Alt: 
und Neutejtamentlihes dem auf dieſe 
Dinge aufmerkjamen Knaben zu Ohren 
fommen. Seine früh geweckte Neigung 
zum Studium der Theologie wurde in 


437 





—,r— — — — —— — — — — — — — ——— ——— 


Nötel. 


Danzig noch mannigfach befeſtigt. 1854 
bezog er die Univerſität Halle, wo Tho— 
luck, und 1855 Berlin, wo Tweſten, Fr. 
Streuß und Hengftenberg am anregendſten 
auf ihn wirkten. Nahdem er dann in- 
nerhalb eines fnappen Jahres beide theo- 
logiihe Examen beftanden, bereitete er 
ſich noch auf das Oberlehrereramen vor, 
ward aber kurz vor deilen Ablegung 
(1859) unerwartet zum Hilfsprediger in 
Schloppe und dann 1861 zum Zwangs— 
anjtaltsgeiftlihen in Graudenz berufen. 

Hatte er bis zum Jahre 1863 nur im Inter» 
eſſe feiner eigenen theologifchen Durdbildung ſich 
wiſſenſchaftlich beichäftigt, jo reiften zwei Pu— 
blifationen der Jahre 1863 und 1866 aus der 
Feder jüngerer namhafter Theologen in ihm den 
Entihluß, an deren wiſſenſchaftlicher Bekämpfung 
ſich zu beteiligen. Infolgedeſſen begann feine lis 
terarifche Thätigfeit im Jahre 1867, welche er auch, 
als er 1873 Landgeiftlicher bei Nordhaufen in 
der Provinz Sachſen ward, unausgelegt beibe: 
hielt. Dem Erſcheinen jeiner bislang bedeutend» 
ften Arbeit, einer Erklärung der Apoſtelgeſchichte 
(1882), folgte unmittelbar feine Berufung 
in die Profeffur für neuteftamentliche 
Eregefe und Symbolik an Bhilippis Stelle 
nad Roſtock. Seitdem beteiligte er fich viel— 
fah an Luthardts theologiihem Literaturblatt; 
feine jüngjte Arbeit ift die Bearbeitung der drei 
eriten Evangelien in Strads und Zödler's Kury 
gefahtem "Handbuch zu den bibliihen Schriften 
(1886). 

Nötel, Louis (Johann Ludwig), ge: 
boren zu Darmitadt am 25. Januar 1837 
als der Sohn des dortigen Hofichauipies 
lers und Garderobe-Inſpektors Philipp 
Nötel. Er beſuchte die Realſchule feiner 
Vaterjtadt und widmete fid) alsdann dem 
Kaufmannsjtande, den er aber ſehr bald 
mit der Bühnenwirffamfeit vertaufchte. 
Noch nit 17 Jahre alt, betrat er bei 
einer Eleinen reifenden Gelellihaft 1853 
zu Artern im Neg.-Bez. Merjeburg zum 
erjtenmale die weltbedeutenden Bretter, 
und nun folgte ein Wanderleben, wie es 
nur wenige jeiner Berufsgenofien fennen 
gelernt haben dürften. Im Ganzen jpielte 
N. in ahtzig verichiedenen Städten. 1865 
verheiratete er fih in Hamburg mit der 
Echaufpielerin Amalie Müller. 1878, 


Nöthling. 


alfo nach 25jähriger Bühnenwirkſamkeit 
trat N. nach vorhergegangenem Gaſtſpiel 
als engagiertes Mitglied in den Verband 
des k. k. Hofburgtheaters in Wien ein, 
woſelbſt er ſich gegenwärtig noch befindet 
und vorausſichtlich bis an ſein Lebens— 
ende verbleiben wird. — Im Alter von 
41 Jahren ſtehend, machte N. ſeine er— 
ſten ſchriftſtelleriſchen Verſuche. Er, der 
vorher nie eine Zeile zum Zwecke der 


Veröffentlichung geſchrieben hatte, durfte 


ſich gar bald zu den produktivſten Schrift— 
ftellern zählen. In raſcher Folge erichie- 
nen die nachſtehend verzeichneten vorzüg- 
lih beurteilten Werte: 

Ernit und Humor in Poeſie und Profa (Ged. 
u. Ey. 1878), Der flammende Stern (dram. Ged. 
1879, 2. Aufl.), Eine Frau vom Theater (Schaufp. 
1879), Die Sternfchnuppe (Luftip. 1880), Yom 
Theater (Humor. Erz., 5 Bde., 1880—93), Karl der 
Große (dram. Ged. 1880), Der deutfche Michel (Ko⸗ 
mödic. 1880), Mofes I., 3, 18 (Luftip. 1881), 
Im Banne des Vorurteils (Schauip. 1882), Der 
Herr Hofihaufpieler (Schw. 1883), Ein Schuf 
ins Schwarze (Luftip. 1883), Erratiihe Blöde 
(freim. Zeichn. 1883), Die Kohlenprinzeifin 
(Schaufp. unter dem Pfeud. Leopold Müller, 
1885), Es war einmal! (Trauerfp. 1886) und 


1897 das Scaufpiel: Die Miſſion des Herrn | 


Lazar. Ferner find ald Bühnenmanuffripte er: 
Ihienen die OperettensLibretti: Der Jäger von 
Soeſt, Das Schloß im Odenwald und Es jtand 
geihrieben! und die Auftfpiele: Das Panzerſchiff 
und Durdgefallen. Außerdem zahlreiche Feuille: 
tons in Beitichriften. 


Nöthling, Ernft, wurde am 15. 
September 1849 zu Erfurt geboren, be: 
juchte das dortige Realgymnafium, fodann 
die Kunſte und Gewerbeſchule dafelbit, 
hierauf die Provinzialgewerbefhule zu 
Halle a. S.; arbeitete praftifch als Mau— 
rer und Zimmermann; bejuchte die Bau— 
gemwerfihule zu Idſtein (Prov. Nafjau) 
und jtudierte Architeftur an den techni- 
ſchen Hochſchulen zu Berlin und Aachen, 
Sodann bereite er ein Jahr lang Ita: 
lien und die Schweiz und wirkte 5 Jahre 
lang als Privatarchitekt in Erfurt. 1879 
trat er zum Lehrfach über, unterrichtete 
an den Baugewerkſchulen zu Weglar und 
Edernförde, ſodann als erfter Lehrer an 


438 





Nohl. 


der Baugewerkſchule zu Langenſalza, der 
Herzogl. Baugewerbeſchule zu Gotha und 
ſeit 1886 an der Bauſchule zu Deutſch— 
Krone (Wejtpreußen). 

Hauptwerfe: Formenlehre der Baufunft (1882, 
2. Aufl. 1884), Schuß unferer Wohnungen ges 
gen die Feuchtigkeit (1885), Die Eisfeller, Eis— 
bäufer und Eispränte (4. Aufl. 1886). 

Nohl, Clemens, am 10. Juli 1826 
zu Neuwied geboren, wo fein Vater Ober: 
lehrer an der Elementarſchule war, be 
fuchte hier die höhere Bürgerjchule, bezog 
dann das Friedrih-Wilhelms-Gymnafium 
in Köln, jtudierte in Bonn und Halle 
Theologie, nahm einen fünfmonatlichen 
Aufenthalt in Frankreich, war Hauslehrer 


‚in Lennep und Mainz, wurde im Jahre 


1855 als Lehrer an die höhere Bürgers: 
ihule feiner Baterjtadt Neuwied berufen 


und übernahm im Jahre 1871 die Leis 


tung der dortigen Privat-Mädchenſchule, 
die jpäter ftädtifch wurde und gegenwärtig 
mit einer Zehrerinnen-Bildungsanitalt ab> 
ſchließt. Er verlangt die Betreibung der 
neueren Spraden auf allen höheren Lehr⸗ 
anjtalten, die Befeitigung des Lateinuns 
terrichts aus allen NRealanftalten, Betrei- 
bung der alten Spraden nad) und neben 
den neueren nur auf Gymnafien, auf 
den letzteren auch einen gediegenen Natur: 
wiſſenſchafts⸗Unterricht. 

Die von ihm verfaßten und von der maßge— 
benden Kritik ſehr gut aufgenommenen Schriften 
ſind: Über die Notwendigkeit der Entfernung des 
Unterrichts im Lateiniſchen aus dem Lehrplan der 
Real» und höheren Bürgerſchulen, Über die Not— 
wendigfeit einer gründlihen Reform des Xehrs 
plans für den Selhichtäunterricht auf Real» und 
höheren Bürgerichulen, Einige wichtige Fragen, 
das höhere Mädchenſchulweſen betreffend, Mängel 
und Mißſtände im höheren Schulweſen, Pädago— 
giſche Seminarien auf Univerfitäten, Ein neuer 
Schulorganismus, Wider die Herrihprätenfionen 
der Orthodorie, Pädagogif für höhere Lehr: 
anftalten. Bon dem leßteren Werke ijt bisher 
erſchienen Bd. I: Die Lehranftalten und Bd. II: 
Methodik der einzelnen Unterrichtsgegenftände. 


Noire, Ludwig, wurde am 26. März 
1829 zu Alzey geboren, jtudierte 1846 
bis 1848 in Gießen Philojophie und 
Philologie, wurde als Lehrer am Gym: 


Nolde. 


439 


— 


Nonne. 


naſium zu Mainz angeſtellt, wo er noch und publizierte auf dieſem und landwirt⸗ 


jetzt als Profeſſor der alten Sprachen 
wirkt. Seine Schriften könnten alle unter 
dem Geſamttitel: „Der Urſprung des Men⸗ 
ſchen“ zuſammengefaßt werden. Er hält 
die Darwiniſtiſche Erklärung, ſofern ſie den 
Menſchen rein phyſiologiſch und ſomatiſch 
vom Tiere ableitet, für verfehlt und un— 


nach N. iſt die geiſtige Entwickelung am 
Leitfaden der Entwickelung der Sprache 
und Vernunft (Logos). Nah 30jäh— 
rigen Studien veröffentlichte N. den ur— 
ſprung der Sprache (1877), ein Werk von 
höchſter Bedeutung für das betreffende 
Gebiet. Außerdem heben wir von den 
verdienſtvollen Schriften des Verfaſſers 
hervor: 

Die Welt als Entwickelung des Geiſtes (1874), 
Die Entwidelung der Kunſt (1874), Der moni— 
ftiihe Gedanke (1875), Grundlegung einer zeit» 
gemäßen Philoſophie (1875), Einleitung und Be— 
gründung einer moniftifchen Grfenntnistheorie 
(1877), Das Werkzeug und feine Bedeutung für 
die Entwidelungsgeichichte der Menſchheit (1880), 
Die Lehre Kants und der Urfprung der Vernunft 
(1881), Logos, Urjprung und Weſen der Bes 
griffe (1885). 


Nolde, Ferdinand Baron v., wurde 
am 6. Mai 1812 in der rufftichen 
Oſtſeeprovinz Kurland geboren. 
hielt jeine Schulbildung durch Hauslehrer, 
bezog darauf die Univerfität München, 
um daſelbſt feine Studien zu abjolvieren. 
Nah größeren Reifen, die ihn faſt durch 
ganz Deutichland und den Süden Eu— 
ropas führten, übernahm er das Dlajorat 
und die Güter der Familie. N.’s poetiiche 
Verſuche fallen ſchon in das Jahr 1831. 


1868 — 71 ericdhienen feine gejammelten | 


Dichtungen (4 Bände) unter dem Titel 
„Boetiihe Verſuche“. Eine eigentliche 
Ichriftjtellerifche Thätigkeit entwidelte N. 
jedoch erit in jpäteren Jahren, nachdem 
er fih von der Verwaltung feiner Güter 
zurüdgezogen hatte. Als leidenichaftlicher 
Jagdliebhaber veröffentlichte er eine Reihe 
intereflanter Aufläge in jagdliden, land» 
wirtjchaftlihen und anderen Zeitſchriften 


Er er:| 





ſchaftlichen Gebiete an felbjtänd. Werfen: 

Aus der Jägerpraris. Intereſſante Beobad)- 
tungen auf der Jagd und aus dem Tierleben ıc. 
(1872), Büchſe und Zither (Jägerlieder 1875), 
Jagd und Hege des europäiidhen Wildes. Hand» 
buch für Jagdliebhaber und angehende Jäger (2. 
Aufl. 1883), Gallerie edler Hunderaſſen. Roll: 
ſtändiges Handbuch für Jäger und Hundelieb— 


zureichend Die einzig wahre Erklärung haber mit 40 Jlluftrationen (1884), Vorzüge der 
R a 


Plänterwirtichaft vor der Schlagwirtihaft, Mik- 
ernten und wie dem entgegen zu treten it, Die 
jest in Gebrauch jtehenden Jagdhunde (1885), 
Anleitung zur Erlernung der Treffjicherheit beim 
Schießen (2. Aufl. 1886), Vademecum für Näger 
und die es werden wollen (1887). An poctiichen 
Werken ift N. Verfafler folgender Schriften: Kaiſer 
Marimilian von Merifo (Trauerip.), Bertrand 
genannt Baltimore (T Trauerip.), So geht e8, wenn 
man auf fremdem Grund und Boden jagt (Luitip.), 
Herzog Wilhelm von Kurland und die Gebrüder 
Nolde (Trauerip. 1873), Herzog Wilhelm von 
Braunſchweig, genannt der ſchwarze Prinz (Cha: 


rafterbild aus den Befreiungskriegen, 1871), Des 


Dichters Wiegenfeitgabe am Standbilde Peters 
des Großen von Rußland (1872), Siegesfranz 


zur Verherrlihung der ruſſiſchen Waffen im Tür: 





fenfriege (1879). Außerdem viele Gelegenheits: 


gedichte. 
Nonne, Ludwig, wurde am 3. März 
1831 in Hildburghaufen geboren, lebt in 


dieſer Stadt und fchrieb in den Jahren 


1831 —84 die äußerjt günftig beurteilten 
hiſtoriſchen Romane: Georg Dipold, Aus vers 
gangenen Tagen, — von Rothenburg, 
Georg von Frundsberg, Ein Zug nah Rom. 
Nordau, War, iſt am 29. Juli 1849 
in Budapeſt geboren, abjolvierte das dor— 
tige Gymmafium und widmete fi dem 
Studium der Medizin an der dortigen 
Univerfität, betrieb daneben jedod) aud) 
eingehende literarhiltorifche Studien. Nach— 
dem er 1872 zum Dr. med. promoviert 
worden, begab er ſich für mehrere Jahre 
auf Reifen ins Ausland, befonders nad) 
Deutſchland, Rußland, Belgien, Spanien, 
Italien, Franfreid und England. Er er: 
weiterte feinen Geſichtskreis durch das viele 
Neue und Eigenartige, was die verſchiede— 
nen Nationen ihm boten, ungemein und 
verwertete diefe Kenntnis jpäter auch lite 
rariih. Seit 1880 lebt N. als Arzt in 
Paris, neben feiner beruflihen Wirkſam— 


Norden. — 


keit mit großem Erfolge als Schriftſteller 
thätig. Allgemein bekannt wurde N. zu— 
erſt durch ſeine geiſtſprühenden Federzeich— 
nungen aus Paris, aber weit mehr noch 
durch ſeine Konventionellen Lügen der Kultur⸗ 
menſchheit (1883, 12. Aufl. 1887), Die geradezu 
von fenlationellem Erfolge begleitet waren, 
vielen Staub aufwirbelten und dem Ver: 
faſſer ebenfoviele Freunde wie Feinde er: 
warben. 

Außerdem hervorzuheben: Aus dem wahren 
Milliardenlande (2. Aufl. 1881), Vom Kreml zur 
Alhambra (2. Aufl. 1881), Baris unter der dritten 
Republif (3. Aufl. 1881), Der Krieg der Millios 
nen (1882), Ausgewählte Barifer Briefe (2. Aufl. 
1887), PBaradore (4. Aufl. 1887), Die Krankheit 
ded Jahrhunderts (1887). 


Norden, Erich, ſ. Martha Eitner. 


40 — 





Nottbed. 


nennen wir nur die in den zwei leiten Jahren 
geichriebenen Dramen: Filipa (Schaufp.), Das 
Opferlamm (Luftip.), Die Parafiten (Luftip.), 
Der Sciroeco (Schaufp.), Die Poſen (Luftfp.), 
Die Snöilinifgen Bücher (Luftip.), Jettatura 
(Lultip.). 


Nottbeck, Eugenvon, geb.am 23. Juli 
(4. Aug. n. ©t.) 1842 in Reval als Sohn 
| des f. ruf. wirfl. Staatsrats Eduard v. N., 
erhielt feine Schulbildung daſelbſt in der 
eſthländiſchen Ritter: und Domfchule und 
im ejthländifchen (deutfhen) Gouvernes 
ments⸗Gymnaſium, be3og 1861 die liv- 
ländifhe Landesuniverfität zu Dorpat, 
ftudierte daſelbſt Rechtswiſſenſchaft, abjol- 
‚vierte 1865 das Standidateneramen und 
wurde darauf Advofat des eſthländiſchen 
Oberlandgerihts und im Staatsdienjt bei 
der eſthlaͤnd. Gouvernements:Regierung 











Nordhoff, Richard Freiherr v. Fuchs, angeftellt, 1870 zum Sefretär derjelben 


geb. am 28. Mai 1855 auf Schloß Moeckern 
bei Leipzig, erhielt feine erfte Erziehung 
im elterlihen Haufe, fpäter in Schnepfen- 
thal und in der Dresdener Kadettenſchule, 
abjolvierte das Thomasgymnafium, ftu: 
dierte in Heidelberg, Straßburg und Ber: 
lin, wo er Recht, Cameralia und Philo— 
fophie hörte; diente als Leutnant im 1. 
ſächſ. Hufaren-Regiment, heiratete dann 
in London die befannte Tagödin Fr. EI: 
menreich, trennte fich jpäter von derſel— 
ben, widmete ſich der Dlalerei, die er an 
der Münchener Akademie unter Linden: 
ihmidt, in Rom im Atelier Baul Scho: 
belts ftudierte, unternahm mehrfache Rei— 
fen nad) England, Franfreih und Nord: 
amerifa und lebt jeit 1884 in Nom. 
Sehr jung, nod Kind, ſchrieb N. Stüde in 
Verſen und Proſa in deutfcher und franzöfifcher 
Sprade, diejelben wurden auf der Hleinen Bühne 
im Garten zu Moedern, die er felbit angelegt 
hatte, aufgeführt. Im Jahre 1880 debütierte er 
am königl.Hoftheater zu Dresden mit dem ſchwank— 


haften Luſtſpiel „Korreſpondenz“, und zwar unter | 


ungewöhnlihem Beifalle.. Aber er gab diejes 
leichtere Genre bald auf. Die Wege, weldhe uns 
in Deutihland Gutzlkow, Freitag, Bauernfeld, 
Laube u, U. gecbnet haben, waren es, welche er, 
begeiftert von deren Leitungen, zu befchreiten be: 
ftrebt war: das Luftipiel in des Wortes edelfter 
Bedeutung. Bereits lohnten ſchöne Erfolge dies 
jes Streben. Mit Übergehung der Jugendwerke 


befördert, 1878 im Range eines Hofrats 
‚dem Minifterium des Innern zugezählt, 
1881 zum Regierungsrat und nod in dem» 
felben Jahre zum älteren Nat (Ober-Res 
gierungsrat) der eithländ. Gouvernements⸗ 
Regierung ernannt. 1882 wurde er zum 
Range eines Staatsrats befördert. Seit 
der im Sabre 1885 unternommenen 
waltfamen Nuffifizierung der deutichrrufft 
ſchen Dftieeprovinzen wurde jeine amtliche 
Etellung immer ſchwieriger, da er für Die 
Rechte des Landes und der evangelifchen 
Landeskirche einzuftehen bemüht war, und 
wurde er bereits 1886 genötigt, um feine 
Entlafjung aus dem Staatsdienit nachzu— 
fuchen. Seitdem lebt er als Brivatmann 
in Neval und als Mitglied einiger kirch— 
liher und Wohlthätigkeits-Inſtitute, fo ift 
er z. B. Vize Präfident der ejthländ. Ab- 
teilung der Gejellichaft des roten Kreuzes. 
Er verheiratete fih 1872 mit einer Ba— 
roneſſe Birard de Soucanton, aus welcher 
Ehe mehrere Kinder hervorgegangen find. 
Seine wiſſenſchaftlichen Arbeiten haben vor: 
nehmlich die Erforfhung der Rechts, und Kultur— 
gefchichte feiner Vateritadt, der alten Hanſeſtadt 
Neval, zum Gegenitand gehabt. Hierher gehören 
' feine fehr verdienten Werke: Die älteren Rats: 


familien Revals (1874), Siegel aus dem Nevaler 
Ratsarchiv (1880), Die alte Ariminaldronit Res 














Nover. 


vals (1884), Der alte Immobilienbeſitz Revals 
(1884), Die alten Schragen der großen Gilde zu 
Reval (1885); außerdem ift er auf dem Gebiete 
der Rechts · und Kulturgeſchichte in verjchiedenen 
Zeitſchriften aufgetreten. Betreffen auch die obigen 
Werke vornehmlich die baltiſche Geſchichte, jo hat 
doch das oben erwähnte Siegelmerf, welches wid: 
tig für die Sphragiftit ijt, auch im Auslande 
vielfaches Intereſſe erregt. 

Nover, Jakob, geb. am 22. Mai 
1845 zu Offenbach a. M., erhielt feine 
Gymnaſial- und Univerfitätsbildung in 
Gießen; ftudierte 1863—67 Philologie, 
promovierte und ward zuerit Erzieher in 
Cognac (Departem. Charente); 1868 Real: 
lehrer an der Seleftenihule zu Frank— 
furt a. M., von 1874 ab Gymnafial: 
lehrer in Saargemünd (Reichslande), und 
wirft feit 1876 am Gymnaſium zu Mainz. 

Hauptwerfe (durchgängig vorzüglich beurteilt): 
Bedeutung german. Mythologie für die Schule 
(1880), Urfprung und ältejte Geftalt der Nibe: 
Iungenjage (1880, als Vortrag gedrudt), Bedeu: 
tung und Nahmwirfung german. Mythologie (1880), 
Nordifch german. Götters und Heldenfagen (2. 
Aufl. 1886), Bilder vom Niederrhein und Weit: 
falen (Bd. V. und ein Teil in Bd. VI. des 
nationalen Werkes „Deutiches Land und Volk", 
1882 und 1883), Der Vater Rhein in Sage und 
Dichtung (1882), Rheinfahrt von Mainz bis Köln 
(Ein illuftr. Führer, 1885), Die Götterdämme: 
rung (Ber. d. Freien deutſchen Hochſtifts in Frank; 
furt a. M., 1886/87, gedrudter Vortrag), Wil: 
beim Tell in Poeſie und Wirklichkeit (Eine poe: 
tiſche Wanderung zu Tellerinnerungen, 1887), 
Ludwig Uhland (Säkularrede, Ber. d. Fr. D. 9. 
in Franff., 1887). Zerſtreute Aufläge belletrifti- 
fhen und populärmwiflenihaftl. Inhalts, ſowie 
Feuilletons in Zeitihriften und Tagesblättern. 

Nowotny, Iſabella (Ida Klein), 
wurde am 31. Januar 1828 zu Prag 
als die Tochter des Landgerichtsrats Joh. 
Edler von Grab geboren. Eine anhaltende 
Kränklichfeit hielt fie feit ihrer Geburt 
faft immer gefangen; ein Siehtum, das 
nit nur reih an Schmerzen war, jon= 
dern das ihr fogar die Erlernung der 
niederften Elemente des Wiſſens verjagte, 
da fie jedem Unterrichte fern bleiben mußte. 
Unter großen Hinderniffen und Echwierig- 
feiten bildete fie ſich autodidaktiſch heran 
und wurde nicht nur eine treffliche Dich— 
terin — Sie ift auch Meifterin am Kla— 


441 


Nußbaum. 


vier. Ein Drang des Grübelns und For: 
ſchens über fihtbare wieunfichtbare Dinge, 
mit nicht gewöhnlichen Scharffinn gepaart, 
gab in dem zarteften Alter fchon ihrem 
Naturell das beftimmte Gepräge, das noch 
heute J. Klein und ihre Werke Fennzeich- 
net, Ein reicher Geiftesfond wurde ihr 
als Erſatz für ihre körperliche Gebrechlich— 
feit. Eine ausgeprägte Vorliebe zur Eins 
jamfeit begünftigte frühzeitig ihren Drang, 
‘all’ die empfangenen Eindrüde niederzus 
Ichreiben. Am Jahre 1854 vermählte fie 
ſich mit dem jegigen Zandesadvofaten Dr. 
Nowotny in Prag. Erſt im Jahre 1862 
— fo lange hielten die Verhältniffe fie 
von der Veröffentlichung ihrer jchriftftelle- 
rifhen Arbeiten zurüd — erſchien ihr 
erites Buch Pſfychologiſche Skizzen, dem die 
Kritik jehr freundlich entgegenfam. K. V. 
Hansgirg war es, der insbejondere J. K. 
zu fernerem Schaffen aufmunterte. Erft 
nad) der Herausgabe ihrer Novellen (1868) 
fing fie an, auch journaliftiich hervorzu— 
treten, heute rechnen zahlreiche angejehene 
| Blätter des In: und Auslandes fie zu ihren 
Mitarbeitern. Von ihren, durch die Kri— 
tif fehr anerfannten Werfen find außer 
den genannten hervorzuheben: 

Gedichte (1882), Kritiihe Studien über bes 
rühmte Berjönlichkeiten (1882), Winzige Sädhel: 
chen (1882), Sokrates (Rom. 1884). Befonders 
dieſer leßtere Roman machte die Autorin vorteils 
baft befannt, Dritter Novellenband (1886), Juss 
jurandum (Rom, 1887). 

Nußbaum, Johann Nepomuk Ritter 
von, wurde am 2. September 1829 als 
der Sohn eines jehr tüchtigen und ans 
geiehenen Juriften in München geboren. 
N. verlor feinen Vater im zarteften Kindes— 
alter. Seine Mutter, eine arme Witwe, 
konnte ihren vier Kindern feine Protef: 
tion verichaffen, fie mußte fi) und Die 
Ihrigen mühfam durbringen. N. abfol: 
vierte das Gymnaſium in feiner Vater: 
ftadt, bezog darauf die Univerfität, und 
bier waren es befonders die Naturwiſſen— 
ihaften, die ihn mit bejonderer Kraft 
anzogen. Er widmete fih dem Studium 
der Medizin. Schon als Student be: 








Nußbaum. 


trieb er mit beſonderer Vorliebe Augen⸗ 
heilkunde und Chirurgie. Aufſehen er— 
regte er mit ſeiner ſchönen Erfindung der 
künſtlichen Cornea. Dieſe ſeine Arbeit 
brachte dem Studenten N. viele Neider, 
richtete aber auch das Augenmerk hoch— 
geſtellter, in einflußreichen Stellungen ſich 
befindlicher Arzte u. a. von Pfeffer und 
v. Siebold auf den hoffnungsvollen jun— 
gen Mann, der mittlerweile zum Doktor 
promoviert worden und als Choleraarzt 
auf dem Lande ſeine Praxis begann. 
Bald darauf ging er nach Berlin, um 
Schönlein und Romberg, Gräfe und Lan— 
genbeck zu hören und kennen zu lernen. | 
Bon Berlin brachte N. die Heilgymnaftif | 
nad München, und dieje jchaffte ihm bie, 
Mittel, zu feiner weiteren Ausbildung 


— 42 — 


Oberbreyer. 


rurgiſche Klinik zu Münden im Jahre 1875“ bie 
Aufmerkſamkeit aller Chirurgen auf fi gezogen. 
N. Ichrieb über 80 wiſſenſchaftliche und populäre 
Schriften. Seine „Antifeptit” ift in ungewöhn⸗ 
lich hohen Auflagen vergriffen und in fünf 
Sprachen überjegt worden. 

Das Privat:Spital N.'s, welches jeit 29 Jahren 
beftebt, feine chirurgiſche Klinik in Münden ge 
bören zu den befuchteiten in Deutihland. In Ans 
erfennung feiner ausgezeichneten Berdienite wurde 
er durch die Verleihung hoher Orden geehrt und 
zum fol. baierifchen Generalftabsarzt äà la suite 
ernannt. 


—* 


Oberbreyer, Max, wurde am 24. 
Juni 1851 in Magdeburg als der Sohn 
eines angeſehenen Kaufmannes geboren. 


nach Paris zu gehen, um Velpeau und Den erſten Unterricht erhielt er im elter— 


Nélaton, Jobert (de Lamballe), Mai— 
ſonneuve u. A. in ihrer Klinik am Kran— 
kenbette zu ſehen und auch in der fran— 
zöſiſchen Schule zu lernen. Nach Mün— 
chen zurückgekehrt, habilitierte er ſich für 
Chirurgie, und hatte ſein Name einen ſo 
guten Klang, daß die Univerſität Zürich 
einen Ruf als Profeſſor der chirurgiſchen 
Klinik an ihn erließ. N. leiſtete jedoch 
dieſer ehrenvollen Berufung keine Folge. 
Der ausdrückliche Wunſch ſeines Königs 





hielt ihn zurück, und Max II. ernannte ihn 
zum Profeſſor der chirurgiſchen Klinik in 
Münden. Was N. in dieſer Stellung bis— 
her geleiſtet und noch leiſtet, iſt jedem Arzt 
und beſonders jedem Chirurgen bekannt. 
N. hat faſt in jedem Kapitel der Chirur— 
gie Hervorragendes geleiſtet: 

Seine literar. Arbeiten über die verſchiedenſten 
chirurgiſchen Themata bilden allein eine Biblio— 
thek. Er ſchrieb: Über Hornhauttrübungen, Über 
Cornea artificialis. Über Transfuſion, Über 
Chloroform, Über Nervenrefektionen, Über Litho: 
tomie und Lithotripfie, Über temporäre Tracheo— 
tomie, Über cavernöfe Tumoren, Antylofen, Bla: 
fen: und Maſtdarmkrebs, Berlängerte Narfofe, 
Dvariotomie, Bauchwunden, Parenchymatöſe In: 
jeftionen, Dehnung der Nerven, Kniereſektion, 
Geihmwüre, Drainage der Bauchhöhle, Lifters 
antijeptiihe Behandlung, Krebs, Hofpitalbrand, 
Knochen » Transplantation und vieles Andere, 
Ganz befonders aber hat feine Schrift „Die dis 


lichen Haufe; darauf befuchte er das kgl. 
Domgymnafium feiner Baterjtadt, das er 
bis zur Prima ablolvierte, um dann, dem 
Wunſche feines Vaters gemäß, in eines 
der eriten Bankhäuſer Magdeburgs eins 
zutreten. Aber nur für kurze Zeit blieb 
der hochſtrebende Jüngling dem, ihm 
poeſielos ericheinenden Dienfte Merkurs 
getreu. Ein leidenichaftliher Trieb zu 
den Wiffenichaften riß ihn aus einer 
Laufbahn fort, die ihn innerlich nicht be= 
friedigte. Am Gymnafium zu Rudolſtadt 
legte er, nachdem er dasjelbe noch ein 
Jahr beſucht Hatte, jein Abiturientens 
eramen ab und bezog darauf die Univer— 
fität Leipzig (1872), um klaſſiſche und 
neuere Philologie und Geſchichte zu ſtu— 
dieren, jpäter beſuchte er die Univerfi- 
täten zu Halle, Heidelberg und Berlin, 
wo er fid) den Doftorgrad erwarb. Unter 
den Profeſſoren waren es beſonders Ritſchl, 
Ernft und Georg Gurtius, Editein, 
BZarnfe, Hildebrand, Mommſen, die Ein- 
Muß auf O's Richtung übten. Kurze 
Zeit nad) Ablegung feines Eramens wurde 
D. zum Lehrer am fgl. Friedrich: Wil- 
helms-Gymnafium zu Berlin ernannt, 
aber ſchon Ende besfelben Jahres als 
Aſſiſtent des kgl. Kreisichulinipeftors nad) 


Oberländer. 


Düffeldorf geſchickt. Jedoch bereits 1877 
quittierte er den Staatsdienft und fehrte 
nad) Berlin zurüd, um fi ausſchließlich 
dem jchriftitelleriichen Berufe zu widmen. 

D. machte ſich namentlich bald durch feine 
polemifchen Schriften „Reform der Doftorpro: 
motion“ (4. Aufl.), und das „Zech:Recht” be: 
fannt, welche eritere in Gelehrtens, letztere in 
ftudentifchen Kreiſen Auffehen erregte. Außer: 
dem haben wir unter feinen, meift ſehr günftig 
aufgenommenen Werfen hervorzuheben: Dreißig 
Überfegungen der alten griechiſchen und römifchen 
Klaffiter mit Einleitung und Erläuterung, Ana- 
lecta eritica in Taeiti dialogum, Die Götter: 
lehre der Griechen und Römer, Weltgefhichte für 
Gymnaſien und Realſchulen, Deutiche Literaturs 
—— von Ulfilas bis Uhland, Das Komment: 
uch des Mittelalters (5. Aufl.), Vom ſchweren 
Mißbrauch des Weines (3. Aufl.), Boners Edel⸗ 
ſtein in ſprachlicher Erneuerung, Meier Helm— 
brecht, Macchiavellis Buch vom Fürſten, Heitere 
Geſchichten, Feſthymne für den Großherzog von 
Weimar. D. iſt außerdem Mitarbeiter einer 
Reihe von Journalen und als Feuilletonift be» 
liebt. 1879 fiedelte D. zu feiner Familie 
nad) Magdeburg über, wo er zuerft für 
die Magdeburgiſche Zeitung arbeitete und 
fpäter die Redaktion des „Magdeburger 
Tageblattes“ vier Jahre hindurch führte. 
1883 nahm D. feinen Wohnfig in Leipzig. 
Seines Wirfens auf humanitärem Ge— 
biete wegen ernannte ihn die Stadt Saal- 
burg zum Ehrenbürger und wurde ihm 
vom Fürſten Reuß j. 2. der Hausorden 
verliehen. 


Oberländer, Rihard, wurde am 24. 
September 1832 in Zwidau geboren, wid: 
mete fih nad) Abjolvierung des vater: 
jtädtiichen Gymnafiums dem Studium der 
Geographie und Geſchichte zu Leipzig, 
unternahm viele und weite Reifen ins 
Ausland, durchforſchte bejonders Afrika 
und Auftralien und verwertete die Er: 
gebniffe jeiner Reifen literariih in den 
hochbedeutenden Werfen: 

Deeanien (1873), Weft-Afrifa (3. Aufl. 1878), 
Livingſtone's Nachfolger (3. Aufl. 1884), Auftra 
lien (2. Aufl. 1880), Zivingitone (6. Aufl. 1882), 
Enpern (1882), Fremde Völker (1883), Merifo 
(2. Aufl. 1884), Bon Ocean zu Ocean (1884), 
Deutſch⸗Afrika (1885). 

D. lebt als Redakteur und Herausgeber 
der „Weltpoft” in Leipzig. 


443 


Oberleitner. 


Oberleitner, Karl, ift am 2. Mai 
1821 in Wien geboren. Er widmete ſich 
dem Studium der Bhilofophie, nach deſſen 
Abjolvierung er in den Staatsdienft trat, 
und zwar unter Grillparzers Leitung als 
Beamter des k. f. Hofkammer-Archivs, 
deſſen Direktion er im Jahre 1866 über: 
nahm, jedoch bereits im folgenden Jahre 
wieder niederlegte, um ausſchließlich ſei— 
ner Mufe dienen zu fünnen. Der Ber: 
fehr mit Grillparzer bejonders war es, 
aus welchem D. eine hohe Anregung für 
fein poetifches Talent entiprang. Dieſer 
ermutigte ihn auch, ſich als Bühnenjchrift- 
fteller zu verfuchen, als welder er dann 
fpäter auch große Erfolge zu verzeichnen 

at. 


Hauptwerke: Perikles (Trauerjp.), Gedichte 
(1873), Aleranderd Zug nad Perjien (Dram.), 
Sovinda (Schaufp.), Behram (Trauerfp.), Armis 
nius (Trauerfp.), Joh. Plantagenet (Dram.), 
Donna Maria de Pacheco (Tram.). 


Obrift, Joh. Georg (Er. Braun), geb. 
am 26. Mai 1843 in Jenbach (Tirol), 
studierte Philofophie und Philologie in 
Annsbrud, um fi dem Lehrerberuf zu 
widmen. In demſelben wirkte er in Czer— 
nowig und Trautenau, legte 1875 jedoch) 
bereits fein Amt nieder, um die ihm an- 
gebotene Stelle eines Bibliothefsbeamten 
an der Innsbrucker Univerfität zu über: 
nehmen, als welcher er nod) jet in Inns⸗ 
brud lebt. Den literariihen Plan betrat 
er, abgejehen von einigen poetiichen und 
novelliftifchen Kleinigkeiten in Zeitihriften, 
im Jahre 1868 an der Hand von K. €. 
Franzos, mit dem in Gemeinjchaft er die 
„Bucdhenblätter, Jahrbuch für deutiche Liz 
teraturbeftrebungen in der Bukowina“ 
herausgab und redigierte (1869— 73). 
Außerdem war er ein beliebter jtändiger 
Mitarbeiter der „Bohemia”. Bon feinen 
jelbftändigen, ſehr günftig beurteilten Wer: 
fen heben wir hervor: 

H. Suarinoni (1867), Georginen (1870), Die 
Pariſer Bluthochzeit (1871), Hermann v. Gilm 


(1874), Jutta v. Straußberg (1875), Balthaf. 
Eonradinus (1876), Für Igls (1885). 


Ochſenius. 


Ochſenius, Carl Chriftian, geb. am 
9. März 1830 in Kaſſel als Sohn des 
Hofbeamten 3. F. D., erhielt Gymnafial- 
unterricht bis 1844, trat dann über in 
die polytechniſche Schule feiner Vaterſtadt. 
Nach Abfolvierung des dreijährigen Kur: 
fus in leßterer, wo er u. a. den Unter: 
richt eines Philippi, Dunfer und Winkel— 
blech genoß und ſchon 1846 in Pfeiffers 
Flora von Niederheflen Erwähnung fand, 
bereitete er ſich neben allgemeinen natur: 
willenichaftlihen Studien zum Bergeleven 
auf furheffiihen Werfen vor und folgte 
1851, angefihts der damaligen trüben 
Ausfichten in feiner engeren Heimat, gern 
der Aufforderung Philippi’s, als deſſen 
Aſſiſtent mit nad Chile zu gehen. Bis 
1857 blieb er in diefer Stellung als treuer 
Mitarbeiter feines hochverehrten Lehrers, 
ber feiner nit nur literariich rühmend 
gedachte, ſondern auch verichiedene dile: 
niſche neue Pflanzen: und Mollusfenipe: 
zies nad) ihm benannte. 1858 übernahm 
D. die Leitung dortiger Bergwerfe und 
begann jelbitändig als Schriftiteller auf 
naturbiftoriihem Gebiete thätig zu wer— 
den; Aufſätze von ihm erjchienen im „Aus: 
land“, in ſpaniſchen Zeitjchriften u. |. w. 
1865 bereifte er den Dften Nordamerifa’s, 
befuchte feine Heimat, unterfuchte die Res 
gentihaft Tunis bergmänniſch, kehrte nad) 
Chile zurüd und erforjchte neben feiner 
Berufsthätigfeit verjchiedene Teile von | 
Südamerika. BeiEinheimifchen und Frems 
den Stand D. in Chile in hohem Anfehen 
und vertrat dabei die nationalen und per: 
fönlihen Intereſſen der Deutichen in her: 
vorragender Weife, jo daß Graf Bismard 
ihn 1869 nad) feiner Rückkehr ins Vater: 
land in Varzin empfing und als Galt der 
Familie bei fich behielt. Noch im jelben 
Jahre ftudierte er die Yagerungsverhält- 
nifje der ficilianiihen Schwefeldiftrifte, 
nahm 1870 eine Milfion nad) Peru an 
und ließ fi 1871 in der heſſ. Univer- 
ſitätsſtadt Marburg nieder, um das reiche 
wiſſenſchaftliche Material, das er wäh— 





444 





rend feines 20jährigen Aufenthalts im 


— 


Dechsli. 


Auslande geſammelt, zu bearbeiten. Ne— 
ben ſeinem alten Lehrer und Freund, 
Geh. Bergrat Profeſſor Dunker, baute 
er ſich da an, heiratete 1874 eine junge 
Freiin Rau von Holzhauſen und führte 
ſich durch ſein Werk Die Bildung der Stein— 
ſalzlager und ihrer Mutterlaugenſalze (1876) 
trefflich als Geolog unter feine Fachge— 
noſſen ein. 

Weitere Publikationen über verwandte Mate— 
rien folgten, z. B. in Nova Acta Leopoldinae, 
Natur, Zeitfchrift der deutichen Geologiſchen Ges 
fellichaft zc. ze. 1878—79 verweilte D. monta— 
niftifcher Zwecke halber in Utah und Nevada, ver: 
öffentlichte feine da gemachten Beobachtungen in 
der legterwähnten Zeitichrift, jchrieb 1683 einen 
Band „Chile, Land und Leute”, wurde 1884 
wegen feiner vorzüglichen Zeiftungen auf geolo- 
giſchem und geographiihem Gebiete zum Ehren: 
doftor der Univerfität Marburg ernannt, 
mit Erfolg die Unausführbarfeit des Projektes 
von Roudaire, welches die Herftellung eines nord» 
afritanischen Binnenjees in der Region der alge— 
riſch-tuneſiſchen Schotts bezwedte, und verfahte 
1886 „Die Bildung des Natronſalpeters“. D. ift 
vorzugsweife thätig in der genetiſchen Geologie, 
liefert aber auch zahlreiche Beiträge für andere 
Zweige der Naturwiſſenſchaften. Er ift Mi 
vieler gelehrten Gefellichaften und jeit 1874 
ful von Peru für die Provinz Heflen-Naffau. 


Oechsli, Wilhelm, geboren zu Ries: 
bad bei Zürich am 6. Dftober 1851, 
empfing feine Vorbildung auf dem Gym 
nafium Zürich, ftudierte in Zürich, Berlin 
und Heidelberg Theologie und Gejchichte, 
in meld) legtere er hauptfähli von Mar 
Büdinger eingeführt wurde, und bofto- 
rierte 1873 mit einer Diflertation „ 
die Historia Miscella 1. XII—-XVIH. 
und den Anonymus Valesianus II”. 
Nah einem mehrjährigen Aufenthalt in 
Paris übernahm er 1876 eine Lehrftelle 
für Gefhichte am Gymnafium Winter: 
thur und wurde 1887 als Profeſſor der 
Schweizergeſchichte an das eidgenöffiiche 
Volytehniftum in Zürich berufen. Won 
feinen, um die Kenntnis ſchweizeriſcher 
Geſchichte verdienten Werfen u. a. heben 
wir hervor: 

Bilder aus der Weltgeihichte (1878—79, 
Aufl. 1887), Lehrbuch für allgemeine Gejchichte 
und vaterländiiche Geichichte (1883—85, obliga— 


2 


Dehninger. 


445 


Delſchläger. 


toriſches Lehrmittel an der Sekundarſchule des in 100 Paragraphen, Die Anfechtungen des 
Kts. Zürich), Der Anfang des Glaubenskonfliktes Glaubens von Seiten des modernen Zeitgeiſtes, 


wiſchen Zürich und den Eidgenofjen 1521—1524 
1883), Der Streit um das Toggenburger Erbe 
1885), Duellenbuch zur Schweizergeichichte (1886), 
Zur Sempacher Schlachtfeier (1886). Außerdem 
Aufſätze in Fach-Zeitichriften, Feuilletons ꝛc. 
Dehninger, Friedrich, wurde am 17. 
März 1837 in Elgg (Schweiz) geboren 
und frühe für den geiftlichen Beruf be— 
ftimmt; ohngeadhtet feiner Neigung für 
die Mathematif, ftudierte er in Baſel, 
Züri und Tübingen Theologie. Be: 


fonders der Philoſoph Steffenien, die | 


Theologen Auberlen und Tobias Leils 
wirkten auf ihn ein. Nach beendeter 
Hochſchulzeit ſetzte D. feine Studien in 
der Stille des Landlebens fort. 


für feinen hohen Beruf jo nötig iſt. 
Später, als Pfarrer mehrerer Gemein: 
ben auf dem Lande, einige Zeit auch als 
Prediger und Yugendlehrer in der Stadt, 
reifte er im Umgang mit Menjchen aller 
Bildungsgrade und Stände zu der Klar: 
beit und Gewißheit des chriſtlichen Glau— 


nen Schriften auch jeinen Brüdern, 
Geiftlihen wie Laien, zu dienen. Be: 
fonders fand er in 12jähriger Anftellung 
bei der Gemeinde Schwarzenbach Muße 
für feine literariihen Beitrebungen, die 
dur den innigen Verkehr mit Profeflor 
Tierſch, Verfaſſer des klaſſiſchen „Fami- 
lienlebens“, gehoben, wie auch durch eine 
längere Reiſe nach England angeregt 
wurden. 1882 aus England zurückgekehrt, 
erwählte ihn die Gemeinde bei 
Schaffhauſen, allwo er noch jetzt amtiert, 
zu ihrem Seelenhirten. 
Hervorzuheben iſt das in 8 Heften erſchienene 
Sammelwerk: Altes und Neues aus dem Schatze 
icher Erkenntnis; ferner das —* Die 
Rede des Stephanus, worin Lage und Aufgabe 
der gegenwärtigen Chriftenheit im Lichte der 
Offenbarung in 40 Betrachtungen und 
zur Sprache kommen; jodann eine 
wiſſenſchaftliche Beleuchtung des modernen Spiri: 
tismus; weiter: Peinip, Beruf und Entartun 
des Proteftantismus, Abriß chriftlicher Lehre, 





Hier. 
d diejenige i Befriedigung, | i en : 
ee ae gefehlt oh ai ae ‚und literaturgeihichtlihen, wie philoſo— 








Ehe und Ehehinderniſſe nad Gottes Gebot. 
Auch ift O. Mitarbeiter des „Deutſchen Volks— 
freundes* in Newyork. 


Deljchläger, Hermann, geboren am 
19. November 1839 in Schweinfurt, be— 
ſuchte das vaterftädtiihe Gymnaftum, 
deſſen Rektor fein Vater war, und bezog 
1856 die Univerfität München, wojelbit 
er urjprünglich die Rechte ftudierte. Im 
Jahre 1859 trat er glei) anderen Stu— 
diengenofjen als Offizier in die bayr. 
Armee, den in Süddeutichland ficher er: 
warteten Krieg gegen Frankreich mitzus 
maden. Aber jchon 1861, des Mili- 
tärdienjtes müde, fehrte er nah Mün— 
hen zurüd, fih nunmehr rein kunſt— 


phiſchen Studien zumendend. Nach Boll- 
endung diefer Studien und nad) zurück— 
gelegter Doktorpromotion widmete er fich, 
zu München lebend, ganz der Schrift: 
jtellerei, um nur im Jahre 1866 als 
Premierleutnant abermals auf kurze Zeit 
in den Reihen der bayr. Armee zu ftehen. 


bens heran, die ihn trieb, in verichiede- Im Jahre 1869 trat D. als Mitglied in 


die Redaktion der „Gartenlaube”“, wes— 
halb er nach Leipzig überfiedelte.. Nach 
feinem Ausjcheiden aus diefer Stellung 
brachte er zunächſt ein Jahr auf Reijen 
im Süden zu, zog ſpäter nad) Gannitatt 
und 1884 nah Weimar, wo er vom 
Großherzog zum Curator des Goethe-Na= 
tionalmufeums ernannt, noch jegt als 
angejehener Schriftſteller wohnhaft it. 
Außer einem Bande formvollendeter, fin: 
niger Gedichte (1869) verfaßte D. Die 
äußerft günftig beurteilten, zum Teil ins 
Englifche überfegten Nomane und No— 
vellen: Wunderliche Leute (1870), Novellen 
(1872), Plaudereien aus Rom (1875), Novellen 
in Dftaven (1882); Engel flirt (Ep. 1886), 
Die Kunſt im Haufe (Schaufp. 1887). Werner 
überjegte er Dvids Elegien der Liebe (1380, 2. 
Aufl. 1881) und des Muſäos Gedicht von Hero 
und 2eander (1883). 


Dertel, Georg, ift geboren am 27. 
März 1856 im Pfarrhaufe Groß-Dölzig 





Dertzen. — 446 — 


Desfeld. 


b. Leipzig. In der Luft des Pfarrhaufes | hatte, wodurch fein Geſichtskreis ſich un- 


aufgewachſen und von feinem Vater vor: 
gebildet, bezog er die Landesſchule Meißen 
und dann das Gymnaſium in Baugen. 
Die lieblihe Laufig ift ihm zur zweiten 
Heimat geworden. In Leipzig ftudierte 
er Philologie, Geſchichte und befonders 
Kunftgefhichte und promovierte zum Dr. 
phil. Overbeck und Springer waren 
ihm leuchtende Vorbilder und anregende 
Lehrer. Die Not des Lebens zwang 
ihn, nad abgelegtem Eramen in das 
Schulamt überzugehen und feinem ei- 
gentlihen Plan, der akademiſchen Thä- 
tigkeit fih zu widmen, zu entfagen. So 
wirft er denn feit 1879 als Lehrer, dann 
als Oberlehrer am Realgymnafium in 
Leipzig. 

Die Stunden feiner Mufe verwendet er zu 
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten, Novellen und Auf: 
fägen in riftlich-fonfervativem Geifte, von denen 
einige im Quellwafler, in der Romanbibliothet, 
dem Aulturfämpfer, dem Nachbar, andere in po» 
litiſchen Zeitungen, der Leipziger Zeitung und 
dem Reichsboten erfhienen find. An felbitänd. 
Werken erfhien bisher: Beiträge zur Geſchichte 
der Genrebildnerei bei den Hellenen (1879). 


Derten, Georg Baron v. (Lud. Ro: 
bert), wurde am 2. Februar 1829 auf 
dem Gute Brunn (Medlenb.) als Sproß 
eines alten Mecklenb. Adelsgeſchlechts ge⸗ 
boren. Nachdem er das Gymnaſium zu 
Wittenberg abſolviert hatte, bezog er 1848 
die Univerſität Bonn, ſpäter die zu Göt— 
tingen und Berlin, wo er ſich dem Stu: 
dium der Rechte hingab. Im Jahre 1850 
trat DO. in das Hufaren-Regiment in 
Ajchersleben, dem er, feit 1852 als Offi- 
zier, fünf Jahre angehörte. Noch wäh— 
rend dieſer Zeit begann er feine diplo— 
matiſche Laufbahn und zwar als Ges 
fandtichaftsattahe in Frankfurt, wo er 
fi) der Gunft Bismards zu erfreuen 
hatte, der ihm auch jpäter fein Wohl— 
wollen bewahrte. Bon 1857— 1864 fun— 
gierte D. als dienjtthuender Kammerherr 
der Prinzelfin Anna von Heflen, in wel- 
her Eigenfchaft er die hohe Frau auf 
ihren ausgedehnten Reifen zu begleiten 


— — [U — — — — — 


gemein erweiterte. Um ausſchließlicher 
ſeinen poetiſchen Arbeiten leben zu kön— 
nen, für die ihm in ſeiner Hofſtellung 
wenig Muße blieb, legte O. dieſe nieder 
und ging nach Tübingen, ſpäter nach 
Heidelberg. Erſt im Jahre 1879 nahm 
er ſeine diplomatiſche Karriere, die er in 
Frankfurt begonnen und beendete, wieder 
auf, und zwar ging er nach einander nach 
New-York, Konſtantinopel und ſchließlich 
als kaiſerlicher Konſul nach Marſeille, 
wo er noch heute in dieſer Eigenſchaft 
lebt. O. iſt durch ein geradezu phäno— 
menales dichteriſches Improviſationstalent 
ausgezeichnet. Er beherrſcht in ſtunden⸗ 
langer, nie ſtockender Rebe fait jedes Vers- 
maß, ein Hauptgrund für feine Beliebt 
beit an den vielen Höfen, deren BE er 
gemwejen. Seit langen Jahren auf bas 
glüclichfte mit einer, gleichfalls poetiſch 
angelegten, ihn voll verftehenden Lien- 
länderin vermählt, widmet er auch jett 
noch feine Muße dem Apoll. 

Hauptwerfe: Gedichte (3. Aufl. 1861), Heim» 
gebrachtes (1866), Vom Vaterlande (1867), Aus 
Kämpfen des Lebens (1868), Im Sonnenſchein 
und Wind (1868), Alte Bilder und junge Blätter 
(1869), ——— (1872), Satiren und 
Gloſſen eines Weltmannes (1873), Liebeslieder 
aus jungen Tagen (1875), Stimmen des Lebens 
(1876), Reime eines Berjchollenen (1877), Deutiche 

Träume, deutiche Siege (1877), Adam contra 
Eva (2. Aufl. 1878), Schrullen (1878), 
Wege (1880), Epigramme und Epiloge (1880), 
Pera bei Poetenlicht (1883), Lieder und Laute 
(2. U. 1884), Aus den Herbergen des Lebens 
(1886), Eines Lyriferd Chronif (1887). 


Desfeld, K. A. €. Mar v., geboren 
zu Berlin am 19. November 1819, wid: 
mete ſich zunächit dem juriftiichen Stu- 
dium auf der Univerfität Berlin von 1840 
bis 1843, trat dann als Ausfultator beim 
Kgl. Stadtgericht dafelbit ein und fungierte 
bei demſelben hiernächſt als Referendar 
und Aſſeſſor, als welcher er zur k. Re— 
gierung übertrat und bei derſelben in Stet⸗ 
tin eine Zeit lang arbeitete. Im Jahre 
1847 nahm er aus Familienrüdfichten 
feinen Abſchied und widmete fi) nunmehr 


Deiterlein. 


dem Schrifttellerfahe. Als erjtes Wert 
erfhien von ihm 1857 Preußen in ſtaats— 
rechtlicher, fameraliftiiher und ftaatsmirtichaft« 
liher Beziehung (2. Aufl. 1870). Seitdem 
lieferte er teils jelbjtändige umfangreiche 
und als höchft bedeutend anerkannte ju- 
riftifche und volfswirtichaftliche Werke, 
wie 1879 den Kommentar zu fämtlichen deut: 
ſchen Reichs⸗Juſtizgeſetzen, Das Grundeigentum, 
Die GewerbefteuersGejeggebung Preußens (1877), 
Die Beurfundung des Perfonenftandes ꝛc., nad 
dem preuß. Geſetz vom 9. März 1874 ıc. (1874), 
Sammlung jämtlicher Enticheidungen über das 
Preubiihe Baurecht (1887), teild eine Menge in 
verjchiedenen Zeitihriften, wie dem „Berliner Bär“, 
der „Bollswirtfchaftlihen Bierteljahrsichrift” ꝛc. 
zerftreuter Aufläge und Artikel hiftoriichen, bio» 
grapbifchen, volfswirtichaftlihen und juriftiichen 
Inhalts; auch redigierte er drei Jahre lang bis 
1886 die Berliner „Handels: und Gewerbezeitung”. 
Seine gegenwärtige fchriftftelleriihe Thätigkeit 
bemegt fich vornehmlich auf dem Gebiete der Be: 
arbeitung der Enticheidungen der höchſten deutichen 
Gerichtshöfe für die verfchiedenften Fachzeitſchriften, 
fomwie der ſtreng⸗wiſſenſchaftlichen Kritif über die 
hervorragendften Erfcheinungen der juriſtiſchen, 
Verwaltungs: und volfsmirtiaftlichen Literatur. 

Oeſterlein, Nikolaus, geboren am 
4. Mai 1841 in Wien, als Sohn des 
damaligen Berg: und Hüttenwerksbeſitzers 
Alois D., zeigte ſchon als Kind einen 
großen Sammeleifer, verbunden mit eis 
nem außergewöhnlichen Drdnungsfinn, ber 
ihm bei feinem fpäteren großen Unter: 
nehmen, nicht wenig zu jtatten fam. Nach— 
dem er bie Unter: und Oberrealichule in 
Wien abjolviert hatte, oblag er in Wien 
und Leoben technifhen und montanijti- 
fhen Studien, um dereinſt die Leitung 
der Eifenwerfe feines Vaters zu über: 
nehmen. Durch die Ungunſt der Berhält- 
niffe gezwungen, mußte er indejlen dieſe 
Karriere aufgeben, die aud) feinen Nei- 
gungen nicht eigentlich zufagte. Er nahm 
1865 bleibenden Aufenthalt in Wien, 
wo er bei einer der erjten $abriksfirmen 
als Beamter angejtellt wurde, bei welcher 
er nun feit 21 Jahren ununterbrochen 
thätig if. Die Stellung gewährte ihm 
doch fo viel Muße, um fi feinen wiſſen— 


447 


Dettingen. 


dem befannten Komponiſten Julius von 
Beliczay Kenntniffe in der Harmonielehre 
an. Im Jahre 1868 fiel ihm Richard 
Wagner's epochemachendes Werk „Oper 
und Drama“ in die Hand und machte 
auf das Gemüt des jungen Mannes einen 
unauslöſchlichen Eindruck; bald zählte er 
zu den begeiſtertſten Anhängern des großen 
Künſtlers. Im Jahre 1876 wohnte er 


als Patron den Bayreuther Feſtſpielen bei. 

Die Eindrücke, die er davon empfing, legte er 
in ſeiner erſten Publikation dar, welche den Titel 
führt: Bayreuth. Eine Erxinnerungsſkizze (2. 
Aufl. 1877). Eine zweite Brofhüre: Die Wal: 
füre und das Rheingold in Wien (1878) be 
ſchäftigte fich eingehend mit der Aufführung jener 
beiden Werke in der Wiener Hofoper. Er begann 
nun die Literatur über Richard Wagner zu —*— 
meln. Dieſe Sammlung der wichtigſten Literatur 
über Wagner wuchs binnen wenigen Jahren zu 
einem rieſigen Archive an und erſchien 1882 fein 
Katalog einer Rihard Wagner-Bibliothef. Diefes 
große bibliographiihe Werk enthält die Wagner» 
Literatur von ihren Anfängen bis 1881; der 2. 
Band (1882) übertraf noch an Umfang den erften 
Band. Ein dritter Teil wird die Wagner:Bis 
bliographie von 1881 an bis zur Neuzeit ent» 
halten. Um feine Sammlung möglichit vielen 
Intereſſenten zugänglich zu machen, faßte er den 
Plan zur Errichtung eines Wagnermufeums, den 
er in zwei Beofhüren: Entwurf zu einem Ri» 
hard Wagner:-Mufeum und: Das Richard Wag- 
ner-Mufeum und fein Beitimmungsort (1880. 
entwidelte. Dieſes Mufeum follte die Samms 
fung in umfafjfenderer Weiſe fortführen, als es 
einem Privatmann möglih war; leider fam das 
Projeft, wodurd dem großen Meifter ein bedeu- 
tendes und würdiges Denkmal geworben wäre, 
nicht zu Stande, indem fi Niemand finden 
wollte, der es finanziell gefördert hätte. Um 
aber doch dem Publikum wenigſtens einen vor 
läufigen Einblid in die aufgehäuften Schäte des 
Archives zu gewähren, fahte De. den Entſchluß 
auf jeine eigene Koften, und unter feiner eigenen 
Zeitung eine permanente Ausftellung des Schens» 
würdigiten aus feiner Sammlung zu veranftalten 
und jchritt 1886 an die Ausführung feines 
Planes, wodurd er fich den Danf aller Wagner: 
Freunde erworben hat. 


Dettingen, Alerander von. Ich bin 
als Balte in den deutſch-ruſſiſchen Oſtſee— 
provinzen am 12./24. Dezember 1827 
auf dem Landgute Wiſſuſt bei Dorpat ges 


ſchaftlichen und fünftleriihen Neigungen |boren. Dein Bater gehörte dem hiefigen 
widmen zu fönnen, fo eignete er fi) bei | Indigenatsadel an und ftarb früh (1846) 


Dettingen. 


als Landmarfchall Livlands. Er war da— 
mit einverjtanden, daß ich nah Abjol- 
vierung des Gymnaſialkurſus Theologie 
ſtudierte. Als Cand. theol. verließ ich 
Dorpat 1850 und widmete michin Deutfch- 
land (auf den Univerfitäten Erlangen, 
Bonn, Berlin) 3—4 Jahre literariichen 
Studien, bejonders philofophiichen unter 
Boeckh's und Trendelenburg’s Leitung. 
Darauf habilitierte ich mich als Doktor 
der Theologie nad) Abfaffung mehrerer 
theolog. Differtationen an der Univerfität 
Dorpat, und wurde dafelbit Prof. ordin., 
nahdem ich 1856 einen Ruf nad Er: 
langen abgelehnt. Der heiße Kampf um 
den Beitand des Deutihtums und der 


evang. Kirche in den balt. Provinzen hielt |; 


mic) davon ab, meine Heimat zu verlaffen. 
Nachdem ich in verichiedenen theologischen 
Gebieten (auch durch Begründung der 
Dorpater Zeitichrift für Theologie und 
Kirche) literarifch thätig geweſen, führte 
mich die Befanntichaft mit meinem Kol: 
legen Adolf Wagner zu moraljtatiftischen 
Studien und Unterfuhungen. So fam 
meine Hauptichrift: Die Moralſtatiſtik (Ber: 
ſuch einer Sozialethif auf empirifcher Grundlage. 
1868/69, dritte Auflage 1881) zu Stande. 


Nebenbei beichäftigte ich mi) mit Shake: 


ſpeare- und Goethejtudien, hielt mit den 
Studenten Praftifa über Shakeſpeare's 


Dramen (vgl. meine Schrift: Shatefpeare's 


Bedeutung für den Theologen 1860) und Bor: 
lefungen über Goethe's Fauft 1880). Auch 


beſchäftigte ich mich eingehend mit der 


ganz neuer Bearbeitung mit literarhiſto— 
riſcher Vorrede heraus: Hippels Lebensläufe 
ꝛc. (1878, 2. Aufl. 1880). Außerdem habe 
ich eine Reihe Broſchüren über zeitge— 
ſchichtliche Fragen veröffentlicht: Über Heid: 
nilchen Selbitmord (1880), Über obligatorische und 
fafultative Zivilehe (1881), Wefen und faliche 
Autorität (1883), Was heißt chriftlich-Tozial? 
(1886), Über die Ammergauer „Balfion” (1880) 
und gab 1886 eine Chrijtl. Religionslehre auf 
reichsgeſchichtlicher Grundlage heraus. 


Dettingen, Arthur v.,geboren 28./16. 
März 1536 zu Dorpat, ftudierte 1853 


448 





Oborn. 


bis 1861 in Dorpat, Paris und Berlin, 
wirkte feit 1863 als Dozent, feit 1866 
als Profeſſor der Phyfit an der f. Unis 
verfität Dorpat. Außer verichiedenen phy⸗ 
fifalifchen Abhandlungen veröffentlichte er 
1866: Harmoniefyftem in dualer Entwidelung, 
Studien zur Theorie der Muſik. In diefem Buche 
wird in mathematiſch-phyſikaliſcher Konfequenz 
eine neue Begründung des Mollgefchlechtes ger 
geben, ein reines jogenanntes phoniſches Syltem 
entwidelt, und daraufhin das europäiſche Moll: 
Iyftem begründet, völlig abweidhend von der 
gangbaren Lehre. Bon Riemann in Hamburg ift 
das Syſtem praftifch verwertet und weiter en⸗ 
widelt. Bejonders betont der Berfafler die Eigen» 
art der Volkslieder mancher Nationen, die in rein 
phoniſchem Geſchlecht fingen, welch legteres gleich 
dem alt:dorifchen der Griechen. Die Harmoni: 
fierung fremder Voltsmelodieen bringt mannig« 
ache Anwendung der vorgetragenen Theorien im 
Gebiete der Muſik-Aſthetit. 

D. begründete in Dorpat ein meteoro- 
fogiihes Obfervatorium, welches nad 
mehrjährigem Beitande von der Univer: 
jität übernommen und weitergeführt wurde. 
Er erfand einen Windmeſſer nad) ganz 
neuen, ftreng wiſſenſchaftlicher Anforde- 
rung genügenden Prinzipien. Won 1869 
bis 1876 war v. O. Sefretär der Natur: 


forſchergeſellſchaft, deren Schriften (Archiv 


für die Naturkunde Liv, Eſth-, Kurlands 
und Sigungsberichte) er redigierte. 1876 
wurde er forrejpondierendes Mitglied der 
kaiſ. Alademie der Wiſſenſchaften zu St. 
Petersburg. 


Ohorn, Anton, am 22. Juli 1846 


Sturm: und Drangperiode und gab in in Therefienſtadt geboren, befuhte bas 


Gymnaſium zu Leipa und trat nach deſſen 


Abſolvierung in den Orden der Prämon— 


ſtratenſer Chorherren in Tepl, um Briefter 
zu werden. Er bezog deshalb 1865 die 
Univerfität Prag als Theolog, jtudierte 
daſelbſt auch Philofophie, wie Naturwiſ— 
ſenſchaften, Mathematik und Literaturge— 
ſchichte, empfing die Prieſterweihe und 
wurde 1870 zum Dr. phil. promoviert. 
Nah Vollendung feines Studiums trat 
er jedoch, abgeftogen von den jtarren Prin— 
zipien, die ihm das ganze Sein des ka— 
tholiſchen Geiftlichen einzuengen und feinen 


Olfers. 


Geiſt niederzudrücken ſchienen, zur pro— 
teſtantiſchen Kirche über (1872). Er wid: 
mete fi) dann dem Lehrerberuf und zwar 
zunädft in Mühlhaufen, feit 1874 in 
Chemnig, hier als Profeffor der deutfchen 
Sprache und Literatur an den techniichen 
Staatslehranftalten wirfend. Außer einis 
gen trefflihen Literatur: Werfen, wie die 


449 





Grundzüge der Literaturgefchichte (1874, 2. Aufl. 


2. Aufl. 1885) hat D. eine Neihe von Ro: 
manen, Novellen und Gedichtswerten 
verfaßt, die ihn Schnell befannt madıten 
und von jeiner hervorragenden dichteri- 
ihen Begabung beredtes Zeugnis ablegen. 
Daneben ijt ©. einer der beliebteften Iy: 
rischen und novelliftifchen Dlitarbeiter der 
vornehmſten deutichen Zeitichriften. 
Hauptwerke: Der Dorfengel (1872), Der flie— 
gende Holländer (1873), Der Ührmacher von Straß: 
burg (1875), Dans Sachs (1877), Die Tochter 
Judas (1878), Wanderungen in Böhmen (1879), 
Der Eifenfönig (1879), Komm den Frauen zart 
entgegen (Zuftip. 1880), Schlihtes Volf (1851), 
Der Klofterzögling (1875, 2. Aufl. 1881), Der 
weiße Falke (1881), Wartburglänge (1881), 
Die Madonna (1883), Der Pfaffe Amis (aus 
dem Mittelhohdeutihen 1883), Wie ſich Herzen 
finden (1884), In ezechiſchen Wettern (1834, 2. 
Aufl. 1885), Marſchall Borwärts (1884), Heimchen 
(Ged. 1886), Es werde Licht (1886), Bon deut: | 
her Art (1887), Fürft und Bürger Schauſp. 
1888). 


Olfers, Marie v. (M. Werner), 
geboren am 27. Oktober 1826 zu Berlin, 
empfing eine ſehr forglame Erziehung im 
elterlihen Haufe, von den beiten Lehrern 
geleitet, die aud) befonders ihre Talente 
für Muſik und Malerei pflegten und ihr. 
die Schäge unferer Literatur erfchloffen. 
Früh Schon zeigte fich die in dem Mäd: 
hen ſchlummernde poetiſche Begabung, 
die Später in ihren hübfchen gemütstiefen 
Märdhen und Novellen zum Ausdrud | 
gelangte. M. v. O. lebt noch jest, un⸗ 
vermählt geblieben, in Berlin. 

Hervorzuheben: Drei kleine Märchen (1862), 
Herr Mops (1863), Novellen (1872), Denkſprüche 
(1873), Neue Novellen (1876), Naſeweis und 
Damelchen (1878), Bielliebihen (1880), Sim: 
plicitas (1884). 


Tas literariſche Deutichland, 


Ompteda, 


Ompteda, Lubwig Frhr. v., wurde 
am 18. Mai 1828 in Hoya (Hannover) 
geboren, widmete fih dem Studium der 
Rechtswiſſenſchaft an den Univerfitäten 
Heidelberg, Berlin und Göttingen und 
trat aladann in hannöverjche Staatsdienfte, 
zulegt als fönigl. Gejandter in Münden 
thätig. Seit 1870 lebt D. in Wiesba- 


den, ausichließlich feinen literarifchen Ar- 
1880) und die Grundzüge der Poetit (1876, 


beiten und der Gärtnerei hingegeben. 

Hauptwerfe: Praftifche Anleitung zur Pfirfich: 
sucht (1879), Bilder aus dem Leben in Eng: 
land (1881), Der Anhänger (Rom. 1882), Ge: 
fährlihe Wege (Luftip. 1882), Aus England 
(1882), Alte Schulden (Rom. 1884), Dolores 
(Zuftfp. 1884), Rheinifhe Gärten von der Mofel 
zum Bodenfce (1886). 


Onden, Auguft, wurde am 10. April 
1844 zu Heidelberg geboren, ftubierte 
dort und in Berlin Kameralia, habili- 
tierte ih 1872 in Wien, wurde 1877 
zum außerord. Profefior der National: 
ofönomie an der dortigen Hochſchule für 
Bodenkultur ernannt, 1878 in das Po— 
lytechnikum zu Aachen und 1879 als or: 
dentl. Profeffor an die Univerfität zu 
Bern berufen. Dort lehrt er noch jegt. 

Bon feinen vortrefflihen Schriften heben wir 
hervor: UnterJuhung über den Begriff der 
Statiftit (1870), Die Wiener Weltausitelung 
(1873), A. Smith in der Kulturgeſchichte (1374), A. 
Smith und J. Kant (1877), Oſterr. Agrarier (1877), 
Mirabeau und die ökonomiſche Geſellſchaft in 
Bern (1886), Die Marime, Laissez faire et 
laissez passer, ihr Urfprung und ihr Werden 


ı (1886) 


Onden, Wilhelm, Bruder des Vor., 
geboren am 19. November 1838 in Hei: 
delberg, widmete ih dem Studium der 


Philoſophie, Philologie und Geſchichte an 


den Univerfitäten in feiner Vaterſtadt, 
in Göttingen und in Berlin. 1862 ha— 
bilitierte er jich in Heidelberg, wurde 1866 
daſelbſt aufzerord. Profeſſor der klaſſiſchen 
Philologie und Geſchichte und folgte 1870 


‚einem Ruf als ordentl. Profeſſor nad) 


Sichen. 

D. machte jih literariſch zuerſt Durch fein vor« 
zügliches Werk: Athen und Hellas (1865—66) 
weiteren Kreiſen befannt. Bon feinen ferneren, 


um die Geichichtsforichung verdienten Werfen find 


29 


Orgler. 


befonders zu nennen: Iſokrates und Athen (1862), 
Die Staatslehre des Ariftoteles (1875), Diter: 


reich und Preußen im Befreiungäfriege (1876), 
Das Zeitalter Friedrich des Großen (1881—82), | 
Das Zeitalter der Revolution des Kaiferreichs | 


und der Befreiungäfriege (1885). 


Orgler, Flavian. Geboren am 1. 
Nov. 1825 in Lienz in Tirol, trat er 


450 


Ortmann. 


ihm erſchienen und von der Fachfritif be— 
jonders anerkannt: 

Dissertatio pro venia docendi: De pro- 
cessus executivi natura et origine (1854), 
Die Encyklopädie der Rechtswiſſenſchaft in ihrer 
egenwärtigen Bedeutung (1857), Das Strafver: 
en in feinen leitenden Grundjägen und Haupt: 
formen (1858. Feſtgabe zum 300jährigen Ju: 
biläum der Univerfität Jena), Die Hausbergs- 





nach Beendigung der Gymnaſialſtudien im 
Jahre 1844 in den Franzisfanerorden, 
wo er die philofophiihen und theologi: 
ihen Studien abjolvierte. Nach abge: 
legter Lehramtsprüfung aus Geſchichte und 
Geographie wurde er 1850 Lehrer dieſer 
Fächer am Gymnaſium in Bozen und im 
Jahre 1861 auch Direktor daſelbſt. Nach 
der 1872 erfolgten Umwandlung dieſes 
Gymnaſiums in eine Staats-Lehranſtalt 
wurde er als Profeſſor an das Gymna— 
ſium in Halle verſetzt, wo er 1882 nach 
dem Tode des dortigen Direktors deſſen 
Nachfolger im Amte wurde, das er noch 
gegenwaͤrtig verſieht. Von ſeinen Pu— 
blikationen ſind hervorzuheben: | 

Die Fundorte von antifen Münzen in Tirol | 
und Vorarlberg, mit einer Überſichtskarte. Die 
Ausgrabungen antifer Bauüberrefte und Gräber 
am Debantbahe bei Lienz in Tirol. Archäolo— 
giſche Notisen aus Südtirol 1. u. II. mit Ab: 
bildungen. Leonhard Golonna, Freiherr von 
Völs, Landeshauptmann an der Etſch und Burg: 
graf zu Tirol v. J. 1498—1530. Nekrologe: 
a. ®. Auftinian Ladurner (tirol. Geſchichtsfor— 
icher); b. P. Dismas Tuzer (Öymnafial:Präfelt). 


| 


Ortloff, Hermann Friedrich, als Sohn 


des vormaligen Profeffors des deutichen | 


Rechts und des Kirchenrechts und zuletzt 
Präfidenten des gemeinfchaftlichen Ober: 
appellationsgerichts zu Jena, Dr. Friedrid) 
D., geb. zu Jena am 17. Septbr. 1828, 
habilitierte ſich nach Abfolvierung der jurid. 
Studien 1855 in Jena als Dozent des 
Strafrechts, Prozeſſes, der Encyklopädie 
und PVhilofophie des Nechts, wurde 1862 
außerordentlicher Profeſſor und trat 1864 
in den Juſtizdienſt des Großherzogtums | 
Sadjfen- Weimar über, wo er zur Zeit als 
Landgerichtsrat fungiert. Außer zahlreichen 
Abhandlungen in Zeitſchriften ſind von 





ſchriften lebt. 


burgen bei Jena, eine Vorleſung. Desgl. Feſt— 
gabe (1858). Der fiskaliſche Strafprozeß oder 
ein Offizialverfahren in der form des fontra- 
diftoriichen Unterjuchungsprogeiles (1859), Lüge, 
Fälihung, Betrug (Teil 1. 1861, Teil Il. 1862), 
Das Zellengefängnis zu Moabit (1861), Die Be 
Ihäftigung der Gefängnisiträflinge (1862), Me 
thbodologie oder Lehre des Studiums der Rechts 
und Staatswillenihaft (1863), Jahrrente und 
Geſchoß (1863), Jena und Umgegend (1864, 3. 
Aufl. 1874), Der Adhäfionsprozeh (1864), Lehr: 
but der Striminalpolizei (1881), Der Berfehr 
mit Nahrungs: und Genußmitteln und Gebrauchs: 
gegenjtänden nad dem Reichsgeſ. vom 14. Mai 
1879 (1882), Die jtrafbaren Handlungen. Hand» 
buch für Straf: und Polizeibehörden (1883), Der 
Wechſelverkehr nad) deutſchem und öfterreichiichern 
Recht (1885), Die gerichtliche Redekunſt (1836 
bis 1887), Die Reform des Studiums der Rechts: 
und Staatswiſſenſchaft. Mahnmworte an 2ehrer 
und Studierende (1887), Gerichtlichmediziniſche 
Fälle und Abhandlungen. Heft 1. „Sind oder 
Fötus?“ (1887). 


Drtmann, Neinhold, wurde am 28. 
uni 1859 in Berlin geboren, abjolvierte 
dajelbit die Gymnaſialſtudien, hörte da— 
nach literaturgefchichtlihe und philoſo— 
phiſche Vorlefungen an der Berliner Uni— 
verſität, gleichzeitig feuilletoniftiiche Ver— 
| juche unternehmend, deren beifällige Auf: 
‚nahme ihn zu dem Entichluß bewog, fich 
ganz der fchriftitelleriichen Laufbahn zu 
‚widmen. Er ging zu dem Zweck 1881 
nad Hamburg, wirkte als Yeuilletonist 
und Theaterfritifer, von 1882—84 als 
Dramaturg am Thaliatheater. In letz— 
terem Sabre fehrte D. nad) feiner Vater: 
ftadt zurüd, wo er noch jebt als freier 
Echriftiteller und Dlitarbeiter vieler Zeit: 
Von feinen, meilt ſehr 
günftig beurteilten Werfen heben wir 
hervor: 

Neues Leben (Nov.), 50 Jahre eines deutlichen 
Theaterdireftors, Europäische Wanderbilder (No: 
velle), Der arme Hugo (Luitip.), Im Kampf ums 


Dfer. 


Gluͤck (Rom.), Unter der Herzogskrone (Nov.), 
Theekeſſels Geihichten, Der Mutter Abſchiedsgruß 
(Ep.), Meine Bühnenerlebniffe (von Püſtrich), 
In hoben Kreifen (Rom.), Sein Jugendwerk 
(Luftip.), Nellys Verlobung (Nov.), Die blinde 
Göttin (Rom.). 

Dfer, Friedrich, wurde am 29. Fe- 
bruar 1820 zu Baſel geboren, ftudierte 
1838—1842 an der Univerfität Bafel 
Theologie und befuchte dann zu meiterer 
Ausbildung Berlin, Leipzig, Dresden, 
Münden, Nürnberg, Wien und Prag. 
In feine Heimat zurüdgefehrt, wurde er 
1843 Vikar zu Diegten, 1845 Pfarrer 
in Waldenburg (Bajelland), 1856 Pre: 
diger an der Strafanitalt Bafel. 


bei Baſel. Friedrich Dfer ift namentlich) 


durch feine Lieder, von denen zahllofe kom⸗ 


poniert wurden, dem Schweizervolk nicht 
minder als Deutfchland ins Herz gewachſen. 


Hauptwerfe: Kreuz» und Troftlieder (1856, 


2, Aufl. 1865), Album lyriſcher Driginalien (1858), 
Liederbuch (1842—74, 1875), „Leben und Stre: 


ben“ (Reimſprüche, 1878), „Geiſtliche Triolette” | 


(1882), Weihnachts⸗Kantate in drei Abtheil., fomp. 
von M. Haller (1883), Schweizeriiche Kunſt. Ein 
Album (1884), Neue Lieder (1874—84, 1885), 
Neue Lieder (1885), Bruder Adolphus. Ein 
Klojteridyll (1586. Bollsausgabe 1887), Jugend: 
geihichten (1888). 

Dftland, 3. B., 1. Jak. Berl. 

Oswald, €., |. Bernd. Schulze: 
Smidt. 

Oswald, Eugen, wurde zu Heidel— 
berg als Sohn des dortigen Univerfitäts- 
buchhändlers DO. am 16. Dftober 1826 


geboren und wuchs unter geiftig günftigen 
Einflüflen heran. Als jpäterhin geſchäft— 


liches Unglüd über die Familie herein | 


brach, mußten feine hoffnungsvoll begon: 
nenen philofophiihen Studien aufgegeben 
werden, damit er jchneller zu Brot füme. 
Er widmete ſich aljo den Rechtswiſſen— 
ſchaften und legte früh fchon feine Era- 
mina ab, jo daß er 1848 bereits als 
Notariatspraftifant fungierte. Begeiftert 
durch die Morgenröte der Freiheit jenes 
verhängnisihweren Jahres Ihloß ih O. 


der Bewegung an, half mit an der Grün: | 


451 


Sept 
lebt der Dichter ala Pfarrer in Benken 


Otto, 


dung einer Freilhaar, trat vielfadh als 
Redner bei Bolfsverfammlungen,- wie 
au als Journalift hervor und zeichnete 
ſich bei mehreren Gefechten befonders aus. 
Schließlich mußte D. nah Paris ent- 
| fliehen, wo er kümmerlich von Stunden» 
geben und journaliftifchen Arbeiten lebte, 
alle Muße nationalölonomifhen Studien 
widmend. Er wurde Mitarbeiter der Mo— 
natsſchrift „La libert& de penser“ und 


ſchrieb: L’insurrection badoire dans ses rap- 
ports avee la revolution allemande (1850) und 
Etudes sur la Russie (1850), welche Schrif⸗ 
ten ihn mit vielen bedeuten den Männern 
in Verbindung ſetzten, aber auch die preu⸗ 
ßiſche Regierung veranlaßten, feine Aus: 
weiſung aus Frankreich zu verlangen. 
Daneben war O. auch zu achtjährigem 
Gefängnis in Baden verurteilt, ſowie 
zum Verluſte ſeines kleinen Vermögens 
und ſeines Bürgerrechtes. O. ging nun 
zunächſt nach Brüſſel, wurde aber auch 
dort auf Veranlaſſung der franzöſiſchen 
Regierung ausgewiefen und wandte fidh 
nah England. Hier fchrieb er: 

Gefängnisbetraditungen über Frankreich (1855). 
Verſuche, eine Stellung in England zu erringen, 
mißlangen, und jo ging er, von Koffuth nr 
len, als 2ehrer nad) Cumberland. Hier lieferte 
| er mit feinem Freunde Jof. Coulthaus die treff+ 
‚liche engliihe Bearbeitung des großen Humboldt» 
ſchen Werkes (1854), wodurd er feiten Fuß in 
dem literar. England faßte und Mitarbeiter einer 
Neibe beiter Journale wurde, Er fehrte nun 
nad Zondon zurüd, und lebt dort als Lehrer 
und Schriftjteller, wie Überſetzer engliſcher Werte 
ins Deutfche, verfaßte damal3 auch das fehr 
günftig aufgenommene Bud: Thomas Garlyle 
ein Lebensbild und lieferte zahlreihe Biogras 
phien neuerer engliſcher Schriftiteller für vers 
Ichiedene Lerifa (Wegner, Spamer :c.). Die 
Univerfität Göttingen verlieh 1863 an D. den 
Doktorgrad. Seit 1882 ift er Mitglied, jeit 
1884 Vorfitender der Carlyle-Geſellſchaft, aud) 
Borftandsmitglied der Goethegelellihaft u. v. a. 
D. wirft noch jet in London als Jnitruftor an 
der königlichen Marine Akademie von Greenwich 
und Eraminationsmitglied der föniglihen Prüs 
fungstommilfion für den Staatsdienft. Er ijt 
vermählt mit einer hochbegabten Anverwandten 
de3 berühmten Neformators des Poſtweſens Sir 
Rowland Hill. 


Stto, Hinrich, ſ. Joh. 











Meyer. 


29* 


Otto⸗Peters. 


Otto⸗Peters, Luiſe (Luiſe Otto), 
wurde am 26. März 1819 in Meißen 
als jüngſtes Kind eines hochgeachteten 
Juriſten geboren. Ihren erſten Unter— 
richt erhielt ſie durch einen Hauslehrer, 
beſuchte darauf, zehnjährig, die ſtädtiſche 
Selekta. Körperlich ſchwächlich, war ihre 
geiſtige Entwickelung eine ſchnelle. Das 
Jahr 1830 begeiſterte ſie zu ihrem er— 
ſten politiſchen Freiheitsgedicht. Im Jahre 
1835 endete das ſchöne Familienglück durch 
den Tod der Mutter, welcher der Vater 
in wenigen Monaten folgte. Mit zwei 


anderen Schweſtern verlebte nun Luiſe ihre | 8 


Jugend in ftiller Zurüdgezogenheit auf 
einer väterlichen Befigung, und als die 
Schweſtern fi verheirateten, bei einer 
Anverwandten in Meißen. Im nahen | 
Dresden lernte fie einen Juriſten Guſtav 
Müller kennen, von gleiher poetiſcher und 
politifher Beneifterung, wie fie, beſeelt. 
Sie verlobte fih 1840 mit demijelben, 
verlor den Bräutigam aber ſchon ein Jahr 
darauf durd den Tod. Ihr Leben ge: 
hörte num ganz der Muſe und ihren Fort: 
fhrittsideen. Ihre Gedichte fanden in 
Zeitſchriften Aufnahme, auch) lieferte fie 
politiihe und kritiſche Artikel für Yours 
nale und ließ ihren eriten Roman gub: 
wig, der Kellner erjcheinen, in dem fie ges 
gen Standesunterichiede kämpfte und für 
Fortſchritt und Freiheit eintrat. Bald 
darauf erſchien auch ihr erfter Artikel (in den 
„Baterlandsblättern”) über die Fraucnfrage, de: 
ren Förderung fie dann zu ihrer hauptlächlichiten 
Lebensaufgabe mahte in Ichneller Folge lieh 
8, D. druden: Hatholifen, Aus der neuen Zeit, | 
Die Freunde, Schloß und Yabrif, Lieder eines 
deutichen Mädchens und Ged.chte; ferner: Römiſch 
und Deutih, 20 Jahre jpäter und Rom in 
Deurfchland. Inzwiſchen lebte die Autorin fill 
in Meißen, nur ab und zu Fleine Ausflüge be: 


fonders nach Leipzig unternehmend, an der dor: | 


tigen Muſikzeitung aud als Mitarbeiterin thätig. 
An jelbjtändigen Werken dieſer Richtung erſchie— 
nen aus ihrer Feder: Tie Kunſt und unſere Zeit, 
Die Milfion der Kunft, Die Nibelungen. Im 
Jahre 1849 gründete 8. DO. eine Frauenzeitung, 
in welder fie für die Nechte ihrer Schweitern 
eintrat. 
die Zeit noch nicht reif. 1858 verheiratete 
fih 2. O. mit dem Schriftiteller Aus 


452 


Dies Blatt ging 1852 wieder ein, da 


Baar. 


guft Peters, nachdem die Liebenden fait 
zehn Jahre lang diefer Verbindung ent— 
gegengeharret hatten, getrennt durch das 
Geſetz: A. Peters war 1848 zum Tode 
verurteilt, aber zum Gefängnis „begna— 
digt“ und ſchmachtete hinter Schloß und 
Riegel. In jener Zeit entftanden der Autorin 
kulturhift. Romane: Nürnberg (3. Aufl.), und 
Die Schultheißentöchter von Nürnberg. 1860 
gab das Ehepaar eine fortfchrittlihe Zeitung in 
Leipzig heraus, aber bereits 1864 ftarb der Gatte. 
Damals beteiligte fih 2. D. an der Gründung 
— Prag ser gear aus welhem dann 
er „Allgem. Deich. Frauenverein“ hervorgi 

deſſen Vorſitz ſie noch heute führt und — 
rgan „Neue Bahnen“ 2, D. mit Auguſte 
Schmidt zuf. redigiert. Indes hat fie noch fol: 
gende Romane ericheinen laffen: Die Stiftäherren 


von Straßburg, Deutihe Wunden, Gräfin Laus 
retta, Die Nachtigall von Weramag. 


Paar, Mathilde Lijette Marie, wurde 
am 6. April 1849 in Caſſel geboren, 
wo ihr Vater als furfürftliher Beamter 
lebte. Sie erhielt im Elternhaufe mit 
noch zwei Geſchwiſtern eine forgfältig 
Erziehung. Früh ſchon zeigte fie he 
am poetiihen Schaffen; vor allem Andern 
wirkte das Theater mächtig auf ihre Ein» 
bildungsfraft. 1870 wagte fie ſich zuerft 
mit einer patriotifchen Dichtung 
lands Fürbitter an die Offentlichkeit. 

Jahre fpäter wurde ihr erites einaftiges 
Luftipiel Die Wahrheit auf der Föniglichen 
Bühne zu Caſſel aufgeführt und der Bei: 





‘fall, weldhen es bier ſowohl wie an ans 


deren Bühnen fand, ermutigte zu meite: 
ren dramatiichen Arbeiten. Ihm folgten 
bald auch mehrere Einafter: 

Der Champagnerpfropfen, Der Wagen kommt, 
Ein Roman, Chambre:garnie, Der Brautfranz ıc. 
Das erite, einen ganzen Abend füllende Stüd 
Ichrieb fie 1880. Es war ein Luftipiel: Frauen: 
lift und Laune, welches jedoh nicht in Drud 
erfchien, weil es bei feiner Premiere in Hamburg 
mit Hecht mannigfachen Tadel erfuhr. Ihm 
folgte im nächſten Nahre ein modernes Schau— 
ſpiel: Helene, das bei Gelegenheit des Nänbers 
\ Jubiläums in Mannheim zur engeren Wahl ge: 
langte und dort feine erfte erfolgreiche Auffuͤh— 


Pabſt. 


Derſelben Gattung gehören — 
weitere Schauſpiele: Verirrungen (1884) und 
Déſirée (1886) an. Neben dieſen größeren Ar: 
beiten dichtele M. PB. noch eine Anzahl von Feſt⸗ 
fpielen, teils für die Jugend, wie: Die Lebens: 
frage, Johannistag, Wintermärden, oder für 
Bühnendarftellungen, wie: Das Märchen, Der 
Dombau zu Köln, Das Jahr ꝛc.; und zwifchen 
dem märdhenhaft: phantaftiichen dramatifchen Ge⸗ 
dicht und dem modern⸗realiſtiſchen Luſtſpiel und 
Drama bewegt ſich abwechſelnd ihre literariſche 
Thätigfeit. Inzwiſchen hatte fie ſich nad) 
jahrelangem Selbſtſtudium für einen ihr 
wünjchenswerten Wirfungsfreis vorbe: 
reitet und ließ fi) 1880 in ihrer Heimat | 

als Lehrerin der Kunftgeihichte nieder. 
1886 gab fie jedoch dieſe Thätigkeit wieder 
auf, um nad Leipzig überzufiedeln, wo 
fie noch jett lebt. 


rung erlebte. 








Pabſt, Arthur, geboren zu Halle a. 
S. am 8. Februar 1852, beſuchte das 
fol. Pädagogium der Franke ſchen Stif— 
tungen ſeiner er bezog 1871 die 
Univerfttät Halle, jpäter Göttingen und 
Berlin, wo er ſich philologifchen und | 
arhäologiihen Studien widmete. Im 
Jahre 1877 als Hilfsarbeiter an das | 
fol. Antiquarium zu Berlin berufen, trat 
er 1578 als 1. Aſſiſtent bei der Sammlung. 
des damaligen „Deutichen Gewerbe-Mu: 
ſeums“, jetzt Kunſtgewerbe-Muſeum zu 
Berlin ein, nachdem er bereits ſeit dem 
Beſuch der Wiener Welt-Ausſtellung 1873 
nebenher Studien auf dem Gebiete des 
Kunſthandwerks getrieben hatte. Seit: 
dem veröffentlichte er cine Reihe von 
Sahihriften und begründete im Jahre 
1884 das „Kunjtgewerbeblatt”, welches | 
bereits nach dreijährigem Beſtande das 
verbreitetjte aller bez. Fachblätter gewor: 
den iſt. 

Hauptwerle: Die Sammlung Frohne in Kor 
penhagen: (1883), Sammlungen des Berliner 
Kunftgewerbemujcums (1884), Skulpturenichmud | 


am ?gl. Zeughaus zu Berlin (1885), Die Kunft: 
fammlungen von R. Zihille in Großenhain (1886). 


* 

Pagenitecher, Heinrih Alerander, 
——— am 18. März 1825 zu Elber— 
eld als Sohn des Arztes und ſpäteren 





ER AN N AU — 446. 


453 


— Pagenſtecher. 

Abgeordneten zum deutſchen Parlament 
und zur zweiten Badiſchen Kammer Dr. 
C. H. A. P., abſolvierte ſeine medizini— 


ſchen Studien in Göttingen, Heidelberg, 


Berlin, Paris, war 1848 und 1849 als 
Brunnenarzt in Oberſalzbrunn angeſtellt, 
von da bis 1856 Arzt in Barmen, wo 
er 1850 in erſter Ehe ſich mit Eugenie 
Aders verheiratete. Habilitierte ſich 1856 
in Heidelberg für Geburtshilfe, mußte 
aber ſchon im ſelben Jahre wegen einer 
Verletzung an der Hand dieſen Beruf 
verlaſſen und ging zur Zoologie über. 
Nach Bronn's Tode wurde ihm 1862 
proviſoriſch, 1863 definitiv das Lehramt 
in dieſer Wiſſenſchaft und der Paläonto— 


logie übertragen, 1866 als Ordinariat, 


und dieſem bei Einrichtung landwirt— 
ſchaftlichen Unterrichts das für landwirt⸗ 
ſchaftliche Tierlehre gejellt. In Folge von 
‚Kränfung berechtigt erachteter Kompetenz 
zen in betreff der Lofalitäten erbat und 
‚erhielt er 1878 die Verjegung in den 
Nuheltand. Von 1856—1882 war er 
Schriftführer des Naturhiſtoriſch-Medizi— 
niſchen Vereins zu Heidelberg. 1882 
folgte er einer Berufung als Direktor des 
Naturhiftoriihen Muſeums der freien 
Stadt Hamburg, melde Stelle damals 
geihaffen wurde. Die erite damit ver: 
bundene Aufgabe der Mitwirkung an Her: 


‚stellung und Einrichtung eines neuen außer: 


ordentlih anichnliden Dtujealgebäudes 
wird vorausfichtlich in 1888 und 1889 
ih vollenden. In Hamburg ihloh B. 
1883 eine zweite Ehe mit Olga Schwarge. 

Von den Schriften find einige kleinere medizi— 
niihen und palärotologiihen Inhalts, oder bes 
rühren, namentlih Rezenjionen, die landwirt— 
Ichaftliche Tierlehre. Die zahlreichen zoologiſchen 
und zootomilchen verteilen ſich auf fait alle 
Klafien des Tierreihd und find meilt in Fach— 
journalen, in fürzeren Referaten, mande in den 
Verhandlungen des oben genannten Vereins, Die 
neuejten im Jahrbuche der wiſſenſchaftlichen Ans 
ftalten d. fr. Hamburg enthalten. Biele 
betreffen parajitiiche Tiere. Selbit. erfchienen: 
Trematoden und Trematodenlarven, Beiträge zur 
Anatomie der Milben I, II, Tridhinen (1. u. 2, 
Aufl.), Die Mollusken des rothen Meeres, Die 
Tiere der Tiefſee, Allgemeine Zoologie I—1V, 


St. 


Palm. 


Die Würmer in Bronn's Klaſſen und Ordnun— 
gen des Tierreichs. 


Palm, Adolf, ſ. Ad. Müller-Palm. 
Pauta, ſ. Paul Lanzky. 


Pautenius, Theodor Herrmann, iſt 
zu Mitau (Kurland) am 10. Oktober 
1843 geboren; abſolvierte das vaterſtäd— 
tiſche Gymnaſium und ſtudierte Theologie 
an den Univerſitäten Berlin und Er— 
langen (1862 -66). Da der feurige 
Jüngling jedoch keine rechte innere Be— 
friedigung in dem Beruf eines Gottes— 
gelahrten zu finden glaubte, ſo nahm er 
die ihm angebotene Redaktionsſtelle bei 
der „Baltiſchen Monatsſchrift“ in Riga 
an und lebte dort faſt zehn Jahre, folgte 
dann aber einem Rufe nach Leipzig an 
die Redaktion des „Daheim“, welche Zeit— 
ſchrift er in anerkannt trefflicher Weiſe 
leitet. Literariſch ſelbſtſchaffend betrat er 
mit wobhlverdientem Glück das Gebiet 
des Romans und heben wir als die be- 
beutendjten feiner Werke hervor: Wilhelm 
Wolfſchild (2. Aufl. 1873), Allein und frei (2. 
Aufl. 1875), Am Gottesländchen (1880), Das 
rote Gold (1881), Die von Helles (1885). 


Paoli, Betty, |. E. Glüd. 


Pape, Yofef, iſt am 4. April 1831 
in Eslohe (Weitfalen) als ein Sohn ein- 
faher Bauersleute geboren, die ihren 
Stolz dareinjegten, ihrem einzigen Rinde 
eine vorzügliche Erziehung, zunächſt auf 
dem Gymnafium zu Arnsberg, danad) an 
den Univerfitäten Münden, Tübingen 


454 








und Berlin geben zu laflen, allwo ber- 


felbe Rechtswiſſenſchaft ſtudierte. 1853 
frat P. in den Staatsdienft, wurde 1858 
Aſſeſſor und ließ ſich bald darauf als 
Rechtsanwalt in Büren nieder. 1884 
wurde ihm der Titel eines Juſtizrats 
verliehen. Neben feiner juridifhen Wirk: 
ſamkeit war P. auch literarifch, befon- 
ders auf dem Gebiete des Dramas und 
—* Epos in vielfach anerkannter Weiſe 
thätig. 


Pariſius. 

Hauptwerke: Der treue Eckart (Ep. 1854, 4. 
Aufl. 1886), Schneewitthen vom Gral (Ep. 
1856, 3. Aufl. 1883), Gedichte (1857, 3. Aufl. 
1875), Herzog Konrad (Trauerfp. 1859), Aus 
verſchiedenen Zeiten (Nov. 1868), Aus dem Leben 
eines Deutſchen PBatrioten (1869), Vaterländiiche 
Schaufpiele (1870, 2. Aufl. 1875), Das ewige 
Leben (Erz. 1881), Das Kirchenlied (1884), Der 
Kaiſer (Schauſp. 1886). 


Pariſius, Ludolf, geboren in Garde 
legen am 15. Oftober 1827 als der Sohn 
eines hochgeadhteten Geiftlichen, wibmete 
ih dem Studium der Rechtswiſſenſchaft 
zu Halle und durdlief alle Phaſen bis 
zum Kreisrihter in feiner Vaterſtadt 
(1858), welches Amt er jedoch wegen po: 
litiſcher Wahlagitationen als Mitglied 


des fortichrittlihen Zentralmahlfomite’s 


bereits 1864 verlor. Er gab fi num ganz 
der publiziftiichen Thätigfeit hin, fiebelte 
nad) Berlin über, redigierte längere Zeit 
mit Schulze-Deligih die „Blätter für 


‚ Genofjenichaftsweien” und gab von 1868 


bis 1872 den „Volksfreund“ und 
1877 (mit Eugen Richter) die „Parla— 
mentariiche Korreipondenz aus der Fort- 
Ihrittspartei” (jet aus der deutjch-freif. 
Partei) heraus. Seit 1862 gehörte er 
dem preuß. Abgeordnietenhaufe an, von 
1874—77 und von 1881—87 ſaß er 
im deutſchen Neichstage und gehörte 
ftändig zum gefhäftsführenden Ausſchuß 
der Fortihrittspartei, bez. der 

freif. Partei. Literarifch machte er 
abgejehen von juriftiihen und politiichen 
Werfen, dur die humoriftiihe Schrift: 
Ein preußiſcher Kultusminifter, der feinen Beruf 
verfehlt hat (15. Aufl. 1871), — — 


Berdem hervorzuheben: Er 5 
mißvergnügt? (5. Aufl. ey KH und 

digkeit (Rom. 1871), Im 

Haide (Rom. 1875), —— ee — 
Bilder aus der Altmark (1882—83). 

Paſch, Franz Eduard, geboren den 
24. Juli 1827 in Friedrihshaide im 
Herzogt. Altenburg. Nachdem berfelbe in 
Altenburg feine Gymnafial- und in Jena 
feine Univerfitätsbildung genoffen und eine 


Reihe von Jahren (mährenddem erjtmalige 
Ausgabe der „Worte väterlihher Liebe von La— 


455 


— — 


Pafig. 
vater") als Hauslehrer, eins als Direktor |felben war er jedoch ſchwankend, ob er 
des „Garolinums“, einer höheren Töch- feinem Brotftudium treu bleiben oder 
terihule in Altenburg thätig geweſen, | einer nur literarischen Thätigkeit fich wid- 


Pasquo. 


trat er, 1859, in den höheren Schuldienſt 
und wirkte nun drei Jahre (währenddem 


Promotion) an der Realſchule zu Erfurt, 


drei, als Oberlehrer, an der zu Perle— 
berg, fünfzehn, als Profeſſor — ein hal— 
bes zugleich als Vertreter des erkrankten 
Direktors — am Gymnaſium zu Alten— 
burg. 

Neben dieſer Schulthätigkeit übte er auch eine 
— freilich weniger umfangreiche — literariſche. 
1864 nahm er, durch eine „kritiſche Unterſuchung 
über die Nibelungenſchriften A und C“, Theil 
an dem Nibelungenitreite, 1866 fuchte er in ei: 
nem Schriften „zur Kritik der Gefchichte des 
Kaiſers Tiberius“ die bisherige (Taeiteiſche) Auf: 
faffung deſſelben den neueren Vertretern jenes 
gegenüber zu verteidigen; 1878 veröffentlichte er 
in einem andern „Das altenburgiche Bauern: 
deutfch, eine ſprachliche Studie”, einen Verfuch, 
deſſen Eigentümlichkeiten wiſſenſchaftlich zu er: 
klären. Außerdem beteiligte er ſich durch Rezen— 
ſionen an den „Mitteilungen aus der hiſtoriſchen 
Literatur““ und durch Lebensbeſchreibungen an 
der von der hiſtor. Kommiſſion der Afademie der 
Wiffenichaften zu Münden herausgegebenen ‚All: 
gem. deutſchen Biographie”. Seit mehreren 
Jahren durch ein Nervenleiden zu einer 
unfreiwilligen Muße verurteilt, lebt er 
jeßt in Dresden. 


Paſig, Guſtav, wurde geboren zu 
Wurzen im Königreich Sachſen, am 17. 
Dftober 1835 als der Sohn eines wadern 


Handwerkers. Seine Vorfahren entſtamm⸗ 


ten einer franzöſiſchen Hugenottenfamilie, 


ı men jollte. Nah längerem Kampfe ent: 
ſchied er ſich für das Erſtere und ging 
nach Schwerin, wo er eine Hauslehrer— 
ſtelle übernahm. Von dort kehrte er nach 
‚zwei Jahren wieder nach Leipzig zurück, 
um daſelbſt am Teichmannſchen Erziehungs⸗ 
inſtitut in eine Stellung als Lehrer für 
Religion, deutihe Sprache und Literatur 
einzutreten. Nebenbei hörte er noch zu 
‚feiner Fortbildung verichiedene Vorlefun- 
‚gen an der Univerfität. 1862 wurde er 
‚als Diafonus nad) Johanngeorgenſtadt im 
ſächſ. Erzgebirge berufen und 1866 in 
gleicher Eigenſchaft nad) der Stadt Lauſigk 
verjegt. 1876 warb er UOberpfarrer 
zu Lauſigk, in welcher Stellung er jegt 
ı nod) lebt. — Abgefehen von der Peröffent: 
lichung einzelner Gedichte trat er zuerft 1869 mit 
feiner epiihen Dichtung „Perpetua” als Dichter 
hervor. 1874 erichien feine hochpoetiſche Erzäh— 
‚lung „Der Bildhauer von Rom”, die im Jahre 
1884 aud) in einer amerifanifchen Ausgabe ge: 
|drudt worden ift, von welder jet die dritte 
Auflage vorliegt. 1876 erfchien ein Band form: 
ſchöner Gedichte von ihm unter dem Titel: „Dich: 
tungen“ (2. Aufl. 1882); ferner 1880 ein Bänd— 
chen „Glodenfagen” und 1882 die Erzählung 
„Rigberta“. Außerdem find Novellen, Erzählun- 
‚gen, Reiſeſkizzen, Krititen und Gedichte von ihm 
in verfchiedenen Zeitfchriften ac. erſchienen. P. 
| ift Mitarbeiter an einer großen Anzahl von Zeit: 
Ichriften, infonderheit an folden, die einer hrift- 
liben Weltanfhauung buldigen. 


Pasquö, Ernit Heinrich Anton, wurde 








die feiner Zeit nah Hannover eingewan: am 3. September 1821 in Köln geboren, 
dert war und urfprünglic; den Namen | war 1842—44 Schüler des Barijer Ston- 
„Pagie““ führte. Den erften Unterricht | jervatoriums und trat 1845 zum erften 
erhielt der Knabe in der Bürgerichule Mal als Sänger in Mainz auf; dann 
feiner Baterftadt, neben welchem noch ein | folgten Gajtfpiele in Gent und Aachen. 
forgfamer Privatunterricht herging. Im Won 1844—55 war er Sänger in Darm 
Jahre 1848 bezog er die Fürftenjchule | ftadt — mit Unterbredungen: 1846/47 
zu Grimma, welde damals unter dem | Leipzig, 1848/49 Amfterdam. 1855—56 
berühmten Philologen Wunder in hoher | wirkte er als Direktor in Amſterdam, 
Blüte ftand. Danach ging er nad) Leipzig, | 1856—59 als Opernregiffeur in Weimar, 
um dafelbft Theologie und Philologie zu |von 1859 an als Dk.-nfpektor und jeit 
ftubieren. 1858 beendete er feine Stu: | 1871 als Direktor des Hoftheaters in 
dien und abfolvierte das theologische | Darmitadt. Im Jahre 1875 trat er in 
Eramen. Nach glüdlicher Vollendung des: | den Ruheſtand und lebt nunmehr in Als: 


Paſſarge. 


bach bei Zwingenberg. Vornehmlich hat 
P. auf dem Gebiete des Romans und der 
Operntext-Dichtung fi) Erfolge errungen. 
Seine Ehöpfungen vereinigen funftvollen 
Aufbau mit feiner Charakterzeihnung und 


tiefer Gefühlsinnigfeit, und heben wir, 


hervor: 

Des Glodenfpielerd Töchterhen (1861), Das 
öde Haus (1862, 2. Aufl. 1882), Das Gries: 
heimer Haus (1865), Die Komödiantenhexe (1866), 


456 


Paudler. 


genen Eindrücke in intereſſanter und fein— 


ſinniger Weiſe. 

Beſonders hervorzuheben: Aus dem Weichſel⸗ 
delta (1857), Fragmente aus Italien (1860), 
Schweden, Wisby und Kopenhagen (1867), Aus 
 baltiihen Landen (1878), Drei Sommer in 
Norwegen (1881, 2. Aufl. 1884), Normegiiche 
Balladen (1883), Baltiſche Novellen (1884), 
Aus dem heutigen Spanien und Portugal (1884); 
außerdem lieferte P. mehrere treffliche Überfegun: 
‚gen Ibſen'ſcher Werke. 





Goldengel von Köln (1887), Drei Gefellen (1869, | Paudler, A., geboren am 8. Of 
2. Aufl. 1872), In Paris (1872), Montroyal | ; — —— 
(1873), Das Haus zur goldenen Roſe (1874), tober 1844 zu Samniperneubörfel im 


Sieben Tage aus dem Leben cines Sängers nördlichen Deutih:Böhmen, beſuchte das 


(1875), Der Grenadier von Pirmafens (1875), 
Der Karlsberg (1576), Aus der Welt der Töne 
(1878), Virginia Dejazet, Die Primadonna, Die 
Logenſchließerin (1879), Rübezahl (1880), Frau 
Mufifa (1881), Prinzeſſin Ilſe (1882), Die 
Mühle im Wisperthal (1883), Auf dem Dom: 
Krahnen, Zwei Eltern Worths, Das Glüd des 
Drei Königen:Haufes (1884), Die Bergſtraße 
(1885), Die Yagabunden, Die Gloden von Blurs 
(1886), Muſikanten-Geſchichten (1888); ferner 
Darmjtädter Muſik- und Theatergeichichte von 
1567 —1710 (18550— 54), Frankfurter Mufif: 
und Theatergeihichte, Goethe's Theater-Leitung 


in Weimar (1863), Der fliegende Holländer, | 
9. Heine und N. Wagner, Fidelio, Waflerträger | 
und ihr Tertdichter, Einführung in die Oper. | 


Von feinen etwa 40 Opernbücern und Über: 


ſetzungen jei nur die Neubearbeitung von Webers 


Silvana genannt, von den 10 Märchenftüden für 
das Viftoriatheater (Berlin) nur Fauft und Die 
ſchöne Helena, Die Shöne Melufina, Dornröschen 
und Frau Venus (mit O. Blumenthal). 


Paſſarge, Louis, wurde am 6. Au- 
guit 1825 in Wolittnid in Oftpreußen 
geboren und am Königsberger Gymna— 
fium vorgebildet. 
rung bezog er 1843 die Univerfität da— 


jelbjt, jpäter die zu Heidelberg, um die, 


Nechte zu jtudieren. Nach Ablegung ſei— 
ner Eramina trat er in den Staatsdienft, 
wurde als Hilfe: jpäter Kreisrichter in 
Heiligenbeil beichäftigt, 1872 zum Appel 
lationsgerichtsrat in Inſterburg und 1879 
zum Ober:Landesgerichtsrat in Königsberg 
ernannt. Seit 1887 lebt er als Geh. 
Juftizrat a. D. in Tirol. Als Schrift: 
jteller verwertete er bejonders die, auf 
jeinen vielen und weiten Reiſen empfan= 


Nah deſſen Abjolvie: 


Gymnaſium in Zeipa und die Univerfttät 
in Prag, woſelbſt er durch zehn Semeiter 


'theologiihe und philofophiihe Studien 
betrieb. Seit 1870 lebt er als Gymna— 
ſialprofeſſor in Yeipa. 

Hier gründete er 1877 im Verein mit Pro: 
feſſor Rud. MWalda, Dr. Ed. Kreibih und K. 
Yauermann den Nordböhm. Exkurſionsklub mit 
dem Zwede, die Kenntnis des deutfchen Nord: 
| böhmens zu erweitern und zu verbreiten. Der 
Verein gedich, zählt jegt gegen 1400 Mitglieder 
und fteht mit mehr als hundert wiffenihaftlicen 
Vereinen in Deutichland und Oſterreich im Verkehr 
und Scriftentaufh. An den „Mitteilungen des 
Nordböhm. Exkurſions-Klub“ pflegt P., welcher 
| diefe Vierteljahrsichrift Jeit ihrer Begründung 
(1878) redigiert, abgefehen von hiftorifchen, natur: 
wiſſenſchaftlichen und induftriellen Auflägen, nas 
mentlich das literariiche Yeben der Deutihböhmen 
zu regiftrieren. Demzufolge hat er ſich auch vor: 
zugsweiſe dem Studium der nordböhmiſchen Kul— 
turgeſchichte zugewendet; ebenfo dienen feine did: 
teriihen Verſuche — meift im Nibelungenverfe 
— der Verherrlichung deutihböhmifcher Sagen. 
Veröffentlicht wurden folgende Schriften: Nord: 
böhmische Volkslieder (1877), Studien zur nord» 
böhmischen Spezialgefchichte 11878), Ein Vortrag 
über Mufif und Geſang (1881), Die Feitichrift 
Bogenſchützen-Geſellſchaft in Leipa (1882), Bei: 
träge zur Geſchichte der Stadt Schluckenau (1883), 
Kultur-Bilder und Wander: Skizzen aus dem nörd— 
lichen Böhmen (1883), Sagen und Märchen (1883 
u. 1887) und Graf Joſef Kinsky (1885). — Über— 
dies hat P. im Jahre 1883 in Verbindung mit 
Dr. F. Hantichel das „Zpigberg: Album” heraus: 
| gegeben, eine umfangreihe Sammlung neuer und 
‚älterer Dichtungen aus Nordböhmen. Das Ür: 
ſcheinen dieſes Buches veranlahte damals eine 
heftige Zeitungsfebde, welche jelbft auf die Ent- 
‚ widelung der politiihen Zuftände Deutſch-Böh— 
[a nicht ohne Einfluß blieb. 


| Paul, E., |. F. Pachler. 





Paul. 


Paul, Hermann, wurde am 7. Auguft 
1846 in Salbfe bei Magdeburg geboren, 
widmete fi) dem Studium der Philologie 


an den Univerfitäten Berlin und Leipzig, | 


babilitierte ſich 1872 in Leipzig und wurde 
1874 alsaußerordentl. Profeſſor nach Frei: 
burg i. B. berufen, 1377 zum ordentl. 
Profeſſor ernannt. P. hat fi) als Ger: 
manift einen ausgezeichneten Namen er: 


457 


— Pecht. 

empfing zu gleicher Zeit Privatſtunden zur 
weiteren Ausbildung. 1875 bezog er 
das Polytechnikum zu Hannover, 1878 
die polytechniſche Hochſchule zu Dresden 
und ſetzte 1879 ſeine Studien an dem 
landwirtſchaftlichen Inſtitut der Univer— 
fitãt Jena fort. Dann folgten Wander: 
und Neifejahre durch ganz Norddeutich: 
‚land. 1881 —82 nahın er nod ein 


worben. Er redigiert mit W. Braune die mal feine Studien an der Univerfität 
„Beiträge zur Geſchichte der deutichen | Leipzig auf, vermählte fih 1883 mit 
Sprache und Literatur‘ (1874). Von Clara geb. von Wipleben und trat Die 
feinen felbft. Werken heben wir hervor: | Bewirtihaftung feines Rittergutes Leng- 


Zur Kritif und Erklärung von Gottfried von 
Straßburgs Trijtan (1872), Hartmann von Aues 
Gregorius (1873), Zur Nibelungenfrage (1877), 
Unterfuchungen über den germaniichen Vokalis— 
mus (1879), Prinzipien der Sprachgeſchichte 
(1880, 2. Aufl. 1886), Mittelhochdeutiche Gram— 
matif (1881, 2. Aufl. 1584). 

Paul, Di., ſ. P. Möbius. 


Paulus, Eduard, wurde am 16. Of: 
tober 1837 in Stuttgart geboren. Er 
widmete fi dem Etudium der Kunſtge— 
ihichte und unternahm mehrfade Stu: 
dienreifen, bejonders nad Stalien, um 
dort die alten Meilter in ihren Werfen 
fennen zu lernen. Er wirkt nunmehr als 
Konferpator der württembergiichen Kunſt— 
denfmäler in jeiner Vaterſtadt. Außer 
mit einer Anzahl trefflicher kunſtgeſchichtl. 
Werke trat P. beionders als Humorift 
rühmlich hervor, aud) lieferte er mehrere 
poctiiche Werke, die vielen Anklang fan: 
den. 

Hervorzuheben: Aus meinem Leben (Ged. 
1867), Ein Ausflug nah Rom (1870), Bilder 
aus Deutichland (1873), Bilder aus Italien 
(3. Aufl. 1878), Lieder (1877), Aus dem Schwa— 
benland (1877), Italien (2. Aufl. 1879), Lieder 
und Humoresfen (1880), Bilder aus Kunft und 
Altertum (1883), Stimmen aus der Wüſte (1886), 
Aus Schwaben (1887). 


Bawel:Bammingen, Alerander 


e 


röden bei Eiſenach an. 1886 erfolgte die 
Scheidung ſeiner Ehe. 1887 wurde A. 
v. BR. zu zwei Jahren Feſtungshaft 
‚verurteilt wegen Tötung im Zweikampf. 

1883 gab er einen Band gefammelter Gedichte 
unter dem Titel „Wahrheit und Dichtung” her: 
aus, Deufelben fchlofien fih in ralcher Folge 
an: Gedanken eines Kavaliers über die Antis 
femitenfrage (1886), Tagebuchblätter aus der 
Unterfuhungähaft (1356), 2eiden und Freuden 
der Landwirtichaft (humorift. 1887), Federſtriche 
(Aphorism. 1887). 





Pecht, Friedrih, wurde am 2. Ok— 
tober 1814 in Konſtanz geboren, zeigte 
ſchon als Knabe ein hervorragendes Zeichen: 
talent und widmete fi der Lithographie, 
jpäter jedod zur Porträt: und Genres 
malerei übergehend. Er führte ein viel: 
fach bemwegtes Leben, bald in Xeipzig, 
"bald in Baris, München, Dresden, Lon⸗ 
don, Frankfurt und Italien wohnhaft. 
In letztgen. Lande trieb er eingehende 
funftgeihichtlihe Studien und verfahte 
fein erjtes Werk Südfrüchte (1854). ALS 
Maler machte BP. fih durch die Darſtel— 
lung von Geftalten klaſſiſcher Dichter be- 
kannt. Eo lieferte er die vorzügliche 
Schiller⸗Galerie, Goethe-Galerie, Leſſing-Galerie ꝛc., 
zu denen er einen trefflichen Text ver— 


faßte. 


Freiherr von, wurde am 30. Juli 1855 Von ſeinen bedeutenden literariſchen Arbeiten 
zu Gotha geboren, beſuchte das Gymna— | heben wir ferner hervor: Kunſt- und Kunftindus 
fium feiner Vaterftadt und war darauf ſtrie auf der Wiener Weltausjtellung (1873), 


1868— 71 ein Zögling der Erziehungs: 
anftalt in Schnepfenthal. Von 1871— 75 
bejuchte er das Lyeeum Bamberg und 


' Deögl. auf der Münchener Ausitellung (1876), 
Deögl. auf der Pariſer Weltausjtellung, Deuts 
sche Künftler des 19. Jahrhunderts (1877—86). 
Seit 1885 giebt P. die treffliche Zeitichrift „Die 


Pelzeln. 


Kunſt für Alle‘ und eine „Geſchichte der Mün⸗ 
chener Kunſt im 19. Jahrh.“ heraus. 


Pelzeln, Auguſt von, iſt als der 
Sohn des k. k. Appellationsrates Joſef 
von P. am 10. Digi 1825 zu Prag ge— 
boren, von wo die Familie in kurzem nad) 
Wien überfiedelte und dort ihren blei- 
benden Wohnfig nahm. Er abjolvierte 
in Wien das Gymnafium, die damals be: 
ftehenden philofophiichen Jahrgänge und 
das Studium der Rechtswiſſenſchaften. 
Im Jahre 1847 trat er als Konzepts 
praftifant des k. f. Kreisamtes zu Wien 
in den Staatsdienft und blieb bei dieſer 
Behörde und dann bei der niederöfterr. 
EStatthalterei bis zum Jahre 1850. Von 
früher Jugend war er von großer Vor: 
liebe für die Naturwiſſenſchaften, insbe: 
fondere für Zoologie befeelt und ſuchte 
feine Kenntnifie darin jtets zu bereichern, 
es war ihm daher einer der liebiten 
Wünſche, fih diefer Wiſſenſchaft gänzlich 
widmen zu fönnen, und es gelang ihm 
zu Beginn des Jahres 1851 eine Ans 
ftellung als Praktikant in dem f. k. 300° 
logiihen Hoffabinet zu erhalten. Er 
wurde in kurzem Aſſiſtent, 1857 nad) 
Jakob Hedels Tode Kuftosadjunft und be- 
fleidet gegenwärtig die Stelle eines Kuſtos 
am k. k. naturhiftorifhen Hofmufeum, in 
welcher ihm die Leitung der Abteilungen | 
der Säugetiere und Vögel übertragen ilt. 
Diefen beiden Tierklafien find auch feine | 
meiſten verdienitvollen Arbeiten gewidmet. 
Er veröffentlichte außer zahlreihen Ab— 
handlungen in verichiedenen Fachzeitichrif: 
ten jelbitändig: Bemerkungen gegen Darwins 
Theorie vom Urfprung der Species (1861), Bö- 
gel der Novara-Erpedition im zoologiſchen Teil 
diefes Reifewertes (1865), Zur Ornithologie Bra: 
filiend (1868—71), Die Säugetiere Brafiliens, 
herausgegeben von der k. k. zool. Geſellſchaft in 
Wien 1883, (gemeinfam mit Graf Auguft Mar: 
ihall:) Ornis Vindobonensis (1882), (gemein: 
fam mit Dr. Emil Holub:) Beiträge zur Orni- 
thologie Südafrifas (1882), (gemeinfam mit 
Ferdinand Filher:) Die Säugetiere und Vögel 
der Inſel Jan Mayen in dem Werke „Die öfter: 
reichiſche Polar-Erpedition“, herausgeg. von der 
t, Alademie der Wiffenichaften 1886; durch eine 








roline Pichler. 


Pelzeln. 


Reihe von Jahren von 1872—82 lieferte P. die 
Jahresberichte über die Leitungen der Naturger 
Ihichte der Wögel. 

A. v. P. ift Ehrenmitglied der British Or- 
nithologists Union, ausmwärtiges Mitglied der 
American Örnithologists Union, ausmwärtiges 
forrefpondierendes Mitglied des deutihen Ver— 
eins zum Schuß der Vogelwelt, forrefpond. Mit: 
glicd der Zoological Society of London, Mit: 
glied der Societ® Imperiale des Naturalistes 
de Moscou, der allgem. deutichen ornithol. Ger 
fellichaft, der k. k. Joologiſch-botaniſchen Geſell— 
ſchaft und des ornithologiſchen Vereins zu Wien. 


Pelzeln, Franziska v. (Henriette 
Franz), wurde am 6. Dezember 1826 zu 
Wien geboren. Ihre Eltern waren Ap— 
pellationsrat Joſef von Pelzeln und Ca— 
roline, Tochter der Schriftſtellerin Ca— 
Ihr Vater ſtarb, kaum 
daß Franzisfa das 5. Lebensjahr erreicht 


hatte, und ihre verwitwete Mutter kehrte 


in das elterlihe Haus zurüd, wo fie die 
thätigfte Mitwirkung bei Erziehung und 
Ausbildung der Vermwailten fand. 

Schon frühzeitig verfuchte fih Franziska in 
poetifchen Arbeiten, aber ohne daran zu d 
diefe der Offentlichleit zu übergeben, erft im 9. 
1863 entſchloß fie ſich zu diefem Schritte. Im 
der Zeitichrift „Mußeftunden” erſchien ihre Ro» 
velle „Berbängnisvolle Begegnungen“. Seither 
find viele ihrer Erzählungen und Romane in ver 
ſchiedenen Zeitichriften veröffentlicht worden, 1884 
erichien ihr Roman: „Der Erbe zu Meidenhof". 


Pelzeln, Marie von (Emma Franz), 
geboren zu Wien am 4. Dezember 1830. 
Sie verlor im zartejten Kindesalter —— 
Vater, den Appellationsrat Joſef 
von Pelzeln, welcher ſich im Jahre 1823 
mit der einzigen Tochter der rühmlich bes 
fannten Schriftitellerin Caroline Pichler 
vermählt hatte. Mutter und Großmutter 
widmeten fi) mit Hingebung der Ers 
ziehung Mariens und ihrer Geſchwiſter. 
Das in ihrem Haufe herrichende geijtige 
Leben wirkte in hohem Grad anregend 
auf das heranwachſende Kind, und bald 
verrieth diejes den Drang, fi in lites 
rariſchen Arbeiten zu verfuchen; aber exit 
viele Jahre fpäter entſchloß fih Marie, 
eine ihrer Erzählungen dem Drud zu 
übergeben. Zu diefem Entſchluſſe trug 


— 


Penn. 


wohl das Beilpiel ihrer Jugendfreundin 
Hedwig Wolf viel bei, welche mit Glüd 
als Schriftitellerin in die Offentlichkeit ge: 
treten war. So erſchien 1862 M. v. 
Novelle: Der Flüchtling in einer Zeitfchrift. Diefer 
eriten Novelle folgten in verfchiedenen Journalen 
viele Erzählungen und mehrere Romane. Selb: 


459 


B.3 


ftändig erichienen: Schneefaterl (Nov. 1883), | 


Prinzeffin Jrrliht (Erz. 1885). 





geboren, abjolvierte in der Vaterſtadt und. 
in Graz feine Studien, und begann mit ſei⸗ 


nem zwanzigiten Jahre feine publiziftische 
Thätigfeit in Graz am „Gr. Telegraphen“. 
Sleichzeitig erihien auch fein warm (troß 
des Titels) aufgenommenes erjtes Buch 


Eisblumen. Im folgenden Jahre trat PB. in 
die Redaktion der „Volksſtimme“, 1862| 
gab er die Zeitichrift „Hoch vom Dad: 


ſtein“ Heraus, während feine höheren 
Etudien ihren Fortgang nahmen, bis 
er 1863 gen Wien zog, wo bejonders 
Friedrich Hebbel jein literarischer För— 
derer wurde. Eine fchwere Erkrankung 
trieb P. wieder in feine Vaterſtadt zurüd, 
von wo er als Mitarbeiter der „Or. Zeis 
tung“ nad) Graz überfiedelte. Hier ver: 
öffentlihte er einen Band politiſcher Ge: 
dichte: Blätter aus der Zeit. 
nahm P. eine Reife nad) Deutfchland, 
Serbien 2c. und ließ ſich in Agram nieder, 
wo er fein hiftor. Traueripiel Der Unter: 
gang Metullums vollendete, das am k. Na— 
tionaltheater mit dem erjten Preiſe ge: 
frönt wurde. 1866 wandte fi PB. wieder 
nad Graz und gründete dort die „Oſterr. 
Gartenlaube“. 1867 folgte er jedoch einem 
Rufe nad) Görz an die Redaktion des 
„Deutihen G. Wochenbl.”, aus dem er 
die „G. Zeitung” ſchuf, deren Leitung er 
zwei Jahre hindurd) behielt, um alsdann 
nad) Trieft, bald danach wieder nad) Graz, 
Lemberg und dann nad) Peſt zu gehen. 
Allenthalben war P. journaliftiih emfi 
thätig, außer in den genannten Orten no 

inGablonz(„G.Blatt“), Wien(„Borftadt- 
Zeitung“, „Wiener Morgenpoft“, „Wie: 








1864 unter: 


Perfall. 


ner Extrablatt“), dort gründete er auch 
die „Dichterſtimmen aus Oſterr.⸗Ungarn“ 
und leiſtete 1877 einem Rufe nah Brünn 
Folge, um die Chefredaktion des „Mäh— 


ı rich » Schlefiihen Korreipondent”, fpäter 


(1881) bie der „Brünner Morgenpoft“ 
zu übernehmen, in welch' letzterer Stel: 
lung ®. no heute aufs erfolgreicdhjite 


‚wirft, allgemein der höchſten Achtung ſich 
Penn, Heinrih Moriz, wurde am 
2. Dezember 1840 zu Laibach in Krain 


erfreuend. 

Außer den angeführten Werfen und zahlreichen 
Auffägen, Eſſays, Überfegungen aus dem Slove— 
nischen und Serbildhen find von P.'s höchſt an- 
erfennenswerten, zum teil in fremde Sprachen 
überfegten, refp. — foweit es Bühnenftüde find 


\— vielfad mit Erfolg aufgeführten jelbitändig 
| erichienenen Werfen noch hervorzuheben: Moderne 


Lebemänner (Dr.), Sonette aus dem Schaufpiel: 
baufe, Der floveniihe Dichter France Peſérn 
(Biogr.), Liebesleben (Ep.), Ungarns jchöniter 
Tag (Feftip.), Aus den Geheimnifien von Triejt 
(Rom.), Auch eine Badegeihicdhte (Nov.), Mo: 
derne Egoiften (Nov.), Tagebuchblätter, Ein Mord 
(Nov.), Blaublut (Nov.), Eine Komödiantin 
(Nov.), Weiblihe Sekundanten (Dr.), Der Bauer: 
fönig (Rom.), Charakterföpfe (Ep.), Das Ger 
heimnis eines dunflen Hauſes (Rom.), Soldaten: 
buch (Ged.), Mara (2. veränd. Aufl. v. „Unter: 


‚gang Metullums“), Die Geſchichte der Stadt 


Wien (Hift. Prahtw.), Hadſchi Loja und die Ge— 
ſchichte der öfterr. Offupation (hift. Rom.), Der 
Kaiſer kommt (Feitip.), Durch eigene Kraft (Erz.), 
Dämon Gold (Rom.), Das Buch der Treue (Ged.), 
Friede den Menfhen auf Erden (Ged.), Ein 
Waldmärchen (Ged.), Unjer Doktor (Sittenb.), 
25 Jahre (Jubiläumsſchr.), Der feltfame Freund 
Friedrichs des Großen (Rom.). Außerdem eine 
Fülle von Romanen, Novellen zc. in verfchiede: 
nen Sournalen zerftreut. 


P. iſt Ehrendoftor einer ausländiihen 
Univerfität und Ritter vieler hoher Or: 
den, die ihm in Anerkennung feiner lite 
rariſchen Verdienfte verliehen wurden. 


Verfall, Karl Frh. v., wurde am 
24. März 1851 in Landsberg i. B. ge: 
boren, widmete fi früh ſchon dem jour: 
naliftiihen Berufe und wirft nunmehr 
als Redakteur der „Kölniſchen Zeitung“ 
in Köln. Literarifch jelbitihaffend trat P. 
zunächft mit den humoriſtiſchen „Münche⸗ 
ner Bilderbogen“ hervor, wandte fi dann 
aber dem Gebiete der Novelle und bes 
Romans zu und waren es bejonders jeine 


Berl. 


Werke: Vornehme Geifter (1883) und Die 
Langſteiner (1886), welche den Namen bes 
Autors rühmlich befannt machten. Außer: 
dem hervorzuheben: Ein Wintermärchen (1879), 
Die Heirat des Herrn von Radenau (1884), Vi— 
comte Boffu (1885). 

Verl, Jacob (3. P. Dftland), am 
1. juli 1824 in Mien geboren, jtammt 
aus einem alten deutschen Bürgergeichledht, 
welches nach der zweiten QTürfenbelage- 


rung Wiens aus Tyrol nad Oſterreich 


einwanderte. Der Vater beftimmte den 
KAnaben zu feinem Geſchäftsnachfolger, 
obwohl die Neigung deifelben von Jugend 
auf für einen Kunſtberuf zu Tage trat. 
Er erhielt eine, damals für Bürgers: 
ſöhne ungewöhnliche Erziehung, befuchte 
die Volfsichule und das Gymnaſium bei 
den Piariſten und hörte alsdann Die 


460 


Perls. 


Perls, Arnold, iſt am 15. Januar 
1856 in Tarnowitz ESchleſien) geboren, 
befuchte das Gymnaſium in Breslau 
und widmete fi, jehr jung noch, der 
Sournaliftif, indem er, faum achtzehn 
‚Jahre alt, eine Zeitfchrift für Gymna- 
fiaften gründete. Später betätigte cr ſich 
als gewandter und feinfinniger Feuilles 
tonnift, als welcher er nunmehr in Leip— 
zig ‚lebt. 

Hauptwerfe: Töchter-⸗Almanach (1875), Alt: 
deutihe Götterlehre (1876), Das Buch vom 
Küſſen (1876), Herzensklänge (3 Aufl. 1882), 
Der Konflikt (1882), Herr Stöder und fein 
Prozeß (4. Aufl. 1885). 





Pernwerth von Bärnitein, Adolf, 
‚wurde am 20. Mai 1836 zu Würzburg 
‚geboren und war von feinem Vater, wel: 
her — einem alten tiroliihen Adelsge— 


Reale und die techniſchen Lehrfächer am ſchlechte entſproſſen — als bayriſcher Of: 
W. polytechniſchen Inſtitute; führte von fizier unter den Waffen ergraute, gleich? 
1842 an die Leitung des großen Ge: Falls für die militäriſche Laufbahn be— 


Ichäftes feines Waters. 1848 wurde er 
in die Wiener Semeindevertretung und 
darin zum Echriftführer in das Bürcau 
des Präfidiums gewählt, wo er bis 1550 
verblieb. Nun bereilte er Deutichland, 
Belgien, Holland, Großbritannien, Sranf- 
reich, die Echweiz, Jtalien und fehrte in 
feine Heimat zurüd, um das väterliche 
Gewerbe zu übernehmen, das er von 1551 
bis 1874 im ausgedehnteften Maßſtabe 
fortführte, Die Schwindelperiode und die 
ungünftigen Verhältniffe veranlaften ihn, 
das Geſchäft zu verfaufen. 1861 bereits 
hatte er ſich mit einer feingebildeten Bür: 
gerstochter vermählt. Zeyt (1884) erft konnte 
er feiner von Jugend auf gebegten Lieblings: 


neigung für Poeſie nachgeben, weldye er bis da: | 


bin als Dilettant mit Erfolg in vielfacher Weife | 


jtimmt. Als der Eintritt eines befonderen 
| Ereignifies die Ausführung diefer Abficht 
verhinderte, widmete er fih von 1845 
‚bis 1354 den humaniftiichen Studien am 
Gymnaſium und von 1854—58 dem 
Studium der Rechtswillenihaft an der 
Univerfität zu Würzburg. Nachdem er, 
nach erlangtem Univerjitäts-Abjolutorium, 
1859—61 — mit Unterbredhung einer 
‚neunmonatlichen Reife nad Griechenland 
und Stalien — bei verfchiedenen Gerich— 
ten feiner Vaterftadt ſich der vorgeſchrie— 
benen Borbereitungspraris für das ju— 
riſtiſche Staatsexamen unterzogen, legte 
er diefes Eramen jelbit Ende 1861 mit 
ı glänzendem Erfolge ab. Sofort nad) deſſen 
Beendigung trat er, angezogen durch die 


ausübte, Nun wurde P. Berufsfchriftiteller. Im , kosmopolitiſche Bedeutung des Eifenbahn: 
Jahre 1844 erichien im „Wanderer” fein erites | weſens und deflen hohen Einfluß auf das 
Gediht und wurde, von dem Slaviervirtuofen | 


Leopold Balzar in Muſik gelegt, in Gefellichaften 
und Vereinen vielfach gelungen. Demfelben folg- 
ten nun viele andere in verfchiedenen Zeitungen, 
Die jeitdem von ihm felbit. erichienenen Werke, 
meiſt äußerſt günitig beſprochen, find: An die 
deutichfeindlihen Ungarn (Eine Epiftel 1880), 
Ein Mann, der Mut verliert (Ein Zeitbild 1881), 
Ter Entſatz von Wien 1683 (Volksſtück 1883). 


moderne Staatöleben, in den Dienft der 
f. bayer. Verfehrsanftalten ein. P. ver: 
‚lebte nun die Jahre 1862 —64 zuerſt 
'als Praktikant, dann als Affiitent des 
| Eifenbahndienftes in Würzburg, Donau— 
wörth, Gunzenhaufen und Nürnberg, bis 
‚er 1865 als Aſſiſtent im Neferatsdienite 


Pernwerth von Bärnitein. 


zur Generaldireftion der f. Verfehrsans | 
ftalten in München berufen wurde, wo er 
fodann 1867 zum Offizial, 1868 zum 
General » Direktions = Sefretär befördert 
ward. Im Jahre 1874 trat er infolge 
organifatorischer Anderungen bei genanns | 
ter Direktion in den äußeren Betriebsdienft | 
zurüd und fungierte von 1874—77 als 
Vorſtand der f. Poſt- und Bahnverwals | 
tung Traunftein, von welchem Bolten aus | 
er im legterwähnten Jahre zum Vorſtande 
des k. Poſt- und Bahnamtes Trenchtlin— 
gen Beförderung fand. Von hier wurde 
er im Jahre 1880 zur Vorſtandſchaft des 
k. Bahnamtes München berufen. 1881 
wurde er ſodann zum Vorſtande des k. 
Dberbahnamtes Weiden befördert und 
1884 auf die Stelle eines Rates und 
Unterabteilungs-Borjtandes der General: 
direftion in München berufen. Bei der 
jüngiten Neuorganijation der k. bayerichen | 
Verfehrsanitalten 1886 endlih wurde er 
zum k. Oberregierungsrat befördert und 
mit ber Vorjtandichaft der Abteilung IL| 
der neuen Generaldireftion der k. bayr. 
Staatseifenbahnen betraut. Diejen Poſten 
nimmt derfelbe heute nod ein. 

Schon von Jugend auf hatte P. in feinen 
Mußeftunden gern mit der Dichtkunſt ſich (ano: 
nym) befchäftigt, allein an die Offentlichkeit trat 
derjelbe erit 1878 und zwar mit „Iterumque | 
vivat academia! poetifche Neminiscenzen vom 
und aus dem Burſchenleben“ Bei feiner Vor: 
liebe für die deutiche ftudentifche Poeſie vertiefte 
er fih in deren Geſchichte und wendete fich dabei 
hauptſächlich der Nachforſchung nach dem noch we: 
nig gepflegten Zweige der lateiniſchen Studenten— 
lieder der vergangenen Jahrhunderte zu. Auf 
diefe Weile entitanden feine beiden in die Jahre 
1879 und 1881 fallenden Beröffentlihungen 
„Carmina burana seleceta* und „Ubi sunt, qui 
ante nos in mundo fuere?* Die eingehenden 
Vorftudien zu dielen Werfen veranlaßten P. feine 
Aufzeihnungen in einer felbitändigen Veröffent: 
lihung zu verwerten, und jo erſchienen 1882 
feine „Beiträge zur Gefchichte und Literatur des 
deutihen Studententumes von Gründung der äls 
teften deutfchen Univerfitäten bis auf die unmit— 
telbare Gegenwart” als Feſtgabe zum 300. Jubel: 
fefte der Universität Würzburg. Die jogenannte 
ınittellateiniiche Dichtung, wie folde in dem Co- 





dex Buranus wieder zu Tage gefördert wurde, | 
eiferte P. zur eigenen Nachbildung an, und hat 


461 


— Peſchel. 
derfelbe inzwiſchen bei verſchiedenen feſtlichen, ins: 
beſondere patriotiſchen Veranlaſſungen derartige 
lateiniſche Feſtgedichte veröffentlicht, welche ihren 
Lauf durch die deutſche Tagespreſſe nahmen und 
vielfach geſungen wurden. 


Peſchel, Wilhelm Emil, als Sohn 
eines Kammermuſikus am 6. Juli 1835 
zu Dresden geboren, genoß daſelbſt ſeinen 
Schulunterricht. Dann widmete er ſich 
ſpeziell dem Studium der neueren Sprachen 
und Literatur und hielt ſich 1855 —58 
in England und Nordamerifa auf, wo er 
befonders an den Profeſſoren F. 9. Garn— 
jey vom Magdalenen-Kollegium in Dr: 
ford und O. W. Wight von der Newyorker 
Univerfität Förderer und Freunde fand. 
In fein Vaterland zurücgefehrt, promo— 
vierte P., um darauf in verjchiedenen 
höheren Lehranftalten Dresdens den Unter: 
riht in den neueren Epraden zu über: 
nehmen. 1861—78 befleidete er aus— 
Ihlieglid das Lehramt für die englifche 
Sprache und Literatur an dem I. Realgym- 
naſium in Neuftadt:Dresden. Seine qute 
Unterrichtsmethode dokumentierten P.'s 
durd mehrere Auflagen jehr verbreiteten 
Sprachbücher. Im übrigen ift er aud) 
poctifch thätig, z. B. Wer Kinder liebt (1873), 
Poetiſche Neminiscenzen aus der Kinderwelt (1879), 
doch hat er feit einer Reihe von Jahren 
feine Kraft und Zeit mehr und mehr einem 


‚einzigen Punkte zugewandt: Als mit dem 


50jährigen Todestage Theodor Körners 
die Erinnerung an die ruhmreichen Tha— 
ten der deutichen Befreiungsfriege wieder 
lebendig ward, da war es P., damals 
Vize-Vorftand des „Literariichen Vereins” 
in Dresden, der zuerit Die Idee eines wür— 
digen Monuments für den Tyrtäus uns 
jerer Nation anregte und durch eine von 
ihm allein ins Werk geſetzte Gedenkfeier 
den Hauptfonds für die Ausführung feis 
ner bee zufammenbradhte. Das Dent- 
mal wurde am 18. Dftober 1871 enthüllt. 
Damit nicht genug, widmete er Jahre 
dem Plane, ein Körnermuſeum zu errich— 


‚ten, der ihm gleichfalls gelang (1375) 
‚und dejien Verwirklichung in ihrer immer 


Vechta. 


wachſenden Großartigfeit allein P. zu dan: 
fen ift. Es bat ihm denn auch an Aner: 
fennung nicht gefehlt. Der König von Sad): 
fen zeichnete ihn durch den Albrechtsorden 
und der Kaiſer von Deutichland durch den | 
Kronenorden aus. Seit 1885 ift das gen. 
Mufeum in den Befig der Stadt Dres: 
den übergegangen und der Begründer 
zum Direktor deſſelben ernannt. 


Vechta, Guſtav Adolf von, wurde 
am 30. Auguft 1830 zu Joahimsthal ge: 
boren, befuchte nad abjolviertem Gym | 
nafium die tehnifhe Hochſchule und Die | 
Univerfität zu Prag, wo er ſich namentlich 
mathematifhen und philoſophiſchen Stu: 
dien bingab. Auf vielfahen Studien: 
reifen in die Schweiz, nah Deuticdh- 
land, Franfreih, Italien, Belgien und 
England ſuchte er Vervollitändigung ſei— 
nes MWiflens, um alsdann dem Lehrer: 
berufe fi zu widmen. 1852 wurde ®. 
nad) Ablegung der Konfursprüfungen zum 
Adjunkten für Mechanik, Mafchinenlehre, 
Maſchinenzeichnen und Phyſik an der tech⸗ 
nischen Hochſchule in Prag ernannt, wo er 
bis 1857 erfolgreich thätig war, in wel⸗ 
chem Jahre er zum ordentl. Profefjor für 
Mechanik, Maſchinenlehre 2c. an die tech: 
nische Hochſchule in Lemberg berufen wurde. 
Seit 1863 wirkt er in gleidher Eigen: 
ihaft an ber techniſchen Hochſchule zu 
Brünn, feit 1868 daſelbſt darjtellende 
Geometrie und fonftruftives Zeichnen, En: 
cyflopädie der Mechanik und Maſchinen⸗ 
funde lehrend. In Anerkennung feiner 
großen Verdienfte wurde ihm 1879 der, 
Titel eines Negierungsrats verliehen, er 
auch durch hohe Orden, fowie durch die | 
gr. goldene Medaille für Wiſſenſchaft und 
Kunſt ausgezeichnet. Von jeinen bedeuten: 
den und alljeitig als foldhe gewürdigten 
jelbftändig erjchienenen Werfen heben wir | 
bejonders hervor: | 

freie Peripeftive in ihrer Begründung und 
Anwendung (1868, 3. Aufl. 1888), Urſachen der 
Dampfteffel » Erplojionen, Dimenjionierung der 
Mafchinenteile (1869), Der Indikator und deſſen 
Anwendung, Kotierte Rrojeftionsmethode (1877, 
2. Aufl. 1852), Normalenflähen (15S0—S4), 





462 


tons: Zeitglofien hervor. 


Peſchkau. 


Freie klinographiſche Projektion, Darſtellende und 
projektive Geometrie nach dem gegenwärtigen 
Stande der Wiſſenſchaft (1883—85). 
Peſchkau, Emil, wurde am 19. Fer 
bruar 1856 in Wien geboren, legte be: 


‚reits in feinem fünfzehnten Jahre Die 
Maturitätsprüfung ab und bezog dann 


auf Wunſch feiner Eltern die technijche 
Hochſchule, die er mit vorzüglichen Zeug: 
niffen abjolvierte, obwohl feine Neigung 
ihon von früher Jugend an auf Poefie, 
Kunſt und Philoſophie gerichtet war. 
Dieſe Neigung ließ fi aber nad) feinen 
erften Schritten in der Praris des In— 
genieurs nicht länger zurüddrängen und 
als einige feiner Gedichte und Novellen 
beifällige Aufnahme in Zeitichriften ges 
funden hatten, beichloß er, fi) ganz der 
Literatur zuzumenden. Zahlreiche Reifen 
und ein bewegtes Jugendleben — mußte 
er do Schon von feinem vierzehnten Les 
bensjahre an für die Erhaltung der Fa— 
milie mit ſorgen — trugen wejentlic 
dazu bei, feinen Gefichtsfreis zu erweis 
tern und ihn in die verfchiedeniten Les 
bensverhältniſſe bliden zu laffen, die ihm 
dann den Hintergrund zu feinen Arbeiten 
lieferten, denen er jeine erjten Erfolge 
verdankt, und von denen der Roman Die 
Neihögrafen von Walbet feinen Namen mit 
einem Schlage befannt madte. Neben 
dem Roman pflegte er von nun an nas 
mentlich die Novelle, die Humoresfe und 
das Feuilleton, und bald war er einer 
der gelejeniten unter den Mitarbeitern 
unferer beiten Zeitichriften und Zeitun— 
gen. Unter den vorzüglid), ja teils glän- 
zend beurteilten Sammlungen, die er bis- 
her im Buchhandel veröffentlicht bat, 
heben wir die Novellen: Miniaturen, Hinter 
dem Vorhang UNd Am Abgrund, Die Humo— 
resfen: Sommerfprofien, Aus Herz und Welt 
umd Herr und Frau Pieps, Jowie die Feuille— 
Seine neueften 
Arbeiten find die Nomane: Abgründe des 
Lebens UND Ein Augenblid des Glüds. Eine 
Auswahl feiner bereits vielfah kompo— 
nierten Gedichte hat PB. unter dem Titel 


463 


Beter. Peter. 
Traum und Leben veröffentlicht und auf! inipektor für den Freimaldauer Bezirk er: 
der Bühne ift er mit einem an zahlreichen | nannt, wo er aufs ſegens- underfolgreichite 
Theatern wiederholt erfolgreih aufge: wirkte. 1872 erhielt P. die Stellung als 
führten Einakter Ein Reiſeabenteuer erſchie- Direktor der k. k. Zehrerinnen-Bildungs- 
nen. Auch ald Theaterfritifer und Ne: | anjtalt inTroppau. Dort redigierte er auch 
dafteur war er längere Zeit thätig. Gegen: | das „Schleſ. Schulblatt” und bekleidete eine 
wärtig lebt P. in Hofheim bei Frankfurt | Reihe von Ehrenämtern, außerdem wurde 
am Dtain. er in den E. E. Bezirksichulrat delegiert. 
Peter, Anton, wurde am 12. April Zugleich leitete P. die höhere Töchterſchule 
1831 zu Johannesberg in Schlefien ge: daſelbſt, zu deren Begründern er gehört. 
boren, wo er auch den erften Unterricht In allen dieſen Stellungen erwarb ſich 
erhielt. Danach beſuchte er das Gymna- P. anerkanntermaßen wirkliche Verdienſte. 


ſium zu Braunau (Böhmen) und das zu 
Olmütz, nach deſſen Abſolvierung er die 
dortige Univerſität, nach ihrer Auflöſung 
die zu Wien bezog, um den hiſtoriſch-phi— 
lologiſchen Fächern ſich zu widmen. 1853 
und 1854 beteiligte er ſich lebhaft an 
den Arbeiten des hiſtoriſch-philologiſchen 
Seminars als wirkliches Mitglied, auch 


wurde er zur ſelben Zeit bereits aushilfs⸗ 
weile am afademiihen Symnafium zu 


Wien beihäftigt. Nah Ablegung feines 


Eramens wirfteer 1854 —56 als Supplent | 
am Gymnafium zu Brünn, wurde im leßtz | 


gen. Jahre zum Gymnaſiallehrer, jpäter 
zum Profeflor in Troppau ernannt. Dort 


| Daneben veröffentlichte er den dritten Band eis 
Ines Wertes: „Leben der Oggaländer in Bergans 
genheit und Gegenwart” und — mie fchon früs 
ber — viele Aufſätze in Beitichriften. 1878 
wurde erzum Direktor der Lehrerbildungs⸗ 
anftalt in Tefchen ernannt und 1878 in 
Anerkennung feines Verdienftes um diefe 
Anſtalt durch Verleihung des Titels eines 
k. k. Schulrats geehrt. Auch ift P. durch 
das Ritterkreuz des heil. Franz-Joſeph— 
Ordens ausgezeichnet. Außer vielen Bei: 
trägen in Beitichriften find von P.'s felbitändig 
erichienenen Werfen noch hervorzuheben: Burs 
gen und Schlöfler im Herzogtum Schlefien (1879), 
Heimatkunde des Herzogtums Schlefien (1880), 





' Das Herzogtum Sclejien in Wort und Bild 
(1884). 


reifte der Plan in ihn, alles Volkstüm-— 

liche, was in Brauch, Sage, Sitte und Meter, Karl, wurde am 6. April 1808 
Sprade unter den Bewohnern Schlefiens | in Freiburg a. U. geboren, widmete ſich 
fi) erhalten Hatte, zu jammeln und zu'dem Studium der Theologie und Phi: 


fihten und daraus ein Werk zu bilden, 
das für die Hulturgefhichte des Landes 
von hoher Bedeutung werden follte. Nach 


jahrelangen angejtrengten Vorarbeiten erichien der 
erfte Band des Volkstümlichen aus Ofterr.:Schle: 


Voltsihaufpiele, Sprichworte“. Der Erfolg über: 





lologie in Halle, promovierte dafelbjt 1830 
und wirkte aladann am dortigen Päda— 
gogium als Lehrer. 1835 wurde er zum 


Direktor des Gymnafiums zu Dleiningen 


fien: „Kinderlieder, Kinderſpiele, Volkslieder und ernannt, war dann von 1843 —52 erit 


‚Mitglied des Konfiltoriums in Hildburg- 


traf die Erwartungen des beſcheidenen Verfaflers | haufen, dann des Minijteriums in Mei— 


bei weitem, Die bedeutenditen Fachgelehrten und 
die maßgebende Kritif begrüßten das Werk aufs 
wärmijte, jo dab die kaiſerl. Afademie der Willen 
Ichaften in Wien die fernere Herausgabe unter: 
ftügte. So erfchien der 2, Band: „Sagen und 


ningen, wurde aber darauf wiederum 
Spmnafialdireftor in Anklam, danad) in 
Stettin und ſchließlich feit 1856 in Pforta, 
bis er 1873 in den wohlverdienten Ruhe— 


Märchen, Bräuche und Volfsaberglauben“, gleich: | ftand trat und nach Jena überfiedelte. 


falls alljeitig anerkannt. Bald darauf wurde 
P. zum SKonfervator der Baudenkmäler 
fürden Troppauer Kreis, ſpäter zum Schul- 
inipeftor für die deutfchen Schulen in 
Teſchen und früher noch zum Bezirksſchul— 


Von feinen ausgezeichneten, meiſt in vielen 
Auflagen verbreiteten Werken heben wir hervor: 
Zeittafeln der griechiichen Geichichte, Zeittafeln 
der römischen Geſchichte, Studien zur römiſchen 
Gchhichte, Zur Kritik der Quellen der älteren 
römiſchen Geſchichte, Geſchichte Roms. 


Betermann. 


Petermann, Reinhard E., wurde am 
21. Januar 1859 zu Freudenthal in 
Schleſien geboren. Er kam ſchon als Kind 
nad Wien, wo der Vater die Stelle eines 
Kanzleileiters bekleidete, und feine Mühe 
fcheute, feinen Kindern eine ordentliche 
Erziehung geben zu laſſen. Die mehr: 
jährige Krankheit des Vaters, der 1879 


ftarb, hatte P. genötigt, das ergriffene | 


Studium aufzugeben und ebenfalls Be: 
amter zu werden. Die Muße, die ihm 
die erlangte Stellung ließ, benugte er 
jedoch, um feine Studien wieder aufzuneh: 
men. Mit Eifer warf er fih auf das 


464 


Peterſen. 


eine zweite Auflage des vorzüglich beurteilten 
Werkes notwendig. 

Peterſen, Johann (Hanſen, Peter, 
Grönwold), wurde am 6. April 1863 
in Grönwold geboren, erhielt eine gute 
häusliche Erziehung durch ſeine Eltern, 
die 1877 nach Dillenburg, der Verſetzung 





des Vaters halber, überſiedelten. Dort 
gelangte P.'s Vorbildung zum Abflug 
‚und er bezog die Präparandenanftalt zu 
Herborn, danad) das Seminar in Dillen- 
burg, um ſich dem Lehrerberufe zu widmen. 
In demjelben wirkte er zunächit als Lehr: 
aehilfe im Taunus, jpäter als Lehrer in 





Studium der Erdkunde, Botanik, Meteo- Oberjtedten bei Homburg v. d. H. Alle 
rologie und auf das der Geſchichte und Muße, die ihm fein Amt läßt, verwendet 
Philoſophie; doch überwog das Intereſſe P. zu literariihen Arbeiten und ift er ein 
an den naturwiſſenſchaftlichen Disziplinen. fleißiger lyriſcher und novelliftiiher Mitarbeiter 


Neue Anregung boten ihm die touriftis | mehrerer Zeitſchriften. Auch kleinere pädagos 
ſchen Streifzüge, die der für die Wunder 
der Alpenwelt begeifterte B. unternahm. 
So ergab ſich ſchließlich die Richtung für die in: 
zwifchen begonnene jchriftitelleriihe Thätigkeit (er 
Ichrieb Eſſays und Feuilletons über ſoziale und 
fulturbiftoriihe Ericheinungen der Gegenwart) 
von ſelbſt. Mit feinen, in Wien gang neuen, 
populãr⸗wiſſenſchaftlichen meteorologiſchen Feuille⸗ 
tons betrat er das eigentliche Feld ſeines liter. 
Wirkens. Eine Anzahl dieſer Arbeiten, von 
denen beſonders mehrere Darſtellungen beſtimmter 
Alpengebiete in ihren jahreszeitlichen, landſchaft— 
lichen Zuſtänden Intereſſe erweckten, erſcheint dem— 
nächſt geſammelt. 

Peterſen, Eginhard Friedrich, wurde 
am 29. Auguſt 1834 zu Lübeck als äl— 
teſter Sohn des dortigen Paſtors J. F. 
P. geboren, widmete ſich nach Abſolvie— 
rung des Lüb. Katharineums in Erlangen, 


Berlin und Tübingen dem Studium der 


Theologie, um nad) vierjähriger Kandi- 
datenzeit in feiner Vaterſtadt erft Pre: 
diger, dann im Jahre 1879 Hauptpaftor 
am Dom zu werden. 

Ton der Hinrichs'ſchen Verlagshandlung in 
Leipzig aufgefordert, vollendete P. die von ſei— 
nem Jugend» und Univerſitätsfreunde ©. Witt 
in Erlangen mit beionderer Yiebe begonnene, 
aber faum zur Hälfte (bis zur Verheiratung 
Luthers) gebrachte Zutherdiographie, im möglich: 
Iten Anjchluß an das Angefangene und im Geift 
des verjtorbenen Mutors. Tas, durch das Luther: 
jahr erwedte lebhafte Intereſſe machte bereits 


giſche Artikel entfloſſen feiner Feder. 


Peterſſen, Friedrich Carl, wurde am 
6. Januar 1829 in Emden in Oftfriesland 
‚geboren, befuchte die lutheriſche Schule 
dajelbjt und trat, vierzehnjährig, als Lehr» 
ling in ein Handlungshaus ein. _ Seine 
erübrigten Mußeſtunden benugte er zu 
feiner weiteren Fortbildung. In diefe Zeit 
fallen feine erſten Eleinen poetiihen Vers 
ſuche. Seine Lernbegierde veranlaßte ihn, 
‚den kaufmännischen Beruf aufzugeben und 
in die Offizin der „Oſtfrieſiſchen Zeitung” 
| überzufiedeln, auch hoffte er nad) der Er: 
lernung der Buchdruckerkunſt ſpäterhin jeis 
ner Reiſeluſt Genüge zu thun. Von ſei— 
nem erſten Verdienſt nahm er guten Un— 
terricht im Erlernen der franzöſiſchen 
Sprache und brachte es bald dahin, fran— 
zöſiſche Werke zu überſetzen, fand auch noch 
Zeit zu poetiſchen Ergüſſen, als 1848, 
'1849 die Nevolutionejtürme durch das 
Land brauiten. 1851 fonnte er als Jün— 
‚ger Gutenbergs der Heimat Valet jagen. 
In Gannftatt, wo er Arbeit fand, be: 
| geifterte ihn J. Scherr’s „Allgemeine Lite 

raturgeſchichte“ vollends für die Schrift: 
jtellerei, deren Sünger zu werden fein 
heißeſter Wunsch war. Seine Wanderjahre 


| führten ihn dann weiter durch die franz 








Pe. 


zöſiſche Schweiz nad) Frankreich, England 
und wieder zurüd nad Franfreih. Al- 
lerorten jtrebte PB. mit großer Energie 
feinem Hauptziele, „dem Schriftiteller” zu, 
ſo fuchte er vor allen Dingen Vervoll- 
fommnung feines Wifjens und teilte feine 
Muße zwiſchen ernjte Studien, bejonders 
Epradıen, und literarische Arbeiten. 1877 
verheiratete fih P. mit einer gemütreichen 
jungen Franzöfin, mit der das Glüd in 
fein Haus zog, indem ihm eine Reihe von 
literarifchen Aufträgen (Überjegungen) zu- 
teil wurde. 1859 trat er als Mitredaf: 
teur in die „Barifer Zeitung“ und nun 
war die Bahn geebnet. Bald war PB. 
Mitarbeiter einer größeren Anzahl beſſe— 
rer Zeitichriften, die ihm den Ruf eines 
tühtigen und interejianten Feuilletoniften 
begründete. 1863 erichien fein erjtes, 
von der deutichen und franzöfiichen Preſſe 
jehr günftig beurteiltes Werk Parifer Leben. 


Demjelben folgten 1870 feine Genrebilver 
Dann aber fam 
der Krieg. P. wurde ausgewieſen und ging 


aus dem modernen Babel. 


nad) Brüſſel, kehrte Ipäter jedody nad) Pa: 
ris zurüd. Im Jahre 15880 überjiedelte 
P. von Paris, wo er jo fleißig jchaffend 
gelebt Hatte, nad) Blainville, um nunmehr 
die in der ganzen Zeit betriebene auf: 
.reibende Thätigkeit als Berichteritatter 
einer übergroßen Zahl von Blättern mit 
der ruhigeren eines Novellijten zu ver: 
tauſchen. Als folder hat er ſich einen 
Namen durch feine vortreffliden Zeich— 
‚nungen Frankreichs und der Franzoſen 
erworben. 

Hervorzuheben: Der Schat im Walde, Auge 
um Auge, Der Spielteufel, In der Todesitunde, 
Die Raben von Pirou, Aus Frankreich, Bilder 
und Sfizzen. 


Pets, Franz, geb. am 24. Scptember 
1820 als ein Sohn adıtbarer, aber un: 
bemittelter katholiſcher Bürgersleute zu 
Arnsdorf in Niederbayern, bejuchte die 
Elementarfchule dajelbft und genoß neben: 
bei, von dem Triebe, das Studium als 


feinen Beruf zu ergreifen, bejeelt, den: 


Vorbereitungsunterricht einesgroßmütigen 


Das literariihe Deutſchland. 


Petz. 


Prieſters. Im zwölften Lebensjahre fand 
er Aufnahme im Gymnafium zu Strau: 
bing und überwand glüdlid die mate- 
riellen Echwierigfeiten feiner erften Stu— 
dienjahre. Im Jahre 1839 bezog er bie 
Univerfität Münden und gab fid) da— 
jelbit dem Studium der Philofophie, Ge— 
Ihichte, Mathematif und Naturwiflen: 
haften, bejonders aber theologiichen Stu: 
dien hin (unter Döllinger, Stadtbauer, 
Amberger). 1843 folgte er dem Rufe fei- 
nes Bilchofs, um in das Klerifalfeminar 
in Paſſau einzutreten. Hier vollendete er ein 
einjähriges Studium der Fächer der praf- 
tiihen Theologie, erhielt die Priefterweihe 
und bald darauf (1844) feine erfte An: 
jtellung als Hilfspriefter in einer Land: 
pfarrei. In diefem Berufe wirkte er fünf: 
zehn Jahre in anftrengenditer, ſegens— 
‚reiher Thätigkeit. Wider feinen Willen 
und wider feine Neigung wurde er im 
Jahre 1859 zum Domfapitular in Paſſau 
ernannt. Um jedod nicht völlig dem Looſe 
eines aftenbejtaubten Büreau-Menſchen zu 
‚verfallen, juchte er die wenigen geſchäfts— 
freien Stunden zur Fortiegung feiner Stu: 
dien über Geſchichte, Philoſophie, Kirchen: 
und Staatsreht und Naturwiflenichaften 
zu benußen. 

Der Offentlichfeit übergab er vorerit einige 
Monographien über kirchenhiſtoriſche, firchen- und 
ſtaatsrechtliche Zeitfragen und dann eine Anleis 
tung über Homiletif und Rhetorik (1876); ferner 
eine neue Überjegung der Kanones und Defrete 
des Konzild von Trient mit geſchichtlichen und 
fanonifcherechtlihen Noten (1877); bierauf lieh 
er folgen: „Philoſophie der Religion“ oder „Stu— 





| dien über Gott und das Göttliche” (1878), „Kos: 


mos und Pſyche“ oder „Philoſophiſche Unter: 
fuhungen über die Welt und die Seele” (1879), 
„Philoſophiſche Erörterungen über die Unſterb— 


| lichkeit der menschlichen Scele und über den Zu— 


ftand der abgeſchiedenen Seelen im Jenſeits“ 
(1879). Außerdem erihienen von ihm Artifel 
und größere Abhandlungen über Tagesfragen, jo» 
wie über philofophifche, lirchenrechtliche und ſtaats— 
rchtlihe Ihemata in den verfchiedenften fach- 
wiſſenſchaftlichen Zeitſchriſten, Tages⸗ und Kir: 
chenblättern. Bei allen jeinen literarischen 
Arbeiten hatte er das Ziel „Recht und 
Wahrheit” vor Augen, das er, unbeirrt 
von veralteten Schulmeinungen und Lehr: 


30 


Petzet. — 
traditionen, ohne_Nüdjiht auf Lob und 
Tadel, beharrlich verfolgte. 


Petzet, Georg Chrijtian, geboren zu 
Hof (Bayern) am 1. März 1832, jtudicrte 
zu München und Leipzig, wirkte 1854—59 
als PBrivatlchrer zu Warſchau, 1859 bis 
1863 Redakteur der deutichen „Warid). 
Zeitung”, 1563— 76 der „Schlefiichen 
Zeitung“ zu Breslau, feit 1576 an der 
„Allgemeinen Zeitung“, bis 1582 zu Augs: 
burg, jeitdem zu München, gab 1570 die 
Broichäre: Ruſſiſch Polen und die oſteuropäi— 
ſchen Intereſſen, 1855 Kernworte Bismards her: 
aus. Außerdem eridienen von ihm zahl: 
reihe Artifel in Zeitungen und Zeit: 
Ichriften. 


Petzold, Carl Wilhelm, wurde am 
9. Februar 1848 zu Keutichen, unmeit 
Weißenfels, geboren. Er bejuchte die 
Kgl. Landesichule Porta und jtudierte 
dann in Halle a. ©. Theologie. In den 
Jahren 1570/71 nahm er Teil an dem 
franz. Feldzuge; aus demjelben zurüdges 
fehrt, widmete er fih dem Studium der 
Naturwiſſenſchaften. 1874 fand er nad) 


abgelegter Staatsprüfung feine erjte Anz 
jtellung als Lehrer zu Neubrandenburg 


i. M. Im Jahre 1877 fiedelte er nad) 
Weißenburg i. E. über; feit 1880 ift er 
an der Städt. Nealjchule (Oberrealſchule) 
zußraunfchweig thätig. Auf &rund (einer 


unten angeführten) Dijjertation ward er 


1876 in Halle zum Dr. phil. promoviert; 
1856 ward er zum Oberlehrer ernannt. 

Er veröffentlichte: Über die Verteilung des 
Gerbſtoffs in den diesjährigen Trieben unferer 
Holzgewächle (Inaug.Diſſert. 1876), Die chemiſch— 
phyſitaliſche Atomtheorie (1877), Verzeichnis der 
in der Umgegend von Weißenburg i. E. wild— 


wachſenden und häufiger kultivierten Gefäßpflanzen 


(1879), Leitfaden fur den Unterricht in der aſtron. 
Geographie 1855), Die Bedeutung des Öriechiichen 
für das Verftändnis der Prlanzennamen (1856). 
Außerdem erichtenen von ihm zahlreiche Eleinere 
Abhandlungen meilt botanischen und pädagogiichen 
Inhalts in verichiedenen Zeitſchriften. 


Peyſcha, Franz, wurde am 7. No: 
vember 1524 in Brünn geboren, bejuchte 


nach Abſolvierung des Gymnaſiums feiner | 


466 


— 


Pfaff. 


Vaterſiadt die Univerfität Wien, um ſich 
den juridiſch-politiſchen Fächern zu wid— 
men. Nach Ablegung der Staats-Prü— 
ſungen trat er zuerſt als Gerichtsbeamter 
beim E. k. Oberlandesgericht in Brünn 
‚in den Staats-, kurz darauf in den Ge— 
meindedienjt ein. Als Sekretär wirkte 
er im Brünner (Semeinderat und vom 
Jahre 1857 als Stadtrat in Olmütz. 

Mit den Hommunal:-Berhältniffen vertraut, 
‚lieferte er Aufläge für verfchiedene Fachſchriften, 
außerdem war er Mitarbeiter mehrerer Tages: 
blätter. Wicderholt hatte BP. Gelegenheit, in die 
alten Handichriften des Olmüger Archivs, das 
unter feiner Aufſicht ftand, Einjicht zu nehmen. 
Er verzeichnete Vieles aus denfelben und übergab 
es in zahlreihen Auflägen der ffentlichkeit. 
Als interejfante Beiträge zur Gefchichte der Stadt 
Dlmüt verfaßte P. 1866 und 1880 awei Brofhüren, 
enthaltend Denfwürdigfeiten aus der Geichichte 
und Statiftif der Stadt Olmütz mit Rüdficht 
‚auf die Ereigniffe der jüngſten Vergangenheit. 
(Die Herausgabe beider Werkchen erfolgte aus 
Anlaß der Anweienheit des Kaifers in Olmütz.) 
Ks gab P., einer ehrenvollen Aufforderung 
Folge leiftend, die Brofhüre „Die Olmützer 
Kunſtuhr“ heraus, womit es ihm gelang, das 
Intereſſe zur mechaniſchen und deforativen Wie: 
derheritellung der alten aſtronomiſchen Kunſtuhr 
in weiteren reifen anzuregen. 


Pfaff, Friedrih Auguft Georg Karl 
Ludwig, ift in Darnıftadt, wo fein Vater, 
ein Mann von fünftleriicher Begabung, 
Beamter war, am 21. November 1855 
geboren. Der frühe Tod der Mutter, 
‚der Mangel von Geichwijtern, dabei feine 
zarte Gejundheit brachten es mit jich, daß 
er die Kinderjahre ziemlich einfam, meiſt 
‚unter Büchern verlebte. Er bejuchte die 
‚eigenartige Anjtalt von Schmig, fpäter 
das (Symnafium in Darmitadt. Die auf 
der Schule erhaltenen Anregungen waren 
(gering; nur einer der Lehrer, der die 
Schüler jtets auf die Künfte und auf das 
deutſche Altertum binmwies, hat auf den 
Knaben einen tiefen Eindrud gemacht. 
Trog aller Neigung zu den Künften, die 
durch den Vater beſonders gefördert worden 
war, entwidelte fih in P. allmälig die 
Luft am Soldaten: oder Foritmannsberufe, 
weldye beide durch Jahrhunderte die Fa— 
milie beberricht hatten; aber ſchließlich 





—— 


Pfitzner. 


überwog doch ein alter Zug zu den hiſto— 
riſchen Wiſſenſchaften, ſo daß P. nach 
längerem Schwanken ſich entſchloß, in Hei- 
delberg germaniſche und romaniſche Phi— 
lologie zu ſtudieren. Hier gewann bald 
Karl Bartſchs Richtung den größten Ein— 
fluß auf ihn; daneben aber nahm er mit 
aller Neigung die neue Lehre der ſoge— 
nannten „junggrammatifchen Schule” auf, 
welhe ihm Oſthoff als Lehrer der ver: 
gleihenden Spradwillenihaft vermittelte. 
Auch hiſtoriſche und philoſophiſche Stu: 
dien wurden nicht vernachläſſigt. Im 
Jahre 1881 beidloß die Promotion den 
Lehrgang. Da dem Plane, fi als De: 
zent zu habilitieren, die Verhältnifje nicht 
günftig waren, nahm P. 1882 eine Stelle 


an der Univerfitätsbibliothef in Freiburg | 


i. B. an, wo er noch heute als. Kuftos 
thätig iſt. 

Von den trefflich beurteilten Schriften P.'3 heben 
wir hervor: Triftrant und Iſalde (Rom. des 15. 
Jahrhunderts, 1831), Arnims Tröſt Einfamfeit 
(1883, Ausgabe mit Einleitung zur Geſchichte 
der Romantif), Reinolt von Montelban oder Die 
Heimonäfinder (1885, Ausgabe des altdeutichen 
Gedichts mit Unterfuhungen), Romantif und ger: 
manifche Philologie (1886), Das deutiche Volks: 
buch von den Heymonsfindern (1887, Ausgabe 
mit Einleitung über die Reinoltſage). Außerdem 
zahlreiche Aufſätze und Rezenfionen in Zeitfchriften. 

Pfigner, Wilhelm, ift am 14. Ja 
nuar 1814 zu Schönbeck in Medl.:Strel. 
geloren, auf dem Gymnaſium zu Fried: 
fand zur Univerlität vorbereitet und begab 
fih 1835 nach Halle zum Etudium der 
Philologie. Bis 1838 hörte er dort 
Meyer und Bernhardy, nahın Teil an 
der hiſtoriſchen Geſellſchaft von Voigtel 


und beſuchte außer mehreren philoſophiſchen 


Kollegien mit großem Intereſſe die ge: 
Ihichtlihen Vorträge Yeos. Bernhardy 
hat nachmals wiederholt verfichert, er 
bedaure, daß ein zu großes Intereſſe an 
den damals od) verbotenen jtudentischen 


Korpsleben die nicht unbedeutenden Ans 


lagen Pfigners nicht zur tieferen Ent: 
widelung habe fommen laſſen. Jedenfalls 
hatte er darin vedt, daß der wirklich 
praftiiche Erfolg des Univerfitätsftudiums 


467 


Pfitzner. 


geringer als wünſchenswert war. Das 
Verſäumte mußte demnach mit voller 
Energie während des mehrjährigen Haus— 
lehreramtes nachgeholt werden, und hat 
von da an Bernhardy mit ungemeinem 
Intereſſe brieflich und mündlich einge— 
wirkt. Nach Abſolvierung eines damals 
in Mecklenburg noch nicht herkömmlichen 
Probejahres an dem Gymn. Carolin. zu 
Neuſtrelitz und demnächſtigen Privatun— 
terrichte in den beſten Familien der Re— 
ſidenz wurde er zu Oſtern 1848 nach 
Parchim als Dirigent und erſter Lehrer 
an die vor kurzem eingerichtete ſtädtiſche 
Vorſchule des Friedrich-Franz-Gymna— 
ſiums berufen, nachdem er im Jahre 
1846 zu Berlin rite zum Dr. phil. ers 
nanıt morden. Zu Parchim rüdte er 
nah einigen Jahren ins Gymnaſialkol— 
‚legium und verlebte nad damaligen 
Schickſale der jüngeren Lehrer pefuniär 
‚ehr fnappe Zeiten. Nach feiner 1885 
erfolgten Penſionirung wurde er von dem 
Großherzog von Medl.-Strelig wegen 
feiner weit über die Grenzen Deutlich: 
lands anerfannten gelchrten Schriften zum 
Profeſſor ernannt, aud) fonft wegen feiner 
Verdienſte geehrt, und verlebt von dann 
‚einen großen Teil des Jahres auf dem 
Kabinetsgut Hohenzierig in dem Haufe 
‚feines Schwiegerlohnes. Literariſch machte 
ſich B. vornehmlich durch feine anerkannt 
| trefflihen Arbeiten über Tacitus befannt, 
welche einen wejentlichen Fortichritt in 
der Erkenntnis dieſes Schriftitellers dar: 
ſtellen. 

Von Arbeiten für die Schule heben wir als 
die wichtigſten hervor: Über das Sabiniſche Landgut 
des Horatius (1864), Das Geburtsjahr Jeſu Chriſti 
(1873), Charakteriſtik der beiden florentiniſchen 
Handſchriften des Tacitus (1876), Das Verhalten 
des Tiberiusim Senate bei der Ibernahme der Derrs 
ſchaft (1877), Die Belagerung von Alcfia (18715 
von rein willenichaftlichen Schriften: in eriter 
Linie jeine „Geſchichte der römiſchen Kailerlegios 
nen von Auguſtus bis Hadrianus”, die wohl 
als einzig daſtehende und bis jetzt erichöpfendite 
Sefanuntgeichichte der röm. Kaiferlegionen, und 
deshalb ais beſenders verdienſtooll zu bezeitnen 
ift. Ferner: Das chriſtliche Gymnaſium (1563), 
Die Annalen des Tacitus (1 1S64— 85); auferdent 


30* 








Pfleiderer. 


viele Rezenſionen ꝛc. in Zeitichriften und ſämt— 
liche Artikel über Römifche Altertümer ꝛc. im 
Realleriton des Hafi. Altertums von Lübler. 


Pfleiderer, Edmund, wurde am 12. 
Oftober 1842 in Stetten bei Cannſtatt 
geboren, ftudierte in Tübingen Theologie 
und Philofophie, war als Nepetent am 
Seminar zu Maulbronn und danad) in 
Tübingen thätig und wurde 1872 Dia- 
fonus in Sindelfingen bei Stuttgart. 
Nahdem fih 1870 eine Berufung nad) 
Dorpat zerichlagen hatte, wurde er 1873 
als ordentlicher Profeſſor der Philoſophie 
nad Kiel und 1878 in gleicher Eigenſchaft 
nad) Tübingen berufen. 

Literariich wurde P. zuerſt durch feine treff: 
lihen Werfe über Leibniz bekannt: Leibniz als 
Patriot, Staatsmann und Bildungsträger (1570), 
Leibniz als Berfafler von anonymen Flugichriften 
(1870); außerdem hervorzuheben: Erinnerungen 
und Erfahrungen eines Feldprediger8 (vom Verf. 
im Feldzuge 1870/71, den er in folder Eigen— 
ſchaft mitmachte, gel., 1874), Empirismus und 
Skepfis in D. Humes Philofophie (1875), Der 
moderne Peſſimismus (1875), Die Jdee eines gol» 
denen Zeitalterd (1877), Kantiſcher Kriticismus 


und englifche Philoſophie (1881), Lotzes philoſ. 


Weltanschauung (1882), Die Philoſophie des He: 
ratlit von Ephefus (1886). 


Pfleiderer, Eugen, wurde am 23. 


Mai 1849 zu Waiblingen (Württem- 


berg) geboren. Er befuchte die Realichule 
in Stuttgart und trat nad) deren Abfol- 
vierung als Lehrling in ein Baukgeſchäft 
dafelbjt ein. Seit 1869 war er mehrere 
Jahre in der chemiſchen Induſtrie und 
im Bankfach in Bayern thätig, darauf 
von 1873 —79 Leiter einer großen me: 
chaniſchen Baumwollipinn- und Weberei 
in Pferfee bei Augsburg. 1880 gründete 
er die noch bejtehende „Bayrische Yandes- 
bank“ in Münden und war deren eriter 
Direktor. Seit 1883 iſt P. Handelsredaf: 
teur und feit 1885 zugleich Leiter der Ad— 


blattes“. Als Großgrumdbefiger tft er 


468 — 


Pfleiderer. 


Pfleiderer, Dito, Bruder des Vor., 
geboren am 1.September 1839 in Stetten 
bei Gannitatt, widmete fi dem Stubium 
der Theologie in Tübingen, wirkte als 


Pfarrvikar in Eningen, darauf als Res 


neuem Kommentar (1876), Pius IX., ein zeit 





Mitglied des Tiftriktrates Münchens rechts 


der Iſar. 
P. ift der Verfaſſer des „Handbuches der bayı 
rifchen und württembergiſchen Altiengeſellſchaften. 


petent am Tübinger Stift, wurde 1868 
zum Pfarrer in Heilbronn erwählt und 
1870 zum Oberpfarrer undSuperintendent 
in Sena ernannt, allwo er gleichzeitig eine 
Profeſſur bekleidete, und bis 1875 lehrte, 
in welchem Jahre ihn die Univerfität Berlin 
berief. Seit 1887 hat P. feinen Wohnfig 
in Groß:Lichterfelde. 

Bon feinen hochbedeutenden Werten heben wir 
befonders hervor: Die Religion, ihr Weſen und 
ihre Geſchichte (1869), Moral und Religion (1872), 
Der Paulinismus (1873), Schelling (1873), Re 
ligionsphilofophie auf geſchichtlicher Grundlage 
(2. Aufl. 1884), Urcrijtentum (1887). 


Pleiderer, Rudolf, wurde geboren 
am 25. Juli 1841 zu Nagold in Württems- 
berg, ftudierte in Tübingen außer Theo- 


‚logie und Kirchenhiftorie befonders Kunſt⸗ 


und Literaturgefhichte unter Keller und 
Köftlin, promovierte dort; trat nach kurs 
zer Thätigfeit als Erzieher in einer prinz⸗ 
lihen Famlie und einer Studienreife durch 
Stalien in den württemb, Kirchendienft und 
wirft gegenwärtig (1887) als Paſtor 
am Münfter in Ulm a.d. D. Er rebdigiert 
das Deutſche Literaturblatt, Organ für 
etbifch-äfthetifche unabhängige Kritik, 
gleih für die gebildete Familie, 
machte ſich literariih vornehmlich durch 
ehe bedeutenden Werke über Dante be 
annt. Hr 
Bon den vorzüglich beurteilten 

heben wir Bus eh 5 Kor | 
biograph. Einleitung (1871), Dante’s g Ko 
mödie, berichtigte Überfegung nach Stredfu 






geſchichtliches Lebensbild (1878), Stille Erdwinkel, 
Neifebilder aus Italien (1880), Albrecht Dürer, 
ein altdeutiches Künftler: und Bürgerleben (1934). 
Eine Bublifation aus dem Gebiete der kirchlichen 


Kunſt ericheint 1858. Außerdem Abhandlungen 


miniitration des „Münchener Fremden- Dantejahrbuch IV. 1877 (Jit Dante betero- 


dor?), in der deutichen Encyklopädie, in Meus 
ſels Kirchl. Handlerifon (Art.: Baſilika, Tempel 
Salomo’s :c.) ıc. 

Pflücker, Emilie, wurde am 22. Ja— 
nuar 1844 zu Breslau als Tochter des 


Pilug. 469 Pflugk⸗Hartung. 

damaligen Stadtgerichtsrates B. P. ge! Pflugk-Harttung, Julius von (Jul. 
boren, bejuchte dajelbjt eine höhere Töch: Harttung). Geboren am 8, Nov. 1848 
terichule, konnte aber wegen andauernder auf dem Landfige meines Vaters bei Witt 
Kränklichkeit ihren Wunsch, weiter zu ſtu- ftodl, Prov. Brandenburg, fiedelten meine 
dieren, reip. das Erzieherin-Eramen zu Eltern bald mit mir nad Mecklenburg 
machen, nicht erfüllt jehen. Im 25. Les und jchließlih meine Mutter nad) Hams 
bensjahre jtehend, verlor fie ihre Eltern | burg über. In Medlenburg wurde ic) 
binnen weniger Wochen und lebte nun ftill | mangelhaft von verichiedenen „Kandida— 
und zurücgezogen mit einer jüngeren | ten‘ unterrichtet, auch in Hamburg hatte 
Schweſter. Sie beihäftigte fid) vorzüglich | ich Fein Glück mit einer Privatichule, bis 
mit dem Studium der Spanischen Sprache. ich zu Th. Thurn in Altona fam. Mit 
Nach der Verheiratung ihrer Schweiter 14 Jahren trat ich in das Gefchäft meines 
lebte E. P. bei Freunden und Verwandten , Stiefvaters, dod) da ich feine fonderliche 
und Schließlich wiederum beiihrer Schweiter. Luft dazu zeigte, wurde ich auf ein Jahr 


Sie gab Unterricht und begann 1878 zu 
fchriftitellern und zu überfegen, ausſchließ— 
lich für Zeitichriften. 

Sie ſchreibt Feuilletond, Novellen, kleine Er: 
zählungen, Skizzen, Märchen, Abhandlungen und 
Gedichte und überſetzt ſpaniſche Gedichte ꝛc. 


Pflug, Ferdinand, zu Berlin am 5. 
März 1823 geboren, widmete fid) zumächit 
dem Studium der Tierheilfunde und jpäter 
auf der Berliner Univerfität dem der 
Philoſophie und Geſchichte. Won mehr: 
fahen Neifen zurüdgefcehrt, nahm er 
feinen Wohnſitz in feiner Vaterſtadt, wo 
er noch jeßt, eifrig den Muſen dienend, 
lebt. Als Echriftiteller ſuchte fh P. 
fein Feld auf dem Gebiete des Romans, 
in deſſen fünftleriihem Aufbau er fich 
mehrfach al8 Meifter bewährt hat. Die 


meilten feiner Arbeiten haben einen hifto: 


rifchen Hintergrund und rühmt die Kritik 
des Verfaflers hervorragende Kenntnis 
der preußiichen, ebenſo wie der franzö- 
ſiſchen Geſchichte. 

Hauptwerke: Unter dem Doppeladler (1854), 
Katharina von Troeznow (1861), Geglänzt und 
Erlofchen (1864), Aus den Tagen des großen 
Königs (1864), Auch Blut und Eifen (1367), 
Der kleine Abbb von Savoyen (1868), Inter 
den Fittigen des Schwarzen Adlers (1868), Die 
Marquiſe von Saint-Prie (1873), Hiſtoriſche Er: 
säblungen (1877), Geſchichtsbilder (1878,)2. Aufl. 
1886), Der Alte aus dem Buſch, Hans Joachim 
von Ziethen und feine Braven (1885) und fein 


reifites Werk: Der vorzüglich beurteilte Ful- 
turgeſchichtliche Roman: Hodica, 


nah Amerifa geihidt. In New: I)ork, 
Boſton und Providence thätig, fehrte ich 
nach Hamburg zurüd und übernahm die 
Leitung eines der Ladengefchäfte meines 
 Stiefvaters. Hier war id) von morgens 
‚früh bis abends ſpät eingeſchloſſen und 
fait immer allein, fo daß ich unficher 


'tajtend meinen Neigungen nachgehen 
‚konnte. Ich lernte English und Franz 


zöftich, Ichrieb Gedichte und Dramen, und 
‚vor allem übte ich mich im Zeichnen, wozu 
ich am meiften Talent veripürte. Alle 
Verſuche, Dealer werden zu dürfen, ſchei— 
terten an dem Widermillen meiner Eltern 
gegen die „brodlole Kunft”. Das da— 
mals noch erleidhterte Einjährigen:Eramen 
beitand ich und trat 1868--69 in das 
zweite hanleat. Inf.Regt. Nr. 76 (Hams 
burg) ein. Noch ein Jahr lang fehrte ich ins 
Geſchäft zurück: dichtend und zeichnend, dann 
brach der Krieg mit Frankreich aus, der 
mich meinem Regimente wieder zuführte. 
In Orleans erkrankte ich und wurde nad) 
' Hamburg heimgefandt. Mein Blan ftand 
'jegt feit, mich dem Studium zu widmen 
und zwar ging ich nach Bonn. Vorlefuns 
gen hörend, bereitete ich mid) zugleich auf 
das Maturitätseramen vor, welches id) 
nach 1?/s Jahren in Hamm bejtand. Bei 
| meiner Neigung zur Malerei wollte id) 
mich erſt der Kunftgeichichte widmen, 
wurde aber durch Sybels Einfluß auf 
das Gebiet der eigentlichen Geſchichte ges 
‚zogen. Neben Bonn bejuchte ih noch 








470 


Pflugk⸗Harttung. Philippi. 


Berlin (Nitzſch, Treitſchke, Mommſen, Philippi, Friedrich Adolph Ferdi— 
Wattenbach) und Göttingen (Waitz), wor: nand, geboren zu Berlin den 1. März 
auf ich 1876 in Bonn promoviert wurde. | 1840 als ältejter Sohn eines damaligen 
Studien zur Geſchichte Konrads 11. Ich begab Privatdozenten der Theologie, verbrachte 


mich wieder nad) Humburg, um dort für 
mid) zuarbeiten: „Die Anfänge Konrads II.“, 
„Norwegen und die deutichen Seejtädte” und „Die 
‚Thronfolge im deutichen Neiche” waren das Er: 
gebnis der Muße. Noch bevor diefe Schrif: 
ten gedruckt waren, habilitierte ich mich 
(1377) in Tübingen, wo die Verhältniffe 
günjtig zu liegen ſchienen, id) aber man: 
es Ungemach zu erfahren hatte, bis ich 
ſchließlich den Profeſſortitel und ein Eleines 
(Schalt erhielt. 1856 wurde ich als ord. 
Profeſſor der Geihichte an Stelle Jakob 
Burdhardts nach Baſel berufen. In die 
Zeit des Tübinger Aufenthaltes fallen meine 
großen Arbeiten über Papſturkunden, welde in 
vier Werfen niedergelegt wurden: Diplomatifch: 
biftoriihe Forihungen, Acta Pontificam Ro- 
manorum, Iter Italicum, Specimina Pontifi- 
cum Romanorum; Ilettere wohl das umfang: 
reichite Werk feiner Nrt, von einem Einzelnen 
gemadt. Mein Ziel war Sammlung, Er: 
forihung und Darjtellung des gelamten älteren 
päpitlichen Urfundenmweiens (bis 1200); ich mußte 
dafür weite Reifen an die Archive und Biblio: 
theken Deutichlands, Franfreichs, Jtaliend und der 
Schweiz machen. Zeider verwicelte mid) diefe Thä— 
tigkeit in einen Streit mit Th. Sidel, der in einem 
langen Auflage gegen mid) vorging, welchen ich 
durch die Schrift: Theodor von Sidel und die Mo- 
numenta (sermanica erwiderte. Um nicht an der 
dürren Urfundenforfchung zu erlahmen, beichäftigte 
ich mich auch mit anderen Dingen, von denen na: 
mentlich das Büchlein „Perikles als Feldherr“ ein 
ewiſſes Auffchen erregte, weil es den bisher herr- 
enden Anichauungen über Perikles und Thuky— 
dides entgegentrat. Eine lebhafte Parteinahme für 
und wider ijt erfolgt. Für die Allgemeine Weltge: 
ſchichte (Grote, Berlin) übernahm ich das Mittel: 
alter. Außerdem jchrieb ich noch eine Menge 
größerer und kleinerer Aufläge, wohl mehr ala 
60, teils ftreng gelehrt, teild populär, für Fach: 
und andere Blätter. Meine Arbeiten haben viel: 
fach offizielle Anerkennung gefunden; mir wurde 
verlichen das Dffizierdse und Nitterfreug des 
Drdens der Krone von Italien, das Ritterkreuz 
1. Kl. des bairishen St. Michaelisordens, des 
ſächſ. Albrehtsordens, des württemb. Friedrichs: 
ordends. Zum Mitgliede von Akademien und 
Sozietäten bin ich ernannt in Zondon, Paris, Rom, 
Turin, Genua, Lucca, Brescia, Palermo, Yau: 
fanne, Ronftantinopel u. a. 


feine Augendzeit in Dorpat, wohin der 
Vater als Profeſſor der Theologie ging; 
jeit 1852 bejuchte er das Gymnafium zu 
Roſtock und jtudierte feit 1858 in Roſtock, 
Leipzig und Berlin Theologie und Orien⸗ 
talia, bejtand dann die theologiichen Exa— 
mina und das philoſophiſche Doftoreras 
men, war von 1864 —68 Lehrer an der 
Realihule zu Schwerin, dann Hilfspres 
diger in Gorſchendorf und jeit 1871 Bajtor 
in Hohenkirhen in Mecklenburg. Seine 
wichtigiten Schriften: Die bibliſche Lehre vom 
Knechte Gottes (1864, Das Buch Henod, fein 
Zeitalter und fein Verhältnis zum Audasbriefe 
(1868), Die bibliihe und kirchliche Lehre vom 
Antichriſt (1877), Die Notwendigkeit und Vers 
bindlichkeit des kirchlichen Bekenntniſſes. Eine 
Feſtſchrift zum 300jährigen Jubiläum des luthe— 
riſchen Konkordienbuches. Außerdem viele Ar— 
tilel in theologiſchen Zeitichriften, beſonders in 
dem ſeit 1873 von ihm redigierten „Mecklenbur— 
iſchen Kirchen- und Zeitblatt“. Nach dem Tode 
feines Vaters beforgte er eine neue Auflage der 
„Kirchlichen Glaubenslehre“ deſſelben und gab 
aus ſeinem Nachlaß „Vorträge und Predigten“ 
(1883), Vorleſungen über Symbolik (1833) und 
Vorlefungen über den Galaterbrief (1884) heraus. 


Philippſon, Ludwig, wurde am 28. 
Dezember des Jahres 1811 in Deſſau 
geboren. Sein Vater war Lehrer an der 
herzoglichen Franzichule und Schriftiteller, 
einer jener autodidaftiihen Kulturträger 
unter den Juden der damaligen Zeit, 
welche das Werk Mendelsiohns unter jehr 
Ihwierigen Umſtänden fortiegten. Aber 
der Tod entriß ihn den Seinigen, als 
Ludwig noch nicht drei Jahre alt war. 
ı& traten jchwere Zeiten ein. Ludwig 
trat, nachdem er die Franz: und Talmud— 
Thoraſchule abjolviert, in das Gymna— 
tum der Frankeſchen Stiftung in Halle 
ein, der erjte jüdifche Knabe, dem dieſes 
geftattet wurde. Schon als Gymnaſiaſt, als 
‚er noch nicht das ſechzehnte Jahr erreicht hatte, 
verfaßte er zum Geburtsfeft von feinem und feines 


Bruders Gönner, des als Botanifer berühmten 
Profeſſors Kurt Sprengel eine metrifche Über: 








Philippſon. 


fegung der kleinen Propheten, die To gelungen | 


war, dak Sp. fie zum Drud beförderte (1827). 
Zum Studium der Philologie und Theo: 
logie ging er zwei Jahre ſpäter nad) Ber: 
lin, und felten wohl hat ein junges Ta- 
(ent während der Univerfitätsjahre Schon 
jo viel literarische Früchte gezeitigt. Mir 
heben nur feine Ausgabe, Überlegung und Kom: 
mentierung der Fragmente des jüdiichgricchiichen 
Schautpieldichters Earficlos (1830), ſeine in la: 
teiniicher Sprache verfahte 17.7, zuldznztun. welche 
die Anatomie des Plato und Ariftoteles und das 
wichtige Fragment des Theophrait über die Sinne 
und andere Abhandlungen enthält, hervor, Mo: 
nograpbicen, die noch jest geſchätzt werden und 
ihm die ordentlidie Mit ıliedicbaft der damaligen 
Sozietät der „Jenaiſchen Literaturzeitung“ ein: 
trugen. Kaum nad vollendeten Studium 
zu feiner Familie zurücgefehrt, wurde er 
von der iſraelitiſchen Gemeinde zu Magde: 
burg aufgefordert, cine Gaſtpredigt zu 
halten, und fogleich von ihr zum Nabbiner 
gewählt, ein Amt, das er von 1933—63 
befleidete. Die regelmäßige deutiche Pre: 
digt mit angemeſſener Uingejtaltung des 
Gottesdienſtes und der geordnete und ge: 
flärte Religionsunterricht verdanften ihm 
in Preußen die erjte Begründung, und 
er wirkte für die Verbreitung und Aus: 
bildung Durch eine Monatsichrift: „Pre: 
digt- und Schulmagazin“ (1834—36). 
Tod erfannte er zugleich das weiter: 
achende Bedürfnis, um die zerftreuten 
Bekenner feiner Neligion ein geifliges 
Band zu fchlingen, ihre Kulturbeftrebun: 
gen auf literariihem Wege zu konzen— 
trieren und an den wiſſenſchaftlichen Aus: 
bau des Judentums die Hand zu legen. 
Sp ſchuf er 1837 die erfte regelmäßig erfcheinende 
Beitfchrift: „Allgemeine Zeitung des Judentums“, 
die ſich bald der größten Verbreitung erfreute 
und die er ſeitdem, jest 1887, 51 Jahre, redigiert. 
Die Wirkjamfeit diefes Blattes war unabfehbar, 
zumal auch im öftl. Deutichland und in Ofterreich, 
wo viele Taufende ihre erite und oft einzige Bil: 
dung aus derfelben jhöpften. Unendlich viel 
baben die Sfraeliten diefem tapferen 

zu danken, der unentwegt für 
ihre politiichen und bürgerlichen Intereſſen 
eintrat. Inzwiſchen hatte er ſchon 1839 bie 

eines großen Bibelwerfes begonnen, 
das in und ausführlihem Kommentar die 


471 


Philippſon. 


altjüdiſche und modernschriftlihe Exegeſe ver: 
einigte; 1853 vollendet, erlebte cs bis jegt drei 
Auflagen, während die Überlegung in alle Kreiſe 
der iſraelitiſchen Bevölkerung drang, beſonders 
auch in der herrlichen Prachtausgabe mit den 
genialen Holzſchnitten Dores. Die mächtige Bes 
wequng, die in den virrziger Nahren durch Eu— 
ropa und beionders durch Deutichland ging, er: 
ariif natürlich auch einen jo renen Geiſt wie P. 
‚Er bielt 1846 und 1847 öffentliche Borlefungen, 
die einen großen Kreis von Zuhörern fanden, 
hernach im Druck erichienen und ins Franzöſiſche 
und Engliſche übertragen wurden. So: „Die 
Entwidlung der religtölen Idee“, „Die Religion 
der Geſellſchaft“, „Die Reſultate in der Welt: 
geihichte”. Much das Jahr IN48 reate ibn zu 
einer kräftigen und für Mandeburg vielfach maß— 
gebenden Theilnahme am öffentlichen Yeben an, 
und zwar in freiſinniger, aber befonnener Nic: 
tung. Dinjichtlich der ſozialen frage trat er ent: 
ſchieden den fommuniftiichen und ſozialiſtiſchen 
Beſtrebungen entgegen und erwarb ſich das Ver: 
trauen der Arbeitgeber und Arbeituchmer in jo 
hohem Grade, dal; fie ihn einstimmig zum aus: 
‚ fertigenden Mitglied des Magdeburger Gewerbe: 
rats wählten, als mweldies er auch das „Bands 
‚werferblatt” und die „Zeitung für die Gewerbes 
räte“ redigierte. Er wirkte auch auf die Errich: 
tung jüdiſch-theologiſcher Fakultäten zu Breslau, 
Berlin und Peſt ein. Er veranlahte Rabbiner; 
verfanmlungen und Synoden, um der Reform 
eine beitimmte und aleichmäßige Geftaltung zu 
ſchaffen. Er rief 1855 das „Anftitut zur För— 
derung der ijraelitiichen Literatur” ind Leben und 
leitete es achtzehn Jahre lang. Von feinen ſpä— 
‚teren Schriften feien bier nur fein höchſt an» 
ziehender Noman „Jakob Tirado“, fowie feine 
geſammelten poeſie- und gedanfenreichen Dichtun— 
| gen (Novellen, Dramen, Epos) „Saron“ (3. Aufl., 
in zahlreihe fremde Spraden überjegt), „Die 
ausführliche Religionslehre“ (3. Aufl.), „Die 
‚ weltbewegenden Fragen in Religion und Bolitif“ 
erwähnt. Ein jchweres Augenübel nöthigte 
ihn 1862, fein Ant niederzulegen. Er 
überfiedelte nad Bonn, wo er Seitdem, 
noch unausgefegt in literariicher Thätig- 
keit, lebt. 


Philippfon, Martin Emanuel, wurde 
am 27. Juni 1846 zu Magdeburg gebo— 
ren. Er beſuchte dort das Eymnaſium, 
folgte aber feinen Eltern 1862 nad) Bonn, 
wo er auch, nad beendeter Schulzeit, die 
Univerfität bezog. Zumal durd Sybel 
und Arnold Echäfer angeregt, lag er den 
bijtorifchen Studien ob, die ihn ſchon von 
der Kindheit an vorzüglich gefeſſelt hat— 








Philo v. Walde. 


ten. In Berlin hörte er dann bejonders | 
bei Ranfe und J. G. Droyfen. Er begab 


ſich hierauf für mehrere Jahre nad) Paris, 
um in den dortigen Bibliotheken und Ar- 
chiven die Geſchichte des fiebzehnten Jahr: 
hunderts eingehend zu erforihen. Eine 
Frucht dieſes Aufenthaltes war das Werk: 
Heinrih IV. und Philipp IIL.; die Begründung 
de3 franzöfiihen Übergewichtes in Europa (1870 
bis 1876). Nachdem er den franzöfiichen 
Krieg als Kampagne Freiwilliger mitges 
macht, habilitierte er fih 1871 für Ges 
ſchichte an der Univerfität Bonn, wo er 
1875 zum auferordentl. Profeſſor beför: 
dert wurde. Ein längerer Urlaub, den er 
zum Beſuch der Berliner Archive ausnußte, 
ermöglichte ihm den Beginn eines größe: 
ren Werkes: Gedichte des preußiſchen Staats: 


wejens vom Tode Friedrichs des Großen bis zu | 
Eine 
‚lung Über die Entitehung und die Schidjale der 


den Freiheitäfriegen (1880 und 1882). 
Fortjegung deifelben wird ſpäterer Zeit 
vorbehalten. Inzwiſchen war er 1579 
einem Nufe als ordentl. Profeſſor der 
neueren Geſchichte an die glänzend auf: 
blühende Univerfität Brüffel erfolgt, wo 


ilich die Schwierigkeit de ien frans j 
DEN DIE Richter war er in Malmedy, Rheinberg 


zönfchen Vortrags zu überwinden war. 
Hier publizierte er: La Contre-rövolution 
religieuse au XV]. siöcle (1554). 

SonftigeSchriften: Biographien Hinrichs IV. 
von Franfreich, Philipps Il. von Spanien und 
Friedrichs des Großen (1874, 76, 85); Das 
Zeitalter Ludwigs XIV. (2. Aufl. 1888), Welt: 
europa im Zeitalter Philipps II., Glijabeihö und 
Heinrihs IV., 
Einzeldarftellungen“ (1879 und 1882) ; zahlreiche e 
Aufläge i in allgemeinen, fowie Fachzeitichriften und 
in Rublifationen von Akademien. 


Philo v. Walde, ſ. Joh. Neinelt. 
Piccolo, ſ. Ferd. Groß. 
Piecolomini, 2., |. 2. Kurkmann. 


Pichler, Helene, — am 20. De— 
zember 1848 in Grund geboren, erhielt 
eine treffliche Erziehung im Hauſe ihrer 
Eltern und unternahm früh ſchon kleine 
ſchriftſtelleriſche Verſuche, die ſie nach 
ihrer Verheiratung mit dem Schiffska— 
pitän Pichler fortſetzte, beſonders ange— 
regt durch die weiten, an der Seite ihres 


472 





— Pichler. 

Gatten ausgeführten Seereilen. Seit 
1879 Witwe, lebt fie wiederum in ihrem 
Elternhaufe zu DOsnabrüd. Bon ihren 
Veröffentlihungen wurden bejonders die 
kleinen Skizzen Genrebilder aus dem See» 
leben (2. Aufl. 1884) freundlich aufgenom— 


men. Außerdem hervorzuheben: Aus der 
Brandung des Lebens (1886). 


Pichler, Zuife, |. 2. Zeller. 


Pick, Joſeph Maria Richard, wurde 
als Sohn eines Apothefers am 26. Der 


'zember 1840 zu Kreuzau im Neg.-Bez. 


Aachen geboren. Nach Abjolvierung des 
Gymnaſiums in Düren ftudierte er feit 
1859 zu Würzburg, Bonn und Paris 
Medizin, feit 1863 zu Heidelberg, Berlin 
und Bonn Jurisprudenz. An der legten 
Univerfjität wurde 1865 feiner Abhand— 


Kölner Stiftsvogtei von der Juriſtenfakultät 
der Preis zuerfannt. In demjelben Jahre 
trat er als Ausfultator bei dem Bonner 
Landgericht ein, wurde 1567 zum Refe— 
rendar, 1871 zum Aſſeſſor ernannt. Als 


und Opladen thätig, bis er 1882 aus 
dem Staatsdienft ausichied. Geſteigertes 
Unwohlſein erheiihte cine mehrjährige 
Nude. Seine Lieblingsneigung, die Pflege 
der lokalen Geſchichte, veranlapte ihn, 


‚1884 die Stelle eines ſiädtiſchen Archi— 


in der Onden’fcen „Allg. Geſch. in | 


vars in Aachen zu übernehmen, um welde 
er ſich bereits 1867, damals erfolglos, 
beworben hatte. Unter feiner Leitung 
‚nahm das feither völlig verwahrlofte Aache— 
ner Stadtarhiv den lange gewünfchten 


Aufſchwung, der es in die Reihe der 
wiſſenſchaftlichen Inſtitute erhebt und ſyſte⸗ 


ner Vorzeit“ 


matiſcher Durchforſchung zugänglich macht. 

Pick's Name iſt mit der rheiniſchen Geſchichts— 
forſchung eng und vielfach verknüpft. Er gilt 
als einer der vorzüglichſten Kenner rheiniſcher 
Provinzial-Geſchichte und iſt der Gründer des 
„Vereins von Geſchichtsfreunden zu Rheinberg” 
( 1877) und des „Vereins für Kunde der Wache: 
(1885), der Gründer (1875) und 
bis 1882 Herausgeber der „Monatsjchrift für 


‚die Geſchichte Weſtdeutſchlands mit befonderer 
' Berüdjichtigung der Rheinlande und Weftfalens“ 


Pieiſch. 


(ericheint ſeit 1882 unter dem Titel: „Weſtdeutſche dem Lehrerberufe, 


Beitfchrift für Geſchichte und Kunſt“); er ijt ferner 
erſter Bizepräfident des „Aachener Geſchichts— 
vereins“ und Herausgeber ſeiner Zeitſchrift, ſo— 
dann Herausgeber der Zeitſchrift des „Vereins 
für Kunde der Aachener Vorzeit“; auch gehörte 
er dem „Niederrheinifchen Altertumsverein“ zu 
Xanten, dem „Siftoriihen Verein für den Nie: | 
derrhein” zu Köln und dem „Verein von Alters 
tumsfreunden im Rheinlande” zu Bonn lange 
Jahre als Vorftandsmitglied an. Literariſch thätig | 
ift P. feit 1855. Außer ſehr zahlreichen Auf: | 
ſätzen und gröferen Abhandlungen in rheiniſchen 
Tagcsblättern und in den Zeitichriften der rhei: | 
niſchen Geichichtsvereine veröffentlichte er: Notizen 
zur Geichichte der Stadt Eichweiler (1861), Ein 
altes Lagerbuch der Stadt Bonn (1870), Monatsichr. 
für die Geichichte Weitdeutichlands mit befonderer | 
Berüdfichtigung der Nheinlande und Weftfalens 
(1875 — 81), Die Anwelenheit Napoleon I. in 
Rheinberg im Jahre 1804 (1880), Materialien | 
zur Nheiniichen Provinzialgeihichte: Die Stadt | 
und das Amt Rheinbera (1883), Geſchichte der 
Stiftöfirdie zu Bonn (1884), Aus dem Nachener 
Stadtarchiv (1886), Die firchlihen Zuftände 
Aachens in vorfarolingiicher Zeit (1887). 


Pietſch, Ludwig, wurde am 25. De: 
zember 1824 in Danzig geboren. Früh 
Ihon that ſich ein ungewöhnliches Zeichen: 
talent bei dem begabten Knaben fund, 








welches ihn bejtimmte, fi) der Dtalerei 
zu widmen. Er befuchte deshalb die Aka— 


demie in Berlin und nahm weiteren Un 
terriht im Porträtmalen bei tüchtigen 
Meiftern. Bald jedoch machte fih ihm 
die unabmweisliche Überzeugung geltend, 
daß er nicht den rechten Meg beichritten 
hatte, und fo verließ er denfelben und 
begann für illuftrierte Blätter zu zeich— 
nen. Daneben wurde er Berichteritatter 
der „Voſſiſchen Zeitung” in Berlin für 
Kunft u. ſ. w. Für diefelbe Zeitung über: 
nahm er die Berichterjtattung über bie 
Weltausftellung in Paris (1867) 2c., wie 
er denn in ähnlicher Weiſe noch jegt für 
das genannte und andere Blätter thätig 
it, ausgezeichnet durch eine feine und 
ſcharfe Beobadhtungsgabe. 


Von feinen felbftändigen Werken heben wir ber: 


vor: Aus Welt und Kunſt (1866), Orientfahrten 


(1870), Kriegsbilder (1871), Wallfahrt nad) Olym— 
pia (1879). 


Pietſch, Theodor, wurde am 29. Juni | 


1842 zu Gnadau geboren, widmete fic) 


473 


— Pilarik. 

war längere Jahre in 
Inſtituten thätig und wurde nad) Abſol— 
vierung der Volks- und Mittelſchulprüfun— 
gen zum Lehrer in Ronsdorf bei Elber— 
feld ernannt, wo er noch jetzt amtiert. 
Neben ſeiner Lehrthätigkeit beſchäftigt ſich 
P. literariſch und ift ſtändiger Mitarbeiter 
einer Reihe von Zeitſchriften und Tage— 
blättern auf feuilletoniſtiſchem, lyriſchem 
und novelliſtiſchem Gebiete. Am meiſten 


gefielen ſeine Arbeiten über die Hand, die 
Hausinduſtrie, die Verkehrsmittel, ſowie ſeine hu— 
moriſtiſche „Marsreiſe“. 


