Adolf Hinrichsen
HÄZIEST
THE INCOME FROM
THE BEQUEST OF
MRS. ANNE E. P. SEVER,
OF BOSTON,
Widow of Ool. James Warren Sever,
(Class of 1817,)
3 Nbay, ERP
Vrofpekt.
„Marnches Jahr fchon trug ich mich mit dem Plan des „literarifchen
Deutfchlands". Ich empfand es ftets als eine große Lücke in unſerer natio-
len Fiteratur, daß fie nicht ein Werk aufjzuweifen hatte, das die Geiftesfchäße
des Dolfes der Denker und Dichter (nicht folche der letzteren allein) zufanımen:
faßt, ſeien es auch mer die einer beftimmten Heitepoche: eine Art Moment:
photographie, die unfere deutſchnationalen Errungenschaften und Beftrebungen
wiederzufptegeln im Stande ift — — — —“
So beginnt Adolf Hinridfen fein Dorwort zu feinem großen literar:
hiftorifchen Werf „Das literarifche Deutſchland“.
| Und fpäter heißt es dafelbit:
„Ob es gut gelang, das zu entfcheiden überlaffe ich den maßgebenden
Kunftrichtern und — der vox populi.“
Nun denn, jene Lücke in unferer nationalen Kiteratur ift nicht mehr vor:
handen, unfer „literarifches Deutſchland“ hat fie ausgefüllt, und diefe Kunft:
richter und die vox populi haben geſprochen. Die Iestere durch die
That; denn „Das literarifche Deutfchland“ ift viel begehrt und wandert
in alle Welt, nah allen Erdteilen. — Die erfteren mögen in unferen Citaten
\elbft reden; iſt es doch wie eine Hochflut von Glückwünſchen, Belobigungen
und unge über den Autor BEN deſſen — —
| ‚Das literarische Deutichtand da preis eleg. gebunden 12 Mark.
7 Fl. 45 Rr — 1 Fr.
Durch alle Buchhandlungen des Ins und Auslandes zu beziehen.
——
Vorſtudien, wie fie ein fo umfaffendes Gebiet: die Geſammt -Literatr
aller Zweige erfordert, in würdiger Weife lohnend. Ja, find doch den peı
fönlichen Feinden und Heidern hinrichſen's — wer hätte die nicht, nachdeı
er etwas ſich errungen! — die Waffen, erhoben, um diefem Werke zu Schade
che noch ein Buchftabe deffelben gedruckt war, in den eigenen Händen verfehrl
fo daß ihre beabfichtigten Stöße, von dem Gegner nicht einmal des Parieren
für würdig erachtet, auf fie ſelbſt zurüdprallten, ihre wahren Motive ent
hüllend. Auf den Sieg über diefe ift der unentwegt vorwärts gefchritten, ”
Derfaffer diefes Werkes nicht ftolz, wohl aber auf feine Schöpfung, und dab.
er ein Recht hierzu hat, das mögen die nachfolgenden Seiten bezeugen. —
Die Verlagshandlung:
Verlag der Albumſtiftung
(Carl Hinſtorff's Verlag).
—
Die Kritik
' über die Lieferungsausgabe des Werkes „Das literarifhe Deutſchland“
von Adolf
Hinrichſen.
Maximilian Schmidt:
— „Die prächtige Einleitung von
. Beyer führt das Werk in glängender
Reife bei dem deutſchen Publikum ein
Werke der zeitgenöjfiihen Literas
tur bilden.” — Zum Schluß wünfht der
Kritifer dem Autor „alles Glück zu dem
— — — und das Hauptwerf — —, Ihönen Unternehmen und den wohlver:
a8 ſich würdig der Einleitung an:
licht, wird eines der interefjantejten |
dientenLohn : die allgemeine Anerkennung,
die demſelben ſicher zu Teil werden wird“ zc.
PR. I. Pcldersen
hebt Hervor „den wahrhaft erjtauns
lihen Fleiß, mit dem das Werf ber:
geitellt ift und die folojfale Arbeits:
maffe, die darin ſteckt. Die Anordnung
des mächtigen Sammeljtoffes ift im Einzel: |
nen ſehr überfichtlich und durch die ver:
Ihiedenartige Einführung der Schriftſteller
mit Abwechſelung von jelbitredend Auftres
tenden befonders reizvoll. Das ‚@anje ist
eine wadere, großartige Leiſtung.“
Ttofeooor Rev. 8. MD. 6. Hering
Carlſtadt, N. Jerſey (Amerika)
Ichreibt an den (ihm perfönlich unbefannten) Autor:
„Fhr „Hlerarischeso Deutschland —
Setzoffen of.
a er ZU
Sassen Sie sich denn,
— bereitet mir die geofe Freunde, Phnen|verehrler Herr, in aller Kürze sagen,
über den Öscan meine ausgeseichnete
ÜInerhennung dafür su oenden. Bin
solches Werk, wie das hrige, otcht
geradezu einzig in unserer deutschen
Piteralur da. Schon afkein die bloßen
Namen all” Ser verschiedenen „Schrift-
sleller“, Sie auf diesen Shrentilel An-
spruch haben, aus der unabsehbaren
ut von „Shribenten" Acraus zu sam-
mein, erfordert eine oo umfangreiche
Belesenheit und ein so gereiftes, über
die verschiedensten wissenschaflfichen
Objekte sich verbreitendes und darum
aß wohl Niemand Ihre Arbeit so
sehr würdigen wird, als as filera-
cisch gebilPehe Amerika, 8as mit einer
— ich möchte sagen — gewissen Fie-
Gechitse unsere Seulschen geistigen
Produktionen verfolgt, namentlich
vor eisernem Heiß sowieso den höch-
ofen Respekt hat, um wieviel mehr
vor dem Ahrigen, Ca er mit einer
sofchen Belesenheit und Aritlischen
Befähigung wie hinzeichender Hennt-
nis Oer persönfichen Verhältnisse ge-
paact ish“
gans ungewöhnliches Mrteil, Cafß man
„Das literarifhe Deutfdland.“
Preis eleg. gebunden 12 Mark.
Durh alle Buchhandlungen des In: und Auslandes zu beziehen,
*
4
Dr. Max Koch
N Yigg der „Zeitfchrift für vergleichende Literaturgeſchichte“)
ihrer,
ıbrung
dit ji
fällt „ein unbfdingt anerfennendes Urteil“ und erklärt das Unternehmen für „ein cher Üü
jeitgemäßes und mit hervorragender
Umſicht durdgeführtes“ 2c.
August Silberstein:
(in der „Wiener Allgemeinen Zeitung‘)
— — — „das „Literarifche Deutich-
land“ in feiner Vollendung ein Nad)
Ihlagebud, das für literariiche Kreiſe
großen Wert haben und fogar ein Be:
dürfnis bilden wird. Könnte man über
einzelne Namen und nicht entichiedene,
Abgrenzung von Willenichaft und Belle: |
triſtik rechten, jo bleibt dagegen wieder,
eine Namensfülle, auch bibliographiiche
Derjelbe ferner an gleiher Stelle:
— „ſo ijt einerfeits das Streben
Reichhaltigfeit, welche in gegebenen Fällen :_
‚ihre Ihägbare Nüplichkeit bewähren und ”
‚diesbezüglich in feinem anderen biogra:
phiihen Lexikon erreiht werden. Die
Ausjtattung des Verlages iſt vorzüglid
hlunc
und man muß geitehen, daß die Biogra⸗ ve:
phien — aud Zelbjtbiographien — in:
tereflante Einblide, und mit der Fülle
immer mehr, gewähren.“
die der Schriftiteller und Dichter eine
deutlich, Allen möglichit gerecht zu werden, Abwechslung und Erfenntnis des ir:
andererjeits ein in hiltorijcher und lite:
rariiher Hinfiht brauchbares,
Ihäßenswertes Handbuch in verhältnis:
mäßig kurzer Zeit zu vollenden.
Selbjtbiographien mehren ſich ſogar und
geben höchſt intereflante Einblide in
Stufengänge des Strebens, wie übers
haupt faum andere Lebensgänge, als
ebenio |
Leſeſtoff.
Die
diſchen Schidjals ergeben dürften.
*
trım
Hier iſt nahezu einromantijidher —
Die Ausführlichkeit des bi—
bliographiſchen Teiles bei den einzelnen
Namen iſt ein Vorzug, der noch mit den
Jahren feinen Wert ſteigern, überhaupt
ſich dem Bedürfniffe befonders entiprechend |
bewähren wird.“
Prof. Dr. Ferd. Mar. Wendt:
(in der „Silefia”)
„Allen Freunden der modernen deutichen &
Literatur, ſowie
allen Schulbibliothefen it Adolf Hinrichien’s „Literariihes Deutſchland“ bejtens
zu empfehlen“ zc.
Friedrieh v. Sehmidt:
— „Mir gefällt das Merk außeror:
dentlih. Es enthält alles, was der Freund
unjerer Literatur darin nur irgend zu
ſuchen berechtigt ift. Beſonders muß ich
den flaren und lebendigen Stil loben, in
Derfelbe an anderer Stelle:
— — ,Ndolf Hinrichjen bietet uns
die Hand zu einem Gange durch Die
welchen es gefchrieben ift, und der wirk—
ih den unklaren, verſchlungenen, lang:
atınigen Stil, in dem leider fo viele hoch—
gepriefene Romane unferer Zeit abgefaßt
Jind, weit übertrifft” 2c
'deutiche Literatur, durch den blühenden
deutſchen Dichtergarten.
Wir kennen den
— 3—
Führer, die Kenntniſſe, Sicherheit, Erz verſteht und in klarer, leicht verſtändlicher
Fahrung und Zuverläſſigkeit deſſelben. Sprache zu uns zu reden weiß. Grund
Wir "willen, daß er uns den ficherften genug, feine Hand gerne und willig zu
und kürzeſten Weg durch die vielfach ver: | ergreifen“ ꝛc.
ichlungenen Gänge des Gartens zu zeigen
August Srebentlist
erklärt das „Literarifhe Deutſchland“ „für berufen, eine bisherige Lücke im deutſchen
Schrifttum thatſächlich bejtens auszufüllen“ zc.
Wilhelm Ressel
bezeichnet das Werk als „ein im der That wertvolles, den Stoff vollkommen er=
ihöpfendes und verdienſtvolles“ und die Einleitung Beyers als „eine äußerſt
treffliche”.
Rudolf Pfleiderer:
(in Perthes' „Deutſches Literaturblatt”)
— — ‚Bir erhalten bier ein jtatt | Epigonentum bezeichne, fondern einen
liches Werk von ſchönem großen Druck Aufihwung zu echt beutjchenationaler
— — —. Go tritt das ſchöne müs | Poeſie“ — gewiß aber auch nod) ein
hbevolle Werk von Adolf Hinrichien in) Wogen gärender, zum Teil zerftörender
eine fühlbare Lüde ein —, die es richtig Kräfte! Nach allen Seiten wird das
ausfült. Beyer jchidt eine hiftoriiche Werk als Literaturgejhichte der Ge—
Einleitung voraus, in welcher er auf die genwart und als unentbehrliches Nach—
Seite jener Anficht tritt, „daß die Lite: ſchlagebuch willkommen fein.“
tatur der Gegenwart fein ſchwächliches
Derjelbe ferner an gleicher Stelle:
— — „Das Werk ift vermöge feiner wart mit reihem Material an
Ausführlichkeit (ohne Gedehntheit) weit Baufteinen dazu, zum Teil Selbſt—
mehr, als nur ein praftiiches Nach: | fchilberungen unferer literarischen Zeit:
ihlagebud, vielmehr ein Quellwerk genoſſen.
jur Literaturgefhichte der Gegen: |
Gust. Woldem. Frh. v. Biedermann:
„Ss wird durch das „literarische Deutich- | einen Begriff bilden zu fönnen, was zur
land“ ein Handbuch) geboten, welches ſehr Beurteilung ihrer Arbeiten oft recht
eriprießliche Dienjte leiften wird, um ſich | wichtig iſt“ ac.
über die Perfönlichkeit des Schriftitellers
„Das literarifdhe Deutfdland.“ Preis eleg. gebunden 12 Mark.
Durd alle Buchhandlungen des In: und Auslandes zu beziehen.
6
Eduard Loewenthal:
(in der Parifer Revue „Le Monde de l’Esprit“)
— — — „Nos voisins, tout en se|
targuant en maintes occasions d’etre
par excellence la nation des penseurs,
ne semblaient pas avoir fait grand
cas, jusqu’& prösent, ni de leurs pen-
seurs en general, ni m&me de leurs
penseurs eminents. Dans les etudes
sur l’histoire de la litterature natio-
nale, les poétes seuls avaient les hon-
neurs de la discussion.
ceux-ci se contentait-on de trier
quelques individualites privilegiees, |
dont on faisait l’apoth6ose la plus
outr&e et dont on poussait l’analyse |
jusqu’aux moindres details, avec une
insistance fatigante.
Encore parmi |
L’ouvrage deM. Ad. Hinrichsen peut
done être considere comme un veri-
table pronunciamento contre l’outre-
cuidance de certaines coteries litte-
raires. L’auteur a fait porter son
examen sur les Guvres des prosateurs
et des auteurs dans toutes les branches
scientifiques et philosophiques, aussi
bien que sur les @uvres des poe6tes.
A. Hinrichsen a done le merite d’avoir
mis fin & cette pratique traditionnelle
de la suppression par le silence (Todt-
schweige-System), et de r&parer dans
une certaine mesure l’ingratitude de
ses compatriotes envers leurs gens de
lettres.‘“
Ludwig Goldhann:
— „ein treffliches Nachſchlagewerk, das
wirklich eine empfindliche Lüde in unferem |
literarifchen Leben ausfüllt und eine höchſt
wertvolle Ergänzung ber vorhandenen Con⸗
verjationslerifa bildet.
Georg Ebers:
— —, erkennt den Eifer und das | bezeichnet ferner das Werk als „ein ſehr brauch
Gefhid an, mit dem Adolf Hinrichlen
diefe Schwierige Aufgabe gelöft hat.“ Er
bares und nützliches, das jeinen Erfolg
verdient” ꝛc.
Isidor Proschko:
(im „Neuigfeits:Weltblatt”)
— — „ein fehr Schön ausgeftattetes und hochintereſſantes Werk, dem
Leſerkreiſe ſehr warm empfohlen.“
Max Vogler:
(in der „Thüring. Volksztg.“)
„Dieſes umfangreiche Werk ift ein zeit: umfafjende Darftellung alles deſſen giebt,
gemäßes Unternehmen im eigenjten was von den gegenwärtig lebenden deuts
Sinne des Worts. Es foll eine längft ſchen Schriftitellern und Schriftftellerinnen
empfundene Lücke in unferer nationalen Li- auf den verichiedenen Gebieten literari-
teratur ausfüllen, indem e8 eine möglichit ſcher Thätigkeit geleitet wurde. Die Form
i —
der Darftellung iſt die biographiiche, die | Beyer, der Verfailer der großen „Deut:
aber dadurch, daß die Verarbeitung des | ich
gewaltigen Stoffs im einzelnen als eine
fehr verfchiedenartige auftritt und die in
das Merk aufgenommenen Autoren darin
zum Teil ſelbſt über ihr Leben und Schaffen
erzählen, eine wohlthuende Diannigfaltig-
feit erhält. Die literariichen Arbeiten der
betr. Schriftitelleer — „Denker und Did;
ter“ im weiteiten Umfange — find teils.
im, teil8 unter dem Tert in fleinerer
Schrift aufgeführt, was einen raſchen
Überbli jehr erleichtert, und Die alpha:
betifche Anordnung des Ganzen macht das
Werk zu einem höchſt wertvollen Nach—
ſchlagebuch, das jedem, der ein Intereffe
ſchen Poetik“, hat das Werf mit einer fehr
inftruftiven und begeijtert gefchriebenen
längeren Skizze über die gefammte poetische
Literatur von ihren Anfängen bis auf
die Gegenwart wirkſam eingeleitet, und
er zeigt fi darin von den beiten Hoff-
nungen auf die nächte Zukunft unjeres
nationalen Schrifttums erfüllt. Das Bud,
welches der Herausgeber übrigens durch
eine forgfältige Beobachtung und weitere
Berüdfihtigung alles ‚neuen Werdens‘
auf literariſchem Gebiete fortzufegen ge:
denft, führt uns alfo mitten hinein in den
erhabenen Tempel deutichen Geiſteslebens,
und wir können nidt anfleben, das-
bat an unferer Literatur und allem, ſelbe Sowohl nad der praktifhen wie
was damit zufammenhängt, unent- idealen Heite hin als ein ungemein
behrfih fein wird. Der rühmlichit be: | verdienftvoles zu bezeichnen.“
kannte Literarhiftorifer Prof. Dr. Conrad
Ludwig Büchner:
— — ‚id fann mid nur anerfennend über die ebenfo mühfame wie fleifige
Arbeit ausſprechen“ ꝛc.
Ftof. Heinzich Gross:
„— eindanfenswertes Unternehmen. Die | der Einleitung, die in meifterhafter Weiſe
Einleitung ift, wie von einem Fachmanne Bündigkeitmit Gründlichkeit vereint, feinen
wie C. Beyer nicht anders zu erwarten | Eintrag zu thun. — — Dies Werk, das
ſtand, gediegen und geijtvoll gefchrieben. für jeden Freund unjeres nationalen
Iſt man auch mit mander Anſicht Beyers Schrifttums umentbehrlih ilt, hat
nicht einverftanden, fo iſt dies wiſſenſchaft meinen vollen Beifall” ꝛc.
liche Anfichtsjache und vermag dem Werte
Gerh. v. Amyntor (Dagob. v. Gerhardt):
— ‚Wer fchnellüber die Berfonalien und | will — — der wird mit Freuden nad
Schriften eines Autors orientiert fein | dem „literariichen Deutichland“ greifen“ zc.
Brof. Dr. J. Frohschammer:
— „Es iſt bewunderungsmwert, in fo kurzer Zeit das großartige Unternehmen
foweit zu fördern. — — Das Werk fann ja nur allmählich volljtändig werden
und muß ja ohnehin in bejtändigem Werden begriffen bleiben, da immer neue
Schriftiteller auftreten, die Berückſichtigung heiſchen“ 2c.
„Das literarifhe Deutſchland.“ Preis eleg. gebunden 12 Mark.
Durch all: Buchhandlungen des In- und Auslandes zu beziehen,
— 3—
Dr. Heinrich Penn:
(in der „Brünner Morgenpoſt“)
„Es handelt fich bei dem Herausgeber | Ziele gedenft, die er fich bei feinem Sams
darum, ein eht nationales Literatur= melwerke geftedt hat. Eine werthvolle Ein:
werf zu jchaffen, wie es uns bis jegt in | leitung aus der Feder des renommierten
der wünjchensmwerten und unferer Bücherei | VBerfaffers der „Deutichen Poetik“, Prof.
würdigen Weiſe gefehlt hat. Dabei lag Dr. E. Beyer, unter dem Titel „Geiſt
es Hinrichſen ferne, die guten und ihren und Inhalt der deutſchen poetischen
Zweck erfüllenden Literaturkalender, Hilfs: Literatur“ ſchließt fi daran und bietet
bücher ꝛc. herabzujegen oder ihnen ents | in feiner lihtvollen Daritellung, zahlreiche
gegenzutreten, find diefelben dod von neue Gefichtspunfte enthaltend, eine über:
vornherein nur für den Fachmann an= | aus gehaltvolle Beigabe des Werkes. Nun
gelegt und diefem vielfadh unentbehrlich, | folgt das Hauptwerk, nad) dem Alphas
während fie, ihrem rein jahlihen Inhalt | bet geordnete Biographien jener Helden
nad), das Intereſſe des Laien naturgemäß | von der Feder, welche durch ihre ſchrift—
ausichließen. Er will ein bleibendes jtelleriihe oder journaliftiihe Thätigkeit
Dentmal beim Volke allen jenen | Aniprud erheben fünnen, dem litera>
fegen, welche dur Ausübung des edelſten riſchen Deutichland zugezählt zu werden,
Berufes, der Schriftitellerei, in der Jept: | und finden wir in dem Bude eine Dar:
zeit dazu beigetragen haben, uns Deutz | ftellung ihres Lebensweges, ihres Schaf:
chen den Titel des „Volkes der Dich: fens, Wirkens und ihrer Werte. — Das
ter und Denker“ im beiten Wortjinne | Werf wird nicht verfehlen, allerwärts
zu erringen; und wiederum nicht nur um das größte Interefje zu erregen, —
jene wenigen handelt es fi, deren Na: es bietet uns eine erſchöpfende Darftel:
men der breiten Maſſe des Volkes bereits | lung der gegenwärtig ſchaffenden und wir:
vertraut flingen, fondern es galt allen, | fenden „Ritter vom Geiſte“ auf dem Felde
auc) jenen waderen Streitern, deren Thä- | der literariichen Produttion. Wir em:
tigkeit eine befchränttere, in engere Gren- pfehlen das Werf den deutichen
zen gebannte bleibt, während ihr Streben Yamilien, die ihre Schriftiteller
vielleicht nicht weniger mutig, edel und an: und Publiziften, von denen jie
erfennenswert it. Wir können dieſer | ja täglich die Speife für den Geift
Bublifation unjere Anerfennung erhalten, auch näher kennen ler-
nicht verfagen. Sie enthält ein Vor: nen jollen, aufs bejte.“
wort des Herausgebers, in dem er jener,
Johannes Fastenrath
erfennt an „den großen Eifer und die vortreffliche Methode des
Verfaſſers“ und it der Dieinung, dab „„Piefes Werk für die Kenntnis
unjerer Literaturgejchichte von dauerndem Werte ijt.‘ ıc.
Konr. Ferd. Meyer:
— — „Ein gutes und dienftbares Buch, | holen fann. Das Unternehmen iſt deshalb
wo man jih in allen Fällen Rates er: ein nügliches und zeitgemäßes“ 2c.
— —
Prof. Dr. Johannes Flach
urteilt, daß „Dies Werk einem fühlbaren Bedürfnis entgegenfommt, da es wert:
volle und abfolut zuverläffige Biographien enthält; das Verfahren, den Autor
jelbft reden zu laſſen, verdient jedoch den Vorzug. Die Auswahl beweilt, daß
alles mit Verſtändnis und Geſchick angeordnet ift” ꝛc
Rudolf Schact:
(im „Norddeutichen Journal“)
— — „Vorerſt haben wir E. Beyers | den Augen zu verlieren. Daß auch Adolf
wohlgelungene Abhandlung über „Beift | Hinrichlen nur durch ermunterndes Ent:
und Inhalt der deutſchen poetiſchen Liter | gegenkommen ſeitens der Schriftſtellerwelt
ratur“, welche dem Werke als Einleitung dies nationale Werk ſchaffen konnte, iſt
dient, rühmend hervorzuheben. Was das ‚leicht einzujcehen. „Ob es gut gelang?“
Werk felbft, die Anordnung und Auswahl | fragt er in der Vorrede. Bieten die übri—
des gewaltigen Stoffes betrifft, jo müflen gen Lieferungen dieſelbe veiche Mannig—
wir dem Herausgeber unfern vollen Beis | faltigfeit der Darjtellung, die, ohne zu er:
fall geben, wenn auch hie und da kleine müden, unterhält und belehrt, fo fei dem
Lücken bemerkbar ind. Mir willen aus Verfaſſer des „literariihen Deutſchland“
eigener Erfahrung, wie Schwierig das Zus | ein herzliches „Glückauf“ zugerufen. Die
ſtandekommen eines jolhen Sammelwerfes | elegante Ausstattung, der forrefte Drud
it, wie viel raftlofe Energie und Aus: werden das Buch fchnell in den Kreifen
dauer erforderlich ift, um unter den mans | ber Schriftiteller und des Publikums be=
nigfahen Widerwärtigkeiten nicht zu er= | liebt machen,“
lahmen und das vorgejtedte Ziel nicht aus
Professor Dr. Rudolf Seydel
urteilt, da „‚da8 Werk feinen Zweden vollauf Genüge thut“.
Alexander Büchner:
„Das Vorwort ift ſehr anfprechend und [rung ift vortrefflih und läßt jede Kon—
die Einleitung überfihtlich, gedrängt, aber | furrenz hinter ſich“ ac.
vollftändig. Die typographiſche Ausfüh:
HEirnst Evers:
(im „Immergrün“)
„Ein Eammelwerf, das vielen Fleiß | pfehlen das Buch allen denjenigen, welche
verrät, ein vorireffliches Hilfsbuch für Li- ſich mit der lebenden Schriftſtellerwelt
teraten, Redakteure ꝛc, ein Bauftein Deutſhlands bekannt zu machen wün—
für den Literarhiſtoriker: wir em⸗ ſchen.“
„Das literarifhe Deutſchland.“ Preis eleq. gebunden“ 19 Mack.
Dur alle Buchhandlungen des An: und Auslandes zu beziehen.
10
Fr. Brunold:
„Für jeden Kritifer unentbehrlich, wie
denn jeder Freund der deutichen Litera—
tur e8 mit Nugen gebrauchen wird, Es
it zu wünſchen daß die Beftrebungen des
Verfaſſers Lohn und Anerkennung finden
‚ mögen.“
Dr. Carl Biltz:
(in der „Norddeutfchen Allgem. Zeitung”)
— — „Die Biographien haben alſo
größtenteils den Vorzug unbedingter Zus
|9et ſich ihr Pfad abfeits in die Büſche
geſchlagen und zu kaum befannten und
verläffigkeit und Originalität. Dev letz- für möglich gehaltenen Erwerbsquellen ge—
tere Umftand bedingt es auch, daß wir; führt. — — — Eingeleitet iſt das Werk
hier nicht nur ein gemwöhnliches von einer Überficht des Entwicelungs:
Nahfhlagewerf vor uns haben,
fondern dab das Buch auch zu forte
laufender Lektüre brauchbar und
empfehlenswert ift. Die Lebensläufe
der verfchiedenen Dichter und Schriftjteller
zeigen uns gar viel verjchlungene, oft recht
feltfjame Bahnen: felten, daß die betreffen:
den die große Heeritraße gewöhnlicher bür-
ganges unferer poetiichen Literatur durch
Profeſſor Beyer, den bekannten Verfafler
der „Deutfchen Poetik“. Es werden darin
manche intereflanten und geiltvollen Ber:
ſpektiven über die Entwidelung unferer
‚Literatur, nit nur aus der Vergangen:
heit, fondern auch für die nächſte Zukunft
aufgeſtellt.“ ꝛc.
gerlicher Berufsarten gewandelt find, oft
Derſelbe ſpäter an gleicher Stelle:
— — „Die biographiſchen Skizzen der Männer der ſtrengeren Fachwiſſenſchaft in
einzelnen Schriftſteller enthalten in knap⸗ den Bereich feiner Mitteilungen mit bins
per Form, aber überall den Eindrud | eingezogen hat. Dem Lefer wird es inter—
friiher Originalität und Zuverläffigkeit |effieren, auf diefe Weife in bequemer
machend, das Notwendigite über den Le: | Form Nachrichten von dem Lebensgange
bensgang des jedesmaligen Autors und |vonDännern zu erhalten, welche oft im
die hauptſächlichſten feiner publiziſtiſchen Leben wie in den Kreifen der Wiſſenſchaft
Veröffentlihungen. Angenehm berührt es | genannt werden, ohne daß doch bisher
bejonders, daß der Herausgeber ſich nicht | aus den ſonſt leicht zugänglichen Encyklo—
auf die ſchönwiſſenſchaftlichen Schriftitel: | pädien oder Konverjationslerifen Näheres
lec allein beſchränkt, ſondern auch die |über diefelben zu erfahren war.“
Emil Peschkau:
— — „ein fehr nügliches Werk, in dem ich Vieles gefunden, was mir nicht
bloß neu, jondern auch intereffant war” ꝛc.
Konrad Telmann:
„ein wertvolles und empfehlenswertes Nachſchlagebuch“ xc.
11
Robert MWile-Aucisner:
(im „Bromberger Tageblatt")
„Als das Unternehmen projekticrt und | tigung des vorliegenden Werkes fcheint
zur Teilnahme aufgefordert wurde, erhob | uns in jeder Weiſe erwiefen. — — Wohl
ich plöglich gegen den Herausgeber eine viele Leſer möchten gern etwas
Polemik, die — wir müſſen das offen Näheres über ihre Lieblingsauto-
geitehen — eimas weit ausholte, um ren erfahren, — — da kommt
ihren Zwed zu erreihen. — — — Beyer ihnen denn das „literarifde
giebt in der Einleitung einen Mae Male | Deutimlann- zu Hilfe und giebt
ten Überblid über die gejammte deutſche erſchöpfende Auskunft“ x.
poetifche Literatur. — — Die Berech⸗
Hermann Kiene:
(im „Hausbuch“)
„Das monumentale, von dem | Hebung und Entwicelung der Poefie ver:
rühmlichft befannten Dichter Adolf heigende Bewegung wiederfpiegele, in
Hinrichfen herausgegebene Werf „Das die Erfcheinung getreten, ein Rieſen—
Iiterarifhe Deutichland“ liegt vor uns. werf, dem das ganze literariiche
Somit ift der jahrelang gehegte Wunfch
des Herausgebers, der deutfchen Kitera:
tur ein Buch zu geben, welches die Ge:
genwart in ihrer literarifchen Bedeutung,
Deutſchlaud und alle, welche au
der geiftigen Eutwickelung un—
ſerer Nation mitarbeiten, Juter-
eife bezeugen ſollten.“
die Präftig aufjtrebende, eine grandiofe
Carl Trog:
„Wohl noch nie habe ich ein Buch | der fühlt lebhaft, dass dieses „litera-
mit solcher Befriedigung aus der Hand |rische Deutschland‘ dem deutschen
gelegt, wie dieses, das dem deutschen | Volke bisher gefehlt hat, und wenn
Volk einen Einblick gewährt in das | die ursprünglichen Widersacher dieses
Schaffen der lebenden deutschen‘ Werkes jetzt erkennen werden, wie
Schriftstellerwelt, welche in edlem Wett- | dasselbe die Gemüter des Volkes sei-
eifer die hehre Blütenzeit deutscher | nen Schriftstellern und deren Werken
Literatur herbeiführen wird, wie sie|zuwendet, dann müssen ihnen die
der beredte Prophet in der Einleitung | Waffen aus den Händen sinken, wol-
so bestimmt und hoffnungsfroh ver- | len sie nicht im eigenen Fleische wü-
kündet. Wer dies Werk gelesen hat, | ten“ etc.
Hhulfiche Arteile finden ſich in zaffreihen deutfhen und
ausländifhen Beitfhriften und Bageblättern.
„Das literariſche Deutſchland.“ Preis eleg. gebunden 12 Mark.
78.4 Ar. — 15 Fr.
Durd alle Buchhandlungen des In: und Auslandes zu beziehen.
cd —X
O
ER
Dis! literarifche Deutfchland,
Don
Adolf Hinrichſen
mit einer Einleitung von Prof. Dr. C. Beyer.
Berlin und Roſtock.
Derlag der Album-SHSfiftung.
(Carl Hinſtorff's Verlag.)
1857,
Dorwort.
Manches Jahr fchon trug ih mich mit dem Plan des „literarifchen
Deutfchlands”. Ich empfand es ftets als eine große Lücke in unferer natio-
nalen Kiteratur, daß fie nicht ein Werk aufzuweiſen hatte, das die Geiftesfchäße
des Dolfes der Denker und Dichter (nicht folche der letzteren allein) zufammenfaßt,
feien es auch nur die einer beftimmten Seitepoche: eine Art Momentphotographie,
die unfere deutfchnationalen Errungenfchaften und Beftrebungen wiederzufpiegeln
im Stande ift. Und doch hege ich den Stolz, nicht nur eine folche, durch
das erdrücende Morgen bereits verwifchte, in dem „literarifchen Deutfchland“
j.t liefern, fondern ich gedenfe, mein hiermit begonnenes Werf fortzufeßen:
viele Momentphotographien zu fchaffen und das ewig neue Werden in folchen
feftzubanmen, foweit meine Kraft reiht. Danach wird ein Anderer, vielleicht
Befjerer ſich finden, der diefes mein Erbe mit Frohmut und feſtem Willen
antritt.
Ja, Frohmut und fefter Wille! Beide gehören zu einem folchen Gang
durch das gewaltige literarifche Deutfchland.
Es ift hier nicht der Ort, vom „Schriftftellerelend” zu erzählen, oder gar
ein Klagelied darüber anzuftimmen. Die älteren Glieder des literarifchen
Deutfchlands kennen daffelbe, und die jüngeren werden nicht davon verfchont
bleiben. Niemand vermag fein Ohr und Auge zu verfchliegen gegen die
Ausflüffe fogen. „Kollegialität”, geboren vom fchelfüchtigen Gefpenft der Miß—
gunft, welches nirgend fo ftattlich und fo daheim ift wie bei dem „Dolf von
Brüdern”, das mit der Feder herrfcht, foweit die deutfche Zunge klingt. Es
IV
ift zwar verlockend, einige Entbüllungen zu machen, gewiß wären fte recht
lehrreih für Manchen und bewahrten ihn vor unangenehmen und häßlichen
Berührungen, wie fie allerdings Wenigen erfpart bleiben. Auch mir nicht,
feit ih es wagte, mitringen zu wollen nah dem Kicht, trogend jenen unfauberen
Elementen, die einen fo dunklen Schatten auf unfer Iiterarifches Deutfchland
werfen, indem ſie neidvollen Berzens, alles zu ſich hernieder in den Staub zu
ziehen verjuchen.
Doch mit wel’ hoher Genugthuung, mit welch’ gerechtfertigtem Stolz
blife ich auf jene andere Seite; febe die gefamte vornehm denfende Schrift:
ftellerwelt; böre ihr Willkomm; richte mih auf an ihren herzerquickenden
Worten der Ermunterung und ergreife ihre helfenden Hände. a, fie ftanden
freu auf meiner Seite, all die Zeit, die Edlen. Auch bei dieſem Werf, und
es gelang. Ob es gut gelang, das zu entfcheiden überlaffe ich den maßge—
benden Kunftrichtern und — der vox populi.
Über mein Werk felbft habe ich wenig zu fagen: möge es für ſich felbft
fprehen! Die Einleitung in daffelbe bat ftatt des Herrn Prof. Honegger,
wie urfprünglich Deabjichtigt, der berühmte Derfaffer der „Deutſchen Poetif”
zu fchreiben mir die Ehre erwiefen, worüber mit mir alle diejenigen erfreut
fein werden, welche das eben genannte monumentale Werk Prof. Dr. Beyers
fonnen.
Ih babe geglaubt, durch die verfchiedene Wiedergabe des groß:
arfigen mir gebotenen Stoffes (den ich bei der Zahl der Berückſichtigten felbit:
verftändlich nicht ftets in feiner ganzen, oft unmöglichen Breite habe verwenden
können) eine reizvolle Mannigfaltigkeit zu fchaffen.
Eine eingebendere Kritik auszwüben, habe ich nicht als meines Amtes erachtet;
vielfach ift mir jedoch eine kurze derartige Bemerfung anı Plate erfchienen,
fhon um derjenigen willen, deren Erlebniffe gering (bez. mir in geringem
Mage Fundgegeben), währmd ihre literariſchen Leiftungen groß waren, fo das
durch die Länge der einen Biograpbie im Derbältnis zur anderen leicht ein
irrtümliches Dorurteil erweckt werden könnte, ein Fall, der bei Kennern
natürlich wicht eintreten wird.
Mein Werk beſchäftigt fib nur mit dem lebenden literarifeben Deutſch—
land, Leider babe ich daber, der Konfequenz balber, manchen lieben und ver:
trauten Namen aus meiner Eifte entfernen müffen, da em böberes Gefchic
ihn plößlich geitriben bat (U. v. Dewis, Ed. Dochler, Kom. Fligier, G. K.
v
Fromman, Wilh. Genaft, Karl Grün, 6. v. hirſchfeld, Th. v. Huber:
fiebenau, Eug. John [Marlitt!, Ad. Jordan, H. Jordan, B. Jülp, Iof.
Jungmann, Ed. HKöller, W. Koner, B. R. K. Langenbef, Aug. Frh. v.
Koen, 5. Kuchs, Joh. Hordmam, A. v. Reumont, ©. Saalfeld, Ad. Schmidt,
Wilh. Schnitter, F. Th. Difcher, Joh. Willomiser, Aller. Fiegler u. 4.)
Es erübrigt mir nur noch, meinen berzinnigen Danf allen Jenen zu
fagen, die mir mit Rat und That geholfen haben, mein fchwieriges Unter:
nehmen zum erft geſteckten Siel zu führen. Ich habe meine befte Kraft
daran gefetst, mich diefer Sreumdlichfeit würdig zu erweifen und werde befon:
ders danfbar fein, wenn ich aufmerffam gemacht würde, wo mir das nicht
gelang. Jeder Winf für die Derbefferung diefes Werkes wird mir herzlich will:
fommen fein, möge er immerhin einen Tadel in fich fchließen. Dor allem aber
lade ich alle diejenigen aus unferem großen Kreife, welche in diefem
Buhe noch fehlen, in die geplante Fortſetzung meines „litera>
riihen Deutfchlands“.*)
Charlottenburg bei Berlin, am 1. Oftober 1887.
Adolf Hinrichjen.
*) Ein von mir beitimmter Teil des Neinertrages diefes Werkes flieht in die Unter—
ftügungsfafle Des „Deutſchen Schriftfteller- Albums“ (Albumftiftung für arme Kollegen).
Geift und Inhalt der deutfchen poetildyen Literatur
Einleitung
in „Das literarifhe Deutſchland“
von Prof. Dr. €. Beyer
(Verf. der Deutſchen Poctik).
Um die nationale Bedeutung der Beltrebungen des literarischen Deutich-
lands und jomit die Stellung der gegenwärtigen Literaturepoche anſchaulich zu
machen, iſt eine hiſtoriſch-philoſophiſche Beleuchtung der gefamten deutichen poetiichen
Literatur in ihren Anfängen, in ihrer Entwidelung, in ihren drei Blütenperioden
(6., 12., 18. Jahrh.) von höchſtem Werte.
Eine ſolche zum Teil fritiihe Würdigung hat zu zeigen: wie die Erinnerung
die Wurzel der Poeſie ſei; — wie die einzelnen Dichtungsgattungen fich gegen:
feitig ablöften; — mie ſich das Herrichendwerden der einen oder der anderen
Richtung auf den Gebieten der deutschen Poeſie aus der Zeitgeichichte pinchologiich
und philofophiich erklären lafie; ferner was die gegenwärtige Periode einer haraf:
teriftifchen deutichenationalen Literatur bedingte; endlich, welche Austichten ſich der
Literatur für die fernere Zukunft eröffnen.
Dem Forfcherblide des Fachmannes tritt bei der Rüdihau in die deutich-
geſchichtliche Vordämmerung zunädft die Wahrnehmung entgegen, daß auch im
Garten der germanifchen Poefie Mnemoſyne die Mutter der Mufen war, daß
die Poeſie fo alt ift, wie die Einbildungsfraft, und daß Singen und Sagen im
geiftigen Entwidelungsgange das Urſprüngliche war.
Der Verlauf in der poetiihen Entwidelung war zunächſt folgender:
Uriprüngli gab das dichtende Volk feine altgeſchichtlichen Stoffe als
Sagen, die fomit die Urzellen der Poefte bilden. Durd das fpätere Forichen
nah Grund und Urſache diefer Sagen entitand der Mythus, welder ſpäter
allegoriich wurde. Alles Sich-Erinnern beruhte auf einer ſinnlichen Verfnüpfung
der Vorftellungen, welche zu gleichklingenden Nedewendungen hindrängte. Man
ordnete bewußt: oder unbewuht das Gedädhtnismaterial in eine Kette ſich rufender
Glieder, und man verband die behaltenswerten Worte mit einem NRedeton, To dat
fie Gefang (Muſik) wurden. Die Ausdehnung der Sapteile bedingte die Länge
der rhythmiſchen Neihen: fie Ihuf den Vers. Dean lich zum Vers den gleichen
Anlaut, Anklang treten und wurde fih der Wirkung der Lautwicderholung
bewußt.
So erhielt die urſprüngliche poetijhe Form die Miſſion eines
Gedädhtnismittels in Bertretung der nodh fehlenden Buchſtaben—
ſchrift. So wurde fie Ohrenſchrift, bis die Brofa durch die vicle Jahr—
hunderte ſpäter erfundene Schreibfunft firiert werden konnte.
Als die dichteriihe Phantaſie der Nation Geſchichte und Naturleben durd:
gearbeitet und hinreihenden Stoff in fih aufgenommen hatte, begann die Blüte
der Epif. Es entitand das Volksepos, an das fih hiſtoriſch das Kunſtepos
reihte. Mit feiner Entwidelung erſt entfaltete fi) das fubjektive Element der
Poeſie: die Lyrik, die fih durch die liedartige Erzählung (Ballade, Romanze)
einführte. Durd das Aufblühen der Lyrik infolge Erftarfung dev Subjeftivität
war das Abblühen der Epif bedingt. Die Blüte aller Poeſie war fodann die
Bereinigung des ſubjektiven und des objektiven Elements zur Poeſie der Hand—
lung: zum Drama.
Folgen wir den hiſtoriſchen Manifeſtationen diefes Entwidelungsganges, To
finden wir als die älteften Denfmale unferer durch Erinnerung weiter geiponnenen
Literatur neben Gottesanrufungen, Aderbauregeln, Gefegesformeln und der um
360 n. Chr. entitandenen bedeutungsvollen Bibelüberfegung des gothiihen Moſes
Ulfilas (dev das vorgefundene Nunenalphabet von 16 auf 26, zum Teil dem
Griechiſchen entlehnte Zeichen ergänzte) feine Spur von nennenswerten Aufzeich:
nungen in beutiher Sprade.
Die erften poetischen Denkmäler unferer Literatur ftammen erft aus dem
8. und 9. Jahrhundert. Es find: 1, ein Bruchſtück des Hildebrandliedes, das ben
Kampf eines Vaters mit feinem tot geglaubten Sohne ſchildert und wahricheinlich
den Hauptteil eines eriten großen Volfsepos bildet, deſſen übrige Teile
verloren gingen, ohne daß ein Kunftdichter es fpäterhin veritanden hätte, das
Erhaltene zum großen Volfsepos abzurunden; 2. Beowulf (Kampf mit Wafler:
dämonen); 3. die Merſeburger Zauberjprüdhe; 4. das Wellobrunner Gebet; 5. der
Heliand (alti. Meſſiade des 9. Yahrh.); 6. Muspilli (Weltbrand, der auch die
Götter vernidtet); 7. das Ludmwigslied (Hymnus auf Ludwigs Sieg am 3. oder
4. Auguſt 881); 8. das Waltharilied (2 Pergamentblätter von je 15 Zeilen,
— :
deren ſpätere lat. Nachbildung von Scheffel 1876 überjegt wurde). 9. Otfrieds
Evangelienharmonie, Krift.
Diefe erhaltenen Werke zeigen von nicht zu unterihägendem literarifchem
Leben, von Dichterifchem Können: vomeinererjtenerfindungsfreudigen
Blütenperiode, die ih in’s 6. oder 7. Jahrhundert verlegen
möchte. Mehrere derfelben (3. B. das Waltharilied, das Weſſobrunner Gebet,
der Heliand) find in Alliterationen abgefaßt und regen zu Reflerionen darüber
an, wie zweifellos nur der Stabreim es war, der unferer deutichen Sprade in
vorgeichichtliher Zeit ihr accentuierendes, dharafteriftiihes Gepräge
verlieh, indem fi der Redeton auf dem Erinnerungspfoften der Alliteration
(alfo auf der Stammfilbe) feſtſetzte. Wie viele Dichter mögen fich abgelöft
haben, wie viele Dichtungen mögen verloren gegangen fein, bis obige, von tiefer
Geiltesarbeit zeugenden Produkte der Zeit entreiften, ja bis Otfrieds Krift
(— als das erfte erhaltene metrifche und gereimte Gedicht mit vierzeiligen
Strophen, Reimparen unter Verwerfung der AMliteration) entjtehen fonnte. Ob
man jodann für das deutiche Nationalepos der Nibelungen den Kürenberger
oder mehrere Zujammenfteller der alten Sage annimmt, jedenfalls haben wir im
legten Redaktor deſſelben einen ganz gewaltigen Dichter zu erbliden, deſſen Kunſt—
höhe eine durch Jahrhunderte gepflegte dichteriiche Beſtrebung Fonftatieren läßt.
Wie ein deus ex machina mögen dieſe Arbeiten dem uneingeweihten Leſer er:
Iheinen: dem philoſophiſch urteilenden Fachmanne repräjentieren fie Ausdrud und
Abſchluß eines durch viele Menfchenalter hindurch eritrebten poetischen Aufbaus
unferer Nation.
Dies gilt insbefondere von der für die Jahre 1150—1300 zu ftatuies
renden goldenen Beriode unferer Literatur, die ums plöglich eine
wunderbar vollendete Strophif im höfiſchen Minnejang vor das trunfene
Auge rüdt, die Einfachheit der Naturpoefie mit ihren kunſtloſen Reimparen
aufgiebt und durch Verfchlingung der Verje in überichlagenden Reimen gleihmähige
Töne und Reihen begründet. Die Geiltesthaten der Minnefinger jchließen
ein Geheimnis in fih, deilen Enträtfelung und Ergründung ſich uns bislang
entzog: das Geſetz der Dreiteiligfeit als Fundament, welches dem Deutjchtum
den Vorzug lang gepflegter Gründlichfeit fihert, die eine Art Analogon höchſtens
bei Pindar und in den Chorgelängen der griechiſchen Tragifer findet, wo die
beiden gleihartigen Bejtandteile von Strophe und Antiitrophe mit dem ungleich—
artigen ber Epode zu einem größeren Ganzen verbunden find.
SE
Betrachten wir zunächſt die dichteriihe Produftionsfähigfeit unferer Nation
während der genannten Blütenperiode, jo läßt diejelbe unfer Volk in reichem
Make poefiefräftig erfcheinen. Nicht nur die beiden Teile des Nibelurgenepos
und das Gudrunlied entftrömten feiner urwüchligen Boeficquelle: nein, auch noch
eine Neihe fleinerer Volfsepen aus dem Sagenkreis der Völferwanderung (der
große Nofengarten, Ortnit, Hugdietrih, Wolfdietrih, König Rother, Rabenſchlacht,
Biterolf und Dietleib) find zu nennen; ferner vereinzelte Sagen, Legenden, das
Tierepos Neinhart der Fuchs; endlich das ſich anichließende, raſch ſich entfaltende
altromantiiche (höfiche) Kunftepos mit feinen furzen Neimparen, welches feine
Etoffe (Malagis, Rolandslied, Wilhelm von Orenſe, Reinalt oder die Haimons—
finder, Flos und Blankflos) dem Eagenfreile Karls des Großen, ſowie dem
Sagenkreife von König Artus Tafelrunde entlehnte (Iwein; Triſtan und Iſolde;
Migalois; Migamur; Lanzelot vom See; Titurel; Parcival, das Meifterwerf
Molframs von Eihenbah). Der lepte diefer Sagenfreile insbejondere bot un
jerem originalgenialen Rich. Wagner die urdeutichen Stoffe zu feinen Mus
fifdramen.
Die Dichter des Kunftepos erweckten wie auf Zauberichlag die prächtig
erblühende höfiſche Lyrif, in weldher eine Schar von dichtenden Rittern, von
Fürften, Königen, fahrenden Schülern in Burgen und Baläften um die Palme
der Poeſie rangen: ein Heinrih von Beldefe, der eine Epoche im hiſtoriſchen
Entwidlungsgang des Vollreims bildet; ferner Dietmar von Aift, Wolfram von
Eſchenbach, Walter von der Vogelweide, Gottfr. von Eirafburg, Hartmann von
der Aue, Ulr. von Licchtenftein, Reinmar von Zweter, Nithart aus Bayern, der
Begründer der höfiihen Dorfpoefie, u. A. Ihre Dichtungen find dur die in der
Nationalbibliothef zu Paris befindliche, uns im 30jährigen Krieg geraubte Mas
neſſeſche Handichriften- Sammlung erhalten, deren Zurüdgabe ich in der Garten:
laube (1871. Nr. 4) forderte, und deren Studium an Ort und Stelle mir durd)
die zuvorfommende Empfehlung des um die Pflege des Deutihtums in Paris
hochverdienten Botichafters Grafen v. Münfter ermöglicht wurde. Wenn ich aud)
gerne einräume, daß die Kreuzzüge in ihrer Wirkung auf Erweiterung des
geiftigen Gefichtsfreifes der Blüte unferes Dlinnegelangs zu ftatten kommen, fo
dürfen wir doch nicht überjehen, daß diefer wertvollen Blüte — zum Teil wenigitens
— die ureigene Entwidelung fehlte. Sie lehnte fih an die Minneverherriichung
der provencaliihen Troubadours, ohne deren füdliche Glut und deren franzöfiichen
Humor anders als maniriert wiedergeben zu fünnen.
— VI —
Immerhin mochte man an eine ähnliche poetifche Entfaltung in Deutichland
glauben, wie fie in Griechenland erfolgte, wo bekanntlich der Lyrik das Drama
entreifte, denn auch unfere eriten bezüglichen Verſuche wurzelten im Mythus, in
der Legende, bis urplöglid — um 1300 — ber in der Manefleihen Sammlung
erhaltene Sängerfrieg auf Wartburg entitand, eine beachtenswerte Dichtung,
welhe dem Epos die erzählenden Partien und der Lyrik die ftrophiihe Form
entlehnte. Sie mußte notwendig der Anfang für eine dramatiſche Periode
werden, wie fie denn als eriter Verſuch eines beutichnationalen Dramas von
Bedeutung war. ’
Leider aber führten die Kämpfe und Bebürfniffe der Zeit, die zur Refor:
mation und Revolution hindrängten, zur Überhandnahme des profaifchen Ele—
ments und zum Verfall der poetilchen Literatur. In Heinrih von Meikens
(Frauenlobs) Tönen und in denen des Schmieds Barthel Regenbogen hören wir
bereits die höfiſche Lyrif ausklingen.
Die Beitrebungen der das Weſen mit der Form verwecjelnden Meiſter—
fänger fonnten den Niedergang der Poefie nicht aufhalten. Dazu fam jene durd)
die Reformation gegebene neue Eprade, der niederfähftihe Dialekt. Luther, der
fih nad) der ſächſiſchen Kanzlei richtete, wählte ihn für feine meifterhafte Bibel:
überfegung und verdrängte dadurch die either herrfchende volltönende Dichterfprache,
die fo entwidelt war, daß man beiipielsweile in 200,000 Berjen nicht einen ein:
zigen unreinen Neim zu entdeden vermochte. Diefe literaturloje, auf den geringen
Wortihag der Bibel angemwiejene neue Sprache erichwerte durch ihre notoriſche
Wortarmut die Entfaltung dev Poeſie, wie andererfeits der Kampf gegen das Papſttum
ein gut Teil der poetiihen Volkskraft abjorbierte. Es galt zunächſt, diefe nun:
mehr für alle deutihen Dichter maßgebende Spradform (melde noch unjer
Goethe als „den ſchlechteſten Stoff“ bezeichnet, an dem er — „der unglückliche
Dichter Leben und Kraft verderbe*) zu bereichern, zu ſchmeidigen, fie poeltefähig
zu geitalten. Die bedeutendjten Geifter (wie Fiichart) zeigten den Weg durch
MWortzufammenjegungen und Neologismen, oder fie entlehnten die fehlenden Be—
griffswörter modernen Sprachen, oder auch — wie Melanchthon, Erasmus u. N.
— dem Haffiihen Altertume. Es wirkt für den Tieferblidenden mindejtens
erheiternd, wie allenthalben Spradreinigungsvereine gleih Pilzen aus der Erde
aufihoffen, um ähnlich unferen heutigen Puriftenvereinigungen die mühſam er:
worbenen Sprahihäge in den Bann zu legen, ohne zu bedenken, daß viele
— VII —
Fremdwörter unfere Sprache bereihern und wegen ber nicht erjeßbaren Kürze
des Ausdruds unentbehrlich erjcheinen.
Trogdem finden wir auch im 16. Jahrhundert ein poetifches Gähren und
Mühen, wenn man auch im gewiſſen Sinne auf allen Dichtungsgebieten fo ziemlich
von vorne anfangen mußte. In der Lyrik ruhte die weltliche Poefie, aber das
verinnerlichende Kirchenlied fand um fo mehr Pflege. Eine Zeitlang fchien
Luther mit den geiftlihen Liedern die „Buhllieder” völlig zu verdrängen. Aber
da ſprengte das internationale Volkslied die firdhlihen Hemmniffe. Es bemäch—
tigte fich aller Ereigniffe und wurde fo wirkſam, daß Luther felbft die Pfalmen
zu Bolfsliedern umftimmte. Nur dem Volksliede haben wir es zu danfen, daß
das accentuierende Prinzip der Minnefinger als versregelnder Sprachgeiſt nicht
ertötet wurde, bis es in der Gegenwart des literariichen Deutjchlands feine
unbezwinglie Allgewalt neu zu entfalten vermochte.
In der Didaktif und in der Epik waren zu verzeichnen die jchwerticharfen
Satiren Huttens, des Vorläufers Leifings; ferner Fiſcharts Jefuitenhütlein, und
fein glüdhaft Schiff; endlich Rollenhagens ſatiriſch-allegoriſcher Frofchmäufeler (eine
Aufichwellung des Homeriſchen Froſchmäuſekriegs mit Luther als Froſch-Elbmarx) u. N.
Auf dem Gebiete des Dramas wirkten bafisbildend Luthers Zeitgenoffe
Hans Sachs, ber vom kirchlichen Spiele zum Drama fortichritt und nicht we:
niger als 55 Tragödien und 78 Luftipiele fchrieb und jo der Schöpfer des neuen
beutfhen Dramas wurde. Nächſt ihm ift Ayrer zu nennen, ber fih an die
Engländer anſchloß und in feinen 69 Stüden fremder Wefen auf Sachs'ſche
Überlieferung oculierte; ferner der Tübinger Dramatiker Frifchlin und der Herzog
Julius von Braunfhweig, der das erjte ftehende Theater errichtete.
Die in den landläufigen Darftellungen der Literaturgefchichte am meijten
geihmähte Periode ift die Zeit vom 30jährigen bis zum Tjährigen Kriege. Aber
ich behaupte, daß diefelbe für den Aufbau unferer Literatur imponierend dafteht,
fo fehr man fie auch wegen der notgedrungenen Begünftigung des Fremdländiſchen
bis in die Gegenwart anzugreifen gewohnt ift.
Eben diefe Zeit bedeutet die Blüte des evangeliſchen, echt nationalen Kirchen=
liedes, das fich eng an die ewig Schöne Lyrik des alten Teftaments anfchloß. Dann aber
hat ber unvergeflene Neformator der deutihen Metrif, Opig, der anftelle der
Silbenzählung tonliche Silbenmeffung einführte, im Verein mit einer ftolgen Zahl
diefem Jahrhunderte erblühter Dichter wirklich Anregendes geleijtet. Cs blühte
die Spruchdichtung, das Lehrgedicht, die Satire, das Schäfergedicht, das Drama.
— IE
Gryphius und Lohenfteins im Einzelnen ſchlüpfrige, unſchöne, ſchwülſtige, —
im Ganzen fünftleriich abgerundete, der Renaifjance huldigende Dramen; Günthers
(von Goethe gerühmte) tiefempfundene prächtige Lieder; Flemmings und S. Dachs
gemütsinnige Lyrifen, Logaus geiftvolle Sinngedichte (3000 an der Zahl); Paul
Gerhardts feflelnde religiöfe Gefänge, welche eine Richtung veranlaffen, die im
Gemeindebewußtfein auch das perfönliche Empfinden geltend machte; weiter neben
Bucholtzens modernen Helden: und Liebesromanen ber befte Roman des 17. und
18. Jahrhunderts Simpliciffimus von Grimmelshaufen; Schmwenters Überfegungen
engliiher Dramen, welde das Franzofentum verdrängten und aufbauend wirkten;
die von mir zum erftenmal nachgemwiefene (vgl. meine deutiche Poetif Bd. IL.,
©. 517) Begründung und Schöpfung einer erften deutfchen Originaloper durch
des Nürnberger Dichters Harsdörffers Libretto Seelewig (== ewige Seele) —:
Dies und nod viel Anderes bildet in feiner Summe ein imponierendes Zeugnis
für den poetifchen Ertrag des Jahrhunderts. Ja, es beweift, wie gerade das 17.
Jahrh. es war, welches den Boden ebnete, dem im 18. Jahrh. jene rührigen
Geiſter entiprießen follten, die eine neue Blütenperiode unferer Literatur uns:
mittelbar heraufzuführen mitberufen waren. Der fiegreiche, jährige Krieg mit
feinen gewaltigen Stoffen und feinen nationalen Heldengeftalten förderte den
Auffhwung der Literatur ähnlich), wie die erften italienischen Feldzüge Fr. Bars
baroſſas das Emporfommen der mittelhochdeutichen Ritterpoeſie, oder unfer 1870er
Krieg die Erfolge unferes neuen literarifchen Deutjchlands. Im 18. Jahr).
vollendete Deutichland feine geiftige Machtſtellung; das literarifche Deutichland
des 19. Jahrh. follte die geiftige Präponderanz Hinzufügen. Ein Krieg leitete
zur neuen Blütenperiode unferer Literatur hin, und Krieg ift ihre Lofung auf
lange Zeit hinaus geblieben.
Bodmer war cö, der einen fiegreihen Kampf gegen den franzofenfreund:
lihen Gottſched führte und den nationalen Gedanken wie die Liebe zur gerina-
nischen Poefie durch Herausgabe des Nibelungenlieds und der Minnefinger pflegte.
An feinem Streben beteiligten fih die Bremer Beiträger: der fatiriihe Nas
bener, der humorreiche Zachariä, der vollsmäßige Gellert u. A. Auf die Hebung
des Geſchmacks wirkten die Fabeldichter Lichtwer und Pfeffel, wie befonders bie
Halberftädter Anafreontifer durd ihre heiteren Lieder. Die Ideen des Huma—
nismus begannen ſich zu entwideln, e8 wuchs die Liebe zum klaſſiſchen Altertume:
Der Geift der ganzen Literaturperiode war die gewollte und
erlangte Verbindung mit dem Grichentume Es begann eine
— —
Strömung, von deren revolutionären Energie ſich ſkeptiſche Epigonen wohl kaum
die richtige Vorftellung machen werden. Das Rejultat war Wiedergeburt, Blüte
unferer Literatur inmitten des Einfluſſes englifcher und franzöfiiher Freidenfer,
inmitten ber Erfolge des deutihen Nationalismus.
Die drei Namen Klopftod, Leiling, Wieland waren es, welde die
neue Blütenperiode einleiteten, welche das urbargemachte Waldgrundjtüd deuticher
Porfie in einen prächtigen Park ummwandelten, über deſſen kunſtvoll vergoldetes
Stafet erotifche, acclimatifierte Blumengefträuche fih neigen, welche einen nie
geahnten literarischen Reichtum anhäuften, deijen heres ex asse das glücdliche
Suhrhundert wurde. Klopſtock, der Meilter der Ode, der Schöpfer des National:
werfs Meiftas und der geiltige Nachfolger Wolframs von Eſchenbach, führte eine
Verſchmelzung des deutſchen Elements mit dem driltlihen und altklaſſiſchen
herbei, ja, ev brachte die ethiſch-religiösſe Seite der Poeſie zu einem vorläufigen
Abſchluß.
Der vielgewandte, ſprachkundige, aalglatte, phantaſiereiche Wieland, der
Gottfried von Straßburg des 18. Jahrhunderts, verlieh unſerer poetiſchen Sprache
wunderreihe Beweglichkeit, heitere Gefälligfeit und Anmut, jinnlichen Liebreiz; er
wurde Anbahner des Kosmopolitismus in der Poeſie. Die pedantiiche Kurzſich—
tigfeit jprad) ihın das deutichenationale und das chriſtliche Element ab, weil er
nad Art feiner franzöfiihen Mufter auch Zopfiges, Loderes bot und wie die
Anafreontifer internationale Weiſen anjtimmte.
Endlich der klardenkende, bejonnene Leſſing, diefer mit jcharfer Kritik zu
Licht und Leben vordrängende Bewunderer der Antike, an den ſich für die Folge
alle Satirifer und Dramatiker anſchloſſen (wie die Idyllendichter an Klopftod und
die Nomantifer an Wieland), er nahm die Shakeſpeareſchen und Galderonjchen
Dramen zum Ausgangspunft feines Kunſtwerks einer deuticheoriginellen Tragödie
(Miß Sara Sampfon, Emilie Galotti), in welcher er ebenjo wie in feinem Luft
Ipiel Minna von Barnhelm Vorbild aller Dramatifer wurde. Ein Prometheus
der deutichen Poeſie und ein Erweder poetiſcher Selbjtändigfeit leitete er Die
deutiche Dichtkunft gleihiam aus Klopitods Himmel und Wielands Paradies nad)
der germanischen Heimatsflur zurüd. Er gewöhnte die Poeſie, deutſch d. h. wahr
und frei zu reden. So wurde er der Patriarch deuticher Geiſtesfreiheit mit ger:
maniſch⸗kosmopolitiſcher Richtung. So machte er den Zaubernimbus des franzöft:
hen Auslands in demielben Maße jchwinden, als er das deutiche Selbitgefüpl
= ER
hob und jene dur Die Eiege bei Roßbach geichaffene Hippofrene aud durch
beutfchliterarifche Erfolge nährte.
Klopftods Tiefe, Wielands Anmut, Leſſings Echärfe erzeugten bei der
jungen Tichtergeneration einen Gährungsprozeß, der das Beſtreben zeitigte, zur
Natur zurüdzufehren, Ideales zu eritreben, Niedageweienes aus fich ſelbſt zu
erzeugen.
Während fi die ruhigeren Elemente des Hainbunds an Klopftod an:
ſchloſſen und die Romantiker und Nitterdichter dem Vorbilde Wielands folgten,
itrebte eine Anzahl wirklicher Kraftgenies, auf eilendem Pegafus den Parnaß zu
erflürmen, weshalb man ihnen (nad Klingers Schaufpiel Sturm und Drang)
den Namen Stürmer und Dränger verlieh. Klingers „Falihe Spieler”, die das
Vorbild zu Schillers Räubern wurden, Heinſes Künftlerroman Ardinghello,
Maler Müllers Drama Niobe und Genovefa weckten allerwärts Begeifterung
für Poeſie.
Zu den Stürmern und Drängern zählten in ihren. Jugendjahren Herder,
Goethe, Schiller, jene unſterblichen Großmeifter in der Loge deutſcher Poeſie,
welche das höchſte Endziel der Dichtkunft: literariihe Allfeitigkeit und
Befühlsinnigkeit, fowie harmoniſche Vermählung des deutichhriftlichen mit
dem altklaffiihen Elemente voll erreichten.
Ihnen ift die neue Blütenperiode deutſch-poetiſcher Literatur,
welche die gefamte Weltkultur in fih aufzunehmen ftrebte, zu verdanfen.
Herder, der in feinen 1778 gefammelten Stimmen der Völker die Volks:
licher aller Völker und Zeiten vereinte, bildete den Übergang und wurde Begründer
einer Weltliteratur.
Schiller, der unjterblihe Schöpfer eines deutjchnationalen Dramas mit
romantiſch idealem Charakter, wurde der erjte Klaſſiker auf dem Gebiete der
nationalen Lyrik.
Und Goethe, ber die Aufmerkjamfeit unjeres Volks duch Egmont auf
das echt deutfche Hiftorische Drama lenkte, und als Tichterfürft von feinem Parnaß
aus einen Glanz verbreitete, wie heute auf politiichen Bahnen der einzige Bismard,
verlich der neuen Epoche ihr bellleuchtendes Gepräge.
Beide aber im Vereine führten mit freier Schöpferfraft und kritiſcher
Geftaltung die literarifche Revolution in Deutihland aus dem gejtaltlofen,
Hastiihen Tohumwabohu in die bislang unerreichte klaſſiſchreine Kunſtſphäre des
Ewigſchönen.
1!
— XI —
Die wenigen nennenswerten Lyriker jener Tage traten ſchüchtern auf das
Sebiet der religiöfen Lyrik zurüd, das ihnen Goethes und Schillers Genius
überließ, welcher ſich des chriftlichen Elements mehr und mehr entäußern zu
wollen jchien, wobei freilid die Wahrnehmung ſich aufdrängt, daß ſich dieſes
riftliche Element ebenfowenig ignorieren ließ, als es die neue Richtung in ſich
aufzunchmen vermodte: Wink genug für das literariiche Deutichland der Gegen:
wart, in der "im Eintreten begriffenen Zufunftsreligion des Idealbegriffs ber
Wahrheit, den Jeſus lehrte, eine Verföhnung mit den chriftlichen Elementen auch
in der Poeſie herbeizuführen.
Auch auf dem dramatischen Felde wagte Niemand, mit Goethe und Schiller
in die Schranfen zu treten, weshalb die dii minorum gentium des Weimarfchen
Mufenhofes das Gebiet der didaktifchen Poeſie bearbeiteten. Schüchtern traten
Einzelne in jene von Goethe in „Stella“ und von Schiller in „Kabale und
Liebe” betretene Bahn, indem fie Familiendramen Ichrieben, vder — wie Iffland
und Kogebue — bürgerliche Rührſtücke.
Nur der Noman fand feit Wielands philofophiihem Agatbon, feit Muſäus'
wigelndem Grandifon, feit Hermes’ empfindfamem Nomane „Sophiens Reife“ ꝛc.
gefteigerte Pflege, obwohl Goethes jentimentale Romane als ſchwer zu erreichende
Mufter abichreden mußten. Gottwert Müllers humoriſtiſcher Roman (Siegfried
von Lindenberg), Thümmels, Hippels, Bengel:Sternaus Werke, Langbeins launige
Schriften, Engels und Stillings Familienromane trugen zur Hebung der Mittel:
bildung bei.
Vorbildlih wirkte in Ergänzung Schillers und Goethes Jean Paul
Fr. Richter durch Erftreben der Harmonie des Gemüts. Er wandte ſich der
modernen Lebensiphäre zu und wurde durch Witz, Geiſt, Humor, Ideenreichtum,
ſowie durch leichtbeichwingte Darftellung eines phantaftiich ausgemalten Dafeins
Deutichlands größter Humorift, eine Doppelnatur: ein realer Ydealift oder ein
idealer Nealift. Sein fraufer, barofer, tropenüberladener Stil übte die nachhal:
tigfte Wirkung auf die modernen Dichter und Schriftjteller, denen er die literari-
Ihen Grenzpfähle in unabjchbare Weite hinausrüdte.
Die ih an ihn — wie auch an Wieland — anlehnenden Romantifer be=
herrichten das literarifche und Fünftleriiche Leben unferes deutichen Vaterlands
zwiſchen 1805— 30, feit Tied feine Gedichte unter dem mit voller Unbefangenheit
gewählten Titel „Nomantifche Dichtungen‘ herausgegeben hatte. Da fie gegen-
über der klaſſiſch-kühlen Gelehrtenpoefte Gefühlsinnigfeit und Volfstümlichkeit er:
— Xu —
ſtrebten, jo entlehnten fie ihre Stoffe nicht aus dem klaſſiſchen Altertum, fondern
aus dem vomantiihen Mittelalter. Ihre mit Fichtes Jdealismus und Schellings
Naturphilofophie durchtränkte Weltanihauung verfuchte eine Art Verichmelzung von
mittelalterlich-chriftlider Schwärmerei und Bantheismus. Ihre Begründer waren
Novalis und Wadenroder, ihr Eritiiher Anwalt W. Schlegel, ihr Vollender Tied,
der Meiſter der deutichen Novelle, die durch ihn das Naifonnement des philoſo—
phiihen Romans erhielt. Ihre Lyrifer waren Eichendorff, Hölderlin, Ehamiffo,
deſſen Muſtercyklus Frauenliebe und Leben übrigens bereits als Totenklage der
abiheidenden Nomantif ericheint.
Ihre beileren Romanſchriftſteller lenkten den Roman auf das chriftliche,
myjtiihe Gebiet (Amad. Hoffınann, Steffens, Zihoffe, Ernft Wagner, der im
Diterdingen die Poefie dithyrambiſch verherrlihte u. A). Bon den Dramas
tifern der Romantif leijtete Heinrich v. Kleift wohl das Höchſte durch feine
grandiofe Hermannsſchlacht, ferner durch den (von Dr. Siegen) neu bearbeiteten
Zerbrochenen Krug, endlid durch fein effeftreiches Käthchen von Heilbronn. Sein
Drama iſt realiftiicher gehalten, als jenes von Schiller. Fouqué, Brentano u. N.
Ihadeten der Entwidelung des Dramas und des Romans durch ihre romantiichen
Unwahrſcheinlichkeiten.
Bei vielen Romantikern machte ſich Mangel an Schöpferkraft bemerklich, ein
marasmus senilis, in welchem die Theodor Hellſchen (Wincklerſchen) Fabriküber—
ſetzungen und die Claurenſchen abgeſchmackten Vogelſchießen nur zuweilen durch innere
Klänge (z. B. C. Immermanns) unterbrochen wurden. Dieſe Claurens (ic) erinnere
nur an ſein ſaftloſes „Mimili“), van der Felde, Schilling ꝛc. beherrſchten die
Leihbibliotheken und gaben ein erſchreckendes Bild der faulen Plattheit und Mittel-
mäßigfeit diefer Diaffenliteratur. Den Nugiasftall zu räumen, erihien der belle-
triftiiche Thefeus Hauff, während die Fritifche Thefeusrolle Menzel und Börne
übernahmen.
Anregend wirkten die Dichter der ES chidjalstragödien (Merner, Müllner,
v. Houmald, und bejonders der geniale öjterreichiiche Schiller Grillparzer), gegen
welche Eajtelli feinen jatirischen, parodierenden Schidjalsfirumpf, und Platen, der
epochebildende Meiſter einer mufterhaften Form, feine luftreinigende ariſtophaniſch
gehaltene Berhängnisvolle Gabel richteten.
In enger Beziehung zu Goethe und Schiller ftanden die Dichter der Bes
freiungsfriege, die direkten Vorläufer der heutigen Periode einer deutichenationalen
Poeſie. Sie bedeuten eine Epoche der politifch:patriotiichen Lyrik und das Auf:
— XV —
flammen des bdeutich-freiheitlichen Selbftgefühls: Arndt, der Dichter des nun endlich
beantworteten Fragezeichen:Liedes: Mas ift des Deutichen Vaterland? — ferner der
religiös-ſchwärmeriſche Schenkendorf, der feurige, tyrtäiſche Körner und vor allem
der Dichter der geharnifchten Sonette und der jchwerticharfen Zeitgedichte, Fr.
Rückert, der die Muſter für eine deutich-politiich-patriotiihe Lyrik allen Zeiten
lieferte. Nüdert ift e8, der in der Folge das Geheimnis entdedte, daß die
deutiche Eprade die poetifhe Weltiprade Sei, und der den Nachweis lieferte,
wie die Begeijterung fürs Vaterland fi) mit der Liebe für die Menfchheit ver:
einen läßt, der jodann als Heros der Form, als Dichter des lyriſchen Weltevan-
geliums (Liebesfrühling), wie als Begründer einer echten lyriſch-didaktiſchen Poeſie
durch die Weisheit des Brahmanen eine Ehrenjtellung neben Goethe und Schiller
als dritter Klaſſiker unferer Literatur beanipruchen darf, wie er denn im
Ningen nah der Palme nationalen Ruhms in anmutender Schüchternheit und
Zartheit eine poetische Weltliteratur neu begründete und dann durch feine Öftlichen
Roſen (derem Seiteniprößlinge Bodenftedts Mirza-Schaffy, Daumers Hafis, Ham:
mers Anfchaulihe Spruchgedichte find) die Lyrik des Jahrhunderts narkotiſch bes
einflußte.
An der Seite der patriotiihen Freibeitsfänger fchritten die verwandten
ſchwäbiſchen Dichter vorwärts. Ihre Vertreter — in erſter Linie Uhland — find
von Schillers und Goethes Geift zur Klarheit poetiſcher Empfindung gehoben
worden. Wie mande Stoffe mittelalterlichen Lebens haben fie mit urwüchſig
eigenem Empfinden dem Zeitbemußtfein vermählt!
An ihnen vorüber ſchoſſen jene jugendlich genialen Kraftgenies der dreißiger
Jahre, auf welche die Zulirevolution ihren berüdenden Zauber ausübte. Mit
feder Ungeniertheit proflamierten fie die Emanzipation von der romantiſch-ſalbungs—
vollen Schwärmerei und die Herrichaft bes rein Menſchlichen, des Zeitbedürfnifies.
Nah Wienbargs Ajthetifchen Feldzügen wurden fie unter dem willfürlic gewählten
Namen des Jungen Deutichlands bewundert, gefürchtet, verfolgt. Mutig ſchwangen
fie fih auf die hochgehenden Wellen des modernen Zeitbewußtjeins: fie wurden
urdeutſch und urpraftiich, indem fie aufhörten, bloße Denfer und Träumer zu
fein. Hiermit trafen fie das Nichtige, fofern die nationale Literatur berufen ift,
an den Kämpfen und Freuden der Nation teilzunehmen. Selbit in der Form
revoltierten fie, indem fie die Schablone der hergebrachten Schulmetrif kühn durch—
braden und zur urdeutihen Accentuation, wie zum altgermanijchen Sprach
rhythmus zurücktehrten.
= xy —
Ihr genialer Vorläufer war 9. Heine, der ungezogene Liebling der Grazien,
einer der größten Lyriker aller Zeiten, der in Atta Troll die unfünftlerifchen Ge:
finnungspoeten parodiert und die beutichen Zuftände im Wintermärchen geißelt.
Die Häupter des jungen Deutichlands waren der bühnenkundige Laube,
fowie der revolutionär wirkende Gutzkow, der dem durd die Romantifer fajt ver:
drängten nationalen Trama die Bühne zurüderoberte und unfer heutiges modernes
Bühnendrama begründete, welches feine Stoffe der Wirklichkeit entnimmt. Effekt:
voll erwählt er die einfchneidendften Lebensfragen zum Ausgangspunfte feiner
Dramen (j. B. die Heuchelei im Urbild des Tartüffe, den Kampf mit der
Sagung und mit der Pietät des Herzens im Uriel Afofta); er verlangt freies
Denken und polemiftert gelegentlih (im Roman Mally) gegen Ehe und Religion,
wie ja aud) feine Freunde den Markt der praktiſchen Wirklichkeit mit Energie betraten.
Die Konfequenz des jungen Deutichlands zogen die politifhen Lyrifer
der bis zur Gegenwart reichenden vorlekten Literaturperiode. Weder Prozeſſe
noh Landesverweilungen vermodten ihrem rüdjichtslofen Anftürmen gegen die be:
jtehende Ordnung Einhalt zu thun. So wurden fie Barteifchildträger, Vormelder
und Sturmläufer der Revolution von 1848. Georg Herwegh mit feinen abjtraften
Dichtungen eines Lebendigen; Hoffmann von Fallersleben, der viellomponierte
legte fahrende Dichterphilifter mit feinen fehr konkreten unpolitiſchen Liedern;
Dingelftedt mit feinem freigeiftigen, alle äfthetiihen Feinſchmecker faszinierenden
Gedichte eines kosmopolitiſchen Nachtwächters; Freiligrath mit feinen politischen
und fozialen Gedichten, und noch eine ganze Neihe von Dichtern, die unter dem
Einfluffe ber politiichen und fozialen Streitfragen ftanden (mie beifpielsweile der
Erneuerer des romantiſchen Epos in „Otto der Ehüß“, Kinfel; ferner der für
moderne Ritterlichkeit eintretende ariftofratiih angelegte Strachwitz, Prug, Wal:
dau und der Ofterreicher A. Grün mit feinen revolutionären Epaziergängen eines
Wiener Roeten), fie alle verhehlen nicht ihre Unzufriedenheit mit den herrichenden
Geſellſchaftszuſtänden.
Die Philoſophie des freien Gedankens und einer kräftigen Sittlichkeit er—
ſtreben die philoſophiſchen Lyriker, unter denen größere oder geringere Wirkung
übten: Wilh. Jordan (der im „Schaum“ ſeinen politiſchen Sekt mit revolu—
tionärem Knall an die Decke ſprudeln läßt), der ſtudentiſch flotte, bilderreiche
Gottſchall, Jul. Moſen, Hamerling, der ſich nicht in den leichten Rhythmen Grüns
und Lenaus bewegt und in vielen Stücken Ähnlichkeit mit Jean Paul hat.
Den Kultus des Gemüts und der Beſchaulichkeit pflegen: die Vertreter
— XVI —
der modernen Wald: und Blumenpoefie, ein Butlig, ein Karl Lehmann 2c.,
ferner die ſpezifiſch-chriſtlichen Lyriker, der tiefinnige Dreves, der pietijtiiche Viktor
von Strauß, der melodiihe Spitta, der ftimmungsreihe Julius Sturm, der
liebenswürdige Schults, endlih aber die modernen Anafreontifer: Der
formenflare Geibel, der feinfinnige, ſprachlich ſaubere Heyie, der humane Frei—
maurer Nittershaus, der volfstümlihe Fr. Hofmann, der feinfinnig vefleftierende
A. Möſer, der ſcharfdenkende Joſ. Nordmann, der gemütatmende Fogler, der idealis
fierende I. ©. Fiicher, der vollsgemütvermittelnde Kleinmaler Adolf Grimminger,
der tiefgrundige Genremaler Zettel, der klaſſiſch-gediegene Aler. Kaufınann, der
funfenfprühende Johannes Faftenrath, der anmuterwedende Roquette u. dv. N.
Zur literariihen Hebung des 19. Jahrhunderts haben durch Erweiterung
des Ideenkreiſes mehrere bedeutende Romanfchriftiteller beigetragen.
Einige derfelben lehnten fi) an den hiftorifchen Noman Walter Scotts an
und gaben uns den halbwifjenichaftlihen Roman mit echt poetiſcher, künſtleriſcher
Auffaſſung und verbürgter Geſchichte. Ich nenne als die bedeutenditen: Guftav
Freytag (Ahnen); Ebers, den Nomantiker unter den Ägyptologen, mit feinen in
haltreihen Nil-Romanen; Scheffel (Ekkehard); Harmening (Die Overftolze); Felix
Dahn u. A.
Andere bildeten die Zeitnovelle und den Zeitroman fort: Der klaſſiſch-milde
Gottfried Keller, Julius Groſſe, Theodor Storm, Konrad Ferd. Meyer (Jürg
Jenatſch ꝛc.), Spielhagen u. A. Wieder andere bearbeiteten den See: und
den ausländiihen Noman in farbenpräcdtigr Weile G. B. Nojenthal-
Bonin).
Endlich erheiterten andere (darunter in erjter Reihe der hochbedeutende
Keuter, deffen Verbreitung faum das Idiom Eintrag zu thun vermag) durch humo—
riſtiſche Romane und Novellen (z. B. Ernit Editein).
Auf dem Gebiete des Dramas ſchuf Ehrilt. Grabbe die neue Gattung des
originellen Kraft-Dramas, weldes marfige Geftaltung und ſchwungvolle
Zeihnung der Charaktere im Geiſte Shakeſpeares verlangte und feinen Meifter in
Hebbel fand, der die Jozialen und pſychologiſchen Intereſſen in feinen Bereich zog
und in dem jelbjt von einem Schopenhauer ausgezeichneten Drama „Maria Mag-—
dalena“, wie in den „Nibelungen“ Werfe von vorbildliher Bedeutung ſchuf.
Auch noch andere gaben dem Jahrhunderte fünftleriihe Impulfe (ih nenne nur Büch-
ners „Dantons Tod“, Gregorovius’ Tod des Tiberius, Ludwigs Agnes
Bernauer ꝛc.).
— XVII —
Eine befondere Ausdehnung gewann die deflamatoriihe Jambentragödie.
Die Leichtigkeit der Bearbeitung, wie der Erfolg, verlodte zur gefteigerten Produktion,
wovon Raupachs 8 Bände dramatifierter Geihichte, Auffenbergs 26 Dramen,
Immermanns, Nüderts und Uhlands Buhdramen, A. Werners Martin Luther,
Herrigs Arbeiten, ſowie andernteils die trefflihen Repertoireftüde Alb. Lindners
Brutus und Collatinus, Krufes Brutus und deifen mit dem Echillerpreis ge:
frönte Gräfin, ferner Halms, Henfes u. a. Dramen zeugen.
Die fulturelle Bedeutung der Jambentragödie beruht für den Tieferbliden-
den jedenfalls darin, daß fie einen erheblichen Beitrag zur Fortbildung der dra=
matifhen Kunſt lieferte und aus ihr das moderne Bühnendrama erblühte.
Diefes deutichenationale Bühnendrama der Gegenwart hat fi
ebenfo über die ungebundene Zügellofigkeit des originellen Kraftdramas, wie über
den pedautiſch gefpreizten Gang der Jambentragödie emporgefhwungen, um
in freideuticher Form den been der Gegenwart künſtleriſchen wie voltstümlichen
Ausdruc zu verleihen. Freilih war die Konfequenz diefer neuen Gattung das
unfünftlerifche bürgerlihe Schaufpiel, das Luſtſpiel, die Poſſe. Geübtere Dichter:
naturen fanden ſich verfucht, das mwachgerufene Intereſſe durch Epefulation auf
die angeregte Schauluſt des Publikums auszunügen. Mer nur halbwegs fih als
Dichter fühlte, begann für die Bühne zu fchreiben. Gelang es ihm, eine brillante
Fabel dem Gefhmad feines Publikums entiprechend zu bearbeiten, jo war feine
Diktatur auf der Bühne — wenn auch nur vorübergehend — gefichert. Dies
war bei Charlotte Birch: Pfeiffer der Fall, deren effektvoll dramatifierte Cauferien
ihr den Beifall des Publikums fiherten. Werke, wie Brachvogels Narziß, Frey—
tags Journaliſten, Mofenthals den Kommunismus befämpfender Eonnenwendhof,
Heyſes Elifabeth Charlotte, Spielhagens Liebe um Liebe u. v. a., ferner Namen
wie Wildenbruch, Wilbrandt, Gottſchall, Halm, Redwitz, Schall, Bauernfeld,
Hadländer, Butlig, Benedir, Holtei, Raimund, Neftroy, Julius Roſen ꝛc. be:
deuten die Einmwirfung des modernen Bühnendramas in feinem Verdienft um die
ülthetiiche Neife und Höherbildung des aus dem Gefundbrunnen des Deutichtums
ihöpfenden Sahrhunderts.
Co zeigt fih denn am Abſchluß der legten Literatur-PBeriode (Ende der
ſechziger Jahre) ein triebfräftiges, entwidelungsfähiges, zielbemußtes Zuſammen—
wirfen auf allen Gebieten der Poeſie.
Es bedurfte nur noch eines letten nationalen Impulſes, um alle fonver:
gierenden Strömungen in das gemeinlame nationale Bette zu leiten und eben
— XVIII —
damit die Blütenſaiſon einer deutſch-nationalen Kraft- und Kunſtpoeſie zu
eröffnen.
Diefe eleftrifierende, die geſpannten Kräfte entfefjelnde Loſung jollte in nie
geahnter Weife das Jahr des Heils 1870 bringen, als die idealen Güter ber
Nation gefährdet erjchienen. Unter jenem wie Donnerhall erbraujenden Zauber:
rufe zum Schuge des deutſcheſten Stromes, der ſchon fo oft rheinweingoldene
Saiten von deutſcher Leier ertönen madte, ja, unter dem Schwertgejang eines
zweiten Tyrtäus in tauſendfachen Geftalten und Formen vereinte ſich das ge:
famte literariiche Deutichland zu einiggemeinfamer That, weldhe die Mahnung der
mancherlei jterbenden Attinghaujen bes deutichen Dichterwaldes in potenzierter
Form zur Mahrheit brachte.
Durch diejes wunderbare Zuſammenwirken fäntliher Hügel und Berge des
deutfchen Parnaſſes haben wir ſeit 1870 gemwilfermaßen das Ziel der himmel:
ftürmenden Titanen erreicht: eine im Aufblühen begriffene deutſch-natio—
nale Literatur von ureigener Genialoriginalität, von Alleinfraft
und Siegesjelbjtbewußtjein, — eine Poeſie, die ihre Feen, ihre Stoffe und
Charaktere dem deutſchen Leben und der deutihnationalen Gefühlsweiſe unmittel:
bar und ungemilcht entnimmt, — ja, eine Poeſie, welche einen bewußten Gegen:
jag zur abgeblühten Schaum: und Traumpoejie der Nomantifer bildet; eine
Poeſie, die den gejunden Bebürfnifjen einer praktiich gewordenen und im gehobenen
Enthufiasmus praftiich gebliebenen deutihen Gegenwart fowie deren Kulturerrungen-
ihaften Rechnung trägt und zum poetiſch gewordenen Spealbegriff der Wahrheit
madtvoll hindrängt.
Mitten im Halten und Treiben unferes Yabriflebens, im Rennen und
Sagen des Eijenbahnficbers, mitten im Klopfen der Telegraphen, wie im jchrillen
Klingeln der Telephone war eine jtattlihe Zahl von Dichtern erjchienen, denen
ein Gott die Zunge löfte, damit fie aus Geift und Gemüt unferer Nation heraus
fagten und jängen, wie es dem deutſchen Volksgewiſſen, dem deutſchen Volksgefühl
und dem jelbitändig und groß gewordenen deutihen Volfscharafter entipräde.
An Stelle des Volksliedes entjtanden volfstümliche Kunftlieder; e8 wurden
die Gegenjtände des Volfsinterefjes, die brennenden Zeitfragen in poetiihe Elek:
trizitätsbeleuchtung geitellt. Vom Feuer der Vaterlandsliebe entflammt, priejen
die Dichter in quellenden Jubeltönen die endlich errungene deutihe Einheit, Macht
und Ehre. Ein Reich war wieder auf Erden, ein deutiches Neich, ein. deutfcher
Kaifer. Es muß noch den ſpäteſten Epigonen als ein herzerhebendes Schaujpiel
— —
erſcheinen, wie alle Richtungen und Schulen des literariſchen Deutſchlands plötzlich
vereint ſich fanden in dem neuen, dem echten, dem germaniſchen Deutſch—
nationalismus.
So erblühte zunächſt die neue Ara einer neuen deutſchen, ſelbſtbewußten, voll-
fräftigen, patriotiſch-reifen Rolitifslyrif, die in der Quinteflenz ihrer Einzeläußerungen
ſchon jegt ein vollgiltiges Zeugnis ablegt von der Gefühlsftärfe (nicht mehr bloß
Gefühlstiefe), von der Leiftungsfräftigfeit des literariichen Deutihlands; — Jo er-
wuchs eine Lyrif, die für die Folge auch in der Form den nationalen Charakter
immer gelungener und vollwichtiger aus dem Urguſſe hervortreten zu laſſen berufen
iſt, — eine Lyrik, die unfere Dichter auffordert, ihre deutich zu accentuierenden,
volfstümlichen Empfindungen durch deutſche Sangbarkeit zu manifejtieren.
Daher mußte in derfelben Gegenwart nach Tangem Irrgange in ber Fremde
mit Naturnotwendigfeit die Schon von Goethe (Briefwechiel mit Humboldt ©. 57)
ſehnſüchtig gewünfchte urdeutfche Metrik und Proſodik erftehen: eine deutiche Be—
tonungslehre, deren wiſſenſchaftlicher Ausbau in Anlehnung an Fr. Rüdert mir vor:
behalten war, und die in ftolzer Befriedigung zum erjtenmal den Eat proflamieren
konnte: Das in der neuhoddeutfhen Metrik zu beahtende Geſetz darf
nur das der Nccentqualität fein, welche mufifalifher und logiſcher
Natur ift; das Quantitätsprinzip ift nicht mehr zu rehabilitieren.
In diefer deutichen Betonungslehre, ferner in dem von mir geichaffenen, feither
faum dem Namen nach gefannten deutſchen Vers: und Strophenſyſtem durfte ich
jum erftenmal die Befreiung von der überlebten, ihablonenhaften Echulregel fordern,
um im neu erftandenen Reiche auch in der Poeſie die Befreiung vom Fremdentum
anzuftreben. Nad dem Jahre 1870 mußte eine Wiſſenſchaft der Poeſie zeigen,
daß Deutichland auch in der Poefie auf eigenen Füßen zu ftehen und jelbjtändig
den Pegafus zu zügeln vermöge, fobald es einmal in den Eattel geſetzt fei, daß
es ferner in feinen uralten Maßen ſchon Alles befige, was durch den Frembdenfultus,
fo lange gefucht, nicht gefunden werden Eonnte.
Es mußte für das literarifche Deutichland der Zukunft in einem originellen,
nah den Muftern unferer Klaffiter gefchaffenen Geſetzbuche gezeigt werden, wie
der deutſche Geiſt für fein Empfinden naturgemäß einer Rhythmik bedarf, Die
auf den lieblihen Wellen des urdeutfchen Accents Beift und Kraft unferer Sprache
zu entfalten vermag.
Mas die Epif der Gegenwart, wie der Zukunft des literarischen Deutich-
lands anlangt, machen ſich bereits erfreuliche Anläufe zu einem neuen Volks—
epos im neuen Reiche bemerflih. Man darf ein neues Volksepos um fo mehr
erhoffen, ald nunmehr der Begriff „Volk“ fo recht eigentlich neu geichaffen worden
und nunmehr deuticher Geiſt, deutiches Streben und nationaldeutiches Intereſſe
Hocherleuchtete wie Meittelgebildete durdglüht. Wir Haben durch ureigene Kraft
große, weltgefhichtlihe Thaten zu ftande gebracht und wir befigen bereits in unferer
aufblühenden politischen Lyrik die Grundlagen zu einem deutſchen Nationalepos der
neuen literariihen Blütenperiode. Trügen nicht alle Zeichen, fo dürften die Kunſt—
dichter der nächſten Zukunft im ftolzen Gefühle deutfcher Kraft die epiichen Volfs-
gelänge von den Lieblingen der Nation vereinigen: vom großen Wilhelm Rexe,
vom jungen Heldenfrige, vom eifenftarfen Kanzler, vom ernit beredten Schweiger.
Eine gefteigerte Miffion wurde im neuen deutichen Dichterreih auch dem für
Zeitcharafter und Zeitbedürfnis unfhägbaren Zeitroman, fowie der Zeit-
novelle. Nicht meine ich jene erbärmlichen Fabrikate, Vermächtniſſe, Enthüllungen,
welche uns ein phraſendurchſpicktes und phrafengeflidtes Gemengſel von Lebens:
beichreibungen und banalen Eauferien bieten, ohne daß deren ausgetrodnete, vom
Kuß des Genius unberührt gebliebene Autoren je die Technik des Romans ftudiert
hätten, ja, ohne daß diefelben ſich die Fähigkeit errungen haben, eine wirklich leitende
Idee herauszufchälen, um in deren Symbolifierung das Kunftgeheimnis zu ver:
raten, wie dies beifpielsweile Spielhagen thut, der in „Reih' und Glied” die Idee
des Volkswohls ſymboliſierte, oder Heyfe, in deſſen „Die Kinder der Welt“ die
Idee der Religion des Geiltes zum Ausdrud gelangt.
Wenn ſchlechte Romane geeignet waren, das Bol zu demoralifieren, es harafter:
ſchwach und gefinnungslos zu machen, fo beginnen die wenigen Mufterromane der
Gegenwart, die Muſterlehrer der Nation zu werden, um fie zu begeijtern, zu ver:
edeln, ihre Bildung zu fteigern. Wir ftehen zweifellos vor einer beglüdenden und
hoch zu preifenden Blütenperiode der Zufunft. Mehr und mehr wird die Grund»
lage des Romans ein fittlihes Motiv und ein wahrhaft fittliches Ziel, welches
allein gegen die Laszivität und Frivolität fremder Nationen zu fchügen vermag.
So wird denn der Roman der Gegenwart den wahren Realismus mit dem
— ohne erjteren nicht mehr denkbaren Idealismus zu verföhnen und zu verflären
haben, indem er in die Lehre geht bei ernten Hiftorifern und logiſchdenkenden
Geſchichtsphiloſophen, damit er Fünftig nicht bloß mit dem rührt, was ihn ganz
und wahr erfüllt, jondern auch mit dem, was er beiler, wahrer als andere der
fo oft zur fragenhaften Kama degradierten Geſchichte nachzuerzählen weiß.
— XXI —
Auch das Drama unſeres neuen literarischen Deutihlands ſucht fih an
Allem zu erwärmen, was die Nation erhebt, bewegt, belebt. Es zieht mehr als
je die brennenden Fragen auf allen Gebieten heran: auch die politischen, wie dies
Werthers deutfchnationaler Kriegsplan beweilt. Na, es erkennt die Bedürfniſſe,
die Leiden und Freuden feines Volks, denen es (vgl. Devrient’s Jenenfer Luther:
feitipiel) voll gerecht zu werden fi bemüht.
Das nationaldeutiche Drama jtrebt darnach, den vollen Inhalt unferer Zeit
— der Empfindung und dem Bewußtfein der Nation zu vermählen und u. A. auch
Bolitifdrama zu werden. — Diejes Streben freilich hatten Schon jene Dichter, welche
ih an Ariftophanes politische Luſtſpiele anzulehnen fuchten: ein Blaten, ein Rückert,
ein Prutz, ein Gutzkow. Aber ihre Zeit war noch nicht hinreichend vorbereitet für diefe
Gattung Politikdrama. Prug vor Allem mußte mit jeiner politischen Wochen:
jtube (1843) die Erfahrung machen, daß politiihe Komödien ein politiich reifes Publi-
fum fordern. Noch hieß es für ihn: ein politiih Drama ein garitig Drama. Freytags
Journaliften, Hamerlings Teut 2c. als fortgeſetzte Verjuche eines politiihen Dramas
fanden ſchon geloderteren Untergrund in der erftarfenden Nation. Nun ift feit
1870 ein weiteres Fortfluten und ein Aufgehen in der dramatiſchen Kunft fichtbar.
Tas Nationalgefühl ift erftarft und vermag Ideen zu fördern, welche von der Kraft
des Deutichtums zeugen. Wir find ein einig Brüdervolf geworden und können
mit Selbitgefühl auf unjere Errungenschaften zurüdbliden. Nun haben unfere
Dramendiditer, welde aus dem Born des Volksbewußtſeins Ichöpfen, zu zeigen,
daß wir — wie wir in der Politik die Feſſeln des Fremdtums abjtreiften — dies
auch auf dem Gebiete des Dramas vermögen.
Unſere deutjche Originalität bafiert nicht auf der Oberfläche eitlen Scheins,
fondern im tiefgrundigen deutichen Herzen, weshalb denn auch unfer deutichnationales
Drama der Zufunft alle Schwächen, alle Thorheiten im Spiegel gefunden Humors
refleftieren und eine originelle Charafteriftif bieten muß, welche die Fülle des geiftigen
Lebens und des deutjchnationalen Inhalts vereint und fomit für Deutichland eben
jo harakteriftiich werden muß, wie die nationaldramatifchen Driginalformen (Masken,
Baudevilles, Mantel- und Degenftüde 2c.) fremder Nationen für dieſe.
Wenn wir zum Schluß nad) den vorjtehenden Nriomen, Betradhtungen und
Schlußfolgerungen den Blid in die Zukunft werfen, jo müfjen wir erfennen, daß
die Wiedergeburt Alldeutichlands das Erftchen und Aufblühen einer deutfchnationalen
Poeſie inaugurierte; ja, wir müſſen einfehen, daß wir trog der genialen Leiſtungen
— XXI —
der legten Blütenperiode (1772— 1813) nicht am Ende angelangt find, Die Steige:
rung des Völferverfehrs und des dadurch bedingten Ideenumſatzes, die großartigen
Erfindungen der neueren Zeit 2c, haben dem literarischen Deutichland ein urweites
Feld eröffnet, neue große Perfpeftiven und neuen reichen Stoff zu Tage gefürdert,
wie ihn Goethes Zeit nicht zu bieten vermochte. Und fo Schafft der Genius der
Zufunft weiter,
Der Tieferblidende bemerkt eine geradezu grandiofe Hebung des geiftigpoetiichen
Gehalts unferes Jahrhunderts. Platens marmorne Form, Heines ariftophanifche
Grazie, Lenau’s originale Gefühlstiefe 2c., fie find erreiht. Die deutiche Literatur
ſchiebt neue fräftige Triebe.
Wenn erft die politiihen und fozialen Wogen geglättet fein werden — mit
dem Ole allfeitiger Befriedigung, wenn unfer Deutichland gekrönt fein wird mit
der Krone des inneren Ausbaues, dann wird die im vollen Eintreten begriffene
neue Blütenperiode im Zenith ihres Glanzes ftehen.
Als ahnender Vates ſehe ich bereits die leidenschaftlich erregten Springfluten
deutſchen Parteihaders fich legen, Sehe ich die ausfichtslofen Kulturfämpfe und fo:
zialen Wirrfale glüclich überwunden, fehe ich aber auch, wie Deutichlands Volk
auf dem Gebiete der Literatur und Poeſie einer nie geahnten Höhe entgegen ſteuert,
auf welcher gottbegnadete Sänger und Dichter eine neudeutſche, eine vierte klaſ—
fifhe Periode der Literatur herbeiführen, — eine Blütenperiode, Die es
verfteht, in der Vereinigung alles geiftigen Kapitals mit Originalität und Genialität
ächt deutiches Denken, Fühlen und Wollen zu fördern, um als Ausgangs: und
Zielpunft diefe Deviie zu zeigen: Volfstümlihe, echte, wahre, deutiche
Empfindung, die fih in Anfhauung umfegt, und die wiederum Em—
pfindung urfräftig und urmädtig erzeugt.
In diefer Blütenperiode der Zukunft wird fih das ftarfe Nationalgefühl mit
dem vollendeten Weltbewußtſein im Idealbegriff der Mahrheit zur leuchtenden
Sternenfrone über den Häuptern einer glüdlihen Nadwelt vereinen! — —
Hauptwerk.
— — — — — — Du wünfdeh unfterblid zu leben?
Leb’ im Ganzen! Wenn Du lange dahin bift, es bleibt.
Schiller.
Um Gottes eigne Glorie zu ſchweben,
Vermag die Runſt allein und dark es wagen,
Und weſſen Herz Vollendetem geſchlagen,
Dem hat der Himmel weiter nichts zu geben!
Platen.
U.
Abegg, Georg Friedrich Heinr., wurde |
am 19. März 1826 in Königsberg als
der Sohn des berühmten Striminaliften
Heinr. A., Verfafler des befannten „Lehr:
buches der Straf-Rechtswiſſenſchaft“, ges
boren. Nachdem er das Gymnaſium in
Breslau abjolviert, ftudierte er 1844—48
in Breslau und Heidelberg Mebdicin. Er
wurde 1863 Lehrer an der fönigl. Heb—
ammenlehranjtalt zu Danzig, deren Diref:
tor 1866. Er pflegte bejonders Kinderheil:
funde und Gynäkologie und wird auf die
ſen Gebieten als Autorität anerfannt. Im
Jahre 1872 erhielt er den Titel eines Ge—
heimen Sanitätsrats, 1878 wurde er
Dedicinalrat im Dtedicinalkollegium von
Weftpreußen.
Außer zahlreichen, in Fachzeitſchriften zerz |
ftreuten Abhandlungen verfahte er: Bericht über
die königl. Hebammentehranitalt zu Danzig 1819
bis 68 (1869), „Zur Geburtshülfe und Gynä—
kologie“ (1868, 1873 u. 1882) w.
Abicht, Carl Ernit, geb. 8. April
1831 zu Elausthal a./Harz, jtudierte Phi—
lologie zu Göttingen, mwirfte zuerit als
Lehrer an den Gymnaſien zu Nüneburg,
Emden, wurde darauf als Profeſſor nad)
Schulpforta berufen und 1570 zum Dis
reftor des Gymnaſiums zu Oels ernannt.
Er iſt Berfaffer einer erflärenden Ausgabe
des Geichichtsichreibers Herodot, die 1886 in 4.
Auflage erichienen ift; 1869 gab er eine fritiiche
Yusgabe dieles Hijtorifers heraus. Ferner bearbei-
tete er eine erflärende Ausgabe des Arrian und
ipäter eine fritiiche Ausgabe deſſelben Geichicht3:
ſchreibers. Daneben find zahlreiche Programme
und Abhandlungen, welche über Derodot und
Arrian handeln, in willenichaftlichen Zeitſchrif—
ten (im Philologus, in der Berl. philolog. Wochen:
Das literariibe Deutichland.
Ichrift u. a.) veröffentlicht. Darunter verdient
' Hervorhebung die commentatio de codieibus He-
rodoti recte nestimandis, 1869. Wuc auf ge:
Ichichtlihem Gebiet ift derſelbe thätig gemelen;
er bearbeitete die neueren Auflagen der Ditt-
mar'ſchen Geſchichtswerke (insbeſondere der deut:
ſchen Geſchichte).
| Ackermann, Karl, geb. 2. März
1841 zu Fulda, befuchte von 135 1— 1860
das Gymnaſium feiner Bateritadt, ſtu—
dierte dann auf den Univerfitäten zu
Marburg und München -zuerit Dtedicin,
dann Mathematik und Naturwiſſen—
ſchaften. Er erwarb fih die facultas
'docendi in der Mathematik, den eracten
‚und den beichreibenden Naturwiſſenſchaf—
‚ten, daneben die in den beiden alten klaſ—
ſiſchen Spraden. Seine Lehrthätigfeit be>
gann er am Gymnaſium zu Fulda. Er
wirft jet (1887) als Oberlehrer in Kaſſel.
Werfe: Über die Guldin'ſche Negel; Die Käfer;
Bibliot, hassiaca; Bibliot. paedag.
Adami, Friedrich (Paul Frohberg),
wurde in Suhl am 18. October 1816
geb., widmete fi) nad) Abjolv. der Schule
dem Studium der Medicin, ging jedoch
‚bald zur Vhilofophie über. Nachdem A.
ſich durch die Herausgabe des ſ. Zt. viel
'gelefenen Almanachs Sonnenblumen und
dur) eine Neihe von Dramen:
Ein ehrlicher Mann, der Aufitand in Barce:
Ilona, Prinz und Apothefer oder Der legte Stuart,
Tauiend Aengite um Nichts, Der Doppelgänger,
Ein deutfcher Leinweber ıc.
bereits einen Namen gemacht, erichien ein
berühmtes Werf Luife, Königin von Breus
‚Ben, das dem Autor außerordentliche Anz
‚erfennung und Auszeichnungen eintrug.
Seit 1849 wirft N. in der Redaktion der
„Neuen Preußiihen Zeitung“.
1
2
Adelmann. Adler.
Außer den genannten Werken verfahte A. noch | anftalten (1880). Beide Lehrbücher find von der
eine Anzahl Novellen, indem er beſonders fein | Kritif in der Hauptfadhe ſehr günftig beurteilt
Augenmerk auf die hiſtoriſche Novelle richtete: | worden. Einzelne voltswirtichaftliche Auffäge von
Aus den Tagen zweier Könige, Große und Heine | ihm find im verfchiedenen Beitungen, Schulpro-
Welt, Fürft und Burgmann, Aus Friedrichs des grammen und eitjchriften erfäjienen. An den
Gr. Beit ıc.
Adelmann, Margarethe. Da alle
geitorben, die mir nahe genug geftanden,
um biographiſche Notizen von mir geben
zu können, fo will ich, obgleich fo alt und
bejonders jeit leter Zeit jehr leidend,
doch einige Notizen niederfchreiben:
IH bin geb. zu Würzburg 1811, am
3. November, und noch daſelbſt lebend.
Angeborene Talente und ein fteter Drang
fie auszubilden und nutzbar zu machen,
bei bejtändig auftretenden äußeren Hinder:
niſſen. Da ich mit acht Jahren meinen
Vater verloren, die Mutter Witwe mit
jehr jpärlihen Einnahmen, der Sohn ſtu—
dierend — die Hauptperjon in der Fa:
milie. — Auch fpäter war das Leben ftets
bemüht, mir jeine Schattenfeiten zuzu—
wenden, doch nicht vermögend, für lange
den friichen Sinn zu fniden und die rege
Teilnahme an den großen Ereigniffen
und Errungenſchaften der langen von mir
durchlebten Zeit abzuſchwächen. — Von
Anno 11 bis 87.
In Drud erſchienen: (1844) ein Bändchen Ge-
dichte, ſpäter häufige Beiträge für die Mnemo—
ſyne. Erinnerungen an Kiffingen (Gedichte 1864).
Adler, A., geb. den 10. Juni 1850
in Schwebheim bei Schweinfurt, Bayern,
bejtand 1870 in München an der tgl. po:
lytechniſchen Hochſchule die Prüfung für
das Handelslehramt, wurde hierauf an der
fgl. bayr. Gewerbichule zu Ajchaffenburg
als Lehrer angeftellt und 1873 an die |f
öffentliche Handelslehranftalt in Leipzig
berufen. Die philofophiiche Doftorwürde
erlangte er auf der Univerfität Leipzig.
Seine aud im Buchhandel erichienene
Promotionsichrift behandelte das Thema:
Ricardo und Garen in ihren Anfichten über
die Srundrente. Seitdem find von ihm
erſchienen:
Leitfaden für den Unterricht in der Handels:
Conrad'ſchen Jahrbüdern für Nationalötonomie
und Statiftif arbeitet A. als Kritiker jocialpoli-
tiſcher Schriften mit.
Adler, Friedrich, wurde am 15. Ok
tober 1827 zu Berlin geboren, bezog
nad) Abjolv. der Schule die Bauafademie
in Berlin und arbeitete praftifch unter
Stüler, unter dejien Oberleitung er 1854
bis 1857 die Bartholomäusfirche zu Ber
lin erbaute. Als Anerkennung feiner
Zeiftungen bei diefem Bau wurde er als
Lehrer an die Berliner Bauakademie bes
rufen und jpäter als Profeſſor daſelbſt
angeftellt, wo er bis 1877 wirkte, in
welchem Jahr das Minifterium der öffent-
lihen Arbeiten ihn als Geheim. Baurat
und vortragenden Nat berief, um ſpeciell
das Kirchenbauweſen als Dezernent zu
leiten. Im felben Jahr wurde er -
Mitglied der Akademie zu Berlin,
darauf auch zu Wien und Petersburg
erwählt. A. that fich befonders im
Kirchenbau hervor (Chriſtuskirche u. Tho⸗
‚masfirhe Berlin 1863 1868; Elifa-
bethlirche zu Wilhelmshaven 1869— 1872;
Paulsfirche zu Bromberg 1874—1879),
Außer zahlreichen Abhandlungen in geitfchriften
ſchrieb er: Mittelalterliche Baditeinbamwerke des
preuß. Staates (1859), Baugeſchichtliche Forſchun⸗
gen in Deuticland (1870), Ausgeführte Baus
werfe (1872), Die Ausgrabungen von Olympia
(mit Curtius), Die Baugefchichte von Berlin,
Schlüters Leben und Werke ıc,
Adlersfeld, Frau v., fiche Valle:
trem.
Adolf, 2., fiche Laſſon, Ad.
Aelſchker, Edmund, wurde am 27.
März 1841 als Sohn eines Goldarbei—
ters zu Bielig geboren. Nachdem er die
Hauptſchule“ jeiner Vaterſtadt befucht
hatte, fam cr an das Gymnafium zu
Teſchen, an dem er auch die Maturitätg-
‚prüfung ablegte (1860), um fobann die
wiſſenſchaft (1879). Leitfaden der Volkswirt: Univerfität Wien zu beziehen. An der
ſchaftslehre zum Gebrauche an höheren Fachlehr- philoſoph. Facultät diefer Hochſchule wid:
* Auer, Fr.u.d.,seoh TI
—
Ahlborn. 3
mete er ſich vorzugsweiſe hiſtoriſchen, geo-
graph. und germaniſtiſchen Studien und
übernahm nach Vollendung des afademi-
ihen Trienniums zunächſt eine Erzieher:
ftelle in einem angejehenen Wiener Bür—
gerhaufe. Im J. 1869 erwarb er fich die
Lehrbefähigung für Geichichte und Geo:
graphie, im folgenden I. auch jene für das
deutſche Sprachfach an Oberrealichulen.
Als Suppfent für diefe Fächer wirfte
Aelſchker im Schuljahre 1869/70 an der
Schottenfelder k. k. Oberrealichule in Wien |
und erhielt dann eine Zehritelle an der
Staats-Oberrealfchule in Klagenfurt. An |
dieſer Mittelfchule wirkt Aelſchker noch |
heutigen Tages als Profeflor. |
Seine literarifche Thätigfeit begann er mit zwei |
Auffägen germaniftiihen Inhaltes in dem Pro: |
der Klagenfurter Realihule: Über deutiche |
ofitionen (1871) und Über Schiller drama: |
Fragmente’(1872). Hieran reihte jich eine |
große Anzahl biftorischer, geographiicher und ger:
maniftiicher Aufjäge, die in verichiedenen Zeit: |
fhriften Aufnahme fanden, jo 5. B.: Die Genen: |
ormation in Kärnten (Boltsfalender1873), Der |
See, Der Ulrihäberg, Birunum (Heimat
1877, 1881, 1882) u. a. Für Hölders hiſtor.
YJugendbibliothet ſchrieb Aelſchler: Maria Therefia
vor ihrer Thronbeiteigung und Maria Therefia im
Erbfolgefriege (1877, 1879). Eine Monographie:
Das edictiner-Stift St. Paul in Kärnten
lieferte er 1880. Mit befonderer Vorliebe wandte
ſich Welichker eingehenden Studien über die Ge:
fchichte feiner neuen Heimat zu, und als Frucht
derfelben erichien fein zweibändiges Werk: Ge:
ſchichte Kärntend von der Urzeit bis zur Gegen:
wart, mit befonderer Rüdficht auf Culturverhält-
niſſe (1885) — die erfte vollftändige Geſchichte
diejes Schönen Alpenlandes, die, bei allem willens
ſchaftlichen Ernſte durch gelättige Daritellungs»
weiſe ausgezeichnet, weite Verbreitung fand. Im
J. 1887 gab Aelſchker gemeinſchaftlich mit Joſ.
Palla die erſte, den Forderungen der Gegenwart
entſprechende Heimatskunde des Herzogthums Kärn⸗
ten heraus, ein Werk, das, vorzugsweiſe für die
Lehrerichaft und die übrigen gebildeten Kreiſe des
Sandes berechnet, ein ſehr jchätbares Handbuch
geworden ift und wegen der vielfadh neuen und
zwedentiprechenden Behandlung des Stoffes viel
Lob geerntet hat.
Ahlborn, Luije (2. Haidheim), geb.
Jaeger, wurde am 14. Mai 1834 zu Melle
bei Osnabrüd geboren. Ihr Vater, ein
hannöverjcher Jujtizbeamter, leitete jelbjt
| Philologen 4. geboren.
Ahlwardt.
mit Hülfe von Hauslchrern den Unterricht
dc8 talentvollen Kindes. Schon als ganz
junges Mädchen fühlte Luiſe A. einen uns
wibderjtehlichen Drang zum Dichten und
Fabulieren in fih, dem aber größere
Sachen erjt fpäter, in reiferen Jahren ent-
Iprangen. 1855 vermählte fie ſich mit
dem Gutsbefiger Oberamtmann Ahlborn
zu glüdlicher Che, die jedoch der Tod zer:
riß. Als Witwe fiedelte fie nad) Hanno—
ver über.
Dauptmwerfe (Romane): Im Geift und in der
Wahrheit, Elijab. v. Brandenburg, Das ſchlimme
Jahr, Die Familie Braunau, Im tiefen Forft,
Philipp von Ortwalde und Schloß Favorite.
Ahlwardt, Theod. Wilhelm, wurde
am 4. Juli 1828 zu Greifswald als
der Sohn des durch feine vorzüglicdhen
Überjegungen der griehiihen Dichter
Pindar, Theofrit 2c. berühmt gewordenen
Er jtudierie
1846—1850 zu Göttingen und Greifs—
wald und widmete fich befonders dem
Studium der orientaliihen, bejonders
femitiihen Spraden und der arabiſchen
Handidriften, für deren Kenntnisnahme
die Bibliothek zu Paris ihm günſtigſte
Gelegenheit gab. Im Jahre 1861 wurde
er zum ord. Profeſſor der morgenländis
Ihen Spraden an die Univerfität zu
Greifswald berufen.
N. gilt als eine der hervorragenditen Autos
ritäten auf dem Felde der altarabiihen Poeſie,
feine Ausgaben der Hajfide des Chalef elahmar, des
Diwans des Abu Nowas und der Dimane der ſechs
altarabiichen Dichter ꝛc. gelten als die beften,
die überhaupt eriftieren. Ebenſo wird jein Hand»
Ihriftenfatalog „Verzeichnis arabiiher Hand»
Schriften der füngl. Bibl. Berlin aus den Ges
bieten der Poeſie, Schönen Literatur, Ziteraturs
geihichte und Biographif” (1571) gerühmt.
Ahrens, Jürgen Friedr., wurde am
2. Oftober 1834 in Sarlhufen (Holjt.)
geboren, widmete fid) dem Lehrerberuf
(Scullehrerjeminar zu Segeberg 1854
bis 1857). Als Hülfslehrer in Seges
berg angejtellt, lernte er hier eine Reihe
hervorragender Lehrkräfte kennen, nad)
denen er Sich bildete. Von dort aus
nahm er eine Stelle als Hauslehrer in
1*
Albers.
Naftorf an. 1861 wurde er
Itzehoe, 69 Hauptlehrer in Brunswin-Kiel,
hörte in feinen Mußeſtunden Borlejungen
an der Univerfität. namentlich Sejchichte
(bei Brof. Uſinger), Literaturgeih. (Prof.
K. Weinhold), Hunitgeih. (Brof. Thau—
low); wurde 71 Hauptlehrer an der IL,
78 an der I. Bürgerichule und 1880 |
Direktor der Gewerbeichule, bie jchon jeit
73 von ihm im Nebenamt mitverwaltet
worden war, Er jchrieb:
Graf Adolf IV oder Vergangenheit und Ge:
genwart (Epos 1865), Feldblom (Plattdeutſche
Ged. 1872), Lehr: und Leſebuch für Fach: und
Fortbildungsihulen (1881), Die gewerbliche Er:
ziehung in Vergangenheit und Gegenwart (1885),
lihen Entwidelungsgange (1886),
fertigfeitsunterricht (gefrönte PBreisarbeit 1886).
Albers, Joh. Heinrich, geb. am 3. Oft.
1840 zu Meldorf in Holjtein, jtudierte auf
dem Akademiihen Gymnaſium zu Ham:
burg und den Univerfitäten Noitod und
Straßburg i./E. Philologie und Geſchichte
und widmete ſich Dem Lehrfach. Nach länge:
rem Aufenthalt in England und Rußland
leitete er im Hannöverſchen ein Privat:
injtitut, trat aber fpäter (1874) in den
höheren Schtildienit Elſaß-Lothringens und
ut 3. 3. Oberlehrer an der Kailerl. Neal:
ichule zu Deep.
Derfelbe gab heraus: Poetiſcher Hausihat
(Gedichtiammlung 1869), Die Erziehung Kaiſer
Heinrich's III. in ihrer Bedeutung für die ſtaat—
liche und Firchliche Entwidelung des 11. Jahr—
hunderts (Differtation 1870), Lehre vom Teufel
(Preisichrift 1875), Deutiche Götter: und Helden:
fage (1878), König Dagobertsſage im Elſaß und
der Pfalz (1884), Chriſtl. Feſte (1879). Außer—
dem zahlreiche wiſſenſchaftl. Aufläge in zeit:
ichriften und Tagesblättern. Hat jih in den
legten Jahren vorzugsweile mit elſäſſiſcher Ge:
ſchichte beichäftigt und diejelbe in populärer Weile
in reichsländiſchen Zeitichriften behandelt.
Albert, Mih. ch bin geboren am
21. Oftober 1836 zu Trappold, einem
anjehnlichen ſächſ. Dorfe in der Nähe
der Stadt Schäpburg in Siebenbürgen.
Meine Eltern waren wohlhabende Yand-
leute und hatten für mic, einen zarten,
lebhaften Knaben, ſchon frühe einen geis
Lehrer in!
Albert.
ftigen Beruf in Ausficht genommen. Ueber
den Unterricht in der Dorfichule wuchs
ih raih hinaus. Elf Jahre alt fam
id in die Lateinſchule in Schäßburg.
Ich lernte freudig, aber die Revolutions:
jtürme der Jahre 1848, 1849 unter:
braden das Schulleben mit langen Baus
jen. Wir Knaben ſprangen mit leichtem
Sinn dur all die blutigen Wirren und
ergögten uns an dem bunten Wechſel. So
hörten wir 1849 den Kanonendonner der
wüthenden Schlacht bei Schäßburg, in
der Petöfi verſchwand, der heute ſo gefei—
erte Freiheitsſänger der Magyaren. Frühe
ſchon zog mich meine Natur unwiderſteh—
Die Reform des Kunſtgewerbes in ihrem geſchicht-
Der Hand: |
li zu poetiihem Fühlen und Sinnen, jo
daß ih in Gefahr gerieth, ein Träumer
‚und Phantaft zu werden, nur mein raſt—
[08 angefachtes Vorwärtsjtreben rettete
mich davor, und unjere ftrenge Disciplin
führte mi) dem realen Leben wieder zu.
1857 abjolvierte ich die Schule und bezog
die Hochichule zu Jena, um mich dort für
das Lehr: und Pfarramt vorzubereiten.
Ich wurde Mitglied der Burichenichaft
Teutonia — all das Neue hier wirkte
anregend auf mich ein, die gemeinfamen
jtudentiihen Ausflüge, die ſchwungvollen
Vorträge Cuno Fiihers zogen mid) mächtig
an, ein freifinniger, willenichaftlicher
Heift war es, den wir auch in der Theo:
logie einathineten: über Allem waltete
auf diefem Boden die große literarhijto:
riihe Erinnerung. 1858 ging ich zu der
Univerfität Berlin über, um hier haupt:
ſächlich Ziteraturgeichichte zu jtudieren. Ein
Jahr darauf vertauichte ich Berlin mit
Wien. 1860 kehrte ich in die Heimat zus
rüd. Bald erhielt ich eine Anjtellung als
Gymnaſiallehrer in Biltriß, dann 1861
in Schähburg, wo id) durch Vereheliyung
1863 meinen Hausjtand gründete. So
ſchwer mir erjt der Xehrerberuf und das
damit verbundene Leben erichien, habe ich
doc) ftets darin meinen wahren Beruf
erfannt.
Meine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit ſtand mit
dieſem Berufe im beiten geiſtigen Einklange.
5
Alberti.
Vom Anfang der 60er Jahre erichienen bis
in die jüngfte Zeit herauf von mir eine Reihe
von Gedichten meift vaterläntiichen Inhalts in |
Zeitſchriften, eberjo viele Aritifen und fFeuille: |
tons. Außerdem erjchienen folgende Novellen:
Herr Lucas Seiler 11861), Die Dorfidule
11866), Das Haus eincd Bürgers (1868), Traus
gott (1874) 2e. ꝛc. Dramatilche Arbeiten: Die
Flanderer am Alt (1883), Hartenad (1886). Auch
verfahite ich einige wiſſenſchaftl. Abhandlg. zur
Siebenbürg. Literaturgeſchichte.
Alberti, Eduard Ehriftian Scharlau,
geb. den 11. März 1827 in Friedrich—
fadt; fein Vater gl. Ns. Stadt: und
Gerichtsichout dal. (aeb. 3. Oct. 1783
in Prenzlau, ftarb 26. December 1859
in Kiel); feine Mutter Maria geb. Haude
(geb. 28. Eept. 1783 in Friedericia); be:
ſuchte die Stadtſchulen in Friedrichjtadt,
von 1841 — 1844 diejenige unter dem Ref:
tor 8. 2. Biernagfi, lernte 1844 bis
1848 Oftern den Buchdruck; ging Oſtern
1848 bis dahin 1850 in die Prima der
Huſumer Gelehrtenſchule, Rector Schütt,
itubierte Philologie in Kiel von Oſtern
1850 bis dahin 1854 (Lehrer vorwie:
gend Nigich und Forhhammer), war 3
Jahre ordentl. Mitglied des philologiichen
Seminars und drei Mal glüdliher Con:
current um das Schafftanum, beftand um
Ditern 1854 das Schulamts-Eramen, war |
von Oſtern 1854 bis dahin 1856 Haus:
lehrer beim Grafen Magnus v. Moltfe
auf Grünholz in Schwanfen und ſpäter
in Horn bei Hamburg, promovierte zur,
philojophiihen Doctorwürde im Juli
1856, hielt fih im Sommer 1857 drei
Monate in Kopenhagen auf, habilitierte
fih in Kiel um Mic. 1857 als Privatdo-
zent, auch Euftos der 2. Univerfitätsbi-
bliothef. Scrieb:
Zur Dialektik des Platon. Vom Theätet bis
Barmenided. Des M. Fabius Quintilian
zur Redekunſt. 10. Bud. Lateiniſch
und deutich mit Fritifchen Noten und erläutern:
den Anmerkungen. Plutarchs QTimoleon und
Aemilius, Griehiih und deutſch mit
Moten und erflärenden Anmerkungen.
Die über Geift und Ordnung der Bla:
—5* Schriften, beleuchtet aus Ariſtoteles.
el Treu (Erz), Hüben und drüben (Erz.),
Greichen (Ery.) zc. 10. Gab heraus: Lexikon der |
Alberti.
ſchleswig-⸗holſt. Schriftfteller von 1829— 1865 und
Supplement dazu bis 1882.
Alberti, Sophie, geb. Mödinger, (S.
Verena), wurde am 5. Auguit 1826 zu
Potsdam geboren. Ihre talentvolle Bega—
bung erhielt in dem Vaterhauſe, in wel:
chem Sinn und Gefhmad für alles Edle
und Echöne waltete, die Mufif ganz be—
jonders in edeliter Weile geübt wurde,
Stoff und Nahrung. Alle Kinder der
hochgeachteten, verdienitvollen Eltern was
‚ren nad der poetiichen Seite hin begabt,
die beiden jüngiten, ein Bruder und So:
phie, in hervorragender Weile. Schon
ganz früh entfaltete ſich das ſchöpferiſche
Talent des fleinen Mädchens, im Alter
von 7 Jahren entjtand ihr erjtes Gedicht,
im 9. Jahre ein Luftipiel und im 13.
eine Novelle in franzöfiiher Sprache.
Dur die Familie wurde das Talent
der jungen Dichterin nicht unterftügt, weil
man meinte, des Mittelmäßigen gebe es
genug in der Welt. Dies wirkte entmus
thigend, und ein langes Schweigen, ver:
mehrt durd) förperliches Leiden, trat ein.
Dann aber ließ der Schaffensdrang fich
nicht mehr hemmen, brad) ſich Bahn aus
innerer Notbhwendigfeit. Daß nicht Eitel-
feit der Leitjtern war, zeigt die durch fo
viele Jahre mit ängitlihem Eifer ge—
wahrte Anonymität. — 1870 ſtarb ihr
Gatte (Schulrath) nach kurzer, aber jehr
glüdliher Ehe. Nach feinem Tode blieb
©. N. in Potsdam, wo fie nur ihrem
literarifhen Schaffen lebt.
Außer einer zahlreihen Menge von Beiträgen
in belletr, Zeitichr. erſchienen von ihr: Elfe (Nov.),
Ein Sohn de3 Südens (Rom.), In der Weihr
nachtszeit (Erz.), Photographien des Herzens
Gov.), Ueber Alles die Pflicht (Rom.), Aus allen
Kreilen (Nov.), Aus der Penſion, Altes und Neues
(Nov.), Bon allen Zweigen (Anthol.) 2c.; außer:
dem eine Reihe höchſt anerfannter Ueberſetzungen
aus dem Englifchen.
Alboth, Joh. In dem an origin.
Typen reichen Erzgebirge wurde id am
23. November 1861 in Joahimsthal ges
boren. Nachdem ic die Volksſchule in
Joachimsthal bejucht, ſchickten mic) meine
Eltern mit 15 Jahren nad) Prag, „um
Albrecht.
6
Alfred.
auch einen Lehrer zu haben,” denn die Lübeck und bezog fodann die Univerfität
ehrfamen Bürger meiner Vaterftabt brü-
fteten fih damals nidht wenig mit ihren
„Lehrerſöhnen“. ch wollte zwar ftudies
ren, aber mir war die Volfsichullehrerei,
von der Volksichule her zuwider. Da:
rum las id Tag und Nacht nur lite
rariſche Werke, wozu mich die Vorträge
des ausgezeichneten Sermaniften Th. Thu:
pe nicht wenig aneiferten.
Im Mai 1879 madte ich eine Don
Leipzig, um Philologie zu ftudieren. 1870
promovierte er in Leipzig, beitand 1871
in Leipzig die Staatsprüfung für das
Lehramt, trat Anfang Octobers deſſelben
Jahres im Nicolaigymnaftum zu Leipzig
als Probefandidat ein und wurde 1872
an derjelben Anjtalt definitiv angeftellt,
Im Sommer 1872 erging an ihn die Auf-
forderung, ins Neichsland zu kommen,
und er befleidete bis 1574 an dem Gol-
Quijote-Fahrt nach Wien, um dort ganz | legium in Gebweiler die Stelle eines
der Literatur zu leben, aber ſchon nad) | ordentlichen Lehrers. In gleicher Eigen:
einigen Wochen fam ich aufs Aeußerſte | Schaft fodann an das Lyceum in Colmar
abgemagert bei einem Bekannten in Graz | verjegt, wurde er im Jahre 1577 zum
Oberlehrer ernannt und iſt als. folder
noch jegt an diejer Anſtalt thätig.
Seine wiljenihaftlihe Hauptbeihäftigung be;
fteht feit Mai 1877 in der Sammlung von
Urkunden behufs Herausgabe eines vorläufig bis
zum Jahre 1500 reihenden Urkundenbuches der
Herrſchaft Rappoltjtein. Daneben verfahte er
mehrere kleinere Abhandlungen: Beſuche deuticher
Könige und Kaifer in Colmar, Feſtrede zur eier
von Kaiſers Geburtstag 1878, Deutiche Könige
und Kaiſer in Colmar 1883, Die ältere Linie der
Rappoltiteiner 1896.
Alfred, T., fiche Bibra-Spehhardt.
Nllenfpach, Jo). Urban, wurde am
24. Mai 1864 zu Küsnacht am Zürichiee
als der Sohn ehrenwerther, aber armer
Eltern geboren, die nicht im Stande wa—
ren, dem Knaben eine höhere wiſſenſchaft—
liche Bildung, wie er fie erfehnte, zu ge:
ben, Sondern ihn von Kindheit an zum
Broterwerb anhalten mußten. In buntem
Wechſel ftridh dem Jüngling das Leben
dahin, bald jagte es ihn hinaus aus der
Heimat, nachdem er ohne Lujt und Er:
folg Hintereinander es fid als Zuder:
an. Hier wollte ich mich für die Uni-
verfität vorbereiten, aber ſchon im Juni
1881 hatte mich der Hunger doch zu ei—
nem Volksſchullehrer gemacht. Hamerling
und Nofegger zu jehen, war meine größte
Freude in diefen traurigen Tagen. Ich
wanderte hierauf nad) Böhmen zurüd und
erhielt eine Zehrerftelle im Dorfe Tifjau,
Bezirk Karlsbad, wo mir neuerdings ſeit
ſechs Jahren wöchentlich fechs Faſttage
beichieden find, weil ich die paar Tage:
löhnerkreuzer — To zahlt Böhmen feine
wirflihen Lehrer — zu meiner Fortbil-
dung verwende. |
Mein erftes Gedicht erihien am 2, December
1882 im „Deutichen Dichterheim“. Seit dieſer
Zeit habe ich in mander bedeutenden Zeitichrift
Deutichlands und Oeſterreichs Gedichte veröffent:
licht und hoffe demnächſt eine Gefammtausgabe
meiner Poeſien zu veranftalten. |
Albrecht, Karl Friedricd Hermann,
geb. zu Lübeck am 3. Januarl846. Nad:
dem er von feinem fünfzennten bis zwan—
zigiten Yebensjahre als Lehrer an der v. |
Großheim'ſchen Realſchule dafelbit thätig
gewejen und fid während diejer Zeit als
Autodidakt in den klaſſiſchen Sprachen ge:
nügend vorgebildet hatte, trat er 1866 als
Schüler in der Gymmafialprima des
Lübeder Katharineums ein, beftand die
Reifeprüfung und verließ 1867 das Gym:
nafium. Bis Michaelis 1867 vertrat er
aushülfsiweile die Stelle eines wiſſenſchaft⸗
lihen Hülfslehrers am Katharineum zu
bäcker, Tischler und Bankbeamter verſucht
hatte. Mit 17 Jahren ging A. nach
Amerika, wo er eine harte Schule durch—
zumachen hatte, durch die er geläutert und
welterfahren gemacht wurde, ſo daß er,
wieder in die Heimat zurückgekehrt, des
Stoffes genug aufgehäuft hatte, um ſei—
nem inneren Drange, das Erlebte nieder:
zufchreiben, nachzukommen. Er lebt jept
7
Allmers. Alfaticus,
in Züri als Erpedient einer großen öſterreich, im fog. Waldviertel, geboren
Zeitung. a verlor meine Eltern, namentlid) die
a a me kn Set
—— — — ahdem i as Nealgumnafium zu
Jahr in Amerifa, Getäufchte Weiberlift ıc. Weidhafen a. d. Theye obfofoiert 4
Allmers, Hermann, am 11. Febr. | trat ich nad) manderlei Verſuchen, Land:
1821 zu Rechtenfleth in der Ofterftader wirt zu werden, in die Lehrerbildungs-
Marsch unterhalb Bremen als ein Sproffe | anftalt in Krems über, worauf ih im
eines alten ſeit Jahrhunderten erbanges | Jahre 1850 in Wien eine fire Stellung als
jeffenen Friefengeihlehts. Auf den Communallehrer erhielt, welches Amt ich
Wunſch der Mutter, deren er in dem noch heute mit Luft und Liebe befleide.
weit und breit befannt gewordenen Ges | Nebenbei beichäftige ich mic) gerne, und
diht „In der Fremde” gedenft, widmete
A. ih der Landwirtihaft, der er erſt
nad) ihrem Tode wieder untreu wurde,
um feinen Geift und fein Willen fernab |
von der heimatlichen Scholle auf mannig=
fahen Reifen in Deutichland und Jtalien |
auszubilden und zu pflegen. Aber Die
iprihwörtlich gewordene Heimatsliebe der.
„DMarichenleute” trieb auch ihn ftets
wieder an den elterlihen Herd zurüd.
Hier entjtand zuerft das in vielen taufend
Eremplaren verbreitete „Marſchenbuch, Land: und
Bolfsbilder aus den Marichen der Weſer und
Elbe“ (1857). Bier verwertete er auch feine
genaue Kenntnis von Land und Leuten in Sta:
lien, das er freuz und quer bereift hatte, wovon
feine „Römiſchen Schlendertage” beredtes Zeugnis
ablegen.
Die ihm befreundeten Hiltorienmaler
| gendfünden:Regijter.
Otto Anille, H. v. Dörnberg und Arthur
Fitzer jhmüdten fein Haus mit Wand:
bildern, meiftens aus der Gejchichte der |
Menichen, die es zum Ziel mander kunſt-
finniger Wandrer machten. Unvermählt
lebt er hier mit einem Neffen als Letzter
feines alten Gefchlechts. |
Auch als Menſch fand A. Gelegenheit
in Fülle, ſich Hervorzuthun, und zwar
als Vogt und Vorftand feiner heimat-
lichen Gemeinde, die ihn innig verehrt.
und lange feiner gedenken wird. |
SYuber den genannten Werken erichien noch von |
% Elektra (Dram.), Die Pilege des Kunitgelans |
ges im deutichen Nordmweiten, Hauptmann Böje, |
ein deutfches Zeit: und Menfhenbild und ein
Bändchen lyriſcher Dichtungen. |
Allram, ol.
Februar 1360 zu Schrems in Nieder:
chen ich ſchon manden Tert
Ich wurde am 22.
zwar ſeit meinem 16. Jahre, auf lite—
rariſchem Gebiete und trachte namentlich
mit meinem geſunden Humor, den jeder
Waldviertler in den heimatlichen Wäl—
dern einſaugt, mir und vielleicht auch an—
deren das „biſſerl“ Leben angenehm zu
machen.
Meine größeren Werke gehören in das Ju—
In der Lyrik beſitze ich
gerade ſo viel Gefühl und Gemüth, daß eine
nicht zu große Familie damit reichen kann.
Meine Dialekt-Sachen haben mir den Namen
„Der Waldviertler:Sepp“ eingetragen, und
ein paar luſtige Einafter und Librettos wurden
viel belacht. Mein Stedenpferd jedoch iſt und
bleibt das „Feuilleton“, wovon ich in mehre:
ren Tagesblättern, ſowie in Journalen veröffent:
‚lichte, doch bleibe ich auch bier meinem humo—
riſtiſchen Prinzipe treu, Ich betheilige mid) aud)
lebhaft an der muſikaliſchen Humoriſtik und pflege
mit Eifer den deutichen Männergelang, für wel
geliefert habe.
Seit einiger Zeit bin ih auch Mit-Redakteur
eines humoriitiihen Wiener Boltsblattes, als wel:
her ich mich mehr um heitere Liederterte al3 um
das garftige Lied der Politik kümmere.
Alſatieus, jiche Nathgeber.
Alsleben, Julius, wurde am 24.
März 1832 zu Berlin geboren. Ur:
Iprünglicd) für das Studium der orienta=
lichen Sprachen beftimmt, beſuchte N.
die Univerfität feiner Waterftadt und
promovierte zum Doktor in Kiel, gab
jedoch feiner ungewöhnlichen muſikaliſchen
Begabung halber auf Anrathen Dehn’s
jeine erjt gefaßten Pläne auf und wid—
mete ſich der Mufif als PBianift, Schrift:
fteller und Theoretifer. Auf diefem Felde
hat er fich vielfach ausgezeichnet, bejon-
Alten.
ders durch fein Werk „Das mufitalifche
Lehramt”, dem mande Neuerungen im
mufifaliichen Unterricht, vor allem eine
bisher mangelnde Vertiefung, ein größerer
Ernjt und ein Aufhören der dilettanten:
haften Art des Lehrens zu danken: ift.
Auch als Vorfigender des Tonkünſtler—
Vereins in Berlin erwarb N. fich große
Verdienfte, ipeziell um die Hebung des
Schulgefangunterrichtes. A. iſt Mitar:
beiter fajt aller bejieren Diufifzeitungen,
aud rief er ein eigenes Blatt „Harmo—
nie” betitelt, ins Leben, das die Inter—
Wen der Tonfünjtlervereine und ihrer
Mitglieder vertrat, jeit 1879 aber auf:
gehört hat zu ericheinen. Gegenwärtig ift
A. Lehrer am fönigl. afademischen Snititut
für Kirchenmuſik, Geſanglehrer am Aska—
niſchen Gymnaſium und Organiſt an der
St. Lucas-Kirche. Als Ehrenämter beklei—
det er die eines ſtellpertretenden Mitgliedes
des fönigl. mufitaliihen Sachverftändigen:
vereins, eines Vorfisenden des Tonkünſt—
lerz, des Muſiklehrer- und des Organiften |
vereins. 1577 wurde er zum fönigl. Pro:
feſſor ernannt.
Alten, Frdr. Kurt von, am 6. Januar
1822 in Gr. Goltern bei Hannover gebo=
ren, der 5. Eohn des Oberhauptmanng
v. Alten auf Gr. Goltern. 1838 wurde er
Offizier im Königin-Qufaren:Regiment zu
Osnabrüd, 1847 trat er in oldenb. Hof:
dienjt. Erhielt die Verwaltung der Privat:
bibliothef (60000 Bd.) und Kupferftich-
ſammlung (30000 BL.), zu denen er die
Kataloge ſchrieb. 1855 wurde ihm die
Oberleitung der übrigen Kunſt- und wiſ—
ſenſchaftlichen Eammlungen ©. K. 9. des
Großherzogs übertragen, jchrieb die Ka-
taloge zu der Gemäldejammlung und der
Altertümerfammlung in Oldenburg, zu der
Bildnisſammlung in Eutin. 1874 er:
wählte man ihn zum Vorjigenden des Ol-
denburger Landes-Vereins für Altertums:
funde. Von feinen literariichen Arbeiten
find zu nennen:
Der Krieg in Schleswig-Holftein 1848. Nach
off. Quellen mit Karten und Plänen. 1850.
8
Altona.
| Graf Ehriftof v. Oldenburg und die Grafenfehde
(1533). Zur Erinnerung an Fr. W. Herzog von
Braunjchweig 1809. Cornelia Ploos v. Amftel.
1864. 4. J. Garftens. 1865. Dann zu den
Werfen von J. X. Carftens 1866. Georg Lud—
wig Herzog von Schleswig-Holftein-Gottorp. Ein
Beitrag zur Gefchichte des 18. Jahrhunderts. 1867.
Aus Tiſchbeins Leben und Briefwechiel, (Gnethe,
ı Herzogin Amalie.) 1872. Die Bohlwege (Römer:
| wege) im Herzogthum Oldenburg. 1879. Sachfen
Ipiegel (Codex piet. Oldenburg), herausgegeben
|von N. Lübben und F. v. Alten. 1879, ac, ae;
Altona, Heinr. d', fiehe Grabow.
Altſchul, Jakob, wurde am 14.
Februar 1843 in Böhmiſch-Leipa geboren,
‚abjolvierte dajelbft das Gymnaftum, ftu:
‚dierte dann an der Wiener Univerfität
‚die Rechte, erwarb 1871 den Doktortitel
‚und wandte ſich in der Folge der Ad:
vofatur zu. 1881 vermählte er fi) mit
der Wiener Hofopernfängerin Bertha
Steinher und lebt nur mehr feiner Fa-
milie und jeinem Berufe.
1874 erfchien von ibm „Der Geift des Hohen
Liedes, Geihichte, Kritit und Ueberfegung“ und
1876 in Wien die Dichtung „Nicht um eine
Krone!“
am Ende, Chrijtian Gottlob Ernit,
wurde 1519 am 24. Januar in Witten:
berg geboren, unterbrach eine philologische
Studienrichtung, um fi) dem Buchhandel
zu widmen und hatte von 1853— 70 ein
eigenes Geichäft in Dresden. Im Jahre
1574 wurde er als Bibliothekar an das
ftatiftiiche Bureau im ſächſ. Minifterium
des Innern berufen.
Verf. : Kornblumen (Ged.), Des Maurers Weihe
(Dichtg.), Julius Hammer (Biogr.), Feldmarſchall
am Ende, Der fgl. Große Garten bei Dresden
und andere biogr. und geidhichtl. Schriften.
AUm:Herd, Paul, wurde am 8. Mai
1325 zu Obergejteln, am Fuß der Grim-
'jel, geboren, fam als elfjähriger Anabe
ans Kantons-Kollegium von Brig und
ging behufs weiterer Ausbildung nad) Ita—
lien, Franfreid und Holland. Von 1849
wirkte er in der Nähe von Metz als Pro:
feilor der deutichen Sprade; aber fein Be-
ruf führte ihn bald nach Deutichland, wo
er zwölf Jahre lang dem Predigtamte ob-
‚lag und dabei halb Europa durchreifte. In
I
Amonn. 9
ähnliher Thätigfeit kehrte er 1863 in!
fein Vaterland zurüd und weilt gegenwär:
tig auf der weltberühmten Königin der
Berge, der Nigi, im bejcheidenen Kapu—
ziner-Hoſpiz, wo er feine legten Tage der
Scriftjtellerei widmet.
Unter den zahlreihen Schriften, die er heraus:
gab, mögen folgende genannt werden: Maria, die
Zröfterin der Betrübten, oder Geſchichte der Ber:
ehrung Mariä ald der Echugpatronin der Stabt
und des Landes Luremburg, quellenmäßig darge:
ſtelltz Denfwürdigfeiten von Ulrichen, ein Beitrag
zur Freiheitsgeſchichte der Schweiz; Thomas in
der Bünden oder ber Freiheitsftampf von Mal: |
lis, ein hiſtoriſches Drama; Sankt Franziskus,
ein romantiſches Epos in zwölf Liederkränzen;
Sankt Eliſabeth, eine Hymne in zwölf Harfen:
Hängen, ꝛc. ꝛc.
Amoun, Phil. Jak., iſt 1853 zu
Rentſch in Südtirol geboren (einem Dorfe
bei Bozen); er jtudierte am dortigen und
am Haller Gymnafium, darauf an der
Univerfität Innsbruck Germaniftif und
Philologie.
Er fchreibt germaniſtiſche und cultur-hiftorifche
Auffäge, zumeift über tirolifche Themata, tou—
riftiihe Feuilletons und Neifebefchreibungen,
Skizzen über tiroliihe Schlöfier zc. und gedenft
feine literariihen Arbeiten demnächſt in einem
Buche gefammelt herauszugeben.
Ammypntor, Gerh., fiehe D. v. Ger:
hardt.
Anacker, Hch. Ed. Herm. Am 27.
Juni 1826 zu Düben (Prov. Sachſen)
geboren. Bon 1844—48 ſtudierte ich in
Berlin Tierheilkunde. Auf Grund der ab»
jolvierten Eramina erfolgte meine Anitel:
lung als Kreistierarzt. Als joldher er:
hielt ich von Morbach aus (Kreis Bern-
fajtel) am 6. Febr. 1872 einen Auf als
Profeſſor der Ipeziellen Pathologie und
der pathologiihen Anatomie an die mit
der Univerfität verbundene Thierarznei-
Ichule zu Bern, nachdem id) 1869 von
der medicinifchen Fakultät zu Gießen zum
Doktor promoviert worden war. 1875
erhielt ich mein Anjtellungspatent als
Königl. Departements-Tierarzt für den
Regierungsbezirt Düffeldorf. 1880 er:
nonnte mid das Brofelloren-Kollegium
|
Anderegg.
bes Royal of Veterinary Surgeons zu
London zum Ehrenmitgliede diefes Kollege.
Seit 1862 gebe ich die Zeitichrift, „Der Tier:
arzt“ Heraus. Wiſſenſchaftliche Beiträge er:
ſchienen von mir im Magazin für Tierheiltunde,
in der landwirtidaftlihen Zeitung von Prof.
Fühling. in Schumacher's Jahrbuch der Land—
wirtſchaft, in den „Vorträgen für Tierärzte“ und
in „Der Tierarzt“. Die Berner Regierung ers
fannte mir den Preis für eine ausgefchriebene
Preisfhrift über Maul: und Klauenſeuche zu.
Seit 1885 bin ich Mitarbeiter an Koch's Ency:
clopädie der geſamten Tierheiltunde und Tier:
zucht in Wien. Als jelbftändige Werke er:
ſchienen von mir: Landwirtſchaftl. Tierlehre
und Tierheiltunde (in Gemeinſchaft mit Köhnte)
für Landwirte. 2. Aufl. 1880. Allgemeine Vieh:
aucht. 1874. Fütterungslehre der gröftern Haus:
tiere. 1874. Spezielle Rathologie und Therapie
für Tierärzte. 1879,
Anderegg, Felix, geb. den 23. Juni
1834 in NRöthenbad (bei Herzogenbud)-
jee, Kanton Bern), woſelbſt fein Vater
Lehrer war und nebenbei Landwirtichaft
betrieb. Er nahm im vorgerüdten Kna—
benalter dajelbft neben der Schule bei
dem nachherigen Seminarlehrer Spichiger
Privatunterricht, um fid) auf das Semi:
nar vorzubereiten, in das er 1850 ein:
trat. Nach 2jähriger Studienzeit im Se—
minar Münchenbuchfee (Bern) erhielt er
das Patent als Lehrer und wurde als
folder 1852 an die Stelle feines Vaters
nad) Röthenbach gewählt. Während des
Schulunterrihts fing er nım an, landmw.
Studien mit allem Fleiß obzuliegen;
machte in den Ferien einen landw. Kurs
auf der landw. Schule Rütti bei Bern,
unter Direktor Matti, und einen Flache:
baufurs unter Direktor Markwalder in
Mettingen im Auftrag der ökonomiſchen
Gejellihaft des Oberaargau’s. In diefer
Geſellſchaft hielt A. die erften öffentlichen
Vorträge über Landwirtichaft und in der
oberaaraauischen Lehrerkonferenz die erſten
naturwiſſenſchaftlichen. Bis 1866, vier:
zehn Jahre lang, wirkte er als Primar—
lehrer in feinem Geburtsorte Röthenbad).
Bon 1866— 74 befleidete er das Amt
eines Lehrers und Dfonoms bei Moſer
& Co. in Herzogenbuchjee. Hier hatte er
Anderegg.
10
Anders.
viel freie Zeit, in welcher er fi) nun aus: | gegründete volfsw. Blatt für Graubünden, von
Schließlich dem naturwiljenichaftl. Studium
widmete. Die öfon. Gejellihaft ernannte
ihn zum Sekretär. Er gründete die erite
jchweizerifche landw. Fortbildungsfchule in |
Wanzwyl, leitete diejelbe bis 1874, errich⸗
tete landw. Kurſe, bielt zahlreiche Vor—
träge, gründete die Wochengeſellſchaft in
Wanzwyl, hielt Vorträge für Frauen
über Gemüſe- und Gartenbau, veröffent:
lichte viele landw. Aufläße, namentlich über
Bodenverbeiferung, Objtbau, Thierſchutz
2c. %., gründete die Viehverficherungs:
gelellihaft Wanzwyl und Umgebung, deren
toitp * $ 72,
Seite ee 5 Sahte fang wor. Dom 1874 mit Eifer den häuslichen Pflichten. Privat:
bis 1874 war er Mitleiter der landw.
Winterkurſe in Burgdorf. 1874 erhielt
A. einen Ruf als Lehrer der landw, Ab: |
teilung an der Kantonsschule des Kantons
Graubünden in Chur. Ein ungemein
reiches Feld bot jih ihm in dem Bünd—
nerlande. Ganz bejondere Verdienjte hat
fih A. auch durch fein Wirken als fan:
tonaler Wanderlehrer erworben. 1883
wurde er zum Seneraljefretär des jchweiz.
landw. Vereins, deiien Hauptbureau in,
Bern ſich befindet, gewählt. Fünfzehn
chrenvolle Auszeichnungen find dem rajt-
lojen Förderer des Landbaues, der Alp:
wirtſchaft, der Viehzucht 2c. 2c. zuerkannt.
Bon den 65 Schriften, welche er bis jebt |
herausgegeben, find die wichtigften: Landw. Bud:
vollendete.
geiſtvollen älteren Manne, deſſen Einfluß
führung, im Auftrage des ſchweiz. landw. Ver—
eins bearbeitet, 1873; Anleitung zur Gründung,
Einrihtung und Verwaltung von Orts-Viehver—
ſicherungs⸗Geſellſchaften nach dem Grundfat; der
GSegenfeitigfeit, 1879; Der rationelle Wiefenbau
in Gebirgsgegenden, 1879; Der Tabafbau in
der Schweiz, 1880; Eine Reife durd die Bünd—
ner:Alpen, 1881; Landw. Geſpräche (1. Teil); |
Der naturkundliche Unterricht in der Vollsſchule,
1885; Das NRindvieh der Schweiz, ftatiftifch-
landıw. Atlas der Schweiz, 6 Karten, 1882; Die
Abftammung des rhätiihen Viehs, 1882; En: |
quäte über die ſchweiz. Landwirtichaft, 1883;
Die Handelöpflanzen auf der Landesausftellung
in Bürih, 1888; Die Bewirtihaftung der
Bündneralpen, 1883; Die Obftverwertung in der
Schweiz, 1854; Die jchweiz. Landwirtichaft in |
ihrem intenfiveren Betriebe, 1885; Der Gemüſe⸗
bau, 1886; Die Schweizerziegen, 1887, zc. x.
1883—87 die Schweiz. landw. Zeitichrift, von
Joh. 1878 an zugleih auch die Schweiz. Mil:
induftrie, von 1852—87 den Schweiz. Bauern:
falender.
Anders, N. J., fiche N. Jakob.
AUndreae, Sophie Friederike, wurde
geboren den 15. März 1840 als Altejte
von 9 Geſchwiſtern auf einer beffischen
Staatsdomäne bei Frankfurt a. M., ge:
noß bis zum 13. Jahr häuslichen Unter:
richt durch Erzieherinnen, beſuchte dann
etlidhe Jabre, bei der Großmutter woh—
nend, die Mufterichule in Frankfurt. Ins
Elternhaus zurücgefehrt, widmete fie ſich
jtudien, Lektüre, eine lebhafte Korreſpon—
denz füllten die Freiftunden und verfürzten
die langen Winterabende eines Yandlebens
ohne jede Gejelligkeit; dazwiſchen kamen
Reiſen nah Frankfurt zur Großmutter,
welche den Beſuch der Enkelin jehr liebte.
Nahdem im Lauf der Jahre die 3 Brü:
der ausgeflogen, 2 Schweſtern verheiratet
und die jüngjte ſehr jung geftorben war,
auch jonjtige ſchwere Schidjale die Fa—
milie heimgelucht hatten, vertauſchte man
das Land mit einer fl. Univerfitätsjtadt,
wo ein jüngerer Bruder feine Studien
Die Befanntichaft mit einem
tief in ihr Leben eingriff, wurde in der
Folge die indirefte Veranlaſſung zu F.'s
ſchriftſtelleriſcher Thätigkeit. Dem erſten
Verſuch 1877, von mahgebender Seite
ermutigend beurteilt, folgten raſch eine
Reihe liter. Arbeiten, meift Jugend—
und BVolfs-Erzählungen, wovon mehrere
in Buchform, die meiften jedoch in Zeit-
ſchriften erjchienen find.
Hauptwerfe: Camilla, Im Hinterhaus, Der
Muhme Erbitüd, Dunkle Gotteöwege, Ein Ges
Ihwiiterpaar, Eva, Scweiter Barbara (Er—
zäblungen),; Stille Stunden für die Baffionszeit,
Bearbeitung nad Rambad). *
Andree, Rich., wurde am 26. Fer
bruar 1835 als der Sohn des weit und
breit befannt gewordenen Geographen
Ferner redigierte er von 1876—83 das von ihm Karl Theodor U. zu Braunichweig ge:
.—
Andrejanoff.
boren. Nach Abfolv. der Schule widmete
er fih dem Studium der Naturwiſſen-
ſchaft (Leipzig). Zur Zeit der nationalen |
Kämpfe zwiſchen Deutihen und Czechen
1859 ging A. nad) Böhmen. Aus dem
regen Intereſſe A.'s an den deutich-Ila-
vishen Beziehungen und jenen Wirren
entiprangen jpäter eine Reihe von et):
nographifch-fulturgeihichtlihen Schriften:
Tſchechiſche Gänge (1872), Das Sprachgebiet der
Saufiger Wenden mit ethnographiſcher Karte
43
Andrefen.
Requiem, 3. Licht, Chopin, Dichtg., Elfenbraut:
fahrt ꝛc.
Audrejen, Karl Guſtav, wurde am
1. Juni 1813 zu Ueterſen (Holitein) ge:
boren, widmete ſich dem Studium der
alten Sprachen in Kiel. Nach beendeten
Studien wurde er als Gumnaftallehrer
in Altona angeftellt, gab fein Amt jedoch
‚auf, um fich als Privatdozent in Bonn
(1873), Wendiihe MWanderitudien, zur Kunde |
der Zaufit und der Sorbenwenden (1873). Am
Jahre 1864 bereifte A. Schottland, um
befonders das keltiſche Element der Be-
völferung zu ftubieren, daſelbſt entjtand
das befannte Werk Vom Tweed zur Pent:
landföhrde (1866).
Die allgemeine Aner:
fennung, welche diejes Werk feitens der
berufenen Kreiſe fand, veranlaßte A,
fh nun ganz der Geographie und Ethno—
graphie zu widmen.
Außer einer großen Zahl von Aufjägen in
den einfchläg. Zeitichriften jchrieb er: Ethnoar.
Barallelen und Bergleihe (1878), Zur Bolfs:
funde der Juden (1881), Die Metalle bei den
Naturvölfern (1884), Die Anthropophagie (1887)
ꝛc. Außerdem gab er gemeinichaftlih mit O.
Beichel einen Phyfik.sitatiit. Atlas des Deutſchen
Reiches (1877), einen Bolksihulatlas (1876)
und einen Allgem. Handatlas heraus (1881 und.
öfter).
Seit dem Jahr 1873 wirft N. als
Direktor der großen geographiihen Anz:
jtalt von Velhagen & Klafing in Leipzig.
21. Juli 1857 in Koslow, Gouvernem.
Tambow, als Sohn des Generals An:
dreas v. A. geboren.
nah der Geburt ®. wurde der Vater
ı wandte ſich daneben hauptſächlich dem Stu:
nad Riga verjegt, wo ber Knabe das
Gymnaſium abjolvierte, um feine Studien.
alsdann in Dorpat, jpäter in Jena zu,
Nahdem A. mehrere Jahre
vollenden.
auf Reifen, zum Zwed der Erweiterung
jeiner Kenntniffe und Anschauungen, ver: |
bradt, vermählte er fid) 1882 mit einem
geiftig bedeutenden Mädchen, mit dem er
in glüdlichfter Ehe in Riga lebt.
Wenige Jahre
Ni
zu babilitieren (1870). Vier Jahre
jpäter ward er als außerordentlicher
Profeſſor berufen. A. iſt als hervorra=
‚gender Germanijt alljeitig anerkannt, bes
fonders feine, Grimm betreffenden Werfe
find hervorzuheben:
Über deutihe Orthographie (1855), Werk:
regifter für deutiche Orthographie (1856), Res
gilter zu J. Grimm’s Deutiher Grammatif
1865), Über Grimm's Ortbographie (1867),
Über die Sprade J. Grimm’s (1869). Außer:
dem verfahte er: Die deutichen Familiennamen
(1862), Tie altdeutihen Perſonennamen in ihrer
Entwidelung und Ericheinung als heutige Ge—
Iichlehtsnamen (1872), Ronturrenzen in der Gr:
klärung der deutichen Geichlechtsnamen (1883),
Über deutſche Bolfsetymologie (1876), Sprad):
gebrauh und Sprachricdhtigfeit im Deutichen
(1880) :c.
AUnemiüller, Bernd., wurde 1820 in
dem ſchwarzburg. Dorfe Haberndorf gebo—
ren. Nachdem er das Gymnaſium in Rus
doljtadt bejucht Hatte, jtudierte er in Jena
' Theologie und Geſchichte, wurde nad) Voll-
‚endung feiner Studienzeit Hauslehrer in
Seine Hauptwerfe: Dichtungen, Am Kaiſerſitz,
Rudolſtadt in der adligen v. Ketelhodt-
Andrejanoff, Viktor v. (Livonius),
ſchen Familie und hierauf mehrere Jahre
bis 1856 Erzieher des Prinzen Georg,
jest regierenden Fürften von Schwarzburg—
Nudoljtadt. Von 1857 —67 war er Zeh:
rer am Gymnaſium in Rudolſtadt und
dium der Geſchichte feines engeren Vater:
landes zu. Von 1868 an wurde er als
Bibliothefar an der öffentl. Bibliothek in
Rudolſtadt und als Ardivar des Schw.:
Rudolit. Staatsarchivs angeftellt und zum
Archivrat ernannt. Er fchrieb mehrere auf
Schwarzburgs Geſchichte bezügl. Schriften
und Programme, von denen folgende zu
nennen find:
Angelrodt.
M. Bartholomäus Gernhard und der Rudol:
ftädter MWucherftreit im 16. Jahrh., zugleich ein
Feitrag zur Geihichte der Gräfin Katharina der
„Heldenmütigen“ ıc. (1861). Joh. Friedrich, Fürft
zu Schw.-Rudolſtadt 1721—1767, Bfätter der |
Erinnerung aus feinem Lchen zur 200jähr. Jubel:
feier des Oymnafiums (1864). Der ſchwarzburg.
Hausfrieg, nad) den Quellen erzäblt (1864). Ca:
roline Luiſe, Fürftin zu Schwarzburg:Rudolftadt
(+ 1854), geb. Prinzeffin von Hefien-Homburg,
nad) ihren eigenen Aufzeichnungen, nad) Briefen
und authentischen mündlichen Quellen, mit Porträt
(1869). Dramatifche Aufführungen in den Schw.:
Rudolftädtiihen Schulen, vornehmlich im 17. und
18 Jahrh. ein Beitrag zur Geſchichte der Schul:
fomödie (1882). Viele Beiträge in Zeitichriften.
Angelrodt, Karl, geboren am 12.
Nov. 1845 zu Frömmftedt bei Meifenfee
in Thüringen, wurde auf dem Seminar
zu Erfurt zum Lehrer ausgebildet und
wirft als folcher feit 1866 in Nordhaufen
am Harz. Dadurch, daß Freunde feine
Feldpoftbriefe, die er als Mitfämpfer
des legten Krieges aus Frankreich jchrieb,
in den Zeitungen veröffentlichten, fam er
ummillfürlich mit der Preſſe in Berührung,
und da jene Berichte Anklang gefunden
hatten, übernahm er die Kritik der öffent:
lihen Theateraufführungen. Er felbit
ſchrieb mehrere Feitipiele, die in Privat:
Seine,
wilienichaftlichen Neigungen find befonders |
freifen zur Aufführung gelangten.
auf Botanik und Entomologie gerichtet.
Herausgegeben hat er (mit A. Bode): Flora
von Nordhaufen und der weiteren IUmgegend. 1886.
Anger, Oskar, fiche O. Klemich.
Unhäufer, Wilhelm, 19. November
1841 zu Trier geboren, befuchte die
Schule feiner Vaterjtadt, widmete fich
dem Studium der Rechtswiſſenſchaft
(1859— 1862, Bonn, Heidelberg, Berlin).
Nah Ablegung der drei jurift. Brüfun:
nen arbeitete er meiſt beim Landgericht zu
Trier als Aſſeſſor. 1878 zum Landge:
rihtsrath ernannt, 1879 nad) Kleve, 1882 |
nad) jeiner Heimat zurückverſetzt und 1886
zum Oberlandesgerichtsrat in Köln be:
fördert.
Verfafier der Dramen: Tarquin der Stolze
1878, Nora 1879, Gorfiz Ulfeld 1884, Gedichte
1882.
12
Annas.
Annas, Mil. Ernit (Hadland-
ı Rheinländer), wurde am 19. April 1859
zu Ratingen im Landfreife Düſſeldorf
als der erjte Sohn der fehr zahlreichen
Familie eines Handwerkers geboren. Als
der Vater bald von der fatholiichen zur
‚evangeliichen Konfeffion übertrat, mußte
er feine Vaterftadt verlaffen, da er nun
fein Brot dortjelbft nicht mehr fand,
und fo ließ fi der Vater denn, nad:
dem er fürzere Zeit in Dülfen nahe der
holländiihen Grenze gewohnt, dauernd
in der Nähe von Mülheim a. d. Ruhr
nieder. Für den Lehrerberuf beftimmt,
erhielt er feine Ausbildung dazu auf der
Präparandenanftalt zu Götterswider:
bamm bei Weſel und im evang. Lehrer:
jeminar zu Mörs am Niederrhein. Im
Jahre 1880 verlieh A., mit dem Zeugnis
der Reife zur proviforifchen Verwaltung
einer Elementarlehrerftelle verjehen, das
| Mörfer Seminar und erhielt eine An:
ſtellung in Neviges. Dort ift er augen:
blicklich noch im Dienft der Schulbehörden.
Schon in Mörs benutzte A. die freie Zeit
zum Studium der Stlaffifer und befon:
ders der Dialektliteratur, und am meiften
30g ihn das Plattdeutſche Frig Reuters an.
So erſchien „Van de Waterkant bit an de
' Alpenwand, die Dialeftdichter der Gegenwart“,
eine Anthologie, welche Proben vieler Dialekt:
dichter Deutichlands, Oſterreichs und der Schweiz
enthält. Dieje Arbeit brachte den Herausgeber,
‚der übrigens feine fämtliden Sachen unter dem
Pſeud. E. Hadland:Rheinländer veröffentlicht, mit
‚ vielen Dialeftdichtern in Verbindung und erwarb
‚ihm manden Freund. Für das Jahr 1888 wird
„E. Hadland-Rheinländer’3 plattbüticher Kalén—
der för't bergiche Volk on Lankd“ erfcheinen. Ans
nas iſt Verfafler zahlreicher Iyriicher Produfte,
Humoresfen, Märchen, Erzählungen, Reimfprüce
%c., die in den verfchiedenften Beitichriften erfchies
nen find.
)
i
I
Anno, Anton, wurde am 19. März
1838 zu Aachen geboren und gehört feit
feinem 15. Lebensjahre der Bühne an.
Seine eriten Engagements waren Aachen,
Köln, Elberfeld, Heidelberg, Amfterdam,
Mainz, Bajel. Im Jahre 1864 kam er
zum eriten Male nach Berlin an das
Anſchütz. —
damalige Callenbach'ſche Theater und
wurde ſpäter von hier aus als erſter Ko—
mifer für das neue Stadttheater in Köln
verpflichtet. Von Köln engagierte ihn Dir.
Maurice für das Thaliatheater in Ham-
burg, und waren jeine legten Engagements
die Hoftheater St. Petersburg und Dres:
den. 1884 übernahm N. die Direktion
des Refidenztheaters in Berlin, die er
1887 niederlegte, um diejenige des Kö:
nigl. Schaufpielhaufes zu führen. Seine
Hauptwerfe (meiſt Pollen und Luſt—
ipiele):
Berliner in Wien, Eine Sommermwohnung in
Charlottenburg, Handel und Wandel, Im Thea:
ter-Bureau, Holz und Blech, die Balletichule, Fa—
milie Hörner, Königsgrenadiere, Des Lebens
Wellen oder die Macht des Geldes, Die beiden
Keihenmüller, Das berrenlofe Gut.
Auſchütz, Roderich Heinrich Theodor,
wurde am 24. Juli 1818 zu Breslau
13
geboren. Er ilt der Sohn bes in der
deutihen Bühnenmwelt einjt hochgefeierten
Biener Hofichauipielers Heinrich Anſchütz
aus deilen zweiter Ehe mit Emilie, geb.
Butenop, welche ebenfalls Dtitglied des |
Hofburgtheaters war.
uilienfreife mußte der Sinn für Bühnen:
funit und Poefie um fo leichter erwachen,
als AniHüg durch mehrere Jahre in
Kinderrollen am Hofburgtheater mit:
wirfte. Die Neigung zu poetiiher Be—
In diejem as |
ihäftigung ließ denn aud nicht lange
auf fih warten, aber jchon während der |
Anthony.
fehrte. Nachdem einige feiner dramati-
ſchen Verſuche von berufenen Fachleuten
als Talentproben bezeichnet worden waren,
trat er endlih im Mär; 1857 mit jet:
nem Xraueripiele ,
„Brutus und fein Haus“ vor die Offentlichfeit
und errang damit einen entichievenen Erfolg,
welcher auch im Jahre 1861 das Traueripiel
„Johanna Graz“ begleitete, Im Yahre 1863
folgte das Schaufpiel „Kunz von Kaufung” und
nad einer langen Baule 1879 das vieraftige
Luftipiel „Die Eheitifter“,
In naher Beziehung ſtand Anſchütz zu
allen fünftleriihen Zeitgenoifen und na=
mentlih war ihm Friedrich Halın ein
treuer Freund und Ratgeber. Ein
glückliches Familienleben macht ihm das
Schickſal nahezu völliger Erblindung er-
träglicd und er beichäftigt fih nit nur
mit lyriſchen und dramatifchen Kompoſi—
tionen, ſondern fteht auch im Begriffe eine
Sammlung jeiner Gedichte zu veranitalten.
Anthony, W., fiche Asmus, W.
AUuzengruber, Ludwig (2. Gruber),
am 29. November 1839 zu Wien ge
boren, beabtichiigte, fih dem Studium
der Bhilojophie zu widmen, was er aber
nah dem Tode feines Vaters infolge
großer Geldverlufte jeiner Mutter und
deren Familie aufgeben mußte, um in
eine Wiener Buchhandlung einzutreten.
Mit volliter Hingebung war A. während
diefer Zeit mit der Ausbildung feines
Willens befchäftigt, auch begann damals
Univerfitätsjahre ſchlug die Leidenschaft, ſchon in dem 18jährigen Süngling der
dem Berufe des Vaters zu folgen, zu dramatiſche Geiſt fich zu regen, wofür
hellen Flammen auf.
dieſer Scaujpielertrieb auf einer in
Bien damals jehr befannten Dilettantens |
bühne befriedigt, wo jein Talent allge
mein anerfannt war.
Ein Augenleiden, welches feit den erſten
Kinderjahren mit ihm wuchs, zerjtörte
endlich jede Hoffnung, der Bühne anzu—
gehören. Anichüg trat in den Staats—
dienit, wo er bis zum Range eines
Seftionsrathes aufitieg. Die freie Zeit,
widmete er der Poeſie, zu welder er
nunmehr mit erneuerter Xiebe zurück—
Jahrelang wurde
eine Reihe von Theaterjtüden aus jener
Periode den Beweis liefern. Gleich:
zeitig jedoch fühlte A. abjolut feinen Be—
vuf für den Buchhandel, weshalb er den-
felben 1860 ein für alle Dale an den
Kagel ding, um zum Theater, jeinem
inneriten Drang nad), überzugehen. 1860
bis 1867. Sein erftes größeres Stüd
von Bedeutung und Erfolg „Der Pfarrer
von Kicchfeld“ (1870) machte die Runde
auf allen deutihen Bühnen und gewann
dem jungen Autor ein allieitiges Inter—
eife, das ihn zu neuen, womöglich nod)
Appel.
bejleren Leiftungen glühend anfpornte. |
Um ganz diefer erfehnten Schriftitellerei
[eben zu fönnen, verließ A. das für
furze Zeit von ihm verwaltete Amt an
der Polizei in Wien und lebte als
Theaterdichter des Theat. an der Wien.
Von der gelamten gebildeten Welt im
höchſten Grade anerfannt und gefeiert,
befonders der Eigenart und echten Ein-
fachheit feiner Volksſtücke und Dorfge-
ihichten wegen, find N. zahllofe Aus:
zeichnungen zu Teil geworden, u. a. wurde
ibm 1878 der große Scillerpreis zuer:
fannt. Von 1882— 1885 redigiert N. die
Zeitſchrift „Die Heimat“, feit 1885 den
14
„Figaro“.
Seine Hauptwerke: Der Pfarrer von Kirchfeld
(GBolksſtück), Der Meineidbauer (Volksſt.), Die
Kreuzelſchreiber (Volksſt.), Der Gewiſſenswurm
(Bolksſt.), Der Schandfleck (Rom.), Alte Wiener |
(Bolksft.), Dorfgänge (Bauerngeſch.), Allerhand |
Humor (Skizzen), Der Sternfteinhof (Rom.).
Appel, Carl, geb. am 17. Mai 1857
zu Berlin, feit 1886 Privatdozent der
romanifchen Philologie an der Univerfität
Königsberg i./ Br.
Er ſchrieb wiflenichaftlihe Arbeiten aus dem
Gebiete der roman. PBhilol.: Das Leben und die
Lieder des Trobadord Peire Rogier, 1882; Die
Berliner Handichriften der Rime Petrarca's, 1886;
Artikel in Fachzeitichriften. — Überfegungen aus
dem Schwediihen: Guſtav Retzius: Finnland,
1885; Oscar Montelius: Die Kultur Schwedens
in vordriftlicher Zeit, 1885.
Appelt, Wilhelm, wurde am 21.
Mai 1841 in Neichenberg in Böhmen
geboren, jtudierte anfangs in feiner Va—
terftadt und jpäter in Wien, wo ihn das
dortige Kunftleben ſowohl der bildenden
Kunft wie der Muſik gefangen nahm; |
ganz befonders aber zog ihn das damals
in höchſtem Glanze jtehende Burgtheater
in jeinen Zauberbann. Schon von
frühefter Jugend an poetiſch thätig, in
eriter Zeit viel der Lyrik Huldigend,
welcher er überhaupt nie ganz untreu
wurde, trat er mit feinen Saden doch
erit ſpät in die Offentlichfeit, und zwar
geihah dies zuerjt mit feinen Erzählun:
gen und Novellen, melde einen guten
Armand.
Erfolg erzielten. Hierdurch ermutigt,
widmete er ſich ganz der fchriftitellerifchen
Laufbahn und ift gegenwärtig Dtitarbeiter
vieler belletriftiichen Bläker Deutichlands.
Armand, fiche F. A. Strubberg.
Arneth, Alfr. Ritter v., wurde am
10. Juli 1819 als Sohn des berühmten
Numismatifers und Archäologen gleichen
Namens zu Wien geboren. Er widmete
fih nad) Abjolv. des Gymnafiums zu
Kremsmünfter dem Studium der NRedhts-
wiſſenſchaften (Wien 1836— 1842), wäh
rend er gleichzeitig all feine Muße auf
biltoriihe Studien verwendete, welches
Intereſſe beſonders durch feine Anjtellung
an dem kaiſerl. Haus: und Staatsarchiv
gewährt wurde. Damals entjtanden aud)
die hiltor. Werke: Das Leben des Feldmar:
ſchalls Grafen Guido von Starhemberg (1853),
Prinz Eugen von Savoyen (1853), welch letz⸗
‚teres Werk A. die Auszeichnung der Er:
nennung zum Wicedireftor des Hof- und
Staatsarchivs verfchaffte. A. wurde leb-
haft angeregt, eine umfaſſende und tief
eingehende Gefchichte des Lebens und der
Regierung der großen Kaiferin Maria
Therefia zu ſchaffen, er unternahm das
nad) langen und bis in die feinften Ein:
zelheiten gehenden Studien an der Hand
der k. k. Archivfchäge, die feiner Obhut
‚anvertraut waren. Dieje „Geſchichte Ma—
ria Therefias“ fteht wohl als eines der
beiten, diefen fo dankbaren Stoff behan-
delnden Werfe da und hat mit Recht
‚den Namen des Autors berühmt gemadht.
Unter anderen Auszeihnungen wurde er
1848 in die fonftituierende Nationalver:
jammlung nad) Frankfurt a. M. gewählt,
1869 auf Xebenszeit in das Herrenhaus
des öſterreichiſchen Neichsrates berufen,
wo er bei den Debatten, befonders über
‚die fonfeffionellen Geſetze fi bervorthat.
Faſt gleichzeitig wurde ihm das hohe
Amt des Direktors des öfterreichifchen
Staatsardhivs übertragen, auch wurde
er zum Bräfidenten der Akademie der
MWiflenichaften berufen. Außer den er:
wähnten Werfen find hervorzuheben:
Arnhard.
Briefwechſel zwiſchen Maria Thereſia und
Marie Antoinette (1866), Briefwechſel zwiſchen
Mar, Ant., Joſef II und Leopold II (1866),
Beaumarchais und Sonnenfels (1868), Joſef I]
und Katharina von Rußland (1869), Joh. Chr.
Bartenitein und feine Zeit (1871), Briefe der
Kaiſerin Mar. Ther. an ihre Kinder und Freunde
(1881).
YArnhard, Anna. Ih wurde am
20. Auguft 1850 zu Münden als das
Altefte von drei Geſchwiſtern und die
Tochter des Kaufmanns Wilhelm Arn—
hard geboren. Dein ganzes bisheriges
Leben habe ich in meiner Baterftadt bei
den Eltern zugebradt, und ijt dafjelbe
15
Arnold,
Berf.). 1875. — Tre maschere di terra cotta
(in Ann. dell’ Inst.). 1880. — Scenildje Alter:
tümer (in Baumeilter, Denkm. des klaſſ. Altert.).
1885. — Außerdem find — abgefehen von Bei»
trägen in Fachzeitichriften — noch anauführen:
Verſuch einer grich. Überfegung der Oden des
Horaz. 1858. — Sophofleiiche Rettungen. 1866.
— Sappbo (in Virchow und Holtendorff, Samm—
lung gemeinverftändlicher wiſſenſchaftlicher Vor:
träge). 1871. — Krieg und Poefie (in Weiter:
mann's illuftr. deutfche Monatähefte). 1872. —
Schule und Haus. 1877. — Zur fFrage der liber:
bürdung an den humaniſtiſchen Gymnaſien. 1883.
Arnold, Carl Wilibald Eduard, ge:
boren 13. Januar 1823, trat 1839 als
Avantageur in die 2. Artillerie-Brigade
einfah und ereignislos geweſen. Die ein, befuchte 1840—43 die vereinigte Ar-
Liebe zur Heimat, über deren engite | tilferie- und Ingenieur-Schule und wurde
Grenzen id niemals hinausgefommen | 1842 Seconde-Lieutenant. 1849 auf 3
und ein ſympathiſches Verjtänbnis für | Monate zur Dienftleiftung bei der Schles-
die Eigenart ihrer Bewohner führten | wig-Holfteinifchen Artillerie kommandiert,
mic) dazu, meine Stoffe meift den bäuer- | yerblieb er nach Genehmigung feines Ab:
lien Kreifen zu entnehmen, und aud) | fchiedegefuchs aus der preußifchen Armee
ſolche Stätten zu ſchildern, deren ſchwer- in jener als Premierlieutenant, wurde
mütige Schönheit nicht jedem Auge fih 1849 Hauptmann und Batteriechef und
offenbart. | füßrte im Feldzug die reitende Batterie.
Arnold, Bernhard, geb. 31. Juli Er nahm teil an der Schladt bei Kol:
1538 zu Würzburg, ftubierte in München | ding und an ber Belagerung von Fride⸗
und Berlin 1855—1860 Philologie, ricia 1849 und an der Schlacht bei Idſtedt
wirfte als Studienlehrer in Würzburg und | 1850. Nach Auflöfung der Schleswig:
München, wurde 1872 Gymnafialprofefjor | Holfteiniihen Armee wurde er von den
in Würzburg, von wo er 1876 als Rektor | deutichen Bundescommiflären als Vatterie-
an das Gymnafium in Kempten berufen | def in dem Holfteinifchen Kontingent über:
wurde. 1884 erhielt er die Ernennung | wielen, nahm 1852 feinen Abſchied, als
zum correipondierenden Mitgliede des kaiß, derfelbe däniſchem Befehle unterjtellt
deutichen archäologischen Inſtituts, ſowie wurde, ward im October 1852 wieder in
das Ritterkreuz 1. Klaſſe des königl bayer. | der preußifchen 5. Artillerie-Brigade als
Verdienftordens vom h. Michael; aud) war Seconde-Lieutenant angejtellt und 1853
er wiederholt Mitglied der Dlinifterialcom: zum Premier-Lieutenant befördert. War
miffionen, welche alljährlid in München | 1854—56 Lehrer an ber Divifionsichule
zur Vornahme der Staatsprüfungen aus in Glogau, 1856—58 Kommandeur ber
der klaſſiſchen Philologie gebildet werden. 5. Handwerfs-Kompagnie, wurde 1859
Arnold's wiſſenſchaftliche Tätigkeit bezieht | zum Hauptmann befördert und als Kom—
ſich hauptiächlich auf das antife Bühnen: pagniechef zur 1. See-Artillerie-Nompagnie
weien. Dahin gehören feine Schriften; | ernannt. 1861 als Batteriechef in bie
Die tragifche Bühne im alten Athen. Progr. Rheiniſche Artillerie-Brigade Nr. 8 ein:
85 Wilh.-Symn. 1868. — Platte mit jcenifhen rangiert, verblieb er im Feldzug 1866
Vorftellungen im Collegio Romano (ein Feitgruß als Kommandeur der Erfag-Abtheilung in
ber »hilol. Geſellſch). 1868. — Das altrömiiche I
—— en Bon. 1873. Sie Koblenz, wurde unter Beförderung zum
antife Theatermasten (in Verh. der 29. Philol.. Major in das Feld-Artillerie-Regiment Nr.
Aſcherſohn.
11 als Abteilungs-Kommandeur verſetzt,
führte im Kriege 1870/71 die 3. Abtei—
lung und nahm in der 3.Armee am Treffen |
bei Weißenburg, an der Schladht von
Wörth, der Beichiefung von Pfalzburg,
an der Schlacht bei Sedan und an ber
Belagerung von Paris teil, erhielt das
eiferne Kreuz 1. und 2. Klaſſe. 1871 zum
Oberitleutnant befördert, wurde er 1872
zum Kommandeur des ojtpreußiichen Feld—
Artillerie-Regiments Nr. 1 ernannt, 1873
zum Oberſt befördert. Im December
1874 erhielt er den nachgeſuchten Ab—
ihied und beichäftigte fih mit militär:
literariihen Arbeiten.
Nachdem er ſchon als Hauptmann die ala Preis:
aufgabe von der Generalsnipection der Artillerie
geitellte Imarbeitung der „Grundzüge für Die
Ausbildung der verichiedenen Übungsflafen der
Artillerie“ vollzogen hatte und dafür prämiirt
war, wurde er Mitarbeiter an den Blättern für
literariiche Unterhaltung, ſchrieb Aufſätze für das
Archiv für Art.» und Ingen.Offiziere und den
„Soldatenfreund“.
der Feld- und Feitungss Artillerie eine den neuen
Berhältnifien entiprechende Bearbeitung der Grund;
züge unter dem Titel: „Die Ausbildung der
‚Feld: Artillerie” im Archiv und als Separatab-
drud, und 1883: „Der Batteriedienft“ ꝛc
Aicherjohn, Paul Friedr. Aug.,
wurde am 4. Juni 1834 zu Berlin ge:
boren,
Berlin. Er bereite mit &. Rohlfs
1873—1874 als Botaniker die Libniche
Wüſte und brachte als Frucht dieſes
Streifzuges höchſt wichtige Beiträge zur
botaniichen Wiſſenſchaft mit, die er in
Fachzeitſchriften, wie auch in den Werken
Schweinfurt's und Rohlfs, deren eifriger
Mitarbeiter A. war, veröffentlichte. Außer: |
dem erwarb er ſich ein jchätbares Ver—
dienft um die Kenntnis der Flora der
Provinz Brandenburg durch fein gleich:
namiges Werk (1864).
Asmus, Wilhelm (W. Anthony), am
17. Februar 1837 zu Lübeck geboren,
urſprünglich zum Theologen beſtimmt,
jedoch ſehr bald zum Studium der Phi—
loſophie übergehend. Seine Leidenschaft
für das Theater entzog ihn 1857 ſchon
16
1876 erſchien nach Trennung
ſtudierte Naturwiſſenſchaften zu
Auer.
der Univerfität, indem er fi einer Wan:
dertruppe anichloß, von der er bald an
größere Bühnen aufrüdte und dort be=
ſonders als Negiffeur und Dramaturg
wirkte. Im Jahre 1869 berief das
Stadttheater in Breslau ihn zur Leitung
der Negie und dort wirkte A. auch als
Belletrift und dramat. Lehrer. Seit 1872
wendete fih A. der Journaliſtik zu und
iſt jeßt Nedakteur des Tageblattes in
Schweidnitz. Seine Hauptwerfe:
' Blüthen und Blätter (G.), Die feindlihen Brü—
der, Silhouetten u. Aquarellen aus der Kouliſſen—
welt, Jm Traum, Schuld und Sühne, Prinzeſſin
Amaranth, Goldelle, Des Knaben Wunderborn,
Unter dem Pantoffel.
Auer, Adelh. v., fiehe Eh. v. Eofel.
AUve:Lallemant, Friedr. Chriit. Ber
ned., am 23. Mai 1809 zu Lübeck geboren.
"Schon frühzeitig wurde in dem Kinde Die
Luſt zur Muſik durch den Water, einen
ausgezeichneten Muſiklehrer, rege gemacht,
die ihm auch für fein ganzes Leben blieb
und ihm eine Quelle der Freude und Er:
holung wurde. Nachdem er das Gym—
nafium feiner Vaterſtadt abfolviert, ſtu—
dierte er von 1830— 1834 die Rechte in
Jena. Sein muſikaliſches Intereſſe brachte
ihn in Verbindung mit vielen hervorra—
genden Werfönlichfeiten der damaligen
Zeit, fo bejonders trat er zu der Schwä-
gerin Schillers, Karoline von Wolzogen,
in nahe Beziehungen, die hohen Einfluß
auf die Entwidelung des ideal angelegten
und feurigen Jünglings ausübten. Nach
Beendigung feines Studiums lich At.
ſich als Advofat in Lübeck nieder (1835)
und wurde 1843 zum Obergerichtspro—
kurator ernannt. In Folge feiner Ver:
dienjte wurde er vom Großherzog von
Meimar im Jahre 1880 zum Hofrat er:
‚nannt. Bald darauf legte er jein Amt
‚und feine Thätigfeit nieder und fiedelte
(1882) nad) Berlin über. Hauptwerfe:
Das deutihe Gaunertum, Die Mecdulle:Zeut'
(Roman). Der Erb: und Gerichtsherr (Roman).
Herz und Geld (Roman). Yuda (Roman). Get.
Novellen. Die Meriener Bodsreiter des IS. und
19. Jahrhunderts. Der Magnetismus mit feinen
Avenarius.
Berirrungen. Phyſiologie der deutſchen
Avenarius, Ferdinand, am 20.
Dezember 1856 zu Berlin geboren, ftu-
dierte in Leipzig und Zürich Saturmiffen:
Ihaften, Philojophie, Kunft und Litera-
tur, Nach beendeten größeren Neijen be-
zog U. wieder das durch die Überfiede-
lung feiner Familie ihm zur zweiten
Baterftabt gewordene Dresden, wo er fi)
nn Schriftitellerei hingab. Haupt:
Bandern und Werden (Ged.), Deutiche Lyrif
der Gegenwart, feit 1850 (Anth.), Die Kinder
von Woh
B.
— 7 ——— Juli 1846
zu Mähriſ au. Gymnaſialſtudien zu
Kobihüg, preuß. Schleſien, von 1858
bi6 1866, Univerfität zu Breslau 1866
bi 1867, zu Prag 1867—1870. Trat
1870 ins Lehramt, wirkte an den Gym:
nafien zu Budweis, Znaim und gegenwärtig
zu Görtz als Gymnafialprofeflor und Bi:
; : Über Platons Gorgias, 1873. Mis-
ellana eritiea (zu Aeihylos u. Eurip.) 1880.
tes asticae (Über den Lateinunterricht)
er Lucians Pjeubofophift. 1883. Lu:
1884. Sprichwörter und Sentenzen aus
den griech. Idyllen⸗Dichtern. 1887. Außerdem
Ahandlungen und Recenfionen in der Oſterr.
Gymnaſ.Zeitſchrift — Promotionsfchrift (unge:
drudt): De coniunctivi apud Horatium usu.
Baceioceo, Friedr. Albrecht, wurde
am 10. Dftober 1834 in Aachen ge:
boren. Er widmete fih nad Abjolvieren |
der Schule dem Beruf eines Journalüten
und arbeitete ſchon, faum zwanzig Jahre
alt, an verjchiedenen Zeitjchriften, jo an
„Über Land und Meer“ zc. init. Nach
mehrjährigem Aufenthalt in Stuttgart
zog er nah) Wien, um eine zeitlang eine
Redaktiongftelle an der „Deutſchen Zei:
tung“ zu übernehmen. Sein Hauptfeld
it die Politik, daneben das humorijtiiche
Seuilleton. Auch hat er ſich mehrfach als
Kriegsberichterftatter Hervorgethan. Außer
Das lit erariihe Deutichland.
L
— Bach.
einer zahlreichen Menge von novelliſti—
ſchen Beiträgen in den angeſehenſten
deutſchen und öſterreichiſchen Zeitungen
erſchien von ihm: D. n. Schreckenstage in
Paris (1872), eine Frucht feines Aufent:
baltes in Paris während der Herrichaft
der Kommune. Noch ijt hervorzuheben,
daß B. einer der eifrigiten Kämpen für
die Annäherung und den Frieden zwifchen
Deutihland und Oſterreich ift, wofür
unter anderen zablreihe Artikel in der
„Allgemeinen Zeitung“ (unter B—o)
Zeugnis ablegen.
Bach, Dttilie, wurde am 6. Juli
1836 zu Hirſchberg geboren, wo ihr
Vater als Kaufmann lebte. Kaum ſechs
Jahre alt, fiedelte Ditilie mit ihren
Eltern in Folge der Geichäftsaufgabe
des Vaters nad) Berlin über, wo fie
die für den erwählten Lehrerinnenberuf
nötige Ausbildung erhielt. Nah Roll:
endung ihrer Studien wirfte fie zuerit
als Erzieherin und Lehrerin in Ungarn,
dann in Prag und jchlichlih in Berlin,
wo fie jest noch lebt. Sie Ichrieb außer
für viele Zeitjchriften die von der Kritif
jehr günftig beurteilten Romane:
Nationale Gegenſätze (1875), Zerriſſene Fäden
(1881), Elfriede (1881), Ded Vaters Schuld
(1881). Außerdem für Zeitichriften u. Zeitungen:
Der Dämon des Haufes (1877), Im Strome des
Lebens (1882), Gebrochener Zebensmut (1882),
Vom Burfhen zum Whilifter (1886), Von der
N 5 ereilt (1886), Befiegt (18>7), Ins Herz
getroffen (1857), Eva (1881), Judith (1857),
Fluch der Lüge (1887) :c.
Bacher, Julius, wurde am 8. Au:
guft 1810 zu Ragnit in Oſtpr. geboren.
Er widmete jih uriprüngli dem Stu:
dium der Medizin und ließ fih nad) Boll:
endung feines Studiums (auf der Uni:
verfität zu Königsberg) in Pobethen als
Arzt nieder, jedoch nicht für lange Zeit;
denn die Erfolge feiner, neben der ärzt—
lichen Praris eifrig betriebenen Schrift:
jtellerei ließen ihn bald alles Andere
aufgeben, um nur dieſer Thätigkeit zu
leben. Er jiedelte 1845 nad) Königs
berg über und wurde bald einer der
>
Badhaus.
fruchtbarjten Autoren, hervorragend auf
dem Gebiete des hiſtoriſchen Romans.
18
|
Bächtold,
Induſtrie-Vereins. Seit einigen Jahren
lebt er in Brenien ala Privatmann, mit
Seit 1857 lebt B. in Berlin, feit 1886 | wilfenfchaftlihen und dichteriſchen Arbeis
‚ten ſich beichäftigend.
in Charlottenburg.
Hauptwerfe: Lucie (Trauerfpiel 1848), Karla
d. XII erite Liebe (Tr. 1850), Die Eroberung
von Schweidnig (Roman 1853), Die Brautichau
riedrih d. Gr. (Roman 1857), Sophie Char:
lotte (hiit. Roman 1857), Friedrid I lette Le:
benstage (h. R. 1858), Aus dem Leben (Dram.
1858), Geſamm. Novellen (1560), Lady Sey—
mour (Tr. 1864), Sibylle v. Cleve (Rom. 1865),
Napoleons letzte Licbe (Nom. 1568), Auf dem
Wiener Kongreß (Nom. 1869), Prinzeſſin Si:
donie (Rom. 1870), Ein Urteilsſpruch Waſhing—
tons, 2 Bände, Verichiedene Abhandlungen über
Bernitein und Berniteinerde in verfchiedenen Zeit:
ſchriften.
Backhaus, Wilhelm Emanuel, Sohn
des 1857 verſtorbenen Apothekers Ernſt
Wilhelm Carl Backhaus, wurde am
26. März 1826 in Petershagen a. d.
Weſer geboren. Er beſuchte bis zu ſei—
nen neunten Jahre die dortige Stadt:
ſchule und empfing alsdann bis zu feiner
Konfirmation PBrivatunterriht. Auf den
Wunih jeines Vaters widmete er fi
dem faufmännifchen Berufe und trat als
Handlungsbeflifiener in ein Geſchäftshaus
zu Bielefeld (Wejtfalen) ein. Im J. 1854
gründete er ein eigenes Geſchäft. Unter
Mitwirfung der bremifchen Gewerbefam:
mer rief er 1858 eine Zeitichrift, „Die
Nordd. Hanſa“, ins Leben und war Redak—
teur derjelben. In demielben Jahre ſchrieb
er im Auftrage der bremifchen Gewerbe:
fammer: Schuß der Arbeit! Schu der freiheit!
Ein Beitrag zur Löſung der Gewerbefrage. Bald
darnad) wurde er zum Mitgliede der Bürz
gerſchaft gewählt, in weldyer er 10 Jahre
wirkte. Als Mitglied diefer gefeggebenden
Körperichaft, wie aud in feiner literari:
chen Thätigkeit ſchloß er ſich denjenigen
politiichen Beſtrebungen an, welche die Ein:
heit, Macht und Herrlichkeit Deutich:
lands zum Ziele hatten, während er in
national-öfonomilher Beziehung teilnahın
an der Gründung verichiedener Vereine,
namentlich) des bremiſchen Künſtler-Ver—
eins, ſowie des bremifchen Gewerbe: und
Außer der angeführten ſtaatsökonomiſchen
Schrift fchrieb und veröffentlichte er: Zur Aritif
der modernen Kunft, eine Reihe von Borträgen
(1856); Zum Gedächtnis Schillers, ein Rad:
Hang der Jubelfeier feines 100jähr. Geburts:
tages (1860); Ein Dialog (u. d. Pieudonym
Theoph. Neauder, 1880); Ein dem Fürſten Bis:
mard gemwidmeter Preis: und Lobgeſang (1881);
Der Liberalismus, Fürſt Bismard und die Bar:
teien (1881); Hausaltäre, eine Anthologie (1883);
Die Geſchichte von den Troglodyten (u. d. Pſeud.
Immanuel Baldur. 1885); Schutt und Aufbau,
vier ftaatsöfonom. Abhandlungen (1886); Chriſt⸗
lihe Weisheit aus der vordriftlichen Zeit, in
Sprüchen (1887); Bom Baume der Erkenntnis,
Gedanken und Ideen (1887); Am Heilsbronnen,
eine national:foziale Erzählung (1887); Bud der
Sprüche (1857). B. Ichrieb Abhandlungen und
fatiriiche Erzählungen für Wochen: und Monats
ſchriften, war langjähr. Mitarbeiter deutſcher und
amerifanifcher Zeitungen und dichtete: Am Wege,
eine Bereinigung lyriſcher und epifcher Gedichte ;
Die verhängnisvolle Botſchaft, ein patriotifches
Schauſpiel, ıc.
Bächtold, Jakob, wurde am 27.
Januar 1848 zu Schaffhaufen geboren.
Nach Abſolvierung der Schule widmete er
ſich dem Studium der deutſchen Literatur.
Nachdem er 1870 zum Doktor promo—
viert hatte, habilitierte er ſich 1880 an
der Univerſität Zürich und wurde 1886
daſelbſt zum Profeſſor ernannt. B. hat
ſeinen Ruf in erſter Reihe durch ſeine
feinſinnigen und haarſcharfen Kritiken er—
worben, er iſt Mitarbeiter vieler Zeit⸗
ſchriften und giebt die „Bibliothek älterer
Schriftwerfe der deutihen Schweiz“ her:
aus. Seit 1887 erfcheint feine ——
„Seichichte der deutſchen Literatur in der Schweiz”.
Hauptwerfe: Hans Salat (1876), Die Stret:
linger Ehronif (1877), Niflaus Manuel (1878),
Aus dem Herderichen Haufe (1881), 3. C. Schweir
zer (1884), Goethes Götz in dreifacher Gejtalt
(1882), Goethes Ipbigen. auf Tauris (1888),
Bodmers krit. Ged. (18831, Briefwechſel zwilchen
Kurz und Mörife (1885).
Baehr, Paul, wurde am 26. Septbr.
1855 zu Thorn geboren. Für den Sol⸗
datenjtand bejtimmt, mußte er jedoch, kaum
Offizier geworden, Kranfheits halber ſei—
Bäfer.
nen Abjchied nehmen. Er lebt in Bad
Deynhaufen feiner Gejundheit. Hier jchrieb
er einige freundlih aufgenommene Ge—
dihte und Bad Deynhaufen u. f. Umgebung“.
Er ift Inrifcher Mitarbeiter mehrerer Zeit-
ihriften und gab (1887) eine Anthologie
Rheinisch-Meftfäliicher Dichter heraus.
Bäfer, Ernſt F. N, geboren zu
Berlin 15. Dezember 1866; mußte fich,
auf Wunſch feiner Eltern, dem Kauf:
mannsjtande widmen, veröffentlichte in
verjchiedenen Zeitungen Aufläge muſika—
lifchen Inhalts (über norwegiihe Muſik,
Biographien ꝛc.). Demnädft ift eine
größere biographiihe Arbeit über Hein-
rih Hofmann von ihm zu erwarten,
welchen Stomponijten bereits viele feiner
Auffäge behandelten.
Bärwinfel, Frip.
Ich ward geboren, wie man 's wird,
Mich hatt’ Niemand verjchrieben:
Die Eltern hätt’ es nicht genirt,
Wär ich hübjch ausgeblieben.
Ich ward zum Dichter, wie man 's wird,
Wenn man in ftillen Stunden
Für das, was durch die Seele ſchwirrt,
Das rechte Wort gefunden.
Sch blieb im Duntel, wie '3 fo geht,
Traut man den eignen Füßen,
Greift nit an's Schlepptau und verſchmäht
Das Handwerk zu begrüßen.
Gedrudt doch ward ih. Wer büßt nicht
Die Luft in feiner Jugend!
Run fich Gedicht reiht an Gedicht,
ich auf meine Tugend.
Jetzt kitzelt nicht3 mehr. Ich bin taub
Für der Berfuhung Loden,
Ich rechne mich doc nur zum Staub,
Erwart nit Nachruhms Gloden.
Schrieb: Der Schußgeift (Luſtſpiel 1882), In
der init (2. 1883), Nah der Schrift (8.
1884) ꝛc. ıc.
Bänmkfer, Wilhelm. Ich bin geboren
am 25. Oftober 1842 in Elberfeld. Nach
Vollendung meiner Studien am Gymna⸗
fium dafelbjt (1863) beſuchte ich die kö—
nigl. Akademie in Münjter und die Uni-
verfität in Bonn, um Philoſophie und
Theologie zu ſtudieren. Im Jahre 1866
trat ih in das Seminar in Köln ein und
wurde am 1. September 1867 zum Prie—
ſter geweiht.
19
Nachdem ih ſodann je ein:
Baldamus,
Jahr in Bergerhof (Kreis Waldbröl) und
als Vikar in Alfter (bei Bonn) thätig ger
wejen war, erhielt ich 1869 meine Ans
ftellung als Kaplan in Niederkrüchten
(Kreis Erkelenz). Hier traf ich als Paſtor
den befannten Literarhiltorifer Dr. Wild.
Lindemann (FT 20. Dezember 1879).
' Sein leuchtendes Beifpiel hatte eine eigene
Anziehungsfraft und gab den erfien Ans
ftoß zu meiner literariichen Thätigfeit.
Wie er feine Mußeſtunden der deutichen
‚Literatur widmete, jo benußte ic} die mei—
nigen zu Studien auf dem Gebiete der
Muſilgeſchichte, Hymnologie und Archäo—⸗
logie.
Bisher erſchienen folgende Schriften von mir:
Paleſtrina. Ein Beitrag zur Geſchichte der kirchen⸗
muſikaliſchen Reform des 16. Jahrhunderts, 1877;
Orlandus de Laffus, der letzte große Meifter der
niederländiſchen Tonichule, 1878; Zur Geſchichte
der Tonkunft in Deutichland von den erften An—
fängen bis zur Reformation, 1881; Der Totentang,
‚eine Studie, 1881; Namen: und Sachregifter zur
5bändigen Mufitgefhichte von A. W. Ambros,
1882; Das fath.deutiche Kirchenlied in feinen
ı Singweifen von den früheiten Zeiten bis gegen
des 17. Jahrhunderts, 1883 und 1886,
2 e
de.
Dieſem füge ich noch hinzu, daß ich Mits
arbeiter an einer Reihe von Zeitjchriften
bin. Im Jahre 1884 verlieh mir Se.
Majeftät der König Albert von Sachſen
das Ritterkreuz des Albrechts-Ordens
II. Klaſſe.
Baldamus, Auguft Carl Eduard,
geb. am 18. April 1812 zu Giersleben
im Herzogthum Anhalt, Sohn des dor=
tigen Kantors und Lehrers Johann Fried:
rich B., ſtudierte, vorgebildet auf den
Gymnafien zu Ajchersleben und Köthen,
‚von 1832—36 in Berlin Theologie uns
ter den Augen des unvergeßlichen Auguit
Neander. Hauslehrer im gräflih Pers
ponder’ihen Haufe im Jahre 1836/37,
‚fehrt er in feine Heimat zurüd, um das
theol. Eramen zu abjolvieren, tritt 1838
als Lehrer in das Kollegium des Gymna⸗
fiums und der höhern Töchterſchule zu
Köthen ein, erhält 1849 die von ihm
erbetene Pfarrei in Diebjig und 1856
2*
Baldamus, — 20 — Balleitrem di Gaftellengo.
die von Dfternienburg, für welche er in | jährlich jeit 1842 unternommen — trus
folge von SKechlfopfsleiden 1864 einen | gen nicht wenig dazu bei, jein Beobach⸗
Vertreter beſtellen darf, nimmt ſeinen tungsmaterial zu bereichern. Seine ſorg—
Aufenthalt in Halle bis gegen Ende Of: fältig geführten Zug und Niſttabellen
tober 1870 und überjtedelt dann 1 Vögel Deutſchlands umfaſſen heute
Koburg, wo er 1873 die erbetene Pens | gerade 50 Jahre. Im Jahre 1845 rief
fionirung erhält und bis jegt feinen Stu: B. die Deutſche Ornithologengejellihaft
dien lebt. Won frühefter Jugend ab vom | ins Leben, deren erſte Verfammlung er
Bater in der Mufik unterrichtet und von |unter mancherlei Schwierigkeiten nad)
der Mutter für die Liebe zur Natur ges | Köthen berufen durfte, und deren Sekre—
wonnen, bejuchte er in Berlin neben jeis | tär er bis 1863 blieb. Als folder
nen theolog. Studien die Vorlefungen des | gründete er nad) dem Eingehen der „Rhea“
Prof. Darr, des Begründers der Muſik- | die ornithologiihe Zeitſchrift „Nauman—
wiſſenſchaft 2c., welder ihn zu fernerm |nia” (1849), die ſich von 18560 —66
Studium der Mufif unter verlodenden | mit dem „Journal für Ornithologie” von
Ausfihten nad) Berlin und in fein Haus | Dr. 3. Canabis vereinigte.
einlud. Zugleich hatte er die zoologiihen | Im Jahre 1865 erfchien unter dem Titel
Vorlefungen des liebenswürdigen Geh. Rat | air Busch vs. * —
widme uchlein, das au in ranzojtlche
— 8 Lichtenftein — > bie überfeht wur, m 9. 1877 e — * ja
b ymnaſiaſt gema te Belannt- nad) einander der 1. Band des „Illuſtrirtes
ichaft mit den beiden Ornithologen Prof. | Handbud der Federviehzucht“, dem 1878 der
Dr. Joh. Friedr. und Joh. Andreas Nau- 2. Band und 1880 die zmeite Auflage des
— Are 3 1. Bandes und 1882 das „Das Hausgeflügel“
Mann d beide in * * * | folgte. Gleichzeitig mit dem 1. Bande erichien
wohnend — erneuert und ſich ſeitdem cin ı. Bändchen „Vogelmärchen“, dem in kürze—
hauptſächlich mit dem Studium der Le: | fter Frift ein 2. und 3. folgen werden. Nach
bensweife 2c. der Vögel beſchäftigt. Von Drudfertigitellung des 3. Bänddens wird ſich B.
den ausſchließlich oder doch vorzugsweile * —— einiger wiſſenſchaftlich ornitholo⸗
dieſem Zwecke gewidmeten Reiſen war ge — u re
ee h Jahren reihliches Material gefammelt hat
befonders fein fünfmonatlicher Aufenthalt | vorausgefett, daß ihm feine bisherige förperliche
im füdl. Ungarn — 1847 — , wohin | und geiftige Friſche noch einige Jahre erhalten
er auf Einladung des ausgezeichneten | NSS" ſollten.
Ornithologen Erzherzog Stephan gekom- B iſt korreſpondierendes und Ehren—
men war, reich an Beobachiungs- und mitglied von 31 naturwiſſenſchaftlichen
Sammler:Erfolg. Kaum minder förder: | Vereinen des In- und Auslandes und
(ich war ihm fein fünfwöchentlicher Beſuch wurde vor 29 Jahren von der philo-
bei dem Prinzen Lucian Bonaparte — ſophiſchen Fakultät der Univerfität Roſtock
1850 — in Paris, der ihn feinerfeits |jum Dr. philos. honoris causa ernannt,
zweimal durch mehrtägigen Aufenthalt! Balleſtrem di Cajtellengo, Eu:
in Diebzig auszeichnete, und bei Herm. | femia Gräfin von, wurde am 18. Auguit
Schlegel, dem genialen Direktor des be- 1854 zu Natibor als Tochter des Land:
rühmten Leidener Muſeums — 1860. ſchaftsdirektors B. geboren. Schon früh:
Ferner meift ausgedehntere Erfurfionen | zeitig entwidelte fid) in dem Kinde ber
nad) den ornithologiich intereffanten In | Hang zum Träumen und Fabulieren, wo:
jeln an der ſchleswig-holſteinſchen Weſt- für eine Menge Kleiner niedlichen Ge—
füfte, nach Holland, Belgien und Nord: dichte, Skizzen 2c. den Beweis liefert.
frankreich, Norditalien, in die Schweizer | Dabei erhielt das junge talentvolle und
und Tyroler Alpen und nad) den deut: ‚vielfeitige Mädchen mit feinem rajtlojen
hen Gebirgen und Seen — fat all- Streben eine vorzügliche Erziehung im
Baltzer.
Hauſe ihrer Eltern,
platz geiſt- und gemütvoller Menſchen war
und ſo Eufemia eine Pflegeſtätte ihrer
Geiſtesanlagen bot. Als fie dann ernſtlich
zur Feder griff, wurde ihr Mut ange:
ipornt durch die Annahme ihrer erjten |
größeren Arbeit, einer hiltoriichen Skizze,
durh das „Bud für Alle”. Bon nun
an Ichaffte die junge, damals 17jährige
21
das ein Tummel: |
Autorin unermüdlich, bejeelt von dem uns
Baltzer.
gungen der erſten 40er Jahre zogen auch
ihn, den getreuen Kämpfer für die Sache
der Wahrheit, mit geſteigerter Kraft an,
und wurde ſeine Anteilnahme an dem—
ſelben für feine ganze folgende Lebens—
thätigfeit bejtimmenbd, als die Beftätigung
jeiner Berufung als Prediger nad Halle
und nachmals nad Nordhaufen von den
maßgebenden Behörden verweigert wurde.
Da legten der Kirchenvorftand zu St. Ni:
widerftehlichen Drang, ihr Inneres und | colai in Nordhaufen und Balger in De:
das Meben und Streben darin Anderen litzſch ihre Aemter nieder und gründeten
zu erichließen und von Herz zum Herzen (1847) in Nordhausen eine freie Religions:
zu fprehen. So ward fie Mitarbeiterin Gemeinde. An bitteren Kümmerniljen hat
fait aller beileren Zeitfchriften. Im Jahre | es in der nun folgenden langen Periode
1883 vermählte fie fih mit Herren von politiſcher und religiöfer Verfolgung feinem
Adlersfeld und fiedelte von Breslau nad) Leben nicht gefehlt, aber er ift reiner und
Militih in Schleiten über.
Hauptwerke, meift Romane und Novellen:
Blätter im Winde (1876), Gefammelte Novellen
(1876), Berfchlungene Pfade (1877), Lady Me:
fufine (1878), Tropfen im Dcean (Gedichte |
1878), Das Erbe der zweiten Frau (1877),
Heideröslein (1880), Charitas (Anth. 1880), Ein
Meteor (Dram. 1880), Im Glanze der Krone |
(Biogr. 1882), Im Zeichen des rothen Kreuzes
(Selbftich. Alb. 1882), Violet (1883), Aus tiefem
Borne (1883), Skaldenklänge (Anth. 1883), aus
dem Englifchen überf.: Neue Blätter, Tagebuch)
der Königin Vitoria (1884).
Balter, Eduard, wurde am 24. Ok—
tober 1814 in Hohenleine bei Leipzig als
der jüngſte Sohn des dortigen evangeli-
ihen Pfarrers geboren. Vom 14. Jahre
an in Schulpforta wiljenichaftlich vorge:
bildet, bezog er 1834 die Univerfität Zeip-
sig, 1836 die zu Halle. Dreiundzmwanzig
Jahre alt, kehrte er zur Unterjtüßung
feines greifen Vaters ins väterlihe Haus
zurüd und erhielt bald nad) deilen Tode |
die Stelle des Diafonus und Hofpitals |
predigers zu Delisih. Tiefes häusliches
Unglüd, welches hier während 6jähriger
Wirkſamkeit ihn traf, ließ ihn ungebeugt,
regte feine heilige Berufsliebe nur mäch—
tiger an und ließ den Plan in ihm rei-
fen, als Mifftonär fernen Völkern der
Verkünder der chriftlichen Grundmwahr:
heiten zu werden. Zu deſſen Ausführung
fam es aber nicht: Die kirchlichen Bewe—
glüclicher aus ihnen hervorgegangen, ges
ftügt von der Anerkennung feines Volkes.
Im Jahre 1848 finden wir ihn im Frank:
furter VBorparlament und dann als Vertre—
ter des WahlfreijesNordhaufen in der Ber:
J liner Nationalverſammlung, von dieſer in
die Verfaſſungs-Kommiſſion gewählt, als
Mitarbeiter an der „Charte Waldeck“, alſo
an der Wiege unſeres verfaffungolebens,
das er auch ſchriftſtelleriſch durch Mitbe—
gründung der Neuhäufer Zeitung und durch
‚fein Verfaſſungs- und Neihsbüchlein er:
folgreich förderte. Gleich nad) der Neu:
begründung feines Herdes zum Mtitglied
der Stadtverordneten Nordhaufens, dann
zu deren Vorfigenden erwählt, bekleidete er,
nad allen Richtungen unermüdlich wir:
fend, diefe ehrenvolle Stellung bis 1881.
An den Folgen „Lebensgefährlicher” Ver:
wundungen, die er 1848 in Ellrich zu
erdulden hatte, ſchwer leidend, lebt er
3. 3. bei feinen Kindern in Durlad). Vor
jeiner Gemeinde hielt er viele Vorträge,
deren Ausgabe unter dem Titel „Alte und
Neue Weltanfhauung“ ihm wie feiner Sache
in weitejten Kreifen aufrichtige Bekenner
und Verehrer zuführte.
Haupts (teil vegetarianiiche) Schriften: Py—⸗
tagoras der Weife von Samos, Mujonius, Cha:
rafterbild aus der röm. Kailerzeit, Ideen der ſo—
zialen Reform, Empedocles, Fünf Bücher vom
| wahren Menfchentum, Apollonius v. Tyana;
Bamberg. Bamberger.
außerdem befonders Voefien: Aus dem Evange: | das Auswärtige Amt dem Höchſt-Kom—
lium, Aus der Edda, Aus meinem Leben u. | mandierenden der Ofkupations-Armee,
„Zereinsblatt des deutichen Vereind für natur: & [ Mant Br (itif
emäfje Lebensweiſe, feit 1868; jetzt „Ihalyfia“, | Rat bei von Manteuffel, als politischen
ortgeführt von Dr. Aug. Aderholbt. at bei. Er verblieb in diefer Stellung
in Compiegne, Nancy und Verdun bis
Bamberg, Felir, geb. den 17. Mai | zur Räumung des franzöfiihen Gebietes,
1820 zu Unrubjtabt, ftudierte, nachdem | und wurde dann zur Übernahme des eriten
er das katholiſche Gymnaſium in Groß: in Stalien gegründeten deutichen Berufs:
Slogau bejuht Hatte, in Berlin und Konfulates, des von Meffina berufen.
Paris. In lepterer Stadt bejchäftigte | Als 1880 das deutiche General-Konfulat
er fich bejonders mit franzöfifher Litte- in Genua gegründet wurde, ward das—
ratur und mit den Wechſelwirkungen der | jelbe B. zuerteilt. Er iſt dajelbit ein:
beutihen und franzöfiihen Philoſophie. ftimmig zum Decan des Konfulats-Corps
So nahm er in den 40er Jahren an gewählt worden. _
der Bewerbung um den von der „ala: | —— mu .- en Minen
3 4134 446 en Einflu er eltzuſtan u et
bemie ‚der moraliſchen und politiſchen der Kunſt und über die Werke Friedrich —*
Wiſſenſchaften ausgeſchriebenen Preis: | Gefchichie der Februar-Revolution (1849),
„Theorie de la certitude‘‘ Anteil, und | (na gefammelten Original-Dofumenten von den
nad dem 3. Zt. im „Moniteur‘‘ ver | bervorragenditen franzöfiichen Zeitgenofjen, welche
öffentlichten Berichte des Alademie - Mite aus Ai ee
nliedes Adolf Frand war feine Schrift Hede: über den Ablauf der orientaliihen Ange:
eine der hervorragenderen. In Paris |Tegenheiten um die Mitte des 19. Jahrhunderts
lernte er 1844 Friedrich Hebbel kennen, ae — — Titel . —
iplomatıque e la Urise orien e, —3583
an welchen er über deſſen Tod hinaus |" Friebric) Hebbel's Tagebücher“ 1885— 1887.
durch die engſten Freundſchaftsbande ge- B. ift im Beſitz der ſämtlichen Driginal-Manu—
feſſelt blieb, ſo daß er mehr als vierzig ſtripte Hebbel's und bereitet die Herausgabe des
Jahre jpäter deſſen gefammten literarifchen |
Nachlaß und zwar zunächſt die „Tage:
bücher” herauszugeben begonnen hat. 1851
trat er in den preußiihen Staatsdienit,
wurde der preußiichen Gefandtichaft in
Paris beigegeben, jpäter preußifcher und,
nach Stiftung des norddeutichen Bundes,
norddeuticher Konful in Paris. In die:
fem Zeitraum von beinahe 20 Jahren |
verteidigte B. in den hervorragenditen |
franzöfiichen Zeitungen und Revuen mit
Ausdauer und Sadhfenntnis die Notwen-
Digfeit der politiihen Reform Deutſch—
lands und die Berechtigung Preußens
zur Echöpfung diejer Reform. Während
des bdeutich-franzöfiihen Krieges wurde
er in das große Haupt-Quartier nad
Verjailles berufen, dafelbjt mit der Lei—
tung der Preß- Angelegenheiten betraut
und für die Löfung dieſer ſchwierigen
Aufgabe mit dem eifernen Kreuze belohnt. |
Nach Beendigung des Krieges gab ihn |
umfafienden „Briefwechſels Hebbel's mit Freun—
den und berühmten Zeitgenoſſen““ vor. In Röt—
ſchers Jahrbüchern für dramatiihe Kunſt und
Literatur, Sowie in anderen deutichen und fran—
zöſiſchen Revuen bat B. zahlreiche Abhandlungen
veröffentliht, in der Allg. deutichen Biographie
| die Biographieen von Glud, Hebbel, 9. v. Kleiit,
Dtto Ludwig, Graf v. d. Goly und David Han:
femann. Seine vermifchten Schriften jollen dem+
nächſt erfcheinen.
Bamberger, Ludwig, wurde am 22.
Juli 1823 zu Mainz geboren, jtudierte in
Gießen, Heidelberg und Göttingen Rechts:
wiſſenſchaft. Während feiner praftiichen
Thätigfeit am Mainzer Gericht redigierte
er die „M. Ztg.‘ und nahm lebhaften An-
teil an den Ereignilfen der Jahre 1848
und 1849, jo daß er zur Flucht aus
feinem Vaterlande gezwungen wurde (in
contumaciam zum Tode verurteilt). Erit
nad der Amneſtie (1866) kehrte er nad)
Mainz zurüd, nachdem er die Zwiſchenzeit
zu größeren Reifen im Auslande benust
Band.
hatte. 1871 zum Reichstagsabgeordneten |
gewählt, wurde er von Bismard befonders
begünftigt und zu manderlei Mijfionen
verwendet, doch ging B. Ipäter zu den Be:
fümpfern des großen Kanzlers über und
jpielte eine gewiſſe Rolle als einer der eifrig:
ten und begabtejten Borfämpfer der Frei—
handelspartei. Ohne jein Zuthun wurde
B. von nun an mehr und mehr nad) linfs
gedrängt und ſchied Ichließlich ganz aus der
nationalliberalen Fraktion, um mit einigen
Gefinnungsgenoffen eine neue Partei zu
gründen.
Damal3 veröffentlichte er die j. Zt. Aufſehen
erregende Schrift „Die Seceſſion“ (1581). Außer:
dem fchrieb er viele politiſche und national:öfono: |
milde Schriften: Die Flitterwochen der Preßfrei—
beit (1848), Erlebnifje aus der pfälz. Erhebung |
(1849), Juchhe nad Italien (1859), Bertrauliche |
Briefe aus dem Zollparlament (1870), Die Ar: |
beiterfrage unter dem Gefichtspunfte des Vereins:
rechts (1873), Deutichland u. d. Sozialismus
(1878), Deutichtum und Judentum (1880); Gegen
den Staatsfozialismus (1884), Lasker (1884) ıc.; |
auch iſt B. Alice Mitarbeiter vieler Zeitichriften. |
Band, Dtto Alerander, wurde am
23
Bandom,
in Zeitfchriften zerftreuten, meijt kritiſchen
Abhandlungen, jchrieb B. noch:
Münchner Gallerie (1852), Gedichte (1858),
Worte für Welt und Haus (1863), Alpenbilder
(1863), Ziterar. Bilderbuch) (1866),
Bandow, Eugen, geb. am 20. ep:
tember 1546 zu Berlin, Realichüler, be:
gann feine journaliftiiche Thätigfeit 1867
als Barlamentsberichterftatter im Reichs—
tag des norddeutichen Bundes, ſpäter
Redakteur in Berlin, Bromberg und
Metz, 1882/83 im Neuter’ichen Tele:
graphenbureau in London, bereifte wie:
derholt Skandinavien, längeren, Aufent-
halt in Holland und Belgien. Auch
als Überjeger aus dem Engliichen und als
dramatiſcher Schriftiteller thätig. Seit
1884 Barlamentsberichterjtatterder Neuen
Preuß. Zeitung.
Bar, Karl Ludw. von, wurde am 24.
Juli 1836 zu Hannover geboren, widmete
ſich nad) Abjolv. des Gymnaſiums in feiner
Vaterſtadt dem Studium der Rechtswiſſen—
‚Schaft in Göttingen, jpäter in Berlin. Er
17. März 1824 zu Magdeburg geboren. war mehrere Jahre als Richter angeftelt,
Er abjolv. die Schulen feiner Vaterftadt | vertaufchte aber feinen Amts- mit einem
und lag dann dem Studium der Philo: Lehrſtuhl, als die Univerfität ihn (1866)
ſophie urıd Literatur und Kunſtgeſchichte nach Roftod rief. Hier legte er in feinen
od. Nach Beendigung deifelben begab er | Merten den Grunditein zu jeinem jpäteren
NH auf mehrjährige Reifen zum Zwed die Auf als hervorranender juriftiicher Schrift:
Geiſteskultur der jüdlichen Länder, haupt:
ſächlich Italiens kennen zu lernen und er:
er wieder in Süddeutſchland, bejonders
Münden 5 Jahre feinen Studien wid—
mete. 1865 und 1866 lich B. ein größe
tes Werk „Kritifche Wanderungen in drei Kunſt—
gebieten“ erjcheinen. Im Jahre 1865 fies
delte er von Münden nach Dresden über,
jteller, auch wurde er bald nad) Breslau,
| und er> fpäter nad) Göttingen berufen.
warb fic) dann in Dresden in zehnjähriger
Tätigkeit einen Auf als Kritiker, worauf |
Seine Hauptwerfe: Das internationale Privat:
u. Strafreht (1862), Recht und Beweis im Ge:
ſchworenen-Gericht (1865), Das Beweisurteil d.
German. Prozefies (1866), Necht und Beweis im
Civilprozeß (1867), Die Grundlagen des Straf:
rechtes (1869), Spitematit d. deutjch. Civilpro:
zehrechtes (1875), Handbuch d. deutih. Straf:
rechts (1882) I. ıc.
Barach, Roſa, geb. Gottlob, wurde
und übernahm 1871 die Feuilletonredaf-: am 15. Mai 1841 zu Neuraußnig gebo—
tion des „Dresdener Journals“, wurde | ren. Ihre Eltern waren arm, aber lieb:
Ipäter zum Profeſſor der Literatur- und |ten ihr Kind zu innig, um den erjt ges
Kunftgeihichte und 1886 zum Chefredaf: hegten Plan, daſſelbe im jugendlichen Alter
teur des „Dresdener Journals“ ernannt, ſchon einen Broterwerb juchen zu laſſen,
das feine Neform und Hebung im pa— durchzuführen, da fie die ungewöhnliche Be:
triotiihen Sinne der NReichspolitif ihm | gabung und Energie Roſas entdedten. In
dankt. Außer dem gen. Merk und vielen | Brünn öffnete fid) dem fleißigen Mädchen
PBarad.
eine höhere Töchterfchule, wo fie ihren
Wiſſensdurſt gegen Handarbeitsitunden
jtillen durfte. Unter harten Entbehrungen
eignete fie ſich hier ihr Willen an, bis fie
im Alter von 16 Jahren eine Stelle als |
Erzieherin annehmen fonnte. Nach zehn:
jährigem Wirken in folder Stellung grün:
dete Ste in Rudolfsheim bei Mien eine
höhere Töchterfchule. Bald darauf verhei—
ratete fie fich mit einem dortigen Arzt. In
den legten Jahren befindet fie fich vielfach
auf Kunftreifen mit ihrem Heinen Sohn,
einem muſikaliſchen Wunderfinde,
Sie ſchrieb: Aus eianer Kraft (Nov. 1880),
Soldatenfrit (Nov. 1881), Gefeilelt (Dichtung
1881), Aus Oſterr. Herzen (Liederbuh 1882),
Liebesopfer (1884).
Barack, Karl Auguit, geboren am 23.
Oftober 1827 zu Oberndorf a. N., Stu:
dierte german. Literatur in Tübingen, ı
machte 1554 Studien an größeren Bis
bliothefen, trat 1855 als Konfervator in
den Tienft des Germaniihen Mufeums
in Nürnberg und wurde 1860 zur Ver:
waltung der Fürftl. Fürftenbergifchen Hof:
Bibliothek in Donaueſchingen berufen.
Im Herbite 1870 trat er an die Spike
eines Gomites zur Neugründung einer
Bibliothek in Straßburg an Stelle der
daselbft zu Grunde gegangenen, der dazu
erlaſſene Aufruf fand begeifterten Wider:
ball und war von den glänzenditen Er:
folgen begleitet. 1871 zur Organilation
und Leitung der zu errichtenden Kaif.
Univerj.z und Landes:Vibliothet nad
Straßburg berufen, wurde er daſelbſt zum
Tberbibliothefar mit dem Titel und Rang
eines ordentlichen Profeſſors ernannt, in
welder Stellung er noch jegensreich thätig
und bemüht ift, die ihm anvertraute be:
reits zu den größten Bibliotheken Deutich:
lands zählende Univerfitäts: und Landes—
Bibliothef einer noch größeren Vervoll—
kommnung entgegen zu führen.
Seine bedeutenditen Werke: Die Werfe des
Hrotsvita (1858), Hans Böhm u. d. Wallfahrt
nach Niflashaufen 1476, ein Voripiel des großen
Bauernfrieges (1858), Ein Lobgediht auf Nürn:
berg aus d. J. 1490 von dem Meifterfänger Kunz
24
Bardeleben.
Haß (1858), Nadrichten zur Geſchichte der Kirche
‚von Eſchenbach a. d. Pegnitz (1859), Des Teu⸗
fels Ney, Tatir. didakt. Gedicht des 15. Jahrh.
(1863), Die Handichriften der Fürftl. Fürften-
berg. Hofbibliothet in Donauefhingen (1865),
Gallus Oheims Chronit von Reichenau (1866),
Bruditüde aus Wigand’3 von Marburg Reim:
chronit (1867), Zimmeriſche Chronik (1869).
Bardeleben, Heinr. Adolf, am 1.
März 1819 zu Frankfurt a. O. geboren,
jtudierte in Berlin, Heidelberg und Bas
ris Medizin, dozierte dann an der Uni:
verfität Giefen (1843-— 1849) und folgte
im Jahre 1849 einem Nuf der Univer-
ſität zu Greifswald als ordentlicher Pros
feffor der Chirurgie. Gleichzeitig über:
nahm er das Direktorium der hirurgiichen
Klinik dafelbit. Er machte den öſterreichi—
chen Krieg als Seneralarzt mit und wurde,
zurückgekehrt, an die Univerfität Berlin bes
rufen. Auch Frankreichs Echladhtenfelder
in jegensreiher Thätigfeit zu betreten,
war B. vergüönnt; bier zeichnete er fich bes
| Tonders aus und wurde als Anerkennung
jeiner hervorragenden Leiftungen zum Ge—
neralarzt à la suite des Sanitätsforps
ernannt und mit dem eilernen Kreuz des
foriert. Am 22. Mär; 1887 erteilte
ihm der Kaiſer den Nang eines Generals
majors.
Außer vielen wiſſenſch. Abhandlg. in Fadhzeit:
Iichriften, in Virchow's und Müller's ‚Archiven‘
:c. begründete B. feinen fiterarifchen Ruf dur
das mit höchiter Anerkennung viel genannte Werk:
Yehrbuch der Chirurgie und Üperationslehre (8.
Aufl. 1879).
Barfus, €. v., geb. am 7. November
1825 zu Tepleben in Pommern, das
Gymnaſium zu Danzig bis Prima bes
jucht, von 1842 — 51 in der preuß. Ar:
mee gedient, von 1845 ab als Offizier,
vom Jahre 1851—58 beim General:
ftabe der niederländifchen Armee in Oſt—
indien, feit 1875 als Schriftiteller thä—
tig, vorzugsmweile als Novellift und Feuille:
toniſt.
Schrieb: Reiſeſkizzen und Novellen.
Bark, Ernſt, wurde am 25. März
1853 bei Dorpat geboren. Während die
Mehrzahl der baltiihen Schriftfteller einen
25
Barre. Bartels.
gegen das Ruſſentum fämpfenden Sinn | densrichter in Rappoltsweiler und in Col:
entwidelt, ift B. ein warmer Verehrer mar. 1876 wurde er als Landgerichts:
der ruffiichen Nation und hat am Kampfe aſſeſſor nach Düfleldorf berufen, 1880 zum
derfelben gegen den dieje an ihrer Größe Richter befördert und 1886 nad) Trier
hindernden Abfolutiemus thätigen Anteil | als Landgerichtsdireftor verjept.
genommen, weshalb er 1878 aus Ruß- Hauptwerfe: Gedichte (1860), Neue Novellen
land fliehen und feine Beftrebungen vom
Ausland aus verfolgen mußte. So ent:
ftand in Genf 1883 das Werf: Rußlands
Aulturbedeutung, im welchem der Verfahier
Pfeiffer (18753). |
Bartels, Daniel, wurde am 18. No:
vember 1818 zu Lübeck als der Sohn
eines Gaftwirtes geboren. Er zeigte ſchon
3 1886); auch überjegte er: Brüderſchaft der
ein Programm der liberalen Partei in yaſtwi en.
Rußland entwirft. Seit jeiner Flucht aus als Kind eine ungewöhnliche Begabung
Rußland durchging B. Europa in allen | für Malerei und, wurde von feinen El
Richtungen, studierte Philofophie, Ge: tern nad deren Überfiedelung nad) Ham—
ſchichte und politiſche Ofonomie in Leipzig burg zu einem Maler in die Lehre gege—
und München, worauf er Studienreifen ben. Nach mehrjährigen Reiten etablierte
nah England, Belgien, Holland, Spanienze, er ih in Hamburg als Meiſter. Im
machte und feine Eindrüce in Neifeffizzen Sabre 1853 gab er jedoch jein Geſchäft
veröffentlichte, von denen diejenigen über wie die inzwiſchen ergriffene Lehrerſtellung
die iberiiche Halbinfel in einem Bande ge:
lammelt (1883) in Buchform erfchienen. |
Auf feinen Reiſen hatte B. eine Anda—
Iufierin fennen und lieben gelernt, deret-
wenen er 1885 wieder nad) Spanien zu:
rüdfehrte, wo er ſich niederlich bis au
dem jehnlich erwarteten Eintreffen der Er—
laubnis, wieder in fein Vaterland zurüd: |
fehren zu dürfen. Inzwiſchen gründete er
in Madrid ein Verlagsgeichäft und lebt |
dort als Berichterftatter der „Köln. Ztg.“
und der Berl. „National:Ztg.”, in welcher
Eigenichaft er die Flugichrift „Der deutich- |
ſpaniſche Konflikt um die Kolonien und
der Nevolution in Spanien“ veröffent: |
lichte. B. that ſich außer in vielen po: |
litiſchen Schriften hauptſächlich als Über:
Ieger ſpaniſcher Nomane hervor, jo:
Gaftelard Ricardo, Bargos Cölibat ꝛe. |
Barre, Ernft, wurde am 18. Januar
1843 zu Paderborn geboren. Nachdem
er das dortige Gymnaſium abjolv., be:
jog er 1861 die Univerfität zu Heidelberg, |
Ipäter zu Berlin, um ſich der Rechtswiſſen—
Ihaft zu widmen. Der deutich-franzöfiiche
Krieg ſetzte vorläufig feinen weiteren Plä⸗
nen ein Ziel, indem er ihn zu den Fahnen |
vie, Als Offizier heimgefehrt, betrat er.
feine frühere Garrierc wieder, wurde Frie:
auf, um die Leitung eines großen Advo-
fatenbureaus zu übernehmen. Er jchrieb
beſonders plattdeutiche Werte:
Der Grillenſcheucher (S Bde. 1867 — 1879), Spa:
jiergänge im Fabelkleide (1869), Pludfinten (2
Ye. 1883— 1887).
Bartenftein, Karoline Freifrau von,
wurde 1827 zu Wien geboren. Sie
genoß eine gute Erziehung und war mit
einem hellen, raitlofen Geiſt begabt.
Schon früh griff fie zur Feder und vers
faßte ein Gedichtbüchlein „Seelenblicke“,
das viel Anerkennung (bejonders durch
E. M. Vacano) gefunden. Die beite
Heine Schöpfung der Dichterin it „Der
Gedanfenfalender“, eine Eammlung von
Aphorismen, die vielfady von den beiten
Zeitichriften abgedrudt find. Außerdem
ichrieb fie zwei Feine Novellen vom Duntel
zum Licht, Steinernes Herz. Mit K. v. B. er:
licht ihr alter Name, da fie die lebte
weibliche Sprofie des Geſchlechtes ijt, der
legte männlidye Sproß war der verjtorbene
Hausprälat Sr. Heiligkeit des Papſtes
A. Reichsfrhr. v. B., ein Bruder der
Dihterin, nunmehr Ehrendame am hoch—
adligen Damenftift zu Troppau.
Barth, Karl, wurde am 2. Juni 1811
zu Eichftädt als der Sohn des Negierungs-
Barthel.
fefretärs B. geboren. Nach Abfolvierung
des Gymnafiums zu Augsburg, wohin der
Vater 1817 verjegt wurde, bezog 8. B.
die Univerfität Münden, um dajelbit |
Rechtswiſſenſchaft und Philoſophie zu ftus
dieren. Inzwiſchen war der Vater zum
erjten Bürgermeijter von Augsburg er:
wählt und öffnete als folder fein Haus
weiten Kreilen bedeutender Berfönlich-
feiten, mit denen aud der vielfad, zum
Beſuch anweſende Sohn in regen Verkehr
trat, was nicht ohne Einfluß auf ihn blieb,
vielmehr ſeinem, über die trodenere Bes
rufsthätigfeit hinausſtrebenden Beift reiche
Nahrung bot. Im Jahre 1839 ließ er
fi) als Rechtsanwalt in Schwabmünden, |
jpäter (1843) inLandsberg, dann in Augs:
burg, feiner zweiten Waterjtadt, nieder.
Hauptwerke: Myſtiſche Gedichte (1847), Ge:
famm. Schriften (Erzählungen für die Jugend
1850), Der Hochaltar der Liebe (D. 1867); auch
gab B. Körners (Vater) Schriften heraus,
Barthel, Guftav Emil, wurde am
21. Juli 1835 zu Braunſchweig geboren.
Nah Abjolv. des Gymnafiums widmete
er ich dem Buchhandel und errichtete 1865
eine Verlagsbuhhandlung in Halle, die er
jedoch jeit 1873 nicht vergrößerte, Er
widmete fih nun ausschließlich der Schrift:
jtellerei, der er jchon von Jugend auf zuge:
thangewejen war. 1882 ftedelteer nad) Gie⸗
bichenftein über. Außer vielen in Zeitichrif-
ten zerjtreuten Arbeiten veröffentlichte er:
Scherz und Humor (Ged. 1875), Deiliger
Ernit (Ged. 1876), Des Mädchens Wunderhorn
(Anthol. 1883). — Herausgeber von Zenaus Wer:
fen, Tegners Konfirmand, des Sächſ.thür. Dichter:
buch3 ꝛc. zc.
Bartholomew, j. Graf-Bartholo-
mem.
Bartſch, Chriltian, geboren 1832.
26
Bartſch.
aus dem Volke an Poeſien erhaſchen
fonnte. 1872 nahm er zunächſt eine Zeh-
reritelle an der höheren Töchterſchule in
Tilfit an und ijt feit einigen Jahren als
Rektor einer mittleren Mädchenſchule thä—
tig. Nachdem in den „Mitteilungen“
der Litauiichen liter. Gejellich. eine Abhand-
lung über das litauiſche Volkslied oder die
Daina und eine foldhe über litauiiche
Volksliteratur von B. erichienen war,
veröffentlichte er im Herbit 1886 im Auf:
trage der Litauifchen Literariihen Geſell—
Ichaft den 1. Band feiner Daina Balfai. Me:
lodien litauiſcher Volkslieder, welche Ausgabe
fowohl von dem preußiihen Kultusmini—
fterium, wie von den Provinzial:Yand:
ftänden Djtpreußens unterjtügt wurde.
‚Den Hauptinhalt des eriten Bandes
machen die von B. ſelbſt aus dem Volks—
munde aufgezeichneten litauiihen Lieder
aus, und da jämtliche Liederterte ſangbar
‚überfeßt und dem Ganzen auch Anmer:
fingen und eine längere Einleitung bei—
gegeben jind, findet hier die dee, daß
vorzugsweiſe Volkslieder, wofern ſie in
ihrer Ganzheit treu wiedergegeben ſind,
wichtige Urkunden für das völkerpſycho—
logiſche Studium bilden müſſen, ihren
| vollen Ausdrud. Der 2. Teil der Samm—
lung joll alles aufnehmen, was an litaui-
ſchen Volkslieder-Melodien jonit zwar ſchon
veröffentlicht, aber zerſtreut und darum
großenteils unbekannt und wirkungslos
geblieben iſt.
Bartſch, Karl, wurde am 25. Febr.
1832 zu Sprottau geboren, beſuchte die
Schulen zu Gleiwitz und Breslau und be—
zog 1849 die Univerſität Breslau, um
ſich auf den Kath des für B. lebhaft in:
B. war von 1855 —1858 Lehrer aufeinem tereffierten Prof. Weinhold dem Studium
Nittergute bei Schirwindt, nahe der Ruf: | der germaniihen und römischen Sprachen
füih:litauifchen Grenze. Erſtaunt ebenfo | zu widmen. Nachdem er 1853 in Halle
über die Menge, wie über die Eigenartig- | promoviert hatte, trat er eine Studien:
feit litauifcher Volfsmärchen, welche er er: reife nad) England und Franfreid an,
zählen hörte, bildete er fein Schon vorher | hauptſächlich um die alten provencaliichen
angefangenes Litauiſch Ichnell weiter aus | Handichriften fennen zu lernen. Bald
und notierte mit Begeilterung, was er nach jeiner Rüdfchr wurde er als Kuftos
Bafedow.
der Bibliothek des germanischen Mufeums
nad) Nürnberg und fpäter als Profeſſor
der deutichen und röm. Philologie nad)
Roftod berufen. 1871 erhielt er eine
gleihe Profeſſur in Heidelberg, wo er
außerdem noch die Direktion des Semi:
nars für neuere Sprachen inne hat. B.
bat fih als einer der berufenjten und
bervorragenditen Germaniſten bemährt
und wird auf diefem Gebiete allgemein
als höchite Autorität angeſehen. Vielfache
Auszeihnungen lohnten fein Schaffen, u.
a. wurde er von feinem Landesherrn zum
Geheimen Rath ernannt, auch ift er Ritter.
hoher Orden, Mitglied vieler gelehrt. Ge:
jellihaft. x. Außer unzähligen in Zeit:
ſchriften zeritreuten wiljenichaftl. Abhanbd: |
lungen jchrieb, rejp. gab er heraus:
Seit 1869 die von Pfeiffer begründete Zeitichr.
für deutiche Altertumsfunde „Germania“. Wan:
derung und Heimkehr (Ged. 18741, Sagen, Mär: |
hen und Gebräuche aus Medlenb. (1879— 1880),
Dichtungen des Berthold von Holle Die Erlöfung,
nebjt anderen geiftlihen Boefien (1858); Mittel:
bochdeutiche Gedichte (1860), Meleranz; von dem
PBlaier (1861), Meifterlieder der Kolmarer Hand:
ſchrift (1862), Die deutichen Liederdichter d. 12.
u. 13. Jahrh. (1864), Kudrun, aus dem Mittel:
hochdeutſch. (1865), Das Nibelungenlied (1866),
Der Nibelungen Not (1870), Sancta Ngnes, geiſt—
liches Schaujpiel (1869), Wolfram’s Parzival |
und Titurel (1870), Das Rolandslied ac. ıc.,
ferner literaturgefhichtl. Studien vom höchſten
Intereſſe, für den Literarhiftorifer unentbehrlich.
Bafedow, Adolf von, wurde am
15. März 1825 in Deſſau als ein Nach—
fomme des berühmten Bhilantropen gi. N.
geboren. Nach Abjolvierung der Schule in
Deſſau und Zerbit widmete er fich dem
Soldatenjtande. Nach Beendigung des
deutich-franzöfifchen Krieges nahm er fei-
nen Abjchied und lebte als Oberitleutnant |
in Deflau, eifrig mit jchriftitellerischen Ar-
beiten bejchäftigt.
Hauptwerfe: Der Rautenkranz, Dram. (1854),
BWeidmannsfahrten (1865), Friedensfeit (1875),
Liebe iſt blind (1875), Wenn man Freunde hat |
(1875) ꝛc. |
Bafedow, Hans von, geb. am 30.
Juli 1857 zu Deflau in Anhalt. Wid-
mete fih vorzüglich Literaturgeichichte,
|
|
27
Baltian.
Kunſtgeſchichte und mufikal. Studien, ne:
benbei auch den Naturmifienichaften und
Philofophie. Machte weite Reifen. Führte
mehrere Jahre Theaterdireftion — wäh
rend welcher Zeit er bis dahin noch nicht
‚gegebene Dramen aufführte. Lebte dann
einige Zeit in Weimar, wo er namentlic)
mit Franz Liszt in enger Verbindung ftand.
Beluchte die größeren Städte Deutichlands,
um die Theater und Kunftanftalten zu ſtu—
dieren. Redigierte eine furze Zeit eine
| freifinnige Zeitung. Lebt jept in Mün—
‚hen als Herausgeber einer Dramaturgie.
Verfaßte außer vielen zeritreuten wiſſenſchaft—
lichen und kunſthiſtoriſchen Artikeln und Novellen
den Roman „Elfriede“, den er dramatiſierte, das
mit Beifall aufgenommene Drama „Dolores“,
das Trauerjpiel „Johannes”, das Drama „Rauch“,
das Trauerfpiel „Heimkehr“, das Luftipiel „Der
Brautwerher”, eine Biographie Ibſen's und Ju—
lius Grojje's. Arbeitet augenblidlih an einer Ge—
Ihichte des deutichen Theaters und Dramas jeit
1800. Iſt Referent einer großen Anzahl fünitl.
und wiſſenſchaftl. Blätter.
Baſtian, Adolf, wurde am 26. Juni
1826 zu Bremen geboren, befuchte das
Gymnaſium dajelbft und widmete ſich dem
Studium der Medizin und Naturwiſſen—
Ihaften. Nach Beendigung feiner Studien
legte er den Grund zu feiner jpäteren Be:
rühmtheit als Reifender durch große Tou—
-
*
‚ren in fait allen Erdteilen und die Nie—
derichrift feiner Erlebniffe und erworbenen
‚Erfahrungen. Im Jahre 1866 fehrte er
mit reichen Kenntniffen, befonders der bis-
her noch faft ungeahnten birmanifchen und
ſiameſiſchen Literatur, nad) Europa zurüd
und habilitierte fich als Privatdozent in
Berlin bei der philof. Fakultät. Hier wurde
ihm die Verwaltung des Ethnologiichen
Mujeums übertragen und furze Zeit dar-
auf er jelbjt zum Profeſſor der Ethnologie
ernannt, auc führte er den Vorfit der
Geſellſchaft für Erdfunde, in welder Ei-
genichaft er befondere Gelegenheit hatte,
die Begründung der Anthropologiihen Ge-
jellihaft anzuregen. Außerdem führt B.
noch den Borfig verjchiedener gelehrter Ge—
jellihaften, von anderen ijt er Mitglied.
B.s große Verdienfte um die Ethnologie
Bau.
haben ihm zahlloje Auszeichnungen ein:
getragen, jo wurde er mehrere Diale von
der Regierung zu höchſt wichtigen Expedi—
tionen veranlaßt, deren reiche Ergebnifle
an ethnographiichen Sammlungen B. nun:
mehr ordnete und im Muſeum aufftellte.
Hauptwerfe: Ein Beſuch in San Salvador
(1859), Der Menſch in der Geichichte (1860), Die
Völker des öftlichen Ajien (1866), Mexiko (1868),
Weltauffafiung der Buddhiiten (1870), Ethnolo:
giſche Forſchungen (1871—73), Vorftellungen von
der Scele (1875), Die Aulturvölfer des alten Ame:
rifa (1878), Die Heilige Sage der Bolynefier
(1881), Zur Kenntniß Hawaii's (1883), Inſel—
gruppen in Oceanien (1883), Allgemeine Grund:
züne der Eilmologie (1884), Religionsphilofo:
phiſche Probleme (1884), Völkerftämme am Brah—
maputra (1883), Der Fetiſch (1884), Zur Lehre
der Geographiſchen Provinzen (1886) ıc. ıc.
Bau, Alcrander, geb. den 31. Januar
1853 zu Berlin, befchäftigte ſich von Ju—
gend auf mit Naturbeobadhtungen, die er
in zahlreihen Fachzeitſchriften veröffent-
lichte. Unterfuchungen über das chemiſche
und phyſikaliſche Verhalten verjchiedener
Subjtanzen beim Verbrennen veranlaften
ihn, ich mit Feuerwerkerei zu beichäftigen, |
und jchrieb er: Die Luftfeuerwerkerei in Ver:
bindung mit transparenten Montgolfieren, 1876,
28
Baubilfin.
Taubjtummenanftalt zu Breslau, und
wurde 1878 an eine Stadtichule in Bres-
‚lau berufen, wo er gegenwärtig noch wirkt.
Schon im Anaben regte fih der Sinn für
Literatur, namentlich Poeſie. Bald ent:
Itanden auch die erften poetiichen Verſuche
B.'s, welcher fi nad) genauerer Kenntnis
der Holtei'ſchen Gedichte bald faſt aus—
‚Schließlich ‚der Dialeftvihtung zuwandte.
An die Offentlichfeit wagte er fich erft
ipäter, namentlich nad) einem ermutigen
den, anerfennenden Urteil des leider fo
früh verſt. fchlef. Dialeftdichters Robert
Rößler, und in Zeitungen, Zeitichriften u.
Kalendern wurde nun eine ganze Neihe von
Beiträgen aus der Feder B.’s veröffent:
licht. Nachdem er Mitglied der „Breslauer
Dichterſchule“ geworden war, erfchien von
ihm 1886 eine mit Beifall aufgenommene
Sammlung von Humoresten und Ges
dichten in fchlef. Mundart unter dem
Titel „Quietfchvergnügt“ und 1887, „3 Mo:
|nopol oder Kupp muß ma hoan“, humoriſt.
| Scene in jchlef. Mundart.
| Baudiſſin, Uri, Graf v., wurde
am 22. Februar 1816 zu Greifswald als
ferner die dritte Auflage von Der Luftfeuer, ein Sproß eines alten Geſchlechtes das
werker, 1876. Seitdem für viele Zeitjchrif; ſeinen Stammbaum bis in das 12. Yahr:
ten arbeitend, begann er (1885) mit der hundert zurüdzuführen vermag, geboren.
Bearbeitung praftiiher Handbücher für, Schon früh wurde der Anabe dem Offi—
Inſektenſammler, wovon das Handbucd für diersſtande beftimmt und deshalb in das
Schmetterlingsfammler (1886) erſchien und ſehr Kadettenhaus zustopenhagen gebracht. Un:
günftige Aufnahme fand. Handbuch für Käfer; geachtet der inneren abmahnenden Stimme
ſammler erfcheint 1887.
Bauch, Hermann, wurde am 17.
März 1856 zu Heidersdorf, Prov. Echle:
fin, als der Eohn des Stellenbefiters
und Schuhmaders Anton Baud) geboren.
Er beſuchte die Volksſchule feines Hei:
matsortes. Um feinen Lieblingsichüler
vor dem Echufterfchemel zu retten, erbot
fich der Hauptlehrer Nobert Grehl in edel:
mütigjter Weiſe, ihn unentgeltlich fürs
Seminar vorzubereiten. Nach vollendetem
Studium im Seminar zu Breslau am= |
tierte er eine Zeitlang als Lehrer in Baum:
garten bei Franfenftein, jpäter an der
blieb Graf B. doch feinem Fahneneide
getreu, der ihn auf die Seite der Dänen
zwang. Bei Tüppel (1849) wurde er ver:
wundet. Nicht lange darauf nahm er ale
Major jeinen Abjchied und fehrte nad)
Deutihland zurüd, um ganz feiner lite
rarischen Thätigfeit zu leben, Deren Früchte
allgemein Anerkennung gefunden haben:
Er ichrieb die Romane: Der Albatrof (1864), Ein
pfeud. Hauslehrer (1865), Liebe u. Leidenſchaft
11866), Gattin und Tochter (1867), Ronneburger
Moiterien (1869), Die Stieftinder (1870), Marotte
(1871), Der Lebensretter (1872) In engen Kreiſen
(1874), Das Damenftift(1875); ferner einen fulturs
geſchichtlichen Novellen-Cyllus, betitelt Cine Wan:
derung durch Jahrtaufende (1875) u. mehrere Luſtſp.
Bauer.
Bauer, Ludwig Cöleftin (2. Rebau),
wurde am 19. Mai 1832 zu Ingolitadt
geboren. Nachdem er das Gymnafium zu
Würzburg und die Univerfität München,
wo er Philoſophie jtudierte, abjolviert
hatte, war er mehrere Jahre als Haus:
fehrer thätig. 1861 wurde er als Stu—
29
dienlehrer an die Lateinfchule in Milten—
berg, jpäter nad) Kigingen berufen, 1871
zum Scdulrath, im gleihen Jahre zum
Bezirksſchul-Kommiſſar und bald darauf
zum Mitglied des Kreisiholardats von
Schwaben erwählt. Er jchrieb hauptſäch—
(ih Gedichte, die ſich durch Formſchönheit
auszeichnen. |
Hauptwerte: Gedichte (1860), Geiit der Jah:
reäzeiten (Reimipiel 1862), Friſch gelungen (Ged. |
1863), Der Schmied von Ruhla (Oper 1862),
Die Nazarener in Pompeji (D. 1864), Harold
(D. 1869), Bürgerlih (Nov. 1866), Fliegender
Sommer (Ged. 1874), Auf Wegen und Stegen
(Ged. 1881), Uber Berg und Thal (Ged. u. Ge:
Ihichten f. d. Jugend 1883).
Bauer, O. ©., fiehe Ottomar Ge:
bauer.
burg 1834. Zuerſt im Kaufmannsjtand,
wandte er fich jeit 1856 dem philologiichen
und dem juriftiihen Studium zu, pro:
movierte in Heidelberg, abfolvierte eine
biftorifche Prüfung in Prag, lebte meh:
rere Jahre in London, ward Lehrer in
Hamburg 1862, gab in demjelben Jahre
in deutſcher Überjegung Macaulay's disa-
bilities of the jews heraus, und 1880
Das Licht des Lebens, ein Lied von Jeſu.
Bauermeifter, Mar, wurde am 25.
Februar 1841 zu Berlin geboren. Er wid:
mete fih dem Soldatenjtande (1859 bis |
1865). In legterem Jahre verheiratete
er fi und nahm feinen Abjchied, um nad)
Amerika auszumandern. Kaum ein Jahr |
der Beobachtung jenes republifanijchen
Lebens und Treibens und aller damit ver:
bundenen Mißſtände: der Schuglofigfeit
bes Einzelnen, der Zucht: und Rüdjicht: |
fofigkeit dagegen der Waffen genügte, ihm |
den Aufenthalt zu verleiden, und fehrte er |
wieder nach Berlin zurüd, wo er jegt als |
Bauernfeld.
fruchtbarer dramatischer Schriftiteller u.
Novellift lebt: Rüdesheimer (1869), Marteten:
derliebe (1871), doppeltes Fiasko (1871), Bei
Bismard (1872), Friih! fromm! frei! (1883),
Ein flotter Student (1883), Werbeoffiziere, Er
‚macht Bifite, Sein freund, In ficherer Hut,
Eine komiſche Alte :c.
Bauernfeld, Eduard von, wurde am
13. Januar 1802 zu Wien geboren. Im
jugendlichſten Alter verlor er feine Eltern
und war auf feine eigene Kraft verwieſen.
In den Jahren, da anderen Knaben der
Himmel voller Geigen hängt und ihr gan:
zer Sinn nur auf kindliche Spiele und
Vergnügungen gerichtet ift, mußte B. be:
reits jein Brot durch Stundengeben ver:
dienen. Unter harten Entbehrungen machte
er die Schul: und Univerlitätsjahre
(Rechtswiſſenſchaft) durch und wurde als
Konzeptspraftifant bei der niederöfterrei:
chiſchen Regierung, im Jahre 1843 bei der
Lotteriedirektion angeftellt. In der Muße:
zeit jeines Amtes, bejonders nachdem er
| eine bejjere Einnahme erworben, madıte er
Bauer, Bhilipp, geboren in Ham: |
größere Studienreijen ins Ausland, teils
amtlich), teils privatiın. Unterwegs lernte
er u. A. Anaftafius Grün fennen, und bald
bildete dieſe Bekanntſchaft ſich zu intimjter
Freundfchaft aus, die großen Einfluß auf
B. ausgeübt. Beide Dichter haben ſich in
den „Märztagen” um Ofterreich hochver—
dient gemadt. Nah Abſchluß Ddiejer
Kampfeszeit nahm 3. feine Entlaffung aus
dem Dienft, um ganz der Schriftitellerei in
Wien leben zu können, die ihm Ruhm und
Auszeihnungen in Hülle und Fülle ge-
bracht, und zu deren begabtejten und lies
benswürdigiten Vertretern B. gehört.
Außer vielen Anerfennungen feines
Schaffens verlieh fein Kaiſer ihm das Kom—
thurfreuz des Franz Joſef-Ordens ınit dem
perjönlihen Adel, die Stadt Wien er-
nannte ihn zu ihrem Ehrenbürger. Seine
Dramen haben alle Bretter, die die Welt
bedeuten, fi) erobert. Hervorzuheben find:
Belenntniffe, Bürgerlih und Romantiih, Groß:
jährig, Der Brautwerber, Die Verlafjenen, Leicht:
finn aus Liebe, Das Liebesprotofoll, Helene, Ein
deuticher Krieger, Franz von Sidingen, Der fate:
Baumbach.
goriſche Imperativ, Zu Haufe, Kriſen, Die Zug—
vögel, Die Virtuoſen, Mädchenrache ꝛc. ꝛc. Außer:
dem hat B. ſich auch in der Lyrik und im Roman
hervorgethan: „Gedichte“, Die Freigelaſſenen
(Rom.), Poetiſches Tagebuch in zahmen Tenien
vom Jahre 1820 bis Ende 1886.
Baumbach, Rudolf, wurde am 28.
September 1842 zu Kranichfeld i. Th. ges
boren und von feinem Vater, einem her:
zogl. Meining’ihen Hofarzt, für das Stu:
30
Baumgart.
| Reife nad Griechenland, welche von Som=
mer 1853 bis Anfang 1855 über das
Feſtland, die Injeln und einige Punkte
Kleinaſiens ausgedehnt wurde; daran
Schloß fi ein Aufenthalt in den Haupt-
‚ftädten Italiens und in Paris. Von
Herbſt 1855 bis dahin 1856 Lehrer am
Blohmann’ihen Inftitute in Dresden.
Nach einer in Berlin abgelegten Staats-
diumd. Naturwiffenſchaften beftimmt. Nach prüfung kurze Zeit Lehrer am franzöfiichen
Abfolv. der Univerfitäten Würzburg, Leip: Gymnaſium dajelbit, dann am Gymna=
zig, Jena und Heidelberg promovierte er ſium in Elberfeld. Von Oftern 1860— 68
an der legteren zum Doktor und wirkte Oberlehrer am Catharineum in Lübeck;
als Lehrer in Trieft, doch nicht für lange; | dann Direktor bes fürftl. Gymnafiums
denn eine unmiderftehliche Reifeluft ließ ihn in Gera und jeit 1870 Direftor bes
fein Lehramt niederlegen und führte ihn | fönigl. Domgymnafiums zu Halberftabt.
in die weite Welt, bis er endlich nach 1871 wurde er vom Reichskanzleramte
manchem Kreuz: und Querzug durch ganz
Europa in fein engeres Vaterland zurück—
fehrte und fi in Meiningen niederlieh.
B.'s Lieder und Sänge haben die Welt
durchwandert und find in allen Landen ges
fungen und gelejen, jo daß ihr Verfaſſer
einer der befannteften und genanntejten
Dichter Deutichlands geworden, ausgezeich-
net durch einen vornehmen Zug, der B.
niemals gejtattete, jeine Feder inden Dienft
der Tagesgögen zu ftellen. |
Seine Hauptwerfe: Enzian, ein Gaudeamus für
Bergfteiger (1876), Zlatorog, Alpenfagen (1877),
Lieder eines fahr. Geſellen (1878), Horand und
Hilde (1879), Frau Holde (1881), Sommer-
märdhen (1881), Spielmannslieder (1882), Mein
Frühjahr (1882), Bon der Landftraße (1882),
Truggold (Erzähl. 1883), Abenteuer u. Schwänte |
(1888), Krug und Tintenfaß (Geb. 1887). |
Baumeister, Carl Auguft, iſt am
24. April 1830 zu Hamburg als Eu
eines Kaufmanns geboren. Als der Vater
franfheitshalber fein Geſchäft aufgab und
in die Heimat der Mutter überfiebelte, er: |
hielt der ältefte Sohn feine Vorbildung
auf dem Gymnafium zu Wolfenbüttel. |
Studierte dann ſeit 1848 vornämlid)
tlaifiiche Philologie auf den Univerfitäten
Göttingen und Erlangen, promovierte:
auf erjterer 1852. Machte in Hamburg
eine Staatsprüfung für das Lehramt, in
Berlin archäologiſche Vorftudien zu einer |
nad Straßburg berufen zur Organifation
des höheren Schulmwelens in Elſaß-Lothrin⸗
gen; er fungierte dafelbit als Regierungs-
‚rat, ſeit 1879 als Minifterialrat, bis er
1882 auf Veranlafjung des Statthalters
v. Manteuffel zur Dispofition geftellt
wurde. Seitdem lebt er in München, mit
archäologischen und anderen jchriftftelles
riihen Arbeiten bejchäftigt.
Literarische Publifationen: Batrachomyome-
chia Homero vulgo attributa, fritiiche Ausgabe
mit Prolegomenen, 1852. Hymni Homerieci, fri«
tiiche Ausgabe mit Einleitung und Kommentar,
1860, Tertausgabe 1858. Topographiſche Skizge
der Inſel Euboia, Programm Lübeck 1864. Kul-
turbilder aus Griechenlands Religion und Kunft,
populäre Vorträge, 18656. Commentatio de
Atye et Adrasto, 1860. SHiftorifches Quellen⸗
buch zur griehiichen Geichichte, für Schulen bear-
beitet gemeinichaftlich mit W. Herbit, 3. Auflage,
1882. Daneben mande Aufſähe in Fachzeilſchrif⸗
ten, beſonders über das höhere Schulweien.
Seit 1884 ericheint: Denkmäler des klaſſiſchen
Altertums, bearbeitet unter Mitwirkung zahlreicher
Fachgelehrten, mit mehr als 2000 großen und Heis
nen Abbildungen.
Baumgart, Mar, wurde geboren am
7. September 1850 zu Krotofhin, Pro:
vinz Pofen, als jüngiter Sohn des 1860
ebendajelbjt verjtorbenen Euperintenden-
ten Wilhelm Baumgart. Nachdem er das
fönigl. Wilhelms-Gymnaſium jeiner Va—⸗
terjtadt bejucht, trat er, 1870 mit dem
Reifezeugnis entlafien, bei Beginn des
Baumgarten.
31
—
Baumgarten.
Krieges gegen Frankreich in das mobile feſſor der Literatur und Geſchichte an das
Kriegsheer.
Im Juli 1871 bezog er die Polytechnikum zu Karlsruhe Folge zu
tönigl. Friedrich-Wilhelms-Univerfität zu leiſten. Hier ſchrieb er ſeine bekannte
Berlin und abfolvierte hierſelbſt als klaſ—
ſiſcher Philologe fein alademiſches Trien-
nium. Im Sommerfemeiter 1873 begrün-
dete er ben afademifchen Thcaterverein, der
bald darauf in den akademiſch-literariſchen
Verein umgewandelt wurde. Nach Beendi-
gung feiner Studien fungierte B. als Er:
jieher in mehreren gräflichen Häujern und
entfaltete während diejer Zeit eine gemein-
nügige Thätigfeit dur Gründung von
Ariegervereinen, bejonders in Pofen und
Schleſien. 1879 nahm er bei jeiner Ver:
heiratung dauernd Wohnung in Berlin.
Neben feiner Thätigfeit ald Lehrer an einem
Militärpädagogium in Groß:Lichterfelde
beteiligte er fih nunmehrals Mitarbeiter an
den verichiedenften Tageszeitungen; er redis
gierte bald Darauf die von ihm ins Leben
gerufene „Allgemeine Deutiche Studenten
zeitung“, die fpätere „Studentenzeitung,
Gentralorgan für d. Studierenden Deutich:
lands“. Auch ift B. als Nedner in Ber:
einen 2c. thätig.
1883 erſchien von ihm der „Allgemeine deut:
Ihe Studenten:Kalender”, 1884 „Grundſätze und
Bedingungen zur Erlangung der Doctorwürde bei
allen acultäten der Univerfitäten des deutichen
Reichs“, 1885 „Die Stiftungen und Stipen-
dien zu Gunften der Studierenden an den Univers
fitäten des Deutſchen Reichs nebit den Statuten
und Bedingungen für die Bewerbung und den
Borichriften über die Stundung reſp. den Erlaf
des Kollegienhonorars“, 1886 „Die Literatur
des In: und Auslandes über Friedrich den Großen”,
anläßlich des hundertjährigen Todestages des gro:
ben Königs zufammengeitellt.
Baumgarten, Hermann, wurde am
28. April 1825 in Leſſe (Braunichweig)
geboren. Nach Abjolv. des Gymnafiums
in Rolfenbüttel widmete er fi) dem Stu:
dium der Philologie und Geſchichte (1842
bis 1847 Jena, Halle, Leipzig, Bonn, Göt⸗
tingen). Dann war er mehrere Jahre Ne:
dakteur der Braunfchweiger „Deutich.
Reichszeitung”, welche Stellung er jedoch
aufgab, um nah Wiederaufnahme jeiner
hiſtoriſchen Studien einem Ruf als Pro:
— — — — — —— — —— ——— — — nn
Geſchichte Spaniens zur Zeit der franzöſiſchen Re—
volution (1861) und Geſchichte Spaniens vom Aus⸗
bruch der franzöſiſchen Revol. bis auf unſere Tage“
(1865—1871). Dieſe Werke verſchafften
ihrem Verfaſſer einen Ruf an die Univerſi—
tät Straßburg.
Außer den genannten Werken ſchrieb B. noch:
Gervinus u. feine polit. Überzeugungen (1853),
Partei oder Vaterland ? (1866), Der deutiche Lis
beraliSmus (1867), Die religiöfe Entwidelung
Spaniens (1875), Jak. Sturm (1876), Werke über
Sleidan (1879— 1881), Bor der Bartholomäus:
naht (1882), Geihichte Karls V. (1885) ꝛe.
Baumgarten, Mihacl, wurde am
25. März 1812 zu Hafeldorf (Holftein)
geboren. Er widmete fi dem Studium
der Theologie und wurde 1846 als Paſtor
in Schleswig angejtellt. Bier Jahre fpäter
erhielt er einen Ruf als ord. Profeſſor der
Theologie in Roftod, nahdem er fich län-
gere Zeit zuvor ſchon in Kicl Habilitiert
hatte. Hier in Roſtock focht B. einen harten
Strauß mit dem medlenb. Oberkirchenrat
wegen religiöjer Meinungsverjchiedenhei-
ten aus, dem die Behörde ein ebenfo ein—
faches wie furzes Ende madte, indem fie
den Gegner kurzerhand jeiner Profeflur
entfegte. Diergegen erhob ſich nicht allein
der alfo Gemaßregelte, jondern auch ein
großer Teil der angefehenften Bürger
Roftods, woraus eine Riefenankflage gegen
die Unterzeichner (faft taufend) einer Zu:
ſchrift an den Konfiftorialrat Krabbe und
gegen B. entiprang, die erjt in legter In—
jtanz mit der Freiprehung der — nahe—
zu taufend Angefchuldigten endete. Immer
von neuem trat B. gegen jenes „ebenſo
einfache, wie furze‘ Verfahren feiner mäch—
tigeren Gegner mit Streit- und in Zeits
ihriften auf, ohne etwas anderes zu er-
reichen, als Geld: und Gefängnisitrafen.
B. fteht als evangelifcher Geiſtlicher nad)
allen uns zu Gebote ftehenden Quellen
vollfommen rein und durdaus auf dem
Boden des pofitiven Quthertums da. Da:
für legen auch jeine Werfe Zeugnis ab:
Baumgarten.
32
Baumbhauer.
Die Echtheit der Paftoralbriefe (1837), Bub holm, wirkte als Lehrer an den Kollegien
Kommentar zum Alten Tejtament (1843— 1844),
Apoftelgeichichte oder Entwidelungsgang der Kirche
von Jeruſalem bis Rom (1852), Nachtgefichte des
Sadarja (1854), Zwölf kirchenpolitiiche Vorträge
zur Beleuchtung der firchl. Gegenwart (1869) ıc.
Baumgarten, Paul Maria, ge:
boren am 25. Juli 1860, bezog nad)
Abſolv. der Schule die Bonner Hochſchule,
Ipäter die zu Marburg, Breslau und
Straßburg, um Jurifterei zu jtudieren.
Wenn jchon bei der juriftiichen Fakultät
eingeichrieben, beichäftigte ſich derſelbe
doc) vorwiegend mit ſtaatswiſſenſchaftlichen
und biftoriichen Studien. Im Jahre 1883
publizierte er eine Feine Arbeit über: Die Heren-
prozeſſe in Deutihland und 1886 Zur Natur:
geichichte der Preſſe, eine kulturhiſtoriſche Studie.
Im Januar 1885 promovierte er und
bejtand zu Colmar das Referendareramen.,
Da ihm jedod) die Jurifterei zu wenig be:
hagte, um fie zu feiner Lebensbeſchäfti—
gung zu machen, jo wandte er fi dem
inftematiihen Studium der Geſchichte in
zu Feldkirch (Vorarlberg) und Stonyhurſt
(England), widmete fih dann hauptſäch—
(ih literatur-hiftoriihen Studien und ift
jeit 1874 Mitarbeiter an der Zeitichrift
„Stimme aus Maria-Laach“, welche, zu
Maria-Laad) am Rhein 1871 begründet,
nad) der Ausmweilung des Ordens aus
dem bdeutichen Reiche, von Belgien und
jpäter von Holland aus weiter redigiert
wurde. Er hat die erſte ausführlichere
Biographie des holländiihen Dichters
Vondel verfaßt. Schriften: Leifings relig, Ent-
widelungsgang (1877), Zongfellows Dichtungen
(1878), Goethes Jugend (1879), Ealderon (1881,
ins Spanifche über). 1881), Jooſt van den Bon-
del, j. Leben u. feine Werte (1882, ins Holländ.
über). 1886), Goethes Lehr: und W re
(1882), Sonette (1883), Erinnerungen an Biſchof
Greith (1834), Die Lilja, aus dem Isländiſchen
überf, (1884), Reifebilder aus Schottland (1884),
Goethes Leben und Werke (1885), zahlreiche Auf:
fäge in d. „Stimmen aus Maria⸗Laach“.
Baumbauer, Heinrich, geboren am
Berlin zu. In dem Februarhefte 1887 26. Oktober 1848 zu Bonn, ſtudierte
der polnischen Zeitichrift „Przeglad Porz:
chenie” zu Krakau begann er eine Ars
tifeljerie über „die hiſtoriſche Entwidelung
und den heutigen Stand des katholiſchen Ver:
einswejend in Deutfchland“. Seit Beginn
des Jahres 1885 ift er ftändiger Mit-
arbeiter am „Hiftoriichen Jahrbuch der
Görrlsgeſellſchaft“, herausgegeben von
Brofeffor Grauert in Münden. 1887
weilte derjelbe in Bonn, an der Samm:
lung der Urkunden für das von den Stän-
den MWeftfalens ins Leben gerufene und
von Dr. Finke herausgegebene „weit:
fäliihe Urkundenbuch“ beteiligt.
Baumgartner, Alerander, wurde
am 27. Juni 1841 zu St. Gallen als ein
Sohn des berühmten Staatsmannes und
Yandammanns Gallus Jak. B. (j. Gmür
Luzern 1869) geboren. Er trat 1860 in
den Sejuitenorden, ftudierte Philologie,
nad Abfolvierung des Gymnafiums auf
der dortigen Hochſchule Mathematik und
Naturwiſſenſchaften, insbefondere Mine-
ralogie und Chemie, löfte eine von der
philoſophiſchen Fakultät geftellte Preis»
aufgabe und promovierte im Jahre 1869.
Hierauf jegte er in öttingen feine Studien
fort, beitand daſelbſt das Eramen pro
facultate docendi und übernahm cine
Lehrerſtelle am Technikum zu Franken:
berg i. Sachſen, die er nad) einem Jahre
mit einer folchen an der höheren Handels:
ſchule zu Hildesheim vertauſchte. Doch
auch hier blieb er nur ein Jahr, indem
er 1873 eine Lehrerſtelle an der Land—
wirtſchaftsſchule zu Lüdinghauſen i. Weit:
falen übernahm, wo er ſeitdem wirkt.
Schon in früher Jugend regte ſich in
B. neben dem Drange des poetiſchen
Schaffens eine große Neigung zu natur—
Philoſophie und Theologie an den Or: wiſſenſchaftlichen Beobachtungen, und dieſer
densſchulen zu Münfter in Weftf., Maria: | doppelten Anlage treu bleibend, hat er
Laach und Ditton (England), jfandinavis außer jeinen Gedichten mehrere natur:
Ihe Literatur in Kopenhagen und Stod: wiſſenſchaftliche Lehrbücher, ſowie eine
—
Baumſtark.
große Reihe ſelbſtändiger mineralogiſcher
Unterſuchungen in Fachzeitſchriften ver:
öffentlicht. Unter den ſchwierigſten oft faſt
entmuthigenden Verhältniſſen arbeitend,
gelang es ihm, durch letztere die Aner—
kennung der Fachgenoſſen des In- und
Auslandes zu erwerben. Die Kaiſerl.
ruſſiſche mineralogiſche Geſellſchaft zu St.
Petersburg ernannte ihn zu ihrem wirk—
lichen Mitgliede, und die Königl. Aka—
demie der Wiſſenſchaften in Berlin be—
ſchloß, ihm eine Anzahl wertvoller In—
ftrumente zur erfolgreicheren Fortjegung
jener Studien zur Verfügung zu jtellen.
Als Lyriker vertritt B. die chriftlich-
gläubige Richtung. Am beiten gelingen
ihm fingbare Lieder, Sonette und Sprüde.
Außer der genannten Sammlung ver:
öffentlihte B. noch zahlreihe Gedichte
in verfchiedenen Zeitichriften.
Baumftark, Eduard, wurde am 28.
März 1807 zu Sinzheim in Baden ge:
boren, widmete fih dem Studiumder Rechte
u. Kameralwiſſenſchaften (Heidelberg 1825
bis 1828). Nachdem er an derjelben Uni-
verfität mehrere Jahre als Privatdozent
gewirkt hatte, wurde er als Profeſſor nad)
Greifswald berufen, wo er über Kameral:
und Staatswiſſenſchaft las. 1843 wurde
ihm das Direktorium der jtaats- und land-
wirtih. Akademie Eldena übertragen und
im Jahre 1856 der Titel und Rang
eines Gch. Negierungsrathes verliehen.
Auf politischen Felde gehört B. zur natio—
nalliberalen Partei und ift jomohl in der
preuß. Nationalverfammlung, in der erſten
Kammer und im Herrenhaufe, wie im Er:
furter Parlament und im Konjtituieren-
den Reichsſstage des Norddeutichen Bundes
als Mitglied thätig geweſen.
Hauptwerfe: Staatswilienfhaftlihe Verſuche
über Staatäfredit (1833), Kameraliftiiche Encyflo:
pädie (1835), D. Ricardo, Grundgeſetze der Volks—
wirtfchaft (überf. 1837), Zur Einfommenjteuer:
frage (1849), Zur Geſchichte der arbeitenden
Klaſſen (1853), Einleitung in das mwillenichaft:
liche Studium der Landwirtſchaft (1858). Außer
feinem eigentlihen Fach beichäftigte B. ſich auch
mit Muſik, die er ſelbſt leidvenfchaftlich liebt, und
Das literarifhe Deutichland.
33
Baumitarf.
Ihrieb: 4. Fr. J. Thibaut (1841), gab (1829 fg.)
Bardale’s auserlefene Volkslieder der verfchiedenen
Völker der Erde heraus.
Baumſtark, Reinhold (KL. Bed),
wurde am 24. Augujt 1831 in Freiburg
i. B. als ein Sohn des befannten Ver:
faller8 der „Urdeutſchen Staatsalterthü-
mer” geboren. Er widmete ſich nach Ab—
folvierung der Schule dem Studium der
Rechtswiſſenſchaft. Im Jahre 1857 wurde
er zum Amtsrichter und 1864 zum Kreis»
‚gerichtsrat in Konſtanz ernannt. Er be:
ſchäftigte fidy eingehend und mit Vorliebe
jmit der Spanischen Literatur, deren Pfa—
‘den er an Ort und Stelle nachging (Mein
Ausflug nad Spanien, 1868). Im felben
‚Jahre trat B. zur katholiſchen Kirche über
| und veröffentlichte die Aufiehen erregende
‚Schrift: Gedanten eines Proteftanten über die
päpftlihe Einladung zur Wiedervereinigung mit
‚ der römijchtatholiichen Kirche (1868). Auf dem
ı Felde der religiöfen Schriftitellerei hat B.
ih aud in fpäteren Jahren noch vielfach
hervorgethan, wie er auch außerdem als
ı Dlitglied des Landtages (1879) perſönlich
‚für feine Kirche und jpeziell deren Inter:
eilen in Baden eintrat. B. wurde 1881
zum Oberamtsrichter in Achern und 1886
zum Zandgerichtsrat in feiner Vaterſiadt
ernannt.
Außer den genannten Werfen verfaßte er: Die
fatholiihe Volkspartei in Baden (1870), Unfere
Wege zur fatholiihen Kirche (1871), Fegefeuer:
| geipräde (1872), Dan. D’Eonnell (1873), U. Co:
lumbus (1873), Kaifer Leopold I. (1873), Zur
ſpaniſchen Frage (1875), Cervantes (1875), Die
Ipanifche NationalsLiteratur im Zeitalter der habs:
burgiſchen Könige (1877), Las Caſas (1879), auch
überſetzte er Cervantes's Muſternovellen (1868)
und Calderon's Die Dame Kobold (1869) ꝛe.
Baur, Johann Auguft Friedrich, geb.
17. Dezember 1844 zu Laichingen auf
der rauhen Alb, MWürtemberg, wo fein
Vater damals Arzt war, fam 1847 mit
der Beförderung jeines Vaters zum Be:
zirks- (Oberamts-) Arzt nah Blau—
beuren, befuchte daſelbſt die Lateinſchule,
dann das niedere evangelilchstheologiiche
"Seminar dalelbit als Hoipitant 1857 bis
‚1858, trat jodann 1858 in das evang.=
3
Baur. — 34 —
theol. niedere Seminar zu Urach über,
von wo aus er 1862 als Angehöriger
des Tübinger Stifts die Univerfität Tü⸗
bingen bezog, um Philoſophie und Theo—
logie zu ſtudieren. Nachdem er ſein Fa—
kultätsſtudium im Frühjahr 1867 mit
guten Erfolg abjolviert hatte, trat er in
den Dienft der evang. Landeskirche in
Würtemberg und fand feine erjte defini-
tive Anftellung am Anfang des Jahres
1374 als Pfarrer in Sontheim auf der
rauhen Alb, von wo aus er 1879 durd)
den Akademiſchen Senat der Univerfität
Tübingen als Patron der Pfarrei auf die
evang. Pfarrei Weilimdorf bei Stuttgart,
Oberamts Leonberg, ernannt wurde. Seine
Erjtlingsichrift „Deutichland in den Jahren
1157— 1525, betrachtet im Yichte gleichzeitiger
anonnmer und pfeudonnmer deuticher Volks: und
Flugſchriften“ gab er im Jahre 1871 ber:
aus, nachdem er fchon in feinen Studen—
tenjahren ſich befonders mit der Geſchichte
der deutichen Reformation bejchäftigt hatte.
Im Jahr 1876 folgte, von Prof. Dr.
Alerander Schweizer in Zürich mit einer
Vorrede verfehen, feine Schrift über
„Luthers Schrift von der Freiheit eines Chriften:
menſchen“ 1876 und dann im Jahre 1878|
„Martin Luther, ein Lebensbild”, neu heraus: |
gegeben zum Lutherjubiläum. Daneben
wurden die philojophiichen und theologi-
chen Studien eifrig fortgefegt ; als Früchte
Bayberger.
‚Tendenzen in der evang. Kirche, ſowie
‚für möglichite Einfachheit der kirchlichen
Gemeindeordnung gegenüber von hierar:
chiſchen und bureaufratiichen Beftrebun:
‚gen. B.'s theologiihe Richtung ift be:
‚zeichnet durch die freundſchaftlich-innige
‚Verbindung, in welcher er mit Schleier:
macher's jharflinnigitem und getreueſtem
‚Schüler, dem hochbetagten NAlerander
‚Schweizer in Zürich jteht.
| Bapyberger, Franz, geb. 21. Sept.
‚1853 zu Geifenfeld in Oberbayern, ſtu—
‚dierte unter Nabel in München Erdkunde
u. abfolvierte die techn. Hochſchule (1879).
Nealienlehrer an der jtädt. höh. Töchter:
ichule zu Kempten. Bisherige Arbeiten:
Der Inngletiher von Kufftein bis Ha Er-
nänzungsheft zu Petermanns geogr. Mitteilungen
(1881). Die Spuren alter Gletjcher, die Seen
u. Thäler d. bayr..böhm. Waldes. Ergänzungs-
beit zu Betermanns geogr. Mitteilungen (1886).
Die Burgbalde bei Kempten. Eine geolog.:geogr.
Skizze. Der Durdbrud des Inn von Schärding
bis Paſſau :c.
Bayer, 8. Rob. v. (Nob. Byr),
wurde am 15. April 1835 zu Bregenz
‚als der Sohn eines Arztes geboren und
von dieſem für den Eoldatenftand be—
jtimmt, auf die Militärafademie zu Wie—
‚nerNeuftadt geihidt. Bis zum Witt:
meijter in einem Qufarenregiment in Mai—
land avanciert, nahm er 1862 feinen Ab:
1
i
I
derjelben erihien „Die Weltanfhauung des ſchied um ganz ſeiner Lieblingsthätigkeit,
Chriſtentums“ 1881. Im Frühjahr 1881 | der Schriftitellerei fich hingeben zu kön—
wurde ihm von der ev.stheol. Fakultät in nen. Vor allen Dingen benupte er die
Zürich die Würde eines Dr. theol. honoris | im Militärjtande gemachten Erfahrungen
causa übertragen. Als Dantſchrift für | und verwerthete feinen Einblid in Die
diefe Ehre widmete B. den 1. Band jei- Übelſtände der damaligen militäriichen
ner „Theologie Zwingli’s“ 1885 der genann | Einrichtungen mit den Werfen Kantonie⸗
ten Fakultät. Der zweite Band —— und öfterreichifche Sarnifonen (1860
alljeitig aufs Befte aufgenommenen Schrift > 6 ) Diele Werke gab B. unter dem
iſt gegenwärtig in Bearbeitung. Neben | pjeud. Robert Byr heraus, teils um nicht
diejen größeren und anderen kleineren Den Eindrud eines unzufriedenen Offiziers
Artikeln über geichichtlihe Ge enftände hervorzurufen, teils aber, weil in dama—
hat ®. au) Kiterariich an den Rämpfen ‚liger Zeit das Geſetz die Zenfur aller von
der Gegenwart fich beteiligt, insbejondere
als Kämpfer für die Freiheit der theo—
logiſchen Wiffenichaft gegen romanifierende
einem Offizier verfaßten Werke behörd—
licherieits verlangte. Einmal unter dic:
ſem Dednamen befannt geworden, zumal
‚die genannten Schriften vielfad) anerkannt
* — — — —
Bazing.
wurden, behielt B. denfelben für alle feine
Ipäteren Werke, meijt jozialpolitiihe No:
mane, bei:
Anno Neun und Dreizehn (1866), Mit eherner
Stim (1868), Der Kampf ums Dafein (1869), |
Sphinx (1870), Nomaden (1871), Auf abichüffiger |
Bahn (1872), Larren (1876), Der heimliche Gaſt
(1883), Caſtell Urani (1885) ı. B. ift aud
Berfafier mehrerer über faft alle Bretter mit Er:
folg gegangen. Dramen: Lady Ölofter(Trauerfp.), |
Der wunde Fled (Schaufp.). Zum Schluß ſei
bemerkt, daß B. einer der geſuchteſten
novelliftiichen Mitarbeiter der vornehme:
ren Beitichriften ift.
Bazing, Hugo. Ic bin geboren in
Stuttgart am 26. März 1820, Habe
Jurisprudenz ftudiert, und dann die praf:
tiihe Yaufbahn des Yuriften durchlaufen,
bis ich 1885 als Landgerichtsrat in Ulm
in den Rubeftand trat. Seit 1875 bin
ih erjter Vorjtand des Vereins für Kunft
und Altertum in Ulm und Oberſchwaben,
und es beſteht meine literarische Thätig-
feit wejentlid) darin, daß ich für die Ver:
öffentlihungen diejes Vereins von Zeit
zu Zeit Aufſätze liefere, jo 3. B. in den
Verhandlungen gedachten Vereins Neue
Reihe, Heft 5 über den Ortsnamen Hart,
Heft 6 über den Quellfult, dann in den
von dem Königl. Statiftiihen Landesamte
gemeinschaftlich” mit dem Ulmer Verein
herausgegebenen württembergiichen Bier:
teljahrsheften für Landesgeſchichte Jahr:
gang 9 über das Ulmer Stadtrecht des 13.
Jahrhunderts, über Brehung der Rugg—
burg. Vorzugsweiſe aber bejchäftige ich
mic mit der Ortsnamenkunde, in welcher
Richtung ich jeit Jahren an einem größeren
Werke arbeite, nämlich) an der Sammlung |
der in den 15000 Flurfarten der württem:
bergiſchen Landesvermefjung enthaltenen
Namen.
Beaulien, G.de, wurde am 17. März
1846 zu Frankfurt a. d. O. geboren. Nach
Vollendung ihrer Erziehung ging fie nad)
Berlin, um ſich noch befonders in der Mu:
ſit, für die fie ſchon früh hervorragende
Anlagen entwidelt hatte, im Taufig’ichen
Inftitut zu vervollfommnen. Inzwiſchen
35
—
Beaulieu⸗Mareonnay.
begann ſie kleine Novellen zu ſchreiben und
Romane aus dem Engliſchen zu überſetzen,
was ihr trefflich gelang, ſo daß ſie bald
Mitarbeiterin einer Reihe von Zeitungen
und Zeitſchriften wurde. Sie unternahm
viele Reiſen ins Ausland und verwertete
die dort erworbenen Kenntniſſe von Land
und Leuten; beſonders ſind ihre Italieniſchen
Reiſebriefe und die Spaniſchen Frühlingstage
(1885) hervorzuheben.
Beaulieu-Mareonnay, Karl Dlie
vier Frhr. von, wurde am 5. September
1811 in Minden als ein Abkömmling einer
im fiebzehnten Jahrhundert ausgewander:
‚ten franzöfiihen Refügierfamilie gebo—
ren. Er widmete fih dem Studium der
Rechte zu Heidelberg, Göttingen und Jena
und wurde 1335 in ever als Amtsaubi-
‚tor angeftellt. Hier begann er aud) feine
Ichriftftellerifche Laufbahn mit feinem erften
Drama, das zwar aufgeführt, aber nicht
gedruckt wurde. Im Jahr 1839 war B. ber
‚rufen, den Fürften Hermann von Wied als
Reifegefellichafter zu begleiten, welche Zeit
zu den angenehmiten Erinnerungen B.’S ge:
hört, zumal er hierdurch Gelegenheit fand,
Italiens Kulturgefhichte an Ort und Stelle
zu ftudieren. Nahdem B. zurüdgefehrt,
in Weimariche Dienjte getreten, nahm er
1848 feine Entlafjung, um der Großherzo:
gin als Hofmarichall zu dienen und bald
darauf die Intendanz des Hoftheaters zu
Weimar zu übernehmen, welde Stellung
er bis zum Jahre 1857 in jegensreichemn
Wirken befleidete. Nah Auflöfung des
Bundestags, zu deilen Mitglied B. 1864
ernannt worden, fiedelte B. mit dem Titel
als Wirkl. Geh. Rath nad) Dresden über,
' Hier lebt er nunmehr ganz feiner Schrifte
jtellerei, die ihn beionders als Literars
und Kulturhiftorifer berühmt gemacht hat.
Hauptwerfe: Der Hubertusburger Friede (1871),
Ernſt Auguft, Herzog v. Sachſen-Weimar-Eiſenach
(1872), Eiographbie und Gedichte von Apollonius
von Maltig (1873), Anna Amalia, Karl Auguft
und der Miniiter von Fritih (1874), Karl von
Dalberg und feine Zeit (1879), Troilus und Gorefr
fidba, Epos von Boccacio, im Metrum des
Originals überjegt (1850).
g*
Bebber.
Bebber, M. J. van, wurde am 10. | Arhivar- Laufbahn vorzubereiten,
Juli 1841 in Grieth bei Eleve geboren,
genoß feine Schulbildung im Gymnafium
Emmerich, ftudierte hauptſächlich Mathe—
matik und Naturwiſſenſchaften in Münſter
in Weſtf. und Bonn, wurde als Lehrer
am Gymnaſium in Cleve, dann an der
Kreisgewerbeſchule in Kaiſerslautern an—
geſtellt und 1878 zum Rektor der Real—
ſchule zu Weißenburg, endlich 1879 zum
Vorſtand der Abteilung der deutſchen See—
warte in Hamburg für Wettertelegraphie,
Sturmwarnungen und Kaſtenmeteorologie
für das deutſche Reich ernannt. In
letzterer Eigenſchaft zeichnete B. ſich viel—
fach aus und verfaßte eine Reihe von her:
vorragenden meteorologifhen Werfen:
Die Regenverhältnifie Deutichlands (1876),
Typiſche Witterungseriheinungen (1884 u. 1886),
Handbuh der ausübenden Witterungsfunde, 2
Theile (1885 u. 1886), Auf der deutichen See:
warte (1884); außerdem ſchrieb B. viele wiſſen—
ſchaftliche Abhandlungen in Zeitichriften.
Behmann, Georg Karl Auguft,
wurde am 16. Auguft 1834 zu Nürnberg
geboren und widmete fih dem Studium
der Rechte zu München und Berlin. Nad)-
dem er fi in Würzburg habilitiert (1861),
ging er (1862) als ord. Profefior nad) Ba-
fel, fpäter nad) Marburg (1864), Kiel!
(1864), Erlangen (1870) und ſchließlich
nad) Bonn (1880), wo er noch jeßt lebt,
eifrig als juriftiiher Schriftſteller thätig
und als folher jehr geichägt:
„ Über die usucapio ex causa jndicati (1860),
Uber den Umfang der Perlonaljervitut des usus
nad römilhem Recht (1861), Das römiſche Do:
talret (1863—1867), Zur 2ehre vom Cigen:
tumserwerb durch Acceſſion (1867), Der Kauf
nad) gemeinem Recht (1876) ıc.
Bechitein, Neinhold, wurde am 12.
Dftober 1833 in Meiningen als ein Sohn
des um die thüringiiche Sagen: und Mär—
chenpocfie fo hochverdienten Ludwig Bech—
ftein geboren. Er widmete fich dem Stu:
dium der germanilhen Philologie und
der Altertumsfunde zu Leipzig, München, |
Berlin und Jena, ging dann nad) Mei:
ningen zurüd, um ſich unter der Leitung
feines Vaters auf die Bibliothekar: und
36
Bed.
war
‚dann ein Jahr lang Hülfsarbeiter im
Arhiv des germaniihen Mufeums zu
Nürnberg, verließ dieje Stelle aber wieder,
um feinen erkrankten Vater in deſſen
Amtsgeihäften (als erfter Bibliothekar in
Meiningen) zu unterftügen und zu vers
treten. Nach deſſen im nächften Jahre
(1860) erfolgten Tode verſah er ein Jahr
‚lang interimiftiih die Geſchäfte an der
herzoglichen Bibliothef und ging darauf
nad) Leipzig, um hier jeine Studien fort—
zuſetzen. 1866 habilitierte er fi in Jena
als Privatdozent der deutichen Philologie
und wurde 1871 als ord. Profefior der
deutfchen und neueren Literatur nad) Ro—
ftod berufen. Außer zahlreichen, in Zeit:
ſchriften zerjtreuten Arbeiten fchrieb und
edierte B. u. a.:
Die Ausſprache des Mittelhochdeutichen (1858),
Ebernand’3 von Erfurt Heinrih und Kunegunde
(1860), Altdeutihe Märchen, Sagen und Legen:
‚den (1863), Des Matthiad von Behein Evange:
lienbuch in mitteldeuticher Sprache (1867), Gott:
fried'3 von Straßburg Trijtan (1869), Triſtan und
Iſolt in deutfchen Dichtungen der Neuzeit (1876),
Heinrich's von Freiberg Triftan (1877), Ausgem.
Gedichte Waltherd von der Vogelweide (1879),
Das höfiſche Epos (1881), Ulrich's von Lichten:
ftein Frauendienfte (1887) ıc.
Bed, Friedrih, wurde am 20. Juni
1806 zu Ebersberg als der Sohn des
fönigl. Yandrichters Karl Theodor B. ge:
boren. Nach Abfolvierung des Gymnafiums
zu Neuburg a. D. befuchte er das Lyceum,
Ipäter das philologische Seminar zu Mün—
chen, um fich der Philologie zu widmen.
1836 wurde er als Lehrer an der Latein
Ihule zu München angeftellt, in welcher
Stellung er bis zu feiner Beförderung als
Profeffor ans Ludwigsgymnafium (1850)
verharrte, während er gleichzeitig die Re—
daftion der „Münchener politifchen Zei:
tung“, Ipäter der „Neuen Münch. Ztg.“
leitete. Nach zehnjähriger angeltrengter
Thätigkeit am genannten Gymnafium fegte
er ſich zur Ruhe und iſt nur noch litera=
riſch beichäftigt, obgleich ſeit 1878 voll:
‚Ständig erblindet.
Geſchichte eined deutihen Steinmeben (Nov.
Bed.
1834), Gedichte (1844), Über die Schidjaldidee
in der Religion der Griechen (1847), Über die
Zeusidee (1852), Die Weihe des Tages (1856),
Seitffänge (1860), Theophanie (1877), Lehrbücher |
der Poetit und Stiliftif (1860), Sprud: und
Rätjelbüchlein (1883) 2. Auch überfegte B.
Louis Claude de St. Martins Dichtungen (1863).
Bed, Kl., ſ. Baumftark, Reinhold.
Berker, Adelin. Geboren den 25. De
zember 1848 zu Schulenburg, Provinz
Hannover, wo mein Vater Georg Louis |
Leopold Beder, vermählt mit Elife, geb.
De Rocle, Brediger war, habe ich etwa
15 Jahre alt zuerjt das Gymnafium zu
Holzminden, dann dasjenige zu Hameln
bejucht, weil meine Mutter als Witwe
dorthin zog. Oſtern 1870 bezog ich die
Univerfität Göttingen, machte den Feldzug
als Kriegsfreimilliger mit und trat nad)
Beendigung defjelben aus, um meine Stu:
dien wieder aufzunehmen. Sn literarifcher
Beziehung habe id) manches für Zeitungen
undJournale geihrieben. Weiter find her:
ausgefommen: Die Gebrüder Saus und Braus
und Hüll und Füll (1885), Zwei Nafeweife auf
der Ferienreiſe (1886).
Becker, Auguft, wurde am 27. April
1828 zu Klingenmünfter in der Rhein:
pfalz geboren als der Sohn des dortigen
Lehrers, der den Knaben früh ſchon für
feinen eigenen Beruf bejtimmte. Zu der
Eltern Leidweſen bezeigte A. jedoch wenig
Luft für diefe ihre Abficht, und fo mußten
fie fih, wenn auch ſchweren Herzens, in
As Willen ergeben, ohne doc) feinen höhe:
ren Gedanfenflug recht zu begreifen. N.
zog nun nah München, wo er, bei den
unzureichenden Mitteln der Eltern meift
auf fich ſelbſt angewiefen, durch literariſch—
fritifche, kultur-hiſtoriſche und Feine novel-
(iftiiche Arbeiten für Zeitichriften die Aus:
führung feines jehnlihen Wunſches, Ge-
ſchichte zu jtudieren, ermöglichte. Ungeahnte
Erfolge jeiner literariihen Schöpfungen,
befonders feines Jung⸗Friedel (lyriſches Epos
1854) befejtigten mehr und mehr den
Entihluß B.'s, ſich ganz der Schriftitel-
lerei zu widmen, zumal eine Reihe erjter
Zeitungen gerne die Mufenfinder bes
37
Bedh:Widmanftetter.
jungen Autors annahm. Bald bot fi
ihm Gelegenheit, auch redaktionell (ar:
zeitung) thätig zu fein. Nach fünfjähri-
gem Wirken in diefer Stellung gab B.
die Zeitung auf und nahm Anlaß, ſich
ganz feinem eigentlichen Feld, dem Roman,
zuzumwenden. Im Jahre 1868 fiedelte 8.
nad) Eilenadh über, wo er als einer der
fruchtbarften und geachtetſten Schrift:
fteller lebt.
Hauptwerfe: Des Rabbi Vermächtnis (1866),
Hedwig (1868), VBerfehmt (1869), Aus Dorf und
Stadt (1869), Der Karfunfel (1870), Der Niren-
fiiher (1871), Thurmtätherlein (1872), Das Jo:
hannisweib (1875), Franz Staren und Mignons
Eiertanz (1882), Auf Waldwegen (1881), Das
alteBild (1881), Willi (1883), Der Held von Guns
tersblum (1883), Geſchichte und Märchen, Die
Nonnenjufel (1886), Eine Stimme (1886), Eleo:
nore (1887). Außerdem das ethnographifche Wert
Pfalz und Pfälzer (1858). Auch als Lyriker
hat B. große Erfolge zu verzeichnen; feine Lieder
und Balladen aus Jungfriedel find vielfach kom»
poniert und werben allerorten gelungen.
Beh: Widmanftetter, Leopold v.
Seine beiden Eltern hatten für den Kna—
ben feine Liebe. Dieje Andeutung genügt,
um glaubhaft zu maden, daß dem finde,
welches am 15. November 1841 zu Graz
in einem Dadjftüblein des großväterlichen
Haufes geboren worden, gar wenige
Schlummerliedlein gejungen wurden. Ein
braver Mann nahm fi) des von der eige:
nen Mutter gehaßten und verfolgten Kna—
ben an. Es war dies ein Bruder der
Mutter, Anton v. Bedh:Widmanftetter,
aus alter jteieriicher Familie. Diefer, her:
zensgut und doch zugleich auch eifenfeit,
bat bei beichränften Mitteln den Knaben
in ſchweren Kämpfen geichügt. Die mwal-
tenden jchwierigen Verhältniſſe nötigten
den Knaben, früh in die Fremde zu gehen
und in einem von der Heimat weit ent-
fernten oberitalienifhen Militär-Erzie:
hungshauje die mäßige Ausbildung zu ges
nießen, die dafelbt geboten wurde. Von
da ftieg er in eine Artilleriefchule auf.
Im Jahre 1859 trat B. in die öſterr.
Armee und diente in den beiden fteierifchen
Zandesregimentern, alle Chargen-Grade
Beer.
durchichreitend bis zum Hauptmann. Sie-
ben Jahre davon war er Lehrer an der
Kadettenſchule Graz und "Liebenau bei
Graz, außerdem war er einigemale mit,
ehrenden willenichaftlichen Aufträgen be:
dacht worden. Im Jahre 1882 trat er
aus dem militärischen Dienft. Schon als
Militär: Erziehungsfnabe waren Werfe
über Geſchichte B.'s einzige Freude. So:
weit dies die dienitlihen Pflichten geftat- |
teten, vertiefte ſich ſpäter dieſe Neigung.
Als Autodidaft wurde er endlich Quellen
foricher im Bereiche der Geſchichte feiner
engeren Heimat Steiermark.
Bon feinen Arbeiten dieſer Nichtung verdienen
Erwähnung: Ulrich's v. Liechtenitein, des Minne: |
fängers, Grabmal auf der Frauenburg (1871);
Das Grabmal Leufold’s v. Wildon in der Stifts:
fire zu Stainz und die Siegel der Wildoner
(1872); Genealogiſche Studien über das Geſchlecht
der Gräfin Sufanna Elifabeth Kempinsfi, Ges
mahlin des Herzogs Albrecht Ill. von Sachſen—
Koburg (1876); Studien an den Grabftätten alter
Gefchlehter der Steiermark und Kärntens (1877
bis 78); Grabjtein der chriftlichen Zeit zu Frieſach
in Kärnten (1882); Die Epigonen der fteierifchen
Udelichaft von 1283 (1883), die Porträts in
Kupferftichen der fteieriichen Herren und Grafen
von Stubenberg (1883); Uber Arhive in Kärn—
ten (1884). Von fulturgeichichtlihem Intereſſe
find mehrere Kriminalprozeſſe früherer Jahrhun: |
derte, welde B. aus den Original:Aften befprad), |
dann die Abhandlung „Die ältere Art der Geld:
beihaffung im Kriege" (1884). Einen Beitrag zur
Beleitigung der kriegsgeſchichtlichen Dichtungen
bildet die 186 erjchienene Schrift: Die angebliche
Belagerung von Graz und die Schlacht bei Fornitz
im Jahre 1532 als unbiftorifch abgewieſen.
Beer, Adolf, wurde am 27. Februar,
1831 zu PBroßnig in Mähren geboren,
widmete fih, nachdem er die Schule ab:
folviert, dem Studium der Geſchichte und |
Volkswirtſchaft an den Univerfitäten Ber:
lin, Wien, Brag und Heidelberg (1848
bis 1852). Nachdem er mehrere Jahre
als Lehrer zu Ezernowig, Wien und Prag
gewirkt, berief ihn die Rechtsakademie zu
Großwardein als außerord. Profeſſor der
öfterr. Geſchichte. Bald darauf fam er
in gleicher Eigenfchaft nad) Wien zuerft
an die Handelsafademie, jpäter als ord.
Profeſſor an die technische Hochſchule da—
38
— Beheim⸗Schwarzbach.
ſelbſt. Im Jahre 1871 zog er ſich von
ſeinem außerordentlichen, dem Miniſte—
rium für Kultus und Unterricht gewid—
meten Dienſte zurück, um ausſchließlich
wieder ſeinen literariſchen Arbeiten und
ſeiner Amtsthätigkeit, die den öſterr.
Schulen, denen B. als Unterrichtsrats—
mitglied vorſtand, reichen Segen gebracht
hat, ſich hingeben zu können.
Hauptwerke: Geſchichte des Welthandels (1860),
Die Fortſchritte des Unterrichtsweſens (1867),
Die erſte Teilung Polens (1867), Aufzeichnungen
des Grafen Bentink über Maria Thereſia (1871),
Holland und der öſterreichiſche Erbfolgekrieg
(1871), Die Finanzen Oejterreihs im 19. Jahr:
' hundert (1877) x.
Beheim-Schwarzbach, Max, geb.
15. April 1839 zu Berlin, jtudierte in
Halle und Berlin, anfangs Theologie,
ſpäter Geichichte, Deutich ac. Seit Neujahr
1564 als Lehrer am Pädagogium Oftrau
beſchäftigt, hat er jid vor allem der Er:
forſchung der inneren Kolonifationen der
Hollenzollern Hingegeben und hierbei meh:
rere Werke veröffentlicht (Friedr. d. Gr. als
Gründer deuticher Kolonieen, Hobhenzollerniche Ko:
lonijationen, Die Zillerthaler, Friedr. Wilb. I. in
Zithauen, Die Befiedlung in Ojtdeutichland zc.);
auch hat er mehrere vaterländiiche Dramen:
Deutichlands Morgenröte, Von Prag bis Schweid—
nit, Herzog und Schöppenmeiiter
geichrieben, fowie einige Bände Gedichte
herausgegeben:
Eheglück und Deutiche Lieder und Gedichte.
Behrens, Bertha (W. Heimburg),
‚wurde am 7. September 1850 zu Thale
am Harz geboren. Sie empfing ihre Aus:
bildung in Quedlinburg, wohin ihre El—
tern überfiedelten. Da die Mutter Ber:
thas lange leidend war, lag der Tochter
die Pflege ob, und am Kranfenbett der
ı Mutter war es, wo die jegt vielgenannte
Autorin ihre erite Novelle jchrieb. Die
unerwartet freundlie Aufnahme diejer
erſten und einiger bald nachfolgenden Ar:
‚beiten jpornte das junge Mädchen aufs
|äußerfte an und war die natürliche Ver—
anlaſſung, daß dafjelbe die Schriftitellerei,
ſpeziell die Novelliftit zu ihrem Lebens»
beruf machte. Seit 1881 lebt fie in Kötz—
39
Behringer. Beisler.
Ihenbroda bei Dresden. Außer zahl:|bis 1850). In leßterem Jahre Fam er
reihen Veröffentlihungen in Zeitfhriften | in das erzbiichöflihe Seminar, um für
(bejonders in der Gartenlaube) erichienen ‚die priejterliche Weihe vorbereitet zu wer—
folgende Schriften von B. B. unter dem | den, die 1851 ſtatthatte. Nachdem er als
Bieud. Wilh. Heimburg:
Aus dem Leben eineralten Freundin (1878), Zum:
penmüller8 Lieschen (1879), Kloſter Wendhaufen
(1880), Jhr einziger Bruder (1882), Ein armes
Mädchen (1884), Trudchens Heirat (1855),
Andere (1886) zc.
Behringer, Edinund, geb. am 22. Mai
1828 zu Babenhaufen in Schwaben als
der Sohn eines fürftl. Fuggeriichen Herr:
ihaftsrichters, erlebte, von den trefflichiten
Eltern geliebt und geleitet, unter elf Ge:
ſchwiſtern eine glüdliche Kindheit. Die
Gymnaftalftudien führten ihn nad) Augs—
burg und dann nad) Kempten, ıwo er das
Gymnaſium im Jahre 1847 abjolvierte,
Philoſophiſche, juridiiche und philologische
Studien beſchäftigten ihn an der Univer:
htät München, wo er im Jahre 1851 die
jtaatlihe Lehramtsprüfung beitand; von
da bejuchte er die Univerfität Bonn, wo
ns
Die
er Dahlmann, Arndt, Abel, Ritihl, Aſch-
bach und namentlihd Simrod hörte, der
in ihm die Liebe für germanijtiiche Stu:
dien wachrief; im Studienjahre 1853/54
frequentierte er die Hochſchule Würzburg,
nadhdem er jein jugendlidhes Werk Das
Felſenkreuz, ein Seitenjtüd zu „Amaranth“
von D. v. Nedwig, gedichtet hatte. Vom |
Jahre 1855—65 Studienlehrer, dann
Gymnafialprofeſſor, meift in Würzburg,
wurde er im Sahre 1871 als Studien-
reftor nad) Ajchaffenburg berufen, wo er
gegenwärtig noch weilet; er ijt weltlichen
Standes, aber unverheiratet.
Abgefehen von einzelnen Hleineren Auflägen und
Gelegenheitsgedichten erichienen von ihm: Das
Felſenkreuz (1854, 78), Das Morgenopfer der Na:
tur (1866, 67), Zur Würdigung des Heliand
(1863); Heliand und Kriſt (1870); Das
ihmüdende Beimort in der Jliade und im Ni:
belungenliede (1873), Ein Kaiſerwort (1871, 72), |
Ein Gotteswort (1872), Die Apoftel des Herrn
(1879, 85).
Behrle, Rudolf, wurde am 17. April
1826 zu Herbolzheim in Baden geboren.
Er jtudierte Theologie (Freiburg 1847
Gymnaſiallehrer, dann als Hülfsgeiitlicher
gewirkt, wurde er als Pfarrverwalter nach
Seifingen, ſpäter in gleicher Eigenſchaft
‚nad Oberachern, hierauf nad) Kappel am
Rhein und an die Spitalfirche zu Kon:
ſtanz berufen. Bon da erhielt er eine
‚definitive Anjtellung als katholischer Haus:
'geiftliher an der Sroßherzoglichen Heil:
und Pfleganſtalt Jllenau (badiſche Irren—
anſtalt), an welcher er nahezu 8 Jahre
ſegensreich wirkte. B. zeichnete ſich in
ſeinem geiſtlichen Beruf mehrfach aus und
wurde 1872 zum Domkapitular von dem
Erzbiſchöflichen Domcapitel zu Freiburg
i. B. erwählt und 1873 als ſolcher in—
ſtalliert. Er iſt von Papſt Leo XIII.
zum päpſtlichen Geheimkämmerer ernannt
worden, von Großherzog Friedrich von
Baden zum Ritter des Ordens vom Zäh—
ringer Löwen mit Eichenlaub, und iſt zu—
gleich Inhaber des Ehrenkreuzes des
Fürſtlich Hohenzollern'ſchen Hausordens.
Hauptwerke: Joſeph und ſeine Brüder (Schau—
ſpiel 1857), König und Königin (Erzähl. 1861),
Frauentreue (Schaufp. 1869), Der faliche Treffer
‚(Lujtip. 1869), Der Franktireur (Fleines Kriegs:
bild 1871), Tobias (Schaufp. 1873), Die Kinder °
im Walde (Weihnadtsbild 1887).
Beisler, Karl Rudolf, wurde am 17.
Juli 1837 zu Nidda im Großherzog:
tum Helfen geboren, widmete ſich nach Ab—
jolvierung des Gymnaſiums zu Bensheim
a. d. Bergitraße zunächit theoiogischen Stu—
dien, ging 1858 jedody zur Jurisprudenz
über und ftudierte in München (bis 1860)
und Gießen. Nach 1861 beitandenem Fa—
fultätseramen und 1863 abgelegter
Staatsprüfung für das Juſtiz- und Ver:
waltungsfac arbeitete B. mehrere Jahre
in der Advofatur und zulegt am Hof—
gericht zu Darınjtadt, ward von da an
verſchiedenen Gerichten der Provinz Star:
fenburg zu richterlicher Aushülfe verwen
det und wurde 1370 Landgerichtsaſſeſſor
in Seligenftadt. 1874 ward er in gleicher
Bet.
Eigenschaft an das Landgericht Reinheim
veriegt und von da 1879 als Amtsrichter
des Amtsgerichts Darmftadt I berufen,
wo er noch jetzt lebt, jeit 1872 glücklich
verheiratet mit ciner Tochter des nad):
maligen Oberlandesgerihtsrats Königer
in Darmftadt. Schon als Gymnaſiaſt
40
Bellermann.
widmete fih dem Studium der Rechts:
wiſſenſchaft und habilitierte fi) 1852 in
Halle. Nachdem er dafelbft eine außer-
ordentlihe Profeffur innegehabt, wurde
er 1857 als ordentlicher Profeſſor der
Rechte nad) Greifswald berufen. Hier
verfaßte er mehrere juriftifche Werke von
feine Mitſchüler zeitweilig mit poetifchen
Leiftungen überrafchend, zog fein Amt ihn
von eingehenderer literarifcher Beſchäfti—
gung ab, während er mit Beginn der 70er
Jahre politiiche Korreipondenzen und Ar:
tifel, namentlih in der „Frankfurter
Preſſe“ zu liefern pflegte. Die meiften
von B. herrührenden Aufläße find von
eigenen Dichtungen durchſetzt. In Bud):
form erſchien:
Eine Rheinfahrt über Mainz nad Düfleldorf
(1881); Ein lyriſch-epiſches Gediht „Erna“ in
ottave rime (1884).
Bekk, Adolf, wurde am 16. Juni 1831
zu Baden bei Wien geboren. Früh ver:
wailt, wurde der Anabe in eine Erzie:
hungsanftalt gegeben, wo er eine freud—
lofe Jugend verlebte. Nach Abjolvierung
diefer Schule ging er nad Xeipzig, um |
Medizin zu ftudieren. Da jedoch dieſer
Beruf bei tieferem Einblid ihm nicht be: |
bagte, ging er zum Studium der Philo—
fophie und Literatur über. Nah Voll |
endung diefer Studien an erftgenannter |
Univerfität und zu Wien, Graz, Jena,
wo er nad Ablegung jeines Lehrerexa—
mens 1869 angeitellt wurde. 1870 wurde
er als Direktor der Lehrerbildungsanitalt
nad Salzburg berufen, wo er in Aner:
fennung feiner Verdienjte um das höhere
Schulwejen Ofterreihs zum Schulrat er:
nannt wurde (1879).
Außer vielen, meift literarbiftoriihen Arbeiten
in Beitichriften verfaßte B.: Ranken (Geb. 1862),
MW. Shateipeare (1864), Shalelpeare und Homer
(1865), Wohin (Ged. 1882), Die Verteidiger
Wiens in den Türfentriegen (1883) ıc.
Bekker, Ernit Immanuel, wurde am
16. Auguft 1827 als der Sohn des be—
rühmten Philologen B., Verfallers der
Anecdota graeca, zu B. geboren. Er
hervorragender Bedeutung, als deren Lohn
er zum Nachfolger Windſcheid's in Heidel-
berg ernannt wurde (1874). B. zählt den
ausgezeichnetiten juriftiichen Schriftftellern
unferer Zeit bei. Außer zahlreichen in
teils von B. jelbjt herausgegebenen Zeit:
ſchriften (Kritifhe Vierteljahrsichrift für
Geſetzgebung und Rechtswiſſenſchaft, Jahr:
buch des gemeinen deutihen Rechts) er—
ſchienenen Arbeiten veröffentlichte er:
Die prozeſſualiſche Konfumption im Haffiihen
römifchen Recht (1853), Theorie des heutigen
Strafrehts (1857), Allerlei von deutſchen Hoch—
Ichulen (anonym 1869), Die Aktionen des römi«
Ichen Privatrechts (1871— 73), Das Recht des Be:
fies bei den Römern (1880), Die Couponprogefie
ar Spitem des heutigen Pandektenrechts Bd. I
2C.
Bellermann, Heinrich, der älteſte
Sohn Friedrih B.'s, wurde am 10. März
1832 zu Berlin geboren. 1853 wurde
er Sefanglehrer am Grauen Klojter, 1862
fol. Mufitdireftor, 1866 nach A. B. Marr
Tode a.:0. Profeſſor an der Univerfität,
und 1875 ordentl. Mitglied der Akade—
München kehrte B. in feine Heimat zurüd, |" = ber Künfte zu Berlin.
Seine Hauptwerfe: Die Menfuralnoten und
\ Taftzeihen des 15. und 16. Jahrhunderts (1858),
Der Kontrapunft (1862, 2. Aufl. 1877, 3. Aufl.
1887) Die Größe der mufitalifhen Intervalle
(1873), ferner hat er nad Grell's Tode deſſen
„Aufläge u. Gutachten über Muſik“ herausgegeben
(1887).
Belling, Eduard, ift zu Ehrimm in
der Provinz Poſen den 30. Januar 1845
geboren, hat das Gymnaſium zu Lilfa und
‚nach Abjolvierung defielben die Univerfität
Breslau beſucht, wo er unter Prof. Haafe,
Herg und Roßbach klaſſiſche Philologie und
unter Heinrich NRüdert, dem Sohne des
berühmten Dichters, und Friedr. Pfeiffer
Germaniftif jtudierte. Durch den anregen:
den Einfluß diefer Gelehrten, und nament-
|
Belolamel:Morgan.
[ih der beiden leßteren, denen er im Laufe
der Zeit näher trat, entſtanden einige ger:
maniftifche Arbeiten. AZuerft die Metrit
Sciller's (1883), melde eine eingehende
Würdigung der formalen Eeite unjeres
großen Dichters enthält, deſſen eigene An:
fihten und die Goethe’s und Humboldt’s
über die äußere Form des Kunſtwerks an:
führt. Ahnlich ift die Metrit Leffing’s (1887)
abgefaßt. Noch zu erwähnen find einige
Programme über Goethe's Metrik; auch Die K-
nigin Luiſe in der Dichtung (1886) ift eine lite:
rariihe Studie von allgemein anerfann:
tem Wert.
Belvolawef-Morgan, Camillo. Ich
41
Bendel.
war, und betitelte ſich Feuilletone und Novel:
letten (1883). An diefes Opus reihten ſich
nunmehr in jchneller Folge zahlreiche An:
dere. 1885 gelangte mein erjtes, größeres
Bühnenwerk, das Schauſpiel Waldveilchen
am Stadt⸗Theater zu Mödling zur erſten
Aufführung. 1886 machte ich eine Reife
nad) dem Driente, weldyer zwei Merfe ih:
ren Urſprung verdanken: Erinnerungen aus
Serbien und Dreißig Tage in Kleinafien. Für
die erftgenannte Broſchüre wurde mir von
König Milan von Serbien feine große
Hausdeforation mit der Krone am weiß:
blauen Bande des Eanct:Sava:Ordens
verliehen. Darnad) erfchien die dreiaktige
Oper König Camille, für welche der rühm—
bin am 28. Oftober 1860 zu Wien ges | lichft befannte öſterreichiſche Kompofiteur
boren, wo mein Vater Geheimfefretär bei
der königl. niederländifchen Geſandtſchaft
war. Mit zwölf Jahren fam id) an das
Gymnafium, welches ich mit meinem zwan⸗
zigften Lebensjahre abjolvierte, worauf ich
die faiferlihe Landwirtichafts-Afademie |
Franzisfo:-Jofefinum in Mödling nächſt
Wien bezog. Das Studium der Agronomie
behagte mir aber nicht auf die Dauer;
ich wandte mich daher den philojophiichen
und philologiſchen Studien zu, denen ich
an der Alma mater Vindobonensis ſechs
Semefter hindurch oblag. Meine lyri—
ſchen Erſtlingsdichtungen erſchienen im
Jahre 1876 unter dem Titel Kleine Blu:
men, Kleine Blätter. Die in diefem Büchlein
enthaltenen Gedichte aus den verfchiedenen
Zeitichriften und Taſchenbüchern, in denen
fie erfchienen waren, zu ſammeln und in
einem Bändchen vereinigt herauszugeben,
hatte nämlich meinem Vater zuerft unfer
unvergehlicher Anaftafius Grün und ſpäter
die Dichterin Ada Ehriften gerathen, deren
beiderjeitigem, wiederholtem Drängen end-
li nadjgegeben und das Werlchen ediert
wurde. Ada Ehriften ſelbſt ſchrieb dazu
eine Vorrede und führte mich, den da—
mals faum noch jehszehnjährigen Roeten,
fomit in die edle deutiche Dichtergilde ein.
Mein nächftes Werk erichien erſt einige
' Mufifdireftor Buwa in Graz die Mufik
| Schreibt.
Mein neueftes Werk ift endlich
ein Roman, Prinz Ludwig betitelt.
Bendel, Joſeph, wurde am 10. Of:
tober 1846 zu Rofendorf in Böhmen ge:
boren. Nach Abfolvierung der Schule wid-
mete er fi) dem Studium der Bhilojophie
und Philologie, wirkte als Lehrer an
verfchiedenen Gymnaſien, jeit 1879 als
Profeſſor am deutihen Staatsgymnafium
auf der Hleinfeite in Prag. 1886 wurde
B. von den deutjchen Städten Nordböh:
mens Gablonz, Friedland, Krakau ꝛc.
in den öjterr. Reichsrat gewählt.
Hauptwerke: Firdufi (Trauerfp. 1881), Zeitge:
nöffifche Dichter (1882), Die Deutichen in Böh—
men, Mähren und Sclefien (1884).
Bender, Ferdinand, ift als Sohn
eines Gymnaſiallehrers am 12. Of:
tober 1847 zu Darmitadt geboren. Eine
früh auffeimende Neigung zur Muſik
fand in den verfchiedenen trefflihen Auf:
führungen, die er in feiner Vaterftadt zu
hören Gelegenheit hatte, reiche Nahrung.
In Heidelberg, wohin er ſich zunächit 1864
begab, um klaſſiſche Philofophie zu ſtudie—
ren, führten ihn die geiftvollen Vorträge 2.
Häuflers und die gründlichen Erörterun:
gen B. Stark's in Geſchichtswiſſenſchaft und
Archäologie ein; noch tiefer aber wirkten
Jahre ſpäter, als ich bereits Hochſchüler auf ihn die jugendlich-friſchen Vorträge H.
Benele. — 1 Benfey-Schuppe.
Köchlys. Daneben ward im Kreije gleich: | die Schule in feiner Vaterjtabt abjolviert
geftimmter Freunde mande Stunde der | hatte, jtudierte er die Rechte (1833 — 35)
Poefie und der Mufif gewidmet. Ein fehr und promovierte 1836 zum Doktor.
jugendlicher dramatifcher Verſuch fand an! 1863 ernannte die Stadt Hamburg ihn
einem laufhigen Plätzchen am Abhang des
Gaisberges willige Ohren und freund:
ſchaftlich nachſichtige Beurteilung, eine
Reihe von profaiihen „Skizzen aus dem
Leben“ in weiterem Kreile der Freunde,
für die fie gedrudt wurden, freundliche
Aufnahme. Die Hompofition eines Liedes
von Friedrid Halm veranlaßte einen für
den jugendlichen Tonfeger hocherfreulichen |
Briefwechſel mit dem leider bald darauf
verftorbenen öſterreichiſchen Dichter; Alter: |
tum und Kunſt vermittelten eine Freund—
Schaft mit Gottfried Kinfel, den Sohn des
Gefangenen von Naugard und Spandau.
Diefer poetiſche Aufenthalt am Nedar:
jirand wurde 1566 mit demjenigen auf
der Zandesumiverfität Gießen vertaufct.
Hier trat naturgemäß die jtrenge Vorbe—
reitung auf den erwählten Beruf mehr und
mehr in den Vordergrund. Das Frühjahr
1869 brachte das Doftordiplom und jofort
eine Verwendung an der Realſchule zu
Friedberg in Oberheifen. Zu Büdingen,
an deſſen Gymnaſium B. 1871 fefte
Anſtellung gefunden, entjtand die poe—
tiiche Erzählung „Redley“ (1873), die in
weiteren Kreifen freundli aufgenommen
wurde. Meniger ſprach eine nad) B.’s Ver:
jegung an das Gymnafium zu Darmjtadt
veröffentlichte zweite epiſche Dichtung
„Banthea” (1876) an, was den Verfaller ver:
anlaßte, jeitdem nichts Poetiſches mehr in
Drud zu geben. Von inzmwilchen unter:
nommenen dramatiſchen Arbeiten wurde
das einaftige Luftipiel „Zwei Auftfpiele, ‚im
Frühjahr 1883 mehrmals auf der Darm:
ſtädter Hofbühne aufgeführt. 1886 er:
ſchien „Geſchichte der altgriechiſchen Literatur‘,
Von kleineren Arbeiten hat B. Aufſätze und
Kritiken philologiſchen, pädagogiſchen und allge:
mein⸗literariſchen Inhalts, teilö ſelbſtändig, teils
in Beitichriften, ſowie einzelne Gedichte in Zeit:
ſchriſten veröffentlicht.
zu ihrem Archivarius, als welcher er Ges
legenheit fand, feiner ſchriftſtelleriſchen
Neigung zu folgen und literarhiitoriichen
Studien obzuliegen:
Hauptwerke: Hamburger Geihihten und Sagen
(1854), Gedichte (1855), Hamb. Gelchichten und
Denfwürdigfeiten (1856), Von unehrlichen Leuten
(Kulturhiit. Studien 1863).
Benjey-Schuppe, Anna(Scuppe).
Ich bin in der fleinen Stadt Yanded in
Schleften geboren. Meine Kindheit umd
Jugend verledte ich in Lande, Bricg,
Groß-Glogau, Breslau und Berlin, an
welchen legteren Orte mein Vater als
| Ober-Tribunalsrat wirkte. Schon in meis
ner Kindheit zeigte fi bei mir einiges
Ichriftitellerifches Talent, indem ich fleine
Gedichte, eine Reiſebeſchreibung, allegori-
Ihe Erzählungen und viele Aufläge ver:
faßte. Doch wurde dieje dichteriſche Nei—
aung bald überwuchert durch die Leiden:
Ihaft zur Diufil. In den fünfziger Jah—
ren nenoß ich den Unterricht in der mus
ſikaliſchen Kompofition durd den Kompo—
nilten Ludwig Dleinerdus, dann feßte ich
dieje Studien unter dem Kirchenfompo:
nijten Moritz Brolig in Breslau fort. In
Berlin empfing id) in diefer Beziehung nod)
manches geiltige Almofen, da es mir nicht
mehr möglicd war, ordentlich Unterricht zu
nehmen, und gedenfe ich hierbei in größter
Dankbarkeit des Komponiften Georg Vier:
ling und des verftorbenen Konzertmeifters
Hubert Rieß. Ich widmete mid) ganz der
Mufif, gab Mufikunterricht und fompo:
nierte Chor: und Orcheiterwerfe, ſowie
auch Kammermufif. Eine Muſik von mir
zu Shafejpeare’s Nomeo und Julia, Dur
verture und Entr’actes wurde in Gotha
am Hoftheater und am Stadttheater in
Breslau aufgeführt. Ebenfalls gewann
ih eine Violin-Piano-Sonate von mir
Benefe, Otto, wurde am 5. Oftober | mandje Anerkennung, die in Konzerten vor:
1812 zu Hamburg geboren. Nachdem er | getragen wurde, und vor Heinerem Kreiſe
Benndorf. 43 Bergau.
in Weimar durd Franz Liszt und Küm- fache widmen wollte, arbeitete er dann
pel. Nahdem ih in Ungarn, Wien, zunächſt ein Jahr lang in dem Bürcau
Dresden als Mufiflehrerin gewirkt, ver: | eines Bauinſpektors, hörte zugleich aber
heiratete ih mid, Schon in älteren Jahren,
mit dem Schriftjtelleer Rudolf Benfey,
1879, mit dem ich, durd) innigfte Scelen-
ſympathie verbunden, in glüdlichiter Ehe
Erjt feit meiner Heirat beichäftige
ih mich Schriftitelleriih, obwohl ich kurz |
lebe.
vorher jchon einen kleinen Verſuch gemacht
habe. Novellen, VBolks-Erzählungen, Auf:
fäge, Märchen für Kinder ericheinen von
vielen
mir unter „A. Schuppe” in
Blättern.
Benndorf, Friedrih Auguft Otto,
wurde am 13. September 1838 zu Greiz
geboren. Nachdem er das Gymnaſium zu
Blauen abiolviert hatte, widmete er ich
in Erlangen und Bonn dem Studium der
Philologie. 1864 — 1866 Stipendiat aus
den Reg. Jnitituten, 1867 und 1868 in
Sicilien und Athen und habilitierte er
(1868) für Archäologie in Göttingen, wor: |
auf er einen Ruf als Profeſſor nach Zürich,
auch die Vorlefungen über antike und
neuere Kunſt der Profeſſoren 8. Fried:
länder umd A. Hagen und bejuchte fleißig
die Gemälde-Gallerie und die Sammlung
von Abgüſſen nah antiten Skulpturen.
1855 ging B. nad Berlin, ftudierte auf
‚der Königl. Bau-Afademie die Arditektur
und hörte auf der Univerfität die Vor:
[efungen über Archäologie und Kunſtge—
Ihichte. Seine erſte wiſſenſchaftliche Ar:
beit war eine Widerlegung von Böttichers,
in feiner Teftonif der Hellenen ausge:
Iprochenen irrigen Anficht über das opus
monotriglyphon des Vitruv. Nachdem
9. 1858 fein Staatseramen gemad)t,
arbeitite er ein Jahr lang in dem Zen—
tralbureau der Königl. Kommilfton für
den Bau der Eifenbahn von Königsberg
nad Endtluhnen. Dann übernahm er
die Ipezielle Leitung des Baues eines Juſtiz⸗
palaftes zu Bartenftein in Ojtpreußen,
dann nah Prag und zulegt (1877) nach | ftudierte nebenbei aud) bie mittelalter:
Wien erhielt. Mit Conze unternahm er | lihen Bauwerke der umliegenden Ort:
1875 eine Erpedition nach Samothrate. Ihaften. 1861—1863 bereite er ganz
Zwei Erpeditionen 1881 und 1882 führte Italien und jtudierte eingehend bie Kunſt⸗
er nach Kleinaſien. Von Lytien brachte geſchichte dieſes Landes. Nah Deutſch-
er die altgriechiſchen Friesreliefe eines land zurückgekehrt, baute er zu Danzig
großen Grabbaues, des Heroon von Gföl- tin Auftrage der Regierung ein Pfarr—
baſchi-Tryſa, nad) Wien. Wirkliches Mit: haus. Außerdem baute und rejtaurierte
glied der Akademie der Willenichaften in
Wien, des arhäologiichen Anititutes, der
Societät in Göttingen 2c.
Hauptwerfe: Die antifen Bilderwerfe des La:
teranenfiihen Mufeums (1867), Die Metopen
Haufer (1880), Griechiſche und ficilifche Vaſen—
‚zu Beitlin.
B. die Klofterfirche zu Zarnowig in
Mejtpreußen, die mittelalterlihe Kirche
1868 erhielt B. einen Ruf
als Brofejlor für Kunſtgeſchichte an die
e durch Kreling neu organifierte Kunſt-Ge—
von Selinunt (1873), Neue ardäologiiche Unter: |
fuhungen auf Samothrafe (mit Conze und |
werbeichule zu Nürnberg. B. wurde auch
Sefretär und Hausinfpektor der Kunſtge—
werbefchule und widmete ſich mit allem
Seine Stel-
bifder (1869— 1883), Reifen in Lykien und Ha:
rien (1884), Das Heroon von Gjölbaſchi-Tryſa Eifer ſeinem neuen Amte.
(1888). . fung an der Kunitichule gab er 1872, in
Berg, Alois, |. 8. v. Geritenberg. | Folge von Zerwürfnifien mit feinem Dis
Bergau, Rubolf, wurde am 6. Ja: rektor, jedoch auf und lebte fortan als
nuar 1836 auf dem Gute feines Vaters | Privatnann. Nachdem B. ſchon in den
in der Nähe von Königsberg geboren, | Jahren 1866 und 1869 den General:
empfing 1846 —1854 zu Königsberg i. Br. | Konfervator der Kunſtdenkmäler des preuß.
feine Schulbildung. Da er ſich dem Bau: | Staats auf feinen Dienitreifen vertreten
Bergbohm.
44
—
Berge.
hatte, übernahm B. 1876 nad) der Erkran- weiblichen Geſchlechts und dem Dichter:
fung des Legteren und fpäter nad) deilen | beruf, den einzelne Mitglieder deſſelben
Tode, fait alle Gejchäfte deſſelben.
Jahre 1878 übernahm B. im Auftrage der
Landjtändeder Prov. Brandenburg die Auf:
ftellung eines vollftändigen Inventars der
Bau: und Kunſtdenkmäler in der Prov.
Brandenburg, zu welchem Zwecke er, in
Begleitung eines Zeichners, während der |
Sommer 1879 bis 1881 diefe Provinz
von Ort zu Ort bereifete und während
der dazwiſchen liegenden Winter das ge:
fammelte Material ausarbeitete, welches
in einem rei) illuftrierten Werfe im Jahre |
1885 zu Berlin publiziert worden ilt.
An einem Ähnlichen Werf über die Denf:
mäler der Provinz Ojftpreußen arbei-
tet B.
Bergbohm, Carl, geb. am 18. Sep:
tember 1849 zu Riga, ftudierte feit 1867
in Torpat, fpäter in Berlin und Leipzig,
habilitierte ſich 1877 in Dorpat für öf-
fentliches Recht ; zum Profeſſor des Staats:
und Völferrechts erwählt 1884. Willen:
ſchaftliche Reiſe: 1880—81 in Deutich-
land und Ofterreih. Nach feiner Nüd:
fehr zum Staatsrat ernannt.
Separat erihienene Schriften: Staatöverträge
und Geſetze ald Quellen des Völkerrechts (1877);
Die Bewaffnete Neutralität 1780— 1783, eine Ent:
widelungsphafe des Völkerrechts im Seefriege
(1884); deutiche Ausgabe des ruffiihen Werkes
von 7. v. Martens in Peteräburg: Völkerrecht,
Das internationale Recht der civilifierten Natio-
nen (1883, 1886).
Berge, Elifabeth von. Ich bin am
12. März 1838 zu Ober:Ullersdorf, dem
bei Sorau, Provinz Brandenburg, gele:
genen Gute meines Waters als deſſen
jüngftes Kind geboren. Schon in früher
Kindheit zeigte ich Liebe zu Büchern und
großen Lerneifer und jchrieb, feit ich fchrei-
ben fonnte, meine kindlichen Bhantafien nie-
der. Die Dleinigen hielten, befonders als
ich älter wurde, diefen Hang zum Träumen
und Dichten für ein Unglüd und befämpften
denjelben nad) Kräften. ch habe über:
haupt durd das Vorurteil, welches ſich
der höheren wiſſenſchaftlichen Bildung des
Im in ſich fühlen, entgegen jtellte, jeher zu
leiden gehabt. Daß ich jo, von feiner
Seite aufgemuntert, fondern vielmehr jtets
niedergehalten, an meiner Befähigung
ernfte Zweifel zu hegen anfing, ift mohl
natürlid, und erft eine Reife nad) Stalien
brachte meinen Entihluß, mich ganz dem
literarifchen Schaffen zu widmen, zu völli=
ger Reife. Dazu bedurfte es aber zu—
nächſt ernfter, wiſſenſchaftlicher Studien ;
der Mangel derielben erſchien mir jchon
damals und erjcheint mir noch als ein
hauptſächlicher Grund der gewiſſen Ge—
ringſchätzung weiblicher Schriftſtellerei.
Ich betrieb mit Eifer hauptſächlich die alten
Sprachen, Literatur, Geſchichte ꝛc. Auch
jetzt noch bin ich fortwährend durch Studien
aller Art, namentlich auch des der Phi—
loſophie, beſtrebt, mein Wiſſen und Den—
fen zu erweitern. 1873 trat ich mit Ghri«
ftina von Schweden zuerjt an die Offentlich-
feit. Diejes Drama wurde von der Kritik
bemerkt und günftig beurteilt, im Publi—
fum fand es, namentlid in der Damen-
welt, viele Freunde. Heinrich IV folgte
1880, (RPaufanias 1885), Mein letztes
Trauerfpiel Alexei, jedenfall$ mein beftes
Merk, wird demnächſt auch durd den
Drud veröffentlicht werden. Seit nahezu
fieben Jahre habe ich die prächtig gelegene
Marrburg bei Braubah am Rhein zu
meinem MWohnfig erwählt.
Berge, Karl v., |. Homrighaufen.
Bergen, Wilh., ſ. W. Reſſel.
Berger, C. ſ. A. Wechßler.
Berger, Johann Baptiſt (Gedeon von
der Heide), der jüngſte Sohn achtbarer
Eltern, wurde zu Coblenz am 19. Dezem:
ber 1806 geboren. Nachdem er in feiner
Vaterftadt das Gymnafium abfolviert, be=
gab er fih 1825 nad) Rom und trat da>
jelbft in das Kollegium Urbanum de Pro-
paganda Fide ein, um fi zum Miffio:
när auszubilden. Doch faum hatte er feine
Berger.
Studien in der Propaganda vollendet und
wollte eben promopvieren, als ihn die Mi-
(itärprlicht nötigte, ohne allen Verzug heim⸗
zufehren. Erſt nad Beſeitigung vieler
Schwierigkeiten gab die preußiiche Regie:
rung den Konfens zu feiner Ordination,
melde in Coblenz, und zwar zu St. Eaftor
in feiner Pfarrfirhe durch den dortigen
Weihbiſchof Milz 1830 ftattfand. Am
10. Mai 1830 wurde er zum Caplan nad)
Vallendar ernannt und dann am 3. No:
vember 1830 zum Gaplan von Boppard.
Nah dem 1832 erfolgten Tode feines
Prinzipals, des Cantons-Pfarrers Jo—
hann Nikolaus Bens wurde er zum Ad—
miniftrator der Pfarrei Boppard, und
1833 zum Gantons- Pfarrer in Boppard
ernannt. Am 25. Juni 1861 wurde er
zum Definitor der erſten Definition des
Decanates St. Goar ernannt, und 1870
zum Dedanten des Decanates St. Goar.
Und fo ijt er bis heute, nun fchon feit 56
Jahren, in Boppard in jeelforglicher
Thätigfeit.
Im Drud von ihm erfchienene Schriften:
Rede des heiligen Eyprian über das Gebet des
Herrn, überjegt (1831). Die Nächte der büßen:
den heiligen Magdalena, Betrachtungen, aus dem
Italieniſchen überjegt (1833). Die Nahtwachen
des h. Auguftinus, Biſchofs von Bona, aus dem
Italieniſchen überfegt, (1833). Anmweifung zur
Berubigung ängftlicher Seelen in ihren Zweifeln
— Bd. VI. Praktiſche und moralifhe Anweiſung
u einem chrijtlichen Zeben, von P. D. Carl Jo—
dent Duadrupani, Barnabiten, aus dem Stalie-
niſchen überjegt (1856). 6 Bände überjegt: Aus:
wahl von Reden der Kirchenväter auf alle Sonn:
und Feittage de3 hriftlichen Jahres (1833). Ge:
dichte (1846). Die Träume (pjeudon.) (1852).
Der Sieg der Wahrheit (1853).
einer Seele (1854). Die Totenfhau (1856).
Gnaden (1856). Gedichte (1857).
Berger, Wilhelm, wurde am 21. Ja-
nuar 1833 zu Barmen geboren. Als der
Sproffe einer alten Kaufherrnfamilie
wurde W. B. fchon bei feiner Geburt,
jenen Traditionen getreu, dem gleichen
Stande bejtimmt. Zwanzig Jahre alt,
ging er nach Amerika, um dort fein Glüd
zu verfuchen und gleichzeitig feinen fauf:
45
Die Reife mit |
Bergmann.
In Cincinnati gründete er eine deutjche
Mufitalienhandlung, die er aber bald auf:
gab, um die ihm angebotene Leitung eines
großen Mufifalienverlages in Bofton zu
übernehmen. In Eincinnati hatte er fi
jehr glücklich verheiratet, doch trieb ihn
die Sehnſucht, feine Heimat wiederzu:
jehen, nad) Deutichland zurüd. Im Jahre
‚1877 zog er fih von feinen kaufmän—
niihen Geſchäften zurüd und lebt nun
ganz feiner ſchriftſtelleriſchen Thätigfeit
‚in Bremen.
Hauptwerte: Von den Inſeln u. a. See
(poetiiche Erzähl. 1883), Das Trauerfpiel (Luft:
jpiel 1884), Opfer des Krieges (Nov. 1883),
Knurrhaſe (Rom. 1885), Ziele des Lebens (Rom,
1885), Schwanfende Herzen (Rom. 1886), Aller:
lei Schidjale (Erz. 1887), Marga (Rom. 1856),
Vom Markt ded Lebens (Nov. 1887).
Bergmann, Werner, wurde am 9.
Mai 1804 zu Ihenbüttel im Hannöver:
chen geboren. Er widmete fi) dem Stu:
dium der Theologie in öttingen (1824
bis 1827) und wurde in Drafenburg bei
Nienburg a. d. Weſer als Pfarrer an—
geftellt, wo er bis 1877 in treuer Pflicht-
erfüllung lebte, um, dann in den Ruhe:
ftand getreten, nad) Hannover überzufie-
‚deln. Er beihäftigte fi vorwiegend mit
lyriſchen Gedichten und fammelte daneben
fleißig für feine (1882 erfchienenen)
Braunſchweigiſchen Schriftfteller und Schriftitelle:
rinnen von 1600 bis 1882. Außerdem ver:
faßte er:
Minona (Ged. 1856), Schlacht bei Drafenburg
(Erzähl. 1868), Tizian (Rom. 1865), Lieder und
vermilchte Gedichte (1870).
Beringuier, Rihard, wurde am 4.
März 1854 zu Berlin geboren und wid:
mete fi) nad) Abfolvierung des Friedrich-
Wilhelms: Gymnafiums zu Berlin dein
Studium der Rechte auf der Univerfität
Berlin. Er promovierte im Jahre 1878
und wurde zum Neferendar im Bezirk des
Kammergerihts ernannt. Nachdem er
1884 fein Richterexamen abgelegt, fun:
gierte er als Gerichtsaſſeſſor und Hülfs-
rihter beim Amtsgeriht I in Berlin.
männifchen Geſichtskreis zu erweitern. | Neben den amtlihen Beichäftigungen
Berfom.
treibt B. gefchichtliche Studien und richtet |
fein Augenmerk bejonders auf die Ge:
Ichichte Berlins (Dtitarbeiter des „Bär“ 2c.)
Seit 1884 giebt er die Mitteilungen des Ver—
eins für die Gedichte Berlins heraus, feit
1885 redigiert er das Korrefpondenzblatt des
Gefammtvereind der deutihen Geichichte und Al: |
tertumsvereine” und jeit 1887 Die franzöfifche
Colonie. Selbſtändige Werfe:
Ausführliche Beihreibung der Feier zum 200:
jährigen Gedächtnis des Edikts von Potsdam |
(1885), Die Stammbäume der Mitglieder der
franzöfiihen Colonie in Berlin (1887) :c.
Berfow, Karl, fiche El. v. Wolfers-
46
Bermann.
Gedichte (1855), Feitipiele (1859), Die Herr:
lichfeit der Kirche Gottes (1862), Gedichte, 2. u.
3. Band (1877, 1884).
Bermann, Dioriz (Berth. Diormann,
M.B. Zimmermann), wurde am 16. Mai
1823 zu Wien geboren. Nach Abfolvierung
der Schule trat er in das Gejchäft feines
Vaters ein, welches er nad) deilen Tode
weiterführte. Diejes Gefchäft, eine Kunſt—
handlung, war wohl geeignet, höchſtes In—
tereſſe zu erweden, und erfordert eine ganze
Kraft und ein ganzes Willen. So widmete
DB. fich diefer Aufgabe mit Leib und Seele,
jpeicherte Aunftihäge ayf und jammelte
dorff. beſonders biographiſche Materialien von
Berlepſch, M. Goswina von. Ich hohem Wert. Es lag in der Natur der
bin 1845 in Erfurt geboren, habe jedoch Sache, daß B. im Laufe der Jahre auf
jeit früheſter Kindheit in der Schweiz gelebt, | dieſem Felde ein umfangreiches Wiſſen fich
wohin mein Bater 9. A. v. Berlepich durch erwarb; diefes verwertete er vielfach in
die Ereignifle des Jahres 1848 fliehen | Zeitichriften, die mit Vorliebe feine archäo:
mußte und feiner erft fpäter ihm dorthin | togiichen und biographiichen Arbeiten auf:
folgenden Familie, nad) harten Kämpfen, nahmen. Bejonders ragten B.'s geichicht:
eine neue Heimat bieten Tonnte. Dur liche Studien über die alte Kaiferftadt
den Literarifhen Beruf meines Vaters | Mien hervor, fo daß er nunmehr in biefer
und vielleicht durd ererbte Neigung fam| Beziehung als ipezialiftiicher Lofal-Chro:
ich jelbjt zum Echreiben. Ich begann teil:
zunehmen an den Arbeiten meines Va—
ters und blieb diefer Thätigfeit auch treu
bis zu jeinem im Jahre 1883 erfolgten
Tode. Eeitdem erjt betrat ich eigentlich
jelbjtändig den literariihen Plan. Es
nift gilt. i
Hauptwerfe: Oſterreichs biogr. Lexikon (1857),
Geichichte der Wiener Stadt und Borft. (1863),
Alt:Wien in Geihichten und Sagen für die reifere
Jugend (1865), Dunkle Geſchichten (1868), Hof:
und Adelsgeſchichten (1868), Das ſchwarze Kabi:
net, oder: Myſterien der Bolizei (1873), Ein finftes
erihienen in Zeitichriften von mir No: res Staatsgeheimnis (1874), Der Stephansdom
velletten, Aufläge, Gedichte, dann größere
Novellen. In Buchform: Ledige Leute (Nov.
1856). Ich lebe jeit 1883 nun in Wien, |
wohin mid; Familienverhältniffe aus mei:
ner lieben Heimat, der Schweiz, führten.
Berlyn, Gujtav, ift am 30. April
1522 in Freudenberg geboren als Sohn
des literarifch berühmten Arztes Doktor
med. Chr. Berlyn und feiner Gattin
Sofephine, geb. Endres, Tochter des Le:
gationsrats Endres in Würzburg. Nach
wiſſenſchaftlicher Vorbildung widmete er
Jich dem kaufmänniſchen Fache und ift jept
als General-Agent der größten Ver:
ſicherungs-Geſellſchaften Deutfchlands thä—
tig. Hauptwerke:
(1878), Alt» und Neu-Wien, Geſchichte der Kai—
ferftabt (1881), Kronprinz Rudolf von Öfterreich,
Wiener Ehrenkränzlein (1883), ſterreich-Ungarn
im XIX. Jahrhundert (1883), Illuſtr. Geſchichte
der öfterr. Armee (1886) ic.
Bern, Marimilian, wurdeam 18. Nov.
1549 zu Cherfon als Sohn eines ruſſi—
Ihen Hofrats geboren. In frühefter Kind:
heit Schon wurde in ihm der Sinn für
Poeſie von feiner ungewöhnlich gebildeten
und auch dichteriich begabten Mutter ge:
wedt und rege erhalten. Als er feinen
Vater in früher Jugend verlor, verlich
er mit jeiner Mutter und feinen Ge:
ihmwiltern feinen Geburtsort Cherjon und
überfiedelte feiner Ausbildung halber nad)
‚Wien. Hier verlor die Familie ihr großes
Bernard,
Vermögen. Diefer Umftand, ſowie ein ju:
gendlicher, aber tief in Das Leben des an—
gehenden Boeten eingreifender Noman, den
das Schickſal tragiſch abſchloß, veranlaßten
B., 1873 der Univerſität, an der er Philo—
jophie jtudierte, untreu zu werden und
fih als „MWanderlehrer” der durch ihr
nomadenhaftes Leben am regelmäßigen
Schulbeſuch behinderten jüngiten Artijten
einer berühmten Kunftreitergejellichaft an:
zuſchließen. Nad) einiger Zeit verlor der
aufjtrebende Jüngling die Luft, ſich mit
Kindern abzuquälen, die früher Beifall
verdorben, und jo trennte er fich denn |
wieder von dem abenteuerlichen Kreiſe.
— Im Jahre 1875 erſchien B.'s erjte
Erzählung Auf ſchwankem Grunde, — Außer
auf jeinem Hauptgebiete, dem der No:
velliftif, war B. auch erfolgreich für den
Jugendichriften:Berlag ſowie für Die
Bühne thätig. Seine einaftige Plauderei
Meine gefchiedene Frau hat viele Erfolge er: IR auoleld: an. ber Vninerkiit,
rungen. Nach einem längeren Aufenthalt
in Berlin und Hamburg hielt B. fid)
einige Zeit in Leipzig und München auf
und fehrte dann nad) Wien zurüd. 1886
zog er nad) Paris, wo cr fih ein Jahr
(1873), Die Bildniffe des Älteren Scipio (1875),
ı Die Bildniffe berühmter Griechen (1877), Nö:
darauf mit einer jungen, in drei Spraden
ſchriftſtellernden franzöfiihen Schauſpiele—
rin, Olga Wolbrück du Théatre Natio-
nal de FOdéon, verheiratete.
Hauptwerke: Auf ſchwankem Grunde (1875),
Geitrüpp (1876), Sich jelbit im Wege (1877),
Deutſche Lyrif ſeit Goethe's Tode (1877), Meine
geihiedene Frau (1878), Ein ſtummer Mufifant
(1879), Anthologie für die Kinderftube (1879),
Illuſtr. Hausihag für die Jugend ((1880), Für
Heine Leute (1886), Am eignen Herd (1886), De:
flamatorium (1887), Luftige Stunden (1887).
Bernard, J. 1. 3. B. Mufdi.
Bernays, Michael, wurde anı 27. No—
vember 1834 zu Hamburg geboren. Nad):
dem er das Johanneum in feiner Vater:
ſtadt abjolviert hatte, lag er dem Studium
der Literaturgeihichte zu Heidelberg und
Bonn ob, 1872 habilitierte er fich in Leip—
zig al& Privatdozent und ward im nächiten
Jahre zum Profeflor in Münden ernannt,
wo er noch jest thätig ift, als bedeuten:
47
Bernhard.
der Literarbiftorifer anerfannt, befonders
auf dem Gebicte der Goetheforſchung her:
vorragenDd.
Hauptwerfe: Über Kritik und Gefchichte des
Goethe'ſchen Textes (1866), Goethe’s Briefe an
F. A. Wolf (1868), Zur Entſtehungsgeſchichte des
Schlegel’ihen Shakeſpeare (1872), der junge
Goethe (1875), Goethe und Gottiched (1880).
Bernhard, W. ſ. Jankowitz.
Bernoulli, Johann Jakob, wurde
am 18. Jan. 1831 als ein Abkömmling
des alten, aus dem 16. Jahrhundert ſtam—
menden ausgezeichneten Gelehrtenge—
ſchlechts B. zu Baſel geboren. Er genoß
ſeine Vorbildung in ſeiner Vaterſtadt und
widmete ſich dann teils in Berlin dem
Studium der klaſſ. und der deutſchen Phi—
lologie. Erſt in Folge einer Reiſe nach
Italien im J. 1856 trat er zur Archäo—
logie und Kunſtgeſchichte über. Nach ſeiner
Rückkehr wurde er als Lehrer am Gym—
naſium zu Baſel angeſtellt und habilitierte
1874
erhielt er die außerord. Profeſſur für
Archäologie.
Hauptwerke: Über den Charakter des Kaiſers
Tiberius (1859), Über die Laofoongruppe (1863),
Über die Minervenftatuen (1871), Aphrodite
milhe Monographie, 1. Bd. 1582, 2. Bd. 1886.
Bernow, Ludw., ſ. Luiſe Jung.
Bernuſtein, Dar, wurde am 12. Mai
1854 zu Fürth geboren, erhielt jeine
Edulbildung zu Münden und widmete
fih an der dortigen Univerfität dem
Studium der Rechte. Seit 1883 lebt B.
in München als Rechtsanwalt und gleich:
zeitig als angeſehener und einer der frucht-
barjten Novelliften und Dramatiker.
Hauptwerke: Unbefangen (Luftip. 1877), Das
ES chmalbenneft (Nov. 1879), Alles in Ordnung
(LZuftip. 1881), Mein neuer Hut (2. 1881), Dag—
mar (Trauerfp. 1881), Ruth (Schaufp. 1881),
Ein auter Menih (Poſſe 1882), Ein dunfler
Punkt (2.1884), Gold (Sch. 1885), Ritter Blau:
bart (2. 1886).
Berthen, J. f. Groß v. Trodan.
Berthold, Karl Adam, wurde am
6. Juli 1835 zu Münfter geboren. Nad):
Berthold.
dem er das Gymnafium feiner Vaterftadt
beiucht hatte, jtudierte er daſelbſt Philo—
logie, um fid) dem Lehrerberuf zu widmen.
Im Jahre 1860 abjolvierte er fein Era:
men und wurde nad) Vollendung des vor:
geichriebenen Probejahrs am Gymnafium
zu Brilon, dann am Realgymnafium zu
Bocholt angeftellt. Neben jeinem Lehramt
führt er (jeit 1875) die Nedaktion der
Zeitihrift „Natur und Offenbarung“.
Hauptwerfe: Die heilige Elifabetb (Epos
1866), Daritellungen der Natur (1873), Im
Freien (Naturbilder 1876), Bon der Nordſee bis
zu den Alpen (1875), An friſchen Quellen (11879),
Die Naturfchöne (1882).
Berthold, 2, ſ. B. Lehmann-Filhes.
Bertin, Paul Robert Adalbert (Ro:
bertin oder Berinto), wurde als der zweite |
48
— Bertz.
Realgymnaſium zu Berlin und abſolvierte
an diefer Anftalt zugleich fein pädagogi—
ſches Probejahr. 1878 ward er dann als
ordentlicher Gymnafiallehrer am Realpro=
gymnaſium zu Langenberg, Rheinland,
definitiv angejtellt. Er jchrieb:
Aias. Eine dramatiihe Dichtung nah So—
phocles (1881), Altklaſſiſche Mythen und Sagen.
Zwölf poetiiche Gemälde aus Dvids Metamor-
pbojen (1883), Lehre von der Interpunftion mit
erläuternden Beilpielen aus deutſchen Dichtern
und Dentern (1886). Außerdem iſt B ftändiger
Mitarbeiter von Zeitichriften für die Jugend, der
auch die meiften feiner Lieder gewidmet find.
Bert, Eduard, geboren am 8. März
1853 zu Potsdam, begann feine jchrift:
jtellerifche Laufbahn im Jahre 1871 als
poetiiher Mitarbeiter der Jahreszeiten.
Er jtudierte in Leipzig und Tübingen
Philoſophie und Staatswillenichaften und
Sohn des Kaufmanns Robert Bertin am
23. Januar 1849 in Peitz, im Kreiſe
Cottbus, geboren. Nach einigen Jahren
fam er in das Haus feines Großvaters,
Schloßprediger in Dobrilugt.
Hier ver: | Jahr nad Paris.
veröffentlichte no als Student ſozial—
wiſſenſchaftliche Auffäge. 1877 ging er
zum Studium des Franzöfiihen auf ein
1878 fiedelte er nad)
lebte er unter der treuen Pflege und Leis | England über und lebte daſelbſt anfänglich
tung feines Großvaters eine ſehr glüdliche | als Lehrer der neueren Spraden in einer
Jugend. Er bejuchte die Stadtſchule und Seeſtadt, bis er fi) in London ganz der
wurde daneben vom Großvater für das | fchriftitellerischen Thätigfeit zuwandte, der
Gymnaſium vorbereitet. Er fam auf das | Nriftotelian Society beitrat und eine Anz
Gymnaſium zu Luckau und blieb hier, bis zahl kritiſcher Auffäge über die englifche
fein Großvater ftarb. Darauf nahmen ihn | Literatur, fowie einige Märchen in deut:
feine Eltern zu ſich nad Neuftadt bei ſchen Blättern erjcheinen ließ. 1881 ver:
Magdeburg; fie liegen ihn das Domgyms | anlafte ihn eine ſchwere Nervenfrankheit
nafium in Diagdeburg befudhen. Die El: |fih der Idealkolonie anzufhließen, die
tern zogen ſpäter nad) Berlin, währenderin | der engliiche Jugendichriftitelleer Thomas
Magdeburg blieb und in einem faufmanne- | Hughes in Amerifa begründete. Er faufte
hauſe eine Hauslehreritelle übernahm.
Nachdem er das Abiturienten:Eramen be-
ftanden hatte, lag er 1872—1876 in
Halle vornehmlih altphilologifhen und
germaniftiichen Studien ob, erlangte 1876
auf der dortigen Univerfität die philofophi-
Ihe Doktorwürde und erwarb ſich an der:
jelben Univerfität 1877 die facultas
docendi für höhere Unterrichtsanftalten.
Schon 1876 verwaltete er eine willen
Ihaftlihe Hülfslehrerftelle am Realgym-⸗
nafium zu Potsdam. Eine gleiche Stelle
bekleidete er von 1877 an am Andreas:
ſich eine Farm in den Urwäldern von
Tennefjee und lebte dafelbit einfam in
einem Blocdhaufe bis 1882, wo er zum
Bibliothekar der neuerrichteten öffentlichen
Bibliothef in Rugby, Tenn., ernannt
wurde. Nachdem er diefe geordnet und
‚ihr einen Katalog gegeben, fehrte er 1883
nad) England zurüd. Hier wurde er Aſſi—
ftent an der London Library und Vorſtands—
mitglied einer Abendichule für Lehrlinge, in
welcher er verichiedene engliiche Vorträge
hielt. Er fchrieb während diefer Zeit in eng—
liſcher Sprache feine hiſtoriſche Erzählung
Beſeler.
The French Prisoners, die von der Kritik we- in Wien Philoſophie.
49
Betz.
Nach einem länge:
gen ihres reinen engliihen Stils gerühmt ren Aufenthalte in Teutichland widmete
wurde, Der Erfolg dieſes Buches ermög: |
lihte ihm um Oſtern 1884 die Heimfehr
nah Deutichland.
in Stuttgart nieder, wo er Montesquieu's
Berfiihe Briefe überfegte und mit kriti—
ſcher Einleitung und hiltoriihem Kommen:
tar verjah; aber im Mai 1585 zog er in
feine Baterjtadt, um dafelbit in der Stille
die Nefultate jeiner Manderjtudien lite:
rariich zu verarbeiten und jeinen neuen
Roman unter dem Titel Gtüd und Glas zu
vollenden.
Zunächſt ließ er ſich
‚er ſich der jchriftitelleriichen Thätigkeit
und begann in verjchiedenen periodischen
Drudichriften Humoresfen zu veröffent:
‚üichen. Im Jahre 1878 übernahm er die
Bejeler, ar! Georg Ehriftoph, wurde |
am 2. November 1509 zu Rödemiß in
dung in der Domichule zu Schleswig und
widmete ſich dem Studium der Nechte zu
Münden und Kiel. 1835 habilitierte
er fi als Privatdozent in Heidelberg
und wurde fur; darauf als Profeſſor
nad Baſel, 1837 nach Roſtock berufen.
In Greifswald, wohin er 1842 als Pro—
fefior der Rechte ging, wurde er zum
Abgeordneten der deutichen Nationalver:
fammlung gewählt, in welcher Eigenschaft
er fih ſpeziell als Führer des rechten
Gentrums vielfad auszeichnete, befonders
durch fein Eintreten für die preußiiche
Erbfaijerpartei. 1859 als Profeſſor nad)
Berlin berufen, nahm er bier als dreimal
gewählter Rektor der Univerfität und Mit—
glied des preußischen Herrenhauſes eine
einflugreiche Stellung ein. Seine juris
ftiihen Werke werden den beiten beige:
zählt:
Die Lehre von den Erbverträgen (183540),
Über die Stellung des römischen Rechts zu dem na-
tionalen Nechte der germaniſchen Völker (1837),
Vollsrecht und Juriſtenrecht (1543), Syſtem des
gemeinen deutich. Privatrechts (1847 — 59, 3Nde,),
Kommentar über das Strafgeſetzbuch für d die preußi:
ſchen Staaten (1851), Zur Gefchichte des deutichen
Ständeredhts (1860), Liber die Geſetzeskraft der
Kapitufarien (1871), Erlebtes und Eritrebtes
(ISS4).
Bejozzi, Mar, geb. 1547
Steiermarf, jtudierte in Graz
zu Cilli in
Jura und
Tas literariihe Deutſchland.
Thätigkeit einzudänmen.
Redaktion der „Gillier Zeitung”. Im
Jahre 1891 wurde er zum Nedafteur des
„Budweiſer Kreisblattes“” beitellt. Non
Budweis ging er wieder nach Eilli und
geltaltete die „Eillier Zeitung“ unter dem
Namen „Deutihe Wacht“ zu dem ſchnei—
digſten und entjchiedeniten deutſchnationa—
‚len
Blatte Steiermarfs. Die wadiende
Auflage der „Deutichen Wacht“ und die
rückſichtsloſe Polemik derjelben gegen die
a co: ſloveniſchen Chauvinijten lich ihm eine
Schleswig geboren, erhielt jeine Vorbil— 'große Zahl nationaler Gegner eritehen,
die fein Mittel unverlucht ließen, feine
Dreimal im
Yaufe eines Jahres wurde er wegen Preß—
vergeben vor die Geſchwornen geitellt, Doc)
jedesmal einjtimmig freigeiprochen. Im
Jahre 1885 wurde er nach Neichenberg
berufen, um dort das Tageblatt „Deutiche
Volkszeitung“ zu gründen und als Chef:
redafteur zu leiten. Nach faſt einjähriger
Thätigfeit, während welcher er die „Deut:
iche Volkszeitung” zu einen deutichnatio:
nalen Kampforgan ſchärfſter Tonart ge—
macht hatte, übernahın er die „Süddeut—
iche Breite” in München als Herausgeber
und Redakteur. Er blieb jedoch in dieſer
Stellung nur ein halbes Jahr, da er dem
an ihn von Graz aus ergangenen Rufe,
die Stelle eines Chefredafteurs der „Deut—
schen Preſſe“ zu übernehmen, Folge leiltete.
Mar B. dient und diente nur der deutſch—
nationalen ‘Bartei, für welche er mit wah—
rer, tiefempfundener Begeifterung jederzeit
eintrat.
Beta, Ottomar Heinrich, wurde am
7. Februar 1845 zu Berlin geboren und
erhielt jeine erjte Erziehung in Stettin,
dann in Yondon, wohin jein Vater als
politiicher „Verbrecher“ des Jahres 1848
hatte flüchten müſſen. Schon früh half
4
Bethuſy Huc. Beyer.
er dem Vater bei deſſen ſchriftſtelleriſchen Beruf eines Landwirts und pachtete ſich
Arbeiten und überſetzte aus dem Engli- ein Gut in Holſtein. Mit 25 Jahren
ichen ins Deutide, auch wurde er Mit: | durfte er das von ihm innigſt geliebte
arbeiter mehrerer engliiher Journale, | Mädchen heimführen und lebte mit ihr
Nah) der allgemeinen Amneftie fehrten und im Kreije der nun fommenden klei—
Vater und Eohn in ihre Heimat zurüd, nen Familie höchſt glüdlih bis zu dem
wo lepterer fi) bald ganz der literari: | Tage, wo er als „Bettler“ fein Gut
ihen Thätigfeit widmete. 'verlafien mußte. Nun brachen fummer:
_ Hauptwerfe: David Rizzio — 1887), volle Tage über die Familie herein. Der
ee ee gr #7 gif, Junge Vater mußte Brot für die Seinen
derbogen (1875), Unter Unkraut (Nom. 1876), | ſchaffen, er wurde Cigarrenverkãufer und
In Liebesbanden (1877), Eine deutſche Agrar: — Dichter. Gleich ſein erſtes platt—
verfaſſung (1879), Nichts halb! (Schauſp. 1885), deutſches Buch Klaas Hinerk (1876) erwarb
Peregrine (1556), Jeder für Alle (1886), Politik
des Unbewußten (ISS6), Die Kunſt verheiratet:
und doch glüdlih zu Jein (1886).
Bethuſy Due, Valeska Gräfin v.
(Moritz von Reichenbach), wurde am 15.
uni 1849 auf dem Gute ihres Vaters
Kielbaſchin in Oberichlefien geboren. Sie
erhielt eine jorgfältige Erziehung im elter:
lihen Haufe und bejchäftigte ſich Ipäter
eifrig mit Studien philofophiicher und
kunſtgeſchichtlicher Richtung. 1876 ver:
öffentlichte fie ihre erjien Novellen und die
|
freundlihe Aufnahme, welche diejelben |
allerorten fanden, ſpornten die junge Dich:
terin zu immer beſſeren Leiſtungen an.
1869 vermählte fie jih mit dem Grafen
B. auf Deſchowitz in Oberichlefien, wo fie
als fruchtbare Schriftitellerin lebt.
Hauptwerfe: Der Sohn des Flüchtlings (Rom.
1881), Die Eichhofs (Rom. 1881), Die Schloß-
frau von Dramnit (Nom. 1582), Durch (Nom.
1884), Auf Ummegen (Nom. 1854), Coeurda:
men (Nov. 1885), Die Yazinsti's (Nom, 1887),
Bettziech, ſ. O. Beta.
Beuthien, Angelius, wurde am 8.
Dezember 1834 in Pronsdorf in Hol—
ſtein geboren. Den erſten Unterricht em:
pfing er von einem Privatlehrer, wurde
aber dann in die Schule geichickt, da die
Familie ihr Gut verkaufte. Der frühe
Tod des Vaters machte den Knaben ernit
und ſtill und verwiſchte all feinen ur:
Iprünglichen kindlichen Yeichtlinn, jo daß
er zu einem joliden und jtrebenden Jüng—
ling heranwuchs. Er widmete fich dem
jih vielen Beifall, ebenſo De latinſche Buer
un fin Nawers (1878), Senator Jaſperſen (1579),
| Halfblod (1880). Bald fchien denn die Sonne
wieder durch die trüben Wolfen und B.
fand Brot für ſich und die Seinen in Lübeck.
Beyer, Konrad (Konrad Byr),
‚wurde am 13. Juli 1834 zu Pommers:
felden bei Bamberg geboren. Der Bil
dungsgang B.'s nahm in Bayern feinen
Ausgangspunft, allıwo bejonders der Phir
lologe Imhof großen Einfluß auf das
Geijtesichen des heranwachſenden Jüng:
lings gewann. Zum Abſchluß gelangten
feine Studien in Leipzig, wo er auf na
turwifienschaftlichen, philoſophiſchen und
belletriftiichen Gebieten gleichzeitig mit
Brehm im Haufe Profeflor Rofmäßlers
Aufenthalt nahm. Hier entitand B.s
erſte fachwiſſenſchaftliche Abhandlung:
Über die anatomiſchen und phyſiologiſchen Ver—
hältniſſe der vegetabiliſchen Zelle. Ihr ſchloß
ſich die philoſophiſche Schrift Erziehung
zur Vernunft an. Beide Schriften fanden
Beifall, beſonders die letztere, die bereits
in dritter Auflage vorliegt und von Carlo
Rusconi ins Italieniſche überſetzt wurde.
In Verfolgung des Planes, mit ſeinem,
durch religionsphiloſophiſche Schriften be—
kannt gewordenen Bruder ein internatios
nales Erziehungsinftitut zu gründen, er:
probte ſich B. nad) der Doftorpromotion
in längerer Unterrichtsthätigkeit. Durch
den plöglichen Tod des Bruders fcheiterten
die pädagogiſchen Abjichten Konrad B.'s.
Er wandte ji) anderen Plänen zu, ber:
Bener. — 5
vorgerufen durch den regen Verkehr mit
Rüdert. Eine erihöpfende Darjtellung des
Lebens dieſes Dichters im Zuſammenhange
mit jeinen Dichtungen zu liefern, diejer Ent:
ihluß reiftemehrund mehr zur Frucht heran.
Seine biographiichen und literarhijtorifchen
Werke über Nüdert, durch welde B. Bes
gründer einer Rüdertliteratur wurde, haben
ihm die höchſten Auszeichnungen erworben.
Im Jahre 1879 zog B. nad) Eiſenach, um
in friiher Lenzesluft jeine Gejundheit zu
fräftigen. Dort entjtanden mehrere Werke:
Arja, die ſchönſten Sagen aus Indien und
Iran (illuftriert von Prof. Hutichenreuter), Zur
deutichen Kircheneinigung, ein literariſch-philoſo—
phiſches Zeitvotum, Neue Mitteilungen über Fr.
Hüdert, Leben und Geift Ludwig Feuerbachs;
außerdem mehrere anmutige novelliſtiſche
Skizzen und Erzählungen. Auch auf dra—
matiſchem Gebiet war B. thätig:
Römiſches Schattenſpiel, Der geräuſchloſe Feld:
zug, Kaiſerjubelfeier, Kaiſergold (zur goldenen Ju—
belhochzeit des Kaiſerpaares gedichtet), ferner:
Muſenweihe, Deutſchlands Kaiſer-Willkomm, —
ſämtlich auf vielen Bühnen mit Erfolg zur
Aufführung gelangt. Den ſchon früher
(1863—1865) herausgegebenen Dich—
tungen: Der Nire Sang, Lieb und Leid, Poetiſche
Aphorismen reihten ſich in Eiſenach Die
patriotifchen Lyrifen: Erinnerungsblätter aus
einer Dichtermappe (1871) an. Außerdem
ihrieb B.: Zillbach, kulturgeſchichtliche Schil:
derung der Grafichaft Henneberg und des Ortes
Zillbach und defien Bedeutung als Foritlehran:
ftelt. Ein volles Jahrzehnt weilte B. in
Eiſenach, dann zog er in den Eüden.
Inzwiſchen Hatte es ihm an Auszeich—
nungen nicht gefehlt. Er erhielt den Titel
eines Profeſſors und Hofrats, viele höchſte
Orden, periönlihe Anerkennung in Ge:
ftalt von Handſchreiben, Bildern, Pre:
tiofen: vom Naifer, der Kaijerin, dem
Großherzog von Weimar und vielen an-
dern Fürjten und Fürſtinnen. Auch
wurde B. Meifter und Ehrenmitglied des
freien deutſchen Hochſtifts in Frankfurt
am Diain, Mitglied der preuß. Akademie
der Wiſſenſchaft in Erfurt, erftes und
einziges Ehrenmitglied der Herdergejell-
ihaft 2c., mehrere feiner Werfe wurden
1
— Beyrich.
in verſchiedene fremde Sprachen überſetzt.
Hervorzuheben wäre noch B.'s Deutice
Poetik, ein Werk, das wohl keinem Leſer
des „liter. Deutſchl.“ fremd ſein dürfte,
ſo daß wir uns verſagen können, näher
darauf einzugehen. Auch auf dem hu—
manen Gebiete freimaureriſcher Literatur
war B. thätig, wovon eine große Zahl
‚von Abhandlungen in Zeitichriften zeugt,
ſowie die Schrift: Rückert als Freimaurer und
Dichter (1880), ferner die didaktiſche Dichs
‚tung: Geift der Lehrlingsaufnahme. Gegen:
wärtig weilt B. in Stuttgart, eifrig mit
Neubearbeitung einzelner Schriften, bes
ſonders einer umfaſſenden neuen Aufl. der
‚großen Nüdertbiographie beichäftigt. Dort
ſchrieb er aud einen fulturgefchichtlichen
Roman: Erzherzog Karl oder der Kampf um den
Niederwald und mehrere Novellen.
Beyrich, Glementine (Elem. Helm),
wurde am 9. Oktober 1825 zu Deligich
in Sadjjen geboren. Nach ihres Vaters
‚Tode wurde fie im Haufe ihres Ontels,
des Edulrats Weik in Merjeburg er:
zogen, jpäter fam fie zu ihrer weiteren
‚Ausbildung nach der fönigl. Luifenftiftung
'zu Berlin. 1848 verband fie fich mit dem
Geh. Bergrat Prof. Beyrich zu glücklichſter
Ehe. Unter ihrem Vatersnamen Glem.
Helm hat fie fi) einen bedeutenden Auf
als Jugendichriftitellerin, beſonders für
junge Mädchen, erworben.
Hauptwerfe: Märchen (1859), Kinderlieder
(1561), Backfiſchchens Leiden und Freuden (1862),
Lillis Jugend (1870), Drei Erzählungen für
junge Mädchen (1872), Das Kränzchen (1873),
Prinzeßchen Eva (1874), Frau Theodora (1874),
Das vierblättrige Kleeblatt (1877), Unterm Schnee
erblüht (1579), Zeni von Hohenſchwangau (1882),
Elfchen Goldhaar (1582), Unfere Selekta (1880),
Profefiorentöhter (1883), Die Stiefihweitern
(1886), Die Glüdsblume von Capri (1886) ꝛe.
Beyttenmiller, Theodor, wurde am
2. Februar 1520 zu Weinsberg geboren.
Früh verwaiſt, erhielt er jeine Vorbildung
im Wailenhaus zu Stuttgart, in deſſen
Lehrerjeminar er auc für jeinen zufünf:
‚tigen Beruf vorbereitet wurde. 1546
wurde er, nachdem er feine Studien im
=
Bar also
run. IL PE FE
Bibra:Spehhardt. —
Stuttgarter Polytechnikum ergänzt hatte,
Erzieher beim Geſandten Fürſt Gortſcha—
koff und 1850 beim Oberſtallmeiſter
Graf Taubenheim, bis er (1857) von
der Regierung als Reallehrer angeſtellt
wurde. Außer zahlreichen, meiſt poe—
tiſchen Beiträgen in Zeitſchriften ver—
öffentlichte er:
Gedichte (1846), Maiglöckchen (Ged. 1854),
Unſere alt: und mittelhochdeutſchen Dichter ((1861),
Deutſche Sprach- und Stillehre (1877), Blumen:
gewinde deuticher Lyrik (Anthol. 1884), Tempel:
halle chriſtlicher Lyrik (Anthol. 1884).
Bibra-Speßhardt, Freiin Thekla
von (T. Alfred), geb. am 3. Juni 1847
in Römhild. Im Jahre 1875 wurde ich
infolge einer akuten Krankheit ſchwer ner—
venleidend, blieb jahrelang nahezu ge—
lähmt, und in der Kerkerhaft meines Kran—
fenzimmers eröffnete ih mir als Lebens:
beruf das Studium der Literatur. Auf
Anraten einiger Freunde verfuchte ich mic)
fpäter ganz insgeheim ſchöpferiſch in Elei:
nen und größeren Weuilleton:Arbeiten,
welche zu meiner Freude alsbald in Frauen:
zeitungen und Jugendblättern Aufnahme
fanden. Eo entitanden Sagen, Märchen,
Novellen u. dgl. Nach und nad) eritarkte
meine Sejundheit, jo daß ih im Jahre
1885 cine Erholungsreiie nad) Dresden
unternehmen fonnte und dort des Ver:
gnügens teilhaftig wurde, die liebenswürz
dige Schriftitellerin Frau v. Schober, geb.
v. Gumpert, perſönlich kennen zu lernen. |
Ihrem Rate zufolge legte ich mein bis:
heriges Pjeudonym T. Alfred ab und trat
Weihnachten 1556 mit einer Jugendſchrift,
betitelt „Die Hochſchule“, unter meinem
wahren Namen mit Glück an die Öffent:
lichkeit.
Hauptwerfe: Rieſenkönig Watzmann (1884),
Neujahrstraum (1854), Eine Badeſaiſon (1885),
Sefiona (1586), Die Hochſchule (1SS6), Das Frei:
fräulein (1887).
Bickell, Guſtav, wurde am 7. Juli
1538 zu Nafjel geboren, widmete jid)
dem Studium der Theologie und Philo—
logie (Halle 1857 — 1862). Nachdem er
532 —
Biedermann,
ih in Marburg für femitiiche und indo—
germanische Sprachen habilitiert hatte,
trat er zum Katholizismus über und ließ
ſich 1867 in Fulda zum Priejter weihen.
Bald darnach folgte er einem Ruf als
ordentl. Profeſſor für femitiiche Sprachen
und Literatur an die Akademie Müniter,
1874 nad) Innsbruck. B. iſt Mitarbeiter
einer Neihe von fachwiſſenſchaftlichen
Zeitichriften und jeine irren über
Theologie und Sprachwiſſenſchaft werden
ſehr geichägt.
Hauptwerke: Grundriß der hebräiſchen Gram—⸗
matik (1868--1870), Gründe für die Unfehl—
ı barfeit des Hirchenoberhauptes (1870), Conspec-
tus rei Syrorum literariae (1871), Meffe und
Paſcha (1872), Ausgewählte Gedichte der fnris
ſchen Kirchenwärter (1873), Nalilag und Damnag
(1876), Synody Brixinenses saecula XV
(1880).
Biedermann, Detlev Wilib., Frei—
herr von (Milibald), ein Bruder des
' Goetheforichers gl. N., wurde am 22. OR.
1823 zu Nd. Forchheim i. Erzg. geboren,
widmete fi) der Yandwirtichaft und kaufte
ſich im Erzgebirge an. Hier beichäftigte er
ſich viel mit Schriftitellerei, und um deriel:
‚ben ausschließlich leben zu können, gab er
den Beruf eines Yandwirts auf und zog
‚nad Dresden.
| Werfe: Über die Pflichten und Rechte der Ritter:
ı qutsbefiger (1566), Kleines Treiben aus einer Hei:
nen Stadt (Rom. 1569), Der Roman als Kunit:
werk (1876), Mathematik für Damen (1880), Yeis
tungsweſen fonft und jest (1882).
Biedermann, Friedrich Carl, wurde
am 25. September 1312 zu Leipzig ge
‚boren. Er widmete ſich nad) Abjolvie:
rung der Dresdner Kreuzichule dem Stu:
dium der klaſſiſchen Philologie zu Yeipzig
und Heidelberg und habilitierte ſich 1835
in Leipzig, wo er 1538 als auferord.
Profeſſor der Bhilofophie angeftellt wurde.
Neben jeiner Lehrthätigkeit betrieb er eifrig
jtaatswilfenichaftlihe Studien und be:
gründete 1542 die Zeitichrift „Deutſche
Monatsihrift für Yiteratur und öffent:
liches Leben‘, und zwei Jahre Ipäter den
„Herold“, eine literarilch = politiiche
Biedermann.
Wochenſchrift, welche jedoch 1847 zu er-
iheinen aufhörte. B. hatte ftets den Mut |
jeiner Meinung, und fo hielt er auch nicht
53
Bielenftein.
bahnverwaltung zuerteilt, wo er zulet
jtellvertretender Generaldirektor und Vor:
jtand der technischen Abteilung der Ge:
mit feinen Anſichten über die damaligen neraldireftion zu Dresden mit dem Titel
Zuftände inSadjen zurüd. Die Folgewar, | als Geheimer Finanzrat war. Am 1.
daß ihm 1946 für die Zufunft alles Halten
jtaatsrechtlicher Vorträge verboten wurde.
Nach dem MWechfel im ſächſiſchen Minifte-
April 1857 trat B. aus dem Staatsdienft
in Ruheſtand, bei welcher Gelegenheit der
König von Sachſen ihm Nang und Titel
rium wurde er Mitglied des Vorparla- | eines Geheimen Nates erteilte. B. hat ſich
ments und hier in den Funfziger- Ausschuß | nicht nur in feiner amtlichen Thätigkeit her-
gewählt. Auch gehörte er der deutichen | vorgethan, jondern ragt aud) jchriftjtelle:
Nationalverfammlung am wo er zuerft am riſch, befonders als Goetheforicher hervor,
linfen Centrum, nah dem Frankfurter |ja, jeine Werke auf diefem Gebiete zählen
Aufſtand aber am rechten Centrum ſaß. | zu den beten, die wir überhaupt dort aufzus
Hier zählte er zu den eifrigiten Vorkäm- weilen haben: Goethe und Leipzig (1865),
pfern der Erbfaijerpartei. In Folge eines
von ihm verfaßten Auflages in den „Deut:
hen Annalen‘ wurde B. feiner Brofeffur
enthoben und außerdem eine Feſtungs—
Itrafe über ihn verhängt. 1855 wurde
ihm die Redaktion der Weimarer Zeitung
angetragen, die er annahın und nad) Wei:
mar überſiedelte. Hier verweilte er falt |
ein Jahrzehnt, dann zog er wieder nad) |
Leipzig und redigierte hier die „Deutſche
allgemeine Zeitung‘. Bald darauf (1865)
wurde er in Ehren wieder in feine Pro—
feflur eingelegt. Es hat B. an Auszeic): |
nungen nicht gefehlt und jeine Leiſtun—
gen find anerfannt worden: Zundamental:
Philofophie (1838), Deutihe Philoſophie von
Kant bis auf unsere Taqe (1842), Vorlefungen |
über Sozialismus (1847), Geihichte des eriten
Preuß, Heichstages (1847), Deutichland im 18. |
Yahrh. (1854), Friedrich d. Große und fein Ver: |
bältnis zur Entwidelung des deutichen Geiites:
lebens (1859), Kaiſer Heinrih IV. (Drama 1861),
Deutihlands trübfte Zeit (1862), Otto III.
(Drama 1863), Der letzte VBürgermeilter von |
Straiburg (Dr. 1870), Dreißig Jahre deutſch.
Geſchichte (18680), Frauenbrevier (1881), Heinr.
v. Kleiſts Briefe an ſeine Braut (1883), Meyers
Leben (1836) ꝛe. |
Biedermann, Guſtav Woldemar
freiherr von, wurde am 5. März 1817
zu Marienberg i. ©. geboren. Nachdem |
er die Schule und die Univerfität (Nechts- |
wilienichaft) Heidelberg und Leipzig (1836 |
bis 1839) abjolviert hatte, trater in ſächſi⸗
Ihe Staatsdienfte und wurde der Eiſen—
Goethes Aufläge zur Literatur (1873), Goethes
Briefe an Eichitädt (1872), Goethe und Dresden
(1875), Goethes Tages: und Jahreshefte (1876),
ı Goethes amtliche und geiellichaftliche Vorträge, fo:
‚wie geiftliche Briefe (1876), Goethe und das jäch:
ſiſche
Erzgebirge (1877), Goethe-Forſchungen
(1879), Neue Folge (1886), Goethes Briefwechſel
mit Friedrich Rochlitz (1887.) Auch iſt B. Mit—
arbeiter der großen Weimariſchen Goetheausgabe
(Speziell giebt er zunächſt mit Erich Schmidt die
beiden eriten Bände der IV, Abteilung, die Briefe
Goethes, heraus); außerdem ift B. eifriger Mit:
arbeiter bei der von Profeſſor Mar Koch heraus:
gegebenen Yeitichrift Für vergleihende Literatur
geichichte, u. a. wiſſenſchaftlichen Blättern.