Pilarik, Eduard Leopold Daniel, 
wurde am 3. April 1828 in Altenplatho 
bei Genthin (Prov. Sachſen) als der äl— 
teſte Sohn des Paſtors, ſpäteren Super— 
intendenten P. geboren. Er beſuchte 
zuerſt die Dorfichule und wurde darauf 
‚von feinem Vater mit Hilfe von Haus— 
lehrern für den höheren Bildungsgang 
vorbereitet. Won 1842 an bejudhte er 
das Gymnafium „Zum Slofter unferer 
lieben Frauen“ in Magdeburg, nad) deſſen 
‚Abfolvierung er d ät Hallebe— 
zog, um Theologie zu ſtudieren und Vor— 
leſungen über Mathematik, die er gern 
betrieb, beizumohnen. 1850 —51 ftubierte 
er in Berlin, übte fi) in feiner Heimat 
praftiih im Predigen, legte 1853 in 
Halle fein erſtes theologiihes Eramen ab 
und 1856 das zweite in Magdeburg, 
nachdem cr als Hauslehrer auf einem 
‚Nittergute in Pommern gewirkt hatte. 
Das Konfiftorium in Dlagdeburg fandte 
ihn dann auf das Prediger-Seminar in 
Wittenberg, wo er zwei Jahre verblieb, 
jedoch für feine weitere theologische und 
 praftifche Ausbildung nicht das fand, was 
‚er fuchte. In den folgenden Jahren war 
‚er an mehreren Orten Hilfsprediger, 
‚wurde 1864 am Dom zu Magdeburg als 
Prediger ordiniert und 1865 als Geiſt— 
licher in Parvar bei Salzwedel angeitellt. 
1869 gründete P. mit Dr. Michern 
„Das Sternenhaus” bei Berlin, ein Se: 
minar zur Ausbildung von Pajtoren und 
Lehrern für die evangeliſch-deutſchen Ges 





Pilz. — 
meinden in Nord-Amerika. 1874 wurde 
P. als Paſtor nah Rippicha bei Zeig 
verlegt, mußte aber 1875 in den Ruhe— 
ftand treten, weil fein, durch längere 
Kränklichfeit geſchwächter Körper den mit 
diefer, in 6 Orten zerjtreuten Gemeinde 
verbundenen förperlihen Anftrengungen 
nicht gewachſen war. Er zog nad Bublik 
in Hinter: Pommern, um eine verw. Ver: 
wandte bei dem Unterhalt und der Er: 
zichung ihrer Kinder zu unterjtüßen. | 
Hier wirft er als Agent des Provinzial: 
Vereins für Innere Milton, unterhält 
einen Kolporteur mit erbaulichen Schriften 
und umſonſt verteilten Traftäten und 
Flugblättern, befonders Jolchen gegen das 
in Pommern ſehr eingebürgerte Brannte 
weintiinfen. Auch hat P. dafelbjt eine 
Volks und Jugend:Bibliothek gegründet 
und entfaltet er als Mitglied verſchie— 
dener Vereine eine fenensreihe Wirkſam— 
feit. Literariich ift B. thätig, indem er 
Aufiäge über Gegenftände und Angele— 
genheiten, welche für das Volfswohl von 
Bedeutung find, für verfchiedene Your: 
nale und Zeitichriften verfaßt, auch gute 
Büher und Blätter in denſelben kriti— 
fiert. Von jeinen felbftändig erichiene: 
nen, günjtig beurteilten Schriften find 
hervorzuheben: | 

Die firhlihen Zuſtände und Notitände der, 
Deutichen in den Vereinigten Staaten von Nord: | 
Amerita (mit Vorwort von Konfiitorialrat Krum— 
macher 1878), Die Übereinftimmung des biblifchen 
Schöpfungsberichtes mit den Ergebniffen der Na: 
turwiſſenſchaft und Geichichte (1850), Aberglaube, 
Zauberei und Sympathie (1854). 1886 gab 
P. (etwas berichtigt) Die Heilsordnung in 33 
Betrachtungen von dem verftorbenen Paſtor 
Braun in Löhn heraus und jtellte die darin 
ftehenden Mitteilungen aus feinem Leben zu: 
ſammen. 

Pilz, Carl, wurde geboren am 4. 
Auguſt 1821 in Reichenau bei Zittau 
als der Sohn eines Webers, genoß den 
Unterricht der Volksſchule und wurde von 
dem trefflichen Lehrer Schelle für das 
Seminar vorbereitet, da zu einem andern 
Studium der Vater fein Geld hatte. 
Nahdem er vier Jahre lang das Semi- 


474 


Pilz. 


nar in Zittau bejucht hatte, tauchte der 


Wunſch in ihm auf, Mufik zu ftudieren, 
und er reilte zu Friedrih Schneider in 
Deſſau, welcher ihm auch, nachdem er feine 
Kompofitionen fih angeſehen hatte, eine 
Freiltelle an jeiner Muſikſchule veriprad). 
Aber Mangel an allen Erijtenzmitteln 
vereitelte den Plan, und B. nahm eine 
Hilfslchrerftelle in Spremberg bei Neu— 
ſalza an, die er aber bald mit einer 
Lehrerftelle an der Stadtihule zu Bis 
Ihofswerda bei Dresden vertaufchte. 1849 
verließ er Dieles Amt und ging nad) 
Leipzig, um nad) bejtandener Maturitäts— 
prüfung Theologie zu jtudieren. Obgleich 
er diefer Wiffenichaft von ganzem Herzen 
zugethan war, auch mit Begeiiterung und 
Glück in verichiedenen Kirchen predigte, 
ſagte ihm dod) die damalige frömmelnde 
Strömung fo wenig zu, daß er nad) be: 
Itandener Univerfitätsprütung und Pro: 
movierung wieder der Pädagogik ſich zu: 
wandte und ſich als Lehrer in Leipzig 
anftellen lies. Hier wirkte er an der 
Bürgerichule, an der Schule des Arbeits: 
hauſes, am Geſammtgymnaſium und an 
einer höheren Töchterſchule. 


Neben den Berufsarbeiten widmete er ſich ei— 
nem regen ſchriftſtelleriſchen Wirken. Es erſchie— 
nen von ihm im Laufe der Jahre folgende 
Schriften: Die Zukunft der Volksſchule, Schul: 
andadhten (3. Aufl.), Bädagogiiche Blüten, Bilder 
aus dem Mutterleben, Der lieben Frauenwelt ge: 
widmet, Briefe der Schule an das Haus Quinti— 
lianus, ein Xchrerleben aus der römischen Kaifer: 
zeit, Die höchſte Aufgabe der Volksschule, Lichts 


‚und Scattenbilder aus dem !ehrerleben, Der 


fleine Denfrechner, Segen und Gefahren für die 
Jugend in Sleinfinderichulen, Kindergärten x. 


‚NIS Augendichriftiteller hat er ebenfalls gewirkt 


und die folgenden feiner Schriften haben eine 
vorzügliche Aufnahme gefunden und mehrere Auf» 
lagen erlebt: Die Heinen Tierfreunde, Was 
Kinder gerne hören, In der Ferienkolonie, ode 
Segen der Liebe zur Mutter, Der Heine Ulr 

und fein treuer Caro, Melitta, die Hleine Tier 
freundin, Das Nöschen von —— * 














dem 30jährigen Kriege). Außerdem 
Gründer und Redakteur der „Cornelia, 
feit 24 Jahren als Freundin des be 
Haufes zweckmäßige geiftige und förperlihe F 
der Jugend erftrebt und ſich viele Freu 
Leſer in erzieheriihen Kreifen erworben 


PBinelli. — 
ebenſo ſeit Jahren ſtändiger Referent für Er— 
ziehungsſachen beim „Leipziger Tageblatt”. Vor 
25 Jahren gründete P. die „Pädagogiih: Ge: 
fellichaft‘ in Leipzig und den „Verein zur Uns 
terftügung armer talentvoller Anaben‘, 


Pinelli, Ada (Günthervon Freiberg), 
wurde geboren im Jahre 1540 zu Berlin 
als die Tochter des WPremierleutnants 
v. Tresfow, der bald darauf in das Diplo: 
matiſche Fach übertrat. Der Salon ihrer 
hochgebildeten Mutter war der Sammel: 


plag vieler der bedeutenditen Dichter und | 


Gelehrten der damaligen Berliner Gefell: 
ſchaft, welcher Verkehr ungemein fürdernd 
auf die geiftige Entwicklung A. B.’s ein: 
wirfte. Hauptſächlich war es aber der 
literarisch thätige Vater, welcher der un: 
ermüdliche Förderer ihrer Schönen Talente 
auf poetiichem und fünftleriichem Gebiete 
wurde. Ihre erſten Gedichte erschienen 
im „Grazer Friedhof: Album” und 1860 
zwei Bändchen Novellen unter dem Titel 
„Aquarellen“. Bald wurde fie Mitar: 
beiterin einer großen Reihe von Zeit 
Ihriften und jchritt nun mutig auf der 
mit Energie eingefchlagenen Bahn weiter. 
Höchſte Anregung verdanfte fie dem be: 
lehrenden Umgang mit dem greilen, aber 
noch geijtesiprühenden Püdler: Dusfau 
und dem jungen Karl Frenzel. Dazu 
ejellte fih die Bekanntſchaft mit dem 


eitlihen Poeten G. Conrad (Prinz 


Georg von Preußen). 1865 endete der 
Tod des Vaters die glüclichte Zeit ihres 
Lebens. Yın Jahre 1866 vermählte fie 
fih in Stalien mit dem Divifionschef des 
Juftizminifteriums 9. Binelli. Da bie: 
Ehe feine glüdliche war, wurde fie 1881 
goseemt. A. P. ging nad) Venedig, wo 
e bei der Fürstin Hapfeld eine gajtliche 
Aufnahme fand und fünf Jahr daſelbſt 


| 


475 





Pipirs. 


ſchrieb ſie zahlreiche Journalartikel, Dramen in 
Verſen für Dilettantenbühnen und überſetzte mit 
Hilfe ihres Sohnes aus dem Stalienifchen. Ge— 
genwärtig ift die Autorin mit der Sammlung 
und Herausgabe ihrer lyriſchen und erzählenden 
Gedichte beichäftigt. 


Pipirs, Guſtav, wurde am 1. Sep: 
tember 1862 als älteſter Sohn des luthe— 
riſchen Predigers J. P. in dem Fiſcher— 
dorf Nidden auf der kuriſchen Nehrung 
geboren, genoß den erſten Unterricht ſei— 
nes Vaters, beſuchte von ſeinem vier— 
zehnten Jahre an das Inſterburger Gym— 
naſium, darauf mit einem Stipendium 
das zu Tilſit und bezog nach deſſen Ab— 
ſolvierung die Univerſität Königsberg, um 
Deutſch und Geſchichte, nebenbei auch 
Nationalökonomie und Philoſophie zu 
ſtudieren. 1883 erhielt P. von der Dor— 
pater Univerſität das Prädikat eines 
Oberlehrers der deutſchen Sprache und 
der hiſtoriſchen Wiſſenſchaften (Geſchichte 
und Geographie). Ihm, als Ausländer 
gelang es nicht, an den deutſchen höheren 
Lehranſtalten Rußlands eine Anſtellung 
zu finden, er lieh ſich als Privatlehrer 
‚in Niga nieder, und wurde 1837 als 
‚Lehrer an einer Mädchenichule angejtellt. 

1884 mit einer jungen, gemütreichen Liv» 

länderin verheiratet, verlor er nach kurzem 
Glück feine Frau bei der Geburt cines 
' Töchterdens. 

Außer einigen Beiträgen für Zeitichriften trat 
PB. mit folgenden Novellen, an denen die Kritik 
die feine Pſychologie rühmt, an die Öffentlich: 
feit: Va banque, Das Nabbinerfind, Umſonſt 
geträumt, Am Augsfee, Sirenenjtimmen. Außer: 
dem jind zwei literarhiftoriiche Arbeiten hervor: 
zubeben: Johannes Elias Schlegel und feine Be> 





‚deutung für das deutſche Luftjpiel, und Herder 


in Riga. 
Pirazzi, Emil, geb. am 3. Auguft 
1832 zu Offenbach), abjolvierte die Real» 


verblieb. 1856 fiedelte fie nad Wien ſchule feiner Vaterjtadt und trat dann in 
über. Von ihren phantafiereihen poeti⸗ das von feinem Großvater, einem Jtalie: 
ſchen Arbeiten, die meiſt ungeteilten Bei- ner, gegründete faufmänniihe Gefchäft, 
Il Jenben. — — in welchem er ſpäter Teilhaber wurde, 
amma (om. 1909), Die Ferle von Far um es nach dem Tode ſeines Vaters ganz 
l 
Mom. 1872), Mus dem Süden oo. 1673) Bu Übernehnen. Frühe ſchon zeigte fich 
Kinder der Flamme (Nom. 1884). Außerdem P.'s poetiihes Talent. Zuerſt trat er mit 


r indikowski, Dirulio, set] %3. 





Pirazzi. — 476 — Pitawall. 


einer Vorſpieldichtung zu Schillers Totenfeier Gutzkow näher bekannt, auf deſſen Anregung er 
(1855) an die Offentlichkeit, welche Dichtung mit mit gleichgeſinnten Freunden dort bereits 1855 
Erfolg über viele Bühnen ging (in Berlin im | einen Zweigvberein der deutſchen Schillerſtiftung 
Opernhaufe von Aug. Brelinger gelpr.). Dieje | ind Leben rief, der ſich noch heute wachſenden Se: 
Dichtung vermittelte ihrem Kerfaffer eine Eins | deihens erfreut. Mit Feuereifer warf fih PB. dann 
ladung des als Mäcenas befannten Baron Karl v.d. | in die 1863 wieder auflebende ſchleswig-holſtein— 
Malsburg in Eſcheberg bei Kaſſel. Hier ſchrieb sche Bewegung, und zwar ſowohl publiziitiich als 
P. 1855 an feinem Jugenddrama „Gräfin Cha= redneriich und poetiſch, in eriterer Beziehung aber 
teaubriand” (nad) Laube's gleihnamigem Noman), ganz befonders durch feine 1864 unter den Auſpi— 
das bald darauf in Hamburg und 1884 in Stutt- | zien des Kranffurter Sechsunddreißiger Auss 
gart zur Aufführung fom. Seine Bildung | Ihufies herausgegebene Schrift „Ein Wort an 
und Weltfenntnis erweiterte er dann durch England von Deutichlands Recht und Schleswig: 


s bi an: Holſteins Ehre“, die fpäter aud, zu einem um: 
eine 1856 unternommene Reiſe in dEN | Fangreichen Bande erweitert, in franzöfifcher fiber. 


Orient bis nad) Kairo, wojelbit er niehre traqung erihien und in dieſer Gejtalt in den 
monatlichen Aufenthalt nahm, dann ſech- Parlamenten von England, Franfreid, Belgien 


i Sr yar und Stalien zur Verteilung gelangte. 1866 und 
zig Tage lang den Nil befuhr, und PER: 18557 war ®. auch bei der Nedaftion und Heraus: 


teilweiſe in Geſellſchaft des damals auf gabe der „Mainzeitung“ thätig. Seine weiteren 
ſeiner großen Weltreiſe begriffenen Dr. dramatiſchen Arbeiten: „Moderne Größen“ (5. 
Adolf Baltian. Eindrüde und intereflante Ab: , Aufl. 1873), „Die Erbin von Maurah“ (5. Aufl. 
ſchnitte diefer Neife veröffentlichte P. noch wäh: 1875) und das Yuftipiel „Auf der Hochzeitsreiſe“ 
rend derfelben im Seitichriften. P. nahm in: (1878) gelangten ſämmtlich zur Aufführung; nas 
zwilchen nicht nur thätigen Anteil am der Ent: mentlich ging das zweitgenannte Drama, welches 
widelung der freireligiöfen Sache als Vorſteher er auf Anregung Yevin Schüdings frei nad) deſſen 
der Offenbacher deutichfatholiihen Gemeinde und Erzählung „Die Thurmſchwalbe“ ſchtieb, über 
der 11858 unter feiner Mitwirkung gegründ:ten) ine größere Anzahl Bühnen Deutihlands und 
„Sreireligiöfen Stiftung“, ſondern trat auch frühe Oſterreichs. Vorwiegend ein Ergebnis der Rienzi⸗ 
ihon in das öffentliche politiihe Leben ein, zu: | Studien war das 1872 erſchienene kleine Buch 
nächit publiyiftiih, Später gelegentlih auch als! „Stimmen des Mittelalters wider die Räpfte und 
Nedner, und zwar in freifinnigem Gifte. 1859 | ihr weltliches Reich“. P. 8 umfangreicyites Werf 
beteiligte er ſich bei der Gründung des deutichen | find die „Bilder und Geſchichten aus Offenbachs 
Nationalvereins in Frankfurt a. M., was ihm | Vergangenheit (1579), durch die ſich der Verfafler 
eine politifche Unterjuchung und flließlich eine | zum Hiltoriographen feiner Baterftadt machte, und 
furze Gefängnisitrafe eintrug, ſowie während der die auch in weiteren Kreifen volle Anerkennung 
folgenden Jahre fehr eifrig an der Ausbreitung ; fanden. An den politiihen Wahlfämpfen der 
Dieles Vereins und an dem Kampfe der heſſiſchen | meueren Zeit beteiligte ſich P. ganz befonders durch 
Nationalpartei gegen das Minifterium Dalwigk, Herausgabe einer Reihe von fcharfen, gegen die 
befonders durch zahlreiche und zum Teil jehr | gemein fährliben Veftrebungen der Soyialdemo: 
ſcharfe Veröffentlihungen in der Tagespreſſe, in fratic gerichteten Flugblättern. „1587 hat P. zu 
Flugſchriften und einzelnen Broſchüren, die gröf: | einer großen Oper „Der Sturm“, Mufif von An« 
tenteils ohne Nennung feines Namens erſchienen, ton Urſpruch, die Dichtung frei nach dem gleich: 
wogegen eine Reihe ftreitbarer vaterländiicher Zeit: | namigen Shafefpearehen Drama gejhrieben und 
gedichte ſömmtlich mit demfelben veröffentlicht wur; | bereitet gleichzeitig die Herausgabe feiner zahl: 
den. 1862 verbrachte er dann in Jtalien, wo | reichen, bisher größtenteils noch ungedrudten Ge 
er die Vorftudien und den eriten Entwurf zu fei: | Dichte vor. 

nem bedeutendften dichteriihen Werke, der fünf | Pitawall, E., ſ. E. Dedenroth. 
aftigen Tragödie in metriiher Form „Nienzi der | R z 

Tribun“, machte; die Vollendung derfelben er: | Plauta, Peter Conradin von, wurde 
folgte erſt mehrere Jahre fpäter, und hat fih die am 24. September 1815 im Schloß Wil: 
en ri Fun —— daß ſie denberg zu Zernez (Kanton Graubünden) 
zu dem Wertvollſten gehöre, was die neuere 
deutſche Dramatik aufzuweiſen habe. Sie wurde gebo ren. Den erſten Elementarunterricht 
in Berlin (Belle-Aliance-Theater) ahtmal und erhielt er von jeiner vortrefflichen Mutter 
fpäter in Weimar, Darmitadt und Frankfurt (geb. Gräfin Chrift), fodann in einem 
wiederholt gegeben. Mit Empfehlungen der Ge: | Brivatinititut, Schließlich befuchte er das 
Ihäftsführung des Nationalvereins ausgerüftet, | Gymnaſium in Chur und danach die 


gründete P. im päpſtlichen Rom einen Zıweigver: * — rn 
ein des deutichen Nationalvereind. X. Ihn: Thomas:Schule in Leipzig. 1835 bis 


geiftige Beſtrebungen machten ihn aud mit Karl! 1836 jtudierte er auf der dortigen Hoch— 








Planta. 


ſchule Philofophie (bei Drobiih) und 
1836 — 38 Nurisprudenz in Heidelberg 
(bei Thibaut, Mittermaier, Zachariä). 
Nah Haufe zurüdgefehrt, arbeitete er 
zwei Jahre in Sondrio an der jchwierigen 
Liquidation des dortigen bündnerischen 
Privatvermögens, das 1831 von Dfter: 
reich erftattet worden war. 1842 redi— 
gierte er in Zürich die „Neue Helvetia“. 
1843 ließ er fih in Chur nieder, wo 


er mit gleicher Tendenz bis 1848 den 


„Freien Rhätier“, fpäter den „Liberalen 
Alpenboten” und endlich die „Wochen: 
zeitung“ herausgab und, nachdem er von 
1844—47 das Amt eines Stabtichreibers 
verjehen Hatte, die politiihe Laufbahn 
betrat. Schon 1844 hatte er zur Ber: 
beſſerung der Bündner Kantonsverfajlung 


den „Reformverein” gegründet, der end⸗ 


(ih 1850 und 1853 fein Ziel erreichte. 
1849 wurde P. zum Prälidenten des 
Churer Stadfgerichtes und in den großen 
Kantonsrat gewählt. 1850 trat er in 
die Kantonsregierung und war aud) Vor: 
figer der beiden letzteren Behörden, 1852 
wurde er Mitglied des jchweizeriichen 
Ständerates, und 1856 Mitglied des 
Ichweizerifchen Nationalrates, dann wieder 
(1862— 72) des Ständerates. 1855 bis 
1870 war er Bräfident des bündneriichen 
Obergerichtes und verſah verichiedene, 
zum Teil wichtige, eidgenöffiiche und kan— 
tonale Miffionen. Gleichzeitig war P. 
ftets auch auf gemeinnügigem Gebiete in 
verſchiedener Richtung thätig. So grün- 
dete er die kantonale gemeinnügige Ge: 
ſellſchaft, präfidierte die ſchweizeriſche ge- 
meinnügige Gejellihaft, den ſchweiz. Yu: 
tiftenverein und den Schweizer. Forſtverein; 
gründete das „Rätiſche Muſeum“ und die 
„Diltor.-antiqgu. Geſellſch.“ des Kantons 
Sraubünden. 

Bon ihm rühren eine Reihe wichtiger geſetz— 
geberiicher Arbeiten für den Kanton Graubünden, 
namentlich: Das Strafverfahren, ferner der Zi— 
vilprozeß mit ſummariſchem schriftlichen Vor: 
verfahren und mündlicher Hauptverhandlung, und 


endlih das bündneriiche Privatrecht, kurz und 
bündig, aber mit einem erläuternden Kommentar 


417 


Pöſche. 


verſehen. Dieſe Geſetze haben ſich praktiſch ſehr 
wohl bewährt und gut in das Volk eingelebt. 
Sie trugen 1862 ihrem Verfaſſer von der Uni— 
verjität Zürich das Doftordiplom h. c. ein. Bon 
jeinen übrigen ſelbſtändig erichienenen schrift: 
jtellerifchen Arbeiten find die bedeutenditen: Das 
Waldbüchlein (1848), Der rhätiihe Ariſtokrat 
(1849), Die Wiſſenſchaft des Staates oder die 
Lehre von dem Lebensorganismus (1852), Das 
alte Rhätien (1872), Die Schweiz in ihrer Ent: 
widelung zum Einheitsftaate (1877), Pädagogik 
und Schablone (1878), Verfaffungsgeichichte der 
Stadt Chur (1879), Die eurrätiichen Herrichaften 
in der Feudalzeit (1881), Dramatifierte Ger 
Ihichten (1885 und 1886, die Mehrzahl diejer 
Stüde wurde auf verfhiedenen jchweizeriichen 
| Theatern mit Erfolg dargeftellt), Der dreißig— 
\ jährige Kampf um eine rhätiiche Alpenbahn 
(1885), Die Rekonſtruktion der Familie und des 
Erbrechts (1886), Die öfterreichifche Infameration 
'von 1803 (1887). 


Pöſche, Immanuel Friedrich Herz 
mann, it als Sohn eines Landlehrers 
geboren am 13. Dezember 1826 zu Zö— 
ihen bei Merſeburg. Er wurde (1844 
‚bis 1847) Lehrer auf dem Seminar zu 
Weißenfels und nahm bis zum Jahr 
1859, einem lebhaften Bildungstriebe fol— 
gend, als Privatlehrer oder öffentlicher 
an verjchiedenen Orten verichiedene Stel- 
lungen ein: zu Gr.-Bodungen b. Nord« 
haujen (Dr. v. Dieyeren), Nordhaujen 
(Bürgerichule), Baden-Baden (D. Geor- 
gens), Anjtalt Keilhau b. Rudolſtadt 
(Wild. Middendorf und Barop), Mün— 
jter (Anftalt der Frau v. Bernard), Schloß 
Nemiſchl und Schloß Lieblig (Gräfin 
Deym) und Lübel (Dr. A. Meier). 
Im Jahre 1850 wurde er duch den 
Turnvater Ludwig Jahn in Freiburg a. 
U. auf die Bejtrebungen Fr. Fröbels 
aufmerkſam gemacht und bejuchte 1850 und 
‚1851 diejen zu Marienthal bei Bad Lies 
benjtein. Nach der Richtung der Fröbel— 
‚chen Pädagogik hin find die folgenden 
ſelbſt. Schriften aus feiner Feder hervor- 
gegangen: Über die Bedeutung der Arbeit f. 
d. entwidelndserziehende Menichenbildung, Die 
' Kindergarten Pädagogif, Die ſprachliche Entwides 
lung des Kindes v. Fröbel, Fr. Fröbel im Lichte 
der neuern geichichtspädagogiichen Erkenntnis, 
Die Turn: und Luſtſpiele Fröbels, Fröbels Yes 











Poeſtion. 


ben und Wirken, Fröbels Stindergartenbriefe. | 
In feiner Stellung als Lehrer an der 
höheren Töchterſchule zu Münſter fand 
er noch Zeit und Gelegenheit, unter den 
Profeſſoren Heis, Karſch und Hittorf 
(1853—1855) die Naturwiſſenſchaften 


413 


— Poeſtion. 

ſiſche Philologie und Germaniſtik zu hören, 
gleichzeitig war er als Erzieher in ariſto— 
kratiſchen Familien thätig. 1878 verhei— 
ratete er ſich und widmete ſich fortan 
ganz ſeinen ſchriftſtelleriſchen Arbeiten 
und Studien. 





auf der Akademie zu ſtudieren. Er ſchrieb 


ſpäter die folgenden naturwiſſenſchaftlichen 
Werke: Die Natur im Kreislaufe des Jahres, 
Das Leben der Haustiere, ein Familienbuch, 
Unfere lieben Hausfreunde. Bon 1859 bis 
1882 war er Lehrer und Erzieher am 
großen Friedrihs-Raifenhaufe der Stadt 
Berlin zu Rummelsburg. Bon bier aus 
beteiligte er fi) an den Beftrebungen des 
Frauen:Bereins für Fröbeliche Kinder: 
gärten, gründete den erjten Scminarfurfus 
für Kindergärtnerinnen und war bis 1883 
an demjelben als Lehrer thätig. Ebenſo 
nahm er Teil an den Beltrebungen des 
Handwerker-Vereins und für Ferien-Ko— 
Jonien. 1882 erhielt er das neu=freierte 
Aınt eines Erziehungs-Inſpektors bei der 
Maifen-Verwaltung in Berlin. Er hat 
die Super:Mevifionen der auswärtigen 
Koitpflegeitellen Berliner Waifen: und 
Zwangserziehungsfinder auszuführen, alſo 
derjenigen Kinder, die über die Provinzen 
Brandenburg, Bommern und Sadlen er: 
ziehungshalber in Familien untergebracht 
find. Diefer Tätigkeit entiprang die Schrift: 
Über die Zwangserziebung verwahrlofter Kinder 
nach dem preußiichen Gele vom 13. März 1878. 
Armenpfleger-Kongreß. 


Poeſtion, Joſef Calaſanz (JIJ. Ca: 


lion), wurde am 7. Juni 1853 zu Auſſee 


(ES teiermarf) als Sohn ganz mittellofer 
Eltern geboren; für den Priefterftand be: 
ſtimmt, wurde er in das fürjtbiichöfliche 
Knabenleminar nah Graz gegeben, trat, 


nachdem er fieben Gymnaſialklaſſen ab: 
folviert, aus demielben aus, da er die 


Luſt zum geiftlihen Stande inzwilchen 
verloren hatte, und beendete feine Schul: 


bildung an dem Staatsgymnaſium zu 
1573 bezog er die Univerſität 


Sra;. 
daeibit, ipäter die zu Wien, um klaſ— 


Schon als Student veröffentlichte er zwei 
| Bücher Griehiihe Dichterinnen (2. Aufl.) und 
Griechiſche Philofophinnen (2. Aufl), von denen 
das erjtere ins Meugriechiiche und Däniſche über: 
‘jet wurde. Aber bald gewann die Neigung zu 
den nordiſchen Yiteraturen und Sprachen die 
Oberhand in feinen Studien. P. jtudierte zus 
nächft das Altnordilche, um dann zu den neu— 
nordiſchen Idiomen, dem Däniſch-Rorwegiſchen, 
Schwediſchen und Neuisländiſchen überzugehen. 
Die zahlreichen Literaturprodukte in dieſen Spra— 
chen feſſelten ihn ſo ſehr, daß er es verſuchte, 
dieſelben teils durch literariſche Eſſays, teils 
durch Überſetzungen in Deutſchland bekannt zu 
machen, ſoweit dies noch nicht geſchehen. Um 
‚bie Erlernung der altnordiſchen Sprache Litera— 
turfreunden zu erleichtein, gab P. in leicht faß— 
licher Form eine „Einleitung in das Studium 
des Altnordiſchen“ heraus. Sein Lieblingsgebiet 
wurde jedoch das Isländiſche. Er ſchrieb zahl— 
reiche Aufläße und Überſetzungen proſaiſcher und 
poctiicher Werke, und gab 1855 fein Wert „Is— 
land. Das Yand und feine Bermohner” heraus, 
worin cr nad) den neueſten und beiten, befonders 
iständifchen Quellen, eine ausführlihe geogra— 
philch:ethnegraphiiche PVelchreibung des Landes 
lieferte. Das Bud) fand auf Island ſelbſt größten 
Beifall und eine vorzügliche Aritif und wurde 
PB. zum Ehrenmitgliede der isländiichen Litera- 
turgelellichaft ernannt. Als Frucht feiner neueiten 
Studien auf dem Gebiete der finniich-ugriichen 
Spracen veröffentlichte er: Yappländiiche Märchen, 
Vollsſagen, Rätfel und Sprihwörter. Außerdem 
von Mberlegungen hervorzuheben: Fridthjofs 
Sage, aus dem Altisländiichen, Nüngling und 
Mädchen (2. Aufl.), Bölnspa und die Sibylliſchen 
Orakel, 8. Eliter: Gefährliche Leute, A. Y. Kiel— 
land: Ausgewählte Novellen, Sarman und Worie, 
Auf dem Heimweg, Anderfen: Geſchichten, R. 
Schmidt: Erzählungen, Das Tyrfingichwert, 
L’assonance dans la poésie norraine, Islän— 
diſche Märchen, Elſter: Sonnenwolfen, Grzäb: 
lungen. Selbſtändig erichienen noch : Aus Hellas, 
Rom und Thule (2. Aufl). Seinen Yicblingss 
wunich, den Norden aus eigener Anſch auung 
kennen zu lernen hat P., der den harten Kampf 
ums Daſein kämpfen muß, bisher nicht zur Aus— 
führung bringen können, um ſo weniger, da ihm 
gewiſſe Unterſtühungen, die feine literariſchen Ar: 
beiten und Studien ermöglichten, nach dem Er— 
ſcheinen ſeines Buches über Island entzogen 
wurden, ſo daß er ſich gezwungen ſah, in 








Pohl. 


ſehr beſcheidener Stellung zu Wien in 
den Staaisdienſt zu treten. 

Pohl, Richard (Jean Richard, Hoplit), 
iſt zu Leipzig am 12. September 1826 
geboren, widmete ſich in Göttingen und 


Leipzig dem Studium der Philoſophie, 


betrieb daneben eingehende muſikaliſche 


Studien, deren Ergebniſſe er ſpäter in 


ſeinen Schriften niederlegte. Der unge— 
wöhnliche Erfolg, welcher feine erſien 
muſikkritiſchen Arbeiten begleitete, er— 
öffnete ihm eine neue Laufbähn, als er, 


politiſcher Verhältniffe wegen, zur Auf 


gabe feines erwählten Lehrerberufes ge: 
zwungen war. P. lebt nunmehr in Ba— 
den:Baden als Redakteur des dortigen 
„Badeblattes“. Von feinen verdienftlichen 


Schriften heben wir hervor: Atuſtiſche Briefe 


(1852), Jahrbuch des weim. Hoftheaters (1855), 
Muſikaliſche Leiden (1856), Gedichte (ISSN), 
Bayreuther Erinnerungen (1876), Erinnerungen 
an Baden-Baden (1581), Gelammelte Schriften 
über Mufif (ISSI— SH, Richard Wagner (1883). 


Polko, Eliſe, geboren zu Leipzig am 
31. Januar 1832 als die Tochter des hoch: 
geachteten Pädagogen Chr. Vogel, zeigte 
ſchon als Kind einen ungewöhnlichen Schatz 
an Talenten, von denen beſonders das 
für Muſik, neben ihrer ſonſtigen treff— 
lichen Ausbildung, gepflegt wurde. Zur 
‚Jungfrau erblüht, ging fie zur Bühne, 
der fie jedod) bald wieder entiagte, um 
der Echriftitellerei fich hinzugeben. Ahr 


erites Werk war und blieb aud) ihr beites 


und ſicherte ihr die Verehrung befonders 
der deutfchen Frauenwelt. Es waren dies 


ihre jo berühmt gewordenen „Muſikali—⸗ 
Von ihren jpäteren | 


Ihen Märchen“. 
Schriften verdient noch befonders hervor: 
‚gehoben zu werden ihr inhaltreiches und 


erhebendes Werk für Frauen: „Uniere 


Pilgerfahrt von der Kinderftube bis zum 
eignen Herd‘. Auch nah ihrer Verhei: 
ratung mit dem Eiſenbahn-Direktor Polko 
ſetzte fie ihre literarische Thätigfeit bis 
heute fort und ift fo eine unferer frucht: 
barſten Schriftitellerinnen geworden. Sie 
lebt, feit 1857 Witwe, und tiefgebeugt 


479 


Roten. 


durch den Verluft ihres einzigen Kindes, 
‚in Dannover. Außer den bereits ge 
‚nannten Werfen find zu erwähnen: 

Sabbathfeier (1858), Fauſtina Hafie (1860), 
Neue Novellen (1861—70), Die Bettler:Oper 
(1864), Schöne Frauen (1865), Alte Herren 
(1866), Verflungene Akkorde (1868), Auf dunf: 
lem Grund (1869), Plaudereien (1872). Aquarell⸗ 
 Stizgen (1874), Im Fluge (1877), Kleine Bils 
der (1879), Bon Herzen zum Herzen (1879), 
Blumen und Lieder (1881), Getrennt (1882), 
Umfonft (1882), Serzensfrühling (1883), Im 
Silberfrang (1883), Neues Märchenbuch (1884), 
Ein Bergikmeinnichtitrauf (1884). Außerdem 
gab fie Dichtergrühe (Anthol.), und Am ftillen 
Heerd (Nnthol.) heraus. La belle France, In 
garden and fields, Königin Yırife. 


Poten, Bernhard, geboren am 8. 
Auguſt 1828 zu Gelle, auf dem dortigen 
Gymnafium und im SKadettenhaufe zu 
‚ Hannover erzogen, Ipäter auf der Hanno» 
verschen Generalftabeafademie weiter une 
terrichtet, nahm als Kavallerieoffizier au 
den Feldzügen der Jahre 1848 und 1849 
und an der Bundeserefution von 1863/64 
gegen Dänemarf teil, focht im Kriege von 
1866 gegen Preußen (Langenſalza) als 
Nittmeifter und Schwadronchef im Könis 
gin:Hufaren-Regiment, ward in gleicher 
Eigenichaft 1867 im preußiſchen 1. Schle= 
fischen Hufaren:Regiment Nr. 4 (Braune 
Huſaren) angeftellt, machte in diefem Ne: 
giment als Major und Esfadrondef den 
Krieg von 1870/71 gegen Frankreich mit, 
ward 1874 Ndjutant der General-In— 
ipektion des Militär-Erziehungs: und Bil: 
dungsweſens in Berlin, ſchied 1884 aus 
dem aktiven Dienfte, lebt als Oberſt 3. D. 
in Berlin, 

Hauptwerfe: Braune Hufaren in Franfreich 
(1872, 2. Aufl. 1876), Mititäriicher Dienftunter: 
richt für die Kavallerie des deutichen Reichsheeres 
(1875, 4, Aufl. 1886). Er redigierte (1877 bis 
1580) das Handwörterbuch der geſammten Mis 
litärwiſſenſchaften, Ichrieb den Text zu „Unier 
Volt in Waffen” und arbeitet gegenwärtig (1SS7) 
an einer Geichichte des Militär-Bildungs:Welens 
in allen Zanden deuticher Junge, weldye einen 
Teil der „.Monnmenta Germaniae paedago- 

gica“ bildet. 

Povinelli, Adolf Heinrich, wurde am 

12. Juli 1861 in Innsbrucd geboren, 


Preſer. 


widmete ſich nad) vollendeten Neal: und 
Handelsftudien dem Affeturanzwejen und 
war als Beamter diefer Brande 1878 
bis 1879 in Wien und 1879—82 in 
Paris thätig. In diefen beiden Welt: 
ftädten hatte er Gelegenheit, feinen geiſti— 
gen Gefichtsfreis zu erweitern und Muße, 
feiner Neigung zur Dichtkunft zu folgen. 
Der Tod feiner Schweiter, fowie der frän- 
felnde Zuftand feines alten Vaters ver: 
anlaßten ihn zur Rückkehr in die Heimat, 
woſelbſt er eifrig Privatitudien oblag und 
als außerordentliher Hörer die Univer: 
fität befuchte, bis ihn im Jahre 1883 
die Militärpflicht unter die Fahne rief, 
worauf er nad) einjähriger Dienitzeit zum 
inaftiven Offizier der Tiroler Landes: 


Ihüßen ernannt wurde. In den folgenden | 
Jahren bethätigte ſich derjelbe als Four: | 


480 


nalift und erregten bejonders feine freis 


finnigen tirolifchen Zeitgedichte im „Land“ 
Aufiehen, wegen welcher er von den dor: 
tigen Ultramontanen vielfach angefeindet 
wurde. Im Jahre 1886 begab er fidh, 
nad) erfolgtem Ableben feines Vaters, wie: 
der nad Wien, um ſich neuerdings dem 
Aiiefuranzfache hinzugeben und nebenher 
mit literarischen Arbeiten zu beichäftigen. 

Schriften: Morgenwolfen (Iyr. Ged. 1883), 
Sylvejtergedanfen eines Tyrolers (Ged., 4. Aufl. 
1886), Im Banne des Jrrwahns (Ep. 1888), 
Außerdem Aufläge und Gedichte in verichiedenen 
Beitichriften. 


Preſer, Carl, wurde am21. Dezember 
1829 zu Caſſel im ehemaligen Kurheſſen 
geboren. Da fein Vater, Juriſt, ſchnell 





‚im Hofdienite zu verbleiben und mit n 


aufeinander nad Marburg, jowie an die 


Obergerichte zu Rinteln und Fulda ver: 
jegt wurde, durch dieſe häufigen Ber: 
jegungen aber in traurige finanzielle Ver: 
hältniſſe geriet, jo konnte er dem Sohne 
feine Unterftügung zu feinen Studien ge: 
währen, daher mußte er den Gymnafial- 


digfeit der Abänderung der öfterr. Ve 


Noftik. 


Preſer. 


den. Als er jedoch, 19 Jahre alt, zum 
Examen reif war, fand er das gewählte 
Fach ſo ſehr von jungen Leuten überſetzt, 
daß an ein ſchnelles Avancement nicht zu 
denken war und er auf den Rat des 
Oberbaudirektors Bromeis dieſer Karriere 
entſagte. Raſch entſchied ſich Preſer für 
den Staatsverwaltungsdienſt; er ſtudierte 
mit größtem Eifer und trat nad) abiol- 
viertem Staatseramen 1857 in den heil. 


Staatsvorbereitungsdienit. Die Liebe er- 
wedte in ihm den Dichter. Drörler-Manfred in 
Darmftadt führte P. als ſolchen in die Offent⸗ 
lichkeit ein und er wurde fleißiger Mitarbeiter 
an deſſen „Muſe“. Gleichzeitig hatte ſich P. als 
Kunſtkritiker bemerklich gemacht, ſo daß er als 
Hofſekretär in den kurt ürftl. Hofdienft gezogen 
und der General-Intendantur des Hoftheaters 
zugeteilt wurde, in welcher Stellung ‚man 
gleichzeitig von der Regierung die Redaftion 
amtlichen „Kafjeler Ztg.” übertrug. In diefer 
Doppelftellung entwidelte er eine große Regfams 
feit auf dem ‚Felde der Volitif und dem ber 
Kunft, und fomohl in Hoffreilen nur auch unter 
den Minijtern erfreute ſich P. großer Sympas 
tbien. Leider war der Kurfürft perfönlic gegen 
alle dichteriſche Thätigkeit und fomit auch 

P. eingenommen, fo da er nidt nur 
Zurüdverfegung in den Staatsdienft befahl, ſon⸗ 

dern ihm lange auch beharrlid die Gene 

zur Verheiratung verfagte. 1866 berief ihn dann 
der aus der Kriegsgefangenſchaft entlafjene Kurs 
fürft nah Hanau, und bot ihm an, auch 


ach Böbr 














men zu überftedeln. P. überfiedelte nach Horonie 
und Prag, und es erichienen die verf 

publiziftiichen Arbeiten von ihm. 
politiichen Thätigfeit war ®. in feiner ı 
Heimat auch ald Nationalötonom t 
ftudierte eifrig die Verhältnifie der ) 
Privatverwaltungen ; feit 1868 flofien alle Zeile 
artifel der fpäter eingegangenen „Prager Banks 
und Handelszeitung“ aus feiner eder, und 88 
erſchien von ihm die Schrift „Über die Notwens 


geſetzgebung“. Später trat er als Gentrale 
direftor in die Dienite des Grafen von 
Schon früher in den Landes 
fulturrat des Königreihs Böhmen, Jomwie 
in deſſen Ausschuß gewählt, wurde er zum 


befuch aufgeben und fi durch Unterricht: | Mitglied des k. k. Stantseljent ahnrate | 


geben jelbjt die Mittel verichaffen, um ernannt, während ihn der 2 





die polytechnifhe Schule fowie die Afa- | der böhmischen Zuderinduftriellen fein 
demie der bildenden Künfte in Kaſſel zu | Ausihuß berief, fiher ein Beweisz 
beſuchen und ſich als Arditeft auszubil: | dem Vertrauen, defien P. in Böhmen 





Preuß. 


zu erfreuen hatte, an deilen wirtichaft- 
lihem Wohle er mit aller ihm eigenen 
Kraft und Energie arbeitete. In Prag er» 
fhien 1881 fein Wert „Pacht und Pachtrecht 
in Öfterreih”, und ala fein beveutendjtes wirt: 
Ichaftliched Bud „Die Erhaltung des Bauern: 
ftandes” erſchien, das in Ofterreich verboten wurde 
und dann in Leipzig in zweiter Auflage heraus 
kam, da erinnerte man fich in der heiftichen Hei⸗ 
mat feiner wieder und der Fürſt von Menburg 
und Büdingen zu Wächtersbach in Heſſen berief 
ihn als Kammerdireftur an die Spite feiner Ber; 
waltung. Das Epos „König Authari und feine 
Brautfahrt” (4. Aufl. 1880) trug dem Dichter 
vom Kaiſer von Djterreich die goldene Medaille 
für Kunſt und Wiſſenſchaft ein und wurde jehr 
günftig beurteilt. P. erhielt von dem verftor: 
benen König von Hannover das Ritterkreuz des 
Ernft:Auguft-Ordens und von dem Großherzog 
von Sahjen: Weimar das Nitterfreuz 1. Kl. des 
Hausordend vom weißen Falten. Sein Lied: 
„Ded deutichen Mannes Lied und Wort” iſt 
in DOfterreich ein Nationallied der Deutichen ge: 
worden. Bon jeinen poetiihen Schöpfungen 
nennen wir noch: „&edichte” (1879 3. Anfl.), 
dad Epos „Geharniihte Sonette” (1863), 
Shakeſpeare⸗Feier“ (1864), „Die Sterner (Hiit. 
Dr. 1866). 


Preuß, Otto, geboren den 16. Juli 
1816 zu Detmold, beſuchte das dortige 
Gymnaſium, ftudierte 1834—1837 Die 
Rechte in Berlin, Heidelberg und Göt- 
tingen, war nad überjtandenem Eramen 
1837—41 als Auditor am Amte Det: 
mold beichäftigt, wurde 1841 an Die 
dortigen Obergerichte berufen, bei denen 
er, zulegt als Geh. Oberjuftizrat und 


Vorfigender der Juſtizkanzlei, bis 1879 


thätig war. Infolge des Eingehens des 
Obergerichts bei der Juſtizreform nahm 
er 1879 feinen Abſchied aus dem Juſtiz— 
dienſte, verfieht aber noch jetzt ferner die 
Geihäfte eines Vorjtandes der Landes— 
bibliothef. 

Er mar Mitarbeiter an den vom Ardivrat 
Falkmann und ihm herausgegebenen Lippiſchen 
Regeſten“ (1860—68) und ſchrieb, außer einigen 
Auffägen über Lippiſches Gütergemeinſchaftsrecht 
im Neuen Magazin für Hannov. Recht und über 
weitfäl. Geſchichte in der Zeitſchrift für vater: 
länd, Geſchichte: Die baulichen Altertümer des 
Lippifchen Landes (2. Aufl. 1881), Die Lippis 
ſchen Familtennamen mit Berüdjichtigung der 
Ortsnamen (2, Aufl. 1887). 


Das literarifhe Deutihland. 


481 


Preuß. 


Preuß, Wilhelm Heinr., wurde am 
29. Sept. 1843 zu Garljtorf bei Zünes 
burg geboren, woſelbſt jein Vater Lehrer 
war. Er beſuchte das Seminar zu Lü— 
neburg, ging aber fpäter nad) Göttingen 
um Naturwiflenihaften und Dlathematif 
zu ſtudieren, wurde dann Hauptlehrer für 
diefe Fächer an der landwirtichaftlichen 
Lehranitalt zu Herford i. W. und ift feit 
1870 Navigationslehrer an der Naviga- 
tionsihule zu Elsfleih a. d. Weſer. Von 
jeinem Water, der. eine große Bienenzucht 
hatte, frühe zur Beobachtung der Natur 
angeleitet, durchforſchte er jhon als Knabe 
‚die bergige und waldige Umgebung feines 
Heimatortes und jammelte Pflanzen, Kä— 
‚fer, Schmetterlinge, Verſteinerungen x. 

Im fteten Umgange mit der lebendigen Natur, 
gewann er bald die Überzeugung von der Un— 
richtigfeit der bisherigen Anfichten über Orga: 
niſches und Anorganiſches und bemühte jich, eine 
widerjpruchäfreie Naturauffaffung anzubahnen. 
War man bisher der Anſicht gewejen, daß das 
Leben aus unorganiicher Bewegung durd eltern: 
loſe Zeugung (generatio spontanea) auf unſe— 
rem durch Feuersgluten gegangenen und nad 
ber abaefühlten Planeten entitanden fei, wobei 
es einjt eine Zeit gegeben hatte, wo der ganze 
| Kosmos alles Yebens bar war, jo jtellte PB. um: 
gekehrt die Lehre auf, daß die organiſche Bewe— 
gung im Weltall die Priorität befige, aus wel: 
| cher die unorganifche erſt ihren Urſprung genom: 
men habe. Außer zahlreichen nautiſchen Abhand- 
‚lungen zur Einführung einfacherer und ficherer 
' Rechnungsmethoden und geographiichen Aufjägen 
in Fachzeitſchriften ſchrieb PB. zur Einführung 
und Begründung feiner organiihen Weltanichaus 
ung: Materielle Bedeutung des Lebens im Uni— 
| — (1878), Pſychiſche Bedeutung des Lebens 
im 1, (1879), Geift und Stoff, Erläuterungen 
des Verhältniftes zwiſchen Welt und Menich nad) 
dem Zeugnis der Organismen (1883), Der vor: 
geichichtliche Menich (1856). 

Preuß-Laudien, Henriette, wurde 
am 19. Januar 1832 zu Königsberg als 
die Tochter eines Baurats geboren. In 
zarteſter Kindheit verlor fie ihren Vater. 
Die Witwe z0g mit ihrem Kinde nad 
Pillau, woſelbſt Henriette eine heitere 
'forgloje Jugend genoß, und eine jehr gute 
Erziehung unter den Augen ihrer Mutter 
‚erhielt. Sie widmete fih dem erziehlichen 
‚Berufe, wirkte auch noch einige Jahre 


31 








Preyer. — 
nach ihrer Verheiratung mit dem Rektor 
Preuß an einem Erziehungsinſtitute als 
Lehrerin. Nachdem ſie dann mehrere Jahre 
in Straßburg in Weftpreußen einer er 
freulichen literariihen Thätigfeit gelebt 
hatte, fiedelte fie nad) Breslau über, wo 
fie noch gegenwärtig ihren Wohnlig hat. 

Bon ihren zahlreihen gut aufgenommenen 
Schriften (Novellen, Biographien, Märden und 
Jugendſchriſten) find hervorzuheben: Fata Mor: 
gana, Des Lebens Glüd, Verl pmäht, Zwiſchen 
zwei Welten, Im Sturm des Lebens, Preußifche 
Helden, Unfere Lieblingähelden (2. Aufl.), Mar: 
ſchall Vorwärts, Auf freier Erde, Neue Märden, 
Marchenblüten, Immergrün, Haideblüten, Wald: 
hannes, Weihnachtslieder, Chriftfreude, Neue Pol 
terabendfcherze, Aus Kindermund. P.2. ift Mit: 
arbeiterin vieler Zeitfchriften und gab ſelbſt drei 
Jahrgänge der Zeitjchrift „Unferer Frauen Blatt“ 
beraus. 


Preyer, Thierry William, geboren 
den 4. Juli 1841 bei Mancheſter, erhielt 
eine fehr jorgfältige, häusliche Erziehung 
durch feine Eltern, deutſche, franzöftiche 
und englifhe Lehrer. Schon damals 
zeigte ſich eine ftarfe Neigung des eifrig 
Naturalien fammelnden Knaben, Bau 
und Leben der Tiere zu erforjchen. 1854 
war er Zögling der Clapham Grammar 
School bei London und 1855—57 bes 
Gymnafiums zu Duisburg, dann zwei 
Jahre lang des zu Bonn. Doc) wurden 
die Gymnafialftudien durch eine mit den 
Eltern 1858 unternommene Reife durch 
Ktalien unterbrochen, welche dem Natur: 
finn des Jünglings neue Nahrung gab. 
1859 begann P. in Bonn als Student 
der Medizin feine Univerfitätsitudien, 
beionders Anatomie bei Mar Schultze 
und Phyſik bei Plüder. Aber das Ber: 
langen, eine Forfchungsreife in ein in 
zoologischer Hinficht wenig befanntes Land 
zu unternehmen, bewogihn, feinem Freunde 
Ferdinand Zirkel ſich anzufcließen, welcher 
an einer wiſſenſchafilichen Erpedition nad) 
Island teilnahın. Noch jetzt wird die 1862 
erfchienene Beſchreibung derjelben von Beſuchern 
der einfamen Thule zu Nate gezogen. Das 
Studium der Medizin und Naturwiſſen⸗ 
ſchaft wurde nun in Berlin  fortgejet. 


482 


— 


Preyer. 


Hier waren es namentlich E. du Bois— 
Reymond, Dore, E. Mitſcherlich, Reichert, 
deren Vorlefungen P. feflelten. Zwei 
Semefter, 1861/62, wurden in Heidel⸗ 
berg verbradht, wo vor Allem Helmbolg, 
Kirhhoff, Bunfen und Bronn mad 
anregten, fo daß das Studium der 
tischen Heilkunde noch nicht recht in er 
fam. ®. wurde stud. philosophiae 
beftand 1862 das philofophiihe Doktor- 
eramen, wurde auch „Magifter der freien 
Künfte”. Darauf wandte ih P. nad 
Mien, um Brüde und NR. Lud ı 
hören, doch befuchte er auch Oppolzer’s 
Klinik. Die in Ludwigs Laboratorium in der 
Meifterd Methoden 
an : 

ded Blutes fam 


‚vom Blute und der Atmung jelbftändig weiter 


Er 1864, befonders bei Virchom, 


vergeblich gefuchte Curafin zum erften Male 
dar und unterfucdhte e8 in ber hi 

eine bei Wurk, kehrte aber nach einem 
Aufenthalte in England 1865 zu den Eltern zu 
rück, welche ſich inzwifchen in Bonn ni 
hatten. Im Sommer jenes Jahres 

fi P. daſelbſt in der philofophiichen Fakult 
für Zoophyſik und Zoochemie. 1866/67 beſtan 
P. die mediziniihe Staatsprüfung mit Auszeihr 
nung und erhielt die Approbation als praktifche 
Arzt, beftand auch die mediziniſche Doftor 
ebenfo und wurde dann Privatdozent der Phyft 
logie in der medizinischen Fakultät. 1869 mwurbe 
er als o. Profefior der Phnfiologie und Direkt 
des phyfiologiihen Inſtituts nach Jena berufen, 
wo er feitem weiter forfcht und lehrt. — Bon 
den zahlreihen Originalunterfuhungen ‚ ber 
Bonner und Jenaer Zeit find ald von einem 
über den Kreis der Fachgenoffen hinausgehend 
Intereſſe namentlih die über die geiftige Enk 
widelung des Kindes: „Die Seele des Kindes 
(2. Aufl. 1884), die über das Gebanfenleben, 
den Schlaf, den Hnpnotismus und den 
des Lebens zu nennen. In zwei Bänden „' 
turwiſſenſchaftliche Thatjahen und Probli 
(1880) und „Aus Natur und Menichenle 
(1885) erſchienen mehrere der zum X 

























Prinzinger. 
vorher einzeln gedrudten gemeinverftänblichen 


Borträge gelammelt. Die Elemente der allge 
meinen Phyfiologie find aus alademiſchen Vor: 
lefungen anden. 


Unter den rein wiflenfchaftlichen Arbeiten ift 
die bedeutendfte die „Spezielle Phyfiologie des 
Embryo, die en zujammenfaflenden Unter: 
fuchungen über die Lebenserſcheinungen vor der 
Geburt“ —S Ein Buch über „Die Blut» 
friftalle” (1871), eines über „Die Blaufäure“ 
(1870) und mehrere Abhandlungen über die Farben, 
das Hören und die Töne find für einen kleineren 
Leſerkreis beftimmt, deögleichen die „Ouantitative 
Speftralanalyfe“ (1866). Obne feine Lehrthätig: 
teit zu beeinträchtigen, bat ®. Forſchungsreiſen, 
namentlih an da3 Mittelmeer unternommen. 
Die noch in der Entfaltung begriffene vergleichende 
Phyfiologie muß vor Allem dur experimentelle 
Unterfudungen der niederen Seetiere gefördert 
werden, Daher machte B. die Bewegungen der 
Seefterne zunächſt zum Gegenftande einer aus: 
gedehnten Spezialarbeit, welde in Neapel 1886 
ausgeführt wurde. Seit 1877 iſt P. ver: 
heiratet (mit einer Entelin des hochver- 
dienten Hejfiichen Staatsminifters Frhrn. 
von Hofmann). 

Prinzinger, Auguft d. ält., geboren 
zu Dttobeuern in Schwaben am 16. Of: 
tober 1811 ; befuchte das Gymnafium und 
Lyceum in Salzburg (1823—31), die 
Hochſchulen in Innsbrud und Wien (1831 
bis 1835), und diente fodann beim Ef. 
Fisfalate in Linz und Salzburg (bis An- 
fang 1846), als Advokat in Niederöfter: 
reich (bis 1849), in Salzburg (bis 1880). 
Das Vertrauen feiner Mitbürger berief 
ihn (1848) auch in das deutiche Parla- 
ment, und in ben 1850 und 1860ger 
Jahren in den hauptftäht. Gemeinderat 
und in den Landtag des Herzogtums Salz: 
burg. Während feines Staatsdienftes 
und als Rechtsanwalt hatte er aus An- 
laß der, in den 1830—50ger Jahren 
häufigen Grenz, Wald: und Alp-Streitig- 

‚ und in den nachgefolgten Grund» 
laften-und Servituten-Ablöfungsgeichäften 
Beruf und reichliche Gelegenheit, fich mit 
dem Urkundenweſen und mit Land und 
Leuten feiner zweiten Heimat, des alt: 

eſchich Erzſtiftes S., eingehend be— 
„wodurch er wie von 


felber zur Sprach⸗ und Geſchichtsforſchung 


483 


Prittwig und Gaffron. 


bingezogen wurbe. Im J. 1859 gründete 
er mit mehreren feiner Freunde und 
Forſchungsgenoſſen die Gejellihaft für 
Salzburger Landeskunde und wirkte durch 
zehn Jahre (1874— 84) infolge Wahl aud) 
als deren Vorftand. 

Seine Arbeiten ſprachlichen, geographifchen und 
geihichtlihen (archäol. mythol.:, ethnogr.) Ins 
halts find zum größeren Teile in den Mitteiluns 
gen der genannten Gejellfchaft und in den Mit 
teilungen der Gef. für Anthropologie und Urs 
geſchichte in Wien enthalten. Als felbftändige 
Arbeiten erichienen von demfelben: Die ältefte 
Geſchichte des bair.:öfter. Volksſtammes (1856), 
Die Grundjäge der altdeutihen Schriftipradhe (in 
Fortbildung der Adelung. Spradgrundfäge) 
(1860) und die Keltenfrage (Vortrag auf der 
Wanderverfammlung der Wiener Anthropologen. 
1881), wovon inäbejondere die zweite jehr ans 
erfennende Urteile praktiſcher Schulmänner erfuhr, 


Prittwig und Gaffron, Conrad 
Berhard Karl v., gen. v. Kreckwitz, iſt 
am 1. Auguft 1826 auf dem Landgute 
Guhlau bei Nimptſch geboren, ftudierte 
an den Univerfitäten Breslau und Berlin 
die Rechte und übernahm dann die Güter 
feines Vaters, die ihm nach deſſen Tode 
zufielen. Auf einer diefer Befigungen, 
Schloß Hennersdorf in Schlefien, lebt er 
nod) jeßt, neben der Bewirtichaftung feiner 
Güter und der Ausübung der ihm ob» 
liegenden verſchiedenen Ehrenämter mit 
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten befchäftigt, aus: 
gezeichnet durch ein ungewöhnliches poes 
tiſches Formtalent, das feine Reime zu 
Haffiiher Schöne erhebt. 

Hauptwerfe : Lieder (1865), Neue Lieder (1875), 
Emanuel Geibel (1880), Graf Platen (1881), 
Be * Eichendorff (1881), Lieder und Balladen 

Prittwitz⸗Gaffron, Hedwig von, 
wurde am 16. Dezember 1842 zu Schloß 
Caſimir geboren, wo ſie bis zu ihrem 
12. Jahre den Unterricht von Hauslehrern 
und Gouvernanten genoß. Nach vollen⸗ 
detem 12. Jahre kam fie in das Heben⸗ 
ftreitihe Penfionat nad) Dresden, zwei 
Jahre jpäter in ein anderes Inftitut und 
fehrte, jechszehnjährig, in das Elternhaus 
zurüd. Nachdem fie in Berlin und Dres: 
den noch Privatitunden in Spracden, 


31* 


Prochäzfa. 


Muſik und Gejang genommen hatte, ver: 
lobte fie fih 1859 mit einem: Namens: 
vetter aus dem Haufe Hennersdorf, dem 
Premierleutnant der Kavallerie E. H. von 
Pr.G. Ein Jahr darauf vermählte fie 
ſich mit demfelben und zog mit. ihrem 
Gemahl auf das, ihrem Vater gehörende 
Gut Glaefen, 1861 nad) Giersdorf bei 
Ziegenhals und nachdem dieſes Gut ver: 
fauft worden war, auf das Rittergut 
Teichenau, welches noch im Befig der Fa— 
milie ift. 1882 überfiedelte diefelbe nad) 
Niesky, woſelbſt Hedwig von Pr.-®. ganz 


der Erziehung ihrer Kinder und ihren 


ſchriftſtelleriſchen Arbeiten lebt. 


und Tagesblättern. Hervorzuheben find ihre jehr 
gut aufgenommenen Novellen: Cberhardt von 
Leſtwitz, Waltershof, Romantijche Liebe. 


Procazfa, Nudolph Frh. v. (Xeon 


484 





Elms), geboren zu Prag, den 23. Februar 
1864. Trat als Lyrifer und Feuilletomift 
hervor, betrieb außerdem mufifstheoretijche 
Studien und iſt auf dem Gebiete der 
Muſikkritik und Kompofition thätig. Bis: 
her erichien die Kleine lyriſche Sammlung 
Aiteroiden (1887). P. lebt in Prag, neben 
feinen literariichen Arbeiten bejonders mit 
Förderung der „Esmarch-Stiftung“ (zu 
Gunſten armer Studenten) beſchäftigt. 


Pröhle, Heinrich Chriſtoph Ferdi: 
nand (Heinr. Roth, Chr. Hobohm), wurde 


am 4. Juni 1822 in Satuölle geboren, in | 


Halberjtadt und Merſeburg vorgebildet und. 
1843 von feinem Vater, einem Geiftlichen, 
auf die Univerfität Halle geihidt, um da= 
jelbjt, Später in Berlin, Geſchichte und Phi: 
lologie zu ftudieren. Der Einfluß feines 
Lehrers Jalob Grimm auf den jungen 
willensdurftigen Studenten war jo nad): 





haltig, daß der Leptere jeinen urſprüng— 
lihen Plan, fih dem Xehrerberufe zu 
widınen, auf Jahre hinausichob, um ſich 
indefjen ausſchließlich Sagenforſchungen 
hinzugeben. Erſt nachdem er im Jahre 
1855 in Bonn zum Dr. phil. promo— 
viert worden, wandte er ſich jener Bes 
rufsthätigfeit zu, wirkte als Lehrer in 


— prolß. 
Mülheim und Berlin, ſeit 1878 als 
Oberlehrer an der Luiſenſtädtiſchen Real 
ſchule dafelbft. Literariſch verwertete er 
zunächſt die reichen Ergebniſſe feiner jahre: 
langen emfigen Forſchungen und bereicherte 
diefen Literaturzweig in verdienftlichiter 
Meile. Außerdem lieferte P. eine Reihe 
trefflicher geſchichtlicher und literarhijto: 
riſcher Arbeiten. \ 
Hauptwerfe: Aus dem Kaiferftaat (1849), 
Aus dem Harze (1851), Kinder und Volks— 
märchen (1852), Hausbüchlein fürs Volk (1852), 
Der Pfarrer von Grünrode (1852), Harzſagen 
(2. Aufl. 1886), Rinder: und Volksmärchen (1853), 
Märchen für die Jugend (1854), Jahn's Leben 
(1855), Weltlihe und geiftliche Volkslieder und 


Ihre eriten Schriften erichienen in Journalen Voltsihaufpiele (1855), Yarzbilder (1866), Ger 


zählungen aus dem Harzgebirge (1862), 

Sagen (1863), Deutihe Lieder und Oben ( 
Aufl. 1870), Elſaß und Lothringen (1871), Fries 
drich der Große und die deutiche Literatur (1872), 
Patriotifhe Erinnerungen (1873), Neue Lieder 
aus Wittenberg gegen Rom (2. Aufl. 1875), 
Volfsrätiel (1875), Deutiche Sagen (2. Aufl, 
1879), Der Harz (21. Aufl. 1888), 


Prölf, Johannes, geboren am 4. Zuli 
1853 in Dresden als Sohn von Robert 
P., Mtudierte in Jena Philofophie und 
Geſchichte und bereitete ſich zugleich für 
die Laufbahn des Bibliothefars vor, zu 
welchem Zwed er aud dann in einer 
großen Importbuchhandlung in London 
thätig war. Später ward er in Leipzig 
Nedakteur des „Buchhändler-Börſen— 
blatts‘ und von Meyers Konverfationg: 
lerifon. Daneben beichäftigte er fich viel: 
fad) literariich als Feuilletoniit deutjcher 
Blätter. Angejpornt durch den Ruf und 
das hohe Anjchen feines Vaters Robert B. 
(1.d.) beichloß er, wie jener ausschließlich dem 
Dienſte der Muſen ſich zu widmen. Erfehrte 
deshalb nach Deutſchland zurück und war 
journaliſtiſch in Leipzig, ſpäter in Frank— 
furt am M. thätig. Dort lebt er noch 
jetzt als Redakteur der Frankfurter Zei— 
tung (leit 1880). 

Hauptwerfe: Weinphantafien aus Auerbadh's 
Keller 11876), Am Meer (1878), Ein luſtig 
Spiel vom Gott Humor (1880), Emanzipierte 
Novellen (1880), Freytag:Galerie (1882), Dolce 
far niente (1882), Katajtrophen (1883), Unfere 


Pröff. — 
Zeitung (1883), Trotz alledem (1886), Scheffels 
Leben und Dichten (1887). 

Prölfßt, Robert, zu Dresden am 18. 
Januar 1821 geboren, zeigte bereits 
als Knabe ungewöhnliche Anlagen und 
großen Wiſſensdurſt. Beiden juchte er 
nah Vollendung seiner Schulbildung 
und mährend der Ausübung feines er: 
wählten Lebensberufes als Kaufmann 
erecht zu werden. Mehrere größere 
Neilen ins Ausland erweiterten feinen 
Gefichtskreis und füllten die Lücken feines 
Wiſſens glüdlih aus, jo daß er ſpäter 
den Handelsjtand aufgeben und ein freier 
Scriftiteller werden fonnte, als welcher 
er noch jetzt in Dresden lebt, allgemein 
und mit vollem Recht des Rufes eines 
unjerer bedeutendften Dramaturgen ges 
nießend. 


Hauptwerfe: Das Recht der Liebe (1847), 
Sophonisbe (1862), Michael Kohlhaas (1863), 


Erläuterungen zu Shatejpeare's Dramen (1874 | 
bis 1877), Das meiningeniche Hoftheater und | 


die Bühnenreform (1876), Katechismus der Dra- 
maturgie (1877), Geichichte des Hoitheaters zu 
Dresden (1877), Altengliihes Theater (1880), 
Geihichte des neueren Dramas (1880—83). 


Projchfo, Franz Iſidor, wurde am 
2. April 1816 zu Hohenfurth in Böh— 
men als der Sohn eines angejehenen 
Furiften und Amts-Direktors des Stiftes 


485 


Proſchko. 


miſſär ernannt, zunächſt nach Graz, dann 
nah Wien verſetzt, wo er bald zum kai— 
jerlihen Rat und 1878 zum Bolizeirat 
vorrüdte und fih in feiner amtlichen 
Wirkiamkeit befonders auszeichnete. In 
Anerkennung deſſen wurde ihm nad) Ver: 
'feßung in den Ruheſtand der Titel eines 
k. k. Regierungsrats verliehen. Im Jahre 
‚1883 wurde PB. in der k. f. Familien: 
fiveifommiß: ‚und Brivat-Bibliothef des 
Kaiſers von Ofterreich zugeteilt. — Neben 
der Ausübung eines amtlichen Berufes ent: 
'widelte P. eine ungemein fruchtbare und 
vielfeitige Thätigfeit als Romans, Volks— 
und Augendfchriftiteller. 1849 erichien 
fein erjtes größeres Werk Fels und After 
poetiſchen Inhalts mit religiös-patrioti- 
ſcher Tendenz, welch legtere übrigens in 
allen feinen Arbeiten vorherriht. Seine 
1853 erfolgte Ermwählung zum Sefretär 
des Mufeums Franzisfo-Garolinum ver: 
anlaßte ihn zu geihichtlichen Studien und 
Werfen wie feine treffliche Darftellung des 
erften oberöfterr. Bauernfrieged unter der Ans 
führung Stefan Fadingers. P's eigentliches 
Hauptfeld ift jedoch der hiltoriihe Noman 
und die Jugendſchriftſtellerei. Sein 
‚ungemeines Talent des Aufbaues, fein 
feines pſychologiſches Verſtändnis und 
‚fein reiches Gemüt treten allenthalben 








Hohenfurth geboren, befuchte Die Volksſchu- in feinen Schöpfungen hervor und haben 
lenjeines Heimatsortesunddas®ymnafium dem Autor die allgemeine Hochachtung 
zu Budweis und bezog nad) deffen Ab: | erworben. Auch an Zeichen der Aner⸗ 
folvierung die Prager Univerfität, um kennung feiner großen literariſchen Ver: 


rechts⸗ und ſtaatswiſſenſchaftlichen Studien 


obzuliegen. Er trat aladann in Linz in den 
Staatsdienft, bejtand die Kriminal- und 
Rihteramtsprüfung und unterzog ſich auch 
einem Lehramtskonkurs für eine in Mar— 
burg und fpäter für eine in Eilli erle- 
digte Gymnafialprofeffur. 1842 trat P. 
als Konzeptspraftifant in Linz ein, 
wurde 1847 zum Kommiffär ernannt und 
trat im ereignißreihen Jahr von 1848 
als eines der thätigften Mitglieder der 
fonfervativen Vereine vielfach hervor. 
1857 promovierte P. in Wien als Doktor 
ber Rechte, wurde 1861 zum Oberkom— 


dienfte hat es P. nicht gefehlt: mehrere 
Orden ſchmücken feine Bruft, er iſt Mit— 
glied vieler liter. und and. Vereine und 
aelehrt. Sejellichaften und Ehrendoftor der 
Philofophie 2. 2. Außer den genannten 
Werfen heben wir an jelbit.erih. Schriften 
P.'s noch hervor: 

Leuchtkäferchen (2. Aufl. 1857), Eichenblätter 
(1850), Daqguerreotypen (1851), Splitter vom 
Baume der Geſchichte und Sage(1851), Die Höllen: 
maſchine (3. Aufl. 1865), Streifzüge im Gebiete der 
Geihichte und Sage des Landes Oſterreich ob 
der Ems (1854), Der oberöjterr. Jugendfreund 
(1855), Ein deutiches Schneiderlein (2. Aufl. 
1863), Der Jeſuit (2. Aufl. 1867), Jahrbuch 
für die deutiche Jugend (1858), Die Nadel (1858), 





Proſchko. 


Pugacew (auch unter dem Titel: Der falſche 
Czar 1865), Ein böhmiſcher Student (1861), 
Der leiste der Rofenberge (1861), Der Jugend 
Feierſtunden (1861—62), Der ſchwarze Mann 
(1866), Ein Herenprozeh (1866), Der Meifter: 
ſchuß (1866), Erasmus Tattenbad (1870) und 
ablreihe andere Arbeiten, auch eine Ausgabe 
einer „Auögewählten Erzählungen und Gedichte, 
fowie eine große Reihe von weit verbreiteten und 
in den Schulen warm empfohlenen Jugendichrif: 
ten. Daneben ift ®. ein fehr beliebter Mitars 
beiter faft aller befieren Journale in Ofterreich. 


Proſchko, Hermine Camilla, als 
Tochter des Vorigen am 29. Juli 1851 
zu Linz geboren, genoß eine treffliche Er- 
ziehung, die befonders Nüdficht auf das 
ungewöhnliche poetiiche Talent des jungen 
Mädchens nahm. Unter der Anleitung 
ihres bedeutenden Vaters betrat Hermine 
den literarifhen Plan, auf dem fie nun 
mehr jeit lange fchon feiten Fuß gefaßt 
und einen guten Auf, befonders als Ju: 
gendichriftitellerin, fih erworben hat. 

Hauptwerfe: Heimatllänge aus Dfterreich 
(1876, 2. Aufl. 1879), Habsburgs Kaiferfrauen 
und Herzoginnen (1878, 3. Aufl. 1884), Aus 
Habsburgs Heimgarten (1879), Unter Tannen 
und Palmen (1880), Der Halbmond vor Wien 
(1882), Zu fpät und Ein Mann von Wort 
(1884), Seerofen (1886), Jugendheimat (illuftr. 
Jahrbuch für die Jugend, von 1887 an heraus: 
gegeben). Außerdem veröffentlichte H. P. zahl⸗ 
reiche Arbeiten in Zeitfchriften und Tageblättern 
Sie wurde durch Verleihung mehrerer gold. und 
fild. Medaillen für ihr literariiches Wirken aus: 
gezeichnet. 

PBruner, Joh. Evang., als Sohn eines 
fol. bayr. Beamten geboren ben 25. Fe 
bruar 1827 in Nürnberg, machte feine 
Studien am fol. Gymnafium und am 
biſchöfl. Lyceum in Eichitätt, brachte 1'/e 
Jahre zu feiner weitern Ausbildung in 
Rom zu und wurde 1849 zum Priefter 
geweiht. Nach einjähriger Thätigfeit in 
der Seelforge widmete er fi) dem Lehr: 
amte, und erhielt feine erfte Anftellung 
1850 als Subregens des bij. Knaben- 
feminars in Eichitätt, mit welcher Stelle 
er feit 1852 aud die Profeſſur der Mo— 
raltheologie am bifchöfl. Lyceum dafelbit 
verband. 1854 wurde er von der kgl. 
Univerfität Würzburg zum Doktor der 


486 





Pruſſe. 


Theologie promoviert. Im J. 1856 trat 
er mit dem Werke: Lehre von Recht und Ger 


rechtigleit, moraltheologiihe Abhandlung unter 
fteter Berüdfichtigung der beitehenden Gioifgefee, 


in die Offentlichleit. Im Jahre 1860 
wurde er zum bifchöfl. geiftlihen Rate er⸗ 
nannt, und 1862 zum Negens des bild. 
Seminars der Diözefe Eichitätt und Rektor 
des damit verbundenen bifchöfl. 
befördert, mit welchen Funktionen er zus 
glei die Profeſſuren der Moraltheologie 
und Baftoraltheologie, drei Jahre Hin- 
durh aud die des Kirchenrechtes ver- 
einigte. Im Jahre 1869 ernannte ihn 
fein Biſchof unter ‚Beibehaltung feiner 
bisher befleideten Ämter zum Domkapi- 
tular. 1885 vertaufchte er die Funktionen 
eines Negens und Rektors der biſchöfl. 
geiftl. Bildungsanftalten mit Sahrns 
des Dompfarramtes, Stabtdelanates 
Stadtihulenreferates in Eichitätt, behielt 
aber feine Profeffuren der Theologie bei. 

Er iſt Verfafier des zur Herberichen theologi» 
ſchen Bibliothek gehörigen Lehrbuches der Moral» 
theologie (2. url 1833), das allgemeine Uns 
erfennung, ſowie vielfeitige Einführung an theo» 
logiſchen — —— Auch 

.„ an der zweiten uflage 
—3 — ——— ———— is here bes 
teiligt, fowie an dem von der Görres-Gejellihaft 


herausgegebenen Staatälerifon. ir 


Pruſſe, Ulrich, wurde als Sohn 
fönigl. preuß. Superintendenten Earl ®. 
am 13. Februar 1848 zu Tradenberg in 
Schleſien geboren, bejuchte das Gymna: 
fium zu Dels in Schlefien, trat dann 
preußiiche Heer und machte in Diejem dei 
Feldzug von 1870/71 gegen Franfreid 
als Dffiier mit. Beichäftigte ſich bier 
auf mitdem Studium der neueren Sprachen 
und leitete ein Injtitut zur Vorbereitun 
junger Leute für die Militärprüfungen. 
F * — im Staat 

ienft thätig. eit einigen Jahren 
lediglich literariſchen Studien nebjt 

beiten, vorzüglih dram 
geben. 

Hauptwerte: Ein deutſches Fürften: 

Dramatif 


1883), che : (Manufcrig 
die Vühnen, 1885), SKaiferjubellicbe 


















4 En 
GOTIICDET 


487 


Pruß. 


Rudolf von Haböburg (Schaufp. 1886), Mirjam | fo 
(Trauer/p. 1886), Rolf Gernau (Familiengemälde 
1886), Arminius (Trauerfp. 1886), Kreuz und 
Halbmond (Schaufp. 1887), Stralfund (Bolts: 
fhaufp. 1887), Neinefe in der Kalle (Humor. 
1887). Außerdem redigierte P. die „Freyja“ 
in Berlin. 


Bulvermadher. 


herrlicher die Erinnerung an das un 
vergehlihe Vaterland in mir empor; fo 
wurde ich ein Dichter. 
Abgeſehen von zahlreihen Beiträgen in Zeit 
Schriften und Tageblättern ift aus P.'s litera- 
riſcher Thätigkeit das Gedichtwerk: Klänge aus 


Prutz, Hans, wurde am 20. Mai dem Weſten (1879) hervorzuheben. 
1843 als ein Sohn des berühmten Dich- Pulvermacher, Augufte (Aug. Leo). 
ters Robert Eduard P. in Jena geboren, Ich bin am 14. April 1835 zu Lijja 
widmete fi dajelbjt und in Berlin dem | im Großherzogtum Pofen als Tochter eines 
Studium der Geſchichte. Er habilitierte | wohlhabenden Kaufmannes geboren. Als 
fih 1873 in Berlin, nahdem er zuvor ich zwei Jahre alt war, überfiebelten 
in Danzig und Berlin als Lehrer gewirkt | meine Eltern nach Breslau, wo id) er- 
hatte. Im Jahre 1877 wurde er als Pro zogen wurde. Sehr ehrgeizig und lern: 
fefior der Geſchichte nad) Königsberg be- begierig, hatte ich im 13. Jahre alle 


rufen, wo er noch heute lehrt. 
Bon feinen verdienjtvollen Schriften heben wir 
hervor: Heinrich der Löwe (1865), Kaiſer Frie— 


drich I. (1871—74), Aus Phönizien (dad Ma: 


terial zus diefem Werk ſammelte der Autor auf 
einer, im Auftrage des Minifteriums unternom: 
menen Forſchungsreiſe, 1871—74), Quellenbei⸗ 
träge zur Gefhichte der Kreuzzüge (1876), Die 


Bejigungen des deutichen Ordens im Heiligen 


Lande (1877), Geheimlehre und Geheimftatuten 
der Tempelherren (1879), Kulturgeichichte der 
Kreuzzüge (1883), Staatengefchichte ded Abend: 
landes von Karl dem Großen bis auf Marimi- 
lian (1885). 


Buchner, Rudolph. Ich wurde am 
24. Januar 1829 in Beutelsbadh, Ober: 
amt Schorndorf, Königreih Württemberg, 
geboren und erhielt meine Erziehung in 
der königl. Erziehungsanftalt in Stetten 
im Remsthale; mid) dem Kaufmanns» 
ftande zumendend, ließen unglüdliche Ver: 
hältniffe bald darauf den Entihluß in 
mir reifen, die trog Allem fo ſehr geliebte 
Heimat mit dem fernen Weiten Amerikas 
zu vertauſchen; im Frühjahre 1849 lan- 
dete ih in New: Norfund fon im Sommer 
deſſelben Jahres fiedelte ich mich in dem 
damals eben zum Staate erhobenen Wis: 
confin an; meine neue Heimat war ber 
zwiihen dem Micdigan-See und dem 
Winebego-See weithin ſich erſtreckende 
Urwald; noch war dieſes Territorium 


Jagdgrund der Chippewais und der Mer 


nomonces. inmitten der majeftätiichen 
Szenerie diefer Waldungen tauchte um 


Klaſſen der Schule durchgemacht und be— 
ihäftigte mich dann viel mit Literatur 
und Muſik. Eine bejonders leidenjchaft: 
liche Liebe hatte ich für das Theater, und 
‚nur das ſtrengſte Verbot meines Vaters, 
der noch den damals herrichenden Vor: 
‚urteilen huldigte, fonnte mic) davon ab» 
‚halten, mich ganz der Bühne zu widmen. 
Als ih neunzehn Jahre alt war, er: 
franfte ih an den Blattern und verließ 
das Kranfenbett jo vollkommen entitellt, 
daß ich es dem, den ich damals, jeit 





‚drei Jahren, als meinen Bräutigam be: 
trachtete, noch heute nicht übel nehmen 
kann, daß er mid) verließ, zumal zu glei— 


her Zeit mein Vater durch verjchiedene Un- 
glüdsfälle fein Vermögen verloren hatte. 
Schon in diefen Jahren ſchrieb ich Bände voll 
Gedichte, melde, vielleicht glücklicherweiſe, nicht 
gefammelt wurden, und auch einige Novellen, 
doch hatte ich niemals den Mut, mid damit an 
die Offentlichkeit zu wagen. Ach fchrieb eben, 
weil ich nicht anders konnte. Dann jedoch 
fam die rauhe Wirklichkeit, Die mich zwang, 
einen Beruf zum Broterwerb zu ergreifen. 
Ich wurde Klavierlehrerin.. Im Jahre 
1868 überfiedelte ich nad Wien, und in 
den fiebenziger Jahren fing ich, beſon— 
ders auf das Zureden einer meiner Lieb— 
lingsfhülerinnen, wieder an zu fchreiben. 
Das Prager Tagblatt war das erite Blatt, das 
Heine Erzählungen und fpäter auch größere Ro» 





mane von mir veröffentlichte. Jetzt bin ich Mits 


| arbeiter verfchiedener in» und ausländifcher Blät- 
‚ter und Journale. Doch meine alte Vorliebe fürs 


Nutlig. — 
Theater ließ mich nicht ruhen, und da ich nicht 
Theater ſpielen konnte, begann ich, Theater zu 
ſchreiben. Bis jett find nur einige einaftige 
Schwäne, doch mit beftem Erfolge von mir auf: 
geführt worden. 


Putlis, Guſtav Gans Edler Herr zu, 
geboren zu Nepien am 20. März 1821, 
abfolvierte das Gymnafium in Magde- 
burg und bezog 1840 die Univerfität zu 
Berlin, woer, jpäterin Heidelberg, Rechts: 
wiſſenſchaft ftudierte. Nur kurze Zeit war 
er als Juriſt im Staatsdienfte thätig, 
dann zog er fi auf fein ererbtes Gut 
zurüd, um feiner poetiichen Neigung fich 
bingeben zu fönnen. Im Jahre 1863 
folgte er dem Rufe des Großherzogs von 
Medlenburg, indem er die ntendanz 


des Hoftheaters in Schwerin übernahm, | 


die er bis zum Jahre 1867 inne hatte, 
Danad) fungierteer mehrere Jahre als Hof: 
marjchall des Kronprinzen von Preußen, 
feit 1873 als Generalintendant des Hof: 
theaters in Karlsruhe. Literarifch errang 
P. glei mit feinem erjten Werk einen 
außerordentlichen Erfolg: Was ſich der Wald 
erzählt erichien 1850 in eriter, 1580 in 
45. Auflage und zählt zu den zartejten 
und gefühlsinnigiten Schöpfungen unferer 
Poefie. Außerdem hervorzuheben: Luſt— 
fpiele (185055), Ungebundenes (1856), Das 
Teftament des Großen Hurfürften (1860), Don 
Juan d’Uuftria (1861), Wilhelm von Dranien 
(1862), Brandenburgische Geſchichten (1862), Übers 
Meer (1864), Novellen 1864), DieHalben (1868), 
Zuftipiele (N. Folge 1869 — 72), Die Alpenbraut 
(1870), Funken unter der Aſche (1871), Die 
Nachtigall (1872), Ausgewählte Werke (1872 bis 
1873), Theater-Erinnerungen (1874), Croquet 
(1878), Rolf Berndt (1881), Die Jdealiften 
(1881). 

Pyl, Karl Theodor, aus einer alten 
jeit dem 15. Jahrhundert in Straljund 
und Greifswald angejeflenen Gelehrten: 


488 





Pol. 


ichon früh den Sinn des Sohnes für dieſe 
Lebensrichtung erwedte. Auf dem Gym- 
nafium und der Univerfität feiner Vaters 
ftadt, auf jenem (1833 —46) namentlid 
durch Paldamus und den Beichenlehrer 
Gladrow, ſowie auf der Hochſchule durch 
Otto Jahn und Schömann angeregt, ſetzte 
er ſeine Studien (1847) in Göttingen 
und (1849) in Berlin fort und fühlte 
ſich namentlich in Göttingen durch Karl 
Friedrich Hermann, Lotze und Redepen⸗ 
ning, in Berlin durch Boeckh, Lachmann, 
Ranke und Trendelenburg gefördert. Von 
dem Archäologen Gerhard in der alten 
Kunft mit zahlreihen Hilfsmitteln aus: 
geitattet, arbeitete er hier mehrere Ab- 
handlungen über Medea und den Argo: 
nautenzug, ſowie über den Ampflätichen 
Thron desApollo, auf welche geitügt er 


'(1850) in Berlin promoviert und (1853) 


in Greifswald habilitiert wurde. Hier hielt 
er Vorlefungen über alte und neue Kunſt— 
geihichte und Mythologie, ſowie über dra— 
matifche Literatur und veröffentlichte auf 
dieſem Gebiete die verdienftlichen Schriften: 
Über die ſymboliſche Darftellung der Griechen 
(1855), Mythologiihe Beiträge (1855), Kunſt⸗ 
werfe alter und neuer Zeit (1857), Schillers Be 
deutung für unfere Zeit (1859), Die griechiſchen 
NRundbauten im Zuſammenhang mit dem Götter: 
und Heroen-Kultus (1861), und vermehrte unter 


Waagens Leitung die ihm vererbten Sammluns 








gen durch Gypsabgüſſe und Gemölde. Zugleich 
widmete er fich eigenen poetiſchen Arbeiten, von 
denen Heinrih Rubenom oder die Stiftung der 
Hochſchule zu Greifswald (1864) und Albrecht 
Dürer (1865) der dramatiihen Dichtung, Mars 
gareta von Ravenna (1865), Königin Margareta 
1872), Die Infelfönigin, Die Kloftermüble, 
Vom Hildageitade (1875), Raphaels Brautfahrt 
(1876), Die aeheimnisvolle Begeanung (1877), 
Henning von Gützkow und Jaromar und Marge: 
rete (1879) dem Roman und der Novelle ange 
bören und anerfennend beurteilt wurden. Aud) 
überfette er: Wizlaws Lieder und Sprüche (1872) 


familie, geb. am 10. November 1826, und einige Dichtungen von Alfred de Muſſet. 
war der Eohn des Juſtizrathes Gottfried Seit dem Tode Kojegartens (1860) leitete 
P.,Brofurators beim Hofgericht in Greifs- er, als deſſen Nachfolger, die Rügiſch— 
wald, welcher durch jeine umfangreichen | Bommerfche Abteilung der Gefellichaft für 


Sammlungen von Gemälden und Kupfer: 
ftihen, fowie durch lebhaften Sinn für 
Literatur, Muſik und dramatiihe Kunſt 





Pommerſche Geihichte und die Samıns 
lung vaterländijcher Altertümer, im ges 
meinfamen Befig der Univerfität und des 


Duandt. 


Vereins, und wurde (1879) zum Pro: 
feſſor ernannt. Seit 1860 hielt er dem- 
zufolge auch Borlefungen über pommer- 
ſche Geſchichte und Kunft und veröffent: 
lihte auf diefem Gebiet: Pommerſche Ge: 
ſchichtsdenkmäler, Bd. 2—5, und Pomm. Genen: 
logien, als Fortſetzung von Gefterdings Bd. 1 
(1867 — 78), Die Greifswalder Sammlungen 
(1868). Auch ordnete er die aus den 
Sammlungen der Franzisfaner und Do: 
minifaner gebildete Bibliothef der Gr. 
Nifolaifirche, ſowie die von der Univer: 
fität erworbene aus den Büchern der 
Klöfter Eldena und Nafenig zuſammen— 
geitellte Wolgafter Kirchenbibliothef. Diefe 
Arbeiten, ſowie die Beſchreibung und Zeichnung 
der Eldenaer und Greifswalder Grabiteine ver: 
wertete er in feinen letztveröffentlichten Schriften: 
Geſchichte des Ciſt.Kloſters Eldena (1880—82) 
und Gefchichte der Greifswalder Kirchen und 
öfter (188587), 1527 S. mit zahlreichen 
Mbbildungen, u. a. mit einer Refonftruftion des 
Klofters Eldena und der Türme der Greifswalder 
Kirchen. 


oO. 


Quaundt, Emil, geboren zu Kammin 
in Bommern am 10. Februar 1835, gab 
fih dem Studium der Theologie und Phi— 
lologie an den Hochſchulen zu Halle und 
Berlin Hin. Nach abgelegten Eramina 
wurde ihm die Stellung eines Schulreftors 
in Pyritz übertragen, in welchem Amte 
er zwei Jahre wirkte, um dann einem 
Rufe als Prediger nad) Kollin in Pom— 
mern zu folgen. In den Jahren 1865 
bis 1867 war er als Seeliorger am evan- 
gel. Vereinshaufe zu Berlin thätig, wirkte 
darauf längere Jahre in fegensvoller Thä- 
tigfeit an der deutichen Gemeinde in Haag. 
Im Jahre 1874 wählte ihn die St. Elifa- 
bethgemeinde zu Berlin zu ihrem Seelen- 
birten. 1883 erhielt Q. den Titel Su: 
perintendent. 1888 wurde er zum erjten 
Direftor des evangel. Predigerfeminars 
in Wittenburg ernannt. Neben feinem 
geiftlichen Amte widmete fi Q., der be: 
fonders ein hervorragendes Iyrifches Talent 
fein eigen nennt, der Echriftitellerei. 


489 


Quard. 


Hauptmwerfe: Zionsblumen in zehn Kränzen 
(1860, 4. Aufl. 1881), Grüße und Münfe 
(1864, 3. Aufl. 1882), Der Friede (1867), Die 
Schlagworte unferer Zeit (1867), Weihraud und 
Muyrrhen (1867, 2. Aufl. 1881), Bon der grünen 
Aue (1871), M. Grotius (1871), Deutfche Ferien 
(1879, 2. Aufl. 1883), Erinnerungen an Vers 
borgene (2. Aufl. 1883). 

Quarck, Dar, geb. zu Rudolſtadt in 
Thüringen am 9. April 1860 als Sohn 
eines höheren Juſtizbeamten, bejuchte bis 
1880 das Gymnafium feiner Vaterjtadt, 
ftudierte von 1880—83 die Rechte in 
Leipzig, widmete fi) infolge dort empfan— 

| gener Anregungen dem Studium der Volks⸗ 

wirtſchaft. beſonders dem von Rodbertus, 
und beſchäftigte ſich von da ab ſchriftſtelle— 
riſch mit der Populariſierung ſozial-⸗poli— 
tiſcher Fragen. Dieſe Neigung veranlaßte 
auch im Jahre 1886 ſein Scheiden aus 
dem Juſtizdienſte ſeiner engeren Heimat 
und feinen Übergang zur Preſſe. Q. it 
gegenwärtig wirtichaftliher und jozials 
politiiher Redakteur der „Franff. Ztg.“ 
und fachlicher Mitarbeiter zahlreicher Zeit- 

‚schriften in DOfterreih und Deutichland, 

ſowie Verfaſſer folgender Werke: 

Kommerzienrat A. Fleiſchmann als National: 

ökonom und die Thüringer Hausinduftrie (1884), 

Zwei verſchollene jtaatswirtichaftliche Abhandluns 

gen von Rodbertus (1885), Die Arbeiterſchutz⸗ 

geſetzgebung im Deutſchen Reiche (1886). 

Queduow, Mathilde, wurde am 21. 

November 1820 in Berlin geboren. Ihre 

Eltern waren der 1857 als General der 

Infanterie verftorbene, damalige Major 

im Kadettenkorps von Hüfer und die jüngite 

Tochter des eriten evangeliihen Biſchofs 

Frieder. Samuel Sad. Mit großer Sorg⸗ 

falt erzogen und gebildet, verbrachte fie 

ihre Kindheit und Jugend wechſelnd in 
denjenigen Städten, in welche die militä- 
riihe Laufbahn ihres Waters denfelben 
führte, vorzugsweife in der Rheinprovinz, 
jpäter in Berlin, wo fie fi 1854 mit 
dem Major, nachmaligen Oberſten, Albert 

Quednow vermählte. Früh ſchon mad): 

ten fih Spuren dichteriiher Begabung 

und der Trieb zu fchriftitellerifcher Bes 
ihäftigung bei ihr geltend, während In—⸗ 








Quenger. 


terefien und Pflichten abweichender Art 
denjelben nur zu fpärlicher Entfaltung ge- 
langen ließen. Einzelne Gedichte erſchie— 
nen zerjtreut in Zeitfchriften und Mufen- 
almanadıen, fodann 1852 die poetifche 
Erzählung Eine Sommerreife und 1854 
ber hiſtoriſche Roman fra Veit, ſämtlich 
anonym. Nach ihrer Berheiratung, die 
fie wiederum in verichiedene Städte der 
Provinzen und endlich 1866, als ihr 
Gatte ſich vom Dienjt zurüdgezogen, nad) 
Bonn führte, veröffentlichte fie zwei Mär: 


hen unter dem Titel Regenbogenbrüde und |  M 
ı Gedichte (1887). 


fpäterhin unter Nennung ihres Namens 
in Zeitichriften und Feuilletons eine An- 
zahl Novellen, von denen mehrere 1865 
in einem Bändchen, betitelt: Am Ufer, ge: 
fammelt erjchienen, ziemlich gleichzeitig 
das Märchen Weipnachtsgeifter. 1870 ließ 
fie den größeren Roman Dormnrofe erichei: 
nen, der in der Erregung der Zeit nur 
geringe Beachtung finden fonnte, 1872 
den Roman Kämpfe und Siege. Als 1873 
ber Tod ihre äußerſt glüdliche, wiewohl 
nad) dem frühen Verluſt einer kleinen 
Tochter finderlos gebliebene Ehe gelöjt 
hatte und ein zunehmendes Gehörleiden 


fie mit doppelter Bereinfamung bedrohte, | 


begann fie der fchriftjtelleriichen Thätig- 
feit einen bedeutenderen Teil ihrer Zeit 
zu widmen. 1877 gab fie nad) den hinter: 
lajienen Papieren ihres Vaters die Dent: 


mwürdigfeiten aus dem Leben des Generals ber 


Infanterie von Hüfer heraus, denen Profeflor 
Wilh. Maurenbreder ein empfehlendes Vorwort 
voranſchickte, und die in den betreffenden Kreiſen 
vielfahhe Anerkennung fanden. Sodann, von 
einem längeren Aufenthalt in Jtalien in 
den Jahren 1878 und 1879 nad) Bonn 
zurüdgefehrt, fchrieb fie Die Romane: Do, 
rina (1882), Filippo Strozzi (1884) und Harte 
Seiten (1887), von denen namentlich die beiden 
letzteren bei der Kritik eine fehr günftige Auf: 
nahme gefunden haben. 


Quenzer, Philipp, wurde am 25. 
Dezember 1846 zu Lobſtadt in Baden ges 


boren. Schon in feinem zehnten Lebens» 
jahre verließ er das Elternhaus, um das 


490 





Quitzow. 


ſuchen. 1865 bezog er die Univerſität 
Heidelberg, wo er ſich dem Studium der 
Theologie und Philoſophie widmete. Nach 
wohlbeſtandenem theol. Examen hielt er 
ſich einige Zeit in Leipzig und Berlin auf, 
war ſodann in Badenweiler, Heidelberg 
und Durlach praktiſch thätig und folgte 
1873 einem Rufe nach Mancheſter, wo er 
noch jetzt als Pfarrer der deutſchen prot. 
Gemeinde wirft. Q., der ein ſchönes poe— 
tiiches Talent befigt, iſt Verfaſſer der ſehr 
günftig beurteilten Werke: 

Meilenfteine (1882), Silber und Myrte (1884), 


Quitzow, Wilhelm Adolf, wurde in 
Wismar am 30, April 1812 geboren, 
widmete fi dem Lehrerberufe, zulegt in 
Güſtrow wirfend, bis zum Jahre 1873, 
da er in den Ruheſtand trat. Außer 
mehreren Schulbüchern, worunter befon- 
ders feine trefflichen, in vielen Schulen 
eingeführten Rechenbücher hervorzuheben 
find, verfaßte Q. ein nicht unbedeutendes 
plattdeutiches Werk Medelnbörger Geſchichten 
(1876— 78), in welchem ein prächtiger Hus 
mor mit tiefem Gemüt fi) paart. 


R. 


Naabe, Wilhelm (Jacob Corvinus), 
iſt in Eſchershauſen (Braunſchweig) am 
8. September 1831 geboren, widmete ſich 
urſprünglich dem Buchhandel, den er in 
Magdeburg erlernte. Wenn ihn auch die 
Bücher anzogen, ſo doch nicht der Han— 
del mit denſelben, und ſo gab er denn 
nach Beendigung ſeiner Lehrzeit, kurz ent⸗ 
ſchloſſen, dieſen Beruf auf und zog nach 
Berlin, wo er die Univerſität als „Phi— 
loſoph“ beſuchte, gleichzeitig ſeine erſten 
ſchriftſtelleriſchen Verſuche unternehmend. 
Damals ſchrieb er auch ſeine berühmt ges 
wordene Chronik der Sperlingägaffe, ein ech⸗ 
tes Dichterwerf voll Humor und Gemüt 
und eine der beften feiner Schöpfungen, 
wohl nur übertroffen durch feinen Hunger: 


Gymnafium in Wertheim am Main zu bes | paftor (Rom. 1868), welches Werk wir den 


Rachel. 


vornehmſten Erzeugniſſen deutſchen Hu— 
mors beizählen möchten. Außer den ge⸗ 
nannten heben wir von den Schriften des, 
ſeit 1870 in Braunſchweig wohnhaften 
Autors hervor: 

Die Kinder von Finkenrode (1859), Der hei— 
lige Born (1861), Unſeres Herrgotts Kanzlei 
(1862), Die Leute aus dem Walde (1863), Abu 
Telfan (1867), Der Schüdderung (1870), Deut— 
ſcher Mondſchein (1873), Chriſtoph Pechlin (1873), 
Horacker (1876), Krähenfeldergeſchichten (1879), 
Deutſcher Adel (1880), Alte Neſter (1880), 
Fabian und Sebaſtian (1882), Prinzeſſin Fiſch 


(1884), Unruhige Gäſte (1885). 
Rachel, Georg Wilhelm, wurde am 


2. Auguſt 1845 in Dresden geboren, bes 


juchte das Krauſe'ſche Inſtitut, darauf das 
Polytechnikum dafelbit und wanderte 1867 
nad Amerifa aus. In New-York und 
Newark war er als Lehrer der Natur: 
wiſſenſchaften an den beiten deutfch:ameri- 
kaniſchen Erziehungsanftalten thätig und 
wurde 1874 am College of Physicians 
and Purgrons in New-York zum Doktor 
ber Medizin promoviert. Seither wirft 
er als praftiicher Arzt daſelbſt. R. iſt 
Verfaſſer zahlreiher populärer und wiſſenſchaftl. 


Aufſätze und medizinischer Arbeiten in den vers | 
ſchiedenſten amerikaniſchen und deutichen Four: | 


nalen und Fachzeitichriften. 1885 gründete er 
das noch jet von ihm redigierte einzige deutiche 
mediziniihe Journal in Amerifa, die „New: 
Morfer mediziniihe Preſſe“. Daſſelbe ericheint 
monatlich und bringt, aufer Beiträgen und Refe— 
raten von tüchtigen deutihen und amerikanischen 
Medizinern, die Siungsberichte ſämmtlicher deut: 


cher medizinischer Gejellihaften in den vereinig: | 


Staaten. 
Rachwitz, v., ſ. Frz. Bonn. 


Radde, Guſtav Ferdinand Richard, 
geboren am 27. Nov. 1831 in Danzig, 
wo er das Realgymnaſium abſolvierte und 
in der Rathsapotheke die Pharmazie er— 
lernte. Unter der Anleitung des Prof. 
Anton Menge benutzte R. jeden freien 
Augenblick, um ſich zoologiſche und bo— 
taniſche Kenntniſſe anzueignen. Mit einem 
Reiſeſtipendium von der Naturforſchenden 
Geſellſchaft ſeiner Vaterſtadt verſehen, be— 
gab er ſich 1852 in die Krim und fand bei dem 


ten 


491 


Radde. 


damals ſchon hochbejahrten, bekannten Bo⸗ 
taniker Chriſtian Steven die freundlichſte 
Aufnahme. Im Verlaufe von 3 Jahren 
durchwanderte er die tauriſche Halbinſel 
nach allen Richtungen, hielt ſich längere 
Zeit am faulen Meere auf und gründete 
auf einem Gute ein kleines Lokal-Muſeum, 
welches ſpäter nach Moskau übergeführt 
wurde. Für die botaniſchen Monogra— 


‚phien Stevens lieferte R. die fein aus: 


geführten Feberzeihnungen. 1852 er: 


(1883), Billa Shönow (1883), Nfijters Mühe öffneten fi ihm Ausſichten zu einer Er: 


‚pedition nach Kamtſchatka und er begab 





fih mit feinen Sammlungen nah St. 
Petersburg. Won ber faif. ruſſ. geogr. 
Gefellihaft wurde er als Naturforjcher 
der oſtſibiriſchen Erpedition beigegeben und 
erreichte Irkutsk. R. verblieb 5 Jahre 
in Oftfibirien. 1855 vollführte er eine 
Nundreife im Boote auf dem Baikaljee 
und begab ſich an die Selenga zum Gänfe: 
fee. 1856 finden wir ihn an der mongoli- 
Ihen Örenzein Daurien. Nach kurzer Naft 
in Irkutsk trat er 1857 eine größere Erpe: 
dition an. In Begleitung zweier Koſaken und 
eines Tungejen begab er ſich für 2Jahre in 
die faſt menfchenleeren Wälder am mitt: 
leren Amur in das Kleine Chingan-Ge— 
birge (Bureja-Gebirge) baute ſich dort 
im oberen Drittheil auf linfer Stromfeite 
ein Blodhaus und führte ein äußerft er: 
giebiges Sägerleben. Auf Wunfh des 


‚Grafen Muramjewsamursfi gründete R. 


1858 eine Koſaken-Kolonie, welche nad 
ihn benannt wurde und fi raſch ent- 
widelte, gegenwärtig mehr ala 100 Höfe 
zählt und eine Telegrapbenjtation birgt. 
Seine legte fibirifche Reife führte R. im 
öftlihen Sajan aus, und fehrte 1860 mit 
großen Sammlungen nad) St. Petersburg 
zurüd. Hier wurde er als Konfervator bei 
der kaiſ. Afademie der Willenichaften ans 
geitellt und ging fofort an die Bearbeitung 
feiner Materialien. Nach dem Erſcheinen der 
beiden eriten Bände jeines verdienjtvollen Reiſe— 
werfes über Sibirien wurde R. Ehrenmagiiter 
der Univerfität Dorpat und Dr. phil. in Breslau ; 
auch wurde das Werf dur die Demidom: Prämie 
feitens der f. Akademie der Wiſſenſchaften gekrönt. 


Radde. 


1863 begab er ſich in den Kaukaſus, um für 
kurze Zeit im dortigen phyſikaliſchen Obſerva— 
torium thätig zu ſein, welche Stellung er indeſſen 
ſehr bald aufgab, um die ihm durch den Groß— 
fürſten Michail, Statthalter im Kaufafus, befoh— 
Ienen biologiich:geographiichen Unterfuchungen der | 
f. Länder zu beginnen. Schon 1864 jehen wir 
ihn in den drei Yängenhocthälern von Coldis 
bei den wilden Suanen. Es währte nicht lange 
und er war im Stande, feine Yieblingsidee: die 
Begründung eines faufafiihen Mufeums — in 
Ausführung zu bringen. Aus kleinen Anfängen und 
nur ipärlich dotiert, entwidelte ji) das f. Muſeum 
rafch und eigenartig zu einem jest großen Inſti— 
tute. Schon 1869 wurden ihm größere Räume 
angewielen. Als in Tiflis der 6. ruſſ. Kongreß 
der Archäologen tagte (1881), ftand das k. Muſeum 
in einer jesigen ®eftaltung nad) außen und 
innen bin fertig da und legte jein Schöpfer all- 
jeitig damit große Ehre ein. Schon früher 
waren das Mufeum und die öffentliche Bibliothef 
in Tiflis vereinigt worden und R. zum Direftor 
bei dem nititute ernannt. Seitdem R. im N. 
lebt, hat er alljährlich Heilen im Yande gemacht, 
die ſich auch über Nordperfien eritredten. Als 
Chef der transfaipiihen Erpedition jeben wir 
ihn zulegt 1886 in Nord:Choraflan; am Murgab, 
in Merw, an der neuen Afganengrenze ꝛe. In den 
Jahren, in welchen er feine Erpeditionen machte, 
wurde er entweder jeitens der Negierung nad 
Europa zu Kongreſſen, Ausitellungen ꝛc. ent: | 
jendet, oder er ja am Schreibtiiche und förderte | 
feine Mannifripte. So präfidirte er 1884 in 
Wien den erften internationalen Kongre der 
Ornithologen und hielt 1173 — 74 in den gröheren 
Städten Teutichlands Vorträge über den K., 
welche durch eine große Zahl ſchöner Bilder er: 
läutert wurden. R. ift auch der Begründer der 
faufaftihen Nubmeshalle, welche als monumen: 
taler Bau jest (1877) in Tiflis errichtet wird. 
Die literariſche Ihätigkeit begann R. ſchon 1854 
unter dem Titel „Verfuch einer Pflanzenphyſio— 
anomie Tauriens“. Auer einer großen Anzahl 
von Xrtifeln, Berichten über feine Reifen ſchrieb 
er folgende vorzüglich anerkannte Werfe: Berichte 
über Heilen im Süden von Oftfibirien (mit Atlas), 
Reiſen im Süden von Oftjibirien, Berichte über 
die biologiſch-geographiſchen Unterfuchungen in 
den Kaufajusländern. Worträge über den Kau— 
tajus, Die Cherujuren und ihr Land, Das ma: 
leriſche Rußland —Kaukaſus, eine Neihevon Skizzen | 
über Yand und Leute (in ruſſ. Sprade), Ornis 
eaucasica (deutihb und ruff.), Neifen an der 
perjiich-rufftichen Grenze, Die Rauna und Flora 
des ſüdweſtlichen Kaſpi-Gebietes, Aus den Hoc: 
alpen des Dageitan, Vorläufiger Bericht über Die | 
Zransfajpi-Erpedition. N, iſt k. rufl. wirft. 


Staatsrat, forreipondierendes Mitglied 
der kaiſ. Akademie der Wiſſenſchaften in 








492 


Rabe. 


St. Petersburg und vieler geographifchen, 


zoologifchen und botanischen Gefellichaften 
Ehren», wirkliches oder forrefpondierendes 


Mitglied. 


Rade, Paul Martin. Jh wurde am 
4. April 1857 zu Nennersdorf bei Herrn⸗ 
hut geboren und verlebte, da mein Vater 
zwei Jahre darauf das Pfarramt dafelbft 
mit dem im benadbarten Berthelsdorf 
vertaujchte, meine Kindheit in Berthels- 
dorf. Von 1869 — 75 bejucdhte ich das 
Gymnafium zu Zittau, von 1875—78 
die Univerfität Leipzig. Als Hauslehrer 
blieb ich noch in Leipzig bis 1881 und 
erwarb mir im April deſſ. Jahres bei 


der dortigen theologiihen Fakultät den 


Grad eines Lizentiaten der Theologie. 
Hierauf genügte id von 1881 auf 1882 
in Berlin beim 3. G.R. z. $. meiner 
Militärpflicht und wurde, nach einer vier: 
monatlichen Reife nah Rom, Sizilien und 
Tunis noch im Herbit 1882 Pfarrer zu 


Schönbach bei Löbau i. S. Das bin id 


noch jeßt. — 1882 veröffentlichte ich meine 
Sizentiatenfchrift: Damafus, Bilhof von Rom, 
1883 einen Konferenzvortrag: Bedarf Luther 
wider Janſſen der Verteidigung? ch dachte an 


nichts anderes als an gelehrte Arbeiten: da for— 


derte mich unter dem Eindrud der begeifterten 
Zutherfeier einer unfrer betriebfamiten Kolpor: 
tageverleger auf, ihm eine Geſchichte Luthers zu 
fchreiben, 140 Bogen ftarf. Ach, nicht ahnend, 
was es bedeute, 140 Bogen zu fchreiben, fagte 
zu, und jo entitanden, zunächſt in 100 Heften 
unters ®olf vertrieben, dann auch in befierer 
Ausgabe erichienen, die drei Bände: Doftor 
Martin Quthers Leben, Thaten und Meinungen, 


dem deutichen Wolfe erzählt von Paul Martin 


(1883—87). Ein zum Beſten des auf der Ebern 
burg zu errichtenden Denfmals daraus entnoms 


mener überarbeiteter Auszug nur ift die Schrift: 


Ulrich von Hutten und Franz von Siffingen in 
ihrem Anteil an der Reformation (1887). In— 
zwilchen waren erichienen: Drei Reden über. die 
Trunffucht (1884) und zur Zeit (1887) find im 
Erſcheinen begriffen: Über weltliche und hrift 
liche Kolportage und: Seit warın giebt «8 eine 
lutheriſche Kirhe? Außerdem finden ſich 

dene Aufjäge von mir in dem feit 1887 in Zei) 
erfcheinenden „Evangelifh-Iutherifchen Ger 
blatt für die gebildeten Glieder der eve 
Kirchen“, deſſen Herausgeber ich bin 
1888 den Titel führt „Die hriftliche Welt.“ 







* 


Radi. 


Radi, ſ. Ed. Richter. 


Radies, Peter von, wurde am 26. 
September 1836 in Adelsberg geboren. 
Außer der Herausgabe einiger trefflicher 
geſchichtlicher und literarhiftoriicher Ar: 
beiten war es. beionders das fulturhifto: 
rifche Gebiet, das v. N. zur Pflege fich 
erkor; lebt in Laibach als Mitarbeiter 
zahlreiher Journale 
Deutichlands. 


Hauptwerfe: Adelsberg und feine Grotten 
(1861), Herbard Otto Freiherr von Auerjperg, 


ein frainiiher Held und Staatsmann (1862), 


Die Frauen in der Sage und Geſchichte (1862), 


Der verirrte Soldat (Dram. 1864), Der heilige 


Euftahius (Dram. 1867), Anaftafius Grün und 
feine Heimat (1876), Verſchollenes und Vergilbtes 
aus dem 2eben und Wirken Anaftafius Grüns 
(1879), Das befreite Bosnien (1879), Abbazia 


(1885), Landwirtichaftlihe Kulturbilder zumeijt | 


aus Oſterreich (1887). 


Nadied-Kaltenbrunner, Hedwig 
von, geboren am 11. Dezember 1845 zu 


Wien, genoß eine vorzüglide häusliche 
Erziehung, welche auch bejonders Rückſicht 
auf die mandherlei, dem jungen Mädchen | 


eigenen Talente nahm. Nach ihrer Ver: 


mählung (1869) mit dem Schriftiteller | 


Peter von Radies (ſ. d.) trat fie den lite 
rariihen Kreiſen vielfah nahe und em- 
pfing die Anregung, ſelbſt zur Feder zu 
greifen. Sie it Mitarbeiterin vieler bei- 
ferer Zeitichriften und bejonders auf dem 


Felde der Kritik thätig. Beſonders ver: | 
dient machte fie fich durch die Herausgabe 
der Werke ihres Vaters R. N. Kalten: | 


brunners, für welche Publifationen fie 
vom Herzoge Dar in Bayern die große 
filberne Dtedaille für Kunjt und Wiſſen— 
ſchaft erhielt. 
* Rail, Ey, ſ. Ed. Schranka. 


Ramann, Lina, am 24. Juni 1833 
zu Mainſtockheim geboren, genoß den 
Unterricht der ländlichen Schule daheim, 
bildete fi aber hauptſächlich durch Selbit- 
ſtudium und machte auch ihre eriten mufi- 
kaliſchen Verſuche in der Stille. Sieb- 
zehnjährig fiedelte fie mit ihren Eltern 
nad Leipzig über und fah hier ihren 


NRorowshi,O., ser 172. 


493 


Dfterreihs und! 


Hamann. 


höchſten Wunſch nach gediegenem Muſik— 
unterricht erfüllt. Für ihre ganze Lebens⸗ 
‚bahn war es entſcheidend, daß fie den- 
'felben bei Lyſinka Bandel, der Gattin 
des Mufiffchriftitellers erhielt. Mit eifer: 
‚nem Fleiß lernte fie und holte nad, was 
‚früher verfäumt worden war. Aber fchon 
1853 fand fie fih durch Familienverhält- 
niſſe genötigt, ſelbſt Muſikunterricht zu 
geben; ſie ging nach Gera, wo ſie als 
Pianiſtin in Konzerten, wie als Lehrerin 
gute Erfolge erzielte. Von der Sehnſucht 
nach neuen, weiteren Lebenskreiſen ge— 
trieben, begleitete ſie eine Freundin nach 
Amerika, gab in Philadelphia Muſik— 
unterricht und ſpielte in Konzerten. Auf 
den Wunſch ihrer Eltern kehrte ſie nach 
Deutſchland zurück und gründete 1858 in 
Glückſtadt, wo dieſelben ſich niederge— 
laſſen hatten, eine Muſikſchule für Damen, 
deren Hauptaufgabe es ſein ſollte, wirklich 
tüchtige Muſiklehrerinnen zu bilden. Lina 
R. betrachtet die Muſik als ein ganz all— 
gemeines Erziehungs⸗ und Bildungsmittel, 
das mit Pädagogik verbunden werden 
muß. Sie hielt über dieſen Gegenſtand 
Vorträge, denen ſie auch ſolche über 
Aſthetik und Geſchichte der Muſik an— 
reihte. Sie hat dieſelben ſpäter zu ihrer Schrift 
„Aus der Gegenwart“ benutzt. Es erſchienen 
‚ferner von ihr: „Die Muſik als Gegenſtand des 
| Unterrichts und der Erziehung” und „Allgemeine 
mufifalifche Erziehungs: und Unterrichtsichre der 
Jugend“. Um ihre Ideen in das Neben 
einzuführen, eröffnete fie in Glückſtadt 
eine allgemeine Zehranitalt für Mädchen, 
nachdem fie längere Zeit dem eifrigiten 
Eelbjtudium in allen Disziplinen fid) ge: 
widmet und mit glänzendem Erfolge ein 
Colloquium bejtanden hatte, das ihr Die 
Genehmigung zur Errichtung einer Lehr— 
anjtalt verfhaffte. Der Krieg zwiſchen 
Dänemark und Deutichland zwang fie, ihre 
Anstalt zu ſchließen, nachdem fie fih im 
beiten Aufblühen befunden hatte. U NR. 
verließ Glückſtadt und eröffnete, nad) 
furzem Zmwifchenaufenthalt in Leipzig, mit 
einer gleichgefinnten Kollegin, Ida Volk— 
|mann aus Tilfit, eine Muſikſchule in 








Kant, 


Nürnberg. Hier fand fie einen fchönen 
Wirkungsfreis und feierte 1883 das fünf: 
undzwanzigjährige Jubiläum ihrer Muſik⸗ 
lehrthätigleit. Als Mufitfcgriftitellerin ver: 
öffentlihte 2. R., abgefehen von verſchiedenen 
Beiträgen in muſikaliſchen Zeitfchriften, nod fol: 
gende jehr anerkannte Schriften: Bach und Händel 
(1868), Franz Liszt's Oratorium Chriftus (1874, 
3. Aufl), Franz Liszt als Künftler und Menſch 
(1881, in’s Englifhe überjegt), 3. Webers: Die 
mufifaliihe Lage und der Bolfsunterriht in 
Frankreich (1884), Fr. Liszt als Palmenſänger 
(1885). Außerdem hervorzuheben ihre Überfegun; 
gen Liszt'ſcher Schriften (1880—83). 


Rauk, Joſef, ift am 10. Juni 1816 
zu Friedrichsthal im Böhmerwalde ge: 
boren, wo jein Vater einen anfehnlichen 
Bauernhof befaß. Der zahlreiche Kinder: 
ſegen desfelben (9 Söhne und 5 Töchter) 
und ſchwere Heimfuchungen während ber 
Napoleon’ihen Kriege jchienen es un— 
möglich zu machen, auch nur Einem ber 
Söhne eine höhere Ausbildung angedeihen 
zu laſſen; doc entſchloß ſich der Vater, 
Joſef „in die Studie zu geben”, da geift- 
lihe und weltlihe Lehrer auf deifen An: 
lagen binwiefen. Er bezog das in der 
nächſten SKreisftadt Klattau befindliche 
Gymnafium und fegte fpäter feine philo: 
ſophiſchen und juridiichen Studien auf ber 
Univerfität in Wien fort. Seine Aufläge, 
insbejondere Schilderungen aus dem Volksleben 
feiner Heimat, erſchienen in Seitfchriften und 
zogen ihrer originellen Friſche wegen die Auf: 
merffamfeit auf ſich. 1843 erfchien der erſte 
Band diefer Schilderungen unter dem Titel „Aus 
dem Böhmerwalde“. R. veröffentlichte dann zu: 
nächſt eine Art Fortfegung unter dem Titel: 
„Nur Gedichten aus dem Böhmerwalde“, die 
eine fehr aufmunternde Anerkennung fanden. 
Die inzwilhen berannahenden und endlih im 
Jahre 1848 zum öffentlihen Durchbruch fommen: 


den politifhen Erregungen hatten auch R. nicht | 


unberührt gelafien und ihm von Seite der Zenfur 


494 


Ranke. 


ihn als Direftiond-Sekretär im Hofoperntheater. 
An feinem heimatlihen Boden, dem. deutjchen 
Böhmerwalde, hielt R. trew feft, und dahin ver» 
legte er auch den Schauplag von Geſchichten 
Sein engered Heimatland hat diefen Sinn bei 
Gelegenheit feines erg rn Geburtsfeſtes durch 
eine Gedenktafel geehrt. Es entſtanden nach den 
erſten Schilderungen und Bildern aus dem 
Böhmerwalde: „Eine Mutter vom Lande”, „Das 
Hoferfäthihen”, „Bartel das Knechtlein”, „Ein 
Dorfbrutus”, „Das Birkengräflein“, „ 

auge“, „Die —— „Der Tellſchuß“, 
„Magelone und ihr Edi“, „Von Haus 
der volkstümliche Teil von „Aus De und 
Stadt“ ꝛc. Als größere und Romanſchöpfungen 
find befonderd zu erwähnen: „Die freunde“, 
‚Im Klofterhof”, „Der Seelenfänger“, „Adt: 


fpännig“. Ale dieſe Werte en von dem 
echten Gemüt und der hohen poetiſchen Begabung 
Kants. 


Nanke, Johannes, wurde am 23. 
Auguft 1836 in Thurnau geboren, ab: 
folvierte das Gymnafium in Ansbach und 
die Univerfität in München, ſpäter Die 
Berliner und Barifer Hochſchulen, an denen 
er fi dem Studium der Phyfiologie hin- 
gab. Er habilitierte fi 1861 in München 
und wurde 1869 zum a. o. Profeſſor und 
1886 zum ordentlihen Profeſſor für Ans 
thropologie an ber dortigen Univerfität 
ernannt. Dafelbft wirft er noch jeßt, 
gleichzeitig als Redakteur des „Archiv für 
Anthropologie”, des „KRorefpondenzblattes 
der deutſchen Anthropologiihen Gefell: 
ſchaft“ und der „Beiträge zur Anthros 
pologie und Urgeſchichte Bayerns.“ 

Bon R.’3 glänzend anerkannten Werfen find 
hervorzuheben: Tetanus (1865—71), Grundzüge 
der —— (4. Aufl. 1881), Die Ernährung 
des Menichen (1876), Das Blut (1878), Beiträge 
zur phyſiſchen Anthropologie der Bayern (1883), 
— — unter dem Titel „Der Menſch“ 
(1886). 


Naft, Ferdinand Frhr. von (Hilarius), 


peinfiche Unannehmlichleiten bereitet, die aber feiner | geboren am 12. Auguft 1808 in Mien, 


freifinnigen Denf: und Fühlmweife feinen Eintrag 
thaten. Er wurde von feiner Heimat zum Ab: 
eordneten des deutihen Parlamentes in Frank: 
* erwählt. Die trüben, wechſelvollen Zeiten, 
welche dann folgten, hat R. teils in Stuttgart 
und Tübingen (bier bei Uhland) teils in Frank: 
furt und Nürnberg zugebradt, von wo er 1860 


nad Wien zurüdfchrte. Hier fuchte er bei einem | 





widmete fih dem Soldatenſtande und 
wurde nad Abjolvierung der Militärs 
Akademie in Wiener-Neuftadt Offizier. 
Im Jahre 1830 übernahm er die Bes 
figungen feines Vaters bei Marburg in 
Steiermark, deren Verwaltung. er leitete, 


KAunftinftitute feiten Boden zu fallen und fand | Alsdannzogerfich nad Marburg zurück, wo 





Rathgeber. 


er noch jet lebt. Außer den, von reicher 
poetifcher Begabung zeugenden Iyrifchen 
Merken: Seelenflänge (1841) und Das Wald: 
find (1881) verfaßte er die Dramen: Ein 
Märtyrer der Deutichen Strone (1868), Jakob 
Stuart (1872), nebit vielen Liederterten, die 
Schnölzer u. U. fomponierten. 


Nathgeber, Julius Friedrih Emil, 
zu Straßburg i. E. den 11. Mai 1833 
geboren, bejuchte die Echulen feiner Vater: 
jtadt. Infolge des Verzugs feiner Eltern 
nad Niederbronn mußte er die Schul: 
ftudien unterbrechen, und zwar für mehrere | 
Jahre, da der Vater bald darauf ftarb. 
und die Familie mittellos zurüdließ. 1848 | 
fehrte die Mutter nah Straßburg zurüd, 
wo fie unter taujend Entbehrungen ihre 
Kinder erzog. Von dem heißen Wunſch, 
zu „ſtudieren“ ergriffen, befuchte der ſechs⸗ 
zehnjährige Knabe das Straßburger Gym: 
nafium, das er mit eifernem Fleiße nad) 
drei Jahren abfolvierte. Um Theologie 
zu ftudieren, trat er darauf als Alumnus | 
in das Studienftift St. Wilhelm ein. 
Von. Einfluß auf feinen Bildungsgang 
waren u. A. die Profeſſoren Wilm, 
Matiner, Bartholmeh. 1854 wurde er 
nad beftandenem Examen als Student 
der theologischen Fakultät von Straßburg 
aufgenommen, wo er ſechs Semejter ver: 
blieb. Da fein Wunſch, an einigen 
deutfchen Univerfitäten fi) auszubilden, 
an jeiner Mittellofigkeit jcheiterte, jah er 
ſich nad einer Hauslchrerftelle um, Die 
er auch 1858 in einem gräfl. Haufe in 
Peſt antrat, auf feiner Hin: und Rüd: 
reife einige Tage an den Leipziger und 
Heidelberger Univerfitäten hojpitierend. 
Eine zweite Hauslehrerftelle bekleidete er 
1859 ebenfalls cin Jahr lang in Maß— 
münjter (Ober:Eljaß). Daſelbſt verkehrte 
er viel mit dem Prediger Neßler und 
predigte auch zumeilen für ihn. Gegen 
Ende des Jahres 1859 trat N. in das 
geiftliche Amt ein. Er war zuerit ein 
Jahr lang Vikar in Barr, hierauf Pfarrer 
in Altſchwager (Aubure), wo er fich auch 











495 


Ratgeber. 


verheiratete, doch wurde ihm feine Gattin 
nad) fünf Jahren dur den Tod ent» 
riffen. Nach vierjähriger Wirkſamkeit da- 
felbft berief ihn die Gemeinde Sulzern 
(im Mäuferthale) zu ihrem Seelforger. 
Dort begann 8. feine eigentliche fchriftftellerifche 
Thätigkeit. Dort erlebte er die Ereigniſſe des 
Jahres 1870, welche in die Schidfale von Elſaß 
fo tief eingriffen. R. wandte fich der deutichen 
Sache zu, für die er feitdem treu und unab» 
läſſig auf literariſchem Gebiete gewirkt hat. Liebe 
ur engeren Heimat und zur vaterländifchen Ger 
chichte und Literatur, treue Anhänglichkeit an 
Deutichland und das Beftreben, deutihe Art und 
Sitte feinen elfälfiihen Landsleuten wieder zum 
Bewußtfein zu bringen, das find die Grundzüge 
der R.’ihen Schriften, die ſich durch Klarheit, 
Einfachheit und Volkstümlichkeit in der Dar— 
ftellung auszeichnen. An felbjtändig erfchienenen 
Merten hervorzuheben: „Straßburg im ſech— 
zehnten Jahrhundert. 1500—1598”, „Münfter 
im Öregorintal“, „Colmar und Ludwig XIV“. 
Dem Herauägeber ftanden bei diefen vaterländis 
Shen Bublifationen mehrere ungedrudte Ducllen 
aus der reihen elläffiihen Handfchriften und 


' Chroniffammlung des befannten Colmarer Ad» 


vofaten Janatius Choffour zu Gebote. In Enols: 
beim, wohin R. als Pfarrer verfegt worden war 
und wo er ſechs Jahre zubradhte, fand er Zeit 
und Mufe genug zur Schriftftellerei. Hier reihte 
fich den genannten Schriften an: „Die Grafihaft 
Hanau⸗Lichtenberg“. Auf Veranlaffung der elifäfs 
fiihen Schulbehörde jchrieb N. feine „Geſchichte 
des Elſaß“, nebjt einem Heinen Leitfaden (2. A.). 
1881 kam feine Schrift: „Zur Geſchichte der 
Straßburger Kapitulation von 1681” heraus, 
die, wie die weiteren, in Neudorf, einem ber 
größten Vororte Straßburgs verfaht wurden, wos 
bin R. 1879 als erfter evangelifcher Geiftlicher 
verfet worden war, um — kirchliche Zu⸗ 
ſtände zu organiſieren. Die Regierung zollte 
feiner unermüdlichen Thätigkeit Beifall, und der 
Kaifer zeichnete ihn durch Verleihung des roten 
Adlerordens 4. Al. aus; 1883 erſchien feine volks— 
mundartige Schrift: „Elſäſſiſcher Sprichwörter: 
ſchatz“ (2. Aufl.), ferner „Elſäſſiſche Neformas 
tionsgeichichte” (1885), „Elſãſſiſche Gedenktage“ 
(1885), „Elſäſſiſche Geſchichtsbilder aus der fran— 
zöfifhen Nevolutionszeit“. Im Jahre 1876 hat 
R. fi außerdem durch die Herausgabe der 
„Statuta academiae Argentinensis“ und durch 
die Veröffentlihung der handſchriftlichen Schäße 
der früheren Straßburger Stabtbibliothel vers 
dient gemacht. Auher diefen zahlreichen Schriften 
publizierte A. als Mitarbeiter verfchiedener Zeit 
Ichriften und Tagesblätter biftorifhe Aufſähe 
mancher Art, die ſich ſämmtlich auf die elſäſſiſche 
Geſchichte und Literatur bezichen, Rezenfionen ꝛc. 


496 


Hadtrag. 
( 


KR.) 


Laddey, Emma (Hermine), wurde 
am 9. Mai 1841 als die Tochter des 
Arztes Dr. Radtike in Elbing geboren 
und im Haufe ihrer Eltern, fpäter in 
einem Berliner Penſionat forgfältig er: 
zogen. Eine leidenſchaftliche Vorliebe für 
das Theater erwedte ihr den Wunſch, 
zur Bühne zu gehen, doch mußte fie, 
eine® Brujtleidens wegen, von dieſem 
Plane abjtehen, ungeachtet ihres ausge: 


dem er zunädit in feiner Vaterjtabt, 
fpäter an der Wiener Univerfität oblag. 
Dort wurde er au zum Dr. jur. pro= 
moviert. Urjprüngli für den gleichen 
Beruf des Vaters, Advofat, beitimmt, 
jagte dem feurigen, für Poeſie und 
Kunft begeilterten jungen Manne ber 
Aftenftaub wenig zu, und fo änderte er 
denn, angejpornt von literariſch bedeu— 
tenden Freunden, die fein Talent er- 


ſprochenen und bereits durch befte Kräfte | kannten, fein Arbeitsfeld, indem er fi 


gepflegten Talentes. Da fo diefe Lieb: 
lingsidee geicheitert war, wandte fid) Das 


zunächſt um eine Anftellung bei der Wiener 
Hof:Bibliothef mit Erfolg bewarb. Dort 


begabte junge Mädchen erniteren Studien | amtiert B. noch jet, nunmehr als erjter 


zu, bis fie fih 1864 mit dem Maler €. 
Laddey in Stuttgart zu glüdlicher Ehe 
verband. Der Berfehr mit geiftreichen 
Menſchen, die in dem jungen Hausitande 
zu Gaſte famen, wirkte höchſt anregend 
auf Emma %., die fi befonders als ei: 
frige Verfechterin der Frauenredhte im 
edleren Sinne bethätigte. So gründete 
fie in Stuttgart den „Schwäbilchen Frauen- 
verein“ und wirkte in mandherlei Weije 
in angedeuteter Richtung, vor allem aber 
literariich durch zahlreiche Artikel in Zeit— 
Ihriften und die Tendenz vieler ihrer 
jelbjtändigen Schriften. Won leßteren 
find außerdem befonders ihre Märchen 
hervorzuheben, auf welchem Gebiete fie 
ein jchönes Talent befigt. 

Hauptwerfe: Blumenmärden (1869), Auf ei: 


genen Fühen (3. Aufl. 1884), Aus dem Reiche 


der Frau (1873), Flitter und Gold (3. Aufl. 


1884), Tagebuch einer Waije (1876), Wild er» 


blüht (1877), Vier Mädchenleben (1879), Feen: 
de (1884), Sich ſelbſt getreu (1884), An 


onnigen Tagen (1884), Ein Jahr im Märchen 


(1885), Aus der Schule des Lebens (1886). 
Pachler, Fauft (E. Paul), ift zu 
Graz am 18. Dezember 1819 geboren, 
bejuchte das dortige Gymnafium und 
widmete fih dem Studium der Rechte, 


Kuſtos. Neben diefer feiner amtlichen 
entwidelte P. eine weitgreifende und 
vielſeitige literariihe Thätigkeit zunächſt 
‚in Zeitſchriften, auch als tüdhtiger und 
feinfühliger Überjeger, befonders aus dem 
Ungariſchen auftretend. Sein Name findet 
fih in den beiten Journalen mit Skizzen, 
Gedichten, Eſſays und befonders mit li⸗ 
‚terarbiftoriichen Arbeiten. Auf legterem 
Gebiete zeichnete er fih beionders aus, 
jo daß Fr. Halm ihn tejtamentarifh mit 
der Herausgabe feines literarifchen Nach» 
laſſes beauftragte. Über deffelben Dich— 
ters Leben und Wirken, ebenfo über 
Joſeph Haupt u. N. lieferte B. fehr bes 
merfenswerte Arbeiten. In den Jahren 
1856—58 redigierte P. im Auftrage 
| der Künftlergeiellihaft „Aurora” in Wien 
das „Aurora-Album“. 

An ſelbſtändigen Werfen heben wir berwor: 
Jaroslaw und Wafla (Trauerjp. 1848), —* 
Sumro (Trauerfp. 1849), Kaiſer Mar und 

| Lieblingstraum (Feſtſp. 1853), Er weiß alles 
(2uftip. 1876), Loge Nr. 2 (Luftip. 1876), 
welche Bühnenftüde meift mit 

find, und von denen bejonders bie 
Stüde von großer Geftaltungäfraft des 



















Geheimnii; des Dichters (1885). 


> 


IV. Teil. 


—ñii DW 


Ratzel. — 

Natel, Friedrich, iſt am 30. Auguft 
1844 in Karlsruhe geboren, widmete fich 
nah Vollendung feiner VBorftudien dem 
Beruf eines Apothefers, gab denjelben 
jedody auf und bezog die Univerfität Hei: 
delberg, danach die zu Jena und Berlin, 


497 


Rauſch. 


1877—78 Mitglied des deutſchen Reichstages. 
Bon 1879—81 lebte er in Wien, feit 1882 
wieder in Münden. | 


NRaufch, Emma, wurde am 8. De: 
jember 1831 als die Tochter des Kauf: 
manns ©. Fr. Wardius zu Stettin ge: 





um Naturwiſſenſchaften zu ftudieren. Nach: | boren und verlebte ihre Kindheit und 
dem er 1868 zum Dr. phil. promoviert  Mädchenzeit daſelbſt und zwar nad) dem 
worben, unternahm er mehrjährige Stu: | Tode ihres Baters, den fie im neunten 
dienreifen nad Stalien, Frankreich, Ames | Lebensjahre verlor, im Haufe ihres Groß— 


rita 2c., während welder er aud als 
Korreipondent der „Kölniſchen Zeitung“ 
thätig war. Im Jahre 1875 wurde er 
als Profeſſor der Erdfunde an die tech— 
niſche Hochſchule zu Münden, 1886 in 
gleicher Eigenihaft an die Univerfität 
Zeipzig berufen. 

Bon feinen vorzüglich beurteilten Schriften he: 
ben wir hervor: Sein und Werden der organi: 
ihen Welt (1868), Wandertage eines Natur: 
forſchers (1874), Vorgeſchichte der europätichen 
Menihen (1875', Städte: und Aulturbilder aus 
Nord: Amerifa (1876), Die dhinefiihe Auswan— 
derung (1876), Aus Merito (1878), Die Ber: 
einigten Staaten von Nord:Amerifa (1878— 80), 
Anthropogeographie (1882). 

Ratziuger, Georg, geboren 3. April 
1844 als Sohn eines Bauern zu Rieke— 
ring (Niederbayern), abjolvierte 1863 
das Gymnaſium zu Paſſau, 1867 die 
Univerfität München, nachdem er im lep- 
teren Jahre die Preisfrage: „Geſchichte 
der kirchlichen Armenpflege“, gelölt und 


den Doktortitel rite an der Univerfität 


Münden erworben hatte. 

Das Buch erichien 1868 in erfter, 1883 in 
zweiter Auflage, wurde ins Franzöſiſche und Uns 
garische übertest. 1871 erſchien von ihm die 
Schrift: Das Vatikaniſche Konzil und die deutiche 
Wiſſenſchaft, 1881: Die VBolkswirtichaft in ihren 
fittlihen Grundlagen, 1883: Die Erhaltung des 


vaters, des Apothefenbefigers Zitelmann, 
darauf in einem Penfionate, in das die 
Mutter fie gebracht, als die Pflege einer 
franfen Schwefter jene nad) Stolp rief. 
Drei Jahre verblieb das junge Mädchen 
‚dajelbit, dann folgte fie ihrer Mutter, die 
mit dem Dann ihrer verjtorb. Schweiter 
fi) verheiratet hatte. In ihrer neuen 
Heimat lernte Eınma den praftiichen Arzt 
W. Raufch kennen, mit dem fie fid) 1852 
zu glüdlichiter Ehe verband, die der Tod 
nach mehreren Jahren löfte, nachdem er 
der tiefgebeugten Mutter jchon drei Kinder 
entriffen hatte. Sie lebte nun jtill und 
zurüdgezogen der Erziehung ihrer beiden 
Töchter, und fand in ihrer verwitweten 
Mutter ihre beſte Stütze. 1873 fiedelte 
‚die fleine Familie nad Görlig (Ober- 
Lauſitz) über. Nachdem E. R. die Mutter 
‚verloren, lebt fie in Hirihberg. Im 
Croſſen, wo ihre unvergeßlihe, ihr zu 
früh entriffene Tochter ruht, find die meiiten 
ftimmungsvollen Gedichte E. R.'s entitanden, die, 
nachdem ſie in Zeitichriften freundliche Aufnahme 








gefunden hatten, zu einem Bande vereinigt, hers 
ausgegeben, einen tiefen Blid in das reiche Ge: 
mütsleben der Verfaſſerin thun lafien. 


Rauter, David, wurde am 6. Novem- 





Bauernftandes, 1884: Die Bierbrauerei in Bayern. | 


ber 1848 im Dorfe Kleblach in Kärnten 


R. war 1870— 71 Redakteur in Würzburg und | als Sohn eines Grundbejigers geboren. 
187477 Redakteur in Münden. Sehr viele | Er verbrachte feine Kindheit im Eltern: 
Arbeiten R.'s finden fi in Zeitungen und wil: hauſe und würde dem landmwirtichaftlichen 


ſenſchaftlichen Zeitichriften, namentlich in der bel⸗ > : 
giſchen Revue Générale und in den Münchener | Berufe entgegengegangen fein, wenn nicht 


„Diitor.spolitiichen Blättern; in letteren beſon⸗ nach altem Brauche der katholiſchen und pro= 
ders eine größere geſchichtliche Arbeit: Die Bios | tejtantiichen Geiſtlichen Kärntens der dor: 
graphie des Albertus Bohemus, gegen melche | tige Rfarrprovifor die Anregung zur Se: 


Prof. Schirrmacher eine Gegenſchrift richtete unter j ei , 
dem Titel: Aber von Boffemünfter. 187577  lehrtenfarriere gegeben hätte, indem er 


war R. Mitglied des bayriihen Landtags und den 12jährigen Dorfihüler im Latein 


Hinrichſen, Das literariihe Deutihland. 32 


498 


Rebau. 


— 


Raven. 


Aus vergangener Zeit (Ged. 1863), Glängende 
Klagenfurt geleitete. R. abfolvierte das erg —* 2 —— 
Gymnaſium und bezog 1869 die Univer⸗ (hiftor. Rom. 1876), Moderne Rharifäer (Rom, 
fität Graz. 1873 begann R. beim f. t. 1882). Als eine warme Vertheidigerin 
Landesgerichte in Klagenfurt die für die des Nationalvereins beihätigte fie ihr In— 
Erwerbung der Advofatur in Oſterreich | tereffe an den politifhen Bewegungen der 
vorgeichriebene Gerichtspraris und erwarb | fechjiger Jahre durd die Flugfchriften: 
fich 1874 das juridifche Doktorat. Wäh- | Herr von Bennigſen und ber Nationalverein 
vend der Advofatenpraris in Klagenfurt | (1860), Die deutihe Frage und die fernile 


vorbereitete und zum Gymnaſium nad) 





trug er an der dortigen Handelsſchul 
Handels: und Wechſelrecht vor. Inner: 
halb der Advofaturprariszeit in Graz 
ſchrieb er die juridiihe Schrift: Rechts— 
grundfäße für Nealmeiftbotsverteilungen (1878, 
2. Aufl. 1881) und eine Abhandlung über 
DIE Zukunft der Hochgebirgslandmwirtichaft (1880). 
1880 ließ fih N. an feinem gegenwär— 


tigen Wohnfig in Feldbach bei Gleichen⸗ 


berg als Advofat nieder. 1884 erſchien 


von ihm das Werk: öſterreichiſches Staats: | 


lerifon. 
Raven, Mathilde, wurde am 16. Fe— 
bruar 1817 in Mezzen als die Tochter 


des königl. Kreis-Einnehmers Beckmann 
geboren, empfing ihren Unterricht in eis 


ner Schulanſtalt dafelbft und fiedelte 


jpäter mit ihren Eltern nad) Osnabrück 


über. Dort verheiratete fie fi) mit dem 
Auriften K. Naven und ging mit ihm 
1853 nad) Gelle, wo ihr Gatte ala Rechts: 


anwalt ſich niederließ. Im Jahre 1870| 


löfte der Tod das Band der Ehe. M. 
N. lebte als Witwe einige Jahre in 
Berlin, darauf in Bremen und hat ihren 
Mohnfig jept in Dresden. Die hervor— 


‚bruar 1858 in Mannheim geboren. 








e| Preſſe (1861). 


NRebau, Ludw., |. E. Bauer. 


Nebele, Gafimir, wurde am 26. Fer 
Er 
abjolvierte die Lehrerbildungsanitalten zu 
MWallerjtein und Lauingen und wirkte 
darauf als Lehrer an mehreren Orten 
des bair. Echwabens, jeit 1878 in Frei 
halden bei Augsburg. Im Jahre 1879 
begann N. feine fchriftftelleriihe Thätige 
keit. Er ſchrieb Naturfhilderungen für 


verſchiedene deutiche Jugendſchriflen, und 


gab 1887 ein Kaiſerbüchlein heraus, das 
ihm viele Freunde warb und wohl ges 
eignet iſt, den patriotiihen Sinn der 
Jugend zu weden und zu. beleben. 


Neber, Burkhard, wurde am 11. De 


zember 1848 in Benzenſchwyl, einer am 


öjtlihen Abhange des Lindenberges gele: 
enen Gemeinde des jogen. Freiamtes 


(Kanton Aargau, Schweiz) als der ältejte 


Sohn einer zahlreihen Familie geboren, 
genoß in Schoren den nötigen Schulun— 
terriht, um nachher in die Bezirfsjchule 
Muri aufgenommen werden zu fönnen. 


vagende jhriftitellerifche Begabung M. | Bon frühefter Jugend an zeigte der Knabe 


Res zeigte fih Schon in früher Jugend, 
vierzehnjährig verfaßte fie ihre erften Ge- 





großen Hang zu den Naturwilienichaften 
und befonders für Sammlungen aller Art. 


dichte. Ihr ſchönes Talent entwidelte| Er wählte den Apothekerberuf, beitand 
fich unter dem Einfluß des Gatten und feine Lehrzeit in Weinfelden im Thurgau, 
verdanken wir ihrem Schaffen in ben Jah⸗ ſtudierte dort fleißig ſeinen Beruf und 
ren ihrer glücklichen Ehe die meiſten ihrer ſchenkte den botaniſchen Vorkommniſſen 
bedeutenden literariſchen Erzeugniſſe, die die größte Aufmerkſamkeit. In dieſe Zeit 
ſich vorzüglich auf dem Gebiete des hie Fallen auch mehrere Entdeckungen und 
ſtoriſchen Romans bewegten. Beihreibungen von vorhiiter. Pfahlbau—⸗ 
Hauptwerte: Welt und Wahrheit (Rom. 1851), ſtationen und Altertümern. In Zofingen 
Eine Familie aus der erften Gefellichaft (Rom. Neuchätel und in den Wogefen, wo R. 


1552), Eversburg (Rom. 1855), Hermine (Nov. |" 4 5 
1856), Galileo Galilei (bijtor. Nom. 1860), | während brei Jahren feine Studien fort 


Reber. 


fegte, bot fi reiche Ausbeute an Pflan- 
zen, Mineralien und Altertümern aller 
Art. In Neuchätel hatte er zugleich die 
Akademie bejucht, dann einen Eommer 
lang die Bogefen durchwandert, worauf 
er 1874 feine Univerfitätsftudien in Straß: 
burg begann. Auf das hier verbrachte 
Semejter folgten fünf andere an der Uni— 
verfität Zürich, mofelbit er auch 1877 


fein Schweizer. Staatseramen beitand. | 


Nach einer kurzen Verwalterftellung wurde 
N. als Kantonsapothefer nach Genf be: 
rufen, behielt diefe Stelle bis 1885, grün- 
dete dann dort eine eigene Apotheke, die er 
gegenwärtig leitet. 

Seit 1870 veröffentlichte diefer fleißige Beob— 
achter eine große Anzahl Abhandlungen, zuerft 
über feine Entdedungen auf dem Gebiete der Al: 
tertumsforfhung, veröffentlicht in: „Anzeiger f. 


Ichweizer. Altertumstunde”, „Antiqua“, „Bulletin | 


de la Societ& de Numismatique suisse“, 
„Bulletin de l’Institut national genevois“ ıc. 
Ebenſo zahlreich find feine Arbeiten auf dem Ge: 
biete der Pharmazie und Chemie, welche bejon: 
ders in: „Schweizer. Wohenichrift für Phar— 
mazie”, „Pharmaz. Gertralgalle f. Deutichland“, 
„Korrejpondenzblatt f. Schweizer Arzte“, „Union 
pharmaceutique“ (Paris), „The London Me- 


dical Record“, ‚Journal de Pharmacie (’Al- 


sace-Lorraine“ ıc. erfhienen find. Im Jahre 
1885 übernahm R. die Leitung und Redaktion 
der damals neu gegründeten pharmac.smedic. Zeit: 
ſchrift Fortſchritt“ (Le Progrös), die fich bald 
zu einer geichägten wiſſenſchaftlichen Rundſchau 
erhob. 


Neber, Franz von, wurde am 10. 
November 1834 in Cham geboren, wid: 
mete ih dem Studium der Philoſophie 
und Kımftgeichichte zu München, wurde 
1856 in Berlin promoviert, habilitierte fich 
zu München im Jahre 1858 und wurde 1863 
zum außerord. Profeſſor, 1869 zum ord. 
Profeſſor am Polytechnikum zu München 
ernannt. Gleichzeitig fungierte er als 
Aſſiſtent am kgl. Münzkabinet und feit 
1875 als Direktor der Staats-Galerie. 
Von feinen, um die Kunſtgeſchichte hoc): 
verdienten Werfen heben wir hervor: 

Seichichte der Baufunft im Altertum (1864 
bis 1867), Des Vitruvius zehn Bücher über Archi: 
teftur (1865), Aunftgeichichte des Altertums (1871), 
Geichichte der neueren deutichen Kunſt (2. Aufl. 


499 


Reber. 


1884), Die Ruinen Roms und der Campagnd 
(2. Aufl. 1879), Kunſtgeſchichte des Mittelalterd 
(1886). 


Neber, Robert, wurde am 1. Des 
jember 1846 in Chemnig geboren und 
widmete fi) zunächſt auf der höheren Ges 
werbeichule daſelbſt bauwiſſenſchaftlichen 
Studien, die er jedoch mit dem Zeitpunkt 
ſeiner Einberufung zum Militär — Sol. 
Sächſ. Leib-Grenadier-Regiment Nr. 100 
— (1867) infolge Überanjtrengung im 
‚Zeichnen auf ärztlichen Rat behufs Scho— 
nung der Augen aufgab. Seitdem wirft 
er als Journaliſt und ſchon während des 
' Krieges jchrieb er feine Haupteindrüde in 
einer Reihe von Feldpoſtbriefen nieder, Die 
‚in mehreren ſächſiſchen Zeitungen veröf— 
‚fentlicht wurden. Bereits 1869 war R. 
bei der Redaktion der „Dresdner Nach— 
richten“ als jtändiger Mitarbeiter einges 
treten, und noch heute befindet er fich in 
diefer Stellung, während er gleichzeitig 
noch für mehrere der geachtetjten Organe 
der ſächſiſchen Provinzialpreſſe mitthätig ift. 
An die bisher erfolgte Veröffentlichung vieler 
„Erinnerungen an die Kriegsjahre 1870/71", ans 
derer militärischer Artikel und von Beiträgen für 
die Literatur des Militärvereinswelens knüpft ſich 
die Bearbeitung eines größeren illujtrirten Wertes 
„Kriegäbilder der Jächfiihen Armee aus dem 
Feldzuge 1870/71. Bemerkt fei no, daß 
R. unter Benußung eines von ihm felbft gezeiche 
| neten Riefenplanes und auf Grund feiner Teils 
nahme am Kriege am 11. März 1885 einen 
| Vortrag über „Das XII. Armeeforps vor Paris“ 
‚vor dem König Albert von Sachſen, Prinz Georg, 
ı Ariegäminifter Graf von Fabrice u. N. hielt. 
NReelam, Karl, geboren am 18. Au— 
guſt 1821 in Leipzig, abjolvierte das 
‚dortige Gymnafium und die Univerfität 
dajelbit, in Prag und Wien als Medi— 
ziner. - Er promovierte 1846 in Wien, 
habilitierte fich 1850 an der Univerfität 
feiner Waterjtadt und wurde 1860 das 
jelbft zum Profeſſor ernannt. Gleichzeitig 
wirft er als Redakteur der medizinischen 
Zeitichrift „Die Gefundheit“. 

Ron feinen verdienten ſelbſtänd. Werfen heben 
wir hervor: Nahrungsmittel und Speilenwahl 
(1855), Geift und Körper in ihren Wechielbezies 
hungen (1859), Tas Buch der vernünftigen Yebens: 


32* 











Reden⸗Esbeck. 


500 


Redwitz⸗Schmölz. 


weiſe (4. Aufl. 1886), Des Weibes Geſundheit eine Erinnerung an ihre fünfundzwanzigjährige 
und Schönheit (2. Aufl. 1883), Der Leib des | Künftlerlaufbahn (Zur Jubiläumsfeier verfaßt 


Menichen (2. Aufl. 1880), Geſundheitsſchlüſſel 1887). 


Hengift, vaterl. Trauerfp. in 4 Aufz. 


(1879), Für Genefende, Nervenleidende zc. (1886). | (1888). 


Neden-⸗Esbeck, Friedrih Johann 
Freiherr von, geb. am 22. Juni 1842 
zu Etettin als der Sohn des berühmten 
deutichen ftatiftiichen Gelehrten Friedrich 
Wilhelm Frhr. von R. (7 1857), abjol- 
vierte die Realſchule in Wien, war dann 


Redwitz-⸗Schmölz, Oskar Frh. v., 
wurde am 28. Juni 1823 in Lichtenau 
geboren,erhielt feine Ausbildung in Speier, 
Weißenburg i. E. und Zweibrüden und 





bezog 1844 die Univerfität München, 
ſpäter die zu Erlangen, um die Rechte 


einige Zeit als Landwirt in Böhmen thä= zu ftudieren. Nah Vollendung jeiner 
tig, fid) für diefen Beruf auebildend, um | Studien wurde er bei den Gerichtshöfen 
jein in Hannover gelegenes Rittergut Es: | in Speier und Kaiſerslautern beſchäftigt. 
bet zu übernehmen. Allein vorherr: Hier entjtand jein erjtes literariiches Werk: 
chende Neigung zur Kunſt und fein Ver: die jo berühmt gewordene Dihtung Ama: 
fehr mit Kunſtgrößen, wie Srillparzer, | ranth, die jhon bei ihrem Erjcheinen 
Friedrich Halm, Hebbel, Bauernfeld, Ca: | (1849) großes Aufiehen machte und noch 
jtelli, Anajtaftus Grün, bradten ihn zu heute, nachdem fie 36 Auflagen erlebt 
dem Entſchluß, fi der Bühne zu widmen. hat,alseine der bedeutendften Schöpfungen 
Am Jahre 1862 betrat er zum erſtenmal | ihrer Art, unvergeffen ift; denn wenn 
diefelbe und war dann im Laufe der Zeit auch unſere Zeit (1887) jenen roman 
bald im Engagement, bald als Gaſt an tiſchen thränenreichen Weifen nicht mehr 
vielen Bühnen thätig, 3.8. am Hoftheater | hold ijt, jo vermag fie dod nicht, der 
in Dlannheim, Kaſſel, Münden, Neu: | Dichtung die großen Schönheiten, ihre 
jtrelig, Stadttheater in Köln, Rotterdam, | in fich abgefchlofjene Vollendung und jeltene 
Düffeldorf, Prag, Augsburg, Mainz, | Formenreinheit zu nehmen. Der außer: 
Krollſche Oper in Berlin. R. verfah aud) ordentliche Erfolg bewog den Dichter, mit 
meiltens das Amt des Opern-Regiſſeurs. jeinem praftiihen Beruf zu breden und 
Eine im Jahre 1877 zugezogene Erfäl: | literarischen Studien ſich hinzugeben, zu: 
tung raubte dem Sänger die Stimme, nächſt in Bonn nochmals die Hodhichule 





worauf er drei Jahre privatifierend in 
Wiesbaden lebte, dann aber wieder zum 
Theater zurüdfchrte, diesmal aber in der 
Stellung eines Ober:Regiffeurs des Stadt: 
theaters zu Nürnberg, in welder er noch 
gegenwärtig thatig iſt. 

Schon frühzeitig beichäftigte ſich R. mit Schrift: 
ftellerei auf dem Gchiete der Theaterhiftorie, be: 
fonders heben wir hervor: Deutſches Bühnen: 
Yeriton, das Leben und Wirfen aller hervorragen— 
den Bühnenleiter und Künstler vom Beginn der 
deutihen Scaujpielfunft bis zur Gegenwart 
(1879), Karoline Neuber und ihre Zeitgenofien, 
ein Beitrag zur deutſchen Kultur- und Theater: 
geichichte (ISBL 1, Rhamis, vaterländiiches Trauer: 
jpiel in vier Aufzügen (18586). Leptes Drama 
wurde 1887 am Stadttheater zu Nürnberg mit 
Glara Ziegler in der Titelrolle zum erften Male 
mit großem Erfolge aufgeführt, und haben Clara 
Siegler, wie Magda Irſchick „Rhamis“ in ihre 
Gartipiclrepertoire aufgenommen, Clara Ziegler, 


beziehend, um fpeziell bei Simrod mittel: 
hochdeutſche Literatur zu hören. Bereits 
1851 folgte v. R. einem Rufe als Pro: 
feſſor der Ajthetit nah Wien. Seine 
‚afademiiche Thätigfeit ließ ihm jedoch zu 
‚wenig Zeit, feiner Mufe zu dienen, und 
ſo legte er bald feine Profeſſur nieder 
‚und zog fi auf feine Güter Schmölz 
‚und Teilenort zurüd, Dort vermählte 
‚er fih mit Mathilde Hoſcher und lebte 
‚lange Jahre jtill im Kreiſe jeiner Familie 
feinen poetifhen Arbeiten, bis er jeine 
Beſitzungen verfaufte, um nad) München 
‚zu ziehen. Im Jahre, 1872 verantaßte 
‚ein Bruſtleiden feine Überſiedelung nad) 
einem milden Klima und wählte er das 
herrlich gelegene WVteran zu jeinem und 
‚feiner Familie Wohnfig. Dort auf einer 


Regel. 
Beſitzung, „Schillerhof” genannt, lebt R. 


noch jeßt. Bereits durch die „Amaranth“ | 
trat Nebwig als eine eigenartige, weit 


über das Gemöhnliche hinausragende 
Dichtererfheinung in den Vordergrund 
unferer 2iteratur, und wenn er aud 
wohl die alte Erfahrung von dem nur 
einmal gelingenden großen Wurf be: 
ftätigt hat, jo fünnen wir doch nod eine 
Reihe von großen und ſchönen Schöpfungen 
des Dichters als Literaturbereicherung 
betrachten: 

Th. Morus (Drama 1856), Ph. Welſer (Dr. 
1859), Der Zunftmeiſter von Nürnberg (Dr. 
1859), Der Doge von Venedig (Dr. 1863), 
Ddilo (Ep., 4. Aufl. 1868), Das Lied vom neuen 
Deutichen Reich (11. Aufl, 1876), Hermann Starf 
(4. Aufl. 1881), Ein Deutiches Hausbuch (3. Aufl. 
1883), Haus Wartenberg (6. Aufl. 1885), Hymen 
(5. Aufl. 1887). 

Regel, Frig, geboren 17. Januar 
1853 auf Schloß Tenneberg bei Walters- 
haufen (S.-Gotha), genoß feinen erjten 
Unterricht in MWaltershaufen und der be— 
nahbarten Erziehungsanftalt Echnepfen- 
thal, bejuchte ſpäter die beiden oberiten 
Klaſſen des Gymnafiums zu Gotha, ſtu— 
dierte 1872 —76 in Jena Naturmifien: 
ihaften, beionders Botanif, promovierte 


dafelbjt, svard dann Lehrer an den Neal: | 


ſchulen in Lippftadt und Braunichweig, 


lebt aber bereits ſeit 1878 wieder in! 


Jena; zuerjt 4 Jahre an einer Privat: 
realihule als naturwiſſenſchaftlicher und 
geographifcher Lehrer thätig, trat er 1882 
an die meubegründete Stoyihe Erzie— 
hungsanftalt von Dr. Heinridy Ston über, 
in welder Stellung er noch für die gleichen 
Fächer thätig iſt. 

Hauptfächlich mit Beginn diefes zweiten Jenenſer 
Aufenthaltes, hat er ſich mehr und mehr der Geo: 
graphie zugewandt. Bei Begründung der „Geo: 
graphiſchen Geſellſchaft (für Thüringen) zu Jena“ 
( 1882) wurde er zum zweiten, fpäter zum eriten 
Schriftführer desfelben gewählt und ihm die Der: 
ausgabe der vierteljährlich eriheinenden Zeitichrift 
„Mitteilungen der Geographiſchen Gelellichaft für 
Th. 3. 3.” im Verein mit Pfarrer Kurze über: 


501 


thek. 


Reich. 


Die Habilitationsſchrift iſt als 76. Extraheft der 
Petermannſchen Mitteilungen erſchienen und be— 
handelt „Die Entwickelung der Ortſchaften im 
Thüringerwald“ (1884). Im gleichen Jahre er: 
ſchien ein populärer Aufſatz „Ein Ausflug nach 
dem Hörfelberg” und eine Biographie von Aus 
auft Röſe. 1885 gab er im Nuftrage der wiflen- 
ſchaftlichen Kommiſſion des Thüringerwald:Ver: 
eins das erfte Heft „Beiträge zur Landes: und 
Volkskunde Thüringens“ heraus, ein zweites Heft 
erihien 1887; außerdem lieferte er eine Reihe 
von geographiihen Rezenfionen ꝛc. 


Neich, Eduard, wurde am 6. März 
1836 in Sternberg in Moravia (Stri- 
melice na Morave) geboren, befuchte das 
' Gymnafium zu Olmüß und die Univer: 
fitäten Jena, Marburg, Göttingen und 
jtudierte zuerjt Medizin, wurde zum Dof: 
‚tor promoviert und machte das medizi- 
niſche Staatseramen. Sodann widınete er 
ſich philoſophiſchen, ſtaatswiſſenſchaftlichen, 
beſonders anthropologiſchen Studien, nach 
deren Vollendung er ſich als Professeur 
agrégé an der Univerſität Bern nieder— 
ließ, war ſpäter Bibliothekar in Koburg 
und hat nun ſeinen Wohnſitz zu Kiel. 
Sein ganzes Leben widmete R. der Wiſ— 
jenihaft, Allem entjagend, nur das eine 
Biel vor Augen, der Menſchheit zu dienen 
und Wahrheit zu erforihen. So ging 
er feinen Weg abjeits vom Wene, auch 
von anderen Männern der Willenichaft 
ifoliert; find doch feine Anfichten, die er 
vertritt, jo ſchroff wie originell, weitab 
von der großen, breit ausgetretenen 
Heerftraße jo mander gelichbten alten 
Zopfigkeit. Und da alle Muße nur ihm 
jelbjt und feiner Verpflichtung irgend 
welcher Art, wie fie ein follegialiidhes 
Leben fonjt wohl mit ſich bringt, gehörte, 
'jo war er im Stande, jene großartigen 
Leiſtungen zu vollbringen, deren Schöpfer 
‚er ift: feine Schriften, zumeijt hochge— 
lehrten und ebenio bedeutenden Inhalts, 
umfaffen allein eine anjehnlidhe Biblio» 
Wir Heben von denjelben hervor: 








tragen; jeit 1886 iſt er an die Spitze diejes auf Mediziniſche Chemie (1857—58). Anthro: 
über 500 Mitglieder angewachſenen Vereins ge: pologiſche Schriften: Die Abhängigkeit der 
treten. Seit 1884 iſt R. an der Univerſität Zivilifation von der Perſönlichkeit des Menſchen 
Jena als Privatdozent der Geographie habilitiert. und von der Befriedigung der Lebensbedürfniſſe 


Reichel. 


(1883), Die Geſchichte der Seele, die Hygieine 


des Geiſteslebens und die Ziviliſation (1884), 
Das Leben des Menſchen als Individuum. (Phy— 
fiologie der menſchlichen Perſönlichkeit, 1881), 
Die Geſtalt des Menſchen und deren Beziehungen 


502 


veröffentlichte er ſein erſtes Gedichtbuch 


Reichenau. 


Leipzig, München zc., feit 1883 in Ber 
lin jeinen Studien und literarifden Ar- 
beiten. Mit feinem zwanzigiten Jahre 


zum Scelenleben (1878), Die Fortpflanzung und (2, Aufl. 1875), dem in ſchneller 


Vermehrung des Menſchen aus dem Geſichts- 
punkte der Phyſiologie und Bevölkerungslehre 


betrachtet (1880), Geſchichte, Natur: und Ge: | 
fundheitstchre des ehelichen Lebens (1864), Stu: | 
dien über die Frauen (1875), Studien über die | 


Volkäfeele aus dem Gefihtspunfte der Phyſio— 
logie und Hygieine (2. Aufl. 


dung auf das Leben der Geſellſchaft (2. Aufl. | 
1879), Der Menſch und die Seele (1872), Die 
allgemeine Naturlehre des Menſchen (1865), 
Weltanihauung und Menſchenleben, Religion, 
Sittlihfeit und Sprade (1884); Hygieiniſche 
und politiihmoraliiche Schriften: Syſtem 
der Hygieine (1870— 71), Die Oygieine, deren 
Studium und Ausübung (2. Aufl. 1874), Die 
Urſachen der Aranfheiten (2. Aufl. 1877), Lehr: 
buch der allgemeinen Ätiologie und Hygieine 
(1858), Die Nahrungs: und Genußmittelfunde 
(1860—61), Über die Entartung des Menſchen 
(1868), Bathologie der Bevölferung (1879), 
Die Erblichkeit der Gebrecdhen des Menichen und | 
die Verhütung der Gebrechlichkeit (1883), Die 
Verhütung von Krankheiten des Leibes und der 
Seele bei dem Einzelnen und der Gefellichaft 
(1882), Über Unfittlichkeit (1866), Menſchliches 
Elend (1879), Die Emanzipation der ‚rauen, 
das Elend und die geiftige Überjpannung (1884), 
Arbeit und Lebensnot (1881), Mediziniiche Ab: 
handlungen (1870— 74). Zur Staatsgefundheits: 
pflege (1885), Studien über die Feiertage (1874), 
Studien zur Ätiologie der Nervojität bei den 
Frauen (2, Aufl, 1877), Die Kirche der Menſch— 
beit (1873), Der Staat der YZufunft (1879), 
Volks⸗Geſundheitspflege (2. Aufl. 1866), Grund- 
ri der Hygieine (1873), Gelehrte, Literaten, 
gleichwie gelehrte Gejchäftsleute (1885), Sozial: | 
mediziniſche Aufläge (1883), Rath und erfte 
Hilfe bei plötzlichen Erkrankungen und Unglüds» 
fällen (2. Aufl. 1882), Der Militär-Argt (1883), 
Studien und Betrachtungen über Diterreich (1884), 
Blide in das Menfchenleben: Leidenichaften, 
Lafter und Verbrechen (1886), Der Epilepfismus 
(1886), Das Heilbeftreben der Natur im Orga— 
nismus der Geſellſchaft (1888). Es wurden die 
en Schriften in das Portugieſiſche, Spa: 
n 





he, Italienische, Niederländifche, Engliſche, Pol tionsgerichtsrat war, D 


nifche, Serbifche, Ruffifche ꝛc. überjett. 


Reichel, Eugen (E. Leyden), wurde |und Tierwelt vertraut, € 
am 4. Dezember 1853 in Königsberg in ſchon im Anabenalter bei ihr 
Preußen geboren, abfolvierte das dortige ſchaſtliche Vorliebe für die N 
Gymnaſium und lebte feit 1873 in Jena, | Sammlungen beſchränklen j 


lyriſche und dramatiihe Werke, die mei⸗ 
ſtens äußerft günftig beurteilt wurden, und 
einige literarhijtoriihe Arbeiten ſpeziell 
zur Shafejpeare-Literatur folgten. Außer: 


1879) Yeitzäge Dem lieferte er eine trefflihe Ausgabe 


zur Anthropologie und —— mit Anwen; | VON 


Lichtenbergs ausgew. Werfen und 
eine folhe von Käſtner's und Haug's 
Schriften. 

Hauptwerfe: Schlichte Gedichte (1876 und 
1877), Antigone (Trauerip. 1877), Der Eisbär 
(Luſtſp. 1881), Zehn Jahre (Dichtgn. 1SS1), Rut 
(Trauerfp. 1884), Wer ichrieb das Novum Ur- 
ganon von Franzis Bacon? (1886), Shafeipeare 
Literatur (1857), Novellen (1887). 


Neichenau, Augufte von, wurde in 
Dillenburg am 4. Mai 1843 als die 
Tochter des Forſtmeiſters K. v. R. ge 
boren. hr Leben war ein gänzlich in 
der Familie begrenztes und, einige Reifen 


‚ausgenommen, den häuslichen Pflichten 


und vielfacher Krankenpflege gewidmet. 
Zur Zeit lebt die Autorin in Biebrich 
wohin fie mit Mutter und Schmweiter | 
dem Tode des Vaters gezogen war. | 

Jahre 1885 trat N. v. N. mit einem 
Bändchen Gedichte und Überſetzungen an DU 
Öffentlichkeit. Einer rm zoe · 
























ſien, die durch treffliche Form 
mungsvollen Inhalt allgemein anfpradhen, 
fi eine Reihe vorzüglich —— 
und engliſcher Gedichte an. u i 
(Gedichte, Überfegungen) für Zeilſchrift 
bervorzuheben drei Heine dramatiſche Arbeite 
Gaſtfreundſchaft, Rofentetten, Der neue Burke, 
die in der Schweiz und in Schwerin zur Auf 
führung gelangten. —— 
Reichenau, Wilhelm von, wur 
boren am 28. Juli 1847 zu Dillent 
im Nafauifchen, wo jein Vater Appı 


einflüffe früh mit der hei 


Reichenbach. — 503 — Reichenbach. 


auf todte Objekte, ſondern dehnten ſich | ein feſtes Heim gründete. Literariſch trat 
auch auf lebende Tiere und Pflanzen aus. | fie zuerjt mit belletriftifchen und willen: 
Die Chemie betrieb er mit gleichem In-— | fhaftlihen Auffägen in Zeitichriften her: 
tereſſe. 1866 rilfen ihn die Erfolge der | vor und ließ darauf eine Reihe von No: 
preußiihen Waffen zum Militärjtande  vellen und Erzählungen erſcheinen, die 
hinüber. 1869 zum Lieutenant im Nheis durch die finnige Art der Daritellung 
niſchen Jägerbataillon Nr. 8 befördert, und durch gefunden Humor den Namen 
fommandierte er im Kriegsjahre 1870/71 | der Autorin weiteren Kreiien vorteilhaft 
das große Rejervelazarett zu Weplar. | befannt machten: 

Infolge eines Hüftgelenfichadens, welcher | Fauſtine, Wechſelwirkungen, Ein Zeitipienel 
ihn auch verhinderte, gegen den Feind ‚in der Familie, Arndt und Follem, Aus Talley— 


. Fr h . rands Jugendleben, Ein zweiter Rubens, Böle 
aktiv ſich zu beteiligen, ſchied er 1871| geiiter (2 Aufl. 1886). 3 j 


aus dem Militärftande. Nach voran: ; j 
gehenden Etubien widmete eh N. in den „Reichenbach, Mor. v, |. Val. 
nächſten Jahren der Landwirtihaft und Bethuſy⸗Hue. 

bewirtſchaftete einen Hof in der ſchönen Reichenow, Anton, geboren zu 
Umgebung von Miesbach in Oberbayern. | Charlottenburg am 1. Auguſt 1847, ſtu— 
1875 trat er als Amanuenfis bei der dierte in Berlin, Sreifswald und Roſtock 


Verwaltung der Mainzer Bibliothek ein und promovierte daſelbſt 1871. In den 
und verficht feit 1879 die Stelle als Jahren 1872 und 1873 bereifte ex zum 
Kuftos am naturhiftoriichen Muſeum da— Zweck zoologiſcher Forſchungen Weſtafrika 
ſelbſt, nachdem ihm ſein voriger Poſten zuſammen mit Dr. Lühder und Profeſſor 
reichlich Gelegenheit zu eingehenderem Buchholz, welche Beide dem mörderiſchen 
Studium in Naturwiſſenſchaft und Phi- Klima zum Opfer fielen. Insbeſondere 
loſophie geboten hatte. beſuchte er die Goldküſte, das Kamerun— 

Seine Erfahrungen und Ideen gaben den Stoff | gebirge und das Thal des gleichnamigen 
zu vielen öffentlichen Vorträgen. Im Drud er» Fluſſes, die Infel Fernando Po und den 
en igeher Gabun. Nunmehr fungiert R. als Aſ— 
Die Abjtammung der Vögel und Vogelleben in fütent am kgl. zoolog. Muſeum zu Berlin. 
den oberbayriſchen Voralpen (1876, von der) Seine verdienſtlichen literariſchen Arbeiten or: 
Preffe ſehr günftig beurteilt), Die Nefter und | nitbologiihen Inhalts find im Journal für Ors 
Eier der Vögel in ihren natürlichen Beziehungen | nithologie, feit dem Jahre 1869, im Ornitholo- 
betrachtet, ein Beitrag zur Ornithophyſiologie, giſchen Zentralblatt und in einigen anderen Zeit⸗ 
Ornithopfychologie und zur Kritik der Darwinſchen ſchriften publiziert. Die Vögel der Zoologiſchen 
Theorien (1880). „Die moniſtiſche Philoſophie Gärten, ‚Leitfaden zum Studium der Anthropo— 
von Spinoya bi auf unfere Tage” (gefrönte | logie, Die deutſche Kolonie Kamerun nad) eigenen 
Preisfchrift, 1881) gab R. Gelegenheit, zu zeigen, | Anihauungen, Die Goldfüfte und ihre Bewoh— 
dab Leibniz im Grunde Monift war und erläu, | ner. R. iſt aud) Redakteur des „Bandwörterbud) 
tert Verf., wie Darwin bezüglic feiner „Abjtam; | der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie”, 
mung des Menſchen“ am fritiihen Punkte durch | Mitarbeiter der „Deutjhen Enzyklopädie“ für 
Noire’3 Spekulationen ergänzt werden muß. | den ornithologiigen Teil. Hauptichriften: Die 
R. beſchäftigt fich jet hauptlächlich mit dem Fußbildungen der Vögel (Jnauguraldifjertation), 
Reben der größeren Tiere unferer Heimat und Briefliche Reiſeberichte aus Weſtafrika, Neue weſt⸗ 
ſammelt phänologiſche Notizen. Eine Neuauf, afrikaniſche Vogelarten, Zur Vogelfauna Weſt— 
ſtellung des naturhiſioriſchen Muſeums in Mainz | afrifas, Bericht über die ornithologiſchen Samm: 
nimmt gegenwärtig feine Zeit in Anfprud, — a oe renik in Be ianagerp — — 
auch verſieht er daſelbſt die meteorologiſche Station, | afrıfa, Oſteologie von Ghionis minor 2 

5 ne — lung der Gattung im Syſtem, Überſicht der auf 

Reichenbach, Mathilde Gräfin von, | der Expedition S. M. S. Gazelle geſammelten 


i ; I Vögel (zufammen mit 9. Gabanid), Die Ornis 
wurde in Goſchütz bei Breslau geboren. | thofogif pe ke Be 


Sie bradte den größten Teil ihres Les | yiriom nad) der Loango-Rü iiche Ü 
: t go⸗Küſte, Syſtematiſche Über⸗ 
bens auf Reiſen zu, bis ſie ſich in Dresden | ficht der Schreitvögel (Gressores), Überficht der 











Reichenfperger. 


von Dr. &. 4. Fiſcher auf Sanfibar und wäh— 
rend einer Reife durch das Küftenland von Mom: 
bafja bis Wito gefammelten Bögel (zufammen 
mit Dr. Filcher), Biologifche Notizen über Or: 
nithologen der Gegenwart (zufammen mit 9. 
Schalow), Jahresbericht des Ausſchuſſes für Beob: 
achtungsftationen der Vögel Deutichlands (zu: 
fammen mit R. Blaſius, H. Schalow, 3. Roh: 
weder und R. Böhm), Vogelbilder aus fernen 
Zonen, Atlas der bei uns eingeführten auslän: 
diſchen Vögel, Berichte über die Leiftungen in 
der Naturgefchichte der Säugetiere und Bögel. 


Reichenfperger, Auguft, wurde im 
Jahre 1808 in Koblenz geboren, lag nad) 
Abfolvierung des dortigen Gymnaſiums 
dem Studium der Rechtswiſſenſchaft in 
Heidelberg, Bonn und Berlin ob, nad) 


504 


Reidt. 


Hellen, als Sohn eines Kaufmanns. Der: 
jelbe befuchte von 1844— 1852 das Gym- 
nafium zu Marburg in Heflen, beitand 
an demfelben die Maturitätsprüfung und 
ftudierte von da bis 1856 in Marburg 
Mathematik, Naturwifienihaften, anfangs 
auch Theologie. Nachdem er vor der 


wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Kommiſſion in 


Marburg das Examen pro fac. doc. in 
Mathematik, Phyſik, beſchreibenden Na— 
turwiſſenſchaften und Geographie für alle 
Klaſſen einer Gelehrten-Schule beſtanden 
hatte, abſolvierte er ſein Probejahr an 
dem Gymnaſium zu Marburg und wurde 


während deſſelben auf Grund einer Diſſer— 


deſſen Vollendung er in den Staatsdienſt tation: Über die Enveloppen eines Syſtems 
trat, zunächſt in ſeiner Vaterſtadt, ſpäter von Kreiſen oder Kugeln von der philoſoph. 
in Köln, zuletzt als Appellationsgerichts- Fakultät der Marburger Univerſität zum 
rat angeſtellt. Neben ſeiner amtlichen Doktor promoviert. Darauf war der— 
Wirkſamkeit beſchäftigten ihn eingehende ſelbe 31/2 Jahre lang als Lehrer an der 
Kunftitudien, befonders intereffierte ihn Bender'ſchen Brivat-Anjtalt in Weinheim 
die Architektur. Hierdurch wurde er thätig, beftand die damals in Heffen vor: 
lebhaft für den Kölner Dombau einge: |geichriebene praktifhe Prüfung für ein 
nommen, um deſſen Nealifierung R. ſich Symnafial-Lehramt und erhielt 1860 eine 
große Verdienfte erwarb, ebenfo wie um | Anitellung an dem königl. Gymnaſium 
die Nejtauration vieler alter Bauwerke | zu Hamm in Reftfalen, zunädhft als wiſſen— 


in Preußen. 1848 gehörte er dem Fran: 
furter, demnächſt dem Erfurter Barlament 
an, feit 1850 Mitglied des preuß. Land: 
tages, jeit 1871 des deutihen Reichs— 
tages, als einer der Führer der Centrums— 
partei hervorragend. Erjt im Jahre 1884 
zog er fich zufolge einer fchweren Erfran- 
fung vom parlamentariichen Leben zurüd. 
Bon feinen, befonders um die Baufunft und | 
ihre Förderung verdienten, ſowie von feinen par: 
lamentarijchen Werfen heben wir hervor: Die 
chriſtlich germaniſche Baukunſt (1852), Finger: 
zeige auf dem Gebiete der chriſtlichen Kunſt (1454), 
Vermiſchte Schriften (1856), Parlamentariſche 
Reden (1858), Die Kunſt Jedermanns Sache 
(1865), Phraſen und Schlagwörter 4. Aufl. 1872), 
A. W. Pugin (1877), Zur neueren Geichichte des 
Tombaues in Köln (1881), G. Ungemitter und 
ſein Wirken als Baumeifter (1866), Zur Profan: 
arditeftur (1886), Erinnerungen an Eduard 
v, Steinle (1887). 


Reidt, Friedrich Carl, wurde geboren | 
am 9. März 1834 in Neukirchen bei 
Ziegenhain im damaligen Kurfürftentum | 





Ihaftliher Hilfslehrer, dann ſeit 1861 
als ordentl. Gymnaſiallehrer. 1872 er: 


hielt er den Titel Oberlehrer, 1874 wu ve 


er etatsmäßiger Oberlehrer und 1581 
erhielt er den Profeſſor-TDitel. 

Im Drud erfhien von demfelben namentlich 
eine Reihe von Schriften, welde dem Dienite 
des mathematiihen und naturwiſſenſchaftlichen 
Schulunterrihts beftimmt find und unter den 
Fachgenoſſen des Werfaflers Berbreitung und 
viele Anertennung aefunden baben: Die Ele: 
mente der Mathematif, ein Hilfsbuh für den 
mathem. Unterricht (1868, 5. reip. 4. und 9, 
Auft.), Sammlung von Aufgaben aus der Tri: 
gonometrie und Stereometrie (3. Aufl. 1554 
und 1885), Blanimetriihe Aufgaben (1882, 2. 
Aufl.), Aufgaben: Sammlung zur Arithmetit und 
Algebra (1884), Anleitung zum mathematiſchen 
Unterriht an höheren Schulen (1886), Die tri— 
gonometriſche Analyſis planimetriicher Konſtruk— 
tions⸗Aufgaben (1882), Vorſchule der Determi— 
nanten (1874), Vorſchule der Mineralogie für 
Gymnaſien (1873), Handbuch der Mathematik 
(Herausg. von Schlömilch unter Mitwirkung von 
Heidt und Heger). Bon diefem, einen Teil der 
„Encyflopädie der Naturwiſſenſchaften“ bildenden 


Reimar. 


Merte bearbeitete R. die elementar-mathematifchen 
Teile. Außerdem fchrieb derfelbe eine größere 
Anzahl von Abhandlungen in Programmen und 
Zeitichriften, ſowie verjchiedene populäre natur: 
wiſſenſchaftliche Auffäge in Sournalen u. a. 
fleinere Arbeiten. 


Reimar, F. 8, ſ. Marie Zedelius. 
Reimar, R., ſ. Adolf Glaſer. 


Reinelt, Johannes (Philo v. Walde), 
geboren am 5. Auguſt 1858 in Kreus 
zendorf bei Leobſchütz in Schlefien. Seine 


Eltern waren blutarme Säuslersleute, | mp 
‚oft in heftiger Polemik, für die itreng 


weshalb dem Knaben das Studium auf 
einer höheren Schule unmöglid war. Als 
Knabe ſchon las er fleißig Bücher und 
ftudierte zur Nacht bei einer jelbjtfabri: 


zierten Lampe lateinifche und griechiſche 


Srammatifen, die er vom Sohne feines _ 
Sprachen 


Dorflehrers erworben. Eben ſollte er in 
das Kloſter der Franziskaner auf dem 
Annaberge gebradit werden, da wurde 
der Orden landesverwielen. Nun war 
das Schuhmacherhandwerk für ihn aus: 
erfehen. Endlich aber widmete er fid 


dem Schulfahe und genoß feine Aus: | 


bildung in Zülz (Kreis Neuftadt). Nach— 
dem er 7 Jahre als Dorfichulmeifter 
amtiert, wurde er nad Neiße berufen, 
wofelbjt er noch jegt lebt. 

1883 erichien feine Dialeftiammlung: Aus der 
Heemte, 1884 das trefflihe kulturgeſchichtliche 
Werk: Schlefien in Sage und Brauch (mit Bor: 
wort von Prof. Dr. Carl Weinhold), 1885 die 
Dialeftiammlung: A ſchläſches Bilderbüchel, 1886 
das erite ſchleſiſche Liederbuch: A Singvögerle, 
Vagantenlieder und ein Werk über Waturheil: 
funde und Hygiene. 


NReinfels, 9. v., |. 


Januzkiewicz. 


Reinhard, G., ſ. G. R. Neuhaus. 


Reinhardſtöttner, Karl von, ge— 
boren zu München den 26. März 1847, 
machte ſeine erſten Studien dortſelbſt am 
Maxaymnaſium und bezog 1865 die dor: 


tige Univerfität zum Studium der klaſſi— 


Ihen Philologie. Reifen in den romas 
niichen Ländern beftimmten ihn zum Stu: 
dium der romaniſchen Sprachvergleichung 
und Literatur. 


505 





Lateiniſchen (1881 2. Aufl.), 


‚der Sänger der Luſiaden. 
(1879 2. Aufl.), Die Haffiihen Schriftiteller des 





Nachdem er in diejem | 


Reinhofbt. 


Fache in Halle (1871) den Doftorgrad 
erworben, habilitierte er fich für daſſelbe 
an der Univerfität Würzburg (1872), 
von wo er indes bald als Profeſſor an 
die Militärbildungsanftalten nah Mün— 


chen berufen wurde, wo er either wirft 


und zugleid an der technischen Hochſchule 
über vergleihende Sprachwiſſenſchaft und 
Literatur lief. Eeine Qugendarbeiten, 
die noch ausſchließlich praftifche Lehrbe— 
dürfniſſe im Auge haben, hat er nicht 
mehr neu aufgelegt; vielmehr kämpft er, 


wiſſenſchaftliche Ausbildung der Lehrer 


der modernen Sprachen und den Betrieb 
ihrer Disziplinen auf Grundlage der Er— 


rungenſchaften der klaſſiſchen Philologie. 

Neben einigen Überfegungen aus fremden 
(Maffei, H. Berk, Bartoli, Negri) 
und den Beitrebungen für die Hebung der hei: 
matlihen Geichichte, zu welchem Zwecke er das 
Jahrbuch für Münchener Geichichte (1. Jahrg. 
1887) mit Dr. Karl Trautmann begründete, be: 
fchäftigte ihn vornehmlich die Darlegung Des 
Einflufies der klaſſiſchen Literatur des Altertums 
auf die Literaturen Europas. Die bedeutenditen 
feiner Rublifationen find folgende: Grammatif 
der italienifhen Sprache Ipeyiell für Kenner Des 
Grammatik der 
portugiefifhen Sprache auf Grundlage der ro: 
maniſchen Sprachveraleihung (1870), Camoens, 
Bioarapbiihe Skizze 


Altertums in ihrem Einflufle auf die fpäteren 
Siteraturen (1886), Sammlung ſpaniſcher Neu: 
drude des 15. und 16. Jahrhunderts (1886), 
Aufläge und Abhandlungen, vornehmlich zur Li— 


teraturgeihichte (1887), A Historia do Santo 


Graall. Handichrift Nr. 2594 der k. k. Hofbi: 
bliothef in Wien. Zum erjten Male veröffent: 
licht (1587). 


Neinholdt, Alerander v., ſtammt 
von einer, Ende des vorigen Jahrhun⸗ 
derts aus England in Rußland einge— 
wanderten Familie und iſt am 2. Juli 
1856 von deutſchen Eltern in St. Pe— 
tersburg geboren. Seine Mutter ſtarb, 
als er kaum 1 Jahr alt war, und nach 
‚dem Wunſche feiner Großmutter blieb 
‘der Anabe, der ſehr ſchwächlich war, im 
Haufe der legteren, nad) deren Tode 
ihre Tochter Mutterſtelle an ihm vertrat. 


506 


Reinsburg. Reimann. 

Nachdem er den Gymnafialfurfus in der | undgabihm Gelegenheit, neben der Theorie 
St. Petriihule beendet, befuchte v. R. auch die Praxis kennen zu lernen. Troß 
ein Jahr lang die Et. Petersburger, und | der glüdlihen Anlage und der über: 
während der 2 folgenden Jahre die Tor: raſchenden Fortichritte in der Muſik 
pater Univerfität, die er 1880 mit dem | wurde der Eohn von den beſorgten El: 


Grade eines Kandidaten der hiſtoriſch- tern in die Laufbahn eines zufünftigen 


philologiihen Fakultät abſolvierte. Nach 
der Nefidenz zurücgefehrt, trat er in den 
Staatsdienſt, ſetzte zugleich feine litera— 
riſchen Beſchäftigungen, die er noch als 
Student begonnen, fort und veröffentlichte 
neben einer anonymen pädagogischen Broſchüre 
einige Erzählungen von Doſtojewsky und Schtſche— 


drin im deuticher Überlegung. Die ruſſiſche Lir 
teratur, deren Studien R. fih noch im Oymna: | 


fium eifrig und mit Liebe bingab, und die all 
fein Interefle gefangen nahm, war in Deuticdh: 
land nod) jehr wenig befannt und da die voll: 
fommene Kenntnis der rulfiihen Sprache ihn in 
den Stand fette, den Dolmeticher für Deutich: 
land zu maden, fo jtellte er ſich anfangs die 
Aufgabe, die ruſſiſchen Meiftermerfe der Neuzeit 
in Deutfchland einzuführen. Da erichten eine 
UÜberietung des „Raskolnikow“, Doſtojewsky 
und nad) ihm auch andere Koryphäen der neue: 
ften ruffiichen Literatur famen in Mode, und da 
ein paar Eſſays v. R.’s (über Doſtojewsky und 
Belinsty) in der „Baltiihen Monatsichrift” auch 
in Deutichland Aufmerkſamkeit erregten, To lieh 
er eine umfaſſende „Geſchichte der ruſſiſchen Li— 
teratur von ihren Anfängen bis auf die neueſte 
Zeit“ (1883— 56) erſcheinen, welches Werk, da 
es die erite Geſammtdarſtellung des Gegenitandes 
enthielt, ſowohl von der deutichen und franzöji: 
ſchen, als auch ruffiihen Prefie auf das wärmite 
begrüßt und aufs Günitigjte beurteilt wurde. 
Außerdem jchreibt R. für deutiche und ruſſiſche 
Beitichriften. 

Neinsburg, Adolf, ſ. A. Mießler. 


Reiſer, Auguft, wurde am 19. Ja: 
nuar 1840 zu Gammertingen (Hohen: 
zollern) geboren. Der Knabe, der früh 
eine unbezwingliche Liebe zu Mufik zeigte, 
wurde der Erziehung feines Oheims, des 
durch feine mufifpädagogiihen und ans 
dere Werke befannten Mujterlehrers Hein- 
rich Reifer, anvertraut, der ſich des ta— 
lentvollen Anaben mit großer Liebe und 
Sorgfalt annahm. Nicht allein, daß der 
Schüler von ihm in den ‚höheren Schul—⸗ 


| Kaufmannes hineingedrängt, welcher Ver: 
ſuch — wie vorauszufchen — vollftändig 
mißlang. Dank der Vereinigung bejon: 
derer Zufälligfeiten und Umftände wurde 
er noch zur rechten Zeit aus diefem Beruf 
herausgenommen und jah feinen Wunſch, 
Muſik zu ftudieren, erfüllt. Seine Lehrer 
Täglichsbeck und Gottſchalk und Später 
die Rietz'ſche Schule waren von großem 
Einfluß auf feinen Studiengang. Wieles 
errang er ſich aber durch das cifrigfte 
Scelbjtudium. Schon Anfang der jechziger 
Jahre ſchiffte er ſich nad) Amerifa ein, 
das er vom Norden bis zum Eüden als 
Opern: und Vereinsdirigent, ſowie als 
Konzertilt bereifte. 1871 fehrte 8. zu 
dauerndem Aufenthalt nah Deutichland 
zurück. 


| Hier gab er bald darauf feine erften mufifas 
liſchen Schöpfungen beraus, die feinen Namen 
befannt machten, bejonders waren e3 die Chor» 
Sammlungen „Zorelei” (13. Aufl.) und „QIrous 
badour” (5. Aufl.), die einen ungewöhnlichen 
Anklang fanden. Daneben trieb er noch immer 
mufitaliihe Studien aller Art mit der ibm eis 
genen Bebarrlichkeit und fand Zeit zur mufifas 
lichen Schriftitellerei. Nachdem er als ſeibſt⸗ 
ftändiger Vertreter der Schiedmayer ſchen Pianos 
'fortefabrit in Stuttgart mehrere Jahre 
geweſen, folgte er einem Rufe nah Köln 
Dirigent und Redakteur der unter feiner 

raſch aufblühenden „Neuen Muſikzeitung“, wirfte 
als Realgymnafial-Gefanglehrer und als Opern: 
fritifer der Kölniſchen Zeitung dafelbft in ange 
itrengter Thätigkeit. Sein Wirken wurbe dur 
‚viele Ehrendiplome, Medaillen und. Orden öf- 
| fentlid) anerfannt. Geiftige Überanftrengung 
zwang ihn, jeine Thätigkeit aufzugeben, um in 
der Bergluft der Heimat Erholung p ſuchen. 
Seine Tondichtungen, welche die Zahl fiebenzig 
erreicht haben, jind warme lebensvolle Schöpfungen, 
die in Haffiihem Boden wurzeln. 


Reimann, Auguft, ift am 14. No: 








unterricht eingeführt wurde, er legte aud) | vember 1825 zu Frankenſtein in Echlefien 


den feiten Grund zu ber muſikaliſchen 
Bildung feines jungen Bflegebefohlenen 


| geboren. 


Früh Schon erhielt feine Neis 
gung zur Tonfunft durch die gründliche 


_— 


Reißmann. 


507 


Reißenberger. 


Unterweiſung des dortigen Stadtkantors verſations-Lexikons““, das er mit noch 7 
Jung die reichite Nahrung; jo wurde es | Bänden zum Abichluß brachte. Daneben 
den Mufifvireftoren Moſewius, Baum: | war er aud) immer als ſchaffender Künſtler thätig; 


gart und Richter, unter deren Leitung er 
feine Mufifjtudien in Breslau fortjegte, 
leiht, ihn ganz für die Tonfunft zu ge 
mwinnen. Mehrere feiner, in diefer Zeit 
entjtandenen Chöre und Inftrumentalwerfe 
fanden aufmunternden Beifall und jo ent: 


ſchloß er fi), die Komponiftenlaufbahn 
Ein zmweijähriger Aufent: | 


einzujchlagen. 


halt in Weimar (1850—52) wurde Vers 


anlafjung, daß er dann aud eine aus: 


um das fogenannte „Kunſtwerk der Zu: 
kunft““ angefacht worden, und R. erfannte 
bald, daß zu einer wirkſamen Beteiligung 
an demfelben nur die Geichishte das nö— 
tige Rüſtzeug geben könne. In Halle a./S., 
wo er dann nichrere Jahre verweilte, 
machte er ernite hiſtoriſche Studien, ats 


unter einer Reihe von fleineren Bofal: und Ins 
ftrumentalwerfen Ichrieb er zwei Sinfonien, ein 
Oratorium: „Wittekind' und die Opern „Gudrun“, 
„Die Bürgermeifterin von Schorndorf” und „Das 
Gralſpiel“, zu denen er auch die Texte dichtete, 
' und deren Aufführung ihn veranlaßten, in Yeipzig 
'(1882—83) und Wiesbaden zeitweiſe Aufenthalt 
zu nehmen. Hier ichrieb er noch zwei erwähnens— 
werte willenichaftlidhe Werfe: „Die Hausmuſik“ 
(1880) und „Die Mufif als Hülfsmittel der Er— 
ziehung“ (1887). R. zählt unftreitig zu den be» 


| deutenditen Mufifichriftitellern gegenmwärtiger Zeit. 


! m * Feet ı Neben jeinem poetiihen Talent verfügt er über 
gebreitete Thätigfeit als Schriftſteller ent⸗ 
widelte. Von Wien aus war der Kampf, 


deren erjte Frucht die Heine Schrift: „Bon Bach | 
bis Wagner” (1861) erichien, und noch in dem: | 


jelben Jahre folgte ihr ein Werf, das ihn in den 
weiteiten Kreifen befannt machte: „Das deutiche 
Lied in feiner hiſtoriſchen Entwidelung”; (1874 


vollftändig umgearbeitet unter dem Titel „Ge: | 


ichichte des deutfchen Liedes“). Die darin geübte 
Methode, jede einzelne Form aus der fie erzeu- 


genden Idee zu fonjtruieren und dann nadızus | 


weijen, wie fie in verfchiedenen Jahrhunderten | 


und bei den verfchiedenen Meiftern immer wieder 


dienftbar ern wird, wandte er dann auf die 
2* uſikgeſchichte an in ſeiner „Allgemeinen 
fitgejchichte” (1863—65) und der „Illuſtrier⸗ 


ten Gefchichte der deutichen Mufif (1881), im 


mweiteften Umfange in feinen Biographien der 
Meifter „Robert Schumann‘ (1879 3. Aufl.), 
Felix Mendelsfohn-Bartholdy” (1872 2. Aufl.), 
= Schubert‘ (1872), „Joſeph Haydn“ 
(1879), Joh. Seb. Bach“ (1880), „Georg 
riedrich Händel” (1881) und „Carl Maria von 
ber (1884). Die fo gewonnenen Kunftprins 
zipien faßte er dann in feiner „Allgemeinen 
Mufiklehre‘‘ (1864), in der „Rompofitionslehre‘‘ 
(1866— 70), „Zur Aſthetik der Tonkunſt“ (1878) 
und in „Die Oper” (1885) ſyſtematiſch ent: 
widelt und geordnet zufammen. 1863 verlegte 


er feinen MWohnfig nach Berlin und über: 
nahm mit dem ſechsten Bande die Re: 
daftion des großen „Muſikaliſchen Son: 


— — 





ein nicht gewöhnliches philoſophiſches Wiſſen und 
kennt die Geſchichte der Muſik wie kaum ein 
zweiter. Dabei ſind die meiſten ſeiner Arbeiten 
jo populär geichrieben, daß fie auch weiteften 
Kreilen zugänglich werden. 


Reißenberger, Karl Friedrich, ge: 
boren am 21. Februar 1849 zu Herz ' 
mannjtadt in Siebenbürgen, befuchte das 
evangeliihe Gymnaſium feiner Vaterjtadt 
und widmete fi) jodann von 1867 —71 
dem Studium der Theologie und Philo— 
logie an den Univerfitäten Jena und 
Leipzig. An letzterer Hochſchule wurde 
er 1871 auf Grund der Jnauguraldilier: 
tation Über Hartmanns Rede vom Glauben 
zum Dr. phil. promoviert. Im Jahre 
1874 erhielt er eine Stelle am Staats: 


'gynnafium inEilli(Steiermarf) und 1877 
sieugeftaltet und dem individuellen Ausdrud 


eine ſolche an der Staats-Öberrcalichule 
in Graz. Seit 1884 wirfte er als Pro— 
feffor am I. Staatsgymnafium in Graz, 
und 1887 wurde er zum Direktor der 
Staats-Oberrealichule in Bielig ernannt. 
Außer feiner Differtation veröffentlichte 
er jelbftändig: Zur Krone Heinrichd von dem 
Türlin (1879), Bilder aus der Vergangenheit der 
Siebenbürger Sachſen (1879), Siebenbürgen in 
Wort und Bild (1881), Prinzeſſin Maria Chriſti— 
erna von Inneröfterreih 1574—1621 (1882), 
Reinhart Fuchs (1886). 


Neiter, Adolf, geb. am 30. Juni 
1843 zu Kirsnabed, Kr. Zabiau (Ditpr.), 
befuchte das Lehrerjeminar in Br. Eylau, 
fodann die Gewerbeſchule in Königsberg 
i. Pr. Nach beftandenem Eramen wurde 


Reikenbed. — 
er, aller pekuniären Mittel entblößt, Haus: 
{ehrer, um privatim feine Studien fort: 
fegen zu fünnen. Indes trat er nad) vier: 
jähriger Funktion in diefer Stellung zum 
faijerlihen Poftdienft über. Er hat jeine 
fchriftjtellerische Thätigfeit mit dem Über: 


jegen englifcher Nomane ins Deutiche be: 


gonnen und feitden mehrere günjtig auf- 


genommene Novellen: Ein ruffischer Advofat, 
Doppelt ermählt, Käthchens Gorreipondent, Diti: 
fiens Opfer, Die Adoptivtochter, Tante Eleonore, 
Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut, verfaßt. 


Reitzenbeck, Heinrich, geboren am 
7. Juli 1812 zu Wels in Oberöjterreich, 
Kaufherrniohn, brachte feine erſte Jugend 
auf einem Gute der Großeltern zu, wo 
er von dem geiftreihen und edlen Pfarrer 
Andreas Duſcher den erjten Unterricht 
- erhielt. Er beiucdhte dann das Gymna— 
ſium in Linz. Während diejer Zeit wurde 
fein poetiihes Talent durch den Profeſſor 
Peter Hadinger, Chorherrn des Stiftes 
St. Florian gemwedt, der ihn mit den 
deutichen und lateiniichen Klaſſikern be- 
fannt madte. Der Student jchrieb die 
eriten Jugendichauipiele, die in Hausthea— 
tern beifällig aufgeführt wurden, und 
ipielte die Hauptrolle immer felber. Nach 
abjolviertem Gymnaſium widmete fich der 
junge Dann der Pharmazie, den Natur: 
willenichaften und dem Studium der deut: 
ihen Sprache und Literatur. Nach mit 
Auszeihnung erfolgtem Rigorofum wurde 
er zum Magiſter und nad) der Staats: 
prüfung aus der Chemie, Naturgeichichte 
und dem Altdeutichen an der Univerfität 
Wien zum k. f. Brofeflor an der Staats: 
oberrealihule Salzburg ernannt. 

Dort fchrieb er Gedichte, Erzählungen und 
Kritifen und war Mitarbeiter an mehreren Zeit: 
Schriften: Humorift Saphirs, Warte an der Do: 
nau und Linzerzeitung, Salgburgerzeitung; Li— 
buſſa, Wiener Jahrbuch; ferner erfchienen vier 
Bände Glimmer: Erzählungen in Hocdeutich, 
Gedichte, Briefe und Dramen aus dem Volfsleben 
in öfterreichifher Mundart (1846); ferner eine 
pädagogiſche Zeitſchrift: Blätter für Erziehung 
und Unterricht in 7 Bänden; ein Buch: Franz 
Stelzhamer, fein Leben und feine Werke (1872); 
eine Abhandlung: Der Untersberg, feine Flora, 


508 


Reizenftein. 


feine Quellen und feine Sagen (1855); eine 
zweite Abhandlung: Beiträge zu einer Gelchichte 
der botanischen Forſchungen in —— (1856); 
| ferner: Die Zufammenfegung nad) der Xehre der 
— betrachtet in Goethes Dichtungen. 





Noch iſt zu erwähnen die Preisſchrift: Kinderge— 
ſchichten gegen Tierquälerei (1856), ins Italie— 
niſche überſetzt. Endlich ſchrieb O. R. noch: 
Dramatiſch allegoriſche Gedichte für die reifere 
Jugend, von welchen eine Fortfegung derfelben 
dem Drude übergeben ift. Außerdem find von 
ihm in den erwähnten Zeitichriften auch Aufiäge 
belletriftifchen, naturwiſſenſchaftlichen und päda— 
gogiſchen Inhalts, ſowie Gedichte in Hochdeutſch 
und in der Volksmundart abgedruckt, unter an— 
deren poetiſchen Dingen in Klaar's Libuſſa eine 
Biographie ſeines Freundes Adalbert Stifter, 
welche vielſeltig nachgedruckt wurde. Später be— 
ſang er in einem Sonettenkranze Adalbert Stif— 
ter's Werke in erklärender, begeiſterter Weiſe. 

| Reizenſtein, Franziska Freifrau von 
(Franz von Nemmersdorf), iſt auf Schloß 
‚Härtenftein in Schwaben am 19. Sep: 
tember 1834 geboren als die Tochter des 
Oberappellationsrat von Nyß. Eine vor: 
zügliche Erziehung im elterlihen Haufe 
legte den Grund zu dem Schag von Kennt— 
Inifjen, die das junge Mädchen durch ern: 
jtes Studium auf dem Gebiete der Philos 
ſophie und Geſchichte ſich zu eigen machte 
und im Verkehr mit geiltig bedeutenden 
Menſchen und durch viele Reiſen zu ers 
weitern ftrebte. Im Jahre 1849 ver» 
mählte fie fih mit dem bayr. Rittmeijter 
Freiherrn v. Neizenftein. Aber ſchon nad) 
weninen Jahren wurde ihr der Gatte durch 
den Tod entriffen. Die Witwe lebt in 
München ihrer fruchtbaren ſchriftſtelle⸗ 
riſchen Thätigkeit. Von ihren kunſtvoll 
aufgebauten, teilweiſe auch bedeutenden 








Werken heben wir beſonders hervor: 


Unter den Ruinen (Rom. 1862), La Stella 
(Rom. 1863), Moderne Belellihaft (Rom. 1863), 
Doge und Pabft (Rom. 1865), Allein in der Welt 
(Rom. 1868), Unter den Waffen (Rom. 1869), 

‚ Ein dämoniſches Weib (Nom, 1873), Ein Gentle 
man (Rom, 1875), Ein Eheitandsdrama in Bene 
dig (Rom. 1876), Gebt Raum (Rom. 1880). 


' Nembe, Armin Heinrich, geboren 
‚am 24. Februar 1858 zu Eisleben, bes 
'fuchte das Nealgymnafium feiner, Baters 
'ftadt und. das zu Nordhaulen,  jius 
‚dierte feit 1880 in Leipzig und Halle 





Remy. 


Naturwiſſenſchaften und fpäter in Berlin 
Geſchichte und Literatur. Im Jahre 1883 
redigierte er die „Eisleber Lutherfeſt— 
Zeitung” (Feitihrift zum 400jährigen 
Geburtstag Luthers) und war dann zu 
Berlin an verichiedenen Zeitungen als 
Redakteur, Feuilletonift und Ausftellungs- 
Referent thätig. In den Jahren 1886/87 
bejuchte er behufs theologiſcher Ausbil- 
dung das [utherifche Predigerfeminar zu 
Kropp in Echleswig und begiebt fi nun 
in den Pfarrdienft nad) Nordamerifa. 
Seit 1885 erjdienen von ihm folgende 
Schriften: 

Mart. Rinhartd Indulgentiarius confusus, 
mit Einleitung (die Pflene des reform. Schau: 


fpield in der Grafihaft Mansfeld) und Anmer: 
fungen (1885), Die Grafen v. Mansfeld in den 


Liedern ihrer Zeit. Bolfsl. aus dem 16. u. 17. 
Jahrhundert (mit Mufikbeilage (1885), Geſchichte 


— 509 — 





Rene, 


die Liebe zur Bühne, und fie nahm cin 
Engagement in Warmbrunn an. Dod) er> 
fannte fie bald, daß die Bühnenlaurbahn 
mit ihrer Schüdternheit in nachteiligem 
Widerſpruch ftand, — fie verlich die 


‚Bühne und reichte 1873 dem Dr. Dar 


Remy, Kunftkritifer der „Voſſiſchen Zig.“ 
in Berlin, ihre Hand. Er war ein tapferer 
Kämpfer gegen ausländifche zweideutige 
Waare und ein eifriger Förderer der deut⸗ 
ihen Dichtung. Ein deutiches National: 


‚Theater (furze Jahre verwirklicht unter 


Robert Buchholz) und ein deutiches Volfs- 


'ftüd, das war der Traum R.’s und ſei— 
‚ner ®attin. 


der Buchdruderkunft in der Lutherſtadt Eisleben | 


(Im Verein mit D. Johannes Linke, 1885), 
Mart. Rinharts geiftl. Lieder, nebit Beichreibung 
des Lebens und der Werfe des Dichters (1886), 
9. Eyriacus Spangenbergs Yormularbüchlein 


Letztere hatte bereit3 im Jahre 1870 die freude, 


‚ein anonym eingereichtes einaktiges Luſtſpiel: 


„Die Rehnung ohne Wirt“, im Wiener Burgs 
theater ein Dußendmal unter lebhaften Beifall 
aufgeführt zu fehen. Aber ihre Berheiratung und 
das bald beginnende jchwere Leiden des Gatten 


‚ließen fie vorerjt zu feiner dramatifhen Arbeit 


der alten Adamsſprache mit Lebensbeihreibung 


Spangenbera3 und einem Verzeihnis feiner 
Werte (1887), Dr. Martin Luther ald Trede: 


Spangenberg. Mit einem Borwort, Spangen: 
bergs 22 Predigten über Luther betreffend (1887), 
Der Briefmehlel M. Cyriacus Spangenbergs 
aus den Jahren 1550 —16U4 (1887). 


Remy, Nahida, geb. Sturmhoefel, in 


Berlin geboren am 3. Februar 1849, ver: 
lebte ihre Kindheit vom 5.— 15. Jahre in 
Italien, hauptſächlich in Sizilien, wohin 
die Mutter aus Gefundheitsrüdfichten ges 
zogen war. 
junge Mädchen in Breslau, wohin fie ihr 
erjtes Engagement als Echaufpielerin an 
genommen hatte. Die erjchütternden 
Kriegsereignifie hatten den Schluß der 
Theater zur Folge, nod) ehe die neue Kunſt— 
novizin zum Auftreten gekommen war. 
Ohne Stellung, ohne Mittel nahm fie das 
Anerbieten einer licbenswürdigen Dame 
an, die trüben Zeiten bei ihr abzuwarten 
und fich indeljen bei Kindern durch Sprad): 
und Zeichen:Unterricht nüglich zu machen. 
Faft ein Jahr blieb fte dort, dann fiegte 





Das Jahr 1866 traf das | 


‚ mehr fommen. Sie [chrieb, voll unrubigen Schaf— 


fenstriebes, Feuilleton, Novelletten, biographiiche 
Skizzen, die in Berliner Tagesblättern erichienen. 
Dann wurde fie, als tüchtige Sprachkundige, von 
der „Voſſiſchen Zeitung‘ mit der Aritif über Sals 


vini's und Roſſi's Gaftipiel und dasjenige der 
junge, eine Bergmannspredigt v. M. Eyriacus : f ? jeB 


franzöfiihen Theatergejellfchaft unter Luguet be— 
traut. Dieſe Thätigfeit weckte wieder die Liebe 
zum Drama. Sie fchrieb: „Conſtanze“ (Schauſp.), 
ein Jahr Ipäter „Die Grafen Edardjtein” (Schau: 
fpiel), „Schickſalswege“ (Bolksft.), welche alle mit 
fehr günftigem Erfolg über die Bühnen gingen. 
1881 ftarb ihr Gatte. Sorgenvolle Jahre folg* 
ten für die alleinftehende Frau, welche ihr Brot 
in der Journaliftit verdienen mußte und trog ihres 
Fleißes faft vergeffen wurde, da fie meift anonym 
Ichrieb. 1886 erjchienen ihre vorzüglich beurteils 
ten „Sizilianifchen Novellen“. Ein Schaufpiel, 
„Nationale Gegenſätze“, blieb, obwohl gedrudt, 


‚feiner politifhen Motive wegen, unaufgeführt.. 
' Während eines längeren Aufenthaltes in Italien 
‚ Ichrieb fie das Drama „Liebeszauber”, welches zur 





Aufführung angenommen wurde. 


Nene, Carl Alfred, geb. am 6. De- 
jember 1860 zu Stettin, empfing jeine 
Schulbildung dafelbft und widmete ſich 
dem Kaufmannsitande. Er bereijte (1880 
bis 1881) Gentral:Amerifa, Mexiko, 
Ecuador, Bolivia, die Argentiniiche Re— 
publif und Brafilien, jodann (1883 — 84) 
Agypten, Tunis, Ceylon und die Südſee— 


Ren. — 
Inſeln. Dieſe Reiſen unternahm R. zum 
großen Teil im Intereſſe feines in Stet- 
tin errichteten ausgebreiteten Erport:Ge- 
ihäfts, verknüpfte aber damit zugleich 
wiſſenſchaftliche Zwecke. Die Republik 
Ecuador vertrat R. in Stettin von 1881 
bis 1884 als Konſul. Seit 1886 iſt R. 
zum Konſul von San Domingo ernannt. 

Die Ergebniſſe ſeiner Reiſen hat R. in ver— 
ſchiedenen Reiſebeſchreibungen niedergelegt. Auch 
als Fachſchriftſteller ift R. thätig. Über die von 
ihm gemachte epochemadende Erfindung, Holz 
durd Einwirkung von Ozon zu konfervieren, hat 
N. verfchiedene Aufläge in Fachblättern ıc. ver⸗ 
öffentlict. Für feine Leiftungen erhielt R. vom 
Herzog von Sachſen-Koburg-Gotha die Verdienit: 
medaille für Kunſt und Wiflenichaft, fpäter das 
Kommandeur⸗Kreuz destürf. Nichan el fthifar-Or: 
dens. N. fchreibt jowohl.für die „Gartenlaube”, 
als auch für die „Leipziger Jlluftrierte Zeitung“ | 
techniſche Berihte. Bon feinen Werken find zu 
nennen: Geſchichte des Wianofortebaues, Im | 
Lande des Känguruh (eine Beichreibung feiner 
Auftralien-Reife), Unter dem Aquator (Land und 
Leute in Ecuador), 
Studien über pommerſche Organiiten des Mittels 
alters. Außerdem Reiſeberichte in verjchiedenen 
englijchen und ſpaniſchen Zeitungen. 


Renz, Wilhelm Theodor von, geb. 
10. Januar 1834 zu Oberdiichingen bei 
Um a. /D. als Sohn eines Landarztes, 
hatte vom 7.—10. Jahre den erften bu: 
inaniftiichen Unterricht täglid bei allem 
Wind und Wetter eine Stunde Wegs bei 
einen Pfarrer zu holen, fam 1884 ans 
Gymnaſium nah Ulm, ftudierte 1852 
bis 1857 in Tübingen, wo er nacheinander 
Aſſiſtent am phyſiologiſchen Inſtitut und 
nachher an der chirur. Klinik wurde. Um 
ſeinen Vater, der ſeine beſten Mannes— 
jahre unter vielen Entbehrungen an die 
Ausbildung ſeines Sohnes gerückt hatte, 
zu unterſtützen, blieb R.von 1858—62 
prakt. Landarzt im Heimatsorte und nach— 
her in dem nahen Ehingen a./D. No: 
vernber 1867 Wegzug nad Stuttgart. 
1868 ohne Meldung Berufung auf die 
fol. Badearztitelle zu Wildbad. 1867 
war bereits feine Ernennung zum fol. 
würtemb. Hof-Rat, 1869 zum Geh. Hof: 
Nat erfolgt und 1874 verlieh ihm fein 


5 


Nicolaus Decius (Novelle), 


tiſchem, novelliftiihem und fewilletonifi | 


10 Reſſel. 


König den Perſonal-Adel. Von ſeinen 
vielen verdienten medizin. Schriften ſind 


die bekannteſten: Die Trichinenkrankheit des 
Menſchen (zu Gunſten der ——— und —* 
von Hedersleben. 1886), 
traumatijchen ir een durch — 
Aſpiration des Eiters (1867), Die S 

ein praft. Verband für Schußfrafturen des 
ſchenkels (1870), Die — der fogen. in⸗ 
differenten Thermen bei Krankheiten des Nervens 
ſyſtems (1878, 2. Aufl. 1879), Über die Krank 
beiten des Rüdenmarfs in der Schwangerſchaft 
(1885), Loſe Blätter aus meiner Un 
Mappe (1886). — In der nichtmediziniſchen 
Melt iſt R. bekannt durch feine Wildbad⸗ 


Schriften: Die Kur zu Wildbad (1869, 5. U. 
1887), Hiftorifche Briefe über das Wildbad 1871 
(gefchrieben, um feinen Verwundeten die unver: 
; meidliche „Cigarre“ bieten zu fönnen), Das 

bad in Würtemberg wie es ift und war (ein 
Quellen: Wert, 1864), Literaturgeihichte von Wild» 
bad (1881, viele alte Drude zink hiſch nach⸗ 
| ag — Außerdem 2 Hefte jelb ——— 





ieder (1860 und 1870). 


Reſſel, Guſt. Andr. (Frig Burger), 
zu Wien am 5. April 1861 als der Sohn 
| unbemittelter Eltern geboren, befuchte 
das Piariſtenkollegium zu St. Thekla 
die k. k. Thereſianiſche Ritter-Afademie 
in Mien, mußte jedod durch den in eir 
nem und demjelben Jahre erfolgten Tod 
feiner Eltern feine Studien unterbrechen, 
faum ſechzehn Jahre alt, bereits auf 
eigene Füße geftellt, eine Anftellung an 
nehmen und trat 1882 in Dienfte bes 
Wiener Magiitrates, um fi) eine mate- 
riell geficherte Eriftenz zu gründen, ſich 
unausgefegt autoditaft weiterbildend, zu 
literarischer Thätigkeit ſeit —— 
gend Neigung empfindend. 

Direkt aus dem Wiener Volksleben 
gangen, fahte R. den ee ein jetreuer 
Schilderer der Sitten, Gebräuche und Charakter 
eigentümlichkeiten feiner Landsleute au 














biete zu werden, verfuchte fich auf dem Gh 1 
Wiener Poſſe und des Bolfsftüdes, veröffen 
jerftreute, das Wiener Leben darakteri 
—— in diverſen Zeitſchri 
gegenwärtig an der buchhänd 
zweier Sammlungen ſeiner 
Wieneriſchen Aufſätze. Nebſtbei iſt auf dem 
Gebiete des Humors journaliſtiſch an mehrfachen 
Wiener Witzblättern thätig. Außerdem ver 


Reſſel. 


lichte R. eine Anzahl polemiſcher Artikel in ver; 
ſchiedenen Zeitichriften, hat fi aud auf litera: 
riſch⸗kritiſchem Gebiete bemerkbar gemacht, und 
arbeitet jeit 1882 an einem literarhiſtoriſchen 
Sammelwerfe „Deutfhe Lyrik des 19. Jahr— 
hunderts“, 


Reſſel, Jofef, wurde am 10. März 
1810 in Reichenberg geboren. Seine Gym⸗ 
naftaljtudien vollendete er in Leitmerip. 
Dann bezog er die Univerfität zu Prag 
und fpäter die zu Wien. Hier wurde ihm 
die mädhtigite geiftige und fünftlerifche An- 
regung zu teil durch die Bekanntſchaft 
mit dem Hofburgichaufpieler Karl Laroche 
und mit Franz Orillparzer. Diefer Anres 
gung entiprang fein Traueripiel „Heinrich IV.“ 
Während feiner juriſtiſchen Studien jedoch 
ließ er die Dichtkunft nicht ruhen und 
manche duftige Blüte derfelben brachte der 
„Zuſchauer“. Nach beendetem Etubium 
ergriff R. die Beamtenlaufbahn. Das 
erite Jahr diente er in Prag als Bu: 
reaupraftifant, die weiteren jehs Jahre 
als Konzeptpraftifant. Dann fam er zur 
Lemberger und jpäter zur Prager Kam: 
merprofuratur als Aushilfsreferent und 
1850 wurde er in Rumburg k. k. Kolle: 
gialgerichtsaflehlor, von welchem Poſten er 
jih 1855 zum Bezirksgerichte nad) Ben: 
fen, 1864 zum Bezirfsgerichte nad) Arnau, 
1370 zum Bezirksgerihte nad) Branau 
und 6 Jahre darauf zum Kreisgerichte 
nad) Reichenberg, als feinem Geburtsorte, 
überjegen ließ, wo er nad einjährigem 
Dienste in Benfton ging, und wo er, aus— 
ſchließlich den Wiſſenſchaften und der Boefie 
lebend, noch gegenwärtig weilt. 


Reſſel, Wilhelm (Wilh. v. Bergen, 
Ludw. Schwarz), wurde am 8. Januar 
1852 zu Rumburg, einem nordböhmifchen 
Fabrifjiädtchen, als der Sohn des dama- 
ligen Amtsaſſeſſors Joſef R. (ſ. Dielen) ge: 
boren, der, felbft ein geiſtvoller Schrift- 
fteller, auch) das poetiihe Gemüt Mil: 
helms zu mweden wußte. Die erfte An: 
eiferung zur Ausübung der Poeſie erhielt 
er aber im Jahre 1869 durch Willibald 
Friedrid) in Trautenau, einem literariich ge: 


511 


Neuland, 


| bildeten Manne, dem er den erften Ber- 
ſuch feiner Mufe zeigte, und der über 
diefen Verſuch ein recht günftiges Urteil 
fällte. Dieſes Lob erwedte in dem jungen 
Manne die Liebe zur Poeſie vollends und 
ließ ihn nicht ruhen, zu lernen und zu 
'fireben. Später ging R. nad Wien, 
‚ älthetifchen und nationalöfonomiihen Stu: 
‚dien obliegend und fih als Redakteur 
‚eines volfswirtichaftlihen Blattes, der 
| „Verkehrszeitung“, in der Offentlichkeit 
‚die erften journaliftiihen Sporen verdie- 
‚nend. Seitdem redigiert er, in Reichen: 
bach wohnhaft, das von ihm begründete 
Journal „Reſſels Familienfreund“, eine 
der vornehmften Zeitichriften Deutſchböh— 
mens. Seine literarische Thätigfeit er: 
öffnete R. mit einem Bande Gedichte: 
| Traum und Liebe (1875), aus welcher Gabe 
troß jugendlicher Unreife und Überſchwäng— 
lichkeit die hohe poetische Begabung des 
Dichters erfenntlih wurde; und in der 
That: fein zweites Werf: Moosblumen (1883) 
erfüllte die auf den jungen Poeten gelegte 
Erwartung. Er ſaß feit auf dem Pega: 
fus und wußte ihn trefflich zu lenken. 
Dabei paart fi ungewöhnliche Formen: 
reinheit mit tiefer Innigfeit des Empfins 
dens. Das gleiche Urteil erheiſchen auch 
feine Gefammelte Gedichte (1886). Daneben 
fultiviert R. auh den Roman und die 
Novelle, wie er auch auf dem Gebiete 
‚der Kritif, des Feuilletons und der popus= 
lären Naturwiſſenſchaft Namhaftes leiftet. 
Vielen Beifall fanden auch feine Märden 
und Geſchichten (1886). 

Neuland, Heinrich Adolf, geboren 
am 17. Juni 1538 zu Fels im Groß: 
herzogtum Luxemburg, iſt der ältefte Sohn 
‚einesdort als Kaufmann feßhaft geweſenen 
hochgeadhteten Bürgers. Der Knabe wurde, 
während er die Schule feines Vaterftädt: 
chens bejucdhte, zweimal von dem Unglüd 
‚getroffen, das Bein zu brechen. Dadurd) 
‚für immer gelähmt, befam fein Gedanken: 
gang eine Richtung, die ihm fortan ver: 
blieb; die Vorliebe zu den Wiffenichaften 
drängte ſich in den Vordergrund. Diejer 








Reuleaur. 


512 


Reuter. 


folgte er durch fleißiges Eelbftudium, und | 1864 berief ihn die Gewerbe-Akademie nach 
als feine Eltern 1855 nad dem nörd: | Berlin, zu deren Direktor er 1868 ernannt 
lien Theile des Landes zogen, wo R. wurde. Im Auftrage der Regierung beſuchte 
ben größten Teil feiner Jugend verlebte, | R. die wichtigeren Weltausftellungen; auf 
dba zeigte es fi, als feine erſten lites | denen zu Paris (1867), Wien (1873) 


rariſchen Arbeiten im Drude erſchienen, 
daß das Zeug zu einem Bolfsichrift: 


jteller in ihm ſtecke. Es waren Gedichte und 
Epifoden aus der Landesgeihichte, die teild in 
Tagesblättern, teil in Kalendern während jener 
Jahre von ihm veröffentlicht wurden. 1865 hatte 
er zu Longwy in Frankreich das Photographieren 
erlernt. Doc ſchon im Jahre 1868, da er feine 
Abficht, in feinen Geburtsort Fels zurüdzufehren, 
ausführte, wandte er fich ganz der Schriftftellerei 
zu. Während der Seit, da er fich dort wieder 
niedergelafien batte, trat er in regen Verkehr mit 
namhaften Gelehrten des In» und des Auslans 
des, und Jo geihah es, daß er perfönlich den 


Jugendichriftiteller W. Herhenbah aus Düſſel⸗ 


dorf kennen lernte, mit demfelben befreundet 
ward, und durch Mitwirfung an einigen von 
deflen Werten fich beteiligte. Er gab ſich dem 
fleißigen Studium der Xuremburger Landes: 


neihichte hin und widmete fi) nunmehr ganz der 


Volfsliteratur. Zuhlreiche Arbeiten von ihm fin- 
den fich zerpreut in Beitichriften des Ans und 
Auslandes. Diele bilden teils Biographien bes 
rühmter Perfonen weltlichen und geijtlihen Stan» 
des, teils hiſtoriſche Epiſoden aus der Luxemb. 





Landesgeſchichte, Sagen und Legenden, Beitbilder | 


aus der Vergangenheit, Ortöbeichreibungen ꝛc. 
Hauptwerfe: Das romantifhe Ernzthal, oder 
Fels und feine Umgegend (1880), Der Raub: 
ritter von Heringen und der Kreuzfahrer von Fels 
(1881), Das zerftörte Lebensglück, oder Schid: 
fale eines deutihen Flüchtlings (1881), Aus dem 
Geſchichts- und Sagenihag der Ardennen und 
Bogefen (1882), Selhichte des Limburger Erb» 
folgejtreites (Herchenbach, 1882), Heinrih 11. 


und Kunigunde (1883), Willibrord, der heilige | 


Glaubensbote (1884), Johann der Blinde (1885), 
Das alte Burgſchloß Elerf im Oberösling (1886), 
Kriegsgeichichten aus alter Zeit (1886), Die Peſt 
in den öslinger Bergen (1887), Judith (1887). 

Reuleaux, Franz, ijt geboren am 
30. September 1829 in Ejchweiler bei 
Aachen, empfing feine Vorbildung in 
Koblenz, beſuchte das Polytechnikum in 
Karlsruhe und die Univerfitäten Bonn 
und Berlin als „Philoſoph“. Damit ſchloß 





er jeine theoretiihen Studien ab und be: 


thätigte fich in der praftiichen Ingenieur— 
wifjenichaft, worauf er 1856 als Profeſſor 


und Philadelphia (1876) fungierte er als 
Mitglied der Jury, in Sydney und Del: 
bourne 1879— 81 als Reichskommiſſar. 
In Anerkennung feiner hohen Verdienſte 
wurde er zum Geheimen Regierungsrat 
ernannt. R. gilt als einer der ausgezeich- 
netiten Techniker neuerer Zeit. Bon feinen 


bochbedeutenden Werfen heben wir hervor: 

Konftruftionslehre für den Maichinenbau (1854 
bis 1862), Theoretiiche Kinematif( 1875), Briefeaus 
Philadelphia (1877), Der Konitrufteur (4. Aufl. 
1882), Quer durd Indien (1884), Die Maichine 


‚und die Arbeiterfrage (1885). 


Reuter, Wilhelm, wurde geboren zu 
Andernah am Rhein am 18. Januar 
1833. Die erjten Studien machte er 
an der höheren Stadtichule feiner Vater: 
ftabt, erhielt 1853 auf dem Gymnafium 
in Trier das Zeugnis der Neife mit 
Auszeihnung und bezog dann die Uni- 
verfität Bonn, um Philologie und Father 
liſche Theologie zu jtudieren. Beſonders 
zog ihn das Studium der deutichen 
Sprade und Literatur unter Simrods 
Leitung an, durch deſſen freundliche Auf: 
munterung die ſchon früh in ihm er— 
wachte Neigung zur Poefie wejentlich ge- 
fördert wurde. 1855 gab er als erften poe— 
tiſchen Verſuch mit einem inzwijchen verjtorbenen 
freunde und Studiengenoffen, Th. Meurer, den 
„Poetiſchen Sagenkranz” heraus, Am Prie— 
ſterſeminar zu Trier vollendete er ſeine 
theol. Studien und wurde 1858 zum 
Priefter geweiht und zum Kaplan und 
Religionslehrer am Progymnafium in 
Saarlouis bejtellt. 1861 bezog er noch» 
mals die Univerfität Bonn und erwarb 
im folgenden Jahre die fac. docendi für 
alle Klaſſen im Franzöfiichen, Engliichen 
und Deutichen, worauf er als ord. Lehrer 
an der höheren Bürgerichule in Saarlouis 
angejtellt wurde, wo er bis 1879 thätig 
war. In dieſem Jahre übernahm er die 


der Maichinenbaufunde nad) Züricy ging. | Yeitung einer höheren fath. Brivatichule 


513 


Reymond. Rheine. 

in Koblenz, wurde 1881 als Religions | zuzumenden, und zugleich feinem öfterreis 
lehrer in Boppard berufen und nad) zwei chiſchen Geburtslande, in welchem damals 
jähriger Thätigkeit unter Beförderung | die Belcredi’jche Siftirungspolitif gerade 
zum Erjten Seminarlehrer an das fönigl. ihre verhängnisvollen Früchte gezeitigt 
Zehrerfeminar in Münjtermaifeld verjegt. | hatte, den Rüden zu fehren. Als Schwei- 


Der Beihäfti 
fifchen und engl 
danken nachſtehende weitverbreitete Schulbücher 
ihre Entitehung: Lehrbuch der engl. Spracde 


(2. Aufl. 1877), Siteraturfunde (12. Aufl. 1886), | 


Poetit (2. Aufl. 1886), ferner eine treffliche 


Geſchichte der franz. Literatur und Literaturftuns | 
Die Erzeug: | 


den in der höheren Töchterfchule. 
niffe feiner dichteriihen Mufe, die namentlich von 
der fath. Kritik allgemein jehr günftig beurteilt 
wurden, legte er in drei Gedichtiammlungen 
nieder: Sang und Sage (1878), Garben und 
Farben (1884), Sinnen und Singen (1886). 


Neymond, Moriz v., geb. 30. Juni 


1833 zu Wien, entjtammt einer waadtländ. 
Familie und wurde in der Militär-Afa: | 


Demie zu Wr. Neuftadt erzogen. Er diente 
1849—56 als Offizier in verichiedenen 
Stellungen — bei der Infanterie, im 


militär-geographiichen Jnititute und beim | 
Pionierkorps — im öfterreichischen Heere, | 


trat aber dann aus der Armee aus, um 
ſich dem damals in Aufihwung gefom- 
menen Eijenbahndienfte zu widmen. Der 
Umftand, daß die Erlangung des in Aus- 
fiht gejtellten Poftens länger als vorher: 
gejehen auf fih warten ließ, veranlaßte 


ung mit der deutichen, französ | 
—* Sprache und Literatur vers 


zerbürger fand R. bald beim Berner 
„Bund“ Stellung als Redakteur und 
‚blieb bis 1876 journaliftiich thätig. 

Dar fein literariihes Wirken bis dahin ein 
ausſchließlich redaktionelles und feuilletoniftifches, 
o eröffnete er demfelben * angeregt durch 
den Verkehr in der ſchweizeriſchen und der ber— 
niſchen naturforſchenden Geſellſchaft, welchen er 
als Mitglied angehörte, eine neue Richtung durch 
Herausgabe ſeines dramatiſchen Scherzes „Der 
Aulturkampf in der Bronze“ und des „Laiens 
‚ brevier des Hädelismus", Beide Schriften wur: 
‚den von der Tages: wie von der naturmifien« 
ſchaftlichen Fachpreſſe außerordentlih freundlich 
aufgenommen. Noch größeren Erfolg hatte R.'s 
„Buch vom gejunden und kranken Heren Meyer’, 
mwelhem bald ein „Buch vom bemußten und 
unbewußten Herrn Meyer“ folgte. Im Jahre 
1876 trat R. von der PBubliziftit gänzlich zus 
rüd und lebt feither, von vorübergehender redaf: 
tioneller Beihäftigung abgejehen, ausſchließlich 
feiner literarijchen Thätigkeit. Außer dem in 
drei Bänden — zulegt unter dem Sammeltitel 
„Fünf Bücher Häckel“ — erſchienenen „Zaienbre- 
vier‘ und den beiden bereits erwähnten Büchern 
(die 1852 gleihfall8 unter dem gemeinfamen 
Titel „Herr Meyer, der Selbitarzt an Leib und 
Seele‘ zu einem Bande vereinigt erfchienen find) 
bat R. zahlreiche bumorijtiiche und parodiſtiſche 
Werke verfaßt, darunter „Neuer freier Parnaß“, 





R. ſich auf ſchriftſtelleriſchem Gebiete zu 
verſuchen. Er fand jofort Aufnahme als 
Feuilletoniit, Später als Redakteur ber 
„Dftdeutichen Poſt“, wollte aber trogdem ; 
auf feine urjprüngliche Abficht, in den 
Eiſenbahndienſt zu treten, nicht verzichten 
und erhielt 1857 eine Stelle bei der Süd— 
Norddeutihen Verbindungsbahn, die er 
1860 mit einer jolden bei der öjterrei- 
chiſchen Südbahn vertauſchte. Doch gab 
er die einmal angeknüpften Beziehungen 
zur Preſſe nicht wieder auf und zog ſich 
durch eine politiſche Satire, welche er in 
einem humoriſtiſchen Wienerblatte erſchei— 
nen ließ, einen Preßprozeß zu, der ihm 
in feinem Fortkommen als Beamter hin: 
derlich wurde, jo daß er fih im Jahre 
1866 entichloß, ſich ganz der Publiziftif 


Das literariihe Deutihland. 


| 





„An Bord des Jules Verne‘, „Der Heine Schwes 
ninger‘, „Der poetilche Reichsjuriſt in der Wes 
ftentafche”. Sein neuefted Werk betitelt ſich: 
„Der hundertjährige Knigge” und ftellt dem vor 
hundert Jahren erfchienenen Buche „Über den 
Umgang mit Menſchen“ ein bumoriftiid;fatiris 
ches Pendant gegenüber, welches „Die Kunft 
mit Menihen umzugehen im Lichte des Humors 
bejehen‘ und im Sinne und Geifte unferer Beit 
aufgefaßt behandelt. Seit 1883 hat R, feinen 
MWohnfig in Berlin genommen. 


Rheine, Neinmar vom, f. W. €. 


‚Schirmer. 


Nichard, Jean, ſ. R. Pohl. 


Nichter, Eduard J. (Radi, E. 3. 
Terrich, Oskar Mühlberg, Veritas), wurde 
am 5. Mai 1846 in Budmweis im füdl. 
Deutihböhmen geboren. Sein Vater war 
der Gründer der nod) jeßt dajelbit exiſtie— 

33 


Richter. 


514 


_— 


rRichter. 


renden zwei Lokalblätter: „Budweiſer legenheit, ſich durch feine Schlagfertigkeit 


Zeitung“ und. „Budweiſer Kreisblatt“. 
N. abjolvierte die Unter: und Oberreal: 
ſchule und wurde ſchon im Jahre 1862 


redneriſch vor feinen Fraktionsgenoſſen 
(Fortichritt) hervorzuthun und zu ihrem 


‚Oberhaupt ſich aufzuihmwingen, nachdem 


Mitarbeiter verjchiedener Journale. Sein | viele der älteren Mitglieder aus der Par: 


erftes felbft. Werk, das Bühnenftüd Die 
Reife nah Rom zum Konzil erihien 1870 
und wurde an vielen Theatern mit Bei: 
fall aufgeführt. In demfelben Jahre trat 
N. in den Wiener Bolizeidienjt und ift 
dafelbft als f. k. Inſpektor der Wiener 
Sicherheitswache noch heute thätig. Er 
ift Befiger der filbernen Rettungsmebdaille 
und mehrerer hoher Belobungsdefrete. R. 
gehört mit zu unferen probuftivften Poſſendich— 
tern, er ift Verfaſſer von über ſechzig Theater: 
ftüden; von diefen hatten am meijten Erfolg: 
Die Damentapelle, der Tambourmajor, Ludwig XI. 
und fein Aitrolog, Vergiftet, Die Reife nach dem 
ferbifch:türfifchen Kriegsihauplag, Falſcher Ver— 
dacht 2c. Auch auf dem Gebiete deö Romans 
war R. mit vielem Glüd thätig. Hervorzuheben: 
Geheime Sünden der Refidenz (1873), Wien, 
wie es liebt und lebt (Federzeichnungen aus dem 
Wiener Volksleben (1878), Das ſchwarze Bud) 
(1883), Der Millionendefraudant (1886), Spätes 
Erkennen und Der Eijentopf (1887). Außerdem 
find zahlreiche Feuilletons, Humoresfen, No: 
vellen, Gedichte, Charaden, Scherze, Lieder in 
vielen deutſchen und öfterreihiihen Journalen 


von R. erſchienen. Seine Arbeiten bewegen fid) | 


meift auf humoriftiihem und patriotiihem Ge— 
biete. R. ift Mitglied des „Erften öſterreichiſchen 
Volksichriften » Vereins” in Wien, ſowie Ehren: 
mitglied mehrerer Humanitätsvereine. 
Nichter, Eugen, wurde am 30. Juli 
1838 in Düffeldorf geboren, befuchte das 
vaterftädtiihe Gymnaſium und die Univer- 
fitäten zu Bonn, Heidelberg und Berlin, 


wo er die Rechte ftudierte. Er trat dann 


in den Staatsdienjt und wurde zunächſt 
in Düffeldorf beſchäftigt. 1864 ermählte 
ihn das Städten Neuwied zum Bürger: 
meifter, die Regierung beftätigte dieſe Er: 
nennung jedod nicht, worauf R. aus dem 
Staatedienft ſchied und der Oppofition in 
feiner nunmehr betretenen parlamenta= 


riihen Laufbahn fi anſchloß. Er gehörte 
Aufenthalt in Madrid mußte wegen Krank— 


zunächit dem Konftituierenden Norddeut— 
ſchen Neichstage, feit 1871 dem Deutjchen 
Neichstage, feit 1869 dem preußischen Ab: 
geordnetenhaufe an. Er fand bald Ge: 


tei gejchieden waren. Barlamentarijch ver: 
folgte R. hauptſächlich den Grundfag, der 
Regierung, Ipeziell aber dem Fürften Bis- 
mard, zu opponieren, mas endlich faft 
zum Ruin von R.'s Partei („Deutich- 
freifinnige”) führte, als bei Gelegenheit 
des „Septennats“ (1886) das Volf wider 
die fleten „Neinfager“ fi erhob und ein 
großer Teil der font „Rechtgläubigen“ von 
N. und feinen Freunden abfiel, fih auf 
des großen Kanzlers Seite jtellend, dem 
Deutichland feine Größe und feine Eini 
feit verdankt. R. iſt Begründer der „F 
finnigen Zeitung“ und fchrieb: Das 
Staatsſchuldenweſen und die preußiſchen 
papiere (1869), Das neue Gejeg, betr. Die Non- 
folidation der preußiſchen Staatsanleihen (1870), 
Praktiſche Anleitung zur Gründung und Ein: 
richtung von Konſumvereinen (1877). 


Richter, Jcan Paul Friedrich Eugen 
(Paul Höffer, Paul Friedrich), geboren 
zu Magdeburg am 22. Februar 1839, 





fiebelte mit feinen Eltern im Jahre 1841 
nah Hamburg über, wo fein Vater eine 
Sortiments- und Verlagsbudhhandlung er: 
richtete und die Herausgabe einer frei: 
finnigen, bald ſehr verbreiteten und an- 
gejehenen Zeitung „Reform“ unternahm. 
Er befuchte das Gymnafium in Altona 
und in Hamburg Auf Wunſch des 
Vaters ging er, da deſſen Verlagsgeichäft 
und die Zeitung eine außergemöhnliche 
Ausdehnung gewonnen hatten, vorerft zur 
praftiihen Erlernung des Buchhandels 
über und bereifte jpäter England und 
Schottland, ſowie Franfreid, wo er ſich 
namentlich längere Zeit in Paris auf: 
‚hielt und fomwohl bier, wie in London 
war er journaliftiich thätig. Sein fpäterer 





heit feines Vaters Schon nach neun Mochen 
unterbrochen werden, worauf er im Jahre 
‚1862 in die Verlagsbuchhandlung als 





Richter. 


Leiter eintrat, ſich aber hauptſächlich auch 
rebaftionell bei der „Reform“ beichäftigte. 
Seine erften veröffentlichten literarifchen Arbeiten 
erjchienen 1860 in der in London herausgegebe: 
nen deutichen Zeitung „Herrmann“, ferner in der 
„Reform“, „Sartenlaube ꝛe. Bom Jahre 1864 
an mar feine literarifche Thätigkeit hauptſächlich 
dem väterlihen Unternehmen zugemwendet und er: 
Ichienen die verichiedeniten Auffäbe, volfswirt: 
fchaftlichen, politiſchen und novelliftiichen Inhalts 
von ihm in der „Reform“. Er bezog ſchließlich 
noch 1869 die Univerfität Göttingen, wo 
er Yurisprudenz ftudierte. Als der Krieg 
1870 zwiichen Deutichland und Frankreich 
entbrannte, trat er als Kriegsfreiwilliger 
in die preußifche Armee ein und machte den 
Feldzug vom Monat November 1870 bis 
Mai 1871 als Offizier mit. Zurückge— 
fehrt nad) Hamburg übernahm er die 
Chefredaktion der „Reform“ und die Ober: 
leitung des ausgebreiteten väterlichen Ge- 
fchäftes. Als 1875 fein Vater ftarb, 
ſah er fih plöglic infolge eines von 
dritter Seite beeinflußten Teitaments von 
feinem Erbe und aus feinem bisherigen 
erfolgreihen Wirfungsfreife getrieben und 
ſah fich defhalb veranlaft, die Redaktion 
der liberalen Tageszeitung „Bremer 
Volksblatt” in Bremen, fpäter die Ne 
daktion der „Hamburger Zeitung“, ſo— 
wie weiterhin die der neuen „Altonaer 
Nachrichten“ zu übernehmen und jchlieflich 
im Jahre 1882 und 1883 bie Redak— 
tion der „Niederichlefiichen Tagespoft“. 
Dftober 1883 fiedelte er nad) Hamburg 
über, ie —* neben der — — 
Leitung „Exporteur“ ganz und gar 
feiner jchriftjtelleriichen Thätigfeit Hin- 
Es erfchienen von ibm: Papa Bertolin 
Singip. mit Tanz, 1864), Poetiſche Malereien 
Gef. et. 1866), Der neue Ejau (Luftip. 1863), 
Anwälte des Rechts (Rom. 1876), Lieder 
Hunger und Durft (1879), Unrubige Herzen 

. 1880), Farbig Blut (1879), Ein Domi- 
nifaner (Nov. 1882), Aus Anftandögefühl ver: 
heiratet (. . 1882), Ber Hurierzug II. Klaſſe, 
* der Erde (Poſſe 1878), Auf hoher Wacht 
Schaufp. 1877), Nur ein Schwefelholz —5 — 
EN Das Geheimnis der Penſion (Luftip 
1875), Aus fleinen Orten und Winkeln (Humor. 


515 


Richter. 


(novell. Erz. 1884), Durch Wucherhand erfannt 
(Nov.), Vom Schidfal verfehlt (Rom), Aus Ges 
fängnismauern, Neue Sagen : Ehronif (1882), 

ie ih Seemann wurde (Hum.), Familie Butts 
farfen (Roltsft.), Wer ift wahnfinnig (Nov.), 
Aus Kriminalaften (Nov. 1885), Gedichte des 
Hamb. Zoolog. Gartens (1880), Komteß Cäcilie 
(Schaufp.), Eine Teftamentsvollftretung (Nov, 
1585), Weit, ad) weit, Weltenweit (Nov, 1885), 
Auf des Meeres Wellen (Zauberp. 1886), Unfere 
Schutzleute (Volksſt. 1886). R. hat außerdem 
verſchledene Überſetzungen aus dem Englifden, 
Spaniſchen, Franzöfiihen und Italieniſchen ger 
liefert. Seit 1887 führt er die Chef-Redaktion 
der intern. Zeitichrift für Induftrie und Handel 
„Der Weltmarkt“, in welcher viele interefiante 
ı Bilder aus den Induftriewerkftätten im Feuille⸗ 
|tonftil aus feiner Feder ſtammen und Anerfen: 
nung verdienen. 


Richter, Karl Arthur Richard, wurde 
am 19. Januar 1837 zu Gumbinnen 
geboren. 1839 murde fein Vater nad) 
Tilfit verfegt, und der Knabe und Jüng— 
ling beſuchte das dortige königl. Gym⸗ 
nafium von 1846—1856. Er ftudierte 
dann von 1856—1859 zu Königsberg 
evangeliiche Theologie und unter Führung 
von Karl Roſenkranz Philofophie. Er 
ergriff den Beruf als Pädagoge, beftand 
die theologiihe Prüfung und das Ober: 
lehrereramen, aud promovierte er zum 








Doktor der Philoſophie. Das gefegliche 
pädagogijche Probejahr leijteteer am Gym⸗ 
nafium zu Memel ab, die erfte ordent: 
liche Lehrerjtelle fand er am Realgymnas 
fium in Magdeburg. Dann berief ihn 
Provinzialihulrat Heiland an die Dome 
Gymnafien zu Magdeburg und Halber- 
ftadt, am legteren Orte wurde er zum 
Oberlehrer befördert und erhielt 1875 
das Patent als Profeſſor. 1879 wurde 
er vom Direktorium der Frande’ichen 
Stiftung nah Halle berufen und wirkt 
bier vornehmlich als Religionslehrer am 
Realgymnafium und am Seminarium 
praeceptorum der genannten Stiftungen. 
In den Jahren 1882 und 1883 war er 
gelegentlich für das Fach der Philoſophie 
Mitglied der kgl. wiſſenſchaftlichen Prüs 


Beobachtg. 1881), Das Geheimnis der Loge fungskommiſſion. 


(Rom. nach dem Franzöf.), Yon Woge zu Woge 


Seine Thätigfeit als Schriftfteller begann er 
33* 


Richter. 


mit der Veröffentlichung einer Studie für Ajthetif 
und Pſychologie Die Phantafie und ihre Schöpfun: 
en (1864). Dann murde er Mitarbeiter an 
eitfchriften für Philoſophie ꝛc. Sie enthalten 
ablreiche zum Teil umfangreiche Beiträge von 
m zur Gefchichte und Kritik der Philoſophie 
und Pädagogik. Dann find hervorzuheben unter 
dem Titel: Neuplatonifhe Studien, eine Dar: 
ftellung des Lebens und der Philofovia des 
Plotin (1864—67), Kants Anfihten über Er: 
ziehung, Kant als Äſthetiker, Geſchichte des 
Stephaneums in Halberftadt (1864—1875), 
Über Rafaels Schule von Athen (1882), Jo: 
hann Fichte, ein LZebensbild (1884), Wahrheit 
und Dichtung in Platons Leben (1887), Über 
Schillers philoſophiſche Gedichte (1887), Grund: 
legung einer Geſchichte der deutſchen Philoſophie 
(1887). Einzelne Gedihte von ihm find als 
Beiträge zerftreut erihienen. Er beabſichtigt noch 
die Herausgabe eines Lehrbuchs zur Einführung 
in das Studium des Syitems, Die Geichichte der 
philofophiihen Probleme, eines organifatoriichen 
Entwurfs des evangeliihen Religionsunterrihts 
an höheren 2ehranftalten. 


Richter, Karl Friedrid, wurde am 
8. Januar 1837 in Somsdorf bei Tha- 
randt geboren, von 1853—57 auf dem 
Seminar zu Friedrihitadt-Dresden für 


516 


den Lehrerberuf vorgebildet und dann in | 


feinem Heimatsorte als Hilfslehrer ans 
geſtellt. 1859 erhielt er eine Lehrerſtelle 
in Leipzig, hörte hier eine Neihe von 
Jahren an der Univerjität namentlich phi- 
lofophiiche Vorlefungen und wurde 1875 
zum Echuldireftor befördert. Angeregt 
durch die Erfolge, welche mehrere feiner 
Arbeiten bei den alljährlihen Preisaus— 
fchreibungen der für frühere Zöglinge des 
obengenannten Seminars bejtimmten „von 
Ammonſchen Stiftung“ in Dresden er: 
rangen, und veranlagt durch den äußeren 
Drang des Lebens, wandte er ſich bald 
neben feiner Berufsthätigfeit der päda- 
gogiihen Schriftjtellerei zu, Ichrieb Ar- 


tifel für verjchiedene pädagogiiche Blätter | 


und Jugendzeitichriften und giebt jeit1869 
die „Pädagogiiche Bibliothek, eine Samm⸗ 
lung der wichtigſten pädagogiſchen Schrif⸗ 
ten älterer und neuerer Zeit“ heraus. 
Von denjenigen Arbeiten, welche teils 








durch die Ammonſche Stiftung, teils durch 
andere Vereine, wie den „Allgemeinen 


Riedel. 


deutſchen LZehrerverein“, die „Dieitermeg- 
ftiftung“ und den „Fröbelverein“ in Ber- 
(in prämiirt wurden, find folgende als 
jelbjtändige Schriften erfchienen: 
Die Seeljorge des Unterrichts und die Haupt« 
bedingung eines jegensreihen Wirkens in ber 
Schule (1362), Die Anforderungen der Gegen» 
wart an den Boltsichullehrer (1867), Der Ans 
Ihauungsunterricht in den Elementarklaſſen nad 
feiner Aufgabe, feiner Stellung und feinen Mit: 
teln (1869, 3. Aufl. 1887), Die Emanzipation 
der Schule von der Kirche und die Reform des 
Religionsunterrichtes in der Schule (1870), Die 
Reform der Lehrerfeminare nad) den Fordern 
der Zeit und der heutigen Pädagogik (1874), 
Kindergarten und Volksſchule in ihrer organiſchen 
Verbindung (1876), Die Herbart-Zilferfchen fors 
malen Stufen nad ihrem Wefen, ihrer gefchicht» 
lien Entwidelung und ihrer Anwendung im 
Volksſchulunterrichte (1888); außerdem noch die 
Gelegenheitsihrift: Dr. Martin Luther (1883). 


Riedel, Karl, geboren am 29. Sep- 
tember 1848 zu Saybuſch in Galizien, ge 
noß deutihe Erziehung, ftudierte in Ol 
müß und Troppau, abfolvierte die Wiener 
Univerfität und ijt feit 1872 als klaſſ. 
Philolog an den Gymnafien zu Znaim, 
Horn (N. Diterr.) und Waidhafen a. b. 
Thaya (N.Oſterr.) thätig. Seit 1886 
Herausgeber und Eigentümer der „Wald: 
viertler Nachrichten“. Verfaſſer von 
reihen Gedichten, Geſchichten, Novellen, Brin 
Dtto, Überfegungen aus dem Analreon, Das 
Sujet der Antigone, Der Epitaphios des Thuky: 
dides, Überſetzung des Stiftungsgedichtes vom 
Stifte Zwettel. H 

Riedel, Karl Louis, wurde den 29, 
April 1847 in Gelenau im ebir 
als der ältejte Sohn armer Fabrifarbeiten 
geboren, ſchaffte jelbit vom 10. bis 18 
Lebensjahre in der Fabrik, befuchte nad 
feiner Konfirmation von 1861—66 da 
fönigl. Schullehrerjeminar zu Annak 
und ijt ſeitdem als Lehrer im fächliiche 
Vogtlande angeftellt. Obgleich Erzge 
von Geburt, lernte er das vogtländ 
Völfchen und feine Sprade und Eige 
heiten ſchätzen und lieben, und hat est 
folgenden Werkchen barzuftellen gemi 

Derham iS derham (Gedichte in vogtländiidher 
Mundart 1884, jet 4. Aufl.), In der Hubenftun 
(Gedichte und Erzählungen in vogtl. Mumde 
















5 


Ricdel-Ahrens, 


1885, jett 4. Aufl.), 's Bornfinnel (eine Ge 
Ihichte in vogtl. Mundart 1886, jetzt 2, Aufl.), 
Af'n Summerhaufen (ein kleines Luftipiel, Er— 
zählungen und Gedichte in vogtl. Mundart 1886, 
jetzt 2. Aufl.), Der Foosnetnarr (eine Gefchichte 
in vogtl. Mundart 1887). 


Niedel:Ahrens, Bertha (Silvio 
Lugano). Ich bin am 16. September 
1850 in Lübeck geboren, bildete mich zur 
Lehrerin dafelbit aus, und folgte, 18 Jahre 
alt, einem Rufe meines älteren Bruders, 
des Mrofeflors der lateiniſchen und 
griehiichen Sprade, Eduard A., nad) 
Rio de Janeiro, wo derfelbe weilte. Ich 
wurde Erzieherin im Haufe des Thonaz 


Evetho de Almeida, fpäteren Aderbaus 


minifter, — meilte in der Hauptitadt, an 
den Ufern des Parahyla, in Campos, 
Villanora und Petropolis ꝛc. Schon hier 
begann ich, angeregt von der großartigen 
Natur, einzelne Dichtungen, Gedichte, die 
unter dem Titel: Grüße an Deutfchland vers 
Öffentlicht wurden und vielen Beifall fan- 
den. Dann verheiratete id) mich mit 
dem deutjchen Ingenieur F. N. Niedel; 
wir gingen, nad) einem zehnjährigen Auf: 
enthalt in den Tropen, nad) Deutichland 
zurüd, wo mein Gatte infolge eines un: 
glüdlihen Geſchäftes fein ganzes Ver- 
mögen verlor. Er ging nah Brafilien 
zurüd, ſtarb jedoch in Montevideo am 


Sieber. 


Sleih nah der Abreife meined Mannes bes | 


gann ich meine lange heimlich betriebene litera- 
riihe Thätigfeit von neuem, da ich bei feinen 
Lebzeiten mich ihr nicht hatte widmen dürfen. 
Mein eriter Roman mwar „Enthüllte Frauen: 
bergen“ (2, Aufl. 1884). 1885 folgte mein 
zweiter Noman „Die Königin der Nacht”. 1886 
erihien der Roman „Schiffoͤruch“. Ferner: Licht: 
und Schattenbilder aus Brafilien“ (1887), „Ros 
landsholm” (Rom.), „Skizzen aus Brajilien”, 
In den 
Ihriften wurden von mir mehrere Novellen und 
Auffäge gedrudt. Jetzt arbeite ich an einem 
neuen Werke „Tropiihe Nächte”. Ich bin 
Lehrerin der engl., franz, fpan. und 
portugiefiihen Sprache und habe eine An: 
ftellung an der Induſtrieſchule zu Halle 
als Lehrerin des Deutichen und der Lite: 
ratur inne. 


) 


„Sonntagöflängen“ und anderen Zeit: | 


17 


— Riegel. 

Riegel, Herman, wurde am 27. Fe— 
bruar 1834 zu Potsdam geboren, beſuchte 
das Gymnaſium daſelbſt und ſpäter die 
Univerſität zu Berlin, um Philoſophie, 
Geſchichte und beſonders Kunſtgeſchichte 
zu ſtudieren. Nachdem er eine Zeit lang 
in Berlin als Schriftſteller gelebt und 
zahlreiche Studienreiſen gemacht hatte, 
‚leitete er ſeit 1868 das ſtädtifche Mu: 
‚feum zu 2eipzig und las gleichzeitig an 
‚der dortigen Univerfität als Privatdozent 
über Kunſtgeſchichte. 1871 folgte er 
einem Rufe nah) Braunfchweig, wo er 
als Direktor des herzogl. Mufeums und 
Profeſſor an der technischen Hochſchule 
noch feinen Mohnfig hat. R. iſt Ehren: 
mitglied der k. belg. Kunit:Afademie zu 
Antwerpen, Ritter verichiedener Orden 
u. ſ. w., aud Stifter und 1. Vorfigender 
des „Allgemeinen deutichen Spracver: 
eins“. Literariſch hat fih R. befonders 
‚einen Ruf als Autorität auf dem Gebiete 
der Kunftgefchichte erworben. Namentlich 
madte ihn feine verdienſtvolle Geſchichte 
bed Wiederauflebens der deutichen Kunft (1876) 
zuerjt weiteren Kreijen befannt. Außer: 
‚dem heben wir von feinen Werfen als 
die bedeutendften hervor: 

Grundriß der bildenden Künſte (3. Aufl. 1875), 
Cornelius, der Meiſter der deutichen Malerei 
(1866), Deutiche Kunftitudien (1868), über die 
Darftellung des Abendmahles (1869), Stalies 
niſche Blätter (1871), Kunftgefchichtliche Vorträge 
und Aufläge (1877), Beiträge zur Niederländifchen 
Kunſtgeſchichte (1882), Geſchichte der Wandmalerei 
in Belgien jeit 1856 (1882), Beter Cornelius 
(1883), Die vorzüglichiten Gemälde des herzogl. 
Mufeums zu Braunſchweig (1886), Der allge: 
meine deutſche Spradwerein u. ſ. m. (1886), 
Ein Hauptftüf von unferer Mutterfprahe (2. 
umgearb, Aufl. 1888), Zeitfchrift des allgemeinen 
deutſchen Sprachvereind (erfcheint feit 1886). 


Riehl, Wilhelm Heinrih, wurde am 
6. Mai 1823 in Biebrich geboren, mid: 
mete fich dem Studium der Theologie, 
Philofophie und Kultur: und Kunftges 
ſchichte an den Univerfitäten Marburg, 
Tübingen, Bonn und Gießen. Alsdann 
‚wandte er fich der Journaliftif zu. Er 
| wirkte zunächft als Nedafteur der „Ober: 





l 





| 





518 


Rieks. 


Rieks. 


poſtamtszeitung“ in Frankfurt, danach an mancher Überredungsverſuche, die an ihn 
der „Karlsruher Zeitung“, jpäter der herantraten, katholiſch zu bleiben gedachte, 
„Naſſauiſchen Zeitung”, dann der „All: ift dem Einfluß feines Elternhaufes nicht 


gemeinen Zeitung” in Augsburg. Hier 
war er bis zum Jahre 1853, da ihn der 
König Darimilian II als Profeffor an 
die Univerjität München berief. 1885 
wurde N. zum Direktor des bayriichen 
Nationalmujeums und zum Generalfon: 
jervator der Kunſtdenkmäler und Alter: 
tümer Bayerns ernannt. 

Literariich ragt R. beionders ala Kulturhiſto— 
rifer hervor. Die bedeutenditen feiner mweitver: 
breiteten Werke find folgende: Naturgefhichte des 
Volkes (1851—69): Die bürgerlihe Gelellichaft 
(8. Aufl.), Land und Leute (8. Aufl), Familie 
(9. Aufl.), Wanderbuh (3. Aufl.), Mufitalifche 
Charafterföpfe (1853— 78), Kulturgeſchichtliche 
Novellen (1856), Hausmuſik (1856), Kulturſtudien 
aus 3 Jahrhunderten (1859), Die deutiche Ar: 
beit (1861), Geichichten aus alter Zeit (1863 
bis 1866), Geſammelte Vorträge (1872—85), 
Aus der Ede (1874), Geſammelte Geſchichten 
und Novellen (1879), Am Feierabend (Nov. 
1880). 


Rieks, Joh., wurde am 14. Juli 
1843 in Bruchhauſen bei Gorvei an der 
Weſer geboren. Nicht ohne Einfluß auf 
die jpätere Denfweile Rs war der Geift 
der konfeſſionellen Duldung in der ge: 
miſchten Bevölkerung feines Heimats— 
ortes, der rege Verkehr im proteftantiichen 
Pfarrhaufe, jowie der Unterricht eines 
israelitiihen Lehrers, mit dem er außer 
der Schulzeit moderne Spraden, Ge: 
ihichte und Hebräiich tried. Durch den- 
jelben wurde er aud mit Renau und 
Strauß befannt, ohne daß die Lektüre 


ihn in feiner idealfatholiihen Weltanz | 
Nach abiol- 


Ihauung erjchüttert hätte. 
viertem Gymnaſium blieb er feinem früh 


gefaßten Plan, Theologie zu jtudieren, 


getreu und bezog nad) kurzem Aufenthalt 
in Bonn die Univerfität München. Phi— 
loſophiſche Studien beim Bantheilt Brantl, 
geihichtlihe bei Wiehl, v. Gieſebrecht 
und Cornelius, linguiftiihe bei Marc: 
Müller, Halm und Haneberg, theologiiche 
bei Schmied und Reitmayer beichäftigten 
ihn Hier ununterbrohen. Daß R., troß 








minder, wie dem feiner humanen Religions 
lehrer und vor allem dem Umſtande zuzus 
ichreiben, daß Döllinger, wie die Bader: 
borner Theologen Dswald, Evelt, Bade und 
Kayſer mit vielen fpezifih römiſchen 
Lehrern im Widerfprude Itanden, und 
eine Trennbarfeit des Katholizismus vom 
NRomanismus aufrecht erhalten zu können 
meinten. Das vatifaniihe Konzil hat 
1870 dieſen jogenannten „idealen“ Ka— 
tholizismus verworfen und alle zentris 
fugalen Bejtrebungen und chriftlichen 
Freiheitsideale innerhalb der Fatholifchen 
Kirche dem päpftlihen Abjolutismus und 
der unfehlbaren Stuhlfprühe des rö- 
mischen Völferhirten zum Opfer gebradt. 
In dem Konziljahre gingen die MWogen 
der Aufregung ungeheuer hoch. Der Alt- 
fatholizismus wurde geichaffen; heftig 
wurde in kirchlichen Wochenſchriften und 
politiſchen Zeitihriften für und wider 
gekämpft. Auch R. veröffentlichte in Zeitfchriften 
und Tagesblättern Artitel, gab auch eine —— 
ach 


Schrift gegen das neue Dogma heraus,en 


er Schon 1869 in einer aus dem Franzöſiſchen 
überjegten Schrift über den „Katholizismus in 
Amerifa” feiner freiheitlihen Weltanfhauung 
einen nicht minder fräftigen Ausdrud gegeben 


hatte. 1874 gab er feine Stellung im höhe: 


‚ren Schuldienit der Neichslande auf, die er 


drei Jahre inne gehabt hatte, um, dem 
Drängen altkatholiicher Freunde nachge— 
bend, Stadtpfarrerin Heidelberg zumerden. 
Dafelbit erfuhr er, daß nur erit ein ſoge— 
nanntes Komitee von Altkatholiken eriftiere 
und er erit eine Gemeinde gründen müſſe. 
Das gelang ihn aud), ebenjo im benach— 
barten Ladenburg und anderen Orten. 
Mit Begeilterung arbeitete er unermüdlich 
und lebte des Glaubens, daß im fatho- 
lichen Wolfe nod) genug Elemente vor- 
handen feien, um eine von Rom unab- 
hängige ideal-fatholifche Kirche zu bilden. 

Während feiner angeftrengteften jeelforgerifchen 


 Thätigfeit durch 13 Jahre hindurch, hat er 19 


Schriften veröffentlicht, von denen feine —— 
der chriſtlichen Kirche und des Papſttums die 


Riemann. — 
wichtigſte iſt. Ferner hat er 12 Jahrgänge der 
Wochenſchrift „Altkatholiſcher Bote“ herausge— 
geben, die, gewaltſam unterdrückt, einging. Als 
Grund wurde u. a. angegeben, daß das Blatt 
leugne, es babe in der Apoftelzeit Biſchöfe im 
heutigen Sinne gegeben, ferner das Fegefeuer 
anzmweifle und die Maßnahme der Kirchenbehörde, 
ſowie die Schriften der Mitglieder der Kirchen: 
behörde einer objektiven Kritif unterzöge. 


Niemann, Auguſt Wilhelm, geb. zu 
Mühlhaufen in Thür. am 13. Dezember 
1827, bejudhte das Gymnaſium jeiner 
Vaterſtadt und verließ dafjelbe 1847, um 
ih dem Bergfache zu widmen. Seine 
praftiiche Ausbildung erhielt er auf den 
Bergs, Hütten- und Salzwerfen des Ober: 
bergamtsbezirks Halle, feine theoretijche 
auf den Univerfitäten Halle und Berlin. 


Im Jahre 1854 beitand er die Eleven= 


prüfung für das Berg und Hüttenfach 
und wurde darauf zur Hilfeleiftung auf 
dem Eifenhammer zu Kubdorf in der Neu— 
marf verwendet. 1856 erfolgte jeine Er- 
nennung zum Bergrevierbeamten zu Kir: 
hen a.d. Sieg und 1858 wurde er als 
folder mad) Wetzlar verjegt, wo er nod) 


jest thätig ift. Die gründliche Erforfchung | 


jeines Reviers, welches uriprüngli nur 
den Kreis Wetzlar umfaßte, nad) der Bes 
endigungg des preußiich-öfterreichiichen Krie⸗ 


ges im Jahre 1866 aber durch den Hinzu⸗ 


tritt des vorher großherzoglich heſſiſchen 
Kreifes Biedenkopf erweitert wurde, in 
bergmänniicher, geognoftiicher und berg- 
werfsgeichichtlicher Beziehung betrachtete 
er als eine feiner wichtigſten Aufgaben. 
Veröffentlicht find von ihm folgende Schrif- 
ten: 

Das Vorfommen, die Verbreitung und Gewin— 
nung des Braunfteind im reife Wetlar (1862), 
Mitteilungen über den Bergbau im Bergrevier 
Oberheſſen während des Jahres 1866 (1867), 
Ein Beitrag zur Geihichte des Bergbaues und 
des Bergrechts im Kreiſe Wetzlar (1871), Be: 
ſchreibung des Bergreviers Wetzlar, bearbeitet im 
Auftrage des Königlichen Oberbergamts zu Bonn 
(1878), Urkundliche Nachrichten über den alten 
Silbererzbergbau bei Gladenbach (1881), Einige 
urfundliche Nachrichten über die früheren berg: 
rechtlichen Verhältniffe in der Standesherrihaft 
Solms:Braunfels (1585). 


519 


— Niezler. 

Niezler, Siamund, geboren am 2. 
Mai 1843 in Münden, als Eohn eines 
Kaufmanns, ftudierte an der Univerfität 
Münden Geichichte und Jurisprudenz und 
habilitierte fi) ebendort als Privatdozent 
‚für Geſchichte. Nachdem er als Frei: 
williger den franzöliichen Feldzug mit— 
gemacht hatte, wurde er 1871 als Vor: 
ſtand des fürſtl. Füritenbergiichen Archivs 


‚und der fürjtl. Bibliothet nah Donau— 
\eichingen berufen, von wo er 1883 in 


‚ee Vaterftadt zurückkehrte, wo er nun— 
mehr als Oberbibliothefar der Hof: und 
Staatsbibliothek, Direktor des kgl. Maris 
‚milianeums und Mitglied der Akademie 
‚der Willenichaften lebt. 
Bon feinen verdienftlihen Werfen heben wir 
bervor: Die literariihen Widerjacher der Päpſte 
zur Zeit Kaiſer Ludwig des Baiern (1874), 
Fürſtenbergiſches Urkundenbuch und Geichichte des 
fürſtl. Haufes Fürftenberg (1877 —83), Geſchichte 
Baierns (bis jegt 2 Bände. 1878, 1880). 
Niffert, Julius Ehrenfried, geboren 
am 7. Dezember 1854 zu Halle a. ©. 
als Sohn eines Kaufmanns. Frübzeitig 
beider Eltern durch den Tod beraubt, fam 
er im achten Lebensjahre zu einem Onkel 
nah Gollnow i. ®., dann, als Diefer 
1867 nad Berlin überfiedelte, ebenda— 
bin, wo er bis 1875 das Luiſenſtädtiſche 
Nealgymnafium beſuchte. Won 1875 bis 
1879 jtudierte er, und zwar neuere Spras 
chen und Literaturen,: Geſchichte und 
Kunftgeihichte in Berlin und Leipzig und 
promovierte 1879 in Tübingen mit der 
Monographie: Die Hermannsſchlacht in der 


deutſchen Literatur (1880). 1880 jeinen Wohn⸗ 


fig feit in Leipzig nehmend, trat er in 
die Redaktion der Halbmonatsjchrift „All: 
gemeine Literarische Korreipondenz“ ein, 
die er zulegt (bis 1881) jelbftändig leitete, 
und ijt feit diefer Zeit ftändiger Mit- 
arbeiter für Shönmwiffenichaftliche Literatur 
an der fgl. „Leipziger Zeitung“. An 
der 1882 erfchienenen „Guſtav Freytag- 
Galerie” ift R. als Mitherausgeber be— 
teiligt. Neben diefen literarhiitorischen 
und journaliftiihen Arbeiten jteht als 








Hauptthätigfeit für R. die für das Drama 


Ring. 


und Theater da, dem er fchon früh feine | 


Neigung zumandte. 1883 erſchien, von 
Ernit Poſſart lebhaft befürwortet, Die 


520 


fhon früher geſchriebene Trilogie: Kaiſer 


Heinrih der Vierte Königswert (Xorfp.), Die 
Sachſen (Schaufp.), König Heinrih und Gregor 
(Schaufp.), Kaiſer Heinrih3 Tod (Trauerfp.)]; 
jeitdem ift R. mit neuen dramatiichen 
Plänen beichäftigt: Elifabeth von der Pfalz 
(Trauerfp.), Bauer Ruprecht (Schaufp.), Die 
Borgia (Trauerfp.). Cinzelnes daraus iſt 
bereits in Zeitichriften veröffentlicht. Auch 
als Theaterfritifer war und ijt R. 1hätig. 


Ring, Dar, wurde zu Zaudig bei Ra— 
tibor am 22. Juli 1817 geboren, bejuchte 
bezog 1836 die Univerfität Breslau, jpäter 
die zu Berlin, um Medizin zu ftudieren. 
Nach feiner Promotion und abgelegtem | 
Staatseramen ließ er fi als Arzt in 
Pleß, ſpäter in Gleimig, ſchließlich in 
Breslau nieder. Inzwiſchen widmete er 
alle feine Muße literarifchen Arbeiten, 
war auch im großen Jahr von 1848 


journaliftiich thätig. 1850 fiedelte er nad) 


Berlin über, des literariihen Puls: 
fchlages der Großſtadt wegen, da er mit 
der Äbſicht umging, fpäter ausſchließlich 
der Schriftftellerei zu leben. Nach eini- 
gen Jahren gab er denn aud) die ärztliche 
Praris auf und führte feinen Lieblings: 
plan aus. Er lebt noch jegt als ange: 


fehener Autor in Berlin im glüdlichen | 


Kreife feiner Familie. R. gehört zu uns 
feren fruchtbarften Romanfcriftitellern, 
ausgezeichnet durch eine ungemeine Phan⸗ 
tafie und Scharfe Charakterauffaſſung. 
Hauptwerke: Berlin und Breslau (1849), 
Die Kinder Gottes (1851), Stadtgeihichten 1850), 
Der große Kurfürft und der Schöppenmeiiter 
(1852), Verirrt und erlöft (1855), Handiwerf 
und Studium (1856), Aus dem Tagebuche eines 
Arztes (1856—58), John Milton und feine Zeit 
(1857), Der Geheimrat (1857), Neue Stadtger 
ſchichten (1858, 65 und 76), Eine arme Seele 
(1859), Der Sohn Napoleons (1860), Scarrons 
Siebe (Luſtſp. 1860), Roſenkreuzer und Illumi— 
naten (1861), Vaterländiſche Geihichten (1862), 
Ein verlorenes Geichlecht (1867), Fürft und Mufifer 
(1869), Götter und Göten (1870), Seelenfreunde 
(1871), Loſe Vögel (1872), Unfehlhar (1874), 





Ringsdorff. 


Der große Krach (1875), Eine unverſorgte Toch— 
ter (1876), Die Lügner (1878), Das Haus Hillel 
(1879), Goldene Ketten (1881), Berliner Kinder 
(1883), Frauenherzen (1883), Hanfa (1883), 
Eine liebenswürdige Frau (1884), Die Spiri« 
tiften (1885), Unterm Weihnahtsbaum (1885), 
Auferftanden (1886), Der Sieg der Liebe (1886). 


Ningsdorff, Ewald, geboren 10. 
März 1861 zu Elberfeld, empfing feine 
erfte Ehulbildung auf der Oberrealjchule 
feiner Vaterftadt und befuchte ſpäter die 
Univerfität Berlin. Seit 1882 thätig 
als Sprodhlehrer, Tagesichriftiteller frei- 
finniger Richtung, Verfaſſer verfchiedener 
Erzählungen mit fozialem Hintergrunde, 


onaı : 
das Gpmnafium in Iegigen. Gtabt und| Mitarbeiter der in Breslau ericheinenden 


illuftrierten Zeitichrift „Die Neue Welt“. 
Rinhart, K. . 8. Zitelmann. 


Riotte, Hermann, wurde am 4. Juli 
1846 in Elberfeld geboren als der Sohn 
des damaligen Direktors der Bergiſch— 
Märkiſchen Eifenbahn, der in die 48er 
Wirren verwidelt, mit feiner Familie 
1849 Europa verließ, um im fernen 
Meften, im Staate Teras, eine neue 
Heimat zu fuchen. Dort in der Halb» 
wildnis verlebte NR. feine Kindes: und 
erften Jugendjahre und jammelte einen 
reihen Schatz unvergeßlider Erinne- 
rungen. Die jyitematifche Geijtesbildung 
ließ allerdings viel zu wünſchen übrig. 
Zum Kaufmann bejtimmt, machte R. feine 
erjte Lehrzeit in einem deutichen Geſchäfts— 
haufe dur, um danı 1861, abermals 
ald Sohn eines politiihen Flüchtlinge, 
mit feinem Vater und mehreren Ge: 
ihmwiftern, die neue liebgewonnene Heimat 
zu verlaſſen umd nad New-York zu flüch- 





‚ten, da fein Water im ausgebrodhenen 


Kampfe um die Oberherrichaft des Nor: 
dens oder Südens der Vereinigten Staaten 
als ein Gegner der Sklaverei aufgetreten 
war. In New-York wurde derjelbe von 
Lincoln zum Gejandten der Vereinigten 
Staaten von Zentral:Amerifa ernannt. 
H. NR. begleitete ihn auch dahin, lebte in 
Cofta:NRica mehrere Jahre und trat dann 
in Begleitung zweier jüngeren Brüder 





Riotte, 


eine Reife nah der Echmweiz an. 


521 
Im | Berlin thatfächlich ins Werk fegte, wurde 


Rittberg. 


Haufe des befannten hochangeſehenen Pro: | bei jeder Gelegenheit wieder erfaßt und 
fefiors ©. N. Wislicenus in Zürich ver- nad) feiner Rückkehr in Leipzig fortgefegt. 


lebte er mehrere weitere Studienjahre 
und fehrte nach 2’/sjährigem Aufenthalte 
nad Amerika zurüd, war zuerft in Boſton, 
darauf in New-York und dann im fernen 
Neu-Mexiko als Kaufmann thätig. 1869 
Schiffte er fih wieder nah Europa ein, 
um an der Univerfität Zeipzig feine Stu: 
Dien auf eigene Hand und ohne irgend 
welche Unterftügung fortzufegen. Im 
Leipzig begann er unter Yaube’3 anre— 
gendem Theaterregime feine dramatijch 
Literariihe Thätigfeit mit Lopau (Trip.), 
und widmete fih für mehrere Jahre 


der Bühne, damals zulegt als Sefretär 


und Dramaturg am Stadt-Theater zu 


Noftod. Darauf kehrte er nad) Leipzig. 


zurüd, wo er im ®ereine mit Dr. ®. 
Mislicenus das Blatt „Die Literatur” 
begründete und längere Zeit leitete. 
1873 verheiratete er fih mit Natalie 
Winkler, einer geiltvollen SLeipzigerin, 
1874 wurde er zum Direftor der deut- 
ſchen Genofjenichaft dramatifcher Autoren 
und Komponiiten auf Veranlaſſung R. v. 
Sottichalls ernannt, welche Stelle er meh: 
rere Jahre hindurch befleidete.e 1876 
verließ R. Leipzig, um einige Jahre im 
Eliaß zu verleben, wo fein Vater unter: 
deilen, nachdem er aus Amerifa zurüd- 
gefehrt war, als k. Friedensrichter fich 
niedergelaffen hatte. Darauf führte R. 
ein wechielvolles Wanderleben. Er war 
Sefretär am Augsburger Etabdttheater, 
dann Darjteller und Regiſſeur in Wien. 


Darauf reifte er mehrere Jahre als Se: 


fretär eines Impreſario und Konzert: 
unternehmers, zulegt als Begleiter des 
Naturforichers A. E. Brehm 1883/84 
durch die Vereinigten Staaten von Nord: 
Amerifa. Doc hatte er fein literariiches 
Schaffen nicht ganz aus dem Auge ver: 
loren. Eine von ihm Ende der fiebziger 
Jahre gefaßte dee einer Verſuchsbühne 
für literariih wertvolle dramatiſche 
Werke, die er im Jahre 1880 zuerft in 


In neuerer Zeit Ichrieb R. mehrere Luſtſpiele 
und arbeitete viele jeiner Dramen techniſch aus. 
Eine größere Ballade „Der Weihe Hirſch-See“ 
| brachte ihm die freundlichiten Urteile, eine andere 
| arößere novelliftiiche Arbeit „Aus den Papieren 
eines Verſchollenen“ findet der Eigenartigfeit 
des Stoffes wegen feine Aufnahme. An 
felbftändigen Publikationen, den ge 
nannten, hervorzuheben: Julian (Dram. 1871), 
Des Bruderd Vermächtnis (Nov. 1871), Der 
moderne Diogenes (Rom. 1874), Königsmark 
(Dram. 1875, 2. Aufl. 1883), Bearbeitung von 
Kleiſts Pentheſilea (1876), Im Interregnum 
(Dram. 1880, 2. Aufl. 1883), Pieudongm 
(Euftip. 1886), Mich. Kohlhaas (Trauerip. 1886), 
‚Neue Bibl. für das deutiche Theater (1886). 


Nittberg, 9. v., ſ. Wilh. Grothe. 


Nitter, Hermann. Ah wurde am 
‚15. September 1849 in Wismar an der 
Oſtſee (Mtedlenburg) als Sohn eines Be: 
amten geboren. Nach genofjener Schul: 
bildung in Schwerin trat id) 1865 in die 
| „Neue Atademie der Tonkunſt“, fpäter in 
‚die „Hochſchule für Muſik“ ein. 1870 
verließ ic Berlin, um während zweier 
Jahre als Hofmufifer in der Hoftheater: 
fapelle zu Schwerin zu fungieren. Nach 
Erfüllung meiner Militärpflicht als Ein: 
jährig-Sreimilliger berief man mid als 
Dirigent des ſtädtiſchen Orcheſters nad) 
‚Heidelberg, in mwelder Stellung id nur 
ein Jahr verblieb; denn mich mutete das 
handmwerfmäßige Betreiben der Mufik, wie 
‚es eine folhe Stellung mit ſich bringt, 
wenig an, in welcher es Gebot ift, im 
Kampfe ums Dafein um jeden Preis mit 
der Muſik Geld zu verdienen und dem 
großen Haufen jo viel als möglich Kons 
'zefftonen zu machen. Ich beichloß der 
Muſik als Beruf Valet zu jagen. Mein 
ſehnlichſter Wunſch, ein tüchtiger Künftler 
zu werden und für die Mufif und ihre 
Fortentwidelung etwas Bedeutendes zu 
leiten, war in mir aber trogdem immer 
‚lebendig geblieben. Ich fahte den Ent» 
Ihluß, mir auch nad) der Seite der Mil: 
jenichaft der Kunſt eine akademiſche Bil- 


außer 








Ritter. 


dung zu geben, deren Erlangung mir 
durch den Beſuch der Univerfität Heidel: 
berg ermöglicht wurde. 1874 wurde id) 
an der Univerfität Heidelberg immatriku— 
liert. Meine hauptjählichiten Lehrer an 
diefer Hochſchule der Wifjenichaft waren 
der Archäologe B. Stark, der Aſthetiker 
und Philoſophieprofeſſor Kuno Fiicher, 
jowie der Mufikhiftorifer L. Nohl. Bier 
in Heidelberg, während meiner Studen- 
tenzeit, faßte ich die dee, die bisher ge: 
bräudhlihe Viola oder „Bratihe” im 
Tone zu verbeilern, was mir auf Grund— 
lage wiſſenſchaftlicher Erkenntnis in der 
neuen Viola alta gelang und mir jchnell 


einen Namen in der mufifaliihen Welt 


verichaffte. 
Der Viola alta war mein erſtes ſchriftſtelleriſches 


lagen erjchienen ift. Nach mehrjährigen Konzert: 
reifen in Deutichland, der Schweiz, Rußland, 
Holland und England wurde ich 1879 als Do: 
zent für Äſthetik der Tonkunſt, für Muſikgeſchichte 


an die fünigl. Mufitfchule in Würzburg mit dem 


Titel eines königl. Profefiors berufen. Meine 
mufiffepriftftelerilche Thätigkeit liegt in folgenden 
Merken offenbar: Die Geihichte der Viola alta 
und die Grundprinzipien ihres Baues (1876, 
3 Aufl.), Repetitorium der Mufitgefhichte (18800), 
Aus der Harmonielehre meines Lebens (1853), 
Populäre Glementartheorie der Muſik (1885), 
Die Äſthetik der Tonkunſt (1856). 


Nitter, |. Theoph. Zolling. 


Nittershaus, Friedr. Emil. Ich 
bin geboren am 3. April 1834 zu Bar: 
men als einziges Kind des Kaufmanns 
Friedrich Nittershpaus. Mein Water 
jtammte von dem Zweige des alten ber: 
giihen Geſchlechtes Nittershaus, der nad) 


522 





Weſtfalen übergefiedelt war, und das 


Bauerngut Korthaufen erworben hatte; 
meine Mutter Caroline, geb. Graan, war 
eine Rheinländerin. Meine Borbildung 
erhielt ich dur) Privatunterricht des Leh— 
rers Friedrid) von Zordel, beſuchte dar: 
auf die höhere Stadtichule in meiner 
Vaterjtadt und widmete mid) dem Kauf: 
mannsjtande. Verheiratet bin ich jeit dem 
2. Dezember 1856 mit Henny Lucas, 
einer Elberfelderin, und lebe zur Zeit in 








Robert. 


Barmen als GeneralAgent verſchiedener 
Verſicherungs-Geſellſchaften. Seit ca. 20 
Jahren halte ih in den Wintermonaten 
öffentliche Vorträge über moderne Lite 
ratur. Bon mir find erichienen: 
Gedichte (7. Aufl.), Neue Gedichte (5. Auff.), 
Freimaureriſche Dichtungen (3. Aufl.), Am Rhein 
und fein Wein (2. Aufl.), Buch der Leidenfchaft 
(3. Aufl.), Aus den Sommertagen (2. Aufl.). 


Nobert, K., ſ. Ed. v. Hartmann. 
Robert, 2., |. ©. v. Oertzen. 
Nobertin, ſ. Nob. Bertin. 


Rochholz, Ernit Ludwig, ift zu Ans— 


bach am 3. März 1809 geboren, jtubierte 


die Nechte in München und beabfichtigte, 
die akademiſche Laufbahn einzufchlagen. 
Politiſche Verfolgung trieb ihn in Die 


on: Ban Bene Ale hert We ‚Schweiz, wo er als Privatlehrer, zuletzt 
Werk gewidmet, welches bis jetzt in drei Auf | als Brofeiior der deutichen Sprache und 


Literatur an der Hantonsihule in Aarau 
wirkte. Dajelbit wurde NR. 1866 zum 
Konjervator der römiihen Altertümer 
ernannt. R. hat fich bejonders um die 
Sagenforichung verdient gemacht, Daneben 
auch treffliche literarhiltoriiche Werke ge: 
liefert. Seit 1860 giebt er die hiſto— 
riihe Zeitichrift „Argovia” heraus. 
Hauptwerfe: Eidgenöffiiche Liederchronik( 1835), 
Der neue Freidank (1535), Schweizerlagen 


‚aus dem Margau (1856), Alemaniſches Kinder: 
‚lied und Kinderſpiel (1857), Naturmyten (1862), 


Deutiher Glaube und Brauh im Spiegel 
der heidniſchen Vorzeit (1867), Drei Gaugöttin: 
nen (1570), Liederfibel (3. Aufl. 1872), Die 
Legende von. Bruder Klaus von Flüe (1875), 
Deutihe Volks- und Heldenbücher (1875), Aar— 
aauer MWeistümer (1876), Tell und Geßler in 
Sage und Geihichte (1877), Die Homburger 
Grafen im Sifi- und Fridgau (1886), Wander: 
legenden aus der Peftzeit von 1348 (1587). 


Rocholl, Heinrich, geb. am 20. Sep: 


tember 1845 zu Elberfeld, erhielt feine 
Ausbildung auf dem Gymnafium feiner 


Vaterſtadt, ftudierte in Bonn und Ber: 


lin, war als Geijtlicher angejtellt in Ber: 
lin und Barmen. Im Jahre 1872 er: 


‚hielt er einen Ruf als Divifionspfarrer 


der 31. Divifion nad Colmar im Elſaß. 
Faſt 8 Jahre Bürger der Reichslande 
itudierte er die Geſchichte derjelben aus 


Rodenberg. 


den Dokumenten, welche er in den ſtädti— 


Ihen und Staatsardiven fand, und edierte 


eine Reihe von Aufiägen und Brojhüren, 
welche den Beifall der Hiltorifer fanden. 
Vornehmlich auf dem Gebiete der Kirchen: 
geichichte desE@ljah hat er neue und grund: 
legende Studien veröffentlicht. Jım Jahre 
1880 nad Köln verlegt, gründete er den 
Verein für chriftliche Volksbildung für 
Rheinland und Weftfalen, deijen Grund: 
ſatz iſt, das Volksleben mit hriftlichem 
Geiſt zu fräftigen, ohne Fraktionspolitik 
zu treiben. Infolge deſſen hat R. viele 
Vorträge über wichtige Volksfragen ver: 
öffentlich. Seine Schriften find fol: 
gende: 

Anfänge der Reformation in Colmar (1875), 
Die Einführung der Reformation in der ehe: 
maligen freien Reihsftadt Colmar (1876), Der 
Große Kurfürft von Brandenburg im Elſaß 1674 


1 


bis 1675 (1877), Uns iſt bange, aber wir ver: | 


jagen nicht (1878), Immer mehr Bibeln hinein 
in die Völker der Erde! (1879), Uber die Stel: 
lung der evangelifchen Chriften zur fogenannten 
Audenfrage der Gegenwart, Uber hriftliche Volks: 
bildung, Zuther-Erinnerungen im Lichte des Wor: 
tes Gottes (1883), Was predigt die Sozialdemo: 
fratie der Kirche? (1855), Die Sonntagsfrage 
der Gegenwart im Lichte chriftlicher Weltanſchau— 
ung, Urkunden und Briefe aus der Protejtanten: 
Verfolgung im Elfaß vor 200 Jahren — zur 
Erinnerung an die Aufhebung des Edikts von 
Nantes (1886). 


Nodenberg, Julius (eigentlich Levy), 
ift zu Rodenberg (Kurheſſen) am 26. Juni 
1831 geboren, auf dem Gymnaſium zu 
Rinteln vorgebildet und bezog nach deijen 


Abfolvierung die Univerfität Heidelberg, 


jpäter die zu Göttingen und Berlin, wo 
er Rechtswiſſenſchaft ſtudierte. Nach vier: 
jährigen Studien, während deren er be- 


reits mit einer ganzen Anzahl von lite: 
rariihen Produktionen in hoffnungsvoll- 


fter Weiſe hervortrat, verließ er Deutjch- 
land, lebte zunädjt in Paris und — 
nad) furzem Aufenthalt in Dlarburg zwecks 
feiner Doftorpromotion — für lange Jahre 
in England. Bon bier aus bereifte er 
Dänemark, Italien, Holland 2c., und erft 
1862 zog es ihn in fein Vaterland zu— 
rüd, Er lebte dann in Berlin als Re: 


Roder. 


dakteur des „Deutſchen Magazins“ des 
„Bazar“ und des „Salon für Literatur, 
Kunſt und Geſellſchaft“ bis zum Jahre 
1874, da er ein eigenes Blatt in die 
Erſcheinung rief: „Die deutſche Rund— 
ſchau“, heute unſtreitig eine der beſten 
deutſchen Revuen. Die reihen Erfahrun— 
gen, welche R. auf ſeinen vielen Reiſen 
erworben, verwertete er in ſeinen Schrif— 
ten in verdienſtlicher Weiſe. Durch alle 
Werke Rodenbergs weht ein vornehmer 
poetiſcher Hauch, der ihnen einen eigenen 
Reiz verleiht und ihrem Autor einen Kreis 
verſtändnisvollerer Leſer zugeführt hat, 
als der Durchſchnitt unſerer belletr. Schrift— 


ſteller ihn heutzutage noch beanſpruchen 
darf. 


Hauptwerke: Schleswig-Holſtein (Ged. 1850 
bis 1851), Dornröschen (1851), König Heralds 


| Totenfeier (1852, 3. Aufl. 1855), Lieder (1853, 


5. Aufl. 1881), Barifer Bilderbuch (1855), Dras 
matifche Idyllen (1856), Ein Herbit in Wales 
(1858), Wanderchronif (1858), Alltagsleben in 
London (1860), Die Inſel der Heiligen (1860), 
Das Mädchen von Korinth (1862), Die Harfe 
von Erin (1862), Verſchollene Inſeln (1862, 3. 
Aufl. 1876), Die Straßenfängerin von London 
(1863), Tag und Naht in England (1864, 15. 
Aufl. 1876), Diesfeits und jenfeit3 der Alpen 


(1865), Die neue Sündflut (1865), Ein dänis 
ſches Seebad (1867), Bon Gottes Gnaden (1870), 


Aus aller Herren Ländern (1870), Kriegs: und 
Sriedenslieder (1871), Wiener Sommertage 
(1875), Die Grandidiers (1878, 2. Aufl. 1882), 


Berliner Bilder (1886). 


Noder, Adolf, wurde am 11. De: 
jember 1833 in Ecjeny, einem Dörfchen 
in Ungarn, geboren. Seine in außeror: 
dentliher Dürftigfeit lebenden Eltern 
waren außer Etande, ihren Kindern eine 
anjtändige Erziehung angedeihen zu laſſen, 
und jo mußte Adolf, faum zehn Jahre 
alt, der Schule entzogen werden, um im 
armjeligen Gewerbe feiner Eltern (Tabak— 
handel) „mitzuhelfen“. Indeß benüßte 
der Sinabe, einem unmiderjtehlichen Wiſ— 
fensdrange folgend, jede Gelegenheit, um 
feine höchſt primitive Volksſchulbildung 
zu erweitern. Allein, bar jeder geiltigen 
und materiellen Stüge, mußte er mit uns 
fäglihen Schwierigkeiten fämpfen, ein kind⸗ 





Noedel, 


licher Autodidakt! Schon in feinem 15. 
Lebensjahre gelang es ihm, einen Erzieher: 
poften und drei Jahre nachher (in Mar: 
czaly) eine Gehilfslehrerftelle zu erlangen. 
Im Jahre 1858 wirkte er bereits als 
jelbftändiger Lehrer (in Keßthely), und 
nachdem er aud) die Lehrbefähigungsprü- 
fung mit glänzendem Erfolge abgelegt, 
begann er fi auch auf journaliftiichem 
(Hebiete zu erproben. 

Bald ward er Korreipondent und Mitarbeiter 
mehrerer deutſchen und ungariichen Fachblätter. 
In Steinamanger gründete und redigierte er 
(1874) eine deutihe Wochenschrift „Jenſeits der 
Donau“, die ald Beilage einen mit großem Beifall 
aufgenommenen ungarischen Spradfurjus brachte. 
Einer befonders günftigen Aufnahme erfreute ſich 
aber fein „Briefliher Unterricht für das Selbft: 
ftudium der ungarifchen Sprache”, ein Werk, das 
vom ungarilchen Zandesunterrichtsrate eingehend 
geprüft und warm empfohlen wurde. Es erſchien 
bereits in 3. Auflage und findet nicht nur in 
Ungarn, ſondern auch in Deutichland Abſatz. 
Auch fein „Briefliher Unterricht für das Stu— 
dium der deutichen Sprache” (für Ungarn) fand 
großen Anklang (2. Aufl.). Werner: „Der un 
garifche Staatäbürger”, eine ungariiche Zeitichrift 
für Deutiche, „Deutichsungarische ‚Sprahübungs- 
hefte für fortgeihrittene Schüler”, Deutſch⸗ un⸗ 
gariſches Konverſationsbuch für Verkehrsbeamte“, 
„Ungariſche Heimatskunde“ (2. Aufl.). „Deutſch— 
ungariſches Konverſations⸗ und Wörterbuch.“ 


Roedel, Benno, wurde am 31. Mai 
1834 zu München als der Sohn eines 
einfachen Portiers geboren. Der Elemen— 
tarſchule entwachſen, abſolvierte er die La— 
teinſchule, mußte aber, da er dem Willen 
ſeiner Eltern, den geiſtlichen Stand zu 
wählen, ſich nicht fügen wollte, ein Hand— 
werf erlernen. Als Bortefeuillier machte 
er nad Beendigung feiner dreijährigen 
Lehrzeit Reifen in Oſterreich, Ungarn, 
Preußen und Rußland. Nach fünf Jahren 
in fein väterliches Heim zurückgekehrt, 
widmete er fi ganz dem Studium der 
Klaſſiker und der fchönen Literatur. 

Er ſchrieb mehrere mit vielem Beifall gegebene 
Volsſtücke und arbeitete für die Feuilletons ver» 
ſchiedener Zeitungen, war insbeſondere lange Jahre 
in Augsburg als Theaterreferent für die dortigen 
Lokalblätter und die „Abendzeitung“ thätig. 1871 
veröffentlichte er feinen Noman „Die Hyäne der 
Commune“, dem fein Augsburger Stadtroman 


524 





Roeder. 


„Daniel Bonivento“ oder „Der Teufel im Frack“ 
folgte. Bon feinen dramatiſchen Werken: „Der 
Cid“, „Palaſt und Hütte“, „Die Doppelehe eines 
Prinzen“, , Sagfiſchſtreiche. „Renata“, „Schwert 
und danbſhah „St. Alrich“, Krone um 
Krone” (am Augsburger Stadttheater mit Erfolg 
aufgeführt), erfreute ſich befonders fein oberbayr. 
Voltsftüd „Der Paternoftertramer von Eital“ 
einer fehr günftigen Aufnahme. Ein Werkchen R.’3: 
„Die fieben Todfünden der deutſchen Bühne (2. 
Aufl.) fand viele Anfeindung, wurde aber größ» 
tenteild lobend von der Prefje beſprochen. 


Noeder, Ernjt (E. Rotteck), ift am 
17. Mär; 1862 in Bettingen-Schmely 
geboren, wo fein Vater als geadhteter 
Forjtbeamter lebte. Derjelbe bejtimmte 
Ernft für den Handelsitand und ließ ihm 
eine treffliche Erziehung geben, die ihren 
Ausgang in Dresden fand, woſelbſt Ernft 
N. Handelswiſſenſchaft ftudierte, Daneben 
aber auch viel mit Gefchichts- und Lite 
raturwiſſenſchaft fich beichäftigte. Jedoch 
nur furze Zeit war R. Kaufmann, feine 
Vorliebe für die Mufe ließ für ihn alles 
andere in den Hintergrund treten, und 
nachdem fein erfter Band Gedichte eine 
überaus freundliche Aufnahme gefunden 
und es ihm gelungen war, Mitarbeiter 
an Dresdner Zeitungen zu werden, bes 
ſchloß er, ausſchließlich der —— 
zu leben. Er trat zunächſt in die = 
daktion des „Deutichen Dichterheims“ in 
Dresden ein, jpäter in die des „ 
Anzeiger“, der er noch jeßt — 

Hauptwerke: Junges Leben (Geb., 
1883), Was dad Heimchen zirpt a 1884), 
Gedichte (1886) und viele Eſſays, Kritiken * 
Zeitſchriften. 


Roehl, Friedrich Auguſt, 06. am 
17. September 1847 zu Berlin, urjprün 

lich aktiver Offizier (Lieutenant im 7. br ins 
denburgijchen Inf.Reg. Nr. 60), ſpäter 
Bollbeamter, wegen eines aus dem F ld⸗ 
zuge 1870/71 herrührenden rheumatiſchen 
Leidens genöthigt, beide Berufsarten aufs 
zugeben. Seit 1878 Journalift; bis zum 
September 1883 Mitarbeiter der „Miete 
badener Zeitung“, von da ab bis Jun 
1885 Redakteur des „Wittenberger Fre 
blatt“, von 1885 bis 1887 Rebafte 
















Röfeler. 


ber „Bolt aus dem Riefengebirge” in 
Hirſchberg (Schleſien), jet Redakteur 
bes „Freiburger Boten” in Freiburg. 
Er ift auch Rezenfent für Konzert und 
Theater, fomponierte bisher für Orchefter, 
Männer: und gemiſchten Chor, Solo: 
Inſtrumente. — erwähnenswerth: 

Fackeltanz für gem. Chor und großes Orcheſter, 
Paſtorale für gem. Chor und Orcheſter, Jäger: 
lied für Männerhor und Hornmujil, Romanze 
für Bioline und kl. Orcheſter, Ariofo für 
Klarinette und Streichquartett, Duverture für 
großes Orcheſter ꝛc. 

Röſeler, Friedrich Wilhelm, wurde 
am 14. März 1848 als der älteſte Sohn 


münſter in Holſtein geboren, beſuchte bis 


zum Jahre 1862 das Privat-Inſtitut des 


Cand. theol. Bruhn ebendaſelbſt. Er be— 
abfichtigte, da er großes Talent zum Zeich— 
nen befaß, Maler zu werden und bie 
Kunftakademie in Kopenhagen zu bejuchen, 
wurde aber hiervon durch jeinen Oheim, 
den hochverdienten, einit in Schleswig: 
Holjtein populären Gtatsrat Detlev 
Anton Nend, abgehalten, der ihn auf die 
Gelehrtenihule zu Rendsburg fIchidte. 


Hier waren es namentlicd) der ausgezeich- 


nete deutsche Unterricht und die Interpre— 
tationen des Dvid und Virgil jeitens des 
Konreftors Lucht, welhe R. begeijterten. 
Da er aber weder Neigung zum Theo: 
logen, Juriften, noch Mediziner jpürte, 
ſchickten die Eltern den, noch mit fich jel- 
ber im Unflaren Stehenden in eine Bud 
handlung nad Flensburg und damit in 
den Kampf um einen gänzlich verfehlten 
Beruf; denn es war alles andere, nur 
fein Kaufmann in ihm; es intereffierte 
ihn weniger der Handel als vielmehr der 
Inhalt der Bücher. Zu feinem Glück lernte 
er dort den Schriftiteller Wilhelm Senfen, 


525 








Rogenhofer. 


Frankfurt a. M. (1870), furz vor Nuss 
bruch des Krieges. Körperlich und geiftig 
von der Rheinreiſe erfriicht, fehrte R. 
nad dem Norden zurüd, wo Jenjen ihn 
bewog, den literariichen Beruf zu ergreis 
fen. 1870 begab fi R. nad) Berlin, wo> 
ſelbſt er philofophiichen, hiſtoriſchen und 
literarhiftoriihen Studien ſich widmete. 
Als erfte Frucht der literarhiftorifchen Studien 
entitand 1873 die Monographie „Matthias Claus 
dius und fein Humor“. Diejer folgte 1876 das 
erfte umfangreihe poetiihe Wert „Nordiiche 
Eichen. Meiner Heimat Chronik in Dichtungen“, 
eine Sammlung Iyriich:epifcher Arbeiten, welche 
die nordalbingifhe Heimat des Verf. in Sage 


des Malers und Stadtrats Emil N. zu Neu, und Diltorie behandeln, und das dramatijche Srag- 


ment „Erich und Abel” enthält, das ſpeziell großen 
Beifall errang. 1876 trat R. in die Redaltion 
des „Holfteinifchen Courier” und 1881 in die 
des „Berliner Fremdenblatt” ein, wo er bis 1886 
als Redakteur thätig war. In Holſtein gab er 
des plattdeutichen Volksdichters Franz Bodels 
Dichtungen heraus und begann noch bier fein 
Liebeslied in zehn Geſängen „Dornröschen“, wel: 
ches in Berlin vollendet wurde und 1882 erjchien. 
Zur Hochzeit des Prinzen und der Prinzelfin Wil: 
beim von Preußen dichtete er das allegoriiche 
Feitipiel „Die Vermählung”, welches mit vielem 
Beifall aufgeführt wurde. Die legte Arbeit, welche 


im Drud 1886 erſchien, ift das duftige Harzlied in 


zehn Gejängen „Brodenteufel” (2. Aufl. 1887). 
Jetzt (1887) ift der Verf. mit einer Sammlung 


feiner humoriftiihen Schriften befchäftigt. 


NRogenhofer, Alois Friedrid, zu 
Wien am 22. Dezember 1831 geboren, 
vollendete in feiner Vaterftadt die Gym: 
nafial: und juridiihen Studien, befuchte 
aber während berjelben jchon die natur= 
biftoriichen Fächer, um ſich jpäter dem— 
jelben ganz zu widmen. Durd die im 
Jahre 1851 erfolgte Gründung des 500» 
logiſch-botaniſchen Vereins in Wien ers 
hielten die naturgeſchichtlichen Beſtrebun— 
gen einen mächtigen Anjtoß. NR. beteiligte 
fih mit Eifer an den Arbeiten des Vereins und 


feinen Zandemann, kennen, der damals unterjtüßte den eriten Sekretär ©. Frauenfeld 
* * 


in die Redaktion der „Flensburger Nord: | 


aufs eifrigfte und publizierte in den Verbands 
lungen diejer (feit 1858) Geſellſchaft eine Reihe 


deutichen Zeitung“ als Redakteur einge: | von Auffägen. Die reiche Ausbeute, welche 
treten war. Jenjens Einfluß auf R. war die öſterreichiſche Erpedition der Fregatte 
ein bedeutender; auf dejien Veranlafjung | „Novara” 1859 mitbradhte, gab R. Ges 
nahm er Teil an den Verhandlungen des | legenheit bei dem Präparieren, Beltim- 
fünften deutichen SJournaliftentages zu men und Aufitellen des entomologifchen 


Rogge. 


Materiales hervorragenden Antheil zu 
nehmen. 1860 ward R. eine erledigte 
Affiftentenftelle am k. k. zoologiſchen Hof: 
Kabinette verliehen, und er dadurd in 
feine eigentlihe Berufsiphäre gewiefen, 
wo er außer dem größten Teile der 
Arthropoden (excl. Coleoptern) aud) nod) 
die Bibliothef übernahm, und die Über: 
fiedelung und Neu:Aufitellung derfelben 
1885 im neuen Mufeal-Gebäubde leitete. 
Nah dem Ableben ©. v. Frauenfeld’s 
(1873) übernahm R. die erſte Sefretärs- 
jtelle der k. k. zoologiſch-botaniſchen Ge— 
ſellſchaft in Wien und führte durch 13 
Jahre die Geſchäfte ſowie die Redaktion 
der umfangreichen Verhandlungen. 

Durch die Überfiedelungs- Arbeiten des z00lo: 
giihen Mufeums vollauf in Anſpruch genommen, 
legte R. die Sefretärftelle der zool.bot. Gejell- 
Schaft nieder. Inzwiſchen zum 2. Euftos er: 
nannt, wurde ihm durch die fail. Akademie der 
Wiffenfchaften die Vollendung der Bearbeitung 
der 2epidopteren der Novara-Erpedition, welche 
Durch den leider au frühen Tod Rudolph Fel— 
ders unterbrochen wurde, übertragen; R. ent» 
ledigte fich der ihm gewordenen Aufgabe in den 
Jahren 1873— 75 in: Neife der öfterreichifchen Fre 
gatte Novara um die Erde in den Jahren 1857, 
1858 und 59 unter den Befehlen des Commo- 
bore B. v. Wüllerftorf-Urbair (zoolog. Teil IL.). 
Selbftändig erfhien noh von R.: Lepidoptera 
bed Gebietes von Hernftein in Nieberöfterreich 
und der weiteren Umgebung (1885), eine Schmet: 
terlings- Fauna des jüdöftlihen, namentlich al: 
pinen Teiles von Niederöfterreich enthaltend; ferner: 
Hymeroptera defielben Gebietes (mit F. F. Kohl). 
ALS gründlichen Kenner der heimiſchen Arthro— 
poden- Fauna ward R. aud eine überfichtliche 
Zufammenftellung derfelben für die vom Verein 
für Landeskunde von Niederöfterreich herausge: 
gebenen Topographie dieſes Kronlandes (1871) 
übertragen, fowie auch feine Aufzeichnungen in 
dem vom erlauchten Kronprinzen ind Leben ge 
rufenen Werke: Die öfterr.sungariihe Monardie 
in Wort und Bild (1886), für die wirbellofen 
Tiere Benugung fanden. 


Rogge, Friedrich Wilhelm (P. Welf), 
geboren am 12. November 1808 in Ran 
fendorf (Mecklenburg), verlebte eine trüb: 
felige Jugend und entfloh ſchließlich den 
Brutalitäten feines, dem Trunk ergebe: 
nen Stiefvaters als Heiner Knabe. Unter 
vielen Entbehrungen friftete er fein Leben, 


526 


— — — — — — nn. — — — 8* 


— Rohlfs. 
die längſte Zeit als Schafhirte bei Land⸗ 
leuten dienend, bisein herzenswarmer Geift- 
licher feiner fih annahm und die guien 
Anlagen des Knaben ausbildet. Der- 
jelbe wollte dem Predigerberufe ſich wid⸗ 
men, ftudierte auch auf der Univerfität 
Göttingen Theologie; da er aber feine 
innere Befriedigung hierbei fand, jo 
wandte er fi dem Studium der Philo- 
logie und Geſchichte zu, nad) deſſen Ab- 
ihluß er Hauslehrer wurde. 1834 ließ 
er fih in Schwerin nieder, gab Brivat- 
unterricht und erwarb ſich die Gunft 
feines Zandesfürften, defien Söhne er in 
die Geheimnifje fremder Sprachen eins 
weihte. Später fand er außerdem Ans 
ftellung als Bibliothefar und zwar hatte 
er Vortrag über alle literariichen Neu—⸗ 
erſcheinungen zu halten, bis zum Jahre 
1859, da er uls Lehrer nad Bremen 
überfiebelte, In gleicher Eigenſchaft wirkte 
er dann noch in Hannover. Bor 1866 
war R. thätig bei der „Zeitung für 
Norbbeutichland“ und leitete dann nad 
einander die „Deutiche Volkszeitung“ 
in Hannover, das „Journal LAlſacien⸗ 
in Colmar, die „Deutiche Reichspoft” in 
Augsburg und die ee 
Frankfurt. Nah dem Ei 
genannten Blattes Du N. —— 
Privatleben zurüd und lebt noch jetzt 
in Frankfurt a. M. 2 
Hauptwerte: Fr. Barbarofi fe Grein 1833 
Göttinger Mufenalmanad) (1833), Das Bı n 
Huldigung (1845), Blüten eyrik ( 
Aufl. 1847), Muſodoron (1855), Krone ı 
Liebe (Trauerfp., 3. Aufl. 1857), Heinz 4 
(2. Aufl. 1868), Ein jeltenes Leben (Mut: 
1877), Aus Weftminfter-Abtei (5. Aufl. 1880), 
Mnemofyne (1885). n 


Mohlfs, Gerhard (Muftafa Be: 
wurde am 14. April 1831 in Veg 
geboren, widmete fih dem Studium der 
Medizin und ging nad) deſſen Vollendung 
nah Algerien, das er freuz und quer 
durchftreifte. Er unternahm außerdem 
teils allein, teils mit anderen Reijenden, 
wie Zittel, Jordan, Aſcherſon u. A. weite 
und ergebnisreiche Forſchungsreiſen durch 









Rolandin. 


Afrifa und Amerika. 1884 wurde er als 
Generaltonful nah Zanzibar geſchickt, 
um das Confulat commifjariich zu ver 
walten, kehrte von dort im folgenden 
Jahre nad) Deutfchland umd - Weimar 
urüd. Die wertvollen, ja unſchätzbaren 

ejultate feiner Forfchungen legte R. in 
folgenden hochbedeutenden Merken nieder: 
Reiſe durch Maroffo (2. Aufl. 1869), Reife durch 
Nordafrita (1868), Im Wuftrage des Königs 
von Preußen in Abeifinien (1869), Sand und 
Bolt in Afrifa (1870), Bon Tripolis nad 
Alerandria (1871), Mein erfter Aufenthalt in 
Marofto (1873), Quer durch Afrika (1874), 
Drei Monate in der Lybyſchen Wüfte (1875), 
Beiträge zur Entdedung und Erforſchung Afrikas 
(1876), Neue Beiträge deögl. (1881), Kufra, 
Reife von Tripolis nach der Dafe Kufra (1881), 
Meine Miffion nah Abeffinien (1883), Quid 
novi ex Africa (1886). 


Rolandin, Rol., |. W. F. Brandt. 


Noloff, Oscar, geboren am 26. Ja- 
nuar 1810 zu Berlin, widmete fich zuerft 
dem Buchhandel und glaubte fo feinen 
Willensdrang befriedigen zu können, er: 
fannte aber bald, daß er meift nur die 
Titel, nit aber den Anhalt der Werke 
in ih aufnahm. Nach vollendeter Lehr: 
eit wurde er Geichäftsführer einer grö- 
heren Verlagsbuhhandlung. Zu dieſer 
Zeiterfchhien eine Sammlung feiner Gedichte, 
nachdem bereits zuvor eine poetische No- 
velle Miftewoi der Offentlichkeit übergeben 
war. Nach zweijähriger Selbſtändigkeit 
als Buchhändler wurde er Photograph 
und ihm im Jahre 1871 das Prädikat 
als Hof-Photograph erteilt. Seit 1878 
fiellte er dem, 1827 von Saphir geitif- 
teten, literariihen Verein „Tunnel supra 
spream“ feine Wohnräume zur Verfü 

und man ernannte ihn zum Schatz⸗ 
he und Arhivar dieſes Vereins. 
Diefe anregenden Sitzungen waren es 
wohl, die ihn beftimmten, ſich aufs Neue 
der ſchriftſtelleriſchen Thätigkeit zuzumenden 
und fo entitanden fein Drama: Wlaska 
oder Der Amazonenkrieg in Böhmen und in 


in hi 
—— Er hiſtoriſches Schaufpiel 


527 





Rolfus. 


Rolfus, Hermann Ludwig, geboren 
am 24. Mai 1821 zu Freiburg im Breis- 
gau, abjolvierte dajelbit die Lyceal- und 
theologiichen Studien unter den berühmten 
fatholiihen Theologen Hug, Adalbert 
Maier, Hiriher und Staudenmaier. Da— 
neben bejuchte er auch zwei Jahre das 
pbilologiiche Seminar unter der Leitung 
von Baumftarf und Feuerbad. 1843 
trat er in das Priefterfeminar in St. 
Peter, wurde 1844 zum Priefter geweiht, 
und an verfchiedenen Orten als Hilfs: 
priefter verwendet. Da der in Baben 
damals ausgebrochene Kirchenftreit lange 
Zeit die definitive Befegung der Kirchen: 
ämter verhinderte, fo fonnte er erſt 1862 
die Pfarrei Reifelfingen auf dem Schwarz. 
walde vom Fürften von Fürftenberg er- 
halten, obgleih er diefelbe jchon fieben 
Jahre nebit der Nahbarpfarrei Bachheim 
proviſoriſch verwaltete. 1867 präfentierte 
ihn die Univerfität Freiburg auf die 
Pfarrei Neuthe im Breisgau und erteilte 
ihm in demjelben Jahre die Würde eines 
Doftors der Theologie. 1875 verlieh 
ihm der Bistumsverwefer von Kübel bie 
Pfarrei Sasbach am Rhein und 1884 
ernannte ihn der Erzbiihof Orbin zum 
Beiftlihen Rate ad honorem. Troß 
feines vorgerücdten Alters arbeitet der- 
jelbe noch in Sasbach ebenjo rüjtig in 
der Seelforge, wie in der Literatur. 

Schon als Hilfspriefter befchäftigte er fich mit 
Vorliebe auf dem Gebiete des Unterrichts und 
der Erziehung. Eine fleine Schrift: Die fatho- 
liſche Volksſchule, ihre Aufgabe, ihre gegenwärtige 
Leiftung und ihre notwendige Umgeftaltung (1859) 
zog die Aufmerkfamfeit auf ihn. Die Redaktion 
des NKatholiſchen Schulmochenblattes“ wünſchte 
deſſen Mithilfe, um dieſes Blatt weiter aus« 
dehnen zu können. Infolgedeſſen erweiterte fich 
diefe Schulgeitfchrift zum „Süddeutichen Katho— 
lichen Schulmochenblatt” unter Redaktion von 
Dr. Adolf Pfifter und des damaligen Pfarrver: 
weſers Rolfus von Reifelfingen. R. blieb nahezu 
ſechs Jahre in der Redaktion (1861— 67). Wäh—⸗ 
rend dieſer Zeit verband er fich mit Pfifter zu 
einem Unternehmen, das feiner Eigentümlichkeit 
wegen und wegen gänzlihen Mangels an taug« 
lihen Vorarbeiten befonders ſchwierig war. Es 
war dies die „Realencyflopädie des Erziehungs: 
und Unterrichtsmeiens nach fatholifchen Prinzis 





Rollett. 


pien (2. Aufl. 1871-75). 
wieder mit den forderungen der neuejten Zeit 
in Einflang zu bringen, arbeitete R. einen (Supples 
ment:) Band aus (1884). Außer diefen Arbeiten 
erichienen von ihm: Der Grund des fatholifchen 
Glaubens (1862), Verzeichnis ausgewählter Ju: 
gendichriften (2. Aufl. 1876), geitfaden der all» 
gemeinen Weltgeichichte (3. Aufl. 1876), Geſchichte 
des Reiches Gottes (2. Aufl. 1883), (mit Brändle:) 
Die Glaubens: und Sittenlehre der fatholifchen 
Kirche (1876), (mit Herchenbach:) Luft und Lehre 
(1871), Erzählungen aus dem Leben (1876), 
Berzeihnis von Büchern, welche für Boltsbiblio- 
thefen empfohlen werden fünnen (1876); dazu 
noch eine Reihe theologiſcher und Schulſchriften, 
Aufläge in Kirchenblättern zc. 


Rollett, Hermann, ift am 20. Auguft 
1819 zu Baden als der Sohn eines hoch— 
verdienten Arztes daſelbſt geboren. Her: 
manns empfänglicher Geiſt erhielt ſchon 
früh durch die verſchiedenen Sammlungen 
ſeines wiſſenſchaftlich ſtrebenden Vaters 
und durch die zahlreichen Beziehungen 
deſſelben zu bedeutenden zeitgenöſſiſchen 
Perſönlichkeiten die reichſten und vielfäl— 


tigſten Anregungen. 
niger Naturbetrachtung angelegtes Weſen machte 
ſich bald in poetiſcher Richtung geltend, und be— 
reits während ſeiner Studienjahre an der Wiener 
Univerfität gegen 1840 bradten Wiener Blätter 
verheißungsvolle Gedichte von ihm. Sein 1842 
erichienenes erſtes Iyrifches Buch, die „Lieder: 
kränze“, legte in den Grundzügen aud Schon fein 
ganzes dichteriiches Weſen Har. 1845 erfchienen 
neue Lieder und Geſänge zu Jena, wo R. ſich 
nach einer deutichen Fahrt für einige Zeit nieder: 
gelajien hatte, unter dem Titel „Frühlingäboten 
aus Oſterreich“, die als eine wahre „Frühlings: 
botichaft‘‘ begrüht wurden und dem Dichter einen 
weithin wohlklingenden Namen madten. Gleich 
im nächſten Jahre darauf folgte fein reich: 
töniged „Wanderbuch eined Wiener Poeten“ 
und jhon im nächſten Jahre fein fchöner Lieder: 
band „Friſche Lieder”. 1848 erfchien feine von 
ſcharfem Zug durchwehte leine Dichtung „Ein 
Waldmärden aus unjerer Zeit, und im Jahre 
der Freiheitsbewegung ſelbſt 
ſchwungvollen „Kampflieder“ ꝛc. Alsdann folgte 
eine Reihe von dramatiſchen Dichtungen: (1851) 
„Die Ralunken“, „Thomas Münzer“ und 
„Flamingo“', ein Stück Weltkomödie. 1853 
erſchien ſeine liederdurchwobene Erzählung 
„Jucunde“ und 1854 ſeine „Heldenbilder 
und Sagen“. 1855 kehrte R. in ſeine 
öſterreichiſche Heimat zurück. Obwohl er 
ſich bald in feinem Geburtsorte vielfach 


Um dieſes Bei | 


Romana, 


in öffentlihen Angelegenheiten geltend 
machte und in hervorragenden Stellungen, 
‚die er in der Gemeinde einnahm und teil 
weile nocd einnimmt — er wurde zum 
Gemeinderat (jpäter auch zum Vice-Bür: 
germeijter), zum Bezirfsihulrat und Orts⸗ 
ihulaufjeher, ſowie 1876 zum Stadtardis 
var und Mufeumfuftos gewählt —, ſich 
eifrig thätig bewährte, jo ließ er doch 
niht nur das poetische, von ihm jo er- 
folgreich bebaute Feld nicht brach liegen, 
fondern er widmete ſich jeit länger als 
einem Jahrzehnt auch eifrigit wiljenjchaft- 
lichen Arbeiten. In erfterer Beziehung giebt 
feine mit manden neuen Gedichten geihmüdte 
„Auswahl“ (1875) den Beweis, ſowie fein Gha— 
ſelen⸗Cyklus „Offenbarungen“ (1869); und in 
legterer Hinfiht find — nebit literarbiftorifchen 
‚(und ſtadtgeſchichtlichen) — feine tiefeindringen- 
den kunſthiſtoriſchen Arbeiten Zeugnis, von welchen 
feine bereitö veröffentlichten Studien über die 
gegenwärtig fait einzig von ihm wiſſenſchaftlich 
behandelte Gemmenſchneidekunſt von Fachkundigen 





erſchienen jeine 





als ‚feine und präcife Darſtellungen“ geihägt 
werden. Auch ald Goetheforicher hat ſich R. her⸗ 


Sein beſonders zu fin- vorgethan, wie fein großes, auf vieljährigen Vors 


arbeiten beruhendes Prachtwerk „Die Goethe 
Bildniffe‘ (1881—82) beweiſt. 


Nomana, 8, f. A. Conwentz. 


Roquette, Otto, zu Krotofhin am 
19. April 1824 geboren, abfolvierte das 
Gymnafium zu Frankfurt a. d. O. und 
bezog 1846 die Univerfität Heidelberg. 
Dort, Später in Berlin und Halle wid: 
mete fih R. dem Studium der Philojophie, 
Philologie und Geihichte, wurde 1850 
zum Doktor promoviert und gab ſich nad 
einer längeren Studienreife dem Lehrer 
berufe zunächft in Berlin, jpäter in Dres 
den hin. Im Jahre 1857 zog er nad 


' Berlin zurüd, bekleidete eine Profeffur für 


Literaturgefhidhte an der Kriegsafademie 
und hielt öffentlihe Vorträge, bejonders 
über neuere Literaturgeichichte. Bon 1867 
bis 1869 wirkte er als Lehrer an der 
Gewerbe-Akademie zu Berlin, alsdann 
folgte er einem Rufe als Profeilor am 
Polytechnikum nad) Darmitadt, wo er noch 
jegt lebt. Den größten literariihen Er: 
‚folg errang R. gleich mit feinem erjten 





Rofcher. 


Merk Waldmeifters Brautfahrt, das in fei- 
nem deutjchen Haufe fehlt, wo edle Poeſie 
eine Heimjtätte findet, eines ber zarteſten 
und duftigften Erzeugniffe unferer poe— 
tifchen Literatur. Wenn R. auch mit fei- 
nen ſpäteren Echöpfungen zweifellos auf 
ber Höhe des Parnaß fteht, — jene hat er 
niemals wieder erreicht, auch ift ihm ein 
zweiter fo großartiger Erfolg nicht mehr 
zuteil geworden. 

Hauptwerke: Waldmeifterd Brautfahrt (1851, 
59. Aufl. 1886), Liederbuch) (1852, 3. Aufl, 1880), 
Der Tag von St. Jakob (1852, 4. Aufl. 1879), 
Herr Heinrich (1853, 2. Aufl. 1854), Hans Haide—⸗ 
tutuf (1855, 2. Aufl. 1857), Rebenkranz zu Wald» 
meifters filberner Hochzeit (1856, 5. Aufl. 1885), 
Erzählungen (1859), Heinrich Falk (1859, 2. Aufl. 
1879), Reue Erzählungen (1862), Sufanne (1864), 
Novellen (1870), Welt und Haus (1871 und 
1875), Euphrofyne (1877), Das Buchſtabierbuch 
der Leidenſchaft (1878), Im Haufe der Bäter 
(1878), Die Prophetenſchule (1879), Inga Svend» 
fon (1883), Neues Novellenbuch (1884), Große 
und Eleine Leute in Alt:Weimar (1886), Uber 
die Wolfen (1887). Außerdem: Das Neich der 
Träume, Dramaturgifhe Dichtungen, Gevatter 
Tod, Gejchichte der deutfchen Dichtung (3 Aufl.), 
Fr. Preller (1883.) 


Roſcher, Wilhelm, zu Hannover am 
21. Oftober 1817 geboren, widmete fid) 
dem Studium der Nedts- und Staats: 
willenihaften in Göttingen und Berlin, 
promovierte 1839 und habilitierte fich 
im folg. Jahre in Göttingen, wurde da— 
jelbft 1843 außerord. und 1845 ord. 
Profeffor. 1848 berief ihn die Univer: 
fität Leipzig, an welcher er noch heute 
lehrt. R. hat fih durch fein literarisches 
Schaffen einen Platz zwifchen den erften 
Nationalöfonomen der Gegenwart er: 
worben. 

Hauptwerle: Zur Geichichte der englifchen Volks— 
wirtſchaftslehre im 16. und 17. Jahrhundert 
(1851-52), Über Kornhandel und Teurungs» 
politif (3, Aufl. 1852), Kolonien, Kolonialpolitif 
und Auswanderung (3. Aufl. 1855), National: 
Öfonomie des Aderbaued (10. Aufl. 1882), Ge: 
ſchichte der Nationalötonomie in Deutfchland 
(1874), Anſichten der Volkswirtſchaft (3. Aufl. 
1878), Grundlagen der Nationalöfonomie (17, 


Aufl. 1884), Nationalölonomie des Handels | 


Gewerbefleihes (3. Aufl. 1882). 
Das literarifhe Teu:ichland, 


529 


— Roſegger. 

Roſegger, Petri Kettenfeier, wurde 
zu Alpl in Oberfieiermart am 31. Juli 
1843 als ein Sohn braver Bauersleute 
geboren, die ihn, ihrer befchränften Ver: 
mögenslage halber, feine Schule befuchen 
lafjen konnten, jondern den Kleinen früh 
Ihon zur Feldarbeit, zum Viehhüten u. 
dergl. anhielten. Das war in einer Bes 
ziehung gut für den Anaben; erftarfte doch 
feine ſehr ſchwächliche Konftitution in der 
friichen Bergesluft, von früh bis fpät 
unter freiem Himmel. Aber er betrach— 
tete mit jenen Arbeiten fein Tagewerf 
nicht als vollbradt. Ein jugendlicher 
Autodidakt im wahrſten Wortfinne, ftrebte 
der Knabe ratlos vorwärts und verichlang, 
nahdem ein alter Dorfichulmeifter ihn 
lefen und jchreiben gelehrt, mit Gier alle, 
ihm erreichbaren Bücher, auch beichrieb 
er jedes ihm in die Hand fallende Stück— 
hen Papier mit Gedichten, kleinen Er- 
zählungen ꝛc. — Als die Eltern einfahen, 
daß ihr Junge für den landmänniſchen 
Beruf niemals körperlich Fräftig genug 
werden würde, gaben fie ihn zu einem 
Echneider in die Xehre, mit dem der junge 
Naturpoet nun von Dorf zu Dorf, von 
Hof zu Hof z0g, um die Schäden an den 
äußeren Menſchen des Landes auszus 
befiern. Bis zu feinem 22. Jahre ge— 
hörte R. der edlen Nadelkunft, dann neigte 
fih ihm feine Glüdsgöttin zu: der Re— 
dafteur einer Grazer Zeitung „entdedte‘ 
den jungen hoffnungsberechtigten Dichter 
und half ihm mittels eines Aufrufs an 
vermögende Riteraturfreunde auf den Per 
gafus, den er ſpäter jo glänzend zu meis 
tern verjtand. R. begann alsbald mit 
der ihm eigenen Energie die Lüden feines 
Wiſſens zu bearbeiten, aber wenn er auch 
in feiner früheren Wirkſamkeit manches 
tüchtige Loch geflidt und mande kunſt⸗ 
volle Ausbeilerung vollbragt hatte — 
dieje war ein hartes Stüd Arbeit; denn 
aus Lücken bejtand eigentlich fein ganzes 
Willen. Aber es gelang. Bier Jahre 
befuchte er die Handelsafademie in Graz 
und fpäter vervolljtändigte er fein Willen 


34 


— 


Roſenberg. 


noch durch manche Reiſe ins Ausland. 
Durch fein erſtes, durch Rob. Hamerling 
unterſtütztes Werk Zither und Hadbrett (Geb. 
in oberfteir. Mundart, 1869) erwarb fi N. 
ein Zandesftipendium, mit welchem er für 
weitere drei Jahre feinen Studien [eben 
konnte. Nun folgte ein Werk dem an: 
deren, faft alle aus der poefievollen Hei: 
mal des Dichters. Er, der jein Leben 
bis dahin unter dem Volk zugebradt 
hatte, war wohl berufen, von dieſem zu 
erzählen, feine Eeele aufzublättern und 
uns jede Seite lefen zu laſſen. So ijt 
Roſegger denn auch ein echter Volfsdichter 
geworden, einer der echteften feiner Zeit, 
der es verftanden hat, mit dem ihm ans 
vertrauten Woetenpfande zu wuchern. 
Seit 1876 giebt R. die Monatsichrift 
„Der Heimgarten‘ heraus. Er hat feinen | 
Mohnfig noch jegt in Graz, nur den 
Eommer auf feiner ländlihen Befigung 
bei Krieglach in Steiermart verlebend, | 
hier, im Herzen feines Vaterlandes, ftets 
neue Eindrücke fuchend und findend, bie | 
er in feinen noch Jahr für Jahr neu 
erfcheinenden hochpoetiihen Werfen nieder: 
legt. 

— — Das Buch der Novellen, 1., 2., 
3. Band, Die Schriften des Waldſchulmeiſters, 
Sonderlinge, Die Älpler, Voltsleben in Steier— 
mark, Heidepeters Gabriel, Waldheimat, 1., 2. 
Band, Feierabende (Sommerabende, Winter 
abende), Am Wanderitabe, Sonntagsrube, Dorf: 
fünden, Meine ferien, Der Gottſucher, Neue 
MWaldgeihichten, Das Geſchichtenbuch des Wans 
derers, 1., 2. Bd., Bergpredigten, Höhenfeuer, 
Allerhand Leute. Dinlehfäriften: Bither und 
Hadbrett, Tannenhary und Fichtennadeln, Stoan— 


iteirifch. 

NRofenberg, Adolf, wurde am 30. 
Januar 1850 in Bromberg geboren, ab: 
folvierte das dortige Gymnaſium und be 
zog im Jahre 1869 bie Univerjität zu 
Berlin. Nach Vollendung. feiner philo— 
logiihen und archäologiihen Studien 
und nachdem er zum Doftor promo— 
viert worden (1872), widmete er fid) 
der Journaliſtik. Im Jahre 1875 trat er 
in die Redaktion der „Bolt“ in Berlin, 
welcher er noch heute angehört. Lite: 











530 


Rofenthal. 


rarifh erwarb fih R. vornehmlich) einen 
Ruf durch feine „verdienftlicen Werte 
über Kunftgefchichte, auf welchem Ge: 
biete er als Autorität geachtet wird. 

Hauptwerke: Die Erinyen (1873), Die deut: 
ſchen Kleinmeifter (1877), Die Arditeltur Ber: 
(ins (1877), Lukas von Leyden (1877), Palma 
veechio (1879), Die Berliner Malerichule (1879), 
Aubensbriefe (1881), Die Architektur Deutſch— 
lands (1882), Geſchichte der ınodernen Kunft 
(1882), Guericault und Delacroir (1885), 
Rernet, Delarohe und Nobert (1886), Die 
Münchener Malerichule (1887), Tie Rubens: 
itecher (1888). 

Roſeuthal, Hermann, wurde am 18. 
Xanuar 1837 in Magdeburg als der Sohn 
eines Kaufmannes geboren. In feinem 
dreizehnten Jahre verlor H. den Vater, 
einen hochgebildeten Dann, der in dem 
Knaben frühzeitig Einn für Kunft umd 
Wiffenfchaft zu weden ftrebte. Sein Plan, 
fi) der Muſik zu widmen, ſcheiterte an 
der Anſchauungsweiſe feines Vormundes 
und feiner Verwandten, deren Begehren, 
den kaufmänniſchen Beruf zu ergreifen, 
er hartnädigften Widerftand entgegenjegte. 
So wurde er, nahdem er feine Bildung 
unter mannigfachen Entbehrungen voll» 
endet hatte, Schriftfteller. Seine haupt: 
fählichite Thätigkeit wandte er der Drama: 
turgie zu. 

1864 entftand R.'s erftes, für die Öffentlich 
feit beftimmtes Wert Adonis (Schaufp.), welches 
mit Erfolg über die meiften deutichen Bühnen 
ging (auch im Buchhandel erſch.) Demfelben reib: 
ten fich in fchneller Folge an: Inkognito (Schaufp., 


| ins Englifche überjegt), Der König Ichläft (Luftip.), 


Das Vaterland ruft (Schaufp.), Joujou (Poſſe), 
Geheilt (Luſtſp.), Dalmar (Dr.); die Opernterte: 
Gabriele d'Eſtres, Hohenaar (meiſt mit Erfolg 


| aufgeführt). ferner: Enghien (Trauerfp.) und 


Schneeglödchen (Luftip.). 1872 verfaßte R. die 
Brofhüre: Zweijährig⸗Freiwillige. Die in diejer 
Schrift niedergelegten a ltsmirtiiaftlicen Ideen 
fanden viele Anerkennung. 1887 erſchien von 
%. „Frauenlob'“ (atiriſches Epos zur Natur: 
gefchichte des Weibes) und ein Eyclus Satiren, 
Lerche's wilde Geichichten‘‘ betitelt, auch lieferte 
R., der ſich mit Erfolg im Schachſpiel verfuct, 
für die Modezeitung mehrere Schahaufgaben. 


Roſeuthal-Bonin, Hugo, wurde 


geboren am 14. Oftober 1840 zu Berlin, 
jtudierte Medizin, Naturwiflenichaften und 


Rofenzweig. — 
Belletriſtik, wurde Schiffsarzt und machte 
ausgedehnte Reiſen bis Japan. 1872 
trat er in die Redaktion von „Über Land 
und Meer“, wo er noch wirkt. Er iſt 
einer der talentierteſten Hauptvertreter 
des Ausländiſchen und des Seeromans, 
eine gedankenreiche, phantaſievolle Dich— 
ternatur. 

Hauptwerke: Der Bernſteinſucher, Ein heiteres 
Buch, Der Diamantſchleifer, Das Gold des Orion, 
Der Heirats-Damm, Schwarze Schatten, Die 
Tierbändigerin, Unterirdiſch Feuer, ein Novellen: 
buch, das in allen Areifen 
erregte. 

Rofenzweig, Leon. Ich wurde am 
29. Zuli 1840 zu Czernowitz geboren. 
Mein Vater, ein angejehener, wohlhaben⸗ 
der Kaufmann aus einer der älteften Fa- 
milien der Bukowina, hatte anfangs bie 
Adficht, mid) Theologie jtudieren zu laflen, 
beitimmte mid) jedoch jpäter, als ich ent- 
ſchiedene Abneigung dagegen befundete, 
für den Handelsftand. Ich fam auch ſchon 
im Jahre 1854, nachdem ich vorher ent: 
fprehenden Privatunterricht, namentlid) 
in fremden Spraden, genolfen, in das 
Großhandlungshaus, das mein Vater in 
Bukareſt errichtet hatte; anfangs als 
Praktikant, dann als Leiter deffelben und 
ipäter als deſſen alleiniger Befiger. In 


16 Jahre, während welcher ich viele Ge- 
ſchäftsreiſen nad Deutichland, Frankreich, 
England und Stalien unternahm. 1871 
überfiedelte ich wieder nach meiner Bater- 
ſtadt, wo ich mir ein Bankgeſchäft errich— 
tete, dem ich nody heute vorjtehe. Ic 
bin feit 1868 verheirathet. Seit 1874 
bin ich Mitglied des Czernowitzer Gemeinde: 
rates, wo ich teils in der Finanz⸗-, teils 
in der Schulfektion wirke. Seit mehreren 
Jahren bin ich auch regelmäßiger Bericht: 
eritatter des jtäbtiichen Budgets und Mit- 


glied des Stadtichulrates. 
Schriftitellerei betreibe ich ſeit früheſter Jugend. 


5831 


berechtigtes Auffehen | 


Rofetti-Eofta. 


„Neue dramatiſche Sprichwörter” im Buchhandel 
erfchienen find. Roderich Benedir, mit dem ich 
perfönlich befannt war, hat ſich in’ freundlicher 
Weiſe über diefe Erzeugnifie geäußert. 1881 und 
1883 veröffentlichte id anonym zwei Flugſchrif⸗ 
ten über brennende Tagesfragen, betitelt: „Was 
ift Wucher?“ und „Wir Juden“. Diefe letztere 
Schrift, in welcher den Juden die Ausfichtälofig- 
feit dargethan wird, jemals wahrhaft vollderechtigt 
in einem modernen Staate leben zu können, jo 
lange fie an ihrem Glauben fefthalten, erregte 
befonder8 in Galizien und der Bukowina Auf 
fehen. Seit dem Jahre 1883 ſchreibe ich für das 
Feuilleton der Bufomwinaer Rundſchau, dem ber 
vorragendften Blatte der Provinz, Erzählungen, 
die Beifall finden und vielfach nachgedrudt wors 
den find. Eine ausgewählte Sammlung deriels 
ben gedenfe ich demnächſt in Buchform heraus» 
zugeben. 





Roſetti-Coſta, Yulius, geb. am 
2. Juni 1841 in Venedig, nad kurzem 
Aufenthalte dafelbjt und in Spalatro 
in Dalmatien, wo fein Water ftarb, in 
Graz und Ling deutſch erzogen, trat 
im Jahre 1857 in die Gefellichaft 
Jeſu ein und wurde 1867 zu Inns—⸗ 
brud zum Prieſter geweiht. Nach 
Vollendung der im Orden üblichen lanıs 
gen Studienlaufbahn ward er 1868 zum 
Lehrer der Scholaftiichen Philoſophie für 
‚die ftudierenden Kleriker der Gefellfchaft 


Jeſu im Kollegium zu Preßb , 
der rumänijchen Hauptitabt verbrachte ich N gium zu Preßburg ernannt 


Eeine Lehrthätigfeit dafelbft wurde 1871 
bis 1872 durch einen Aufenthalt in Bra 
und Tyrnau unterbrochen und fpäter * 
ſeine Beſchäftigung in anderen Ämtern: 
1875/76 in der Erziehungsanſtalt zu 
Kalksburg bei Wien und 1876/77 zu St. 
Andrä in Kärnthen. Hierauf wurde er 
‚wieder mit dem Lehramte der Philofophie 
‚betraut und in das Ktollenium von Stony« 
hurſt in Lancaſhire in England berufen 
(1877). Im nächſten Jahre fehrte er zu 
‚feiner früheren Lehrthätigfeit in das Kols 
‚legium zu Preßburg zurüd. 

| Im die folgenden Jahre fällt die Abfaſſung feis 
‚nes Hauptwerfes, eines Lehrbuches, welches die 





Schon als Knabe verfaßte ich Fleine Erzählungen. | gefammte Morals und Rechtäphilofophie umfaßt 
Dann habe ich eine Reihe von einaktigen Luſt- | und ſyſtematiſch darftellt. Die erjte Auflage von 
fpielen gefchrieben, von denen zwei zur Auffüh- ‚1883 trägt den Titel: Synopsis Philosophiae 
rung gelangten (in Bufarejt und Graz). und jechs | moralis ete., die 2, Aufl. (1886) folgenden: 
unter den Titeln „Dramatiſche Sprichwörter” und | Philosophia moralis seu Institutiones Ethicae 


34* 


Roßbach. — 


et Juris naturae secundum principia Philo- 
sophiae Scholasticae praevertim S. Thomae, 
Suarez et De Lugo methodo scholastica elu- 
eubratae. Einen Abſchnitt diefes Werkes begann 
der Berfaffer deutich zu bearbeiten und zu ermeis 
tern in einer Artifelrcihe in der Zeitfchrift „Ehrift: 
lich⸗ſoziale Blätter” unter dem Titel „Abriß eines 
Syſtems der Nationalöfonomie im Geifte der 
Scholaſtik“. In feinem bedeutenden Werke er: 
faßt R. die großen ethiſchen Prinzipien des ſcho— 
laftiihen Mittelalterd in ihrer Bedeutung für das 
foziale Wohl und giebt fie mit wiſſenſchaftlicher 
Klarheit auf die Zeitverhältnifie angewandt wie 
der. Bon feinen Schriften find hervorzuheben: 
Katehismus der Andaht zum göttlichen Herzen 
Sefu (ind Spaniſche überfegt), Katehismus der 
Andacht zum unbefledten Herzen Mariä. Außer— 
dem fchrieb R. verſchiedene Bücher-Rezenfionen 
und Artikel für Zeitfchriften. 


Roßbach, Auguft, geboren den 23. 
Auguft 1823 zu Echmalfalden im. che: 
maligen Kurheſſen, Sohn des Rektors am 
lutherischen Lyzeum und nady deifen Auf: 
bebung an dem Progymmafium und der 
Stadtſchule ſowie Schulinſpektor, wurde 
auf dem Gymnaſium in Fulda 1840 bis 
1844 vorgebildet, bezog dann die Uni— 
verfität Leipzig, wo er 1844—46 beſon⸗ 
ders ©. Hermann und W. U. Beder 
nahe trat, jtudierte 1846—48 unter Th. 
Bergk und Nubino in Marburg, hörte 
gleichzeitig die Vorlefungen von Profeſſor 
Gildemeiſter über vergleichende Grammatik 
und orientaliiche Philologie, habilitierte 
fih 1851 als Privatdozent der klaſſiſchen 
Philologie in Tübingen, wo er im Jahre 
1853 zum außerordentlichen Profeſſor be: 
fördert wurde. 1856 folgte er einem Rufe 
als ordentliher Profeſſor, Direktor des 
philologifhen Seminars und des archäo— 
logiihen Mujeums an die Univerjität 
Breslau, wo er noch wirft. Der Kreis 
feiner Vorleſungen erſtreckt ſich feit einer 
Reihe von Jahren hauptſächlich über grie: 
chiſche Neligionsgeihichte und Kunſtge— 
ſchichte, griehiiche Grammatik, Metrik und 
Siteraturgeihichte, Homer, die Tragifer 
und Pindar. Das archäologiſche Muſeum 
hat er von Grund aus umgejtaltet, ſodaß 
es als das zweite nad) dem Muſeum der 


Univerfität Bonn bezeichnet werden darf. | Studiums beftand er fein € 


532 — 





Roth. 


Hauptwerke: Thefeus und Peirithoos (Habis 
fitationsfhrift 1851), Unterfuchhungen über die 
römifche Ehe (1853), Meirit der griechiſchen Dra: 
matifer und 2yrifer (mit R. Weftphal, 1854 bis 
1856, 3. Aufl. 1887), Tibulli libri (1859), 
Catulli carmina (1860), Römilche Hochzeit3- und 
Ehe-Dentmäler (1870), Eine Anzahl von Abhand⸗ 
lungen ald PBroömien zu den Indices lectionum 
Universitatis Vratislaviensis beſonders über 
Kritik des Äſchylus und griechiſche Metrik. 

Roth, F. Wilhelm E., wurde am 6. 
Auguft 1853 zu Eltville als Sproß einer 
alten Gelehrtenfgmilie geboren. Er ſtu— 
dierte zuerft fath. Theologie, darauf, ins 
folge des Kulturfampfes, Geſchichte und 
Diplomatif. Im Befige.ausreichender Mit⸗ 
tel, beſchloß er, ganz der Wiffenfchaft zu 
(eben und lich ih in Wiesbaden nieder. 
Er verfaßte in den Jahren 1879—87 
die Schriften: Nafjau’s Kunden und Sagen, 
Oberurſler Reimchronik, Geſchichte des römiſchen 
Königs Adolf von Vaſſau, Fontes rerum Nas- 
soicarum, weldes Werk leider ohne St 
ftügung blieb und deshalb nicht fortg 
Später verlich N. Wiesbaden u 
jiedelte nah Darmftadt. Infolge der Ver 
bindungen mit dein Benediftinerorden ver- 
legte ſich R. wieder auf die hiſtoriſche Theo- 
logie und lieferte: Die Bifionen der 
Eiifabeth von Schönau, Petrus Domiani, 


von Deus, nebenbei aber auch germaniſche, 
rifhe und bibliographiiche Schriften und 


deren Wert anerkannt wurde. 

Roth, Richard, wurde am 1. Februar 
1835 in dem Thüringer Waldort Siuß—⸗ 
haus bei Ohrdruf geboren. Sein Vater 
bekleidete dajclbft die Stelle eines Unter 
förfters, wurde aber, als Nic). kaum das 
zweite Lebensjahr erreicht hatte, als Kon⸗ 
troleur nad) der Saline Ernftleben be 
Bufleben unweit Gotha werjegt. Des 
Knaben Lieblingswunidh, Pfarrer zu wer⸗ 
den, jcheiterte an der Mlell 
Vaters; fo wandte fich feine volle Nei 
gung dem lehramtlihen Berufe zu. X n 
vorbereitenden Unterricht genoß er bei dem 
Pfarrer eines nahe gelegenen Ortes, bis 
er in feinem neunzehnten Lebensjahre Auf 
nahme in das Lehrerieminar au Ce Ja 
fand. Nad) fünf Jahren angeftrengte 










wurde. 
über: 


Rothenburg. 


Sculamtsfandidat, um dann foglei als 
Bürgerſchullehrer nah Waltershaufen 
überzufiedeln. Eine chroniſche Erkrankung 
des Halſes machte es ihm bald unmög- 
lih, feinem Beruf, dem er mit voller 
Liebe zugethan war, treu zu bleiben. 
Schweren Herzens fiedelte er mit einer 
ſehr Fleinen Benfion nad) Gotha über, wo 
er mehrere Jahre lediglich feiner Geſund— 
beit leben mußte. Darauf erhielt er an 
der dortigen berzogl. Staatsbuchhalterei 
den Bolten eines Hilfsbuchhalters. Solcher 
vermochte feinen Neigungen auch nicht im 
entferntejten zu entſprechen. Zudem ver: 
Ihlimmerte fi feine Krankheit infolge 
der ungewohnten, äußerjt ermüdenden Ar: 
beit neuerdings wieder. Da wurde ein 
unbedeutendes Ereignis die Veranlaffung 
zu einer Neugeftaltung feines Lebens. Es 
wurde der Wunſch in ihm gewedt, Schrift: 
fteller zu werden und als folder bie er: 
ziehlihe Einwirkung auf die Jugend wie: 
der aufnehmen zu fünnen. Sobald es 
ihm feine Verhältniſſe geftatteten, fchied 
er aus feiner Stellung und verzog nad) 
Friedrichsrode. 

Hier wandte er fi ernjten Studien zu, bes 
fonderd feinem Lieblingsftudium der Geſchichte, 
deſſen Refultate er dann mit Glüd in feinen lites 
rariſchen Arbeiten zu verwerten verftand, die den 
beiten der einfchläglichen Literatur beizuzählen find. 
Bon feinen zahlreihen Schriften feien nur einige 
genannt: Der Burggraf und fein Schildfnappe, 
Raijer-Hönig und Bapit, In den Werkſtätten, 
Treuberz oder Trapper und Indianer, Gott bracht’ 
eö an den Tag, Prinz Eugen der edle Ritter, 
Durch Liebe befiegt, Recht befteht, Unrecht ver: 
geht, Stanley’3 Reife durch den dunklen Erdteil, 
Er führt es herrlich hinaus, Der Tigerjäger, Ein 
nordifcher Held, Der Tolpatich, Gefühnt. Außer— 
dem find zahlreiche Schriften im „Jugendgarten“ 
und in der „Sinderlaube‘ veröffentlicht worden. 


Rothenburg, Adelheid von, wurde 
am 4. April 1837 zu Krumhavel bei Sol: 
din in der Darf als Tochter des Nitter- 
gutsbefigers D. v. Zaſtrow geboren. In 
Eoldin, wohin die Eltern nad Verkauf 


533 


Rothenburg. 


fen über, wo eine größere Befigung ans 
gekauft worden war. Die fremde pol 
nische Umgebung bedingte für die Familie 
eine ArtEinfiedlerleben; fo war das heran 
wachlende junge Mädchen gezwungen, bie 
Quellen der Unterhaltung, Anregung und 
des Genufjes innerhalb des eignen Ichs 
zu ſuchen. Die wiſſenſchaftliche Ausbils 
dung dur Hauslehrer wurde von der 
feinfinnigen Mutter nach jeder Weiſe er: 
mweitert umd gefördert, aber der Neigung 
zur Schriftſtellerei, welche bei den Töch— 
tern mehr und mehr hervortrat, ernftlich 
entgegengearbeitet. Den glüdlichen Kin: 
derjahren folgten fchwere Zeiten — Todes: 
fälle, jchwere Erkrankungen, Entbehruns 
gen, Täufhungen machten das junge Mäd— 
hen früh mit dem Ernjt des Lebens ver: 
traut. 1861 vermählte fie fid) mit ihrem 
Vetter v. Rothenburg, der als Hauptmann 
in Etettin ftand. Dort verlebte das junge 
Baar ein Jahr des reiniten Glüds; dar: 
auf folgte eine Verſetzung, an welche ſich 
eine lange Zeit der Unruhe und des be: 
ftändigen Wohnungswechiels ſchloß. Die 
Revolution an der polniihen Grenze er: 
forderte eine Beſetzung derſelben durch 
preußiſche Truppen; in einer kleinen pols 
niſchen Stadt, wo feites Quartier genoms 
men ward, erwadte in A. v. R. die Neis 
gung ihrer Jugend, fie griff zur Feder 
und jchrieb Hier ihre eriten kleinen Er— 
zählungen. Das Kriegswetter des Jahres 
1866 entriß fie dieſer frieblihen Beſchäf— 
tigung; doch als am Ende des Jahres 
1870 der Hausftand in Köslin fi neu— 
begründete, nahm fie ihre ſchriftſtelleriſche 
Thätigfeit wieder auf, foweit e8 die Sorge 
für ein angenommenes Kind und Die 
Pflege des kränklichen Mannes zulieh. 
1877 ließ ſich die Familie in Darmitadt 
nieder, welcher Aufenthalt für den von 
ichwerer Krankheit genejenen Gatten ge: 
wählt worden war. 

U. v. R. ertannte bald, dab die Schriftitellerei 


ihres Gutes gezogen, erhielt A. v. K. ihren für fie ein, wenn aud) verfpäteter Beruf fei. Sie 


eriten Unterricht. Vier Jahre ſpäter fiedelte 


die Familie nach dem Großherzogtum Po: 


Ihrieb hier „Katharine aus Angerbach“, eine 
Bolkserzählung, die einen Preis gewann, dann 
da3 „Tagebuch einer Haushälterin”, „Waflers 


534 


ſ. w. Bon feinen trefflihen Schulwerfen: 2 
Leſebuch für die une Rechen der Gymnaſien 
(6.8. Aufl); » und Yufgabönfaniemelike 


Rothplep. Rubinftein. 


müller und Windmüller”, „Die Näberin von Stet- teir 
tin“, Während einer ſchweren, drei Jahre anhal⸗ 
tenden Augenkrankheit diktierte fie ihrem Manne: Bei 
„Die verſchwundene Kriegskaſſe“, „Ein Sommer: | für die,'mittln I end, Gymnaſ. (4. Aufl. 
tag“, „Aus der Tiefe” und „Verworrenes Garn“. | Wörterbyh;amr Historia: antiqua, Nepos und 
Mieder bannte, nachdem fie einigermaßen berge: | Caesar. de bello Gallico (4. Aufl.), Kurze 
ftellt war, eine Krankheit auf Leben und Tod | Chreftomathie aus Iatein. Dichtern (4. Aufl.). 









ihren Mann und damit duch fie in das Kranken- 
zimmer. Etwas früher ſchon hatte fie die Eltern | 
begraben und der geliebten Mutter in dem „Was 
unlere Mutter auf Erden erlebte‘ ein Dentmal | 
errichtet, das ihrer Mbfiht nah nur für dem | 
nädjten Verwandten» und Freundeskreis beitimmt 
mar, dennoch aber in weiteren Streifen befannt 
geworden ift. Es folgten dem „Berworrenen 
Garn“: „Jenſeits der Grenze“, „Aus der Tiefe‘, | 
„Erlöft“, ſowie die heifiihen Volksgeſchichten und 
andere fleinere in verichiedenen Sonntags» und | 
BVoltsblättern erichienene Erzählungen, welche noch 
efammelt werden follen. Die Kritit hat die 
—** Erzählungen, getragen von einem from⸗ 
durchweht von reiner | 


men Gottesglauben und 
unverdorbener Zuft, jehr günjtig beurteilt und 
dazu beigetragen, daß die Autorin einen weiten, 
fie liebenden Leferfreis um ſich verfammelt hat. 


Rothpletz, Emil, geb. am 22. Fe 
bruar 1824 zu Narau, amtiert als Vor: 
fteher und erfter Profeſſor der friegswillen- 
fhaftlihen Abteilung am eidgenöffiichen 
Polytechnikum in Züri. Literarifch ift 
N. außer in Fachzeitichriften mit nach— 
folgenden Werfen, durch die er fich hohe 
Verdienite um die Förderung der Kriegs: 
wiſſenſchaft erworben hat, hervorgetreten: 

Taktik und Felddienſt der Artillerie (1866), 
Die Ichweizeriihe Armee im Felde (1869), Die 
Führung der Armee:-Divifion (1876), Inftruftion 
über den Sicherheitödienft der Infanterie (1877), 
Syſtem der Landesbefeitigung (2. Aufl. 1880), 
Das Infanteriefeuer (1882), Terraintunde (1885), 
Die Gefechtämethode der drei Waffengattungen 
(1. Geſchichtliche Entwidelung, II. Die Infanterie, 
III. Die Kavallerie, IV. Die Artillerie, 1886 
bis 1887). 

Rozsek, Joh. Aler., geboren am 28. 
November 1824 zu Stein-Sedliſcht in 
Böhmen, ftudierte Philoſophie unter Cur—⸗ 
tius und Schleicher in Prag, war Gym— 
nafiallehrer und Profeffor in Hermanns 
ftadbt und Graz, ift feit 1873 Landes— 
fhulinipeftor für Steiermarf. 

Bon feinen wiffenihaftlihen Abhandlungen 
feien folgende erwähnt: Über Gäfars Rheinbrüdte, 
Über Juftins Latinität (latein. geſchrieben), Über 
„nobiscum“, Über 5 Juſtinus-Handſchriften u. 


Nubinjtein, Sufanna, iſt am 15. 
September 1847 in Czernowitz in ber 
Bufowina geboren. Mütterlicherjeits früh: 
zeitig verwaift, verbrachte fie eine ein- 
jame Jugend, in welcher ihr, um die He 
bung der Kultur ihres Landes fehr ver 
dienter Vater (faif. Nat und Neichsrat- 
abgeordn.), ſowie eine geiftuolle franzd- 
füche Erzieherin ihren. Bildungsdrang zu 
nähren fuchten. Sie ftubierte privatim 
das Gymnaſium und bezog Oftern 1870 
die Prager und drei Jahre fpäter bie 


| Leipziger Univerfität. 1874 zum Dr.phil. 


promoviert, hofpitierte fie noch ein 
in Zeipzig und darauf in Heidelberg und 
Münden. Ihr feites unverrüdtes Ars 
beitsfeld ift die Piychologie, worüber fie, 
häufig durd Krankheit unterbrodhen, Die 
fenforiellen und jenfitiven Sinne und 
logiich-äfthetiiche Effays, I. und II. Folge, 
wie verfchiedene Auffäge in Fa te 
veröffentlicht hat. Gegenwärt Du mit 
einer neuen piychologiihen Arbeit be 
Ihäftigt. 
Ruckert, Alois Joſeph, geb. am 13, 
Februar 1846 im Dorfe Stellberg bei 
—— als * hin Volksſchulleh⸗ 
ters Georg R. Den erſten Unterricht 
hielt er in der Schule ſeines s 
Buchbrunn bei Kitzingen, wohin der Te 
tere 1849 befördert worden war. Ju 
Jahre 1866 .abjolvierte N. das Lehrer: 
jeminar zu Würzburg, in welder Stab 
derjelbe nunmehr nad) vierzehnjährige 
Wirkſamkeit in verjchiedenen Zandjehu 
als Lehrer an ber dortigen Knabenſch 
thätig ift. 2a A 
übzeitig verjuchte der ge 
PER a: I ihm En ae edichte G 
bels in Nürnberger Mundart unter die Hand 
fommen waren, madte er die eriten ®: 
unterfränfifhen Dialekte, Später jegte € 
Verkehr mit Dr. Frommann, Franz von Ro 












er 
= 
9 


Rudolf. 


und Karl Stieler, von denen namentlich die bei— 
den erſten großes Intereſſe für R.'s Dialektdich— 
tungen und deſſen Beſtrebungen für unterfrän— 
tiſche Dialektforſchung an den Tag legten. Damals 
entſtanden ſeine „Toganachtsveichali“ (1879), 
Gedichte in — — Mundart, die in 15 
Monaten 5 Auflagen erlebten. Dielen folgte 1881 
ein 2. Band „Lahtäumli”, deren Lautbezeichnungs⸗ 


revifion Dr. fyrommann übernommen hatte und 


die in 3. Auflage vorliegt. 1887 erichienen neue 
Gedichte in unterfräntiiher Mundart unter dem 
Titel „Nur gemüatli“. Außer diefen Dialekt: 
dihtungen fchrieb ©. auch hochdeutiche Gedichte: 
„Schlichte Weiſen“ (mit einem Vorworte Ludwig 
Bauerd, 1886). Auch auf pädagogiſch-metho⸗ 
diichem Gebiete war R. mit Erfolg fchriftjtelle: 
riih thätig. Als eigentliher Gründer der in 
Bayern vielverbreiteten Zeitfchrift „Jugendluſt“, 
deren Mitredakteur er kurze Zeit war, ift er die 
ſem Blatte Mitarbeiter auf Iyriibem und novels 
liftiichem Felde. Seit 15 Jahren arbeitet R. an 
einem unterfräntifhen Idiotikon, das feiner alls 
mäblihen Vollendung entgegen gebt. 

Rudolf, Franz, zu Ringelshain in 
Böhmen am 9. April 1851 als der Eohn 
eines Grundbefigers geboren, entichloß 
ſich ſchon als Knabe, Lehrer zu werden, 
und fiudierte mit großem Eifer und dem 
beiten Erfolge an der Realſchule in Rei- 
chenberg, Später an dem Lehrerfeminar in 
Leitmerig. Er wirft nunmehr in Reichen: 
berg. 

Durch mehrere Arbeiten, meift pädagogiichen 
Anhaltes, die in verichiedenen Blättern erichienen 
waren, hatte er die Aufmerfjamfeit feiner Kol: 
legen auf fich gelenft und wurde 1883 mit der 
Redaktion der vom Deutichen Landeslchrerver: 
eine von Böhmen gegründeten illuftrierten Mo: 
natsjchrift „Ofterreich8 deutiche Jugend“ betraut. 
Diejes Blatt, das heute im V. Jahrgange fteht, 
bat unter R.'s Leitung rühmliche Fortſchritte 
gemakht. 

Rudolph, Ludwig, geboren 18. Aus 
guit 1813 zu Berlin als der Sohn eines 
Schneidermeiters, ſpäter Seminardieners; 
bejuchte die fönigl. Realſchule, deren Di- 
teftor damals Spillefe war, trat 1832 
in das fönigl. Seminar für Stadtſchulen 
ein, defien Leitung um dieſelbe Zeit Die- 
ſterweg übernahm; er gehört demnach zu 
deſſen älteften Berliner Schülern. 1835 
verließ er das Seminar und war einige 
Jahre als Lehrer in verichiedenen Pri- 
vatanjtalten thätig. 1838 wurde bie erjte 


535 


Audorff. 


ftäbtifche höhere Töchterihule (jegt Lui— 
ſenſchuie in Berlin) gegründet, in welche 
er zunächſt als Hilfslehrer eintrat, ein 
Jahr fpäter erfolgte feine definitive Ans 
jtellung. 

Hauptwerfe: Praktifches Lehrbuch für den er: 

‚ften Unterricht in ber franzöfilhen Sprade, 
nach methodifchen Grundfäßen bearbeitet (die Ein» 
führung wurde von dem königl. Schul-Kollegium 
genehmigt, 1848), Atlas der Pflanzengeograpbie 
über alle Teile der Erde (die Arbeit wurde von 
dem fönigl. Minifterium unterjtügt; von König 
Friedrich Wilhelm IV. erhielt der Autor die 
goldene Medaille für Wifienfhaft, 1852), Die 
Pflanzendede der Erde, populäre Daritellung der 
Pflanzengeographie (in Folge diefer Arbeiten 
wurde N. der Oberlehrertitel verliehen, 1853), 
Praktiſches Handbuch für den Unterricht in deut⸗ 
ſchen Stilübungen (4 Teile, von denen der erite 
bis jegt 8, der vierte 5 Aufl. erlebt hat, 1859 
bis 1861). Seit 1862 ftebt R. in Verbindung 
mit Dr. ©. van Muyden: Collection d’auteurs 
francais. Sammlung franzöfiiher Schriftiteller 
für den Schul: und Privatgebrauch; bis jegt 44 
Hefte in verfchiedenen neuen Auflagen; ferner: 
Schiller:Leriton, Erläuterndes Wörterbuh zu 
Schillers Dichterwerken (unter Mitwirtung von 
K. Goldbeck, 1869), Beſorgung der 5. Aufl. von 
Dieftermegs Wegweiſer für deutiche Lehrer, Be— 
arbeitung des eriten Bandes und des Unterrichts 
in der Mutterſprache (1873), Prattiſche Anlei— 
tung zur Erteilung eines naturgemäßen Unter⸗ 
richtes in unſerer Mutterſprache (1876), Die 
Stellung der Schule zu dem Kampfe ywilchen 
‚Glauben und Wiffen (1881), Deutichlands 
Dichter für Schule und Haus (1897). 


Rudorff, E., j. Franz. Jarke. 


Rückert, Karl Theodor, wurde am 
2. Februar 1840 zu Beditein bei Königs⸗ 
hofen an der Tauber geboren. Derjelbe 
befuchte die Gymnafien zu Tauberbiichofs- 
heim und Konſtanz und feit 1859 bie 
Univerfität Freiburg i. Br., um Theologie 
und Philologie zu Itudieren. Nach abijol- 
viertem Theologieftudium (1862) ver: 
brachte derjelbe ein Jahr praftiiher Vor: 
bereitung im Seminar zu St. Peter, er: 
hielt 1863 die Priefterweihe und beſtand 
Ende deflelben Jahres das philologiiche 
Staatseramen. Nachdem er (1863/64) 
kurz in Königheim und Altbreifah als 
Theologe und Philologe thätig geweſen 
war, erhielt er (1864) eine Lehrerſtelle 








Rüdiger. — 
am Gymnaſium zu Tauberbiſchofsheim. 
Ende 1868 wurde er an das Gymnaſium 
Freiburg verſetzt, wo er bis zur Stunde 
als Theologe und Philologe thätig ift. 
Ende 1886 habilitierte er ſich an der 
Freiburger Univerfität für bibliſche Topo- 
graphie. Er hat nämlich in den Jahren 
1879 und 1881 das heil. Land bereift, 
nachdem er zuvor die meiften europäifchen 
Länder durchſtreift, auch) Nordafrika und 
Amerika befucht Hatte Daher datieren 
die zwei Bücher: 

Reife nad Paläftina und über den Libanon 
(1881) und Nach Nordafrika (1883). Außerdem 


erfchienen und erfcheinen theologiſche Abhandlun- 
gen in Fachzeitichriften und Programmbeigaben. 


Nüdiger, E., |. E. v. Hohenhaufen. 


Ruepprecht, Chriftian, iſt geboren 
31. Auguft 1858 zu München. Nachdem 
er das Humaniftiihe Gymnafium abjol- 
viert, befuchte er die Univerfität, wo er 
zuerft klaſſ. Philologie ftudierte, ſpäter 
aber fich mehr und mehr der Gefchichte 
zumwendete. 1882 promovierte er. Wie 
er ſchon während feiner eigenen Schul— 
jahre viel Privatunterricht erteilte, jo er— 
warb er fid) auch weiter feinen Unter: 
halt damit. Um ein kl. Stüdchen mehr 
von der Welt zu fehen, übernahm er 1883 
eine Hauslehrerftelle bei einer norddeut⸗ 
hen Familie, mit der er ſich einige Zeit 
in Bad Kreuznach, in Kafjel 2c. aufhielt. 
2 Jahre war er Hofmeilter bei dem 
Reichsrate Fürften v. Wrede. 1886 wurde 
er Bibliothef-Affiftent an der kgl. Kunft- 
gewerbefhule zu Münden, welde Stelle 
er zur Zeit noch befleibet. Gleichzeitig 
wirkt er auch als Bibliothefar des „hi: 
ftorifchen Vereins von Oberbayern“, wel: 
hem er als Ausihußmitglied angehört. 
So hat er ſich der bibliothekariſchen Lauf: 
bahn gewidmet; er treibt indes aud Mu— 
feumsfunde, wie ſich die Kulturgefchichte 
immer mehr zu feinem Lieblingsjtudium 
herausgebildet. 

Veröffentlicht hat er ſeit ſeiner Doktorſchrift: 
Herzog Albrecht V. von Bayern und feine Stände, 


als felbftändig erfchienen nur noch die kulturge— 
chichtliche Skizze: Der Menſch und feine Woh— 


536 


— Ruhe. 

nung in ihrer Wechſelbeziehung, welche gleichſam 
nur einen’ Auszug einer größeren Arbeit auss 
macht. Seht (1887) ift er im Begriffe, ein 
Bibliothels-Handbuh für die kunſtgewerblichen 
Schulen ac. herauszugeben. Außerdem kleinere und 
größere Aufjäße, welche in verfch.Zeitungen und Zeits 
fhriften zu finden find. Von ihnen feien bei» 
fpielöweife genannt: Eine fürftl. Hochzeit im 
16. Jahrh., Der Menfc und feine Erinnerungen, 
König Ludwig I. v. Bayern, Einiges über Ge— 
ſchichte und Geſchichtsunterricht. 


Ruhe, Heinrich, geb. zu Hannover 
am 18. November 1847, gebildet auf 
dem Gymnafium zu Hildesheim und auf 
den Hochſchulen Göttingen, Bonn, Leipzig 
und Innsbrud, bereijte durd) drei Jahre 
Europa, Kleinafien und Agypten, trat jo: 
dann als Oberlehrer in den badiſchen, 
hierauf in den ſächſiſchen Staatsdienft, 
wurde fpäter als Rektor nad) Unrubftadt 
(Provinz Poſen) berufen und leitete end» 
(ih in Rußland durch vier Jahre ein 
deutfches Privatgymnafium. 1886 über: 
nahm er die Redaktion ber „Potsdamer 
Zeitung“ und eröffnete zu gleicher Zeit 
ein literarifches Inftitut. R. ift jeit dem 
Jahre 1870 literarifh thätig. Berufs: 
mäßig überfegt er aus dem Franzöſiſchen, 
Engliichen, Italieniſchen, Polniſchen und 
Nuffiichen. 

Die in Buchform veröffentlichten Werke fols 
gende: Rom und der Bapft (1870), Die n⸗ 
leſten Wallfahrtsorte der Erde (1887), Die 
Dome Deutſchlands (1887), Die Einfü des 
Chriftentums in Rußland (1887). Überfegun: 
gen: Auf dem Edelhofe (1835), Aus dem Leben 
eines Nealiften (1885), Die Fähnrichstochter 
(1885), Turgeniewd Briefe (1886), Schweiter 
en (1886), Die wilde Steppenblume 


NRuhland, Hermann, wurde zu 
Grohnde (Hannover) am 28.Dftober 1833 
als der Sohn des Kreisphyſikus Dr. N. 
geboren. Er beſuchte, nachdem er von dem 
Geiſtlichen des Ortes den erften Unterricht 
eınpfangen hatte, das Gymnaſium zu Oſte— 
rode, das er nad) dem Tode des Vaters 
verlaflen und fi, weil ihm die Mittel 
zum Studium fehlten, dem landwirtichaft- 
lihen Berufe widmen mußte. Als Okono— 
mieverwalter und Adminiftrater wirkte er 


Rumpff-Burmeifter. 


auf verfchiedenen Gütern und folgte 1863 
feiner Mutter und Schwefter nach Amerika. 
In Milwaukee nahm er zuerſt eine Buch 


537 


Runge. 


im Haufe des Barons Fr.v.d.Often-Saden 
auf Wormen in Kurland, beftand das theo⸗ 
logiſche Eramen pro licentia concionandi 


halterjielle an und. beteiligte fich fpäter | zu Stettin (1875) und wurde zum Dr. 
an der Gründung der erften, vom chriſt- phil. (1876) zu Königsberg auf Grund 


lihen Standpunkt aus redigierten poli— 
tischen Wochenzeitung „Sermania”. Dar: 
auf war er mehrere Jahre als Lehrer in 
Kendallville (Staat Indiana) thätig und 
ift als folcher feit 1881 an der Ober: 
flaffe einer deutſch-engliſchen Gemeinde: 
ſchule in Chicago angeftellt. 

Unter dem Titel „Ährenlefe” gab R. 1878 
einen Band Gedichte heraus, die durch ihre An— 
mut dem Dichter manden Freund gewonnen. 
Seine Mufeftunden widmete er zahlreichen neuen 
poetiſchen Schöpfungen, die in deutichen Zeit 
ſchriften freundliche Aufnahme fanden. 


Rumpff-Burmeiſter, Anna, wurde 
am 25. Januar 1852 zu Pyrmont ges 
boren, fam ſchon als fleines Kind in das 
Haus von Pflegeeltern zu Roftod, erhielt 
dort eine trefflihe Ausbildung und widmete 
fih, nad Abfolvierung einer höheren 
Lehranftalt, in ihrer Vaterſtadt dem 
erziehlichen Berufe. Früh Schon begann 
Anna R. zu dichten, und finden ſich 
die Erzeugniffe ihrer Mufe in vielen 
beileren Zeitichriften. Im Jahre 1887 
gab fie einen ftattlihen Band ihrer ge 
jammelten Boefien unter dem Titel „Le 
bensblätter“ heraus und fand mit diejen 
formſchönen und befonders für die Frauen: 
welt hochintereſſanten Gedichten eine über: 
aus günftige Aufnahme, die ihr den Mut 
zu weiterem Borwärtsjtreben einflößen 
wird. 


Runze, Georg August Wilhelm, wurde 
am 13. Februar 1852 zu Woltersdorf in 
Pommern als Sohn des Predigers W. NR. 


geboren, beiuchte bis 1870 das Marien: | 


ftiftsgymnafium zu Stettin, ftudierte Theo: 
logie und Bhilofophie in Greifswald (1870) 
unter Hanne, Vilmar, Wiejeler, Zödler, 
Baier, George, Studemund, in Berlin 
(1871— 74) unter Dillmann, Dorner, 
Semiſch Steinmeyer, Tmweften u. a. Dar: 
auf wirkte er zwei Jahre als PVrivatlehrer 





einer Differtation über den Einfluß der 
Vhilofophie Schleiermachers auf feine 
Dogmatik promoviert. 1876/77 Adjunt: 
tus des föniglihen Domkandidatenftifts, 
1877/78 Abjolvierung der Militärdienft- 
pfliht. 1879 wurde R. in Berlin zum 
Licentiaten der Theologie non sine laude 
promoviert, 1880 habilitierte er fih an 
der theologiichen Fakultät zu Berlin auf 
Grund einer fritiichen Darftellung der 
Geſchichte aller ontologiſchen Gottesbe: 
weile. Seine Vorlefungen feit 1880 er: 
ftredten fih auf das Gebiet der ſyſtema— 
tiſchen und philofophifhen Theologie. Um 
die praftiihe Pädagogik erfahrungsmäßig 
fennen zu lernen, abjolvierte er 1881 zu 
Greifswald das philologiiche Staatsera: 
men pro facultate docendi und war 
während des Jahres 1883 neben den 
afademijchen Obliegenheiten als Probe: 
amtsfandidat am Falk-Realgymnaſium zu 
Berlin thätig, feit 1886 am Sophien- 
gymnaſium in Berlin. Bon den verdienft- 
lihen Veröffentlihungen R.'s (abgefehen 
von Abhandlungen oder Nezenfionen in 
Beitihriften) heben wir außer den ge— 
nannten hervor: 

Grundriß der evangelifhen Glaubens: und Sit: 
tenlehre (1. Th. Allgemeine Dogmatif mit Eins 
Ihluß der Religionsphilofophie, 11. Th. Spezielle 
Dogmatif), Die Bedeutung der Sprade für das 
willenihaftlihe Erkennen, Die Ethik des prak— 
tiichen Chriftentums, Die Erziehungsftrafe in der 
—— mit Rückſicht auf die körperliche Züch— 
igung. 


Runze, Max Paul Wilhelm Karl, 
geboren zu Woltersdorf, Kr. Greifenhagen, 
Pommern, den 8. Auguſt 1849, erhielt 
die erſte Unterweiſung vom Vater, einem 
Geiſtlichen, um dann das Marienſtifts— 
gymnaſium zu Stettin zu abſolvieren, 
von deſſen Profeſſoren (z. B. K. E. A. 
Schmidt, Calo) er tiefe und nachhaltigſte 
Anregungen empfing, die für ſpäter ent— 


Runze. 


ſcheidend blieben. Er ſtudierte in Greifs— 
wald und Berlin Philologie und Theo: 
logie und mit bejonderem Nahdrud Phi: 
lojophie. Den Krieg von 1870—71 
madte er als Ariegsfreiwilliger mit. 
Dauernd feflelten ihn tiefere philoſophiſche 
Probleme. Als rechten Ausgangspunft 
für die wiſſenſchaftliche Philoiophie betont 
er eine „Erfenntnistheorie im Einne 
eines radikalen Sfepticismus”, u. a. dar: 
auf dringend, daß Kant durch Hume zu 
fritifieren ſei. Solche Kritit hat er eingeleitet 
mit feinen Schriften „Kants Aritif an Hume's 
Stepticismus” (naug.:Difiert.) und „Kants Be: 
deutung auf Grund der Entwidelungägeichichte 
feiner Philofophie". Zum 100. Gedenktage des 
Erſcheinens der „Kritik der reinen Vernunft“ 
hatte er in Berlin eine Kant-Feier ver: 
anſtaltet. Ausgeführtere Kant-Studien harren 
der Beröffentlihung. Mehrere Auffäge ließ er 
über Fran; von Baader ericheinen; fodann eine 
Reihe äfthetiicher Abhandlungen, z. B. über Lud— 
wig Gieſebrecht, Bernhard Klein, zur „Hithetit 
der Ballade.” 1875—76 war er in Ruß: 
land und trieb dort philoſophiſche Studien. 
1877 war er Mitglied des Königl. Dom: 
jtifts in Berlin. Nach Abjolvierung der 
theolog. und philolog. Staatseramina und 
nachdem er in jahrelanger freier Unab— 
bängigfeit den Grund für fpätere willen: 
Ihaftlihe Arbeiten gelegt, übernahm er 
1883 eine Stellung als Prediger an der 
Johanniskirche in Berlin. Kurz vorher 
hatte er in Berlin den Loewe-Verein be: 
gründet zu dem Zweck, die Loewe'ſche 
Muſik, und namentlid feine Balladen, 
vor dem Untergange zu retten, und regte 
den Gedanken zur Errichtung eines Zoeiwe- 
Denkmals an. 

Über Loewe fpeziell veröffentlichte er eine grö- 


Bere Anzahl von Abhandlungen in mufitalifchen | 


und anderen Blättern; jodann: Carl Loewe, 
eine äfthetifhe Beurteilung (1884), außerdem: 
Schriften zur Balladenforhung und Charaltes 
riſtik Loewe's, Thomas der Ahymer (von Julie 
von Bothwell, wozu er das Vorwort jchrieb, 
1885), 2oewe redivivus, Forſchungen über 
Loewe ſowie Vorftudien zur Äſihetik der Ballade 
(1887). Auch fchrieb er biographiſche Artikel 
für die „Allgem. Deutiche Biographie”. Seine 
religionsphiloſophiſchen Anfichten hat er nieder: 
gelegt in der treiflihen Schrift: „Wie ift der 
Beweis der göttlihen Wahrheit zu führen?“ 


538 


Ruß. 


1888 erſchien: „Schopenhauers Verdienſte um 
| die Wahrheitserforſchung“. 


Nuß, Karl, wurde am 14. Januar 
1833 in Baldenburg (Wejtpreußen) ge: 
boren, ftudierte in Berlin Naturwiſſen— 
Ihaften und widmete fi der Schriftitels 
lerei, fpeziell auf dem Gebiete der Vogel: 
funde, auf welchem er als Autorität gilt. 
Er lebt in Berlin. Seit 1872 redigiert 
N. die ornithologiiche Zeitichrift „Die ges 
fiederte Welt“, feit 1876 die „is“. 

Von feinen trefflihen Werfen heben mir 
hervor: In der freien Natur (2. Aufl. 1875), 
Durh Feld und Wald (2. Aufl. 1875), Die 
Brieftaube (1877), Handbuch für Bogelliebhaber 
(3. Aufl. 1886), Der Kanarienvogel (5. Aufl. 
1885), Die fremdländiihen Stubenvögel (1879 
bis 1886), Der Wellenfittih (2.. Aufl. 1886), 
| Die fprehenden Papageien (2. Aufl. 1886), Zum 
| Bogelichug (1882), Das Huhn (1885), Bögel in 
der Heimat (1887). 


Ryſſel, Carl Victor, geb. zu Reins— 
berg in Sadjjen am 18. Dezember 1849, 
bejuchte das Gymnaſium zu Freiberg (1861 
bis 1868) und ftudierte von 1868—71 
Theologie und orientaliihe Sprachen an 
‚der Univerfttät Leipzig; von 1871 fegte 
er nad) abfolviertem Eramen jeine Stu— 
dien bis 1872 fort. Zu dieſer Zeit an 
das Nicolai-Gymnafium in Leipzig bes 
rufen, wirft er bis heute an diefer Ans 
ftalt. 1878 habilitierte er ſich zugleich 
an der Univerfität tür altteftamentliche 
Eregeje und wurde 1885 zum außerord. 
Profeſſor ernannt. Bon ihm erichienen 
folgende verdienftlihe Schriften, welche 
teils der Sprade und den Schriften des 
alten Tejtamentes, teils der ſyriſchen Lis 
teratur gewidmet find: 

Die Synonyma des Wahren und Guten in 
den ſemitiſchen Spraden (1872), De Elohistae 
Pentateuchici sermone (1878), ®regorius Thau⸗ 
maturqu3, fein Leben und feine Schriften, nebit 
Überfegung zweier bisher unbefannter Schriften 
Gregord aus dem Syrifhen (1880), Über den 
tertritiichen Wert der fyriihen Überjegungen 
griechiſcher Mafjiter (1880), Ein Brief Georgs, 
Biſchofs der Araber, an den Presbyter Jejus, 
aus dem Syrifchen überjegt und erläutert, mit 
einer Einleitung über fein Leben und feine Schrif: 
ten (1883), Unterfuhungen über die Tertgeftalt 
und die Echtheit des Buches Micha, ein kritiſcher 








Rzach. 


Kommentar zu Micha (1887). Außerdem ſchrieb 
derfelbe verichiedene Aufſätze ähnlihen Inhalts 
in den Faczeitihriften und gab Fürſts He 
bräifches und Chaldäiſches Hand» Wörterbuch; über | 
das Alte Teftament in 3. Auflage (1876) und 
Bertheau'3 Kommentar zu Eira, Nehemia und 
Ejther in 2. Auflage (1887) heraus. 

Rzach, Alois. Am 16. November 
1850 zu PBapau in Böhmen geboren, 
wandte id) mich nad Abjolvierung der 
Spymnafialitudien am k. k. Stleinfeitner 
Gymnafium zu Prag dem Studium der 
Haffischen Philologie zu, welchem ich an 
den Univerfitäten zu Prag, Bonn, Leip— 
zig und Berlin oblag. Vom Jahre 1872| 
an bis zum Anfang des Jahres 1884 
befleivete ich ein Lehramt als Gymna— 
fialprofeflor an derjelben Lehranftalt, an 
welcher id) vordem meine Schulbildung 
genoſſen hatte; während diejer Zeit habi— 
litierte ich mid) zugleich, nachdem ich 1873 


539 





an der Prager Univerfität zum Doktor der 
Philoſophie promoviert worden war, 1876 
als Privatdozent für klaſſiſche Philologie 
an berfelben Hodichule und ward 1884 
zum außerordentliden, 1887 zum ordent: 
lihen Profeſſor diejes Faches an der 
erwähnten Univerfität ernannt. 
Hauptwerfe: Über antiftrophifhe Wort: und 
Gedantenreiponfion in den Chorliedern der jo: 
bofleifhen Dramen (1874), Heſiodiſche Unter: | 
—— (1875), Der Dialekt des Heſiodos 
(1876), Grammatiſche Studien zu Apollonios 
Rhodios (publiziert durch die kaiſ. Aklademie der 
Wiſſenſchaften 1878), Studien zur Technik des 
nachhomeriſchen heroiſchen Verſes (publiziert durch 





die kaiſ. Atademie 1880), Der Hiatus bei Apollo: 
nios Rhodios (1881), Neue Beiträge zur Technif 
des nachhomeriſchen Hexameters (publiziert durch 
die kaiſ. Akademie 1882), Beiträge zur Kritik des 
Heſiodos (1883), Hesiodi quae feruntur om- 
nia (1884), Homeri Iliadis carmina (1886 und 
1887). Außerdem zahlreihe Aufläge in Fach— 
zeitſchriften. Gegenwärtig bin id) mit einer neuen 
fritiihen Ausgabe der Oracula Sibyllina be: 
Ihäftigt. 


©. 


Saar, Karl, f. Ch. Claud-Saar. 


Sabel, 3. Eduard, geboren am 4. 
November 1824 zu Sobernheim (Rhein- 


— Sacher⸗Maſoch. 

preußen), beſuchte die Gymnaſien zu Trier 
und Koblenz und die vereinigte Artillerie— 
und Ingenieur-Schule zu Berlin; diente 
aktiv in der königlich preuß. Artillerie 
von 1843—74. In den Jahren 1848 
bis 1850 Mitarbeiter der preußischen (deut: 
Ihen) MWehrzeitung, fpäter des Archivs 
für Artilleriee und ingenieur » Offiziere 
und der militärifchen Blätter; ſchrieb 1856 
einen Leitfaden in der Wferdefenntnis, 
welcher ſeit 1877 (2. Aufl.) bei der deut- 
ſchen Reichspojtverwaltung eingeführt ift. 


Lebt ſeit feinem Ausscheiden aus dem 


Dienfte (als Oberjtleutnant) zu Trier, wo 
er als Mitarbeiter an mehreren die Ger 
flügelzucht betr. Zeitfchriften thätig ift. Er 
verfaßte: Anleitung zur Hühnerzucht für den 
Landmann (1879, 2. Aufl. 1881), Die Mittel 
zu Schneller und mwirffamer Förderung der Ge; 
flügelzucht behufs Eier- und Fleiſchproduktion 
(1881), Züchtungslehre (1882), Die Wild- und 
Haus:Enten (1886); er gab heraus die 3. Auf: 
lage von Reißerts Katehismus der verbeflerten 
Landhühnerzucht (1884) und überjette aus dem 
Franzöfiihen ins Deutijhe: A. Espanet, Die 
Kanindenzucdt, und A. Espanet, Die Züchtung 


‚der Hühner und Küden, Trathühner, Gänje und 


Enten (1884). 


Sacher-Maſoch, Aurora v. (Wanda 
von Dujanew), wurde aın 14. März 1847 
als die Tochter des Majors v. Nümelin 
in Graz geboren und im Haufe ihrer El: 
tern erzogen. Sie vermählte fi im Jahre 
1873 mit Leopold Ritter v. Sacher-Maſoch 
(j. d.), unter deſſen Anregung ihre früher 
bereits emfig gepflegten poetiihen Talente 
jchnell zur Blüte fi entfalteten. Die 
Autorin lebt, getrennt von ihrem Gatten, 
in Paris. 

Hauptwerfe: Der Roman einer tugendhaften 
Frau (1873), Echter Hermelin (1878), Damen in 
Pelz (1881). 

Sacher⸗-Maſoch, Leopold Ritter v., 
zu Lemberg am 27. Januar 1836 ges 
boren, abfolvierte das Gymnaſium in 
Prag, wohin fein Vater als Stadthaupt- 
mann verfeßt wurde, und widmete ſich 
dann philoſophiſchen und rechtswiſſen— 
Ihaftlihen Studien in Graz, wo er 1856 
jum Dr. phil. promoviert wurde. Bes 


540 


Sachs. Sachs. 
— 9 — Sr na — ni Re — he er 
ih a rivatdozent der Geſchichte in welcher er fi a rivatdozen 
rn jedoch * nn — a tere 
ahn nach dem ungeahnt großen Erfolge | Frühjahr an die landwirtichaftliche 
feines erſten hijtoriichen Romans Eine ga, Akademie in Tharandt bei Dresden bes 
liziſche Geſchichte (1858, ſpäter unter dem Titel | rufen (als Aſſiſtent für Pflanzen hyſio⸗ 
„Oraf Draffi” erſchienen). Den Entihluß, | fogie); feit 1861—67 Brofefior ber Bor 
ſich ganz der Schriftjtellerei hinzugeben, | tanif an der landwirtfchaftlichen Akademie 
vermochte aud) ein an ihn ergangener | in Boppelsdorf bei Bonn a. Rh. 
Ruf als Profefjor der Geſchichte nad) | Frühjahr 1867 als Vrofefjor der Botanik 
Lemberg nicht wankend zu machen, zumal |in Freiburg i. Br. eingetreten, Herbit 
er von Gefinnung ein Deuticher war und | 1868 nad) Würzburg berufen, wo der: 
ae — — ſich er⸗ ſelbe ſeither geblieben iſt und Berufun— 
reuen hatte. geſehen von mehreren gen nach Jena, Heidelberg, Wien, Berli 
größeren Reiſen, lebte er bis zum Jahre an ee hat. Ben botanifchen 
1873 abwechſelnd in Graz, Salzburg und | Garten in Würzburg hat Sachs im we: 
er a — Se ag fentlihen neu angelegt, nachdem dieſer 
2 ich Aurora von — F zum größten Theil durch Einlegung des 
— * as use — Her { Fud, Feſtungswalls zerjtört war; das botaniſche 
Ipä = — in ——— — — * —— —— 
Srijtenzberedhtigung und nunmehrige 
einer journaliftiichen Wirfjamfeit — er | foinmenheit —— —— 
ee a a —— ben Verdienſte wurden v. ©. viele Aus- 
der Söhe* — war ©, unansgeleht non) — 
‚Do — 1 °| Mitglied der k. Akademie der 
velliſtiſch thätig. Er zählt zu unferen |forreip. Mitglied der kgl. Akademie der 


fruchtbarſten und meift gelefenen Autoren, 
bejonders auf leicht pifantem Gebiete her: 
vortretend und talentiert. 

Hauptwerfe: Galiziſche Geſchichte (1858), Der 
Mann ohne Vorurteile (Luftip. 1865), Kaunik 
(1865), Der letzte König der Magyaren (1867), 
Unfere SMaven (Luftip. 1869), Die geichiedene 
Frau (1869), Das Vermächtnis Kains (1870), 
Falſcher Hermelin (1873), Zur Ehre Gottes 
(1873), Ein weibliher Sultan (1873), Ruffiiche 
Hofgeſchichten (1873— 74), Liebesgefhichten aus 
verih. Nahrhunderten (1874), Ideale unferer 
Zeit (1875), Der neue Hiob (1878), Judenge 
ſchichten (1878), Das ſchwarze Kabinett (1882), 
Die lau (1882), Der alte Kaftellan (1882), 
Die Gottesmutter (1883), Frau von Soldan 
(1884). 


Sachs, Julius von, wurde geboren 
am 2. October 1832 in Breslau, wo er 


das Gymnaſium Elifabethanum befuchte. | 


Im Februar 1851 nad) Prag übergefie- 
delt, um bei dem Profeſſor der Phyſio— 
logie Dr. I. Purkyné als Privataffiftent 
zu arbeiten und die Univerfitätsftudien 


Wiſſenſch. in Turin und Amfterdam, der 
ſchleſ. Geichichte für vaterl. Kultur, der 
Senfenberg. Geld. in Frankfurt, Ehren: 
mitglied der philof. Gejellihaft in Cam: 
bridge, der Amerifan. Afademie der Künfte 
und Wiſſenſch., der literar. und philoſ. 
Sefjellihaft in Mandeiter, der naturf. 
Sefellihaft der Univerfität Odeſſa, aus: 
wärtiges Mitglied der Linnéſchen Gefell: 
Ihaft in London, Inhaber ber Sömme— 
ring: Medaille, Ritter der kgl. Verdienft- 
orden der bayer. Krone und vom heil. 
Michael, fowie Dr. medicinae h. c. 
Die jchriftitelleriiche als hochbedeutend zu bes 
zeichnende Thätigfeit begann v. S. 1854 mit 
wiffenichaftlichen Abhandlungen, welde in bota- 
niſchen und landwirtichaftlichen Zeitichriften, in 
Berichten von Akademien und will. Gejellichaften 
publicirt mnrden und bisher die Zahl von 60 
‚ überfteigen. Bon umfaflenderen Werfen find zu 
nennen: Die Erperimentalphyfiologie der Bilanzen 
(1865, in das Ruſſiſche und Franzöſiſche über: 
jetzt), Lehrbuch der Botanik (1878, 4. Aufl. 1874, 
in das Ruſſiſche, Franzöſiſche und Englifche übers 


Sachs. 


ſetzt), Geſchichte der Botanit (1875, für die hiſt. 
Kommilfion der Akademie der Wifjenichaften in 
München bearbeitet, in Amerifa überjegt), Bor: 
lefungen über Pflanzenphyfiologie (1882, in das 
Englilhe überfegt, 1887 2, Aufl.), Arbeiten des 
botanischen Instituts Würzburg (jeit 1871). 


541 


Sachſe. 


verliehen, und ſo trat der Elementarlehrer 
ohne Abſolvierung eines höheren Examens 
in die Funktionen eines akademiſch gebil- 


| beten Lehrers. Auf den jährlichen öffent: 


‚lichen Prüfungen von dem Direktor der 


Sachs, Karl, geboren 31. März 1829 Provinzial-Gewerbeſchule zu Koblenz, be» 
zu Magdeburg, ftudierte er nad) Abfol- obachtet, wurde derfelbe nad) fünfjähriger 
vierung des Stettiner Gymnafiums von Wirkſamkeit in Grevenbroid an die Pro— 
1845—49 in Berlin alte Philologie, vinzialgewerbeſchule zu Koblenz berufen, 
ging aber nad beendetem Oberlehrer: an welder er ebenfalls fünf Jahre thätig 
eramenzum Etudium der neuernEpracdhen | War. Dort entitand feine neue Rechenmethode 
über, lebte von 1855 56 in Paris, Eüid- | für höhere Schulen, die darin gipfelte, dem ges 
frankreich und England und wurde nad | ſammten theoretiſchen Rechnen die in der Algebra 
glan * üblichen Formen zu geben und daſſelbe zu einer 
längerer Anſtellung in Berlin an das befſſeren Vorbereitung für die Algebra zu machen. 
Nealgymnafium in Brandenburg a. H. Zu diefem Zwecke ſchrieb er das „Ullgemeine 
berufen, wo er noch heute wirft. Aug | deutiche Rechenbuch (1873), dem eine „Allgemeine 


Mt nie x z ei: .5.:,  Arithmeti “ für di i 
der verdienjtlihen literariichen Thätigfeit — wmitferen unb 


a \ oberen Klafien von Gymnafien, Real: und Pro: 
von ©. heben wir hervor: 


Über den Zufammenhang der provenzal. Poeſie 
mit den übrigen Poeſien des Mittelalters, Aus: 
gabe von Macaulay: England 1685; Scott, Mars 
mion; Sand, Petite Fadette, Mare au Diable, 
Voltaire Mahomet, Ben Jonſon Sejanus; Le 
Tresor de Pierre de Corbiac ; les Auzels 
cassadors; Beiträge zur Kunde altfranzöfiicher, 
engliiher und provenzal. Literatur (1867), Diez 
und die romaniihe Philologie (1878), Englifche 
Grammatik (1861), Encyllopädiihes Wörterbuch) 
der franzöfilhen und deutihen Sprache (I. große 
Ausgabe, 1. Franz.Deutſch, 2. Deutſch-⸗Franz. 1869, 
II. Schulausgabe; Abhandlungen in Herrigs 
Archiv ıc. 

Sachſe, Johann Joſeph, wurde am 
29. September 1841 zu Brehme im Kreife 
Worbis geboren. Nach Abjolvierung des 
Progymnafiums zu Duderſtadt und des 
Lehrerfeminars zu Heiligenftadt, wirkte 
derjelbe 5 Jahre als Lehrer an der Stadt: 
Ihule zu Dingeljtädt. Die völlige Aus: 
fichtslofigkeit, als Lehrer auf dem Eiche: 
felde jemals ein genügendes Austommen 
zu finden, veranlaßte ©. zu eifrigem Stu: 
dium, um nachträglich das Abiturienten: 
eramen zu machen und fi dann dem Stu: 
dium der Theologie zuzuwenden, doc) trat 
plöglid) cine unerwartete Wendung ein. 
Durch Vermittelung des Regierungs: und 
Schulrates Roche in Erfurt wurde ©. die 
Dr ordentliche Lehrerſtelle an der ftädti- 
hen höheren Bürgerjchule zu Grevenbroich 


| vinzialgewerbefchulen folgte (1874). Über das 
| Berbefferungsdürftige in der bisherigen Rechen: 
| methode ſprach er ſich in feinen „Reformvorfchläs 
gen” (1873) aus, und über die Handhabung der 
dem „Allgem. deutichen Rechenbuche“ zugrunde 

elegten Methode jollte die Broſchüre „Die Sub» 
titutionsmethode“ (1874) orientieren, Zu diejen 
Schriften fam 1875 eine kleine wiffenfchaftliche 
Schrift „Der fünfte merfwürdige Punkt im Dreied 
und cine Anwendung der Zahl 7 in der Planis 
metric”, welche dem Verfaſſer Anerkennungsſchrei⸗ 
ben der philoſophiſchen Fakultäten zu Bonn, Züs 
rich, Würzburg, Bafel und Cambridge einbradte. 
Um den fremdiprahlihen Unterriht an Schulen 
ohne Latein befjer zu ſtützen, erfdien 1874 „Die 
deutihe Grammatif in ihren Grundzügen” mit 
lateinischer, franzöſiſcher und englifcher Termino— 
logie und gleichzeitig die "Deutlihe Orthographie 
in Regeln und Beijpielen”. 1876 mit der 
damals begründeten „Ausficht auf baldi- 
ges Ayancement“ nad) Elten berufen und 
wieder mit dem Unterricht in den mathe— 
matiſch⸗ naturkundlichen Disziplinen bes 
traut, war ©. bemüht, feine Erfahrungen 
für den Unterridt in Seminarien und 
Volfsihulen nugbar zu mahen. Außer 
verjchiedenen Artikeln in der pädagogischen Preſſe 
ſchrieb er eine achtbändige Mathematif für Se: 
minarien und 2ehrer, worin enthalten: Elemen⸗ 
tared Rechnen, Allgemeine Arithmetif und Alge— 
bra, Planimetrie, Berechnende Planimetrie und 
Stereometrie, die welſche Praktik, das faufmän- 
nische Rechnen, das landwirthſchaftliche, das tech- 
niihe Rechnen. Nach Vollendung diefer Arbeit, 
welcher noch zwei Brofchüren über die Ausbil» 
dung in der Mathematif folgten, und melde 





Salburg: Fallenftein. 


bauptiählih den Zweck hatte, die Lehrer zunächſt 
zu tüchtigen Rechnern zu bilden, ſchrieb S. eine 
Methodik des Rechnens und der Raumlehre, 
welche befondere Anerfennung fand und die Auf: 
mertiamfeit aller Lehrer verdient. Yu dieſem 


Werke erichienen zugleih zwei Ausgaben von 


Übungsheften für die Boltsihulen. : In feinen 
Mupeitunden fand 5. die für den Mathematiter 
bochinterefiante Thatſache, daß es möglich fein 
würde, einen Winkel von 60" in drei gleiche Teile 
zu zerlegen, bezw. einen Kreis mathematiich genau 
in 360 Grade zu teilen, wenn es möglich wäre, 


542 


Samorow. 


fung einnimmt, 3. 3. in jcharfer Oppo—⸗ 
fition gegen die Richtung Zillers. Im 
Jahre 1863 beitand er in Berlin das 
philologiiche Staatseramen, war bis 1868 
Gymnaſiallehrer, dann Zeiter einer höhe 
ren Bürgerichule in Hohenzollern, jpäter 
Profeſſor am Gymnafium in Baden, bier: 
auf Vorſtand der höheren Lehranſtalten 


'in Pforzheim; feit 1877 ift er als Ober- 
ſchulrat in Karlsruhe Mitglied der oberften 





zwei Linien in dem genauen PBerhältnis von 
1000000 : 1111111 zu fonftruieren. 
öffentlihung fand ftatt in den „Mitteilungen“ zu 
Dsnabrüd. Auf ftrenawifienihaftlihem Stand» 
punfte jteht die „Geichichte und Theorie der Er: 
ziehungsitrafe” (1879), melde das Sühne⸗, das 
Abſchreckungs⸗ und Beflerungsprinzip gleihmäßig 
verwirft, ein ganz neues Prinzip —28 — und 
von dem deutſchen Comité für die Sekundizfeier 
des Papſtes Leo XIII. auf Vorſchlag hervor— 
ragender Gelehrten in die päpſtliche Jubiläums: 
bibliothet aufgenommen wurde. 





fin v., wurde als die ältejte Tochter des 
Grafen Otto Salburg = Faltenjtein auf 
Schloß Leonftein a. d. Steyr in Ober: 
öfterreih am 14. DOftober 1868 geboren 
und erhielt ihre Erziehung im elterlichen 
Haufe. In früher Jugend ſchon begann 
diefelbe mit Dichtungen Iyriichen Inhaltes; 
im Jahre 1884 murden die erjten Ge: 
dichte politifhen, Iyriihen und epiſchen 
Anhaltes in verjchiedenen Zeitichriften ver: 
öffentliht. Ihre Hauptbefähigung weiſt 
jedoch auf das Dramatiihe Hin. 
Hauptmwerfe (Dramen): Julian (1884), Der 
Hochmeiſter von Marienburg (1885), Orgetorir 
(1885), Francis Bacon (1886/87). Bon den 


Dramen ift der „Hochmeiſter von Marienburg“ 
von der Direftion der vereinigten Grazer Theater 


mit Erfolg zur Aufführung gebradt worden. 
Saled, A. |. A. Schroeter. 
Sallwürf, Ernit v. (Sallwürk von 
Menzelftein), geb. am 7. Mai 1839 zu 
Sigmaringen (Hohenzollern). Auf den 
Gymnaſien in Hedingen und Konftanz vor: 
gebildet, betrieb er philologiiche und phi- 


lofophiihe Studien in Berlin und Tü— 
bingen. Durch linguiftiiche Studien wurde 
er auf Herbart geführt, in deſſen päda= 


gogiiher Schule er eine felbjtändige Stel: 


Die Ber: | 
.  Auffägen aus dem Gebiete der Pädagogik 


und die Literatur der weiblichen Bild 
Salburg-Falfenfteis, Edith Grä— 


I 


Schulbehörde in Baden. Außer einzelnen 


und Philologie veröffentlichte er: 

3. 3. Rouſſeaus Emil, überfegt und erflärt 
(1876. 2. Aufl. 1882), Ferientage. , 
Erwägungen (1876), Herbart und jeine Jünger 
(1880), 3. Lodes Gedanten über Erziehung. 
Eingeleitet, überfegt und erläutert (1883), Dans 
del und Wandel der pädagogiihen Schule Her 
barts (1885, 2. ermweit. Aufl. 1886), Fönelon 


in 
Frankreich (1886), Sefinnungsunterricht und 
turgeihichte. Zur pädag. Aritif (1887), Noms 
mentierte Ausgaben Boltaireiher Schriften in 
der Weidemannihen Sammlung franz. und engl. 
Schulfchriftiteller (6 Bochn. feit 1878). 


Samorow, Greg., |. O. Meding. 


Samoſch, Siegfried, geboren am 1. 
März; 1846 zu Breslau, ftudierte, nach— 
dem er in feiner Vaterſtadt das Friedrichs⸗ 
Gymnaſium abiolviert hatte, an den Uni» 
verfitäten Breslau und Berlin, ſowie in 
‚Paris. Nach dem im Jahre 1867 be— 
itandenen erſten juriftiichen Eramen unter: 
nahm er eine längere Reife nad Italien, 
um dann im Jahre 1868 beim Berliner 
Stadtgericht einzutreten, woſelbſt er mit 
dem Dichter des „Neuen Tanhäufer“, 
Eduard Griſebach, und mit Hans Herrig 
gemeinſchaftlich arbeitete. Wie feine bei- 
den Kollegen ſchied er als Neferendar aus 
dem Juſtizdienſte aus, nahdem er freis 
willig am bdeutich-franzöfiihen Feldzuge 
beim Feld-Auditoriat der zweiten Ka— 
valleriedivifion teilgenommen hatte und 
nad) Beendigung des Krieges bis zum 
Jahre 1873 beim Berliner Kammergericht 
thätig geweien war. Damals in die Re 
daftion der „National-Zeitung‘ berufen, 
‚gehört er dem Verbande diejes Blattes 








Sanders. 


feit dem erwähnten Zeitpunfte als Mit- 
redalteur an. Seine Bublifationen be: 
zichen fich zumeift auf die Literatur Frank: 
reihs und Staliens, auf welchem Felde 
©. als eine Autorität gilt, wie ihn denn 
auch zahlreiche Reifen nad) den beiden 
Ländern führten. Bon den verdienitlichen 
Bublifationen heben wir hervor: 

Die Sittendramen des jüngeren Dumas, Ita— 
lienifhe und franzöfiihe Satirifer, Pietro Are: 
tino und Italienische Charafterföpfe, Madiavelli 
als Komödiendichter und Italieniſche Profile. 
Außerdem zahlreiche literarhiftoriiche Aufiäge und 
Reifefhilderungen in der „Nationalgeitung“, der 
„Deutihen Rundſchau“, der „Allgemeinen Zig.”, 
der „Gegenwart“, dem „Bazar“, der „Deutichen 
illuſtr. Big.“ ꝛe. 


Sanders, Daniel, wurde am 12. 
November 1819 zu Alt:Strelig (Mecklen⸗ 


543 


San: Marte, 


meſſung und Verskunſt (1883), Sakbau und 
Wortfolge (1883), Wörterbudy der Hauptſchwie— 
rigfeiten in der deutichen Sprache (17. Aufl. 
1888), Lehrbuch der deutichen Sprache für Schulen 
(6. Aufl. 1884), Verdeutſchungswörterbuch (1884), 
Geihichte der neugriehifhen Literatur (1884), 
Deuiſches Stilmufterbuch (1886), Fürs Deutiche 
Haus (1886), Konverlationd:Lerifon (30. Taus 
jend 1887). Seit 1887 giebt ©. eine Zeitihrift 


zur Pflege deutiher Sprade heraus. 


San:Marte, |. Alb. Schulz. 
Sann, Hans v. d., ſ. Joh. Krainz. 


- Sartorius, Benvenuto, |. Rilllomm- 
Schneider. 


Sartorius, E., |. H. Echneiber. 
Schaching, D. v., |. v. Denk. 
Schachne, Clara (Clara Schott), iſt 


burg) geboren, bejuchte das dortige Gym⸗ | im Jahre 1861 in einem kleinen Städtchen 
nafium und die Univerfitäten Berlin und |des Negierungsbezirts Pofens geboren. 
Halle, um Philologie, Mathematif und | Ihre Kinderjahre verlebte fie dort und 
Naturwiſſenſchaften zu ſtudieren. Nach | fiedelte dann mit ihren Eltern nad) Gott: 
Beendigung feiner Studien leitete er durch | bus über. Dort jchrieb fie mit 19 Jahren 


10 Jahre die Echule feiner Vaterjtadt, 
zog ſich jedoch alsdann von jeder Ichr: 
amtlichen Thätigkeit zurüd, ım ſich aus: 
ſchließlich der Echriititellerei hinzugeben. 


Literariih machte fih S. zuerit durd, 


das Mörterbud der deutichen Sprade 
(1859—65) befannt und in der willen 
Ichaftlichen Welt necchtet. Seitdem find 


jedoch nod) bedeutendere Werke der Feder | 


von S. entfloffen und gilt derjelbe heute 
unbeftritten als einer der gelehrteiten und 
verdienteften Spradforiher der Gegen: 
wart. Die bedeutenditen feiner felbft- 
ftändig erichienenen Schriften find: 

Das hohe Lied Salomonis (1866,2. Aufl. 1888), 
Sfremdwörterbuch( 1871), Wörterbuch derdeutichen 
Synonymen (1871), Vorſchläge zur Feititellung 
einer einheitlichen Rechticreibung für Alldeutſch— 
land (1874), Deuticher Sprahihag (1874— 76), 
Orthographiſches Wörterbuch (1876), Ratehismus 
der deutichen Orthographie (4. Aufl. 1878), 
Handwörterbudy der deutihen Sprade (2. Aufl. 
1878), 
Sprade (1879), Geichichte der deutichen Sprache 
und Literatur bis zu Goethes Tod (1879, 3. 
Aufl. 1886), Deuiſche Spradbriefe (1879, 6. 
Aufl. 1856), Neue Beiträge zur deutihen Sy: 
nongmif (1881), Abriß der deutichen Silben: 


Ergänzungswörterbud der beutichen | 


ihreerjte Erzählung, weldye, nachdem einige 
Jahre darauf ihre Eltern wiederum ihren 
Mohnfig gewechielt hatten und nad) Leipzig 
gegangen waren, dort veröffentlicht wurde. 
Ihr folgten zahlreiche Novellen, Romane, Skizzen 
u. ſ. w., welche in deutichen, ſchweizer und ölter: 
reihiihen Blättern abgedrudt wurde. Als jelb: 
ftändige Schrift erſchien zuerſt 1885 eine Bro; 
ihüre „Der Berfall des Staates durch den Staat” 
betitelt, welche von der Kritif mit Beifall aufge: 
nommen mwurde. hr folgte 1887 ein Band Er: 
zählungen „Frühlingsreif“ betitelt; zu gleicher 
Zeit erihien auch ein größeres Werk unter Mit: 
wirkung hervorragender Schriftitellerinnen unter 
dem Titel „Die Heimat der Frau“. Beide Bücher 
wurden wiederum jehr freundlich beurteilt. 


Schad, Adolf Friedrih Graf von, 
wurde am 2, Auguſt 1815 zu Schwerin 
in Medlenburg geboren ımd verbrachte 
jeine Kinderzeit auf dem unfern diejer 
Stadt gelegenen Landgute Brüſewitz. 
Durd) die Ernennung feines Vaters zum 
Bundestagsgelandten war er als Knabe 
nah Frankfurt a. M. verjegt, wo er 
‚das Gymnaſium beſuchte. Schon früh 
‚regte ſich hier in ihm der Trieb zur Er: 
lernung fremder Spraden, und neben 





Schack — 
dem Studium des Griechiſchen, das er 
mit Leidenſchaft betrieb, widmete er ſich 
in den freien Stunden dem Italieniſchen 
und Spaniſchen, ja legte aus Wilkens 
Grammatik und Chreſtomathie den Grund 
zu ſeiner Kenntnis des Perſiſchen. Gleich 
früh erwachte in ihm die Reiſeluſt, und 
es war ihm vergönnt, ſchon in ſeinem 
achtzehnten Jahre Italien zu beſuchen. 
Auf den Univerfitäten zu Bonn, Heidel— 
berg und Berlin ftudierte er, wenn aud) 
mit Abneigung und nur dem Willen feiner 
Eltern — Jurisprudenz, beſchäf⸗ 
tigte ſich aber mehr, als mit dieſer ſeiner 
Fachwiſſenſchaft, mit den Sprachen und 
Literaturen der alten und neuen Welt, 
des Occidents wie des Orients. Damals 
bereit8 begeifterte ihn der Gedanke, das 
große Epos bes Firdufi der beutfchen 
Poefie anzueignen. Da er aber erfannte, 
daß zu einem tieferen Verftändnis des 
Perfiihen auch dasjenige des ungleich 
ſchwierigeren Arabien nötig fei, trieb 
er die legtere Sprache mit allem Eifer. 
Gleichzeitig ftrebte er, fih das Sanskrit 
zu eigen zu machen. Mit dieſen gelehrten 
Beſchäftigungen ging bei ©. die poetifche 
Produktion feit früh Hand in Hand. Nad) 
beitandenem juriftifhen Eramen trat ©. 
in den preußiihen Staatsdienjt und ar: 
beitete zunächlt bei dem Kammergericht 
in Berlin. Hier jah er es als ein Glüd 
an, daß er 1839 auf längere Zeit die 
ihm verhaßten Aftenfascifel beifeite werfen 
und fi) ganz dem Genuß des „Welt: 
durchwanderns“ hingeben konnte. 

Eine Frucht diefer feiner erften Weltfahrt war 
das erjt weit jpäter erfchienene Gedicht „Xothar”, 
das teild auf einer Nilbarfe, teild auf dem Dache 
des lateiniichen Klofterd in Jerufalem, teil3 auf 
ber prädtigen, über dem: Abgrund hängenden 
Alameda von Ronda geichrieben wurde. Ferner 
aber fammelte S. auch auf den ſpaniſchen Bi: 
bliothefen wichtige Materialien für feine lang» 
geplante ausführliche „Geſchichte der dramatischen 
Literatur und Kunſt in Spanien“. Als diejes 
Merf, das Refultat mühlamer Forfhungen, zu 
welchen auch noch die Bibliothefen von London, 
Paris und Wien benugt wurden, einige Jahre 
nachher herausfam, trug es dem Berfafter reiche 


Anerkennung nicht nur in Deutihland, fondern (1852) nahm er feine Entle 


544 


Schack. 
auch in Spanien ſelbſt ein. S.'s äußere Lage 


geſtaltete ſich nach ſeiner Rückkehr zu einer 


ſeinen Neigungen mehr entſprechenden, 
indem der Großherzog von Mecklenburg 
ihn als Legationsrat an die Bundestags» 
gefandtihaft nad) Frankfurt a. Di. vers 
fegte. Die Jahre, die er nun in dieſer, 
ihm fait zur Heimat gewordenen Stadt 
verbrachte, waren glüdlic für ihn und 
rei an Früchten des Schaffens. Dod) 
blieb jein Xeben ein bewegtes; auf einige 
Zeit wurde er nad) Paris gejandt, wo 
er die Freude hatte, zu mehreren der 
literariihen und künſtleriſchen Celebri— 
täten, namentlich zu Victor Hugo, dem 
Maler Delacroir und dem Komponijten 
Hector Berlioy in perſönliche Beziehungen 
zu treten. Wie bier den Hof Louis 
Philippe’s, fo lernte er auf einer großen 
Reife, auf welder ihn der Großherzog 
zu feinem Begleiter wählte, fajt alle 
deutſchen und italienischen Höfe, in Kon— 
ftantinopel aud) den des Sultans aus 
eigener Anſchauung fernen. Das Jahr 
1848 machte feiner Stellung in Frank: 
furt ein Ende. Er hatte inzwiſchen eifrig an 
feiner Nahbildung des Firdufi gearbeitet und 
diefelbe nahezu vollendet. Daneben waren zahl 
reiche dichteriiche Produktionen entitanden; aber 
er hegte Scheu, mit denfelben vor die Öffentlich. 
feit zu treten. Dann begann er das Luſtſpiel 
„Der Kaiferbote”, in welchem er die Geißel ber 
Satire ebenfo über die Regierungen wie über die 
verſchiedenen Parteien ſchwang und feiner Ber 
geifterung für ein unter den Hohenzollern ex 
nigtes Deutichland Ausdrud gab. Aus 

Süden, wohin Sch. gefandt war, wurde 
er nad) Deutichland zurüdberufen, um 
einen Sig zu Berlin in dem Berwak 
tungsrate des jogenannten DreisKöniges 
Bündniffes einzunehmen. Nun begann 
für Sch. eine Periode, in welcher er allen 
literariihen: Beihäftigungen entjagen 
mußte; Lichtpunfte für ihn bei feiner 
damaligen Berliner Aufenthalte waren 
die Stunden, die er bei dem ihm fies 
jehr geneigten Alerander von Humbold 
und bei Ludwig Tied verbrachte. End: 
(ih, nad) dem Ableben feines Vaters 










Schack. — 
dem Staatsdienſte und benützte die ge— 
wonnene Freiheit zunächſt, um nad) Spa- 
nien zu gehen, wo er zwei jahre ver: 
lebte. 
gang mit Hargenbujh, dem Herzog von 
Rivas und anderen hervorragenden Ge: 
lehrten und Dichtern; in Granada reifte 
dann in ihm das Vorhaben, die Kultur 
der ſpaniſchen Araber, bejonders ihre 
nod jo gut wie ganz unbefannte Poefie 
zum Gegenjtande eines Werkes zu machen. 
Als er fich wieder in ländlicher Einſamkeit 
in Mecklenburg befand, wurde er durd) 
ein Schreiben des Königs Diarimilian II. 
von Bayern überrafcht, welcher den Dichter 
in feine Nähe zu ziehen wünichte. Sch., 
feine Unabhängigkeit über alles Liebend, 
nahm zwar die feite Stellung, die ihm 
der König in feiner nächſten Umgebung 
anbot, nicht an, aber verlebte nun eine 


Reihe von Jahren hindurd den Winter 


in München. Er ftand in intimem per: 
fönlihen Verkehre mit dem König, der 
lebhafte Teilnahme für feine Beftrebungen 


fundgab. Uneingeengt von äußeren Hemm; 
niffen, widmete er fi von nun an mit größtem 
Eifer der literariſchen Produktion. Seinen 
„Stimmen vom Ganges“, 
diſcher, meift aus den uranas geſchöpfter Sagen, 
folgte das Werk „Poeſie und Kunft der Araber 
in Spanien und Sizilien“, fowie die „Strophen 
des Omar Chijam“ nad dem Perſiſchen. Jetzt 
entſchloß ſich auch der Dichter, nachdem ſich diele 
poetiſche Erzeugniſſe in ſeinem Pult aufgehäuft 
hatten, deren Zahl noch fortwährend wuchs, mit 
denſelben vor das Publikum zu treten. Den 


545 


In Madrid pflog er täglich Um: 


Schaefer. 


äußere Anerfennungen find dem Dichter 


zu Teil geworden: Der deutſche Kaifer erhob 
ihn 1876 in den erblichen Grafenftand; die Unis 
verfitäten Leipzig und Tübingen ernannten ihn 
zu ihrem Ehrendoftor; er ift außerdem Ehren» 
mitglied der königlich bayerifchen Akademie der 
Wiſſenſchaften, ſowie der füniglic bayerischen 
und kaiſerlich öſterreichiſchen Afademie der bil: 
denden Künfte, Mitglied der föniglich ſpaniſchen 
Afademie, ſowie der Afademie der Geſchichte zu 
Madrid; ferner Beſitzer zahlreicher höchſter und 
| hoher Orden verfchiedener Potentaten. 


Schaefer, Karl, geboren zu Dresden 
am 2. Juni 1855, abfolvierte 1873 das 
ı Sroßherzog-Ludwigsgymnafium zu Darm 
ſtadt, widmete fi dem Studium der Rechts⸗ 
wiſſenſchaft an den Hochſchulen zu Würz⸗ 
burg, Leipzig und Gießen, mwofelbft er 
1877 die juriftiihe Fakultät abjolvierte; 
während er 1878 zu Heidelberg zum Dr. 
Jur. promoviert wurde, praktizierte er als— 
dann einige Jahre in der Auftizverwal: 








einer Sammlung ins | 





1866 erfchienenen „Gedichten“ reihten fich in nur 
kurzen Swifchenräumen an: Die „Epifoden“, eine 
Sammlung von Erzählungen in Berfen, die hu— 
moriftischen Epen „Durd; alle Wetter“ und „Eben: 
bürtig“, der zum Teil auf Reile-Erinnerungen 
beruhende, ſchon früh entitandene „Lothar“, das 
Heine Epos „Memnon“, die politischen Luſiſpiele 
„Der Kaiferbote” und „Cancan“, die von Vielen 
für fein bedeutendites Werk gehaltenen „Nächte 
des Drientö” oder „Die Weltalter”, die Trauer: 


Ipiele: „Die Pifaner”, „Timandra”, „Atlantis“, 


„Heliodor“, „Safton“, „Raifer Balduin“, „Wal: 
purga“, die beiden Sammlungen Iyrifcher Gedichte 
„Weihgefänge” und „Lotosblätter“, die „Tag: und 
Radtjtüde”, eine Reihe Heinerer, meift erzählender 
Dichtungen ſeht verfchied. Inhalts und endlich die 
großangelegtenPebenserinnerungen,die von hödhiter, 
allgemeiner Bedeutung find. Meannichfaltige 


Das literariihe Deutſchland. 


| 





tung Rheinheflens und trat 1885 in den 


k. bayer. Archivdienft des Allgem. Reiche: 


Archivs zu Münden. Daneben als Pubtizift 


 thätig, veröffentlichte derſelbe Titerargeichichtliche, 
rechtswiſſenſchaftliche, orts⸗- und kulturgeſchichtl. 
Aufſätze in deutſchen Tagesblättern, Fachblaͤttern 


und Zeitſchriften, arbeitet für das Feuilleton, iſt 
Lyriker und Überſetzer aus dem Franzöſiſchen. 