Bielenjtein, Augujt, wurde am 4.
März 1526 in Dlitau geboren. Nachdent
er das Gymnaſium zu Sculpforta ab»
jolviert, bezog er 1846 die Univerfität
Dorpat, um Theologie zu ftudieren.
Schon im Jahre 18552 wurde er als
Pfarrer in Neu-Autz (Kurland) ange:
jtellt, jiedelte jedoh 1867 in gleicher
Eigenschaft nah Doblan über, wo er
noch jetzt als Pfarrer der deutichen Ge—
meinde thätig iſt. Präſident der lettiſch—
literar. Sejellichaft ift er ſeit 1564 und
Dr. phil. hon. c. der Königsberger Unis
verfität jeit 1853. Neben feinem jeeljor:
geriichen Wirken beichäftigte B. fich ein»
gehend mit dem Studium der lettichen
Sprade, um deren Erfenntnis er sich
große Verdienite erworben hat. Sein
zweibändiges Werk: Die lettiiche Sprache nach
ihren Lauten und Formen (1863) wird als
Bil.
die bedeutendite Arbeit auf dieſem Felde
genannt. Außerdem verfaßte er:
Lettiſche Grammatit (1863), Elemente der
54
lettiihen Sprache (1866), Lettiiche Bibel (1877), |
Sammlung lettiicher Rolfslieder (1875). 1000
fettiiche Räthiel (181) ıc.
Bielz, Eduard Albert, wurde am4. Fe—
bruar 1827 zu Hermannitadt in Sieben:
bürgen geboren, widmete fih nad Been-
digung der juridiich=politiichen Studien
dem Staatödienite (von 1848— 75) in
verihiedenen Verwaltungszweigen. Seit
feiner früheiten Jugend beichäftigte er ſich
nebenbei vorzugsweile mit Naturgeichichte,
Erdkunde und Statiltif, ward 1849 Mit—
begründer des fiebenbürgiihen Vereins
für Naturwilfenichaften zu Hermannſtadt
und beteiligte ſich an deſſen Yeitung als
Schriftführer (von 1851 — 70) und Vor:
itand (jeit 1875). Dabei wirkte er als
thätiges Mitglied des Vereins für ſieben—
bürgiihe Yandesfunde und des 1580 ent:
ftandenen jiebenbürgiichen Karpathen-Ver—
eins fortwährend im Intereſſe der genaue:
ren Erforihung und Beichreibung feines
Heimatlandes (Siebenbürgen), welches er
durch zahlreiche Ausflüge und amtliche Be:
— Bienengräber.
1861—63, beteiligte ſich bei der Her—
ausgabe der erſten Auflage des unter
der Leitung des königl. ung. ſtatiſtiſchen
Landesbüreaus erſchienenen „Orts-Lexi—
fon der Länder der ungar. Krone“ (1873)
und bearbeitete die neue Auflage von J.
reilungen in allen feinen Teilen auf das
Gründlichite kennen zu lernen Gelegenheit
hatte. Er ſchrieb nebit zahlreichen größeren
und Eleineren Auflägen in den Verband:
lungen und Mitteilungen des fiebenbür-
giihen Vereins für Naturmwiljenichaften,
in der öfterr. Nevue, in den Jahrbüchern
des ftebenbürgifchen Karpathenvereing u. a.
Zeitichriften jelbitändig: Fauna der Wirbel:
tiere Siebenbürgens (1856); Fauna der Land:
und Sühmwaller-Mollusfen Siebenbürgens (1856);
Handbuch der Landeskunde Siebenbürgens, eine
phyſikaliſch-ſtatiſtiſch-topographiſche Bellhreibung
dieſes Landes (1857), Kurzgefaßte Erdbefchrei:
bung von Siebenbürgen, für den Schulgebraud)
bearbeitet (1858); Neifehandbuch für Siebenbür:
gen mit einem Kärtchen und drei Städteplänen
(1881); Siebenbürgen, ein Handbuh für Reis |
fende mit einer Überſichtskarte, Städteplänen und |
Derielbe rebi:
Umgebungäfärthen (1885).
gierte auch die neue Folge der „Trans:
filvania”, einer Wocenichrift für fiebenb.
Landeskunde, Literatur und Landeskultur
Michaelis Erdbeichreibung und Geſchichte
von Ungarn (1880).
Bienengräber, Alfred, geb. am
8. Novbr. 1840 im Pfarrhaus zu Grimme,
Herzogt. Anhalt, beiuchte das Gymnaſium
zu Zerbft, ftudierte in Halle und Berlin,
ging 1863 als Privatlcehrer nad) dem
Lauenburgſchen, promovierte in Leipzig
als Dr. phil. und fand 1865 Anftellung
in Bernburg zunädjit als Yehrer, bald dar:
auf als Seijtliher. Im Jahre 1868 ver:
heiratete er fich mit Helene v. Rauſchen—
plat. Nachdem er von 1872 — 76 ale Geiſt—
liher an den Anhaltiihen Strafanitalten
in Plögfau und Coswig gewirkt, wurde
er im Herbit 1876 durd das Fönigl. ſäch—
ſiſche Minijterium des Innern als Par:
rer an die Landesitrafanitalt in Zwickau
berufen, in welcher Stellung er bis Ende
1880 verblieb. Seitdem ift er Oberpfar:
ver in Meerane.
Literariſch iſt B. zuerſt 1864 mit einem Bänd—
chen Gedichte „Freud und Leid“ vor die Offent—
lichkeit getreten, das, ſchnell vergriffen, auf Wunſch
des Verfaſſers nicht wieder aufgelegt ilt. Bald
darauf erichienen Novellen und Novelletten in vers
ichiedenen Zeitichriften, vornehmlich in der Leip—
iger Allgemeinen Modenzeitung. Vom Jahre
1876 an wurde er Korreipondent und Mitarbeiter
für mehrere fonfervative Zeitungen. Zahlreiche
Artikel über Gefängnisweſen veröffentlichte er in
den Blättern für Gefängnisfunde, dem Neuen
Blatt, den fliegenden Blättern aus dem rauhen
Haufe und anderen. Theologifche Artikel erichie:
nen von ihm in Vilmar's Rajtoralblättern, Obler’s
Halte, was Du halt, Sächſ. Kirchen: und Schul»
‚ blatt und anderen Fachzeitichriften. Von kleineren
Schriften verdient hervorgehoben zu werden:
Briefe eines Mannes nah dem Herzen Gottes
(1868), Zur Geſchichte der griechiſchen Poeſie
(1870), Aus Krieg und Frieden (1870), Schmerz
und Weltichmerz (1878). Als Erbauungsichrift:
jteller ijt B. namentlich durch drei größere Werfe
' befannt geworden: Die Liebe ilt des Geſetzes Er—
füllung, Predigten (1878), Ich und mein Haus
wollen dem Herrn dienen, eine Hochzeitsgabe aus
Gottes Wort (1879), Im Sonntagsfrieden, ein
Bierling. —
Erbauungsbuch für die Sonn und Feſttage eines
irhenjahres (1886).
Bierling, Ernit Rudolf. Ich bin ge:
boren am 7. Januar 1841 in Zittau, mo
mein Vater Advokat und ftädtifcher De:
pufirter ad pias causas war. 1851—59
befuchte ich das dortige Gymnaſium, ſtu—
dierte dann in Leipzig, beitand 1862 und
1563 die beiden eriten juriftiichen Staats:
prüfungen und wurde Doktor der Rechte.
Von meinen Leipziger Yehrern haben be=
fonders Wächter und Albredt Einfluß auf
meine Entwidelung geübt. Im Sommer
1864 und 1865 in Göttingen, wo na=
mentlich Lotze auf mid) gewirkt hat. 1868
Rechtsanwalt in Zittau, wo id) noch im
jelben Jahre meinen Vater verlor. 1871
Vrivatdozent in Göttingen, Mid. 1873
ord. Brofefior der Rechte in Greifswald.
1878, 81 und 84 Mitglied der pomm.
Provinzialiynode, 1875 und 55 Mitglied
der preuß. Gencralinnode, 1881—8S5
Mitglied des preuß. Abgeordnetenhaufes.
Meine Hauptlehrfäher: Kirchenrecht,
Strafredt und Strafprozeh.
Größere Schriften: Geſetzgebungsrecht evang.
Sandestirchen im Gebiete der Hirchenlehre (1860),
Zur Kritik der juriſt. Grundbegriffe (1. Th. 1877,
2. Th. 1883), Die fonfelfionelle Schule in Preußen
und ihr Recht (1885). Außerdem kl. Schriften,
1866, 69, 71, Abhandlungen in der Zeitichrift für
Kirchenrecht, den Deutich:evang. Blättern, Holten:
dorf's Rechtslerikon ꝛc.
Biermann, Gottlieb, geb. 1824 zu
Preßburg, ftudierte am evang. Lyceum ſei⸗
ner Vaterſtadt und in Jena Theologie,
wandte ſich dann dem Gymnaſiallehramte
zu und endigte ſeine Studien in Wien.
Von 1856— 73 war er Lehrer am evang.
Symnafium in Teichen, jeither Direktor
und Schulrat am deutichen Gymnaſium
der Kleinleite in Prag.
Außer biftoriihen Abhandlungen in den Jah:
resberichten der beiden Pehranitalten, an denen er
tätig war, und in Zeitichriften veröffentlichte B. |
1859 die Geſchichte der evang. Kirche Uifterr.s |
Schleſiens, 1863 die Gefhichte de3 Herzogtums
Tefchen und 1874 die Geichichte der Herzogtümer
Troppau und Nägerndorf. Die beiden Werfe, die
von der Kritik nicht unfreundlid aufgenommen
warden, bilden die Geſchichte Dfterr.:Schlefiens;
>)
— Biermann.
auf Grund dieſer Arbeiten hat ihm 1875 die phil.
Fakultät der Breslauer Univerſität das Ehren—
doftorat verlichen.
Biermann, Otto, Sohn des Vorigen,
1558 zu Teichen geboren, jtudierte Mathe—
matif und Phyſik zu Prag, Wien und
Berlin, wirkt jest an der Univerfität Prag
als Privatdozent.
Er veröffentlichte eine Reihe von mathematiichen
Arbeiten, vornämlich in den Schriften der kaiſerl.
ı Afademie der Willenfchaften, außerdem (1887)
ein größeres Werk „Theorie der analytiſchen Funk—
tionen“,
Billroth, Theodor, wurde am 26.
April 1829 in Bergen (Rügen) geboren.
Er widmete jih dem Studium der Arz—
neifunde zu Göttingen und Berlin, und
habilitierte ſich 1856 an legterer Univer—
ſität, worauf er als Aſſiſtent Langenbecks
an der Univerlitätsklinif fungierte. Drei
Fahre ſpäter wurde er als Brofellor der
Chirurgie nad) Züri) und 1867 nad)
Wien berufen, wo er noch jest thätig iſt.
B.'s Fadjkollegen betrachten ihn als eine
der eriten Autoritäten auf dem Gebiet der
Chirurgie, der Pathologie und bejonders
der Hijtologie. Ebenſo rechnen feine Werfe
zu den wertvolliten dieſer Wiſſenſchaften,
für welche ſie bahnbrechend gewirkt haben.
Außer unzähligen Abhandlungen in Fach—
zeitſchriften wirkt B. auch als Mitredak—
teur an Langenbecks „Archiv für kliniſche
Chirurgie“/.
Hauptwerke: Über den Bau der Schleimpoly—
pen (1855), Unterſuchungen über die Entwickelung
der Blutgefäße nebſt Beobachtungen aus der chi—
rurgiichen Univerfitätsffinit zu Berlin (1856),
Beobadjtungsjtudien über Wundficher (1862),
Die allgemeine hirurgiiche Pathologie und The:
rapie (1863), Chirurgiiche Briefe aus den Feld—
lazarethen Weißenburg und Mannheim (1870),
Unterfuchungen über VBegetationsformen der Coc-
' eobacteria septiea (1N74), Über das Lehren und
Lernen der mediziniihen Wilfenihaften an den
Univerfitäten der deutihen Nation (1876), Kran:
| fenpflege im Haufe und im Hofpital (1880).
Bils, Karl Friedrich, it am 6. Juli
‚1830 in Schildau, Prov. Sachen, gebo-
ren, wo fein Vater Aktuarius war. Im
Jahre 1832 wurde derielbe als Bürger:
meiſter nad) Herzberg berufen. Der
Silk,
Knabe verlebte dort, von treueiter elter: |
licher Liebe gehütet, in den freien und
gefunden Umgebungen der Heinen Stadt.
eine glückliche Kinderzeit. 1544 fam
er auf das Gymnaſium zu Torgau,
welches er 1845 verließ, um in Halle
zunächſt Theologie und Philologie, dann
die legtere Wiſſenſchaft ausfchlichlich zu
ftudieren. Bon den Halle’ihen Docenten
übten ©. Bernhardn, Erdmann, 9. Leo
und Tholud befondern Einfluß auf ihn aus.
1550 ging er auf die Univerfität Berlin.
Nah beitandenem philologiihen Staats:
eramen hielt er fein Probejahr in Mit:
tenberg ab und nahm 1853 eine Stelle
am Gymnaſium zu Torgau an; vier Jahre
Ipäter ging er von da, hauptſächlich um
Berlin wieder näher zu fein, an die Neal:
Ihule zu Potsdam über. In der Ein:
ſamkeit diefer Nefidenz arbeitete er feine
„Dramatiichen Studien“ (1863) aus. Eben:
falls zu Potsdam entjtand die Tragödie
„Goriolan“. 1861, nad) der Verlobung
mit einer Yandsmännin, hatte der Ver:
fajier feine Stellung in Potsdam aufge:
geben umd war nach Berlin übergelicdelt,
um ih durch germaniftiiche Studien zu
einer Docentenjtellung an der Univer:
fität vorzubereiten. In dieſer Zeit wurden
die Luftipiele verfaßt: „Mein Mann ichreibt
Tragödien“ und „Der glüdfihe Bräutigam”.
Das erite ward wiederholt im Ber:
liner Refidenztheater mit Beifall aufge:
führt. Kurz darauf entftand die Bose:
„Der alte Barbarofia” (1866). 1564 promo:
vierte B. in Jena, zog es jedoch vor,
anitatt, wie er urſpruͤnglich beabfich:
tigt, ſich dort zu habilitieren, cine im
Eommer 1564, furz nad feiner Ber:
heiratung, ihm angebotene Stellung als
Redakteur bei der „Nordd. Allgem. Itg.“
anzunehmen. Diefem Blatte gehörte er als
politiiher Redakteur bis zum Sommer
1570 an. Bon da an lebte er lediglich
Ipradhlichen Studien und Ichriftitellerifchen
Beichäftigungen. 1872 erſchien von ihm:
„Die Duenna“ von Michard Br, Sheridan,
überlegt und mit einer literar-hiſtoriſchen Einlei—
56
Binder.
tung verſehen; 1877: „Anno Zweitauſend“, Zu—
kunſtspoſſe; 1886, unter dem Pſeudonym Oenophi—
lus, die Poſſe: „Der Fürſt von Raiatea“. 1883,
nach dem Tode ſeiner erſten Gattin, hatte
er ſeine dem Andenken derſelben gewidme—
ten „Gedichte herausgegeben. Seit 1879
hatte B. die Berichterftattung über das K.
Schauſpielhaus für die „Nordd. Allgem.
tg.” übernommen. Bon Michaelis 1877
ab ift er Mitglied der „‚Berliner Gefell-
Ihaft für das Studium der neueren
Sprachen”, in deren Organ: dem „Archiv
für das Studium der neueren Sprachen‘
mehrere ſprachwiſſenſchaftliche Aufiäge von
ihm veröffentlicht wurden.
Binder, Aul., ſ. 3. Iſenbeck.
Binhad, Franz X, geboren den 11,
April 1536 zu Waldſaſſen in der Ober:
pfalz, erhielt in den Jahren 1848 bis
18555 feine Vorbildung an den Stu:
dienanitalten Metten und Amberg und
itudierte von 1855— 1859 an der Uni:
verfität München anfänglich Philoſophie,
Naturwiiienichaft und Gefchichte, bis er
ih dem Fachſtudium der altklaſſiſchen
Philologie zumandte. Nach feinem im
Jahre 1859 beitandenen Staatseramen
für das Gymnaſiallehramt wirkte er von
1360— 1863 als Affiitent zu Eichftätt
‚und Negensburg, von 1863 bis 1873 als
Studienlehrer in Neuburg an der Donau
und in Amberg und feit 1873 als Gym—
naſialprofeſſor zu Burghaufen an der Sal:
zach, hierauf zu Eichitätt, wo er noch ge:
genwärtig dienftlich thätig ift. Literariſch
befchäftigte ſich derielbe befonders mit
‚der Überfegung neulateiniſcher Dichter.
So übertrug er Das 3. und 4. Buch der
Wälder und Die gefhichtlichen Oden des 1. Bandes
der gejammelten Werte des bayriihen Horaz,
Jakob Balde. Zugleich lieferte er manche
pbilologishe Arbeiten (Grundbegriffe des an:
tifen Münzweſens, Zuſammenhängende deutich:
lateinische und deutſch⸗griechiſche UÜberſetzungsſtücke).
Am bekannteſten wurde er jedoch als
Yprifer durch feine Reime und Träume;
ferner durch feine 1852 erfchtenene zweite
Gedichtſammlung Eigenes und Fremdes Seit
Bippard.
1882 erfchienen von B. außer zahlreichen |
Gedichten, beionders Epigrammen, in
verſchiedenen belletriftiihen Zeitichriften.
Abhandlungen über die „Seichichte der
ehemaligen Cijterzienjerabtei Waldſaſſen“
in Programmen und Tagesblättern.
Bippard, Georg, geb. 17. Aug. 1816
in Barfa a. W. in Thüringen, wo der
Vater Grundbefiger und Bädermeifter
war. Den erften Unterricht empfing er
in der dortigen Bürgerichule. Nah Abjolv.
der Schule bejuchte er 6 Semeiter hin:
durch die Univerfität Jena; die beiden
eriten hörte er theologiihe und philol.,
weiterhin nur philol. Collegia, daneben
philojoph. und hiftoriiche. Nachdem eine:
philol. Arbeit von der philo). Fakultät
mit dem 1. Preiſe gekrönt worden, bes
gab er fih nad Berlin und jegte feine
Studien fort. Darauf vertaufchte er Ber:
57
—
Birkenbühl.
die Lehre von der Indifferenz des Guten
und Böſen den kategoriſchen Imperativ
nicht verdrängen; auch Herbart vermochte
ihn nicht zu befriedigen. So ſuchte er
ganz und gar ſein Heil bei den Hellenen:
Pindar und Sokrates-Platon, bisher der
Hauptichriftiteller jeines philol. Studi:
ums, wurden nun die Führer und Stüßen
bei feinem Streben, den rechten Weg
durch das Leben zu finden. In Jena fün-
digte er in Betracht der geringen Zahl
philol. Studenten und weil es ihn
drängte, über manches, was ihn in den
legten Jahren bewegte, ſich öffentlich
auszuſprechen, Vorlefungen an nicht bloß
über Philologie, Jondern auch über neue
deutiche Literatur und pauliniiche Briefe,
und er befam auch einen Kleinen Kreis
aufmerffjamer Zuhörer. Daneben ent:
widelte er eine vieljeitige literariiche
Thätigkeit. Nachdem feine Preisichrift
lin mit Leipzig, bejuchte Hermann’s Vor: ſchon 1843 erſchienen war, lieferte er
lefungen und wurde in die griechische Ge: Rezenfionen und Abhandlungen für viele
jellichaft aufgenommen; daneben hörte er Zeitichriften und ſchrieb Rindars Leben, Welt:
Hartenftein, und wurde jo in das Her:
bert'ſche Syſtem eingeweiht. 1839 beichloß
er die Univerſitätsſtudien. Der Plan, |
nod längere Zeit in Leipzig zu privatis
fieren und ſich für das afademifche Lehr: |
fach vorzubereiten, wurde vereitelt durch
eine Augenfranfheit. Nach ärztlicher Wei-
fung mußte er auf unbejtimmte Zeit
allem Leſen und Schreiben entjagen und
die Stadt verlaiten. Erſt nachdem er
den Sommer 1842 meift im Bade
Liebenjtein zugebradt, war er jo weit
anihauung und Kunſt (1848). 1850 wurde
er zum aufßerordentlichen Profeſſor er⸗
nannt. 1852 nahm er ſeinen Abſchied
und begab ſich zunächſt nach Paſſau, von
hier nach Wien und dann in Folge eines
Rufes als Profeſſor an die Univerſität
Prag.
Birkenbühl, K., ſ. H. Grasberger.
Birlinger, Anton, wurde am 14.
Januar 1834 zu Wurmlingen bei Tü—
bingen geboren. Er widmete ſich dem Stu—
hergeſtellt, daß er es wagen konnte, eine dium der Theologie und deutſchen Philo—
Privatlehranſtalt in Eiſenach zu über: | logie auf der Univerſität Tübingen, wo er
nehmen. Und nad) Verlauf von 2°’. Jah: im Umgang mit Uhland ſeine wiſſenſch.
ren war er im Stande, fich in Jena als Srundlage zur deutichen Mythologie legte.
Privatdozent für Philologie zu habilitieren. |
Das Studium der Theologie hatte er aufge: |
geben und nahm dann feine Zuflucht zur
Bhilofophie und glaubte bald einen Erſatz
der Religion an der fittlich:religiöfen Welt:
anihauung von Kants sries gefunden zu
haben. Die Bekanntſchaft mit Hegel zer:
itörte dieſen Glauben, doch konnte ihm
Nachdem er fich zeitweile in Münden,
Breslau und Berlin aufgehalten, um ger:
maniſtiſchen Studien obliegen zu fünnen,
habilitierte er fih 1869 in Bonn für deut—
ſche Philologie und wurde 1872 dajelbit als
Profeſſor angeftellt, in welcher Eigenſchaft
B. noch jett dort wirft, gleichzeitig eifrig
und mit Erfolg fchriftitelleriih thätig, in
Birnbaum. — 58 — Biſſing.
letzterer Beziehung beſonders mit der Erz zurück, um ausſchließlich der Schriftſtellerei
forſchung der Süddeutihen alten Sagen, in Speier, vom Bapit zum Nammerherrn
Sitten und Gebräuche, Lieder, Sprache be: | ernannt, leben zu können. N
ſchäftigt, um welche er fich aud) durd) die | Sein eigentliches Feld iſt der biltoriiche Ro—
Begründung der „Alemannia“, Zeitſchrift man: Tuthers Brautfahrt (IST), gegen die Re:
fu Eprace, Literatur und Voll F ded g | formation gerichtet, ebenfo Franz von Sidingen
ur Sprache, {1 era ut und oltstunde DES | (1859), Königin Bertha (1860), Barbaroiia
Eljaß, Oberrheins und Schwabens jehr | (1862), Die Aufgeflärten (1864), Canofia (1872),
verdient gemacht. Hauptwerfe: Voltstümliches Die Neihsfeinde (1874), Urdeutih (1875), Die
(1862), Schwäbiih:Augsburgiiches Wörterbuc, | Neudeutic (1853) :c.
S6H), Kelir : i tilgerbüchlei ‚eo: Zoerdi nn
KanBan & Inreden bie Shmaben (INES), lem, Omtintg, Ferdinand, wurde im Jahre
Sprache rechis des Rheins feit dem 13. Jahrh. 1932 in Heidelberg geboren, woſelbſt er
(IS68), Aus Schwaben (1873), Des Knaben Wum: ſtudierte, in Philoſophie und Geſchichte
derhorn (1574 Altdeutſche Neujabröblätter summa cum laude promovierte, dann
1874). Dans Bujtetter Ernſtlicher Bericht (1887). an dortiger Univerfität eine Neihe von
Birnbaum, Karl, wurde am 18. Mai | Jahren Privatdozent der Gedichte war.
1829 in Zouvains (Belgien) geboren. Er Als foldher ſchrieb er: Athen und die Politik
widmete fi dem Studium der Kameral- | feiner Staatsmänner von der Niederlage der
und Landwirtichaft (Gießen und Jena), — — Pa ei vv ee
und nachdem er auch mehrere Jahre prak- | Dann wandte er fich der Xournaliftit zu,
tiſch als Landwirt thätig geweſen habili-⸗ dar Redakteur mehrerer Blätter, feit 10
tierte er fih in Sieben als Dozent. 1867 Jahren nunmehr die in Freiburg i. B.
wurde er als Profeſſor nad) Zeipzig bes | sricheinende „Breisgauer Zeitung“, ein
rufen. Seine wiſſenſchaftlichen Werke ges | gfatı gemäßigt:liberaler Richtung, redi—
nießen eines vorzügliden Rufes. 'gierend.
Hauptwerfe: Über die Wirtſchaftsſyſteme R —
Bitter, Lothar, ſ. Alfred Stößel.
(1857), Lehrbuch der Landwirtichaft (LS50—63),
Fr. ©. Schulze ald Reformator der Landwirt:
Ihaft (1860), Die ifolierten landw. Lehranftalten Wittong, Franz (Oskar Stern), wurde
und die Univerfität (1863), Denkſchrift über das | am 2, Novbr. 1842 in Mainz geboren.
Genoſſenſchaftsprinzip in Anwendung und An: r
wenbbarfeit in der Sandwirtihaft (1870), Hand: Er widmete ſich dem Kaufmannsberuf, be⸗
buch für Landwirte (9. Aufl. 1880), Anleitung ſchäftigte fi) jedoch daneben eifrig mit
zum Studiengang des Yandwirts (1874), Landw. dem Studium des Dramas. Eine leiden:
Tarationdlehre (1877), Taſchenbuch zum Bonitie: : f RR c w
ren (1885). Von ihm neu herausgegeben oder pre — * ———
bearbeitet find Fr. Thiel's Landw. Konverſations- ihn eine geſchaftlichen Plane g
lexiton (1877/82) und Block: Mitteilungen landw. um ſich anderen, mehr feinen Neigungen
Erfahrungen, Anfihten und Grundfäge im Ge: entiprechenden zuzumenden. 1871 zurüd:
biete der Veranihlagung und Nehnungsführung | geehrt vom Kriegsihauplag, übernahm
— a R , er die Opernregie des Stabdttheaters in
Biſchoff, Joſeph (K. v. Bolanden), Mainz, 1872 die Regie in Stettin, 1873
wurde am 9. Auguit 1828 zu Gailbad) | die in Bremen, 1876 die in Hamburg am
(Rheinpfalz) geboren, widmete ſich dem Thaliatheater, wo er noch) jetzt als Über:
Studium ber Theologie zu Münden und regiſſeur am Stadttheater thätig ift, zu:
wurde 1852 zu Speier zum Priefter ge: | glei) als fruchtbarer Dramendichter.
weiht. Bald darauf wurde er als Dom: Khauptwerke: Die Meifterfänger und das Juden:
faplan in Speier angeftellt. Später wirfte | tum in der Mufif (Parodie 1871), Blaue Rofen,
er noch als Pfarrer in Börrftadt (1857) | Thwarze Tulpen (Suftip. 1871), Die Dämonen
he * J des Herzens (Trip. 1871), Plaudereien über die
und in Berghaufen (1859) und trat 1869 Reform der deutichen Bühne (1872), Emmerid
aus dem geiftlihen Stande in die Welt Joſeph (Schaufp. 1872), Wichtelmänner (Märchen
59
Bittrich. Bleiſteiner.
1872), Lancelot (Op. 1875), Des Königs Schwert franz. Offiziers (1882), Aus Norwegens Hoch—
(2. 76), Die Lachtaube (L. 76). Die Plaudertaiche | landen (Movellen 1853), Der Nibelungen Not
(2. 1878), Der Weftindier (Schip. 1893), Der | (Nom, 1854), Wer weih es (1884), Schledhte Ge:
Lügner (2. 1884), Flottenmanöver (2. 1887). ſellſchaft (1885), Lord Byron (2 Dram. 1886),
— oe Welt und Wille (Ged. 1886), Geſchichte der
: Bitteid), Diaz, * 17. * engliſchen Literatur (2 Bde. 1887).
1 Bor ohnbaft, D rllten ah Bleifteiner, Georg, wurde am 13.
dajerbjt wohnhaft, veröfpentlichte Torfge: März 1865 zu Nürnberg als Sohn eines
ihichten, Novellen und Gedichte in Zeit: | Genrer - N
(chrift Sr ift Serausneber und Kedaf Lehrers geboren. Der Umitand, daß er
t * * — fü en — it ‚in früheiter Jugend einige Jahre in Blind»
2 rich reg * Beifällig ie heit zubrachte, trug, fo unliebfam er an
en TI 3 und für fi) fein mochte, doch wejentlid
nommen wurden neben den Dorfgeichichten rüe fi 1 & we)
onen dazu bei, den Knaben in der Melt der
des Autors Gedichte in Laufiger Diundart. | 36 2
Sie wurden zuerft in Zeitungen veröffent: Phantaſie heimiſch zu machen. Die jo ges
: : wedte Fähigkeit, von außen fommende
licht und erſcheinen geſammelt in Buchform. Findruge helbftändin aufzufaflen umd zu
Blasko, Ludwig, wurde in Lugos in geftalten, machte ſich fpäter, als die Er:
Ungarn als Kind einer magyarijchen Mut- | blindung glücklich bejeitigt wurde, in poe—
ter und eines ſlaviſchen Vaters am19. Mai tiſcher Produktion geltend, die er gegen
1859 geboren. In bejcheidenen Verhält- | den Willen feines, nur auf das Praktiſche
niſſen aufgewachſen, bezog er nad) Abjol: |
vierung des Gymnaſiums jeiner Vater:
ſtadt die Univerfität zu Budapeft und
hörte Jus, wurde zum Doktor promoviert
und wirft feit 1885 als Rechtsanwalt in
feiner Heimat. Eeit feiner Kindheit be:
geiftert für deutſche Dichtung und deutjche
Wiſſenſchaft wurde er geiftig ein ganzer |
Deuticher.
Seit jeinem 17. Jahre fchrieb er, dem Drange
feines Innern folgend, viele Iyriihe Gedichte, die
in verſchiedenen Tagesblättern und literarischen
Wochenſchriften erichienen und Anklang fanden,
Am 19. Dezbr. 1856 führte er Emma
Cſermely, ein an Geilt und Liebreiz gleich
bedeutendes Mädchen, als feine Gattin
heim.
ein.
Bleibtreu, Carl, wurde am 13. Ja:
nuar 1859 zu Berlin als ein Sohn des
berühmten Schladhtenmalersgi.N.geboren.
Nachdem er die Schule abfolviert und län:
gere Zeit aufStudienreifen verbracht hatte,
fiedelte er mit feinen Eltern nad) Char:
lottenburg über, um fich ganz der Schrift:
ftellerei, als ein Jünger der realiftiichen
Schule, zu widmen. Im Jahre 1886 über:
nahm B. die Redaction des Magazins für
Siteratur des In- und Nuslandes.
Inter feinen, von der Kritif fehr ancrfannten
Werfen find hervorzuheben: Erinnerungen eines
gerichteten Vaters und pedantifcher Lehrer
eifrigit betrieb. Das noch während feiner
Gymnaſialzeit verfaßte Traueripiel Eliſſa
trug ihm, jo unreif es in vielen Stücken
jein mochte, doch mannigfache Aufmunte:
rung und Anerkennung feines Talentes
Nah Beendigung der Gymnaſial—
ſchulzeit bezog er zuerft die Univerſität Er-
langen, jodann die in Leipzig, um nad)
dem Geheiß feines Vaters Theologie zu
jtudieren. Dod) wandte er fi) bald auf
Grund feiner Überzeugung von dieſem
Studium ab und lebt jeitdem in Leipzig
der fchriftitelleriichen Thätigfeit als Kunſt—
‚referent. Auf dem Gebiete des Dramas
ſchrieb er in neuefter Zeit das Trauerfpiel
Kaifer Dtto der Dritte.
Bliedner, Arno. Ach wurde am 17.
Oftober 1848 in Pfarrfeßlar bei Kahla
im Herzogtum Altenburg geboren, wo
mein Bater Pfarrer war. Von letterem
erhielt ih den eriten Unterricht in den
alten Spraden; außerdem befuchte ich bis
zu meinem 14. Jahre die Dorfihule. Nach
vierjährigem Aufenthalt auf dem Gymna—
fium zu Altenburg bejtand ic) das Abitu—
rienteneramen und jtudierte dann 3 Jahre
in Jena und Leipzig Theologie und Philo—
fophie, worauf ich mich dem Kandidaten-
Bliemcden.
eramen in Altenburg unterzog. Zodann |
begab ich mich 1870 behufs weiterer Aus⸗
bildung nad) Berlin, errang hier einen aka—
demiichen Preis, wirfte einige Zeit im
Paulinum und ging 1872, da ich zur
Ausübung des geiftlichen Berufes Feine
rechte Neigung fühlte, nad) der Schweiz,
um daſelbſt cine Hauslehrerſtelle zu über-
nehmen. Hier betam ich zuerit Geſchmack
an der Pädagogif, fühlte jedoch beim Un:
terricht meines Zöglings, daß id) manche
Mißgriffe machte, weil ich, wie leider jo
viele, an die Ausübung des Erzieherge: |
ſchäftes ging, ohne mic) achörig dazu vor:
bereitet zu haben. Ich beichloß daher,
das pädagogiſche Seminar des in weiten
Kreifen befannten Profeſſors Stoy in Jena
zu bejuchen. Demſelben gehörte ich drei
Jahre lang an, die legten beiden Jahre
als Oberlehrer. Während dieſes meines
Aufenthaltes in ‚Jena beitand ich auch das
Eramen für Kandidaten des höheren Schul:
amts. Seit 1875 verwalte id) das Amt ei:
nes erjten Lchrers am Sroßherzogl. Schul:
(ehrer: Seminar zu Eiſenach, weldye Anitalt
weientlih nach Herbartiihen Grundſätzen
eingerichtet ift. Auf lepteren beruht denn
auch mein 1883 erjchienenes Schiller⸗Leſebuch,
im Jahre 1885, 1886 veröffentlichte
ich K. V. Stoy und das pädagogiſche Univer—
ſitätsſeminar. In dem ſeit etwa 10 Jahren
innerhalb der Herbartiihen Schule ent:
Itandenen und noch nicht beigelegten Streite
zwilchen den Anhängern Stoy’s und Zil—
ler’s habe ich eine vermittelnde Stellung
einzunehmen gelucht und derielben mehr:
fah in päbagogiichen Zeitichriften Aus-
druck gegeben.
Außer den genannten Werken und einem Schrift:
chen „Über Fremdwörter in der deutjchen Sprade“
(1886) habe ich viele Aufläge in pädagogiichen
Zeitichriften veröffentlicht.
Bliemchen, j. ©. Schumann.
Blind, Karl, wurde am 4. September
1826 zu Mannheim geboren. Er widmete
jich dem Studium der Literatur und Ge:
Ihichte zu Heidelberg bis zum Jahr 1845,
wo er alle weiteren Pläne aufgab, um
lock, KA- ‚Art Ta
60
— Bloch.
politiſcher Agitator zu werden, begeiſtert
von dem Wuͤnſche, mitzuſchaffen an dem
Aufbau des einigen Deutichlande, Bei
Staufen auf einem Sreilcharenzuge Schwer
verwundet und gefangen genommen, wurde
‚er zu langjähriger Zudthausitrafe verur—
teilt, jedoch Schon nach faum einem Jahr
von feinen Freunden gewaltiam befreit.
‚Er floh darauf aus feinem Vaterland und
erst im Sahre 18970, als die 48er Pläne
und die damals geitreute Saat zu reifen
‚begannen und helle Blüten trieben, kehrte
N, zurüd, um aufs neue feinem Vater—
land zu dienen. B. lebt in London nur
feiner literariichen Thätigfeit. Seine Abs
bandlungen über Geſchichte, Mythologie,
Altertumsfunde, vor allem aber über Po—
litik erichienen in zahllofen Zeitichriften
und werden jehr geichägt.
Bloch, Eduard, geboren zu Berlin
am 20. Auguft 1831, lebt als Bud
händler in Berlin (Firma: Eduard Blody’s
Theater-Buchhandlung) verfaßte Humori—
ſtiſches und Dramatijches, namentlich ein:
aktige Luſtſpiele und Pollen, welche viel-
fach aufgeführt wurden und die ſämmtlich
auch im Buchhandel erſchienen ſind.
Bloch, Ida, geboren zu Breslau den
.April 1854. Lebte von 1861 bis
1883 in Berlin. Von dieſer Zeit ab
in Charlottenburg. Beſchäftigt ſich ſeit
1883 mit Kinderliteratur, hauptſächlich
mit der Herausgabe von Beſchäftigungs—
und Gefellichaftsipielen für die Jugend
und iſt Mitarbeiterin der beileren Jugend:
zeitfchriften.
Blum, Hans, wurde am 8. uni 1841
zu Leipzig als Sohn des berühmten polis
litifchen Nedners und Abgeordneten Ro:
bert Blum geboren. Nachdem er feine
Borbildung in Schweizer Schulen genofien,
ftudierte er 1860-64 in Xeipzig und
Bern die Nechte und lieh fih 1869 als
Rechtsanwalt in Leipzig nieder. 1870
machte er den deutſch-franzöſiſchen Krieg
als Korreipondent des „Daheim“ mit.
29
Blum. — 61 — Blumenthal.
Zurückgekehrt, übernahm B. die Redaktion zu verwerten und falls ihm Erfolg werde,
der „Grenzboten“, die er bis Ende 1878, ganz der Schriftſtellerei ſich hinzugeben.
alſo noch in ihrer beſſeren Zeit, leitete. B. Schrieb: Vom Felde der Liebe (Ged. 1887).
it eifriges Mitglied der nationalliberalen Blumenthal, Oskar, wurde am 13.
Partei, gehörte als joldes 1867 — 70 dem März 1852 zu Berlin geboren, ftudierte
Norddeutichen Neihstage an und it jeit dort und in Leipzig Philologie. Von
1867 Mitglied des Vorſtandes dieſer Bar: 1873 — 74 redigierte er die „Deutiche
tei für Sachſen. Dichterhalle“ in Leipzig, welche Thätigkeit
‚Auber einigen vorzüglien juriftiihen Werfen, op feiner Überfiedelung halber nad) Dres:
ee aufgab. Hier gründete er eine Zeit-
(1870), Sãchſ. Rechtsfreund, Annalen des Reichs: z gr u g ee a
gerichts (13 Bände, 187986), eine kritiihe Be: ſchrift: „Für Dichtkunft und Kritif” und
arbeitung des alten Pitaval :c., it B. auch belle: | zog nad) dem Eingehen derjelben nad) Ber:
* gung ie sen ‚in, um hier Mitredakteur des „Berliner“
unleren Tagen (1876), Nobert Blum (Biogr. u =
1878), Junius (Schaufp. 1853), York (Schaulp. Tagebl. zil werden, welche Stellung er
1834), Der Überläufer (1884), Herzog Bernhard 1887 aufgab, um ein eigenes Theater in
(1885), Hellwyl u. Budenberg (INS6), Die Ab: Berlin zu gründen.
tiffin von Sädingen (1887), hijtoriiche Romane. Hauptwerfe (meift Luftipiele): Gemiſchte Ge:
Als Anwalt ift B. vorzugsmeife in Ver- jelihaft (1877), Allerhand Ungezogenheiten
tretung von Schriftitellern thätig. (1878), Die Vhilofophie des Unbewuhten (1878),
i Vom Hundertiten ins Taufendite (1878), Paula's
Blum, Lodoisfa von (E. dv. Waldow) Scheimnis (1880), Operationen (1880), Frau
wurde am 25. Dezember 1841 in Ruſſiſch- Venus (1SS1), Der Brobepfeil (1882), Die große
Polen geboren. Nachdem ihr Water, Offi- Glocke (1894), Der ———
zier in preußiſchen Dienſten, geſtorben, Blumer, J. H., ſiehe H. Dünger.
ebenſo fur; vor der Vermählung ihr der: Blümu er, Hugo, wurde am 9. Auguſt
lobter Freiherr v. —— fiedelte 1944 zu Berlin geboren, ftudierte dafelbjt
fie von Berlin nad Wien über, wo fie for und in Bonn und Breslau Philologie und
wohl redaktionell, wie ſchriftſtelleriſch thü- Archäologie, habilitierte ſich 1868 in Bres—
tig war bis zum Jahre 1852, da fie ihrer lau, war hier mehrere Jahre ala Gum:
geſchwãchten Geſundheit halber nach Ber Nafiattchrer und zu gleicher Zeit als Pri—
nedig zog, wo fie noch jetzt als fleißige No- vatdozent thätig und wurde 1875 als Pro—
vellijtin lebt. j es fefior nad) Königsberg, 1877 an die Uni:
— — — verſität Zürich berufen, wo er noch jetzt
telsburg (1873), Das Sündenerbe (1ISTH, Ge- Of 3.) gerfee ; { .
jemmelte Novellen (1876), Die Here von Wro: wirkt, ſchriftſtelleriſch beſonders mit dem
itama (1550), Aus dem Leben der Armen (1882), I Studium der Xiteratur über bildende
Chne Seht (1584), Der Doppelgänger (1886), Künſte befchäftigt. Seine Werfe auf die:
:. 2 Be
a ————— ER ſem Gebiete werden zu den beſten ihrer
Blum, Dar, wurde am 23. Dezem⸗ Se Kunſtliebhaber und Kenner im Al:
ber 1863 als Sohn eines Landmannes tertum (1873), Ausgabe von Leſſing's Yaofoon
in Wohkuhl, einem Dorfe in Medlenb., | (1876), Yaofoonftudien (1852), Das Kunſtgewerbe
geboren. Er empfing den eriten Unter- | im Altertum (1885) ꝛe. |
riht im Elternhauje bis zum neunten) Blüthgen, Victor, wurde am 4. Ja:
Jahre, da er in das Gymnaſium zu Neu: | nuar 1844 in Zörbig (Prov. Sadjien) geb.,
itrelig geichieft wurde. Nach Abjolvierung | befuchte die lateinische Schule An Halle und
deſſelben widmete er ich dem Kaufmanns | widmete fich dafelbft dem Studium der
itande, fühlte jedod) wenig Neigung für Theologie, war nad) Bejuc des Prediger:
diefen Beruf und gab ihn bald wieder feninars in Wittenberg bei der Abfaſſung
auf mit dem Plane, ſein lyriſches Talent eines theol. Lexikons in Elberfeld thätig
— S« —2 y-'kht.
Bobertag. —
und ging von da nach Marburg in Heſſen,
um ſich für die akademiſche Laufbahn
Wiſſenſchaften. Wenn ihm auch weit auf—
vorzubereiten, lenkte indeſſen im Herbſt
1876 in eine ausſchließlich journaliſtiſche
und belletriſtiſche Thätigkeit ein. Zunächſt
ein halbes Jahr bei der „Krefelder Zei—
tung”, ſeit 1878 bei der „Gartenlaube“
in Leipzig redaktionell beichäftigt, ver:
heiratete er ſich 1881 und gab die redaf:
tionelle Thätigfeit gänzlich auf, um in
Freienwalde a. d. Oder, dem Heimats—
orte jeiner Gattin, ausichlieglid feiner
Schriftjtellerei leben zu können. Leider
mußte feine Gattin 1885 die Geburt
eines Sohnes mit dem Tode büßen. Be:
ſonders als Jugendfchriftiteller iſt B. all:
feitig anerfannt.
Hauptwerfe: Schelmenfpiegel (1876, 2. Aufl.
1886), Froſchmäuſekrieg (1878) und zahlreiche
andere, von Osfar Pletich u. N. illuſtrierte Yieder-
bücher, Helperiden (1879), Bunte Novellen (1880,
2. Aufl. 1887), Gedichte (1881), Der Friedensitörer
(1883), Poirethouſe (1884), Aus gährender Zeit
(1884), Der Preuße (1854), Yebensfrühling
(1887).
Bobertag, Felir, wurde am 19. Mai
1841 zu Gr.:Läswig in Schlefien geboren.
Nach Abjolvierung des Gymnaſiums zu
Liegnig bezog er die Univerfität Breslau,
um PBhilofophie zu jtudieren. Im Jahre
1565 legte er jein Eramen ab und wurde
zu Breslau als Lchrer angeftellt. Nun:
mehr amtiert er daſelbſt als Oberlehrer
und Privatdozent. B. hat fich als Literar-
hijtorifer vielfach hervorgethan, befonders
hervorzuheben: Geſchichte des Romans, 2 Bde.
(unvollendet), die Derausgabe von Grimmels—
baufens Schriften, der Jobſiade, Miſchmaſch,
Narrenbuch, I1. Schleſ. Schule, Aſiatiſche Briefe
ud.
Bodenstedt, Friedrich von (Mirza
Schaffy), wurde am 22. April 1819 zu
Beine in Hannover geboren. Won feinen
Eltern für den Kaufmannsjtand beſtimmt,
mußte er die Handelsichule befuchen und
wurde nad Abjolvierung derielben als
Lehrling in cin Kaufgefchäft gegeben.
Schon damals regte fid) in dem Jüng-
ling ein heißes Schnen nad Wiſſen, und
62
Bodenitedt.
eines Tages warf er das „Hauptbuch“
von fi) und Flopfte an den Tempel der
gethan wurde, jo lag dody der Weg da=
hinein nicht jo flar und offen vor ihm:
Ihwere Eorgen, Not und Entbehrungen
umjtarrten den Ningenden. Endlich er:
reichte er das erſte vorgeftedte Ziel: die
Univerfität Göttingen. Nachdem er hier,
Ipäter in München und Berlin Philoſo—
phie und Gejchichte, daneben neuere
Spraden jtudiert hatte, nahm er eine
Stelle als Erzieher in Moskau an, haupt:
ſächlich um die ruſſiſche Sprade und um
dort Land und Leute zu ftudieren. Von
Moskau unternahm B. einen Ausflug nad
Tiflis, wo ihm eine Gymnaſiallehrerſtelle
angeboten wurde. Hier lernte er auch
den Träger des durch B. jo berühmt ge:
wordenen Namens Mirza Schaffy, einen
Orientaliten von hervorragenden Willen,
fennen. B. himwiederum verdanft M.
(1885), Zum Nachtisch (1886), Die Stiefihweiter Sc. wohl manden Stoff aus dem Kan:
kaſiſchen, ja mand)es Lied feines melo—
dienreichen ſchönſten Werkes, ebenjo half
der Freund bei der Schöpfung des großen
ethuographiichen MWerfes: Die Völker des
Raufafus. Im Jahre 1546 gab B. feine
Stellung als Zchrer auf, um wieder nad)
Deutſchland zurüczufchren, wo er zunächſt
in München verweilte, in regem Verkehr
mit Friedrich Liſt. Von München aus
unternahm er eine Kunſtreiſe in den Süden,
ließ ſich vorübergehend in Trieſt als Re—
dakteur des Oſterr. Lloyd nieder, welche
Stellung er der Revolution (1848) halber
jedoch wieder aufgab, um nach Berlin zu
gehen. Von dort aus war er auch po—
litiſch thätig und zeichnete ſich beſonders
auf dem Friedenskongreß in Frankfurt
a. M. (1550) aus. Hierauf war B.
längere Zeit mit der Nedaktion der Weſer—
zeitung in Bremen betraut. Nach Auf:
gabe dieſer Thätigkeit hielt er fich zeit:
weile in Kaſſel und in Thüringen auf,
bis er vom König von Bayern (1854)
als Profeſſor der jlaviihen Sprachen und
Literatur nad) München berufen wurde.
Bödiker.
1867 als Intendant des Hoftheaters nad)
Meiningen berufen und gleichzeitig in den
Adeljtand erhoben, leitete er das Theater
und die Kapelle bis zum Jahre 1869 in
alänzender Weiſe, aud) verdanfte man
jeinem noch jahrelang weiter ausgeübten
Einfluß Vieles. Seit 1878 lebt B. in
Miesbaden als einer der talentvolliten
deutichen Sänger, deſſen liederfüßer Diund
Unvergängliches gefungen. Hauptwerke:
Kaslow, Puſchkin und Lermontow (1843),
Die poetiihe Ukraine (1845), Die Völker des
Kaufajus (1848), 1001 Tage im Orient (1849),
Die Lieder des Mirza Schaffy (1551, 126. Aufl.
1887), Aus Heimat und Fremde (Erz. 1852),
Demetrius (Trauerip. 1856), König Autharis
Hrautfahrt (Luftip. 1860), Aus Oſt und Met
(Ep. 1861), Epifche Dichtungen (1863), Shafe:
ſpeare's Vorläufer und Zeitgenofien (1858), Ge:
ſamm. Schriften (1865— 1869), Das Herrenhaus
in Eichenwalde (1872), Einkehr und Umſchau
(1873), Aus dem Nachlaß des Mirza Schaffy
(1874), Alerander von Korinth (Schaufp. 1876),
Theater (1876), Der Sänger von Schiras, Hafi—
filhe Lieder (1877), Verichollenes und Neues
(1877), Die Lieder und Sprüde des Omar
Chajjam (1881), Aus Morgenland und Abend»
land (1883), Neues Leben (1886) ıc. ꝛc.
Bödiker, T., geb. 1843, wurde in weis
teren Streifen zuerjt befannt durch die von
ihm verfaßte Einleitung zum Katalog der
deutichen Abteilung der Wiener Weltaus—
jtellung vom Jahre 1873 und durd) Ar:
beiten über das Auswanderungsmweien,
ihrieb fodann volfswirtichaftliche Aufſätze
in der „Gewerblichen Zeitichrift‘ und ver:
faßte größere und fleinere Werfe über
63
— Boeck.
| Gedichten aus der Gegenwart” (1855) veröffent⸗
liht. Beethoven-Studien, die teilweiie
publiziert wurden, braten B. auf Die
See der Schöpfung eines Beethoven-Mu—
jeums; als WVorläuferin defjelben wurde
am 60. Sterbetag des Meiſters (26. März
1887) die „Beethoven: Sammlung” in
| Heiligenftadt bei Wien eröffnet. B. be:
fleidet gegenwärtig bei dem großen lite:
rarifhen Unternehmen des Kronprinzen
von Ofterreih: „Die öft.ung. Monardie
in Wort und Bild” die Sefretär:Stelle.
Boeck, Karl v. d. (Derboed), wurde
am 23. Mai 1832 in Münſter geboren.
Sein Vater, Major, beftimmte den Kna—
ben Schon früh für den Soldatenftand, je:
dody mußte diefer jehr bald eines förper:
lichen Leidens halber feinen Abjchied neh:
men. Er wanderte nun nad) Amerifa aus,
machte den Krimfeldzug und den Krieg
in Indien gegen die Sepoys mit und
fehrte nad) Beendigung derielben nad)
Deutfchland zurüd. Hier führte er zeit-
weile die Redaktion der „Weſtfäliſchen Zei:
tung“ in Dortmund und zog dann nad) Ber:
| lin, wo er nod) jegt, der Schriftjtellerei fich
hingebend, lebt.
Außer vielen, in Zeitichriften zerftreuten Pro:
duften, ſowohl AJugendfchriften wie Arbeiten no:
velliftiicher Art, find hervorzuheben: Die im Neu:
terichen Dialekt geichriebenen Spledder und Splöhn
(1879), ferner: Nofe von Soejt (1866), Die Ge:
heimnifie von Berlin (1873), Der Spion (1875),
Ludwig der XIV. und fein Hof (1877), Onkel
Toms Hütte und Beecher-Stowe (1880), Norden:
„Die Kommunalbefteuerung in England und | jtöld im ewigen Eife (1881), Luiſe, Königin von
Wales“, „Die Zuläfjigfeit des Nechtsweges und | Preußen (1881), Prinz Heinrich's Weltumfeglung
die Kompetenztonflifte”, „Die Gewerbe: und Ver: | (1881), Kaifer Wilhelms Leben (1883), Weit:
ſicherungsgeſetzgebung des deutſchen Reiches“, ‚Die | inbienfahrt des Prinzen Heinrih von Preußen
—— der europäiſchen Staaten‘, | (1884), Jungdeutſchland in Afrika (1885).
„Die Regelung des Feingehalts der Gold: u. Silber: P £ Cx
wanren“. B. lebt als Geh. Rat u. Bräfident Böcker, Ewald, wurde amı1. Februar
1844 zu Solingen geboren. Er beſuchte
des Neichsverfiherungsamtes in Berlin. | y;. Schule zu Köln, wohin feine Eltern
Böck, Iofef, geboren zu Wien am 16. überſiedelten; dann bezog er die Univer:
Februar 1859, hat bisher eine Neihe von | täten Bonn und Greifswald, um klaſſi—
Auflägen, zumeift kulturgeſchichtlichen In- ſche Philologie zu ftudieren. Nachdem er
halts, Fachwerke über Buchdruderkunft 1867 promoviert, trat er jeine Laufbahn
umd verwandte graphiiche Zweige, ſowie | als Lehrer in Wollin Pommern) an, von
eine Anthologie: „Gutenbergdug. Eine Ber; hier wurde er an die Töchterſchule in Bran—
berrlichung der Buchdrudertunft in Gedanfen u. denburg, fpäter an diejenige zu Potsdanı
Böhm. — 64 — Böhmerle.
und zuletzt an die Eliſabethſchule in Frank- Deutſchböhmen, überſiedelte hiernach nach
furt a. M. verſetzt, wo er noch heute am: | Wien und abſolvierte daſelbſt die Ober—
tiert. realihule. Won unbefiegbarer Liebe und
. — pi Dramen: — — weh Sehnfucht nad) dem Walde gedrängt und
a ee rn ERED- Re von entihieenfter Reigung für das Zorf
gr fady bejeelt, entihlug fih Böhmerle der
Böhm, Dlartin (Guftav Braun), |: Moiti
ihm zugedadten Beltimmung, fi den
murbe am 4. Dezember 1844 zu Breslau Handelswijlenichaften zu widmen, und bes
geboren, bejuchte das Gymnaſium zu Glei— a Waren :
wig und widmete jid) dem Beruf der Ma— — —9—
lerei, den er aber der Schriftſtellerei zu Fürften Siecht nitein b v is “
Liebe an den Nagel hing. Sein Gebiet and "m: ae Ze
iſt die Poſſe: Unſere Soldaten, Der Bettelſtu— — Mitteln —— *es
dent in Berlin, Anna, zu Dir ift mein liebjter | tüpt, innerhalb dreier Jahre ‚den Forſt⸗
Gang, Der Rattenfnger von Hameln, Der ge, betrieb-⸗Induſtrie- und Adminiftrativfurs
ſchundene Naubritter, lärmenden Angedentens :c. | mit Erfolg abjolvierte. 1873 zum Forft
Zum 90. Geburtstage unferes Kaiſers | eleven ernannt, unterzog B. fi) 1874 der
ſchrieb B. Mein Kaiſer 90 Jahre, wofür der | Staatsprüfung für den jelbftändigen Forſt⸗
Autor von den Allerhöchſten Herrſchaften verwaltungsdienit und wurde fur; darauf
bejonders ausgezeichnet wurde, da das zum Forſtaſſiſtenten befördert. Anläßlich
Stückchen an faſt allen PBrivattheatern, der Urganifierung des forjtlihen Ver:
von militärischen 2. Vereinen aufgeführt | ſuchsweſens in Ojterreih wurde B. zur
wurde. B. it gleichzeitig Redakteur der, Dienftleiftung bei der E. £. forſtlichen Ver:
befannten Berliner Theaterzeitung „Neue juchsleitung in Wien delegiert und dem
Welt“. Verſuchsleiter, Prof. Dr. A. Freiherrn
Böhmer, Eduard, wurde am 24. von Seckendorff-Gudent adjungiert. Mit
Mai 1527 in Stettin geboren, widmete der Vornahme von Unterſuchungen betraut,
ſich in Halle und Berlin (1846 — 1549) verfaßte er: „Seitgehalt der Raummaaße
dem Studium der Theologie, habilitierte und das Gewicht des Holzes im forſtgefäll—
ih 1854 als Privatdozent in Halle, ten Zuftande“ („Mitteilgn. aus dem forſtl.
wurde 1866 zum außerord. und 1868 zum Verſuchsweſen Oſterreichs“, J. Bd. 1877),
ordentlichen Profeſſor ernannt. Seit 1872 ferner „Das waldtrockene Holz in Bezug
wirkte er an der Univerſität Straßburg, auf deſſen Feſtgehalt nach Gewicht im
bis ev 1883 in den Ruheſtand trat und Raummaaße“ (1879). Im Jahre 1877
nach Lichtenthal bei Baden überfiedelte, ‚bearbeitete B. auf Veranlaſſung der k. k.
B. hat ji) befonders um die romanische Forſt- und Domänen: Direktion in Görz die
Literatur hochverdient gemacht; feinen „Tafeln zur Berechnung der Kubikinhalte
häufigen und weiten Forſchungsreiſen, be: ſtehender Kohlmeiler, der Kohlenausbeute
jonders auch mit Tholuf, verdanfen wir als und des Feitgehaltes geſchichteter Hölzer“,
Früchte derielben mandes feiner ausger welde Seitens des Miniſteriums für
zeichneten Werke: Die Provenzaliſche Poeſie Aderbau in der öfterreihiihen Staats:
der Gegenwart 1870), Spanish reformers of | forjtverwaltung zur Anwendung vorge:
two centuries from 1520 (1NT4), Prozeß des schrieben wurden. 1877 zum Ingenieur:
Öranzisfaners Franzisto Ortig (1875) x. Adjunkten im forittechnifchen Departement
Böhmerle, Emil, wurde am 10. April des Aderbauminifteriums und ins Forit:
1553 zu Shwarzfofteleg (Böhmen) ge: einrichtungsbureau des Aderbauminijte:
boren. Nach dem in feinem Heburtsorte | riums einberufen, wurde er 1835 zum
genofjenen lementarunterrichte, bezog Oberförfter im forſttechniſchen Departe:
derjelbe die Nealichule zu Landskron in ment des Aderbauminifteriums befördert.
Böhmert. —
1886 übernahm B. die Redaktion des
„öſterreichiſchen Forſtkalenders“.
Böhmert, Viktor, wurde am 23. Au:
guft 1829 in Quefig bei Leipzig geboren.
Er widmete ſich zu Leipzig dem Studium
der Rechte und befonders der Volkswirt:
ſchaft, indem er ſich letzterer Wiſſenſchaft
nach und nach ausſchließlich zuwandte.
1855 verließ er ſeine juriſtiſche Stellung
in Meißen und ging nad) Heidelberg, um
dort cine national:öfonomishe Wochen:
ſchrift herauszugeben; 1857—1860 ve:
dDigierte er das „Bremer Handelsblatt“,
und hier in Bremen zeichnete er ſich be:
jonders bei der Begründung des Kon:
greſſes deuticher Volfswirte aus. 1866
wurde B. zum Eyndifus der Bremer |
Handelskammer gewählt, 1866 als Bro:
feffor der Nationalöfonomie nad Zürid) |
u.1875 nad) Dresden (Polytechnikum) und
gleichzeitig als Direktor des Sächſiſchen jta=
tütiichen Bureau berufen. B.giltunitreitig
als einer unjerer bedeutenditen National:
öfonomen, jeine Werke zählen zu den bejten
auf diefem Felde: Freipeit der Arbeit (1858),
Beiträge zur Geſchichte des Zunftweiens (1861),
Der Sozialismus und die Arbeiterfrage (1872), |
Arbeiterverhältnifle und Fabrifeinrichtungen der
Schweiz (1873), Die Gewinnbeteiligung (1878).
Außerdem viele Aufläte in Yeitungen, bejonders
in der „Zeitichrift des Königl. ſächſ. jtatiftiichen
Bureau”, ferner in dem von B. mit Gneiſt re
digierten „Urbeiterfreund“ und in der von ihm
herausgegebenen „Sozialkorreſpondenz“.
Böhtlingk, Arthur, am 19. Mai
1849 als Abkömmling einer deutichen Fa:
milie zu Petersburg geboren, widmete fic)
dem Studium der Seichichte an den Uni:
verfitäten Petersburg und Berlin, habi:
litierte fih 1573 zu Berlin als Privat:
Dozent; wurde 1875 nad) Jena als Bro:
feſſor der Geſchichte berufen, wo er noch
jegt wirft, befannt geworden durch jein
vorzügliches Werk: Napoleon Bonaparte,
feine Jugendgefhichte und fein Emportommen
(1878). Außerdem verfaßte er die Dramen: Nö:
nig Konrad (1881), Franz von Sidingen (1881).
Böhtlingf, Otto, wurde am 30. Mai
1315 zu St. Betersburg als Sohn deut:
Tas litereriihe Deutſchland.
65
Bölte.
her, aus Lübeck ftammender Eltern ges
boren. Nah Abjolvierung des Gymna—
ums zu Dorpat begann er feine Unis
verjitätsitudien (orientaliihe Sprachen)
‚zu St. Petersburg. Um feine Kenntnis,
bejonders des Sanskrit zu vervollfomm:
‚nen, bezog er 1835 diellniverfitäten Berlin
und Bonn. Nachdem er 1842 zum Mit-
glied der Akademie der Wiſſenſchaften,
1860 zum Wirklichen Staatsrat, 1875
zum Geheimrat ernannt worden war, fie:
delte er von Petersburg nad) Jena, jpäter
(1885) nad) Xeipzig über, wo er nod)
heute als einer der hervorragendften Orien—
taliften lebt.
Hauptwerfe: Sanstritwörterbuh (1853 bis
1875), Acht Bücher grammatilcher Regeln, Sans:
frit:Chrejtomathie, Über die Sprache der Jakuten,
Indiſche Sprüde ıc.
Bölte, Amely Charl. El. Dar., wurde
am 6. Oftober 1817 zu Rehna i. Medi.
‚geboren, erhielt ihre Erziehung und Aus:
bildung im Haufe ihrer Eltern. Sie ver:
lobte fich, jehr jung nod, doch wurde
das Verhältnis vor der Hochzeit aufge:
löjt, weshalb A. B. unverheiratet ge:
blieben ift. Sie wirfte mehrere Jahre
‚als Erzieherin, bradte längere Zeit in
England zu, um die englische Spradje zu
jtudieren, welche Errungenſchaft fie jpäter
in ihren UÜberjegungen engliiher Romane
ins Deutſche verwertete. 1852 ließ fie
ih in Dresden nieder und fiedelte 1879
nad) Wiesbaden über, wo fie noch jett
lebt, außer mit dem Schreiben von No—
vellen und Romanen eifrig mit Veröffent—
lihung von Artikeln für die Emanzipa-
tion der Frauen beichäftigt.
Hauptwerfe: Erzählungen aus der Mappe eis
ner Deutfchen in Engl. (1548), Viſitenbuch eines
deutichen Arztes in London (1852), Männer und
rauen (1854), Das Forſthaus (1855), Liebe und
Ehe (1856), Frau v. Staöl (1850), Frauenbre—
vier (1864), Streben iſt Leben (1868), Eliſabeth
(1873), Die Gefallene (1882).
Bömers, Karl Wilhelm Theodor,
geboren am 17. Juni 1848 zu Blomberg
im Fürſtentum Lippe, beſuchte von Oſtern
1863 bis Oſtern 1568 das Gymnaſium
-
o
———
pri.
1871).
Bördel.
66
Böttger,
zu Detmold, ftudierte bis Michaelis 1571 | zehn nad und nach ausgearbeiteten theol.
auf den Univerfitäten Tübingen, Leipzig | Schriften fanden mehrere hohe Beachtung,
und Göttingen die Nechtswillenichaft und
und die theologiiche Fakultät in Göttingen
lebt feit dem 1. Oftober 1879 als Land: | erteilte ihm 1841 ein Zeugnis, in welchem
richter in Bückeburg.
Außer Novellen (Wendelin, Felir Fidelis, Die
Herlinge, Ibika, Vriſchemai, Die Gloden von Al:
tena, Herr Waldrabe), welche in Zeitichriften er:
ſchienen und noch nicht geſammelt find, ſowie klei—
neren rechtswiſſenſchaftlichen Schriften, fchrieb er: |
„Haideblume”, ein Sang von Lenz und Xiebe
„Fahrtgeſchichten“ {1S84). „Gepa“
(Nom. 1887).
Börckel, Alfred, wurde am 15. No—
vember 1851 zu Mainz geboren, erwählte
urſprünglich den Kaufmannsſtand zu ſei—
nem Beruf, gab dieſen jedoch auf, nachdem
ſeine erſten ſchriftſtelleriſchen Verſuche ihm
die Hoffnung gewährten, daß ihm auf die—
ſem edleren Felde Früchte genug wachſen
würden. 1879 zum Bibliothekar des Gu—
tenberg-Kaſino und der Mainzer Stadt:
bibliothek erwählt, welche Stellung er noch
heute inne hat.
Hauptwerfe: Vom Rhein Geb. (1875), Inko
der Huronenhäuptling (1880), Frauenlob (11),
Die fürftlihen Minnefinger (1882), Guttenberg
(1883), Der Philoſoph von Sansfouci (1885),
Strandlieder (1885), Arnold Walpod (18871.
Böttger, Chrift. Heinr. Adam, wurde
am 2. Cftober 1801 zu Förſte am Harz
geboren. Den erften Unterricht erhielt der
geiftig begabte, wenn auch förperlid)
ſchwache Knabe von feinem Großvater.
Dann bejuchte er die Schule in Dfterode
bis zur Univerfitätszeit, die er als Sti-
pendiat in Göttingen (1523-27) durch—
machte, wobei fein Hauptaugenmerk auf
Homiletif und Natechetif nerichtet war.
Nach Vollendung feiner Etudien und Ab:
legung feines Eramens wirkte er als Haus:
lehrer beim Etaatsminiiter v. Kraft in
Meiningen. Er hatte die Anwartichaft auf
eine Predigeritelle, doch gab er lieber diefe
auf, als dak er jeiner religiölen ber:
zeugung untreu wurde, die Feinesiwegs
mit dem von ihm verlangten Offenba-
rungseide übereinftimmte. Er fuchte ſich
daher auf andere Weife die Bahn zubrechen
und der Theologie fürderlich zu jein. Won
‚feine außerordentliche Befähigung aner—
fannt, fowie das Bedauern, daß ein folder
‚Dann zum Verlajien feiner Laufbahn ge:
zwungen ſei, ausgeiprochen wird. Nach—
dem der ausſchlaggebende Miniſter ent—
ſchieden hatte, daß „nicht über 300 Tha—
ler verfügt werden fünne“, die B. für die
Profeſſur in Göttingen als Gehalt bean:
Ipruchte, nahm letzterer (1542) die ihm
gebotene Mitarbeiteritelle an den von
Wilh. Freih.v.Hodenberg herausgegebenen
vater. Quellenftudien an, und jo wurde
aus dem Theologen ein Geſchichtsforſcher.
Schon jeit 1839 in Hannover wohnhaft,
führte er feine Verlobte, eine Tochter des
Oberamtmanns Gropp in Braunschweig,
zum Traualtar, jobald er jenes Zeugnis
der theolog. Fakultät in Händen hielt.
Durch Privatſtunden und die Errichtung
einer kleinen Penſion wurden die hierzu
nötigen Subfiftenzimittel beichafft, die ſpä—
ter durch die jchriftitellerischen Erfolge B.'s
ergänzt wurden. Es hat B. an Auszeich-
nungen und Anerfennungen feiner hervor:
ragenden Leitungen auf dem Gebiete der
Geſchichtsforſchung nicht gefehlt, u. a. iſt
er zum außerordentl. Mitgliede der Ge:
ſchichts- und Altertums-Sefellichaften in
Sriesland und von ſeinem König zum
Bibliothefar ernannt worden mit dem
Wunſche, daß er „leine Forichungen auf
dem Gebiete der Geſchichte des föniglichen
Haufes und der hannoverichen Yande, wie
er darin Gründliches geleistet habe, fort:
legen“ möge, was denn auch feitens des
Autors mit mehreren Merken geicheben ift.
Seit 1575 befindet fih B. in der Pflege
jeiner einzigen Tochter in Gannftatt und
erfreut fich eines glücklichen Yebensabends
nach treu vollendeter langer Tagesarbeit,
fürperlich und geijtig Fräftig.
Hauptwerke: Die allmähliche Entjtehung der
welfüchen Sande (1858); Grenzen zwifchen den
Alloden des Herzogs Heinrich des Löwen bei der
Bötticher.
Teilung derjelben unter jeine Söhne im Jahre
1203. (1860); Tas braunſchweig-üneburgiſche
Koppen, zur Nubelfeier ter Gründung von
Braunfchweig erörtert (1860); Die Brunonen,
Lorfahren und Nachkommen des Herzogs Ludolf
in Sadjen, von 775—1117 ıc. (1865); Stamm:
tafel der Welfen (1865); Hermann der Cheruöfer:
fürſt und Befreier Deutſchlands vem römiſchen
Jeche durch die rarianiſche Nieterlage (1874);
Diöcefan- und Gaugrenzen Norddeutichlands
swilhen Oder, Main, jenfcits des Abeins, der
Nord: und Titice, von Ort zu Ort jchreitend, (ur:
fundlich) feitgeitellt (1874, 75); MWohnfite der
Deutihen in dein von Tacitus in feiner Germania
beichriebenen Sande (1877).
Bötticher, Karl Gottlieb Wilhelm,
nurde am 29. Mai 1506 in Nordhaufen
geboren. Nach Abfolvierung feiner hei:
miſchen Schule bezog er die Berliner
Baualademie und nurde 1834 Lehrer an
der Deſſinateurſchule, 1838 an der Aka—
demie der Künfte, 1839 an der Allge:
meinen Baufchule.
Profeitor und zum Mitglied der Afade:
mie der Künſte, 1868 zum Direftor der:
Efulpturen: und Abgußfammlung am Mus
jeum ernannt. Die literariihe Thätig—
feit B.'s anlangend, jo lenkte er zuerft
durch feine Tektonik der Hellenen (1844
bis 1852) die Augen der Fachgenofien
auf fih. Ferner find hervorzuheben:
Unterfuhungen auf der Afzopolis zu Athen
(1863), Die Thymele der Athena:Nite auf der
AfropoliS von Athen (1880), außerdem viele
behbedeutende archäologiſche und funitgefchicht:
lihe Abhandlungen in Kadızeitichriften.
Bohrmann, Heinrih (Bohrmann-
Riegen), geboren in Saarbrüden (Rhein:
provinz), fam jehr jung nad) Berlin, und
nach einjährigem Aufenthalt daſelbſt nad)
Wien. Hier in Verbindung mit Grill:
parzer getreten, der den Trang nad) ichrift:
jtelleriicher Thätigfeit lebhaft förderte, bes
fuchte er durch einige Jeit die Wiener Unis
verfität, und ließ als erfte, größere Ar:
beit (1866) die Tragödie „Der legte Baben—
berger”” erfcheinen, welches Stück hervorra=
gende literariihe Beahtung fand. Tas
demnächit erfchienene Schauſpiel „Ein Sohn
feiner Zeit” gelangte zuerjt in Breslau zur
Aufführung, worauf demjelben das Schau:
67
ſpiel „Lady Efiher“
1844 wurde B. zum
Bolanden.
folgte, das in Berlin,
Breslau, Graz ꝛc. günſtige Erfolge fand.
| Durch mehrere Jahre mit Laube zur Grün:
‚dung des Wiener Stadttheater verbuns
‚den, verlieh er nach deſſen erftem Abgang
gleichfalls feine Stellung als Generalie:
fretär des genannten Initituts, um die Dis
‚reftion der damals nch ihrem Grüne
‚dungszwede treuen „Komiſchen Oper“,
ſowie jräter die Direktion des fönigl. freift.
Theaters in Prebburg zu übernehmen,
Inzwiſchen hatte ſich B. mit J. Niegen
(Pſeudonym) literariich verbunden, und
erſchien zuerft unter dem gemeinfamen
Schriftſtellernamen Bohrmann-Riegen das
Schauſpiel „Verlor'ne Ehre“, welches die
Runde über faſt ſämmtliche deutſche Büh—
nen machte, in Amerika vielfach zur Auf—
führung gelangte und ins Böhmiſche, Uns
gariihe und Croatiſche überfegt wurde,
Seither erſchienen und wurden aufgeführt unter
dem gleihen Autorennamen: „Majeſtät“, Luftip.,
„Ein Löwenritt“, Luſtſp., „Bellerophon“, Luftip.,
„zer Seelenfänger“, Yujtip.; ferner die Libretti
au den fomilhen Opern: „Das Spitzentuch der
Königin“, Muſik von Johann Strauß, „Der Che:
valier von San Marco“, Muſik von Joſef Bayer,
„Der Brinz:Gemahl“, Mufit von 2. Englän:
der, „Der ſchöne Kurfürſt“, Muſik v. Joſef Hell:
mesberger, „Iduna'“ (Iyriiche Oper), Muſik v. 3.
P. Gotthardt, ſowie in letzter Zeit von B. und
P. v. Schönthan „Der Sklavenhändler“, Muſik
v. franz Soucoup, und von B. allein: „Der Ber,
walter von Niederhof”, Schauſp., „Fürftin Naris:
fin‘, Schauſp. (teilweile nach) Fortis). — Kleinere
Erzählungen und Novellen erihienen von B.:R. in
Zeitichriften.
Bolanden, K. v., ſ. Joſ. Biſchoff.
Boldt:Elbing, U., geb. am 17. Fe—
bruar 1838 zu Kl. Sausgarten, Neg.
Königsberg i. Br., als Sohn eines Gutss
bejigers, bejuchte das Lehrerfeminar in
Tr. Enlau und jpäter ein Brivatinftitut
von Dr. Scheinert. Mehrere Hundert
feiner Artikel, hauptſächlich pädagogischen
und naturhiltoriichen Inhalts fanden in
Zeitihriften und Zeitungen Aufnahme.
‚on anerfanntem pädagogiihem Scharf:
blicke zeugten feine anonym erjchienenen
‚Licht: und Echattenbilder in der Rund:
5*
68
Bolliger. Bonn.
ſchau des „PBädagogiums“ von Dr. Dittes: ſiſche Philologie. Darauf war er als
Wien, unter „Vom deutichen Oſtſeeſtrand.“ Lehrer thätig: zuerit in Dresden (1836
Außer mehreren Eleineren Dialeftarbeiten ,bi$ 1838), dann in Berlin als Ober:
in plattdeuticher Mundart find von ihm lehrer am Friedrich-Wilhelms-Gymna—
hervorzuheben: Ut'm Noatangiche, volfstüm: ſium und am Grauen Klojter bis 1842,
liche Erzählungen in plattdeutiher Mundart darnach in Stettin als Profeſſor am Gum:
(1877), ferner: De Sproaf en Kleed. Sämmt: naſium dafelbft. 1849 wurde er als Bro:
liche bis jegt erſchienenen Arbeiten dieſes feſſor an die Univerfität Wien berufen.
Autors befinden ſich gefammelt im Pro: | 1867 kehrte er als Direktor des Gym:
vinzial-Muſeum in Danzig.
Bolliger, Adolf, geboren 1854 im
Schweizer-Kanton Nargau, nad theol. u.
philoſ. Studien 1575 u. 1876 Yehrer der.
Bezirtsihule Scöftland, Doftorpromo:
tion in Leipzig 1878, Privatdozent der
Philoſ. in Bafel 1879-1537, daneben
Lehrer der deutihen Sprade u. Yitera:
tur an dev Baleler Nealjchule 1552 bis
1557; Verfaſſer des „Problem der Caufalität“
(1878) u. des „Anti-Kant oder Elemente der Yogif,
der Phyſik u. der Ethik““, Bd. I (1882).
Bone, Heinrich, wurde am 25. Sep:
tember 1813 in Drolshagen, einem freund-
lichen Städtchen Weftfalens, geboren. Nad)
Abjolvierung des Gymnaſiums jtudierte
er 1832--1855 Philologie in Bonn.
Nachdem ev 1535 jein Eramen abgelegt
hatte, machte er zunächſt fein PBrobejahr
am Diüffeldorfer Gymnaſium durch und
wurde 1839 als Gymnaſiallehrer in
naſiums zum Grauen Klofter nad) Berlin
zurüd, gleichzeitig zum Direktor des Pä-
dagogiihen Seminars für gelehrte Schulen
und zum Mitglied der Akademie der Wil:
jenichaften ernannt. 1875 wurde B. als
vortragender Nat in das Unterridtsmi-
nifterium berufen und 1852 zum Ges
heimen ObersRegierungs:Rat ernannt, in
welder einflußreihen Stellung er noch
jegt thätig üt, als einer unferer ausge:
zeichnetiten Shulmänner und Philologen,
befonders als Autorität auf dem Gebiete
der Plato- und Arijtoteles: Forihung ans
erfannt.
Hauptwerfe: Aristorelis Metaphysiea (2 Voll.
1847), Über die Kategorien des Ariftoteles (1853),
Blatoniihe Studien (1858), Ariftoteliihe Stu;
dien (1862— 1887), Index Aristorelieus ( 18701,
Über den Uriprung der homeriihen Gedichte
(1851), Beiträge zur Erklärung des Sophofles ꝛc.
Bonn, Franz, (F.v. Münchberg, Frhr.
v. Rachwiß, v. Dliris), geboren am 18.
nöln, Später (1542) als Oberlehrer in Juli 1830 zu Münden als der Sohn eines
Bedburg angeftellt. Nachdem er bereits Oberrehnungsrates, widmete fid) nad) ab»
1550 den Profeffortitel erhalten, wurde | jolviertem Gymnaſium dev Jurisprudenz,
er 1856 zum Direktor des Gymnaſiums | trat 1557 als Staatsanwaltsfubjtitut in
zu Nedlinghauien, drei Jahre jpäter als den bayr. Staatsdienit, in welchem er bis
folder in Mainz erwählt, wo er bis zu
feiner Penſionirung (1573) verblieb, um
nad) diefer fi dauernd in Wiesbaden
niederzulaſſen.
Hauptwerke: Gedichte (1838), Legenden 1839),
Veilchenſamen (Ged. 1841), Deutiches Leſebuch,
I. Teil 1840 156. Aufl. 1837), II. Teil 1853
(12. Aufl. 18851, Cantate kirchl. Geſangb. 1846
(8. Aufl. 1883), Sonette (1856), Lat. Dichter
1870) ww.
Vonitz, Hermann, wurde am 29. Juli
1814 zu Langenſalza geboren, jtudierte
1532 — 1556 in Yeipzig und Berlin ka}:
zum Staatsanwalte am Oberlandesgerichte
in München jtieg, nachdem er 14 Jahre lang
‚in Donauwörth, Ansbah und Bayreuth
die Süßigkeiten des Lebens in der Bro:
vinz zur Genüge durchgefoftet hatte. Mit
dem 1. Januar 1881 trat er in den Dienit
des Fürſten von Thurn und Taris als
Präfident der Dom.:Kammer und Direktor
des Eivil:Kollegialgerichtes IL. Inſtanz in
Regensburg.
Sein Eritlingswerf: „Wolfram“, Dichtung,
erichien im Jahre 1854, blieb jedoch ebenio wie
das nad) einer Rheinſage erzählte, 1855 erfchienene
Bonnet,
epiihe Gedicht: „Schott von Grünitein‘ troß
einiger jehr anerfennender Beſprechungen ziemlich
unbeachtet. Formtalent und eine Icharfe ſaty—
riiche Begabung geben feine „Lavagluten“ (1854)
fund. Gin erzählendes Gedicht von ihm: „Jaco—
pone“ erſchien im Jahre 1884. B. iſt eifriger
Mitarbeiter von Nugend : Jeitichriften. Einige
derartige Grzäblungen find unter dem Titel „Au:
gend-Luſt und Leid“ (1874), feine dramatiichen
Tihtungen aber unter dem Titel: „Theater:
ftüde für die Jugend‘ 1880) geſammelt erſchie—
nen.
Durch jeine Echriften für die Jugend,
zu welchen eine große Anzahl Bilderbücher
fommen, zu denen B. Verfe geichrieben,
die die Kinder gerne haben und jo leicht
auswendig lernen, hat jich derielbe einen
jehr geachteten Namen unter den deutichen
Jugendichrififtellern erworben.
Bon feinen bumoriftiihen Produften jind be:
ſonders zu ermähnen: „Luſtige Naturgefchichte
oder Zoologia eomica“, „Yuitige Botanik u. Mis
neralogie‘‘, „Das Nibelungenringer!”, „Der päda—
aogiich verbeilerte Strummelpeter‘‘, „Leben und
Thaten des Herfules“, „Ein wichtiger literarifcher
Fund‘. B. ift ciner der Hauptmitarbeiter der
„stieg. Blätter“. Das Gebiet des Nomans be:
trat B. mit ſeinem „König Mammon“, Außerdem
verfaßte B. mehrere Volksſtücke: „Tante Blaubart,
Die Treutellife, Gundel vom Königfee u. Opern:
terte, wie: „Die fieben Naben“. „Ter Hans iſt
da“ ac.
Bonnet, 3. In Ornshagen, einem
Dorfe Rommerns, bin id) geboren am
4. Mai 1843, und zwar als ältejter Sohn
eines Chemifers und Kabrifanten. Mein
Vater, bei deſſen Taufe Napoleon I. Pate
geitanden, war zur Hälfte franzöfifchen
Bluts. Doc) durd) feine, einem deutichen
Pfarrhauſe entitammende Mutter hatte er
gut deutsche Gelinnungen überfommen.
Mährend mein jüngerer Bruder von uns
ferer Mutter her eine hübſche Anlage für
Muſik zeigte, bildete ich früh die väter:
liherfeits im Gelegenheitsgedichten ges
pflegte poetische Ader in mir aus. Unter:
richtet wurden wir von unferen Eltern |
und dem Dorflehrer. Dann famen wir
auf das Pyritzer Gymnaſium, nad) defjen
Abfolvierung wir uns dem Studium der
Theologie widmeten. Ich ftudierte zuerft
inHalle, mehr Literatur und Kunſtgeſchichte
69
Bonwetid).
als Theologie, darauf in Tübingen, mo
Bed mid zum Derzenstheologen madıte,
zulegt noch in Berlin. Nachdem ich einige
Jahre Hauslehrer geweſen, folgte ich auf
ein Vierteljahr als Hülfsprediger einem
Rufe an die deutfche Gemeinde in Peſt.
So viel ich vermochte, juchte ich Land und
Leute fennen zu lernen; aber daheim hatte
ich) meine Eltern und meine Braut, mit
der mid) ein doppeltes Yiebesband ver:
einigte, nämlich ihre frübere Verlobung
mit meinem Bruder. Eo zog ich denn fröh—
lich der deutichen Grenze zu. Nicht viel
jpäter ward id 3. Pfarrer zu Dramburg
in Bommern, wo auch das Net des jun:
gen Paares gebaut wurde. Wir ficdelten
dann nad Köln am Rhein über und von
da, weil die dortige Etellung in der Miſſion
‚auf die Dauer nicht geeignet ſchien, nach
Hohenſolms. Hier wurden nun glückliche
Jahre in einer anmutigen Bergidylle ver—
lebt, bis wir Rheinland mit der Mark
vertauſchten.
Was meine literariſche Thätigkeit anbelangt, ſo
begann ich ſie als Student in Tübingen mit ſtiz—
zenartigen Arbeiten, die in Zeitſchriften Aufnahme
fanden. Dann wandte ich mich der Volks- und
Jugendliteratur zu. Dahin gehört beſonders der
Schweizeriſche Robinſon, Ringende Mächte und
Bilder aus dem Leben. Es reihen ſich dann ſpä—
ter an: Der Geiſterbanner von Rothenburg, ein
kulturh. Rom., die Biographie des Fabeldichters
Wilhelm Hey ıc.
Bonwetſch, G. Nath., wurde am
5./17. Febr. 1848 zu Norfa, deuticher
Kolonie im Gouvern. Saratow, Nufland,
geboren, ftudierte zu Dorpat 1866— 1870
Theologie, ebenfo zu Göttingen Dec. 1574
bis 1875, au zu Bonn Winter 1877
bis 1873. Ordiniert zum Hilfsgeiftlichen
‚in Norfa am 7.19. Febr. 1871. ro:
ı movierte in Dorpat zum Mag. theol. am
8.20. April 1578, zum Dr. theol. am
2.14. Nov. 1881. Er habilitierte ſich
April 1878 als Privatdozent, wurde Juni
1878 etatmäß. Dozent, 1852 außerordentl.
Prof. der hiſtor. Theologie und 1883 ord.
Prof. diefes Fade.
‚ Schriften: Über Weſen, Entitehung und Fort—
| gang der Arkandisziplin INT). — Die Schriften
Bormann.
Tertullians nach der Zeit ihrer Abfaſſung unter: |
fucht (1878). — Die Geſchichte des Montanismus
(1881). — Unfer Reformator Martin Luther (Feit:
rede im Namen der Univ, zur Lutherfeier). —
Cyrill u. Methodius, die Lehrer der Slaven (1835).
— Die Prophetie im apoft. u. nachapoſt. Zeitalter
(1884). — Thomafius, Dogmengeih. Bd. 1
Bormann, Edwin, wurde am 14.
April 1851 zu Leipzig geboren, abjol-
vierte die Schule dafelbit und darauf
das Polytechnikum in Dresden, um ted)-
niſche und naturwiſſenſchaftliche, ſpäter
auf den Univerſitäten zu Leipzig und
Bonn auch kultur- und kunſtgeſchichtliche
Studien zu betreiben. Nach Vollendung
derſelben zog er wieder in ſeine Vaterſtadt,
wo er als begabter Humoriſtiker und eifri—
ger Mitarbeiter vieler Wipblätter lebt, be:
ſonders als Dialeftdichter (ſächſiſch) talen—
tiert.
Hauptwerke: Seid umſchlungen, Millionen!
(Lied 1879), Mei Leibzig low’ ih mir! (Ged.
1882), Neinede Fuchs (1882), Schelmenlieder
(1883), Leib'ger Allerlei (1883), Biff! Baif! |
Buff! (1884), Schwalbenbrief (1885), Die Tafel: |
runde (1956).
Born, ©. F. |. ©. Füllborn.
Born, Stephan, wurde am 28. De:
zenber 1824 zu Liſſa (Poſen) geboren,
widmete jid der Buchdruckerkunſt (Berlin,
Brüffel, Paris). Gleichzeitig bildete er
fein Wiſſen jedoch weiter aus, indem er
an der Univerfität Berlin Borlefungen
über Philoſophie und Geſchichte hörte.
1848 jtand er mit an der Spige der De-
mofraten, redigierte aud) das Organ der
jelben „Die Verbrüderung“. Bon der Po: ;
lizei verfolgt, flüchtete er (1849) in die
Schweiz, die er nicht wieder verlaſſen hat.
Hier wirkte er zunächſt als Buchdruder,
dann als Lehrer, ſchließlich als Redakteur.
Nahdem er feit 1860 als Profeſſor für
deutihe Sprade und Literatur an der
Akademie in Neuenburg gewirkt hatte,
übernahm er 1878 die Redaktion der,
Zu gleidher Zeit
habilitierte er fi) an der Univerfität Baſel
„Basler Nachrichten”,
70
Bornhak.
und wurde 1879 zum außerordentl. Pro:
feſſor und Ehrendoftor ernannt.
Hauptwerfe: Vorträge über Heine, Zenau ac.
(1865— 85), Marcel (Trauerip. 1852), Herr und
Diener (1856), Die romantische Schule in Deutich-
land und Frankreich (1879), außerdem Überjeguns
new herausgegeben 1856 "| gen aus dem Englifchen und Franzöfiihen: Daudet,
Ch. Martins, Nenan, Didon ꝛc.
Bornuhaf, Suitav Adolf Emanuel,
wurde am 30. Januar 1823 in Halle
a. Saale geboren. Nachdem er das Gym—
naſium zu Halle a./S. abjolviert hatte, be:
zog er die Univerſität Halle, um Philoſo—
phie zu jtudieren. Auf seine geiſtige Rich:
tung wirkten befonders ein: Bernhardy,
Leo und Erdinann, 1857 promovierte er,
abjolvierte fein Brobejahr am Gymnaſium
zu Köslin, wurde darauf Kollaborator an
der lateiniihen Hauptſchule des Halleſchen
Wailenhaufes, von 1360 —1S71 wirkte
er als Lehrer an dem Realgymnaſium zu
Nordhauien und wurde in dem legtge-
nannten Jahre als Oberlehrer an die
Königl. Elifabethichule zu Berlin berufen,
wo er noch gegenwärtig thätig ift. Am
‚16. März 1886 wurde er zum Profeſſor
ernannt. DB. bat ſich als Kiterarhiftorifer
einen vorzügliden Ruf erworben, feine
Hauptwerfe:
Grammatik der hochdeutſch. Sprache (1862), Ge»
ſchichte der Franken unter den Meromwingern (1863),
Grammatik der lateiniihen Sprache nach den
Ergebniſſen der neueren Sprachforſchung (1871),
Lehrbuch der brandenburgiich:preußiichen Seichichte
(1878), Leitfaden für deutiche Poetik (1878),
Lexikon der allgemeinen Literaturgeſchichte (1881),
Geſchichte der franzöſiſchen Literatur (1887).
Borſtell, Friedrich (Franz Schar:
buſch), wurde am 31. Dezember 1837 zu
Hüfelig, Kreis Stendal, geboren, befuchte
die dortige Dorfihule bis zu feiner Kon—
firmation, nahın danad) Privatunterricht,
fam 1854 auf die Präparandenanjtalt zu
Halberfiadt und 1856 auf das Seminar
daſelbſt, erhielt 1859 die dritte Lehrer:
ftelle in Unjeburg, Kreis Wanzleben, und
ging 1868 als Lehrer nad) Aſchersleben.
Hauptwerfe: Lustige Geſchichten (1878), Platt:
als Privatdozent für moderne Literatur | dütfeh in Verfen un Rimeld (1886),
Boſſart.
Bofſart, Guſtaf Friedrich, wurde am
17. Dezember 1528 zu Barchim in Mecklb.
gebor., widmete fich nad) Abiolvierung des |
Gymnaſiums dem Studium der Philoſo—
phie und Geſchichte (Leipzig, Berlin, Kö—
nigsberg), Doftorierte 1850 au letztgen.
Univerjität und ging dann als Gouver:
neur eines ruſſiſchen Bringen mit diejem
auf Reifen. Nah Deutichland zurückge—
fehrt (1554), lebte er zunächſt längere
Zeit auf dem Lande, alsdann in Schwerin
und Hannover, ſchließlich in Hamburg, al:
lenthalben literariich und redaktionell be:
Ichäftigt, in Hamburg als Nedafteur des
„Hamburger Korreipondenten“ noch heute
thätig. ä
Hauptwerfe: Lukrez' Werfe in metrifcher Uber:
tragung (1865), Die Zukunft Ofterreihs (1869),
Die politiiche Langeweile (1876).
Borberger, Emil von, wurde am
17. Oftober 1827 in Fulda geboren, wid:
mete ji) der Zandwirtichaft bis zum Jahre
1856, nachdem er inzwildhen als Poſt—
beamter in Fulda thätig geweſen. In ge:
nannten Jahre gab er die Okonomie gänz:
lich auf, um ausſchließlich jeinen ſchrift—
jtelleriihen Arbeiten zu leben.
Außer vielen Beiträgen in Zeitfchriften ſchrieb
er: Der Gefangene von Naugard (1850), Prinz
Eugen von Savoyen (1855), Andreas Hofer
(1856), Ein Walpurgistraum (1859), Jehudas
letter König (1882) ıc.
Borberger, Robert, wurde am 28.
Mai 1836 in Gotha geboren, genoß
feine Schulbildung in Erfurt, feine Uni:
verfitätsbildung in Jena, wo er ſich be:
fonders dem Studium der Philologie und
Geſchichte widmete. 1878 zum Nealichul:
lehrer in Erfurt, 1583 zum Oberlehrer
in Bofen ernannt. DB. hat ſich befonders
als Literarhiftorifer einen Ruf erworben:
wir verdanken ihm vieles über Wieland
und Zeifing, feine „Rüdert-Studien“ find
nad denen Prof. C. Beners als die be:
iten anerfannt. Außerdem verfaßte B.
viele bedeutjame literarhiltoriiche Abhand—
lungen in Hempels und rotes Klaſſiker—
Ausgaben und in Zeitihriften, auch über:
11
— Boy⸗Ed.
ſetzte er aus dem Indiſchen Bhagavad—
Gitä, das Lied der Gottheit.
VBoy-Ed, Jda, wurde am 17. April
1852 in Bergedorf geboren. Sie genoß
ihre Erziehung in Lübeck, wohin ihre El:
tern überftedelten. Hier verheirathete fie
ich Schr jung noch. Die Familie ihres
Gatten befämpfte die ſchriftſtelleriſchen
Neigungen Ida B.'s energiſch. Erſt nad):
dem ſie einige Zeit, von den Ihrigen ge—
trennt, in Berlin faſt nur von den Erträ—
gen ihrer Feder gelebt, ließen ihre Ange—
hörigen ihr das Recht, ihr Eigenleben nach
ihren geiſtigen Bedürfniſſen zu geſtalten,
und geſtatteten ihr, nunmehr ihre Beſtre—
bungen frei zu verfolgen.
Hauptwerke (Novellen und Romane): Ein
Tropfen (1882), Männer der Zeit (1884), Seine
Schuld (1885), Dornenfronen (1836), Abgründe
des Lebens (1857).
Brachelli, Hugo Franz Nitter von,
‚wurde am 11. Februar 1834 in Brünn
‚geboren, jtudierte an der Wiener Univer:
ſität Philofophie, Rechts: und Staats:
'willenichaften. 1855 bei der Direktion
‚der adminijtrativen Statiftif angeitellt,
‚1860 zum außerord., 1864 zum ordentl.
Profeſſor der Statiftif, des Verfaſſungs—
und Verwaltungsrehts an die techniiche
Hochſchule in Wien, 1872 in das öjterr.
Handelsminifterium als Regierungsrat u.
Vorſtand des ftatiltiihen Departements
‚berufen und 1873 zum f. k. Hofrat er-
'nannt. 8. hat ſich befonders als Sta-
tiſtiker einen ausgezeichneten Ruf er:
worben.
Hauptwerfe: Die Staaten Europas (4. Aufl.
1884), Deutihe Staatentunde (1856/57), Sta:
tiſtiſche Skizzen der europälihen und amerifa-
niſchen Staaten, ‚ferner geographiſch-ſtatiſtiſche
Handbücher von Oſterreich-Ungarn, Deutichland,
der Schweiz, Italien ıc.
Bradel, Fernande Freiin von, wurde
‚am 24. November 1835 zu Schloß Welda
bei Warburg geboren. Sie erhielt ihre
Erziehung im elterlichen Haufe unter Lei—
tung des begabten Dorfpfarrers, da fie
förperlich zu ſhwach war, um der mütter-
‚lichen Obhut zu entbehren. Das war aud)
Brand.
der Grund, weshalb fie, außer einigen klei—
neren Neifen, ihr väterliches Schloß nie
verließ. Schon als junges Mädchen fühlte
fie zwar bereits die Begabung zum Did)-
ten und Echreiben in ſich, aber erſt in
reiferem Alter entichloß fie ſich, an die
ffentlichfeit zu treten.
Hauptwerke: Die Tochter des Kunftreiters (Nom.
1875), Heinrich Findellind (Erz. 1875), Da:
niella (Rom. 1878), Am Heidſtock (Nom. 1581),
Prinzeß Ada (183), In fernen Yanden (1884),
VBraud, Wilhelm Ferdinand (Noland
Nolandin), geboren am 24. Mai 1854
zu Holtenjen bei Eldagfen, Provinz Han:
nover, erhielt feinen erjten Unterricht von
jeinem Bater, ſowie dem Paſtor Dr. Munde
und dem Rektor Bauer zu Eldagien. Dar:
nach beſuchte er das Lyceum in Hannover
und ftudierte in Straßburg Philoſophie.
Im Alter von 20 Jahren ging er in das
Ausland und hat feitdem in Frankreich,
namentlich aber in England feinen Wohn:
12
Branky.
verhinderten B.'s Anſtellung als Pro—
ſitz gehabt. Londoner Korreſpondent ver: |
ſchiedener hervorragender deutſcher Blät-⸗
ter, iſt er zugleich ein thätiger Mitarbeiter
der engliſchen Preſſe. Er ſchrieb zwei No—
vellen: Verloren — gewonnen und unter dem
Pſeudonym von Roland Rolandin Der
Geiſt der Königin Katharina. Seine Londoner
Streifzüge, eine Sammlung von Auflägen
und Efizzen über das Pondoner Leben, die
urfprünglid) in der „Sartenlaube” und
„Über Land und Meer” berausgefommen,
haben in Deutichland viel Anklang gefun—
den, nod mehr aber in England, wo fic
unter dem Titel London Life, seen with
(German Eyes (1857) in einer engl. Über—
ſetzung erichienen find,
Brandes, Georg, wurde am 4. Fe:
bruar 1842 in Kopenhagen geboren, ſtu—
dierte dafelbit Philoſophie. Nach Nbiol:
vierung der Univerfität begab er ſich län:
gere Zeit auf Reiſen. Zurückgekehrt fing
er an der Univerfität an, die Vorleſungen
zu halten, auf welchen fein Hauptwerf:
Die Literatur des 19. Nabrbunderts in ihren
Hauptftrömungen dargeitellt (1872— 87),
ruht. Tie freien Grundfäge des Werts
be: »
fejlor. 1877— 83 war er in Berlin wohn:
haft und wurde der deutichen Sprache
mächtig.
Hauptwerfe in deutſcher Sprache aufier dem
genanntın: Paflelle (1877), Sören Kierfegaard
1879, Yord Beaconsfiecld (1879), Ludwig Hol:
berg (1885), Moderne Geifter (zweite Ausgabe
1887).
Branfy, Franz, ach. om 6. Auguft
18542 zu St. Helena bei Baden nächſt Wien,
gegenwärtig Prof. am f. f. Civil-Mädchen:
Penſionate in Mien, gab mit Vernalefen
Die Spiele und Heime der Kinder in Tifterreich
(1873) heraus, im 3. Nahresberichte der
f. k. Zchrerbildungsanftalt in Wien erſchie—
nen (1876) Die Beiträge zur Pädagogik des
deutichen Mittelalters, mit Hofratb Dr. ©.
Ulrih und Prof. W. Ernſt bejorgte er
die Herausgabe des in der öfterr.-ungar.
Monarchie weitverbreiteten Leſebuches für
öfterr, Volks- und Bürgerihulen, im J. 1886
veröffentlichte er die aus Urfunden ger
ſchöpfte Dentichrift zur Säkularfeier des k. k. Ci—
vil-⸗Mädchen-Penſionats, 1887 erſchien Die Me
tbodif des Unterrichts in der deutſchen Sprache;
in der Zeitichrift für deutſche Whilologie
finden ſich von ibm unter dem Titel
Hegentiedchen, Dans und fünf Sagen vom Hoch—
ſchwab Nolfsiberlieferungen aus Ofter:
rei. , Im J. 1886 verlieh ihm der Kaiſer
von Oſterreich das goldene Verdienſikreuz
mit der Krone.
Braſch, Diorik, wurde am 18. Auguſt
1843 zu Zempelburg in Meftipreußen ge:
boren. Nachdem er das Gymnaſium in
Frankfurt a./D. abjolviert hatte, widmete
er Sich zuerft dem Etudium der Natur:
wiltenichaften und Medizin, Ipäter dem
der Literatur, Geſchichte und Philoſophie
auf den Univerfitäten Berlin, Greifswald
und Jena (1863— 68). Auf feine geiftige
Richtung wirkten bier hauptfählidh ein:
Trendelenburg, Dove, Dubois-Reymond,
Helmholtz, Boedh, Gurtius, Hother, Mi:
chelet, Kuno Fischer, George Budae, Schö—
mann, Eufemibl. Im 9. 1870 promo:
vierte er in Leipzig und war bis 1874
in Berlin literariich und wiſſenſchaftlich
Braun.
thätig. Eeit 1874 lebt B. in Leipzig, wo
er von 1874—80 als Nedafteur des
großen Bredhaus’ihen Konverfationsleris
fons fungierte und ſeitdem eifrigmitichrift-
ftelleriichen Arbeiten beichäftigt iſt,
längft allgemeine Anerkennung gefunden
haben.
Hauptwerke:
der Philoſophie (1870),
delſohn's
(1874), Mendelſohn's Schriften zur Philoſophie,
Aeſthetik und Apolog. (2Bde. 1880), Schiller als
Philoſoph und Hiſtoriker (1884), Die Klaſſiker
der Philoſophie von den früheſten griechiſchen Den-⸗
fern bis auf die Gegenwart, eine gemeinfahliche
hiſtoriſche Darftellung (3 Bde, I883— 86), Ge:
iommelte Efians und Charafterföpfe zur neuern
Lhiloſophie und Fiteratur (2 Bde. 1885—86),
Die Philoſophie der Gegenwart, ibre wejentlichiten
Richtungen und ihre Sauptvertreter (vierter ,
Schluß⸗] Bd. der Klaſſiker der Philoſophie, I887),
riedrich Ueberweg's Nachlaß, philofophifche Ab: |
bandlungen und wiſſenſchaftliche Korreipondenzen,
mit einer hiſtoriſch-philoſophiſchen Einleitung -
(2 Fde. 1887 — SS).
Braun, Benno, ſ. Fr. Zimmermann.
Braun, G., S. J. wırde 1831 in
Neustadt, einem Landſtädtchen des ehemal.
Aurfürftentums Helen, einem wohlhaben:
den Kaufmann geboren. Schon in früheiter
Jugend zeigte er eine auffallende Befähis
Benedichus v. Spinoza's Syſtem
Lichtitrablen aus Men:
aung für mechaniſche und tedhnologiiche
Künſte.
in Marburg und Fulda, wo er abſolvierte.
Im J. 1849 begab er ſich nach Nom, um
im deutschen Kollegium fich den Studien
zu widmen. Die Aſtronomie jtudierte er,
dafelbjt unter P. Secchi, und der innige
Umgang mit demielben trug viel dazu
bei, die Vorliebe für Ajtronomie noch zu
vermehren. 1856 fehrte B. nach Fulda zus
rüd und wurde Lehrer der Mathematif
und Phyſik an dem.dortigen Knabenſemi—
nar. Im J. 1861 begab ih B. nach Oſter—
reich, um in die Geſellſchaft Jeſu einzu—
treten. 1865 kam B. nach Preßburg als
Profeſſor der Phyſik. Bald nachher (1851)
publizierte er feine erſte Schrift: Das Paſſa⸗
genmifrometer, Nephorfop. Das von B. er:
fundene Baflagenmifrometer ift ein Appa—
rat, welher den Meridiandurchgang von
13
die,
Schriften nach der ..Ethiea“ dargeſtellt
Die Gpmnafialitudien macte er,
Braun.
Sternen mit der größten Genauigfeit und
Eliminirung der perfönlichen Gleichung zu
beftimmen geftattet. Gleichzeitig befakte
fh B. mit der Herftellung von Metall:
ipiegeln nad) einer neuen Methode.
Nach Überwindung großer Echmwierigfei:
ten fonnte er 1865 die erjten Proben dem
berühmten Optifer Merz in München zei-
gen, der höchſt eritaunt war, eine fo Schöne
Slaspolitur auf Metall zu finden. 1866
Ihrieb er eine Abhandlung über eine rein-
magnetiihe Kompenfation des Bifilar— Magnet:
meterd. 1867 veröffentlichte B. eine Ar:
beit über zwei neue geographiſche Entwurfs:Ar-
ten. Won 1869 bis Ende 1871 bradıte
er in Nom zu. P. Secchi überließ ihm
gänzlih die Ausführung der abjoluten
magnetischen Meſſungen. Als Frucht die:
fer Meſſungen erichien u. A. eine Abhand-
‚fung Über erdmagnetiiche Mefiungen (1871).
Später (1874) wurde diejelbe bedeutend
verbejiert. Am J. 1872 erſchien eine Ab-
bandlung von B. über cine Methode, die
' Sonne mit den Brotuberangen zu photograpbieren.
Im gleichen Jahre wurde aud) das Nepho:
'jfop vervollfommnet, fo dat mit demiel-
‚ben auch die ablolute Höhe der Wolfen
leicht und ohne Kalkül gefunden werden
fann. Im September 1875 wurde P. B.
'als Direktor an die neu errichtete von
Kardinal Hannald geitiftete Sternwarte
‚in Kaloeſa in Ungarn verfegt. In diefer
‚Stellung jchrieb er zunächſt viele Artikel
‚in Beitichriften. Im Herbſt 1884 verlich
'P. B. die Sternwarte und fiedelte nad)
Mariafchein in Böhmen über, um fich zu
erholen. Dort erjt fand er hinreichend Zeit,
'um fein Hauptwerk zu vollenden: Berichte
von dem Erzbiſch. Haynald'iden Objervatorium
in Kalocsa, über die dafelbit in den eriten fünf
Jahren auägeführten Arbeiten. Gleichzeitig
mit dieſer Arbeit lieferte P. B. eine lange
Reihe von Artikeln in „Natur und Offen:
barung” über Kosmogonie, Geogonie und
Theorie der Sonne. Diefelben erjcheinen
auch jeparat. Außerdem beteiligte er ſich
an einer Preisfrage, welche von Warner
Observatory in Amerifa ausgefchrieben
‚wurde über die hellen Dämmerungs-Er—
14
Braun, Braun.
Icheinungen. P. B. überarbeitete feine Brauu, Julius®., wurde am 28. No—
frühere Abhandlung mit Hinzufügung | vember 1843 zu Eichwege a. d. Werra ge:
neuer Bemerkungen, und er hatte die boren. Sein Bater (Apotheker) wünjchte,
Freude, daß die von ihn engliſch einge: | daß Julius den gleichen Lebensberuf wie
iandte Abhandlung mit einer goldenen er jelbit erwähle, jedoch zeigte der Jüng—
Dredaille prämiirt wurde. ling, der ſich ef frühejter Jugend an
60 ri Ihon mit literariihen Plänen getragen,
Braun, * I" J. ©. Obriſt. nach Abſolvierung des Gymnaſiums ar
Braun, Friedrih. Jh bin am 18. nachdem er jelbjt einige Jahre als Apothe—
November 1550 in dem Landſtädtchen | fer thätig gewefen, durchaus feine Neigung
Kirchheim unter Ted geboren; habe meine | hierfür, jo daß der Vater ihn ſchließlich
Kindheit in Kirchheim, Eßlingen und Welz- | für den Kaufmannsſtand beſtimmte, gleich—
heim, wo mein Vater Schul- und Kirchen— | falls gegen Die eigenen Pläne B.'s. Den
ämter befleidete, und nad) feinem Tode Eltern zuliebe, die fich feinen wiſſen—
in Stuttgart verlebt, wo meine Deutter ſchaftlichen und fünjtleriichen Neigungen
als Voriteherin einer Mädchenpenſion ein jtandhaft widerjegten, trat er ſchließlich
Iebhaftes Hausmweien leitete, in dem es an | in ein Kaufmannsgeichäft als Socius ein,
veicher geijtiger Anregung nicht fehlte. | gab dieſe Beihäftigung jedod) jofort nach
Meine Studienzeit in Tübingen wurde dem 1879 erfolgten Tode des Vaters auf
durch den Krieg 1870 unterbrochen; ich | und lebte von da an ausichliehlich feiner
machte einen Teil deilelben als freiwill. | Schriftitellerei in Berlin. Das große Kris
Krankenpfleger mit. Auf meine Tübinger | tifenwerf B.’s über unſere drei Klaſſiker,
Studien folgte ein Winter in Berlin und an dem er über ein Jahrzehnt gearbeitet,
eine Reife durch Norddeutichland und Eng: ‚war von epohemachender Wirkung.
land. Seit 1873 jtehe ich im evangelifchen
Kirchendienit. Während id) in den Jüng-
lingsjahren wejentli von äſthetiſchen
und literarischen Intereſſen beherricht war,
haben Diejelben allmählih zurüdtreten
müſſen hinter den religiös-kirchlichen und
human⸗ſozialen, die mir durch die Ge:
italtung meines äußeren und inneren Le:
bens, durch den ganzen Ichweren Ernit der
Zeit und die Einblide, die mir mein Amt
darein gab, nahe gelegt wurden. Ich bin
Hauptwerfe: Ein politiiher Verbrecher (Zuftip.
1880), Der Schullehrer von Kloſewitz (Dram.
1880), Wilh. von Grumbach (Dram. 1881),
' Schiller und Goethe im Urteile ihrer Zeitgenoiien
(7 Bde. 1882— 87), Leſſing im Urteile feiner
Zeitgenofien (2 Bde. 1533), Glüd ins Haus
(Schaufp. 1884), Umfonft gelebt (Rom. 3 Bde.
1887), Erjte Liebe (Rom. 2 Bde. 1887), Schiller
und die Frauen (1887), Schiller in Bauerbach
(Luſtſp. 1887).
Braun, B., |. A. Simon.
Braun (Wiesbaden), Karl, wurde
aber der Freude am wahrhaft Schönen | am 20. März 1822 zu Hadamar geboren.
nicht untreu geworden und rege hie und Nachdem er die Schule abfolviert hatte,
da die Feder zu poetifchen Verſuchen, 3. B. | bezog (1840) er die Univerfität Marburg,
1886 zum „Jubiläum des Stuttgarter | fpäter Göttingen, um Philologie und
Gymnaſiums („Zubiläumsgäfte”, Feitipiel).
Schriften von mir find: Glaubensfämpfe und
Sriedenswerfe 1885 (Bilder und Skizzen aus
Kultur: und Kirchengeichichte) und Martin Luther
im deutfchen Lied (1883. Anthologie und eigene
Gedichte); außerdem theologiihe Aufläte und
Broſchüren.
Ich bin ſeit 1880 würtemb. Hofkaplan,
ſeit 1887 Hofprediger.
Braun, G., ſ. ©. Böhm.
Rechtswiſſenſchaft zu ſtudieren. Bereits
1849 ließ B. ſich als Anwalt beim Ap—
pellationsgericht in Wiesbaden nieder. Bis
1849 war er Mitglied der naſſauiſchen
Kammer, ſeit 1859 Präſident derſelben.
Später (1867) wurde er auch in das preuß.
Abgeordnetenhaus und inden norddeutſchen
Reichstag, 1871 in den deutſchen Reichs—
tag gewählt, wo er ſich der national-li—
Brauns.
beralen Partei anſchloß und bald einer
ihrer ausgezeichnetſten Vorkämpfer wurde.
Inzwiſchen (1866) war er zum Ober—
tribunal in Berlin übergeſiedelt, ging je—
doch 1879 als Rechtsanwalt beim Reichs—
gericht nach Leipzig. Die Muße, welche
ſeine amtliche und politiſche Stellung ihm
ließ, benutzte B. nicht allein zu ſchrift—
ſtelleriſchen Arbeiten, ſondern er unter—
nahm auch weite Reiſen nach anderen
Weltteilen, über die er uns manches
höchſt wertvolle Werk geſchenkt hat. Auch
außerdem iſt B. als Schriftſteller auf ver:
Ichiedenen anderen Gebieten als hervor:
ragend anerfannt und die meilten feiner
Werke jind als außerordentlich wertvolle
Bereiherungen unferer Literatur allge:
mein willfommen geheißen. Sauptwerfe:
Die Zins: MWuchergelege (1356), Gewerbefreiheit
und Freizügigfeit (1859), Frankfurts Schmerzens:
ſchrei (1868), Bilder aus der deutichen Klein:
ftaaterei (1869), Während des Krieges, Parla—
mentsbriefe (1869), Aus der Mappe eines deut:
ſchen Neihsbürgers (1874), Mordgeſchichten
(1874), Reifebilder (1875), Reiſeſtudien (1875), |
75
Eine türkiſche Reife (1877), Z:itgenoflen (1877),
Reife-Eindrücde aus dem Südoiten (1875), Nand:
gloflen zu den Wandlungen der legten Jahre, Aus
der Mappe eines deutichen Abgeordneten, Rand:
glofien eines Parlamentariers (1879), Kulturge:
ſchichtliche Novellen (1881), Doktor Sackauer
(1881), Champagner (1881), Bon Friedrich dem
Großen bis zum Fürſten Bismard 11882), Blu:
tige Blätter (1583), Pandimonium (1887).
Brauns, C. W. Eınma, geb. Eggers.
Am 11. Juni 1836 wurde ih in Herr:
haufen am Harz geboren. Dein Vater,
Volksichullehrer, wurde bald an die Stifts-
ihule in Gandersheim verjegt, und hier
verlebte ich meine Jugend. Meine Eltern
iheuten feine Koften, mich in einer Pens
fion alle die Fertigkeiten erlernen zu laſſen,
welche damals nötig erichienen, um wür—
dig einen häuslichen Herd gründen zu Fön:
nen. Darauf fehrte ic) in das Elternhaus
zurüd. 1861 verheiratete id) mich und
wurde die beglüdte Frau meines braven
Mannes. Und ganz allmählich, ohne daß
ich felbit wußte, wie es geichah, lenkte
Brauns.
ſtrebungen der Menſchheit und ſah ein
weites ungeahntes Feld der Arbeit vor mir,
auf das ich mit begeiſterter Liebe den Fuß
ſetzte — zögernd und zaghaft freilich, wie
es dem MWeibe gebührt. Mein Dann
wurde mein Freund und Lehrer in diejer
wie in vieler anderen Beziehung, und da
uns Gott das Glück verjagte, Kinder zu
beſitzen, jo war es mir vergönnt, unter
feiner Führung der Kunſt und Wiſſenſchaft
zu leben und mich — ſofern es meine
häuslichen Pflichten geitatteten — dem
Ichriftitelleriichen Berufe zu widmen. Außer
einem Idyll Wild Nöschen waren es
meiltens furze Novellen und Abyandlun:
gen, welche in den Feuilletons verichiede:
ner Zeitungen und Wochenichriften erſchie—
nen. Mein Dann ging nad Japan und
ich begleitete ihn. Gleich nad meiner
Heimkehr benutzte ich meine Studien aus
Japan zu einem zweibändigen Nomane
Die Nadel der Benten, den ich im Jahre
1883 herausgab. Auf diefen folgte im
Jahre 1885 Die alte Mühle und im Jahre
1886 Freifrau Sibylle von Kirchheim.
Brauns, David Auguſt. Geboren zu
Braunſchweig am 1. Auguft 1827, begann
ih gegen Ende 1845 das Studium der
Medizin, dem ic) erjt als praftiicher Arzt
im Jahr 1855 entjagte, um nad) ziemlich
bewegtem Leben — während deſſen mid
Forſchungsreiſen, befonders in den Orient,
nad England und Skandinavien, vielfad)
in Anſpruch nahmen — und nad) 1861
erfolgter Verheiratung und längerem Auf:
enthalt in meiner Heimat von 1374 an
dem ſchon lange von mir fultivierten Stu—
dium der Geologie al$ Dozent der Univer—
jität Halle ausichließlich zu leben. Meine
‚ziemlich umfaſſende Thätigfeit als geolo-
giſcher, zum Teil auch populär-wiſſen—
ſchaftlicher Schriftſteller begann bereits
1857 und dauert noch fort. Eine weitere
Quelle ſchriftſtelleriſcher Arbeit, die mich
noch mehr mit dem größeren Publikum in
ſich mein Geſchick in andere Bahnen; ich Berührung brachte, eröffnete ſich mir in—
nahm Teil an den wiſſenſchaftlichen Be: folge einer 1879 angetretenen und 1882
Breden.
— mit dem Nüdmeg über Italien — be
endeten Reife nad Japan, auf welder
meine Frau, die Echriftftellerin C. W. €.
Brauns, mid begleitete. Verſchiedene
Eſſays in Zeitichriften entiprangen haupt:
jächlich dem lebhaft von mir aefühlten Be:
dürfniſſe, der verkehrten Auffaſſung japa=
niicher Verhältniſſe entgeaenzutreten, welche
uns aus der Zeit, da die Holländer aus-
ichließlid mit Japan verfehrten, überkom—
men find und leider bis in die jünafte Zeit
noch in hohem Maße herrichen. Ein be:
fonderes Augenmerk richtete ſich jedoch
einesteils auf Die — meines Cradtens
für deutiche Koloniſation befonders gün—
jtige — Inſel Meſſo und ihre Ureinwohner,
die Ainos, anderenteils, und mit beſon—
derer Vorliebe, auf die Mythologie, die
Märchen und Sagen der Napaner, von
denen ich eine größere kritiſch gehaltene ı
Eammlung, bis jet die einzige, welche
Anspruch auf Vollftändigfeit machen kann,
im Jahr 1885 zur Grimm’ihen Säku—
larfeier herausaab.
Breden, Ada (Ada Chrilten), wurde
am 6. März 1844 dem Kaufmann Fries
derif in Wien geboren. Da die Familie
Ada’s verarmte, ging fie, kaum ermachlen,
bereits zur Bühne, ſpielte an mehreren
Theatern in Böhmen und Ungarn bis zu
ihrer, 1864 erfolgenden Berheiratung.
Ihre Ehe war nur furz, da der Tod fie
löfte. Einige Jahre Ipäter verband Ada
fich zum zweiten Male mit dem Nittmeis |
jter von Breden, mit dem fie in glück—
licher Ehe in ihrer Naterftadt lebt, neben
ihren Rflihten als Gattin und Mutter
eifrig mit jchriftitellerifichen Arbeiten, be
fonders auf dem Felde der Lyrik, bes,
ſchäftigt.
Hauptwerke: Lieder eines Verlorenen (1869), |
Aus der Aſche (1870), Schatten (1872), Aus der |
Tiefe (1878),
Breitenjtein, Mar. Geboren zu
Iglau in Mähren am 10. November 1855,
babe ih meine Gymnaſial- und Univer:
jitätsftudien zu Mien im Jahr 1876 ab:
jolviert. Nachdem ich mich bereits als |
716
Brennede.
Student mit literariichen Verſuchen be—
ichäftigt habe, begann ich im Jahre 1876,
jobald ich meine juriltiihe Eramina be:
ſtanden hatte, meine publiziftiihe Thätig-
feit, indem ich die akademiſche Wochen—
Ihrift Alma mater", Organ für Hoch—
Ichulen, gründete, melche ich bis zum Jahre
1881 redigierte. Ferner babe ih vom
Jahre 1877—81 den Akademiſchen Kalen:
der der öfterr. Hochſchulen redigiert und her:
ausgegeben. Auch habe ich im Jahre 1880
das Kommeröbuch der Wiener Studenten ver:
faßt. Außerdem habe id) eine Sammlung
öffentlicher Xorträge und Neben, ſowie eine
Zammlung der bedeutenditen Reden des öjterr.
Barlaments herausgegeben und redigiert;
dann eine Brofchüre Die Zukunft der Prager
Inirafität, fowie eine Abhandlung Die Re-
form der Hechſchulen, ſewie endlich einige
humoriftiiche Merfchen, Feuilletons, Über:
ſetzungen aus dem Engliichen 2c. gearbeitet.
Breunecke, Adolf, wurde am 30.
September 1841 zu Jever geboren. Nach
Gmpfarg feiner Edyulbildung bezog er
die Univerfität Breslau, um Philologie
und Geſchichte zu ftudieren. Er unter:
brach feine Garriere, um den deutſch—
franzöfiichen Krieg mitzumachen, und
wurde, zurüdgefehrt, 1871 als Lehrer
in Brandenburg, 1873 als Hauptlehrer
an der Gemwerbeichule in Hildesheim und
1875 als Oberlchrer an der NRealichule
in Elberfeld angeftellt. 1880 wurde er
zum Profeſſor an legterer Schule ernannt,
wo er noch heute amtiert.
Hauptwerke: Verſchiedene Stände (1876), Am
Hofe der Fran v. Staöl (1880), Um Baris
(Erz. 1882), Am Wechiel der Tage (Anthol.
1855), Guropa (Wanderbilder 1886).
Brennefam, Otto, wurde am 13.
Auguſt 1842 in Berlin geboren, ftudierte
(1861-1864) daſelbſt Theologie. Nach
Abjolvierung der Univerfität nahm er eine
Stelle am Militärwaiienhaufe in Potsdam
an, wurde 1866 zum Prediger und Rektor
in Joahimsthal, 1874 zum Oberpfarrer
in Genf und 1878 zum “Brediger in
Cröchern in Sachſen ernannt, von wo cr
Brenning.
77
Brentano,
1887 nad) Elettenberg am Harz verſetzt Erzeugniſſe erzielten, veranlaßten ihn, fid)
wurde.
Hauptwerke: Der Heidereiter von Grimnit
(Erz. 1878), Werbelow (1575), Nikolaus v. Buch | Beh (1870),
(1879), Weihnachten (1879), Irrfahrt und Heim:
fahrt (1880), Emilie (1880),
Joahimsthal (1881), Ein leichtes Herz (1882),
Ein hartes Herz (1882), Getraute Treue (1883),
Henner und Amrei (1887),
(1887), Die neue Sintflut (1857).
Brenning, Emil,
April 1837 zu Münden geboren, abjol:
vierte die Schule zu Hersfeld und widmete
fi dem Studium der Bhilojophie an den
Univerfitäten Marburg und Göttingen
(1856—60), wu bejonders Dorner und
Loge auf jeine geiftige Richtung einwirk—
ten. Bon 1862—65 war er Prinzen:
Mutter Dorothee triſch am.
wurde am 15,
erzieher (des jegigen Großherzogs, Herzogs
Paul Friedrid, der Großfürſtin Marie,
des Herzogs Johann Albrecht) in Schwerin.
1865 wurde B. als Lehrer in Bremen
angeftellt, wo er nod) jegt amtiert, neben:
jeiner Lehrthätigkeit emfig mit Ichriftitelle:
riſchen, vorzüglid) literargeichichtlichen Ar:
beiten, die ihn befannt gemacht haben, be—
ſchãftigt.
Hauptwerke: Plobin's Lehre vom Schönen
(1863), Hippel's Buch über die Ehe herggb. (1868),
Geſchichte der deutſchen Literatur (1883), Schefer
(1884), Otto Funcke (1854), Graf Schack 1886),
Des Herzens Stimme (1886).
Brentano, Franz von, wurde am
15. Januar 1835 in Boppart geboren,
ftudierte Theologie und Bhilojophie an
den Univerfitäten Würzburg und Bonn.
1564 zum Briefter geweiht, habilitierte
er fi) 1866 als Privatdozent der Phi—
lojophie an der Univerfität Würzburg und
erhielt 1572 dajelbit eine Profeſſur, die
er jedody niederlegte, um nad Wien zu
gehen, wo er als Privatdozent noch jetzt
thätig iſt.
Hauptwerfe: Die Pſychologie des Ariſtoteles
(1867), Biychologie vom empirischen Standpunfte
(1875).
Brentano, Fritz, wurde am 17,
Februar 1840 zu Mannheim geboren,
beſuchte die Schule feiner Vateritadt. Die
Erfolge, welche ſeine erjten literariichen
‚ Berlin als Brivatdozent, wurde 1872
'ganz der Schriftitellerei zu widmen.
Hauptwerke: Am Erlenbah (Nov. 1876), Allerlei
Etwas Ulk (1879), Kunterbunt
(1879), Fahrende Komödianten (1879), Lenz
Die Lutherbibel in und Liebe (Anthof. 1883), Der Weber von on:
‚don (Schwanf 1883), Durdlaucht haben geruht
(Schw. 1884), Amerifanifh (Schw. 1885), Ele:
m. Klausmann 1856), Alfreds
(Schw. m. Kluusmann 1856).
' Brentano, Zujo, geb. am 18. Dezem⸗
‚ber 1544 in Aichaffenburg, bejuchte die
Gymnaſien zu Augsburg und Aichaffen:
burg, die Univerfitäten in Dublin, Mün—
hen, Heidelberg, Würzburg, Göttingen
Briefe
und erwarb an denſelben den Grad eines
‚Dr. jur. utr. und philos.
Nachdem er ein
Jahr lang dem von Engel geleiteten Ita:
tiltiihen Seminar in Berlin angehört
hatte, machte er 1863 mit diefem eine
Studienreife nad) England und verblieb
dajelbjt nah Engel’s Abreife zur Boll:
endung feiner Studien. Nach Deutidland
zurüdgefehrt, habilitierte fih B. 1571 in
als
außerord. Profeſſor nach Breslau berufen
und nad Ablehnung eines Nufes nad)
Jena 1873 zum ord. Profeſſor ernannt.
1856 wurde er in gleicher Eigenihaft an
die Univerfität Straßburg berufen. Einen
1887 an ihn ergangenen Ruf, als Nad):
folger Lorenz von Stein’s den national-
ökonomiſchen Lehrſtuhl an der Wiener
Univerfität einzunehmen, hat derjelbe ab-
gelehnt.
Dauptwerfe: On the History and levelope-
nent of gilds and the Origin of Trade Unions
(1870), Die Arbeitergilden der Gegenwart (1871,
1872), Die Gemwerfvereine im Verhältnis zur Ar:
beitsgeleggebung (1872), Die engliihe Ehartiften:
bewegung (1874), Das Arbeitsverhältnig gemäh
dem heutigen Hecht (1877), Die Arbeiterverfiches
rung gemäß der heutigen Wirtichaftsordnung
(1879), Der Arbeiterverſicherungszwang, feine
Vorausfegungen und feine Folgen (1881), Die
gewerbliche Arbeiterfrage (1872), ins Franzöſiſche
uͤberſetzt von Caubert 1885, Die chriſtlich ſoziale
Bewequng in England (1883), Über eine zufünfs
tige Handelspolitif des deutichen Reichs (1885).
“
Breslauer, Dar. Ich bin geboren in
Trebnig in der preuß. Prov. Schleſien am
Breytung.
19. Juni 1856. Nach Abjolvierung mei-
ner Schulſtudien bejuchte ich die Univer:
jitäten zu Yeipzig, Heidelberg u. Breslau
und widmete mid; nad) erfolgter Promo—
tion namentlich) dem Gebiete der medizi—
nischen Chemie und öffentlichen Sefund:
heitspflege. Seit 1880 bin ich in dieſer
Tisciplin ununterbrodhen amtlich thätig
gewejen. Von meinen literariichen Arbei-
ten führe id an:
Über das Epichlorhydrin und einige Derivate
deſſelben (1879); Einfache Methoden zur Trint:
waflerunterfuchung zum Gebraud für prakt. Ärzte
1884) ; Iſt der Zufat von Salicnliäure zum Bier
geſundheitsſchädlich zu erachten und als Nahrungs:
mittelfälfchung ftrafrechtlich zu verfolgen? (1884) ;
Die Unterfuhung der Luft für bugieniiche Zwecke
(1855); Die chemiſche Beſchaffenheit der Luft in
Brandenburg a. d. 9. Ein Beitrag zur Kenntnis
der quantitativen Zufammenfegung der atmoiphäs
riihen Luft (1886); Zur Frage der chemiichen
Sadverjtändigen (1887), ſowie einige Heinere Ab:
handlungen.
Seit 1. Januar 1886 bin ich Redakteur
und Herausgeber der deutichen Chemifer:
zeitung.
Breytung, Nubolf (Pieud. Barba:
cofa), wurde geboren in Magdeburg am 31.
Oktober 1828, beſuchte 1837—1S45 in
Breslau das Gymnaſium bis Sekunde,
erlernte die Landwirtichaft, ging jedoch im
Sahre 1857 zum Gifenbahnbau über
(Stargard:Cöslin:Colberg), zog als Bahn:
meijter von Berlin nad) Riga (Rußland), |
weilte dort 1561— 1870. Dann fehrte
er nach Breslau zurüd und wurde dort
an der Nechten:-Oder:Uferbahn als Bahn:
meijter, fpäter als Kalfulator und Bau:
amtsjefretär angejtellt (bis 1580). Zeit:
dem als Feuilletonift und Mitarbeiter
vieler Tageszeitungen und Zeitichriften
jein Leben „gefriftet“, von 1553 (Fe:
bruar) ab bei der Handelstammer in Cp-
peln als Regiſtrator angeitellt.
habe ich noch nicht zu verzeichnen, werde
auch wohl nicht dazu kommen, beabfich:
tige aber, im „Kleinen“ weiter wie bis:
her für Aufklärung und Menſchenwohl zu
arbeiten.
78
Werke:
Broddorff.
Broddorff, Eophie Gräfin von,
Goph. Mar. Wilhelmi), wurde am 14.
‚April 1848 zu Damgaard als eine Tochter
des Kgl. däniſchen Hofjänermeifters v. Ahle:
feldt geboren. Sie lich unter Pfeud. (in
Zeitichriften zerjtreut) erfcheinen: Das Herz
‚von Stein (1875), Schloß Liebenftein (1876),
ı Die Eötvös (1879). Hiernach bradte fie
längere Zeit auf Neifen zu, während deren
nur fleinere Aufläge in Zeitichriften ge
drucdt wurden. Erſt 1885 trat Gräfin
'v. B. mit ihrem wahren Namen an Die
Offentlichfeit: Elſe Benker (Novelle), Bilder
aus vergangenen Tagen (1887). Autorin hei⸗
‚ratete 1870 und ift jeit 1883 in Darm:
‚stadt wohnhaft.
Broekel, Johanna Antonie(N.Brood),
wurde am 1. September 1819 zu Ton-
dern geboren. Früh jchon verwatft, war
fe darauf angewiefen, ſich jelbft ihr Brot
zu verdienen, weshalb fie, faum 25 Jahre
alt, ein Penfionat für Mädchen in Kiel
gründete, Nach dreißigjährigem treuen
Wirken in diefer mühereihen Thätigfeit
war fie endlich im Stande, diefelbe auf:
‚zugeben, und ſich ganz der Schriftftellerei
‚zu widmen,
Hauptwerke: Schutzlos aber nicht hilflos (1863),
Blätter und Blätthen (1868), Tas Schloß in
den Urdennen (1869), Auf den Ozean des Lebens
11875), Vormund und Mündel (1877), Licht
und Schatten (1581), Nur eine Tochter (1882).
Bromberg, 9. v., |. 9. Thom.
Broof, A. j. A. Broefel.
Brown, Rod., ſ. Hildebrandt:
Strehlen.
Bruch, Carl Auguſt Marimilian,
geboren am 16. Aug. 1838 in Waldbröl,
Reg.-Bezirk Köln, Sohn des Pfarrers
Carl Wilhelm Bruch, erhielt feine Gym:
nalialbildung in Minden, befuchte die Uni:
verfitäten Bonn und Göttingen und wid:
mete ſich der Theologie. Nach Abjol:
vierung des afademijchen Trienniums war
er mehrere Sabre Hindurd im praftifchen
Schulamt thätig und wurde im Jahre
1565 zum ‘Pfarrer der reform. Gemeinde
1
Brucd: Sinn. —
in Hüdeswagen berufen, in welcher Stel—
[ung er nod heute jteht. einer von
früher Jugend an gehegten Neigung für
das Studium der alien Sprachen folgend,
beichäftigte er Nic, namentlih in den
legten zehn Jahren, mit der Verdeut—
ihung der alten klaſſiſchen Dichterwertfe
und gab nach einander folgende Bücher
heraus:
Die Tragödien des Sophofles, deutih in den
Versmaßen der Urſchrift; Die Tragödien des
Aſchylos; Hellas, lyriſche Dichtungen aus dem
hellenifchen Altertum; Ausgewählte Dramen des
Euripides (Medea, Iphigenia in Aulis, Iphi—
genia bei den Tauriern, Alkeſtis, Jon, Dippolnt);
Koma, Iyriihe Dichtungen aus dem römifchen
Altertum; Lebensweisheit der Alten in Sentenzen
aus Sophofles, Äſchylos und Euripides; Des
Tu. Horatius Flaccus den, deutih in den
Bersmahen der Urſchrift.
Gegenwärtig arbeitet er an der Voll:
endung der UÜberjegung des Euripides,
von welcher in furzem Hekabe, Orcjtes
und die Bakchen ericheinen werden.
Bruch-Zinn, Gareline (Adelh. v.
Trachenfels), wurde zu Olmüß am 13.
Januar 1853 als die Tochter eines öfter:
reihiichen Offiziers geboren und iſt auch
mit einem folchen verheiratet. Früher
in Graz Icbend, war fie cifrig als no:
velliftiiche Mitarbeiterin der dort erichei:
nenden Blätter thätig. Ebenfo ichrieb fie
Ipäter für Wiener Blätter Novellen,
Eſſays, Skizzen ꝛc., auch trat fie gegen
dic Emanzipationsbeftrebungen auf, den
alten Sat verfechtend, daß der cchte und
einzige Beruf des Meibes der als Gattin
und Mutter ſei. Seit mehreren Jahren |
in Mien lebend, wirft die Autorin als |
fleißige Mitarbeiterin einer großen Zahl
ölterr., auch mehrerer deutichen Zeit:
Ihriften.
Brückner, Alcrander, wurde am 5.
Auguft 1834 in Petersburg geboren,
widinete fih auf den Munich feines Ba: |
ters den Kaufmannsjtande, vertauichte |
aber fpäter das Komptoir mit der Unis
verfität und jludierte von 1857— 1861
in Heidelberg, Jena und Berlin Geſchichte.
}
— Brüll.
Auf ſeine geiſtige Richtung wirkte beſon—
ders ein: Häußer, Droyſen. 1861 wurde
er als Profeſſor an die Rechtsſchule nach
Petersburg, 1867 an die Univerfität
Odeſſa, 1872 an die Univerfität in Dor:
pat berufen. Außer vielen Abhandlum:
gen in Fachzeitichriften find folgende Werke
B.'s befonders hervorzuheben:
Finanzgeſchichtliche Studien, Kupfergeldfriien
(1867), 3. Poſoſchkow (1878), Peter der Große
(1879), Der Zar Alerei (1879), Katharina 11
(1883).
. Brüll, Adolf, wurde zu Kojetein in
Oſterreich am 27. April 1846 geboren.
Nah Abfolvierung des Gymnafiums be:
ſuchte er die Univerfitäten zu Wien,
‚Prag und Breslau und wurde am 20,
Februar 1867 zum Doktor promoviert.
Hierauf machte er fein theologiihes Era:
men und erhielt die Autorilation zur Be:
kleidung einer Rabbinerjtelle. Aın 10. Of:
tober 1871 wurde er an die Nealichule
der israelitiihen Gemeinde in Frankfurt
a. M. als Neligionslchrer berufen. Bon
ihm find erfchienen:
Fremdſprachliche Redensarten und als fremd:
ſprachlich bezeichnete Wörter in den Talmuden
und Midralhim, Trachten der Juden im nad:
bibliichen Altertum; Das jamaritaniihe Targum
zum Pentateuch nebſt zwei Anhängen; Dr.
Einhorn; Preſſe und Judentum; Feſtrede, ge:
halten bei der freier zum 100. Gedächtnistage des
Todes Mojes Mendelsſohn's; Der Ruf des Ber:
‚Töhnungstages, Predigt.
Brümmer, Karl Wilhelm Franz,
geb. am 17. November 1536 zu Mufter:
haufen a. d. Doſſe als der einzige Sohn
eines Handwerkers, erhielt feinen Unter:
richt in der dortigen Stadtichule, während
für feine Ausbildung in dev Muſik und
in den fremden Spraden durch Privat:
lehrer arforgt wurde. Der Wunſch des
Vaters, daß der Eohn den Beruf eines
Volksſchullehrers erwähle, fagte diefem um
jo mehr zu, als er darin feiner Neigung
zum Leſen und Studieren ungehindert fol:
gen fonnte. Eine eigentliche Vorbildung
zum Eintritt ins Seminar erhielt B. nicht,
er trieb vielmehr auf eigene Hand alle
—
Brugmann.
möglichen Studien, beſonders Geſchichte
und deutſche Literatur, deren Schäge ihm
dur wohlwollende Gönner frühzeitig ver:
mittelt wurden, und aus jener Zeit ſtammt
denn aud) jeine dauernde Vorliebe für die
Literatur und die Örundlage feiner um:
fallenden Stenntnis derjelben. Nachdem B.
das Xehrerieminar in Köpenid 1856 ab:
jolviert, wurde er Lehrer an der Stadt:
ſchule ın Zehdenid, fam 1860 als Kantor
und Lehrer nad Trebbin und 1863 als
Organijt und Yehrer nad) Nauen. Bei
Gründung des Realprogymnaſiums da-
jelbjt trat er 1569 als Lehrer an daſſelbe
über und blieb in diefer Stellung bis
1579, wo ihn das Vertrauen der jtädti-
ihen Behörden in das Konreftorat der
Stadtſchule berief. Seit dem Jahre 1860
literariich thätig, verfuchte B. ſich zunächſt
auf pädagogiſchem Gebiete und veröffent:
lichte mehrere Schulichriften, bejonders
über den Unterricht in
Sprache. Mit Herausgabe feines Deutichen
Dichter-Lerikons. Biographifche und bibliogra>
phiſche Mitteilungen über deutihe Dichter aller
geiten (2 Bde. 1875— 76) betrat er das lite:
rargeſchichtliche Gebiet und lieferte mit
diefer Arbeit den Literaturhijtorifern ein
ſchätzenswertes Quellenwerf. Eine neue,
bedeutend erweiterte und die Gegenwart
in umfallenditer Meile berückſichtigende
Ausgabe jenes Werkes eridien als Lerifon
der deutfchen Dichter und Profaiften bis zu Ende
des 18. Jahrh. (1584) und als Lerikon der
deutihen Tichter und Rroiaiiten des 19. Jahrh.
(2 Bde. 1885),
Brugmann,KarlFriedrihChriitian,
geboren zu Wiesbaden 16. März 1849.
Beſuchte das Gymnaſium feiner Vater:
Htadt; alsdann (1867 —71) die Uni—
verfitäten Halle, Yeipzig und Bonn, um
Philologie und indogerm. Sprachwiſſen—
haft zu jtudieren. Wurde zu ſprach—
willenichaftl. Studien namentlich durch
Georg Eurtius in Leipzig angeregt. Nad):
dem er 1572— 1877 als Gymnafiallehrer
in Wiesbaden (1 Jahr) und in Leipzig
(4 Jahre) gewirkt, habilitierte er ſich
80
der deutſchen
— Brugſch-Paſcha.
Oſtern 1877 an der Unio. Leipzig für
„vergleichende Sprachwiſſenſchaft und
Sanskrit“ und wurde 1882 zum außer:
ordentlichen Brofeilor befördert. Zugleich
war er (vom Herbjit 1877 an) Dozent
‚des Sriehiihen an dem mit dev Univer:
'fität verbundenen Kailerl. ruſſiſchen phi—
lologiihen Anftitut zu Leipzig. Beide
Amter gab er im Herbit 1854 auf, um
einem Rufe als ordentl. Profeſſor der
„vergleichenden Sprachwiſſenſchaft“ an
die Univerf. Freiburg i. B. zu folgen.
Nach 2’/sjährigem Wirken an diejer Hoch—
ſchule wurde er, nachdem mittlerweile durch
G. Gurtius’ Tod das Fach der indoger:
man. Sprachforihung feinen Hauptver—
treter an der Univerj. Leipzig verloren
"hatte, nad) Leipzig zurüdberufen als or:
dentl. Profeſſor „der indogermaniichen
Sprachwiſſenſchaft.“ Die wichtigiten unter
feinen Publikationen find folgende:
G. Curtius und K. Brugmann Studien zur
griech. u. lat. Grammatit B. IX u. X (1876
bis 1878). Morphologiihe Unterluhungen auf
dem Gebiete der indogerm. Spraden B. I—IV
(1878— 1851), berausgeg. von 9. Dithoff und
K. Brugmann. Gin Problem der bomeriichen
' Tertkritif und der vergleichenden Sprachwiſſen—
ſchaft (1876). Litauiſche Volkslieder und Märchen
aus dem preußiſchen und dem ruſſiſchen Litauen,
geſammelt von A. Leskien u. K. Brugmann 18824
Zum heutigen Stand der Sprachwiſſenſchaft 1885).
Griechiſche Grammatik, enthalten in Iwan Muͤller's
Handbuch der klaſſiſchen Altertumswiſſenſchaft II
(1885). Grundriß der vergleichenden Grammatik
der indogerm. Sprachen I. B. (1886). Außer—
dem zahlreiche ſprachwiſſenſchaftl. Aufſätze in
Fachzeitſchriften.
Brugſch-Paſcha, Heinrich, wurde
‚am 18. Februar 1527 in Berlin geboren,
ſtudierte dafelbit Philojophie und Archäo:
logie, ging dann nad) Paris und Yondon,
um die Mufeen zu erforichen, und unter
nahm im Auftrag der preußiichen Regie:
‚rung 1853 feine erjte wiſſenſchaftliche
Reiſe nad) Agypten. Zurüdgefehrt, ha:
;bilitierte er fih in Berlin als Privatdo-
‚zent. Bereits 1857 unternahın B. Die
| zweite größere Forſchungsreiſe nad) Agyp:
ten. Kurz darauf wurde er der preußi—
ſchen Geſandtſchaft in Perſien beigegeben,
Brun:Barnow.
welche Stellung er zur eingehenden Durch⸗
forjchung diefes Landes benutzte. Nach
dem Tode des Sefandten kehrte B. in feine
Heimat zurüd und wurde zum Konful in
Kairo ernannt. Nach vierjähriger amt:
licher Thätigfeit wurde B. als Profeſſor
nad Göttingen berufen. 1870 berief ihn
der Vizefönig von Agypten, um die Leitung
der Hochſchule in Kairo zu übernehmen.
Der Chedive Tewfik Paſcha verlieh B.
den Rang und Titel eines Paſcha als An
erfennung feiner hohen Verdienfte um die
Erforihung der Nilländer. Auch in
Deutjchland, wohin B. 1578 zurüdfehrte,
um feinen Wohnfig in Charlottenburg zu
nehmen, hat B. die ihm gebührende Wert-
ihägung gefunden: allgemein wird er als
der hervorragendite Vertreter auf dem Ge—
biete der ägyptiſchen Altertumsforihung
anerfannt.
Hauptwerte: Sammlung demotiſcher Urkunden
(1850), Neifeberihte aus Agupten (1855), Geo:
graph. Inichriften altäguptiicher Denfmäler (1857
bis 1866), Die ägyptiſche Gräbermwelt (1867),
Über Bildung und Entwidelung der Schrift
(1868), Wanderungen nah den Türfisminen
(1868), Reife nach der Dafe el Karjeh (1878),
Brinz Friedrih Karl im Morgenlande (mit Fr.
v. Gamier 1884).
Brun-Baruow, J. v. ſ. J.v. Brunſig.
Brumm, Heinrich, wurde am 23. Ya:
nuar 1822 in Deſſau geboren, jtudierte
1839— 1843 Altertumskunde in Bonn.
In legterem Jahre ging er nad) Italien,
das er freuz und quer durchwanderte und
erforichte. 1854 nad) Bonn zurüdgefehrt,
habilitierte er fih und wirkte daſelbſt meh:
rere Jahre als Brivatdozent und Kuftos
der Univerfitätsbibliothef, bis er einen
Ruf als Sefretär des Archäologiſchen In—
ftituts in Rom (1856) erhielt, welches
Inftitut fein Wiederaufblühen B. ver:
dankt. 1866 als Profeſſor der Archäo-
logie nah München berufen, 1868 zum
Konjervator des Münzfabinets und der
Vaſenſammlung dajelbjt ernannt. Außer
vielen wiſſenſchaftlichen Abhandlungen in
Zeitichriften, verfaßte der um die Archäo—
logie jehr verdiente Autor:
Das literariihe Deutichland.
81
—
Brunnemann.
Geſchichte der griechiſchen Künſtler (1853—
1859), Die Kunſt bei Homer (1868), Beichrei:
bung der Glyptothek Königs Ludwig J (1868),
I rilievi delle urne etrusche (1870), Probleme
in der Geſchichte der Valenmalerei (1871), Ar:
häologie und Anichauung (1555). ,
Brunnemann, Karl, wurde am 17.
Dftober 1823 in Berlin geboren, bejuchte
das Joachimstalſche Gymnaſium und be-
zog ſodann die Univerfität dajelbit (1842
bis 1846), um Philoſophie zu ftudieren.
1847 als Lehrer in Stettin angejtellt.
Seit 1869 wirft B. als Direktor des
Realgymnafiums zu Elbing, neben feiner
Lehrthätigkeit viel mit Ichriftitelleriichen,
hervorragend literargeihichtlichen Arbei-
ten beichäftigt.
Hauptwerfe: Geſchichte der nordamerifaniichen
‚ Literatur (1865), Wanderungen eines deutichen
‚ Schulmeifters (1872), Studien zur Geſchichte ‚der
franzöſiſchen Revolution (1877) ; außerdem lieferte
B. vorzügliche Ausgaben der Moliereihen Lujt:
ipiele (1878), Corneille3 Dramen (1854) ıc.
Brunner, Sebaltian, wurde am 10.
Dezember 1314 zu Mien geboren, abjol:
vierte dafelbit die Schule und die Univer:
ſität als Theologe, wurde 1838 zum Prie—
'fter geweiht und als Kaplan in Neudorf,
‚dann in Perchtoldsdorf, Hierauf in der
MWienerherberg, endlich (1842) als Pfarrer
in Altlerchenfeld bei Wien angeſtellt. B.
erfreute fi der befonderen Gunſt Dtetter:
‚nis, der ihn zu vielen religiös-politiichen
Miffionen verwandte. Nachdem er 1844
zum Doftor promoviert hatte, wählte die
Miener Univerfität ihn (1853) zum Pre:
diger und Operar an der Univerfitätsfirche.
'1865 ernannte der Bapft ihn zum Haus:
prälaten und zehn Jahre ſpäter zum erz—
biichöflichen Konfiftorialrat in Wien.
Hauptwerfe: Genies Malheur und Glüd (1843),
Fremde und Heim (1544), Die Welt, ein Epos
(1845), Der Nebeljungen Lied (1545), Der deutiche
Hiob (1846), Blöde Kitter (1548), Schreiber:
knechte (1848), Gelammelte Erzählungen und
poetifhe Schriften (1864— 1868), Hau: u, Baus
fteine zw einer deutichen Literaturgeſchichte 1884).
Brunold, Fr., ſ. A. 5. Meyer.
Brunjig, Ida Edle von (v. Bruns:
Barnow), wurde am 9. März 1840 in
6
Buchbinder.
Breslau als Tochter eines Generals ge—
boren. Die erſten Jahre ihrer Kindheit
brachte ſie in Glogau, Danzig, Köln,
Trier, Koblenz zu, da ihre Eltern in die—
ſer Zeit mehrfach den Wohnſitz wechſeln
mußten. Erſt als „großes Mädchen“ ge—
langte ſie zu einem regelmäßigen Unter—
richt und zwar in Münſter. Von hier aus
ſiedelte die Familie nach Görlitz über, nach—
dem der Vater in den Ruheſtand getreten
war. Mit ihrem dreißigſten Jahr begann
J. v. B. unter dem obigen Pſeud. ihre
ſchriftſtelleriſche Thätigkeit, angeſpornt
durch die hübſchen Erfolge, deren ihre
„Erſtlinge“ ſich zu erfreuen hatten.
Mitarbeiterin einer Reihe von Zeitſchrif—
ten noch jetzt lebt.
Hauptwerke: Die Letzten eines alten Geſchlechts
(Erz. 1870), Die Tochter des Prieſters (1879),
Sallihe Wege (1881), Ein Wort an die deutjchen
Frauen (1883), Das Frauenglüd (1884).
Buchbinder, Bernhard (G. Klinger),
wurde am 12. Juni 1849 in Budapeft
geboren. Sein Vater jtarb, als B. nod)
ein Knabe war; troßdem fiel ihm, als
dem Alteften von fünf, die für einen elf:
jährigen Jungen ſchier unmögliche Auf:
gabe zu, bei den Geſchwiſtern Vaters und
Ernährerftelle zu vertreten. Unter den
größten Entbehrungen und unfagbaren
Drangfalen, oft der Verzweiflung nahe,
gelang c8 dem Kinde, dieſe Aufgabe zu
löfen. Mit dem zwanzigiten Jahre ver:
faßte B. ein kleines Theateritüd, das mit
Erfolg zur Aufführung gelangte, — To
wurde er Echriftiteller. Er lebt in Buda—
peft. Außer zahlreichen in Zeitichriften
und Zeitungen zerjtreuten Arbeiten find
hervorzuheben:
Die Herrgottsmörder (1870), Wer iſt der Herr
im Haufe (INTO), Die Nahe des Jeſuiten (1873),
Der Paſcha von Bert (1875), Die Ninderhändlerin
(1875), Vergeſſen im Armenhaufe (1582), Väter
und Söhne (Rom. 185), Der letzte Briejter
(1886).
Bucher, Adalbert Bruno, wurde am
24. April 1826 in Köslin geboren. Nach
Abjolvierung der Schule widmete er ſich
Sie
zog nun nach Dresden, wo ſie als fleißige
Bucher.
der Sournaliftif in Wien, wurde 1870
‚zum Sekretär des Muſeums für Kunft
‚und Induſtrie ernannt und flieg 1880 zum
Vizedireftor mit dem Rang und Titel cines
' Negierungsrates empor. B. hat ſich durch
‚feine Schriften um die Kunſtgeſchichte ſehr
‚ verdient gemacht, darunter find hervorzu—
heben: Geſchichte der techniihen Künfte (1874),
Die Aunft im Handwerk (1875), Katechismus d.
Kunſtgeſchichte (1880), Nealleriton des Kunſtge—
werbes (1883), Mit Gunft (1586). Außerdem
viele funjtgefchichtlihe Abhandlungen in Zeit:
ſchriften, Pu ne in der von B. (mit A. Gnautb)
REEUNÜDEREDENEN Monatsſchriſt „Das Aunfthand-
w
Bucher, Adolf Lothar, ein Bruder
des vorigen, wurde am 25. Oktober 1817
zu Neuſtettin geboren, abſolvierte das
Gymnaſium in Köslin und die Univerſität
Berlin, wo er die Rechte ſtudierte. Er
wurde 1838 als Ausfultator beim Ober:
landesgeridht Köslin angejtellt und 1843
als Aſſeſſor an das Landgericht zu Stolp
‚verfegt, von hier aus in die. preußifche
‚Nationalverfammlung gewählt. 1850
mußte B. politischer Verfolgungen wegen
nad) London fliehen, wo er ſich durch jour-
‚naliftiiche Arbeiten ernährte. 1864 nad)
‚Berlin zurüdgefehrt, wurde er von Big:
mard in das Minifterium des Auswär—
tigen berufen und 1865 zum Zegationg-
rat, 1968 zum Wirflihen Legationsrat
und zum vortragenden Nat im Minijter.
des Ausw. ernannt. In diefer Eigenschaft
hatte B. die hohe Ehre, zu Bismard in
nahe Beziehungen zu treten, ihn auf ſei—
nen Neilen und in den 1870/7ler Krieg
zu begleiten, wo er an den Friedensver—
bandlungen thätigen Anteil nahm. 1876
wurde er zum Wirfl. Geh. Legationsrat
ernannt. Seit 1856 z. D
Hauptwerfe: Kulturgefchichtliche Skizzen aus den
Induftrieausitellungen aller Völker (1851), Der
Varlamentarismus, wie er iſt (1855 und 1881),
Bilder aus der Fremde (1862), Preußens altes
Neht an Schleswig-Holitein (1865, anonym),
Der Cobdenflub (1881, anonym). B. bejorgte
die zweite Ausgabe von Laſſalle's Syſtem der
erworbenen Rechte.
Buchholz, Wilh., ſ. Jul. Stinde.
Buchner.
Buchner, Wilhelm, wurde am 29.
Januar 1827 zu Darmſtadt geboren.
Nahdem er das Sumnafium feiner Va—
teritadt abjolviert hatte, bezog er die Uni-
verfität Berlin, um Philojophie zu tudie:
ren. 1852 zum Lehrer in Krefeld, ſpä—
ter dafelbjt zum Direktor ernannt. Ne:
ben jeiner Lehrthätigfeit betreibt B. be-
ſonders literarhiftoriihe Studien, deren
Refultate er in nachfolgenden, allgemein
anerfannten Werfen niedergelegt hat:
Deutiche Ehrenhalle (1862), Gefchichte der deut:
fhen Nationalliteratur (1572), 2eitfaden der
Kunftgeihichte (1878) ꝛe.
Buchwald, Otto, wurde am 28. Au:
guit 1842 in Klein-Gaffron in Schleſien
geboren. Nach Abjolvierung des Gymna:
fiums ging er auf die Univerfität Breslau,
um ſich dem Studium der klaſſiſchen und
germaniſchen Spraden zu widmen. 1865
bis 1574 Lehrer am Gymnafium Görlig,
1874 bis heute Direftor des Gymnaſiums
in Fürjtenwalde.
Hauptwerfe: Kleine Baujfteine (1569), Das
neue Geſangbuch (1869), Gejunde Naturen (1871),
Bergeltung (1872), Unter die Haube (Lujtip. 1872).
Budde, Emil Arnold, geboren zu Gel:
dern, Neg.-Bez. Düſſeldorf, am 28. Juli
1842, als Sohn eines armen Schullehrers,
befuchte, nachdem er durch Privatunter:
richt eines befreundeten Geiftlichen vor:
gebildet war, das Gymnafium zu Düflel-
dorf, dann (1859) die Univerjität Bonn,
und zwar zunädjit als stud. theologiae
catholicae. Nach einem halben Jahre hatte
er indeſſen die Anficht gewonnen, daß er wei:
tere theologische Kenntniſſe entbehren fünne,
nahm kurz entichlojien eine Hauslehrerſtelle
an und verdiente ſich in anderthalbjährigem
Genuß diejer freudenreidhen Poſition das
nötige Geld, um zur Univerfität zurück—
zufehren. Dort jtudierte er nunmehr Na—
turwiflenichaften, promovierte 1564 und
machte das Eramen pro facultate, wurde
Kandidat in Barmen und ging darauf als
Lehrer der Naturwillenihaften an Die
höhere Schule der Kreisſtadt Mayen,
Reg⸗Bez. Koblenz. Nachdem er dort 2°/e
83
Buddeberg.
‚Jahre lang die Theorie und Praris der
Kleinſtädterei fennen gelernt, ging er nad)
‚Bonn zurüd, trieb Privatitudien und ha—
bilitierte ih im Sommer 1869. Als der
‚Krieg ausbrad), war für die Dozenten vors
‚läufig nichts zu thun, und eine zufällige
Begegnung mit einem Freunde des Ne:
dafteurs Kruje veranlaßte ihn, fi der
‚Kölnifhen Zeitung als Kriegsberichter:
ltatter anzutragen. Die Redaktion der
K. 3. erfudhte ihn, fich vorerſt den inneren
Betrieb einer großen Zeitung anzufehen;
das that er und trat in die Nedaftion ein,
ging jedoch nad) einem Vierteljahr wieder
ab. Bis 1872 bejorgte er neben feiner
Dozententhätigfeit kleinere redaktionelle
Arbeiten; dann bot ihm die Kölnische Zei-
tung die Stelle ihres Pariſer Spezial:
forreipondenten an. Diefe nahm er an,
blieb bis 1978 in Paris, ging dann, weil
ihm das Klima der franzöfiihen Haupt:
jtadt nicht zufagte, nad) Nom, wo er ſich
vom Parlamentarismus furierte, und hier:
auf nad) Konjtantinopel, wo er ſich ver:
heiratete. Im Juni 1887 verließ er die
Türfei, um nad) Berlin überzufiedeln.
Neben feinen politifchen Briefen jchrieb er für
die Kölnische Zeitung Feuilletons; von diefen ift
eine fleine Sammlung jatyriicher Briefe aus Rom
unter dem Titel „Staunemayer’s römiſche Kunft:
fahrten‘‘ in Buchform erfchienen; eine zweite
Zammlung „Orientalia‘ wird demnächſt heraus:
gegeben. Im übrigen ift er auf dem Gebiet ſei—
ner Fachwiſſenſchaft, der Phyſik, fortwährend
thätig geweſen, jchrieb u. a. im Auftrag des Mi:
nifteriums der landwirtichaftlichen Angelegenheiten
‚ein fleines Lehrbuch der Phyſik (1887), außer:
dem eine größere Anzahl von Abhandlungen.
Buddeberg, Carl Dietrich, geb. 20.
Sept. 1840 zu Lohne, Wejtfalen (Vater
Paitor in Lohne), bejuchte das Gymna—
ſium zu Soejt von 1851— 1861; ſtudierte
in Berlin und Bonn Naturwiljenfchaften;
1866 in Bonn promoviert; 1866 als Bro:
befandidat nad) Lippſtadt an die Neal:
ſchule berufen, jpäter dort angejtellt. Ein:
‚gezogen zu den Kriegen 1864, 1866 und
‚1870/71. In beiden lebten Kriegen
mit dem Heere in Feindesland. 1872
6*
Buddens.
nad Naſſau verſetzt als Rektor der Real⸗
ſchule, 1876 köngl. Schulinipeftor dajelbit.
Beröffentlichte in den Verhandlungen des na: |
turwifjenich. Vereins für den Reg.: Bez. Wiesbaden
fortlaufende Beobadhtungen über Lebensweile u. |
Entwidelungsgeihichte einheimiſcher Käferarten,
fowie über Verbreitung derielben.
Buddens, Theobald, wurde am 6.
Juli 1816 in Gotha geboren, abjolvierte
das Gymnafium feiner Vaterſtadt und die |
Univerfität Jena als Theologe, wonad) er,
fich längere Zeit auf Reifen im Süden be-
fand. 1845 ging er als Garnifonprediger |
nad) Gotha, 1852 als Diafonus nad) Wal:
tershaufen und 1869 als Prediger nad
s4
hauptſächlich vergleichende
Büchner.
hielt er wegen geleiiteter Dienfte das fran—
zöſiſche Bürgerrecht und wurde vielfach als
Sraminator und Generalinipeftor der
| lebenden Spraden verwandt, ift auch als
Officier de l’Instruction publique defo-
riert. In feinem Unterricht betreibt er
Literaturges
Ihichte, wobei ihm häufige große Reifen
ins Ausland fehr zu ftatten fommen. Seit
1858 mit einer Hanauerin verheiratet,
verlor er diefelbe 1880. Sein einziger
Sohn iſt im franzöfiichen Unterrichtsweſen
angeitellt.
Schriften, deutih: Gedichte (1851), Byron,
Bilgerfahrt, im Versmaß des Originals überfegt
Bella, St. Blafi, wo er noch heute lebt. (1854), Geſchichte der engl. Poeſie, 2 Bde. (1855),
Hauptwerfe: Der Stern der Wartburg (Erz.
1856), Das Leben der Liebe in Liedern (Anthol.
1870), Pfarrerd Erdenwallen (1877), Drollige
Geſchichten in Bildern und Gedichten (1850), Du:
manes Chriitentum (1882), Treue um Treue
Franzöſiſche Literaturbilder, 2 Bde. (1855), Der
‚ Wunderfnabe von Briftol, Lord Byrons legte
Liebe, Romane (1861, 1862), Fidele Geſchichten,
geſ. Novellen (1836). Außerdem eine große An-
zahl novelliftiiher und literarhiitoriicher Arbeiten
(1883), Jung Harald (1554). in Zeitichriften. Franzöfiih: Jean Paul's Bor:
ule zur Aeſthetik, üb tert in
Büchner, Alerander, geb. 25. Oft. dA * — —
1827 zu Darmſtadt, beſuchte das dortige | La — de P. Richter, 2 Bde. (1862),
Öpmnaftum und beyog 1045 bie Sanes- es Cumelies ie Slakeenre (ip) Les
univerfität Gießen, ſpäter auch Heidelberg, | Hanois (1878), Kryloff et ses Fables, dis-
um Jurisprudenz zu jtudieren; doftorierte cours de Rentree des Facultss, Essai sur
im Sommer 1848, beteiligte ſich an cd ger — — — >
4: , | o8sop ) \ En - $
politifchen Bewegung und erlitt Verfol: | Bacon? Darm — —— (1835), melde
gungen, denen er durch Reifen ins Aus: jeptere Schrift in der ſchwebenden Streitfrage
land aus dem Mege ging. Gelegentlich | großes Aufichen erregte. ‘Ferner eine große Zahl
eines Ausflugs nad London im Sommer | vermifhhter Aufläge, welde in den Parijer Re—
1851 wurde er des Einverftändnilies mit If — — Memoiren gelehrter Gefell:
den dortigen Flüchtlingen bezichtigt und —
aus dem heſſiſchen Staatsdienſt verwieſen, |
in den er als Acceſſiſt eingetreten war. Büchner, Ludwig, wurde am 29.
Er ftudierte nun Kunjt und Literatur: März 1824 in Darmitadt geboren, ftu:
wiflenihaft in München und habilitierte dierte in Gießen, Straßburg, Würzburg
ſich 1852 als Privatdozent an der philo: ‚und Wien Medizin. Nach Vollendung feis
ſophiſchen Fakultät zu Zürich. Aus An: ner Studien 1542—1848 ließ er fih in
laß einer Reife nah Paris trat er 1557 | Darmitadt als praftifcher Arzt nieder,
in den franzöltihen Staatsdienjt, in habilitierte fih 1854 als Privatdozent
welchem er jeither ohne Unterbrechung ver: in Tübingen und fiedelte nach hier über,
blieben iſt. Er war zuerjt am College de gleichzeitig als Aſſiſtenzarzt an der Klinik
Valenciennes, dann am I,yc&e de Caen thätig, welche Stellung er jedoch in Folge
für das deutiche u. englische Fach angejtellt, der vielen ihm durch fein berühmtes Werk
und wurde dann an legterem Ort zum Kraft und Stoff (1855) erjtandenen Anfein:
Professeur de litteratureetrangere a la dungen wieder aufgab und nad) jeiner Va—
Faculte des Lettres befördert. Auch er terftadt zurüdfehrte, wo er noch jetzt lebt,
Büdinger.
außer als Arzt in hervorragender Meile
literarifch thätig.
Haupiwerfe: Kraft und Stoff (16. Aufl. 1888),
Natur und Geift (1857 — 1874), Die Darwinſche
Theorie (1859 — 1876), Phyſiologiſche Bilder(1861
bis 1886), Aus Natur und Wiſſenſchaft (1862
bis 1884), Der Menſch und feine Stellung in
der Natur (1868— 1872), Der Gottesbegriff und
feine Bedeutung in der Gegenwart (1874), Aus
dem Geijteöleben der Tiere (1875— 1880), Licht
und Leben (1582), Die Macht der Vererbung
(1882), Liebe u. Liebesleben i. d. Tierwelt (1883
bis 1885), Der Fortichritt in Natur und Ge
fhichte (1884), Thatjahen und Theorien aus
dem naturmwifienichaftlichen Leben der Gegenwart
(1887). Die Schriften Büchner's, insbejondere
fein ob. gen. Hauptwerk, find in faft alle leben:
den Sprachen überjegt worden.
Büdinger, Dar, wurde am 1. April
1828 in Kaſſel geboren, jtudierte in Bonn
und Berlin Philologie und Gefchichte,
habilitierte fi) 1851 in Marburg als
Privatdozent. 1861 wurde er nad) Zürich |
als ord. Profeſſor der Geſchichte und 1872
in gleicher Eigenihhaft nad) Wien berufen, |
1877 zum Mitglied der kaiſ. Afademie der
Miftenfchaften ernannt. B.'s hiſtoriſche
Werke haben hohe Anerkennung gefunden,
bejonders hervorzuheben:
Dfterreihiihe Geihichte bis zum Ausgange
des 13. Jahrhunderts (1858), Zur Kritif der
altbayriichen Geſchichte (1858), König Richard III
von England (1858), Die Normannen und ihre
Staatengründungen (1860), Die Königinhofer
Handſchrift und ihr neuefter Vertheidiger (1859),
Nachrichten zur öfterreihiichen Gefchichte aus alt:
ruffiichen Jahrbüchern (1861), Ein Buch unge»
riſcher Geſchichte (1866), Mittelgriechiſches Volks:
epos (1866), Wellington (1869), Lafayette (1870),
Vorleſungen über engliſche Verfaſſungsgeſchichte
(1880), Abhandlungen in den Schriften der kaiſ.
Alademie (1872—1887), darunter die umfang:
reihften: in den Denkichriften 1881 und 1887;
Cicero und der Batriciat; Der Patriciat und das
Fehderecht in den leiten Jahrzehnten der römi—
chen NRepublit. In den Situngsberichten: Krö—
fus Sturz (1878), Lafayette in Ofterreih (1878),
Kleon bei Thufydides (1880), Zeit und Raum
bei dem indonermaniichen Volke (1881), Alten
zu Columbus Gefchichte von 1473— 1492 (1886), |
Zeit und Echidjal bei Römern und Weftariern
(1887).
Bürger, Fr., j. ©. Reſſel.
Bürger, Hugo, j. H. Lubliner.
— Bürſtenbinder.
Bürſtenbinder, Eliſabeth (E. Wer:
ner), wurde am 25. November 1838 in
Berlin als die Tochter eines wohlhaben-
den Kaufmanns geboren. Bereits als
ganz junges Mädchen fühlte Elifabeth das
Bedürfnis, ihre Heinen Erlebniſſe, zu bun—
ten Geſchichtchen ausgefhmüdt, niederzu-
Ichreiben, zumal da ihr Leben im Haufe
der Eltern ein einfames war. Der hüb—
Ihe Erfolg, den ihre erite Veröffentlichung
in einer Stuttgarter Zeitung fand, gab
‚der jungen Autorin zu weiteren Berfuchen
Veranlafiung, die befanntlich von großen
Erfolgen gekrönt wurden, befonders ift €.
DB. unter ihrem Pſeud. (oben) als Mit-
arbeiterin der Gartenlaube befannt ge:
worden.
Hauptwerke: Gartenlaubenblüten (1872), Am
Altar (1873), Glüd auf! (1874), Gelprengte
Feſſeln (1875), Vineta (1877), Frühlingsboten
(1880), Der Egoift (1882), Gebannt und Erlöft
(1884), Ein Gottesurteil (1885).
Buff, Adolf. Ich bin geboren den
1. September 1838 zu Gießen, wo mein
Vater die Profeſſur der Phyſik an der
‚dortigen Univerfität inne hatte. ch be:
juchte das Gymnafium meiner Vaterftadt
und widmete mid) fodann von 1857 bis
1862 in Gießen und Bonn dem Studium
der Philologie und Geſchichte. Im Jahre
1562 wurde mir von der Königin von
England die Erziehung ihres jüngften
Eohnes, des Prinzen Leopold, jpäteren
Herzogs von Albany übertragen, in
welder Stellung ich bis 1866 verblich.
Von da an bis gegen Ende 1875 be:
ſchäftigte ich mich hauptſächlich mit ein:
gehenden Studien über englifche Literatur
und Geſchichte, befonders nad) der natio-
nalöfonomijchen Seite hin, meinen Auf:
enthalt abmwechjelnd in London, Berlin
und München nehmend. Gegen Ende
1875 trat id in den Dienft der Stadt
‚Augsburg als Vorftand des dortigen jehr
bedeutenden Stadtardivs, welchem Amte
id aud) zur Zeit noch vorſtehe. Meine
fchriftftellerifche Thätigkeit hat fich über
‚vielerlei Gegenftände erftredt, hauptſäch—
* Walls dot, seh.)
Bulthaupt.
lich aber über engliſche Geſchichte und
Literatur des 17. Jahrhunderts (zum Teil
in engliiher Sprade) und über die po:
litiſche und ſoziale Geſchichte Augsburgs,
ſowie auch über die Geſchichte der Kunſt
und des Kunſtgewerbes in dieſer Stadt.
Einiges war von vornherein nur für
86
Bulthaupt.
würde jetzt ſeine Anforderungen an ihn
geſtellt haben, wenn nicht ein glückliches
Geſchick ihn unerwartet in die Lage ge—
jegt hätte, einem jungen Ruſſen als Haus—
lehrer nad) Kiew zu folgen und als Lohn
dafür eine längere Reife durd) den Orient,
Griechenland und Italien zu machen, deren
wilienschaftliche Zejer beftimmt, das meiite Iyrifhe Früdte B. in der Gedichtſamm—
jedoch wendet fih an meitere Kreife. lung Dur Froft und Gluten (1876) nieder:
Meine Schriftitelleriichen Arbeiten finden |gelegt hat. Zur Zeit ihres Ericheinens
fih in vielen wiljenichaftlichen und ande- | lebte der Dichter als Rechtsanwalt in ſei—
ren Yeitichriften umd Zeitungen zerftreut. ner Vaterjtadt, eine Stellung, die ihn je
‚länger deito weniger zujagte, und die er
Bulthaupt, Heinvih Alfred, wurde zu feiner größten Freude 1575 mit dem
am 26. Oftober 1849 in Bremen gebo- ; Amte eines Stadtbibliothefars vertaufchen
ven und bejuchte, nachdem er in den erjten | konnte, das ihm der Senat nad) dem Tode
Knabenjahren den Unterricht feiner Eltern, | des berühmten Reifenden Dr. J. G. Kohl,
die damals einer größeren Brivatichule | feines Vorgängers im Amte, übertrug.
vorltanden, genollen, vom 9. Jahre ab
das Gymnaſium jeiner Baterftadt, das er
im Herbit 1868, um die Nechte zu ſtu—
dieren, verließ. Er führte dies Studium |
in der üblichen Zeit auch zu Ende, aber |
‚Lebende Bilder war cin modernes Drama
die vielfachen Anregungen, die das Thea—
ter dem Knaben Schon in früher Jugend |
gegeben, der befonders auf das Drama:
tiiche gerichtete poetiiche Drang und eine
der jtarfen Neigung dahin entiprechende
‚Ihe Gebiet und veröffentlichte, nachdem er
eifrige Brlege der Muſik machten während
deſſen ihre Mechte geltend. Einmal ſchien
es, als wolle die Muſik den jungen Stu:
denten ganz gefangen nehmen, dann wieder
überwog der dichterifche Trieb, der end:
lid, da 8. feine mufifaliihe Begabung
nicht für Stark genug anlah, die Oberhand
behielt. Schon im Jahre 1860 entitand
eine Erftlingstragödic, das Drama Saul,
das in Bremen wiederholt zu erfolgreicher
Aufführung gelangte und dem jungen Did:
Von jegt an nahm B.'s literarifche Thätig—
feit den glüclichiten Aufihwung. Zwar
hatte fie auch während feiner juriſtiſchen
Praxis nicht gerubt. Den beiden kleinen,
oft aufgeführten Yujtipielen Die Copiiten U.
Die Arbeiter gefolgt. Jetzt, im ruhigen Das
fen des Amtes, das feinen Wünſchen fo
vollkommen entiprad), begab er ſich zu:
nächſt auf das kritiſche und literarhiftori:
die Dramaturgiichen Skizzen U. Streifjüge U.
die Feine Broihüre über Das Mündener Ge:
ſamtgaſtſpiel ISSO vorangefchidt, in den Jah:
ven 18982 und 1883 feine befannte Dra:
maturgie der Klaſſiker. Nun erſchien B. auch
als jelbjtichaffender Dramatiker wieder in
‚der Offentlichfeit und errang mit feinen
Tragödien Die Maltefer, Gerold Wendel und
‚Eine neue Welt, die auf fait allen größeren
ı Bühnen Deutichlands aufgeführt wurden,
ter den Weg vorzeichnete. Dieſer bewegte plötzlich fo glänzende Erfolge, daß fie feine
ſich im Zickzack. Herrſchte im Saul der; früheren weit hinter ji ließen. Daneben
breite, allzu wortreiche Jambus vor, der trat B. als Novellijt auf, ſchrieb eine Reihe
NH an der Sprade Schillers gebildet | größerer muſikaliſcher Dichtungen, die von
hatte, dann befleiigte fid) das in Proſa Mar Bruch, Nubinjtein, Vierling, Rein:
geſchriebene Corſiſche Traueripiet einer ges |thaler, Dietrich fomponiert wurden, been
wiſſen zur Wortkargheit werdenden frag: dete eine Dramaturgie der Oper, ein umfang:
mentariichen Kürze. 1872 waren B.’s |reiches Werk, das als Pendant zur Dra:
Etudien beendet und das praftiiche Leben | maturgie der Klaſſiker feine dramatiichen,
Bungartz. =
theatraliihen und mufikaliihen Studien
vereint, und waltet dabei in der „Weſer—
Zeitung‘ während der Winterjailon des
Amtes als Theaterkritifer, mit mannig:
fachen neuen dichteriichen Plänen beichäf:
tigt, die er in der nächſten Zeit zur Neife
zu bringen hofft.
Bungars, Jean, geb. am 6. Mai
1854 in Köln a. Rhein. Hauptbeſchäf—
tigung XTiermalerei und Fadliteratur.
Gegenwärtig Mitredakteur von „Köhlers
Rirtfchaftsfreund” und Herausgeber und
Redakteur des Kalenders für Hundes, Ka:
ninchen=, Geflügel=, Singvögel-Jüchter und
Liebhaber. Mitarbeiter verichiedener Fach: ı
zeitihriften. Gründer und 3. 3. Ehren: |
präfident des Hamburger Vereins zur För:
derung reiner Hunderacen. Inhaber der
Berdienftmedaille für Kunſt und Wiſſen—
ihaft Sr. Hoheit des Herzogs v. Sachſen⸗
Eoburg-Gotha, vieler Staats- u. Aus:
ftellungsmebaillen.
Berfafler von Kynos, Handbuch; zur Beurteilung
der Rafjenreinheit des Hundes (1884), Hühner:
raffen (1885), Taubenraflen (1585), Waller: u.
Biergeflügel (1856), Die jagdbaren Tiere Euro:
pas (1886), Deuticher Hundelport (1886), Mo:
dell:Brieftauben- Album (1587), Kalender f.
Hunde-, Geflügel:, Kaninhen: ıc. Züchter und
Siebhaber (1587), Hunderaſſen (Nichtjagdbunde)
el und Bilderbuch für Heine Hundelichhaber
ss7).
Gehörte 1881 der Allgemeinen Ge:
flügel-Zeitung in Wien als Mitredafteur
an; dieſes Blatt iſt jeit dem Tode des
Chefredafteurs und Herausgebers einge:
gangen. Früher in Hamburg anfällig, do:
miziliere feit April 1886 in Lechenich
(Rheinprovin;).
Bunge, Rudolf, wurde am 27. März
1836 in Köthen geboren, beſuchte die
Schule jeiner Vaterjtadt und ging nad)
Baris, um zweds jpäterer Ubernahme
des Geſchäftes jeines Vaters Chemie zu
itudieren. Bon Paris aus befuchte er die
Schweiz, Italien und Galabrien. Durch
ein higiges Fieber wurde er zur Rückkehr
in die Heimat gezwungen. Hier über:
nahm er die väterlihe Fabrik und be—
s7
Bunſen.
ſchäftigt ſich daneben mit ganzer Hin—
gabe literariſch. Seine Dramen haben
die Runde auf faſt allen deutſchen Bühnen
gemacht und ſeine Poeſien ſind von den
beſten Komponiſten in Muſik geſetzt und
werden allerorten geſungen.
Hauptwerke: Blumen (Ged. unter dem Pſeud.
Rudolf, 1854), Heimat und Fremde (Ged. 1864),
Dornröschens Brautfahrt (1867), Der Herzog
von Kurland (Trauerſpiel 1871), Tragödiencyklus
(1875), Die Zigeunerin (Luſtſp. 1878), Schau—
ſpiele (1881), Ausgewählte Feſtſpiele und Opern—
dichtungen (1882), Deutſche Samariterinnen
(1883), Der Trompeter von Säkkingen (1884);
außerdem zahlreiche Beiträge in Zeitſchriften.
|
Bunſen, Nobert Wilhelm, wurde am
31. März 1811 als der Sohn des Pro:
feſſors B. in Göttingen geboren. Er ab:
jolvierte die Gymnasien in Göttingen und
Holzminden und die Univerfität in erſte—
‚rer Stadt als Student der Naturwiſſen—
ſchaften. Nachdem er noch einige Zeit in
Paris, Wien und Berlin Chemie jtudiert
"hatte, habilitierte er ſich 1833 für dieſe
Wiſſenſchaft an der Univerſität feiner
Baterjtadt. 1836 wurde er an das Poly—
tehnifum in Kaſſel, 1838 als außerord.
Profeſſor an die Univerfität Marburg be-
‚rufen, 1541 zum ordentlihen Profeſſor
und gleichzt. Direktor des Chemiichen In—
ſtituts in Marburg ernannt, 1851 nad)
Breslau, 1852 nad) Heidelberg berufen,
wo er noch heute wirkt, nachdem er am
17. Oftober 1851 bei Gelegenheit feines
fünfzigjährigen Doftorjubiläums in An—
erfennung feiner ausgezeichneten Leiſtun—
ıgen und hohen Verdienjte um die Wiſſen—
|
Ihaft zum Geheimrat mit dem Prädifat
Excellenz ernannt worden ilt.
' Hauptwerk: Eiſenorydhydrat, das Gegengift der
arfenigen Säure (1834), Über eine volumetrifche
Methode von ſehr allgemeiner Anwendbarkeit
(1854), Safometriihe Methoden (1857), Chemi:
he Analyſe durch Spektoralbeobachtung (mit
Kirchhof, 1861), Anleitung zur Analyſe der Aſchen
und Mineralmafler (1874).
Bunz, Gottlob, geboren am 15. Juli
1833 zu Großbottwar in Württemberg
als Sohn eines Geiftlihen. Seine Er:
ziehung erhielt er in der vortrefflichen
838
Burian. Burdhardt.
Erziehungsanftalt zu Etetten im Remsthal. der Stadt nad) der Schweiz. Dort hielt
Auf der Univerfität Tübingen widmete er ji, mit medizinischen Studien beſchäf—
er fih dem Etudium der Theologie. Nah tigt, in Züri, Bern und Genf auf, bis
feiner Studienzeit war er einige Jahre er nad dem Staatsftreihe Napoleons,
bei der Redaktion des „Chriftlichen Runft: im Jahre 1852 aus der Schweiz aus-
blatts“ in Stuttgart thätig. Tann trat gewieſen, genötigt war, auf immer Eus
er nad einer Reife in Ofterreih und ropa den Nüden zu kehren und nad) Ame-
Italien wieder in den praftiichen Kirchen: | rifa auszumandern. In Newyork wid:
dienjt ein. Gegenwärtig befleidet er eine mete er ſich der ärztlichen Laufbahn und
Pfarrei in Chmenhaufen bei Reutlingen. fungierte viele Jahre als Arzt der Emi-
Er verüffentlichte in Zeitichriften verfchie: | granten- Behörde des Staates Newyork
dene Arbeiten kunſtgeſchichtlichen, gefhicht: im Caftle Garden und als befuchender
lihen und kirchenpolitiſchen Inhalts. Arzt kranker und armer Einwanderer.
Ton bejonderen Schriften mögen genannt | Eeit dem Jahre 1870 etablierte er ſich
werben: als prakt. Arzt, nachdem er feine offi-
— Dee in ee “ ge —— zielle Stellung als Arzt der Emigranten—
m auf Do aeramer un unſtgeſchi 1 a e H 3
behandelt, ebenſo Ar Winnenthal. "Die eins. Behörde aufgegeben hatte. Seine lite:
firhe zu St. Georg in Tübingen. Tuwingia rariſche Thätigkeit war Anfangs nur auf
illustrata daz iſt das abgebildt Tüwingen im hygieniſche und ſpezifiſch mediziniſche Auf—
Dun a man bl A on Dubireumsfenfänt füge beihränft. Im Jahre 1866 begann
ftände und Geſchichte der Sründungsgeit Der er jeine journaliftiiche Laufbahn als Her
Franzoſenfeiertag am 25. März 1848, Belchrei- ausgeber der in Newyork erſcheinenden
bung des blinden Franzoſentums in Württemberg, maur. Zeitſchrift „Die Reform“. Im
welcher große Aufregung, Nüftung und bewaff- | Jahre 1881 übernahm er die Redaktion
‚nete Auszüge der Bevölferung dem vermeintlichen der Wochenſchrift „Matonia“ für mauri-
SELORENE, che, humane und gefellichaftliche Inter-
Burian, Jojeph Julius, geboren in efien.
Euczamwa in der Bufowina, Ofterreih, am Wurdhardt, Jak, wurde am 25.
24. Oftober 1825. In Lemberg, wohin Mai 1818 in Bafel geboren, abfolvierte
fein Vater als Landesöfonomie-Verwalter | die Eule dafelbft und widmete fi an
berufen wurde, abjolvierte er das in der dortigen Univerfität (1837—1839)
Glaufenburg begonnene Gymnafialſtudium dem Studium der Theologie und gleich—
und bezog im Jahre 1843 die Univer- zeitig der Geſchichte und Literatur. 1839
fität in Wien. Er widmete fih auf bezog er die Univerfität Berlin, um aus:
Wunſch jeines Vaters dort den juridifchen | schließlich den legteren beiden Disziplinen
Etudien, beſuchte aber häufiger noch die obzuliegen. 1844 habilitierte B. fich und
Torlefungen der medizinifhen Fakultät wurde als Profeſſor an die Univerfität
aus Neigung. Im Nevolutionsjahre 1848 feiner Vaterſtadi berufen, wo er noch jetzt
beteiligte er jih an der Erhebung. Im wirkt, auch literariich viel befchäftigt und
Oltbr. 1848 übernahm B. das Kommando | als feiner geiftvoller Kritifer und Lite:
des mobilen Univerfitätsforps und war rarbiftorifer allgemein anerfannt.
einer der acht Verteidigungsleiter gegen die
Belagerungstruppen Wiens. Am 31. Ob
teber verwundet, lag er verborgen, bis jein
Zuftand die Flucht über die Grenze ge:
ftattete. Hierauf Ichte B. in Dresden und
Saupiwerfe: Die Kunſtwerke der belgiſchen
Städte (1842), Jakob von Hechſtaden (1843),
Erzbiſchof Andreas von Krain und die letzte
Konzilverſammlung zu Baſel (1853), Die Zeit
GConftantinö des Eroßen (1854), Die Kultur der
Nenaifiance in Atalien (1855), Cicerone, Anlei:
tung zum Eenuß der Kunſtin erfe Stalins (1855).
Leipzig, beteiligte fid) an der Dresdener
Nevolution und flüchtete nach Einnahme |
Burfhart, Th., i. Jul. Conard.
Yurmeiter.
Burmefter, Ludwig Ernft Hans,
wurde im Jahre 1842 zu Othmarſchen
bei Hamburg geboren, abjolvierte die Leh—
rerabteilung für Mathematik und Natur:
wiſſenſchaft an der techniſchen Hochichule
in Dresden, jtudierte auf der Univerfität
Göttingen, erlangte dafelbit feine Doktor:
Promotion und ftudierte ferner auf der
Univerjität Heidelberg. Nach Beendigung
jeiner Studien war er drei Jahre als
Lehrer der Mathematik u. Phyſik am ehe-
maligen deutihen Realgymnafium zu Lodz
in Ruffiich- Polen thätig. Habilitierte ſich
dann als Privatdozent an der technifchen
Hochſchule zu Dresden und erhielt an der:
jelben die Profeſſur für darftellende und
innthetifche Geometrie. Derjelbe veröffent:
lichte mehrere mathematiiheAbhandlungen
in Zeitichriften, fchrieb ferner über Theater:
peripeftive in der „Allgemeinen Bauzeitung
1884” und als felbjtändige Werke:
Theorie und Darftellung der Beleuchtung ge:
fegmäßig geitalteter Flächen (1871), Grundzüge
der Reliefperfpeftive (1883), Lehrbuch der Kine:
matif I. Band (1886).
Buſch, Morig, wurde am 13. Fer
bruar 1821 in Dresden geboren, widmete
fih dem Studium der Philofophie und
Theologie und doftorierte in legterer Dig:
ziplin. 1849 zu den „Unzufriedenen”“ ge
hörend, wanderte er nad Amerika aus,
doch widerte das dortige Leben und Treis
ben ihn weit mehr nod) an, als die Klein:
ftaaterei daheim. Er fehrte deshalb nad)
faum Sahresfrift in fein Vaterland zurüd
und widmete fih nun ganz der Edhrift-
jtellerei. Daneben unternahm er mehrere
Reiſen in das Ausland, wodurd) fein Ge—
fihtsfreis fi) außerordentlich erweiterte.
Auch redaktionell war B. vielfach thätig
(Grenzboten in ihrer beſſeren Zeit, han—
nov. Kourier ꝛc.). Viele Jahre lebte B.
in unmittelbarer Umgebung des Fürjten
Bismard, der ihn zu mancherlei Miffio:
nen verwandte und ihn mit großem, durch
den echt patriotiiden Sinn M. B’s er:
wedten Vertrauen beehrte. Nunmehr lebt
B. in Berlin, bejonders befannt gewor:
89
Buſch.
den durch ſeine vorzüglichen Werke über
Bismarck.
Hauptwerke: Geſchichte der Mormonen (1870),
—* Geſchichte der Internationale (1872), Deut:
her Volkshumor (1877), Deuticher Vollsglaube
(1877), Die gute alte Zeit (1878), Graf Bis-
mard und feine Leute (1878), Tagebuchblätter
(1879), Wunderliche Heilige (1879), Unfer Reichs:
fanzler (1884).
Buſch, Wilhelm, wurde am 15. April
1833 in Wiedenfahl (Hannover) geboren,
zeigte jchon als Knabe eine ganz unge
wöhnlihe Anlage zum Zeichnen; er be
juchte deshalb die Polytechniſche Schule in
Hannover und die Akademie zu Düffeldorf
‚und Münden. Außer vielen Scherzge:
‚dichten, die er felbit illuftrierte, in Witz—
‚blättern, befonders in den „liegenden
ı Blättern”, verfaßte B. die „Münchener
Bilderbogen“, deren föftliher Humor in
Wort und Bild den Namen ihres Autors
ſchnell weit und breit befannt gemacht hat.
Hervorzuheben: Mar und Morit, Der heilige
Antonius von Badua, Pater Filucius, Die fromme
Helena, Abenteuer eined Junggeiellen, Julchen,
Balduin Bählamm, Buſch-Album.