Schaffrath, K., ſ. Karl Schulz. 
Schalk, Hugo, |. Em. Czedik. 
Schanz, Julius (Uli Schanz), ift am 


‚19. September 1828 zu Delsnig im Voigt: 


lande geboren, ſtand 1848 und 1849 
als Student auf feiten der nationalen Be- 
wegung und büßte feinen Freiheitsdrang 
mit jahrelanger Trübfal. Seine litera: 
riihe Gabe Zur Dantefeier (1865) begrün- 
dete in Italien feinen Dichterruf und 
trug ihm jpäter eine Profeffur an der 
Univerfität in Rom ein. Er war der erite 
Autor, der durch Mithilfe bei zahlreichen 
Übertragungen der deutichen Poeſie in 
Italien zu Anſehen verhalf und zugleich 
die literarische Welt Deutichlands mit den 
beiten Dichtergaben Italiens bekannt 
machte. Andauerndes Augenleiden und 
ein unbezwingliches Heimweh trieben ihn 
35 


Scharbuſch. 


1880 aus den ſonnigen Gefilden in ſeine 
nordiſche Heimat zurück, wo er fortan ein— 
zig ſeiner Muſe lebt. S. iſt ein Jünger 
Platens, deſſen marmorne Form er mit 
einer ungemeinen Lieblichkeit zu ſchöner 
Harmonie vereint. Von den zahlreichen 
poetiſchen und vermiſchten Schriften des 
Dichters ſeien hier nur hervorgehoben: 

Deutſches Liederbuch und deutſche Lieder (1848), 
Terzinen an König Johann von Sachſen (1854), 
Fünfzig Lieder für Komponiften (1856), Ein Bud 
Sonette (1864), Schiller, Platen, Byron (Rhapio: 
dien 1865), Zur Dantefeier (1865), Hymnen der 
Völker (1865), Deutiche Lieder aus Ungarn und 
Italien (1870), Italien, Deutjchland, Oſterreich 
im Spiegel moderner Dichtung (1879), Korn: 
blumen und Immergrün (1879—80), Heil dir, 
mein Öfterreich (3. Aufl. 1882), Sängers Erden: 
mwallen (1885). 


Scharbufch, $., |. Fr. Borftell. 


Schasler, Dar Alerander Friedrich, 
wurde in Deutſch-Crone in Weſtpreußen, 
in weldyem fein Vater Bürgermeifter war, 
am 26. Auguft 1819 geboren, erhielt 
feinen erjten Unterricht auf dem dortigen 
Progymnafium und befudhte dann nad) 
einander die Gymnafien zu Berlin, als 
Alumnus des Joahimsthalfhen Gymna: 
ſiums, Neuftettin, Kulm, Bromberg und 
Thorn. Er hatte ſich dem Studium der 
Sprachwiſſenſchaft und Philoſophie ge: 
widmet, zu welchem Zmwed er zuerſt die 
Königsberger Univerfität bejuchte, wo er 
mit großem Eifer die VBorlefungen von Karl 
Roſenkranz (Philofophie der Geſchichte, 
Metaphyſik und Naturrecht) und Neflel: 
mann (Sanskrit, Altperfiich, Gothiſch und 
Litauiſch) beſuchte. Nach 1’/ejährigem 


Studium ſiedelte er nach Berlin über, 


wo er an der dortigen Univerſität die 
Vorleſungen von Karl Ritter (Geogra— 
phie), Bopp (Sanskrit und fomparative 
Grammatik), Benary (Altphöniziiche und 
griechiſche Inschriften), Trendelenburg 
(Logik), Michelet (Geihichte der Philo— 


fophie) und Schelling (Philofophie der 


Dffenbarung)befuchte. Nach Abjolvierung 
jeiner Univerfitätsjtudien wurde er auf 
Grund jeiner Differtation De origine et 


546 


Scaler. 


formatione pronominum personalium et prio- 
rum numerorum pervestigatio rationalis et 
phonetica 1845 an der Berliner Univer: 
fität zum Doktor promoviert. Seine Be 
teiligung an den politischen Ereignifjen 
‚des Jahres 1848 hatte 1849 feine Aus- 
‚weifung aus Berlin zur Folge. Hierauf 
begab er ſich nad) Heidelberg, um ſich an 
‚der dortigen Univerfität als Dozent für 
Spradphilojophie und fomparative Gram⸗ 
matif zu habilitieren. Er reichte zu diefem 
Zwed fein ſchon in Berlin herausgege: 
benes Werk: Elemente der Sprachphiloſophie 
Wilhelm von Humboldts heim Senat der Uni: 
verfität ein, von welchem ihm bald darauf 
ein Termin für Abhaltung einer Probe: 
vorlejung geſetzt war, als er gleichzeitig 
auf NRequifition der Berliner Polizei 
wiederum eine Ausmweilung aus Heidel- 
berg erhielt. Genöthigt, innerhalb 24 
Stunden die Stadt und feine franf dar: 
niederliegende Gattin zu verlaflen, wandte 
er fi) nach Leipzig, wo er in der Re— 
daftion der „Illuſtrierten Zeitung“ eine 
Stellung fand und nad Jahresfrijt, in 
‚Verbindung mit dem Holzichneider Eduard 
Kretzſchmar, ein ſelbſtändiges Journal „Die 
deutſche Kunſtzeitung“ gründete. Bon dem 
‚Verlangen bejeelt, nad) Berlin zurückzu— 
fehren, benußte er ein zufälliges Zuſam— 
mentreffen mit dem damaligen Major von 
Voigt⸗Reetz, den Schwager des Polizei: 
präfidenten von Hindelden, um durch feine 
Verwendung einen Aufenthalt in Berlin 
zu ermöglihen. Won 1851 an mibmete 
er fih nun hauptſächlich dem Studium 
der Kunftwillenichaft. Die deutiche Kunit: 
zeitung ging unter dem Titel „Die 
Diosfuren” in feinen Alleinbefig über 
und nahm bald einen erfreulichen Auf: 
Ihwung. Er wurde Mitglied der von 
Gabler, dem Nachfolger Hegels an der 
Berliner Univerfität, gegründeten „Philo— 
ſophiſchen Geſellſchaft““, von welder er 
1873 zum eriten VBorfigenden gewählt 
wurde. Aber feine politiichen Anteceden: 
zien, ſowie eine gewiſſe Schroffheit in der 
fritiihen Beurteilung der akademiſchen 














Scauerte. 


Kunftausftellungen verichloffen ihm jede 
Möglichkeit, zu einer offiziellen Stellung 
im Bereich der öffentlichen Kunſtangele— 
genheiten zu gelangen. Im Jahre 1870 hatte 
er fein umfangreiches Wert „Kritifche Geſchichte 
der Äſthetik von Plato bis auf die Gegenwart“ 
veröffentlicht, welches namentlih bei der aus: 
ländifchen Kritif die größte Anerkennung fand. 
1875 gab er feine Kunftzeitung auf und fiebelte 
nah Nubdolftadt, dann nah Meiningen und, 
drei Jahre jpäter, nah Jena über. Außer 
feinen oben erwähnten Werten find noch zu ver: 
eihnen: „Die Schule der Holzſchneidekunſt. Ge: 
Ienichte, Technik und Aithetit derſelben“ (1866), 
„Begel, populäre Gedanken aus feinen Werten“ 
(1873), „Das Syftem der Künfte, aus einem 
neuen, im Weſen der Kunſt begründeten Gliede- 
rungsprinzip, mit befond. Rüdficht auf dad Drama 
entwidelt" (1882), „Aſthetik“ (1883), ſowie 
mehrere umfangreiche Abhandlungen in den „Zeit: 
und Streitfragen der Gegenwart”: „Das Reich 
der Ironie“, „Die Farbenwelt“ (2 Hefte), „Über 
dramatifche Mufit”, „Über materialiftiihe und 
idealiftiiche Weltanfhauung” u. a. m. Außerdem 
die Dramen: „Der Schleier”, „Die Grotte der 
Fürftin“ u.a. m. Gegenwärtig (1888) ericheint 
„Anthropogonie oder das Allgemein; Menfchliche 
feinem innern Wejen und jeiner dreigliedrigen 
Entwidlung nad, als Urfprung der Sprache, der 
Sittlichleit und der Kunſt“. 


Schauerte, Franz, wurde am 15. 
März 1848 in Oberberndorf, Kreis Die: 
fchede, geboren. Seine Eltern waren 
jehr geachtete Zandleute. Nachdem er 
einige Jahre bei dem aud in weitern 


Kreiſen bekannten Paſtor Chr. Grothof 


in Berghaufen Privatunterricht genoflen, 
befuchte er das Gymnaſium in Bader: 
born, wo er 1869 mit Auszeichnung 
das Abiturienten-Eramen bejtand. Nach 
einem vier⸗ und einhalbjährigen Studium 
der Philoſophie und Theologie wurde er 
1874 zum Prieſter ordiniert und in 
Friedrihroda in Thüringen als Kaplan 
angeftellt. Im diejer Zeit befaßte er fich 


namentlich mit geihichtlihen Studien und 


Werfen. Für diefe und feine fonitige verdienft« 


veröffentlichte feine erjten Merfe, Die 
günjtige Aufnahme fanden. Im Jahre 
1882 verliehigm der Biſchof Franz Caspar 
von Baderborn auf Bräjentation des Ober: 
präfidenten der Provinz Sachſen die Pfarr: 


ftelle an St. Wigbertum in Erfurt. Die) 


547 








— Schaufuß. 
wichtigſten und in vielen Beziehungen 
ſehr verdienſtlichen unter ſeinen Publika— 
tionen ſind folgende: 

Chriſtina, Königin von Schweden. Ein Lebens⸗ 
bild (1850), Die Doppelehe eines Grafen von 
Gleichen (1883), Abraham a Sancta Clara 


(1856), Gujtav Wolf und die Katholiken in 
Erfurt (1887). 


Schaufuß, Ludwig Wilhelm, wurde 
am 24. Augujt 1833 zu Greiz geboren. 
Bald darauf hatte der Vater das Unglüd, 
fein ganzes bedeutendes Vermögen zu vers 
lieren, jo daß er gezwungen war, eine 
Stelle in einem Dresdener Geſchäfte an— 
zunehmen. Aber ehe ihm jolche geboten 
wurde, wechjelte die Familie häufig dem 
MWohnfig, fo daß Ludwig Wilhelm feine 
Borbildung aus den verſchiedenſten Schus 
(en holen mußte. Mit 15 Jahren fam 
er dann in die Kaufmannslehre. Bon ſei— 
nem Prinzipal und einigen edeldenfenden 
Gelehrten unterftügt, konnte der wifjens- 
durftige Jüngling mit ganzer Kraft feiner 
Vorliebe zum Studium der Naturwiſſen⸗ 
haften ſich Hingeben. Später beteiligte 
er fih an einer Naturalienhandlung und 
gründete ſich ein eigenes glücliches Heim. 
Er unternahm dann mehrere Studien- 
reilen, die bejonders den Kunſtſchätzen 
Italiens, Spaniens 2c. galten und errichs 
tete Schließlich im Elbthale bei Dresden 
das um feiner reihen Sammlungen von 
Naturförpern und feiner Bibliothek hal: 
ber viel befuchte Mufeum „Ludwig Sales 


‚vator”. Um diefes Mufeums wegen hatte 
‚er mit vielfachen Unannehmlichkeiten zu 


fümpfen, da man ihm den Bau in Dres» 
den nicht geftatten wollte. Ein nur — 
300 Ellen entfernter Kirchhof wurde als 
„Grund“ diefer Verweigerung angeges 


ben. Inzwiſchen war ©. literarijch bervorgetreten 
und zwar mit mehreren naturwiſſenſchaftlichen 


liche Thätigfeit verlieh ihm die Univerfität Leip— 
zig den Doktortitel und wurden ihm mehrere Dr» 
den zu teil. Solcher Anerkennung ſchloß 
fi aber die Stadt Dresden nicht an, ob» 
wohl ©. gerade ihr gedient hatte. Wie 
vorausſichtlich zog der einzelne Privats 


35* 


— 


Scheffler. 


mann bei den jahrelangen Kämpfen den 
„Kürzeren“. Heute iſt ihm alles, was 
er in 40 Jahren ſchweren Kampfes errun— 
gen hat, zerſtört, ſein Vermögen verloren 
und er gezwungen, ſein Brod durch die 
Herſtellung eines ihm patentirten „Wind: 
ſchutzes“ zu erwerben. 

Hauptwerfe: Nunquam otiosus, Giorgione's 
Werke, Correg 1io’S träumende Magdalene, Mono: 
grapbie der Sphodrinen, Beichreibung der Psela- 
phiden, Monograpbie der Scydmaeniden Ame: 
rifa’s, Fauna balearica und zahlreiche Artifel in 


Beitichriften. 


Scheffler, Hermann, geboren zu 
Braunſchweig am 10. Oftober 1820, hat 
fi) außer dein Baumwefen der Dlathematif, 
den Naturwiflenichaften und der philo: 


548 


— Sceiblein. 

eine mir in Dresden bei dem fgl. ftenogr. 
Inftitute angebotene Stellung an, welche 
ich bis 1877 befleidete. Meine Univer— 
‚fitätsftudien hatte ich durch das Doktor: 
‚eramen zu einem vorläufigen Abſchluß ges 
bradt. Auf Rat des Prof. Dr. Körting 
‚habilitierte id) mid für franz. Sprade 
‚und Liter. aın fgl. Bolytehnitum Dress 
den, woſelbſt ich 1885 für dieles Fach 
zum ao. Brofeflor ernannt wurde. Gleich: 
zeitig habe ic) dafelbit die Stellung eines 
Bürcau:Vorftandes und Sefretärs inne. 
Am Vitzthumſchen Gymnaſium bin ich 
ebenfalls für Franzöſiſch in den Ober— 
klaſſen thätig. Meine Studien haben ſich auf 
dem Gebiete moderner Sprachwiſſenſchaft, beſ. 


auf dem Gebiete des Franzöſiſchen bewegt. Außer 
einer Reihe von Kommentationen Molires, Ra: 





ſophiſchen Weltbetradhtung gewidmet. Er eines, ſowie neuerer Schriftiteller, ſchrieb ich 1883 
iſt der Verfaffer zahlreicher Echriften, von | bis 1885 das Werk: Die franz. Volfsdichtung 


welchen die haupiſächlichſten die folgenden | md Sage. Dafjelbe verfucht erjtmalig das reiche 


ſehr verdienstlihen find: Die mechaniſchen 
Prinzipien der Ingenieurfunft und Arditeftur nad 
Moſeley (1845), Über das Verhältniß der Arith: 
metit zur Geometrie (1846), Die Brinzipien der 
Hydroftatif und Hydraulik (1547), Der Situations» 
kalkul (1851), Die unbeitimmte Analytif (1854), 
Theorie der Gewölbe, Futtermauern und eilernen 
Brücden (1857), Auflöfung der algebraiichen und 
transzendenten Gleichungen (1859), Körper und 
Geist (1862), Phyſiologiſche Optif (1865), Die 
Gelege des räumlichen Schens (1866), Theorie 


f 


Gebiet franzöſiſcher Volksdichtung zuſammen— 


faſſend darzuſtellen. 


Scheidlein, Cäſar Edler von (Chate— 
lain), wurde am 24. April 1843 zu Wien, 
als der Sohn des Univerſitäts-Beamten 
Ernſt E. v. S. geboren. Seine Mutter, 
ſelbſt hochbegabt, entzündete ſchon früh: 
zeitig in dem Knaben den Funken der 
Poeſie, ſo daß er bereits in ſeinem fünf— 





der Augenfehler und der Brille (1868), Sterblich— 
feit und Berficherungsmwelen (1868), Die Natur: 
geſetze 187681), Die polydimenfionalen Größen 
(18801. Die magischen Figuren (1882), Die Welt 
nach menfchlicher Auffaſſung (1855), Die Rege— 
lung der Steuer, Einfommen: und Geldverhält: 
nifje (1887). 


Scheffler, Wilhelm, am 21. Januar 
1847 zu Dalheim b. Königsberg geboren. 


Ich erwarb am Kneiphöfiſchen Gymna— 


ſium zu Königsberg das Reifezeugnis, ſtu— 
dierte neuere Philologie daſelbſt, in Bres— 
lau und Berlin. Der Krieg 1870/71 
unterbrach dieje Studien. Ich fonnte als 
Soldat, wie als Dolmeticher (mein Vater 
entjtammte einer emigrierten Familie, in 
welcher fi das Franzöſiſch bis auf ihn 
erhalten hatte, meinem Vaterland nügen. 
Als Offizier fehrte ih heim und nahm 


zehnten Jahre mit der Veröffentlichung 
‚von Gedichten in mehreren belletrijtiichen 
Journalen begann. Nachdem er durd 
vier Jahre philoiophiiche Studien an der 
Wiener Univerfität betrieben hatte, nahm 
er eine Anftellung als Beamter an der 
genannten Hochſchule an, an welcher be— 
‚reits fein Urgroßvater, Großvater und 
Vater teils als Profefloren, teils als 
| Beamte verdienftvoll gewirkt hatten. Nicht 
nur die Literatur, aud) das Theater er: 
‚regte in hohem Grade das Intereſſe des 
‚jungen, unermübdlid thätigen Mannes, fo 
‚daß er die Mußeftunden, welche ihm feine 
Beamtenthätigfeit übrig ließ, redlich zwi— 
ſchen der Poeſie und Schaufpielfunit teilte. 
Miehrere Debuts auf Wiener und Bro: 
vinzbühnen verliefen äußerit glüdlich, und 
ſchon gedadte er, feine Bureauthätigfeit 








Schentendorf. 


aufzugeben und einem Rufe an das Stadt: 
theater nad) Augsburg Folge zu leiften, 
als er auf der Bühne des Varietetheaters 
durch einen Schuß in das Geſicht ver: 
legt wurde, welcher die Sehfraft des linfen 
Auges gefährdete. Zwar genas er nad) 
längerer Zeit vollitändiq, hatte aber die 
Idee, fi) gänzlich dem Schaufpielerberufe 
zu widmen, wieder aufgegeben, und wendete 
fih, nachdem er noch eingehende drama: 
tiihe Studien gemacht, dem dramatiichen 
Lehrfache zu. Seine Unterrichtsfurje er- 
freuten fi) eines regen Bejuches und 
manches bedeutende Talent, manche heute 
affreditierte Künftlerin hat auf feiner 
Übungsbühne die erften Schritte auf den 
weltbedeutenden Brettern verſucht. Heute 
lebt er als Beamter in Benfion, mit der 
Herausgabe feiner Igriihen und epiichen 
Dichtungen beichäftigt, bei feinen Ange: 
bhörigen in Wien. 

Er hat nebft zahlreichen Gedichten, Feuilletons, 
Novellen, Humoresten und politischen Aufſätzen, 
welche in verichiedenen öjterreihilchen und aus: 
ländifchen Zeitungen erſchienen jind, nachfolgende 
günftig beurteilte Schriften felbit. herausgegeben : 
Die Tochter des Komöpdianten (Rom. 1874), Der 
Retter, Organ des I. Wiener L2ebensrettungs: 
vereines (1875), Der Philantrop, Zeitichrift für 
humanitäres Wirfen (1876), Das Nebelhorn, 
bumor..belletrift. Bolfsblatt (1879), Dramaturs 
8 er (1854), Humoriftiihe Vorträge 

—8B). 


Schenkendorf, M., |. M.Überichaer. 


Scherenberg, Ernit, wurde am 21. 


Juli 1839 in Smwinemünde geboren. Er 
bejuchte die Gewerbeihule zu Stettin, 


um auf den Munich des Vaters, wenn 


auch nicht feinem eigenen Triebe ent: 
Iprehend, einem techniihen Berufe ſich 
zu widinen. Nah Abichluß feiner Vor: 
bildung begann er feine praktische Lehrzeit 
in einer großen Maſchinenfabrik zu Ber: 
lin. Daneben aber gab er fich, der ei- 
genen Neigung folgend, höheren Studien, 
vornehmlich literariichen, hin. Bald em: 
pfand er, daß er nicht für den ihm auf: 
gedrungenen Lebensberuf geichaffen ſei, 
und jo gab er denfelben auf und begann 


549 


— Scherer. 

als Schriftſteller und Journaliſt zu ar— 
beiten. Er redigierte von 1865—70 
das „Braunichweiger Tageblatt“, danadı 
bis 1883 die „Elberfelder Zeitung“ und 
lebt noch jet in Elberfeld, jeit mehreren 
Jahren als Sekretär der Elb. Handels- 
fammer angeitellt. S. ilt Herausgeber 
des Düffeldorfer „Künstler: Albums“ und 
der Anthologie „Segen Rom”. Seine 
jelbitändigen Werke find meiſt Iyriichen 
Ynhalts und zeugen von ungewöhnlicher 
Beherrihung des Reims und großer 
Bartheit der Empfindung. 

Hervorzuheben: Aus tiefitem Bergen (1858, 
‚2. Aufl. 1862), Berbannt (Dram. 1865), 1866 
(Dram. 1867), Stürme des Frühlings (1869, 
2. Aufl. 1870), Gedichte (1878), Neue Gedichte 
(1880, 2. Aufl. 1882). 

Scherer, Franz Joſeph, wurde ges 
boren zu Olpe den 25. Mai 1835, ſtu— 
dierte nah) Erlangung des Gymnafial: 
Reifezeugniffes von 1854—58 Philologie 
und Seichichte, wurde 1858 auf Grund 
ſeiner Diifertation de Graecorum än; no- 
tione atque indole von der philoſophiſchen 
Fakultät der KHöniglihen Akademie zu 
Münfter zum Doktor der Philojophie pro= 
moviert und beitand ebenda die Prüfung 
pro facultate docendi 1859. Er trat 
dann das gefegliche Probejahr am Gym— 
nafium zu Münfter an und wurde nad 
Ablauf eines halben Jahres zur Ver: 
waltung einer ordentlichen Zehreritelle dem 
Gymnaſium zu Coesfeld übermwielen und 
1860 als ordentlicher Lehrer dort ange— 
jtellt, folgte 1862 einer Berufung an das 
Gymnaſium zu Rheine als Oberlehrer 
und wurde von dort 1868 an das Gym: 
naftium zu Münſter verjegt. 1871 zum 
Symnafialdireftor ernannt, erhielt er die 
Direftion des Gymnaſiums zu Coesfeld 
und wurde in gleicher Eigenihaft von 
dort 1877 nad Arnsberg verießt. 

Bon Sch. find folgende Schriften erichienen: 
Die arn bei Sophofles (1866), Das Deutſche 
| Land und Volk in Liedern feiner Dichter (1573), 
| Die Kaiferidee des deutichen Volkes in Liedern 
feiner Dichter feit 1806 (1879), Die Einweihung 
‚des neuen Gymnaſiums zu Arnsberg (1880). 
| Außer diefen Abhandlungen gab er heraus die 








Scherer. 


Sammlung von Gedichten: Deutihland im Liede 
oder Zand, Sprache und Volk der Deutihen in 
Bildern vaterländiiher Dichter (1876), ein Buch, 
welches ſehr günitig aufgenommen wurde, mweil 
eö den Werfen der gefeierteiten Dichter mit Wahl 
und Berftändnis entnommen und vorzüglich ge: 
eignet ift, Liebe und Begeifterung für unler 
großes Vaterland nachhaltig zu nähren, Bade: 
mecum, enthaltend Realien aus Mythologie und 
Sage, Geihihte und Geographie ... in Ge: 
bädhtnisverfen und Sprüden (2. Aufl. 1856). 
Im Berein mit Brof. Dr. Schnorbuih gab Sc. 
heraus: Griehiihe Spradlehre (4. Aufl. 1886) 


550 


— Scherzer. 

Scherzer, Karl von, am 1. Mai 
1821 als Sproß einer alten Wiener Bür— 
gerfamilie geboren, unternahm nad) Ab: 
folvierung feiner philoſophiſchen, rechts⸗ 
und ſtaatswiſſenſchaftlichen Studien meh: 


‚rere höchſt erfolgreihe Forihungsreiien, 


und Übungsbuh nebit Grammatik für Tertia 


(3. Aufl. 1885). 

Scherer, Georg, geboren am16.März 
1828 in Dennenlohe, beſuchte das Leh— 
rerjeminar zu Altdorf, danach aber, als 
er einjah, daß der uriprünglich gemählte 


Beruf, zu dem er dort ausgebildet wor: 


den, feinem Können und Wiffen nicht 
entiprehen würde, bezog er das Gym: 
nafium und fpäter die Univerfität in 


Münden, wo er Philoſophie jtudierte ı 


und bejonders eifrig Literaturgeichichte 
betrieb. 
moviert worden, ging er längere Zeit auf 
Reifen, um die Literatur» und Kunſtſchätze 
Deutihlands, Frankreichs und Italiens 
fennen zu lernen. 


Nahdem er zum Doktor pro: 


Zurüdgefehrt, habi⸗ 


litierte er fih für Kunſt- und Literatur: 
geihichte am Polytehnifum zu Stuttgart 
und wirkte dort — abgelehen von einem 
längeren Aufenthalte in Rom — bis zum | 


Jahre 1875, da er zum Profeflor an der 
fol. Kunftihule zu Stuttgart ernannt 
wurde. Seit 1881 lebt Sc. in München, 
nahdem er in den Ruheſtand getreten 
ift, ausichließlich feinen literarifchen Ar: 
beiten. 
tiiher Natur. Am meiften machte fich 
Cd. verdient durch den Bienenfleiß, mit 
dem er zahllofe alte, zum Teil verjchol- 
lene Weiſen und Lieder wieder zu Tage 
förderte und uns von neuem zu eigen 
gab. 

Hauptwerke: Aluftriertes deutiches Kinderbuch 
(1846), Deuticher Dichterwald (1853), Die 
ſchönſten deutichen Volkslieder (1855), Rätſelbuch 
(1862), Gedichte (1870, 3. Aufl. 1880), Jung» 
brunnen deutfcher Bolfslieder (1872, 3. Aufl. 
1875), Ziederborn (1879). 


Diefjelben find vornehmlich poe⸗ 





die ihm 1857 nad feiner Rüdfehr von 
einer, in Gemeinihaft mit Profeſſor Dr. 
Morig Wagner nad Amerika unternom- 
menen Tour eine failerl. Berufung zur 
Teilnahme an der Novara= Erpedition 
verichafften. Er trat demnach mit dem 
Range eines öfterreich. Konjuls in den 
Staatsdienft und erwarb ſich die höchſten 
Verdienſte um dieje denkwürdige Erpedi- 
tion. Auch dur feine nächſte Reiſe in 
den Jahren 1868—69 mit der Fregatte 
„Donau“ hat S. neues Licht über die 
Natur: und Volkszuftände der entlegeniten 
Zänder verbreitet und feinen Kenntnifien, 
Erfahrungen und Beziehungen war das 
mals in erjter Linie der raiche und vor— 
teilhafte Abſchluß von Handels: und 
Freundichaftsverträgen mit den Kaiſer— 
reihen Siam, China und Japan zu dans 
fen. Stets hat S. die Mittel aufgeludt, 
durch welche fein Vaterland zu einer her— 
vorragenden Stellung im Bölterverfehr 
berufen werden fönnte. Seine einfluß- 
reihen dienftlihen Stellungen als Mini- 
ſterialrath im öfterreihiihen Handels» 
minifterium, als Zeiter der Generalkonſu⸗ 
late in Emyrna, London, Leipzig und 
nunmehr in Genua gaben und geben ihm 
vielfach Gelegenheit, jeine Beitrebungen 
in praftiihe Maßregeln zu übertragen. 
Durch diejes Wirken und feine patriotifche 


Geſinnung hat fih Scherzer den Anſpruch 


auf die allgemeinjte Anerfennung erwor: 
ben. Die reichen Ergebnifje feiner Er- 
forfhungen und Erfahrungen hat v. ©. 
in folgenden hocdhbedeutenden Werfen ver: 
wertet: 

Die Republit Cofta Rica (1855), Neilen in 
Nordamerika (1855), Die Reife der öfterr. Fre— 
gatte Novara um die Erde (1861, 2. Aufl. 1864), 
Die Novara» Erpedition (itatijtilch-fommerzieller 
Teil, 1863, 2. Aufl. 1867), Aus Natur und 
Völkerleben in Amerifa (1864), Smyrna (1873), 


Schettlar. 


Weltinduſtrien (1880), Die öſterr. Erpedition nach 
Indien ꝛc. (1868— 71), Das wirtſchaftliche Leben 
der Völker (1885). Auf das lektgen. Werk machten 
ſowohl das öfterr. Minifterium, wie das deutjche 
Reihsfanzleramt ihre diplomatischen und konſul. 
Vertreter durch befonderes Cirfular aufmerffam. 


Schettlar, Dtto, geboren den 19. 
Mai 1841 zu Liebſtadt i. S., turnte ſchon 
von feinem 8. Jahre an mit großem 
Eifer. Der Hauslehrer Stieberig fuchte 
damals für die von ihm zu unterrichtenden 
2 Knaben Genoſſen im Turnen. Sc. ge 
hörte zu dem auserwählten Häuflein, mit 
dem wiederholt Turnfahrten einfadhiter 
Art unternommen wurden. Als Schüler 
der Annen:Realihule zu Dresden turnte 
Ch. unter der Leitung des Brand- 
direftors Ritz, als Schüler des Friedrich: 
jtädter Seminars daſelbſt 4 Jahre hin: 
dur in der (alten) fönigl. Turnlehrer: 
bildungsanjtalt unter Leitung des Prof. 
Dr. Kloß, der Turnlehrer Hildebrandt, 
Held u. A. Erſt 1863 hatte er Gele: 
genheit, und zwar als Lehrer an der Se- 
lefta zu Dlsnig i. V. felbft Turnunter: 
richt zu erteilen und gewann diefen als- 
bald jehr lieb. Auch jpäter, als ſich nad) 
feiner Verſetzung nad) Plauen hier wieder 
Gelegenheit zu diefem Unterricht darbot, 
benugte er dieſelbe fofort, bereitete fich 
auch mit Anderen auf das Facdlehrer: 
Eramen im Turnen vor und beitand das: 
jelbe 1865 zu Dresden. Bald darnad) 
ernannte ihn der Stadtrat zu Plauen 
zum Oberturnlehrer über das ftädtifche 
Schulturnweſen. 18576 wurde er an das 
neuerrichtete Lehrerfeminar zu Auerbad) 
i, Vogtl. als Oberlehrer berufen und in 
diefer Stellung verweilt er jetzt nod). 

AS Bertreter des Vogtländiſchen Turngaues, 
als Geſchäftsführer des ach Turnlehrervereins 
und als Mitglied des Kreisturnrats für Sachſen 
bat er z. 8. in den „Jahrbüchern der Turn: 
funft“ und in der „Deutichen Turnzeitung“ gar 
viele Aufjäge turnerifchen Inhalts veröffentlicht, 
“. a. über „ Turner Farben und feinen 
Gruß“, über die Unterfchiede zwifchen dem Knaben: 
und Mädchenturnen, über die Perteilung der 
Spiele im Boltsihul-Tumunterrichte, über das 
Böglingsturnen x. Als befondere Werke find 
erfhienen: Die Mädchenturnſchule (6. Aufl,), Die 


551 


— — — — — — — — — — — — — — 


— Schiehl. 

Knabenturnſchule (2. Aufl.), Die Turnſpiele für 
Knaben und Mädchen (6. Aufl.), Das Turnen in 
gemiſchten Volksſchulklaſſen, Guts Muths, Spiele 
zurllbung und Erholung des Körpers und Geiſtes 
(in 5—7 Aufl. neu bearbeitet). 

Schiehl, Joſef, wurde als Sohn 
eines k. bayriichen Aſſeſſors am 8. Juli 
1820 zu Burglengenfeld bei Regensburg 
geboren und ſchon mit 14 Jahren Dop— 
pelwaife. Er beſuchte das Gymnaſium 
und Lyzeum zu Regensburg und jtudierte 
an der Univerfität München die Rechts» 
wiſſenſchaft. Schon als Kind von 7 
Jahren Hatte ihn ein Augenleiden ein 
volles Jahr im verdunfelten Zimmer 
feftgehalten. Deshalb wagte er es nicht, 
jein unleugbares Talent für Malerei an 
der Akademie auszubilden, und das Lehr— 
amt für Geihidhte und Philoſophie, 
welche ihm durd den gewaltigen Görres 
und Schelling nahe getreten waren, ſchien 
für ihn, den armen liberalen Katholiken 
in der dumpfen Abel’ihen Zeit uner— 
reihbar. Er mählte, um dem Wolfe 
näher zu bleiben, die Laufbahn eines 
Einzelrihters und fand jeine erjte Anz 
ftellung als folder 1851, feine legte als 
Landrichter zu Regenſtauf bei Regens— 
burg 1862 und lebt nun feit 1886 im 
Penfionsftande zu Stadtamhof mit der 
Gattin, die er 1851 gewonnen zu Leid 
und Freude einer fünfunddreißigjährigen 
Ehe. 

Schon als Student veröffentlichte er ein noch 
unausgereifted Drama „Plinpanjer“ und 1849 
wurde fein „Palin“ zu Nürnberg mit Achtungs⸗ 
erfolg aufgeführt. Das Jahr 1848 hatte ihn 
fo nachhaltig ergriffen, dab er 1866 gegen „nor« 
difchen Partikularismus“, wie ihm vor 1870 
das Vorgehen ded Nordens erſchien, feine „Ges 
dichte eines Süddeutfchen” (1869) fchrieb. Die 
damit verbundenen „Geihichtsbilder” verdienten 
ein gefondertes Fortleben. Das Jahr 1870 
brachte ihm, wie jedem echten Deutichen, Erlöfung 
und neue Kraft. Nun erichienen von ihm „Teita« 
ment eines Dichters“, drei Dramen, 1880 und 
1885 als Kodizill „Dramen in Profa“, vier 
Dramen. Diefe Dramen wurden von der Hritif 
als „ſcharfumriſſene Zeitbilder” mit großartigen 
Szenen beurteilt, nur die zu gedrängte Sprache 
wurde bemängelt. 


Schild, Wolfg., |. Ab. Lilie. 


552 


Schirmer, Schirndinger v. Schirnding. 
Schirmer, Wilhelm Cajetan, wurde | Thätigkeit folgte er der Berufung als 
am 12. Sebruar 1847 in Andridau (Oſter- Pfarrer der alttath. Gemeinde in Düflel- 
reich) geboren. Nach Abfolvierung des dorf. Harte Schläge erwarteten ihn hier: 
Gnmnafiums und mit Auszeichnung ab⸗ | fein treues Weib und eines feiner Kinder 
gelegter Maturitätsprüfung in Kremfier | wurden ihm daſelbſt raſch nacheinander 


widmete er fich von 1868 --72 dem Stu: | durch den Tod entrifien. 


dium der Theologie an der Wiener Uni— 
verfität. Der Studienplan der fath.:theol. 
Fakultät wies mande Lücke auf, die Be 
handlung der einzelnen Disziplinen war 
eine fchematiiche, trodene.. Da mußten 
denn jene Zöglinge, die — wie es in 
Goethes Fauit heift — „keine Weber” 
werden, jondern „mas Lebendiges“ er: 
fennen wollten, durch Brivatleftüre Geiit 


und Herz zu erfriichen und ihre Idealwelt 


fih zu erhalten fuchen. Nach 1872 er: 
folgter Ordination in die praftifche Seel: 





Hauptmwerfe: Heimatkunde des Herzogtums 
Sclefien (1880, 3. Aufl. 1885), Sagen aus 
Ofterreih (1882, Jugendſchr.), Verfaſſungskunde 
der öfterr.:ungar. Monarchie (1883), Marimilian, 
Kaifer von Merifo (Jugendſchr. 1883), Bilder 
aus der Nirchengeichichte (1884), Die altkathol. 
Gemeinschaft in Neihe, ein Beitrag z. Geld. d. 
f. Reformbemweg. in Schlefien (1884), Beilchen, 


Ausw. Deuticher Gedichte (1885), Treu und frei. 


Erzähl. f. d. Volk (1887), Licht, Liebe, chen 
(Ranzelreden 1887). 

Schirndinger von Schirnding, 
Carola Freiin v., Tochter des tgl. bair. 
Forſtmeiſters Frhrn. Sch. v. Sch., wurde 


forge eingetreten, fand Sch., daß die re am 9. Juli 1850 zu Stauf im Franfen: 
ligiöfe Gemeinſchaft, der er dienen follte, | lande geboren. Unter der liebevollen Für: 
ein Reich der Ydole, nicht der Ideale fei. |forge der Eltern genoß fie eine glückliche 
Schon das erſte Jahr (in Ladendorf) war ; Kindheit, der das ländliche freie Leben 
ein Jahrbitterer Enttäufchungen. Hier ſchon einen befonderen Neiz verlieh. Ihren 
feimte in ihm der Entſchluß auf, feinem erſten Unterricht erhielt Carola gemeinfam 
Leben eine andere Richtung zu geben. mit ihrem älteren Bruder und faın dann 
Noch vier Jahre verblieb er in der Seel: im zwölften Lebensjahre zur weiteren Aue: 
forge, teils in Brunn am Gebirge, teils, bildung in das fgl. Max-Joſeph-Stift zu 
in Wien, widmete fi aber zugleih hi: München, wo fie eine gewifienhafte Her: 
ftorifch-geographiichen und germaniftifchen : zens- und Geiftesbildung erhielt. Nach 
Studien an der philof. Falultät der Uni- drei Jahren kehrte fie in das Elternhaus 
verjität Wien. 1877 übernaym Sc). eine | zurüd und verwertete die erlangten Kennt: 


Lehrerftelle aın Staatsgymnafium in Bie— 
lig und bald darauf am evang. Lehrer: 


jeminar dajelbjt. Das war eine Zeit reger | 
Neben der Willens | erziehlichen Beruf begeiftert, reifte in dem 


literar. Thätigfeit. 
Ihaft war es namentlich feine edle Gattin 
Anna (geborene Sieber), die ihm treu alle 
Mühen des Lebens tragen half. Im J. 
1884 erhielt Sch. einen Ruf als Paſtor 
ber altfathol. Gemeinde in Neiße. 


da er in der altkatholifchen Kirche jenen 


Idealkatholicismus ſah, von dem er immer, 





‚ihr die erjte Lehrerin zu werben. 


Die 
alte Liebe zur Seeljorge erwadte, und 


niffe, eine jüngere Echwelter zur Auf: 
nahme in das eben verlaflene Stift vor: 
zubereiten. Von ganzer Seele für den 


jungen Mädchen der Plan, die verwil— 
derte Dorfjugend zu fich heranzuzichen und 
Mit 
Geduld und Ausdauer mwaltete fie lange 
Sahre diefes mühevollen Amtes. Mitten 
in das Glück ihrer Jugendzeit fiel der 
Tod ihres einzigen, ihr eng verbundenen 
Bruders, der auf dem Schladhtfelde (1870) 


geträumt, jo folgte er gerne dem ehren: | fein Leben ließ. Als nad) Jahren der 
den Hufe. Auch bier ſetzte Sc. feine | Vater in den Ruheſtand trat und die Fa— 
literarische Thätigkeit fort und machte fich | milie nach Nürnberg zog, wurde Carola, 
auch als Kanzelredner bald allgemein be: deren Sinn, Denken und Fühlen mit der 
merkbar. Nach zweijähriger fegensreicher ; Kinderwelt verwachſen war, Jugendichrift- 





— 


Schlagintweit. 


ſtellerin und in kurzer Zeit eine beliebte 


Mitarbeiterin verſchiedener Jugendzeit- 


ſchriften. 1887 gab ſie ein ſelbſtändiges 
Werk: Norddeutſcher Sagenkreis heraus, das 
verdientermaßen ſehr günſtig beurteilt 
wurde. 

Schlagintweit, Emil, wurde am 
7. Juli 1835 zu München als ein Sohn 
des berühmten Augenarztes Joſef Sch. 
und Bruder des hochverdienten Reiſenden 


553 


gl. N. geboren, ſtudierte die Rechte, ſpäter 
Orientalia zu Berlin, ermutigt durch die 


großen Erfolge ſeiner Brüder auf jenen 
Gebieten. Sch. lebt gegenwärtig als 
Bezirksamtmann in Zweibrücken. 
ſeinen verdienten Schriften heben wir 
hervor: 


Buddhismus in Tibet (1863), Die Könige 


von Tibet (1866), Die Gottesurteile der Indier 
(1866), Indien in Wort und Bild (1881). 


Schlejinger, Ludwig. Ich bin am 


Bon 


13. Oftober 1838 zu Oberleutensdorf 


in Böhmen geboren, war von 1865 — 69 
Nealfhulprofefjor in Prag, 1869— 76 
Direktor der Oberrealichule in Leitmerig 
und wurde 1876 zur Neorganilation des 
deutihen Mädchen-Lyceums nah) Prag 
berufen. Meine jchriftitelleriiche Thätig- 
feit erſtreckt ſich hauptiädhlih auf das 


Gebiet der Geſchichte Böhmens und hat 


dieſelbe dazu beigetragen, die tichechiichen 
Geihichtsauffaffungen und Darftellungen 
ins gebührende Licht zu ſtellen und den 
Anteil der Deutſchböhmen an der Landes— 
geihichte zur Geltung zu bringen. Als 
Zandtagsabgeordneter vertrat ich bis zur 
Abjtimmung der Abgeordneten (1887) 
die deutihe Partei als Mitglied der 
oberjten autonomen Landesbehörden, des 
Landesausschufles und des Landesſchul— 
rates. 

Als Hauptwerfe nenne ih: Geichichte Böh— 
mens (2. Aufl. 1870), Urkundenbud der Stadt 
Brür (1876), Hiſtorien des Magiiters Leonis 
(1877), Studtchronifen von Elbogen und Trau: 
tenau (1879, 1881). Zahlreiche Abhandlungen 
erſchienen in den „Mitteilungen des Vereins für 
Geſchichte der Deutichen in Böhmen“, deren Ne: 
daktion ich feit 1870 bis heute führe. An den 
Bublifationen des Prager „Vereins zur Verbrei: 


— 


Schlefinger. 


tung gemeinnüßiger Kenntniſſe“ veröffentlichte 
ich: Stellung der Deutihen in der Geſchichte 
Böhmens (1869) und Drangjale der deutichen 
Sprade in Böhmen (1872. 1880 eridien: 
Anton Fürnftein und feine Gedichte, 1886: Die 
Nationalitätenverhältniffe Böhmens. (In den 
„Forſchungen zur deutihen Landes: und Volks: 
'tunde herausgeg. v. Dr. Lehmann“.) Überdies 
bin ih auf pädagogiichem Gebiete thätig und 
arbeite mit an den Sammelwerten: Brodhaus, 
Erſch und Gruber, Liliencron. 


Schlefinger, Siegmund, am 15. Juni 
1832 in Preßburg geboren, beabjichtigte 
urſprünglich, in Wien die Rechte zu jtu: 
dieren, ging aber bald zur Philofophie 
über und widmete fih nad) Beendigung 
feiner Studien der Journaliſtik, zunächit 
an der Redaktion der „Wiener Morgen: 
poſt“, fpäter an der des „Wiener rem: 
denblattes“ und jeit 1867 am „Neuen 
Wiener Tageblatt“ bejchäftigt. Sein 
eigentliches Tliterariiches Feld iſt das 
Feuilleton, für das feine fein geſpitzte Fe— 
der wie geichaffen erfcheint. Daneben ijt 
©. vielfah als Dramatifer hervorgetre: 
ten; zunächit in Gemeinichaft mit Franz 
Niſſel (f. d.), Später allein. Die Mehr: 
zahl feiner Stüde ift mit Erfolg über die 
Bühnen gegangen. Die bedeutendften find: 

Die Guſtel von Blaſewitz, Mit der Feder, Der 
Graf aus dem Buche, Mein Sohn, Der Haus: 
ſpion, Die Schweitern von Rudolitadt, Ein libes 
raler Kandidat, Das Trauerfpiel des Kindes, 
Zahlen beweilen, Wogelfrei; außerdem hervor: 
zuheben feine gefammelten Feuilletons unter dem 
Titel: Wiener Tageblätter. 


Schletterer, Hans Michel, wurde 
am 29. Mai 1824 in Ansbach geboren 
und ermwählte ſich den Mufiferberuf, da 
er bereits als Knabe ungewöhnliche mus 
jitaliihe Begabung an den Tag legte. 
Nah Bollendung feiner Fachſtudien in 
Kaſſel bei Spohr und Kraushaar und in 
Leipzig bei David und Richter wurde er 
1845 Muſiklehrer an der Normalichule 
in Finftingen, 1847 Muſikdirektor in Zwei— 
brüden, 1854 Univerjitätsmufifdireftor in 
Heidelberg und 1858 Rapellmeijterin Augs: 
‚burg. Dort gründete er 1866 den Ora— 
torienverein und 1873 eine Muſikſchule, 
die eines vorzüglichen Nufes fich erfreuen. 








N von Jordan, Hlızamdaun sur 173. 


Schleuſner. 


Von ſeinen, um die Kenntnis der Muſik— 
geſchichte hochverdienten Werken ſind be— 
ſonders erwähnenswert: 

Geſchichte des proteſtantiſchen Kirchenliedes und 
Kirchengeſanges (1861), Das deutſche Singſpiel 
(1863), Fr. Reichardt (1865), Darſtellung der 
Geſchichte der kirchlichen Dichtung und der geift: 
lihen Muſik (1866), Die Entftehung der Oper 
(1873), Studien zur Geſchichte der Fangöfifchen 
Mufit (1883—86). 


Schleuſner, Georg Ludwig, Ach 
ſtamme aus einer alten Theologenfamilie. 
Mein Vater war zulegt Propſt und Super: 
intendent in Nemberg bei Wittenberg, und 
dort bin ih am 6. Mai 1841 geboren. 
Erjt im Heimatsort vorbereitet, habe ich 
1853—59 der alma mater Porta, der 
befannten kgl. Zandesihule im lieblichen 
Eaalthale, als Alumnus angehört. Dort 
hat die jhöne Natur, verbunden mit dem 
Vorbild der alten Elaffiihen Dichter und 
unferer deutſchen Dichtergrößen die erjten 
Regungen dichteriichen Geiftes in mir ge— 
weckt mit einer Luſt an der jchönen Lite— 
ratur, insbejondere aud) der mittelalter- 
lihen unferes Volkes. Inbezug auf die 
alten Klaffifer verdankte ich dem Profeſſor 
Reinhart, hinſichtlich unfererdeutichen dem 
Literarhiftorifer Prof. Koberjtein bejon- 
ders viel. 1859 bezog ich die Univerfität 
Halle behufs Studiums der Theologie und 
Philologie. 1862 Habe ich fie wieder 
verlaffen. Der befannte Profeſſor Tho— 
[uf blieb nit ganz ohne Einfluß auf 
mid. Doch gewann ich erſt recht Luft 
zur Theologie in meiner jpäteren Haus: 
lehrerzeit bei einem Paſtor in Schleswig. 
Nah Ablegung beider theologiicher Prü: 
fungen ließ ich mid) 1868, um meinem 
greifen Vater zur Aushilfe im Amte nahe 
zu fein, ins fol. Prediger-Seminar in 
Wittenbergaaufnehmen, in dem ich 3 Jahre, 
von Mitte 1869 ab, als ordinierter Hilfs: 
prediger verweilte. 1871 trat id dann 
ins eigentliche Pfarramt an der Witten: 


berger Pfarrkirche cin, als einer der 


Diafone. Dort jtehe ich no im Amte 
als 2. Diafonus. Meine literarifhe Thätig- 


keit: Zwölf deutiche Lieder aus wunderbarer 


554 











ſprache (Volapüf) befannt. 


Schleyer. 


Zeit (1875), Die Ausgrabungen im Euphrat— 
und Tigris:Gebiet und ihre Bedeutung für's Alte 
Teitament (1882), Paulus Gerhardt, der evang. 
Belenner in Bild und Lied (1883), Luther als 
Dichter, insbeſ. als Bater des deutichen evang. 
Kirchenlieds (1873), Fürft Bismard. 1875—85, 
Ein Sonettenkranz (1886), Gebet dem Staifer, 
was des Kaiſers ift und Gott, was Gottes ift 
(Eine Zeit: und Volköpredigt. 1885), Sechs Zeit- 
gedichte zur Weltgeihichte (1887). Außerdem 
viele Beiträge in Zeitichriften. 


Schleyer, Johann Martin, geboren 
1831 zu Oberlauda, wo jein Vater Ober: 
lehrer war; ftudierte Theologie und Philo— 
logie zu Freiburg, wiſſenſchaftliche Preiſe 
erringend; feit 1856 Priefter und ſeit 
1867 Pfarrer, nun in Konſtanz. ©. ift 
nicht bloß ein fehr fleifiger, fondern auch 
ein vielfeitiger und begabter Dichter, am 
meiften freilich zieht es ihn zur Gottes 
minne. Von feinen Sammlungen nennen wir 
die „Balınen der Heiligen“ (Legenden in 366 
verichiedenen Strophenformen, darunter viele treff: 
liche), „Die Liebe in hundert Gejtalten“. In 
„Ehriftus, der göttliche Knabe und Jüngling“ 
bietet der Dichter 24 Weihnachtsgedichte, dem Ger 
halte nad das Schönfte aus den apokryphiſchen 
Evangelien. Ebenjo hat er in 50 Sonetten die 
„Berlen der Himmelstrone Maria's“ befungen. 
Bon feinen größeren Dichtungen nennen wir das 
Legendenepos „St. Urſula“, die idylliiche Viſion 
„Eutychia“, das Oratorium „Andreas Hofer‘ 
und das bibliihe Drama „Elias“. Auch die 
„Helden von Mentana‘ und die deutſchen S 
des Jahres 1870 (Bellona) entlodten feiner 
begeijterte Lieder. Beſonderes Talent bat er 
Sprucgedichte, wie feine „Stufen zur Bolllom⸗ 
menbeit”, eine in 2. Aufl. erfchienene ‚, 
hungslehre in Sinngedichten“ und die „® 
ner der Wiſſenſchaft heiliger Seelen“ bemeifen, 

ger 


welch’ letztere viele Sprüche enthalten, die 

prägnanten Inhalt und die fnapp epi 

Form überrafchend ei Lg sn und andere, 
0 


durch echt voltstümlichen Ton und 
eignet find, Gemeingut des deutſchen 


Voltes | 
werden. S. gab aud zwei Hefte — 
dichte heraus: „Carmina jubili” und „Kecle 
siastica". Seit 1877 redigiert S. die von ihn 
begründete Zeitfchrift „Sionsharfe” (für * 
liſche Poeſie). Den weiteſten Kreiſen wurde 
©. jedoch durch die Erfindung der Welt 
Eine per, 
die felbit von den Gegnern als eine höchſt 
geniale anerfannt werden muß und deren 
Verbreitung von Tag zu Tag wädjit, jo 


Schlicht. 
daß die Möglichkeit immer näher rückt, 


daß S.'s Ideal zur Wirklichkeit ſich ge— 


ſtalten und der babyloniſchen Sprad: 
vermwirrung ein Ziel gejegt werden könne. 
Hierauf bezüglihe Schriften S.'s find: Haupt: 
edanfen meiner öffentl. Vorträge über Volapük, 
eltipradhenwörterbud, Weltfprachenblatt ꝛc. 


Schlicht, Joſef, wurde am 18. März 
1832 zu Geroldshaufen auf einem Zwie: 
Ipanngute als der Sohn braver Eltern 
geboren, bejuchte die Dorfichule und, nad) 
einjährigem vorbereitenden Unterricht im 
heimatlichen Pfarrhaufe, als Freiichüler 
das dazumal errichtete tridentinifche Se: 
minar bei den Benediktinermöndhen in 
Metten, das er nad acht Jahren abjol: 
vierte, um dann in Regensburg feinen 
Lycealſtudien ſich hinzugeben. 1856 lieh 
er fi in den Dienft der Kirche ordinieren 
und machte dann fein kirchenamtliches 
Praktikum in vierzehn Kaplanjahren durch. 
1871 wurde er im Benefizium zu Steinad) 


arbeiter des „Sonntagäblattes“ von Augsburg, 
deſſen Jahrgänge 1871 und 1872 viele Auffäge 
zu einem Vollsgemälde brachten, die dann zu 
einem Werfe vereinigt unter dem Titel „Baierilh 
Sand und baieriſch Volk“ eine beifällige Auf: 
nahme, befonders in der Heimat, aber auch über 
die Grenze hinaus, fanden und 1886 mit dem 
itel „Altbaiernland und Altbaiernvolf” die 2. 
Auflage erlebten. 1877 erichien fein Werk „Blau: 
Dei in Schimpf und Ehr', Luft und Leid“, 
Außerdem hervorzuheben die lokale Geſchichts⸗ 
arbeit in der hiftorifchen Vereinsfchrift für Nieder: 
baiern: Steinach, Edelfig, Pfarrei, Benefizium, 
Schule, Dorf (1886) und zahlreiche Beiträge für 
und Tageöblätter, zu denen haupt» 

viele, auch weitere Reifen die Anregung 

den Stoff boten. 


Schlie, Friedrih, wurde als Sohn 
eines Kantors und Lehrers an der Volks— 
ſchule in Brücl (Medlenburg) am 12. Des 
zember 1839 geboren. Bon feinem achten 
Lebensjahre an genoß er guten Privat 
unterricht, fpäter bejuchte er infolge der 


” 


555 


— Schlie. 
Verſetzung ſeines Vaters nach Doberan 
das dortige Steinmannſche Inſtitut bis zu 
ſeinem ſechzehnten Lebensjahre. Danach 
wurde er durch die Umſtände gezwungen, 
fünf Jahre lang teils als Hauslehrer, 
teils als Lehrer an einer Privatſchule 
thätigzufein. Alsdann trat er ins Roſtocker 
Gymnaſium ein und machte 1863 das 
Abiturienten-Eramen. Darauf jtudierte 
er zwei Jahre lang Philologie auf der 
Univerfität zu Roftod, übernahm aber da- 
neben auf Erjuchen des Rats der Stadt 
1864—65 eine interimiftiiche Lehrerſtelle 
am dortigen Gymnaſium. Darauf ging 
er nah München und wandte fich hier, 
unter Brunns Zeitung, dem Studium der 
klaſſiſchen Archäologie zu. 1867 legte er 
fein Doftor-Eramen ab. Nach Beendigung 
eines Buches über die Daritellungen des 
troiihen Sagenfreifes auf etrusfischen 
Sarkophagen begab er fich zur weiteren 
Vollendung feiner Studien nad) Jtalien. 
An Rom trat er 1868—69 als Hülfs- 
jefretär in die Dienſte des archäologiſchen 
Inftituts, dann fehrte er zurüd, um am 
Gymnaſium zu Waren eine Lehreritelle 
anzutreten. 1876 wurde ihm von feinem 
Zandesherrn eine Berufung als Direktor 
der großherzogl. Kunjtiammlungen nad) 
Schwerin. 1882 erhielt er den Titel 
eines Hofrats und 1884 vom König von 
Italien das Ritterkreuz der ital. Krone. 
Außer einer Reihe von kunſtwiſſenſchaftlichen 
Auffägen in Zeitichriften find folgende verdienft- 
liche Arbeiten von ihm erfchienen: Die Dar; 
ftellung des troifhen Sagentreifes auf etruskiſchen 
Aſchenkiſten (mit einem Vorwort von E. Brunn) 
(1868), Zu den Kyprien (1874), Über Einführung 
der Kunitgefhichte in den Lehrplan der Gym: 
nafien (1875), Die Berliner Amazonenftatue 
(1877), Beſchreibendes Verzeichniß der Werke 
älterer Meifter in der großherzogl. Gemäldegallerie 
zu Schwerin (1882), Das Altarwerf der beiden 
Brüffler Meijter Jan Borman und Bernaert van 
Orley in der Pfarrfirhe zu Güftrom (1883), 
Kurzes Verzeichniß der Bilder der großherzogl. 
Gemäldegallerie (2. Aufl. 1883), Beichreibendes 
Verzeihniß der Werke neuerer Meijter in der 
großherzogl. Semäldegallerie zu Schwerin (1884), 
Gypsabgüſſe antiker Bildwerfe im großherzogl. 
Mufeum zu Schwerin. In kunſtgeſchichtlicher 
Folge befchrieben und erflärt (1887). 


Schliemann. — 

Schliemann, Heinrich, iſt in Neu⸗ 
buckow (Mecklenburg) als ein Sohn des 
dortigen Pfarrers am 6. Juni 1822 
geboren, abſolvierte die Realſchule in 
Neuſtrelitz und widmete ſich zunächſt als 
Lehrling in einer kleinen Kolonialwaaren— 
handlung zu Fürftenberg dem Kaufmanns- 
Itande. Nach fünfjähriger Thätigfeit 
mußte er den Beruf aufgeben, da er fi 
beim Heben eines fchweren Falles ver: 
legte. Bon Reiſeluſt ergriffen, wandte 
er fih nah Hamburg und ging als 
Schiffsjunge mit einem nad Venezuela 
beitimmten Schiffe zur See. Das Schiff 
erreichte ſein Ziel nicht, fondern fcheiterte 
unterwegs. Sc. wurde nad Amiterdam 
verichlagen und fungierte bier als Lauf: 
buriche in einem Handlungshaufe. Alle‘ 
feine Muße benugte er mit eifernem 
Fleiße zu Spradjitudien und bradte es 
foweit, daß er als Korrefpondent von‘ 
einem Amjterdamer Kaufherrn angeitellt ! 
und jpäter als deilen Agent nad) Peters: 
burg geichiet wurde. Dort madte er 
auch für eigne Rechnung Geſchäfte und. 
erwarb ſich ein großes Vermögen, worauf 
er eine faufmänniihe Thätigfeit einitellte 
(1863), um ſich ganz feinem Lieblings: 
jtudium der Sprachen und großen Reilen 
hinzugeben. Er durchforſchte ganz Eu- 
ropa, Aſien, unternahm eine Weile um 
die Welt und wandte fi Schließlich nad 
Sriechenland, deſſen biltoriiher Boden 
fein höchites Interefle in Anfprud nahm. 
Dort vermählte er fih mit einer body 
begabten Griechin, die ihn auf allen feinen | 
Reiſen begleitete und ihm bei feinen, in 
Griechenland und in Troja vorgenomme: 
nen, bekanntlich unfchägbarergiebigen Aus: 
grabungenzur Seitejtand. Die Wiſſenſchaft 
hat Schliemann unendlid) Vieles zu danfen. 
In Anerkennung feiner Berdienite ernannte , 
ihn die Univerfität Roftod zum Dr. phil., 
die Univerfität Orford zum Doftor des 
Zivilrechts und die Stadt Berlin ihn zu 
ihrem Ehrenbürger. Seit 1871 hat Sch. 
feinen ftändigen MWohnfig in Athen. Von 
feinen hochbedeutenden Schriften, in wel: | 














556 


— Schlögl. 

chen er ſeine reichen Forſchungsergebniſſe 
niedergelegt hat, find folgende hervorzu— 
heben: 

La Chine et le Japon. Ithaka, Der Pelo— 
ponnes und Troja, Trojaniihe Altertümer, My: 
fenä, Jlios, Stadt und Sand der Trojaner, Oro: 
menos, Bericht über meine Ausgrabungen, Troja, 
Reiſe in der Troas, Tiryns. 

Schlögl, Friedrid, am 7. Dezember 
1821 zu Wien geboren, abjolvierte das 
Gymnaſium unter manderlei Entbehruns: 
gen, da jein Vater, ein braver, aber ganz 


'unbemittelter Handwerker, ihm nur wenig 
Zuſchuß gewähren konnte und Friedrich 
‚früh auf eigenen Verdienit anwies. So 


war auch an ein weiteres Studium nicht 
zu denken, fondern S. mußte einen Beruf 
ergreifen, der ihm ſchnell Brod gab. Er 
wurde Sanzleibeamter. Nach dreigigjäh: 
riger jubalterner Thätigkeit nahm er jei- 
nen Abichied (1870), um fortan als 
„freier“ Schriftiteller zu leben. Lange 
zuvor ſchon hatte er auch „außerdienſtlich“ 


‚nad der Feder gegriffen und zahlreiche 


Feuilletons in Zeitichrirten veröffentlicht, 
nachdem er nebenbei fait durch ein Viertel: 
jahrhundert ein fleißiger Mitarbeiter des 
„Figaro“ und jpäter der Beilage „Wiener 
Luft” geweien, wendete er Fih ſchließlich 
wieder Seiner eigentlichen Domäne, der 
Skizze, zu. Auf diefem Gebiete hat er ſchöne 
Erfolge zu verzeichnen und mit Recht, denn 
feine Ipeziftich wieneriihen Skizzen ſtehen 
in gewiſſem Sinne einzig da, find von 


‚Driginalität und durd feine Satire ge: 


würzt. 

Hervorzuheben: Wiener Blut (1873, 4. Aufl. 
1875), Wiener Luft (2. Aufl. 1876), Alte und 
neue Hiſtorien vom Wiener Weinkeller (1875), 


Das kurioſe Buch (1882), Aus Ait: und Neu— 


Wien (1882), Wieneriſches (1882, 2. Aufl. 1883), 
Bom Wiener Volkstheater (1884), Wien (illuftr. 
1886). 

Schloffar, Anton, wurde am 27. 
Juni 1849 in Troppau geboren, bejuchte 
das Gymnaſium daſelbſt und die Unis 
verfität Graz, um die Rechte zu ftudieren. 
Sleichzeitig betrieb er hiltoriiche und philo: 
jopgiihe Studien. Er wurde 1871 zum 
Doftor promoviert und mirfte, jedoch 


Schloſſer. — 
nur kurze Zeit im Juſtizdienſt, da er eine 
Anſtellung an der Univerſitätsbibliothek 
zu Graz fand, als deren Kuſtos er noch 
beute dajelbjt lebt. Literariſch machte fid) 
Sch. bejonders durch feine kultur- und 
literarbiltoriihen Studien über Steier: 
mark und auf dem Gebiete der Kultur: 
und Literaturgeihichte Oſterreichs über: 
haupt einen Namen. 

Hauptwerfe: Speife und Tranf vergangener 
Zeiten in Deutſchland (1877), Inneröfterreichiiches 
Stadtleben vor 100 Jahren (1877), Cornelia 
(Rom. 1878), Erzherzog Johann ‚von öſter— 


reih und fein Einfluß (1878), Ofterreichifche | 


Kultur: und Literaturbilder (1879), Steiermarf | 
im deutſchen Liede (1880), Deutiche Volkslieder | 
aus Steiermark (1881), 3. ©. Seidl (1882), 
Kultur: und Sittenbilder aus Steiermark (1885), 
Hiſtoriſche und geographiiche Literatur von Steier: 
marf (1886). 


Schloſſer, Bujtav, geboren am 31. 
Januar 1826 zu Hungen, einem Kreis: 
hädtchen der Provinz Oberhefien, befuchte 
das Gymnaſium zu Darmitadt, ftudierte 


557 





1843—47 Theologie auf der Univerfität 
Gießen, madıte 1847—48 einen praftis 
hen Kurjus im Seminar zu Friedberg, 
leitete 1849— 52 cine Vorbereitungs- 
Ihule für das Gymnafium zu Darmitadt, 
war. dann 1852—54 Pfarrverweier an 
der neugegründeten Dioeporogemeinde zu 
Bensheim an der Bergitraße, zugleich an 
dem dortigen Gymnafium befchäftigt, von 
1854—63 Hoffaplan des Grafen zu Er: 
lach-Schönberg in Schönberg, von 1864| 
bis 1873 Pfarrer zu Reichenbach am Fuße 
des Feldbergsund wurde 1873 nad) Frank: 
furt berufen als Leiter eines Kompleres 
von MWohlthätigfeitsanftalten und Per: 
einen im Dienſte der inneren Miſſion. 
‚Seine literarische Thätigfeit begann er während 
feines Aufenthaltes zu Darmftadt als Mitarbeiter 
eines liberal:fonfervativen Blattes „Bolitisch-firdh: 
liche Blätter” (für Einigung Deuiſchlands unter 
der Hegemonie Preußens). Er gab dann 18 Jahre | 
lang das „Heſſiſche Kirchenbfatt” heraus in po: | 
fitivem Sinne, ward betheiligt an dem Streit der 
drei heſſiſchen Generalfuperintendenten mit dem 
Biſchof v. Kettler in Mainz. Er ſchrieb „Evan: 
geliiche Friedensgedanken“ (1868), in den inner: 
firhlichen Verfaftungstämpfen, eine größere Bro: 
ſchüre: „Die Kirchenverbefjerung dur Synodal: 





Schmarda. 


Verfaffung” (1863). Es folgte noch eine Reihe 
größerer und kleinerer Broſchuͤren aus verſchie— 
denen Lebensgebieten: Über die Abnahme des 
Studiums der Theologie (1875), Freiwillige be— 
rufsmäßige Armenpflege, Über Lehrlingshäuſer, 
Die Fürſorge für die konfirmierte weibliche Ju— 
gend des Arbeiterſtandes (1875), Goethes Johi— 
genie nad) ihrem religiös-ſittlichen Gehau (1875), 
Heimatstrieb, Heimweh, Heimgang (1876), Tod 
und Emigfeit in den Liedern der Kirche (1878), 


‚Über Erholung im Licht des Evangeliums (1879), 
| Die Vagabundennot (1879), Welche Pflichten er: 


wachen dem Ehriften aus feinem Beſitz? (1879), 
Bild und Bildung (1880), Die Magdalenenfuche 
(1880, ausgewählt und bearbeitet, 5. Auflage). 
Ein größeres Werkchen: Die Revolution von 1848 
nach perfönlihen Erinnerungen (1833), Gerichtet ! 
Gerettet! Gejchichte einer Magdalene (1886), im 
Jahre 1883 zu Luthers Geburtstag ein Jahrs 
gang Predigten Luthers. Unter dem Titel: 
„Reden im Freien“ erjchien in den Jahren 1880 
bis 1883 eine Sammlung von 55 längeren und 
fürgeren Anſprachen in freier Form auf Jahres: 
feſten von Sleinfinder: und Sonntagsichulen, 
Rettungshäufern, Jünglings- und Gejellenvers 
einen, Bereinen junger Kaufleute, Diakoniffen: 
bäufern, Gejellenherbergen, Marthahäufern, Mag; 
dalenen:Aiylen ꝛc., 1887 in zweiter vermehrter 
Auflage erfchienen. Dazwiſchen eine große Zahl 
von Feitreden innerer und äußerer Miſſion, Firch: 
licher Weihereden, Eleinerer und größerer Aufs 
fäge in Zeitfchriften (Baftoral-theologifche Blätter, 
Ev.sluth. Kirhenzeitung 2c.), Biographien, Hu— 
moriftica im Daheim und Daheim : Kalender ; 
eine Reihe von Auflägen über die Erdbeben 
im Rheingebiet in den Jahren 1870—73 im Bei» 
blatt der Kreuzzeitung. Ein periodiſches liter, 
Unternehmen ift die Herausgabe des „Chriſtlichen 
Bücherſchatzes“, eines illuftr. Weihnachtskatalogs 
mit kritiſchem Jahresbericht über viele im Laufe 
des Jahres erſcheinende Bücher und die „Zeit— 
fragen des chriſtlichen Volkslebens“ in Gemein⸗ 
ſchaft mit Frh. von Ungern-Sternberg. 


Schmarda, Ludwig Karl, geboren 
zu Olmütz am 23. Auguſt 1819, ſiudierte 
zn Wien Naturwiſſenſchaften und Medizin, 
trat 1843 als Oberarzt in die Armee 
und wurde Aifiitent bei der Lehrfanzel 
der Naturgefhichte an der Joſefs-Aka— 
demie. Er madte feine eriten willen: 
Ihaftlihen Reifen an der Adria 1844 
und 1846, um vorzugsweife niedere Sec- 
tiere zu jtudieren. Er ging 1847 als 
Lehrer der Naturgeichichte an die Landes— 
Realſchule nad Graz und hielt aud) Vor: 
lejungen am Soanneum. Er nahm an 


Schmarda. 


der Bewegung 1848 lebhaften Anteil. | 
1850 ging er mit Eubvention der Wiener 
Akademie abermals an die Adria und 
verweilte längere Zeit auf der Inſel 
Lila. In demielben Jahre wurde er 
an die Univerfität Graz berufen, an der 
er das Zoolog. Muſeum gründete. 1852) 
erfolgte jeine Berufung an die Univer: 
fität Prag. 1853 trat er mit feinem | 
Freunde Franz Ritter von Fridau eine | 
längere Reife an. Sie beſuchten Agypten, 
Geylon, wo Sch. in Trincomalie und 
Belligam einen längeren Aufenthalt nahm, 
um die Fauna des indiihen Ozeans zu 
jtudieren. 1854 gingen fie nad dem 
Kap, von wo Fr. nad) Europa zurüd: 
fehrte. Eh. ging nad Auftralien und 
Neufeeland, Ende des Jahres nad Chili, 
und über die ordilleren nad) den Pampas 
von Mendoza, dann längs der Weſtküſte 
von Südamerifa nad) Panama, wo er 
feine Entlaffung aus dem Staatsdienft 
wegen feiner Beteiligung an den 48er 
Ereigniffen fand. Er ging nad) Jamaika, 
wo er fi mit der Erforihung der Sauna 
des Antillen-Meeres befchäftigte. 1855 
reilte er über Panama zurüd an die 
Weftküjte Südamerikas zu längerem Auf: 
enthalt in Paita. 1856 ging er von 
Guayaquil nah Ecuador, über Quito nad 
Columbien, im Sommer nad) Nicaragua, 
im Herbſt nad den Vereinigten Staaten | 
und Kanada, 1856 nad) Kuba, von wo er | 
1857 in Wien eintraf. Die folgenden Jahre | 
brachte er in Berlin, Paris und auf den 
Befigungen jeines Freundes Fridau zu 
und bearbeitete das Material feiner 
Reifen. 1862 wurde er bei der Wieder: 
fehr Eonftitutioneller Zuftände vom Mi— 
nilterium Schmerling als Profeſſor der 
Zoologie an die Univerfität Wien berufen. 
1863—65 madte er im Auftrage des 
Darine-Dinifteriums wiederholte Reifen 
zur Hebung und Regelung der Seefilcherei. 
1867 wurde er forrefpondierendes, 
1870 wirflides Mitglied der Akademie 
der Wiſſenſchaften. 








558 


Tierreich Schmardea (Diefing), 


1868 unternahm er | 
im Auftrage des AderbausDtinifters eine | 


Schmid. 


Reife an die Küften von Frankreich. 
1883 trat er in Benfion mit dem Cha: 
rafter eines Hofrates. 1884, 1886 und 
1887 bereijte er die Yänder am meftlichen 
Mittelmeer, vorzugsweife Spanien, Tunis 
und Algerien. 

Seine Arbeiten erjtreden ſich vorzüglich über 
die wirbellojen Tiere, einige über große Gebiete 
des Tierreiches, über Tierpfychologie, Geogra« 
phiſche Verbreitung der Tiere, Bedeutung der 
Tiere für die Volkswiriſchaft, Agritultur der 
Tropenlande, anthropologiiche Fragen u. a. Die 
Publifation erfolgte in befonderen Werfen, teils 
in wiſſenſchaftlichen periodifchen Schriften, fo in 
den Drudichriften der Wiener Akademie, dem 
Geogr. Jahrbuch ꝛc. Unter feinen bedeutenden 
Leiltungen erwähnen wir: Inſtinkt der Tiere 
(1843), Verbreitung der mwirbellofen Tiere im 
adriatiihen Meere. Einfluß des Lichtes auf die 
Infuforien (1845), Kleine Beiträge zur Naturges 
Ihichte der Infuforien (1846), Aus dem Seelens 
leben der Thiere (1846), Die Infuforienfaung 
des adriatilchen Meeres (1847), Erotifhe Fiſche 
im adriatiihen Meere (1847), Neue Formen 
von Infuforien, Denkſchr. (1849), Zur Natur: 
geichichte der Adria (1850), Grundzüge der Zoo ⸗ 
logie (1853, ital, Überf. 1864), Die geographiſche 
Verbreitung der Tiere (1853), Zur Naturgeichichte 
Agyptens (1854), Neue wirbellofe Tiere, beobachtet 
auf der Reile um die Erde (1859—61), Reife 
um die Erde (1861), Oſterreichs SKriegäflotte 
(Anonym 1862), Die Kultur des Meeres in 
Frankreich (1869), Zoologie (1871, mit Zluitr., 
2. Aufl. 1876). Nah Schm. find benannt: Das 
Kap Schmarda auf Franz Joſefs Land, aus dem 
Pflanzenreih Schmardaea (SKariten), aus dem 
Schmardia 
(Quatrefages), Schmardanella (Mac Intosh). 


Schmid, Caroline (Erwin Steinau), 
geboren am 14. Novbr. 1855 zu Prep- 
burg in Ungarn, lebt jeit 1873 in Wien, 
veröffentlichte bisher Gedichte, Feuille 
tons, Novellen und iteraturfritifen in Zeit: 
Ihriften, befonders in Freie ſchleſiſche Preſſe, 
Mähriih:Schlefiiher Lloyd, Deutſches Dichter: 
beim, Mappe, Wiener illuftriertes Journal, Wiener 
Hausfrauen: Zeitung ꝛc. 

Schmid, Rudolf, wurde am 17. Ja: 
nuar 1828 zu Altenftein im mwürttemb. 
Schwarzwald als Sohn des dort jegens- 
reich wirkenden Pfarrers geboren. Er be 
ſuchte die Lateinichule zu Marburg, dar: 
auf das evang.stheol. Seminar zu Blaues 
beuren und bezog 1845 die Univerfität 


Schmid. > 
Tübingen und zwar ebenfalls als Semi- 
narift, als Genofle des „Stifts“. Im 
den erften Jahren gab er fich ganz philo- 
ſophiſchen Studien hin, als aber die Theo: 
logie, die doch fein Leben erfüllen jollte, 
ihr Recht verlangte, da famen die Sturm» 
jahre 1847, 48 und 49 und madten der 
konzentrierten Arbeit ein Ende. Sie riffen 
die afademiiche Jugend mit ſich fort, auch 
©. fonnte fich ihrem Andrange nicht ent: 
ziehen. Mit den andern zog er Gerns— 
bad), dem Herd des badischen Aufitandes, 
zu. Der ruhigere Bater aber holte ſich 
den jugendlihen „Schwärmer” heim und 
verſchaffte ihm eine beicheidene Stelle als 
Hauslehrer in Oberfchwaben. 1851 wurde 
©. Vifar bei Dekan Fiicher in Calw, 1852 
Repetant am Seminar zu Maulbronn und 
1854 Erzieher beim ichottiichen Herzog 
von Argyll; in diefer Stellung blieb er 
vier glüdliche Jahre voll reicher Anregung. 
Endlich trieb es ihn doch, feinem inneren 
MWefen nad, ins deutiche Pfarramt zurüd. 
Am Jahre 1861 erfolgte dann die defini- 
tive Anftellung als Stadtpfarrer zu Heil: 


bronn, wo er bald auch mit einer Tod: | 


ter des Obermedizinalrats v. Köftlin fich 
zu gefegneter Ehe verband. 1868 wurde 
©. die Stadtpfarritelle in Friedrichshafen 
am Bodenjee, 1878 das Defanat in 
Schwäb. Hall und 1882 das Ephorat in 
Schönthal übertragen, wo er nod) jetzt er: 
folgreih wirft. Neben feiner jeelforge: 
rischen Thätigfeit ſchafft S. auch mit wohl: 
verdientem Glück als Schriftiteller. 


559 








Schmieden. 


biblifhe Schöpfungsbericht (1875); daneben Ar: 
tifel und Rezenſionen in Zeitſchriften (ſpez. firch- 
lien). 

Schmieden, Elje (E. Junder), wurde 
am 6. November 1841 zu Berlin geboren 
und verlebte den größten Teil ihrer Kind» 
beit auf dem in der Ufermarf gelegenen 
Rittergute ihres Vaters, Dr. Kobert. Den 
Abſchluß ihrer Erziehung erhielt fie in 
Berlin. Bereits im Alter von neunzehn 
Jahren verheiratete fie fi mit dem da— 
maligen Gerichtsaſſeſſor Schmieden, der 
gegenwärtig als Kammergerichtsrat in Ber: 
lin angejtellt it. Seit ihrer frühen Jugend 
von dem Drange bejeelt, innerlich Erlebs 
tes in Bildern auszugeftalten, veröffent: 
lichte Schon die junge Frau einige Novellen, 
aber erjt im Jahre 1877 erjchien ihr erfter Ro— 
man „Lebensrätſel“. Ihr zweiter Roman „Schleier 
der Maja” fam 1882, ihr dritter „Werner Eltze“ 
1887 heraus. Dazwiſchen wurden zwei einbändige 
Erzählungen, „Höhere Harmonie“ (1884), „Ihr 
Roman” (1885), veröffentliht. Cine Novellen» 
fammlung unter dem Titel „Im Zenith” war 
ſchon 1879 erſchienen. Die meilten diejer 
Werke verdienen und fanden einen großen 
und dankbaren Lejerfreis. Unjtreitig ges 
hört die Verfafferin zu unferen begabtejten 
Echriftjtellerinnen, vermöge ihres unge— 
wöhnlich feinen pſychologiſchen Verſtänd— 
niſſes über die große Mehrzahl ihrer 


ſchreibenden Schweitern hinausragend. 


Schmidt, Amelie Charlotte, wurde 
am 31. Dezember 1861 zu Wien als die 
Tochter eines f. k. Poſtkaſſiers geboren 


und genoß als einziges Kind ihrer Eltern 


Meift wandte er ſich dem ihm zunächſt liegen: | eine jorgfältige Erziehung, zumal diejelben 


den Gebiete der Theologie zu. Aber auch die 
Naturwifienichaft, die in fo nahe Berührung mit 
der Gottesgelahrheit tritt, und deren Studium 
S. mit befonderer Vorliebe fich ſtets hingegeben 
hatte, beichäftigte feine Feder. Es erfüllte ihn 
mit Schmerz, daß ein immer neu ausbrechender 
Krieg zwilchen den Vertretern der Religion und 
denen der Naturwiſſenſchaft berriht. So fchrieb 


er feine trefflihe Abhandlung „Theologie und | 
Naturwiſſenſchaft“ (1871), ferner: Die Darwin: | 


ſchen Theorien und ihre Stellung zur Philoſophie, 
Religion und Moral (1876, ins Englifche über: 
ſetzt 1883), eine Schrift, die ſelbſt dem Anders: 
denfenden als bedeutend erfcheinen muß. Außer: 
dem heben wir hervor: Der geologiihe und der 


den Wunsch hegten, ihre Tochter zur Er: 
zieherin, vorzüglid zur Spradlehrerin, 
auszubilden, in welchem Fach fi) das 
junge Mädchen aud) einer Staatsprüfung 
unterzog. Aber ihr Streben ging weiter; 
fie hatte die Bühne als die Verwirklichung 
alles Hohen und Schönen zum Vorbilde. 
Nah hartem Kampf mit den Vorurteilen 
ihrer Familie gelang es ihr, trefflichen 
Unterricht bei dem Hofichaufpieler Baus 
meijter zu erhalten, der ihrem Talente 
für das tragiiche Fach eine ſchöne Zukunft 


Schmidt. — 
verhieß. Jedoch Erziehung und Anſichten 
vertrugen ſich ſchlecht mit der erwählten 
Laufbahn, die der jungen Anfängerin alle 
ihre Schatten zeigte. Sie verließ die 
Bühne und kehrte zur ehemaligen Be— 
ſtimmung, zum Lehrberufe, zurück. Geiſtig 
geklärt und gereift, nahm ſie die ſchon 
früher geübte Feder wieder auf und ſchrieb 
kleinere und größere Novellen, die den 
Stempel der Lebenswahrheit trugen, und 
zahlreiche Iyriiche Gedichte, von denen das 
jtimmungsvolle Chriſtusbild ihren Namen 
in weiteren Kreilen befannt machte durd 
die zarte Kompofition der Gräfin Buttler- 
Stubenberg (j. d.). 


Schmidt, Carl Eugen, wurde am 
29. DOftober 1865 zu Prekburg in Un: 


garn geboren, woſelbſt jein Water der 


Inhaber einer bekannten (vom Großvater 
gegründeten) Klavierfabrif war, in der 
Künitler wie Hummel, Thalberg, Liszt, 
Jaell, Diarichner, Clara Shumann: Wied, 
Rubinſtein u. A. verkehrten. Am Kreiſe 
einer durch ſolche Einflüfje geläuterten Fa— 
milie wuchs der ſchwächliche Knabe heran, 
in dem hauptſächlich das rege muſikaliſche 
Yeben des Vaterhaufes ein lebhaftes In— 
terefje für Schönheit und Kunſt ermwedte. 
Seinen Unterridt genoß er anfänglid) 
zu Haufe, dann an der prot. Volksichule, 
jpäter am prot. Lyceum zu Preßburg. 
Nah erlangter Neife bezog er die Uni: 


verfität Wien, um ſich dem Studium der 


Philoſophie und Literatur zu widmen, 
aber jhon 1885 vertaufchte er nad) viel- 


fahen Kämpfen und Zweifeln die philo: 


ſophiſche Laufbahn mit der theologischen 
und jeßte deıngemäh feine Studien an 
der evang.ztheol. Fakultät zu Prekburg 
fort, wojelbit er, —— von kleineren 
Reiſen, noch jetzt lebt. 

Außer kleineren Gedichten und proſaiſchen Auf— 


ſätzen, die in Zeitungen erſchienen, veröffentlichte | 6 


Sch. das Liederbuch „Auf dunklen Pfaden“ 
1855). 

Schmidt, Erih, als ein Sohn des 
(7) berühmten Zoologen Eduard Osfar 
Schm. zu Jena am 20. Juni 1853 ge 


560 











— Schmidt. 

boren, beſuchte die Muſterſchule in Schul— 
pforta und die Univerſitäten Graz, Jena 
und Straßburg als Philologe (1871 bis 
1874). Nachdem er 1874 zum Doftor 
promoviert worden, habilitierte er ſich 
1875 als Privatdozent in Würzburg, 


wurde 1877 außerordentl. Profeſſor in 


Straßburg und 1880 ord. Profeſſor in 
Wien. Im Jahre 1885 folgte er einem 
Rufe als Direktor des Gocthe-Arhivs 
nad Weimar. Bon feinen jehr verdienit- 
lien Schriften heben wir hervor: 

Reimar von Hagenau und Hemrid) von Runge 
(1874), Richardſon Rouffeau und Goethe (1875), 
Wagner (1879), Lenz und Klinger (1879), Beis 
träge zur Kenntnis der Klopitodihen Jugendlyrik 
(1880), Leſſing (1883). 

Schmidt, Ferdinand, wurde am 2. 
Oftober 1816 in Frankfurt a. D. geboren 
und ermwählte ſich den Lehrerberuf zur 
Lebensbahn. Nachdem er das Lehrer: 
jeminar zu Neuzelle abjolviert hatte, fand 
er eine Anjtellung als Kommunallehrer 
in Berlin. Neben feiner Lehrthätigfeit 
widmete fih Sc. der Schriftitellerei und 
zwar mit ſolchem Erfolge, daß er heute 
als einer unferer beliebtejten Volks: und 
Jugendicpriftiteller genannt wird. Bes 


sonders als Biograph hiſtoriſcher Per— 


ſönlichkeiten hat ſich Sch. hohe Verdienſte 
erworben, ja er iſt auf dieſem Gebiete 
für die Bildung der Jugend als einzig 
daſtehend und faſt unübertroffen anzuer— 
kennen. Von den ſelbſtändig erſchienenen 
Werken des Verfaſſers heben wir beſon— 
ders hervor: 

Frauengeſtalten in der Sage, Jugendbibliothek 
(38 Bände), Preußiſche Geſchichte in Wort und 
Bild, Volkserzählungen (2. Aufl.), Volkserzäh—⸗ 
lungen und Schilderungen aus dem Berliner 
Bolksleben, Weltgeihichte für Schule und Haus 
(4. Auftl.), PBatriotiihe Erzählungen (12 Bände, 
2. Aufl.) 

Schmidt, Friedrich von, wurde am 

. März 1535 zu Berlin geboren als der 
Sohn eines Offiziers, der ihn früh ſchon 
für den eigenen Beruf bejtimmte, leider 
aber verjtarb, che er den Knaben verſor— 
gen fonnte. Diejer wurde nun von feis 


nem Großvater mütterlicherjeits auf die 


Schmidt. — 561 — Schmidt. 


Schule und danad) in die Kadettenanitalt | gefchriebene theologische Eramen in Preußen 
zu Bensberg bei Köln a. Rh. gegeben. Ein|ab und nahm einen ehrenvollen Ruf als 
Jahr ipäteraber mußte Friedrich die Anſtalt Divifionspfarrer in Danzig an. Diefes 
verlaffen,daerfürdengemwählten Berufnicht | Amt verwaltete er bis zum Jahre 1878 
fräftig genug erſchien. Er wurde num wies | auf das jegensreichite, dann trat er in 
ber feiner Mutter, die fi) inzwiichen zum | den Ruheſtand und lebt ſeitdem in Mün— 
zweiten Male vermählte, zugeihidt. Der | chen, ausichließlich literarifchen Arbeiten 
Stiefvater, fonft ein tüchtiger und recht ſich hingebend. 

ſchaffener Mann, ſetzte es fich in den. Kopf, z ift * ſeinem 22. el ſchriftſtelleriſch 
aus Friedrich einen Landmann zu machen, then "Dance heit en 
teogdem derſelbe nicht die geringite Luft | rs“ Literarhiftorifer bervorzutreten, nachdem er 
und Anlage zu dem Beruf fühlte. Erft, durch jahrelange Studien fich hierzu vorbereitet. 
nachdem der Jüngling die beiten Jugend: | a no das * G. K. Pfeffels, Aler. 
jahre durch dieſe Hartnädigfeit eingebüßt Me AR Su — 
hatte und nun, 23 Jahre alt, immer noch Feucterstebens, Annette d Drofte:Hülshoffs sc.: 
vor dem „Nichts“ jtand, gab der Stief- | außerdem eine Reihe, meift biographifcher Arbeis 
vater dem Herzenswunjche des ihm bis | ven ln — —— eb 

i a u .\&. eine 9 aus Luther 

dahin Gehorſamen nach: er dürfe Theo⸗ veröffentlichte, die namentlich in —— Brit 
logie ſtudieren. Aber das war leichter sen außerordentlichen Beifall gefunden hat, wäh. 
gejagt, als gethan. Zwar hatte v. ©. rend oben genannte Schriften für weitere Kreife 
feine Mußeſtunden redlid) zum Selbjt: | gedaht find und ihren Erfolg mit Recht ver» 
unterricht benußt, aber eine deutjche Uni: dienen. 

verfität vermochte er ſich nicht zu öffnen.) Schmidt, Friedrich Oskar Emil, wurde 
So wanderte er auf den Rat eines Freun: am 7. Oftober 1846 zu Dalbingen in 
des nad) Amerifa aus, wurde auf Grund | Kurland als der Sohn eines Handwerfers 
eines Empfehlungsbriefes des Miſſions- |geboren, bejuchte die Real-Kreisſchule zu 
inſpektors Dr. Fabri in das theologiiche | Mitau, darauf das klaſſiſche Gymnaſium, 
Seminar zu Gettysburg in Penſylvanien das er verlieh, um zu einem Apotheker 
aufgenommen und nach Ablegung des Era: in Bausfe in die Lehre zu treten. 1867 
mens in Die Pfarreizu Therefa (Wisconfin) | abjolvierte er in Dorpat das Apotheker: 
eingejegt. Nad) Verlauf von faſt 2 Jah- gehilfeneramen und trat im felben Jahre 
ren fühlte ſich der junge PBajtor aus Ges | in Wendau (Livland) feine erfte Stellung 
wiſſensgründen veranlaßt, zur anglika- an, die er jedoch bald darauf mit einer 
nischen Kirche überzutreten. Der Bijchof | anderen vertaufchte. 1868 gelang es ihm, 
feiner Diözeje hieß ihn willfommen, ließ | gegen Übernahme der Volontärftellung in 
ihn noch 6 Monat zu Najchotad) am | der fliniichen Apotheke zu Dorpat als Stu— 
Michigan-See ftudieren, weihte ihn 1862 | dent der Pharmazie immmatrifuliert zu 
zum Prieſter und ernannte ihn dann | werden; allein ſchon nad) Jahresfrift fah 
zum Pfarrer der Chriſtus-Kirche zu Mil- er ſich veranlaft, feine pharmazeutifchen 
waufee. Das dort gefundene ruhige Studien aufzugeben und einen anderen 
Glück (er Hatte ſich auch 1860 bereits | Beruf zu ergreifen; er entſchied ſich für 
mit dem Mädchen jeiner Wahl verbuns den lehramtlichen und trat eine fich bie: 
den) wurde 1864 gejtört. Er jollte zum | tende Hauslehreritelle an. 1870 beftand 
Soldaten geprekt werden, entfam aber in er die Hauslehrerprüfung. 1871 gab er 
feine Heimat nad) Deutihland. Mehrere | feine Stellung auf, zog wieder nad) Dor— 
Fahre diente er dann als Guratus in pat, hörte jegt mathematiiche und päda— 
England, fehrte aber jhliehlic dauernd | gogiſche Vorlejungen und erlangte 1872 
nah Deutihland zurüd, legte das vor: nad abgelegter Brüfung das Kreislehrer: 


Das literariſche Deutſchland. 36 











Schmidt. 
diplom in ben hiſtoriſchen Fächern. Er 
ging nach Riga, beichäftigte ſich 
als Hilfslehrer an einer Privatanſtalt und 
erwarb durch ein neues Examen die Be 
rechtigung zum Unterricht in den mathe: 
matischen Fächern. 1873 wurde er zum | 
wiſſenſchaftlichen Lehrer an ber höheren 
Kreisihule in Hemfal und im folgenden 
Jahre zum Inſpektor derſelben Anſtalt er— 
nannt. 1876 wurde er zum wiſſenſchaft⸗ 
lichen Lehrer am Arensburger Gymnaſium 
in Oeſel erwählt und hatte daſelbſt latei- 
niſchen und deutſchen Sprachunterricht zu 
geben. 1879 übertrug man ihm das 
Bauskeſche Schulinſpeltorat. Eine mäßige 
Stundenzahl in den mathematiſchen Fächern 
geſtattete neben den Kanzleiarbeiten, die 
ſchon immer mit Vorliebe betriebene Be: 
ihäftigung mit mathematijchen, natur: 
wiſſenſchafllichen und gelegentlid auch 
archäologiſchen Studien, zu wel’ letzte— 
ren die an Altertümern reiche, hiſtoriſch 
denkwürdige Umgebung von Bausfe an— 
regte. Auf Veranlafiung der meteorol. 
Abteilung der St. Petersburger Akademie 
errichtete S. 1882 bei den Schulen eine 
meteorologiiche Station. Von den zahl: 
reihen Arbeiten S.'s heben wir außer 
vermifchten Heinen Aufiägen und Abhand: 
lungen über mathematiihe und natur: 
wiſſenſchaftliche Gegenftände nur die im 
Drud erihienenen hervor: 

Repetitorium der Planimetrie und Stereome: 
trie (1881), Handbuch zur Diskuffion von Kurs 
ven und Oberflächen (1881), 229 planimetrijche 
Aufgaben nebit hinzug. Refultaten (1881), Pro: 
pädeutif zur Planimetrie und Stereometrie (1882), 
der Arithmetit und Buchſtabenrechnung 
Bearbeitung der in Bausfe (1883), Tem: 
peraturmittel für Mitau nach den Beobadtungen 
von Pauder (1883), TIemperaturmittel und Wind: 
richtung nach den Fuchsſchen Beobadhtungen 1850 | 
bis 1880 berechnet, Statiftiiche Daten über Bausfe, 
Chronologiiches Regiſter der Baustefchen Kreis: 
ſchulen 1806-1880 nebit Perfonalnotizen, Wan—⸗ 
derungen und Wandelungen (1886), Beichreibung 
der Aufdeckung eines altgermanifchen Leichenfeldes 
an der Memel oberhalb Bauske und Angabe der 
gefundenen Bronze: und Eifen:Altertümer (1886). 


Schmidt, Johannes Friedr. Heinr., 
geb. am 29. Juli 1843 in Prenzlau als | 


Lehrbuch 
(1882), 





562 


Schmidt. 
Sohn des Gymnafialoberlehrers Edmund 


daſelbſt S., nah der Eltern frühem Tode jeit 


1852 im Haufe feines Oheims, K. €. A. 
Schmidt (Gymnafialprofeffor) zu Stettin 
erzogen, ftudierte feit 1861 in Bonn, 
Jena, Berlin, habilitierte fih 1868 im 
Bonn für indogermaniihe Sprachwiſſen⸗ 
ichaft, ward 1873 zum auferord. Pro⸗ 
feſſor diefes Faches in Bonn, im Herbit 
defielben Jahres zum ord. Profeſſor in 
Graz ernannt, 1876 an die Berliner 
Univerfität berufen, 1884 zum Mitgliede 
der kgl. preuß. Akademie der Wiſſenſchaf⸗ 
” —— * 

auptſchriften: Zur icht indogerma⸗ 
— Steam ———— Verwandt» 

aftöverbältnifle der indo 

(1872), Die Riurofbildung der ——— 
—— ag a — 
zahlreiche andlungen in der 
gleichende — * hend, — 
1875 angehört. 


Schmidt, Zojef (Em. Marius), wurde 
am 17. Aug. 1826 in Baltic, einem Städt 
chen in Böhmen, wo fein Vater Wundarzt 
war,geboren. Nach Abfolvierungdes Gym- 
nafiums im Jahre 1845 in Eaaz ftubierie 
derfelbe zwei Jahre Philofophie, hierauf 
zwei Jahre römiſch-katholiſche Theologie, 
teils im Prager, teils im Xeitmeriger 
PBriefterfeminar, fand aber feine Befries 
digung an den ftrengen Dogmen und ſagte 
deshalb diefer Theologie ein Lebewohl, um 
fi) dem Studium der Medizin zu widmen. 
Nachdem er im Jahre 1855 an der Pra- 
ger Univerfität zum Doktor der Medizin 
promoviert worden war, trat er als k. f. 
Oberarzt bei der Armee ein, war hierauf 
k. £. Srrenarzt in der Prager Jrrenanitalt 
und ließ ſich endlich als praktiſcher Arzt 
und Homdopath 1856 in Warnsdorf nies 
der. 1861 trat er aus dem Verbande 
der römifchstatholiichen Kirche aus und 
zur evangelifhen Kirche über. 

Im Jahre 1879 vollendete er ein von umfaf- 
ſender Gelehrfamkeit und origineller Denkerfraft 
zeugendes Wert, an welchem er über 20 Jahre 
gearbeitet hatte, und lich es unter nachfolgendem 
Titel druden: „Die Perfönlichkeit Jeſu Chrifti 
mit befonderer Rüdficht auf die Mythologien und 


Schmidt. 


die Myjterien der alten Völker” (2 Aufl.). Haupt« 
igegenjtand feiner literariichen Thätigfeit ift: Theo; 
ogie, Philofophie und Mythologie. 


Schmidt, Karl Wilhelm, ift geboren 
den 18. Juli 1842 zu Birkenfeld an der 
Nahe, war jhon als Kind viel von der 
Heimat weg und verließ diefelbe im Jahre 
1853 definitiv. An den Gymnaſien von 
Kreuznach, Zweibrüden, Heidelberg und 
Speier vorgebildet, bejuchte er 1862 die 
Univerfität Halle, 1865—1865 die Uni: 
verfität Berlin und fiedelte im leßteren 


Jahre zur Vollendung feiner Studien nad; | burg be 
 Univerfität wirkſam. 


München über, wo er mit Ausnahme ver: 
ſchiedener Reijen blieb. Er wurde 1874 
um II. Sonjervator am fönigl. Kupfer: 
fichtabinet und Mitglied der Galeriekom— 
miffion und 1885 zum Borjtande des 
Kabinets ernannt. Er ift befonders als 
Kenner der vervielfältigenden Künſte und 
der deutſchen und niederländifchen Ma— 
lerei bedeutend und hat fein Hauptaugen- 
merf darauf gerichtet, die harafteriftifchen 
Verſchiedenheiten der einzelnen Meifter ꝛc. 
zu erkennen. 

S. war längere Jahre, zum Teil ald Gejamt: 
redafteur, an Meyers Neuem Künftlerleriton thä» 
tig und Hat herausgegeben: A. Broumwer (1873), 
Interefiante Formſchnitte des 15. Jahrhunderts 
(1885), Handzeihnungen alter Meifter (1886 ff.), 
Die Kupferftihintunabeln des Münchener Kabi: 


net (1887), Zur Geſchichte des früheften Kupfer: | 


ftihes (in Band X. des Kepertoriums für Kunſt— 
wiſſenſchaft). Auch hat er Gedichte in verſchiede⸗ 
nen Beitfchriften veröffentlicht. 


Schmidt, Leopold Valentin, geboren 
am 29. Mai 1824 zu Berlin, jtudierte 
1842—43 unter ©. Hermann und M. 
Haupt in Leipzig und 1843—46 unter 
Welder und Ritſchl in Bonn, wo ihn außer 
den philologiſchen Vorträgen feiner beiden 
genannten Speziallehrer die hiftorifch-poli- 
tiihen Dahlmanns mächtig anzogen, und 
legte, nachdem er hier die philojophifche 


563 — 


ſiallehrers (1882). 





Doktorwürde erworben hatte, feine Stu: | 
dien nod) bis 1847 unter Gerhard und | 


Immanuel Bekker in Berlin fort. So: 
dann habilitierte er fih als Privatdozent 
bei der philof. Fakultät der Bonner Uni- 


Schmidt, 


verfität und verblieb zehn Jahre lang in 
diefer Stellung, jedod nicht ohne feine 
afademijche Thätigkeit zweimal durch län- 
gere wiljenfchaftliche Reifen nach Rom, an 
welchem. Orte er fih im Anfchluß an Emil 
Braun, Wilhelm Henzen und Heinrich 
Brunn insbefondere archäologischen Stu: 
dien widmete, und dem übrigen Italien 
zu unterbreden; 1857 wurde er zum 
außerord. Profeffor der klaſſiſchen Philo— 
logie in Bonn ernannt, 1863 als ord. 
Profeſſor derfelben Wifjenfchaft nad Mar⸗ 
burg berufen und ift feitdem an legterer 


Hauptichriften: Pindars Leben und Dichtung 
(1862), Die Ethit der alten Griechen (1882), 
Das akademische Studium des fünftigen Gymna⸗ 
| Außerdem find als Früchte feiner 
Beihäftigung mit dem ſpaniſchen Drama die von 
ihm veranjtaltete Herausgabe des nachgelaſſenen 
Werkes Friedr. Wilh. Val. Schmidis über Cai— 
deron (die Schauſpiele Calderons, dargeſtellt und 
erläutert 1857), und feine Schrift „Über die vier 
bedeutendften Dramatifer der Spanier” ( 1858) zu 
erwähnen. 

Schmidt, Marimilian, ift zu Eſchlkam 
im Bayriſchen Walde am 25. Februar 1832 
als der Sohn eines höheren Zollbeamten ges 
boren. Seine erjte Erziehung war eine fehr 
forgfältige, befonders von der reichgebilde: 
ten und gemütvollen Dtutter geleitete, die 
früh den poetischen Sinn des Knaben zu 
weden wußte undesgernlitt, daß der junge 
Parnaßbote feine Seele in Gedichten jeg⸗ 
licher Art ausgoß. Bald ging der junge 
Muſenſohn denn zum Drama über, und 
jeine Stüde wurden mit großem Erfolg 
von ihm jelbjt und feinen Kameraden auf: 
geführt. Er befuchte die Schulen in 
Dietten, Paſſau und Hof und beabfich- 
tigte, fih dem Ingenieurfache ju widmen. 
Diefen Plan gab er jedoch nad zwei⸗ 
jährigem Beſuch des Polytechnikums in 
Münden auf und wurde Soldat. Gr 
trat 1850 als Freiwilliger in die Armee, 
wurde 1853 zum Offizier befördert und 
avanzierte bis zum Hauptmann, als 
welcher er, wegen jeiner in Folge der Feld⸗ 
zugsitrapazen geſchwächten Geſundheit, 
1873 ſeinen Abſchied erbat und erhielt. 


36* 


Schmibdt-Cabanis. 


Seit 1884 führt er den ihm von feinem Kö— 
nige verliehenen Hofratstitel, in München 
wohnhaft. Was einjt der Anabe den 
Diufen verjproden, das hat der Dann 
gehalten. Speziell der bayriihe Wald 
und das bayriiche Hochland find es, Die 
er poetiſch zu verherrlihen wußte, wie 
kaum ein anderer Dichter, und für die 
er gleihfam in Nord und Weit, in Süd 
und Dft viele Taufende von Herzen warb. 
Seite um Eeite jhlug er in der Seele 
feiner Landsleute auf und bannte dieſe 
jeltfamen, eifenfejten und goldtreuen Dien- 
ſchen vor uns Hin in plaftifcher Klarheit, | 
wie fie uns in jeder feiner Schöpfungen | 
entgegentreten. 

Bon diefen heben wir hervor: Das Fräulein 
von ichtenegg (1863), Der lateiniihe Bauer 
(1863), Die Ehriftfindlfingerin (1863), Birgitta 
(1867), Glasmacherlleut (1860), Unter dem 
roten Kreuz (1879), Das zehnte Gebot (1879), 
Der Schuggeiit von Oberammergau (1880), Jo- 
hannisnacht (1880), Der Leonhardsritt (1881), 
Die Feldherrnhalle (1881), Der vergangene Ru: 
ditor (1881), 's Almftummer! (1881), Die Mie: | 
ſenbacher (1881), Knappenliest (1882), Der 
Georgithaler (1383), Der DerrgottSmantel(1882), 
Die Schwanjungfrau (1882), Der goldne Sams: 
tag (1883), Der Blinde von Slunterweg (1583), 
Der Bärenritter (1883), Die wilde Braut (1884), 
Ter Scherzelgeiger (1884), Der Trankelſimmet 
(1884), Der Zuggeiſt (1885), Im Wetterſtein 
(1885), Die Kranziflechterin (1855), Die Amei: ; 
ſenhere (1886), Der Muſikant von Tegerniec | 
(1886), Altbayriich (1886), Der weiße Sonntag 
(1886), 's Kiferl vom Ammerfee ( 1887) die Büh- 
nenftüde: Die Verlobung im Arreit (Luſtſp.), Der 
Radettenftreich (Singip ), Die Johannisnacht 
(Schaufp.), Der Knopf im Sacktuch (Luſiſp.), 
Raſch gefreit (Lſtſp.), Die Georgithaler, Der Lo: 





564 


Schmidt⸗Cabanis. 


dem Beſuch der kgl. Realſchule ſeiner 
Vaterſtadt, ſowie des Gymnaſiums zu 
Deſſau und des Berliner Friedrich-Wil— 
helms⸗Gymnaſiums, erlernte er den Buch» 
handel, hörte dann literarhiftorifhe Vor: 
lefungen und ging 1860 — nad) einjähri- 
gem vorbereitenden Unterricht bei Guftav 
Berndal — zur Bühne über, an ber er 
(zu Köln, Roftod 2c.) als Charakterdar: 
Iteller wirkte. Fünf Jahre fpäter traf 
ihn eine Lähmung des rechten Armes, und 
er begann zu diejer Zeit auf dem Kranken 
lager, oft von furdtbaren Schmerzen ges 
peinigt, feine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit 
auf humoriftiihem Gebiet — zunächſt für 
die „liegenden Blätter“ unddie „Berliner 
Montagszeitung““. Geneſen, kehrte er 
1866 ans Roſtocker Stadttheater zurüd, 
gehörte dann kurze Zeit der Dteininger 
Hofbühne an, und entiagte, als fich 1867 
ein heftiger Rückfall feines Leidens cine 
ftellte, der Schaufpielerlaufbahn endgültig. 
Bis 1869 in der Nedaftion der Damen: 
zeitung „Viktoria“ in Berlin thätig, ges 
jellte er jih nun als Mitarbeiter der 


„Berliner Montagszeitung‘ bei, wurde 


1571 deren verantwortlider Redakteur 
und führte das Blatt nad) dem Tode 
Glaßbrenners jelbjtändig weiter. Nach— 
dem jeine liberale politische Überzeugung 
ihn bereits mehrfach in Preßprozeſſe ver: 
wicelt, die jedoch alle mit der Freiſprechung 
des Angeklagten endeten, wurde S.:E. 
1884 auf Grund einer fatiriihen Theater: 
fritit zu ſieben Tagen Haft verurteilt. 


der von Boariſchgeib. Die Miefenbacher, Der, Bald nach feiner Haftentlafjung wurde 
Vauernfönig (oberbayr. Volfsit.), Gefammelte SE. von einem Herz: und Nervenleiden 
Werke (1554). befallen, das erft jeit 1887 langiam zu 
weichen begann. Schmidt: Cabanis zeichnet 

Schmidt-Cabanis, Otto Nichard, ſich nicht allein durch die Feinheit und 
geboren am 22. Juni 1838 zu Berlin Liebenswürdigfeit feines Witzes, der ftets 
als Sohn des fal. Kanzleirates am Finanz- echt und ſchlagend, aus, jondern er ragt 
miniſterium, Karl Schmidt. Seine Mutter durch eine ſeltene Formvollendung ſeiner 
eutſtammte der durch Willibald Alexis' Schöpfungen über die Mehrzahl unſerer 
gleichnamigen Roman bekannt gewordenen Poeten hinaus; ſelbſt ſeine rein politi— 
Emigranten-Familie Cabanis, welchen ſchen Gedichte, bei anderen oft nur zu 
Namen S.C., der „individuelleren Fär- ſchlechte Eintagsfliegen, entbehren fait nie— 
bung“ halber, dem ſeinen hinzufügte. Nach mals der dieſem Autor eigenen Grazie, 


— — * 


Schmidt: Weißenfels. 


bie bei Iyriichen Arbeiten mit zarter Ge: 


fühlsinnigfeit fi paart. 

Hauptwerke: Verftimmte Akkorde, zum Beten 
einer Klein⸗Dichter⸗Bewahranſtalt geleufzt (hum.⸗ 
fatir. Geb. 1868), Nur aus Liebe (Poſſ. 1870), 
Hepp⸗hepp oder Die Meifterfinger v. Nürnberg 
(Bar. 1872), Irren ift menichlich (Zuftip. 1873), 
Allerlei Humore (Nov., 2. Aufl. 1876), Veilchen 
und Meerrettig (Nov. u. Hum. 1876, 3. Aufl. 
1879), Buntes Nichts (1876), Wenn Frauen 
läheln (humor. Nov., 2. Aufl. 1877), Der große 
Strummelpeter für Kinder von 17—77 Jahren 
(iluftr. von Ehrentraut, 1878), Ein luftig Todten: 
tänzlein (Bilderzyfl. von D. Coppieters, Tert von 
N. S.C. 1879), Was die Spottdroffel pfiff! 
(humor.sjatir. Zeitged., 3. Aufl. 1880), Adolf 
Glaßbrenner (Biogr. 1880), Wechſelnde Lichter 
(Ged. 1881), Allerlei nette Pflanzen (Kinderb., 
illuftr. von Lothar Meggendorfer 1882, 2. Aufl. 
1883), Potbhiafalender (1882), Die Jungfernrede 
(tragisf. Reihsmwahlgeih. (ill. v. H. Scherenberg 
1883, 5. Aufl. 1884), Kind und Hund (Kinderb., 
ill. v. Hofmaler C. Arnold 1883), Zoolyriſche 
Ergüffe (ill. v. Guftav Mütel, 1872, 2. Aufl. 
1834), Spaten:Liebe und Leben (ill. 1884), 
Re Uınberto (Hymne auf König Humbert von 
Italien, ins Italienische überj. v. Leopoldo Bicio 
(1884), Auf der Bacillen-Schau (1885), Brumm: 
Stimmen der Zeit (1886), Südweſt-afrikaniſche 
Neijebriefe des Lohgerbermeifters Auguſt Kulide 
(ill. v. U. Oberländer, 1887), Belfimijtbeetblüten 
jüngftdeuticher Lyrik (1887). Außerdem zahlreiche 
Beiträge in unjeren beften Zeitichriften; auch ift 
S.«“C. (feit 1880) Mitredafteur des Wihblattes 
„ulk“. 


Schmidt-Weißenfels, Eduard 
(Ernſt Hellmuth), geboren am 1. Sept.1833 
in Berlin, beſuchte das Friedrich-Wil— 
helms⸗Gymnaſium und war im Begriff, 
die Univerfität zu beziehen, als die Re— 
volutionsjtürme von 1848 feine Pläne 
zeritörten, und ihn, troß feiner Jugend 
und Unreife, derart begeijterten, daß er 
die eigene Zukunft vergaß und fich mitten 
in den Trubel der Zeit hineinwarf. Erſt 
1851, nachdem er den jchleswigeholjteini- 
[hen Feldzug mitgemacht hatte, fehrte er 


an fein Pult zurüd. Er wandte fi nun 


erniten Studien zu, das Verſäumte nad): 
holend, ging nah Paris, jpäter nad) 
London, in beiden Städten als Fournalift 
wirfend, bis er 1852 in Heidelberg feine 
philofophiichen Studien wieder aufnahm, 
nad) deren Beendigung er zum Doftor 


565 


Schmitt. 


promovierte. Er führte nun durch viele 
Jahre ein ziemlich ruhelojes Wanderleben, 
bald lehrthätig, bald als Journaliſt und 
Shhriftfteller arbeitend. Seit 1872 weilt 
er in Stuttgart, wo er zuerit das „Stutt- 
garter Muſeum“, jpäter (bis 1876) Die 
„Illuſtr. Volkszeitung‘ redigierte, ſeitdem 
jedoch als freier Schriftiteller nur feinen 
literariichen Arbeiten lebt. Außer mehre— 
ren verdienftlihen literarhiftoriichen, be— 
ſonders franzöfiihe Literatur behandeln: 
den Schriften, iſt Sch. hauptlählid auf 
dem Gebiete des Romans äußerft frucht— 
bar gewejen, hervorragend durch den funft: 
vollen Aufbau feiner Schöpfungen. 
Hauptwerfe: Paris in Skizzen aus dem Volks— 
leben (1854), Frankreichs moderne Literaturfeite 
der Reſtauration (1856), Uber Heinrich Heine 
(1857), Nabel und ihre Zeit (1857), Charaftere 
der deutichen Literatur (1859), Geſchichte der 
franzöſiſchen Revolutionsliteratur (1859), Fürft 
Metternih (1860), Preußiſche Landtagsmänner 
(1862), Skizzen und Charafter:Rovellen (1862), 
Frankreich und die Franzoſen (1868), Brumaire 
(1869), Wogen des Lebens (1870), Die Söhne 
Barneveldt3 (1871), Der Aufitand in Algier 
(1872), Um die Ehre (1872), Adelsjtolz (1873), 
Prinz Erdmann (1873), Sturmleben (1878), 
König Null (1878), Franzöfilche Porträts (1881), 
Deutiche Handwerfersbibliothef (1878— 84), Cha: 
rafterbild aus Spanien (1885), Engel und Teufel 
(1885), Der Kampf einer frau (1886). 
Schmitt, Carl Alerander, wurde ge: 
boren am 11. März 1846 zu Schwar: 
zenfels in Kurheſſen, wo fein Vater, der 
jegige Poſtdirektor Schmitt in Kaſſel, da: 
mals furfürftliher Poſtvorſteher war, 
fiedelte 1848, infolge Verfegung des Va— 
ters zur Thurn und Taris’ihen Gene— 
ral-Bojtdireftion, mit den Eltern nad) 
Frankfurt am Main über und trat 1863 
nad beitandener Aufnahmeprüfung als 
Boitpraftifant in den Taris’ihen Bolt: 
dient. 1866 erfolgte feine Beihäftigung 
bei der unter Preußiſche Adminiftration 
geſtellten General-Boitdirektion zu Frank— 
furt und von Frühjahr 1870 ab beim 
General-Poſtamt in Berlin. Am Feld: 
zuge von 1870491 nahm er als Rejerve: 
Offizier im Korps. des Generals von 
Werder teil. 1876, nad) Ablegung des 








Schmitt. 


höheren Rojtverwaltungs-Eramens, wurbe 
er zum Kaiferlichen Boftinipektor in Broms 
berg ernannt, um ein Jahr darauf wie: 
derum im Bentralbüreau des General: 
Poſtmeiſters Verwendung zu finden. Seit 
Anfang 1886 iſt Sch. als Rechnungsrat 
und Bureauvorfteher im Reichs-Poſtamt 
zu Berlin thätig. Literariſch machte fich 
Ed. bejonders durch feine poftalifchen 
Humoresfen befannt, deren ferniger und 
geſunder Mit ihrem Autor allfeitige An- 
erfennung eintrugen. 

Hauptwerfe: Fernſprechregeln oder der Ange: 
Ichlofjene, wie er fein ſoll (2. Aufl. illuftr. 1884), 
Einer von der Bolt. Eine Poſtlebensgeſchichte 
in luftigen Verfen (2. Aufl. 1886), Poſtliederbuch 
(3. Aufl. 1886); außerdem ift des Berfaflers in 
Hunderttaufenden von Eremplaren verbreitete 
„Poſtaliſche Weihnadts:Epiftel an die Frauen“ 
zu erwähnen und von ähnlichen Fleineren Ber: 
Öffentlichungen: Manöver:Epiftel, Neue Epiftel 


vom richtigen Nöreffieren 2c. (poftaliihe Bor: | 
zu laſſen, welches Geſchäft der Water 


ſchriften in witzigem Kleide). 

Schmitt, Joh. Joſ. Herm. wurde ge— 
boren den 12. Juni 1847 zu Zell bei 
Würzburg als der Sohn eines Eifen- 


566 


— Schmiß. 

mehrere fleinere Abhandlungen im „Pfälziſchen 
Muſeum“ und in anderen Zeitichriften und 1887 
eine Gefchichte der Stadt Edenkoben in der Pfalz. 
Außerdem widmet er ſich mit Borliebe dem Stus 
dium des lateinischen und griechiſchen Sprid. 
wortes und hat 1886 ein lateiniihes Sprichwörter: 
buch veröffentlicht. 

Schmit, Morig, wurde geboren am 
22. Juli 1833 zu Rheinberg am Nieder: 
rhein und ift im gewiſſen Sinne Autos 
didaft. Obichon fein Water den befjeren 
Ständen der Stadt angehörte (er beflei- 
dete außer verfchiedenen Ehrenjtellen auch 
das Amt eines DMagiftratsheren), jo war 
diefer doch jeder höheren Schulbildung ab» 
geneigt und wollte vor allen feinen „Fe 
derfuchjer oder brodlofen Dichterling“ aus 
feinem Sohne gemadt haben. Er nahm 
daher den Knaben ſchon mit dem 11. 
Lebensjahre aus der Schule, um ihn Die 
Gold: und Silberjchmiedefunit erlernen 


jelbit betrieb. Schon als Elementar- 
ſchüler verjuchte fi der Knabe in platt- 
deutſchen Gedichtchen, Satiren, Epigram: 


händlers, befuchte das Gymnafium zu | men 2c., mas jeinen Lehrer veranlaßte, 
Würzburg von 1857—65 und hierauf ſich deflelben bejonders anzunehmen. Aus 
die Univerfität daſelbſt bis 1870. 1869 der Schule entlaffen, widmete er feine 
unterzog er fich der philologifchen Staats: | Feierſtunden der Lektüre wiſſenſchaftlicher 
prüfung in München und wurde 1870 Werke, beſonders den Meiſterwerken un— 


zum Aſſiſtenten an der oberſten Klaſſe 
des Gymnaſiums in Amberg ernannt. 
Mit Ausbruch des deutſch-franzöſiſchen 
Krieges trat er als Einjährig-Freiwilliger 
in die Armee ein und machte die Be— 
lagerung von Paris mit; nach dem Feld— 
zuge wurde er zum Landwehroffizier be— 
fördert. 1871 wurde derſelbe zum Aſſi— 
ſtenten und Turnlehrer des Gymnaſiums 
in Speier ernannt, 1872 zum ordentl. 
Lehrer der Lateinſchule in Edenkoben und 
1877 zum Rektor dieſer Anſtalt. 1876 
beſtand er die hiſtoriſche Spezialprüfung 
in München und 1878 wurde er von der 
Univerſität Heidelberg zum Doktor der 
Philoſophie promoviert. Der Verein pfäl— 
ziſcher Schriftſteller wählte ihn 1885 zu 
ſeinem 1. Vorſtande. Sein liter. Hauptgebiet 
iſt die Geſchichte und veröffentlichte derſelbe bereits 





ſerer Dichter, und las unter Anleitung 
ſeines alten Lehrers faſt alle deutſchen 
Klaſſiker von Mart. Opitz an. 

Später von ihm verfaßte Gedichte wurden von 
rößeren und kleineren Tagesblättern und Zeit» 
hriften aufgenommen und find am Nies 


derrhein nicht unbefannt, inäbejondere auch die 


ſ. 8. unter dem Pieudonym „Zirom“ veröffentlich- 
ten „poetiihen Nippfachen, Rätfel ꝛe.“ Angeregt 
durch Vereine für Altertumskunde und Geſchichte, 
die fich vor längeren Jahren vielfah am Nieder: 
rhein bildeten, und die er au in feiner Vater: 
ftadt mitbegründete, wandte er fidh feitdem mit 
großem Intereſſe der Altertumskunde und hei— 
matlihen Geihichtsforfchung zu und war längere 


\ Seit Borftandsmitglied und Konjervator des Ber: 
eins von Gelchichtsfreunden zu Rheinberg. 
| den Bereinsfchriften des letzteren (1880 u. 1883) 


In 


find verjchiedene Aufläpe von ihm aufgenommen. 
Außerdem befaßte er ſich mit der Sagengefchichte 
des Niederrheind und fammelte und überarbeitete 
weit über 100 derfelben aus den Gegenden von 
Düffeldorf bis Eleve, die in Zeitjhriften erſchie— 


Schmoller. 


nen find und in einer Gefammtausgabe ber: 
auskommen. 

Seine Mußeſtunden wiſſenſchaftlichen 
Arbeiten widmend, Mitarbeiter verſchiede— 
ner wiſſenſchaftlicher Vereine und Zeit— 
ſchriften, lebt derſelbe in ſeiner Vater— 
ſtadt Rheinberg und betreibt daſelbſt noch 
die Juwelier-, Gold- und Silberſchmiede— 
kunſt mit gutem Erfolge. 


Schmoller, Guſtav, wurde am 24. 
Juni 1838 zu Heilbronn geboren und 
widmete ſich dem Studium der Staats— 
wiſſenſchaften, Philoſophie und Geſchichte 
an der Univerſität Tübingen, wurde 1864 
außerord. Profeſſor in Halle, 1865 ord. 


567 





Profeſſor daſelbſt. In gleicher Eigenſchaft 
wurde er 1872 nach Straßburg und 1882 
nad) Berlin gerufen. Sch.gehört zu den her— 
vorragenditen Nationalöfonomen der Ge: 
genwart und hat ſich befonders um die 
Gründung des Vereins für Sozialpolitif 
verdient gemadt. Seit 1878 giebt er 
die „Staats: und ſozialwiſſenſchaftlichen 
Forſchungen“, feit 1881 das „Jahrbuch 
für Gefeßgebung, Verwaltung und Volks— 
wirtfchaft im deutjhen Reich“ heraus. 
Bon feinen felbjt. erichienenen Schriften 
find hervorzuheben: 

Zur Geſchichte der deutichen Hleingewerbe, Ei: 
nige Grundfragen des Rechts (2. Aufl.), Straß: 
burg zur Zeit der Zunftfämpfe, Straßburgs Blüte, 
Die Straßburger Tucher- und Weberzunft. 


Schneider, Adalbert BirgilAmbrofius 
(Albert Schnitter), wurde am 19. No: 
vernber 1859 in Graz geboren. Wenige 
Monate nach feiner Geburt verlor er den 
Vater. Nach vollendeter Vorbildung, die 
er am bdeutichen Gymnafium zu Zrieft 
und am Gymnaftum in feiner Vaterftadt 
empfing, fam er, um Soldat zu werden, 
auf die k. k. Militär- Oberrealichule zu 
Mähriſch Weißkirchen und rücte nad) drei 
Jahren in die f. k. Militär-Afademie zu 
Wr.:Neuftadt vor. 1881 wurde er zum 
k k. Leutnant ernannt, einem ungarijchen 
Regime nte zuerteilt und nad) Verlauf eines 
Jahres dem Inf.Regiment Leopold II., 
König der Belgier, in Graz übermwiejen. 


— Schneider. 
1886 wurde er zum Oberleutnant be— 
fördert. 

Sch. iſt der Verfaſſer zahlreicher Gedichte, die 
in verſchiedenen Zeitſchriften freundliche Aufnahme 
fanden und den Autor zu weiterem poetiſchen 
Schaffen ermunterten. 1885 gab er eine heitere 
erzählende Dichtung „Schönlieschen“, eine Weih— 
nachtsgeſchichte in Verſen heraus, die ſehr günſtig 
von der Kritik beurteilt wurde und der ſich eine 
„Novelle in Verſen“ anſchloß. 

Schneider, Heinrich Emil (E. Sar: 
torius), wurde am 29. Januar 1839 zu 
Mühlberg a. Elbe geboren, abjolvierte 
die Realſchule der Frande’ichen Stiftungen 
in Halle und erlernte den Buchhandel in 
Leipzig. In feinem Beruf madte er 
viele weite Reifen nad Franfreih, Eng: 
land, Rußland und der Echweiz und 
gründete nach dem ſchleswig-holſteiniſchen 
Kriege, den er als Freiwilliger mitmadhte, 
eine eigene Buchhandlung in Torgau. 
Da der ermählte Beruf feinem inneren 
Drange nicht genügte, entichloß er fich 
Theologie zu ftudieren und ging zu dem 
Zwed, da er in Deutichland zum Stu: 
dium nicht zugelaflen wurde, im Jahre 
1874 nad Amerika, ſuchte fich daſelbſt 
durch Privatitunden die Mittel zu feiner 
Studienlaufbahn zu verdienen, die er 
am Predigerfeminar zu Bloomfield be- 
gann und in New-Jerſey endete. Darauf 
wurde er als Pfarrer in Schenectaday, 
Nem:Nork, angejtellt, vermählte ſich da— 
ſelbſt, verlor aber nad) kurzer glücklichſter 
Ehe fein junges Weib. 1878 fehrte er 
nad) Deutichland zurüd, nahm an der 
Leipziger Hochſchule feine theologiichen 
Studien noch einmal auf und jchiffte ſich 
1880 wieder nad) Amerifa ein, wo er 
in La Grange als Prediger wirkte, bis 
ihn das Malaria: Fieber 1884 wieder 
nad) der Heimat trieb, wo er Geneſung 
ſuchte und fand. 

Sch. iſt der Verfaffer zahlreicher formvollen: 
deter poetiſcher Schöpfungen und hat namentlich 
mit feiner PBoetenbibel „Das Wort der Wahr: 
beit” und jeinen „Plalmen in Sonetten” die 
Aufmerkſamkeit weiterer Kreiſe erregt. Troß 
feiner Wanderungen und BWandlungen in der 
weiten Welt bemahrie er fich ein deutiches Herz, 
wie es feine „Neuen deutſchen Heldenbücher“, 


Schneider. 


fein „Waldpot von Bafjenheim”, feine „Atlantis 
Germanice”, feine Soldatenlieder „Aus dem Tor: 
nifter eined preuß. Freiwilligen”, fein „Prinz 
Friedrich Carl” und die poetilhen Reijetage: 
buchblätter „Bon St. Louis nad) Bremen“ be 
funden. Für feinen in engliiher Sprade er: 
fhienenen „Coronal of Sonnets“ wurde ihm 
viel Anerkennung zu Teil. Außerdem heben wir 
von feinen jelbitändig erfchienenen Werfen ber: 
vor: Fünf neue Lieder nad) alten Weifen (1861), 
Emerfon, Führung des Lebens (1862), Geſchichte 
der deutfchen Freiheitskriege (1867), Geſpenſt 
des Zaren (1868, 2. Aufl. 1882), Afabella auf 
dem Nürnberger Reihätage (Dram. 1880), Ul: 
fila (dram. D. 1882), Flickſchneidereien (1882, 
2. Aufl. 1885), Sonnenidhein für Negentage, 
Handbuch für hriftliche Gemeinden, Erinnerungen 
an Luife, Memoiren eined patriotiichen Kosmo— 
politen (1887) und zahlreiche Predigten und Hei: 
nere Schriften. 


Schneider, Karl Ferdinand, geboren 
am 3. Mai 1846 zu Endenich bei Bonn, 
abjolvierte das Bonner Gymnafium, ſtu— 
dierte von 1865—70 an der dortigen 
Univerfität unter dem Prof. v. Sybel, 
Springer, Delius, Diez und Held Ge- 
Ihidhte, Literatur und Nationalöfonomie ; 
ward 1869 mit einer Diilertation über 
die Divina Comedia des Dante zum 
Doktor der Philojophie promoviert und 
trat nad) Ablegung des Staatseramens 
1870 als Lehrer in das Kollegium des 
Nealgymnafiums zu Wiesbaden. Zwei 
Jahre fpäter begab er ſich nad) London, 
um als Privatiefretär Dr. Mar Scle: 
finger’s, des damaligen Vertreters der 
Kölnischen Zeitung, ſich der journaliftifchen 
Laufbahn zu widmen. 

Bon 1875—76 bereifte er auf Koften der 
Köln. Zeitung Italien, ward 1876 als Spezial: 
berichterftatter des Blattes nach dem Driente 
efandt, wo er der erfte war, welcher authentifche 
Berichte über die bulgarischen Greuel veröffent: 
lichte, die er im Verein mit dem amerifaniichen 
Konful Schuyler, dem ruſſiſchen Botſchaftsſekretär 
Prinzen Tzeretelew und dem Vertreter der „Daily 
News”, Mac Gahan, an Ort und Stelle unter: 
ſuchte. Er blieb in Konftantinopel bis zum 
Schluß des ruffiich-türfifchen Krieges; nahm dann 
einen längeren Aufenthalt auf der Anfel Cypern, 
defien Ergebnis er in dem Werke „Eypern unter 
den Engländern”“ (1880) ſpäter zulammenfaßte ; 
ging 1879 als ftändiger Berichterftatter der Köl— 
niſche Beitung nad Paris (1879—81) und 


568 





— Schneiber. 
ſchließlich nah Schlefinger'3 Tode ala defien 
Nachfolger nad) London. 

Schneider, Oskar, wurde am 18. 
April 1841 in Löbau in Sachſen geboren. 
Schon im frühen Knabenalter zeigte fich 
feine Vorliebe für die Naturwiſſenſchaften, 
die ſich in allerlei Sammlungen während 
der Gymnafialzeit (in Bauen), bejon- 
ders in mineralogifchen und geologifchen 
befundete. Nah Mbjolvierung feiner 
Gymnafialftubdien bezog Sch. die Univer- 
fität Leipzig (1860—64), um Theologie 
zu ftubieren, war danach bis 1866 Haus: 
lehrer in Salzburg, wo er die zur oberen 
Kreideformation gehörenden laneder- 
Schichten entdedte, darauf Inftitutslehrer 
in Dresden. Nachdem er in Leipzig mit 
einer geognoftiichen Abhandlung zum Dr. 
phil. promoviert worben, ablolvierte er 
das theologiihe Wahlfähigkeitseramen 
und ging 1867 nad) Ägypten, wo er im 
Haufe des deutichen Generalfonjuls zwei 
Jahre als Erzieher und Lehrer wirkte 
und Gelegenheit zu Reifen nach Ober: 
ägypten, Baläftina und dem Suezfanal 
fand, auf welhen er nah Möglichkeit 
Material zu naturwiſſenſchaftlichen und 
fulturbiftoriihen Studien jammelte, wel 
ches fpätere wiederholte Reifen, beſonders 
nad) Italien, ergänzten. 1869 folgte ©. 
einem Nufe als Lehrer am Freimaurer 
inftitut für Knaben nad) Dresden, darauf 
1872 als Oberlehrer und 
für Geographie an das Annen⸗Re 
nafium derjelben Stadt. 1875 unter 
nahm er eine längere Reife nad Kaufe 
fien, Armenien und fehrte über an: 
tinopel nad) Deutichland zurüd. vend 
des Beſtehens der deutſchen afrifaniicher 
Sejellihaft ift er in deren 3 
thätig geweſen. 

Außer manchen Fleineren BVeröffentlichu 
heben wir von den verdienftlichen Arbeiten SE 
hervor: Geognoftiiche Beichreibung des 2oebau 
Berges (1867), Über die Entftehung bes toten 
Meeres (1871), Die Flora der Namleher Wüfte, 
Beiträge zur Kenntnis der Condylienfauna der 
ägyptiichen Mittelmeerküfte, Beiträge zur Kenntnis 


der Inieltenfauna Ägypten? und Paläſtinas 
(1871), Beiträge zur Kenntnis der griechiſch-or— 











Schneider. — 569 — Schneider: Arno. 


wendigfeit und Einrichtung geographifher Schul: | B. Schäfer aufmerkſam gemadt, meiner Gedichte 
fammlungen (1877), Vorläufiger Bericht über | freundlih an. Ich ſtand mit Erfterem vom Jahre 
meine kaukaſiſche Neile (1876), Beiträge zur | 1880 bis zu feinem Tode (1884) in Briefmechfel 
Kenntnis der faufafilchen Käferfauna (1878, mit | und war aud) einmal im „Sande der roten Erde“ 
Leder), Raturwifienichaftliche Beiträge zur Kennt: | zu Gaft, wo ich täglich mehrere Stunden mit dem 
nis der Kaukaſusländer (1878), Die kartweliſchen | blinden, aber hochgelehrten, liebenswürdigen Greife 
Völker im weſtlichen Transfaufafien (1881), | perlönlich verkehrte, über Poeſie fprach und meine 
Typen⸗Atlas (1881, 3. Aufl. 1885; außerdem | Werke durchging. Diefelben erfchienen unter dem 
Auflagen in England, Frantreih, Holland, Dä- Titel: „Wellen vom Bodenfee” (1882) und „Aus 
nemarf, Schweden, Polen, Böhmen, Ungarn, | alten Tagen“ (ep. Erz. 1885) und fanden vielen 
— * ragt rg des ar a 
eihes im Auslande (1884), Naturwiſſenſchaft⸗ se 

lihe Beiträge zur Geographie und ——— Schueider Arno, Joje Freiin von, 
ſchichte (1883, enthaltend die 1887 auch gejon, | einer in der öſterreichiſchen Armee bes 
dert erfdhienenen Arbeiten: Über Anfhwemmung |rühmten Militärfamilie entfprofien, in 
von antifem Arbeitmaterial an der Alerandriner Wien am 17. Februar 1854 geboren. Im 


Küfte, Die Schwefelminen am Ras el Gimfe und | N 
der Proze der Société soufriöre da’figypte, Kloſter der Heimjuhung zu Thurnfeld 


Über den roten Porphyr der Alten, Zur Bern: | bei Innsbrud in Tyrol erzogen; lebt 
fteinfrage, inöbefondere über fiziliihen Bernftein | feither in Wien. 

und das Lyncurion der Alten, Über die Kaufa: | Ahr fchriftftelerifches Talent zeigte fich zuerft 
fie Naphtaproduktion), Die Geographie auf in zahlreichen Gelegendeitsgedichten, fpäterhin 
den ſächſiſchen Realgymnafien nah dem Geſetz wandte fie fih vorzugsweile dem Feuilleton zu, 
von 1864 (1885), Über ſchärfere Begrenzung geos | indem fie als — mehrerer deutſcher 
graphiſcher Begriffe (1886), Die Riviera di Po: | und amerifanifcher Zeitungen engagiert iſt. Auf 
nente (1886), Ein deutſches Kurhaus an der Ris | novelliftiichem Gebiete lieferte fie in den legten 
viera (1886), Der ägyptiihe Granit und feine | Jahren oft Beiträge in verſchiedenen belletriſtiſchen 
Beziehungen zur altägyptiichen Gefchichte (1887), | Blättern. 

Der Chamfin und fein Einwirfen auf die niedere 


Tierwelt (1888). Schnitter, Adalb., |. Adalb. Schneis 


der. 
Schneider, Thefla,wurdeam 19. Juni i 
1854 zu Ravensburg in Württemberg * Schnitzler, Johann, wurde am 10. 


boren. Mein Vater ift dafelbit ein anı | April 1835 in Gr. Kanizsa geboren. Als 


JKind armer Eltern — der Bater war 

gejehener Rechtsanwalt und feine Gattin . z n 
Sophie eine Tochter des ehemaligen Pro: Tiſchler — mußte ©. ſchon während ſei— 
feflors der Medizin Dr. Leopold Sokrates | NET Studienzeit durch Unterrichtgeben nicht 
v. Riede in Tübingen. Ic erfreute mich | NUT für den eigenen Unterhalt, fonbern 
mit meinen Echweltern einer harmlofen US für er jeiner beiden — Ge⸗ 
Kindere und Jugendzeit, die ſchöne Natur, hwiſter und ſpäter auch für ben feiner 
welche meine Vaterftadt umgiebt, frei und Eltern forgen. Das Untergymnafium ab- 
fröplich genießend. Nachdem die Schulen jolvierte er in ſeiner Vaterſtadt, das 
daſelbſt abjolviert waren, kam ic) auf zwei Obergymnaſium in Peſt, wo er auch bie 
Jahre nad) Konftanz am Bodenfee in das erjten zwei Jahre Medizin jtudierte; dann 
Penſionat der „Schweitern der hriftlichen | 809 es ihn nad) Wien, —* ſeine — 
Liebe", Ins Elternhaus zurüdgekehrt, dien beendete und 1860 zum Dr. med. 
wünfdhte bald mein Großvater, Dr. von promoviert wurde. Schon als Studierender 
Rice, nun Obermebisinalrat f Stutt- der Medizin ſchrieb er ſowohl für Wiener als 
J ö n OF Berliner Fachzeitfchriften einzelne wertvolle Bei: 

gart, mich zu feiner Gefellihaft bei fich | träge, meiſt kafuiſtiſche Mitteilungen aus den Kli: 
zu haben. Wenn auch der Sinn für Kunft und | nifen Skoda's und Oppolzer's, wodurch er bald 
Poeſie ſchon von Kindheit an gepflegt worden | die Aufmerkſambkeit feiner Profefjoren, befonders 
und erwacht war, fo bildete er fic) doch erft hier | Oppolzers, auf ſich lenkte, der ihn auch (1869) 
durch geiftige Anregung aller Art zu eigenem zu feinem kliniſchen Aſſiſtenten erwählte, in wel— 
Schaffen aus. Profefior Chriftoph Schlüter in her Stellung er bis 1867 verblieb, Noch wäh: 


thodoren Kirche Ägyptens (1874), Über die Not: | Münfter i./W. nahm fich zuerft, durch Prof. Dr. 
i 





Schnitzler. 


rend ſeiner Aſſiſtentenzeit habilitierte er ſich 
als Dozent für Krankheiten der Atmungs— 
und Kreislaufsorgane. Er verichaffte ſich 
durch feine Arbeiten und feine Vorträge 
über diefen Zweig der Medizin ſchon nad) 
furzer Zeit einen Ruf als Arzt, Lehrer 
und Foricher, der weit über die Grenzen 
Oſterreichs drang, und heute zählt er um: 
ftreitig zu den erften Autoritäten auf dem 
Gebiete der Kehlkopf:, Lungen und Herz: 
franfheiten. Die VBorlefungen von S. ge: 
hören zu den intereſſanteſten und lehr: 
reichiten an der Wiener Univerfität, feine 
Schüler zählen nad) Hunderten und zwar 
find es nicht nur Kandidaten der Medizin, 
jondern Arzte aus der ganzen Welt, die auf 
S.'s Poliklinik fommen, um fich weiter 
auszubilden. In Anerkennung feiner her: 
vorragenden willenichaftlichen und didak— 
tiihen Leiftungen wurde S. 1878 zum 
Profeſſor für Krankheiten der Reipirations- 
und Circulationsorgane an der Wiener 
Univerfität ernannt. 1884 erhielt er in 


Anerkennung jeines verdienitlihen Wir: 


fens den Titel eines Neg.-Rathes. 

Bon feinen hochbedeutenden, teild epoche— 
machenden Schriften ‚heben wir hervor: Die La: 
ryngoffopie und Rhinoffopie und ihre Anwen: 
dung in der ärztlichen Praris, Die laryngoffo: 
piſche Diagnoftil und lofale Therapie der Kehl: 
topfgeihmwüre, Über Stimmbandlähmung, über 
Stimmritentrampf, Über Neubildungen im Kehl: 
kopf und deren Behandlung, Über die Anwen 
dung der Galvanofauftif im Innern des Kehl 
topfs, Über Kehltopf: und Quftröhrenverengerung, 
Über Mitiartuberkuloje des Rachens und des 
Kehlkopfes, Über Kropfaſthma, Über die thera- 
peutifche Anwendung verdichteter und verbünnter 
Quft bei Lungen» und Herzkrankheiten, Über Lun— 
enſyphilis und ihr Verhältnis zur Lungenſchwind⸗ 
Fucht Über Aſthma, Über Anwendung und Wir: 
fung des Cocain bei Krankheiten des Kehlkopfes, 
des Rachens und der Nafe, Über Therapie der 
Kehlkopf⸗Lungentuberkeln. Daneben ift S. be: 
fonders als Kritifer medizinischer Schriften thätig. 
Seit 1860 ift er Mitredafteur der „Medizinal: 
Halle”, deren Leitung er jpäter bis 1886 (unter 
dem Titel „Wiener Mediz. Preſſe“) weiterführte, 
Danad) gründete er die bald zu voller Blüte ge: 
deihende Monatsjchrift „Kliniſche Zeit- und Streit: 
fragen“. 1872 gründete ©. die „Allgemeine 
Poliklinik“, die des vorzüglichiten Rufes genieht 
und als eine der hervorragenditen Anjtalten ihrer 
Art gilt. 


570 





ı Pädagogif. 
unter Profeſſor Dr. v. Lexer's Leitung 





Schnorr v. Carolsfeld. 


Schnorr v. Carolsfeld, Franz, 
wurde am 11. April 1842 als ein Sohn 
des berühmten Malers gl. N. zu Münden 
geboren, ftudierte in Göttingen und Berlin 
Philologie, promovierte 1864 zum Dr. 
phil. und fungiert nunmehr als Ober: 
bibliothefar der königlichen Bibliothek in 
Dresden. Er war Herausgeber der Zeit 
ſchrift „Archiv für Literaturgeichichte” 
und machte ſich literariih vornehmlich 
dur) feine trefflide „Geſchichte des 
deutichen Meiſtergeſangs“ befannt. Außer: 
dem veröffentlichte er: Die homerif he Wort: 
itellung (1864), Katalog der Dandichriften ber 
fal. Bibliothefzu Dresden (1882—83), J. Schnores 
Briefe aus Italien (1886). 

Schober, Johann, geboren am 19. 
März 1843 zu Kemmern bei Bamberg, 


‚ftudierte zu Bamberg und an der Uni: 


verfität zu Würzburg Philologie und 
Namentlich) widmete er fi 


der Germaniſtik und unter PBrofefior Dr. 
v. Megele der Geſchichte. Nachdem er 
zu Münden das vorgeichriebene Staats: 
eramen für das Lehramt der deutichen 
Sprade, Geſchichte und Geographie an 
Mittelichulen abgelegt hatte, wurde er 
nad) verjchiedener Verwendung 1875 als 
fal. Oberlehrer an der höheren weiblichen 
Bildungsanftalt zu Aichaffenburg ernannt 
und ihm dafelbit der Unterricht im Deut: 
ihen und in der Geſchichte übertragen. 

Von feinen Werken find namentlich wichtig: 
Johann Jakob Wilhelm Heinfe. Sein Leben u. feine 
Werke (+1882), Die Sagen des Speflarts (1885), 
Die Grundlehren der Logik im Dienfte des beut- 
ſchen Auflages (1885), Die Satzkürzungslehre 
nah Gabelsbergers Syitem (4. Aufl. 1886), 
Aſchaffenburg und feine Umgebung (1886), Hand» 
buch über den Speffart nad Geſchichte, Natur 
und Topographie (1888). 

Schober, Karl, geboren am 4. Juli 
1844 zu Chudenic in Böhmen, ftudierte 
an ber Univerfität Prag und wirft ge 
genmärtig ala Direktor der k. k. Lehre— 
rinnen = Bildungsanftalt und anerfannt 
tüchtiger Pädagoge in Wien. Seine be- 
deutenderen Werke, die er veröffentlicht 


‘hat, find: 


Schober. 


Die Deutihen in Nieds und Oberöfterreich, 
Salzburg, Steiermart, Kärnthen und Hrain( 1881), 
mworin befonders das Kapitel über die volkswirt— 
fchaftliche Entwidelung diefer Länder großes In: 
tereffe in Anipruh nimmt, Heimatskunde von 
Niederöfterreih (1884), Niederöfterreih unter 
Mathiad Corvinus 1482— 1490 (1879), Quellen» 
buch zur Geſchichte der öfterreihiih-ungarifchen 
Monarchie, ein biftorifches Leſebuch für höhere 
Schulen und für jeden Gebildeten (1837). Über: 
died dankt man ihm eine ſehr zwedmäßig aus: 
geitattete Schulwandfarte des Königreihs Böhmen. 


Schober, Thekla von, geb. v. Gum: 
pert (Thella von Gumpert), wurde zu 
Kaliſch am 28. Juni 1810 geboren, fie 
delte mit ihren Eltern im fünften Lebens: 
jahre nach Pojen über, wo ihr Vater 
als Regierungsmedizinalrat einen aus: 
gedehnten Wirkungskreis fand. Ihre Er: 
jiehung war eine vorzügliche und forg: 
fältige und legte den Grund zu ber 
echten Gefinnung, die der Kern ihres 
Mefens und ihrer Schriften if. Mit 
ihrem Vater ftand der Fürft NRadzimill, 
Statthalter von Poſen, in mannigfacher 
Verbindung, und ebenfo war auch Thefla 
das Haus geöffnet, namentlich war es 
die jüngere Tochter dafelbit, der fie als 


571 


— Schön. 

Königin von Preußen empfohlen Hatte. 
Durch dieje eigentümlihe Fügung kam 
Th. v. ©. in öftere Berührung mit der 
hohen Frait und widmete ihr jpäter ihr 
Töchter⸗ Album. Sie lebte nun im Haufe 
des Fürften Czartoryski ſechs glückliche 
Jahre ihrem ſchönen Beruf, kehrte dann 
zu ihrer Mutter zurück und zog mit 
dieſer nach Berlin, wo ſie in ſtiller Zu— 
rückgezogenheit die Feder wieder auf— 
nahm, aber erſt durch den Legationsrat 
Franz von Schober, ihren ſpäteren Gat— 
ten, angeregt wurde, an die Dffent- 
lichfeit zu treten. Sie ſchrieb ihr erites 
Buch Der Meine Vater und fein Enteltind 
(1843, 4. Aufl. 1885), das eine ſehr bei- 
fällige Aufnahme fand. 1856 vermählte 
fie fih und ließ fi) mit ihrem Gatten 
in Dresden nieder. In neue Lebens: 
verhältniffe eingetreten, blieb fie doch ihrem 
Ichriftitelleriihen Berufe getreu. Seit 
1882 it fie Witwe. Sie lebt in Dresden, 
unermüdlich thätig auf dem Gebiete der 
Jugendichriftitellerei, ihrer eigentlichen 
Domaine. Bon ihren fehr zahlreichen 
Schriften, die ihren Namen in die wei— 


Spielgefährtin und Freundin fih anfchloß. |teiten Kreife getragen und fie zu einer 
Als Thekla zweiundzwanzig Jahre zählte, | Lieblingsichriftitellerin unferer Kleinen 
verlor fie ihren Vater. Die verwittwete | und befonders der jüngeren Mädchen ge: 
Mutter zog fih nun mit ihren Töchtern | macht haben, find hervorzuheben: Die 
auf das Landgut zurüd, das der Familie | Badereife der Tante, Mein erjtes weißes Haar, 
eigentümlich war, und fiedelte fpäter, als Robinjons Enkelin, Erzählungen aus der Kinder: 


— welt, Schloßpeterchen und Bauerhänschen, Mutter 
dieſe Befigung verkauft wurde, zu einem Anne und ihr Gretchen, Mutter Anne und ihr 


nahen Verwandten, dem Baron von |Hänschen, Die Herzblättchen, Nach der Schule, 
Seydlig über, deſſen jüngite Tochter von | Ein Jahr, Gott in der Natur, Echte Perlen, 
Thekla erzogen wurde. Inzwiſchen hatte | Grüh’ Gott, Der id ge re für 
ſich die jüngere Prinzeſſin Radzywill mit | ZIRE JEREn. DECRIAmEN ——— 
jung de 5) | firmationsjahr u. ſ. w. Endlich find es zwei 
dem Fürjten Czartoryski vermählt. Thekla | Monatsfhriften, welhe T. v. Sch. feit einer 
v. G. beſuchte ſie mehrmals auf ihrem langen Reihe von Jahren herausgiebt Töchter⸗ 
Landhauſe im Rieſengebirge. Die fürſt— he le en und Serzblättchen’8 Beitver- 
lihe Frau war kränklich und nahm der zei ) 
Freundin das Verfprehen ab, ihr Töh| Schön, Mar, geboren am 17. Juni 
terlein zu erziehen, falls felbiges vor der | 1848 zu Orloff in Weftpreußen, widmete 
Zeit mutterlos werben follte. Bald darauf |fid) der Beamtenkarriere, die er jedoch) 
ftarb die Fürftin in Iſchl (wohin ihr T. | bald wieder aufgab, um fich, feinen Nei— 
v. Gumpert gefolgt war), nachdem fie | gungen folgend, der publiziftiihen Thä— 
ihre Kinder in deren Hände gegeben und | tigkeit hinzugeben. Nachdem er in Berlin, 
fie dem Schuge der damals regierenden | dem Zentralpuntt des politifchen Betriebes, 


1} 





Schönaid;Carolath. — 
mit dem Weſen der Politik ſich vertrauter 
gemacht hatte, begann er als ſatiriſcher 
Schriftſteller, mehr aber noch auf wirt— 
ſchaftlichen und ſozialen Gebieten hervor: 
zutreten und feine nad) diefer Richtung 
gelammelten Kenntniffe und Anfichten in 
der Tagesprefie zum Ausdrud und zur 
Geltung zu bringen. Um gegen die 
Wechſelfälle des Lebens geſchützt zu fein, 
nahm ©. eine Stellung im faiferlihen 
ſtatiſtiſchen Amt an. Er ift zugleich Re: 
dakteur der „Blätter für innere Koloni- 
fation” und des „Agent“, ſowie einer 
politiihen Korrejponden;. 


Schönaich-Carolath, Prinz Emil 
zu, iſt geboren am 8. April 1852 zu 
Breslau. Er fiedelte 1867 nad Wies- 
baden über und erhielt hier eine von den 
beiten Lehrern geleitete vorzügliche Er: 
ziehung. Nach dem frühen Tode beider 
Eltern unternahm er weite Orientreifen, 
nad) deren Beendigung er dauernd Wohn: 
fig auf feiner Befigung Paalsgaard:$nils- 
minde in Dänemark nahm. Schon als 
Knabe hegte der Prinz eine außerordent- 
lihe Vorliebe für Poeſie, und früh be: 
thätigte er ſich felbit als gottbegnadeter 
Dichter. Von den anmutigen Kindern 
feiner Mufe heben wir hervor: Lieder an 


eine Verlorene (1878), Thauwaſſer (1831), Did): 
tungen (1883), Geſchichten aus Mol (1894). 


Schoener, Karl Emil Auguft Rein: 
hold, geboren am 6. November 1849 zu 
Erfurt, von wo feine Eltern bald nad 
feiner Geburt nad) Magdeburg überfiedel- 
ten, erhielt er auf dem dortigen Dom- 
gymnaſium eine tüchtige Vorbildung, bie 
er nad) der Verſetzung feines Vaters nad) 
Breslau 1867 dafelbit vollendete. 1869 
bezog er die Univerfität Breslau, um ſich 
philologifshen Studien zu widmen. Er 
hörte bei Hertz und Neifferfcheid klaſſiſch— 
philologiſche, bei Roßbach archäologiſche, 
bei Junkmann und Neumann geſchichtliche, 
bei Rückert, Zupitza und Karow neu— 
philologiſche, bei Stenzler Sanskrit-Vor⸗ 
leſungen und betheiligte ſich an den Ubun- 


572 


Schoener. 


gen des philologiſchen Seminars. Von 
Reiſeſehnſucht getrieben, durchſtreifte er 
die ſchleſiſchen Gebirgslandſchaften und 
unternahm 1869 eine Reiſe nach Däne— 
mark und Norwegen, welche ihn bis nach 
Drontheim führte und zuerſt feine litera⸗ 
riſche Geſtaltungskraft weckte. 1870 
leiſtete er ſeiner Militärpflicht Genüge. 
1872— 73 bekleidete er eine Hauslehrer: 
ftelle auf einem Rittergute in Schlefien. 
1873 auf Grund einer Dilfertation De 
Claudio Aeliano in Breslau zum Dr. phil. 
promoviert, legte er, in der Abficht, die 
Laufbahn des Gymnaſiallehrers einzus 
ihlagen, das Eramen pro facultate do- 
cendi ab. Im Begriffe, das Probejahr 
anzutreten, erhielt er den Antrag, eine 
' Hauslehrerftelle in Neapel anzunehmen, 
und wideritand der Verſuchung nicht, dieſe 
günftige Gelegenheit zur Bereicherung fei- 
ner Kenntniffe und Anihauungen zu er 
greifen. Der Aufenthalt ward zu einem 
dauernden. Sch. wurde von den Reigen 
Neapels und der Fülle der geſchichtlichen 
und Kunſtdenkmäler gefeſſelt und entſchloß 
ſich, aus ihrem Studium und ihrer lite— 
rariſchen Verwertung einen Lebensberuf 
zu machen. 1879 verheiratete er ſich mit 
einer deutſchen Frau von hervorragenden 
Gaben und Eigenſchaften. Eifrig mit lopo⸗ 
graphiſchen, archäologiſchen und kunftgelcpichtfichen 
Studien beichäftigt, teilte er feinen Aufenthalt 
zwifchen Neapel, Nefina, Bompeji zc. Seine zahl 
reihen populärwiſſenſchaftlichen Aufläge über 
Altertum und Kunſt, Land und Leute in Ztalien 
wurden gut aufgenommen und — 
nung lohnte feine Bemühungen um Berb 

der Kenntnis und Schäbung Staliens. 18 
ging aus feiner Feder eine in Pompeji verfaßte 
feffelnde Beichreibung der antiken Vejuoftadt und 
ihrer Ausgrabungen, 1871 eine fulturgefchichtliche 
Erzählung „Der legte Hortenfier“ hervor. Jr 
einer ins Engliihe überjegten Abhandlung wies 
er die antite Herkunft des im Befige des Barons 
v. Benneval zu Sorrento befindlichen enfauftis 
ſchen Gleopatra-Borträts nad. Cine 1885—86 
erihienene Serie von Artikeln über Capri giebt 
die ausführlichite und grümdfichite un 
der berühmten Anfel, ihrer Geſchichte, ime 
Bevölkerung ꝛe. Eine Ber über d 








„Farneſeſchloß im Ciminiſchen 
| bildet einen Beitrag zur Geſchichte der Ren 


Schönthan. 


Architektur und Malerei. Schon jeit 1876 zeit: 
weije mit Arbeiten in Rom beichäftigt gemeien 
und auch den politiichen Kreifen näher getreten, 
fiedelte Sch. 1882 ganz nad) der Hauptftadt über 
und widmete fich neben der feuilletoniftifchen bald 


in wachſender Ausdehnun 
Berichteritattung für deut 
durch die italienische Regierung ausgefchriebenen 
Konkursbewerbung um den Lehrftuhl für deutiche 
Sprade und Literatur an der neu errichteten 
Handelsafademie zu Genua trug er den Sieg 
davon und erhielt die Ernennung zum Profefjor. 
Doch zog er es vor, auf das Amt zu verzichten, 
um in Rom zu bleiben und den Beruf des 
Schriftſtellers nicht aufzugeben. 


auch der politijchen 


Schönthan, Franz von, Edler von 
Pärnwald, wurde in Wien am 20. Juni 
1849 geboren, genoß eine militäriſche Er: 
jiehung, da er für den Goldatenjtand 
bejtimmt war. 
fein feuriges Temperament, das fo jtraffen 
Zügel nicht dulden wollte. Sturz ent: 
ſchloſſen zog er dann eines Tages Die 
Uniform aus und ging zur Bühne, zu 
der eine leidenſchaftliche Vorliebe ihn 309. 
Ein Wanderleben begann, an einer Neihe 
von deutichen Bühnen trat S. als Mime 
auf. Daneben jtudierte er eifrig Die 
Technik des Dramas, was ihm fpäter 
als dramatischer Cchriftiteller zu Gute 
fan. Als folder wurde er zuerjt befannt 
durch fein Luftipiel Das Mädchen in der 
Fremde, das dem Autor eine Stellung als 
Theaterdihter am Wallnertheater ein: 
trug, welche er 1883 mit derjenigen eines 


Oberregifieurs am Wiener Stadttheater 


vertauſchte. Nah der Vernichtung des 
letzteren durch den großen Brand von 
1884 gab ©. alle weitere Bühnenthätig- 


feit auf, um ausschließlich feiner Schrift: 


ftellerei zu leben, die er zum Teil allein, 
zum Teil mit feinem Bruder (j. d.), mit 
G. v. Moſer u. A. ausübt. 

Die bedeutenditen feiner Stüde find: Sodom 
und Gomorrha, Der Zugvogel (m. Mofer), Krieg 
im Frieden (m. df.), Unfere rauen (m. dil.), Die 
Spatzen, Kleine Hände, Nodericd Heller, Villa 
Blancmignon, Der Schwabenitreih, Der Raub 
der Sabinerinnen (m. j. Bruder), Die goldene 
Spinne, Goldfilche, Die berühnte Frau (m, Ka: 
delburg). 


573 


Fe Blätter. In einer 


Dem widerſprach jedod) 


Scönthan. 


Schönthan, Paul von. Ich bin am 

19. März 1853 in Wien geboren, follte 
mid der Militärfarriere widmen, verließ 
diejelbe wegen Schwädlichfeit und folgte 
meiner literariichen Neigung, die mir den 
Beruf eines geachteten, produzierenden 
Journalijten als den fchönften und er— 
jtrebenswerteften erfcheinen ließ. Ich habe 
juerit in Wien und fpäter in Berlin jour: 
naliſtiſche Lehrjahre durchgemacht und 
merkwürdigerweiſe die Freude an dieſem 
| Beruf auch heute noch nicht verloren. Ich 
‚babe mid) auf dem Redaktionsſeſſel immer 
‚am wohljten gefühlt. Deine Liebhaberei 
für das Theater läuft nebenher; ich habe 
noch ein Stüd aufbewahrt, welches aus 
‚der Feder meiner Menigfeit im 9. oder 
10. Lebensjahr herrührt; in nähere lite: 
rariihe Beziehung zum Theater fam ich 
erit, als ich mit meinem ausſchließlich für 
die Bühne fchaffenden Bruder 1884 und 
1885 die beiden Stüde Der Raub der Sa- 
binerinnen und ſpäter Frau Direftor Striefe 
ſchrieb. 

Selbſtändig verſuchte ich mein Glück auf dem 
Theater nur mit dem Einakter, der 1886 im Re— 
ſidenztheater aufgeführt wurde („Zimmer Nr. 18) 
und den Leuten — mit Ausnahme der Bericht: 
eritatter — außerordentlich gefiel. Ohwohl meine 
Erfahrungen auf dem Theater nur jehr angenehme 
waren, und obwohl id von den Vorteilen der 
dramatilchen Broduftion (Berühmtheit, Tanties 
men 2c.) überzeugt bin, bleiben meine literariichen, 
d. h. nichtdramatiichen Neigungen doch vorwie: 
gend, und ich fchreibe zunächſt nichts für die 
Bühne. Mein humoriſtiſches Feuilletongenre hat 
mir im übrigen vollauf genügt, ich habe viel, 
| vielleicht manchmal zu viel geichrieben; Philipp 
Reklam jun, in Leipzig hat einem Teil meiner hu: 
moriftiichen Arbeiten in 4 Bündchen „Dumo: 
resken“ Unterkunft gewährt. Seit 1887 redigiere 
ich in Gemeinschaft mit A. Moszkowski ein neues 
Berliner Witzblatt, „Luſtige Blätter” genannt, 
und ich habe die Genugthuung, zu jehen, dab 
Segen auf meiner Arbeit ruht. 

Scholl, Karl, wurde am 17. Auguft 
1820 in Karlsruhe als der Sohn des 
Direktors Sch. geboren. Früh für den 
theologischen Beruf bejtimmt, bejuchte er 
nach Abjolvierung des Lyceums in Jeiner 
Vaterjtadt die Univerfität Tübingen, um 
‚fih dem Studium der Theologie zu wid: 





1} 


| 





Scholl. 


men, das er 1841 auf dem Beibelberger | 
Prediger-Seminar zum Abſchluß brachte. | 
Nach dem Staaiseramen widmete er ſich 
mit Eifer philologiichen Studien, machte 
eine größere Reife dur Oſterreich und 
erlebte 1844 in feiner Baterftadt Die 
Aufführung feines Dramas Prinz Ludwig 
von Baden. 1845 war eine von ihm in 
Vertretung in Karlsruhe gehaltene Pre: 
dDigt „wegen zu unkirchlicher Richtung“ 
die Veranlaffung zu feiner Suspenfion. 
©. ſchloß fid) nach derjelben den damals 
fih bildenden freireligiöfen Gemeinden 
an und wirkte bis 1847 an der deutſch— 
fatholifchen Gemeinde in Mannheim. Die 
Revolution 1848 in Ofterreih riß Sch. 
mit in ihren Strudel. Er hielt mit 
Ronge und Duller Vorträge, wurde aber 
nad der Auflöfung der freien Gemeinden 
aus Graz ausgemwiejen und gezwungen, 
Oſterreich zu verlaffen. Er ging nad 
Schweinfurt, wirkte als freirel. Prediger, 
bis die Reaktion ihn zur freimilligen Ver: 
bannung zwang. Er zog nun nad) Zondon, 
dann nad Paris, beichäftigte ſich in die- 


574 





jer Zeit mit literarifchen Arbeiten und 
Auflägen hauptſächlich für Wislicenus’ 
„Reue Reform.” Darauf wandte er fich 


nah der Schweiz und war 1852—58 


ausſchließlich literariſch thätig. Er über: 
nahm dann als Direktor für kurze Zeit 
das Züricher Aktientheater und kehrte 
Ende der fünfziger Jahre nach Deutſch— 
land zurüd, nachdem fein Hochverrats- 
prozeß niedergeichlagen. 1860 nahm er mit 
neuem Mut die Stelle eines Predigers 
an der freireligiöfen Gemeinde in Dann: 
heim an, verheiratete fi 1862 mit Re 
gina, Tochter des Rabbiners Eller in 
Gelle zur glüdlichiten Ehe und ſchied 1868 
von feiner Gemeinde, um einem Ruf an 
die freie Gemeinde in Nürnberg zu folgen, 
und in Bayern für die Sade der reli- 
giöfen Freiheit ein unermüdlicher Kämpfer 
zu werden. In Nürnberg trat er aud) 
mit dem Philoſophen Feuerbach in einen 
innigen Freundfhaftsbund. An feine 
Nürnberger Wirkſamkeit ſchloß fich eine | 





Schollen. 


ſolche mehrjährige Thätigkeit in Heidel—⸗ 
berg. Seit einigen Jahren hat Sch. 
ſeinen Wohnſitz wieder nach Nürnberg 
verlegt. 

Von ſeinen zahlreichen, der Sache der Freiheit 
und der Humanität dienenden Schriften heben 
wir hervor: Das Weſen des Deutih-Katholizis- 
mus (1846), Die Mejfiasfagen des Morgenlandes 
(1852), Eriter Blick in die Wundermwelt des 
Magnetismus (1853), Rom und England in 
ihrem neueften Kampfe (1854), Auf dem Wege 
zur Wahrheit (Ged. 1855), Bict. Confiderant 
über die Erlöfung der Menfchheit (1856), Ber 
gefiene Quellen der Wahrheit (1860), Opfer und 
Opfermahle ded Altertums (1862), Aus dem 
Leben einer freien Gemeinde (1863), Entitehung 
der geitlihen und weltlichen Macht des Papits 


tums (1867), Ein Gruß in die Heimat (1869), 


Wahrheit aus Ruinen (1873), Raimund von 
Bazierd (Trauerfp. 1879), Meine Sterne (1885), 
Nah Kamerun (1885, dem Andenken feines in 
Kamerun verftorbenen Sohnes gewidmet). 


Schollen, Diathias, geboren zu Aachen 


am 18. Mai 1846, widmete ſich zunächſt 
dem Lehrerſtande, ergriff jedoch ſpäter 


‚die Gerichtöbeamtenlaufbggn. Im Jahre 
‚1876 zum ®erichtsichreiber in Jüchen 


ernannt, wurde er 1878 als Sefretär 
an dieStaatsanmwaltichaft des Landgerichts 
feiner Vaterjtadt verfegt, woſelbſt er heute 
noch thätig ift. 

Sein Erſtlingsverſuch auf literariihem Gebiete 
mar eine Novellette, die eine Epifode aus der 
Schlacht bei Königgräg in dem Kriege 1866 
gegen Ufterreih, den er als Freiwilliger mit« 
machte, behandelte. 1879 gab er ein Bolizeis 
handbuch für den Regierungsbezirt Aachen bers 
aus, dem 1885 ein Ergänzungsband folgte. Eine 
weitere Produktion auf ftrafrechtlihem Gebiete 
war das 1883 in zweiter Aufl. erichienene Werts 
hen: „Die Berrihtungen der Bürgermeifter ꝛc. 
in ihrer Eigenihaft als Hülfsbeamte der Staats» 
anmwaltihaft". Neben diefen als ein Ausflug 
feiner amtlichen Stellung anzujehenden Erzeugs 
niffen, wandte er ſich der Erforſchung des Aache⸗ 
ner Aulturlebens zu. Das Refultat derfelben 
war ein 1881 erſchienenes Schrifthen: „Volks— 
tümliches aus Nahen”, Die Aachener Volks— 
und Sinderlieder, Wetter, Gejundheits: und 
Hechts: Regeln enthaltend. War dasjelbe aud 
nur ein dürftiger Verſuch, jo bildete es doc die 
Grundlage zu einer Serie von Feuilleton⸗Artikeln 
im „Echo der Gegenwart” unter dem Titel „Schil 
dereien aus unferem Volksleben“, ſowie zu der 
„Aachener Sprichwörter und Redensarten“. Diele 
Sammlung zeichnet fi) vor anderen ähnlicher 


Scott. 


Gattung dadurh aus, daß zum Beweiſe des Al: 
terd und der Herkunft einzelner Sprihmörter | 
außer der h. Schrift, die didaktiichen Dichter des | 
Mittelalterö und die älteften Sprihwörterfammler | 
Tunnicius, Agricola, Frank, fowie die Bebel ſchen 
Proverbia germanica zu Grunde gelcgt wurden. 
Endlich erſchienen von ihm unter dem Gefammts | 
titel „Allaf Oche en wen et versönk“ drei 
Luſtſpiele. 


Schott, K. ſ. Kl. Schachne. 


Schott, Wilhelm, am 3. September 
1802 in Mainz geboren. Nach beſtan— 
dener Gymnafial-Brüfung an der Univer: 
fität Halle eine Zeitlang mit Theologie, 
dann vorzugsweife mit ſemitiſchen Sprachen 
beichäftigt und als Privatdozent über der: 
gleichen Iefend. Eeit 1830 nad Berlin 
übergefiedelt, daſelbſt Spraden und Lite: 
raturen oftafiatifcher und tartarifcher Völ— 
fer fich zugewendet und deren Anbau in 
Schriften und Borlefungen zu fördern 
bemüht. Im J. 1836 erichien fein zwar 
unvollfommener, aberjehr anregender Ver: 
fuch über die tartariſchen Sprachen und 
diefem folgte zunächſt 1840 ein willen- 
ſchaftliches Verzeichnis bis dahin gar nicht 
oder faum berührt geweſener chineſiſcher 
Werke der kgl. Bibliothef. Im Jahre 
1838 außerordentlicher Univerfitäts-Pro= 
fellor und 1841 ord. Mitglied der Ber: 
liner Atademie der Wiſſenſchaften gewor: 
den, ließ cr mit Unterftügung dieſer 
Körperichaft eine lange Reihe Leiftungen 
im Drud erſcheinen, von melden die be: 
deutenditen find: 

Alteite Nachrichten von Mongolen und Tar: 
taren (1845), Über den Buddhismus in Hoch: 
ajien und in China (1846), Die letzten Jahre der 
Mongolenherrihaft in China (1851), Über die 











Sage von Gefjer Chan (1851), Entwurf einer | 


Beichreibung der Chinefiihen Literatur (1854), 
Das Zahlwort in der Tihudiihen Sprachenklaſſe 
(1856), Über die jog. indochineſiſchen Sprachen, | 
infonderheit das Siamifche (1857), Chineſiſche 
Spradylehre (zu ihrer Zeit Epoche machend), 
Über hinefiiche Verskunſt, Ein Anhang zur Sprach— 
lehre (1857), Über die Caſſia-Sprache im nord: 
öftlihen Indien (1859), Altajiiche Studien oder 
Unterfuhungen auf dem Gebiete der Altai— 
Spraden (1860-72), Die efthniichen Sagen 
vom Kalemjohn (1863), Über finniſche und eith: 
niſche Heldenjage (1866), Über die ächten Kir 





575 


‚Vater Kaufmann war. 


Schrader. 


giſen (1865), Zur dinefiihen Sprache (Ergän— 
zungen zu 1857) (1868), Zur Literatur des Chi 
nefiihen Buddhismus (Bergl. zu 1846) (1873), 
Zur Uigurenfrage (1874— 75), Der Stabreim bei 
‚innen und Tartaren (1877), Einiges zur japanis 
ihen Dit: und Verskunſt (1878), Kitai und 
Rarafatai, ein Beitrag, zur Geſchichte Dit: und 
Innerafiend (1879), Uber eine dinefiiche Erd» 
beichreibung (1883), Etwas über neustürfifche Ro» 
mantit (1884), Etwas über die Poeſie der Turk— 
Tartaren Rußlands (1886). So lange das Ers 
manjche Arhiv für wiſſenſchaftl. Kunde von 


Rußland (1841—67) beitand, lieferte Sch. in 


dafjelbe viele Überfegungen und kritiſche Beurteis 
lungen, auch war er viele Jahre Mitarbeiter am 
„Magazin des Auslandes“. Sch. ift Ehrenmir⸗ 
glied der Berliner Anthropol. Gejellichaft, 
der Oriental Society in Peking, der uns 
gariihen Akademie der Wiſſenſchaften in 
Budapeſt, und verichiedener gelehrten oder 
literarifhen Gejellihaften Finnlands und 
Eithlands. 


Schrader, Eberhard, geboren am 5. 
Januar 1836 zu Braunfchweig, wo fein 
Nah Abjolvies 
rung des Gymnaſiums beſuchte derjelbe 
1854 zunächſt das Collegium Carolinum 
ebendajelbit, wo durch die Vorlejungen 
Prof. Dr. Petri’s feine Neigung zur Bes 
Ihäftigung mit den orientalifchen Sprachen 
wacdhgerufen wurde. Im Jahre 1856 
bezog er die Univerfität Göttingen, um 
Theologie und orientalifhe Spraden zu 
jtudieren. Er Schloß fih hier beionders 
Ewald an und gewann 1858 mit einer 
Abhandlung über das Weſen der äthios 
pifhen Sprade den akademiſchen Preis 
(gedrudt 1860). Nachdem er nad) Beens 


digung feiner Studien eine Zeit lang in 


feiner Vaterjtadt privatifiert hatte, ward 
er 1862 an Higig’s Stelle nah Zürid) 
berufen und hier 1863 zum ordentlichen 
Profeſſor der Theologie befördert; ging 
1870 in gleicher Eigenfhaft nad Gießen, 
1873 nad) Jena und folgte 1875 einem 
Rufe als ordentlicher Profeſſor für oriens 
taliihe Spraden und Mitglied der Aka— 
demie der Wiſſenſchaften nad) Berlin. 
Seine literariiche Thätigfeit erftredte ji, von 
feiner Erftlingsichrift abgejehen, zunächſt vors 
nehmlih auf das Gebiet der altteftamentlichen 


— 


Schranka. 


Kritik und Exegeſe: Studien zur Kritik und Er- 
Märung der biblifhen Urgeſchichte (1863), de 
Mette, Einleitung in das A. T. (8. Aufl., neu 
bearbeitet 1869), verichiedene Abhandlungen in 
Beitichriften u. N w.; fpäter wandte er ſich über: 
wiegend der Erforihung der aſſyriſch-babylo— 
nifchen Inſchriften und Altertümer zu, ein Stu— 
diengebiet, das für Deutihland erſchloſſen zu 
haben, als fein Verdienst bezeichnet werden muß. 
Die vornehmlicditen hierher gehörigen Publika— 
tionen find: Die afineifeh-babplonifchen Keilin— 
ſchriften (1872), Die Keilinſchriften und das 
A.T. (1872, 2. Aufl. 1883), Die Höllenfahrt 
der Iſtar (1874), Keilinfchriften und Geſchichts-⸗ 
forfhung (1878). Außerdem zahlreihe Abhand— 
lungen in eitichriften und afademiihen Sam: 
melmwerten. Sch. iſt Mitbegründer der Jahr: 
bücher für Proteftantifche Theologie (1875) und 
Mitherausgeber der von Bezold redigierten Zeit: 
ſchrift für Afiyriologie (1886). 


Schranfa, Eduard Maria (Egon 
Rail, Dr. Ems), wurde als der einzige 
Sohn eines Militärarztes am 21. Sep: 
tember 1850 zu Plan bei Marienbad in 
Böhmen geboren, begann die Gymnaſial— 
ftudien zu Leitmerig, welche er zu Prag 
beendete. Hierauf bezog er die medizi— 
niihe Fakultät, welde er aber bald ver 
ließ, da er in militäriiche Dienfte trat, 
wo er es raſch zum Offizier brachte. Doc) 
bald befand er fi) in diefem Stande nicht 
wohl und vertaufchte jelben mit einer 
Stellung im öſterreichiſchen Staatspoft: 
dienste, wohin er freilich mit feinem idea- 
(en Streben ganz und gar nicht pahte. 
Neuerdings bezog er 1876 die Prager 
Univerfität, diesmal die philoſophiſche Fa- 
fultät. Er trieb mit Eifer Germaniftif, 
Linguiftif, Geſchichte, ferner Drientaliftif 
und Sanskrit, vornehmlich aber Philoſo— 
phie, und erhielt auf Grund feiner mit 
dem erften Preiſe gefrönten philojophijchen 
Monographie und Difjertation Der Stoifer 
Epiklet und feine Whilofophie und nad mit 
Auszeihnung beftandenen Rigorojen die 
philojophiiche Doftorwürde. Doc) jein 
Wiſſensdurſt war noch nicht gejtillt, er 
begann ein juriftiiches Studium, weldes | 
er nad) Ablegung der erjten Staatsprüfung | 


ebenfalls beendete. Inzwiſchen war er bereits 
journaliftiich und literariich auf verſchiedenen Ge: 











576 


| bei Bonn. 


— 


Schrattenholz. 


bieten in die öffentlichkeit getrelen und erſchienen 
neben zahlreichen Feuilletons und Studien in 
befferen Blättern Veutſchlands und öſterreichs 
1884 feine Gedichte, jowie ein zweiter Lieder: 
eyelus „Brennende Liebe‘. Mit dem philo- 
fophifchen Doktorhute und dem juridiichen 
Abjolutorium bezog ©. die dritte Fakul- 
tät, die Medizin. Dort befaßte er fid 
mit Naturwifjenichaften und vorzüglich mit 
Anatomie, worin er ein Schüler Tolds 


geweſen. Indeſſen hatte er mit einer 
Arbeit abermals einen Preis gewonnen, und 


wurde dieſe von der Kritik al3 eine vorz 


fulturbiftorifche Arbeit bezeichnet. Auch fein 1887 


erſchienenes Kaleidoffop ift eine Sammlung kul⸗ 


tur: und literarhiftorifcher Studien, die von großer 
Belefenheit zeugen. Im felben Jahre erſchien 
fein Wert „Ein Bud) vom Bier”, eine au 


ſchaftlichen Grundlagen feuilletoniftifch geſchriebene 
Kulturgefchichte, welche ſehr günftig 

wurde, Außerdem iſt S. auch alö 

Beitfchriften thätig. 


Schrattenholz, Joſef. Ich bin ge 
boren am 19. Oftober 1847 in Hoholz, 
einem kleinen Dörfchen im Siegfreife nahe 
Mein Vater, mehrere Jahre 
als Erzieher der Söhne des Barons von Loẽ 
auf Schloß Allner a. d. Sieg thätig, war 
Schullehrer und als folder in verſchiede— 
nen Orten angejtellt. Aus feiner Biblio: 
thek fchöpfte ich zuerit Sinn und Vor: 
liebe für die fchöne Literatur. Meine 
willenschaftlihe und mufifaliiche Ausbil: 
dung erlangte ich auf privatem Wege, 
hoipitierte jpäter auch an den Univerfitä- 
ten in Berlin und Bonn. Einige Jahre 
als Mitredafteur der „Bonner Zeitung“ 
wirkend, widmete ich mich ſchließlich felb- 
ftändiger journaliftiicher und muſikkritiſcher 
Thätigfeit. 

Novelliſtiſche, Eritiiche und i Beiträge 
von mir os * a 
ruffiihen und amerifaniihen Blättern. Seit 
1857 gebe ich eine muſikaliſche Familienzeitung, 
„Die Mufitwelt“, heraus, wobei ich mid der 
Mithilfe unferer beiten Poeten und Muſiker ers 
freue. Eine fompilatoriiche Arbeit, „Robert Schu: 
mann als Schriftſteller“, erihien 1880 in 2. Aufl. 


Schrattenthal, Karl (eigentlich Karl 
Mei), it als der Sohn eines E. f. öjterr. 
Neiteroffiziers am 26. September 1846 


Schrattenthal. 


zu Klattau in Böhmen geboren. Für den 
Soldatenjtand bejtimmt, trat er im Alter 
von elf Jahren in das Kadetten-Inſtitut 
in Eifenftadt in Ungarn und bezog nad) 
Adjolvierung deilelben die Militär-Afa: 
demie zu Wiener-Neuftadt, welche er 1866 
als k. £. Offizier verließ, um direft auf 
den italienischen Kriegsihauplag zu gehen. 
Nach Beendigung des Feldzuges kam er 
mit feinem Regimente nad) Temesvär in 
Ungarn und diente dajelbjt in angeneh: 
men VBerhältnifien als Adjutant. Aber 
ihon 1869 trat er aus den Reihen der 


Armee, um feine Braut, die er dort fen=| 


nen und lieben gelernt, heimführen zu 
fönnen. Er wirkte vorerjt als proviſo— 
riſcher Lehrer an der deutichen Realſchule 
in Temespär, widmete fi dem Studium 
der ungarifchen Sprache und der deutſchen 
Literaturgeichichte, legte 1877 in Buda— 
peſt das Staatseramen ab und wurde 
noch im jelben Jahre zum ordentl. Pro: 
feſſor an der Staatsoberrealichule zu Deva 
in Siebenbürgen ernannt, allwo er bis 
1884 verblieb. Bis 1886 wirkte er in 
gleicher Eigenihaft in Stuhlweißenburg 
und ift jeither als Profeſſor der deutichen 
Sprache und Literatur an der Staats» 
oberrealihule in Preßburg thätig. 
Schon in den Akademie-Jahren entitanden feine 
erſten poetifchen Erzeugnifie, die aber nicht an 
die Öffentlichkeit fommen follten. In Temesvar 
jedoch wurde der poetiiche Funke bejonders durch 
die Liebe zu feiner jpäteren Frau gewedt und 
enährt, und es begann, wie bei den meiften, fein 
B fennenden Zünglingen eine Zeit der poetischen 
oduktion. Als er aus dem Kreile feiner 
Kameraden jchied, gab er, zumeiit für diefelben 
beitimmt, ein Bändchen Gedichte (1871) heraus, 
Seither veröffentlichte er im verfchiedenen Zeit: 
ſchriften und Anthologien Iyriiche Poeſien, jelte: 
ner ſolche epifcher Natur. 
noch in feiner Offizierszeit Novellen und Humo— 
testen aus dem militärifchen Leben zu fchreiben, 
don denen ein geringer Teil 1873 in zwei Bänd— 
hen unter dem Titel „In Krieg und Frieden“ 
erschien. Mährend er feither alfo auf dem Ge: 
biete der Erzählung und des Feuilletons ununters 


577 


Schreiber. 


ſchen Dichtung zu verihaffen und zu erwerben, 
‚um jeinerzeit auf Grund der gefammelten Er» 
‚fahrung und objeftiver Kritik ein einfchlägiges 
Werk zu fchreiben. Selbftredend entftehen auf 
‚diefe Weife nach und nad eine Menge von Bio» 
graphien oder auch literarhiftorifcher Auffäge, die 
er in verfchiedenen Journalen veröffentlicht, außer: 
dem fritijiert er die neueften Erfheinungen des 
Frauenſchrifttums, und in der Zeit entitanden auch 
einzelne jelbitändige Werke. So arbeitete er ſchon 
in Deva an der Zuſammenſtellung einer größeren 
| Anthologie, in welcher fämmtliche zeitgenöffiiche 
Dihterinnen mit ausgewählten Poeſien vertreten 
fein follten — das ganze 32 Drudbogen ums 
faſſende Manuffript geriet jedod bei dem Ver: 
leger in Verluſt. 1883 gab er die Poefien der 
deutjchen Naturdichterin Katharina Hoch heraus. 
Das von der Kritif wohlmwollend aufgenommene 
Werkchen erihien unter dem Titel „Mein Leits 
itern 1885 in 2. Aufl. Im felben Jahre vers 
öffentlihte er „Deutiche Schriftitellerinnen und 
Dichterinnen in Böhmen, Mähren und Schlefien” 
und „Alrune, Blüten aus der Gedankenwelt deut: 
ſcher zeitgenöſſiſcher Dichterinnen und Schriftftel 
lerinnen”, eine Sammlung von Aphorismen, 
Sentenzen zc. Das Buch wurde von der Kritik 
freundlichit begrüßt. 


Schreiber, Carl Adolph Baul, wurde 
geboren am 26. Auguft 1848 in Strehla 
a. d. Elbe (Königreid Sachſen). Er em: 
pfing feine fachliche Ausbildung an den 
tehniihen Staatslehranftalten in Chem— 
nig, dem Polytechnifum zu Dresden und 
der Univerfität Leipzig. 1872 erlangte ©. 
die Doktorwürde bei der philofophifchen 
Fakultät der Univerfität Leipzig, wurde 
in demfelben Jahre als Aſſiſtent für Phyſik 
an den technischen Staatslehranftalten in 
Chemnig angeltellt und bald darauf zum 
Lehrer für Phyſik ‚an diefer Anftalt ers 
nannt. Mit Beginn 1882 wurde ©. die 
Leitung des ſächſiſchen meteorologiichen 











Injtitutes im Nebenamt übertragen und 


Außerdem begann er das legtere nad) Chemnig verlegt. 1885 


enthob das fönigl. Dlinifterium des In— 
nern ©. feines Lehramtes und übertrug 
ihm die Leitung des meteorologijchen In— 
ftitutes als alleiniges Amt. 

S. beihäftigte fi früher vorwiegend mit der 


brochen thätig ift, bildet aber feit einer Reihe von | Konftruftion von meteorologiichen —5— — 


ren das weibliche Schriftum ſeine literariſche 
Spezialität, die er ganz beſonders pflegt. Seine 


raten und hat hierüber in mehreren Zeitſchriften 


Arbeiten veröffentlicht. ALS größeres Werk ver— 


Abſicht iſt es, ſich einen tieferen Einblick in die faßte er ein Handbuch der barometriſchen Höhen» 
Thätigkeit der Frauen auf dem Gebiete der deut: | meſſungen. 


Das literarifhe Deutſchland. 


37 


Schreiber. 


Schreiber, Egid. geboren am 15. 
Januar 1836 zu Graz in Steiermarf, 
1842 mit Familie nad) Görz überfiebelt, 
wo er die Volks: und Gymnafialftudien | 
durchmachte und 1854 die Matura ab-| 
legte. 1855—57 befuchte er die philoſ. 
Fakultät in Graz und ward im legteren 
Jahre zugleih als Supplent der Natur: 
geſchichte am 1. Staatsgymnafium ver: 
wendet. Nachdem aber genannte Anjtalt 
1858 von den Benediftinern übernommen 
ward, ging er zur Vollendung feiner Stu: 
dien nad) Wien, wo er bis 1859 ver: 
blieb. Als er dann 1860 in Graz das 
Doktorat der Philojophie und in Wien 
die Lehrbefähigung für Naturgefchichte, 
Mathematik und Phyſik erlangt hatte, 
fam er als Lehrer an das Lugojer Gym: 
nafium im Banate, wofelbit er 1860 —61 
wirkte. Da aber im legteren Jahre Un: | 
garn nationalifiert ward, fam er als Pro: | 
fellor der Naturgefhichte an die Staats: | 
realfhule in Görz, von wo aus er 1870 
in gleicher Eigenihaft an das Gymna= 
fium in Salzburg verjegt warb und da— 
felbft bis Ende 1874 weilte. Bon hier 
aus wurde er als Direktor und fungies 
render Zandesichulinipeftor an die Ober: 
realſchule in Görz transferiert, 1875 zum 
Bräjes der Prüfungskommiſſion für Volks: 
und Bürgerfchulen und 1878 zum Schul: | 
rat ernannt. Er befaßt fi) vorwiegend mit | 
Herpetologie und mit Erforihung der Fauna des | 
illyriſchen Küjtenlandes, beionders in entomolo: | 
giicher Beziehung. (Lacerta Schreiberi Bedg. | 
Acanthodactylus Schreiberi Boulg. Carabus 
Schreiberi Kraatz, Phytoecia Schreiberi 
Kraatz, Eurygaster Schreiberi Montd.). 
Hauptichriften (von denen bejonders das 1875 er: 
ichienene als Hauptwerk des Verf. die höchite An: 
erfennung fand): Einfluß des Lichtes auf Orga: 
nismen (1868), Über Anthypna abdominalis 
(1870), Die Urodelen Ojterreihs (1871), Her- 
petologia europaea (1875), Über Macropterus | 
venustus (1878), Über Pleurodeles Waltlii 
(1878), Entomologiihe Sammelberichte in der | 
Berlin. „entom. Zeit.“ 














Schreyer, Otto, wurde am 25. De: 
jember 1831 zu Frankfurt a. M. ge 
boren, bejuchte eine höhere Wrivatichule 





578 


Schröder. 

dafelbjt und war für den Kaufmannsjtand 
beitimmt. Derfelbe fagte ihm jedoch nicht 
ju und fo widmete er fi dem journa» 


liftifchen Berufe, war in den Redaktionen 
mehrerer Hamburger Blätter befchäftigt, 


'fpäter aber (1876--82), nach mehreren 


durdhichlagenden Erfolgen feiner Bühnen: 
ftüde, beim Stadttheater in Hamburg als 
Dramaturg angeltellt. In gen. Stadt 
lebt er noch jegt. Sein literarifches Haupt: 
feld ift das Quftipiel feineren Genres, 
doch hat er auh im Schauspiel Gutes 


geleiſtet. 


Hervorzuheben: Träume des Glücks (Rom.), 
Im Lande der Gallier (Rom.), Sie nimmt ſich 
das Leben (Luſtſp.), Die Liebesprobe (Luſtſp.), 
Ein amerikaniſches Duell (Luſtſp.), Das Trium— 
virat (Dram.), Kein Freund, fein Feind (Luftip.), 
Nicht zu Haufe (Luftip.), Schußgeifter (Luftip.), 
Im Banne der Schuld (Dram.), Hamburger 
Neitküten (Volksft.), Reihe Armut (Boltsft.), 
Hamburger Fahrten (Volksſt.) Die Damen von 
Montreal. 


Schröder, Hermann, wurde am 28. 
Juli 1843 zu Quedlinburg geboren. Er 
genns feine, bejonders mufifalifche Aus: 

ildung zuerjt von feinem Vater, Später 
von G. A. Ritter und E. Möhrenfchläger 
in Magdeburg. Im Jahre 1863 ver: 
einte er fi mit feinen drei jüngeren 
Brüdern zu einem Streichquartett, defien 
1. Violinift und Leiter er war, und 
welches bald darauf als Hofquartett der 
vermwittw. Herzogin von Anhalt-Bernburg 
angeitellt wurde. Nach Berlin überge: 
fiedelt, errichtete er daſelbſt 1874 eine 
Mufitichule, welche noch jetzt bejteht. 
Daneben wurbe er 1885 als Lehrer am 
Königl. aladem. Jnftitut für Kirchenmufif 
berufen. 

In der Muſik-Pädagogik machte er ſich durch 
eine „Preis:Biolinfhule” und durch andere Un: 
terrichtswerfe verdient. Sein bedeutendites liter 
rariſches Werk ift „Die Kunſt des Biolinjpiels“, 
ein encyflopädifhes Handbuch für jeden Pioli» 
niften. In diefem Werte find auch feine neuen 
akuftiichen Entdeckungen der harmonifchen Unter 
töne auf der Violine enthalten. Ein von ihm 
erfundener Apparat zur Erzielung der Kombi: 
nationstöne auf der Pioline wurde 1887 von 
Reichswegen patentiert. 


Schröder. 


Schröder, Karl Guſtav Theodor, 
geboren zu Waren (in Medlenburg) am 
15. September 1840, beſuchte das Gym: 
nafium in Schwerin, ftudierte feit 1859 
Aurisprudenz in Jena, feit 1860 Ge— 
ihichte und Literatur in Münden und 
wurde 1864 Mitarbeiter der Hiftorifchen 
Kommilfion bei der Münchener Afabemie 
der Miffenihaften, noch in demſelben 
Jahre aber Inſtruktor des Erbgroßherzogs 


579 


Schröer. 


Dahn, 1882—85 als ordentlicher Pro- 
fefiorinStraßburg, 1885 — 88 desgleichen 
in Göttingen (als Nachfolger von Thöl), 
ſeit 1888 in Heidelberg. 

Hauptwerfe: Geſchichte des ehelichen Güter: 
rechts in Deutfhland (1863— 74), Lehrbuch der 
deutichen Rechtsgeſchichte (1887), Weistümer, ge 
fammelt von Jacob Grimm (Band V.,VI.,VIIL 
herausgegeben 1866— 78), Urkunden zur Geſchichte 
des deutichen Privatrechts (herausgegeben von 
Loerſch und Schröder, 2. Aufl. 1881), Die 
Franken und ihr Recht (1881). Sch. ift Mitre- 





(jegigen Großherzogs) von Medienburg: yatteur der Zeitfhrift der Saviguy,Stiftung für 
Schwerin. In dieſer Stellung, die ihm ———— der en für I 
Gelegenheit zu großen Reifen bot, war | Dogmatit des heutigen römijchen und deutſchen 
er bis Ende 1867, trat dann in fein | Privatrects. 

Verhältnis zur Hiftoriihen Kommilfion 

zurüd und lebte erjt in Erlangen, dann | Schröer, Karl Julius, geboren am 
in Leipzig. An legterem Orte blieb er | 11. Januar 1825 in Preßburg, widmete 
dann aud, als feine Beziehungen zur |fid dem Studium der Philofophie, Phi- 
hiſtoriſchen Kommiſſion ſich gelöft Hatten, | lologie, Geſchichte und Literaturgefchichte 
mit literarifhen und Redaktions- Arbeiten | in Halle, Leipzig und Berlin, wirkte dann 
beihäftigt, bis 1885, wo er als Regie: | als Supplent an der Univerfität in Peit 
rungs=Bibliothefar nad Schwerin berufen | und als Profefior an der Oberrealichule 
wurde. Seine felbftändig erſchienenen, inPreßburg, als Direktor der evangelifchen 
als ſehr verbienjtlich von der Kritik an | Schulen in Wien, als Dozent der deutjchen 
erfannten Publikationen find: Helmbrecht. Literaturgefhichte am Polytechnikum und 
Die ältefte deutſche Dorfgeihichte, von Wernder | feit 1867 als außerord. Profeflor dafelbit. 


dem Gartner (1865, Übertragung aus dem Mittel: 
bochdeutichen). Tertausgaben: Van deme holte 
des billigen eruzes (mittelniederdeutiches Gedicht, 


Beſonders hat fih Sch. einen Ruf als 
Literarhiftorifer durch feine Werfe über 


1869), Brumenlof, Ban funte Marinen (zwei | Goethe und feine treffliche „Deutiche Dich 
mittelnie der deutſche Gedichte, 1869), Sankt Bran« | tung des 19. Jahrhunderts in ihren bes 


dan (ein lateiniſcher und drei deutſche Terte, 
1871), Der Nonne von Engelthal Büchlein Bon 
der genaden uberlaft (1871), Reinfe de Vos 
(Deutihe Dichtungen de3 Mittelalters, 1872), 
Grifeldis, Apollonius von Tyrus (1873). 
Schröder, Richard, geboren am 19. 
Juni 1838 zu Treptow a. d. Tollenie 
(Pommern), befuchte das Gymnafium zu 
Anklam, die Univerfitäten Berlin und | 
Göttingen, wirkte 1861—63 als Refe⸗ 
rendar in Berlin und Stettin, 1863—66 
als Privatdozent des deutihen Rechts 
in Bonn, 1866—70 als außerorbdent: | 
licher Profeſſor dafelbit und zugleich als 
Lehrer des Landwirtichaftsrechts an der 
landwirtichaftlichen Akademie zu Poppels⸗ 
dorf, 1870— 73 als ordentliher PBro- 
feffor in Bonn, 1873—82 desgleichen 
in Würzburg als Nachfolger von Felir 





deutenderen Erſcheinungen bis zum Jahre 
1875” erworben. 

Hauptwerke: Geſchichte der deutichen Literatur 
(1853), Wörterbuch der deutſchen Mundarten in 
Ungarn (1858), Deutihe Weihnachtsſpiele aus 
Ungarn (1858), Lateinifch:deutiches Bocabular 
von 1420 (1859), Gedichte (1859, 2. Aufl. 1862), 
Die Dichtungen Heinrih3 von Mogelin (1867), 
Die deutjche Rechtſchreibung in der Schule (1870), 
Wörterbuh der Mundart von Gottichen (1870), 
Unterrihtöfragen (1873), Das Bauernhaus auf 
der Weltausftellung, offizieller Bericht (1873), 
Alphart3 Tod, in erneuter Geftalt (1874), Der 
Weinſchwelg, mittelhochdeutich und neuhochdeutich 
(1875), Goethes äußere Erſcheinung (1877), 
Meifterfinger in Ofterreih (1875), Die deutiche 
Dichtung des 19. Jahrhunderts (1875), Die Deut: 
ſchen in Ofterreih und ihre Bedeutung (1879), 
Goethes Fauft mit Einleitung und Erklärung 
(1881, 2, Aufl. 1886), Goethe und die Liche 
(1884), Die Herausgabe von Goethe Dramen 
(1884). 


37* 


Schröer. — 

Schröer, Michael Martin Arnold 
wurde am 10. November 1857 in Preß- 
burg geboren als Sohn des Germaniften 
Karl Zulius Sch., Enkel des Schrift⸗ 
ſtellers Tobias Gotfried Schröer (Chr. 
Oeſer) und Thereſe Schröer (Frau The: 
reſe). Mit feinem 3. Lebensjahre Fam 
er nad Wien, befuchte dort das Gym: 


naſium und ftudierte an den Univerfitäten | für die Aufführung geeignet erfhien. 


Mien, Berlin, Straßburg Bhilofophie 
und Germaniftif und widmete ſich fpegiell 
der engliſchen Philoiogie. Nach längerem | 
Aufenthalte in England, wo er unter, 
Henry Sweet namentlid Phonetik ſtu⸗ 
dierte, war er drei Jahre Realſchullehrer 
in Wien, habilitierte ſich 1882 für enge 
liſche Philologie an der Wiener Univer: 
fität, wurde 1884 Profeſſor an der Wiener 
Handels-Akademie und folgte 1886 einem 
Rufe als Ertraordinarius an die Uni— 
verfirät Freiburg i. B. 

Hauptwerfe: John Bale’s Comedy con. | 
cernynge thre lawes (1882), Über den Unter: 
richt in der Ausſprache des Engliſchen (2. Ausz. 
1884), Die angellähfiichen Profabearbeitungen | 
der Benediktinerregel (1885 —88), Einleitung und | 
Paradigmen zur Lehre von der Ausiprade und 
MWortbildung im Englifchen (1585), Wiſſenſchaft 
und Schule in ihrem Verhältniſſe zur praftiichen 
Spraderlernung (1887). Die Winteney:Berfion 
der Regula 8. Benedieti, 
herauögg. (1888). Außerdem zahlreiche Aufläge 
und Rezenjionen in Fachzeitſchriften, Feuilletons 
und dergl. 


580 


latein. u. engliſch 


— 


Schroeter. 


‚lin das 6. thüring. Inf.-Rgt. Hier begann 


er den erften dramatiſchen Entwurf feines „Tis 
berius“, aber erft nad Abjolvierung der Fönigl. 
Kriegsfhule Hannover gelaug es ihm, die Tra— 
ödie zu beenden, die als eine Probe von des 

ichter8 ſchönem Talent gelten darf. Bald ber 
Ichäftigte ihn ein neuer dramatischer Verfuch, der 
unter dem Titel „Die legten Tempelherren“ 
(1875) im Drud erfchien und als ein großer Fort: 
Ichritt des Dichters zu betrachten war, aber nicht 
Nach 
einem fünfjährigen Soldatenleben im 
Frieden bezog ©. 1876 die Univerfität 
Kiel, um fih völlig der Wiſſenſchaft 
zu widmen. Mit fchöner Elaftizität 
ſchwang er fich über die Kluft, die Lehr: 
und Wehrftand trennt, und ergab fich mit 
Eifer literarhiftoriihen und äfthetifchen 
Studien; zugleich aber gewannen feine poetifchen 
Pläne eine andersartige Richtung. Gerade in 
dem Monate, in weldyem Die Simrodifhe Walther: 
Überfegung in 7. Ausgabe auflebte, begann S. 
feine Nahdichtung der Gedichte Walthers von 
der Vogelweide, in der Erkenntnis, wie weit die 
Arbeit des vielgenannten Überfegerd hinter einer 
idealen Löfung der Aufgabe zurüdbleibe. Nach 
Jahresfrift verlieh er die Kieler Univer— 
jität, und begab fich zur Fortiegung feiner 
Univerfitätsjtudien nah Münden, am 
fie fodann zu Leipzig mit Staats: 
eramen pro fac. doe. und Promotion zu 
beſchließen (auf Grund der Diliertation 
Der Entwidlungsgang der deutihen Yyrif in der 
erften Hälfte des XVII. Jahrhunderts. Eine 
fiterarhiftoriihe Abhandlung. 1879). immer 
wieder aber richtete ſich Sch.'s Blid_ auf die 





Schroeter, Adalbert (A. Saled), iſt 
geboren am 24. April 1851 zu Weißenfels, 
wo fein Vater Archidiafonus war. 1864 
wurde der Knabe Alumnus der fgl. preuß. 
Sandesichule Pforta, der er 6'/s Jahre 
angehörte. Der dortige Unterricht des 
Kiterarhiftorifers K. A. Koberitein und 
nad; deſſen Hinfheiden Des Theologen 
Ferdinand Bäszler gab dem Jüngling die 


Bühne, während er als Theater-Rezenfent eines 
Leipziger Fachblattes auch novelliftiich thätig war 
(Theolog und Soubrette). Eben jetzt hatte die Über: 
arbeitung feines Luftfpiels: Die Peſſimiſten be 
gonnen, als die Drudlegung feiner Nachdichtun—⸗ 
gen feine dramatifchen Beitrebungen fürs erite 
aufhob. Die „Gedichte Walthers von der Vogel: 
weide. Nachgedichtet‘‘, erihienen 1881, „Das 
Nibelungenlied. In der Oftave nachgedichtet“ 
1882; im gleichen Jahre: „Geſchichte der deutichen 
Homer-Überfegung im XVII. Jahrhundert”. 


erften bedeutfamen Anregungen reip. Anz | Nachdem S. Leipzig verlaflen, ward cr 
teitungen zu fünjtleriichem Schaffen, wie | zur Stellvertretung eines erkrankten Leh— 
die mahgebende Direktion feiner geiltigen | vers an das erfte Realgymnaſium in Han— 
Richtung. Überfepungen Sophokleiſcher | nover berufen, in welcher amtlicher Thätig— 
Chöre und lateiniſcher Kirchenhymnen keit er über Jahresfrijt verharrte. 1573 
wurden feine erften poetiſchen Verſuche. | erichien fein vaterländiihes Heldengediht: Yort 
1871 trat er zu Gotha als Avantageur | von Wartenburg. S. ward fodann Erzieher 


Schubert. 


des Prinzen Friedrih zu Schaumburg. 
Lippe in Nachod i. B. und fpäter erfter 
Lehrer an einem Brivatgymnafium in 
Meran. Hierauf lebte er längere Zeit in 
Münden und bereifte Stalien, Savoyen 
und die franzöfiihe Schweiz. Hier be: 
arbeitete er eine Reihe franzöfifcher Reiſewerke 
und führte feine Überfegung der Werte Lord 
Byrons dem Ende zu. Seit 1886 fungiert 
S. als NAffiftent an der Univerfitäts- 
Bibliothek in Göttingen. 


Schubert, Hermann Cäjar Hannibal. 
Am 22. Mai 1848 wurde id in Pots- 
dam geboren. Von vornherein Vorliebe 
für Mathematik. Realjchulabiturienten: 
Eramen 1865, Gymnaſial-Abiturienten— 
Eramen 1867. Studierte vorzugsweije 
in Berlin, promovierte 1870 in Halle, 
Dillertation: Die Charakteriftiten der Flächen 
zweiter Ordnung. Dann fleinere mathema— 
tiihe Abhandlungen in Schloemilhs Zeit: 
ſchrift. Examen pro facultate docendi 
1871. Brobejahr in Potsdam. Wurde 
an das Andreanum in Hildesheim berufen. 
Schrieb dort eine, das von der Kopen— 
bagener Akademie geitellte Thema „Cha: 
rafteriftifen der Raumkurven dritter Ord— 
nung“ behandelnde Preisihrift, die Januar 


581 


1875 mit der goldenen Medaille der ge: | 


nannten Afademie gekrönt wurde, befam 
infolge dejjen mehrere Rufe, von denen ich 
den als Oberlehrer an der Gelehrtenfchule 
des Johanneums in Hamburg annahm, u. 
a. den als Profeſſor der Geometrie an der 
polytechniſchen Hochſchule in Darmitadt 
ausichlug. Schrieb jeit 1873 fortdauernd viele 


mathematiiche Abhandlungen, welche teils in kurzen | 


Mitteilungen in den Göttinger Nachrichten, teils 
ausführlicher in den Mathematiichen Annalen, 
in Erelles Journal und neuerdings in den Acta 
Mathematica erichienen find. In diefen Ab: 
Handlungen behandelte ich ein neues Gebiet der 
höheren Mathematik, das ich „abzählende Geos 
metrie” nannte, welcher Name allerjeits, auch von 
den Franzoſen (Geometrie énumérative) adop: 
tiert it. 1879 ließ ich ein größeres Werk er: 
Iheinen, betitelt „Kalkül der abzählenden Geo: 
metrie“, das außer in Deutichland namentlic) 
in England Anerkennung fand. Meine wiſſen— 
ſchaftl. Abhandlungen in den letzten Jahren er— 
weitern die anzahl-geometriſchen Methoden auf 








Schubin. 

4:dimenfionale und nedimenfionale Geometrie, 
was übrigens mit der geiltigen Kinder-Krankheit, 
dem Spiritismus, in feinerlei Zuſammenhang 
jteht, fondern nur rein mathematiiches Intereſſe 
hat. Seit 1869 bin ich unausgeſetzt Mitarbeiter 
an dem „Jahrbuch über die fFortichritte der Mathe: 
matik“. Baute für höhere Schulen und zum 
Selbjtunterricht ein eigentümliches, Faßlichkeit mit 
Strenge paarendes „Syitem der Arithmetif” aus, 
das einerfeitS die Anerkennung von Gelehrten, 
3. B. Aroneder in Berlin, andrerjeits von Schul: 
männern fand (Arithmetit, 1883, 2. Aufl. 1886), 
Syitem der Arithmetif (1885). ch habe immer 


Neigung gehabt, Nejultate und Methoden meiner 


Wiſſenſchaft auch gebildeten Nicht-Mathematikern 
zugänglid) zu machen. Aus diejer Neigung ent- 
Iprangen: Theoretiihe Enticheidung über das 
Bob „Puzzle-Spiel“, „Das Statipiel im Lichte 
der Wahricheinlichkeitsrechnung“ (1886), „Zahl 
und Zählen‘, „Der Panchroniſt“ (1888), ferner 
Aufiäge, mathematische Rätſel und Tüfteleien in 
Sournalen und Zeitungen. ch trug auch, mas 
in meinen Kräften fteht, zur Belebung der älteiten 
mathematischen Gefellichaft der Welt bei, nämlich 
der Math. Gef. in Hamburg (1690 gegründet), die 
jest alle Jahr wiſſenſchaftl. Mitteilungen heraus» 
giebt und im Schriften: Austaufh mit den bes 
deutenditen math. Sozietäten ftcht. Zum Mits 
glied der Soci6t& Mathömatique de France 
1877, und der Leopoldiniſch-Caroliniſchen Afa: 
demie der Naturforicher 1884 gewählt, erhielt ich 
1887 den Profefjortitel. 


Schubin, Offip, ſ. 2. Kirfchner. 


Schuch, Heinrih. Ich bin geboren 
am 9. November 1827 zu Koblenz als 
ältefter Sohn eines Hauptmannes. Meinen 
Vater verlor ich jchon im 4. Lebensjahr, 
im 12. wurde ich in das fol. Kadetten- 
haus als Zögling aufgenommen und fam 
mit 17 Jahren als Sefonde:Leutnant 
in die damalige 8. Artillerie-Brigade nad) 
Koblenz. 1847—48 befuchte ich die Ar- 
tilleries und Ingenieur-Schule in Berlin 
und legte hier 1847 das Berufseramen 
als ArtilleriesOffizier ab, worauf ich in 
praftifchen Dienft nah Koblenz zurüd- 
fehrte. 1849 nahm ich Anteil an den 
Gefechten von Kolding, Gudjö, der Bes 
lagerung von Fredericia und der Schlacht 
vor diefer Feftung am 6. Juli als Kom» 
mandeur der Batterie Nr. 2. Im Sep— 
tember kehrte ich in das Vaterland zurüd, 
da ich bei derüberhandnehmenden preußen⸗ 


Schul). m 
feindlichen Gefinnung des Landes diejem 
nicht länger dienen wollte. 1851 wurde 
ich als Lehrer im Artillerie und Plan- 


582 





Schüler. 


Grabau ſchrieb ih: Hiſtoriſche Nachrichten über 
die Landſchaft um Berent und die Anfänge ihrer 
Germanifierung vornehmlich im 13. Jahrhundert, 
Gerichtsbücher der Stadt Berent im 17. Jahr: 


eichnen nad Berlin fommandiert, Kurz | hundert, Eine weftpreuß. Dorfihule im Anfang 
tigkeit und nun dazu tretende andere | unferes Jahrhunderts, Die Zuftände der Land: 


Augenleiden veranlaßten 
meinen Abſchied aus dem fgl. Dienfte nad): 
zufuchen, der mir mit dem Charafter als 
Premier:Leutnant bewilligt wurde. Ich 


hatte mich inzwifchen verheiratet und ging 


nad meinem Rittergut Klein-Raendſchen 


inSclefien, welches ich nun bemwirtichaftete. | 


Nachdem ich meine Frau und zwei Kinder 
bier durch den Tod verloren, mich nach 
einigen Jahren wieder vermählt hatte, 


mid 1855, | 





bevölferung im reife Berent am Schluß der 
polniſchen Herrſchaft, Kriegädrangfale des Kloſters 
Karthaus während der ſchwediſch polniſchen Kriege. 
Um eine größere Teilnahme für die Vergangen-— 
beit des Landes zu mweden und richtigere An— 
Ihauungen über diefelbe zu verbreiten, ſchrieb ich 
die Werke: „‚Gonfawa’‘ und „Wjetoslawa“, über 
welche fich die Kritif nicht ungünftig geäußert hat. 


Schüler, Theodor Auguft, wurde am 
26. September 1827 zu Prigwalt in der 
Priegnig geboren, wo fein Vater die Stelle 





verkaufte id) 1865 mein Gut und 30g| eines fgl. Bau⸗Inſpektors befleidete. In 
nad Berlin. Bei dem ausbrechenden feiner Kindheit jehr ſchwächlich und fränf- 
Kriege mit Oſterreich hielt ich es für (ih, hatte er noch feinen Unterricht ge— 
meine Prlicht, dem Qaterlande für Die | noffen, als er, 7 Jahre alt, mit feinen 
Zeit des Krieges meine Dienſte anzu: | Eltern nad; Magdeburg überfiebelte. Nach 
bieten und habe den Feldzug mitgemacht. | yorbereitendem, durch Krankheit unter: 
Gelundheitsverhältniffe nötigten mid), die brochenem Unterrichte, fam er 1839 auf 
Großſtadt zu verlaſſen und nad) Weimar | pas Gymnafium Klofter U. 2. Frauen in 
zu ziehen. Eine Neigung zur Malerei Magdeburg (das ehemalige Kloſter Ber- 
ließ mich hier in die großh. Kunſtſchule gen, die Bildungsjtätte von Wieland, 
eintreten. Trotz meines vorgerüdten Heinr. gſchokke, Carl Jmmermann, Guſtav 
Alters habe ich den Kurſus an derfelben | zu Butlig, Jul. Groſſe u. 9.). Schon 
durchgemacht als Schüler von Thumann, | früh erwachte feine Neigung für Poeſie 
Ferdinand Paumels und Albert Baur. | und felbftändiges Schaffen, in der Prima 
1871 fing id an, Bilder zu malen, denen | pefonders angeregt und gefördert Durch ſei⸗ 


der Erfolg nicht fehlte. Einige davon 
erichienen auch als Holzichnitte in illuftr. 
Beitichriften. Dafielbe Gebrehen, das 
mir den Verfolg der militärifchen Lauf: 
bahn verhindert Hatte, trat jekt aud) 
meinen maleriichen Bejtrebungen in ben 
Weg: mein geſchwächtes Sehvermögen. 
Ich kaufte mich deshalb 1879 wieder auf 


dem Lande an. Die wiederholten jahrelangen 
Aufenthalte in Berlin hatte ich eifri 


benukt, | 





mich mit biftorifchen Studien zu beſchäftigen; am 
nächſten lag mir die Vergangenheit der Gegend, 


in welcher ich auf dem Lande lebte und die noch 


ganz unbearbeitet war. In der „Deutihen Wehr: 


nen unvergeßlichen Lehrer Prof. Ferd. 
Immermann, einen jüngeren Bruder Carl 
AImmermanns. Schon als PBrimaner vers 
öffentlichte er einen Sonetten-Kranz, aber 
pfeudonym, um den Zorn feines verehrten 
aber ftrengen Direftors nicht zu erregen, 
der ſolche „Allotria“ nicht duldete. 1848 
bezog er die Univerfität Berlin, um Theo: 
logie zu Studieren, und jegte diefes Stu— 
dium 1851 in Bonn fort. Im Sommer 


1850 ließ er „Zwanzig Gedichte” lyriſchen In— 


* erſcheinen, deren Ertrag er, in Begeiſterung 
ür die deutſche Kunſt, für den Kölner Dombau 


zeitung“ habe ich damals viele Aufläge mi, beſtimmte. Im Jahre 1852—53 war er 


litärifch-politiihen Inhalts veröffentliht. Im 
Weimar ftellte ih die urkundlich älteften Nach— 
richten über den Kreis Guhrau zufammen, die 
unter dem Titel: ‚Die Kaftellanei Sandemwalde 
und ihre Germanifierung” eridhienen. In At: 


Hauslehrer in der Mark; 1855 wurde 
er zum Pfarrer der jungen evangeliichen 
Diojpora-Gemeinde in Worbis berufen, 
von wo er 1862 einem Rufe nah Gram— 


Schütz. 


zow i. d. Uckermark folgte. Beim Aus— 
bruche des Krieges 1870 ſtellte er ſich in 
patriotiſcher Begeiſterung dem Feldpropſt 
der Armee zur Verfügung und wurde zum 
Diviſionspfarrer der 4. Reſerve-Diviſion 
ernannt, mit der er an den Freuden und 
Leiden, Siegen und Ehren des Korps des 
Generals von Werder teilnehmen durfte. 
Bald nach beendetem Kriege wurde er 
als Oberpfarrer nach Cremmen berufen. 
1855 verheiratete er ſich zum erſten, 1858 


zum zweiten Male. Die Pflichten des Amtes 
ließen ſeine poetiſchen Neigungen zurücktreten, ſo 
daß er von 1850—74 nur hier und da einzelne 
Gedichte im Düffeldorfer Kunftleralbum, Gruppes 
Muſenalmanach, Trebig „Trutznachtigall“ und in 
verjchiedenen Zeitungen veröffentlichte. 1875 er: 
fchien fein: ‚„‚Aus der Kinderwelt — für die Kinder: 
welt“, ein für das zartere Kindesalter beftimmtes 
Büchlein, das faft nur an und mit den Kindern 
Selbfterlebteö in Reimen enthält, 1877 in 2. 
Auflage dur einige Proſa-Geſchichten vermehrt 
wurde und 1884 die 3. Auflage erlebte. Das 
Jahr 1882 brachte: „Deutſcher Voltsfpiegel. Ge: 
dichte aus deuticher Sage und Geſchichte“, ein 
Band epilher Dichtungen, in der unausgelprode: 
nen, aber leicht erfennbaren Abjicht veröffentlicht, 
deutichschriftlihes Wefen in unſerm Volke und 
befonderd auch in unfrer Jugend zu mweden und 
zu ftärfen. Das Werk iſt ſchon deshalb, mehr noch 
wegen der eigenen Trefflichfeit empfehlenswert. 





1845 zu Prag geboren, von den Piariſten 
gebildet und für den geiltlihen Stand 
bejtimmt. Aber der für Kunſt und Li: 
teratur begeifterte Jüngling hatte ein 
anderes Ziel ins Auge gefaßt als die 
Kanzel. Das in ihm jchlummernde poe: 
tiſche Talent brad) fih Bahn und jpornte 
ihn zu hohem Streben an. Bor allem 
anderen zog das Theater ihn an und 
gleih fein erſter dramatischer Verſuch 
glüdte über Hoffen. Das bewog den 
jungen Autor, ausſchließlich der Schrift: 
ftellerei und Journaliftif fi zu widmen. 
In letzterer Beziehung gehört er feit, 
1880 der Redaktion der „Neuen freien 
Preſſe“ in Wien als eines ihrer gead): 
tetften Mitglieder an. Die Mehrzahl 
feiner Stüde wurde mit Erfolg zur Auf: 


Schüts, Friedrich, wurde am 24. April | 
| 





583 


Schuldes. 
führung gebracht. Als die bedeutendſten 
heben wir hervor: 

Gegenſeitig (Luſtſp.), Täuſchung auf Täu— 
ſchung (Schauſp.), Kabale (Schauſp.), Syftema: 
tiſch (Luſtſp.), Zu alt (Luſtſp.), $ 92 (Luſtſp.), 
Wilhelm der Eroberer (Luſtſp.). 


Schuldes, Julius. Ich bin am 2. 
März 1849 zu Hettau bei Bilin im deut— 
ſchen Norden Böhmens geboren, jtudierte 
— vom zehnten Jahre führerlos in der 
Fremde lebend — zuerjt am Gymnafium 
in Brür, dann in Prag. Einem früh: 
zeitigen Hange zur Romantik immer mehr 
folgend, blieb ich — vielleicht nur dur) 
die vom Elternhauje mir zur Verfügung 
ftehenden geringen Geldmittel, welche ihre 
ernüchternde Wirkung nit verfehlten — 
vor Verirrungen bewahrt. Teils durch) 
Familien-Verhältniffe (mein Vater war 
Gerihtsbeamter mit bejcheidenem Ein: 
fommen) gezwungen, teils in der unflaren 
Hoffnung, nad) errungener Selbjtändig- 
feit fo zügellos frei werden zu fünnen, 
wie es der Student geträumt hatte, ließ 
ich mich endlich 1368 beftimmen, als Tele: 
graphenbeaniter in den öfterr. Staatsdienſt 
zu treten. Nach mehrjährigem Aufenthalte 
in Prag und Mien ging id) 1874 aus 
der Reihshauptitadt, wo meine literariiche 
Thätigfeit begann, kurz nad) meiner Ver: 
heiratung gefundheitshalber nach Tetichen, 
trat mit dem Eigentümer der dort erfcheinenden 
politifhen „Zeitung“ in Verbindung und über: 
nahm bald darauf bis zum Jahre 1883 die re» 
daktionelle Leitung des Blattes, welches nun aus 
feiner bisherigen Farblofigkeit heraustrat und in 
dem erbitterten Kampfe, den die von der unge: 
mein fräftigen Provinzprefie geführte deutiche 
Grenzbevölferung gegen dad überwuchernde 
Tſchechenthum aufgenommen hat, unerſchütterlich 
im deutjchnationalen Lager ausharrt. In ‚der 
Zwiſchenzeit erſchien 1879 ein touriftiiches Büch- 
lein „Die böhmiſche Schweiz‘ und 1881 die „nord: 
böhmifchen Volksfagen“, beides Werkchen, denen 
die Preſſe „die danfenswerte Anitiative und 
„vielfachen Verdienſte“ des Verfaflerd nahrühmte, 
der, von Liebe zur heimischen Scholle getragen, 
dahin ftrebte, Nordböhmen, eines der landichaft: 
(ihen Juwele in der Länderfrone des Haufes 
Habsburg, gleich dem Zauberlande am Rhein, mit 
dem poetijchen Reize der Sage zu umgeben. Diefe 
Schriften, jowie die vorhergegangenen journalis 


Sculenberg. 


ftiichen Anregungen in auswärtigen und heimi« 
ſchen Blättern wirkten in der That fo befruchtend, 
daß der von mir in Verbindung mit mehreren 
Naturfreunden ins Leben gerufene Touriftenverein 
raſch erjtarfte und daß ich die Freude hatte zu 
fehen, wie fi für die Bewohner der ärmeren | 
Gebirgsgegenden mannigfache neue Erwerbäquellen 
erichlofien. So alle Kräfte anftrengend, fühlte 
ich gleihmwohl allmälig das Drüdende, im Dienfte 
der Journaliſtik aufzugeben. Ah brady daher 
1883, nachdem unter dem Titel „Iduna“ eine 
Sammlung epildIyrifcher Gedichte erfchienen war, 
alle Verbindungen ab, die mich an den zu enge | 
gewordenen Kreis feflelten und überjiedelte wieder 
nad Wien. 


Schulenberg, Carl Abert Ludwig 
Wilhelm von, zu Berlin am 31. Mai 1845 





584 


Schulte. 


Hermannftadt, dann 1852 außerordent: 
licher, 1857 ordentliher Profeſſor, jpäter 
1875 an der Univerfität in Czernowitz. 
Literariſch iſt S., außer in anerfannt 
verdienftlicher Weife auf rechtswiſſenſchaft— 
lihem Gebiete, auch beionders mit bedeu— 
tenden fulturgefchichtlihen Schriften her: 
vorgetreten. 

Hauptwerke: Siebenbürgiihe Rechtsgeſchichte in 
3 Bänden (2. Aufl. 1867—68), Deutjche Rechts: 
geihichte (2. Aufl. 1868), Abriß der europ. Rechts: 
geichichte (1875), Der Sozialismus und Die 
Internationale nah ihren hervorragenditen Er: 
ſcheinungen in Literatur und Zehen (1875). Über 


die Entwidelung der ftaatsbürgerlihen Freiheit 


in Oſterreich (1878), Aus der Türkenzeit vor und 


geboren, erhielt feine Ausbildung im El: | nad dem Jahre 1600 (2. Aufl. 1879) u. a. 


ternhaufe und auf Gymnafien in Char: 
lottenburg und Berlin. Derjelbe trat als 
Avantageur 1865 bei dem brandenburg: 
ihren Jägerbataillon Nr. 3 ein, wurde im 
gleichen Jahre Fähnrich und 1866 Offizier 
und zum 4. Sarderegiment zu Fuß, ver: 
fegt. Er nahm teil am Kriege wider Dfter: 
rei und feine Verbündeten, ebenfo am 
Feldzuge 1870—71 wider Frankreich. 
1873 zum Premier-Leutnant ernannt, 
nahm er 1875 aus Gejundheitsrüdfichten 
feinen Abſchied. Beteiligte ſich von dieſer 
Zeit bis 1879 an einem großen induftriel: 
len Unternehmen und iſtſeitdem literarifch | 
bejchäftigt mit Jagdwiſſenſchaft. Er er: 
hielt 1883 einen Preis für eine Arbeit 
über Nübezahl von dem Gebirgs:Berein 
für Böhmen und wurde im gleichen Jahre | 
in der Landwehr wieder angeftellt. 1885 | 
zum Hauptmann befördert, hat derjelbe 
jeit 1880 feinen Aufenthalt in Fürjten- 
walde a. d. Spree genommen. 


Schuler vou Libloy, Friedrich, 








ſundheitsrückſichten aufgeben. 
‚in Freienwalde a. d. Oder und jchreibt 


Schulte, Eduard, ift am 4. April 
1841 in Werl in Weitfalen geboren. Er 
bat in Berlin Philologie und Gejchichte 
jtudiert. Ein Gymnaſiallehramt mußte 
er nad) zehnjähriger Thätigkeit aus Ge: 
Er lebt 


 Feuilletons verichiedenen, namentlich po— 


pulärzwiflenichaftlichen Inhalte. 
Selbitändig lieh er 1877 das von echtem Wit 

diktierte Werfchen „Erinnerungen an das alte 

Joachimsthal in Berlin“ erſcheinen. 


Schulte, Johann Friedrih Ritter 
von, iſt am 23. April 1827 in Winter: 


‘berg (MWeitfalen) geboren, widmete fich 


dem Studium der Rechte (Berlin), wurde 
1852 zum Dr. jur. promoviert, war eine 
Zeitlang am Kreisgeriht in Berlin, da— 
nah zu Arnsberg und Bonn bejchäftigt 
und habilitierte fih 1853 an der Uni: 
verfität legtacnannter Stadt. Bereits im 
nächſten Jahre wurde er als außeror: 
dentlicher Profeſſor der Nechte nah) Prag 


wurde am 13. Januar 1827 zu Hermanns | berufen und 1855 zum ordentlichen Pro: 
ftadt geboren, abfolvierte das Gymnafium | feffor des Kirchenrechts und Konfiftorialrat 
dafelbft und die juridifche Fakultät, bezog | ernannt. Im Jahre 1869 erhob ihn 
hierauf die Univerfitäten Wien und Graz, | der Kaiſer von Ojterreich durch Verleihung 
nahm im öfterr. Heere Teil am Winter: | des Ordens der Eijernen Krone in den 
feldzug in Siebenbürgen 1848/49. Nach | erblihen Adelsjtand. Im Jahre 1873 
Vollendung feiner juridiihen Studien folgte Sch. einem Rufe an die Univer: 
wurde ernadh kurzer Gerihtspraris in Graz | fität Bonn. Dort wurde ihm der Titel 
1851 Eupplent an der Rechtsafademie in | eines Geh. Juſtizrates verliehen. Sch. 


Scdultes. 


gehört zu den Führern der altfatholifchen | 


Bewegung. Von 1874—79 war er na- 
tionalliberales Mitglied des deutjchen 
Reihstages. Literariih hat fih Sc. 
einen vorzüglihen Ruf durch feine Werfe 
über Kirchenrecht erworben. 

Hauptwerke: Die Stellung der Konzilien, 


miſchen Päpfte (1871), Lehrbuch der deutichen 
Reihe: und NRechtögeihichte (4. Aufl. 1876), 
Der Kölibatszwang (1876). 


585 


Schultz. 


(1871), Der Königspage (Op. 1872), Süd und 
Nord (Nov. 3. Aufl. 1873), Der Fahnenſchmied 
(Op. 1874), Im Waldesfrieden (Dram. 1878), 
Die Reife nach dem Glüde (Dram. 1879), Deut: 
fhe Treue (Dram. 1879), Eine Partie Schach 
(Dram. 1882), Maigela (Rom. 1883), Der 


| Ehrenpofal (PB. 1883), Liedesweben im deutichen 


Walde (Feitip. 1886), Gambskreß und Enzian 


„ es u A a’ (Bayr. Gebirgd:Erzählungen 1887), Bibus, Prinz 
Päpſte und Biſchöfe (1871), Die Macht der rö— 'v. Heinzelland (dr. Märden 1888). 


Schuls, Alwin, geb. am 6. Auguft 
1838 zu Musfau in der Laufig, erhielt 


Schultes,Karl (der alte Landsknecht), feine Gymnafialbildung in Breslau, be: 
geboren am 9. Juli 1822 in Ansbad), ſuchte 1858 und 1859 die Breslauer Unis 
widmete ſich dem Soldatenſtande und trat verſitãt und ſodann zwei Jahre die kgl. 


nach Abſolvierung der Kadettenſchule zu 


München 1840 als Offizier in die bay— 
riſche Armee. Bald empfand S. es hart, 
daß er feinen Beruf verfehlt habe. Mehr 
und mehr ergriff ihn eine leidenjchaftliche 


Vorliebe für das Theater und bei jeder 


fi) bietenden Gelegenheit machte fein ganz 
ungewöhnliches Schauipielertalent ſich gel: 
tend. Daneben trat er als Dichter mit 





feinen originellen Landsknechtsliedern, voll 
Kraft und Feuer, hervor. Dem funitlie- 
benden und edelgefinnten König Maximi— 
lian II. von Bayern blieb dieje Zwitter: 
ftellung feines Offiziers zwiſchen Pflicht 
und Neigung nicht verborgen, und da er 
von dem Ernſt des jungen Mimen über: 
zeugt wurde, gab er ſelbſt den Anlaß zu 
den Taufch der Bühne mit dem Ererzier: 
plag. Gleich die eriten Schritte, welche S. 
1848 auf die weltbedeutenden Bretterthat, 
waren vom größten Erfolg begleitet. Er 
wirfte dann weiter als Mime in Leipzig, | 
Graz, als Direktor in Regensburg, Mei: 
ningen und Braunschweig und feit 1873 
als Oberregiffeur und artift. Leiter am 
fönigl. Theater zu Wiesbaden. Daneben 
Ihritt auch feine literariihe Thätigkeit 
rüftig vorwärts, feinen Ruf auch als ta- 
(entvoller Jünger Apolls weit verbreitend. 

Hauptwerke: Liebesprobe (Jaubermärden 1847), 
Gedichte und Lieder (von Ludwig Uhland ber: 
ausgegeben, 1851), Der treue Page (Dram. 
1852), Der alte Komödiant (Novelle 1858), 
Brunswids Leu, ſtark und treu (Dram. 1861), 
Ein Roman in 10 Bänden (Schw. 1863), Ne: 
Mame (Rom. 2. Aufl. 1870), Ublenipegel II. 





Bauafademie zu Berlin, um fich für fein 
Studium möglichſt gründlich vorzuberei: 
ten. Da die auf der Akademie zugebrad): 
ten Jahre ihn von der Breslauer Univer: 
fität, als er feine Doftorprüfung ablegen 
wollte, nicht angerechnet wurde, mußte er 
noch zwei Jahre in Breslau ftudieren und 
erlangte erjt 1864 den Doftorgrad. Schon 
1862 hatte er eine Abhandlung über Bau und 
Einrichtung der Hofburgen des 12. und 13. Jahr: 
hunderts veröffentlicht und 1864 die Differtation 
de vita atque operibus magistri Jodoci Tau- 


chen lapicidae Wratislaviensis saeculo XV. 


florentis berauögegeben. 1866 erichien feine 
„Urktundlihe Geichichte der Breslauer Maler: 
innung bis 1523“; mit der Difiertation quid 
de perfecta corporis humani=pulchritudine 
Germani saeculi XII. et XIll. senserint ba: 
bilitierte er fich als Privatdozent an der Breslauer 
Univerfität. 1868 gab er eine Beichreibung des 
Breslauer Rathaufes (mit Tafeln nad) Lüdede) 
beraus, 1869 die Beichreibung der Breslauer Bil: 
derhandichrift des Froiſſart, 1870 Sclefiens 
Kunftleben im 13. und 14. Jahrhundert, 1871 
Die ſchleſiſchen Siegel bis 1250 (mit 9 Tafeln 
nad eigenen Aufnahmen), 1872 Schlefiens Kunft: 
leben im 15.—18. Jahrhundert. 1872 wurde 


‚er zum außerordentl. Profeſſor ernannt. 


1875 veröffentlihte er die Schlefiihen Kunft: 
denfmale und gab 1875 die Legende vom Leben 
der Jungfrau Maria heraus. „Das höfiſche Le: 
ben zur Zeit der Minnejinger“ erichien 1879 und 
1880 (2. Aufl. 1889), die Abhandlung „Gerhard 
Heinrih von Amjterdam, Bildhauer in Breslau” 
1580, 1882 daS Buch „Unterfuhungen zur Ges 
ſchichte der jchlejiishen Maler (1500 —1800). 
1882 wurde er als ordentl. Profeflor an 
die deutiche Univerfität zu Prag berufen. 
1884 veröffentlichte er die Schrift „Kunſt und 
Kunitgeihichte, eine Einführung in die neue Kunft: 


— 


Schulge. 


geichichte” (2. Aufl. 1887). Eine neue Ausgabe 
des Weißkunigs, im Auftrage des f. k. Oberft: 
fämmerer: Amtes bearbeitet, ift 1888 erfchienen. 


586 


Schulge, Ernit Wilhelm, ift am 
30. Juli 1837 zu Tribjees in Neuvor: | 


pommern geboren, wo fein Vater Rektor 
der Stadtichule war. Er ftarb bereits in 
feinem vierten Lebensjahr. Seine erjte 
Ausbildung empfing er in feiner Ge: 
burtsftadt. Mit feinem 14. Jahr fam 
er an das Gymnafium zu Greifswald, 
wo der damalige Direktor Hiede, ein be- 
fannter Ajthetifer und Herausgeber der 
Ehtermeyerihen Gedihtfammlung, auf 
feine geiftige Entwidelung den weſent— 
lihiten Einfluß ausübte. Won 1857 ab 
ftudierte er erft in Greifswald, dann in 
Breslau Theologie und Philologie und 
nahm darauf mehrere Hauslehreritellen 
an. Nachdem er feine theologischen Prü: 
fungen abfolviert und auf eine Diſſerta— 
tion über das Verhältnis der Moral zur 
Spefulation in Halle zum Dr. phil. pro: 
moviert worden, wurde er 1865 vom 
Konfijtorium als zweiter Prediger nad) 
Lauenburg in Pommern geihidt. 1869 
wurde er Paſtor zu Nobe bei Treptow 
a./R., 1871 Oberpfarrer zu Zabes, 1885 
Superintendent und Kreisichulinfpektor in 
Sollnow. 

Er gab 1874 die Gedichtiammlung „Deutſch 
und Welſch“, einen poetiichen Zeitfpiegel, der an 
dem Faden einer frei erfundenen Erzählung die 
Hauptereignifle des franzöfiihen Krieges dar— 
ftellte, und 1880 „Zwiſchen Tiber und Spree“ 
heraus, welches lettere Gedicht in einer Erzäh— 
lung einige Seiten des Kulturkampfes behandelt. 
Kleinere lyriſche Gedichte bat er in vereinzelten 
Zeitichriften erfcheinen laſſen. — Diele Werte 
wurden von der Kritik fehr günftig beurteilt. 


1846 zu Groß-Rietz im Kreiſe Beeskow 
(Darf Brandenburg) als Sohn des dorti- 
gen Kantors. Er bejuchte die Dorfichule 
feines Vaters, hatte daneben Brivatunter: 
richt beim Orispfarrer, trat 1859 in das 
fönigl. Joahimsthalihe Gymnaſium ein, 
defien Alumnus er bis 1866 war, ging 
als primus omnium ab und jtudierte 1866 








— Schulz. 

bis 1869 in Berlin Theologie, wobei er 
ſich beſonders an Steinmeyer und Tweſten 
anſchloß. Während ſeiner Studien- ſo— 
wie ſeiner ebenfalls in Berlin verlebten 
Kandidatenzeit bekleidete er die Stelle 


eines Parlamentsſtenographen, deren Eins 


fünfte ihm Subſiſtenzmittel gewährten. 
Seit 1882 verwaltete er nach einander 
mehrere Pfarrämter in der Marf, bis er 
1854 zum Pfarrer in Libbenichen bei 
Dolgelin ernannt wurde. Sc. hat ſich neben 
jeinem Amte vielfach) mit mathematischen umd na— 
turmiffenichaftlihen Studien beichäfßigt, daneben 
Heinere Broſchüren und in der chriftlichen Tages: 


preſſe Aufläge mannigfahen Inhalts veröffent: 


licht; eine größere Anzahl derielben war feit 1876 
in dem „Quellwaſſer fürs deutiche Haus” er 
ichienen, mit deſſen Verleger, Wolf Lothar Temter, 
er befreundet war. Als dieſer Ende 1884 das 
„Quellwaſſer“ nach Leipzig überließ, empfahl er 
Sch. als Redakteur, als welder er noch jetzt 
(1888) fungiert. 

Schulz, Albert (San Marte), wurde 
am 18. Mai 1802 zu Ehmedt a.d. O. 
als der Sohn des Direktors der Juſtiz— 
fammer dajelbit geboren, abjolvierte Das 
Pädagogium zu Züllihau, ftudierte unter 
Göſchen in Berlin und unter Dittermaier 
in Heidelberg die Rechte und trat 1825 
in den Staatsdienft (Auskultator in Bran— 
denburg, Referendar in Naumburg, Res 
gierungsrat und Juftiziar in Magdeburg 
und Bromberg). Im Jahre 1843 wurde 
er als Verwaltungsrat in das Schulfolle 
gium der Prov. Sachſen nah Magdeburg 
berufen. In Anerfennung jeiner ver: 
dienſtlichen Wirkſamkeit erhielt er 1865 
den Titel „Seheimer Regierungsrat” und 
wurde durch die Verleihung des roten 
Adlerordens III. mil der Schleife und 


‚des Kronenordens II. ausgezeichnet. Seit 
Schulte, Otto, geboren den 25. Juni gezeich 


1832 war er mit Klara, Tochter des 
Bergrats Lepfius, vermählt, die ihm nach 
30jähriger glücklichſter Ehe durch den Tod 
entriſſen wurde. 

Literariſch trat S. zuerſt als Referendar in 
Naumburg hervor. Koberſtein war es, der ihn 
ermunterte und ihn ſpeziell mit den Schätzen 
mittelhochdeutſcher Kiteratur vertraut machte. Die 
ſes Gebiet erwählte fih S. befonders und auf 
diefem bat er Hervorragendes geleiftet. Zunächſt 


Schulz. 


fuchte er neue Wege zu den breiten Grundlagen 
des Artus · und Gralfagenkreiles zu bahnen. Seine 
1840 preisgefrönte Schrift über diefen Gegenftand 
feste ihn mit allen Gleihdentenden in Verbindung 
“ und wurde ihm ein Sporn zu weiterem fForfchen 
und Vordringen. Er machte ſich dann vor allem 


durch feinen bedeutenden Auffat „Über die Sa: 
en vom heiligen Gral nad) dem Standpunft der | 


tſchen Wiſſenſchaft“ verdient. Die Univerfität 
Königsberg ernannte S. 1862 zum Ehrendoltor, 
auch wurde er Mitglied einer Reihe von gelehr: 
ten Gefellihaften. Hauptwerfe: Über den Wert 
von Provinzialgelegen (1830), Parzival, Ritter: 
gediht von Wolfram von Eſchenbach, im Aus: 
zuge mitgeteilt (1833), Leben und Dichten Wolf: 
rams von Eihenbah (1836, 3. verbeil. Aufl. 
1837), Gudrun, Nordſeeſage, nebit Abhandlung 
über das mittelhochdeutiche Gedicht Gudrun und 
den Nordſeeſagenkreis (1839), Die Arthusfage 
und die Märchen des roten Buchs von Hergeit 
(preiägefrönt, 1842), Groß-Bolens Nationaliagen, 
Märchen und Legenden und Lolaljagen des Grof« 

zogtums Poſen (1842), Rennius und Gildas 
1844), Des Kreuzes Prüfung (Glaubenstragödie 
1845), Beiträge zur bretoniſchen und feltich-ger: 
manijchen er Ark (1847), Die polniihe Kö: 
nigsſage, nad) den Quellen dargejtellt und kritiſch 
erörtert (1848), Die evangeliihen Domkapitel in 
der Provinz Sachen (1850), Die Sagen von 
Merlin (1853), Gottfried von Monmouth Histo- 
ria regum Britanniae (1854), Zur Waffentunde 
des Älteren deutſchen Mittelalters (1867), Rück— 
bfide auf Dichtungen und Sagen des deutichen 
Mittelalterd (1872), Wilhelm von Orange (1873). 


Schulz, Carl (Carl Schaffrath). Ich 
bin am 5. Auguft 1831 in Guben ge 
boren, habe bie erite Schulzeit in Hoyers- 
werda durchgemacht, wurde 1841 Schü: 
(er der deutjchen Schule in den Franke— 
ſchen Stiftungen in Halle, 1841 Zögling 
ber Waijenanitalt, 1844 Schüler der La— 
tina, die ic 1851 mit dem Zeugnis der 
Neife verlieh. Ich ftudierte in Halle 
Theologie. Nach 3 Semeftern befiel mich 
ein ſchweres Augenleiden, das mic ein 

Jahr am Leſen hinderte. Trotzdem 
* ich ſchon 1854 die erſte theolo- 
giſche Prüfung. Meine Gedanken waren 
zunächſt auf die Schule gerichtet, wozu ich 
durch das pädagogiiche Seminar angeregt 
war, das Dr. Kramer leitete. Nachdem 
ih 1855 einige Donate hindurch an der 
von Fräulein Pohhammer übernommenen 
höheren Töchterſchule unterrichtet hatte, 


587 











— Schulze. 

wurde ich Lehrer an der Latina, beſtand 
1856 mein zweites theologiſches Examen 
und übernahm 1857 eine Stelle als Leh— 


‚rer an dem neubegründeten Bugenhagen: 


Ihen Gymnafium zu Treptow a./R., zu: 
gleih als Inſpektor an dem zu errichten: 
den Familienalumnat, das mit 12 Zög— 
lingen ins Leben trat. Nachdem ich nod) 
eine philologiihe Prüfung beftanden und 
hiermit das Ziel einer gefiherten Lebens: 
ftellung erreicht hatte, fand ich nunmehr 
erit Zeit und Luſt zu fchriftitellerjicher 
Thätigfeit, zu der mid) zuerjt das poli— 
tiihe Intereſſe anregte. 

Einige Aufläe fanden im „Volksblatt für 
Stadt und Land“ Aufnahme, andere im „Treuen 


Pommern”, den ih dann von 1863 an felbft 
redigierte, was fo viel zu bedeuten hatte, dab 


ich den ganzen politiichen Teil jelbit ſchrieb. Das 


geſchah unter den Eindrüden der Konfliktszeit, 
der jchleswig-holfteinihen Streitfrage und des 
dänischen Krieges. Diefe Thätigfeit gab ich 1865 
auf. Dann regten auch die kirchlichen Berhält: 
niffe zur Abfaffung der Schrift „Die Union“ 


(1868) an. Durd das Studium der griechiichen 


Dramatiker wurde ich zu dramatiihen Verjuchen 
angeregt. Auf die Bühne gelangte zuerſt „Kö— 
nigin Luiſe“ (1873), dann „Strafford“ (1874). 
Bis zum Jahre 1880 bin ich mit der Bühne 
auch als Kritifer in Verbindung geblieben. Dra: 
maturgifche Aufläge jchrieb ich in nicht geringer 
Zahl für die „Neue Zeit”, das Organ der Ge- 
ſellſchaft dramatiſcher Autoren und Komponiften, 
deren Redaktion ich fchliehlih 1879 übernahm 
und bis 1880 fortführte. 1880 nötigte mid, wies 
der ein Augenleiden, dad Lejen und Schreiben 
einzuftellen. Das im Jahre 1880 verfahte Bud 
„Das Wort von dem Gefreuzigten und Auferftan- 
denen” ift in die Feder diktiert worden. Das 
im Jahr vorher entitandene Buch „Die Beweife 
für das Dafein Gottes“ habe ich noch jelbft, wenn 
auch mit Mühe fchreiben können. Seit 1881 ar: 
beite ih an einem philofophiichen Buche, das ich 
unter dem Titel „Der Weisheit Anfang und Ziel, 
eine geiftesgefchichtlihe Unterfuhung über die 
Wahrheit und die Bedeutung des Gotteögedan« 
tens" herauszugeben gedenfe. 1876 erfhien meine 
Novelle „Ein Gelübde“. 


Schulze, Ernſt Heinrih Ferdinand, 
geb. zu Gotha am 31. Dftober 1842. 
Sebildet auf dem Gymnaſium feiner Va— 
teritabt, bezog er 1862 die Univerfität 
Jena, im folgenden Jahre ging er nad) 
Bonn und jtudierte, hauptſächlich unter 


Schulze. 


Jahns und Nitihls Leitung, Philologie | 
und Archäologie. Nahdem cr 1866 die! 
Univerfitätsftudien abgeſchloſſen hatte, 
wurde er als Gymnaſiallehrer nad) Gotha | 
berufen. Im Fahre 1872 folgte er einem | 
Nufe nah St. Vetersburg, um das Di: 
reftorat der Schule der reformierten Ge: 
meinde, eines Gymnaſiums und einer | 
Realſchule, zu übernehmen. Won ihm find, | 
abgejehen von Auflägen in Zeitichriften, 
bauptfählic folgende Schriften zu er: 
wäbhnen: 

Beichreibung der Balenfammlung des Freiherrn 
von Seefen (1871), Alte Handzeihnung eines 
Reliefs mit Daritellung eines Salierumzuges 
(1873), Das alte Nom als Großſtadt und Welt: 
ftadt (Virchow-Holtzend.Vortr. Nr. 302), Skizzen 
belleniiher Dichtkunſt (1880), Adiumenta La- 
tinitatis, Grundzüge des lateinischen Stils in 
Verbindung mit Überjegungsftüden für die oberite 
Stufe des Oymnafiums (1883), Dr. Adolf Morit | 
Schulze, ein Bild feines Lebens und Wirfens für 
Verwandte und freunde (1884), Grundriß der 
Logik und Uberfiht über die griechiſche Philoſo— 
phie, für die Prima der Gnmnafien bearbeitet | 
(1885). | 





Schulze, Georg Wilhelm, geboren 
am 7. April 1829 zu Göttingen, Sohn 
aut fituierter Eltern, deren Vermögen den 
binterbliebenen Kindern buch Untreue 
des Vormundes genommen wurde. In 
bitterfte Armut geraten, wurde S. im Göt— 
tinger Waifenhaufe erzogen, beſuchte das 
Gymnaſium und nad) beftandenem Abi: 
turienten-Eramen die dortige Univerfität, | 
wurde Hauslehrer und Hausfaplan in 
Mecklenburg und dann als Mijfions- Pre: 
diger berufen. Auf feinen vielen Reifen, 
lernte er Deutichland, England, Frank: 
reih, Rußland 2c. kennen und ſchärfte 
feinen Blid für Land und Leute. Jetzt 
it er erfter Prediger der vom Staate uns 
abhängigen freien evang.luther. Jeluss 
fiche in Berlin. Sch., der als Kanzel: 
redner eines großen Rufes fi erfreut — 
er führt einen, jedem Berliner wohlbe: 





Schulze. 


Richtung ihnen große Verbreitung ge: 
wonnen. Eo liegen feine „Geiftlichen Lieder“ 
in 15. Nuflage, fein „Berlorener Sohn” in 8. 
Auflage, feine „Anna Roſe“ in 25. Auflage, fein 


' Staat und Chriftentum in 2. Auflage vor. 


Schulze, Konſtanz (Konſt. Silefius), 
wurde am 15. Juli 1822 zu Breslau ge: 
boren, abfolvierte daielbit das Gumnafium 
unter Echönborn und bezog 1840 Die 
dortige Univerfität, um Rechtswiſſenſchaft 
zu ftudieren. In Colberg, wohin ihn der 
Staatsdienit führte, fand Cd. Muße zur 
Ausübung jeines unverkennbar Inriichen 
Talentes. Dort entitand fein Werk: 
Morgen und Mittag (1882), das echte Gold— 
fürner enthält, aber bis jeßt das einzige 
Erzeugnis von Sch.'s Muſe geblieben it. 
Sc. amtiert feit vielen Jahren als Land— 
gerihtsrat in Stolp. Er ift Mitheraus- 
geber des „Deutichen Parnaſſes.“ 


Schulze-Smidt, Bernhardine (E. 
Oswald), am 19. Auguft 1346 in Dun: 
gen bei Bremen geboren, erhielt eine treff- 
liche Erziehung in Bremen, die auch be: 
ſonders Nüdfiht nahın auf die fchönen 
Talente des jungen Mädchens und vor: 
nehmlih ihren Wiſſensdurſt nah den 
Meiſterwerken unferer Literatur zu jtillen 
befliffen war. Früh ſchon begann Bern: 
hardine ſelbſt kleine fchriftitelleriiche Ver— 
ſuche, deren ſpätere Vervollkommnung als 
ſchöne und reife Früchte zu betrachten ſind, 
die ihrer Eigenart wegen mit Recht ſehr 
günſtig beurteilt wurden und von denen 
wir beſonders Inge von Rantum (Nov. 1880) 
hervorheben. Die Autorin lebt, feit 1870 
mitdem Regierungsrat Schulze verheiratet, 
jeit 1836 verwitwet, in Münden. 

Hauptwerke: Fern von der Welt Getriebe (1874), 
Aus Heimat und Fremde (1875), Im Aquarium 
(1876), Rita Gerrits (1878), Rote Kohlen (1582), 
Er lebt (1884), Rufjtiche Sagen (1856). 

Schumann, Friedr. Theodor Juftus, 
wurde am 18. Oftober 1844 in Neu: 


fannten Beinamen, ihm vom Volksmunde haufen, einem Dorfe bei Rathenow, ge: 


verlichen — ragt literariich bejonders als 
Dichter frommer Weiſen hervor, deren 
Form: und Inhaltreinheit, ſowie ihre hehre 


boren, wofelbjt fein Vater Prediger war. 
Die poetiihen Neigungen des Anaben 
wurden Durch die treffliche Erziehung des 


Schumann. 


Vaters in richtige Bahnen geleitet und 
bildeten neben der Liebe zur Natur die 
Grundſtimmung ſeines Weſens. 
zehnjährig, beſuchte er zuerſt das Gym— 
naſium, ſpäter die Ritterakademie zu 


Brandenburg a. H.; hier trat der Drang 


zu felbjtändigem Ddichteriihen Schaffen 
lebhaft hervor. Er verfaßte ein fünf: 
aftiges Drama, das freilid ein unreifes 
Jugendwerk war und blieb, und jchrieb 
fleinere lyriſche Gedichte, von denen das 
eine Die erfte Naht aus feiner ſpäter her: 
ausgegebenen Gedidhtiammlung bejonders 
hervorgehoben wurde. ALS der Krieg, 
1866 mit Ofterreih ausbrad, wurde ©. 
zur Fahne wieder einberufen. In Djter: | 
reich hatte er auf Streifzügen Gelegen: 
heit, Zand und Leute näher fennen zu 
lernen und intereffante Beobachtungen in 
Bezug auf Leben, Charakter und Sitten 
des Volkes in Böhmen, Mähren 2c. an: 
zuftellen. Leider hatten die Strapazen 
des Feldzuges ein langwieriges Nerven: 
leiden zur Folge, weldes S., nachdem 
er eine Zeitlang feinen afademiihen Stu: 
dien obgelegen, nötigte, von jeder regel⸗ 
mäßigen Berufsthätigkeit abzuſtehen und 
nur ſeiner Geſundheit zu leben. Nun er— 
wachte der dichteriſche Schaffenstrieb wieder und 
neben kleinen naturwiſſenſchaftlichen u. a. Ar: 
tikeln entitand nad) und nad eine größere Ans 
zahl von lyriſchen und epiſchen Dichtungen, welche 
zunächſt faſt ſämmtlich in verſchiedenen beſſeren 


Zeitſchriften veröffentlicht wurden, ſodann aber ge 


unter dem Titel „Geſammelte Dichtungen“ (1885) 
erſchienen und durch ihre Formenihönheit, ge 
tragen von hohem poetiichen Sinne, mit Recht 
die allgemeine Anerkennung fanden. 


Schumann, Guftav (Bliemden), 
wurde am 20. Mai 1851 in Trebfen bei 
Grimma geboren. Er bezog mit ſech— 
zehn Jahren das Hauptieminar zu Grimma 
und genügte nad) feinem Austritt aus 
demjelben während des deutſch-franzöſi— 
hen Krieges feiner Militärpfliht. Seit 
1872 befleidet er ein Lehramt in Leipzig. 
Seine fchriftjtelleriiche Thätigfeit begann 
er 1876 an der neubegründeten humo— 
riſtiſchen Wochenſchrift „Bud“. Ein glüd: 


589 


Fünf⸗ 


— Schuppe. 

licher Wurf war es, als er in Gemein— 
ſchaft mit ſeinem Bruder Paul (geboren 
1856, geſt. als Student 1880) der ge— 
nannten Zeitſchrift in dem „Partikulariſten 
Bliemchen aus Dresden” eine ftehende 
Figur ſchuf, die fi bald weit über die 
Grenzen ihres engeren Baterlandes hin— 
aus großer Beliebtheit erfreute, und die 
jeit 1878, nad) dem Eingehen des „Puck“, 
in jelbitändigen Schriften auftritt. So 
find nad) und nad in vielfachen Auflagen (die, 
des prächtigen Humors der Werfchen halber, wohl: 
verdient find) erichienen: Partikulariſt Bliemchen 
in Paris (1878), die „Memoiren“ (1879), Aus 
| der Mappe des Partikularijten Bliemchen (1880), 
| Bliemchen in der Schweiz (1881), in der Sommer: 
friihe (1882), in Bayreuth; (1882), die „Fami— 
liengeſchichten“ (1883), Bliemchen in Yondon 
1884), auf dem deutichen Bundesſchießen in 
Leipzig (1884), in Karlsbad (1885), auf dem 
Dresdener QTurnfeit (1885), Nur hibſch gemicth: 
lich! Stammdiſchgeſchichten (1886), Bliemchen in 
Italien, zwei Bände (1887). 


Schuppe, A., ſ. A. Benfey. 


Schuppe, Emilie (H. M. Frey). Ich 
bin in Brieg in Oberſchleſien am 10. No— 
vember 1843 geboren, verlebte meine 
Kindheit in Groß⸗Glogau in Schlefien und 
kam 1858 nach Berlin, wohin mein Vater 
als Ober-Tribunalsrat verſetzt wurde. Als 
jüngjtes Kind von 6 Geſchwiſtern übten 
‚die drei Älteren Brüder und die zwei 
Schweitern großen Einfluß auf mein geifti- 
8 Leben aus, und id nahm zeitig regen 
Anteil an Bolitik, Literatur und Muſik, 
welche durch meine talentvolle Schweiter 
Anna Benfey jehr viel in unjerem Haufe 
getrieben wurde. 1864 zogen meine El: 
tern nad) Breslau; meine ganze Thätig- 
feit widmete ich hier der Pflege meiner 
geliebten Mutter und der Führung der 
Wirtſchaft. 1871 ftarb meine Mutter, 
und ich jtand nun allein der Haushaltung 
meincs Vaters vor, bis vor 6 Jahren eine 
chronische Krankheit mir die Kräfte raubte, 
eine körperlich anjtrengende Thätigfeit 
vorzunehmen, und jo benußte id nun 
meine Mußejtunden, um den langgehegten 
Wunih auszuführen und für die Jugend 











Schur. 


Geſchichten zu ſchreiben. Es ſind bis jetzt Ehrenmitglied deſſelben. 


590 


Schuſter. 


Von 1852 an 


ſechs Bücher von mir in der Offentlichkeit erihie: | wirkte er als Privatlehrer der Mathematik 


nen, vier Bücher für Kinder von 10—13 Jahren 
und zwei Bücher für junge Mädchen von 14 bis 
18 Jahren. Außerdem bin ih Mitarbeiterin 
vieler Zeitichriften. 


Schur, Adolph Chriftian Wilhelm, | 
geboren in Altona am 15. April 1846, | 


jtudierte 1864 — 67 in Kielund Göttingen, 
war 1868—73 Aſſiſtent am Kgl. geo: 
dätiichen Snftitut in Berlin, dann 1873 
bis 1886 folgemeife Aſſiſtent, Obfervator 
und ftellvertretender Direktor der Stern: 
warte in Straßburg und feit 1886 
ordentliher Profeſſor der Aftronomie 





und Director der Sternwarte in Göttin: | 


deutihen Akademie der Naturforjcher; 


beteiligte ih im Jahre 1874 an der 
Reihs-Erpedition zur Beobachtung des 
Venusdurdgangs nah den Audlands- 
Inſeln (Auftralien). 

Hauptwerfe: Unterfuhungen über die Bahn des 
Doppeliterns 70 Opbindi (Differtation 1867), 
Beitimmung der Maſſe ded3 Planeten Yupiter 
aus Heliometer » Meffungen der Abftände feiner 
Satelliten (Habilitationsfchrift 1882, von ber 
Pariſer Akademie preiägefrönt). 


Schurig, B. E. Richard, geboren 
am 6. Juni 1820 zu Aue im ſächſ. Erz: 
ebirge als Sohn des Kantor Sch., be: 
Khäftigte fih von Jugend auf mit 
Mathematif und Nftronomie. Er be 
juhte von 1841 an das Seminar zu 
Dresden, von wo er 1845 als Kandidat 
des Schulamts abging. 1845—48 wirfte 
er als Lehrer der Mathematik und Mufif. 
1848 wurde er infolge unvorfichtigen 
Gebahrens eines Freundes in die Bruft 
geichofien. Die bis zum Nüdgrat vor: 
gedrungene Kugel konnte nicht entfernt 
werden. Er ftudierte von 1848 —52 
Mathematik und Ajtronomie an der Uni- 
verfität zu Leipzig unter Drobiſch, Möbius, 
d’Arreit (als Famulus), Hanfel u. f. w. 
Von d'Arreſt in einem Zeugnis als „un: 
gewöhnliches mathematiiches Talent“ be: 
zeichnet, gründete er 1848 den Schad) 


in 2eipzig, 1859 einige Zeit als Vikar 


‚für den 1. Mathematiker an der Nikolai— 


ſchule. 1883—85 erſchien fein Lehrbuch der 
Arithmetit in 3 umfangreihen Bänden, weldes 
von der Kritif als „beites” Lehrbuch bezeichnet 
ward. Namentlih enthält der 3. Teil (Gleis 
dungen u. f. mw.) fehr viel Neues. 1886 er: 
fhien von ihm: Tabulae caelestes, Atlas aller 
mit bloßen Augen fihtbaren Sterne ded ganzen 
Himmels. Derfelbe wird noch denen von Heis 
und Argelander vorgezogen. Die meilten Werfe 
Lübſens wurden von ihm wiederholt in neuen 
Auflagen herausgegeben. Der Analyfis fügte er 
viele neue Sätze und Theorien bei. Artikel in 
den Encyklopädien von Erfh und Gruber 
(Gnomonif), Meyer und Spamer, ſowie in der 


gen, Mitglied der Kaiferl. Leop. Carol. | Sluftrierten Zeitung, im Leipziger Tageblatt und 


anderen Beitichriften. Die feit 1871 im Xeip: 
ziger Tageblatt erſcheinenden arithmetiſchen Auf: 
naben erregten überall das höchſte Intereſſe. 
Bon 1859 an Verfafler des aftronomilchen Teiles 
vieler Kalender. Lehrbuch des Go (3 Auflagen). 
Kleines Lehrbuch des Schadhes und States. 


Schufter, Heinrid) Maria. Ich bin 
geboren am 5. Auguft 1847 als Sohn 
des öjterr. Hauptmanns fpäter Majors 
Georg Sch. zu Tabor in Böhmen. Ich 
ftudierte zu Wien am akad. Gymnafium, 
von 1865—69 als Hörer der Nedhte on 
der Univerfität Wien; 1871 zum Doctor 
der Rechte promoviert, ftudierte ich noch 
ein Semefter in Berlin, um mid für 
die gewählte akademiſche Laufbahn vor» 
zubereiten, unter Domeyer, Bejeler und 
Behrend. 1873 hHabilitirte ich mich zu 
Wien als Docent des deutichen Rechtes, 
wurde 1879 zum außerorbentl. Profeſſor 
diefer Fächer und 1885 außerdem noch 
zum außerorbentl. Profeſſor des öſterr. 
Bergrechtes ernannt. Meine größeren rechts: 
wilienihaftlihen Arbeiten find: Eine Ausgabe 
des Wiener Stadtrechts- oder Weichbildbuches 
aus dem Mittelalter (1873), Das Spiel, feine 
Entwidelung und Bedeutung im deutihen Rechte 
(1878), Beiträge zur Lehre vom Bergwerfseigen 
tum nad) öfterr, Rechte (1880—188)2, Der Über 
bang und Überfall im deutfchen und öfterr. Rechte 
(1882), Der Überhang und Überfall nad) der Re: 
zeption des röm. Rechts (1882), Der Überhang im 
öfterr. Rechte mit Berüdfichtigung der wichtigiten 
andern Geſetzgebungen (1883), Beiträge zur Aus: 


Hub Auguften in Leipzig und war fpäter legung des Sachſenſpiegels (1884), Jacob Grimm 


Schvarcez. — 
in ſeiner Bedeutung für die Rechtswiſſenſchaft, 
eine Skizze zu ſeinem hundertſten Geburisfeſte 
(1885). Außerdem habe ich aber von 
früher Jugend auf Muſik eifrig getrieben, 
id) bin von Epftein in Wien im Klavier: 
ſpiel unterrichtet worden, und habe bei 
Anton Brudner ebendafelbit Harmonie: 
lehre gehört, ſowie früher muſikgeſchicht— 
lihe Vorlefungen. Seit 1872 bin ih auch 
als Muſikſchriftſteller aufgetreten, zuerft als Kor» 
refpondent der Leipziger „Tonhalle“, dann mit 
einem Aufſatz: „Robert Franz“, und „E. M. 
v. Weber, ferner war ich mufifal, Mitarbeiter der 
Miener „Allg. Kunſtchronik“ und anderer Zeit: 
ſchriften, auch bin ich Vorftandsmitglied des Wiener 
afadem. Wagnervereins. 


Schvarez, Julius, wurde am 7. Des 
zember 1838 zu Etuhlweißenburg in Un: 
garn geboren, und da fein Vater, Ober: 
Icutnant in einem ungar. Inf.-Regiment, 
frühzeitig (1841) ftarb, im Haufe feines 
mütterlihen Großvater, Michael von 
Horhy, der ein vieljeitiger Gelehrter war, 
unter der Anleitung feiner hochgebildeten 
und berzensguten Mutter ſorgfältigſt er= 
zogen. Nach erfolgreicher Beendigung 
feiner Gymnafialzeit in Stuhlweißenburg 
und Budapeſt ftudierte S. Rechts: und 
Etaatswillenichaften, daneben auch klaſſi— 
Ihe Philologie und Naturwiſſenſchaften 
an den Univerfitäten Budapeſt (1856 bis 
1858), Münden (1858—59) und Berlin 
(1859— 60) und widmete fi alſogleich 
nad feiner Rückkehr als unabhängiger 
Grundbefiger mit rajtlofer Hingebung dem 
wiſſenſchaftlichen Forihen und Denken. 
Noch als Student jchrieb cr eine engliſche Ab— 
handlung über das Alter des Menſchengeſchlechts 
(1858). Seine Lehrjahre in Deutichland benutte 
er zugleich zu eingehenden Studien über die geo— 
logiihen Anfichten des grichiichen Altertums und 
veröffentlichte feine diesbezüglichen Ergebniffe nach— 
einander in altgriechiicher, englifcher und unga: 
riiher Sprade. Auf Grund feiner altgriechiichen 
Abhandlung Meraviovoz Ilavvovioy rap! puoew⸗ Tu 
7.070, erhielt erdas Doftordiplom von der Univer: 
fität Jena ; fein englifches Wert „The Failure of 
Geological Attempts made by the Greeks, 
prior to the Epoch of Alexander the Great“ 
(1862-8) fand ſowohl in englifchen als auch in 
franzöfiihen Gelehrtenfreifen eine auszeichnende 
Aufnahme. Bald darauf jchrieb S. über das 


591 














Schwartz. 


Alter der Menfchenrafien, wofür er zum forre 
ſpond. Mitgliede der Ethnological Society 
von London gewählt wurde. m Jahre 1862 
wurde feine Abhandlung über den Urjprung des 
beliocentriichen Gedankens, im Jahre 1867 aber 
fein kritiſcher Verſuch über die Theorie der 
inneren Erdwärme vor der British Association 
vorgelejen. Mittlerweile wurde S. zum Mitgliede 
der ungariichen Akademie ermwählt (1864) und 
bald darauf wohl auch veranlaft, feine literariiche 
Thätigkeit auf fein Lieblingsftudium, nämlich 
Staatswifjenihaft, zu beichränten, auf welchem 
Gebiete er feit diefer Zeit mit ununterbrochener 
Thätigkeit arbeitet. Auf den Verſuch über den 
Staat, welder von ihm 1861 erſchien, folgten 
zuerft zahlreiche unterrichtspolitiiche Schriften in 
ungarifcher Sprache, darunter ein ſehr umfang: 
reihed Werk unter dem Titel „Die Reform des 
Unterrichtsweſens als politifches Bedürfnis in 
Ungarn” (1865—69); dann ſchrieb er ein Re: 
formwerk „Unſere Staatseinrihtungen und bie 
Erfordernifje der Zeit“ (1870— 75). Alle diefe 
Veröffentlihungen hängen mit feiner Laufbahn 
zujammen, denn lange noch bevor er zum Reichs— 
tags-Abgeordneten erwählt wurde, tradjtete er 
ihon als publiziftiih thätiger Neformer durch 
Wort und Schrift eine Bewegung zu Gunften 
einer zeitgemäßen Reform des gejammten Unter: 
richtsweſens ſowie auch jo mancher Staatseinridh- 
tungen Ungarns hervorzurufen, was ihm auch zum 
Teil gelungen iſt. Er kam 1868 ins Abgeordneten» 
haus des ungarischen Reichstags. Sein Haupt: 
wert „Die Demokratie” iſt die reihe Frucht 
von vieljähriger Arbeit und ift auf 6 Bände ber 
rechnet, wovon bis jet blos der erfte Band (auch 
unter dem Geparattitel „Die Demokratie von 
Athen“) erichienen ift (1878—82). Der zweite 
Band, enthaltend die „Römiſche Maſſenherrſchaft“, 
und die italienischen Republifen ꝛc. erfcheint dem: 
nächſt. Ein zweites Werk von ftaatswiffenichaft: 
licher Bedeutung begann S., parallel mit feinem 
Hauptwerf, unter dem Titel „Elemente der Politik“ 
in deutſcher Sprache zu veröffentlichen (1884). 
Außer den genannten find von des verdienftoollen 
Verfaſſers Schriften hervorzuheben: „Salluftios und 
die politifhe Literatur der Griechen vor Platon” 
(1884), „Montesquieus Theorie der monardji- 
ſchen Staatsform” (1885), „Weitere Beiträge 
zu einer kritiſchen Geſchichte der politiichen Lis 
teratur der Griechen“ (1885), „Sedantenfreiheit 
und antife Maſſenherrſchaft“ (1886), „Zur Kritik 
der neueſten Erzeugniſſe der Literatur der mo: 
dernen Staatsformlehre“ (1886), „Über die ſyſte— 
matifchen Staatögrundgejee der europäischen Mo» 
narchien“ (1887) „Der athenifche Staat und die 


atheniſche Gefellichaft in der Entwicklungsgeſchichte 
des menſchlichen Fortſchritts bis auf die Reform 


des Ephialtes 462 v. Chr.“ (1887), „Luc. Cor: 


nelius Sulla in der Geſchichte des römiſchen 


Verfaſſungsrechts“ (1887). 


Schwark. 


Schwart, Eiperance von (Elpis Die: 
lena), als die Tochter eines deutſchen 


Banfiers in Southgate (England) am 


8. November 1821 geboren, wurde in 
Erziehungsanftalten zu Frankfurt, Genf 
und Rom, hauptjählih aber von ihrer 


592 


Schwarg. 


Saribaldi-Mittheilungen aus feinem Leben, nebit 
Briefen des Generals. 


Schwartz, Wilhelm, wurde am 4. 
September 1821 in Berlin geboren, jtus 


dierte daſelbſt Philologie und Gejchichte 
und wirkte lehramtlih in Berlin, Neu— 


Tante Ejperance Sylveſter erzogen, die | Ruppin und Poſen, feit 1882 als Direk— 
bejonders das bedeutende Sprachtalent tor des fgl. Luifengymnafiums in Berlin. 
des jungen Mädchens pflegte. Sehr jung Literariih machte fih Sch. vornehmlid 
mit einem Anverwandten vermählt, der durch feine verdienftlihen Werfe über 
aber bereits nad) einjähriger Ehe jtarb, Sagenforihung bekannt. 

ging die junge Witwe nah Nom, wo | Hauptwerke: Märkiihe Sagen (1843), Nord» 
ihr Haus bald der Sammelplag des | deutiche Sagen (1849), Der heutige Volksglaube 
Geiſtes- und Geburtsadels wurde. 1846 | Und das alte Heidentum (2. Aufl. 1862), Über 


; — die griechi S 
verheiratete ſie ſich zum zweiten Male Teer — ãeä — 


mit dem Deutſchen Fr. v. Schwartz, tiſchen Naturanſchauungen der Griechen, Romer 
den fie in Italien kennen gelernt hatte, | und Deutſchen in ihrer Beziehung zur My 


thologie 
f ra 3 (1864 u. 1879), Sagen und alte Geſchichten der 
An feiner Seite machte fie viele, und art Brandenburg (1871,2. Aufl. 1887), Materias 
‚lien zur Prähiftorie Polens (1875—82), Bilder 
aus der brandenb.preuß. Gedichte (1875), Der 
Organiömus der Gymnaſien in feiner 
Gejtaltung (1876), Stamm: und een. 
Roms (1878), Prähiftoriich-anthropologiihe St 
dien (1884), Grundriß der brandenburgiich-preus 
Bilhen Geſchichte (3. Aufl. 1884), Indogermas 
niſcher Volfsglaube (1885), Prähiftoriihe Mythos 
logie, Phänomenologie und Ethik (1886), Xeit: 
faden für den deutfchen Unterricht (1887,13. Aufl.). 


weite Neifen, befonders nah Agyp— 
ten, das nad) allen Seiten hin zu 
Pferde durchſtreift wurde. Ein Merk, 
mit welchem fie zum erjten Dale an die 
Offentlichkeit trat, Blätter aus dem afrika: 
nischen Neifetagebud einer Dame, war Die 
Frucht dieſes ebenjo intereffanten, wie 
gefahrvollen Unternehmens. Im Jahre 





1854 wurde die nicht glüdliche Ehe ge: 
richtlich getrennt. Als Garibaldi 1849| Schwartzkopff, Paul. Ich bin der 
Rom belagerte, lernte tie denjelben kennen | ältejte Sohn des Shakeſpeareforſchers und 
und wurde die treuefte Anhängerin diejes | Dichters Paſtor Auguſt Schwargkopff, 
Helden, dem fie opfermutig zweimal das | welder 1886 ftarb. Ich wurde geboren 
Leben rettete und ihn in feiner Gefangen: |am 15. Auguſt 1849 in Stettin, abjol- 
haft getreulicy pflegte. 1865 verließ | vierte das Gymnaſium zu Wernigerode 
Eip. v. S. Rom und fand auf der Inſel 1868 und jtudierte jodann bis 1873 Theo: 
Kreta, wohin ihre Neijeluft fie geführt | logie und Philologie. 1875 promovierte 
hatte, eine zweite Heimat. Hier entfaltete | ih; 1876 wurde ich als Probandus und 
ſich ihre reiche jchriftitellerifche Begabung | Hilfslehrer in Schulpforta angejtellt und 
in verfchiedenen Sprachen mehr und mehr. | machte von hier aus im Winter das Ober: 
Sie wurde alljeitig anerkannt und fand |lehrereramen, 1877—80 war id) ordent: 
einen verjtändnisvollen Leſerkreis. lider Symnafiallehrer in Herford, von 
Hauptwerfe: Memoiren eines ſpaniſchen Biajters, | wo ich an das Gymnafium zu Wernige: 
eg rg eig Digg Ar eg rode ging, wo ich jet Oberlehrer bin. 
— 1862 Gaprera 1863, Der Mein Hauptinterefie ift das philoſophiſche. 
junge Steljentänger, Die Infel Kreta unter der | Separat herausgegeben find von mir: 
Ottomaniſchen Verwaltung, Bon Rom nach Der Urfprung der Sprache aus dem poetilchen 


Kreta, NKretafahrt, Bilder aus Kreta, Kreta— 
Biene oder kretiſche Volkslieder, Gemma vder 
Tugend und Laſter, Die Erftidungsfammern, 


Triebe (Differtation 1875), Bilder und Klänge 
(ſyriſch 1879), Bruder Gerhard, dramatiiches 
Feſtſpiel zur Zutherfeier (1883), Die Freiheit des 


Schwarz. — 
Willens als Grundlage der Sittlichkeit (1885), 
Das Leben im Traum (1887). 


Schwarz, Alois, geboren am 19. 
Juli 1854 zu Kanitz in Mähren, ab— 
ſolvierte ſeine chemiſchen und techno— 
logiſchen Fachſtudien an der techniſchen 
Hochſchule in Brünn, woſelbſt er bis 
1879 als ſupplierender Profeſſor der 
dortigen Oberrealſchule thätig war und 
dann als ordentlicher Profeſſor an die 
Landes-Oberrealihule nah Mähriſch— 
Dftrau berufen wurde, in welder Stel: 
lung er noch thätig if. Im Jahre 1878 
wurde er von der Brünner Handels- und 
Gewerbefammer nad) Paris gejendet, um 
über die Fortfchritte auf dem Gebiete 
der Zuderfabrifation und Bierbrauerei 
Bericht zu erftatten, welchen er in einer 
Broſchüre: Die Bierbrauerei und Zuderfabri- 
fation auf der Parifer Ausftelung (1878) ver: 
öffentlichte. Seither unternahm er all: 
jährlih größere Studienreifen durch 
Deutihland, Belgien, Holland, England 
und Dänemark, welche ausfhließlich dem | 
Studium der Fortichritte auf dem Ge— 
biete des Brauweſens galten, und veröffent: 
lichte die Ergebniffe diefer Studien in den „Brau— 
techniſchen Reiſeſtizzen“ (1886 und 1888). Seine 
Ipegiellen Studien über fünftliche Kühlung wurden 
in zahlreihen Artikeln der verfchiedenen. tech: 
niſchen Fachzeitichriften, und außerdem in fol⸗ 

den Brojchüren und größeren Werten veröf: 
Fentfict: Die Kälteerzeugungsmafchinen (1885), | 
Die Verwendung künftliher Kälte im Brauereis 
betriebe (1885), Die Erzeugung fünftlicher Kälte | 
und ihre Anwendung in der Induſtrie (1887), 
Die Eis: und Kühlmafchinen (1888). Bon 
anderen Schriften dieſes Autors find zu nennen: | 
Die Verfälichung der Nahrungs und Genußmittel 
(1883), Die Entftehung der Steintohle (1883), | 
SHomorphismus und Polymorphismus der Mis 
neralien (1884), Vorkommen und Bildung des | 
Steinfalzes (1885); fowie zahlreiche Aufjäge in 
Tagesblättern und Sadpeitihriften, Die brau— 
techniſchen Werke und Aufjäte diefes Autors, 
ſowie die zahlreichen, bei verfchiedenen Anläffen 
gehaltenen Vorträge haben demfelben einen in 

gefammten Brauerwelt Deutfchlands und 

befannten und geachteten Namen ver: 

‚ und wird derjelbe als fahmännifche Au: 

t in praftifchen Fragen häufig zu Rate ge 
zogen. 


Das literariſche Deutſchland. 


593 


Schwarz. 


Schwarz, Leopold, geboren 5. Au: 
guft 1858 in Koritihan in Mähren als 
Sohn eines Okonomen, abfolvierte das 
Obergymnafium in Kremfier und Brünn, 
betrieb philofophifche und literarifche Stu: 
dien an den Univerfitäten Mien und 
Leipzig, redigierte im Jahre 1882 das 
„Karlsbader Fremdenblatt”, hierauf Pri⸗ 
vatjtudien pflegend und an verfchiebenen 
Blättern mitarbeitend, etablierte fi) nad} 
wechſelndem Aufenthalt im Jahre 1886 
als Buchhändler in Dresden, feine lite: 
rariſche Thätigfeit dabei fortfegenv. 

Hauptwerk: Görzer Lieder (1887), 


Schwebel, Oskar, am 30. Septem: 
ber 1845 in Berlin geboren, am dortigen 
Gymnaſium zum grauen Klofter vorgebil: 
det, gab fid) dem Etudium der Theologie, 
der Philofophie und Geſchichte hin, um 
fi) dem Berufe eines Geiftlichen zu wid» 
men. In demjelben wirkte er, gleichzeitig 
auch als Gymnaſiallehrer thätig, eine 
Neihe von Jahren in Wittftod, Küftrin 
und Berlin, um dann ausfchließlich lite: 
rarishen Arbeiten zu leben. Als Schrift: 
fteller hat S. befonders um die Erfor- 
hung der vaterländifhen Gefchichte fich 
verdient gemacht. 

Hauptwerfe: Hiftoriihe Bilder aus dem Elſaß 
(1874), Kulturbiftorifhe Bilder aus der Mart 
Brandenburg (1875), Der Tod in deuticher Sage 
und Dichtung (1876), Deutſche Kaifergefchichte 
(1877), Die Sagen der Hohenzollern (1877), 
Wanderungen durd)die MarfBrandenburg (1881), 
Bilder aus der Vergangenheit der Reihähaupt: 
jtadt (1882), Hans Jürgen von der Linde (1883), 
Bilder aus der Altmark (1883), Hie gut Brans 
denburg alleweg (1883), Geſchichte des deutfchen 
Vürgertums (1883), Die Herren und Grafen von 
Schwerin (1884), Bom Eifenhute bis zur Kaiſer— 
frone (1884), Lothringiihe Sagen (1886), Tod 
und ewiges Leben im deutfchen Volksglauben 
(1887), Geſchichte der Stadt Berlin (1888). 


Schweichel, Robert, wurde zu Königs- 
berg am 12. Juni 1821 geboren und von 
dem Bater, einem angejehenen Kaufmanne, 
für den eigenen Beruf bejtimmt. Da je- 
doch dem feurigen, für Kunft und Wiſſen— 
Ihaft begeifterten Jüngling der Handels: 
ſtand nicht zufagte, jo willigte die Mutter 

38 


5 


— 


Schweiger⸗Lerchenfeld. 


nach des Vaters Tode darein, daß Robert 
die Univerfität feiner Vaterſtadt bezog, 
um ſich rechtswiſſenſchaftlichen und volfs- 
wirtihaftlihen Studien zu widmen. Das 
ereignisreihe Jahr 1848 machte allen 
feinen Plänen ein um fo fchnelleres 
Ende, als der junge Etubent, von dem 
Gedanken an Deuiſchlands Einigkeit be 


feelt, mit dem Sturm fich forttragen ließ 


und nad dem Zufammenbrud) der ver: 
frühten Hoffnungen nad) der Schweiz aus—⸗ 
wandern mußte. Dort wirkte er teils als 
Lehrer, teils als Journaliſt und Schrift: 
jteller, erſt 1861 nad) Deutſchland, 
zwar nad) Berlin, zurückkehrend. 


Romanzeitung“, bis er 1838 


blattes „ 
um ausſchließlich feiner 


fich frei machte, 
ſchriftſtelleriſchen 
zu können. Weiteren Kreiſen wurde S.'s 
Name zuerſt beſonders durch feinen meiſter⸗ 
haft aufgebauten und von großer Geſtal⸗ 
iungekraft zeugenden Roman Der Bild: 
ſchniher von Achenfee (1873, 3. Aufl. 1876) be: 
kannt. Ebenfo rühmlich heben ſich ſeine 
ferneren Schöpfungen von de 
des Gewöhnlichen ab: 

Italieniſche Blätte 
St. Virgil (1881), Der Wunderdoftor (3. Aufl. 
1382), Der Krämer von Ilbiez (3. Aufl. 1882), 
Römiſche Novellen (1887). Vorher entftanden: 
Am Gebirg und Thal (Nov. 1865), Jura und 
Genfer See (Nov. 1865), Der Artichwinger (1868, 
3. Aufl. 1880), Im Hochland (Nov. 1869). 

Schweiger-Lerchenfeld, Armand 
Freiherr von, wurde in Wien am 7. Mai 
1846 geboren, widmete ſich dem Solda- 
tenftande, machte den Feldzug von 1866 
als Offizier mit und nahm 1871 feinen 
Abſchied, um fi den längft geplanten 
und von ihm vorbereiteten Forihungs- 
reifen als freier Dann unterziehen zu 
fönnen, Die reihen Schätze, welche feine 
Reifen in ideeller 
verwertete er in 
Werfen: 

Die Gebiete des Euphrat 
Unter dem Halbmond (1876 
Bosnien (1878), 3wi 
(1879), Arabifche Yandichaften (1879), Der Drient 


den hochbedeutenden 


und Tigris (1875), 
), Armenien (1878), 


und 
Hier 


leitete er die Redaktion des Unterhaltungs: 


Thätigfeit ſich hingeben 


m Spiegel 


r (1876), Der Falkner von 


Beziehung ergaben, 


ichen Pontus und Adria | 


94 


Schweiger. 


(1881), Die Drientreife des Kronprinzen Rudolf 
(1882), Die Adria (1882), Aus dem Süden 
(1882), Griechenland (1882), Maroffo (1882), 
Abbazia (1883) Won Ozean zu Ozean (1884), 
Die Araber der Gegenwart (1885), Afrifa (1885), 
Im Reiche des Fo (1885), Von der Donau zum 
Kaukaſus. Außerdem erwähnenswert: Das Frauen» 
{eben der Erde (1880), Das eilerne Jahrhundert 
(1883), Im Kreislauf der Zeit (1885), Aus 
unferen Sommerfrifhen (1886). 


Schweiter, Philipp, geb. zu Remda 
im Weimariſchen am 16. Mai 1846, wurde 
für die Landwirtſchaft beftimmt, ftudierte 
diefelbe 1867—68 in Jena, machte 1868 
eine Ferienreife nad) Norwegen, wo cr 
fich verheiratete, und zog 1869 nad) Nord: 
amerifa. In den Kriegsjahren nach der 
Heimat zurüdgefehrt, widmete er ih nun 
dem Studium germanifcher und nordifcher 
Sprachen und Literaturen, jtudierte von 
neuem in Tübingen und Jena und wohnte 
in legterer Stadt bis 1883. Nun verließ 
er Deutfchland abermals, um feine Stu: 
dien im Norden zu vollenden. In den 
nächften 31/s Jahren hielt er fich abwed)- 
felnd in Dänemark, Schweden, Finnland, 
Norwegen und Jsland auf und fehrte end» 
(ih 1886 nad) Deutihland zurüd, wo er 
mit der Ausarbeitung einer größeren ſtan⸗ 
dinavischen Literaturgefhichte und Nieder: 
ſchrift feiner Erlebniſſe beichäftigt ift. Sein 
Ziel ift, das noch jugendfrifche germani- 
nifche Geiftesleben im Norden Europa’s in 
Deutſchland bekannter und nugbringender 
zu machen, als e8 bisher war. 

Bon feinen bisher erfchienenen Arbeiten find 
die bedeutendften: Die Entwidelung der nationas 
len Dichtung in Norwegen (1881), Island, 
Land und Leute, Geſchichte, Literatur und Sprache 
(1885), Die Geſchichte der altifandinaviihen Lis 
teratur bis zur Reformation (1886). 


Schwerdt, Georg Heinrich, geboren zu 
Neukirchen bei Eiſenach am 7. Januar 1810, 
beſuchte die Gymnaſien zu Eiſenach und 
Gotha, ſtudierte in Jena und Leipzig 
Theologie, bekleidete dann als Nachfolger 
ſeines Vaters das Pfarramt zu Neukirchen 
von 1833—62, da er als Oberpfarrer 
nach Gräfentonna bei Langenjalza über: 
'fiedelte. Seit 1872 lebt und wirft er als 








Schwider. 


595 


Schwider. 


Kirchenrat und Superintendent der Epho: | (Gymnafien und Realjchulen) und 1878 
rie Tenneberg in der Stadt Maltershaufen | an der fönigl. ung. Univerfität das Diplom 
am nordmeftlihen Fuße des Thüringer: | als Doktor der Philofophie. Als öffent 
waldes, wo er zugleich mit Hilfe feiner licher Lchrer wirkte er 1855 an der Haupt⸗ 
Töchter eine vielbefuhte Bildungs: und ſchule zu Werfcheg, 1856 an ber Pfarrs 


Erziehungsanftalt für junge Mädchen in 
einem eigens dazu erbauten Haufe leitet. 
Vom 14. Lebensjahre an verſuchte ſich S. bereits 
in literarifchen, namentlich poetiichen Produftionen, 
und war fpäter als Schriftiteller jo thätig, daß 
er im Laufe der Zeit, außer einzelnen Predigten, 
Gedichten und Flugblättern, drei periodiſch er- 
fcheinende Blätter („Allgem. Volksblatt“, „eier 
abend“ und „Centralblatt für deutiche Volks: u. 
Jugendliteratur”) herausgab, außerdem genen 
50 Schriften, die fih hauptiählih auf dem Ge: 
biete der Volls- und Jugend», ſowie der Reife: 
Literatur bewegen, veröffentlichte und überdies in 


mehr ala 70 theologiiche, pädagogilche, politifche, | 


gemeinnüßige und unterhaltende Journale größere 
und Heinere Beiträge lieferte. Die befannteften 
feiner vorzüglich beurteilten und verdienſtlichen 
Schriften find: Döbeld Wanderungen, Thüringer 
Bäder, Reiſehandbuch für Thüringen, Jahrbud) 
der neueften und interefianteften Reifen (6 Bänd» 
en), Beiträge zur Volkswohlfahrt in Erzählun: 
gen (5 Bde.), Wunderdoftor Dicel, Die Hanno» 
veraner in Thüringen, Thüringer Dorfgeſchichten, 
Bartburggeichhiten sc. Mehrere feiner Dichtungen 
— u. a. dad Dratorium ‚‚Die heilige Nacht“ 
und die mufitalifch-deflamatorifche Abendunter: 
Zeitung „Der Geſang“ — find von namhaften 

ponijten in Muſik geſetzt. Gemäß feinem 
Wahlſpruch: Volksbildung ift die Mutter 
der Voltswohlfahrt, hat S. vorzugsweife 
fi angelegen fein lafjen, geſunde und 
zeitgemäße Volksbildung zu verbreiten, 
und “ dem Ende nicht nur viele öffent: 
liche Vorträge gehalten, jondern aud die 
eriten Volks- und Wanderbibliothefen in 
Thüringen eingeführt. Jetzt ift der Hoc 
r zwar noch amtlich, aber nicht mehr 
j 

7 


elleriſch thätig. 
chwicker, Johann Heinrich, wurde 

am 28. April 1839 zu Neu-Beichenova 
(Ungarn) geboren, machte feine Studien 
teils im elterlichen Haufe, teils in der 
Realihule und im Lehrerfeminar zu Wer: 
dab; beendete auf privatem Wege bie 
ungsftudien für das Profellorat, 

erhielt 1856 das Lehrerbefähigungszeug- 
nis als Lehrer an Hauptihulen, 1865 das 
Diplom für das Lehramt an Mittelſchulen 





ihule zu Cſakova, 1857 an der Haupts 
Ihule zu Groß-Becskerek, wurde 1869 
Profeffior und Direktor des fönigl. ung. 
Gentral:2ehrerjeminars zu Ofen, 1871 
ord. Profeſſor am fönigl. Obergymnafium 
in Peit, 1873 Dozent für deutiche Lites 
ratur am fönigl. Polytehnitum ebendas 
jelbit. 1887 vom Mahlbezirfe der Etadt 
Schäßburg (Siebenbürgen) einftimmig zum 
ungar. Neihstags-Abgeordneten gewählt, 


trat er als Profeſſor in Penfion. Seine 
literariiche Wirkſamkeit begann er 1858 mit Beis 
trägen für das Wiener pädagogifche Blatt „Der 
öfterreichiiche Schulbote”. Bon 1868—72 redis 
gierte er den „Ungar.Schulboten“, von 1873— 76 
die „Ungar. Schulzeitung” und im Jahre 1875 
noch ein Schulblatt „Tanügyi hiradö“ in ungar, 
Sprache. Überdies war er jeit 1862 als Korres 
fpondent und Redaktionsmitglied bei verfchiedes 
nen Journalen (in Temesvär, Belt, Wien, Augs+ 
burg, Münden, Frankfurt a. M.) thätig und ift 
auf diefem Gebiete auch gegenwärtig nod bes 
Ihäftigt. Außerdem verfahte derfelbe auf dem 
Gebiete der deutſchen Sprade, der Geographie 
und der Geſchichte eine größere Anzahl von 
Schulbüchern, welche alle bisher mehrere Auflagen 
erlebt haben und fortwährend im öffentlichen 
See find. An fonftigen felbftändigen 
Schriften veröffentlichte er: Gefchichte des Te 
mejer Banats (1861, 2. Ausg. 1871), Die 
Katholifen-Autonomie in Ungarn (1870, 2. Aufl.) 
Die legten Regierungsjahre ” Kaijerin-Königin 
Maria Therefia (1871), Zur Gefchichte der kirch⸗ 
lichen Union in der froatiihen Militärgren 

(1874), Statiftit des Königreichs Ungarn (1877), 
Das ungariſche Unterrichtswefen am Schluffe des 
Schuljahres 1877—78 (im Auftrage des f. ung. 
Minifters f. Kultus u. Unterricht, 1875), Pol 

tiſche Geihichte der Serben in Ungarn (1880), 
Die Deutſchen in Ungarn u. Siebenbürgen (1881), 
Die ungariihen Gymnafien, Geſchichte, Syſtem 
Statiftit (im Auftrage des k. ung. Minifters f, 
Kultus und Unterricht, 1881), Die Bereinigung 
der ſerbiſchen Metropolien von Belgrad und Kars 
lowig im Jahre 1731 (1881), Das ung. Unters 
richtsweien am Schluffe des Schuljahres 1879— 80 
(im Auftrage des f. ungar. Minifters f. Kultus 
und Unterricht, 1882), Die Zigeuner in Ungarn 
und Siebenbürgen (1883), Geichichte der öfterr, 
Militärgrenge (1883), Ungarische Hochlandsbilder 
(Erz., Jagdabent. und Sag. aus den Karpathen 


38* 


Scipio. 
1884), Das Königreih Ungarn (1886). 
Überfegung, refp. Bearbeitung erfchien von ihm: 
Hunfaloy, Ethnographie von Ungarn (1876), 
Kallay, Geſchichte der Serben (1878), Trefort, 
Reden und Studien (1882), Frankbi, Ungarn 
vor der Schlacht bei Mohacs (1885). Außer: 
dem publizierte derfelbe eine Reihe größerer Ab: 
bandlungen hiſtoriſchen, ethnographiichen, geo— 
graphiſchen und ſtatiſtiſchen Inhalts in Zeitichrif- 
ten. Derfelbe ift ferner Mitarbeiter an Brod: 
haus’ Konverfationd:2erifon (13. Aufl.), an Herbit 
Encyflopädie der neueren Geſchichte und an den 
Hiſtoriſchen Jahresberichten. Für feine litera: 
rifchen Arbeiten wurde demfelben außer 
der günftigen Aufnahme von feiten der 
Kritik und der Lejewelt auch ſonſt manche 
Anerkennung zu teil. Der Kaiſer von 
Öfterreich verlieh demſelben die goldene 
Medaille (Kunft und Wiffenihaft); ferner 
ift derjelbe Ehrenmitglied der hiſtoriſchen 
Geſellſchaft in Berlin und korreſpondie- 
rendes Mitglied der königl. böhm. Geſell— 
ſchaft der Mifienichaften in Prag. der an: 
thropologiihen Geſellſchaft in Wien und 
der fönigl. ferb. Gelehrten-Geſellſchaft in 
Belgrad. 


Seipio, Nudolf (N. Waldheim) ent- 
ftammt einer waldediihen Paſtorenfami— 
lie, deren Glieder feit 1523 in mehr als 
dreihundertjähriger ununterbrochener Reis 
henfolge auf der Kanzel geftanden haben, 
und wurde am 24. Dezember 1837 in 
Mengeringhauſen geboren, wo jein Vater 
als Konrekior angeftellt war. Von hier ver: 
zog derjelbe bald nachher als Pfarrer 
nad) dem im Diemelthale gelegenen Dorfe 
MWreren, wo der Anabe jeine Fugendzeit 
verlebte und von feiner Großmutter, einer 
geiftig hochbegabten Frau, den erften Un: 
lerricht empfing, der fi) fogar bis auf 
die Einführung in die lateiniſche Gram— 
matik erſtreckte, von wo an er dann durch 
den Vater fortgeiegt wurde. In dem ſtil— 
len Dorfe und unter dem anregenden Ein: 
Huf der Großmutter erwachte in dem Kna— 
ben fhon früh die Luft zu fabulieren. 
Der Vater bejtimmte feinen Sohn zum 
Yuchhändler. Diefer aber entbehrte für 
die mit feinem Eintritt in diefen Beruf 
beginnende kaufmänniſche Thätigfeit ebenjo 





596 


Sedlmayer. 


In ſehr des Geihids als der Neigung und 


verwandte feine Freiftunden ausſchließlich 
dazu, fih für den Künftlerberuf auszus 
bilden. Es gelang ihm denn aud, durch 
cine von ihm mobellierte Porträtbüſte, 
welche durch Bermittelung ſeines Lehrherrn 
in Arolſen in die Hände von deſſen Lands— 
mann Rauch gelangte, eine Stelle in deſſen 
Atelier zu erhalten, welche ihn ſogleich 
völlig unabhängig gemacht und ihm die 
erwünſchte Gelegenheit zu weiterer Aus— 
bildung geboten haben würde, doch ſchei— 
terte die Sache an dem Einſpruche des 
Vaters, der nichts von einem Künſtler in 
der Familie willen wollte und der den 
Sohn zum Ausharren in dem ergriffenen 
Berufe anhielt. Nachdem fih S. no eine 
Reihe von Jahren vergebens bemüht hatte, dem: 
felben ein Intereffe abzugewinnen, griff er, da er 
ed nun felbft für zu jpät hielt, das inbezug auf 
feine fünftleriihe Ausbildung Berfäumte nachzu— 
bolen, zur Feder und veröffentlichte eine Reihe 
von Novellen; widmete ſich dann aber der poli» 
tischen Tagespreffe, für die er feit dem Jahre 1869 
arbeitete, bis er, bald nad) dem Ende der Ara 
Falk, infolge eines Artifels über die kirchlichen 
Verhältniſſe in Preußen fich genötigt Jah, feine 
damalige Stellung aufzugeben. Er lebt in Gel: 
jenfirchen, wo er eine Buchhandlung ge: 
gründet hat und iſt zugleich als Jugend 
und Volfsichriftiteller thätig. 

Hauptwerfe: Aus Nord und Süd (1873), Zu 
Waſſer und zu Lande (1874, 2. Aufl. 1835), 
Durd Wald und Prairie (1877, 2. Aufl. 1879), 
Am Rande der Wildnis (1879, 2. Aufl. 1884), 


Jenſeits des Oceans (1881), Dur Kampf zum 
Sieg (1881), Der Geächtete (1882), Bom Stamme 
der Inkas (1884), Ein deuticher Ritter (1885), 
Auf freiem Boden (1885, 2. Aufl. 1887), Jürgen 
Wullenweber (1886). 


Sedlmayer, HeinrihStephan, wurde 
am 26. Dezember 1855 zu Brünn als 
Sohn des dirigierenden Oberlehrers der 
Stadtfhule zu St. Jakob, Anton ©., 
eines verdienftvollen Schulmannes, ges 
boren. Nachdem er in Brünn das Gym: 
naſium abjolviert hatte, bezog er 1874 
die Univerfität Wien und jtudierte bei 
Hoffmann, Hartel und Schenkel klaſſiſche 
Philologie. Nah Ablegung des Staats: 
und des Doktor-Examens wandte er fich 


Ser. — 
dem Lehramt zu und iſt ſeit mehre— 
ren Jahren Profeſſor am Franz-Joſeph— 
Gymnafium zu Wien. Sein beionderes 
Arbeitsgebiet it Doid. Seine Studien 
führten ihn wiederholt ins Ausland, 
fo nad) England, in die Schweiz und 
zweimal nad Italien. Außer zahlrei— 
hen Abhandlungen und Rezenfionen in 
wiſſenſchaftlichen Zeitichriften veröffent- 
lite er: Prolegomena critica ad Heroides 
Ovidianas (1878), Kritiſcher Kommentar zu 
Dvids Heroiden (1881), P. Ovidi Nasonis car- 
mina selecta (1883), Die Ausgrabungen auf 
dem Forum Romanum. Ein Vortrag (1884), 
P. Ovidi Nasonis Heroides (Große und fleine 
Yusgabe 1886). 


See, 1. v., f. A. Lackemann. 


Seeber, Joſef, geboren am 4. März 
1856 zu Bruned in Tirol, abjolvierte 
das Gymnafium in Briren, dafelbjt aud 
die theologischen Fächer, wurde zum Priefter 
geweiht 1878, ftudierte dann in Inns— 
brud unter V. Zingerle Germaniftif und 
war ſeit 1881 als Profeſſor am Vincen— 


tinum in Briren beihäftigt, gegenwärtig. 


wirft er als geiftliher Profeſſor an ber 
Militär-Dberrealfchule in MährifchWeiß- 
firdhen. 

Ende 1883 erſchien fein epifches Gedicht „St. 
Elifabeth von Thüringen“, 1885 eine Sammlung 
feiner formichönen und gefühlsinnigen Gedichte 
unter dem Titel „Ein fliegend Blatt”, 1887 eine 
Tragödie „Judas“. 


Seeburg, Fr. v., |. Fr. Hader. 


Seel, Otto Carl, geb. zu Riga am 
2. Februar 1850, bejuchte das Realgym— 
nafium jeiner Vaterftadt und bezog dann 
1867 die Univerfität Dorpat, um dafelbft 
Chemie zu ftudieren. Doc bald wandte 
er ſich der Geſchichte zu und fiebelte 1869 
nad) Berlin über, wo er unter den ent: 
cheidenden Einfluß Mommſens trat. 1872 
promovierte er mit der Differtation „Quae- 
stiones de Notitia Dignitatum‘‘. Nach— 
dem er noch eine Reihe von Jahren teils 
in Berlin feinen Studien gelebt, teils ſich 
auf Reifen weiter fortgebildet hatte, ha- 
bilitierte er fih 1877 an der Univerfität 
Berlin. 


597 


Scemann. 


Profeſſor der alten Geſchichte nach Greifs⸗ 
wald berufen, 1885 ebendaſelbſt zum ord. 
Profeſſor ernannt. Außer zahlreichen 
Aufſätzen in wiſſenſchaftlichen Zeitſchriften 
ſind von ihm folgende Werke erſchienen: 

Notitia Dignitatum (1876), Q. Aurelius 
Symmachus in den Monumenta Germaniae 
historica, script. antiquissimi (1883), Die Ka— 
Iendertafel der Pontifices (1885), Die Quellen 
der Odyſſee (1887). 

Seemann, Juſtus Otto Eberhard, 
geboren am 28. Februar 1825 zu Her: 
ford in MWeftfalen, widmete fich, vorge: 
bildet auf dem Gymnafium feiner Vater: 
ftabt, auf den Univerfitäten zu Halle und 
Bonn dem Studium der Geihichte und 
der klaſſiſchen Philologie, war 38 Jahre 
lang als Lehrer zuerit am Friedrih-Wil- 
helms⸗Gymnaſium zu Köln, dann am Gym: 
nafium zu Eſſen a. d. Ruhr thätig. In 
Eſſen begründete er im Jahre 1880 einen 
Verein für Lokalgefhichte, deſſen lang: 
jähriger Leiter und Vorſitzender er bis 
zu feinem Nüdtritte von jeinem Amte 
war. Anßer mehreren Beiträgen zur Lo— 
kalgeſchichte Eſſens veröffentlichte er 1868: 
Götter und Herven, eine Vorjchule der Kunfts 
mythologie; 1874 jeine feitdem in mehreren Auf» 
lagen wiederholte als vorzüglich anerkannte „Mys 
thologie der Griechen und Römer” und betheis 


| Tigte ſich als Mitarbeiter an der Herausgabe des 


„Liter. Jahresberichts“. Im Herbit 1886 unter 
Verleihung des Roten Adlerordens IV. AL. 
penfioniert, lebt er ſeitdem, mit literari- 
hen Arbeiten beichäftigt, in Hannover. 


Seemüller, Joſeph Eufebius, geb. 
am15.Oftober 1855 zu Währing b. Wien, 
bejuchte das Schottengymnafium in Wien, 
ftudierte dann an den Univerfitäten Wien 
und Straßburg Germaniſtik und Hall. 
Philologie, um ſich vornehmlich jener zu 
widmen. Er iſt Schüler R. Heinzels und 
bat während feines Aufenthalts in Straß: 
burg auch maßgebende Einflüffe durch W. 
Scherer erfahren. 1877 zum Dr. phil. 
in Wien promoviert, 1878 (und 1882) 
für das Gymnaſiallehramt für deutjche 
Sprade und Hafj. Philologie approbiert, 


1881 wurde er als außerord. | habilitierte er fi 1879 an der Wiener 


Segert. 


Univerfität für deutiche Sprache und Lite: 
ratur und begann im näml. Jahre feine 
Thätigfeit an der Mittelſchule. Seine 
fchriftitellerifchen Arbeiten bewegen ſich 
hauptſächlich teils aufwiffenfchaftlichem Ge— 
biete: Quellen und Handſchriften Willirams 
(1878), Ausgabe des Williram (1879), Studien 
zum Seifried Helbling (1883), Ausgabe des 
Helbling 1886, teils auf pädagogiſch-didak⸗ 
tiihem; von dieſen ſeien feine trefflichen 
Erläuterungsichriften zu einzelnen Teilen 
des Lehrplanes und der Anitruftionen 
vom Sabre 15854 erwähnt: Die Sprachvor— 
ftellungen als Gegenstand des deutichen Unter: 
richts (1844), Zur Methodik des deutichen Unter: | 
rihts (1585), ferner jein Aufſatz gegen den 
Betrieb des Mittelhochdeutihen am Gymnaſium 
(1884). 

Segert, Anna. Am 17. Februar 
1861 wurde ih zu Etrelig in Medlen- 








lermeifter if. Schon früh wedte meine 
Mutter in mir den Sinn für alles Edle 
und Schöne. Zuerſt beſuchte ich die 
Schule zu Strelig, dann die höhere Töch- 
terichule zu Neuſtrelitz. Meine erſten 
poetiichen Verfuche, welche von 1871 ab 
entjtanden, wurden, al$ meine Mutter 
bicjelben entdeckte, konfisziert, weil ich zu: 
weilen meine Schularbeiten darüber ver: 


nachläſſigte. Ich ſchrieb jedoch heimlich 


burg geboren, mwojelbft mein Vater Tifch- 


598 


— Sehring. 

1883 erſchienen meine Dichtungen Wilde 
Roſen und 1886 meine Gedichtſammlung 
In ſtillen Stunden. Inzwiſchen fanden Ge— 
dichte, kleinere Erzählungen und Skizzen 
von mir in den verſchiedenſten Zeitſchriften 
Aufnahme. 


Sehring, Wilhelm, wurde am 12. 


April 1816 zu Königsberg in Pr. als der 


Sohn eines begüterten Kaufmannes ge— 
boren. Gleich nach der Geburt verlor der 
Knabe den größten Teil ſeines Augen— 
lichtes, auch wurde er durch wiederholte 
Krankheiten für immer der vollen Lebens— 
kraft beraubt. Zu den verſchiedenen ſchwe— 
ren Geſchicken kam der Zuſammenbruch 
ſeines väterlichen Handelshauſes; er mußte 
die Segnungen jener Glücksgüter einbüßen, 
die ihn allein hätten in den Stand ſetzen 
können, alle körperlichen Hemmungen zu 
überwinden zur freieſten Entwickelung ſei— 
nes früherwachten Geiſteslebens. Nach dem 
Tode ſeines Vaters in ein Waiſenhaus ge— 
bracht, beſuchte er von dort aus das Kneip— 


höfiſche Gymnaſium und kam, ſechzehn⸗ 


jährig, in die Berliner Blindenanſtalt, 
deren Direktor, Auguft Zeune, ihn mächtig 
und vieljeitig anregte. Darauf beſuchte 
er die Vorlefungen von Raumer, Rante 
und Steffens und die pädagogischen Kurfe 


weiter, ſchaurige Balladen und, wie faft | Diefterwegs. Längft Schon von dem Ber: 


unvermeidlich bei jo jugendlichen Dichtern 
— ein Trauerfpiel. Mein Vater wurde 
zum Vertrauten gemacht, und fpäter ge: 


ftattete mir aud) die Mutter nach been: | 


deten Echularbeiten das Dichten. So 
wuchs id in der ftillen, glüdlichen Ein: 
ſamkeit meines Elternhaujes mit meiner 
einzigen um drei Jahre jüngeren Schweiter 
auf, welche mir aber ſchon, als fie zwölf 
Jahre alt war, durch den Tod entrifien 
wurde. In meinem leidenichaftlichen 
Schmerz um die geliebte Schweiter wurde 





mir die Poefie mehr und mehr zur Trö— 


fterin. Im Jahre 1880 fchrieb ich ein 


Luſtſpiel Kopf und Herz, welches 1881 an 
der Großherzoglichen Hofbühne zu Neu: 
ftrelig aufgeführt wurde. 





Weihnachten 


langen erfüllt, fein ganzes Leben feiner 
Ichriftitelleriichen Tätigkeit widmen zu föns 
nen, begab fi) S. 1837 nad) Dresden und 
von dort, durch Tiedge empfohlen, nad 
Wien, wo Grillparzer fein Bildner und war: 
mer Broteftor wurde. Durch ihn fam er in 
das Haus der Frau von Pereira:-Arn- 
ftein; dafelbit fand er ein Aſyl des freien 
Studiums und Schaffens und Gelegen- 


"heit, feine erften Gedichte, Kritifen und 


Aufſätze in Zeitichriften zu veröffentlichen. 


‚1840 ging ©. nad) Straßburg, wo er, 


von den Zeitideen ergriffen, in Verbin— 
dung mit deutichen Flüchtlingen und elfäl: 
fifchen Dichtern für füddeutiche und ſchwei— 
zer Zeitungen eine publiziftiiche Thätigfeit 
begann, auch verichiedene Brojchüren her 


Seidel. 


ausgab, u. a. Gedichte eines Dftpreufen und 
Die Cenforiade (1843), welche lettere Schrift an 
der badischen Grenze mit Beichlag belegt wurde. 
1848 ging ©., durch Freiligrath empfoh- 
len, nad) Stuttgart, wo er durch Literatur: 
unterricht eine Exiſtenz und durd) Betei: | 
ligung an Zeitungen und politiichen Ver: 
einen eine öffentlihe Wirkſamkeit fand. 
1849 verheiratete er ſich mit Zuife Hetich, 
einer edlen Shwäbiichen Jungfrau. Bald 
darauf begann S. mit Erfolg jeine rheto- 
riſche Thätigfeit in Stuttgart, über die 
Heroen unferer klaſſiſchen Literaturepoche 
2c., aud hielt er religiöje Reden, für 
welche er fi) die bejondere Gattung der 
kirchengeſchichtlichen Erbauungsvorträge 
Ihuf. Bon Vaterlands- und Freiheits- 
liebe begeiltert, begann er Vorträge über 
preußiſche Geſchichte zu halten. Die gün— 
ftige Aufnahme auch diejer Neden brachte 
©. zu dem Entſchluß, von feiner Familie 
begleitet, eine rhetorif he Wanderung durch 
Deutichland anzutreten. Das Minijterium 
erteilte ihm die Erlaubnis, in den Ober: 
Hafien aller höheren LZehranftalten auf: 
treten zu dürfen, wodurd ſich das Feld 
feiner Thätigfeit bedeutend vergrößerte. 
Sn Karlsruhe erhielt er an einer höheren 
Töchterſchule die Stelle als Lehrer der 
Geſchichte, Literatur und Poetik. Er grün: 
dete auch dafelbit ein Penſionat für Stu: 
bierenbe. 

Nach dem Siege 1870 erichienen feine vater: 
ländiihen Gedichte gelfammelt. In Preſſe und 
Bereinen verfolgte er die weiteren Zeitereignifle, | 
auch jchrieb er Theaterkrititen ıc. Durch den Tod | 
eines hoffnungsvollen Sohnes aufs tiefite erichüt: 
tert, fchrieb er die Trauergefänge „Des Greifes | 
Totenflage”. 1883 erichien der erfte Band feiner 
unter dem Gejammttitel „Welt und Vaterland“ 
berauszugebenden literariihen Vermächtniffe, die 
Geſchichtsdichtung „Vom Konzil zu Nicäa bis 
zum Weitfäliichen Frieden”. Derjelben ſchloß ſich 
die Kampfichrift gegen das Welfentum „Die Welf, 
bie Zollern“ (1885) an. Gegenwärtig ift ©. mit 
der Fortſetzung feiner literariihen Vermächtniſſe 
beihäftigt. | 

Seidel, Heinrich, ijt geboren am 25. 
Juni 1842 zu Berlin, einem Dorfe in 
— als der Sohn des dortigen 
Pfarrers, der ſich als Dichter frommer 











599 


Seidl. 


Weiſen einen Namen gemacht hat. Hein- 
rich befuchte das Gymnafium zu Schwes 
rin, wohin der Vater als Divifionspfar- 
rer berufen worden. Danach bezog er 
die polytechniihe Schule in Hannover, um 


ſich der Ingenieurwifienichaft zu widmen. 


In Güſtrow erlernte er die praftifche Ma: 
ſchinenbaukunde und war dann in Berlin, 
wo er feine theoretiihen Studien noch— 
mals aufnahm und zum Abſchluß brachte, 
als Ingenieur thätig (Bau der Halle des 
Anhalter Bahnhofs 2c.). Der reiche Er: 
folg, den ©. neben feiner Berufsthätig— 
feit auf literariichem Felde errang, bewog 
ihn jedod (1380), jene ganz aufzugeben, 
um als freier Schriftiteller leben zu kön⸗ 
nen. Von ſeinen, reiche Phantaſie mit 
feinſtem pſychologiſchen Verſtändnis ver⸗ 
einigenden Schöpfungen heben wir hervor: 

Der Roſenkönig (Nov. 1871), Blätter im Winde 
(Ged. 1872), Fliegender Sommer (Märd. 1873), 
Aus der Heimat (Studien 1874, 2. Aufl. 1885), 
Fragezeichen (Mär. 1875), Vorftadtgeihichten 
(1880, 3. Aufl. 1885), Winterfliegen (Ged. 1880), 
Korinde und andere Gefhichten (1882, 2. Aufl. 
1887), Idyllen und Scherze (Bed. 1884), Winter: 
märchen (1885), Die Jahreszeiten (ed. 1886), 
Naturfänger (ornithol. Skizzen 1888), Neues von 
Lebereht Huhnchen und anderen Sonderlingen 
(1888), Die goldene Zeit (Erz. 1888). 


Seidl, Franz Kaver, am 5. Juni1845 


'in Stadtambof bei Regensburg geboren, 


widmete fih zu Münden philoſophiſchen 
und philologijhen Studien, um den Leh— 
rerberuf zu ergreifen. Nachdem er zum 
Dr. phil. promoviert worden und fein 
Eramen abgelegt hatte, wurde er zu Neu: 
burg a. D. angejtellt; 1878 folgte er 
einem Rufe als Brofefior an das Gymna= 
fium zu Regensburg. Literariich zeichnet 
fih ©. vornehmlid ala Meifter der Lyrik 
aus. Seine Dichtungen find formſchön, 
ungemein zart und lieblid. Außerdem 
trat S. auch als dramatischer Dichter und 
als Literarhiftorifer hervor. 

Hauptwerke: Eichenlaub (Ged. 1870), Dichtun— 
gen vom Morgenlande (1871), Das Jahr in Did 
tungen (1873), Deutihe Fürſten als Dichter 
(1875, 2. Aufl. 1883), Gewitter im Eheſtand 
(Zuftip. 1877), Les arts et les sciences dans 
le siöcle de Louis XIV. (1878), Vergiimeins 


Seippel. 


nicht (Geb. 1879), Die Tarquinier (Trauerfp. 
1880), Jean Marie (Dram. 1881), Neue Ge: 
dichte (1881), Alerander von Württemberg (1882), 
Sappho (Dram. 1883), Zum Andenken (1885), 
Immergrün (Anthol. 1885), Aus fchöner Zeit 
(Anthol. 1885), Ein bayriſches Dichterbuch (1887), 
Deflamirbud) (1887), Auf Schloß Brannenburg 
(Ep. 1887), Für Did (N. Ged. 1888). 

Seippel, Dar, wurde am 14. Ya: 
nuar 1850 in Langendreer geboren, wo— 
jelbjt fein Vater Paftor war. Er befuchte 
die Volksſchule feines Heimatsdorfes, 
wurde dann von feinem Vater unterrichtet 
und beendete feine VBorftudien auf der 
Stabtihule zu Witten. Der Tod des 
Vaters (1864), dem die Mutter zwei 
Jahre Später folgte, machte dem glück— 
lihen Familienleben ein Ende. M. ©. 
mußte ſich der faufmännifchen Laufbahn 
widmen, in welcder er jeit 1872 in 
Bochum thätig ift. Seine Muße benupte 
S., um an feiner Weiterbildung zu ar 
beiten. Er machte fein Eramen als Lehrer 
der Stenographie und hielt zahlreiche 
Kurfe ab. 

Die Bereinigung Deutſchlands begeifterte ihn 
zu feinem erften Gedicht. Jetzt ift S. ein be 
liebter Mitarbeiter von Zeitichriften und Tages» 
blättern. 
beit an die Offentlichleit, mit der im Intereſſe 
eines alten Bolföfeftes feiner zweiten Baterftadt 
verfaßten Brofhüre „Das Maiabendfeſt zu 
Bohum”, welche manch' intereſſantes Material 
für den Kulturhiſtoriker liefert. 

Seitz, Karl, geboren am 6. April 
184473u Bayreuth, wirkt ſeit 1872 als 
Lehrer an der Volksſchule und als Ge— 
ſanglehrer und Dirigent in Hof a. S. 
Er iſt Herausgeber vieler theor. und prakt. 
Geſangswerke, Komponiſt von über 50 
Männerchören und beliebter Kinderlieder. 


Geitinger, Abelbert Emil (Ad. Jung), 
am 12. Oktober 1866 zu Suhl (Thü- 
ringen) geboren, widmete fih nad abjol- 
vierten Schulſtudien dem Kaufmanns» 
ftande. Frübzeitig ſchon machte ſich fein 
poetifches Talent geltend und bethätigte 


600 





1881 trat er mit einer größeren Ars 


Sello. 


1887 erſchien fein erſtes felbjtändiges 
Merk: Höhen und Tiefen des Lebens, in wel⸗ 
chem er eine Reihe fein gezeichneter Sfizgen 
zu einem Ganzen jammelte, von der maß- 
gebenden Kritif auf das freundlichite be— 
urteilt. 


Sello, Erih, geboren am 29. Fe 
bruar 1852 zu Potsdam. Ich befuchte 
das Gymnafium meiner Baterftabt bis 
1870. Bis 1873 ftudierte ich in Jena 
und Berlin erſt Geihichte, dann Rechts— 
wiſſenſchaft. An dem Feldzuge 1870 
nahm ich als Freiwilliger im Gardejäger: 
und Gardefhügenbataillen teil; am 21. 
Dezember 1870 wurde ich in Ze Bourget 
durch einen Sranatjplitter gefährlich ver: 
wundet. Das eijerne Kreuz ilt mir eine 
um fo theurere Erinnerung an jene Zeit, 
als id e8 aus der Hand unjeres Kron- 
prinzen empfangen durfte. Bon 1873 
ab (1873 Referendar, 1878 Aſſeſſor) habe 
ich bei verſchiedenen Gerichtsbehörden in 
der Mark gearbeitet, nachdem ich inzwifchen 
die juriftifche Doftorwürde erworben hatte. 
Seit 1879 bin ich als Redtsanmwalt und 
jeit 1884 zugleih als Notar bei dem 
Zandgeriht I in Berlin thätig. Bon 
1881 —84 habe id) als Vertreter des 
erften anhaltiſchen Wahlfreijes im Reichs: 
tage der liberalen Vereinigung angehört. 

Schon feit Jahren gewährt mir mein Beruf 
nur geringe Muße für literariiche Thätigfeit, fo 
daß fi meine Beröffentlihungen, von Aufläßen 
verſchiedenen Inhalts in Zeitungen und Zeit 
ſchriften abgefehen, auf die gelegentliche Mittei« 
lung lyriſcher Gedichte in diefer und jener Samm: 
lung beichräntt haben. 


Semler, Chriftian, ift am 27. Juni 
1829 in Wiesbaden geboren, abjolvierte 
dafelbft das Gymnafium, ftudierte dann 
in Bonn und Heidelberg. In Bonn gab 
der Antifenfaal die Hauptanregung, ferner 
in der Heinen Verbindung der Verkehr 
mit Schurz, Meyer, jet Profeſſor der 
Pſychiatrie in Göttingen. In Heidelberg 


fih fpäter in Gedichten, Märchen und |hörte er nur die Vorträge von Kuno 
Novellen, die in Zeitſchriften erfchienen | Fifher und Häuſſer. Danach wirkte er 
und mitZ Beifall aufgenommen wurden. | 3 Jahre in Hamburg und hielt öffent: 


Sendad). 


lihe Vorträge am Johanneum über Ho- 
mer, Shafefpeare und Goethe. Dann 
weilte er 4 Jahre in England, wo er 
Studien im britiihen Mufeum (Skulptur) 
und an der Shafefpearebühne fi) widmete. 
Seit 1860 wirkte er in Dresden, feit 
1870 an der öffentlichen Handelslehr— 
anjtalt als Lehrer der deutſchen Sprache, 
Literatur und Gedichte. 

Bon feinen verdienftlihen Werten heben wir 
— Die Schule des Phidias im brit. Mu— 
eum, Die äſthetiſche Erziehung und Homer als 
die Grundlage derſelben, Shakeſpeare's Hamlet; 
die Weltanſchauung und der Stil des Dichters, 
Das Thema der Goethe'ſchen Poeſie und Tor— 
quato Taſſo, Wallenſteins Lager, Der zerbrochene 
Krug von H. v. Kleiſt, Das Weltbild der Ilias 
und feine Bedeutung für unſere Zeit, Goethe's 
Clavigo und die etliche Weltanihauung des 
Dichters, Goethe'3 Wahlverwandtichaften. 


Sendah, Lubw., ſ. Deihän Edl. 
Hanfen. 


Sepp, Bernh., Eohn des Folg., wurde 
am 3. September 1853 geboren, wid: 
mete fich philofophischen Studien und wirkt 
nunmehr als Profeſſor der Geſchichte am 
Lyceum zu Regensburg. 

Außer der Mitarbeit an der „Felſenkuppel“ 
auf Moria, deren byzantiniichen Charakter er als 
Reifegefährte des Baterd nad) Tyrus ficher ftellte, 
rühren von feiner Hand: Aurelius Victor’s 
Incerti auctoris liber de origine gentis 
manae (1879, 2. Aufl. 1885), Wanderung der 
Cimbern und Teutonen (1882), Die Herkunft 
der Bayern. Krit. Unterf. gegen die Hypotheſe von 


Zeuß, Maria Stuart’3 Tagebuch (1882), Ihre | 1 


Antläger (1884), Rücklaß (1885), (Gefammtauss 
gabe zum III. Säfulartag ihrer Hinrichtung 1887). 

Sepp, J. N. (S. v. Lakberg, Amort 
d. Jüngere), geboren am 7. Aug. 1816 
zu Tölz im bayerifhen Gebirge, war 
von Haus aus zum Theologen bejtimmt 
und madte feine Studien unter Görres, 
Selling, Schubert, Möhler und Döls 
linger. Weil er aber ſchon als Student 
unabhängig nah Süd und Nord auf 
Reifen gegangen, entließen ihn wegen zu 
felbftändigen Geiſtes die Vorftände willig 
aus dem Seminar. Zur Doktordiſſer⸗ 
tation wählte er 1839 aus Forjchertrieb 


die Berichtigung der chriſtlichen Zeitrechnung. 


601 


Sepp. 


Daraus erwuchs aber ein ganzes Buch: „Chros 
nologie und im Zufammenhange damit die Ura- 
nologie". Dies führte ihn unwillkürlich weiter, 
er ftellte feft, daß unfere Jahreszahl ab incarn. 
nicht bloß um vier, jondern um fieben Jahre zu 
kurz, und darum der Evangelienberiht und die 
—— verſchoben ſei. Sofort trat er mit 
einem „Leben Jeſu“ gegen Dr. Strauß hervor, 
welches ind Franzöſiſche überſetzt viele Auflagen 
erfuhr. In Zuſammenhang damit ſteht ſeine 
Reiſe in den Drient, welche das an neuen geogr. 
und architekt. Studien reihe Werk: „Jeruſalem 
und das bl. Land. Pilgerbuch nad Paläftina, 
Syrien und Agypten” mit 550 Illuſtrationen 
als Frucht brachte (1863, 2. Aufl. 1873— 76). 
Diefes grundlegende, dem Kronprinzen ded Deut: 
chen Reiches gewidmete Werf wurde in England 
ſchon in 1. Auflage ald standard work begrüßt. 
©. hatte indeß 1844 den Lehrſtuhl der 
Geſchichte an der Univerfität Münden 
beitiegen, ward aber defjelben beim Kon— 
flifte feiner Zuhörer mit den Alemannen 
zur Vertreibung der Lola Montez ent 
hoben und nad) feiner Heimat Tölz ver: 
bannt, dafür aber in die Nationalver- 
fammlung zu Frankfurt und in die bayr. 
Volkskammer (1849 —54) gewählt. Seit 
1850 dem Katheder zurücigegeben, jchrieb 


er Das Heidentum und defien Bedeutung für 
das Chriftentum. Sepp's „Beiträge zur Geld. 
d. Bayeroberlandes“ (1853—54) follten die Grund⸗ 
lage zu einer Landes: und Volkskunde fein, 
Seit 1861 Herr des Kloftergutes Wefjobrunn, 


Ro- verfaßte er, aufgefordert von Erzbiſchof Darboy 


wider E. Renan das Werk: „Thaten und Lehren 


hatte, erließ S. die zweite Bearbeitung der 
Apoſtelgeſchichte“ mit einer Vorrede über die 
„Theologie der Zukunft“ (1866), Ein Jahr 
darauf erſchienen: „Neue ardit. Studien und 
bift.sviplom. Forſchungen in Baläftina”. Bei der 

erfucht zwifchen einheimifchen und berufenen 
Profefioren 1867 abermals amtsentjegt, wurde 
er vom Bolte alöbald ind Zollparlament (1868 


„Zudwig I, U 
Dicher but — 


zugleich die Geſchichte der Bayern in Griechen ⸗ 


Sepp. 


land (2. vermehrte Aufl.). Schon von der kath. 
Generalverfammlung in Linz 1849 war er nebft 
Aug. Reiheniperger und Profeſſor Sigbart zum 
wiffenfejaftlichen Vertreter der mittelalterlichen 
Kunft beitellt und blieb auch Haupiſprecher im 
Ariftlihen SKunftverein, wie in der Folge im 
Kunftgewerbe:Berein. Er legte jelber die reichite 
Privatſammlung von altdeutihen und altitalie: 
nischen Gemälden an, darunter Meifterwerfe 
erſten Ranges, und baute jich dafür in der Haupt» 
ftadt 1854—56 eine gotiihe Burg. Seine mil: 
ſenſchaftliche Thätigkeit trat eine Zeit gegen die 
arlamentäre zurüd, und am 19. Juli 1870 ent: 
chied jeine patriotische FFeuerrede für den Ein: 
tritt Bayerns in den Krieg mit Frankreich. Ab: 
drud aus Stenogr. Kammerberichten in S.'s 
„Kriegsthaten der Iſarwinklet“ (1874). Ebenfo 
entichied ſein Wort mit bei Annahme der Ver: 
failler Verträge, welche mit die Grundlage zur 
deutihen Kaiferwahl bildeten. Schon am „Laien: 
konzil” zu Berlin 1869 hatte S. mit Törg, 
Windthorit, Mallindrodt, P. Reichenfperger ſich 
beteiligt und billige Verwahrung gegen römijche 
bergriffeeingelegt, dann Stellung mit der Schrift: 
„Kirhlihe NReformentwürfe, beginnend mit der 
Nevifion des Bibelkanons. Ehrerbietige Vorlage 
an das Vatikan. Konzil” (2. Aufl. 1879) ae: 
nommen. Daran jchloß fih: „Das Hebräerevang. 
oder die Marcus: und Matthäusfrage und ihre 
friedliche Löſung (1870). Gfeichzeitig mit dem 
Janus (uon der Hand feines Schülers Profejlor 
Huber) erjchien über die Kirchenfrage in der „N. | 
Allg. 3. eine Reihe anonymer Xrtifel von 5., 
die mehrfah in ital. Blätter übergingen. Das 
röhte Aufſehen erregte aber im mweitelten Kreiſe 
Feine Proteftichrift wider die päpftliche Unfehlbar: | 
feit: „Deutichland und der Vatikan” (1872, 2. | 
Aufl. 1876). Darauf folgte im Stile eines Nik. | 
Elemangis Liber de corrupto statu ecclesiae | 
die Reformicrift: „Staats: und Kirchenzuſtände 
in Süddeutichland‘ (1578). Eine mwohlthuende | 
Unterbrechung des Kammerlebenä bot 1874 die 
zweite Reife nach den Djtländern im Auftrage 
des Reichskanzlers, um die ältefte Kathedrale 
der Ehriftenheit auszugraben und womöglich die 
Gebeine des hier im Kreuzzuge beftatteten Kaiſers 
Barbarofja zurüdzubringen. Die „Meerfahrt 
nah Tyrus’ (1879) giebt darüber Aufichluß. 
Erſchienen find ferner: Dad Amagonentum im 
Abendland (1872), Altbayerischer Sagenſchatz zur 
Bereicherung der indogermaniihen Mythologie 
(1876). Die Säfularleier der Geburt feines 
Lehrers bot Anlaß zum Buche: Görres und feine 
Beitgenofien (1877), worin deſſen energiiche Ab» 
lehnung der Unfehlbarkeit betont ift. Eine ein« 
fache Lebensſtizze war in 2. Aufl. 1848—49 er: 
ſchienen. Dann: Urfprung der Glasmalerkunft 
im Kloſter Tegernjee (1878), Die Felſenkuppel, 
eine Juftinian. Sophientirche (1882, zugleich mit 
feinem Sohne und Reifegefährten nad) Jerufalem | 








602 


Sermond. 


Dr. Bernd. Sevp herausg. mit Illuſtr.), Ein 
Bolf von zehn Millionen oder der Bayerftamm, 
Herkunft und Ausbreitung über Ofterreih, Kärn— 
then, Steiermark und Tirol. Kampfichrift wider 
Czechen und Magyaren (2. Aufl.), Der bayer. 
Bauernfrieg mit den Schlahten von Sendling 
und Nidenbah (1884). Dichtungen: Markos 
Botzaris (Trauerfp. 1869), Der Militärflüchtling 
oder die Iſarwinkler im Franzoſenkrieg (1870), 
Das Haberfeldtreiben (Rolfsit.), Der Yägermirt 
und die Sendlinger Schladt (1832), Die gött: 
lihe Tragödie oder Paſſion unſeres Herrn und 
Heilands Jeſus Chriftus (1886). Inzwiſchen 
fallen Broſchüren wie: Dr. Lud. Merz, ein Le 
bensbild (1860), Bayern und die neue Ara 
(1865), Denkſcheift in Sache meiner Quittierung 
(1868), Friedrich I. Barbaroſſas Tod und Grab 
(1879), Bibliihe und profane Wunderthäter 
(1880), Frankfurt, das alte Asitiburg beim 
Geogr. v. Ravenna (1882), Die Handiwerkerfrage 
(1881), Kaſp. Winzerer, der goldene Ritter, 
Heldenvater des Bayeroberlandes (1887). 


Sermond, Heinrich, geboren zu Hei— 
ligenftadt am 15. Mai 1841, bejuchte 
das dortige Zehrerjeminar, wurde 1862 
dajelbii Gymnafial-Elementarlehrer, nahm 
1864/65 an einem Kurſus in der Kol. 


' Bentral-Turnanftalt in Berlin teil, kam 


1869 als Seminarlehrer nad) Fulda, 
ging 1871 mit Urlaub auf ein Jahr in 
gleiher Eigenihait nad Straßburg und 
Colmar, fehrte 1872 nad) Fulda zurüd, 
abjolvierte 1874 einen für Seminarlchrer 
veranftalteten Zeichenfurjus an der Königl. 
Zeihen: und Maler-Akademie in Kaſſel, 
wurde 1875 Sreisichulinipeftor für die 
fatholiichen Volksſchulen der Kreife Fulda, 
Schlüchtern, Golnhaufen:Orb und Hanau 
und 1884 auf feinen Wunſch in derjelben 
Eigenihaft nad Weſel (für die katho— 
liſchen, evangelifchen und jüdiſchen Volks-, 
höheren Knaben- und Mädchenſchulen des 
Kreiſes Rees) verſetzt. 

Hauptwerke: Handfibel nach der Schreibleſe— 
Methode, Handfibel nach der Normalwörter-Me— 
thode, Anleitung zur Erteilung des Zeichenunter: 
richtes, mit 24 Tafeln für das Ne: und ſtigmo— 
graphiiche Zeichnen, Handbuch für den Turnuns 
terricht in Elementar: und höheren Schulen, Rea— 
lienbuch für fatholifche Elementarfchulen, gemein» 
Ichaftlich herausgegeben mit 9. Lettau, Liederbuch 
für katholische Volksschulen (im Anſchluß an das 
im amtlichen Auftrage erfchienene Leſewerk), Lies 
derbuch für Volks: und Mittelfhulen (im Anſchluß 


Seuberlid). — 


en das Gabriel⸗Supprian'ſche Leſewerk, gemein; 
ſchaftlich herausgegeben mit Rektor W. Bartho— 
lomãus). 


Seuberlich, Rudolf Wilhelm, wurde 
am 13. Dezember 1841 zu Riga gebo— 
ren, woſelbſt ſein Vater Bürgermeiſter 
war, ein durch Gaben des Geiſtes und 
Herzens gleich ausgezeichneter Mann, von 
dem der Sohn die Liebe zur Muſik und 
Poeſie geerbt hat. Nach dem Tode des 
Vaters (1856) entſchloß ſich S. zum 
kaufmänniſchen Beruf, da er ſeinen Kräften 
und Fähigkeiten, Muſiker zu werden, 
wozu er die größte Neigung in ſich ver— 
ſpürte, nicht genügend traute. Nach be— 
endeter Lehrzeit, welche ſechs ſchwere 
Jahre umſchloß, ging er auf Reiſen, um 


603 


Seydel. 


Weiße auf ihn ein. Dieſer wurde ſein 
Berater bei allen inneren Kämpfen, die 
ihm durch das Schwanken zwiſchen frei⸗ 
finnig:philof. und kirchlich-theolog. Uber: 
jeugungen erwuchſen. &. war zwar zum 
Studium der Theologie übergegangen, aber 
fein ganzes Weſen und Streben führte ihn 
der Philoſophie zu, umfomehr als jeine 
Schrift: Schopenhauer's philoſophiſches Syſtem 
(1856) preisgefrönt wurde, welche Schrift 
ihm auch zur Promotion diente. Längſt 
Ihon gehörte ©. dem Freimaurerbunde 
an und zwar zuerjt mit ganzer Seele. 
Er ſah diejen Bund als eine Vereini- 
gung in liebevollem Gottſuchen an. Dar: 
aus entjtanden auch jeine Maurerſchriften: 
Reden über fFreimaurerei an denfende Nichtmaurer 





die Welt kennen zu lernen und feine (1859), Katholizismus und Freimaurerei gegen 


Epradfenntnifjezuvervollfommnen. Nad) 
einem zweijährigen Aufenthalt in Frank: 
reih und Spanien kehrte er in die Heimat 
zurück, war dafelbit zuerft als Korreſpon— 
dent thätig, etablierte ſich dann mit 
Glück als Agent und verband fich zu 
glüdlichiter Ehe mit einer trefflichen Kla— 
vieripielerin Lifinfa von Schlaeger. 

In diefe Zeit fällt die Herausgabe feiner Ge: 
dihtfammlungen „Meine Muſe“, die R. S. mit 
Recht zu einem der beliebteiten baltiſchen Dichter 
madten. Außerdem bervorzuheben: Eine tolle 
Geſchichte (Schwank) und Wilder Garten (Ged.). 

Seydel, Georg Karl Rudolph, ift 
am 27. Mai 1835 in Dresden als Sohn 
eines Kaufmannes geboren. Die Eltern 
lebten troß ſcharf unterichiedener, bewußt: 
voll vertretener religiöfer Überzeugungen 
in größtem Frieden und gegenfeitiger 
Anerkennung, ein Umſtand, der dem 
ganzen Leben und Streben des Sohnes 
Grundlage und Richtung gab. Diefer 
befuchte die Annenſchule und die Kreuz 
ſchule feiner Vaterftadt und bezog 1852 
die Univerfität Leipzig, um ſich zunächit 
in einer mehr poetilchen als wiſſenſchaft⸗ 
lihen Begeifterung dem Studium bes 
Haffiihen, vorwiegend des griechiſchen 
Altertums zu widmen (unter Nisich, 
Kos und Weftermann). In der Philo- 
fophie wirkte bejonders Chrift. Herm. 


Biſchof Ketteler (1862) und zahlreiche Artikel in 
der maur. Zeitfchrift „Die Bauhütte“ (1858— 71). 
Enttäufhungen blieben dem jungen Idea— 
liſten nicht erijpart und führten ſchließlich 
zu feiner Trennung von der Loge, nad): 
dem er lange Zeit für deren Reform 
‚bemüht gewejen war. Gewiſſermaßen 
an die Stelle der maureriſchen traten 
immer mehr die kirchlichen Reformbe— 
ſtrebungen. 1867 gründete S. mit Gleich— 
geſinnten in Leipzig einen Lokalverein 
‚des deutſchen Proteſtantenvereins; eine 
‚Reihe von Jahren gehörte S. dem en— 
'geren Ausihuß des Gefammtvereins an 
und hielt in verfchiedenen Städten Vor: 
träge in deilen Intereſſe. Diefelben er: 
Ihienen meiſt gejammelt in: Die Religion 
und die Religionen (1872), Religion und Wil: 
fenfhaft (1887); dorthin gehört auch das Vor: 
wort zu „Die Lehre Jeſu“ (1866). Im Jahre 
1860 habilitierte fih ©. in Leipzig für 
Philoſophie (Fortſchritt der Metaphyſik unter 
den älteſten ioniſchen Philoſophen). 1867 
wurde S. außerordentlicher Profeſſor und 
verheiratete ſich. Aus der Schelling-Hegel— 
ſchen ®rundlage hervor, an der Hand Weiße's, 
geitaltete fi ihm bald ein eigenes Lehrgebäude, 
das er in mehreren Schriften und in feinen Bor: 
lefungen darſtellt. Eine „Logik oder Willen: 
ſchaft vom Wiſſen“ erfhien 1866, die „Ethif 
oder Wiflenihaft vom Seinfollenden” 1874. 
Der Tod Weiße's gab Veranlaffung zu dem Nes 
frolog „Ehrift. Herm. Weihe‘ (1866) und zu 








Seydlitz. 


der Herausgabe der „Kleinen Schriften zur Äſthe— 
tif und äjthetiihen Kritit von Weihe‘ (1867), 
von „Weiße's Piychologie und Unfterblichkeits- 
lehre nebſt ——— über Materialismus“ 
(1869), von „Weiße's Syſtem der Üſthetik nach 
dem Kollegienhefte letzter Hand“ (1872). Als 
Nebenfach bearbeitete er die Religionsgeſchichte 
in: Das Evangelium von Jeſu in ſeinen Ver— 
hältniſſen zu Buddhaſage und Buddhalehre (1882), 
Die Buddhalegende und das Leben Jeſu (1884), 
Buddha und Chriſtus (1884). Jüngſt hat S. 
der Öffentlichkeit aus dem Nachlaß von Snell über: 
geben: Borlefungen über die Abftammung des 
Menſchen 11887). 


Seydlitz, Friedrih Loudolph von, 


geb. am 1./13. Juni 1813 in Ejthland 
auf dem Rittergute Repnid, deſſen Beſitz 
nahezu 100 Jahre fih in deſſen Familie 
vererbte. Friedrich Loudolph befuchte in 
Narva die Privatichule des Königsberger 
Profeſſors Dr. Leipolz, in Reval die Rit- 
ter- und Domſchule, von wo er 1827 in 
die Ingenieurafademie trat, 1831 Offizier 
ward, aber 1836 wegen ſchwacher Ge: 
fundheit den Meilitärdienft verließ, um 
fein väterliches Erbe anzutreten. Nun 
widmete er fi mit Eifer der Landwirt: 
Ihaft, erwarb fih durch Eelbftudium die 
theoretifchen Kenntniffe und hörte zeitweife 
die Vorträge von Profeſſor Schmalz und 
Petzold auf der Univerfität Dorpat. Der 
bald jehr erweiterte Kreis jeiner Thätig- 
feit führte ihn ins Gouvernement St. Be 
tereburg, wo er gleichfalls ſich anfaufte 
und jo auch praktiſch die landwirtichaft: 
lihen Berhältniffe nicht allein der Oſtſee— 
provinzen, jondern ebenfalls aud) der ruf: 
fiihen fi) aneignete. 

Als Mitglied der ruff. faif. öfonomifchen Ges 
jelihaft ward ihm ein reiches Feld zur litera⸗ 
riſchen Thätigkeit in diefem Fade. Zu diefem 
Zwed unternahm er Reifen in verfchiedenen Tei- 
len Rußlands, um zuerft fein ausgedehntes Ba: 
terland gründlich fennen zu lernen, und dann erſt 
befuchte er faft alle europäiſchen Länder, wodurd 
er fi einen reihen Schaf zu fpäteren Arbeiten 
fammelte. Nachdem er feinem Baterlande als Mi—⸗ 
litär und Civil über 30 Jahre gedient und in 
diejer Zeit, bis auf eine Tochter, jeine ganze Fa» 
milie dur den Tod verloren hatte, übergab er 
diefer fein Befigtum und lieh ſich 1875 in Dress 
den nieder, wo er ala erſten Verſuch in deutfcher 


604 








Seyſſel d'Aix. 


1883 (2. Aufl. 1887) erſcheinen ließ und, durch 
ſehr vorteilhafte Kritifen aufgemuntert, ſich ſeit⸗ 
dem mit der Beſchreibung feiner Reifen und Er 
lebniffe zur ferneren Beröffentlihung befchäftigt. 
Seyſſel d'Aix, Kamilla Gräfin (E. 
Greffieur), im Jahre 1842 geboren, ent- 
ſtammt einer alten öjterr. Adelsfamilie. 
Sie genoß in einem adel. Stift ihre Er: 
ziehung und vermählte fih 1865 mit dem 
als Militärfchriftiteller befannten Grafen 
Seyfiel d'aix. Durch ſchwere Schickſale 
ihres Vermögens beraubt, betrat fie die 
(iterariihe Laufbahn noch zu Lebzeiten 
ihres Gatten (F 1872) mit dem Roman: 
Aus dem High-life, der feiner Tendenz > 
Aufjehen erregte und in mehrere Sprachen über» 
ſetzt wurde. Demfelben jchloffen jih an: Die 
Kunftreiterin (Rom.) und eine Novellenfammlung, 
außerdem zahlreiche Aufläge in Zeitichriften. Als 
Feuilletoniftin im Grazerblatte bejchäftiat, lie— 
ferte die Autorin für diefes und andere Blätter 
zahlreiche Artikel, welche dazu beitrugen, ihren 
Namen aud weiteren Kreiſen befannt und beliebt 
zu maden. K. ©. d'A. lebt in Graz. 
Siebenlift, Auguft, warb am 28. 
Auguft 1849 zu Karlburg in Ungarn ge 
boren. Seine erjte Ausbildung empfing 
er in Preßburg. An der Wiener Univer: 
fität widmete er fih, unter Bonitz, Vah— 
len, Pfeiffer, Scherer, Robert Zimmer: 
mann u. a., dem Studium der Philologie 
und Philofophie. In Leipzig wurde er 
zum Doktor der Philofophie mit Auszeich 
nung graduiert. Seine ſchwächliche Ges 
ſundheit hinderte ihn, ein öffentliches Lehr: 
amt zu übernehmen. So bethätigte er 
fih denn als Erzieher und Hauslehrer 
in zahlreihen Familien, wie bei dem 
regierenden Fürften Liechtenftein, bei Graf 
Neventera, bei Graf Stephan PBalffy x. 
Bereits an der Univerfität Hatte ihn 
jener Teil des Elaffiihen Altertums, 
welcher fih mit der Äſthetik berührt, 
am mächtigften angezogen. Da war es 
Vahlen, der meifterlihe Kenner ber Aris 
ftotelifhen Poetik, welcher, wie fein 
Zweiter, die rechte Bahn zu weiſen ver: 
mochte. Nur fuchte ©. in feinem hod: 
bedeutenden, geradezu bahnbrechenden 


Sprade fein Büchelchen „Nordiſche —2 Hauptwerke: Schopenhauers Philoſophie der 


Siebenlift. 


605 


Siebenlift. 


Zragöbie (1880), infofern Bahlen gegenüber — auf, als ich (1886) die bedeutendſte drama⸗ 


ergänzend und reformierend auf dem Ges | 


biete der Wiljenichaft des Schönen zu wir: 
fen, als er von der Überzeugung aus— 
ging, daß jene Theorie des Stagiriten für 
die moderne Tragödie ‘zwar gleichfalls 
ihre Richtigkeit fortbefige, aber nicht mehr 
die ganze Wahrheit jage, nicht mehr für 
eine durchaus befriedigende, reftlofe Er: 
klärung ausreiche. S. wies zuerjt dar: 
auf hin, daß es dem Tiefblide eines 
Vhilofophen des neunzehnten Jahrhun— 
derts, daß es Schopenhauer vorbehalten 
war, über das innerfte Weſen des Trauer: 
ipiels volles Licht zu verbreiten. Da die: 
fer indeß feinerlei zufammenhängende Dar: 
ftellung der Gejege des Dramas hinter: 
lafjen hat, fo lag ©. die Rekonitruftion 
eines ſolchen förmlidyen Syſtems aus des 
Philoſophen ſämmtlichen Werfen ob; eine 
Arbeit, bei welder die Konzeptionskraft 
des ausbauenden Aijthetifers mit der 
Sammleraufgabe des Bhilologen zum min: 
deſten gleichen Schritt hielt; wenn nicht, 
im Hinblid auf die befannte geniale, je: 
doch mannigfach lüdenhafte Schopenhauer: 
ſche Denkungsweiſe, jene erjtere jtarf über: 


wog. Diefer angedeuteten Richtung blicb ©. 
auh in fleineren Monographien über Homer, 
Sophokles, Tacitus, Shakefpeare, Kleift, Lenau 
u.a. treu und iſt gegenwärtig (1887) mit Aus; 
arbeitung einer in geichichtlicher Abfolge vorge: 
nommenen fritiihen Prüfung der bedeutenden 
Theorien der Tragödie, ſowie mit Abfaſſung 
einer „Pädagogik nah Schopenhauerichen Grund: 
fügen” beichäftigt. 


Siebeuliſt, Joſef, geb. am 9. Fe 
bruar 1847 zu Preßburg. Ich ftudierte 
nad): und nebeneinander Jus und Volks— 
wirtihaft, Spraden und Medizin, letz— 
tere an der Wiener Univerfität. Als Four: 
nalift arbeitete ic) auf allen Gebieten, 
mit Vorlicbe jedod auf dem Gebiete der 
Sozialpolitif und des erniteren Feuille: 
tons. Gelegenheit dazu hatte id, indem 
ih durch fünf Jahre die Redaktion des 
größten deutichen Brovinzblattes Ungarns, 
des Weſtungariſchen Grenzboten“, führte. 
Als Schriftſteller im engeren Sinne trat ich erſt 





laſſung wurde, 


tiſche Dichtung Ungarns, Madachs „Tragödie des 

Menſchen“ verdeuiſchte. Die Überſetzung fand 
allgemeine Anerkennung in Ungarn. Meine letz⸗ 
ten Arbeiten find: eine Dialektpoſſe „gwei vom 
Brettel” und ein Schaufpiel mit Geſang „Die 
ältere Schweiter” (beide in Gemeinſchaft mit C. 
2, Zwerenz). Seit 1887 lebe ih als Mit- 


arbeiter des „Weltblatt” in Wien. 


Siebenlift, Ottilie, am 14. Oftober 
1859 zu Preßburg geboren, genoß da— 
jelbjt ihre Ausbildung und Erziehung und 
widmete fi alsdann der lyriſchen Dich: 
tung ſowie der leichteren Novelle. Mandes 
davon erſchien in Preßburger und Wiener Blät: 
tern, deren langjährige beliebte Mitarbeiterin fie 
iſt. 

Sieber, Ferdinand, iſt am 5. De— 
zember 1822 in Wien geboren, wo ſein 
Vater, ein ausgezeichneter Sänger, am 
Kärnthnerthortheater als erſter Baſſiſt 
wirkte. In dem Knaben regte ſich, da 
auch die Mutter eine treffliche Klavier— 
ſpielerin war, ſchon früh die Neigung 
zur Muſik und der ſehnliche Wunſch, ſich 
ihr zu widmen. Leider ſtarb der Vater 
ſchon im Jahre 1829 in der Blüte ſeiner 
Mannesjahre in Kaſſel, wohin ihn Spohr 
zur Oper berufen hatte, was die Veran— 
daß feine Wittwe nad) 
Dresden überfiedelte. Hier empfing der 
Sohn in dem Blochmannſchen Gym: 
nafialerziehungshaufe feine vielfeitige und 
ausgezeichnete Bildung. Neben bejonderer 
Begabung für das Studium der alten 
und modernen Sprachen zeigte der Knabe 
ein hervorragendes Talent für Muſik und 
Geſang; in beiden erhielt er tüchtige An: 
leitung und entzüdte bald bei den Schul: 
fejtlichfeiten durch feine paftofe und ums 
fangreiche Altſtimme. Als fih diejelbe 
nad) frühzeitiger und fchneller Mutation 
in einen fonoren Baß umgewandelt hatte, 
unterzog ſich Joh. Mikſch, der große 
Singemeijter, der Ausbildung des jungen 
Mannes zum Gefangskfünftler. Seine 
Lehre trug fo gute Früchte, daß fein 
Schüler fih nad) mehrjährigen Studien, 
zuerjt in Brendels Vorlefungen über Ge: 


— 


Sieber. 


ſchichte der Muſik und ſpäter (nach ab— 
ſolvierter Maturitätsprüfung) in den 
meiſten Konzerten in Dresden mit großem 
Beifall hören ließ. Mikſch entdeckte aber 
zu ſeiner Freude an Sieber noch ein be— 
ſonderes Lehrtalent, ſo daß der alte Herr 


ſich oft durch ſeinen Schüler vertreten 


ließ. Dies wurde vom höchſten Werte 
für ©.’8 eigene ſpätere Lehrthätigkeit. 
Tenn dem jungen Künftler jagte das 
Theaterleben, in das er zunächſt 1844 
als Baffiit an der Detmolder Hofbühne 
trat, auf die Dauer nicht zu, weshalb er 
— nad mehrjährigen Geſangſtudien in 
Stalien unter Forini und Ronconi — 
fih ganz dem Unterrichtsfache zu widmen 
beichloß und 1853 als Gejanglehrer, 
Komponift und Schriftiteller in Berlin 
niederließ. Ein Jahr früher war fein erftes 
Bud: „ABE der Geſangskunſt“ erſchienen und 
hatte feiner prägnanten Lehrweiſe wie der ori— 
ginellen Dispofition halber ſehr großen Beifall 
gefunden, wurde mehrfad aufgelegt und auch ins 
Holländifhe überſetzt. Das Hauptwerk Siebers: 
„Vollſtändiges Lehrbuh der Geſangskunſt“ 
(2. Aufl. 1878) fam einige Jahre jpäter heraus, 
ihm wurde von den größten Tonfünftlern und 
von der gefammten Kritik der erſte Pla unter 


allen Werfen eingeräumt, die bisher über Gefang | 


erſchienen waren. Hieran reihten fich eine große 
Anzahl von Übungen, Vokaliſen und Solfeggien 
als praftifches Studienmaterial: „Die Schule der 
Geläufigkeit“, „Sechzig leichte Vokaliſen“, „Hun: 
dert ſchwerere Solfeggien“, „Sechzig Vokaliſen 
für vorgerüdtere Schüler zur höheren Ausbildung 
der Technik”, „Vierundzwanzig 16taftige Voka— 
lifen als Intonationsftudien für die Intervalle“, 
„Sechzig zweis, drei» und mehrftimmige Voka— 
liſen“, „Aphorismen aus dem Geſangsleben“, 


„Die Ausſprache des Italienischen im Gefange“, | 


der bereitö in vierter Auflage erfchienene und 
zweimal ins Englifche überjette: 


Außerdem viele Beiträge in Zeitjchriften und 
gegen 300 Lieder, von denen einzelne jehr populär 
geworden find (z. B. „die Schwalbe Hlopft ans 
Senjterlein“). Daneben war ©., der in: 
zwiichen zum fönigl. Profeſſor der Muſik 
ernannt und noch mander anderen Aus: 
zeichnung teilhaftig wurde, als praftifcher 
Lehrer mit vorzüglichftem Erfolge thätig 
und bildete eine ganze Reihe trefflicher 
Künftler und Künftlerinnen aus. Siebers 


606 


„Katechismus | 
der Geſangskunſt“, „Die Kunft des Gefanges“ zc. 


Siedler. 


\ Werfe haben fi im Unterrichte jeit 30 Jahren 


| derart eingebürgert, daß fie in den meiften Ron 
'fervatorien in Deutichland, Äſterreich, Holland 
‚und England, in faft allen Mufifichulen Amer 
rikas benutzt werden. Sie gelten ald das weit⸗ 

aus befte und ſyſtematiſch förderndfte Studien, 
| material. 


Siedler, Johanna, wurde am 17. Fe 
bruar 1835 zu Neu-Stettin (Pommern) 
geboren, wo ihr Water Oberlehrer am 
Gymnaſium war, jedod wenige Wochen 
nad) ihrer Geburt eine Landpfarre über: 
nahm, vier Jahre jpäter als Hofprediger 
und Superintendent nad) Stolp und wie 
derum zwei Jahre ſpäter als Konfiftorial: 
rat nad) Pofen fam. Schon in zarter Jus 
gend zeigte fich bei Joh. ©. ein Talent 
zum Dichten und Fabulieren, gleichzeitig 
befondere Neigung zum Lehrfach, die von 
den vortrefflihen Eltern gepflegt wurde. 
Neunzehnjährig ging Joh. auf zwei Fahre 
als Erzieherin nad) Echlefien in die Far 
milie eines Freiherrn von Seydlig. Dort 
reifte in ihr der Entichluß, für die Ju— 
gend zu fchreiben, und fie verfaßte da— 
jelbft mehrere ihrer jpäter gedrudten Er: 
‚zählungen. Da inzwiichen der Vater aus 
Gefundheitsrüdfichten fein Amt niederge 
legt und eine Landpfarre in Pommern 
übernommen hatte, fehrte fie in das El 
ternhaus zurüd, um ihren jüngeren Ges 
ſchwiſtern Lehrerin zu werden. Bald je 
doch erfranfte fie an einem Rücdenleiden 
und bradte fieben Jahre faſt ununter: 
brochen auf dem Kranfenlager zu. Den 
jo jehr geliebten Beruf als Lehrerin mußte 
fie num aufgeben, mit um fo größerer Reis 
gung ergab fie ſich der Schriftftellerei. So ent 
Itanden in ihrer langen Krankenzeit die viel ges 
leſenen Jugendichriften Miranda (1860, 2, Aufl.), 
Haideblumen (1861), Epheuranten (1862) und 
zahlreihe Beiträge für Zeitichriften. 1862 
wurde fie in die Heilanftalt des Kräuter: 
doftors Lampe nad) Goslar gebradt, und 
nad einer längeren Kur kehrte fie her 
geftellt nach Haufe zurüd. Nun unter 
richtete fie wieder, ſchrieb für Jugendblät- 
ter und gab 1870 ein neues Werk Feſt— 
blumen heraus. Nach dem Tode ihres Va 





Siegel. 


ters begab fie ſich 1871 nach Berlin, wo 
fie fi als Spracdhlehrerin niererließ und 
1874 als Lehrerin an einer höheren Tödh: 
terfchule angeftelt wurde. Mit einer 
freuen Freundin gründete fie fi in Ber: 
lin eine behagliche Häuslichkeit. Die große 
Arbeitälaft ihrer Stellung in der Schule lich ihr 
nur wenig Zeit zu Schriftftelleriicher Thätigkeit, 
regte fie abır zu Dichtungen für die Schule an: 
Sedanfeftipiel (1880), Hänſel und Gretel (Mär: 
chendichtung 1883, 5. Aufl. 1886), Die Schnee 
fönigin (1885, 2. Aufl. 1886). Ihre Thätigkeit 
an der Schule veranlafte fie aud) zur Herausgabe 
vonenglifchen vortrefflichen Shulbüchern: History 
of English literature (1883, 3. Aufl. 1888) 
und Readings of the best English authors 
(1886). ‚ 

Siegel, Heinrih, wurde am 13. April 
1830 in Ladenburg (Baden) geboren, 
widmete fi dem Studium der Rechte zu 
Bonn und Heidelberg, wurde zu Gießen 
zum Doktor promoviert, habilitierte ſich 
1853 an legterer Univerfität und ging 
1857 als außerord. Profeſſor nah Wien, 
woſelbſt er 1862 zum ordentlichen Pro— 
feſſor ernannt wurde. Bereits 1861 er: 
wählte ihn die Akademie der Willen: 
ichaften zu ihrem Mitgliede und ſeit 1875 
fungiert er als deren Generalfefretär. 
Im Fahre 1879 wurde ihm der Hofrats» 
Titel verliehen. Bon feinen, durch die 
Fachkritik beſonders hervorgehobenen Wer: 
fen: find vorzüglih zu nennen: Die ger- 
manifche Berwanbtichaftäberehnung (1853), Das 
deutſche Erbrecht nach den Nechtöquellen des Mit: 
tefalters (1853), Geichichte des deutichen Gerichts: 
verfahrend (1857), Die Lombarda:Kommentare 
(1862), Delterreihifhe Weistümer (1870), Das 
Verſprechen als Verpflihtungsgrund im heutigen 
Recht 11873), Deutiche Rechtsgeſchichte, ein Lehr: 
buch (1886). 

Siegen, Karl, wurde am 12. Sep: 
tember 1851 zu Weimar geboren, abjol: 
vierte das Gymnaſium dajelbft und wid: 
mete fi) alsdann philologiihen und 
literargefchichtlihen Studien zu Jena, 
wo er 1875 zum Dr. phil. promoviert 
wurde. Nur kurze Zeit übte er den er: 
wählten Beruf als Lehrer aus; denn 
bereits Ende 1875 übernahm er die Ne: 
daftion der Zeitjchrift „Deutichland” in 


607 


— Siegfried. 
Weimar. Die Jahre 1878—80 weilte 
er darauf in Chemnig als Redakteur des 
„Ch. Tageblattes“, jeit 1880 in Leipzig. 
S. madte fi) bejonders verdient durch 
eine trefflihe Ausgabe von Kleiſt's aus: 
gewählten Dramen und feine Bearbeitung 
von Kleift’s „Käthchen“. Selbftändig trat 
er mit Gedichten und mit bramatifchen 
Arbeiten hervor und fand auf beiden Ges 
bieten Anerkennung. Daneben ift er aud) 
als Kritiker und Germaniſt thätig. 
Hauptmwerfe: Lorbeerkränze (1871), Rofalinde 
(Dram. 1872), Das Gottesminnelied (1879), Kleiſt 


und der zerbrocdene Krug (1876 und 1879), Die 
Wittenbergifhe Nachtigall (1883). 


Siegfried, Carl, am 22. Jan. 1830 
zu Magdeburg geboren, wurde auf dem 
Domgymnafium daſelbſt vorgebildet und 
bat 1849 —53 in Halle und Bonn ans 
fänglih Philologie, Später Theologie 
ftudiert. Nach Ablegung der beiden theo— 
fogiichen Prüfungen und des Examens 
pro facultate docendi in Halle 1859 
wurde er zum Dr. phil. promoviert, nach⸗ 
dem er vorher ſchon jeit 1857 in den 
preußifchen Schuldienft getreten war. Er 
bat 18 Jahre auf den Gymnafien von 
Buben, Magdeburg und Pforte als Lehrer 
gewirft. An der letztgenannten Anftalt 
war er auch zugleich zweiter Geiftlicher. 
Im Jahre 1875 wurde er von der theol. 
Fakultät zu Jena zum D. theol. freiert 
und im Herbſt deſſelben Jahres als 
ordentl. Brofefjor der Theologie nad) Jena 
berufen, an welcher Univerfität er noch 
jegt wirft, feit 1885 zum großherzogl. 
Kirchenrath ernannt. 

Hauptwerfe: de inseriptione Gerbitana 
(1863), Die bebräifchen Worterflärungen des 
Philo und die Spuren ihrer Einwirkung auf die 
Kirchenväter (1863), Spinoza als Krititer und Aus» 
leger des U. T.’3 (1867), Philo von Alerandria 
als Ausleger des A. T.'s (1875), Über die Aufs 
gabe der Geichichte der alttejtl. Auslegung (1876), 
Neuhebräiihe Grammatif (1884), Eusebii cano- 
num epitome ex Dionysii Telmaharensis 
chronico petita (1884, zufammen mit H. Gelzer), 
Mitarbeiter an Lipfius’ Theol. Jahresbericht ſeit 
1881 (für das 9. T.), außerdem zahlreihe Ab- 
handlungen in Beitichriften. 


En — — — — — — — — — 


Sifing. — 

Siking, Franz, am 1. November 
1845 zu Mannheim geboren, machte ſich 
literariſch zuerſt durch ſeine wohl berech— 
tigte Polemik gegen die „Gartenlaube“ 
bekannt: die Streitſchrift Ein Kampf mit 
der Gartenlaube giebt intereſſante Enthül— 
lungen über manchen wunden Punkt un— 
ſerer literariſchen Zuſtände, zumal auch 
kennzeichnet er den moraliſchen und kri— 
tiſchen Standpunkt des Durchſchnitts der 
deuiſchen Leſerwelt. Selbſtſchaffend trat 
S. zunächſt mit einigen Dichtungen in 
gebundener Sprache und mit kritiſchen 
Aufſätzen hervor, einen Namen als Poet 
erwarb er ſich jedoch durch ſeine meiſter— 
haft gezeichnete Roſe von Urach (1882). Der: 
jelben folgten Des Nordlands Königätochter 
(1884), Das Dratorium Saul und David und 
das, auch in fremde Sprachen überjegte urger- 
maniſche Märchen „Gerſemi“ (1887, von Grot: 
Johann iluftr.). Außerdem zahlreiche novel: 
liftiiche Beiträge in der Tonger’fhen „Neuen 
Mufitzeitung“. S. lebt nod) jeßt in Dann: 
beim als freier Schriftſteller. 


Silberjtein, Adolf (Detoös), am 
1. Juli 1845 zu Budapeft geboren, ab: 
folvierte daſelbſt ſeine Gymnaſialſtudien 
und gab ſich alsdann zu Leipzig, Berlin, 
Heidelberg philoſophiſchen und beſonders 
literarhiſtoriſchen Studien hin, nach deren 
Abſchluß er ſich dem journaliſtiſchen Be— 
rufe widmete. Zunächſt als Schüler Gott— 
ſchalls und Laubes in Deutſchland her— 
vortretend, wandte er ſich darauf ſeiner 
Heimat zu (1870), als politiſcher Re— 
dakteur, daneben auch als freiſinniger 
Feuilletoniſt und als ſchneidiger Kritiker 
ſich bethätigend. S. lebt als Redakteur 
des „Peſter Lloyd“ in ſeiner Vaterſtadt 
und genießt ſowohl in Oſterreich wie in 
Deutſchland, ſeiner Talente halber, das 
höchſte Anſehen: 

Hauptwerke: Katharſis des Ariſtoteles (1867), 
Rudolf Gottſchall (1868), Philoſophiſche Briefe 
an eine Frau (1873), Dichtkunſt des Ariſtoteles 
(1876), Bibel der Natur (4. Aufl. 1880), 
Strategie der Liebe (1880), überſetzte aus dem 
ae rag Iblai, Mitszäth, Bartöf, Helene 
v. Beniczky. 


608 


I 





— Silberſtein. 

Silberſtein, Auguſt, geboren am 
1. Juli 1827 in Ofen, ſtudierte in Wien, 
wurde infolge frühzeitigen Verwaiſens ges 
drängt, von wiſſenſchaftlicher Laufbahn 
der rajcheren des Kontors ſich zuzuwenden. 
Er fehrte aus einem ſolchen aber bald 
wieder zu Studien zurüd und mußte jelbjt 
feinen Unterhalt durch Unterrichtgeben 
und Zeitungsartifel erwerben. Im Revo: 
lutionsjahre 1848 war er im Ausſchuſſe 
der Studentenlegion in Wien und deſſen 
Schriftführer. Er mußte fodann fliehen 
und lebte in Leipzig, Jena und anderen 
Univerfitätsftädten, zugleich den Studien 
und literariichen Yrbeiten gewidmet. Aus 
jener Zeit ftammt eine Brojhüre „Die Aula”. 
Doktor der Philoſophie wurde er fpäter. 
In der Reaktionszeit gedrängt, heimzu— 
fehren, wurde er verhaftet, vor ein Kriegs 
gericht geitellt und zu fünf Jahren ver: 


urteilt. Nach zwei Jahren Feitungshaft 


auf dem Spielberge (der legte der poli— 
tiihen Gefangenen dafelbjt) 1856 am— 
nejtiert, lebte er bald wieder in Wien 
und deſſen Umgebung, fich bejonders der 
langentbehrten Natur in der geliebten 
Heimat hingebend. Auf feinen Wanderuns 
gen und im fräftigenden Verfehre mit dem 
Volke, unter deſſen Abkömmlingen und 
Stammesgenofjen der Knabe in Ofen als 
der Sohn eines Meinlandbefigers auf: 
gewachſen, fühlte er fich zu feinen ſpäter 
jo berühmt gewordenen Dorfgeſchichten 
angeregt. Deren erjte 1858 lenkte jofort 
die Aufmerkiamfeit auf ihn. In der Öfter 
reich direft und Deutfchland zunächſt friegbedrohen: 
den Zeit 1859 trat er mit der „Zrußnadtigall, 
Lieder aus deutihem Walde” hervor, die ihn 
wieder als deutichen Freiheitsſänger dharakteri- 
fierte und geltend machte. Drei Separatauflagen 
neben der Einreihung in die Auflagen feiner 
Lieder und Sammlung „Mein Herz in Liedern“ 
zeugen dafür. Die Erzählungen, welche er zuerſt 
allmälig in einem Boltstalender herausgab und 
deren erfte Sammlung als „Dorfihwalben aus 
Öfterreih” (1862—63) erſchien, hatten in ganz 
Deutichland einen geradezu durdichlagenden Er: 
folg. Sie wurden von bedeutenden Stimmen 
über Auerbach's geitellt und thatjählih bat er 
damit, fowie mit feinen ſpäter vorangehenden 
„Hochlandsgeſchichten“, den Nachfolgern auf dem 


Sileſius. 


609 


Simon. 


verwandten oft: und ſüddeutſchen Gebiete ds] Simon, Antonie (T. ©. Braun), 


ftabile Vorbild der Form und charakteriſtiſchen 
Führung gegeben. Sogar fein neuerfundener 
Titel wurde zu einem Gemeingute literarifcher 
Bezeichnung. Ein reiches dichteriiches Leben 
und Schaffen, von einer bejonders viel- 
feitigen Begabung, befundeten erfolgreich 
feine allmälig erichienenen Werfe. Ra: 
mentlih waren fie immer marfant für 
die literarische Zeitrichtung. So fein großer 
bumoriftiiher Roman unter dem das beutjche 
Bolt fymbolifierenden Namen „Herkules Schwach“, 
vielfach) ald der bedeutendfte der jüngern Zeit ges 
nannt; der gefellihaftlihe Roman, als der no⸗ 
torifche Vorläufer aller jener, melde aus dem 
fogenannten „mirtichaftlihen Aufſchwung“ oder 
. “ datierten ; die new:romantijchen Epen, im 
Gegenfage zur Krug: und Butzenpoeſie. Seine 
Lieder, vielfach komponiert, ertönen bei den deut: 
ſchen Sängern. Zugleich hat er als Humanift 
ewirft und konnte als Vorjtand des ge- 
Eiobemanlikren Vereins „Naßwalder“ 
ein von ihm geplantes Schughaus für die 
armen finder im Naßwald erbauen, 
ebenjo gründete er das „Studenten-Kon- 
vikt“ in Wien, deilen Vermögen, nun 
nahezu einmalhunderttaufend Gulden, der 
Rot vieler armer Studierender in Gegen- 


wart und Zukunft abzuhelfen geeignet iſt. 
Hauptwerke: Trutznachtigal, Lieder aus deuts 
ſchem Walde (1859, 3. Aufl. 1870), Dorfihwalben 
aus Ofterreih (1862—63), Herkules Schwach 
(Humor. Rom. 1863), Lieder (1864), Die Alpen: 
zofe von Iſchl (1866, 3. Aufl, 1879), Land und 
Leute im Naßwald, Kolonie proteftantiicher Holy 
te in den öfterr. Alpen (1868), Der Halodri 
(Dorfgeih. 1868), Glänzende Bahnen (Rom. aus 
der Geſellſchaft, 1871,2. Aufl. 1872), Die Kaiſer— 
ftabt am Donauftrand, Wien und die Wiener in 
Tag: und Nahtbildern (1873), Deutihe Hoch— 
landsgeſchichten (1875, 2. Aufl. 1876), Büchlein 
Minginsland, Dichter-Weifen und Weifungen 
(2. Aufl. 1880), Mein Herz in Liedern (1868, 
als Geſammtausgabe der Lieder in 5. vermehrter 
Auflage 1887), Denkjäulen im Gebiete der Kultur 
und iteratur (1. Abraham a Sanfta Clara, 2. 
Urih von Lichtenftein, 3. Teufel und Heren, 
4. Neidhard Fuchs der Bauernfeind, 5. Der 
Holzmeifter von Naßwald, 1878), Dorfihmalben 
frifcher Flug (1880), Hochlandsgeſchichten (1881), 
Die Rojenzauberin (er. Ged. 1885), Frau Sorge, 
Märhendihtung (1886), Landläufige Geſchichten 
aus Dorf, Stadt und Alm (1886). 


Silefins, Konft., |. 8. Schulze. 
Silvatiens, |. Meyer-Friedeberg. 


Das literariſche Deutſchland. 


wurde am 7. Dezember 1814 zu Breslau 
geboren als die Tochter eines Advokaten. 
Ihre Erziehung mußte bei geringen Mit: 
teln nad) dem frühen Tode des Vaters 
das Leben übernehmen. In jungen Jah: 
ren bereit8 machte ihr ungewöhnliches 
Geſtaltungstalent fi) geltend, das fpäter, 
zur vollen Blüte gereift, zahlreiche Früchte 
trug: Starkes Herz (Nov.), Zwei Freundinnen 
(Nov.), Mutter und Sohn (Rom.), Erwina 
(Rom.), Aus der Ehemwelt (Rom.), Ein häßliches 
Mädchen (Rom.), Eine gelungene Kur (Erz.), 
Erna (Rom.), Unfraut im Weizen (Rom.), 
Wiefenblumenftrauß, Schidjale der Familie Holm 
(Erz.), Ohne Stern (Rom.). Die Autorin lebt 
als Witwe in Brieg. 


Simon, Carl Hermann. Ich bin am 
10. Juli 1814 in Merfeburg geboren, 
woſelbſt mein entichlafener Vater Prediger 
an ber Domkirche war. Derfelbe fiedelte 
bereit3 1815 nad) Leipzig über, wo er 
Prediger an der Nikolaikirche wurde. Ich 
warb durch zwei Hauslehrer unterrichtet, 
und fam mit meinem 12. Jahre auf die 
Nikolaifhule.. 1832 machte ich mein 
Abiturienten - Eramen und ftudierte in 
Leipzig 1832—35 Jura. 1835 abjol- 
vierte ich mein juriftiiches Baccalaureats- 
Eramen und wurde königl. ſächſ. 1835 aud) 
Leipziger Notar. 1837 fertigte ich meine 
Spezimina in fieben Wochen an, fam das 
duch Vielen, die vor mir eraminiert 
waren, vor, und wurde bereits 1841 als 
Advokat immatrikuliert. Seitdem habe ich 
ununterbrochen in Leipzig als Rechts: 
anmwalt und Notar praktiziert und übe 
noch heute (1888) in meinem 74. Lebens⸗ 
jahre diefe Praxis aus. Schon früh war 
ich für Poefie begeiftert und fertigte auf ber 
Schule manderlei Gedichte. Mein erited größeres 
Gedicht „Guſtav Adolph“ in 9 Gefängen erſchien 
1844. Ach arbeitete dasfelbe für die 2. Auf: 
lage, die 1860 herausfam, ganz um. Es folgte 
dann ein Bändchen Gedichte, 1865 in 3. Auf: 
lage, und 1879 Gedichte Neue Folge. 1860 ver: 
öffentlichte ich mein Traueripiel „Prinz von 
Dranien” (2. Aufl.) und mein Schaufpiel „Cäs 
cilie“, ſowie 1866 ein Gedicht, in 16 Gefängen 
„Hermann und Freia“, 1864 Überfegungen eng: 
licher Gedichte I. Band (1866 2. Aufl.) und 


39 


Simon, 


II. Band, 1865 deögleichen III. und IV. Band 
(nur Gedichte von Eliza Cook). 1869 erſchien 
eine Überfegung des „Rechtmäßigen Erben von 
Eduard Bulmer“, Lord Litton, endlih 1884 die 
Überfetung ſämmtlicher poetiihen Werke von 
Henry Wadsworth Longfellow. Bon unferem all: 
geliebten Könige Albert von Sachſen erbielt ich 
bereit8 vor längerer Zeit für meine poetiſchen 
Arbeiten den fol. ſächſ. Albrechtsorden 1. Klaſſe 
und von dem Könige Oskar v. Schweden und 
dem Könige der Niederlande bereitä in den Jahren 
1845 und 1848 die großen goldenen Medaillen 
für Kunſt und Wiſſenſchaft. 


Simon, Emma (E. Bely), geb. Cou: 
vely, erblidte am 8. Auguft 1848 zu 
Braunfels das Licht der Welt. Früh 
verwaiſt, wurde fie von einer Verwandten 
in Herzberg erzogen, befuchte Die Mädchen⸗ 
ſchule zu Hannover und mibmete ſich 
dann dem erziehlihen Berufe. In der 
Ausübung deſſelben fand fie Muße genug, 
ihr angeborenes Erzählertalent zu ent- 
falten und bald als novelliftiihe Mit: 
arbeiterin von Zeitichriften fich beliebt 
und befannt zu machen. Im Jahre 1868 
lernte fie ihren fpäteren Gatten, den 
Verlagsbuhhändler Simon fennen, mit 
dem fie bis 1885 in Herzberg lebte, wo- 
hin derfelbe 1878 feine Buchhandlung 
verlegte; ſeitdem wohnt die Autorin in 
Frankfurt a. M., ganz ihren literarifchen 
Arbeiten, die ihr reiche Anerkennung (u. 
a. die württembergifche goldene Medaille 
für Kunft und Wiſſenſchaft) brachten, 
hinzugeben. Im neuefter Zeit hat fie fi 
auch der Bühnen-Literatur zugewendet, 
zwei Stüde: John Dario und Der Gnaden⸗ 
löhner erzielten bei ihren erſten Auffüh— 
rungen in Stuttgart und Hannover einen 
guten Erfolg. 

Hauptwerk: Sonnenftrahlen (1874), Aflunta 
(1875), 2eyer und Palette (1875), Herzog Karl 
von Württemberg und Franzisfa von Hohenheim 
(1876), Meereöwellen (1877), Die Erbin des 
Herzend (1877), Kämpfe und Ziele (1878), 
Gratiana, eine Harzgeſchichte (1879), Die Kinder 
der Frau von Bland (1880), Verſchneit — Ver: 
weht (1881), Auf Irrwegen (1881), Drei Ge: 
nerationen (1882), Die Wahlverlobten (1883), | 
Serodind (1883), Epifoden (1884), Schifforud | 
(1885), Dorfluft (1885). | 
E— 

Q 

Ser rt 


610 


Singer. 


Singer, Frig (S. Frig), geboren am 
14. Juni 1841 in Wien. Bon feinen 
Eltern zum Kaufmannsjtande erzogen, war 
er durch viele Jahre im Bankhauſe Roth- 
ſchild beichäftigt und gehört auch jegt noch 
den Wiener Finanzfreifen an. Aber von 
Jugend auf neigte er poetischen Beſtrebun⸗ 
* zu und widmete denſelben feine Muße⸗ 
tunden. 

Er fchrieb eine Reihe von Quftipielen: „Die 
Herren ber Schöpfung”, „Die Zauberformel“, 
„Wie Du mwilft“, „Ein lieber Menſch“, von 
melden einzelne vom Wiener Burgtheater aus 
die Runde über die bedeutendften Bühnen Deutſch⸗ 
lands madten. Als Lyriker trat er mit einem 
Bande „Lieder eines Träumers“ (1879) und mit 
einer Sammlung „Aus ungleihen Tagen“ (1887) 
mit Erfolg vor die Öffentlichkeit, 1888 erfchienen 
„Briefe eines Junggefellen“ (Stimmungsbilver). 


Stett, W., |. W. Krüer. 


Smets, Moritz, geb. am 16. Dezem- 
ber 1828 zu Wien, ftudierte am Lyceum 
® Kremsmünfter (Oberöfterreih) und an 

er Univerfität feiner Geburtsftadt. Die 
Bewegung des Jahres 1848 riß ihn aus 
feiner geplanten Studienlaufbahn, da er 
fi hieran als Legionär vom Philoſophen⸗ 
corps wejentlich beteiligt hatte, nach deren 
Niederwerfung fih flüchten mußte und 
die Erlaubnis zur Heimkehr erjt im fünfs 
tigen Jahre erhielt. Nun wandte er fich 
der Handelswiſſenſchaft, der Erlernung der 
franzöfifchen, italienifchen und englifchen 
Sprache zu; weiter betrieb er das Stu 
bium der deutfchen Literatur und ber Bos 
tanif an der Univerfität.. Nachdem er 
zwölf Jahre hindurch als Buchhalter und 
Korreipondent in Wiener Handelshäufern 
gedient, erfor er fi als ferneren Lebens⸗ 
beruf die Schriftftellerei, worin er bereits 
früher Dilettant gemwejen; insbefondere 
oblag er der Geihichtsforihung und 
:Schreibung. Anhaltender Kränklichkeit 
wegen überfiebelte er 1869 nach Gloggnig 
am Fuße des Semmering an der Grenze 
Niederöfterreihs, und hier entſtanden 
feine im Druck erfchtenenen Geidichte- 


werfe: Das Jahr 1848, Geſchichte der Wiener 
Revolution, Geſchichte des deutſchen Reiches, Wien 


Söderftröm. 


im Zeitalter der Reformation, Geſchichte der öfterr. 
Monarchie, Wien in und aus der Türkenbedräng- 
nis 1529—1683. Bon diefen Werfen, wel 
fämmtlich fehr günftig befprochen wurden, erntes 
ten befonderd großen Erfolg das erftgenannte 
und „Wien im Seitalter der —J Außer: 
dem ſchrieb S. zwei hiſtoriſche Schaufpiele: „Lei: 
“ und „Eine Holitin”; das erftere wurde 
zur 2effingfeier am Braunfchweiger Hoftheater 
angenommen, aber vom jeither verftorbenen 
zur Auffü —* nicht zugelaſſen, da er 
das Erſcheinen ſeines Großvaters, des Freundes 
Leſſings, auf feiner Hausbühne unſtatthaft fand; 
das letztere wurde ala ein Werf post festum, 
nachdem Holftein dem deutichen Baterlande zurüd» 


onnen war, en Endlih ift S. feit 
Sabren auch als Überfeter guter italienischer und 
——— Romane und als Mitarbeiter an 
mannigfachen Zeitungen thätig. 


Söderftröm, Hugo, ift am 20. Nov. 
1835 zu Breslau geboren. Sohn des 
Univerktätsbeamten Chr. Fr. S. bejuchte 
er das Friedrichs⸗Gymnaſium in Breslau. 
Der Vater ftarb 1852, und da fein ge: 
ringes Beamtengehalt Erſparniſſe aus- 
ſchloß, war durd den Tod Die weitere 
wiſſenſchaftliche Ausbildung des Sohnes 
zum Abbruch gedrängt. Zwiſchen Mutter 
und Sohn, dem einzigen Finde, beftand 
ein Verhältnis —— Liebe und 
Aufopferung, welches bis zur letzten 
Lebensſtunde der 1874 hochbetagt ge— 
ſtorbenen, geiſt⸗ und herzgebildeten Frau, 
ohne jede Trübung beſtanden. Hugo S. 
wurde zuerſt Buchhändler, dann Komp: 
toirift, und konnte feine remunerations- 
loſe Ausbildung nur unter der thränen- 
reihen Sorge ſeiner, zahllofe Nächte mit 
Stickereien und Nähereien burdharbeiten- 
den treuen Mutter durdführen. Später 
war er in ber Lage, in geadhteten kauf— 
männifchen Stellungen feiner Mutter diefe 
chweren Opfer einzulöfen, er that es 
treulich. Troß des proſaiſchen Berufes 
waren ihm die Ideale in feiner Bruft 
treu geblieben. Ein jtürmifher Drang 
zur Poeſie hatte ihm jchon als Schüler 
den Beifall berufener Kritiker für lyriſche 
Verſuche eingebradht, und jo widmete er 


denn auch fpäter feine Mußeftunden aus⸗ 
Schon auf der 


ſchließlich den Muſen. 


611 





Söllner. 


Univerfität, in welcher er feine Jugend 
verlebte, hatten ihm Kahlert und andere 
wohlwollende Profefioren in Literatur und 
Aeſthetik gewiſſermaßen privatissimis 
gegeben, ſo daß er auch ſchon früh die 
Form beherrſchen gelernt. Sein Name 
wurde in Schleſien bald gut bekannt, und 
ſo finden wir S. denn auch als einen der 
erſten Mitbegründer und Leiter der 
„Breslauer Dichterſchule“, welche heute 
noch floriert. 1864 zog er nach Grünes 
berg, Schl., als Comptoirchef einer großen 
Tertil-Firma. Hier entftand feine Kovelle 
„Sternenliht und Wetterleuchten“, ein beliebtes 
Bud der Gejchenkliteratur (2. Aufl.), feine 
äfthetifch-fritifche Studie „Ueber den Begriff 
Kunft, eine geiftvolle und zündende Afthetif, 
fein Drama „Manuela“, das von der berufenen 
Kritit faft ausnahmslos ausgezeichnet und ald 
reich an dramatiiher Schönheit und poetiicher 
Weihe anerkannt wurde. Neuerdings (1887) ers 
ſchien fein humoriftiihes Epos „Die Bürger 
meifterwahl“ und wurde faft von der gefammten 
Prefie vorzüglic) beurteilt. Währenddem hatte 
er ſich als Verlagsbuchhändler in Grüns 
berg etabliert, und ift inzwifchen dieſes 
Inftitut zu einem der bebeutendften der 


‚Provinz herangewachſen. Verſchiedene 


Zeitungen werden in und außer ſeinem 
Hauſe für ſeinen Verlag redigiert, der 
außerdem einen Buchverlag für techniſche 
und Beamtenliteratur pflegt. S. wurde 
vom Könige von Preußen zum Geheimen 
Kommiſſionsrat ernannt und ferner mit 
dem Kronenorden ausgezeichnet. 


Sölluer, Ottilie (C. Vollbrecht), hat 
ihre Eltern nie gekannt. Sie wurde im 
Jahre 1841 als vierzehn Tage altes Kind 
von einer unbefannten Frau in das 
Pfarrhaus zu Ronneburg gebradt. In 
dem Kaufmann Adolf Bäß und feiner 
Gattin erhielt fie die liebevollften Pfleges 
eltern. Sie folgte denjelben im Jahre 
1848 nad Grottau in Böhmen und bes 
ſuchte die Schule zu Ober-Ullersporf. 
Ihre Erziehung ward vollendet in der 
Anftalt zum Frauenfhug in Dresden. 
Gern hätte fie ſich der Muſik gewidmet, 
doch war es der Wunfch der fchon hoch⸗ 


39* 


Sophus. 


bejahrten Pflegeeltern, daß fie den Beruf | find viele Lieder von S. für Solo- 
Sie war dann von | gelang fomponiert. Neben 


einer Zehrerin wähle. 


1863— 70 als Erzieherin befchäftigt und deutfcher 


gründete 1870 den Kindergarten zu Zeit- 
merig, dem fie bis 1881 vorjtand. Dann, 
nad dem Tod ihrer Pflegemutter, über: 
fiedelte fie nad) Prag, wo fie feitdem ſich 
ausschließlich der jchriftitelleriihen Lauf: 
bahn widmet. 

Es find von ihr erichienen: „Diſſo— 
nanzen‘, zwei Novellen: „Fräulein Charlotte‘ 
und „Tante Jutta”. Ferner „Nah dem Sturme‘‘, 
Novelle, „Das Glüd von Rauſchengrund“, No: 
velle, und „Die Stiefgeſchwiſter“, Luftjpiel. 
Sämmtlih von der Kritit jehr günftig aufge, 
nommen. 


Sophus, Lud. |. Felir Dahn. 


Souchay, Theodor, geboren in Lübed 
am 30. Dec. 1833, verlebte feine frühejte 
Jugendzeit in feiner Vaterftadt, woſelbſt 
er bis 1846 das Catharineum bejuchte. 
Von 1846—49 war er Schüler des 
Benderſchen nitituts zu Weinheim an 
der Bergitraße, 1850 des Gymnafiums 
in Etuttgart. 1850—57 landwirtichaft: 
licher Praftifant und Verwalter auf größe: 
ren Gütern in Holjtein, Medlenburg und 
Lauenburg. 1857 bejucdhte er als Stu: 
dDierender die landwirtichaftliche Akademie 
Hohenheim bei Stuttgart. 1858—64 
adminijtrierte er das feinem Water ge— 
hörige Rittergut Margaretenhof in Hol- 
jtein. 1864—67 lebte er in Stuttgart 
literariihen und mufifalifhen Privat: 
ftudien; 1867 — 70 desgl. in Heidelberg, 
wojelbjt er an der Univerfität hiftoriiche 
und philoſophiſche Kollegien bejuchte. 
Nachdem er 1870 wieder einen längeren 
Aufenthalt in feiner Baterftadt genommen, 
fiedelte er ſich 1871 in Kannſtatt an und 
lebt nun feit 1883 in Stuttgart. 

uptwerfe: Gedichte. Stuttgart (1873), 
Friſch vom Herzen! (Lieder und Dicht. 1886), 
ferner: Dichtungen für mufifalifhe Kompofition 
(weltlihe Dratorien): Sigurd. (Mufit dazu von 
Arnold Krug), Kyffhäuſer. (Mufit von Joſ. Ant. 
Mayer), König Rother. (Mufif von J. Krug: 
Waldfee), Thermopylac, Catharina SKornaro 
Muſik von Richard Müller). Außer den vor: 
jtebend genannten größeren Dichtungen für Mufit 


612 


‚den er als Freiwilliger mitmachte, zurück 


— Soyaux. 
und Chor⸗ 
em Wirken als 
lyriſcher Dichter, als welcher er aud in platt: 


Mundart t — e 
Zeit als ar in Ay En te 


cher 

Kritifer für verſchiedene 
blätter. Sein es lat Dean 
a a — * — 
ean ewe 
er — — 2 

Soyanz, Ludwig, ift zu Wrosca 
(Schlefien) am 20. Auguft 1846 geboren. 
Früh zeigte fih fchon bei dem Knaben 
ein ungewöhnliches Zeichentalent, deſſen 
Ausbildung zwar (auf der Berliner Kunft- 
atademie) begonnen, aber bald wieder 
aufgegeben werden mußte, da die Mittel 
nicht ausreidhten, um die vorausfichtlich 
lange Zeit ohne einen Erwerb 
harren. S. mußte daher feine hoffnungs- 
reihen Pläne aufgeben, um einen 
zu ergreifen, der ihm jchneller und ſiche 
Brod gab. Er wurde Buchhändler. Ale 
folder war er mehrere Jahre in Neu— 
brandenburg, Stettin 2. thätig, doch fagı 
ihm dieſe Beichäftigung feineswegs zu, fo 
daßer, aus dem eutieß-Frangdff en e 












gekehrt, Feine Stelle wieder annahm, fon: 
dern dem journaliſtiſchen Berufe ſich wib- 
mete, zunächſt in Berlin, fpäter in Stab 
als Redakteur des Tageblattes, danach 


in Hamburg und jeit 1884 als Rebe Heu 


des „Neuen Blattes“ und des „Salon“ 
zu Leipzig thätig. Seit 1885 iS. mi 
der Schriftitellerin Frida Schanz ve 

heirathet. Als Schhriftiteller machte fie 
S. bejonders befannt durch feine body 
poetiiche, von echt Dichteriiher Begabung 
zeugende Künftlergefchichte Renate (1885). 
Außerdem hervorzuheben: Der Rechte (Luſtſp. 
1876), Im Kornfeld (Ged. 1876), Stiefmütterchen 
(Zuftfp. 1886). 


Spazier, Hans, wurde am 26. De: 
zember 1855 zu Berlin geboren, jtudierte 
Eajjiiche Philologie und Philofophie. Lite, 
rariſch thätig ift er auf philoſophiſchem, muſik— 
kritiſchem und populär-wiſſenſchaftlichem Gebiet. 
(Auh ald Redner im Auftrage der „Geſellſchaft 
zur Verbreitung von Bolfsbildung“.) Seit 1886 


Specht. 


wirkt er als Dozent der Philoſophie an der 
Humboldt⸗Akademie zu Berlin. Er iſt Her- 
auögeber von Hegel Phänomenologie (1887). 

Specht, Franz Anton, geboren am 
19. Juni 1847 zu Münden, wo er aud) 
bie Schulen bejuchte, hatte fi anfangs 
dem Studium der Naturmwillenichaften 
zugewendet, widmete ſich dann der Theo: 
logie und löfte im Jahre 1869 eine von 
ber theologiihen Fakultät an der Mün- 
chener Univerfität geftellte Preisfrage über 
die Exegeſe ſyriſcher Kirchenväter. Im 
Jahre 1871 von derſelben Fakultät zum 
Doctor theologiae promoviert und 1872 
zum Prieſter geweiht, wurde er kurze 
Zeit in der Seelforge, dann als Religions: 
lehrer am kgl. Realgymnafium und an 
ber ſtädt. Handelsichule in München ver: 
wendet. Als 1879 die hiftoriihe Kom: 
miffion bei der kgl. bayerischen Afademie 
ber Wiſſenſchaften die Breisaufgabe ftellte: 

te des Unterrichtäwelens in Deutichland 
älteften Zeiten bis zur Mitte des drei⸗ 
zehnten Jahrhunderts ging er bei der Preis: 
bewerbung als Sieger hervor. Seitdem 
widmet er jeine Muße und feine Kräfte 
dem Studium deutſcher Kulturgefchichte. 
1884 wurde er von König Zudwig II. 
zum Ehrenkanonikus am kgl. Hof: und 
Sollegiatftift St. Cajetan in Münden 
ernannt. 

Seine Schriften find, außer kleineren Auf: 
fügen: Der eregetiiche Standpunft des Theodor 
von Mopfuefte —* Theodoret von Kyros. (Ge 

B ft 1871), Kleine Kirchengefchichte. 
ne EN he Geſchichte und Lehre in urkund⸗ 
lihem Wort (1879), Geichichte des Unterrichts⸗ 
weſens in Deutichland (1885 Gelr. Preisſchrift), 
rg und Trinfgelage bei den Deutſchen 


Bere: Karl Auguft, wurde am 
2. Juli 1845 zu Schweina als Sohn 
eines intelligenten Tiichlermeifters gebo- 
ren, der dem gewedten Knaben Privat- 
unterricht in allen Wiffenszweigen erteilen 
ließ, die auf dem Lande Pflege finden. 
En itig befundete der Knabe eine 
edrich Fröbel bemerkte Nei- 

jun des 


Dichters Friedrih Nüdert 


613 


bulieren, die der Vater auf | Fopuläre 


— Specht. 
weiter ausbilden zu laſſen entſchloſſen war. 
Aber der Tod des Vaters vereitelte dies 
und der Sohn mußte nunmehr die Tiſch— 
lerei erlernen. Mit unermüdlichen Fleiße 
fuchte diefer indeß fih in den Nächten, 
ſowie an Sonn- und Feittagen dur Selbjt- 
unterricht weiter zu bilden. Endlich er: 
langte er von feinem Vormund die Er: 
laubnis zum höheren Studium, und nad) 
dem er fih durch Privatunterricht mit 
eiferner Energie die Kenntnis des Latei- 
nifchen, Griechiſchen und der fonftigen 
Gymnaſialfächer angeeignet, ftudierte er 
zunächſt in Jena Geſchichte, Philoiophie 
und Naturwiſſenſchaften. Nach mehrjäh— 
rigem Studium zum Dr. phil. promoviert, 
machte er zu jeiner weiteren Ausbildung 
Reifen durh die Schweiz, Jtalien und 
Franfreihd. Nah Deutichlaud zurückge— 
fehrt, hielt er in zahlreihen Städten 
Vorträge über Philojophie, Ajtronomie 
und Entwidelungsgeihichte, die überall 
lebhaften Anklang fanden. Im Jahre 
1871 ließ er fih in Gotha nieder und 
übernahm zunächſt DieRedaktion der „Thür 
ringer Preſſe“, kurze Zeit darauf rief er 
das „Sonntagsblatt für Freidenker“ ins 
Leben, welches ſpäter unter dem Titel 
„Menſchentum“ Organ des beutichen 
Sreidenferbundes wurde. Seit 1872 
giebt er auch einen „Freidenfer-Alma- 
nach“ und feit 1876 die „Freien Gloden“ 
heraus. Mit Ludwig Büchner gründete 
er 1881 den „Deutichen Freidenferbund“, 
der feine bereits nad) Taufenden zählenden 
Mitglieder aus allen Schichten der Ges 
ſellſchaft rekrutiert. Außer Hunderten 
von Fleineren und größeren Abhandlungen, 
die in Specht's eigenen und in anderen 
Beitichriften veröffentlicht wurden, ver- 
faßte er noch eine Reihe von naturwil- 
ſenſchaftlichen und philojophiichen Werken, 
von denen wir als die bedeutenditen her: 
vorheben: Bernunft und Offenbarungsglaube 
(1871), Die Gottidee (1872, 3. Aufl. 1876), 
ana ne und Wiſſenſchaft (1874, 3. Aufl. 1878), 
Entwidelungsgeihichte der Welt 877, 


3. Aufl. 1888), Freies Denten (1885, 2. Aufl. 
1886), Gehirn und Seele (1887, 2. Aufl, 1888). 


Speier, 


er die Dramen: Der Berfluhte (1882, 6. 

ufl. 1888), Die Rebellen (1884), Elsbeth (1885, 

2. Aufl. 1886). Mehrere der Schriften find in 
fremde Spraden überfegt. 

Speier, Paul, geboren am 3. De: 
zember 1851 zu Breslau. Nach Abjol: 
vierung der Schule wurde ih Volontär 
in einem Speditionsgefhäft. 19 Jahre 
alt, ging id als Korreſpondent und Bud: 
halter nad) Kattowitz D./S. Die Berg: 
und Hüttensnduftrie erregte mein leb— 
haftes Intereſſe; Steinfohlengruben wur: 
den befahren und Hüttenwerke befucht. 
Dit 20 Jahren begründete ich in Katto- 
wig den erjten faufmännifchen Verein, 
deſſen Präjes ich wurde. Den großen für 
Oberjchlefiens Induftrie bedeutungsvollen 
wirthichaftlichen Fragen trat ich mit Eifer 


näher. Mit 21 Jahren wurde ein eigenes | 


faufmännijches Geſchäft begründet und 
von da ab beginnt meine eigentliche fchrift- 
jtellerifche Tätigkeit: Freihandel oder Schutz⸗ 
zoll, Staatsbahn oder Privatbahn, Eifenbahn: 
tarife nah Dit: und Weſtpreußen ac. fanden 
günftige Beiprehung. Gegen die hohen Tarife 
murde unausgejegt gefämpft und für die Berg: 
und Hütten-Induſtrie in jeder Beziehung ein: 
— Mit den Eiſenbahn-Direlktionen, Minis 


terien, Abgeordneten, fremdländiichen Ronfulaten | 


2c. wurde rege Korreipondenz geführt, und vieles 
ift erreicht worden. Die bezüglichen Aufjäge er: 
Ihienen unter der Bezeihnung „Oberſchleſiſche 
Montanbriefe”. Ende der 70. Jahre ver: 
legte ich mein Domizil nad) furzer Unter: 
brechung dauernd nad) Breslau. Im Zahre 
1885 erichien mein Buch „Die Entitehung und 
Entwidlung der oberſchleſiſchen Montan⸗Induſtrie 
und die oberſchleſiſchen Aktien-Werthe‘. — Das 
Werk hatte fih einer überaus freundlihen Auf: 
nahme zu erfreuen. Die erfte Auflage war inner: 
halb 14 Tagen vergriffen. 1884 regte ich bei ber 
faif. Oberpoftdireftion die Herftellung einer Tele: 
phonlinie von Breslau mit dem oberfchlefiichen 
Anduftriebezirt an, die 1887 dem öffentlichen 
Verkehr übergeben wurde. 


Spielhagen, Friedrich, geboren am 
24. Februar 1829 zu Magdeburg, em- 
pfing dort und fpäter, nad) der Verſetzung 
des Vaters, eines Regierungsbeamten, in 
Stralſund feine Schulbildung. Im Jahre 
1847 bezog er die Univerfität Berlin, 
um, dem Wunfche feiner Familie gemäß, 


614 





— Spielhagen. 

die Rechte zu ſtudieren. Da ihm dies 
Studium jedoch nicht zuſagte, ihn viel⸗ 
mehr ſeine Neigung zur Philoſophie hin⸗ 
zog, ſo betrieb er ſolche zu Bonn von 
1848 an, bei Welker, Bernays und Ritſchl 
klaſſiſche Philologie hörend, daneben vor- 
nehmlich auch der Literaturgefchichte fich 
zumwendend. Nach Vollendung feines Stu 
diums in Berlin und Greifswald wurde 
er Lehrer, die längfte Zeit am Hauſchild⸗ 
ſchen Gymnafium in Leipzig iHatig. Dort 
trat er auch zuerft als Schriftiteller her⸗ 


vor, zunächit als Überfeger mit den Ameri⸗ 


taniſchen Gedichten (1856), dann als Novellift 


ı mit Glara Bern (1857), Auf der Düne (1858). 


Diefe Erzeugniffe der jungen —— 
n⸗ 


ſchen Muſe fanden zwar lebhaften 


klang, doc) blieb der Leſerkreis ein Kleiner; 
fo anmutig dieſe fleinen Schöpfungen 
waren, etwas ungewöhnliches boten fie 
nicht: der Autor war nicht in feinem Fahr⸗ 
waſſer, er tappte noch im Finftern. Aber 
ſchon nach zwei Jahren wurbees licht in ihm 
es erſchienen feine Problematiſchen Naturen, 
die ſeinen Namen in alle Welt trugen und 


mit Recht Aufſehen erregten, wie ſellen 


das Werk eines deutſchen Schriftſiellers. 
Er ſelbſt hatte nun den Maßſtab ſeines 
Könnens, und wenn er auch im Laufe der 
Jahre verſchiedentlich vom Roman ab⸗ 
wich, dem Drama ſich — ſo * 


ihm keineswegs das Bewußtſein, wo 
eigentliches Schaffensfeld lag. Er hat das⸗ 
ſelbe bis heute als Meiſter beackert um 
liefert Jahr für Jahr noch neue We 
Seinen Problematifchen Naturen J 
der zwölften Stunde (Nov. 1862), Die von 

ftein (Rom. 1863), Vermiſchte Schriften (1 
bis 1868), Röschen vom Hofe (Nov. 1864), In 
Reih' und Glied (Rom. 1865—66), Hans und 
Grete (Schaufp. 1871), Der Vergnügungstoms 
miffar (Nov. 1867), Die Schönen Amerikanerinnen 
(Nov. 1868), Hammer und Amboß (Rom. 1869), 
Die Dorfkokette (Nov. 1870), Deutiche Pioniere 
(Nov. 1871), Allzeit voran (Rom. 1872), Was 
die Schwalbe fang (Nov. 1873), Ultimo (Nov. 
1874), Liebe für Liebe (Schauſp. 1874), Der 
Iuftige Rat (Luftip. 1875), Sturmflut (Rom. 
1875— 76), Das Skelett im Haufe (Nov. 1877), 
Plattland (Rom. 1879), Quififana (Nov. 1880), 
Angela (Nov. 1881), Uhlenhand (Nov. 1882), 


Spieß. 


Beiträge g* Theorie und Technik ded Romans 
(1883), Gerettet (Txauerfp. 1884), An der Heil- 
m Eh 1885), Was will dad werden? 


Spieh, Balthafar. Geboren den 18. 
Auguft 1812 als Sohn eines Hufſchmieds 
und kleinen Landwirts zu Obermaßfeld 
bei Meiningen, bereitete ih mid, aus 
der dortigen Dorfichule entlafien und 
nachdem ich während einiger Jahre miei— 
nem Vater bei den ökonomiſchen Arbeiten 
und in der Schmiede Beihülfe geleiftet 
hatte, zum Schullehrerfeminar in Hild- 
burghaufen vor, in welches id 1830 ein- 
trat. Nachdem ich in demſelben 4 Jahre 
geblieben, trat ich (1834) als Hülfslhrer 
in ein Knabeninftitut in Meiningen, an 
welhem ich 3 Jahre thätig war, worauf 
ih 1 Jahr lang die Stelle eines Haus: 
(ehrers in. Glücksbrunn bei Bad Lieben: 
ftein bekleidete. 1838 erhielt ich die 
Stelle eines Elementarlehrers an der 
Bürgerſchule in Meiningen, die id) bis 
1860 inne hatte. Wegen eines Gehör- 
leidens (infolge eines überftandenen Ner: 
venfiebers) venfioniert, trat ih 1 Jahr 
fpäter als Hülfsarbeiter in die Herzogl. 
Bibliothek dajelbit, wo ich bis heute noch 
thätig bin. 

Meine freie Zeit verwendete ich auf das Leſen 
von Büchern ſ(ſchöne Literatur, Ethnographie, 
Klaſſiler und andere Fächer), auf Landſchafts— 

nen nad) der Natur, wobei mir meine häu— 

en Fußreilen in die Rhön Gelegenheit boten, 
und auf Schriftftellerei. Letztere richtete ich haupt: 
fählih auf das Topographie, die Dialeften: 
tunde und das Kulturbiftorifhe. Bezüglich der 
erfteren gab ich ein „Wanderbüchlein durd die 
Rhön“, einen „Rhönführer” (eine „Belchreis 
bung der Rhön") heraus. Die Dialektenkunde 
betreffend, jo erfchienen „Beiträge zu einem Hen— 
neberg. Idiotikon“ und Die "Hräntild-henneber: 
giſche Mundart”. In Bezug auf das Kulturbifto- 
riſche, fo gab ich „Voltstümliches aus dem Frän— 
fiih-Hennebergifchen” heraus. Außerdem legte 
ih eine Reihe von Auffägen kulturhiſtoriſchen 
Inhalts in der „Europa“ und „Jlluſtrierten 
Beitung”, nebſt vielen anderen Auflägen verſchie— 
denen Inhalts in Lokalblättern nieder. Auch er 
fchien eine Sammlung von Erzählungen für Kinder. 


Spieh, Morik Julius, geboren am 
9. November 1820 in Seifhennersdorf 


615 





— Spitzer. 

bei Zittau, bezog 1834 die Kreuzichule 
zu Dresden, 1841 die Univerfität Leipzig 
(Theologie und Pädagogik), wirkte 1845 
als Hauslehrer in Burkhardtsdorf bei 
Chemnig, 1848 als Dirigent einer fon 
zeffionierten Privatihule in Buchholz, 
1852 als Dr. phil. und Oberlehrer an 
dem Realgymnafium in Annaberg, 1861 
als Diakonus, 1869 als Ardidiafonus 
und Ephorieverwefer in Pirna, 1874 als 
Bezirksichulinfpeftor und Schulrat für 
den Bezirk Chemniß I., 1877 desgleichen 
für den Bezirk Annaberg. 

Hauptwerke: Mit Profeffor Bruno Berlet, 
Rektor des Nealgymnafiums zu Annaberg in 
Sachſen, hat er herausgegeben : Deutihe Schul: 
grammatif in drei Kurſen (7. Aufl. 1885), 
MWeltgefhichte in Biographien, in drei Aurfen 1. 
Kurfus (13. Aufl. 1885), 2. Kurſus (8. Aufl. 
1883), 3. Kurſus (5. Aufl. 1887), ferner: Sãch⸗ 
ſiſche Geſchichte in Biographien. In zwei Kurſen 
(5. Aufl. 1888). Allein verfaßte er die ver— 
dienftlichen Werke: Hiob, metrifch überſetzt (1854), 
unterrichtsweiſe des Lyceums zu Annaberg 1533 
bis 1835 (1858), Aberglauben, Sitten und Ge 
bräuche des ſächſiſchen Obererzgebirges (1862), 
Sachſens ländliche Volksſchulen (1869). 


Spitzer, Daniel, geboren am 8. Juli 
1835 zu Wien, genoß daſelbſt ſeine Gym⸗ 
naſial⸗ und Univerſitätsbildung. Er wid— 
mete ſich dem Studium der Rechte, legte 
feine Staatsprüfung ab und war nahezu 
zehn Jahre im öſterreichiſchen Kanzlei- 
dienft beichäftigt. Nach Verlauf dieſer 
Zeit legte er feine Stellung als Konzipift 
der Handelstammer nieder, um ausfchließ- 
lich feinen literariihen Arbeiten fich hin— 
geben zu können. Bereits während feiner 
Amtsthätigkeit trat ©. vielfach ſchrift— 
ftellerifch hervor, anfangs auf dem ihm 
zunächſt liegenden Felde der National- 
öfonomie, fpäter als humoriſtiſcher, be- 
fonders fatirifcher Mitarbeiter von Zeit 
ſchriften und Tageblättern. Mit feinen 
Wiener Spaziergängen, die zuerit im Zei— 
tungsabdrud, fpäter als jelbjtändiges Bud) 
(1869, 6. Aufl. 1885) erfchienen, errang 
er den erften großen Erfolg und jein 
Name wurde weit und breit als der eines 
außerordentlich begabten Satirifers bes 


Splittgerber. — 
kannt. Den „Epaziergängen“ folgte 
das geiftreiche YHerrenrecht (1877, 12. Aufl. 
1885) und biefem: Berliebte Wagnerianer (6. 
Aufl. 1880). Seit 1883 gehört ©. ber 
Redaktion der „Neuen Freien Preſſe“ an. 


Splittgerber, Franz, wurde am 1. 
uni 1833 zu Pölig bei Stettin geboren, 
wo fein Bater Rektor der Stadtjchule 
war. Er beſuchte das Gymnafium zu 
Stettin und nad deſſen Abjolvierung die 
Univerfität Halle, um Theologie zu ſtu— 
dieren, zu welder er am meijten hin: 
neigte, wohlthätig beeinflußt von einer 
berzensguten und wahrhaft frommen 
Mutter. In Halle zog ihn befonders 
Julius Müller an. Nach Ablegung des 
Eramens wirkte ©. als Hauslehrer im 
Pfarrhaufe zu Zichow bei Paſſow, bezog 
dann auf furze Zeit das Prediger-Semi- | ; 
nar in Wittenberg, wo er bejonders durd) 
Sander und Schmieder Anregung fand. 
Als Prädifant wirkte S. dann in Kiekow 
und als Garnijons- Pfarrer zunächſt in 
Kolberg. Dort traf ihn ein Typhus— 
anfall, an deſſen Folgen er jein ganzes 
Leben zu tragen hatte. Bon Kolberg 
aus wurde ©. nad) Altjtadt Pyrig ver: 
jet, wo ihm auch das Direftorat des 
dortigen Schullehrer-Seminars übertragen 
wurde. Die immer mehr zunehmende 
Schwäche nötigte ihn, nad einem jtillen 
Pfarramt fi) umzufehen, das er denn 
auch 1869 in Mützenow bei Stolp fand. 
Dort wirft ©. noch jet in ſegens⸗ und 
erfolgreichiter ſeelſorgeriſcher Thätigkeit. 
Von den literariſchen Schöpfungen S.'s, 
die des tiefen Denkers, wie des echten 
Gottesgelahrten gleich würdig ſind, heben 
wir hervor: Tod, Fortleben und Auferſtehung 
oder die letzten Dinge des Menſchen (4. Aufl. 
1885, ins Franzöf. überſ.), Schlaf und Tod oder 
Die Rachtfeite des Seelenlebend nah ihren häu⸗ 
figften —— er pſychologiſch⸗ apologe · 

che Erörterung, 2. Aufl. 1880—81), Aus dem 
innern Leben, Erfahrungsbeweiſe für die Ein- 
wirfungen einer höheren Welt auf dad Seelen» 
leben des Menfchen (2. Aufl. 1884), Das Sterben 
auserwählter Gotteslinder, ein Anbruch des ewigen 
Lebens (1884), Die moderne widercriftliche Bä- 
dagogit nah Rouſſeau und Baſedow (1874), 


616 


Sprengel. 


Aus dem geiftlihen Amte, 

Winke, vornehmlih für 5 Füge Geige (1906, 
ins Franzöf. überf.), Die 

und Seelenvernitungstheorie dem 
Zeugnis der h. Schrift (1887). 


Sprengel, Albert, wurde am 30. 
September 1832 als Sohn bes —— 
W. Sp. zu Wollershauſen im Ruhm 
am Harz geboren. Er erhielt den erſten 
Unterricht von ſeinem Vater und beſuchte 
darauf das Gymnaſium zu Heil ir 
a.2,, um fi zum Studium der 
vorzubereiten. Aber ein — 
Drang zur bildenden Kunſt ließ ihn das 
Vorhaben aufgeben und führte ihn 1849 
auf die Afademie der Künfte nad) Dress 
den, um fi einft der Hiftorienmalerei 
zu widmen. Bei Profeſſor Ludwig 
ter, der fein Lehrer im Stubium der 
ihaft war, lernte er den Maler und gi 
ter Robert * Fein defien Ent 
gegenfommen und nad) Me Dre 
feiner erften poetifhen Verſuche ©. 
machten, auf der betretenen Bahn 
zufchreiten. In diefe Zeit fällt auch db 
Veröffentlihung einer kleinen iſti⸗ 
ſchen Arbeit. Unter künſtleriſchen 
literariſchen Studien abſolvierie ©, 1 
Akademie und überfiedelte zur 
Ausbildung nah Düffeldorf in das A 
Theodor Hildebrands. Das 
der ſchwediſchen Sprache ließ ihn die { e 
durch Selbftubium erlernen. 1855 fi ı 
delte S. nad) Hannover über, mojelb ter 
ein Gemälde in großem Stil "begann nd 
1856 vollendete: Der Abjchied der Tod 
ter Jephta’s von ihren Freundinnen. Bald 
danach folgte er einem Ruf nad Wiborg 
in Finnland als Lehrer am deut 
ziehungsinftitute. Dort legte er f 
Eifer auf das Studium der ſchwediſchen 
Literatur, deren Reichtum ihn feſſel 
Er füllte feine Mappen mit interefjante 
Skizzen, die er dann vielfach in der Leip⸗ 
ziger „Illuſtr. Ztg.“ wi RE veröffe 
— ar 


marf 2 3 Reifebilder in ta mw ». & 
Ferner überfegte er ſchwediſche Novellen 



























Sprengfelb. — 
lius, Runeberg und Franzen. An der Peters: 
burger Afademie machte er darauf fein Künſtler⸗ 
eramen. 1865 wurde er als Zeichenlehrer nad) 
Heval an das deutiche Gouvernements-Gymna: 
fium berufen, melde Stellung er noch heute inne 
—* Dort wurde ihm Gelegenheit geboten, als 
chwediſcher Überſetzer und Korreipondent in bie 
Redaktion de „Beobachter“ und fpäter in die der 
we Zeitung“ als Mitarbeiter einzutreten. 

In jener Beit — er Topeliusſche No⸗ 
vellen unter dem Titel „Winterabende“ in ſehr 
gelobter deutſcher Überfegung. Künſtleriſch ift er 
in Reval hauptſächlich Ir Kirchen und öffent 
lihe Gebäude thätig geweſen. 


Sprengfeld, ©., ſ. ©. v. Hanfen. 


Springer, Anton Heinrih, wurde 
am 13. Juli 1825 in Prag geboren, ab» 
folvierte das Gymnaſium dafelbft und 
ftudierte von 1843—46 an der dortigen 
Univerfität Philofophie und Geſchichte. 
Nachdem er 1848 zum Dr. phil. promo⸗ 
viert worden, habilitierte er fi als Pri— 
vatdozent der neueren Geſchichte. Neben 
feiner afademifhen Wirkjamfeit war ©. 
auch journaliftiih und zwar als Redak— 
teur der „Union“ thätig. Im Jahre 1852 
fiedelte ©. nad) Bonn über, wo er 1860 
zum ord. Profefjor ernannt wurde. 1872 
folgte er einem Ruf nad) Straßburg und 
1873 nad) Leipzig, ©. hat fich ſowohl 
als Geſchichtsſchreiber, wie als Kunſt— 
biftorifer einen bedeutenden Ruf ermwor: 
ben. In Anerkennung feiner Verdienite 
wurde er 1885 zum Geh. Hofrat ernannt. 

Hauptwerke: Die Hegelihe Geihichtsanfchau: 
ung (1848), —** des Revolutions⸗Zeitalters 
Et Preußen und Deutichland | € 
1851) — Briefe (1852), Paris im 
13. Jahrhundert (1856), ich ſeit dem 
Wiener ffrieden (1864), Bilder aus der neueren 
Kunftgelhichte (1867), Dahlmann (1872), Rafael 
und Michelangelo (1877), Die Pfalterilluftrationen 
im Mittelalter (1880), Die Genefiöbilder im 
a (1884), Grundzüge der Kunftgeichichte 


Spundle, Seb., |. Tob. Hafner. 


Spyri, Johanna, ift zu Hirzel bei 
Züri am 12. Juni 1827 geboren. Ihr 
Bater, ein angefehener Arzt, ließ ihr eine 
für jene Zeit ungewöhnlid ſorgſame Er- | 5 
ziehung geben, welche treue Mutterhand 


617 


Stade. 


leitete. Fünfundzwanzig Jahre alt, reichte 
fie ihrem Jugendfreunde, dem Rechtsan⸗ 
walt Spyri, die Hand zum Bunde und 
lebt jeitdem in Zürich. Literariſch machte 
fie fich befonders einen Namen als Zus 
gendichriftftellerin, die wie wenig andere 
zum Herzen der Kinder, bauptfächlich der 
Mädchen, zu fprechen weiß. 

Hauptwerle: Ein Blatt auf Vrony's Grab 
(Erz. 1871), Geſchichten für Kinder (9 Bände 
1879— 84), Sina (Erz. 2. Aufl. 1885). 


Stade, Ludwig Chriftian, wurde den 
28. Mai 1817 zu Kafjel geboren, wo fein 
Vater eine Privatihule leitete. Bon 
dieſem bis zu feiner Konfirmation unter: 
richtet, befuchte er das dortige Lyceum 
(nachmals Lyceum Friderieianum), ſtu— 
dierte 1838—41 klaſſiſche Philologie und 
Geſchichte auf der Univerfität Marburg 
und promovierte daſelbſt auf die Differs 
tation: De Oropo, Boestiae urbe, (1842). 
Sein Praktikum beftand er —5 unter 
dem Direktorium Vilmars. Im Juni 
1844 kam er als beauftragter Lehrer an 
die Realſchule mit Progymnaſium zu 
oe und wurde 1845 an der ähn— 
lihen Anftalt in Schmalfalden angeftellt. 
1850 wurde er ordentlicher Lehrer am 
Gymnaſium zu Rinteln, von wo er 1864 
in gleicher Eigenihaft nad) Fulda verjegt 
ward. Nach einem vierjährigen Aufents 
halt dafelbft kehrte er nad) Rinteln zurüd, 
wirkte dajelbit bis 1882, ward dann als 

erfter Oberlehrer und Wroreftor auf 
feinen Wunſch in den Ruheſtand verjegt 
und erhielt den Noten Adlerorden IV. 
Klaſſe, nahdem ihm 1877 der Titel eines 
Profefiors verliehen worden war. Außer 
den Abhandlungen De comparationibus Home- 
ricis dissertatio grammatica (1853), de Ad- 

meto et Alcestide (1873) und einigen in Zeit» 
fchriften erfchienenen Auflägen jchrieb derfelbe die, 
wegen ihres echt patriotiichen Geiftes höchſt ver 
dienftfichen Erzählungen aus der alten, mittleren, 
neuen und neueiten Geſchichte in 5 Bänden (in 
mehreren verfch. Auflagen), ferner: Die franzö⸗ 
filche Revolution und das Kaiſertum Napoleons I. 
(1859), Bertrand du Guesclin (1864), Abriß der 

Geſchichte der preußiihen Monardie (2. Aufl. 
1878), Hilfsbuch für die erfte Unterrichtäftufe in 


Stadelberg. 


der Geſchichte (3 Teile, 1880—82; 1. TI. 2. Aufl. 
1884). Außerdem gab berjelbe in Berbindu 
mit Anderen heraus: Deutſche Gefchichte (1880 
und 1881, 4. Aufl. 1888). 

Stadelberg, Natalie Freiin von, 
ift am 27. Juli 1819 auf dem väterlichen 
Beſitz Lilienbad) bei Narva geboren. Sie 
entitammt einem altadeligen Gejchlecht, 


das mit dem deutjchen Orden in die bal- | 


tiſchen Provinzen einmwanderte und ift un: 
weit Reval in dem Fräuleinftift Finn er: 
zogen. Ihr erftes Werk erichien 1882 unter dem 


Titel: Dito Magnus von Stadelberg. Schilde: 


rung feines Lebens und feiner Reifen in Stalien 
und Griechenland. Nah Tagebüchern und Briefen 
bargeftellt. Mit einer Borrede von Kuno Filcher. 
1884 folgte: Aus Carmen Sylvas Leben, das 


1886 die wohlverdiente 4. Auflage erlebte. 1886 


erſchien: Schloß Hohenburg im Iſarthal. Außer: 
dem find noch verſchiedene Aufſätze erfchienen, 
wie: Auf der Gotenalp, St. Blafien in feiner 
Bergangenheit und Gegenwart, Die Legende von 
der Glocke, Aus meinem Reifeleben ıc. 


Stadion, Emerich Graf von, wurde 
am 17. Februar 1838 zu Bellatincz in 
Ungarn geboren als der Sohn des Grafen 
Damian von Stadion und Thannhaufen 
und der Katharina, geb. Fürftin Ghifa, 
die eine der genialjten Frauen ihrer Zeit 
geweſen. Als elfjähriger Knabe fchrieb er 
fein erſtes Theaterftüd, das Zauber: 
märchen „Der Erdgeijt” und komponierte 
fein erjtes Klavierftüd. Im früheiten 
Sünglingsalter machte er ſowohl durch 
jein Bühnentalent, das er durch Vor: 
jtellungen zu Wohlthätigfeitszweden be: 
thätigte, jowie durch das Vermögen eines 
magnetiſchen Schlafes viel von fich reden, 
und trat in brieflihen Verkehr mit be 
rühmten Frauen und Männern, wovon 
namentlich der Briefmechfel mit Heinrich 
Marſchner äußerft förderlih auf feine 
mufifaliihe Entwidelung wirkte. Auch 
frappierte ſchon damals jein phantaſtiſches 
Klavierjpiel. Achtzehn Jahr alt, trat er 
in die öſterreichiſche Armee ein und zeid): 
nete fich als Offizier bei den Kaijerjägern 
in den Schlachten bei Magenta und Sol: 


618 





Stahl. 