Bufolt, Scorg, geboren 13. Novem:
‚ber 1859 zu Mühlen Gut:Keppurren bei
Inſterburg. Bis zum 11. Lebensjahre
wurde ich von Hauslehrern in dem Haufe
des Pfarrers Paſtenazi zu Jodlauken,
dann in dem des Pfarrers Demwig zu
Puſchdorf unterrichtet. Dieje Erziehung
bradte mich in einigen Fächern verhält:
nißmäßig weit, ließ aber in andern fo
jtarfe Züden, daß ich in denfelben bei der
| mangelhaften Grundlage jtets nur ſchwer
vorwärts fam. 1861 fam ich auf das
Gymnafium zu Infterburg. 1869 erhielt
id) das Zeugniß der Reife und bezog die
Univerfität Königsberg. Daſelbſt trieb
ih zunächſt hit. Studien unter 8. W.
Nisih und W. Mauernbrecher. Erfterer
ift auf meine gejamte hilt. Bildung von
größtem Einfluffe gewejen und er ift mir
in allen Stüden bis zu jeinem Tode ein
treuer Gönner und Berater geblieben.
‚Bei Überweg und Roſenkranz hörte ich
‚viel Philofophie. Als Bergmann nad
90
Buß. Buß.
Königsberg berufen wurde und K. W. einſamen als im Sommer belebten Bade—
Nitzſch nad) Berlin ging, wandte ich mich und Luftkurort. Nah 5 Jahren der reich—
zeitweife ausſchließlich philojophiihen Stu: | jten leiblichen und geiltigen Erfriihung
dien zu. Im Jahre 1874 wurde meine
Preisihrift über die Erfenntniktheorie und
Metaphyſik Spinozas von der philojophiichen
Fakultät der Königsberger Univerfität ge:
frönt. 1875 promovierte ich mit zwei
Abhandlungen über die Ideenlehre Spinozas
und den zweiten atheniihen Bund (1875), ſo
daß mir der Doftorgrad in beiden Fächern
zuerfannt wurde. In der Überzeugung,
mehr für die Sejchichte befähigt zu ſein,
wandte ich mich wieder vorwiegend hilt.
Etudien zu. 1875 bis 1876 meilte id)
in Italien und Griechenland und zwar
mit Unterjtügung des kgl. preuß. Kultus:
minifteriums. Die mannigfahen Anre:
gungen und Anſchauungen, die ich auf der
Reiſe erhielt, find von bleibendem Werte
für mich geblieben. 1878 habilitierte id)
mid) in Königsberg mit dem Werk vie
Lakedaimonier und ihre Bundesgenofien (1875)
und wurde im Herbſt 1879 als Nach—
folger des nach Göttingen berufenen Vol:
quardien als Ertraordinarius für alte Ge:
Ihichte nach Kiel berufen. 1881 wurde
id) zum Ordinarius befördert. 1885 er:
ſchien der erite Band meiner griechiſchen
und des glüdlichiten Eheſtandes, rief mich
das Vertrauen der Stadt Zofingen im
Aargau an die dortige erite Pfarritelle,
‚die ich unter den angenehmiten Verhält-
niſſen gleichzeitig mit dem Inſpektorat
über einen Teil der aargauiichen Bezirke:
Ihulen befleidete. Hier jchrieb ih Das
Bergleben in religiöler Beleuchtung. 1879 an
die St. Leonhardsgemeinde in Baſel be:
rufen, griff ich zum Trojt über erlittene
Enttäuſchungen wieder zu alpinijtiichen
Studien, übernahm die mir angetragene
Fortjegung der Wanderitudien aus der Schweiz
des verjtorbenen Brof. Dr. Djenbrüggen,
'gab den 6. Band derjelben heraus und
zog mid) nad) 1’/2 Jahren aus dem Lärm
des Basler Barteihaders wieder in Die
friedliche Stille der Berge zurüd, wo mir
jeither (ſeit 1850) in Glarus ein mei:
‚nen Neigungen entiprechender Wirfungs:
kreis offen ſteht. Wie ih als Student
eine akademische Preisfrage gelöſt hatte,
ſo jollte mir jpäter eine von der Hooper
Geſellſchaft zur Verteidigung der chrüt-
lichen Religion ausgeichriebene Preisfrage
zum eriten theologischen Buche verhelfen,
Geſchichte, dem jest im Herbit der zweite
* dem allerdings eine Menge Aufſätze im
olgen wird.
theologiſchen und kirchlichen Zeitſchriften
vorangegangen waren. In Lank ausge—
Bu, Ernſt, geboren den 15. Februar arbeitet und nad) der Krönung in Zofin—
1543 in Trenifen, Kanton Bafel, als gen umgeichrieben, erſchien daſſelbe 1876
Cohn des dortigen Pfarrers. Nach Ab⸗ uͤnter dem Titel Die hriftliche Miffton, ihre
jolvierung der Schule und Univerfität | prinzipielle Berechtigung und prattiſche Durch:
legte ih mein Eramen ab und empfing führung, veranlafte mich ſpäter zu weis
die Ordination als evangeliiher Geift: tern Schriften über diefelbe Frage Die
licher, jegte meine Studien noch ein Jahr Miſſion einſt und jegt (1883) umd Neue Mil:
in Berlin und Tübingen fort und trat fionsöeftrebungen (1885), wie zur Gründung
1869 in den praftiihen Kirchendienft ein. | und Herausgabe der „Zeitihrift für Miſ—
Verfchiedene, während der Studentenzeit ſionskunde und Religionswiſſenſchaft“ in
unternonmene Reifen nad Paris und Verbindung mit Dr. Th. Arndt:Berlin
den Süden Franfreihs, nad Wien ꝛc., und X. Doppel in Haubach-Heſſen, führte
brachten mir vielerlei Anregung. Nach zur Gründung des über fait alle pro:
1"/sjährigem Vikariatsdienſt in verſchie- teſtantiſchen Länder verzweigten, von den
denen Gemeinden übernahm ich die Pfarr: Koryphäen der theologiihen Wiſſenſchaft
tele in Lanf, einem im Winter ebenjo getragenen „allgemeinen evangeliſch-pro—
9
Buſſe. Byr.
teſtantiſchen Miſſionsvereins“ und zur ſchen Hauſe der Herren und Grafen von
praktiſchen Anhandnahme neuer Miſſions- Stubenberg, Erbſchenken der Steiermark.
beſtrebungen unter den Kulturvölkern Oſt- In Ungarn erzogen, wo ihre Eltern große
afiens. Dieſen Beſtrebungen ſollte ſei- Güter beſaßen, übte das lebhafte Mäd—
tens der Wiſſenſchaft die öffentliche An— chen nicht nur die gewöhnlichen adeligen
erkennung ausgeſprochen werden, als die Paſſionen, ſondern vertiefte ſich in die
Univerſität Heidelberg 1886 mir als den Pflege der Dichtkunſt und Muſik. Von
Vorſitzenden des genannten Vereins die den von ihr gedichteten und ſelbſt in Muſik
Würde eines Dr. theol. honoris causa | gelegten Erzeugniſſen find hervorzuheben:
verlich. Von andermweitigen, teilweife Drei Lieder im Lolfston, Ich trag im Herzen
gemeinfam mit andern herausgegebenen
Schriften nenne ich ein in mehreren Kans |
tonen eingeführtes Lehrmittel für den Ne:
ligionsunterriht in der konfeſſionell ge:
miſchten Volksſchule und die Familienbibel,
Auszug aus der h. Schrift für Häusliche Erbau—
ung und Jugendunterricht.
Buſſe, Emilie (Ella Weiler). Einer,
angejehenen Kaufmannsfamilie der Rhein⸗
provinz entiproffen, erblidte ih) am 23.
Januar 1835 in Hünshoven bei Machen |
Obgleich ich - von |
das Licht der Welt.
Jugend auf das lebhaftejte Intereſſe für
unfere deutiche Literatur hatte, fo würde
ih es doch damals nicht gewagt haben,
ſelbſt mit literarischen Verſuchen an die
Dffentlichkeit zu treten. Erit als Witwe |
(eines höheren Beamten) griff ich zur Feder. |
Meine Bemühungen wurden auch bald in.
iofern belohnt, als kleine Geiftergeichichten
in Zeitichriften freundlihe Aufnahme
fanden.
Butjcher, Auguit, wurde am29. März
1845 in Othmarsreuthe in Württemb. ge:
boren und im Wailenhaufe zu Weingarten
erzogen, da feine Eltern früh veritarben,
ihn als kleinen Knaben allein zurücklaſſend.
Er widmete fi dem Lehrerberuf und
wurde 1570 in Untermardthal a.d. Donau,
1880 in Ehlingen angeftellt.
Hauptwerke: Kleine Blumen, Eleine Blätter
(Ged. 1866), Zeritreute Blätter Ged. 1872),
Nelken und Reſeden (Ged. 82), Bilder aus ber:
— (1884), Die gelbe Kravatte (Hum.
verwitwet geweſene Gräfin Zichy von
Vaſonykeö, entſtammt dem uralten ſteiri—
eine Wunde, Mein Herz iſt ſchwer ꝛc.
Buyr, C., ſ. Konrad C. Beyer.
Byr, Rob. ſ. v. Bayer.
C.
Calion, J. ſ. J. C. Poeſtion.
Camillus v. d. Donau, ſ. Belo—
lawek⸗Morgan.
Campe, C. v., ſ. C. v. Dincklage—
Campe.
Cappilleri, Hermine, wurde am 13.
Januar 1840 in Peſt als die Tochter des
Gutsbeſitzers Czigler von Veecſe geboren.
Sie verlebte ihre erſte Jugend auf dem
elterlichen Gute, wo ſie auch den erſten
Unterricht erhielt, bis ihre Eltern nach
Wien überſiedelten. Hier wurde ihre Er—
ziehung vollendet. Früh ſchon regte ſich
in dem jungen Mädchen der Hang zum
Dichten, und die hübſchen Erfolge, welche
ihre erſten poetiſchen Verſuche errangen,
zeichneten ihr die Laufbahn als Dichterin
vor. Auch trat ſie bald an die Spitze der
Redaktion eines belletriſtiſchen Blattes.
1870 verband ſie ſich mit Wilh. Cap—
pilleri (ſ. d.) zu glücklichſter Ehe.
Hauptwerke: Jugendträume (1858), Liederkranz
(1859), Boefiegeitalten (1863), Aus der Tiefe
(1573), Streifzüge auf dem Gebiete des Kultur:
lebens (1855).
Gappilleri, Wilhelm, wurde am 21.
‚November 1554 zu Salzburg geboren,
Buttler, Anna Gräfin von, vorhin
erhielt feine Vorbildung in Wien, nad)
deren Vollendung er dajelbit das Kon—
jervatorium befuchte und bei damaligen
92
Garion. Garriere.
Meiftern bramatiichen Unterricht empfing, | welche mit den Konjequenzen des Darwi-
um fih der Bühne zu widmen. Nacd | nismus harmonieren. Bon feinen jelbs
mehrjährigem Wirken als Schauſpieler | ftändigen Merten find hervorzuheben:
übernahm er die Direktion des deutichen — (1848), Plug — — ——
Theaters m Brody, gab dieſe Stellung Bewutfein, Mille 1876), Der Men als
jebod wegen ungenügender Subvention Sersitzwed (1877), Grundlegung der Ethif (1881),
bald wieder auf und ging nad) Hamburg, | Entwidlung und Glüdjeligteit (1886), außerdem
wo er längere Zeit als Dramaturg und | viele Brofhüren, z. B.: Das moderne Fauftredht
Schauſpieler thätig war. 1868 zog C. —— ———— (1863), Oſterreich und bie
nad Wien, gab jeine bisherige Laufbahn er
auf und widmete fich der Schriftſtellerei. &arriere, Moriz, wurde am 5. März
a —— rg 1817 in Griedel (Wetterau) geboren, ab:
üten und Blätter 862), i Schw.
1867), Der Fuchs in der Schlinge (Eſp. 1870), ſolvierte das Gymnaſium Webzlar und
Eine Frauengrille (Lſp. 1873), Zeitlichtle (1875), bezog 1835 bie Univerfität Gießen, fpäter
Brennefleln (1879), Tauperlen (1881), Bühnen: Göttingen und Berlin, um Philoſophie zu
ftüde (1873—1887). Itudieren. Nach Abjolvierung dieſer Hoch—
Carion, Fr, ſ. F. Lubojatzky. ſchulen lebte er einige Jahre, mit Kunſt
Carl, C. . C. Caſſau. ſtudien beſchäftigt, in Italien und habili-
6 Ä il Glifabeth, Kö— tierte ſich, zurüdgefehrt, 1842 als Privat:
REINER. SENEOR, \. Eliſabeth, Kö- pozent an der Univerfität Giehen. 1853
nigin v. Rumänien, wurde er als Profeſſor der Ajthetit nad
Garneri, Bartholomäus Ritter von, München berufen, wo er auch an ber
wurde am 3. November 1821 in Trient | Kunjtafademie über Kunftgeichichte lieſt.
geboren, erhielt feine Vorbildung in Wien C. ift allgemein als einer der hervor:
und beabfichtigte fi dem Studium der | ragenditen Bhilofophen der Gegenwart an-
Philoſophie und Nefthetif zu widmen, wäh: | erkannt, feine Werfe haben bahnbrechend
rend feine Familie ihn für die juridifche | gewirkt und unſer philoſophiſches Willen
Laufbahn bejtimmt hatte. Beide Pläne | außerordentlich bereichert. Außer unzäh:
wurden dur ein jchweres Förperliches | ligen, in Zeitichriften zerftreuten Abhand—
lungen find hervorzuheben: Abälard und He:
Leiden C.'s zeritört, das ihn zwang, Wien |
fofort zu verlaflen, um ein milderes Klima
aufzufuchen und dort längere Zeit zu ver:
weilen. 1857 trat er den Befiß feines
väterlihen Gutes in Steiermark an. Von
hier aus wurde er 1861 in den Landtag
und 1870 in den öſterreichiſchen Reichs—
rat gewählt, in welchen Körperichaften er
mit an der Spite der liberalen Partei
ftand. C. ift ein geſchätzter Mitarbeiter
vieler befjerer Zeitichriften. Er gehört
der fleinen Gruppe von Autoren an,
welche die Frage der Vereinbarung ct
fittliher Grundſätze mit der Entwidelungs:
lehre ernitlid in Angriff genommen hat
und dabei nicht von einer direften Ab:
leitung des Eittlidhfeitsbegriffes von den
Gejegen des „Kampfs ums Dafein“, fon:
dern von Prinzipien ausgegangen iſt,
loiſe (1843), Das Weſen und die formen der
Poeſie (1554), Erbauungsbud für Dentende in
"alten und neuen Dichterworten (1858), Ajthetit
(1559), Die Kunft im Zufammenbange mit der
Kulturentwidelung (1863— 1875), Deutfche Gei-
fteshelden im Elſaß (1871), Die fittlihe Welt:
' ordnung (1877), Agnes (Liebeslieder und Gedan:
Ne (1883).
Carus, Julius Viktor, wurde am
25. Auguft 1823 in Leipzig geboren, ſtu—
dierte dafelbjt von 1841—1845 Medizin
und Naturwiflenfchaften, wurde nad) Ab:
jolvierung der Univerfität Ajfiftenzarzt am
Georgenhoſpital in Leipzig und 1849 als
Konjervator des vergleichend:anatomifchen
Mufeums nad Orford berufen, wo er 2
Jahre verblich, um nad) deren Verlauf
nad) feiner Vaterjtadt zurüdzufehren und
ſich an der dortigen Univerfität zu habi—
Caſſau.
litieren. 1853 zum außerord. Profeſſor
der vergleichenden Anatomie ernannt, als
93
Caſſel.
dagogik der Alten (1882), Fröbel und die Kin—
dergartenpädagogif (1882), Geſammelte pädago:
giſche Aufſätze (1885), Vorſchule der Geometrie
welcher er noch jetzt thätig iſt, literariſch 867), Erhabendes und Belebendes, Erzählungen
befannt geworden beſonders durch Die Ge: | aus großer Zeit (mit Steinberg zulammen, 1883),
[dichte der Zoologie und Durch die vorzügliche | Der —— Humoresken (mit Bartho—
Überjegung der Darwinſchen Werke; fer:
ner find hervorzuheben: Zur näheren Kenntnis
de3 Generationswechjels (1849), Syſtem der tie:
riihen Morphologie (1853), Handbuch der 300:
logie (1863—1875), Bibliotheca Zoologica
(1881), Fauna des Mittelmeers (1885).
Caſſau, Carl, wurde als Sohn des
Salinpedellen Joahim Caſſau in Lüne—
burg am 26. April 1840 geboren, be:
fuhhte feit dem 4. Jahre eine Frauen,
die Seminarſchule und beichäftigte
als Knabe ſchon mit der Dichtkunit,
der er auch als Hauslehrer auf But Diter-
moft in der Familie Lindenberg treu blieb.
Er bezog 1859 das Seminar jeiner Va-
teritabt und ward 1860 zum Lehrer der
ihule in Gelle ernannt. Hier in
eine freiere realiftiihe Strömung geraten,
verbrannte er damals alle feine Jugend:
ie. Im Jahre 1865 berief ihn
der iftrat feiner Vaterjtadt als Leh-
rer an die dortige Bürgers, jet Deittel-
|
fäule. Hier wandte er na - idealen
Richtung wieder zu. Zunächſt mit auto:
hibaftifhen Studien, bejonders Mathe:
matit beihäftigt, warf er ſich, angeregt
von dem lebendigen Streben dortiger Leh⸗
zerfreile, der Schriftitellerei in die Arme,
indem er 1870 durch den damals von Lüben
redigierten „praftiichen Schulmann“ feine
‚erfle Arbeit über „Zinsfaktoren“ veröffent-
| Bald wurde er dann Mitarbeiter
at aller hervorragenden pädagogiihen
Inzwiſchen hatte ſich C. aud) wiſ⸗
rg autodidaktiſch weiter gebildet
ind legte das Mittelichullehrer-Eramen
für Mathematit und Naturwiſſenſchaften
edit Engliich und bald darauf das Rek—
als Eramen in Diagdeburg mit Erfolg
ib. Darauf fegte E. feine chriftitelleri-
be Ehätigkeit fort. Unter feinen Wer:
a
miehre für Mittelihulen (1877), Leſſing
und Goethe im Lichte der Bädagogif (1579), Päz
lomäi zufammen, 1885), Die Schweden in Üülzen
(Nov. 1884).
Caſſel, Paulus Stephanus (Ibn
Zebi), wurde am 27. Februar 1821 in
Sroßglogau geboren. Nach Abjolvierung
des Gymnaftums bezog er die Univerfi-
tät Berlin, wo er unter Ranke's Einfluß
hiltoriihen Studien oblag. Nach Voll-
endung derjelben übernahm er die Re:
daftion der „Erfurter Zeitung“ (1850
bis 1856). m legteren Jahren trat er
von der jüdiichen zur evangelifchen Kirche
über. Nach Aufgabe feiner redaktionellen
Thätigkeit wirkte E. als Bibliothekar an
der fönigl. Bibliothek zu Erfurt und gleich—
zeitig als Sefretär an der dortigen Aka—
demie mit dem Titel Profeſſor. 1859
legte er jein Amt nieder und zog nad)
Berlin. Hier wirft er als Prediger der
Shriftusfirche in fegensreiher Thätigkeit,
gründete an derfelben eine jehr beiuchte
Sonntagsihule nad) engliihem Muſter
und ebenjo ein Kinderheim. ©. ilt durch
feine ausgezeichneten Vorträge ſowohl im
In-⸗ als Auslande befannt geworden, wie
durch feine hiftoriichen, kulturgeſchichtlichen
und literarhiftoriihen Werke:
Hiftorifche Studien (1847), Magyariiche Alter:
tümer (1848), Die Gedichte der Juden (1850),
Von Warfhau bis Olmütz (1851), Über thüring.
Ortönamen (1856 — 1858), Eddiſche Studien
(1857), Die Bücher der Richter und Ruth, theol.:
homiletiſch bearb. (1865), Der Schwan (1860),
Drachenkämpfe (1868), Altkirchlicher Feſtkalender
(1869), Symbola Renati (1872), Vom Wege
nach Damaskus (1872), Über den goldenen Thron
Salomonis (1573), Kaiſer- und Königäthrone in
Geſchichte, Symbol und Sage (1874), Aus quten
Stunden (1874), Das Buch Eſther (1S7S), Die
Symbolif des Bluts (1882), Fredequnde (ISS3),
Aus Literatur und Symbolif (1554), Literatur
und Gefchichte (1835), Zoroaſter (1855), Heidel«
berg und jein Name (1336).
Cerri, Kajetan, wurde am 26. März
1826 in Bagnolo in der Zombardei ge:
boren, er abiolvierte die Schule zu Wien
— Klonstb Seile — — Dee after A-\rh.
FT
Chriſt. —
und beabſichtigte, ſich dem Studium der
Rechte zu widmen, wurde aber in ſeinen
Plänen durch die Ereigniſſe des Jahres
1848 geſtört, wodurch er zu einer mehr—
jährigen Studienreiſe, beſonders nach Ita—
lien, veranlaßt wurde. Zurückgekehrt,
ward er Kandidat beim Miniſterium für
Landeskultur und Bergbau und gleich—
zeitig Profeſſor der italieniſchen Geſchichte
und Literatur am Konſervatorium in
Wien. 1873 wurde er zum Offizial im
Miniſterium des Innern, 1883 zum Hof—
ſekretär im Miniſt. d. Äußern ernannt.
Hauptwerke: Politiſche Liebeslieder (1848),
An Hermine (Ged. 1849), Glühende Liebe (1850),
Inneres Leben (1860), Aretino (1871), Gottlieb,
ein Stillleben (1871), Ein Glaubensbekenntnis
(Zeitftrophen 1872)
Chriſt, Jean, j. 2. Gutbier.
Ehrift, Wilhelm von, wurde am 2.
Auguft 1831 in Geifenheim geboren, jtu:
dierte 1850 — 1853 klaſſiſche Philologie in.
Münden und Berlin, promovierte 1853
und begann jeine Lehrthätigfeit am Mari:
milian-Oymnaftum in München. Nah
fiebenjähriger T
lehrer erhielt er eine Profefſur an der
Univerfiiöt Münden, wo er noch jetzt
wirft, gleichzeitig als Vorſtand des phi-
lologiſchen Seminars, Konfervator des
fünigl. Antiguariums und Mitglied des
Oberſten Schulrates.
König ihn durch die Verleihung des Ver—
dienſtordens der bayriſchen Krone aus,
womit der perjönliche Adel verbunden ijt.
Hauptwerfe: Grundzüge der griehiihen Laut:
lebre (1850), Metrit der Griechen und Römer
(1874); außerdem lieferte Ch. vorzügliche fritiiche,
Ausgaben des Pindar, Homer und Ariftoteles, auch
ift er Mitarbeiter vieler Fachzeitſchriften.
Chriſten, Ada, j. A. v. Breden.
Ghrujen, ſ. 8. R. Uſchner.
& hryſauder, Franz, wurde am 8.
04
hätigfeit als Gymnaſial-
1876 zeichnete der |
Glaar.
ſtändnis für Muſikgeſchichte bekundete er
in ſeinem erſten Werk Über die Molltonarten
in den Volksgeſängen und über das Oratorium
1853). Durch dieſe Schrift wurde er mit
Dehn, Hauptmann und Gervinus bekannt,
mit denen gemeinſchaftlich er die „Deut—
ſche Händelgeſellſchaft“ begründete, deren
Aufgabe, aus der Benennung hervor—
gehend, Ch. ſich zum Lebenszweck machte.
Er gab nunmehr ſeinen Lehrerberuf auf,
um ſich ausſchließlich der Muſikſchrift—
ſtellerei zu widmen und ſeine Forſchungen
auf dem genannten Felde unbehindert zu be—
treiben. Ferner iſt aus Ch.'s liter. Thätig—
feit hervorzuheben: Die vorzügliche Händel:
biographie ı 1S58— 1867) und die Jahrbücher für
mufifalifche Wiflenichaft (1863).
' &laar, Emil, wurde am 7. Oktober
1542 in Lemberg geboren. Er war von
‚feinem Water für den Kaufmannsftand
| befttmmt, fühlte jedoch durchaus feine
Neigung für diefen Beruf, fondern ging
zur Bühne und zwar betrat er die „welt:
bedeutenden“ Bretter zuerit unter Laube
ra ine in Wien), der auch jpäter
jein Freund und Genoſſe blieb, da er
nad) längerer Trennung, während der El.
auf verichiedenen großen Bühnen auftrat,
mit ihm vereint in Leipzig, ſpäter in
Weimar wirkte, bis er 1572 als Ober:
regilleur an das Landestheater in Prag
berufen wurde. 1876 übernahm El.
die Direktion des Berliner Nefidenzthea:
‘ters, 1879 die des Frankfurter Stadt:
' theaters.
Hauptwerfe: Gedichte (1868), Der Friede
(1871), Auf den Knieen (1871), In Homburg
(1871), Die Heimfehr (1872), Gute Geijter
(1872), Simſon und Telila (Lip. 1873), Shelley
( Trauerip. 1874), Gedichte (1885).
Glara, Naimund, j. L. v. Hörmanı.
Glaud:Zaar, Charles (Karl Eaar),
wurde am 3. Juli 1850 von franzöfi-
Juli 1826 in Lübtheen (Medlenb.) geb. ſchen Eltern in Wien geboren, zeigte früh
Er bejuchte die Schule dajelbit und im Neigung und Beruf zur bildenden Kunft
Schwerin, nad) deren Abjolvierung er fi) und Poeſie, mußte fih aber dem Stu:
dem Xehrerberuf zu widmen beichloß. dium der Landwirtichaft widmen. Nach
— — — Intereſſe und Ver- erlangter Selbſtändigkeit wurde er Schau—
* Omnistel, Manz, Auh TI:
95
Claus. Clausen.
fpieler, fanı nad) Anfängen an der Wiener | Berliner Artilleriefchule angeftellt. 1355
Theaterafademie, in Marburg und Brünn | als Profeſſor an das Polytehnifum in
1872 an das zur Zeit von Laube ges | Züri, 1856 an die dortige Univerfität,
gründete Wiener Stadttheater, ſodann an |
das Stuttgarter Hoftheater, wirkte von
1877 bis 1886 wieder an mehreren
Bühnen; jeither in Weimar am Hof:
theater als Schauſpieler und Regiſſeur
angeſtellt, literariſch hauptſächlich als Ver—
faſſer reſp. Bearbeiter und Überſetzer
vieler Bühnenſtücke thätig.
Hauptwerke: Angebetete Eliſabeth (2. 1876),
Die Luſtſpielkonkurrenz (Schw. 1878), Die Gold:
probe (2. 1881), In Monaco (2. 1886), Scar: |
ron’s Nomödianten:Roman (mit Anmerkungen,
1887); UÜberfegungen und Bearbeitungen von
Moliere, Marivaur, Beaumardais, Augier, Du:
mas, Sardou, Erdmann:Chatrian, Labiche, Ob:
net, Baludi, St. Pierre (Paul und Virginie),
Tilfier (Mein Onfel Benjamin).
Claus, Karl Friedvrih Wilhelm,
wurde am 2. Januar 1835 in Kafjel ge
boren, jtudierte Naturwillenichaften, be:
ſonders Zoologie in Marburg und Gießen
(1854— 1858), habilitierte fich im Herbit
1858 in Marburg, ein Jahr fpäter in
Würzburg als Privatdozent für Zoologie,
wurde 1860 als außerord. Profeſſor da—
ſelbſt angeftellt, 1863 als ord. Profeſſor
nah Marburg, 1870 nad) Göttingen und
1873 nad) Wien berufen, wo cr nod) jept
als hervorragender Zoolog und Verfechter
der Descendenzichre lebt. Er iſt zugleidy
Direktor der zool. Station in Trieft und
giebt jeit 1878 die Arbeiten des zool.
Inftituts in Wien in der zool. Station
in Triejt heraus.
Hauptwerfe: Die frei lebenden Gopepoden
(1863), Unterfuchhungen zur Erforichung der genea—
logiſchen Grundlage des Kruſtaceenſyſtems (1876),
Unterfuchungen über die Organifation und Ent:
widelung der Medufen (1883), Die Platysceliden
(1887), Grundzüge der Zoologie (1866, 4. Aufl,
1880), Lehrbuch der Zoologie (4. Aufl. 1887).
Clauſius, Rudolf Julius Emanuel,
wurde am 2. Januar 1822 in Köslin
(Pommern) geboren, widmete fi dem
Studium der Phyſik in Berlin (1840 bis
1844). 1850 habilitierte er ſich dafelbft
und wurde als Lehrer der Phyſik an der
1867 nah Würzburg und 1869 nad)
‚Bonn berufen, wo er noch jet thätig ift.
Unter feinen um die Kenntnis der Phnfif
jehr verdienten Werfen heben wir her:
vor: Über das Weſen der Wärme, berglichen mit
Licht und Schall (1857), Die Potentialfunftion
und das Potential (1859, 4. Aufl. 1885), Ab:
handlgn. über die mechaniſche Wärmetheorie
(1865), Über den Zulammenhang zwifchen den
großen Agentien der Natur (1885).
Clauſſen, Anna Augufte Henriette
(Tante Anna), wurde am 5. Juni 1814
als Tochter eines evangelischen Geijtlichen
zu Tetenbüll geboren, erhielt ihre Aus:
‚bildung im elterlihen Haufe zuerft in
‚ihrer Baterjtadt, jpäter (von 1825 an)
‚in Hafeldorf, wo der Vater als Prediger
‚gewählt wurde. Schließlich fam A. €.
noch ein Jahr in ein Mädcheninftitut
‚nad Altona, um ihre Sprachkenntniſſe
zu vervolllommnen. Zurüdgefehrt, unter:
richtete fie ihre fleineren Gefchwilter und
andere Echülerinnen ihres Vaters. Nach
dem 1859 erfolgten Tode des legteren
fiedelte die Familie nad Itzehoe über.
Hier begann A. E. ihre literarische Thä-
‚tigkeit, indem fie fih an einem Preis—
ausſchreiben beteiligte: Für ſtille Abendſtun⸗
‚den. Dann ſchrieb fie eine Reihe von
Jahren unter dem ob. Pjeudonym: Mag:
dalene Steffens (eine Volksſchr. 1877), Simon
der Jude (1882); außerdem arbeitete jie für
‚ mehrere Beitjchriften.
Cölln, Julius Eduard von, geboren
am 8. Dftober 1831 zu Bremen. Den
nachhaltigſten Einfluß auf meine geiftige
Entwickelung hatte meine hochbegabte, fein:
fühlige und fenntnißreiche, felige Mutter,
‚die es fich mit der Ausdauer echter Liebe
angelegen jein ließ, den Sohn jchon im
‚zarten Jugendalter mit den Echäßen der
Literatur befannt zu machen und die Nei-
gung für edelfte Kunſt im Herzen des
‚Knaben zu weden. Diefes geiftige Erb:
teil ijt immer mein Eigen geblieben.
Unter folcher Einwirkung begann ich ſchon
Cohen. — 96 — Cohn.
ſehr früh die erſten dichteriſchen Verſuche
und rang mit feſtem Willen, mich zu im—
mer ſteigendem Erfolge empor zu arbeiten.
So entſtand vorerſt Lyrik, dann Dramen
und ſpäter wandte ich mich der Helden—
dichtung zu, als der Form der Dichtkunſt,
die meiner Neigung und Begabung am
beiten entipyah. Im Jahre 1865 ver:
öffentlichte . ih unter dem Namen Mar
Freidank eine Sammlung von Lyrik und
erzählender Dichtung. Dann hielten mich
Lebensverhältniffe von mweitern Heraus:
gaben zurüd, bis id) 1884 die Helden:
dichtung König Konrad der Junge erfcheinen
ließ, und zwar unter meinem wirklichen
Namen. Seit dem Frühjahr 1883 hat
mid) eine Lähmung der Füße meiner be:
ruflihen Thätigfeit entzogen und an den
Schreibtiſch gebannt. Von diefem Zeit:
punft an beichäftige id mich ausjchließ-
lich mit Hiftorischen und literarischen Stu:
bien, und als Früchte dieſer erniten Be:
mühungen entjtand eine Reihe größerer
Heldendichtungen, die ich fpäter heraus:
zugeben gedenfe.
Eohen, Emil Wilhelm, geboren am
12. Oftober 1842 zu Nafjaer unweit
Horjens in Yütland, bejuchte das Gym—
nafium in Altona, ftudierte in Heidelberg
und Berlin. 1867—1869 Aififtent am
mineralogiichen Inſtitut in Heidelberg.
In Heidelberg 1869 promoviert, 1871
habilitiert. Won 1872—1873 die ſüd—
afrifaniihen Diamant: und Goldfelder,
ſowie die Oſtküſte zwiſchen Lydenburg und
Delagoa:Bai bereift. 1878 als außer:
ordentlicher Profeſſor für Petrographie
und als geihäftsführendes Mitglied der
Commilfion für die geologiihe Landes:
Unterfuchung von Eljaß-Lothringen nad)
Straßburg berufen. 1884 als ordentl.
Profeflor für Mineralogie und Geologie
nad) Greifswald berufen. Selbjtändig
erichienene Arbeiten:
Die zur Dyas gehörigen Geſteine des füdlichen
Dbenmwaldes (1871), Geognoitiiche Karte der Im:
gegend von Heidelberg, zulammen mit €. ®.
Benede, 2 Blätter (1874 u. 1877), Geognoitis
Ihe Beichreibung der Umgegend von wert;
zulammen mit €. W. Benede (1879—1881
Sammlung von Mifrophotographien zur Veran
Ihaulihung der mikroſtopiſchen Struktur von
Mineralien und Gefteinen (1880—1884), Die
Struftur und Zufammenfegung der Meteoreifen
erläutert durch photographiiche Abbildungen ges
ätter Schnittflächen, zufammen mit Dr. A. Bre
jina (1886).
Cohn, Ferdinand Julius, wurde am
‚24. Januar 1828 in Breslau geboren,
jtudierte 1844— 1850 daſelbſt und in
Berlin Naturwiſſenſchaften, hauptſächlich
Botanik. Er habilitierte ſich 1850 als
Dozent der Botanik, wurde 1859 außer⸗
ord. und 1872 ordentlicher Profeſſor an
der Univerſität Breslau. C. hat ſich durch
feine botanischen Werke, welche meiſt die
jenigen Pflanzen behandeln, die auf der
Grenze zwiſchen Pflanzen⸗ und Tierreich
jtehen, einen Ruf erworben. Hervorzu—
‚heben find: Zur Naturgeſchichte des Protocoe-
eus pluvialis (1851), Die Menfchheit und die
Pflanzenwelt (1851), Unterſuchungen über die Ente
widelungägeichichte der mitroftopifihen Algen und
Pilze (1854), Neue Unterf, über Bacterien
(1872— 1875).
Eohn, M., ſ. A. Mels.
Eohn, Moritz (Conimor), wurde am
8. Januar 1844 in Kreuzburg geboren,
erhielt jeine VBorbildung am Brieger Gym:
nafium und widmete ſich dem Handels»
ftande. Daneben beichäftigte er fich mit
Scriftjtellerei, und nachdem feine Thea⸗
terſtücke mehrfache Erfolge erzielt hatten,
gab er feinen urfprünglichen Zebensberuf
auf, um ſich ausschließlich der Schriftitelles
rei zu widmen. Er lebt in Wien als
lyriſcher Mitarbeiter vieler Zeitfchriften.
Seine Hauptwerfe: er
Der Improvifator (Drama 1874), Vor der,
Che (Dr. 1876), Eine Vifitenkarte (Dr. 1877),
Der goldene Reif (Dr. 1878), In ei e
(Dr. 1881), Im Lichte der Wahrheit (Dr. 1882),
Lieder und Gedichte (1883).
Cohnheim, Julius Friedrich, wurde
am # Juli wi in De Pom—
mern) geboren, abſolvierte das Gymna⸗
ſium zu Prenzlau und die U täten
Berlin, Würzburg und Greifswald a
Colshorn.
Mediziner.
wurde er (1862) praktiſcher Arzt in Ber:
(in, 1864 Affiftent am pathologifchen In⸗
ftitut des dortigen Chariteefrantenhaufes, |
bis er (1868) als Profeſſor für Patho-
logie und pathologische Anatomie nad) Kiel
berufen wurde, wo er bis 1872 wirkte,
da er nach Breslau, 1878 nad) Leipzig
überfiedelte. Hier ift er noch jet, auch
als Direktor der Pathologiichen Anſtalt
thätig.. Außer vielen in Zeitichriften zer
itreuten Arbeiten, find von E.’s verdient:
vollen Werfen die wichtigſten: Unterfuhun:
gen über die emboliichen Prozeſſe (1872), Neue
Unterfuhungen über die Entzündung (1873), Die
Tuberfulofe vom Standpuntte der Infektionslehre
(1876), Borlefungen über allgemeine Pathologie
(1877—80).
Colshorn, Theodor, wurde am 13.
Januar 1821 in Ribbesbüttel geboren,
bejuchte zunächit die heimische Dorfichule,
ipäter das Lehrerjeminar in Hannover,
wurde 1838 als Lehrer in Warmbüttel,
97
1840 in Platendorf, 1843 in Gifhorn,
1848 in Hannover, 1867 am dortigen
Gymnafium angeftellt, wo er noch jetzt
als ordentlicher Lehrer thätig if. |
Hauptwerke: Märchen und Sagen (1854), Licht
um Liebe (1860), Freiheitäfriege (1863), Die
deutlichen Kaifer (1863), Des Mägdleins Dichter: |
wald (9. Aufl. 1881), Deutihe Mythologie
(2%, Aufl. 1877), Balladen und Bilder (1879).
Conard, Zulius (TH. Burkart, Fr. |
Helm), wurde am 8. September 1823 in
Königsberg i. Pr. geboren, abjolvierte
das Gymnafium und die Univerfität da—
jelbft als Student der Medizin. Da dieje
Wiſſenſchaft ihn jedoch wenig anzog, ver:
taujhte er dies Studium mit dem der
Philologie und Geſchichte. Nad) einigen |
Semeftern an der Berliner Univerfität
wurde C. Hauslehrer, daneben viel mit
Ihriftftellerischen Arbeiten beſchäftigt. Als
diefe guten Erfolg hatten, gab er ſich
Schriftitellerei hin, trogdem er
1869 das Unglüd hatte, fajt voll:
Händig zu erblinden. ih
Hauptwerke: Rob. Morton (1859), Evangelien
der That (Ged. 1860), Der entiprungene Ga: ,
Das literariihe Deutihland.
}
Conimor.
Nach jeiner Doftorpromotion | leerenjffave (1861), Der ftumme Bettler von
Beit (1861), Der Glödner von Stodholm (1862),
Der Fluch der Geblendeten (1862), Der Ge:
brandmarfte (1864), Bon Rom nad) Berlin (1864),
Die Apoftel der Finfternis (1865), Die Opfer
von Amalfi (1865), Die Seherin von Louifiana
(1866), Das Vermächtnis des Präfidenten (1867),
Verlorene Kronen (1868), Brot oder Tot (1869),
Der Höllengraf (1869), Die Dame im Schleier
(1870), Zorbeer und Cypreſſe (Ged. 1871).
Eonimor, |. Mor. Cohn.
Eonrad, ſ. Georg Prinz v. Preußen.
Conrad, M. G., wurde am 5. April
1846 in Gnodjtadt (Franken) geboren.
Er wurde jchon frühe dem Lehrerjtande
bejtimmt, jtudierte neuere Sprachen, Kunſt⸗
geihichte und Pädagogik (1864—1868).
In legterem Jahre promovierte er und
wurde als Lehrer in Genf angeitellt.
Nach dreijähriger Thätigkeit als Lehrer,
gab er dieſen Beruf auf, um fich aus:
ſchließlich der Schriftitellerei, die ihn auch
vielfach) ins Ausland führte, fo nad) Frank:
reih, Spanien, England, Belgien ꝛc.,
und die ihm jpäter reiche Erfolge gebracht,
zu widmen. €. ijt einer der talentvoll=
ten Bertreter der neuern realiſtiſchen
Schule in Deutichland, deren von ihm ins
Leben gerufenes Hauptorgan „Die Gefell-
ſchaft“ er ſeit 1885 redigiert. Außer zahl:
reihen in Zeitichriften zerftreuten Arbeiten,
teils novelliftiichen, teils wiſſenſchaftlichen
Inhalts, find von feinen glänzend beur:
theilten Schöpfungen hervorzuheben:
Erziehung des Volkes zur Freiheit (1870),
Peſtalozzi (1872), Humanitas! (1874), Mehr
Licht! (1876), Die Elerifale Schilderhebung (1878),
Die lebten Bäpite (1875), Flammen für freie
Geifter (1879), Barifiana (1850), Franzöfiiche
Charakterföpfe (1852), Madame Lutetia (1583),
Lutetia’3 Töchter (1883), Totentanz der Liebe
(1884), Die Emanzipierten (1887).
Eonrady, Emil von, wurde am 21.
März 1827 in Glogau geboren. Der
Vater, felbit Offizier, bejtimmte den Sohn
früh ſchon für den eigenen Lebensberuf,
und jo genoß der Letztere feine Erziehung
im Kadettenhaufe, nad) deren Vollendung
er die Offiziersfarriere bis zum komman—
—
Gonfertius. — 8 — Contzen.
dierenden General durchlief, als welcher Contzen, Heinrich, wurde am 23. Mai
er 1885 ſeinen Abſchied und ſeinen 1835 zu Stormbruch im Waldeck'ſchen ge—
Wohnſitz in Frankfurt a. M. nahm. boren, beſuchte als Student der Juris—
Geiſtig und körperlich noch friſch, hatte prudenz, wie Staats- u. Kameralwiſſen—
er das Streben, für die Armee, der er ſchaften die Univerſitäten Marburg, Jena
ſo lange angehört, noch zu wirken und und Leipzig, widmete ſich nach erlangter
benutzte er die erlangte Freiheit, um Doktorwürde auch noch theologiſchen Stu—
einige brennende Fragen zur Sprache zu dien und nahm, nachdem er bereits 1861
bringen, woran ihn feine bisherige Stel- in Baſel die venia docendi für Staats—
lung gehindert. 1886 erſchien von ihm wiſſenſchaften erlangt, im folgenden Jahre
eine Broſchüre: Einquartierung und Flurent: Seinen Wohnfig in Leipzig, mo er feine
Ihädigung. Der Zweck derjelben war die fchriftftelleriihe Thätigfeit begann. Am
Regelung der Vorichlagung der Offiziere Herbſt 1868 als afademifcher Lehrer an
bei den jährlihen Manövern und die die Forjtafademie nad Eiſenach berufen,
Einschränkung der Flurentihädigungsfo: Ichrte er dafelbft bis 1870, um dann an
ften. Wichtiger ift die Arbeit, die im dem neugegründeten Bolytehniftum zu
Sommer 1886 erihien: DieAusbildung der Nahen den Lehrftuhl für Nationalöfono:
Infanterie auf dem Ererzierplag. Das Werk mie zu übernehmen. Im Jahre 1875 ging
fol die Zeit bis zum endlichen Erfcheinen C. nah Zürih, wo er an der dortigen
eines neuen Reglements ausfüllen. Es | Univerfität erfolgreich wirkte. Dennod
ift Diefer Arbeit großes Interefje und viel | konnten ihm die, das Zürcher Gcmein-
Anerkennung entgegen getragen worden. weſen beherrihenden politischen Verhält-
Eonfentins, Rudolf Otto, wurde am niffe nicht behagen, und fo zog er fi,
25. Dezember 1813 in Konig geboren, | Namentlich aud) ber Herausgabe größerer
empfing jeine Vorbildung auf dem Königs: nationalöfonomiidher Werte we EN, OR
berger Gymnafium. Unzureichender Mit: | läufig ins Privatleben surüd, n ebenfo
tel halber unterbrach er feine Weiterbil- reuer Anhänger des Königtums von
dung und wurde Offizier. Doch nicht Gottes Önaden und der Wirtihaftspolitit
für lange Reit fonnte einem Jüngling des Furſten Bismard, wie unverföhnlicher
von dem hochitrebenden Geifte E.’s die: Feind des zerfegenden modernen Man⸗
fer Beruf genügen, 1834 trat er zur, Geltertums, fümpfte er als Chefredakteur
Bühne über, um techniſche Studien für | verihiedener fonfervativer Zeitungen
feine geplanten Dramen zu treiben. Ex | tapfer gegen bie Feinde der Regierung,
war num in Dresden, Chemnig, Halle, welchen Namen aud immer dieſelben
Weimar, Eiſenach und Wiesbaden beſchäf— haben mochten. Jetzt leitet er das fon:
tigt; in legtgenannter Stadt ſchrieb er Jervative „Dromberger Tageblatt «Was
fein erites Traueripiel Zefus, das den Dich: | 6. u literariſche Thãtigkeit betrifft, fo find
ter auf den Hohenasperg bradıte. Der | feine nationalöfonomifchen Werfe nament-
Freiheit zurücgegeben, ſuchte und fand €. | (ich rn von Wichtigfeit, weil er auf
wieder Beichäftigung als Schaufpieler, das ittelalter zurücgeht und biejem bie
Ihließlidh in Karlsruhe, mo er noch heute | ag Pest Rüdjicht zuteil werden laͤßt.
lebt, in den legteren Jahren jedoch nur | Y! übrigen erblidt er in der Wiederan⸗
noch fiterarifch thätig. fnüpfung der unterbrodhenen Kontinuität
Hauptwerfe: Brunbild (Trauerfp. 1842), Diez, | Der wiſſenſchaftlichen Bewegung ein weſent⸗
tungen (Afboin, Attila 1881), Noftradamus liches Moment zur Zöfung der von F
(1881), Neue Gedichte (1854), Usus et tyran- | zu Tag fich brennender geftaltenden foziale
nus (1885). Frage. Mehrere von E.’s Werfen fin
Eonftant, W., ſ. K. v. Wurzbach. auch ins Italienische überjegt. Auch ift
Conze.
C. ſeit 1874 korreſpondierendes Mitglied
der R'. Accademia di Scienze, Lettere
et Arti zu Padua.
Hauptwerke; Die Volkswirtſchaftslehre ala Un:
terrichtsgegenſtand auf höheren und niederen Schu—⸗
len (1868), Cinleitung in das ſtaats- und volks—
wirtfchaftlihe Studium, ein Beitrag zur Theorie
und Geichichte der Rationalöfonomie (1870), Ge:
ſchichte der voltswirtichaftlichen Literatur im
Mittelalter (1872), Forſtliche Zeitfragen (1872),
Die Nationalölonomie, ein politisches Bedürfnis
unferer Seit (1872/73), Die foziale Frage, ihre
Geihichte, Literatur und Bewegung in der Gegen:
wart (1872), Die Aufgabe der Volfswirticafts:
lehre gegenüber der fozialen Frage (1875), Über
die foziale Bedeutung der Gegenwart, Hand: u.
Lehrbuch der Nationalöfonomie (1886, 1887).
Eonze, Alerander, wurde am 10. Der |
zember 1831 in Hannover geboren, ab:
jolvierte das dortige Gymnaſium und be—
zog 1851 die Univerfität Göttingen, 1854
die zu Berlin, um Archäologie zu fludie-
ren. 1855 habilitierte er fi in Göttingen
als Privatdozent, wurde 1863 als Pro-
fefior der Archäologie nad Halle, 1869
nah Wien und 1877 nad) Berlin ber
rufen. Inzwiſchen unternahm er mehrere
Forfhungsreifen nad) dem Orient, deren
Refultat er in den Werfen Eine Reife auf
den Sinfeln des Thraziichen Meeres (1860), Reife
auf der Inſel Lesbos (1865), Archäologiſche Un—
terfuhungen auf Samothrafe (mit Niemann und
Hanfer 1875— 1880) veröffentlichte. Außer:
dem hervorzuheben: Meliſche Tongefähe
(1862), Die Bedeutung der klaſſiſchen Archäolo—
gie (1869), Zur Geichichte der Anfänge d. griech.
Kunft (1870— 1873), Heroen⸗ und Göttergeitalten
der griechiihen Kunft (1874).
Gornelia, j. 9. Kiefefamp.
Eornelins, Augufte, wurde 1841 in
Darmitadt geboren. Auf Grund einer
hervorragenden gejanglihen Begabung
erwirfte fie fich vom Könige von Preußen |
ein Stipendium zu ihrer Ausbildung,
mußte aber ihre Zufunftshoffnungen bes
graben, da eine ſchwere Krankheit fie der
Reinheit ihrer Stimme beraubte. Einige
ichriftitellerifche Verſuche, während ihres
Leidens unternommen, fanden Anklang,
fo daß die Autorin ſich ganz der Schrift
99
Cornelius,
ftellerei widmete. Seit mehreren Jahren
lebt fie in Charlottenburg.
Hauptwerfe: Platen in Venedig (Luftip. 1866),
Die blinde Frau (Luſtſp. 1866), Dramatifche
Studien (Luftip. 1867), Er will auf die Bühne
(2uftip. 1867), Die erfannten Götter (2. 1867),
König und Dichter (Sch. 1868), Nur ein Helb
(1877), Das Kind, wie e$ weint und lacht (1885),
Sonnenschein und Regen (1885), Glüdliche Kin
derzeit (1885), Goldmäuschen, der Kobold, das
Riefenfind (1887), Der Strummelpeter (1887);
außerdem überjegt U. E. aus dem Franzöfiichen
und Englifchen.
Cornelius, Carl Adolf, wurde am
12. März 1819 in Würzburg geboren,
widmete fi dem Studium der Philologie
und Gefchichte (Bonn, Berlin: 1836 bis
1841). 1843— 1846 Gymnaſiallehrer in
Koblenz, 1846— 1849 Dozent am Lyceum
Hoſianum in Braunsberg; habilitierte fich
1851 an der Univerfität Breslau als Bris
vatdozent der Gejchichte, wurde 1854 das
jelbjt zum außerordentl., furz darauf in
ı Bonn zum ordentl. Profeſſor ernannt und
1856 nad) München berufen, wo er nod)
jegt wirft.
Die Münfterifhen Humaniften und ihr Vers
hältnis zur Reformation (1851), Gefchichtsquellen
des Bistums Münfter (1853), Gedichte des
Münfteriihen Aufrubrs (1855— 1860), Studien
zur Gefchichte des Bauernfrieges (1862), Die
Niederländiihen Wiedertäufer während der Bes
lagerung Münfters (1869), Die Verbannung
Galvins aus Genf im Jahre 1538 (1886) zc.
Cornelius, Carl Sebaftian, wurde
am 14. November 1819 in Ronshaufen
‚geboren, jtudierte in Marburg und Göt—
‚tingen Mathematik und Naturwiffenichaf:
‚ten und habilitierte fih 1851 in Halle
‚als Privatdozent. Hier wirft er nod
‘jest. Von feinen vielen, auf diefem Lie
‚teraturfeld hervorragenden Schriften nen—
nen wir:
Grundriß der phyſikaliſchen Geographie (1852,
6. Aufl, 1886), Uber die Bildung der Materie aus
ihren einfachen Elementen (1856), Theorie des
| Sehens und räumlichen Vorſtellens vom phyfi«
'faliichen, phyſiologiſchen und piychologiichen
Standpunkt aus betrachtet (1861), Grundzüge
einer Molekularphyſik (1866), Über die Bedeutung
des Gaulalprinzips in der Naturwiſſenſchaft
(1867), Über die MWechlelwirfung zwiſchen Leib
und Seele (1871).
7*
*
KDomamkz, ak S Ra, aftv 1 4.
Correus.
Correus, Heinrich Hermann Emil,
wurde am 10. Januar 1848 zu Nowawes
geboren. Nach ſeiner Vorbildung zu Pots—
dam und Berlin widmete ſich derſelbe dem
Studium der Naturwiſſenſchaften und
wandte ſich pädagogiſchen Beſtrebungen zu.
Er wirkte als Lehrer am Pädagogium zu
Groß-Lichterfelde und in Berlin, gegen:
wärtig am Falk-Realgymnaſium. Als
Schrififteller jchrieb er zahlreiche Aufſätze
naturwiſſenſchaftlichen, hygieiniſchen, pä-
dagogiſchen und pſychologiſchen Inhalts,
welche er in Fachzeitſchriften veröffentlichte.
Im Jahre 1878 gab derſelbe fein bekann—
tes Lehrbuch der Anthropologie heraus, das
gegenwärtig in der dritten Auflage vorliegt.
In demjelben giebt er eine Auswahl des |
anthropologischen Stoffes für Seminarien,
höhere Lehranftalten und die Oberklaffen
der Mittelihulen und mit dem Stoffe
überall zugleich) die Unterweifung in der
Methode. 1885 gab C. feinen Leitfaden
der Anthropologie heraus, welcher genau nad)
den Dispofitionen des Lehrbuches gear:
beitet ift und troß der knappen Bemeſſung
des Stoffes ein ſcharf gegliedertes und
leicht überfichtliches zufammenhängendes
Ganze darftellt.
Eorvinus, Jak. ſ. W. Raabe.
Coſel, Charlotte von (Adel. v. Auer).
Ich bin 1818 in Breslau geboren. Mein
Vater, der im Jahre 1876 als General
der Kavallerie in Schwedt ftarb, war, als
ih geboren murde, Kommandeur des
zweiten Garde-Ulanen-Negiments. Er fo-
wohl wie meine Mutter, geb. v. Auer,
waren Dftpreußen, obwohl beider Fami—
lien nicht daher jtammen. Deine Kind-
heit und Jugend habe ich in Berlin ver:
[ebt, habe meine Erziehung dort erhalten.
An geiftiger Anregung fehlte e8 weder in
der Familie noch in dem Umgangstreis,
den die Verhältniffe ung zuwieſen und, fo
reichlich die Freuden der Gefelligfeit uns
zu Teil wurden, jo jugendfroh wir die:
jelben genoſſen, vor einer verlöfchenden
Wirkung ſchützte uns Erziehung wie Bei:
100
— Coſel.
ſpiel, ſchützte uns das Leben ſelbſt, das
uns vielfach eine recht ernſte Seite zeigte
und zu höheren und allgemeinen Inter—
eſſen anregte, wenn auch nicht in der hin—
reißenden Weife, in der die ſich allmählich
vorbereitenden und ſich immer gewaltiger
geftaltenden Zeitereigniffe fpäter auf Geift
und Gemüt ihre erhebende und Flärende
Wirfung übten. Im Jahre 1848, trau:
rigen Andenfens, nahın mein Vater den
Abſchied, und wir zogen nach Schwedt, wo
er fi fpäter Haus und Garten faufte,
das wir jeßt, 10 Jahre nach feinem Tode,
verkauft, um nad Berlin zurüdzuziehen.
‚Dies der äußere einfache Gang meines
Lebens, in das ein häufiger Zandaufent-
halt in Djtpreußen meinerfeits bei einer
mir jehr befreundeten Familie, jowie ges
meinschaftliche Reifen mit meinen Schwe—
ftern und ein reger Verkehr mit meinen
verheirateten Brüdern, willtommene Ab—
'wechfelung brachten. Irgend ein, von
55 her wirkender Einfluß hat mich
nicht zur Schriftſtellerin gemacht, ich habe
auch nie daran gedacht, es werden zu
wollen. Ich babe fogar fehr wenig Ge:
legenheit gehabt, in literarischen Kreifen
zu verkehren, auch Später nicht, als ich ſelbſt
auf diefem Feld geiltiger Arbeit thätig war.
Als die einzigen Männer von Bedeutung,
die Später in fördernder und ermutigen
der Weife nach diefer Richtung Hin auf
mid wirkten, nenne ich den Profeſſor
Aegidi, den leider früh verftorbenen Pro—
fellor Friedrich Eggers und den Profeſſor
und Domherrn Nögite, Direktor der Ritter:
afademie in Brandenburg und nun aud)
ſchon feit Jahren tot. Es war wohl ein:
fach ein innerer Zug, der mir, erſt zu
Spiel und Scherz, dann zum Ernit die
Feder in die Hand gab. Ich war längſt
Hauspoet und Gelegenheitsdichter für
Freunde und Bekannte, che fih der
Schaffensdrang auf ein weiteres Feld
wagte und die erften Novellen entjtanden.
An Veröffentlihung dachte ich jedod)
dabei nicht. Wie fich aber aus einem
einmal gewagten Anfang das Meitere ents
Gramer.
widelt, wie aus einem eben —
Stoff ein zweiter emporwächſt, wie das
Auge ſich ſchärft für die feineren Züge, |
die ein Charafterbild vervollftändigen, wie |
man das Leben und die Dienichen dabei
fennen lernt und ſich gerade durch dieſe
Erfenntnis mit Vielen ausjöhnt, was halb
verftanden nur abftoßend wirft, das wird
ja jeder Echriftiteller aus eigener Erfah:
rung wiſſen. Ich habe viele Freude an
meinem Beruf gehabt, habe eine jehr wohl:
wollende Kritik erfahren, laſſe aber jegt,
wenn auch mit tiefem Bedauern, die Feder
ruhen. Es hat eben alles feine Zeit, und
wenn Friſche und Reife nicht mehr Hand
in Hand gehen, wenn die uns ſonſt liebjte
und anregendite Beichäftigung anfängt,
förperlich erichöpfend zu wirken, dann,
meine ich, hat man ſich zu fügen und recht: |
zeitig den abſchließenden Punkt unter fein
Etreben zu jeßen.
Hauptwerfe: Novellen (1856—1862), Fuß:
tapfen im Sande (1868), Die barmberzige |
Schweſter (1868), Schwarz auf weiß (1869), Das
Seben fein Traum (1874), Gefammelte Werte
(1874), Im Labyrinth der Welt (1878), Aufge:
löſte Difjonanzen (1878), Der liebe Gott gebt
dur den Wald (1879), Luftichlöfier (1882).
Cramer, Sohann Jakob Wilhelm
Hermann, wurde geboren den 23. Oftober
1817 auf dem Kloftergute Marienſtuhl
vor Egeln, Neg.:Bez. Magdeburg. Er
verlor feinen Vater fchon als Anabe. In
zweiter Ehe vermählte fi die Mutter
mit dem Herzogl. Bernburgiichen Berg:
affeflor, Ipäteren Berg ftommilfionsrat F.
R. von Bulle in Harzgerode. Diejer Im:
ftand war weſentlich beftiimmend für des
Knaben Berufswahl. Durch die Etel:
lung des Stiefvaters hatte der Sohn Ge—
legenheit, das bergmännifche Zeben dafelbjt
fennen zu lernen. Nach der Vorbildung
im Haufe durch die Elementarfchule und
ſpäter durch Hauslehrer befuchte Er. das
Gpymnafium des Klojters „Unferer lieben
Frauen” zu Magdeburg. Im Jahre 1835
trat er in den bergmännijchen Beruf ein,
um ſich zum Staatsdiener bei der preuß. |
Bergverwaltung auszubilden. Unter Leis |
101
—
Cramer.
tung des Königl. Oberbergamts zu Halle
a. S. hielt er ſich zur praktiſchen Aus—
bildung in der Technik auf den Stein—
kohlenwerken zu Löbejün und Wettin im
Saalkreiſe auf, beſuchte ſodann den Kupfer—
ſchiefer⸗ und Braunkohlenbergbau, ſowie
die Kupferhütten in der Grafſchaft Mans—
feld unter gleichzeitiger Teilnahme an
dem Unterricht auf der Bergſchule zu
Eisleben, machte ſich hierauf bekannt an
Ort und Stelle mit dem Salinenbetriebe
in der Provinz Sachſen, dem metalliſchen
Bergbau und dem Hüttenweſen auf dem
Harze, bezog im Jahre 1838 die Uni—
verſität in Halle, im Jahre 1839 die in
Berlin, wo er zugleich auch ſeiner Mili—
tärpflicht genügte. Nach Ablegung der
erſten Prüfungen zum Bergeleven und
Bergreferendar, ſowie nach einigen fach—
männiſchen Reifen in Bayern, Sachſen,
Thüringen und Helfen erhielt er jeine
erſte Anftellung als technischer Bergſekre—
tär bei dem Königl. Bergamte in Eis:
leben, wurde bald darauf als Hülfsar:
beiter an das Oberbergamt nad) Halle
a. S. gezogen und am Schluß des Jahres
1852 zum Bergmeifter dajelbit ernannt,
Im Jahre 1853 legte er die leßte Staats:
prüfung ab und wurde in Folge defien
unter dem 7. Juni deifelben Jahres zum
Oberbergamtsafleflor ernannt unter Bei:
behaltung feiner legten Dienftitellung.
‚Mit der Vereinigung der beiden Berg:
ämter zu MWettin und Eisleben mußte er
feinen Wohnort 1853 nad) Eisleben ver:
legen, wurde aber bereits 1855 zum
Bergamtsdireftor in Nüdersdorf bei Ber-
lin ernannt, welchen Dienit er im felben
Jahre übernahm, worauf feine Ernennung
zum Bergrat erfolgte. Mit der allge:
meinen Maßregel der Aufhebung der
Bergämter 1861 trat er in das Kolle:
gium des Oberbergamts zu Halle a. ©.
ein und wurde zum Oberbergrat und
1874 zum Geheimen Bergrat ernannt.
Hauptwerke: Darftellung der Hauptmomente
in der Nechtö- und Verwaltungsgeſchichte des
Steintohlenkergbaues im Saalfreife (1556), Bei—
Io 0A -Rosttn, MAVV.
Gramm: Burgdorf.
träge zur Geichichte des VBergbaues der Provinz
Brandenburg (1872— 1887), Geſchichte der Königl.
Eiſengießerei zu Berlin (1875;.
Gramm = Burgdorf, Chriitian
Friedrich Adolph Burghard Freiherr von,
geboren 25. Januar 1837 zu Leſſe im
Herzogtum Braunichweig. 1851 in die
Oberſekunda des Gymnaſiums zu Braun:
ihweig. 1853 auf das Collegium Ca-
rolinum dajelbit. In Braunfchweig im
Huuje des Hofpredigers Dr. Heinrich,
102
Credo.
Winter 1876/77 in Rom. Sommer 1877
nah Paris bis 1878 Oftober. Reife
nah Spanien und Nord-Afrika. Wird
1878 zum Mitgliede des braunfchweigis
Ihen Landtags gewählt. Vermählt ſich
am 23. Juni 1851 auf Schloß Kobelau
mit Margarethe von Tihirihfy u. Boe—
gendorff, lebt auf feiner Beligung in
Burgdorf und in Braunfchweig. Nimmt
großen Anteil an dem politiihen Leben
jeiner engern Heimat, bejonders auch nad)
Thiele. 1855 nach Heidelberg, um Rechte: | dem 1884 erfolgten Tode des Herzogs
wiſſenſchaft, Kameralia und Staatswiſſen—
ſchaften zu ſtudieren.
Verkehr im Haufe |
des Freiherrn von Bunien, Heinrich von
Gagern, Robert von Mohl.
Göttingen, 1857 nad) Berlin. 1861 als
Ausfultat. beim Königl. hannoverihen
Amtsgerichte Lüchow in den hannoverfchen
Staatsdienit.
amt Lehe verjegt. Nach der Abjolvierung
des großen Staatseramens 1864 als
Amtsafjellor nah Reinhauien bei Göttin:
gen verjeßt.
Hannover, geht 1866 nad der Schladt
bei
Verwundeten; jcheidet zugleich aus dem
Staatsdienft. 1867: tritt wieder in den
Staatsdienit als Regierungsaffellor bei der
fönigl. Regierung in Breslau, zur Aus: |
‚recht, die Ahnenprobe, der Herr Aſſeſſor.
‚Band Novellen Aus drei Lebenskreiſen.
hilfe 1868 in Beuthen, 1869 als Ver:
treter des Yandrats in Graudenz beichäf-
tigt. 1869 im Oftober tritt er als Kam:
merherr und Intendant des Hof-Theaters
in den Dienjt des reg. Fürjten Neuß j. 2.
1871 Hofmarihall dort. Reorganifiert
das Theater in Gera; nimmt rührig Anteil
an der Gründung der Genoſſenſchaft deut:
ſcher Bühnen-Angehöriger. Nach ſchwerer
Krankheit ſcheidet er aus dem fürſtlichen
1856 nad)
1562 an das Verwaltungs-
1865 an die Landdroſtei in
Zangenjalza dorthin zur Pflege der |
Wilheım. Wird 1885 als Gcihäftsträ-
ger des braunichweigiichen Regentichafts-
rats und als Bevollmädtigter zum Bun-
desrate nad) Berlin gelandt. Nimmt noch
Teil an der Wahl des Prinzen Albrecht
von Preußen zum Negenten des Herzog
tums. Wird 1885 zum Miniſter-Reſi—
denten ernannt und lebt als folcher in
Berlin. Das erite Dial, da E. als Schrift
iteller in die Offentlichfeit trat, war 1856
‚mit der Überjegung einer fleinen erbaus
J
Hofdienſt, unter Ernennung zum Haus:
marſchall. Wird gelegentlich der Delegier—
ten-⸗Verſammlung der Genoſſenſchaft deut⸗
ſcher Bühnen-Angehöriger zum Ehrenmit⸗
gliede der Genoſſenſchaft ernannt. Bringt
lihen Schrift von Newman Hall. Dann
mit einem Band Märchen. Ein Band Ges
dichte erichien in Celle. Unter verichiedenen
Namen erjchienen Novellen, fulturhiftori-
Ihe Skizzen 2c. in Zeitungen und Four:
nalen. Eine Novelle Das Hausgefeg erihien
in Gera; ebenjo drei Zujtipiele; Schlitten,
Ein
In
neuerer Zeit iſt E. mit Publikationen ſei—
ner Arbeiten nicht an die Offentlichfeit ge:
treten, ohne aufgehört zu haben, literariſch
thätig zu fein, joweit feine Arbeiten auf
andern Gebieten ihm dazu Dluße ließen.
rede, Karl Siegmund Franz, wurde
am 23. Dezember 1819 in Berlin ge:
boren; ftudierte 1838 — 1842 in Berlin
und Heidelberg Medizin; doftorierte im
en Jahre; bereite ulsdann
Oſterreich, Italien, Frankreich, Belgien,
die Schweiz, um ſeine Kenntniſſe zu vers
den Winter 1875/76 in Italien zu. | vollftändigen; wurde 1843 Aifiitenzarzt
Wird Herbit 1576 zum Mitgliede der an der Klinik für Geburtshilfe in Berlin,
braunichweigiihen Landesſynode gewählt. | habilitierte fi) 1850 als Privatdozent
Gredner.
für Geburtshilfe an der Univerfität Ber: |
lin; wurde 1852 zum Direktor der Heb—
ammenjchule und zum dirigierenden Arzte
der G.bärabteilung der Charite ernannt,
1356 als Profeſſor der Geburtshilfe und |
Direktor der Hebammenſchule und der Ent:
bindungsanjtalt nad) Xeip;ig berufen,
1860 zum Hofrat, 1870 zum Geheimen
Medizinalrat ernannt. C. hat fih an-
erfannterweile hohe Verdienite um Die
Spnäfologie und Geburtshilfe erworben.
Hauptwerfe: Aliniihe Vorträge über Geburts:
bilfe (1853 —1854), Lchrbuh der Hebammen: |
tunft (4. Aufl. 1886), Geſunde und kranke
Böhnerinnen (1886); außerdem zahlreihe wiſ—
Inihaftlihe Abhandlungen in Fachzeitichriften,
bejonders in dem von ihm in Gemeinſchaft mit
Spiegelberg redigierten „Archis für Gynäkologie.“ |
Gredner, Hermann, wurde am 1.
Dftoser 1841 in Gotha geboren. Er be:
fuhte die Akademie in Klausthal, Bres—
lau und Göttingen, um Geologie zu ſtu—
dieren, vervollfommnete fein Willen durch
längere Reifen in Nordamerifa und ha:
bilitierte fich alsdann (1869) in Leipzig. |
1870 erhielt er dajelbit eine Profeſſur,
wurde 1371 zum Direktor der geologi-
hen Landesunterfuhung Sadjens und
1881 zum Oberbergrat ernannt. Er. iſt
Verfaſſer vieler geologischen Arbeiten von
Auszeihnung, bejonders ragt fein Werk: |
Elemente der Geologie (1872, 4. Aufl. 1878)
hervor. |
Creizenach, Wilpelm Michael An- |
ton, wurde am 4. Juni 1851 in Frank-
furt a. M. als ein Sohn des berühmten |
Literarhiftorifers Theodor Er. und Enkel
des theol. Gelehrten Michael Er. ge:
boren. Nachdem er das Gymnaſium
feiner Waterjtadt abjolviert hatte, bezog
er die Univerfitäten Göttingen und Leip—
zig, habilitierte fih 1879 zu Leipzig als
Privatdozent für Literaturgeihichte und
wurde 1883 als Profeſſor nah Krakau
berufen, wo er neben jeiner afademijchen
Thätigfeit eifrig als Schriftiteller thätig
üt, feinen Familientraditionen getreu, der
Literarhiftorif ſich widmend.
103
Eremer.
Hauptwerfe: Verfuch einer Geichichte des Volks:
Ihaufpiels von Doktor Fauſt (1878), Zur Ent:
ſtehungsgeſchichte des neuen deutihen Luftipiels
(1879), Die Bühnengeihichte des Goetheichen
Fauſt (1881); auch hat E. die 2. Aufl. des Brief:
wechlels zwiſchen Goethe und Marianne v. Willes
mer (1. Aufl. v. Th. Cr.) herausgegeben.
Gremer, Chriitoph. Jof., wurde am
15. Juli 1840 in Bonn geboren, ftudierte
1861—1864 daſelbſt Philoſophie, Ge:
Ihidhte und Kunſt und widmete fidh der
Journalijtif, zuerjt in der Redaktion der
„Bonner Zeitung,” 1564 der „Kölner
Blätter” (Kölnische Bolfszeitung), und war
dann Redakteur der Kölniſchen Handels:
zeitung. Von 1866—1863 betrieb er
medizinische Studien in Bonn, war dar:
nad in Baris bis Juni 1870 journalis
jtiich thätig. Zurüdgefehrt, übernahm er
die Redaktion des „Weitfäliichen Mer:
fur“, 1871 trat er in die der „Germa—
nia” ein. C. lebt nunmehr in Ber:
lin und gehörte urfprünglich zur Gen:
trumsfraftion auch als Abgeordneter (von
1875 an), jchloi ſich jedoch ſpäter aud)
äußerlich mehr der fonjervativen Partei
an, zu der er fich politijch ftets gered)-
net hat. Beranlafjung zu diejer verän-
derten Frontſtellung gab jein energiiches
Eingreifen in die fonjervative ‚Berliner
Bewegung‘, zu deren hervorragenditen
Mitgliedern er zählt. Zeit 1883 vertritt
er als fonjervativer Abgeordneter den der
Reſidenz unmittelbar benachbarten Kreis
Teltow-Charlottenburg. Hauptwerfe:
Aus dem Karliftenlager, (nach eigenen Auf⸗
‚zeichnungen und Studien in Spanien
1874), Die politiihe und foziale Bedeutung
‚der vatifaniihen Definition vom unfehlbaren
Lehramte des römiſchen Papites (1876), Europa,
Rußland und die orientaliihe Frage (1876).
Creſſieux, E., ſ. Cam. Gräfin Seyſſel
d'Aix.
Cron, Klara, ſ. Kl. Weiſe.
ECunectator, ſ. K. A. Rene.
Curti, Theodor (Karl Schoenburg),
wurde am 24. Dezember 1848 in Rap:
ie) Wndsnuch Wilnehm. Ser after 14.
Eurtius,
perswyl geboren. Nach Abfolvierung bes |
Gymnafiums in St. Ballen, der Akade:
mie in Genf und der Univerfitäten Zürich
und Würzburg als Student der Medizin,
begann er feine journaliſtiſche Laufbahn
als Korrefpondent, fpäter Redakteur der
„Srankfurter Zeitung”. 1871—1873
Redakteur der „Et. Gallener Zeitung“,
1873—1878 wiederum Redakteur der
„Srankfurter Zeitung”, feit 1879 Chef:
redakteur der „Züricher Poſt“ in Zürich.
Hauptwerke: Blumenfträuße (Ged. 1868), Jo⸗
hann Elmer (Rom. 1876), Hans Waldmann
(Dram, 1583),
Curtius, Bogumil, ſ. H. Kurkig.
Curtius, Ernſt, wurde am 2. Sep⸗
tember 1814 in Lübeck geboren, abſol—
vierte das Katharineum daſelbſt und ftu—
dierte in Bonn, Göttingen und Berlin
Philologie. Nach Vollendung feiner Stu:
104
— Eyre.
(1852), Die Plaftif der Hellenen an Quellen
und Brunnen (1876), Altertum und ‚Gegenwart
(1877), Ausgrabungen von Olympia (1877. bis
1880), Griechiſche Geſchichte (5. Aufl. 1878
bis 1881), Atlas von Athen (1878), Die Al:
täre von Olympia, Akademiſche Abhandlungen
(1882),
Ehre, A. Frau (A. Erye), wurde
am 11. Juni 1837 in Morms geboren.
Früh Schon regte ſich in dem jungen Mäb-
hen, das feine Erziehung im elterlichen
Haufe empfing, ein dichteriſcher Schaffens:
drang, dem ſpäter eine Reihe von No:
vellen entiprang:
Anna (1874), Not und Erlöfung (1875), Die
Lotosblume (1876), In Bifitentartenformat
(1877), Die Nahtwandlerin (1878), Ein Glüds:
[005 (1880), Warum? (1881), Gabriele (1882),
Die letzte Weihnacht (1883); auch ift N. C.
die vermählt in Darmitadt lebt, Mitar—
beiterin vieler Zeitichriften.
dien bereifte er Griechenland mit Bran-
dis zufammen, ſpäter in Gemeinschaft
mit O. Müller. Zurückgekehrt, promo—
vierte er und habilitierte ſich 1843 an
der Berliner Univerſität, wo er ein Jahr
darnach als außerord. Profeſſor angeſtellt
wurde. Gleichzeitig wurde er zum Er—
zieher des Prinzen Friedrich Wilhelm
von Preußen berufen, den er auch nach
der Univerſität Bonn begleitete. 1856
wurde C. als ordentl. Profeſſor der Hal: |
ſiſchen Philologie und Archäologie nad) |
Göttingen berufen, wo er gleichzeitig die
Direktion des philologiichen Seminars |
übernahm. Hier weilte ev bis 1863, da |
die Univerfität Berlin ihn berief. Von
hier aus betrieb er im Auftrag des deut:
Ihen Neichs feit 1875 Die Ausgrabung
von Olympia. Hier fungiert er auch
als Direktor des Antiguariums und ge: |
hört der Afademie der Wifienfchaften als
deren Sekretär an. Von G’s Merken,
die zu den ausgezeichnetften Schöpfungen
auf dem Gebiete der
Geſchichte zählen, heben wir hervor:
Anecdota delphica (1847), Peloponneſos
(1851— 1852), Beiträge zur Geſchichte und To—
pographie von Kleinaſien (1872), Olympia
Archäologie und
Gzedif, Emil (Hugo Schalt), wurde
‚am 13. Oftober 1853 in Mattfee geb.,
abſolvierte die Schulen in Melk und Satz:
‚burg und widmete fich dem Poſtfach. Er
nimmt nunmehr die Stelle eines Poſtoffi⸗
cials in Wien ein, neben feiner amtlichen
Thätigkeit literariſch, befonders als Lyri⸗
ker, thätig.
Hauptwerke: Lieder (3 Bde. 1876— 1878),
Gedichte (1878), Vom Trinken und Lieben (Ged.
1579), Was mir blieb (Ged. 1880), Marie
(1880), Lieder (1881).
Gzigler, ſ. Cappilleri.
D.
Daelen, Eduard, wurde am 18. März
1545 in Hörde geboren. Der Vater be:
ftimmte ihn urſprünglich für fein eigenes
dad: die Mafchinenbauerei, doch fühlte
ber Jüngling, ausgeftattet mit mandjerlei
Talent und feurigen Geiftes, feinen rechten
Beruf hierfür, fo daß er nad) dem Beſuch
der Barmer Gewerbeſchule und der Ber:
liner Gewerbe-Akademie diefe Laufbahn
aufgab und fich der Dialerei widmete, die
Kunftafademien zu Düffeldorf und Mün—
Dahl.
105
Dahn.
chen bejuchte und ſich in Düffeldorf nie: | geboren. Bald nad) feiner Geburt fiedel-
‚ten die Eltern nad) München über, wo
derlieh.
Neben feiner Porträtmalerei befchäftigte D. fich
auch vielfach literariſch, fpeziell die Humoreske
pflegend: Narrfingen (1879), Der Blid ins Zen:
feit3 (1880), Der Reinfal (1881), Keine Spiel:
verderber (1882), Bismards Himmelfahrt (1882),
Von der Wurſchtigkeit (1883), Das hohe Lied vom
Bier (1884), Die 11 Gebote der Ehe (1885),
Wilhelm Buſch und feine Bedeutung (1886).
Dahl, Friedrid. Ich wurde geboren
am 24. Juni 1856 zu Roſenhofer Bröf,
Kreis Oldenburg in Holftein. Als ich
zwei Jahre alt war, faufte mein Vater
den kleinen Hof Bodhorft bei Gismar,
von wo aus ich ſpäter bis zu meiner
Konfirmation (1872) die Echule zu Kel—
lenhuſen beſuchte. Schon früh hatte ih
ein Intereſſe an allen Naturförpern, die
mich umgaben, obgleid) mir gerade in die:
jer Beziehung in der Dorfichule durch:
aus nichts geboten wurde. Nachdem ich
1'/2 Jahre Landwirt gewejen, wurde mir
endli mein jehnlichfter Wunfch, zu ſtu—
dieren, gewährt. Eeit 1873 beſuchte ich
das Gymnafium zu Eutin von der Quarta
an und verließ dafjelbe 1879 mit dem
Zeugnis der Reife. Schon in Eutin be-
ichäftigte ich mich eingehend mit Natur:
wiſſenſchaften, namentlih Zoologie, ob:
gleich ich darin faſt ausſchließlich auf eigene
Hülfe angewiejen war. Um meinen Blid
über die Fauna unferes Landes zu er:
weitern, jtudierte ic) in Leipzig, Freiburg
i. Br., Berlin und ſchließlich in fiel.
Auf der Univerfität Kiel promovierte ich
1884 zum Dr. phil. Eeit 1885 war
ich Aſſiſtent am zoologiichen Inſtitut der
Univerfität Kiel und am 8. März; 1887
habilitierte ich mid) an diejer Univerfität
als Privatdozent.
Hauptwerfe: Analytifhe Bearbeitung der
Spinnen Norddeutichlands (1883), Beitrag zur
Kenntnis des Baues und der Funktionen der In:
fettenbeine (1884), Die Notwendigkeit der Nelis
gion, eine letzte Confequenz der Darwin'ſchen
Lehre (1886).
Dahn, Felir (Ludw. Sophus), wurde
am 9. Februar 1834 in Hamburg dem
Künftlerpaare Friedrich und Conftanze D.
der Knabe feine Ausbildung erhielt. Nach
Abjolvierung des Gymnafiums widmete
er fid) dem Studium der Rechte (München
und Berlin 1850—57). Nachdem er
1855 zum Doktor promoviert war, habis
litierte er fi) 1857 als Privatdozent in
Münden. 1862 wurde er als außerord.
Profeflor an die Univerfität Mürzburg,
1872 als ordentl. Profeſſor nad; Königs:
berg in Pr. berufen, wo er noch heute
wirft. Neben feiner Lehrthätigkeit übt
er in hervorragenditer Weiſe Schriftftel:
lerei aus. Er ift allgemein als einer der
formgewandteften Meifter auf dem Gebiete
der Reimkunſt und gleichzeitig als der vor:
nehmfte Autor auf demjenigen der belle:
triftifchen Germaniftif anerkannt.
Außer jur. Fachwerken und unzähligen Bei:
trägen zu faft allen befieren Zeitichriften find von
felbftändigen Werfen hervorzuheben: Harald und
Theano (Ep. 1856), Gedichte (1856), Die Könige
der Germanen (1861), Sind Götter? (1874), Nö:
nig Roderich (1875), Balladen (1875), Deutſche
Treue (1875), Ein Kampf um Rom (1876,12. Aufl.
1883), Die Amalungen (1876), Kämpfende Her:
zen (1878), Baufteine (1879), Der Schmied von
Gretna⸗Green (1880), Armin (1880), Odhins
Troft (1880), Der Fremdling (1880), Stalden:
funft (1882), Kleine Romane aus der Völferwan:
derung: Felicitas, Bifjula (1883), Deutiche Ge:
ſchichte (1883— 87), Walhalla, germaniiche Götter:
und Heldenjagen (1884), Gelimer (1885), Die
Kreuzfahrer (1885), Die jhlimmen Nonnen von
Potier (1885), Fredegundis (1856), Urgeſchichte
(1886).
Dahn, Therefc, geb. Freiin v. Drofte:
Hülshoff, Gattin von Felir Dahn, Nichte
der berühmten Dichterin Annette v. D.-9.,
wurde am 28. Mai 1845 in Münfter ge
boren, erhielt eine vorzügliche Erziehung,
welche namentlich auf die regen Geiftes:
talente und Anlagen des jungen lebhaften
Mädchens Nüdficht nahm, jo daß aud
ihre bedeutende mufifaliihe Begabung
(hauptſ. Harfe) gepflegt wurde. 1573 ver:
mählte fie fich mit Felix Dahn und lebt
als deſſen Gattin in Königsberg.
Werke: Gedichte (mit F. D. 1873), Walhalla,
germanifche Götter: und Heldenfagen (mit F. D.
1884), Aventiuren, mittelalterliche Sagen (1887).
Dolton, Sri ul, r6 LANVUNYVYL,
5 aßır yv. \% I
Dambad). —
Dambach, Otto, wurde am 16. De—
zember 1831 in Querfurt (PBrov. Sachſen)
geboren, abjolvierte das Friedrich-Wer—
derihe Gymnaſium und die Univerfität
zu Berlin (1845—51) und legte nad)
Vollendung feines Studiums die jurijti-
ihen Staatsprüfungen ab, worauf er bei
der Staatsanwaltihaft am Stadtgericht
zu Berlin angejtellt wurde, bis er 1862
als Auftitiarius an das Generalpojtamt
berufen wurde. Nachdem er mehrere
Jahre jpäter zugleich zum a. o. Profeſſor
der Rechte an der Univerfität Berlin er:
nannt worden war, wirkfternunmehr gleid):
zeitig neben feinem praktischen Dienit (als
Wirklicher Geheimer Ober-Poſt-Rath) aud)
als Profeſſor der Rechte an genannter
Univerfität. Außerdem iſt er Vorfigender
der Kgl. Preuß. Sachverſtändigen-Ver—
eine, welche gefeglich berufen find, die Fra:
gen über Nahdrud und Nachbildung zu
begutadhten. D. ragt literariich befonders
durch feine Schriften über das Urheber: |
recht hervor: die ſämmtlichen ſ. 9. Ur:
heberrechtsgeiege find von D. entworfen
und im Reichsſstage vertreten worden.
Ebenjo hat er beim Abſchluß der meiſten
neuen deutichen XiterarsVerträge mit:
gewirkt.
Hervorzuheben: Die Gutachten des Preuß.
liter. Sachverſtändigen-Vereins über Nachdruck
(1563, 1574); Geſetzgebung des Norddeutichen
Bundes, betr. das Urheberreht an Schriftwerten
x. (1871): Wufterfchusgeleg (1876), Patent:
geieg (1877); Der deuiſch-franzöſiſche Literar—
Vertrag (1883), Abhandlungen über Nahdrud
und Nachbildung in Holgendorff’s Strafrecht u.
Völkerrecht. Ferner: Beiträge zur Lehre von der
Griminalverjährung (1860); Das Telegraphen: |
Strafrecht (1872); Geſetz über das Poſtweſen des
Deutichen Reiches (4. Aufl. 1881).
Dandelmann, Bernhard, wurde am
5. April 1831 zu Forſthaus Obereimer
bei Arnsberg geboren, erhielt feine Vor:
bildung in Paderborn und widmete fidh
nad Abjolvierung des Gymnaſiums dem
Studium der Foritwillenihaft in Neu:
ftadt:Eberswalde, jpäter an der Univer:
fität zu Berlin. 1855 abjolvierte er fein
Dberförftereramen. 1862 wurde er als
106
Dannehl.
Oberförſter in Hambach, 1864 als Forſt⸗
inſpektor in Potsdam und 1866 als Forſt⸗
meiſter und Direktor der Forſtakademie
Eberswalde angeſtellt. 1868 wurde ihm
als Anerkennungszeichen ſeiner hervor:
ragenden Verdienſte auf dem Gebiete der
Forſtwiſſenſchaft der Titel Oberforſtmeiſter
verliehen. 1867 rief er die „Zeitſchrift
für Forſt- und Jagdweſen“ ins Leben.
‚Außerdem giebt er das „Jahrbuch der
preußiihen Fort: u. Jagdgeſetzgebung und
Verwaltung” heraus (jeit 1867). Das
neben verfaßte er mehrere, von feinen
Fachgenoſſen bejonders anerkannte forit
wiſſenſchaftliche Schriften.
Dannehl,Suftav, wurde am 25. Juli
‚1840 zu Kalbe a. Milde geboren, abjol-
vierte das Gymnaſium zu Salzwedel und
die Univerfitäten Berlin und Halle, wo
bejonders Bökh, Haupt, Droyien, Ger:
hard, Meüllerhof, Bernhardy auf feine
geiftige Richtung einwirften. 1868 wurde
er als Gymnafiallchrer in Rudolftabt,
11870 in Sangerhaufen angeftellt und
wirft nunmehr jeit 1881 als Oberlebrer
am Gymnaſium zu Sangerhaujen. Lite—
rariſch hat D. fich beionders durch fein vor=
zügliches Werk Die Niederdeutſche Sprache und
Literatur (1873) befannt gemadt, ferner
durch Das blutige Jahr (L’annde sanglante
p. Paul Jane), metr. Ueberſetz. (1874), Victor
Hugo, LXebensbild (1885), Anthologie jungvla-
miſcher Dichtung (1854); außerdem ift er Ver⸗
faller mehrerer Quftipiele: Ein Syivefter:
abend, Ein Mißgriff, In Todesängiten, Zange
Kleider ꝛc. Daneben iſt D. ein angejehener
Mitarbeiter einer großen Reihe von Zeit—
ſchriften.
Danneil, Friedrich Hermann Otto, iſt
geb. in Salzwedel in der Altmark am 28.
Mai 1826. Sein Vater war Direktor des
Gymnaſiums und hat als Spezialforſcher
im Gebiete der Geſchichte der Altmark
und des altmärkiſchen Adels ſich einen
geachteten Namen erworben. D. beſuchte
das Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt und
ging 1846 zur Univerſität, um Theolo—
gie zu ſtudieren. In Halle führte der
Danneil,
jegige Brofefjor der Theologie in Jena,
Dr. Hilgenfeld, ihn als fein getveuer Vetter
in das Verjtändnis der Tübinger Theo:
logie (Baur, Zeller, Schwegler u. a.) ein.
Im 2. Studienjahre abjolvierte er jein
Militärjahr und ging 1348 nach Berlin,
wo er bis 1849 blieb. 1849 legte er die
1. theol. Prüfung ab und arbeitete dann
bis 1853 am Gymnaſium feiner Baterjtadt.
Damals wirkte Mafius dort und der Ber:
kehr mit dem Berfaffer der „Naturjtubien‘
wurde ihm zu reihen Gewinn. Inſonder—
heit ließ er fih durd) ihn bejtimmen, zum
Gymnafiallehrer-Eramen zu arbeiten, und
esgelang ihm, die freie Zeit auszunugen und
Ditern 1853 in Halle das Eramen zu
bejtcehen. Nun ging er an das Pädago—
gium zum Kloſter Unfer Lieben Frauen
in Diagdeburg. Das Probejahr wurde
ihm erlaſſen und ihm fofort die unterjte
Hülfslehreritelle übertragen. Damals gab
er jeine Erjtlingsichrift heraus: Das Kir:
chenjahr der Schule. Zwölf Bibelandachten aus
dem Gymnafialleben und ward in Jena zum
Dr. plilos. promoviert. 1857 jchrieb
er Das heilige Bater Ufer, der Chriſten Reichs:
gebet an den dreieinigen Gott. 1858 trat er
in den Ehejtand und 1860 übertrug der
Convent des Klojters ihm die Pfarre in
Niederndodeleben bei Magdeburg. Bald
erweiterte fich fein Gefichtsfreis und er
zog die Gejchichte des magdeb. und nord:
deutihen Bauernjtandes vom Standpunfte
der Kultur in fein Intereſſe. So entitand
eine Geſchichte von Niederndodeleben ſeit
937: Geſchichte des magdeb. Bauernitandes und
des Dorfes Niederndodeleben von 1200—1400.
1864 gab er die Protofolle der eriten luthe—
riſchen Generalfirdjenvifitation im Erzitift Magde—
107
Daſſenbacher.
preußiſche Staat, ein Wächter der heiligen zehn
Gebote und im Jahre 1870ſchrieb er für die
Schullehrer zur Unterlage für die ihnen
aufgegebene Schulhronif Die Dorfihulge:
Ihichte des HerzogthHums Magdeburg. Meiter
gab er 1873 ein Konfirmandenbüclein her:
aus und 1872 einen Fragebogen zur heil.
Schrift zur Beförderung des Bibelver:
ſtändniſſes. An den firdlichen Zeitfragen
beteiligte er fi mit Intereſſe. Als die
Sroingiten nad) Diagdeburg und auf die
umliegenden Dörfer faınen, jchrieb er
1868: Sieben Fragen und Antworten über die
Wiederfunft Jeſu Ehrijti auf Erden; in dem:
jelben Jahre wies er in einer Schrift
über das Nomanifieren auf dieje Firchliche
Beitfranfheit und ihre Gefahr hin. Ebenjo
ſchrieb er 1866 genen die Neigung, das
Beiwerk in der Taufe zu überſchätzen
(Abrenuntiation, Erorcismus u. dgl.) und
|die Hauptiache zu unterſchätzen: Geſchichte
und Beurteilung des altkirchlichen, Iutheriichen
und agendarijchen Taufformulars. Den ſächſ.
Provinzialiynoden hat er, erſt durch Be-
rufung des Kirchenregiments, dann durch
Wahl der Kreisiynoden, feit dem Jahre
1375 angehört und im Jahre 1875 wurde
er in die Drei-Männer-Kommiſſion zur
Ausarbeitung eines Provinzialgeſang—
buches gewählt. Gleichzeitig mit diejer
Arbeit unterzog er ſich mit ſachverſtändigen
Freunden der Revifion des alten magdeb.
Geſangbuches und gab 1882 ein evanges
(ches Schul-Geſangbuch heraus. Zur Luther—
feier im Jahre 1883 bearbeitete er die
Lieder Zuthers nad) der Erlanger Aus—
gabe unter dem Titel: Dr. Martin Luthers
| geiftliche Lieder nad) feinen drei Gefangbüdern
\von 1524, 1529 und 1545.
burg aus den Jahren 1562—1564 heraus und
1871 folgte ihnen die Bearbeitung einer
alten magdeb. Kirchenordnung aus der Zeit von
1400. Im Intereſſe der Landſchulen be:
arbeitete er jeit 1868 das fogenannte Bar:
feber Spruchbuch mit Luthers Katechismus
in urfprünglidem Tert, gab in demjelben
Yuhre, um das Rechtsbewußtſein in der Ju⸗
gend zu beleben, einen Auszug aus dem
preußiihen Strafgejegbuh heraus: Der
Daſſenbacher, Johann E., geboren
1835 zu Vöcklabruck in Oberöjterreich, ſtu—
dierte an den Univerfitäten zu Prag und
Mien und ift jeit 1861 im Gymnaſiallehr⸗
‚amte, nunmehr als Gymnaſial-Profeſſor
in Prag, thätig. Seit jener Zeit vers
öffentlichte er viele Aufiäge über Schul:
‚fragen in Oſterreich, bejonders über das
Inſtitut der Realgymnaſien, über den Bes
Daudert.
ſuch der öjterr. Miittelfchulen, vor allem
aber ijt fein Name in der öjterr. Zehrer:
welt durch den von ihm feit 19 Jahren
jährlich herausgegebenen Schematismus |
der öſterreichiſchen Mittelichulen und durch
den öſterr. Studentenfalender bekannt.
Von feinen wiſſenſchaftlichen Arbeiten zeu:
gen mehrere in den Programmen der Lehr:
anftalten, an denen er wirkte, veröffent-
lihte Programmarbeiten.
Daudert, Ernft®ilhelm, am 10./22.
Februar des Jahres 1829 in Riga ge:
boren, erhielt eine faufmännifche Erzie: | 9
hung, etablierte fi) als felbftändiger Kauf: |
108
mann im Jahre 1853 und hatte als ſol—
cher Gelegenheit, Reifen durch Deutich:
land, Holland und Belgien zu machen,
eignete fich die franzöfiiche, englifche und |
däniſche Sprache an und lernte auf diefe
Meife bei feiner Vorliebe für literarifche
Beſchäftigung die betreffenden Literaturen |
fennen. Kontemplativ veranlagt verfuchte
er ſich Schon in einer jehr frühen Periode |
feines Lebens auf dem Gebiete der Lyrik.
Er war 20 Jahre hindurch Mitglied, zu—
legt PBräfident des Comités, dem die Ver—
waltung des Rigaſchen Theaters anver:
traut ift. Sein Feltipiel Schillers 46. Ge: |
burtstag wurde auf mehreren Theatern auf:
geführt. Seit einer langen Neihe von
Sahren gehört D. auch dem Rigaer „Did;
tervereine“ an, deſſen Präſes er zweimal‘
gewefen ift. Glücklich verheiratet, lebt er
in jeiner Vaterſtadt, teils als Mitglied des
Magiftrats amtlich, teils als Kaufherr gez |
Ihäftlich und endlich in feinen Mußeftun:
den literarifch bejchäftigt.
Gedruckt find von ihm unter dem Pſeudonym
Ernit Wildau „Gedichte“ und unter feinem eigent:
lihen Namen „Lebensblüten”, Liederbud).
Daum, Fr. Aug. Herm. Ich bin
am 10. Mai 1818 in Quedlinburg ge:
boren und habe in Magdeburg das Klo:
jtergymnafium U. 2. Sr. beſucht. 1839
bezog id) die Univerfität Halle, um Theo—
logie zu jtudieren. Diefen Wunſch hegte
ich jchon früh und ungünftige Verhältnifie
De Bary.
und Kämpfe konnten ihn nicht unterdrüden.
Meine beiden theologiihen Prüfungen
beſtand ich 1843 und 1845, war dann
Prädifant in Schkölen bei Naumburg,
Hauslehrer in Pommern und bei Muß
fau und wiederum PBrädifant an der St.
Petrifirhe in Magdeburg. 1852 wurde
ih in Tangermünde zum Prediger er:
wählt und war dort bis 1868, nachdem
ih in Magdeburg ſchon zwei Dichtungen
herausgegeben:
„Der verlorne Sohn” (eine moderne Dichtung)
und „Johannes Hus,‘ der Märtyrer von Konſtanz,
ab ich bier heraus: Magiſter Hus, ein Wedruf
für die deutichen Proteftanten, und fchrieb dann
die Verfolgungen der Evangeliidhen in Böhmen,
Kämpfe und Leiden der Evangelien in Öfter:
reich, Steyermarf, Kärnthen und Krain, auch be-
Jonders im Antereffe des Guſtav-Adolf-Vereins:
Bilder der Not u. Thaten der Liebe aus dem
Gebiete des G.A.V., Geftalten und Bilder aus
dem Gebiete des G.eA.“V. Auch für meine Kon:
firmanden arbeitete ih und gab heraus: die
Scheidelehren der evangel. und römiſchen Kirche,
wie ih in Tangermünde und anderen Orten eis
nen Zweigverein gründete. Ein Heftdhen patrio»
tiicher Lieder war bereits 1848 unter dem Titel:
Deutfchland erjchienen, ein anderes erfchien 1866
unter dem Titel: Ein Lorbeerkranz für Preußens
tapferes Heer.
Im Jahre 1868 wurde ih nah Gr.
Leinungen bei Sangerhaufen berufen, um
wieder Ordnung berzuftellen, was mir
auch nach vielen Kämpfen gelang. Dann
erfolgte 1876 eine Berufung nad) der
Stadt MWanzleben und hier gab ich eine
epiiche Dichtung heraus:
Guſtav Adolf in Deutihland. Dann im In:
terefie der folonialen Bejtrebungen erfchien 1885
im geographiichen Inſtitut in Weimar ein Heft:
chen: Stanley’s Forihungsreile quer durch Afrika,
1886 ein zweites: Die Erforihung der Nilquellen
und nächſtens wird ein drittes erfcheinen: Land
und Leute von Madagasfar.
De Bary, Heinrich Anton, geb. den
26. Januar 1831 zu Frankfurt a. M. er:
hielt feine Vorbildung auf dem Gymna—
fium und an den von Vereinen unterhal-
tenen naturwiſſenſchaftlichen Bildungsans
jtalten feiner Vaterſtadt, ftudierte dann
(1849—53) in Heidelberg, Marburg und
Berlin Medizin und ließ ſich nad) beftan-
denem Staatseramen in Frankfurt als
Dechent.
Arzt nieder. Die Abſicht, dieſen Beruf mit
dem eines naturwiſſenſchaftlichen Dozenten
zu vertauſchen, beſtand ſchon vor Ab—
ſchluß des Medizinſtudiums, und bereits
1854 fand ſich Gelegenheit, ſie durch die
Habilitation als Privatdozent an der Tü—
binger Univerſität auszuführen. Herbſt
1855 wurde De B. als Profeſſor der Bo—
tanik an die Univerſität Freiburg berufen.
1867 ſiedelte er in gleicher Eigenſchaft nach
Halle über, 1872 endlich an die neu ge—
gründete Univerſität Straßburg, an wel
her er, ungeachtet vielfaher Berufungen,
109
v. d. Deden.
‚dortigen Berforgungshaus, die er 7 Jahre
‚lang bekleidete. Nachdem er den Doktor:
titel fih erworben, jchrieb er eine Neihe
von Artikeln über Gegenitände der Kir:
chengeſchichte und Kunftgefchichte für ver:
ſchiedene Zeitichriften. 1879 wurde er
als Pfarrer an die Baulsfirche berufen.
‚Seit diefer Zeit hat fich fein literariiches
Intereſſe bejonders der Kirchengefchichte
Ssranffurts zugewandt, während er Ans
fangs fi hauptſächlich mit der altchrift-
lichen Kirchengeſchichte beſchäftigt hatte.
Er hielt eine Reihe von Vorträgen in
verblieb, und wo ihn feine Kollegen da- dem Verein für Geſchichte und Alter:
durch auszeichneten, daß fie ihm bei der
eriten Wahl eines Rektors diejes Amt über:
trugen. Seine wifjenichaftlihe und jchrift:
ftelleriiche Thätigkeit erſtreckt ſich über fait
alle Gebiete der Botanik, das paläontolo-
giihe ausgenommen. Der Stand ber
Wiſſenſchaft in feiner Lehrzeit führte feine
Aufmerfiamtfeit befonders auf die niederen
Pflanzen, Algen und Pilze, und mit diefem
umfangreichen Gebiete hat er fih auch in
der Folgezeit bejonders viel beichäftigt.
jelbftändig erfchienenen, von der maßgebenden Kritik
glänzend beurteilten Bublifationen feien bier ges
nannt: Morphologie und Phyjiologie der Pilze
(1865), Bergleihende Anatomie der Brgetationd:
organe der Phanerogamen und Farne (1877),
Morphologie und Biologie der Pilze (1834), Vor:
lefungen über Batterien (1856).
Dechent, Georg Jakob Friedrich
Paulus Hermann, geboren 15. Septem-
ber 1850 in MWefthofen bei Worms, er:
hielt den erjten Unterricht in alten
Sprachen durch feinen Vater, der gleich—
falls Seijtliher war, und befuchte dann
das Wormſer und das Frankfurter Gym:
naſium zur weiteren Ausbildung. 1868
bezog er zum Studium der Theologie die
Univerfität Heidelberg, von wo er nad)
jwei Semeftern nad Göttingen überfie-
Prof. A. Nitiche zu hören. 1871 machte
er das erite, ein Jahr jpäter das zweite
theologische Eramen in Frankfurt a. M.
und erhielt 1372 die Predigerjtelle am
tumskunde; einige diefer Studien jind
r
in den Mitteilungen diejes Vereins er:
Ihienen. Außerdem iſt ihm die Aufgabe
zugefallen, für die allgemeine beutjche
Biographie die Lebensſkizzen von Frank:
furter Theologen zu liefern. 1885 gab
er eine Feitihrift heraus zur eier des
300jährigen Beitehens der Frankfurter
niederl. Gemeinde: Geſchichte der von Ant:
werpen nad) Frankfurt a. M. verpflangten nie
derländiichen Gemeinde Augsburger Konfeljton,
Bon zahlreichen, teils in Zeitfchriften, teigz | welche von dem verftorbenen Pfarrer Dr.
Steiß begonnen war. Die Früchte diejer
Studien über belgiihe Kirchengeichichte
vermwertete er fodann in einer mehr volks—
tümlihen Weife in der Sammlung: Für
die Feite und Freunde des Guſtav-Adolph-Ver—
eins, deren 20., 43. und 45. Heft von
ihm herrühren.
Decken, Auguſte von der (A. v. d. Elbe),
wurde am 30. November 1828 zu Bleckede
geboren. Früh ſchon zeigte ſich in dem
aufgewedten Kinde dichteriiche Begabung,
die in ihrem jpäteren Leben denn auch
zum vollen Ausdrud gelangte. Der Aus:
‚übung ihres fchriftitelleriichen Talentes
gab fie fich erſt eigentlich nad) dem Tode
ihres Gatten hin, da fie nach Hannover
zog, wo fie noch jeßt lebt.
delte, um beſonders die Vorlefungen von 1% Ir
Außer novelliftifchen Beiträgen zu Zeitichriften
heben wir hervor: Junker Ludolfs Gedenfbüchlein
(1878), Chronifa eines fahrenden Schülers (1880),
Die Ridlinger (1881), Lüneburger Gedichten
(1833), Der Bürgermeifterthurm (1885), Braufes
jahre (1885), Dornröschen (1586), Souverän
Dedenroth.
(1886), Brüder Meienburg (1881), Amf, der
Hindu (1884), Heliandsjänger (1884), Um ein
Grafenihloß (1887).
Dedenroth, Eugen Hermann von
(Pitawall), wurde am 5. März 1829 in
Saarlouis geboren, befuchte das Kölnische
Gymnaſium zu Berlin und widmete fich
dem Dffiziersitande. Eine etwas bittere
Satyre aus feiner, Damals ichon fleifigen
Feder bereitete ihm, der zopfigen Offiziers-
Cenſur jener Zeiten wegen, foviel Unan—
nehmlichfeiten, daß er aus dem ftehenden
Heere zur Landwehr übertrat, um aus:
ſchließlich der Schriftſtellerei zu leben.
Später avanzierte er zum Hauptmann,
als mwelder er den 1866er Krieg mit:
madte. Eeit 1873 lebt D. in Kötzſchen—
broda bei Dresden.
Hauptwerfe: Die Schöpfung (1855), Glanz
und Flitter (1856), Der große KAurfürft (1857),
Des Kaiſers Polizei (1858), Deutiche Revolution
(1860% Gefammelte Novellen (1860), Budoir
und Salon (1863), Männer des Volkes (1864),
Die erite Liebe Auguft des Starken (1865), Die
Grafen Harded (1865), Maria Stuart (1865),
friedrih der Grohe (1868), Youis Napoleon
(1868), Wilhelm Tell (1869), Der Händler von
Nachod (1870).
Dehio, Georg Gottfried, geboren zu
Neval den 22. November 1850 als der
Cohn des Wirkl. Staatsrats J. W. D.
Beluchte das Gymnafium feiner Vaterjtadt
und bezog 1869 die Univerfität Dorpat, fic-
delte 1869 nad) Göttingen über, um unter
Leitung von Waitz bijtoriiche Studien, be:
fonders auf dem Gebiete des Mittelalters,
zu betreiben. Promovierte dafelbit 1872,
befuchte noch das Seminar von Sybel in
Bonn und lieh ſich endlih in München
110
Dehn.
| fleineren Unterfuchungen wurde in den
nächſten Jahren veröffentlicht:
2, 9. Alberti und die Bauprojekte Papft Ni—
'folaus V, Zur Geſchichte der Buchſtabenreforra
'in der Renaiffance, Die Kompoſition von Ras
phaels Spafimo di Sicilia. Das Werk ift feit
1884 im Erfcheinen.
Murde 1882 zum außerordentl. Mit:
alied der Kal. bayriihen Akademie der
Wiſſenſchaften ernannt, in welcher er über
die „Geneſis der hriftlichen Baſilika“ vor:
trug, und erhielt zu aleicher Zeit Berufun:
gen an die Univerfitäten Breslau und
Königsberg. Lebt jeit 1883 am leßteren
‚Orte als ordentlicher Profeſſor der Kunſt⸗
geſchichte. Wiederholte Studienreien in
den Jahren 1880—86, dreimal nad
' FSranfreih und zweimal nah Stalien,
‚dienten zur Verbreitung des in Gemein:
ihaft mit dem Architekten ©. v. Bezold
herausgegebenen Werkes: Die kirchliche Bau-
| funft (1884, 1887). Ferner: Altitalienifche Ge
| mälde als Quelle zu Goethe'3 Fauſt (1886),
Romaniſche Nenaifiance (1886).
Dehn, Paul, geb. 9. Auguft 1848
'in Berlin, urfprünglid Buchhändler, ftus
dierte in Straßburg, Stuttgart, München,
| Berlin und Wien. Hauptfſächlich Volks—
wirtichaft (Schmoller, v. Stein). Reifen
nach Konjtantinopel, Athen u. |. w. Haupt⸗
ſchriften: Deutichland und Orient in ihren
wirtichaftspolitiihen Beziehungen (3 Tle.), und
Deutichland nah Diften (3 Te). In Bor:
bereitung außer Fortfegungen der Orient:
‚schriften noch: Zur Politit des Verkehrs.
Seit 1881 in Wien wohnhaft.
Delbrück, Berthold, geb. am 26. Juli
| 842, befuchte das Pädagogium in Halle,
| 1
nieder. Nach Vollendung einer Geſchichte bezog dann Die dortige Univerfität, um
des Erzbistums Hamburg-Bremen im Zeitalter Philoſophie und Philologie zu Itudieren,
der Miſſion (2 Bde. 1877) trat er 1876 eis und vollendete feine Studien in Berlin, mo
nen längeren Aufenthalt in Italien an, | er befonders Sansfrit pflegte. Nachdem er
der hauptlählid der Weiterführung der | den Doftorgrad erworben, wirkte er zeit:
am Rhein und in München begonnenen | weije als Gymnaſiallehrer, habilitierte ſich
kunſtwiſſenſchaftlichen Studien gewidmet dann 1868 in Halle und erhielt ſchon im
wurde. Seit dem Herbit 1877 als Pri- | folgenden Jahre einen Ruf als Profeſſor
vatdozent an der Münchener Univerfität | der vergleichenden Sprachforſchung nad
habilitiert, las ev abwechjelnd über firchen: Jena, als welder er noch jegt dafelbit
und funftgeichichtliche Gegenitände, Von wirkt, literariih beionders durch feine
Delbrück. — 111 — Denifle.
Einleitung in das Sprachſtudium (1880) bekannt ſchungen hochverdient gemacht und ver—
geworden. öffentlichte außer zahlreichen wiſſenſchaft—
— * For lichen Abhandlungen in Zeitſchriften fol—
——— —32 —— gende, unter feinen jelbftändigen Werfen
fitäten (1875). hervorzuhebende Schriften:
Die Kriegswaffen in ihrer biftoriichen Entwides
Delbrüd, Hans, wurde am 11. No: Tung rd ——— * — ei —
. ichen Künſte — 79), Das Tragikomiſche in
vember 1848 in Bergen (Snjel Rügen) — Gegenwart (1880), — 1889.
geboren, abfolvierte das Gymnafium zu k *
Greifswald und die Univerfitäten dajelbft, Denifle, Heinrich Suſo, wurde am
in Heidelberg und Bonn als Student der | 16. Januar 1844 zu Imſt in Tirol ge:
Geſchichte. Nach Vollendung feiner, durch | boren, trat nad) Vollendung feiner Vor:
den Krieg unterbrodhenen Studien wurde ſtudien in den Dominifanerorden zu Gratz,
er Erzieher des Prinzen Waldemar von | Wo er 1866 zum Priefter geweiht wurde.
Preußen (1874— 79). 1881 habilitierte Nachdem er no in Rom am Kollegium
er fich in Berlin als Privatdozent für Ge: | Santi-Thomae de Urbe weiteren Studien
ichichte, 1884 erhielt er an der dortigen | obgelegen hatte, abfolvierte er daſelbſt fein
Univerfität eine Brofeffur. Er giebt die | Leftoratseramen und wirkte ala Lehrer und
„Preußiſchen Jahrbücher“ heraus und | Priefter in Grag, wurde aber 1880 in-
verfaßte eine Neihe von allgemein aner: | folge feiner ausgezeichneten Gelehrſamkeit
fannten biftoriichen Werfen: und Leiftungen vom General des Ordens
Lehen des Feldmarfhalls Graf Neithart von | als Generaldefinitor nad) Rom, 1883 je:
Gneifenau (1880), Hiſtoriſche Schriften (1880), | doch vom Papſte als Unterardivar des
Die Perſerkriege (1886). Vaticaniſchen Archiv an Stelle Balans
Delius, Nikolaus, geb. am 19. Sep: | berufen, in welcher überaus einflußreichen
tember 1813 in Bremen, abfolvierte dag | Stellung er noch heute wirft. Ds Haupt
Gymnaſium dafelbft und die Univerfitäten | feld war das Studium der mittelalter-
Berlin und Bonn als Rhilologe. Doktor: lichen Myſtiker, welches weite Gebiet er
promotion: 1841 zu Berlin. 1855 erhielt als einer der hervorragendften Meiſter be-
er eine Profeſſur in Bonn. Er trat 1879 | berricht, und wandte ſich dem Studium
mit dem Titel Geheimer Regierungsrat in | der mittelalterlihen Univerfitäten zu.
den Ruheſtand. Literariſch ragt D. befon- Seine Hauptmwerfe: Die katholifche Kirche und
s = die Ziele der Menfchheit (1872), Das geiftliche Les
Ken * ausgezeichneter Shakeſpeare- Forz | pen (1873), Das Buch von geiftliher Armut
er hervor.
(1877), Bekehrung Taufers (1880), Sufos Schrif:
Hauptwerke: Die Tiedihe Shakeſpeare⸗Kritik
ten (1878— 80), Die Univerfitäten des Mittels
(1846), Über das englifche Theaterweien zu Shafe:
' alters bis 1400 (1885). Seit 1885 giebt
peares Zeiten (1853), Provencaliiche Lieder (1863), ; : : ‚di it⸗
Abhandlungen zu Shakeſpeare (1878); außerdem ex im Vereine mit Ehrle ©. 3. die Zeit
lieferte er eine vorzügliche Überſetzung von Shafe: ſchrift: Archiv für Literatur— und Kirchenge⸗
ſpeares Werten. sügliche ſet u 5 Ichichte des Mittelalters heraus.
Delmar, Eva, f. D. v. Eifenftein. | Denkt, V. M. Otto (D. v. Schaching),
wurde am 23. März 1848 in Chading
Demmin, Auguft, wurde am 1. April | (Bayern) geboren, erhielt ſeine Vorbildung
1823 in Berlin geboren, betrieb jeine im Klofter Metten, feine weitere Ausbil
Studien dafelbft und in Baris, wo er einen | dung im Gymnaftum zu Regensburg. Yon
großen Teil jeines Lebens zubrachte. 1872 | da aus bezog er das Yehrerfeminar Straus
zog er nad) Wiesbaden, wo er noch jegt | bing. 1870 als Lehrer in Vilshofen ans
lebt, ausſchließlich feinen Forſchungen er: | gejtellt, mußte ev bereits nad) zwei Jah:
geben. Er hat fi um die Altertumsforz | ren feiner Lehrthätigfeit jein Amt nieder
— — —— ——— ——— un — — — — — — —
.—
Derboel.
legen infolge eines Konflikts mit feiner
Behörde, hervorgerufen durch die Richtung
feiner Schriftitellerei. Nachdem er hierauf
längere Zeit redaktionell gewirkt hatte, zog
er nad) Breslau, wo er noch jeßt, aue⸗
ſchließlich feiner literarischen Thätigkeit
bingegeben, lebt.
Hauptwerfe: Blumen aus dem Gottesgarten
(1871), Ziberaler Friede (1872), Die Lehre und
die Barteiftrömung unferer Tage (1872), Immer:
gr (1873), Klofter und Töchterfchule 1874),
— Lug und Trug (1874), Blumen und Diſteln
Derboek, C. D., |. C. v. d. Boek.
Dernburg, Friedrich, wurde am
3. Oktober 1833 in Mainz geboren, ſtu—
dierte in Berlin die Rechte und wurde
1860 Advokat in Darmſtadt. Neben ſei—
ner rechtsanwaltlichen Beſchäftigung war
D. ein eifriger Politiker, der auch 1871
in den erſten deutſchen Reichstag gewählt
wurde, deſſen Mitglied er durch zehn Jahre
blieb, zur nationalliberalen Bartei gehörig.
1875 übernahm er die Redaktion der „Na—
tionalzeitung”, der er noch jetzt vorfteht.
Neben feiner hervorragenden politischen
Journaliſtik ift D. auch novelliftiich thätig
geweſen und Mitarbeiter vieler Zeitichrif-
ten; an jelbjtändigen Werfen verfaßte er:
Spaniihe Bilder (1854), Ruffiihe Leute
(1885).
Dernburg, Heinrich, geboren 3. März
1829 in Mainz, widmete ſich dem Stu:
dium der Jurisprudenz an den Univer:
fitäten Gießen und Berlin, nad) deifen Voll-
endung er zum Doktor promovierte und
fih 1851 zu Heidelberg als Privatdozent
für Rechtswiſſenſchaft habilitierte. Schon
im Jahre 1856 erhielt er einen Ruf als
außerordentl. Profeſſor nad) Züri, und
wurde 1355 dort ordentl. Brofeffor. Im
Jahre 1363 ging er als ordentl. Profeſſor
nah Halle, 1873 in gleicher Eigenſchaft
nah Berlin für römiſches Recht. Im
Jahre 1866 wurde er ins Herrenhaus
berufen. Von feinen als vorzüglich an:
erkannten juriftiihen Werfen heben wir
hervor:
112
Deichän.
Geſchichte und Theorie der Kompenfation nach
römiſchem Recht (1852), Das Pfandrecht nad} den
Grundfägen des heutigen röm. Rechts (1860 und
64), Lehrbuch des preuß. Privatrehts (1871— 80),
Das Bormundfhaftsreht der preuß. Monarchie
(1875), Bandelten (1885).
Deichan, Ludwig, Edler von Hann-
jen (Ludwig Sendad), wurde am 3. April
1848 zu Zalatna inSiebenbürgen geboren.
Schon als Kind zeigte er Anlagen zur Ma—
lerei, doch unterblieb die Ausbildung ſei—
nes Talentes Mangels der hierzu nötigen
Mittel. Seine Erziehung genoß erim k.k.
Therefianum in Wien, vollendete 1870
die juridifchen Studien an der Wiener Unis
verfität und trat hierauf in ben Staats—
dienjt. Derzeit ift er Kommiſſär bei der
Wiener Polizei-Direktion. Seine litera=
riſche Thätigkeit begann frühzeitig, und
verjuchte er fih auf den heterogenften Ge-
bieten, ohne indeß ſich voreilig an die
DOffentlichkeit zu wagen. So find denn
auch bisher nur eine Anzahl feiner Ges
dichte, Feuilletons und Novellen zerſtreut
in eitichriften und Anthologien erſchienen.
Nunmehr bereitet der Autor die Heraus
gabe einer Auswahl feiner lyriſchen Dich-
tungen vor.
Destouches, Ernſt von, ift der letzte
männliche Nachkomme einer aus Frank:
reich ftammenden Familie, die zu Anfang
des 18. Jahrhunderts nad) Bayern Fam.
Er wurde am 4. Januar 1843 zu Müns
hen geboren, erhielt in der Pfarrichule
zu St. Anna unter Zeitung des befannten
Pädagogen Ludw. Solereder den eriten
Unterricht, bejuchte dann das Ludwigs:
gymnafium und von 1861—65 die Uni-
verfität zu München, wo er im eriten Jahre
Philoſophie, in den drei folgenden Rechts—
willenichaft jtudierte. Früh ſchon hatte er
die Dlutter verloren, und als dann 1863
auch der Vater ihm durch den Tod ent-
riffen wurde, ftand der Jüngling, ohne
Stüge und ohne Vermögen, allein und
verlaffen da. Boll Feuereifer und Energie
jedoch, ließ er ſich nicht abjchreden, feine
einmal begonnene Laufbahn zu verfolgen.
Detlef.
Bon großem Nupen war ihm denn auch
das ehrenvolle Andenken, das dem geijtig
bedeutenden edlen Vater alljeitig gewidmet
wurde und deſſen Ausflüſſe als ein förder—
liches MWohlwollen dem Sohne zu jtatten
famen. Die Stadt Münden bejonders
war es, die ihm in folcher Weiſe entgegen
fam, indem fie ihm 1863 die Fortführung
der von feinem Vater Ulrih v. D. be:
gonnenen Münchener Stadt-Chronif über:
trug und 1864 ihm eine Stellung als Ad:
latus des mit der Bejorgung des Stadt:
arhivs betrauten Nates bot; gleichzeitig
gewährte fie ihm ein Stipendium, jo daß
er 1865 die Univerjität abjolvieren und
in die Nechtspraris eintreten fonnte. 1868 |
wurde er vom Magijtrat als Direftorial:
fefretär angejtellt und verehelichte ſich bald
darauf mit einer Tochter des Hofſchau—
ipielers Heinr. Büttgen. 1876 zum Sekre⸗
tär im Geheimen Staatsardive und 1880
zum Geheimjefretär ernannt, ward er 1887
mit dem Titel und Rang eines fönigl. Na:
tes ausgezeichnet. In Sejtalt von Orden
und Sonftigen Ehren fand das
feitige Wirfen v. D.'s jowohl als Staats-
beamter, wie als Hiltorifer und Dichter
verdiente Anerkennung.
Hauptwerfe: Chronif der Stadt Münden, Die
Spitäler zu St. Mar und St. Elifabeth zu Mün:
hen, Geichichte des Haus:Ritter-Ordens vom heil.
Georg, Urkundliche Beiträge zur Geihichte Mün:
hens, Geſchichte des St. Elifabeth:-Ordens, Ge:
ihichte der Sangespflege und Süngervereine in
Münden, Münchener Bürgertreue, Münchens
Schützenweſen und Schütenfeite, Säfularbilder
aus Münchens Vergangenheit und viele fleinere
biftorifche Arbeiten in Zeitichriften ıc.; ferner: Aus
der Jugendzeit (Gedichte); Feſtſpiele: Germania,
Der Ehrentag, Viktoria, Märchens Abichied, Mu:
nichia, Schwalbenbotichaft, Bavaria, Lili's Part, |
Des Haufes Schutzgeiſt, Ein Bergleetraum, Roth:
kehlchen ꝛer; Dichtungen: Hildebold von Schwan:
gau, Das deutiche Lied, Fahnenlied, Im Berges:
thal ꝛc., welche von verichiedenen deutfchen Kom:
poniften in Mufif gelegt wurden.
Detlef, Hugo, j. Meta Detlefien.
Detlefien, Emil D., geboren Sep:
tember 1854 zu Huſum, Sohn eines
Bolfsichullehrers. Juni 1877 zu Würz—
Tas literariihe Deutichland.
113
viel: ı
Detto.
burg zum Dr. phil. promoviert. Diſſer—
tation: Über Didenwahsthum cylindrifher Or:
gane. Fernere Abhandlungen:
Verfuch einer mechaniſchen Erklärung des er:
centriihen Didenwahstums verholzter Achſen
und Wurzeln (1881), Über die von Ch. Darwin
behauptete Gehirnfunftion der Wurzelipigen
(1882), Über die VBiegungselafticität von Pflan:
zenteilen (I. Ti. 1884, II. Te. 1887). Wie
bildet die Pflanze Wurzel, Blatt und Blüte?
Willen der Gegenwart, Bd. 50.
Detto, Wild. Albert, geboren 25.
Februar 1845 in Seehaufen i. d. Alt
marf, beiuchte das Gymnaſium zu Sten-
dal, ftudierte in Berlin 1864—1867 Ge—
ſchichte und Philologie, jet angeftellt als
Oberlehrer am Gymnafium in Wittſtock.
Er veröffentlichte das zur Einführung in
das Verjtändnis des Horaz vorzügliche
Hülfsmittel: Horaz und feine Zeit (1883).
Deumeland, Heinrih, wurde am
8. April 1822 zu Mörje geboren, wo fein
Vater Landwirtichaft betrieb. Früh ſchon
mußte der Knabe auf dem Felde feines
Vaters mitarbeiten und fonnte ſomit nur
‚eine mäßige Schulbildung erlangen troß
‚feiner Wißbegier und feines, päter durch
‚eigene Weiterhülfe bethätigten Lerneifers.
‚Nah dem Tode jeines Vaters übernahm
D. die „Wirtſchaft“ deitelben, wo er nod)
jest lebt. Er lieferte eine Neihe von, metjt
plattdeutichen Gedichten und Humoriftiichen
Aufſätzen in Zeitichriften; als jelbftändige
Werke erſchienen:
Dei Ackerjagd tau Vorigeslewen (1875), Hapät—
jen ut minen Blaumenjahren (1878), Kicheri
(1885), Quiectjorg Kicheri (1886) ꝛe.
Deutſch, Chr., ſ. I. A. H. Ebrard.
Devrient, Otto, wurde als ein Sohn
des berühmten Schauipielers Eduard D.
‚am 3. Oftober 1538 in Berlin geboren.
Nach Vollendung feiner Schulitudien ging
er, alter Familientradition getreu, zur
Bühne und wirkte in Stuttgart, Berlin,
‚Leipzig, Karlsruhe und Weimar. 1876
wurde er infolge feiner hervorragenden
Inſcenierungstalente als artiftiicher Leiter
‚des Nationaltheaters nah Mannheim und
=
114
Dewitz. Dieckhoff.
1878 als Intendant an das Stadttheater Salem, Das Bild der Gouvernante, Allerlei Blät—
zu Frankfurt a. M. berufen. 1884 über- ter und Blüten und Für Mütter; außerdem er⸗
nahm er die Direktion des Hoftheaters zu Ihienen mehrere novelliftiiche Beiträge in
Oldenburg, in welcher Eigenidaft er nod) | Zeitſchriften.
jetzt thätig iſ. Dieckhoff, Auguſt Wilhelm, wurde
Hauptwerke: Zchn Minuten Aufenthalt (1866), am 5. Februar 1823 in Göttingen geboren,
ſtudierte dort Theologie und habilitierte
Zwei Könige (1867), ag eg het
Huinen von Athen nad) Kotzebue (1870), Iphi— h )
; ‚fid) 1850 als Privatdozent. 1854 wurde
genie auf Tauris, Tertüberfeg. zu Gluds Oper
(1870), Uthal, Tert zu Mehuls Oper (1870),
Kaifer Nothbart, phantaft. Volksſtück (1871), Ti—
berius Grachus (1571), Was wir bieten, Felt:
jpiel (1873), Bühnen: und Familien-Shafefpeare
mit Ed. Devrient (1874— 75), Goethes Kauft
al3 Mufterium in 2 Tagewerf. bearb. (3. Auf:
lage 1877), Über allen Zauber Liebe (1881), |
Briefe v. Iffland u. Schröder an Werdy (1881),
|
Roſtock berufen.
er zum außerordentlihen Profeſſor in
Göttingen ernannt, 1860 als orbentl.
Profeſſor der hiſtoriſchen Theologie nach
Von feinen, der ftreng
fonfelfionellen Richtung huldigenden Wer:
fen find hervorzuheben:
Die Waldenfer im Mittelalter (1851), Die evan»
Freudenfpiele a. Hofe Herzog Ernft d. Frommen x 5 ice
(1882), Luther, hiftorifches Charatterbild, (4. Auf- | — een
lage 1883). gatoriſche DE ll Die firdlihe Trau—
B78), Gi —
Dewitz, Alexandrine von, geb. Gräfin —— 8* — — rg Frese
Moltte (Charlotte Ernft), wurde am2.Dlai | (1882), Der Ablaßſtreit (1886), Luthers Lehre
1827 als Tochter eines mecklenb. Grund: in ibrer erften Gejtalt (1587).
befigers geboren. Sie erhielt ihre erite| Dieffeubach, Georg Chriftian,
Ausbildung im elterlihen Haufe und ver: | wurde am 4. Dezember 1822 zu Schlig im
lebte die erjten 12 Jahre „im Walde”, Großherzogthum Heilen als Sohn des da—
dann verfaufte der Vater feine Güter und | maligen Stadtpfarrers, fpäteren Ober:
überfiedelte als Oberitallmeijter des Groß: | pfarrers und Defans 2. Chr. D. geboren.
herzogs nad) Neuftrelig. Hier wurde Alex- Von jeinem Vater und Großvater, dem
andrine von Lehrern des Gymnaſiums im | als pädagogiicher Schriftiteller bekannten
elterlihen Haufe unterrichtet, ſpäter voll:
endete der Kirchenrat Kaempfer, ein Schü:
ler Schleiermaders, ihre Erziehung. Sie
genoß eine glüdliche freudvolle Jugend,
gehoben durch die Anregung, welde fie
bei den Freunden ihres väterlichen Haufes
fand. Namentlich war es der intime Ver: |
kehr Emanuel Geibels, von dem fie aud)
ein, in den Werfen des Dichters fehlendes
Gedicht befigt, der auf das Geiftesleben
des jungen Mädchens einwirfte. Endlich
ſchlug die Echeideftunde. Alerandrine ver:
mählte ſich mit dem jegigen Geh. Jultiz-
rat von Dewig. Nach dem Tode eines ge: |
liebten Kindes griff die junge Frau zur
Feder, um Troſt zu ſuchen und zu finden. |
Zuerſt überjegte fie einige Werfe aus dem
Engliihen, dann verfaßte fie auf Ans
regung ihrer Freundin der Herzogin Ga:
roline von Mecklenburg einige Novellen:
Kirchenrat Joh. Ferd. Schlez vorgebildet,
bejuchte er das Gymnaſium zu Gießen
von 1837—1840 und dann bis 1843
die Univerfität dafelbjt und widmete ſich
den Studium der Theologie. Seine Ju—
gendzeit war eine glückliche, beſonders da—
duch, daß er mit einem wenig älteren
Bruder vereint war und fein väterliches
und großväterlies Haus nur wenige
Schritte von einander entfernt ftanden.
Nach dem Bejuh des Prediger-Semi—
nars in Friedberg und Abjolvierung des
zweiten Eramens wirkte D. als Lehrer
in feiner Heimat und in Darmitadt.
1847 trat er als Vifar und Pfarrver—
walter in das Amt ein erjt zu Kirchberg
bei Gichen und dann zu Vielbrunn im
Odenwalde. 1855 folgte er einem Rufe
des Grafen Carl von Schlig gen. von
Görtz in jeine Vaterſtadt, wo er in die
Diet.
2. Stadtpfarrei eintrat. In demjelben
Jahre verheiratete er fih mit Wilhelmine
Hartmann aus Weglar. Im Jahre 1873
rüdte er zur 1. Pfarrftelle feiner Vater:
ſtadt auf als Nachfolger feines Großva-
ters und Waters in der Oberpfarrei.
Neben feinen Amtsarbeiten leitete er meh—
rere Jahre eine Privatſchule in Schlitz.
Außerdem beichäftigte er fich mit literari=
ichen Arbeiten, teils theologischen Inhalts,
teils poetiſchen, namentlich ließ er verichie-
dene Eammlungen von duftigen Gedichten
für Kinder ericheinen. Auch fürtheologifche, |
pädagogiiche, belletriftiihe und politische
Zeitichriften lieferte er viele Beiträge.
Bom Jahre 1872 an war er Mitglied
der heſſiſchen Landesſynode, inderen Geſetz⸗
gebungsausſchuß er wiederholt gewählt
wurde. 1884 verlieh ihm die theol. Fa—
kultät zu Greifswald die Würde eines
Doktors der Theologie.
Hauptwerte: (8. Th. in mehreren Auflagen
erichienen) Evangeliiche Haus: Agende (1853), Wort
und Saframent (1872), Ein Hochzeitsſtrauß (1874),
Bum Geburtstag (1875), 'Kranfenblätter (1862
ff.), Bibelandadhten (1879 — 1884), Evangel. Haus:
andachten (18803), Kleine Evangelien-Poſtille (1885),
Kleine Epiſtel⸗Poſtille (1886); Diarium pastorale
(1857 — 1870); ferner®edichte: Kinderlieder( 1852),
Gedichte (1857), In der deutichen Frühlingszeit
(1871), Aus dem Kinderleben (1878— 1883), Glüd:
liche Kinderzeit (von Fed. Flinzer illuſtr. 1883), Für
unfere Kleinen (Illuſtr. Monatsbl. 1884 u. ff.)
Fröhliche Jugend (1586), Aus vier Reichen (1886),
Daneben giebt D. feit 1883 eine allfeitig aner:
fannte Sammlung von Kinderichriften (von verſch.
-
Berfafiern, auch aus fremden Sprachen überf.)
heraus.
Diet, Auguft, wurde am29. Juni 1850
im Bogefenjtädtchen Barr im Eljaß ge:
boren, erhielt jeine erjte geiltige Ausbil-
115
Dieyich.
Band. 1873 abfolvierte er feine theolos
giſchen Studien und ging nad) Paris, um
fein Willen daſelbſt zu vervollftommnen,
Ipeziell die Vorlefungen in der literarischen
Fakultät (Sarbonne) zu hören. Zurückge—
fehrt, beteiligte er fih an einem theolos
giſchen Preisausichreiben, wobei er den
Eieg errang. 1875 wurde er als Vikar
nad) Hongenbieten, zwei Jahre fpäter in
gleicher Eigenichaft an die Thomaskirche in
Straßburg, Ende 1877 als Pfarrer nad)
Schönburg und 1887 endlich nad Muns
dolsheim bei Straßburg berufen. Trgß der
anftrengenden Berufsarbeiten fand D. Zeit,
fich literariſch zu beichäftigen, zunächſt na=
turgemäß auf dem ihm wichtigiten und in⸗
tereflanteften Gebiete. Hiervon zeugen eine
Reihe von Schriften über innere Miffion
x. Außerdem ift D. Verfaſſer dichterischer
Werke.
Hervorzuheben: Bergſtimmen (1877), Ein
Denkſtein (1878), Zur Feier des 400jähr. Geb.
Luthers (von Neßler fompon. 1883), Klänge aus
| dem Eljah (1886).
| Dieizſch, Emil, geboren den 7. April
‚1829 auf dem Trippitadter Eifenhüttens
werk bei Kaiferslautern. Beſuchte das
Stillwag'ſche Knabeninititut in Frankfurt
a. M., dann das Gymnaſium zu Worms,
Trat dann als Lehrling in eine Apothefe
in flailerslautern. Ward dort 1848 als
‚derzeitiger Sprecher des Kailerl. Turne
vereins wegen eines Aufrufs: „An die
Pfälzer Turner”, verhaftet, doch bald
wieder freigegeben. Nach einem dreijähs
rigen Aufenthalte als Apothefergehülfe
in Radolphzell, Zürih und Mannheim
bezog er von 1850— 1852 die Univerjis
dung in der Volks und höheren Bürger: | tät in München, und als ihm ſpäter wer
Ihule daheim, bis er 1864 das Gymmaz | gen feiner Vergangenheit von 1848 und
fium zu Straßburg bezog, wo er 1868 das | 1849 in politiicher Beziehung Schwierige
Abiturienteneramen abjolvierte. Alsdann | keiten in den Weg gelegt wurden, fiedelte
ging er zur Univerfität, um Theologie zu | er 1854 nad Amerika über. Seitdem
jtudieren. Daneben jchöpfte er fleißig aus | wohnt er in Chicago, wo er zuerjt als
dem Quell der Schönen Literatur, verfaßte | Apotheker, vom Jahre 1865 an bis zum
auch manches Gedicht und jammelte diefe | großen Brande der Stadt als Importeur
Erzeugniffe ſpäter, nachdem die meijten in | von deutichen Apotheferwaaren thätig war,
Zeitichriften abgedrudt waren, zu einem Im großen Feuer verlor er jein ganzes
RD end IHev, sen y 1% *
116
Dillmann. Dippel.
nicht unbedeutendes Vermögen durch den im elterlichen Haufe, verlobte ſich, jung
fajt allgemeinen Banferott aller VBerfiche: noch, mit einem Hauptmann, weldyes Ver:
rungsfompagnien. Nach dem Feuer wurde | hältnis ſpäter jedody wieder gelöjt wurde,
er vom Volfe 1574 und 1876 zum Co: unternahm viele anregende Reifen, auf
roner von Cook County erwählt und denen fie mit manchen bedeutenden Geiſtern
ichrieb als folder 1878 die in der ganz | befannt wurde, die großen Einfluß auf fie
zen englüihen und deutichen Preſſe der | ausübten. Die Hübichen Erfolge, von denen
Union Aufiehen erregende Zeitihrift: ihre „Eritlinge” begleitet waren, veran—
„Crowner’s Qnest's Three annual Reports | laßten E.v. D., ſich ganz der Schriftitellerei
of E. D. Coroner of Cook County (1854),
Kraft und Stoff, aus der Geichichte des deutichen
Volfes. 1856 ſchrieb er im Auftrage der
Groß-Loge des DruidensOrdens in
Waſhington und Philadelphia für die Ver.
Staaten, zum 25jährigen Stiftungsfefte
des Ordens das Melodrama: Die Druiden,
Muſik von ©. W. Richter, Aus den legeljahren
einer angehenden Weltitadt (Erzählungen 1887).
D. ift außerdem Dlitarbeiter am „Puck“
in New-York, an „Der Weiten” und „Da:
heim” in Chicago.
Dillmanı, Chrijtian Friede. Auguit,
geboren den 25. April 1523 in Illingen
(Württemberg), bejuchte das Gymnaſium
inStuttgart und die Univerfität Tübingen,
wo er Philoſophie und Theologie, daneben
orientaliiche Sprachen ftudierte. Nach län:
geren Studienreifen im Orient habilitierte
er fih 1852 als Privatdozent für alt
teftamentarische Exegeſe und orientalische
Spraden in Tübingen, wirkte bier aud)
als außerord. Profeſſor, folgte 1854 einem
Ruf nad) Kiel, wo er 1860 zum ordentl.
Profeſſor ernanntwurde. Nachdem er noch
in Gießen gewirkt hatte, berief ihn Die
Univerfität Berlin, wo er noch jeßt, gleich—
zeitig als hervorragendes Mitglied der
Akademie der Willenichaften, wirft. 1885
wurde D. zum Slirchenrat ernannt. Von
feinen bedeutenden Werfen heben wir ber:
— Buch Henoch (1853), Grammatik der
äthiopiſchen Sprache (1857), Die kleine Geneſis
(1859), Über den Urſprung der altteſtamentlichen
Religion (1865), Ascensio Isaiae (1877).
Dincklage-Campe, Emmy Baro—
zu ergeben. Auf dem Gebiete des Romans
‚ragt fie unter den fchriftjtellernden Frauen
ı hervor.
Hauptwerfe: Hochgeboren (1869), Tolle Ges
ſchichten (1870), Sara (1871), Geſchichten aus
dem Emslande (1872), Rinder des Südens (1873 1,
Im Sirofto (1877), Schule des Herzens (1879),
Wir (1880), Fürftlich Blut (1883), Die Amfiva:
rier (1853), Lieb und Länder (1885), Blutjung
(1886).
Dippel, Joſeph, wurde geboren am
15. Januar 1840 zu MWittibreut in Nieder:
bayern als der Sohn eines in dürftigen
Verhältniffen lebenden Tagelöhners. Er
beſuchte die Elementarichule des Pfarr:
‚dorfes und lenkte durch feine Begabung
‚die Aufmerkiamkeit der Pfarrgeiftlichkeit
‚auf fi, die glaubten, aus dem Knaben
etwas machen fünnen. Nachdem er von
dem dortigen Benefiziaten Joſeph Wejtner
einige Wochen in den Anfangsgründen der
lateiniichen Sprade unterrichtet worden
‚war, trat er 1851 in die Studienanftalt
Paſſau ein, wo er das Gymnaſium durch—
machte und im Jahre 1859 abfolvierte.
Die Liebe zur Philoſophie war in dem
'Süngling mächtig geworden, wehhalb er
ſich auch nicht damit begnügte, die philo-
ſophiſchen Kollegien am fönigl. Lyceum in
Paſſau zu beſuchen, fondern ſich auch viel
mit Lektüre philoſophiſcher Werfe beichäf:
tigte. Im Jahre 1863 Prieſter geworden,
ward ev 1864 zum Hofmeilter des jüngiten
Sohnes des erbl. Neichsrates und fönigl.
Kämmerers Carl Maria von Aretin auf
‚Schloß Haidenburg berufen. Danad) ward
D. von dem damaligen Biichofe von Paſſau
|
nejfe von, wurde am 13. März 1825 in | Heinrich von Hofjtätter an die Univerfität
Campe an d. Ems, dem Stammgute der Würzburg geihidt, um fid) dem philolos
Familie, geboren, genoß ihre Erziehung giſchen Studium zu widmen. Er bejuchte
Dithmar,
dort die philologiihen Vorlefungen und
das philologiihe Seminar und promo:
vierte daſelbſt 1865. Die Differtation hatte
Anerkennung gefunden, jo daß D. 1866
als Profeſſor der Rhilofophie am königl.Ly⸗
ceum in Freifing in Ausfiht genommen |
war, doch zerichlug fich diefer Plan und
D. widmete fich dem feelforglichen Berufe,
in welchem er jeither bejtändig wirft. Doc)
bat derjelbe auch neben diejer Thätigfeit
die philoſophiſchen Studien nicht vernady:
läſſigt. So erſchienen aus feiner Feder
viele Beiträge in philofophiichen Zeitſchrif—
ten. Auch hat er mehrere ſelbſtändige
Werke verfaßt:
Handbuch der Aſthetik und der Geſchichte der
bildenden Künfte (1871), Chriftliche Geſellſchafts—
Iehre (1873), Die beiden Grundfragen der Gegen:
wart (1877), Der neue Spiritismus (1881), Der
neuere Peſſimismus (1884), Die Bedeutung des
fathol. Kirchenjahres für das hriftl. Leben (1887).
Dithmar, ©. Theodor, zu Homberg
in Niederhefien am 10. Dezember 1810
geboren, ward früh mit deutjchen Lie—
dern und namentlich den Hainbundfängern
vertraut, ftudierte von 1828— 1832 Theo:
logie in Marburg, widmete ſich dem höhe:
ren Schulweſen und ward von Bilmar,
dem er in feinen altdeutichen Studien viel
verdankt, an das Gymnaſium zu Mar:
burg berufen, welchem er v. 3.1837 bis
1875 angehörte. Hauptlehrgegenftand war
ihm das Deutſche in Prima, das er
20 Jahre lang mit vieler Liebe be-
forgte. Er verfaßte 1850 ein deutjches
Hiftorienbuch, ſchrieb wiſſenſchaftliche Ab:
handlungen: Über altdeutichen Katechismusunter: |
richt (1848), Über die Entftchung des Neuhoch-
deutichen (1860) und über den heifiichen Poeten |
Hans Wilhelm Kirchhoff, 7 1605 (1867). Auch |
in den Kriegszeiten jchrieb er Gedichte,
welche zu guten Zweden verwertet wurden,
deren Erlös Striegerfamilien zu qute Fam.
Am gediegenjten mögen die poetijchen
Erzeugniſſe von ihm jein, welche er, von
der Vorzeit ausgehend, zu den Jubiläen
der Sämmtlichen heifiihen Gymnaſien
Ichrieb. Diejelben wurden gedrudt und
117
Dito.
meift zum Vortrag bei dem öffentlichen
Feſtakt bejtimmt.
Dito, |. Elifabeth, Königin von Ru—
mãnien.
Dittes, Friedrich, wurde am 23. Sep-
tember 1829 in Irfersgrün im jächjtichen
Bogtlande geboren, befuchte die Nikolai—
ſchule zu Leipzig und die dortige Univerfität
als „Philoſoph“. Bon braven, aber armen
Eltern ftammend, mußte erdieKoften feiner
Studienzeit zumeift jelber erwerben, und
fo kam e8, daß er erjt viel fpäter, als unter
gewöhnlichen Verhältnifien der Fall ge
wefen, fein Studium vollenden und Die
weitere Laufbahn als Lehrer betreten konnte,
Er beitand 1860 das Eramen für das
| höhere Schulamt und promovierte in dem:
jelben Jahre. Danad) wirkte er zu Thal:
heim, dann in Reichenbach, Plauen und
Leipzig, bis er als Subreftor am Gym
naſium zu Chemnig angeltellt wurde.
Nahöjährigertreuer Pflichterfüllungberief
‚der Herzog von Gotha ihn als Direktor
des dortigen Seminars und als Schulrat.
1868 fiedelte er als Direktor des Päda-
gogiums nad) Wien über, in welder Stel:
‚lung er bis 1881 verblieb, um dann in
den Ruheſtand zu treten. Unter feinen,
um die Pädagogik und ihre Förderung
hochverdienten Werfen find hervorzuheben:
Grundriß der Erziehungs: und Unterrichtsichre
(1868), Geſchichte des Unterrichts (1871), Lehr:
| A] * Pſychologie (1873), Methodik der Schule
| *Dittrich, Adolf. Als der Sohn eines
Offiziers am 4. Januar 1829 zu Prag ge—
boren, trat ich 1844 als Kadett in die Ar—
tillerie, kam in das Bombardierkorps, war
1848 vor Wien, 1849 in Ungarn, ver—
ſuchte mich ſpäter in einigen hiſtoriſchen
Arbeiten, gab 1858 eine Schrift: Erinne—
rungen an Mainz, heraus, trat aber im ſel—
ben Jahre — vielleicht hatte ich mich we—
gen meiner Schriftſtellerei verfeindet —
als Oberlieutenant aus der Armee, um
wenige Monate jpäter beim Ausbruche des
Krieges bei einem Freimilligenbataillon
x Dittmon, Manz, SuM. T22.
Döbeln.
einzutreten. Nach dem Feldzuge erlangte
ich mit vieler Mühe einen Poſten bei einer
118
Dörr,
geboren, widmete fih dem Studium der
Theologie, wirkte als Kaplan und Lehrer
Eijenbahn, wobei ih Muße hatte, mid) | in Ajchaffenburg und wurde 1826 als Bro-
ziemlich häufig mit literarifchen Arbeiten | feffor des Kirchenrechts und der Kirchen:
zu befaſſen. Zumeift waren es artilleriftis | geſchichte an die Univerfität München be:
ſche, fortififatorische und allgemein militä- | rufen. Hier lebt er noch heute, auch als
riiche, dann hiftoriiche Arbeiten, Jowie Re: | Bräfident der Akademie der Wiſſenſchaften
zenftonen über militärwillenichaftl. Werke. | thätig. D. machte ſich literariich zuerſt
Nah Errichtung der Landwehr trat ic) in | befannt durch den leidenſchaftlichen Pro—
biefe ein, wobei es mir oft ſehr ſchwer | teftantenhaß, den feine Werke atmeten,
wurde, meine Amts- und meine militä-
riſchen Pflichten zu vereinbaren. Gleich—
wohl jticg jeßt auch meine Schriftftelleriiche
Thätigfeit, und ich wendete mich nun aud)
ber Belletriftif zu. Hervorzuheben wäre
hier: Die Verlobte des Junkers (1882), und
Bürger und Soldat (1553). Nun aber wurde
id) jeit 1882 wiederholt von ſchwerer
Krankheit befallen und mußte nicht nur vor
zwei Jahren aus meinem Amte jcheiden,
ſondern auch meine jchriftitellerifche Thätig—
feit zeitweile einichränfen. Ich ging nad)
Baden, um mid) da vollfommen zu reftaus
rieren, fiedelte darauf in das bei Wien ge:
legene Zainz und von da nad) dem Wiener
Vororte Währing über, um mid) ganz
den Studien und der Feder zu widmen.
Döbeln, 3. v., ſ. F. Kießling.
Döderlein, Ludwig, wurde geboren
1855 zu Bergzabern; ftudierte zu Erlan:
gen, Dünen, Straßburg; war 1878/79
Probefandidat am Gymnafium zu Mül-
haufen i.E ; dann zwei Jahre Dozent für
Naturgeihichte an der Medizinihule in
Tofio, Japan; bereijte einen größeren Teil
von Japan, fowie die Liu-Kiu-Inſeln zum
Studium der Meeresfauna; fehrte 1882
mit reihen Sammlungen nad) Straßburg
dozent für Zoologie thätig iſt.
Bublizierte: Die Liu-Kiu-⸗Inſel Amami Oshima,
ſowie verſchiedene Arbeiten über die japaniſche
Fauna (Spongien, Fiſche, Echinodermen), refe—
rierte im Zool. Jahresbericht 1884 und 1885
„Mammalia“.
Döllinger, Ignaz Joſ. Joh. von,
wurde am 28. Februar 1799 in Bamberg
Werke, deren hohen wiſſenſchaftlichen Wert
man trotzdem nicht hinwegleugnen durfte.
Da kam das vatikaniſche Konzil (1870)
und brachte in D.’s Anſchauungen eine ge—
waltige Ummälzung hervor, derart, daß
er in Wort und Schrift gegen die Welt:
herrſchaft und gegen die Unfehlbarfeits-
(ehre des Bapjtes Pius IX. auftrat. Dan
forderte von Rom aus feine und feiner
Sefinnungsgenofjen Unterwerfung. Am
28. März 1871 gaben D. und feine Freunde
ihre definitive Gehorfamsvermeigerung ges
gen den Papſt fund. Damit war der Alt-
fatholizismus geichaffen. So nimmt D.
eine hochbedeutende und einzige Stellung
in der Geſchichte des Katholizismus ein:
fein energiiches, ſelbſtvergeſſenes Eingrei-
fen in diejelbe ließ für feine Glaubens—
genofjen eine neue Ara anbrechen, mie
Niemand fie für möglich gehalten hätte
gegenüber der gewaltigen päpftliden
Macht. Auch als Schriftiteller hat D. ſich
in hervorragenditer Weiſe ausgezeichnet.
Hauptwerke: Lehrbuch der Kirchengeſchichte
(2. Aufl. 1843), Die Reformation, ihre innere
Entwidelung und ihre Wirkungen (1846—48),
Hippolytus und Galliftus (1853), Chriftentum
und Kirche (1860), Kirche und Kirchen, Papſtlum
und Kirchenſtaat (2. Aufl. 1861), Vergangenheit
und Gegenwart der fatholifchen —
zurüc, wo er feither als Direktor des Die Papftfabeln des Mittelalters . (1
Naturhiftoriihen Mufeumsundals Brivat- |
Univerfitäten ſonſt und jet (2. Aufl. 1867), Urs
re zur Geſchichte des Konzils von Trient
Dörr, Friedrich, wurde am 30. April
1831 in Schleswig geboren, abjolvierte
die Schulen dafelbft und in Glüdftadt und
darauf die Univerfitäten Tübingen, Bonn
und Halle als Philologe. Nach mehrjäh-
riger Lehrthätigkeit in Hamburg vertaujchte
Dohm. —
er dieſen Beruf mit dem des Schriftſtel—
lers, war redaktionell in Altona, Lübeck
und Berlin beſchäftigt und ſchrieb:
Chriſtabend (1856), Griechiſcher Liederſchatz
(1857), Der Reim bei den Griechen (1857), Der
deutiche Krieg gegen Frankreich (1871); auch gab
er, veranlaft durch feine Bekanntichaft mit Neu:
ter, den Plattdütichen Volkskalenner (1858 u. f.)
und das Plattdütiche Volksbok (1869) heraus.
Dohm, Hedwig, wurde am 20. Sep-
tember 1833 in Berlin geboren, verhei:
ratete fih 1855 mit dem Humoriften Ernft
Tohm (F 1883), dem Begründer des
„Nladderadatih”. Sie hat ſich durd ihr
ichneidiges Eintreten für die Fraueneman—
zipation befannt gemacht.
Hauptwerfe: Der Jeluitismus im Hausjtand
(1873), Die Frau in der Wiſſenſchaft (1874), Der |
Frauen Natur und Recht (1876).
Dohme, Robert, wurde am 17. Juni
1845 in Berlin geboren, widmete fich dem
Studium der Arditeftur und Kunſtge—
Ihichte. 1870 wurde er zum Bibliothekar
der k. Hausbibliothef ernannt und trat
1874 als Direftionsbeamter der f. Natio: |
nalgalerie auch in den Staatsdienit. Bei
der Begründung der k. Akademie des
Bauweſens (1880) wurde er in dieſe be:
rufen. 1884 ſchied er aus der National-
galerie, um die Verwaltung der Kunſt—
jammlungen des f. Haufes zu übernehmen.
Eeit 1875 wirft er als Redakteur des
Sahrbuchs derpreußischen Kunftiammlung.
Bon feinen verdienten Werfen heben wir
bervor:
Die Kirchen des Eiftercienfer:Ordens in Deutſch—
land (1869), Kunſt und Künftler des Mittelalters
und der Neuzeit (1877—80), Künftler des 19.
Jahrhunderts (1882), Geſchichte der deutichen Bau:
funft (1887).
Domanig, Karl, geboren 3. April
1851 zu Sterzing in Tirol, jtudierte in
Innsbrud, Straßburg und Rom. Dr. phil.
Seit 1881 in Wien; in der Euftodie der
kunfthiftor. Sammlungen des Ah. Kaifer:
haufes, Lehrer im Kaiferl. Haufe.
Beröffentlihte: Parzival-Studien (1878, 1880)
und verſchiedene wiſſenſchaftliche Abhandlungen.
Novellen und Fleine Iyriiche Gedichte im Tiroler:
119
Dombromsti.
' Kalender (1ST9—1S81) und im Üfterr. Jahr:
buch. Hof, Straub (Schaufp. 1885), Der Abt
von Fiecht (poct. Erz. 1887), Braut des Vater:
landes (1887).
Dombrowsfi, Raoul Ritter von,
'entitammt einer der ältejten polniſchen
| Adelsfamilien. Er wurde am3. Juni 1833
inPrag geboren, erhielt feine Schulbil-
"dung im elterlihen Haufe und danad) im
Gymnaſium zu Prag. Nach Abjolvierung
deflelben trat er als Kaiferfadett in die Ar-
mee. Bald hatte er Gelegenheit, fih in
dem italienischen Feldzuge rühmlich aus—
zuzeichnen, fo daß er ſchon im 16. Jahre
vor Venedig zum Offizier ernannt wurde.
Nah dem Friedensihluß bezog der junge
Offizier feine Garnifon und lebte hier, in
enger Freundichaft mit dem Dichter Ste:
phan von Milenfovics verbunden, feiner
Pflicht, daneben alle freie Zeit willen:
haftlihen Studien widmend. Der Tod
feines Vaters veranlafte ihn, die militä-
rische Laufbahn zu verlaſſen und fich der
Lande und Forftwirtichaft zuzumenden. Er
bejuchte die landw. Akademie Hohenheim,
machte mehrere größere Studienreifen und
ließ fih endlich bleibend auf den Gütern
Ulis und Sesna bei Pilfen nieder, wo
er fih 1859 zu glüdlicher Ehe mit einem
‚ebenfo liebenswerten wie bedeutenden
Mädchen verband. Er zeichnete fich Schrift:
jtellerifch befonders durch feine Fachſchrif—
ten über land: und forftwirtichaftl. Ver:
hältnifje aus, daneben bethätigte er fich
als geiſt- und gemütvoller Poet.
Hauptwerke: Die Urproduftion und Induſtrie
' gegenüber den forderungen unferer Zeit (1869),
Das Reh (1876), Aus dem Tagebud; eines Wild:
tödters (1877), Lehr: und Handbuch für Jäger
(1878), Der Fuchs (1883), Splitter (1884), Wald:
brevier (1885), Die Geweihbildung dereuropäifchen
Hirfcharten (1885), Der Wildpark (1886), Allge:
meine Encyclopädie der gefammten Forit: und
Jagdwiſſenſchaften (1886).
Dprer, Edmund, wurde am 15. Juni
1831 zu Baden geboren, erhielt feine Bor:
bildung auf dem Gymnafium in München
und widmete fih dort und auf ber Unis
verfität Leipzig dem Studium der Philo—
DorieurT::tbed.
fophie. Zu feinem Leidweſen ließ fein
ichwanfender Gejundheitszuftand ein regel:
rechtes Verfolgen feines Studiums nicht zu,
ſondern zwang ihn, Erjtarfung im Süden
zu fuchen. Nach mehrjährigen Aufenthalt
in der Schweiz und in Spanien, wo er
ſich eingehend mit Kultur: und Literatur:
funde des Landes beichäftigte, überfiedelte
er nach Dresden und gab ſich hier aus:
Schließlich feinen Studien und der Aus:
übung der Schriftftellerei bin:
Hauptwerfe: Sonette (1857), Roswita (1857),
Wahrheit und Sage (1877), Bunte Blätter |
(1578), Albrecht Haller (1878), Cancionero (1879),
Granatblüten (1879), An Galderon (1881),
Goethe und Galderon (1881), Cervantes und feine
Werke nad) dtfch. Urt. (1881), Luiz de Camoens
(1855), Faſtnachtsſpiele (1855 u. ff.), U. F. Graf
von Schack (1885), Rudolf von Habsburg (1886),
Zwei Schweitern (1886), Heinrich von Pillena
(1886).
Dorieux-Brotbeck, Betty Magda:
lena, geboren in Bafel, den 17. April:
1937. Durch Umftände bewogen, ent:
zogen mich meine Eltern ſchon im 10.
Jahr den öffentlichen Lehranitalten mei:
ner Vaterftadt.
und ein furzer Aufenthalt in einem Ben:
fionat der franzöfifhen Schweiz fonnten
mir nicht den Mangel eines regelmäßigen,
initematifchen Unterrichts erfegen; ich ent-
bebrte hierdurch — wie mich die Erfah: |
rung in der Folgezeit lehrte — während
meiner Nugendzeit eines wohlthätigen Ge:
gengewichts gegen eine allzulebhafte Ein-
bildungsfraft. Die Welt der Ideen ging
mir erſt dann auf, als mir ein in Bajel
jtudierender Theologe feine Sammlung
klaſſiſcher Bücher zur Verfügung stellte.
Als ih mid dann, im 19. Jahr, mit
deinfelben — ber nun Geiſtlicher in einer
bedeutenden Landgemeinde geworden, ver:
heiratete, war ich wohl mehr dem Impuls
eines mächtig angeregten Geijteslebens,
als dem Zug des Herzens gefolgt. Des:
halb wurde auch dieſes Band ſpäter wieder
gelöſt. Am Jahre 1868 verheiratete ich
mich mit meinem jegigen Öatten, Guftav
Doricur. Er war cs, der fih am erften
Dorn,
12
Einigen Privatunterricht |
—
20 Dorr.
um mein poetiſches Talent fümmerte.
Ich ward dadurch bewogen, meine Gedichte
Poesie Lyriques (1878), Die von meinem Gat⸗
ten in franzöfiiche Proſa überfegt find, her:
auszugeben. Im Jahre 1877 veröffent:
lichte ih ein Bändchen: Lyriſche Gedichte
in deuticher Sprache. Damals war mir
Miſtrals provenzaliiches, Tändliches Epos
„Mireio” in die Hände gefommen. Ich
machte einige Ipielende Verſuche, Stellen
"daraus zu überfegen. Aus dem Gelin:
gen derjelben entipann ſich der Entſchluß,
das Ganze in deutihe Verſe zu über:
tragen. Die Ichönfte Belohnung und
freude an meinem vollendeten Werk
(1880) habe ich gefunden in der ehren:
vollen Aufnahme in den provenzialifchen
Dichterbund „Felibrige“.
*
Dorr, Robert, wurde am 4. Septem⸗
ber 1835 in Fürſtenau in Weſtpreußen
einem Landmanne geboren, der ihn früh
ſchon für den eigenen Beruf beſtimmte.
Da der Knabe jedoch, nachdem er Die
Schule abjolviert, wenig Neigung für Die
Okonomie zeigte, bezog er die Univerfität
Königsberg, um Geſchichte, Philofopbie
und Literatur zu ſtudieren. Seit 1862
wirft D. als Lehrer in Elbing, 1871 zum
Oberlehrer, 1856 zum Profeſſor ernannt.
Daneben beichäftigte er ſich Literarifch,
bauptlächlich auf dem Gebiete der Dialekt:
‚Dichtung:
| Tmofchen Michel on Noacht (1862), De lofti-
gen Wiewer von Windjor en't Plattdietiche äwer:
ſett' (1877).
Dove, Alfred, wurde am 4. April 1844
'als ein Sohn des berühmten Phyſikers
Heinrich Wilh. D. zu Berlin geboren, wid:
mete fih dem Studium der Gefchichte
(1561—65) zu Berlin und Heidelberg.
‚Er beabftchtigte, der Journaliſtik ſich zu
ergeben, und übernahm die Nedaktion der
„Srenzboten“, legte dieſelbe aber nad)
furzer Zeit wieder nieder und übernahm
diejenige der Zeitichrift „Im neuen Reich“
bis zu ihrem Eingehen. 1873 beſchloß er,
feine afademiiche Laufbahn wieder zu be:
— after A ki,
Dragendorff.
treten, habilitierte fich zu Berlin und wurde
1875 als außerord. Profeſſor nad) Breslau
berufen, wo er 1879 eine ordentl. Bro:
feſſur für Gejchichte erhielt. 1886 wurde
er in gleicher Eigenschaft nad) Bonn be:
rufen.
Dauptwerfe: Doppelchronik von Reggio (1873),
Die Forfterd und die Humboldts (1881), Deut:
Ihe Geihhichte (1883).
Dragendorff, Georg J. N. geb. am
20. April 1836 in Roftod, Sohn des Dr.
med. und Privatdozent Ludw. D. erhielt
jeine Schulbildung auf dem Gymnafium
einer Vaterſtadt, erlernte das Apotheker:
gewerbe im Geſchäfte von Dr. Fr. Witte
ebendort, ftudierte und abfolvierte das
Staatseramen in Noftod, hielt fi dann
mehrere Jahre in Heidelberg auf, wurde
1860 Affiftent am chemiſchen Laborato—
rium in Roftod, wo er im Herbſt 1861
zum Dr. phil. promovierte. 1862 über:
nahm er die Ausführung der gerichtlich
chemiſchen Arbeiten für das St. Peters:
burger Phyſikat und gründete die „Phar-
mazeutiiche Zeitichrift für Rußland.”
1865 wurde er als ordentl. Profeſſor der
Pharmazie nach Dorpat berufen, 1872|
zum Ehrendoflor der Diedizin der Univer:
fität München freirt; 1885 wurde ihm
die goldene Hanbury- Medaille „for origi-
nal research in the Natural History
and Chemistry of Drugs“ erteilt. In
den Jahren 1882—87 bekleidete er das
Proreftorat der Univerfität Dorpat, 1875
bis 1887 das ESefretariat der Dorpater
Naturforjcher-Gefellihaft, 1881— 87 war
er Bräfident des Kirchenrates der Univer:
htätsgemeinde und 1854—87 Präfident
des Kuratoriums des Dorpater Privat:
gumnaftums. 1867 wurde er zum Staats-
rat, 1879 zum wirfl. Staatsrat ernannt.
Außer zahlreichen Auflägen in Zeitfchriften ver:
öffentlichte D. die drei erjten Jahrgänge der Vhar:
mazeutischen Zeitfchrift für Nufland, 12 Jahr—
gänge der Sitzungs-Berichte der Naturf.Geſellſch.,
5 Jahrg. des Jahresberichtes für Pharmakognofie,
Lharmazie 2c.; ferner: Die gericht. chemiſche Er:
mittelung von Giften (1868 und 1875, ruffilche
Überiegung derf. 1874, franz. Überfegungen 1875
121
Dreger.
und 1886), Beiträge zur gerichtlichen Chemie
(1871), Materialien zu einer Monographie des
Snulins (1871), Die chemiſchen Wertbeftimmun-«
mungen ftarfwirfender Droguen (1874, franz.
Über). 1876), Beiträge zur Pomologie (1878),
Die qualitative und quantitative chemiſche Analyfe
von Pflanzen und Pflanzenteilen (1882, engl.
Überſ. 1884, franz. Überſ. 1885).
Dreger, Auguft, geboren den 13.
September 1827 in Rechow in der Dit:
priegnig, erhielt jeine wiſſenſchaftliche
Ausbildung auf dem Progymnaſium zu
‚Erofien a. D. und dem Pädagogium zu
Züllihau. Im Jahre 1849 madıte er
als Feld-Intendantur-Beamter den Feld:
zug in Baden mit, wohnte hier der Be:
lagerung und Übergabe der Feftung Ra—
ftatt bei und blieb nody bis Ende 1850
bei der preuß. Okkupations-Armee da—
jelbit. Während der Belagerung lernte
er den im Lager vermweilenden Hacklän—
der und nach der Übergabe den Oberft
v. Corvin fennen, welch' Letzterer der
Revolutionsarmee als Seneralitabs:Chef
angehört hatte. Nachdem die Truppen
in die Heimat zurüdgefehrt waren, be:
endete Dreger feine Studien in Berlin
und wurde fofort nad) beftandenem Staats:
eramen zur Ober-Rechnungs-Kammer in
Potsdam, der oberjten Reviſions-Inſtanz
des preuß. Staats einberufen. Nad)
Miederheritellung des deutichen Reichs
trat er zum Reichs-Rechnungshofe über,
welcher Behörde derielbe als Geheimer
Rechnungs-Rath noch angehört. Eeit
‚Jahren feuilletoniftisch thätig, dehnte er
‚in neuerer Zeit feine literariiche Thätig-
keit auf lofalhiftoriiche und ſtaatswiſſen—
Ichaftliche Gebiete aus. Das Merk: Die
Berufswahl im Staatödienft hat in der Preſſe
und im Publikum die chrendjte Aner—
‚fennung gefunden.
|
|
Dreves, Guido Maria. Ich bin ge
boren zu Hamburg den 27. Oftober 1854,
‚meine Eltern Lebrecht Blücher D. und
Maria, geb. Salmin. Mein Bate Joſeph
von Eichendorff (ſ. Gedicht in feinen W.).
1862 zog mein Vater nad) Feldfird), wo:
Dreyer. 122 Druskowitz.
ſelbſt ich in dem Inſtitute Stella matu- Guſtav Adolf (1869— 70) bekannt. Außer:
tina ſtudierte. 1869 trat ich in den Or- dem hervorzuheben: Bernhard von Weimar
den der Geſellſchaft Jeſu und ward nad) | (1885).
Vollendung meiner pbilofophiichen und
theologischen Studien 1882 zum Priejter
geweiht. Seitdem habe ich mic) meiſt lite: |
rariich beichäftigt, und zwar neben Poeſie
vor allem theoret. und praft. Hymnologie,
Geſchichte des Kirchenliedes, Choralge-
Ihichte, mittellateinifche Literatur. Seit
längerer Zeit befinde ich mich meiſt auf
wiflenich. Reifen zum Zwede meines Mer:
fcö Analecta hymnica medii aevi, durd)
das ic) mir den Boden für eine Gefchichte
zunädjt der latein. Hymnologie bereiten
möchte.
Hauptwerfe: Stimmen durd den Lenz (1883),
Ein Wort zur Geſangbuchfrage (1854), O Chriit
bie merf! (1885) Die Hymnen Johanns v. Jen:
jtein (1856), Kränze und Kirchenjahr (1886).
Dreyer, Otto, wurde am 4. Dezember
1837 in Hamburg geboren, widmete fich
dem Studium der Theologie und wurde
1363 als Pfarrer in Gotha angeftellt, wo
er nod) jeßt als Superintendent thätig ilt.
Sein literariiches Wirken beſchränkt fich,
abgeſehen von rein fachwiſſenſchaftlichen
Arbeiten, auf einige Broſchüren, die viel
Anerkennung gefunden haben und in denen
der Verfafler eine „Erneuerung der pro—
tejtantischen Kirche im Geifte evangel. Frei:
heit und im Einklang mit der gefammten
Kulturentwidelung unferer Zeit“ anftrebt.
Hervorzuheben: Feiter Glaube und freie Wiſſen—
ſchaft (1869), Das einzige Erkennungszeichen reli:
giöfer Wahrheiten (1874), Das Chriftentum und
der Wunderglaube (1580).
Droyjen, Buftav,wurde am10.April
1838 als ein Sohn des großen Hiftorifers
Joh. Guſt. D, zu Berlin geboren, widmete
fich wie fein Vater dem Studium der Ge—
ſchichte, abjolvierte die Univerfitäten Jena,
Berlin und Göttingen und habilitierte
fih 1864. 1869 wurde er als außerord.
Profeſſor nad Göttingen und drei Jahre
jpäter als ordentl. Profeſſor nach Halle
berufen. Er machte ſich literariich beſon—
ders durch fein vorzüglides Werk über
Drusfowiß, Helene. Ih wurde am
2. Mai 1858 zu Hieging bei Wien geboren.
Künſtleriſche Sowohl, wie wiſſenſchaftliche
Talente fündigten ſich früh bei mir an,
und wurde die Entwidelung derielben von
jeiten meiner Mutter (der Vater wurde
mir früh durch den Tod entriffen) jtets
| gefördert. Ich abiolvierte 1875 das Kon-
ſervatorium zu Wien (Klavier und Har—
monielehre), beſtand in demſelben Jahre
‚das Maturitätseramen am Piariſten⸗Gym—
naſium zu Mien und bezog hierauf die
Univerfität Züri. Hier hörte ih nad)
erfolgter Immatrikulierung Borlefungen
über Bhilofophie, klaſſiſche Philologie, Ars
häologie, Drientalia, Germaniſtik und mo—
derne Sprachen und Literaturen und war
ı Mitglied des philologischen und hiſtoriſchen
Seminars. 1878 beitand ich die philo—
ſophiſche Doktorprüfung, hieltin den nächſt⸗
folgenden Jahren in Wien, Münden, Zür
rich, Baſel und anderen Städten öffent:
liche Vorleſungen über literar-hiltorifche
‚und philofophiihe Themen und bin feit
1882, den Aufenthalt häufig ändernd, als
Schriftitellerin thätig. Nachdem ich zuerit
für verfchiedene öſterr. deutiche und ſchwei—
zerifche Zeitungen und Zeitichriften Bei—
träge geliefert, begann ich mit der Publi—
fation jelbjtändiger Werfe in Buchform.
Unter meinem Namen find erichienen:
Über Lord Byrond Don Juan (1878), Percy
Byſhe Shelley (1884), Drei englifche Dichterinnen
(1585), Moderne Verſuche eines Religionserfages
(1886), Wie ift Verantwortung und Zurechnung
ohne WUnnahme der Willensfreiheit möglich?
(1887), Zur neuen Lehre. Betradhtungen (1887),
Die Unbaltbarkeit des Utilitarismus (1887).
Duboe, Charles Eduard (Nobert
Maldmüller), geboren am 17. September
1822 in Hamburg, mußte ſich auf Wunſch
feiner zärtlich geliebten Mutter dem Kauf:
mannsitande widmen, obwohl der hochbe-
gabte, vieltalentierte Jünglingwenig Beruf
hierfür zeigte. Er trat in ein Handlungs⸗
Duboc.
haus, für das er nad) Vollendung feiner |
Ausbildung lange und große Reifen ins
Ausland machte, wobei jeineigener Geſichts⸗
freis fi) außerordentlich erweiterte. Sich
jelbft über das eigentliche Feld feiner Zus
funft nicht Elar, wandte er fih, nachdem
er den endlichen Entichluß gefaßt hatte,
den Kaufmann an den Nagel zu hängen,
juerft der Malerei zu. Doc, als jeine
daneben betriebenen dichterischen Verſuche
ihm hohe Erfolge eintrugen, beichritt er
endlich den rechten Weg und wurde Schrift:
ſteller. Als folcher hat er fich einen außer:
ordentlichen Auf, Ipeziell auf dem Gebiete
der Novelle, als deren feinfinniger Meiſter
er allgemein angejfehen wird, erworben.
Er lebt in Dresden. Er iſt mit dem
Weimar'ſchen Falfen-Orden 1. Klaſſe und
den ſächſiſchen Albrechts-Orden 1. Klaſſe
dekoriert, welch' letzterer ihm aus Anlaß
der Herausgabe der Memoiren einer Fürſten-
toter neuerdings verliehen wurde. Den
eriteren erhielt er am Schluffe der fünf:
jährigen Dresdener Vorortsperiode der
deutihen Schiller - Stiftung, während
welher Periode (1874— 79) Waldmüller
Bräfident der Stiftung war.
Hauptwerke: Unterm Schindeldach (1851), Dich:
ters Rachtquartiere (1853), Merlind Feiertage |
(1853), Gedichte (1857), Lacia passare (1857),
Dorfidyllen (1860), Wanderftudien (1861), Gehrt
danjen (1862), Die fleine Gipägiekerin (1869),
Des wohljeligen Eufebius Hutzler Selbitbefennt:
niffe (1871), Die PVerlobte (1879), Das
mãchtnis der Millionärin (1870), Schloß Ron:
canet (1874), Memoiren einer Fürftentochter
(1883), Don Adone (1883), Maddalena (1883),
Bond oder Braun (1884), Um eine Perle (1885),
Nidiace (1885), Das Geheimnis (1887).
Duboe, Karl Julius. Ich bin am
10. Oktober 1828 zu Hamburg als ber
jüngſte von 6 Geſchwiſtern geboren. Deine
Mutter gehörte einer alten angejehenen
123
Du Bois:Reymond.
Lehen ohne Gott und in meinem Hauptwerk:
Der Optimismus al3 Weltanfchauung (1881) er:
fenntlih. Nach Abjolvierung philoſophi—
Iher Studien auf den Univerfitäten Gießen
und Berlin und mehrjährigen Reifen, die
mich bis nad Auftralien führten, lebte
ih von 1860—1870 dem aufreibenden
Dienſt der Tagespreile, davon die legten
6 Jahre als Redakteur der Berliner Na—
tional:Zeitung. Dann genötigt, wegen an:
gegriffener Gefundheit diefem Beruf zu
entjagen, zog ich mid) nad) Dresden zu—
rüd, wo ich feitdem ununterbrochen ge—
[ebt habe. Hier find von 1873 ab außer
den jchon erwähnten 2 Büchern die fol-
genden Geſchichten von mir erjchienen:
Geihichte der engl. Prefie nah 9. Grant
(1873), Pſychologie der Liebe (1874, 4. Aufl.
1880), Gegen den Strom, Gefammelte Auffäte
(1877), Reben und Ranfen, dgl. (1879), Blau:
dereien und Mehr (1884), Die Tragif vom
Standpunft des Optimismus (1886).
Du Bois-Reymond, Emil, wurde Ser also
am 7.November 1818 in Berlin als Sohn ufwuh ı 44
‚eines hohen Staatsbeamten geboren, be—
Ver: |
Kaufmannsfamilie an, mein Vater dage:
gen, der ſchon vor meiner Geburt ftarb,
war ein eingewanderter Nordfranzoie,
aus Havre gebürtig. Die philofophiiche
Neigung deſſelben hat fich auf mid) ver:
erbt und ift in allen meinen Schriften,
namentlich in dem 1875 veröffentlichten
|
|
fuchte das franzöfiihe Gymnaſium in ſei—
ner Vaterjtadt und bezog deren Univer-
fität mit der urfprünglichen Abſicht, Theo-
logie zu ftudieren. Zwei Semejter genüg-
ten, dem feurigen Süngling flar zu machen,
daß er für die Kanzel nicht geboren, und
jo vertaufchte er die Theologie mit den
Naturwiflenichaften. Er fiedelte nun nad)
Bonn über, um dort die gerade vorzüg-
lichen Kollegien über Geologie zu hören,
dann ging er in feine Vaterftadt zurück
und widmete ſich vorzugsweile dem Stu:
dium der Phyſik (unter Johannes Müller).
Nachdem er bereits 1851 zum Mitglied der
Akademie der Wiſſenſchaften erwählt wor—
den, berief dieUniverfität Berlin ihn 1858
zum ord. Brofeflor der Phyſiologie. D. gilt
unftreitig mitRecht alseiner der bedeutend⸗
ſten Phyfiologen unferer Zeit, feine Werke
auf diefem Gebiete find geradezu epoches
machend gemwejen und haben diejem Zweige
der Wiſſenſchaft viele Blüten getrieben.
Hauptwerke: Unterfuchungen über tieriiche Elek—
trizität (1548— 85), Gedächtnisrede auf Johannes
Düder. 124 Dührng.
Müller (1860), Beſchreibung der Vorrichtungen zeugung und Einprägung der ſchwereren Wort:
und Verfuchsweilen zu elektro-phyſiologiſchen bilder und des MWortfinnes (8. Aufl. 1885),
Zwecken (1863), Abhandlungen über Muskel: und | Der Neligionsunterricht in der evangeliichen Volks—
Rervenphyſik (1875— 77), Über die Grenzen des
Naturerfennens (1882).
Dücker, Johann Friedrich, geboren
den 29. September 1826 in Averlad,
Süder-Dithmarſchen, beſuchte bis 1842
die Volfsichule des Ortes, wurde dann
ein halbes Jahr von einen Kandidaten
der Theologie unterrichtet, war 3 Jahre
lang Schulgehülfe in Büttel, Kirdip. St.
Margrethen, dann 3 Jahre auf dem Se:
minar in Segeberg, von wo er 1848 im
Rantzauſchen Freiforps am erjten Sch.
Holit.-Feldzuge als Freifchärler teilnahm;
eraminiert 1848, dann ein Jahr Sol:
dat in der Schl.Holſt. regulären Armee
(Schlachten von Kolding, Gudsde und
riedericia, wo er in Gefangenichaft ge
riet); 1849 Lehrer an der Segeberger
Sceminar:Übungsihule, 1554 Lehrer an
der gemilchten Schule in Kesdorf und zu:
gleich privatim an der höhern Bauern-
ihule in Woltersmühlen, 1859 Lehrer
an der Ober-Mädchenklafle in Neuftadt
a. d. Oſtſee, 1861— 1864 im Vorjtande
des holjt. Zehrervereins und leitete die
Verhandlungen auf der Lehrerverfamm-
lung in Preetz 1863 und in Heide 1864
(Gründung des Allg. Schl.Holſt. Lehrer—
vereins), 1863 zweiter Hauptlehrer an
der Knaben-Mittelſchule in Altona, feit
1576 Neftor an der Mädchen: Mtittelichule
dafelbjt, 1556 Ehrenmitglied des Pädag.
Vereins in Altona, jeit 1870 Kurator
der holft. Voltsihul-MWmw.- und Waiſen—
kaſſe, ſeit 1974 Vorſitzer im Ausschuß
des Altonaer Kreditvereins, Seit 1850
in der Adminiftration der Saßſtiftung, die
er im Verein mit dem Gründer derſel—
ben neu organifierte und noch jegt neben
feinem Schulamt verwaltet.
Hauptwerfe: Aufgaben zu mündlichen und
Ichriftl. Sprachübungen in niederdeutichen Volfs:
Ihulen (1859, 11. Aufl. 1885), Erſtes Sprad):
buch. Aufgaben zur Erzeugung und Cinprägung
der Mortbilder und Spracdformen (21. Aufl.
1887), Zweites Sprachbuch. Aufgaben zur Er:
ſchule und der Katechismus unfers Biſchofs (1561),
‚ Materialien zu unmittelbaren Sprahübungen in
der Volfsichule, durchwebt mit Proben, Andeu:
tungen und Mufterauflägen (1865), Biblifche
Glaubens: und Sittenlchre (1864), Bilder aus
der ſchlesw.holſt. Geichichte, für Schule und
Haus (1865).
Dühring, Eugen, wurde am 12. Ja:
nuar 1833 in Berlin geboren, widmete
‚fih der Jurisprudenz und war jchon in
den Staatsdienft getreten, als ein fich ein:
‚Stellendes Augenleiden ihn zwang, dieſe
‚Karriere aufzugeben. So bezog er nod)
einmal die Univerfität und ftudierte Nas:
‚tionalöfonomie. Er habilitierte fi) 1865
als Privatdozent an der Univerfität Ber:
lin, doch entzweite er ſich mit feinen Kol
‚legen und mußte 1877 aus dem Lehr:
‚förper jcheiden. Unter feinen philoſophi—
ſchen und nationalöfonomiidhen Echriften
find hervorzuheben:
' Napital und Arbeit (1865), Kritiihe Grund»
' Tegung der Tolfswirtichaftslchre (1866), Geſchichte
der Philoſophie (1860), Kurſus der Nationalötos
nomie (1873), Kritiſche Geihichte der Mechanik
(1875), Logik und Wiſſenſchaftstheorie (1878),
Die Judenfrage als Raſſen-, Sitten: und Kultur
frage (1881), Der Wert des Yebens (1881).
Dümmler, Ernſt, am 2. Sanuar
1530 in Berlin geboren, ftudierte dort und
in Bonn Geſchichte, habilitierte fi) 1855
in Halle und erhielt dafelbjt 1558 eine
Profeſſur für Geſchichte. 1876 wurde er
zum Dlitglied der Gentraldireftion für die
Herausgabe der Monumenta Germaniae
in Berlin erwählt. Zuerft wurde D. lite:
rarilch befannt durd) feine als ausgezeich—
net anerkannte Geſchichte des oftfränfiichen
Reiches (1186265, 2. Aufl. 1887). Außerdem
heben wir hervor:
Bilgrim von Paſſau und das Erzbistum Lord
(1854), Murilius und Yulgarius (1866), Gesta
Berengarii imperatoris (1871), Kaiſer Otto der
Große (1876).
Düntzer, Job. Heinrich Joſ. (H. Blu:
mer), wurde am 12. Juli 1813 in Köln
‚geboren, abjolvierte das Gymnaſium feir
—
Dürauer.
ner Baterjtadt und bezog 1830 die Univer—
fität Bonn, um Philologie zu jtudieren. |
Sodann vervollitändigte er feine Studien,
beionders altklaffiiheSpraden und Sans—
frit, in Berlin. Nachdem er 1837 ſich
in Bonn als Dozent habilitiert hatte, jtrebte
er nad) einer Profeſſur, und lehrte da=
jelbjt nicht ohne Beifall, aber da die dor=
tigen Verhältniſſe ungünftig wurden,
nahın er 1846 die ihm angetragene Stel:
lung als Bibliothekar am Fatholiichen Gym |
nafium zu Köln an.
1885 feierte er hier fein fünfzigjähriges
Doftorjubiläum. D. machte fi, neben
Homer und Horaz, die Goetheforichung
zur Lebensaufgabe und zeichnete fich auf
diefem Gebiete befonders aus.
Hauptwerfe: Goethe's Fauft in feiner Einheit
und Ganzheit (1836), Zu Goethe’ Jubelfeier
(1849), Frauenbilder aus Goethe's Jugendzeit
(1852), Freundesbilder aus Goethe's Leben (1853), |
Goethe’s Fauſt (1850 und 1857), Schiller und |
Goethe (1859), Neue Goethe-Studien (1861),
Goethe und Karl Auguft (1861 und 1865), Mus
Goethe's Freundeskreiſe (1868), Charlotte von
Stein (1874— 1876), ®oethe’3 Leben (1880),
Schillers Leben (1851), Leijings Leben (1882),
Hemmels Ausgabe der deutichen Klaſſiker, befon:
ders Herders Werfen geliefert (53 Defte, in meh:
teren Auflagen jeit 1853), Abhandlungen zu
Goethe's Leben und Werfen (1885),
briefe Goethe's an Frau von Stein (1856). Auch
bat er mehrere, Goethe, Herder und Knebel be:
treffende Briefwechſel zuerit herausgegeben.
Düraner, 5. I. (9. Ernſt), wurde
am 24. Februar 1854 in Wien geboren,
abjolvierte das Gymnafium und die dor:
tige Handelsafademie und betrat dann die
Beamtenlaufbahn im Dienjte des öſterr.
Landesausſchuſſes. Da ihm die Regel—
mäßigfeit und Einförmigfeit des Dienjtes
nicht zujagte, wandte er ſich der Schrift:
jtellerei zu. Er lebt in Prag.
Hauptwerfe: Da Sepp (Ged. 1877), Sei mir
gut (1877), Ein Vorurteil (1850), Da oldi Pfoarra
(1882).
Durege, 9. Ich bin geboren zu
Danzig am 13. Juli 1821, bejuchte das
Spmnaftum meiner Vaterjtadt und ftu:
125
Am 7. Februar
i 8° in Breslau.
Chriftof Kaufmann (1882), Erläuterungen zu |
Liebes: |
— Dyiony.
dierte in Bonn, Berlin und Königsberg.
Nachdem ic eine Zeit lang bei Beljel
Affiftent an der Sternwarte in Königs:
berg gewefen war, wurde id) 1849 in
Königsberg zum Doktor der Philoſophie
promoviert. Ich habilitierte mich 1857
als Privatdozent an dem eidgenöfftichen
Bolytehnifum und an der Univerfität in
Zürich, wurde 1864 als ordentlider Pro—
fellor der Mathematif an das Polytech:
nifum in Prag berufen und 1868 zum
ordentlihen Profeſſor der Mathematik an
der Univerjität in Prag ernannt.
Hauptwerke; Theorie der elliptiichen Funktio—
nen (1861), Elemente der Theorie der Funktionen
einer fompleren veränderlihen Größe (1864),
| Die ebenen Curven dritter Ordnung (1871).
Dziony, Joſeph, ift am 13. März
1848 in Pogoſch, Kreis Neuftadt O./S.
geboren. Worgebildet in dem Königl.
Lehrerjeminar zu Oberglogau in den Jah:
ren 1865— 1867, war er bis 1871 Hülfs-
lehrer an mehreren Schulen Oberſchle—
fiens. Seit 1871 wirft er als Lehrer
Nach Ablegung der Mittel
ihullehrer: und Nektoratsprüfung in den
Jahren 1883 und 1884 gewann er Muße,
fich neben feinem eigentlichen Berufe der
Schriftitellerei zu widmen. Er ift Mit—
arbeiter mehrerer pädagogiicher Blätter
und fultiviert insbejondere das Gebiet
der Jugend: und Volfsliteratur. Auf
feine Anregung bin iſt der „Verein ka—
tholifcher Lehrer Breslaus“ feinerzeit der
Frage der Nugendliteratur näher getreten
und hat eine Jugendſchriften-Kommiſſion
eingelegt. Die Entitehung des in den
Jahren 1886 und 1887 erichienenen I.
und II. Heftes des Verzeichniffes von Au:
gend: und Volksſchriften nebſt Beurteilung ders
ſelben ift hauptiächlich feinen Bemühungen
'zuzufchreiben. Die Arbeit hat in den be:
leiligten Kreilen Anerkennung gefunden,
‚und es fteht zu hoffen, daß diejelbe, wie
‚es in einem Anſchreiben des verjtorbenen
Fürſtbiſchof Nobert heißt, „recht viel
Böſes verhindern und reichen Segen ftiften
wird”.
Ebeling.
€.
Ebeling, Adolf, wurde am 24. Okto—
ber 1827 in Hamburg geboren, erhielt
feine Borbildung im Johanneum dafelbit,
ftudierte und promovierte in Heidelberg.
und machte dann eine große überſeeiſche
Reiſe nah Brafilien. 1851 nahm er
jeinen Aufenthalt in Baris, als Erzieher
und Korreipondent deutiher Zeitungen,
jpäter als Profeſſor an der faiferl. Handels:
akademie. 1873 folgte er einem Rufe
126
Eberlein.
Mein Vater war der Geiltliche des Orts,
Als ich drei Jahre zählte, wurde mein Ba:
ter auf der Pfarritelle Handſchuchsheim
bei Heidelberg Pfarrer und jpäter Defan.
In Handſchuchsheim mit feiner wunderbar
ihönen Umgebung verlebte ich inmitten
meiner fünf Geſchwiſter eine ſehr glüd:
liche Jugendzeit. Mein Vater unterrichtete
uns Kinder zugleich mit mehreren andern,
die feiner Obhut anvertraut waren, im
Verein mit einem Lehrer aus der franz
zöſiſchen Schweiz in den meilten Fächern.
nah Kairo an die dortige vicefünigliche | Er war äußerſt pflichttreu und gewiſſen—
Kriegsichule, und kehrte 1878 nach Europa haft, uns Kindern ein Vorbild in Treue
zurüc, woer ſich dauernd inKölnniederließ. und Fleiß. Meine Mutter, eine reich bes
Außer zahlreihen Beiträgen in Zeitſchriften
und Sammelwerfen verfahte E. eine Neihe von
Werfen, weldhe von der Kritik jehr lobend aner:
fannt wurden, u. a. Bilder aus dem modernen
Paris (1860— 70), Gaſelen (1868), Kaleidoſkop
aus dem Jahre 1870 (1870), Deutiches Künitler:
Album (1572-1874), Bilder aus Kairo (1879),
Das heutige Agypten (1855), Nero (1885), Mer
moiren der Gräfin Remuſat und der Generalin
Durand (1884— 1887), Napoleon IIL und fein
Hof (1887).
Ebeling, Friedrih Wilhelm, geb. am
15. Januar 1822 in Halle, beſuchte das
dortige Gymnaſium und bezog 1840 die
gabte, poetifch beanlagte, dabei jehr praf:
tiſche Frau, voll Herzensgüte und Geilt,
führte mich Schon früh ins häusliche Les
‚ben mit feinen vielerlei Obliegenheiten ein.