Seine im Jahre 1867 in Wiesbaden mit 


"8 | einer ruffiihen Gräfin geichloffene Ehe 


wurde nad) acht Monaten wieder getrenut. 
Der Vereinfamte gab fih nun ausichlich- 
(ih der Schriftitellerei hin. Sein um 
gemeines poetifches Talent gab ihm ein 
Recht dazu. Mehrfach trat er Hand in 
Hand mit Vacano (j.d.) hervor, dem er 
in Charakter und Weife jehr ähnelt. 
Hauptwerte : Chrifta (Dram.), Dornen (Dram.), 
Rhapjodien eines Heimatlojen, zerjprühende Fun: 
fen (Ged.), Vitae damnata (Erz.), Tot: Blätter 
(Ged.), Schatten im Licht, Aſtas Lieder, Vom 
Baume der Träume, Bigeunerreime, Cinfame 
Lieder, In Duft und Schnee (Ged.), Delilab 
(Dram.), Jöfried v. d. Düne (Dram.). 


Stahl, Karl, j. 8. Gödede. 
Stamm, Th., Graf Haufienjtamm. 


Stamm, Theodor, wurde am 29. Juni 
1822 in Berlin geboren, widmete fid 
zunächſt landwirtſchaftlichen, jpäter mer 
dieiniihen Studien, nad deren Abfol- 
vierung (1843) er nad Jeruſalem gin 
Dort ſchrieb er fein erſtes bedeutungsvolles B 
„Die Religion der That (2. Aufl. 1860, ins 
Englifche überfegt). Er bereifte den Drient, 
um die Peft, ihren Urfprung und ihr 
Weſen zu ergründen. Die —— 
Forſchungen legte er zum Teil in dem 
lichen Werte „Nosophthorie“, ſeiner — — 
vernichtungslehren“ (3. Aufl. 1886) nieder, durch 
deſſen Veröffentlichung er vieles zur Ausrottung 
der Schreckenskrankheiten beigetragen hat. Ferner 


ſammelte er auf ſeinen Reiſen den Stoff 


zu ſeinem Werke: Über den gegenwärtigen 
Zuſtand des egyptiſchen Ackerbaues (zugl. Doktor: 
Diſſertation). Im Jahre 1852 gründete S. in 
Berlin den „Bund“, fiedelte aber im gleichen 
Jahre nad England über, wo er den „Bund“ 
mit der Gejellichaft der Sekulariſten vereinte. 
Nachdem er feine Studien der Epidemien in 
England abgeſchloſſen, zog er nach Amerika 
unächſt als Hörer der Univerfität in Pen 
——— die ihn mit Auszeichnung empfing. 
Nachdem er auch bier zum Dr. med. promoviert 
worden, ging er feinen Forſchungszwecken in 
Amerika weiter nad), allerorten alg edler „Streber" 
willtommen geheißen und ausgezeichnet. Im J. 
1858 fehrte er nad) England und zeitweile nad 


Deutichland zurüd. Hier veröffentlichte er 


ferino aus. Seitdem er jeinen Abſchied das Werk „Deuticlands Weltberuf.“ Dann 
genommen, führt er ein Wanderleben. | für einige Semejter in Wien jtudierend, 


Staufe-Simiginowicz. 


veröffentlichte S. Die Vernichtungsmöglich— 
feit des epibemifchen Kindbettfiebers, durch 
welche manches Menſchenleben erhalten 
worden. Im J. 1865 legte ©. fein 
Staatseramen ab und ließ ſich zu Berlin 
als praftiicher Arzt nieber. 1870 ver: 
öffentlichte S. feine vorzüglihe Schrift 
Erlöfung der darbenden Menfchheit (4. Aufl.), 
auf fozial-öfonomifchem Gebiete das beite 
Werk des Autors. Nach dem Tode feiner 
über alles geliebten Mutter verließ ©. 
Berlin und ging nad) Zürich, ſpäter nad) 


619 


Steiger. 

beuticht find, ebenfo feine beiden Bücher „Rus 
mänifche Boeten‘ und „leinruffiiche Volkslieder‘, 
"die jehr anfchauliche Bilder fremdnationaler Lite 
raturbeftrebungen geben. 1885 erfchienen von 
St. „Boltsfagen aus der Bukowina“ als wert: 
volle Beiträge zur Landeskunde dieſes öjterreichi- 
ſchen Kronlandes. In der Kulturgeichichte feiner 
Heimat fteht Staufe obenan. 


Steiger, Georg, geboren den 20. Juli 
1848 in dem toggenburgifchen Dorfe Fla— 
wol, genoß in der Jugend den Unterricht 
in der Primarſchule und Sekundarſchule, 
verdankt indefien die bedeutjamiten Ans 


Baden-Baden und fchließlih nad Wies- | regungen zur Selbjtthätigfeit einem Frei- 


baden, wo er noch jet lebt. Inzwiſchen 
it ©. auch vielfah als Redner in Ver: 
einen 2c. hervorgetreten, hat mehrere 
jolhe begründet und außer den genannten 
Schriften ferner veröffentlicht: Die fozial 
politiiche Bedeutung der Bodenreform (1885), 
Des Adam Smith und feiner Schüler Haupt: 
Irrlehre (1886). 


Staufe- Simiginowiez, Ludwig 
Adolf, ift geboren am 28. Mai 1832 zu 
Suczawa in der Bukowina. Früh reif, 
beteiligte er fich glei) nach den März 
tagen an Wiener Blättern als Korreipon- 
dent und Mitarbeiter. Schon im Jahre 1850 
gab er „Hymnen“ heraus, fein „Album neueiter 
Dichtungen‘ und 1855 feine Igriihen Gedichte: 
„Deimatsgrüße”. Sein mehrjähriger Aufenthalt 
in Wien bradte ihn in Berfehr mit Wiener 
Dichtern, Scriftitellern und Journaliften, durch 
welche er vielfahe Anregungen zu größeren Ars 
beiten erhielt. So begann er Novellen für Zeit- 
Ihriften zu jchreiben. Seine „Bukowinger Volks— 
märchen“, Die er unter der Landbevölferung eifrig 
fammelte, flofjen im Heide von Feuilletons in 
die beiten Blätter. Die von ihm in Buchform 
berauögegebene Novelle „Der Kloſterbau“, die 
eine rumäniiche Volksſage des 13. Jahrhunderts 
behandelt, wurde vom Könige von Rumänien mit 
der Berdienftmedaille prämiert. Sein Beruf 
als Mittelfchulprofeflor führte ihn auch 
der wilfenichaftlichen Publiziftif zu; unter 
mehreren jelbitändigen Schriften ftehen jeine 
„Böltergruppen“ und die „Bodenplaftif” der 
Bukowina“ oben an; lettere erhielt greifbaren 
Ausdrud dur feine von ihm felbit in Boſſier— 
Wachs modellierte ‚„‚Relieftarte der Bukowina“, 
das erſte Werk diejer Art in feinem Heimatlande. 
Auch in der Überfegungs-Literatur hat er An- 
erfennenswertes geleiftet; dies beweiſt eine Reihe 


| finnigen, der Wefjenbergihen Schule an- 


gehörigen kath. Geiſtlichen. Dieſer ftellte 
dem proteſt. Knaben nicht nur ſeine große 
Bibliothek zur Verfügung, ſondern er er: 
teilte ihm auch täglich Unterricht in der 
franz. Sprade und führte ihn mit Liebe 
in’s Studium der Gefhichte ein. Im 
Jahr 1863 trat St. in das St. gallifche 
Lehrerjeminar ein. 1867 übernahm er 
eine Schule im Werdenbergiſchen. Doc 
Ihon 1869 verließ er dieje Stelle und 
ging nah Franfreih, wo er in Lyon, 
Paris und Macon als Angeftellter in 
ı Handelshäufern fich beichäftigtee Dort 
entitanden feine erften Gedichte. Im Jahre 
1871 fehrte S. von Franfreih zurüd 
und bejuchte das Lehrerjeminar in Küß— 
nacht am Zürichfee, das er 1872 verließ, 
um eine Lehrerftelle im Anonauer Amt 
anzutreten. 1874 übernahm er die Re— 
daftion eines demofr. Lokalblattes, die 
er bis zu feiner Überfiedlung nad) Zürich 
(1882) beſorgte. Damals wurde er an 
die Primarjchule in Außerfiehl, einer 
Ausgemeinde von Zürich, gewählt und 
wirft gegenwärtig noch dajelbit. 1882 er- 
Ihien eine zweite Gedichtfammlung von ©.: 
„Elias Rotreft'3 Lieder und Sprüche”, die fehr 
günftig beurteilt wurde. Außerdem erſchienen 
von ihm in ſchweiz. Blättern Novellen. 


Stein, Armin, ſ. Nietſchmann. 


Stein, Georg, wurde geboren am 
14. Dezember 1832 zu Ortelsburg in 
Djtpreußen, genoß feine Ausbildung am 





polnifcher Novellen und Erzählungen, die gut ver: | Friedrichs-Kollegium zu Königsberg und 


Stein. 


wanderte im Jahre 1865 nad) Amerifa 
aus. In Newyork, wo er fich niederließ, 
betrat er zuerit den literarischen Plan in 
einem deutſchen Wochenblatt mit großem 
Erfolge, fo daß die Redaktion der deutichen 
NY. Staatszeitung ihn als Mitglied 
aufnahm. Epäter trat er zu der Redak— 
tion der „Dayly News“ über, ber er 
noch jegt angehört, und deren Feuilleton: 
abteilung er vorfteht. Durch feine fein: 
finnigen Plaudereien hat fein Name in 
Amerika einen jehr guten Klang gewonnen 
und gilt er vornehmlich auf Dem Gebiete 
ber Kunſtkritik als Autorität. 


Stein, Karl von, wurde am 24. Au- 
guft 1831 in Roftod, wo fein Vater als 
Major lebte, geboren. Aus der Prima 
des Rapeburger Gymnafiums trat er in 
die Schweriner Kadettenfchule und warb 
1850 Offizier. Später zur Dispofition 
geftellt, fand er in der medlenburgiichen 
Zivilverwaltung Verwendung. Nachdem 
er 1870/71 als Adjutant der jtellver- 
tretenden 34. Infanterie-Brigade fungiert 
hatte, ward er reaftiviert und als 
erjter vortragender Rat in die mili— 
täriſche Minifterialbehörde feines Groß— 
berzogs berufen. In diefer Stellung 
verblieb er elf Jahre und avancierte zum 
Oberitleutnant. 1882 erbat er jeinen 
Abſchied, der ihm mit Penfion in Gnaben 9 
gewährt wurde. Sept lebt er jchriftitel- 
leriih thätig in Leipzig. Von frühe an 
dichtete er und zeigte beſonders für Piycho- 
logie das größte Intereſſe; daher ficht 
man auch in allen feinen Schöpfungen 
das Beitreben, die feinen ſeeliſchen Be— 
weggründe feiner Helden hervorzuheben. 
Erzählungen und Novellen bilden den 
Hauptbeftandteil feiner Schriften. 

Selbftändig erfchienen: Mit der Feder für das 
Schmert (1866), Ebbe und Flut (1868), Vom 
Meinen Graal (1872). Außerdem zahlreiche Er: 
zählungen in Beitichriften. 


Stein, Lorenz von, ift in Eckernförde 


620 





Stein. 
und Philofophie und trat 1840 in ben 
Staatsdienft. In demielben Jahre has 
bilitierte er fi an der Univerfität Kiel, 
unternahm darauf eine Studienreife nad 
Berlin und Paris, wo er eingehende 
ſtaats⸗ und rechtswiſſenſchaftliche Studien 
trieb, die er fpäter in feinem hochbedeu⸗ 
tenden Werke: Franzöfifche Staats: und Rechts: 
geſchichte verwertete. Hier fchrieb er 1842 
das Werk, welches den Anfang aller Be 
arbeitungen der fozialen Fragen der fol: 
nen Seit bildete: Der —— = 
ommunismus des heutigen Frankreichs ( 
1843 ging ©. nad Kiel zurüd, dafelbi 
zum außerordentlihen Profeſſor ernannt, 
wirfte er bis zum Jahre 1852, wo er 
mit mehreren feiner Kollegen von Dänr: 
marf feines Amtes entjegt wurde. Rad; 
dem er die nächſten zwei Jahre I 
literariſchen Arbeiten ſich hingegeben —* 
überfiedelte S. nad Wien und wurde ba 
jelbft 1855 zum Profeſſor der Staats 
wiflenichaften ernannt. Als ſolcher lehrte 
er, gleichzeitig als Mitglied der Afabemie 
der Wiſſenſchaften fungierend, bis zum 
Jahre 1885, da er in ben 
trat. Stein bat fich den Ruf eines der 
bervorragendften Nationalölonomen ew 
worben, jeine Schriften auf diefem Ge 
biete find zum großen Teil bahnbrechend 
geweien. Bon feinen, alli als zu 
den bebeutendjten ihrer Art , ans 
erkannten Werfen heben mir beros 
Geſchichte der ſozialen Bewegung in Fran 
(8. Er 535 der Staatsmwiffen) 
(1852—57), Vollziehende Gewalt (2. Aufl. 1 
Die Lehre vom —— m (Tinz 
— 35* 338 Die Fr abe ums De 
n 
der ren. (6. 76 Da 
Lehrbuch der Finanz ufl. 18 
Die ——S——— (8. 7 
Wucher und fein Redht (1880), & J 
Verwaltungslehre (3. Aufl. I. 








Stein, Ludwig, am Febr 
1868 zu Krefeld als der Sohn des Ober 
poftjefretärs K. 2. St. geboren, befuchte 


am 15. November 1815 geboren, wid: |dafelbft und in Münfter (Meftfalen), 


mete fih an den Univerfitäten Kiel und 


wohin fein Vater 1881 verjegt wurde, 


Jena dem Studium der Rechtswiſſenſchaft das Gymnafium. Noch Schüler an dem 


Steinau, 


jelben, gab er 1884 jein erſtes Werf: 

Graf Dito I. von Tedienburg (Ep., 3. Aufl. 
168) heraus, das von der Kritif ſehr 
freundlich aufgenommen wurde. Dem: 
ſelben folgte 1885 eine Sammlung ſeiner 
Gedichte, die von der dichteriſchen Bega—⸗ 
bung des Autors Zeugnis ablegen, und 
mehrere novelliftiiche Arbeiten, ſowie das 
religiöfe Drama Caſſia (Trauerfpiel), Um 
fih die Kenntnis der Bühnentehnif an- 
zueignen, bie ihm für eine erfolgfichernde 
Ausführung feiner dramatiichen Arbeiten 
höchſt notwendig erfchien, nahm ©. 1886 
Engagement bei dem Fürftl. Theater zu 
Detmold, woſelbſt er im Liebhaber: und 
fomiichen Face thätig war. 1887 verließ 
er die Bühne wieder, um in Münſter 
einige Monate ausſchließlich wiljenichaft: 
fihen Studien und literarifcher Thätig- 
keit zu leben. Nachdem er in Detmold 
das bürgerlihe Trauerjpiel „Hedwig“ 
vollendet, brachte er bie wiederholt auf: 
genommene Arbeit Lali (Trauerfpiel) zum 
Abſchluß. Bald darauf übernahm er mit 
Koblenz, einem Schüler Liszt's, eine 
Theaterdireftion in Kaſſel, die er jedoch 
bald aufgab, um an ben Schreibtifch 
zurüdzufehren. Sein Quftipiel Elifabeth 
Batterfon erzielte in Münfter (1888) einen 
ſchönen Erfolg. 


Steinau, Erwin, f. Kar. Schmid. 


Steinebach, Friedrich, ift zu Wien 
als Sohn eines Hof: und Gerichts-Nod: 
vofaten am 27. Dftober 1821 geboren 
und ftammt väterlicherfeits von einem 
Freiherrn:Geichlehte aus Boppard am 
Rhein, feine Mutter war die Tochter des 
Gutsbefigers Edler von Ittner zu Wien. 
Im Jahre 1843 trat derjelbe nah — 
an der Wiener Univerfität — beendeten 
juridiſch⸗politiſchen Studien in den Staats» 
dienſt bei der Kriegs: Marine und jodann 
beim Reihs-Kriegs-Minifterium, woſelbſt 
er die Stelle eines Ober-Rechn.Rates 
1. Klaſſe erreichte und für wichtige orga= 
nifatorische Arbeiten durch die Verleihung 
des Ritterfreuzes des Franz Joſef-Ordens 





621 


Steinhaufen. 


ausgezeichnet wurde. Seit 1848 ift er 
mit der Tochter des gräfl. Mitrowsky— 
ſchen Güterdireftor8 Krammer zu Brünn, 


verheiratet. Zuerſt trat er als Schriftfteller 
1845 in die Öffentlichkeit in der Zeitichrift „Der 
Wanderer‘‘, für welche er Novellen, Gedichte und 
kritiſche Artikel lieferte, deſſen Rolemif gegen M. 
G. Saphir’3 journaliftifche Umtriebe, machte da» 
mals bedeutenden Eindrud. Ein tragifomijches 
Märchen „Der Liebeötraum‘‘ und die Satire auf 
das ercentrifche Treiben der Enthufiaften: „Leni 
Wind‘ fanden bei ihrer Darftelung in Wien 
entſchiedenen Beifall, ebenfo das 1846 erfchienene 
hiftor. Trauerfpiel „Zohn Rorbi. Bon diefem 
Zeitpunfte an mendete er fich der erzählenden 
Dichtung in ihren verſchiedenen Abarten zu und 
umfaflen diefelben 26 Bände. Bon den Romanen 
find befonderd zu nennen: „Der Berräther”, 
„Swei vornehme Ehen“, „Engel und Dämon“, 
„Ein tiefes Geheimnis‘, „Ein modernes Babel“, 
welche in wiederholten Auflagen erichienen find. 
In jüngfter Zeit ift der Wiener Kriminal:Roman 
„Unſchuldig verurteilt“ veröffentliht morden. 
1860 find „Salonbilder aus der vornehmen 
Welt‘ erfchienen. „Volksbilder aus der Gefchichte 
der alten und neuen Zeit“, welche in den ſechs— 
ziger Jahren verlegt wurden, waren raſch ver: 
griffen. Einzelne Novellen, geihichtlihe Erzäh— 
lungen, Volksgeſchichten und Hiftorifche Genrebilder 
brachten zahlreich die beileren Jahrbücher. 
Wiederholt ift S. auch als Redakteur thätig ge 
weſen: jo hat derjelbe das Jahrbuch „Damen: 
Album“ von 1856—60, „Die Auſtria“ von 
1863—67 und ‚Thalia‘ von 1858—68 redigiert. 
Die erzählenden Dichtungen, wie „Des Auhmes 
Schatten”, Aus dem Leben Friedrich des Großen, 
„Der erfte Kuß im Leben“, „Franz ubert“, 
„Der erſte und letzte Weihnachtsbaum”, „Die 
Zeichen des Glüdes“, „Am Brunnen zu Karls 
bad’, Aus dem Leben Gellert3 und Laudons 
u. a. legen Beweis ab von der großen Geitals 
tungäfraft des Dichters. 


Steinhanfen, Heinrih, am 27. Juli 
1836 in Sorau geboren, widmete fid 
theologiihen und philologiihen Studien 
zu Berlin, wirkte als Lehrer an den 
Kabettenanftalten zu Potsdam u. Berlin, 
wurde 1868 Pfarrer in Blüthen, 1874 
in Lindow und 1883 in Beeß. Neben 
feiner jeelforgeriihen Wirfjamfeit widmete 
er feine Muße literarifchen Arbeiten. 
Zunächſt machte er fich Durch feine gegen 
Georg Ebers gerichtete Schrift Memphis 
in Leipzig (8. Aufl. 1881) befannt. Noch 
in demfelben Jahre erichien des Autors 


Steinhaufer. 


622 


Stelter. 


beftes Werk Irmela, das zwölf wohlver: |ein mit Lazarus giebt St. die „Zeitichrift 
diente Auflagen erlebte und ſich durch | für Völferpfychologie und Sprachwiſſen⸗ 


hohen poetiſchen Gehalt auszeichnet, von 
©. aber in feinen fpäteren, den folgen- 
den Schriften nicht wieder erreicht wurde: 
Gevatter Tod (Nov. 1882), Markus Zeisleins 
großer Tag (1883), Der Korrektor (1885). 

Steinhaufer, Anton, geboren am 
17. November 1802 zu Wien, jtudierte 
Philofophie und Mathematik an der Uni- 
verfität feiner VBaterftadt, trat dann in 
den Staatsdienft und wirkte ſchließlich als 
Arhivar des Minifters für Kultus und 
Unterriht mit der Charge eines Reg. 
Nats bis 1858. Er ift Ehrenmitglied 
der geogr. Gejellihaften von Wien, Berlin, 
Antwerpen ꝛc. ꝛc. 

Hauptwerke: Mathemat. Geographie und Pro— 
jektionslehre (1857, 3. Aufl. 1887), 20ſtellige 
Logarithmen⸗Tafeln (1880), Lehrbuch der Geo» 
rapbie (1857), Geographie von Defterr.-Ung. 
(1872), Die math..phyf. Karten zum Handatlas 
von Scela, 20 andere Schichtenfarten von Mit: 
tel-Europa, Schulwandfarten von Öfterreich und 
Salzburg ꝛc. ıc. 

Steinfeller, Marie von (Eophie von 
Keller), wurde am 27. September 1840 
zu Treptow a. d. Rega (Pommern) ge: 
boren. hr Leben war ein mehr innerlich 
als äußerlich bewegtes. Ihre Neigung 
und ihre Begabung ließen fie mit Er: 
folg die Feder führen, befonders auf dem 
Gebiete der Jugendichriftitellerei und als 
Mitarbeiterinvon Zeitichriften und Tages- 
blättern. Bon jelbftändigen Sc riften 
hervorzuheben: Fata Morgana (Märch. 1880, 
on 1884), Am heimiſchen Strand (Rom. 


Steinthal, Chajim Heymann, ge 
boren am 16. Mai 1823 in Gröbzig (An: 
balt), ſtudierte Philofophie und Sprach— 
wiſſenſchaften in Berlin und habilitierte 
ſich dajelbft 1849. Danach lebte er meh: 
rere Jahre in Baris. Nach Berlin zurüd- 
gekehrt, wurde er 1863 zum außerord. 
Profeſſor für Sprachwiſſenſchaft an der 
dortigen Univerfität ernannt und lehrt 
außerdem an der 2ehranftalt für die 
Wiflenichaft des Judentums. Im Ver- 


ſchaft“ heraus. Bon St.s felbftändbigen, 
zu den ausgezeichnetften Schöpfungen auf 
dem Gebiete der Sprachforſchung zählen 
ben Werfen find hervorzuheben: Die Ent 
wictung der Schrift (1852), Charatterifit_ ber 
bauptlählichiten Typen des 
Geſchichte der Sprachwiſſenſchaft bei den ( 
und Römern —— Geſchichte und 
in ihren gegenſeitigen Bezie (1864), 
der nn (1871), 
Sprache im Zufammenhang letzie 
Fragen alles Wiſſens (4. Aufl. — 
—* Ethik (1885); außerdem bie 

Schriften Wilhelm von Humboldis 


Stelter, Karl, wurde — 25. De 
jember 1823 in Elberfeld ge So 
brav ſeine Eltern waren, arm 
blieben fie, und fo durfte an eine Be 
friedigung der Wißbegierde Karls nicht 
gedacht werden, derſelbe mußte 
mit dem Unterricht einer 
begnügen. Nach ſeiner Kon 
wurde er als Lehrling in eine —* 
fabrik gegeben. Dort — er ‚Jegt 
Mußeftunden zu feiner wiflenjchaftlichen, 
befonders ſprachlichen Aug Du 
neben betrieb er eifrig d | 
dien und dieſe begeilterten >. 
bob er nad) — feiner L 

ühne ging ot und Entbehru 
wohl aus das Bewußtfein, fein % Bühnen 
licht zu fein, —— ihn, in er ‚Rom 
urüdzufehren, un rfelb, 
fit 1883 in Wiesbaden vohnbaft. $ 
legtgenannter Stadt lebt ©, ı 7 t, 
feit Jahren jedoch aussi 






Hi 















fen dienend und bef als £ pri 
hervorragend. u: 
Hauptwerte: Gedichte (1857, 3. Aufl. 188 


Die Braut der Kirche (Geb. 1858), Kompak au 

dem Meere des Lebens (1859, 5. U 0) 

Kompendium der bee 

—* * — we 
ihre un e 

vellen (1882), — 
Stengel, Fra “a 

boren am 20. April 1842 ns X 

als Tochter des fpäteren L 


* * 







— — — 


Stephan. 


nifters Franz Freiherrn von St., erhielt 
ich meine Erziehung in den vortrefflichen 
Schulen meiner Heimatftadt, erweiterte 
meinen Willens: und Bildungsgrad noch 
mehr durch die reiche. Bibliothef meines 
Vaters und deſſen Vorbild, der nie müde 
war, bejonders von Schägen ber alten 
klaſſiſchen Literatur zu often und in feinen 
Kindern den Gefchmad daran zu pflegen. 
Spätere Reifen und längerer Aufenthalt in 
Paris, London und der Schweiz unter: 


brachen das Zeben in der Heinen Refidenz 


und verjtärkten die Neigung, welche fchon 
früh erwacht war, Erlebtes und Erfon- 
nened zu Papier zu bringen. An bie 
Offentlichkeit trat ich jedoch erft, nachdem der Tod 
des Vaters die Familie fo zu fagen aufgelöft und 
ih in derjenigen einer befreundeten im ſchönen 
Rheingau eine zweite Heimat gefunden. Hier 
entftanden die Erzählung: „Der Pflicht geopfert“, 
bie Romane „Ariftotraten“, „Belfimiften‘‘, und 
zwei Bände „Novellenbuch“, außerdem eine Ans 
zahl Novellen, die in verſchiedenen Zeitſchriften 
chienen. 


Stephan, Marie, geboren am 9. 
März 1848 zu Gutwohne, beſuchte die 
höhere Mädchenſchule in Breslau und 
Ratibor, darauf das Scholz’ihe Seminar 
in Breslau und machte daſelbſt 1866 das 
Eramen als Lehrerin für höhere Mädchen⸗ 
Ihulen. Die folgenden Jahre übte fie 
ihren Beruf in drei fchlefiichen und einer 
ungariihen Familie aus und verlebte ein 
Jahr in der Gegend des Plattenfees, wo 
fie mit vielem Intereſſe Land und Leute 
ſtudierte. Seit 1877 ift diefelbe als 
ſtädtiſche Lehrerin in Breslau angeftellt. 

Ton 1876 an erfchienen die erften Heinen Ge 


Ihichten in „Herzblãtichen's Zeitvertreib”, darnach B 


„Beiträge im Töchter-Album“ (1880 und 1883). 

Ständige Mitarbeiterin der „Kinderlaube” ift fie 

feit 1881. Außerdem Geſchichten und Märchen 

—— Schleſiſchen Mark-Bibliothek, in „Grüß 
oft” ꝛc. 


Stern, Adolf (eigentlich Ad. Ernſt), 
iſt geboren zu Leipzig am 14. Juni 1835, 
widmete fih dem Studium der Philo— 
ſophie, Philologie und Geſchichte an den 
Univerfitäten Leipzig und Jena. Nach 


623 





Stern, 


Vollendung feiner Studien dozierte er am 
Polytehnilum in Dresden, wurde dafelbft 
1868 zum außerorbentlihen und 1869 
zum ordentlichen Profeſſor der Literatur: 
gelhihte ernannt. Außer vielen poetischen 

erken, die, ihrer edlen Eigenart und 
Tiefe wegen, mit Recht großen Beifall und 
weite Verbreitung fanden, hat St. eine 
Reihe von hochbedeutenden literarhiſto— 
riihen Schriften erfcheinen laflen, die wir 
den beiten unferer Literatur beizählen. 

Hauptwerke: Gedichte (1855, 3. Aufl. 1881), 
Serufalem (Ep.1858), Bis zum Abgrund (Rom. 
1861), Am Königfee (Nov. 1863), Hiſtoriſche 
Novellen (1866), Das Fräulein von Augsburg 
(Rom. 1867), Johannes Gutenberg (ep. Dicht. 
1873), Aus dem achtzehnten Jahrhundert (1874), 
Neue Novellen (1875), Katechismus der allge: 
meinen 2iteraturgejchichte (2. Aufl. 1876), Wans 
derbud (1877, 2. Aufl. 1887), Fünfzig Jahre 
deutſcher Dichtung (1877), Aus dunklen Tagen 
(1878), Die letzten Humaniften (Rom. 1880, 
2. Aufl. 1882), Biolanda Robuftella (Nov. 1880), 
Zur Literatur der Gegenwart (1880), Ohne Ideaie 
(Rom. 1882), Lexikon der deutſchen Literaturges 
ſchichte (1882), Geſchichte der neueren Literatur 
(1882—85), Hermann Hettner (1885), Venezia 
niſche Novellen (1886), Camoöns (Rom. 1886), 
Geſchichte der Weltliteratur (1887). Außerdem 
die Herausgabe ber Volksbibliothek der Literatur 
des achtzehnten Jahrhunderts, der Werke Hauffs, 
Körners, Herders u. A. 


Stern, Alfred, wurde am 22. No— 
vember 1846 zu Göttingen geboren, fius 
dierte dort, in Heidelberg und Berlin Ju⸗ 
risprudenz, Nationalökonomie und Ges 
ſchichte, promovierte 1868 und habilitierte 
ih 1872 als Privatdozent der Gefchichte 
in feiner Vaterftadt. Im Jahre 1873 
folgte er einem Rufe als Profeſſor nad 
ern, von wo er 1887, als Profeſſor 
an das eidgenöffifche Polytechnikum be: 
rufen, nad) Zürich überfiedelte. Lite— 
rarifh machte er fi namentlich durd 
fein vorzügliches Werk Milton und feine 
Zeit (1877—79) weiteren Kreifen befannt. 
Ferner hervorzuheben: flber die 12 Artikel 
der Bauern u. ſ. w. (1868), Bafeler Chroniken 
(gemeinfam mit W. Vifcher) (1872), Geſchichte 
der Revolution in England (1881), Zur Ge 
u der preußifchen Reformzeit 1807—15 


Stern. 


Stern, Ludwig Julius Ehriftan, ge: 
boren zu Hildesheim am 12. Auguft 
1846, befuchte das Gymnafium Andrea- 
num feiner Baterftadt, dann 1865 die 
Univerfität Göttingen, wo er fi) nament- 
lih unter Ewalds und Benfeys Leitung 
dem Studium der orientaliihen Sprachen 
widmete. 1866 löjte er eine akademiſche 
Preisfrage über die Pluralbildung im 
Arabiihen und Athiopiihen. In der 
Folge wandte er ſich mehr der Agyptologie 
zu und ging, nachdem er ein Jahr lang 
eine Lehrerſtelle verwaltet hatte, 1872 
nad) Agypten, wo er mit ©. Ebers eine 
wiſſenſchaftliche Reife in Oberägypten 
madte. Nach jeiner Nüdkehr wurde er 
von Ismail-Paſcha als Direktor der kurz 
vorher in Kairo gegründeten vizefönig- 
lien Bibliothek angeftellt, verblieb aber 
in diejer Stellung nur bis 1874, da er 
einem Rufe als Direktorial-Affiitent bei 
dem Agyptiichen Mufeum in Berlin folgte. 
Diefes Amt legte er 1885 nieder und 
ward 1886 zum Profeſſor und zum Bi- 
bliothefar bei der Handichriften- Abteilung 
der Königlichen Bibliothek zu Berlin er: 
nannt. Wiſſenſchaftliche Reifen machte 
er 1874 nad) England, 1876 nad) Ita— 
lien und 1881 wiederum nad) Agypten. 

Bon feinen zahlreihen Arbeiten feien die in 
der „Zeitfchrift für Agyptiiche Sprache und Al— 
tertumsfunde” erwähnt, welche er feit Lepſius' 
Tobe 1884 mit 9. Brugich fortführt ; auferdem : 
ein Hieroglyphiſch-lateiniſches Gloſſar (1875), 
Cesnolas Cypern bearbeitet (1878), Koptiſche 
Grammatik (1880). 

Sterue, Carus, ſ. E. Krauſe. 

Sterubeck, Albert Heinrich Wilhelm, 
geb. zu Schwedt an der Oder am 23. No— 
vernber 1834, wandte ſich ſchon auf der 
Schule mit großer Vorliebe den Geſchichts⸗ 
wiſſenſchaften zu. Später Buchdruderei- 
befiger und Ratsherr in Strausber 
(Provinz Brandenburg), durchforſchte der: 
jelbe das reichhaltige ſtädtiſche Archiv und 
ftellte eine ausführliche Geſchichte dieſer 
Stadt zufammen, von welcher noch das 
meilte im Manuffript liegt. Gedrudt ift 
erſt: „Beiträge zur Geihichte der Stadt Straus: 


624 


— Stettenheim. 
berg, St. Marienlirche nebſt Kapellen ꝛc, das 
Dominikanerkloſter, das Eigentum der Eiſier⸗ 
cienfer-Abtei Zinna in Barnim.” Ab · 
handlungen teild mit auf die Stadt 
Strausberg, teild auf das Barnim, er 
ſchienen im Laufe von 3 Jahren in dem 
von St. redigierten „Maͤrkiſchen Boten”. Nach 


Aufgabe feines Geſchäfts in Strausberg 
wandte fi St. im 3. 1882 nad) Berlin, 
um feinen auf den höheren Schulen bar 
jelbft fich befindenden Söhnen näher 
fein, und gab fich dabei ganz dem 
ftellerfach hin, für feine Arbeiten vor Allem 
die Berliner Wochenſchrift „Der Bär“ benußend. 


Stettenheim, Julius, wurbe zu Ham- 
burg am 2. November 1831 als ein Sohn 
des ſ. 3. mohlbefannten- 8 
Levy St. geboren. Er war 
zum Nachfolger im Geſchäfte feines 
ters bejtimmt und erlernte dafjelbe nad 
Vollendung feiner Schulbildung. Bis zu 
feinem 26. Lebensjahre blieb ©. a 
feinem Berufe getreu, dann aber, na 
des Vaters Tode, gab er das 
auf und begann jeine literariiche 2a 
bahn. Diefelbe führte ihn zunächft 
Berlin, jpäter nad Ham wo er bie 
„Wespen“ gründete, die zuerjt jelb 
dann als Beiblatt, zeitweiſe wieder felbit 
ftändig, dann nochmals als Beiblatt no 
jegt erfcheinen und ihren Herausgeber 
auch in weiteften Kreifen bekannt machten 
und zwar namentlich durch die darin a 
tretenden Driginaltypen „Wippchen” U 
Muckenich“, deren luftige Abenteuer umb 
Thaten ©. aud in feinen Werfen wei 
ausführte. ie 

Hauptwerke: Die letzte Fahrt (1861), Die 
Berliner Wespen im Aquarium, Diefelben im 
zoologiſchen Garten, Diejelben auf der interna 
tion. Zandwirtichaftl. Ausftellung (1863—69), 
Ungebetene Gäfte (Poſſe 1869), Ein gefälliger 
Menſch (Bofle 1872), Wippchen's ſämmtl. Kriegs⸗ 
berichte (1878), Muckenich's Reden und Thaten 
(1885), Unter vier Augen (1885), Bulgariſche 
Krone gefällig? (1888). Seit 1885 giebt S. die 
Zeitichrift „Das hbumoriftifche Deutichland“ heraus. 


Steub, Ludwig, wurde am 20. Fe 
bruar 1812 in Aihah (Baiern) ge 
boren, ftubierte zunächſt Philojophie, dann 








Stieglig. 


625 


Stier. 


Rechtswiſſenſchaft zu Münden und trat |dann das Gymnafium dafelbft und das 


1834 in griechiſche Dienfte, zunächſt in 
Nauplia, dann in Athen befchäftigt. Im 
Jahre 1836 fehrte er nach Deutichland 
zurüd und ließ fi in München als An- 
walt nieder. Als Scriftteller hat ©. 
fi) ſowohl auf ethnographifchem, wie auf 
novelliltiihem Gebiete einen bedeutenden 
Ruf erworben. 

Hervorzuheben : Bilder aus Griechenland (1841), 
Über die Urbewohner Rhätiend und ihren Zu: 
fammenhang mit den Eiruskern (1843), Drei 
Sommer in Tirol (1846), Novellen und Schil— 
derungen (1858), Deutiche Träume (1853), Zur 


lan 
birge (1862), Der ſchwarze Gaft (1863), Herbit: | 

in Tirol (1867), Altbayriihe Kulturbilder 
(1869), Die oberdeutichen Familiennamen (1870), 
Kleinere Schriften (1873— 75), Lyriſche Reifen 
(1878), Aus Tirol (1880), Gefammelte Novel: 


len (1881), Der Sängerfrieg in Tirol (1882), | 


Mein Leben (1883), Namen und Landeskunde 


rhãtiſchen Ethnologie (1854), Das bayrifche Hoch: | 
d (1860), Wanderungen im bayriihen Ge: | 





der deutichen Alpen (1885). 


Stieglit, Nikolaus, wurde am 5. Fe— 
bruar 1833 zu Hannover geboren, wo er 
feine Gymnafialjtudien vollendete. 1853 
trat er in öfterreichiichen Militärdient, 

er mit dem Charakter als Nittmeifter 
verlieh. Dann unternahm er größere 
Reifen, worauf er fich in Wien niederlieh, 
wo er in intime Beziehung zu den her: 
vorragendſten Berfönlichkeiten der drama— 
tüchen Kunft trat. Von feinen, ein fhönes 
poetiihes Talent und dramatiiche Ge: 

ngsfraft bezeugenden Werfen heben 
wir hervor: Gedichte (1869, 2. Aufl. 1874), 
Niteis (Dram., mit Erfolg aufgeführt), Mofes | 
Rendelsſohn (Schaufp.), Die Grafen von Wil: 
denftröm (Scaufp,), Die Speftralanalyfe (Luftip.), 
Wiſchen Paris und Verfailles (Luftip.), Gräfin 
Olga (Schaufp.), Der Adoptivjohn (Luftfp.) 

Stier, Heinr. Chrift. Gottlieb, wurde, 
am 12. Auguft 1825 im Miffionshaufe 
zu Bajel geboren, wo fein Vater Rudolf 

. damals Lehrer war. Den erjten 
Unterricht genoß er bei den Eltern, 1833 
ſodann in Schulpforte bei dem Haus- 
lehrer des dafigen Infpeftors, von 1834 
bis 36 beſuchte er in Wittenberg die 
Schola colleeta des Sand. Ramdohr, 


Das literariſche Deutſchland. 


zu Merſeburg, ſchließlich das zu Elber: 
feld. 1844 ging er nad Halle, um 
Sprachwiſſenſchaften zu ſtudieren und zu⸗ 
gleich ſeiner Heerespflicht zu genügen. Er 
hörte Philoſophika bei Erdmann, Hiſtorika 
bei Leo, Philologika bei Bernhardy, Meier, 
Pott und L. Rob, Germanika bei Leo und 
Sommer x. Danach gehörte er der 
Erlanger Hochſchule an als Mitglied des 
philol. Seminars unter Döderlein und 
Nägelsbach, andere Vorlefungen hörte er 
bei Rud. v. Raumer und E. von Schaden. 
Endlich hörte er in Berlin bei Böckh und 
Lachmann (auch im Seminar), Bopp, ©. 
Curtius u. a. Nach kurzer Hauslehrer- 


‚thätigkeit in Milmersdorf bei Templin 


beitand er die Prüfung pro fac. doe, in 
Berlin und übernahm nun 1848—51 
eine Stelle als Erzieher in S. Jorio am 
Veſuv. Zurücgefehrt nad Wittenberg, 
begann er 1851 zunächit das Probejahr, 
wurde als Adjunft angejtellt und 1856 
zum Oberlehrer befördert. Neben der Schule 
widmete er feine Mufje teils ſchriftſtelleriſchen 
Arbeiten, teils gemeinnütziger Thatigkeit in Vers 
einen, beſonders auch Erforfhung der Lofalge: 
ſchichte. u. a. trug er al Schriftführer des 
Vereins für Heimatkunde wefentlich zur Begrüns 
dung eines Denkmals für Ph. Melandthon bei. 
1862 wurde er zum Direktor des Gol: 
berger Domgymnafiums ernannt, 1868 
zum Direktor des Herz. Francisceumg 
und Pädagogiums (Alumnats) in Zerbit. 


| a 1578 gehört er hier auch der Landes: 
y 


node an, neuerdings auch am Vorftande 
beteiligt. Im Drud ift feit 1850 verfchiedenes 
von ihm erſchienen, meiftenteils in der Mutter 
ſprache, einiges auch in lateiniſcher, griechiſcher, 
italieniſcher und ungariſcher Mir heben beſon— 
ders hervor: Ungariſche Märchen und Sagen 
(1850), Ung. Lieder und Gedichte (überiegt; 
1850), Ungarijche Vollsmärcen (mit Anmerkun, 
gen, 1857), Zriny und die Sriniade (1866), 
Gramatica della lingua tedesca (1852), Boms 
peji (nebſt Plan, 2. Aufl. 1853), Hier. de Rada 
Carmina Italo-albanica quinque (1856), Cor- 
pusculum Inscript. Viteberg (2. Aufl. 1883), 
Wittenberg im Mittelalter ( 1860), Die Schloß: 
firche zu Witt. (2. Aufl. 1873), Material für den 
Unterricht im Mittelhochdeutichen (2. Aufl. 1876), 
Acht Reden a. d. Schulleben von St.u. Wen: 


40 


Stinde. 


Blamiſcher Bericht über Vasco da 
Gama (2. Reife, 4. Aufl. 1887), Hebräifches 
Votabular (2. Aufl. 1872), desgl. Formenlehre 
(1880), desgl. Übungsbuh (2. Aufl. 1888), 
Griech. Formenlehre, desgl. Übungsbud) (4. Aufl. 
1883), Seria mixta jocis (griech. lat. mhd. Ge⸗ 
dichte, 1884), Leben E. R. Stiers, (2. Aufl. 
1876), Ilias-Kommentar (1887 ff.). 
Stinde, Julius (Wilhelmine Bud: 
holz), wurde am-28. Auguft 1841 in 
Kirch: Nüchel (Holftein) geboren, bejuchte 
das Gymnafium zu Eutin und widmete 
fich zu Lübeck dem Beruf eines Apothefers. 
Naͤch vollendeter Lehrzeit bezog er die 
Univerfität Kiel, ſpäter die zu Gießen 
und Jena, um Chemie zu ſtudieren. Er 
ehrte jedoch nicht wieder zu ſeinem ur— 
ſprünglich erwählten Berufe zurüd, fon 
dern nahm die ihm gebotene Stelle in 
einer chemiſchen Fabrit bei Hamburg an, 
wo er drei Jahre thätig war. Danad) 
betrat ©. den journaliftiihen Plan, zu: 
nächſt als Redakteur des „Hamburger 
Gewerbeblattes”, fpäter der „Reform“ 
beſchäftigt; ſeit 1876 aber als freier 
Schriftſieller zu Berlin wohnhaft. Weiteren 
Kreifen machte fih ©. zuerſt namentlic) 
durch feine Bühnenftüde im Dialekt be: 
kannt: Hamburger Leiden (1875), Tante Lotte 
(1875), Die Nachtigall aus dem Bädergang (1876), 
Die Familie Carſtens (1877), Ihre Familie (1883), 
Eine Hamburger Köchin (1883), Die Blumen» 
händferin 2c., weldhe Stüde meiſt mit 
durchichlagendem Erfolg (vornehmlich von 
der reifenden Karl Schultze'ſchen Truppe) 
zur Aufführung gelangten. Diejen 
Bühnenarbeiten folgten S.'s Hauptwerte, 
Die Berliner Lokalgeſchichten der Familie 
Buchholz: Buchholzens in Stalien (1883), 
Die Familie Buchholz (1884), weldhe einen 
großen Abfag fanden und an denen wir 
die fcharfe Erfaſſung des Typus einer 
gewöhnlichen Berliner Bürgerfrau um fo 
bewunderungsmwürdiger finden, . als ber 
Berfafler nicht einmal geborener Berliner 
iſt, fondern diefe Kenntnis lediglich feiner 
feinen Beobachtung der gewöhnlichen 
hauptſtädtiſchen Volksklaſſe dankt. Außer: 


dem hervorzuheben: Das Delamerone des 
Verbannten (1881, 3. Aufl. 1956), MWaldnovellen | 


trup (1868), 


626 


Stirm-Riviere. 


a 
andglojjen ‚ Das Opfer 
(2. Aufl. 1886). N 


Stirn:Niviere, Anna, wurde am 
29. April 1843 zu Caſſel geboren, und 
in ziemlich beichränften Verhältniffen von 
ihrer Mutter erzogen, ba fie ſchon in 
zartefter Kindheit ihren Vater verloren 
hatte. Die Pflege ihrer poetijchen Em- 
pfindungen, die fih ſchon fehr früh be- 
merfbar machten, dankte fie einer Anver- 
wandten, da der Mutter das Verftändnis 
für diefelben fehlte. Glüdlihe Erfolge 
lohnten die junge Dichterin. 1865 ver- 
heiratete fie fi mit dem Kur⸗Heſſ. Haus- 
hofmeifter Stirn und wibmete fich zunäd 
nur ihren häuslichen Pflichten, die 
gänzlich vernadjläffigend. Erſt im Jahre 
1873, als fie der Fähigkeit des Gehens 
beraubt, ihre Thätigkeit im Haushalt auf- 
geben mußte, wandte fie fid wieder gan; 
der Dichtkunft und der Literatur 
1874 erichienen ihre Gedichte gelammelt ı 
dem Titel „Haideblumen“, die durch ihre For 
reinheit, nit minder durch ihre Anmut umd 
Sinnigfeit, einen großen Freundeskreis fi er 
warben. (3. Aufl. 1881). Außerdem 
Heine Artitel, Novellen, Erzählungen für Tag 
blätter und Zeitfchriften. Die Autorin 
feit 1885 Witwe, in ihrer Valerſie 


Stoder, Franz Auguft, wurde am 
21. März 1833 zu Frick im jchmweiger. 
Kanton Aargau geboren. Sein Bater 
war Gaftwirt und Poſthalter und Diele 
beiden Berufsthätigkeiten haben die nächſte 
Veranlaſſung geboten zu zwei literariſchen 


Publikationen des Sohnes. Das Poſtfach 
bot ihm die Grundlagen zu der „Schweiz. oft: 
Zeitfchrift” (1856—57), die neben den Intereſſen 
des Poſtbeamtenſtandes auch die neuejten Ein 
richtungen des damals aufblühenden eidgenöfli« 
chen Poſtweſens beſprach. Der Wirtöberuf feines 
Naters und die Erlebniffe der Jugendzeit in 
einem Wirtöhaufe äußerten ſich in einem größeren 
Merte, „Geſchichte des Gafthofs: und Wirts 
ſchaftsweſen der Schweiz“, von der ältejten Zeit 
biß auf unfere Tage. Werner erfhienen neu: 
Monographien der Gafthöfe zu den „Drei Kö: 
nigen“, zum „Wilden Mann“ und zum „Stor« 
chen“ in Bafel find von befonderem kulturgeſchicht ⸗ 
lichen Wert. Ein gro zes Intereſſe bekundete St. 
für das ſchweizeriſche Vollstheater. Im J. 1859 









— 


Stödl. 


begann er die Herauögabe einer „Bibliothef vater: 
ländifcher Schaufpiele”, die heute über 30 Bände 
zählt. Er fand, daß die Schweiz mit ihrer 
reichen biftorifhen Vergangenheit eine ausgiebige 
Quelle für die dramatiihe Darftellung auf der 
Boltsbühne fei. Die Sammlung fand allfeitigen 
Anklang und heute zählen wir bei 1300 Lieb: 
baber:Boltstheater in allen Kantonen der Schweiz, 
welche fich die Aufgabe ftellen, diefe Volksſchau— 
fpiele zur Aufführung zu bringen. Folgende 
größere Arbeiten St.'s verdienen erwähnt zu 
werden: Hüningen vor zweihundert Jahren, Die 
Bollsaufftände im berniihen Jura gegen den 
Biſchof von Bafel, Wie das Bad Bubendorf ent» 
ftand, Der Trompeter von Sädingen, fein Dichter 
und feine Komponiften, Der Abfinth, Der Jura: 
forſcher Auguft Quiquerez. Aus dem Franzöſi— 
ſchen. Arlesheim, Dorf Schloß, Stift und An: 
lagen, Der Pechbub, eine fridthaliihe Gauner: 
— Die Petersinſel im Bielerſee. Nach dem 
—— Die Wirtshäuſer im Mittelalter, 
Karl Schröter, Das Lebensbild eines fridthali- 
ſchen Pfarrers, Karl Friedrich Landolt von Aarau 
Eebensbild). Außerdem Gedichte, Erzählungen 
und Novellen in Zeitihriften. Seit dreißig 
Jahren gehört Et. der Journaliftif an; 
mehrere Organe hat er ſelbſt gegründet, 
bei anderen war er jelbftändiger Redak⸗ 
teur oder Herausgeber: Schweiz. Boftzeit- 
(1856—57), Neue Fridtbaler Zeitung 
859), Aargauer Zeitung (1860), NRouracia. 
Blätter für fridthaliihe Landeskunde (1861), 
Schweizerbote in Yarau (1866—70), Basler 
Nachrichten (feit 1870), und Vom Jura zum 
Schwarzwald (iluftr. Zeitfchr., feit 1883.) Seit 
1873 ift St. Mitglied des Großen Raths 
von Balel. 


Stöckl, Albert, wurde geboren am 
15. März 1823 in Möhrn (Bayern) als 
Sohn eines Elementarlehrers, machte feine 
bumaniftiichen, philoſophiſchen und theo: 
logiihen Studien in Eichitätt an dem dor- 
tigen k. Gymnaſium und bifchöfl, Lyeeum 
und wurde 1848 zum Priefter geweiht. 
Nachdem er zwei Jahre in der Seelforge 
gewirkt, wurde er 1850 an die bijchöfl. 
Lehranſtalt (Lyceum) in Eichjtätt berufen 
und dozierte dort zwölf Jahre lang ſo— 
wohl philojophiiche als auch theologifche 
Disziplinen. Während diefer Zeit er- 
ſchienen von ihm: Die fpefulative Lehre vom 
Menichen und ihre Geſchichte und eine Gefchichte 
der — —— der patriſtiſchen Zeit, ſowie ein 
theologiſches Werk: Das Opfer nad) feinem We: 


627 


Stöhr. 


fen und nad feiner Geſchichte. Im Jahre 
1862 wurde ©. als ord. Profefjor der 
Philoſophie an die k. Akademie in Müns 
fter (Weftfalen) berufen, wo er neun 
Jahre lang (bis 1871) ſämmtliche philo: 
jophifchen und pädagogiichen Disziplinen 
vortrug. Im Jahre 1871 kehrte er in 
jeine Heimat zurüd und nahm bier fein 
Lehramt an der biichöfl. Lehranftalt in 
Eichjtätt als Profeflor der Philofophie und 
Pädagogik wieder auf. 

Seit 1862 find von ihm, außer mehreren eis 
neren Arbeiten, folgende Werte erfchienen: Ges 
ſchichte der Philofophie des Mittelalters, Geſchichte 
der neueren Philoſophie von Baco von Verulam 
und Gartefius biö zur Gegenwart, Lehrbuch ber 
Philoſophie (6. Aufl.), Lehrbuch der Religions⸗ 
philoſophie, der Aithetit und ein Lehrbuch der 
Geſchichte der Philofophie (ſämmtlich in 2. Aufl.), 
Das Chrijtentum und die großen fragen der 
‚ Gegenwart auf geiftigem, fittlihem und fozialem 
Gebiete, Das Chriftentum und die modernen Irr⸗ 
tümer, Der Materialismus, geprüft in ſeinen 
Lehrjägen und deren Konſequenzen, Lehrbuch der 
Pädagogif (2. Aufl.), Geſchichte der Pädagogik. 


Stöhr, Adolf, geb. am 24. Februar 
1855 in St. Pölten (Niederöfterreich), 
‚studierte an der Univerfität in Wien, 
‚Ausgerüftet mit naturwifjenfchaftlicher 
'Vorbildung im allgemeinen, die er als 
‚Stene des pflanzenphyfiologifchen Inftitus 
‚tes der Wiener Univerfität unter Wies— 
ner auf dieſem jpeziellen Gebiete vertiefte, 
widmete er fih nad feiner Promotion 
‚(1880) dem Stubium der induktiven Lo⸗ 
gik insbejondere und der Vhilofophie über: 
haupt und habilitierte fih 1885 an ber 
genannten Univerfität als Privatdozent 
für Bhilofophie, welde er im Sinne des 
Pofitivismus lehrt. 

Hauptichriften: Über das Vorkommen vor 
Chlorophyll in der Epidermis der Phanerogas 
men-2aubblätter (1879), Unterfuhungen über den 
Einfluß des Lichtes auf die Ehlorophyllbildung 
bei intermittierender Beleuchtung (mit Dr. Karl 
Miloſch, 1880), Vom Geiſte (1888), Analyſe 
der reinen Naturwiſſenſchaft Kants (1884). 


Stöfl, Helene, wurde am 18. März 
1845 zu Brandenburg, als ältefte Tochter 
des an der dortigen Ritterakademie und 
jpäter an den Realſchulen zu Breslau 


40% 





Stöfiel. 


und Görlig ange 
dernen Sprade, 
fie genoß gemein 
Schwefter und vier Brüd 
forgfältige Erziehung. Aber ihon im 
Jahre 1856 verlor fie die Mutter, und 
zehn Jahre jpäter (fie hatte ſich inzwiſchen 
in Görlig zur Lehrerin ausgebildet) löſte 
der Tod des Vaters den Familienkreis 
für immer. In Wr.Neuſtadt, wohin fie 
als Erzieherin ging, verband fich Helene 
1869 mit dem Tonfünftler Rudolf Stöfl 
zu glücklichſter Ehe. 
wurde dur ein plöglic) auftretendes 
Snieleiden zu einem dreijährigen Kranfen- 
lager genötigt, und in diefer jchweren 
Zeit war es hauptlählid die Freude an 
ihrer ſchriftſtelleriſchen Thätigfeit, * 
ſie aufrecht erhielt. Konnte ſie auch nicht 
ſelbſt ſchreiben, ſo vermochte ſie doch zu 
ditlleren, und fo entſtand eine große Anz 
zahl gerabe ihrer heiterften Arbeiten in 
Diefer Leidenszeit. Gegen alles Erwartener: 
holte fie ſich allmählich; während fid aber ihr 
Gatte an ihrer fortichreitenden Geneſung 
erfreute, ward er ſelbſt nach einer Krank— 
heit von wenigen Tagen durch den Tod 
von ihrer Seite geriſſen. In ſtiller 
Zurückgezogenheit lebt Helene S. ſeitdem 
in dem fleinen Städtchen, Das ihr mit | 
der Zeit zur Heimat geworden, ganz der 
Erziehung ihrer Kinder und ihren lite: 
rariſchen Arbeiten ſich widmend. Die fein: 
finnigen und anmutigen Erzählungen und Feuille: 
tons der liebenswürdigen Autorin fanden Auf: 
nahme in faſt allen größeren belletrijtiichen Zeit: 
fchriften Deutichlands. Außerdem verfaßte fie 
eine Anzahl felbitändiger, von Der Kritik ſehr 
günftig aufgenommener Werke, von denen mir 
hervorheben: Aus Der Mädchenzeit (Erzähl. 
9, Aufl. 1878), Aus glüdlihen Tagen (Er. 
2, Aufl. 1850), Meinen Sie mih (Hum. 1581), 


Draußen und Dabeim (Ged. 1881), Aug’ in 
Auge (1880), 


Er, Sie und Es (2. Aufl. 1882), 
Verſchlungene Lebenswege (Erz. 1882), Kinder: 
neft, alte und neue Märchen (1882), In Untreue 
treu (Nov. 1883), 


Unterm Weihnachtsbaum 
(1883), Unfere Kleinen (1885), Scneerojen 
(Erz. 1886). 

Stöſſel, Alfred (Lothar 
29. April 1858 zu Brünn in 


Karl Boedel, geboren; 
chaftlich mit einer 
ern eine äußerſt 


\ 





Bitter). Am 
Mähren 


628 


ftellten Lehrers ber mo: | (Öfterre 


Die junge Gattin * 


— 


Stoklaska. 


ich) geboren, habe ich teils dort, 
teils in Wien Volksſchul- und Gymnafial⸗ 
unterricht genoſſen und in leßtgenannter 
Stadt 1878 die Univerfität bezogen, um 
Philoſophie und Geſchichte zu ftudieren, 
An der gleichen Univerfität babe id) aud) 
den philoſophiſchen Doktorgrad erworben, 
fodann längere Zeit auf Reifen, bejonders 
in Italien, verbradt und mic) ſchließlich 
(1884) in Dresden dauernd niederges 
laſſen. 

Mas meine literariſche Thätigkeit anbelangt, To 
habe ich außer einer Reihe von Artikeln meift 
rein wiffenfchaftlichen Inhalts in der „Neuen Zeit“, 
der „Neuen Freien Preſſe“ ꝛc. ac. bisher einen 
Band Skizzen unter dem Titel „Schwarze Mär: 
chen“ erfcheinen laffen, dem nunmehr ein Roman 
folgen joll. 

Stoflasfa, Ottokar Hans, wurde am 
23. Juni 1852 zu Gaja (Mähren) ge: 
boren, wo fein Vater Staatsbeamter war. 
Nah Abfolvierung der Gymnafial-Stu 
dien bezog er im Jahre 1870 die Univers 
fität in Wien, wo er bis 1873 ſprachlich⸗ 
hiſtoriſchen Studien an der philoſophiſchen 
Fakultät oblag. 1874 wurde er als 
Profeſſor an der deutichen Oberrealichule 
zu Proßnig (Mähren) angejtellt, wo er 
noch jetzt thätig iſt. Won feinen poetiſchen 
Arbeiten find hervorzuheben: 

Menn man fi) nicht kennt (Luſtſp. 1878), 
Das Feſt zu Iglau oder tu felix Austria nube 
(hift. Feſtſp. 1881); ferner: Hiſtoriſche Gedichte 
(1884), eine Sammlung von Balladen, melde 
von der Kritik fehr gut aufgenommen wurden. 
(Das Manufcript dieſes Werkes lag dem Dichter 
Rob. Hamerling vor, und erjt auf ein günftiges 
Urteil deſſelben hin entichloß ſich der Berf. zur 
Herausgabe.) S. ift Mitarbeiter verjchiedener 
beſſerer Zeitichriften. 

Stoll, Heinrich Wilhelm, iſt geboren 
am 16. Januar 1819 zu Sechshelden bei 
Dillenburg als der Sohn eines niederen 
BYergbeamten, der nebjt feiner braven 
Gattin alles daran ſetzte, dem Knaben 
eine gute Erziehung zu geben. Sie ließen 
ihn das Pädagogium zu Dillenburg be 
fuchen, mehr zu thun, waren fie außer 
Stande. So blieb denn der wiffensdurjtige 
Juüngling auf feine eigene Kraft ange 

wiefen. Zum Glüd erhielt er vom Könige 


Stoll. 


von Holland eine Geldunterftügung, fo 
daß er das Gymnafium zu Weilburg und 
1838 die Univerfität Göttingen beziehen 
fonnte. Dort widmete er fich philologi- 
fhen Studien unter D. Müller, Schneide: 
win und v. Lentſch, befonders griechiicher 
Geſchichte, Mythologie und Archäologie. 
Durch Schneidewin wurde S. zuerft zu fritifchen 
und literarhiftoriichen Unterſuchungen angeregt, 
deren erite Frucht die Animadversiones in 
Antimachi Colophonii fragmenta waren. Im 
%. 1840 legte ©. fein Staatseramen ab 
und trat alsbald eine Lehrerſtelle an einer 
Privatichule zu Idſtein an. Darauf hielt 
er einen halbjährlihen Probefurfus am 
Pädagogium zu Dillenburg ab und wurde 
1843 der Anjtalt als Kollaborator zuge: 
teilt. Daneben ſchrieb ©. Nezenfionen, Heine 
Auffäge in Zeitfchriften und gab eine Sammlung 
der Fragmente des Antimahus heraus. 1845 
überfiedelte S. an das Gymnafium zu 
MWiesbaden, zunächſt als ftellvertretender 
Lehrer, ſpäter als Konrektor wirfend. 
Dort verfaßte er: Geſchichte der Hohenftaufen für 
die Jugend (1846) und ein vorzügliches, in viele 
fremde Sprachen überſetztes Handbuch der Re: 
ligion und Mythologie der Griechen, nebft An— 
bang über die römifche Religion (1848, 6. Aufl. 
1875). 1849 wurde ©. nad) Hadamar und 
1852 auf feinen Wunſch nah Weilburg 
verfegt. Dort lehrte er als Profeſſor 
bis 1884, da er in den Ruheſtand trat. 
Außer den genannten heben wir von den 
Schriften diefes fleißigen und reichbegab- 
ten Verfechters der vorzeitlichen Kultur, 
wie der erziehlihen Sade überhaupt, 
hervor: 
Chreſtomathie 

Anthologie griechi 
Götter und Heroen, popul. Mythologie der Gries 
hen und Römer (7. Aufl. 1885), Sagen des 
Haffiichen Altertums (4. Aufl. 1878), Die Helden 
Griechenlands in Krieg und Frieden (3. Aufl. 
1878), Die Helden Roms ꝛc. (3. Aufl. 1878), 
Geſchichte der Griechen (4. Aufl. 1887), Geſchichte 
der Nömer (3. Aufl. 1879), Bilder aus dem 
altgriechiichen Leben (2. Aufl. 1875), Bilder aus 
dem altrömifchen Leben (2. Aufl. 1877), Er: 
zählungen aus der Geſchichte für Schule und 
Haus (5 Bände, einz. in verfchied. Aufl.), Die 
Meifter der griechifchen Literatur (1878), Phyl⸗ 
lidas und Charite (Nov. 1873), Wanderungen 
dur Alt-Griehenland (1888). Außerdem zahl: 


—* Hiſtoriker (1856), 


629 


Berlin über. Seine ſchriftſtelleriſche Thätig— 
her Lyriker (5. Aufl. a 


Stolp: 


reihe Abhandlungen in Zeitfchriften zc. und 
fämmtlihe Artikel aus dem Gebiete der Mytho- 
logie und des Religionsweſens der Griechen und 
ı Römer, über grieh. Epifer und 2yrifer, auch 
| über griechifche Altertümer im Lübkerſchen Real— 
lerifon. 

Stolp, Carl Adolf Hermann, geboren 
zu Nauen am 13. Januar 1829, einer 
dafelbit jeit Jahrhunderten anfälfigen bürs 
gerlichen PBatrizier » Familie angehörig, 
'fam 1845 nad) Berlin, bejuchte daſelbſt 
das Köllniſche Gymnaſium, jtudierte von 
1850—53 die Rechts: und Staatswiflen- 
haften und trat nach abgelegter erjter 
juriſtiſcher Prüfung beim Stadt- und 
Kammergericht in den Juftizdienft. Wegen 
unzulänglicher Mittel, längerer Krankheit 
und mangelnder Befriedigung trat. der: 
jelbe nad) einigen Jahren aus dem Juſtiz⸗ 
dienft aus, war mehrere Jahre hindurch 
als Privatjefretär und Hauslehrer thätig, 





trat fodann furze Zeit als Hilfsbeamter 
in das fol. preuß. ftatiftiiche Büreau in 
Berlin ein und ging 1858 nah Franf- 
furt a. O., wo er mit dem damaligen Ober: 
bürgermeifter Piper die „Monatsihrift für deuts 
[ches Städtewefen” herausgab und nebenbei ein 
in Franffurt a. D. erfcheinendes politifches 
Wochenblatt redigierte. Nach Ausiheiden Pipers 
aus der gedachten Monatsichrift gründete er 1862 
die „Deutfhe Gemeinde-Zeitung”, Wochenſchrift 
für deutfches Gemeinde: und Staatd:Vermal- 
tungsweſen, fiedelte 1863 nah dem Tode des 
Verlegers derfelben und nachdem er die „Gem.⸗ 
Ztg.“ von deflen Erben als Eigentum erworben, 


feit erſtreckte ſich faft ausichließlih auf die von 
ihm herausgegebenen Beitichriften, namentlich die 
feit 1862—65 redigierte „Gemeinde » Zeitung“. 
Außerdem jchrieb er gelegentlih Abhandlungen 
ür Zeitungen und Zeitſchriften, während nod) 
jelbjtändig von ihm folgende Werke veröffentlicht 
wurden: Das brafilianifche Handelsrecht, aus dem 
Portugiefiihen ins Deutiche überjegt (1856), Die 
Reformation des Eigentumsrechts zur Löſung der 
fozialen Frage oder Mammonismus und Sozia- 
lismus (1866), Die Begründung und Erhaltung 
des Bauernitandes oder die neue rechtliche Res 
gelung des landw. Grundbejites (1878), Das In⸗ 
nungswefen und die gewerbliche Arbeiterfrage oder 
die neue privat: und wirtichaftsrechtliche Regelung 
des Gewerbebetriebes (1880), Die Reform des 
Eigentumsrechts ald Grundlage der Sozialreform 
und die neue privat: und wirtichaftärechtliche Res 
gelung des geſammten Handels- und Gewerbes 


Stord. 


betriebes (1884), Die Begründung und Erhaltung 
des Bauernitandes oder die neue geſetzliche Re: 
gelung des landwirtfchaftlihen Kleingrundbefites 
auf genoffenfhaftlihem Wege und im Geiſte der 
Sozialreform (1887), Die Löfung der Wohnungs: 
frage unter Befeitigung ded Hausherrentums und 
Miethsunterthanenweſens oder die neue geſetzliche 
Regelung des ftädtifchen oder Wohnftätten-Grund: 
befiges auf genoffenichaftlihem Wege im Geiſte 
ber er a (1837). Seit 1885, da St. 
die „D. Gem.Ztg.“ verkaufte, ift derfelbe nur 
noch al3 Anwalt in Berwaltungsftreitiahen und 
namentlid als jozialpolitifcher und fozialreformas | 
toriſcher Schriftiteller thätig. Er iſt einer der 
Mitbegründer des „Staats-Sozialismus“. | 

Stord, Friedrih, wurde am 26. De: 
zember 1839 zu Elberfeld als Kind der 
zahlreihen Familie eines Färbers im 
Wupperthale geboren. Die Eltern, Die 
früher in beijeren Verhältniſſen gelebt 
hatten, dann aber von Unglüdsjchlägen 
mancher Art betroffen wurden, ftarben 


früh, und fo konnte der Wunſch des Kna— 


630 





ben, für die Gelehrtenlaufbahn ſich vor: 
bereiten zu lafjen, nicht erfüllt werden. 
Früh hat er lernen müſſen, feine Hände 
zu regen; er mibmete fich, glei) den 
meijten feiner dichtenden Landsleute, dem 
Kaufmannsijtande und ift feit vielen Jah: 
ren in einem bedeutenden Handlungshaufe 
feiner Vaterſtadt thätig. Als ein eifriger 
Jünger Jahns ftand er dem MWiederaufs 
leben der deutihen Turnkunſt (1860) 
durch Wort und Schrift nahe; fo veröffent: 
lichte er, neben mehreren die Turnerei betreffen: 
den Zeitungsartifeln, bereit3 1861 ein Turn: 
liederbuch. 1862 wurde ein Gelegenheitsftüd 
von ihm: Deutſche Herzen oder Des Turners | 
Sieg (dram. Ged.), wiederholt aufgeführt, welchem 
„Die wilde Jagd“ und „An der Göhrde“ (dram, 
Sc. aus den Freiheitskriegen) folgten. Seit 1865 
verheiratet und Bater einer zahlreihen Familie, 
beichäftigte er fich in feinen ihm nur fnapp zu: 
gemefjenen Mußeftunden mit ſchönwiſſenſchaft— 
lihen Arbeiten, die von der Kritik in anerfen» 
nendfter Weife beurteilt wurden. Auch hat ©. 
fich als Dialektdichter in der Mundart feiner Heis 
mat mit Glück verſucht; feine mundartlichen 
Poeſien machten ihn au im Auslande, in den 
holländiih und vlämiſch redenden Niederlanden, 
befannt, fo murde er auf Grund feiner erften 
plattdeutijhen Schrift 1879 zu dem Neder- 
landsch Taal- en letterkuudig Kongres nad) 
Belgien eingeladen. Auch de3 Lebens Weh und 
Leid iſt S. nicht erfpart geblieben; es ftarben 


Storm. 


ihm innerhalb weniger Tage mehrere geliebte 
Kinder am Scharlah und Diphtheritis. Diefen 
Geftorbenen hat er ein warm poetijches Denkmal 
gelegt in feinem lyriſchen Cyklus „Bon Haus 
und Herd”. Außerdem heben wir hervor: Ger: 
maniens Liedergruß an deutiche Turner (1861), 
Alldeutihland hoch! (1870), Gedichte (1870), 
Liederbuh (1873). Lyrik (1876), Ye länger je 
lewer (Ged. u. Erz. in Wuppertbaler Mundart 
1876), Bon Haus und Herd (1878), daffelbe in 
neuer Ausgabe unter dem Titel: Freudvoll und 
leidvoll (1881), Kalleroden (Ged. u. Erz. in 
Wupperthaler Mundart 1881), Gedichte (1883), 
Ommergrön (Geb. in Wupperthaler Mundart 
1887). 


Storm, Theodor, wurde am 14. Sep: 
tember 1817 zu Hufum in Schleswig ge: 
boren, an der dortigen Gelehrtenichule 
und am Gymnafium zu Lübeck vorgebildet, 
worauf er dem Studium der Rechtswiſſen⸗ 
haft, zunächſt an der Kieler, jpäter an 


‚der Berliner Univerfität fi) widmete. 


Nachdem er im Jahre 1842 die Staats- 
prüfung bejtanden, ließ er ſich als Rechts» 
anwalt in feiner Vaterſtadt nieder; trat 
aber fpäter (1853) in den preußifchen 
Yuftizdienft, bis 1856 als Afjeffor in 
Potsdam, feitdem bis 1864 als Kreis: 
richter in Heiligenitabt thätig. In letzt⸗ 
genanntem Jahre ſchied er aus dem preu- 
Biihen Dienft, um wieder feinem, vom 
dänischen Joche freigerwordenen meerums 
Ichlungenen Vaterland feine Kraft zu wid⸗ 
men. Dort wirkte er als Landvogt, jpäter 
als Amtsrichter in Hufum und wurde 
dafelbjt 1874 zum Oberamtsrichter, 1879 
zum Amtsgerichtsrat ernannt. Im Jahre 
1880 trat er in den Ruheſtand und zog 
fi nad) Hademarjhen zurüd, um bier 
in ſtiller Beichaulichkeit feinen litera— 
rifhen Arbeiten zu leben. Dieje zeigen 
ihn uns als einen der vornehmiten Meiſter 
der Novelle, deren fünftlerifche Vollendung 
uns in Immenſee, wohl der feinjten feiner 
Schöpfungen, am Elarjten vor Augen tritt. 


Außerdem hervorzuheben: Sommergeſchich⸗ 
ten und Lieber (1851), Gedichte mag Im 
Sonnenihein (1854), Späte Rojen (1855), 
Hinzelmeyer (1856), Drei Novellen (1860), Auf 
der Univerfität (1863), Im Schloß (1863), 
Weihnachtsidyllen (1865), Novellen (1868), Ges 
fammelte Schriften (1868—77), Gedichten aus 


Strad. — 631 — Strauß. 


der Tonne (1873), Zerftreute Kapitel (1873),|&. bei Gelegenheit feines 50jährigen 


Rovellen und Gedenkblätter (1874), Waldwinkel Di s bilä Ki 
(1876), Ein ftiller Mufifant. — Son enftjubiläums zum Kirchenrat ernannt 
ee Tate arm, 2** ee) und ihm auch außerdem reiche Teilnahme 


—— — ge m Recdien — * nah und fern für ſein ſegensreiches 
of ꝛe. ‚ Zur Chronit von Gries: | Wirken gewidmet. Außer zahlreichen 
De 10a, Ausgabe jümmiliher Werte (14 | Beiträgen zu Zeitſchriften, befonders kirch— 
lichen Blättern, verfaßte ©. folgende ver⸗ 
Strad, Karl, geboren am 6. Juli |dienftliche Schriften: Des Volles Not und 
1813 zu Felda (Kreis Alsfeld) als der | Rettung, Erzählungen aus der Zeit der Religions» 
Sohn des dortigen Pfarrers, der ihm ig Geſchichte Peters d. Gr. Geſchichte Philipps 
auch den eriten Unterricht erteilte, jedoch —— — nee ve ee 
bereits 1823 jtarb. Es folgte dann d — —————— 
g n der Geographie, 400 naturgeſchichtl. Rätſelfragen, 
Unterricht eines Hauslehrers, bis die Miſſionsgeſchichte Deutſchlands, Vergleichende 
Mutter nad) Gießen zog und ber Knabe | „unensgeihiäte ur —* ee ven 
auf das dortige Gymnafium fam. Leider Frotonfeben Gfitateth Seroain von 
verſchied bereits im kommenden Jahre rei — ee A 
auch die geliebte Mutter, und der Kleine | der deuiſchen Volksihule, Stellung der Geift- 
ftand nun, ohne Geſchwiſter, völlig ver: | lichen und der Kirche zur Volksſchule, Geſchichte 
wait und allein da. Außerorbentlich ehr- der weiblihen Bildung in Deutichland. 
geizig und hochbegabt, bezog ©. im 16. Stranfs, Friedrich Adolf, geboren den 
———— bereits die Univerſität zu 1. a — Elberfeld, ausgebildet 
ießen, dem Studium der Theologie ſich in Berlin, wo fein Vater Oberhofprediger 
wibmend. 1832 beftand er die Fafultäts- | wurde. Als Domhülfsprediger machte er 
a aber nod ein Jahr an > Reife in den Orient 1845, beſchrie— 
e Hohihule, um philofophifche Vor⸗ ben in: „Sinai und Golgatha, Reife in das 
dr War ande Mal Kar ER de One 
Hauslehrer bei Köln, und 1836 erfolgte | Divifionspfarrer machte er den Feldzug 
feine Anftellung als Vikar in —— 1848 in Schleswig mit, beſchrieben in: 
lege er feine treue Lebensgefährtin eg (2. Aufl. 1870). Dann wurde 
eid Willenbücher kennen. 1840 zog ex arnifonpfarrer und Profeſſor der 
** Oberrosbach, wo ihm die 2. Pforte — an der Univerſität zu Berlin, 
übertragen worden, mit welcher die Ver- 1870 Dr. theol., Hofprediger an der 
—— rg verbunden war, ein * und > are zu Potsdam 
g rbeitsfeld, auf dem er ſich glüc- | und zugleich Superintendent und Kreis 
> a er 1864 die Bforre zu ——— Mit ſeinem jüngeren Ri 
roßen-Bufed erhielt. 1869 wurde er ſtorbenen Bruder gab er ein Prachtwer 
zum Mitglied der Kreisſchulkommiſſion beraus: „Die Länder und Stätten der Heiligen 
in Gießen ernannt und bald darauf ihm Schrift, mit 170 Abbildungen und mehreren 
Die Wermatung deo Defanats Großen: uns aa "kub: Varkinik Zaphaee sm 
Linden übertragen, welches Amt er 1870 | mentaris illustravit (1843), „Liturgifce A . 
befnitio,ericl. "Später wurde Das De hie Se, gie def, ind an he 
anat mit dem zu Gießen ver ür die Feſte irhenjahres" (4. Auflage 
S. wirkte Auer als len Be Auberden tleinere Schriften: „‚Troft am 
ipäter als wirklicher Dean, 1875 a Eee Sue 
‚ auch) gatha“ in das Englifche, Holändifche, Däniſche 
zum Abgeordneten der Landesiynode er: |und Schwediſche überfet, „Die Länder und 
wählt. Berjönliche Berhältniffe veran: Stätten” in das Schwediſche. In Folge der Reife 
laßlen S, ſich um das Pfarramt zu et bat er —* be, —— 
n geſtiftet, der e ken⸗ 
Lang-Cöns zu bewerben. 1886 wurde |häufer im Drient veranfapt Hat, und eine bejon 


Strauß und Torney. 


dere Zeitſchrift: „Neueſte Nachrichten aus dem 
Morgenlande” begründet und fi) dadurch, 
neben feinen bebeutenden und als folche 
anerfannten Werfe höchſt verdient gemacht. 

Strauß und Torney, Viktor von, 
wurde am 18. September 1809 in Büde- 
burg geboren, widmete fi dem Studium 
der Rechte und der Literaturgefchichte in 
Erlangen, Bonn und Göttingen und trat 
1836 in die Dienfte feines Landesherrn, 
als deflen Kabinettsrat und einer der 
Führer der Fonfervativen Partei er in 
den Jahren 1848 und 1849 vielfach her: 
vortrat. Nach Wiederheritellung der Bun- 
desverfaflung in Frankfurt, an welcher 
auch St. mitgearbeitet, wurde er zum 
Bundestagsgelandten feines Fürftentums 
ernannt. 


1872 nad) Dresden. In Anerkennung 
feiner Berdienfte verlieh ihm der Kaifer 
von Djterreich bereits 1852 den Abel, 
ernannte ihn die Univerfität Leipzig 
1882 zum Ehrendoktor der Theologie 
und verlieh ihm fein Landesherr den 
Titel eines Wirklichen Geheimen Rats. 
Um den Namen feiner Gemahlin nicht 
ausjterben zu laffen, fügte er denjelben 


(von Torney) dem feinen zu. In feinen | 


Mußeſtunden befaßte er fich befonders 
mit eingehenden Studien der chinefischen 
Philofophen und gilt mit Recht als eine 
der größten deutjchen Autoritäten auf dem 
Gebiete chineſiſchen Weistums. Seine 
zahlreichen, weit verbreiteten novellifti- 
ſchen Arbeiten find meift auf religiöfen 
Grundlagen aufgebaut. 

Hauptwerfe: Theobald (Rom. 1839), Gedichte 
(1841), Richard (Ep. 1841), Lieder für das 
Kirhenjahr (1843), Das Kirchenjahr im Haufe 
(Ged. 1845), Lebenäfragen (Nov. 1846), Der 
Erbe der Väter (Rom. 1850), Gudrun (Schaufp. 
1851), Lebensbilder (1854), Robert der Teufel 
(Ep. 1854), Judas Iſcharioth (Trauerfp. 1856), 
Meltlihe und geiftlihe Gedichte (1856), Alten: 
berg (Rom. 1866), Novellen (1871—-72), Reins 
wart Löwenkind (Ep. 1874), Lebensführungen 
(Nov. 1881), Die Schule des Lebens (Nov. 1885). 


Stredfuß, Adolf, wurde zu Berlin 
am 10. Mai 1823 geboren, widmete fich 


632 


Nah feiner 1866 erfolgten | 
Penfionirung zog er nad Erlangen und | 


Strobel. 


dem landwirtfchaftlihden Beruf, den er 
zunächſt praftiih durch Erlernung der 
Landwirtſchaft, Später theoretifch auf den 
Hochſchulen zu Berlin und Eldena betrieb. 
Seinen ferneren Plänen, deren Endziel 
eine akademiſche Laufbahn war, feßte das 
Revolutionsjahr 1848 ein jchnelles Ziel. 
©. ſchloß fih der demofratiihen Partei 
an und war in deren Intereſſe journa— 
liſtiſch vielfach thätig. Im Jahre 1851 
errichtete er in Berlin ein Zigarrenge- 
ihäft, das er 1859 verkaufte, um fi 
dann ausfchließlich feinen literarifchen Be: 
ftrebungen hinzugeben, die ihm bejonders 
als Novellift und Romanſchriftſteller, wie 
auch als Hiftorifer einen Namen madten. 

Hauptwerke: Die Demokraten (Rom. 1850), 
Friedrih I. und die Quihows (1859), Das 
deutiche Bolt (1860), Die Weltgeihichte (1865), 
Der Sternfrug (Nov. 1870), Der tolle Hans 
(Nov, 1871), Der verlorene Sohn (Rom. 1871), 
Der Herr Präfident (Nov. 1871), Bekehrt (Non. 
1874), Die wilde Toni (Rom. 1874), Eine 
dunkle Vergangenheit (Nov. 1876), Zu reich 
(Rom. 1877), Die von Hohenwald (Rom. 1878), 
500 Jahre Berliner Gedichte (1879), Schloß 
Wolfsburg (Rom. 1879), Vom Fiſcherdorf zur 
Weltjtabt (4. Aufl. 1886). 

Strobel, Wilhelm, wurbe geboren 
am 13. Sept. 1841 in dem ſchwäbiſchen 
Dorfe Mittelthal an der Murg, wo jein 
Vater Schullehrer war. Die in jener 
Schwarzwaldgegend empfangenen erjten 
Eindrüde entfachten bereits die jpäter viel» 
fach in Liedern fich fundgebende Liebe zum 
Natur: und Zandleben, welche noch mächtig 
gefördert wurde durch die Verlegung der 
elterlihen Familie nah Hößlinswarth. 
Zum Pfarrer bejtimmt, gaben die El 
tern den Knaben, dem der Vater bereits 
die eriten Elemente bes Lateiniichen bei: 
gebracht, auf eine höhere Schule nad) 
Stuttgart. Dieſe Laufbahn wurde fpäter: 
hin durch mehrjährige Thätigkeit im Lehr: 
fache unterbrochen, dann dur den Bes 
juch der Univerfität Tübingen zum Ab: 
ſchluſſe gebracht. Nachdem St. hierauf 
etliche Jahre im vaterländiſchen Kirchen: 
dienſt als Pfarrgehilfe gewirkt, wanderte 
er 1871 nad) Amerika aus, um zunächſt 


Strubberg. 


an einem Seminar bei Newyork als Leh— 
rer ber Philojophie zu wirken; er trat 
aber bald ins praktiſche Pfarramt ein. 
Zwölf Jahre brachte jo St. als Prediger 
größerer evang. Gemeinden (bef. Balti- 
more und Newyork) der Bereinigten 
Staaten zu, neben dem Amte vielfach) 
journaliftifcher und literariicher Thätig- 
feit obliegend. Dabei lernte er noch als 
Mann an der neu aufblühenden Uni— 
verfität Baltimore Sansfrit, gab eben 
da unter dem Titel Heimatflänge eine 
Sammlung feiner Gedichte heraus, lebte 
und wirkte ſchließlich noch eine Zeitlang in 
der Stadt Newyorf, worauf er 1883 nad) 
Europa zurüdfehrte. Jene Gedichtfammlung 
ift Äußerft günftig aufgenommen, mande der 
Gedichte find muſikaliſch verwertet worden und 
werden namentlich in Amerifa in deutihen Fa— 
milien, Schulen und Kirchen gejungen. Letzteres 
—5 von den ins Engliſche überſetzten Lie— 

„wie: „God calls me home“ ꝛc. Seit 
1884 iſt St. Pfarrer im Schweizerdorfe 
Elm. Neuerlich (1887) ließ er mehrere Heine 
Schriften ausgehen: „Japan, Land und Leute“, 
„Die klaſſiſchen Studien“. 

Strubberg, Friedrih Auguft (Ar: 
mand), wurde am 18. Mai 1808 in 
Kafjel geboren und von feinem Vater, 
dem Inhaber eines großen Gejchäftes, 
für den Kaufmannsftand beftimmt. So 
trat er nad Abjolvierung der Schule 
feine faufmännifche Lehrzeit in Bremen 
an. Diejes Haus hatte feinen Haupt: 
verfehr in Amerika, wohin ©. von feinem 
Prinzipal geihidt wurde. Dort fand 
die Luft nad) Abenteuern, welche bereits 
ben Sinaben und Süngling beſeelt hatte, 
reiche Befriedigung, indem derfelbe durch 
mehrere Jahre den neuen Erbteil freuz 
und quer zu durchſtreifen Gelegenheit 
hatte. Im Jahre 1838 übernahm er 
Die Leitung des „Deutichen Fürftenvereins* 
in Teras, gründete die Städte Friedrichs» 
burg und Braunfels und fehrte erft 1854, 
nahdem er den Feldzug gegen Mexiko 
mitgemacht hatte, nad) Deutſchland zurüd, 
ließ fich in Kaſſel nieder und lebt daſelbſt 
noch jet, ausſchließlich feinen fchriftftel- 


633 





Strund. 


lerifchen Arbeiten bingegeben. Diele find 
wertvolle Ergebniffe der reihen Erfah- 
rungen und interejlanten Erlebnifle des 
vielgereiften Autors, von diefem meift in 
das Gewand feffelnden Romanes gekleidet. 

Hervorzuheben: Bis in die Wildnis (1858), 
Ameritaniihe Jagd» und Neilenbenteuer (1858), 
An der Indianergrenge (1859), Alte und neue 
Heimat (1859), Ralph Norwood (1860), Sklas 
verei in Amerika (1862), Der Sprung vom Nias 
garafalle (1864), In Merito (1865), Saat und 
Ernte (1866), Friedrichsburg (1867), In Sübd- 
Karolina (1868), Der Kröſus von Philadelphia 
(1870), Die Fürftentochter (1872), Zwei Lebens: 
wege (1875), Die Duadrone (1885). 


Struuck, Ferdinand, wurde am 16. 
Februar 1842 zu Benrath bei Düffeldorf 
geboren. Nach beendigten Gymnafial- 
ftudien fchrieb er einige Novellen, welche 
den in Düffeldorf verfehrenden Hadländer 
auf ihn aufmerfjam machten, der ihn er: 
munterte, weiter jchriftitelleriih thätig 
zu fein. Bedeutende Anregung fand er 
im Umgang mit Künftlern; er ſchrieb 
Feuilletong für die „Köln. Volkszeitung“, 
fritifche Abhandlungen ꝛc. Von feinen 
im Lauf der Jahre veröffentlichten von 
ber Kritik ſehr günftig beiprochenen Ar- 
beiten find hervorzuheben: Ein Trinkgeld, 
mein Fräulein; Auf Ummegen, Der Schmied von 
Weihenfahr, Die Glüdsjäger, Die Frau vom Barnıs 
bofe; außerdem viele Heinere Novellen, Abs 


bandlungen und Aufſätze. In Duisburg gründete 
St, die Zeitung „Das Duisburger Tageblatt”. 


Stuart, ©. F. Cäfar, |. C. Flaifchlen. 


Studt, Hans Hinrich, ala Sohn eines 
Zandmanns geboren am 5. Mai 1824 
in Mielsdorf (Schleswig-Holitein). Bis 
zum vollendeten 13. Lebensjahre befuchte 
ich die durch einen früheren Dalergefellen 
unterrichtlich verforgte Dorfichule meines 
Geburtsortes. Durch den jüngften Sohn 
des Wandsbeder-Boten, Franz Claudius, 
damals Compaftor in Segeberg, wurde 
ch dann, meinem munteren und wiljenss 
durftigen Geifte viel Nahrung bietend, 
erzogen. Während der zunächſt folgenden 
9 Jahre, in welhem Zeitraum ih aud) 


—“ 


Stubt. — 634 — Sturm, 


das Schullehrerfeminar in Segeberg fre⸗ | Iehre, bargeftellt und beurteilt zur Orientierung 
quentierte, habe ich ununterbrochen, weil | für Gebildcte (1869). 

die Mittel zum Beſuch einer Gelehrten Sturm, Auguſt. Ich bin geboren 
ſchule fehlten, den gründlichen und geift: |aım 14. Januar 1852 zu Göſchitz bei 
reihen Unterricht, insbefondere auch in Schleiz, Meine Yugendzeit verlebte ich 
alten und neueren Sprachen, meines wahr: | in Köftrig bei Gera, wo mein Bater, 
haft väterlichen Freundes Claudius ges | der Dichter Julius Sturm, Pfarrer war. 
nofien. Bon 1845—52 bin id) als Schul» Nach einer überaus glüdlihen und poe- 
mann auf die mannigfaltigfte Weife thätig tiſch anregenden Jugendzeit beichloß ich, 
geweſen. Diefe Wirkſamkeit konnte mid) | mi dem Stubium der Theologie zuzu— 
indeß auf die Länge nicht befriebigen. | menben; da ich aber irre an mir wurde, 
Nahdem ich mit höchiter Genehmigung | ob ich wohl zum Pfarrer tauge, ergriff 
das Eramen pro licentia concionandi ich nad einem Semefter das Studium 
beitanden und darauf die Univerfität in der Jurisprudenz. ch ſtudierte zunächſt 
Kiel befucht hatte, unterzog ich mich 1854 | in Jena, wo mir Kuno Fifher die Liebe 
dem theologischen Amtseramen in Glüds: | zur Philofophie einflößte, die mich ferner 
ftadt. Mit dem 2. Charakter ging id immer getragen hat. Nach Beendigung 
aus demjelben hervor und nur im Däni- | meiner Studien in Leipzig und Berlin 
ſchen war ich durchgefallen. In einem | machte ich das erjte Eramen, und war 
halben Jahre Hatte ich die in der ges | dann in Freiburg, Halle und Naumburg 
nannten Sprache fehlende Fertigkeit mir | Neferendar. Nach dem zweiten Examen 
angeeignet, fo daß ich in einer nachgehol: nahm ich in Nudoljtadt eine Stelle als 
ten Prüfung (1855) mir das in diefer Miniſterial-Aſſeſſor an, mußte dieſelbe 
Beziehung notwendige Zeugnis, um über: | aber aufgeben, weil mich neben vielfachen 
haupt unter dem damaligen bönifcjen | anberen Mißgeſchick (oder vielleicht infolge 
Regiment als Prediger angeftellt werden | davon) ſchwere, geiftige Krankheit ein Jahr 
zu fönnen, erwarb. Gleich darauf wurde | lang bannte. Als ich genefen, wollte ich 
id Prädifant und 1 Jahr jpäter pastor mic babilitieren, ein Schritt, der mir 
adjunctus eines altersſchwachen Geiſt- |infolge der verbitterten und erregten 
lihen in Reinfeld, in welcher Stellung | Schreibweije meiner rechtsphilofophiichen 
ih bis 1859 verblieb. Bon der Re— Schriften nidht glüdtee Da machte id 
gierung berufen, habe ih 1 Jahr als mich frei und reiſte nad Italien. In 
pastor adjunctus des Marner-Mini- Rom meldete ih mid als Rechtsanwalt 
fteriums im SFr. VII. Koog (in Süder: |nah Naumburg, das mir zur zweiten 
dithmarſchen) amtiert. Als ermählter | Heimat geworden. Auf einer Reife nad 
Paſtor ftand ich dann 10 Jahre an der | Sylt lernte id) meine rau Joſefine, ges 
Gemeinde Hafeldorf bei Uterfen, bis ich |borene von Rönne (aus Berlin) kennen, 
1870 zum Prediger ernannt wurde an) mit der ich in glüdlichjter Ehe heute ftill 
der Gemeinde Schönwolde. Was meine Lite | und zufrieden lebe. 

rarifhe Thätigkeit betrifft, fo habe ih unter) Ron meinen Schriften geben meine „Gedichte“ 
vielfachen Fonftigen Beröffentlihungen in den | und „Auf Flügeln des Geſanges“ meine tiefite 
Tagesblättern, namentlich in den „Itehoer Nach: | Eigenart wieder. „Pereat tristia‘‘ huldigt dem 
richten“, „Die deutfche Volksſchule“ (1874— 75), | mir lieben Humor. „Rad dem Balle” und „Vi— 
„Kirchliches und Chriſtliches“ (1876—85), nady: | neta” find dramatiſche Verſuche und nur Ber 
ftehende Schriften verfaßt: Predigten aus der ſuche. Dagegen halte ich mein „Thüringer Wald» 
feitlichen Hälfte des Kirchenjahres (1859), Offenes | märchen“ für mehr als einen Verſuch. Bon den 
Zeugnis, daß Belenntnis Gotted des Sohnes | Epen möchte ich „Suleika“ und die „Erdpartis 
nicht iſt Verleugnung Gottes des Vaters (1862), | fulariften” in der Sammlung „Klingende Herzen“ 
Prof. M. Baumgarten oder der treue evangelijche | hervorheben. „Rübezahl” entipringt allein der 
Zeuge (1865), Die materialiftiihe Erfenntnis- | franfhaften, überwundenen Periode. Ganz meiner 








Sturm. 
jegigen Stimmung entfprehen meine „Sylter 
Skizzen“. 


Sturm, Julius Karl Reinhold, iſt 
geboren am 21. Juli 1816 zu Köjtrig, 
bejuchte das Gymnafium in Gera und 
widmete fi dem Studium der Theologie 
auf der Univerfität Jena, nad) deſſen 
Abſchluß er eine Hauslehrerjtelle in Heil: 
bronn, jpäter eine ſolche zu Frieſen be— 
fleidete und dann im Jahre 1844 zur 
Erziehung des Erbprinzen von Reuß nad 
Schleiz berufen wurde. Mit diefem fie- 
belte er bald nad) Meiningen, wo der 
Prinz das Gymnafium zu bejuchen hatte, 
über. Nach Vollendung diefer Studien 
feines Zöglings wurde S. zum Pfarrer 
zu Göſchitz bei Schleiz ernannt und folgte 
nad) dortigem fiebenjährigen fegensreichen 
Wirken einem Rufe nad) Köſtritz. 1878 
wurde er zum Sirchenrat ernannt und 
legte 1885 jein Amt unter dem Titel 
eines geheimen Kirchenrates nieder. Lite 
rariſch ragt Sturm als Lyrifer, vornehm- 
ih als gottbegnadeter Sänger frommer 
Weiſen hervor: 

Hauptwerfe: Gedichte (1850), Fromme Lieder 
(1852), Das Hohelied der Lieder (1854), Neue 
Gedichte (1856), Neue fromme Lieder (1858), 

x das Haus (1861), Stille Andachtitunden 
1865), Märchen (1865), Dichter Sturms finder: 
leben (1866), Siraelitiiche Lieder (1867), Bon 
der Pilgerfahrt (1868), Lieder und Bilder (1870), 
1870 (Kampf: und Siegeögedichte, 1870), Spiegel 
der Zeit in Fabeln (1872), Gott grüße dich (1876), 
Bud) für meine Kinder (1877), Immergrün (1880), 
Neues Fabelbuch (1881), Aufwärts (1882), Natur, 
Liebe, Vaterland (1884), Palme und Krone (1888). 


Sturm, ©, |. Ebrard. 


Supan, Nlerander Georg, wurde am 
3. März 1847 zu Innichen in Tirol ge: 
boren. 
ftammte, hielten ihn doch die Erinnerung 
an feine Heimat, Erziehung und Gefin- 
nung feiner Eltern und Geſchwiſter am 
Deutihtum auch dann feit, als er 1857 
nad) Laibach überfiedelte. Hier abfolvierte 
er das Gymnafium und widmete ſich dann 
an den Liniverfitäten Graz und Wien 
biftorifchen und germaniltiihen Studien. 
1868 veröffentlichte er eine Schrift über die vier 


635 


Obwohl feine Familie aus Krain | 5, 


Suphan. 


legten Lebensjahre Ulrichs II. von Eili und 
wurde 1870 zum Doktor promoviert. Auf 
die Geographie wurde er erft aufmerf- 
ſam, als er als Lehrer an der Realjchule 
in Laibach (jeit 1871) geographiichen Un— 
terriht zu erteilen hatte und die Unzu— 
länglichkeit der damals gebräuchlichen Lehr⸗ 
bücher erprobte. Dies veranlafte ihn, felbft 
ein fich als vorzüglich erweiſendes Lehrbuch der 
Geographie für öſterreichiſche Mittelichulen zu 
verfaffen, daS 1873 in 1. und 1886 in 6. Aufl. 
erſchien. Die Unterrihtsverwaltung bemwils 
ligte ihm daraufhin einen zweijährigen 
Urlaub und Geldmittel, um feine Stu— 
‚dien an den Univerfitäten Halle und Leip— 
zig (1875— 77) zu vervolljtändigen, und 
‚verjegte ihn 1877 an das Gymnafium 
in Czernowitz. Im gleichen Jahre habi- 
| litierte er fih an der dortigen Univerfität 
mit feinen Studien über die Thalbildungen 
Graubündens und der Tiroler Gentralalpen als 
Privatdozent der Geographie und wurde 
1880 zum außerordentl. Profeſſor er: 
nannt. Während feines fiebenjährigen Aufent 
baltes in der Bufomwina, der nur durch Studien» 
reifen in den Alpen unterbrochen wurde, ſchrieb 
er, außer Eleineren Aufjägen über die Tempera» 
turzonen, die Verteilung der jährlichen Wärme: 
Ihwanfung auf der Erdoberfläche zc., zwei grös 
Bere verdienftlihe Werke: Statiitit der unteren 
Luftftrömungen (1881) und Grundzüge der phy: 
fiihen Erdkunde (1884). Im Herbit 1884 
führte ihn ein unermwarteter Ruf nad) 
Gotha, wo er die Redaktion der berühms 
ten „Petermannſchen Mitteilungen“ über: 
nahm. Als Beilage zu denſelben begrüns 
dete er hier den —24 Geographiſchen 
Literaturbericht, den er größtenteils ſelbſt ver⸗ 
faßt, und das Archiv für Wirtſchaftsgeographie 
(I. Heft 1886). Außerdem vollendete er hier 
die im Erjcheinen begriffene Geographie von 
ſterreich Ungarn, in der er mit Glüd bes 
ftrebt war, einerjeits die geologiichen For= 
Ihungen geographiich zu verwerten, ans 
dererjeits die Ffulturgeographiihen Ber: 
bältniffe von neuen Gefihtspunften aus 
zu behandeln. 


Suphan, Bernhard Ludwig, geb. zu 
Nordhaufen am Harz den 18. Januar 
1845, vorgebildet auf dem Nordhäufer 





Suſemihl. — 
Gymnaſium, wo er die Richtung auf die 
Altertumswiſſenſchaften empfing, die für 
fein Univerſitätsſtudium (1863— 67) maß⸗ 
gebend war. In Halle bildete er ſich be: 
fonders unter Bergf und Conze, in Ber: 
lin unter Bödh und Moriz Haupt. Aus 
diefen Etudien erwuchs feine erite Bubli- 
fation, die 1865 von der philoſ. Faful- 
tät zu Halle mit dem Preife gefrönte 
Edrift: de Capitolio Romano commenta- 
rius. Erſt gegen Ende der Univerfitäts- 
jahre wandte er fi, angeregt von dem 
Germanijten Julius Zacher, dem Gebiete 
zu, auf welchem jeine weiteren willen: 


636 


— Suſemihl. 

tiſchen Arztes. Dort durch Privatunter- 
‚richt vorgebildet, bejuchte er das Gym- 
nofium in Güftrom, wo er durch den 
| anregenden Unterricht des Direftors Raſpe 
‚für das pbhilologiihe Studium gewonnen 
ward. Auf der Univerfität Leipzig börte 
‘er G. Hermann, M. Haupt, ®. A. Beder 
und Danzel von 1845—46 und jeßte 
'dann in Berlin bis 1848 feine Studien 
‚fort. Den größten Einfluß auf feine Aus- 
bildung dankt er Bödh und Vatke. Auch 
‚gehörte er einem Kreile junger Männer 
'an, welcher fih um franz verfammelte. 
Lebhaft, wenn auch nicht für alle Dauer 


ſchaftlichen Arbeiten liegen, der deutichen | von der Hegelichen Philofophie, in welche 
Literatur, bejonders des 18. Jahrhunderts. | er zunächit Durch Michelet eingeführt ward, 
Eeit 1870 erſchien von ihm eine Reihe | ergriffen, wandte erfichanfangs infolge dies 
von Arbeiten in Zeitfchriften. Als feine ſes pbilofophiihen Einfluffes vorwicgend 
eigentlihe Aufgabe hat er von früh an dem Platon zu. 1848—51 arbeitete er als 
die Wiedererweckung Herders betrachtet. | Hilfslehrer am Gymnaſium und an der 
Von feiner lange vorbereiteten Ausgabe | Realfchule in Güftrom und am Gymna— 
von Herders ſämmtlichen Werfen, die vom fium in Schwerin und promovierte in- 
deutſchen Kaiſer und von der preußiſchen zwiſchen 1850 in Gießen. 1851 habili- 
Regierung unterftügt ift, traten die erjten | tierte er fi in Greifswald und ward 
Bände 1877 hervor; feither find 23 Bde. dort 1856 zum außerordentl., 1863 zum 
erichienen. Daneben veröffentlichte er | ordentl. Profeſſor befördert, nachdem er 
einige höchſt anerfennenswerte Monogra- |fih kurz vorher mit einer Tochter des 
phien: Goetheihe Gedichte in ältefter Geftalt Hiltorifers F. W. Barthold verheiratet 
(1876), Goethe und Spinoga (1881), Benj. hatte. 1875—76 befleidete er das Ref: 
Franklins Rules for a Club established in 'torat, 1878 erhielt er den roten Adler: 


Philadelphia (zu Eduard Simfons 50jährigem | ; R s 
Nicterjubiläum 1883), Goethe — Serder Orden vierter Klaſſe. Die griechiſche phi⸗ 


(1887), Friedrichs des Großen Schrift De la 
litterature allemande (1888), mehrere größere 
Beiträge vom Goethe-Jahrbuch. Seit 1868 
in Berlin lebend, im höheren Lehrfach 
beichäftigt, trat ©. durch feine literarifche 


lologiſche Gefellichaft in Konitantinopel er: 
nannte ihn 1885 zum Ehrenmitglied. 

Mehrere Diale verfah er aushilflich für 
| die Philofophie Die Stelle eines Mitgliedes 
der wifjenichaftlichen Prüfungskommiſſion, 





Thätigfeit in nahe Beziehung zu Ichrift- | wirkte auch eine Reihe von Jahren als 
ftellerischen Kreifen, bejonders zu Julian | Stadtverordneter und als Kreistagsmit- 
Schmidt, Herman Grimm u. a. 1887 glied. 1880 hielt er ſich mehrere Mo- 
folgte er einem Rufe nah Weimar zur nate in Rom und Neapel auf. Seine 
Leitung des Goethe-Arhivs. ©. ift | verbienftvolfen Schriften find, abgeſehen 
Mitglied des Vorftandes der Goethe-Ge- | yon Überfegungen mehrerer platonifcher 


jellihaft und der deutichen Shakeſpeare— 
Geſellſchaft. 


Suſemihl, Friedrich Franz Carl 
Ernſt, geb. am 10. Dezember 1826 in 
Laage (Mecklenburg) als Sohn eines prak— 


Dialoge, folgende: 

Prodromus platoniſcher Forſchungen (1852, 
Habilitationsſchrift), Die genetiſche Entwickelung 
der platoniſchen Philoſophie (18655— 60), Ariſto⸗ 
teles über die Dichtkunſt (griechiſch und deuiſch, 
1865, 2. Aufl. 1874), Aristotelis Politicorum 
libri octo cum vetusta translatione Guilelmi 


Sutermeifter. 


de Moerbeka (1872), Ariftoteles Politik (grie- 
chiſch und deutich, 1879), Aristotelis Ethica 
Nicomachea (1880), Aristotelis Politica ter- 
tium edita (1880), Aristotelis quae fecuntur 
Magna Moralia (1882), Eudemi Rhodii Ethica 
(1884), De Politieis Aristoteleis quaestiones 
eriticae (1885), Aristotelis quae feruntur 
Oeconomia (1887). Dazu zahlreiche Abhand» 
lungen und Rezenfionen und die Jahresberichte 
über Ariftoteles (zuerft auch über Platon und 
die frühere Philoſophie). Gegenwärtig arbeitet 
er an einer griechiichen Literaturgeſchichte der 
Alerandrinerzeit. 


Sutermeijter, Otto, wurde am 27. 
September 1832 in Zofingen geboren, 
widmete fi) befonders germaniftiichen Stu⸗ 
bien an der Univerfität Züri), nad) 
deren Vollendung er den Lehrerberuf er: 
griff. In demjelben wirkte er in Frauen: 
feld, Küßnacht, Aarau (als Direktor des 
Lehrerinnenfeminars), Rorſchach (als Di- 
reftor des Lehrerſeminars) und jchließlich 
als Profefjor in Bern. Im Jahre 1857 
begann ©. feine jchriftitelleriiche Thätig- 
feit, die fich zumeift auf dem Felde der 
Germaniftif bewegt und darin hochbedeu- 
tende Früchte gezeitigt hat. 

Hervorzuheben: Die Mutterjprahe (1857), 
Drei deutihe Spradhen (1858), Schweizeriſche 

ſprüche (1860), Friih und fromm (1863), 
teraturgeihichtlihe Charakterbilder aus dem 
18. Jahrhundert (1865), Pädagogiſche Diftichen 
(1868), Kinder: und Hausmärchen (1868), Die 
Boefie der Schule (1869), Kornblumen (1869), 
Die ſchweizeriſchen Sprihmwörter (1869), Immer: 
grün (1870), Der Schulmeifter im deutichen 
wort (1878), Welt und Geift (1881), 
Gaftgeichente (1883), Gedentblätter (1886). Au: 
Berdem die Herausgabe der illuftr. Schweizer 
Jugendblätter (1373), Schwizerdütich (1882). 


Svoboda, Adalbert, geboren am 26. 
Sanuar 1828 in Prag, ftudierte daſelbſt 


Vhilofophie; wurde 1850 zum Doktor 
promoviert; wirkte als Brofefjor von 1854 


bis 1862 an den Gymnaſien zu Krakau 
und Marburg a. d. Drau; leitete von | 


1862 —82 als Chefredakteur die liberale 
„Grazer Tagespoft”; überfiedelte 1885 
von Graz; nad) München, wo er das 
deutjche Staatsbürgerredht erwarb. Von 


jeinen als hödhit verdienftvoll anerfannten | 


Schriften heben wir hervor: 


637 


Smwiedad. 


Die Beziehungen der religiöfen Weltanfhauung 
zur Kunſt (1858), Die Poefie in der Malerei 
(1860), Kritiſche Geſchichte der Ideale, Philo— 
ſophiſches und Gefchichtlihes (1. Band. Der 
Seelenwahn 1886), P. K. Rofegger (Eine Le: 
bend» und Charakterſkizze 1885), Franz von Des 
fregger (Biographiiches und Kritifches 1886). 
Außerdem erſchien von ihm eine lange Reihe von 
äfthetifchen, kunſt- und kulturgeichichtlichen, phis 
loſophiſchen, biographiichen und politifchen Auf: 
fägen in eitfchriften. 


Swiedadl, 3. Karl (Karl Elmar), 
geboren zu Wien am 22. Mai 1815, 
trat, ohne die nötigen Mittel zu einem 
Studium, in die Armee, mußte jedod), 
einer Brujtfranfheit halber, den Dienft 
quittieren und ging zur Bühne über. 
Gleichzeitig begann er auch für diejelbe 
zu dichten, und der ſchöne Erfolg, welchen 
Ihon jein erjtes Stück Die Wette um ein 
Herz (1841) fand, bewog ihn, ſich ganz 
der Schriftitellerei hinzugeben. 

Hauptwerfe: Unter der Erde (1856), Ferdi— 
nand Raimund (1862), Unterm Chriftbaum 
(1867), Ein vergeflenes Lied (1868), Pater Lorenz 
(1882), Goldteufel (1883), Die Tochter der Frei— 
beit (1883), Waldlieshen (1884), Dichter und 
Bauer (1885). 


Swoboda, Heinrid, wurde geboren 
am 3. Januar 1837 zu Tahau in Böh— 
men als der Sohn des dortigen Apothefen- 
befigers, eines ebenjo tüchtigen, wie an— 
geiehenen Mannes. Derielbe ließ Hein- 
rich das Gymnafium daheim befuchen und 
bejtimmte ihn. zu feinem Nachfolger in 
Haus und Hof (neben feiner Apothefe 
ftand er auch dem Poſtweſen in Tachau 
vor). Der willensdurftige und hochbe— 
gabte Jüngling eignete fich ſchnell die 
nötigen pharmazeutiihen Kenntniſſe im 
väterlihen Geſchäfte an und abjolvierte 
die Prüfungen. Dann griff er wander— 
froh zum Stabe, pilgerte gen Gräfen- 
tonna im Herzogtum Gotha, wo er die 
erſte Rubeftätte für mehrere Jahre fand. 
‚Dort begann auch Apoll fih ihm zu 
nahen und im Angefiht der Wartburg 
brachte der Jüngling dem Gotte jein 
erites Opfer. Viele folgten; fühlte er 
ſich doc begabt zu fingen und zu jagen, 








Swoboda. 


was in ihm lebte und ſich ans Licht Die 
drängte. Aber es trieb ihn auch hinaus 


in die weite Welt, und ſo führten ſeine 


Wonderehre ihn durch ganz Deutichland, 
Schweden, nah Hamburg, Agram und 


endlich wieder nady Haufe. Aber er fam 
nicht allein. In Aſch an der Grenze, 
Böhmens hatte er diejenige kennen ge 
lernt, welche dem Bilde feiner Liebesjänge 
entiprad. So verließ er nah kurzem 
Wirken den in Aſch begonnenen Etaats- 
dienjt, übernahm das väterlidhe Haus, die 
Apothefe und das Poftamt und wurde 
ein Bürger im echten Wortfinne. Er 


und bethätigtefih als ſchlagfertiger Redner 
und Bolitifer. Kurz darauf (1871) bot 
ihm die Überfhwemmung feiner Vater: 
ftadbt und das über diefe damit herein- 
gebrochene furchtbare Elend Gelegenheit, 
feinen Zandsleuten, auch denen draußen, 


638 





zu zeigen, daß er ein Herz für jene habe. 
hm, feinem eigenen Opfermut, feiner 
unermüblihen Thatkraft verdanfte die 
unglüdlide Stadt in erſter Linie ihre 
Neublüte. S. wurde mit Ehrenbezeu- 
gungen überhäuft. Er wurde zum Land» 
tagsabgeorbneten, fpäter einftimmig zum 
Bürgermeifter erwählt, in den Bezirks: 
fhulrat berufen u. f. w. Er dagegen 
vergalt feinen Mitbürgern ihr Vertrauen 
neuerdings, indem er zahllofe Humanitäre 
Ziele ins Auge faßte und durchſetzte zu 
Gunften der Stadt. Seit 1885 gehört 
©. dem öjterr. Neihsrate als Mitglied 
der freifinnigen Partei an. Er ilt als 
Redner mit Auszeichnung hervorgetreten. 





Sein politiihes Streben gilt dem engen 
Anſchluß Ofterreihs an das geeinte 


Spbel. 


— - J i —* * 
Des Förfters Fritz, Bogumil, 
Banbale, 


m Der Roſenkranz; Dram.: Ein 
Agda, Sjöström, In den ſchwarzen Bergen, 
Geheimnis, Gegen die Ratur, Erprobt. 
Sybel, Heinrid von, wurde am 
2. Dezember 1817 in Düfleldorf geboren, 
ftudierte an der Univerfität Berlin Ge: 


ſchichte, beionders unter dem Einfluß von 
Ranke ftehend. Nachdem er 1838 zum 


Doktor promoviert worden, habilitierte er 


ſich 1840 als Privatdozent der Geſchichte 


in Bonn, wurde 1844 daſelbſt zum außer: 


ordentlichen Profeſſor ernannt, 1845 als 


ordentlicher Profeſſor 
gründete daheim einen Verfaſſungsverein age 


nah Marburg 
und 1856 in gleicher Eigenihaft nad 
München berufen. Hier gründete er das 
erite hiſtoriſche Seminar in Deutihland 
und die hiſtoriſche Zeitihrift. Im Jahr 
1861 folgte er einem Ruf nad) Bonn, 
gehörte im folgenden Jahre dem preußi- 
chen Abgeordnetenhaufe als Mitglied und 
1867 dem fonftituierenden Reichstage des 
Norddeutihen Bundes an (national: 
(iberal). In Bonn gründete er den 
„Deutihen Verein ber Rheinprovinz“ 
gegen die ultramontane Partei. Im 
Jahre 1875 wurde er zum Direktor ber 
preußifchen Staatsardive mit dem Prö- 
difat eines Geh. Oberregierungsrates und 
zum Mitglied der Akademie der Willen: 
ſchaften in Berlin ernannt. Er iſt außer: 
dem Präfident der hiſtor. Kommiſſion der 
Münchener Akademie, Mitglied der Di: 
reftion der „Monumenta Germaniae 
historica“ und giebt in Gemeinjchaft mit 
Schmoller und Lehmann die politifche 
Korreſpondenz Friedrihs des Großen 
heraus. Bon feinen eigenen, berufener: 
feits als höchſt bedeutend anerkannten 


Deutihland. — Die Früchte ber reihen Merken heben wir als bie wichtigiten 
literariihen Wirkſamkeit S.'s find in hervor: Geſchichte des erſten Kreuzzuges (1841), 
feinen nunmehr bereits in vierter Auf: | Die Entſtehung des deuten Königtums (1344, 
lage vorliegenden Gefammelten Gedichten, 12. Aufl. 1881), Die Erhebung Europas gegen 
Dramen und Erzählungen niedergelegt. ©. | Napoleon I. (1860), Die deutſche Nation und des 
i i Vollsdicht b A Kaiferreih (1861), Kleine hiſtoriſche Schriften 
iſt ein echter oltsdich er, ein gottbegnas | (1863), Geſchichte der Revolutionszeit von 1789 
deter Sänger ber Freiheit und ein be— 


bis 1800 (1853 ff, 4. Aufl. 1877). R 
rufener Priefter aller wahren Zdeale der, Sylva, Carmen, ſ. Elij. Königin 
Menſchheit. | 





von Numänien. 


Täpper. 


T. 


Täpper, Wilhelm, geb. am 14. Sep- 
tember 1845 zu Holjterhaufen im Kreiſe 
Ejien a. d. R., befuchhte das Gymnafium 
zu Efien und ftudierte von 1866-68 
im Lehrerjeminar zu Kempen a. Rh., wirkt 
als Lehrer in Bochum, Weitfalen. 

Außer vielen body und plattdeutichen Gelegen: 
beitögedichten verfaßte er eine ziemlich freie Über: 
tragung des Schillerſchen Liedes von der Glode 


in plattdeutfcher Sprache (1884), ferner gab er 


plattdeutiche Humoresten unter dem Titel „Lady: 


pillen“ heraus, die eine jehr günftige Aufnahme 
Sehr beliebt und viel verbreitet find 


fanden. 


639 


| 


Tandler. 


Vogel (Pastor roseus) und fein Vorkommen im 
mittleren Europa, Die Raubvögel Mährens zc. 

TZandler Ritter von Tannin 
gen, Joſeph (FI. Retland), geb. zu Brag 
am 12. Januar 1807, vollendete feine 
Studien an ber jurid. Fakultät der Pra- 
ger Univerfität im Jahre 1829, worauf 
\er dem Staatsdienfte fi widmete, aus 
welchem er als Minifterialrat des Unter: 
richtsminifteriums im Jahre 1870 ſchied. 
Seit 1823 ſchrieb er Gedichte, Novellen, 
Erzählungen. Mehrere von feinen forms 
ihönen Gedichten haben in Anthologien 
Aufnahme gefunden. Geſammelt erſchie⸗ 





aud) feine Hochzeitölieder und feine Allgemeinen) nen fie 1864 (2. Aufl. 1887). Geijtvolle 


Lieder für deutſche Feuerwehrkameraden. 


Gnomen und Sinngedichte ließ er unter 


Talskhy, Joſef, wurde zuMoramitichan dem Titel Spruchbüchlein 1875 (2. Aufl. 


unweit Müglig in Mähren am 21. März 1880) erfcheinen. 
1836 geboren. Unter Leitungjeines Vaters, 


der als Lehrer in Morawitſchan wirkte, ge 
noß er den erjten Unterricht, dann kam 
er nah Mährijch:Neuftadt, wo er die 
Hauptihule und fpäter die Realichule ab: 
folvierte. Hierauf bezog er die Olmüger 
k. E Lehrerbildungsanjtalt. Nach Zurüd: 
legung des zweijährigen Kurfus fam er 
an der chemal. E. k. Diözefan-Dlufter: 
hauptſchule in Olmüß in Verwendung. T. 
faßte den Entihluß, ſich für ein höheres 
Lehramt vorzubereiten, erwarb ſich durch 
eiernen Fleiß in drei Jahren das nötige 
Wiſſen und unterzog fi) 1856 der vor: 
eſchriebenen Prüfung. In demjelben 
Sabre fam er als Fachlehrer an die Kom- 
munal:Unterrealihule in Neutitjchein, in 
welcher Stellung er aud nad) erfolgter 
Umwandlung diefer Anftalt in eine Bür- 
gerichule (1870) verblieb. Dort wirft 
er noch jegt. Im Jahre 1882 wurde T. 
in den k. k. Bezirksichulrat gewählt. Die 
Liebe zur Natur erwadte in T. ſchon wäh: 
rend der Kinderjahre. Er warf fi mit 
Ernjt und Eifer auf das Studium der 
Ornithologie. Wir verdanken ihm eine 
Neihe wertvoller literarifcher Arbeiten: 
Das Sammeln von Infetten durd Schüler, Die 
Einfammlung und Aufbewahrung der Säugetiere 
und Vögel alö Lehrmittel für den naturhiſtor. 
Unterriht in der Volksſchule, Der Heuichreden: 


Fachblätter brachten 
mehrere feiner hiſtoriſchen, juridifchen und 
pſychologiſchen Aufjäge; von legteren find 
die — Aphorismen über die Seele 
ſeparat (3. Aufl. 1884) publiziert worden. 
An der Redaktion des Jahrbuches „Die 
Dioskuren“ beteiligte er ſich in den Jah— 
ren 1872—75. 

| Tangermann, Friedrich Wilhelm 
(Viktor Granella), geb. am 6. Juli 1815 
zu Eſſen, widmete ſich zunächſt dem fauf- 
männifchen Berufe, da ihm nicht die Mit: 
tel, feinen glühenden Wifjensdurft durch 
einen „Gelehrtenberuf“ zu ftillen, gebos 
ten waren. Erſt in feinem 23. Jahre 
fegten feine Erfparniffe ihn in die Lage, 
feiner Neigung zu folgen und in den geiſt⸗ 
lien Stand zu treten, nachdem er als 
Autodidakt die für denjelben nötige wile 
ſenſchaftliche Bildung fi) erworben und 
die Afademie zu Münfter, fowie die Unis 
verfität München befucht hatte. Im Jahre 
1845 empfing er die Briefterweihe, wirkte 
in Saarn, als Kaplan in Neuß und als 
Pfarrer in Unfel am Rhein. Won der 
Univerfität Würzburg wurde ihm 1867 
die philofophifche Doktorwürde verlichen, 
und in dem betr. Diplom die „doctrinam 
elegantiam judiejiique subtilitatem‘“ 
hervorgehoben. Seine pofitivschriftliche, 
den idealen Intereſſen der Menjchheit zus 





Tannen. 


gewenbete freiere Geiftesrichtung entiprad) 
nicht den ultramontanen Anforderungen 
der geiftlichen Oberbehörde. Als er bei der 
Unfehlbarkeitserflärung feine Unterwer: 
fung verweigerte, wurde er jeines Amtes 
entjegt. Im Jahre 1872 — bis dahin lebte 
er ausichließlich literariichen und philojo- 
phifchen Studien — nahm er die Wahl der 
alttatholifchen Gemeinde in Köln zu ihrem 
Pfarrer an, welches Amt er auf das 
fegensreichfte verwaltete. Daneben war 
T. als Dichter und Scriftiteller hervor: 
ragend thätig. Im erjterer Beziehung 
zeichnet er fich durch ungewöhnliche Be 
berrfhung der Form aus. Alle Kinder 
feiner Mufe find von reiner, echter Reli- 
giöfität getragen, ohne konfeſſionell ſich 
aufzudrängen. Außerdem verwertete T. 
bie vieljährigen philoſophiſchen Studien 
in feinen Schriften. 

Hauptwerke: Religiöfe Gedichte (1847), Anas 
ftafia, Andachtsbuch für Katholiten (1848), Ka: 


tholifches Jahrbuch (1848 u. 1849), Pilgerflänge | ( 


(1853). Wahrheit, Schönheit und Liebe (Phil. 


640 





äfthet. Studien 1867), Petrus und Paulus, 2 Pre: 
digten (3. Aufl. 1870), Die römifch:jefuitiiche 
Neuerung (3. Aufl. 1871), Patriotifche Lieder und 
Zeitgedichte (1871), Diotima (Nov. 1873), Zur 
Charakteriftif der firhlihen Zuftände (3. Aufl. 
1874), Auerft die Wahrheit, dann der Frie— 
den (2. Aufl. 1875), Herz und Welt (Dichtungen 
1876), Philofophie und Chriftentum (1876), Das 
liberale Prinzip und feine ethiihe Bedeutung (3. | 
Aufl. 1883), Sions Harfenflänge (1886), Sonet: | 
tentränze, Philoſophie und Poefie (2. Aufl. 1887). 

Tannen, Karl Heinrih Theodor 
(Karl Eichwald), geboren am 27. Juli 
1827 zu Leer in Oftfriesland, widmete 
fi in Leer, Aurih und feit 1849 in 
Bremen dem Buchhandel. Er war Mit- 
arbeiter an der Zeitfchrift „Deutichlands 
Mundarten“. Die meiften feiner Gedichte 
finden ſich in Zeitihriften und Antholo: 
gien zerjtreut. Won den äußerft günitig 
beurteilten Schriften heben wir hervor: 
Des jungen riefen Sinn und Sein, Reineke 
Voß, Plattdeutich nach der Lübeder Ausgabe von 
1498. Mit einer Vorrede von Claus Groth 
(1861), Bremer Ratöfellerlied (mit Muſik von Ju: 
lius Zuch, 1869), August Kutſchke's Napoleumlieder 
(1870,8. Aufl. 1871), Niederdeutiche Sprichwörter 
und Redensarten (4. Aufl. 1870), Kumpelmen: 


Tante Anna. 


teerboof von’t Johr 1572. Up’t Nie "ruigeven 
(1869), 3. Smidt, VBürgermeifter von Bremen 
(1873), Bremer Schwank und Sage (mit Zi 
ftrationen von 9. Töbelmann, 1876), Uuf’n 
Fliffenbüdel (1877), He ſöcht ſyn Swyn (1878), 
Tabads: Monopol (1878), De döfige Hinrich a’3 
Tüge vöör Gericht (Ländlih komiſche Szene 
(1883). 
Tante Unna, f. A. Claußen. 


Tante Emmy, ſ. E. Giehrl. 


Tappert, Wilhelm, wurde geboren 
am 19. Februar 1830 in Thomasmwaldau 
(Scälefien), beſuchte das Lehrerjeminar 
in Bunzlau, war dann mehrere Jahre 
als Lehrer thätig, gab diefen Beruf je- 
doch auf, um fein ungewöhnliches muft- 
falifhes Talent in Berlin an der Akademie 
der Tonkunft auszubilden, an welcher er 


heute ſelbſt als Lehrer der Mufifgejchichte 


wirft. Literariſch hat fih T. befonders 
als Mufitichriftiteller befannt gemacht. 

Hauptwerke: Muſik und mufifalifche Erziehung 
1867), Nufit:Studien (1868), Wagner:Lerifon 
(1877), Leitfaden für den Ring der Nibelungen 
(1881), Für und wider Parzival (1882), Richard 
Wagner (1883). 

Taſchenberg, Ernſt Ludwig, wurde 
am 10. Januar 1818 in Naumburg a. S. 
geboren und widmete ſich dem Studium 
der Mathematik und Naturwiſſenſchaften 


an der Univerſität zu Leipzig und Berlin. 


Er wirkte bis zum Jahre 1855 lehrthätig, 
wurde dann als Inſpektor des Zoologiſchen 
Muſeums an die Univerſität Halle be— 
rufen, die ihm 1871 eine außerord. Pro: 
feffur verlieh. T. ift befonders als Ento- 
mologe hervorragend. 

Hauptwerke: Funke's Naturgeihichte für die 
Jugend (11. Aufl. 1864), Naturgeichichte der 
wirbellofen Tiere (1865), Was da riecht und 
fliegt (1871), Entomologie für Gärtner (1871), 
Forſtwirtſchaft (1874), Das Ungeziefer der land 
wirtichaftl. Kulturpflanzen (1874), Brehms Tier 
leben (Bnd. 9, 2. Aufl. 1877), Praktiſche In— 
fettenfunde (1879—80). 


Taubert, Emil, wurde am 23. Ja 
nuar 1844 in Berlin geboren. Sein 
Vater, der Kngl. Oberhoffapellmeiiter 
Wilhelm Taubert, und feine Mutter Wil: 
helmine, eine Schwefter der einft hochge— 


Taubert. 


feierten Sängerin Nanette Schechner, 
widmeten der Erziehung des Knaben die 
Bte Sorgfalt. Auf dem Kngl. Fries 
Wilhelmsgymnafium unter Ranke's 
Leitung vorgebildet, bezog. die Univerfität 
feiner Baterftabt, um Philofophie, Philo- 
logie und Archäologie zu ftudieren. Schon 
frühzeitig regte fich in dem Knaben der 
fünftleriihe Schaffenstrieb. Beſonders 
die Mufit und die ftets wachjende Teil- 
nahme an den Hervorbringungen feines 
Vaters, deſſen Bertrauter er fchon in 
frühen Jahren wurde, regten ibn mächtig 
an, und verjchiedene größere und Kleinere 
Kompofitionen fchienen ihn zum Muſiker 
zu beftimmen. &o pflegte er auch auf 
der Hochſchule unter Anleitung feines 
Vaters die mufifaliihen Studien, ohne 
ih freilich der väterlihen Kunft für 
immer zu widmen. Schon mährend dieſer 
i ‚ dur Theodor Fontane ermutigt, 
wagte er die eriten poetifchen Veröffentlichungen. 
Es erſchien ein Bändchen Gedichte und ein Lieder: 
eyflus „Brautgeichent“ (1865). 1866 erwarb 
er den Doktorgrad an der Berliner Uni- 
verfität auf Grund der Differtation über 
die Lehre von den Seelenvermögen. 
Bald darauf legte er das examen pro 
faeultate docendi ab und trat 1867 in 
den Lehrförper des Friedrich-Wilhelms- 
Gymnafium ein. In demfelben Jahre vers 
öffentlichte er „Neue Gedichte”, denen fich fpäter 


641 


Taute, 


Bagdad“, der Elegiencylius „Am Kochelſee“ und 
die Dichtung in Terzinen „Die Eitaden (1880), 
fanden vielen Beifall. Dann folgte die poetifche 
Erzählung „Ein Mutterherz“ (1880) und die 
Künftlergefchichte in Verfen „Der Torfo“ (1881). 
Eine ſtattliche Reihe von Novellen find zum Teil 
die Frucht nah dem Süden unternommener 
Ferienreiſen: die Niobide, der Antiquar, Mari: 
anne, Sphinx, Atropos, Verſtoßen, Fidelio, die 
Zwillingsſchweſter, Babette, Simfon, des Kindes 
Schatten, am Teufelöfee u. f. w. Die beiden 
wertvolliten Arbeiten T.'s dürften fein: das 
Epos „König Rother” (1883) und feine Märchen 
und Geſchichten „Laterna magica“ (1886). 
1887 verließ T. fein Schulamt, um, 
einem Rufe des Generalintendenten Gra: 
fen v. Hochberg folgend, als Theater: 
Intendanturrat in die Verwaltung der 
Kngl. Hofbühne einzutreten. 


Tante, Guſtav Reinhold, geboren den 
16. Februar 1851 zu Zeig, wibmete ſich 
von 1867 an der militäriſchen Laufbahn 
und machte den Krieg gegen Frantreich 
im Schlesw.-Holſtein. Füſilier⸗Regiment 
Nr. 86 mit. 1873 trat er in württem- 
bergiihe Dienfte über und wurde bier 
1875 zum Königl. Zahlmeifter ernannt. 
Seit 1876 lebt er in glücklicher Ehe mit 
Anna, geb. John. 

Außer zahlreichen journaliftiihen Arbeiten 
ſchrieb er: „Gebhard Leberecht von Blücher der 
Held der Befreiungäfriege als Freimaurer“ (1882, 
in das Holländiihe überſetzt und in Newyort 
nahgedrudt), „Johnfon und die ftrifte Obfers 
vanz“ (1885), „Maurerifche Bücherfunde”, Ein 


* a ⏑⏑——— = Wegweiſer durch die Literatur der Freimaurerei 
een Yuventad“ (1875) anreihten. | Mit literariſch⸗ kritiſchen Noti (1886). Beſon ⸗ 
1875 aab er auch den erften Band Novellen her, ders das —— darf als ein treffliches, 
aus, ab im gleichen Jahr ging die mit großem = Kur 6 ee der maureriſchen 
Beif bene Oper feines Vaters „Cefario” . 


Dpernhaufe in Scene, deren Text⸗ 
ng von dem Sohne berrührt. Schon ala 
— a ee 

i e be ‚ 
— ——2— der Goetheſchen 
Römiſchen Eleg 1877 wurde er als 
Oberlehrer an die Kngl. Auguſta⸗Schule 
und das mit derſelben verbundene Lehre⸗ 
rinnen-Seminar berufen, an welcher An- 
ftalt 1886 feine Ernennung zum Pro: 
feffor erfolgte. Mit dem neuen Lehramt 
begann eine Zeit vielfeitiger Produktion. 
Die poetiſche Erzählung „Der Goldſchmied zu 


Tas literarifge Deutſchland. 


Taylor, j. A. Hausrath. 


Techmer, Friedrih Heinrich Her: 
mann, geb. am 14. September 1843 in 
Pollnow, Pommern, beſuchte die Stadt: 
ſchule jeiner Vaterftadt (1849—57), das 
Gymnafium zu Köslin (1857—63) und 
die Univerfitäten Greifswald und Berlin 
(1863—66). Er ging nad; feiner Pros 
motion (1867) auf fünf Jahre ins Aus- 
land, nad) Frankreich, England und Jia⸗ 
lien, zum Studium der neueren Sprachen 


41 


— 


Teichmüller. 


642 


Telmann. 


und der vergleichenden Sprachwiſſenſchaft die Frauenemanzipation. über Darwinismus und 


(1868— 73) und hat ſeitdem als Lehrer 
der neueren Spradhen an verſchiedenen 
höheren Schulen in Börlig, Potsdam und 
Leipzig; als Dozent an der Afademie für 
moderne Philologie in Berlin (1875— 76) 
und feit 1880 als Dozent der allgemei- 
nen Sprachwiſſenſchaft an der Univerfität 
Leipzig gewirkt. Seit 1884 giebt er die 


Philofophie, über die Pädagogik u. ſ. w., aber 
erft in den letzten Jahren jtellte er ein bedeu⸗ 


tungsvolles neues philoſophiſches Syſtem auf, 
von dem bis jegt die „G der Meta 


—X und die „Religionsphilojophie‘ erſchienen 
ind. 


Telmann, Konr., |. 8. Zittelmann. 
Tettau, Joh. Wilh. Albert, Freiherr 


von ihm begründete „Internationale Zeitz | DON, geboren. am 20. Juni. 1804 zu 


schrift für allgemeine Spradwillenichaft“ | Diarienwerder, trat, nahdem er in Kör 


heraus, wovon bis 1887 3 Bände und |nigsberg, Berlin und Göttingen Juris: 


1 Supplement erjdienen. 


prudenz und Staatswiljenihaft ftudiert 


Bon eigenen Arbeiten find die verdienſtlichſten: und dabei eingehend, bejonders als Mit- 


De scientiae naturalis unitate et articula- 
tione (1867), Einleitung in bie Sprachwiſſen⸗ 
ſchaft, Die akuſtiſchen Ausdrucksbewegungen (Pho⸗ 
netif) (1880), Raturwiſſenſchaftliche Analyfe und 
Spnthefe der hörbaren Sprache (1884), Trans» 
jription (1884), Spradhentwidelung, Sprader: 
lernung, Sprachbildung (1885), Zur Veranſchau⸗ 
lichung der Lautbildung (1885), Sprachwiſſen⸗ 
ſchaftliche Bibliographien (1883—85). 


Teichmüller, Guſtav, wurde am 19. 
November 1832 in Braunfchweig geboren, 
habilitierte fi 1860 an ber Univerfität 
Göttingen, wo er außerorbentl. Profeſſor 
wurde, folgte 1868 einem Rufe an die 
Univerfität Baſel als ordentl. Profeſſor 
und von dort 1871 einem Rufe nach 


Dorpat. 

Als Schriftſteller veröffentlichte er zuerſt noch 
unter dem Einfluſſe Trendelenburgs Forſchungen 
über die Ethit, Politik und Poetik des Ariſtote⸗ 
led. Durch dieſe Arbeiten fam er aber auf einen 
von der bisher herrichenden Geſchichte der Philo: 
fophie abgewandten neuen Weg, indem er in den 
auf einander folgenden, angeblich neuen Syjtemen 
der Philoſophie die Erbſchaft der früher ausgebil⸗ 
deten Begriffe erkannte und daher eine Geſchichte 
der Begriffe an die Stelle der Geſchichte der 
Syſteme ſetzen wollte. Da das Platoniſche Syſtem 
immer mehr in den Mittelpunkt des Intereſſes 
getreten war und T. in einer Streitſchrift gegen 
Zeller feine neue Auffaflung des Platonismus 
als eines hylozoiſtiſchen Pantheismus geltend ge⸗ 
macht hatte, jo führte ihm der Streit über die 
Platonifche Frage zu chronologiſchen Unterſuchun⸗ 

en über die Reihenfolge der Piatoniſchen Dialoge. 
Neben den biftoriich:philologiichen Arbeiten pflegte 
T. auch von Zeit zu Zeit vorzüglich anerfannte 
populäre Schriften über jpefulative und praftifche 
Fragen zu veröffentlichen, jo über die Unſterb⸗ 
lichkeit der Seele, über das Weſen der Liebe, über 


glicd der hiſtoriſchen Seminare Schubert's 
und Ranke's, geſchichtliche Studien be 
trieben, 1826 in ben preußifhen Staats: 
dienft, wurde 1831 Landrat des Sreifes 
Konig, 1837 Hülfsarbeiter im Minifte: 
rium des Innern zu Berlin und, nad 
den er 1838 und 1839 den Stadthaus: 
halt von Elbing als Minijteriallommif 
jarius geordnet, 1839 Nat an der Re 
gierung zu Liegnig, 1847 aber Ober: 
Regierungsrat und Abteilungsdirigent zu 
—* und als ſolcher 1886 penſioniert, 
nachdem er 1875 in ungewöhnlich glän— 
zender Weiſe fein funfzigjähriges Dienſt⸗ 
jubiläum begangen, wobei er u. a. von 
der Univerfität Halle zum Doktor der 
Philoſophie ernannt wurde. 

Er ift Inhaber mehrerer Orden, Ehrenbürger 
der Städte Konitz, Liegnig, Erfurt und Weißen⸗ 
jee, jeit 1852 Vige-Präfident der Kgl. Akademie 
gemeinnügiger Wiflenfhaften zu Erfurt, Mitgliei 
der hiſtoriſchen Kommilfion der Provinz S 
Ehrenmitglied vieler wiſſenſcha —* und an⸗ 
derer Vereine, jo u. a. der Geſellſchaft für 
nifche Literatur zu SHelfingfors, Präfident de 
Gartenbauvereind zu Erfurt, Vorfigender 
Vereins für die Geſchichte und 
von Erfurt u. ſ. w. Unter feinen 
lichen Schriften find Die bi ten 
Über die Glaubwürdigkeit der Chronik des Simon 
Grunau (1836), Die Volksſagen Oft « Weit 
Preußens und Litthauens (1837, gemeinschaftlich 
mit Temme), Topographiſch⸗ſtatiſtiſche Üüberſicht des 
Reg. Bez. Liegnitz (1846), Über das ſtaatsrecht ⸗ 
liche Verhältnis von Erfurt zum Erzſtift Mainz 
(1860), Die Reduktion von Erfurt und die ihr 
vorausgegangenen Wirren (1863), Der Meiiter 
und die Koſten deö Guſſes der großen Glocke zu 






3 


Teuber. 


Erfurt, nebſt Nachtrag (1866—67), Über bi 
Quellen, * 55 Geſtalt be die ale 
mälige Umbildung der Erzählung von der Doppel: 
ehe eines Grafen vun Gleichen (1867), Erfurt in 
feiner Vergangenheit und Gegenwart (1868, 2. 
umgearbeitete Aufl. 1880), Erlebnifle eines deut: 
hen Landsknechis, von ihm felbit befchrieben 
(1869), Über einige bis jeßt unbefannte Erfurter 
Druder aus dem 15. Jahr. Ein Beitrag zur 
Bibliographie der älteren deutjchen Literatur und 
zur vergleichenden enkunde (1871), Beiträge 

den Regeften der Grafen von Gleichen (1871 
Bis 1881), Über die epiſchen Dichtungen der fin- 
niſchen Bölfer, befonderd die Kalawala (1873), 
Urkundliche Geſchichte der Teltau’ihen Familie 
(1878), ichtliche Darftellung der in Erfurt 
und en Umgegend gefundenen vorgeſchicht- 
lichen Begenftände (1883), Beiträge zu einer 

leihenden Topographie und Statiftit von 
Srfart (1885), Gefchichtliche Darftellung des Ges 
biet3 der Stadt Erfurt (1886), Erfurt3 Unter: 

ng unter Mainziihe Landeöhoheit (1887). 

dem Aufſätze Hiftoriihen, kunſt⸗ und lite: 
rarhiftorifchen und ſchönwiſſenſchaftlichen Inhalts 
in verfchiedenen Zeitihriften. 

Zeuber, Oskar, wurde am 11. De 
zember 1852 auf der Schölgeret (Freigut) 
des Ortes MWedersdorf bei Braunau in 
Böhmen als der Sohn eines Gutsbefigers 

boren. Er erhielt feine erfte Ausbil- 
Kan auf den Gymnafien der Benedik— 
tiner zu Braunau und der Piariften zu 
Prag und ftrebte ſelbſt den geiftlichen 
Beruf an. Eine plögliche Entichliegung 
ließ ihn jedod 1868 in das Kadetten- 
inftitut zu Eifenftadt in Ungarn eintreten, 
um fi der Militärfarriere zu widmen. 
Bon Eijenftadt nad St. Pölten, hierauf 
in die höhere Militäratademie zu Wiener: 
Neuftadt überjegt, befundete T. bereits 
feine Vorliebe für literarifche Thätigkeit; er fette 
neben feinen militärifchen Studien das der flaf 
ſiſchen Philologie und deutſchen Literatur fort 
und trat bereits 1871 im Beziehungen zu ver- 

Journalen und belletriftiichen Zeit: 

Außer einer Polemif über das reor: 
Militärbildungswejen in eich, voll» 

er in der Alademie jein Erſtlingswerk 

Ulrich vom Hutten. Um diejes Drama pu- 
blizieren und dem immer ftärfer hervor: 
Drange zum ſchriftſtelleriſchen 

Berufe entſprechen zu können, erwirkte 
er 1873 zunächſt feine Beurlaubung, dann 
feine Entlaffung aus ver Militärafademie 


643 


Thal. 


und dem öfterreich. Militärverbande. T., 
der zunächſt feinen Wohnfig in Prag, 
Abe in Graz nahm, warf fih nun mit 

ifer auf die Vervollftändigung feines 
Wiffens, trieb an der Grazer Univerfität 
hiſtoriſche, germaniſtiſche und philofophifche 
Studien, wirkte aber auch gleichzeitig als Theas 
ters und Literatur-Referent bei der „Grazer Tas 
gespoft“, ſodann bei der „Grazer Zeitung“, 
1875 wurde er in die Redaktion der „Bohemia“ 
berufen. 1881 gab er zwei Bände Militärhumos 
reslen „Im Kadetteninftituf” und „Ifcehau“ 
(Stizgen aus der Militärafademie) heraus, die 
zwei Auflagen erlebten, dann in neuer vermehrter 
Ausgabe unter dem. Gefamt:Titel „Aus dem mis 
litãriſchen Jugendleben“ erſchienen und in ihrer 
Detailmalerei nicht jelten an Schilderungen Hadı 
länders erinnern. Schon 1877 hatte T. in der 
„Bohemia‘ eine Serie von Feuilletons ala Betr 
träge zur Geſchichte des Prager Theaterwefens 
begonnen, welde Aufmerkfamfeit in weiteren 
Kreijen erregten. Durch den Erfolg angeregt, 
trat er, nachdem er aufs Neue die gründlichiten 
Studien und Forſchungen in bedeutenden Prager 
Arhiven und Bibliothefen getrieben und ein 
reiches und wertvolles Material gefammelt hatte, 
1883 mit dem 1. Bande feiner „Geſchichte ded 
Prager Theaters“, dem 1885 der 2. und 1888 
der 3. Band folgte, an die Offentlicheit. Das 
bedeutende und hochintereſſante Werk fand in der 
Preſſe die verdiente Würdigung: es umſchließt 
ein reiches Duellenmaterial und hat eben fo 
roßen lofalgeihichtlihen Wert als Bedeutung 
Kar die allgemeine deutſche Theatergefchichte, 
Mittlerweile war T. 1883 einem Nufe des Wiener 
„Sremdenblattes‘ folgend, in die Redaktion diefes 
Blattes getreten, wo er bis heute ala politiicher 
Redakteur und Feuilletonift thätig ift. 1884 ers 
Ihien ein neuer Band Militörhumoresfen unter 
dem Titel „Grüß Dich!“, der, wie feine Wors 
— große Verbreitung und viel Anerkennung 
and. Seit 1876 mit Emmy Rigol in 
phone: Ehe vermählt, (lebt T. in Wien 
einen redaktionellen Pflichten, fowie auf 
dem Gebiete der politiichen, belletriftiichen, milis 
tärifhen und theatergefchichtlichen Literatur thätig, 
Für feine „Geſchichte des Prager Theaters‘ wurde 
ihm Die herzogl. jachjen-meiningiche goldene Mes 
daille für Kunſt und Wiffenfhaft und die berzogl. 
ſachſen⸗ foburg » gothaifche Verdienftmedaille für 
Kunft und Wiſſenſchaft verliehen. 


Thal, Albr., ſ. Herm. Mahn. 


Thaler, Karl von, ift zu Wien am 
30. September 1836 geboren und in 
Innsbrud, wohin fein Vater als Beamter 


41* 


Thifötter. 


verſetzt wurde, erzogen. Dort, fpäter in 
Heidelberg und Bonn befuchte er die Uni- 
verfität, um Philofophie und Philologie 
zu ſtudieren. Er promovierte 1857 zum 
Dr. phil. und widmete fid dann zu Wien 
dem journaliftiichen Berufe. Darin wirkte 
er als Redakteur des „Botichafter“ 
1862—65), der „Neuen freien Preſſe“ 
—— der „Preſſe“ (1871), der 
„Deutihen Zeitung“ (187173), und 
feitdem wiederum als Redaktionsmitglied 
der „Neuen fr. Preſſe“. T.'s literarijches 
Hauptfeld bildete, neben dem jeit 26 Jahren 
gepflegten politiihen Leitartikel, von jeher 
das Feuilleton und bejonders die Kritik; 
wie als geiftvoller Plauderer, fo ragt er 
als feinfühliger Kunftrichter hervor. An 
beiden Eigenichaften bethätigte er fih in 
einer großen Zahl von Zeitichriften und 
Tagesblättern. Selbftändig ließ er We— 
niges erſcheinen: Sturmvögel (Sonette 1860), 
Micheld Verſucher (Satire 1860), Aus alten 
Tagen (Ged. 1869). 


Thifötter, Julius, it geboren am 
12. April 1832 in Barmen am Rhein, 
in der Nähe von Bonn erzogen, bejuchte 
I Jahre das Gymnafium zu Duisburg, 
ftudierte in Bonn unter Rothe und Dor 
ner, war Mitglied der Burſchenſchaft. 
Nach der Univerfitätszeit ging er als Leh⸗ 
rer in ein engliſches Inſtitut und wurde 
dann Hilfsprediger in Neviges bei Elber⸗ 
feld. 1857 wurde er Pfarrer in Hat- 
tingen an der Ruhr, 1862 wählte ihn 
die Synode zum Superintendenten und 
die Provinzial-Synode in ihren Borjtand, 
1864 berief ihn die 2. Frauen-Gemeinde 
nad) Bremen und 1867 ernannte ihn das 
Minifterium in Preußen zum Garniſon⸗ 
Prediger. 

Hauptwerke: Weltliches und Geiſtliches in Lies 
dern vom Rhein und von der Meier (1870), 
Gottes Reich und deutiches Reich, Sammlung 
vaterländifcher Neden und Predigten aus ber 
Kriegszeit (1871), 
Ritſchl (1883 ins Franzöſiſche überfegt). Außer: 
dem ift T. Verfafler einer Reihe von Abhandlun⸗ 
gen in Beyſchlags D. Ev. Blättern unter anderen 
über Wagners PBarfifal, Luther als Patriot ꝛc. 
1885 erfhien „Einhard und Imma“, eine rheis 


644 


Die Theologie von Albrecht | def 


Thobe. 

nifche Sage, je beurteilt; t 
er ar 
Kritik ſehr warm — — 9 

Thode, Henry, wurde am 13. Ja 
nuar 1857 in Dresden als der Sohn 
des Bankiers R. T. geboren. Mit feinem 
7. Jahr kam er in eine Erzieh | 
nach Ludwigsluſt, kehrte 1866 in das 
Elternhaus zurüd, wo Hauslchrer die 
Fortfegung des Schul-Unterrichtes über: 
nahmen, der auf dem Gymnafium ji 
Görlitz mit dem Maturitätseramen (1876) 
fein Ende erreichte. Unficher über bie 
Mahl feines Berufes begann T. 1876 
in —J das Studium der Rechte, ent 
ſchloß fich aber ſchon nad) einem halben 
Jahre, Kunſtgeſchichte zu ftudieren, und 
ging zu dieſem Zwed zunächſt auf zwe 
Jahre nad Wien, wo er in Morig TE 
fing den verehrtejten Lehrer fand. Na 
* Semeſtern in a und Müncdhe 
ehrte er wieder nad) Wien ‚um 
wurde 1880 bafelbit zum PR wir 
viert. Nach der Veröffentlichung 
eriten literarifhen Arbeit Die Antiten 
den Stihen Marcanton’s, Agoftino Benezi 03 
und Marco Dente'3 begab er fih auf ein 
halbes Jahr nad Paris, die Kunſident⸗ 
mäler dafelbft zu ftudieren, durchforſcht 
Belgien und Holland und ließ fi f 2 
ein paar Monate in London nieder. Die 
folgenden drei Jahre verbradte T, in 
Stalien, mo befonders Florenz, als er 
gentlichfte Heimat der eingeborenen italies 
* ge — Einfluß au 
ihn ausübte und die Erweiterung ı 
feiner Anfhauungen herbeiführte. Neben 
einigen kleineren Auffägen, die nod die Einwirs 
























Ben 
4 
a 


fung der Antife auf die Phantafie 

fancefünftler zum —— era 
die Erforfhung der Anfänge der. neuen dei 
fihen Kunft in Stalien zu beichäftigen. 


einem erneuten Aufenthalt im 


TIAaTIn oz 
ii kr 
- \ "are 2 2 
7 Falis . 

ev 


Ktalien.” Mebenher befehäft gte il nd 
einer neu gegründeten kunſtgeſchich 
fchrift „Der Sünftfreund.“ Do m 


. 
* 


Tholud. — 645 — Thoma. 


Thoma, Albrecht, ift geboren am 
2. Dezember 1844 in dem fränfiichen 
Dorfe Dertingen bei Würzburg. Auf dem 
Lyceum in Wertheim a. M. vorgebildet, 
ftubierte er in Heidelberg und Jena Theo: 
logie, nebenher auch etwas Philologie. 
Im praktiſchen geiftlihen Beruf war er 
an verfchiedenen Orten Badens, aud) in 
Bremen thätig; feit 1880 ift er Profeſſor 
am Lehrſeminar I. in Karlsruhe. Seine 
verfchiedenartigen Schriften find teils 
wifienfchaftlicher, teils belletriftifcher Art 
und drehen fi fait ausnahmslos um 
theologische, ethiſche oder ſoziale Dinge. 

Neben einer von der Haarlemer Gefellihaft 
gekrönten „Geſchichte der Sittenlehre in der Zeit 
des N. T.“ fchrieb er ein grofies hiftorifchfriti: 
ches Werk „Die Genefis des Johanned-Evange- 
liums“. Sein Erftlingäwert ijt eine vorzügliche 
Geſchichte des Krieges 1870 aus dem Munde der 
heil. Sänger und Seher, dann folgte dad Drama 
„Saulus”. Außerdem erſchienen von ihm als 
Volksſchriften die Erzählungen „Gottesgrüße” 
(preisgefrönt) und die „Mürdermühle“. Beſon— 
ders gut aufgenommen wurde „Qutherö Leben“ 
(2. Aufl. 1883), desgl. „Ein Ritt ins alte ges 
lobte Land“ (1886). 


Fachblatt nur die kurze Exiſtenz eined Jahres 
vergönnt. 1886 verheiratete fih T. mit 
Fräulein von Bülow, älteften Tochter des 
Dr. Hans von Bülow. 1886 habilitierte 
fih T. als Privatdozent für Kunftgefchichte 
an der Univerfität Bonn. 


Tholuck, Albert Baul Eduard, wurbe 
am 26. Februar 1853 als der Sohn eines 
höheren Kommunal:Beamten in Breslau 
geboren. Urfprünglich und auf beſonde— 
ren Wunjch feines Onfels, des Hallenjer 
Brofeflors T., für das Studium der Theo: 
logie beftimmt, abfolvierte er das Gym: 
nafium, jedoch fand er mehr Luft an der 
Architektur und Technik, weshalb er die 
Bau und Kunftichule befuchte. Bei Aus- 
bruch des franz. Krieges trat er als Frei- 
williger in ein fchlef. Artillerie-Regiment 
ein und avanzierte zum Vice-Wachtmeifter. 
Auf Wunfch feines Vaters trat T. als: 
dann bei der Breslauer Berufs-Feuerwehr 
ein, avanzierte zum Brandmeifter und 
fungierte eine Reihe von Jahren als 
folder. Später, nachdem er mehrere 
Jahre die Feuerwehr in Bromberg kom: 
mandiert hatte, gab er biefen Beruf auf 
und fehrte zum Baufach zurüd. 

Seit längerer Zeit ift T. als Mitarbeiter von 
Feuerwehrzeitichriften befannt und gilt ala gut 
unterrichtet auf dieſem Gebiet. Seine militärifchen 
Qumoreäten und einen Novellen zeugen von 
Talent und Fleiß. Er ift ein beliebter Mit: 
arbeiter einer Reihe von Zeitichriften und jetzt 
Redakteur der „Politiſchen Nachrichten” und der 
„Säle. Wochenpoſt“. 


Thom, Hermann, wurde am 26. April 
1861 zu Bromberg geboren. Seit 1877 
iſt er als Mitarbeiter einer größeren 
Zahl von Zeitſchriften und Tagesblättern 
thätig. Er iſt der Verfaſſer folgender 
jelbftändig erfch. fehr gut aufgenommener 
Werke: 

Der Deferteur (Nov. 1880), Katechismus der 
Rationalötonomie (1881), Berliner Gauner (Rom. 
1885), Berraufchte Akkorde, Töne und Weiſen 
aus ſchöner Zeit (Ged. 1887), Autoren über Ver- 
leger und andere Reminiscenzen (1887). Ferner 
gab T. Leopold Scheferd Buch des Lebens und 
der Liebe (1887) und eine Anthologie Deutfches 
Land und deutfche Lieder (1887) heraus, 
















Thomas, Ferdinand, wurde am 15. 
März 1854 in Johnsdorf bei Gabel (Böh⸗ 
men) geboren, bejucdhte das Gymnafium 
in Zeipa und Leitmerig und widmete ſich 
hierauf dem Lehrerſtande. In einem Zeit- 
raume von 13 Jahren bradte es ber: 
ſelbe vom Aushilfslehrer der einfachen 
Dorfihule bis zum Direktor der Bürger: 


ihule in Tannwald (Böhmen). 

Seinen Ruf ald Schriftfteller begründete er mit 
dem 1879 erjchienenen Buche „Raifer Joſefs II. 
Reifen in Nordböhmen”. Das Bud gab den 
Anftoß zu den vielen Kaifer Zofefsfeften in Böh« 
men und zur Errihtung von Kaifer Joſefsdenk⸗ 
mälern. Meiter erfchienen: Kleine Beiträge zur 
Geſchichte des Volksſchulweſens in Deutſch-Böh— 
men (1884), Denkwürdiges aus dem deutſchen 
Sprachgebiete des Königinhofer Bezirkes (1885), 
Tannwald und Umgebung (1887), Friedland in 
Böhmen (1887), ferner folgende Jugendſchriften: 
Joſef Reſſel, der Erfinder der Schiffsſchraube 
(1880), Peter K. Roſegger, Lebensbild eines Dich—⸗ 
ters aus dem Volke (1883), Geſchichtsbilder für 
die Volls⸗ und Bürgerſchulen Ofterreichs in drei 
00). Wallenftein, Herzog von Friedland 

1888), 


Thoms. — 

Thoms, George, wurde in Riga am 
12. Februar 1843 als Sohn eines Kauf— 
manns geboren. Seine Erziehung lag 
vorherrſchend in den Händen der Mutter, 
da der Knabe ſchon in ſehr zarter Ju— 
gend ſeinen Vater verloren hatte. Die— 
jelbe fand ihren Abſchluß auf dem Gym- 
nafium zu Riga, allmo fein Stiefvater 
E. Hollander Bürgermeifter war. 1864 
bezog er die Univerfität Dorpat, um fi 
dem Studium der Landwirtſchaft zu wid: 
men. Dort gelang es ihm, den Grad 
eines Kandidaten der Okonomie zu er: 
reihen. Lebhaft für das Studium der 
Chemie interefjiert, dem er fchon ein Se: 
mejter im Laboratorium des Prof. Petzold 


gewidmet hatte, entſchloß fih T., auch 


den Grad eines Kandidaten der Chemie 
zu erringen, Er verlieh Dorpat und ging 
zur weiteren Ausbildung nad) Deutſch— 
land, bezog 1867 die Univerfität Heidel- 
berg, wo er den Unterricht Robert Bun 
fens genoß, 1868 die Berliner Hochichule, 
wo er fih im Laboratorium der Berg: 
akademie unter der Leitung Prof. Finte- 
ners falt ausfchließlich mit der quantita- 
tiven hem.Analyje beichäftigte. Von Ber: 
lin begab er fih nad) Bonn, um fi aud) 
auf dem Gebiete der organiichen Chemie 
unter Keful& zu vervollfommnen. 
Anregung eines Freundes jchiffte fih T. 
nah Amerifa ein, um in Teras eine 
Fleilh-Ertraft:Fabrik zu gründen. Am 
Coledo⸗Creek wurde eine Farm gekauft 
und rüftig an die Arbeit gegangen. Die 
Fabrik entjtand und gedieh, wurde aber 
Ihon nad einem Jahr ein Raub der 
Flammen. T. zog es vor, Diejes Ge- 
ſchäft zu verlafien; er fand Stellung in 
einer Apothefe in Victoria, fpäter in In— 
dianola. Eine Erfranfung machte ihm 
die Rückkehr nad) Europa wünſchenswert. 
An Riga begann er nun 1872 als Vo: 
lontär:Affiftent an der Verfuchsftation des 
Polytechnikums zu arbeiten. Die in die 
fer Stellung ausgeführten Analyjen boten 
ihm Gelegenheit, feine hemijchen Kennt: 
niffe zu erweitern und trugen ihm Die 


646 





Thürheim. 
Stellung eines Verſuchschemikers ein, in 
welcher T. noch jetzt wirkt. In das 


1872 fällt auch der Beginn feiner Tit 
Thätigfeit. Er debütierte mit der populärmi 


Ihaftlihen Abhandlung „Schwand und er, 
deren Wert ald Kindernahrung“. 1875 begannen 
die Lieferungen über die Thätigfeit der Verſuch⸗ 
ftation zu ericheinen. Bon den 7.3 


haben folgende bejondere Beachtung gefunden: 
Das Waſſer in der Bierbrauerei, Anleitung zum 
Gebrauch der fünftlihen Düngemittel, Über die 
neueften Fortihritte auf dem Gebiete der Spi⸗ 
ritusfabrifation, Die Prüfung der Hefe nad der 
Meiftleihen Methode, Aus den Memoiren eines 
Zündhölzhend (Märchen für die Jugend) und 
einige Gedichte. Die von T. an der Hod- 
ſchule vertretenen Fächer find: Agrikultur 
chemie und Thierhemie. VBorü 

bat T. auch das Fach „Bodenbonitur 
kunde“ gelefen. Den Titel Profeſſor er- 


La er 1877. 


Thürheim, Andreas Graf von, wurde 
am 17. Mai 1827 zu Efferding in Ober: 
öfterreih geboren, verlor im ſechsten 
Lebensjahre feinen Vater durch den Tod 
und trat zehnjährig in das k. k. Thereſia⸗ 
num zu Wien, in welder Akademie er 
feine Erziehung und Ausbildung erhielt 
und 1839 auch k. f. Edelfnabe wurde. 
1844 als Kadett dem Ef. k. Pionierforps 
zugeteilt, wurde er zur Hörung de 


Auf | Pionier: Kurfes in die Korpsfchule zu 


Tuln fommandirt und kam nach zwei 
Jahren als Leutnant zum 40. Linien 
Anf.Rgt., aber ſchon ein Jahr darauf 
zum 8. Ulanen-Regiment, in weldem er 
1849 zum Oberleutnant vorrüdte. Im 
Kriegsjahr 1848/49 mohnte er den 
Feldzügen in Siebenbürgen, im Banate 
und den Grenzländern bei und wurde 
dreimal öffentlich belobt. 1850, anläßlid 
der Mobilifierung gegen Preußen, wurde 
er als Ordonnanz.Offizier zum Komman⸗ 
danten der erften Armee beordert und 
1851 zum NRittmeifter im 5. Ulanen⸗ 
Regiment befördert. Im felben Jahre 
trat er als Rechtsritter in den Malteſer— 
Orden und erhielt bald darauf die k.f. 
Kämmererswürbe. 1855 wurde er zum 
Flügel » Adjutanten des Feldmarſchalls 


Todt. 


Fürſten zu Windiſch-Grätz ernannt. In— 
folge eines ſich immer mehr entwickelnden 
Gehörleidens quittirte er 1857 den Dienſt 
und erhielt 1863 den Majors-Charakter. 
Anläßlich ſeines Scheidens aus der Armee 
gründete er in treuer Anhänglichkeit an 
feine einſtigen Waffengefährten zwei Stif- 
tungen zu Gunſten der Mannſchaft der 
beiden Ulanen-Regimenter 5 und 8. 
1866 trat Graf Th. mit Dispens des 
Papſtes gänzlich aus dem Maltefer-Or: 
den und vermählte ſich im felben Jahre 
mit Klotilde Freiin von Hennet, welche 
aber ſchon nad wenigen Jahren ſtarb. 
1873 vermählte er fich zum zweiten Male 
mit Sophie Freiin Zeßner von Soißen- 
berg. Infolge feiner fchriftftellerifchen 
Thätigfeit wurden ihm zahlreiche Anerken⸗ 
nungen und Auszeichnungen u. a, der 
öfterreihifche Orden der Eifernen Krone 
3. Kl. jowie die große goldene Medaille 
für Kunft und Wifjenfchaft, das Kom— 
manbdeurfreuz des großh. heil. Philipp: 
Ordens, das Ritterkreuz des großh. Tos- 
fanischen Joſeph ꝛc. An jelbftändigen 
Merken hervorzuheben : Reminiscenzen: Frag- 
mente eines Tagebuches (1861-64), Gefchichte 
des k. k. 8. Ulanen:Regimentes Erzherzog Fer: 
dinand Marimilian (1860), Die Neiterregimenter 
der kaiſ. öjterreichifchen Armee (1862—63, 2. A. 
1866), Licht: und Schattenbilder aus dem Sol: 
batenleben und der Gejellihaft (1876), Feld: 
marſchall Carl Jofeph Fürft de Ligne, die leßte 
Blume der Wallonen (1877), Feldmarſchall Otto 
Berdinand Graf von Abensberg und Traun 1677 
bis 1748 (1877), Feldmarſchall Ludwig Andreas 
Graf von Khevenhüller:zranfenburg (1878), Bon 
den Sevennen bi3 zur Newa 1840-1845 (1879), 
Ehriftoph Martin Freiherr von Degenfeld, General 
der Venetianer, General» &ouverneur von Dal: 
matien und Albanien und deffen Söhne 1600 bis 
1733 (1881), Feldmarſchall Ernft Rüdiger Graf 
Starhemberg, 1683 Wiend ruhmvoller Verthei: 
diger, 1638— 1701 (1882), Briefe des Grafen 
Mercy:-Argenteau zc. mit dem k. f. Gefandten in 
London, Grafen Louis Starhemberg mit Er: 
Täuterungen (1884), ®edenfblätter aus der Kriegs: 
geichichte der f. f. öfterr. Armee (1880), Unirer 
Helden L2ebensbilder für Heer und Volk (1885). 
Außerdem zahlreiche zeritreute Aufläge in ver: 
ſchiedenen Zeitichriften und Tagesblättern. 
Todt, Rudolf, geboren am 19. Febr. 
1839 zu Moedlich bei Lengen (Prignip). 


647 


Toula, 


Eein Vater war Geiftliher. Er befuchte 
das Gymnaſium zu Wittenberg, woher 
feine Mutter, Tochter eines medizinischen 
Univerfitätsprofefiors, ftammte, und ab» 
folvierte das Dlaturitätseramen auf dem 
Joachimthalſchen Gymnaſium in Berlin, 
ftudierte Theologie in Halle a./©. und 
Berlin, wurde nad) beitandenen theologi- 
chen Prüfungen Hauslehrer, Hilfsprediger 
und dann 1868 Pfarrer in der Prignitz. 
Im Anfang der 70er Jahre wurde er 
zum Studium der Sozialwifjenihaften an- 
geregt infolge der Reden des Dr. Wichern 
und Prof. Dr. Adolf Wagner auf der 
großen kirchlichen Dftoberverfammlung. 
Es erſchienen zunächſt Artikel über die ſozialen 
Fragen in einer Wochenſchrift; kleine Broſchüren 
über denſelben Gegenſtand. Im Jahre 1876 
redigierte er die Monatsſchrift „Die Fortbildungs- 
schule”, an welcher er bisher mitgearbeitet hatte. 
Dann fchrieb er die Volksſchrift „Die alte Linde“ 
mit gleicher jozialer Tendenz (1874), Der radi— 
fale deutiche Sozialismus und die riftliche Ges 
fellfchaft (2. Aufl. 1877), Der innere Zufammen: 
bang und die notwendige Verbindung zwilchen 
dem Studium der Theologie und der Sozial: 
wiſſenſchaften (1877). Hierauf folgte Die 
Gründung des „Zentralvereins für jo: 
ziale Reform“ mit der Wochenſchrift 
„Staatsjozialift”, deſſen Redaktion er ein 
Jahr lang führte. 1880 wurde er nad) 
Brandenburg a./H. verjegt, wo er (1883) 
eine Brojchüre Über die Urfahen der Unkirch— 
lichfeit und ihre Abhilfe herausgab. Seit: 
dem ift er Superintendent dortjelbit. 


Toula, Franz, ift zu Wien am 20. 
Dezember 1845 geboren, als Sohn eines 
armen „Schulgehilfen“, Privatlehrers und 
Mufifers, der jpäter als „Diurnift”“ einen 
färglihen Erwerb fand und ftarb, ohne 
daß es ihm möglich geworden wäre, eine 
gefiherte Lebensftellung zu erreichen. 
Seiner nimmer müden und aufopferungs: 
fähigen, feelenvollen Mutter, Elifabeth, 
geborne Reife, verdantte T. den Sporn 
zur nimmer rajtenden Thätigfeit, die es 
ihm ermöglichte vom 14. Jahre an neben 
feinen Studien, und zwar an der Ober: 
realſchule, jpäter an der technifchen Hoc: 
ſchule und an der Univerfität zu Wien, 








Toula. 


auch die Koſten derſelben zum Teil und 
bald ganz zu tragen. In den Jahren 
1869—1872 war er Aſſiſtent feines 
Lehrers F. v. Hochſtetter an der tech— 
niſchen Hochſchule, 1872 wurde er zum 
Profeſſor der Naturgeſchichte und Erd— 
funde an der Kommunal-Realſchule im 
VI Bezirke Wiens ernannt, habilitierte 
fih 1877 an der technifchen Hochſchule 
und wurde im jelben Jahre mit den Vor: 
lefungen über Geologie und 1880 mit 
jenen über Dlineralogie betraut, die er 
aud nad) dem Rüdtritte des zum In— 
tendanten der naturwiſſenſchaftlichen Hof: 
muſeen ernannten Hofrates v. Hochſtetter 
vom Lehramte fortführte. Im Jahre 
1881 wurde er zum außerordentlichen, 
1884 zum ordentlihen Profeſſor an der 
genannten Hochſchule ernannt. Schon als 
Aſſiſtent hatte er Gelegenheit eine große 
Zahl von Stubienreifen in Oſterreich und 
Deutihland auszuführen; er bereifte dann 
mit Hochſtetter Rußland und befonders 
den Ural, mit Eduard Sueß Stalien. 
Im Auftrage der kaiferlichen Akademie 
ber Wiſſenſchaften unternahm er in den 
Jahren 1875, 1880 und 1884 eine geo- 
logifhe Unterfuhung des weitlihen und 
centralen Balkan, die bis zum Meridian 
von Elena zur Durchführung gelangt ift. 
Eine andere von der faiferlihen Akademie 
jubventionierte Unterfuchhung betraf die 
Grauwackenzone der nordöftlichen Alpen. 
Eine Reihe feiner Arbeiten behandelte die geologi- 
Ichen Unterſuchungsergebniſſe der deutſchen und 
öſterreichiſchen „Nordpol-Erpeditionen.” Neben 
feinen zahlreichen ftreng fachmiffenfchaftlichen 
Driginalftudien bat T. ftets auch auf Populari— 
fierung der wiffenihafilihen Ergebniffe auf den 
Gebieten der Erdkunde und Geologie ein großes 
Gewicht gelegt und teils in felbftändigen Publi— 
fationen, teils in Zeitfchriften und bejonders 
in den Mitteilungen des Vereins zur Verbreitung 
naturwiffenfhaftliher Kenntniffe in Wien eine 
überau3 rege und erfolgreiche Thätigkeit entfaltet. 
Von feinen verbdienitlihen Schriften (von zahl: 
reihen Karten abgefehen) heben wir hervor; 
Kohlenkalk und Zechſiein-Foſſilien ꝛc. (1874), 
Anſichten über das Innere der Erde (1876), 
Geologie Unterfuhungen im weftlichen Teile 
bes Balfan zc. (1877), Die vulkaniſchen Berge 
(1879), Über die Wiener Yucht sc. (1879), Über 


648 


— Touſſaint. 

das geologiſchꝓalaeontologiſche Material zur 
Entwidlungsgeihichte der Säugetiere (1879), 
Über die fäcularen Hebungen und der 
Erdoberfläche (1880), Grundlinien ber 

des weſtl. Balfan (1881), Materialien zu einer 
Geologie der Balkanhalbinfel (1888), Neue Ex: 
fahrungen über den geognoftiihen Aufbau der 
Erdoberfläche (1882—86), Geologiſche For 
ergebnifje aus dem Flußgebiete desColorabo ( r 
Der Vellowftone Nationalpark, der vultanif 
Ausbruch auf Neufeeland und das Geyfir Ph 
nomen (1887). 


Touffaint, Friedrih Wilhelm, ent 
ftammt einer $ugenotten «Familie. Er 
wurde im Jahre 1825 in Zielenzig (Prov. 
Brandenburg) als ältefter Sohn eines 
ehrfamen Handmwerfers und Schreiner 
meijters geboren und erhielt jeinen Unter 
riht in der Stadtſchule feiner Vaterftabt. 
Nah feiner Konfirmation trat er bei 
feinem Bater in die Lehre, ging 1844 
auf die Wanderſchaft, madte als Hand: 
werfer eine zweijährige Reife Durch Deutid: 
land und Oſterreich-Ungarn und kehrte 
1846 in das Vaterhaus zurüd, ausge 
ftattet mit mannigfachen fozialen und 
wirtfhaftlihen Erfahrungen, aber aud 
mit dem feſten Entſchluß, im Hinblid auf 
den Niedergang des Handwerks ſich noch 
einen anderen Zebensberuf zu wählen. 
Nah dem Tode feines Vaters trat T. 
1848 freiwillig in das 5. Jägerbataillon 
(Sörlig) ein; er hoffte, durch gute 
rung eine Empfehlung zu erwerben, 
es ihm ermöglichen konnte, fidh dem Forſ⸗ 
fach zu widmen. In diefer Truppe mac 
er den Marih nah Sadien, den | 
zug im Großherzogtum Baden 
Belagerung von Raftatt mit und Fehr 
nah zwei Jahren mit feinem Bataillon 
nah Görlig zurüd. 1851 fam er 
dem fgl. Oberföriter v. Bannewig im Die 
Lehre, widmete fih mit Eifer feinem 
neuen Beruf und bildete fich gleichzeitig 
als Forftgeometer aus, wobei die Mit 
arbeitung bei Ausführung geometrijcher 
Aufnahmen, die einzige Erwerbsquelle 
war, die feine materielle Eriftenz als 
Forfteleve ermöglichte. Nach Abſolvierung 
einer zweijährigen Lehrzeit befchäftigte er 


Toufaint. 


fi ala Geometer mit den Vorarbeiten 
und der Ausführung einer Kunftftraße 
bei Landshut in Schlefien. Hier wurde er 
dem Grafen Eberhard zu Stollberg: Werni- 
gerode befannt, und diefer Menichenfreund, 
der das Vormärtsftreben T.'s erkannte, 
griff nunmehr thatkräftig in die weitere 
Entwidlung feines Lebens ein. 1857 
ging T. nad) Görlig, um fi, unterftügt 
von feinem Gönner, mit Hilfe von Privat: 
lehrern zur Abfolvierung des Primaner: 
und Feldmeffer-Eramens in Liegnitz vor: 
zubereiten. Darauf lebte T. 1860—67 
in Hermsdorf (Schlefien) mit umfaſſen⸗ 
den geometriichen Arbeiten bejichäftigt. 
Hier war es aud, wo er durd feine erfte lite⸗ 
rarifche Arbeit über Zwed und Nuten der Drä: 
nage die Aufmerfjamfeit der dortigen Landwirte 
erregte und * das preußiſche Miniſterium mit 
Mitteln unterſtützte, um Studienreiſen zu machen. 
1867 verlegte T. ſeinen Wohnſitz nah Görlitz 
und beſchäftigte ſich nun ausſchließlich mit kultur: 
technifchen Arbeiten, wobei er es ſich namentlich 
angelegen jein ließ, der Einführung eines ratio: 
nellen Grasbaues und einer bejjeren Bodenkultur 
durd; Wort und Schrift, wie dur Ausführung 
praftiiher Anlagen die Wege zu bahnen. ns 
folge feines 1870 erſchienenen erjten Werkes: Der 
rationelle Grasbau mit jpezieller Berüdjihtigung 
der Beterfai’schen Kulturmethode wurde T. vom 
k. k. öſterreichiſchen Aderbauminifterium und von 
der Regierung des Königreiches Baiern berufen, 
um dur Ausführung von Mufteranlagen die 
neue Kulturmethode in die betreffenden Länder 
einzuführen. 1872 erfchienen „Die Bodenkultur“ 
und „Das Wafler“. Beide Schriften fanden in 
Fachkreiſen Iebhaftefte Anerfennung. 1872 er: 
folgte die Berufung T.'s als technifcher 
Hilfsarbeiter an das f. Oberpräfidium 
und fpäter feine Anftellung im Mint: 
fterium für Eljaß-Lothringen. Die mufter: 
bafte Organifation des fulturtechnifchen Dienſtes 
und die Gründung der technifchen Winterfchule 
u Straßburg find dajelbjt im Wejentlihen nad) 
einen Borlagen ausgeführt worden. Dort 
verfaßte er, außer einer großen Zahl von Ar: 
titeln über foziale und wirtſchaftliche Zeitfragen 
und Fachzeitſchriften, folgende größere Schriften: 
Techniſche und adminiftrative Inſtruktionen über 
Einrihtung von genoflenihaftliden Ent: und 
Bewãſſerungs⸗ Anlagen (1874), DeutichLothringen 
und fein Aderbau (1875), Entwurf eines Waſſer⸗ 
rechtsgeſetzes für Landwirtichaft, Induftrie und 
Handel (1876),. Die landwirtſchaftliche Waſſer⸗ 
frage (1878), Die ökonomiſche Verpachtung und 


649 


Traeger. 


Benußung von Boden und Waſſer (1882), Die 
Wiefe, beren Technik, Pflege und ökonomiſche Bes 
deutung (1885). 

Traeger, Albert, wurde am 12. Juni 
1830 in Augsburg geboren. Er empfing 
feine Borbildung am Oymnafium zu Raum: 
burg, wohin. feine Eltern überfiedelten, 
und bezog 1848 die Univerfität Halle, 
um die Rechte zu ftudieren. Nachdem er 
fein Studium zu Leipzig vollendet, trat 
er als Ausfultator in den Staatsdienft 
(Obergericht zu Naumburg), wurde 1857 
zum Gerichtsaſſeſſor ernannt und ließ fich 
1862 als Rechtsanwalt und Notar in 
Eölleda (Thüringen), 1875 in Nordhau⸗ 
jen nieder, wo er noch jet lebt. Seit 
1874 gehört er dem Reichstage als Mit: 
glied der liberalen, fpäter der freifinni- 
gen Partei an. Literarifch zeichnet fich 
T. vornehmlich auf Dem Gebiete der Lyrif 
aus, als deren Meifter einer er mit vollem 
Recht genannt wird. 

Hauptwerfe: Gedichte (1858), Übergänge (1860), 
Tannenreifer (1863), 1870 (Zeitgedichte), Mor: 
genſtündchen einer Soubrette (Luſtſp. 1877). 
Kinderfjommer (1886). Außerdem gab T. viele 
Jahre die Anthologie „Deutſche Kunft in Bild 
und Lied” heraus. 

Trampler, Rihard, wurde am 13. 
Dezember 1845 in Wagſtadt (Öfterreis 
Hiih-Schlefien) geboren. Da fein Vater, 
der Werkführer einer Tuchfabrif war, 
außer Richard noch 9 andere Kinder zu 
ernähren hatte, jo jollte Tr., nachdem er 
in feinem Geburtsorte die Volksſchule be: 
ſucht hatte, ein Handwerker werden. Daß 
es nicht geſchah, Hatte er feinem Lehrer 
zu danken, der den Vater bemog, ben 
faft 14jährigen Sohn trog der größten 


 Entbehrungen der Familie nah Troppau 


ins Oymnafium zu geben (1859). Bier 
begann nun der Kampf ums Dafein. 
Um feine Eltern zu entlaften, mußte Tr. 
feinen fargen Lebensunterhalt durch Stun 
dengeben jich verdienen. Nachdem er 1867 
die Maturitätsprüfung mit Auszeihnung 
abgelegt, ging er, obwohl nur auf feine 
geringen Erſparniſſe angewieſen, nad 
Wien an die Univerfität und wählte ſich 


Trampler. 


zum Studium die hiftorifchgeographifchen 
Fächer, für welche er fhon im Gymna- 
fium die meiſte Vorliebe gezeigt Hatte. 
%. Aſchbach, D. Yäger, D. Lorenz, Th. 
Sidel waren feine Lehrer in der hiſto— 
riſchen, Fr. Eimony in der geographijchen 
Wiffenihaft. Mit großem Eifer lag er 
feinen Studien ob, fo daß er zum or: 
bentlihen Mitgliede des hiſtoriſchen Se— 
minars für allgemeine und öſterreichiſche 
Geſchichte ernannt wurde; und doch hatte 
er ein volles Jahr mit den bitterſten 
Entbehrungen zu kämpfen, bis es ihm 
glückte, ſein Elend mit den goldenen Skla— 
venketten einer Hofmeiſterſtelle zu ver: 
taufhen. Nah Abjolvierung des Uni- 
verfitäts-Trienniums wurde er im Jahre 
1870 zum Supplenten an der Höheren 
Töchterichule in Brünn. ernannt. Ein 
Jahr darauf erfolgte feine Ernennung 
zum definitiven Lehrer an der Kommunal: 
Dberrealihule in Brünn und 2 Sabre 
darauf wurde er Profeflor an der Kom: 
munal-Oberrealichule auf der Wieden in 
Wien, als welcher er noch jegt wirkt. 
Tr. trat frühzeitig mit feinen Arbeiten in die 
Öffentlichkeit und entfaltete bis heute einen fel- 
tenen, alljeitig gewürdigten Fleiß. Schon als 
Univerfität3-Student veröffentlichte er feine erfte 
biftoriiche Abhandlung. Eine feiner Arbeiten: 
„Korreipondenz des Kardinals Dietrichftein (1609 
bis 1611)“ wurde wert befunden, in dem „Archiv 
für Kunde öfterr. Geſchichtsquellen“ (berausgegeb. 
v. d. faiferl. Afademie der Wiffenfchaften in Wien, 
45. Bd. 1. Heft) abgedrudt zumerden. Im Ganzen 
veröffentlichte er 17 Abhandlungen und Aufläte 
biftoriichen und 3 geogr. Inhalts. Ferner er: 


fhien von Tr. ein hiftorifches Werk: „Korrefpons 


den; des Kardinald Dietrichitein mit dem Hof: 
kriegsrat⸗Präſidenten Collalto” (1873) und fand 
- eine jehr freundliche Beiprehung. Bon Schriften 
für die Schule nennen, wir als die verbdienft: 
vollften: Statiſtiſche Uberfichtstabelle der im 
Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder 
(1873), Geographie und Statiſtik der öfterr.» 
ung. Monarhie (1874), Leitfaden der allgem. 
Geographie (1876), Heimatkunde der Markgraf— 
[haft Mähren (1878), Die konftruftive Methode 
des geogr. Unterrichts (1878), Über die zwed: 
mäßige Anlage eines Atlafles für Volks- und 
Bürgerfhulen (1879), Dr. 8. F. Klun's Zeit: 
faden für den geogr. Unterriht an Mittelichulen 
(21. Aufl. 1886), J. Ergenzinger’3 Heimatkunde, 
Wien und Niederöjterreic) (3. Aufl. 1887), Leit: 


650 


Traut. 


faden der Handelägeographie (1887). Außerdem 
vicle trefflihe Atlanten, durch welche er fich einen 
Namen aud in den fachmänniſchen Kreifen Deutid: 
lands gemacht hat. 


Traut, Heinrich Theodor, wurde ge 
boren am 12. Nov. 1826 zu Erfurt. 
Nah in Preußen abjolvierten Studien 
und zweijährigem Aufenthalt in Hamburg 
promovierte er zur Zeit feiner Anftellung 
als ordentlicher Lehrer in Wismar in 
Medlenburg auf der Landesuniverfität 
Noftod. Im Jahre 1862 trat er als 
Lehrer an der Real: und damit vereinigten 
erften Bürgerjchule in Leipzig unter Dr. 
Carl Vogels ruhmmwürdigem Direftorat 
ein und ward 1864 Oberlchrer an ver: 
ſchiedenen Echulanitalten daſelbſt. Won 
feinen zahlreichen verdienftlihen Schriften 
jeien erwähnt: Grundlagen für den Unterricht 
in der franzöfiichen Sprache (1852), Grundlagen 
für den Unterricht in der engliihen Sprade 
(1855, 3. Aufl. 1875), Lehrbuch der deutjchen 
Sprade (1870, 4. Aufl. 1878), Lehrbuch der 
deutichen Literaturgefhichte (1871), Skizzen und 
Studien zur deutfchen Literaturgefhichte (1872), 
Lehrbuch des deutihen Stils (1873, 2. Aufl. 
1880), Deutihe Schulaufläge (1878), Engliſche 
Auffag: und Briefihule (1886), Franzöfiiche Auf 
ſatz- und Briefichule (1886), Morganatifche Für 
itens und Grafenehen in Deutihland (1874), 
Proteftantifche Märtyrer und Vorkämpfer (1874), 
Coeur⸗ und Pique-Damen. Hiftoriiche Charafter: 
bilder (1884). Außerdem zahlreiche Artikel in 
Beitichriften. 

Trautenberger, Guftav, geboren 
am 30. Juli 1836 in NRuzenmoos bei 
Gmunden (Oberöjterreih), bejuchte die 
Gymnaſien zu Teihen in öjterr. Edle 
ſien und Stutigart, ftudierte in Tübingen 
‚und Wien Theologie und Philofophie, 
lebt jeit 1858 in Brünn (Mähren) als 
| evangelifher Pfarrer, Senior und mähr. 
ſchleſiſcher Superintendent-Stellvertreter. 
| Hauptwerfe: Geſchichte der ev. Kirche in den 
königl. Städten (1864), Aus der ev. Kirchenge 
ı meinde (1866 u. 1867), Auf, nah Olmüs! 
(1868), Paulus Speratus, der Reformator in 
den mähr. Städten (1868), Eine Samariterreile 
aus Mähren nad) Ungarn (1870), Das Tefsthal 
in Mähren (1872), Halte, was Du haft! Evan 
gel. Volks- und Gemeindeblatt aus Oſterreich 
(188881), Kurzgefaßte Geſchichte der evangel. 
Kirche Öfterreichg (1881, 2. Aufl. 1886), Karl 











Trautmann. 


‚Freiherr vom und zum Stein in Brünn (1882), 
Ein Bierteljahrhundert unter dem Guſtav⸗Adolfs— 
Banner, Fünfundzwanzig Jahre öſterr. Prote— 
ftantengefhihte (1887). Außerdem zahlreiche 
Abhandlungen und Aufläge hiſtoriſchen und lite: 
rarifchen Inhalts in Zeitichriften. 


Trautmann, Franz, wurde am 28. 
März 1813 in München geboren. Sein 
Vater war Juwelier des fol. Hofes und 
als Kunftkenner fehr geachtet. Nach Ab: 
folvierung des Gymnaſiums in feiner 
Baterftadt bezog T. die Univerfität da- 
felbft, um fih dem Studium der Rechte 
zu widmen. Er legte fein Staatseramen 
ab und arbeitete darauf fieben Jahre am 
Stadtgeriht zu Münden. In feinen 
Mußeſtunden beichäftigte er ſich, lebhaft 
für Kunft und fchöne Literatur intereffiert, 
mit literariihen Arbeiten, die von Erfolg 
begleitet waren, namentlich auf dem Ge— 
biete der Kunfthiftorien und Poefie. Die 
innere Befriedigung, die er bei feiner 
ſchriftſtelleriſchen Thätigfeit fand, bewog 
ihn, feinen erwählten Beruf aufzugeben. 
Er nahm die Stelle eines eriten Sefretärs 
beim Prinzen Karl von Baiern an, fand 
fi aber in feiner Hoffnung, neben feinem 
Amte zu eignen Schöpfungen Zeit zu fin 
den, getäujcht, und als überdies eine 
ſchwere Erkranfung feine Thätigfeit unter: 
brach, legte er fein Amt nieder. Von 
nun an (1851) lebte er zu München 
gän fich feinen ſchriftſtelleriſchen und fünft- 

hen Neigungen. Er verjuchte ſich 
fat auf allen Gebieten der Schönliteratur; 
am glänzendjten aber entfaltete fich fein 
bedeutendes dichteriiches Talent in jeinen 
ne Novellen und Romanen, die 

m auch außerhalb feines Heimatlandes 
Baiern (der Boden für die meijten feiner 
Ehöpfungen) eine hervorragende Stellung 
unter den zeitgenöffifchen Dichtern ficher: 
ten. In voller Würdigung feiner fchrift- 
ftelleriichen Thätigfeit ernannte ihn die 
Univerfität München zum Ehrendottor der 
1 und 1881 verlieh ihm der 

ig von Baiern den Hofratstitel. 


Hauptwerke: Gedichte (1830), Proteus (Ged. 
1845), Der Nürnberger Trichter (1849), Eppe: 


651 


Trede. 


lene von Gailingen (1852), Die Abenteuer Her: 
zog Chriftophs, gen. der Kämpfer (1853, 3. Aufl. 
1880), Die gute alte Zeit (Erz. 1855), Das 
Plauderjtüblein (1855), Chronica des Herrn 
etrus Nöderlein (1856), Münchener Geifter 
1856), Muͤnchener Stadtbüchlein (1857), Deutiche 
beitere Städtegefhichten (1862), Abenteuer des 
Dr. Thaddäus Donner im Senjeit3 (1864), 
Münchener Wahrzeichen (1864), Traum und Sage 
(Ged. 1864), Das Gleihen-Dentmal im Dom 
u Erfurt (1867), Kunſt und Kunſtgewerbe vom 
Frübeften Mittelalter bis Ende des 18. Jahr: 
hunderts (1869 ; dieſes, in den mahgebendften 
Blättern Deutichlands, Frankreichs ꝛc. freudig 
begrüßte bedeutende Wert war die Frucht weiter 
Reifen durch Deutichland, England und Schott: 
land und damit verbundenen eingehenditer Kunft: 
jtudien), Aftern und Rofen, Difteln und Mimofen 
(Zeitged. 1870), Die Gloden von St. Alban 
(Rom. 1875, 3. Aufl. 1884), Meijter Niklas 
Prugger (1879), Heitere Münchener Stadtgeichich- 
ten (1880), Jm Münchener Hofgarten (1354), 
Hell und Duntel (Ged. 1885), Aus dem Mün— 
chener Burgfrieden (1885), Perlmaus Ranken 
(1887). Bon feinen im Verlauf der Zeit ge: 
fchriebenen dramatiihen Stüden gelangten zu 
Münden und an verichiedenen anderen Orten 
zur Darftellung: Caglioftro (Dram.), Schloß 
Latour 6 Blemers Leiden (Poſſe); Ju— 
gurtha (Tr.) und Die Verſtoßenen (Dram.) harren 
noch der Aufführung. 

Trede, Baul, wurde am 19. Auguft 
1829 in Brocddorf, einem Dorfe der 
bolfteiniichen Elbmarſch, als armer Leute 
Kind geboren, und mußte bis zu feiner 
Konfirmation vielfach bei landwirtichaft- 
lihen Arbeiten helfen. Nach feiner Ein- 
jegnung fam er nad) Itzehoe, wo er die 
Buchdruckerkunſt erlernte und auch viel- 
fach Gelegenheit fand, feine geringen 
Kenntniffe zu erweitern. Noch während 
feiner Lehrzeit machte er öfter dichteriiche 
Verſuche, welche gelegentlid in Provinz 
blättern abgedrudt wurden. Mit der 
Schlesw..Holit. Volkserhebung wuchs der 
Trieb zum dichterifchen Schaffen. Aber 
nun wurde er (1849) -Soldat, kämpfte 
bei Idſtedt und in manchen fleineren Ge— 
fehten für fein Vaterland. Nah Auf- 
löfung der Schlesw.Holſt. Armee in den 
Zivilftand zurüdtretend, ging er als 
Schriftjeger nad Mittel: und Süddeutſch⸗ 
land, durchreiſte auch die Schweiz und 
fonditionierte in den verfchiedeniten größe: 


Treitſchke. 


ren Städten. Nach vier Jahren kehrte 
er von ſeiner Wanderung heim nach 
Itzehoe, wurde erſt Korrektor, dann Pro: 
kuriſt der „Itzehoer Nachrichten“; als 
ſolcher lebt er noch daſelbſt. Bald nach 
feiner Heimkehr erſchien T.'s erſtes Buch in platt» 
deutſcher Sprache: Alaas vun Brochdörp. Dem: 
ſelben folgten eine Reihe Erzählungen, die er 
aus dem Engliſchen überſetzte für Zeitſchriften 
und gelegentlich bier und da in Blättern ein Ge: 
dicht. Endlih gab T. das Überſetzen auf und 
begann wieder felbftändig zu ſchaffen. Beſonders 


mar es die plattdeutiche Dorfgeihichte, die ihn | 
mit — anzog; er fühlte, daß ſeine engeren 


anz treu eben nur in der Sprache 
zu rd ie welche fie jelbft reden. F 
erſchien nun ſeine plattdeutſche Erzählung A 
(1880), darauf eine Sammlung feiner zahlreichen 
Gedichte unter dem Titel Grüne Blätter (1881) 
und endlich Lena Ellerbrof (1884). Die Kritif 
bat fich über die 
günftig ausge 
finnige Auffan ung und Darftellung bervorhebt. 


652 





nifje der Mufe T.’3 jehr 
— ſie die gemũtvolle und | 


— Trieſch. 

Trieſch, Friedrich Guſtav, wurde am 
16. Juni 1845 zu Wien als der Sohn 
eines feines fünftleriihen Geſchmacks hal⸗ 
ber renommierten Goldſchmieds geboren, 
der ihm eine jorgfältige Erziehung ans 
gedeihen ließ. Schon früh erwachte in 
dem Knaben Neigung zur Poefie und ein 
leidenfchaftliches Intereife für das Theater, 
welches ſich bald durch mannigfaltige dra- 
matiſche Verſuche fundgab. Seines, dem 
Vater nicht unbedeutend erjcheinenden 
Zeichentalents halber, zum Bilbhauer be 
ftimmt, beſuchte er, als er die nötige 
Vorbildung erlangt hatte, die Akademie 


del | der bildenden Künfte, hörte die Vorle- 


Jungen Prof. Eitelbergers über Kunſtge⸗ 
ſchichte, betrieb aber nebenbei mit regem 
Eifer und durch Privatunterricht unters 
ftügt, literariihe Studien. Plötzlich ein- 

tretende Berhältniffe, die es ihm mwüns 


Treitſchke, Heinrich Gotthard von, ſchenswert machten, feinen Eltern nicht 


wurde am 15. September 1834 als ber 
Eohn eines Generals in Dresden geboren, 
gab ſich in Bonn, Leipzig, Tübingen und 
Heidelberg ſtaatswiſſenſchaftlichen Studien 
bin, wurde 1856 zum Doftor promoviert 
und babilitierte fih 1858 als Privat: 
bozent der Staatswiffenihaft an der 
Univerfität Leipzig. 1863 wurde er als 
außerord. Profefior nad Freiburg be: 
rufen und wirkte bier bis 1866, ging 
darauf nad Berlin als Redakteur der 
preußiſchen Jahrbücher, überfiedelte jedoch 
im jelben Jahre als ord. Profeſſor der 
Geihihte nah Kiel. 1867 folgte er 
einem Auf in gleicher Eigenſchaft nad) 
Heidelberg und 1874 nad) Berlin. Seit 
1871 gehörte T. einige Jahre dem Reiche: 
tage an. Bon feinen bochbedeutenden, 
zum Teil bahnbrechenden felbjtändig er: 
jchienenen hiſtoriſchen und politischen 
Schriften heben wir hervor: Studien 
a) Die Geſellſchaftswiſſenſchaft (1859), His 
torifche und politiihe Auffäge (4. Aufl. 1871), 
Der Sozialismus und fein Gönner (1875), Zehn 
Jahre deuticher Kämpfe (2. Aufl. 1879), Deutſche 
Geihichte im 19. Jahrhundert (1879—85), Ein 
Wort über das Judentum (4. Aufl. 1881), 
Luther und dic Nation (2. Aufl. 1883). 


länger zur Laſt zu fallen, veranlaßten 
ihn, eine Anftellung in einem Bank— 
baufe anzunehmen und gelang es ihm, 
fih binnen wenigen Jahren zum Leiter 
und Profuriften defjelben emporzuſchwin⸗ 
gen. Daneben fette er aber mit unge 
ſchwächtem Eifer feine literariihen Stu— 
dien fort und beichäftigte ſich vorzugs⸗ 
weiſe mit dramatiſchen Arbeiten. 


Schon ein 1865 dem Burgtheater: — 
Luſtſpiel „Amalie Welden“ erregte die ert⸗ 
ſamkeit Laube's und insbejondere ded damaligen 
Regiſſeurs Dr. Auguft Förfter. 1868 beteili 
fih T. bei dem Preisausjchreiben des Hofbur 
theater3, bei weldhem fein — —— Jahr 
hundert” von den Preisrichtern zur Auffük 
empfohlen wurde. Das Jahr 1873 brachte ihm 
na zahlreichen fehlgeichlagenen Berſuchen 
Erfüllung feines ſehnlichſten Wunjdes: Din A 
ftedt nahm eines feiner Stüde zur Aufführung 
für das Burgtheater an. Das Suttfpiel gen 
find Schäume“ Hatte Erfolg und T. gab nun 
mehr die kaufmänniſche Laufbahn auf, um fi 
ausſchließlich der Literatur zu widmen. 1877 
wurden bei dem Laube-Preisausjhreiben des 
Wiener Stadttheater feine beiden Auftipiele „Die 
Wochenchronik“ und „Höhere Gefichtäpunfte” von 
den Preisrichtern zur Aufführung empfohlen. 
1880 wurde das Quftipiel „Neue Verträge”, mit 
welhem fih T. an dem Breisausfchreiben des 
Münchener Hoftheaterd unter dem Pjeudongm 








Trippe. — 
Alexander n beteiligt hatte, gekrönt. Das 
Stud ift fait auf allen deutichen Bühnen mit 
Erfolg zur Aufführung gelangt. Bon den fpäteren 
bramatifchen Arbeiten T.'s find zu nennen, das 
mit Adolph Sonnenthal verfaßte Schaufpiel „Ein 
Anwalt“, ferner die Luftfpiele „Der Herenmeifter“ 
und „Die Nixe“. 


Trippe, Friedrich Karl, geboren am 
9. April 1834 zu Glindfeld, Kr. Brilon, 
beſuchte das Progymnaſium zu Brilon, 
das Gymnaſium zu Paderborn, wo er 1853 
das Abiturienten-Eramen machte, hörte 
Bhilofophie und Theologie in Paderborn, 
trat 1856 ins Priefterfeminar ein und 
wurde 1857 ausgeweihet. Als Prieſter 
fungierte er ein Jahr auf Haus Böddeken, 
von 1858—64 als Kaplan und Eentral- 
Gefängnisfeelforger in Hamm, machte den 
Feldzug in Schleswig-Holftein von 1864 
mit, war bis 1866 Vikar in Sferlohn, 
bis 1868 Pfarrer in Sudenburg, bis 
1886 Pfarrer in Erfurt und ift ſeit 1886 
Pfarrer in Bigge. 

Seine literarische Thätigkeit begann 1864 mit 
feinen „Marienfrängen“, welche bald die zweite 

e erlebten und neben vielen feiner nad) 
f Werke höchſt günstige Beurteilungen fans 
den. Sein eigentliches Arbeitsfeld ift die Volks: 
literatur, doch wirkte feine Feder auf den man⸗ 
nigfaltigften Gebieten. Er überjegte die vor: 
nehmften Reden des 5. Gregor Naz. aus dem 
Griechiihen, arbeitete zwei Bände Predigten von 
Brez um, überjeßte die Betrachtungen Heveneſi's 
aus dem ar tm os vo 
Frangöſ. eine grohe An 0109.:pole: 
mifcher Werkchen, an ta Brolchüren fr die 
grünen und roten Hefte (Soeft refp. Paderborn), 
eine Geſchichte der Stadt Medebah, mehrere fo 
zialspolitiiche Hefte, auch einige Novellen (Blaue 
und Rothe zc.) und andere Volksſchriften kirchen: 
—— Inhalts, außer: 


politifchen und 
nzahl von Korrefpondenzen in 


dem eine große 
Zeitungen. 


Trog, Carl, wurde am 13. Februar 
1838 zu Bud im Neg.-Bez. Wiesbaden 
geboren. Nachdem er einige Jahre die 
Volksſchule feines Vaters, dann eine Real- 
fchule befucht Hatte, trat er in das Leh— 
rerjeminar zu Ufingen ein, welches er 
nad) drei Jahren verließ und bei einem 
Knabeninftitut (Schneider) in Frankfurt 
a.M. Privatftellung nahm. In naſſauiſche 


653 


Trojan. 


Schuldienfte berufen, begann er feine Lehr⸗ 
thätigfeit in Katenellenbogen im Jahre 
1858, verließ aber Naflau 1872 und 
ging nad) Rheinland, wo er ſeitdem als 
Lehrer in Borbed bei Eſſen a. d. Ruhr 


wirft. Schon ala Kind zeigte T. eine große 
Liebe zu Sagen und Märchen, überhaupt zu alten 
Hiftorien, und mit einer ganz bejonderen Findigs 
feit wußte er jhon damals in feinen verſchiede— 
nen Wohnorten die Perfonen aufzufinden, die 
einen Schaf von Sagen, Märden ıc. im Gedädht- 
niffe trugen und bielelben zu erzählen verftanden. 
Soldye waren wahre Fundgruben alter Hiftorien, 
ihnen verdanft T. viel, und mandes Volksweis— 
tum, das er fpäter niederfchrieb, hat er aus dies 
fem Born geſchöpft. Leider werden ſolche ſchätz- 
baren Leute im Volke immer feltener, darum T.’3 
wiederholtes Mahnen an alle, die ſich dazu bes 
rufen fühlen, gewiß berechtigt ift: die Sagen 
und Mären, die Vollöweistümer und Volkshumo— 
riftifen zu fammeln, ehe eö dazu zu ſpät wird und 
diefe Perlen für immer verloren gehen; die elfte 
Stunde hat längft dazu geihlagen. Zu den 
bervorragenditen Sagenwerfen, welche T. 
geichaffen hat, gehören: Rheinlands Wuns 
derhorn (15 Bde.) und die Zollernfagen. Erſte— 
red, ein echted Volksbuch, dem ein Ehrenplat in 
jeder Volks- und Schulbibliothef gebührt, ift in 
gewiflen Sinne ein monumentales Werk. Ein 
ebenjo verdienftliches Werk T.’3 ift die Heraus» 
gabe der Zollernfagen für die Jugend, welche in 
drei illuftrierten Bänden erfcdhienen find. Sinnig 
und warmberzig erzählt, eine Perle der deutichen 
Jugendliteratur. Außerdem ift von T, eine Reihe 
patriotifher Brofhüren erſchienen: Kaifer Wil: 
beim, Kronprinz Friedrih Wilhelm, Bismard, 
BismardsLieder, Moltfe, Königin Louiſe, Prinzeß 
Marianne, Kaiferin Augufta u. ſ. w., welche, alle 
für die Jugend beftimmt, in mehr als einer 
Million Eremplaren verbreitet find. Über alle 
diefe Schriften hat ſich die Kritik in der lobens» 
wertejten Weiſe geäußert, ja fie zu ben beiten 
Schriften unferer Jugend» und Bolfsliteratur ges 
zählt. 


Trojan, Johannes, am 14. Auguft 
1837 in Danzig geboren, widmete fi ur- 
ſprünglich medizinifhen Studien zu Göt- 
tingen und Berlin, vertaufchte diefelben 
aber an legtgen. Hochſchule mit germas 
niftiichen Studien. Schon während ber 
legten Univerfitätsfemefter verſuchte ſich 
T. mit Glüd als Journalift, zunächſt der 
„Montagszeitung”, ſpäter dem „Klabde- 
radatſch“ nahe tretend. Die ihm zuteil 


Trümpelmann. 


werdenden Erfolge bewogen ihn, ſich aus- 
ſchließlich dem literariichen Beruf hinzu- 
geben. In demfelben wirft er ſowohl 
als Redakteur des gen. Witzblattes, wie 
als geachteter Mitarbeiter einer Reihe von 
Zeitichriften. und Tagesblättern. 

Hauptwerke: Beſchauliches (Ged. 1870), Ge: 
bichte (1883), Scherzgedichte (1883), Kleine Bilder 
(1887), Bon Strand und Heide (1880), Ton | 
drinnen und draußen (1880); außerdem eine Reihe 
vielbelichter ill. Kinderbücher: Der ſchwarze Peter, 
Kinderluft, Prinzeffin Wunderhold, Das Sind 
und feine Welt ıc. 

Trümpelmann, Auguſt, geboren 
am 9. September 1837 in Ilſenburg a. 9., 
beſuchte das damalige Lyceum zu Werni- 
gerode und die königlich preuß. Landes: 
ſchule Pforta und ftudierte in Halle a.d.S. 
Theologie. Die legten Jahre des Stu: 
diums war er Amanuenfis Tholuds. Er 
ging nad) Beendigung des Studiums als 
Vikar der Gemeinde Augsburgifcher Kon- 
feffion nad) Lyon, von dort nad) Hamburg 
und von da als Lehrer an das Gymna— 
fium zu Wernigerode. Bon 1865--75 
war er Paſtor in Friedrichswerth (Her: 
zogtum Gotha) und gehörte während die: 
jer Zeit dem Landtage und derfonjtituieren- 
den Synode der Herzogtümer Koburg und 
Gotha an. Im Jahre 1875 wurde er 
zum Superintendenten in Ülleben bei 
Gotha ernannt und 1881 als Super- 
intendent und Oberpfarrer nad) Torgau 
berufen. 

Außer Auffägen in den Studien und Kritiken 
(Sozialismus und Soyialreform), den Jenenfer 
Jahrbüchern (Die moniftifche Naturphilofophie), 
den deutich-evangelifchen Blättern (über Peſſfimis⸗ 
mus u. a.) find von demielben die Broſchüren: 
Die römilhe Frage, Die Verhältniffe der länd— 
lihen Arbeiterbevölferung u. a., jowie die vor: 
züglich beurteilten dramatiſchen und erzählenden 
Dichtungen: Luther und feine Zeit (1869), Die 
Schlacht bei Mödern (1870) und Berpetua und 
Felicitas (1880 2. Aufl.), erichienen, ſowie endlich 
(1887) eine Neubearbeitung des „Luther und 
feine Zeit“ zu einem Volksſchauſpiele. 


Tſchuſi zu Schmidhoffen, Viktor 
Ritter von, einem alten tiroler Adels: 
geſchlechte angehörig, wurde den 28. De- 
zember 1847 in Slichov bei Prag, einer 





654 


Tſchuſi zu Schmibhoffen. 


Befigung feiner Eltern, geboren. Der 
Befuh des Gymnaſiums — vorerft in 
Kalfsburg bei Wien, dann in Krems a. d. 
D., wo fein Vater 1864 jtarb, — ge— 
jtattete ihm zur Ferienzeit, fi) dem Jagd⸗ 
vergnügen bingeben zu fönnen, während 
daheim eine oft jehr bedeutende Zahl von 
Vögeln gepflegt, beobachtet wurde. Seit 
der 1865 erfolgten Überfiedelung nad 
Wien begann feine wifenfchaftlihe Wirk 
ſamkeit, welde durch den Eintritt in die 


k. k. 300l.bot. Gefellihaft, hauptjählid 
durch deren damaligen Sekretär, den Rik- 

ter v. Frauenfeld, vielfache Anregung * 
Die reihhaltige orn. Sammlung der Ge 


jellihaft, deren Durdfiht und Neuauf 
jtellung er übernahm, wedte in ihm den 
Wunſch, ſich gleichfalls eine orn. Kollek- 
tion anzulegen, zu welchem Behufe er das 
Präparieren am f. k. Hofmujeum erlernte. 
Wien bot gerade damals dem Ornithologen jehr 
wenig Anregung und fo blieb fein orn. Umgang 
auf v. Pelzeln, den Kuftos der orn. Abteil. des 
k. k. Hofmujeums beſchränkt, der ſtets bereit» 
willigſt ſein Streben unterſtützte und förderte. 
In der Ornithologie war zu dieſer Zeit in Oſter⸗ 
reich Ungarn nicht nur ein Stilfftand, jondern 
geradezu ein Rüdjchritt eingetreten: es gab feine 
jüngeren Kräfte. Unter ſolchen Umftänden, die 
gerade für den Anfänger nicht die einladendften 
waren, blieb fein anderer Ausweg übrig, als ſich 
einen Ornithologen-Kreis ſelbſt Br Ihaffen und 
mit diejem einen regen Briefverfehr zu unterhal⸗ 
ten. Ernſt Schauer, der Erforſcher der Tatras 
Ornis in Krakau, BI. Hanf, Pfarrer in Mariabof, 
und 3. Jädel, Pfarrer in Windäheim, waren feine 
älteften Korrefpondenten, denen ſich jpäter alle 
übrigen Ornithologen öſterreich- Ungarns und die 
bervorragenditen Europas und Amerikas anreibten. 
1882 wurde T. vom Kronpringen Rudolf mit der 
Errichtung ornithol. Beobadtungs-Stationen in 
öſterreich · Ungarn betraut, und führt derſelbe 
dem die Leitung der genannten Stationen, jowie 
die Redaktion der jährlich erfcheinenden jehr u 
fangreihen Berichte. Won feiner literar 
feit geben zahlreiche * und —— 
tikel (über 150 an der rö 
tenteils in Journalen erihienen — Yon J— 
ren Arbeiten find die wichtigſten anne 
heher (Nucifraga — —— 
nogr. Verſuch, Die Vögel Salzburgs, Wandern 
gen im Böhmerwalde, Bibliogr. ornithologiea, 
Die europ. Schnechühner, Beiträge zur Geſchichte 
der Ornithologie in Öfterreich- Ungarn, Der Zug 
des Nofenitaares (P. roseus) dur Äöſterreich⸗ 







Tupet. 
Ungarn und die angrenzenden Länder im ‚Jahre 


1875 


Tupek, Theodor. Ich bin geboren 
in Fugau bei Schludenau am 8. Novem- 
ber 1852 als Sohn eines Zollbeamten, 
ftubierte an den Gymnaſien zu Komotau 
und Pilfen und der Univerfität zu Prag, 
bin feit 1876 Hauptlehrer an der deut: 
ſchen Lehrerbildungsanftalt zu Prag und 
jeit 1883 Privatdozent an der deutichen 
Univerfität ebenda. Behufs ardhivalifcher 
Studien machte ich Reifen nad) Dresden, 
Berlin, Wien und Buda—-Peſt. Ich ſchrieb 
zwei Auffäge über den Türkenfeldzug von 1739 
und über die bayriiche Herrihaft in Böhmen 
1741/42 und eine größere Arbeit über das Refti- 
tutiondebift 1629, welche von der Akademie der 
Wiſſenſchaften in Wien veröffentlicht wurde. Fer⸗ 
ner verfaßte ih den VII. Band der Äſterreichi— 
ſchen Geſchichte für das Wolf (herausgegeben von 
Helfert), ein Lehrbuch der Geſchichte für Lehrer: 
bildungsanftalten und verfchiedene Aufläge päda— 
gogiihen und ftenographiichen Inhalts. Am 
Jahre 1884 war ich Vorfigender des 
LI. deutjchen (Gabelsberger) Stenogra- 
phentages in Berlin. 


u. 