Im Jahre 1858 zog mein Bater nad) Ba
denweiler, wo er bis zum Jahre 1876
fein Amt als Geiſtlicher verwaltete, Hier
lernte ich meinen reichgebildeten Gatten
‚fennen. Er war Vifar im Haufe meines
Vaters. Nah mehr als zweijährigem
Brautſtande vermählte ich mich mit dem:
jelben im Jahre 1863 und folgte ihm auf
Univerfität dajelbft, ipäter die zu Berlin, ſeine erfte Stelle in Schatthauſen bei
wo er aud) den Doktorgrad erwarb. Die | Heidelberg, wo er Pfarrverweſer war.
allgemeine Anerkennung, deren jeine erften | 1865 wurde mein Gatte als Pfarrer nad)
literarischen Arbeiten ſich erfreuten, ver: | Baierthal bei Wiesloh und 1881 nad
anfaßten ihn, feine akademiſche Laufbahn | dem Städtchen Abelsheim, feinem Geburts:
abzuschließen und ſich ganz der Schrift: | ort, berufen und wirkt daſelbſt feither als
ftellerei zu widmen. €. hat ſich durch Pfarrer und Defan. So viel es die Arbeit
feine Geſchichtswerke fehr verdient gemacht, der Hausfrau, die Pilihten der Gattin
auch hat er feine Kenntnis der komiſchen und Mutter erlauben, widme ih mic
Literatur in dem ebenfo betitelten Wert literariſcher Arbeit. *
(1865) in hervorragender Weiſe bethätigt. Neine Schriften gelten vorzüglich der Frauen:
Außerdem hervorzuheben:
Fabius Gohler (1850), Zchn Jahre im Zucht:
baus (1850), Sieben Bücher franzöfiicher Ge:
Ichichte (1855), Beiträge zur Geſchichte und Po:
titif des 17. Jahrhunderts (1856), Mon plaisir
(1865), Kyaw und Brühl (1885). |
Eben, 9., ſ. Hans Fladı. |
Eberhardt-Bürck, Adelheid. Am
23. Juli 1836 erblickte ich im Marktflecken
Schönau bei Heidelberg das Licht der Welt.
welt: Gmelfa (Ep. 1856), Markgraf Ernft und
Ida (Ep. 1860), Freud und Leid im heiligen
Krieg, ein Liederkranz aus Deutſchlands grohem
Jahr (1871), Die Macht der Liebe, ein Buch für
und wider die rauen (1875), Dildegarde (1876),
Ideal und Wirklichkeit (1875), Nathanael Traus
gott (1879), Maria die Kleidermacherin (1885).
&berlein, Richard, geb. am 9. März
1321 in Böhned, erlernte die Kaufmanıı
Ihaft in Zeipzig, ging von derjelben ab,
um am gleihen Orte durch Brivatunter:
— 127 —
Ebermaper. Ebers.
richt ſich zum Univerſitätsſtudium vorzu- | fung als Profeſſor für Bodenkunde, Agri—
bereiten, wobei er nebenbei philoſophiſche kulturchemie und Klimatologie an die Uni—
Kollegien hörte, ließ ſich jedoch bejtimmen, | verſität München, wo er noch thätig.
im Jahre 1842 in das elterlihe kauf- Seine hervorragende Beteiligung am forjts
männifche Gejchäft als Teilhaber einzutres | lihen Unterrihte Bayerns gab Veran—
ten, machte ſich 1850 ganz jelbftändig und laſſung, daß er ich jpeziell die Erforſchung
verwandelte jpäter fein Maarengefchäft in der Phyſik und Chemie des Waldes zur
ein Bankgeihäft. 1860 trat er in den | Lebensaufgabe machte, um dadurd) die
Meininger Landtag ein, welchem er ſeit- naturwiſſenſchaftliche Begründung der
dem ununterbroden angehört hat. Forftwirtichaft zu fördern. Im Zuſam—
Kr —— * * — eg Ab: | menhange damit fteht feine lebhafte Be—
ndiungen: € en lebten n . | 344 he i
1882). Ent und Gefellf Saft be Bull R 886 teiligung an der Gründung des forſtlichen
und Zur Verſöhnung des Idealen und Realen Verſuchsweſens in Deutſchland, ſpeziell die
(1856), die Dramen: Die Brüder (1879) und durch ihn veranlaßte ſtaatliche Errichtung
Ter goldene Pantoffel (1885), und die Novellen: | des forftlihen Verſuchsweſens in Bayern
u N er gg Haus und die Gründung der forſtlich-meteorol.
ide Ziel en Tamilie (IBB, Sympathi | Stationen bafelbit (1866 und 1867) be⸗
hufs Erforihung des Waldflimas.
Hauptwerfe: Die phyſikaliſchen Einwirkungen
des Waldes auf Luft und Boden und feine klima—
tologiſche und hygieiniiche Bedeutung (1873), Die
Ebermayer, Ernſt Wilhelm Ferdi-
nand, geb. am 2. November 1829 zu Reh—
Iingen bei Bappenheim (Bayern) als Sohn
eines proteftant. Pfarrers, ſpäteren De
fans und Hauptpredigers in Nördlingen.
Nah Vollendung feines vorbereitenden Un:
terrihts an den Studienanftalten Winds—
bad, Nördlingen und Ansbady wollte er
dh anfänglich die Pharmazie als Lebens:
beruf wählen, verließ diejelbe aber nad)
vollendeter Prüfung an der Univerj. Mün: |
den und widmete fich dem Studium der |
Naturwifienichaften an der Univerfität
und der polytehnifhen Schule dafelbft. |
gefammte Lehre der Waldjtreu mit Rückſicht auf
die hemifche Statik des MWaldbaues (1876), Phy—
fiologifche Chemie der Pflanzen (1882), Die Ve:
Ichaffenheit der Waldluft und die Bedeutung der
atmoſphäriſchen Kohlenſäure für die Waldvegeta-
tion (1885). Außerdem viele Abhandlungen in
Fadzeitichriften.
Ebers, Georg, wurde am 1. März
1837 in Berlin geboren, erhielt feine Vor:
bildung in der von Fröbel gegründeten
Erziehungsanftalt zu Keilhau jowie auf
den Gymnafien Kottbus und Quedlinburg
1852 wurde er Aſſiſtent bei Prof. von Ko:
bell an der mineralogiihen Staatsfjamm-
lung, und 1853 machte er in München
die höhere Lehramtsprüfung für Chemie,
fürNaturgefchichte und Technologie. Schon
im jelben Jahre erhielt er eine Lehrſtelle
und bezog 1856 mit der Abficht, fich der
Nechtswifienichaft zu (widmen, die Unis
verfität Göttingen. Kurze Zeit des tieferen
Hineinlebens in die Jurisprudenz genügte
jedoch, dem jungen Studenten Far zu
machen, daß ihm auf diefem Felde kein
an der königl. Landwirtichafts: und Ge: | inneres Genügen erwüchſe. Eo jattelte
werbeichule zu Nördlingen, und 1858 | er um und begann Archäologie und Sprach—
wurde ihm die Funktion eines Rektors an wiſſenſchaften zu ftudieren. Der raſtloſe
der k. Gewerbeichule zu Landau übertra: | Fleiß und das eifrige Streben E.'s wurden
gen. Aber noch im felben Jahre ijt er an durch ein, bereitd in jeinem einundzwan—
die Forftlehranftalt Aſchaffenburg berufen, |zigiten Jahre ſich einftellendes ſchweres
wo ihm die neu kreirte Profeffur für Che: Leiden nicht gehemmt. Nachdem dieſes
mie, Mineralogie und Geologie übertras | jchmerzhafte, immer wieder von neuem
gen wurde. Nach 20jähriger Thätigkeit an | ausbrechende Leiden E. ſechszehn Jahre
diefer Anjtalt erfolgte 1878 feine Beru: . lang verichont, brad) es vor neun Jahrın
Ebert.
128
Ebner⸗Eſchenbach.
wieder heftiger aus, und kein Mittel hat er als ordentl. Profeſſor nach Leipzig be—
rufen, als welcher er noch jetzt wirkt, da—
neben vielfach und in hervorragendſter
Weiſe ſchriftſtelleriſch thätig. Unter ſeinen,
ſich wirkſam dagegen erwieſen; aber weder
Lähmung noch Schmerzen fochien E.'s
geiſtiges Leben und ſein Fortſchreiten an.
1859 vertauſchte er Göttingen mit Ber—
lin und ging nach Vollendung ſeines Stu—
diums auf mehrjährige Forſchungsreiſen,
beſonders um Kenntnis von den ägyptiſchen
Muſeumsſchätzen Europa's zu nehmen.
1865 habilitierte er ſich dann an der Uni—
verſität Jena als Dozent für ägyptiſche
Sprache und Altertumsfunde, und 1866
erhielt er dort eine Profeſſur. 1870 be:
rief ihn die Univerfität Zeipzig, an der er
noch jest wirft. Inzwilchen unternahm E.
mehrere Forſchungreiſen, hauptſächlich nad)
Agypten und Nubien, deren reiche willen:
Ichaftliche Ausbeute (Papyrus Ebers :c.)
jeinen Ruf begründete. E. gilt als einer
der bedeutenditen Agyptologen unferergeit.
Aber mehr noch: er hat dem hiftorischen
Roman eine neue Ara erſchloſſen (ſ. Ein:
leitung d. „liter. Deutſchlands“), und feine
Verdienfte auh um unfere belletrifti:
(en jpiegbürgerlihen Anfechtungen, die €.
gerade auf diefem Felde erlitten — große
und nicht wegzudisputicrende.
(1872),
Von E.'s, in bunderttauienden von Eremplaren |
verbreiteten Werfen heben wir hervor: Eine ägyp:
tiſche Königstochter (1864), Ägypten und Die
Bücher Moſe's (1868), Durch Goſen zum Sinai
(1871), Uarda (1876), Homo sum (1878), Die |
Flamberg, Sturm), geb. am 18. Januar
Schweitern (1879), Hgupten in Wort und Bild
(1879), Eine Frage (1881), Die Frau Burge:
meifterin (1882), Der Kaiſer (1883), R. Lepfius,
ein Zebensbild, Ein Wort (1883), Baläftina (1884),
Serapis (1584), Cicerone (1885), Die Nilbraut |
(1886), Elifen. (Boetifche Erzäblung in gereimten
Verfen. (Öttave rimen.) 1887).
Ebert, Adolf, wurde am 1. Juni 1820
in Kaffel geboren, abjolvierte das Gym:
naſium daſelbſt und die Univerſitäten Mar—
burg, Leipzig, Berlin und Göttingen.
letztgenannter Univerſität promovierte er
zum Doktor und habilitierte ſich als Privat—
dozent für Geſchichte und Literaturge—
ſchichte, ſpeziell romaniſche. 1849 ſiedelte
er an die Univerfität Marburg über, wo
er außerord. Profeſſor wurde, 1862 wurde
An
ſche Literatur find — ungeachtet der vie: tellerinnen.
"habilitierte er fich zu Erlangen.
um die Literatur und ihre Geſchichte hoch—
verdienten Werfen heben wir hervor:
Quellenforſchungen aus der Geſchichte Spaniens
(1849), Handbuch deritalienifchen Nationalliteratur
(1854), Allgemeine Geſchichte der Literatur des
Mittelalters (1874—87 ).
Ebner-Eſchenbach, Marie Baro-
nin von, wurde am 13. September 1830
in Zdislawitz (Mähren) geboren, genoß
eine ausgezeichnete Erziehung im elter—
lichen Hauſe unter Anleitung ihrer Stief—
mutter (die Mutter ſtarb kurz nach der
Geburtdes Kindes). Früh mitden Meiſter—
werken unſerer Literatur bekannt gemacht,
brachte das hochbegabte Mädchen denſel—
ben ein inniges Verſtändnis entgegen und
faßte das glühende Beſtreben, ihnen nach—
zueifern. Und dieſem Streben erwuchſen
reiche Erfolge: M. v. E.:E. gilt nunmehr
als eine der talentiertejten lebenden Schrift:
1849 vermählte fie ſich mit
einem Offizier und lebt mit demjelben in
glüdlichiter Ehe in Wien.
Hauptwerfe: Die Prinzeffin von Banalien
Erzählungen (1875), Bozena (1876),
Aphorismen (1880), Erzählungen (1881), Dorf:
und Sclofgeihichten (185, Zwei Comtelien
(1885), Neue Dorf: und Schloßgeichichten (1856).
Ebrard, Joh. Heine. Aug. (Deutich,
1818 in Erlangen als Sohn eines Geiſt—
lichen, der ihn von vornherein für feinen
eigenen Beruf bejtimmte, weshalb er die
Univerfität feiner Vaterjtadt und die zu
Berlin als Theologe abfolvierte. 1841
1844
wurde er als Profeſſor der Theologie nad)
Züri) und 1847 als ſolcher nad) Erlangen
berufen, wurde 1853 Konfiftorialrat in
Speyer, wo er bis 1861 wirkte, da er in
den Ruheſtand trat. Von feinen Werfen,
die fi) — ſoweit es poetiiche find, durch
Reinheit und Formvollendung — foweit
es proſaiſche find, durch fünftleriihen Auf:
bau auszeichnen, heben wir hervor:
—
Ed.
Einer ijt euer Meiiter (1856), Rudolf von der |
Balz (1560), Hermann (1861), Die Kreuzeiche
(1862), Scleswig:dolftein (1863), Werner
1864), Die Roje von Urach (1869), Der Boael:
iteller von Eichlippthal (1571), Ein Leben in Lie:
dern (1872), Cheiriſophos Reiſe durch Böotien
(1872), Ein deuticher Mann (1878), Reife in den
Sevannen (1880), Ein Totentanz (1880), Wis
cordo (1881).
Ed, Ernit,wurdegeborenam 21. Auguſt
1838 zu Berlin als Sohn des Geh. Mied.:
129
Raths W. Eck und nach dem frühen Tode
deitelben in Echulpforta (1851—57) er⸗
zogen. Er ftudierte die Nechte (1857 — 60)
in Berlin und Heidelberg, promovierte in
Berlin (1860) als Doctor juris und,
4
I
machte die richterliche Laufbahn bis zum
Gerichts: Ajiehhor (1565) durd. Dem—
nächſt (1866) in Berlin als Privatdozent
des römiichen Rechts habilitiert, wurde er
dajelbjt (1S71) zum auferord. Profeſſor
ernannt und zu Djtern 1572 als ordentl.
Profeſſor nad) Gießen berufen. Zu Oſtern
1873 ging er zufolge eines neuen Rufs
nach Halle a. d. ©., zu Dftern 1877 nad)
Breslau, zu Ojtern 1881 nad Berlin.
Seine Thätigkfeit iſt mehr dem Lehrberuf |
als der Schriftjtellerei zugewendet. Als |
jelbjtändige Schriften von ihm find u. a.
erihienen:
Die Ddoppeljeitigen Klagen (1870), Die Ber:
pflichtung des Verkäufers 2c. (1874), Beitrag zur
Lehre von den ädiliziſchen Klagen (1885).
Eckardt, Julius von, wurde am.
1.Auguft 1836 zu Wolmar in Zivland ges |
boren, jtudierte zu St. Petersburg, Dorpat
und Berlin Jurisprudenz und Gefchichte
und lich ſich 1560 in Riga nieder, wo
er als Beamter des livländiichen evang.
Konfijtoriums und als Redakteur der
„Rigafchen Zeitung” thätig war und an
den Kämpfen für die Erhaltung des an—
geftammten Rechts und des deutſch-pro—
teſtantiſchen Charakters der Oſtſeeprovin—
zen eifrigen Anteil nahm. Als die ruſſiſche
Regierung ſich für die Ruſſifikation dieſer
Provinzen entſchied, verließ E. im Jahre
1867 jeine Heimat. Von 1867 —70 Re—
dafteur der „Srenzboten“, von 1870— 74
Das literariide Teutichland.
Eckardt.
Redakteur des „Hamb. Korreſpondenten“
und der „Börſenhalle“, wurde er 1874
zum Sekretär des Hamburgiſchen Senats
erwählt, welches Amt er acht Jahre lang
bekleidete. Als der Senat ihm auf Grund
einer Beſchwerde der ruſſiſchen Regierung
Beſchränkungen feiner publiziſtiſchen Thä-
tigkeit auferlegen wollte, verließ E. Ham—
burg, um als Geh. Regierungsrat nach
Berlin überzuſiedeln. Anfangs im Mi—
niſterium des Innern beſchäftigt, trat er
1884 als Hülfsarbeiter in das auswär—
tige Amt über; 1885 wurde er zum kaiſ.
Konful in Tunis ernannt. Won feinen
verdienten Schriften find zu nennen:
York und Paulucei, Beiträge zur Geſchichte der
Konvention von Tauroggen (1365), Die baltifchen
Provinzen Rußlands (1869), Rußlands Ländliche
Zuſtände feit Aufhebung der Zeibeigenichaft (1869),
| Baltifche und ruffische Kufturitudien (1869), Jungs
ruſſiſch und altlivfändiich (1871), Zivland im 18,
Jahrhundert (1876), Gabriel Merkel über Deutich:
land in der Schiller: Gocthereit (1886). Anonym
erichienen: Aus der Petersburger Geſellſchaft (6.
Aufl, 1873—75), Rußland vor und nach dem
Kriege (1879), Berlin und Petersburg (1580),
Bon Nikolaus I. zu Merander III. (18S1), Auf:
jiihe Wandlungen (1882).
Eckardt, Doris, geb. am 6. Septems
ber 1847 zu Vellahn (Mecklenburg), be:
fuchte die Hochſchulen zu Parchim und
Schwerin, Schriftitelleriich auf nautiſchem
und ethnologiihem Gebiete thätig, lieferte
namentlich über die melanefiichen Inſel—
gruppen und ihre Bewohner beachtenswerte
Dionographien (im „Globus“ u. a. a.O.);
Skizzen aus der Südſee u. A. m. erfchienen
im „Daheim“, „Schorers Yamilienblatt“
und anderen Zeitichriften, ebenfo auch zer:
ſtreut einige feiner Kriegserinnerungen aus
dem Feldzuge 1870/71, in dem er mit-
fünpfte. &. widmete fih dem Buchhandel
und gründete 1982 in Hamburg ein Spe—
zialgeichäft für Geographie und Nautif.
Eckart, Nudolf, geboren am 1. De—
zember 1561 zu Schöncbed, Kreis Oft:
priegnig in der Prov. Brandenburg, er:
hielt bis zu ſeinem zehnten Jahre den
Schulunterricht von feinem Vater, welcher
9
Eder,
inScönebed eine Rnabenerziehungsanftalt
leitete. Im Jahre 1572 bezog er das
Gymnaſium zu Nordhaulen am Harz, das
mit dem herzogl. Gymnaſium in Holzmin⸗
den (Herzogt. Braunichweig) vertaufchte.
Hier veröffentlichte er in Zeitichriften und
130
Eckers.
Phyſiologiſche Unterſuchungen über die Bewe—
gungen des Gehirns (1843), Crania (Fermaniae
(1863— 65), Die Hirmmindungen der Menichen
: { r (1869), Lorenz Dfen (1880), Dundert Jahre einer
er bis Oberſekunda beſuchte und ſodann
Freib. Profeſſorenfamilie (1886),
ders, Guſtav, Sohn des Rektors
der neuen Stadtichule zu Zinna, wurde
am 17. Auguſt 1511 geboren. Der Vater
inTagesblättern feineerjten Boefien. Nach folgte dem Aufruf des Königs Friedrid)
abjolviertem Daturitätseramen bezog E., Wilhelm III. zur Befreiung des Vaterlan:
zunächſt um Theologie zu ftudieren, die |des 1813. Die Mutter, Sophie E., Tod):
Univerfität Göttingen, doch wandte er fich |ter des Paftors Rißmann in Dennemwig,
bereits im dritten Semejter gänzlich von | nahm mit ihren Söhnen ihre Zuflucht zur
diefem Studium ab und warf fih nun: | Großmutter, ernährte ſich durch ihrer
mehr mit Eifer auf fein Lieblingsftudbium | Hände Arbeit und ermwirfte, daß beide
der philolophiihen Miffenfchaften. Neben: ; Söhne ftudierten. Guftav blicb vom ſechs—
bei war er literariſch thätig, für Zeitichrif: | ten bis zum vierzehnten Jahre bei feinem
ten Novellen, Skizzen, Efjays und Poeſien Großonfel, dem Paſtor Eders in Bram:
liefernd. Nachdem er noch in den legten | bach, wo er die glücklichſte Zeit feines Le:
Semeftern die Univerfität Greifswald be: bens vollbrachte. Nah dem Beſuch der
ſucht und auf mannigfachen Kreuz und
Querzügen durch Norddeuticland Land
und Leute kennen gelernt hatte, beendete
er fein Univerfitätsftudium und widmete
fich völlig dem ſchriftſtelleriſchen Fach, auf
novelliftiihem, Inriihem, literarhiftori:
ihem Gebiete thätig. 1887 nahm er ſei—
nen Wohnfig in Nörten (Prov. Hannover)
und gründete dajelbjt die Halbmonatsichrift
für Dichtkunſt und Kritik, das „Nord:
deutihe Journal“, deſſen Nedaftion er!
gegenwärtig inne hat.
Werke: Saat auf Hoffnung, Altes und Neues
aus Herz und Welt (1885), Am kuriſchen Haft,
Die Ohrfeigen (Erz. f. d. reif. Jug. 1886), Licht
und Schatten (Ged. 1887), Niederſächſiſches Dich:
terbuch (1887).
Ecker, Alerander, wurde am 10. Juli
1816 in Freiburg geboren, jtudierte in
Heidelberg Medizin und Naturwillenichaf:
ten und legte 1837 das Staatseramen ab.
1839 habilitierte er Sich zu Freiburg,
wirfte hier als Privatdozent, dann in Hei |
delberg als außerord. Profeſſor, bis er
1844 eine Brofejlur in Bafel erhielt. 1850
berief ihn die Univerfität jeiner VBaterftadt,
an welcder er noch jest wirft. ©. zählt
zu den hervorragenditen Anatomen unje:
rer Zeit. Unter feinen verdienten Werfen
find hervorzuheben:
Gymnaſien zu Zerbit und Wittenberg Stu:
dierte er Theologie und befonders die
Philoſophie Hegels in Berlin, wurde Kan-
didat der Theologie und 1836 Lehrer im
Haufe des Neichsgrafen Peter v. Medan
in Mitau und machte an der Univerfität
zu Dorpat die Eramina. 1839 wurde er
Lehrer an der Kreisichule zu Goldingen,
1844 Oberlehrer und Eraminator für das
Lehrfad der deutichen Sprade und Lite:
ratur am failerl. Gouvernementsgymna:
fum zu Riga. Er wurde Mitftifter des
Rigaer Naturforichervereins, gründete den
Rigaer Dichterverein und gab als Präſi—
‚dent des Thierichußvereins die Jahres:
berichte von 1860— 74 heraus. Er grün:
dete und leitete das erite weibliche Gym:
naſium in Niga von 1857 — 74. Im ron:
dienſt erlangte er den Hang eines Kolle:
gienrats und wurde Ehrenmitglied von
18 gelehrten Gejellichaften.
Er gab heraus: 1846 das Drama Jokoſte, 1878
Tirefias, 1880 Des Greiſes Erzählung, eine Kris
tif von Erzählungen des Alten Teftaments und
1:86 die Bevölferung der Urzeit. Auberdem find
von ihm gedrudt: ein Feſtgedicht zur Schillerfeier
in Riga und Pie Gründung Heidelbergs, cin
hiftoriicher Nachweis der Wanderungen der Sue:
ven und Chatten aus Indien an den Main in
dichterifcher Form und ein Sendichreiben nach Yü«
ri, cin Separatvotum in der Schladhtfrage.
Editein.
Eckſtein, Ernit, wurde am 6. Februar
1845 in Gießen geboren, abfolvierte da:
jelbit das Gymnaſium und widmete fich
dem Studium der Literatur, Philofophie
und Geihichte an der Univerfität feiner
Baterjtadt, dann an der zu Bonn. Nach—
dem er zum Doktor promoviert war, ging
er auf Reilen ins Ausland, um feinen
Gefichtsfreis zu erweitern. Zurüdgefehrt,
wandte er fi) der publiziftiichen Laufbahn
zu, war redaktionell an der „Neuen freien
Preſſe“ in Wien und fpäter an der „Deut:
ihen Dichterhalle”, danah am „Schalt“
thätig, bis feine außerordentlichen litera-
riihen Erfolge ihn veranlaßten, ſich von
aller derartigen Thätigfeit frei zu machen
und ſich ganz der jelbjtändigen Schrift:
ftellerei hinzugeben. Nachdem €. zuerft
vornehmlich die Satire und Humoreske
gepflegt hatte, wandte er fich jpäter aus—
ihließlicher dem Roman zu, zu deſſen an-
gefeheniten Autoren E. nunmehr zählt.
Sauptwerfe: Schach der Königin (1870), Die
Stumme von Sevilla (1871), Venus Urania
(1872), Der Belud im Karzer (1875), Aus Se:
funda und Prima (1876), Initium fidelitatis
(1876), Satirifche Zeitbilder (1877), Das hohe
Lied vom deutichen Profeſſor (1877), Sturmnadt |
(1878), MWurillo (1880), Die Claudier (1881),
Brufias (1883), Das Vermächtnis (1885), Uphro-
dite (1885), Violanta (1886), Pia (1887).
Edelmann, Wilhelm, geb. den 30.
Mai 1843 in Hagenweil (Kant. Thurgau),
ftudierte Theologie in Tübingen und Eid:
jtädt, 3. 3. Pfarrer in Murg am Wallenſee
(Schweiz), bürgerlid von Muolen (Kant.
St. Gallen), veröffentlichte Schon als Stu:
dent verfchiedene Gedichte in den „Monat—
rofen des Schw. Studentenvereins“, wurde
1868 PBriefter und Kaplan in Mörihmil
bei St. Gallen, gab 1875 eine Samm:
lung Gedichte heraus unter dem Titel Die
Friedensengel.
gen erfchienen feither in verschiedenen Zeit:
ſchriften.
Eder, Joſef Maria, wurde am 16.
März 1855 in Krems an der Donau ge—
boren. Daſelbſt abſolvierte er das Gym—
naſium und wendete ſich dem Studium
131
Mehrere kleinere Dichtun: |
Egelhaaf.
der Naturwiſſenſchaften an der Wiener
Univerfität im Jahre 1872 zu. Zur weis
teren Ausbildung in der Chemie abjol-
vierte er die techniſche Hochſchule in Wien
und praktizierte am k. k. berg= und hütten⸗
männifchen Reichslaboratorium; nachdem
ev furze Zeit als Supplent für Chemie
an der Staatsoberrealichule in Troppau
gewirkt hatte, wurde er Aſſiſtent an der
Lehrfanzel für chemiſche Technologie an
‚der techniſchen Hochſchule in Wien (bei
Prof. Pohl) und habilitierte fih im Jahre
‚1880 als Privatdozent für Photochemie
\dafelbjt. Seit dem Jahre 1882 wirft er
als Profeſſor der Chemie an der Wiener
Staatsgewerbeſchule.
Hauptwerke: Die chemiſchen Wirkungen des fars
bigen Lichtes (1879), wovon eine franzöfiiche und
englifche Überfegung erſchien; Über die Reaktionen
der Chromate auf Gelatine, Gummi und andere
Subftangen organ. Urfprungs (1878), welche Ars
' beit von der Wiener photographiichen Geſellſchaft
den Preis der goldenen Medaille erhielt; Die
| Photographie mit Chlorfilbergelatine, in Gemein⸗
Ihaft mit Hauptmann Pizzighelli herausgegeben
(1881), Theorie und Praris der Photographie
ı mit Bromfilbergelatine (3. Aufl. 1886); Die Mo:
| mentphotographie und ihre Anwendung auf Kunft
und Wiffenihaft (1886). Außerdem viele fach»
wiſſenſchaftl. Abhandl. in Zeitichriften ꝛc. 1882
begann €. das Ausführlihe Handbuch der Phos
tographie (1882—87) und gründete 1886 das
' „Jahrbuch für Photographie und Reproduktions⸗
technik.“
Egelhaaf, Gottlob, wurde am 1.
März 1848 zu Gerabronn geboren, er:
hielt jeineBorbildung auf dem Gymnafium
dajelbft und bezog 1866 die Univerfität
Jena, um Geſchichte und Literatur zu ftus
dieren und fi nad Abjolvierung dem
Lehrerberuf zu widmen. E. machte ſich
namentlich durch ſeine vorzüglichen Grund—
züge der deutſchen Literaturgeſchichte (3. Aufl. 1884)
literariſch bekannt. Won ſeinen weiteren
Werken heben wir hervor:
Der italieniſche Krieg (1879), Grundzüge der
Geſchichte (1885), Deutiche Geichichte zur Zeit der
| Reformation (1885), Analeften zur deutichen Ges
ſchichte (1886).
| Egenolff, Peter, geb. 1851 im Res
gierungsbezirf Wiesbaden, bejuchte er das
Gymnaſium zu Hadamar, jodann die Unis
9*
Enger.
verfitäten München, Göttingen, Berlin und
Straßburg. Anfangs wollte er die akade—
mijche Karriere verfolgen, war jedoch ge—
jwungen, zum Gymnaſium zurüdzufehren,
und jo wirfte er jeit Herbit 1877 als Bro:
fefjor für alte Spraden am Gymnaſium
zu Mannheim; von 1857 an in gleicher
Eigenihaft am Gymnaſium zu Heidelberg.
Seine Promotion zum Dr. phil. fand
1874 in Straßburg itatt.
Schriften: Anonymi epitoma grammaticne
(1577). Erotemata grammatica ex arte Diony-
siana oriunda (18801, low να zip
THY Brzzifung TWUnYnEny Zu BUdEHLE ZIWEN-
zes (1880), Die orthoepiichen Stüde der byzan—
tinischen Literatur (1857). Nusßerdem viele Bei:
träge in willenichaftlihen Zeitichriften.
Egger, Joch, geb. am 16. Auguft
1539 zu St. Banfraz im Ultenthale in Ti—
rol, habe ich meine früheiten Jugendjahre
dajelbjt und bei Verwandten zu Margreid
verbradjt, bis ich im Alter von 12 Jah—
ren zu cinem Verwandten in die Yandes:
hauptſtadt Innsbruck fam. Bier ftudierte
ih am Gymnaſium und an der pbilofo:
132
— Egli.
Im Jahre 1869 begann ich auch mein
Hauptwerk: Geſchichte Tirols von den älteſten
Zeiten bis in die Neuzeit. 1876 verheiratete
ich mich mit Louiſe von Troyer. 1882
veröffentlichte ich Die Tiroler und Vorarlberger.
Gleichzeitig ließ ich mich von Prof. Zin-
gerle an Stelle des nad) Prag und dann
nad Wien berufenen Prof. von Inama—
Sternegg für die Herausgabe des legten
umfangreicjiten Bandes der tiroliichen
Weistümer gewinnen, und diefe Arbeit
ı hat mid) jeitdem vollauf beichäftigt, da ich
nach Vollendung des Tertes die Ausarbei-
‚tung des Negijters und Slofjars über alle
‚vier Bände und die Nachträge in Form
‚eines Ergänzungsbandes allein auf mid)
genommen habe. Vier Eleinere Arbeiten
veröffentlichte ich in den Programınen des
Innsbrucker Gymnaſiums, alle auf Die
Geſchichte Tirols bezüglid.
Egli, Johann Jacob, wurde am 17.
Mai 1825 zu Laufen (Schweiz) geboren,
widmete fich dem Lehrerberuf. 1866 ba:
‚bilitierte er ſich an der Univerfität Zürich)
phijchen Fakultät, wo ich mic vorzüglich als Privatdozent für Erdkunde und wurde
hiſtoriſchen, geographiſchen, philoſophiſchen 1883 zum Brofeffor ernannt. Unter feinen
und germaniitiichen Ztudienwidmete. Nach | in vielen Auflagen verbreiteten Werfen
glüdlicher Abjolvierung der Lehramtsprü—
fung für Geſchichte und Geographie, er:
hielt ih 1565 eine Euppleatur an der
Oberrealfchule zu Innsbruck und nad) Ab-
legung der Prüfung für deutihe Sprache
und Literatur die erledigte Stelle als wirf:
lidher Lehrer und Profeſſor an der ge:
nannten Anstalt. Nachdem ich mir nod)
das philoſophiſche Doktorat erworben, be:
gann ich meine Korihungen auf dem Ge—
biete der tiroliichen und öjterr. Sefchichte
mit zwei Arbeiten (Die älteften Geſchichts—
fchreiber Tirols (1867), Herzog Leopold III).
1869 vertaufchte ich die Stelle mit der
eines Profeſſors am Obergymnaſium da—
ſelbſt, wurde gleichzeitig proviſor. Bezirks—
ſchulinſpektor der Bezirkshauptmannſchaft
Steutte, zwei Jahre ſpäter der Stadt
Bozen und Gerichtsbezirke Neumarkt und
Kaltern, in welcher Eigenſchaft ich bis
zum Anfange des Jahres 1878 verblieb.
heben wir hervor:
Geographie für Volksſchulen (1857), Entdeckung
der Nilquellen (1866), Nomina Geographica
(1872), Neue Erdkunde (7. A. 1887), Neue Schweis
zerfunde (7. U. 1883), Handelsgeographie (4. X.
1888), Geſchichte der geogr. Namenkunde (1886).
Ehrlich, Alfred Heinrich, wurde am
‚5. October 1522 in Wien geboren, zeigte
früh Schon große mufifalifche Anlagen und
‚widmete jich dieſer Kunſt und ihrer Aus—
übung. Nach vielen, von reichen Erfolgen
gekrönten Konzertreiſen in Deutſchland und
dem Ausland ließ er ſich in Berlin nieder,
wo er als Lehrer an einem Konſervatorium
(Stern'ſches) und als Muſikkritiker lebt.
1875 wurde ihın der Titel Profeſſor ver:
lieben.
Hauptmwerfe (Romane): Abentener eines Em:
porfömmlinas(1861), Runftund Handwerk (1862);
Novellen: Aus dem Wufiferleben, die Muſik—
Aeſthetik (1582), Lebensfunft und Kunſtleben
(1885), Dazardfpiel der Gefühle (1886),
Eichler. — 133 — Einsle.
Eichler, Marie, wurde am 19. Sep- Louisville, wo er bis 1851 blieb, da cr
tember 1852 zu Stendal geboren, genoß eine Aufforderung von New:Y)ork erhielt,
ihre Erziehung in Merſeburg im elterlichen |bie Leitung der von Friedrich Kapp ge:
Haufe und fiedelte mit ihrer Familie 1874 | gründeten „Abendzeitung“ zu übernehmen.
nad Arnjtadt über. Sie ijt Mitarbeiterin Er folgte diefem Nufe und in New-York
des Gartenlaubenfalenders, des Univer: hat er jeitdem gelebt und gewirkt. 1854
jums, von Wejtermanns Monatsheften 1C. bis 58 redigierte er die „New-Yorker
und ließ jelbjtändig erfcheinen: Harzblumen, Staatszeitung“. Seine Thätigfeit an
(Sagen und Geld. aus d. Harz. 1886). parteipolitiihen Blättern brachte ihn im
9%. Verlaufe mit den wichtigften Größen der
ze Be» e a, — | demofratiichen Bartei in Berührung, deren
mete fich zu Heidelberg und Freiburg dem bedeutendſter Agitator unter den Deutichen
Studium der Rechte und lebt feit 1871 ‚der öftlihen Staaten er wurde und au
als Oberamtsrichter in Lahr. ‚deren Kämpfen er ſich bis auf die neueite
Hauptwerfe: Wanderluft (1848), Gedichte in Zeit betheiligte. Als Kandidat Ddieler
allerlei Humoren (1853), Leben und Liebe (1855), | Partei unterwarf er ſich wiederholt Volks—
Pfalzgrafen (1859), Deutiches Knabenbuch (1865), | wahlen mit wechſelndem Glück, wurde Mit:
Ihe inſchwabiſch (1368), Lyriſcher Kchraus (1869), glied der Staatslegielatur, Coroner und
Biedermaiers Liederluſt (1870), Melodien (1875), Mitalicd des K * — Beit b
Hortus delieiarum (1877), Gold (1882); außer | Mitglied Des Kongreſes. Zur Zeit des
dem gab €. das Allgemeine deutſche Kommersbud | Seceſſions-Krieges war er während der
beraus (25. Aufl. 1883). Bauer des Gouverneurs Seymour
; General-Kommiſſär in deſſen Etabe, ſpäter
Eichwald, 5, |. Karl Tannen. wurde er Ueberfeger am Erbichaftsgerichte.
Eickhoff, Anton, wurde am 11. Sep: | Nach Ablauf feines Kongreßtermins 1879
tember 1827 auf der Kaldewey bei Lipp- | ward er Spezial-Korreipondent der N).
jtadt geboren. Eeine Eltern waren wenig | Staats: Zeitung während der Kongreß—
bemittelt. Bis zu feinem 15. Jahre ging | Sigungen in Wafhington, bis er 1885 vom
er in die Glementarihule zu Bennings | Präfidenten Cleveland zum Fünften-Aus
haufen und bejudhte dann die höhere Bür- ditor des Schapamtes in Majhington er:
gerihule in Lippjtadt, wo er insbefondere nannt wurde, welches Amt er jebt be:
die neueren Sprachen ftudierte, um ſich dem fleidet. 1882 ſchrieb er als Denkichrift zur
Lehrfache zu widmen. Er blieb in Lipp- | Feierdes einhundertjährigen Beitchens der
jtadt bis zu feinem 19. Jahre und ent- deutichen Gefellihaft in New: orf das
ihloß fih dann, da ihm die Mittel zu Geſchichtswerk: „In der neuen Heimat.”
' y i
fernerem Studium fehlten, nach Amerika Einsle, Anton, geb, 1848 zu Baden
au andern. Er reiſte im Herbſt d. J. . m: = =
en ni einem —5 — * nn bei Wien, Redakteur der Oſterr. Buchhänd-
nach New-Orleans und von da nad) Si ler⸗Korreſpondenz in Wien (Organ des Ber:
Louis, wo er furze Zeit durch Unterricht: | EINS ber öſterr. Buchhändler), Fachſchrift—
geben feinen Unterhalt verdiente und dann ſteller. Verfaſſer einer Bibliographie der
die Nedaftion einer einen Zeitung über- erſten Preßerzeugniſſe der Druditädte des
nahm. 1849 fuhr er nad) Debüque in 15. Jahrhunderts. (1887.)
Jowa, um dort eine Zeitung zu redigieren, &ifenftein, Dela von und zu (Eva
mußte aber im folgenden Herbit aus Ge- | Delmar), wurde am 18. März 1862 zu
ſundheitsrückſichten das rauhe Klima des | Prag geboren. Sie genof ihre Ausbildung
oberen Miiftifippithales mit einer mil- | im elterlichen Haufe. Früh Ichon regte ſich
deren Luft vertauichen. Er übernahm die | in dem jungen Mädchen die Luft am Fabu—
Redaktion des „Beobachter am Ohio“ in lieren, und da ihr eriter literarijcher Ver:
Eisler.
fuch freundliche Aufnahme fand, beichloß
fie, ichriftitelleriich weiter zu ftreben und
zu Schaffen.
Werke: Stille Geihichten (Nov. 1886), Sonne
und Schatten (Nov. u. Skizzen 1887).
Eisler, Moritz, geb. 20. Januar 1823
zu Broßnig in Mähren, jtudierte in Prag,
wo er unter den Herbartianern Erner u.
Nahelowski, dann unter den Heglianern
Smetana u. Hanuſch Philoſophie und
unter Oberrabbiner ©. L. Rappoport jü—
diſche Theologiehörte. Vorerſt ſich geſchicht⸗
lichen Studien zuwendend, fing er dann
134
Eitner.
folge langdauernder Krankheiten ihre ge—
ringen Erſparniſſe geopfert hatten, nichts
mehr beanſpruchen konnte. 1856 bezog
ich die Univerſität Breslau, wo ich vier
Jahre hindurch philologiſchen, philoſo—
phiſchen und hiſtoriſchen Studien oblag.
1860 zum Dr.der Philoſophie promoviert,
beitand id) im jelben Jahre meine Staats»
prüfung und trat 1861 bei der Realichule 3.
heil. Geiſt in Breslau ein. Noch in dem:
jelben Jahre verheiratete ih mich mit
Elvira Steinfe. 1865 ging id an das
Gymnaſium zu St. Varia Magdalena
an, die jüd. Philojophie des Mittelalters | über. 1873 entſchloß ich mich nad) langen
zu bearbeiten. Seit 1853 Schuldirektor | inneren Kämpfen, die mir angebotene Be:
und Religionslehrer am k. k. Obergym: | rufung als Direktor des neu zu gründenden
nafium zu Nikolsburg. Es erjchienen
von ihm: Borlefungen über die jüd. Philofophien
des Mittelalters, I. Abth., enthaltend eine Dar;
ftelung der Syſteme: Saadiad, Bachias, Ibn
Gebirols, Jehuda Halevis und Jbn Esras (1876).
II. Abth. Vorlefungen über Philofophie und Ne:
ligion des Maimonides (1870). III. Abth., ent:
haltend eine Darftellung der Syiteme des Gerſo—
nides, Chasdoi Creskas und Joſef Albo (1883).
Dann noch folgende Auffäge: Die Quellen des
Spinoziftiihen Syitems (1882), Jon Daud und
fein Buch: „Die erhabene Religion” (1886), Jbn |
Zadit u. fein Buch: „Der Mikrofosmos (1887).
Eitner, Ernit Guftav, wurde am 9.
October 1835 zu Polnisch Liſſa in der
Prov. Poſen von einfachen, aber braven
Eltern geboren. Den erften Unterricht ge:
noß ich in der Stadtichule meiner Vater:
jtadt. 10 Jahre alt kam ich nad) Königs»
walde in der Grafichaft Glatz, wohin mein
Vater als Grenzbeamter verjegt worden
war, und hier genoß ich mit einem älteren
Bruder und einigen Schulfreunden die
Freuden einer reizvollen und harmlojen
Jugend. Bereits 14 Jahr alt, wurde ich
auf das Gymnaſium nad Schweidnig ge:
bradt, und damit einer meiner Lieblings—
Symnafiums in Wohlau anzunehmen.
1879 fonnte ich meine Aufgabe in Wohlau
als gelungen und beendet betradhten und
‚ihre Fortführung andern Händen über-
| laſſen. 1881 fiedelte ich daher nah Görlitz
‚über, deſſen Magijtrat mir die Leitung
feines Gymnaſiums übertragen hatte.
An literariihen Arbeiten jind, abgeſehen von
zahlreichen Feuilleton⸗Artikeln in Journalen und
Zeitungen, von mir veröffentlicht worden: Jakob
Baldes Leben und Charakter (1863), Justini hi-
storiaram libri (1865), Ausgewählte Sinn:
gedichte von Friedr. v. Logau (1870), Friedrichs
v. Logau fämmtliche Sinngedichte (1872), Dr.
Steinbah und die Gottichedianer (1872); Bilder
aus dem altrömifchen Zeben (1874), Die Künftler-
Schule zu Rhodus (1880), A. Sulpieius Marimus,
ein elhähriger Dichter (1884), Luther und das
deutihe Haus (1883), Die Realfchule zu Görlig
unter Haumann’s Direft. (1887).
Eitner, Martha (Eric) Norden), geb.
am 14. Febr. 1851 zu Kottwig bei Naum-
burg a. Bober als zweites Kind des Ba-
ſtors Hermanı E. und feiner Frau Her
mine geb. v. Hantfe u. Lilienfeld. Sch
"hatte jtets große Vorliebe für Bücher,
hörte und erzählte gern Geſchichten, und
wünfche, mich dem Studium widmen zu | wollte gern „etwas werden“. ch wurde
dürfen, freilid unter ſchweren Opfern feis nur von meinem Vater unterrichtet, bis
tens meiner Eltern, erfüllt. Raſch durchlief derſelbe 1862 als zweiter Geiftliher nad)
ic die Klafjen, ſeit meinem Eintritt in die Trebnig bei Breslau berufen wurde. Ich
Sefunda auf meine eigene Kraft und die | bejuchte dort eine Privatſchule. 1864
Unterftügung freundlider Gönner ange: | wurde mein Vater nah Winzig, Kreis
wiejen, da id) von meinen Eltern, die in- Wohlau, berufen. Mit meinem Unterricht
Elbe.
war e8 zu Ende, eine gute Schule gab es
nicht. Ich war fränflich und wurde Auto—
didaftin im weitelten Sinne des Wortes.
Mich zum Eramen vorzubereiten, mußte |
id aufgeben. Der Wunſch, zu ſchreiben,
lebte Schon während der Kindheit in mir
und wurde immer mächtiger. ch Ichrieb
Novellen, die ih meinen Freundinnen
heimlich vorlas, und die von ihnen „wune |
derſchön“ gefunden worden. Ach verjuchte
auch fie unterzubringen, natürlih ohne
Erfolg. Jahrelang habe ich das Echreiben
gelafjen, bis id) doch meine ganze Kraft
und Energie daran ſetzte, um an das Ziel
zu fommen. Ich habe nur die Nächte bins |
135
Elimar.
(Harz) erzogen und vermählte fih 1855
mit dem Bringen Heinrich LXXLV. Reuß
j. & Sie bewohnte mit ihm das Gut
Jänkendorf in der Oberlaufiß bis 1886,
und lebt legt als Wittwe in Ilſenburg,
ihr Schönes dichteriiches Talent ausübend.
| Hauptwerfe : Sejammelte Blätter (1867),
| zweite vermehrte Auflage u. d. Titel! Gedichte,
' erfte Sammlung (1882), Gedichte, zweite Samm:
fung (1880), Die ſieben Sendicdhreiben (1872).
Elimar, Herzog von Oldenburg (3.
Maler, A. Günther), wurde am 23. Ya:
nuar 1344 zu Oldenburg als Eohn des
Großherzogs Paul Friedrih Auguft von
Dldenburggeboren. Nach Vollendung feiner
durch gearbeitet, damit niemand es merken | Erziehung bezog er die Univerfität Bonn,
ſollte, hattefeine Konnerionen und habe bis | wo er Zurisprudenz ftudierte. 1865 trat
zur Ermüdung oft mit den Schwierigkeiten | Herzog Elimar in die Armee, bei welcher er
gefämpft. Schließlich erſchien 1830 unter his zum Jahre 1875 verblieb. 1876 ver:
dem Pſeudonym M. v. Hanfeld zum erjten= | mäplte er fich mit Nathalie, Baronefje von
mal eine Geſchichte von mir im Reichs- Frieſenhof, und lebt nun auf Schloß Erlau
boten. Ich nahm bald das Pjeudonym | yeiMien, welchen Aufenthalt er nur unter:
Erich Norden an. Unter diefem erſchien pricht, um größere Studienreifen zu unter:
1881 ein Buch: „Die Macht der Verhält: nehmen, da Herzog Elimar immer nod)
nie“. Das Buch hat mir wenig Erfolg | eifrig bemüht ift, feine Kenntniffe zu ver
und Freude eingebradt. Ich war nicht auf volltommnen und feinen Gefichtskreis zu
meinem richtigen Gebiet, und erit, als ich erweitern, wie auch Stoff für feine aller:
mich nicht mehr durch die ſich wideripres orten erfolgreich aufgeführten feinfinnigen
enden Urteile und Anforderungen von
Berlegern leiten ließ, jondern von meinem
chriſtl. Standpunft aus für höhere Kreife
und bejonders für das Volk jchrieb, habe
ih Erfolg gehabt und Freude. (Sch lebe
im Haufe meines Vaters, der jeit 1884 |
Superintendent der Diözeſe
Winzig ilt.)
Mohlaus:
Außer den genannten Schriften find bervorzus |
beben: Das kranke Hannchen (1883), Verloren und
Wiedergefunden (1854), Mit Gott und ohne Gott
(1884), Unter Gottes ftarfer Hand (1885), Treu
bis and Grab (1885), Nachhauſe (1885), Saat
und Ernte (1886), Heimatlos (1886), Die Rofe
von Benares (1887), Gib Senith (1887), Der
Blaumüller (1887).
Elbe, 4. v. d., j. Aug. v. d. Deden.
Eleonore, Füritin Reuß, wurde als
die Tochter des Erbgrafen Hermann zu
Stolberg Wernigerode am 20. Februar
1835 zu Gedern geboren, in Ilſenburg
Luſtſpiele zu ſammeln.
Hauptwerke: Luſtſpiele: Zu glücklich, Herr von
Lohengrin, In Hemdärmeln, Ein paſſionirter
Raucher, Dornröschen, Edle Zeitvertreibe, Nichts
ı Neues unter der Sonne, Hans im Glüd, Ein guter
Menſch, Der arme Hugo (1876— 84).
' &lifabeth, Königin von Rumänien
(Carmen Sylva, Dito), geborene Fürftin
Wied, wurde am 29. December 1843 in
‚Neuwied geboren, geno eine bejonders
ausgezeichnete Erziehung und vermählte
ſich 1869 mit dem Fürjten, jegigen Könige
von Rumänien. Der Tod ihres einzigen
ı Kindes wurde der begabten Fürftin die erſte
Veranlaſſung zur Schriftitellerei, in deren
Ausübung fie Troft fuchte. Seit jener
Zeit iſt die hohe Frau neben der edeljten
Erfüllung ihrer Prlihten als Landesmutter
‚unausgejegt literarifh thätig geweſen.
Ihre meiſt poetiihen Werfe fanden eine
—
Ellger.
außerordentlich freundliche Aufnahme und
Beurteilung.
Hauptwerfe: Sappho (1880), Dichtungen (1881),
Stürme (1581), Ein Gebet (1882), Die Dere
(1582), Jehova (1883), Aus C. S. Königreich
(1885), Aus zwei Welten (1853), Meine Ruh
(1854), Mein Rhein (1884), Nitra (1885),
Stürme (1886).
Ellger, Karl Friedrih Guſtav, ge
boren den 8. Oftober 1845 zu Jätſchau bei
Slogau, vorgebildet auf dem evangelischen
Gymnaſium zu Glogau, ftudierte 1864
bis 1568 zu Berlin Philologie und Philo—
ſophie und ward 1869 Hülfslehrer, 1870
ordentlicher Zehrer, 1881 Oberlehrer am
Sophiengumnafium dafelbjt. Er promo:
vierte 1871 zu Göttingen. Er veröffent:
lichte „Die Zufäge au dem Proömium der Heftodi:
ſchen Theogonie“ (1553) und eine Anzahl Ne:
zenfionen philologiichen und pädagogiſchen
Inhalts in Zeitichriften, auch bearbeitete
er Die Biographien klaſſiſcher Philologen
und neulateiniſcher Dichter in Meyers
Konverlations-Lerifon.
Elling, Fr; v., ſ. Karl Müller.
Ellifſen, Hans, geb. 1.Jan. 1845 als
Eohn des durch feine literarifche und polis
tiiche Thätigfeit befannten 1872 veritor:
benen Bibliothefiefretärs Dr. Adolf E.
in Göttingen, erlernte nach vorhergegan-
gener Gymnaftalbildung 1860— 63 in
Hannover den Buchhandel, war dann als
Sehülfe in Lüneburg, Halle, Zerbit, Göt—
tingen, Berlin und Leipzig thätig. 1870
gründete er in Göttingen ein ſpäter nad) |
Leipzig verlegtes Verlagsgeichäft, war aud)
1876— 79 Befiger einer Sortimentsbuch—
handlung in Göttingen, NahAufgabe der: |
jelben widmete er ſich vorwiegend biblio-
graphiichen und ichriftitelleriichen Arbeiten,
welche legteren u. a. (in Beiträgen zum
„Börienblatt für den deutfchen Buch:
handel”) die Literatur und Geſchichte des
Buchhandels betrafen.
er, ohne Ichriftitelleriicher Thätigfeit ganz
untreu zu werden, eine Sortimentsbudh |
handlung in Leipzig. — Zu den erften von
156
1587 eröffnete
— Elm.
gehören einige 1867 in den Stuttgarter
Erheiterungen erſchienene Novelletten.
Selbſtändig erſchienen ſpäter:
Der Schönſten. Gedichte (1869), Kriegsſtim-
mungen eines Daheimgebliebenen. Ged. (1870),
Talisman gegen das Unglück. In fremden und
‚eigenen Gedanken (1872), Nirwana. Verſe eines
| Gefeflelten (1876), Die Berühmtheiten der Welt
nad) Stand und Beruf geordnet (1552), Das
neue Lied vom Dr. Eilenbart (3. U. 1886).
Elm, Hugo, wurde am 7. März 1843
in Gera geboren, ablolvierte das Gymna—
ſium dafelbit, widmete fih dann dem Lehrer—
beruf und wurde nach Abfolvierung des
Etaatseramens als Lehrer an der höheren
Töchterſchule zu Gera angeltellt. Er bes
ichäftigtefich neben feiner amtlihen Thätig-
feit befonders mit der Verabfaflung von
Yugendfchriften, die befonders die Beſchäf—
tigung der Jugend im Auge hatten. Seine
größeren Werke: „Spiel und Arbeit“, „Spritz⸗
arbeit“, „Laubfägearbeit”, „Theatermeiſter“,
„Weihnachtsbuch“, „Knacknüſſe“ ꝛc. wurden als
muſtergiltig von der Kritik anerkannt.
Gleichzeitig veröffentlichte er eine Reihe
novelliſtiſcher Arbeiten und war als Feuille—
toniſt an der „Geraer Ztg.“ thätig. 1883
ſiedelte er in gleicher Eigenſchaft nach
Dresden über und wirkt hier als Feuille—
toniſt, Romanſchriftſteller und Lehrer für
Natur- und Handelswiſſenſchaften an zwei
höheren Schulen
Hauptwerke: Die Elſäſſerin (1865), Der Flücht⸗
ling (1867), Im Jakobsthurm (1869), Brunnen⸗
nymphe (1870), Das Forſthaus (1871), Weib:
nachtstage (1871), Der lange Advokat (1874), Die
Fürſtin (1879), Im Bann des Nihilismus (1880),
Das Geheimnis des rothen Buches (1880), Satan
im rad (1881), Eine Braut (1882), Der ind:
ling (1582), Seitab vom Wege (1882), Im
Streit (1®85), Die Kinder des Staatsanwalis
(1886), Edle Brüder (1556), Im Kampf um
eine Krone (1886), Die Perrücke des Alten (1886),
Die Dame ohne Herz (1586), Der verjilberte
Cicero (18861, Mara (1587), Eine Tochter des
Volkes 11887), Schön Lika (1887), Das Glücks—
find (1887).
Elmar, Karl, fiche Karl Zwiedad.
Eljter, Otto. Ich wurde geboren am
11. November 1852 zu Ejchershaufen im
E. veröffentlichten belletriftiichen Artikeln | Weſerkreis des Herzogthums Braunjchweig
Elmert.
als Sohn des Phyſikus Dr. med. Nobert
Eliter. Meine erite Jugend verlebte ich in
dieſem Fleinen Städtchen. Ach befuchte
nad) einander die Gymnaſien zu Holzmin-
den und Wolfenbüttel.
Krieg ausbrach, ftrebte ich mit allen Kräf—
ten danad), in die Armee einzutreten. Aber
erſt im Jahre 1872 trat ich als Avantageur
in das Herzoglich Braunſchw. Infanterie: |
Regiment, welches zu Pfalzburg und ſpäter
zu Dieg garnijonierte.
gehörte id) als Offizier bis zum Jahr 1883
an, um welchen Zeitpunft ich in Penfion |
ging. Da ich als Offizier mic) ſchon willen:
ſchaftlich und ſchriftſtelleriſch beichäftigt
hatte, wollte ich mid) jetzt ganz der Schrift:
nach meinem Abgange vom Regiment nad)
Braunjchweig zurüd, woſelbſt meine in=
zwiſchen verwittwete Mutter lebte. Bier
trat id) in Verbindung mit dem Verleger |
des „Tageblatts“, für das id) mehrere Ar:
beiten lieferte (Novellen und geſchichtliche
Arbeiten). 1884 wurde ich Nedakteur des
Braunſchw. Tagebl. und blieb in meiner
Stellung bis 1. Februar 1887. Um diefen
Zeitpunkt ging ih nad Kreuznach und
übernahm die verantwortliche Zeitung des
Kreuznacher Tageblatts.
Gefchichte der braunfchweigiihen Truppen (1884),
Weſſen Schuld (Rom. 1885), Am Bivouakfeuer,
Manöver: und Garnifongeihichten aus Elſaß-Loth—
ringen (1885), Elfriedens Geburtstag (Schwan
1886), Manövertage (Luftip. 1857), Eine Jugend:
fünde (Schaujp. 1887).
Elwert, Wilhelm Ludmw., geb. den 29.
Januar 1834 als der Sohn eines Gold:
arbeiters in Tübingen, fam, weil von Ju:
gend auf kränklich, erjt mit 7 Jahren in
das dortige Lyceum, fonnte auch fpäter die
Schule nur unregelmäßig bejuchen, wes—
bald er durch Selbitudium die Lücken feines |
Wiffensauszufüllen juchte. Mit 14 Jahren |
wurde er in die Kaufmannslehre gethan,
profitierte aber in derfelben faufmännifch |
wenig, hatte jedod Zeit, im Umgang mit
Freunden aus der Studenten: und Buch»
händler-Weltanjeiner weiteren Ausbildung
137
Als 1879 der schließlich einförmiges Leben fort, bis er
In Buchform
erſchienen bis jetzt: Nunequam retrorsum, |
‚tur in Deutſchland (1864), Walter Scott (1865),
Elze.
‚zu arbeiten. Sein Wunſch, eine ihm zus
‚Tagendere Thätigfeit zu finden, jcheiterte an
den perfönlichen Verhältniſſen und aus
Mangel an Konnerionen. So fegte er fein
Ende 1866 auf Beranlaffung eines Lands-
mannesmitdiefemin Reutlingen ein Fabrik:
geichäft gründete, welches aber — wahr:
ſcheinlich weildiejer, fein ipäterer Schwager,
auch Verfe machte — nicht prosperierte.
Dem Regimente |
Seit 1885 lebt er nun als Kaufmann in
Stuttgart. Eine Auswahl feiner Gedichte
gab er im Jahr 1868 auf Veranlaffung
eines befreundeten Verlagsbuchhändlers
unter dem Titel „Heimatlieder” in den
h Druck.
ſtellerei widmen. ch ging nad) einiger Zeit
Elze, Friedrid Karl, am 22. Mai
1521 in Dejjau geboren, widmete fi) dem
Studium der Philologie, jpeziell der eng:
liſchen Sprache und Literatur. Nachdem
er lange Zeit als Lehrer und Profeſſor am
Gymnaſium in Deſſau gewirkt hatte, berief
ihn die Univerſität Halle als Profeſſor, als
: welcher er dort nod) jegt thätig ift, daneben
literariih eifrig und mit ſchönem Erfolge
thätig. Unter feinen, bejonders um die
ı Kenntnis der engliichen Literatur hochver:
dienten Werfen heben wir hervor:
Engliſcher Lieverihag (1851), Shafefpeares
Hamlet (1857), Die engliſche Sprache und Litera—
Der englilhe Herameter (1867), Lord Byron
(3. Aufl, 1886), W. Shafeipcare (1876), Abhand-
lungen zu Shafeipeare (1877), Vermiſchte Blätter
(1877), Gedichte (2. Aufl. 1878), Grundriß der
engliſchen Philologie (1887).
Enberg, U. v. R., |. A. v. Gottberg.
Ende, am, f. am Ende.
Ende, ©. v., ſ. Aler. de Néve.
Endemann, Wilhelm, wurde am 24.
April 1825 in Marburg geboren, bejuchte
das dortige Gymnaſium, ftudierte dafelbit
und in Heidelberg die Nechte und wurde
1851 als Staatsanwalt in Rinteln, 1856
als Aſſeſſor beim Obergericht in Fulda ans
geitellt. 1862 wurde er als ordentl. Pro:
feſſor der Nechtsmwillenichaft und Ober:
'appellationsgerichtsrat nad) Jena, als
Engel.
welder mit Ausnahme der Jahre 1868
bis 1870, in denen er Mitglied der Nord:
deutichen Gejeggebungsfommilfton zu Ber:
lin war, er bis 1875 wirkte, da er einem
Huf nad) Bonn folgte. 1883 wurde ihm
der Rang und Titel eines Geheimen Nathes
verliehen. E. zählt zu den ausgezeichnetiten
Juriſten, unter feinen hochverdienten Wer:
fen heben wir hervor:
Die Beweislehre des Zivilprozeſſes (1861), Das
Prinzip der Nectäfraft (1862), Das deutiche
Handelsrecht (1865, 4. U. 1887), Die Bedeutung
der Wucherlehre (1866), Studien in der fanonift.
Wirthichafts: und Rechtslehre (1874, 1883), Die
Haftpflicht der Eiſenbahnen (1877), Das d. Zivil:
prozehrecht (1868), Der d. Zivilprogeß (nad) der
Neihs:C- PD.) 1878 -1880), Eifenbahnrecht
(186).
Engel, Eduard, geboren am 12. No:
vember 1851 in Stolp (Bommern), ſtu—
dierte zu Berlin romaniſche Spraden, pro:
movierte 1874 und verheiratete ſich im
fommenden Jahre zu Berlin. 1879—83
138
Engel.
‚träge zur Gtatijtif (1870), Die moderne Woh—
nungsnot (1874), Das Zeitalter des Dampfes
(1880), Das Rednungsbuc der Hausfrau (1881).
Engel, Franz, wurde am 21. Juli
1834 zu Nöbel’i. Mecklenb. als der Sohn
des dortigen, in großem Anfehen jtehenden
und allgemein verehrten Bürgermeifters
geboren. Der mangelhaften Schuleinrich-
tung daheim wegen fam er im 13. Jahre
nad) Berlin in die Penſion eines Obeims.
Der leidende Gejundheitszuftand des Kna—
ben verhinderte einen regelmäßigen Schul:
bejuch, jo daß es jpäter durch eigene Kraft
und Fortbildung mande Lücke feines
Schulwiſſens auszufüllen galt. Auch feine
naturwiſſenſchaftlichen Studien zu Berlin
und Leipzig konnten nur beichränft und
bruchjtücweife betrieben werden. Eine
ihm gebotene Gelegenheit, an einer Erpe-
dition zweds Erforihung amerikanischer
Bodenverhältniffe wurde freudig anges
redigierte er das „Magazin für Literatur | nommen. An Ort und Stelle begann €.
Des ne und Auslandes“. Nunmehr lebt | feine Forſchungen, kreuz und quer durch
E. als Reichstagsbeamter in Berlin, neben | Amerika führte ihn fein Weg, auf dem er
jeiner amtlihen Thätigfeit mit Erfolg
ſchriftſtelleriſch thätig.
Hauptwerke: Lord Byron (1876), Geichichte
der franzöfiichen Literatur (1882), Geſchichte der
englifchen Literatur (1883), Die Überſetzungsſeuche
in Deutichland (18S4), Heines Memoiren (1885),
Griechiſche Frühlingstage (1887).
Engel, Ernit, wurde am 26. März
1821 in Dresden geboren, abjolvierte die
Akademie in Freiberg, um fid) dem Berg:
wejen zu widmen. Nach Vollendung eini=
ger größerer Studienreilen ins Ausland
trat er 1850 in den Staatsdienft, wurde
1853 zum Referendar und 1857 zum Re:
gierungsrat, 1860 zum Direktor des Sta-
tistiichen Büreau in Berlin ernannt. In
Anerkennung jeiner großen Verbdienfte um
die Statiftif wurde er 1863 zum Geheimen
Oberregierungsrat ernannt, als welcher er
bis zu feinem, 1882 erbetenen Abjchied in
hervorragenditer Weile thätig war. Nun:
mehr lebt €. in Oberlößnig bei Dresden.
Hauptwerfe: Die Methoden der Volkszählung
(1861), Land und Leute Preußens (1862), Bei:
‚wertvolle Funde in Fülle machte, die ihm
allgemeine Anerkennung eintrugen, Leider
erwieſen ſich feine Mittel als unzulänglich,
und als er endlich von Allem entblößt war,
blieb ihm nichts übrig, als durch förper:
liche Arbeit jein Leben zu frilten. Doc
das Klima ließ ihn nicht dazu fommen,
feinen Kohl zu bauen, wie er begonnen,
er verließ Amerika, wiederum unter ſchwe—
ren Entbehrungen und kam auf den Wunſch
ſeines alternden Vaters in die Heimat zu—
rück. Als der Krieg 1870 ausbrach, ſchloß
‚€. ſich den Truppen als Kriegsfreiwilliger
(36 Jahre alt) an und zeichnete ſich vor
dem Feinde mehrfach aus. Nunmehr iſt
E., nachdem er mehrere Jahre am Muſeum
‚der landwirthſch. Hochſchule zu Berlin als
ı Hülfsarbeiter gewirkt hatte, Bibliothekar
dieſer Anitalt.
| Außer vielen fachwiſſenſchaftlichen Auffägen in
Zeitichriften find von jelbitänd. Werfen bervorzus
heben: Studien unter den Tropen Amerikas (2.4.
1879), Wegeblumen aus dem Ränzel eines Wan:
derburſchen (1883).
Engel.
Engel, Karl Dietrich Leonhard, geb.
am 21. Februar 1824 zu Oldenburg, im
Großherzogtum.
139
Engelien.
iſt jeit 18 Jahren an dem Realgymnafium
Frühzeitig Talent zur
Muſik zeigend, wurde er zum Violinipieler
ausgebildet und trat ſchon im 12. Jahre,
öffentlich als Solift auf. Am Verein mit
jeinem älteren Bruder (Friedrich Engel, 2
geit. 1882 als Hoffonzertmeijter in Olden—
burg) wurden von Zeit zu Zeitdurc Nord:
deutihland und Holland mit Glück mehr:
fache Kunjtreifen unternommen, und Die
Gebrüder Engel fanden überall die beite
Aufnahme und erfreuten ſich des größten
Beifalls. Nachdem der Altere fich jpäter
nah Rußland begeben, folgte Karl im
Jahre 1842 ebenfalls einem Rufe dahin, :
um in die Kapelle des im Gouvernement
Rjäſan lebenden Fürften Dmitri von
Nariſchkin als Solijt einzutreten. Nah
mehrjährigem Aufenthalt dajelbit erhielt er
1846 ein Engagement an der faijerlichen |
Kapelle zu St. Petersburg und wurde |
Konzertmeiiter am faiferl. rufftichen Thea= |
ter. Als die Jahre zur Penſionsberechti—
gung abgelaufen waren, zog es ihn zur
deutfchen Heimat zurüd. Abwechielnd in
Berlin, Bremen und Oldenburg lebend,
wurden kleine Kunſtreiſen unternommen,
dann zog er mit feiner Familie nad) Dres:
den. Außer der Mufik iſt Literatur feine
Lieblingsbeihäftigung. Es erichienen:
Deutiche Buppentomödien. 8 Boch. Mit geichicht:
lihen Einleitungen (1874— 79), Bibliothefa Fau-
ftiana (1874), Job. Fauſt. allegoriſches Drama.
Mit —— (1877, 2. A. 1882), Das Volks—
ſchauſpiel Dr. J. Fauſt. Mit einer Bühnenge—
ſchichte ꝛc. (1882), Zufammenjtellung der Fauſt—
fchriften vom 16. Jahrhundert bis Mitte 1884
(1885), Das 300jährige erite Fauftbuh. Ein
Buch Zubiläum (1887), Die Don Juan:Sage auf k or
'lehrerftelle in der Familie des Gutsbe—
ſitzers Zaftrow, und ein Jahr danach trat
der Bühne (1887).
Engelhardt, Hermann, geb. am 10.
März 1839 zu Oberhohndorf bei Zwickau
i. S,, beſuchte die Bürgerfchule zu Zwidau,
darauf das Lehrerieminar zu Freiberg:
Noten. Er war Hilfslehrer an der Stadt:
Ihule zu Noſſen, Hauslehrer in der Fa-
milie v. Arnim auf Croſſen, Zehrer am f.
Seminar zu Friedrichitadt- Dresden, und
zu Neuitadt-Dresden angeitellt. — Aus
jeinen Schriftitelleriichen Arbeiten feien her:
vorgehoben:
Flora der Braunfohlenformation im Königreich
Sachſen (Breisichrift), Beichreibung einiger ter:
tiärer Tierüberrejte von Seifhennersdorf, Über den
Löß in Sachſen, Über den Kalktuff im allge—
meinen und den von Robſchütz mit ſeinen Ein—
ſchlüſſen insbeſondere, Tertiärflora v. Göhren, Über
Braunkohlenpflanzen von Bockwitz bei Borna, Be—
merkungen über Tertiärpflanzen von Stedten bei
Halle, Tertiärpflanzen aus dem Leitmeritzer Mittel:
gebirge, Kurze Geſchichte der kaiſerl. Leopold⸗Ka⸗
roliniſchen deutſchen Akademie der Naturforſcher
bis zum Jahre 1878, Über die Cyprisſchiefer Nord:
böhmens und ihre pflanzlichen Einſchlüſſe, Über
Planzenreite aus den Tertiärablagerungen von
Liebotitz und Vutſchirn, Über die foljilen Pflanzen
des Süßwaſſerſandſteins von Tichernowit, Über
die Rhön und die Rhöner, Über bosniſche Ter:
tiärpflangen, Über tertiäre Pflanzenrefte von
Waltſch, Uber Braunkohlenpflanzen von Weufel:
mis, Die Grednerien im unteren Quader Sad:
jens, Die Tertiärflora des Sefuitengrabens bei
Kundratig in Norbböhmen, Ein Blid in Nord:
böhmens Koblengebiet, Ein Beſuch in der vulfani»
ſchen Eifel, Briefe über Einführung der Kinder in
die Natur, Auf welche Weiſe ift der Unterricht in
der Volksſchule nachhaltiger zu geitalten? ? (Breis:
| —* ‚Sur Botanif auf Seminarien, Die Schul:
luft
Über die Behandlung der Geologie auf
Realichulen.
Engelien, Auguft Karl Hermann,
geb. den 24. Auguſt 1832 zu Landsberg
a. W. als Sohn eines Schneidermeifters
dajelbft, erhielt feine Schulbildung zuerft
in der Volfsichule, dann in der höheren
Bürgerſchule feiner Vaterjtadt und verlieh
‚legtere Anjtalt nad) bejtandener Abgangs-
prüfung Oſtern 1849.
Noch zu jung, um
in ein Zehrerjeininar aufgenommen werden
zu können, übernahm er zunädjit eine Haus:
er in das Seminar für Stadtſchullehrer zu
Berlin ein. Er wurde von demfelben
1853 entlaffen und unterrichtete bis 1854
an der Eiegertihen Knabenſchule, bis
1856 an der Fräulein Neumannfchen hö—
heren Mädchenſchule, bis 1859 an der
Fräulein Schmidtichen höheren Mädchen:
ſchule, bis 1860 an der Wohlthatichen
140
Engell⸗Günther. Engelmann.
höheren Knabenſchule zu Berlin. Am wanderungs-Angelegenheiten für Zeit:
1. Mai 1860 trat er in den Dienſt der ſchriften thätig, 1872— 76 iſt ſie Redak—
Stadt Berlin, war bis 1870 Lehrer der trice des Bazar. Es erſchienen von ihr
18. Semeindeichule, und von da bis jeßt ift einige kleine belchrende Schriften, die
er Leiter der 30. Gemeindeſchule, von Jugendichrift Weihnachts-Abende in Brafilien
1878 ab mit dem Titel Neftor. Seine mit eigenen Jluftrationen.
äh find außer den Beiträgen für Engelmann, Emil, wurde am 26.
verſchiedene Zeitichriften: August 1837 zu Kirchheim u. T. geboren,
Geſchichte der Stadt Landsberg a. d. Warthe, — ierte das 6 Stutt
von den älteften Zeiten bis auf die Gegenwart, In | A jo vierte Das ymnaſium zu Stu tgart
Gemeinichaft mit fr. Henning (1857), Samm: und beabſichtigte, ſich philoſophiſchen Stu—
lung von Mufterauflägen für die Volfsihulen und dien zu widmen, wurde aber dur Fa—
die Mitteltlaffen böberer Anaben: und Mädchen: milienverhältniſſe veranlaßt, Kaufmann
ſchulen (6, U. 1885), Leitfaden für den deutichen | R ki Thä
Sprachunterricht (1862, 1. Teil, 80. U. Ir87, zu werden. Neben feiner praftiihen Thä—
11. Teil, 38, A. 1887), Der deutihe Sprad: tigkeit widmet E. alle feine Muße dem
unterricht in der Voltsihule und der Seminar, Studium der Literatur, Ipeziell auf dem
lehrer Strübing (1863), Orammatif der neuhoch— i i
deutichen Sprache (3. U. 1883), Schulgrammatif Gebiete ber — — —
der neuhochdeutſchen Sprache (5. A. 1584), Grund: | jeher begeilterte. 3
riß der Gefchichie der neubochdeutihen Grammatit ſchriften zerſtreuten epiſchen und lyriſchen
und der Methode des grammatiſchen Unterrichts Arbeiten find hervorzuheben:
in der Vollsſchule (1585); außerdem in Gemein: Volksmärchen und Götterſagen aus germanis
ſchaft mit Deinrih Fechner: Deutſches Leſe- ſcher Vorzeit 11878, 2. Aufl. 1881), Daffelbe neue
buch. Aus den Quellen zufammengeftellt. Ausgabe | Folge (1882), Märdenbilder aus germaniſcher
A in 5 Teilen, B in 3 Teilen, C in zwei Teilen | Vorzeit (1882), Aus dem Schwabenland, 8 Lie:
(1873), Ubungsitoff für den Unterricht in der der im Volkston (IN83), Die ſchönften Mären und
deutſchen Rechtſchreibung, methodiſch geordnet (3. | Heldenfagen der Vorzeit (1884), Das Nibelungen:
4. 1886). | | lied für das deutfche Haus (1885), Das Gudrun:
Eugell:Siünther, Quliane, wurde | lied (1855), Die Frithiofs-Sage, das Lied von
am 3. Aug. 1829 zu Sülze in Medlenburg Nritbiof dem Kühnen für das deutſche Haus (1886),
j : . s e1ce Der Minnefänger (1886), Parzival (1887).
geboren, verlebte ihre Kindheit dajelbit und |
mußte von früh an als ältejtes unter vielen) Eppler, Chriftoph Friedrich, am 10.
Sprößlingen ihrer Mutter Gehilfin in dev Juli 1822 als Sohn eines Rotgerbers zu
großen Wirthichaft fein, während fie — | Kirchheim a. N. neboren, bildete fihaufden
bei den damaligen mangelhaften Schul: Seminar zu Eßlingen (1837—39) zum
verhältniffen — gelegentlich ihre Geſchwiſter Volksſchullehrer aus und diente als fols
unterrichtete. Daneben lehrte fieder Vater,
jelbft ein leidenschaftlicher Mufifer, Mufik,
Literatur und Anderes. Nach dem Tode
deſſelben mußte fie hinaus in die Welt,
um durch Unterrichten für ſich und Die
Ihrigen Brod zu verdienen. Später ges
langte fie dadurch nad) Brafilien, wo fie
eine Erziehungsanjtaltgründete und einiges
Geld erwarb. Inzwiſchen hatte fie ſich ver:
heiratet und ging nach vieljährigem Auf:
enthalt mit ihrem Gatten in Berlin, von
dort, als derjelbe jih von ihr getrennt
hatte, nah Zürich. Literariih war fie
bejonders auf dem Gebiete der Frauen:
frage, des Erziehungsweiens und in Aus:
cher an verichiedenen Schulen, bis er 1845
durch Wilhelm Hoffmann, nadmaligen
Hofprediger in Berlin, als Lehrer an die
Milfionsanftalt zu Bafel berufen wurde.
‚Dort erlernte er zugleich mit den Zög—
lingen die alten Spradyen. -Bon 1852 — 56
jtudierte er an der Univerfität Bajel un—
ter Hagenbad), Riggenbach, Stodmeyer
und Auberlen Theologie, wurde Mentor
der Söhne des eidgenöſſiſchen Oberſt Alioth,
ſammelte die im ehemaligen Bistum Bajel
zerſtreut lebenden Proteſtanten zu ciner
evangeliichen Gemeinde in Arlesheim im
Birsthale (1856—66), wurde jodann
Pfarrer der Gemeinde Waldenburg im
|
Gras.
Basler Jura (1867— 1877) und wirft
feitdem in gleicher Eigenichaft an der Ar:
beitergemeinde Birsfelden bei Baiel.
Als Lehrer am Milftonshaus verfahte er das
Leben des Armeniers Hakub Naticharoff und des
Indianermilfionars David Brainerd. Durch ſei—
nen väterlichen Freund Albert Knapp, den befann:
ten hrijtlichen Dichter und Schriftiteller, angeregt,
gab er feine freundlich beurteilten Miſſionslieder
beraus unter dem Titel „Milftionsharfe”. Später
ſchrieb er die Gefhicdhte der Gründung der arme:
nilch:evangel. Gemeinde Schamachi, Thränenjaat
und Freudenernte auf Madagasfar, Der Kämme:
rer aus Mohrenland oder Die erjte Heidenbefeh-
rung, ferner das literarhiſtoriſche Bild des Kirchen:
biftorifers und Dichters Karl Rudolf Hagenbach.
Seine zattjinnigen Iyrifchen religiöfen Dichtungen
erihienen in verichiedenen Zeitichriften zc.; im
Jahre 1881 erichienen fie gefammelt unter dem
Titel: Blätter und Blüten vom Lebensbaum.
Eras, Wolfgang, wurde am 14. April
141
Erdmann.
Das Reichseiſenbahnprojekt (1876), Der Wäh—
rungsitreit (1855), Das Branntweinmonopol
. (1856).
Erdmann, David, geb. am 28. Juli
1821 zu Süjtebiefe in der Neumarf, be:
juchte das Gymnaſium zu Königsberg i.d.
N. von 1835 —43, jtudierte in Berlin bis
1847 Theologie, wurde dort in diefem
Jahre rite zum Dr. phil. promoviert, er:
warb fi) 1550 den Xicentiatengrad in
der Theologie, wurde zum Domhülfspre—
diger in Berlin ordiniert, verwaltete das
‚Pfarramt in Fürftenberg a. d. D., wurde
bei der Mobilmahung des Gardecorps
‚zum Feldprediger ernannt, 1851 zum Die
viltonsprediger bei der 2. Gardediviſion
'in Berlin berufen und habilitierte ſich
1853 als Privatdozent der Theologie an
1843 in Schönfeld bei Großenhain ge; | der Univerfität zu Berlin und hielt Vor—
boren. Was meinen Bildungsgang anbe: leſungen über neuteft. Exegeſe und Kirchen:
trifft, So erhielt ic meine Schulbildung
in Dresden und jtudierte nach abgelegter
Maturitätsprüfung (1861) in XYeinzig,
Sena, Berlin. Jh war für das Lehrfach
in Mathematik und Naturwiflenichaften be>
ſtimmt, jattelte aber nach der Promotion
(1864) um und wandte mid) den Staats-
wiſſenſchaften, namentlih der National:
öfonomie, zu. In Berlin nahmen fi
Brince- Smith, Faucher, Midaelis und
andere führer der Freihandelspartei mei-
ner an, welche einen welentlichen Einfluß
auf meine handelspolitifche Richtung ge—
wannen. Ich wurde ein eifriges Mitglied
des Nationalvereins und war längere Zeit
bei verjchiedenen politischen Blättern in
Rheinland und Weitfalen thätig, 1868
Seneraliefretär d. Rheiniſch-Weſtfäliſchen
Handels: und Gewerbevereins, 1869 — 70
Sefretär der Bielefelder Handelsfammer.
1871 wählte mich die Breslauer Kammer
zu ihrem Syndifus; jeit 1878 gehöre ich
der Stadtverordneten-VBerfammlung und
dem ſtädtiſchen Etatsausſchuß an.
Hauptwerkte: Der Zwangsitaat und die deut:
ihen Sozialilten (1868), Zeitfragen auf dem Ge:
biete der Bolkswirtichaft und Geſetzgebung (1869),
Handelspolitifche Aufgaben nach dem Kriege (1871),
geihichte, verfaßte die Schriften: Lieben
und 2eiden der eriten Chriiten I. (1854) und
De primae epistolae Joanneae argumento,
nexu et consilio (1855). Im Jahre 1856
als ordentl. Profeſſor der Theologie nad)
Königsberg i. Pr. berufen; dort zugleid)
jeit 1857 Pfarrer an der altjtädtiichen
Kirche, las hier über neutejt. Eregele, bibl.
Theologie, Batriftif und Kirchengeichichte ;
ſchrieb hier De notione et finibus patristices
(1857) und einige Programme für die
preußiſche Hauptbibelgeſellſchaft über die
Geſchichte des Bibellejens. 1856 von der
Berliner theol. Fakultät zum Dr. theol.
freirt. 1864 als Generalfuperintendent
der Provinz Schlefien nach Breslau be:
rufen, 1865 bier zugleich zum ordentl.
Honorar: Brofeflor der Theologie an der
Univerfität ernannt.
Schrieb bier Kommentare zu den Büchern Sa:
muelis (1871), zu dem verſchiedene Aufjäte in
Herzogs Real-Encyklopädie der proteitant. Theo:
logie (1881), Brief Jafobi (180), und aus Anlaß
des Yutherjubiläums Ichrieb er Luther und Die
Hohenzollern (1883), Dante als Zeuge des Evan:
geliums in der Neuen Chrijtoterge vom Jahre
1887, Luthers Beziehungen zu Schlejien, ins:
befondere zu Breslau (in der Neihe der von dem
Verein für Neformationsgefchichte herausgegebenen
Schriften), 1857.
Erdmann. Erdmannädörffer.
Erdmann, Eduard, wurde am 1./13.| des 70. Geburtstages des verdienftvollen
Juni 1805 in Wolmar geboren, jtudierte in Volfsichriftftellers Ferdinand Schmidt cin
Torpat und Berlin Theologie, ging Später Feitgedicht heraus unter dem Titel Die
jedody zum philojophiihen Studium über, | Ratsverfammlung der Afen in Walhalla, ein
habilitierte fi) 1834 als Privatdozent in | Traum von den alten germaniſchen Göttern, ferz
Berlin, wurde 1836 als außerord. Pro: | ner erſchienen: Holda, ein Elfentraum (1886),
feſſor nach Halle berufen und wurde 1839 Geſchichte der Entwidelung (1897).
dajelbjt zum ordentl. Profeflor ernannt. Erdmannsdörffer, Bernhard,wurde
Literariih machte E. fi) befonders durd) | am 24. Januar 1833 in Altenburg ge—
jeine einzig daftehende, hochbedeutende | boren, jtudierte Philologie und Geſchichte
Darftellung der Geichichte der neueren Philofophie
befannt. Bon jeinen weiteren, allgemein
anerfannten, meilt in mehreren Auflagen
erichienenen Werfen heben wir hervor:
Natur und Schöpfung (1837), Grundriß der
Pſychologie (1840), Grundriß der Logik und Meta:
phyſik (1841), Pſychologiſche Briefe (1851), Ernite
Spiele (1855).
Erdmann, Guſtav Adolf, wurde am
16. Juli 1859 in dem Dörfchen Ahrens:
hagen bei Straljund als der Sohn eines
armen Torfihullehrers geboren. Im drit:
ten Jahre ließ ein Mädchen ihn vom Arm
fallen, wodurd er fidy eine jchwere Ver:
legung des Rückgrates zuzog. Mit feinem
13. Jahre erft war er geheilt und fonnte
nun daran denfen, eine Schule zu beſuchen.
Da wurde fein in fönigl. Dienite jtehender |
Vater 1872 an die militärijche Erziehungs:
anjtalt zu Schloß Annaburg verjegt. Der
Geneſene beſuchte zunächft 1'/e Jahr die
Schule des Anjtituts, erhielt nebenher
fremdiprachlichen Unterricht und ging1874
auf das Gymnaftum zu Wittenberg. 1881
wurde er nad) abgelegtem Abiturium nad)
Obrsleben zur Verwaltung einer Dorfichul-
lehrerſtelle geſchickt. Im Herbit d. J. ging
er als Lehrer an das Militär-Knaben—
Erziehungs-Inftitut zu Schloß Annaburg,
allwo er nod) jegt wirft. Nachdem er 1583
das vorschriftsmäßige zweite Lehrerexamen
zu Halberjtadt abgelegt, begann er feine
literarische Thätigfeit. Zunächſt veröffent:
lichte er eine Broſchüre über die Geichichte des
fönigl. Militär» Anaben » Erziehungs » Initituts zu
Schloß Annaburg (1883), jodann ſchrieb er
pſeudonym (Guſtav Lehrer) für mehrere
pädagogiſche und andere Zeitſchriften päda—
gogiſche Artikel. 1886 gab er zur Feier
(Jena und Berlin: 1852—55), habili—
tierte fi) 1858 in Jena, 1861 in Berlin,
nachdem er längere Zeit Studien halber in
Italien verweilt hatte, wurde 1863 als
Lehrer an der Kriegsafademie in Berlin
'angeitellt und 1869 zum außerord. ‘Pro:
feſſor an der Univerfität dajelbjt ernannt.
' Als ordentl. Profeſſor wirkte er dann nad)
einander in Greifswald, Breslau und Hei—
delberg, an legterer Univerfität noch jeßt.
Dauptwerfe: De commercio quod inter Ve-
netos et Germaniae civitates aevo medio inter-
cessit (1858), Herzog Karl Emanuel (1862), Graf
Georg Friedrih von Walded (1889), Das Zeits
alter der Nov. i. Hellas (1870), Urkunden und
Aftenftüde zur Geſchichte des Kurfürjten Friedrich
ı Wilhelm von Brandenburg (1864— 83).
Erler, Joſef, entftammt einer anges
jchenen Innsbruder Bürgerfamilie und
wurde am 9. Auguft 1857 zu Trieft ges
boren, abfolvierte das Gymnaſium zu Inns⸗
brud und die juridiichen Studien an der
Wiener Univerfität. Im Jahre 1850 trat
er bei der E. f.Statthalterei in Linz in den
Staatsdienft, wurde in das VBerwaltungss
gebiet der Tiroler Statthalterei veriept
und avanzierte dort vajch zum E. f. Poli:
zeikommiſſär und Leiter des f. k. Polizei—
fommillariates in Ala. E. gehört der jün—
geren Tiroler Dichterichule an.
Hauptwerfe: Mein Land Tirol (1877), Der
Geigenmader von Tirol (1878), Des Kaiſers
Ehrenfrany (1879), Aus der Sommerszeit, Des
Prinzen Meiſterſchuß (1880), Vom Bodenfee zum
Arlbera (1882), Eſſays (1885—86) Außerdem
ift E. Mitarbeiter vieler bejierer Zeitichriften.
Ermiſch, Hubert Marimilian. Geb.
am 23. Juni 1850 zu Torgau, bejuchte
ich die Gymnaſien zu Kolberg, Bromberg
und Frankfurt a. d. D. und bezog Oſtern
Ermiſch. —
1868 die Univerſität Heidelberg, die ich
nach einem Jahre mit Göttingen ver: |
taufhte. Hier fejlelte mid namentlich
Georg Waitz, zu deſſen engerem Echüler:
freife ich zu gehören das Glüd hatte.
Nach einer Unterbredungder Studien durch
den Feldzug 1870/71, den ich als Ein:
jährigfreiwilliger mitmachte, promovierte
ic Herbit 1871. Ein Jahr fpäter zog ich
als Erzieher der Prinzen Otto und Adolf
zu Shaumburg-?ippe nad) Büdeburg, wo
mir jpäter auch der Poſten eines fürftl.
Hofbibliothefars übertragen wurde. Von
bier aus machte ih Frühjahr 1873 das
Eramen in Göttingen. So angenehm
meine Büdeburger Stellung in vieler Be:
ziehung war, entichloß ich mich doch, die
pãdagogiſche Laufbahn mit einer anderen
zu vertauſchen, die mir mehr Zeit zu wiſſen—
Ihaftlichen Arbeiten ließ, und trat 1874|
in den preußiichen Archivdienft ein. ch
wurde zunächſt dem unter Zeitung des
Archivrats Prof. Dr. Grünhagen jtehen:
den Staatsardjive in Breslau überwieſen.
Hier entitanden mehrere Auffäge zur ſchle—
ſiſchen Geichichte in den Jahren 1435 —52.
Nah vierzehnmonatlihem Aufenthalt in
Breslau folgte ich einem Ruf nah Dresden,
wo mir die durd den Tod des Dr. F. F.
von Topra⸗Klett frei gewordene Stelle eines |
Archivars am fol. ſächſ. Hauptſtaatsarchive
übertragen wurde (1875); meine Ernen-
nung zum Archivrat erfolgte 1880. Be:
fonders willkommen war es mir, daß ich
mic) an der Bearbeitung des im Auftrage
der Staatsregierung zuerſt von Gersborf,
jest von Otto Toſſe und mir herausgegebenen
Codex diplomaticus Saxoniae regiae be:
teiligen fonnte. Ich habe von diejem groß |
angelegten Werke bis jegt 3 Bände heraus:
gegeben, nämlich ein Urfundenbud der Stadt
Chemnit; und ihrer Klöfter (1879) und den 1.
und 2. Band eines Urfundenbuchs der Stadt
Sreiberg (1883, 1886), denen ein dritter bald
folgen wird. Die Herausgabe diejes lep-
teren Urkundenbuchs veranlafte mich zu
eingehenden bergwerfs: und bergrechtsge:
Ihichtlihen Studien, deren Refultate teil:
143
Eſcherich.
weile in dem Werke Das ſächſiſche Bergrecht
des Mittelalters (1887) niedergelegt ſind.
Noch andere kleinere Arbeiten ſchloſſen ſich
an die Urkundenpublikationen an; ſie ſind
teilweiſe, wie die Geſchichte des Benediktiner—
kloſters zu Chemnitz, in von Webers Archiv
f. d. Sächſiſche Geſchichte, teilweiſe in dem
eine Fortſetzung deſſelben bildenden Neuen
Archiv für Sächſ. Geſchichte und Altertums—
kunde, das ich ſeit 1880 herausgebe, er—
ſchienen; die umfangreichſte dieſer kleinen
Arbeiten, die Studien zur Geſchichte der ſäch—
fiich-böhmifchen Beziehungen 1464— 71, ift auch
jeparat erichienen (1887). Verheiratet bin
ich feit 1876 mit Charlotte, geb. Langer:
feldt aus Büdeburg.
Eſcherich, E., wurde am 11. März
1856 zu München geboren, genoß den Un:
terricht im elterlihen Haufe, erzogen von
einer liebevollen und geiſtig bedeutenden
Mutter (den Vater hatte fie früh jchon
verloren). Eine unglüdliche Ehe, die fie,
befonderer Verhältniſſe halber, ſchon früh—
zeitig ſchloß, machte das junge träume—
riſche Mädchen zur reifen Frau und zer—
ftörte einen großen Teil ihrer Ideale. Erft
als ſich diefes unfelige Verhältnis löſte,
begann die Sonne ihr wieder zu leuchten.
Sie fuchte nun Troft in der Poefte und
deren Ausübung.
Hauptwerfe: Runkelſtein (1881), Saga (Erz.
1884), Iſaria (Erz. 1886).
Eſchſtruth, Nataly von, wurde am
17. Mai 1860 als die Tochter eines hei:
ſiſchen Offiziers zu Hofgeismar geboren.
1867 fiebelten die Eltern nad Merſeburg
und 1872 nad) Berlin über, woſelbſt Na—
taly ihre Erziehung in einem Penftonate
erhielt. Schon frühzeitig hatte ſich die
Liebe zur Poeſie bei dem jungen Mädchen
geäußert, wofür Gelegenheitsgedichte in
Menge beredtes Zeugnis ablegen. Bald
wagte fie ſich an kleine Novellen: Die Königs:
ihwärmerin, Wie fi Hoheit rädht, die Ro—
mane: Der Mühlenprinz, Erltönigin, Die Gank—
lerin. Daneben beichäftigte fie ſich auch
mit dramatiihen Arbeiten, von denen
ra Esmarch, Joh. Friedrich Aug., wurde
MIT.
Esmard). —
Pirmaſenz oder Karl Auguſts Brautfahrt, Die
Sturmnixe zur Aufführung gelangten. N.
v. E. iſt Mitarbeiterin mehrerer Zeitichrifz
ten, bejonders in der 1587 eingegange:
nen „Deutſche Illuſtr. Ztg.“ war fie ein
ftändiger Gaſt.
Außer dem Gen. find hervorzuheben: Gänſe—
fiefel, Wolfsburg, Katz und Maus, Polniſch Blut,
Hazard, Verbotene Früchte, Botpourri, Wegefraut.
am 9. Januar 1823 in Tönning geboren.
Sein Vater, ein vortrefflicher Arzt, wünſchte,
daß fein Sohn gleichfalls dem eigenen Be:
ruf ſich widme. Nichts war dem willens-
durjtigen Jüngling angenehmer, denn ges
rade für die medizinische Wiſſenſchaft und
ihre humane Ausübung empfand er Be:
geiſterung: auf feinem anderen Felde fünne
man jo unmittelbar der Memſchheit die—
nen, meinte er mit Recht. 1843 bezog er die
Univerfität Kiel und jtudierte hier, ſpäter
in Göttingen, Medizin. Nach Vollendung
feiner Studien legte er das Staatseramen
ab und wirkte als Aſſiſtent Yangenbeds
am hirurgiichen Hoipital in Kiel. 1848
zog er in den jchleswig-holfteinichen Krieg
als Arzt, dann fungierte er als Oberarzt |
beim Lazarett in Flensburg. 1849 habi:
litierte er fih in Stiel. 1854 wurde er
Direktor der hirurgiichen Klinik und 1857 |
ordentl. Profeſſor. Nad) dem Tode feiner
eriten Gattin, einer Tochter Strohmeyers,
vermählte ſich E. (1872) mit der Prin—
zelfin Henriette von Schleswig-Holitein: |
Sonderburg. E. gilt als einer der bedeus |
tendjten (wenn nicht der bedeutendfte) Chi: |
rurg der Gegenwart. Er hat fid) ganz
außerordentliche Verdienſte um dieſe Wii,
ſenſchaft, ipeziell um das Lazarettweien und.
die friegschirurgifche Technik erworben.
Hauptwerfe: Uber Refeftionen nah Schußwun—
den (1851), Uber chroniiche Gelenfentzündungen
(1866), Der erite Verband auf dem Schlachtfelde
(1569), Gelenfneurojen (1572), Kriegschirurgiiche
Technik (1877), Die erite Hilfe bei plöglichen Une |
RR (1582), Samariterbriefe (1856). |
Ettel, Konrad, am 17. Januar 1847 |
als zweiter Sohn mäßig wohlhabender.
Landleute zu Neuhof bei Sternberg in,
* = i
an, Kork. Sa af ptuir.
>
144
Ettig.
Mähren geboren, wurde frühzeitig zum
Studieren beftimmt. Nah vollendetem
zehnten Jahre fam er zur Vorbereitung
für das Gymnaſium nad) Freudenthal in
Schleſien. Zur Erlernung der zweiten Yan
desſprache fam er ſodann nad) Kremiier,
wo er die Gymnaſial-Studien zurüclegte.
Das Erwahen des nationalen Geiltes
nad) dem Jahre 1859 Hatte zur Folge,
daß ſich auch die deutihe Minderheit der
daſelbſt Studierenden enger zuſammen—
ſchloß und ihrerſeits Kraft und Begeiſte—
rung im eifrigen Studium der deutſchen
Literatur ſuchte. Dadurch erwachte früh:
zeitig bei ihm die Neigung zur poetiſchen
Geſtaltung. Seine Eltern hatten ihn für
den geiſtlichen Stand beſtimmt, doch fühlte
er wenig Beruf hierfür, und nachdem er
das theologiſche Seminar in Olmütz zwei
Semeſter beſucht hatte, erklärte er ſeinen
Austritt und kam 1867 nach Wien, wo
er Philoſophie hörte, hierauf ohne Mittel
zum Studium, in die Dienſte der Nordbahn
trat. Hier begann er eine literariſche
Thätigkeit.
Hervorzuheben: Eiſenbahn- und Telegraphen—
lieder (1881), Wiener Weiſ' und Frauenpreis
(1884), Ideale und Idole (18*5), Grundzüge der
natürlichen Weltanſchauung (3. Aufl. 1887).
Ettig, Johann Franz, wurde am 20.
Dezember 1850 in Borna (Sachſen) ge—
boren als Sohn braver, aber armer El—
tern, die ihm nicht die Mittel zum erſehn—
ten Beſuch eines Lehrerſeminars zu gewäh—
ven vermochten. Aber der Wunſch E.'s, die
akademische Laufbahn zu betreten, war zu
mächtig in ihm erwacht, als daßer auf deſſen
Erfüllung hätte verzichten mögen. So er:
warb er fi in einer Stellung als Steuer:
'erpedient unter viel Entbehrungen das
‚nötige Geld, um feine Pläne verwirklichen
zu fönnen, und endlich bezog er das Se:
minar in Grimma. Heute wirft er daſelbſt
als eriter Oberlehrer.
Bon feinen — meift poetiihen Werfen heben
wir hervor: Stunden der Weihe (1877), Der
Weg des Lebens (1579), Familienleben und ya:
milienerziehung in poctiichen Bildern (1881), Dar:
fenflänge (158%.
=
Nachtrag.
(A—E.)
Bickell, Guſtav, verfaßte noch:
S. Isaaci Artiochenioperaomnia (1873-771.
Carmina Veteris Testamenti metrice (1882),
Dichtungen der Hedräer (1882— 83), Der Bre:
diger (Koheleth) über den Wert des Daſeins (1884),
Blume, Ludwig, it am 31. Januar
1546 in Wien geboren, hat jeit 1863 phi⸗
tologische, ſpeziell germaniftiiche und hifto-
riſche Studien an den Univerfitäten zu
Wien und Berlin betrieben und ijt feit
1571 °Profejlor am E. . Akademiſchen Gym:
naſium in Wien für Deutiche Sprache und
Literatur und Allgemeine Geichichte. Sein
wiſſenſchaftliches Arbeitsgebiet iſt Litera:
turgeſchichte.
Er hat folgende ſelbſtändige Schriften publi—
ziert, von denen die meiften vorzüglich beurteilt
wurden: Das deal des Helden und des Weibes
bei Homer mit Rückſicht auf das deutiche Altertum
(1874), Über den Iwein des Hartmann von Aue
(1879), Goethe als Student in Leipzig (1884),
Goethes Egmont, mit Einleitung und Anmer:
tungen herausgegeben (1887).
Carſtens, Klaus Heinrich Wilhelm,
wurde am 22. Auguft 1849 zu Neuen:
kirchen (Str. Norderdithmarſchen) geboren,
widmete ſich dem Lehrfache und amtirt
derzeit in Dahrenwurth bei Lunden (Holit.).
Er verfahte viele fprachliche bez. dialektiſche Auf:
füge für Zeitichriften und gilt als eine Autorität
auf dem Gebiete der Dialeftforfchung. 1884-85 |
redigierte er den „Urdsbrunen”, empfehlenswerthe |
Zeitſchrift für volkstümlich wiſſenſchaftliche Kunde,
deren Leitung E. demnächſt wieder übernehmen
wird. Gegenmärtig arbeitet er an einer ſprachlich
mythologiſchen Abhandlung über die Abzählreime
und an einer Sammlung Dithmarfcher Sagen
und Märdıen,
Eonwens, Anna, geboren 1859, ge:
noß eine treffliche Erziehung im elterlichen
Haufe und widmete fich nach der Schulzeit |
umfajjenden Studien, befonderes Gewicht
auf die lateinischen Klaſſiker legend, ebenfo
ſuchte ſie in die Geheimniffe der Natur:
wiſſenſchaften einzubringen und die Pro:
bleme der Philoſophie zu löſen. Seit
‚treten konnte.
Gymnaſiums zu Zweibrücden wurde E.
mehreren Sahren lebt fie in Berlin als
eifrige Diitarbeiterin von Zeitſchriften, für
die fie Romane und Novellen ſelbſt Schreibt
‚und ſolche aus fremden Sprachen überfegt.
Euno, Friedrich) Wilhelm, ift geboren
‚am 19. Mai 1838 zu Germersheim am
Rhein (befanntaus Kaiſer Rudolphs legten
Tagen). Der Vater C.'s, ein Beamter,
dernunmehr hochbetagt im Ruheſtande lebt,
hielt diefen feinen älteften Sohn von Su:
gend auf zum Lernen und allem Guten
jtrenge an. Ihm verdankt es derielbe,
daß er die wiljenichaftliche Laufbahn be:
Schon als Schüler des
durch den Sejchichtsunterricht des Bro:
feſſors Dr. Finger für die hiltorifchen
Studien begeiſtert. Nach Vollendung feiner
Univerfitätsjahre interimiftiicher Hülfs—
‚prediger an der franzöfiſch-deutſch⸗refor—
mierten Gemeinde zu Biihweiler in Elſaß
für kurze Zeit geworden, fand derielbe
‚manche Anregungen zu Forihungen in
der Geſchichte des ehemaligen Herzogtums
Zweibrücen durch den Rajtor Fr. W. Cull—
mann. Die Wirkſamkeit als deutſcher Pre—
diger in der reformirten Paroisse de Plai-
sance zu Paris erweiterte den Blick des
jungen Mannes.
Bon entiheitungsvoller Beftimmung für feine
nachherige literariſche Thätigkeit wurde aber erit
fein Eintritt in den Dienit der evangelischen Kirche
Naſſau's (1865). Dort öffneten fih ihm die
Schätze der Herborner Bibliothet, auf weiche ihn
der naſſauiſche Hiftoriograph Keller aufnerfiam
machte, Auch die Räume des Archives zu Idſtein
wurden fpäter befucht, um dafelbit tiefere For:
Ihungen zu machen. Das Ehemals der Herborner
Hochſchule ſowie die Geſchichte der Fürſten des
oraniſch⸗naſſauiſchen Fürftentums, ebenſo allmälig
auch all der reformierten Territorien Deutichlands,
welche mit jenen mehr oder weniger in Berüh—
rung ftanden, machte er jest zum Gegenſtande
angeltrengter Studien. Als erſte Frucht derfelben
urfte er 1869, nachdem er bisher einige Ar—
beiten für Zeitſchriften geliefert, veröffentlichen
Johann, der Ältere von Naſſau— Dillenburg-
ein fürftlicher Neformator. Nah den Haupt:
als 1858 der Ruf an ihn erging, Pre:
momenten feines Lebens gejchildert. Bald dar:
Te TAN a ‚diger der deutichreformierten Gemeinde in
auf erichien feine vorzüglihe Geichichte der Stadt — eher 5
— ra Ri - 6 die —— zu St. Betersburgzu werden. Seit dieſer Zeit
Unterreichenbach bei Birftein an, um auch die ver: | lebt D. in angejtrengter und weit ausge:
Ihiedenen iſenburgiſchen Ardive durchforſchen zu | dehnter Berufsthätigkeit — fein Konfijto-
fönnen. Es bot ſich ihm in denfelben ein reiches | rialbezirk erſtreckt ſich bis an das Schwarze
Material dar, welches er zum Teil nach ſeiner
Überſiedelung nah Spannbeck in Südhannover Meer — in der ruf. Hauptitadt. 1868
1882 bei Publikation des „Gedächtnisbuch deut: Konfiftorialrat geworden, erhielt er 1883
ſcher Fürften und Fürftinnen reformierten Be | von der Univerjität Marburg die Würde
kenntniſſes“ (in Verbindung mit Dr. theol. 4.
Zahn, Konfiftorialrat Dr. Ehlers, Pfarrer Beder,
Paſtor Dreves und Paſtor Richter herausgegeben)
verwerten fonnte. Gr verfaßte weiter die popus
lär gehaltenen Schriften: Magifter Johann Bader,
Kaspar Dfevian, Johannes der Ältere, Pfalzgraf
bei Rhein und Herzog zu Zweibrüden, und den
XIV. Teil des ähifhen Memorabile für 1886.
Zum 15. März; 1887, dem dreihundertjährigen
Todestage des Neformator Dlevianus, gab C. her:
aus: Blätter der Erinnerung an Dr. Kaspar Dle-
vianus. Auch ift er Mitarbeiter an mehreren kirch—
lichen Beitfchriften des In- und Auslandes, fomie
an der allgemeinen Deutichen Biographie. Seit
1887 wohnt er mit feiner Familie in dem am
Fuße der Ruine Pleffe gelegenen Dorfe Eddige-
haufen, wohin er durch die Wahl der Bewohner
berufen wurde.
Dalton, Friedr. Hermann, wurde in
Dffenbad) a. M. am 20. Auguft 1833 ge-
boren. Nachdem der Vater — ein Eng:
länder — bereits 1836 mit feiner Fa—
milie nad) Frankfurt a. Di. übergefiedelt
war, bejuchte der Knabe zunächſt das dor-
tige damals berühmte Handelsinftitut von
Hafjel, vertaufchte dafjelbe aber 1844 mit
dem Gymnafium, als der jchon früh rege
gewordene Wunſch, Pfarrer zu werden,
mit unmiderjtehlicher Gewalt ſich geltend
machte. NahBollendung des Gymnafiums
bezog D. 1853 die Univerfität, zunächſt
Marburg, dann Berlin und Heidelberg.
Keiner der Profeſſoren machte einen tie-
feren und nachhaltigeren Eindrud auf den
jungen Dann als Immanuel Nitzſch. Der:
jelbe wollte feinen Schüler für die wiſſen—
Ihaftlihe Laufbahn gewinnen, aber die
größere Herzensneigung zog ihn zur Wirk⸗
ſamkeit eines Geiftlichen. Nachdem er 1856
die Univerfitätsprüfung, 1858 die Staats:
prüfung beftanden, war der Entſchluß ge:
reift, als Miffionar nach Indien zu ziehen,
eines Doftors der Theologie.
| Die fnapp zugemefjenen Mußeftunden boten zu
literarifcher Thätigkeit erwünfchte Gelegenheit; wir
nennen von bedeutenden Werfen bier: Nathanael,
Vorträge über das Chriftentum (2. Aufl. 1864),
Geſchichte der reform. Kirche in Rußland (1865),
| Das Gebet des Herrn in den Spraden Rußlands,
| linguiftifche Studie mit beigefügten 108 Sprad»
| proben (1870), Smmanuel, der ——— Ka⸗
techismus als Bekenntnis und Erbauungsbuch er⸗
flärt und ans Herz gelegt (2. Aufl. 1888, ins
Holländ. überſ.), Reifebilder ausdemDrient{1871),
| Reifebilder aus Spanien (1872, ins Hol. überf.),
Neifebilder aus London und Holland (1875),
Ferienreiſe eines evang. Predigers (1886, ins Dän.
‚ überf.), Job. Goßner (2. Aufl. 1878), Job. v. Mus
ralt (1876), John a Lasco (1881, ins Hol. u.
ı Engl. überj.), Die evang. engen in der
ruf. Kirche der Gegenwart (1881), Sranz.,
| Engl. u. Hol. überſ.), Der ſonale Ausjag (1882,
ins Boln. überf.), Evang. Betrachtungen in 5 Bon,
(2. Aufl), Verfaſſungsgeſchichte der ‚luth,
Kirche in Rußland (1887), Geſchichte, en und
Weiſe der evang. Sonntagsfchule (1887).
Dorn, E., f. E du Feaur.
Du Boys-Reymond, Emil, ſchrieb
noch: Unterſuchungen am Zitteraal (1881), Reden
(1886—87).
Eſſelborn, Karl, wurde am 31. Mai
1852 in Alzey (Helen) geboren, beab»
fichtigte, Ingenieur zu werden und befuchte
zu dem Zweck das Bolytechniftum in Darm:
ftadt. Eine langwierige Krankheit zwang
ihn jedoch, diefe Laufbahn aufzugeben,
nachdem er bereits bei der Mürttember-
giihen Staatsbahn angeftellt gemwefen.
Er widmete fih nun ausſchließlich der
bereits während feiner dienftlihen Thä-
tigkeit betriebenen Schriftftellerei.
Hauptwerfe: Eudocia (Drama), Ein tös
geſuch (Poſſe), Des Pfalzgrafen Toter (Ep., 8.
Aufl.), Bleifederffizzen, Hasdrubals Weib(Drama),
EI
1. Teil.
Ettinger.
Ettinger, Paul, geb. am 1. März
1857 zu Münfterberg in Schlefien. Be:
ſuchte die Volksſchule jeiner Vaterjtadt und
jeit Oftern 1870 das Friedrichs-Gymna—
fium zu Breslau. Durch Vermögenslofig-
feit gezwungen, weiteren Studien zu ent-
jagen, verließ er das Gymnaſium in der
Prima Oftern 1877, um fi einer Be:
amtenlaufbahn zu widmen. Bis 1879 im
Vorbereitungsdienft befchäftigt, trat er am
3. Juli 1879 in den unmittelbaren preuß.
Etaatsdienjt und gehört feither dem Se:
fretariat der fgl. Regierung zu Breslau an.
Schrieb Gedichte, Iyriichen, erzählenden und
bumoriftiihen Inhalts, Eſſays und Feuilletons,
welhe in verſchiedenen Zeitichriften veröffentlicht
wurden.
Ettoire, Herm., ſ. Herm. Riotte.
Euſebius, j. Hermanı Frommann.
Euting, Julius, wurde am 11. Juli
1839 in Stuttgart geboren, jtudierte urz
Iprünglich Theologie, wandte fi) aber jpä-
ter orierıtaliichen Studien zu (1861—64:
Tübingen, Paris, Orford und London).
Nach Zurüdlegung vieler gefahrvoller Ori⸗
entreijen ging er nad) Straßburg, wo er
als Univerfitätsprofellor und erjter Biblio:
thefar wirft. E. hat ſich als einer der
ausgezeichnetſten Drientaliften bewährt.
Er iſt wohl der bejte Kenner altjemitischer
Inſchriften, fo entdedte er u. a. die alt-ara—
mãiſche Stele zu Teima (5. Jahrh. v. Chr.)
und die althebräiihe Synagogeninschrift
zu Balmyra (c. 250 n. Chr.).
Hauptwerte: Qolasta (mandäiicher Tert, 1867), |
Punifde Steine (1871), Sechs phönikiſche Ju:
Ihriften aus Idalion (1875), Inichriftliche Mit:
teilungen (1876), Carthagiſche Inichriften (1893), |
Rabatäiſche Injchriften aus Arabien (1855).
Evander, 9., I. H. Guttmann.
Evers, Ernjt Eduard, geb. am 15.
Auguft 1844 im lübſchen Stadtſtiftsdorfe
Kaköhl im öjtlihen Holjtein. Es ijt mir
nimmer an der Wiege gelungen worden,
daß ich dereinft zum literariihen Deutſch—
land folle gezählt werden. Meine Groß:
väter waren ojtholjteinische Bauern, pa—
triarchaliſche Geſtalten mit fernfeften Hän—
Hinrichſen, Das literariſche Deutichland.
145
Evers.
den und frommen Herzen. Mein Vater hat
‚als Stellmacher das Felleifen getragen
durch Deutichland und über die Grenzen
deſſelben hinaus und hat durch Wagenbau
‚einen ſolchen Wohlſtand erlangt, daß er
‚feine beiden Söhne hat jtudieren laſſen
können. War’s das treuberzig jchlichte Er-
‚zählen einer frommen Mutter, welche in
‚dem ältejten Buben die Luft zum Fabu—
‚lieren wedte, war's die liebliche Gegend
der Heimat, welche dieſe Luft nährte? Ich
‚weiß es nicht. Das weiß ich, daß ich in
den Tagen der Kindheit zu den Fühen des
Paſtors Claudius, eines Sohnes vom
Wandsbecker Boten, geſeſſen habe und
mir das Herz habe erwärmen lafjen von
jeiner Rede. Das weiß id aud, daß nad)
dem Tode des Paſtors Claudius der Volks»
ſchriftſteller Nik. Fries als Paſtor nad)
Blefendorf, wo mein Geburtsort einges
pfarrt war, gefommen ift. Derjelbe kam
oft in das Haus meiner Eltern und hat
mich dann jelber auf das Gymnafium in
Plön gebradt. In Stiel jtudierte ich drei
Semejter Theologie, hörte daneben bei
Harms über Logik, bei Weinhold und Kl.
Groth über alt: und neuhochdeutiche
Sprade. Es war jene Zeit, da Schles—
wig-Holjtein vom dänischen Joche freiges
worden war und da in Deutichland das
Feuer unter der Alche glomm, um im
Sommer 1866 aufzuflammen. An einen
ruhigen Fortgang des Studiums war nicht
viel zu denken. Als eben die fiegreichen
Schaaren Preußens aus Böhmen heim:
gekehrt waren, fam ich nad) Berlin, um
meine Studien unter Dorner, Steinmepyer,
Tweiten und SHengitenberg fortzufegen.
1569 bejtand ich das theologiiche Amts—
examen in Kiel und wurde im jelben Jahre
als Paſtor für die Pfarre in Tetenbüll an
der ſchleswigſchen Weſtküſte erwählt. Da
fige ich nun feit achtzehn Jahren auf ein—
jamer Scholle, umgeben von einer glüd-
lihen Familie. Im Jahre 1874 jchrieb ic)
meine erjte Erzählung, welche 1875 er:
ihien. Von jener Zeit an habe ich eine
Erzählung der anderen folgen Laien.
10
Eye.
Wenn auc die von mir herausgegebenen |
Bücher in hriftlichen Kreifen weite Vers |
breitung gefunden haben, jo habe ic) doch
von jeher eine weitergreifende Thätigfeit
geübt auf dem Gebiet der Sonntagsblatt:
Literatur. An fait allen bedeutenden Er:
bauungsblättern Deutichlands bin ich Mit—
arbeiter für das Fach der Erzählung. Seit
3 Jahren bin ich Nedakteur des „immer: |
grün“,
Hauptwerke: Martjen Flors Gelundheit, Vom
Berge der Seligkeiten, Rogate, Steinsmühlen,
Klein und Groß, Der Herr an Bord, Der Wil—
derer, Eheſtand — Weheſtand, In die neue Welt,
Am Walde, Aus der großen Zeit, Das Leben im
Licht, Glockenklänge, Gnadenquellen, Am Throne |
Gottes. |
Eye, Joh. Lud. Aug. von, wurde am,
24. Mai 1828 in Fürftenau geboren, jtus
146
— Fahliſch.
Fowler wurde. Im Auftrage dieſer Firma
bereiſte €. faſt die ganze civilifierte Welt
und bildete ſich nicht allein zu einem der
bhervorragenditen Technifer und Ingenieure
heran, jondern ſammelte auch wertvollen
Stoff zur jpäteren literariichen Verwer—
tung.
Hauptwerke: Das Agrikulturmaſchinenweſen in
Agypten (1867), Wanderbuh eines Ingenieurs
(1871— 80), Boltmar (1877), Der Waldteufel
(1875), Mönd und Yandsfnedt (1881).
Fahliſch, Paul, wurde am 27. Mai
1544 zu Nagow, einem Dorfe am Weit:
rande des Spreewaldes, geboren. Sein
dierte zu Göttingen und Berlin anfänglich | Vater, Friedrich F., war Lehrer in dieſem
die Rechte, ging aber Ipäter zum Studium | Orte. Ragow iſt reich an prähiftorifchen
der Philofophie und Geſchichte über und | Funden. Diejer Umſtand regte jchon früh
beichäftigte ſich noch befonders mit Alter: | feinen Sinn auf nähere geihichtlide Er-
tumsfunde. 1853 berief ihn das Germa- forſchung nicht nur dieſes Dorfes, fondern
nische Diufeum als VBorftand der Kunſt- des ganzen Spreewaldes an. Nachdem er
und Altertumsfammlungen. 1875 ging |die höhere Bürgerichule in Yübben befucht
er nad) Dresden, um das Diufeum an der | und dann das Seminar zu Neuzelle von
Kunftgewerbeihule zu begründen. In—
zwilchen unternahm er viele ausgedehnte
und erfolgreiche Reifen, deren Nefultate |
wir in feinen, allgemein als hervorragend
anerkannten Werfen wiederfinden. 1887
fiedelte E. nach Brafilien über, wo er „die
geiftige Eroberung eines der Schönen Er:
denwinfel bezwedt im PBalmenlande, wo
die deutfche Seele Ruhe und Entzüden
trinfen kann.“
Hauptwerfe: Kunſt und Leben der Borzeit
(1854), Deutichland vor 300 Jahren in Leben
und Kunſt (1857), Eine Menſchenſeele (1563),
Weſen und Wert des Daleins (1870, 2. Aufl.
1856), Das Neich des Schönen (1878), Die Deut:
chen in Brafilien (1885).
Eyth, Mar, am 6. Mai 1836 in
boren, bejuchte das Polytechnikum zu
Stuttgart und ging nad) deſſen Abjolvie:
rung nad) England, wo er bald Ingenieur
der großen Tampfpflugfabrif von John
preußiſchen
Kirchheim (Württemberg) als der Sohn
des berühmten Theologen Eduard E. ge:
1563 bis 1566 abfolviert hatte, trachtete
er danad), im Spreewald als Lehrer ange:
ftellt zu werden. Dies gelang ihm, indem
er in der Stadt Yübbenau ein Heim fand.
Sofort begann er feine lofalgejchichtliche
Thätigfeit. Durch Güte des verftorbenen
Standesherrn Grafen Herm. Rochus zu
Lynar wurde ihm Einfiht in die alten
Schloßurkunden verjtattet, die er einige
Jahre lang bearbeitete. 1877 erichien feine
| „Seichichte der Spreewaldftadt Lübbenau”, Späü—
ter ſchrieb er noch verichiedene Artikel:
Ein Blatt aus des Spreewalds grauer Vorzeit.
Die Überſetzung aus der amerifanifchen Zeitſchrift
„Harper's new munthly magazine‘: The prus:
sian wends and their home, Das Schwinden des
euß Wendentums, Der Spreewald. Eine
hiſtoriſche Skizze. Außerdem hat er ſich noch
an der Herſtellung der Kießlingſchen Spe—
zialkarte vom Spreewald nebſt Führer be—
teiligt. Kleinere Korreſpondenzen für ver—
ſchiedene Zeitungen ſind von ihm in grö—
ßerer Zahl geliefert worden.
_—
Falckenheiner.
Falckenheiner, Wilhelm, wurde am
3. November 1821 als älteſter Sohn des,
durch ſeine „Geſchichte heſſiſcher Städte u.
Stifter“ bekannt gewordenen Pfarrers
Karl F. in Hofgeismar geboren, verließ
1837 das Waterhaus, in dem er feine
erjte Erziehung nenofjen, und fam in das
Kaſſeler Gymnafium. 1840 bezog er die
Univerfität Marburg, um Theologie und
Philologie zu ftudieren. Durch den früh:
zeitigen Tod des Vaters, welcher die aus
elf Köpfen bejtehende Familie in traurig:
jter Zage zurüdließ, wurde der von Prof.
Hettberg und Prof. Denke befürmwortete
Plan einer akademiſchen Laufbahn ver:
eitelt. Um der Familie in ihrer hülflofen
Lage eine Stüge zu bieten, trat F. als
Lehrer in einem Kaſſeler Brivatinftitut ein,
und nahm Mutter und Gejchwilter zu fich
bis zu feiner erjt zehn Jahre ſpäter er:
folgenden Bermählung. Wenige Jahre da-
nad übernahm %. jelbit die Zeitung jenes
Injtituts, nachdem er die theologiiche und
die philofophiiche Doktorwürde erlangt und
das Neftoratseramen bejtanden hatte. Er
ging dann für einige Zeit nach dem franzö-
ſiſchen Spracgebiete, um die dortige
Eprade beherrichen zu lernen, wurde, zu:
rüdgefehrt, als Prediger nad) Kafjel be:
rufen und wirkte hier bis 1874 in ſegens—
reicherjeeljorgeriicher Thätigfeit. Daneben
beihäftigte F. fih aud) mit dem öffent:
lihen Zeben und den praktiſchen Beſtre—
bungen für Volkswohlfahrt, und wurde als
Abgeordneter in den legten kurheſſiſchen
Landtag gewählt. 1873 wurde F. Stadt-
jhulreferent und Inſpizient im Neben:
amte, 1874 erfolgte jeine Berufung als
Regierungs- und Schulrat in die fünigl.
Regierung zu Kaſſel, wodurd) jeiner geiſt—
lihen Amtsthätigfeit ein Ziel gelegt wurde.
Außer zahlreichen Beiträgen in Zeitichriften find
von dieſes tüchtigen Sculmannes verdienten
Schriften hervorzuheben: Ich weiß, an wen ich
glaube (2. U. 1563), Der evangeliiche Geiftliche
und das öffentliche Leben (1864), Zur Verſtändi—
gung und zur Verjöhnung, ein Wort an den Ar:
beiterftand (1869), Uber die Grenzen des konfeſſ.
Elementes (2. A. 1872), Heſſiſche Jugendluft (1876),
In der Ferienkolonie (1883), Aug der böfen alten |
147
— Falk.
Zeit, ein heſſ. Volksbüchlein (1854), Jungdeutſch—
land am Fuße unjerer nationalen Ehrendenfmäler
Qu).
| Falk, Dar, wurde am 7. Oftober
1528 in Belt geboren, mußte nad) Abiol-
vierung der Schule, da jein Vater ftarb,
feinen Unterhalt jelbjt verdienen und be:
gann mit Überfegungen ungarifcher Werke
ins Deutjche. Alter und reifer geworden,
mit ausgezeichnetem publiziitiichen Talent
ausgeftattet, benußte F. dasfelbe, um in
großen Zeitungen Djterreichs und Ungarns
auch politifch aufzutreten. Er wußte fi)
bald Geltung zu verichaffen und wurde an
die Epite der Redaktion des „Peſter
Lloyd“ berufen, welches Blatt er zu einer
Weltzeitung erften Ranges erhob vermits
tels jeiner anerkannten Echneidigfeit der
politiiden Auffaffung und feiner Echlag-
fertigfeit. Nachdem er 1870 aud) in den uns
gariichen Reichstag gewählt worden, fpielte
er eine hervorragende politische Rolle als
Angehöriger der gemäßigt liberalen Bartei.
Selbjtändige Bücher hat $. nicht erfcheinen
laſſen, jondern fein ganzes literarisches
Können auf politiihe Schlagartifel ges
richtet, deren hohe Bedeutung allgemein
gewürdigt ift.
Falke, Jakob v., wurde am 21. Juni
1525 in Napeburg geboren, jtudierte in
Erlangen und Göttingen Vhilologie und
Geſchichte. Nach Vollendung feiner Stu:
dien ging er nad) Düſſeldorf, wo er fich ein=
gehend mit der Gejchichte der Kunſt und
Kultur beichäftigte. 1855 folgte F. einem
Auf nad) Nürnberg als Konjervator am
Germaniſchen Muſeum, gab diefe Stel:
lung jedoh auf, da er den ſehnlichſten
Wunſch Heate, nad) Wien zurüdzufehren
‚und ihm Gelegenheit hierzu durd den
Fürſten Kiechtenftein geboten wurde. Nach—
dem er lange Zeit feine Kraft den Liechten-
fteinihen Kunſt- und Bibliothefsichägen
gewidmet und fich bereits literariih als
Kunfthiltorifer einen Ruf erworben hatte,
ward er 1865 zum erjten Kuſtos am f. k.
Mufeum für Kunſt und Induftrie ernannt,
um das er ſich große Verdienjte erworben
10*
148
Falfner.
hat. Im Dezember 1885 wurde er zum trat er ein neues Gebiet, auf welches ihn
Direktor diejer Anftalt ernannt. Won allerdings feine Reifen und feine Befannt:
feinen hodhbedeutenden Werfen heben wir ſchaft mit den Berhältniffen der Deutichen
Falkenſtein.
hervor: außerhalb der Reichsgrenzen hinwieſen.
Er gründete zu Berlin den „Allgemeinen
deutſchen Schulverein zur Erhaltung des
Deutſchtums im Auslande“, welder7 Jahr
ipäter bereits in etwa 320 Gruppen über
30,000 Mitglieder zählte. Jetzt ift er
Oberftabsarzt an der Haupt-Kadetten—
Anftalt Gr.-Lichterfelde.
Falkner, Hugo, liche Diar v. Weißen:
thurn.
Faller, Julius Emil, wurde geboren
am 21. December 1536 zu Todtnau, wo
jein Vater Bürgermeijter war. Nach voll:
endeten Studien der Theologie, Philo—
logie und Gejchichte zog er vorerit, da er
Die deutiche Trachten: und Modenwelt (1858), |
Kunst und Leben der Borzeit (1859), Geſchichte
des modernen Geihmads (1881), Gefchichte des |
Haufes Liechtenftein (1832), Die Kunft im Haufe |
(1882, 5.4), Hellas und Rom (1882), Äſthetik
des Kunftgewerbes (1854), Die Wiener Porzellan:
fabrif (1886). |
Falfenitein, Julius, geboren den 1.
Juli 1842 zu Berlin, Sohn eines praft.
Arztes, erhielt feine Ausbildung auf dem
franzöſiſchen Gymnaſium in Berlin und
ſpäter in der mediz..hir. Akademie für das |
Militär. Er machte den Feldzug gegen
DOfterreich und gegen Frankreich) mit und
wurde zuerit befannt als Mitglied der
deutfhen Loango-Erpedition, welche ſich
von 1873— 76 durch ſtreng wilfenichaft-
liche Arbeit an der Weſtküſte Afrifas un:
bejtrittene Verdienſte erwarb. Er leitete
die Station Tichintichoticho und vertrat
die ethnologiiche, naturwiſſenſchaftliche und
medizinische Forſchung. Seine Photo:
graphien, ſowohl Negertupen, Tier: und
Pflanzenbilder, wie Landichaften vereinigte |
er in einem 1576 veröffentlichten „Album |
der Loango-Küſte“. Neben einer Reihe
kleinerer medizinischer Abhandlungen er:
fchien der von ihm verfaßte 2. Band des,
großen Werkes der Erpedition und Später
der „Natgeber für Koloniſten, Seeleute
und Reijende in jüdliche Gegenden“, wel:
cher bejonders die Pioniere der Kultur in
die Gefahren ihres Wirkungskreifes ein:
führen und fie vor denjelben bewahren |
follte. Es war ihn außerdem vergönnt,
durch richtige Behandlung den erjten le—
benden Gorilla nach Europa zu bringen.
Seine verdienten Arbeiten find abgefehen von |
Heineren Aufläsen folgende: Afrifantiches Album. |
Die Loangoküſte nebſt Tert (1975), 2. Abteilung
des Werkes der Yoango:Erpedition (1881), Arzt: |
licher Ratgeber für Koloniften, Seeleute und Rei:
fende in jüdliche Gegenden (1882), Weſt-Afrika
vom Kap Nun bis zum Damara:Land (1854), |
Zwei ungelöfte afrifanifche Fragen. (Aus allen
MWeltteilen 184), Die Zukunft der Kongo: und
Suinea-Gebicte (155). Im Jahre 1530 be:
ſich für einen pofitiven Lebensberuf, außer
dem theologiichen, nicht recht erwärmen
fonnte, die Literatenlaufbahn vor und
fam in die Schweiz, wo ihn indeh doch bald
mancherlei Erfahrungen und Bedenken be:
jtimmten, eine Lehrſtelle anzunehmen
(1864). Seither lebt er in Zofingen (im
Yargau), neben der Schule in beicheidener
Weiſe der Mufe dienjtbar. 1882 hat er
feine Dichtungen, die bisher in zahlreichen
Journalen zerjtreut geweſen, zu einer
Sammlung vereinigt, herausgegeben unter
dem Titel: „Das Gſcheidtlinger Dichteralbum,
poetiſcher Blütenſtrauß.“
Farner, Ulrich, geboren am 28. Juli Me⸗
1855, Sohn des Spenglermeiſters, ſpäter aldo
Gemeindepräfidenten in Oberjtammbeim, fu.72%
wurde für die theologiiche Laufbahn vor:
bereitet. Da fih aber ſchon jehr frühe
Zweifel und freilinnigere Denkweiſe in
dem Knaben fund gaben, Fam er als Lehr:
ling in ein Handelshaus nach Schaffhaujen,
Ipäter nad Zürid. Damals begann F.
feine erjten literarischen Verſuche, indem
er für mehrere Zeitungen Feuilletons
Ihrieb und (1875) die Dichtungen des
Zürderischen Poeten, Rudolf Kilchſperger
jammelte, fichtete und herausgab, Das
Leben in Zürich behagte F., da er neben
Faſtenrath.
feiner Komtorthätigkeit Muße fand, philo—
ſophiſche und jur. Kollegien zu hören.
149
Faßbender.
für das Volk des Cid und er beſang
Hesperien in einer Reihe von Liedern
Nach vielen Widerwärtigkeiten und Schick- und Romanzen, die ſich durch ſeltenen
ſalsſchlägen beſchloß F. feine kaufmän- Schwungund Wohllaut auszeichnen. Dann
niſche Laufbahn, nahm ſeine Studien wie- aber machte er es ſich zur Lebensaufgabe,
der auf und widmete ſich beſonders den den Epaniern in ihrer Sprache Deutſch—
Milttärwiflenichaften. Er wurde Unter:
offizier, ein Jahr jpäter Inf.Lieutenant,
ichrieb ein Handbuch für Unteroffiziere und
verfaßte eine größere Preisichrift für den
ſchweizeriſchen Offiziersverein, die ihm
ein Ehrendiplom eintrug, und gründete jo:
dann 1878 eine neue Ichweizeriiche Mi—
litärzeitung: „Der Wehrmann”. Gleich—
zeitig ſchrieb er Dialeftjtüde für die Volks—
bühne, welche jeither vielfach aufgeführt
wurden. 1882 ging F. nah München,
um namentlich größere deutihe Theater
zu ſehen. Zurüdgefehrt, gründete $. in
Et. Gallen die „Schweizeriiche freie Volks—
zeitung“ und (mit Hüller) die „Schweize:
riihen Soldatenblätter”. Inzwiſchen ver:
heiratete F. fi mit Bertha A. Bäblein.
1885 übernahm er die Redaktion der „All:
| lands große Männer aller Zeiten zu jchil-
‚dern und endlich ſuchte er auch den Franz
zoſen einen Begriff vom deutichen Geiſtes—
leben beizubringen. Ebenſo wie die ſpa—
nische Preſſe die Meifterichaft F.'s in der
Eprade Kajtiliens, rühmt die franzöfiiche
feinen gewandten franzöfiichen Stil.
Hauptwerfe: Spaniſcher Nomanzenitrauf
(1866), Klänge aus Andalufien (1567), Hespe—
riihe Blüten (1869), Jmmortellen aus Toledo
(1869), Das Buch meiner Ipaniichen Freunde
(1870), Den deutichen Helden (1871), Calderon
(1882), La Walhalla y las glorias de Alemania
(1572—1887), Granadiſche Elegien (1885), Die
zwölf Alfonjos von Kaitilien (1556), Fignres
de l’Allemagne contemporaine (1887); außer
* viele Überſetzungen aus dem Spaniſchen.
Faßbender, Martin, wurde geboren
in Steinebrück, Reg.B. Köln a. Rh., am
gemeinen Schweizeriihen Volkszeitung”. | 24. März 1856, beiuchte das Gymnafium
Außerdem redigierte er die „Schweizer. |inKoblenz, wo er 1877 das Abiturienten:
Verfehrszeitung“, „Hiddigeigei” und die | eramen machte, worauf er fi) vier Jahre
von ihm gegründeten „Helvetiichen Lite: | an der Universität in Bonn und der landw.
raturblätter”.
Hauptwerfe: Das Marmorfreuz (1873), Ru:
dolf Kilchiperger (1875), Felix und Eulalia (1876),
De lät Herr Meyer (1880), De Better us Bas
tavia (1882), Militäriiche Schule (1882, 1883),
Gefammelte Romane (1884), Die Roſe von 30:
fingen (1884), Die Sonderbundsbraut” (1884),
Das Burgfräulein von Narburg (1885), Die
» Bettel-Urfchel (1886), Rache fürs Grauholz (1887).
Faftenrath, Johannes, wurde am
3. Mai 1339 in Remſcheid geboren, er:
hielt nach Überfiedelung feiner Eltern nad)
Köln dafelbit feine Vorbildung und wid—
mete fi in Bonn, Heidelberg, Münden,
Paris und Berlin demStudiumder Rechts:
wiſſenſchaft. Nachdem er kurze Zeit als
Auskultator in Köln gedient hatte, gab er
die juridiiche Laufbahn gänzlih auf, um
ſich ausfchließlicd der Poeſie zu widmen.
Ein viermonatlicher Aufenthalt inEpanien
weckte in ihm eine glühende Begeijterung
ı Akademie in Boprelsdorf philofophiichen,
theologiſchen, ſtaatswiſſenſchaftlichen und
landwirtſchaftlichen Studien widmete und
ſpäter an der Univerſität in Leipzig pro—
movierte. Nach ſeiner Studienzeit arbei—
tete er ſich auf dem Bureau der „Anwalt—
ſchaft ländlicher Genoſſenſchaften“ in Neu—
wied a. Rh. unter der Leitung Raiffeiſens,
des Gründers der nach ihm benannten
Kreditgenoſſenſchaften, in das Bankweſen
praktiſch ein und machte ſowohl mit Raiff—
eiſen zuſammen, als allein zum Zwecke der
Agitation für Verbreitung der genoſſen—
ihaftlihen Tendenzen Reifen nah Schle—
fien, Bayern, Württemberg, Elſaß-Lothrin—
gen ıc. und wurde 1883 Nedafteur der
Zeitſchrift „Weſtf. Bauer” in Münjter,
wo er den Verband ländlicher Kreditge—
nofjenichaften mit dem Mittelpunfte der
„Ländlichen Centralkaſſe“ in Münſter grün—
— —D—— San dr. 319
Faulmann.
dete, ſozialpol. Mitarbeiter verſch. literar.
Unternehmungen iſt und folgende Schriften
verfaßte:
Die ländlichen Spar: und Darlehnskaſſen-Ver—
eine (1883), Die Nettung des Bauernftandes aus
den Händen der Wucherer (1986 achte Auflage),
Wer ift der Bauernfünger? (pleud. 1884), Die
Bauernvereine in geichichtliher Entwidelung
(1858), Das Vorfommen des Wuchers auf dem
Lande im Bereich der Brovinz Weftfalen (1887).
Fanlmanı, Karl, wurde am 24. Juli
1835 in Halle geboren und widmete fid)
150
— Fechner.
bens vertrocknete dann die poetiſche Ader
faſt gänzlich. Die Luft zum Fabulieren er-
wachte erjt wieder, als 1874 von befreuns
deten Amtsbrüdern zur Förderung des reli—
'giös-fittlihen Lebens „Das Evangelische
Wochenblatt” gegründet wurde. Seitdem
brachte jeder Jahrgang eine Reihe populär
gefchriebener Artikel von meiner Feder.
Vornehmlich find es Schäden des Volks—
lebens, welche darin beiproden werden,
aber auch volfsverjtändliche Aufläge über
der Buchdruckerkunſt, Daneben mit großem | Gefundheitspflege habe ich in nicht ge-
Eifer Sprachſtudien betreibend. Seine Be: |ringer Zahl veröffentliht. Als Pfarrer
Ihäftigung bot ihm Gelegenheit, die Steno— | muß man fo oft an die Kranfenbetten tre=
graphie aus dem Grunde zu erlernen, fo ten, und da überfommt einem unwillfür:
da er die Buchdruderei aufgab und fi) lich der Gedanke: ad), fünnteft Du den
als Lehrer der Stenographie in Wien nie-
berließ. Er ſchuf ein ganz neues Syſtem
(die phonetiiche Stenographie), welches
jeitens der Fachmänner die höchſte An-
erfennung fand, ebenfo wie jeine in vielen,
taufenden von Eremplaren verbreiteten
Lehr: und fonitigen Bücher über Steno-
graphie und über Buchdruderfunft.
Hauptwerke: Stenographiſche Unterrichtsbriefe |
(1877), Bud der Schrift (1878), Illuſtrierte Ge:
Ihichte der Schrift (1890), Geſchichte der Bud)
druderfunit (1882), Anleitung zur phonetifchen |
Stenographie (1833), Hiftorifche Grammatik der
Stenographie (1887).
Fauth, Adolf, geb. am 15. Februar
1836 zu Schauren. Nachdem der Vater
(Pfarrer) frühe geftorben, zog die Mutter
nad Saarbrüden. Dort befuchte ich das
Gymnaſium und bezog im Herbit 1857
die Univerfität Heidelberg, um Theologie |
zu jtudieren. Nach vierjährigem Studium
zu Heidelberg, Berlin und Bonn machte
ih zu Koblenz die theologiichen Eramina |
und wurde im Frühjahr 1864 durch das
fönigl. Konſiſtorium als Pfarrer nad) Lud—
weiler, einer alten Hugenottengemeinde,
berufen. Nach Sjähriger gefegneter Wirk:
famfeit meldete ich mich auf die mehr in
der Nähe Saarbrüdens gelegene Bfarritelle
zu Sersweiler, wohin ich im Herbit 1872
mit meiner Familie überfiedelte. Schon
während der Gymnaſialzeit pflegte ich mit
Eifer die Poeſie, aber im Drange des Le:
armen Leuten doch auch in ihrer Leibes—
not helfen! Von diefem Gefühle getrieben,
benußte ich meine Mußezeit zum Studium
der Medizin und bin meiner Gemeinde
nicht nur ein Seelforger, ſondern aud) ein
„Leibforger” geworden. Bejonders fanden
meine fleinen Erzählungen aus dem Volks—
[eben bei dem Lejerfreije des Eo. Wochen:
blattes freundlihe Aufnahme.
63 entjtanden folgende Erzählungen: Aus dem
Dienftbotenleben: Gretchen; die Folgen ſchlechter
Erziehung ſchildernd: Der verlorene Sohn; gegen
das Koftgängerunmelen: Der Koftgänger; gegen
die Trunkſucht: Der Hirt von Ludolfingen; aus
dem Handwerferleben: Die Zwillinge, Um Geld
und Gut; gegen die Mifchehe: Elifabet,
Traugott; gegen die Schundliteratur: Giftige
Früchte; gegen das Vereinsunweſen: er
einler; gegen die Eonfeffionslofe Schule: Die
Schule von Schwarzbadh” ; gegen die Soyialbemo»
fratie: Der Agitator ꝛe. Voltstümliche Brofchüren
find: Aus dem Handwerföburfchenleben, Hüte Di
vor der Miſchehe, Im Eheſtande, Freundlicher
Ratgeber für junge Eheleute. Polemiihe Schrif:
ten: Ein freies Wort, Ein moderner Reformator
der Volksſchule, Marpingen und dad Evbange⸗
lium 20. Populärsmediziniihe Schriften: Der
Heine homdop. Haudfreund (4. Aufl.), Der Not
belfer oder wie man bei plöglihen Unglüdsfällen
Hilfe bringt, Drei Feinde unferer Kinderwelt
und viele Heine Aufläge der verichiedenen Volks:
Beer
Fechner, Guſt. Theod. (Dr. Mifes),
wurde am 19. April 1801 in Groß-Sähr:
hen (Niederlaufig) geboren, ftudierte ur:
Iprüngli Medizin in Leipzig, ging aber
* Sr, mom Aus r r»y79 #-314q 2
Fechner.
bald zu den Naturwiſſenſchaften über, ha—
bilitierte jich 1832 hierfür und wurde 1834
zum ordentl. Profeſſor in Leipzig ernannt,
welde Stellung er bis 1839 befleidete,
da er eines Augenleidens halber aus dem
Lehrkörper zeitweile jcheiden mußte, um
erjt mehrere Jahre ſpäter wieder an die
Univerſität Leipzig zurüdjufehren, dies:
mal aber als Ajthetifer und Naturphilos
ſoph. F. entwidelte eine reiche und uni—
verjelle literarische Thätigfeit: neben ſei—
nen hochverdienten fachwiſſenſchaftlichen
Arbeiten pflegte er den Humor; beſtieg er
den Pegaſus als Lyriker; jchmiedete er
Rätſel und brütete wiederum über tiefen
älthetiichen Problemen.
Hauptwerfe: Büchlein vom Leben nah dem
Tode (3. Aufl. 1887), Über das höchſte Gut 1846),
Nanna, oder über das Seelenleben der Bilanzen
(1849), Zindaveite (1851), Elemente der Pincho:
phyſik (1860), Uber die Seelenfrage (1861),
Die drei Motive und Gründe des Glaubens (1863),
Einige Jdeen 3. Sch. u. Entw.-Geſch. d. Orga:
nismen (1873), Vorſchule der Äſthetik (1876),
Die Tagesanſicht gegenüber der Nachtanſicht. —
Außerdem unter dem Namen Miles: Gedichte
(1842), kl. Schriften (1875), Nätfelbüchlein (4. |
Aufl. 1875).
Fechner, Hermann Ad., geb. 6. Aug.
1834 zu Görlig als Sohn des dortigen
(1880 verftorbenen) Oberlehrers F., be:
ſuchte die Nealfchule und das Gymnaſium
feiner Vaterſtadt, jtudierte 1352 —55 Ge:
Ihichte, Philofophie und Philologie in
Leipzig, Berlin und Breslau, Nov. 1855
in BreslauzumDr.phil.promoviert, 1856
bis 1860 Hilfslehrer am Eliſabethgymna—
fum zu Breslau, 1860—1872 ord. Leh—
rer an ber Realſchule I. Ordn. zu Erfurt,
jeit 1872 UOberlehrer am Johannesgym—
nafium in Breslau, 1879 kgl. Brofeflor.
Differtation: Über den Gerechtigfeitäbegriff des
Ariftoteles (1855). Schrieb außerdem:
Jakob Böhme's Leben und Schriften (1857),
Dtto von Reitenbudh und Udalrich von Aquileja
(1859), Leben des Erzbiſchofs Wichmann von
Magdeburg (1865), Geſchichte des deutſch-franzö—
ſiſchen Krieges 1870/71 (dritte Aufl. 1872), Ge:
Ichrfamteit oder Bildung, Beitrag zur Löſung der
Gymnafiumss und Realfchulfrage (1879),, Die
bandelspolitifchen Beziehungen Preußens zu Diter:
reih 1741—1806 (1886) und eine Anzahl klei—
151
— Fechner.
nerer Arbeiten aus der Zeit Friedrichs des Großen
in verſchiedenen Zeitſchriften.
Fechner, Ludwig Wilhelm Heinrich,
wurde als der Sohn eines Handwerkers
am 17. Mai 1845 zu Unruhſtadt geboren.
Er beſuchte die Stadtſchule daſelbſt und
erhielt daneben Privatunterricht in frem—
den Sprachen und Muſik. Nachdem er ſich
auf der Präparandenanſtalt zu Wollſtein
für den Eintritt in ein Lehrerſeminar vor—
bereitet hatte, wurde er Zögling des Schul—
lehrerſeminars zu Bromberg. Nach ſei—
nem Abgange vom Seminar war F. zuerſt
| (von 1864 ab) Zehrer an den Elementar:
klaſſen der ſtädtiſchen Realichule zu Brom:
‚berg, von 1865 ab in gleicher Stellung
am fol. Wilhelms: Symnafium zu Berlin
thätig und fam 1871 als ordentl. Lehrer
an das fol. Seminar für Stadtſchullehrer,
‚in welcher Stellung er nod) jet wirft.
Im Jahre 1570 machte er in einem bran—
denburgiichen Regimente den Feldzug gegen
Frankreich mit, unterrichtete 1871—76
die Prinzeſſin Luife Margarete, Tochter des
Prinzen Friedrih Karl, gehörte auch mehr:
mals der fol. Prüfungs-Kommiſſion für
Mittelfchullehrer und Nefktoren als Mit-
glied an.
Hauptichriften: Deutiche Fibel nad) der analy—
tiſch⸗ynthetiſchen Leſemethode (Ausg. a,b, e in vie:
len Aufl. 1873—87), Neue Hand: Tribel (1887),
| Erftes Lejebuch (36. Aufl. 1887), Der erſte Leſe—
unterricht (4. Aufl. 1887), Die analytiſch-ſynthe⸗
tiiche Leſemethode (1879), Die Methoden des erften
2efeunterrichts (1882), Vier feltene Schriften des
ſechzehnten Jahrhunderts (1882), Grundriß der
Geſchichte der wichtigiten Leſelehrarten (1884).
Deutſches Leſebuch (mit A. Engelien, Ausgabe a,
'b, e in vielen Aufl. 1873—87) und zahlreiche
andere Schulbücher, pädagogiihe und andere Auf:
ſätze, auch Gedichte ꝛc. in Zeitichriften.
Fedderſen, Friedrich Auguft, wurde
am 26. Mai 1838 in Nordfriesland ge:
boren. Seine erjten Kinderjahre fielen
noch in die „Itille“ Zeit des dreißigjähri-
gen Bölferfriedens vor 1848. Freilich
war’s die Stille vor dem Sturm. Und
als er anbrach, da war es befanntlicd) ge—
rade Schleswig: Holitein, über das Die
Kriegsfurie am wildeiten dahinfegte. Um
Fedor.
ſo erklärlicher iſt der tiefe Patriotismus
der „Meerumſchlungenen“, von F.'s Dich—
terherz beſonders innig empfunden und
ſpäter in edler Weiſe in ſeinen Werken,
am ſchönſten in %.'8 reifſter und bedeu⸗
tendſter Schöpfung „Rüm Hart“ (weites
Herz) zum Ausdruck gebracht. Dann kam
der Ernſt des eigenen Lebens. Nach Zu—
rücklegung der Univerſitätszeit zu Göttin—
gen, Kiel, Heidelberg und Kopenhagen und
nach Abſolvierung des theologiſchen Exa—
mens wählte die Gemeinde Niebüll in ſei—
ner nordfrieſiſchen Heimat F. zu ihrem
Seelſorger, als welcher er bis heute treu
und ſegensreich gewirkt hat. Daneben war
F. vielfach literariſch thätig. Als der Tod
ihm all’ fein Lieben, fein Weib und fein
Kind, entriſſen hatte, da ſuchte er Troft
bei der göttlichen Muſe, deren treuer und
Heißiger Jünger er wurde. Von feinen,
vom echteſten Patriotismus, tiefer und
doch freiſinniger Religioſität und der Liebe
zum Guten durchwehten poetiſchen Werfen
heben wir hervor:
Nibelungenkranz (1876), Vom heiligen Buch
(1877), Odyſſeuslied (1877), Deutſche Kaiſerlieder
(1878), Kornblumen (1880), Lutherlieder (1883),
Rüm Hart (1887).
Fedor, Maria, ſiehe K. v. Zobeltitz.
Feldt, Auguſte, geb. zu Berlin am
18. März 1831 (Tochter des kgl. preuß.
Rates a. D. Feldt), leitete von 1859— 81
eine Privat: Töchterfchule zu Friedland (in
Medl.), war von 1881—85 Vorſteherin
eines Töchterpenfionats in Feldberg, von
1887 ab in Prenzlau.
Schrieb: Gedichte, Worte für junge Mädchen
(1876), Kl. Novellen u. ſ. w.
Fellenberg: Ziegler, Ferd.Albr. v.,
geb. 4. Januar 1819 in Bern, befuchte
das Erziehungsinftitut feines Wetters, des
befannten Pädagogen Eman. von F. in
Hofwege, ſtudierte 1543 —44 Civilrecht
und Chemie in Bern, 1844— 45 Landwirt:
Ihaft in Hohenheim. Nach Bern zurüd-
gefehrt, wurde er Landwirt in der Weg-
mühle, auf feinem väterlichen Gute, 1847
vor dem Sonderbundsfrieg, nahm er fich
15
52
—
Feller.
ein Weib in Fräulein Sophie Marie Ziegler
und wurde ſo beglückter Hausvater. 1848,
als es ringsum in der Schweiz ſtürmte, er-
wählte man ihn zum Bibliothefar der
öfon. Gefellichaft, in die er 1846 einges
treten war, und welcher Gefellichaft er bis
1874 wiederholt diente als Präfident und
langjähriger Redakteur der „Bern. Blätter
für Zandwirtichaft” x. Als Volks- und
Zandmwirt ließ er eine Menge Artikel in
vielen Blättern ericheinen ; er erfand 1862
einen fehr rationellen Pflug(Fellenberger).
Um dieje Zeit erichien auch die erite Auf:
lage von der Bedeutung des Stallbüngers
unter dem Titel Der Geift in der Materie,
Zrodenlegung der Sümpfe (1864), Gegen Futter
not (1865), Bemwäfierungslehre (1864), Rechen⸗
Incht (1877); mit 5. Nödiger zuſammen
giebt er den „Volksarzt“ und von 1862
bis 1884 gab er mit legterem den Land⸗
wirthichaftlihen Schreib: und Hülfs⸗Ka—
lender für Schweizer Landwirte heraus
Ferner erichienen von ihm (1872—1886
in 5. Aufl.) Kurze homöop. Arzneimittellehre
und 1875 Was ift Homdopathie, ſodann 1887
in gr. 8°, Pläne und Beichreibungen von Scheus
nen und Ställen nach dem Dr. Hoff’ihen Syſtem
mit 8 Lithograph. Plänen,
Feller, Joſeph, wurde am 15. Januar
1839 in Wörth geboren, erhielt eine forg-
fältige Erziehung im Seminar des Klofters
ı Metten und danad auf dem Gymnaſium
in Negensburg. Er widmete ſich dem Kauf:
mannsftande, war lange Zeit in einem
großen Fabriketablilfement in Chemnig
thätig und gründete, lebhaft für Literatur
intereffiert, 1874 eine Buchhandlung in
Chemnitz.
Hauptwerke: Der Liebe Leid und Freud (1868),
Im erften Jahrzehnt des neuen Reichs (1881),
Viel Gefühl (1886).
Selling, Otto, wurde am 12. Januar
'1853 in Berlin geboren, ftudierte dort,
‚in Halle und Jena Philologie und Lite:
raturgeichichte, um ſich der journaliftifchen
‚Laufbahn zu widmen 1876 übernahm
er die Nedaftion der „Saalezeitung”“ in
Halle, ſpäter die des „Braunichweiger
Fenſch.
Tagebl.“
teur der „Berliner Preſſe“ in Berlin.
153
Seit 1885 lebt er als Redak—
Fick.
an der genannten Anthologie fort, betei—
ligte mich an der von Bruno Meyer her:
Hauptwerfe: Die Tochter des Präſidenten ausgegebenen „Deutſchen Warte“ und
(Schaujp. 1882), Jmmergrün (Plauder. 1882),
Marietta (Schaufp. 1883).
Feuſch, Albert Eduard Ludwig. ch
wurde am 14. März 1838 zu Stettin ges
boren, bejuchte das Marienſtifts-Gym—
naftum, welches damals eine Elite von
Pädagogen beſaß. Der Dichter und Hi-
ſtoriker Ludwig Gieſebrecht war mein Leh—
rer. Der Balladen-Komponiſt Karl Löwe
weihte mich ſchon als Knaben in die edle
Kunſt der Muſik ein und öffnete mir ſein
Haus. Hans Prutz (Prof. in Königsberg)
war in Prima mein Mitſchüler und führte
mich in ſeines Vaters, des Dichters Ro—
bert Prutz Haus ein, in welchem ich einem
in engerem Kreiſe veranſtalteten Vortrags:
Cyklus über deutſche Literatur beiwohnen
durfte und unvergeßliche Stunden, auch
im perſönlichen Verkehre mit Rob. Prutz,
verlebte. Auf den Univerſitäten Halle und
Berlin ſtudierte ich Philoſophie und Theo—
logie und fungierte nach Abſolvierung des
erſten theologiſchen und des Schul-Exa—⸗
mens an der Realſchule des Directors
Sievert zu Stettin. 1865 trat ich zu
Wollin i. Pomm. in ein vereinigtes Schul⸗
und Kirchenamt, welches ich drei Jahre
lang verwaltete. Drei Jahre lang ver—
waltete ich darauf noch das davon abge—
zweigte Diakonat an St. Nikolai daſelbſt.
Auf der Schule und in der Vaterſtadt auf
die mannigfaltigſte Weiſe künſtleriſch an—
geregt babe ich ſchon als Knabe einen
ſchriftſtelleriſchen, insbejondere dichteri-
ihen Trieb in mir verjpürt. Deine Ju—
gendgedichte mit einer geringen Zahl in
fpäteren Jahren entjtandener Gedichtehabe
ih unter dem Titel „Leben und Weben“
veröffentlicht.
von Julius Sturm redigierten „Blüten:
ſtraußes chriftlicher Dichtungen” beteiligt.
Im Frühjahr 1871 wurde ich Archidiafo-
nus an der Domkirche zu Soldin in der
Neumark. Hier jegte id) meine Mitarbeit
Schon während meiner
Wolliner Zeit war ich als Mitarbeiter des
wandte nunmehr meine jchriftitellerifche
Thätigkeit in größerem Maße als bisher
der Willenjchaft meines Standes zu. Die
Ergebnifje diejer auf die Homiletif gerich-
teten Thätigfeit liegen in der von Dr.
Wendel redigierten „Predigt der Gegen:
j wort vor. Die von mir in Wollin bes
gründete und redigierte, gegen den die Ein-
heit unferer evang. Landeskirche und den
‚religiöfen Frieden durch feine Unduldſam—
keit bedrohenden Konfeilionalismus ges
richtete Wochenichrift „Die Union” war
vor meinem Abzuge aus Wollin eingegan-
gen. Sn Soldin fonnte ich einen, durch
Stettiner Eindrüde hervorgerufenen, lange
gehegten Wunſch ausführen, indem ich
mich der Freimaurer-Loge anichloß, und
verlebte in amtlicher und gefelliger Ge-
ı meinfchaft dajelbit jechs ſchöne, den Ide—
'alen der Menſchheit gewidmete Jahre.
Hier entjtand auch eine Brofchüre „Dog—
matiſche Zeitfragen”. Die Idylle zu Nic):
tenberg bei Stralfund, wohin id) Oftern
1877 dur Mahl der Gemeinde berufen
wurde, währte nur 1?/ı Jahr. Ich wurde
für die Oberpfarre zu Forit i. L. empfoh—
len, welche ih Neujahr 1879 antrat und
noch innehabe. Hier verfaßte ich zur Unter:
ftügung meines Konfirmanden:Unterrichts
mein „Hülfsbuch zum Unterricht im Meinen Ka:
tehismus Luthers“, deſſen vierte Auflage dem
nächſt erfcheinen wird. Im Uebrigen dur)
ein gefährliches Augenleiden bedroht, be:
Ihränfe ich gegenwärtig meine fchriftitelle:
riſche Thätigfeit auf freimaurerifche Ar:
beiten: Beiträge in freim. Seitichriften; auch
fchrieb ich die Brofchüre: Freimaurertum und
Ehriftentum, gegen Prof. Nielfen in Kopenhagen
(2. U. 1886).
Fick, Auguft, wurde am 5. Mai 1833
in Petershagen bei Minden geboren, ſtu—
dierte Vhilologie in Göttingen, wo er aud)
jeit1858 alsLehrer am Gymnaſiumwirkte.
Neben feiner Lehrthätigfeit befleißigte er
|fich eingehender Studien der indogermas
Filhẽs. —
niſchen Sprachen, und erhielt 1876 eine
Profeſſur für vergleichende Sprachfor—
ſchung in Göttingen. Außer zahlreichen
wiſſenſchaftlichen Abhandlungen in philo:
logiichen Zeitichriften verfaßte F. das
epochemachende Werk:
Vergleihendes Wörterbuch der indogermani: |
ſchen Sprachen (1868, 3.4. 1874— 76), ferner:
Die ehemalige Spracdeinheit der Indogermanen
Europas (1873), Die griechiichen Berfonennamen
(1874), Die Odyſſee (1883), Ilias (1886), Hefiod
(18871.
Filhes, Bertha, fiehe B. Lehmann.
Filueins, Vater, fiche PB. Lippert.
Finfch, Friedrih Herrmann Otto,
154
Sohn des verdienitvollen Slasmalers Mo-
rig F., geb. 8. Auguit 1839 in Warm: |
brunn (Schlefien), war für den Kauf:
mannsjtand bejtimmt, den er aber aufgab, |
als ji) ihn eine Stellung in der Türfei
bot, in welcher er feine Liebe zu Reifen
und wiſſenſchaftlich. Sammeln befriedigen
fonnte. Ein dreijähriger Aufenthalt (1861
bis 1864) als Aſſiſtent im Reichsmuſeum
für Naturgeichichte in Leyden verfchaffte
ihm (unter Profeſſor Schlegel, van der
Hoeven u. U.) hervorragende Spezial:
fenntnis der höheren Wirbeltiere und bald
einen Namen als Ornitholog. 1864 über:
nahm F. das naturbiltoriiche ethnologiſche
Mufeum in Bremen, dem er bis 1878 als
Direktor vorſtand.
An diefe Zeit fällt die Hauptthätigfeit feines
ornithologiihen Schaffens: Monographie der Ba-
pageien (1867—69), Ormithol. Sentral:Bolyne:
fiens (1869), Die Vögel Dit-Afrifas (1870), — die
beiden letteren Werke im Berein mit Hartlaub, —
Die Artenbeichreibungen für Brehms „Gefangene
Vögel”, ſowie zahlreiche wiſſenſchaftliche Abhand:
lungen und Monographien, von denen die Mehr:
zahl Ornithologie, hauptſächlich Afrikas und der
Südſee, betrifft. In jener Zeit erichien aud) ein
für die Völferfunde nicht unwichtiger fompilato:
rifcher Beitrag: Neu-Guinea und feine Bewohner
(1865). 1872 unternahm F. eine Studienreife nad)
den Ver. Staaten von Nordamerika, die ihn bis
an die Geftade des Stillen Meeres führte, 1873
bereijte er Zappland, 1876 (mit Brehm und Graf
Waldburg:Zeil) Weft:Sibirien, als Leiter der vom
Verein für die deutiche Nordpolfahrt in Bremen
ausgerüfteten deutichen Erpedition, die reiche, na:
mentlich ornithologiiche Ausbeute Tieferte: Reife
—
Fiſchbach.
nah Weſt-Sibirien (1879) und Willenichaftliche
| Ergebniffe. Wirbeltiere (1879). Mit Unterftügung
der Humboldt-Stiftung in Berlin bereiite F. 1879
bis 1882 die Südfee (Hawaii, Mifronejien, Neu:
Britannien ıc.), Reifen, die für Forihungen wie
Sammlungen gleich wichtig wurden. So erbiclt
das fün. zoolog. Mufeum in Berlin allein über
5600 Wirbel: und an 30,000 niedere Tiere. Zu
den Hauptrefultaten zählt aber vor Allem die
Sammlung von 164 Gefihtsmasfen von Völker:
typen, nad) Lebenden abgegofien. 1884 und 85
leben wir F. wieder in der Südfee; diesmal als
Leiter einer folonialpolitiihen Erpedition, die, von
der Neu-Guinea:-flompagnie ausgerüftet, mit der
Ermwerbung von „Kaifer Wilhelmsland“ einen ra:
chen und befriedigenden Abſchluß fand. Mit dem
Dampfer „Samoa” wurde u. A. die Nordoſtküſte
Neu:Guineas befahren und für weite Streden zu:
erſt erſchloſſen und entdedt (Hanfemannküfte, Ichiff:
bare Kaiferin-Auguftafluß, Finihhafen, Berlin
bafen ꝛc.). Auch die Wiſſenſchaft ging nicht leer
aus und brachte namentlich der Ethnologie reiche
und überraichend neue Ausbeute, wovon dem Fön.
Mufeum für Völferfunde in Berlin allein über
2000 Stüde zugeführt wurden. Neben dem regen
Schaffen für die Wiſſenſchaft hat F. fih auch in
der Tagesprefie einen Namen erworben.
Filchbach, Friedrich, geboren 10. Fe:
bruar 1839 in Aachen, befuchte die Schule
in Beneberg, das Gymnafium in Köln
und die Mufterzeihner-Schule in Berlin;
wirkte von 1862—1870 in Wien, von
1870— 1883 an der k. Afademie in Hanau
und feit 1883 als Direktor der Kunſt—
gewerbeſchule in St. Gallen. Bon 1858
an wird F. in Wiesbaden wohnen.
Seine Hauptaufgabe ift feit 1862, der Ma:
Ichineninduftrie geeignete edle Ornamente für die
Maflenproduktion zu fomponieren (3. B. für Ta:
peten, Teppiche, Damafte, Stidereien ꝛc.). Seit
1860 fammelte und publizierte F. die wichtigiten
alten Ornamente der Weberei und der Haus:
induftrie-Stiderei ꝛe. Nach fompetentem Urteil
verdankt Deutichland feiner energischen literarifchen
und artiitifhen Thätigkeit zum Teil die in den
legten Dezennien errungene Unabhängigfeit von
der frangöfiichen Kunftinduftrie. Publikationen :
Stiderei:Album, Südflaviiche Stidereien, Urna:
mente der Hausinduftrie — Spitzengewebe,
Ornamente der Gewebe, Geſchichte der Tertil—
kunſt, Farbige Stickerei-Muſter, Die künſtleriſche
Ausſtattung der bürgerlichen Wohnung, Die Ein—
führung neuer Kunſt-Induſtriezweige in der
Schweiz (Preisichrift).
Filcher, Albert Friedrih Wilhelm.
Ich bin am 18. April 1829 zu Ziefar ger
Fiſcher. —
boren. Mein Vater, Diakonus daſelbſt,
wurde bald als Paſtor nach Hohendodele: |
ben bei Magdeburg verjegt. In legterer
Stadt abjolvierte ih das Domgynaftium
und ftudierte 1849—52 in Halle Theolo:
gie. Nachdem ic) ?/ı Jahr lang Hauslehrer,
geweſen, leitete ich 3 Jahre hindurd) eine |
schola collecta für Mädchen in Schöne:
bed bei Magdeburg und trat 1858 als
wiſſenſchaftlicher Hilfslehrer bei dem evan-
geliihen Gymnaſium in Gütersloh ein.
Ich fand an der Lehrthätigfeit fo viel Ge:
fallen, daß ih Neigung veripürte,
Laufbahn als Gymnafial-Religionslehrer
zu machen. Dod) folgte id) 1859 der Be:
rufung meines heimatlihen Konſiſtoriums
in das Diafonat an der Schloßkirche in
Quedlinburg. 1861 wurde ich Paftor zu
Althaldensleben und 1867 Superinten:
dent und Oberpfarrer in meiner Geburts-
ftadt Ziefar. Neben den geichichtlichen
Studien hatte mich unter den theologischen
Disciplinen jchon feit Jahren die Ge:
ſchichte des evangeliichen Kirchenliedes an-
geiprochen. Ich legte umfaſſende Samm—
lungen an und widmete den größten Teil
meiner freien Zeit dem Studium der Hym—
nologie. Etwas mehr Muße hierfür er:
bielt ich, als ich 1877 in die Oberpfarr:
ftelle zu Groß-Ottersleben unweit Magde—
burg berufen wurde. Mein „Kirchenlieder:
Lexikon“, welches Hymnologiich:literarifche
Nachweiſungen über 4500 der wichtigſten
und verbreitetſten Kirchenlieder enthält,
erſchien in 2 Bänden 1878 und 1879.
Diefes mühſame Werf hatte fich einer all
gemeinen Anerkennung zu erfreuen. Im
Auftrage des Perthesichen Verlages habe
ih fodann das befannte große „Allgemeine |
evangeliiche Geſang- und Gebetbuc von
6.8. %. v. Bunſen“ (1881) in völlig neuer
Bearbeitung herausgegeben. 1883 madhte
ich den Anfang mit der Zeitfchrift „Blätter
für Hymnologie“. Seit 1884 redigiere ic)
diefelbe in Gemeinſchaft mit Dr. Linfe in
Altenburg. Bon meinen fonjtigen Schrif: |
ten führe ich noch folgende an: Die „gieder
von Anna Karbe” habe ich in einer Auswahl her:
155
die
Fiſcher.
ausgegeben (2. A. 1886) und mit einer Vorrede
verſehen, Die ſonn⸗ und feſttägliche Liturgie (1881).
Wegen meiner bymnologiichen Arbeiten
wurde mir von der theologiihen Fakultät
zu Jena am 29. Juli 1854 die Würde
eines Doktors der Theologie verliehen.
Fiſcher, Alerander, geboren 1855 in
Budapeſt, bejuchtedortjelbit und in Deutich-
land die Schulen, ift gegenwärtig Guts—
befiger und Kurator der Budapefter Spar:
kaſſe. Schon frühzeitig äußerte ſich feine
‚literarifhe Neigung, er ſchrieb ſchon als
Süngling Feuilletons in die Budapelter,
deutichen und ungarischen Journale. Er
hält Vorleſe⸗Cyklen über die Entwidlung
des deutſchen Theaters, über die mittel:
alterliche Dichtung zc. 1885 —86 erſchie—
nen einige größere literarhiftoriiche Auf:
läge von ihm in Zeitichriften, 1886 über:
jegte er metriſch Emerich von Madach's Ger
danfendichtung „Die Tragödie des Men:
ſchen“ und machte dadurch ein bedeutendes
Werk der ungariichen Literatur dem deut:
ſchen Leferfreis befannt. 1887 ericheint
eine größere Biographie über Alerander
Petöſi, desgleihen eine literarhiſtoriſche
Studie über Emerid von Madad. F.
hat es fich zur Aufgabe gemadıt, die Haupt-
werfe der ungarischen Literatur den Deut:
chen zu erjchließen.
Filcher, Emil, geboren den 31. Juli
\1847 in Eisleben, wojelbit fein Vater
Stadtmufiftus war. Nach Beſuch der
Schule und der Bräparandenanitalt abjol-
vierte er das fün. Seminar feiner Vater:
ſtadt und beftand 1868 die Lehrerprüfung.
Die erfte Anftellung als Schulamtsfandi-
dat erfolgte in Hettftebt, und nad) zwei
Fahren nad) einer abermalig abgelegten
Staatsprüfung erhielt $. von der kön. Re—
gierung zu Merfeburg das Neifezeugnis für
die definitive Verwaltung einer Lehrer:
jtelle. Die erften Verfuche fchriftitelleri-
Ihen Wirfens begannen mit der Veröffent-
lihung einiger Arbeiten in verfchiedenen
pädagogiichen Blättern. Nach feiner Ber:
Heck mit Selma Körber, Pflegetoch—
156
Fiſcher. — Fiſcher.
ter des Magiſtratsaſſeſſors L. Demelius in ſchaft er in intime Berührung mit Ger—
Hettitedt, fiedelte er 1876 nad) Gera über. | vinus, Strauß u. a. fam, die großen Ein—
Reiche Anregung und Belehrung bot ihm | Fluß auf jeine geiftige Richtung ausübten.
bier die von dem Hofrat Profeſſor Dr. Th. 1853 wurden F.'s Vorlefungen plötzlich
Liebe geleitete Gejellihaft von Freunden vom Minifterium inhibiert, ein Vorgehen,
der Naturmiienichaften, zu deren Borftand das gerechtermaßen um jo größeres Auf:
er ſchon eine Reihe von Jahren zählt. Außer | jehen erregte, als es Gründe dafür nicht
einer größeren Anzahl von Aufjägen nas gab, wenn diefelben nicht etwa rein per
turwiljenichaftlichen Inhalts in Zeitichrifz
ten 2c. find als ſelbſt. Werfe hervorzuheben:
Taschenbuch für Pflanzenſammler (6. A.), Etis |
fetten für Pflanzenſammlungen (2. A.), Tafchenb.
für Schmetterlingsſ. (2. A.), Et. für Schmetter:
lingsi., Tafchenb. für Mineralienf., Et. für Mine ,
ralienf., Winfe für Raturalieniammler, Sprad):
ftoff zu Leutemanns Tierbildern für den Ans
Ihauungsunterridt (2. A.).
Filcher, Johann Georg, wurde am
25. Oftober 1816 in Groß-Süßen geboren
und von feinen Eltern, einfachen Bauers—
leuten, für den Beruf eines Volksſchul—
(ehrers bejtimmt. Da F. jedoch nad Ab-
jolvierung jeines Lehrereramens außer:
lönliher Natur waren. Mit Freuden hieß
die Univerfitätjena den hochbegabten Aka—
demifer willtommen, und bier wirkte er
als Profeſſor bis 1872 in hervorragend»
jter Weile. In Anerkennung feiner aus:
gezeichneten Verdienfte verlich der Groß—
berzog von Weimar ihm den Titel eines
Geheimrats und berief ihn zur Begleitung
des Erbgroßherzogs nad Italien. 1872
rief die Univerfität Heidelberg ihn zurüd,
5. zählt zu den hervorragenditen Philo—
jophen unierer Zeit. Die ausgezeichnetiten
Gelehrten jüngerer Generation ſprechen
‚mit Begeijterung von Kuno 3.8 Kollegien
ordentliche Geiftesanlagen zeigte, fo ers | und heben mit Genugthuung hervor, daß
möglichte er noch den Beſuch der Univer: fie F.'s klarer und hinreißender Darftels
fität, nachdem er zuvor als Lehrer gewirkt | lungskunſt, wie feinen epochemachenden
hatte. In Tübingen jtudierte er nun Nas literariſchen Schöpfungen eingut Teil ihres
turwiljenichaften, Literatur und Geſchichte
und wurde an der Oberrealichule in Stutt=
Bald darauf erhielt er
gart angeftellt.
den Titel Profeffor und 1855 von feinem
König den Kronenorden. 1887 trat F. in
den Ruheſtand. Außer zahlreichen, in Zeit:
fchriften zerftreuten Gedichten, die fih, wie,
überhaupt die poetijchen Werke 5.8, durch
jeltene Formenſchönheit und Innigkeit der |
darin ausgedrüdten Empfindung auszeich
nen, heben wir hervor:
Gedichte (1854), Saul (1861), Friedrich II.
(1863), Neue Gedichte (1865), Florian Geyer
(1866), Kaiſer Marimilian von Mexiko (1868),
Den deutihen Frauen (1869), Aus frifcher Luft
(1872), Neue Lieder (1876), Merlin (1877),
Der glüdliche Anecht (1881).
Filcher, Kuno, wurde am 23. Juli
1824 in Sandewalde geboren, ftudierte in |
Leipzig und Halle zuerſt Philologie, ſpä—
ter Theologie und Bhilofophie. 1849 habi«
litierte er fich in Heidelberg als Privat
Dozent für Philofophie, in welcher Eigen-
Wiſſens verdanfen.
Hauptwerke: Diotima, die dee des Schönen
(1549), Logik und Metaphyſik (1852), Geſchichte
der neueren Philoſophie (1852), F. Bacon und
fein Nachfolger (1856), Kritik der Kantiſchen Phi—
loſophie (1883); außerdem eine Reihe von Mono:
graphien: Spinoza, Leibnitz, Kant, Fichte, Schels
ling x. x.
Fiſcher, Diartha Nenate Augufte, geb.
am 17. Auguft 1851 zu Zielenzig als
jüngſte Tochter des Amtmanns 9. Filcher,
eines ehemaligen Gutsbefigers. Meine Zeit
it ſeit Jahren eingeteilt in die Kranken—
pflege meiner, mir über alles teuren Mut—
‚ter und in meine literariiche Thätigfeit,
die fih auf Novellen, Novelletten und Ers
zählungen für die Jugend in Zeitichriften
erſtreckt.
Fiſcher, Robert, geb. 19. Juli 1829,
beſuchte die Univerfität Leipzig 1849—- 52,
um die Nechte und Nationaldfonomie zu
jtudieren, ward in Gera Aftuar beim
Stadtrat und Natsfämmerer, fam 1869
Filcher.
als Kanzleirat in das Minijterium, wurde
1877 einftimmig zum Oberbürgermeifter
von Gera auf Lebenszeit gewählt, aber
1881 wieder in das Minijterium als Ge:
beimer Regierungsrat und ftellvertreten-
der Abteilungschef berufen.
Literariiche Thätigkeit: Jurisprudenz: Kauf:
mãnniſche Rechtskunde (2.Aufl. 1881), Das Au:
torenrecht (2. Aufl. 1871), Berwaltungsgeiete des
Rorddeutichen Bundes (1872), Die Gemwerbeord:
nung für den Norddeutfhen Bund (1869), Die
157
F= Fiſchhof.
richtete ein halbes Jahr lang zu Hückes—
wagen, darauf ein Vierteljahr lang zu El—
berfeld, wo er mit Auguſt Döring und Gott⸗
fried Conze eine noch dauernde Freundichaft
ſchloß. Mit Hilfe Levin Shüdings und an—
derer Freunde trat er Oſtern 1851 in das
Friedrih-Wilhelms-Oymnafium zu Köln
ein, das er 1855 mit dem Zeugnis der
Reife verließ. Den nächſten Winter war
‚er Hauslehrer in Köln, bezog dann Die
Ausführung der Gewerbeordnung (1870), Die
Gewerbeordnung des Fürftentums Reuß j. Linie
(1863), Katehismus des Handelsrechts (3. Aufl.
1885); Nationalöfonomilhes: Offentlihe Vor—
träge: Bildung (1874), Arbeit (1874), Kapital
(1875), Geld (1875), Preis und Lohn (1875),
Kredit (1876), Leichenverbrennung (1877); Steno:
bie: Nournal für Stenographie (1852), Die
rapbiichen Syiteme von Gabelsberger und
Stolze (1852), Stenographiihes Schiller: und
Album (4. Aufl. 1880), Stenographiiche
Unterrihtöbriefe (1861), Theoretiich:praftiicher
Zehrgang der Gabelöbergerichen Stenograpbhie (28.
Aufl. 1886), Theoretiſch⸗praltiſcher Lehrgang der
ung des &abelsbergerichen Syitems(1881),
lätter zum Unterricht in der Gabeläber:
erſe Stenographie (2 Hefte 1880), Steno—
Mörterbucd) (7. Aufl. 1887), Handbuch
der ESbergerſchen Stenographie (1854), Der
Unterricht in der Gabeläbergerijhen Stenographie
1886), Briefwechſel zwiihen Gabelsberger und
nd (2. Aufl, 1887), In Freud und Leid,
von N. Fiſcher in ſtenographiſcher Schrift
—— Stimmen des Lebens, Gedichte von R.
in ſtenographiſcher Schrift (1886). Frei:
maurerei: Katehimen der ffreimaurerei (1. Teil
B.Huft., 2. Teil 11. Aufl. 3. Teil 9. Auft., 4. Teil
4. Aufl. 1887), Alazienzweige, Orabreden (1871),
Maurerweibe, liturgifche Beiträge (2. Aufl. 1878).
Fiicher, Wilhelm, wurde am 28. Fe:
bruar 1833 zu Wermelskirchen im Ber:
Univerfität Bonn, um fi der Eafjischen
Philologie zu widmen, unterbrach jedod)
feine Studien 1858, um Mittel zu ihrer
Fortiegung zu erwerben, und war bis
1860 wiederum Hauslehrer inKöln. Dann
fehrte er als folder nad) Bonn zurüd, pro:
movierte zu Bonn 1863, ging als Haus»
lehrer nach Amjterdam, bereitete ſich dann
in Pfaffendorf bei Koblenz, wohin feine
Familie übergefiedelt war, noch einige Mo—
nate auf das Staatseramen vor, das er
1865 zu Bonn ablegte, und ward als Rek—
tor an die höhere Bürgerichule nad) Ott:
weiler bei Saarbrüden berufen. In diefer
Stellung und die 5 legten Jahre zugleich
als königl. Lokal-Schulinſpektor wirkte er
von 1865— 82, nahm dann feinen Ab—
Ihied und fiedelte 1884 nad) Büdeburg
über, wo er noch lebt.
Hauptwerfe: Gedichte (1862), Graf Edmund ıc.
(1863), Holländische Geihichten (1870), Du ſollſt
nicht ſtehlen (2. Aufl.), Bunte Bilder (2. Aufl.),
Paſcha u. Bofttyrann, Glüdauf! Parathina, Bade:
leben auf Borkum, Luft und Lehre (fünf Erzäh:
lungen für die Jugend).
Fiſchhof, Adolf, wurde am 8. Dezem:
ber 1816 in Alt-Dfen (Ungarn) geboren,
giihen geboren und bejuchte die dortige | erhielt von feinem Vater eine forgfältige
Voltsihule. Seine Neigung zur Dichtkunft | Erziehung und abjolvierte das Gymna—
äußerte jich früh. Als 1845 feine Eltern | fium in Beft, um dann 1836 die Univer:
nad Hüceswagen verzogen, nahın er durd)
ein kleines Gedicht im Kreisblatte Abichied
von der Heimat und jah ſich jo mit 12
Jahren zum erjtenmal gedrudt. In H. be:
jität Wien zu beziehen, wo er dem Stu:
dium der Medizin oblag. 1545 promo-
vierte er und nahm Dienjte im Wiener
allgemeinen Krantenhaufe. Am 13. März
fuhte er 2 Jahre lang die höhere Bür- 1848 ſprach F. die erften freien Worte
gerihule. Da ihm die Mittel zu den hö—
in Ojterreich vor Taufenden. Seine Nede
beren Studien fehlten, jo entichloß er fi, | war der Funfe, der dort die Revolution
Volfsichullehrer zu werden, bejtand 1550
die Gehilfen-Brüfung zu Mörs und unter:
hervorrief. Echon am Abend des 15. März
war Ofterreich ein fonjtitutioneller Staat.
Fittger. — 158 —
Fitting.
Bald darauf wurde F. in den Reichstag ſpiele (Albr. Dürer in Bologna und J. Kepler),
gewählt, und ihm der Bojten eines Mi-
nijterialrates im Minifterium des An:
nern übertragen. Am 7. März 1849
wurde F. bei Auflöfung des fonftituieren-
den Neichstages verhaftet und erjt nad)
neunmonatlicher Haft ab instantia frei=
geiprochen. F. widmete ſich num der me:
diziniihen Praris und wurde einer der
beichäftigtiten Arzte Wiens. 1861 nad)
dem Wiederbeginn des Eonjtitutionellen
Lebens veröffentlichte F. mit dem nach
maligen Minifter Unger die Auffehen
erregende Schrift Zur Löfung der ungarifchen
Frage. Außerdem publizierte er eine Neihe
von bedeutenden politiihen Artikeln im
„Peſter Lloyd“, in der neuen freien Brefje
zc. und die Schriften: Ein Blid auf Ofter:
reichs Lage, Zur Erweiterung der Munizipal:Aus
tonomie und jeine bedeutendjte Arbeit: Öſter—
reih und die Bürgichaften feines Beitandes.
Außerdem hervorzuheben feine vorzüglich
bejprochenen und ins Engliſche übertra:
genen Aufjäge über die Reduktion der
fontinentalen Heere und die Schrift: Die
Spradenrehte in den Staaten gemiſchter Natios
nalität. Nunmehr hat %. ſich bereits feit
Jahren vom politifchen Leben in ein Land:
haus bei Klagenfurt zurücdgezogen.
Fittger, Arthur, wurde am 4. Ofto:
ber 1849 in Delmenhorft geboren, zeigte
früh jchon ein bedeutendes Zeichentalent,
jo daß feine Eltern dem glühenden Wunſch
Arthurs Rechnung trugen und ihn auf die
Kunftafademie nad) München ziehenließen. |
Adalbert von Bremen (1873), Fahrendes Volk
(1575), Die Here (1876), Winternädte (1881),
Von Gottes Gnaden (1583).
Fitting, Hermann, wurde am 27. Aug.
1831 in Maucenheim geboren, widmete
ih dem Studium der Rechtswiſſenſchaft
zu Würzburg, Heidelberg und Erlangen,
‚habilitierte ſich 1856 in Heidelberg und
wurde 1857 als aufßerord. Profeflor des
römiſchen Nechts nad) Bajel, 1862 als
ordentl. Profeſſor nad) Halle berufen, wo
Nad Vollendung feiner Vorftudien unter:
‚er nod) jet wirft. Unter feinen, um die
Rechtswiſſenſchaft hochverdienten Werfen
‚heben wir hervor:
Über den Begriff der Rückziehung (Habilitas
tionsſchrift 1856), Die Natur der Correalobliga:
tionen (1859), Über das Alter der Schriften rös
mijcher Juriften (1860), Zur Geſchichte des Sol:
datenteitaments (1866), Das Castrense pecu-
lium (1871), Juriſtiſche Schriften des früheren
Mittelalters (1876), Der Neichscivilprozeh (1878),
Das Reichs-Konkursrecht und Konkursverfahren
(1881), Die Entbehrlichkeit der Novelle zur Civils
progebordnung (1886).
Flach, Johannes. Ich bin geboren
den 1. März 1845 in Billau in Ojtpreußen,
‚wo mein Vater, der jegige Geh. Juftizrat
F. in Potsdam, damals Garnifonauditeur
war. Als ich vier Jahre alt war, wurde
mein Vater nach Bojen verjegt. Dort machte
ich das Gymnaſium durch und unter dem
jetzigen Schulrat Dr. Kammerbrod 1864
das Abiturienteneramen. Dann ſtudierte
ich klaſſiſche Philologie in Königsberg, wo:
‚hin mich bejonders Karl Lehrs gezogen
hatte, und Berlin, promovierte, machte
das Oberlehrereramen und wurde als Zeh:
nahm er mehrere Kunſtreiſen ins Aug: rer angejtellt am fünigl. Gymnafium in
land, jpeziell nad) Jtalien, wo er ſich in | Elbing, wo ic aud meine jegige Frau
Rom an den alten Meiſtern und ihren Im Haufe des Kommerzienrat Peters fen
Schöpfungen zu einem tüchtigen, nunmehr nen lernte. Nach einigen Jahren ging ic)
in hohem Anfehen jtehenden Maler heran: | nahTübingen, habilitiertemic) dort 1874,
bildete. Einen ebenfolhen Ruf hat F. ſich wurde drei Jahre ſpäter außerordentlicher
aud) als Dichter erworben. Wie feine Ge: Profellor. Das bedeutendfte Werk, was
mälde, meijt hiftorischen Genres, auf allen ich als Philologe verfaßt, ift Die Geſchichte
Kunftausftellungen vertreten find, jo mach: | der griech. Lyrik (188385). Daffelbe brachte
ten feine Dramen die Runde über die, mir aud) von auswärts Ehrenbezeugungen
Bühnen. ein, u. a. wurde id) Ehrenmitglied des Syl-
Dauptwerfe: Roland und Roſe (1871), Feſt- logos in Konftantinopel. Infolge von uns
* Glach Ber p-3 19.
Flach. —
verdienter Zurückſetzung ſchrieb ich 1885
die Broſchüre: Die akademiſche Karriere der
Gegenwart, welche in Tübingen einen uns
beichreibliden Sturm erregte, indem ſich
viele der Profefioren getroffen fühlten. |
Infolge deſſen verließ ich den Ort und
juchte meine Entlaffung nad, um mid)
ganz der ſchriftſtelleriſchen Karriere zu wid—
men. Noch über Tübingen hinaus hatte
ich den Vorzug, mit Männern, wie Brof.
v. Gutsftreid, Paul Dubois:Reymond,
v. Köftlin, in freundichaftlihem Berhältnis
zu bleiben. Schon vorher hatte ich einzelne
Kovellen geichrieben, die teils in Zeitſchrif—
ten, teils gefondert erichienen waren. 1886
veröfrentlichte ich einen Band Altgriechiſcher
Novellen und die Novelle Sappho und ver:
faßte auch nad) wie vor fulturhiftoriiche
Broſchüren, wie Der deutiche Profeſſor der
Gegenwart, Aulturbilder aus Württemberg, Klaffi-
zismus oder Materialismus, Die Einheitjchule der
Zufunft, Der deutihe Student der Gegenwart,
und ein Bündchen Feverzeichnungen. Gegen:
wärtig lebe ich in der Heinen, anmutig ge:
legenen thüringiſchen Refidenz Rudoljtadt.
Flach, Joſephine Adelheid Diathilde,
geb. zu Wiesbaden am 6. Auguft .1826
als Tochter eines hohen Staatsbeamten.
Dein Vater, glei ausgezeichnet durch
Charakter, Geift und umfallende Kennt:
niſſe, leitete jelber meine Erziehung, nie
babe id) eine Schule oder jonftige Anjtalt
bejucht, aber ich erhielt die beiten Xehrer.
Ein jtilles Kind, zeigte ich in zartem Alter
ihon einen regen Wilfensdrang. Auch die
Kunitfertigfeiten, die das Leben ſchmücken,
Muſik, Zeichnen und Malen ꝛc., wurden
bei meiner Erzichung nicht vernachläſſigt.
Tas Haus meiner Eltern war, der Stel:
lung und SBerfönlichfeit meines Vaters ent-
Iprehend, immer ein jehr gefelliges ge:
weſen. So verlebte ic) eine ſehr heitere,
jorglofe Jugend, bei der die glänzenden
Feſte am damaligen naſſ. Hofe in eriter
Neihe ftanden. Im Herbft 1861 verlor
ih meinen theuren Vater.
meiner Schweſter ließen uns aus der
159
Die Trauer
um ihm nebſt der ſchweren Erfranfung
— Flaiſchlen.
‚ großen Geſelligkeit zurüdtreten. Deine
"Studien hatte id) immer fortgejegt, fie
bildeten meine Freude und Erholung, und
immer fand id) geiltreiche, gelehrte Män—
ner, die mir dabei behilflich waren. 1878
Ichrieb ich meine erite Novelle Gabricke,
die vom Publikum beifällig aufgenommen
wurde. Seitdem bin ihunausgejegt ſchrift⸗
jtellerifch thätig geblieben.
Hervorzuheben: Lorna (1880), Unter der Herren—
eiche (1881), Derzenswirren (1883), Eine alte
Jungfer (1884), Durd Kampf zum Ziel (1855),
Wogen des Lebens (1886), Fürſt und Bettler
(1886), Die Grafen von Templeville (1857).
Flaifchleu, Cäſar (Cäſar Stuart),
' geb. am 12. Mai 1864 in Stuttgart, ver:
lebte feine Kinderjahre in Ellwangen, mo:
jelbjt jein Vater Dlajor und Bezirkskom—
mandeur. Theologie zu jtudieren bejtimmt,
famer1877 aufdas Gymnaſium nah Stutt-
gart zurüd, wohin auch feine Eltern jpäter
wieder überfiedelten. 1850 gaberjedod) dies
geplante Studium auf und trat zum Buch»
handel über. Nah Beendigung ſeiner Lehre
und einer längeren Reife durch Belgien
und Holland ging er 1883 nad Brüſſel
und war faft zwei Jahre in einer der eriten
buchhändlerischen Firmendort thätig. 1555
führte ihn die Wanderluft nach Bern. Hier
erwachte fein langgehegter Wunſch nad)
afademiiher Bildung von neuem, zumal
ihn der ergriffene Beruf nicht jo ganz be>
friedigen wollte. Er benußte die Gelegen—
heit, an ber Univerfität daſelbſt Vorleſun—
gen zu hören, und hatte die Freude, ſich
für die nächſte Zeit ganz feinem Studium
widmen zu dürfen, worauf er fürs erjte
nad Berlin ging.
1584 veröffentlichte er: Nachtſchatten, Gedichte,
Fragmente, Tanebuchblätter eines Sonderlings,
und 1886: Graf Lothar, dramatiſche Dichtung.
Flammberg, ©., fiche I. 9. A
Ebrard.
Flott, Lebrecht, fiche L. St. Foglar.
Foglar, Ludwig Stephan (Lebr. Flott),
wurde am 24. Dezember 1820 in Wien
geboren, betrieb philoſophiſche Studien an
der Univerſität Wien und widmete” ſich
Fontane.
dem Kaufmannsberuf als Beamter der
Donau: Dampfihifffahrt:Gefellihaft, in
welder Stellung er noch jegt thätig it.
Daneben gehört allejeine Muße der Schrift:
ftellerei, da er eine reiche, vornehmlid) Iy-
riſche Begabung fein eigen nennt und den
Vers in feltener Neinheit beherricht.
Hauptwerke: Cypreſſen (1842), Strahlen und
Scyatten (1845), Ein Stüd Leben (1847), Frei:
beit3:Brevier (1848), Geichichtenund Sagen(1848),
Erzählungen (1858), Neue Gedichte (1859), Still
und bewegt (1859), Donaufagen (1860), Minne:
hof (1864), Freudvoll und leivvoll (1867), Ge:
Schichten u. Gedenfblätter (1883), Gedichte (1883).
Fontane, Theodor, wurde am 30. De—
zember 1819 in Neu-Ruppin als Sohn |
wohlhabender Eltern geboren, die den
Knaben für den Apotheferberuf bejtimm:
ten. Da diefe Laufbahn Theodor F. jedoch
nicht behagte, jo jchloß er damit ab und
ging auf vier Jahre nad England, um
feinen Geſichtskreis zu erweitern, ſpeziell
um fi die Kenntnis der englifchen Lite:
ratur anzueignen. 1859 nad Berlin,
jeinemnunmehrigen Daheim, zurüdgefehrt,
widmete er ſich der journaliftiichen Lauf—
160
bahn, wurde Redakteur für den engliichen
Artikel an der „Neuen preußifchen (P)
Zeitung“ und ſpäter Theaterreferent der
„Voſſiſchen Zeitung“. F. ift einer der an-
gejehenften Berliner Kritiker, er zeichnet fich
bejonders durch Feinheit und Schärfe der
Auffaſſung aus. Außerdem heben wir un:
ter jeinen, verdientermaßen allgemein an=
erkannten Werfen hervor:
Gedichte (1851), Aus England (1860), Balla:
den (1861), Wanderungen durch Brandenburg
(1862), Jenſeit des Tweed (1862), Der ſchles—
wig.holfteiniche Krieg (1866), Der öfterr. Krieg
(1870), Der deutich-franzöjiiche Krieg (1876),
Bor dem Sturm (1878), Orete Minde (1880), El:
lerntlipp (1551), Schad von Wuthenow (1883),
Graf PBetöfi (1855), Unterm Birnbaum (1886),
Gecile (1887).
Forchhammer, Beter Wilh., wurde
am 23. Oftober 1803 zu Hufum geboren,
ftudierte Philoſophie und beſonders Alter-
tumsfunde in Kiel, habilitierte ſich daſelbſt
und wurde dort 1837 ordentlicher Bro:
feſſor. F. hat ſich als ausgezeichneter Alter:
tumsforſcher einen glänzenden Namen er—
Forrer.
worben. Von ſeinen verdienten Werken
nennen wir:
Hellenika (1837), Sokrates und die Athener,
oder der Revolutionär und die Geſetzlichen (1837),
Topographie von Athen (1841), Die eyklopiſchen
Mauern (1847), Beichreibung der Ebene von Troja
(1850), Adilles (1853), Das Schöne ift ſchwer
(1863), Die Gründung Roms (1868), Argonauten
(1880), Zur Reform des höheren Unterrichtsweſens
(1882), Erklärung der Jliad mit Karte (1554),
Kunftbeftrebungen (1886).
Forrer, R. jun., geb. am 7. Februar
1866, feit 1882 Redakteur der von einem
Konfortium ſchweizeriſcher Altertums-
freunde herausgegebenen „Antiqua“, Un-
terhaltungsblatt f. Freunde der Altertums⸗
funde, 1883 Mitglied der antiquariihen
Sejellichaft zu Zürich, neuerdings (1887)
zum forreipondierenden Mitgliede der
Bündner hiſtoriſch-antiquariſchen Geſell⸗
ſchaft ernannt. Er ſchrieb: Tages: und po—
pulãr⸗wiſſenſchaftliche Korreſpondenzen, Artikel und
Feuilletons in Tagesblättern und Zeitſchriften ꝛc.
ſtreng wiſſenſchaftliche Artikel ꝛc. in Fachblüttern,
wiſſenſchaftliches Spezialgebiet: die Prähiftorie,
Hauptgebiet inliterar. Produktion: Allgem, Kulturs
efchichte, verbunden mit Kunftgefchichte und Ge—
30 Daneben Sammler von Altertü—
mern, Manuffripten, Autographen 2c.,
Bublifation von foldhen; häufige Reifen,
Studium der Mufeen, Publikation ihrer
Objefte.
Forftenheim, Anna, wurde am 21.
September 1846 in Agram geboren. Sie
erhielt eine vortreffliche Erziehung, zuerft
im elterlichen Haufe, fpäter in einem Pri⸗
vatinftitut. Hauptſächlich aber verdankt
fie ihre wifjenschaftliche Bildung einem uns
ermüdlichen Selbititudium. 1867 verheis
ratete fie fi mit einem Wiener Bantlier,
mit dem fie noch jest in glüdlicher Ehe
in Wien lebt, neben ihren häuslichen Pflich⸗
ten emfig fchriftitellerifch thätig und als
Mitbegründerin des „Vereins der Schrift:
ftellerinnen und Künftlerinnen in Wien“
mit den verjchiedenften literarijchen Kreis
fen im regen Verkehr.
Hauptwerfe: Catarina Cornaro (1875), Die
ihöne Melufine (1881), Prinz Tantalus (1882),
Manoli (1853). Außerdem viele Novellen, Auf:
fäge und Gedichte in Zeitichriften.
Fournier. 161 Fränkel.
Fournier, Auguſt, geb. am 19. Juni ter dem Titel Hiftoriihe Studien und Skizzen
1850 zu Wien, in Ungarn aufgewachſen, erſchienen. Seit Jahren iſt er Mitarbeiter
war anfänglic für eine techniſch-kommer- der beiten Journale Ojterreichs u. Deutſch—
jielle Laufbahn bejtimmt und vorgebildet, | lands. F. hat aud) als praktiſcher Archivar
wandte ſich aber jchließlich, jeit jeinen | gewirkt und in den Jahren 1878—83
Knabenjahren von lebendigjtem Intereſſe das Archiv des Wiener Minifteriums des
für die Geſchichte bejeelt, den humanijtis | Innern geleitet. Einige in diefer Eigen-
ihen Studien zu und bezog nad einem | jchaft von ihm verfaßte jtaatsrecht-hijto:
am afademifhen Gymnafium in Wien ab- riſche Arbeiten find noch nicht veröffent-
gelegten Abiturienteneramen die Wiener
Univerjität. Hier und an dem Wiener In:
jtitute für öſterr. Geihichtsforichung voll-
endete F. jeine Studien, unternahm 1872,
nahdem er zum Doktor promoviert wor:
den war, eine Forihungsreiie in deutiche
Arhive und Bibliothefen und habilitierte
ſich 1875 an der Hodhichule jeiner Vater:
jtadt mit einer Schrift über Abt Johann |
von Viktring und feinen Liber certarum histo-
riaram (1875). Nach einem längeren Auf:
enthalte in Baris (1377 und 1878) trat
F. mit einem Buche über Geng und Co:
benzl, Geihichte der öjterr. Diplomatie von
1501—1805 hervor (1850), weldes ihn
mit einigen anderen wiſſenſchaftlichen Ab-
bandlungen (Zur Geſchichte der pragmatiſchen
Santtion, Gerhard van Swieten als Cenjor u.a.)
1830 eine außerord. Profeſſur der öſter⸗
reichiſchen Geſchichte in Wien eintrug. 1883
ging F. als ordentl. Profeſſor der allges
meinen Geſchichte an die deutſche Univers
fität nad) Prag. Ein Jahr zuvor hatte,
er ſich neuerdings nad) Paris begeben, |
um in dem dortigen Archive des Miniſte—
riums des Außern Studien für größere
Arbeiten zu machen, von denen die eine:
Deutichland im Zeitalter Napoleons 1., in der
Cotta ſchen „Bibliothet für deutiche Ge:
ihichte” ericheinen ſoll. Als eine Art Vor-
läufer Hierzu ſchrieb F. eine für einen wei:
teren Lejerfreis berechnete Biographie Napo:
feons 1. (1.80. 1886). Daneben behielt F. die
Blege der öjterreichiihen Geſchichte immer
im Auge, wie auch feine jüngjt veröffent-
lichte Schrift Über Handel und Verkehr in Uns
garn und Polen um die Mitte des 15. Jahrhun—
derts. Ein Beitrag zur Gedichte der öſterr. Kom:
merzialpolitit (1887) bezeugt. Eine Anzahl
von F.'s kleineren Schriften ijt 1555 un:
|
|
Das literariihe Deutichland.
licht.
Fränfel, Wilhelm, wurde den 1. Ja:
nuar 1841 zu Odeſſa geboren, wo er auch
das Gymnaſium abfolvierte. 1857—62
jtudierte derjelbe Bauingenieur: Wijien-
ihaften am kön. Bolytechnifum zu Dres:
den, und praktizierte hierauf 3 Jahre als
Ingenieur bei den Vorarbeiten und grö-
Beren Bauausführungen der kön. ſächſ.
Staatseilenbahn-VBerwaltung. Nach Ab:
legung der Staatsprüfung als geprüfter
Zivilingenieur und Erlangung des Doktor:
titels an der Univerfität Jena, wirkte der:
jelbe zunächſt als Aſſiſtent, dann als ord.
Lehrer und feit 1869 als ord. Profeſſor
der Ingenieurwiſſenſchaften an der Ted)
niſchen Hochſchule zu Dresden. Eine Reihe
von bautechnifchen Abhandlungen des Ge—
nannten find in Zeitichriften veröffent-
(iht. Größere Monographien find er-
ſchienen: Über bewegliche Brüden in dem von
Sonne und Schäffer herausgegebenen Handbuch
der Ingenieurwiſſenſchaften, und über Drebichei:
ben und Schiebebühnen in den von Winkler her:
ausgegebenen Vorträgen über Eifenbahnbau,
Frahım, Ludwig, wurde am 25. Juli
1856 zu Timmerhorn im Kreiſe Stor:
marn geboren, wo der Vater als Land:
wirt lebte. Mit bildungsfähiger Hand be:
gabt, war es der Wunſch des Knaben,
Dialer zu werden. Allein der Beſuch einer
gewöhnlichen Volksſchule, die Unkenntnis
der zu betretenden Bfade ließen den Lieb-
‚lingsplan nicht zur Ausführung kommen,
Es wurde die Laufbahn des Lehrerberufes
eingeichlagen. Nachdem auch der Unter:
richt in den neuen Sprachen und der Muſik
erfolgt war, und der Aipirant ein paar
‚Bräparandenjahre Hinter jich hatte, fand
11
Francçois.
der Beſuch des Lehrerſeminars in Üterſen
1876— 79 ſtatt. F. war dann Lehrer an
den Echulen zu Tremsbüttel und Duven-
ftedt, bis er 1882 zum Lehrer in Reth-
wifchfeld bei Oldesloeerwähltward. Außer
Gedichten, Erzählungen zc. in Zeitihriften
find hervorzuheben:
Heimatgrüße aus Deutichlands Norden in Lies
dern und Idyllen (1885), Klaus Störtebefer in
Sang und Sage (1855) (mit F. Sundermann),
— und Inſelland (1886) (mit Ingwer
Peterſen), Die Doppeleiche. Schleswig-Holſteins
Land und Volk im Dichterwort (1887).
Francois, Marie Louiſe von, geboren
27. Juni 1817 in Herzberg, verlor früh
ihon den Vater, wurde im Haufe ihres
Ontels, des befannten 1870 bei Spichern
gefallenen Generals v. F. erzogen und
lebte bis zu feinem Tode bei ihm. Danad)
zog fie nach Weißenfels, wo fie ihr ganzes
ferneres Leben in ftiller Zurüdgezogenheit
verbrachte, ausfchließlich ihrer ſehr erfolg:
reichen literariichen Thätigfeit hingegeben.
Hauptwerte: Gefammelte Novellen (1867), Die
legte Nedenburgerin (1871), Gel. Erzählungen
(1871), Stufenjahre eines Glüdlihen (1877), Der
Kabenjunfer (1879), Der Poſten der Frau (1881),
Judith (1883).
Franf, Ulr., fiche Ulla Wolff.
Fraukl, Ludwig Auguft, Nitter von
Hochwart, wurde geboren am 3. Februar
1810 in Ehraft (Böhmen), ftudierte Phi-
lojophie, ſpäter Medizin in Wien. Früh
ſchon darauf angewieſen, fein Brot jelbit
zu verdienen, wurde ihm nicht Die Möglich:
feit, daheim in Ofterreich ein regelrechtes
Studium zu beenden, fondern er ging,
nachdem er ſich durch literarifche Arbeiten |
162
Franz.
Es fehlte F. nicht an Beweiſen der An—
erkennung feiner hervorragenden Leiſtun—
gen und humanitären Verdienſte. So
wurde er 1850 Ehrenbürger feiner Vater:
ſtadt, 1880 Ehrenbürger von Wien, 1876
erhob der Kailer von Djterreih ihn in
den Ritterjtand, 1851 wurde er zum Di:
reftor des Miener Muſikvereins und zum
Profeſſor der Ajthetif, 1866 zum Schul:
rat ernannt. Andere Auszeichnungen wur:
den ihm im Auslande zuteil. Daneben
gilt 5. als gottbegnadeter Dichter. Von
feinen Werfen heben wir hervor:
Habsburglied (1832), Sagen aus dem Morgen»
lande (1834), Chriftof Colombo (1836), Rachel
(1842), Don Juan de Auftria (1846), Ein Ma:
gyarenfönig (1850), Hippofrates u. die Cholera
(1853), Libanon (1855), Aus Ägypten (1860),
Helden: und Liederbuch (1861), Primator (1864),
Geſammelte poetiihe Werte (1880), Biographie
ı Grillparzerd (1883), Andreas Hofer im Lieb
(1854), Nikolaus Lenau (1885).
einiges Geld verdient hatte, auf längere |
Zeit ins Ausland.
gekehrt, verfuchte er, daſelbſt als Arzt zu
leben, doch gelang ihm das nicht, und er
nahm den Poſten eines Eefretärs der Wie: |
ner israelitifchen Gemeinde, der er durd)
jeinen Glauben angehörte, an. Daneben
war er fowohl fchriftitelleriich, wie redak—
tionell vielfach thätig, in lebterer Be—
Nah Wien zurüd:
i
ziehung als Redakteur der „Sonntags:
blätter” und des „Oſterr. Morgenblattes“.
Franz, Emma, fiehe M. v. Pelzeln.
Franz, Henr., fiehe Fr. v. Belzeln.
Franzisei, Franz, geboren am 26.
December 1826 in Klagenfurt, genoß feine
Vorbildung am Gymnaſium daſelbſt, be:
ſuchte dann das theologische Seminar, ward
Kaplan in Sagrig, danach in Heiligen:
‚blut, Schließlich in St. Veit. 1870 wurde
Fr. Dechant in Grafendorf im Gailthale
(Kärnten), als welcher ernoch heute ſegens—
reich wirft. Daneben ift er vielfach lite:
rariſch thätig gemwefen.
| Hauptwerke: Kultur-Studien über Volfsleben,
Sitten und Gebräuche in Kärnten (1879), Märchen
aus Närnten (1884), Touriftiiche Farbenſkizzen aus
Kärnten (1885).
Franzos, Karl Emil, geboren den 25.
Oftober 1848 in Czortkow in Podolien,
abjolvierte das Gymnaſium in Ezernowig
und die Univerfität Wien als Student der
Rechtswiſſenſchaft und legte 1871 die
Staatsprüfung ab, gab aber die juriftifche
Karriere infolge politiicher Unannehmlic-
feiten völlig auf und widmete fich der
Journaliſtik. Nachdem er eine Reihe
von Jahren im Ausland gelebt hatte, zog
er nah Wien und übernahm die Ne:
—
Freeden.
daktion der „Neuen Illuſtr. Zeitung“, die
er 1886 niederlegte, um die neubegründete
Zeitſchrift „Deutſche Dichtung“ zu redi—
gieren. Durch alle Dichtungen Fr.’s zieht
ein vornehmer Haud, wie in wenig ans
deren, und daß dieſe Eigenihaft allge
meine Anerkennung fand, dafür zeugt die
große Beliebtheit des Autors gerade in
den höheren Edjichten der Gefellichaft.
Hauptwerfe: Aus Halb:Afien (1876), Die Ju:
den von Barnow (1877), Vom Don zur Donau
(1878), Junge Liebe (1878), Stille Gedichten |
(1880), Ein Kampf ums Redt (1882), Deutiches
Dichterbuch aus Öfterreih (1883), Mein Franz
(1863), Der Bräfident (1884), Tragiiche Novellen
(1885). Die meiften der angeführten Werke find
in mehreren Auflagen erichienen.
Freeden, Wilhelm Jhno A. v., wurde
am 12. Mai 1822 in Norden geboren,
fiundierte in Göttingen und Bonn Mathe:
matif und Naturwiſſenſchaften und wirkte
von 1845—56 als Oberlehrer am Gym:
nafium zu Sever, von 1856— 67 als Rek—⸗
tor der Navigationsihule in Elsfleth.
1867 gründete er die deutiche Seewarte
163
Freſenius.
dem Fr. ſpäter befreundet war. Durch
dieſen wurde auch ſeinem dichteriſchen Ta—
lent Geltung verſchafft, ſo daß er nach
wenigen Jahren, in welchen er als Lehrer
gewirkt, dieſe Laufbahn völlig aufgab und
ſich ausſchließlich der Schriftſtellerei wid—
mete. Fr. hat dieſen Rath Gutzkows nicht
zu bereuen gehabt, reiche Erfolge lohnten
ſein Schaffen, namentlich auf dem Gebiete
des Romans und der Novelle. Seit 1862
‚gehörte Fr. der Redaktion der National:
zeitung an.
Hauptwerfe: Dichter und Frauen (1859), Mes
Iufine (1860), Qanitas (1860), Die drei Grazien
(1862), Charlotte Corday (1864), Papſt Ganga—
nelli (1864), Auf heimifcher Erde (1866), Freier
Boden (1868), Im goldnen Zeitalter (1870), La
Bucelle (1872), Lucifer (1873), Lebenärätfel
(1875), Renaiflance und Rokokko (1875), Ber:
liner Dramaturgie (1877), Nach der erften Liebe
(1884), Novellen (1884), Gold (1885), des 2er
bens Überdruf (1886),
Frejenins, Auguft, geboren am 5.
März 1834 in Frankfurt a. Main. Zum
Kaufmannsjtande gezwungen, entlagte er
|
furz nad) erlangter Volljährigkeit dem ihm
unangenehmen Berufe, bezog die Univer-
fitäten Heidelberg und München, lebte dann
mehrere Jahre in Baris dem Studium der
in Hamburg, deren Direftor er bis 1876
blieb. Nicht allein die Gründung der
Seewarte war fein Verdienft, jondern er
machte dieſelbe zu einer ber bedeutenditen
derartigen Anftalten der Erde. Bon F.'s
anerkannten Werfen heben wir hervor:
Die Prarid der Methode der fleinen Quadrate
(1863), Handbuch) der Nautif (1864). Außerdem
giebt er feit 1870 die „Hanfa, Zeitichrift für See:
wejen” (zuerft mit Tedlenburg, jetzt allein) heraus.
Freiberg, Günther v., fiehe Ada
Pinelli.
Freidanf, Dar, ſiehe Ed. v. Cölln.
Freimund, Jul. ſiehe Konr. Meyer.
Freiwart v. d. Mies, ſiehe Heinr.
Swoboda.
Frenzel, Karl, wurde am 6. Dechr.
1827 in Berlin geboren, widmete fi) nad)
Abjolvierung des Gymnafiums dem Stu:
dium der Philoſophie und Geſchichte an
der Iniverfität Berlin, wo befonders Böckh
und Ranke Einfluß auf feine geiftige Rich—
tung ausübten. Mehr noch Gutzkow, mit
renocorkk, Errub, serh. 12%
franzöſiſchen Literatur und des Theaters
‚und fiedelte 1867 nach München über.
Hier war er hauptſächlich auf dramatiſchem
und dramaturgiichem Gebiete thätig. Er
‚überjegte und bearbeitete eine Reihe fran⸗
zöſiſcher Stüde für die deutjche Bühne.
| Eine Heirat unter Ludwig XV, Die Lebenäretter,
ı Der Dämon des Weins, Das liebe Jh, Der Bud:
| lige, Die Fiaminna, Alles Komödie, Die Höhle des
Löwen, Mercadet, Der Laftträger, Unterm erften
Eindrud, Vollblut, Die Herren Dienftboten, Lie:
beönarretei, Zwei weiße Raben, Die weiße Nelte,
Die beiden Witwen, Der Roman einer Stunde,
Ein gefährlicher Freund, Allzu ſcharf macht ſchartig,
Falſche Locken, Jung gefreit hat nie gereut, Die
Pläne der Tante u. a. m. Auch verſchiedene
in den Eeparatvorftellungen des Königs
Ludwigs II von Bayern aufgeführte Schau:
ı und Zuftipiele: Das Alter eines großen Königs,
Eine geheime Audienz, Léonard der Perrüden:
mader, Ein Minifter unter Ludwig XV., Der
Fächer der Pompadour, Trianon, und die Pro—
gramme von zwei bei gleiher Gelegenheit
11*
Freudenthal.
gegebenen Balletten mit Geſang mit Be:
nugung Moliereiher Motive, Mufit von Mar
enger: les plaisirs de l’isle enchantee und
Amor und Pſyche ftammen aus feiner Feder;
desgl. eine Bühneneinrihtung von Shafe-
ipeares’ „Thimon von Athen” und eine
folche von „Thomas Aniello“, einer hinter:
lafjenen Tragödie von Auguft Frejenius,
eines entfernten Verwandten des Be:
arbeiters.
Freudenthal, Auguft, wurde am 2.
September 1851 in Fallingbojtel als Sohn
braver, aber unbemittelter Eltern geboren,
widmete fih dem Lehrerberuf, wirkte meh:
rere Jahre als Hauslehrer auf dem Gute
Luhmöhlen bei Salzhaujen, gab aber
I&hließlich dDiefe Laufbahn aus Neigung zur
publizijtiichen Thätigfeit auf, der er ſich
nun ausichließlid widmete. Seit 1883
iſt er Redakteur der Bremer Nachrichten.
Hauptwerfe: Gott Zufall (Luſtſp. 1875), Nach
Mitternadht (Drama 1878), Gedichte (1878), Der
Steuerrat (Luftip. 1882), Incognito (Zuftip.
1583).
Freund, Wilhelm, wurde am 27. Ja—
nuar 1806 in Kempen geboren und jtus
dierte in Berlin und Breslau Philologie.
Nachdem cr als Lehrer in Breslau gewirkt
hatte, vertrat er die Rektorſtelle am Gym:
nafium zu Hirihberg (1345 —51). Als:
dann gab er dieje Stellung auf, um einige
Studienreilen zu unternehmen, nad) deren
Beendigung er eine isracl. Gemeindeſchule
in Gleiwig einridhtete und Ddiejelbe als
Direktor leitete. 1870 ftedelte er wieder
nad) Breslauüber, woerſeitdem ausſchließ—
lich feiner literarischen Thätigfeit lebt. Unter
feinen Werfen heben wir hauptſächlich fein
Wörterbuch der lateiniihen Sprade (18341—45),
eines unjerer vorzüglichiten überhaupt her:
vor. Außerdem find bejonders zu er:
wähnen: Gelamtwörterbuh der lateiniſchen
Sprade (1SH—45), Virgil mit Anmerkungen
(1852), Sechs Tafeln Literaturgefhichte (3. N.
1873), Triennium philologieum (2. 9. 1579
bis 1885), Wie ftudiert man Philoſophie (d. 4.
1885).
Frey, Herm., fihe Martin Greif.
164
Freyhan.
Freyhan, Adolf, wurde am 8. Ok:
‚tober 1840 in Breslau als der Sohn eines
Kaufmanns geboren, in deſſen Laufbahn
er nad) Abfolvierung des Gymnafiums
eintrat. Er hegte von Jugend an ein
lebhaftes Intereſſe für die Literatur und
ihre Meiſterwerke, die er fleißig in feiner
Mußezeit ftudierte. Seit vielen Jahren
‚gehört er dem Verband „Breslauer Dich
terſchule“ an, um den er ſich jehr verdient
gemacht und deſſen Vorfigender er nun
bereits feit Jahren ift. Von feinen eis
genen Werfen heben wir hervor:
Ein falicher Ton (Luſtſp. 1869), Zwilhen neun
und elf (1875), Durch den Kladderadatich (1877).
Freytag, Alerander, Baron, von Los
ringhoven, wurde am 8. Mai 1849 als
Sohn des damaligen ruffiihen Geſandt⸗
ſchaftsſekretärs, jpäteren Geheimrats Carl
‚Baron Fr. in Rio de Janeiro geboren.
ı Dei der bald darauf erfolgenden Verſetzung
feines Vaters fiedelte auch er als kleiner
‚Knabe zunächſt nah Stodholm, ſodann
nad) Kopenhagen über. Hier verbradte
er im elterlihen Haufe im Kreife feiner
Geſchwiſter eine glüdliche Kindheit und
genoß eine jorgfältige, von Hauslehrern
geleitete Erziehung. Als nad Abtrennung
‚der deutihen Provinzen von Dänemart
(1864) ein in deutſcher Sprade geleiteter
Unterricht in Kopenhagen jchwer erreich—
‚bar wurde, fam Alerander in die Heimat
feiner Mutter, nad) Bremen auf die fogen.
| „Selchrten- Schule”, welche ſich eines aus:
gezeichneten Rufes erfreute. Nach Abjol-
‚vierung derjelben begab er fid) in die deut:
chen Djtfee- Provinzen Rußlands, ließ ſich
auf der Univerſität Dorpat immatrifulieren
und beitand dort 1871 ſein Staatseramen.
Dazwiichen hatte er eine Zeitlang in Ber:
lin jtudiert und als der Strieg von 1870
ausbrach, trat er, obzwar fremder Unter:
than, von Begeijterung für die deutjche
Sade bejeelt, als Kriegsfreiwilliger in
das Heer. Auf Wunſch feines Vaters
ginger nad) beendeten Feldzuge nah Ruß:
land zurüd und trat in Riga in den Dienit
der Lievländiſchen Nitterfchaft, der feine
Freytag.
Familie als eine der älteſten angehört.
Anfangs nur aus Liebhaberei, jpäter mehr berufs: |
mäßig beichäftigte er ſich mit verichiedenen fchrift«
ftelferiichen Arbeiten. Er fchreibt Erzählungen, |
Novellen, Feuilletonsartifel, befonderd über ruf:
fiihe Zuftände ꝛc. für Zeitichriften.
Freytag, Sultan, wurde am 13. Juli
1816 in Kreuzburg (Schlefien) als ber
Eohn des dortigen wohlbenüterten Bürger:
meiſters und Arztes geboren, befuchte das
Gymnaſium in Dels und die Univerfitäs
ten Breslau und Berlin, wo er Vhilolo:
gie, Geſchichte und Literatur ftudierte und
mo feine neiltige Richtung unter befonderer |
Beeinfluffung von Hoffmann von Fallers:
leben ſtand. Nach Vollendung feiner Stu:
dien ging Fr. als Privatdozent für Ge
fchichte, deutiche Sprache und Literatur
nad Breslau, gab aber bald die afade
miſche Laufbahn auf, um fi ausſchließlich
der Schriftitellerei zu widmen. Er rebdi-
gierte nun von 1848—70 mit Julian
Schmidt die „Srenzboten“, die er zu un«
geahnter, leider Später wieder verlorener
Größe bradte. Als der deutſch-franzö—
ſiſche Krieg losbrach, erfaßte auch F.
die allgemeine Begeiſterung, und wenn er
auch zu alt war, um als Soldat in die
Reihen zu treten, ſo litt es ihn doch nicht
daheim. Er zog mit und blieb im ganzen
Feldzug im Hauptquartier des Kronprin—
zen. Zurückgekehrt, lebte num F., aus:
ichließlich feiner Schriftitellerei hingegeben,
teils in Leipzig, teils auf feinem Gute
Siebleben bei Gotha. Daneben redigierte
-
=
165
Freytag.
bild geweſen, Hunderttauſende haben ſich
‚an jeinen Merfen erquict, und haben ſich
reiner, edler gefühlt als fie fein Bırch aus
der Hand legten, aleichviel welches.
Hauptwerke: Die PBrautfahrt (Dram. 1842),
Der Gelehrte (1844), An Breslau (1845), Die
Valentine (1846), Graf Waldemar (1847), Die
Journaliſten (1853), Soll und Haben (1855,
31. 9. 1886), Die Fabier (1859), Die Technif
des Dramas (1863, 5. A. 1886), Die verlorene
Handichrift (1864, 15. A. 1885), Die Ahnen:
Ingo und Ingraban, Das Neit der Zaunfönige,
Die Brüder vom deutlichen Haufe, Markus König,
Die Geſchwiſter, Aus einer Heinen Stadt (1872
bis 1880), Bilder aus der Vergangenheit (3. 9,
1886), Geſammelte Werte (186).
Freytag, Ludwig, wurde am 3. Mai
1842 zu Bremen geboren, abiolvierte da—
jelbit das Gymnaſium und danad) die Uni
verfität Berlin als Student der Philo—
z
=
‚logie und Geſchichte, daneben eifrig mit
‚dem Etudium der Literatur beichäftint.
Nach der Doktorpromotion legte er 1869
fein Staatseramen ab und wurde als Zeh:
rer in Berlin, fpäter in Lichterfelde (Ka—
dettenanftalt), 1880 als Oberlehrer am
Friedrichsrealgymnaſium zu Berlin ange:
jtellt. Daneben redigiert er das „Zen:
tral-Organ für die Intereſſen des Real—
ſchulweſens“ und iſt literariich vielfach
rühmlich hervorgetreten:
Preußens Ruhm (1866), Kampf und Sieg
(1870), Tiberius und Tacitus (1870), Jephthah
(1871), Byron's Manfred (1871), Graf Tanfred
(1875), Herwara (1883); außerdem lieferte F.
vorzügliche Überfetungen des Nibelungenliedes,
der Fritbjoföfage, ded Gudrunliedes ıc.
Freytag, Vhilipp, wurde zu Sorau
er die Zeitfchrift „Im deutichen Reich“. | in der Niederlaufig am 14. Oftober 1840
1879 überfiedelte er nad Wiesbaden, mo geboren. Sein Water war der damalige
er noch heute lebt als der allverehrtefte | O.-L.-Ger.Aſſeſſor Nobert Frentag, feine
der deutichen Schriftiteller unferer Zeit. | Mutter Thekla Amalie geb. Zwanziger.
F. iſt der Dichter des vornehmiten und | 1847 wurde fein Water an das D.-L.-
von niemand erreichten modernen Luft: | Gericht zu Breslau verfeßt und dort er:
jpiels und Romans. Machtlos prallte aller | hielt F. feine Erziehung. Daſelbſt ſtu—
Neid und die in unferer literarifchen Mi- | dierte er auch Rechts- und Staatswiſſen—
jere fo heimische Mißgunſt an dem idealen ſchaften, um wie feine Vorfahren von väter:
Geiſt ab, der durch Freytags unvergäng- licher und mütterlicher Seite Beamter zu
lihe Schöpfungen weht wie durd die werden. Der franzöfiiche Krieg von 1870
wenig anderer Schriftiteller. Hunderten | bis 1871 gab feinem Schickſal eine ent—
von jungen Autoren iſt F. ein edles Vor: ſcheidende Wendung. Als Reſerve-Offizier
ride, —
des 3. Garde-Grenadier-Regmts. Königin
Eliſabeth erhielt er bei dem Sturm auf
Le Bourget am 30. Oktober 1870 eine
überaus ſchwere Wunde, welche ihn auf
Jahre an das Schmerzenslager feſſelte,
jeder amtlichen Thätigkeit entzog und lite-
rariſcher Beſchäftigung zuführte. So ent—
ſtand zunächſt eine Rätſel-Sammlung
(Sphinr), der ſpäter eine Fortſetzung folgte
(Neue Rätiel). 1871—72 verlebte er in
Stalien, und diefen Aufenthalt benußte er
im Belondern, um ſich mit dem neapoli:
taniſchen Volks-Idiom bekannt zu machen.
Tas Reſultat dieſer Studien war eine,
jegt ſehr verbreitete, metriſche Überfegung |
neapolitanischer Volkslieder (O dolce Na-
poli). Nebenher erfchienen von feiner
Feder in zahlreihen Zeitichriften Neife:
jkizzen, Eſſays, Kritiken ꝛc. Eine beſon⸗
dere Monographie widmete er der Wart-
burg. Diejelbe iſt betitelt „Wartburg:
erinnerungen“ und zeichnet ſich durch ſin⸗
nige Senn des Gegenftandes, wie
reihen Berichte find nur vereinzelt i in die
166
Fride.
zu Braunfchweig aufgenommen zu werden.
Dit eilernem Fleiß und unter größten
Entbehrungen, da eine Geldunterftügung
ihm vom Elternhaufe nicht gewährt wer:
den Eonnte, abjolvierte er dasfelbe und
bezog 1833 die Univerjität Göttingen, um
‚ Theologie zu jtudieren. Hier übten Ewald,
Grimm und Herbart großen Einfluß auf
feine geiltige Richtung aus. 1837 be-
'ftand er die Prüfung vor dem Konſiſto—
rium in Wolfenbüttel, kehrte jedoh zur
Fortjegung feiner philofophiihen Studien
nad) Göttingen zurüd und gründete, durch
Herbart unterjtügt, eine Erziehungsans
jtalt. 1842 wurde er nah M.Gladbach
berufen, um daſelbſt eine Realſchule zu
errichten und als deren Neftor zu am:
tieren. 1837 verheiratete er fih und
hatte das Leid, feine Gattin von einer
Lungenkrankheit befallenzufehen, die einen
Aufenthalt im Süden dringend erheifchte.
‚So mußte er feine Stellung in M.-Glad-
bad) niederlegen und nad) Wiesbaden zie—
Hier unterrichtete er an der von
der Herzogin Elijabeth gegründeten höhe—
Öffentlichkeit gedrungen, indefjen wieder: ren Töchterichule und gewann dieſe neue
holtin Muſikgeſetztworden. $.wurde,nadj: Thätigkeit bald fo lieb, daß er bier, jtatt
dem er in Breslau Stadtrichter und Nez | wie beabjichtigt, ein Jahr, 14 Jahre als
gierungs-Rat geweien, im Jahre 1882 | Rektor verblieb, ipäter aud), feiner außer:
Ober-Regierunge-Rat und Direktor des | gewöhnlichen Tüchtigkeit wegen, gleichzeitig
Bezirks: Verwaltungs:Serihts zu Danzig, | zum Diterzieher des Erbprinzen ernannt.
und 1887 in das k. preuß. Oberverwal-
tungs-Gericht zu Berlin berufen. Ber:
mählt iſt er feit 1876 mit Wilhelmine
Schleiden, einer Toter des großen Bo-
tanifers Matthias Jacob Schleiden.
Fricke, Friedrich Wilhelm, wurde am
4. Dezember 1810 in Braunschweig als
ein kränkliches Kind geboren, dem ein re—
gelmäßiger Schulbeſuchtrotz guter Anlagen
und großen Lerneifers nicht zuteil werden
fonnte. Erſt im achtzehnten Jahre war
er joweit gefräftigt, dat er als Autodidakt
im volliten MWortiinne mit dem Erwerb |
Mit
von Kenntniſſen beginnen fonnte.
zwanzig Jahren gelang es ihm unter gro:
ben Schwierigkeiten, in das Gymnaſium
1870 fiedelte F. zwei Jahre nad) jeiner
Penſionierung nad Bamberg über, wo er
einLandgut erworben hatte, und lebte nun⸗
mehr nur feiner Gejundheit und der lange
erjehnten ſchriftſtelleriſchen Thätigkeit,
kehrte jedoch 1875 ſchon nach Wiesbaden
zurück, da ihm der Landaufenthalt nicht
behagte. Jetzt machte er es ſich zur Lebens⸗
aufgabe, eine neue Orthographie zu ſchaf—
fen, zu welchem Zweck er den Allge-
meinen ferein für vereinfachte recht-
schreibung ins Leben rief, der jest b bereits
viele taufend Mitglieder zählt. F. hat
ſich als ausgezeichneter Pädagoge bewährt,
auch feine Kahichriften legen Zeugnis für
jeine Tüchtigfeit ab. Daneben fanden feine
poetiſchen Werke die günftigite Beurteilung.
Frickhinger.
Hauptwerke: Weltgeſchichte im Gedicht (1862),
Leitfaden für den Geſchichtsunterricht (1872), Die
Orthographie nach den in der deutlichen Sprache
liegenden Geſetzen (1876), Sittenlehre (1882),
Erziehungs: und Unterrichts-Lehre (1882), Uber:
bürdung der Schuljuyend (1882), Abriß der ver:
einfachten Volfsorthographie (1SS5), Kurze deut:
Ihe Spradlehre (3. A. 1885), Prinzeß Ilſe 2. 4.
1887).
Frickhinger, Albert, früher Apotheker
und Meagiitratsrat, ſpäter langjähriges
Mitglied der bayriihen Abgeordneten:
fammer, geboren im J. 1818, arbeitete
fleigig an der Durchforſchung feiner Hei:
mat (Nördlingen im Niesgau) in botani:
cher und geognojtiiher Beziehung Durch
ihn wurden die Geognoſten auf die Ver: |
jenfung zmwilhen dem Schwaben: und
Frankenjura infolge von vulfanischen Aus:
brüchen aufmerfiam gemadt. Die von
ihm und Profeſſor Schnizlein in Erlangen
gemeinjam herausgegebenen Vegetations:
verhälinilfe der Jura: und Kruperforma-
tion in den Flußgebieten der Wörnitz
und Altmühl (1845) jtellen eine Fläche
von 90 [_JMeilen unter die botaniih am
beiten durchforſchten Süddeutichlands.
Sein Katechismus der Stöchiometrie er:
lebte 6 Auflagen in 1844— 87. In feinen
Fußtapfen wandelt aud der Sohn
Frickhinger, Hermann, Apotheker in
Nördlingen, geboren 1851, welder na—
mentlich die Brunnenwaſſer feiner Vater:
jtadt in hygieniſcher, chemiſcher und mi:
frojfopiicher Beziehung einer Unterfuchung
unterwarf und die geognoftiihen Unter:
ſuchungen imRiesgaufortiegte. Auch über
verjchiedene chemilch-pharmazeutische Ge:
genjtände hat derjelbe mehrere Abhand-
lungen geichrieben.
Friedberg, Emil Albert, wurde am
22. Dezember 1837 in Honig geboren,
vollendete Seine Gymnaftaljtudien im
Grauen Klojter zu Berlin und bezog als:
dann die Univerfität dajelbit, ſpäter die
zu Heidelberg als „Juriſt“. Nah Ab:
jolvierung der Univerfität war er als
Auskultator in Berlin thätig, verließ aber
167
Friedeberg.
die praktiſch⸗juriſtiſche Karriere, habili—
tierte ſich 1862 als Dozent für Kirchen—
recht umd erhielt 1865 eine Profefjur
‚in Halle, 1868 eine ſolche in Freiburg
und 1869 in Leipzig, wo er nod) jegt als
‚hervorragender juriſtiſcher akademiſcher
Lehrer wirkt. Unter ſeinen als bedeutend
anerkannten Werfen heben wir hervor:
Das Recht der Eheichlichung (1865), Die Civil:
ehe (1866, 2. Aufl. 1877), Aus deutihen Buß—
| büchern (1868), Die Grenzen zwiſchen Staat und
Kirche (1872), Der Staat und die Biſchofswahlen
(1874), Verlobung und Trauung (1876), Lehrbuch
des katholiſchen und evangeliichen Kirchenrechts
(1879, 2.9. 1554), Die Grundlagen der preus
ßiſchen SKirchenpolitif unter Ariedrih Wilhelm
IV. (1882).
Friedeberg, Meyer, wurde am 6.
März 1858 in Militſch geboren. Da fein
Vater 1862 das Kreisrabbinat in Tilfit
‚übernahm, bejuchte Diener daſelbſt das
Gymnaſium, mußte nad) Abjolvierung
defielben mit Stundengeben fein Brot teil-
weife jelber verdienen, weildas Einfommen
des Vaters für alademiihe Studien der
einzelnen Glieder nicht ausreihte. Cr
hörte in Leipzig Kunftgeichichte und deutiche
‚Literatur, um fid) der Journaliſtik zu
‚widmen und alsdann von ihm gefaßte
‚ideal gedachte Neformpläne für das Ju—
dentum auszuführen. 1881 fiedelte $.
nad) Berlin über, wo er weiter ftudierte,
feinen Unterhalt wiederum durch Stunden-
‚geben und die Erträgnifje für viele von
ihm verfaßte Zeitungsartifel bejtreitend.
Nah Vollendung feines Studiums wurde
F. Sekretär des deutſch-iſr. Gemeinde-
bundes in Leipzig und dann in Berlin,
ſowie nebenbei Kournalift, als welder er
fi) nunmehr in Königsberg niedergelafjen
hat und in der Redaktion des „Kgsb. Tage-
blatts“ beichäftigt iſt.
Hauptwerke: Das praftiiche Judentum (1881),
Bilder aus DOftpreußen (1885), Bilder von der
Oſtgrenze (illuftr. 1886), Zur Gründungsgefchichte
| der jüdiihen Gemeinden Altpreußens (1886).
Friedemann, Edmund, geboren zu
Zehdenick den 1. Dezember 1847, jtudierte
zu Berlin, Bonn und Heidelberg Gejchichte
‚und Rechtswiſſenſchaft, war als Hilfs:
Friedenitein.
richter am Stadtgeriht Berlin bis Of:
tober 1879 thätig und trat jodann zur
Anwaltichaft über. Er ift Dozent an der
Humboldt:Afademie zu Berlin, Mitglied
der Berliner Stadtverordnetenverfamm:
lung und erfter Vorfigender des Hand—
werfervereins für den Weſten und Süb-
weiten. 1869 fchrieb er eine Erwiderung
auf Richard Magners Judentum in der
Muſik, betitelt: Das Judentum und Richard
Wagner, ferner Die Kranfenverfiherung, eine
gemeinfahliche Darftellung, ſowie verjchiedene
Aufſätze publiziftiichen Inhalts in ber
„Nation“ und anderen Zeitungen. 1886
erihien aus jeiner Feder ein von der
Kritif vorzüglich beſprochener Hiftorifcher
Roman Gatilina.
168
Friedenſtein, Wilhelm, am 30. Ok—
tober 1854 in Budapeft geboren, befuchte
die dortige Realichule, dann die Handels:
afademie. Im Alter von 17 Jahren trat
er in cin Bantinftitut in Wien. 1873
ging er nah Hamburg. Neigung zum
Theater veranlaßte ihn, zur Bühne zu
gehen. Er war zwei Jahre lang Schau:
jpieler, da er es aber nicht dahin bringen
fonnte, an einem größeren jtändigen |
Theater engagiert zu werden und er als
finanzieller Leiter des Carl Schulze:
Theaters in Hamburg Schiffbruch gelitten,
ging er nad Amerifa, nachdem er mit
dem damaligen Redakteur der Berliner
National-Reitung ein mündliches Abfom-
men getroffen, „Briefe aus Amerika” zu
ſchreiben. Zwei Monate nad) feiner Ab:
reife jtarb jener Redakteur und F. erhielt
fein Manuffript als im Nachlaſſe des
Verfchiedenen gefunden, nad New-York
fih erhalten,
ie
gefandt. Nun mußte F.
wie es eben ging. Er haufirte mit un-
echten Schmuckſachen, Galanteriewaaren.c.
von Farm zu Farm ziehend, war dann
Kellner und jchließlih Mitarbeiter der
„Weſtlichen Poſt“.
Europa zurück, ging nach Deutſchland und
trat in die Redaktion der „Deutſchen
Union” jegigen „Berliner Zeitung” ein
1876 fehrte er nach
Friedmann.
für Theaterberichte. Gleichzeitig arbeitete
er für andere Zeitungen. Von hier ging
F. nah Rußland und wurde Redakteur
des in Libau erjcheinenden „Tagesanzeis
ger“. Nach Wien zurüdgefehrt, lebte $.
zuerft als Feuilleton-Mitarbeiter verjchie-
dener großer Blätter in Wien, dann als
Redakteur, Ipäter Eigentümer des poli-
tiſchen MWochenblattes „Ertrapoft“ und
der „internationalen Reifezeitung”. Bon
feinen ſelbſtänd. Werfen hervorzuheben:
Die Frau des Verwalters (1879), Die Kinder
der Berbannten (1883); auch dramatifierte er u.
a. Spielhagens Romane.
Friedmann, Alfred, geboren am 26.
Oktober 1845 in Frankfurt a. M. als
der Sohn eines reihen Kaufherrn, der
ihn von vornherein für feinen eigenen Be:
ruf bejtimmte. Daneben beichäftigte F.
ſich mit den Werfen der Dichtkunft unferer
Meifter, ſuchte auch fonft fein Wiſſen mit
eifrigem Streben zu bereichern, gab ſchließ⸗
(ih die faufmänniiche Karriere auf und
ging nach Heidelberg, um Literatur und
Kunfigeihichte zu ftudieren. Nachdem er
in Zürich fein Studium abgeſchloſſen, gab
er fih ausſchließlich der Echriftitellerei
bin, in der er ſeitdem Tüchtiges geleiftet
und zu deren produftioften Jüngern er
gehört. Seit 1886 wohnt F. in Berlin.
Hauptwerke: Aus Hellas (1874), Merlin und
Orpheus (1874), Zeichtfinnige Lieder (1878), Ber:
tauſcht (1878), Lebenämärden (1879), Erſetzter
Berluft (1880), Dramen (1880), Gedichte (1882),
Optimiftiihe Novellen (1883), Neue Märchen
(1884), Erlaubt und unerlaubt (1886), Aus
Höhen und Tiefen (1886).
Friedrich, Friedrih, wurde am 2.
Mai 1828 in Groß-Vahlberg (Braun:
ſchweig) geboren. Sein Vater, ein treff-
licher Geijtlicher, wünfchte ſehnlichſt, daß
Friedrich ſich gleichfalls den ſeelſorgeri—
ſchen Beruf ermähle, und diefem Plane
gemäß erhielt er jeine VBorbildung auf dem
Gymnaſium. 1847 bezog er die Uni:
verfität Göttingen, ſpäter die zu Halle
und Jena, Schon in Halle zog ihn die
Philoſophie, Literatur und Geſchichte weit
mehr an als die Theologie, für die er einen
Friedrichs. —
inneren Beruf nicht fühlte. In Jena gab
er ſchließlich letzteres Studium gänzlich
auf und widmete ſich ausſchließlich erſteren
Disziplinen. Bereits 1853 hatte Fr. das
Glück, feinen Herzenswunid, Journalift
zu werden, ausführen zu fünnen, da ihm
Gelegenheit geboten wurde, in die Redak—
tion der Leipziger „Illuſtr. Zeitung‘ zu
treten. Die reichen Erfolge jedoch, mit
welchen feine eigenen literariichen Arbeiten
gekrönt wurden, veranlaßten ihn, die res
daftionelle Thätigkeit Schon nad) einigen |
Jahren abzuichließen und nunmehr als
freier Schriftfteller zuerft in Berlin, dann
in Eifenach, zeitweife wiederum in Leipzig
und Schließlich (feit 1886) in Dresden zu
leben. F. genießt hohes Anjehen unter
den Boten vom Parnaß, er war längere
Yeit Vorfigender des deutichen Schrift:
fteller-Berbandes, der ihn Manches zu
danken hat. Er ragt beionders auf dem
Gebiete des Romans hervor, deſſen be:
gabtejten Autoren er beizählt.
Hauptwerfe: Die Orthodoren, Der Tod des |
Verräterd, Nemefis, Die Frau des Minifters, |
Aromm und frei, Die Schloßfrau, Ehemänner,
Das Buch der Liebe, Studentenfahrten, Heiße
Herzen, Bon Sünde zu Sünde, Hie arm, bie
reih, Des Haufes Ehre, Mit den Waffen, Hinter
den Koulifien.
Friedrichs, Hermann, geboren am
14. Juni 1854 in Et. Goar, genoß jeinen
eriten Unterricht auf der dortigen Ele
169
Frieſe.
milienverhältniſſe halber und um nicht
in ſeiner dichteriſchen Laufbahn durch die
redaktionelle Tretmühlenarbeit weiter ge—
hemmt zu werden, die Redaktion des „Ma—
gazins“ nieder und begab ſich auf Reiſen
nad Stalien und dem Orient.
Bon feinen vorzüglich beurteilten Werten heben
wir hervor: Die Rache der Bajadere, eine epiſch—
Iyriiche Dichtung (1880), Erlofchene Sterne, Dich—
tungen (1885), Margaretha Mentes (Rom. 1885),
Gedichte (1886), Lebenäbilder, neue Dichtungen
(1887), Liebestämpfe (Nov. 1887).
Friefe, Eugen Karl, wurde am 10.
September 1845 in Königsberg geboren,
‚widmete fih dem Soldatenftande und be:
Juchte die Kadettenanftalt zu Berlin, nad)
deren Abfolvierung er in die Armee ein:
trat. Im Feldzuge 1870, den er als
Offizier mitmachte, gefundheitlich geichä-
digt, nahm er bald danad) jeinen Abichied
und lebte von nun an ausſchließlich feinen
literariichen Neigungen.
Hauptwerfe: Am Stammtiich (1878), Vendetta
(1883), Aus dem Skizzenbuche eines Jägers,
Mit Jul. Grofje das Voltsftüd: Unter den Linden;
außerdem das Preisvolfsichaufpiel Die Andreas:
nadt.
Frimberger, oh. Georg. Als der
erite Sohn eines Bindermeijters wurde
ih am 16. Dezember 1851 zu Groß-$n=
zersdorf in Nieder: Ofterreich geboren. Die
heimatlihe Schule wollte mir gar bald zu
eng werden. Hauptſächlich meiner rafchen
mentarichule und befuchte dann die Neal: | Fortichritte im Freihandzeichnen halber
Ihule in Elberfeld, wo fein Vater Uhr: | riet mein mir gewogener Lehrer meinem
mader war. Von Haufe aus, troß des Vater, mich ftudieren zu laſſen. Diefem,
Handwerferftandes feiner Eltern, gutfituirt | der felbft ein gewandter Zeichner und Bild:
und freigebig unterjtüßt, lebte er nad) Ab= ſchnitzer ift, fchmeichelte der Vorſchlag,
jolvierung der Schule einige Jahre in | und jo fam ich denn, 11 Jahre alt, nad
Brüffel, ging hierauf nad Züri, ſtu- Wien, und zwar zunächſt in eine Bürger:
dierte dort 6 Semefter Philojophie, Ge- ſchule, aus welcher ich dann in die Real-
ſchichte und Literatur und trat während ſchule übertrat. Hier fand Profefior
diejer Zeit in Beziehungen zu Gottfried | Friedrih Haflwander an meinen Feder:
Kinkel, Conrad Ferd. Meyer und Gott: | zeichnungen befonderen Gefallen und er—
fried Keller. 1882— 84 verlebte Fr. | munterte mich dazu, die Akademie der
in Süditalien und Eicilien, namentlich bildenden Künfte zu befuchen, welche mic)
in Neapel, und leitete dann in Leipzig auch nad Abfolvierung der Unter-Real-
das „Magazin für die Literatur des In- ſchule als außerordentlihen Schüler auf:
und Auslandes”. 1886 legte Fr. Fa: nahm. Aber auf Wunſch meines Vaters
Frimmel.
kehrte ich nach Verlauf eines Jahres wie: | Nürnberg ꝛc.
der zur Realſchule zurück und erhielt, als
ich meine Studien vollendet hatte, durch
Vermittlung des dermaligen Direktors der
Wiener Handels-Akademie, Dr. Rudolf
Sonndorfer, eine Stelle als Zeichner im
170
* Friſch.
Hier empfing er in den
alten kunſtpflegenden Städten außeror—
dentliche Anregung, ſo daß er, nach Wien
zurückgekehrt, ein eifriger Beſucher der
Kollegien Thauſings und Eitelbergers
wurde. 1879 promovierte Fr. als Doktor
der Medizin, gab aber aus Neigung für
Nordbahn. Anderthalb Jahre ſpäter die Kunſtgeſchichte und ihr Studium den
wurde ich definitiver Beamter und als ärztlichen Beruf gänzlich auf. Er ging
ſolcher 1875 der Werkſtätten-Leitung in nun nach Paris, nach Holland, Belgien,
Mähr.-Oſtrau zugetheilt, woſelbſt ich drei Deutſchland, Italien. Schon 1883 war
Jahre verblieb. 1878 ward ich abermals | Fr. ſtellvertretender Kuſtos im Oſterr.
in das Konftruftions-Bureau verfegt, in | Mujeum, und erhielt 1885 einen Ruf
welchem ic) heute noch wirke. Im Jahre | dahin als wirklicher Kuftos. Gegenwärtig
1575 ehelichte ich eine reic) begabte und iſt Fr. Beamter der Kailerlihen Kunft-
gemütvolle Wiener Bürgerstodhter. In jammlungen in Wien. Außer einer Neihe
die Offentlichfeit trat ich erit im Jahre | von, in Zeitjchriften veröffentlichten, Ar:
1572 mit einem Nätjel-Sonett, das in | beiten heben wir hervor:
dem Wiener Familien-Journal gedrudt | _ Beethoven und Gocthe (1833), Zur Kritik von
. S . STAR Mr > or. | Dürerö Apofalypje (1854), Die Apofalypie in
wurde. Mehrere ähnliche Produkte er- |, YBilderhandihriften des Mittelalters (1885),
ſchienen in anderen Zeitichriften. Neben | Reue Beethoveniana (1887).
diejen Kleinigkeiten jchrieb ich Novellen, | -
Dorfgeihichten, populär-wiſſenſchaftliche Friſch, Guſt, fiehe Guſt. W. Jahn.
Friſchbier, Karl Hermann, geboren
Aufſätze und Gedichte für verjchiedene
Beitichriften. Zahlreiche größere humo- den 10. Januar 1823 zu Königsberg, ge:
riſtiſche Poöme und Gejhichten in nieder: | bildet im dortigen Seminar, 1842 —53
öjterr. Mundart brachte ich in den legten | Zehrer an den evang. Stadtjchulen in Butt:
zwei Jahren in Wiener Vereinen zum ſtadt und Heilsberg, dann in Königsberg,
Vortrage. Einige diejer Piecen publizierte ſeit 1872 daſelbſt Rektor der Altjtädti-
der Schaufpieler E. A. Friefe in feinem | ſchen Bürgerichule für Mädchen. Aus den
„Wiener Humor“. Eine Sammlung all’ | Beiträgen zu Wanders Spridwörter-Lerifon ent»
Dajhinen : Konftruftions = Bureau der
1
meiner Dialeft-Artifel ift derzeit unter
der Preſſe.
Hauptwerfe: Rheuma (Lujtip. 1880), Die Kö:
nigin der Nacht (1881), Dorfgeihichten (1881),
Geihichten aus Dorf und Stadt (1882), Der
Sprung des Tiberius (1882), Gedichte und Rätſel
(1884), Bon dahoam. GihichtIn und Gedichtin |
(in niedersöfterr. Mundart) (1837).
Frimmel, Theodor, wurde am 15,
Dezember 1853 zu Amjtetten in Nieder:
Oſterreich geboren, abjolvierte das Gym:
naſium in MWiener-Neuftadt und jtudierte
in Wien Medizin. Daneben widmete er
alle Muße der Kunſt (Dialerei und Mufif)
und dem Studium der Kunſtgeſchichte.
Nah Ablegung des erjten medizinischen
Rigorojums (1876) unternahm er eine,
längere Reife nah Münden, Augsburg, |
ſtand feine erjte Sammlung: Vreußiſche Sprid:
wörter und voltstümliche Redensarten (1864).
Das Büchlein gewann in weiten Kreilen freund»
liche Beachtung und erregte durch das Mißgeſchick,
von dem es betroffen wurde (dad Werk wurde
richterlicherfeitö verboten, mußte ſchließlich aber
frei gegeben werden), in der wiſſenſchaftlichen Welt
befonderes Intereſſe. Die Anfechtung, welche
das Büchlein ausgehalten, förderte nicht
nur deſſen Verbreitung, jondern wurde
auch PVeranlafjung, daß dem Sammler
Beiträge aus allen Gegenden der Pro—
vinzen Oft: und Weftpreußen in fo reicher
Fülle zugingen, daß er ſchon 1865 eine
‚zweite große Auflage herausgeben konnte.
Eine zweite Sammlung der Sprichwörter
erihien 1876. 5. veröffentlichte im Laufe der
Jahre noch folgende jelbitändige Werke: Preußiſche
Volfsreime und Volksſpiele (1867), Hexenſpruch
Frita. —
und Zauberbann. Ein Beitrag zur Geſchichte des
Aberglaubens in der Provinz Preußen (1870).
Preußiſche Volkslieder in plattdeutſcher Mundart
(1877). Sein Hauptwerk, eine monumentale, von
171
echt deutſchem Fleiß zeugende Arbeit, an dem er
faſt dreißig Jahre geſchaffen, erichien 1882 unter
dem Titel: Preußiſches Wörterbuch. Oft: und
weſtpreuß. Brovinzialismen inalphabetiicher Folge.
Außerdem hat F. noch verfchiedene Abhandlungen
und Sammlungen in wiſſenſchaftlichen Journalen
publiziert. Für die Intereſſen jeines Stan:
des iſt F. hervorragend thätig geweien; er
iſt Mitbegründer des Peſtalozzi-Vereins
für die Provinz Preußen (1861), war
eine Reihe von Jahren Vorſitzender im
Vorſtande dieſes Vereins und leitete 1861
bis 1872 die großen Provinzial-Lehrer—
verfammlungen zu Königsberg, Marien:
burg, Danzig, Gumbinnen und Elbing.
Frita, J., Siehe J. Schreyer.
Fritz, S., liche Fr. Singer.
Fröhlich, Guſtav, geboren 1. Juni
1827 als Sohn eines Lehrers im wei:
marijchen Boigtlande, bejuchte 1841—47
das früher von Herder gegründete Semi-
nar zu Weimar, bildete ſich in verjchie-
denen Wiflenichaften und in fremden
Sprachen durch Selbititudium fort und
ftudierte jpäter (1865— 68) nod) zu Jena |
Philofophie (bei Kuno Fiicher und Fort: |
lage), Mathematik, Naturwiſſenſchaften
und Pädagogik (letztere bei ‘Prof. Dr.
Volkmar Stoy) und war zugleich Mitglied
des Stoyihen pädagogiihen Seminars.
Dort wurde er in die von Herbart (1776
bis 1841) gegründete wiljenichaftliche Pä—
Frohberg.
berg in Thür. Von 1868— 71 bekleidete
er die Stelle eines Konrektors in Erfurt.
‚Nachdem er hierauf von 1871—73 als
Direktor einer höheren Töchterſchule zu
Hildesheim und von 1873 — 75 als Neftor
der evang. Sejamtichule zu Hörde i. Weſtf.
gewirkt Hatte, wurde er 1875 nad) St.
Johann (Rheinprov.) berufen, um eine
‚große paritätiiche Stadtihule zu organi-
fieren und zu dirigieren. Dajelbit wirft
er gegenwärtig noch als Rektor und fal.
Inſpektor der jtädtiihen Schulen fehr er:
folgreih. Auf feine Ausbildung als Päda—
gogen, Schulmann und Schriftiteller wirkten
bejonders fürdernd ein: Dr. Chrijtian
Schreiber, fernerder der Herbartichen Rich:
tung in freier und felbitändiger Weiſe fol:
gende hervorragende Pädagog Prof. Volk:
mar Stoy in Jena und der Direktor der
Mittelihule E. Weife in Erfurt. F. ſteht
als Erzieher und Schulmann mit feinen
Ideen auf Herbartihem Boden. Unter
ſeinen ausgezeichneten, um die Pädagogik
bochverdienten Werfen heben wir hervor:
Die Schulorganilation nad) den Forderungen
des Staats: und Kirchenrechts ( Breisfchrift 1873),
Die deutiche Mittelfchule (1874), Die Simultan:
ſchule (Breisihrift 1876), Die Erziehungsichule
(Breisichrift 1877 — 78), Die wiſſenſchaftliche Pä—
dagogik Herbart:Ziller-Stons (Preisichrift, 4. A.
1557), Die Grundlehren der Schulorganifation
(Beeisichrift, 2. A. 1887), Stons Leben, Lchren
‚und Wirken (1885), Die Klaſſiker der Pädagogik,
fortgeſetzt x. Außerdem verfaßte F. eine Anzahl
von meiſt pädagogiſchen Abhandlungen in Zeit—
‚Schriften ꝛe.
dagogik, welche von Stoy in Jena (1843
bis 1885) und jpäter (1854—82) von
Biller in Leipzig und feinen Schülern ge:
pflegt und weiter gebildet wurde, einge: |
führt. Nachdem 5. 1847 Hauslehrer zu
Erleben bei Erfurt und darnad) bis 1850
Lehrer in Berka a. J. gewejen war, wurde
er 1850 als Rektor an die neugegründete
vereinigte Bürgerfhule zu Stadt Lengs—
feld a. d. Rhön berufen, um diejelbe ein-
zurichten und zu leiten. Dort wirkte er
bis 1858, und von dieſer Zeit an bis 1868
als Rektor an der Stadtihule zu Raiten-
Frohberg, Paul, fiehe Fr. Adami.
Frohſchammer, Jakob, geboren 6.
‚Januar 1821 in Illkofen, einem Kleinen
Dorfe unweit der Donau zwiſchen Regens—
burg und Straubing. Seine Gymnaſial—
ſtudien vollendete er in Negensburg und
fam 1841 an die Univerfität in München.
Daſelbſt widmete er fi) dem philojophi-
ſchen und theologischen Studium, wurde
1850 an genannter Univerfität Privat-
dozent und 1854 außerordentlicher Pro:
fejlor der Theologie. Im Jahre 1855
trat er als ordentl. Profeſſor in die philo-
Frobihammer.
fophiiche Fakultät über und lehrt jeitdem
als Profeſſor der Vhilofophie in München. |
Fr. ift einer der bedeutendften Philoſophen
der Gegenwart. Seine erſte Schrift erſchien
1850 unter dem Titel: Beiträgezur Kirchengeſchichte.
1854 erſchien jeine zweite Schrift: „Uber den Ur:
fprung der menschlichen Seelen. Rechtfertigung
des Generationismus“. Zu diefer Zeit entitand
der Streit über das Weſen oder die Subſtan—
tialität der menschlichen Seele gegen den mächtig
um fich greifenden Materialismus. Fr. betheiligte
fih lebhaft an diefem „Kampf um die Seele“ be:
fonderd durd feine Streitichrift gegen E. Vogt:
„Menichenfeele und Phyſiologie“ (1855). Unterdeß
hatten die Jeluiten und ihre Zöglinge und An—
bänger in Deutfchland dem Buche über den „Ur:
Iprung der menſchl. Seelen“ Beachtung gewidmet
und darin firchlich Anftößiges reip. der mittel:
alterlihen Scholaftif, deren Erneuerung fie an—
ftrebten, Widerfprechendes gefunden. Dasjelbe
ward demgemäh in Rom bei der Kongregation
des Inder der verbotenen Bücher denunzirt und
auch richtig auf diefen Inder geſetzt (1857). Zur
Unterwerfung unter dieſes Inderdefret aufgefor:
dert, verweigerte Fr. dieſelbe alö unberechtigt ge:
fordert, da die Verurteilung nur fein Bud be:
treffe, nicht feine Perfon. Man drang vorläufig
nicht weiter darauf. Als aber 1858 ein neues
Werk: „Einleitung in die Philofopbie und Grund:
riß der Metaphyſik“ erſchien, in welchem wieder:
um die Scholaftif vielfahe Kritik erfuhr, da be-
gannen die Neufcholaftiter eine neue Agitation
gegen ihn. Auf die Angriffe derfelben antwortete
Fr. mit feiner Schrift: „Uber die freiheit der |
Zur Verteidigung dieler |
Wiſſenſchaft“ (1861).
Freiheit der Wiſſenſchaft, ſowie zur Förderung
felbftändiger philoſ. Studien überhaupt gründete |
nun Fr. die philof. Zeitichrift „Athenäum“, von |
weldyer aber nur 3 Jahrgänge ericheinen fonnten
(1862—64). Noc ehe der erfte Jahrgang dieſer
Zeitichrift vollendet ward, wuhten es die Jefuiten
und ihr Anhang in Rom dahin zu bringen, dab
nicht blos die „Einleitung“, „Über die freiheit
der Wiſſenſchaft“ und das „Athenäum“ auf den
Sinder gelegt wurden, fondern Papſt Pius IX.
auch ein Breve oder „apoftoliihes Schreiben” an
den Erzbiichof von München gegen Fr.'s Piloſophie
richtete und neuerdings Unterwerfung forderte.
Da diefe wiederum von Fr. verweigert ward, er:
172
Frohſchammer.
nahme erwieſen hatte, ließ ſich dazu nicht beſtim—
men. Bald darnach erſchien die bekannte päpſtliche
Eneyklika vom 8. Dezember 1864 nebſt dem
famoſen Syllabus von 80 Sätzen, welche das
Kampfprogramm der Jeſuiten und des von ihnen
beherrſchten Papſttums für den bereits eingeleiteten
Kulturkampf enthielten. Fr. publizierte dagegen
feine „Beleuchtung der päpſtlichen Encyflifa vom
8. Dezember 1864 und des Syllabus von 80
Sätzen“ (1865, zuerft anonym, dann 1870 unter
feinem Namen). — Schon früher hatte ſich Fr.
vielfach mit der modernen Naturmwiflenfchaft ber
ſchäftigt und hatte die Reſultate diefer Studien dars
aeftellt in feiner Schrift: „Uber die Aufgabe der
Naturphilofophbie und ihr Verhältnis zur Naturmif:
ſenſchaft. Mit Unterfuchungen über Teleologie, Ma:
terie und Kraft“ (1861). Nunmehr wurden die
Nefultate der modernen Naturmifienichaft mit dem
chriftlichen, reſp. kirchlichen Lehrſyſtem in einer
fritiichen Parallele in Betracht gezogen in einem
größeren Werke: „Das Chriftentum und die mo»
derne Naturwiflenichaft” (1868). Diefem Wert
folgte ein weiteres: „Das Recht der eigenen Über
jeugung” (1869). Es war nım das vatifanische
Konzil berangelommen mit feinem Dogma von
der päpitlichen Infehlbarfeit, dem Altkatholizismus
und dem nun vollends ausbrechenden Kulturfampf.
Gegen das vatifanische Konzil mit feinen Ber
ſchlüſſen richtete Fr. mehrere Nrtifel und Bros
ihüren. Dem Altkatholizismus hat er fich nicht an+
geichlofien. Am Kulturfampf dagegen nahm felbit-
verständlich Fr. reihen Anteil in Artifeln und Bro:
ſchüren. Im Jahre 1873 erfchien eine Schrift von
ihm, die wiederum zugleich gegen den Materialis«
mus und gegen den veralteten firhlichen Dogmatis-
mus gerichtet war: „Das neue Willen und der neue
Glaube. Mit befonderer Berüdfichtigung von Dr.
3. Strauß „Der alte und neue Glaube”. Dann
erſchienen 3 Brojchüren zur Prüfung der Grund»
lagen und Berechtigung des Papfttums, nämlich:
„Der Fels Petri in Rom“, „Der Primat Petri
und des Papſtes“ und „Das Chriftentum Chrijti
‚und das Chrijtentum des Papſtes“. Dieſe Bro—
ſchüren wurden aud in das Franzöſiſche, Eng-
liſche, Italienische und Spaniſche überfegt. Endlich
erſchien 1878 die letzte Brojhüre im Kultur
kampf: „Uber die wahre Bedeutung des Kultur
tkampfes“. Die gefammelten Abhandlungen waren
ſchon 1875 erichienen: „Über die religiöfen und
firchenpolitifchen (fragen der Gegenwart“, Unters
folgte die übliche hierarchiſche Maßregelung, ins- des hatte Fr. neben diefer mehr religionsphilo»
bejondere Verbot des Befuches feiner philofophiz | ſophiſchen und kirchenpolitiſchen literariſchen Thä-
ſchen Borlefungen von jeiten der Theologie-Aſpi— | tigkeit ſchon ſeit längerer Zeit unabläffig an der
ranten und natürlich aller rechtgläubigen Katho: | Ausbildung feines philoſophiſchen Syftems ge
lifen. Die Studierenden der Münchner Univerfität | arbeitet, von welchem endlich 1877 der erfte grund«
nahmen aber Partei für ihren Lehrer. Nuntius | legende Teil im Buchhandel erihien unter dem
und Bilhöfe (mit den Jefuiten im Hintergrunde) | Titel: „Die Phantaſie ald Grundprinzip des Welt:
bemühten fih nun, Fr.'s Entfernung von feiner | prozeſſes“. Es folgten nun 3 Heinere Schriften,
Profeſſur zu erwirfen, aber vergebens. König die zur Erläuterung und weiteren Begründung
Marimilian II., der ihm ſtets heiondere Teils | des Syſtems dienen Sollten. Zuerſt: „Wonaden»
Fromman.
und Weltphantafie” (1879), dann „Über die Be:
deutung der Einbildungstraft in der Philofophie
Kants und Spinozas (1879), hierauf „Über die
Brinzipien der Arijtoteliichen Philoſophie und die
Bedeutung der Phantafie in derjelben“ (1881).
Run folgte der zweite Band des Syitems: „Die
Genefis der Menſchheit und deren geiftige Ent: |
wicklung in Religion, Sittlichfeit und Sprache”. |
(1883). Hierauf wieder eine Meine Schrift: „Die
Philoſophie als Idealwiſſenſchaft und Syſtem.
Zur Einleitung in die Philoſophie“ (1884). End:
lich der dritte Band des Syitems „Uber die Or:
anijation und Kultur der menfchlichen Gefell:
—* Philoſophiſche Unterſuchungen über Recht
und Staat, ſoziales Leben und Erziehung“ (1885).
Fromman, Hermann (Eufebius),
wurde am 7. Februar 1837 als dritter
Sohn des Buchhändlers F. J. Fr. zu Jena
geboren, beſuchte das Gymnaſium in Weis
mar, jtudierte Philologie in Jena, Bonn,
Berlin, beitand 1860 an legtgen. Univer:
fität das Eramen und ward in Minden,
fpäter in Büdingen als Guymnafiallehrer
angejtellt. Seine literarische Thätigkeit
wandte ji) bejonders und mit Erfolg dem,
Gebiete der Äſthetik zu.
Haupswerfe: Verſchiedenheiten des Geihmads
im poetijchen Ausdruck bei lateiniichen und deut: |
ſchen Klaſſikern (1866), Drei Vorlefungen über
Arth. Schopenhauer (1572), Harmloſe Studien
(gefamm. Aufläge literarhiftor., philoſoph. und
pädag. Inhalts, 1874), Die Fahrt nad) Schwarz:
burg (1874).
Frommel, Emil Wilhelm, wurde am
5. Januar 1828 zu Karlsruhe geboren
und ftudierte nad) Abjolvierung des Ly—
ceums dajelbit in Halle, Erlangen und
Heidelberg Theologie. Nachdem er das
Staatseramen abgelegt, wurde er 1850 als
Vilarund 1854 alsHof: und Stadtvifarin
feiner Vaterſtadt angeſtellt. Ebenda ver:
waltete er aud) jeine erſte Pfarritelle, jpä-
ter überfiedelte er nad) Barmen und 1869
wurde er Garnilonprediger in Berlin.
1872 wurde er dajelbit zum Hofprediger
ernannt, als welcher er noch heute jegens=
rei wirft. Er wurde 1883 von der Ber:
liner evang. theol. Fakultät zum Doktor
der Theologie creiert. Von feinen Wer:
fen, Volksſchriften im echten Sinne des
Wortes, heben wir hervor:
173
— Fruhwirth.
Erzählungen für das Volk (1873), Familien⸗
chronit eines Geiftlihen (1878), Treue Herzen
(1850), Blätter von allerlei Bäumen (1880),
ı Allerlei Sang und Klang (1884), Die 10 Ge:
bote (1885), Aus allen Winden (1836), Das
Vaterunjer, D Straßburg, In zwei Jahrhun—
derten, Aus vergangenen Tagen, Händel und
Bad, Der Heinerle von 2indelbronn, In des
Königs Rod, Aus der Hausapotheke, Beim Am:
pelihein, Die Gräfin, Aus einem Kellnerleben,
Feldblumen, Yon der Kunft im täglichen Leben.
der Realſchule die k. k. Hochſchule für Vo-
denkultur in Wien und erhielt das Diplom
an derſelben, beſuchte einige Vorleſungen
der juridiſchen Fakultät der Wiener Uni—
verſität. Geprüft für landw. Lehranitals
ten. Die eriten Arbeiten waren botanischen
Inhalts. Nebenbei als Spezialität Ber:
öffentlihungen aufdem Gebiete der Höhlen:
funde. Er redigiert die „Mitteilungen der
"Sektion für Höhlenkunde“ feit ihrem Be—
jtchen (1882) und veröffentlichte eine Mo—
nographie Über Höhlen in der Zeitjchrift des
d. u. öſterr. Alpenvereins. Das eigent-
liche Gebiet feiner publiztitischen und wiſſen⸗
‚schaftlichen Thätigkeit ift die Landwirt-
ſchaftswiſſenſchaft, ſpeziell landw. Pflan-
zenbau und landw. Betriebslehre. Er
‚unternahm landw. Studienreiſen durch
Mittel⸗ und Weſteuropa zu wiederholten
Malen und eine ſolche durch die Verei—
nigten Staaten und Kanada. Er ver:
öffentlichte zahlreiche einfchlägige Arbeiten
und Auffäge in landw. Fachzeitichriften
Dfterreihs, Deutfchlands, der Schweiz und
Nordamerifa’s.
Fuchs, Georg Friedrich, geb. am 3.
April 1840 zu Flomborn in Rheinheſſen,
studierte in Gießen und Erlangen Theo:
(ogie; feit 1862 Pfarrvifar, jeit 1867
Pfarrer in Beerfelden im heſſiſchen Od.
Seit 1864 jchriftitelleriih thätig als
Journaliſt, Deitarbeiter von Kirchenzeituns
‚gen in Deutichland und Norwegen, als
Kritiker.
Bei. Schriften: Der Alfohulismus 2c. (1883),
| Luthers Lehre von Ehe, Familie ıc. (1554), Grab
Beuhwirth, Karl, geb.am 31.Auguft Ser also
1862 zu Wien, befuchte nach Abjolvierung WIRT.
- we
Fuchs: Nordhoff. Fuld.
oder Urne, oder: Wie follen und wollen wir un:
der Mathematif und Geodäfie an der tech—
fere Toten beitatten? (1586).
niſchen Hochſchule Dresden ernannt; aud)
uchs-Nordhoff, Ric, Frhr. v., übernahm er dajelbft im Jahre 1881 die
PR ee hoft, Rih, Ih Verwaltung der Bibliothef. Außer dem
5 ‚oben genannten Werke veröffentlichte er
Füllborn Carl George (G. F. Born), Abhandlungen mathematiſchen, geodäti-
FE
‚ = | altes. urch die Leßtgenannten wirkte
glüdsfälle die Verhältnifie in feinem Var er darauf hin, die A und Pa⸗
terhauſe ee Plan tentſchriftenſammlungen der technifchen
——
, und dadurch ihren Wert für die Geſamt—
Kaufmannsitande ſich frühzeitig eine Exi⸗ heit des Volkes wefentlich zu erhöhen.
ftenz zu gründen. Doch er fand hier feine |
Befriedigung und wandte fi) daher in] Fuld, Ludwig, in Mainz geb. am 23.
Berlin, wo er in regen Verkehr mit be: Dezember 1859, Rechtsanwalt in feiner
deutenderen Scriftftelleen trat, wieder Vaterſtadt, ift Verfafler der bedeutenden
feiner urſprünglichen Neigung zu, haupt: kriminaliſtiſchen u. ſozialpolitiſchen Schrif⸗
ſächlich der Literatur ſich widmend. Er ten: Einfluß der Lebensmittelpreiſe auf die Be—
ſchrieb zuerſt Novellen und kleinere Auf— ** - ————
5 un er oralſtatutit, a ud ijche recher⸗
—* Ne rar De alle We tum, * rückfällige — Zur ——
tichen Str ng, t
Fa erſcheinen, von denen hervorzuheben Unfalnremngscgson 6.2 1680, Real
nd: ®i Brüd t, Jlabella, Ma; | mus im Strafredt und Kommentor zu dem Un:
rietta, ee re a bet faltgejege vom 11. Juli 1887, Sozialreform im
kant, Zeonore, Die wilde Rofe von Ellernbruch ıc. | Deutihen Reid. Außerdem ſchrieb er zahl:
Ferner gab er 1885 das epiſche Gedicht | reiche kleinere Studien für Zeitſchriften und
Königin Schönhild Heraus, dejien Widmung | ift Mitarbeiter an verichiedenen juriſtiſchen
die Königin Carola von Sachſen annahm.
3. iſt Mitarbeiter vieler Zeitichriften und
lebt jetzt ausichließlich feiner ſchriftſtelle—
riihen Thätigfeit auf feinem idyllischen
Villengrundjtüd zu Trachau bei Dresden.
FSuhrmann, Georg Arwed, wurde ge:
boren zu Dresden am 6. Dezember 1840.
Er jtudierte an der techniſchen Hochſchule
feiner Vaterſtadt und an der Univerfität
Leipzig Mathematik, Geodäfte und Natur:
wiſſenſchaften. Nachdem er als Geodät
praktiſch gearbeitet hatte, wirkte er als
Alfistent und als Privatdozent am Poly:
technikum Dresden, erwarb ſich (1866)
den Titel eines Doftors der Philojophie
und veröffentlichte das Werk Aufgaben aus
der analytiichen Mechanik, welches 1879 und
1882 in zweiter Auflage erjchien. Im
Jahre 1869 wurde er zum außerordent-
lichen, 1875 zum ordentlichen Profeſſor
Beitichriften.
Fulda, Karl Heinrid) Sigismund, geb.
am 21. Oktober 1820 in Kaſſel, Sohn des
Ober-Finanzrats gleichen Namens, erhielt
die Grundlagen feiner wiſſenſchaftlichen
Ausbildung auf den Gymnaften in Hanau,
Kafjel u. Hildesheim (Andreanum). Kaum
16 Jahre alt, ging er zur Univerfität über,
jtudierte in Bonn, Göttingen und Mar—⸗
burg die Rechtswiſſenſchaft undhörte außer:
ı dem hiftorifche, literarische und foziale The=
mata behandelnde VBorlefungen, nament-
(ich bei Ernft Morik Arndt, A. W. v. Schle⸗
gel, Welfer und Naecke (dem Philologen),
Kalter, Hüllmann, Löbell, Dahlmann,
Richter (dem Kirchenhiftorifer), Puchta,
ı Daurenbreder, Mühlenbrud, Gervinus
u.a. Auch verkehrte er in Kafjel vielfad)
im Haufe der damals dort mwohnenden
Gebrüder Grimm. Nach Abfolvierung ſei—
Fulda.
ner juriftijchen Eramina hat $., da ihm
die Erfüllung feines Lieblingsmunfches,
eine akademiſche Laufbahn einzufchlagen,
durch jeine damaligen bejchränften Ber:
bältniffe unmöglich) gemacht war, die praf-
tifche juriftiiche Karriere im Staatsdienfte
gewählt und nad) einander als Staats:
anmwalt und Staatsprofurator, dann als
Einzelrihter, Mitglied von Richterfollegien
und Unterfuhungsrichter gemwirft und
zweds feiner Studien und Forfchungen
auf dem Gebiete des Gefängnisweſens fort:
geſetzte größere Reifen nad) Frankreich (be:
jonders Paris), Holland, Belgien, die
Schweiz und überall in Deutichland un:
ternommen, die größeren Strafanjtalten
befucht und ihre Einrichtungen ftudiert.
Er hat die Ergebniffe feiner Feftftellungen
in einer großen Anzahl von ihm ver:
faßter Gefängnisichriften veröffentlicht
und iſt Mitglied verjchiedener großer
Gefängnis-Vereine geworden. Nach voll:
endeter 40jähriger Staatsdienftzeit hat er
feine Entlaffung aus feinen öffentlichen Am—
tern nachgejucht und unter Verleihung des
roten Adlerordens bewilligt erhalten, und
benugt er jeine Muße zu meiterer aus—
gebehnter jchriftftelleriicher Wirkſamkeit
auf den Gebieten der Behandlung einer
Reihe von Aufgaben rechtswiljenichaft:
licher, literarifher und ſozialpolitiſcher
Fragen, wie er das feit feinem 19. Le—
bensjahre gethan, wo feine damalige finan-
zielle Lage ihn nötigte, durch feinen Ver:
dienft aus fchriftftellerifchen Arbeiten ſich
früh ſchon auf eigne Füße zu ftellen.
Hauptwerfe: William Shafefpeare, eine Studie
(2, Aufl.); Leben Charlottes von Schiller, Fe
0. Sengefeld; Adalbert v. Chamiſſo und feine Zeit,
hrift und Biographie zur Säkularfeier des |
i (27. Januar 1881); Die dramatifche |
Kunft auf der deutihen Bühne; Heſſiſche Zeiten
und heſſiſche Berlönlichkeiten von 1751—1831
(50 Jahre); Die Reform des Gefängnisweſens in
Deutfchland; Die Gefängniöverbeflerung und der
Strafvollzug für das deutihe Reich; Die Ge
ſchworenengerichte nad) Analogie der Schöffen:
gerichte; Uber den Gerichtseid und feine Reſtau—
ration; Das Verbredertum; Die Kaiferliche Bot:
ihaft und die Sozialdemofratie; Friedrich Fröbel
und die Kindergärten; Feitfhrift zur Säfular: |
175
Fulda.
feier der Geburt Ludwig Uhlands (27. April 1887).
Außerdem eine große Anzahl von Beiträgen in
Zeitſchriften.
Fulda, Ludwig, wurde am 15. Juli
1862 in Frankfurt a. M. geboren, abfol-
vierte das Gymnafium dafelbjt und wid—
mete fich zu Heidelberg, Leipzig und Ber:
lin dem Studium der Philofophie und
deutichen Sprache, nad) deilen Vollendung
er in feine Baterftadt zurüdging und 1884
nad München überfiedelte.
Hauptwerke: Die Aufrichtigen (Luftip. 1883),
Satura (ed. 1884), Das Recht der Frau (Luſtſp.
1884), Unter vier Augen (LZuftip. 1856), Neue
Augend (Novelle in Verfen 1887), Ein Meteor
(Zuftip. 1887).
G.
Gaedertz, Karl Theodor, Sohn des
Folg., geboren zu Lübeck, den 8. Januar
1855, ſtudierte Philologie in Leipzig und
Berlin, beſonderen Nachdruck auf Germa—
niſtik legend. Früh ſchon mit den Dich—
tungen Fritz Reuters, der gerade in Lübeck
viele Verehrer zählte, bekannt gemacht
und lebhaft für die plattdeutſche Sprache
intereffiert, beſeelte ihn der Wunſch, ein—
mal nach Kraft und Gaben ſeinem Vor—
bilde nachzueifern, ferner aber auch ſprach—
forſchlich den plattdeutſchen Dialekt zu kul—
tivieren. Erſteres gelang ihm inſofern,
als ſeine Dichtungen: Julklapp, Leeder un
Läuſchen und ſeine plattdeutſche „Komödie“
außerordentlich freundlich aufgenommen
wurden. In zweiter Beziehung lieferte
G. viel wertvolles Material, beſonders in
ſeiner Geſchichte des Niederdeutſchen
Schauſpiels, für welche der Senat Ham—
burgs ihm ein Ehrengeſchenk erteilte.
Außerdem hervorzuheben: Gabriel Rollen:
bagen (1881), Fritz ReutersReliquien (1855),
Emanuel Geibel:Biographie (1886); ferner lies
ferte ©. vorzügliche Überfegungen von Corneilles
Horatius, Racines Ejther ꝛc. G. lebt als Aſſi—
ftent an der föniglihen Bibliothek in Ber:
lin, befindet fich jedoch meiſt auf liter. For:
ſchungsreiſen im Auftrage der Regierung.
Gaedertz.
Gaedertz, Theodor, wurde am 6. De:
cember 1815 in Lübed geboren und wid:
mete jih nad Abjolvierung des dortigen
Gymnaſiums vom Jahre 1835 an dem
Studium der Rechte in Bonn, Göttingen,
wo er 1839 zum Doftor beider Nechte pro:
mopierte, und zulegt in Berlin. Daneben
beihäftigte er ſich eifrig mit Kunſtge—
Ihichte, auf welchem Felde er auch im
jpäteren Leben anerfanntermaßen Vor:
zügliches leitete. Nach Rückkehr in jeine
Heimatjtadt Lübeck ließ ©. ſich 1840 da—
jelbjt als Advofat und Notar nieder, wurde
1847 Brofurator am Obergerichte, 1851
Verwaltungsbeamter des neugebildeten
Zandamtes und 1871 erjter Oberbeamter
des vereinigten Stadt- und Zandamtes, jo:
wie der Obervormundihaftsbehörde im lü—
beckiſchen Freijtaate. Er war langjähriger
Schriftführer, dann Direktor des Lübeder
Kunjtvereins. Er zählte zu den entichie:
denſten Verfechtern der jegt nicht mehr
bezweifelten Echtheit der Darmitädter
Madonna, wogegen das Dresdener Bild
eine ſpätere nicht von Holbeins Hand
herrührende Kopie. Hieraus erwuchien
feine Schriften: Hans Holbein der Jüngere
und feine Madonna des Vürgermeifters Mayer
(1872), ſowie Rubens und die Rubensfeier
in Antwerpen (1878). Ferner gelang es
ihm in feinem Hans Memling und deſſen A:
tarfchrein im Dom zu Lübeck (1885) die Ori:
ginalität des trefflihen Gemäldes jenes
Meijters als unzweifelhaft nachzuweiſen.
Außer den genannten Kunftichriften ftammen
aus feiner Feder die Biographie Adrian van
Djtade, fein Leben und feine Kunſt (1869), welche
feinen Schriftitellerruf begründete, Erinnerungen
aus Wisbys Vorzeit (1883), Ratsherr Thomas
Briedenhagen und der von ihm geitiftete Hoch—
altar in der Marienkirche zu Lübeck (1885), Der
vormalige Altarfchrein in der Siehenhausfapelle
in Schwartau (1886).
Gäßler, Augujte von, Tochter des
176
Galen.
gendzeitſchriften. Ihre Jugend gehörte
einem zahlreichen Familienkreiſe, ihr ſpä—
teres Leben nahezu ausſchließlich der Pflege
alter krankender Eltern. Karg genug war ihr
all dieſe Jahre hindurch die Muße zuge—
meſſen, deren ſie bedurfte, um auch ihrer
Lieblingsneigung, der Poeſie, zu leben.
So hat ſie bis jetzt auch ein ſelbſtändi—
ges Buch nicht erſcheinen laſſen.
Galen, Phil. ſ. Ph. Lange.
Gampe, Theodor Heinrich, geb. 3. No—
vember 1845 in Chemnig als der Sohn
eines Kleinbauern, welcher zugleih das
| damalsmehrübliche Haufiergeichäft betrieb,
wobei der Knabe ihn von Dorf zu Dorf be>
| gleiten mußte. Bei dem unftäten Leben war
natürlich an eine regelrechte Schulbildung
nicht zu denken. Erft viel jpäter, da er
ſich jelbit als Kaufmann in feiner Vater:
ſtadt etabliert hatte, gelang es ihm, die
Lücken feines Willens durch ftrenges Stu—
dium und Nahhülfeftunden auszufüllen.
Daneben verfaßte er viele Skizzen, Ges
dichte 2c. für Zeitichriften, beichäftigte ſich
auch eingehend mit nationalöfonomijchen
Studien, deren Nejultate er in ſpäteren
Schriften verwertete. 1878 fiedelte ©.
nad) Dresden über, um fich ausjchließlich
der Schriftitellerei zu widmen.
Hauptwerke : Peter und Alerei (Drama), Lied
und Leben, Kunſt und Arbeit, Kambyſes in
Ägypten (Dram.), Wanderſprüche. Dresden (5.
| Aufl.), Die Albrehtsburg (3. Aufl), Die Stief
brüder (Erzähl.).
Ganghofer, Ludwig Albert, wurde
am 7. Juli 1855 in Kaufbeuren geboren,
empfing feine Schulbildung in Augsburg
und Regensburg und widmete ſich der Dia-
ſchinentechnik. Da ihm diejer Beruf jedoch
abſolut nicht zuſagte, ſchloß er die bereits
begonnene praktiſche Lehrzeit ab und be—
königlich bayr. Landrichters Bernard von zog die Univerſität Berlin, wo er philo—
Gäßler, geboren am 9. Febr. 1834 zu ſophiſchen Studien oblag und vor allen
Burghaufen, lebt in Freifing in Bayern. | Dingen eifrig literaturgeichichtliche Kennt⸗
Sie wirkt vorzugsweile als Jugendſchrift- niſſe fich zu erwerben beitrebt war. Die
ſtellerin in Poeſie und Proſa und iſt lang- großen Erfolge, deren gleich ſeine erſten
jährige Mitarbeiterin vieler beſſeren Juz ſchriftſtelleriſchen Verſuche ſich zu erfreuen
Ganſer.
hatten, ließen den Entſchluß in ihm reifen,
ſich ausſchließlich die Literatur zum Ar—
beitsfelde zu erkieſen. Seit 1881 lebt G.
in Wien als einer der beliebteſten novel—
Liftiichen Mitarbeiter deuticher und öiterr.
Zeitichriften, der ſich bejonders auch als
dramatiicher Schriftitellev bereits einen
Hangvollen Namen erworben hat.
Hauptwerte: Vom Stamme Aſra (Ged.), Der
Anfang vom Ende (Luftip.), Johann Fiſchart
und jeine Verdeutſchung des Nabelais, Der zweite
Schatz (Schauſp.), Der Herrgottöfchniger von Am:
mergau (Schip., 5. Aufl.), Der Vrozeßhanſel
(3. Aufl.), Bergluft (Erzähl.), Der Geigenmacder
(Schip.), Heimat und Fremde (Erz.), Die Sün-
den der Väter (Rom.).
Ganfer, Anton, geboren 1835 zu
Wien, beabfihtigte, fi) dem Studium zu
widmen. Die Revolution 1848 unter:
brach diejelben. Sein Vater, ein ange:
ſehener Kaufmann, verlor hauptſächlich
durch die Folgen der Revolution jein Ver:
mögen. Der Sohn war unter diejen miß-
lihen Berhältniffen gezwungen, an bal-
digften Verdienft zu denken, umfomehr,
als nad) dem baldigen Tode des Vaters
feine Mutter und zwei Halbichweitern
größtenteils auf ihn angewiejen waren. So
wurde er Kaufmann. Daneben war er
eifrigft beitrebt, den Mangel an ſyſtema—
tiſcher höherer Schulbildung durd) eifriges
Studium der Klaffifer und insbejonders
der Philoſophie zu erſetzen. Nach jahre:
langem ernftlichen Streben ſchrieb er jelbft
mehrere philoſophiſche Eſſay's, in denen
er feine Grundanihauungen zum Aus:
drude bradte: Was jollen und fünnen wir
fauben? (1878), Ein philoſophiſches Problem
C1880), Das Ding an fich (1881), Pantheismus
und Entmwidelungstheorie (1882), Materie aus
Nichts (1883), Unſer Willen (1885), Die Ent: |
ftehung der Bewequng (1887), Das Ende der
Bewegung (1888). Außerdem verfaßte ©.
auch Gedichte, die günftig beurteilt wur:
den, die meilten find zu einem Bande
geſammelt: Aus drei Dezennien (1885). G.
iſt ſeit mehr als 20 Jahren mit der
Schweiter von Alerander Liezen-Dayer |
verheiratet und lebt, nachdem er ſich 1871
Das literariihe Deutſchland.
177
Gaſſert.
von den Geſchäften zurückgezogen hat, feit
Jahren in Graz.
| Gaffert, Heinrih, wurde am 22.
April 1857 als der Sohn eines Dorf:
ihullehrers in Sölden geboren. Kaum
zwei Jahre alt, verlor er den Vater und
wuchs nun unter der Anleitung einer zärt=
lihen Mutter im heimischen Dorfe bis
zu feinem elften Jahre heran. Dann
zog die Familie nad) Freiburg, wo der
‚Knabe die Volksfhule und das Gymna—
ſium, alsdann die Univerfität als Stu:
dent der Medizin abjolvierte und 1884
‚fein Staatseramen ablegte. Nachdem er
‚weiter feiner Militärpflicht genügt hatte,
‚ließ er fi in Eigeltingen nieder und er-
‚langte 1885 die medizinische Doktorwürde.
‚Neben der Ausübung feines praftiichen
Berufs widmet er alle feine Muße der
‚Literatur und Kunft und ift jelbit aus—
‚übend in einer Reihe von Zeitfchriften,
ſpeziell als poetiicher Mitarbeiter thätig.
Gawalowsfi, Carl Wilhelm, wurde
am 30. Juni 1861 zu Zubrſchi, bei
Roznau in Mähren, wo fein Vater als
Wirtichaftsverwalter thätig war, geboren.
1864 überfiedelte die Familie nad) dem
deutſch-böhmiſchen Städthen Poderjam,
wo der Vater die Stelle eines gräflich
Salmſchen Wirtichaftsdireftors angenom—
men hatte. Hier genoß ©. ſeine erſte
Schulbildung und eine überaus forgfäl-
tige häusliche Erziehung, doch hatte er das
Unglüd, feine Mutter, eine fein gebildete
‚Frau, bald zu verlieren. 1871 fam der
Knabe auf das Realgymnaſium zu Kaaden.
Nach Ablegung der Reifeprüfung in Brür
‚bezog G. 1879 die Univerfität Prag und
widmete fi) dem Studium der Ger—
manijtif und der Gejchichte, doch hörte
er auch Vorlefungen über Philojophie,
klaſſiſche Philologie und Geographie. 1830
ging er nad) Leipzig, wo er die begonnenen
Studien fortiegte und noch Sansfrit
und vergleihende Sprachſtudien betrieb;
1882 beichloß er jeine Studien in Graz.
12
Gayette-Georgens. — 118 — Gebauer.
Hier war er bereits nad Beendigung | längeren Briefwechſel über Pädagogik, mit
derfelben ſoweit heimild geworden, daß | der beide ſich lebhaft beichäftigten. 1856
er eine ſich ihm 1883 darbietenbe Ge: | trat Jeanne Marie als Mitvorfieherin an
legenheit ergriff und als Volontär bei | dieSpigeder in Oſterreich von Georgens ge⸗
der fteiermärfifchen Landeebibliothef am | gründeten Erziehungsanjtalt für Geiftes-
Koanneum eintrat. 1885 wurde er zum ſchwache und wirlte daſelbſt ſehr ſegensreich,
— an ... 3 — F ... on e m u.
nannt und 1886 als Amanuenfis definitiv | errichtete. 1886 löfte der Tod das lange
angefiellt. Won feinen fehr beifällig beur: | glüdliche Band, welches die beiden Gatten
teilten Merfen heben wir hervor: umſchloß, und Jeanne Marie überficdelte
i —— —— Sen, Diäten en wo fie nun ausichließlich
o orenz (Ep. 1885), Steiermärkiſches Dichters | ; } n : .
buch (Anth. 1887); auch giebt ©. den fehr be: a m we * geführten literariſchen
liebten beutfch:nationalen Kalender (feit 1886) Beſtrebungen lebt, in neuerer Zeit vor⸗
heraus. ‚nehmlid mit der von ihr 1886 begrüns
deten Zeitichrift „Im Haufe“ beichäftigt.
Gayette-Georgens, Jeanne Dia: | — eg = Kritif — beſte ge
. \ in wurdigten erken heben wir außer den genannten
vie v., wurde am en ur 17 * hervor : Gedichte, Der Geiſt des Schönen (prak—
Colberg geboren, verlebte ihre Kindheit in | ziehe Sfthetit für Frauen), Vom Baume der freien
PBillau bei ihren Großeltern und fam erft | Erkenntnis, Marimus Caſus, Die Frauen im
ipäter wieder zu ihren Eltern nad) Bres- | Beruf — —— —— area —
io, mione, Unſere junge Mädchenwelt, Claudia, Ge
lau, wo ber Vater ze — ee dichte, Vornehm und edel, Abhängig und frei,
forps und Feſtungsinſpe teur er Provinz | Gpith, Lehr: und MWanderjahre (in zweiter Auf⸗
Schleſien war. Echon früh zeigte fie den | Lage unter dem Titel: Sic) ſelbſt erobert), Die
Hang und Drang zum Dichten und Fa— a ——— *— en ——
: . Nor: as Spiel der jugend, Spielbuh für Mädchen,
—— — — r Das Kind des Meeres, Künſtlers Lieben.
Eltern, verfaßte das junge, mit reichrr Gebauer, Ottomar (O. G. Bauer),
Phantafie begabte Mädchen mandes Ger | geboren 5. Auguft 1827 in Saarlouis,
dicht und mande fleine Erzählung, die! widmete fih dem Offiziersftande, nahm
fich fpäter zu größeren Dichtungen, No: | 1872 als Major feinen Abfchied und lebt
vellen, Romanen und Bühnenftüden ent: | nunmehr in Karlsruhe. Schrieb: Freud’
widelten. 1844 trat fie zuerjt mit dem | und Leid (2. Aufl. 1880).
Roman „Elifenhof” unter dem Pſeudo— ;
npm Jeanne Marie an die Öffentlichkeit, , Gebhardt, 9. Ernft, geb. am 12. Juli
und der freundliche Beifall, welcher die: | 1832 in Ludwigsburg, widmete ſich urs
ſes — — ae ae ſprünglich dem Apotheferberuf, den er je:
Folgen in Buchform und auch in vielen doch bald zu Gunften der Landwirticaft
Sournalen, in denen die junge Dichterin aufgab. Als Landwirt lebte er mehrere
ich bald heimiſch machte. Mit Herm. , Sabre in Amerika. Neben der Ausübung
Kletke gab fie das „Frauenalbum“, eine diefer Tebensthätigfeit betrieb G. eifrig
Galerie berühmter Frauen heraus. Außer theologiſche Studien, benen er ſich ſchließz
mit dieſem trat ſie auch mit vielen an— lich ganz hingab, auch der Landwirtſchaft
deren befannten Dichtern in Verbindung, daletſagend. 1855 nad) Europa zurücge:
fo befonders mit Guftav zu Putlit, der fehrt, vollendete er feine Studien in Bre⸗
ihr mit Rat und That zur Seite ftand men und wirfte von da an als Reiſepre—
und ihr manden dankbar angenommenen diger, nunmehr in Biel wohnhaft.
. a = ’ Hauptſchriften: Frohe Botſchaft in Liedern
Dienſt erwies. Damals lernte fie auch (2 Aufl. 1883), Der Jubiläumsfänger (6. Aufl.
ihren fpäteren Gatten fennen durch einen | 1886).
Gedeon v. d. Heide.
Gedeon von der Heide, |. 3.
3. Berger.
Geffcken, Fr. Heinrih, wurde am 9.
Dezember 1830 in Hamburg als der
Sohn einer dortigen alten Patrizierfa—
milie geboren. Nach Abjolvierung des
Sohanneums bezog er die Univerfität Bonn,
danach die zu Göttingen und Berlin als
Student der Rechtswiſſenſchaft. In Göt—
fingen promovierte er zum Dr. jur. und
wandte ſich alsdann der diplomatischen
Laufbahn zu, wurde Legationsfefretär in
Baris, darauf Geſandter der Hanſeſtädte in
Berlin bis 1866 und in London, wo er zwei
Sabre verblieb, um dann in jeine Vater:
ftadbt als Syndifus zurüdzufehren. 1872
erhielt er einen Ruf als Profeſſor der
Rechts: und Staatswiſſenſchaften an die
Univerfität Straßburg, nahm jedoch nad)
zehnjähriger akademiſcher Lehrthätigfeit
eines Nervenleidens halber jeinen Ab—
ihied und kehrte wiederum in feine Vater:
ſtadt zurüd.
Unter ©.’3 ausgezeichneten Werfen heben wir
or: Die Reform der preuf. Verfafiung (1870),
1851er Staatöftreih und feine Wirkung auf
Europa (1870), Die Berfaflung des deutichen
Bundesftaats (1870), Staat und Kirche (1875),
Der Sozialiömus (1876). Zur Geſchichte des
orientaliihen Krieges (1854—80), Die völfer:
rechtliche Stellung des Bapftes (2. Aufl. 1886).
deutiche und franzöfiihe Ausgaben von
Schiene Völkerrecht (1881— 1888), Politifche Fe:
Derzeichnungen (1888).
Geiger, Ludwig, wurde am 5. Juni
1848 als ein Sohn des ausgezeichneten
Drientaliften Abraham ©. (7 1874) in
geboren. Sein grundgelehrter
Bater weihte den Knaben früh jchon in
die Wiſſenſchaft ein, und defien eigene her⸗
vorragende literariihe Wirkſamkeit ver-
fehlte nicht, Ludwig ©. die einzufchlagende
Richtung zu zeigen. So bezog er nad)
Vollendung feiner Gymnaſialſtudien die
Univerfität Heidelberg und lag hier, dar:
auf in Göttingen und Bonn dem Studium
der Literatur: und Kulturgefhichte ob.
Nachdem er in Göttingen doftoriert hatte,
habilitierte er ſich 1873 in Berlin, von
179
|
‚erhielt. G.s hervorragende literarische Leis
Sende.
welcher Univerfität er 1880 eine Profeſſur
tungen auf dem Gebiete der Kultur und
Literaturgefchichte find nicht weniger ans
erfannt wie die feines Vaters. Won jeis
nen verdienten Werfen heben wir hervor:
Joh. Reuchlin, fein Leben u. feine Werke (1871),
Geſchichte der Juden in Berlin (1871), Petrarka
(1874), Deutiche Satirifer des 16. Jahrhunderts
(1878), Renaiflance und Humanismus in Italien
und Deutichland (1882); außerdem giebt G. das
Goethe-Jahrbuch (feit 1880) und die Zeitichrift
für Kultur und Literatur der Renaiflance (feit 1887
mit der Zeitihrift Mar Koch's verſchmolzen)
heraus.
Genee, Rudolf, geb. am 12. Dezember
1824 als ein Sohn des Dramatifers Friedr.
G. zu Berlin, beabſichtigte, ſich ſeines
ſchon frühzeitig ſich zeigenden ungemeinen
Zeichentalentes wegen der Holzſchneidekunſt
zu widmen, beſuchte auch nach Abſolvie—
rung des Gymnaſiums die königl. Kunfts
afademie. Daneben verwendete er allefeine
Muße auf das Studium der ihn begeiftern:
den Dramen Shafefpeare’s und verfuchte
fih auf Anraten feiner Freunde als Vor:
leſer mit großem Erfolg. Da er nun ins
zwiſchen auch felbit zur Feder gegriffen und
au auf der Bühne bald durchſchlagende
Erfolge aufzuweiſen hatte, jo gab er alle
früheren Pläne auf und befchloß, ſich aug-
ſchließlich der Schriftitellerei hinzugeben,
daneben jedoch jeine Shakeſpeare-Vorle—
jungen weiter zu fultivieren. Reiche Er:
folge lohnten G.'s Streben auf beiden Ges
bieten. In erfterer Beziehung hat er ſich
nicht allein für feine eigenen dramatischen
' Schöpfungen alle „weltbedeutenden“ Bret⸗
ter erobert, jondern fih auch um die Ges
Ihichte des deutichen Schaufpiels durch
feine Lehr: und Wanderjahre des deutſchen Schaus
ſpiels (1882), durch feine Geſchichte der Shake⸗
fpeare-Dramen in Deutjchland (1870) und durch
feine Hundert Jahre des königl. Schaufpiels in
Berlin (1886) hochverdient gemacht. Außer:
dem heben wir von ©.’s alljeitig glänzend
beurteilten Werfen hervor:
Kreuz und Schwert (1851), Luftipiele (1853),
‚Der neue Timon (1861), Shakeſpeare's Leben
u. Werfe (1871), Poetiſche Abende (1874), Die
12*
Genſichen.
deutſche Theaterfrage (1877), Geſammelte Komö—
dien (1879), Klaſſiſche Frauenbilder (1884), Die
Marienburg (1884), Die Hlausnerin (1884), Gaft:
reht (1884).
Genjichen, Otto Franz, wurde am
4. Februar 1847 in Driefen als der Sohn
des dortigen Pfarrers (7 1885) geboren,
widmete ſich nad) Abjolvierung des Gym:
nafiums dem Studium der Mathematik
und Eaffiichen Philologie zu dem Zweck,
eine akademische Laufbahn einzufchlagen.
Schnelle Erfolge, welche ihm für feine lites
rariſchen Arbeiten (Eſſays, Kritiken, poes
tiſche Schöpfungen) zuteil wurden, endlich)
feine Berufung als Dramaturg an das
Wallner-Theater (1874) gaben ihm Ber:
anlafjung, jeine anderweitigen Abſichten
aufzugeben und ſich der Schriftitellerei zu
widmen. Nachdem jeine Stüde die Nunde
auf den deutihen Bühnen gemacht, bejon-
ders auch eine hervorragende Stelle auf
dem Repertoir der fönigl. Schaufpiele in
Berlin gefunden hatten, madte ©. fi)
1878 von den Verpflichtungen als Dramas
turg frei, um binfort als unabhängiger
Literat in Berlin zu leben. G. ragt be:
fonders durch die jeltene Formvollendung
feiner poetiichen Erzeugniſſe hervor, er gilt
allgemein als einer unjerer talentvolliten
Dichter, von dem noch viel zu erwarten
fein dürfte,
Hauptwerfe: Spielmannsweilen, Gajus Gra:
chus, Jeſus von Nazareth, Judas Jichariot, Dan:
ton, Vork, Minnewerben, Der Bligableiter, Ajas,
Erlofchene Geſchlechter, Aus jonnigen Fluren, |
Euphrofyne, Phryne, Wiedergefunden, Die Mär:
hentante, Felicia, Frau Aipafia, Lydia, Frauen»
lob, Der Mönd von St. Bernbard, Frauenichön:
heit, Nobespierre, Tamina, Immortellen, Stu:
dienblätter, Bier Erzählungen.
Genth, Adolph, wurde im Jahre 1813
zu Biebrich geboren als ältejter Sohn des
dortigen Predigers am herzogl. naſſauiſchen
Hofe, Ph. Chr. G. Den erjten Unterricht
erhielt der Knabe von jeinem Vater, einem
wiſſenſchaftlich hochgebildeten Manne. 1828
beſuchte er das humaniſtiſche Gymnaſium
zu Weilburg, 1832—36 die Univerſitäten
zu Marburg, Heidelberg und Würzburg.
An legterem Orte machte er fein Doktor:
180
engen.
eramen, und 1837 beitand er feine Staats»
prüfung zu Wiesbaden, nad) welcher ihm
fein Wirkungsfreis als Medizinalacceffift
zu Bad Langen » Schwalbad angemwielen
wurde. Dieje Stellung bekleidete er bis
1858, in weldem Jahre er aus dem naj-
jauifhen Staatsdienite austrat und als
praftiiher Arzt zu Schwalbad) verblieb.
| 1843 verheiratete er fih mit Sujanna
Bonnet aus Franffurt a. M., 1866
ernannte ihn der Herzog Adolf von Naſſau
zum Hofrat, und 1869 verlieh ihm der
König von Preußen ven Charakter als
| Geh. Sanitätsrat. Außerdem erhielt ©.
in Anerfennung feiner ausgezeichneten mes
diziniſchen Zeiftungen eine Reihe von Or⸗
den. ©. lebt jegt, nachdem er feine ärzt⸗
lihe Praris aufgegeben hat, in Wies-
baden.
Hauptwerfe: Der Kurort Schwalbad, Die Anã⸗
‚mie in ihrer Beziehung zu den Minerafquellen
Schwalbach's, Rulturgefihichte der Stadt Schwals»
* — des Kurortes Schwalbach (3
Aufl..
Genutzen, Pauline, wurde am 26.
1842 auf dem Gute Mildſtedthof bei
ſum geboren. Auf ſtiller, meerumrauſch⸗
‚ter Heide erwuchs das träumeriſche Kind.
In der Stille fang fie ihre Lieder, die fie
der Natur abgelauſcht, und hattedie Freude,
fie im Bolfskreife ihrer Heimat von Mund
zu Mund Elingen zu hören. Ihr Streben
geht dahin, das fchleswig-holfteinifche Volk,
‚mit jeiner verhaltenen Zeidenichaft, ſei⸗
nem ftarrfinnig eigenen Schwe
Ausharren und feiner Begei
‚Recht und Wahrheit, im Liede zu
Bis jegt trat G. nur als Mi
‚an Zeitichriften hervor.
Georg, Prinz von Preußen (G. Con:
rad), wurde am 12. Februar 1826 als
ein Sohn des hochjeligen Prinzen Friedrich
von Preußen in Berlin geboren. Er wurde
in Düfjeldorf auf das jorgfältigfte erzo—
gen, wobei bejonderer Nahdruf auf die
Ausbildung der vielen jhönen Talente des
jungen Brinzen gelegt wurde. Leider ftellte
fih ein Halsleiden der Pflege feiner her-
Georges.
vorragenden gejanglichen Begabung in den
Meg, welches ihn Niemals ganz verlieh
und einen häufigen Aufenthalt in heilfräf-
tigen Bädern bedingte. Den Traditionen
des Hohenzollernhaufes gemäß, trat Prinz
Georg in die Armee, in der er jeßt den
Rang eines Generals einnimmt. Unter
feinen, von hoher dichterifher Begabung
zeugenden Werfen (Dramen) heben wir
hervor:
Phädra, Elektra, Der Aleranderzug, Don Syl:
vio, PVolante, Lurlei, Kleopatra, Chrijtine von
Schweden, Umionft, Der Talisman, Arion, Wo
liegt das Glück?, Medea, Adonia, Ferrara, Ka:
tharina von Medici, Konradin.
Georges, Karl Ernit, wurde am 26.
Dezember 1806 in Gotha geboren. Er
bejuchte von 1817— 1825 das Gymna—
fium zu Gotha und von 1825— 1826
das zu Nordhaufen, dem damals der Leri-
fograph Kraft als Direktor vorjtand.
NRaturgemäß übte diejer bedeutenden Ein-
fluß auf die fpätere geiftige Richtung und
Entwidelung®.’saus. Er widmete ſich dem
Zehrerberufe und wurde nach Abjolvierung
derliniverfitäten Göttingen und Leipzig als
Hilfslehrer am Gymnaſium zu Gotha und
1846 daſelbſt als Oberlehrer angejtellt,
wo er bis zu feiner Benfionierung (1856)
thätig war. In Anerkennung jeiner aus:
gezeichneten Leijtungen auf dem Gebiete
der lateinischen Lerifographie wurde ihm
1863 das Prädifat Profeſſor verliehen.
An jeinem 5Ojährigen Jubiläum als Lexi—
fograph (1878) erhielt er von feinem
Herzog das Verdienjtfreuz für Kunjt und
Wiſſenſchaft und an jeinem 50jährigen
Doltorjubiläum das Ritterkreuz des Her:
zogl. ſachſen-erneſtiniſchen Hausordens I.
Klaſſe. Auch wurde er von der f. un
— philologiſchen Geſellſchaft zu Bu⸗
peſt zum Ehrenmitgliede ernannt.
Hauptwerke: Deutich-lateinifches Handwörter—
buch (1830, 7. Aufl. 1882), Etymologiſches Wör—
terbuch (1840), Lateiniſch-deutſches Handmwörter:
buch (1848, 14. Aufl. 1879), Meines Lateinisch:
deutihes Handwörterbud; (1864, 5. Aufl. 1885),
Meined? Deutfh » lateiniſches Handwörterbuch
(1865, 4. Aufl. 1882), Memoria Wuestemanni
(1857), Gnomologia (1863).
181
Gerbel-Embad.
| Gerbel:Embach, Carl Nicolaus v.,
geboren am 9./21. Mai 1837.
| Im Innern Ruklands fam ich auf die Welt,
Doch bin von deutichen Eltern ich entiprofien —
| Aus Livland ftammten fie. Mein Bater war
' Bon altem Adel, doch nicht reih an Gütern. —
| In Riga wuchs ich auf, und diefe Stadt
Verehr' ich gern als meine erfte Heimat.
Den Wiſſenſchaften war ich ftetö ergeben,
In Dorpat habe Jura ich ftudiert,
Doch auch Geſchichte, Poeſie, Äſthetik,
Literatur, ſowie Philoſophie
Mit regem Eifer immerdar getrieben.
In Tübingen einft promovierte ich
Als Doktor der Philojophie. — In Dreöden
| Dann fand ich Später eine neue Heimat,
Wo ich in diefem Augenblick noch lebe,
| Bon Liebe fang ich, fang auch fromme Lieder,
| Schrieb And’res noch in Poeſie und Profa,
‚Und hoff’ auch Manches noch zu produzieren.
Unzählige Artikel über Rußland
Auch babe ih in Zeitungen geichrieben,
Die Panflawiften und die Nihiliften
Mit meiner Feder flott befämpft. — Es nahm
Die Politik mir viele ſchöne Jahre,
Doch blieb geſund ich, lebensfrob und friſch.
I}
Gerber, Guſtav. Ach bin am 13.
Januar 1820 in Berlin geboren. Mein
Vater war Oberlehrer an der fönigl. Real—
ſchule daſelbſt. Ich beſuchte das königl.
Friedr. Wilhelms-Gymnaſium in Berlin
bis 1838, ſtudierte Philologie und Philo⸗
ſophie an der Univerſität daſelbſt, beſtand
das Examen pro fac. doc. 1842, promo—
vierte Oſtern 1846. Als Cand. prob.
1843—44 am fönigl. Friedr. Wilhelms:
Symnafium in Berlin, als Lehrer an der
fönigl. Realichule bis 1545, alsdann an dem
genannten Gymnafium bis Djtern 1851.
Oſtern 1851 folgte ich einem Rufe, die
Organifation und Leitung der Realichule
in Bromberg zu übernehmen. Bis Ojtern
1886 war ich Direktor des Realgymna—
fiums in Bromberg, trat dann wegen ans
dauernder Kränfklichkeit in den Ruheſtand
und überfiedelte nach Charlottenburg. (R.
Adler-Ord. 3. Kl. m. Schl.) Am 12. Mai
1876 hat mir die Stadt Bromberg das
Diplom als Ehrenbürger verliehen. In
der 13. Zegislatur: Periode des preußiichen
| Landtags war ic) deifen Mitglied und ge—
|
Gerber.
hörte der nat.elib. Fraktion an. Von
Gründung der Berliner Nationalzeitung
bis zum Tode meines Freundes Dr. Zabel,
des Chefredafteurs derjelben, war ich Mit:
arbeiter dieſes Blattes, befonders für die
Unterrichts-Angelegenheiten. Außer flei-
neren Abhandlungen, Nezenfionen u. |. w.
ſchrieb ich: Die Sprache als Kunft (187174,
2. Aufl. 1885), Die Sprache und das Erkennen
(1851. Im Laufe des nächſten Jahres
denfe ich zu veröffentlichen: Vom MWefen |
bes Id.
Gerber, Karl Friedrich Wild. von,
geboren am 11. April 1823 zu Eheleben
als Sohn des Rektors der dortigen Stift:
ſchule, jtudierte die Rechte zu Leipzig und
Heidelberg, promovierte und habilitierte
ſich 1844 in Jena als Privatdozent, wurde
1546 außerord. Profeſſor dafelbit, 1847
als ord. Profeffor nach Erlangen, 1851
als Kanzler der Univerfität nach Tübingen,
1562 nad) „Jena berufen, wo er gleichzeitig
als Oberappellationsgerichtsrath angejtellt
wurde. In den Jahren 1857 —1861
war er zugleih Mitglied der deutjchen
Handelsgelepfommilfion, 1867 des erften
deutichen Neichstags, und 1871 Bräfident |
der erjten Sächſiſchen Landesſynode. Im
Jahre 1863 bot ihm die Univerſität Leipzig
eine Profeſſur an, die er bis zu ſeiner
Berufung als Miniſter des Kultus und
öffentlichen Unterrichts bekleidete (1871).
In dieſer hohen und einflußreichen Stel: |
lung fand ©. reichlich Gelegenheit zur Ver:
wertung feines ausgezeichneten Willens
und feiner gefammelten reihen Erfah:
rungen. Sachſen ſchuldet ihm den höchſten
Dank, wie aud) jein König vielfach durch
die ©. erwieſenen Ehren anerkannt hat.
Nicht weniger verdankt ihm die Willen:
haft. Unter feinen Schriften heben wir
bejonders das als eine der bedeutendften
juriftiichen Arbeiten diefer Art überhaupt
geltende Werf Spitem des deutfchen Brivat: |
rechts (15. Aufl. 1886) hervor, daneben:
Geſammelte juriitiihe Abhandlungen (1872),
Grundzüge eines Syſtems des deutihen Staats:
rechts (3. Aufl. 1880),
182
Gerhardt.
Gerhardt, Carl Adolf Ehriftian Ja—
fob, geboren in Speier, 5. Mai 1833,
beſuchte das Gymnafium in Speier, tu:
dierte 1850 —1856 in Würzburg, wurde
1860 Privatdozent in Würzburg, 1861
Profeſſor in Jena, 1872 in Würzburg,
1885 in Berlin. Unter feinen verdien:
ten Schriften heben wir hervor: Der Kehl:
fopfäcroup (1859), Der Stand des Diaphrag—
ma’s (1860), Lehrbuch der Kinderfrankheit (4.
Aufl. 1881), Lehrbuch der Auskultation und Per:
kuſſion (4. Aufl. 1883); außerdem giebt er
‚heraus: Handbuch der Kinderkrankheit.
Gerhardt, Dagobert von (Gerh. v.
Amyntor), iſt am 12. Juli 1831 zu Lieg—
nig als ältefter Sohn des Generals v. ©.
geboren und widmete ſich nach bejtande:
Item Abiturienteneramen erjt den Forſt⸗
wiſſenſchaften. Die unrubigen Zeiten von
'1848 veranlaßten ihn jedoch, umzujatteln
und 1849 Militär zu werden. 1864 focht
er als Hauptmann gegen die Dänen, war
ſpäter eine Zeitlang im Generalitabe und
nahm 1870 als Dlajor am deutjch-fran:
zöſiſchen Feldzuge teil. Infolge dauern:
der, durch eine jchwere Verwundung ers
zeugter Nervenihmerzen ſah er fich zur
Aufgabe einer vielverfprechenden militä-
riſchen Zaufbahn veranlaft, für die er in
der Aufnahme früherer Studien und der
Pflege der literarifhen Produftion jet
in feinem Potsdamer Tuskulum reichen
Erſatz findet.
Die literariihe Phnfiognomie Gerhard von
Amyntors ift die eines unerfhrodenen tapferen
Kämpfers gegen die verderblihen Mächte des
Slaubensindifferentismuß und der Vaterlands—
lofigfeit, die in der literariſchen Modemelt das
— Wort führen. Amyntor, der überall das
Recht des Gemütes und der Invidualität zu
wahren ſucht, ſteht immer über den Parteien und,
philoſophiſch geſchult, prüft und wägt er alles
Zeitige mit kritiſchem Scharfſinn. Bald ſteigt er
— wie in dem Roman „Im Hörſelberg“ — in
die Tiefen des ſeeliſchen und phyſiſchen Lebens
hinab, bald behandelt er die Probleme des Glau—
bens und des Wiſſens — in „Das biſt du“, ſowie
‚in feinem Roman „Vom Buchſtaben zum Geiſte“
— bald belebt er die Vergangenheit mit frifcher
poetiiher Farbe — jo in den hiſtoriſchen Ro:
manen „Frauenlob“ und „Gerfe Suteminne”. —
Auch der jatyriichen Didaktik ift er mächtig. Sie
Gerlach.
zeigt ſich in den „Liedern eines deutſchen Nacht:
wãchters“, ſowie in dem „Neuen Romanzero“,
Dichtungen, welche den ethiſchen Modelügen ſcharf
zu Leibe gehen. Eine Fülle befruchtender Anre—
gungen und geſunder Gedanken über Welt und
Menſchen enthalten die „Hypochondriſchen Plau—
dereien“ und die „Randgloſſen zum Buch des
Lebens“, „Auf der Breſche“ und „Aus der Mappe
eines Idealiſten“.
Gerlach, Hermann Deartin Theodor,
wurde geboren am 9. November 1841,
als 3. Sohn des dort im Jahre 1851 ver:
ftorbenen Oberprediger Th. G., zu Som:
merfeld i. d. Neumark, wurde von 1553
bis 1858 vorgebildet auf dem Stal. Pä—
dagogium und Waiſenhaus bei Züllihau,
bezog 1858 Die Univerfität Berlin, um
Theologie zu ftudieren, promovierte 1862
in Halle zum Dr. phil., 1863 in Berlin
zum Lie. theol. und habilitierte fid) 1864
in der theol. Fakultät zu Berlin als Pri—
vatdozent für das Alte Teftament. Nach—
den er im Januar 1865 in Berlin das
examen pro facultate docendi für das
höhere Schulfach beitanden und an der
Dorotheenjtädtiihen Realſchule und dem
Louiſenſtädt. Gymnaſium zu Berlin ans
geitellt gemweien war, erhielt er 1869 die
Drdination für das geiftlihe Amt. Seit
März 1869 Paſtor in Friedersdorf (bei
Sceelom), feit 13. April 1869 verheiratet
mit Clara, geb. von Förfter, feit Januar
1872 in Garz (Kr. Nuppin), feit Novem:
ber 1878 Paſtor in Luiſa (Str. Oſt-Stern⸗
berg) ift er jeßt feit Juli 1882 als Paſtor
der Landgemeinde zu Fort i. Laufig, mit
dem Titel Archidiafonus, angeftellt. Uns
ter jeinen verdienten Werfen heben wir
hervor: Renan’s Leben Jeſu (1864), Die rö:
miſchen Statthalter in Syrien (1865), Die Dos
tationd:Aniprühe der evang. Landeskirche (2.
Aufl. 1875), Allgemeine firchliche Ehronif (1881).
Gerland, Georg, wurde am 29. Ja:
nuar 1833 in Kaſſel geboren, jtudierte in
Marburg und Berlin Philologie, Geogra-
phie, Geſchichte, und wirkte als Lehrer
in Hanau, Dlagdeburg und Halle. 1875
berief ihn die Univerfität Straßburg als
Profeſſor für Geographie und Ethnologie.
G. gilt als einer unferer hervorragend-
183
Germanus.
ften Ethnologen und als bedeutender An-
thropologe. Auf legterem Gebiete zeich-
nete er fich befonders durch die treffliche
Vollendung der Anthropologie der Naturvölfer
aus, welche Arbeit ihm nad) feines Freun—
des Waitz Tode zufiel. Außerdem her—
vorzuheben:
Über das Ausfterben der Naturvölter (1868) ,
Die Völker der Südſee (1570—72), Anthropo:
logifche Beiträge (1574), Atlas der Ethnographie
(1876), Atlas der Völferfunde (1857).
Germanus, Conjt., ſ. 9. Grieſer.
Germonif, Ludwig, geboren 29. No—
vember 1823 in Fiume, ſtudierte Die
Rechte an der Univerfität Graz, übte jeis
nen praktiihen Beruf jedoh nur durch
4 Nahre als Hilfsbeamter in Kärnten aus,
da er fich der literarischen Thätigkeit völlig
zuwandte, nachdem cr früher ſchon Mit—
arbeiter des „Wanderer“ und der „Dit:
deutſchen Bolt” war; 1856 Redakteur der
Klagenfurter Ztg.“, und ſpäter, nachdem
er durd) 15 Jahre als Archivar und Biblio:
thefar in Laibach gewirkt hatte, vief er
in Wien das „Inland“ und den „Pa:
triot“ ins Leben; 1874 gründete er in
Wien den Grillparzer-Verein, als deſſen
Bräfident er ſich vielfach ausgezeichnet und
um die Literatur verdient gemacht hat.
Hauptwerke: Kornblumen (Ged.), Die Weiber
von Veldes, Veronika, Nonne von Mantua, No:
velle, Alpenglühen (Ged., 10. A.), Zur Geſchichte
der Kärntner-Lieder.
&erof, Karl von, wurde am 30. Ya:
nuar 1815 in Vaihingen (Württemberg)
geboren, genoß feine Vorbildung in Stutt-
gart, wohin jein Vater, Prediger, bald
nad Karl G.'s Geburt verjegt wurde.
Der Familien-Tradition gemäß, wandte
der mit großer Begabung ausgeitattete
Jungling jih dem Studium der Theolo-
‚gie in feiner nunmehrigen zweiten Vaters
ſtadt zu, nad) deifen Abjolvierung er als
Repetent am Seminar in Tübingen wirkte.
1844—49 befleidete er die Stelle eines
Diakonus in Böblingen, alsdann rückte
‚er zum Helfer, Oberhelfer, Stadtdefan
"und eriten Hospital- Prediger in Stuttgart
‚auf, bis er infolge vielfacher Auszeichnun—
154
Gersdorff. Gerſter.
gen, beſonders als hervorragendſter Kanzel: | gelegt, neben der künſtleriſchen Ausbildung
rebner zum Oberhofprediger und Prälaten auf der fönigl. Malerafademie zu Berlin
ernannt wurde. 1868 erhob fein König ihn | ih möglichſt gründliche wiſſenſchaftliche
in den perj. Adelsftand. Neben feiner Kenntniſſe zu erwerben, weshalb ©. auch
reihen feelforgeriihen Wirkſamkeit war Philoſophie und ſchöne Wifjenfchaften dort
G. als Poet in anerkannt ausgezeichneter
Meile thätig. Seine von tiefem Gemüt,
echter Neligiofität und ferniger Geiftes-
fraft getragenen Lieder find in allen
deutichen Gauen gelungen worden.
Hauptwerfe: PBalmblätter (57. Aufl, 1886),
Pfingitrojen (8. Aufl. 1884), Blumen und Sterne
(10. Aufl. 1882), Deutiche Oftern (6. Aufl. 1883),
Jugenderinnerungen (3. Aufl, 1876), Bon Je—
rufalem na Rom (2. Aufl. 1881), Der letzte
Strauß (5. Aufl. 1887), Unter dem Abendftern
(5. Aufl. 1887).
Gersdorff, Ada von, wurde 1854
in Czarnikow in Poſen geboren, wo der
Vater Landrat war. Schon frühzeitig
zeigte fi bei dem lebhaften Kinde eine
dichteriiche Begabung, aber eine bewegte
Jugend, eine frühe Verlobung ließen dem
jungen Mädchen wenig Zeit, ſich ſchrift-
jtellerifch zu befchäftigen. Im neunzehnten
Jahre vermählte fie fi) mit Gero von
Gersdorff. Als Frau gab fie fih nun
mit raftlojem Eifer der Schriftitellerei hin.
Im Jahre 1878 löſte fie unbefriedigten
Herzens das Band, das fie an den Gatten
feflelte, und fehrte mit ihrem Sohn in
das Haus des Vaters zurüd, des nun:
mehrigen Majoratsheren auf Sudniden
in Oftpreußen. A. v. ©. iſt Mitarbeiterin
verſchiedener Journale. Von ihren Schrif:
ten find hervorzuheben: Gerettet, Herrin von
Schönwerth, Aus Langeweile, Mittellofe Offi—
ziere x. Die Sommermonate bringt Frau
von G. auf dem Gute ihres Vaters zu,
ihr Winteraufenthalt ift Berlin, wenn
nicht Reifen fie in das Ausland führen.
Gerjtenberg, Karl von (Al. Berg),
wurde am 15. Juli 1846 in Weimar ge:
boren, fiel Schon früh durch fein hervor:
tretendes Zeichentalent auf und beichlof
deshalb auf Anraten Sachverſtändiger nad)
Abjolvierungdes Öymnafiums „Wilhelms:
ftift” Dialer zumerden. Eben jene Berater
hatten jedoch dem begabten Jüngling nahe
‚und fpäter noch in Jena ftudierte und
‘hier zum Doktor promoviert wurde. Nun
teilte ©. feine Muße zwiſchen die Mal
und die Dichtfunft, zu der ihn das Stu:
dium der deutichen Meifterwerfe begeiftert
hatte; nach und nad) trat die Malerei im-
mer mehr in den Hintergrund, und ©.
‚wählte die Schriftftellerei zu feinem Le—
‚bensberuf. Damals (1862) erichien jein
erjtesBuch, natürlich Gedichte. Dann aber
wurden feine weiteren VBeröffentlihungen
durch langjährige Studienreifen in Bor:
der-Afien, Südrufland, Italien und der
Schweiz unterbrochen, nad) deren Beendi—
gung er die Redaktion der Augsburger
„Allgem. Zeitung” leitete. Später ging
er nad) den baltischen Provinzen, wo er
Vorträge über Literatur: und Kunſtge—
Ihichte hielt. 1883 gründete er Die
„Allgem. Rundſchau auf dem Gebiete der
Künſte ꝛc.“, die er als Chefredakteur heute
noch leitet. Das eigentliche literarische
Feld G.s ift der Roman. Auf diefem Ges
biete hat der Autor reiche Zorbeeren ges
erntet, die wohl verdient find; außerdem
ſchenkte er uns jedoch aud als die Frucht
langjähriger ernfter Studien eine vorzüg-
liche Literaturgefchichte (2. Aufl. 1875). Der:
ner find hervorzuheben:
Schwert und Roje (Gedichte), Wandervorträge
über deutihe Literatur (1870), Die Kirche und
das Chriſtentum der Zukunft (1871), Johann
Huß (Trauerjp. 1872), Walbhalla der Heiligen
(2. Aufl. 1873), Zwanglofe Spaziergänge (1878),
Faliche Perlen (1879), Die Rofe von Himri(1879),
Aus dem Staube der Hauptitabt (1884), Vom
Glück vergefien (1884), Die Verworfenen (1885),
Ein königlicher Märtyrer (1886), DO, diefe Töchter!
(Zuftip. 1886), Unſer Schwiegerfohn (Luftip.
1886), Das Ungeheuer (Luftip. 1886), Ein dunkler
Ehrenmann (Boltsit. 1887).
| Gerjter, Franz Karl, wurde am 25.
Auguſt 1853 zu Regensburg geboren. Den
erſten Schulunterricht erhielt er in Nürn—
berg, wo jein Vater 1859 — 61 als Arzt
Geritmann.
thätig war. 1871 abjolvierte er das hu—
maniftiiche Gymnafium in Regensburg.
Die Sehnjucht nad) voller Freiheit ergriff
ihn darauf jo mädtig, daß er feinem in-
neriten Wunſche, Arzt zu werden, vor:
läufig entjagte und nad) Münden zog,
um die techniſche Hochſchule daſelbſt zu be—
ſuchen, die er 1876 abſolvierte. Der Ober:
bergrat Profeſſor Gümbel bemerkte G.'s
Intereſſe für naturwiſſenſchaftliche Arbei-
ten, befonders für Geologie, und nahm ihn
als Aififtenten an das Büreau der bay:
riſchen geognoftiihen Landesaufnahme.
Dort blieb er über drei Jahre, betrieb
eifrig naturwiſſenſchaftliche Studien unter
Baeyer, Zittel, Siebold, Nägeli und pro:
movierte 1878 zum Dr. phil. an der Uni»
verfität München. Eine Reihe zufälliger
Greignifie brachten ihm bald darauf num
endlich doch die Erfüllung feines Herzens-
wunſches, Arzt zu werden, und begann er
1880 das Studium der Medizin. 1883 er:
hielt er den ehrenvollen Auftrag, ſich in
Paris und London neben Elinifchen Stu:
dien ſpeziell mit der Zahnheilkunde zu be—
fhäftigen zum Zweck fpäterer ärztlicher
Dienftleiftung bei König Ludwig II. Nach
feiner Rückkehr, bei welcher Gelegenheit er
Holland und Belgien bereifte, unterzog er
fi) dem mebdiziniihen Schlußeramen und
promovierte als Dr. med. in München,
übte 1885 ärztlide Praris in Kempten
(Schwaben) aus und fehrte dann nad
München zurüd, wo er nunmehr als ge:
fuchter Familienarzt thätig ift. Sein lite:
rariſches Hauptgebiet ift die Satyre; zahle
reiche Feuilletons derartigen Genres legen.
Zeugnis für feine Begabung ab. Ferner
hervorzuheben:
Die Plänerbildungen um Ortenburg bei Paſſau,
Der Charakter König Ludwigs II. von Bayern.
Gerjtmann, Adolf, wurdeam 31. Juli
1855 in Oftrowo geboren, widmete fich
nah Abfolvierung des Gymnafiums zu
Berlin dem Studium der Kunſt- und Lite:
raturgejchichte und der modernen Spraden
an den Univerfitäten Berlin und Heidel-
berg. Nachdem er 1879 die philojophijche
155
Gertler.
Doktorwürde erlangt hatte, widmete er ſich
der Journaliſtik und gehört ſeit 1883 der
Redaktion der Berliner „Nationalzeitung“
an. Unter ſeinen, von der Kritik auf das
günſtigſte beurteilten Werken heben wir
hervor: Alphonſe Daudet, ſein Leben und ſeine
Werke; die Theaterſtücke: Die Leute von Hohen—
Selchow, Der Kernpunkt; die Novellen: Aus dem
Leben, Viſionen, Aſſuntas Schatz ꝛc. Seit einis
gen Jahren giebt G. auch ein theatergeſchichtliches
Jahrbuch heraus.
Gertler, Joſef, geb. am 10. Januar
1852 in Tünjcht bei Leitmerig, befuchte
die Realichule und das Zehrerfeminar in
Leitmerig, wurde zuerft angeitellt 1871
als Lehrer in Auffig a. d. Elbe, 1874 als
Bürgerjchullehrer in Warnsdorf. Er iſt
Mitarbeiter von Jugend» und Schulzeituns
gen, Tages und Mochenblättern.
Günftig beurteilte Hauptwerfe: Bunte Bilder
aus der Schul: und Lehrerwelt (humoriſt.); Klatſch⸗
rojen und Bechnelten, Blätter und Blüten friichen
Humors; Haus und Schule, ein Liederreigen mit
verbindenden Deflamationen, in Mufif gejett von
Ed. Wagner; Turnerluft, eine Sammlung humo—
riftifcher Vorträge, Lieder, Gedichte, herausgegeben
in Gemeinſchaft mit E. ©. Fröhlid.
Geskhy, Theodor, wurde am 27. Auguft
1837 zu Merjeburg geboren, jtudierte von
1858 anin Halle anfangs Theologie, jpäter
Philologie und Literaturgeihichte. Schon
während feiner Studentenzeit verfaßte er
Kunftreferate und Gedichte für Zeitungen.
Seine Thätigfeit als Rezenſent von Theater⸗
jtüden veranlafte ihn, die Schöpfung
folher jelbjt zu verjuhen. Inzwiſchen
wirkte ©. feit 1862 an der Nealichule
in Wittftod und übernahm ipäter die
Zeitung der Schola colleeta in Burbach
bei Siegen. Er beftand in jener Zeit
auch die Prüfung pro facultate docendi
'und wurde darauf. am Gymnaſium zu
Eutin, 1872 zu Geifenheim angeftellt.
Neben feiner Lehrthätigfeit widmete ©.
‚feine Muße literarifchen Arbeiten, verfahte
eine große Anzahl oftmals aufgeführter
Dramen, außerdem literarhiftorische Eſſays
für viele Zeitichriften und zahlreiche, meift
patriotiſche Zeitgedichte.
| Hauptwerfe: Der Rhein joll deutſch bleiben
Geßler. —
(1870), Arndt (1870), Der gute Kamerad (1871),
Eine hübſche Überraſchung (1875), Eine Frau, die
ſchnupft (1875), Germanicus (Epos 1876), Ein
Attentat auf den alten Fritz (1877), Ein Wed:
fel in Sicht (1882), Spielhagen unter den Nihi:
liſten (1583).
Gehler, Friedrih. Am 14.November
1844 hielt id) zu Lahr im Breisgau mei-
nen Einzug ins Dafein. Ein Pfarrer hat
mich in den Dienjt Merkurs gebracht, wor-
über ich dem Manne lange gegrollt. Jetzt
thue ich's nicht mehr, da ich jo viele heiß-
hungrig nad) Brod jchreien höre und ihnen
die Ideale ihrer Jugend in den Lebensweg
treten jehe, die in jungen Tagen Mufenkult
treiben fonnten. Ich trat in den Dienft
des Marktes, aber die Seele hörte feine
freiihenden Stimmen nicht. Geſchehniſſe
erfinnen, Menſchen und Dinge im Geijte
erichaffen, war meine Neigung, die Lyrif
floß dabei jpärlich, aber ein Drama ging
mit erfreulihem Erfolg über die Bretter.
Ein bedeutender, heute aber vergeflener Ly—
rifer, Hugo Delbermann, war literarischer
Zeuge diejes Bühnenerfolges in meiner
SJünglingszeit. Er war auch mein Ge:
noſſe, als e8 galt, das allgemein verloren
geglaubte und von mir im Jahre 1863
wieder aufgefundene Grab der Friederike
von Seienheim mit einem Denkmal zu
ſchmücken. Anno 1870 habe id) als frei-
williger Jäger die Waffe ergriffen und bin
nad Frankreich hineingezogen.
Was meine Seele während des Feldzuges er:
faßte und erfüllte, das habe ich in dichterifchen
Gebilden, „Sonette eines Feldfoldaten“ betitelt,
niedergelegt. In die Heimat zurüdgefehrt, habe
ih neben meinen Berufsgeihäften das Studium
klaſſiſcher Sprachen wieder aufgenommen, das mir
in jungen Tagen verjagt blieb. Als Dank für
die Erhebung, die mir die Sonne Griechenlands
ind Herz geleuchtet, habe ich die Tragödie „Kaf-
fandra” gedichtet. Sie ift Buchdrama geblieben,
bat aber ald Dichtung mandhe erfreut. Stets war
ich ein treuer Sohn meiner oberrheinifchen Hei⸗
mat mit ihrer wunderbaren Waldromantif, wie
fie noch am Fuße der Schwarzwaldberge zu Haufe
ift. Bon folder Romantik find meine beiden epi—
Shen Dichtungen „Dieter und Walheide” und
186
Giehrl.
aus Schwaben „Der Röhrle von HäfnerNeu«
haufen“. Die einen jagen, es fei ein wunderliches,
die andern halten es für ein luftiges Buch, und
wieder andere nehmen cs bei allem Humor der
Daritellung für ernfthafte Lektüre.
ber meiner Baterjtadt bei Hafen und
Nebhühnern habe ich mir ein Neft an den
Berg Alt Vater hingebaut.
Gichrl, Emmy (Tante Emmy), wurde
am 1. November 1837 in Regensburg als
Tochter des fönigl. bayr. Finanzminifters
Dr. Joſeph von Ajchenbrenner geboren,
fiedelte aber ſchon in zarter Kindheit mit
den Eltern nad) München über. Gute Leh—
rer leiteten im Elternhauje den Unterricht
des begabten Kindes, das ſchon frühzeitig
eine dichteriihe Beanlagung zeigte, der
man aber wenig Wert beilegte. Kurze Zeit
nad) ihrer Vermählung mit dem bayr. Wir
ſeſſor Rudolf Giehrl in München verlor fie
den über alles geliebten Vater. Sein Tod
erichütterte ihren Shwachen Körper auf das
tiefite, ein unheilbares Nervenleiden follte
fie für immer auf das Kranfenlager wer:
‘fen. Obwohl die Kranke auf ihrem Schmer-
zenslager, von allem äußeren Verkehr ab»
gezogen, fih ausſchließlich geiftig beſchäf⸗
tigte, trat fie doch erjt nad dem Tode
ihres Gatten (1876), mit dem fie in glück⸗
lichſter Ehe gelebt, mit ſchriftſtelleriſchen
Arbeiten an die Offentlichfeit, und zwar
auf dem Gebiete des Erziehungsweiens
und vorzüglich als Jugendihriftitellerin.
Sie wurde Mitarbeiterin fämtliher Ors
gane des fatholiihen Exrziehungsvereins in
Donauwörth und anderer fathol. Zeit
ſchriften * dem Bear „Tante
Emmy”. Während ihrer langen 5
jähr. Schmerzenszeit entjtand nad) —
‚eine große Anzahl veizender Kindergeſchich⸗
ten und Erzählungen, die von der Kritik
äußerft günitig beurteilt wurden. Hervor⸗
zubeben find:
Bon der Wiege ins frühe Grab (1870), Das
illuſtr. Märchenbuch für große und kleine Kinder
(1880), Kinderbücdlein der Tante Emmy (1880),
„Hohen Geroldseck“ getragen. Meine oberrheinis | Meifter Fridolin, Maria Hilf (1881), Bilderbuch
fche Heimat hat beide Werfe warm aufgenommen. | für brave, Feine Kinder (1882), Das But von
Lachen lernte ich ſpät im Leben. Als ich's konnte, | den braven Geihwiftern (1884), Märchen, neue
ſchrieb ich humoriſtiſche Gedichte und das Epos | Folge (1883, 2. Aufl. 1837). Seit 1884 ift ©.
Gierke.
Herausgeberin des Illuſtrierten Kinderkalenders,
der weit und breit beſtens bekannt iſt.
Gierke, Otto Friedrich, wurde am
11. Januar 1841 in Stettin geboren, wid—
mete ſich dem Studium der Rechtswiſſen—
ſchaft unter Beſeler, wirkte ſeit 1872 als
ordentl. Profeſſor der Rechte in Breslau,
ſeit 1884 in Heidelberg und folgte 1887
einem Ruf der Univerfität Berlin als Bro:
feflor des deutfchen Rechts. Unter feinen
Schriften heben wir das durch glänzende
Beherrichungeineseritaunlichen Materials
fih auszeichnende Werk: Das deutſche Ge:
nofienihaftsreht hervor.
Giejebrecht, Friedrich Wilhelm von,
wurde am 5. März 1814 in Berlin ge:
boren, abjolvierte das Gymnafium zum
Grauen Klofter und die Univerfität feiner
Baterjtadt, wo er fih dem Studium der
Bhilofophie und Gefchichte widmete und
unter dem bejonderen geiltigen Einfluß
Ranke’s jtand. 1837 wurde er als Zeh:
rer am Joachimsthalſchen Gymnaſium in
Berlin angeftelli, wo er bis zum Jahre
1857 wirkte, da ihn die Univerfität Kö—
nigsberg als ordentl. Profeſſor der Ge-
ſchichte berief infolge jeiner ausgezeichne-
ten Geſchichte der deutichen Kaiſerzeit. 1862
bot die Univerfität München ihm eine Bro-
feſſur. Dort wirkte er auch als Direktor
des hiftorischen Seminars und wurde vom
König von Bayern in den Adelsitand er:
hoben und zum Geheimrat ernannt. ©.
als einer unferer hervorragenditen
rifer. Bon feinenhochverdienten Wer-
fen heben wir außer dem genannten, nun
bereits in 5. Aufl. erichienenen hervor:
Zehn Bücher fränkiſcher Geſchichte vom Biſchof
Gregorius von Tours (2. Aufl. 1878), De Gre-
gorii VII. registro emendando (1858), Deutſche
Reden (1872), Arnold von Brescia (1873).
Giltersberg, v., ſ. Ferd. Gleich.
Girndt, Otto, geb.in Landsberg a. W.
am 6. Februar 1835, erhielt feine Schul-
bildung auf dem Gymnafium zum Grauen
Klofter in Berlin, bezog dann die Univer:
ftät dajelbit, danach die zu Heidelberg, wo
‚dierte auf der Univerfität Gießen und der
er Philofophie und Geſchichte ftudierte, um
187
Glaſer.
alsdann die journaliſtiſche Laufbahn ein—
zuſchlagen. ©. ragt beſonders als drama-
tiicher Autor hervor, feine Stücke nehmen
auf dem Repertoir aller deutichen Büh—
nen eine Stelle ein. Gleichzeitig erwarb
G. fi) auch einen Ruf als Novelliit.
Hauptwerke: Cäfar Borgia (Trauerfp.), Baroli
(Luftip.), Meine Mutter hat's gewollt (Schaufp.),
Novellen, Charlotte Corday (Dram.), Die Gou—
vernante, Strafredt, Dramatiiche Geftalten, Ein
beimliche8 Verhältnis, Gemütliche Gefellichaft,
Orientaliſche Wirren, Die Galoichen des Glüds,
Romanhaft, Vereinsdamen, Die Rettung des Kö—
ınigs, Danfelmann, Luſtige Geſchichten, Erich
Brabe.
Glaſer, Adolf (R. Reimar), geboren
am 15. Dezember 1829 in Wiesbaden,
zeigte früh ſchon eine Dichteriiche Begabung
und war von dem MWunich erfüllt, eine
wiſſenſchaftliche Laufbahn einzuichlagen,
mußte fich aber dem; Willen feines Vaters
fügen und trat demzufolge nad) Beendi—
gung feiner Schulzeit in das faufmäns
nische Gejchäft feines Onfelsein. Nah Ber:
lauf einiger Jahre erjt wurde ihm die Aus:
führung jeiner früheren Pläne ermöglicht,
‚indem er, bereits einundzwanzigjährig, die
Berliner Univerfität bejuchte und daſelbſt
literarische und philofophifche Studien be—
trieb. Nunmehr beihloß er, die Your:
naliftik zu feiner Lebensaufgabe zu machen.
Bald bot fi ihm Gelegenheit hierzu durch
die Übernahme der Redaktion der „Illu—
ftrirten deutihen Monatshefte”, die er
mit einer Unterbredung noch jett leitet
und zu einem Journal vornehmiten Ran—
ges erhoben hat. Bon Gs durch die
Kritik jehr anerkannten Werfen heben wir
hervor:
Krimhildens Nahe (Traueripiel), Penelope
(Schaufp.), Familie Schaller (Rom.), Gefchichte
des Braunfchweiger Theaters, Erzählungen und
Novellen, Was it Wahrheit? Leſeabende, Schlitz⸗
wang (Rom , 4. Aufl.), Weibliche Dämonen, ger:
brochene Kronen, Wulfhilde, Moderne Gegenſätze,
Aus Hohen Regionen, Savonarola, Kordula, Das
Fräulein von Billecour. Außerdem that G. ſich
auch als Überſetzer holländiicher Romane hervor.
Glaſer, Ludwig, geboren 9. Februar
1818 zu Grünberg in Oberheſſen, ſtu—
Glehn.
höheren Gewerbeſchule (jetzt Polyt.) zu
Darmſtadt. Zweijähriger Acceß an der
Realſchule zu Darmſtadt: 1839 — 41, Pro:
motion: Ende 1842, Dirigent der Real—
ſchule zu Biedenkopf: 1842—56, erſter
Lehrer am Auguſtineum (ſpäter Realgym—
nafium) zu Friedberg: 1856—59, Lehrer
am Gymnaſium zu Worms feit 1859, zum
Profeffor ernannt: 1873, von der Negie-
rung ernanntes Mitglied der Landwirt:
Ihaftlihen Zentraljtelle: 1873— 79, Di:
reftor der Nealichule zu Bingen a. Rh.:
1874— 79, auf Nachſuchen penfionirt:
1879. GL. ift Verfaffer einer Reihe ver:
dienter und allgemein anerfannter natur:
wiſſenſch. und pädag. Werke, von denen
. wir hervorheben:
Naturkunde zur Bildung rationeller Haus: und
Feldwirte, Jowienaturfundiger Hausfrauen (1856),
Kurzer Leitfaden der Naturkunde (1858), Der
neue Borfhaufen (1863), Landwirtſchaftliches Un:
geziefer (1867), Leben der mittleren und niederen
Tierwelt (mit 2. Klo 1870), Naturftudien (1871),
Die jchädlichen Obft: und Weinftodinfetten (1871),
Die Heine Tierwelt (1875), Etymologiiches Ta:
ſchenwörterbuch für Botaniker (1885), Die Klein:
tierwelt in ihrem Nutzen und Schaden für die
Haus:, Land» und Forſtwirtſchaft (1856), Cata-
logus etymologicus Coleopterorum et Lepi-
dopterorum (1887); außerdem finden ſich Ab:
bandlungen G.'s in faſt allen einfchlägigen Zeit:
ſchriften.
Glehn, Ernſt von, geboren in Reval
1848 und in dem dortigen Gymnaſium
erzogen, habe ich in Dorpat, St. Peters—
burg und Leipzig die Rechte ſtudiert und |
Ipäterhin drei Jahre im St. Petersburger
158
Handelsgericht gedient. Seit 1878 aus Ges |
fundheitsrüdfichten genöthigt, in einem
jüdlichen Klima zu leben, habe ich mir
Weinsberg erwählt und hier ſeit 1881
begonnen, mit Überjegung neuer Werke der | gie Univerfitäten Kiel, Erlangen, Berlin,
ruffifchen Literatur, die für deutſche Leſer
geeignet, mich zu beichäftigen.
I
I
Bisher habe ich überjegt: Mori von Sadjen |
von Kukolnik (Rom.), Die Peſt, von Graf Saliak
(Rom.), Sergei Gorbatoff, von Wemwolod Solo:
wioff (Nom.), Eine Million, von Graf Saliaf
(Rom.), Die lette Seite, von Chrustſchow-Sokol⸗
nifoff (Nov.), Das Ende, letzte Erzählung Iwan
Turgenjews; aud) ,
Ruſſiſche Bauern” von Graf
Leo Tolitoy.
Glehn.
Glehn, Nicolai v., geb. den 16. Juli
1841 auf dem Nittergute Jelgimeggi in
Eithland bei Neval, jtudierte von 1861
bis 1864 in Dorpat, machte darauf Reis
fen, zumal in Deutfchland und Stalien,
beihäftigt fich feit 1866 mit der Land»
wirtichaft auf jeinem Gute Jelgimeggi und
mit willenichaftlichen Arbeiten national»
öfonomijchen Inhalts. 1877 erichienen
feine Nordiſchen Lieder, während feine wiſſen⸗
ſchaftlichen Arbeiten in verfchiedenen Zeit
ſchriften abgedruckt find.
Gleich, Ferdinand (von Giltersberg),
wurde am 16. Dezember 1816 in Erfurt
geboren, abfolvierte das Gymnafium feis
ner Vaterftadt, darauf die Univerfität
Leipzig als Philologe und begann dann
jeine Laufbahn als Lehrer, die er jedoch
nad mehrjährigem Wirken unterbrad), um
die Redaktion der „Geraer Zeitung“ zu
übernehmen, welche er biszum Jahre 1864
führte, da er infolge eines Rufes als
Dramaturg an das Landestheater nad)
Prag überfiedelte. 1866 ging er nad
Dresden, wo er nod) heute als Nedafteur
der vornehmiten Dresdner Zeitung, des
„Dresdner Anzeiger“ lebt. ©. hat fich
einen he Ruf als feinfinniger
Kritiker und Feuilletonift erworben, da—
neben find auch die Vorzüge jeiner grös
eren Schöpfungen allgemein anerfannt
worden.
Hauptmwerke: Die beiden Komtefien (Rom.),
Paul Eifenihmidt (Rom.), Des Fürften einzige
Liebe (Rom.), Aus der Bühnenwelt, Herzog Alba,
's Lenerl vom Schlierſee (Luftip.).
Gleiſs, Otto Ludwig Friedrich Auguſt,
geboren zu Glückſtadt in Holſtein am 19.
Dezember 1841, bejuchte von 1862—67
um Theologie zu ftudieren, ward dann
Paſtor in Wefterland auf Sylt, ift jeßt in
Hamberge bei Lübeck; überjegt. jeit 1879
aus der jfandinaviihen und der franzö⸗
ſiſchen Sprade, iſt Mitarbeiter von ver:
ſchiedenen theologischen Zeitichriften. 1876
machte ©. eine größere Neife durch Däne-
mark, Schweden und Norwegen, um die
Slöfter.
fogenannten „Grundvigſchen Volkshoch-
ſchulen“ aus perſönlicher Anſchauung ken⸗
nen zu lernen, welche Kenntnis G. in
einem eingehenden Artikel über dieſes
Thema in der „Allg. ev.luth. Kirchen—
zeitung“ vermwertete. 1885 madte ©.
eine zweite Reife nad) dem Norden und
nahm zugleih als Berichterftatter einer
größeren deutſchen politiichen Zeitung an
der 8. Hauptverfammlung der evangeli-
ihen Allianz in Kopenhagen Teil. ©.
überjegt theol. und pädagog. Werke jowie
Novellen, von denen wir hervorheben:
3. Topalius, Aus hohem Norden, Marie, Er:
zählungen, Heegaard, Über Erziehung, Hauch
Weſen des Unglaubens, Kierkegaard, Entweder:
Dver, Hanien, Die Jugend Jeſu ꝛc.
Glökler, Johann Philipp, wurde am
12. $anuar 1819 in Thuningen (im würt-
tembergifchen Oberamt Tuttlingen) als der
Sohn eines Lehrers geboren, der den Kna—
ben früh ſchon für den eigenen Beruf be:
ftimmte, weshalb er ihn das Lehrerjemi-
nar in Ehlingen bejuchen ließ. Nach er:
folgreicher Abjolvierung desjelben machte
er an der Anitalt fein Brobejahr durch,
wurde 1838 als Lehrer an der höheren
Töhterihule in Ludwigsburg und nad
Ablegung des Eramens an der Real
ichule daſelbſt, jpäter aber (1862) in
Stuttgart an der K. Realanſtalt ange—
ftellt, wo er noch jet lebt. 1881 wurde
er zum Profeffor ernannt. Neben jeiner
—
189
Amtsthätigkeit war Gl. auch literariſch
mit vielem Erfolg, zuerſt natürlich auf
dem ihm nächſtliegenden pädagogiſchen Ge⸗
biet, daneben jedoch auch als Literarhiſto—
riker und begabter Lyriker thätig. |
Hauptwerke: Heimatklänge (2. Aufl.) ; Schwä: |
biihe Frauen; Im Leide; Joh. Kepler; Für jtille
Stunden; 3. I. Mojer; Land und Leute Württem: |
bergs; Deutſches Sprach- und Übungsbuch, Recht:
freibeübungen, Auflatübungen, 3. V. Andreä. |
Glück, Elifabeth (Betty Paoli), ger
boren am 30. Dezember 1815 in Wien, |
genoß eine ausgezeichnete Erziehung, deren
Vollendung jedoh dadurch verhindert
wurde, daß die Familie ohne eigene Schuld
Glümer.
ftadt zu Gunften eines Eleinen, viel wohl:
feileren Ortes inRußland aufgeben mußte.
Zur Jungfrau erwachſen, mußte Elifa-
beth ihr Brod fich felbit verdienen und
hatte das Süd, in der Fürftin von
Schwarzenberg eine edelgefinnte und gü-
tige Herrin zu finden, die das junge, reich
talentierte Mädchen, bald lieb gewann und
dasjelbe faſt wie eine Tochter behandelte.
Nah dem Tode der Fürftin fiebelte die
nun ganz Vereinſamte nad) Wien über,
wo fie, ausichlieglich der Ausübung ihres
lange jchon gepflegten hervorragenden dich⸗
teriichen Talents hingegeben, lebt.
gilt jet als die talentvollfte und vor:
nehmſte öfterreichifche Dichterin, deren ly—
riſche Schöpfungen von ebenfo hohem Ge:
danfenflug als von tiefer Gefühlsinnig-
Sie
‚feit zeugen und feltene $ormvollendung
aufzumeilen haben.
Hervorzuheben: Gedichte (1841), Nah dem
Gemitter (Ged. 1843), Novellen und Erzählungen
(1844), 2yrifches und Epifches (1856), Neue Ge—
dichte (1869), Grillparzer's Werte (1875).
Glümer, Claire von, geboren 18. Of:
tober 1825 in Blankenburg, wurde in
einem Penfionat in Weißenburg erzogen
und ging nad) Vollendung ihrer Ausbil:
dung als Erzieherin nad) Hannover. Früh
ihon, als ein halbes Kind noch, hatte fie
den Ernft des Lebens bis zur Hefe aus:
gefoftet; der Vater wurde wegen politi=
ſcher Agitationen verfolgt und war in freis
‚willige Verbannung in das Ausland ges
gangen, die Mutter ftarb furz nach der
Konfirmation El. v. Gl.'s; nun hatte fie
jelbft für ihren Unterhalt forgen müſſen,
und als es ihr eben gelungen war, ein
neues freundliches Heim, wenn auch unter
Fremden, zu gründen, da rief der Vater
fie ab, ihm bei feiner publiziftiichen Thä-
tigkeit zur Hand zu fein. Sie wurde ſelbſt
eine eifrige Politikerin, und als fie ihrem,
in Haft befindlichen Bruder bei einem
Fluchtverſuch Vorſchub leiftete, traf auch)
fie eine Verurteilung nebſt Verweiſung
aus Dresden, ihrem damaligen Wohnort.
plöglid verarmte und die theure Groß: | Erft viele Jahre jpäter wurde ihr die
meiner.
Rückkehr geitattet.
190
Godin.
Cl. v. ©. hat ſich Aſſeſſor beim Kammergericht, bis er 1844
außer durch vorzügliche Überſetzungen aus ‚zum außerordentl. Profeſſor an der Vers
dem Engliſchen und Franzöſiſchen auch | liner Univerfität ernannt wurde und gleich-
durch eigene, gleichfalls außerordentlich zeitig eine Hilfs-Nichterftelle am Ober:
günftig beurteilte Echöpfungen befannt
gemadht.
Hauptwerke: Kata Morgana (Rom.), Aus den |
Pyrenäen (1854), Berühmte Frauen (1875), Er:
innerungen an die Schröder-Devrient (1862), Aus
der Bretagne (1867), Erlöft (1867), Die Augen
der Valois (1871), Alteneichen (1878), Dönning-
haufen (1881), Bom Webftuhl der Zeit (1882),
Lutin und Lutine (1885).
Gmeiner, Chriftiane (Gary Groß),
in Zohr bei Würzburg geboren am 8. Fe:
bruar 1841, genoß eine jehr forgfältige
Erziehung im elterlichen Haufe, wirkte zu:
erit als Erzieherin in einem fürftlichen
Haufe Deutichlands und lebte feit 1871
in Rom, wo fie ein Mädcheninftitut für
höhere Etände gründete. Um einer Lieb:
lingsihülerin auf deren Wunſch nad) Ser-
bien zu folgen, gab fie (1884) die An-
jtalt auf und führt jeit ihrer Rüdfehr
nad Rom nur einen Kurſus für deutiche
Sprade und Literatur. Sie ijt novelli-
ftiihe und Inriiche Mitarbeiterin einer
großen Reihe von Zeitichriften. Hervor:
zuheben die Novellen: Höhenluft, S. Peter
in Siht; Märchen, Legenden und Gedichte.
Gnad, Ernft, wurde am 19. April
1837 in Pillen (Böhmen) geboren, wid:
mete fih dem Lehramt für deutiche und
Haffiiche Philologie, wirkte zehn Jahre als
Brofeflor in Venedig und Padua, fpäter in
Trieft. Seit 1870 fungiert er als Zandes:
Schulinſpektor, zuerft in Tirol, jeit 1875
wieder in Trieft. Außer zahlreichen Ge-
dichten, Erzählungen, Feuilletons 2c. in
Zeitichriften, aud) Programmabhandlun:
den, meijt in deuticher, teilweife auch in
italieniicher Sprache, publizierte ©.:
Populäre Vorträge über Dichter und Dichtkunft
(1870— 1887), die allfeitig vorzüglich aufgenom-
men und beurteilt wurden.
Gueift, Rudolf, wurde am 13. Aus
gujt 1816 in Berlin geboren, ftudierte
Rechtswiſſenſchaft, habilitierte ſich 1839
daſelbſt und wirkte als Referendar, dann
Ni
tribunal erhielt. Zegteres Amt legte er je
0051850, politiſcher Gründe halber, nieder.
Seit 1859 gehörte G. dem Abgeordneten
hauſe als Mitglied des linfen Centrums an,
infolge feiner Bedeutung und ausgezeich
neten rednerischen Begabung bald mit an
deſſen Spipe tretend. Auch als Mitglied
der fonftituierenden norddeutichen Bundes»
verjammlung entwidelte ©. eine hervorra=
gende Thätigfeit. Vor allen Dingen aber
machte er ſich um die Regelung der inneren
Verwaltung Preußens verdient. 1875
wurde ©. zum Erften Rath des Ober-Ver⸗
waltungsgerichts ernannt und Stellvertres
ter des Präfidenten. Seit 1871 gehört ©.
aud dem deutſchen Reichstagund zwar als
Mitglied der nationalliberalen Partei an.
Nach den Gejagten bedarf es faum nod
einer weiteren Begründung für G.'s hers
vorragende Bedeutung und für die alle
gemeine Verehrung, die er als Afademiler,
Jurift und Politiker genießt. Es erübrigt
uns von feinen epochemachenden Werfen
hervorzuheben:
Syntagma Institutionum (1858, 2. Aufl,
1880), Adel und Nitterfchaft in England (1851),
Das engliihe Verfaſſungs- und Verwaltungsrecht
(1857 —1863, u. ſp. in 3. Aufl.), Verwaltung,
Juſtiz und Nechtäweg (1868), Die preußiiche Kreis⸗
ordnung (1870), Der Rechtsſtaat (2. Aufl. 1879),
Seieh und Budget (1879), Zur Verwaltungsreform
in Preußen (1880), Die preußiſche Finanzreform
(1881), Engliihe Verfaſſungsgeſchichte (1882),
Englifches Parlament (1886).
Godin, N., ſ. A. LinzGodin.
Goedefe, Karl (Karl Stahl), wurde
am 15. April 1814 in Celle als der Sohn
eines wohlhabenden Kaufmanns geboren,
widmete ſich dem Studium der Literaturs
geihichte in Göttingen und wirkte von
1840 - 1855 als literarifcher Leiter und
Eorreipondent in der Hahnichen Buchhand⸗
lung zu Hannover. Alsdann zog er nad
Gelle, um bier, in jtiller Zurüdgezogens
heit fein großartig angelegtes Werk, ein
Göring. —
rechtes Meiſterwerk: Grundriß zur Geſchichte
deutſcher Dichtung auszuarbeiten, für welche
Schöpfung die philoſophiſche Fakultät in
Göttingen ihm die Doktorwürde erteilte
und ihm eine Profeſſur für Literaturge—
ſchichte anbot, die er jedoch erſt 1873 an—
nehmen fonnte. Außer dem genannten
Merk verdanfen wir G. noch eine Anzahl
weiterer wertvoller Bereicherungen unjerer
Literatur, von denen wir hervorheben:
N. H. Anigge, Pamphilius Gengenbad, Ema—
nuel G®eibel, Goethes Leben und Schriften, Bür:
ger in Göttingen, außerdem gab ©. die Biblio»
hek deuticher Dichter des 16. Jahrhunderts heraus.
Göring, Hugo, geboren den 28. De
zember 1849 in Berfa a. d. Werra, jtu:
dierte Theologie und Medizin in Jena,
Berlin und Leipzig, unterrichtete an den
Realichulen in Leipzig und Bafel und ha=
bilitierte fi) 1880 in der philofophiichen
Fafultät der Univerfität Bafel. Er ſchrieb
außer vielen Abhandlungen und Kritiken
philoſophiſchen und pädagogischen Inhalts:
Leben und Schriften 3. B. Baſedows (1880),
Jacotots Univerfalunterricht (1881), Leſſings Les
191
—
Goch.
zeitig die dortige landwirtfchaftliche Aka—
demie, nad) deren Abjolvierung er mehrere
Studienreifen nad) dem Eljaß, Frankreich
und Belgien unternahm. Zurückgekehrt,
gründete er 1862 in der Nähe Dres:
dens eine landwirtichaftlihe Gartenbau
ſchule, gab dieſelbe jedod in Folge einer
Berufung an die Großherzogl. landmwirt-
ſchaftliche Gartenbauſchule in Karlsruhe
auf. Hier gründete er den Gartenbaus
Verein für Baden und die „Rheinische
Gartenſchrift“, die er alsdann fünf Jahre
lang redigierte. Er verfaßte außerdem
Die Obſtbaumſchule (1869, 2. Aufl. 1884),
und entwidelte eine reihe journaliftiiche
Thätigfeit in Fachzeitichriften. 1869 trat
&. aus dem Staats- in andere Dienfte
und zeichnete ſich vielfach durch neuartige
Anlagen aus, bejonders als Direktor der
Marburger Weinbauichule, bis er 1881
in den Ruheftand trat. Nachdem er feine
erſchütterte Gefundheit gefräftigt hatte, fies
delte er mit feiner Familie nah Baden
b. Wien über, habilitierte fich als Dozent
ben (1884) und gab Iſelins pädagogiiche Schrif: | für Obft- und Weinbau (1885) an der
ten (1882) und Leſſings fämtliche Werke in zwanzig |
Bänden (1882—1885) heraus. Demnädjit |
ericheinen: Fröbels Leben und Werke UNd Sophie
Germain als Philofophin. Alle feine Beſtre—
bungengipfeln indem Ziel: Errichtungeiner |
deutſchen Lebensſchule, deren Plan
er 1883 dem Kultusminiſter von Ecave: |
nius in Kopenhagen und 1886 Herrn v.
Goßler in Berlin vortrug, gedrudt in den
„Deutichen Blättern für erziehenden Un-
terricht” 1887, Ertrablatt und auszugs⸗
weile in „Echorers Familienblatt“, 1886.
Ss Goethe, Hermann, wurde am 16.
März 1837 zu Naumburg als ein Ab:
fomme der Thüringer Linie der Familie
Goethe geboren, bejuchte das Gymnafium
dajelbjt, danach das zu Halle und wandte
fih alsdann dem Studium des Garten:
baues und der Zandwirtichaft zu. Nach:
dem er eine VBorpraris in Dresden, Er:
furt und Hamburg durdgemadt hatte,
wurde er 1859 Affiftent bei Dr. Eduard
Lucas in Hohenheim und befuchte gleich: |
ISA Kork. Or p.319
Wiener Hochichule für Bodenkultur, wo
er noch jet wirft. Außer den genannten
heben wir von G.'s verdienten Werfen be-
| fonders hervor:
Der Obitbaum (2, Aufl.), Der Weingarten,
Handbuch der Ampelographie (2. Aufl.), Die Reb⸗
laus, Atlas der wertvollften Traubenlorten, Die
Rebenveredlung, Die Phyllorera, Amerik. Reben.
Goetz, Ferdinand, geboren am 24.
Mai 1826 in Leipzig als Sohn des Ober:
zollinfpeftors Fr. W. G. befuchte die Tho—
masichule und wurde 1846 Student der
Medizin. Schon damals nahm er mit
ganzer Seele Anteil an der politiichen
Bewegung. 1847 traf ihn das Conci-
lium abeundi, Karzerftrafe und Verluft
aller Stipendien wegen Teilnahme an der
damals verbotenen Burfchenichaft, aber
die politifche Frühlingswonne des Jahres
1848 machte Alles wieder gut. Im Mai
1849 zog ©. für die Reichsverfaſſung mit
in den Maikampf nad) Dresden, dem wies
der Unterfuhungshaft und Stipendienvers
Soldhann.
luft und fpäter Klagfreiftellung unter Ver:
luft der polit. Ehrenrechte folgten. 1850
promovierte G., war eine Zeit lang als
Reifearzt fort, dann bis 1855 in Geit-
hain, um von da aus in Lindenau dau—
ernd zu bleiben. Hier ein reiches thäti-
ges Leben als Arzt und in allen öffent:
lihen Angelegenheiten, welches nod) zwei-
mal zu politiihen Unterfuhungen und
Haftitrafen 1850 und 1865 führte. Bon
1857 übernahm ©. die Redaktion der
„Deutichen Turnzeitung“ und von 1860
die Gefhäftsführung der Deutichen Turner:
ſchaft, die bis jegt in feinen Händen. 1868
bis 1870 war G. Mitglied des erſten nord:
deutichen Neichstages und 1887 des deut-
ſchen Reichstages und gehört der national-
liberalen Fraktion an. Er gab heraus:
Das dritte ftatiftiiche Jahrbuch der deutjchen
Turnerihaft (1871), Das erfte, zweite und dritte
Handbuch der deutſchen Turnerfchaft (1879, 1884
und 1887), Bahn frei (2. Aufl, 1878), Feuer:
wehrlieder (8. Aufl, 1883). Eine Sammlung
„Aufläge und Gedichte‘ mit Lebensbeichreibung
nad Gs Aufzeichnungen hat Rud. Lion zufam:
mengeftellt und zum 2öjäbrigen Jubiläum G.'s
ala Gejhäftsführer der deutihen QTurnerichaft
berauägegeben.
Goldhann, Franz, ein Neffe des
Folg., wurde am 10. Januar 1859 in
Balma Nuova als der Sohn eines Haupt:
manns geboren, der mit feiner Familie
jedod bald nad) Trieſt, dann nad) Wien
und endlich nad) Graz überfiedelte. Hier
begann und vollendete G. feine Studien. Er
zeigte ſchon früh eine große Vorliebe für
die deutiche Literatur, für klaſſiſche und
moderne Werke, fein Lieblingsfchriftiteller
wurde P. K. Rojegger, deilen Schüler
und Anhänger er noch jet ift. Eine Fe—
rienreife durch die Bergwelt des jteiri-
Ihen Oberlandes wirkte mächtig auf ihn
ein, jo daß er alljährlich jeine Bergfahrten
wiederholte: durch Oberjteiermarf, nad)
Kärnten, Oſterreich, Salzburg, Tirol
und Bayern, wo er fih reiche Kennt:
niffe auf dem Gebiete der Alpiniftif er:
warb und das Volksleben aus eigener
Anihauung gründlich fennen lernte. Bald
192
Goldhann.
wurde G. Mitarbeiter verichiedener Your:
nale. Er ſchreibt Feuilletons, Skizzen, No:
velletten, Abhandlungen über Natur und
Volksleben, über Literatur und Kunft. Be:
fondere Beahtung und Anerkennung fan
den feine „Streifzüge in den Alpen“. ©.
lebt als Staatsbeamter in Graz.
Goldhann, Ludwig, wurde am 8.
Dezember 1823 in Wien als ein Sohn
wohlhabender Eltern geboren. Schon früh:
zeitig zeigte der Knabe große Begabung
und heißen L2erneifer, deſſen zu eifrige
Ausübung jedoch fo nachteilig auf ihn ein:
wirkte, daß er gemütsfrant wurde und
feine Schulitudien unterbrechen mußte, erit
in Bozen Genefung wiederfindend. Nad)
Abfolvierung des Gymnaſiums bezog er
‚die Univerfität Wien, wo er neben dem
Studium der modernen Sprachen ſich mit
gen Geleile des Alltagslebens.
‚Eifer auf die altklaſſiſche Literatur ver-
legte.
Da warf das Jahr 1848 aud) ©.
mit eifernem Flügelihlag aus dem ruhi⸗
Er trat
in die akademiſche Legion und wurde ums
ter Fiſchhof (ſiehe diefen) in den Ausschuß
gewählt. Da feine Familie durchaus fon-
ſervativer Richtung angehörte, jo trat ein
heftiger Konflikt zwifchen den Gliedern der:
jelben ein, von denen zwei Brüder im
‚er in den Staatsdienit trat.
Kampfe fich gegenüberftanden. ©. ver:
‚ließ deshalb die Heimat und das Eltern:
haus und fiedelte nad) Brünn über, wo
Nachdem er
nod) 1850 zum Doftor promoviert wor:
‚den, wandte er fi) mit mehr Muße ſei—
nen literarischen Studien zu. Außer ei-
nigen, in Zeitichriften zerſtreuten Gedich—
ten war bis jeßt noch nichts von ©. ver:
\ öffentlicht, nur erfchienen feine ausgewähl—
ten Dichtungen, und das Traueripiel Ar:
fine. 1852 madte ©. eine Erholungs-
reife nach Italien, als deren Frucht jpäter
(1855) Aeſthetiſche Wanderungen in Sizilien
erſchienen, ein Buch, das ſehr günftig auf-
genommen wurde und feines Verfaſſers
Namen zuerft befannter machte. 1857
ging G.'s Trauerfpiel Der Landrigter von
Goldſchmidt.
Urbau zum erſten Mal über die Bühne.
Daſſelbe machte den Autor mit Friedrich
Hebbel bekannt, der ihm bis zum Tode
ein freundlicher Berater blieb. Inzwiſchen
war G. zum Adjunkten der Finanzproku—
ratur emporgerückt. Aber das Beamten—
leben jagte ©. nicht zu. Nur die oftma-
ligen Reifen u. A. nach England, Franf-
reih und Deutihland und die Bekannt:
ſchaft mit Fr. Halm, Laube, Grillparzer
u. A. erfriichten ihn und hielten ihn auf:
recht.
ſeiner literariſchen Leiſtungen erfuhr G.
doch mancherlei Zurückſetzungen und lernte
das ganze Elend, den erbärmlichen Brot—
und Konkurrentenneid kennen, der nir—
gend ſo ausgebildet iſt wie in dem edlen
Schriftſtellerſtande (heutzutage tauſendmal
ſchlimmer als in damaliger Zeit!). Oft—
mals ermüdete G. und wandte ſich mehr
der Tagesjchriftitellerei in Geſtalt leicht:
beſchwingter Fenilletons für Zeitungen
zu, fehrte aber immer wieder zu der edle—
ren Muſe, dem Drama zurüd. 1867
nahm er feinen Abichied aus dem Staats:
dienit und lebte von nun an ganz feiner
Literariihen Thätigkeit, die er nur durch
längere und fürzere Reiſen unterbrad).
Außer den genannten heben wir von ©.s
allgemein anerkannten Werfen hervor:
Der Günjtling eines Kaiſers (Trauerfp.), Am
Rande des Abgrunds (Dr.), Ein Königshaus
(Dr.), Der Solofänger (Luftip.), Ein Tanz mit
der Königin (Lip.), Im alten Raubſchloß, Dich:
tungen und Skizzen aus Mähren, Tief im Ge:
birg (Trauerjp.), Ein verfauftes Herz (Dr.), Eine
ſchlimme Kritik (Zuftfp.), Maria und Martha (Dr.),
Auf Rigi-Culm (Dr.), St. Hubertustag (Schm.).
Goldſchmidt, Levin, geb. 30. Mai
1829 in Danzig, hat auf dem Gymnafium
jeiner Vateritadt den Unterricht ausge:
zeichneterZehrer genofjen, insbejondere des
Altertumsforihers Joachim Marquardt
und des Hiſtorikers Theodor Hirſch. Hat
1847—1851 in Berlin, Bonn, Heidel—
berg, Berlin jtudiert und 1851 in Halle %
promoviert. Demnädjit hat er gegen 31/e
Jahre bei dem Stadt: und Kreisgericht
fowie bei dem Commerz und Admirali:
Das literariihe Deutichland.
193
Troß glänzender Beurteilungen
Goſche.
täts⸗Collegium zu Danzig als Auskulta—
‚tor, nach zurüdgelegtem zweiten Eramen
als NReferendar gearbeitet, mit dem prafti-
ſchen Recht, aber auch rechtshiſtoriſch eifrig
befchäftigt. Durch feine Konfeſſion (verfaj-
ſungswidrig) von der vichterlihen und
akademischen Laufbahn in Preußen aus:
geichloffen, habilitierte er ſich 1855 in
Heidelberg, wurde 1861 außerordentlicher,
aber noch unbejoldeter Brofefjor, 1866
ordentlicher Profeſſor dajelbit.
' 1858 gründete er die noch jet ericheinende
| Zeitichrift für das gefamte Handelsrecht ; fie enthält
‚sehr zahlreiche, zum Theil monographiiche Ar:
beiten von G. 1862 erichien ein Lehrbuch der
Encyelopädie im Grundriß; 1864—1868 der
erſte Band feines Dauptwerkes: Handbuch des Han:
delsrechts, welches auf mirtichaftliher und ge:
Ihichtliher Grundlage das Europäiſche Handels:
‚recht, mit beſonderer VBerüdjichtigung des Deut:
‚schen, darjtellt; 2. Ausgabe von Abthlg. 1 (jetzt
"9. I) 1874—1875, Wbthlg. 2 (jet Bd. IN)
'2fg. 1, 1885. Dazu famen Gutachten über die
inzwiſchen in Fluß geratene deutſche Handels:
— (über den Preußiſchen Entwurf 2
Hefte, 1857 — 1858; über den zweiten Nürnberger
‚ Entwurf, Gutachten an das badiiche Juſtizmini—
'fterium 1860); zahlreiche Gutachten in wichti—
—
gen Handelsprozeſſen; Abhandlungen hiſtoriſchen
und juriſtiſchen Inhalts in verſchiedenen Zeit—
ſchriften. Auf dem erſten deutſchen Handelstage
zu Heidelberg, 1861, hat er als Referent für die
Einführung des deutſchen Handelsgeſetzbuchs, die
Errichtung kaufmänniſch beſetzter Handelsgerichte,
die Errichtung eines oberſten deutſchen Gerichts:
hofes gewirkt, IS6S—1N70 ſich als Bezirksrat
an der Badiſchen Verwaltungsrechtspflege beteiligt.
Bei der Errichtung des erſten oberſten deutſchen
Gerichtshofes, des Bundes-Oberhandelsgerichts
zu Leipzig, wurde er, in Gemäßheit einer beſon—⸗
deren Klaujel des Geſetzes, als einziger und zwar
füddeuticher Rechtslehrer in denselben berufen und
bat demjelben bis zum 1. Juli 1875 angehört
— unter den Entiheidungen diejes Gerichtshofes
iſt ein jehr beträdtliher Teil (bis zu Bd, XV
einschließlich) aus feiner Feder gefloſſen und er
hat weſentlich die für die Redaktion maßgebenden
Grundfäge mitbeftimmt. Nachdem er wiederholt
Berufungen ausgejchlagen, nahm er 1875 einen
zweiten Ruf an die Univerſität Berlin unter
der genehmigten Bedingung an, daß er feine
ı Vehrthätigkeit vorwiegend dem Handelsrecht zu:
enden dürfe.
Goſche, Richard Adolf, wurde am 4.
uni 1824 in Neundorf bei Kroſſen ge—
boren, jtudierte in Leipzig und Berlin
13
* Sollingrfosef. Sch 314
—
Gottberg.
Literaturgeichichte und Orientalia und ha=
bilitierte fih 1850 für diefe Fächer an
der Berliner Univerfität. 1861 wurde
er bajelbft zum außerordentl. Profeſſor er:
nannt und 1863 als ordentl. Profeflor
nad) Halle berufen, wo er noch jekt als
anerkannt tüchtiger Drientalift und her:
vorragender Xiterarhiftorifer lebt. Seit
langen Jahren gehört ©. dem deutſchen
Schriftſteller-Verbande (nunmehr als Ver:
trauensmann) an, deſſen Beftrebungen er
außerordentlich gefördert hat. Unter jei-
nen von der Kritik glänzend beurteilten
Merken heben wir hervor:
Die Alhambra und der Untergang der Araber
in Spanien (1854), Uber Ghazzalis Leben und
Merfe (1858), Die Kitäb el-amäil (1867), Die
ehnte Mufe (1867), Gervinus (1871), Richard
Bagners Frauengeftalten (1883), Georg Ebers
(Biogr. 1883).
Gottberg, Anna von (A. von R. En-
berg), wurde am 10. März} 1826 auf
dem Gute Neifewig i. Schlefien als die
Tochter des Freiherrn von Rottenberg ge:
boren und im elterlichen Haufe unter der
Leitung eines hochbegabten Vaters von
trefflichen Lehrern erzogen und befonders
in Muſik fünftleriih ausgebildet. Früh
ſchon zeigte fi) in dem jungen willensdur:
ftigen Mädchen der Hang zum Dichten und
Fabulieren, und als fie fi 1862 mit dem
preußilchen Offizier von Gottberg ver:
mählt hatte, mit dem fie ipäter nach Dres:
den überfiedelte, benugte fie alle Muße,
die ihre hausfraulichen Pflichten ihr ließen,
zu eingehenden philoſophiſchen und lite:
rariſchen Studien, die fie jpäter in ihren
Werfen zu verwerten gedachte. Dies ge-
ſchah auch, bejonders in dem als hödjit
bedeutend anerkannten Roman Was zum
Biele führt (1887), ein Werk, das ein, Frauen
jelten gegebenes philojophiiches Verftänd:
nis befundet und von der Autorin noch
vieles erwarten läßt. Außerdem erichien
1861 ein Band „Gedichte“. A. v. ©.
bat ſich auch als geacdhtete Mitarbeiterin
in vielen Zeitichriften heimisch gemacht.
Gotthardi, W., |. Mor. Müller.
194
Gottſchall.
Gottſchall, Karl Rudolf von, wurde
am 30. September 1823 als der Sohn
eines Offiziers in Breslau geboren, be=
ſuchte die Gymnaſien zu Koblenz und Ras
jtenberg, wohin die Familie nad) der Pen—
fionirung des Vaters zog. Nach Vollen-
dung feiner Schulbildung widmete fih ©.
dem Studium der Rechte an der Univerfi-
‚tät Königsberg. Es war das im Jahre
1841, da e8 ſchon heiß im deutichen Volks—
‚herzen zu gähren begann und die im
Hintergrunde von 1848 ſchlummernden Er⸗
eigniffe ihren Schatten vorausmwarfen.
Mas war natürlicher, als daß der von
Freiheitsdrang und Vaterlandsliebeerfüllte
Gottſchall der erften einer zu fein beftrebt
war, von denen, die beutich fein wollten!
Aber die Zeit war noch nicht reif. Das
ſollte auch der junge Ungeduldige erfahren:
‚das consilium abeundi war die ftrenge
Antwort der Univerfität an die vorwärts
drängende akademiſche Jugend auf deren
Freiheitsruf. Mit den andern z0g auch
G. hinaus aus der alten Preußenjtabt
nun gen Breslau. Hier derjelbe Freis
heitsruf — dielelbe ftrenge Antwort. —
Mit großer Mühe und unter vielen
Schwierigkeiten gelang es G. die Er
laubnis zum Weiterfiubieren in Berlin
zu erhalten. Nach Beendigung feiner
Studien gedachte ©. die akademiſche Lauf:
ı bahn zu ergreifen, aber als ihm die Frage
nad jeiner nunmehrigen Gefinnung vor⸗
gelegt wurde, gab er frei und franf zur
Antwort, daß er feine Gefinnung nicht
geändert habe. Damit war e8 um jeine
akademiſche Zukunft geichehen. Es war
das zur jelben Zeit, da ®. zum erften
ı Male als dramatiſcher Dichter hervortrat.
Es war fein toller Beifallsfturm, der jei-
‚nem „Lord Byron in Italien” entgegen-
braufte, aber es war mehr; die vornehm-
ſten Kunftfenner vereinigten fi zu dem
Urteil, daß ©. ein Dichter jei. Und
das blieb er. — Er wirkte num als Dra-
‚maturg in Hamburg, naddem er
Zeit in gleicher Eigenjchaft zu Kön
thätig gewejen. Dieſe Stellung gab er
Grabe. — 195 — Grabom,
nad) feiner, 1853 erfolgten Bermählung | Pole von Geburt, von Beruf Aderbauer,
mit einer ebenfo liebenswürdigen wie geift- | war fehr bemüht, dem Anaben eine gute
reihen Echlefierin auf, um die Nedaftion Edulbildung zu geben. Vom 7. Jahre an
der beiden Zeitihriften „Unfere Zeit“ und | befuchte er die Dorfichule, außerdem genoß
„Blätter für literariihe Unterhaltung” er deutichen Privatunterricht bei dem das
zu übernehmen, die er bis 1887 leitete. | maligen Kaplan in Lubetzko, Konſt. Sterba.