Meberfchaer, Dar, wurde geboren 
am 13. Dezember 1854 zu Oppeln als 
Sohn des Kreisgerichts = Kanzleidiref: 
tor U. der fih in den deutichen Be: 
—— beſonders ausgezeichnet 
bat. Dar U. widmete ſich dem Lehrer: 
beruf, da er von früh an eine leiden- 
Ihaftliche Vorliebe für Pädagogik faßte, 
die er auch jchriftitellerifch bethätigte; da- 
neben trat er vielfach journaliftifch her: 
vor, auch erwarb er ſich einen Ruf durd) 
das ihm inne wohnende organifatorifche 
Talent. Unter feinen literar. Schöpfun: 
He denen es an Anerkennung nicht ge: 
ehlt hat, heben wir hervor: Reichsſchul— 
chronik, Rundfhau über das Unterrichtswejen 
aller Länder, Amtskalender für die Schulauffichts: 
beamten des deutichen Reichs, Pfarramtskalender 
für ev. Geiftliche, Das Hohenzollernhaus, Ein 
fefte Burg iſt unfer Gott (Feitichrift); außerdem 
gründete er das Familienblatt „Die Sonntags: 


655 


— Uechtritz. 

ruhe“ und redigiert den „Deutſchen Communal⸗ 
Anzeiger“. U. rief auch einen „Verein zur 
Förderung des Volkswohls und der Volks» 
interefjen“ ins Leben, deſſen Hauptauf- 
gabe die Verdrängung der Schauer-Romans 
literatur (Hintertreppenfolportage) ift. U. 
lebt als Erjter Lehrer in Szymanowo 
bei Rawitd). 


Uechtritz, Karl Rihard Wilhelm Old: 
wig von, wurde als jüngites Rind des 
damaligen f. preußischen Oberftleutnants 
und Regiments-Kommandeurs Friedrich 
v. U. und feiner Gemahlin, einer Gebor—⸗ 
nen v. Blücher, am 19. Juli 1832 zu 
Dortmund (Weftfalen) geboren. Für das 
Studium beftimmt, wurde er infolge des 
frühzeitigen Todes feines Vaters in das 
Kadettenhaus aufgenommen, aus welchem 
er 1851 als Portepee-Fähnrich zum heu- 
tigen Kaijer-Franz-Garde-Grenadier-Res 
giment Nr. 2 übertrat. Nachdem er in 
diefem und fpäter im 4. Garde-Örenadier: 
Regiment Königin bis 1865 gedient hatte, 
fich indeffen eines ſchweren Augen: und ans 
derer Leiden willen veranlaßt gejehen, den 
aktiven Dienft zu verlaffen, ward er 1866 
als Hauptmann der 6. Gendarmerie-Bris 
gade in Liegnig wieder angeftellt. 1875 
zum Major befördert, trat er in den 
Ruheſtand, um feitdem in Dresden feinen 
ftändigen Aufenthalt zu nehmen. Nad) 
em v. U. nad) nur einjähriger Ehe feine 
erjte Frau, eine geborne Freiin v. Seden- 
dorff-Gudent, 1866 an der Cholera vers 
foren hatte, vermählte er ſich 1872 zum 
zweitenmale mit Marie Freiin v. Kno— 
belsdorff. Schon von Jugend an befeelte U. 
eine Vorliebe für gejchichtliche und politiiche Lek— 
türe. Zumal adeld: und familiengefhichtliche, 
kultur» und lokalhiſtoriſche Schriften feflelten feine 
Aufmerkfamfeit und führten ihn, im Verein mit 
der aus dem Studium der franzöſiſchen Revolus 
tion einerjeit8 und den Eindrüden des Jahres 
1848 andererjeitö gejhöpften Begeifterung für das 
gefährdete Königätum, den hochfonfervativen und 
legitimiftiichen Standpunften zu, welche warm 
zu vertreten er jeitdemn für feine vornehmite Auf: 
gabe erachtete. Anfang der jechziger Jahre vers 
‚öffentlihte er in konfervativen Tagesblättern eine 
| Reihe von politifhen, von den Anfchauungen der 


uhl. 


—— Schule getragenen Aufſä 
elben folgte 1867 das felbftändige ert 
„Die Epigonen Friedrichs und feiner Zeit“ (Bil 
der und Skizzen aus den Kriegsjahren 1864 und 
1866), dad von frifchem lebendigen Geiſt und 
edlem Patriotismus durchweht, eine ſehr 
lihe Aufnahme fand. Außerdem hervorzuheben: 
Novellen und Feuilletond in verfhiedenen Blät- 
tern, Beiträge, bie fich durch geift- und gemüt- 
volle Auffafiung auszeichnen, für ür Organe drift- 
lich fonfervativer Richtung, die den politischen 
und kirchlichen Anſchauungen v. U.’3 entjpraden. 
Seine Hauptthätigkeit hat U. in den legten Jah» 
zen dem „Deutjchen Adelsblatt“ zugewendet, als 
defien ftändiger Mitarbeiter er ſich anzufehen be: 
rechtigt ift. 

Uhl, Friedrih, geboren zu Teſchen 
am 15. Dlai 1825, jtudierte an den Gym— 
nafien feiner Vaterftadt und zu Troppau 
und an der Univerfität Wien Philoſophie. 
Noch während feiner Hochſchulzeit betrat 
U. den literariijhen Plan, auf dem er 
dann rüftig vorwärts geichritten ift, jour: 
naliftiih und jchriftitelleriich ſelbſtſchaf— 
fend thätig. Im erfterer Beziehung als 
Redakteur des „Botſchafter“ (1861—65), 
feit 1872 als Chefredakteur der „Wiener 
Zeitung“. In Anerkennung feiner jour: 
naliftiihen WVerdienfte wurde ihm 1873 
der Titel eines Wirklihen Regierungs: 
rates verliehen. 

Hauptwerfe: Märhen aus dem Weichſelthal 
(1847), Aus dem Banate (Reijeerlebn. 1848), 
An der Theiß (1850), Die Theaterprinzeffin 
(Rom. 1863), Das Haus Fragftein (Rom. 1878), 
Die Botichafterin (Rom. 1880). 


Ulrich, Dtto, f. Ditilie Bach. 


Ulrichs, Carlo Arrigo, geboren in 
Mefterfeld. Ich lebte 18 Jahre in Süd: 
deutichland, beſuchte Holland, Belgien, 
Böhmen, Schweiz; ftudierte in Göttingen 
und Berlin; lebe ſeit 1880 in Italien, 
und zwar feit 1883 in Aquila degli 
Abruzzi. Nach mancderlei Kämpfen, po: 
litifher und nichtpolitiiher Natur, habe 
ich Deutfchland verlafien. ch beichäftige 
mid mit den Wiſſenſchaften für mid) 
allein (Naturwiſſenſchaften, Geichichte, 
—— Zweige der Nationalökonomie 

ſ. w.), gebe einigen Privatunterricht, 
(ehreibe nichtpolitiiche Auffäge für Fach— 


656 


— Ulrici. 
zeitſchriften. In Göttingen ward mir für eine 
— pen ka —— 

org II. erteilt, mit Ingenio et 
Studio, in Berlin für eine 
falls lateiniſch, „ſtatt des verdienten 
(megen eines begangenen Formfehlers) eine Ehren» 
gabe. In Wien wurden mir 1879 für 
lateiniſche Studentenlieder durd einen 


richterfpruch zwei Diplome erteilt und 
beide aufgenommen ind „So der 
Wiener Studenten.” Eridienen find von mir: 
„Auf Bienhens Flügeln“ (Epigr. und 
Bilder, 1875), „Apicula Latina” — 
troſengeſchichten“ (phant. Erz. aus dem 
1885), „Cypreſſenzweige Km. König 
Grab“ (1887); Demnächft erfdeinen: , 
rungen in den Appenninen und am 
Meer‘ (lateiniſche Poefien). 


Ulriei, Carl (Günther Walling), ift 
geboren am 25. Juli 1839 in Berlin, 
woſelbſt fein Water Fabrifbefiger mar. 
Nahdem er die Realichule feiner Vater 
jtadt abfolviert hatte, machte U. größere 
Reifen in Deutichland, Stalien, Nord 
und Süd-Franfreih, Schweden, England, 
Dänemart und Ungarn. Nah Berlin 
zurüdgefehrt, trat er in die Fabrik jeines 
Vaters ein, woſelbſt er viele Jahre bins 
dur thätig war. Dieſe Beichäfti 
aber ließ ihm immer Zeit genug, fi 
literariihen und Kunſtſtudien zu 
eine Frucht der legteren ift eine 
lung funftgewerblicher Gegenftände, d 
wegen ihrer Neichhaltigkeit zu den be: 
beutenderen PBrivatfammlungen dieſer Art 
in Deutichland gezählt werden darf. U. 
(ebt feit dem Jahre 1874 ohne jegliche 
bindende Lebensftellung lediglich 
Studien und poetijchen Arbeiten. 2 
zum Jahre 1884 ſich abwechſelnd in 
Berlin und — ** —— lte 
er in genanntem re g ber 
ſächſiſchen Reſidenz über. 33 
ſuchte er 1879 auf °/ı Jahre Spanien, 
woſelbſt er fich vorwiegend in Sevil 
aufhielt. Dort beichäftigte er fich hauple 
jählih mit Studien über fpaniihe Liter 
ratur und —— Valor, der 
Refultate er in den alu 


„Guitarrenklänge“ und er 2 3 Me 
und der Gelänge“ nieberlegte. Beide jchienen 
















Umlauft. 


1886. Die ein Jahr früher herausgegebene 
Sammlung eigener Gedichte, „Von Lenz zu 
Herbſt“ betitelt, erlebte in zwei Jahren eine 
zweite, ganz veränderte und durch viele neu 
binzugelommene Dichtungen jehr vermehrte Auf» 
lage. Der Autor wählte den Titel „Von Lenz 
u Herbft” — den Lauf des Jahres als Symbol 
= Lebenslaufs auffaflend — in der Abficht, 
fpäter entftehende, neue Gedichte bei ferneren 
Auflagen diefem Buche einzuverleiben und das: 
felbe jo zu feinem Lebensbuch zu geitalten. Die 
Kritik hat ſowohl diefe Gedichte, wie die ſpani— 
hen Sänge in der anerfennendften Weiſe auf: 
genommen, und fie den wertvolliten Erzeugnifien 
neuerer Lyrik zugezählt. 


Umlanft, Friedrich, geboren zu Wien 
am 6. Juni 1844, ftudierte in feiner 
Vaterſtadt und bereifte den größten Teil 
der öſterr. ungar. Monarchie, 
Deutſchlands, Serbien, Bulgarien und 
Rumänien. Er widmete ſich literariſch 
ſpeziell der Geographie und iſt ſeit 1882 
Herausgeber der „Deutſchen Rundſchau 
für Geographie und Statiſtik.“ Im Ver: 
ein mit Fr. v. Hellmald bat er heraus: 
gegeben: „Hölders geographiiche Jugend» 
und Vollsbibliothek.“ (1879—82, 14 
Bde) An felbjtändigen Werfen find Die 
verdienftlichiten: Die öfterreichifch » ungarifche 
Monarchie (1876, 2. Aufl. 1883), Wanderungen 
durch die öfterreichifchsungarifche Monarchie (1879), 
Das berzogtum Diterreih unter der Enns 
(1881), — für die Schulpraxs (1882), 
Lehrbuch der gr Fk en 

. ert —d0, . . 
we E umieien überfegt), Geographiiches 


von ges an en * 

Alpen. Handbuh der ge ammten Alpenfunde 
(1887, ins Engliſche überjegt), Afrika in fartos 
eMellung von Herodot bis heute 


D 
a 


Urban, Zofef, geboren am 22. Mai 
1844 zu Sandau bei Eger in Böhmen, 
beſuchte das Gymnafium in Eger und 
widmete fi den mediziniſchen Wiflen- 
Ihaften an der medizinischschirurgiichen 
Jofefs-Akademie in Wien. 1869 zum 
Doktor der gefammten Heiltunde promo- 
viert und im April dieſes Jahres zum 
Oberarzte ernannt, widmete er fich. dem 
Lehrfache, und war 1870—86 Lehrer 
für Raturwiſſenſchaften, Chemie und Mili⸗ 


Das litcrarifhe Deutihland, 


657 


Teile | 


Urban. 


tär-Gefundheitspflege an den Militär- 
Anftalten zu Mähriſch-Weißkirchen. Seit 
1886 zur Truppenbdienftleiftung einbes 
rufen, ift er Regiments-Chefarzt des 59. 
Infanterie-Regiments, welches derzeit in 
Trient (Südtirol) in Garnifon fteht. Er 
ift Verfaſſer nachitehender verdienftlicher 


Werke: Die Grundlehren der Chemie und ihre 
friegswiffenfhaftlihe Anwendung (1884), Der 
Sanitätsdienft im (Frieden und im Felde (1884), 
Kurze Anthropologie, Geſundheitslehre und Hilfe⸗ 
leiſtung bei Unglücs⸗ und plöglichen Erfranfungs» 
fällen (1885). Diefes Ießtere Werk wurde vom 
f. f. Reichs⸗Kriegsminiſterium 1884 für die f. f, 
Nilitär-Erziehungs: und Bildungsanftalten, dann 
Kadettenſchulen als Lehrbehelf approbiert. 


Urban, Michel (Michel Bieder, M. 
Geiger), ift am 31. Mai 1847 in Sandau 
bei Eger geboren, ftudierte am k. f. Ober: 
gymnaſium zu Eger, befuchte ſodann die 
Univerfitäten Wien und Prag, wo er fi) 
den medizinischen Studien widmete, aber 
auch mit Eifer hiſtoriſche Studien betrieb. 
Im Jahre 1873 wurde er an der deut: 
hen Prager Univerfität zum Dr. med. 
promoviert und wählte ſodann die Stadt 
Plan, im weitlihen Böhmen gelegen, zu 
feinem Aufenthaltsorte. Schon als Student 
veröffentlichte er hiſtoriſche Auffäge über feine 
Vaterftadt, 7* deſſen ihm der Gemeindeaus⸗ 
ſchuß dieſer Stadt 1875 einſtimmig das Ehren⸗ 
bürgerrecht verlieh. Im J. 1882 wurde er in 
den Stadtrat feines Domizils berufen, wo er als 
Arzt und als politifcher Führer feiner Heimat 
thätig if. Er ift Sprechwart des von ihm 
——— deutſchen Turnvereins, Obmann der 

rtsgruppe „Plan und Umgegend“ des deutſchen 
Sculvereind in Wien, deren Gründer er ift, 
und Obmannftellvertreter des politifchen Bauern: 
vereind des Bezirks Blan und ein eifriger Mitarbeis 
ter des „‚Egerer Jahrbuches“. Bon feinen Schrift: 
ftellerif hen Arbeiten verdienen folgende befonders 
are zu werden: Heimatskunde des Gerichts: 
ezirkes Plan (1884), Geſchichte der Stadt Kö. 
nigswart (1880), Aus dem Sagenbuche der ehe: 
maligen Herrſchaft Königswart (1879), Aus dem 
Sagenbuche der Stadt Plan (1882), Die Trups 
pen equngen durch die Stadt Plan und Um— 
egend in den Jahren 1741—43 (1884), Der 
ergbau zu und um Michelöberg (1884), Der 
Sandauer Karrenmann (1888), Im Tepler 
Mittelgebirge (Preisfchrift); von feinen Novel 
len find hervorzuheben: Im Miefathale, Schid: 
ſals Walten, Selbftbiographie eines Frades, 


42 


— 6 


Urbanigfy. 


en Stahl, Ein deutiher Student, Zu 
fande, Die alte Geiga-Jiva, Elia 
Der erfte Grundftein der Stadt 


Stahl geg 
Hauſe im Eger 
von Vohburg, 
Eger v. |. m. 
Urbanitzky, Alfred Ritter von, ge 
boren am 2. Auguft 1852 zu Voitsberg 
inSteiermart, abjolvierte 1871— 77 feine 
chemiſchen und phyſikaliſchen Studien an 
der techniſchen Hochſchule in Wien und an 
den Univerfitäten dafelbſt und in Tübin— 
gen. Darauf wirkte er ſechs Jahre hin: 
durch als Aſſiſtent für Phyſik an der ge: 
nannten technischen Hochſchule und unter: 
nahm während diejer Zeit Studienreiſen 
nach Deuiſchland, in die Schweiz, nach 
Frankreich ꝛc. Schon als Aſſiſtent größ⸗ 
tenteils mit wiſſenſchaftlichen erperimen- 
tellen Arbeiten (veröffentlicht in den Wie: 


ner und Pariſer Atademieberichten) aus 
dem Gebiete der Elektrizitätslehre beichäf- 
tigt, widmete fih U. hiernach als Fach⸗ 
ichriftiteller ganz der Elektrotechnik. Seine 
Hauptwerfe bilden Die Elektrizität im Dienſte 
der Menſchheit und Die Elektrizität des Him- 
mels und der Erde, ftattliche Lexikonbände, 
geihmückt mit zahlreichen guten Illuſtra⸗ 
tionen, welche das Geſammtgebiet der 
Gleftrizitätslehre in ftreng fachlicher und 
klarer Weiſe zur Darftellung bringen. 
Diefes verdienftvolle Wert ift auch durd R. 
Wormell ins Englifche überfegt und mit einer 
Einleitung von John Perry verfehen worden. 
Von feinen übrigen Werfen find noch bervorzus 
heben: Das eleftrifhe Licht (2. Aufl. 1883, fran⸗ 
zöſiſch von G. Fournier), Die elektriſchen Be: 
leuchtungsanlagen (2. Aufl. 1883), Blitz und 
Blitzſchußvorrichtungen (1886), Elektrizität und 


Magnetismus im Altertume (1887). 
Urſinus, ſ. Ernſt Barre. 


Uſchner, Karl Richard Waldemar 
(Chruſen), wurde am 30. Mai 1834 in 


Wittenberg geboren, in Ratibor vorge— 


5 — 


Vacano. 


war er zumeiſt auf dramatiſchem Gebiete 
thätig. Einige feiner neueſten Stüde 
find mit Erfolg über die meltbedenten- 
den Bretter gegangen, und aud) feine no 
velliftifchen Arbeiten fanden Beifall, den 
beionders feine poetiihe Erzählung: Der 
lezte Minnefänger(1873— 74) verdient. Außer: 
dein hervorzuheben: Ein Geburtstag (Schau: 
fpiel), Löſung durch ein Wunder (Schaufp.), De: 
masfirte Masten (Luſtſp.), Pfingſtfahrt (Mov.), 
Die Licbesproben des Cervantes (Luftip.), Wald: 
verborgenheit (Luſtſp), Eingefchneit (Luftip.); 
Trinitatis (Luftip.), Leute von heute (Nov.). 


| 


V. 


Bacano, Emil Alois Mario Ferdi: 
nand Hugo, wurde am 16. Nov. 1840 
in Mähriid: Schönberg geboren. Sein 
Vater war der Kataſtralinſpektor, Tpäter 
Oberinſpektor über Galizien und die Bu: 
kowina, Johann V., ein geiftvoller Dann 
und von (befonders im Jahre 1848) cr: 
probter Treue und Loyalität für jein 
Kaiferhaus, weldes Gefühl auch in dem 
Herzen feines Sohnes fortlebt. Den 
größten Einfluß auf fein fpäteres Her: 
zens- und Geijtesleben hatte feine edle 
Mutter, eine geborene Maurer. Ein 
unbefiegliher Reife und Lebensdrang 
führte den jungen ®. auf alle Irrpfade 
des Lebens auf dem Nüden leichtfühiger 
Rößlein. Die Reitkunſt koſtete dem, 
für die Gottesgelahrtheit beſtimmten jun— 
gen Manne manches Jahr ſeines Lebens. 
Später in die Bühnenkarriere verirrt, 
ward er durch Heinrich Laube Eleve des 
Burgtheaters zu der Zeit, wo daſſelbe 
in ſeiner höchſten Blüte ſtand mit An— 
ſchütz, Löwe, Fichtner, der Rettich, See— 
bach, Goßmann ꝛc. Durch ſeine Mutter 








bildet und bezog 1854 die Univerſität | fand der Heißſporn feinen inneren Diem 
Leipzig, Ipäter die zu Heidelberg und Ders ſchen wieder nach manchen wilden Wan: 
lin, um fich dem Studium der Nechts: |derwege und zugleich feinen eigentlichen 
wiſſenſchaft zu widmen. Nach Beendigung innerſten Beruf: das Leben für und in 
deſſelben trat er in den Staatsdienſt, in Gott. Aber leider zu ſpät. Die geijtlice 
dem er noch jetzt und zwar als Amts: | Karriere ſchien ihm fremd geworden, und 
gerichtsrat zu Oppeln wirft. Literarifch | er wurde Schriftiteller — weltlicher Schrift: 


Vahlen. 


ſteller, ein brillanter Fabler und geiſtvoller, 


träumerifcher Erzähler. So entitanden feine 
phantaftiihen von großer Begabung zeugenden 
Romane: Moderne Bagabunden, Die Töchter der 
Schminke, rivolitäten, Vom Baum der Erfenntnis, 
Theaterplaudereien, Quitte on double, Magen 
und Herz, Das Geheimnis der Gräfin von Nizza, 
Geheimnisvoll, Die SKirchenräuber, Lady Ara: 
bellas Laune, Die Virtuofen, Blaues Blut, 
Künjtlerblut, Cis-Moll, Der Roman der Adelina 
Patti, Bilder aus dem Harem, Dorfbilder, Dor— 
nen 2c. Romane, die jämtlih aus dem Leben 
gegriffen, alle Wanderwege des Verfaſſers ſchil— 


dern, und alle Menfchen, mit denen er in Berüh: | 


659 


Valentin. 


in den von ihm redigierten Zeitfchriften 
„Hermes“ und „Zeitichrift für öſterr. 
Gymnafien“. Don feinen Werfen heben 
wir als die wichtigſten und bedeutenditen 


hervor: Quaestionescriticae Ennianae (1852), 
Ennianae poesis reliquiae (1854), Naevii re- 
liquiae (1856), Ulpiani excerpta et fragmenta 
(1856), Analecta Noniana (1859), Beiträge zu 
Aristoteles’ Poetit (1865 67), Laurentii Val- 
lae opusenla (1869), Lorenzo Valla (1869), 
zu Gicero'3 De legibus (1871), Aristotelis 
poetica (1874), Über die Anfänge der Heroiden 
| des Dvid (1881). 





rung gekommen ift. Damals lernte er Guftan | 
Hedenajt fennen, auf deffen Veranlaſſung 
er fein theologiihes Willen in feinen 
beiten Werfen: Die Gottesmörder, Die Hei— 
ligen, Die Töchter Babels ꝛc. niederlegte. Von 
dieſer Zeit an lebt er fern von allem 
Weltoerkehr nur feinen literariſchen Ar: 
beiten: Novellen und Erzählungen ſchrei— 
bend für die beiten belletriftifchen Zeit 
Schriften. Bon feinen dramatiihen Werken find 
zu erwähnen: Das Trauerfpiel „Ketten, in 
welchem Clara Ziegler zuerft ihren Beruf zur 
Tragödin erkannte, ferner eine dramatifche Ber: 
fion von Holtei’s „Bagabunden‘‘, cin Operetten- 
tert für feinen väterlichen Freund Adolf Müller 
fen. „Der galante Vikomte““ 


Balentin, Veit, wurde um 16. Febr. 
1842 zu Frankfurt a. M. geboren. Nach 
Abjolvierung des Gymnaſiums feiner 
Vaterjtadt ging er nad) Göttingen, um 
ſich Ipradlihen Studien zu widmen und 
‚Ipäter nad) Berlin. In Göttingen wurde 
‚er auf Grund der von ihm gelöften, mit 
‚dem erſten Preife gefrönten Arbeit: „über 
‚die Bildung des koptiſchen Nomens“ (1866) 
‚promoviert. In Berlin arbeitete er ein 
Jahr lang bei Geh-Rat Prof. Eduard 
‚Gerhard umd widmete ſich fortan vors 
zugsweile kunſtwiſſenſchaftlichen Studien. 
‚Don feinen verdienftvollen Schriften find 


‚die bedeutenditen: Orpheus und Herafles in 
‚der Unterwelt. Drei griechiiche Bafenbilder (1866), 





Vahlen, Johannes, wurde zu Bonn 
am 28. September 1830 geboren und 


widmete ſich dafelbit (1848— 53) dem 
Studium der Philologie. Im 9. 1853 
zum Dr. phil. promoviert, habilitierte er 
fih 1854 als Privatdozent an der Uni: 
verfität Breslau, wo er 1856 zum außer: 
ordentl. Profeflor ernannt wurde. Dort 
wirkte er bis zu jeiner Berufung als ord. 
Profefior nach Freiburg (1858); in glei: 


cher Eigenſchaft nach Wien verjegt, über: 
fiedelte er 1876 an die Berliner Univer: 


fität, der er noch heute, als einer unfe: 
rer hervorragendſten Afademifer, angehört. 


Bereits 1871 erhielt B, den Hofratstitel. | 


Literarifch zeichnete fih V. vornehmlich 
auf dem Gebiete der lateinifhen (und 
griechischen) Poeſie und ihrer Erſchließung 
aus. Bejonders folgte er den Spuren 
des Cicero und Ariftoteles. Die meijten 
feiner Schriften veröffentlichte er zunächſt 


Die hohe Frau von Milo (1871), Neues über 
‚die Venus von Milo (1883), Der Rhythmus 
als Grundlage einer wiſſenſchaftlichen Poetik 
(1869), Die Kompofition der Horaziichen Epiſtel 
„An die Piſonen“ (1876), Rede auf Ludwig 
Börne bei deſſen hundertjähriger Geburtsfeier 
(1886), Cornelius, Dverbed, Schnorr, Veit, 
Führih (in Dohme's Kunft und Künftler des 
neunzehnten Jahrhunderts, 1886), Ein Freundes: 
aruß. Horatii Carmen II, 7, neu erffärt (1887), 
Kunft, Künstler und Kunſtwerke (1888). M, lebt 
jest in Frankfurt als Oberlehrer am Real: 
gymnaſium, „Wöhlerſchule“ und fteht feit 
1885 an der Spiße des Afadem. Geſammt— 
ausſchuſſes des Freien Deutichen Hochitiftes, 
beiten Neugejtaltung zu einer wiſſenſchaft⸗ 
lich thätigen Anſtalt fih unter jeiner 
Zeitung vollzogen hat. Im Auftrage des 
g vous ag 
Akademiſchen Geſammtausſchuſſes führt er 
‚die Redaktion der „Berichte des Freien 


| Dentihen Hochſtifts“. 





42% 


Varnhagen. 


Barnhagen, Hermann, geboren den 
10. Auguft 1850 zu Arolſen, befuchte 
das Gymnafium zu Korbah bis 1870, 
trat fodann in das Heer ein und madhte 
einen großen Teil des Feldzuges (im 
Werderſchen Korps) mit. 1871 zurüd- 
gefehrt, bezog er die Univerfität Tübin- 
gen, wo er anfangs klaſſiſche Philologie 
ftudierte, fi) alsbald aber der germani- 
hen, romanifhen und namentlich) eng- 
lichen Philologie zumandte. Weiter 
ftudierte er in Genf, Berlin und Göttin- 
gen. Nachdem er dann ein Jahr lang 
als Lehrer an der höheren Bürgerjchule 
in Münden i. 9. thätig gewefen, ging er 
1876 nad England, wo er ein Jahr 
lang namentlich handſchriftlichen Studien 
oblag. 1877— 78 war er als Lehrer an 
der Sligafchen Schule in Hamburg an- 
geitellt und habilitierte fi) 1878 an ber 
Univerfität Greifswald für romanifche 
und englifhe Philologie. 1881 wurde 
er dort zum außerordentlichen Profeſſor 
für englifhe Philologie befördert und 
folgte im Herbſt deflelben Jahres einem 
Rufe als ordentliher Profeflor der eng: 
liſchen und romaniſchen Philologie an die 
Univerfität Erlangen. Seine literariſche 
Thätigkeit erftredt ſich hauptſächlich auf die eng» 
liſche Philologie und vergleihende Literaturge: | 
ihichte. Veröffentlicht hat er an felbftändigen | 
Schriften und größeren Arbeiten befonders: Bei | 
träge zur Erflärung und Textkritik des Ayenbite 
of Inwyt, Zu mittelenglifchen Gedichten, Eine 
italieniihe Brojaverfion der fieben Weifen (1881), 
Zwei lateinische metrifche Berfionen der Legende von | 
Placidus-Euftahius, Ein indiſches Märchen auf 
feiner Wanderung durch die afiatiichen und euro» 
päilchen Literaturen (1882), Die kleineren Ges 
dichte der Vernon- und Simeon-Handſchrift, 
Songfellow’3 Tales of a Wayside Inn und 
ihre Quellen (1884), Die Erzählung von der 
Wiege, Exinhard und Emma; eine deutiche Sage 
und ihre Gejchichte, Der germaniihe Stamm klap 
im Romanifchen, Longfellow's Tales of a Way: 
side Inn. Mit deutihen Erklärungen (1888). | 


Vely, E., j. E. Simon. | 





660 


Beneta. 


heit als ein aufgewecktes lebhaftes Kind, 
deſſen glüdlihe Tage jedoch gezählt wa: 
ren. Ihr Vater verarmte und ftarb, und 
im Alter von vierzehn Jahren war 8. 
darauf angewiejen, ihren Lebensunterhalt 
ſelbſt fich zu erwerben. Ein erfter Thea: 
terbefuch in Baugen ließ fie den Entſchluß 
faſſen, Ecjaufpielerin zu werden. Sie 
befiegte alle Vorurteile und Hindernifie, 
die ihr in den Weg traten, und fchloh 
fih, ihrem unbezwinglihen Drange fol: 
gend, faum den Kinderſchuhen entwachlen, 
der reifenden Truppe in Bauen an. Nur 
der eignen Kraft vertrauend, arbeitete fie 
unablälfig an ihrer Erziehung und Aus: 
bildung für die Bühne. Langjam von 
Stufe zu Stufe emporfteigend, war fie 
an verſchiedenen kleinen Provinztheatern 
thätig, bis fie von Leipzig aus Bogumil 
Dawiſon empfohlen wurde, auf deſſen 
Veranlaſſung fie 1858 am Dresdener Hof: 
theater zu einem Gaſtſpiele gelangte und 
warme Aufnahme fand, aber nicht engas 
giert wurde „wegen ſchwankender Gefund: 
heit“. Letztere bedingte auch, nachdem fie 
in Stettin, Magdeburg, Görlitz, Graz 
und wieder in Görlig als tragiiche Lieb: 
haberin mit großem Erfolge aufgetreten 
war, ihr Ausſcheiden von der Bühne. 
Nah Verlauf mehrerer Jahre, die auss 
ſchließlich der Pflege des Franken Körpers 
gewidmet waren, betrat fie 1868 wieder 
die Bühne des Hoftheaters zu Mannheim, 
folgte im jelben Jahre einem Ruf an das 
Wiener Burgtheater und jchiffte fich 1870 
nach Eleineren Gaftipielen in Bubdapeit 
und Linz mit Marie Seebah nad) den 
Vereinigten Staaten ein. Schwer leidend 
fehrte M. V. 1872 nad) Deutichland zu: 
rüd. 1873 übernahm fie das damalige 
Stadttheater in Berlin, welche verfumpfte 
Bühne fie zu einer Etätte wahrer Kunſt 
erhob. 1873 verheiratete fie ſich mit 
dem Reg.:Baumeijter Maske. 1885 be- 
trat fie wieder die Bühne des Reſidenz— 


VBeneta, Mathilde, wurde am 27. Fer | theaters zu Berlin mit alter Kraft und 
bruar 1838 zu Yurkau in Eadjen ge⸗ | altem Erfolge. Auf literariihem Gebiete war 
boren und erwuchs in ländlicher Einfad): M. V. erft in fpäteren Jahren thätig, ausgenom: 


Berden. 


men ein Bändchen Gedichte, „Einfame Stunden“ 
betitelt, da3 der jungen Dichterin manchen Freund 
erwarb, Später erſchienen Neifebriefe aus Ita⸗ 
lien und Amerifa und einzelne zerftreute Gedichte 
in Beitfchriften. Außerdem übergab fie die ge 
fhidte Bearbeitung eines * franzöſiſchen 
Dramas „Sara Rivers“ der Offentlichkeit, das 
1885 in Graz mit Beifall zur Aufführung ge— 
langte. 
lung aus dem Leben einer Schauſpielerin). Die 
Kritik rühmt ein —— Darſtellungs⸗ 
talent und eine elegante feſſelnde Schreibweiſe 
an der Autorin. 

Berden, €. v., |. E. Ritter v. Bin: 
centi. 


Berena, ©., |. S. Alberti. 
Veritas, ſ. Ed. Joſ. Richter. 


Vierordt, Heinrich, geboren als der 
Sohn eines Dffiziers zu Karlsruhe am 
1. Oktober 1855, genoß feine Vorbildung 
in Freiburg, Konjtanz und Wertheim am 
Main und bezog, nad) einer Neije durch 
Belgien, England, Schottland und bie 
Hebrideninjeln, die Univerfität Leipzig, 
fpäter die zu Berlin und Heidelberg als 
Student der Philofophie. An letztgenann⸗ 
ter Hochſchule wurde V. zum Dr. phil. 
promoviert, womit er fein Studium ab- 
ſchloß, um fi nunmehr ausſchließlich der 
Literatur zu ergeben. Die lyriſche Hifto- 
rie iſt fein eigenftes Feld, das er mit 
vielem wohlverdienten Erfolge beadert hat. 
DB. ift aber auch vor allen Dingen Bal- 
ladendichter. Meiſterhaft beherricht er 
die Form, und tief ift fein Gedanken: 


um. 

Hauptwerke: Gedichte (1880), Lieder und Bal- 
laden (1881, 2. Aufl. 1885), Die Kranzweihe 
(Beftip, 2. Aufl. 1882), Neue Balladen (1884), 
Uanthusblätter, Dichtungen aus Italien und 
Griechenland (1888). 

Villatte, Céſaire, Sohn des glei 
namigen Lehrers, eines 1793 ausgewan- 
derten Franzofen, wurde zu Neuftreligi. M. 
am 13. Januar 1816 geboren, erhielt 
eine Schulbildung an dem Gymnafium 

ieſer Stadt, ftudierte dann neue Sprachen 
n Dijon und Paris, alte Spraden in 
Berlin, wurde 1838 als Lehrer an das 


661 


1886 erihien „Dorcas Mora" (Erzäb: jeß 


Bincenti. 


wirkte als folder 45 Jahre lang, bis 
eine immer zunehmende Schwerhörigfeit 
ihn zwang, in den Ruheſtand zu treten. 
Dur feinen Freund Daniel Sanders 
mit der Langenfcheidtichen Verlagsbuch— 
handlung in Berlin in Verbindung ge: 
t, wurde er Mitarbeiter an dem Ency— 
klopädiſchen Wörterbuche der franzöfiichen 
und deutichen Sprache und verfahte den 
zweiten Theil diejes Werkes jelbitändig, 
eineallgemeinanerfannteLeiftung. Außer: 
dem hervorzuheben: Parifismen, eigenartige 
Ausdrudsweile des Parifer Argot (1884), Not: 


wörterbuch der franzöſ. und deutichen Sprade 
(1885). 


VBincenti, Karl Ferdinand Ritter von 
(E. v. Verden), geboren zu Baden bei 
Wien am 14. Dezember 1835, befchritt 
früh ſchon den literariihen Plan, nad: 
dem er feine Studien in Wien zum Ab» 
ſchluß gebracht und den Umfreis feines 
Wiffens durch weite und ihm fruchtbare 
Reifen, befonders im Orient, erweitert 
hatte. Zunächſt war er, nad) Wien zu: 
rüdgefehrt, bei der Redaktion des „Wan: 
derer”, dann als Chefredakteur der „Hei— 
mat“ und jchlieklich, wie heute noch, als 
Redakteur der „Neuen freien Preſſe“ thä— 
tig. Seine eigenen Produktionen zeich— 
nen fi aus durch den Reiz einer glut- 
vollen Phantafie, die, angeregt durch viel 
Ungewöhnlies, auf feinen Streifereien 
Erjchautes, ein eigentümlich buntfarbiges 
Gepräge trägt. Bejonders tritt das her- 
vor in Die Tempelftürmer Hocharabiens (Rom. 
1873) und in Inter Schleier und Maske (Nov. 
1874). Außerdem hervorzuheben: Roman 
eines Gefolterten (1870), Wiener Kunſt (1876), 


Glut und Eis (Nov. 1877), Wundergeichichten 
der Liebe (Nov. 1880). 


Binde, Gisbert Freiherr, wurde 
am 6. September 1813 auf dem Gute 
Haus Buſch bei Hagen geboren. Er wid— 
mete fich zu Heidelberg und Berlin dem 
Studium der Rechte, das er 1834 zum 
Abſchluß bradte, um alsdann in den 
Staatsdienft zu treten. Nach Ablegung 


Gymnaſium feiner Vaterftadt berufen und (feines Eramens trat er 1842 zur Ver: 


Virchow. 


waltung über, zunächſt als Regierungs— 
aſſeſſor in Potsdam, danad) als Regie: 
rungsrat in Münfter beihäftigt. Ein im- 
mer in verftärktem Maße wiederfehrendes 
Augenleiden bewog ihn, jeinen Abjchied 
nachzuſuchen, der ihm 1860 gemwährt 
wurde. Er weilte dann für längere Zeit 
in Franffurt, feit 1868 in Freiburg i. B. 
Auf literarifhem Felde wandte V. ſich 
vornehmlich dem Luſtſpiel zu, doch hat er 
fih auch als Novellift, wie als Lyrifer, 
felbjtändig und an Zeitichriften beteiligt, 
einen Namen gemacht. . 
Hauptwerfe: Roſe und Diftel (Überſ. 1853, 
2, Aufl. 1865), Bilder aus Italien (1853), Sa: 
gen und Bilder aus Wejtfalen (1856), Zeit: 
vertreibe (Luſtſp. 1856), Gedichte (1860), Im 


Banne der Jungfrau (Nov. 1864), Luitipiele | 
(1869— 80), Reiſegeſchichten (1869), Abe für 


Haus und Welt (1870, 3. Aufl. 1880), Ein klei— 
nes Sündenregifter (1883, 3. Aufl. 1885), Alte 
Geihichte (Nov. 1887). Auherdem eine Reihe 
von freien dramatifchen Bearbeitungen engliſcher 
und franzöfiicher Autoren (Shakeſpeare, Sheridan, 
Galderon :c.). 


Virchow, Rudolf, geb. am 13. Dfto: | 


ber 1821 zu Echivelbein (Pommern), 
widmete fich medizinischen Studien zu Ber: 
lin, wurde 1836 zum Doftor promoviert, 
1837 Unterarzt, 1846 Projektor an der 
Charite und habilitierte fi) 1847 an ber 
Univerfität Berlin. Im folgenden Jahre 
riß ihn die Revolution in ihren Strudel, 
was feine Entfernung von der Univerfität 
zur Folge hatte. Im Jahre 1849 be: 
reits wurde er als Profeſſor der Anato— 
mie nad) Würzburg und 1856 nad) Ber: 
lin zurüdberufen, nachdem fein Name be: 
reits mit Achtung in der Gelehrtenmwelt 
genannt wurde. Nicht allein als Xehrer 
wußte V. fi) nun die höchſte Geltung 
zu verichaffen, ſondern er trat in geradezu 
epochemachender Weife mit einfchneidend- 
ften Reformen der Heilfunde hervor, zus 


662 





— Vogel. 
weniger hervorragend. Er iſt einer der 
Gründer der Fortſchrittspartei und ger 
hört derjelben noch heute im Reichstage 
und Abgeordnetenhaufe an. Daneben iſt 
er feit 1859 Stadtverordneter für Ber 
lin und Mitglied, reſp. Vorfigender einer 
großen Zahl gemeinnügiger Unternehmun: 
‚gen und Anftalten. Er it Mitbegründer 
‚der „Deutſchen Anthropologiichen Gejell: 
ſchaft“ und leitet diefe, wie auch die 
„Berliner Anthropologiiche Geſellſchaft“. 
"Seit 1873 gehört er der Akademie der 
Wiſſenſchaften an. Er giebt das „Archiv 
für pathologiihe Anatomie und Phyſio— 
logie“ und (mit Holgendorff) eine Samm: 
‚lung gemeinverftändliher Vorträge her: 
aus. DB. ijt Mitglied vieler in=- und aus 
ländiicher gelehrter Sefellichaften, Inhaber 
zahlreiher hoher Orden und führt den 
‚Titel eines Geh. Medizinalrats. Won 
‚feinen hochbedeutenden felbftänd. Werken 
heben wir als die wichtigſten hervor: 
Gefammelte Abhandlungen zur mwillenfcaftl. 
Medizin (1856), Unterfuhungen über die Ent: 
widelung des Schädelgrundes (1857), Lehre von 
den Trichinen (3. Aufl.1866), Goethe als Natur: 
forfher (1861), Die Erziehung des Weibes 
(1865), Über die nationale Entwidelung und Be 
deutung der Naturwiflenfchaften (1865), Cellu 
larpathologie (4. Aufl. 1871), Die krankhaften 
Geſchwülſte (1867), Über den Hungertyphus( 1368), 
Seftionstehnif (1876), Die freiheit der Willen: 
Ichaften im modernen Staat (1877). 

Bogel, Auguft Gottfried Friedrich, 
wurde am 3. Februar 1842 zu Greifs: 
wald geboren, woſelbſt jein Vater Gym: 
nafiallehrer war; jedod im Jahre 1851 
jiedelte derfelbe als Paſtor nah dem in 
der Nähe gelegenen Dorfe Reinberg über. 
Obwohl hier in der ländlihen Ungebuns 
denheit die Studien nicht gerade fehr geför: 
dert wurden, prägte fi doch bei dem 
Vorbilde der von echt chriftlichem Beifte 
getragenen paftoralen Wirkſamkeit des Ba: 














mal auf dem Gebiete der pathologifchen | ters ſchon früh in bem Knaben der ent 
Anatomie die unfhägbarften Berdienfte fich | ſchiedene Wunsch aus, in die Fußltapfen 
erwerbend. Befonders ift bier feine Be: deſſelben zu treten, und nur der ftete Ge: 
gründung der Gellularpathologie hervor: | danfe an dieſes Ziel ließ ihn auf dem 
— Auch als Politiker beteiligte ſich Pädagogium zu Putbus und dem Gym— 

‚an den Zeitereigniffen, wenn auch hier naſium feiner Vaterftadt dus Verfäumte 


Vogel. — 
nachholen. Sodanu widmete er ſich auf 
der Univerſität zu Greifswald und Tü— 
bingen neben philoſophiſchen und philo— 
logiſchen Studien vorwiegend dem Stu— 
dium der Theologie und übernahm nach 
Abſolvierung deſſelben auf kurze Zeit eine 


Hauslehrerſtelle in der Mark und in 


Mailand. Nachdem er kurz darauf ſeine 
die Gemeindeſchule hin, die Jakob be— 


erſte theologiſche Prüfung beſtanden, be— 
reitete er ſich, mehr durch anderweitige 
Umſtände als durch inneren Beruf ver— 
anlaßt, im elterlichen Hauſe zur philo— 
logiſchen Prüfung vor; bald jedoch nahm 
er eine ihm angebotene Hilfslehrerſtelle 


am Gymnaſium zu Greifswald an, wo⸗— 


ſelbſt ihm die unterrichtende Thätigkeit in 
dem Maße zuſagte, daß er beſchloß, ſich 
ganz derſelben zu widmen. Um aber die 
theologiſchen Studien zu einem gewiſſen 
Abſchluß zu bringen, unterzog er ſich 
außer der philologiſchen auch noch der 
zweiten theologiſchen Prüfung. Inzwiſchen 
promovierte er auf Grund feiner Abhand— 
lung: Quid de fato senserint Judaei et 
Graeci „Jobo" et Sophocli „Philoctete‘‘ pro- 
batur. Nach der kurzen Thätigfeit in 
Greifswald wirkte er als Lehrer am Gym: 
naſium zu Wittſtock, woſelbſt er ſich mıt 
Luiſe Arndt, Tochter des als religiöſen 
Liederdichters und Schriftſtellers bekann— 


ten Ferd. Arndt zu Sieversdorf in der 


Mark, verheiratete. Von hier ging er 
1870 an die Bürgerſchule zu Spandau, 
1871 an die höhere Handelsſchule zu 
Hildesheim und iſt ſeit 1873 Rektor der 
höheren Bürgerſchule in Potsdam. Dieſe 
Wirkſamkeit an Schulen der verſchiedenſten Art 
begünſtigte ſeine immer mehr hervortretende Nei— 
ung zum Studium der pädagogiihen Wiſſen— 
"alt, deren unerfcütterlihe Fundamente er in 
den pädagogiihen Anſchauungen Peſtalozzi's ges 
funden zu haben glaubte. Seine meiſt in diefem 
Sinne verfaßten Hauptwerke jind außer einem | 
vielfach verbreiteten Philoſophiſchen Repetitorium 
(3. Aufl. 1886): Methodik des gefammten deut: 
Ichen Unterrichts (1874), Geſchichie der Pädagogik 
als Wiffenihaft (1877), Syſtematiſche Encyklo— 
pädie der Pädagogik (1481), Neues deutſches 
Leſebuch nad typiiher Methode (1884), Site 
matiſche Darftellung der Pädagogik 3. H. Peſta— 
lozzi's (1886), Herbart oder Peſtalozzi? (1887). 





663 





haben. 





— Vogel. 
Außerdem hat er noch eine größere Anzahl von 
Broihüren pädagogiihen Inhalts verfaßt. 
Vogel, Jakob (Vogel von Glarus), 
it am 11. Dezember 1816 zu Glarus 
geboren. Seine braven Eltern vermoch— 
ten nicht, den MWiffensdurft und Drang 
des begabten Knaben zu fördern, fondern 
ihre befchränften Mittel wiefen nur auf 


juchte, aber jchon in feinem achten Lebens: 
jahre mit der Fabrik vertaufhen mußte. 
Es galt eben verdienen, um Brot zu 
Und doch wurde von ſolchem nur 
wenig für den geringen Arbeitslohn ge— 
fauft, der Kleine gedachte jtets zuerit, 
den Geift und die Seele zu jättigen, 
Magen und Körper zählten ihm erjt in 
zweiter Reihe. Im zwanzigiten Jahre 
hatte der Jüngling bereits eine Bibliothek 
von 600 Bänden, die alle jeine Ber: 
trauten und Freunde waren, an denen 
er ſich geijtig emporrang, die ihn in 
trüben Stunden tröfteten und denen er 
alles verdanft. Dann kamen die Wan 
derjahre. Er ging durch die Schweiz nad) 
Franfreih hinein, Arbeit juchend in 
feinem Berufe als Kattundruder. 1839 
fehrte V. zurüd und 1843 gründete er 
in feiner Baterftadt ein eigenes Heim 
und feinen Herd. Für erjteres wählte 
er cite Buchdruderei, zu legterem führte 
er ein edles und liebes Schweizerfind.. 
Acht Jahre war er glücklich, dann ſtarb— 
ihm fein Weib. Nun wurde ihm die Poe— 
fie Seelengefährtin und Tröfterin. Ihr 
batte er zuerjt auf feiner MWanderichaft 
gehuldigt, Heine war fozufagen der Vater 
und die herrlihe Schweiz mit all’ ihrer 
hohen Poeſie die Mutter von Vogels 
Muſe. Nur die Ungezogenheiten jenes 
Fürſten der Lyrik hat V. nicht ange: 
nommen, wohl aber feine tiefe Innigfeit 
und Form. Wie jener, giebt V. feine 
ganze Seele hin, fein leeres Reimgeklingel 
wie das unferer meilten „Goldſchnitt— 
dichter”. Das Gefühl in B.’s Sängen 
ift fein gemachtes, ſondern lebt in ihm, 
und das zeigte er auch als Menſch fein 


Bogel v. Glarus. 


ganzes Leben hindurch; ift er doch ber 
neue „Bater” Gleim, deſſen Haus und 
Herz jedem offen fteht, der in Not daran 
Hopft. Vogels Heim, das er fi nad) 
fhweren Jahren angeftrengtefter Arbeit 
als Buchdruder und Verleger errungen, 
ift geradezu berühmt feiner Gaftlichkeit 
wegen, wie der Befiger als Stütze und 
Halt unzähliger mühfam emporjtrebender 
Talente. 

Hauptwerfe: Erinnerungen an Emil (1860), 
Gedichte (1861, 12. Aufl. 1887), Lyriſche Ger 
dichte (1868), Neuere Gedichte (1868), Schön: 
beiten und Schredniffe der fchweizerifchen Alpen» 
welt (1868, 3. Aufl. 1870), Taranteln (Epis 
gramme 1868), Das NHlönthal, Geb. (1870 
9. Aufl. 1885), Raketen (Epigr. 1871), Wilde 
Kaftanien (Epigr. 1871), Birfenzweige (Epigr. 
1871), Der Glämifh im Lichte der Dichtung 
(1873), Bilder aus den Alpen (Geb. 1874), 
Aus der Jugendzeit (Ged. 1875), Dornen * 
gramme 1875), Stille Lieder (1875), Weſpen. 
Epigrammatiſche Kleinigkeiten (1880, 2. Aufl. 
1887), Erinnerung an das Klönthal (Ged. 1878, 
— — Aufl. 1881), Vor einem Denkmale (Ged. 
1884). 


Vogel v. Glarus, ſ. Jac. Vogel. 


Vogler, Max, wurde am 13. Juni 
185 - in Lunzenau als der älteſte Sohn 
eines daſelbſt anſäſſigen Webmwaarenfabri- 
fanten geboren. Er genoß zuerjt den Un: 
terricht der Volksſchule feiner Vaterftadt, 
wurde in Borna und Chemnig für Die 
Univerfität vorgebildet und bezog, nad): 
dem er fih ausichließlih der journali- 
ftifhen und jchriftitelleriihen Laufbahn 
zuzumenden bejchlofjen hatte, 1873 zunächit 


die Hochſchule Zürich, wo er u. A. in ſch 


Ludwig Ettmüller, 3. 3. Honegger, Jo: 
hannes Scherr, Gottfried Kinfel vortreff: 
lihe Lehrer und reiche Anregung fand. 
Nah einjährigem Aufenthalte in der 
Schweiz legte er feine philologiſchen, phi- 
loſophiſchen, hiſtoriſchen und naturwiſſen— 
ſchaftlichen Studien an den Univerſitäten 
Jena und Berlin und in letzterer Stadt 
auch an Herrig's Akademie dir moderne 
Philologie fort und promovierte 1877 
zum Doktor der Philoſophie. 

Schon jehr frühzeitig fich mit literarifchen Ar: 
be ten, bramatifcher, novelliftiicher und literar: 


664 


Vogt. 


ichtli Art, bei end, war ®. bereits 
a erg * für verſchiedene Zei⸗ 


—* — * 
auch durch muſikwiſſenſcha 
d hielt unädhit bis 1879 
Be 
iner illuftrierten Be r 
— * füßrte, 308 ie ee ee 
Vaterftadt zurüd, um fi dajelbft in 
Muße ganz der literariſchen Produktion zu wid- 
Es entftanden in den näditen Jahren 
zahlreiche größere und leinere Novellen, literar- 
und kulturgeſchichtliche Arbeiten, Reifebilder, 
denen ®. in angejehenen Zeit 


® 















und ftrengfte Unparteilichfeit nadhgerühmt. Den 
felben eh Blid für die Schäden und € 

brechen der Zeit, ſowie einen begeifterten ibe 
ftifchen Drang zeigt auch das nädhfte 2 
„Der Herr Nommerzienrat, einemoberne Gef 

(1883), welches —— ufger nu 
wurde. Als eine vortreffliche des Autor 
wurde von der Kritik auch deſſen Bud 
„Im Dorf der Schmied, eine aus den 
Elſaß“ (1887) anerfannt. Bon den we 


reits im zwölften nr e 


viele novelliftifche, kulturgeſ | 
ten. 1883—34 rebigierte rimmitſ 
„Stadt: und Land⸗geitung“ und 1880 
„Aligemeinen literar. Wochenberigt", 


Vogt, Karl, it am 5. Juli 181 
in Gießen geboren, woſelbſt er auch jeine 
—* und —— ſeine Unive 
bildung empfing. le 
überſiedelte er nach Bern, wo € 
phyfiologiſchen Studien vollende 
danach an Agaſſiz' Gleiſcher 


Bold. 


und beflen Histoire naturelle des poissons 
d’eaun douce als Mitarbeiter teilzuneh- 
men. Er lebte dann für längere Zeit, 
teils in der Schweiz, teils in Paris und 
Stalien feinen Studien und literarifchen 
Arbeiten und nahm erjt 1847 einen 
Lehrſtuhl in Gießen an. Neben feinen 
wiſſenſchaftlichen Arbeiten befchäftigte ihn 
die Politik. Er gehörte der National: 
verfammlung (Mitglied der Linken) und 
fpäter der Reichsregentichaft in Stutt- 
gart an und that fich vielfach als glän- 
zend begabter Nebner hervor. Im Jahre 
1849 gab er feine Profeſſur in Gießen 


665 


Bolger. 


Univerfitäten Erlangen und Leipzig behufs 
des Studiums der Theologie und orient. 
Spraden. Im Jahre 1857 und 1859 
beftand er die beiden theol. Eramina und 
erwarb ſich die philofophifche Doktorwürde 
auf Grund der Schrift: Calendarium 
syriacum auctore Cazuinio. Im Sabre 
1861 habilitierte er fich an der Univer: 
tät Erlangen für altteftamentl. Exegeſe. 
Seit 1862 wirft ®. in Dorpat als Bro: 
fellor der ſemitiſchen Sprachen bei der 
theol. Fakultät. Seine Borlefungen er: 
ftreden ſich über alle Gebiete der alt: 
tejtamentl. Willenihaft, über fämmtliche 


auf und lebte wiederum ausfchließlich | femitifche Sprachen, aber auch über das 


literariſchem Schaffen, bis er 1852 einem 


Neuperfiihe. Bon feinen verbienftlichen 


Ruf der Univerfität Genf folgte. Dort | Schriften find, außer der bereits erwähn— 


lebt B. noch jegt, auch dem Großen Rath 
als Mitglied angehörig. Literarifch if 
V. meift einfame und wiſſenſchaftlich 
völlig felbjtändige Wege gewandelt und 
darum vom großen Troß vielfach ange: 
feindet und angezweifelt worden. Aber 
feine ungemein ſcharfe Auffaffung, fein 
reiches Willen und die große Bedeutung 
feiner Schriften werden von feinem Ur— 
teilsfähigen beftritten. Hauptſächlich fein 
ſatiriſches Werk Unterſuchungen über Tier: 
ftaaten (1851) warb ihm durch die jcho: 
nungslos geihwungene Geißel viele 
Feinde, kind ihn aber auch dem größe: 
ren Laienpublikum bekannter. 
dienftlichfte Werke find folgende: Im Ge 
birg und auf Gletſchern (1843), Lehrbuch der 
‚Geologie (1846, 3. Aufl. 1866), Phyſiologiſche 
Briefe (1846, 4. Aufl. 1874), Ocean und Mittel: 


V.'s vers) 





ten, hervorzuheben zwei Programme: 
Vindiciae Danielicae (1866), De summa car- 
minis Iobi sententia (1869), die Monographie 
über den Segen Moſe's (1873). Außerdem hat 
3. gemeinfam mit Mühlau das Geſenius'ſche 
Zerifon zum alten Teftament in der 8., 9. und 
10. Aufl. herauögegeben ; ferner war er Mit: 
arbeiter an der „Zeitichrift für Theol. u. Kirche“, 
ſowie an der von Herzog begründeten Real: 
Encyklopädie und dem Zödler'ihen theol. Hand» 
bud. Endlich fette er das Hofmann'ſche Kom: 
mentarmwerf zum neuen Tejtamente nach des Ber: 
fafierd Tode fort. Im Jahre 1869 erbielt V. 
honoris causa von der theol. Fakultät der Uni— 
verjität Erlangen die theol. Doftorwürde. Seiner 
theol. Richtung nad ift V. ein Zögling der Er- 
langer Schule; feine ſprachlichen Studien machte 
er unter Spiegel, Delitzſch und Fleischer. 


Volger, Adolf, geboren am 21. Ja: 
nuar 1843 in Landsberg a. W., Sohn 
eines Buchhändlers, trat nach feiner in 


— * ze) Zoologiſche Briefe (1851), Bilder der dortigen lateinischen Schule erfolgten 


Tierleben (1852), 
Wiffenfchaft (4. Aufl. 1856), 
worin V. die Refultate feiner Expedition nad) 


Köhlerglaube und 
Nordfahrt (1861, 


dem Norbfap niedergelegt hat), Die fünftliche 


‚als Lehrling ein. 
zeit war er in vielen Städten in feinem 


| Vorbildung in das Gejchäft feines Vaters 


Nach beendeter Lehr: 


ſchucht (1859), Grundriß der Geologie (1860), Fache thätig, fich gleichzeitig mit dichteri- 


ungen über den Menfchen, feine Stellung 

Schöpfung und in der Geſchichte der Erde 
(1863), Über Mitrocephalen oder Affenmenfchen 
(1867), Lehrbuch der Anatomie (1885). 





ſchen Arbeitenbejchäftigend. Seit längeren 
Jahren lebt er wieder in feiner Vater: 


ftadt. Von ihm erjchienen: Wer die Wahl 
bat (Luftip.), Aus eiferner Zeit (Schaufp.), 


Bold, Joh. Ehriftoph Wilhelm, wurde | Märdenbilder. Zwei Dichtungen. (Daraus Brud: 


am 18. Nov. 1835 zu Nürnberg geboren 
und befuchte, nachdem er das Gymnafium 
einer Waterftabt 1853 abfolviert, 


ftüde von Prof. Ciampoli ins Italieniſche über: 
fegt), Der wilde Jäger (Volks-Schauſp.), (mit 
feinem Bruder Fritz V.), Die Wogenbraut (ep. 


die Ged.), Armin. Oratorium. (Muſik von Nudnid), 


Volger. 
Fridericus Rex, unjer König und Herr (Water: 
länd. Schaufp.), Otto der Schü (Up. nad dem 
gleih. Ep. von Kinkel, Mufit von Rudnid), Vom 
Fels zum Meer (patr. Feitip.), Chinevra (ep. Ged.). 
Namentlih bat das Epos „Die MWogenbraut”, 
welches von der gelammten tonangebenden Preſſe 
al3 eines der beiten Werfe in der Nachfolge 
Sceffels bezeichnet wurde, den Namen des Ber- 
faffers befannt gemacht. Seit neuerer Zeit ift 
V. Mitarbeiter der „Illuſtr. Blätter. Wochen: 
fhrift für Haus und Familie“ und der „Allgem. 
iluftr. Zeitung“, 

Volger, Eduard, geboren am 23. 
Auguft 1847 zu Landsberg a. W., wid: 
mete ſich nad) Abjolvierung des Gym: 
nafiums — wenn auch gegen feine Nei— 
gung, die mehr zur Bühne Hindrängte — 
im Gefchäfte feines Waters, dem Buch— 
handel, dem er auch jpäter aus Fami— 
lienrückſichten noch längere Zeit treu blieb. 
Der Erfolg, den einige einaftige Luft: 
Ipiele von ihm auch an öffentlichen Büh— 
nen fanden, ließ das Verlangen in ihm 
wach werben, feine Kraft aud an einem 


größeren Werke zu verfuhen und als 


erſtes derſelben erichien von ihm das vier: 
aktige Luſtſpiel Die junge Frau, welches 
am Leipziger Stadt-Theater mit durch— 
Ihlagendem Erfolg in Scene ging und 
darauf von über 150 beutihen Bühnen 
mit gleich günjtigem Reſultat gebracht 
wurde. Hierdurch ermutigt, fagte V. 
feinem Berufe Balet und wandte fi) ganz 
der Echriftitellerei zu; er lebt in Gohlis 
bei Leipzig. Es erjchienen von ihm noch 
außer dem genannten Luftipiel: Auf diejem 
niht mehr ungewöhnlihen Wege (Schwant), 
Ludwigs XIV. Jugendliebe (Schaufp.), Leonore 
(Schwank), Fritbjof (Oper, fomponirt von Wilh. 
Eifenhut), Bunte Blätter (Humor. u. Nov.), Die 
Hausfee (Konverfationsluftip.), Nach der Hochzeit 
(Luftip.), In der eigenen Schlinge gefangen 
(Humor.), Memento mori ($umor.), Der Haus: 
fobold (Luſtſp.), Onfel Münchhauſen (Luftip.) 


Bolger, Frig (E. Hildebrand), wurde 
am 8. Eeptember 1841 in Landsberg 
a. W. geboren, beſuchte die Realſchule 
daſelbſt, und erlernte fpäter den Buch: 
handel. Seit 1862 ſchon vielfach lite: 
rariſch thätig, widmete er fich feit 1883 
ausſchließlich der dramatiſchen Dichtung. 


666 


Volkmer. 


Er iſt Herausgeber der von ihm begrün— 
deten „Neuen Liebhaber-Bühne“ und des 
„Militäriſchen Theater-Album“. Allge— 
mein bekannt als dramatiſcher Militär— 
ſchriftſteller. Am Geburtstage des Kaiſers 
finden alljährlich über 300 Aufführungen 
feiner Theaterſtücke ſtatt. Etwas über 
50 Stüde find bereits im Drud er: 
ſchienen, darunter die beliebteften: Das 
Bild des Kaiſers, Königin Puile, Im Yager vor 
Paris, Preußiihe Farben, Ein Stündchen beim 
alten Deſſauer, Blind geladen, Krieg und (Frieden, 
Soldatenliebe, Eine gemiſchte Ehe, Wachtſtuben— 
abenteuer, Jm Rod des Königs, Vater Blücher, 
Einquartiert, Unſer Fritz, Mein Schat iſt ein 
Reiter ic. 


Volkmer, Franz, wurde am 12. Fe: 
bruar 1846 zu Schönau bei Landeck in 
Schleſien als Sohn eines Lehrers ge 
boren, beſuchte das Gymnaſium in Glatz 
und die Univerſität zu Breslau, woſelbſt 
er hauptſächlich philoſophiſchen und mathe— 
matiſchen Studien oblag. Nachdem er 
‚dort 1869 zum Dr. phil. promoviert 
worden war, machte er den Feldzug von 
1870/71 mit und war als Krankenpfleger 
inden LazarettenbeiSedan, Barisund Metz 
thätig. Nach Ablegung der Prüfung pro 
facultate docendi 1871 wirkte er als 
Candidatus probandus, Hilfslehrer und 
feit 1873 als ordentl. Lehrer am fönigl. 
fatholifhen Matthias-Gymnaſium zu 
Breslau; 1874 zum Seminar=Direftor 
ernannt, leitete von 1875— 77 das königl. 
Schullehrer-Seminar zu Zülz in Ober: 
Ichlefien. Im Jahre 1877 erfolgte jeine 
Verſetzung in gleicher Eigenihaft nad) Ha: 
belichwerdt, Negierungsbezirt Breslau. 

Bon feinen Schriften jind die widtigiten: Das 
Verhältnis von Geiſt und Körper im Menſchen 
nach Gartefius (1869), Ausführliher Lehrplan 
der Seminarfchule zu Habelichwerdt (1878, 5. N. 
1886), Geſchichte des kathol. Schullehrer-Semi- 
nars in der Grafihaft Glatz (1880), Wieder 
bolungsbuch zum Unterrichte in der Geſchichte 
der Pädagogif (1882, 3. Aufl. 1885), Geihichts: 
quellen der Grafichaft Glag (im Verein mit Dr. 
Hohaus, bis jegt 3 Bände, 1883--87), Die 
Graffhaft Glay unter dem Gouvernenent deö 
Generald Heinrich Aug. Freiherrn de la Motte 

| Fouque 1742—60 von Bach (1885), Elemente 





| 


Vollbrecht. — 
der Pſychologie, Logik und Pädagogik (1886, 
2. Aufl. 1887). Eine längere Reihe hiſtoriſcher 
Aufſätze in der ſeit 1881 erſcheinenden „Viertel: 
jahrsſchrift für Gefhichte und Heimatskunde der 
Grafſchaft Glatz“, deren Redakteur er ſeit 1885 ift. 


Bollbrecht, ©, ſ. Dttilie Söllner. 


Volz, Berthold Auguft Emil, geboren 
zu Nügenwalde am 30. Juli 1839, be: 
fuchte das Gymnafium zu Cöslin, ale: 
dann (1857—61) die Univerfitäten Ber: 
lin. und Greifswald, um Philologie und 
Geſchichte zu jtudieren. Nach Beendigung 
des vorihriftsmäßigen Probejahres an 
den Gymnafien zu Göslin und Stolp, 


war er als ordentlider Lehrer an den! 


Gymnafien zu Cöslin und Schwerin 
i. M., als Oberlehrer an dem Gymn. 
zu Mühlhaufen i. Th. und dem K. Pä— 
dagogium zu Halle a. S. angejtellt. 1872 
wurde er Direktor des Gymnafiums zu 
Wittfiod, 1874 nad) Potsdam zur Lei- 
tung des Viktoria-Gymnaſiums berufen. 
1878—84 madte er wiederholte Reifen 
in Italien und Griechenland; war aud 
1878 beauftragt, dem Prinzen Heinrich 
von Preußen, 1880—82 der Prinzeffin 
Victoria von Preußen wiſſenſchaftliche 
Vorträge zu halten. 

Die wichtigſten unter feinen verdienftlichen 
fiterariihen Publifationen find: Die römiiche 
Elegie; über das Jahr der Schlacht von Pollentia, 
Beiträge - zur Geſchichte des Pietismus, Fürſt 


Kaunig, Geſchichte der Neueiten Zeit, die An⸗ 


fänge des Chriſtentums, Geſchichte Deutſchlands 
im 19. Jahrhundert, die geographiſchen Ent: 
dedungen und Entdeder der neueiten Zeit, Lehr: 
buch der Erdfunde, Stanley’3 Reife durch den 
dunklen Weltteil, geographiiche Charafterbilder 
(5 Bände), Griechenlands und Italiens klaſſiſche 
Stätten. Außerdem mehrere Gelegenheitsfchriften, 
fomie zahlreiche Auffäge und Rezenfionen in ver: 
ſchiedenen Zeitichriften. 

Voſs, Georg, ift am 5. September 
1855 zu Magdeburg geboren, wo er bis 
zum Abiturienteneramen im Haufe feiner 


Eltern gelebt hat. Dann famen fünf der, 


Kunſtwiſſenſchaft gewidmete Studienjahre 
in Berlin und Wien. Sein Vater ſetzte 


ihn in den Stand, jede für das Studium 


ber Kunſtgeſchichte wünjchenswert erſchei— 
nende Neile zu unternehmen. So lernte 


667 


Voß. 


\er bereits als Student die Mufeen und 
Kunjtdenfinäler von Mitteleuropa bis 
hinab nah Süditalien gründlich fennen. 
Nah dem Eramen trat er in die Ver: 
waltung der fgl. Muſeen zu Berlin, wo 
‚er an der wiſſenſchaftlichen Bearbeitung 
‚ber Sammlungen des Aupferitichfabinets 
‚2 Jahre lang thätig war. Während die— 
‚fer Zeit erwarb das Kupferftichfabinet die 
berühmte Bibliothek des Herzogs von Has 
milton. Was den jungen Kunſthiſtoriker in dies 
‚fer Sammlung feflelte, waren bejonders die rei) 
illuſtrirten mittelafterlihen Handichriften, die ihm 
zu einigen für die Kenntnis der frührmittelalters 
‚lien Bilder wichtigen Entdedungen Gelegenheit 
gaben. Die wichtigiten Ergebnifje diejer Studien 
legte er in dem Buche „Das jüngite Gericht in 
der bildenden Kunjt des frühen Mittelalters” 
nieder. Diefer Schrift wurde von Seiten der 
Kunfthiitorifer die wärmite Anerkennung zu teil. 
Die vorzüglichiten Kenner des frühen Mittelalters 
haben den von V. gewonnenen Refultaten zuges 
ftimmt. Nach diejem Erfolge jtand feiner 
Habilitation als Privatdozent in Berlin 
nichts mehr im Wege. Im feinen kunſt⸗ 
geihichtlihen Vorlefungen hat er mit be— 
jonderer Vorliebe das von den Kunſt— 
bijtorifern ſtark vernadjlälfigte Gebiet der 


Kunſt des 19. Jahrhunderts behandelt. 
In feinen zahlreihen feuilletoniftiichen Arbeiten 
ift er beftrebt, die Ergebniffe feiner Studien aud) 
über den engeren Kreis jeiner Fachgenoſſen bins 
aus zu verbreiten. Namentlich verfolgt er alle 
wichtigeren künſtleriſchen Ericheinungen der Gegen— 
wart und behandelt dieſelben in ß eingehender 
Weiſe, daß die zerſtreuten Arbeiten ihm wichtiges 
Material für die von ihm beabfichtigte Geſchichte 
‚der Kunft des 19. Jahrhunderts bieten werden. 
‚Er bereift zu diefem Zweck in jeinen akademiſchen 
' Ferien alle größeren Ausftellungen und Samm: 
lungen und bat auf diefe Weife eine umfaſſende 
Kenntnis der Künftlerfchulen der verfchiedenen 
Länder gewonnen. Abgeſehen von feinen in 
wiſſenſchaftlichen Zeitichriften zerftreuten Arbeiten 
ift er der ftändige Aunftreferent der „Kunſt für 
Ale”, der Berliner „National-Zeitung” und der 
| „Zäglihen Rundſchau“, fowie Dozent am Vikto— 
rialyceum., 


Voß, Rihard, wurde am2. September 
1851 zu Neugrape (Pommern) geboren 
und in Berlin, wohin feine Eltern 1859 
überfiedelten, erzogen, meift von Haus: 
lehrern, da die leidende Geſundheit des 





Boß. — 
Knaben zunächſt einen regelmäßigen 
Schulbeſuch verhinderte. Aus demſelben 
Grunde wechſelte die Familie fortwäh— 
rend ihren Wohnſitz, von einem Lande 
ging es ins andere, bis Richard ſchließ— 
li in eine Thüringer Penfion gegeben 
wurde. Später fam er nad) Berlin zu: 
rüd. Er jfollte Landwirt werden, fo 
wünſchten e8 die Seinen. Er ſelbſt 
ſchwankte hin und her und fam doch zu 
feinem Entihluß. Da brach der Krieg 
aus. Neun Monate wirkte V. als Kran: 
fenwärter in Franfreid. Dann fam er 
zurüd und ging nad Jena, wo er Kuno 
Fifher und Ernſt Hädel hörte. Nun 
war endlich das lange geſuchte „Rechte 
gefunden: Griechiſche Philofophie und 
natürlihde Schöpfungsgeichichte vollende: 
ten in ihm, was der Krieg begonnen. 
Dann fing er zu fchreiben an, unreife 
Jugendprodukte über ben Krieg u. |. w. 
Die Urwüchfigkeit darin, wohl auch das 
„Verbot“ eines ſolchen Broſchürenwerk⸗ 
chens lenkte die Aufmerkſamkeit auf den 
Dichter. Paul Heyſe und Adolf Wil: 
brandt nahmen ſich des jungen „Stür- 
mers“ und „Weltichmerzlers“ zugleich 
an und balfen ihm, fih von dem 
Schladen reinigen. Doch erft, als ®. 
ein glüdliches Eheband fnüpfte, wurde 
er in fi felbft Far. Er begann nun 
das Drama zu fultivieren. Den erften 
Erfolg errang feine „Patrizierin“ in Frankfurt, 
ein Jahr darauf in Mannheim feine „Luigia 
Sanfelice”. Es kamen entſchiedene Erfolge: 
„Pater Modeftus“, „Mohr des Zaren”, Unehr: 
lih Bolt". „Pater Modeftus” wirkte am ftärf: 
ften, aber die Zenfur vernichtete das kräftige 
Leben dieſes Werkes. Er ſchrieb daher die 
„Neuen Römer”. Auch ein anderes Schaujfpiel, 
„Die Nihiliften“, mußte todt bleiben. In der 
Novelle war er von den „Scherben“ bis zu den 
„Römiſchen Dorfgeihichten” vorgefchritten. Das» 
zwifchen liegen: Bergafyl, Rolla, San Sebaftian, 
Maria Bott. „Bergafyl‘ ift wohl fein fubjek- 
tioftes Wert. Aus demfelben ift das Trauer; 
ſpiel „Alerandra” entitanden. Voß iſt ſpät 
erſt zur Erkenntnis ſeiner ſelbſt gekom— 
men, dafür aber tragen ſeine Schöpfun— 


gen auch den Stempel eines vollreifen 


und fampfgeflärten Seelenlebens. 


668 


Wachenhuſen. 


W. 


Wachenhufen, Hans, wurde am 
31. Dezember 1827 al8 Sohn eines 
preußifhen Dffiziers zu Trier geboren. 
Ermähltedas Studium derneuen Spraden 
gegen den Willen feines Vormunds, ber 
ihn in geichäftlihe Bahnen leiten wollte. 
Frühzeitig ging er auf Reifen, zunächſt 
na dem Norden (Schweden, Finnland, 
Lappland). 1855 machte er ımter Omar 
Paſcha als Kriegsfeuilletonift der „Augsb. 
Allg. Ztg.“ den Donau⸗Krimkrieg mit 
und entrann glüdlih vielen Gefahren 
(u. a. follte er auf Befehl Ismael Paſcha's 
füfiliert werden). Nach Berlin zurüdge: 
fehrt, redigierte er feine Tagebücher Im 
türfifchen Lager, Yon Widdin bis Stambul, ging 
dann nah Stalien und Paris, wo er 
Das neue Paris, Paris und die Parifer, Die 
Frauen des Kaiferreihs ſchrieb. Wegen fei- 
ner Feuilletons über das zweite Kaijer- 
reich und der darin angefochtenen Jllegi- 
timität der Geburt der Kaiſerin Eugenie 
wurde er ausgemwiefen und ging nad) 
Neufchatel, Ichrieb dort Das Skizzenbuch aus 


| Neuenburg (1857). Darauf wandte er fi 
nach Spanien und Afrika, wo er fich den 


Stoff für feinen berühmten Roman Rom 
und Sahara (2. Aufl.) und für feine Reife 
bilder aus Spanien holte. 1859 gründete 
er in Berlin die Zeitichrift „Der Haus: 
freund“, der durch feine Friſche und Ori- 
ginalität jchnell emporblühte. Nun zog 
W. als Beobadter in den ölterr.franz.: 
fardinifhen Krieg nad) der Lombardei, 
worüber fein Tagebuch vom öfterr. Kriegs 
ihauplag, das in zmanzigtaufend Eremplaren ver: 
breitet wurde, intereflanten Auffchluß giebt. 
Einer Einladung des ſpaniſchen Generals 
D’Donnel in fein Hauptquartier im Kriege 
gegen Maroffo folgend, erfrankte er und 
ging nad) Italien, wo er den Freilchaaren: 
zug Garibaldi’s auf Sizilien mitmachte. 
Diefen ſchildert er unter dem Titel Frei— 
ſchaaren und Royaliften (4. Aufl). Darnach 
zog er wieder nad Afrifa und Aſien, 
[ebte dann in Wien und machte von dort 
(1863) die unglüdlihe polnische Revo: 


Baepoldt. 


Iution mit. Im Jahre 1864 lag W. mit 
den Brandenburgiichen Truppen den Win: 
ter hindurch im Zentrum vor den Schanzen 
von Düppel und jchrieb danach fein Tage: 
buch Bor den Düppler Schanzen. 1866 er: 
lebte er den Krieg gegen Djterreich mit 
und verwertete feine Erfahrungen in feis 
nem Tagebuch Bom öfterr. Kriegsſchauplatz 
(4 Aufl). Nun lebte er für mehrere 
Jahre in Paris feinen fchriftitelleriichen 
Arbeiten, unterbroden von Erpeditionen 
nad Algerien und der Weſtküſte von 
Afrika. Sid nad) Ruhe fehnend, ver: 
fobte er fih 1869 in Wiesbaden, er- 
hielt aber fur; darauf eine Einladung 
vom Vizekönig von Egypten, der er folgte. 
Nah Berlin zurüdgefehrt, brach der 
Krieg gegen Frankreich aus, den W. als 
Berichterftatter der „Kölniſchen Zeitung“ 
mitmachte. Hierüber erfchien fpäter fein „Tas 
gebuch vom franzöfiich. Kriegsihauplag“ (5. Aufl.). 
Endlid 1872 ließ fih W. in Wiesbaden 
nieder, um nad) einem fo reichen und 
wechlelvollen Leben im ftillen Hafen eines 
reinen Familienglüdes zu landen. Außer 
ben bereits genannten find von des fo 
überaus fruchtbaren und hochbegabten 
Autors Werken noch hervorzuheben: 
Die bleihe Gräfin (6. Aufl.), Halbmond und 
Doppelabler, Rouge et noir (5. Aufl.), Pariſer 
Photographien, Eva in Paris, Nur ein Weib 
(5. Aufl.), Vom armen eguptiihen Mann, Um 
Ihnödes Geld (3. Aufl.), Die Diamanten des 
Grafen von Artois, Zigeunerblut, Des Herzens 
Sol (4. Aufl.), Dieneue Loreley, Schlag zwölf 
Ubr, Hofdamen (3. Aufl.), Salon und Wert: 
—* er De ————— 
er el (8. Aufl.), € en 
Mylady (2. Aufl.), Die junge Freu (3. gr) 
s Dorche (2. Aufl.), Helena (2. Aufl), Der 
(2. Aufl.), Eine Geborene (2. Auft.), 
Gelebt und Gelitten, Der Schwedenihaf, Was 
die Strafe verjchlingt (3. Aufl), Der Herzen» 
freffer (2. Aufl.), Die tolle Betty, Das Gefpenit 
der ‚ Monato. 


Warkoldt, Stephan, ift zu Henners- 
dorf (Schleſien) am 3. Juni 1849 als 
der Sohn eines Paſtors, jpäter vortra= 
genden Rats im Kultusminijterium ges 
boren und hat feine VBorbildung auf den 
Gymnaſien zu Bunzlau, Breslau und 


669 


Wagner. 


Berlin, je nach den Berfegungen feines 
Vaters, erhalten. 1869 bezog er Die 
Berliner, fpäterdie Marburger und jchlieh- 
lich nochmals die erftgenannte Univerfi- 
tät, um germaniftiiche Studien zu betrei- 
ben. Nach Beendigung des beutich-fran- 
zöfifchen Krieges, den er als Freiwilliger 
mitgemadt hat, ging er nad) Paris, um 
die dortigen Bibliothefsichäge fennen zu 
lernen. Nah Deutichland zurüdgefehrt, 
legte er zu Halle jeine Doftorprüfung ab 
und folgte dem ehrenvollen Ruf des Groß- 
herzogs von Oldenburg als Erzieher feines 
Sohnes. Von 1878—86 wirkte W. als 
Lehrer am Lehrerinnenjeminar zu Hams 
burg, nahdem ihm der Großherzog von 
Oldenburg den Profefforentitel verliehen 
hatte. Seit 1886 ift er Direktor der f. 
Elijabethichule und Profeſſor ander Kriegs: 
afademie in Berlin. Literarifch hat ſich 
MW. befonders als Germanijt und Kritifer 
rühmlich hervorgethan. Er iſt ein an— 
gejehener Mitarbeiter vieler einichläglicher 
Fachblätter und ließ felbitändig ericheis 
nen: Heimat und fremde (1876), Ein Winter: 
märden (1879), Pariſer Tageszeiten (1880), 
Flore und Blanfcheflur (1881), Emanuel Geibel 
(1885), Zwei Goethevorträge (1888). 


Wagner, Johannes Andr. Freiherr 
von (Johannes Renatus), geboren 1833 
in Freiberg (Sadjen), trat nad) erhal: 
tener Gymnafialbildung, ſowie nad) feinen 
techn. Studien in Dresden, in ſächſiſchen 
Staatsdienft. Nach 23jähriger Wirkſam— 
feit hierin, wovon 14 Jahre auf die 
Oberlaufig entfallen, folgte er einem Rufe, 
eine Profeſſur an der herzogl. techn. Hoch— 
ſchule zu Braunſchweig anzunehmen. Dort 
lehnte er einen ihm nad) 1 Jahre ge— 
ftellten Antrag zur Annahme einer Pro— 
feffur in Berlin ab. Nad weiteren 7 
Jahren gab er in Folge eines hartnädigen 
Nervenleidens fein Lehramt in Braun: 
ſchweig auf und zog wieder zurüd nad) 
Dresden, wo er gegenwärtig noch weilt. 
Vom Kaifer erhielt er den Kronenorden 
4. Kl., fowie die Medaille für Nicht: 
fombattanten; vom Herzog von Brauns 


— 


Waidmann. 


ſchweig das Ritterkreuz 2. Kl. Heinrichs 
des Löwen. 

Seine fachwiſſenſchaftlichen, zahlreichen Arbeiten 
(teils Abhandlungen in wiſſenſch. Zeitſchriften, 
teils beſondere Bücher) fanden allgemeine An— 
erkennung. Nach Dresden zurückgekehrt, gab er 
ſich einer alten Neigung zu belletriſtiſchen Arbeiten 
wieder bin. Neben zahlreichen Erzählungen und 
Humoresken in Zeitichriften zc. jind an elbftän. 
digen, meijt weitverbreiteten und verdientermaßen 
vorzüglih beurteilten Merken hervorzuheben: 
Eriter Band zu; „Allerlee aus d’r Äberlauſitz“, 
(5. Aufl. 1887), Zweiter Band zu desgl. (2. 
Aufl. 1883; beide mit Jluftr. von Prof. Bürfner), 
Dritter Band zu desgl. (1886), Lebensikizzen aus 
erniten und heiteren Tagen (3. Aufl. 1886), 
Die lebten Mönche vom Oybin. Eine Gejchichte 
aus dem 16. Jahrhundert (1887), Deflamatorien 


für Jünglingsvereine (2. Aufl. 1886), Heide: | 


fraut und Gentifolien, eine Gelchichte aus der 
Heide (1888). 


Waidmann, Aler., 1. A. 9. ©. 


Meyer. 


Waizer, Rudolf. Ich wurde am 15. 
April 1842 zu Klagenfurt geboren, be— 
ſuchte daſelbſt die Volks- und Realſchule 


und trat nach Abſolvierung derſelben in 


den öſterr. Steueramtsdienſt in Wolfs— 
berg als Praktikant ein. Gegenwärtig 


bekleide ich die Stelle eines Oberfontrol: | 


leurs beim E. f. Handelsfteueramte in 


Klagenfurt. 

Meine eriten Gedichte erfchienen 1867 i. der 
Carintbia und dann in verih. anderen Sour: 
nalen. In touriftiicher Richtung erfchienen von 
mir viele Aufläge in dem Jahrbuch des deutfchen 
und öjterr. Alpenvereins, in der Deutichen Al 
penzeitung, im „Zouriiten“, in der öiterr. Tou: 
riften: Zeitung xc. In ethnographiicher und ful: 
turhiitorifcher Nichtung erſchienen vielerler Auf: 


670 


—“ 


Walcker. 


Walcker, Karl Adolf Theodor. Ich 
bin am 13. April 1839 in Pernau in 
Livland geboren. Einer Familientradition 
zufolge ſollen meine Vorfahren zur Gentry, 
zum niederen Adel Schottlands gehört 
haben und wegen ihrer Betheiligung an 
einem Stuart'ſchen Aufſtande nach Deutſch⸗ 
land ausgewandert ſein. Von dort kamen 
ſie im 18. Jahrhundert nad): Kurland. 
Ich befuchte das Gymnafiuni meiner Ba 
terjtadt und ftudierte 1857 —63 in Dor 
pat und Berlin 1 Jahr Medizin, darauf 
Nationalökonomie. In Berlin hörte ich 
bei Hanßen, Gneiſt, F. v. Holtzendorff, 
Ranke, Droyſen u. A. 1867—69 war 
ich Privatdozent in Dorpat und 1869 
‚bis 1870 etatsmäßiger Dozent in Char— 
kow. 1870 nahın ich, meiner engegrip 
fenen Geſundheit wegen, meinen Abſchied 
und privatiſierte darauf in Narva, Berlin, 
‚ Tübingen und Karlsruhe. 1873 wurde 
ich badiſcher, 1886 ſächſiſcher Staats: 
bürger und 1877 Privatdozent der Staats⸗ 
wiſſenſchaften an der Univerſität Leipzig, 
was ich noch jetzt bin. Bon meinen zahl: 
reihen ſtaatswiſſenſchaftlichen Schriften, 
Abhandlungen und Rezenſionen notire ich 
der Kürze halber nur die folgenden: Schutz⸗ 
zölle, laissez faire und Freihandel (1880), Die 
Arbeiterfrage (1881), Handbuch der National 
'öfonomie (5. B., 1882—N4, 2. verb. Auflage 
1888), Die Strites und die inneren Intereſſen⸗ 
gegenſätze der Handarbeiterklaſſe (1856), Kritik 
der deutſchen Parteien. Ein volkswirtſchaftlicher 
und politiiher Eſſay (1887). Meine zahlreichen 
Aufjäge und Kritiken find meiſt in der Berliner 
„Bierteljabrsichrift für Vollswirtſchaft“ und in 
der Berliner „Gegenwart“ erſchienen. 


ſätze in Omthor's Alpenfreund, in der Neuen Ji— 


luftrierten Zeitung, in der „Heimat“, im „Heim: 
Ferner erichienen: die Bauern: ; 


garten“ u. |. w. 
geſchichten „Gebrochene Herzen“, „Die Zpreng: 
wurzel“, „A Woasl“ und „Der Riefe von Körtſch“. 
1877 —S1 redigierte ich im Verein mit Dr. Hein- 
rich Noé die politiiche und unterhaltende Wochen: 
Ichrift „Vlätter für die Alpenländer ſterreichs“, 
welche Schließlich zu Tode konfisziert wurde. 1882 
erihien das Buch „Kultur der Yebensbilder aus 
Kärnten“, weldes von der Preſſe ſehr beifällig 
aufgenommen wurde, Eine fleine Brofhüre von 


Wald, GC. v., ſ. C. v. Zedtwitz. 


Waldbach, Philipp (Philipp Schuh), 
geboren am 24. Mai 1862 zu Waid— 
hofen, widmete fi dem Beruf eines Mül- 
lers und faufte fich, nad) gehöriger An: 
eignung der für dieſen Stand nötigen 
Kenntnis, in Markl (Niederöfterr.) an. 

Literariih trat er wiederholt befonders mit 


mir erfchien im Jahre 1872, melde fih „Hans | Dialektarbeiten (niederöfterr. Mundart) an die 
Goſſers Jugendleben“ betitelt und biographiiche | Offentlichleit. Hervorzuheben: Waldviertler Nach- 
Mitteilungen über den verftorbenen Künſtlerenthält. richten (LSS6— #7). 


Mal deck. 


671 


Walter. 


Walde, Fr. Meyer von, |. Clem. Graz, wo derfelbe fur; zuvor auch den 


Fr. Meyer. 
Waldemar, 9. von, f. 9. Louran. 
Waldheim, R., ſ. Waldheim. 
MWaldmiüller,Rob., j.Ch.Ed. Duboc. 


Waldow, E. von, ſ. 2. von Blum. | 


MWalling, Günther, ſ. K. Ulrici. 


Walloth, Wilhelm, geboren zu 
Tarmitadt am 6. Oktober 1857, ver: 


bradıte feine Jugend, da feine Eltern | 


frühe ftarben, in der Familie eincs 


Malers und nahm hierdurch, fowie durch 
Heilen, die er wegen feiner Kränflichkeit 


unternehmen mußte, mannigfache, Die 
Phantafie anregende Eindrüde auf. 
bejuchte die Nealichule, zu der jpäter das 
Polytechnikum kam, um Chemie zu fu: 
dieren und fid) nebenher zum Maler 
auszubilden. Da hierzu feine Begabung 
nicht völlig ausreichte, bezog er die Uni: 
verfität Heidelberg, um Philoſophie und 
Äſthetik zu hören und widmete ſich nach 
ſeiner Rückkehr nach Darmſtadt ausſchließ— 
lich der Literatur. Anfangs hatte er 
wenig Erfolg, erſt als G. v. Amyntor 
auf ihn aufmerkſam machte, wußte er 
ſich ein Publikum zu erringen, das die 
hohe künſtleriſche Begabung W.'s ebenſo 
anerkannte, wie die berufene Kritik es 
längſt gethan. 

Hauptwerke: Das Schatzhaus des Königs 
(Giſt. Roman), Oktavia (Hiſt. Roman.), Paris 
(Hiſt. Roman), Gedichte, Gräfin Rufteola (Trauer: 
ſpiel), Seelenrätfel (Roman), Aus der Praris 
(Roman), Johann v. Schwaben, M. 
(Trauerjp.) 

Waltenhofen, Adalbert von, geboren 
zu Adimontbühel in Steiermarf am 14. 
Mai 1828, ftudierte derjelbe das Gym— 
naſium teils zu Judenburg in Steiermarf, 
teils zu Wien und beendete feine philo- 
ſophiſchen, mathematifchen und phyſikali— 
ſchen Studien an der Univerſität und an 
der techniſchen Hochſchule in Wien im 
Jahre 1848. Er begann ſeine lehramt: 
liche Laufbahn als Aſſiſtent für Mathe: 
matik und Phyſik an der Univerſität zu 


Er 


Falieri 


philoſophiſchen Doktorgrad erlangt hatte. 
Im Jahre 1850 wurde er Gymnaſial— 
lehrer und 1851 zugleich auch ſupplieren— 
der Profeſſor der Phyſik an der techni— 
ſchen Hochſchule daſelbſt. Im Jahre 1852 
von der Regierung als Profeſſor der 
Phyſik an die Univerſität Innsbruck be— 
rufen, beſorgte er daſelbſt die, den neueren 
Anforderungen entſprechende Einrichtung 
der phyſikaliſchen Lehrkanzel und lieferte 
die erſten phyſikaliſchen Arbeiten, welche 
aus diefer Hochſchule hervorgegangen ſind. 
1867 überſiedelte er an die techniſche 
Hochſchule zu Prag als Profeſſor der alle 
gemeinen und techniihen Phyſik und be— 
forgte auch bier die neue Einrichtung des 
phyſikaliſchen Laboratoriums. 1883 wurde 
‚er, nachdem er Schon an der Prager Hoch: 
ſchule den eleftrotechniichen Unterricht an: 
gebahnt hatte, zur Einführung dieſes 
Unterrichtes und zur Errichtung und Lei— 
tung eines eleftrotechniichen Inſtitutes an 
die technische Hochſchule in Wien berufen. 
Er beſchickte die Kenfington-Ausjtellung 
in London und die eleftriichen Ausitellun: 
‚stellungen in Paris, Münden und Wien 
mit Apparaten eigener Erfindung. Von 
‚ihm find folgende als jehr verdienſtlich 


anerkannte Schriften erſchienen: Aſtro— 
nomie und Optik in den letzten Dezennien (1862), 
Grundriß der allgemeinen mechaniſchen Phyſik 
(1875), Die abſoluten Maaße, insbeſondere die 
elektriſchen Maaße (1885), ferner zahlreiche (über 
70) willenichaftliche Abhandlungen phyſikaliſchen 
und elektrotechniſchen Inhaltes in verſchiedenen 
Zeitſchriften, und teilweiſe auch in Karmauſch 
und Heerens techniſchem Wörterbuche. 


Walter, Waldemar, geboren am 4. 
April 1854 zu Nieder-Adelsdorf, Neg. 
Bezirk Liegnig in Schlefien, Cohn eines 
Guisbeſitzers, beſuchte bis zu feinem 
10. Lebensjahre die Ortsichule, von da 
bis zum 16. Jahre das Gymnaſium zu 
Bunzlau, um jpäter nad) dem Willen ſei⸗ 
nes Vaters Geiſtlicher zu werden. Leider 
behagte das weitere Studieren dem ſchwäch— 
lichen Körper nicht, deshalb war W. ges 
zwungen, auf Nat des Arztes Lands 








Barnitorf. 


wirt zu werden. Viele Jahre war er 
in Ddiefem Berufe thätig. Familien: 
ereigniffe aber legten ein Veto in biefe 
Beihäftigung. Langſam von einem ſchwe—⸗ 
ren SHerzleiden genejfen, erwachte ber 
in ihm ſchlummernde heitere Einn, und 
feine 1881 in den verſchiedenen Zeitſchriften Schle: 
fiens erjchienenen erften Dialelt:$umoresfen ga» 
ben ihm dur Anerfennen des Publikums Mut, 
auf diefem Gebiet weiter zu fchaffen. Aus einer 
alten am Ort über 200 Jahr angefeflenen Bauern 
familie ftammend, find W. die Sitten und Ge: 
bräuche der ſchleſ. Zandvölfer befannt und ver: 
traut, jo daß feine Dichtungen, unter dem Titel 
„A kleenes Riefla” (1883) und „Ann Hamvel 
Schnaaken“ (1886) gefammelt, vielen Beifall 
fanden. 


Waruſtorf, Carl, am 2. Dezember 
1837 zu Sommerfeld, Kr. Croſſen (Brans 
denburg) geboren, befudhte von 1855 —58 
das LZehrerjeminar in Neuzelle, wirkte fo: 
dann bis zum Jahre 1867 als Lehrer 
an den Volksſchulen in Arnswalde und 
ift feit diefer Zeit als 1. Lehrer an ber 
achtklaſſigen Bürgerfnabenihule in Neu: 
ruppin thätig. Echon frühzeitig zeigte er 
große Liebe zur Natur, und bejonders 
war e8 die heimiſche Pflanzenwelt, welche 
ihn außer feinen Amtsftunden feſſelte. 
Während der legten beiden Dezennien be: 
ſchäftigte er fich faft ausschließlich mit den 
europäifhen Moofen und unter dieſen 
mit Vorliebe mit den Sphagnen. Seine 
Beobachtungen und Entdedungen auf diefem Ge: 
biete find im zahlreichen Abhandlungen in den 
verfchiedenften deutſchen Fachſchriften niedergelegt. 
Bon feinen größeren Arbeiten find hervorzuheben: 
Die —— Torfmooſe (1881, ins Franzö— 
ſiſche überſetzt 1887), Sphagnologiſche Rückblicke 
(1884), Moosflora der Prov. Brandenburg (1885), 
zu deren Vorarbeiten ihm von Unterrichtsminifter 
1884 ein balbjähriger Urlaub bewilligt wurde, 


welchen er dazu benugte, die reihen Samımluns | 


gen des fönigl. botan. Mujeums in Berlin ein» 
gehend zu ftudieren. Gegenwärtig arbeitet er nun 
an einer umfaflenden Monographie der euros 


päifhen Torfmoofe. Außer mit den Natur: 
wiſſenſchaften befchäftigt er ſich in feinen 


Mußeſtunden mit Mufif; von feinen job 


reichen Kompofitionen erjhienen vor Jahren ſechs 
Feſtmotetten für gemiſchten Chor, welche feiner: 
zeit als „Kabinettsſtücke“ bezeichnet wurden. 


672 


Dartenburg. 


Wartenburg, Karl Friedrich Anton, 
zu Leipzig geboren am 13.November 1826, 
befuhte das Geraer Gymnafium und 
widmete fih an der Leipziger Hochſchule 
dem Studium ber Rechte, das 1851, da 
er des Verſuchs bes Hochverrates ange 
Hagt war, durd längere Gefängnishaft 
unterbrochen, dann aber durch die Ables 
gung der Staatsprüfung feinen Abſchluß 
fand. Er fühlte das Zeug in fich, zu 
dichten und zu jagen, und da er ein beffe 
rer Dichter als Jurift zu fein glaubte, fo 
hing er legteren an den Nagel und wids 
mete ſich ausfchließlich dem Schriftiteller: 
beruf. Nachdem er feinen Gefichtsfreis 
Inodh durch mehrere Reifen und längeren 
Aufenthalt in Frankreich und Belgien und 
Hamburg erweitert hatte, nahm er feinen 
MWohnfig in Gera, wo er noch jet lebt. 
In Paris fchrieb er feinen erjten Roman: 
Eine Berlorene. Selbſtſchaffend bebaut er 
vornehmlich das Feld des Romans, für das 
er die meijte Begabung: fruchtbare Phan- 
tafie und glänzenden Stil, befigt. Außer: 
dem bat er noch die Bühnenliteratur um 
mehrere Dramen, von denen „Die Schauer 
fpieler des Kaifers“ der Weltliteratur 
angehören, ba fie in eine große Anzahl 
fremder Sprachen überfegt wurden, be 
reichert. 

Hauptwerfe: Reue Propheten (Rom. 1861), 
An trüben Tagen (Nov, 1861), Bäter der Stadt 
(Rom. 1862), Franzöfifhes Leben (Rov. 1863), 
Ein Heines Kind (Nov. 1865), Gerichtet und ger 
rettet (Rom. 1868), Robespierre (Rom. 1871), 
Ein fchredliher Menfh (Rom. 1873), Eine junge 
Frau (Rom. 1881), Catilina's Söhne (Rom. 
1882), Die Schaufpieler des Kaiſers (Dram.), 
Das Mädchen von Frontera (Dram.), Die Jdee 
feiner Frau (Luftip.), Die Volfsjängerin (Dram.), 
Denn Frauen alt werden (Nov.). 


Wartenegg, Wilhelm von, aus 
reihsadeligem Geſchlecht, zu Wien am 
24. Juni 1839 geboren und dort erzogen, 
trat nach verſchiedenen Studien und Reis 
ſen in die faiferlich öfterreihifche Armee 
und madte 1866 als Offizier bei den 
Kaifer-Ulanen den Feldzug in Böhmen mit, 
blieb dann Soldat und fam als Ober: 





Mafielewäti, 


673 


Weber. 


leutnant im Jahre 1874 in Zuteilung | hatte ich das jwanzigite Lebensjahr er⸗ 


zum-Oberftfämmereramte des Kaifers in 
Wien. Im Jahre 1878 wurde er zum 
Kuftos der faiferlichen Gemäldegalerie er: 
nannt, welche Stelle er noch bekleidet. 
Srübzeitig den Künften geneigt, befchäftigte er fich 
mit Roche und Malerei und brachte feine eriten 
dramatischen Verſuche Franz Grillparzer, den er 





ſehr verehrte und der diefelben als Zeichen eines | 
wahren und großen Talentes bezeichnete. Aud | 
Ipäter ward er durch das Lob des großen Die: 
terö vielfach ausgezeichnet und angeeifert. —A 
Trauerfpiel „Maria Stuart in Schottland“ wurde 
zum erftenmale am Hoftheater in Stuttgart 1871 
gegeben. Der ungewöhnliche Erfolg machte, daß 
es im felben Jahre am Hofburgtheater in Wien 
zus Aufführung gelangte. 1875 wurde feine 
ragödie „Rofamunde” am Hoftheater zu Dres: 
den aufgeführt; das Hoftheater zu München, das 
Stadttheater zu Frankfurt und andere Bühnen 
folgten nad. Ein hiftorifches Traueripiel „Un: 
dread Paumkircher“ ging zum eritenmale 1878 
am Hofburgtheater in Wien in Scene; ein mo: 
dernes Stück „Ein Blick in die Welt” 1880 am 
Hoftheater in Stuttgart. Auch andere Stüde | 
ernjter und beiterer Gattung wurden an verſchie⸗ 
denen Bühnen von ihm gegeben; viele hiſtoriſche 
Stüde find noch nicht in die Öffentlichkeit gedruns 
en. Bon den Romanen und Novellen Wes find 
either viele in Zeitfchriften veröffentlicht worden, 
Im Buchhandel erfchienen: Deflamationen (Luftip. 
1873), Andreas Paumkircher (Trauerfp. 1878). 
Einzelne Gedichte erfchienen in Sammelwerten, | 
ein Eyflus „Der Sang von Ingejald und Jvar“ | 
in „Deutiche Worte“ (1884). Eine Suite funft: 
wiſſenſchaftlicher Arbeiten begann mit „Das hiſto⸗ 
riſche Porträt" in dem Jahrbuch „Die Diosturen“ 
(1887). „Der Berwendbare“, Erzählung mit Bor: 
trät und Biographie des Verfaflers erfchien 1887, 


Waſielewski, Wilhelm 3. von. Ich 
bin am 17, Juni 1822 in Groß:Leefen 
bei Danzig geboren. Einige Jahre da- 
nach wurde die genannte Stadt der blei- 
bende Wohnort meiner Eltern. Dort ge: 
noß ih die regelmäßige Schulbildung. 
Daneben wurde fleißig mufiziert. Zu 
meinem Inftrument hatte ich die Violine 
erwählt. Später fam Klavierfpiel und 
Theorie hinzu. Der Umitand, in einer 
gefunden mufifalifchen Atmojphäre auf- 
gewachjen und mit den Schäßen der mufi- 
kaliſchen Klaffiter genau bekannt gewor- 
den zu fein, erwies fich für mich weiter: 
hin von unſchätzbarem Wert. Unterdeflen 


Das literarifhe Deutſchland. 











| 





reiht; es war ein Lebensberuf zu wãh⸗ 
len. Ich entichied mich mit Vorliebe für 
die Mufif, der ich innerlich längft ſchon 
angehörte. Da 1843 die Leipziger Mu— 
ſilſchule unter der Ägide Mendelsſohns 
eröffnet wurde, ſo wandte ich mich dort⸗ 
hin zur Abſolvierung regelrechter Studien. 
Ich genoß den Unterricht Diendelsfohng, 
Hauptmanns und Davids und nahm außer: 
dem auch am Klavier: und Orgelunter- 
richt Teil, um mich mit der Technik die: 
jer Inftrumente etwas näher befannt zu 
maden. Doc blieb die Violine mein 
Hauptinftrument. Bald wurde ih im 
Gewandhaus⸗ und Theaterorcheiter ange 
ſtellt. 1850 berief mich Robert Schu⸗ 
mann als Konzertmeiſter an die von ihm 
in Düſſeldorf geleiteten Konzerte. Hier 
war ich bis 1852 thätig, worauf ich nad) _ 
Bonn ging, um die Leitung des dortigen 
Sejangvereing zu übernehmen. Nach dreis 
jähriger Thätigfeit dafelbft mählte ich 
Dresden zu meinem Wohnorte, eincsteils, 
um die Vorteile eines großftädtiichen Le— 
bens zu genießen, und anderenteils, um 
mufifhiftorischen Studien obzuliegen. Eine 
Frucht der letzteren war mein Buch „Die Violine 
und ihre Meiſter“ (1869, 2, Auf. 1883). Bor: 
her ſchon (1858) hatte ih N, Schumann’s Bio: 
graphie veröffentlicht, welche drei Auflagen er: 
lebte. 1869 fehrte ich als ftädtiiher Mufit- 
direftor nach Bonn zurück. In diejer Stel- 
lung verblieb ih 15 Jahre, nad) deren 
Ablauf ich meine Direftionsthätigkeit de⸗ 
finitiv aufgab, um mich ganz meinen mu: 
fifjchriftftellerifchen Arbeiten zu widmen. 
Während meines Bonner Lebens ſchrieb ih „Die 
Violine im 17. Jahrhundert (1874\, „Die Ge: 
ſchichte der Inftrumentalmufit im 16. Jahrhun⸗ 
dert (1878) und die „Schumannia” (1883). 
1884 verlieh id Bonn, wohnte zunächſt 
einige Zeit in Blankenburg am Harz und 
309 dann zu bleibendem Aufenthalt nad) 


Sondershaujen. Hier vollendete ich meine 
Beethoven-Biograpbie (1887). 


Weber, Ernſt von, wurde am 7. Fe: 
bruar 1830 als ein Cohn des K. ©, 
Geheimrates und Präfidenten des Landes: 


43 


Weber. — 
konſiſtoriums v. W. in Dresden geboren. 
Nach Vollendung feiner Vorbildung be— 
reiſte er in den Jahren 1851—69 bie 
ſüdeuropäiſchen, nordafrifaniichen und 
afiatiichen Mittelmeerländer, wobei er 
1855 in eine breimöchentliche türkische 
Kriegsgefangenihaft zu Siliftria geriet. 
1869 — 70 unternahm er Reifen in Nord» 
amerifa, 1871 nad) den Diamantenfel: 
dern Südafrifas. Dort verweilte v. W. 
vier Jahre und trat dann feine Rüdreife 
über Natal, Delagoa-Bay, Zanzibar, 
Konftantinopel nah Moskau an. Es 
folgte ein einjähriger Aufenthalt in Ruß— 
land (Gouvernement Tamboff). Im Jahre 
1878 gab v. W. fein erftes felbftändiges Werf 
heraus „Bier Jahre in Afrifa”, worin er nad): 
drüdlic für die Notwendigkeit der Schaffung 
von beutichen Kolonien in Arifa plädiert. Das 
Wert wurde von der Kritik freudig begrüßt. 
1879 folgte die Publikation der Schrift „Die 
Bolterfammern der Wiſſenſchaft“, die dem Ber: 
fafer auf der einen Seite ein Heer von begei⸗ 
ſterten Freunden, auf der anderen ein ſolches von 
erbitterten Feinden zuführte. Dieſe Schrift gab 
den erſten Anſtoß zur deutſchen Bewegung gegen 
die Greuel der wiſſenſchaftlichen Tierfolter, Im 
jelben Jahre begründete W. mit einigen 
Freunden den internationalen Verein zur 
Bekämpfung der wiſſenſchaftlichen Tier: 
folter, der nach furzer Zeit viele Tau: 
jende von Mitgliedern in allen Welt: 
teilen zählte, und dem v. W. als Prä— 
fident vorfteht. Die fortgefegte Agitation 
des Vereins veranlaßte die preußifchen 
und öjterreichifchen Miniſter zur Per: 
öffentlihung von NReferipten gegen bie 
Mißbräuche der Viviſektion. Im Jahre 
1886 machte er eine fiebenmonatliche 
Reife nad) Britiich- Indien, dem Himalaya 
und der Inſel Eeylon, wo ihm feitens 
der theojophifchen Gefellichaften die glän- 
zendfte Aufnahme zu teil wurde. Außer: 
dem find von den verdienftlichen Schriften 
W.'s hervorzuheben: Die Erweiterung des 
deutichen Wirtichaftägebietes und die Grundlegung 
zu überfeeifchen deutichen Staaten (1879), Der 
Unabhängigfeitstampf der Niederdeutichen Bauern 
in Südahifa. Die Leiftungen v. W.'S wurden 
anerkannt durch die k. öfterr. goldene Medaille 


674 





‚in Großbritannien (1845 und 


‚terften Stufen der damaligen & 





für Kunſt und Wiſſenſchaft, durch Verleihung 


Weber. 


des k. fühl. U töordens, der k. nieder. 
taken ya des be 


I. ſächſ. usorbens; berdem v 
——— — 


für 
niſation, Ehrenmit lied vieler deutſcher au 
ländijcher ——— — er 
Weber, Georg, wurde am 10. Fe— 
bruar 1808 zu Vergzabern geboren, wib- 
mete ſich anfänglic dem Studium ber 
Theologie in Erlangen, dann dem Stu 
dium der Philofophie und Geſchichte ar 
nr ger ug wurde da 
elbſt nach jtattgehabter promotion 
Lehrer, ſpäter Profefior an der höheren 
Buͤrgerſchule, deren Direktorium er 1848 
übernahm. Im Jahre 1872 trat er in 
den wohlverdienten Nuheftand. MW, 4 
zu unferen bedeutendften Hiftorifern, 
Werke find meift außerordentlich pop: 
und — gie Befonderen Ruhm 
erwarb er ſich durch feine Augemeine Welt 
geſchichte (15 2 res die —— 
bildeten fremd geblieben ift. Aßer 
hervorzuheben: Feſchichlliche Darftelt ng Di 
Kalwinismus im Verhältnis Staat | 
Geſchichte der afatholifchen Ki 































der Weltgeſchichte (20. Aufl, 1888), Weltgefd ich! 
in überſichtlicher Darftellung (19, Aufl. ‚88; 

Geſchichte der deutichen Literatur (11. 

Leſebuch zur Geſchichte der deuffe 
(4. Aufl. 1878), Literarsbiftoriiches - 2ejebud 
(1851—52), Gefchichte deö Noltes 3, ael (186° 

Heidelberger Erinnerungen (1886), —* 


(1886), Jugendeindrüde und ifje (1887 
Weber, Heinrid. Am 6. Juni 1821 
— Pr: der ältere Sohn ı ins 
acher, aber nad) Körper, Geift und Ge 
müt ferngefunder —— en, bi 
id) mit meinem einzigen Bruder 
licher Kindheit aufgewachfen, von frühen 
Jugend an von der Mufit, zumal vı 
Geſange aufs herrlicfte begleitet. Stam 
die frühe Liebe zur Poeſie von de ber. 
von der feinfühligen Diutter mit ihrer 
mütstiefen ——— Nach ı en 


ir, 










richtungen durchwanderle id die 7, | 
des Gymnafiums und acht Seimefte 


Meber. 


zwilchen Philologie und Theologie, end: 
li) zur legteren gewendet. Seit 1848 
babe id) an vier Gemeinden meines Hei- 
matfantons das Pfarramt beffeidet, in 
dem prächtig gelegenen Höngg, eine Stunde 
nordweftlih von Zürih, nun mehr als 
ein Bierteljahrhundert. Mein jugendliches 
Dpus „Der Albis” in Herametern wurde 1861 
ohne mein Wiffen von einem meiner Lehrer zum 
Drude befördert, ein beſchreibendes Gedicht, der 
Liebe für diefe ſchöne Bergkette entfprungen. Ge: 
drängt von Befreundeten habe ich mehreres ge: 
fchrieben, was beſſer ungefchrieben geblieben wäre. 
Erft 1861 find, wohl etwas reifer, die „Lieder 
eines Suchenden“ erfhienen, religiöfe Gedichte, 
in denen der ideale Flug bisweilen die Klarheit 
verhült. Später habe ich gelernt, mein beſchei— 
denes Iyrifches Talent in den ftilleren Kreifen 
der Familie, der Freunde und edler Gefelligkeit 
anzuwenden. Nach außen hin führten mid) einige 
dichaufpiele, welche ſchon oft Schulfeite ge- 
chmückt haben, zur dramatifchen Poefie. „Zürichs 
rauen im Sommer 1292”, der „Oberjtzunft- 
meifter Widmer”, bejonders „Ulrich Zwingli”, 
find, zumal das Ießtgenannte Drama, reifere 
Früchte, ſämmtlich vaterländifchen Inhaltes, Im 
Sahre 1886 ift mir die Freude geworden, durch 
die preisgefrönte und komponierte Kantate „Sie 
geöfeier det Freiheit” unfere Sempachfeier ſchmücken 
u können. Im nämlichen Jahre iſt mein bibli« 
ches Drama „Jeremia” entftanden. Das Haupt: 
ebiet meiner außeramtlichen Thätigkeit bildet die 
ologie (vgl. meine „Geſchichte des Kirchen: 
in. der deutjch-reformierten Schweiz feit 
der Reformation” und das neue ſchweiz. Kirchen: 
gefangbud)). : 


Weber, Heinrih. Ich bin geboren 
am 21. Juni 1834 zu Euerdorf an der 

änkiſchen Saale, Bayern, Kreis Unter: 

anfen, als der Sohn eines königl. bay: 
riihen Beamten. Dur) den Übertritt mei- 
nes Vaters in fürftl. leiningenfche Dienfte 
war die Überfiedelung der Familie nad) 
dem Städtchen Amorbach veranlaft, wel: 
ches, in dem jchönften Thal des bayrischen 
Dvenwaldes gelegen, eine bis in den An- 
fang bes 8. Sahrgunderts zurüdreichende 
Benediktiner- Abtei bejaß und nad der 
Säkularisation Sig des Fürften von Lei- 
ningen » Hardenburg = Dahsburg murbe. 
Die Humaniftiichen Studien machte ih an 
den Gymnafien’zu Würzburg und Bam: 
berg, die akademischen am Lyceum zu 


675 


Weber, 


Bamberg und an ber Univerfität Würz- 
burg. 1857 zum Priefter geweiht, war 
ich drei Jahre lang in der Seelforge auf 
dem Lande thätig, von 1860—65 in der 
ehemaligen freien Reichsſtadt Schweinfurt, 
zugleich als Religionslehrer für die katho— 
lichen Schüler der dortigen Lehranftalten. 
Bon 1865— 71 war ic) Profeffor der Re- 
ligionslehre und Geſchichte am Gymna: 
fum in Würzburg. Seit 1871 bin ich 
Profeſſor der allgemeinen Geſchichte an 
der philoſophiſchen Sektion des königl. 2y: 
ceums in Bamberg. Ich bin Mitarbeiter an 
mehreren wiſſenſchaftlichen Zeitſchrifien: Hiftos 
riſch⸗politiſche Blätter, Katholiſche Bewegung ꝛc., 
und habe in der neuen Ausgabe des Kirchen⸗ 
lexikons u. a. die größeren Artikel: Bayern, 
Deutſchland, Germanen, Hunnen gefehrieben. Die 
meiften meiner Rublifationen baben zum Gegen: 
ftand die Spezialgefchichte des chemaligen Hod): 
ftift8 Bamberg. Dabin gehören: Die Di Ge 
betbücher des Hl. Heinrich und der hl. Kunegun⸗ 
dis in der kgl. Vibliothef zu Bamberg (1872), 
Ein Beitrag zur Geſchichle des Kollegiatitiftes zum 
hl. Stephan in Bamberg (1878), Gefchichte der 
gelehrten Schulen im Hochſtiſt Bamberg von 
1007—1803 (1880—82), Das freiherrl. von 
Aufſeesſche Studienſeminar in Bamberg (1880), 
Württemberger auf der Bamberger Afademie und 
Univerfität von 1648—1803 (1883), Die St. 
Georgenbrüder am alten Domftift zu Bamberg 
(1883), Symbolifhe und typiſche Malerei in 
Vamberg (1884), Gefchichte des Chriftenlehr: 
unterriht3 und der Katechismen im Bistum Bam 
berg (1883), Die Bamberger Beichtbücher aus der 
erften Hälfte des 15. Jahrhunderts (1884), Bam ⸗ 
berger Weinbuch (1884), Vierzehnheiligen in Fran⸗ 
kenthal (1884), Das alte Sranzisfanerflofter zu 
Bamberg 1223—1805 (1884), Forchheim in der 
Geſchichte (1884), Die ehemalige Benediktiner: 
ropftei St. Getreu in Bamberg 1885), Kronach 
n der Geſchichte (1885), P. Marquard von Ros 
tenhan 8. J., das Lebensbild eines eifrigen Prie: 
ſters aus dem 18, Jahrhundert (1885), Alt:Bams 
berg, ein Reife: und Sittenbild aus dem 17. Jahr: 
hundert (1885), Die Verchrung der Bi. vierzehn 
Nothelfer (1886), Bamberg im dreißigjährigen 
Krieg (1886), Die Altenburg bei Bamberg (1887), 
Die St. Martinsfirche zu Bamberg (1887), Ein 
oftfränfifches Namenbuh aus dem Anfang des 
16. Jahrhunderts (1887), Zur Geſchichte der 
Glockeninſchriften aus dem Bamberger Land 
(1887), Klofter Banz (1888), Schehlig mit Um⸗ 
gegend (Schloß Hiech, Kapelle Hügel, 1888). 
Weber, Ludwig, wurde am 2. April 
1846 zu Schwelm geboren. Er mwibınete 


43* 


Wedde. 


ſich dem Studium der Theologie und 
wirft nunmehr als Pfarrer in München— 


Gladbach. Neben vielerlei von ihm us: 
gegebenen apologetiihen Aufjägen und Brofhüren 
(Der lebendige Gott in feiner Schöpfung, Über 
das Wunder der Berföhnung in dem Opfertod 
Jeſu Chriſti, Über zwei neuere bedeutſame Did: 
tungen vom Jenſeits, Die Behandlung der 
fozialen Frage auf evangeliicher Seite), ſowie 
neben der Herausgabe vieler Predigten und er: 
baufihen Betrachtungen in kirchlichen Blättern, 
bat ſich W. vor Allem der Förderung des Zus 
jammenhangs des Chriftentums mit den ftaat: 
lichen und geſellſchaftlichen Verhältnifien der Gegen: 
wart fchriftftelleriich gewidmet. Als Schriftführer 
des Vereins für innere Miffion in der Grafichaft 
Mark (Weitfalen) gab W. mehrere Flugblätter her: 
aus, über Gefundheitspflege, über Wohnungsver: 
bältniffe, über Jünglingsvereine, Kindererziehung, 
über dad Branntweintrinfen, welch legteres in 
einer halben Million von Eremplaren verbreitet und 
in mehrere fremde Sprachen überjegt wurde. Als 
Schriftführer des Vereins für chriſtliche Volks: 
bildung in Rheinland und Weitfalen gab W. 
ſeit 1882 fait deiien ſämmtliche Flugblätter ber: 
aus, die ebenfalls eine große Verbreitung in allen 
Teilen Deutichlands und über dafielbe hinaus 
gefunden haben; aud it W. Herausgeber der 
„Nheinifchweftfäliihen Korreſpondenz des Ver: 
eins für chriftlihe Volksbildung“. Die Titel 
jener Flugblätter waren jehr mannigfad. Sie 
bezogen ſich auf die Bibel, auf Has Weihnachts: 
wunder, auf die Auferitehung Jeſu, auf das 
Chriftentum als die Grundlage unferer gefamten 
ftaatlichen und gefellihaftlichen Verhältniffe, auf 
die „Thorheit und Verderblichkeit des jogenannten 
Materialismus“, auf den Glauben an ein ewiges 
Leben, auf patriotiiche Anläſſe, auf ſoziale The: 
mata. Außerdem hervorzuheben die Broſchüre: 
Chriftentum und Arbeit (2. Aufl.) W. iſt Mit: 
begründer bezw. Mitherausgeber des „Co. Ars 
beiterboten“ und der „TDeutihen Ev. Kirchen: 
zeitung“. Endlich ift er Vorſitzender des Chriſt— 
lichen Vereins zur Hebung der öffentlichen Sitt- 
lichkeit für Deutichland und bat als jolder 
mehrere Publikationen deijelben herausgegeben. 


Wedde, Friedrich Chriſtoph Johan: 
nes, wurde am 15. Januar 1843 zu Uel— 
zen im Lüneburgiſchen als der Sohn eines 
Tuchfabrikanten geboren, der jeinen Wohn— 
fig jpäter in Hannover nahm, nachdem 
das väterliche Geihäft im Sturm des Re: 
volutionsjahres Schiffbruch gelitten hatte. 
Zur Begründung eines neuen Geſchäftes 
jiedelte die Samilie 1851 nah Hamburg 
über, wo W. feine Schulzeit durchmachte. 


676 





Weddigen. 


In den Jahren 1862—66 ſtudierte er 
z Heidelberg, Berlin und Göttingen erit 


Or chichte und deutſche Sprade, dann 


€ rsatswilfenihaft. Umgeftaltung der 
hauslichen Verhältniffe machten ihm jeboch 
tw weitere Verfolgung der in Ausficht 
g..ommenen afademifhen Laufbahn uns 
möglich. Schwere Erfahrungen, verbuns 
‚den mit körperlichen Leiden, machten die 
nächſte Zeit zu einer recht ſchweren. 1867 
gelang es ihm, als Lehrer an Hambur⸗ 
giſchen Brivatichulen fi) auf eigene Füße 
zu Stellen. Gelegentlich journaliftiich be 
ſchäftigt, verſah W. neben feinem lehr⸗ 
amtlichen Berufe den Dienft beiden „Sams 
burger Nachrichten“ als Neferent für das 
Drama im Stadttheater. 1879 quittierte 
W. feine Lehrthätigfeit, um ſich förper- 
‚li zu erholen und auf die von jeher er» 
ſtrebie ſchriftſtelleriſche Thätigkeit Direkt 
‚vorzubereiten. In dieſer Zeit erſchienen feine 
dramatiſchen Referate gefammelt unter dem Tite 
„Dramaturgiihe Spähne”, die von der & 
freundlih aufgenommen wurden. ge 
Nervofität, die Folge eines Brandes, der 
W. fat feiner ganzen Habe beraubte, 
zwang ihn, zur Wiederherftellung feiner 
Sejundheit längere Zeit im Sachſenwalde 
juzubringen. 1880 nad) Hamburg ge⸗ 
fehrt, ſchrieb er noch Einiges für bie, 

ger Nachrichten“, ſowie für das P 
„Küftenfahrten“ die Aufläge über Hamburg, Nies 
derelbe und über die Lüneburger Haide. 1881 
gründete W. die „Bürgerzeitung“, cin Organ für 
die entichiedene Demofratie in Hamburg, redi- 
gierte die Zeitung und ließ fie feit 1882 in der 
eigenen Druderei druden. Das gelungene Unters 
nehmen ermöglichte W. bald ein eigenes glück— 
lihes Heim. Der Befig der Druderei veranlaßte 
‚ihn, eine Heine Auswahl feiner Gedichte „Grüße 
des Werdenden“ (1854) herauszugeben, die 1885, 
einem Verlag übergeben, in 2. Ausgabe erichies 
‚nen, zu welder W. ein philoſophiſches Expoſé 
als Einleitung ſchrieb. Die Eigenart der Welt 
und Zebensauffaffung machen die ftimmungsvols 
‚len „Grüße eines Werdenden” zu einer inter 
effanten und lefenswerten Bublifation. Außer 
den genannten Werfen hervorzuheben: Die Über» 
ſetzung des „Dramas vom römiſchen Neiche Deuts 
ſcher Nation”, einer wenig gefannten Dichtung 
des zwölften Jahrhunderts. 

Meddigen, Friedrich Heinrich Dito, 

ſtammt aus altweſtfäliſchem Geſchlechte 





Meddigen. 


677 


Medell. 


und wurde geboren am 9. Februar 18511876 ift er in glüdliher Ehe mit der 


zu Minden in Weitfalen. 


Bon braven | Tochter des Echweriner Borträt- und Land: 


bürgerlichen Eltern, trat er nad) Abfol: | fchaftsmalers Heinrich Pommerencke ver: 


vierung des Abiturienteneramens als Frei- 
williger in die Armee und machte den 


Feldzug von 1870 gegen Frankreich mit. 


In Feindesland dichtele er jeine „Schwertlieder”, 
welhe auf lofen Blättern in den Reihen der 
Kameraden von Hand zu Hand gingen, doch er: 
Ihienen fie erſt fpäter gedruct. Typhus und 
Lähmung warfen ihn infolge der Etra- 
pazen auf das Krankenlager. Nach feiner 
Geneſung bezog er die Univerfitäten Halle, 
Straßburg und Bonn, fi dem Studium 
der neueren Sprachen und Geſchichte, Li- 
teratur und Afthetif unter den Profeſſoren 
Böhmer, Haym, Ulrici, Springer, De: 
lius, Diez, Simrod, v. Sybel widmend. 
1874 folgte er einem Auf als Lehrer an 
das großherzogl.Realgymnafium zu Schwe: 





rin i. M., erwarb die philoſophiſche Dok— 
torwürde und legte das Staatseramen in 
Bonn ab. Einer unüberwindlichen Schn- 
ſucht folgend, kehrte er 1878 in die hei- 
matliche Provinz Weltfalen zurüd, indem 
er an das königl. Gymnaſium zu Hamm 
berufen ward. 1883 habilitierte ſich W. 
für neuere Literatur an der technifchen 
Hochſchule zu Hannover (Über das hiſtoriſche 
Volkslied der Deutihen). Da aber das Mi— 
nilterium nicht die Mittel für eine Pro: 
feilur in Ausficht ftellen konnte, verblieb 
W. in feiner Stellung. 1888 ward er an 
das Fönigl. Realgymnafium in Wies— 
baden berufen. Neben der Ausübung 
feines Lehrberufes war er unermüdlich 
dichterisch und wiſſenſchaftlich thätig. För- 
dernd wirkten auf ihn die Belannt: 
ſchaften mit Emanuel Geibel und Levin 
Shüding, Friedrih Kücken und Franz 
Abt. MW. regte an und verwirklichte auch 
die Idee eines Schücking-Denkmals für 
Münfter i. W. Neifen dur Nord- und 
Süddeutichland, die Schweiz, Dfterreich 
und Italien erweiterten feinen Gefichts: 
freis. Viele feiner Lieder wurden von 
Abt, Lacher, Dregert u. |. w. fomponiert, 
auch erhielt er einen Preis für ein Felt: 
lied zum Heidelberger Jubiläum. 





bunden. W. iſt vor allen einer unferer 
nambafteften vaterländiihen Dichter. 

Hauptwerfe: Scwertlieder eines Freiwilligen 
aus dem Feldzuge von 1870/71, Gejammelte Did: 
tungen (I. Gedichte und Dramen, II. Novellen, 
1884), Neue Märchen und Fabeln (mit Zlluftr. 
von Carl Gehrts, 3. [Rolts:] Auägabe 1887), 
Neue Gedichte (2. Aufl. 1885), Gedichte aus der 
Heimat und aus Stalien (1886), Bon der roten 
Erde (MWeftf. Dorfgeih. und andere Erz. 1887), 
Ideal und Dämon (Rom. 1883), Helgamor und 
Sodalind (Epos 1888) ; ferner hervorzuheben die 
trefflichen Werke: Leſſings Theorie-der Tragödie 
(1877), P. 3. Weddigens Geiftlihe Oden und 
Lieder (4. Aufl. 1874), Die patriotiiche Dichtung 


‚von 1870/71 unter Berüdfihtigung der gleich 


eitigen polit. Lyrik des Auslandes (1880), Ge: 
Nichte der Einwirkungen der deutichen Literatur 
auf die Literaturen der übrigen europäiſchen Aul: 
turvölfer der Neuzeit (1882), Studien und Er: 
innerungen (1881), Aus der literariihen Welt 


und für diefelbe, zeitgemäße Erörterungen (1883), 
| Die Hohenzollern und die deutiche Literatur (1883), 


Das Buch vom Sachſenherzog Wittefind, Sage 
und Dichtung, nebjt hiftor. Einleitung (mit Jluftr. 
1883), Der Sagenihat Weſtfalens (1883), Lord 
Byrons Einfluß auf die europäiichen Literaturen 
der Neuzeit (1884), Geſchichte der deutichen Volks— 
poeſie Bet dem Ausgange des Mittelalters bis 
auf die Gegenwart (1884); Auswahl englilcher 
Gedichte nebſt biogr. Notizen der Verfaſſer ꝛe. 
(1877), Auswahl franzöſiſcher Gedichte nebit 
biogr. Notizen der Verfaſſer zc. (1879), Die natio: 
nale Reform unjerer höheren Lehranſtalten (1880), 
Über die Notwendigkeit einer Profeffur für neuere 
Literatur an den deutſchen Hochſchulen (1880). 


Wedel, Diar Heinrich Friedrich) von, 
geboren den 2. Dftober 1849 ‘auf dem 
Nittergute Chmiellowig bei Oppeln, be: 
fuchte die Gymnaſien zu Breslau, Brom: 
berg und Bunzlau und trat nad Ab: 
legung der Maturitätsprüfung 1869 in 
das Grenadier-Regiment 10 in Breslau 
ein. Während des franzöfiichen Krieges 
in Rheims zum Offizier ernannt, wohnte 
derjelbe dem ganzen Feldzuge bei und ge: 
hörte nah Schluß deſſelben noch längere 
Zeit der Ofkupationsarmee in Frankreich 
an. Demnächſt befuchte v. W. von 1873 
bis 1876 die fönigl. Kriegs-Afademie in 


Seit Berlin und begann bier feine fchriftitel- 


Mehl. 


leriſche Thätigkeit. Es erichienen zu diefer 
Zeit mehrere Auffäge in Zeitichriften und eine 
Biographie: Ein preußiicher Diktator, Earl Hein» 
rih von Wedell, Generalleutnant und erfter 
preußifcher Kriegäminifter (1876). Nach Ab: 
folvierung der Kriegsafademie ftand W. 
in Breslau als Adjutant des Grenadier: 
Regiments Nr. 10. In diefe Zeit fallen: 
1877 die Herauägabe der „Vorbereitung für das 
Eramen zur Kriegsakademie“ (5. Aufl. 1886); 
1878 die Begründung der Militär-Zeitung für 
Referve und Landmwehr:Offiziere, deren Heraus: 
geber und Redakteur W. auch heute noch iſt; in 
demfelben Jahre „Leitfaden für den Unterricht 
auf der Kapitulantenſchule“ (8. Aufl. 1887) und 
„Rordiiche Skizzen“ (gefammelte Feuilletons von 
E. v. Wald und M. v. Wedell); 1880 „Inftruf: 
tion für den Erſatz-Reſerviſten“ und „Handbud 
für die wiffenfchaftlihe Beihäftigung des deut: 
ſchen Offiziers“, ein umfangreiches Wert mit 
Quellennadhweis für alle Richtungen militärwiſſen⸗ 
ſchaftlichen Studiums; es wird als geradezu 
epochemachend durch die überfichtlihe Anordnung 
und AZufammenfaffung des geſammten militär— 
wiſſenſchaftlichen Schrifttums bezeichnet (3. fehr 
verm. Aufl. 1887); 1881 Begründung der „All: 
gemeinen Sluftrirten Militär-Zeitung”, welde 
den Zwed verfolgte, Sie Idee wirtichaftlichen Ge: 
noſſenſchaftsweſens in die Kreife der preußifchen 
Offiziere zu tragen und dadurch dem Insleben⸗ 
rufen des deutſchen Offizier-Vereins förderlich zu 
fein; die Zeitung hörte Ende 1883 auf zu er 
ſcheinen, als ihr Zweck erfüllt, d. 5. der Offizier. 
Verein begründet war; 1883 Offizier⸗Taſchenbuch 
für Manöver, Generalftabäreifen, Kriegsipiel und 
taftifhe Arbeiten (6. Aufl, 1888); 1883—86 
Redaktion und Herausgabe (mit Admiral v. Henk 
und Marinemaler Niethe) des Marine-Pracht- 


werks „Zur See”. Außerdem zahlreiche militär. Ar 8 
tikel und Feuilletons in der Fach⸗ und —— ei 


MW. war bis 1881 Negiments-Adjutant, 
dann Brigade-Adjutant, 1882 —84 Ad- 
jutant der Inſpektion der preuß. Kriegs- 
ihulen. Seit 1883 Hauptmann & la 
suite des ſchleſiſchen Füfilier-Regiments 
Nr. 38, 
deutſchen Offizier-Verein, als deſſen mili- 
täriſcher Direktor er zur Zeit fungiert. 
Seit 1887 ift er Lehrer an der Kriege: 
afademie. 


Wehl, Feodor von, wurde am 19. Fer 
bruar 1821 in Kunzendorf (Schlefien) 
geboren. Bon feinen Eltern für den 
Militärftand beftimmt, hatte er das Un- 


678 


1883—84 begründete er den | Der 


Weigl. 


glück, mit dem Pferd zu ſtürzen und ſich 
eine Verlegung zuzuziehen, die ihn dem 
Epauletten für immer entrüdte. Er 

num die Univerfität Berlin, um 
fophie zu ftudieren und widmete ſich nad) 
Beendigung feiner Univerfitätszeit, die er 
mit der Dolktorpromotion beſchloß, der 
journaliftiihen Laufbahn. Er redigierte 
zunächſt die „Berliner Wespen“, dem 
Telegraphen“ und die Zeitihrift „Zahres- 
zeiten“ in Hamburg. Dazwiſchen fungierte 
er kurze Zeit als Dramaturg in Magde⸗ 


burg, zog dann für mehrere Jahre als 
J Dresden. und 


freier Schriftfteller nad) u 
übernahm 1869 die Direktion des Stutt- 
garter Hoftheaters, mit deſſen Generak 
intendanz er fünf Jahre jpäter unter 
Verleihung des Titels Geh. Hofrat betraut 
wurde. Im Jahre 1884 trat er in de 
Ruheſtand, um wieber ausſchließlich Mi 
rariſchen Arbeiten fich Hingeben zu fönnen, 
Bald darauf folgte er einem Rufe an 
die Redaktion der — eform“. 
W. hat ſich beſonders als Drama 
daneben aber auch als feinſinniger No 
vellift und als tiefblielender Literatur 
forſcher ausgezeichnet. — 
Hauptwerke: Sechs Bände dramatiſcher Werk 
Alter Schütt vor Thorheit nicht, Ein Bräutigar 
der feine Braut verheiratet, Die Tante au 
Schwaben, Ein modernes ‚Eine Fra 
welche die Zeitungen lieft, Das Haus Haal 











Bortrage — 


Weiland. _— 
gonnen. Das aufmerkiame Verfolgen der 
Ereignifje von öffentlihem Intereſſe ver: 
anlaßten mich bald, in das „ernfte Fach” 
der Erörterung von politiichen und wirt: 
Ihaftlichen Fragen überzutreten. Zahlreiche 
von meinen diesbezüglichen Arbeiten, aber aud) 
Feuilletons, darunter Skizzen aus der Wiener 
Gefellichaft und Reifebriefe, erfchienen in Tages: 
blättern und Zeitichriften. Erfolgreich war meine 
literarifche Thätigkeit ferner auf dem Gebiete der 
Handfchriftentunde, welche mir auch (1882) ein 
Ehrenhonorar der Wiener BuchdrudersFahichule 
für den Entwurf eines Lehrbuches eintrug. Ein 

en: „Anleitung zum Leſen von Hand: | 
ſchriften“ erſchien 1887. Gegenwärtig lebe 
ih als Mitarbeiter mehrerer politifcher. 
Blätter in Wien. | 


Weiland, Rihard, wurde am 9. Juni 
1829 zu Dresden geboren. Er empfing 
feine Gymnafialbildung an der Blochmann- 
jchen Erziehungsanftalt, die er in Sekunda 
verließ, um ſich dem Schaufpielerberuf zu 
widmen, für den er eine unmwiberftehliche 
Neigung gefaßt hatte. Er nahm Unter: 
richt bei zwei hervorragenden Hofichau- 
Ipielern und hatte auch, zweiundzwanzig- 
jährig, als Hamlet auf einer größeren 
Provinzialbühne guten Erfolg. Gefund- 
beitsrückfichten und ein zu ſchwaches Or: 
gan bejtimmten ihn aber, dem erwählten 
Berufe wieder zu entfagen. Da er ſchon 
früh dichtete und Eindrüde wiederzugeben 
verjucht hatte, beſchloß er, Echriftiteller 
zu werben, und hoffte auf ein unabhän- 
giges, auch vielleicht angenehmes Leben. 

erſte jelbftändige Ergebnis feiner Begeifterung 


Peer F de rl gefchichtliches Schaufpiel „Kais 


werben, lieh den in feinen 
Autor die 
und 


Zeitung 
Amekatıte machten den Wunſch 
Er der er dringender. Ein Schaufpiel 
das 1881 auf Veranlaffung 
nad Mannheim wanderte und ala 


679 


Weilen. 


beachtenswert derengeren Beratung zuerteilt wurde, 

nad) jahrelangem Schweigen aber mit der befann» 

ten Abfertigungsformel zurüdgefchidt wurde, 

Außer mehreren Gedichten in Zeitungen und einem 

Roman „Margarethe find noch hervorzuheben: 

en Gedichte und König Wilhelms Traum 
ed.). 


Weilen, Joſeph Ritter von, geboren 
am 28. Dezember 1830 zu Tetin bei Prag, 
beſuchte das Gymnafium legtgen. Stadt 
und widmete fid) dem Kaufmannsberufe. 
Nur für kurze Zeit; denn die Proſa des 
Komtors paßte ſchlecht zu den hochfliegen- 
denTräumen des Jünglings. Gegen den 
Willen feiner Familie ging W., achtzehn— 
jährig, nad Wien, um philoſophiſche Stu- 
dien zu betreiben. Ohne Hilfsmittel, 
allein auf fich ſelbſt und den geringen 
Verdienſt durch Stundengeben angewieſen, 
verzweifelte W. faſt an der Verwirklichung 
ſeiner Pläne; da kam die Märzrevolution 
und erlöſte ihn von dem Elend, das ihn 
zu überwältigen drohte. Mit Feuereifer 
ſtürzte ſich W. in den Strudel. Seine 
idealen Wünfche erfüllten ſich jedoch nicht, 
fondern als er nad) kurzem Traum er: 
wachte, fand er ſich als gemeiner Soldat 
in Comorn. Eo ſchwer es ihn anfangs 
traf, dieſen Verhältnifien Rechnung zu 
tragen, jo lieb wurde ihm fchließlich der 
friegerifhe Beruf. Bereits im folgenden 
Jahre wurde W. zum Offizier ernannt, 
und nun hatte er Muße genug, an feir 
ner wiſſenſchaftlichen Ausbildung weiter 
zu arbeiten und die Lüden feiner Kennt: 
nifje auszufüllen. 1852 wurde er als 
Lehrer der Geſchichte und Geographie an 
der Kabdettenanftalt zu Hainburg angeftellt, 
zwei Jahre fpäter zum Profeſſor an ber 
Genie-Akademie in Znaim, 1861 zum 
Striptor an der Wiener Hofbibliothef und 
1862 zum Profeſſor an der Generalftabs- 
Ihule ernannt. Im Jahre 1883 wurde 
er zum Mizepräfidenten der berühmten 
öfterr. Schriftfteller- Bereinigung „Concor: 
dia” erwählt, um welche er fich befonders 
verdient gemacht hat und deren Vorſtand 
er noch jegt angehört. Daneben dirigiert 
W. die von ihm ins Leben gerufene Schau⸗ 


Weiler. — 680 — Weinhold. 


ſpielſchule am Konfervatorium, welcher eine | und — zuſammen, welches 
große Zahl unſerer beſten Bühnenkräfte ———— it ——— 
ihre Ferner Dil verdankt. In Anerken⸗ jung ein Gedicht A. Ws. AR 
nung feiner Leiſtungen wurde W. 1874| Ä 
von feinem Kaijer durch Verleihung be |, an Karl, * zu Reichen⸗ 
Ordens der eiſernen Krone in den Adel ee « F —* * 8 er 1823 ge 
erhoben, fowie durd andere Gnadenbe— — mb be —* a 
* = nn Ernennung zum Hof⸗ fität Breslau 1845 die zu Berlin, wo er 
rat, ausgezeichnet. : ar AT ? 
Hauptwerfe: Phantafien und Lieder (1853), Philologie ftudierte, ı Im Jahre 1846 
— * — — * | en er zum — promoviert, habi⸗ 
Schwerte (Dicht. 3. Aufl.1855), Triſtan (Trauerfp. liti ih i Halle 
1860), Edda ( Trauerſp. 1863), ————— — — rn ghrofefior 


1866), Nofamund (Trauerjp. 1867), Graf Horn 
(Dram. 1871), An der Pforte der Unfterblichteit in Breslau ernannt, 1850 als Orbdina 


(Dram. 1872), Der neue Achilles (Dram. 1872), rius nad) Krafau, 1851 nad) Graz, 1861 
m * ne a er este Kiel und 1876 nad) Breslau be 
48), König Brio (Lrauerip. nerſeb rufen. Hier lehrt er noch jeßt, neben 
nn om. 1581), Daniele Gom 1889. | einer afademijchen Thätigteit als Schrift: 

Weiler, Ella, ſ. Emilie Buſſe. ‚fteller hervortretend und als einer unſe⸗ 

Weildhänfer, Anna Charlotte | Te bedeutenden Germaniften geltend. Von 
Emilie, wurde am 9. November 1833 feinen hochverdienſtlichen Werfen heben 


als die ältefte Tochter des damaligen wir hervor: 

Stadtrichters Gründel zu Nicolai in 2. a * 
Ob.Schl. geboren. Ihre Kindheit und | (1858), Deutihe Dialeftforihung (1853), Altnors 
Jugend verlebte diejelbe in Nicolai, Pleß, diſches Leben (1856), Die Riefen des germa- 


} = ; } » Iniihen Mythus (1858), Die heidnif ten» 
Ratibor, Groß-Strehlig und wieder Rati- | din — —— (lad), —— Br 


bor, wohin ihr Vater als Juriſt verſetzt Grammatit (1863), Bairifche Grammatif (1867), 
wurde. Im noch nicht vollendeten 17. Lebens- Chrift. Heinr. Boie (1868), Mittelhbochdeutiche 
jahre begann Anna ihre fchriftitellerifche Thätig- | Orammatit (1883), Dramatifher Nachlaß von 
feit * einer Novelle gt mehreren Auffägen | Lenz (1884). 

in der damal3 von Luiſe Otto herausgegebenen . 
Frauenzeitung. Als Annas Bräutigam, ihr | , Weife, Clara (Clara ron), wurde 
jetiger Gatte, der Buchdrudereis-Befiger 3. Weils: | in Magdeburg am 20. November 1823 
bäufer, dies erfuhr, jprad er die Befürdtung | al8 die Tochter des Ardivrats Stod 


aus, feine lebhafte Braut möchte auf Koften der | : : er 
Hausfrau ſchriftſtellern; infolge deffen nahm N. geboren. Sie erhielt eine treftliche Aus 


ihre ;ahlreihen Manuſkripte und übergab fie den bildung, da fie dem erziehlichen Berufe 
Flammen. Jahrelang beſchränkte fie ſich nun ih widmen follte. Bereits in dieſen 
auf eine große Anzahl meiſt lyriſcher Gedichte. | wirkend, begann fie ihre erften jchrift: 
1853 verheiratete fie ſich. ALS der Gatte 1864 ftellerifchen verſuche, die fpäter, als fie 


das noch heute erfcheinende „Wochenblatt für 4 5 NE 
Stadt und Land“ zu Oppeln gründete, wurde den fleinen väterlihen Haushalt über: 


fie feine treue Mitarbeiterin. Unter einem Pen; | nommen hatte, zu jo ſchönen reifen Früch— 
donym. lieferte fie Novellen, Auffäge, Plaudereien, | ten gediehen, daß El. W. den beften 
——— — — * a Autorinnen beigezählt werden kann. In 
alien elegenheiten, au in den riegsjahren . f r . 

187071, brad fi) Annas Patriotismus Bahn, Ihrer vieljährigen Wirkſamkeit als Führe: 
fowohl im Wochenblatt, wie in der äußeren rin der weiblihen Jugend hat fie ticfe 
Siegesfeier. Sie wurde vom Kaifer durch Ber | Blide in das Mädchenherz gethan und 


leihung des Verdienftfreuzes und der Medaille : 2 i 2. 
für Nichtkombattanten ausgezeichnet. Zum 80. zugleich auch reiche — Erfah 
Geburtstage des Kaifers ftellte fie ein Lebensbirm rungen aufgeſpeichert, was beides ihr 


des gefeierten Monarchen nad) feinen Biographien | als Schriftitellerin zu gute Fam und 


Meife. 


ihren Werfen Neiz und Wert verleiht. 
Im Jahre 1849 verband fie fi mit 
dem Kaufmann W. Weiſe zu glüdlicher 
Ehe. Sie lebt nunmehr als Wittwe in 
Straßburg i. €. 

Hauptwerfe: Mädchenleben (6. Auft.), Kinder: 
geihichten, Magdalenens Briefe (4. Aufl.), Die 
Schweſtern (4. Aufl.), Das Baterunfer (3. Aufl.), 
Mary (2. Aufl), Brüfungen (3. Aufl.), Ade— 
laide, Die Nachbarskinder (2. Aufl.), Nofen und 
Dornen, Auf und ab, In der Schule des Le: 
bens, Die goldene Mitte (2. Aufl.), Eva (2. 
Aufl.), Freundinnen (2. Aufl.), Der Weg zum 
Glück, Schloß Wendsheim, Lenora’3 Sorgen, 
Des Herzens Heimat, Eugenie und ihr Schüß: 
ling, Die Geſchwiſter. 


Weife, Karl, geboren am 19. No: 


vember 1813 zu Halle als der Sohn 
ebenjo braver wie armer Eltern, die nicht 
im Stande waren, dem Jungen eine or: 
dentlihe Schulbildung geben zu lafien. 
Im Gegenteil war Karl früh ſchon dar: 
auf angewieſen, verdienen zu helfen, zu: 
mal er nad dem Tode des Vaters das 
Haupt der Familie erfegen mußte. Aber 
neben der fleißigen Ausübung feines 
Berufes als Drechsler jtrebte er, feine 
Kenntniffe nach Kräften zu mehren, dabei 
auch feinen Gefichtöfreis auf feinen vielen 
MWanderungenzuerweitern. Epäter madıte 
er ji als Drechslermeifter in Freien: 
walde a. D. jelbjtändig, wo er nod) jeßt 
lebt. Früh ſchon zeigte fih WS unge: 
meine poetifhe Begabung. Sein Aus- 
drud von Empfindungen war ein in fei- 
nem Stande jonjt nicht gebräuchlicher. 
Und als er zu dichten begann, da fang 
er frei vom Herzen herunter und ſich 
ſelbſt in andere hinein, cin moderner Hans 
Sachs. Diefen Ehrennamen hat W. fi 
verdient und führt ihn mit Recht als 
echter Volksdichter. Ideell ift ihn denn 
auch des Danfes genug geworden, leider 
aber, nad) unferer, des Volkes der Dichter 


und Denker, Sitte, nicht materiell. Der 
Lebensabend Weiſe's ift nichts weniger 


als jorglos. Möchte in zwölfter Stunde 


681 


Meismann. 


Hauptwerfe: Blumen der Wälder (Geb. 1858), 

Die Braut des Handwerkers (Ged. 1860), Fami— 
lienleben in Dichtungen (1862), Lorbeer und 
Roſe (vaterländ. Gedicht 1863), Voltsharfe (Ge: 
dicht (1872), Aus dem Volke (Dicht.), Ein neues 
Zion (Erz. 1880), Jugendleben eines Handmwer: 
ters (1880), MWeihnachtserlebnifie einer Hand: 
werferfamilie (1882), Friedrih Wilhelm von 
Braunichweig:Deld3 (vaterl. Dicht. 1883), Aus 
verflungenem MWanderleben (1885) und zahlreiche 
Volksſchriften. 

Weismaunn, Aug. Friedrich Leopold, 
wurde am 17. Januar 1834 zu Frank— 
furt a. M. geboren, wo ſein Vater Pro— 
feſſor am Gymnaſium war. Er machte 
‚das Gymnaſium feiner Vaterſtadt durch 
und ſtudierte in Göttingen (1852—56) 
Medizin. Er fagte ſich indeflen bald von 
der ärztlichen Praxis [os und wandte fich 
der Zoologie zu, in die er durch Rudolph 
Leuckart, damals in Gießen, eingeführt 
‚wurde. Er habilitierte fih nad 6 un— 
täten Wanderjahren 1863 an der Uni: 
verfität Freiburg i. Br., woſelbſt er als 
ordentl. Profeſſor bis heute geblieben iſt, 
Rufe nach Breslau, Bonn und München 
ablehnend. Seine Arbeiten find teils rein ana— 
tomiſch⸗zoologiſche und entwidlungsgeichichtliche, 
teilö behandeln fie allgemeinere biologische Fragen 
und juchen die von Darwin begründete Ent: 
widlungslchre weiterzuführen und auszubauen. 
| Die wichtigften und verdienftlichiten feiner Schrif: 
‚ten find folgende: Uber die Entftehung des voll» 
ı endeten Inſekts in Larve und Puppe (1863), Die 
| Entwidlung der Diphteren (1864), Die Meta: 
morphoſe der Corethra plumicornis (1866), 
Über die Berechtigung der Darwinihen Theorie 
(1868), Beiträge zur Naturgefhichte der Daph— 
niden (1874— 78), Studien zur Defcendenztheorie 
(1876), Über die Dauer des Lebens (1881), Die 
Entftehung der Scrualzellen bei, den Hydrome— 
dufen (1883), Über die Vererbung (1883), Über 
die Ewigkeit des Lebens (1883), Über Leben 
und Tod (1884), Die Kontinuität des Keim: 
plaömas als Grundlage einer Theorie der Ver: 
erbung (1885), Die Bedeutung der geichlechtlichen 
| Kortpflangung für die Seleftionätheorie (1886), 
| Über die Zahl der Richtungsförper und über ihre 
Bedeutung für die Vererbung (1887). 


Weiſß, Albert, geboren am 28. Aug. 
1831 zu Lindow, Kreis Neu-Ruppin, wo: 











ein Edler fih finden, der dem treu felbft jein 1835 verjtorbener Vater Pre— 
deutichen Poeten die legte Strede Weges | diger war, beſuchte von 1839—1849 
freundlich ebnet. ‚das Gymnafium zu Nubolftadt, ftubierte 


Weiß. — 
in Leipzig, ſodann bis 1852 in Berlin 
(Militär-Afademie) Medizin, promovierte 
dafelbjt 1853 zum Dr. med. et chirurg., 
wurde daſelbſt approbiert als Arzt 1854 
pro Physicatu 1859, diente als Militär- 
arzt in Stettin (1853), Inowraclam 
(1854) und Deutſch-Crone (1857), fun: 
gierte von da ab bis 1861 als Kreis: 
wundarzt, ſpäter als Kreis-Phyſikus in 
Krojanke (Kreis Flatow), wurde 1872 
zum Regierungs: und Medizinalrat in 
Gumbinnen ernannt; 1876 in gleicher 
Eigenihaft nah Stettin und von dort 
1886 nad) Düffeldorf verfegt, befigt die 
große filberne Impfmedaille, die Kriegs- 
denfmünze für Kombattanten und Nicht: 
Kombattanten für 1870/71 und den Rothen 
Adlerorden VI. KL. (jeit 1875), war 1866 
und 1871 Chefarzt der Kriegsgefangenen- 
Lazarethe zu Eoerlin und Alt-:Damm. Er 
ift jeit 1858 verheiratet mit Emilie, geb. 
Froebel. 

Außer feinen zahlreihen fachwiſſenſchaftlichen 
Abhandlungen auf dem Gebiete der Kulturgeſchichte W 
und der öffentlichen Gefundheitäpflege, wie nicht 
minder vielfachen Iyriichen, epifchen und novel: 
liſtiſchen Beiträgen für Zeitichriften ꝛc. ver: 
öffentlichte er nachſtehende verdienftlihe Werke: 
Die Steppen, Der Kirgife (nah Guft, von Sie: 
linsfi, 1858), Ranfen und Reben (Geb., 1861), 
Album polnischer Volkslieder der Dberfchlefier 
(nad) Roger, 1867), Konrad Wallenrod (nad 
Midiemwicz, 1871), Balladen und Romanzen (1874), 
Marja (nad Malzewski, 1873), Grazyna (nad) 
Midiewicz, 1878), Preußifch Litthauen und Ma— 
furen (1878), Der NRegierungdbezirt Stettin 
(1880/4), Die Oftfeebadeorte (1881), Herr Thad⸗ 
daeus (nad Midiewicz 1882), Irydion (nad) 
Graf Krafinsfi, 1882), Gentile Bellini (Dram. 
Bild, nad Korzeniewski, 1883), Aus Heimat und 
Fremde (Dicht. und Nahdicht., 1883), Zeitlofen 
(Dicht. und Nahdicht., 1885). 


Weiß, %. ©. Adolf, wurde am 24. 
Dftober 1839 in Breslau als Sohn eines 
Schuhmaders geboren; er erhielt zwar 
Ihon frühzeitig durch feine Eltern und 
namentlich durch feine poetiich angelegte 
Mutter bedeutende geiltige Anregungen, 
entichloß fich aber in Anbetracht der mans 
gelnden Mittel zur Erlernung des väter: 
lihen Handwertes, folgte indeflen als 


* 


682 


Weißenthurn. 


18jähriger Jüngling einer von außen 
kommenden Ermutigung und beſuchte von 
1858—61 das Eliſabeth-Gymnaſium 
feiner Baterftabt. Er widmete fich hierauf 
literarischen, hiſtoriſchen und verwandten 
Studien, trat in den Editionen des Schle- 
ſiſchen Dichterfrängchens und des Vereins 
für Poeſie bereits von 1862 an mit zahl- 
reichen Gedichten vor die Öffentlichkeit 
undlenfteendlih, nahdemernadh manchem 
Schwanken feinen Plan, evang. Theologe zu 
werben, aufgegeben, in die Bahn der Bubli- 
zijtil ein. W. war zunächſt für Breslauer Blätter 
tgätig, fiedelte dann (1868) nad Berlin über, 
wo er u. a. politiihe Briefe für öfterrei hiiche 
Blätter (befonders die „Neue Freie Preſſe“) —— 
und folgte hierauf (1869) einem Rufe nad) Gray 
in der Steiermarf, wo er über 10 Jahre bin» 
durch (bis 1879) als politiicher Redakteur Der 
„Tagespoſt“ wirkte. Während er Zeit war 
er aber au als politiicher Ke — je 
Feuilletonift für viele Blätter, und 
Xyrifer thätig. Im J. 1880 ü 
Leitung des „Liegniger Stadtbl.“ und war nn 


| ber auch belletriftifi 
arg 1 in seihnen St vente 


1883 gab W. feine Liegniger Stellung 


ließ ſich in feiner Heimatftadt Bel nie 













Jahre widmete ſich W. feuilleto 
rifhen Arbeiten und errang ſich bei 
Feuilleton ⸗Konkurrenz der „Wien. Allg. 3tg. 
eine lobende Anerkennu erjchien 
ein größeres — ert don W.: Chr 
1888). un 


der Stadt Breslau 

Weikenthurn, Drarimiliane Fran 
von, wurde am 1. März 1851 in Wie 
als die Tochter eines höheren öjterte 
chiſchen Offiziers geboren, einer altabe 
ligen Familie aus Iſtrien entſtammen 
Nachdem fie eine —— Er; 
genofien und durch viele R 


und Gemüt weiter a 
mählte fie fih 1878. 


zwei Jahren auf Wunfh M. 
gelöft. Auch erhielt Teg 
Gnade des Kaijers ihrem‘ 


und Adel als Famil 


Weiß⸗Taurke. 


rück und nennt ſich nun nach demſelben. 
Mit ihrem einzigen Töchterchen durch 
Schickſalsſchläge in eine mißliche Lage 
verſetzt, faßte M. v. W. den anße 
zur Feder zu greifen. 

Schon als Mädchen hatte ſie kleine novelliſtiſche 
Verſuche gemacht unter dem Pſeudonym Louiſe 
von Thürmer, die in den „Bremer Nachrichten” 

ahme fanden. Ihre eigentliche ſchriftſtelle— 
Yaufbahn begann fie aber erft 1876 mit 

der Übertragung eines größeren Reijewertes aus 
dem ——— „Algerien, wie es iſt“ von George 
Gaskell. Durch den Erfolg dieſer Arbeit ermu⸗ 
* trat fie bald darauf mit einer ſelbſtändigen 
rbeit, dem Roman „Infelice“ in der „Wiener 

alten Brefie“ auf. Daran ſchloß fih ein aus 
dem Engliſchen frei bearbeiteter Roman: „Auf 
einfamem Felſenriff“, eine Leiftung, welcher mit 
Recht die freundlichite Kritik zu Teil wurde. 
Einen nachhaltigen Eindrud auf ihr Gemüt 
machte der tiefe Kummer, welcher ihr 1880 durd 
den Tod ihres * en Kindes, an welchem ſie 
mi unendlicher e ding, verurſacht wurde, 
und bat fie —34 Ca in einem Xrtifel 

„Sänderlofe Mütter" in ergreifendfter Weile 
treuen Ausdrud gegeben. Seit diefer Zeit hat 
fih M. v. W. —— ihrer raftlofen ſchrift⸗ 
ſtelleriſchen Arbeit hingegeben. Sie ſchrieb Feuille⸗ 
tons, welche ſich mit Frauenfrage und Pädagogik 

chäftigten, für anfebnliche öfterreis 
und Deutlihe Zeitungen und Zeitichriften, | [ 
denen fih dann größere Arbeiten: Moderne 
Krankheiten, Eine Landratte in Fiume, Die Heil: 
quellen von Monfalcone, ſowie die Biographien 
P. K. age und Franci® Bret Harte ans 
reihten, Außerdem hervorzuheben: Bilder aus 
—* Leben (Nov. 1880), Frauenliebe (Nov. 
‚ welche zu den beiten Erzeugnifien ihrer 
fe ehören), fe Blätter (1886), Sie fchreibt, 
mb aber Ron er erh re —— fe 
Theater n en für größere —— e 
und veröffentlicht autoriſierte Bearbeitu 
dem en und Stalienifchen. I % 
re rei Autorin fit ei mig 
baB g günft I der Prefie ei 


Weiß; ⸗Taurke, Meta, als Tochter 
bes T Polizeirat Weiß zu Breslau am 
9. Dftober 1846 geboren, verlebte eine 
glückliche Jugend im Elternhaufe. Früh: 
zeitig Die Neigung zum Lehrberuf füh- 
lend, machte fie 1865 das Lehrerinnen- 

Nah dem Tode bes Vaters 
fie nach Genf, um ſich in der fran- | A 
Spradje zuvervollfommnen. 1881 


nad Breslau zurücgefehrt, gründete fie 


683 


Meizfäder. 


dafelbft ein franzöſiſches Erternat, welches 
bald lebhaften Anklang fand. As aud 
Heinere Schülerinnen gemeldet wurden, ſuchte fie 
lange vergeblih nad einem pafjenden Lehrbuche, 
im findlihen Stile gehalten, was den Schülern 
da3 Lernen lieb made und ihnen vor allem bie 
lebendige Sprache des täglichen Lebens vorführe. 
Dies führte M. W. zur Herausgabe des Recueil I 
(1882) franz. Leſebuch, enthaltend Feine Geſchicht⸗ 
chen, Dialoge und Gedichte rein moraliſchen In— 
Das Buch verſchaffte ſich ſchnell Eingang, 
o daß 1888 die zweite Auflage erſchien, ſowie auch 
die Fortſetzung, Recueil II für das reifere Alter, 
Darauf erſchien 1885 Die franzöſiſche Vorfchule, 
eine Meine Grammatif für die erite Stufe mit 
bübfchen Bildern verfehen, um durch den An: 
ſchauungsunterricht den Kindern das Lernen zu 
erleichtern. Bald darauf verheiratete ſich 
M. W. mit dem Geometer und Kultur: 
Ingenieur D. Taurfe und wohnt jeitdem 
in Zamwiercie in Ruffiih Polen, teils als 
Gattin und Mutter ihren häuslichen 
Pflichten obliegend, teils ihre fchriftftelles 
riſche Thätigkeit fortjegend. 


Weizſäcker, Julius, geboren 13. Fer 
bruar 1828 zu Ohringen im Hohenlohe: 
ichen, promovierte 1856 mit der Abhand⸗ 
lung Hinfmar und Pfeubo-Jfidor (1858). Es 
folgte der Auflag über die Pieudo » Zfidorifche 
Frage in ihren gegenwärtigen Stande 07 
und derjenige Über das Dogma von ber gött⸗ 
lichen Borherbeftimmung (1859). Darauf Ha: 
bilitation für Gefhichte in Tübingen 
1859 mit der Schrift Der Kampf gegen den 
Chorepiftopat des Fräntifhen Reichs im 9. Jabrh. 
(1859). Dann überfiedelte er als Mit 
arbeiter der hiſtoriſchen Kommilfion nad) 
Münden (1860). Dort wurde er e 
falls Privatdozent im gleihen Jahr, dann 
ordentl. Profeffor in Erlangen 1864, in 
Tübingen 1867, in Straßburg 1872, in 
Göttingen 1876, in Berlin 1881. Im 
Jahre 1879 — eine Schrift über den Rhei⸗ 
niihen Bund von 1254, mit Nachtrag: Zum 
ri Bund von 1254; im Jahre 1886: Der 
Pfalzgraf ald Richter über den König. 
Arbeiten zur — der deutſchen Reichs⸗ 

en ergab ſich Unt ung 

—— rende von 1481 (1875), und im 


Kommif (1867 
bis 1886) Ice Bände Güition ber beuifgen 


She Esition ber 
, davon drei unter 8. Wenzel und 
drei unter K. Ruprecht. 


Welf. 


Welf, B., |. Fr. Rogge. | 


MWellenfamp, Dorette, wurde am 
4. Dftober 1824 als die Tochter des 
Hofbefigers Holt auf dem adeligen Gute| 
Eulpin bei Rapeburg geboren, fiedelte | 
aber im fiebenten Lebensjahre mit ihren 
Eltern nad einem größeren Gute im 
öftlihen Holjtein über. Glücklichen Kin: 
derjahren jchloffen fich ebenfoldhe Mädchen: 
jahre an. Drei derfelben verlebte fie in 
Lübeck bei Verwandten und fuchte und 
fand dort Gelegenheit, die durch Haus: 
lehrer und Erzieherinnen gewonnene ein: | 
feitige Bildung hauptſächlich an dem Stu— 
dium der Klaffifer zu erweitern und zu 
vertiefen. 1848 verheiratete fie fih mit 
bein Fabrifanten E. Wellentamp in Eil- 
bed bei Hamburg. Häusliche Pflichten, 
förperlihe Schwäche und allerlei Sorgen 
hielten nun für lange Zeit die Blüte der 
Poeſie in der Brujt der jungen Frau 
zurüd.  Begeifterung für Die deutſche 
Sade war es, die den Bann brad), es 
entitanden patriotiihe Weilen, unter denen be: 
fonders „An Deutichlands Frauen” großen Bei: 
fall fand und ihr einen Pla als Iyriihe und 
dialektiſche Mitarbeiterin für Zeitichriften und Ta: 
gesblätter einbrachte. D. W. Iebt, jeit langem 
verıpitwet, in Hamburg. Hauptwerfe: Samm: 
lung von plattdeutihen Dichtungen für Polter: 
abende u. ſ. w. (1884), Schleöwig-Holftein, Dia: 
Teftdihtungen in Lied und Wort (1886). 

Weltrich, Richard. Ich bin geboren 
am 10. Febr. 1844 zu Ansbad) in Franken 
als der Sohn des kgl. Regierungsrates 
Heinrich W. und feiner Gattin Chriftiane, 
einer geborenen Diengert aus Baireuth. 
Nachdem ich im Jahre 1861 das Gym: 
nafium meiner Vaterjtadt abjolviert hatte, 
jtudierte id an den Univerfitäten Mün— 
hen und Zürich (wohin id ging, um 
Friedrich Viſcher's Vorlefungen zu hören) 
Rhilofophieund Naturwiſſenſchaften, Afthe: 
tif und Literaturgeſchichte, in den legten 
Semeftern aus Zwang der Umftände zu 
Erlangen Philologie Won 1867 an im 
bairifhen Lehramtsdienft in Zweibrüden 
und Edenfoben verwendet und angeitellt, 





684 


MWend. 


Münden berufen und 1875 zum Pro: 
fefior an der Kriegs:Afademie und dem 
Kadettenkorps ernannt. Hier jchrieb ih 
die Biographie: Friedrich Schiller, Geſchichte 
feines Lebens und Charakteriftif feiner Werke. 
Unter kritiſchem Nachweis der Quellen; der erite 
Halbband diefes Werkes erihien 1885, der zweite 


' folgt 1888. Außerdem veröffentlichte ich eine Reihe 


fritiicher Auffäge in der „Allgemeinen Zeitung“, 
in der „Süddeutfchen Preſſe“, in ‚Nord und 
Sid“ und eine Erzählung in der „Deutichen 
Revue”. 

Wende, Woldemar Bernhard, geboren 
am 9. April 1819 zu Leipzig, befuchte, 
nachdem er eine längere Neihe von Jahren 
Privatunterricht genoffen, das Thomas: 
Gymnaſium in feiner Baterftadt, widmete 
fih dem Studium der Geihichte auf den 
Univerfitäten zu Leipzig, Berlin und 


Heidelberg (1837— 42). Dort waren es 


hauptfählid W. Wachsmuth, Leopold 
v. Ranfe und Fr. Chr. Schloffer, deren 
Vorlefungen und Gejellihaften er bei: 
wohnte. Nachdem er mehrere Jahre dur Ge 


 fundheitsftörungen in feinen Arbeiten aufgehalten 


worden, gab er 1851 fein Werk: Das fränkiſche 


Reich nah dem Bertrag von Berbun, 
und habilitierte fich im folgenden Jahre 


mit der Abhandlung: Die Erhebu 
und der Berfall des karolingiſchen Nelkhes 


Dozent der Geſchichte an der Univerfität 
Leipzig, an welcher er gegenwärtig eine 


ordentlihe Honorar: Profefiur bekleidet. 
Die beiden Schriften ſuchten namentlich) die Auf- 
faſſung, wonad in den zu Verdun entitandenen 
Teiltönigätümern ſich irgendwie ſchon mit einigem 
Bewußtlein die großen nationalen Gegenfäße der 
fpäteren Zeit dargeitellt, ja vielleicht unter dem 
Einfluffe derfelben jich gebildet hätten, gründlich 
zu befeitigen (befonderd gegen Öfrörer) und da 
mit für die wirkliche Entwickelungsgeſchichte dieler 
Nationalitäten einen freieren Boden zu gewinnen. 
Die durch die fchleswig-holfteiniiche Frage ber: 
vorgerufene Bewegung der Jahre 1863/4 ver: 
anlaßte W. zur Abfaffung eines umfangreichen 
Artikels für die „Grenzboten“, der dann unter 
dem Titel: „Der Kampf um Schleöwig«Holftein 
in den Jahren 1848—50” ala eigene Schrift er» 
ſchien. Die Ergebnifje archivaliſcher Studien in 
Dresden und Weimar legte er in einer Reihe 
von Abhandlungen nieder, welche fich auf die 
Streitigkeiten zwilchen der erneftinifchen und alber⸗ 
tiniichen Linie des fächliichen Fürftenhaufes und 


wurde id) 1873 als Studienlehrer nad) | die Bedeutung derfelden für die allgemein deut: 


Wendt. 


ſchen Angelegenheiten um die Mitte des 16. Jahr: 
bundert3 bezogen. Teils in v. Sybels biftor. 


Zeitfchrift, teils in dem Archiv für ſächſiſche Ge- 


ſchichte, teils in den Quellenforſchungen zur deut: 
ſchen Geſchichte gelangten fie 1868 und in den 
folgenden Jahren zum Abdrud. 1887 erichien 
von ihm „Deutihland vor 100 Jahren. Polis 
tifchde Meinungen und Stimmungen bei Anbrud 
der Revolutionszeit”, (1887), ein anerfennens: 
werte Ergebnif tiefgehender Studien. 


Wendt, Ferdinand Maria, wurde zu 
Dresden am 1. November 1839 geboren. 
Früh Schon machte ſich des Knaben poetifche 
Ader bemerflih, er war der Hauspoet 
der Schule und des Progymnafiums, 
welch’ legteres er 1856 abjolvierte. Dann 
ward er indasDomftiftliche Lehrerſeminar 
zu Baugen aufgenommen. Dort war es 
befonders der Direktor Hoffmann, der das 
dichteriiche Talent des Jünglings för: 
derte. Dieſer begann jchon damals in 
Zeitichriften Gedichte und Erzählungen 
zu veröffentlichen, und nachdem er 1860 
eine Stelle an der fatholiihen Bürger: 
und Armenſchule zu Leipzig erhalten hatte, 
erihienen auch feine erften zwei Büchlein: 
„Soldförner“, eine Sammlung von Sinn: 
jprüchen, in denen ſich mancher Geijtes- 
blig findet, und „Friihes Grün“, eine 


Anzahl anmutiger Lieder und formſchöner 


Balladen, für Schulfinder bejtimmt und 
warm zu empfehlen. Durch den Diftrifts: 
Schulinipeftor Weber fam W. an die 
Kormalhauptihule in Hermannitadt, wo 
er ſich ein glüdliches Heim und einen 
eignen Heerd gründete. Hier verfaßte W. eine 
Anzahl Prologe, jowie ein mit Erfolg aufge: 
führtes Luſtſpiel, mehrere Novellen und Gedichte 
und zwei pädagogiihe Werke. Am J. 1870 
fonnte er feinem Wunjche, die Univerfität 
zu befuchen, nicht mehr widerftehen, und 
jo zog er nad) Leipzig, wo er drei Jahre 
unter Strümpell, Ziller, Drobiih und 
Mafius Pſychologie und Pädagogif, und 
unter Fechner, Oberbed und Jordan 
Aithetit und Kunftgeihichte jtudierte. Da- 
mals erihien W.'s Promotionsihrift „Die 
Willensbildung“ und ein Repetitorium zur Ges 
ſchichte der Pädagogik, — eine Menge päda— 
gogiiher und pfgchologiiher Abhandlungen. In— 


685 





Werbatus, 


zwijchen Hatte er feine Stelle als Ober: 
lehrer an der Realſchule zu Schneeberg 
mit der eines Profeſſors an der k. k. 
‚Lehrerinnenbildungsanftalt in Troppau 


vertauſcht, wo er nod) jegt wirft. Außer 
den genannten jind von des Verfaſſers meift vor: 
züglich beurteilten Werfen hervorzuheben: Die 
Methodit des ſchönen Vortrages, Gedichte für die 
Jugend, Walther von der Bogelweide (Jugends 
Schrift), Vergelt’S Gott taufendmal (Jugendichr.) 
und das verdienftlihe Werk: Piychologiihe Mes 
thodif; ferner bebaute W. mit Glüd das Feld 
der Humoresfe und betrieb vornehmlich Studien 
auf dem Gebiete der Frauenpſychologie, deren 
Refultate in den glänzend aufgenommenen Ab: 
bandlungen „Die dere und „Das Traum: 


| leben der Frauenſeele“ niedergelegt find. 


Werbatus, Diagnus Daniel, ift zu 
Riga in Livland am 27. Dftober 1838 
‚geboren. Nachdem er auf der livländi- 
ſchen Zandesuniverfität Dorpat Theologie 
'ftudiert und als cand. theol. jeine Stu: 
dien vollendet hatte, bekleidete er ver: 
ihiedene paftorale Amter an den beiden 
Hauptkirchen feiner Waterjtadt und be- 
teiligte fich in dieſer Stellung durch zahl- 
‚reiche Kleinere und größere Arbeiten an 
‚der Löſung der Aufgaben, die der kirch— 
lichen und weltlichen Preſſe jeines Heimat- 
landes geftellt find. Schon früh aber 
regte fi in ihm neben der Neigung zur 
pajtoralen Tätigkeit die Neigung zur Pä— 
dagogif, und diefe Neigung, durch ver: 
Ichiedene in lofalen Umftänden begründete 
Verhältniffe begünftigt, wuchs aljo heran, 
daß er 1881 fein paftorales Amt nieder: 
legte, um die Leitung der größten öffent: 
lihen Töchterfchule in den baltischen Pro— 
vinzen, die Direktion der Stadt-Tödhter- 
Ihule zu Riga, zu übernehmen. In diefer 
Stellung lie er es ſich angelegen fein, die me» 
thodishen Errungenihaften der neuern Zeit, jo: 
weit fie fi bewährt haben, in neuen Schul— 
büchern für den Neligionsunterriht in feiner 
Heimat zur Anwendung und Durhführung zu 
bringen. Außer einem „Beitrag zur weiblidhen 
Bildungsfrage” find feither von ihm veröffentlicht 
‚worden: „Leitfaden durch die Gefchichte der chrift- 
lihen Kirche“, „Dr. Martin Luthers Heiner Has 
tehismus”, „Chriftliche Religionslehre nad) evang.» 


| 





| luth. Bekenntnis“, „Bibliſche Geihichten aus dem 





alten und neuen Teftament”, „Die Geſchichte des 


Werherr. 


Reiches Gottes auf Erden“. Sämmtiliche Bücher 
find von der Kritit höchſt anerfennend beurteilt 
worden und haben bis jett mehrere Auflagen 
erlebt und entiprechend weite Verbreitung ge- 
funden. 


Werherr, Arm., ſ. Mic. Werner. 
Werner, E., |. E. Bürftenbinder. 


Werner, Karl. Geboren am 5. Mai 
1828 zu Wien als Sohn eines Kommu: 
nalbeamten, beſuchte id das Gymnafium 
in Wien und widmete mid) urjprünglid) 
der juridiihen Laufbahn, indem ich die 
Univerfitäten zu Wien‘ und Graz bezog 
und mich dann zu den ftrengen PBrüfun- 
gen für Erlangung. des Doktorhutes vor: 
bereitete, von denen ich jedoch nur eine 
mit günftigem Erfolge ablegte, weil id) 
erfannte, daß diefer Beruf mit meinen 
inneren Neigungen und Beftrebungen nicht 
übereinftimme. Won jeher mit Vorliebe 
der Geſchichte und dem Studium ber 
deutſchen Sprache ergeben, beſchloß ich 
beiderNeuorganifterung der öſterreichiſchen 
Gymnafien 1850, mid dem Xehramte 
zu widmen. Nach kurzem Beſuche der 
Vorlefungen Karajan’s in Wien erhielt 
ih den Antrag, als Supplent an das 
Gymnafium nad Olmüg zu gehen. Da 
ich jedoch im diefer neuen Thätigfeit zu 
wenig Zeit zu meiner weiteren Ausbil- 
dung fand, gab ich den Poften auf und 
befuchte neuerdings Vorlefungen über Geo- 
graphie, Geſchichte und Deutih an der 
Miener Univerfität, legte 1853 eine Lehr: 
befähigungsprüfung ab und erhielt 1853 
einen Poſten als Gymnafſiallehrer zu 
Iglau in Mähren, verband mich dafelbjt 
mit der jüngften Tochter des Apothefers 
Heller und benugte fleißig die reichen 
Archive der Stadt und der Zünfte zu 
wiſſenſchaftlichen Arbeiten. Einen wichtigen 
Einfluß auf meine Entwidelung nahm aud) der 
Dichter Friedrich Hebbel, mit dem ich durch einen 
Artikel, den ich ihm, als er Redakteur des Feuille: 
tons der „Reichszeitung“ in Wien war, eins 
ſchickte, näher befannt und dann vertraut wurde 


und mit dem ich lange Jahre in freundichaftlichem 
Manche Rezenfionen, über 
Iſchokke, über Hebbel, Rubin, überfeinen „Schnod“ 
u. dgl. erichienen in der „Wiener Zeitung‘ (mil: 


Verhältniſſe ftand. 


686 


a — — — — — — 


iſt 


— 


Werner. 


ſenſchaftliches Beiblatt) und in Kolatſchels gi 
Bremen herausgegebener Zeitſchrift dein 
Anregung. Von Jalau aus arbeitete ich — 
reihen feuilletoniſtiſchen und politiſchen 

an der „Brünner Zeitung“, dem 


Korrefpondenten” ꝛc. Mein — 
—— ich jedoch auf die — 
w 






uchma welche von 
ſchen Gejellihaft in Leipzig mit dem Preife g 
frönt wurde und 1862 —— Von dem 
ſekretär Baron Helfert in Wien zur Teilnahm 
an der Don fen a jerre er 
Geſchichte für dad Volk’ aufgefordert, bear! 
ich den 19. Band „Die eriten Regieru 
des Kaiſers Franz I. von Öfterreich betreffend, 
gleichfalls günftig beurteilt wurde, Eine 
ſchichie des Iglauer Gymnafiums‘, zu deren 
arbeitung ich im Auftrage des Un 
fteriums eine archivali he Stubienreife nad Sa 
fen und Preußen unternahm, ift im 


nahezu fertig. Im Jahre 1868 me ih 
als Gymnafialprofeffor nah Brünn 
noch im jelben Jahre als 


. 

direftor nach Znaim verjegt, um 1869 

als Landesſchulinſpektor nad —— 
ich fait 3 


























nannt zu werden. Dort blieb id 


Jahre und übernahm die Redaltion der „ 

ſenſchaftlichen Beilage” der Bu pnen be 
„Vereins für Gefchichte der Deutfchen in Böhmen“, 
für welche Blätter ih fhon von Jglau aus zahl 
reiche größere Beiträge eingejchidt hatte. X 
Jahre 1872 auf mein Anfuchen nad 
Salzburg verjegt, mußte ingere Be 
hindurch) meiner Beru 
jede journaliftifche und 


. 

siırfat! 
a4 

u 


—* der Erziehung und über: 3 ide p3 „Te 
ge a —— ta Germa 
niae paedagogica, Schmid’s „Ge 

der Erziehung“, über „Hebbel”, über „A 

2c. ꝛc. endlich Artifel über 


Werner, Marie, geboren am 
nuar 1860 zu Königsberg i. Pr.als‘ 
des zu ern u verjtorbenen Sta 
und Architekten Werner. Sie wibn 
dem Beruf einer Lehrerin, 
fie nunmehr in Königsberg 
Im Sahre 1883 erfdhien Ihr 
Harzepos: „Ragenhart und Sk 

erner eine gern gejebene ? 


ha » 


Werner. 


687 


Weienfeld. 


Deutſchen Dichterheim“, der „Boetijchen Blätter“, | —E Lehr: und Leſebuch auf phonetiſcher Grund⸗ 


von „Grüß Gott“, der „Freyja“ ꝛc. 


Werner, Michael (Arnim Werherr), 
wurde am 28. Auguft 1838 zu Münner: 
ſtadt in dem bayriſchen Regierungsfreife 
Unterfranfen als der ältejfte Sohn eincs 
Nagelihmieds geboren, trat in das dor: 
tige, mit einem Auguftinerklofter verbun: 
dene Gymnafium, das er 1857 abjol- 
vierte, ftudierte darauf jechs Jahre Me- 
dizin in Würzburg, nahm lebhaften An- 
teil an der damaligen Reformbewegung 
ber Stubentenmwelt, beſtand 1863 das 
Staatseramen in Münden und erhielt 
die Doktorwürde, worauf er fi) 1864 


als praftiicher Arzt in feiner Vaterſtadt 


niederließ. 1867 fiedelte derjelbe nad) 
Maßbach, 1868 nad) Aſchach bei Bad 
Kiffingen über, wo derſelbe jegt noch als 
praftijcher Arzt und als Badearzt in dem 
nahen Stahlbad Bodlet thätig iſt. 
Schon im 15. Jahre erhielt W. durch den 
GymnafialProfefior P. Alois Braun mächtige, 


* Anregung und veröffentlichte bereits da⸗ 


hlreiche, Iyriiche Gedichte in Zeitichriften. 

——— bis jetzt die Erzählung: „Lebens— 
lauf eines verunglückten Poeten“ (1874), das 
Thierepos: „Schlaraffiade” (1879), 1887 ein 
Band Gedichte, die bejonderd günftig aufgenom- 
men wurden; außerdem zerftreut in vielen Zeis 
tungen und Zeitichriften Gedichte und humoriſtiſche 
Erzählungen. 

Wershoven, Franz Joſ., geboren 
am 7. Januar 1851 in Losheim b. Trier, 
abjolvierte das Gymnafium zu Trier, 
ftudierte hauptſächlich neuere Sprachen 
an den Univerfitäten Berlin, Heidelberg 
und Bonn, unternahm eine Studienreije 
nad England und Frankreich, machte in 
Bonn jein Staatseramen, wurde 1874 
Lehrer an der Realſchule und dem Ted): 
nifum Mittweida und wirkt feit 1876 an 
der fgl. Oberrealfchule zu Brieg bei Bres- 
lau, wurde 1882 zum Oberlehrer ernannt. 
1884— 86 Mitglied der Kr. Prüfungs- 
fommiffion für Lehrerinnen und Schul— 
vorfteherinnen zu Breslau. Won den 
verdienftlihen Schriften Wes find her 
vorzuheben: Hilfsbuch für den englifchen Un: 
terricht an höheren Lehranftalten (1886), Eng: | 


| Tag ge (1886), Franzöſiſches Leſebuch (4. Aufl. 
| 1887), Engliſches —8 (4. Aufl. 1886); 
Technical Vocabulary, English and German 
(2. Aufl. 1885), Vocabulaire technique fran- 
— et anglais - frangais (1882), 
Smollet et Lesage, ätude litöraire (1883), 
Vocabulaire technique frangais - allemand 
et allemand-frangais, The Scientific English 
Reader (1881), Naturwiſſenſchaftlich-techniſches 
Wörterbud) (1885), Biographie de James Watt 
par Frangois Arago (1883), Hume, History 
of Charles I. and of a Commonwealth 


(1884), Thierry, Histoire d’Attilla (1885), 


Hume, The Reign of Queen Elizabeth (1884), 
Repetitorium der engliihen Sprade (1886), 
Repetitorium der franzöfilchen Sprache (1886), 
Hilfsbuh für den ae Unterridt an 
höheren 2ehranftalten (1886 


Wefenfeld, Paul, wurde am 22. 
Februar 1834 zu Ludau (Niederlaufiß) 
geboren, wo fein Vater einen höheren 
Negierungspoften bekleidete. Er erbte 
‚von feiner Mutter die Luſt zu fabus 
lieren und jchloß ſich von zartefter Yu: 
gend an fie um jo mehr an, als jahre: 
lange Krankheit ihn an das Zimmer 
‚feflelte und ihm den Beſuch des Gym⸗ 
nafiums in feiner Waterftadt erjt vom 
elften Jahre an geftattete. Nach Abjol- 
vierung deſſelben beichäftigte ſich W. pri- 
vatim — die Verhältniffe feines Haufes 
erlaubten ihm nicht den Beſuch einer 
Univerfität — hauptſächlich mit ben 
lebenden Sprachen, namentlich den roma= 
niſchen, da er den Wunſch hatte, einmal 
bei einer überfeeifchen Geſandſchaft eine 
Lebensftellung zu finden. Der plögliche 
Wegfall feiner bisherigen Stüße zerftörte 
ihm diefe Zufunftshoffnung. Nun fhlug 
er die fubalterne juriftifche Laufbahn ein, 
in welcher er zur Zeit noch als Sefretär 
beim Landgeriht zu Guben fungiert. 
Nebenbei ift er unausgefegt Titerariich thätig. 
Die Hritif rühmt an Beh Schöpfungen tiere 
Empfindung und eine fejlelnde Diktion. Hervors 
‚zubeben: Die Eberfteiner (Rov.), Perdu-gagne 
(Nov.), Richard Buſch u. Co. (Nov.), Die leiten 
— (Nov.), Der Alte von Neuhaus 
(Skiz.), Hermann, Fürſt von Pückler⸗Muskau 
(Skiz.), Ein Heldengrab in der Mark, Feldmar— 


ſchall Derfflinger, Arniea montana, Eine Nacht 
im Walde, Des Hauptmanns letzte Stunde, 








Weſſelhöft. 


Der Wirt vom ſchwarzen Wallfiſch (Hum.), Der 
Eulen⸗Sepp (Hum.), Ein moderner Lucull (Hum.). 


Weſſelhöft, Heinrich Johannes, ge— 
boren am 2. April 1833 zu Hottelſtedt 
bei Weimar als Sohn des Paftors Eduard 
W. Bon 1848—51 lernte er in ber 
Kunfte und Handelsgärtnerei von Garl 
Appelius zu Erfurt. Von 1851—54 war 
er dann Gehülfe im botaniſchen Garten 
zu Leipzig unter Direktor Prof. Mettenius 
und Garten: nipeftor Bernhardi, bei 
eriterem nahm er an den botaniidhen Vor: 
(efungen teil. 1854 weilte er als Ge: 
hülfe im Gartenetabliffement von Daniel 
Hooibrenf in Hieging b. Wien, 1855 —58 
als Obergärtner in der Schlentherichen 


Handelsgärtnerei von J. D. Evers in 


Tilfit, 1858—59 in der früher Fürft 
Pücklerſchen, damals Prinz Friedrich der 
Niederlande gehörigen und vom Park: und 
Gartendireftor Petzold geleiteten Anlagen 
zu Mustau i. Schl., 1859—66 als Ober: 
gärtner der v. Eichel-Streiberichen Gärten 
zu Eiſenach. 
mit Sophie geb. von Wedelitedt. 1867 
gründete er eine Handelsgärtnerei — 
vorzugsweiſe Roſenkulturen — in Langen: 
alza. 

— Der Roſenfreund, Der Haus— 
garten, Immerwährender Gartenkalender, Der 
Garten des Bürgers- und Landmannes, Die 
Kultur der Roſen in Töpfen. Neu bearbeitet: 


F. A. Knight „Das Ganze der Ananaszucht“, 
Heinrich Gruners, Unterweiſender Monatsgärtner“. 


Weſſely, Ignaz Emanuel, geboren 
am 25. Juli 1841 in Wien, ſtudierte 
daſelbſt Jurisprudenz, dann Philologie, 
Aithetit und Philoſophie; ſeit 1867 in 
Leipzig als Schriftiteller thätig. Von 


feinen verdienftlichen, gründliche Gelehr: 


ſamkeit atmenden Werken heben wir her: 


vor: Grundprinzip des deutihen Rhythmus auf 
der Höhe des 19. Jahrhunderts (1868), Ariſto— 
phanes’ Luſtſpiele (überjegt, mit Einleitungen 
und Erklärungen, 5 Komödien: Ritter — Adar: 


ner — Weibervolksverſammlung — Frauen am | 


Thesmophorienfeite — Wespen, 1869 — 72), 
Nihiliften in und außer der Ehe, Humor. (1878), 


Zwölf Oden des Horay in deuticher Nachdichtung, 


nebſt kritischen Bemerkungen zur deutichen Über: zere 


688 





1861 verehelidhte er ſich 





— Weſtfal. 

ſetzungskunſt (1878), Aus der Kleinmännerwelt 
und Äus der Kleinfrauenwelt, (freie Bearbeitung 
des engliſchen Originals 1880), Grammatiſch- 
ſtiliſtiſches Wörterbuch der deutſchen Sprache 
(1888), Kurzgefaßte Geſchichte der Stadt Leipzig 
(1884), Nacht und Morgen. (Rach Bulwers 
gleichnamigem Roman für die reifere Jugend be— 
arbeitet, 1885). 


Weſtfal, E., ſ. M. 8. Haaß. 


Weſtkirch, Luiſe. Als die Tochter 
deutſcher Eltern bin ich den 8. Juli 1853 
in Amjterdam geboren, wo mein Water 


ein Tuchgeſchäft en. gros betrieb. Doch 
ihon bevor ich mein drittes Jahr er- 
reichte, kehrten meine Eltern nad) Deutſch⸗ 
land zurück, zunächſt auf eine Befigung 
meines Vaters in der Bayriihen Pfalz. 
Leider verlor ich meinen Vater 

früh. 1861 fiedelten wir nah Mainz 
über und fpäter nach Wiesbaden. In 
beiden Städten habe ich die Schulen be> 
fucht undin Wiesbaden mein Lehrerinnen: 
eramen gemacht. Seit 1872 wohnen meine 
Mutter und id in Hannover. 

1873 erichien mein erſter Roman „Die Prär 
tendenten” im „Daheim“, 1875 der zweite „Ein 
Familienzwift“ und zwiſchendurch einige Erzäb: 
lungen in der „Belletriftiichen Korrefpondenz“. 
Ich ſchrieb auch verfchiedene Traueripiele. Es 
iſt mir aber bis jetzt nicht gelungen, eines der— 
ſelben auf die Bühne zu bringen. Dagegen wurde 
ein kleiner Einakter von mir, „Niemand kann 
feinem Schickſal entgehen“, 1878 und 1879 in 
Hannover und 1882 in Wiesbaden aufgeführt. 
1884 erſchien der „Familienzwiſt“ in Buchform. 
Einen wirklich fördernden Erfolg aber chaffte 
mir erſt eine Novellette „Der rote Shawl“, welche 
bei der von der „Wiener Allgemeinen Zeitung“ 
ausgefchriebenen Feuilletonkonkurrenz mit einem 
Ertra:Ehrenpreife ausgezeihnet wirde. Diefer 
Erfolg trug mir die Mitarbeiterihaft an „Nord 
und Süd“, an der „Deutichen Revue‘ und eis 
nigen anderen Blättern ein. Eine Sammlung 
meiner Novellen erfchien unter dem Titel „Rauch“ 
(1888). 


Wettig, Heinrih Hermann Martin, 
wurde geboren am 20. März 1846 in 
MWorbis, Regierungsbezirk Erfurt, beſuchte 
1860—63 die Präparanden-Anjtalt in 
Erfurt und 1863—66 das Königl. Ser 
minar derjelben Stadt. Nachdem er für: 
Zeit in Treffurt a. d. Werra, Schmie— 


Wichert. 


689 


Wichodil. 


defeld und Schleufingen als Lehrer thätig Die Arbeiter, Das grüne Thor, Ein ſtarkes Herz, 


geweien war, ging er nad Gotha, wo 
er in gleicher Eigenihaft wirft. In 
feinen Mußeftunden beichäftigt fih W. 
mit mufitaliihen Korrefpondenzen für 
verihiedene Mufikzeitungen Deutfchlands. 
Sein bedeutendftes Werk ift der Führer 


dur) die Alavier-Unterrichts-Literatur. Ein Weg: | + 


weiler und Ratgeber bei der Wahl 
filalien, der 1884 erſchien und ſich einer fehr 
nftigen Aufnahme zu erfreuen hatte. Außer: 
hervorzuheben: Kleine Heimatkunde des Her: 
yes Gotha (1885), Die ſchönſten Sagen und 
hiſtoriſchen Erzählungen des Herzogtums Gotha 
(1887), Der Sagentranz der Wartburg (1887). 
An diefen Werken rühmt die Kritit lebensvolie 
Friſche, Marheit und Sinnigkeit der Darftellung. 


Wichert, Ernſt, ift zu Infterburg 
am 11. März 1831 geboren, bejuchte 
das Gymnafium zu Königsberg und wid: 
mete fih nad deſſen Abjolvierung dem 
Studium der Rechtswiſſenſchaft an der 
dortigen Univerfität. Im Jahre 1858 
legte er fein Staatseramen ab und trat 
in den Yuftizdienft, in welchem er in Prö— 
fuls bei Memel, danach in Königsberg 
gewirkt hat und bis zum Oberlandes— 
gerihtsrat aufgerüdt ift. 1888 wurde 
W. zum Kammergerihtsrat in Berlin 
ernannt. Neben feiner amtlichen Thätig- 
feit bethätigte fih W. als ein äußerſt 
fruchtbarer und hodhtalentierter Schrift: 
fteller, dem ſowohl auf dem Gebiete der 
Novelle, als auf dem des Dramas reiche 
Erfolge erwudjen. 

Hauptwerke: Dramen und zwar Trauerfpiele: 
Der Withing von Samland, Markgraf Rüdeger 
von Bechelaren, Das Grab der Deutihen (Kailer 
Dtto III), Morit von Sachſen, Der große Kur: 
fürft und der Schöppenmeifter. Scaufpiele: 
Unfer General York, Licht und Schatten, Mit 
Wind und Wafler, Die Fabrik zu Niederbronn, 


—— Mu: 


Die Frau für die Welt, Die Stimme der Natur, | 


Peter Munt, Geſchieden. Luftipiele: Ihr Tauf- 
ſchein, Als Berlobte empfehlen ſich —, In Feindes 
Land, Der Narr des Glüds, Biegen oder brechen, 
Das eiferne Kreuz, Ein Schritt vom Wege, An 
der Majordede, Die Realiften, Die gnädige Frau 
von Parey (Königin Luife), Der freund des 
Fürften, Der geheime Sekretär, Dido, Fünfund— 
zwanzig Dienitjahre, Die talentvolle Tochter. -- 
Romane: Aus anftändiger Familie, Ein häßlicher 
Menſch, Hinter den Kouliſſen, Roſa Lichtwart, 


Das literariſche Deutſchland. 


Heinrich von Plauen, Die Braut in Trauer, 
Hohe Gönner, Eine vornehme Schweiter, Der 
Sohn feines Vaters, Der große Kurfürft in 
Preußen. Novellen-Sammlungen unter den Tis 
teln: Kleine Romane, Wider den Erbfeind :c., 
Gejammelte Novellen, Littauifche Gefhichten, Aus 
dem Leben, Unter einer Dede, Sommergäfte, 
* der deutſchen Nordoſtmark, Mutter und 
ochter. 


Wichodil, Anna, ſ. M. Th. May. 


Widmann, Simon Peter, Sohn des 
Komponiften und Mufiffchriftitellers, Rek— 
tor8 Benedift W. zu Frankfurt a. M. 
am 5. November 1851 geboren. Vor— 
bereitet auf der Selektenſchule, welche 
damals unter dem als Sprachforfcher be- 
kannten Profefior Dr. H. Wedemer ftand, 
beſuchte er 1867— 72 das Gymnafium. 
Alsdann widmete er fich zu Leipzig und 
Göttingen dem Studium der Elaffischen 
und deutihen Philologie und Geſchichte. 
1875 beſtand er auf Grund feiner Difer: 
tation de finalium enuntiatorum usu Thu- 
‚cydideo das Doftoreramen und fertigte 
die jchriftlichen Arbeiten für das Staats: 
eramen an. Danach verjah er 1875 bis 
1876 eine Lehrerſtelle am Gymnafium 
feiner Vaterſtadt und legte in diefer Zeit 
das mündliche Eramen pro facultate 
docendi in Göttingen ab. Von 1876 
an wirkte er am Sol. Gymnafium zu 
Wiesbaden, feit 1878 als ordentlicher 
Lehrer. Won 1881 an beffeidete er zu- 
gleidy die Stelle des Sefretärs bei dem 
Verein für Naſſauiſche Altertumstunde 
und Geſchichtsforſchung und redigierte als 
ſolcher deſſen Annalen. 1885 erfolgte 
feine Berufung zum Rektor an das Real- 
progymnafium zu Oberlahnftein. 

Von zahlreichen Fleineren Beiträgen zu wiffen, 
ſchaftlichen Zeitichriften, fpeziell Rezenſionen in 
der Wochenſchrift für klaff. Philologie, Gymna⸗ 
ea Literarifche Rundſchau abgefehen, hat der« 
elbe folgende größere Arbeiten veröffentlicht: 
| Die naftauifchen Chroniften des Mittelalters 
(1882), Mitteilungen aus Wiesbadener Hand» 
ſchriften, Ausgabe der vita Eckberti, Die Eber— 
bacher Chronik der Mainzer Erzbiichöfe, Publi: 
fation von Differentiae sermonum (1883). 
| Zahlreiche Aufläge in den Annalen des Vereins 


H 








Wiedemann. — 690 — Wiedemann. 


für naſſauiſche Altertumsfunde und Geſchichtsfor- Sprachen. In Dorpat war er zwar dem 
Ihung. Die Böhme’fche Ausgabe des Thucybides | Wunſche feines Vaters gemäß als Juriſt 


für den Schulgebraud; mit Anmerkungen (1882), |. Eur . 
Materialien zu Exrtemporalien nad) Cäfars bell. immatrifuliert, beſuchte auch die betref- 


gall., Über den Buhdruder Franz Behem in fenden Kollegia, verwandte aber feine 
Mainz (1888), Method. Lehrplan der Geſchichte freie Zeit ausichließlih auf Muſik- und 
(1888). Spradjitudien, für welche die Univerfitäts- 
Wiedemann, Carl Alfred, geboren | bibliothek umfängliches Material bot, und 
zu Berlin am 18. Juli 1856, bejuchte | dafjelbe that er auch nad Abgang von 
die Gymnafien zu Karlsruhe und Leipzig, |der Univerfität, während er als Privat: 
alsdann die Univerfitäten zu Berlin, Leip- lehrer in Dorpat lebte; ſchon vor der 
zig und Tübingen. Schon während feiner | Studienzeit, als Hauslehrer, hatte er in 
Schulzeit von ©. Ebers in die Agypto: | feinen Freiftunden das Berfiihe und Ara 
logie eingeführt, ftudierte er Drientalia | bifche getrieben. Er machte beim Schluß 
und Geſchichte. Die Ferien und die | feines Trienniums das Oberlehrereramen. 
erften Jahre nad) feiner Bromotion (1878) | Seine erjte Anjtellung erhielt W. 1830 
benußte er zu Reifen, um die Altertümer: | am Gymnafium in Mitau. 1837 wurde 
Sammlungen Mittel:Europas und Ita⸗ |er auf feinen Wunſch an das Gymnafium 
liens fennen zu lernen; 1880—82 hielt in Reval verjegt, und dort wirkte er 
er fi in Agypten auf. Bon dort zurück- zwanzig Jahre lang bis zu feiner Beru 
gefehrt, habilitierte er fi an der Unis | fung an die Afademie der Wiſſenſchaften 
verfität Bonn für Agyptologie und alte in St. Petersburg. 
Geſchichte. In Reval kam zu der Liebhaberei für Sprach⸗ 
Außer zahlreichen ägyptologiſchen und hiſto- ſtudien noch eine zweite Hinzu, die für Botanif, 
riſchen Auflägen in —— veröffentlichte Eine Frucht der botaniſchen Studien war die (in 
er folgende fehr anerkannte felbitändig erſchienene Gemeinſchaft mit Weber) herausgegebene „Ber 
Werke: Hieratiihe Terte aus Berlin und Paris | Ihreibung der phaneorganifchen Gewãchſe Ehſt⸗ 
(1879), Geſchichie Aghptens von Pſammetich I. | Liv» und Kurlands““ (1859) und die Wahl zum 
bis auf Alerander den Großen (1880), Die äl- | Mitgliede des Naturforſchenden Vereins in Riga, 
teften Beziehungen zwiſchen Agypten und Griechen, | der Raturforichergefellihaft in Dorpat ꝛe. Das 
fand (1883), Sammlung ägyptifcher Worte, welche | neben wurden die ugrosfinniichen Sprachen eifrig 
von griechifchen Autoren umfchrieben worden find | betrieben. So entitand eine forjänifche Über: 
(1883), Kanptifche Geſchichte (1884). Außerdem in ſetzung des Matthäus und eine tſcheremiſſiſche und 
Gemeinschaft mit Profefior 9. Fiſcher: Über ba, | morbwinifche der vier Evangelien. Mit diejem 
byloniihe Talismane (1881). Material verjehen, ſowie mit den handſchriftlichen 
vier Evangelien in mwotjafifcher Sprache, melde 
Wiedemann, Ferdinand Johann, * — ——*—* ihm — rich W. 
wurde am 18. (30.) März 1805 in dem feine Verſuche einer Srammatit des Sprjäniſchen 
= * (1842), Tſcheremiſſiſchen (1847) und MWotjafif 
fpäter als Badeort aufgefommenen Etädt- dest von denen die beiden legten von e ie 
chen Hapfal des ruffifhen Gouvernements demie mit einem Preije aus der Demidow'ſchen 
Ehftland geboren, wo fein Water Ma— | Stiftung gefrönt wurden. Infolge davon wählte 


l ü » ; * ih | die Akademie ihn 1854 zum korreſpondierenden 
giſtrats⸗ und Kreisgerichtsſekretär, zugleich Mitgliede und übertrug ihm etwas ſpäter die Be— 


auch Schiffsrheder war. Den erſten re⸗ arbeitung des von dem unterdeſſen verſtorbenen 
gelmäßigen Unterricht erhielt er in der |Sjögren auf zwei Reifen zu den Liven in ip» 
Kreisichule feiner Vaterjtadt (1814— 19), | und Kurland gefammelten Sprachmateriald. Die 


: ‚fo entjtandene liviihe Grammatif nebſt Sprach— 
dann bejuchte er das Gymnaſium in Reval proben, doppeltem Wörterbuche und ethnogra— 


(1819-21) und, nachdem er zwei Jahre phiſcher Einleitung bildet den 2. Band der von 
auf einem Landgute in der Nähe DON | der Afademie der iſſenſchaften herausgegebenen 
Hapfal Hauslehrer gewejen war, die Unis | „Sejammelten Schriften” von J. A. Sjögren. 


verfität Dorpat (1824— 26). Schon | 1857 wurde W. von der Alademie zum Rache 
— * Pe Re = — folger Sjögrens gewählt für das Fach der ugro⸗ 

zeig | finnifchen Sprachen und fiedelte nad) St. Peters 
dene Neigung für die Erlernung von burg über, wo er noch jegt thätig ift, jo viel die 








Wilbrandt. 


zunehmende Augenſchwäche es geftattet. Hier hat 
er auch nachträglich den beim Abgang von der 
Univerfität nicht erlangten Gelehrtengrad erhalten, 
bie Univerfität Dorpat freierte ihn 1866 zum 
Doktor der Philologie und ernannte ihn u 


dem bei ——— ſeines Amtsjubiläums 1880 | H 


Ehrenmitgliede der Univerfität. Die Ar: 
ten W.'s nad) den ſchon genannten find von 
ber Akademie herausgegeben: Über den werro: 
ehſtniſchen Dialeft (1864), Grammatik der eria- 
mordwiniſchen Sprache nebſt Wörterbuch (1865), 
Ehſtniſch⸗ deutſches Wörterbuch (1869), Über bie 
Sprache und Nationalität der jetzt ausgeftorbenen 
Erevinen in Kurland (1871), Grammatik der 
ehſtniſchen Spradhe (1875), Aus dem inneren 
und äußeren Leben der Ehiten (1876), Syrjä- 
niſch deutſches Wörterbuch nebft einem wotja- 
tiſch⸗ deutſchen im Anhange (1880) und BZufäge 
und Berichtigungen dazu (1886), Grammatif der 
forjänifhen Sprade mit Berüdfihtigung ihrer 
Dialekte und des Wotjakiſchen (1884). 


Wilbrandt, Adolf, wurde am 24. 
Auguft 1837 zu Noftod geboren, abfol: 
vierte dafelbft das Gymnafium und be- 
zog 1856 die Univerfität, um Philoſophie 
u ftudieren. Nach Abſchluß feines Stu: 
iums betrat er den literariichen Plan, 
um fich ganz dem Schriftitellerberufe zu 
widmen. Zunächſt bildete er fih als 
Redakteur der „Süddeutihen Zeitung“ 
in München, dann aber wurde und blieb 
er freier Schriftfteller, lebte in Berlin, 
Paris, Rom, Münden und Wien. In 
letztgen. Stadt verheiratete er ſich 1873 
mit der befannten Schaufpielerin Augufte 
Baudius. Im Jahre 1875 erhielt W. 
für fein Trauerfpiel „Grahus“ den Grill 
parzerpreis, 1878 errang er fih den 
Schillerpreis und 1881 wurde er zum 
Direktor des Hofburgtheaters in Wien 
ernannt, in welcher Stellung er bis 1887 
verblieb, um dann nad) feiner Vaterftadt 
überzufiedeln. Wenn W. auch neben der 
Lyrik die Novelliftit pflegte, fo ift das 
Trama doch jein eigentliches Feld, auf 
bem ihm reiche Zorbeeren ergrünten. 

Hauptwerke: Unerreihbar (Luftfp. 1870), Der 
Graf von Hammerftein (Schaufp. 1870), Die 
Vermählten (Luſtſp. 1872), Jugendliebe (Luſtſp. 
1872), Arria und Mefjalina (Trauerſp. 1873), 
Grachus (Trauerfp. 1873), Kriemhild (Trauerfp. 
1874), Dur die Zeitung (Luftip. 1874), Der 
Kampf ums Dajfein (2uftfp, 1874), Robert Kerr 


691 


Wildenbruch. 


| (Zrauerfp. 1880), Aſſunta Leoni (Schaufp. 1883), 
Die Tochter des Herrn Fabricius (Schaufp. 1884), 
Gedichte (1874), Geifter und Menſchen (Rom.), 
Novellen, Neue Novellen, Ein neues Novellens 
buch, Meifter Amor (Rom.), Novellen aus der 

eimat. 