Es hat ©. an Anerkennung feiner hohen 1871—73 bejuchte er die Präparanden⸗
Verdienfte um die deutiche Literatur, die | ſchule in Zublinig, wurde 1874 in das
er bereichert hat wie wenig andere, feines: | Zehrerjeminar zu Pilhomwig aufgenommen
wegs gefehlt. Mas dem Dichter fo felten | und beftand 1878 die Lehrerprüfung. Seit
zuteil wird, ©. iſt e8 geworden: die Mit | 1886 ift er Lehrer in Ollſchin. Die erjte
welt flocht ihm den Lorbeer, nicht bleibt Luft und Liebe zum geiftigen Echaffen
es, wie in den meijten Fällen, der Nach- | zeinte fi bei G. jchon frühzeitig. Er
welt erjt vorbehalten: verfaßte kleine polnische Erzählungen und
Hauptwerfe: Lieder der Gegenwart (1842), | fchrieb als Jüngling zahlreiche Gedichte.
Der Blinde von Alcala (1846), Wiener Jmmor: | „ : er: 20a}
tellen (1848), Gedichte (1849, 1858), Ferdinand Später zwangen ihn mißliche Verhältniſſe,
vom Schill (1850), Mary Douglas (1852), Die beſonders eine langwierige und koſtſpielige
deutiche Nationalliteratur in der erften Hälfte des Krankheit, jein Talent auch als Erwerbs:
19. Jahzh. (5. Aufl. 1854), Sebaftopol (1856), quelle zu verwerten. So entitanden zahls
—— er, 5 gen — reiche Erzählungen, Novellen ꝛc., die in
fafus (1870), Sriegäfieder (5. Aufl. 1870), Por. | Dielen Zeitſchriften abgedrudt wurden. Als
trät3 und Studien (6. Aufl. 1870— 71), Janus Bud erichien: Die Sagen, der Aberglaube und
eye —— Fe IT abergläub. Sitten in Schleſien.
arzen Adler 5), Welke 17), | —
—— Kalb (1880), Die Erbichaft des Blutes, Grabow, Heinrich (d Altona), wurde
(1882), Die Bapierprinzeifin (1884), Schulröschen | am 29. Januar 1853 in Eppendorf ges
(1884), Verſchollene Größen (1886). boren. Er widmete fi der Zournaliftif
Grabe, Franz, wurde am 12. März | und ift ſeit 1880 Redakteur des Annaber
1843 in Altenbruch geboren, hegte den fehn: | ger Wochenblattes. Literariſch ift er Haupt»
lichſten Wunſch zu ftudieren, mußte jedoch ſächlich auf dem Gebiet des Feuilletons
auf Munich der Eltern Kaufmann werden. | tätig, außerdem heben wir von feinen
Srühzeitig zeigte der Knabe mancherlei | Jelbftändig erſchienenen, durch die Kritik
Talente, bejonders nannte er eine reiche gänftig — —
muſikaliſche Begabung ſein eigen, der ue — —————
ipäter Früchte in einer Reihe von Walzer⸗ er —— sr * ed
und a eablden (U — Recht (Schauſp.), Krauſes Zeug (Erz. u. Plaud.).
wohnte G. auch ein hübſches literariſches
— inne, das ſich ſpeziell in feinen |, GrafBariholomew, Mary, ges
plattdeutfchen, von der Kritif günftig auf- Fe am a 1832 zu Weinheim
genommenen Mufenkindern äußerte: Dit (Baden) als die Tochter vornehmer eng»
un dat in Hadler Platt (1877, 2. Auft. 1886), liſcher Eltern — der Vater war ein hoher
Bon de Elmfant ut Hadelnland (1880), Frig | Offizier im Regiment der Königin. Die
Reuter (Schw. 1882), Die beiden Peter (1882), | Mutter ftarb drei Tage nach der Geburt
Das Wüller-Klärchen (1882), Ut ole un nee Tier des Kindes, welches der Water in das
den (1886). G. ift als Kaufmann in Lüding⸗ Yirfenauer-Thal“ zu den, ihm befann-
worth i. Hadelnland anfällig. ten Oberförftersleuten Bernhard brachte,
Grabinsti, Ludwig, wurde am 13. wo e8 eine traute, liebe Heimat und un—
Auguft 1857 in dem jchlefiichen Dörfchen | endlich gute Pflegeeltern fand. Der Vater
Groß-Lagiewnid geboren. Eein Vater, |ftarb einige Wochen nad) diejer Zeit, und
13*
Granella. 196 Grazie.
fo blieb die Waiſe bis zu ihrem acht- G. und der Doris geb. v. Januszkiewicz,
zehnten Jahre im Förfterhaufe, das im empfing den erjten Unterricht im elter-
Eommer aud Kurgäfte beherbergte und
lebhafte Anregung gewährte. 1857 ver:
heiratete fie fi) mit dem Buchhalter der
Frankfurter Bank, George Graf, einem
hodjgebildeten Manne, mit dem fie in
glüdlichiter, mit mehreren talentvollen
Kindern gefegneter Ehe lebt. Frau ©.:B.
hat vorzugsweiſe ein Iyriiches Talent, und
hat ſich beionders befannt gemacht durch
ihre Kochrezepte in Werfen, die fie nad)
den befanntelten und beliebtejten Volks—
melodien gedichtet hat. Außerdem Ichreibt
fie hauswirtichaftlihe und erziehliche
Briefe, ſowie Aufläße, Gedichte und Er:
zählungen für eine Reihe von Zeitichrif:
ten. Seit Jahren ift fie die unermüdliche
Vorfämpferin für die Einführung des
theoretiihen Kochunterrichts und der Er-
lernung des allereinfachſten Haushaltes in
den Bürgermädchenichulen.
Granella, ſ. 5. W. Tangermann.
Grasberger, Hans (Karl Birken:
bühl), geboren am 1. Mai 1836 in Ob:
dad, abjolvierte das Gymnaſium zu Kla—
genfurt und bezog 1856 die Univerfität
Wien, um Rechtswiſſenſchaft zu ftudieren.
Von Haufe aus ohne Vermögen, mußte
G. die Koſten jeiner Studienzeit großen:
teils felbjt erwerben, was er zuerjt durch
Stundengeben, ſpäter aber durch litera-
riiche Arbeiten in Gejtalt von Zeitungs:
feuilletong zu Wege brachte. Die jchnellen
Erfolge, welche er auf der urſprünglich
nur nebenbei betretenen Bahn als Schrift:
jteller zu verzeichnen hatte, drängten ihn
ſchließlich von jeinen früheren Lebens:
plänen hinweg, und da mit feiner lite:
rariihen Thätigfeit auch feine Erfolge
wuchjen, blieb er bei der Feder:
Singen und Sagen (1869), Sonette (1873),
Aus dem Narneval der Liebe (1873), Jan Mit:
nehm (iteiriicher Dial., 1880), AU Wandarbüachl
(1884), Nir für unguat (1885).
Graßmaun, Guſtav Julius Carl,
geboren 16. Juli 1852 zu Milow, Kreis
Brenzlau, Sohn des Gutsverwalters Garl
lichen Haufe und bejuchte darauf Die
Friedrich Wilhelms: Schule zu Stettin.
1870 trat ©. in den unter norddeutſcher
Bundes-Verwaltung jtehenden medlenbur:
giſchen Poſtdienſt, wurde in verjchiedenen
Orten des Großherzogtums, von 1874
bis 1879 bei der fail. Ober: Boftdireftion
in Schwerin beichäftigt und iſt feit 1879,
während deſſen er 1831 zum Poſtſekretär
befördert, ältefter Beamte des Poſtzweig—
‚amtsin Hagenow (Medibg.). Im I. 1878
verheiratete fih G. mit Bertha, ältelten
Tochter des großh. Stallkommiſſars Rüft
zu Redefin. — Zum 60. Geburtstage [nes
Zandesfürjten gab ©. ein Gedenfblatt her:
aus, das noch in demielben Jahre 1883
‘eine neue Ausgabe erlebte. Weiter ijt
G. vorzüglid auf hippologiihem Gebiete
literariſch thätig, er veröffentlichte mehr:
fach Abhandlungen diefer Art in verichie-
denen Zeitichriften und ift auch und zwar
bejonders für die Geftütfunde Mitarbeiter
der Encyklopädie der gejamten Zierheil-
funde und Tierzucht.
Grazie, Marie Eug. delle, wurde am
14. Auguſt 1864 als Tochter des Berg:
bau-Direktors Cäſar d. Gr. in Weih-
‚firden in Ungarn geboren und verbrachte
die erjten zehn Jahre ihres Lebens in Ber:
ſaska, einem Gebirgsdörfchen anderunteren
‚Donau im Banate. Nah dem Tode des
Baters, von weldhem das phantafievolle
Kind nicht nur die Liebe zur Natur, ſon—
dern auch die Begeilterung für Poeſie und
Kunft geerbt hatte, überfiedelte die Mutter
nad Wien, um bier für die Ausbildung
| rer beiden Kinder beſſer Sorge tragen
zu fünnen. Marie Eugenie abjolvierte
hier die Bürgerichule und bejuchte hier:
auf länger als ein Jahr das Pädagogium
bei St. Anna. Bon dem Plane, Lehrerin
zu werden, mußte fie jedoch abitehen.
Siebzehn Jahre alt, ließ fie ein Bändchen
„Sedichte” ericheinen, die ſehr günftige
Beurteilung fanden. Ebenjo das Epos
Greffrath.
Hermann (1883, 2. U, 1884), und ein Trauer: |
tpiel Saul (1884), Die Zigeunerin (1884), An-
derien ald Märchendichter.
Greffrath, Henry, wurde am 3. Fe
bruar 1818 unweit Teterom, wojein Vater
bermalen Gutsbefiger war, geboren, be:
juchte das Gymnaſium in Güftrow und nad)
Abfolvierung des Abiturienteneramens die
Univerfitäten NRoftod, Leipzig und Berlin.
Das Studium der Theologie, welchem er
id) widmen wollte, gab er wieder auf und
wandte fi der Philologie und natur:
willenihaftlihen Studien zu. Das Jahr
1848 riß auch ihn. in den Strudel der
damaligen großen politiichen Bewegung,
und er ſah fich, als die Reaktion zur Herr:
ſchaft fam, zur Auswanderung nad) Auftra-
197
‚ragt beionders jeine „Geſchichte der Stadt
Rom im Mittelalter“ hervor.
"Arbeit eroberte ſich der Autor einen Ehren:
Greif.
wirkte er einige Zeit als Lehrer, gab diefen
Beruf jedoch gänzlich auf, um ausſchließ—
ih der Schriftitellerei leben zu können.
Um feinen Gefichtsfreis überhaupt zu er-
weitern, bejonders aber au), um italie-
niſche Geſchichte an Ort und Stelle gründ-
lich zu ftudieren, begab er fid) nad) Rom,
wo er 22 Jahre gelebt hat. Er reiite
aud nad Griechenland und dem Orient.
Seit 1884 bat ©. feinen Mohnfig in
München genommen. Unter G.'s Werfen
Dit dieſer
plag unter den Hiftorifern; die Stadt
Rom ernannte ihn zum römiſchen Ehren:
bürger.
Außerdem hervorzuheben: Wanderjahre in Ita—
ne Hier eilte er ſofort nach den | lien, Zuerezia Borgia, Der Kaiſer Hadrian, Die
ldern, gehörte aber zu den vielen | Grabdenkmäler der Päpſte, Corfica, Athenais,
oder den meilten, welche fein Gold fanden. | Euphorion, Kleine Schriften zur Geihichte und
Nachdem er fich dann ein Jahr lang allerlei , Kultur.
ihm jehr heterogenen Beſchäftigungen hatte | Greif, Martin (eigentlid Hermann
unterziehen müflen, gelang es ihm durch Frey), geboren 18. Juni 1839 als der
günstige Umftände, am St. Peter's Kollege | Sohn eines hohen Staatsbeamten in
der hohen biihöflichen Kirche in Adelaide | Speyer, abjolvierte das Gymnaſium in
eine jehr angenehme und gut beioldete Münden und widmete ſich dem Soldaten:
Stellung als Profeſſor für neuere Epras | ftande, den er aber bereits als Lieutenant
hen und deren Vergleihung mit den alten quittierte, um ganz feiner Mufe leben zu
zu erhalten. Nebenbei betrieb er einigen | fünnen, der wir Serrliches bereits ver:
Buchhandelund war aud) anderweitig fom: danken. G.'s Gebiete find das Drama
merziell engagiert. Nach einem Aufent: | und die Lyrik, und auf beiden blühte ihm
halte von 14 Jahren in den auftralifchen der Ruhm. Seine Dramen haben die
Kolonien Jah er fih aus Gefundheitsrüd- Runde über fajt ſämmtliche Bühnen ge:
fichten zur Nüdfehr nad) Europa gezwuns | macht, und feine Lieder klingen im Munde
gen und lebte zunächſt in Jena, jept aber
in Deflau. Er gilt als gründlicher Kenner
Auftraliens und Polynefiens und ift ein
thätiger Mitarbeiter am „Globus“, am
„Ausland“, an der „Rundſchau für Geo:
graphie und Statiſtik“ zc.
Gregorovius, Ferdinand, wurde am
19. Januar 1821 in Neidenburg geboren,
ftudierte urfprünglih Theologie in Kö—
nigsberg, ging aber bald zur Philofophie
und Gefchichte über, da er einen inneren
Beruf als Theologe nicht fühlte. Nach—
dem er feine Studien vollendet hatte,
der Sänger. ©. lebt in Münden, reip.
auf Reifen, die ihn die meifte Zeit fern
halten,
Hauptwerfe: Gedichte (4. Aufl.), Corf. Ulfeldt
(Trauerfp.), Nero (Trauerjp.), Deutliche Gedent:
blätter, Marino Falieri (Trauerfp.), Prinz Eugen
(Schaufp.), Heinrich der Löwe (Schaufp.), Die
Pfalz am Rhein (Schaufp.). Außerdem finden ſich
Gedichte ©.'3 in fait allen befferen Zeitichriften
jeritreut.
Grey, Karl, j. MW. Grote.
Grieben, Hermann, wurde am 8. Fe—
bruar 1822 in Cöslin (Pommern) geboren,
zeigte als Knabe ſchon ungemein geiltige
Sa olso
ya.
—
Grieſebach.
198
Grimm.
Anlagen, die ihn auf den jpäteren Lebens | Parnaß. Herner heben wir hervor:
weg hinwieſen. Nah Abjolvierung der
Gymnaſien zu Eöslin und Breslau bezog
er 1841 die Univerfität Breslau, wo er
theologiſchen, philoſophiſchen und philo-
logiſchen Studien oblag, und nad) Erwer—
Dung der Doftorwürde von 1846—48
als Hauslehrer wirkte, um dann die Lehr:
thätigfeit zu Gunſten der publiziſtiſchen
völlig aufzugeben. Nachdem er das Volks: |
blatt in jeiner Waterjtadt, die „Djtiees
zeitung“ in Stettin, die „Zeitung“ in Lübeck
und die „Bommerfche Zeitung” in Stettin
redigiert hatte, berief ihn 1859 die „Kölni—⸗
Ihe Zeitung” als Mitglied ihrer Redaktion
infolge feiner hervorragenden journalifti-
Ihen Begabung. Bon feinen eigenen lite:
rariihen Arbeiten, die meiltens in lyri—
ſchen, fi durch Gefühlsinnigfeit auszeich:
nenden Erzeugnilfen bejtehen, heben wir
hervor:
Lieder eines Studenten, Aeſchylos Prometheus
(metrifch überfegt), Liebfraue, Norddeutiche Früh:
lingäterzjinen, Das Kutſchkelied, Zeititimmen,
Wanderlieder, Durh Wald und Waſſer, Gott |
grüß' die Hunt! Geſammelte Gedichte; ferner
Dante Alighieri (Studie), Kutſchke vor dem Un:
terfuchungsrichter (liter. Protof.).
Grietjebach, Eduard, geboren am 9.
Dftober 1845 in Göttingen, ftudierte
Rechts- und Staatswilfenihaft in feiner
Vaterjtadt und in Leipzig und trat, nad)
zweijähriger Thätigkeit als Auskultator
beim Kammergericht in Berlin, in die
diplomatiſche Laufbahn ein, zunächſt bei
der Geſandtſchaft in Rom, danach in
Konſtantinopel, ſpäter nach einander in
Smyrna, Jaſſy, Bukareſt und Petersburg,
nunmehr als Kaiſerlich deuticher Konful
in Port au Prince angejtellt. Außer
durch zahlreiche jehr bedeutende und von
tief eingehendem Studium zeugende lite
rarbiftorifche Arbeiten, bejondegs durch
feine „Deutiche Literatur K70 Bis
1871”, erwarb ©. ſich hauptſächlich durch
jeine, von hoher dichteriiher Begabung
Beweis ablegende epifhe Schöpfung Der,
‚vollendete Schönheit der Formen, doch
neue Tannhäufer (14. Aufl. 1857) einen glän:
zenden Namen unter den Boten vom
Tannhäufer in Rom, Kin —Ku—Ki—Kuan
(Nov.), Chinefiihe Novellen, Die Wanderung der
Novelle, Die treulofe Witwe; auch gab ©. bie
Werke Heine v. Kleiſts in vorzügliher Ausgabe
heraus,
Grimm, Hermann, wurde am 6. Ja⸗
nuar 1828 als der jüngfte Sohn des be
rühmten Sprachforſchers Wilhelm G. in
Kaſſel geboren, abjolvierte das dortige
Gymnaſium und widmete fi dem Stu-
dium ber Philoſophie und Kunſtgeſchichte
in Bonn, ging alsdann auf mehrere Jahre
(1850 -53) nad) Rom, wo er die alten
Meiiter ſtudierte und gründete nach ſeiner
Rückkehr in Berlin die Zeitſchrift „Über
Kunftleben und Kunftwerfe”. 1865 ha—
bilitierte er fih als Privatdozent für
Kunſtgeſchichte an der Univerfität Berlin,
die ihm 1872 eine ordentliche Profeſſur
ertheilte. In Anerkennung feiner hervor:
ragenden afademiichen Verdienſte verlieh
der Kaiſer ihm 1884 das Präbdifat als
Geheimer Regierungsrat.
Bon feinen, auf das günftigite beur-
teilten Werfen heben wir hervor: Armin
(1851), Demetrius (1854), Goethe in Italien
(1859), Eſſays (185975), Unüberwindliche
Mächte (1859), DasLeben Michel '8(1870),
Das Leben Rafael's (1872), Fünfzehn Eſſays
(4. Aufl.).
Grimmelt, Ferdinand. Ich bin ge:
boren zu Gefcher in Weitfalen am 8. Mai
1835, jtudierte nad) Vollendung der Gym:
naftaljtudien zu Coesfeld Philoſophie und
Theologie an der Akademie zu Münfter
und wurde 1860 zum Prieſter geweiht.
Weil ein heftiges Halsleiven mir eine an—
jtrengende Berufsthätigfeit unmöglich
machte, begab ich mid) nad) Holland, wo
id während 4 Yahre als Erzicher lebte.
Hier bildete die Lektüre der niederlän—
diſchen Literatur, namentlih die Werfe
des Jooſt van der Vondel meine Lieb:
lingserholung und lernte ich in Letzteren
einen Dichter kennen, hervorragend durch
Fülle und Tiefe der Gedanken, wie durch
faum dem Namen nad) befannt im deut—
Grifar.
{hen Vaterlande, dem er durd) feine Ge: |
burt — zu Köln am Rhein — angehörte.
Es reifte in mir der Entſchluß, die her:
vorragenden Werke diejes Fürſten unter
den Dichtern der Niederlande zum Ge:
meingute meines Vaterlandes zu machen.
Meine plögliche Abberufung aus der bis:
berigen Stellung (1864) und meine An-
ftellung als Kaplan in Liesborn verjchob
die Ausführung des Planes; erſt 1868
erichien die Bearbeitung des Trauerjpiels
Vondels, des „Lucifer“, nebjt einer Le—
bensbejchreibung des Dichters. Belonders
die Anregung des blinden Profeſſors Dr.
Schlüter, dem ich durch meine Überfegung
näher trat, ermutigten mich, die Arbeit
fortzufeßen und jo erjchienen noch ferner
Jephta, Trauerjpiel in 5 Akten, und ein Bänd—
hen geſammelter Gedichte Vondels, leg:
teres in Gemeinjchaft mit dem damaligen |
Studiojusundjegigen Profeſſor derKirchen—
geſchichte am Prieſterſeminar zu Ryſen—
burg, Dr. Andreas Janſen.
Außerdem erſchien noch die Bearbeitung
des apologetiſchen Werkes des Amſter—
damer Advokaten Dr. Joan Bohl: Die
Religion vom politiſch-juridiſchen Standpunkte
(1874).
den, jegt nad) Beendigung der Wirren
bes Kulturfampfes zur friedlichen Arbeit
an der niederländiichen Literatur zurüd-
zufehren. Im Dezember 1874 wurde ich
als erjter Seelforger nad) Heef bei Ahaus
verjegt und 12/2 Jahre jpäter zum Pfarrer
diefer Gemeinde ernannt.
Grijar, Hartmann (Conft. Germa: |
nus). Geboren zu Koblenz in Rhein:
preußen am 22. September 1845, trat
id) nach Abjolvierung der afad. Studien
der Theologie zu Münfter und zu Inns⸗
brud als Dr. theol. und Prieſter, in den
Jefuitenorden ein, mit der vollften Überzeu:
gung von der Jrrtümlichfeit der gegen den⸗
jelben erhobenen Anklagen, eine Uber:
jeugung, bie fich jeit meiner Zugehörig:
feit zu demſelben nur befräftigen fonnte.
Seit 1871 doziere ich an der theolog. Fa:
fultät der k. k. Univerfität Innsbruck
K>. er
Gruseboch, ie) Auarmıı, SM
199
Gröber.
Kirchengeſchichte; als deren o. ö. Profeſſor
wurde ich nach erlangtem öjterr. Staats= .
bürgerrechte von der Regierung ernannt.
Nach verfchiedenen vorausgegangenen Arbeiten
‚in Beitichriften publizierte ich 1882: „Galileis
jtudien. Hiftor.-theol. Unterfuhungen über die
röm. Kongregationsdekrete“ ꝛc. Dieſem Werte
folgten 1883 meine „Reformatorenbilder. Hiſto—
riſche Vorträge” zc., unter dem Pieudonym Con
Itantin Germanus herausgegeben. Die ehren:
vollen Rezenfionen, welche über beide Publika—
tionen erfchienen, heben beſonders den Ton rus
biger, verföhnlicher Erörterung und das von über:
flüffiger Polemik abjehende Eingehen auf den
Sachverhalt als Vorzug diefer Schriften hervor.
1886 gab ich jodann auf Grund handichriftlicher
Studien die Disputationes Tridentinae des
hochangeſehenen Trienter Konzilätheologen Jaco:
bus Zainez, General der Gejellihaft Jeſu, heraus,
ı mit biftor. Einleitungen, Kommentaren ıc. Ber:
ſchiedene Reilen, eine mit Unterftügung ber f.
Akademie der Wiſſenſchaften von Wien, führten
mich in der Zwiſchenzeit wiederholt nah Italien
zu längerem Aufenthalt. Ich war dajelbit, und
namentlich in Rom mit Sammlungen von Do:
fumenten zur Gefchichte des mittelalterl. Papſt—
tums beichäftigt. Seit ihrer Gründung im "gi
1877 verſah ich die Innsbruder „Zeitichrift für
kath. Theologie”, deren Redakteur ich eine Zeit
lang war, mit Abhandlungen, Rezenfionen und
Analekten kirchengeſchichtlichen Inhaltes, haupt»
ſächlich wiederum aus dem Gebiete der Papſt—
geſchichte ꝛe.
Gröber, Mar Guſtav, geb. 4. Mai
1844 zu Leipzig, ftudierte feit 1864 da-
ſelbſt Philologie und Philojophie, wurde
'1869 auf Grund einer für die Erforichung
‚der Handichriftengenefis bahnbrechenden
philologiſchen Unterſuchung über das alt:
franzöfiiche Epos „ Fierabras“ ebendafelbft
zum Dr.philos. promoviert, 1871 Dozent,
1873 außerordentliher Profeſſor der ro:
maniſchen Philologie in Zürich, 1874 or:
dentliher Profeſſor deſſelben Faches in
Breslau und 1880 nad) Straßburg in glei=
her Eigenichaft berufen. Als Herausgeber
der von ihm 1876 begründeten Zeitichrift
für Romanische Philologie, die mit der in
Paris erfcheinenden „Romania“ zu den
vornehmiten, diefem Zweig neuerer Philo—
logie gewidmeten Zeitichriften gehört, hat
er namentlich auf ein einträchtiges me—
thodiſch⸗wiſſenſchaftliches Zufammenmirfen
Hoffentlich wird es möglicd) wer: | A
J 2
Groll.
der gelehrten Vertreter der romaniſchen
Philologie der neulateiniſchen und der
Länder deutſcher Zunge hingewirkt. In
einem „Grundriß der Romaniſchen Phi—
lologie“, der unter Mitwirkung hervor—
ragender Fachgelehrter von ihm im Jahre
1886 begonnen wurde, wird das Zukunfts—
programm der jungen Wiſſenſchaft im
Zulammenhang mit ihrer Geichichte ent:
widelt und zum erften Male der Verſuch
einer ſyſtematiſchen Darftellung des ge
famten Inhalts der romanischen Phi—
lologie gemadt. Seine weiteren litera=
riſchen Arbeiten beziehen ſich auf alt:
franzöfifhe Sprache und Literatur, auf
die Überlieferung der Troubadourdichtung,
auf romanische Sprachgeſchichte, Wulgär-
latein 2c. und haben auch außerhalb feines
Schülerkreiſes anftoßgebend gewirkt.
Groll, Theodor, wurde am 3. De—
zember 1831 in Düſſeldorf geboren und
beſuchte die höhere Bürgerfchule. In früher
Jugend ſchon ausgeiprochenen Einn für
Poefie und Kunft zeigend, drängten ihn
die Verhältnifie unabweisbar ins materielle
Leben. Damit aber waren feine Studien
nicht abgeichlofjen; jede freie Stunde viel:
mehr wurde dazu benutzt. Nach fünf:
undzwanzigjährigem erniten Schaffen hatte
er ſich eine unabhängige Stellung errun:
gen, welche gejtattete, ſich mehr der jchrift-
jtelleriichen Thätigkeit zu widmen. — So
erſchien 1885 das erfte Bändchen Gedichte
in niederrh. Mundart unter dem Titel:
200
Groſſe.
wo derſelbe ſeine Vorbildung erhielt, um
ſich alsdann an den Univerſitäten zu Leip—
zig und Wien dem Studium der Philo-
jophie und Literaturgefchichte zu widmen.
1872 übernahm ©. die Redaktion der
„Allgemeinen Kunitzeitung“ und betrat
damit die Laufbahn eines Journaliſten,
der er treu geblieben iſt, nunmehr als
Chefredakteur der Wiener „Neuen Illuſtr.
Zeitung”, thätig.
Hauptwerkfe: Junges Blut (Nov.), Weltliche
Dinge (Nov.), Prinz Klotz.
Groffe, Julius Maldemar, geboren
25. April 1828 in Erfurt als der Sohn
eines Geiftlichen (fpäter Konfiftorialrath
in Magdeburg), der den Anaben früh
ſchon für den eigenen Beruf beftimmte.
Dies entiprad) jedod dem feurigen Sinn
des Sohnes jo wenig, daß er den Bater
zur Aufgabe feiner Bläne veranlaßte. Mit
fih felbjt über feine Zukunft nicht im
flaren, widmete er fich zuerft dem Beruf
eines Architekten, ging aber ſpäter zur
Jurisprudenz über, deren Studium er in
Halle oblag. Gleichzeitig beichäftigte er
fich eingehend mit Runft-Ziteraturgeichichte.
Nach und nach begann der junge für Die
Meifterwerfe deuticher Dichtkunft glühende
Student, das jus zu vernadhläffigen, und
als er fein erites Bühnenftüd über die
Bretter gehen ſah und den beraufchenden
Beifall der Menge kennen lernte, da ent-
ſchloß er fich kurz, ſagte den Nechten ade
und wurde Poet. Er fiedelte num zur
„Seerfchtiaden. Humoresten aus dem Leben Paftor | nächſt nach München über und war bier,
Gerft’s, weiland Gefängnisprediger in Düffeldorf. Ipäter auch furze Zeit in Leipzig jonrna-
Dieſe Erftlingsgabe wurde günftig aufge liſtiſch thätig (als Redakteur der Beilage
nommen, ebenfo zwei Novellen: Charakter: | der offiziellen Zeitung 1855—66 und
und Beitbilder, und Schidfalswege, Aus fturm:
bewegter Zeit. 1886 trat G. mit dem erften
größeren Roman hervor: Die Freunde, nebft
einer Vorgeſchichte, und 1887 erichienen die
Erzählungen: Der Pfarrer im Gebirge und
Das verlorene Dokument.
Groller, Balduin, wurde am 5. Sep:
tember 1848 in Arad geboren. Kurze
Zeit nach feiner Geburt fiedelten die El-
tern mit dem Anaben nad) Dresden über,
‚ipäter der Münch. Propvläen), während
welcher Zeit auch die meijten feiner mit
Begeifterung aufgenommenen Dichtungen
entitanden. 1870 übertrug die Schiller:
jtiftung ihm das Generaljefretariat, in
welcher ehrenvollen Stellung er jegt noch,
in München lebend, wirft. Unter G.'s,
von glänzender Begabung und höchiter
Formbeherrſchung zeugenden Werfen, die
‚ihrem Autor einen Plag unter den vor:
Groß.
nehmſten Dichtern der Zeit angewieſen
haben, heben wir hervor:
Deutſchland vorwärts (Ged.), Novellen (3Bde.),
Untreu aus Mitleid (Rom.), Eine alte Liebe
(Nov.), Wider Frankreich (Ged.), Gegen den
Strom (Rom.), Der neue Abälard (Nom.), Der
Revolutionär (Rom.), Maria Mancini (Rom.),
Der Stadtengel (Rom.), Gejammelte erzählende
Dichtungen (6 Bde), Der Wafunger Rath; Abul
Kapins Seelenwanderung, Abenteuer des Kale—
widen (Epen). — Geſammelte Iyr. Gedichte. —
Natürliche Magie (Rom.), Offene Wunden (Erz.),
Meue Erzählungen, Sophie Monnier (Rom.),
Zmeierlei Mai (Rom.), Ein bürgerlicher Deme:
trius (Rom.), Sherwood (Nom.), Der getreue
Edardt (Rom.), Mimofen (Theaternovellen); Das
Bürgerweib von Weimar (Rom.); Dramen: Die
Dnglinger, Die jteinerne Braut, Jobann von
Schwaben, Friedrid von der Pfalz, Per lebte
Grieche, Judith, Gudrun, Dürers Erdenmwallen,
Tiberius, Die Herzogin von Ferrara, Unter den
Linden, Prospero.
Groß, Cary, j. Chrift, Gmeiner.
Groß, Ferdinand, wurde am 8. April
1849 in Wien geboren, abjolvierte da—
ſelbſt die Echule und betrieb alsdann auf
eigene Hand philofophiihe und literari-
iche Etudien, daneben eifrig journaliftiich
beichäftigt. 1879 berief ihn die „Frank:
furter Zeitung“ an die Spige ihres Feuille—
tons, welche Stellung ®. jedoch bald nie-
verlegte, um in die Redaktion der „Wie:
ner Allgemeinen Zeitung” zu treten, der
er noch jegt, als einer unjerer geiſtreich⸗
ften und feinfinnigften euilletoniften über:
haupt, angehört.
Hauptwerke: Geheimniffe, Kleine Münze, Mit
dem Bleiftift, Der erfte Brief, Aus der Bücherei,
Paſſionsbriefe, Die neuen Journaliften, Blätter
im Winde.
Groß, Heinrih, wurde am 20. Juli
1849 in Niederfladnig als der Sohn des
fürftl. Auersperg’ihen Juſtiziärs Johann
G. neboren, befuchte zuerjt die Volksſchule in
Saaz und abfolvierte daſelbſt auch die
Gymnafialftudien. Nach abgelegter Ma—
turitätsprüfung bezog er die Univerfität
Prag, wo er anfangs mathematijche, ſpä—
ter philofophische Studien betrieb und ſich
für das Gymnafiallehramt vorbereitete.
Er wirkte dann als Xehrer an der Mit:
201
Groß von Trodau.
telfehule in Pilfen und Komotau, wurde
1871 an die Militärafademie nad) Wie:
ner-Neuftabt berufen, vertaufchte aber
dieje Stelle bald mit einem Lehramte am
Staatsgymnafium in Triejt, nachdem er
fih mit einer liebenswürdigen Förfters-
tochter vermählt hatte, mit der er noch
heute in der Hafenjtadt an der Adria in
glüdlichfter Ehe lebt. Hier gab er auch
vielen der Schule entwachfenen Mädchen
Unterricht in der deutſchen Literatur, bei
welcher Gelegenheit er die hohe Bildungs»
fähigkeit des weiblichen Gejchlehts und
die natürliche Begabung deijelben zu ſchrift⸗
jtellerijcher Thätigfeit erfannte. Er be:
Ichäftigte fi num eingehend mit dem weib—
lihen Schrifttum, und die Frucht dieſes
Studiums waren, außer zahlreichen Kris
tifen und „Briefen über das deutiche
Frauenſchrifttum“ in verjchiedenen Tages
blättern und Zeitichriften, die Skizze
Deutſchlands Dichterinnen und Schriftitellerinnen
(1882) und die Anthologie Deutiche Dichte:
rinnen und Schriftftellerinnen in Wort und Bild
(1885), welche beide Werke von der Kritik
äußerst günftig aufgenommen wurden, und
G. vielfeitige Anerfennungen und Aus—
zeichnungen eintrugen. Sein Streben ift
e8, dem Frauenjchrifttum freie Bahn zu
Ihaffen, und mander Erfolg it ihm und
feinen zahlreichen Mitjtreitern denn auch
bereits geworden. Viele Iyriiche Gedichte,
Eſſays, Kritiken 2c. find in verſchiedenen
Zeitjchriften zerftreut.
Groß von Trockau, Augufte Jo:
hanna ($. Berthen), geboren 3. Juni 1845
zu Würzburg als die ältejte Tochter des
Freiheren Friedrihd Groß von Trodau,
Inhaber des Seniorats der älteren Li—
nie, erhielt ihre Erziehung durch Hause
lehrer und franzöfiihe Gouvernanten, jpä=
ter fam noch der Beſuch der Fortbildungs-
klaſſe einer Erziehungsanitalt in Würzburg
dazu. Außer einem zweijährigen Aufent-
halt in Genua, woſelbſt fie als Erzieherin
in einer Familie plaziert war, hatte fie
ihren Wohnſitz ftets in Würzburg im el-
terlihen Haufe, woſelbſt fie zur Zeit noch
—
Groth.
weilt. Bon ihren, durch die Kritik fehr
anerkannten Schriften heben wir hervor:
Drei Tage aus dem Leben einer Frau, Liebe
und Zeidenjchaft, Aus den Bergen, Tante Lisbeth,
Des Sohnes Sühne, Gefühnt, Ein Nürnberger
Kind, Comteß Ilka, Poefie und Proſa, Minne:
leid und Minneluft (Ged.), Ich heirate meine
Tochter (Zuitip.).
Groth, Klaus, wurde am 24. April
1819 in Heide geboren als der Sohn ei-
nes fleineren Zandwirtes, der nicht die
Mittel beſaß, um denfelben, feinem Wunſch
nad), jtudieren zu laſſen. Der mwifjens-
durjtige und begabte Jüngling eignete fi
daher als Autodidaft die für den höheren
Lehrerberuf nötigen Vorfenntniffe an,
nadhdem er das Seminar abjolviert und
bereits an einer Volksſchule gewirkt hatte.
Er ging nun zunädjit nad) Kiel und berei-
tete fih für das höhere Lehramt vor.
1857 habilitierte er ſich dafelbit als Pri—
vatdozent für neuere Spradhen und Lite
raturgeichichte und erhielt 1866 eine Pro:
feſſur, nachdem er feine Kenntniffe zuvor
auf mehrjährigen Studienreifen vervoll-
ftändigt hatte. G. hat ſich befonders durch
feine plattdeutichen Dichtungen befannt und
um diejen Zweig der Literatur hochverdient
gemadt. Nach Reuter dürfte Groth un:
jtreitig als der bedeutendite und volkstüm—
lichſte plattdeutiche (holftein. Dial.) Dich:
ter anzujehen fein.
Hauptwerfe: Quidborn (Ged., 15. Aufl.),
Bertelln (Erz.), Voer de Goren (Ged.), Ut min
Jungsparadies (Erz. ), Über Mundarten und mund:
artliche Dichtungen.
Grothe, Wilhelm (Carl Grey, Hug.
v. Rittberg). Ih bin am 5. Oftober
1830 in Berlin geboren, wo mein Vater
Leiter einer Schule war. Nachdem ich
diejelbe abjolviert hatte, wurde ich Zög—
ling des Gymnaſiums zum grauen Klojter.
Unter den Benfionären meines Vaters be-
fand fich der Spätere Charafterjchaujpieler
Adolf Herbit. Seinem Einfluß in frühfter
Jugend iſt es wohl zuzuichreiben, daß mein
Sinn fid der Bühne zumandte.
Bater war gegen das Theater nicht einge:
nommen, jedoch wollte er mich lieber als
202
Mein |
Grothe.
Theolog ſehen und beſtand auf das Studium,
bis Ludwig Tieck und der Regiſſeur des
Hoftheaters Weiß, wie der große Tragöde
Moritz Rott meinen Vater von ſeiner
Strenge abbrachten. So zog ich denn nach
beendeten Studien in die Welt, um mein
Glück als Schauſpieler zu ſuchen (1851).
Während meines Theaterlebens ſind als
literariſche Arbeiten einige ungedruckte
Dramen zu nennen, die das Lampenlicht
der Bühne geſehen, dann jedoch verloren
gegangen ſind. So Correggio in Mantua
und Wolfram von Eſchenbach. Auch Entwürfe
zu anderen Schau: und Trauerſpielen ent—
ſtanden. Mein unruhiges Blut ließ mich
niemals lang an einem Orte weilen, und
im Zigeunertum der Kunſt lernte ich die
ganze Mifere des Theaters kennen, fo
daß Ekel mich ergriff und id nad Ber:
lin heimkehrte, um mir nun ein ſtändi—
ges Engagement zu juhen. Durch einen
Zufall traf ich mit meiner jpäteren Frau
Elifabeth Marx zujammen, die mid) der
Bühne treulos machte. Einige Novellen
‚(zum Teil den Bühnenfreifen entnommen), -
die ich in Zeitichriften hatte erjcheinen
laſſen, wiefen mic auf die Literatur hin.
In jene Zeit fällt aud) mein Zufammen-
wirken mit Marjchner, dem ic in zehn
Tagen das Libretto Hiarne gefhrieben
hatte, fo wie ih auch das Traueripiel
Jaczto und meinen erjten Roman Schwert
und Kapuze oder König Wangeslam und Die
Seinen (1861) verfaßte. Nach meiner Ber:
heiratung (1860) gründete ich eine Ver:
‚lagsbudhhandlung, die Anfangs prospes
vierte, dann mir aber mein ganzes Ver:
mögen koſtete. 1872 ftarb meine Frau,
wonah ich den Geihäftsmann aufgab
und mic ganz der Schriftitellerei zu—
wandte. In der Zeit meines Buchhändler:
tums entſtand ein großer Teil meiner Ro—
mane (einige 30 Bde.), darunter die Kinder
des Papftes, (ins Engl, Däniſche, Italie—
nische und Czechiſche überjeßt) und Aus dem
Reich der Lampenu. der Schminke, Schaufpieler:
novellen, das Drama Inez de Cajtro, das
‚fait an dem Todestage meiner Frau zus
Grotthuß. —
erſt in Berlin gegeben wurde, das Epos
Schildhorn und Teufelſee, die Abhandlungen:
Epikureiſche Gedanken von Hugo von Rittberg
und Kriminalnovellen von Karl Grey.
Daneben wirkte ich am Berl. Figaro. Die
203
Gruber.
wieder, die mich von den Wahrheiten der
fathol. Religion überzeugt hatten. Das
find die Hauptpunfte meines Lebens. Ich
\wohne nunmehr in Wien.
Unter den, durch die Kritit höchſt anerfannten
Dramen Ricdelieu und der Zambo gingen | Werken der Dicterin heben wir hervor: No—
unter raufchendem B:ifall über die Bret-
ter. In dem legten trat ich bei Gele:
genheit eines Benefizes zum legten Dale
auf. Auch mit den meilten Berliner
Zeitungen trat ih in Berührung, für
deren Feuilleton ih Novellen (meijt
biftoriich) Ichrieb. 1874 verfaßte ich das
Lieferungswerk: Berliner Leben, Dem 1875
Der Bauernfönig und fein Liebhen und Die |
1878 erhielt |
Kinder des Glüdes folgten.
ih einen empfindlihen Schlag, da der
Ertrag meiner Arbeiten völlig verloren
ging, id verarmte und aus Berlin nad)
Friedrihshagen zog. Mit Energie griff
ih zu der Feder und habe von da an
vellen (1867), Die Geſchichte einer Groß:
mutter (1868, 2. Aufl. 1881), Die Familie Rus
nenthal (1870), Die Adoptiogeſchwiſter (1871),
Die Männer der Loge (1872), Die gemiſchten
Ehen (1874), Vier Lebensbilder (1376), Novellen
(1878), Ein Bilderbuch ohne Bilder (1878), Die
beiden Vettern (1880), Lucie (1881), Die Leib»
eignen (1882), Die Rache Anna Dimitrowna’s
(1854), Helene Grandfa& (1855), Wilhelm Hort
(1886), Gineoſa Gantarini (1837).
Gruber, 2, j. &. Anzengruber.
Griündler, Adele, iſt am 2. April
1854 zu Elberfeld als Tochter des da—
maligen Poſtdirektors Sachſſe geboren.
Durch mehrfahe Verfegungen des Vaters
wechlelte fie in ihrer Kindheit öfter den
einige 40 Novellen wie auch den Roman | Wohnort und fam 1862 nad) Arnsberg,
Das Glüd und feine Saunen gefhrieben. Bon 1864 nad) Danzig, 1865 nad) Berlin, in
Eriteren find viele nicht nur in Zeitichrif- welch letzterem Ort fie ihre ganze geiftige
ten, jondern auch in Buchausgabe (z. B. Entwidelung und fpeziell eine gründliche
Unter dem geflügelten Löwen, Belladonna, Ruf: | Ausbildung im Klavieripiel durd Pro:
füche Rebellen, Im Sturm der Leidenſchaft, Die |feffor TH. Kullak empfing. 1878 ver:
Flibuſtier, Der Wilderer u. ſ. w.) erichienen. maͤhlte ſie ſich mit dem damaligen Hilfs⸗
Grotthuß, Eliſabeth Baronin von.
Ich bin in Dürben, dem in Kurland ge—
legenen Gute meiner Großeltern geboren,
mein Vater diente als Ingenieuroberſt in
der ruſſiſchen Armee. Ich ward in P
tersburg erzogen, und hatte ſchon als Kind
das Unglück, das Augenlicht zu verlieren.
Meine guten Eltern brachten mich ins
Ausland, um mich von den geſchickteſten
Arzten behandeln zu laſſen. Doch konnten
dieſe mir nicht helfen, ich geriet, denn
ich war damals bereits erwachſen, faſt in
Verzweiflung über mein Unglück, konnte
mich gar nicht darein fügen. Da lernte
Ür
prediger an der Sophienkirche in Berlin
Ernit Gründler, mit welchem fie 2 Jahre
'fpäter die Landpfarre zu Langhelwigsdorf
bei Bolkenhain in Schlefien bezog und nad
‚abermals 3 Jahren nad dem alten fur:
fürjtlihen Jagdſchloß Annaburg überfie-
delte, wo fie noch jeßt wohnt. An die
‚Offentlichkeit trat fie zuerſt mit einer Er:
zählung im Töchter-Album, feitdem er-
‚schienen zahlreiche Aufläge (Erzählungen,
Abhandlungen, Kritifen, Reifebilder), in
chriſtlichen Volksblättern und Kinderzeit-
‚Schriften, auh in Mufikzeitungen.
Gründorf, Karl, wurde am 1. Mai
ih, die Proteſtantin, die fatholiihe Ne: 1830 auf dem Fellenihloiie Riegersburg
ligion fennen und lieben, ich machte mei- in Steiermark als der Sohn eines fürſt—
nen Rücktritt in diefelbe und ward ge— lich. Liechtenftein’ihen Verwalters und Be:
tröftet; fie war es aud, die mich zur zirkskommiſſars geboren, empfing feine
Scriftitellerin machte; denn ich gab in | Vorbildung im Gymnafium zu Graz und
meinen erjten Romanen die Controverfen ſtudierte Philoſophie und Rechtswiſſen—
Srünmwald.
Ihaft. Die Liebe zur Kunſt ließ ihn das
trodene Rechtsgebiet plößlich verlaffen,
und als Echaufpieler zum Theater über:
treten.
fefretär in Preßburg, Linz, Salzburg und
am Karltheater in Wien, woſelbſt er zwei
Jahre verblieb. Hierauf trat er zum Thea:
ter an der Wien als Theaterdichter über
und wurde 1858 für das Theater in der
Joſephſtadt als Schauspieler und Dichter
engagiert. Nachdem G. beinahe zehn Jahre
mit wechlelndem Glück der Bühne ange:
hört und wohl die jugendliche Begeiite:
rung für Thalia von der Sehnſucht nad) |
einer geficherten Zukunft gedämpft wor:
den war, trat er 1860 zur Kaiſerin Eli
jabeth-Meftbahn als Beamter über, in
deren Dienjt er bis 1886 ftand und da—
jelbft die Stelle eines Bureau: Vorjtandes
und Bibliothefars inne hatte. Auch als
Gemeindevertreter für das öffentliche Wohl
wirkte G.; er genoß das Vertrauen der |
Gemeinde Fünfhaus (Wien), die ihn 1880
zum Ortsichulrate wählte. Im ag
1568 fungierte er als behördlich angejtell-
ter artiftiicher Direktor des Sommer:
Theaters in Hießing bei Wien. ©. it
Verfafler einer Neihe von Theaterjtüden |
(meiſt Volksſtücke), die mit Erfolg über
die angelehenften Bühnen Öfterreichs und
Deutichlands gingen. Hervorzuheben:
Das Tifhrüden (1853), Ira Aldridge (1853),
Trau— ihau— wem? (Volksſt. 1856), Ein Gulden:
zettel (1857), Eine Schlange (1857), Ein Wun:
derdoftor (1858), Ein Freund, wie er fein loll, |
Opfer der Confuln, Noblesse oblige, Zu dreien, |
Er Soll ſich austoben, Eilgut,
Feuerprobe, Ein Nihilift, Don Quixote, In der |
Einöd’, Modelle, Waſſerkuren, Hoch hinauf, tief |
binab, Überall Broteftion, Der Sternguder (1887). |
Jetzt iſt ©. Chef: Redakteur der Fachzeitung:
„Neues Wiener Theaterblatt”. Außerdem viele
Beiträge in Zeitichriften.
Grünwald, Moriz. Geboren wurde
ih am 29. März 1853 in Ung. Oſtra,
Mähren. In Ung. Hradiich und in Wien
(am afademiihen Gymnaſium) befuchte |
und vollendete ich die Gymnaſialklaſſen,
worauf ic) die Wiener Univerfität befuchte.
204
Von 1851 —54 wirkte er nun
teils als Echaufpieler, teils als Theater: |
Eine moderne
Grünmald.
Hier trieb ich befonders Philologie, orien-
taliſche, Elaififche und moderne. 1873 be=
zog ich die Univerfität zu Leipzig, wo ich
die Vorlefungen der Prof. Fleischer, Loth,
Barnde, Ebert befuchte. Im felben Jahre
veröffentlichte ich: über die feltiichen Elemente
im Sranzöfiihen. Hierauf wandte ich mich
behufs RVervolllommnung der orientali=
chen Spracden, insbefondere der Afin-
riſch-Babyloniſchen nach Paris, woſelbſt
ich durch Kahre weilte, und des vertrauten
Umganges von Männern mie Oppert,
Abbe Martin, Derenbourg, Halévy,
Schwab gewürdigt wurde. Als Mitglied
und Bibliothefar der Société philologique
de Paris, wie als Mitglied der Societe
de numismatique et d’archeologie hielt
ich in beiden Geſellſchaften zahlreiche Vor⸗
träge. 1877 erhielt id eine Supplenten⸗
jtelle an der fönigl. Faiferl. Staats:
Oberrealfchule in Budweis, wofelbft ich
ein Sahr wirkte, und überdies in dem
dortigen Kreisblatte zahlreiche Feuilletons
in gebundener und ungebundener Form
veröffentlihte. An dieſem Jahre ver:
‚öffentlichte ich meine Splitter aus der Werk:
ſtätte eines Sprachforichers, worin der x gegen:
feitige Einfluß des Deutichen und Franzö—
ſiſchen ganz bejonders beleuchtet werden
ſollte. Im Jahre 1878 ging ich nad)
Breslau an das jüdiich-theologiihe Se:
minar, beiuchte drei Jahre hindurch die
Vorleſungen dafelbit und erhielt mein Dis
plom als Rabbiner. 1881 erbielt ich
‚einen Auf als Rabbiner nad) Belovar in
Croatien. Daſelbſt gründete ich das bis
jett noch erfcheinende „Jüdiſche Central:
blatt“, das nicht nur die bedeutenditen
jüdiichen, ſondern auch dhriftlichen Theo:
logen zu feinen Mitarbeitern zählt. Von
Belovar aus Schrieb ich zahlreiche Feuille—
tons, beionders aber pädagogiiche Auf:
ſätze in Beitichriften. 1883 wurde id
nach Piſek in Böhmen als Nabbiner be-
rufen und auch dort hielt ih an der Aus—
bildung und Erweiterung meiner Studien
feſt, jchrieb die Geihichte der Gemeinde,
in der ich wirfte, und zahlreiche Feuille—
Grünwald⸗ZJerkovitz.
tons unter eigenen Namen, wie auch un—
ter dem Pſeudonym Dr. Friedrich Thugut.
1886 erhielt ich einen Ruf als Bezirks—
rabbiner nach Jungbunzlau.
Zeit wirke ich neben meinem Amte als
Rabbiner und Prediger als Religions—
lehrer an den Volks: und Bürgerſchu—
len, wie aud am f. f. Obergymnafium
und als Direktor der hieſigen deutjchen
Volfsihule.. Meine Muße verwende ich
zur Abfaſſung einer Geichichte der Juden
Böhmens, wovon der 1. Teil im Jahre
1886 erichienen iſt.
Außerdem hervorzuheben: Bibel, Talmud und
Evangelium (1876), Die Bolksihule und das
Leben (1878), Reformen in den öjterr. Schulen
(1878), Die Mittelih. Deutichl. (1878), Über
den Einfluß der Bibel ꝛc. (1882), Romaniſche
Studien (1882 — 1883), Die jüdiihen Familien:
namen (1856).
Grünwald: Zerfovit,Sivonie,ent-
ftammt einer durch Kailer Rudolf II. ge:
adelten Familie und wurde 1559 in To-
bitihau in Mähren als Tochter eines hoch-
gebildeten Arztes geboren. Nur kurze Zeit
bejuchte das Kind öffentliche Lehran—
ftalten, die Normalſchule in Holleichau
in Mähren, wohin fie mit den Eltern ge:
zogen war, und gleic) darauf ein Mädchen:
penfionat in Wien, wo fie einige Monate
verblieb. Als ganz junges Mädchen 309
fie nach Budapeſt zu Verwandten und
erregte dort allgemeines Aufjehen dadurch,
daß fie nad) kaum zweijährigem Aufent:
halte in Ungarn die öffentlihe Staats:
Prüfung als Profefjorin (tanär nö) für
die Gruppe der Geſchichte und Sprade
für ungariiche Bürgerfchulenin ungarischer
Sprache ablegte und in Tages: und belle:
trijtiichen Blättern Eſſays und Lieder in
magyariicher Sprache veröffentlichte. 1875
reilte fie nah Münden, um daſelbſt für
die Bühne ausgebildet zu werden, ver:
lobte fich aber dort nach furzem Aufent-
halt mit einem Sprofien des fürſtlichen
Geſchlechtes Kolofotroni, einem Enkel des
berühmten griehiihen Nationalhelden
Theodorosst., dem fie einige Wochen jpäter
nad) Athen als Sattin folgte. Nach kurzer
205
Seit dieſer
— Grüß.
unglücklicher Ehe ließ ſie ſich von ihrem
Manne ſcheiden. Sie kehrte nach ihrer
Heimat, nach Mähren, zurück und ver—
heiratete ſich bald darauf zum zweiten
Male mit dem Fabrikanten Leopold Grün—
wald in Wien, mit dem ſie in glücklichſter
Ehe lebt. 1887 erſchienen (anonym)
ihre, bereits in 3. Aufl. vorliegenden Lie—
der der Mormonin in Papyrusrollenform,
die einen großen Erfolg hatten und durch
ihre Originalität in Inhalt und Aus—
ſtattung beſonderes Intereſſe erregten.
Grüſß, Chriſtian, wurde am 13. Auguſt
1830 zu Drachenhauſen in der Nieder—
Lauſitz als der vierte Sohn eines Land—
mannes geboren. Mit dem zehnten Jahre
kam er zu ſeinem älteſten Bruder Martin,
einem Lehrer, in körperliche und geiſtige
Pflege. Dieſer, ſelber poetiſch beanlagt,
‚legte ſchon den Keim zur Dichtkunſt in
‚des Knaben Herz. 1849 — 51 verbrachte
er auf dem Seminar zu Neuzelle, jeinen
Berufsftudien hingegeben. Seine freie
' Zeit benugte er, um fic) in das Studium
der Klaffifer zu vertiefen und um nad)
Herzenoluſt „Verſe“ zu ſchmieden. 1851
führte ihn ſein Geſchick nach Berlin. Hier
wurde er Jugendlehrer und hatte das
Glück, einen Freundſchaftsbund mit dem
früh verſtorbenen Dichter Oppermann zu
ſchließen, der anregend auf ihn wirkte. G.
hat mehrere Jugendſchriften geſchrieben,
die von der Kritik ſehr günſtig aufgenom—
men wurden; hervorzuheben iſt: Der kleine
Kindergarten (1864). Außerdem hat er einen
Band Dichtungen unter dem Titel Mutter:
liebe (1871) veröffentlicht, welche in dritter
vermehrter Auflage ericheinen. Neben jei-
ner amtlichen Thätigfeit als Rektor einer
'ftädtiihen Schule in Berlin beteiligt er
ſich als Mitarbeiter an verfchiedenen Zeit:
ſchriften.
Grunau, Joſeph, geb. am 11. Dezem—
ber 1864 zu Köln a. Rh., ging nad) voll—
endeten Symnaftalitudien als fahrender
Schüler nach Belgien, England und Frank—
reih. Seit 1886 in Straßburg als Abbe.
Grund.
Gründete im jelben Jahre das Organ für
kathol. Poeſie „Die Neue Sionsharfe”,
206
—“
Grunert.
der erſten Inſtitute Londons trat ſie ler—
nend und lehrend zu gleicher Zeit auf.
welche er ſeit 1887 mit Leo van Heem- Dort fand fie auch im Haufe Ferd. Frei⸗
ftede unter dem Titel „Dichterftimmen
der Gegenwart“ herausgiebt. Im März
1887 gründete er die „Katholiſche Dich:
terſchule“ zur Hebung katholiſcher Dich:
tung. Beichäftigte fih außer Poefie mit
Kritik, Länder: und Völkerkunde und Po—
litik.
Grund, M., ſ. M. Grundſchöttel.
Grundemann, Peter Reinhold, geb.
zu Bärwalde (Am.) am 9. Januar 1836,
befuchhte das Gymnafium zu Stettin 1847
bis 1854, ftubierte in Tübingen, Halle
und Berlin (1854— 58), nad) Reifen in
Griechenland und Norwegen wurde er
Hilfsprediger in Pouch bei Bitterfeld (1861
bis 1863), Gefängnisprediger in Frank:
. furt a. D.(1863—65), als Milfionsfar-
tograph in Gotha 1865— 69. Eeit 1869
Baftor in Mörz bei Belzig. Sein in Gotha
gearbeiteter Allgemeiner Miffionsatlas wurde
ein bahnbrechendes Werf. Demfelben folgte
der Kleine Miffionsatlas (2. Aufl. 1886). Auch
ren Sinne beichränfte ©. faft ganz auf
die Heidenmilfion.
Hervorgehoben: Kleine Miljionsbibliothet (1876
bis 1881), 3. F. Riedel, ein Lebensbild (1873),
und zahlreiche Artikel in der „Allgem. Miffionss
zeitfchrift”, von denen einige, namentlih „Sta
tiftit der evangel. Miffion“ in befonderer Ausgabe
weitere Verbreitung erlangten. Auch in den „Ge:
ſchichten und Bildern aus der Heidenmilfion” bat
G. zu den trefflichen Farbendrudbildern die Ge: |
Ihichten geliefert. Seit kurzem erjcheint von ihm
eine Reihe voltstümlicher Feiner Miſſionsſchriften,
Grundfchöttel, Marie, wurde am
20. Juni 1832 in Koblenz als Tochter des.
damaligen Staatsprofurators und jpäte:
ren Yuftiz:Senatspräfidenten und Geh.
Nats ©. geboren, verlebte ihre Jugend»
jahre in Köln, Koblenz-Ehrenbreitjtein und
Paderborn. Im Hauje mußte fie früh die
verjtorbene Mutter vertreten, und nad)
dem plößlichen Tode des Vaters entichloß
fie fi, Lehrerin zu werden. In einem
ligrath's Freundihaft und Ermutigung.
Bon London begab fie fich in ein Penfio-
nat nad) Brüflel, abfolvierte das Lehre—
rinnen-Eramen in Düfjeldorf, war in einer
deutichen Anftalt als Lehrerin thätig und
ging dann auf eine Reihe von Jahren in
den Süden. Ahr Beruf als Erzieherin
führte fie nad) Italien, ſpäter nad der
Inſel Wight, dann wieder nad) Jtalien, wo
fie den Winter in Piſa, den Sommer hoc)
in den Appenninenund am liguriichen Meer
verlebte. Nach zehnjährigem Aufenthalte
im Auslande fehrte fie nach Deutihland
zurüd, widmete fih mit Eifer dem Stu—
dium der Kunſt, abjolvierte das Eramen
‚auf der Akademie der Künfte in Berlin
als Zeichenlehrerin und wurde dann in
Köln an der höheren Töchterſchule anges
jtellt. ©. ſchrieb für verfchiedene belle
triftiiche Journale in Poefie und Profa,
auch überfegte fie Dichtungen in den Fors
men der Originale aus fremden Epraden.
Als Buch erfchien: Diefieits und jenfeits
feine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit im enge: — efſeits und jenſei
der Alpen (Nov. 1874).
Grunert, Julius Theodor, wurde am
31. Januar 1809 in Halle a.d. ©. ges
boren. Schon frühzeitig befeelte den Kna⸗
ben der glühende Wunſch, Forfimann zu
werden. Nach Abjolvierung des Gymnas
fiums widmete er fi daher mit großem
Eifer dem Studium der Naturwiſſenſchaf—
ten auf der Univerfität Halle, nach deſſen
Vollendung er zum Oberförfter Krüger zu
‚ Oberberg fam, bei welchem er in die Forſt⸗
„Dornen und Ähren vom Miffionsfelde” (1887). und Jagdlehre eintrat.
Genügend vor:
bereitet, bezog G. 1831 die damals unter
Pfeil blühende höhere Forftlehranftalt Neu:
ſtadt-Eberswalde, danach wiederum die
Univerfität Halle, um noch Staats: und
Rechtswiſſenſchaften zu hören. 1936 legte
er die forjtliche Staatsprüfung, 1838 bie
Feldmeflerprüfung ab. Nachdem ©. als»
dann die preußische höhere Forftkarriere in
allen ihren Phaſen durchlaufen, auch von
1859 — 1866 als Direktor der Forftafas
Grunewald.
demie Eberswalde gewirkt hatte, fuchte
er 1878 als UOberforftmeijter in Trier
feinen Abichied nad, der ihm in ehren:
der Weiſe und unter Verleihung des
roten Adlerordens gewährt wurde.
Bon feinen, um die Foritwilienichaft hochver—
dienten Werfen beben wir hervor: Der preufifche
Se: (1869, 2. Aufl. 1883), Forftlehre (1. Die
orftlichen Hilfswiſſenſchaften, 2. Die Forftwifien-
haft, 4. Aufl. 1884), Jagdlehre (1879— 80), Die
Forſtlehrlings⸗ und die Förfterprüfung (1885),
Die Jagdgefetgebung Preußens in ihrer geichicht- |
fihen Entwidelung (1885); 1861 gründete er
bie Zeitichrift „Forftliche Blätter,” welche er mit
Borggreve bis jegt fortgeführt hat.
Grunewald, 5, ſ. 8. v. Zobeltig.
207
Grunzel, Joſef 2. Geboren den 23.
Dftober 1866 zu Alt-Paka in Böhmen,
fam ich frühzeitig nach Neichenberg und
abjolvierte —8 das Gymnaſium. Be—
reits während meiner Gymnaſialzeit be—
ſchäftigte ich mich auf das eingehendſte mit |
den Spraden, und als ich 1884 die Wie:
ner Univerfität bezog, widmete ich mid)
dem Studium der Orientalifti. Meine
Sprachkenntniſſe veranlaßten das Drga=
niſations-Komité, mir die vorbereitenden
Arbeiten für den VII. internationalen
Drientaliften:Kongreß zu übertragen, der
1886 in Wien tagte. Darauf unternahm |
ich eine längere Orientreife, hielt mich zwei
Monate in Konftantinopel auf und begab
mid 1886 nad Paris, um mid) in Chi—
neſiſch, Japaniſch und Malayifch zu ver:
vollfommnen. In den Abhandlungen der
Akademie der Wiffenichaften, jowie in vie
len deutſchen und ausländiichen Zeitichrif:
ten erſchienen Beiträge von mir, teils fach—
wiſſenſchaftlichen, teils rein literarischen
Charakters. Heuer ericheint im Drude
meine Geſchichte der osmanischen Literatur.
Günther, A., j. Herzog Elimar. |
Günther, Georg, ift geboren zu Al-
tenburg am 17. Dezember 1845 als Eohn
des befannten Balladendichters Friedrich
G. (geftorben als Kirchenrat zu Nonne:
burg 1883) und genoß von feiten beider
Eltern eine forgfältige Erziehung. Faſt
Günther.
nur vom Vater vorgebildet, trat G. nad)
vollendetem 14. Zebensjahr in die Prima
des Altenburger Friedrihs-Onmnafiums
und abfolvierte diejes, um ſodann, na—
mentlich angeregt durch den damaligen Ref:
tor, den tüchtigen Philologen H. €. Foß,
die Haffischen Sprachen, Geichichte und
Altertumswiſſenſchaft zu ftudieren. Von
1864—65 hielt er fich zu diefem Zweck
in Sena, wo er bejonders Göttling und
Nipperdey, von 1865—66 in Bonn auf,
wo er vor allen Ritihl und Otto Jahn
hörte, ohne fi durd das Studium den,
' Genuß eines frohen Burfchenichafterlebens
und der reichen Naturſchönheit beider Orte
einschränken zu laffen. Von 1866 an bes
ſuchte er die Univerfität Leipzig, mofelbft
er 1868 zum Dr. phil. promovierte und
furz darauf ſein Staatseramen bejtand.
Dem erwahten Mandertrieb zu fteuern,
veranlaßte ihn zunächſt eine im jchönen
Dresden fich bietende vorteilhafte Privat⸗
ftellung, in welcher er fi 1871 verheis
ratete. Im nächſten Jahre berief ihn das
Miniftertum andas®ymnafium zuBaugen,
von wo er wieder ein Jahr fpäter nad)
‚der Hauptftadt des Vogtlandes, Plauen,
verjeßt wurde. Die Stille der Provinz,
welche ihm 14 Jahre lang anjtatt der
größeren Anregungen einer Großjtadt bes
Ichieden blieb, nüßte er zu eingehenden
Studien vornehmlich der alten wie neuen
Dramatik und zur Abfaffung einer Reihe
von Dichtungen und gelehrten Schriften,
von denen er die erfteren vorläufig mehr
zurüdhielt, während die Publikation der
legteren, namentlich feiner Grundzüge der
tragiſchen Kunſt (1885), ihm allgemeine Ans
erfennung und außer derjenigen gelehrter
und belletriftifcher Zeitichriften die g. 1. Me—
daille f. K. u. W. und den Brofeffortitel ein-
bradhte.
Außerdem hervorzuheben: Otto der Dritte
(Trauerip. 1874), Beiträge zur Geſchichte und Aſthe⸗
tif der antifen Tragödie (1880), Alerei Orlow
(Trauerfp. 1884), König und Giftmifcher (1884,
ins Stalienifche überjegt von Dr. Alfredo Mazza
in Rom), Roſe und Afazia, gefammelte Reden
(1887), Zeugniffe und Protefte, vermiſchte Auf
fäge über tragiihe Kunſt (1887).
Günther v. Freiberg.
Günther v. Freiberg, ſ. Pinelli.
Giünthert, Julius Ernjt von, wurde
am 26. Januar 1820 zu Ludwigsburg ge
boren. Als der Sohn einesOffiziers wurde
aud) er zumSoldaten bejtimmt. Bald aber
follte in ihım die Begeiſterung für die Boefie
erwacen. Als Kadett — er war nad) der
Konfirmation als Freiwilliger in ein In—
fanterie-Regiment eingetreten — ſchaffte
er ſich von jeiner kärglichen Löhnung Scil-
lers Werke lieferungsweije an, zu denen
Goethe und Shafejpeare fi geiellten.
"Alle diefe und andere Meijterichöpfun:
gen verichlang er mit förmlichem Heißhun—
ger, jede freie Minute ihnen midmend.
Nach gut beitandener praftiicher und theo—
retiiher Prüfung zum Offizier vorgerüdt,
veröffentlichte er auf Anregung von Guſt.
Schwab, der jo manchen jungen Boeten
ermutigte, Gedichte, denen Überjegun:
gen, Erzählungen, Stimmungsbilder in
Miener Blättern und fachliche Auffäge in
Militärzeitichriften folgten. Seine Ge:
ſänge, die die Heldenthaten Radetzky's feier:
ten, erwirften ihm die Verleihung der gol:
denen Medaille pro literis et artibus.
Viſcher, der Ajthetifer, der G. wohlmwollte,
führte ihn einem Kreife von Männern zu,
die von bleibender Bedeutung für ihn wur:
den: Uhland, Kerner, Strauß, Möride und
Notter, welche legteren durch ein inniges
Freundſchaftsband mit ihm verbunden wa—
ren. G.'s Werke: Mörike und Notter, die Er-
innerungen eines Schwaben und Barbablanca,
haben ihm hohe Anerkennung erworben.
G. lebt nunmehr, nahdem er bis zum
Oberſt emporgerüdt ift und fein fünfzig:
jähriges Dienitjubiläum gefeiert hat, in
Stuttgart, eifrig mit literarischen Plänen |
und Arbeiten beichäftigt, von welchen meh:
tere: Agnes, eineNovelle, Gedichte, Dornenkronen
bereits gedrudt vorliegen.
Guerard, Wilhelm von,geb. 11. Juli
1837 in Elberfeld als jüngjter Sohn des
verit. Seh. Sanitätsrates Dr. Theodor v. ©.
in Elberfeld, widmete fih dem Studium
der Zahnarzneitunde und ift feit 1871 in
208
= Güthling.
| Berlin als Hofrat und Hofzahnarzt an:
ſäſſig. Er it Berfafler zahlreiher Schrif-
ten auf dem Gebiete der Zahnpflege,
Mitarbeiter der medizinischen Hausbücher
(Zahn: und Mund-Krankheiten und Zahn
pflege), hat ſich durch viele populärwilien-
ſchaftliche Borträge und Flugblätter als
eifriger Förderer der Zahnpflege hervor:
gethan und erfreut fih aud als aus-
übenver Zahnarzt eines weit über Berlin
binausreidhenden vorzügliden Rufes.
Güthling, Karl Eduard, geboren den
23. Februar 1824 zu Lengerich in Weftf.,
vorgebildet auf dem Gymnafium in Bader:
born, jtudierte in Münfter und Berlin
Philologie und Geſchichte, 1848 Lehrer,
1851 Oberlehrer am Gymnafium zu Din:
den, 1862 Prorektor in Bunzlau i. Schl.,
1865 Direktor in Yauban, 1867 Direktor
des Gymnafiums in Liegnig, wo er nod)
jegt wirft:
Hauptwerfe: Kurfürft Morit von Sachen (1858),
DerL, Annäus Seneca Apokolokyntosis (1861),
De latinitate false suspecta (1863), $rammatifa
(1865), Beiträge zur Kenntnis der klaſſ. Latinität
(1866), De Titi Livii oratione disputatis.
Gap. I. (1867 —72), Die erften weitfältfchen Hu-
maniften (1867), De Taciti Agricola (1878),
Die Lehre des Arijtoteles von den Seelenteilen
(1882).
Güthling, Otto August Heinrich,
Sohn des vorigen, geboren den 28.
Februar 1853 zu Minden, vorgebildet
auf dem Gymnaſium zu Bunzlau i. Schleſ.,
Zauban und Liegnig, jtudierte von 1871
an Theologie und Philologie in Göttingen,
wirfte 1875 als Lehrer am Gymnafium in
| Liegnig, 1877— 1884 in Gark a. d. Ober,
feit 1884 als Gymnaftallehrer in Liegnig.
Außer mehreren Überfegungen (Lykurg, Iſo—
frates, Livius, Thukydides, Terenz, Xenophon,
Bergil, Plutarch u. m. a.) gab er den Dvid u.
Bergil in neuen Terten heraus.
Güthner, Nina, geboren am 25. Aus
guſt 1835 als die Tochter des Ritters Franz
Lothar Fuchs von Bimbah in Bimbad,
einem Gute in Bayern, erhielt im Haufe der
Eltern eine trefflihe Erziehung, vermäßlte
fih 1859 mit einem bayrifchen Offizier, der
Guglia. — 209 — Guntram.
nach dem franzöſiſchen Feldzug als Major Krakau, abſolvierte das Gymnaſium zu
ſeinen Abſchied nahm und mit ſeiner Fa- Graz und widmet ſich dem Studium der
milie nach Neu-Ulm zog, wo die als beliebte | Medizin. Er beſchäftigt ſich mit Über:
Mitarbeiterin einer großen Anzahl von fegungen polnifher Dichtungen ins Deut:
Zeitihriften befannte Dichterin noch jegt ſche, die jehr gelobt werden, befonders
lebt. ‚die Übertragung von Adam Asnyks aus:
Hauptwerke: Die Wahl (Dram.), Balladen, gewählten Gedichten (1887).
Des Henkers Tödhterlein von Ulm (Rom.), Die ,
Schwanenjungfrau (Nov.). Guntram, K. |. Camillo Wagner.
Guglia, Eugen, geboren zu Wien am) Gurlt, Ernit, wurde am 13. Sep-
24. Auguft 1857, verließ die Schule, um | tember 1825 als der Sohn eines um die
als Lehrling in eine Buchhandlung zu Tierarzneikunde jehr verdienten Gelehrten
treten, entſchloß ſich jedoch nachträglich im Berlin geboren, ſtudierte daſelbſt Me—
zum philoſophiſchen Studium und abſol- dizin, promovierte 1848, machte eine wiſ—
vierte zu dem Zwed Realſchule und Gym ſenſchaftliche Reife nach Frankreich, Groß:
nafium. 1877 bezog er die Univerfität pritannien 2. und war von 1852—56
jeiner Baterftadt und itubierte Geſchichte Langenbecks Aſſiſtent an der chirurgiſchen
und moderne Philologie unter Muſſafia, Klinit. 1853 habilitierte er ſich als Pri-
D. Lorenz und A. Fournier. Nach Vollen⸗ vatdozent für Chirurgie, wurde 1862
dung ſeines Studiums promovierte er außerord. Profeſſor an der Univerſität
1882 zum Doktor, abſolvierte das Staats⸗ Berlin. G. hat ſich in den Feldzügen
examen und trat als Supplent in die 1864, 1866 und 1870 als tüchtiger Kriegs-
Realſchule zu Währing ein. 1885 wurde chirurg und Operateur bewährt. Sein
er als wirklicher Lehrer an eine Oberreal-⸗ | yorzüglichites Gebiet iſt die Heilung von
ihule zu Prag, 1987 zurüd nad Wien: Anochenbrühen und Gelenkkrankheiten,
Währing verjegt. Neben feiner amtlihen für die er eine neue Methode der Gelenk—
Thätigkeit war G. vielfach literarifch thätig, rejettion vorgeſchlagen hat. Die Geihichte
indem er zahlreiche hervorragende zumeift und Statiftif der Chirurgie ift wejentlich
literarhiftorifhe Feuilletons und Eſſays durch feine Arbeiten bekannt geworden.
für Zeitungen und Zeitigriften lieferte. | Zudem ift er Mitarbeiter an medizini-
Gegenwärtig arbeitet er an einem größeren ſchen Enzyflopädieen, redigiert die Zeitz
Werk: Der Urfprung der Gegenrevolution in schrift „Kriegerheil”, das Organ der Ber:
Frantreich. ‚eine vom rothen Kreuz, das „Biograph.
Gumpert, TH., ſ. Th. v. Schober. | Lerifon der hervorragenden Arzte aller
owi Rudi d Zeiten und Völker“ und iſt Mitbe—
Gumplowiez, Ludwig, wurde am gründer von Langenbecks „Archiv für
23. März 1838 in Krakau geboren. Er füniſche Chirurgie" geweien. 1885 er—
wirft jeit 1876 als Dozent, jeit 1883 als hielt ©. den Charakter als Geheimer
Prof. ber Staatswiſſenſchaften an der Unis | Mepisinalrat. Won feinen hochverdienten
verfität in Graz. Bon feinen Werfen | merken heben wir hervor:
heben wir hervor: Beiträge zur vergleichenden pathologijchen Ana⸗
Philoſophiſches Staatsrecht (1877), Das Recht tomie der Gelenkfranfpeiten (1853), Über die
der Nationalitäten in ſterreich- Ungarn (1879), | Eyftengeihwülite des Haljes (1855), Über den
Rechtsſtaat und Sozialismus(1550), Berwaltungs: | Transport Schwerverwundeter und Kranfer im
lehre mit Rüdjiht auf öjterr. Verwaltungsrecht | Kriege (1859), Handbuch der Lehre von den
(1881) Der Raſſenkampf (1882), Grundriß der Knochenbrüchen (186065), Leitfaden für Ope—
Soziologie (1855). | zationdübungen am Reue, a 6. un
. . u 885), 2 zur Krankenpflege Fe
Gumplowiez, Ladislaus, Sohn des (1868), Zur Geihihte der Internationalen und
Vor., geboren am 14. Februar 1869 in freiwilligen Krankenpflege im Kriege (1873), Die
Das literariihe Deutihland. 14
Guſtafsſon. — 210 — Guttmann.
Kriegschirurgie der letten 150 Jahre in Preußen Guttmann, Hermann, wurde am 17.
(1875), Die Gelenk: Refeftionen nad) Schußrer· Auguſt 1848 in Namslau, Reg.Bezirk
gen \ABTO). Breslau, geboren, wo fein Vater Kauf:
mann war. Bis zu feinem 10. Xebens-
jahre befuchte er die Schule feiner Vater-
jtudierte er in Leipzig und Berlin (1876 er eig Mg ae
bis 1877) unter 5. Ritſchl, ©. und E. Reife für das Univerfitätsftudium erhielt.
Eurtius, Th. Mommſen u. a. Philologie. | Ariprünati ;
, Ä 2“ prünglich für den Apotheferjtand be:
1879—80 madte er eine neue Studien- ftimmt, 309 ihn feine Vorliebe für bie
reife durch Deutichland, bereifte auch die Naturwilienihaften zur Medizin Bin.
Schweiz und Italien. 1882 wurde er Nachdem er einige Zeit als Gehrfing in
zum orbentl. Profeffor der römischen Phi- einer Breslauer Apotheke zugebracht, be:
(ologie an der Univerfität Helfingfors er⸗ gab er fich nad) Berlin, um dafelbit fich
nannt. An den legten pädagogiſchen Res | dem Studium der Medizin zu widmen,
formbeftrebungen in Sinnland hat G. Ieb- 1870— 71 war er bei der freiwilligen
haftejten Anteil genommen, man wählte Krankenpflege im Garnifonlazareth zu
ihn zum Präfes der Direktion des Läro- Saarlouis thätig. Nachdem er 1972 in
verket für gossar och flickor. ©. hat Zerlin die mebiz. Doktorwürde erhalten
lateinische Abhandlungen veröffentlicht über hatte, fette er feine Stubien in Halle,
verſchiedene Gebiete der Haffühen Phi Seipzig, Jena und Mürzburg fort. 1874
lologie und zahlreiche philologiihe und defiand er in Berlin die Staatsprüfung,
päbagogifche Regenſionen und Auffäpe (auch jyojefpft ex als Arzt thätig it. 1875— 76
metriſche Überjegungen) in deutſcher, la⸗ npfolvierte er feine Dienftpflicht als Mir
teiniſcher und ſchwediſcher Eprade. Auch jitärarzt. 1884 eridien zum erftenmale
ſchrieb er in finnländiſchen Zeitihriften die yon ihm herausgegebene Monatsjchrift
über deutfche Verhältniſſe. Hervorzuhe— „Hogieniihe Rundihau”. Bon G.s zahl:
ben: Eine Biographie über F. Ritſchl (1877), | reichen Abhandlungen erwähnen wir: Die Diph:
Über die klaſſiſchen Studien in Deutſchland (1878), | fperitis in ihrer Bedeutung für die Familie, Über
Über C. Nohls Reformpädagogif (1886). Seit | den Wert der Impfung, Ift das Tabadrauchen
1887 ift ©. Herausgeber einer ſchwe— Dre hg er ng *
— ei ‚Epide > Sind ( —
diſchen literariſchen Zeitſchrift der „Finsk Ylutsverwandten ſchädlich? Über die Beerdigung
Tidſkrift“ in Hellingfors. | Scheintodter, Über Hautpflege ꝛe. Außerdem ift
G. ärztlicher Mitarbeiter vieler Zeitſchriften.
Gutbier, Luiſe Jeannette Chriſtine Guttzeit, Johannes, wurde 1853 zu
(Jean Chriſt), wurde am 29. Mai 1836 Königsberg i. Br. als Sohn eines ver—
in Seidingſtadt als die Tochter eines thüs abſchiedeten Offiziers, Lehrers und fpäteren
ringiſchen Geiftlihen (jest Kirchenrat) Beamten geboren, war, nad) häufigem
geboren, empfing eine vorzügliche Erzie- Ortswechſel in der Kindheit und Erziehung
bung und verheiratete fid 1854 mit einem | inder Kadettenſchule, von 1871— 79 preus
Kaufmann. Als dieſes Band durch den ßiſcher Infanterieoffizier. Nachdem er
Tod des Gatten gelöft wurde, ging fie feinen Abfchied genommen, lebt er vege:
nod aus innerem Drang zur Bühne, | tariich und widmet feine ganze Muße lite:
entjagte ihr indes bald und gab ſich nun rariſchen Arbeiten, von denen mehreren
ausſchließlich ihrer ſchriftſtelleriſchen Thä- cine günftige Aufnahme zuteil wurde:
tigfeit Din. Von der Kirche zur Natur, Unfinn und Inmoral
Hauptwerfe, meilt Dramen: Napoleon, Mara, in bibliihen Gedichten, Worin befteht uniere
Im Banne der Schuld, Eleagar, Moderne Kuren; | Unfterblichfeit? Sprüche zur Scelenveredlung, Der
Menfchen von Adel, Tante Eva’s Erben, fonfequente Humanismus.
Guſtafsſon, Fridolf, wurde 1853 in
Finnland geboren. Außer in Finnland
Haardt von Hartenthurn.
9.
Haardt von Hartenthurn, Vin
zenz, geboren am 13. Augujt 1843 zu
Iglau in Mähren, genoß jeine Ausbil:
dung in der Militärafademie W.-Neu:
ftadt, aus welder er 1862 als Leutnant
in die öÖfterreichiiche Armee eintrat. Nach
Abjolvierung der Kriegsichule in das Ge:
neraljtabsforps eingeteilt, wurde er viel-
fah in wiſſenſchaftlicher Richtung ver:
wendet, wobei namentlich die Yandes-Be: |
Ihreibungs-Arbeiten in den öfterreichifchen
Küftenprovinzen Dalmatien, Iſtrien, Kü—
ftenland 2c. für feine fünftige Laufbahn
enticheidend geworden find. Zu Anfang
der 70ger Jahre mit dem Lehramte der,
höheren Taftif an der technifchen Militär:
afademie zu Wien betraut, verließ er —
mittlerweile zum Hauptmann im General: |
ftabstorps vorgerüdt — die militärische
Laufbahn und übernahm 1877 die willen:
Ihaftliche Leitung der geographiichen An-
ftalt von Eduard Hölzel in Wien. Hier:
mit betrat v. H. das eigentliche Feld jeiner,
den Zweden der Schule und der Willen:
ihaft gewidmeten Thätigfeit. An dem
großen Aufihwunge der öfterreichiichen
Schul⸗Kartographie hat er einen hervor-
ragenden Anteil genommen und find ihm
zahlreihe Werke, wie Schul: Atlanten,
Wandkarten ꝛc. für den elementaren, mitt:
leren und höheren Unterricht zu verdan-
fen; vor allen find in dieſer Richtung die
im Jahre 1882 publizierte „Wandfarte
der Alpen” und die erjt vor kurzem er:
fhienene „Überfihtsfarte der ethnogra-
phiſchen Verhältniffe von Afien“ als die
Frucht langjähriger Arbeiten berühmt ge:
worden. Als geographiſcher Schriftiteller
bat fih H. durch eine Reihe von Auf:
fägen hervorgethan, die in den verjchies
denen fachwiſſenſchaftlichen Zeitichriften
zerftreut find; in den Jahren 1884—85
redigierte er die „Mitteilungen der k. k.
geographiichen Gejellihaft” zu Wien.
Haaf, C. Maria Catharina (Balth.
Ludwig, E. Wejtphal), wurde am 29. Febr.
211
Habenicht.
1844 in Ottweiler (Rheinpreußen) ge—
boren. Die an landſchaftlichen Reizen
reiche Heimat weckte frühzeitig den Sinn
für Naturſchönheit in dem Kinde; die
Verhältniſſe im Vaterhaus gewährten ihm
eine ungetrübte jorgenlofe Jugendzeit, und
tüchtige Lehrer unterftügten und förderten
‚die Neigung zu Kunft und ichönen Wiſſen⸗
haften. Um ſich ganz dem Studium der
Mufif zu widmen, ging €. 9. nad) gründ-
liher Vorbildung nad) Mainz, jtudierte
dajelbjt während eines Ajährigen Aufent-
altes Generalbaf, Kontrapunft und Kom—
'pofition und bildete fich im Klavierſpiel
unter Zeitung Friedrih Zur volljtändig
aus. Nachdem fie mehrere Jahre in
Mainz als Mufiklehrerin gewirkt hatte,
fiedelte fie nady Paderborn über, wo fie
‚neben ihrem mufifaliihen Beruf auch lite:
rariſch thätig war und in der Folge Mit:
arbeiterin von vielen Zeitichriften wurde,
Von ihren zahlreihen Schriften nennen wir:
Luſtige und ernite Mufitantengefhichten, Sa:
rajtrom:Schneidlein, Der Sängerfrieg in Burg:
ſteinbach, Das Komödianterle, Der Benefifarius.
ı1886 und 1887 leitete C. 9. die Redaktion der
„Mufifaliichen Jugendpoft“. Aufserdem war fie
* — muſikaliſchem Gebiet vielfach ſchöpferiſch
atig.
Habenicht, Hermann, iſt am 3. März
1844 als Sohn eines Porzellandrehers
und Modelleurs in Gotha geboren. Er
beſuchte das Realgymnaſium daſelbſt von
1854—59. 1879 trat er (in ärmlichen
Verhältniſſen) auf Empfehlung feiner
Mathematik: und Zeichenlehrer als Schü-
ler Dr. Auguft Petermanns in die geo-
graphiiche Anftalt von Juſtus Berthes ein.
Er arbeitete von da an für Petermanns
Mitteilungen und Stielers Handatlas
unter jeines Lehrers Leitung bis zu defjen
Tod (1878). Seine Anlage für Gebirgs-
zeihnung wurde gründlich ausgenußt, wo:
durch er ſich eine tüchtige Kenntnis ber
geſammten Erdoberflächengejtaltung ver:
Ihaffte. Dabei fiel ihm eine gewiſſe Ge:
jegmäßigfeit (Einjeitigfeit) im Bau der
großen Kettengebirge auf, welche bereits
einige Jahre früher durd Süß und Dana
14*
Habicht.
entdeckt wurde, und die 1875 zur Auf—
ſtellung der nun allgemein bekannt ge:
wordenen „Theorie von den ſphäriſchen
Kraterbeden” führte. Seit 1878 übernahm
er die Redaktion eines Drittels von Stielers
Handatla3 und gab mehrere, von der Kritik höchſt
anerkannte Kartenwerfe heraus, und zwar: Juſtus
Perthes' Elementar: Atlas, Atlas zur Heimatskunde
des deutfchen Neichs, Auftus Perthes' Taſchen—
Atlas, Spezialtarte von Afrika ꝛc. Gegenwärtig
ilt er mit der Nedaktion neuer Auflagen diejer
Werte und Neubearbeitung, reſp. Erweiterung
des v. Sydowſchen Schulwandatlas beichäftigt.
Außerdem ift H. Mitarbeiter faſt aller einſchlägi—
gen Fachblätter :c.
Habicht, Ludwig, wurde am 23. Juli
1830 in Sprottau geboren und bejuchte
die Realſchule daheim. Da jeine Eltern
nicht die Mittel bejaßen, ihn, wie er ſehn—
lichft wünschte, eine akademiſche Karriere
machen zu laflen und er früh jchon fein
Brot ſelbſt verdienen mußte, jo trat er
als Schreiber bei einem Staatsanwalt
ein, benußgte jedoch jeine Muße zu ener:
giſchen Studien. Dann machte er Eleine
Ichriftftelleriiche Verſuche in Zeitichriften,
die ſolchen Erfolg hatten, daß er nad)
einigen Jahren weiterer literariiher Thä—
tigkeit feine Stellung aufgeben und nad)
Berlin überfiedeln fonnte, wo er redak—
tionell wirkte, nunmehr jedoch als freier
und geachteter Scriftiteller Lebt.
Hauptwerfe (Romane und Novellen): Ariminal:
novellen (1864), Der Stadtichreiber von Liegnik
(1864, 2. Aufl. 1851), Irrwege (1866), Zwei
Höfe (1868), Schein und Sein (1875), Darte
Kämpfe (1876), Auf der Grenze (1878), Der
rechte Erbe (1879), Ein Mann, ein Wort (1879),
Wille und Welt (1SS4), Im Sonnenichein (1884), |
Zum Rhein (1886). Außerdem iſt 9. ein an:
gefehener Mitarbeiter belletriftiicher Zeitfchriften.
Hader, Franz (Franz v. Eeeburg),
wurde am 20. Januar 1836 in Nymphen—
burg bei Münden geboren, abjolvierte
das Gymnaſium in legtgenannter Stadt,
allwo er auch die Univerſität befuchte und
Philoſophie und Theologie jtudierte. 1959
wurde er zum Prieſter geweiht. Er hatte
feine ſeelſorgeriſche Wirkſamkeit jedoch faum
begonnen, als eine ſchwere Krankheit ihn
daniederwarf und jahrelang an das Lager
212
Hackland⸗Rheinländer.
feſſelte. Nach endlich wiedererlangter Ges
ſundheit wurde er Hofitiftsvifar in Mün—
chen, 1886 zum Kanonikus und Hoffaplan
ernannt. Neben feiner priefterlichen je
gensreihen Thätigfeit zeichnete H. ſich
auf dem Gebiete der Novelle aus. Am
Harjten tritt jeine Erzähler: und Form:
talent in dem „ägyptiichen Joſeph“ (nun⸗
mehr in 6. Auflage erſch.) und in dem
Marienfind .(4. Aufl.) hervor.
Außerdem heben wir hervor: Die Here
Lohr, Durch Naht zum Licht (2. Auf),
Nachtigall (2.Aufl.), Die Herenrihter von Würzburg
(3 Aufl.), Jakob Steiner, Die Fugger u. ihre Zeit,
Ehre Vater und Mutter, Und führe uns nicht in
Berfuhung, Dein Reich fomme zu uns ꝛc.
Hackland-Rheinländer, C., |.
Wild. Annas.
Söüäckel, Ernft, wurde am 16. Februar
‚1834 in Potsdam geboren, jtudierte zu
Berlin und Würzburg Naturwiſſenſchaften
und Medizin, promovierte 1857 und legte
‚im folgenden Jahre das medizinische
‚Staatseramen ab. 1861 habilitierte er
ſich für vergleichende Anatomie und wurde
1862 zum außerord., 1865 zum ordentl.
Brofefior in Jena ernannt. Er unter:
nahın mehrere große Forichungsreifen, jo
‚nad den canarischen Inſeln, nad dem
Rothen Meer, nad) Ceylon und Bom—
‘bay ꝛc., deren Ergebnifle in feinen, um
die Naturwiffenichaften und ihre För—
derung hochverdienten Werfen niederges
‚legt find: Bon diejen heben wir hervor: Mo:
'nographie der Radiolarien (1862), Generelle
Morphologie der Organismen (1866), Mono:
graphie der Kallihwämme (1872), Natürliche
Schöpfungsgeſchichte (7. Aufl. 1875), Über Ar:
beitsteilung im Natur: und Menſchenleben (1869),
Über die Entjtehung und den Stammbaum des
Menſchengeſchlechtes (4. Aufl. 1870), Biologische
Studien (1870), Das Leben in den Meereötiefen
(1870), Anthropogenie (3. Aufl. 1879), Mono»
graphic der Medufen (1881), Indiſche Neifes
briefe (2. Aufl. 1854), Darwin, Goethe und
Zamarf (1882). 9. war einer der erften
deutſchen Naturforicher, die ſich offen zu
der Darwinſchen Theorie befannten. Er
‚wirft noch jegt als einer der ausgezeich—
netſten Afademiter in Sena.
von
e
Hägele.
Hägele, Joſeph Mathias, geb. 1823|
zu BZizenhaufen in der Bobdenjeegegend,
ftudierte zu Freiburg und Heidelberg Phi:
loſophie und Geſchichte, nebenbei Flaffifche
Literatur und Philologie. 1846 Preis:
träger der Univerfität Heidelberg, beſtand
er 1847 die Staatsprüfung als Fach—
lehrer und gedachte, von Gervinus und
Häuffer ermuntert, als Privatdozent auf:
zutreten. Das Sturmjahr 1848 warf ihn
in eine andere Laufbahn. Seine Be:
geifterung wurde bald abgekühlt, doch war
er 1849 noch nicht genugſam ernüchtert,
um dem Maiaufftande ganz fernzubleiben.
1849 Kriegsgefangener, wurde 9. vor
die Unterfuchungsfommiffion des Stand:
erichtes geftellt und nad; Aufhebung die:
* Gerichtes zu acht Jahren Zuchthaus
verurteilt. Er gehörte zu den ſiebenzehn
„politiſchen Verbrechern“, welche Groß—
herzog Leopold im April 1852 auf ſeinem
Sterbebette begnadigte. Nachdem H. einige
Zeit Profeſſor in der Schweiz geweſen,
trat er in die Dienſte der Herderſchen
Verlagsbuchhandlung in Freiburg. Ihr
Konverſationslexikon und Kirchenlexikon gab ihm
mehrjährige Beſchäftigung, doch fand er Zeit zu
noch anderen literariſchen Leiſtungen: Zuchthaus: |
eſchichten (1854), welche dem Verfaſſer Ruf ver:
hafften; Erfahrungen in einfamer und gemein:
famer Haft (2. Aufl. 1862), 3 Jahrgänge des
Kalenders „Für Zeit und Emigfeit“. 1859 trat
9. in erzbiihöflihe Dienfte, blieb aber nebenbei
fiterarifch thätig: Andreas Hofers letter Gefährte
(2. Aufl. 1867), Der Rüdfällige (1868), Auf:
fäge in die biftorifch-politifchen Blätter u. ſ. f.
1865 übernahm er die Redaktion des „Freiburger
Boten”. Ferner lieferte er: Der moderne ort:
fchritt und die arbeitenden Klaſſen, Die fatholi:
chen Feiertage und das goldene Kalb mit feinen
Horniſten (2. Aufl. 1869), Das erſte Brandopfer
der Dffenburgerei (2. Aufl.), eine Leuchtkugel in
die ſoziale Dämmerung (1870). Nach dem Kriege
famen neue Auflagen des Herderfchen Konverſa—
tions: und Kirchenlerifond in Zug, woran H. ſich
abermal3 beteiligte. Nachdem der berühmte Bolfs-
fchriftfteller Alban Stolz 1883 gejtorben, wurde
H., den er Jahrzehnte hindurch feines näheren
Umganges gewürdigt, deſſen Biograph (2. Aufl.
1884). Auch für Zeitungen ift 9. bis 1871
vielfach thätig geweſen. Steter Kränklich—
feit wegen trat 9. 1885 in den Ruhe—
213
— Hägeli.
Hägeli, Albert, geboren zu Hilſen—
heim (Unter-Elſaß) den 2. Februar 1840,
aus einer anſehnlichen Bauernfamilie
ſtammend, die bereits vor zwei Jahr—
hunderten im gefagten Orte anſäſſig wurde.
Er wurde von dem Ortspfarrer Peter
Hamion zum Studieren bewogen und für
das Kolleg von Rappoltsweiler vorbe:
reitet, das er 1857 mit der Oberprima
(Philofophie) im kleinen Seminar zu
Straßburg vertaufchte, jodann Theologie
im großen Seminar zu Straßburg ſtu—
dierte und 1864 Priejter wurde. Nun:
mehr befindet ji H. als Pfarrer in Nord:
beim, Unter-Eljaß. 9. hat verfaßt: Garcia
Morenos Tod (1876), weldyes Drama in mehreren
fremden Sprachen, wie jpaniiche, italienische, vlä—
miſche überfegt wurde, und vom Verfaſſer ſelbſt
franzöfiich bearbeitet und erweitert iſt. Ferner it
von 9. erichienen: Der königliche Prätor von
Straßburg (Hiftoriiches Drama 1883), Die Mero:
vingerpfalz zu Kirchheim (König Dagobert II.)
Hiltor. Drama 1886). Die Dramen murden
ehr qünftig beurteilt und vielfach mit Erfolg
aufgeführt. 9. hat aud) Predigten veröffentlicht,
u. a. Predigten bei einer achttägigen Million
(1886), Tridunm, mit einer Lobrede auf den
heil. Martinus (1887).
Häußner, Joſef, geb. 11. Juli 1850
zu Bühl bei Baden; nad Abjolvierung
des Gymnaſiums ftudierte er auf der
Univerjität Freiburg i. B. anfangs Theo-
logie und Philologie, dann ausschließlich
klaſſ. Philologie, beitand 1874 die Prü—
fung für das höhere Lehramt, promo:
vierte bei der philof. Fakultät in Tübin-
gen auf Grund einer Differtation über
Horaz und war dann an mehreren Gym:
nafien (Raftatt, Freiburg, Heidelberg,
Bruchſal), nunmehr als PBrofejior in
Karlsruhe thätig.
Hauptwerke: De Horatianorum carminum
libri quarti octavo (1876), Die deutiche Kaiſerſage
(1882), gefürzt als Vortrag „Unfere Kaiſerſage“
in Virchow⸗Holtzendorffs Sammlung (1884), Cru⸗
quius und die Horazfritif (1884), Tertausgabe
von D. Horatius Flaceus, gemeinſchaftlich mit
D. Keller (1885). Außerdem mehrere Rezenfionen
über biftorifhe und philologiihe Werke in ver:
ichiedenen Zeitichriften.
Hafner, Ditrih Gerhard, wurde am
ſtand.
4. Oktober 1856 auf Radelow bei Tan—
Hafner.
tom in Pommern geboren, widmete fid)
der Journaliftil. Er ift nunmehr Re
dakteur in Wittenburg, neben feiner re
daftionellen Thätigfeit auch ſelbſt ſchaffend
als Lyriker, Feuilletonift, Kritiker und
Hiltorifer thätig und auf diefen Gebieten
Mitarbeiter vieler politifcher und belle
triſtiſcher Zeitichriften.
Hafner, Tobias (Sebaftian Spundle),
geboren 7. Januar 1833 zu Langenau
bei Ulm als Kind armer Eltern. Ich
befuchte die gewöhnliche Volksichule mei: |
ner Heimat; der Unterricht war fehr man
gelhaft, da ich zur Sommerszeit an Bauern
um Lohn verdingt wurde und ich daher
während dieſer Zeit die Schule wöchentlich
nur 2—3 mal beſuchte. Vorbildung für
den Schulftand erhielt ich bei einem Dorf:
Ichullehrer und indem Seminar Nürtingen.
Als Lehrer war ich an verichiedenen Orten
angejtellt, namentlich aber zu Tübingen,
Ulm, Heilbronn, Zangenau, Ravensburg.
Während meines 2'/sjährigen Aufenthalts
in Tübingen befuchte ich regelmäßig die
Vorleſungen über Literatur von Brof. Dr.
Viſcher (Aſthetiker), fowie weitere Vor—
leſungen über Pädagogik, Phyſik, Kirchen:
geſchichte, Anatomie. Durch Fleiß und
Ausdauer ſuchte ich den Mangel meiner
Schul- und Seminarbildung auszugleichen.
Unter den ſämtlich von der Kritik ge:
würdigten Hauptwerfen 9.s heben wir
(Red.) hervor:
Blätter und Blüten aus dem Schwarzwald
(Ged. 1868), Mein Liederbuh (2. Aufl. 1880),
Geſchichte der evang. Kirche zu Ravensburg (1884),
Geihichte der Stadt Ravensburg (1887). So:
dann viele Schulbücher, endlich eine Menge (uns
gefammelte) Gelegenheitägedichte, viele davon in
Ulmer Mundart unter Pjeud. Sebaftian Spundle.
Dagen, Ab., ſ. Joſ. Harpf.
Hager, Hans Hermann Julius, ge:
boren am 3. Januar 1816 zu Berlin als
der Eohn eines Militärarztes, bejuchte
die Schulen zu Düben und Bernau, da:
nad) die Gymnafien zu Torgau und Bran-
denburg a. d. H., und trat 1832 in die
214
—
Haggenmacher.
wo er das eigentliche Feld feiner reichen
‚Begabung in dem ergriffenen Beruf ent=
deckte. Mit großem Fleiß ſetzte er neben
‚feiner gefchäftlichen Thätigfeit feine Stu-
dien, bejonders phyſikaliſchen und ſolche
‚über die Gährungschemie fort, zumal er,
‚ohne viel Zufhuß vom Haufe, für feine
Zufunft auf die eigene Kraft angewieſen
war. 1841 abjolvierte er ohne weitere
Vorbereitung das Staatseramen. Nach—
dem er dann nod ein Jahr als Gehilfe
gedient hatte, trat H. 1842 in den Befig
der Stadtapothefe zu Frauftadt, die er
1859 verkaufte, um ſich ausichließlich der
Chemie und pharmaz. Literatur zu wide
men. 1881 fiedelte er von Berlin, wos
bin er gezogen war, nad) Frankfurt a. O.
über, wo er nod) jet lebt. 1859 wurde
9. in Jena zum Doktor promoviert. Er
iſt Ehrenmitglied der k. ruf. mediz. Ges
jellihaft zu Wilna, des allgem. öjterr.
Apothefervereins, der Gejellihaft ſchwed.
Arzte,vieler pharm. Gefellichaften Europas
und Amerikas.
Bon feinen jehr verdienten Werken heben wir
bervor: Handbuch der pharm. Rezeptierfunft (4.
Aufl.), Kommentar zu den Pharmalopden Norb-
deutfchl., Anleitung zur Fabrikation fünftl. Mi⸗
neralwäfler, Pharmacopoea homoeopatica, Ma-
nuale pharm. (4. Aufl.), Adjunienta varia,
Handbuch der Unterfuhungen. Erfter Unterricht
d. Pharmazeuten (4. Aufl.), Botaniſcher Unterr.
(3. Aufl), Das Mifroftop (7. Aufl), Kommen:
tare zur 1. und 2. Ausgabe der Pharmacopoea
' Germanica, Pharmazeutifche Zentralhalle (20
Jahrgänge), Handbuch der pharm. Praris zc.
Daggenmacher, Otto (ein Stief-
John Johannes Scherrs), geboren am 21.
Februar 1841 in Winterthur (Schweiz),
befuhte das Gymnafium feiner Vater:
ftadt und das in Züri), wo er aud) Theo—
logie ftubierte. 1868 wurde er als Predi—
ger in Richterswyl und 1871 als folcher
in Zürich angeftellt.
Hervorzuheben: Dichtungen (1873), Atlantis
(1874), Neue Dichtungen (1876), Danae (1881),
Die Gefangenen (1885).
Hahn, Werner, wurde am 13. Mai
1816 in Marienburg (Wejtpreußen) ges
pharmazeutiiche Lehre in Salzwedel ein, boren, widmete fih nad Abfolvierung
Haidheim. —
des vaterſtädtiſchen Gymnaſiums dem Stu—
dium der Philoſophie und Literaturge—
ſchichte an der Univerſität Berlin und
lebt nunmehr ſeit vielen Jahren als
Schriftſteller in Sakrow bei Potsdam.
H. erwarb ſich zuerſt und insbeſondere
einen vorzüglichen Ruf durch ſeine Geſchichte
der poetiſchen Literatur der Deutſchen (10. Auf:
lage). Außerdem heben wir hervor:
Edda, Lieder germ. Götterfagen (1872), Deut:
Ihe Poetik (1879), Poetiihe Mufterfammlung
(1882), Odin und fein Reich (1886).
Daidheim, 2, |. 2. Ahlborn.
Hain, Herm., ſ. Herm. Jahn.
Dalada, Anna Helene, wurde im
Fahre 1856 in Polen geboren. Sie nannte
eine reiche Begabung ihr eigen, und weite
Neilen, die fie durd ganz Europa, nad)
Afrifa und nad Alten unternahm, gaben
ihr den Stoff zu verdienjtvollen Arbeiten
in, deuticher, polnischer und ruſſ. Sprade.
Ihre ethnographiichen Skizzen trugen ihr,
ſehr jung noch, den Meluſinen-Orden, die
italieniihe und die franzöfiiche große gol:
dene Medaille ein. Sie lebt verheiratet in
Kaslau (Böhmen) und it zur Zeit mit
der Überjegung Kraszewski'ſcher Werke ins
Deutſche beichäftigt.
Hallier, Ernit, wurde am 15. No:
vember 1831 in Hamburg geboren. Da
feine Eltern brav, aber arm waren, fonnte
jein Wunſch, zu ftudieren, nicht erfüllt
werden, und jo wurde er nad) dem Be-
juh einer Bürgerichule Gärtner. Erit
in feinem zwanzigiten Jahre wurde ihm
fit, auf feine früheren Wünjche
zurüdzufommen, und er bezog, nachdem
er die Gymnaſialſtudien nachgeholt hatte,
die Univerfität Berlin, jpäter die zu Jena,
wo er Vhilojophie und hauptſächlich Na:
turwillenichaften ftudierte. 1857 bezog er
die Univerfität Göttingen. 1358 promo:
vierte er und wurde im felben Jahre als
Lehrer im Pharmaceutiichen Inititut von
Brofefjor Ludwig, und nachdem er fi
1860 habilitiert hatte, als Privatdozent
1864 als Profeſſor in Jena angeftellt.
[4
215
Hallwich.
Von H's ausgezeichneten, um die Botanik hoch—
verdienten Werfen heben wir hervor: Nordſee—
ftudien, Die Weltanihauung des Naturforfchers,
Ausflüge in die Natur, Die Pflanze und der
Menih, Flora von Deutichland (neubcarb., 32
Bände), Exkurſionsbuch, Schule der ſyſtematiſchen
[ER Die Plaſtiden der niederen Pflanzen.
Dallwich, Hermann, geboren am 9.
Mai 1838 zu Töplik in Böhmen, er:
hielt feine erjte Erziehung im väterlichen
Haufe. Sein Vater jtarb frühzeitig. Nad)
Adfolvierung des Gymnafiums in Kom:
motau bezog er die Prager Univerfität,
um ſich dem Studium der Philoſophie
‚und Gefchichte, ferner der Volkswirtichaft
und der deutjchen Literatur zu widmen.
Seine Abſicht, auch eine „ausländiiche”
Univerfität (München) zu beſuchen, jtich
unter den damaligen fonderbaren Ber:
hältniſſen in Ofterreih auf — polizeiliche
Hinderniffe. Nach abjolvierten Studien
bekleidete H. eine Zeit lang die Stelle eines
Erziehers und erlangte 1862 an der Uni—
verfität zu Prag die philoſophiſche Dok—
torswürde, um fich dajelbjt als PBrivat-
dozent zu habilitieren. Noch als Student
begründete er (1861) gemeinschaftlich mit
Ludwig Schlefinger, Julius Lippert u.
A. m. den Verein für Gejchichte der Deut-
ſchen in Böhmen, zu deſſen eifrigiten Mit-
gliedern er feither zählt. Die böhmiſche
Seihichtsichreibung war bis dahin faſt
ausichließlih den Händen ezechiſcher Bar:
teimänner überlaſſen geweien, deren ‘Bar:
teilichfeit der bekanntlich hochbedeutſamen
Stellung der Deutſchen in Böhmen feines-
wegs Rechnung trug. So hatte der neue
‚Verein die Aufgabe, eine empfindliche Lücke
auszufüllen. In den „Mitteilungen“ dies
jes Vereins erichienen H.'s erſte wiſſen—
‚Schaftlihe Arbeiten. 1864 folgte er einem
Rufe als Profefjor der Handelsgeihichte
und Geographie an die höhere Handels-
‚lehranftalt in Neichenberg, wo er fünf
Jahre fpäter als Sekretär der Handels-
‚und Gewerbefammer die Gejchäftsleitung
| diefes Inſtitutes übernahm.
| Seiner Thätigfeit in diefem Amte entjprangen
u. A. die Monographien: Die erfte Fabrik in
Halm.
Reichenberg (1869), Zur Flachsgarnkriſis (1870),
Zur Geſchichte der Görlitz-Reichenberger Straße
(1870), Gewerbe und gewerbliche Fachſchulen im
nördlichen Böhmen (1873), Nordböhmen auf der
Weltausſtellung in Wien (1873), Zur Reorgani⸗
ſation des
(1881) u. Schon früher hatte er eine An—
zahl jelbjtändiger Schriften zur Geſchichte der
Deutihen in Böhmen veröffentlicht, jo Die Herr:
Ihaft Türmig (1863), Die Jefuitenrefidenz Ma: |
riajheune (1867), Gedichte der Bergitadt Grau |
pen (1868); denfelben folgten die Bücher und
Brofhüren: Zur Gefchichte der
Leipa (1870), Reichenberg und IImgebung. Eine
Orisgeſchichte mit fpezieller Rüdficht auf gewerb⸗
liche Entwickelung (1871 u. 1874), Gründung
der Bergſtadt Hohenelbe (1882) ꝛe., als deren
Abſchluß das Buch Töplitz, Eine deutſch-böh—
miſche Stadtgeſchichte (1886) betrachtet werden
kann. Am bekannteſten wurde H.'s Name durch
eine Reihe von Schriften zur Geſchichte Wallen—
ſteins. Die bedeutendſte: Wallenſtein's Ende.
Ungedruckte Briefe und Akten (1879). Die Be—
deutung dieſes Buches wurde von allen Seiten
einſtimmig anerkannt. In engſter Verbindung
hiermit ſtehen: Heinrich Matthias Thurn als
Zeuge im Prozeß Wallenſtein. Ein Denkblatt
zur dritten Säkularfeier Wallenſtein's (1883),
Geſtalten aus Wallenſtein's Lager: Johann Me—
rode, Johann Aldringen (1885). Zumeiſt pole⸗
miſchen Inhalts ſind die beiden jüngſten Schriften
deſſelben Verfaſſers: Gindely's Waldſtein und
Wallenſtein und Waldſtein (1887). 9. iſt auch
auf politiſchem Gebiete in den geſetzgebenden
Körperſchaften ſeiner engeren und weiteren Heimat
thätig, und zw. im böhmiſchen Landtage und zu—
gleich als Abgeordneter im Abgeordnetenhauſe
des öſterreichiſchen Reichsrates.
Dalım, Margarethe, ſ. M. Maytner.
Hamerling, Robert, wurde am 24.
März 1830 in Kirchberg am Walde
(Nieder-Oſterreich) geboren. Er verlebte
bier eine frohe und freie Kinderzeit; denn
zum Beſuch einer ordentlihen Schule
fonnten ihm feine Eltern, brave aber arme
Bauersleute, nicht die Mittel gewähren.
Unter diefen Umſtänden war es ein Glüd |
für den willensdurftigen und begabten
Knaben, daß ihm durch die Aufnahme
unter die Chorfnaben des Zwettler Stif-
tes eine Stätte geboten wurde, wo er die
ihm innewohnenden Talente auszubilden
und die erjehnten Kenntniffe zu erwerben
Gelegenheit fand.
— Unterrichts in Öfterreich
Stadt Böhmiſch-
Nachdem er die Schule:
216
1
' Studien.
Hamerling.
des Stiftes abjolviert hatte, bezog er,
von ebdeldenfenden Freunden unteritüßt,
die Wiener Hochſchule. Man ſchrieb da—
mals das Jahr 1848, und nichts war
natürlicher, als daß der heißblütige, von
Freiheitsdrang beſeelte Jüngling ſich mit—
ten hineinſtürzte in die gährende Revo—
lution. Manches enge Band der Freund—
ſchaft wurde in jenen Tagen geknotet, und
dieſe Zeit jugendlicher Luſt und Schwär:
merei, von echteſtem Patriotismus getra—
gen, gehört heute noch zu den liebſten Er—
innerungen des Dichters. Dann trat wie—
der der Ernſt des Lebens heran: Philo—
ſophie und alte Sprache, beſonders Sans—
krit boten H. das Feld zu energiſchen
1855 legte er ſein Lehrerexa—
men ab und wurde am Gymnaſium zu
Trieſt angeſtellt. Dort in feſter, ſorgen—
loſer Lebensſtellung konnte der junge Dich—
ter nun auch ſeiner Muſe Altäre bauen.
Hier entſtanden: Gin Sangesgruß vom
Strande der Adria (1857), Venus im Eril
(1858), Sinnen und Minnen (1859), Ein Schwa-
nenlied der Romantit (1862), Germanenzug
(1864) und endlich feine herrliche Dichtung
Ahasverus in Rom (1868), die den Dichter
mit einem Schlage in die vorderfte Reihe
der Gottbegnadeten erhob. Er fonnte num
fein Lehramt aufgeben, was feine ſchwäch⸗
lihe Gejundheit wünfchenswert machte,
und lebt in Graz, ausſchließlich feiner
Schriftitellerei hingegeben. Außer den ge
nannten Werfen heben wir von H.'s glän:
zend anerfannten Schöpfungen noch her:
vor: Der König von Sion (1869), Geſammelte
Dichtungen (1871), Danton und Nobespierre
(1871), Die fieben Todfünden (1873), Afpafia
(1876), Lord Lucifer (1879), Die Waldfängerin
(1881), Amor und Binde (3. Aufl. 1883), Proſa
(1884), Hefperiiche Früchte (1884).
Heine ausgenommen, iſt Fein deuticher
Epifer und Lyriker der neueren Zeit jo
vielfach in fremde Spraden überfegt wor:
den wie Hamerling. Beſonders ermwäh-
nenswert ift, daß H. auch an feine älteren
Werke immer von neuem die Feile legt,
jo daß nur ftets die lebten Auflagen ge
lejen werden Sollten.
Hammann.
Hammann, Otto, geboren zu Blanz |
tenhain bei Weimar 1852, ftudierte 1870
217
Hankiewicz.
Liebesfeſſel oder die neue Wahlverwandſchaft,
der auf mehreren Bühnen wiederholt, er—
bis 1872 zu Leipzig, Jena, Heidelberg folgreich zur Aufführung gelangte. Doch
die Rechte und Volkswirtſchaft. Nach ab—
elegtem Staatsexamen Juſtizamtsaceeſſiſt
ÖReferendar) in Weimar. Widmet fich
nach militärischer Dienftzeit ausſchließlich
der literarifchen Thätigfeit. 1877—1878
Mitherausgeber der Dramaturgiſchen
Blätter in Leipzig. Seit Herbit 1879
in Berlin. Als Feuilletonift und Publi-
ciſt Mitarbeiter der angefehenften Blätter
und Zeitfchriften; Korrefpondent der Schleſ.
Ztg. Münchener Allg. Ztg., Hamburg.
Korrefpondent 2c.
DHandtmann, Friedrid Augujt Edus |
ard, geboren in Potsdam am 28. Mai
1542. Studierte Theologie auf den Uni-
verfitäten Berlin, Tübingen, Halle. Zur
Zeit Pfarrer in Seedorf bei Lenzen a.
Elbe. Beſchäftigt fi) privatim mit eth—
nologiihen und prähiftoriihen Studien,
it Mitglied der Berliner, jowie der Deut-
ihen Anthropologifhen Geſellſchaft und
Inhaber des Ehrendiploms des Märki—
ihen Provinzialmufeums zu Berlin. Von
den verdienten Merken H.'s find hervor:
zubeben:
Slavismus im Lichte der Ethik (1878), Neue
Sagen aus der Markt Brandenburg (1883), Rote
Immortelle, Brandenburgifches Märchen, Dich:
tung in 29 Bildern (1886). Außerdem viele
Beiträge in Journalen pädagogiicher, hiſtoriſcher
und politifcher Richtung.
Hankel, Johannes Wilhelm Paul,
Sohn des Lehrers und Kantors Chriftian
Hanfel, wurde zu Halle a. ©. am 29.
'in zweiter Auflage erſchien.
Auguft 1861 geboren. Er beſuchte da-
—* die Bürgerſchule und ergriff auf
Wunſch feines Vaters die techniſche Lauf:
bahn, d. h. er lernte praftiih Mechaniker
und bejuchte zur weiteren Ausbildung in
diefem Fache die Gewerbeichule feiner Va—
teritadt. In Berlin, als Techniker thätig,
erwachte in ihm mit Allgemalt die Liebe
zur Kunſt und ſchönen Wiſſenſchaft, die
ſchon in frühejter Kindheit in ihm rege
war.
1882 verfaßte er einen Schwanf
mehr als diejes Werk brachte das Drama
Galilei ihm Anerfennung, weldes 1885
erihien. Zur weiteren wiljenichaftlichen
Ausbildung Hofpitiert er nun an der Uni-
verfität feiner Vaterſtadt.
Hanfiewicz, Klemens Nitter von,
geboren am 2, September 1842 zu Na-
ſtaſow in Galizien, ftudierte (klaſſ. und
ſlav. Philologie, Philoſophie) an den Unis
verfitäten Lemberg und Wien und erlangte
1868 an der erfigenannten Univerfität den
philofophiihen Doktorgrad. Derſelbe
wirkte als Gymnaſiallehrer an mehreren
Gymnaſien ſeines Heimatlandes und zu—
letzt am Gymnaſium in Czernowitz. Seit
der Gründung der deutſchen Univerſität
in Czernowitz (1875) iſt derſelbe Sekre—
tär und Dozent der rutheniſchen Sprache
und Literatur an der gen. Univerſität.
Derſelbe veröffentlichte 1869 eine treffliche Schrift:
Grundzüge der flavifchen Philofopbie, welche 1873
Die Grundidee
diefer Schrift ift eine kurze Darftellung der Bes
jtrebungen und Nefultate des philofophilgien For⸗
ſchens, in fofern daſſelbe von den Slaven aus:
ging und ſofern von denſelben teils Neues, Ori—
ginelles geleiftet, teils Altes, Übernommenes in
einer eigenartigen Weije erfaßt, durchgearbeitet
und hiernady gewiſſermaßen umgeftaltet wurde.
Später veröffentlichte H. in Zeitihriften mehrere
größere Abhandlungen (Über die Grenzgebiete der
Philoſophie und der Naturmwilienichaften, ber
die Kunft auf der (1873er Wiener) Weltaus:
ſtellung, Über die neuejten philoſophiſchen Bewe—
gungen bei den Slaven u. a.). 1874 erſchien von
demjelben eine „Pſychologie“ für Mittelichulen und
1875 eine Heine Schrift „Über das Nccentuationd»
Syſtem in der Sanskrit-, griechiſchen und ruthenis
Ihen Sprade”. Außerdem ift H. Mitarbeiter
einer Reihe von Fachzeitſchriften, namentlich des
„Archiv für ſlaviſche Philologie”.
Hannaf, Emanuel Franz Adam, ift
zu Tefchen in öfterr. Schlefien am 30. Mai
1841 geboren. Da fein Vater jchon 1842
ftarb, jo wuchs er im Haufe feines müt-
terlichen Großvaters, eines Bürgers und
Hausbefigers in feiner Vaterftadt, auf.
Er beſuchte das Fatholiihe Gymnaſium
Tefchens 1851-59, bezog 1859 die Unis
Hanne.
verfität Wien und widmete fich dajelbit |
biftoriichen, philologiſchen, linguiſtiſchen u.
vhilofophiichen Studien. 1861 wurde er
Mitglied des hiftoriihen Seminars, das
unter Zeitung von Dr. Aſchbach und Dr.
Alb. Jäger jtand. Ein Kreis talentvoller |
junger Dänner, zu denen Brunner, Hartel,
Horawig, Hans Lambal und Zeißberg ge:
218
Hanne.
Dorfe unweit Lehrte im früh. Königreich
Hannover, iſt der Sohn eines Landman—
nes. Bis in fein 15. Jahr genoß er nur
den Unterricht der dortigen Dorfichule, be:
fuchte jeit 1830 das Gymnaſium in Hil:
desheim, dann das Collegium Carolinum
in Braunfchweig, jeit 1833 —37 die Uni:
verjitäten Göttingen, Halle, Berlin. Bon
hörten, förderte durch Beilpiel und Verkehr | Haupteinfluß auf ſeine wiſſenſchaftliche Bil-
das wifjenichaftliche Streben H.'s, während dung waren durch ihre Vorlefungen: Ott:
zugleih die fonjtitutionellen Bewegungen
in Ofterreich, die nationalen in Deutjch:
land feine politiihen Anfchauungen beein: |
flußten. 1863 legte er für das Lehramt
an Gymnaſien die Prüfung ab. Danad)
trat er als Probefandidat an das k. k.
akademiſche Gymnafium in Wien ein, wo
er 1864 als Supplent angejtellt wurde.
In diefer Zeit erfchienen feine erſten fchriftitelle: |
riihen Arbeiten: eine Abhandlung „Über D. Fa- |
bius Pictor und die römiihe Gründungsſage“
und „Das Hiſtoriſche in den Perſern des Aiſchy—
los“. Außerdem arbeitete er an einem umfang:
reiheren Werfe über „Appianus und feine Quel—
len“, das erſt 1869 erſchien. Auf Grund diefer
wiſſenſchaftlichen Arbeiten habilitierte er fih an
der Wiener Univerjität als Privatdogent für Ge:
ſchichte und Kultur des Altertums (1866), nad):
dem er jhon 1864 zum Doftor der Philojophie
promoviert worden war. 1866 wurde er zum Pro:
feffor an dem Leopoldftädter Kommunal:Heal:
gymnafium in Wien ernannt und blieb in diejer
Stellung bis 1872. In diefer Zeit entitand fein
in acht Auflagen verbreitetes Werk „Die öfterr.
Vaterlandskunde“; danach edierte er Lehrbücher
für die Geichichte des Altertums, des Mittelalters
und der Neuzeit. 1869 vermählte fih H. mit
einer Landsmännin. Im jelben Jahre wurde er
an die Lehrerinnenbildungsanftalt in Wien und
1870 an das ftädtifche Pädagogium dafelbit be
rufen. Bald danad) erfolgte feine Ernennung zum
Direktor des Landes:2ehrerfeminard in Wiener
Neuftadt. In diefer Zeit erſchienen feine vorzügl.
Lehrbücher der Geſchichte. 1831 wurde er zum
Direktor des Lehrerpädagogiums in Wien ernannt,
welche Stellunger noch heutebefleidet. Er lieh nun
noch erſcheinen: Lehrbuch der öſterr. Geſchichte,
der Verfaſſung und der Staatseinrichtungen der
öfterr..ungar. Monarchie (2. Aufl. 1885), ſeit 1886
(mit Dittes) die Umarbeitung von Dr. Schmidts
Geſchichte der Pädagogik, außerdem viele Abhand:
lungen in Zeitichriften, Programmen ıc.
Hanne, Johann Wilhelm, geboren am
29. December 1813 in Harber, einem
fried Müller, Herbart, Hinrichs, Julius
Schaller, in der Theologie Lücke, Ewald,
Marheinefe. Won 1838—51 privatifierte
er in Braunfchweig, hielt dort 10 Jahre
hindurch jeden Winter zahlreich bejuchte
öffentlihe VBorlefungen über das Weſen
und die Entwidelung des Brotejtantismus,
über Gefhichte der Philoſophie, Ajthetif,
Pſychologie, Religionsphilojophie. _ Der
auf ihn aufmerfjam gemachte Herzog Mil:
helm fuchte ihn, nachdem er ſich buch eine,
auf feine Aufforderung von H. im Dom ge:
haltene Predigt ſehr angeſprochen gefühlt,
(1844) zu ſeinem Hof: und Domprediger
zu machen, ließ ſich aber durd eine ges
meinſame erregte Vorftellung ber dortigen
Stadtgeiftlichfeit, die in H. einen gefähr:
lichen Hegel’ihen Bantheiften erblidte, be—
jtimmen, fein gegebenes fürftliches Wort
zurüdzuziehen. Von 1851—61 wirkte 9.
als Prediger zuerft in einem Dorfe unweit
Hildesheim, dann 7 Jahre hindurd) in dem
falenbergichen Fleden Salzhemmendorf,
wo er eine reichgelegnete pfarramtliche
Praris entfaltete. Von Salzhemmendorf
wurde er 1861 als Profefjor der prak—
tiichen Theologie und Pfarrer der Kirche
zu St. Jakobi nad) Greifswald berufen,
wojelbjt er, und zwar eine zeitlang unter
jehr ſchwierigen Verhältniffen und im hei—
Ben Kampfe nicht nur mit der orthodoren
pommerſchen Beiftlichkeit, fondern auch mit
der theologischen Fakultät, die freifinnige
protejtantijche Richtung vertrat, bis er fi)
als Pfarrer emeritieren und als Profeflor
beurlauben ließ, um nah Hamburg-Eppen-
dorf überzufiedeln.
Bon den manderlei Schriften, welche 9. vers
Hanſchmann.
öffentlichte. find als die wichtigſten folgende her:
vorzubeben: Rationalismus und jpefulative Theo:
logie (1838), Schleiermacher als religiöfer Ge:
nius Deutichlands (1839), Sokrates als religiöfer
Genius Griechenlands (1840), Der moderne Nihi: |
lismus und die Straußſche Glaubenälchre (1842),
Der ideale Proteftantismus (1845), Antiortho:
dor, Gegen Fanatismus und Pfaffentum (1846),
Der freie Glaube (1847), Vorhöfe zum Glauben
(1850—51), Zeitfpiegelungen (1852), Belennt:
niffe, drei Bücher vom Glauben (1853), Die Jdee
der abjoluten Perfönlichkeit (1859, 2. Aufl. 1864),
Anti-Hengitenberg (1865), Der Geiſt des Chriften-
tums (1867), Die Kirche im neuen Reich (1872).
Hanjchmann, Alerander Bruno,
wurde in Leipzig am 4. Januar 1841 ges
boren, erhielt jeine Gumnaftalbildung in |
Weimar, wo fein Vater Seminar= und
Bürgerjchuldireftor, ſowie vortragender
Rat im Kultusminifterium über das ge:
ſamte Volks ſchulweſen des Großherzogtums
Sachſen war, und ſtudierte in Jena und
Leipzig Theologie, Philologie und Päda-⸗
gogif. Neben dem Brotjiudium widmete
er feine freien Zeiten bejonders der Litera⸗
tur, Archäologie und Kunſtgeſchichte. Seine
Kenntniſſe und Ideen in der Literatur, Phi—
lologie und Kunſt hat er mannigfadh in
Gotha und Koburg im Haufe des General:
intendanten und Dichters Freih. Guftav
von Meyern=Hohenberg als Jnformator,
im Haufe des berühmten Literarhiftorifers
Prof. Dr. Beyer bei literarifhen Mitarbeis
ten, auch als Lehrer des damaligen Kon:
jervatoriums zu Koburg verwertet, wäh:
219
= Hanien.
‚nannte ihn 1874 infolge feiner Bejtrebun-
‚gen auf pädagogifchem Gebiete zu feinem
Ehrenmitgliede und Meifter.
| 2iterarifh machte 9. fich zumeift durch feine
große Biographie Friedrich Fröbels bekannt, die
teilweife in faſt alle europäifhe Sprachen über:
ſetzt wurde und ein anerfannt vorzügliches Quell:
buch für alle Autoren und Redner auf dem Kin—
‚ dergartengebiet bildet. Außerdem verfaßte 9.:
Das Syftem des Kindergartens (1874), Chronif
der Stadt Waldenburg (1880), Die Handarbeit
in der Knabenſchule (2. Aufl. 1881), Aus Lenz
und Sommer (1883). Seine bedeutungsvollen
Arbeiten über den Künftler und Naturforicher
| Bernard Paliſſy erichienen vorläufig in Zeitichriften.
Danjen, Gotthard von (G. Spreng-
feld), Sohn des Regierungsarchivars Joh.
v. 9., iſt am 22. Auguft 1821 zu Reval
geboren, erhielt feine Schulbildung größ:
tenteils im 3. Gymnaftum zu St. Beters-
burg, ftudierte dafelbit 1841, darauf in
Dorpat 1842 —46 Philologie und Ge:
ſchichte und abjolvierte das Oberlehrer:
eramen in den hiſtoriſchen Wiſſenſchaften.
Seit 1848 Dozent für neuere Spraden
am Forjtinjtitut in St. Petersburg, ver:
tauſchte er dieſe Stellung 1854 mit der
eines Oberlehrers der Geſchichte und Geo—
graphie beim Gymnafium feiner Vater:
jtadt, an welchem er ununterbrochen bis
zur Emeritierung (1885) wirkte. Er er:
warb den Hang eines Kollegienrates und
wurde für Auszeichnung im Staatsdienjte
mehrmals mit höheren f. ruffiichen Orden
deforiert. Während feiner 37jähr. Wirk:
rend er dabei zwei theologiicd: pädagogische | ſamkeit als öffentlicher Lehrer ift er auch
Prüfungen als cand.theol. und cand.rev. | häufig in fommunalen Amtern thätig ge:
min. ablegte, jowie er fpäter als Dozent | wejen und befleidet noch gegenwärtig die
am Technikum zu Frankenberg und am Al:
bertinum zu Burgſtädt in Sachſen in wiſ—
ſenſchaftlichen Fächern wirkte. Nach Ab-
legung eines Reftoreramens vor dem Ge:
lamt-Konfiftorium zu Glauchau wurde er
als Rektor (1870) und ſpäter (1374) als
Direktor der Bürger: und Fortbildungs-
Ihulen zu Waldenburg in Sachſen ange:
ftellt, wo er noch heute jegensreich und an
allen gemeinnügigen Bejtrebungen teilneh:
mend wirft und aud) literariich beichäftigt
iſt. Das „Freie Deutiche Hochſtift“ er:
‚Stelle eines Direktors der Sektion für
'Vaterlandsfunde in der ejtländischen lite:
rariſchen Gejellihaft und dem ejtl. Pro-
vinzialmujeum, eines Mitgliedes des re:
valſchen Stadtichulfollegiums und des eſtl.
ſtatiſtiſchen Komités. 1887 iſt er zum
Amte eines revalſchen Stadtarchivars vo—
ziert worden.
| Seine vielen Schriften find alle hiſtoriſchen und
geographifchen Inhalts, und wenn auch die meiften
‚lokale Stoffe behandeln, fo hatten fie fich doc
‚über die engere Heimat hinaus einer weiten Ber:
breitung zu erfreuen und find von der inländifchen
Hanälid.
wie ausländiihen Kritif ſehr günftig beurteilt
worden. Unter feinen Werfen find beſonders her:
vorzubeben: Die Kirchen und ehemaligen Klöfter
Revals (1858, 3. Aufl. 1885), Die Sammlungen
inländifcher Altertümer und anderer auf die bal:
tiihen Provinzen bezüglichen Gegenftände des eft:
ländilchen Provinzialmufeums ꝛc. (1875). In den
„Beiträgen zur Kunde Eft:, Liv: u. Kurlands“, Bd.
II u. ILL, find von ihm 1876—86 eine Reihe von |
Publifationen aus dem fehr reichen Revaler Stadt:
archiv, u.a, Briefe Guſtav Waſa's u. Erichs XIV,,
Revald Belagerungen dur die Ruffen 1570/71
und 1577, und zahlreiche Regeiten von Urkunden
enthalten. Meine Vaterftadt Neval vor 50 Jah:
ren in humoriſtiſcher Darftellung unter dem ob.
Pfeudon. (1877), Die Gefchichte Revals in ſei—
nem Führer durch Reval und Imgebungen (1878),
Geſchichte des revalihen Gouv.Gymnaſiums, zu
deſſen 250jährigem Jubiläum (1881).
Haunslick, Eduard, geb. am 11. Sep:
tember 1825 in Prag, zeigte fchon im
frühen Knabenalter hervorragendes mufi-
faliiches Talent und Verftändnis und bil-
dete jih unter Tomaſchek in Prag aus,
während er gleichzeitig an der dortigen
Univerfität Philofophie ftudierte. 1856
habilitierte er fich für Aſthetik und Muſik—
geihichte an der Wiener Hochſchule, wo
er 1861 zum außerord. und 1868 zum
ordentl. Profeſſor ernannt wurde und nod)
jept wirft. 9. ragt literariih beſonders
als feinfinniger und ſcharfer Kunftkritifer
hervor. Außer feinen ftändigen Referaten
in der Wiener „Neuen freien Preſſe“ he:
ben wir hervor:
Vom Mufifaliih: Schönen, ein Beitrag zur Re:
vifion der Ajthetif der Tonkunſt (7. Aufl.), Ge:
ſchichte des Konzertweſens in Wien, Aus dem Kon—
zertfaal, Die moderne Oper (8. Aufl.), Aus dem
Opernleben der Gegenwart. Mufitalifche Statio-
nen, Konzerte, Komponiften und Birtuofen der
legten 15 Sabre.
Harberts, Harbert, geb. am 26. De:
jember in Emden, ftudierte in Bonn Phi:
lologie und Literaturgefchichte, um fich dem
Lehrfache zu widmen. Doc gab er die-
jen Beruf nad) furzem Wirken an dem
Gymnafium in Gravenhage (Holland) auf
und folgte feinem langgehegten Wunfche,
Yournalift zu werden. Er ging nun nad)
Hamburg, wo er zuerft das „Hamburger
Volksblatt”, jeit 1875 aber die „Reform“
220
Harnad.
redigiert. 9. machte fich zuerit befannt
durch feine vorzüglich beurteilte Biographie
‚von Klara Horn (3. Aufl. 1886).
Außerdem beben wir hervor: Wilde Ranfen
Ged. 1867), Der Donoratiorentiih in Di
(Sat. 1882), Uber dies und das (1888), Rote
Roſen (1886).
Darnad, Otto. Ich bin geboren am
23.November 1857 zu Erlangen in Bayern,
wo mein Vater — gebürtig aus St. Pe—
‚tersburg — als Profefjor der Theologie
an der Univerfität wirkte. Nachdem der—
jelbe im Jahre 1866 nach Dorpat berufen
worden war, bejuchte ich dort das Gym:
nafium und bezog im Jahre 1875 Die
Univerfität, wo ic) zunächft Geſchichte ſtu⸗
dierte, bald aber mein Intereſſe vormwie-
gend der Literaturgeichichte und vor allem
der Goethe-Forihung zumandte. Ich er-
warb mir in der Folge den Oberlehrergrad
für die Fächer der Gefchichte und deutſchen
Sprade. Im Jahre 1879 verließ ich Liv»
‚land und verbrachte die nächſten Jahre in
Deutſchland und Italien. In Göttingen
promovierte ih 1880 auf Grund der Dij-
jertation: Die politiihen Beziehungen zwifchen
dem Karolingiſchen und Byzantiniſchen Reich
(1880). Ein Jahr ſpäter ließ ich erſchei—
nen! Napoleon, dramatiiches Gedicht in Vorfpiel
und fünf Aften (1851). 1882 erhielt ich
von der Göttinger philof. Fakultät den
erften Preis der Benefe-Stiftung für die
Bearbeitung des Themas: Das Kurfürften-
kollegium bis zur Mitte des vierzehnten Jahrhun—
derts (im Drud erſchienen 1883). In demiel-
‚ben Jahre kehrte ich nad Livland zurüd
‚und. übernahm an dem ritterfchaftlichen
Gymnaſium zu Birfenruh bei Wenden die
Stelle eines Oberlehrers der Geichichte und
deutihen Sprache. An verſchiedenen Zeit:
ſchriften auf hiſtoriſchem und literarbhifto:
riſchem Gebiet thätig, bemühte ich mich zu:
gleich zur Verbreitung genauerer Kenntnis
der Zuftände Livlands jenfeits der ruffi-
ſchen Reichsgrenze mitzuwirken. 1887 er:
ſchien mein Buch: Goethe in der Epoche feiner
Vollendung, Verfuch einer Darftellung feiner Denk:
‚weile und Weltbetrahtung. Nachdem ich zu
‚Ende 1886 Birkenruh verlafien, bin ich
Harpf. 5
egenwärtig Borjteher einer Privat-Real-
—* zu Wenden. Der Geſellſchaft für Ge—
ſchichte und Altertumskunde der Oſtſee—
provinzen gehöre ich als Mitglied an und
bin Mitarbeiter an der von der Goethe—
Geſellſchaft zu Weimar veranſtalteten Edi- |
tion der Werfe Goethe’s.
Darpf, Jojeph Adolf (Adolf Hagen),
wurde am 18. März 1857 zu ®raz geboren,
bejuchte die Realihule und die chemiſche
Fachſchule am Polytechnikum dafelbit, wo |
er vorwiegend Naturmwifjenichaften ſtu⸗
dierte. Inzwiſchen benutzte er ſeine Ferien |
zu größeren Ausflügen, befonders nad)
Deutichland, das er ebenjo liebt wie jein
eigenes Vaterland, da jeine Abſtammung
mütterlicherjeits auch eine reichs-deutfche
iſt. Dieje jährlichen, immer wiederholten
und jtets wacjenden Neifen bis nad
Rußland 2c. bildeten den Sinn des Jüng-
lings weit über jeine Jahre, andererfeits
entfremdeten fie ihn aber auch dem er:
griffenen Zebensberuf als Techniker, und
jo hatte er das zwanzigite Jahr erreicht,
als er nochmals fein Studium von vorne,
begann. Er holte nun das Reifezeugnis
am Gymnafium nad und bezog die Uni-
verfität, um fich der Philofophie zu widmen.
Alois Niehl führte ihn in diefelbe ein,
Außerdem betrieb 9. Literatur und mo:
derne Spraden. Eine Reiſe nach Frankreich
diente zur Bervolllommnung feiner franz.
Sprachkenntniſſe. In Paris gingen ihm die
Mittel aus, und ſuchte und fand er dort |
eine Zehritelle, die er bis 1881 bekleidete.
Alsdann ging er wieder in feine Heimat |
jurüd, wo er nod) jet als nationaler |
Schriftſteller wirft. |
9.3 literarijches Feld ift die Lyrik. Seine Dich:
tungen zeichnen ſich bejonders durch die ihnen
innewohnende hohe nationale Begeifterung aus,
die fich des bedrängten Volkstumes im Often an:
annimmt: Sagen und Singen (1883), Aus der
deutſchen Ojtmarf (1883), Rufe aus dem deutfchen
Oſten (1884), Wehrund Waffen (mit. Fels 1885).
Außerdem zeichnete 9. fih durch mehrere ver;
diente Arbeiten auf dem Gebiete der Goethefor:
hung aus: Goethe's Erfenntniäprinzip (1883),
Schopenhauer und Goethe (1885) x. Nein phis,
loſophiſch iſt: Die Ethik des Protagoras (1884).
221
—
Hart.
Hart, Heinrich, wurde am 30. Dezem:
ber 1855 in Wefel geboren, beſuchte das
Gymnafium zu Münjter und widmete fich
(1875— 79) dem Studium der Philofo-
phie, Geſchichte und Sprachen auf den
Hochſchulen zu Münfter, Halle und Mün-
hen. Nah Abfolvierung der Univerfität
wandte 9. fi der Journaliſtik zu und
[ebt nun nach mehrjähriger redattioneller
Thätigleit als ſehr geachteter Dichter in
Berlin. Seit längerer Zeit beichäftigt 9.
der Plan zu einer großartigen Dichtung:
Das Lied der Menjchheit, in welcher er die ge
ſammte Menfchengefchichte in poetiſchem
Gewande darſtellt. Das Werk erſcheint
vorläufig in einer Zeitſchrift, ſpäter erſt
| in Buchform.
Hauptwerke: Weltpfingiten (Ged.), Das Buch
der Liebe (Anthol. mit dem Folgenden), Stalienis
Ihe Novellen (mit dem Folg.), Kritiihe Waffen:
gänge, Sedan (Trauerfp.), Deutiches Herz und
deuticher Geiſt (Anthol.)
Dart, Julius, ein Bruber desVorigen,
wurde am 9. April 1859 in Münfter ges
boren, abjolvierte das Gymnafium und
die Afademie dafelbft, danach die Univer:
fität Berlin als „Juriſt“. Die Laufbahn
feines Bruders beftimmte ihn zur Aufgabe
aller anderen Zebenspläne, um gleichfalls
der Muſe zu dienen und zwar meiltens
in Gemeinfhaft mit dem Genannten (ſiehe
oben).
Bon feinen eigenen und alleinigen Schöpfun:
en heben wir hervor: Sanfara (Ged.), Die Schau:
buun (Dram.), Der Rächer (Trauerſp.), Blü-
tenlefe aus ſpaniſchen Dichtern, Boefie der Sla—
ven, Das jechste Gebot (Hom.), Maria von Ba:
zailles (Trauerip.).
Dartfelder, Karl, geb. am 25. April
1848 in Karlsruhe, vorgebildet auf dem
Gymnafium feiner Baterjtadt, bezog 1868
bis 1870 die Univerfität Heidelberg, 1870
bis 1871 Berlinund 1872— 75 wieder Hei—
delberg, anfangs zum Studium der Theo:
logie und orientaliihen Spraden, ſpäter
der klaſſiſchen Philologie und Geſchichte.
1875 promovierteerin Heidelberg zum Dok—
tor der Philoſophie mit der Arbeit: De Cice-
rone Epicureae doctrinae interprete. Nah
— 222 —
Hartmann. Hartmann.
beftandenem Staatsexamen wurde er Leh⸗ mus ihm viele Gegner erſtehen ließ. Aber
rer am Gymnafium zu Freiburg i. B. | gerade diefer Widerſtand befeitigte H.'s
1875—80, ſodann Ardivrat am großh. | philofophiiche Stellung und daneben aud)
GeneralsLandesardiv in Karlsruhe von feinen Ruf. Es ift jo vieles über 9. ges
1850—82, hierauf Profefior am Gym: fchrieben worden, daß Plumacher dies ge—
nafium zu Heidelberg bis jetzt. ſamte Dlaterial in der Schrift Der Kampf
Von jeinen verdienten literariichen Arbeiten | ums Unbewußte herausgegeben hat. Bon
mögen folgende hervorgehoben fein: Die Quellen feinen weiteren, gleichfalls, wie nicht an-
von Cicero's zwei Büchern de divinatione (1878), ; . —
Die alten Zunftordnungen der Stadt Freiburg ders von einem fo gewaltigen Geifte wie
i.B. pi er = — ein Heidel: der H.'s zu erwarten, —
berger Humaniſt (1880), Fünf Bücher Epigramme | zum Teil geradezu epochemachenden Schrif⸗
von Konrad Celtes (1881), Konrad Geltes und | a erh wir - ch
der Heidelberger Humaniſtenkreis (1881), Zur | 2
Geſchichte des Bauernkriegs in Sübmweit-Deutich: |
land (1884), Deutiche Überfegungen klaſſiſcher
Schriftfteller aus dem Heidelberger Humaniften-
freis (1884), gemeinfam mit Adalbert Horawig:
Der Briefwechiel des Beatus Rhenanus (1886).
Hartmann, Eduard von (Karl Ro:
bert), geb. am 23. Februar 1842 als der
Sohn eines preuß. Generals in Berlin,
der ihn früh ſchon für den Soldatenjtand
bejtimmt hatte. So trat Ed. v. H. denn
nad) Abjolvierung des Friedrih-Wilhelm:
Gymnaſiums 1859 in die Armee und
wurde 1860 Offizier. Bereits 1865 mußte
er jedoch eines Knieleidens halber, das
| Scellings pofitive Philofophie, Gejammelte
philof. Abhandlungen, Erläuterungen zur
ſophie des Unbewußten, Die Selbftzerfegung des
| Ehriftentums und die Religion der Zukunft, Kri⸗
tifche Grundl. des transcend. Realismus, Wahr:
beit und Irrtümer des Darwinismus, Phãno⸗
menologie des ſittlichen Bewußtſeins, Geſchichte
und Begründung des Peſſimismus, Die Kriſis
des Chriſtentums in der modernen Theologie,
Das religiöſe Bewußtſein der Menſchheit im Stus
fengange feiner Eniwickelung, Die Religion des
Geiſtes. Das Judentum in Gegenwart und Zus
kunft, Philoſophiſche Fragen der Gegenwart, Der
Spiritismus, Moderne Probleme, Die deutjche
Aſthetik ſeit Kant; außerdem verfaßte 9. auch
dramatiſche Dichtungen (unter ob. Pieud.).
H. lebt feit vielen Jahren in jtiller Zus
ihn nie mehr verlieh, feinen Abſchieb neh: rückgezogenheit in Lichterfelde bei Berlin,
men. Er bezog nun die Univerfität, pro | Hartmann, Gottlieb Friedrid Her:
movierte 1867 als Doktor der Vhilojophie mann. Im DOsnabrüdihen Nordlande
und lebte ausichließlich feinen Studien, | zu Ankum am 22. März 1826 geboren,
deren erjtes und größtes literarifches Er: | im elterlichen Haufe, welches eine ſorgſam
gebnis bereits 1869 erſchien und feinen geordnete Sammlung von altgermaniſchen
Verfaſſer mit einem Schlage unter die her: in der Umgegend gefundenen Altertümern
vorragenditen Philofophen der Gegenwart | den forichenden Augen des Knaben dar:
verſetzte, ihn, den fiebenundzwanzigjähri- bot, Zeuge der im Verlaufe der legten
gen, der diefe Jahre nicht einmal wie an- ZJahrzehnteimmer mehr ſchwindendenVolks⸗
dere benußt, fondern einen Teil davon feſte und Volksgebräuche, hatte meine Auf:
„im bunten Rod“ vertändelt hatte. Die merkſamkeit ſich Schon früh auf den Mythus
Philofophie des Unbewußten will den Welt: und die Kulturgefchichte der engeren, Ipäter
prozeh aus dem Antagonismus von Mille | der weiteren Heimat gerichtet, zugleich war
und Vorftellung erklären, eine Verſchmel- auch das Studium ihrer Gefchichte zu
zung der Philojophie Schopenhauers mit meiner Lieblingsbeichäftigung geworden.
derjenigen Hegels und Schellings. Das Nachdem ih) von 1840—45 das Rats:
Vorhaben ift dem Verfafler vermöge ſei- gymnaſium zu Osnabrüd befucht, in den
nes feinen äjthetijchen Gefühls und ſei- Jahren 1545 in Heidelberg, von 1846
ner reichen naturwillenichaftlichen Kennt: bis 1548 in Göttingen und zulegt in
nifje voll und ganz gelungen, wenn auch Würzburg die Arzneiwiiienichaften tus
jein hierbei zu Tage tretender Peſſimis- diert und 1849 die medizinischen Staats:
Hartung.
eramina abjolviert hatte, fand ich von
1550 an in 2intorf am nördlichen Ab-
hange des Miehengebirges in der Mitte
zwiſchen Osnabrüd und Minden als Arzt
Beihäftigung, zugleich auch Gelegenheit,
meine Forſchung nad) Sagen, Gebräucen,
geichichtlichen Überlieferungen und anderen
dahin ſchlagenden Gegenjtänden fortzufegen.
Hier wohne ich auch jegt noch, meine Muße—⸗
ftunden mit geſchichtlichen und fulturhifto:
riſchen Forſchungen und Veröffentlichungen
ausfüllend.
Es findvon mirherausgegeben: Gedichte (1862), |
Die Schlacht am Schlagvorderberge (2. Auflage |
1867), Wittetind (1868), Bilder aus Wejtfalen,
Sagen, Volfs: und FFamilienfefte, Gebräuche,
Bolksaberglaube zc. (1871), Neue Folgemit Illuſtr.
1884), Wanderungen durch das Wittekinds⸗ oder
engebirge (1876), Das Buch vom Sadjien:
berzog Wittefind, Sagen und Dichtung nebit hiſt.
Einleitung (mit Dr. Dito Weddigen herausgegeben
mit uf. 1883), Der Sagenſchatz Weitfalens
von D. Weddigen und 9. Hartmann (1884),
n weſtf. Dichtkunſt in hoch: und platt:
deuticher Sprache (1885). Außerdem verfchiedene
Heinere Schriften geichichtlihen Inhalts, Unter
der Preſſe befindet ſich: „Mythe und Sage“,
Gedichte.
Sartung, Jul. j. v. Pflugk⸗Hartung.
Sarweck-Waldſtedt, Gottfried
Mar, wurde am 3. Auguſt 1849 in Zör-
big (Provinz Sachſen) als ein Sohn des
damaligen Lehrers und Kuftos G. A. 9.
geboren. Not und Sorge ftanden an fei-
ner Wiege, da der Vater ſich in die da-
maligen politischen Wirren hatte verftriden
laſſen und zu Feſtungshaft verurteilt wurde.
Des Lehramtes verluftig erklärt, fiedelte
die Familie nad) des Vaters Freilaffung
nah Halle a.d. ©. über, woſelbſt diefer
durch Klavierunterriht und Konzertgeben
feine Familie fümmerlich ernährte, 1861
wurde derfelbe durch Gnade des Prinz:
regenten (jegigen Kaiſers) im Schulamt
wieder betätigt. Mar 9. befuchte zunächit
223
Haſak.
nach Berlin, wo er, ſich ganz der Jour—
naliſtik widmend, an verſchiedenen Zeitun:
gen mitarbeitete. 1874 verließ er Ber—
lin und lebte nun abwechſelnd in Thü—
ringen, Oſt- und Weſtpreußen und in Leip⸗
zig als Literat, Hauslehrer und Redakteur.
Erjt 1881 kehrte er nach Berlin zurüd,
wo er fich lebhaft an der hriftlich-jozialen
Bewegung beteiligte. Da er jedoch in Ber:
lin nicht feiten Fuß zu fallen vermochte,
ging er nad) dem Harz, wo er noch heute,
ausſchließlich feinen literarischen Arbeiten
bingegeben, lebt (Dfer bei Goslar).
Bon feinen Schriften find hervorzuheben: Her:
zensklänge (Ged. 1870), Des Teufels Minijter
(Zeitged. 1871), Frühlingsblüten (1872), Helden»
klingen, ein gebrochenes Herz (Erz. 1872), Eduard
Laster (Biogr. 1874), Aus den Fremdenbüchern
des Harzes (1876), Briefe aus Rumänien (1877),
Elfriede (Erz. 1880), Tem Kaiſer Heil! (Feſtſp.
1881, wiederh. aufgef.), Adelinde oder ein Sieg
des Chriftentums (Dram. 1851), Friedrih Fries
fen (Biogr. 1885), Aus dem Brodensfremden:
buch (1887).
9. hat eine Reihe von Stiftungen ꝛc.
ins Leben gerufen. 1886 wurde ihm die
goldene Medaille für Kunft und Willen:
Ihaft (von Sachſen-Meiningen) verliehen.
Haſak, Bincenz, wurde geboren im
Jahre 1812 in Neuftadtl bei Friedland in
Böhmen; er wurde 1836 in Leitmerig
zum Priejter geweiht und feierte im Jahre
1886 fein 50jähriges Jubiläum als Prieſter
und Seeljorger; er arbeitete durch 18 Jahr
als Kaplan in der böhmiſch-ſächſiſchen
Schweiz (Arnsdorf auf Binsdorf) und feit
dem Jahre 1854 als Pfarrer in Weis:
firhlig. Seit 1840 iſt berjelbe raft-
los thätig für pädagogiihe und theolo:
giſche Blätter, ebenjo als publiziftiicher
Schriftſteller.
1868 gab er das wichtige Quellenwerk heraus:
Der chriſtliche Glaube des deutſchen Volkes beim
Schluſſe des Mittelalters; 1881: Dr. M. Luther
und die religiöfe Literatur feiner Zeit bis zum
Sabre 1520; 1882: Die Himmelsftraße oder die
die Schulen von Halle und ging dann auf | Evangelien des Jahres in Erklärungen für das
das Seminar in Ofterburg, um fich dem
Lehrerberufe zu widmen. Das eng be
grenzte Leben behagte aber dem Jünglinge
nicht; er verlieh das Seminar und eilte
chriſtliche Volk nad deutichen Plenarien aus der
Zeit 1500; 1883: Die legte Roſe oder Erklärung
des Vater Unfer nad) Marfus von Weida und
Münzinger von Ulm — 1470, 1854: Ein Vers
gißmeinnicht oder von der heiligen Meile, nad)
*fbanbumg, Abo Gomud Gustour — 3 a,
Haskarl.
Predigten des Michael, Biſchof von Sidonien,
Suffragoneum in Mainz, 1548; 1885: Herbit:
blumen oder alte ernfte Wahrheiten, 1887: Pal:
fionsblumen oder Betrachtungen über das Leiden
und Sterben Jeſu Chriſti und Ein Epheufranz
oder Erklärung der X Gebote Gottes nad Mar:
fus von MWeida — aus dem Jahre 1516.
Hasfarl, Juſtus Karl, geboren den
6. December 1811 in Kaflel, fam früh:
zeitig nad) Bonn, wo jein Vater als
Rechnungsreviſor beim Oberbergamt an:
geftellt worden war. Hier bejuchte er das
Gymnafium 1819—27 und trat alsdann,
um feiner Vorliebe für Botanit Genüge
zu leiften, als Lehrling in den dortigen
botaniihen Garten ein. 1830 hörte er
ein Jahr lang botaniſche Vorlefungen in
Bonn, genügte feiner Militärpflicht und
fegte feine Studien im bot. Garten in
Düfjeldorf fort. 1834 fehrte er nohmals
an die Bonner Univerfität zurüd. 1836
ichiffte 9. fih nad Java ein, um feine
Kenntnifje zu erweitern, mußte aber hier,
ohne Geld und Hülfsmittel, viele Schwie:
rigfeiten überwinden und mit Entbehrun-
gen kämpfen. Endlich entriß ihn eine An—
ftellung am botan. Garten in Java feiner
Verlegenheit, für welden er wiederholt
Reifen ins Innere Java’s machen mußte.
Aber dies Klima griff H.'s Gefundheit
dermaßen an, daß cr feine Stellung
aufgeben mußte. Er that dies in der
Hoffnung auf eine befjere, ihm vom
holländiihen Miniſter in Ausficht ge:
ftellte Beichäftigung. Da ihm aber nicht
Wort gehalten wurde, nahm er den Po:
jten eines Sefretärs der Handelsfammer
in Düffeldorf an, wo er fi) mit feiner
Familie kümmerlich durchſchlug. Damals
erſchienen ſeine Werke: Over het nut der
lanten Java’s (1844), Plantae javanicae
1847), Auftralien und jeine Kolonien (1849),
Allgemeines Namen: und Sachregiſter der Flora
von 1818—62 (1851), Das Kap und die Kaffern
(1852), und bejorgte die deutiche Ausgabe
von Junghuhn's Java. 1854 wurde 9.
vom Hol. Kolonial-Miniſterium beauf:
tragt, nah Java zu gehen, um den
Bau von Chinarindenbäumen zu beauflich:
tigen. 9. zeichnete fih hier in hohem
224
— Hasper.
Grade aus, wurde mehrfach dekoriert und
erhielt ein einträgliches Amt, das er aber
aufgab, wie die Nachricht, daß fein Weib
und feine Kinder, die ihm nachkommen
follten, unterwegs verunglüdt waren, ihn
völlig daniederwarf. Nach Europa zurüd-
gekehrt, wurde er zum Mitglied mehrerer
botanijchen Gefellihaften erwählt, und von
der Univerfität Greifswald zum Doktor
h. c. ernannt. Er fiedelte fih nun in
‚Kleve an, heiratete die Schweiter feiner
‚verftorbenen erſten Frau und bejchäftigte
fi vorzugsweife mit indiiher Botanik
und mit feinen literorifhen Arbeiten,
endlich mit Ordnen feiner, 25000 Arten
umfafjenden Herbarien.
Hasper, Ludwig Wilhelm, geboren
den 13. Auguft 1825 zu Cönnern a. S.,
gebildet auf dem Gymnafium zu Witten
berg. Auf der Univerfität in Halle waren
es befonders G. Bernhardy und Heinrich
Leo, fowie als Philofoph Erdmann, die
einen tieferen Einfluß auf ihn gewannen.
Beſonders verdankt er ed Hr. Leo, daß
er ihm fefte politiihe Prinzipien zu ges
ben wußte, auf die geftügt er in dem
‘tollen Jahre 1848 als Führer der Stu:
dentenſchaft in fonfervativem Sinne zu
wirken im Stande war. Er ging darauf
1850 nad) rite beitandenem Doktor und
Oberlehrereramen auf zwei Jahre nad)
Paris, um dort in der großen Biblio
thef, in der Sorbonne, dem college de
France und der &cole des chartes Stu:
dien zu machen. 1851 reifte er durch
Frankreich, um die Bibliothelen von yon,
Montpellier zc. kennen zu lernen. 1852
nach Deutichland zurüdgefehrt, hielt er
fein Probejahr in Magdeburg an der da—
maligen höheren Handlungsihule ab, ging
1853 als jüngjter ordentlicher Lehrer an
das Gymnafium in Wittenberg und 1854
als zweiter Oberlehrer an das Gymna-
fium in Mühlhaufen.
Hier veröffentlichte er zwei noch unedierte in
| Rarid und Montpellier gefundene Handſchriften
des Hyginus philosophus de imaginibus coeli
(1861) und Aswvapins "Apstivuu ep!
ehe
Haſſell. — 2
nokreias ray Ykopevzivov (1861). Außerdem |
ae zur Förderung der Lektüre deö neuen
tes in ber Uripradhe auf dem Gymna⸗
he zwei Kommentare, den einen zum Galater:
1863
wurde er an die Ritterafademie zu Bran:
denburg a. 9. berufen, wo er mit feinem Di:
reftor Köpfe zufammen an der Zeitung des fon:
fervativen Vereins thätig war, eine Thätigfeit, die
. auch jchon Fri ger in a unter
chweren Kämp eübt hatte. Oſtern 1867
wurde er ſodann ind
Gr. Glogau berufen, nachdem er kurz vorher
eine „Beiträge zur Topographie der homeriichen
Zlias“ Brandenburg a. 9. veröffentlicht hatte.
In u ſtützte er auf diefe rein wiflenfchaftliche
Kebct me andere für die Schule: „Das alte Troja
und das Schlachtfeld der homerischen Helden“. 1870
erfchien von ihm: Pauli Brief an die Römer, im
Urtert zunächit für den Schulgebrauch erklärt.
Aus den ſtiliſtiſchen Übungen mit feinen Prima:
nern erwuchs jodann eine Ülberfegung des Lei
fing’ihen Laoldon ins Lateiniſche. 1882 gab er
eine Auswahl aus Beranger’3 Liedern heraus und |
1885 „‚M. Tullii Ciceronis disputationes Tus- |
enlanas“. Außerdem manche Beiträge in Zeit: |
fi Demnähit wird von ihm erfcheinen
es Fauft”.
Saſſell, William von, geboren zu Ver-
den in Hannover am 16. December 1833 |
als Sohn des nahmaligen Generalleut:
nants v. H., bejuchte das Gymnaſium zu
Celle und wurde 1849 in die fol. Ka:
betten-Anjtalt in Hannover aufgenommen,
die er 1852 verließ, um in die Hanno:
veriche Armee einzutreten. Nachdem er
von 1853— 1858 als Subaltern-Offizier
beim Hann. Garde⸗-Huſaren-Regiment ge:
ftanden, wurde er in den Seneraljtab ver:
jeßt, dem er bis zur Auflöfung der Armee
(1866) angehörte. Am Feldzuge in Thü-
ringen nahm er als Generaijtabs-Offizier
im General-flommando teil. 1867 trat
er in fol. Sähfiihe Militärdienfte, und
zwar als Rittmeilter in das 2. Reiter:
Regiment, mit dem er auch 1870 ins Feld
rüdte.. 1874 nahm er feinen Abfchied
und wohnt feitdem in Dresden, bezw.
Loſchwitz, ſich mit alter Vorliebe hiſtori—
ihen und geographiichen Studien widmend.
1887 fiedelte er nad) jeinem alten Fa—
miliengute Clüversborjtel im Bremenjchen
über.
Das literariihe Deutichland.
25
(1861), den andern zum Epheferbrief (1862). |
as Direftorat des Gymnaſii
Haßlwander.
Hauptwerke: Die hannoverſche Kavallerie und
ihr Ende (1875), Der Aufſtand des jungen Prä⸗
tendenten Carl Eduard Stuart. Ein hiſtoriſcher
Verſuch (1877), Die ſchleſiſchen Kriege und das
Kurfürſtentum Hannover, insbeſondere die Kata⸗
ſtrophe vom Kloſter Jeven 1757 (1879).
Haßlwander, Friedrich, wurde am
4. Oktober 1840 als ein Sohn des Hi—
ſtorienmalers Joſef H. in Wien geboren,
abſolvierte die k. k. Oberrealſchuͤle auf
dem Schottenfelde, ſtudierte ſodann ein
Jahr am k. k. polytechniſchen Inſlitut,
worauf er 1860 als Schüler an die k.
k. Akademie der bildenden Künſte über—
trat, um ſich daſelbſt im Fache der Hi—
ſtorienmalerei auszubilden. Während fei⸗
ner fiebenjährigen Studienzeit an der ge—
nannten Hochſchule wurde er zweimal
bei der öffentlichen Preisverteilung durch
ehrende Anerkennung feiner fünftlerifchen
Zeiftungen ausgezeichnet. 1866 begann
er feine Wirkſamkeit als Lehrer des Frei-
bandzeichnens an der öffentlichen Oberreal-
ſchule im 8. Bezirke und verfah diefelbe
bis zu feiner 1873 erfolgten Ernennung
zum Profeſſor an ber k. f. Oberrealſchule
in Sehshaus bei Wien. 1879 wurde
er vom Semeinderate ber k. k. Reichs:
haupt⸗ und NRefidenzitadt Wien zum Pro:
fellor an der Kommunal:Oberrealichule im
4. Bezirke ernannt. Der Penſions-Ge—⸗
jellichaft bildender Künftler in Wien trat
er 1870 bei; 1877 wurde er von den
Mitgliedern dieſer Gefellihaft zum Se:
fretär gewählt.
Von feinen fünftlerifchen Arbeiten find folgende
Kompofitionen bejonders erwähnenswert: Der
Tod, 2orelei, Der Sturm auf dem Meere, Die
Kraniche des Ibykus, Lenore, König Richard III.,
Fauft in der Hexenküche. Als Schriftfteller machte
er ſich durch zahlreiche Gedichte, welche in den
verſchiedenſten öjterreichiichen und deutichen Zeit:
Ichriften veröffentlicht wurden, bemerkbar, Außer:
dem ift derjelbe als Novellift und Verfaſſer funft:
und literargejchichtlicher Artikel befannt geworden.
Hatle, Eduard, wurde am 23. März
1851 zu Altenmarkt bei Fürftenfeld in
Steiermarf geboren, bejuchte von 1856
die Volksjchule zu Altenmarkt und Für-
ſtenfeld, von 1863— 71 das k. k. Staats-
15
Hattler.
gymnafium zu Graz und widmete ſich jo:
dann durch fieben Semejter an ber f. £.
C. F. Univerfität zu Graz dem Studium
der Naturwilienichaften. Im Jahre 1876
legte derfelbe die Lehramtsprüfung aus
den naturgeichichtlichen Disziplinen für
Obergymnaften und 1877 aus Mathema-
tif und Phyſik für Untergymnafien ab.
1876 wurde 9. zum Adjunften des na—
turhiftoriihen Mufeums am Joanneum
in Graz ernannt, melde Stelle er nod)
jegt bekleidet. Nachdem derſelbe feine theos
retifchen Kenntniſſe in den folgenden Jah:
ven durch praktiiche Übungen in Zabora-
torien der Univerfität und techniſchen Hoch:
ihule zu Graz ergänzt hatte, wurde er
auf Grund einer willenichaftlichen Arbeit
unter dem Titel „Zur Kenntnis der pe:
trographiichen Beichaffenheit der ſüdſteier—
märfiichen Eruptivgefteine” zu den philo-
fophiichen Nigorofen an der Univerfität
zu Graz zugelaffen und 1880 zum Doftor
der Philoſophie promoviert.
1885 erichien fein bisheriges Hauptwerk: Pie
Minerale des Herzogthums Steiermark, 1886
Mineralogiiche Miscellaneen aus dem naturhiſto—
riſchen Mufeum am Noanneum und 1887 Der
fteiriihe Mineralog, Anleitung zur Beltimmung
der bisher in Steiermark aufgefundenen Minerale
mittelft der einfachiten Verſuche.
Hattler, Franz Ser., ift geboren am
11. September 1829 im Torfe Anras |
in Tirol. Sein Vater war faiferlicher
Forfibeamter, in deſſen Begleitung auf
feinen Amtswegen der Anabe vielfach Ge:
fegenheit fand, den Einn für Tirols Na:
turfchönheiten zu weden und zu ſchärfen,
ſowie das Wolf in jeiner Lebensart und
Sprachweiſe fennen zu lernen. Nachdem
er feine Gymnaftaljtudien in Bozen (Süd—
tirol) vollendet hatte, wählte er für ſei—
nen Lebensberuf den Ordensjtand und
ſchloß fih 1842 der Geſellſchaft Jeſu
in Ofterreih an, in welcher er feine wei-
tere Ausbildung in den klaſſiſchen Sprachen,
in der Philoſophie und Theologie erhielt.
1862 wurde ihm die Beitimmung, in der
von feinem Orden gegründeten und ges
leiteten Lehr: und Erzichungsanftalt zu
226
Hauff.
Kalksburg bei Mien als Erzieher, Pres
diger, Profeſſor der’ Religion, der Deuts
ſchen Literatur und philofophiihen Pro—
pädeutif an den höheren Klaſſen des Gym:
naſiums zu wirken. Im die Zeit feines
dortigen fait zwanzigjährigen Aufenthaltes
‚fällt auch der Beginn feiner literarischen
Thätigkeit.
Die meiſten Schriften H.'s verfolgen den Zweck,
die Kenntnis und Verehrung des gottmenichlichen
Herzens des Welterlöfers zu verbreiten: Stillleben
im Derzen Jeſu, Garten des Herzens Jeſu, Haus
des Herzens Jeſu, Monat des Herzens Jeſu ꝛc.
Aufgemuntert von feinem UOrdensbruder Prof.
of. Nungmann, verfuchte 9. als „Volksſchrift—
ſteller“ aufzutreten, was ihm mit großem Erfolg
gelang. Alban Stolz übertrug ihm in feinen
legten Lebensjahren die Fortfegung des von ihm
gegründeten „Nalenders für Zeit und Ewigkeit“.
Außerdem verfahte H. pädagogiſche Schriften, zu«
nächſt für verſchiedene Zeitfchriften, fpäter in einer
‚ Bearbeitung in dem Bude: „Kinderſchutz“ ges
‚Tammelt, Um den fathol. Erzichern cin Mufters
bild vor die Augen zu ftellen, verfaßte H. die
eingehende Lebensbefchreibung des Jeluiten Jakob
Rem. Für die Jugend ſelbſt ichrieb er das
Bud: Katholiſcher Kindergarten oder Legende für
‚ Kinder, aus welchem er cinen Auszug veranitals
tete unter dem Titel: Blumen aus dem katholi—
ſchen Kindergarten. Der Wert beider Schriften
befundet ſich ſchon dadurch, daß jie in furzer Zeit
mehrere Auflagen erhielten und in fait alle eu—
‚ropäiihe Spraden überlegt wurden, Das ums
fangreichite aller Werke 9.3 ift das; Wander:
buch für die Neife in die Ewigkeit, Es behan-
delt die wichtigſten, zeitgemäßen Fragen des fa»
tholiichen Katechismus in populären Abhandlungen,
1882 übernahm 9, die Nedaftion und Herauss
gabe der Monatichrift: „Sendbote des Herzens
Jeſu in Innsbruck. Die geihwächte Geſundheit
nötbigte H., 1886 die Redaktion wieder aufzu
und fich auf rubigere fchriftftelleriiche Thätigfeit
zurückzuziehen.
Hauff, Karl Georg Friedrich Gujtav,
Ich bin geboren 23. April 1821 in Auen⸗
jtein bei Marbach. Meine Laufbahn ift
die gewöhnliche eines württembergiſchen
Theologen: Beſuch von Lateinſchulen, vier
jähriger Aufenthalt im niederen Seminar
zu Diaulbronn, vierjähriger Aufenthalt im
Stift zu Tübingen. Won 1846— 1851
Inftitutslehrer in Livland (Lasdohn und
Sellin); nachher wieder Theolog, „1856
Pfarrer in Yangenteutingen, Od. Obhrin:
227
Haug. Hausegger.
gen; 1872 in Ohmden bei Kirchheim a. | Herangewachſen in ländlicher Abgeſchie—
T.; 1880 in Steinbad bei Gerabronn; | denheit, wo von äußerem Treiben unbe:
verheiratet.
Sb babe mich früher dichterifch verſucht und
1861 einen „Siederftrauß” herausgegeben, habe
aber damit wenig Glüd gehabt. Meines Wiſſens
bat bloß R. v. Gottſchall mir die Ehre erwiefen,
mid unter die Dichter einzureihen, und zwar
nit unter die ſchwäbiſchen Dichter, ſondern un:
ter die von ihm fo genannten „Unafrcontifer“.
(Blütenfrang neuer deutihen Dichtung S. 511).
Andere Gedichte (auf Uhland, Dionyios, Zagreus ꝛc.)
finden ſich in meinen Schillerſtudien (Anfang).
Manches fann und darf ich aus newiffen Rüd—
fihten nicht druden laſſen. Hauptlählich ift
meine poetiiche Ader jeit längerer Zeit nur noch
in lateinischen Gedichten (Diftihen) bemerkbar.
Der Sinn für Kritik wurde in mir
durch Viſchers äjthet. Vorlefungen und in
der Theologie hauptjählih durd) Baur
gewedt. Als ich in Livland deutſche Li-
teratur zu lehren hatte, behandelte ich be—
fonders Schiller, las Mehreres über ihn,
verglich die Urteile über ihn und juchte
mir eben dadurd eine eigene Anficht zu
bilden. Es ijt dies eine ähnliche Diethode
wie die von Fr. Strauß in jeinen zwei
Hauptwerfen befolgte,; auf feine literar:
geſchichllichen und kritischen Abhandlungen
bat fie Etr. freilidy nur in jehr geringem
Make angewandt. In der angegebenen
Weiſe find alle meine literariichen Auf:
jäge gehalten.
Meine eriten lit.sfritiichen Arbeiten waren Auf:
fäge über Schillers Jungfrau von Orleans und
Maria Stuart, ſpäter über Schillers Räuber ge:
gen Ludw. Edardt. Außerdem jchrieb ich Rezen—
fionen und literarbiftoriihe Studien in einer
Reihe von Zeitichriften. Erſt jpät, im Alter von
58 Jahren, trat ich als Verfaſſer eines literar:
fritifichen Buches auf und zwar mit meinen
Schillerftudien. Sodann folaten 2 Schubarts—
bücher: Schubarts Gedichte (1854) und Schu—
bart in feinem Leben und feinen Werfen, beide
ancrkennend beurteilt. Ach bin Mitglied des deuts
ſchen Sprachvereins und der Goetheitiftung, habe
auch in cin paar frühere Jahrgänge de3 Goethe:
jahrbuchs einige wenige Kleine Beiträge geliefert.
Haug, Maria (M. Liebrecht), geboren
ben 5. März 1850 zu Middern (Mürt-
temberg) als Tochter des dortigen Etadt-
pfarrers €. Haug (geit. 1880 als Dekan
und Bezirfsidulinipektor in Befigheim).
‚rührt, ihr Geiftes- und Gemütsleben zu
einer fräftigen, zunächſt mehr nad) innen
gewandten Entfaltung gelangte, wurde fie
‚von liebenden Eltern jorgfältig erzogen.
Ihre Jugendzeit brachte fie im Kreife ihrer
Familie zu. Häusliche Verhältnifie, To:
‚wie manche andere Umftände wiefen Dia:
ria frühe darauf hin, ihrer ſelbſt vergefiend,
‚für andere zu leben. Auch die Thatſache
‚vor allem, daß ihr Vater, ein überaus
gewillenhafter Seelforger, die ältefte Toch—
ter dazu anleitete, ihm bei Krankenbe—
ſuchen, in der Armenpflege ꝛc. an die
Hand zu gehen, follte folgereih für fie
werden. Vielfacher Verkehr mit dem Volke,
Einblicke in die mannigfaditen Verhälts
niffe, welche fie mit licbender Teilnahme
in fih aufnahm und verarbeitete, bildeten
‚fie, ohne daß fie es ahnte, dazu heran,
‚ihre Gaben und Kräfte fpäter auf einen
größeren Felde zu bethätigen. Zunädjit
galt ihr Augenmerk der Kinderwelt, zu
der fie fich hingezogen fühlte, hernach aber
auch weiteren Kreifen. Freundliche Er—
I munterungen veranlaßten fie, den einmal
beichrittenen Pfad weiter zu wandeln.
Hauptwerke: Vereint zum Lob des Meifters,
‚Von Sieg zu Sieg, In Seilen der Liebe, Ein
Glückskind, Jugendgabe, Zwei Waifenfinder,
Traudchen, Ein patriotiſches Schwabenkind, Hinter
Schloß und Riegel.
Sausegger, Friedrich von, wurde
am 26. April 1837 in St. Andrä in Kärn⸗
ten geboren. Durch feinen Vater, der felbit
fünftlerifch beanlagt war, wurde der Kunſt—
finn des Knaben früh erwedt. Später ver:
legte er fich neben feinen juridiichen Stu—
dien auf die Muſik, jtudierte Kontrapunft
und Kompofition bei Gottfried Salzmann
und dann am Konfervatorium in Wien
bei Tefjoff, wurde Advofat in Graz und
habilitierte ſich 1871 auf der Univerfität
in Graz als Dozent für Geſchichte und
Theorie der Muſik, wo er fih aud als
Kritiker bethätigte. 1878 erjchien feine
Broihüre Nichard Wagner und Schopenhauer
15*
—
Haushofer.
1885 fein Buch Die Muſik als Ausdruck.
Daffelbe enthielt den, der maßgebenden
Kritik nach gelungenen Verſuch, der Mufif
eine neue äjthetiiche Grundlage zu ſchaffen.
Es wurde fehr beifällig aufgenommen und
erfuhr in kurzer Zeit eine zweite Auflage.
Außerdem verfaßte H. eine Reihe von Auf:
fägen in Muſik- und anderen Zeitjchriften,
denen er auch jegt noch als Mitarbeiter
angehört.
Haushofer, Dar, geb. zu München
am 23. April 1840, jtudierte an der
Münchener Univerfität Philofophie und
Jurisprudenz. Nach dem Abgange von
der Univerfität wandte er fi) zunächft dem
Staatsdienſte zu und veröffentlichte 1864
228
— Hand.
ruhe, abfolvierte zunächſt das Lyceum jei:
ner Vaterſtadt und alsdann die Univers
fität als Theologe. Beſonders richtete
er bier fein Augenmerk auf die Kirchen-
geihichte, die ihn vor allem anzog, ganz
natürlich, da der junge Student das Glück
hatte, Droyjen’s Schüler zu werden. In
Göttingen und Berlin vollendete er feine
Studien, legte alsdann in Heidelberg fein
Staats: und Licentiatseramen ab und
habilitierte fi dajelbit als Privatdozent
‚für Kirchengefhichte. Daneben war 9.
auch journalijtiih thätig als Redakteur
des „Süddeutihen Wocenblattes”, für
liberale Ideen eintretend. 1864 wurde
er als Aſſeſſor in den Oberkirchenrat
eine von dee Münchener Univerfität ge- und 1867 als außerordentliher Profeſſor
frönte Preisſchrift „Der landw. Kredit”; an die Univerfität Heidelberg berufen.
gleichzeitig aber auch einen Band „Ge: | 1870 erfolgte feine Ernennung zum or:
Dichte“. Bald verlieh er den trodneren dentlihen Profeſſor dafelbit.
Staatsdienft wieder und widmete ſich dem — — — —— ser
——
beſondere der Nationalökonomie, promo⸗ Reihe von gediegenen und durch die Kritik vor—
vierte und habilitierte ſich an der Münz züglich beurteilten Romanen: Antinous (1880),
chener Univerſität als Privatdozent und | Rytia (3. Aufl. 1883), Jutta (4. Aufl, 1887),
ward 1868 Brof. an der neuerrichteten tech; Elfriede (1856).
nischen Hochſchule Münden. Nun folgte‘ Hayd, Heinrih. Ich bin geboren
eine Neihe von, durch die Kritik glänzend 11. Januar 1829 in Münden. Nach—
beurteilten jftaatswiflenschaftlihen und na= dem ich meine Studien an der Latein:
tionalöfonomiichen Arbeiten; am befannz | [hule und dem Gymnafium beendet hatte,
tejten darunter ein Lehr: und Handbuch der | trat ich noch vor Vollendung meines 17.
Statiftit (2. Aufl. 1551), Von 1875—81 | Lebensjahres an die Univerfität über.
vertrat er die Stadt München im bayris | Dort widmete ich, teils, weil ih über
ichen Landtage. Neben zahlreichen in Zeit: | meine Berufswahl noch nicht mit mir im
ſchriften zeritreuten Artikeln volfswirt: | Neinen war, teils aus Begeifterung für
ihaftlihen, ſozialwiſſenſchaftlichen und | die Bhilojophie, zwei Jahre dem Studium
funjtgewerbliden Inhalts jchrieb er meh: | der legteren und hörte Worlefungen bei
rere Quftipiele, ein neues Bändchen Ge: | Görres, Lalaulr, Schubert, Höfler, Sie
Dichte Unhold der Höhlenmenſch (1879), und | ber und Sepp, zum Teil aud) medizinijche
erzielte feinen größten Erfolg mit einem |und jurijtiihe. Insbeſondere aber zog
umfangreichen dramatiichen Gedichte Der
ewige Jude (1886), Er ilt ein Sohn des
Landſchaftsmalers M. Haushofer; eine ju:
gendliche Gattin jtarb ihm nach nur dreis
jähriger Ehe; feither lebt er als Profeſſor
der Staatswillenihaften zu Münden.
Dausrath, Adolf (George Taylor),
geboren am 13. Januar 1837 in Karls:
mid) Profeſſor Deutinger an, der wie
fein Anderer die jungen Leute an fi) zu
ziehen wußte und perſönlich viel mit
ihnen verkehrte und jehr häufig in phis
loſophiſch-⸗poetiſchen Kränzchen, die durd)
jeine Anregung fich gebildet hatten, er:
ſchien. Er gewann einen enticheidenben
Einfluß auf meine ganze Lebensrichtung,
Hayd. —
und ihm verdanke ich auch die erſten An—
regungen Studium der Aſthetik und
der Kunſtgeſchichte, welches genährt wurde
durch fleißigen Beſuch der Münchener
Kunſtſſammlungen. Indeß kam das Jahr
1848 mit feinen Stürmen und der Bil-
dung des Studenten-Freiforps, welches
den Stubien nicht ſonderlich günftig war.
Gleichwohl ftudierte ich in diefer Zeit
mit ilterung die Merfe des Nic. von
Eufa und die Theologie des Raimund
von Eabunde, und nebenbei den Plato.
Ende 1848 entichloß ich mich zum Stu:
dium der Theologie und hörte 3 Jahre
lang bie einschlägigen Kollegien bei Stabel-
baur, Döllinger, Reithmayr und befon-
ders Haneberg. Aber auch mährend
biefer Zeit waren meine Studien mehr
religionsphilojophiicher Art. Im Herbit
1851 trat id) nah Vorfchrift in das
Klerifalfeminar zu Freifing ein und er:
bielt 1852 die Prieftermeihe. Da meine
geiſtlichen Vorgefegten wünſchten, daß
jeder Neugeweihte wenigſtens eine Zeit
lang auch in der prakliſchen Seelſorge
wirke, jo trat ich in dieſe ein und war
während der nächſten 3 Jahre als Hilfs:
auf dem Lande thätig, trieb
‚nebenbei mit allem Ernſte philolo-
Studien, um mid) einer erhaltenen
ufforderung gemäß für den philologiichen
5 vorzubereiten. Als id 1855
Selegenheit des Todes meines Vaters
ieder nah Münden fam, wurde mir
ort eine Kaplan und Predigerftelle an:
iragen, die id) bis 1864 verjah. Bald
übernahm ich dazu noch die mir
Stelle des Adjuntten am f,
si bereitete ich mich auf meine Doktor:
romotion vor, und reichte als Refultat meiner
Studien eine Monographie über P. Abélard
(1863 Regenäbg.) bei dertheolog. Fakultät ein, mo»
durch ich mir die Julafiung zum examen rigo-
rosum erwarb. Indeſſen gab ich 1859 eine ſchon
als Student während einer fchweren Krankheit
angefangene Überfegung des Buches Job in ge:
reimten Verſen und mit Anmerkungen heraus.
1860 wurde ich zum Dr. theol. promoviert und
madte zugleih aud den Pfarrfonfurs mit.
229
Hefner:Altened.
1863 Tick ih auch meine gereimte Überjegung
der Pſalmen druden. 1864 wurde ich durd eine
langwierige Krankheit genötigt, das Predigen und
meine Kaplanftelle aufzugeben und erhielt die
Beremoniarftelle an der Hofftiftäfirche, indem ich
zugleih auch noch 2 Jahre lang die durch den
im felben Jahre erfolgten Tod des Konfervators
erledigte Stelle deffelben am f, Münzfabinete als
Verweſer verfahb. 1866 wurde ich zum Profeflor
der Philofophie und Afthetit am Lyceum in Frei:
fing ernannt, wo ich ſeitdem Logik, Metaphyſik,
Seh hichte der Philoſophie, Piychologie und Ajthetif
doziere, indem ich meinen philof. Vorträgen die
„Wiſſenſchaft des Wiſſens“ von W. Nofenkrang zu
Grunde lege. Außer ſchon früher erfchienenen
Rezenfionen und Auflägen für Literaturblätter ꝛc.
Ichrieb ich bier 1871—1872 die Prinzipien des
Seienden bei Ariſtoteles und den Scholaftifern,
dann für die Kempter Bibliothek der Kirchenväter
Überfeßungen des Irenäus und ausgewählter
Werke des Auguftinus, Gregor von Nyfio, Ey»
rilus von Aler. und Joh. Damasc, endlich (1887)
über den Willen ala Prinzip aller geiftigen Thäs
tigfeiten.
Hefner⸗Alteneck, Jakob Heinrich)
von, wurde am 20. Mai 1811 in Alchaf-
fenburg geboren und mwibmete fi dem
Etudium ber Kultur: und Kunftgefchichte
an der Univerfität Münden. Nachdem
er zum Doktor promoviert worden, habi-
litierte er fih 1834 und wurde 1835
zum Profeſſor, 1850 zum Konfervator
der Kunftiammlungen zu Münden, 1863
zum Sonfervator des fünigl. Kupferftich-
und Zeihnungs-Habinets und 1868 zum
Seneraltonfervator der Kunftdenfmale
Bayerns und zum Direktor des Bay:
riihen Nationalmufeums ernannt.
Von feinen auögezeichneten Werten heben wir
bervor : Trachten des Kriftlihen Mittelalters,
Kunftwerfe und Gerätihaften des Mittelalters
und der Renaiſſance, Trachten, Kunftwerfe und
Gerätfchaften des Mittelalters (2. Aufl.), Orna-
mente der Holzikulptur von 1450—1820, Eijen:
werke oder Ornamente der Schmiedefunft des
Mittelalterd und der Nenaiffance, Ornamente
alter Meifter.
Hegel, Karl, wurbe am 7. Juni 1813
als ein Sohn des großen Philojophen
gl. Namens in Nürnberg geboren, wid:
mete fich an der Univerfität Berlin, jpäter
no zu Heidelberg dem Studium der
Philofophie und Geſchichte und wurde
nad Vollendung deſſelben und bejtan=
Heiberg. —
dener Doktorpromotion als Gymnaſial—
lehrer in Berlin angeſtellt, 1841 als
Profeſſor der Geſchichte nach Roſtock und
1856 nach Erlangen berufen, wo er noch
jetzt thätig iſt.
Von ſeinen verdienten Werken heben wir her—
vor: Dante über Staat und Kirche (1812), Ge
Shichte der Städteverfallung von Stalien (18147),
Chroniken der deutjhen Städte vom 14. bis zum
16. Jahrhundert (1862—1887), Chronif des
Dino Compagni (1875), Verfaſſungsgeſchichte von
Köln im Mittelalter (1879), von Mainz (1832).
Heiberg, Hermann, wurde am 17.
November 1840 als ein Sohn des Rechts—
anwaltes Dr. E. Fr. H. und Nita, geb.
Gräfin von Baudillin, in Schleswig ge:
boren, abjolvierte das Gymnaſium dafelbft
und widmete fi) dem Buchhandel. Nach
Beendigung der Lehrzeit in Kiel und Köln
übernahm er (1859) das in der erregten
dänischen Zeit von feinem Vater begrün:
dete Geſchäft in Schleswig, ſchuf einen,
namentlid Schulbücher umfaſſenden Ver:
lag fowohl in Deuticland als aud in
Djterreih, war Inhaber einer großen
Buchdruderei und fiedelte 1870 nad) Ver:
äußerung feines Geichäftes nad Berlin
über, um die geihäftliche Direktion der
;Norddeutichen Allgemeinen Zeitung‘ zu
übernehmen. In gleicher Eigenschaft war
er zwei Jahre ſpäter in der „Spener:
ihen Zeitung” thätig, bis er in die Di-
reftion der preußifchen Bankanſtalt be:
rufen ward, wo er bis zur Liquidation
des Inftituts (1878) verblieb. Während
diefer Jahre bereifte H. den Norden,
Deutſchland, England, Holland, Belgien,
Frankreich und die Schweiz, fam mit den
großen Bankınftituten in Berührung und
erweiterte feine Geſchäfts- und Lebenser:
fahrungen. Später war 9. felbit als
Finanzagent thätig, fam aber um die
Früchte feines Fleißes, ward zu Pro:
zeffen gezwungen und zog ſich enttäufcht
zurüd. Seit 1884 befigt H. ein eigenes
Bureau und vertritt in Berlin den „Ham:
burger Gorreipondenten” und die „Ham:
burger Börjenhalle“, auch ift er Vertreter
der „Gartenlaube“ in Leipzig.
230
Heide.
' 1831 ſchrieb 9. fein erftes Buch: Aus den
Papieren der Herzogin von Seeland, welchem dann
die, wie jenes ſehr günftig beurteilten Werke
folgten: Acht Novellen (1882), Ausgetobt (2. Aufl.
18834), Ernſthafte Gefchichten (1884), Die gols
dene Schlange (1884), Apotheker Heinrich (1885),
Ein Bud (1885), Eine vornehme Frau (1886),
Either’s Ehe (1886), Ein Weib (1887). Außer:
dem viele novelliftiiche Beiträge in Zeitichriften
und Zeitungen.
Heide, Sid. v. d., ſ. 3. B. Berger.
Deidt, Karl Maria, geb. am 15. Ja:
nuar 1866 zu Genf, verlor 1870 bereits
feinen Vater. Da Letzlerer fein Vermö:
gen hinterließ, waren die jeit Dem Tode
des Vaters verfloffenen Jahre tete Jahre
des härteſten Kampfes ums Dafein.
Dennoch jeßte es die für ihr Kind in
reinfter Liebe und Selbitaufopferung ſor—
gende und energiihe Mutter durch, den
Eritgeborenen ftudieren zu laſſen. Zuerft
wurde das Miener Schottengymnaftum
abjolviert und vor dem Eintritte in die
Univerfität eine Reife durch Süddeutſch—
land bis Straßburg, durch Nordtirol und
Salzburg mit Unterftügung eines wohl-
thätigen Gönners unternommen.
1885 erihien H.'s Erjtlingsopus „Die Blut:
rache“, ein Schaufpiel, 1836 folgte ein Sonetten»
franz „Das Buch Kaflandra” (in 3. Auflage be:
reits erfchienen und fehr günftig beiproden). Aus»
herdem iſt H. Mitarbeiter vieler öfterreih. und
deuticher Zeitichriften.