Wildenbruch, Ernſt von, ift zu 
Beiruth (Syrien) als der Sohn des da- 
maligen preußifchen Konfuls dafelbit am 
3. Februar 1845 geboren. Die häufigen 
Verjegungen feines Waters erichwerten 
die Erziehung des Knaben ungemein, erft 
als die Familie, der leidenden Gefund— 
heit der Mutter halber, in die Heimat 
zurückkehrte, fonnte an einen ununter— 
brochenen Echulbefuch Ernſts gedacht wer⸗ 
ben. So bezog er zunächſt das Pada⸗— 
gogium in Halle und ſpäter das fran⸗ 
zöſiſche Gymnaſium zu Berlin. Indem 
er dann dem Militärſtande ſich widmete, 
folgte er nur einem Wunſche der Seinen, 
nicht dem eigenen Triebe. Bereits nad) 
ſechs Jahren fchied er aus dem Pots- 
damer Offiziersforps, holte frühere wiſſen⸗ 
ſchaftliche Verſäumniſſe nah und beftand 

1867 die Maturitätsprüfung, um in Ber 
lin dem Studium der Rechte fi zu wid— 
men. Der Krieg mit Frankreich brach 
gerade aus, als W. fein erftes Eramen 
abgelegt, er fuchte und fand wieder feine 
alten Kameraden, die ihn willtommen 
biegen und in deren Gemeinfchaft er in 
Frankreichs Gauen einzog. Zurüdigefehrt, 
trat er wieder in dem Juſtizdienſt als 
Referendar am Oberappellationsgericht 
in Sranffurt aD. Dort wurde er zum 
Aſſeſſor ernannt, ging dann nad) Berlin 
als Richter am Stadtgericht und trat 
1877 in ben Dienft des Auswärtigen 
Amts. Dort wirkt er noch jegt, 1887 
zum Legationsrat ernannt. Im Sahre 
1885 vermählte er ſich mit Fräulein von 
Weber, einer Enkelin des großen Kom: 
poniſten. W. dürfte als der talentvollite 
dramatische Dichter der Gegenwart zu 
betrachten fein. Diefe gewaltig padende 
Kraft der Darjtellung, verbunden mit 
einer hinreißenden Sprachvollendung wird 
von feinem anderen Bühnendichter neucrer 


44* 


MWildenradt. 


Zeit erreiht. Daneben bebaut er zwar 
auch das Feld der Novelle, aber weitaus 
nicht auf feiner Höhe als Dramatiker. 
Für dieſe ift jein Feuer zu glühend; fehlt 
ihm die ſtille Ruhe des Detailmalers, 
wenn er auch als Novellift immer eigen: 
artig und meit über dem Niveau der 
Alltäglicykeit bleibt. Im Jahre 1884 er: 


hielt er den großen Schillerpreis für feine | 


dramatiſchen Dichtungen. 

Hauptwerfe: Vionville (Heldenlied 1874), 
Sedan (Heldenlied 1875), Lieder und Gelänge 
(1871), Der Meilter von Tanagra (Nov. 1880), 
Die Harolinger (Trauerfp. 1882), Der Menno: 
nit (Trauerfp. 1882), Harald (Trauerfp. 1882), 


Novellen (1882), Väter und Söhne (Schaufp. | 


1882), Opfer um Opfer (Schaufp. 1883), Dich: 
tungen und Balladen (1854), Kinderthränen (Er— 
zäbl. 1884), Chr. Marlow (Trauerfp. 1884), 
Neue Novellen (1885), Das neue Gebot (Schaufp. 


1886), Humoresfen (1886), Die Herrin ihrer 
Hand (Schaufp. 1856), Die Quitzows (Trauerfp. | 


1858). 

Wildenradt, Johann von, it am 
3. November 1545 in Tondern (Schles: 
wig) geboren. 
vorragendes Zeichentalent und bejchloß, 


diejes praftiih in der Gravierfunit aus: | 


zunußen. Er erlernte den Beruf in 


Hamburg, weilte dort und in mehreren | 


anderen größeren Städten und errichtete 
1877 eine eigene Fabrik in Pforzheim. 
Dort trat er auch bald darauf zum erjten: 
mal als Schriftiteller vor die Offentlich— 
feit und wurde durch den ihm zu Teil 
werdenden Erfolg zu weiterem Streben 
ermuntert. Er trieb eifrig geichichtliche 
Studien, die er in feinen alljeitig aner: 
fannten Werfen verwertete. Bald gab 
er feinen praftiichen Zebensberuf auf und 
lebt noch jet in gen. Stadt als freier 
Schriftſteller. 

Hauptwerke: Fra Filippo Lippi (Ep. 1878), 
Hiſtorien von Herrn Hartwig und der treuen Ella 
(2. Aufl. 1881), Der legte Wendenfönig (rom. 
Ged. 1882), Adelbert von Harras (Bed. 1882), 
Zwölf Balladen (1853), Der Zöllner von Klaufen 
(Hiſt. Nom. 1884), Schön-Düwecke (Hit. Rom. 
1885), Der legte Römer (Hiſt. Rom. 1886), 
Lavinia Colonna (Hiſt. Nom. 1537). 

Wild-Queisner, Robert, geboren 
am 10, Eeptember 1862 in Gr. Malſau, 


692 


Er zeigte früh jchon her: | 


Wilferth. 
Kr. Pr. Stargardt, iſt Verfaſſer folgen: 
der ſehr gut aufgenommener Werke: 
Des Einjährigen Leid und Freud', humoriſt. 
Erzählung aus dem Soldatenleben (1885), Zweier: 
lei Tuch, beitere Gefhichten aus dem Soldaten: 
leben (1885), Fähnrichs Liebe und Leben (1886), 
Das Duell, ein Wort über daflelbe (1887), Offi: 
jiere und Studenten (1887), Ihr Jdcal (Luftip. 
(1887), Der Lebensretter (Schwanf, 1888), Leut⸗ 
nants Lieben und Leiden (1888), Leichte Kavallerie 
(1855). W. lebt als freier Schriftfteller, 
Theaterreferent und Kunjtkritifer in Alt 
Belig bei Bromberg. 


Wilferth, Ferdinand, wurde zu Hof 
in Oberfranten als Sohn eines Gym: 
nafialprofeffors am 11. Mai 1829 ges 
boren, abjolvierte dafelbit das Gymnafium 
und wandte fi hierauf dem jurijtischen 
Studium an der Univerfität Erlangen zu. 
Mißliche Verhältniffe nöthigten ihn, ſich 
um Broterwerb umzujchauen, und fo trat 
er in den k. b. Verkehrsdienſt über. Ge 
genwärtig lebt er als Vorſtand des Bolt: 
‚amtes am Gentralbahnhofe zu München 





unter dem Titel eines Poftmeifters (Poſt⸗ 
direftors). Nachdem verschiedene Gedichte und 
Novellen in Zeitichriften zerftreut erfchienen waren, 
ab W. 1865 heraus: Bittel, geihichtl. Schau: 
Piel, welhem 1871 das Schaufpiel Adel um 
Adel (zuerit aufgeführt im gleichen Jahre am 
Belle: Alliance-Theater in Berlin) folgte. 1874 
erfchienen: Ein Seelſorger (Bolkszeitit.) und 
Gundel vom Königsſee (Bolksft.), 1875 Die Rojen 
des Neferendars (Xuftip.), 1876 Seine Gefchichte 
(Guſtſp.), 1877 Ein deutfcher Kaiſer (Schauip.). 
| Außerdem 1876 Gedichte, 1880 Artus, ein 
Alpenmärchen. 


Wilhelmi, Sophie Marie, ſ. Grf. 


‚dv. Broddorf. 

| Willfomm: Schneider, Martha 
Louiſe (Benvenuto Sartorius), geb. den 
‚10. Februar 1856 zu Tharandt in Sad 
'jen, Tochter des Botanifers Prof. Dr. 
M. Willlomm, genoß ihren erjten Unter 
richt in dem unter der Agide der Dia: 
fonilfenanftalt jtehenden Luiſenſtift da 
jelbjt. Im Jahre 1868 folgte Prof. 
Willlomm einem Rufe an die baltijche 
‚Universität Dorpat, woſelbſt Martha nad 
‚abjolviertem höheren Lehrkurſus im Jahre 
‚1872 mit Auszeihnung die Lehramts- 





Willms. 


prüfung beſtand. Im darauf folgenden 
Frühjahr begleitete ſie ihren Vater auf 
ſeiner Forſchungsreiſe nach den balea— 
riſchen Inſeln, woran ſich eine Reiſe durch 
das ſpaniſche Feſtland ſchloß. 1874 
ſiedelte die Familie nach Prag über. 
Zu dieſer Zeit beginnt die literariſche Thätigkeit 
M. W.'s, die zunächſt unter ihren Mädchennamen 
ſpaniſche Reiſeflizzen, ſowie Überſetzungen ſpani— 
ſcher Gedichte veröffentlichte; einige Jahre ſpäter, 
ermuntert durch den Romanſchriftſteller Ernſt 
Willkomm, ſich der Novelliſtik zuwandte. Im 
Jahre 1883 verheiratete ſie ſich mit dem 
in St. Petersburg lebenden ruſſiſchen 
Hofrat C. Schneider. Einige ihrer Arbeiten 
ſind auch in engliſcher und ſpaniſcher Überſetzung, 
die Originale in den beſten deutſchen Zeitſchriften 
erſchienen, deren beliebte Mitarbeiterin M. W. iſt. 

Willens, Agnes, geboren den 23. 
Auguft 1844 zu Tübingen als Tochter 
des Prof. Wildermuth und feiner durch 
ihre jchriftjtelleriiche Thätigfeit befannten 
Gattin Ottilie. Sie befuchte bis zu ihrem 
15. Jahr die höhere Töchterichule ihrer 
Baterjtadt, brachte dann 1 Jahre in 
Lachaux de fonds im Kanton Neuchatel 
im Haufe des Profeſſor Aimé Humbert 
zu, von wo aus fie die dortige &cole 
industrielle beſuchte. Nach Haufe zurüd- 
gefehrt, verlobte fie fich mit dem Candid. 
theol. Ed. Willms aus Oftfriesland, den 
fie noch als Studenten im elterlichen 
Haufe fennen gelernt hatte, verheiratete 
fih zwei Jahre jpäter mit ihm und folgte 
ihm auf feine erfte Pfarrftelle zu Mel: 
dorf in Ditmarjchen, dann nad) der Re: 
fidenzitadt Oldenburg, zulegt in das, uns 
weit der Nordjee gelegene, freundliche 
Marſchdorf Wiarden. Ihre literarische 
Thätigfeit erfiredt fi) auf die Gebiete 
der Novelliftif, der Volks: und Jugend: 
literatur. 

Hauptwerfe: Männerfünden an Frauenherzen 
(Erz3.) Die beiden Boie. Ein Blatt aus der 
Geſchichte Ditmarjchens, Von Heimat zu Heimat 
(Hift. Erz), Das Recht ohne Gott (Hift. Erz.), 
Des Menihen Herz und Gotted Wege (Erz.), 
Das Kind der Krabbenfrau (Erz.), Die Bödlen: 
burg (Hift. Erz.), Die Erbin von Rofened (Erz.), 
Role und Reſeda, Beifamen (2 Erz.). Außerdem 
giebt A. W. zufammen mit ihrer Schweiter all: 


693 


Windſcheid. 


jährlich einen Band des von ihrer ſel. Mutter 
gegründeten „Jugendgarten“ eine Feſtgabe für die 
Jugend heraus. 

Windſcheid, Bernhard Joſef Hubert, 
iſt zu Düſſeldorf am 26. Juni 1817 ge— 
boren, ſtudierte an den Univerſitäten Bonn 
und Berlin die Rechte, promovierte 1838 
und habilitierte ſich 1840 an letztgenannter 
Hochſchule. Dort wurde er 1847 zum 
'außerordentl. Profefjor ernannt, folgte 
aber ſchon furze Zeit darauf einem Ruf 
als ordentl. Profeffor nad) Baſel, 1852 
nah Greifswald, 1857 nah Münden, 
1871 nad Heidelberg und 1874 nad) 
Leipzig, wo er noch jegt wirft. In Ans 
erfennung feiner hohen Verdienite wurde 
DW. zum Geheimen Rat ernannt. Seine 
literarifche Thätigfeit hat ihm den Ruhm 
eines der ausgezeichnetiten Pandektiſten 
eingetragen. 

Hauptwerfe: Lehrbuh des Pandektenrechts 
(6. Aufl. 1887), Zur Lehre des Code Napoleon 
von der Ungültigfeit der Rechtögeichäfte (1846), 
Die Lehre des römischen Rechts von der Voraus: 
feßung (1850), Die Actio des römiſchen Civil 
rechts (1856). 

Winter, Georg, ift geboren zu Bres- 
lau am 3. Februar 1856, erhielt feine 
wiſſenſchaftliche Vorbildung auf dem dor- 
tigen Elifabet-Gymnafium, von welchem 
er 1873 mit dem Zeugnis der Reife ent- 
lafien wurde. Er widmete fich zunächit 
in feiner Baterjtabt philologiihen und 
biftorifhen Studien, wandte fi aber 
bald immer ausſchließlicher den letzteren 
zu. Zur Fortfegung derjelben jiedelte er 
1875 nad Berlin über, wo feit Jahren 
eine Fülle hervorragender Kräfte lehrend 
wirkte. 1877 wurde ihm das Glüd zu 
Teil, die eben frei gewordene Stelle 
eines wiſſenſchaftlichen Hilfsarbeiters bei 
Leopold von Ranke zu erhalten und da— 
mit in täglihem perſönlichen Verkehr mit 
dem Meijter der deutichen Geſchichtſchrei— 
bung an geeignetjter Stelle einen Blid 
in das Weſen und die Aufgabe geichicht: 
licher Forſchung und Darftellung zu thun. 
W. verblieb in dieſer Stellung aud), 
nachdem er 1878 auf Grund einer Arbeit 








PWinterfeld. 


694 


Mittenau, 


aus der Verfalfungsgefchichte des Mittel: | fruchtbar auf dem Gebiete des Heinftäbti- 


alters Geſchichte des Straßburger Rats (1878) 
zum Doktor der Philoſophie promoviert 
worden war, nod einige Zeit, bis er 
1879 in den Dienit der fgl. preuß. 
Arhivverwaltung trat. Die ihm neben 
feinen amtlihen Geſchäften verbleibende Muße 
bat er auch ferner unausgefegt auf wiſſenſchaft— 
lihe Arbeiten verwendet, die fi teils noch 
weiter auf dem Gebiete der mittelalterlihen Ber: 
faflung, teils auf dem der neueren Gefchichte 
bewegten. Die meiften diefer Arbeiten, welche 
teils in Buchform, teils in den fachwiſſenſchaft⸗ 
lichen Zeitichriften erſchienen, find für den enge 
ren Kreis der Fachgenofien berechnet, dagegen 
hat es W. in feinem umfangreihen Werfe über 
Hans Joahim von Bieten (1886) verfucht, die 
Refultate feiner Forſchung auch dem Volke jelbft 
zugänglich zu machen. An das lettere hat er 
ſich außerdem in einer fehr großen Zahl von 
populären, biftorifchen, politifchen und literarifchen 
Eſſays gewandt, welche in verfchiedenen Zeit: 
Ihriften und Zeitungen erfdhienen find. In Ge- 
meinihaft mit Alfred Dove hat er Leopold von 
Ranke's Meltgefhichte nach deſſen hinterlaſſe— 
nen Papieren fortgeſetzt und vollendet. Sein 
vornehmſtes Ziel war dabei darauf gerichtet, dem 
Volke von den Errungenſchaften der modernen 
wiſſenſchaftlichen Bewegung Kunde zu geben, doch 
hat er ſich hie und da auch an der Beſprechung 
offentlicher Einrichtungen und Zuftände verſucht. 

MWinterfeld, Adolf von, wurde am 
9. Dezember 1824 zu Alt-Ruppin ge 
boren und bejuchte die Kadettenanftalt 
Kulm, da feine Eltern ihn früh ſchon für 
den Militärftand beftimmt hatten. Als 
Offizier beim Pafewalfer Küraffier-Regi- 
ment nahm er teil am dänifchen Feldzug, 
wurde nad) defien Beendigung nad) Berlin 
verjegt, wo er 1854 feinen Abſchied nahın, 
um ausichließlih feinen Studien und 
Ichriftitellerifchen Arbeiten leben zu können. 
Diele Reifen ins Ausland erweiterten 
feinen Gefichtskreis. Im Jahre 1860 
wurde er, zu Berlin wohnhaft, zum 
Kammerjunfer, 1862 zum Kammerherrn 
ernannt. Die Erlebniffe, befonders wäh— 
rend feiner eigenen Militärzeit, lieferten 
W. reihen Stoff, den er literarifch derart 
zu verwerten verjtand, daß wir ihn neben 





hen humor. Romans, deſſen Feinheiten 
W. meifterhaft beherrſcht. 

Hauptwerke: Soldatenleid, Soldatenluſt (1857), 
Garniſongeſchichten (1859), iſſe einer 
kleinen Stadt (1863), Das Kätchen von der 
gef (1863), Manðvergeſchichten Ne; 

ohnungsfucher (1864), Der ftille Winkel (1865), 
Kadettengefhichten (1865), Die Reifen von Bam: 
bus & Komp. (1865), Die Ehefabrifanten (1866), 
Ein gemeucelter Dichter (1867), Der Wintel 
Ichreiber (1868), Modelle (1868), Ein gutmütiger 
Mepbiito (1868), Herr von Filz (1868), Fanı 
tifer der Ruhe (1869), Der ig 1870), 
Moderne Odyſſee (1871), Narren der 1872), 
Onfel Sündenbod (1873), Alte Zeit 
Groß» Bufelow (1874), Die 
(1875), Drollige Soldatengeihichten (1875) 
Fürft von Montenegro (1876), — 
ber a Der alte Kan (1 * 
Pinſel (1878), Neue Garniſongeſchichten 
Der König der Luft (1878), Zwei 
(1880), Der heilige Eheſtand (1883), Die Tobten- 
föpfe (1884), Alte Zeit (1885) u. v. a, 


Wittenan, Eduard Dubs ln 
am 9. Mai 1868 zu Lochotin 

abjolvierte 1885 die Realſchule in Prag 
und lebt teils zu Lochotin bei Pilſen, teils 
in Prag. Die Gebiete, auf dem W. ſich 
(iterariih mit Glück ri > bat, find: 
—— Feuilleton, Novelle, Thealer⸗ 
ritik. 


Hauptwerke: Harun al Raſchid a: 
defina! (Nov.), Prinz Ersofi und 
Senderoli (Märchen), Der Salonzigeuner . 


Ferner überſetzt er auch aus dem 
und Böhmiſchen. 


— 










Auguſt 1838 zu Aſchaf 
Ihr Vater, der Verlage 
Krebs, entſtammte der Brüderg 
Die Erziehung Marina's wurde von de 
Mutter geleitet, einer reichbegabten und 
poetifch angelegten Natur, überdies hatte 
fie guten Schulunterricht. Im dreizehnten 
Jahre verlor fie die Mutter. An ihre 
Stelle trat Lina Schwarz, eine Enfelin 
Zung-Stillings, zur Führung des Haus 
wefens. Mit vierzehn Jahren fam Dia 





Hadländer als unferen bedeutendften mili- rina als Soging nad Montmirail in die 


tärifchen Humoriftifer zu verzeichnen haben. | franzöfiiche 
Vor allen Dingen ift er außerordentlich | anftalt der Brüdergemeine. 


chweiz, in eine Erziehung‘ 
Hier blich 


Modiczka. 


fie nahezu drei Jahre und genoß vor: 
züglichen Unterricht, befonders in Natur: 
wiſſenſchaft und Religion. Gern wäre 
fie fpäter als Lehrerin nad) Diontmirail 
zurüdgefehrt, doch fand 1858 ihre Ver: 
heiratung mit C. Witter, Buchhändler in 
St. Louis U.S. ftatt, dem fie nach Amerika 
folgte. Nach der Geburt eines Töchter: 
chens, welches ftarb, Eehrte fie ein Jahr 
darauf, totfranf in das Elternhaus zurüd. 
Eie erholte fi) wieder, wurde aber 1867 
Witwe. In diejen trüben Tagen fand 
fie in der Religion den meijten Troft, 
auch griff fie, einem inneren Drange fol- 
gend, zur Feder. Durch Verbindung mit Otto 
Spamer famen einige Jugendichriften heraus, von 
denen ihr „Spielbuch für Mädchen” in 11 Auf: 
lagen erſchien. Die Autorin lebte nun mehrere 
Jahre in Leipzig, literarifch befonders für 
den gen. Verlag thätig. Dann brachte fie 
fiebzehn Jahre in Aſchaffenburg zu und 
überfiedelte 1886, einem Zuge ihres 
Herzens aus frühfter Jugend folgend, in 
eine Kolonie der Brüdergemeine. Niesky, 
als Hauptfiß der verfchiedenen Lehranital- 
ten und zugleich ala Mittelpunkt des gei- 
ftigen Lebens der Gemeine, z0g fie am 
meijten an. 


Wodiezfa, Victor, wurde geboren 
am 9. Januar 1851 auf Schloß Liechten— 
ftein in Nieder-Ofterreih. Nach Beendi- 
gung jeiner Studien und zurüdgefehrt 
von größeren Reilen im Auslande, er: 
hielt er eine Stelle im Berwaltungsbureau 


der öfterr.sungar. Staatsbahn. 

Das erfte Werk, mit dem er die Öffentlichkeit 
betrat, waren feine „Dramatiijhen Märden für 
die Jugend“ (Der Ring des Gnomen : Königs, 
Rarzifie die Blumenfee, 1869), welche Bühnen: 
fpiele in Wien ſowohl, als auch in der Provinz 
wiederholt mit Erfolg zur Aufführung gelangten. 
Nahdem in verfchiedenen Zeitichriften kleinere 
Arbeiten von ihm erſchienen, fam 1882 feine 
Novelle „Stürme im Frühling“ in Buchform ber: 
aus. Als im felben Jahre die Zeitichrift „Die 
Heimat” einen Preis von 100 Dufaten für die 
befte poetifche Arbeit in erzählender Form aus: 
Ichrieb, trug W. mit feiner biftorifchen Erzählung 
„Der ſchwarze Junker“ den eriten Preis davon. 
Aufgemuntert hierdurch wandte fih W. nunmehr 
dem Felde der hiftoriihen Erzählung zu und 


695 














Wolf. 


1886 erfchien auch der erfte Roman „Aus Herrn 
Walthers jungen Tagen”, in weldhem das Jugend+ 
leben Walther von der Vogelweide am Wiener 
Hofe gejchildert wird. W. lebt auf feiner 


Befisung in Brunn am Gebirge bei Wien. 


Wolf, Gerion, geboren am 16. Juli 
1823 zu Hollefhau in Mähren, betrat 
ſchon frühzeitig die jchriftftellerifche Laufbahn und 
veröffentlichte im Jahre 1843 in Saphird „Hu: 
moriſt“ Artifel: „Ariftophanes und das Luſt— 
fpiel unfrer Zeit", „Studien über Shakeſpeare“ ꝛc. 
Im Sturmjahr 1848 trat er als politifcher Schrift: 
jteller auf. Infolge zweier Artikel in der „Zeit“ 
wurde er im Jahre 1849 von Wien ausgewieſen. 
Diefe Ausweifung wurde jedoch rüdgängig ges 
madt. In demfelben Jahre erfchien auch defien 
erſte jelbftändige Schrift: „Die Demokratie und 
der Sozialismus”. Diefe Schrift wurde dann 
im g 1852 als der Belagerungszuftand in 
Wien ftraffer gehandhabt wurde, von der Mi: 
litärbehörde fonfiszirt und der Autor nad 17; 
tägiger Unterfuhungshaft auf 4 Wochen Arreft 
verurteilt. (Das Nähere hierüber findet ſich in 
der Schrift: „Aus der Revolutionszeit“ 1848/9, 
1885). Nachdem W. 1851: „Über die Volks: 
ſchule in Oſterreich“ veröffentlicht hatte, welche 
eine Neform auf dieſem Gebiete herbei- 
führte, wendete fich derjelbe dem Geſchichts— 
ſtudium auf Grund von Quellenforihungen 
zu und wurden ihm die öfterreidhiichen 
Archive zu diefem Zwecke in der libe- 
ralſten Weife geöffnet. Zu gleichem Zwecke 
machte er Studien zu Berlin und Dresden. 
Im Laufe der Zeit hat er, abgefehen von Artikeln 
in Seitungen, zahlreiche verdienftlie Werke ver: 
öffentlicht, u. a. auf dem Gebiete der Geichichte 
der Juden: Ferdinand II. und die Juden, Zur 
Geihichte der Juden in Worms und des deutfchen 
Städteweſens, Judentaufen in Oſterreich, Die Ju: 
den in der Leopoldſtadt, Joſef Wertheimer, ein 
Zeit: und Lebensbild, Gejchichte der Juden in 
Wien 1156--1876, Zur Salzburger Chronik, Die 
Juden in Ofterreih:UIngarn zc.; auf pädagogis 
ſchem Gebiete: Die Generalfeminarien in Diter» 
reich unter Joſeph II., Die failerlihe Landes» 
ſchule in Wien unter Marimilian II., Das Projekt 
einer höheren QTöchterichule unter Joſef II., Das 
unterrichtsweſen in Ofterreih unter Joſeph II.; 
bierher gehören auch: Studien zur Jubelfeier der 
Miener Univerfität 1865, Der neue Univerfitäts- 
bau, Gefhichte der Wiener Univerfität ꝛe. Durch 
die „Geſchichte der f. f. Archive in Wien” war 
er bahnbrechend auf dieſem Gebiete, hierher ge 
hört auch: „Srillparzer als Archivdireftor”. Ferner 
veröffentlichte er mehrered über die Zeit Maria 
Therefiad und Joſef II., woraus hervorzuheben 


Wolf. 


ift: Ofterreih und Preußen 1780—1790, Kaifer 
Sofef II., Aus der Zeit der Kaiferin Maria 
Thereſia. 


Wolf, Hedwig, iſt am 15. April 
1831 in Wien geboren. Als Tochter 
des bekannten Romaniſten Ferdinand 
Wolf erhielt fie nicht nur eine ſehr ſorg⸗ 
fältige Erziehung, ſondern wurde durch 
ihren Vater angeregt, die ſpaniſche Sprache 
zu erlernen und ſich mit der modernen 
Literatur Spaniens zu beſchäftigen. 

Nachdem ſie ſchon als ganz junges Mädchen 
Erzählungen geſchrieben, veranlaßte ſie ein den 
journaliſtiſchen Kreiſen angehörender Freund ihres 
Hauſes mit ihren Arbeiten vor die Offentlichkeit zu 
treten, und im Jahre 1857 erſchienen die zwei 
erſten Erzählungen Hedwig W.'s: „Die beiden 
Brüder” und „Einer Stimme Zauber” im Druck. 
1860 folgte ein Band „Erzählungen und No: 
vellen“ und fait, 
erfchien auch ihre Überfegung von Fernan Cabal: 
lero’3 Roman „Elia“, welden Ferdinand Wolf 
berausgab. Auf Heinrih Laube's Wunfc be 
forgte Hebwig die Überfegung des ſpaniſchen Luft- 
ſpiels „Nachſicht für Ale“ von Goroftiza, das 
dem Dichter ald Vorbild zu feinem „Cato von 
Eifen” gedient hatte. Dicke Überfegung erfchien 
in der Gefammtausgabe von H. Laube's Werfen. 
Die verfhiedenften Journale Öfterreihs, Deutich 
lands und der Schweiz bringen alljährlich lite: 
rarifche Beiträge von 9. W., teils Erzählungen 
und Novellen, teils biographiſche Aufſätze und 
andere Feuilletond. Auch mit den Erzeugniffen 
der modernen ſpaniſchen Literatur hat fie ihre 
Sandsleute zu wiederholten Malen befannt 
gemacht. 


Wolff, Franz, geboren am 18. April 
1858 in Wien, bejuchte die Realſchule, 
dann ein Jahr die Handelsſchule, abjol- 
vierte den Eiſenbahn-Kurſus und hörte 
jpäter die Vorlefungen über Geſchichte, 


Philofophie und Nationalöfonomie an der 


MWiener Univerfität. Er trat 1877 in 
die Dienfte der Kronprinz Rubolf-Bahn 
und iſt gegenwärtig Beamter der k. k. 
General = Direktion der  öfterreichifchen 
Staatsbahnen in Wien. 

Er verfuchte fich Schon früh in Gedichten, deren 
viele, fowie auch Feinere Novellen im „Wiener 
Familien-Journal“ in den Jahren 1876 und 1877 
erjchienen. 1881 wurde ein Luſtſpiel „Tugend- 
bafte Männer” in Linz aufgeführt. Die Kritif 
hob bejonders den „flüfligen, eöpritvollen Dialog“ 


696 


gleichzeitig mit diefem Bande | 


Wolff. 


hervor. Ein jpäteres Luſtſpiel „Flitterwochen“ 
bearbeitete Leon Treptow und gelangte dieſes 
Stüd unter dem Titel „Am häuslichen Herd“ 
an zahlreihen Bühnen erfolgreich zur Auffüh— 
rung. 1885 las Hofichaufpieler Joſef Lewinsky, 
der W.alsein „Itarfes und echtes Talent“ bezeichnete, 
im „Verein der Literaturfreunde” in Wien eine 
Novelle „Ein Modell“ unter großem Beifalle, 
Die Novelle gelangte in der „Allgemeinen Kunſt⸗ 
Chronik“ zum Abdrud. Ihr folgten: „Unver⸗ 
ftanden“, „Das Ideal“ und verfchiedene Gedichte. 
W. ift Mitarbeiter verjchiedener belletriftifcher 
Blätter, wendet fi aber nun wieder mehr dem 
dramatischen Fache zu. 


Wolff, Georg, wurde am 28. Aug. 
1845 zu Neuenhain in Heflen geboren, 
beſuchte das Gymnafium zu 
darauf 1865— 69 die Univerfitäten Min⸗ 
hen und Marburg, um Philologie und 
Geſchichte zu ftubieren. Nach beftandenem 
Sramen trat er in das Lehrerfollegium 
des Kol. Gymnafiums zu Hanau ein, 
dem er noch jegt ala Oberlehrer für alte 


Spraden und Geſchichte angehört. 
Außer zahlreihen Vorträgen und Aufläßen 
in belletriftifchen Zeitſchriften veröffentlichte er 
eine Reihe ftreng miflenichaftlicher Arbeiten als 
| Mitarbeiter der Kaſſeler Zeitichrift für heſſiſche 
Geſchichte und rer —* nn 
angehört, der Zeitichrift de Hanauer irls 
vereins und des hiſtoriſchen Vereins für das 
Großherzogtum Heflen ꝛe. Seine Studien 
fi auf der Univerfität und in den fol⸗ 
genden Jahren beſonders der mittel ei 
Geſchichte zugemwendet, welcher auch die vom der 
Kritik günftig aufgenommene Differtation: „Kris 
| ae Beiträge zur Geſchichte Karla des ' 
[768— 771] (1872) angehört hatte. Seit aber 
auf feine Anregung und unter feiner Sei 
vom Jahre 1881 an ber auer verein 
die Erforfhung der römiſchen Refte innerbalb 
des ehemaligen Kurfürſtentums Hefien in um: 
faffender Weile in Angriff genommen hatte, 
war der Löſung diefer Aufgabe der größte Teil 
feiner freien Yeit gewidmet. ber die Er⸗ 
folge diefer Thätigfeit geben, abgejehen von Be 
richten in den genannten Beitfchriften, die beiden 
folgenden in Buchform erſchienenen und mit 
zahlreihen Illuſtrationen ausgeftatteten Arbeiten 
Rechenſchaft: „Das Nömerkaftell und das Mithras 
beiligtum zu Großkrotzenburg am Main nebjt Bei 
trägen zur Zöfung der Frage über die architeftos 
niſche Beſchaffenheit der Mithrasheiligtümer" 
(1882) und „Der römijche Grenzwall bei Hanau 
mit den Kaitellen Rüdingen und Marköbel (mit 
Major DO. Dahm 1885)“. Gegenwärtig ift er 
| mit der Bearbeitung der erfolgreichen Durchfor— 





Wolff. 


fhung der unmittelbaren Umgebung von Hanau 
nach Reiten römijchen Anbaues beichäftigt. 


Wolff, Hermann Heinrih Rudolf, 
geboren den 3. August 1842 zu Peruſchen 
(Schlefien); feit 1874 Dozent der Phi- 
lojophie an der Univerfität Leipzig, ift 
Verfafler folgender verdienftliher Werke: 

Spekulation und Pbilofophie. I. Der ſpeku— 
lative Rationalismus, II. Der empiriſche Rea— 
lismus (1878), Die Ziele des afademiihen Stu: 
diums und die Mittel, durch welche diefelben er: 
reiht werden (1878), 2ogif und Spradphilo: 
fopbie, eine Kritif des Verſtandes (1880), Über das 
Geelifhe im Kinde und die dadurch begründete 
Notwendigkeit einer gründlichen logiſch-pſycholo— 
giihen Durchbildung des Lehrers (Erziehers) 
(1881), Gemüt und Charakter, ſechs Vorträge 
(1882), Wegweifer in das Studium der fans 
tiſchen —5 1884), Handbuch der Logik 
(1884). 


Wolff, Julius, wurde am 16. Sep: 
tember 1834 in Quedlinburg als ber 
Eohn eines Tuchfabrifanten geboren, der 
den Anaben zu feinem Geſchäftsnachfolger 
bejtimmt hatte und ihm nad Abjolvie- 
rung des Gymnafiums eine Ddement: 
ſprechende geichäftlihe Ausbildung geben 
ließ. Er jtellte fich jedoch des Sohnes 
ſehnlichem Wunſche nad einem kurzen 
Univerſitätsbeſuch nicht entgegen, und fo 


betrieb %. W. für einige Zeit philo— 


ſophiſche Studien in Berlin. Danach trat 


er in das Geſchäft ein, machte viele 


Reifen ins Ausland, befonders nad) Eng: 
land für dafjelbe und übernahm im Jahre 
1859 Die jelbftändige Leitung. Daneben 
widmete er feine Muße weiteren Stu—⸗ 
dien, und um fich dieſen ganz hinzugeben, 
verfaufte er 1868 die ererbte Fabrif. 
Bald darauf gründete er die „Harzzei— 
tung”, deren Redaktion er niederlegte, 
als das Vaterland ihn 1870 zu den 
Fahnen rief. Nah Beendigung des 
Krieges zog er nach Berlin, 1886 nad) 
Charlottenburg, wo er noch jetzt als freier 
Schriftſteller lebt. Yiterarifch ift Julius 
Wolff eine ebenjo eigenartige wie hoch— 
bedeutende Ericheinung. Er meidet alles 
Echhablonenhafte, und wenn e8 ſchier un- 
möglich jein mag, hierbei der Maniriert— 


697 


Wolff. 


heit fern zu bleiben, jo find dieSchöpfungen 
W.'s doch Stets edel und echte Kinder 
eines gottbegnadeten Dichters. Diemeiften 
derjelben find in Muſik gefegt und viele 
davon in der Sänger Munde. 
Hauptwerke: Aus dem Felde (Ged. 1871), 
Till Eulenspiegel Redivivus (Ged. 1875, 16. 
Aufl, 1885), Der Nattenfänger von Hameln 
(1876, 25. Aufl. 1885), Kambyſes, Junggefellen: 
fteuer (Schaufpiele 1876), Der milde Jäger 
(1877, 25. Aufl. 1886), Drobende Wolken 
(Schaufp. 1878), Tannhäufer (1880, 10. Aufl. 
1885), Singulf (Ged. 1881), Der Sülfmeifter 
(Rom. 1883, 7. Aufl. 1887), Der Raubgraf 
(Rom. 1884, 6. Aufl. 1886), Lurlei (Ep. 1886). 


Wolff, Lion, wurde am 13. Juni 
1845 zu Emden geboren, widmete fi 
nah Abfolvierung der vaterjtädtiichen 
Schule dem Studium der jüdifchen Theo: 
logie. Er amtierte in feinem Beruf in. 
Saarlouis, Rojtod und Berlin, jeit 1886 
als Prediger in Charlottenburg, zugleich 
als Präfident der israelitifhen Kultus: 








beamten in Deutichland. Literariſch ift 
W. mit zahlreihen homiletiſchen und li- 
turgiſchen Schriften, Handbüchern, Sami- 
lienchronifen und Rulturbildern aus der 
jüdifchen Gemeinde hervorgetreten und 
hat fi dadurd um legtere ungemeine 
Verdienfte erworben. Unter den alljeitig 
anerkannten Werfen W.’s heben wir her: 


vor: Handel der Juden (3. Aufl. 1875), Die 
Fefttage Israels (3. Aufl. 1877), Judentum 





und Patriotismus (1879), Agende für Prediger 
(1880), Humoresfen und Aulturbilder (2. Aufl. 
1882), Agende für den Gottesdienft (1883), Der 
jüdische Lehrer (1884), Hochzeitdagende (1886), 
Trauungsagende (1886), Haus: und Familien» 
hronif (1886). W.'s Gattin edierte: Koch— 
und Wirtſchaftsbuch für jüd. Hausfrauen (1888). 


Wolff, Ula (Ulrich Frank), geboren 
zu Wollftein in der Provinz Poſen am 
2. April 1850. Durch ihren Bater, 





einem befannten Theologen und Berfafler 
ſehr anerkannter religionssphilojophiicher 
Werke, Dr. H. ©. Hirſchfeld, wurde jchon 
in frübefter Jugend der Hang zu erniter 
Beihäftigung in ihr gewedt. Sehr jung, 
kaum 19 Jahre alt, an einen Philo— 
‚logen und fpeziell Profeffor der italies 


Wolkan. — 698 — Wollny. 


niſchen Sprache und Literatur verhei- Perſiſchen weiter auszubilden. Der Tod 
ratet, fand fie an der Eeite des viel äl- feiner Mutter hinderte ihn an der Fort: 
teren Mannes Gelegenheit, die italienische | jegung und Ausführung weiterer Pläne ; 
Literatur gründlich zu jtudieren und fich er begab fich zurüd nad Prag, erwarb 
für Dielelbe zu begeiltern. Damals fing fie | 1885 den philofophiichen Doktorgrad und 
an, novelliftiiche und dramatische Berfuche zumachen, beichäftigte fich feitdem ausſchließlich mit 
die ihr das Intereffe Heinrich Laubes, Loens ꝛc. ein: dem Stubium des Zeitalters des Huma⸗ 
M In © | 
—— ee ner — N nismus und der Reformation, in Bezug 
Reife Re s Pi ee * fin namentlich auf Böhmen. Außer verſchiede 
eiſen zu und kam dann nach Berlin, ‚nen kleineren Aufſatzen ſchrieb er: Studien zur 
um der Aufführung eines vieraftigen Schau: | Reformationsgeichichte Nordböhmens (1887), Beis 
fpiels „Der Herr Kollege“ beizumohnen. Im träge zu einer Gelchichte der Reformation im 
darauf folgenden Jahre erzielte ein einaftiges Böhmen (1887), B. Leipa zur Zeit der Refor- 
Luftipiel „Ein Vampyr“ und bald darauf ein | mation (1885), Fürft Rüdler-Musfau und 2 
zweites „Aus Paris“ in Breslau einen großen Schefer (1886). 
Erfolg, das erjtere ri von Heinrih Grans und 
Carl Sontag an dreißig Bühnen geneben und ö i 
fehr beifällig aufgenommen worden. Trog diefer  Wolluy, Ewald, geb. in Berlin am 
ermutigenden Anfänge und trog Laubes und | 20, März 1846, beſuchte nad) dreijähr. 


2oöns Aufmunterung wendete fie ſich fpäter, | ; ; ER : 
öbee 6 wirber eihen Weiail auf May landwirtſchaftlicher Praxis die Akademie 


zu wagen, ausſchließlich feuilletoniſtiſchen und | In Prosfau von 1866—68, übernahm 
novelliftiihen Arbeiten zu. Novellen, Erzäd: hierauf die Feldverwalterſtelle auf der Do: 
lungen und Feuilletons fanden in Zeitungen und | mäne Groß = Wanzleben bei Magdeburg 


Zeitigriften Aufnahme. Drei in Buchform er- | md ftudierte 1869— 70 auf den Univers 
ſchienene Bände wurden von der Kritif überaus | M v8 Kr N . 
günftig beurteilt. Es find: „Waldgeheimnis“, fitäten Halle und Leipzig. ach feiner 


„Wunderfind“, „Weltlihe Beichte“. Seit zwei | Promotion (1870) war er 1870 Aſſiſtent 
era * ſie a. —— —— a | und Dozent am landwirtichaftl. Inſtitut 
igteit fi) gewidmet und die feuilletoniftifchen | N 
Artifel des „Hamburgiſchen Korreipondenten” legterer Hochſchule und p lgte 1871 Eifiche 
über Berlin, für die „Breslauer Zeitung“ Tite: Ruf als Lehrer an die andmwirtichaft iche 
rariſche Effayd über moderne Autoren und lite: | Akademie Prosfau, 1872 einem ſolchen 
rariſche Erſcheinungen übernommen, außerdem als außerord. Profeſſor der Pflanzenpro- 
Zypen, Bilder, Stiggen aus dem Leben Berlins | duktionslehre an die landw. Abteilung 
für das „Berliner Tageblatt“ geichrieben, wor» s : 

unter eine Serie „Silhouetten aus der Berliner der techniſchen Hochſchule in München. 
Geſellſchaft“ ſehr angeſprochen haben. Die feuille- 1880 erfolgte feine Ernennung zum ord. 
toniftiihen Blätter Bieter beiden Jahre erfcheinen Profeflor. Für die Perioden 1880—83, 
demnachſt in zwei Bänden. In Berlin hat|1883—86, 1886—89 wurde er zum 
fie vor fieben Jahren eine zweite Che Vorſtand der landw. Abteilung der tech: 
geſchloſſen mit einem Induſtriellen, der | nischen Hochſchule gewählt. Neben zahl: 
ihren Beltrebungen lebhaftes Intereſſe | reihen größeren Abhandlungen über die Ergeb: 
ſchenkt. niſſe von Erperimental:Unterfuhungen in Fach— 


. | blättern und Beitfchriften veröffentlichte W. fols 
Wolfan, Rud., geboren am 21. Juli gende Werke: Der Einfluß der Pflangendede und 


1860 zu Prelauc in Böhmen als der | Beihattung auf die phyfikaliſchen Eigenfhaften 
Sohn des f. f. Steuereinnehmers Franz | und die Fruchtbarkeit des Bodens (1877), For 


: ; N Ihungen auf dem Gebiete der Agrikultur-Phyſik 
B., beſuchte die Vollsſchule in Niemes, (Centralblatt für Bodenphyſik, Agrarmeteorologie 


1871-79 das Gymnafium zu B. Leipa, und Pflanzenphyſik, begründet und herausgegeben 
und bezog dann die Univerſität Prag, von M. feit 1878), Über die Anwendung der Elek: 
germanijtiichen Studien obzuliegen. Ab⸗ | trizität bei der Pflanzenfultur (1883), Über die 


: : Thätigfeit niederer Organismus im Boden (1883), 
gelenkt durch das Studium orientaliidher Saat und Pflege der landwirtſchaftlichen Kultur 


Spraden, begab er ſich 1883 nad) Wien m (196 
. ⸗ pflanzen (1885), Die Kultur der Getreidearten 
ſich in der Kenntnis des Arabiſchen und (1887). 








Moltersdorf. 


MWoltersdorf, Theodor, geboren in zu können. 


Berlin am 22. Dezember 1834, ftudierte 
Theologie in Halle, Tübingen, Jena, be: 
fuchte das Predigerfeminar in Wittenberg; 
wirft feit 1866 als Pfarrer an der St. 
Nitolaikirhe in Greifswald, nachdem er 
vorher Predigtämter an der Strafanitalt 
Lichtenburg und in Magdeburg bekleidet 
hatte. Am Lutherfeſt 1883 wurde er von 
der theol. Fakultät in Jena zum Dr. theol. 
honoris causa promoviert. Er ift Mither: 
ausgeber der „Proteſtantiſchen Kirchenzeitung“, zu 
welcher, wie zu anderen kirchlichen und theologi⸗— 
ſchen Zeitſchriften er ſeit 1860 viele Beiträge theo⸗ 
logiichen und Firchenpolitifchen Inhalts geliefert 
bat. Selbitändig erfchien von ihm außer einigen 
Heineren Arbeiten: Das preußiiche Staatsgrund: 
et und die Kirche, Studien und Urkunden zur 
afjungsfrage der evangeliſchen Landeskirche in 
Preußen (1873), Die Rechtöverhältniffe der Greifs- 
walder Pfarrfirchen im Mittelalter (1888). 


Wolzogen, Ernit Freih. von, ge- 
boren am 23. April 1855 zu Breslau 
als ein Sohn des Dichters Alfred v. W., 
des jpäteren Hoftheater-ntendanten zu 
Schwerin, erhielt feine Vorbildung an | 
ben Gymnaſien zu Mühlhaufen i. TH., 
Halle und Wittjtod und ftudierte in Straß⸗ 
burg und Leipzig Philofophie. Er weilte 
dann längere Zeit in Weimar und lebt 
egenmwärtig in Berlin. Im Befig eines 
hönen poetifchen Talentes, ſowie eines 
in der 2iteratur volltönigen Namens 
duch feinen Vater (fiehe auch d. Folg.), 
iſt W. ein willlommener und fleißiger 
Mitarbeiter einer Reihe von Zeitichriften. 
Bon feinen jelbftändig erichienenen Wer: 
ten heben wir hervor: Immakulata (Erz. 
1881), Heiteres und Weiteres (Hum. 1886), Ba: 

(Rom. 1887), Die Kinder der Excellenz 
Rom. 1888). Außerdem gab er verfchiedene liter. 
„ Arbeiten, eine neue Überfegung des Don 

u. a. m. heraus, 


Wolzogen, Hans Paul Freih. v., 
wurde am 13. November 1848 in Bots- 
dam geboren, widmete ſich nad abſol—⸗ 
viertem Gymnafium dem Studium der 
Philoſophie zu Berlin, das er 1871 zum 
Abſchluß brachte, um dann ausschließlich 
feinen literariihen Beftrebungen leben 








699 


Mothe. 


Diefelben galten vorwiegend 
em Tonfürften Richard Wagner, zu deſſen 
begeiftertiten Anhängern und VBerfechtern 
MW. gehört und für deſſen Manen er 
— Lanze gebrochen hat. Außerdem 
bewährte ſich W. als gründlicher Sprach— 
forſcher, Literatur- und Kulturhiſtoriker. 
Er lebt zu Bayreuth, wo er auch als Redak⸗ 
teur der Bayreuther Blätter thätig iſt. 

Hauptwerke: Leitfaden des Ring des Nibelun- 
gen (5. Aufl. 1882), Poetiſche Lautiymbolif 
(1876), Der Nibelungen Mythos in Sage und 
Literatur (1876), Verrottung und Errettung der 
deutihen Sprache (1880), Das Prinzip der neus 
bochdeutihen Orthographie (1880), Unjere Zeit 
und unfere Kunſt (1881), Die Tragödie in Bay» 
reuth und ihr Satyripiel (5. Aufl. 1881), Ein 
Vermächtnis Leifings (1881), Die Sprade in 
Wagners Dichtungen (2. Aufl. 1881), Was ift 
Styl? (3. Aufl. 1882), Wagner und die deutſche 
Kultur (1882), Erinnerungen an Richard Wag- 
ner (1883), Die Religion des Mitleidens (1883), 
Die Jpdealifierung des Theaters (1585), R. W.'s 
Barfifal, Leitfaden (5. Aufl. 1886), Richard 
Wagners Triftan und Sfolde (3. Aufl. 1885), 
Triften und Barfifal (1886), Wagnerö Helden» 
geftalten (1886). Kleine Schriften. I. Bd. Uber 
Sprache und Schrift (1886), II. Bd. Wagneriana 
(1888). Außerdem lieferte W. eine Reihe vor- 
züglicher Überſetzungen mittelhochdeutiher und 
griechiicher Werke, ſowie der „Edda“. 


Wothe, Anny, j. Anna Dahn. 


Wrampelmeyer, Hermann, wurde 
geboren am 1. Oftober 1843 im Fleden 
Bruchhauſen in der Grafihaft Hoya 
(Prov. Hann.), fiedelte bald nad) feiner 
Geburt mit feinen Eltern nad) Ajendorf 
bei Nienburg a. d. Wefer über, wo fein 
Vater lange Jahre das Amt eines Lehrers 
verwaltete. Er befuchte die Gymnaſien 
zu Duisburg a. Rhein und Verden a. d. 
Aller und ftudierte 1864 — 1867 in 
Göttingen klaſſ. Philol. und Geſchichte. 
1867 verſah er am Gymnaſium zu Det- 
mold die Stelle eines erkrankten Lehrers, 
ging 1868 wieder nad) Göttingen zurüd 
und wurde Mitglied des pädagogiichen 
Seminars. Nah beitandenem Doktor: 
und Staatseramen wurde er 1869 am 
Lyceum I. zu Hannover angeftellt und 
in gleicher Eigenihaft 1870 am Lyceum 


MWülder. 


Il. ebendafelbft. Von 1875 bis jegt 
wirft er als Oberlehrer am fönigl. Gym: 


700 





— 


Wulff. 


zum Studium entſchließend, trat er 1862 
in das Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt ein 


naſium zu Clausthal. Seine Hauptunter⸗- | und beſuchte daſſelbe unter den Direktoren 


rihtsfächer find alte Sprachen und Ge— 
ſchichte. 

Hauptwerke: Eine Reihe von Arbeiten auf dem 
Gebiete der klaſſ. Phil., insbeſondere Veröffent— 
lichungen aus Wolfenbüttler Handſchriften zur Tex⸗ 
tes kritik Ciceronischer Reden (1868— 80), Feſtſchrift 
des fönigl. Gymn. z. Clausthal 3. Zutherjubiläum: 
Mittheilungen und Belanntmahungen aus ge: 
drudten und ungedrudten Schriften Dr. Martin 
Luthers, Dr. phil. Melanthons und Dr. Conrad 
Eordatus nebſt einer Abhandlung über die in 
der Galvörichen SKirchenbibliothef in Zellerfeld 
aufgefundene Handſchrift, jowie über das Leben 
und die Schriften des Conrad Cordatus (1883), 
Tagebuch) über Dr. M. Luther, geführt von Dr. 
Conrad Eordatus (1883—1885); eine weitere 
größere Veröffentlihung ift in Arbeit und wird 
1889 erſcheinen. Dieſe betrifft Tiſchreden Luthers, 
die ebenfalld auf Cordatus zurüdgehen, ferner 
viele wertvolle Aftenftüde aus der Reformations: 
zeit, Gedichte von Luther, Melanthon ff. Alles 
aus einer bis jest unbenußten Hdſchr. der Fönigl. 
Bibliothef zu Berlin, die ein gewiſſer Sebaftian 
Redlich 1566 aus Sammlungen des Conrad 
Eordatus zufammen geftellt hat. 

Wilder, Friedrich Ernſt, geboren 
am 24. Auguft 1843 zu Frankfurt a. M., 
bejuchte während der Jahre 1856 —62 
das Gymnaſium feiner Vaterſtadt, jtudierte 
alsdann 1862— 68 in Ööttingen u. Leipzig 
Germaniſtik und Geſchichte und trat 1870 
als Sefretär im St. Frankfurter Stadt: 
archiv ein. Dafelbjt verblieb er bis 1875, 
da er einem Rufe als Ardivar an das 
Großh. Haupt: und Staatsardiv zu Wei: 
mar folgte. Neben Hleinern Schriften hiſto— 
rifchen und linguiftifchen Inhalts (Kanzleifpradhe) 
veröffentlichte er im Verein mit Lorenz Diefen: 
bach das trefflide Hoch- und niederdeutſche 
Wörterbuch der mittleren und neueren Zeit 
(1885), daS die vorhandenen Wörterbücher durd) 
Beiträge aus jpätmittelalterlihen Gloffarien, 
ſowie aus Archivalien zu ergänzen ſucht. W. ift 
feit 1886 ald Mitarbeiter an der Fortſetzung des 
Grimmſchen Wörterbuches beichäftigt. 

Wülcker, Nihard Paul, wurde am 
29. Juli 1845 als Sohn des Silber: 
arbeitermeifters Philipp W. zu Frank: 











Glaffen und Tycho Momfjen. 1867 ging 
er nad) Berlin, von 1868— 70 ftudierte 
er in Leipzig. Gier wandte er fich immer 
mehr vom Studium der Haffiihen Philo— 
logie dem der Germaniftif und Roma 
niltit unter den Profeſſoren Zarnde, 
Ebert und Hildebrand zu. 1870 und 
1871 nahm er teil am Kriege und focht 
in den Kämpfen bei Weißenburg unb 
Wörth. 1871 fegte er feine Stubien, 
bejonders die des Angelſächſiſch-Engliſchen, 
in Marburg fort unter Zeitung von Grein 
und ten Brink, Hier wurde er auch 1872 
zum Doktor promoviert. 1873 habili- 
tierte fih W. für englifhe Sprache und 
Literatur an der Hochſchule zu Leipzi 
wurde 1875, nad) einem längeren Yıt 
enthalte in England, außerordentlicher 
Profeffor und erhielt 1880 die neuer: 
richtete ordentliche Profeffur für Engliſch 
in Leipzig. Seit 1877 gab er als Haupt 
redafteur, jeit 1886 als alleiniger Redakteur die 
Zeitſchrift für englifche Philologie „Anglia“ bers 
aus. Zuerſt trat W. 1870 an die Öffentlichkeit 
mit der Entdedung eines Afroftihons in dem 
mittelhochdeutichen Gedichte „Die Urftande”, wos 
durch die Verfaflerfchaft des Konrad von Heimes⸗ 
furt für dieſes Gedicht feftgeftellt und einem 
langjährigen literarischen Streite ein Ende 4 
macht wurde. Bon den ſehr verdienſtlichen | 
ftändigen Werten W.'s heben wir hervor: Das 
Evangelium Nikodemi in der lãndiſchen 
Literatur (1872, Dottorſchrift), Überficht der news 
angellähfiihen Denkmäler (1873, Habilitationd: 
ſchrift) Meimemorial des B Harder 
(mit Kelchner zufammen, 1873), Altengliſche 
Leſebuch (1874— 80), Fünfzig Feldpo eines 
Frankfurter (2. Aufl. 1876), Kleinere angel 
ſächſiſche Sprachdentmäler mit Glofiar (1876 
Wright's Anglo-Saxon and Old 
Vocabularies (Sec. Ed. by R. W. 1 
Bibliothek der angelſächſiſchen Poeſie 

von Grein, neubearbeitet von R. W. 1 bis 
87), Bibliothef der angelſächſiſchen Profa 
gründet von Grein, fortgefegt von N. W. 

ff.), Grundriß zur Geſchichte der 

Literatur (1885). 


2 r (1885 —*11 und en 
furt am Main geboren. Zuerfſt befuchte finden ſich in vielen Fachb A 


er, da er fi dem Kaufmannsftande wid: 
men wollte, die Mujterfchule, dann, ſich 


Wulff, Frievrih Wilibald, wurde 
am 6. Januar 1838 in Hamburg ge 


Wurzbach⸗Tannenberg. 


boren und beſuchte bis zu ſeinem acht- 


zehnten Jahre das dortige Johanneum. 


Nah Abſolvierung hiſtoriſcher und philo—⸗ 


ſophiſcher Studien beteiligte er ſich früh— 


701 


Wuychgram. 


über, fand eine Anſtellung an der Uni— 
verſitätsbibliothek zu Lemberg, wurde 1849 
Miniſterialſekretär und Bibliothekar im 
Miniſterium des Innern in Wien, 1868 


zeitig bei der Gründung belletriſtiſcher zum Regierungsrat befördert, 1874 aber 


Journale, wie z. B. mit Fr. Lua bei den 


„Nordiſchen Blättern“, mit F. Kruger 
bei „Teut“, dem Organ der junggerma— 
niſchen Dichterſchule, und mit J. Krü— 


deren Herausgeber er nach Krügers 
Tode bis vor wenigen Jahren war. 


Vor dieſer Zeit war er Redakteur des 
Feuilletons des „Hamburg. Correſpon⸗ 
tums Oſterreichs galten, einer hochbedeu- 
Wehls, Redakteur der „Jahreszeiten und 


denten“ und jpäter, als- Nachfolger F. 


Lejefrüchte”. Aus diefer Zeit ftammen feine 
Gedihtiammlungen: Im Frühling, Im Sonnen: 
Schein, Venezianiihe Sonette, und feine Novellen: 
fammlungen: Im Fichtelgebirge, Marmorbilder, 
Aus ſchweren Tagen, feine Roman: und Novellen: 
mappe, jomwie eine große Anzahl von Novellen 
und Skizzen für die von ihm redigierten Jour: 
nale. Später jchrieb er Dramen und Luftipiele. 
Zu den eriteren, welche häufig mit Erfolg aufge: 
ührt worden find, gehören „Madame Bonnard“, 

au Käthe zc., zu der letteren Gattung „Porzia”, 
„Frauenpolitik“, „Der Berggeift" ꝛc. Bis vor 
einem Jahre redigierte W. die „Jlluftrierte Fa: 
milienzeitung“. Dann ward er artijtiicher 
Beirat der Direktion der vereinigten Ham: 
burger Theater. Gegenwärtig ijt er Dra— 
maturg des Thaliatheaters in Hamburg. 
Seine neueften Bühnenwerke find „Erika“ (Schau: 
jpiel), „Der Pfeifer von Duſenbach“ (Opernlibr.), 
welches R. Kleinmichel fomponiert, und das Li: 
bretto der Operette „Farinelli“ von 9. Zumpe. 

Wurzbach⸗Tannenberg, Conitan- 
tin Ritter v., ift zu Laibah am 11. April 
1818 geboren, widmete fi urfprünglich, 
väterlihen Wünſchen zufolge, dem Stu— 
dium der Rechtswiſſenſchaft an der Uni- 
verfität Graz, gab aber furz vor Voll: 
endung derfelben diefe Laufbahn auf und 
trat in die faijerliche Armee. In diejer 
wurde er Offizier, unterzog ſich als folder 
der Rigorojen zur Erlangung der philo— 
fophiichen Doftorwürde und wurde 1843 
als Offizier — der erite Fall in ber 
öfterr. Armee — öffentlid) promoviert. 
Danach trat er in den Civiljtaatsdienft 





beurlaubt, um fein biographiiches Lexikon, 
wovon bisher 56 Bände vorliegen, aus- 
juarbeiten. Lebt feiner leidenden Gefund- 


heit wegen in Berchtesgaden. In Anerfen- 
ger bei der „Hamburger Novellenzeitung“, | 
durch Ordensverleihung in den Adelsjtand. 


nung feiner Berdienfte erhob ihn fein Kaifer 


Auch andere Auszeichnungen wurden v. W. 
in Fülle zu teil, die zum Teil feinem 
großen biographiihen Lexikon des Kaijer: 


tenden Zeiftung von echt nationalem Ge⸗ 
präge. Außerdem hervorzuheben: Mofait 
(Ged. 1841), Die Volkslieder der Polen und Rus 
taunen (1845), Die Sprihmwörter Polens (1847), 
Parallelen (Ged. 1849), Überficht der Literatur 
des öfterr. Kaiſerſtaates (1853 —56), Der Bage des 
Kaifers (Ged. 1854)), Gemmen (Erj. 1855), 
Kamaen (Dicht. 1856), Das Schillerbuch (1859), 
Feſtgabe von, Seite Ofterreichs zur Schillerfeier, 
Hiltor. Wörter, Spridwörter und Redensarten 
(1861), Glimpf und Schimpf in Sprud und 
Wort (1864), Mozartbuh (1868), Cyklamen 
(Ged. 1873), Aus dem Pſalter eines Poeten 
(1874). 

Wuchgram, Jakob, geboren zu Em: 
den 1858, ftudierte in Göttingen und 
Leipzig Philologie, Geſchichte und Philo— 
jophie. Er arbeitete zunächſt auf dem Gebiet 
der italieniihen Renaiffance: Albertino Mufjato 
(1880) und des niederländiichefpanifchen Dumas 
nismus: Joh. Ludwig Bives ausgewählte Schrif: 
ten (1883), Joh. Lud. Vives, Satellitium animi 
(1883). Angeregt durch längere Reifen 
in Franfreid, der Schweiz und Belgien, 
beichäftigte er fi mit dem Studium der 
franzöfiihen Literatur und der gegen- 
wärtigen öffentlichen Zuftände in Frank— 
reich, und gab eine ausführliche Dar: 
ftellung der Reformen des „Weiblichen 
Unterrichtsweſens in Frankreich“ (1886) 
herausgab, die in Frankreich viel Auf: 
jehen erregte. Eine von der Buchhandlung 
Lecene et Dudin in Paris veranftaltete Über: 
jegung mußte W. kurz vor der Verfendung unter» 
jagen, da diejelbe grobe Entitellungen im kleri— 
falen Sinne enthielt. Auch die pädagogiidhe 
Preſſe Deutſchlands nahm das Buch jehr beis 


Wyler. 


fällig auf. 
Pädagogik gewidmet; er hielt auf der 12. Genera 

verfammlung des liberalen Schulvereins 
Rheinland und Weitfalen einen größeren Vortrag 
über das höhere Mädchenſchulweſen in Deutſch— 
land (erfch. 1887), veröffentlichte ein Lehrbuch der 


1702 


allgemeinen Gefchichte (1886), verichiedene Auss | 


gaben von Schulautoren und Pädagogen: Flo: 


riand Don Quichotte (1887), Peſtalozzis Lien: | 
hart und Gertrud (1887) und eine Reihe von | 


Auflägen über die Mädchenſchul- und Lehrerinnen: | 


frage. W. verfieht die Beftrebungen zur Reform 
des höheren weiblichen Unterrichtd, welche darauf 
abzielen, den höheren Mädchenſchulen, wie in den 
deutſchen Mittelſtaaten, auch in Preußen eine feſte 
Stellung im höheren Unterrichtsweſen zu ver— 
ſchaffen, tüchtige, wiſſenſchaftlich geſchulte Lehr: 
kräfte für dieſelben heranzuziehen und Diejen 





Schulen eine den Bedürfniften des weiblichen |, 


Geſchlechtes entſprechende Geſtaltung zu gehen. 
Seine Schriften —* in enger Berührung mit 
den allgemeinen ſozialen Fragen, welche ſich an 
dieſen en fnüpfen. 


Wyler, Emilie, wurde am 8. Fe: 
bruar 1826 zu Kaſſel als die Tochter des 
Stabdtjetretärs, fpäteren Landrichters W., 

eboren und ftammte mütterlicherfeits von 
er Künftlerfamilie Nahl. Im Haufe ihres 
Ontels, Hiſtorien-Maler, verlebte Emilie 
mande Stunde. Der Eindrud, den die 
Umgebung auf das empfänglide Gemüt 
hervorgebracht, ließ ſich nie wieder ver- 
wilden und ijt wohl der Hauptgrund 
gewejen, daß fie fih mit dem wirklichen 
Leben und feinen Erſcheinungen niemals 
befreunden konnte. Die Mutter, eine 
ideal angelegte Natur, erkrankte in ihrem 
dreißigiten Lebensjahr und jollte nie 
wieder von ihren Leiden befreit werben. 
Ahr Krankjein warf einen trüben Schatten 
auf das Familienleben. Das heranwach— 
jende junge Mädchen fand Troft und 
Glück in der Dichtkunſt, das Schreiben 
gewährte ihr die größte Befriedigung. 
Ihren Unterricht erhielt fie in Gemein- 
Ihaft ihrer Geſchwiſter von einem Haus: 
[ehrer und wurde von ihrem Onfel in 
das klaſſiſche Altertum eingeführt. Durch) 
unglüdlihe Spekulationen des Waters 
ging das bedeutende mütterlihe Vermö— 
gen verloren ; der leidenden Mutter brachte 
ein früher Tod Erlöfung. Emilie war 


Wyß. 


Seitdem hat ſich W. fait ganz * in dieſer Zeit verlobt, auch dieſes —* 


haliai⸗ trennte der Tod. 
brochen, fand E. W. in der —— 
des katholiſchen Geiſtlichen Hahne, des 
Bistumsverweſers in Fulda, den m 
Troft. Durd ihn lernte fie die katho— 
liche Religion fennen, ber fie jeit 1859 
angehört. 

Durd ihren Onkel für Platon begeiftert, gab 
fie nad zweijährigem gründlidem Studium das 
Bud „Platon und feine Zeit” (1866) heraus, 


das von der Preſſe jehr günftig beurteilt wurde. 


Demjelben folgte , 
höhe” (2. Aufl.). 


‚Die Gefhichte von Wilhelms: 
Daran ſchloſſen fi Aufjäge, 


—8 und ——— für verſchiedene 


auch wurde E. W. ftändige Mitarbeiterin 
Heſſiſchen ler. 1875 fam ibre ran 
Stinge des Kurfürften Friedrich Wilhelm I. (2. U.) 
heraus, 1882 erſchienen „Heſſiſche Erzählungen 
— — die eine gleiche günſtige Aufnahme 


Friedrich, wurde am 15. Juni 
1832 in Herzogenbuchſee, einem Dorfe 
im Kanton Bern, als der Sohn eines 
einfachen Handwerkers geboren, beſuchte 
bis zu feinem elften Jahre die Primars 
ichule des Dorfes, darauf 1843—48 bie 
höhere Volksſchule (Sekundarſchule) da= 
heim. Nah Abfolvierung derjelben be 
zog er das, von dem ausgezeichneten 
Pädagogen H. Grunbolzer geleitete Ses 
minar zu Münchenbuchfee, erhielt eine 
treffliche Herzens- und Geiftesbildung und 
nach 2’/sjähriger Studienzeit das Patent 
als Brimarlehrer. Seine erfte Anftellung 
als folder fand an der Oberjchule zu 
Wyßachengraben, einer armen abgeleges 
nen Berggemeinde des Emmenthales jtatt. 
Darauf wirkte er drei Jahre an einer 
Primarſchule in feinem Heimatort, über: 
nahm 1855 die Oberſchule in Wangen 
und jchloß feine Laufbahn als Primars 
lehrer 1857. Die freie Zeit diefer Bes 
riode war ausgefüllt mit dem Studium 
alter und moderner Klaſſiker, die ihm 
ſpäter zum Studium literarsgefchichtlicher 
Werke führten. 1857 zog er nad) Züri) 
als „Auditor“ der Hochſchule und des 
Polytechnikums. Da hörte er vor Allem 
Viſcher, Anthropologie bei Moleſchott, 


Wyß. — 


Pſychologie bei Kym, daneben trieb er 
als Brodſtudium Mathematik bei Gräffe 
und Hug. Leider erlaubten ſeine finan— 
ziellen Hilfsmittel nur einen einjährigen 


703 — 





Zabel. 


3. 


Zabel, Eugen, iſt zu Königsberg in 
Preußen am 23. Dezember 1851 gebo— 


Aufenthalt. 1858 erfolgte feine An-,ren, abjolvierte dajelbit das Gymnafium 
ftellung an die neugegründete Sefundar: | und widmete fi) an der dortigen Unis 


ihule zu Münchenbuchiee als Lehrer für 
Religion, Deutih, Mathematik und 
Naturkunde. 1860 folgte er einem Rufe 
als Lehrer der deutſchen Sprache, als 
ein gemwejener Schüler von Grunholzer, 
an das Seminar zu Münchenbuchſee. 
Diefe Stellung hatte er zehn Jahre inne. 
Mit aller Freudigfeit arbeitete er in 
derjelben, begeijtert für feinen lehramt— 
lihen Beruf. Hier begann W. nun feine 
ſchriftſtelleriſche Thätigkeit. Seine zwei eriten 
Schriften wuchſen ganz naturgemäß aus feinem 
Unterricht jelbft hervor. Es find dies: Leitfaden 
der Stiliftif (5. Aufl.), Deutſche Literaturgefchichte 
für Seminarien (4. Aufl). Nachdem er 1865 
auch noch die Naturgeichichte im Seminar über: 
nommen batte, verfaßte er 1868 eine „Natur: 
geichichte Volksſchulen“, auch dieſe vortreff: 
lie Schrift erlebte 5 Aufl. Im Jahre 1870 
wurde W. von der Regierung zum Schul: 
inipeftor des Kreifes Burgdorf gewählt 
und ihm damit die Aufſicht über cirfa 
200 Schulen übergeben. In Folge einer 
auf der jchweizer Zehrerverfammlung zu 
Aarau (1872) gehaltenen Rede über 
Kehrerbildung, wurde er in den Vorftand 
des jchweizer. Zehrervereins gewählt, dem 
er 10 Jahre angehörte. Von 1873— 81 
war W. aud Redakteur der „Schweizerifchen 
Lehrerzeitung“. Als folder war er genötigt, 
ih mit den pädagogiihen und didaktischen 
ragen eingehend zu bejchäftigen. Die Früchte 
einer betreffenden Studien find folgende Schrif: 
ten: Tugend» und Pflichtenlehre (1874), Ele: 
mentar-Moralunterriht für Schulen und Fa: 
milien (1883; Überfegung aus dem Englijchen), 
Schulerziehungsichre (1886), Pädagogiihe Bor: 
träge (1884). Letziere Schrift hat in kurzer Zeit 
3 Aufl. erlebt und wurde von der pädagogifchen 
Prefie Deutichlands und Ofterreichs fehr freund: 
lich aufgenommen und günftig beurteilt. Nicht 
minder günftig lauten die Urteile der Preſſe über 
die anderen Schriften, deren Sinn in den Wor- 
ten gipfelt: Höchfter Beweggrund — die Liebe, 
Öchiter Führer — die Erkenntniß, Höchiter 
—* — das Gutſein, Höchſte Deviſe — Ich 
ene. 


verſität dem Studium der Philoſophie 
und Geſchichte. Dabei betrieb er insbe— 
ſondere Kunſtgeſchichte. Der Erfolg, wel⸗ 
cher feine erſten ſchriftſtelleriſchen Feuille— 
tonverſuche begleitete, bewog ihn dann, 
ausſchließlich dem journaliſtiſchen Berufe 
ſich hinzugeben. Er wurde bald ein bes 
liebter Mitarbeiter einer großen Reihe 
von Zeitihriften und Tagesblättern und 
trat im Jahre 1883 in die Redaktion 
der Nationaljeitung als Mitglied ein. 
Längere Aufenthalte in Rußland dienten 
ihm zu eingehenden Studien der Kulturs 
und Literaturgefchichte jenes Landes, deren 
Ergebniffe er in anerkannt trefflichiter 
Weiſe literarifch niederlegtein den Werfen: 

%. Turgenjew (Biogr. 1883) und Literarische 
Streifzüge durch Nufland (1884), ſowie in zahl 
reichen Feuilletons. Außerdem von den jelbit- 
ftändig erſchienenen Werten 3.3 hervorzuheben: 
Bert. Auerbach (Biogr. 1882), Ad. Fr. Graf v. 
Schack (Biogr. 1886), Frieden (Luftip.), Natalie 
(Dram.), Ein Abend in Sorrent (Dram.). Aus 
ferdem machte uns 8. mit ruſſiſchen Werten 
durch Übertragung ins Deutfche bekannt. 


Zaffauk, Joſef Edler von Drion, 
wurde 1833 zu Preßnitz in Böhmen ges 
boren. Zum Soldatenftande beftimmt, 
begann er feine militäriihe Laufbahn als 
Kadett im 35. Infanterie-Regiment. 
1853 wurde er, inzwilchen zum Leutnant 
avanziert,dem®eneralquartiermeifterftabe 
und zwar der Operationsfanzlei der 3. 
Armee zugeteilt. Den Feldzug in Ita— 
lien (1859) madte 3. als Oberleutnant 
und Kommandant der Brigade-Pionier: 
Abteilung mit und zeichnete fich in der 
Schlacht von Solferino mehrfah aus. 
Bald darauf übernahm er das Kommando 
einer Kompagnie Wiener Freiwilliger, 
fehrte jedoch nach Friedensſchluß zu feinem 
Regiment wieder zurüd, und folgte nad 


‚kurzer Zeit einer Berufung des militärs 


Zapf. 


geographiihen Inſtitutes, woſelbſt er 
uerſt als Lehrer der mathematischen 
Fächer, jpäter als Mappeur wirkte. 
1865 zum Hauptmann befördert, machte 
er 1866 den Krieg gegen Preußen mit. 
1867 fam er als Lehrer der Terrain: 
lehre, Terraindarftellung und Dtappierung 
in die Genieafademie zu Znaim und von 
dort, zwei Jahre jpäter, aus Anlaß der 
Reorganijation der Militär-Bildungs- 
anjtalten, in gleicher Eigenjchaft in die 
technijche Militärafademie zu Wien. 1878 
erfolgte die Beförderung 3.8 zum Major. 

18659 trat 3. mit jeinem erften Buch „Ele 
mentare und angewandte Terrainlehre” an die 

entlichkeit. Ermuntert durch die beifällige 
Aufnahme deſſelben, arbeitete 3. in ſeinem Fade 
weiter und ließ nad und nad) eine Reihe von 
wertvollen Publifationen erſcheinen, zumeift den 
Schulzweden gewidmet, nichtsdeftoweniger aber 
auch im praftiihen Dienfte als Nachſchlagebuch 
von Wert. Die meiften derfelben find als Lehr: 
bücher eingeführt und in fremde Sprachen über: 
fett worden. 1881 murde feinen Schriften die 
Prämitrung ſeitens des Geographiſchen Kongrefies 
in Benedig zu Teil. Hervorzuheben: Plan: und 
Kartenlehre, ſammt (für diefen Zwed) bearbei- 
teter Terrainlehre (3. Aufl.), Nöpszerii utasi- 
täs a tervrajz- és terköpolvasäshoz és te- 
reptan, Militärsartographie, Apparat für die 
Aufnahme nad) dem Augenmahe, Zeichenſchlüſſel 
zum Leſen ruffiicher Karten, Graphiſche Darftel: 
lung des Terraind in Plänen und Sarten (3. 
Aufl.), Kompendium fartographiicher Signaturen, 
Signaturen in» und ausländiiher Plan» und 
Kartenwerke, Gemeinfaßliche Anleitung zum Aro- 

ieren des Terrains mit und ohne Inſtrumente 
(8. Bf): Die Erdrinde und ihre Formen nebft 

befaurus in 38 Spraden. 


Zapf, Ludwig, geboren als der Sohn 
des 1845 verftorbenen Bürgermeifters 
Karl 3. am 16. Dezember 1829 zu Münch—⸗ 
berg in Oberfranten (Bayern). Der nur 
bier und da auf kürzere oder längere 
Zeit unterbrochene ftändige Aufenthalt 
in der Heimat, in dem ethnologiſch in- 
terefjanten Hügelland, das er freuz und 
quer durchforfchte und gründlich kennen 
lernte, ließ ihn innig mit dieſer ver: 
traut werden. Heimatkunde ermwuchs 
aus der Liebe zur Heimat und Die 
lebendige treue Schilderung deren land» 


704 


Zapp. 


Ihaftlihen Züge, ihres Voltslebens, die 
Erforihung ihrer präbiftoriihen Ver— 
—— wurde ihm ſchließlich zur * 


ensaufgabe. Es erſchienen zahlreiche 
in den verſchiedenſten Zeitſchriften, u. a.: 
ländifhe Mundarten, Trachtenbilder nach 
Aquarellen, Volksſagen, ſpäter (1873) jelbftändig: 
Der Sagenfreis des Fichtelgebirges. Hierzu er 
wähnenswert die Abhandlung: My 
aus * —— Wen wurden zu 
einer für das gefammte Vogt — 
Sammlung beigetragen. Die erſte Den 
—— —— — 

ebräuche berückſichtigende Arbeit — 
phiſchem Gebiete: „Das bayeriſche 
hatte ſich beſonderer Anerkennung zu 
Die jener Arbeit zu Grunde liegenden 
ſtudien wurden fpäter in erzählender Form vers 
arbeitet in: „Aus der Heimat. 
Geſchichten.“ ge * in 
tung weiter die Aufſä 
Dreiteilung des bayeri en —— 
„Ethnographil Rundihau im und am 


gebirge.” Diefe leiten zu den rein 
von 
und ba 























Arbeiten über, wie: „Dans Thomas 
berg’3 Gefangene auf dem Walditein 
Strafgericht des ſchwäbiſchen Bundes“, „Der 3 
geunerfrieg im Fichtelgebirge”, „Zur Seſchichte 
der Slavenkriege“ u. A. Dieſe Arbeiten 
aber wieder zu den archäologiſchen Fo 
die 8. als langjähriged und ei 
der deutſchen anthropologifchen © 05: 
beichäftigten. Es gingen aus Toldgen u, “ 
vor: „Die Muldenfteine des Fichtel— > 
— ri im — ße — 
„Die alten Befeſtigungen zw ge 
und Franfenmwald‘ —— — ? — 
im Sichtelgebirge”, se archü am⸗ 
pagne“, „Sräberfunde auf dem 5 
Außerdem hervorzuheben: zah . 
Beitichriften, Schilderu ‚wie pr he 
und „Fahrt zur Genie | 
ſchiedene Journale, * Er 
liegt am Wege“, „Das 
Inbbefunbere ober blaue Feu 
in einem Nürnberger Blatt, vähren 
Inpat In Raten — En 
nhalt in Natur, ’ 
zerfällt, gemiffermafen die Gef 
3. ſich fpiegelt, 
Zapp, Auguſt. Ih bin a 
1815 in Alt⸗Damm unmeit € 
boren, befuchte ſeit — 
die Gymnaſien zu Stettin Star: 
gard i. P. und ging von legterem 1836 
auf die Berliner Univerfität, um dort 
theologischen und philologiihen Studien 













By: 


umnmllöÖ 


Zarncke. 


obzuliegen. Nach Abſolvierung des aka— 
demiſchen Trienniums kehrte ich in meine 
vaterländiſche Provinz zurück, beſtand beim 
Konſiſtorium in Stettin die beiden theo— 
logiſchen Examina, ſowie das Rektorats⸗ 
Examen bei der dortigen Regierung, und 
wurde 1844 als Konrektor und zweiter 
Lehrer an der Lateinſchule in einer Fleinen | 
Stadt Hinterpommerns angeftellt. In⸗ 
deß die dort herrſchende exkluſiv⸗-lutheriſche 
Richtung ließ mich nach 6jähriger Lehr: 
thätigfeit mehr und mehr erfennen, daß 
ich bei meiner freieren Anfiht auf eine 
befler dotierte Anjtellung in meiner hei- 
matlihen Provinz nicht zu rechnen habe. 
Ich gab deshalb meine Stellung 1852 
auf, und nachdem ich noch einige Jahre 
als Leiter und Lehrer an PBrivatichulen 
thätig geweſen und inzwilchen zum Dr. 
phil. promoviert hatte, trat ich in das jour- 
naliſtiſche Fach über, übernahm zunächſt die re 
daftionelle Zeitung einer freifinnigen Zeitung in 
der Provinz Sachſen und fiedelte 1868 nach Berlin 
über, wo ich zuerft als Korrefpondent für ver: 
ſchiedene Zeitungen thätig war, 1870 aber in die 
Redaktion der „Bolfiichen Zeitung“ eintrat. Da 
aber das Klima der norddeutſchen Metropole meiner 
Geſundheit zu Ihaden anfing und meine Berhältniffe 
im Übrigen ſich günftig genug geftaltet hatten, gab 
id 1877 die Stellung bei der „Voſſiſchen 
Zeitung” auf, fiedelte nad) Dieran in Tirol 
über und kaufte mich in dem benachbarten 
DObermais an. Hier lebe ih nun jeit 
den legten 10 Jahren in volllommener 
Muße, die ich zum Teil durch Korrefpondenzen 
fürverfchiedene deutfche Zeitungen und Zeitichriften 
ausfülle. Es find von mir nur zwei Werte 
erfchienen und zwar: „Geſchichte der deutichen 
Frauen“ (1870), und „Geſchichte des franzöſiſch— 
deutichen Krieges“ (1871). 





verfität Roftod, um philologijche, befonders 
germaniftifhe Studien zu betreiben, und 
vollendete diefelben an den Univerfitäten 
zu Leipzig und Berlin. Nachdem er 1847 
zum Dr. phil. promoviert worden, begann 


705 





er feine fchriftitelleriiche Thätigkeit mit 
ſprachwiſſenſchaftlichen und literarhijtos 


Das literariihe Deutihland. 


Baftrom. 


riſchen Artikeln für Zeitichriften, "grün. 
dete 1850 die noch ericheinende ausge 
zeichnete Revue „Das Literarifche Zen- 
tralblatt” in Leipzig und habilitierte ſich 
im Jahre 1852 an der dortigen Univer- 
fität, an der ihm 1858 eine ordentliche 
Profefjur verliehen ward. Von feinen 
bochbedeutenden felbftändig erfchienenen 
Schriften heben wir hervor: 

Zur Nibelungenfrage (1854), Ausgabe und Kom» 
mentar zu Seb. Brant’3 Narrenſchiff (1854), 
Die — Univerfitäten im Mittelalter (1857), 
Über den fünffüßigen Jambus (1865), Priefter 
Johannes (1876), Der Graltempel (1876). fer: 
ner eine Ausgabe des Nibelungenliedes, die wir 
zu den beiten überhaupt zählen und die bereits 
in 12. Auflage vorliegt. 


Zaftrow, Hermann Carl Lebereht 
(Karl von Prenzlau), wurde am 11. April 
1836 in Prenzlau (Udermarf) geboren 
und erhielt als ältejter Sohn eines Poſt⸗ 
beamten, früheren Militärs, feinen erften 
Unterriht in der dortigen Garnifons- 
ſchule. Schon frühzeitig erwachte in dem 
Knaben ein auffallendes Talent fürs 
Keimen und Fabulieren, womit eine be 
geilterte Vorliebe für die ſchönwiſſen— 
Ihaftlihe, namentlich klaſſiſche Literatur 
Hand in Hand ging. Um ihn von feiner 
„verderblihen“ Neigung, wie feine An- 
gehörigen die Kunjtbegeifterung des Ana- 
ben nannten, abzulenten, beſchloß der 
Vater, ſelbſt ein gediegener Muſiker, ihn 
für die Mufif ausbilden zu laffen. Allein 
3. gelangte nicht dahin, die Muſik als 
Grundlage für eine geficherte Lebens— 
ftellung betrachten zu fönnen, da er bie 
notwendigen technijchen Übungen außer 


Acht ließ. Er mußte zu einem anderen 

BZarnde, Friedrich, wurde am 7. Juli | 
1825 auf der Pfarre in Zahrenftorf in | 
Medlenburg geboren, bezog 1843 die Unis | 


Lebensberuf greifen. Fünfzehnjährig 
wurde er vom Magiſtrat zu Prenzlau 
als Kanzliit eingeftellt und avancierte 
nah 2!/s Jahren zum Sanzleivorfteher. 
1855 trat er in das f. 2. Garde-Regi- 
ment zu Fuß ein und rüdte nad) zwei— 
jähriger Dienitzeit zum Unteroffizier und 
Bataillonsichreiber vor. Um fich für die 
BZahlmeijter-farriere auszubilden, arbeitete 
er in dienftfreien Stunden beim Ned 


45 


Zdekauer. 


nungsführer. Ein von ſeinem Prinzipal 
auf ſeiner Schreibe-Unterlage gefundener 
Vers wurde die Veranlaffung zur Auf: 
gabe auch dieſes Lebensberufes. Er fehrie 
nad Ablauf feiner Militärdienftzeit in 
den Zivilftand zurüd. Einige Verſuche, 
auf der Bühne feiten Fuß zu fallen, 
ſchlugen fehl. Wohl hatte er Gelegen- 
heit, durch Vermittlung eines verwandten 
Gelehrten einzelne Vorlefungen über Phi: | 
lofophie und Geſchichte zu hören, auch 
ftudierte er fleißig einjchlägige Werke in 
der fönigl. Bibliothef. Alles dies, ein⸗ 
geichlofien eine 1858 nah New-York 
unternommene Reife, und andere durch 
Deutihland, Franfreih und die Schweiz, 
bradten ihm jeinem Ziel nicht näher, 
und fo bewarb er ſich endlih um eine 
Stelle bei der k. Niederichlefiih. Mär- 
fh. Eifenbahn, die ihm aud in der 
Güter-Erpedition Berlin bewilligt wurde. 
Von bier aus arbeitete er ſich allmählich 
bis zum Eifenbahn-Betriebs-Sefretär und 
ftellvertretenden Worfteher des Billet- 
Depots des gefamten Berliner Eifenbahn- 
Direktions-Bezirts empor, in welder 
Stellung er fih noch heute befindet. 
1861 betrat 3. mit einem Bändchen Gedichte, 
„Traum und Leben“ betitelt, den literariſchen 
Plan, daran ſchloſſen fih „Muſikaliſche Novellen 
und Skizzen”, Militärhumoresfen, Erzählungen 
„Senfeit3 des Dceans" und Eijenbahn:Romane, 
Arbeiten, die die verfchiedenen Phaſen feines be» 
wegten Lebens miederjpiegeln. Reichtum der 
Rhantafie und große Geftaltungsfraft machten 
ihn zu einem beliebten Erzähler der Neuzeit. 
Hervorzuheben: Zwei Seelen (Rov.), Mikver: 
Händniffe (Rom.), Der Kurfürft und fein Küſter 
(Erz.), XLeidenfchaftlihe Herzen (Rom.), Der 
Schutzgeiſt (Rom.), Im gräflichen Haufe (Rom.), 
Nachtviole (Rom.), Die Büreaufraten von Flaus 
fenheim (Rom.), Major Kreuzichnabel (Militär- 
Hum. 6. Aufl.), Der weiße Adler (Rom.) u. v. a. 

Zdekauer, Konrad Ritter von (Curt 
von Zelau), geboren zu Prag am 13. Mai 
1847. Nach Abjolvierung der Gymnafial- 


ftudien in feiner Vaterſtadt, bezog er 


1865 die Univerfität Leipzig, wo er Jura 
und Gameralia jtudierte. Infolge des 
Kriegsausbruches 1866 zur Rüdkehr in 
die Heimat gezwungen, ſetzte er feine Stu: 


706 


Zebi. 


dien in Prag und ſpäter in Graz fort 
und ward 1871 an letzterer Univerfität 
zum Doktor der Rechte promoviert; ein 
Jahr darauf trat er in den öfterreichifchen 
Staatsdienit. 8., der ſchon als Student im 
verſchiedenen Jahrbüchern lyriſche und epiihe Ge 
dichte hatte erſcheinen laſſen, wendete ſich im 
Jahre 1875 der dramatiſchen Produktion zu und 
veröffentlichte nach einander zwei Luftfpiele: „Er 
kann nicht lachen“ und „An der Grenze“, 
dann das Luſtſpiel „Doltor Johanna“ 
Letzteres, deilen Stoff der modernen 


emanzipation entnommen ift, wurde in —— 
G d it viel all > 
ed relh.nir Anode 3 Ps Bühnen mit 
Erfolg über die Bretter. Im Jahre 1876 ver 
öffentlichte 3. eine —— in Verſen des 
—A * * 3 Abenteuerin“ Füge 

mil Augier, welche erlin zur 

fangte, 1877 die Überfegung 
a lare mee Da Ernft Renan 
„Philoſophiſche Dialoge und Fragmente”. Da 
die ftreng juridiſche Laufbahn den ſchrift⸗ 
ftelleriichen Reigungen 3.8, 
vertaufchte er diefelbe im Jahre 1877 
mit einer publiziftiihen Stellung im Mi- 
nifterium des Außern. Gelegentlich des 
Offupationsfeldzuges in Bosnien 1878 
zum Leiter des Prefbureaus im Ha 
quartier des Feldzeugmeifters Baron ® 
*— * — * derſelbe in d * 
Eigenſchaft die intereſſante Campagne m 
| 2 —— feine Erlebniſſe in Bosnien in dem 
1881 erfchienenen zwei rieg⸗ 
Eh 

en ım v an } 

— und literar⸗hiſtoriſche Skizzen enibält. 
1879 erhielt er den Titel eines Hof m 
Minifterial:Konzipirten im Mir 
des Außeren und ward 1886 3um £ 
Minifterial-Sekretär beförbert. Sr 
Jahren 1879, 1883 und 1885 unter 
nahm er größere Reifen nad) bem Süden 
und Norden Europas. 1884 veröffentlichte e 
einen Band Erzählungen „Bon ber Mdr I u 
aus den ſchwarzen Bergen”. 


Zebi, Ibn, |. Paulus Caſſel. 


Zedelius, Marie (F. 2. Reimar), 
wurde am 27. Februar 1826 in dem 
‚oldenburgifchen Flecken Ovbelgönne als 


Tochter eines angejehenen Arztes ge 













Zedtwitz. — 
boren. Des Vaters größter Eifer galt 
der wiſſenſchaftlichen Ausbildung ſeiner 
Kinder, einen großen Teil des Unter: 
richts vollzog er felbit, troß feines ſchwe⸗ 
ren Berufes, und überwachte den übrigen, 
welchen der Prediger des Ortes erteilte, 
mit größter Aufmerkſamkeit. Der mit 
Iehbafter Empfänglichfeit für Poefie be- 
gabten Natur der Mutter verdankt M. 
die eigene Richtung ihres Gemütes und 
manchen fchönen Keim, der jpäter zu 
voller Entwidlung gelangte. Zange Jahre 
erhielt fi das Familienleben in fait 
unverändertem Beitande, bis des Vaters 
Tod (1866) die Verhältnifje änderte, 
Bald nah dieſem Verluſt fiedelte die 
Mutter mit ihren Töchtern nad) Dlden- 
burg über, wo jene 1884 ftarb. Marie's 
äußeres Leben hat nad) dem Tode ber 
Mutter feine weitere Veränderung er: 
fahren und für die Gejtaltung des 
inneren fanden fi die Elemente in der 
Freundihaft, im Verkehr mit geiftig be> 
deutenden Menfchen, gelegentlichen Reifen 
und in der Pflege der eigenften Intereflen. 
Als vormwiegendes Intereſſe galt ihr das 
Studium pſychologiſcher Vorgänge; das⸗ 
felbe bildete den Grund für ihre ganze 
Gefühle: und Denkweiſe. Zum eigenen 
Schaffen gelangte fie erft in vollftändig reifem 
Lebensalter. Der Drang nad Befreiung aus 
einer gemwiffen Enge und Monotonie ded Lebens, 


das damals noch an die Verhältnifje des Meinen 
Drteö gebunden mar, ein Dürften nach geiftiger 


Thätigfeit gab ihr (1863) die Feder in die Hand. | 
„Elifabet” fand freund: | 


Eine erfte Erzählun 
liche Aufnahme, e3 öffneten fich ihr die Spalten 
vieler Zeitichriften, fo daß eine große Anzahl von 
Novellen und Erzählungen, neben manden Eſſay's 
ihren Weg in Die Offentlichkeit gefunden haben. 
Ein Teil derfelben ift fpäter zu einer Samm⸗ 
fung vereinigt und unter dem Titel: Wechlelnde 
Lichter (3 Bände) herausgegeben worden. Außer: 
dem felbitändig erihienen: Durd die Brand 
(Rom. 1877), Finftere Gewalten (Rom. 1878 
und „Gelöfte Bande” (Nov, 1888). Auch auf 
dramatifhem Gebiete hat die Autorin fi mit 
GSlüd verſucht. 
1884), Sühne (Schaufp. mit Erfolg in Olden— 
burg aufgeführt.) 


Zedtwit, Ewald von (E. v. Wald: 
Zedtwig), geboren am 23. Januar 1840 


707 


Hervorzuheben: Doch! (Luftip. | 


Zedtwitz⸗Liebenſtein. 


zu Delitzſch, war von feinem Vater früh 
Ihon für den eigenen, den Eoldatenftand 
beftimmt und erhielt feine Erziehung dem: 
gemäß im Kabettenhaufe. Nach deſſen 
Abjolvierung trat er in die Armee und 
zwar in das 32. Infanterie-Regiment zu 
Erfurt... Er madte ſowohl den Krieg 
gegen Dfterreich, wie den gegen Franfs 
reich mit, wurde in legterem (vor Mars» 
la-Tour) jchwer verwundet und zeichnete 
ſich mehrfach vor dem Feinde aus. Nach 
feiner Genefung wurde er zum Haupts 
mann des Bezirkstommandos zu Halbers 
ftabt und bald darauf zum Major ers 
nannt. Als folder ließ er ſich zur Diss 
pofition ftellen und lebt nunmehr in Eutin, 
abgejehen von vielen und weiten Reifen, 
die ihn ins Ausland führten und auf 
feine literariihe Produktion höchft frucht- 
bar wirkten. Diefe bewegt ſich zumeift 
auf dem Gebiete des Romans und ber 
Humoresfe. Bejonders für die leßtere 
hat 3. ein hervorragendes Talent befuns 
det. Leichter, feiner Wig lebt in feinen 
Schöpfungen und macht fie zu einer viels 
und gern gelejenen Zeftüre. 

Hauptwerfe: Die weiße Rofe (Nov. 1880), 
Amor im Frad und Uniform (Hum. 1880 und 
1885), Prinzeffin Taufendfhön (Rom. 1880), 
Moraliſche Geſchichten (1882), Die Schloffrau 
von Scharfenftein (Rom. 1883), D goldene Leuts 
nantszeit! (Hum. 1883), Zündfpiegel(Hum. 1883), 
Pop Blitz (Hum. 1884), Die Tochter des Majord 
| (Rom. 1885), Das Mäbdchen von Santi Duas 


‚ranta (Rom. 1886), In Liebesbanden (Hum. 
1887). 


Zedtwitz - Liebenftein, Klemens 
Graf v., wurbe am 18. September 1814 
’ Liebenjtein bei Eger geboren, genoß 
eine Erziehung vom 8. Jahre an in der 
Therefianiihen Akademie zu Wien und 
beſchloß feine Gymnafialbildung in Eger, 
um dann die Univerfität Prag zu bes 
ziehen. Da er nicht beabfichtigte, ein 
jogenanntes Brotjtudium zu ergreifen, 
trat er in die Armee ein, nahm aber 
bald feinen Abſchied, da ihm der Dienft 
nicht zufagte, er außerdem gezwungen 
war, jeine ſchlecht verwaltete Befigung 

45* 





Zehden. 


Liebenſtein felbft zu übernehmen. Mit 
Ausnahme einer langen Reihe von Win: 
tern, die 3. hauptſächlich wegen ber Er: 
ziehung feiner Kinder in Prag zubradhte, 
lebt er ausfchließlich auf feiner Befigung 
und fehrte nur nad) Prag zurüd, wenn 
ihn fein Amt als Landtagsabgeordneter 
dahin rief. 8. gehört zu den geſchätzte— 
ſten Woltsdichtern feines engeren Vater: 
fandes. Seine Gedichte in egerlander 
Mundart zeichnen ſich durch einen ge— 
funden derben Humor aus, fie führen 
die Urwüchſigkeit des egerlander Dorf: 
[ebens vor Augen und jtellen in ber 
fchlichten Sprache des Landvolkes präd)- 
tige Figuren. In der leichten. Hand- 
habung des Dialeftes iſt 3. Meiſter. 
Hauptwerke: As da Heimat (Ged.), Wos 


Funklnoglnais (Ged.) 
Sepdichte und Trifte Xieder, 


Zehden, Carl Auguft, geboren am 
16. Auguit 1843 in Linz a. D., abjol- 
vierte dns Gymnaſium jeiner Vaterjtadt, 
bezog dann Die Univerfität Wien, wo— 
felbft er namentlich) philoſophiſchen, na⸗ 
tionalötonomiichen, hiſioriſchen und geo— 
graphiſchen Studien oblag, und 1868 
jeine Staatsprüfungen, ſowie das Doe- 
torat. phil. ablegte. Nach kurzer Thätig- 
feit an einer Mittelfchule und im Mini- 
fterium wurde er 1871 an die Wiener 
Handels-Afademie als Lehrer für Geo: 
graphie und Statiftit berufen, da ihn 
innere Neigung am meiften dem lebens» 
frifchen Studium der Geographie zutrieb. 
Durch große Reifen in allen Staaten 
Europas, im Driente und in Amerika 
fuchte er feinem theoretiichen Willen die 
unentbehrlice Baſis der Anihauung zu 
geben. 1882 wurde 3. in den Ausihuß 
der ff. £. geographiſchen Geſellſchaft in 
Wien gewählt. Im ſelben Jahre als 
Profeſſor für Verkehrs: Geographie und 
Statiftif an die neu gegründete Fort⸗ 
bildungsichule für Eijenbahn-Beamte in 
Prien berufen; 1884 wurde er von ſeiten 
des FE, £ Unterrichts-Meinifterium zum 
Mitgliede der Prüfungs:Kommilfion für 


708 


l 
N} 


— 


Zeibig. 


Lehramts⸗Kandidaten für Handelsſchulen 


ernannt. Das Streben Z.'s läßt fi damit 
harakterifieren, daß er vom Beginn feiner Lehr⸗ 
thätigfeit an bemüht war, dem geographiichen 
Unterrichte jene Richtung zu geben, welche der 
eminent praftifchen Bedeutung diefer Wiſſenſchaft 
entſpricht. Die wichtigften unter feinen verdienit- 
lihen Schriften find: Handbud; der Handels» 
Geographie (1871, 5. Aufl. 1886, in mehreren 
Sprachen überiegt), Die Spanier in Kalifornien 
(1877), Zate Tahoe im Staate Nevada (1877), 
Die thousend island im Lorenzo —*8 Ver⸗ 
kehrswege zu Waſſer und Lande (1879), Kali 
fornien von Einft und Jet (1880), Norwegen 
(1882), öſterreichs Auftreten in Auftrafien bei 
den Ausftelungen in Sydney und Melbourne 
(1883), Das Leben und Schaffen der Holländer 
in Indien (1884), Die deutſchen Kolonien (1886), 
Bosnien und die Herzegowina (1887). 


Zeibig, Julius Woldemar, geboren 
am 22. Juli 1819 in Dresden, bezog, 


(Ged.), Pumoriſtiſch- ſatyriſche nachdem er feinen erften Schulunterricht 
Allerhand (Ged.). in der Schule des Vereins „Zu Rat und 


That“ in Dresden genofien, das Gym: 
nafium zum heiligen Kreuz ebenda und 
im Jahre 1842 die Univerfität zu Leipzig, 
an welcher er bis 1845 die Rechte jtu- 


‚dierte. Nach beitandener Fafultätsprüfung 





arbeitete er einige Zeit als Rechtskandidat 
im Bureau eines Rechtsanwalts zu Dres: 
den, widmete fi aber bald ganz der 
Praris der Stenographie, einer Kunit, 
die er fih fchon im Jahre 1836 unter 
Leitung eines Schülers des Profeflors 
MWigard, des Einbürgerers der Steno— 
graphie in Sachſen, angeeignet hatte. 
Bezüglich feiner ftenographiihen Praris ift zu 
bemerken, daß er in den Jahren 1848—49 als 
Stenograph der Nationalverfammlung zu Franf- 
furt a. M., fowie des Rumpfparlaments in Stutt- 
gart und ebenfo des Unionsparlaments in Erfurt 
im Sabre 1850 thätig war, daß er in dem Zeit 
raum von 1850—57 als Stenograph die Ver— 
bandlungen der Landtage von Anhalt⸗ Bernburg 
und Oldenburg aufzeichnete und 1854 in das 
gl. ftenogr. Inſtitut zu Dresden eintrat. Seit 
1871 war bderielbe auch fait ununter 
brochen Stenograph des deutſchen Reichs⸗ 
tage. Der Titel Profeſſor ward ihm 
feitens S. M. des Königs Johann und 
der Albrechtsorden 1. Klaſſe feitens ©. 
M. des Königs Albert von Sachſen ver: 
liehen. Was feine literarifche Thätigfeit betrifft, 


Beife. 


fo bezog fie fi nur auf die von ihm praftiich 
geübte Kunſt. Hervorzuheben ift befonders feine 
Geſchichte und Literatur der Gefchwindfchreib: 
funft“ (2. verm. Aufl. 1878), die im In» und 
Auslande die höchſte Anerfennung gefunden hat. 
Sodann find zu erwähnen mehrere Brofchüren, 
welche er in der Abficht verfaßt bat, die Aufs 
merfjamfeit der Juriften auf die Bedeutung der 
Stenogrophie für die Rechtöpflege zu lenken: 
Die Stenographie und die Rechispfiege. Ein 
Beitrag zur Löſung der Frage, welchen Nutzen 
die Rechtspflege aus der Verwendung der Steno: 
graphie ziehen fann. I. und II., Die Steno- 

aphie in der Rechtöpflege und Verwaltung und 

e Stenographie und die öffentlichen Interefien. 
Eine andere erfolgreiche That deffelben war die 
in Gemeinſchaft mit dem ruſſiſchen Reichärat 
* von Tornauw im J. 1853 ausgearbeitete 

bertragung des Gabelsbergerſchen —52— auf 
das 6. 3. iſt Ehrenmitglied einer großen 
Anzahl deuticher und italienifcher Stenographen 
vereine Gabelsbergerſcher Schule, der Corporacion 
taquigräfica in Barcelona, der New-York State 
Stenographers Association, der Palaeogra- 
phical Society in London :c. 


Zeiſe, Heinrih, wurde am 19. April 
1822 zu Altona geboren, befuchte dafelbft 
die Realſchule und fam dann als Lehr: 
ling in die Apotheke zu Landsberg a. W. 
da jein Vater, der Befiger einer Apotheke, 
ber fih auch durch naturwiſſenſchaftliche 
Werfe bekannt gemacht hat, den Sohn 
für den eignen Beruf beftimmte. Neben 
feiner praktiſchen Thätigfeit widmete 2. 
alle Muße poetischen Studien und be: 
gann damals auch mit der Veröffent: 
lichung feiner erften Gedichte in Zeit: 
ſchriften. Danach fonditionierte er in 
feiner Heimat, wandte fi 1842 nad) 
Kopenhagen und beitand daſelbſt nad 

em Studium fein Eramen. 

a zurüdgefehrt, trat er in 

eine, gleichfalls dem Vater gehörige che— 
miſche Fabrik ein, die er bis 1875 felb- 
ſtändig leitete. Während diefer Zeit 


* 


unternahm 3. eine Reife nach Schweden, 


ſ. w., deren Erinnerungen er 


u. 
in dem Wert Reiſeblätter aus dem Norden“ 
niebderl 


er bereits einen 


V 
— 





709 


Im 

te 1856 hielt fih 3. einige Zeit in 
Sachſen auf, gelegentlih einer Reiſe 
durch Deutichland u. ſ. w.; dort trat er 


Belau. 


Gutzkow näher und lieferte von dieſer 
Zeit an Beiträge für feine „Unterhal- 
tungen am häuslichen Herb.“ Eine Ge: 
hörſchwäche, die 1874 zu völliger Taub— 
heit führte, nötigte 3., feine Fabrif zu 
verfaufen. Er ließ fih nunmehr in 
Friedrihsruh nieder und lebte ftill im 
Kreife der Seinigen feiner Mufe. Im 
Jahre 1880 überfiedelte 3. nah Eims- 
büttel bei Hamburg, wo er noch jeßt lebt. 
3. bat ſich bejonders als Lyriker rühm: 
lichft befannt gemacht, feine poetifchen 
Echöpfungen athmen neben fittlihem Ernit 
eine tiefe Zartheit der Empfindung und 
find voll Anmut. Auer den genannten heben 
wir hervor: Kampf» und Schwertlieder (1849), 
Neuere Gedichte (1850), Aus meiner Liedermappe 
(1861, 2. Aufl. 1883), Deutfche Kriegs- und 
Siegeslieder (1864), Kampf: und Siegeslieder 
(1870), Kleine Lieder (1871). Außerdem zahle 
reiche treffliche Überfegungen aus dem Däniſchen. 


Zelau, 8. von, |. 8. v. Zdekauer. 


Zeller, Eduard, geboren am 22. Ja— 
nuar 1814 zu Sleinbottwar, ftudierte 
Philojophie und Theologie in Tübingen, 
befuchte ſpäter auch Berlin, wurde 1836 
Dr. phil., 1868 Dr. Theose, 1877 Dr. 


jur., 1886 Dr. med., habilitierte fich 1840 


als Privatdozent der Theologie in Tübin- 
en, wurde 1847 als Profeſſor der Theo: 
ogie nach Bern, 1849 als Profeſſor der 
Philojophie nah Marburg, 1862 nad 
Heidelberg berufen. Nah zehnjährigem 
Wirken daſelbſt überfiedelte 3. in gleicher 
Eigenſchaft nad) Berlin. In Anerfennu 
feiner ausgezeichneten akademiſchen und 
literariſchen Verdienfte wurde 3. vom 
Kaiſer zum Geh. Regierungsrat ernannt 
und durch Verleihung hoher Orden geehrt. 
3. zählt unferen bedeutendften Bhilotophen 
bei und heben wir von feinen Schriften her: 
vor: Platoniſche Str dien (1839), Die Philoſophie 
der Griechen (1845 ff., 4. Aufl. 1876), Die Apoftel: 
geihichte (1854), Vorträge und Abhandlungen 
(1865— 1884), Geſchichte der deutichen Philo: 
fophie jeit Leibnig (1872—75), Staat und Ni 
(1873), Friedrich d. Gr. als Philojoph (1886). 
Zeller, Heinrich. Ich bin am 7. Juni 
1856 in Veitswinfel geboren. Bald nad 


Zeller. 


meiner Geburt zogen meine Eltern in bie 
benachbarte Chiemgauftadt Traunftein, 
wo ih unter ziemlich ärmlichen Verhält- 
niſſen heranwuchs. Als die Frage her: 
antrat, was ich werben follte, beflimmte 
man mich für den Volksfchullehrerftand. 
Mit Freuden fagte ich „ja“ zu diefer Be- 
rufswahl und fam in die Bräparandenichule 
zu NRojenheim. Im Jahre 1873 wurde 
id in das Freifinger Seminar aufgenom: 
men, das ich 1875 mit gutem Erfolge 
abiolvierte. 


wöchentlichen praftiihen Kurſus durchge 
macht hatte, wurde ich als Hilfslehrer in 
Tohburg an der Donau angeftellt. 1877 
wurde ich als Hilfslehrer an die Stabt- 
Ihule zu Landsberg a. Lech berufen, wo 


ih 1880 zum Schulverweſer und 1885 


zum definitiven Lehrer vorrückte, in welcher 
Stellung ih mid nod heute befinde. 
1881 führte id) Anna Fröhlich aus Voh— 
burg als meine Gattin heim. Ic bin bis 
jegt mit folgenden Schriften an die Öffentlichkeit 
getreten: „Grüaß Gott!“ (Ged. in altbayeriicher 
Mundart) und „Aus'n Leb'n (desgl.). 


Zeller, Luiſe (Luiſe Pichler), iſt ge— 
boren am 16. Januar 1823 im ſchwä— 
biſchen Pfarrdorfe Wangen bei Göppin- 
gen als die Tochter des dortigen Pfar: 
rerö, welcher bald darauf nad) dem be- 
nachbarten Oberwälden befördert wurde, 
wo Luiſe ihre Kindheit und Mädchenzeit 
verlebte. Mit den Brüdern wurde fie vom 
Vater im Latein und den Realien unter: 
richtet. In den deutichen Klaſſikern, dar: 
unter zuerjt Klopſtocks Meſſias fie feſſelte, 
fand das heranwachſende Mädchen geiftige 
Anregung und Erholung. Daneben nahm 
die Pflege der Heinen Geſchwiſter und jpä- 
ter die des erfrankten Vaters ihre Zeit 
in Aniprud. An feinem Krankenbett faßte 
fie den Plan, einen Heinen Roman für 
die reifere Jugend zu ſchreiben, um dem 
geliebten Vater die Mittel für eine = 
verordnete Badekur zu erwerben. 
innere Trieb führte fie auf das hiſtoriſche 
Feld. 1848 erfchien der „Kampf um Hohen: 


Nahdem ich den im felben 
Jahre in Oberbayern eingeführten neun: | 


710 


Seller. 


twiel” und fand freundliche Aufnahme in 
Lejewelt. Der Erfolg ermutigte zu neuem 
fen, fie wurde Mitarbeiterin verfchie 
blätter und ftrebte in Tübingen, wohin die 
ter ald Witwe gezogen war, ihre Bildung 
eine Studien zu vertiefen. Das Jah 
fachte dad Bewu fein des großen 
terlanbes ftärfer in ihr an; fie 
größere Stoffe. Es erſchi 
Deich von Hobenftaufen‘‘, an dem neben 
riſchen Treue der Charakterſch 
tifche erg re zu i 
ten: Heinrich IV., Der legte Hobenftaufe, 
böfer Zeit, Vergangene und vergeflene 
Raiferbraut, Otto III., Bor Cha 
bis 1874 kamen fie umgearbeitet in 
lage ald Vollsausgabe unter dem Gefammttitel 
„Baterländiiche Erzählungen“ heraus. Auf Ans 


* 
— 


u 
s® 


Hiller 
serie 


& 


'regung ihres Gatten, des Profeſſors Zeller 





in Ulm, jpäter in Stuttgart, wandte fie 
fi wieder der reiferen end zu und es er 
ſchienen nah und nad fünfzig 

Erzählungen, jämmtlid den 

der deutichen Geſchichte entiprofien. 


wurden von der Kritik fehr günftig 6 Er 

muntert von Uhland hat 2 Drama 

Ichrieben: Heinrichs I. Söhne, das auf der Statt 
ger 






garter Hofbühne mehrmals zur 
langte. Mehrere Heine Bearbeitungen der deul⸗ 
ſchen Geſchichte folgten. ua 
ben: Germania, tihen Bo 
Vom Fels zum Meer, —— und Myrten 
—— einen Cyklus von hiſtor. —— 
enthalten 
7a 

Zeller, Paul, geboren am 11. Sep: 
tember 1848 in einem ſchwäbiſchen Pfarr» 
hauſe (Borfahren väterliher und mütter⸗ 
licher Seits meiftens Pfarrer), wurbe früh 
verwailt. Gebildet in den mwürttember: 
giihen Seminarien zu Maulbronn und 
Tübingen, ift er feit 1877 definitiv ans 
geitellt, zuerft als Pfarrer in Neipperg 
bei Heilbronn, feit 1881 in Waiblingen. 
Theologifh befonders ein Schüler von 
Profeſſor Landerer (er gab nach befien 
Tod aus feinen binterlafienen Papieren 
deſſen Neuefte Do engeſchichte (1881) her: 
aus), rechnet 3. Hi ch zu der ſchwäbiſchen 
Vermittelungstheologie. Seit 1880 fun 
giert er als Redakteur der „Theolog. Stu: 
dien aus Württemberg“, einer theolog. 
| Quartalfchrift. In Zöclers Handbuch der theo- 
logiſchen Wiſſenſchaften fchrieb er den Abfchnitt: 
Dogmengeihichte (Bd. II. 1883, 2. Aufl. 1885), 


— 


Zett. 


ferner: Bibliſches Handwörterbuch, illuſtr. (Cal⸗ 
wer Bibellexikon 1885), das in ziemlich großer 
Auflage rafch Verbreitung fand. Außerdem Bücher: 
rezenfionen ꝛc. in Zeitichriften. 


Zett, A. v., |. A. v. Zvolenszky. 


Zettel, Karl, als der Sohn eines 
ſchlichten Gewerbsmeiſters aus München, 
am 22. April 1831 geboren, beſuchte die 
Volksſchule ſeiner Vaterſtadt und trat im 
11. Lebensjahre in die 2. latein. Klaſſe 
ein, mojelbjt jein reger 2erneifer vom 
freundlichften Erfolge gekrönt ward. Die 
Fortiegung feiner Studien an der Latein— 
Schule und am Gymnafium war von den 
— Reſultaten begleitet, die zum 

eil durch den Ernſt und die ſtrenge Zucht 
ſeitens der Eltern erzielt wurden, deren 
Manen er mit dankbarem Herzen ſegnet. 
Nachdem Z. mit dem Prädikate der Vor— 
—52 das Maturitätsexamen beftan- 

en hatte, mußte er fich an der Hochichule 
feiner Baterftabt immatrifulieren laſſen. 
Das klaſſiſche Altertum mit dem Zauber 
feiner ftillen Majeftät war ſchon am Gym: 
nafium der Bereich gewelen, in welchem 
er fih heimisch fühlte. An der Univer: 
fität lauſchte er den geiftreichen und leben- 
Iprühenden Worten des herrlihen La— 
faur, der in den goldigen Frühftunden 
die Philofophie des Schönen entwidelte, 
während der ſchwüle Mittag zu den nod) 
Ichmwüleren kritiſch⸗ mikrologiſchen Ererzitien 
rief, welche der greife Philhellene, ber 


bayrifche Geheimrat von Thierſch, der 


„praeceptor Bavariae“, und die Pro: 
fefioren Spengel und Prantl mit einer 
oft verdrießlichen Unverdroſſenheit leite- 
ten. Nachdem 3. 1853 das Staatsera- 
men abgelegt hatte, wirkte er in ber be: 
ſcheidenen Stellung eines Hofmeifters in 
einem niedlichen Bergftäbtchen des Allgäu. 
Im Jahre 1856 berief ihn die Regierung 
als Gymnaſiallehramts-Aſſiſtent in Die 
freundliche Altmülftadt Eichitätt, woſelbſt 
er nad 3 Jahren als Studienlehrer an: 
geftellt wurde und in dieſer Eigenichaft 
bis 1870 verblieb. Mehrere Schulprogramme 
und philologiſch⸗pädagogiſche Schriften bezeichnen 


711 


— Ziegler. 
ſeine literariſche Thätigkeit während dieſer Zeit. 
Durch einen freundlichen Zufall lernte er in Mün« 
hen Hermann Lingg fennen, deſſen Gedichte ihn 
mit einem unnennbaren Zauber feflelten. Mit 
— Seele hing 3. nun an dem Meiſter. 
hne diefem ſtlaviſch nachzutreten, verfuchte er 
es, auf ähnlihen Bahnen fich zu bewegen. Es 
geihah nicht ohne Erfolg. Seine „Erften länge” 
wurden von den fompetenteften Richtern in Deutich- 
land und Ofterreich ſympathiſch begrüßt. Ein 
beiterer Abend in der Gelellihaft von guten 
Freunden in Eichftätt gab Anlaß zur Herausgabe 
des „Edelweiß“, einer Anthologie aus den Lies 
dern neuerer deutjcher Dichter (jet 14. Aufl.). 
Ähnliche poetiſche Sammelwerke, ala: „Ich dente 
Dein”, „Haideröslein”, „In zarte Frauenhand“, 
madten 3.3 Namen in allen deutichen Gauen 
befannt und beliebt. Sein romantiſches Epos 
„Gela“ erfuhr verfchiedenartige Beurteilungen, 
deögleichen die „Lachenden Bilder aus Münden“. 
Eine 2. und 3. Auflage feiner „Dichtungen 
fand allenthalben eine höchit ehrende Heimjtätte. 
Im Jahre 1880 war 3. inzwiſchen 
als Studienlehrer an das königl. Lud— 
wigsgymnaſium nah Münden und 
‚1870 an das fönigl. Realgymnafium 
in Negensburg als Profefior der deut: 
‚Shen Sprade und Literatur berufen 
| worden, gab anlählic der 700jährigen Jubel 
feier der Dynaftie Wittelsbah ein poetifches 
| Ehrenbuch „Wittelsbacher Album“ heraus. Nah 
Aufhebung des Realgymnafiums wurde 
3. an das neu errichtete humaniftifche 
Gymnaſium in Regensburg verjegt, wo— 
felbit er bis 1884 wirkte. Ein chroniſches 
Kopfleiden nötigte ihn aber, um jeine 
PVenftonierung einzulommen, die ihm auch 
unter dem Ausdrude der allerhöchjten An— 
erfennung feiner langjährigen und erfolg. 
reihen Thätigkeit im Lehramte zu teil 
wurde. Er lebt nunmehr in Münden. 
Von äußeren Ehrenbezeigungen mögen er: 
wähnt fein, daß der Dichter 1877 mit 
‚der fönigl. Ludwigsmedaille für Kunft und 
Wiſſenſchaft bedacht und 1881 von der 
Univerfität Tübingen in Würdigung ſei⸗ 
ner wiflenichaftlichen und dichteriſchen Ver: 
dienfte mit der philofophiichen Doktor: 
würde geſchmückt ward. 


Biegler, Karl Ludwig Reinhart Theo: 
"bald, geboren zu Göppingen (Württem- 














berg) den 9. Februar 1846, befuchte Die 


Ziegler. — 
Lateinſchule zu Herrenberg, wo ſein Vater 
erſter Geiſtlicher war, ſpäter das Gym— 
naſium zu Stuttgart und nach beſtande— 
nem „Landexamen“ das theol. philologiſche 
Seminar zu Schönthal; ſtudierte im Stift 
zu Tübingen Philoſophie und Theologie, 
ward aber nad) Abſolvierung des theolo— 
giihen Staatseramens teils durch Nei- 
gung, teils durch feine Berufung an das 
Gymnaſium zu Heilbronn als Gymnaftals 
vifar der Theologie abwendig und wen: | 
dete fih der Philologie zu. Daher blieb 
er au, nachdem er 2 Jahre lang Re: | 
petent in Schönthal gemwejen war, nur 
Y/s Jahr lang am Stift zu Tübingen, 
wohin er 1871 als Repetent zurückgekehrt 
war, nahm eine Stelle als Gymnafial- 
lehrer in Winterthur an und madte von 
bier aus das philologiihe Profeſſorats— 
eramen in Württemberg. In Winterthur 
verfaßte er feine erfte Schrift „In Sachen des 
Strauffchen Buches“ (1874), nahdem er ſchon 
uvor in der „A. Allg. Ztg.“ gegen Joh. Huber 
Kir Strauß’ „Alter und neuer Glaube’ eingetres 
ten war. Auch fein „Lehrbuch der Logik‘ (2. Aufl. 
1881) und feine „Studien und Studienföpfe aus 
der neueren und neueften Literaturgeſchichte“ 
(1877) find eine Frucht feines ſchweizer Aufent- 
enthaltd. Nach feiner Rückkehr in das deut: 
Ihe Reih als Profeffor an das Gymna— 
fium zu Baden-Baden fchrieb er (1877) eine 
politifhe Brofhüre „Republik oder Monarchie? 
Schweiz oder Deutichland?“, die in der Schweiz 
einen wahren Sturm der Entrüftung bervorrief. 


Dann aber wandte er ſich, nachdem er ala Eſſayiſt [ogie. 


und Kritifer vielfach thätig gewefen war, immer 


ausfchließlicher zur Philofophie zurück und fehrieb | 


den erften Band feiner vorzüglichen „Geſchichte ber 
Ethik“, „Die Ethik derGriechen und Römer“ (1881). 
Als Konrektor am proteftantiichen Gymna⸗ 
fium zu Straßburg i. E. feit 1882 angeftelt, 
habilitierte er fi 1884 an der Kaiſer 
Wilhelms-Univerfität dafelbft für Philo- 
lophie und Pädagogik (Padagogiſche Briefe 
aus dem Elſaß in den „Neuen Jahrb. f. Phil. 
u. Pädag.“) und warb 1886 als (Nachfolger 
von Laas) als ordentl. Profeſſor für dieſe 
Fächer an die Straßburger Univerfität 
berufen. Gfeichzeitig erſchien der zweite Band 
der Geſchichte der Ethik: Geſchichte der chrift- 
lichen Ethik“ (1886). Neben feinen wifienichaft: 
lihen Arbeiten auf dem Gebiet der Philofophie 


712 


‚gemütvolle Frau. 





Ziegler und Alipphaufen. 


und Pädagogit nimmt er auch vielfachen Anteil 
Bewegung 


an der politiichen der Zeit auf Seiten 


der nationalliberalen Partei. 


Ziegler und Klipphanfen, Helene 
von (Francesca von Limpurg), wurde am 
21. Auguft 1857 zu Rofenberg in Ober- 
ichlefien geboren und empfing eine gute 
Erziehung. Früh ſchon zeigte fih ein 
hübfches poetiiches Talent, das, in der 
Stille gepflegt, fpäter in Kindergeſchich⸗ 
ten, Novellen und Sagen thätigte, 
die in Zeitichriften und Jugendblättern 
freundliche Aufnahme fanden. Selbjtändig 
erfchienen: Die Lotosblume (Nov. 1886) und 
28 Geihichten für unfere Kleinen (1886), Im 
Feuer geläutert (1887), und wurden ſehr 
beifällig beurteilt, 


Ziemann, Franz, geboren am 28. 
März 1860 zu Königsberg i. Pr. Seine 
Eltern gaben ihm eine gute Er 
Er befuchte von feinem fechsten Jahre an 
das erjte Gymnaſium feiner 
das kgl. Fridericianum, das er im Alter 
von zwanzig Jahren, mit dem 
der Neife verjehen, verlief. Im 
Kinderjahre fallen die Eindrüde der Kriege 
von 1866 und 1870. Am meilten Ein- 
fluß bat auf ihn feine Mutter, Henrielle 
geb. Hermann, gehabt, eine 
1880 wurde er St 
dent der Albertina feiner Va 
ftudierte Haffiiche Philologie: und Archä 
Namentlih war es Prof. 
Hirichfeld, deſſen Vorlefungen über alte 
Kunft ihn anzogen. 1865 promovierte 
er mit der Schrift „De anathematis graeecis*. 
Um eine Anftellung im Gymnaftalbienit 
zu erhalten, abfolvierte er an dem kgl. 
Gymnaſium zu Allenjtein (O.Pr.) das 
Probejahr, lebt aber ſeit 1886 ohne feſie 
Beichäftigung im Haufe feiner Mutter. 

Literariſch trat Z., außer als Lyriker in Zeit 
fhriften, fo beſonders im Deutiä Dichter 
heim“, mit der, ihrer Zartheit wegen, jehr beifällig 
aufgenommenen erzählfenben tung „Am 
Meer“ (1887) und mit der erzähl. Dicht. „Aliia, 
die Sängerin“ (1888) hervor. \ 

Ziemer, Hermann, geboren am 12. 
Mai 1845 zu Neuftettin, befuchte 1856 








Biefe. — 
bis 1864 das Gymnaſium daſelbſt, ſtu— 
dierte 1864—67 in Berlin, beſonders 
als Schüler von Morig Haupt, promo- 
vierte 1867, war dann zur Wiederher: 
ftellung jeiner angegriffenen Gefundheit 


713 





bis 1870 auf dem Lande auf Hohenholz | 
bei Neuſtettin. Nachdem er inzmwilchen 
in Berlin das Staatseramen abfolviert 
hatte, trat er 1870 als Probandus, 1871 
als wiſſenſchaftlicher Hilfslehrer beim 
Gymnaſium in Stargard in Pommern 
ein, wurde 1873 zum vorlegten ordentl. | 
Lehrer ans fol. Domgymnafium nad) Col: | 
berg berufen, mwojelbjt er jeit 1886 als 
Oberlehrer wirft. Er verfaßte befonders | 
ſprachwiſſenſchaftliche, grammatiſche und 
meteorologiſche Schriften. 

Hervorzuheben: Pſychologiſche Erklärung ſyn— 
taktiſcher Erſcheinungen (1867, Diſſert.)) Das 
pſychologiſche Moment in der Bildung ſyntaltiſcher 
Sprahformen (mit Anerkennung beiprochen von 
K. Brugmann, 1879), Die Stellungnahme des 
gramm. Gymnaſialunterrichts zur neueren ſprach⸗ 
wiſſenſchaftlichen Methode der fogen. Junggrams» 
matifer (1881), Junggrammatiiche Streifzüge im 
Gebiete der Syntar (2. Aufl. 1883), ein trefflich 
gelungener Verſuch, die Methode der neuejten 
Spradforfhung, d. b. der Junggrammatifer, auf 
die Syntar der Sprachen zu übertragen. Dieſe 
Schrift bat auf die neuere grammatiſche Literatur 
einen großen Einfluß ausgeübt, wie zahlreiche 
Vorreden philologiſcher Schriften und deren In— 
halt bemeijen. — Syntar der indo⸗ 
germanischen Komparation (1884). Außerdem 
viele Auffäge und Rezenfionen in Zeitfchriften, 
und ferner in den „SJahreöberichten für da3 höhere 
Schulweſen“ die Abteil.: Lateinifcher Unterricht 
(jeit 1886). 

Siere, Yohannes Heinrich, geboren am 
4. November 1820 auf Dänisch Nienhof, 
Kreis Edfernförde, befuchte die Gymnaſien 
zu Flensburg und Hufum 1837 —40, die 
Univerfitäten Kiel, Erlangen und Bonn 
1841—47, wirkte als Hauslehrer bis 
1851, als Diafonus in Itzehoe von 1851 
bis 1858, als Hauptpajtor in Krempe 
von 1858—64, als Hauptpaftor in Gel: 
ting von 1864—1869, als Paſtor in 
Friedrihsberg in Schleswig von 1869 
an, zugleich als Kirchenpropft der Propſtei 
Schleswig von 1879 an. 





Zimmermann. 


hinein (1861), Die Rückkehr zur apoftol. Predigt 
(1861), Nicht Union oder Konfeljion, ſondern 
Union in neuer Konfeffion (1867), Das Myfterium 
deö heiligen Abendmahls (1869), Ich glaube, 
darum rede ih. 25 Predigten (1871), Soll 
unſerm Volke das Heiligtum der heiligen Ehe 
erhalten oder genommen werden? (1874), Hülfs: 
büchlein für einen geordneten Unterricht in der 
hriftlichen Religion (1876). Außerdem eine 
Anzahl einzelner PVredigten und Aufläte in ver: 
ſchiedenen theologiſchen Zeitichriften. 


Zimmermann, Hans Wilh. Georg, 
am 12. Januar 1855 zu Wermsbdorf im 
Königreih Sachſen geboren, wo fein Vater 


| zur Zeit bei einer fahrenden Schaufpieler: 


truppe engagiert war. Da Georg jchon 
in feiner früheſten Jugend das Elend der 
Bühne durchgekojtet und die Schatten- 
jeiten derjelben kennen gelernt hatte, wollte 
er nicht, wie fein Vater dies beftimmt 
hatte, Schaufpieler, jondern Kaufmann 
werden, welcher Entihluß aud ausgeführt 
worden wäre, wenn die nötigen Mittel 
dazu Bater Zimmermann bejejien hätte. 
Dem fleinen Georg blieb aljo nichts anderes 
übrig als fi) der Kunft zu mweihen, und 
fo betrat er zum erjten Male 1869 zu 
Leisnig die vielbedeutenden Bretter. Bon 
bier aus machte er die Runde über faft 
ganz Deutichland, bald hier, bald dort 
engagiert, bis er fich endlich im Jahre 
1879 in Leipzig niederließ und einen 
Bühnen-Novitäten-Verlag gründete. Hier 
war er auch längere Zeit als Dramaturg 


und ftellvertretender Direktor am Carola⸗ 


theater thätig. Als Bühnenſchriftſteller 
hat ſich derjelbe ſchnell populär gemacht. 
Seine reizenden Volfsjtüde und Märchen 
Prinz Nachtigall, Das tägliche Brot, Lumpen⸗ 
König, Sneewittden haben den Weg fallt 
über alle Bühnen Deutichlands gemacht 
und wurden überall mit dem größten Er» 
folge aufgeführt. 


Zimmermann, Heinrich Edler v., 
geboren am 18. Februar 1847 zu Graz 
in Steiermark als Sohn eines hohen, in: 
folge jeiner Verdienſte im Kriegsjahre 
1866 mit dem Franz-Joſefsorden deko— 


Hauptwerke: Ins Leben will das Chriftentum | rierten Beamten, abjolvierte dajelbjt jeine 


Zimmermann. 


Gymnafial- 
trat jpäter zur Bühne über, wo 
Liebhaber und Regiffeur u. a. in Buda- 
peit, Eſſeg, Temesvar, 
und Paſſau wirkte. 


journaliftiihen und dramatiſchen Arbeiten 
und ward fpäter Redakteur des „Süd— 
ungariihen Volksblatt“, das er viele 
Sahre leitete und zu bebeutendem Auf: 
ſchwung brachte, ſowie Mitarbeiter einer 
großen Reihe in: und ausländifcher Blätter. 
Seit dem Jahre 1881 bekleidete er eine 
Stelle als Direktionsbeamter im Sekre— 
tariate der Ef. k. priv. Dur-Bodenbadher 
Eifenbahn und trat 1887 als Sefretär 
in den Verwaltungsrat diefer Unterneh> 
mung, wo er für befonders ſchwierige 
Konzeptarbeiten verwendet wird. Seinen 
Merken rühmt die Kritit ſchwungvolle 
poetiihe Sprade, Bühnenfenntnis und 
große dramatiiche Wirkſamkeit nad. 
Hauptwerke: Kunſt und Leben, Sittenbild (1881), 
—— Betrug (Schauſp. 1882), Studenten: 
eihe (Schw. 1882), Attila (Dram. 1883), 
Thalwirth (Trauerfp. 1884), Demetrius (Freie 
Bollendung des Schillerfhen Fragmentes, Trauer: 
fpiel 1885), Prager Spaziergänge (Dicht. 1886), 
Schubart (Dram. St. 1887), Ludwig der Ein- 
fame (Ep. 1888), Nero (Dram. Geb. 1888), Don 
Juan vor 100 Jahren (Genreb. 1888), Wie 
Richard Wagner Komponift ward (1888). 


Zimmermann, M. B., |. M. Ber 
mann. 


Zimmermann, Paul Aug. Bern 
hard v., geboren zu Dresden am 3. Sep: 
tember 1843, genoß feine Vorbildung auf 
der Fürftenichule St. Afra in Meißen, 
ftudierte Theologie und Philofophie in 
Leipzig und Berlin, wurde Dr. phil. an 
der Univerfität Leipzig und bekleidete dort 
das Amt eines Katecheten, dann Hilfs- 
geiftlichen, befuchte im Jahre 1873 das 
große evang. Konzil der Allianz in New- 
Hort, hielt dort einige Vorträge und ſtu— 
dierte die kirchl. Verhältnifie Amerikas 
auf einer dreimonatlichen Reife in Nord: 
Amerifa. Im Jahre 1874 folgte er dem 
Rufe an die größte evang. Gemeinde 


714 








Zingerle. 


und juridiihen Studien und | Ojterreichs in Wien, wo er bis jegt viel- 
er als |feitig thätig_ift. Hier promovierte er 


rite zum Doktor der Theologie und fteht 


Gmunden, Iſchl im Begriff, fih auf Grund diefer Pro- 
Schon in diefer |motion an der theol. Fakultät zu habi⸗ 
Periode feines Lebens widmete er ſich | litieren, er empfing mehrfache 


Auszeich- 
nungen, jo das Ritterkreuz d. $. D. von 
Württemberg, den Erneſtiniſchen Haus: 
orden 1. Kl. Seine vorzüglich anerfannten 
Schriften find teils theologiſchen, teils 
populär:philojophiihen und hiſtoriſchen 
Inhalts: „Platos Lehre von der Unſterblichteit 
der Seele", „Das Nätfel des Lebens und bie 
Ratlofigkeit des Materialismus”, Vorträge vor 
einem großen Hörerkreis in Wien — 

grüße aus Naturs und Menfchenleben“, „ 
ind Meer”, Predigten und Reden, „ 
Leid”, Feftworte, „Das Evangelium in ſterreich 
und Frankreich” (mit intereſſanten Details), Jus 
biläumsvorträge, „Was wir der Reformation zu 
verdanken haben“, eine Scharfe Polemif den 
Katholizismus, „Vor der Pforte des 
ein —— mit Jünglingen über die der 
Religion, des Wiſſens und Glaubens, 
tifher Form und Art von Zugeſtändniſſ 
gehend und dann weiter fü R 
Broſchüren, manches bereit in 2. Auflage. ' 


Zingerle, Anton, geboren am 1. Fe 
bruar 1842 in Meran, gebildet auf dem 
Gymnaſium feiner Vaterjtabt, beendete die 
Univerfitätsftudien zu Innsbrud im Jahr 
1864; in den Jahren 1864—66 wa 
Lehrer am k. k. Gymnaſium zu Verona un 
befuchte viele Städte Oberitaliens. In Berona 
veröffentlichte er die Abhandlung De Halienticon 
fragmento Ovidio non abiudicando (1869). 
Am Jahre 1866 wurde er zum Profeſſt 
am f. f. Gymnafium in Trient ernannt, 
wo er die Schrift De Germanico Caesare, Drus 
filio (1867) und den eriten Teil feines Buches 
„Dvidius und fein Verhältnis A ter Sorgängern 
und gleichzeitigen Dichtern‘‘ (1869—71) vollendeit 
Da er im genannten Jahre und im? 
genden auch als Bezi njpeftor 
die deutihen Schulen in Wälſchlird 
wirken hatte, fonnte er zuerſt näher: 
teilungen über Dialekt und Volkogeb: 
der Bewohner des Ferſina⸗Thales Tief 
— 

un te ‚De ende 



































poft (1877). Im 
an der Univerfität 3 


we 
VU 


Bingerle. 


Doltorwürde. 1870 zog er nad) Inns— 
brud, wo er bis 1873 als Profefjor am 
t. k. Symnafium und feit 1872 zugleich 
als Dozent an der Univerfität wirfte; 
1873 wurde er außerord. Profeflor der 
Haffiichen Philologie an der genannten 
Hochſchule und 1877 ordentl. Profeſſor 
befielben Faches. Außer zahlreichen Beiträgen 
für verfchiedene wiſſenſchaftliche Zeitichriften ver: 
Öffentlichte er feit diefer Zeit folgende verdienft: 
liche Schriften: Philologiihe Abhandlungen 
(1871—87), Zu fpäteren lateinifhen Dichtern 
(1873—79), Martiald Ovidftudien (1877), De 
scriptorum Jatinorum locis, qui ad poenarum 
apud inferos descriptionem spectant ET 
Beiträge zur Geſchichte der Philologie (1880), 
Zu den Perſiusſcholien (1881), Beiträge zur Kris 
tit der 3. Dekade des Livius (1883), T. Livi 
ab urbe condita libri ed. A. Z. (1883—88, 
bisher 3 Bde.), Zu Hildebert und Alanus (1881), 
P. Ovidi Nasonis Metamorphoseon libri XV. 
(1884), Studien zu Hilarius’ von Boitiers Pfal: 
mentommentar (1885, Cinleitung au der im 
nächſten Jahre zum Abſchluß gelangenden großen 
krit. Ausgabe diejes Wertes in der Kircchenväter- 
fammlung der f. k. Alademie in Wien). 


Jahre 1887 erfolgte die Ernennung zum 
Mitdireftor des philolog. Seminars an 
der Univerfität Innsbruck. 


Bingerle, Dswald, Sohn des Univer: 


fitätsprofefiors Ign. 3., wurde am 8. Fe⸗ 


bruar 1855 zu Innsbruck geboren, wo 
er mit feinem Bruder Wolfram das Gym: 
naſium abjolvierte und 1874 die Univer- 
fität bezog, um zunächſt klaſſiſche, dann 
deutihe Philologie zu ftubieren. Seine 
Studien ſetzte er in Erlangen und Ber: 
lin (1877— 79) fort, verlebte Darauf zwei 


Jahre in der Heimat, wiſſenſchaftlichen 


Arbeiten obliegend, und habilitierte ſich 
1881 für deutihe Sprade und Literatur 
an der Univerfität Graz, wo er nod) als 
Privatdozent wirkt. 

Bon feinen Schriften, von Auffägen in Zeit 
Schriften abgefehen, heben wir hervor: Friedrich 
von Sonnenburg (1878), Über eine Handfchrift 
des Paſſionals und Buches der Märtyrer (1883), 
Die Quellen zum Alexander des R. v. Ems, Im 
Anhange die Historia de preliis (1885), Ster: 
inger Spiele nad Aufzeihnungen von Raber 
86 Der Paradiesgarten der altdeutſchen Ge— 
neſis (1886). 


715 


Yın | 


— Zingerle. 

Zingerle, Wolfram, geboren zu Inns⸗ 
bruck am 19. Februar 1854, ſtudierte, 
nachdem er dortſelbſt das Gymnaſium ab- 
ſolviert hatte, von 1874—78 an ber 
Univerſität ſeiner Vaterſtadt hauptſächlich 
klaſſiſche Philologie; er wandte ſich hier: 
auf der romanischen Philologie zu, deren 
Studium er an den Univerittäten Erlan- 
gen, Wien und Paris 1878—81 betrieb. 
Im Jahre 1884 habilitierte er fich als 
Privatdozent für romanijche Philologie 
an der Univerfität Wien und ließ als 
folder 1886 die venia legendi an bie 
Univerfität Innsbrud übertragen. 

Hauptwerke: Unterfuhungen zur Echtheitsfrage 
der Heroiden Ovids (1878), Über Raoul de Hou— 


dene und feine Werke, eine ſprachliche Unter: 
ſuchung (1880), Floris et Liriope (1888). 


Zinzow, Adolf Joahim Friedrich, 
geboren zu Greifswald den 8. Februar 
1822, bejuchte das Gymnafium feiner Va⸗ 
terſtadt und nad deſſen Abjolvierung die 
Univerfität dajelbjt (1841—43), ftudierte 
Theologie und Philologie, fühlte fi aber 
von erfterem Studium jo wenig angezogen, 
daß er ſich ganz der Philologie zumandte. 
Vor allem erregten zunächſt die Sprachen 
jein Intereſſe. Hatten ihn auf dem Gym: 
nafium vorzüglich die modernen Sprachen 
angezogen, jo vertiefte er fich jegt in das 
Studium des Sanskrit, des Hebräiſchen 
und Nrabifhen. Doc unter dem Einfluß 
Schumanns und mehr noch durd die 
gründliche Gediegenheit und klare Anfchau- 
‚lichkeit O. Jahns wandte er ſich aus— 
ſchließlicher den klaſſiſchen Studien zu. 











Durch O. Jahns freundliche Vermittelung 
trat er bei feinem Übergang auf die Unis 
verfität in Berlin auch in perfönliche Ber 
ziehung zu Trendelenburg, Lachmann und 
Ed. Gerhardt. In Berlin waren es 
Boecks Vorlejungen und der Beſuch des 
philoſophiſchen, jpäter des pädagogiichen 
Seminars, die feine Auffafjung des klaſſi⸗ 
ſchen Altertums erweiterten und vertiefe 
ten. Eine größere Arbeit: De historiae 
graecae primondiis (1846), erwarb ihm ein 
‚ehrenvolles Doftordiplom, wonad er uns 





Birom. — 
ter Bonnells Leitung ſein Probejahr am 
Friedrichs-Werderſchen Gymnaſium an 
trat, während er zugleich ſeit 1847 als 
Hilfslehrer am Franzöſiſchen Gymn. bes 
ſchäftigt wurde. Im Jahre 1849 ver⸗ 
heiratete er ſich, übernahm noch eine Lehr— 
thätigkeit an einer höheren Töchterſchule 
und bei der Fürſt Radziwillſchen Familie. 
1853 wurde er als Kollaborator am Fr.: 
MW. Gymn. angejtellt, jedoch bereits 1856 
als Proreftor an das Gymn. zu Stargard 
und 1857 als Direktor des Gymn. zu 
MWeplar berufen. Später gründete er 
ein Gymn. in Pyrig, dem er noch jeßt 
vorfteht. Außer zahlreihen Abhandlungen, bes 
ſonders in Langbeins „Pädagogiſchem Archiv“ 
(1864— 70), Auflähen, Programmen u. |. w., fin 
von Z.'s verdienftlichen Schriften hervorzuheben: | 
Das ältefte Rom (1866), Geift und Bildung des | 
römifchen Volkes (1874), Luther der große deut» | 
Ihe Reformator von Kirche, Schule und Haus 
(1884); ferner: Thomas Arnold, der Lehrer Eng- 
lands (1869), Die Hamletjfage an und mit ver: 
wandten Sagen erläutert (1877), Pſyche und 
Ero3 ıc. (1881). 


Zirom, |. M. Schmig. 


Zirwik, P. Michael, ift geboren am 
15. Januar 1840 zu Handenberg in Ober: 
Öfterreihh von jehr armen Eltern. Vom 
Jahre 1845—51 befuchte er die Volks— 
ſchule, von 1851 — 54 die Sonntagsichule. 
Sein Lehrer war der Mufterlehrer Jakob 
Schmidhammer. Das Drängen bdiefes 
trefflichen Lehrers, den fehr talentierten 
Schüler zum Stubium zu beftimmen, blieb | 
lange Jahre fruchtlos, weil die Eltern zu 
arm waren und niemand ſich fand, ber 


716 





vermittelnd eintreten konnte. Erſt mit 
18 Sahren faßte 3. den Entichluß, den 
Studien ſich zu widmen, und von 1858 
bis 1866 madte er am Ef. f. Staatsgym- 


nafium in Salzburg feinen Gymnaſial⸗ 


kurs mit Auszeichnung, trat dann in den 


Zitelmann. 


Daſelbſt blieb er bis 1871 und war in- 
zwiſchen in Neapel zum Prieſter geweiht 
worden. Nachdem er nad) feiner’ Rüd: 
fehr in die Heimat nod ein Jahr den 
theologischen Studien gewidmet, wurde er 
1872 als Lehramtsfandidat auf die Uni- 
verfität Innsbrud geihidt, wo er unter 
der Leitung des berühmten Prof. Tulg 
fih auf das philologiſche Eramen vorbes 
reitete. Nah 4 Semeitern erhielt er mit 
Minifterialerlaubnis ſchon feine Haus» 
aufgaben, die er, indem er zugleich als 
Lehrer am f. e. Barromaeum in Salz 
burg wirfte, 1874 ausarbeitete und im 
Laufe des gleichen Jahres feine Prüfung 
vollendete. Seit 1874 ift er nun an 
obgenannter Anjtalt als Lehrer thätig. 

Hauptwerfe: Studien über die in den Epen 
Homers vorfommenden Rominalftämme —_t 
und —v (1875), Grundzüge einer willen 
lichen Grammatif der griechiſchen Sprache — 
Studien über griechiſche Wortbildung (1881), 
Das Wichtigfte über die Teile des Satzes hi 
dazu Meinere Publikationen: 2 Feftpre 


bie und da Aufläße in öffentlichen Blättern. 


Zitelmann, Ernft Otto Konrad (Kon⸗ 
rad Telmann), wurde am 26. November 
1854 in Stettin als der jüngſte von fünf 
Söhnen des Juſtizrats 3. geboren. Seine 
Mutter war die Tochter des als Dichter 
und Hiftorifer befannten Profeſſors Lud— 
wig Gieſebrecht dafelbit. 3. verlebte feine 
Kindheit im Elternhaufe zu Stettin, Some 
mers auf einer nahe gelegenen Beftgung 
mitten im berrlichften Buchenwald. Er 
befuchte das Marien-Gymnaftum feiner 
Vaterjtadt, das er, achtzehnjährig, 1873 
mit dem Maturitätszeugnis verließ, um 
Rechts⸗ und Staatswiſſenſchaft zu ftudies 
ren. Die Gymnaſial- und noch mehr die 
Univerfitätszeit wurde durch häufige Krank⸗ 
heit und dauerndes Kränfeln jehr getrübt, 
jo daß mehrfache Unterbredhungen beider 


Benediktinerorden im Stifte St. Peter zu | und zeitweiliger Aufenthalt in Bädern und 
Salzburg. 1868 murde er zur Fort: Sommerfriihen nötig wurde. Das er- 
fegung ber theologifhen Studien nahRom | zwungene Fernhalten von wiſſenſchaft⸗ 
gelandt und 1870 nad Monte Cafino | lihen Studien begünftigte früh die poetische 
berufen, um an dem dortigen Privat: | Produktion, jo daß der Primaner ſchon 
gymnafium als Aushilfslehrer zu wirken. | Gedichte, Auffäge und Erzählungen von 


Bitelmann. 


fih gedrudt jah. Der neunzehnjährige 
Student veröffentlichte feine erſien Bücher. 
3. bejuchte nacheinander die Univerfitäten 
Xeipzig, Heidelberg, Berlin und Greifs- 
wald, um fich neben den Fachſtudien vor: 
zugsweije dort mit Literatur und Philo— 
jophie zu bejchäftigen. Dazwijchen fielen 
Reifen ins deutiche Gebirge, die Schweiz, 
Tirol und Italien. Im Frühjahr 1876 
beitand 3. jein juriftifches Staatseramen 
und trat als Gerichtsreferendar, zuerft 
in einer pommerjchen Kleinftadt, dann in 
Stettin in den praktischen Staatsdienft, 
den er aber nad) anderthalbjähriger Thä- 
tigkeit jhon wieder verlaffen mußte. Sein 
Buftand Hatte fih nach einer jchweren, 
akuten Krankheit, die ihn an den Rand 
des Grabes brachte, derart verichlim: 
mert, daß die Arzte nur noch bei dau— 
ernder Niederlaffung im Süden ihm für 
eine Reihe von Jahren Hoffnung auf 
Weiterexiſtenz maden fonnten. Anfang 


1878 verließ er daher die Heimat, um 


von da ununterbrochen Winters im Sü— 
den zu leben. Seine verwitwete Mutter 
begleitete ihn. Er hielt fich jeither wech 
ſelnd an den verſchiedenſten Orten Sta: 
liens auf, das er wiederholt mit Einfluß 
Eiziliens kennen lernte; die legten Jahre 
immer in Dientone, wo er ich verhältnis: 
mäßig am mwohlften fühlte und ganz hei- 
miih ward. Im Sommer fam er meift 
nad Deutichland zurüd, um entweder im 
Gebirge oder am liebften in der engeren 
Heimat zu verweilen. Das Förperliche 
Elendgefühl vermochte nicht, 3.’5 feurigen 
Geiſt zu fefleln. Im Gegenteil, je be 
drüdter fein äußerer Menſch war, deito 
freier atmete fein innerer. Neben unge 
wöhnlicher lyriſcher Begabung befigt 2. 
eine ſelten feine Beobachtungskunſt, die 
er meilterhaft im Roman zu verwerten 
verjteht. Dabei iſt fein Aufbau natür- 
lid und edel und feine Sprache rein und 
feſſelnd. 

Hauptwerke: Sonnenblicke (Erz. 1875), In 
Pommern (Nov. 1875), In der Einſamkeit (Ged. 
1876), Friſche Blätter (Nov. 1878), Im Früh: 
rot (Rom. 1881), Götter und Götzen (Rom. 1884), 


717 








Bitelmann. 


Lichter und Schatten (Nov. 1884), Im Hochland 
Nov. 1884), Lebensfragmente (Nov. 1884), Das 
Spiel ift aus (Rom. 1884), Meereswellen — 
1884), In Glück und Leid (Nov. 1885), Menſchen⸗ 
Ihidjale (Nov. 1885), Gerichtet (Nov. 1886), Mor 
derne Ideale (Rom. 1886), Dunkle Eriftenzen 
(Rom. 1886), Vae vietis (Rom. 1887). Außer 
dem lieferte 3. einige vorzügliche Überfegungen 
italienischer Dichter. 


Zitelmann, Katharina (K. Rinhart), 
wurde am 26. Dezember 1844 zu Stettin 
geboren als die Tochter des Geh. Regie 


— 


rungsrats Konrad 3. (befannt durch feine 


„Norddeutſchen Bauerngefchichten“, „Bil 
der aus der Beamtenwelt“ u. a.). In 
der Stille entwidelte ſich das jchöne dich— 
teriiche Talent, das Katharine von ihrem 
Vater ererbt hatte. Ihre erfte Novelle 
erichien in einem Journal, und der hüb- 
Ihe Erfolg, der derjelben wurde, ermuns 
terte die junge Autorin zu weiterem Vor: 
wärtsjchreiten auf der betretenen Bahn. 
Eine größere novelliftische Arbeit: Mas 
wird fie thun, fand in Heyſe's Novellenſchatz 
Verbreitung und bejonders in der weib- 
lichen Leſewelt die verdiente Würdigung. 
Außerdem hervorzuheben: Novellen (1884), 
Neue Novellen (1888). 


Zobeltitz, Fedor von (F. Grunewald), 
wurde am 5. Oktober 1857 auf dem 
Rittergute Spiegelberg bei Topper in der 
Neumark geboren und beſuchte, für den 
Militärſtand beſtimmt, die Kadettenhäuſer 
in Plön und Berlin, nach deren Abſolvie— 
rung er in die Armee eintrat. Da er je— 
doch zu wiſſenſchaftlicher Thätigkeit ſich 
weit mehr hingezogen fühlte als zu der 
ihn wenig befriedigenden militäriſchen, ſo 
nahm er bereits 1880 ſeinen Abſchied 
und widmete ſich ausſchließlich ſchriftſtel⸗ 
leriſchen und journaliſtiſchen Arbeiten. In 
letzterer Beziehung iſt ſeine redaktionelle 
Wirkſamkeit bei folgenden Blättern zu er- 
wähnen: „Neue militäriihe Blätter“, 
„Unteroffizierszeitung“, „Schorers Fami- 
lienblatt” und „Deutiches Tageblatt”. 
Literariſch ſelbſtſchaffend hat fih 3. be- 


fonders als Romanfchriftteller einen Nas 


Böhrer. 


men gemacht. Er ijt ein beliebter Mit- 
arbeiter unferer beften Zeitichriften. 

Hauptwerke: Fähnrihsgefhichten (1881), Graf 
Moltte (1881), Fürft Bismard (1881), Die 
Perüde der Prinzeffin Naraſchlin (Rom. 1883), 
Unfichtbare Hände (Rom. 1883), Märkiſcher Sand 
(1884), Karadinifa (Rom. 1886), Das Neffus: 
gewand (Rom. 1887). 


Zöhrer, Ferdinand. Jh wurde am 
17. Mai 1844 in Linz, Oberöfterreich, 
geboren, abjolvierte die dortige Normal: 
bauptihule und das Untergymnafium, 
widmete mich hierauf dem Buch: und Kunſt⸗ 
handel, dem ich heute noch mit beſonde— 
rer Vorliebe angehöre. Seit meiner Ju: 
gend her war e8 mein Streben, meinem 
Baterlande Ofterreich durch Hebung feis 
ner Literatur auf dem Gebiete der befie- 
ren Jugendichrift zu dienen, um eine von 
echtem PBatriotismus bejeelte Jugend heran⸗ 
bilden zu helfen. Als Mitarbeiter der „Deut. 
ſchen Jugend“, der „Jugendblätter“ zc. zc. fu 
tivierte ich das Gebiet der Erzählung aus Öfter- 
reichd Volls⸗, Natur: und Kulturleben. In der 
„Kollektion Prochaska“ — einer Sammlung 
öfterreihifcher Prachtjugendſchriften für die reifere 
Jugend der Mittelichulen — erjchienen bis jegt 
6 Bände meiner Feder, die von Patrioten, ſo— 
wie von der Tages: und pädag. Fachpreſſe ein- 
ftimmig mit Beifall begrüßt wurden. Ein zweis 
tes Genre auf dem Gebiete der Literatur, das 
ich im Intereſſe meines Paterlandes Öfterreich 
pflege, ift die Länder: und Völlerkunde. Als 
langjähriger Mitarbeiter an alpinen Journalen, 
als Verfaſſer der „Geroldfhen Rundreijes Führer” 
in 20 Bändchen habe ich meinen Namen in Frei: 
fen von Naturfreunden in weiter Runde befannt 
gemacht. VBollftändige größere Werte meiner Fe 
der find: Kollektion rocaste, I. Donaubort, 
II. Ofterr. Sagen» und Märchenbuch, III. Dfterr. 
Robinfon, IV. Unter dem Kaiferadler, V. Ofterr. 
Seebud, VI. Letzte Ritter, Ob der Enns, Na: 
tur:, Reife: und Lebensbilder aus Oberöfterreich, 
Tourift auf der Donau. 

3öller, Egon, geboren am 2. Dft. 
1847 zu Schleiden i. d. Eifel, ftudierte 
auf den techniſchen Hochſchulen zu Karls— 
ruhe und Berlin. Derjelbe trat eifrig 
für die Hebung des Standes der wifjen- 
Ihaftlic gebildeten Techniker ein, wovon 
eine Reihe größerer Auffäte in verjchiedenen Zeit: 
ſchriften ſowie die Schrift „Die Bedeutung der 
Technik und des technifchen Standes in der Kultur“ 


718 


—. 


Zolling. 


(1884) Zeugnis ablegen. Mit der ſchwediſchen 
Sprade und infolge mehrerer Reifen mit 
den Schwedischen Berhältniffen vertraut, ver: 
öffentlihte er über Schweden verfchiedene Aufs 
fähe und gab 1882 das treffliche Werk heraus: 
„Schweden, Land und Boll. Schilderungen aus 
feiner Natur, feinem geiftigen und wirtfchaftlichen 
Leben.“ Ganz befonders zogen ihn die hoch 
bedeutenden Forſchungen der ſchwediſchen 
Denker, namentlich Boftröms an. Au 

einer Anzahl von Aufjägen in der Zeitjchrift 

Philoſophie und philof. Kritik ift bier befonders 
ein Werk „Über den Grund und das Ziel der 
menſchlichen Entwidelung‘ (1883) hervorzuheben. 
Seine Anteilnahme an wichtigen öffentlichen Fra⸗ 


en befundet auch das Schriftchen „Zur 
Paftung des preußifchen Landtages" (1884). 


Zolling, Theophil, zu Scafati bei 
Neapel in Italien am 30. Dez. 1849 ge 
boren, bejuchte das Gymnafium in Züri) 
und bezog 1871 bie dortige Univerfität, 
um dem Studium der Philofophie und Ges 


ls ſchichte fich zu ergeben. Nachdem er bass 


jelbe in Wien und Heidelberg fortgejegt, 
wurde er 1875 in Berlin zum Dr. phil. 
promoviert. Er war inzwilchen bereits 
als Student literarifch, an mehreren Zeit- 
ſchriften mitarbeitend, thätig gewejen und 
wurde durch feine Erfolge bewogen, ganz 
dem Schriftftellerberuf fi zu mwibmen. 
Nachdem er privatim feine literatur: und 
kunſtgeſchichtlichen Studien in Paris voll 
endet hatte, übernahm er im Jahre 1881 
die Redaktion der „Gegenwart“ und lebt 
feither in diefer Stellung in Berlin. Außer 
feiner fruchtbaren Wirkſamkeit als Kritiker 
heben wir an jelbftändig erfchienenen Wer» 
fen gebührend hervor: Die Jungfrau vom 
Stuhl (tomifches Epos 1875), Neue Liebe (Dram. 
mit Alph. Daudet, 1878), Reife um die Parifer 
Melt (1882), Heinrih von Kleiſt in der Schweiz 
(1882), Der Klati (Rom. 1887), Das Künftler- 
dorf (Rom. 1888). zZ 


Zoozmann, Richard 
wurde am 13. März 1863 zu Berlin als 
der Sohn eines Ob ef 
geboren, verlebte einen Teil feiner Kin: 
heit in Brandenburg a. $., um jet 
Ihwächliche Gefundheit zu fräftigen um 
befuchtedarauf von 1875 —81 das ouifene 








Bichotfe. 


.719 


Zſchokte. 


ſtädtiſche Real-Gymnaſium in Berlin. Nach nannt wurde. Im Jahre 1870 ernannte 


Abfolvierung desjelben widmete er ſich 
dem Bankfach, da jeine Verhältnifje ihm 
nicht geftatteten, die akademiſche Laufbahn 
zu betreten. Durd Emanuel Geibel u. U. er— 
muntert, gab er ſich daneben der Schriftitellerei 
bin und veröffentlichte, fiebzehnjährig, feine erften 
Gedichte „Minneborn‘, die 1882 die mwohlver: 
diente 2, Auflage erlebten. 1884 erſchienen feine 
„Lieder, Romanzen und Balladen”, die von den 
berufenften Arititern als das Erzeugnis eines 
echten Poeten bezeichnet werben. Denfelben folgten 
1886 die gleichfalls mit ungeteiltem Beifall auf: 
genommenen „Neuen Dichtungen‘, diefen 1885 
„Aus Herz und Welt“ (epifch-Iyriiche Ged.). No- 
vellen und kritiſche Studien erfchienen außerdem 
en Zeitjchriften. 

choffe, Hermann, wurde am 16. 
Juni 1838 zu Böhmiſch-Leipa geboren. 
Nachdem er das Gymnafium feiner Vater: 
ftadt im Jahre 1857 abjolviert hatte, trat 
er in das fürfterzbiichöfliche Alumnat in 
Wien ein und oblag den theologiichen 
Studien an der k. k. Univerfität in Wien. 
Im Jahre 1861 zum Priefter geweiht, 
würde derjelbe zunächſt als Kooperator 
an der Propftpfarrei zu Staa und im 
folgenden Jahre in gleicher Eigenichaft 
an der Pfarre am Hof in Wien beftellt. 
1863 zum Doktor der Theologie promo- 
viert, erhielt er die Miſſion, die Leitung 
bes neu errichteten öfterreichifchen Pilger: 
hauſes in Jerufalem zu übernehmen, wel- 
ches Amt er von 1864—66 bekleidete. In 
dieſe Zeit, in welcher er viele Reifen 
durch ganz Baläftina, Eyrien (Libanon) 
und Agypten unternahm, fällt auch der 
Anfang jeiner literarifhen Thätigfeit. 
Nach Wien zurüdgefehrt, wirkte er einige 
Monate als Kooperator an der Vorftabt: 
pfarre Lichtenthal in Wien, bis er 1867 
als Ef. k. Hofcaplan in den Dienft der 
k. £. Hoffapelle berufen wurde. Im fol 
re Jahre übertrug man ihm die 
upplierung der erledigten außerordent- 
lichen Lehrkanzel der jemitifchen Sprachen 
an der theologiihen Fakultät der Wiener 
f. k. Univerfität, welchem Amte er mit 
ſolchem Eifer oblag, daß er 1868 zum 


außerord. Profeſſor dieſer Lehrfanzel er 


ihn der Kaifer zum ordentl. Brofeflor des 
altteftamentlihen Bibelftudiums dajelbft. 
Seit diefer Zeit feßte er feine volle Kraft 
für dieſes Studium ein und edierte meh—⸗ 
rere Werke. Die Ferienzeit benügte er 
zumeift zu großen Reifen, um Land und 
Leute kennen zu lernen, bejonders aber 
auch, um in die Einrichtung der Univers 
fitäten, Bibliothefen und namentlich der 
theologischen Anjtalten einen gründlichen 
Einblid zu erlangen. Seine Erfahruns 
gen find in mehreren Reiſewerken ver: 
wertet. Dieſe Verdienſte haben auch viel- 
fache Anerkennung gefunden. Viermal hat 
ihn die theologische Fakultät zum Dekan 
gewählt. Im Jahre 1884 war 3. Rektor 
der Wiener Univerfität, in welches Jahr 
aud die Eröffnung des neuen Univers 
fitätsgebäudes fiel. Im Jahre 1881 
wurde er zum fürfterzb. geiftl. Rate in 
Wien, 1882 zum biih. Konfiftorialrate 
in Zeitmerig, 1884 zum fürfterzb. ons 
fiftorialrate in Wien und Hausprälat Sr. 
päpftl. Heiligkeit, 1883 zum E f. Regie 
rungsrate und 1885 zum f. k. Hofrate er 
nannt, für feine Verdienfte ums heilige 
Land erhielt er 1884 das Komturfreuz 
des Ordens vom heil. Grabe. 

Bon feinen höchſt verdienftlihen Werten find 
hervorzuheben: Das neuteft. Emmaus (1865), 
Beiträge zur Topographie der weſtlichen Jors 
dansau (1866), Führer dur das vi Land 
(1868), Institutiones fundamentas linguas 
arabicae (1869), und linguaearamaicae (1870), 
Historia sacra Antiqui Testamenti (1872, 
2. Aufl. 1884), Buch Job überfegt und erflärt 
(1875), Religiöfe, foziale und häusliche Verhält« 
niffe des Drientes unter dem Einflufie des Islam 
(1876), Theologie der Propheten (1877), Reifes 
bilder aus dem ſtandinaviſchen Norden, aus Finns 
land und Rufland (1877, 78), Reifeerinneruns 
gen aus Südfrankreich und Spanien (1879), Wien 
und feine Umgebung (1880), Nah Nordamerika 
und Canada (1881), Biographie des Dr. Georg 
Schmibt (1882), Die bibfihhen Frauen des Alten 
Teitamentes (1882), Das Weib im Alten Teftas 
mente (1883), Konftantinopel (1884), liber die 
Wichtigkeit der afiyriologiihen Forſchungen, inds 
befondere für das alte, Bibelftudium (1884). 
Außerdem zahlreihe Aufſätze in verichiedenen 
wiſſenſchaftlichen Zeitſchriften. 


Zvolenszky. 


Zvolenszky, Alfred von (X. v. Zett), 
1857 zu Budapeft in Ungarn als Sohn 
eines Staatsbeamten geboren. Während 
der Gymnafial-Studien hauptſächlich in 
Geſchichte und Naturlehre fich vertiefend, 
fam der ehr talentvolle Knabe in ſei— 
nem 15. 2ebensjahre in die f. f. Ma- 
rinesAfademie zu Fiume, beftimmt, fid) 
dem Seeweſen zu widmen. Zwiſchen 
den anftrengenden Studien der Akade— 
mie fand er dennoch Zeit, der Muje 
nachzuhängen, die ihren Ausdrud in vier 
fen Gedichten fand, welche dann ſpäter 
auch in verſchiedenen Zeitjchriften zur 
BVeröffentlihung gelangten. Nach vier- 
jährigen Studien als Seekadett aus der 
Akademie ausgemuftert, fand der mehr 
ernfter Zebensauffaffung hinneigende junge 
Mann auf feinen ausgedehnten Reifen 
im Orient, Nordafrifa und Südeuropa, 
vorzüglich aber in Jtalien genügende Ger 
legenheit jeinen Sehfreis zu erweitern. 
Sn den Mufeftunden mit der Aneignung der 


720 


Zvolenszky. 


modernen Sprachen und Literatur beſchäf⸗ 
tigend, gab er ſich emfiger literariſcher Arbeit 

in, deren Ergebniffe in feinen umfangr 

agebüchern Tiegen. Zum erften Male trat er 
mit dem Werke „Im Karote, Touriftiihe Reife 
ſtizzen“ vor die DOffentlichkeit. Dafjelbe wurde 
von der Preffe allgemein anerfannt. Er wurde 
nun Sorrefpondent der „Neuen Freien —— 
und feuilletoniftiiher Mitarbeiter verſ ner 
Blätter, worunter befonderd die „Zri Beis 
tung” mit Vorliebe die aus feiner Feder ftam- 
menden „Spaziergänge“ und „Plaubereien“ 
brachte. Immer aber behielt 3. mehr Neigung 
zur 2yrif, die dann in dem Epos „Schön Anka, 
eine Sage aus Oberkrain“ (1882), ihren Aus⸗ 
drud fand. Nach feinem 1884 wegen feiner Ber» 
ehelihung erfolgten Austritte aus dem aftiven 
Dienfte der Kriegsmarine, widmete ſich 2 ganz 
der literariihen Arbeit. Mit feinen ber 
„Neuen fr. Preffe” erfchienenen, damals gerechte 
Aufmerkjamteit erre —* ten wurde 
öſterreich Ungarn auf dem ſpeziell militär⸗mari⸗ 
timen Gebiete literariſch thätig, erſcheinen von 
ihm außerdem noch alljährlich Novellen, ſo die 
Novelle „Reſa“ und die Erzählung „Edelweiß. 
Außerdem ift 3. durch Herausgabe einer Beis 
tungs⸗ Korreſpondenz auch journaliftifh thätig. 


721 


General-Nachtrag. 


Adler, Fr. v. d., ſ. E. F. Kaſtner. 

Böttger, Heinrich, war nicht Biblio— 
thekar, ſondern Bibliotheksrat. 

Block, F. N, 
1821 in Cochſtedt, Kr. Aſchersleben; nach 
Beſuch der Rektorſchule daſelbſt für das 
Gymnaſium, event. das Seminar vorbe— 
reitet, trat er 1839 in das Weißenfelſer 
Seminar als Schüler von Harniſch, Hent: 
ſchel, Prange, Fuldaein; warvon1841— 44 
Lehrer der Knaben-Oberklaſſe der Seminar: 
ſchule und Hülfslehrer im Seminar und der 


geb. den 23. Oktober 


| 


wann ſich durch eifernen Fleiß die Ge: 
wogenheit des Gemeinderates, der ihn 


‚zum Lehrer ausbilden ließ. Das geſchah 





Präparandenanftalt daſelbſt; 1844—55 | 
Nektor in Teuchern, 1855 —58 Neftor | 


in Eölleda, wurde 1858 ohne fein Zus 
thun nad) Merfeburg berufen als Nach— 
folger Lübens, woſelbſt er als Rektor des 


geſammten ftäbtiihen Schulweſens wirft. 

Von feinen verdienftlihen Werfen heben wir 
hervor: Erfahrungen und Winfe (gefrönte Preis: 
fchrift 1862), Der Gefangunterrit in den Bür: 
gerfchulen zu Merſeburg (1864), Leitfaden für 
die Wurzelrechnungen (1865), 2ehrplan für die 
zweite Bürgerfchule zu Merfeburg (1866), Der 
Katechismusunterricht (1873), Spezialifierter Lehr: 
plan für die erfte Bürgerichule zu Merfeburg (1873), 


Einführung in die poetiſche Literatur bis Leſſing 
(1878), Siteraturbilder aus der Blütenperiode der | 


deutihen National-Literatur (1882), Gejchichte 
Bere f — in anderen Fachzeitſchriften ꝛc. 


des Schulweſens der Stadt Merſeburg (1885). 
Ferner pädagogiſche Aufſätze in verſchiedenen Zeit— 
ſchriften. 


Bühlmann, Joſef, wurde am 6. Fe: 


bruar 1837 in Rauswil (Kanton Zuzern) 
geboren. Da jein Vater ein braver, ein: 
faher Handwerker war, der die Familie 
nur kümmerlich ernähren konnte, fo mußte 
%of. früh Schon verdienen helfen. Nach 
dem Echulbefuc kam er zu einem Bauern, 
wo er in Feld und Flur arbeiten und 
das Vieh hüten mußte. Danad) fegte er 
einen nochmaligen Schulbefuh, diesmal 





der Sekundarfchule daheim, durch und ger 


Das literarifhe Deutichland. 


auf dem Seminar zu Rothhaufen. 1854 
wurde er proviforiich als Seminarlehrer 
zu Hallbühl angeftellt, im folgenden Jahre 
aber, nad bejtandenem Staatseramen, 
an die Oberichule in Hochdorf befördert. 
Danad) wirkte er in Neudorf und, nad) 
1859 abgelegtem Sefundarlehrereramen, 
in gell, Schüpfheim und in Luzern. Hier 
begann er auch feine jchriftitellerifche Thätigkeit 
und zwar, im Auftrag des Erziehungsrates des 
Kantons Luzern, mit * Ausarbeitung von Leſe—⸗ 
büchern, die obligatorifch wurden und eine große 


Zahl von neuen veränd. Auflagen erlebten. B. 


bemühte fich dann befonders, Fröbelſche Kinder» 
gärten einzuführen, zu welchem Zweck er das 
treffliche Büchlein „Friedrich Fröbel und der 
Kindergarten‘ (1871) veröffentlidte. Als eine 
Frucht vieler Ferienreifen erfhien dann „Eine 
Schulreife in Deutichland‘ (1873), ein Bud, das 
ein gewiſſes Auffehen erregte und weite Ber: 
breitung fand. Ferner find zu erwähnen: Zur 
Gründung einer Mittelihule (1872), Die Zwing: 
herren (1877), Der Handarbeitsunterriht für 
Knaben (1884); vornehmlich aber gilt B.'s lite: 
rarifche Thätigfeit der von ihm 1881 begründeten 
vortrefflihen päd. Zeitfchrift „Die Praxis der 
ſchweizeriſchen Volks: und Mittelfchule‘ (bis jetzt 
ca. 6 Bände). Außerdem zahlreiche Abhandlungen 


Ehrijtel, Franz, geboren am 9. März 
1865 in Mähr.-Dftrau, ftudierte Litera- 
tur, Philoſophie und moderne Philologie 
an der Univerfität zu Wien und lebt 
gegenwärtig dafelbjt, ſchriftſtelleriſch und 
als Sekretär des Grillparzer:Literatur: 
Vereins thätig. Merfe: Junge Neifer (Ged. 
1885), Auf bunten Schwingen (Geb. 1887). 

Coſta-Roſetti, ſ. Roſetti vorn. 


Diehl, Peter, geboren am 3. Oktober 
1831 zu Medenbach im Dillkreis (Re: 
gierungsbezirf Wiesbaden), beſuchte zur 


46 


Vorbereitung auf den Lehrerberuf die 
Seminare zu Idſtein und Ufingen (1849 
bis 1852), war dann als Lehrer in Stadt 
und Gebiet Frankfurt a. M. thätig, von 


1867 — 74 als Leiter eines LZehrerjeiminars | 
für die deutichen Kolonien in Südrußland | 
zu Großliebenthal bei Odeſſa, kehrte 1874 | 


in bie Heimat zurüd und ift zur Zeit 
Lehrer an der Humboldtichule zu Frank: 
furt a. M. Im Drud erſchien von ihm, außer 
Auflägen in verſchiedenen wiſſenſchaftlichen und 
Zeitſchriften für die Jugend: Schapfäftlein für 
die Jugend, Naturbilder, Tierbilder, Scherz und 
Ernſt, Erzählungen aus dem Kinderleben, jomwie 
mehrere meihodilihe Beitjchriften. 


Dittmar, Franz, am 29. März 1857 


in Schauenftein (bair. Vogtl.) geboren, 
wurde Lehrer, ftudierte alte und neuere, 


Spraden und befonders bie Literatur 
ſchätze der Kulturvölker. Mit befonderer 
Liebe wibmete er ſich aud) dem Studium 
der Jugenbliteratur; auf dieſem Gebiete 
erichienen bis jegt die ſehr günftig be- 
urteilten Werke: Ein deuticher Knabe (1880), 
Aus der Jugendzeit. 
(1886), Schuß den Tieren. Sinnſprüche (1877). 

Esmarch, Joh. Friedr. Aug. von, 
ftatt: Esmard). 

Faruer, Ulrih, vermählte ſich mit 
Bertha A. Böclin (nicht Bäblein). 


Freusdorff, Emil, wurde am 2. Ja: 


nuar 1818 in Hannover geboren, jtus | 


bierte hauptſächlich Philofophie und Lite: 
ratur in Straßburg, Paris und Brüflel, 
madte fein Eramen vor der belgischen 
Jury in Brüffel zuerjt (1842) als Kan: 
didat, dann (1843), als Doktor der Phi: 
fofophie und Literatur. Er wendete fi) 
bald der Vubliziftif zu und ſchrieb Fran: 
zöfifch über deutſche Literatur in der 


122 





Gedichte für Kinderwelt 


| Angelegenheiten mehrerer in und aus- 


ländifcher Zeitungen und Zeitichriften be- 
Ihäftigt war und noch jet thätig ift. 

Hauptmwerfe: Del’Allemagne moderne (1847), 
Zamartine (deutih 1848), Jofeph von Radowitz 
(1850), Materialien zur Gefchichte der Negent- 
Ichaft in Preußen (anonym 1859). 


Fruwirth, Karl, ftatt: Fruhwirth, v. 
Griſebach, Eduard (jtatt: Grieſe— 


bach, v.), verfaßte eine Deutiche Literatur feit 


1770 (nit 1870— 71). 


‚Heller, Seligmann, geboren am 8. 
Juli 1831 in Raudnig (Böhmen), wid: 
mete ſich nad) abjolviertem Prager Gym: - 
nafium dem Studium der Vhilofophie und 
Geſchichte, trieb aber daneben auch eifrig 
rechtswiſſenſchaftliche Studien an der Uni- 
verfität zu Wien. Eine fortwährend fich 
fteigernde Kränklichkeit zwang ihn, ſich in 
ein ftilles Privatleben zurüdzuziehen. Er 
begann num zu dichten und zu fingen und 
(ebte bei feinen angefehenen Eltern in 
Leitmerig. Nah dem Tode feines Va: 
ters feßte er noch einige Jahre deſſen 
Geſchäfte fort. Im Jahre 1863 verhei— 
ratete er ſich, doch fo unglücklich, daß die 
Ehe nad) einigen trüben Jahren, in denen 
auch die Sorge um das täglide Brod 
nicht ferne blieb, wieder gelöſt werben 
mußte. H. zog dann nad) Prag als Lehrer 
der deutichen Sprache und Literatur, be— 
ſchäftigte fi) daneben auch ſchriftſtelleriſch, 
bis ihm die Gelegenheit zu befferem Aus: 
fommen in Wien ſich bot. Dort lebt er 
noch jegt als Schriftfteller (hauptſächlich 


Seuiletonift) und Profeflor an der Han: 
' delsafademie. 


Literariſch bat ſich H. beſonders durch feine 
tiefe und formſchöne Dichtung — (2. 
Aufl. 1868) bekannt gemadt. Außerdem ber: 


„Revue de Liege”, fpäter unter Leitung | vorzubeben: Die letzten Yasmonäer (Dram. 1865), 


des liberalen Staatsminifters P. Devaur 
in der „Revue Nationale“. Im Jahre 
1847 begab er fi als Berichterftatter 
bes liberalen „Brüfleler Obfervateur“ 
über den Vereinigten Landtag nad) Ber: 
lin, wo er feitdem als Mitarbeiter na- 
mentlich für die Beiprehung auswärtiger 





Gedichte (1872). 


Henkel, Friederike, wurde in Berlin 
am 25. Dezember 1826 geboren, empfing 
ihre Erziehung im Haufe der Eltern und 
in einem guten Inftitut zu Kaſſel, wohin 
ihre Familie übergefiedelt war. In ihrem 
24. Jahre verheiratete fie fih mit dem 


nachmaligen Hofrat 9. in Bern, nad 
deſſen 1872 erfolgtem Tode fie zunädjt 
nah Eiſenach, fpäter wieder nad) Kaſſel 
zog. Unter ihren, von der Kritik fehr 
günftig beurteilten jelbftändigen Werfen 
heben wir hervor: Aus Langeweile (Nom.), 
Der Liebe Licht und Schatten (Rom.), Die 
Herren von Ibichſtein (Rom.), Wenn Frauen 
bafien (Rom.), Die Stiefichweitern (Rom.). 


Kaftner, Eduard Fedor (Friebr. v. 
d. Adler), geboren am 6. Januar 1859 
zu Neudorf a. der wilden Adler (Deutſch— 
Böhmen), beſuchte die Volksſchule feines 
Heimatsdorfes und die Kremfier Unter: 
gymnaſialklaſſen. Von Kremfier ging er 
nad Braunau i. B. an das Obergym: 
nafium, und als er durch den Tod feines 
Bruders P. Pius in Wiſchau den Haupt: 
unterftüger verlor, entichloß er fi, dem 
Lehrfache ſich zuzumenden. 
die f. k. deutiche Lehrerbildungsanftalt 


in Olmütz, diente als Unterlehrer in den 


Städten Yechnig (4 Jahre), Weſeritz 
(1 Jahr), Marienbad (2 Jahre), derzeit 
in Reichenberg. In Olmüt regte der Schrift 
leiter Hudeczet K. zu poetiſchen Arbeiten an und 
veröffentlichte er im „Salonblatt“ mehrere Ge: 
dichte. Derzeit iſt er Mitarbeiter vieler hervor: 
ragender belletriftiicher Fach- und Tageöblätter. 
Pädagogik, Literaturgefchichte, Kunftkritif, Äſthetik 
werden vornehmlichit von ihm gepflegt. Bisher 
erfchienen von ihm: „Alte Weifen‘‘ (ed. 1885), 
Erziehungsfünden (1886), Literariſche Plaude— 
reien (1886), Die deutihe Sprahe und die 
Fremdwörter (1887), An und aus Marienbad 
(Streitfchriften, Gedichte, Satyren u. f. w. 1887), 


„Bon der Heerftraße des Lebens“ (Erfahrungs: 


und Erfenntnisfäße 1888). 


Keller, Sophie von, ſ. M. v. Stein: 
feller, v. 


Marius, Emanuel, |. Joſ. Schmidt, v. 


Mayer, K. A., it noch Verf. des 
trefflihen Werkes: Neapel und die Neapoli: 
taner (1840— 41). 

Moszkowski, Alerander, geboren 
am 15. Januar 1851 in Bilica (Ruf: 
fisch Polen), genoß in Breslau und Dres: 


123 


Er bejuchte | 


als Student in Berlin, fpäter in Heidel— 
berg, trat M. vielfad als Humorift an 
die Offentlichkeit und errang manch hüb— 
ſchen Erfolg, wodurd er zur Aufgabe 
‚feiner afademiichen Pläne bewogen wurbe. 
Gleich feinem Bruder, dem befannten 
Komponijten, befaß er auch mufifalifches 
Talent, wenn auch nicht in dem hohen 
Maße wie jener; er betrieb deshalb eifrig 
muftfaliiche Studien und publizierte viele 
mufiffritiiche Artikel in Zeitungen, noch 
bejonders angeregt durch die Künftler: 
‚freife, welche feines Bruders Einfluß 
ihm erichloß. Außerdem beichäftigte er 
ſich mit politiihen Satiren, was * 
Eintritt in die Redaktion der „Berliner 
Wespen“ zur Folge hatte. Seit 1886 
redigiert er in Gemeinſchaft mit P. v. 
Schönthan das Witzblatt, Luſtige Blätter”. 

Von ſelbſtändig erſchienenen Werfen find ber: 
vorzuheben: Anton Notenqueticher (fat. Gedicht, 
4, Aufl.), Poetiſche Mufitgefhichte (2. Auft.), 
Schulze und Müller im Ring der Nibelungen, 
Marinierte Zeitgeſchiche, Dad Schweigegeld 
'(Schaufp., mit R. Nathanfon). 


Pindikowski, Dttilie (O. Rakowski), 
wurde am 29. Januar 1848 in Pr.-Eylau 
geboren, war nad) bejtandenem Lehrerin: 
Examen für höhere Töchterfchulen Gou— 
‚vernante in Weftfalen, fpäter in Ungarn 
‚und lebt jet in Königsberg i. Pr. Sie hat 
| einige Novellen und einen Roman „Eva“ verfaßt, 
die als von inniger Empfindung Zeugnis ablegend 
beurteilt wurden. 


| 
Rakowski, D., |. Ottilie Pindikowski. 


SEchlauch von Linden, Alexandrine, 
wurde im Jahre 1866 zu Brailo in Au: 
mänien geboren. Dem unftäten Wanber- 
geifte des Waters zufolge, wechſelte die 
Familie rajch hintereinander den Wohn: 
ort, überfiedelte von Brailo nad) Bukareſt, 
von da nad) Wien und dann wieder nach 
dem türkischen Rouftichauf, wo Alerandrine 
ihren erften Unterricht empfing. Der 
freundfchaftliche Antrag eines Onkels ent- 
zog fie fehr bald den forglojen Wander: 





den feine Gymnaftalbildung, um mathe: | zügen ihres Vaters und brachte fie in das 
matischen Studien fich hinzugeben. Schon | Notre-Dames de Marie-Hlofter zu Te: 


— 724 und 
mesvar. Nah vier Jahren vertaufchte | 
fie diefes Inftitut mit dem Stifte der 
engliichen Damen in Bufareft, wohin aud) 
ihre Eltern abermals überfiedelt waren. 
Nach weiteren zwei Jahren war ihre 
Schulbildung vollendet, und vierzehnjährig 
fehrte fie in das Elternhaus zurück. Ein 
Fahr darauf überfiedelten die Eltern aber: 
mals nah Wien, doch nur, um es einige 
Monate ſpäter mit Preßburgzuvertaufchen, 
wo Aerandrine mit ihrer Mutter fid) | 
„ſeßhaft“ machte, während ihr Vater bald | 
darauf nad) Hamburg und von dort nad) 
Amerika auswanderte. Ein eingezogenes 
jtilles Leben führend, hatte Alerandrine | 
Muße genug, ihre lüdenhafte Bildung 
dur das Studium guter Bücher zu ver: 
vollftändigen. Mit 16 Jahren verlobte 
fie fih und in diefe Zeit fänt ihre erſte 
Ichriftftelerifhe Arbeit „Aglaä und Florika“ 
(Nov.), die vielen Beifull fand. Von nun an 
dichtete fie emfig weiter, trog mancherlei Trübfal, 
das über fie hereinbrad und mit der Auflöfung 
ihrer Verlobung endete. Von ihren poetilchen 
Arbeiten, die vielfach ein humoriſtiſches Talent 
bekunden, heben wir hervor: „Auf Brautſchau 
(Luſtſp.), Iwana (Rom.), Familie Herberſtein 
(Humoreske), Mein Todter (Skizze) und ver— 
—— kleinere Novellen und Feuilletons. 


Simſon, Arthur Eugen, geboren zu 
Groß-Glogau an der Oder den 24. April 





‚ich mich Hiftoriichen, Elaffit 


XXXII — 
1855 als Eohn des (1885) verftorbenen 
Königl. Kreisgerichts-Sekretärs Auguft 
Eduard S. Ach befuchte das St. Matthias- 
Gymnaſium zu Breslau, beitand das 
Abiturienten-Eramen 1877 mit Auszeich— 


‚nung, bezog darauf die Univerfität zu 


Breslau, um Philologie y ftudieren, wo 


ch-philologiſchen 
und literar-hiſtoriſchen Studien widmete, 
insbeſondere aber auch von Anfang an 
die Philoſophie, reſp. die Schönen Willen: 
haften als mein Special-Studium mit 
Vorliebe umfaßte. Durch die Vorlejungen 
und Uebungen der Profeſſoren Dr. Hertz, 
Meinhold, Roepell, Junkmann 2c. empfing 
ih die reichſte willenschaftlihe Anregung 
‚und Förderung. Es gelang mir alsdann 
eine Bearbeitung der für das Jahr 
1879/80 von der Breslauer Univerfität 
geſiellten philoſophiſchen Preisaufgabe 
einzureichen, der der Preis zuerkannt 


wurde und den Titel trägt: „Die Koncep— 
‚tion der Ideenlehre im Phaedrus bildet den ein: 


heitlihden Grundgedanken dieſes Dialoges und 
liefert den Schlüfjel zum Verſtändnis der Pla: 
toniſchen Ideenlehre überhaupt.“ Kränklichkeit 
verhinderte mich, ein beftimmtes Fach zu 
ergreifen und lebe ich als Schriftfteller und 
Mitarbeiter bei verfchiedenen belletriftiichen und 
politiihen Blättern fowie auch pbilofophiichen 
Zeitſchriften. 


Inhaltsverzeichnis. 


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Alle Rechte vorbehalten. 


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— Snjerat: Anhang. — 


Bug” Zur Beachtung! eg 


Alle im „Literarischen Deutschland‘ vertretenen verehrten Kollegen und Kolle- 
ginnen bitte ich ergebenst um freundliche Unterstützung bei der Vollendung meines 
schwierigen Werkes. 


Ich versandte ein Rundschreiben, in dem es u. a. heißt: 


„Ganz zutreffend haben verehrte Kollegen mir bemerkt, dass noch mancher Ritter 
vom Geiste Anspruch hat auf einen Platz im „Literarischen Deutschland“ (siehe auch 
Frohschammers Kritik). Eine Anzahl dieser Vermissten hat sich bereits auf Grund 
meines Vorwortes im „L. D.“ eingestellt, nachdem der Wert meines Werkes und seine 
Wichtigkeit für unsere Literaturgeschichte allgemein und insbesondere von der unver- 
dächtigen und urteilsfähigen Kritik anerkannt worden“ etc. etc. 


Und: „So schicke ich denn dieses Rundschreiben an alle diejenigen, welche lite- 
rarisch sich bemerkbar gemacht haben und in diesem Buche bisher keine Stätte fanden. 
Ich bin der Zuversicht, dass nunmehr kein Einziger — gleichviel, welches Feld 
des Schrifttums er beackert — ausbleiben wird, so dass ich mit Schluss dieses 
II. (zugleich Supplement-) Bandes die deutsche egenwart-Literatur nach jeder 
Richtung erschöpfend zur Darstellung brachte und mir später nur erübrigt, in längeren 
Zeiträumen die eingetretenen Veränderungen und Ergänzungen in Personalien und 
Schriften der Autoren, sowie „das neue Werden“ durch Nachträge zu dem „Litera- 
rischen Deutschland“ bekannt zu geben. Ich bitte... .* ete. ete. 

Und: „Eine kritische Auslassung in den Biographien kann ich nur nach gef. 
Unterbreitung der betr. Schriften, resp. von Rezensionen namhafter Kritiker (bei Fach- 
zeitschriften bevorzugt) geben* ete. — — — — — — — — — — — — — — — 

Höflichst ersuche ich um kollegialische Bekanntmachung dieses Aufrufes 
an entsprechender Stelle. Ebenso bitte ich um gütige Notizen über alle Verände- 
gen und Ergänzungen in Personalien und Schriften der Autoren, auch ohne aus- 
drückliche Aufforderung meinerseits, zu den jährlichen Nachträgen. 


Ich wiederhole an dieser Stelle, dass ich für jeden Wink zur Verbesserung oder 
Vervollkommnung dieses Werkes herzlich dankbar sein werde. 


Charlottenburg bei Berlin. 








Adolf Hinrichsen. 


oo Jet 
Hierdurch wird zugleich die Subscription eröffnet auf: 
Band II. ‚Das literarische Deutschland“ 


von Adolf Hinrichsen. 


Subseriptionspreis geb. (mit Angabe der Farbe: blau, rot, 
braun) 5 Mark (nach Erscheinen 6 Mark). 


Nachtrag pro Jahr. 


Abonnem. broch. 1 Mark 50 Pf. (zu 3 Jahrgängen ein Einband à 1 Mark). 


—e 


Subseriptionserklärung mit Betrag durch Postanweisung, worüber quittiert 
wird, an Adolf Hinrichsen, Charlottenburg, Berlinerstr. 135, zu richten. 


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Die im Berlage von Dtto Hendel in Halle 


R.G. Bntrich's Literari itut. || °,&, srföeinende | 
Anti erarisches Ist. | ge der Gerammliterater 


Sämmtliche literarifchen Erzeugnifie, bejonders bietet das Beſte der in» und ausländiichen 
Romane, Novellen ze. für Zeitungsabdrud Literatur in guter Austattung zu mög- 
und Buchverlag, auch bereits in Zeitichriften lihft geringem Preif. Jede 


oder Zeitungen gedrudte Werke werden angefauft Nummer Foftet 25 Bf. 
oder deren Verwertung ſehr vorteilhaft und ſchnell Jedes eimzelm fäufliche Bändchen ift mit 


hält jeit vielen Jahren die beiten und audge: verſehen. 
dehnteſten Verbiudnugen mit erſten Au— Vollständiges Verzeichniss 
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Die Perjönlichfeit Jeſu Chriſti. 
Mit befonderer Rüdjicht auf die Mythologien und Myfterien der alten Völker von 
Dr. Emanuel Marius.*) 
Zweite unveränderte Auflage. Preis 6 Mark. 


Verlag von Richard Eckstein Nachfolger. 
(Hammer & Runge.) 








Berlin SW., Friedrid» Straße 214. 
*) ſ. Joſ. Schmidt Ste. 562. 


Für Lehrer und Geiftlide. 


Im Verlage von Carl Meyer (G. Prior) in Hannover find erihienen und 
durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Katechetiſche Entwürfe 


4. Auflage in Vorbereitung. 3 Hefte a2 ME, und 


— — Bolfsichulfunde —— 
1. Teil: Die äußeren Berbältniffe (audı das Schulhaus). 2. Teil: Die Erziehung. 
3. Zeil: Der Unterricht. 2. erweiterte Aufl. des vollftänd. Lehrplans. Preis 7 Marf. 


Beide Werle verfaßt von 
Hermann Mchliss,*) 
Superint. und Kreis-Schulinſp. in Baflum. 

Selten wohl haben Bücher fo allgemeine Anerkennung gefunden wie Dicje. 
Von dem erften Werke jagen 3. B. die fonfervativen „Paftoralblätter”: „Die 
80 Entwürfe find SO Meifter- und Muſterſtücke“, während der liberale 
„Pädagog. Jahresbericht” äußert: „Eine ganz vortreffliche Anleitung zu einer an: 
jiehenden und fruchtbaren Behandlung des fleinen Katehismus in Schule und 
Kirche. In methodiicher Beziehung wüßten wir diefem aus rein kirchl. Bewußtſein 
heraus verfaßten Wegweifer nur wenige Religionsbücher als gleich wertvoll an 
die Seite zu Stellen.“ 

Mas das zweite Werk anlangt, fo faßt der Geh. Prov.-Schulrat Spieler 
in Hannover alle Rezenfionen zufammen in den Worten: „Das Bud ift von 
eminent praftiiher Bedeutung.“ 





*) |, Ste. 392. 











Alle noch in meinen Händen befindlichen Necenfionen jende ich den freundlichen Ein: 


jendern auf Wunſch gerne zurüd. 
Adelf Hinrichsen. 


Geſammelte Dichtungen 


J. Schumann.‘) 
Goslar (Ludw. Koch). 

Eleg. geb. 3,50 Mk., broch. 2,50 Mt. 

„Unter d. Schale d. ſchlichten Titels 
birgt fih eine Fülle föftliher Perlen.“ | 
(„Quellmwaffer.“) — „Gerade in jeßiger 
Zeit — — gilt es das Gelungene Her: 
auszuheben.“” („Deutſch. Littbltt.“) 


*) 1. Ste. 588. EEE 
Jedem Dichter und Literaturfreunde unent: 
bebrlich ift die 
Deutſche Poetik. 
Theoretiſch-praktiſches 
Handbuch der deutſchen Dichtkunſt 
von Prof, Dr. C. Beyer. 
Lieferungsausgabe 15 Mark (5 Liefer. a 3 Marf). 
Stuttgart, G. J. Göſchen' ſche Verlagshandlung. 
Die Kritik nennt das Werk einſtimmig eine 
phänomenale Erſcheinung, den Beginn einer 


neuen Ara in der deutſchen Dicht: und Vers— 
kunſt 2c. 2c. 








In Kommilfion bei Th. Knaur in Leipzig 
find erſchienen: 


Plattdütſche Ladpillen 


von 
w. Täpper*) in Bodum. 
1. Band, 2. Auflage, 192 Seiten brodh. 1,50 ME., 
eleg. geb. 2,50 ME. 
2. Band, 1. Auflage, 192 Seiten broch. 1,50 ME, 
eleg. geb. 2,50 ME. 

Über Täpper's „Lachpillen“ herriht in der 
Preſſe, darunter Kölnische, Rheiniſch-Weſtfäliſche, 
Rhein: und Ruhr: und Dortmunder Zeitung nur 
eine Stimme des allgemeinen Beifalls. 

Die „Erefelder Zeitung‘ ſchreibt: „Der derbe, 
gefunde Humor, der in diejen Iuftigen „Reime: 
reien‘ ſprudelt, ift überaus föftlih. Der Dichter 
Emil Rittershaus jpricht feine Freude über die: 
jelben aus. 

Prof. Dr. Landois in Münfter jchreibt: 
„Ihre „Lachpillen“ haben mir außerordent:- 
lies Vergnügen bereitet.” 

Bon W. Täpper in Bochum find direft zu 
beziehen: 1) Lieder für deuntſche Feuerwehr 
fameraden. 128 S. Geb. 50 Pf. Bereits 
6000 Eremplare abgejegt. 2) Hochzeitslieder. 
16 Seiten. 20 Bf. Allgemein beliebt. 


*) Täpper |. Ste. 639. 





Im Berlage der Album-Stiftung (Carl Hinftorff’s Derlag) erſchie— 
nen ferner im jahre 1887 folgende Werke: 


Nob. Waldmüller, Das Geheimnih. Doppelnovelle. 


geh. 4,50 Marf. 
Adoif Hinrichſen, De Evers. 


&: v. Seydlitz, Nordiſche Reiſeſtizzen. 
riedrich Gehler, Der Röhrle von Häfner⸗Neuhauſen. 


Eleg. geh. 2,50 Mark. 
A. v. R. 
Eleg. geh. 4,50 Mark. 


Fr. Marquardt, Friedrih II der Große. 
5. Taufend. Eleg. geb. 3 Mark. 
E. v. Breidenbakh, Sibylla’8 Traum und Anderes. 


Mit Jluftrationen. 


Eleg. geh. 4,50 Mark. 
. U. Fedderſen, Rüm Hart. 


ecile Gräfin Keyierling -Rantenburg, Wahres und GErträumtes, 
Eleg. geb. 


vellen und Skizzen. 


Paul Lanzky, Erlöft vom Leid. 


Enberg (Frau von Gottberg), 


2. Auflage. Eleg. 


Roman. 2. Aufl. Cleg. geh. 3 Marf. 
2. Aufl. Eleg. geh. 3 Marf. 


Humoriftiihes Epos. 
Bas zum Ziele führt. Roman. 
Ein Büchlein fürs deutfche Volk. 
Novelle und Skizzen. 


Nordfriefiiche Gedichte. leg. geh. 2 Marl. 


No: 
Eleg. geb. 1,50 Marf. 


3 Marf, 
Peſſimiſtiſche Novelle. 


Carola von Schirnding, Norddeutiher Sagenkreis. leg. geb. 3 Mark 


Alex von Degen, Die Edinghaujens. 


Eleg. geh. 4 Mart. 


Zeitroman aus unjern Adelstreifen. 


BP. Macerl, Gentianen aus Steyermarf. leg. geb. 1 Mark. 
Frida dv. Kronoff, Narziß. Eleg. geh. 1,50 Marf. 
Marz Blum, Bom Felde der Liche. leg. geb. 1 Mark. 


Anna Rumpff, Tebenöblätter. 


Eleg. geh. 3,50 Marf. 


Adelbert E. Seisinger (Adelb. Jung), Höhen und Tiefen des Lebens, 


Eleg. geh. 2 Marf. 


Ida Grah, Das Gedenfbuh. leg. geb. 3 Mark, fart. 3,25 Mark. 


2. Rafael (Kieſekamp), Was der 


Hand Buchwald, Herzensräthſel. 


Sturm fang. leg. geh. 2 Marf. 
Novellen. leg. geh. 2 Marf. 


WER Bei eleg. gebundenen Eremplaren wird für den Einband 1 Mark gerechnet. 
Durd alle Buchhandlungen zu beziehen. 


Mit der Vollendung meines Literatur— 
Seniationell ! Bei Gejchichte der deutſchen 

Lyrik beſchäftigt, bitte ich alle verehrten 
Dichter und Dichterinnen, weldhe auf dem 
Gebiete der Lyrik hervorgetreten find, um 
freundl. Einfendung folder Gedichte, auf 
welche fie ſelbſt bejonderen Wert legen, 
‚und biographiicher Notizen. Für Zulen 
‚dung von Buchausgaben, Anthologien, 
Photographien zu ev. Benugung von Por⸗ 
 trättafeln würde ich beſonders dankbar fein. 
' Wernigerode am Harz. 


| H. Kichne, 


Soeben erichienen: 









4. YUuflage. 


Motto: Um das Rhinozeros zu feh'n, 
Beſchloß ich auszugeh'n. 
Gellert. 


Satiren | Mn N F 
für Deutſche. — —— SDR 

ES 7 
[& mr 


Miniaturzeitfhrift für deutſche Dichtung. 





Von Unter Mitwirkung bervorragenditer Dichter und 
Dichterinnen. 

Adolf Hinrichsen. —— in Lichtdruck; Novellen, Gedichte, 

biographiſche und literaturgeſchichtliche Eſſays, 

Anonym erſchienen.) äſthetiſche Plaudereien. Beſondere Pflege der Lyrik. 


Das „Hausbuch“ öffnet ſich auch bereitwilligſt 
jungen Talenten. 
Eleg. karton. 1 Mark. Beſtellungen bei allen Buchhandlungen und 
Poſtanſtalten, auch unmittelbar beim Verlag 
des „Hausbuch“. 
Beſtellpreis 3 Mark pro Halbjahr. 
Verlag des „Hausbuch“. Wernigerode a. H. 


In allen Buchhandlungen. 


— Juſerate 


für den II. Band des „Literariſchen Deutſchlands“ 
erbitte ich direft. 


InferatsPreis für d. 2.8. pro Seite Mark 30; Y/g Seite Marf 16; 1,, Seite 
Mart 9; Seite Mark 5; praenumerando zahlbar. 


Adolf Hinrichsen. 
Charlottenburg. 


a EIER — — — — — — 


— — — — — — — ————— — — 


Die Movelle 


im neunzehnten Jahrhundert. 

Ihre Gefchichte, ihre Dertreter und deren Werfe in ihrer Eigenart. 

Hu diefer von mir längft geplanten, nun in Angriff genommenen Arbeit 
erbitte ich höflichit die Unterftüsung aller deutfhen Hovelliften. Ich er- 
fuche um freundliche Zufendung Ihrer Werfe und werde Ihnen für einige be: 
gleitende, mich auf Befonderes und Eigenartiges hinlenfende Notizen zu größtem 
Danfe verpflichtet fein. 

Charlottenburg b. Berlin, Adolf Hinrichſen. 

Berlinerftraße 155. 





- —— * dr ln ) Allen Freunden der furifchen Herzogs: 
rlin und Roftod. Berlag der Album: Stiftung. ih: Ru TIER 
1881. 52 ©. Unter dem Titel „Alpenblumen * | geſchichte empfehlen wir die hiſtoriſchen 
Steiermarf“ hat Dr. P. Mader! unlängſt eine Werke von Dorn-Dufeaur*): 
Sammlung von Gedichten geiftlihenund weltlihen Ein Schwedenkind. (Zeit: Herzog 
Inhalts veröffentlicht, deren edler Inhalt und Form: Jacob Kettler ) 

ſchönheit den Leſer geradezu entzüden. Wir ftehen | Die Aehtissin v F Herf FR 
nicht en, auch den „Gentianen“ dasielbe Lob aus; | PIE Aebllssin von He ord. (Zeit: 
zufprechen. Die Gedichte find gleichfalls geiftlichen Caſimir Kettler.) 

und weltlichen \nhalts. Sehr Iehrreih find die Um eine Herzogskrone. (Zeit: Herzog 
„Sprüde”. (a an reiner Mufe Freude findet, | Biron 

dem iſt das ſchön ausgeftattete Büchlein herzlich r TR 

zu empfehlen. „Ofterr. Liter. Centralbl.“ Alice. Baltiſche Novelle. 








*) ſ. Ste. 378. *) f, Ste. 319. 








I 


a neupertin Plauent 5 Deutscher Communal-Anzeiger. ui. 
Zeugniſſe und Protefte. | zemaitung fowie für Anfündigungen in Com 

Sefemmelte Auffäge über tragifäe Auut Meilen weit verheett; zug. don 
Prof. Dr. Georg Günther‘) . |mıgt Werteljihel, wur 80 Me 


Erſte Reihe. Redaktion: M. Ueberſchaer, 
ca. 10 Bogen groß 8%. Preis 2 Mart. S;ymanomwo b. Rawitſch, 
„Die peſſimiſtiſche Afthetit, die Hand in Hand Verlag: 9. Kaisler, Filehne. 





mit der — Mode des — — iſt | s F — 
eine der jüngſten philoſophiſchen Errungenſchaften, D h 

die — 2 Pass * ſchwer —*8 | ic > onntags ru b. 
Anſebens der Philofophie beigetragen hat. Gegen | Illuſtriert. Familienblatt für Stadt 
dieje peſſimiſtiſche Aithetif find die oben genannten, | ” und Sand. 

mit meifterhafter Dialeftit geſchriebenen Aufläge | a u se: Dear 
über tragifche Kunſt vornehmlich) ur 75 re der fünigl. Regierung ge Danzig een 


renzboten."” |zahlreihen Kritikern, wie Ferdinand Schmidt, Hildebrandt 


Er tz EStirehlen u. A., ſowie von vielen Preßſtimmen warm em— 
„Alle Freunde der Kunſt und beſonders die pfohlen. Der unterzeichnete Redalteur bittet zur —5* 
te 


Künſtler ſelbſt müſſen den Grundſätzen, welche in ftelung der Auflage ver neuen Folge um baldige dire 


diefen „Zeugni u Br ten“ mit eb Beitellungen. Das Blatt wird Bereindorgan werben bes 
„Zeugniffen und Protefte it ebenfo — ‚„Bereind zur Förderung bes Boltewohle““ — (Zwech: 


großer Klarheit als Entſchiedenheit ausgeſprochen Verdraͤngung ber ſKolportage⸗Literatur, Förderung ber 
werden, aus voller Seele zuftimmen. Sie zu leſen Boltöinterefien nad jeder Richtung bin). Alle Volts 
fann daber auch nicht dringend genug empfohlen | freunde werden zum Weitritt, veip. zur Begründung von 
werden.” „Wiener Alto. Kunit:Chronif.” Zweigvereinen aufgefordert und wollen fid) wenden an 
— Syumanowo b. Rawitih, M. Ueberschaer, 
*) ſ. Ste. 207. Erfter Lehrer an b. ev. Schule, 








Im Verlage der Voſſiſchen Buchhandlung (Striffer), Berlin, eridien: 


„Sata Morgana.‘ Märchen von Sophie von Keller.*) 
2. Auflage. Breis in eleganter Ausitattung 2 Mark. 

„Ein duftiges poetiſches Gebilde, eine Kata Morgana der Vhantafie . . . . es eignet 
fid) mit den pocjievollen Naturfcjilderungen, den fein empfundenen Seelenftimmungen 
im Gewande des Märchens ganz befonders für junge Mädchen.“ 

„Rorddeutiche Allgem. Zeitung.” 
mr... reizende Märchen‘ „Grüß Gott!” i 
F mehr noch für —** Frauen als für Kinder geeignet. In den meiſten 
derſelben liegt ein tiefer Sinn, der dem Kinde wohl noch nicht verſtändlich, welcher aber 
im reiferen Alter die eigene Erinnerung an Lebenserfahrungen, an dahin— 
geſchwundene lichthelle Tage wieder wach rufen und dadurch Stunden der Gegenwart 
verfhönen helfen wird. „Boit.“ 


Yon Sophie von Keller eiſchien ferner : 
„Um heimifchen Strand.” 
Verlag von 9. Riefel & Co., Hagen a. W. Preis 2 Marf. 
„Eine anziehende, in hriftlidem, warmem und lebensvollem Geiste geichriebene 
romanhafte Erzählung, der wir die weitelte Verbreitung wünſchen. „Grüß Gott!“ 
. . . . eine liebliche Idylle mit hübfchen Schilderungen der heimifchen Landſchaft und 
der Charattere, von natürlicher Zebensmwahrheit.“ 
„Deutihe Hausfrauenzeitung.“ 
Karl Gerok jhreibt der Verfaflerin: 
he die Versicherung, dass Sie mich mit dieser freundlichen Gabe herzlich 
erfreut haben, dass ich mich von der reinen. gesunden Seeluft Dhres heimatlichen Stran- 
des. sowie von der friedlichen Pfarrhausluft, die in der Erzählung den Leser gleich aus 
den ersten Blättern anıweht, recht wohlthuend berührt fühle, und dass ich dieser 
einfach schönen Schöpfung eines tiefen und sinnigen Gemüts eine recht freundliche 
Aufnahme und gesegnete Wirkung in einem empfänglichen Leserkveis wünsche und erhoffe.“ 


— Durch alle Buchhandlungen zu beziehen. AM 
*) S. Ste. 622 und Generalnaditrag. 


Von Molf Sinridhfen®) 
erichienen außerdem und find durch alle Buchhandlungen zu beziehen: 


Das deutfhe Schriftlteller- Album. (mit Ernft von Wildenbruch.) 


(Verlag von Wilhelm Friedrich Nachf., Berlin). Preis im Driginal:Prahtband ME. 22. 
| . (Verlag von Carl Hinftorff, Ludwigsluft und Roftod.) 
Wohre Geſchichten. Preis geh. ME. 1, geb. Mf. 


Tw ei Ceiwsgeſchichten. (Verlag von Carl Hinſtorff, ee - — —— 


3 (Verlag von Hermann Kitzing, Güſtrow). 
Er hat Glück. Novelle. Miniaturausgabe. Preis geb. ME. 3. 


Erin, iriſche Dichtungen. 2. Aufl. (Verlag Wilh. Friedrich * — 


Miniaturausgabe. 


Verfehmt. Schauſpiel. Vergriffen. (Letzte Exp. durch Vermittl. d. Verf. à 10 Mt.) 


Künſtler⸗Ciebe und Leben, * ſ. (Beriag von 8 
De Evers 2. Aufl. (Verlag der Albumſtiftung, Berlin — as ae 

s reis geh. . 3, geb. Mt. 4, 
Im Millionenland e. 4. Aufl. (Carl Hinſtorff's Verlag, on eg 


Für edle Frauen. (erlag von Wild. Friedrich Nachf., — Men à Band Mt. 4, 











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*) f. Ste. 249, 


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