Deigel, Karl von, wurde am 25. März
1835 in München geboren, befuchte das
dortige Gymnafium von 1843 —1854
und 1854 —1858 bafelbit die Univerfität
als „Philoſoph“. Nach Vollendung feiner
Studien berief ihn Fürft Heinrich zu
‚ Garolath-Beuthen als Bibliothefar und
Reifebegleiter feines Sohnes, in welch'
(egterer Eigenihaft H. ein großes Stüd
von der Welt zu jehen befam und fremde
Länder und Leute kennen lernte. Von
1865 —1875 fungierte er dann als Re
dafteur des „Bazar“ in Berlin, welche
Stellung er auf Beranlafjung Ludwigs
von Bayern aufgab, um, des Königs
Wunſch gemäß, nad Münden in die uns
mittelbare Umgebung des funftliebenden
Heigel.
Herrſchers zurüdzufehren.
diefer 9. in den Adel.
Abgeſehen von zahlreihen novelliftiichen Bei:
trägen in Zeitjchriften, deren beliebter Mitarbeiter
9. iſt, heben wir an felbitändigen Werfen ber:
vor: Bar Cochba, der letzte Judenkönig (Dicht.),
1831 erhob
Waldurg (Erz), Mo? (Erz.), Novellen, Ein
Thzaterteufel (Nov.), Ohne Gewiſſen (Rom.),
Die Dame ohne Herz (Nov.), Benediktus (Rom.),
Der Karneval von Venedig (Rom.), Es regnet |
(Nov.); die Dramen: Marfa, Bor hundert Jahren,
Die Freunde, Joſephine Bonaparte, Die Ichöne
Zarin.
Heigel, Karl Theodor, wurde am
23. Auguſt 1842 in Münden geboren,
gab jih dem Studium der Philofophie
und Geſchichte in feiner Waterjtadt hin, |
promovierte 1867, wurde 1872 Sefretär
am Allgemeinen Reichsarchiv, habilitierte
ſich ein Jahr danach für Geſchichte und
wurde 1879 zum ordentlichen Profeſſor
’ | Arme — den Theater. Er wurde Schau:
an der tehniihen Hochſchule in München
ernannt. 1883 wurde ihm an Gieſe—
brecht's Stelle die Leitung des hiltorischen |
Seminars an der Univerfität übertragen.
Hauptwerfe: Das Herzogtum Bayern zur Zeit |
Heinrich des Löwen (1867), Ludwig I. von‘
Bayern (1872), Der öjterreihiihe Erbfolgeftreit
(1877 ), Ausdrei Jahrhunderten (1831), Münchens
Geſchichte (1833), Neue hiſtoriſche Aufjäge (1533),
Quellen und Abhandlungen zur neueren Ge:
ſchichte Bayerns (1834), Hiftorifche Vorträge und
Studien, dritte Folge (1837).
Deimburg, ®., |. B. Behrens.
Heims, Paul Gerhard (Gerhard Wal-
ter), wurde am 4. Mai 1847 von deutjchen
Eltern in Kopenhagen geboren, erhielt
jeine Gymnafialausbildung in Paris,
Guben, Altona und Flensburg, und ſtu—
bierte in Erlangen, Berlin und fiel
evangel. Theologie; wurde dann Inſtituts⸗
voriteher in Nordichleswig und ſpäter
Baftor in Wallsbüll bei Flensburg, von
welher Stelle er im Jahre 1881 zum
faiferl. Mearinepfarrer berufen wurde.
Als folder machte er 1831—1883 eine
Reife um die Welt an Bord S.M. ©.
„Eliſabeth““, und 1834—1885 eine Reije
nah Südamerika, Weltindien und Nord: |
amerifa an Bord S.M. ©. „Nymphe“.
231
Heinemann,
Zur Zeit beim Stabe der Marineftation
‚der Oſtſee in Kiel.
Unter feinen, von der Kritik günftig beurteilten
| Werten heben wir hervor: Unter der Kriegsflagge
des deutihen Reiches: J. Reihe: Rund um die
Erde (2. Aufl. 1886), IL. Neihe: Kreuzerfahrten
in Djt und Welt (1886), In freier Luft, Novell,
(1836), Seeſpuk: See-Aberglauben, Märchen und
Schnurren, in Seemannskreiſen gefammelt (1888).
Heinemann, Heinrih, wurde am
15. September 1842 zu Biſchofsburg in
‚Oftpreußen als der Sohn eines Arztes
geboren. Schon früh faßte er eine lei-
denschaftlihe Neigung zur Kunft. Nach—
dem er das k. Friedrich-Wilhelms-Gym—
nafium zu Berlin abjolviert hatte, war
es zunächſt feine Abficht, Maler zu werden.
Doch da ihm die Subfijtenzmittel fehlten zur
Verwirklihung diefer Idee, warf er *
einem anderen Zweige der Kunſt in die
ſpieler. So fern aber ſtand er und ſeine
Familie bis dahin Allem, was der Bühne
zugehört — ſo fremd war ihm die Welt
des Theaters — daß er keine andere
Brücke zu ihr fand, als indem er ſich
an einer Sommerbühne zu Breslau als
Choriſt engagieren ließ. Dies war der
Anfang ſeiner theatraliſchen Karriere —
im Jahre 1864. Sein Talent für Cha—
rakterrollen wurde bald erkannt und ge—
würdigt, und nach mehreren Engagements
an verſchiedenen Provinzbühnen, wurde
er 1872 von Heinrich Laube an deſſen
eben neu begründetes „Wiener Stabt-
Theater” berufen.
Ungefähr um diefelbe Zeit entitand feine erite
literarifche Arbeit — ein einaktiges Luftipiel:
„Gefährlich“. Er reichte dafjelbe Laube ein,
unter dem Titel: „Schöne Maske, wer biſt Du?“
Laube's kritiſche Notiz auf dem Manuſtripte lau—
tete: „Das iſt ganz geiftooll, aber zu ſpitzfindig,
dad „„Schöne Maske, wer biſt Du?““ — Doc
ſchredte ihn dieſer erſte fruchtlofe Verſuch nicht
ab, ſich an neue Aufgaben zu wagen. Noch in
Wien ſchrieb er ein Schauſpiel: „Die Himmels⸗
braut“ (nach einer Novelle von Moritz Hart⸗
mann), das als Buchdrama großen Anklang
fand, auch in Breslau zu wiederholten Malen
aufgeführt wurde. Während ſeines Breslauer
Engagements trat er in freundſchaftliche Bezie—
hungen zu Carl von Holtei, der ihn mit ganz
Dein.
befonderer Teilnahme zu neuem Schaffen ermun: |
terte. Sein nächſtes Werk (1876) war ein Quft:
Ipiel „Der Phönix“, zu dem ihm Goethe'3 Er:
zählung: „Der Mann von 50 Jahren“ in den
„Wahlverwandtichaften” die Anregung gegeben.
Es war died das erfte Stüd H.’s, welches über
eine gröhere Anzahl von Bühnen ging; doch war
der Erfolg aud) hier noch fein durchſchlagender.
Dieſem Stücke folgte (1880) ein Scjaufpiel: |
„Die Phantaften“, das fozial:politijche Fragen |
behandelt; zur Aufführung i" es eben aus diefem
Grunde nicht gefommen. 1883 erichien dann: |
„Der Schriftftellertag”, ein Quftfpiel, das großes
Glück machte und über ſämtliche deutiche Bühnen
ing. Hierauf folgte (1884) abermals ein Luft: |
‚ Ipiel: „Das Echo“, und diefem (1886): „Herr |
und Frau Hippofrates‘‘ (Luftfpiel). Das foeben
vollendete neuefte Werk Hes führt den Titel:
„Auf glatter Bahn“ (Luftipiel), und ift zuerft |
am f. Schaufpielhaufe zu Berlin mit durch:
ſchlagendem Erfolge in Szene gegangen.
Inzwiſchen hat Heinemann eine lebens:
Tänglide Stellung als Charafterdariteller
‚am ag Hoftheater zu Braun:
Ihweig gefunden, die ihm Muße läßt,
ſeinem ſchriftſtelleriſchen Berufe auch fer⸗
nerhin zu leben.
Heino, Friedrich Emanuel, wurde am
14. Juni 1858 zu Baußen geboren, be-
ſuchte dafelbjt die Volksſchule und das
Gymnafium, wandte ſich jedoch, durch
Yamilienverhältniffegegwungen, 1878 dem
Buchhandel zu. Nach Beſuch der Handels:
ſchule trat er 1879 in Leipzig in eine
Buchhandlung als Volontärein, wurde aber
dur Krankheit genötigt, von diefem Be:
rufe gänzlich abzujchen und fuchte der Ge-
nefung wegen im folgenden Jahre die
Schweiz auf. Nach Sachſen zurücgefehrt,
bald in Dresden, bald in Baugen auf:
hältlih, Iebt er nunmehr ganz feinen
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten.
* Heinrich, Karl, ſ. K. H. Keck.
Deinriei, Carl Friedrich Georg,
wurde in Karkeln (Oft-Breußen) am 14.
März 1844 geboren. Seine Jugend ver:
lief unter den Eindrüden des Wirkens
feines Vaters, der mit freudiger Hingabe
den Pflichten des evangeliihen Pfarr:
amtes lebte. Die Gaftfreibeit und bie
Haren, behaglichen Verhältniſſe des El—
232
Heintze.
ternhauſes verſchönten dieſelbe. Der wif-
ſenſchaftliche Trieb, welcher ſich in dem
Knaben regte, erhielt auf dem Gymna—
fium zu Gumbinnen beftimmtere Richtung.
Auf der Univerfität Halle ftand er in der
beginnenden Gärungsperiode unter dem
behütenden Einfluß Tholuds, während er
in Berlin, wo der Entſchluß, fein Leben
der theologischen Wiſſenſchaft zu widmen,
reifte, vor anderen durch Niedner, Dorner
und Trendelenburg angeregt und geleitet,
fodann durch Tweſten zur Beichäftigung
mit dem Urchriftentum beftimmt wurde.
Nachdem er 1866 in Halle zum Dr. phil,
und 1868 in Berlin zum lie. theol, pros
moviert worden war, fand er fünf Jahre
hindurch im Domfandidatenftift zu Berlin
‚eine Arbeitsftätte, welche es ihm ermög-
lichte, die wiſſenſchaftlichen Studien fort-
zuſetzen und zugleich durch eigene Erpro—
bung die großen Aufgaben des Firchlichen
Lebens würdigen zu lernen. 1871 habi⸗
litierte er fi an der Univerfität Berlin,
nachdem er fein Erftlingsmwerf über „Die
Valentinianiihe Gnofis und die heilige
Schrift” geichrieben hatte. 1873 wurde
er als außerordentlicher Brofeflor für neu:
tejtamentliche Eregefe nah Marburg be⸗
rufen und zwei Jahre fpäter zum
lihen Profeſſor ernannt. Geit 1881 ift
er Mitglied des königl. Konſiſtoriums in
Kaſſel. Außer einer Reihe von Abhandlungen
in theologifchen u. a, Zeitfchriften ‚der Neu⸗
bearbeitung zweier Bände des exe
Handbuchs zum neuen Teftamente von me
veröffentlichte er eine Erklärung der beiden
rinthierbriefe (1880, 1887). —— weiſt
er die engen Beziehungen der A e des Chriſten⸗
tums zu der antiken Kultur nad). + Aa
Heinte, Albert. Am 30. März 1831
wurde ic zu Naugard in Bommern ges
boren. Von meinem Vater, der bald nach⸗
ber zum Pfarrer im Wachholzhagen bei
Treptow a. d. Rega berufen wurde, vor⸗
bereitet, bejuchte ich drei Jahre lang das
Marienftifts-Gymnafium zu Stettin
ing von dort 1849 auf die U
Ile, um Theologie und Philole
jtudieren, Doch das Intereſſe für
rn; 6% is, ul, Dan SO.
Heintze. —
Haffiihe und die deutſche Philologie, auf
dem Gymnafium vornehmlidy durch Bonig
erregt, überwog allmählich immer mehr,
zumal ſeitdem ich Halle mit Erlangen ver-
taufht und hier in Nägelsbadh einen er:
neuten lebendigen Beweis dafür gefunden
hatte, daß Philologie und nüchternfte
Trodenheit nit notwendig zuſammen—
fallen. Leider konnte ih nur ein Jahr
mid) dieſer belebenden und begeifternden
Einwirkung hingeben. Ich ging nad) Ber:
lin, um. dort gleichzeitig mein Jahr ab: | tedı
weiteren pädagogiichen Ab- und Ausfichten
zubienen. Bon den damals in Berlin
wirkenden philologiichen Kräften konnte
id unter diefen Umftänden feinen weiteren
beftimmenden Eindrud empfangen. Se:
doch Hatte ich mich ſchon mit Beifeite-
— der Theologie für die Philologie
entihieden, und das praktiſche Schulfach
fand mir als Lebensziel klar vor Augen.
1854 beitand id) in Greifswald die philo-
ſche Prüfung. 1855 ging ich als
wiſſenſchaf tlicher Hilfslehrer an das Gym:
nafium zu Köslin und war hier unter
dem irefflichen Direktor Adler beichäftigt,
bis ih 1856 eine feite Anjtellung an dem
in der Bildung begriffenen Bugenhagia-
num in Treptow a. d. Nega erhielt. Nach
Jahresfriſt vertaufchte ich Treptow mit
Stolp. Hier babe ih mid auch ver:
heiratet und zwar 1858 mit einer Tochter
des Poftdireftors Tobold in Neuftettin.
ieje wurde mir nah langem Siechtum
ch den Tod entrifien, wie aud) drei
von den vier Kindern, die fie mir ge-
oren hatte. So ftand id) denn nad) 18
| vereinfamt da, mit einem zwölf:
ähr Sohne. Gott führte mir eine
zweite treffliche Gattin zu, Auguſte Schön⸗
erg, eine Pfarrerstochter, mit welder
En —* Bun in mein ver-
Haus rt find. Außerhalb der
‚habe ih in deutfche ——
* — ER ya! a le
fen: Hafen ebeiten, a abgeſehen von
anden in Beitjchriften zerftreuten Aufſätzen,
jende: Mittelhochbeutiches Lejebuch für höhere
N alten (1864, 2. Aufl. 1875), Dramatifche
*
233
Heinzel.
ilder zur Darſtellung in höheren Schulen (1874),
B
Er deutſchen Familien⸗Ramen —— geo⸗
graphiſch, ſprachlich (1882), Verſuch einer Paral—
lele zwiſchen dem ſophokleiſchen Dreſtes und dem
ſhakeſpeareſchen Hamlet (1857), Die Familien:
Namen von Stolp, mit Berüdfihtigung der Um:
gegend (1866), Gregorius auf dem Steine, der
mittelalterliche Odipus (1877).
Deinzel, Dar, wurde am 28. Of:
tober 1834 in Oſſig (Schlefien) geboren,
befuchte das Gymnafium in Breslau und
wurde nad) Abjolvierung desfelben Haus:
lehrer, gab dieſe Wirfiamfeit und alle
jedoch der Journaliftif zuliebe auf und
begann dieje Laufbahn zunächſt als Be:
rihterftatter mehrerer Berliner Tages:
zeitungen, jpäter als Redakteur einer
Reihe von Provinzialblättern („Brom
berger Zeitung“, „Oberjchlefiicher An:
zeiger”, „Hausfreund“. Die Erfolge, welche
feine Dialeftwerfe fowie feine mundartlich-
bumoriftiichen Vorlefungen erzielten und
die Beliebtheit, deren er fih als no:
velliftiicher Mitarbeiter an verjchiedenen
Zeitichriften erfreute, ermöglichten 9., die
redaktionelle Tretmühle zu verlaflen und
ausſchließlich feiner Schriftjtellerei (nun:
mehr in Echyweidnig) zu leben.
Hauptwerfe: Aus Herzenägrund (Ged.), Vä—
gerle flieg aus (Ged.), Ohne Titel, Überfeungen
aus dem Däniſchen, A ſchlä'ſches Pukettel, Od
mi trübetimplig, A Iuftiger Bruder, Mei jüngftes
Kindel, mundartlihe Dichtungen, Fahrende Ge:
fellen, Humoriftifche Genrebilder, Maiglödel(Ged.),
In Sturm und Wetter (Ged.), Der gemittliche
Schläfinger (Kalender jährlich ſeit 1883).
Heinzerling, Johann Georg Ernit
Friedrich, geboren den 15. December 1824
zu Großenbufed bei Gießen, ftudierte von
1843—48 in Darmitadt, Berlin und
Gießen Mathematik, Naturwiſſenſchaften,
Architektur und Ingenieurbauweſen, war
von 1848—56 beim Brücken- und Hoch—
bau der Main-Wefer-Bahn, insbejondere
bei dem Entwurf und Bau des Stations-
gebäudes in Gießen, praktiſch und gleich
zeitig am Gymnaſium zu Gießen als
Lehrer des Freihandzeichnens nad) eigner
‚bewährter Methode thätig, baute von
Heitemeyer.
1856—60 als Sektions=- Ingenieur der
Heſſiſchen Ludwigs-Eiſenbahn-Geſellſchaft
die Bahnſtrecke Ingelheim-⸗Bingen bis zum
Anſchluß an die Linie Köln-Bingerbrüd,
wurde 1860 Lehrer des ngenieurfachs
an der höheren Gewerbejchule zu Darın:
ftadt, 1864 außerordentl., 1868 ordentl.
Profeſſor der Bau: und Ingenieurwiſſen—
ihaften an der Univerfität Gießen und
wirft jeit 1870 als Brofeflor des Brüden-
baues und der höheren Baufonftruftionen
an der zu gleicher Zeit eröffneten tech—
niſchen Hochſchule zu Nahen. Hier wurde er
Mitbegründer und erſter Vorfigender des Aachner
Architeftens und Ingenieur⸗Vereins, ſowie des
Gewerbevereins für Aachen ꝛe, ftiftete einen für
die Dozenten der technifchen Hochſchule beftimmten
willenschaftlihen Verein und war Mitbegründer
des Aachner Webeſchul-Vereins famt der in einem
von ihm zu diefem Zweck umgebauten Haufe ein:
gerichteten blühenden Aachner Webeichule für die
Wollen-Induſtrie. Auch konftruierte H. die zu
baulihen Unterfuhungen beftimmte Baumage,
ftellte auf der Verfammlung deutſcher Architekten
in Hamburg (1868) über die Bildungägelehe der
Formen in der Architektur neue philoſophiſche Ge:
fihtspunfte auf, indem er zugleich durch eine Aus:
ftellung teils frei, teils deffriptiv:geometrifch be:
handelter „PBflanzenftudien” zu einem vielfeiti«
geren und erafteren Stubium der zur Verwendung
in der Architeftur und Ornamentif geeigneten
Pilanzen anregte. — Außer zahlreihen Abhand:
lungen in Fachblättern ift 9. der Verfafler der
folgenden, von der fachmänniſchen Kritit als vor:
züglih anerkannten Werke: Die Brüden in Eifen
(1870), Ein Beitrag zur Begründung einer all:
emeinen Theorie und Syſtemkunde der Baufon:
Arußtionen (1875), Grundzüge zur konſtruktiven
Anwendung und praftiihen Berechnung
Brüden: und Hochbauten (1870—74), Die an:
greifenden und widerftehenden Kräfte der Brüden:
und Hochbau⸗Konſtruktionen (2. Aufl. 1876), Die
Brüden der Gegenwart (zum Teil 2. Aufl., 1873
bis 1857) und Der Eifenhodhbau der Gegenwart
(1878—88).
Heitemeyer, Ferdinand, wurde am
10. Februar 1828 als jüngiter Sohn eines
Orgelbauers und Klavierfabrifanten zu
Paderborn geboren. Won dem Funitlies
benden Vater ererbte er ſchon früh eine
innige Borliebe für die Kunft, während
diefromme, gutherzige und überaus thätige
Mutter ihn für alles Schöne und Edle
zu begeiftern verjtand. Er abfolvierte das
234
— Helbig.
Gymnaſium zu Paderborn und bezog dann
die Akademie in Mänſter. 1848 -50
ſtudierte er Philoſophie und Theologie,
wurde 1853 zum Prieſter in feiner Vater—
ftadt geweiht und als Kaplan in Hörſte
bei Lippftadt angeftellt. 1861 erfolgte
feine Ernennung zum Pfarrer in Nord-
'heringen, 1867 in Desdorf und 1887 in
Beverungen. Hs literarifches Haupt:
gebiet ift die Lyrif. Seine Dichtungen
bergen ebenfoviel Gemüt und Gedanken:
tiefe wie tadellofe Formenſchönheit.
Hervorzuheben: Gedichte (1874, 2. Q.), Ehren»
preis für Papſt Pius IX. (4. Aufl ), Harfe der
Liebe zum heiligiten Altarsfaframente (1880, 3.
Aufl.), Deutihe Sagen (1835), Clodoald (Dram.
1886). Außerdem iſt H. Igriiher Mitarbeiter
einer großen Zahl der beften Zeitichriften.
Helbig, Frievrih. IH bin geboren
in Jena am 1. Dezember 1832, gehöre
aljo nicht mehr zu den jüngeren ſtürmiſchen
Drängern zum Parnaſſe. Ich ftudierte
nach Abjolvierung des Weimarer Gym-
nafiums anfangs der fünfziger Jahre in
Jena und Heidelberg die Jura (und neben:
bei Philoſophie und ſchöne Wiffenichaften);
abjolvierte treulich meine beiden Staats:
prüfungen und gelangte jo zu Amt und
MWürden, legte au, wie es jedem ehr:
famen Staatsbürger ziemt, als Dreißiger
meinem Naden das fanfte Joch der Ehe
auf. Es hat mich und meine brave Frau
(Anna geb. Hoth) oft Schwer gedrüdt, denn
wir haben nad) einander vier liebe Kin:
der der begraben, wenn uns auch die gleiche
Anzahl noch verblieb. Meine erſte nach he
erfolgreiche That war eine Heine im Jahrei
in der „Sartenlaube“ — „Die
rbeiter bis auf den
zu leben, n
nafialzeit verjagt, in einer Stadt
ein ftändiges —— hatte, bis
Held.
dem dramatiſch unmözlichen Stoffe loskommen
konnte, auch ſonſt noch im Stillen einige drama:
tiihde Sünden begangen hatte, erlebte ich mit
ber Tragödie Gregor VII, einen ftarfen Bühnen:
erfolg, erſt in Weimar, dann im Berliner Na:
tionaltheater — mit dort zwanzigmaliger Auf:
führung, die ſich nad) Angabe des Direktors Gum:
tau verdoppelt haben würde, wenn nicht gerade
der große Finanzkrach eintrat. Mit meiner dar:
auf folgenden Tragödie Babel (1873) konnte ich
feinen Bühnenerfolg erzielen. Bei der Schwierig:
keit, unfere Theaterdireftoren für Stüde erniterer
Gattung zu begeiftern, verfuchte ih nun in der
leichtern Gattung des Luſtſpiels Boden zu ge:
winnen. Mit meinem biftorischen zuerft von einer
Bandertrupp:, dann in Leipzig und feitdem an
einer Reihe erfter Theater au geführten Luſtſpiele:
Die Komödie auf der Hochſchule, errang ich auch
gleich einen äußerlich hübſchen Erfolg, überzeugte
mich aber gleichzeitig, daß ich für dies leichte Fach
zu Ihwerfällig angelegt fei. 1836 trat ich wieder
mit einem fünfaktigen biftoriihen Drama: Ni—
tolaus de Smit heraus, das eine ſechsmalige Auf:
führung an hiefiger Bühne erlebte, aber ungedrudt
blieb. Ein zweiaktiges Hiitor. Genrebild: Luther
im Bären zu Jena, erlebte an einer Anzahl Kleiner
Bühnen, namentlih in Mitteldeutihland, Auf:
—— iſt aber ebenfalls nicht gedruckt. Er—
chienen find noch: Groß⸗Schlemm, Luſtſp. (1880),
Nah Goethe, Luſtſp. (1880), Das Küßchen.
Schwan. Ferner die Feitipiele: Die Wacht am
Diterfteine (1883), die Brautfahrt (1885), und
zulegt: Lorenz Friedemann (Schaufp., aufgef. in
Gera 1887). Außerdem ſchrieb ich eine Anzahl
Rovellen und zerftreute Artikel in Beitfepriften
und Tagesblättern.
Held, Yojef von, geboren am 9. Aus
ft 1815 zu Würzburg, jtudierte Die
echte in feiner Vaterſtadt, in Heidelberg
und München, doktorierte 1838 in Würz-
burg und habilitierte fih 1839 dafelbit.
1841 erfolgte jeine Ernennung zum außer:
ordentl. und 1843 zum ordentl. Brofefjor
der Rechtswiſſenſchaft.
Bon feinen in Fachkreiſen als vorgüglih an:
erlannten Werten heben wir hervor: Syſtem des
Verfaſſungsrechts (1856), Frankreich an der Spitze
der Zivilifation (1863), Staat und Geſellſchaft
(1861— 63), Deutſchland, der deutiche Bund und
die deutihen Großmädte (1864), Grundzüge des
allgemeinen Staatsrechts (1868), Verfaſſung des
deutihen Reichs (1872), Das Kuilertum als
Rechtsbegriff (1879), Der Menſch als Ausgangs:
punkt der Rechtsphiloſophie (1883).
Helene, j. Helene v. Hüljen.
235
Heller.
Heller, Heinrich Juftus. Sohn eines
Kaufmanns, bin ih am 11. November
| 1812 zu (Neuftadt) Eberswalde geboren.
Nach meiner Vorbildung in Prenzlau und
‚auf dem Joahimsthalihen Gymnaſium
‚in Berlin habe ih A'/e Jahr hindurd)
in Berlin klaſſiſche Philologie, Mathe—
malik und Phyſik ftudiert. Seit 1863
am fgl. Realgymnaſium thätig, bin id)
diefer Anftalt — trog mander Neben:
beſchãftigung, wie am Friedrich: Wilhelms:
gymnaſium, am Dorotheenjtädtiihen Real:
gymnaſium 2c. — erhalten geblieben, habe
‚den Titel Brofeffor und bei meinem Ab-
gange 1883 den Noten Wolerorden be:
kommen. Won 1841—44 habe id} unjern
Kronprinzen im Lateiniſchen, eine Zeit:
‚lang aud in Geographie und Geſchichte
unterrichtet, in den Sommermonaten von
1842 —43 aud die Stelle feines Er-
jiehers auf Babelsberg vertreten. 1848
habe ih ein Trauerfpiel: Graf Caſtel Melhor
druden laffen. 1856 erfchienen meine „Gedichte“,
welche ſehr anerfennende Beiprehungen gefunden
haben. Außerdem habe ih an belletrijtiichen
Sachen bis jetzt nur noch Humoresken in Profa
und Berfen in Zeitfchriften erfcheinen laſſen. —
Ungleich zahlreicher find meine wiſſenſchaftlichen
‚Arbeiten: De la place de l’adjectif (1848),
De la suppression de l’artiele devant les sub-
stantifs joints aux verbes (1856) ; andere Ab»
handlungen über franzöfiiche, deutſche, engliſche
Literatur z. B. über die règle de Vaugelas,
über die gemeinſame Quelle des Campiſtronſchen
Andronique und des Schillerſchen Don Carlos,
zur Kritik und Überſetzung Shakeſpeares, über
Goethes römiſche Elegien und Epigramme, über
die Quellen der Difianfihen Gedichte, über deutiche
Grammatik, Auffäge äfthetiihen Inhalts, viele
Krititen und Auseinanderfegungen grammatifchen
und etymologifchen Inhalts, eine Abhandlung über
Metaftafios (und Mozarts) La Ülemenza di
Tito, über den Naturalismus (Zolas). Die meiften
meiner Aufläge behandeln jedoch, teils in latei-
nifcher, teil in deutſcher Sprade, Stellen grie-
chiſcher und lateiniſcher Schriftiteller im Philo—
logus, und es ift von 1854 bis 1886 fein Band
des Philologus erfchienen, der nicht eine oder
— Abhandlungen von mir, beſonders über
Cãfars Kommentarlen, enthalten hätte ; gerade dieſe
Auseinanderfegungen haben zu einem mir von
Treitichle mit dem größten Unrecht zum Vorwurf
gemachten Briefwechlel mit Napoleon III. geführt
— ein Vorwurf, der erhoben wurde, als Le
Siöele 1871 das die Einfendung meiner vom
_ 236 —
Heller. Hellmuth.
Kaifer gewünfchten Abhandlungen begleitende und | Dellmuth,€., |. Schmidt-⸗Weißenfels.
— höflich gehaltene Schreiben zum Abdruck Hellmut h, ©, ſJ. Paul Zang.
Heller, Dttilie. Ih bin am 7. Au- Sellwald, Friedrich Anton Heller v.,
guſt 1849 in Berlin geboren; mein Vater, wurde am 29. März 1842 in Padua ge:
Prof. 9. 3. H., unterrichtete mich ſelbſt boren und widmete fih dem Dffiziers-
in den neueren fremden Sprachen, und ſtande. Da diefer Beruf jedoch feinem
mein Intereſſe wandte fich Schon früh der außerordentlic) regen Geiſte nicht genügen
franzöfiſchen und engliſchen Literatur zu. fonnte, verließ er 1871 die Armee, um ſich
Da aber das Studium der Mufif meine
Zeit in gleihem Maße beanſpruchte, hat
meine felbjithätige Teilnahme an litera-
riihen Beltrebungen erſt Spät begonnen,
nämlich im Jahr 1879. Ein während
eincs Reieaufenthalts in Paris verfaßter
Artikel über franzöfiihe Dramatik wurde
im „Magazin für die Literatur des Aus:
landes“ abgedrudt; ich habe von da ab
die meilten der in demſelben erfcheinenden
Kritifen, die franzöfiiche Belletriſtik be—
treffend, verfaßt, auch viele Artikel über
englifche Werfe. Der Erfolg, die freund:
liche Anerkennung, die mir bei diefer Thä—
tigkeit zuteil wurde, bewirkte, daß id) ihr
bis 1883 treu blieb. Bon ba ab ent-
ſagte ich der Kritik, um Zeit zu gewinnen
für eigene belletrijtifche Produktion. Mein
erjter Roman Stephan Broda erihien 1884,
die Veröffentlichung eines zweiten Kathinka,
erfolgte unmittelbar darauf. Beide Werke
hatten fich einer günftigen Aufnahme zu
erfreuen. Außerdem erjchienen mehrere
Romane in Zeitichriften.
Hellinghaus, Dito (Dito Lingau),
wurde am 23. März 1853 in Drolshagen |
(MWeitfalen) geboren, jtubierte von 1871
bis 1874 Philoſophie, Philologie und
Literaturgefchichte, in Münfter, Halle und
Leipzig, doftorierte 1875 an legtgenannter
Univerfität und wurde 1876 am Real:
aymnafium zu Münfter angeftellt, wo er
noch heute als Oberlehrer thätig ift.
Literariih machte 9. ſich namentlich durch feine
vorzüglihe Ausgabe der „Meifterwerfe unjerer |
wiſſenſchaftlichen Studien zuzumwenden. Er
wirkte nun zunächſt als Redakteur des
„Auslands“ in Augsburg (ſpäter in Stutt:
gart), zog fich aber nach zehnjähriger Thätig-
feit von der Redaktion zurüd, um ausſchließ—
li freien literariihen Arbeiten leben zu
‚fünnen. 9. hat fi vornehmlich auf kul—⸗
turhiftorifchen und geographifchen Gebieten
ausgezeichnet.
Von feinen um diefe Wiſſenſchaften und ihre
Förderung hochverdienten Werfen heben wir ber:
be Kulturgeihichte in ihrer natürlichen Ents
widelung bis zur Gegenwart (3. Aufl.), Die Erde
und ihre Bölfer (2. Aufl.), Gentralafien, Im
ewigen Eis, Naturgelchichte der Menichen, Amerifa
in Wort und Bild, Frankreich in Wort und Bild,
Die weite Welt, Jtalien in Wort und Bild.
Helm, Glementine, |. El. Beyrich.
Delm, Fr., |. Julius Conard.
Helmers, Heinrih, geboren den 1.
Dezember 1847, trat, nachdem er die Real:
ſchule feiner Vaterſtadt abjolviert hatte, in
den Kaufmannsſtand und übernahm 1870
‚die von feinem Vater gegründete Kunft:
‘handlung, weldyes Gejchäft cr jedoch 1884
‚aufgab. In früher Jugend ſchon wurde
‚der Knabe von einer für Poeſie und Kunft
begeifterten Mutter in das Reich der Mus
fen geleitet und hatte in feinen Ainaben-
jahren jchon die Freude, daß die Tage:
blätter feiner Baterjtadt unter einem Pſeu⸗
donym kleinere Gedichte, Rätjelaufgaben
u. ſ. mw. von ihm zum Abdrud brachten.
Im 18. Lebensjahre ftehend, verfaßte er das jeit:
her in mehreren Auflagen erfchienene Werk: „Wie
und Was foll man deflamieren?“ und im fol:
genden Jahre die gleichfalls mit Beifall aufgenom:
Dichter” und durch feine „Deutiche Poefie von | mene Schrift: „Das Liebhabertheater. Ein Hand:
den NRomantifern bis auf die Gegenwart” befannt. | buch für Dilettanten der Schaufpieltunft". Yu
Außerdem hervorzuheben: Stolberg und Voß | derjelben Zeit begründete er die MWochenfchrift:
(1883), "Am Meeresftrande (1882), Aus allen | „Album für Unterhaltung“, welche jedod) in den
Erdteilen (1886). Kriegsftürmen des Jahres 1870 ſchon wieder
* Yodlır, A Ber Ar] 5
Helmbolg.
—* mußte. 1875 war er Mitbegründer des
ifinnigen 2ofalblatte8 „Bremer Volksblatt”.
Von diefem Zeitraum an erjchienen von ihm in
rajher Folge: Unfehlbar (Luftip.), Hermann der
Deutihe (Feftgedicht zur Enthüllung des Her:
mannsdenkmals auf der Grotenburg), Am Tage
von Sedan (FFeitip.), Vergangene Zeiten (Feitip.),
Sedan (Vier Brologe), Zum Geburtäfeite des
Kaifers (Bier Prologe), Das Bild des Kaiſers
— Aufl.), Die Brüder der Nacht (Luſtſp.),
Das der Prologe (Deutſche poetiſche Chro—
nit der Gegenwart I]. Aufl.), St. Willehadus,
Das Libretto der Operette Der
Teufel als Eheitifter (comp. v. Adolf Hagen),
Unterm Bantoffel(Schwanf), Mufenzauber (allego:
rüches Feitipiel), Zwei neue Prologe zum Geburts:
ſeſte des Kaifers, Weihnachtsgruß und viele Feſt—
—— Sänger, Schützen · und Sedanfeſten.
lieferte er zahlreiche Terte zu Rompo⸗
e Ernit Simon, Eyle u. A., als: Eine
fü
m Zur grünen Hochzeit, Der Maler auf
rin
—— euden u. ſ. w.; ebenſo auch viele
ariſche Artikel für Zeitſchriften und
Tagesblätter.
Helmholt, Hermann Ludw. Ferd. v.,
wurde am 31. Auguft 1821 in Potsdam
geboren, widmete ſich (1838—42) dem
Studium der Medizin in Berlin, promo-
vierte 1842 und wurde Militärarzt in
Potsdam. Hier blieb er bis 1848, er
ging dann als Aſſiſtent des anatomiichen
Mufeums und Lehrer der Anatomie an
der Kunftafademie nad) Berlin, 1849 als
Vrofeſſor der Phyſiologie nad) Königsberg,
1853 als Brofefior der Anatomie und Phy⸗
fiofogie nach Bonn, von wo er 1858
einem Rufe als Profeſſor der Phyſio—
e nach Heidelberg folgte und 1871
8 or der Phyſik nad) Berlin zu-
rüdfehrte. Er machte ſich zuerit durch die
Srfindung und Konitruierung eines Augen:
jels zur Unterfuhung der Netzhaut
efannt, über welchen Gegenjtand er eine
hamige Schrift erfcheinen lich. Die:
gten die geradezu epochemachenden
te: Handbuch der phyſiologiſchen Optif und
fe von den Tonempfindungen (4. Aufl.),
Schriften hoben ihren Verfaſſer
fort zu den erſten Phyſiologen der
‚empor. Bon feinen weiteren Wer:
ch beionderd wichtig: Über die Erhal-
t, Uber das Sehen, Bopuläre Vor:
Haftliche Abhandlungen ;
237
Hempel.
\ außerdem eine große Anzahl von hochbedeutenden
Abhandlungen in Müllers „Archiv für Anatomie“,
in Boggendorf3 „Annalen“ ꝛc. 1885 wurde 9.
vom Kaiſer in Anerkennung feiner aus:
gezeichneten Verdienſte in den Adelsitand
erhoben.
Dempel, Mar. Ich bin am 14. Juni
1863 zu Dresden geboren, bejuchte die
beiten Brivatichulen meiner Vaterftadt und
fpäter das fünigl. Schullehrerieminar zu
Dresden-Friedrichjtadt. 1881 wanderte
ih nad) Amerifa aus. Was mid) von
dannen trieb, vermöchte ih heute noch
nicht zu jagen, vielleiht war es Unzu—
friedenheit, vielleicht Uebermut, vielleicht
Ehrgeiz. Die Ausfiht auf materiellen Ge:
winn war e8 ficherlich nicht, die mich nad)
Amerifa lodte, eher war es die Hoffnung,
dort bald zu Ehre und Anſehen zu ges
langen. Es find mir im Anfang meines
Hierjeins die Enttäufhungen und Wider:
wärtigfeiten nicht eripart geblieben, welche
den Einwanderer gewöhnlich heimjuchen.
Ich habe mich lange Zeit kümmerlich durch
Privatſtunden ernähren müſſen, bis ein
reiher Mann fih für mich intereffierte.
Er engagierte mich als Hauslehrer. Von
diefer Zeit an habe ich beffere Tage ges
ſehen. Auf die Verwendung des in St.
Louis als Mäcen bekannten Phil. Brod-
‚mann erhielt ich eine Anftellung als Hilfs—
[ehrer an dem Toensfeldtichen Erziehungs-
inftitute. Später avancierte ic) zum or—
dentlichen Lehrer und Vorjteher des Pen:
ſionats derjelben Anftalt. 1884 nahm
ich die mir angebotene Stellung als Ober:
[ehrer an dem von Brof. Dr. Hilgemann
‚neu gegründeten Erziehungsinjtitute für
Mädchen an. Schon im nächſten Jahre er-
| hielt ich einen Auf als Direktor der deutjch-
'amerifanifhen Schule nad) Omaha im
Staate Nebraska. Dieſe Stellung habe ich
heutigen Tages noch inne. Meine erften Poe⸗
fien, entweder QTurnerlieder oder Gedichte freis
| finniger Tendenz, erfchienen in verſchiedenen Four:
nalen. 1883 veröffentlichte ih ein Bändchen
Turnerlieder unter dem Titel „Turnerleben“.
Diefelben fanden eine jehr freundliche Aufnahme,
Seit 1883 bin ich Mitarbeiter einer Reihe von
Henle.
Zeitſchriften ꝛc., denen ich pädagogiſche Aufläte,
auch Novelletten, Humoresfen und Gedichte liefere.
Im Augenblid bereite ich die Herausgabe meiner
gefammelten Gedichte vor.
* Henle, €, j. El. Levi.
Henne am Rhyn, Otto, wurde am
26. Auguft 1828 in Et. Gallen in der
Schweiz geboren, befucdhte das Gymnafium
feiner Vaterjtadt und die Univerfität Zü—
rich, wo er Kultur und Kunftgeichichte
Ntudierte. Nachdem er 1851 zum Doktor,
philof. promoviert worden war, trat er
in Staatedienfte und zwar zunächſt als
Sekretär bei der Regierung des Kantons
Et. Gallen. 1857 erfolgte feine Ernen-⸗
nung zum Profeſſor und 1859 zum Staats:
archivar, als welcher er noch jegt thätig
ift. Außerdem wirkte H. auch als Kour:
naliſt und zwar als Redakteur des „Boten
aus dem Riefengebirge“, fpäter der „Neuen
Züricher Zeitung“.
Hauptwerke: Geſchichte des Schweizervolkes,
Die Kulturgeſchichte im Lichte des Foriſchrittes,
Kulturgeſchichte der neueren Zeit, Allgemeine Kul—⸗
turgeibichte von ver Urzeit bis zur Gegenwart,
Deutihe Volksſage, Gottfried Kinkel, JUuftrierte
Kulturgefhichte, Die Freimaurerei in 10 Fragen
und Antworten.
Henrich, Albertine (Paul Stein),
wurde am 23. September 1812 als die
Tochter eines Geiftlihen zu Lord im
Nemsthal geboren. Ihre Kindheit ver:
brachte fie in einem Dorfe der ſchwäbi—
Ihen Alp, wo ihr Vater Pfarrer war,
teils im Haufe der Eltern, teils in dem
Städtchen Blaubeuren, wo fie den Schul—
unterricht empfing. Die eifrige Lektüre
Ecdilleriher und Goethefcher Dramen er:
weten dem jungen Mädchen den glühenden |
Wunſch, zur Bühne zu gehen. Nachdem fie
die ſich ihr entgegenftellenden Hindernifie
befiegt hatte, wurde fic als Elevin am Etutt-
garter Hoftheater angenommen, debütirte
daſelbſt nach kurzem Unterricht in tragifchen
Rollen mit vielem Glüd und erhielt darauf
ein Engagement in Mainz. Nach dem Tode
des Vaters veranlaßte ihr Vormund fie,
238
Henzen,
‚arzt Henrich. Nah glüdlihen Jahren
kamen ſchwere Schickſalsſchläge. Ihr Mann
erkrankte unheilbar, und nach ſeinem Tode
lag ihr die Sorge und die Erziehung ihrer
drei unverſorgten Kinder ob. Auf den
Rat eines Freundes griff ſie zur Feder.
Mit ihren „Erzählungen aus dem ſchwäbiſchen
Volksleben“ trat ſie zum erſten Mal mit Erfolg
an die Offentlichkeit. In den größeren Werten,
die fie bald darauf herausgab, zeigte fie ein ſchö—
nes und allgemein anerfanntes Talent für den
geihichtlihen Noman. Nah der Vermählung
ihrer Tochter verließ fie Deutihland und lebte
längere Zeit bei derjelben in Spanien, darauf
vier Jahre bei einem Sohn in Kalifornien, alds
dann Ffehrte fie nach Spanien zurüd, wo fie ihren
literariichen Arbeiten lebt.
Hauptwerfe: Der letzte Kurfürſt von Mainz
(bit, Rom.), Drei Chriftabende (Rom.), Guten»
| berg (bift. Rom.), Novelliftiihe Gemälde aus
Stadt und Land, Die Braut im Alofter (Rom.),
Albreht von Brandenburg (bift. Rom.), Aus
| Andalufion (Nov), Das Haus der Hofrätin
| (Rom. ), Handwerk und Anduftrie (Rom.).
|
| Henzen, Karl Georg Milhelm, wurde
‚am 30. November 1850 zu Barmen ges
boren und bejuchte nach Abfolvierung der
Schule das Konfervatorium in Leipzig,
um fein hervortretendes mufifaliiches Tas
(ent ausbilden zu laffen. Einer Vorliebe
zur Literatur wegen, die ihm ein befjeres
Feld zur Beaderung zu fein ſchien, gab
er jedoch die mufifaliichen Pläne auf und
ftudierte Whilofophie und Literaturge—
ſchichte. 1874 übernahm er die Redak—
tion der „Dramaturgiſchen Blätter‘, Die
er faft zehn Jahre hindurd führte, um
danach die ihm gebotene Stellung als Dras
maturg des Leipziger Stadttheaters anzus
nehmen. H.'s eigene dramat. Schöpfuns
gen haben zum großen Teil die Runde
über faft alle deutichen Bühnen gemadıt
und find von durdichlagendem Erfolg be—⸗
| gleitet geweſen.
Hervorzuheben: Die Kypſeliden, Lügen des
' Herzens, Der Graf von Caftagnac, Oſſian, Die
| Anbetung der Hirten, Bettina von Mont, Die
Pfalzgräfin, Martin Luther, Urih von Hutten.
GSerbert, Heinrich, geboren am 27.
die Bühne zu verlaffen, und vermählte fie Juli 1838 in Hameruden bei Reps. In
fich kurze Zeit darauf mit dem Theater: dem Haufe feiner Eltern verlebte er die
, α, ner Qu. Tar.
239
Herbert. Herchenbach.
erſten 20 Jahre ſeines Lebens, indem er gelangen —— — as:
feine Studien an dem cv. Gymnafium | Tut Karts VI und IRKS: Die Gefunbhettanftee
A. K. in Hermannftadt und der dortigen FB — DIS um —— en
f. k. Nechtsafademie vollendete, fich zus | Jahrhunderts. Seit 1885 findet er Gelegenkeit,
gleih dem Etudium der Goleopterologie | die Erfahrungen, welche er einft als Gerichts
widmete und eine umfangreiche Käfer: | deamter gefammelt hat, als Sekretär des Ober,
fammlung anlegte. Im Jahre 1858| — be ei A. K. in Sichen«
machte derfelbe eine ausgedehnte Reife —
durch Deutſchland und das obere Italien, Hercheubach, Wilhelm, geboren am
und trat dann als Gerichtsauskultant in | 13. November 1818 in Neunfirchen bei
den k. k. Staatsdienft. Zuerft wurde er Siegburg, widmete ſich dem Lehrfache und
dem Sandesgericht im Hermannftadt, dann | begründete nad) Abjolvierung des Semi—
dem Bezirksamt in Neps zugeteilt, um |nars und mehrjähriger Amtsthätigkeit in
endlich zu der eriteren Stelle zurüdzufeh: | Düſſeldorf dafelbit eine Privatlehranftalt,
ren, wo ihn die Auflöfung der k. f. Be⸗ | der er zwanzig Jahre hindurch vorstand,
hörden in Siebenbürgen ereilte, fo daß er | nad deren Ablauf er ſich zurüdzog und
im April 1861 in Disponibilität verſetzt
wurde. Die Wiederheritellung verfaſſungs⸗
mäßiger Zuftände in Siebenbürgen führte
ihn zum Studium der vaterländifchen Ge-
ſchichte hin und als er darauf 1861 die
Univerfität Heidelberg bezog, widmete er
ih hauptſächlich geihichtlihen Studien.
Nachdem er auch in Berlin und Jena
Nudiert, die Ferienzeit aber zu Neifen
durh Deutichland und Holland benußt
hatte, kehrte er in die Heimat zurüd und
fand ſehr bald cine Anftellung an dem
Hermannftädter ev. Gymnaſium A. K. zu:
nächſt als Eupplent und nad) Ablegung
der Lehramtsprüfung als Profeſſor, in
welher Stellung er ſich noch jetzt be
findet. Im Herbit des Jahres 1866
wurde er zum Sekretär des Vereins für
fiebenbürg. Landesfunde gemählt, jpäter
auch zum Haupikaſſier und Ausſchußmit—
nlied desjelben Vereins. In diefer Stellung
fand er anregende Förderung zu geichichtlichen |
Arbeiten durch den Vorftand des genannten Ber:
eins, den bedeutendften fähhfiichen Geichichtsforfcher |
und Geſchichtsſchreiber Dr. ©. D. Teutich, Biſchof
ber ep. Landeskirche A. K. in Siebenbürgen, und
veröffentlichte 1867: Beiträge zur Geſchichte von
Schule und Kirche in Hermannftadt zur Zeit
Karls VI. 1878 gab er ein Repertorium über
die Siebenbürgen betreffende Literatur heraus und
beteiligte fich darauf im Auftrage des Ausfchufies
des Vereins für fichenbürgiiche Landeskunde an
der Herausgabe der Quellen zur Geſchichte Sie: |
benbürgens aus ſächſ. Ardiven. 1883 verfahte
er; Die Reformation in Hermannftabt und dem ,
ausſchließlich feiner Cchriftitellerei Lebt.
9. bat fih um die Jugendliteratur durch feine
Schriften hohe PVerdienite erworben. Die Zahl
derfelben überfteigt zweihundert; viele davon find in
mehreren Auflagen verbreitet, die meilten in
fremde Sprachen überjegt. Außerdem jind für
Erwachſene hervorzuheben: Herzogshut und Hailer:
frone (Rom.), Mathilde (Rom.), Deutfcher Geijt
und deutfhes Schwert, Graf fFlorentin von Hack—
haufen (Erz.), Harte Köpfe und fleißige Leute
(Erz.), Eine Mutter mit jieben Kindern (Erz.),
Der Sonnenbauer (Erz.). Außerdem hat cr nod)
eine Menge von Erzählungen für Zeitichriften
geichrieben.
Herfurth, Franz Karl, geb.am 1. Ja—
nuar 1853 zu Kronjtadt in Siebenbürgen,
abiolvierte das dortige ev. Gymnaſium,
jtudierte 1871—75 auf den Hochſchulen
Jena, Berlin und Leipzig Theologie und
Philologie, ift feit 1. September 1576
ord. Profefjor am Honterusgymnafium in
Kronftadt. Eeit 1886 erjcheint von ihm
herausgegeben und geleitet „Der Eieben-
bürgifche Volksfreund“, ein illuftr. Sonn:
tagsblatt für Stadt und Land. H. ijt aud)
in der fiebenbürgishen Tagespreſſe und
als Mitarbeiter am Obert’ihen „Schul:
und Kirchenboten“ ꝛc. thätig.
Bon feinen literarifchen Veröffentlihungen jind
auch außerhalb Siebenbürgens befannt und gut
aufgenommen worden: Was ift ſtudentiſche Res
form? ein Wort an die deutiche Studentenichaft
(1875), Wie hat doch der Djtergedanfe ſoviel
Troft und Ermunterung für uns (1850), Der
Guſtav Adolf: Terein ein Hort des Proteitantis;
mus (1880), Unfer gelelligeö Leben (1885).
Hergenröther.
SHergenröther, Joſeph von, wurde
am 15. September 1824 in Würzburg
geboren, befuchte das dortige Gymnaſium,
nad deſſen Abjolvierung er fidh dafelbft,
ipäter in Rom dem Studium der Theo:
logie hingab. Er wurde alsdann Kaplan
in der Pfarrei Bellingen, habilitierte fich
1851 für Theologie in München, wo er
1850 zum Doktor promoviert worden
war, und erhielt 1852 als Ertraordina=
rius, 1855 als Ordinarius die Profeſſur
für Kirchenrecht und Kirchengeſchichte da-
jelbjt. 1868 wurde er vom Bapft als
Mitglied der fanoniftiihen Kommiffion
nah Rom berufen, 1877 zum Hausprälat
und 1879 zum Kardinal ernannt und mit
der Leitung des Vatikaniſchen Archivs
betraut.
Bon feinen ald hochbedeutend anerkannten Wer:
fen heben wir hervor: Photius, Patriarch von
Konftantinopel (1867—69), Anti-Janus (1870),
Katholifche Kirche und chriftlicher Staat in ihrer
geihichtlihen Entwidelung und ihrer Beziehung
zu den ragen der Gegenwart (2, Aufl. 1874),
— der allgem. Kirchengeſchichte (3. Aufl.
Hergeuröther, Philipp, Sohn des
fönigl. Univerfitätsprofefjors und Gerichts-
arztes Dr. Jakob H. ward am 25. Mai
1835 zu Marktheidenfeld geboren. Nach
Bollendung feiner Studien in Würzburg,
wo er 1856/57 die eregetiiche Preisfrage
löfte, ward er 1858 Kaplan in Fellen,
dann Kooperator und feit 1859 Pfarr:
verwejer in Randersacker; ſeit 1860 Slate:
het und Beichtvater bei den a. Schul—
ſchweſtern in Heidingsfeld, 1866 Neligi-
ons⸗ und Gejchichtslehrer an der königl.
Studienanitalt Würzburg und, nachdem er
1866 auf Wunſch des jel. Biſchofs Georg
Anton von Stahl promoviert hatte, feit
1868 zugleich Privatdozent an der Univer:
fität dajelbit. Als fih auch in Würzburg
die Partei der Altkatholifen gegen die De-
finition des Vatikaniſchen Konzils erhob,
9. eine Predigt darüber hielt (gedruckt
1871), wurde derſelbe in den Zeitungen
verfolgt und verleumbderifcherweile beim
fönigl. Staatsminifterium verklagt. Ob:
240
ie Hering.
wohl die fönigl. Regierung im Sommer
1871 entſchied: „Die Anklage beruhe auf
Unmahrheit und Entftellung, und fei nicht
der mindefte Grund zu einer Beahndung
gegeben“, ward durch Dekret (Oftern 1872)
vom Fönigl. Minifterium erklärt: „Weit
Schluß des Studienjahresift H.jeiner Stelle
enthoben. Es bleibt demfelben überlaſſen,
fih bis zu diefem Termine um eine ans
derweitige Verwendung zn bewerben.“
Auguft d.%. erhielt H. auch die fönigl. Pfar⸗
rei Wipfeld, vefignierte jedoch fogleich wie
der auf diejelbe, da Biſchof Franz Leopold
von Eichftätt ihn als Profeſſor an fein
biichöfliches Lyceum, das in ganz Deutjch
land rühmlichjt befannt ift, berief. 1884
ernannte ihn Leo XIII. zum päpftlichen
Hausprälaten. Derjelbe iſt auch Ber:
trauensmann des katholiſchen Juriſten⸗
vereins für die Diözefe Eichitätt.
9. Ichrieb über die Bedeutung der antiocheni⸗
Shen Schule auf exegetiſchem Gebiete, die Civil:
ehe, die Euchariſtie als Opfer, die Unfehlbarfeit
des Papftes (1870), den Geſchichtsunterricht an
den Studienanftalten (1873), die Sonntagäheili«
ung vom religiöfen, moraliihen und bugieinis
— Standpunkt (1878), die Appellationen nach
dem Dekretalenrecht (1875), den Gehorſam gegen
die weltliche Gewalt (1877), Artikel im Freibur⸗
ger Kirchenlexikon u. a. Ein Lehrbuch des Kir⸗
henrechts von demjelben wird demnächſt erſchei⸗
nen.
Hering, Ernit Wilhelm Emil, ift geb.
am 19. Juni 1827 zu Stargard in Pom—
mern, wo fein Vater königl Landes Oko⸗
nomierat war, ein tiefgebildeter Dann,
deſſen Schriften über Landwirtichaft ſehr
geihägt wurden. Nach Abjolvierung des
Soahimsthalihen Symnafiums in Berlin
wandte er fi, dem Drange nad) dem Ewi⸗
gen folgend, dem Studium der ev. Theolo-
gie zu, der er mit Erfolg auf den Univerfi-
täten Berlinund Halle oblag. Im Haufedes
theinifhen Kaufheren Hermann Jung, der
9. als Erzieher, Hilfsprediger und öffent
lihen Schullehrer engagirt hatte, erw
terte fich feine Weltanfhauung und funs
damentierte fi) feine praftiiche Theologie.
Nachdem er einem Rufe des Magiftrats
zu Fürftenwalde an die dortige Domge:
*76 ga, UN ar w.3NO
L
Hermann.
Hermine,
meinde gefolgt, erging bald ein zweiter |wurbe er zum Doktor promoviert, habili-
an ihn vom berühmten Hofprediger Dr.
Fr. Wild. Krummacher in die Hilfsprediger-
ftele an der Hof: und Garniſonkirche zu
Potsdam. In diefer Stellung gewann er
die bleibende Freundichaft dieſes bedeu-
tenden Sanzelredners.
Seine erjten jchriftitellerifchen Produftionen in
Potsdam, namentlich das „Kirchliche Wochenblatt“,
fanden großen Beifall, fpeziell von feinem Könige
Friedrich Wilhelm IV., dem er — eine hiſtoriſche
Reminiscenz — die legte Predigt hielt, die der
edle, damals jchon leidende Monarch in feiner
Friedensfirche hörte. Bei dem herrichenden Bar:
teihader in der Kirche gelang es jedoch H.'s Geg—
nern, ihn von Potsdam zu verdrängen. Er wurde
mit einem jelbitändigen Pajtorate und erhöhtem
Einfommen entichädigt, trug aber ſchwer an die:
fer Kränfung. Trogdem folgte er einem ehrenvollen
Rufe der großen ev. Gemeinde in Brüffel nicht,
da ihm das franzöfiihe Weſen in Belgien bei
jeinem ſtark ausgeprägten deutichen und proteitan:
tiihen Charafter unerträglich war. Wenige Jahre
barauf ging er mit Frau und Kindern nach Ame:
rifa, wohin ihn die ev. Gemeinde in Stapleton
dicht bei Newyork berufen hatte. In diefer Stel:
lung gab er ein populäres Kirchenblatt, „Die Hei:
mat”, heraus, die ihn bald zu der außerordentl.
Profeffur für Homiletif, Kirchengeichichte und Lo—
gik an der theologiihen Fakultät zu Bloomfield
bei Newarf N.⸗«J. führte. Da traf ihn die ſchwere
Erkrankung feiner Gattin, die auf Drängen des
Arztes eine Nüdkehr ins Vaterland unabweislich
machte, wo er auf Befehl des Kaiſers Wilhelm,
der fih noch feines früheren Hilfspredigers er:
innerte, eine der beſſeren Pfarren, diesmal in der
Neumark, erhielt. Hier aber begann bald mit dem
unduldijamen Superintendenten eine Disharmonie,
fo daß 9. feine Penſion nahm und wieder über
den Dcean ging, da ihm die Gemeinde zu Carl:
ſtadt N. J. bei Newyork ihre Vfarritelle angetra:
gen hatte. Hier wirft er noch, auch literarifch
immer noch thätig. 1885 erichien von ihm „Der
letzte Grund der Dinge“, oder: „Läßt ſich das
Dafein Gottes beweiſen?“, eine von der Kritik
fehr günitig aufgenommene Schrift, ebenfo wie das
erihienene Werf: Der Stand Der gegen:
wärtigen Naturphilojophie.
Dermann, Claus, |. Herm. Klencke.
Hermann, Konrad, wurdeam 30. Mai
1819 als ein Sohn des gleichnamigen her:
vorragenden Bhilologen zu Leipzig geboren,
beiuchte und abjolvierte die dortige Tho—
masichule und jtudierte in feiner Water:
ſtadt und in Berlin Philoſophie. 1840
Das literariihe Deutichland.
tierte fich 1849 in Leipzig und wurde 1860
zum außerord. und 1881 zum ord. Hon.:
Profeſſor dajelbit ernannt.
Bon feinen, der Hegelichen Philofophie dienen:
den Werfen heben wir hervor: Grundri einer all:
gemeinen Ajthetif, Philoſophiſche Grammatif, Ge:
Ihichte der Philofophie, Philol. der Geſchichte,
Die Afthetif in ihrer Geſchichte und als wiffen
ſchaftliches Syftem, Die Sprachwiſſenſchaft nad)
| ihrem Zufammenhang mit Logik, menfchlicher
Geiftesbildung und Rhilofophie, Der Gegenfat
| des Klaffiihen und des NRomantifchen in der
‚neueren Philojophie, Die deutfchen Studenten,
Hegel und die logiiche Frage der Philoſophie in
der Gegenwart.
Hermine, ſ. Emma Ladder.
Herold, Julius Clemens, geb. am
11. November 1844 in Ober:Bielau, Ar.
Görlitz, befuchte die Dorfihule in Heide-
Sersdorf (Station zwiichen Kohlfurt und
Lauban), machte jodann den üblichen Leh—
‚rerbildungsgang dur (Seminar zu Reis
chenbach D./L.), amtierte in Ebersbad) bei
Görlitz, in Sagan und feit 1871 in
‚Breslau, zuerjt an Volks-, fpäter an Mit—
telſchulen. Er ift Mitarbeiter pädagogischer
‚und anderer Zeitichriften, erhielt bei der
Preisaufgabe der „Wiener Vorſtadtzei—
tung“ ein Diplom (Thema: Mädchenerzie:
hung), gründete die „Schleſiſche Schulzei=
tung“ mit und nahm einige Jahre an der
Redaktion derjelben teil und redigiert feit
‚1876 den (Poſtelſchen) „Deutichen Leh—
rerfalender“.
Außerdem jchrieb er: Schematismus, der öffent:
lihen evang. Elementarihulen Schlefiens (1873,
3. Aufl. 1885), Zeittafel der Geſchichte der Pä—
dagogif, Adreß-Notiz der Lehrer und Lehrerinnen
‚an den Breslauer Bolfsichulen (8 Jahrg.), Wie:
ı derholungsbüchlein für den geographiſchen Unter:
richt, Der Stadt: und Yandfreis Breslau, 30 In—
terpunftionsregeln nebſt Übungsbeiſpielen.
Herrig, Hans, geb. am 10. Dezember
1845 in Braunjchweig, bejuchte das Frie—
drichsgymnaſium in Berlin und die dor—
tige Univerſität, um Rechtswiſſenſchaft zu
ſtudieren. Nach ſeiner Doktorpromotion
und Abſolvierung des Staatseramens war
er ein Jahr als Referendar beim Stadt—
gericht in Berlin beſchäftigt, beſchloß aber
16
Herrmann.
dann feine juriftifche Karriere, um ſich der
Hournaliftif zu widmen. Seit 1882 ge
hört H.der Redaktion des „Deutichen Tage:
blattes“ an, deſſen Feuilleton feiner Lei—
tung unterjteht. H.'s literariiches Haupt:
feld ift das Drama, zu deſſen vornehmiten
Vertretern der neueren Zeit er gehört.
Hauptwerfe: Alerander (Dram.), Kaiſer Frie
drich der Rotbart (Dr.), Jerufalem (Dr.), Der
Kurprinz (Dr.), Die Meininger, ihre Gaftipiele
und Bedeutung für das — Theater, Kon—
radin (Dr. 3 Aufl.), Nero (Dr.), Martin Luther
(Feftipiel), Lurustheater und Volksbühne, Die
Chriſtnacht (ein Weihnadhtsfpicl), Columbus (Dr.).
Herrmann, Conrad, wurde am 18.
Juli 1817 zu Hanau (Kurheſſen) geboren,
erhielt feine Vorbildung in der dortigen
Nealihule und in zwei Brivatinftituten,
um dann 1830 in die Zeichenafademie da=
jelbft überzugehen, da jein Vater, jelbjt
ein tüchtiger Maler, den Wunſch hegte,
jeinen Sohn diejelbe Laufbahn einſchlagen
zu laffen. Prof. Wejtermayer, ein Freund
Schillers, nahm ſich des talentvollen Kna—
ben an, ihm verdanfte er auch die An—
regung, fein lüdenhaftes Schulwiſſen durch
Nachhülfe und Selbititudium zu vervoll—
fommnen. Ye mehr Kenntniffe er ſich an:
eignete, defto durftiger wurde er danad)
und deſto gleichgültiger wurde ihm die
Malerei. Endlich erlaubte fein Vater ihm,
den Beruf aufzugeben und in eine Buch:
druderei einzutreten. Daneben dichtete 9.
fleißig, wofür eine Menge von Iyrifchen
Ergüffen in verjchiedenen Zeitungen Zeug:
nis ablegten. Es folgten dann viele Wan-
derjahre, die H. bald als Setzer, Korref:
tor, Faktor, bald als Nedakteur (ichliep-
lich der „Saarbrüder Zeitung” 1857 — 73)
fahen. Leider büßte er bei Begründung
eines eigenen Gejchäftes fein mühſam
„Eripartes“ wieder cin. Das hinderte ihn
aber nicht, weiter zu dichten und zu fin:
gen. 1867 erichienen feine gefammelten
Gedichte Ericeen, ferner heben wir hervor:
Schlimme und hohe Tage, ein Sonettenfranz
(1871), Die Invaſion der Franzoſen (1873),
Der Pfifferjatob von St. Johann » Saarbrüden
(biftor. Rom. 1878), Das Forſthaus zu Erlen:
bronn (Nov. 1878); außerdem unzählige poetilche
242
Herrmann.
und proſaiſche Beiträge in Zeitſchriften. H. lebt
in Saarbrücken.
"Herrmann, Julius Adolf, geb. am
20. Auguft 1858 zu Hermsdorfbei Braunau
in Böhmen als Sohn des Oberlehrers
ı Thaddäus H., eines ausgezeichneten Schul:
mannes und Ehrenbürgers diefer Gemeinde,
ſtudierte fünf Klaſſen am Stiftsgymnafium
der Benediftiner in Braunau und bejuchte
1875 das Pädagogium zu Trautenau. Das
ſelbſt gründete er nad) Art der Hainbünd:-
ler einen Verein literariſch begeijterter
Studenten, welder in mehreren wöchent-
lichen Sigungen die Dichtkunft eifrig pflegte
‚und fi) mit den damaligen literariichen
Größen, wie Grün, Geibel, Scheffel 2c.,
in Verbindung ſetzte. Nach Auflöfung des
Bundes vollendete H. feine Studien in
Komotau und wurde darauf als Lehrer
in Dörfel bei Neichenberg angeftellt. Da:
jelbjt vervollkommnete er ſich weiter in der
Muſik, deren Grundelemente er feiner mu
jifaliich jehr gebildeten Mutter verbankte,
indem er fontrapunftiiche Studien machte
und fi durch die Kompofition von Män-
nerchören 2c. in weiteren Kreifen befannt
madte. 9. ift Mitarbeiter mehrerer
Blätter, Verfafler von Dorfgejchichten
(Der Pechandres), Novellen (Aus Tante Cilli's
ı Tagebuche), Humoresfen ꝛc.
Herrmann, Ludwig, geb. zu Aſchaffen—
burg (Bayern) am 19. Mai 1807, ftu:
dierte in Würzburg Medizin, erwarb 1829
den Doftorgrad, begab fich zu feiner wei-
teren Ausbildung nah Münden, Wien
‚und Paris und jchrieb 1832 in Algier,
‚wo cr als Unterarzt in die franzöfifche
‚Offupalionsarmee eingetreten war, feine
Inaugural-Diſſertation De morbis, qui Al-
gerii vceurrunt (gedrudt 1833). Im Mai
1534 von König Otto zum Bataillonsarzt
‚in der griehiihen Armee ernannt, ging
er im Juli mit einem der in München
gebildeten Freiwilligen: Korps nad) Grie-
chenland. Wegen jeiner während der Bet:
‚ epidemie auf der Inſel Boros im I. 1837
ı geleifteten Dienſte wurde erzum Regiments:
Her.
arzt mit Hauptmannsrang befördert und
mit dem Ritterfreuze des griechischen Er:
löjerordens dekoriert. 1838 trat 9. unter
dem Reformator Sultan Mahmud II. in
den Eanitätsdienft der ottoman. Pforte.
Während feiner Sjährigen Dienitzeit in
ber Türfei hatte er verjchiedene Stellen
inne, wie: Mitglied des oberjten Sani-
tätsrates des osmanifchen Neiches, Pro-
fefjor an der medizinischen Schule, Gene:
ralinſpektor der Militärhofpitäler 2c. 1846
fehrte er nad) Deutichland zurüd, verweilte
längere Zeit in Wien und Berlin und ließ
fi) 1848 in Ajchaffenburg als praftiicher
Arzt nieder. Nach 18 Wanderjahren grün
bete er hier feinen häuslichen Herd.
Während feines Aufenthaltes in der Türfei war
9. von 1840—43 Korrejpondent der „Augäburs
ger Allgemeinen Zeitung” und dann Korreſpon—
dent der „Leipziger Allgemeinen Zeitung”. Als
praftiicher Arzt in Ajchaffenburg begann er feine
literarifche Thätigkeit mit der Beröffentlihung
fachwiſſenſchaftlicher Schriften, wie: Soden bei
Aſchaffenburg (1855), Erfahrungen, welche mit
dem Aichaffenburg:Sodener Wafler gemadt wur:
den (1857), Die Aihaffenburg-Sodener jod:brom:
Baltigen Kochialzquellen (1858) ıc. Bon 1867—85
veröffentlichte H. in verschiedenen Zeitungen grö—
Bere geſchichtliche und naturmwillenichaftliche Auf:
fäte, Bilder orientaliiher Kulturzuftände, biogra>
phiſche Notizen über den Dichter Wilhelm Heinfe,
Reifebilder aus Agypten und Kleinaſien, aus dem
Speflart und aus dem Ddenwald ꝛe. Im Jahre
1886 erichienen feine als hervorragend anerfann-
ten Rüderinnerungen aus dem Orient, die dem
Autor viele Auszeichnungen eintrugen. 1886
wurde H. am grauen Staar mit Erfolg operiert,
mußte aber bis jet zur Schonung der operier:
ten Augen eine Baufe in feiner literariichen Thäs
tigfeit eintreten lafien.
Herb, Wilhelm, wurde am 24. Sep:
tember 1835 in Stuttgart geboren, wid:
mete fi dem Beruf eines Landwirts,
den er jedoch bald wieder aufgab, um
Philofophie und germanifhe Sprachen in
Tübingen zu ftudieren. Er wurde hier
1858 promoviert und habilitierte ſich
1862 als Privatdozent der germani-
ihen Spraden in Münden, nachdem
er im Jahre 1859 als württembergiicher
Leutnant gedient und im Jahre 1960
dur eine Studienreije nah England
243
Herzberg: Fränfel.
und Frankreich feinen Gefichtsfreis er:
weitert hatte. 1869 erfolgte feine Er:
nennung zum Profeſſor der Literatur:
geihichte und der deutihen Eprade am
Polytechnikum zu München, an dem er
nod heute wirft, zugleich Mitglied ber
f. bayriſchen Akademie der Wiſſenſchaften.
Bon H.'s formenreinen und ſchwungvollen, von
der Kritik als Meifterdichtungen hervorgehobenen
Werken führen wir an: Gedichte, Zanzelot und
Ginevra, Das Rolandslied, Marie de France,
Der Wermwolf, Hugdietrich's Brautfahrt (3. Aufl.),
Heinrich von Schwaben, Die Nibelungenfage,
Deutihe Sage im Elſaß, Triftan und Iſolde,
Die Sage von Parzival und dem Gral, Bruder
Rauſch, Spielmannsbud).
Herzberg: Fränfel, Leo, geboren
1827 zu Brody in Galizien, genoß bier
einen jorgfältigen Privatunterricht und
neigte fih ſchon früh der damals nur
gering entwidelten Tagesliteratur zu. Er
jchrieb für Bäuerle’s „Wiener Theater:
zeitung”, für Saphir’s „Humorift“ und
Kuranda’s „Oſt-Deutſche Poſt“, wurde
aber erſt allgemeiner befannt, als er
11849, nadjdem er ein Jahr in den Step:
‚pen Beflarabiens zwiſchen den dort zer:
ftreut liegenden deutichen Kolonien verlebt
hatte, mit feinen Bildern aus Rußland und
Beflarabien und feinen fulturbiftoriichen
' Beiträgen in Wertheimer’s Jahrbüchern
bervortrat. In demjelben Jahre trat er
in die Nedaltion der von dem damaligen
öfterreih. Minifterpräfidenten Fürften
Felix von Schwarzenberg gegründeten
„Reichszeitung“ und jpäter in die des
„Oſterr. Lloyd“ ein und war gleichzeitig
für auswärtige Blätter als rolitiicher
‚ Korreipondent thätig. Seit einer Reihe
von Jahren lebt H. als Eefretär der
k. k. öfterreih. Handels: und Gewerbe:
fammer in feiner VBaterjtadt Brody und
wurde für jein humanitäres Wirken mit
dem goldenen Verdienſtkreuze mit der
Krone ausgezeichnet.
Außerdem hervorzuheben: Einfiedlerin auf Loui⸗
fiana (1849), Polnische Juden (1866, 1878 und
1887).
Herzensfron, Viktor, geboren am
23. März 1820 zu Wien, widmete fid)
16*
Heſekiel.
dem Soldatenſtande, dem er von 1838
bis 1845 als Offizier angehörte. In
letzterem Jahre nahm er ſeinen Abſchied,
um ſich ausſchließlich der bis dahin nur
nebenbei in ſeinen wenigen Mußeſtunden
betriebenen Schriftſtellerei hingeben zu
können. Er führte nun ein erfolgreiches
Leben in mancherlei Stellungen: als Re—
dakteur der öſterr. Jugendzeitſchrift, als
Bibliothekar des Grafen von Waldbott,
und endlich als Leiter der Chemnitzer,
Bamberger, Sondershaufener und Rudol-
jtädter Bühnen. Daneben war 9. vielfach
literariſch ausübend thätig, ſowohl als
feinfinniger Kritiker, novellift.und Iyrifcher
Mitarbeiter beſſerer Zeitichriften, wie aud)
als Berfaller einer Reihe von oftmals
aufgeführten Dramen. 9. lebt nunmehr
als artijtiicher Direktor des Aktien-Thea-
ters in Erfurt. 1855 erhielt er den Titel
Domänenrat, und jpäter mehrfache Orden.
Hauptwerfe: Elfriede (Dram.), VBornehm und
gering (Dr.), Gaitrollen (Dr.), In der Wiege
verlobt (Dr.), Ein Bagabund (Dr.), Eine Über:
ralhung (Dr.), Milton (Dr.), Herbitblätter (Nov.
5. Aufl.), Spinnitubenmärden (9. Aufl.), mi:
fhen Hell und Dunfel (2. Aufl.).
Heſekiel, Ludovika, ift am 3. Juli
1847 als eine Tochter des berühmten
Chriftitellers George 9. (J 1874) in
Altenburg geboren und wurde natürlicher
Weiſe früh ſchon durch ihren Vater für
die Poeſie begeiltert. Mit deffen Erlaub:
niß zog fie als freiwillige Krankenpflegerin
mit in den deutſch-franzöſiſchen Krieg, in
welcher Eigenichaft fie fih mehrfach aus—
zeichnete. Nicht minder befannt machte
fie fih durch ihr literariiches Wirken,
von deſſen Ergebnilien (Romanen) wir
hervorheben: Eine brandenburgifche Hofjungfer
(1868), Lenz Schadewacht (1871), Baradenleben
(1572), Von Brandenburg zu Bismard (1873),
Deutfhe Träumer (1879), Lottchen Lindholz
(1882), Gott mit uns (1852), Unterm Sparten: |
ſchild (2. Aufl. 1883), Des Kailers Gaft (1883),
Fromm und feudal (1585), Jeſus meine Zuver:
verficht (1885).
Heſſe-Wartegg, Ernſt v., wurde
am 21. Februar 1851 in Wien geboren,
unternahm 1872 feine erjte größere Neife
244
Heuſſenſtamm.
durch Süd-Europa, ferner die Donau—
länder, Türkei und Syrien, um natur
wiffenihaftliche und ethnologiſche Studien
zu betreiben. Ferner bereifte er 1875
den Ardipel und Zentral-Amerifa; 1876
Neu:Meriko, die Fellengebirge und bie
| Brairien der Vereinigten Staaten; 1878
wiederum Amerika, um die Regelung des
Miffijfippi-Flußneges zu ftudieren; 1880
Algier, Tunis, Tripolis, Agypten, Nu:
bien u. ſ. w.; 1883 wiederum Nord—
Amerifa; 1884 Süd-Amerika; 1885 und
1886 nochmals den Nordojten des nord-
amerifaniihen Sontinents. 1887 (zur
Zeit unferer Drudl.) begiebt 9. fid)
‚wiederum nad) Südamerifa.
Bon 9.:W.’3 hochbedeutenden Werfen, in denen
er die reihen Schäge feiner Reiſeergebniſſe nieder»
gelegt hat, heben wir hervor: Unterfeeifhe Tun»
‚nelbauten (1874), Prairiefahrten (1878), Nord»
amerifa (1880—1884, 3, Aufl., in mehrere
Sprachen überjegt), Miffiifippifahrten (1880),
The new South West (1880). Tunis, Land
‚und Leute (uripr. engliih 1881). Außerdem
viele Beiträge in Journalen.
Heuſſenſtamm, Theodor Graf von de als
(Theod. Stamm), geboren am 12. Märzn 320
1801 in Wien, lebte nad) Abjolvierung
‚des Gymnaliums feiner Vaterſtadt dem
‚Studium der Kunjt, mit Muſik, Poeſie
und Malerei gleichmäßig beichäftigt, da
feine Wermögensverhältniffe ihm eine
praktiſche Beſchäftigung nicht aufnötigten.
Er behielt jeinen Wohnort in ftiller Eins
ſamkeit in jeiner Vaterjtadt Wien, nur
bin und wieder dur Kunft: und Stu:
dienreilen nad) Deutichland, Italien und
Frankreich ſich anregend, ſelbſt jegt im
ehrwürdigen Alter immer noc) eifrig weiter
jtrebend und der Kunft huldigend.
Hauptwerfe: Schattenriffe (Rom.), Ein weib—
liches Herz (Dicht.), Hesperus (Ged.), Gedichte,
Im Abenditrahl (Dicht), Der wunderliche Pilger
(Luftip.).
Heveſi, Ludwig (Onfel Tom), wurde
am 20. Dezember 1543 in Heves (Un—
garn) geboren und von dem Vater früh:
zeitig für den eigenen, den medizinischen
Beruf bejtimmt. Nachdem Ludwig 9.
jedoch fein medizinisches Studium beendet
Heydenreid).
hatte, und inzwilchen bereits literariſch
als Feuilletonift mit Erfolg thätig ge:
wejen war, gab er den ärztlichen Beruf
völlig auf, um fi) ganz der Journaliftif
und Schriftitellerei zu widmen. Er ge
hörte lange Zeit der Redaktion des „Peſter
Lloyd”, jeit 1875 derjenigen des „Wiener
Fremdenblattes“ an und hat ſich den Auf
eines feinfinnigen Feuilletoniften erworben.
Hauptmwerfe: Sie follen ihn nicht haben (Hus |
mor.), Kleine Leute (Jugendichr. 1871—1874), |
Des Schneidergejellen Andreas Jelky Abenteuer
(Humor.), Auf der Schneide (Nov.), Neues Ge:
- fhichtenbuch, Auf der Sonnenfeite (Nov.). |
Hehdenreich, Eduard, ift am 29.
Mai 1852 in Dresden geboren. Seit
1865 beſuchte er das Kreuzgymnaſium
dafelbft. 1871 zur Univerfität entlaflen,
hörte er in Leipzig philologiſche und
biftorifche Vorlefungen. Befonders nahe
trat er den damals mit größtem Segen
wirfenden flaffiihen Philologen Ludwig
Lange, Friedrich Ritihl und Georg Eur:
tius, in deren afademilchen Gejellichaften
er fih die Grundfäge wiſſenſchaftlicher
Forſchung durch antiquariich- hiltorifche,
tertkritifaliihe und ſprachwiſſenſchaftliche
en ameignete. Außerdem feflelten
ihn vor anderen der Germaniſt Zarnde,
der Hiftorifer Voigt, der Philolog Lip:
fins und der Pädagog Edjtein, in deſſen
Seminar H. zuerit in den Beruf bes
Lehrers praftifch eingeführt wurde. 1875
erwarb er den Doftorgrad und legte 1876 |
die Staatsprüfung ab. Nachdem er furze |
245
am Leipziger Thomasgymnafium als
r gewirkt hatte, erhielt er 1876 einen
Auf an das Gymnafium Albertinum zu
Freiberg, welchem er jeit diejer Zeit un-
unterbrochen angehörte. 1882 habilitierte
er fih außerdem als Privatdozent der
zum an der k. ſächſiſchen Berg:
Hauptwerfe: Quaestiones Propertianae
Heyſe.
que matre Helena libellus (1879), Zum 25jäh⸗
rigen Amtsjubiläum feines Vaters als Pfarrers
zu Leubnitz bei Dresden: eine Chronif diefer Pa-
rochie (1879), Kriegsdrangſale von Freibergs
ländlicher Umgebung (1879), Bibliograpbiiches
Repertorium über die Geihichte der Stadt Frei—
berg und ihres Berg: und Hüttenwejens (1885).
Außerdem lieferte H. eine große Anzahl werts
voller Beiträge für Zeitichriften.
Heyſe, Paul, wurde am 15. März
1830 zu Berlin geboren, abjolvierte das
dortige Friedrich: Wilhelms -Gymnafium
und widmete fih dem Studium der Phi:
jofophie und Kunst: ſowie Literaturgeſchichte
(1848— 1852) an der Univerfität jeiner
Vaterftadt und in Bonn, nad deiien Ab»
ihluß er eine Reiſe nad Italien machte,
um einesteils die Kenntnis der italie:
nifchen Literatur⸗ und Kunſtgeſchichte ſich
anzueignen, andererſeits um ſeinen gei—
ſtigen Geſichtskreis überhaupt zu erwei—
tern. H. hatte damals (1853) ſich bereits
literariſch hervorgethan und viele Freunde
und Gönner erworben, an deren Spitze
der kunſtliebende König von Bayern ſtand.
Dieſer ſetzte den jungen Dichter durch
Gewährung eines Jahrgeldes inden Stand,
ausſchließlich feinen literariihen Beſtre—
bungen zu leben, ungefefjelt Durch tägliche
Lebensjorgen, ein Vorzug, der wenigen
Boten vom Parnaf zu Teil wird. Auf
den Wunſch des edlen Fürjten ſiedelte
9.1854 von Berlin, wo er nad) jeiner
Rückkehr von Italien lebte, nah München
über. Bald war er durch die Erträge
‚feiner Feder in der glüdlichen Lage, jenes
Ausdruds der Gnade feines Proteftors
nicht mehr zu bedürfen.
Paul Heyſe gilt ebenjowohl auf dem
Gebiete des Dramas, wie auf dem der
Novelle, gleichzeitig als Lyrifer, ale einer
der vornehmjten Meifter der Gegenwart.
Seine Dramen haben alle Bühnen fi)
‚erobert und feine Lieder find in jedes
(1875), Die Oyginhandichrift der Freiberger Gym; Sängers Mund.
nafialbibliothet (1878), Fabius Pictor und Li: |
Hauptwerfe: (Dramen) Francesfo von Rimini,
vius, Ein Beitrag zur römischen Quellenforfhung | Meleager, Die Sabinerinnen, Ludwig der Bayer,
(1878), Livius und die römische Plebs, Ein Die glüdlichen Bettler (nad) Gozzi), Eliſabeth
Bild römiſcher Geihichtäfchreibung (1882), In- Charlotte, Die Grafen von der Eiche, Maria
certi auctoris de Constantino Magno eius- Moroni, Hadrian, Hans Lange, Kolberg, die Göt—
Heyſe.
tin der Vernunft, Ehre um Ehre, Graf Königs:
marf, Elfride, Die Franzoſenbraut, Die Weiber
von Schorndorf, Das Recht des Stärkeren, Alki—
biades, DonJuans Ende, Drei einaftige Trauer:
fpiele und ein Luſtſpiel, Getrennte Welten, Die
Hochzeit auf dem Aventin, Die Weisheit Salo—
mos, Gott ſchütze mich vor meinen Freunden,
Safha; (Romane) Die Kinder der Welt, Im
Baradiele; 19 Bände Novellen, (Gedichte) Das
Skizzenbuch. Der Salamander, Verſe aus Jtalien,
Sprudbüdlein. In Gemeinschaft mit Emanuel
Seibel überjegte H. das Spaniſche Liederbud),
ein bi di . Giuftis und Le is. | % ,
allein die Gedichte G. Giuftis und Leopardis ein, wurde dafelbit eingeladen, an ben
Mit Hermann Kurz gab H. den „Novellenſchatz“
und mit Ludwig Laiftner den „Neuen deutſchen
Novellenſchatz“ heraus.
Heyſe, Wilhelm, wurde am 19. No:
venber 1825 zu Leußow (Medlenburg-
Strel.) geboren, bejuchte die dortige Do—
manialfchule und wurde 1841 in das
Zehrerjfeminar zu Mirow als Zögling auf:
genommen. 1846 erhielt er das „Zeug:
niß der Anitellungsfähigkeit‘ und wurde
Hauslehrer auf einem Gute bei Paſewalk.
Hier machte er fih au in feinen Muße-
itunden mit den Werfen unferer großen
Dichter bekannt. 1849 vertauſchte er
feine Stelle mit einer gleichen bei Uder:
münde. m felben Fahre wurde er Zeh:
rer in Carwiß bei Feldberg, im folgenden
in Berda bei Neubrandenburg, wo er fid)
zu glüdliher Ehe mit einer jungen Er:
zieherin verband.
„Erſtling“: Ausgewählte Blüten meiner Zu:
gend, der ſehr freundlich aufgenommen
wurde, und ihm ein Geldgefchent feines
Zandesfürften eintrug.
nah Leußow verſetzt, jedoh 1879 auf
feinen Wunſch aus dem Amte entlafen.
Er fiedelte nun nad) Wefenberg über und
lebt gegenwärtig als Privatlehrer in Rog—
gentin bei Mirow i. M.
Außer dem genannten heben wir von H.'s,
durch die Kritik jehr günftig beurteilten Werfen
hervor: Punſchendörp (1861), De medlenbörger
Burhochtied (1862), Rosmarin un Ringelblomen
(1862), Friſchen Karmiten ut Kriſchan Schulten
fin Mustift (2. Aufl. 1864), Klänge aus Ban:
dalia (5. Aufl. 1887).
Hilarius, ſ. F. v. Raſt.
Hilber, Vincenz, 1853 zu Graz in
Steiermark geboren, beſuchte Volksſchule
246
1851 erſchien H.'s
1853 wurde er!
Hildebrand,
und Gymnafium ebenda, ftudierte an den
Univerfitäten zu Graz und Straßburg
Naturwiſſenſchaften, beftand zu Graz bie
Prüfung für das Turnlehramt an-Mittel-
ſchulen und 2ehrerbildungsanitalten, pros
movierte mit Geologie als Hauptfad im
Semefter 1876/77 zu Graz, veröffent-
lichte Unterfuchungen über das fteirifche
Tertiär, trat 1878 als Volontär an der
k. k. geologiichen Neihsanftalt in Wien
geologischen Aufnahmen teilzunehmen; in
der Eigenſchaft eines jelbitändig arbei-
tenden Sektionsgeologen vollführte er
1879 — 1884 die Detailaufnahme einer
auf die Länder Galizien, Mähren und
Schleſien verteilten Fläche von ungefähr
320 geogr. [Meilen und veröffentlichte
die zugehörigen geologiihen und paläons
tologischen Berichte. Außerdem bearbeitete
er während diefer Zeit die von der
Szehenyi’ihen Erpedition in Dftafien
gelammelten Landjchneden. Seitdem ver:
öffentlichte er einige Unterfuchungen über
Gegenſtände der phyſiſchen Erdfunde und
beteiligte fih an der deutichen Ausgabe
von Ami Boués „Turquie d’Europe“.
1879 habilitierte er fih als Privatdozent
für Geologie an der Univerfität in Graz,
in welcher Eigenichaft er fich daſelbſt trog
eines vor Jahren erjtatteten und jeither
urgierten Vorſchlages zum Ertraordinarius
noch befindet.
Hildebrand, F., |. Frig Volger.
Hildebrandt -» Strehlen, Karl
Theod. Heinr. (Roderid Brown), wurde
am 18. Juni 1815 in Djtpr. geboren;
widmete ſich nad) Abjolvierung der Ma—
turitätsprüfung auf dem Gymnafium zu
Braunsberg, dem Studium der hiftorifchen
Wiſſenſchaften auf der Albertus-Uiniver:
fität zu Königsberg 1837—41l. Nach
Ablegung der Prüfung pro facultate
wirfte cr als Privatſchulvorſteher und zu:
legt als Rektor der höheren Bürgerfchule
zu Strelig von 1858— 78. 1879 nahm
er feinen Abſchied und lebt feitdem in
Hilgendorf. — 2
Freiburg a. U., ausſchließlich mit feinen
literariichen Arbeiten befchäftigt, die ihm
einen Ruf als Volks: und Jugendichrift:
fteller erworben haben und von denen
wir hervorheben: Die Kinder des Kommuniſten,
Sluftrierte Fabeln (2. Aufl.), Martin (2. Aufl.),
Robin Hood, Was willit Du werden? Der neue
Sachſenſpiegel, Humoriftiicher Eheitandsfatechis-
mus, Josephus redivivus und Romant. Erzäh—
lungen aus Thür.
Hilgendorf, Franz Dlartin, geboren
marf), fam bald nad) Berlin, ftudierte
hier und in Tübingen Naturwiſſenſchaft,
hauptfählid Zoologie. Seine Doktor:
Dillertation, Planorbis multiformis im
Steinheimer Süßwaſſerkalk (erichien 1866
in den Monatsb. der preuß. Akad. der
Wiffenich.), lieferte den beiten direkten
und viel zitierten Beweis für die erjt
vor Kurzem wicder hervorgetretene Des—
jendenztheorie. Epäter von Fr. Sand:
berger jcharf angegriffen, brachte er nad)
neuen Unterjuhungen in ‚Zur Streitfrage
des Plan. multif.‘“ (1879) Die Bolemif zum
fiegreihen Abſchluß. — Nachdem er als
Direktor des Hamburger zoolog. Gartens
(1868— 1870), fodann als Dozent der
Zoologie am Dresdener Polytechnikum
und Brofeflor der beichreibenden Natur:
wiſſenſchaften an der kaiſ. japanifchen me:
diziniichen Akademie in Tokio (1873 bis
1876) fungiert hatte, fehrte er wieder
zu der Thätigfeit, von der er ausgegangen,
zur Muſeums-Zoologie zurück. Die meiſtens
dem ſyſtematiſchen Felde angehörigen Ar:
beiten find in Zeitichriften und Reifewerfen
zerftreut und nicht jehr umfangreich. Eeit
1886 führte er neben jeiner amtlichen |
Stellung am f. zool. Mujeum zu Berlin
die Nevaktion des Archivs für Natur: Kiefengebirge als jüngfter Sohn eines dor
geſchichte.
Hille, Peter, wurde am 11. Sep⸗
tember 1854 in Erwigen bei Driburg
geboren, beſuchte die Gymnaſien zu War:
burg und Münfter, und beabfichtigte In—
genieur zu werden. Da dies Fach ihm
jedod; nicht zuiagte, ging er zur Univerz |
5. Dezember 1839 in Neudamm (Reue | It ee ab
Hillern.
fität Leipzig über, wo er hauptſächlich
unter R. Eeydel Pſychologie und unter
Springer Kunſtgeſchichte ftudierte, da—
neben auch medizinische Kollegien befuchend.
Bejonders zog ihn dann Zarncke (über
deutfche Literatur) an. Daneben befchäf:
tigte er fich mit Schriftitellerei, und hier
war es Ernit Editein, damals Redakteur
der „Dichterhalle”, der H. unter feine
Flügel nahm und ihm mit Nat und
H. ſchrieb nun
für eine Reihe von Zeitungen und Zeit—
Schriften: Gedichte, literarhiftoriiche Stu—
dien, Humoresten ꝛc. Seit 1885 lebt
9. in Bormont, ausichließlicd mit litera-
riſchen Arbeiten beichäftigt.
Hervorzuheben: Die Sozialiften (Rom. 1887),
Der deutiche Naturalismus (1887).
Hillern, Wilhelmine von, am 11.
März; 1836 als die Tochter der berühmten
dramatiſchen Dichterin Charlotte Birch:
Pfeiffer in München geboren, empfing
im elterlihen Haufe eine vorzüglide Er:
ziehung und widmete fih, angeregt durd)
den Verkehr mit den erjten Bühnengrößen,
die im Hauje ihrer Eltern aus und ein
gingen, dem Theater. Nachdem fie in
Karlsruhe, Berlin, Frankfurt, Diannheim
u. ſ. w. gewirkt hatte, vermählte fie fich
mit dem Kammerherrn Gerichtsdireftor
von Hillern zu Freiburg i. Br. Bier
begann fie ihr literariihes Schaffen, das
die geiltreiche Frau bald zu einer unferer
hervorragenditen Dichterinnen erhob.
Hauptwerfe: Der Arzt der Seele (Rom.), Aus
eigener Kraft (Rom.), Die Geyer:-Wally (Roman,
jpäter dramatifirt), Die Augen der Liebe (Luftfp.),
Und fie kommt doch (Rom.), Die Friedhofsblume
(Nov.).
Hilfe, Benno Heinrich Darko, geboren
am 25. Juni 1838 zu Schmiedeberg im
tigen Richters, erhielt feine erſte Schul-
bildung daſelbſt durch einen Privatlehrer,
bejuchte von 1847 ab das Gymnaſium
zu Neiße, ftudierte auf den Univerfitäten
Breslau und Berlin Rechts: und Staats:
willenichaften von 1857 ab, trat 1860
als Ausfultator bei dem Kammergerichte
248
Hilfe. Hinderfin.
ein, wurde 1862 zum Neferendar und | als Lehrer thätig, fiedelte er 1367 nad)
1864 zum Gerichtsafleiior befördert, als Göttingen über, wo er ſich inzwifchen
welcher er in mehreren Orten der Pro— | in der juriſtiſchen Fakultät habilitiert
vinz Polen amtirte. Nachdem er 1867 hatte. 1869 trat er in das Königl.
zum Doktor promoviert war, trat er als | Statiftiihe Seminar und Königl. Stati—
Kreisrichter bei dem Kreisgerichte in Won: ſtiſche Bureau zu Berlin ein, um 1872
gromiez und 1872 in Gnefen ein, mo: das Syndifat der zur Abwehr der da-
felbft er 1876 zum Kreisgerichtsrat er: | maligen Streits verbündeten Bauge-
nannt wurde. Nachdem er fi) 1876 einer werke zu übernehmen, und daffelbe An-
Augenoperation unterzogen hatte, welche fang 1874 mit dem Syndikat der Gr.
in kurzen Zwiſchenräumen nod fünf mal
wiederholt wurde, ſchied er 1878 infolge
gänzlicher Erblindung aus dem Staats:
dienfte aus, und lebt feit da ab in Berlin. |
Durch das Vorbild feines auf dem Gebiete des
ſchleſiſchen Provinzialreht3 bewährten Baterö an: |
eregt, wandte er fich frühzeitig der literarifchen
bätigfeit zu, welche hauptlählih auf dem Ge:
biete der Rechtswiſſenſchaft und Volkswirtſchafts—
Iehre fich bewegt. Bon jelbitändigen Werten er: |
Ihien 1867 das Gotteäurteil der Abendmahls: |
probe, 1870 Formulare für Rechtshandlungen
der freiwilligen Gerihtäbarfeit. 1874 ſyſtemati—
Ihe Sammlung der Enticheidungen des Gerichts:
bofes für Kompetenz⸗Konflikte, 1879 Formulare
für Rechtshandlungen der ftreitigen Gerichtöbarfeit,
welche beiden fommentierten Formulare in 6. bezw.
3. Aufl. eriiyienen find. Daneben verfahte 9.
viele Beiträge in Zeitfchriften und Tagesblättern |
aus dem Gebiete des Bau: und Gewerbe⸗-Rechts
und der Volkswirtſchaftslehre.
Hilfe, Karl Darko Otto, am 25. Juni
1838 zu Schmiedeberg im Riefengebirge
als Eohn des Gerichtsrates H. geboren,
erhielt feine Gymnaftalbildung in Neiße
und ftudierte in Breslau urfprünglich
Medizin, Später Rechtswiſſenſchaften und
Philoſophie. 1858 erhielt er dort für
feine Abhandlung ‚„„Quando dies legato-
rum et fideicommissorum cedat atque
veniat historice exponatur‘ den König:
lihen Preis. 1859 in den Staatsdienft
eingetreten, arbeitete er beim Königl.
Stadtgericht und Kammergericht als Aus:
fultator und NReferendar. Er promovierte
gleichzeitig in der philofophiichen und in
der juriftiichen Fakultät. Zunächſt, weil
feine beſchränkten Vermögensverhältniſſe
ihm ſolches wünſchenswert machten, an
der Königl. Tierarzneiſchule zu Berlin
Berliner Pferde-Eiſenb. Aktien-Geſ. zu
vertauſchen. Neben letzterer Stellung nahm
er 1877 ſeine Lehrthätigkeit an der Berl.
Bauafademie wieder auf, erweiterte ſolche
bald naher auf die Gewerbeafademie,
um nad Verbindung beider zur techni-
ihen Hochſchule ſolche an dieſer fortzus
jegen. Bereits feit dem 1. Jahre ihrer
Begründung Mitglied der juriftiichen Ge—
jellichaft, ift er bei Begründung des Deut:
ſchen Juriftentages mitbeteiligt. Auf den
internationalen ftatiftiichen Kongreflen zu
Petersburg und Budapeſt gehörte er den
Präfidien als Schriftführer an, und wirkte
als Antragfteller mehrfach erſprießlich.
Seine erften jelbjtändigen Arbeiten entjtanden
| während feiner 2Zehrthätigfeit in Göttingen. Lei—
tende Grundzüge des deutichen Militär-Strafver:
fahrens (1868) und Die Civil: und Mifchehe
(1869). Es folgten Die Selbitmord » Statiftif
(1872), Grundzüge der Baurechtswiſſenſchaften
(1884), Statiftif der Betriebäunfälle auf den
deutichen Straßenbahnen (1886), Kommentar zur
Baupolizei:Ordnung (1857). Außerdem arbeitete
er für eine große Anzahl Zeitihriften und Ta—
gesblätter. NAugenblidlich ijt er mit Herausgabe
eines im Ericheinen begriffenen größeren Wertes
(Syitem des Baurechts und der Baupolizei-Wils
ſenſchaften) beichäftigt.
Hinderfin, Friedrich von (F. Tiro),
geboren 29. Oftober 1858 als Sohn des
verft. Generals d. nf. von 9. in Breslau,
ftudierte in Göttingen und Berlin Die
Rechte und wirkt feit 1887 als Neferen-
dar in Straßburg.
Hauptwerke: Gedichte (1878—1885), Heinrid
der Vierte, Nero, Kaiſer Otto der Dritte, Jeſus
von Nazareth, ſämtlich Schaufpiele in fünf
Aufzügen (1886); außerdem Überfegung der
„Hefabe* des Euripides und des „Angelo“ von
Viktor Hugo.
Hinrichſen. —
Hinrichſen, Adolf, wurde am 15. Ja⸗
nuar 1859 in Bützow (Mecklenburg) als
der Sohn eines ausgezeichneten Juriſten,
des damaligen Kriminalrats, jetzigen Land⸗
gerichtsrats H. geboren, abſolvierte die
Schulen daheim und in Schwerin und —
ſiebenzehnjährig — ſein Militärjahr in
— worauf er, ſelbſt nicht im klaren
über ſeinen zufünftigen Beruf, ſich zunächſt
bei befreundeten mecklenb. Gutsbeſitzern
die Landwirtſchaft „ein wenig anſah“, und
als ihm dieſelbe als Lebensberuf abſolut
nicht zuſagte, auf Einladung ſeines Betz |
ter6, des damaligen Redakteurs der
„Sartenlaube“, nad) Leipzig ging. Schon
als Knabe verwendete H. alle Muße dazu,
urchtbar“ glutvolle und ſchwunghafte Ge⸗
dichte, Skizzen u. ſ. w. zu verfaſſen, er—
muntert durch ſeine gemütvolle und ſelbſt
poetiſch angelegte Mutter. Dieſe Beſchäf—
tigung wurde von dem Jüngling fortgeſetzt
und trieb in Leipzig, der Heimſtätte lite
rariihen Lebens, mande Blüten. Dabei
blieb es dem jungen Poeten, der nunmehr
als ſolcher in mehreren Zeitichriften auf:
zutreten begann, nicht erjpart, Lücken fei-
nes Wiſſens zu entdeden, und dieſe aus:
zufüllen, war er in Leipzig, ſpäter auf vie:
len und weiten Reifen eifrigft bemüht. Die
hübihen Erfolge, die H.'s literarische
Verſuche hatten, brachten ihn bald zu dem
Entihluß, fich ganz der Schriftftellerei zu
widmen, was ihm um jo weniger ſchwie—
tig in materieller Hinſicht erſchien, als er
von Haufe aus einiges Vermögen bejaß.
Da verlor er diefes durch Schwindler, die
feine zweiundzwanzigjährige Unerfahren:
heit auszubeuten wußten, und nun wurde
die frühere — zwar enthufiaftiich betrie-
bene — Liebhaberei zum bitteren Ernft:
zur Eriftenzfrage. 9. ging zunächſt in
jein Elternhaus zurüd, bier nur feinen
literarifhen Arbeiten lebend. Als Lands—
mann und begeifterter Verehrer Frig Neu:
ters unternahm er es, dieſem nachzuſtre—
ben, indem er zuvor durch emfig betriebene
theoretiiche und praktiſche Dialektſtudien
in den Geift der plattdeutichen Sprache
249
Hinrichſen.
und des plattdeutſchen Volkes einzudrin-
gen juchte, was ihm, nad) den Urteilen
der Kritif über feine plattdeutichen Werke:
Wohre Geſchichten (1883), Twei Leimögefchich:
ten (1883), Frömd in de Welt (1884), De Evers
(2. Aufl. 1887), auch gelang, welche Schrif—
ten den Echöpfungen Reuters faft gleich
geftellt wurden. 1883 gründete H. auf den
Nat feines Verlegers Hinftorff die platt:
deutjche Zeitichrift „Husmannsfoft“, deren
Redaktion er aber bereits nach einem Jahr
aufgab, um mehr Herr feiner Zeit zu fein,
fein Können dankbareren literarifchen Uns
ternehmungen zuzuwenden und vor allen
Dingen aus dem fleinen Ort nad) Berlin
überzufiedeln. Als Beleg dafür, daß er
zur hochdeutſchen Literatur und deren
Pflege übergetreten, ließ 9. dann (1884)
furz hintereinander ericheinen: Grin, ein
Kranz irischer Dichtungen, umſchlungen mit Thos
mas Moore’ihen Liedern (2. Aufl, 1884), und
Er hat Glüd (Nov. 1884). In Berlin begann
H. die Vorarbeiten für fein „Deutſches
Schriftſteller-Album“ (mit Ernft von Wil-
denbruch herausgegeben 1885), das ihn
faft mit der gefamten vornehmeren Schrift:
ftellerwelt Deutichlands in Berührung
brachte. Der Ertrag diejes Werkes ijt bes
fanntlich armen Kollegen gewidmet, welche
Beitimmung bereits in einer Neihe von
Fällen zur Ausführung fam und noch fort=
während fommt. Für dieſes Werl wurden
H. viele Auszeihnungen zuteil. Im jelben
Jahre erfchien ein Novellenfranz unter dem
Titel Künftfer:Liebe und Leben (2. Aufl. 1886),
ein Werk, das allgemeine Anerkennung
gefunden hat. Gleichzeitig verfahte 9.
das gut aufgenommene Drama Rerfehmt
(1885). Auf Anregung einer hohen, 9.
und feinen Beftrebungen wohlmwollenden
Frau begründete er 1885 die Zeitichrift
„Für edle Frauen“. Leider ließen die Ver:
leger das Blatt aus Mangel an „edlen
Frauen“, die ſich für etwas anderes als
Putz zu interejfieren vermögen, eingehen,
obwohl der Tendenz und ihrer redaftio:
nellen Durchführung von allen maßgeben-
den Seiten das höchſte Lob gefpendet wurde.
1887 feftigte und erweiterte 9. die „Als
Hintner.
bumitiftung“, indem er ihr neue Einnah-
mequellen durch die Gründung einer Ver:
lagsabteilung erſchloß, deren gefchäftliche
und techniſche Leitung der altbewährten
Carl Hinftorff’ichen Verlagsfirma übertra-
gen wurde. Nun nahm 9. fein längjt ge—
plantes und vorbereitetes, hiermit zur Aus:
führung gelangtes Siterarifches Deutfchland in
Angriff. 1886 verheiratete er ſich und
lebt in glüdlichiter Ehe, jeit 1887 in Char—
lottenburg (Berlin).
Hintner, Valentin, wurde am 31.
Januar 1843 zu St. Veit in Defereggen
(Tirol) geboren, abjolvierte das Gymna—
ſium in Briren (Tirol), darauf die Uni-
verfität in Innsbruck und wurde 1870
als Gymnaſiallehrer nad) Czernowitz be—
rufen. 1871 zum Gymnaſfialprofeſſor er:
nannt, wirkte er ein Jahr am Symnaftum
zu Mariahilf in Wien, feit diefer Zeit am
afad. Gymnafium in Wien. Bon feinen
verdienten Werfen heben wir hervor:
Urbis Romae viri illustres (1870), Kleines
Wörterbuch der lateiniihen Etymologie (1873),
Euripides Kyklops (1871), Griechiiches Elemen:
tarbuch (1873), Andeutungen über den gegenmär-
tigen Stand der Fragen, die das indogermaniiche
Urvolf betreffen (1873), Griehiihe Schulgram:
matif (1882, 3. Aufl. 1887), Griechiiches Übungs:
buch (1883), Griechiiche Aufgaben (1886), Hero:
dots Perierfriege (2. Aufl. 1887), Beiträge zur
tiroliichen Dialektforihung (1873— 78); außerdem
zahlreihe Abhandlungen in den bedeutenditen
Zeitſchriften.
Hirſch, Franz, wurde am 2. Mai
1844 in Thorn geboren, beſuchte das dor—
tige Gymnaſium 1852 —63 und bezog dann
die Univerfität Heidelberg, um Philoſo—
phie und Gejchichte zu jtudieren. Als er
dann fein Studium in Königsberg und
Berlin zum Abſchluß gebracht hatte und
im Begriff ſtand, fich zu habilitieren, wurde
er durch Gottſchall und Laube zur lite
rarifchen Laufbahn veranlaßt. Er über:
nahm zunächſt 1872 die Redaktion des
„Neuen Blattes”, jodann 1874 die
Redaktion des „Salon“ und 1884 legte
er beide Stellungen nieder, um Die
Leitung des „Magazins für die Literatur
95
>0
— Hirt.
des In- und Auslandes“ in die Hand zu
nehmen. 1884 fiedelte H. nad Berlin
über, als Chefredakteur von Schorers Fa:
miltenblatt, als welder er nod jet
thätig iſt.
H. erwarb ſich beſonders als Literarhiſtoriker
einen Ruf und zwar durch ſeine vorzügliche
„Illuſtr. Literaturgeſchichte des deutſchen Volkes“
(1876) und durch „Die Geſchichte der deutſchen
Literatur“ (1883). Außerdem hervorzuheben:
Die Oper und der Literaturgeiſt (1867), Die
orientaliſche Frage (1877), Annden von Tharau
(1881).
Sirt, Hugo, wurde am 21. Juni 1842
zu Neuftadt- Magdeburg als der Sohn
eines Baubeamten geboren und auf dem
Kloſtergymnaſium zu Dlagdeburg vorge:
bildet. Frühzeitig erweiterte ſich der Ge—
fihtsfreis des Knaben, der den Vater auf
deſſen Geſchäftsreiſen vielfach begleitete.
Seiner Neigung, Theologie zu jtudieren,
fonnte er nicht folgen; eine langwierige
Krankheit des Vaters zwang ihn, einen
anderen Beruf zu ergreifen, um feiner
Mutter und feinen jüngeren Geſchwiſtern
eine Stüße zu fein; er wandte fi) dem
Poſtfach zu. Ein innerer Drang, ſich
weiter fortzubilden, ließ ihn in feinen reis
jtunden mit naturwilfenichaftlihen und ge:
ſchichtlichen Studien fih befallen. Im
langen Kampf zwiihen Pflicht und Nei-
gung behielt er troß vieler herben Ent:
täufhungen cin lebhaftes Intereſſe für
Wiſſenſchaft und Kunſt und bethätigte dies
in fchriftjtellerifchen Arbeiten für Zeitun—
gen und Zeitichriften. 1879 gab er die Heine
Schrift beraus: „Das muſikaliſche Element in
der deutichen Poeſie. Ein Beitrag zur rechten
Würdigung des geſprochenen Dichterwortes“, die
ihm freundliche Anerkennung eintrug. Seit eini—
gen Jahren beichäftigt 9. fi mit dem Studium
der Altertumsfunde, befonders Aufihluß ſuchend
über Handel, Verkehr und Gewerbe in alter Zeit.
Die Ergebnifie diefer Studien legte er mit ver:
ſchiedenen Abhandlungen in Beitfähriften nieder.
Von feinen Arbeiten find befonders hervorzuheben:
Silhouetten von der Gaſſe, P. K. Nosegger, Die
Kirche in Arenberg, Eifenah und Umgebung, Die
Feſte der Neuftadt während der Zeit ihrer Selb»
‚ ftändigfeit, Das ältefte Verſchlußmittel. 9. lebt
als Roitbeamter in Burg.
Hirth. —
Hirth, Georg, geb. 13. Juli 1841
zu Gräfentonna (Herzogt. Gotha), war
1857—62 Eleve der Perthes'ſchen geo—
graph. Anſtalt in Gotha, und widmete
ſich darauf volkswirtſchaftl. Studien in
Leipzig, wo er 1868—66 die „Deutſche
Turnzeitung“ redigierte, war dann Mit
alied des f. ftatiltiichen Seminars und
Sekretär der Viktoria: National:$nvaliden:
ftiftung zu Berlin, begründete daſelbſt
1867 den „Barlaments:Almanad“ (16.
Ausgabe 1887) und 1868 die „Annalen
des MNorddeutihen Bundes“, feit 1871
„Annalen des deutihen Reichs“, die er
feit 1882 gemeinihaftlid mit M. Seydel
berausgiebt. 1869— 70 war er Mitglied
der Kommilfion zur weitern Ausbildung
der Statijtif des Zollvereins und 1870
bis 1871 Mitredakteur der „Allgemeinen
Zeitung” in Augsburg. Seit 1871 lebt
er al8 Buchdrudereibefiger, Mitinhaber
der „Neueften Nachrichten” und Kunits
Ihriftiteller in München.
Er fchrieb: Statiftiiches Jahrbuh der Turn»
vereine (1863 und 1865), Das gelamte Turn:
wejen (1865), Freiſinnige Anfichten der Bolfs:
wirtichaft (3. Aufl. 1876), jowie zahlreiche Ab»
bandlungen und ftatiftiiche Unterfuhungen in
feinen Annalen. Mit 3. von Gojen gab er das
Tagebuch des deutich-franzöfiichen Krieges (1870
bis 1874) heraus. Seit Mitte der 7Ver Jahre
wandte er feine publiziſtiſche Thätigfeit mit großem
Eifer und Erfolg der Förderung des Kunftge:
werbe3 zu und hat auf diefem Gebiete durd
zahlreiche mwohlfeile Publikationen dem Kunft:
handwerk und der Erkenntnis der Kulturgeichichte
wertvolle Dienſte geleiitet, jo in den Werfen:
Der Formenfhat der Renaiffance (1877 ff., Teit
1879 unter dem Titel: Der Formenſchatz), Das
deutihe Zimmer der Gothik, Renaiſſance ꝛc.
(worin 9. eine Begründung der Deforationskunft
giebt), (3. Aufl. 1886), Kulturgefchichtliches Bil:
derbuch aus drei Jahrhunderten (1883 und ff.)
und eine Reihe von Fakſimile-Reproduktionen alt:
deuticher Holzfchnittwerfe und Zeichnungen von
Dürer, Holbein, Eranad), 3. Amman, B. Solis
u. 4. (1880 u. ff.). Große Beachtung fanden
auch feine „Ideen über Zeichenunterriht und
fünftlerifche Berufsbildung”, ſowie Aufläte über
Holbein ꝛc.
Hirt, Arnold, wurde am 25. Februar
1843 zu Geich bei Düren geboren, em:
pfing den erjten Unterricht in der Dorf-
251
— Hitz.
ſchule daſelbſt, dann Privatunterricht in
Düren bis zum Eintritt in das Lehrer:
feminar zu Kempen. Nah Abjolvierung
defielben wurde er 1866 als Lehrer in
Nuhrberg und 1868 als folder in Dijter:
nich bei Zülpich angeftellt, wo er ſich
auch fein Neft baute. 1875 murde er
als Lehrer der Stadtihule nah Köln
verjegt, wo er meiter feine Studien be—
trieb, fo daß er 1877 jein Eramen für
Mittelfhulen und 1878 die Rektorprü—
fung in Koblenz ablegen fonnte. Da—
neben betrieb er emfig hiftorische und
literaturgeſchichtliche Studien und fchrieb
für mehrere Zeitungen und Zeitſchriften
‚derartige auch muſikgeſchichtliche Artikel.
Unter feinen jelbftändigen Werfen heben mir
| hervor: Kurze Lebensbilder aus der vaterl. Ges
ſchichte für Voltsihulen (12. Aufl.), Vaterl. Ge
ſchichte für Mädchenſchulen (mit befond. Berückſ.
der deutih. Frauen), Der Anſchauungsunterricht
‚in der Volksſchule.
Hitz, Luiſe, wurde am 13. Januar
1835 in München geboren. Von ſchwei—
zeriſchen Eltern ſtammend, — ihr Vater
war ein geachteter Porträtmaler — fühlte
ſie ſich trotzdem von jeher als Deutſche.
Ihre Kindheit verlebte ſie in der Schweiz
und genoß vom 12.—14. Jahre in Aarau
den trefflichen Ziteratur-Unterricht des be=
fannten Fabeldichters A. E. Frölih. Die:
ſem und der hochgebildeten Mutter dankte
ſie vielfahe Anregung ihres dichterischen
' Talentes, das fi Schon früh in dem be—
'gabten Kinde zeigte. Als drüdende Feſſel
‚empfand fie die Kleinftädterei ihrer bis-
herigen Wohnorte und atınete auf als die
Eltern nad München überfiedelten, wo ihr
‚lebhaftes Temperament in dem fünjtle:
riſch angeregten Leben der ſüddeutſchen
Hauptitadt volle Befriedigung erhoffte.
Mancherlei Verhältnifje jtörten jedoch das
ruhige Fortichreiten ihrer Entwidelung,
fo daß ſie erjt viel Später die jchriftitel-
(erifche Beihäftigung aufnahın.
Das Kriegsjahr 1870/71 hatte ihre Ichhafte
patriotifche Begeifterung gemwedt, fie ſchrieb So—
nette, die ihr, wenn auch erit viel ſpäter veröffent:
licht, mehrfache Ausgeihnungen eintrugen. Bald
Hitze.
darauf ließ ſie einen Band Gedichte erſcheinen,
die ſie in weiteren Kreiſen als gemütvolle Dich—
terin bekannt machten. Eine weiter zu erwäh—
nende Publikation iſt das „Bühnenweibfeftipiel
und ſein Meiſter“. L. H. lebt, auch als eifrige
und beliebte Mitarbeiterin (Aufſätze, Gedichte ꝛc.)
an vielen Zeitfchriften thätig, in Münden.
Hitze, Franz, wurde am 16. März
1851 zu Hanemide, Kreis Olpe (Weſtf.)
geboren, bejucdhte die Stadtichule in Olpe,
dann das Gymnafium zu Paderborn und
1872— 78 die Univerfität in Würzburg.
Er ift Generaljefretär des Arbeiterwohl
(eines Verbandes fath. Arbeitgeber und
252
— Höfer.
für ihr Kind zu arbeiten, entriß ſie der
widerſtandsloſen Hingabe an ihren
Schmerz. Sie fand Gelegenheit, die Lei-
tung einer Schule in Löbau, Weſtpr. zu
übernehmen und zog mit ihrem Bater
und ihrem Kinde dorthin. Nachdem fie
bier fieben Jahre in gebeihlicher Thätig-
feit gewirft, leider auch ihren Vater, ihre
‚legte Stüge, verloren hatte, verheiratete
fie fi) mit dem Dr. phil. Alb. Hochheim,
welder damals Lehrer am Real-Progym—
nafium zu Marienwerder war. Mit ihm
zog fie bald darauf nad) Ortelsburg und
Arbeiterfreunde) und Redakteur des gleich: | dann nad) Wittjtod in der Darf, wo ihr
namigen Verbandsorgans in M. Glad: Gatte Rektor der jtädt. Mädchenſchulen ift.
bad), Mitglied des preußifchen Yandtages
und des deutichen Reichstages, in weldyem
er fich lebhaft als Kommiffionsmitglied,
Antragfteller und Referent an der fozialen
Geſetzgebung beteiligte.
Hauptwerfe: Die joziale Frage und die Be:
ftrebungen zu ihrer Löſung, 3 Vorträge (1877),
Kapital und Arbeit und die Neorganilation der
Geſellſchaft, 16 Vorträge (1881), Die Quinteflenz
der Sozialen Frage (1880), Schub dem Handwerk
(1883); außerdem zahlreiche Auffäge in „Arbeiter:
wohl” und in den Volksichriften: Das Häusliche
Glück (1880), Der Schnaps (1882), Kompaß
für den verheirateten Arbeiter, Kompaß für den
jugendlichen Arbeiter, Kompaß für die Söhne
Kolpings. 9. ift thätiges Mitglicd der kath.
fozialen Partei.
Hochheim, Adelheid, geb. Eihmann,
wurde auf Charlottenthal, dem Gute ihres
Großvaters, bei Königsberg in Pr. ges
boren. Ihre Eltern zogen bald darauf
nad) Königsberg und gaben ihrer einzigen
Tochter eine gute Erziehung. Noch in
jehr jugendlihem Alter machte fie das
Lehrerinnen-Eramen und nahm gleich nad)
der Einfegnung eine Stelle als Erzieherin
in Polen an. Doch nur 2 Jahre er:
trug fie die Trennung von ihren Eltern.
Nah ihrer Rüdkehr in die Heimat ver:
heiratete fie fi) mit dem Magiſtratsſe—
fretär Schwahn. Sechs Jahre lebte fie
mit diefem in glüdlichjter Ehe, mwelder
ein Sohn entiproß, dann verlor fie ihren
- Gatten und glei) darauf auch ihre Mutter
durch den Tod. Nur die Notwendigkeit,
Poetiſches Talent batte fie ſchon auf der
Schule gezeigt, und ihre Lehrer Alerander Jung
‚und Ludwig Kuhls übten in dieſer Beziehung
‚ großen Einfluß auf fie. Auf des Lebteren Ber
anlaſſung wurden auch einige ihrer Jugendvers
ſuche in Zeitfchriften gedrudt. 1884 übernahm
ſie die Redaktion der Wochenſchrift „Frauenheim“,
melde fie noch jett führt. Gedichte, Aufi
und Fleinere Erzählungen, Märchen u. dergl.
‚in diefer Zeitihrift von ihr erichienen. Eine
ı Auswahl ihrer Gedichte ald Buchausgabe ift ges
rade (1887) in Vorbereitung.
Höfer, Paul, wurde am 11. März
1845 im Dörfhen Eraja am Fuße des
Gräjer Kopf geboren, bejuchte das Gym:
nafium in Mühlhauſen i. Thür., wo bes
fonders Prof. Ameis feinen Sinn für poes
tiiche Echönheiten zu weden wußte. 1863
bis 1866 ftudierte H. in Halle Theologie,
Philoſophie und Philologie, danach lebte
er noch einige Zeit befond. mit literatur:
geſch. Studien beſchäftigt, in Groß-Salze,
Magdeburg und Groß-Wechſungen bei
Nordhaufen, um alsdann 1870 in Göt—
tingen nad) Abjolvierung mehrerer Prü—
fungen fein erjtes Amt als Gymnafial:
lehrer anzutreten. Tort entjtand auch fein
erites Werk:
Die Bedeutung der Philofophie für das Leben
nah Plato (1870). Eine jchwere Krankheit bins
derte ihn an der Teilnahme am franzöfiichen
Kriege. Yon Göttingen wurde 9. nah Spandau
und fpäter nad Zerbſt verfegt. Gier gab er
\ fein zweites Werf, das Drama „Armin“ heraus,
‚an dem er lange ſchon gearbeitet hatte, und defien
Held ihm Gegenitand eingehender geihichtl. Stus
ı dien war. Dann erſchien das Schaufpiel „Die Orgel
Höfler.
von Argenteuil”. In Zerbſt gründete H. fich auch
fein Heim, indem er fich mit Freifrau v. Monteton
zu glüdlidher Ehe verband. 1884 erihien „Der
Feldzug des Germanifus im Jahre 16“. Im:
lee nad) Bernburg berufen worden, mußte
fich aber (1886) einer Erfranfung halber von jeinem
Amt irennen und nah Wernigerode am Harz
überfiedeln, mo er Genejung erhofft. Außer den
annten, von der Kritif beſonders günftig be:
ehe Werten verfaßte 9. viele kritiſche,
(1882) war 9. von Zerbit als eriter,
äfthetiiche, hiſtoriſche und politiiche Auffäge in |
Zeitfchriften und Tageblättern.
Söfler, Conitantin Ritter v., wurde
am 27. März 1811 in Memmingen ges
boren, jtudierte in München und Göttin:
gen Geſchichte, unternahm dann mehrere
Studienreijen, hauptiählih nad) Italien,
und trat, zurüdgefehrt, in die Redaktion
der „Münchener offiziellen politiichen Zeis
tung”. 1838 habilitierte er fih als Privat:
dozent für Geſchichte dajelbit, wurde 1839
außerord. und 1841 ordentlicher Brofefior.
1842 erfolgte feine Wahl in die Afademie
der Wiljenichaften. Im Jahre 1847 plög:
ih durd das der Lola Montez ge:
neigte Minifterium penfioniert, und dann
als Arhivar in Bamberg reaftiviert, gab
er die Quellenfammlung für fräntifche
Gedichte heraus und wandte er ſich be-
fonders der Erforfchung der hohenzollern-
ſchen Geſchichte zu. Die NAuffindung der
ältejten politiihen Urkunde des Haufes
Hohenzollern, die Herausgabe der Denk:
würdigfeiten des Nitters Ludwig v. Eyb,
fpäter nod) die Monographie über Barbara
Markfgräfin von Brandenburg, entjtam-
men dieſer Periode. 1851 empfing er
einen Auf nad) Prag, wo er fi dur
mannhaftes Eintreten für die Deutjchen
auszeichnete und eine hiſtoriſche Schule
in mehr als 30jähriger Wirkſamkeit be-
gründete. Er führte die vergleichende hi:
ftorifche Methode ein, wie denn der Kreis
feiner Studien und der Inhalt feiner
Bublifationen ebenjo der deutichen wie der
romanischen und ſlaviſchen Geſchichte an-
gehörten. Das Verftändnis der ſlaviſchen
Geihichte und ihres jteten Antagonismus
gegen die Deutichen hat wejentlih er
253
Höft.
feinen Zandsleuten eröffnet. 1872 wurde
er in den Adelsſtand erhoben und gleich
zeitig auf Lebenszeit in das öfterreichifche
Herrenhaus berufen. Nach vollendetem
70. Lebensjahre gemäß dem in Ofterreich
geltenden Geſetze penftoniert, fegt er auch
in dem Ruheſtand die literariihe Wirk—
ſamkeit ununterbroden fort und gilt als
‚eine der Stüßen des geiltigen Lebens der
Deutichen in Böhmen.
Bon H.'s bochbedeutenden hiltoriihen Werten
find hervorzuheben: Die deutichen Päpfte, Kaiſer
Friedrich II., Lehrbuch der allgemeinen Geichichte,
Ruprecht II. von der Pfalz, Fränkiſche Studien,
Böhmishe Studien, Die huſſitiſchen Geſchich ts—
Ichreiber, Die Zeit der Iuremburgiihen Kaijer,
Karl V. und Adrian VI. Zur Kritik der Quel:
lenkunde des eriten Negierungsjahrs Karl V.,
Bapit Adrian VI., Die romaniihe Welt und ihr
Verhältnis zu den Reformideen des Mittelalters.
Höft, Chriftian Hinrich Ferdinand,
geboren 1. Mai 1827 im Dorfe Sipitorf,
beſuchte die heimatlihe Dorfſchule, danach
die Stadtſchule zu Oldenburg und begann
alsdann ſeine Laufbahn als Schulgehilfe,
bis er 1846 ins Segeberger Lehrerſemi—
nar aufgenommen wurde. 1848 zog er
mit hinaus als Dragoner gegen den Feind
des „meerumſchlungenen“ Vaterlandes.
Nach Beendigung des Feldzuges legte H.
‚fein Examen ab und wurde 1851 in
Schwienkuhl als Elementarlehrer, 1852
in Oldenburg als Lehrer und 1854 als
Organiſt u. Lehrer in Hohenftein bei Olden⸗
burg, 1859 in Hasberg, 1865 in Wedel
und 1866 als Lehrer in Rendsburg an-
'geitellt. Der Unterricht in der Heimatskunde
' führte 9. auf ein tieferes Studium der Geſchichte
derjenigen Orter, in denen er als Lehrer thätig
war. 1869 erſchien feine erſte Schrift: Uber den
Urfprung und Bedeutung unferer geographiſchen
Namen mit befonderer Berückſ. d. Umg. Rends⸗
burgs. 1882 begründete H. mit Lehrer Carſtens
zuſammen die period. Zeitſchrift „Am Urdsbrun—
nen. Mitteil. für Freunde volkstümlich. Kunde“,
deſſen Redaktion abwechſelnd von H. und Carſtens
geführt wird. Das Blatt war urſprünglich nur
für einen engeren Kreis von Intereſſenten be—
ſtimmt, hat fich jedoch inzwiſchen auch außer dem—
ſelben viele Freunde erworben. Dieſe, wie auch
andere Zeitichriften brachten eine Neihe von Ar:
tifeln aus 9.'3 Feder. Im Ericheinen begriffen:
Verſuch einer Geichichte der Rendsburger St.
254
Höllerl. Hoffmann.
Marienkirche. Zum Jubelfeite des 600jährigen Gymnaſium feiner Vaterjtadt und wid:
Beftehens diefer Kirche. mete fi) an der Univerfität zu Breslau in
Höllerl, Adolf, Sohn eines fgl. bayer. | ben Jahren 1843— 47 dem Studium ber
Bezirksgerichtsrates, wurde geboren zu | Haffiihen Philologie unter Schneider, Am⸗
Neuftadt in der Oberpfalz Bayerns am broſch und Haaſe. An legterem gewann
17. Juni 1854 und beſuchte in Weiden | er bald einen wohlwollenden Ratgeber und
die Lateinfhule, die Nealgymnafien Res väterlihen Freund, und den Vorlefungen
geneburg, Münden und die Gymnafien | desjelben über lateiniſche Sprachwiſſen⸗
Amberg, München, Regensburg. Er hofpis ſchaft verdankte er die Anregung zu ſeinen
tierte an der Univerfität in München und
widmete fih ſpäter der Echriftitellerei.
Er beteiligte fich an mehreren literarifchen Unter:
nehmungen, welche jedod nicht profperierten, da
ihm jomwohl, als auch feinem Kommilitonen die
geichäftlihe Erfahrung fehlte. Dies veranlafite
ihn, in eine Redaktion, und von da in den Buch—
handel zu treten, um denſelben praftiich fennen
zu lernen. Nachdem ihm letzterer nicht zugelagt
hatte und er fich überzeugte, keine Geſchäftsader
zu befigen, widmete er ſich wiederum jchriftitelle-
riſchen Arbeiten und war zu Ddiefer Zeit Korre: |
ſpondent und Mitarbeiter mehrerer politifcher
Organe. Er fahte den Entihluß, fih von nun
ab ausſchließlich der katholiſchen Sache zu widmen,
und jo war er denn um diefe Zeit in cinigen
fatholiichen Redaktionen thätig und fpäter ıwies |
derum in einer katholiſchen Buchhandlung Mün:
fterd. Außer unzähligen Zeitungsartifeln und
Heferaten fchrieb cr mehrere Broſchüren. Er be:
reifte Süddeutichland und einen großen Teil
Norddeutichlands, ferner Holland und die Schweiz. |
Nach Oſterreich verfchlagen, gründete er mit einem
Erbteile, welches ihm zufiel, den „Wiener Hand:
weiler für die katholiſche Welt“, der fich nad
zwei Jahren in das z. 3. im fünften Jahrgange
jtehende „Oſterr. literarifhe Zentralblatt“ um:
wandelte, das cr in Gemeinfchaft befter Autoren
berausgiebt und redigiert.
Hörmann, Leopold, geboren am 26.
DOftober 1857 in Urfahr, bejuchte die
Volksſchule daſelbſt und dann eine Zeichen:
ſchule in Linz, erlernte hierauf von 1870
bis 1875 die Bildhauerei in Wien, ift
jeitdem mit kurzen Unterbrechungen als (
Bildhauer in Linz thätig.
Seine 1886 erfchienenen oberöſterreichiſchen Lie:
der: „SchneefaderIn und Himmelihlüff’In“ hatten
fih des lebhafteiten Beifall der Kritif zu er:
freuen, ebenjo die „Neuen Lieder und Gedichte
in oberöjt. Mundart”. 9. iſt Mitarbeiter vieler
Zeitſchriften öſterreichs und Deutfchlands und
reift auch als Recitator.
Hoffmann, Emanuel, geboren zu
Neiße, den 11. April 1825, befuchte das
fpäteren Arbeiten auf dem Gebiete der
lateiniihen Syntar. Nach einem halb:
jährigen Aufenthalte in Berlin: kehrte er
nad) Breslau zurüd und wurde hier 1848
zum Dr. phil. promoviert. Im jelben
Jahre trat er eine Reife nad) Jtalien und
Frankreich an, und folgte dann 1850 eis
nem Rufe als außerordentl. Profeſſor der
klaſſiſchen Philologie an die Univerfität
Graz. Seit 1856 wirft er als ordentl.
Profeffor und Leiter des philologiſchen
Seminars an der Univerfität zu Wien,
Seine wiſſenſchaftlichen Arbeiten bewegen ſich
abgeichen von zahlreihen Beiträgen zur Kritik
und Erflärung griechiſcher und römiſcher Schrift:
fteller in Beitichriften, auf dem Gebiete der las
teiniihen Grammatif, der römischen Antiquitäten,
der Mythologie und ——⸗—
Hauptwerke: Homeros und die Domeriden-Sage
von Chios (1856), Caesaris commentarii cett.
cum praefatione critica (1856—57, eine neue kri⸗
tiſche Auflage ift im Drud begriffen), Die Arval
brüder (mit Zufägen vermehrter Abdrud aus
'den Verhandlungen der XVII. Berfammlung
deuticher Philologen 1858), Die Honftruftion
der lateiniſchen Zeitpartiteln (1860, zweite ums
gearbeitete Auflage 1873), Das Geſetz der XI
Tafeln von den Forcten und Scnaten, nebit Ans
bang: Über die Accensi Velati und das alt
römifche Schuldrecht (1866), Der Agricola bes
Tacitus (1870), Mythen aus der Wanderzeit der
gräfositaliihen Stämme, I. Aronos und Zeus
' (1876), Patriziſche und plebeiihe Kurien (1879),
' Studien auf dem Gebiete der lateinifdhen Syntar
(1883).
Hoffmann, Hans, geb. 27. Juli 1848
in Stettin, jtudierte 1866— 71 in Bonn,
‚Berlin und Halle Philologie und Lite:
raturgeſchichte, wurde an legtgen. Univer:
ſität zum Doktor promoviert und widmete
fich dem Lehrfache, zuerft als Hauslchrer,
dann am Gymnaſium zu Danzig thätig.
Er unterbrady dieſe Wirfjamkeit, um ſtu—
Hoffmann.
dienhalber eine längere Reife nach Italien
zu machen, die er bis nad) Griechenland
und der Türkei ausdehnte, und nad) deren
Rückkehr er nah Berlin überfiedelte. Nach—
dem er bier furze Zeit feine Lehrthätig-
feit ausgeübt, ſchloß er ganz mit derjelben
ab und widmete fi der Echriftitellerei.
1885 übernahm er die redaktionelle Leis
tung der „ Deutichen Jlluftrirten Zeitung“,
die jedod bereits 1887 wieder einging,
fanntermaßen eine vortrefflihe war.
9. hat ſich als feinfinniger Novellift einen
Namen in der Literatur gemacht. Seine Mar ab:
gerundeten Schöpfungen atmen außergewöhns
liches Kunftverftändnis, das den Autor zu den
beiten Zutunftshoffnungen berechtigt. Hervorzu⸗
heben: Unter blauem Himmel, Der feige Waldes
mar, Der Herenprediger, Brigitte von Wisby,
Im Lande der Phäaken.
Hoffmann, Dinna, geboren am 3.
Novbr. 1840 als tie Tochter eines prote—
Bayern.
lichen Vater, fand aber in der reich be—
— tief gebildeten Mutter eine kräftige
füge und einen offenen Geift für alles
Edle und Schöne. Von früh auf zur Er:
zicherin bejtimmt, vollendete Minna ihre
Etudien vom 15. Jahre an in einer fran-
öfiichen Hochſchule für Mädchen am Gen:
er Eee, welche Gegend ihr durch ſchöne
Sreundichafts-Verhältnifie bis heute zur
zweiten Heimat geworden ift. Nicht weniger
für ihre innere und äußere Aus-
ung war ein jehsjähriger Aufenthalt
in einer feingebildeten Familie in Karls:
ruhe, jowie ein 15jähriges Verweilen in
Paris, wo fie fih nad) einem vollendeten
Erziehungswerf, als Freundin in der Fa-
milie fortlcbend, an einigen Werken der
inneren Miffion beteiligte und neben grö-
beren Reifen in Franfreih, Jtalien und
255
Hoffmann, Donner.
„Berloren und erbeutet” (1873). Nach mehreren
fleinen und größeren Überfegungen aus dem Franz:
fiichen ins Deutfche, machte ſich M. H. an die Über:
fegung eines größeren theologiſchen Werkes von
dem franzöf. Philoſophen E. de Preſſenſé, das
1884 unter dem Titel: „Der Erlöjer“ heraus»
fam und beifällig aufgenommen wurde.
Hoffmann- Donner, Heinr., wurde
am 13. Juni 1809 in Frankfurt a. M.
geboren, widmete ſich auf den Univerfi-
‚täten Heidelberg, Halle und Paris dem
trogdem H.s redaktionelle Führung aner:
Studium der Medizin und wurde 1831
Lehrer der Anatomie am Senkenbergiſchen
Inftitut zu Frankfurt, 1851 dirigierender
Arzt an der ftädt. Irrenanſtalt dajelbit und
1881 zum geheimen Sanitätsrat ernannt.
Literariſch hat H. fich befonders durch feine föftlichen
Humoresten, vor allen Dingen durch feinen in 150
Auflagen erfchienenen in Kart alle Spradhen über:
fetten „Strummelpeter" befannt gemacht. Außer⸗
dem hervorzuheben: König Nukfnader, Im Him—
ı mel auf Erden, Der Faulpelz, Prinz Grünewald,
| Gedichte, Auf heiteren Pfaden, Humoriftiihe Stu—
| dien, und auf medizinischen Gebiet: Beobachtungen
ſtantiſchen Geiftlichen zu Negensburg in
Sie verlor früh den vortreffe,
über Seelenftörungen und Epilepfie.
Hoffmann von Wangenheim,
Pauline, wurde am 19. Juli 1856 zu
Seyda in Sachſen geboren, wo ihr Vater
mit feiner zahlreihen Familie als pen-
fionirter Offizier lebte. Not, Sorge und
Krankheit warfen ihre tiefen Schatten früh
| auf ihren Lebensweg, aber auch glüdliche,
| heitere Stunden gab ihr das Elternhaus.
Ihrer poetiſch beanlagten Mutter ver:
dankte fie die Gabe zum Dichten und Fa—
bulieren. Zuerft erfchienen Gedichte und
kleine Auffäge in verjchiedenen Zeitichrif-
ten, jpäter ihre zart getönten Märchen:
bilder, unter denen wir Schneeelfe und
Eifhen hervorheben.
9. v. W., mit dem Eijenbahn-Betriebs:
ſekretär H. zu glüdlichfter Ehe verbunden,
in Erfurt.
Seit 1883 lebt P.
Hoffmeifter, Herrmann Wilb. (Mil:
der Schweiz aud) mehrere jchriftitellerifche | helm Meifter), wurde am 21. Oktober
Arbeiten unternahm.
1839 in Ofterwicd (Harz) geboren. Der
Kleine Erftlingsverjuche blieben ungedrudt, als | Water, ein braver Tiſchler, befaß nicht die
der Krieg 1870— 71 jedoch Elſaß, dem fie durch
ihre freunde nahe verwandt blieb, von Frankreich
lostrennte, entichloß fie ſich, ihre erite, dieſen
Stoff behandelnde Novelle zu veröffentlichen:
Mittel, um des jtreblamen Knaben jehn:
lichſten Wunsch, zu ftudieren, erfüllen zu
| fönnen, fondern ließ ihn fein eigenes Hand»
Hofmann.
256
Hohenfurth.
werk ergreifen. Nach Verlauf feiner Lehr: | bei dem Meyer'ſchen Konverſationslexikon
zeit wurde es dem Jüngling jedoch er:
mögliht, das Lehrerjeminar in Halber:
ftadt zu befuchen. Nach Abjolvierung des:
jelben wirkte er als Lehrer in feiner Vater:
ftadt, in Quedlinburg und Berlin, wo er
1871 als ſtädtiſcher Lehrer und rite pro=
movierter Dr. philos. angejtellt wurde.
Bon jeinen durch die Kritif günftig beurteilten
Werken heben wir hervor: Deutſche Volksbilder;
Die Hohenzollern; Der Glaube unſerer Bäter;
Deutihlands Kulturgeihichte in ihren Grund:
zügen; Luther und Bismard, Comenius und Beita-
lozzi, Guſtav Adolf, Der eilerne Siegfried, Kaiſer
Wilhelm der Siegreiche, und fieben Eramentate:
Hismen für die Mittelichullehrer: und Rektorats—
prü fung.
Hofmann, Friedrih, wurde am 18.
April 1813 zu Coburg geboren, — be:
fuchte das Gymnafium daſelbſt und hegte
die Abficht, fi) dem Studium zu widmen.
Aber als er 17 Jahre alt war, verlor die
Familie ihren Ernährer, und Friedrich H.
mußte nun für ich jelbit forgen. Mit
großer Mühe und unter vielen Entbeh—
| Voltsdichter, als folder hat er ſich wie irgend ein
rungen verdiente er das zu jeinem Unter:
halt Nötige. Er gab Privatitunden, war
Advokatenſchreiber und wirkte als „Prä—
fett” des Sängerchores, das in den Stra—
Deutſchlands Erniedrigung und
Ben, in der Kirche und bei Begräbniſſen
zu fingen hatte. Vor allem aber verjorgte
er auch den Acceſſiſtendienſt im Juſtizamt,
um dajelbjt eine Subalternitelle zu erhalten,
die ihm nunmehr als die Endftufe feiner
Laufbahn erichien. Glücklicherweiſe machte
feine Dichternatur einen Strid) durch dieſe
befcheidene Lebensrechnung. Es war näm:
lich inzwiſchen die $ulirevolution von 1830
mit ihren Fortjegungen in Deutichland und
Polen ausgebrochen, und der allgemeine
Freiheitsdrang war auch in den jungen
Dichter gefahren und hatte fi in einer
Reihevon Freiheitsliedern geäußert, welche
ihm eine Kriminalunterfuhung zuzogen,
deren Ergebnis der Ausſchluß vom Staats:
dienſt war. Jetzt mußte er feine Pläne
aufgeben, und da er einmal mit „Schrei:
ben“ angefangen hatte, blieb er dabei.
Zunächſt gelang es ihm, eine Beichäftigung
zu erhalten. 1834 ficdelte H. nad) Jena
über, wo er neben dem Studium eifrig
literariich thätig war.
Hier entitand fein erftes Bud, das Schaufpiel
| „Die Schlacht bei Fockſan“ und bald darauf
folgte fein „Rundgemälde von Coburg“. Dabei
blieb er aber feinem eriten liter. Debüt, dem Lexi—
fon, treu. In Hildburghaufen, wohin 9. 1841
übergefiedelt war, erichienen einige feiner Gedichte
| gefammelt, deren Ertrag armen Kindern eine Weib:
nachtsbeiherung bringen jollte. Das gute Wert
gelang und wurde weiter und weiter ausgedehnt
und alljährlich erneut. Über 100 000 Kinder find
glüdlich mit dem Gewinne diejes Unternehmens
gemaht worden. Bierzehn Jahre arbeitete H. an
dem großen Lexikon und er darf ftolz auf dieſe
Leiftung fein, die, vereint mit feinen poetif
Schöpfungen, ihm das philoſophiſche Doftordiplom
von Jena einbrachte. 1855 ging H. nad Bene
dig und Steiermark, aber ſchon im folgenden
Jahre wurde er von der Meyerichen Firma nad
Hildburghaufen zurüdberufen, um das „Univer
jum“ zu redigieren. 1858 gab er diefe Thätig-
feit auf, um nad) Leipzig überzufiedeln, wo er
1861 jtändiger Mitarbeiter der „Gartenlaube”
| wurde, welcher er fortan ausichließlich angehörte,
bis er, 25 Jahre jpäter, als „Ehrenredafteur“
derfelben in den Ruheſtand trat. H. ift ein echter
anderer bewährt, befonders die Herzen der Kinder
ſchlagen ihm entgegen. Bon feinen Werfen heben
wir noch hervor: Coburger Quädbrünle (500
Schnadahüpfle), Die Veſte Coburg, Kinderfefte,
Erhebung, Die
Eſels jagd, Die beiden Brüder, Drei Kämpfer,
| Dichterweihe, Dec Kinder Wundergarten, Geifter-
ſpuk auf der Veſte Coburg, Die Harfe im Sturm,
Ausgewählte Gedichte: Nah fünfundfünfzig
Jahren.
Dohenfurth, Fu, 1. F. Proſchko.
Hohenhanjen-Rüdiger, Elifevon,
wurde am 7. März 1812 in Ejchwege ges
boren und erhielt eine jorgfältige Erzie—
bung im elterlihen Hauſe. 1831 vers
‚mählte fie fih mit dem Oberregierungs-
‚rat Rüdiger, nad) deſſen, 1863 erfolgtem
Tode fie fich ganz der Schriftitellerei hin—
gab, angeregt und ermutigt durch viele,
der Literatur angehörige Freunde, insbe:
fondere auch durch den funftfinnigen und
ihr wohlgeneigten Prinzen Georg von
Preußen.
Außer vielen in Zeitihriften veröffentlichten
novelliitiichen Beiträgen hervorzuheden: Berühmte
Hohenziel. nn
Liebespaare (1870— 84), Berühmte Freundichaf:
ten (1875), Der Roman des Lebens (2. Aufl.
1884), Brevier der guten Gejellichaft en.
Aus Gocthe’3 Herzenäleben (1885).
Hohengziel, Erich, |. F. K. E. Fried:
mann.
Dohnhorft, Hedwig von, wurde am
3. Juli 1836 zu Gandersheim, einem Land:
fite ihres Vaters, geboren und verlebte
den größten Teil ihrer Jugendzeit auf dem |
alten Stammſchloß der Familie von Cam:
pen, der feiten Ritterburg Schloß Hirfche
berg am Harz. Der Vorliebe zum freien
Umherſtreifen in Wald und Feld geiellte
fih ein reges Intereſſe für fremde Län
ber, ihre Völker und ihre Geſchichte und
befonders für fremde Spraden, die fie
mit Leichtigkeit fi) aneignete. Dem jtillen |
und glüdlichen Familienleben jollte fie aber
bald entriſſen werden: die Eltern nahmen
fie mit in die Reſidenz, wo fie am Hof
vorgeftellt wurde und ji bald mit dem
bedeutend älteren Baron von Hohnhorſt
vermählte. Ihr Gatte bekleidete eine ein-
Hußreiche Stellung als General:Adjutant
und Kammerherr am Hofe des regieren
den Herzogs Wilhelm von Braunfchweig,
dem er dreißig Jahre hindurch treu diente.
Läftige Hofintriguen verleideten ihnen die
Nefidenz, fie gingen zunächſt auf ihr Gut
und unternahmen bald darauf größere
Reifen ins Ausland. 1870 verlor
Hedwig von 9. den Gatten im Dienite
für das Vaterland. Die junge Witwe
folgte nun der alten Vorliebe, die Länder
und Völker der Erde fennen zu lernen.
Sie lebte mehrere Jahre hindurch in Ita—
lien, bewunderte die Kunſtſchätze der Haupt:
ftädte und jchrieb interefiante Reiſeſkizzen
für Journale.
Den Stoff für ihr Hauptwerk „Reijebilder aus
dem Libanon” holte fie ſich ſelbſt auf den Ber—
gen der Cedern, zu denen ſie eine ebenſo gefahr⸗
volle, wie genuß: und ergebnisreiche Wanderung
unternahm. hr Weg —* ſie auch zu dem
heiligen Grabe, ſie durchſtreifte das ganze gelobte
Land und legte ihre Eindrücke in ihrem „Tage—
buche“ nieder.
Das literariſche Deutſchland.
* Hoolaur, Mash Sheopuul,
57° — Hohnitein.
Hohnitein, Otto, geb. zu Braun:
Ihweig am 7. Juli 1842 als Sohn des
ı Rats Hohnitein, befuchte das Gymnaſium
‚feiner Vaterjtadt von 1852 —62. Nad)
| abfolviertem Abiturienteneramen begab er
ch nad) Göttingen, um dort Theologie
und Geſchichte zu ftudieren. Nachdem er
das theol.Eramenbeitanden und 11/s Jahre
als Hauslehrer gewirkt, wurde er Lehrer an
derhöheren Privatlehranftalt des Dr. Gün-
ther zu Braunjchweig und im Jahre 1870
als wiſſenſchaftlicher Lehrer an der ftädt.
höheren Mädchenſchule daſelbſt angeftellt.
Außer zahlreichen geſchichtlichen Abhand—
lungen in den „Braunſchweigiſchen Anzei-
gen”, dem „Braunfchweiger Tageblatte”
und der „Dlagdeburger Zeitung“ erjchie-
nen von ihm im Buchhandel: Die Harzburg,
| Heinrich der Löwe und Kulturhiſtoriſche Bilder
aus alter Zeit, Braunihweig am Ende des Mit:
telalters, welche Werfe insgelamt jehr gün-
ſtig aufgenommen wurden.
Holland, Wilhelm Ludwig, geb. am
11. Auguft 1822 in Stuttgart, jtudierte
Philologie in Tübingen und Berlin und
verweilte nachher längere Zeit in Paris.
1847 habilitierte er ſich an der Univerfität
Tübingen für germanijche und romaniſche
Spraden und erhielt jpäter eine Pro:
feſſur für dieſe Fächer in genannter Stadt,
wo er nod) jegt lebt. 9. gilt als einer
der hervorragenditen Kenner der älteren
deutihen und romaniſchen Yiteratur.
Bon feinen verdienten Werken heben wir ber:
vor: Chreftien von Troies, Schauſpiele des Her⸗
zogs Heinrich Julius von Braunſchweig, Buch der
Beiſpiele der alten Weiſen, Li romans don che-
valier aulyon von Örestien von Troies (3. Aufl.),
Briefe der Herzogin Elifabeth Charlotte von Or:
leans, Schreiben des Hurfürften Karl Ludwig
von der Pfalz und der Seinen, Goethes Fauſt
(2. Aufl). Im Auftrage der Witwe Uhlands gab
H. des Dichters Werke heraus, ferner mit Keller
| und Pfeiffer Uhlands Schriften zur Geichichte der
ı Dichtung und Sage.
Dolleben, Heinvih 2. F. von, geb.
1848 in Trier. 1863 als Kadett in Die
damalige preuß. Dtarine eingetreten. Nach
21 Jahren und verichiedenen Seereiien
in allen Meeren als Korvetten-Hapitän
17
DER Av. 320
258 —
Holm. Holtz.
ausgetreten. Seitdem Lehrer der Artillerie | liſchen Erperimenten zu beſchäftigen, was
bei der Mearine-Afademie und Schule. zurFolge hatte, daß er nad) jeiner Schul-
Erfte literarifche Thätigkeit in Fachwiſſenſchaf—
ten: Artillerie-Tabellen (1878), Torpedos und
Sceeminen (1878). Mitarbeiter der „Heeres-Zei⸗—
tung”, „Roten, Militär-Encyflopädie“ u. dergl.
Belletriftifche Werke, Humoresten und Erzählun:
gen aus dem Seeleben: Sieben Jahre Seefadett |
(1883), Deutiches Flottenfeben (1884), Drei
Sunggejellen (1885). Zahlreiche Artitel verfaßt
al3 Mitarbeiter der „Anternationalen Revue“,
Hannover Mirizinsfi (1883—87), desgl. fach—
wiſſenſchaftlich und belletriitiih in den Wafler:
fport-Journalen „Ahoi” und „Waſſerſport“.
Holm, Ernit 2. E., geb. am 15. Auguft
1831 zu Karby in Schleswig-Holſtein,
Sohn des Paſtors H. E. 9. daſelbſt, müt—
terlicherfeits aus einer jehr alten Paſto—
renfamilie ftammend, bezog im 12. Jahre
das Gymnaſium in Schleswig, erlebte im
Haufe des Oberjahwalters Karl Hande,
eines der Vorfämpfer für Schleswig-Hol-
fteins Befreiung vom Dänenjoche, die Ab:
fafjung des Liedes „Schleswig-Holſtein
meerumfchlungen“ durch den ebenfalls im
Haufe mwohnenden Advofaten Matthäus
Chemnig, bezog Djtern 1851 die Univer:
fität Erlangen, ftudierte dann in Bonn
und Kiel, eraminiert 1856 in $lensburg,
trat, weil er von den dänifchen Kirchen:
behörden nicht angejtellt wurde, in den
oldenburgifhen Kirchendienſt, wurde 30.
März 1862 Hilfsprediger in Renſefeld,
Fürftentum Lübeck, fehrte bei der Befrei-
ung Scleswig-Holfteins Februar 1864
wieder in fein engeres Vaterland zurüd,
wurde im Juni 1864 Paftor zu Rüllfchau
bei Flensburg, im November 1869 Paſtor
rbüll auf Alien.
Außer zahlreichen, meift Igrijchen Beiträgen für
Zeitfchriften verfahte H.: Gedichte (1863—81).
Holt, Wilhelm, als Sohn eines Gute:
befigers geb. 1836 zu Saatel bei Barth,
wurde bis zu jeinem 12. Lebensjahre durd)
Hauslehrer unterrichtet, worauf er in das
Gymnafium zu Stralfund trat. Hier be-
gann er ſchon früh, fich in feinen Muße—
ftunden nad) Anleitung leicht faßlicher
Lehrbücher mit chemiſchen und phyſika—
zu
‚zeit (1857) mit der Abſicht, Naturmwifjen:
ſchaften zu jtudieren, die Univerfität be:
zog. Er bejuchte der Reihe nad die Uni-
‚verfitäten Berlin, Dijon und Edinburgh,
wo er namentlich phyſikaliſche, chemiſche
und mathematiihe Kollegien hörte, und
‚ging hierauf 1861 nad) Berlin zurüd, um
nad) Einrichtung eines ſelbſtändigen Er-
perimentierzimmers phufifaliiche Unter:
ſuchungen anzuitellen. Dies geihah, da
jeine Verhältniſſe ihm ein freieres Leben
geltatteten, mehr aus Liebe zur Sache
ſelbſt, als in der Abficht zu promovieren
und fo eine Anjtellung zu gewinnen, da
die Univerjitätsfarriere, welche ihm allein
zujagte, in jener Zeit noch wenig Chancen
bot.
Nach einigen geringeren Erfolgen gelang e3 ihm
1865, die nach ihm benannte Da hi Fr zu
erfinden, der ſpäter noch einige verwandte Appa-
rate nachfolgten, mit deren Vervolltlommnung er
bis 1869 beichäftigt war. Im felbigen Jahre
hatte er die Freude, da die Umiverfität Halle
‚ihn h. c. zum Doftor promovierte und die Göt«
tinger Afademie der Wiffenichaften ihn zum forres
ſpondierenden Mitgliede ernannte; aber zu gleicher
| Zeit befiel ihn ein Nervenleiden, welches eine teil«
weile Lähmung feiner Glieder nad) ſich zog und
ſo bartnädig war, daß er Berlin verlaflen und
auf Jahre feine Arbeiten unterbreden mußte.
| Kaum wieder bergeftellt, traf ihn ein neues Miß—
geihid; zwei feiner Brüder, Gutsbefiger, fals
lierten, und hiermit ging fein Vermögen verloren.
Da geihah es, daß ihm 1877 auf jein Geſuch
die Aſſiſtentenſtelle am phyſikaliſchen Inftitute zu
Greifswald übertragen wurde, wo er unter Leis
tung des Herrn Profeſſor v. Feiligich nicht nur
feine Kenntniſſe erweitern, ſondern aud Muße
zu Ichriftitelleriicher Thätigkeit finden konnte. Auf
die nächſten Jahre fällt denn aud die Mehrzahl
feiner Veröffentlihungen, welche vorwiegend elek:
triihe Unterfuchungen betreffen und in Poggen:
dorffs Annalen und anderen phufilaliihen und
naturwiſſenſchaftlichen Zeitichriften erfchienen find,
Auch ein Buch: Über die Theorie, Anlage und
Prüfung der Blikableiter (1878), und ein ande:
res: Über die Zunahme der Bliggefahr und ihre
| vermutlichen Urfachen (1880), vollendete er in
\ diefer Zeit. Seit 1881 als Privatdozent an der
| Univerfität Greifswald habilitiert, las er neben
Phyſik im engeren Sinne mediziniihe Bhnfit,
Aitrophufit, phufitaliiche Geographie und phyſika—
liche Technologie, worauf 1884 jeine Ernen»
Holkendorff.
nung zum auferorbentl. Profeſſor erfolgte. 1883
eitatteten ihm dann die Verhältniſſe, feine Braut,
da Bülle, Tochter eines Zollverwalterd aus Hei:
ligenhafen, zum Altare zu führen.
Holtendorff, Franz von, wurde am
14. Oftober 1829 in Bietmannsdorf (Uder:
marf) geboren, jtudierte 1848—52 in
Berlin, Heidelberg und Bonn die Nechte
und wurde in Berlin von 1853—56 am
Kammergericht beihäftigt. 1857 habili-
tierte er fi in genannter Stadt und
wurde 1861 außerord., 1873 ord. ‘Bro:
feſſor an der Univerfität Berlin. Im ſel—
ben Jahre folgte er einem Rufe nad) Mün—
den, wo er noch jeßt lebt. 1861—74
ber die „Allgemeine Strafrechtszeitung“, |
eit 1866 (mit Virchow) die „Sammlung
gemeinverftändlicher Vorträge“, jeit 1872
die „Deutichen Zeit: und Streitfragen” und
feit 1871 das „Jahrbuch für Gejeggebung,
Verwaltung und Rechtspflege des deutichen
Reiches“ heraus. Außerdem ift H.einer der
Mitbegründer des deutichen Juriftentages,
bes LZettevereins, des deutichen Proteftan-
tenvereins 20. H. gilt als einer der aus⸗
gezeichnetiten Juriften der Gegenwart; li-
terariich heben wir (außer der oben er:
wähnten weitverzweigten derartigen Thä-
tigfeit) bejonders hervor:
— Rechtszuſtände, Das iriſche Gefängnis:
ſ Die Kürzungsfähigkeit der Freiheitsſtrafe,
Die Prinzipien Bolitit (2. Aufl.), Das Ver:
brechen des Mordes und die Todesftrafe, Hand-
buch des deutschen Strafrechts, Die Brüderfchaft
des Rauhen Haufes (4.Aufl.), Encyflopädie der
Rechtswiſſenſchaft (4. Aufl.), Das Aſylrecht und
die Auslieferung der Verbrecher, Die Ideen des
ewigen Völferfriedens, Zeitglofien des gefunden
Menichenverftandes, Handbuch de3 Völkerrechts,
Rumäniens Uferrehte an der Donau.
Homrighauſen, Karl (K. v. Berge),
geboren am 19. September 1858 in Ber:
leburg, bejuchte das Seminar in Hilchen-
bahund wurde 1878 als Lehrer in Kierjpe
angejtellt, nahm jedoch bald jeinen Abichied
und lebt jet als Kaufmann dafelbit.
Außer (meift Iyriichen) Beiträgen in Zeit»
fhriften hervorzuheben: Kleine Lieder (1880),
Honegger, Johann Jakob, ift am
259
Honegger.
dörfchen des fchweizerifchen Kantons Für
rich als Eohn eines unbemittelten Klein:
bauern geboren. Früh für den Beruf
‚des Volfsichullehrers beitimmt, wurde er
ſehr forgfältig und weit über feinen Stand
erzogen, jtarfen Teils im Pfarrhaufe,
So lernte er ganz jung mehrere Sprachen
und Literaturen in ausgedehntem Maße
fennen, und das hat über feine eigentliche
Lebensbeitimmung entichieden. Nachdem
‚er die Mittelfchule paffiert, fam er ins
Lehrerfeminar zu Küßnacht am Zürichfee,
machte nad 4 Jahren das Eramen als
Sekundarlehrer und trat in den praktiſchen
Dienit, mußte aber des damals vorherrs
ſchenden Bedürfniſſes an Lehrkräften halber
auf der unteren Stufe der Elementars
Ihule beginnen; während feines 40jähri—
gen Schuldienſtes hat er in feiner Praris
alle Stufen von da bis zur oberjten durchs
‚laufen. Nach wenigen Jahren diefer Bes
ſchäftigung trat er aus und begann dann
‚1849 jeine Studien von Neuem. Völlig
mittellos und gezwungen, ben Lebensunters
' haltnebenbeizu juchen, hat er unter bitteren
Entbehrungen fieben weitere Jahre auf Ge⸗
ſchichtsſtudien (die Präparation inbegriffen)
in Züri, zum Schluß in Baris verwendet,
Bon da famer alsLehrer an daſſelbe Semis
nar, andem er 10— 12 Jahrezuvor dieerfte
höhere Bildung empfangen, nad) 4 Jahren
an die Kantonsſchule zu St. Gallen, kehrte
nad) wiederum 4 Jahren, mit den erften
großen Entwürfen jchriftjtelleriicher Art
beichäftigt, um auf Jahre hinaus nur
ihnen zu leben, nad) Zürich zurüd. 1868
und 1869 nahm er als Mitglied und
Sekretär des zürcheriſchen Verfafjungss
rechtes ſtark an der Politik feines engeren
Vaterlandes teil, zog ſich aber nad) ger
ſchloſſenem Kampfe definitiv von dieſem
Felde zurüd. Hernach ward er als Do-
zent an die Hochichule, zunächſt für die neu
errichtete Abteilung der Lehramtsfchule
berufen und dann zum Profeffor ernannt,
Auch wirkt er jeit 20 Jahren in der en-
geren Verwaltung des Konſum-Vereins
13. Zuli 1825 zu Dürnten, einem Berg: | Zürich und hat ganz weſentlich dazu beis
17*
Honore. — 21607 — Hoplit.
getragen, daß dieſes nach vielen Rich—
tungen arbeitende Inſtitut annähernd zum
erjten feiner Art auf demSontinent empor:
jtieg. — Oftere Reifen und längere Auf
enthalte in Deutſchland, Frankreich, Jtas
lien und England dienten ihm zur ſcharfen
Beobachtung der Länder und Völker. Als
feine fpezifiiche Lebensarbeit find die lite
ratursund kulturgefchichtlichen Werke feiner
Feder zu betradten.
Hauptwerke: Herbitblüten, V. Hugo, Lamar:
tine und die franzöfiichen Lyrifer im 19. Jahr:
hundert, Literatur und Kultur, Grunditein einer
Kulturgefhichte der neueren Zeit, Geichichte der
franzöfiichen Kultureinflüſſe, Katechismus der Kul⸗
turgeſchichte, Die poetiihe Nationalliteratur der
Schweiz, Allgemeine Kulturgeſchichte, Ruſſiſche
Siteratur und Kultur, Lieder und Bilder.
Honoré, Mathias Wilhelm, wurde
am 24. Mai 1836 zu Fredericia, einer
Feftung, gelegen am Meere im füdlichen
Fütland, geboren. Er gehörte der dors
tigen einft franzöſiſch, jest deuticherefor-
mierten Gemeinde an. Nachdem er das
Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt befucht hatte,
vollendete er feine Studien an ber Ko—
penhagener Univerfität. Im Kriege von
1864 gegen Preußen und ſterreich nahm
er als dänischer Offizier Teil und erhielt
wegen feines Verhaltens im Gefecht bei
Düppel das Nitterfreuz des Dannebrog-
ordens. Sept lebt er als Kaufmann und
Fabrifant in Leipzig.
Schon in Dänemark war 9. mit der Feder
thätig, indem er vielfach Artikel für verichiedene
Tageblätter ſchrieb. Nachdem er fi in Deutſch—
land angefiedelt hatte, wurden viele feiner Gedichte
und Erzählungen in Zeitichriften abgedrudt: Als
jelbftändige Werte find erſchienen: Roſenlieder
(1880); außerdem eine vorzüglich beſprochene
Überfegung: Die Flucht des Hirfdes, nad) dem |
Dänifchen des Ehriftian Winther (1883).
Hopfen, Hans, wurde am 3. Januar
1835 in Münden geboren, widmete fidh
an der dortigen Univerfität dem Studium
der Rechtswitjenichaft, nach deſſen Vollen:
dung er dasStaatseramen ablegte. Statt |
jedoch die juriftiiche Laufbahn weiter zu
verfolgen, wandte er ſich aus Veran—
laffung der jchnellen Erfolge, von denen
feine erften literariihen Verſuche gekrönt
wurden, der Schriftitellerei zu und fiedelte,
nachdem er zuvor eine längere Studien:
reife nach Italien und Frankreich unter:
nommen hatte, 1864 nah Wien über.
Seit 1866 lebt H. als einer der ange
jehenften Schriftiteller in Berlin. Seine
außerordentlihe Geftaltungsfraft, ſowie
die feltene Feinheit in der Zeichnung feiner
Charaktere erhob ihn zu den Meiftern
des deutihen Romans und der Novelle,
wie er auc als Lyrifer hervorragt. _
Hauptwerke: Gedichte, VPeregretta (Rom.), Ver»
dorben zu Paris (Rom.), Arge Sitten (Rom.),
Aichenbrödel in Böhmen (Schaufp.), In der
Mark (Schaufp.), Der graue Freund (Rom.),
Juſchu (Rom.), Verfehlte Liebe (Rom.), Bayrifche
Dorfgefhichten, Der alte Praktitant (Nov.),
Die Heirat des Herrn v. Waldenberg (Rom.),
Die Gefhichten des Majors (Nov.), Meine Leute
(Nov.), Mein Onkel Don Juan (Rom.), Die Einfame
(Nov.), Brennende Liebe (Rom.), Das Allheil⸗
| mittel (Rom), Zum Guten (Rom.), Der lebte |
Hieb (Nov.), Ein wunderlicher Heiliger (Rov.), |
Der Genius und fein Erbe (Ron. Feitipiel
zum 90. Geburtätag S. Maj. des Kaiſers, Ro»
bert Leichtfuß (Rom.).
Hoplit, i. Rich. Pohl.
Hopp, Ernſt Otto, geboren am 19. Aus Ser
guft 1841 in Abtshagen (Pommern), abjol- Aldo
vierte das Gymnaſium in Stralfund und A324
die Univerfitäten Breslau, Greifswald und
Berlin und wanderte dann als Journalift
nad Amerika aus. Dort führte er ein
buntes, wechlelreiches Leben, bald als
Lehrer, bald als Redakteur thätig. Nach
falt zehnjähriger Abweſenheit kehrte 9.
endlic in fein Vaterland zurüd, gründete
die „Oftdeutihe Preife in Bromberg,
deren Redaktion er bis 1880 leitete, da
er diejenige von „Schorers Familienblatt‘
und des „Echo“ übernahm. Seit 1885
lebt H. ausschließlich feinen literarischen
Arbeiten, namentlich befannt geworden
durch feine amerikanischen Skizzen und
die gemütvollen Berliner Federzeihnungen.
Hervorzuheben: Transatlantiihe Stimmen
(1876), Transatlantifhes Skizzenbuch (1876),
Unter dem Sternenbanner (1878), Geſchichte der
Vereinigten Staaten von Amerifa (1882), In |
der großen Stadt (1883). |
Hoppe.
261
Horawitz.
Doppe, Oscar, geboren zu Hufhaus ſche Zeitungen arbeitete, über die ſoziale
bei Ilfeld 24. März 1838, abjolvierte | Frage jchrieb, auch eine Anzahl von liter
die Schule 1858, war praftiich beichäftigt
bei einem Ecloffer, darauf in der Ma-
ihinenbauanftalt und Eijengießerei zu Il⸗
jenburg 1858—60, befuchte die technijche
Hochſchule zu Hannover 1860—64, be:
ftand das Staatseramen für den Eifen-
bahn: Mafchinenbau 1864, war angeftellt
als ingenieur zu Clausthal 1864—68,
wurde dann berufen ala Dozent für Phyſik
und Maſchinenfächer an die kgl. Bergafa-
demie zu Clausthal 1868, in welcher
Etellung er fich noch heute befindet. Von
feinen jehr verdienten Publikationen heben
wir hervor:
5 mit Erläuterungen verfehene, die Zwillings⸗
waflerfäulenpumpen im Königin⸗Marien⸗Schacht
bei Clausthal betreffende Tafeln, 2 neue goniome:
triiche Formeln nebft Diagrammen, Beobachtun—⸗
gen der Wärme in der en einer Üo-
locasia odora (1879), (Auf Grund Ddiefer Ab
handlung zum Mitgliede der faif. Leop. Carol.
deutich. Akad. der Naturforfcher erwählt), Bei—
träge zur Geſchichte der Erfindungen, Die Berg:
werte, Aufbereitungsanitalten und Hütten ac. des
Ober» und Unterharzes, Sammlung Tafeln, ent:
haltend Stammbäume der Aufbereitung zu Claus:
tbal (2. Aufl.), Schulenberg (3. Aufl.), Zautenthal
(3. Aufl.), Beobachtungen in einem 145 m unter
der Erboberflähe eingerichteten magnet. Obſerva⸗
torium, Elektrotechnik, die techniſch-wiſſenſchaft⸗
lihe Abteilung des jährlich) erfcheinenden Berg»
und Hüttensfalenders (bearbeitet feit 1882).
Horamwit, Adalbert, wurde am 23.
Sanuar 1840 als ein Sohn deuticher El:
tern zu Lodi in der Lombardei geboren.
Ter Bater, ein vielbejchäftigter Arzt,
wurde 1844 als Spitaldireftor nad) Klo:
fterneuburg berufen, wo der Knabe feine
Vorbildung erhielt. Diejelbe wurde an
Miener Gymnaſien vollendet, wonach er
fih dem Studium der Philologie und
Geihichte widmete. An der Univerfität
übten vornehmlich Aſchbach, Franz Pfeiffer;
Bonig, Vahlen, Lorenz von Etein bedeu-
tenden Einfluß auf die geiftige Richtung
H.'s aus. 1862 wurde er zum Doktor
promoviert.
Jahre als Journaliſt thätig, indem er
im nationalen Einne für öfterr. und Deuts |
rarifchen Skizzen verfaßte (über ©. Frey:
tag, 9. v. Sybel, Th. Mommſen, W.
Gieſebrecht 2c.). 1863 erhielt er durch
Bonig’s Empfehlung eine Etelle als fuppl.
Lehrer an der Oberrealichule zu Troppau,
von 1864—69 wirkte er als Supplent
am Obergymnafium in Wien⸗Joſephſtadt,
an dem er einft jelbft jtudiert hatte. Ins
zwiſchen wurde er auch Dozent der Geſchichte
an der Wiener Univerfität. 1869 berief
ihn die Akademie der bildenden. Künſte
in Wien als Dozent für allgemeine Kul-
turgeſchichte. Er las hauptſächlich alte
Geſchichte und Geſchichte der Renaiffanceund
hat dieſe Stellung in Verbindung mit der
Lehre der helleniſchen und römiſchen Al—
tertümer noch heute inne. 1870, als in
Folge des deutſchen Krieges auch der
oͤſterreichiſchen Herzen eine begreiflicherweiſe
hohe Aufregung ſich bemächtigte, verfaßte
H. die Flugſchrift „Deutſche Worte ei—
nes Oſterreichers“, die Aufſehen und den
Namen ihres Autors weiter bekannt machte.
1872 unternahm H. ſchwer niedergedrückt
durch den Tod ſeiner, ſtets bei ihm le—
benden, ihm über alles geliebten Mutter
eine Reife nad) Dresden, Leipzig 2c., bei
welcher Gelegenheit er Freytag, Voigt,
Hirzel, Zarnde, Edjtein u. A. kennen
lernte. Dann ging er nad) Berlin, um
Ranke, Droyfen, Dunder, Müllenhoff,
Mommfen u. A. zu jehen und mit ihnen
nun auch, nach früher bereits jtattgehabter
Ichriftlicher auch in mündliche Verbindung
zu treten. 1873 wurde 9. durch den
Handelsminifter in Die Enqueten für Preis:
und Lohnverhältnifje berufen und dalelbit
zum Referenten für die hijtoriihe Kom:
miffion gewählt. 1874 wurde er am
Obergymnafium des IX. Bezirks in Wien
angeftellt, an dem H. gleichfalls nod) jegt
lehrt. 1881 wurde er von der fail.
Akademie der Willenihaften in Wien
Danach war er für einige zum forrefpondierenden Mitgliede ge:
wählt.
Außer einer Anzahl von Beiträgen in Fach—
Horn.
und anderen Zeitichriften heben wir von 9.’
Werfen hervor: Zur Geſchichte der bdeutichen
Hiftor. im 19. Jahrhund. (1871), Beatus Rhe—
nanus (1874), Kaſpar Brufhius (1874), Analekta
iu Geſchichte des Humanismus (1878), Ric.
- und bie nationale Idee (1880), Eras-
inda (1883), Zur jozialen Frage (1884), Grie-
hide Studien (1884), Jobs. Heigerlin (1884),
Fürft Bismard (1886), Wilhelm Scherer (1887).
Horn, Gotthard Albert, wurde am
6. April 1833 zu Colbig bei Wolmir-
jtedbt als Sohn des dortigen Kantors und
Lehrers ©. 9. geboren. Er zeigte ſchon
früh eine lebhafte Phantafie und poetiiche
Anlagen. Leider hielt fein Körper mit
jeinem regen Geift nicht gleichen Schritt,
fo dat er den Schulbefud) vielfach unter:
brehen mußte. Er empfing feinen Un:
terricht an der Elementarjchule feines Hei-
matsdorfes, danach an der lateinischen
SHauptihule zu Halle und endlih am
Magdeburger Tomgymnafium. Aus dem
angeführten Grunde fonnte aud) fein ſehn⸗
lichſter Wunſch, Theologie zu ftudieren,
fi nicht erfüllen. Er wandte fich nun:
mehr dem Lehrfach am Seminar für
Stadtichulen in Berlin zu, aber der ruhige
Fortgang auf diefem Lebenswege blieb ihm
verlagt. Familienverhältniffe hielten ihn
noch 2 Jahre, weldhe er ala Gerichtsbes
amter thätig war, von feinem Ziel zu-
rüd. In feinen Freiftunden bereitete er
fih für die Lehrerprüfung vor, die er
1863 in Köpenick beftand, wonach er als
Lehrer an einer Elementar-Knabenſchule
in Brandenburg angejtellt wurde.
Literarifch beteiligt H. ſich ala Mitarbeiter an
verfchiebenen pädagogiihen u. a. Beitichriften,
er veröffentlichte hauptfächlich Gedichte, die 1883,
unter dem Titel „Herbftblumen”, gefammelt er:
ſchienen.
Horft, C., |. v. Cramm-Burgdorf.
Sorit, 3., |. Joh. Hostaſch.
Hofäns, Friedr. Wilh., wurde am
7. Septbr. 1827 zu Deſſau im Herzogt.
Anhalt geboren. Als Sohn eines Mu-
fifers wurde er früh zur Beichäftigung
mit der Muſik angehalten und erhielt Ichon
als Knabe neben Klavier- und Orgel:
262
Hofäus,
Unterricht auch Unterricht in der Theorie.
Dennoch zog ihn von Kindheit an eine
tiefere Neigung zur Wiſſenſchaft, ſpeziell
zur Theologie. 1846 bezog er die Unis
verfität Halle, 1847 wandte er ſich nad
Leipzig und 1849 abfolvierte er die theo-
logiihe Staatsprüfung in feiner Vater-
jtadt. Ein weiterer Aufenthalt in Er»
langen, der ihn mit den dortigen Theol,
und Philoſ. befannt machte, führte ihn
nach Neuendettelsau, wo er infreundichaftl.
Verkehr mit Pf. Löhe trat. 1850 über-
nahm er eine Hilfspredigerjtelle an der
‚von der Landeskirche getrennten ev.-luth.
Gemeinde in Breslau, legte dieſelbe je
doch aus Gefundheitsrüdfichten ſchon 1852
wieder nieder. 1853 wurde er vom Erb»
landmarſchall Grafen Friedr. Hahn auf
Bafedow nad) Mecklenburg berufen und
damit begann für ihn die Wanderzeit.
Bon den zehn Jahren, welche er ber Leis
tung der erwachſenen Söhne des Gen.
widmete, verlebte er nur einen befcheide-
nen Bruchteil in Deutichland; wiederholte
Reifen nad) Frankreich und der Schweiz,
wie längere Aufenthalte in Italien, Spa-
nien, Belgien und Holland, England, Jr-
land, Schottland füllten meilt dieſe Zeit
aus, Mit beionderer Aufmerkſamkeit ſtu⸗
dierte er nun Länder und Sitten, Sprachen
und Literaturen, bildende Kunftund Boefie,
Archäologie und Geſchichte. In Nom ges
noß er den bildenden Umgang mit Cor-
nelius, Overbed, Preller, Heine. Brunn
u. ſ. w. In Paris beſuchte er die Vor-
leſungen der Sorbonne und ſtudierte viel
in Muſeen und Bibliotheken. In Lon⸗
don zog ihn neben dem Britiſh⸗Muſeum
und der National-Galerie befonders das
Prinzeß-Theater an, wo damals die Shake⸗
Ipeare-Revivals unter Leitung von Char:
les Kean und feiner hochbegabten Gattin
aufgeführt wurden. Während eines vor-
übergehenden Aufenthaltes in Medlenburg
promovierte H. in Noitod 1859. 1863
wurde er als Gumnafial-Oberlehrer am
Gymnaſium zu Deſſau angeftellt und 1866
folgte er einer Berufung als Erzieher
263
Hostaſch. Hübner.
ber beiden älteſten Söhne des damalig. Hervorzuheben: Die Pechvögel, Pfingſten in
Erbprinzen (jegt regierenden Herzogs) | Wien, Dämon Schwiegermutter, Inkognito.
Friedrich von Anhalt. Als die Erziehung) Hübuer, Emil, wurde am 7. Zuli
der beiden jungen Prinzen 1871 als voll» 1834 in Düffeldorf geboren und in Dres»
endet angejehen wurde, blieb H. gleich: | den vorgebildet. Nachdem er danad) die
wohl in feiner Hofitellung als Leiter der | Univerfitäten Berlin und Bonn abjolviert,
herzogl. Bibliothek und zugleich als Lehrer | unternahm er mehrere Studienreifen nad)
der jüngern Prinzen und Brinzeifinnen Frankreich, Italien, Spanien und Portu⸗
des herzogl. Haufes. 1375 gründete er |gal, England und Schottland, letere vier
mit einigen Freunden den Verein für Anz im Auftrage der Atademie der Wiflen:
halt. Geihichte und Altertumskunde, dem
er noch vorfteht; auch hat er jahrelang
den Anhalt. Kunitverein geleitet. 1869
erhielt er den Titel eines herzogl. Hof: |
rats, 1887 wurde er zum geheimen Hof:
rat ernannt.
Bon H.'s dichteriſchen Veröffentlihungen heben
haften in Berlin. 1859 habilitierte er
ſich an der dortigen Univerfität und wurde
1863 zum außerord., 1870 zum ordentl.
Profeſſor der klaſſiſchen Philologie er:
nannt.
Bon H.'s, um die ei
fehr vers
dienten Werfen find hervorzuheben:
nscriptio-
wir hervor: Span. Volkslieder und Volfsreime ıc. | nes Hispaniae Latinae, Inscriptiones Hispa-
(1862), Amazone (Trfp. 1863), Prinz Louis er: | niae Christianae, Inscriptiones Britanniae
dinand (vaterl. Trip. 1865), Nofalinde (ep.-Iyr, Latinae, Exempla seripturae Latinae epi-
Dihtung 1866), Kriemhild (Trip. 1867), Don
Sylvios Brautfahrt (Faſtnachtsſp. 1870), Yo:
banna v. Kajtilien (Trip. 1871), Abjalom (Trip. |
1871), Vier Gedihtfammlungen (Geiftl. Dichtun—
gen 1835, Askania 1885, Arendjec'er Lieder 1886,
Balladen und Elegien 1886). Geſchichtl. Arbeiten:
Ahasverus von Lehndorff (2. Aufl. 1867), Die
Altertümer Anhalts (1879), 5. W. Ruſt (1852)
u.f. w. Zur liter. Gedichte: Die mittelalterl.
deutſchen Handichriften der Fürft:Georgs:Bibliothef
zu Deflau, Euphroſyne (1871), Geiftl. Dichtungen
des Fürften Magnus zu Anhalt, Zur Geich. der
Defiauer Gelehrten-Buchhandlung, Briefe Gellerts
an die Fürftin Joh. Elifabeth von And.-Zerbit,
Briefe Klopſtocks an Herzog Franz von Anhalt:
Deſſau. E. W. Behriih (1883), Dichter und
Dichterinnen a. d. Haufe der Askanier, Elifabeth
v. d. Rede in Deſſau und Wörlig, Großherz.
Karl Auguft und Goethe in Wörlig 20. Zur
bildenden Kunſt: Wörlig, ein Handbud für die
Beſucher des Wörliter Gartens und der Wör—
liger Kunftfammlungen (2, Aufl. 1883), die Wörs
liger Antiken (1873), Die Gemäldegalerie des
Stiftäfchlofjes zu Mofigbau (1874), Herzog Franz
und 3. 3. Windelein (1878) ꝛc. und in Zeit
ostajch, Joſ. (Julius Horit), geb.
12. November 1864 zu Innsbrud in
Tirol, widmete fih nad abfolviertem
Gymnaſium zu Krakau dem Beamten:
itande. Derzeit in Wien jchriftitelleriich
thätig im dramatiſchen Fade. Verfaſſer
mehrerer mit Beifall aufgenommenen
Pollen und Schwänte.
'eraphicae, Grundriß der Vorleſungen üb-r die
römiſche Literaturgefhichte (4. Aufl.).
Hüffer, Hermann, wurde geboren zu
Münfter in Weftf. am 24. März; 1830.
Er ift der Sohn des durch feine Bezie—
hungen zu dem Minifter von Stein be-
'fannten Oberbürgermeifters von Münſter
Johann Hermann H. Schon im Knaben
alter zeigte er eine entichiedene Neigung
‚für Geſchichte und Literatur. Seine
Schulbildung erhielt er auf dem Gym:
nafium in Münfter 1841—48 und be=
ſchäftigte fich dann auf den Univerfitäten
Bonn 1848-50 und Berlin 1850—51
mit geſchichtlichen und juriftiihen Studien.
Eine längere Neife führte ihn im Jahre
1851 dur) Frankreich nad) Italien, und
ein fiebenmonatlicher Aufenthalt in Rom
übte auf feine ganze fpätere Entwidelung
enticheidenden Einfluß. 1853 promovierte
er zu Breslau in der juriftichen Fakultät
und habilitierte ſich nach einem längeren
Aufenthalt in Paris 1855 in Bonn,
wurde 1860 außerordentlidher, 1873 or:
dentlicher Profeſſor, 1881 Präſident des
hiſtoriſchen Vereins für den Niederrhein,
1884 Geheimer Juftizrat. Seine Vor:
lefungen behandeln Staatsreht, Kirchen⸗
‚recht und Völferreht. Bon 1865—66
Hügel. — 264 — Hülfen.
gehörte er dem preußischen Abgeordneten: | das dortige Gymnaſium und widmete ſich
baufe, von 1868— 70 dem Norddeutichen der Schriftftellerei. Sein Hauptgebiet
Neihstag an, darunter ein Jahr als iſt die Humoresfe, als deren Vertreter
Sefretär und alle drei Jahre als Mit- H. ein beliebter Mitarbeiter der re
glied der freien parlamentarifhen Ber: | genden Blätter“ und vieler anderer
einigung, welche ihm die Freiheit ließ, | blätter ift.
feinen eigenen Anfıichten unabhängig von ülfen, Helene von (Helene), aeb
dem Zwange der Parteien Ausdrud zu PR — — 3 nass
geben. Außerdem wurde fein Aufenthalt | ]go9g auf dem Stammgute ihrer Familie
in Bonn durch zahlreiche Reifen unters Ziantkenfelde bei Berlin geboren, empfing
broden, die er zu wiſſenſchaftlichen nn Haufe der Eltern eine forgfame Er-
Zweden an bie Archive von Preußen, | iopung, die befondere Rüdficht auf die
Oeſterreich, Frankreich, England, Italien \chönen Talente der jungen Gräfin nahm
u — unternahm. und in Berlin durch den Unterricht eines
Schriften ſind zum Teil juriſtiſcher Art, Klaviervirtuofen zum Abfchluß gebracht
3. B. verſchiedene Schriften aus dem rheinifchen | Klaviervirtuo zu g
Kirchenrecht, ferner die Beiträge zur Geſchichte wurde. Dort, am Berliner Hof, deſſen
der Quellen des kanoniſchen und des römiſchen Zierde die junge, mit allen äußerlichen
Rechts im Mittelalter (1862), in denen er u. A. } 2.
eine von ihm in Paris entdedte Duelle des und ren —
Gratianiſchen Detrets und ihren wahrſcheinlichen | War, lernte fie den Gardelieutnant Botho
Urheber Algerus von Lüttich behandelte; ferner | von Hülfen, den nadmaligen General
die Forfchungen auf dem Gebiete des franzöftichen | Intendanten der königlichen Echaufpiele,
und rheinischen Kirchenrechts (1863). Schon feit fennen, mit dem fie ſich 1849 vermählte
1855 beteiligt . an der von Rante, Ber
u. A. — ——— Sammlung der — und bis zu ſeinem Tode (1886) in
ſchreiber der deutſchen Vorzeit und ſeit 1864 glücklichſter Ehe lebte, angeregt durch den
wandte er ſich mehr und mehr hiſtoriſchpolitiſchen Verkehr in ihrem Haufe, das allen Trö-
Forfhungen über das Zeitalter der franzöſiſchen gern der Literatur und Kunſt allezeit
Revolution zu. Frucht derfelben ift vornehmlich fen ftand
dad Werk: Diplomatifhe Verhandlungen aus | Orren land. PER =
der Zeit der frangöfiichen Revolution (1868 bis | Von ihren, durch Publi gi Preſſe
1879, 3. 3b.), der 4. und 5. Band follen, bis freundlich aufgenommenen genen —*
um Frieden von Luneville reichend, den Abfcptuß Schöpfungen heben wir hervor: Aus Herz
iefes —— —— —— * — * — Faser u
beiten dienten dem umfallenden Werke als Er— ‚ n ‚ Ohne Flitter,
gängung, ſo — Die — Br —* und Wahrheit, Elimar, Remeſis.
ranzöfiicher Herrfhaft (1863), Rheiniſch- weſtfä⸗
liche Zuftände zur Zeit der franzöſiſchen Revolus Huemer, Johann, wurde am 18.
tion (1873), Die neapolitaniſche Republif des April 1849 zu Raab in Ob d
Jahres 1799 (1884). Neben den Biftorifchen | geboren, gebildet auf dem Gymnafium in
bat 9. in den letzten 10 Jahren zahlreiche Fite- Linz, ftudierte an der Univerfität Wien
rarbiftorifche Arbeiten geliefert, von denen mir :
befonders hervorheben: Mitteilungen über Hein: 1869— 1873; 1874 Lehrer am Real-
ri Heine (1878), Marianne Willemer (1878). | und Obergymnafium in Brünn; jeit 1875
Am eingehendften Pe fih 9. in den Profeſſor am Staatsgymnafium im IX
legten Jahren mit den Werten feiner Lands: Bezirk Wiens —
männin Annette von Droſte, über deren Lebens» Cr beichä > fih beſonders mit £.2 fpät
gang er und ein hervorragendes Werk lieferte teinifehen chriftlichen Dichtern De Sedulii poeti
(1887). Diefem folgte ein Lebensbild Alfr. v. vita ct scriptis Tnaug. diss. (1878), TR vet
Reumont (+ 1887). * Schriften iſt das Ber Stoffenwert Se Dichter Sedulius (1880), '
ftreben eigen, mit wiflenjchaftlicer Genauigfeit grofie teitifche Ausgabe diefed Dichters 2
eine künſtleriſche Form zu verbinden, im Corpus patr. eccles. ald ®, 10. $ u dem
Hügel, Wilhelm, wurde im Jahre a Re bei den rifff lat
1848 zu Mannheim geboren, abjolvierte | Hymnendictern (1876), ber
Hueppe. er
ältejten lat.hriftl. Rhythmen (1879), Die Aus:
gabe Cruindineli sive Fulchari ars metrica
(1883). Aus dem Gebiete der Grammatik ſtammt
die Epitomae des ®rammatifers Virgilius Maro
(1882). Er beichäftigte fich viel mit der Ge—
ſchichte der mittellateinifihen Dichtung. Hierher ge-
bört die Auägabe des Hugo Ambianensis, der Ar-
nulfi delicie eleri und des Synodius deö Werne-
rius Basiliensis, mittellateinifhe Analeften u. X.
Er ift Mitarbeiter vieler Zeitihriften. In das
Gebiet der Schulbücdherliteratur gehört Horatii
Fl. carmina selecta für den Schulgebraud (2.
Aufl. 1886).
Dueppe, Ferdinand. Ich bin am
24. Auguft 1852 in Hebdesdorf in der
Rheinprovinz geboren und befuchte bie
Gymnafien Neuwied, Koblenz und Weil:
burg, welches legtere ich Oſtern 1872
mit dem Neifezeugnis verlief. Da ich
ſehr ſtark aufgeichoffen war und meine
Gejundheit deshalb nicht immer fehr feit
war, mußte ich mich viel im Freien mit
Körperübungen befallen und machte mit
einigen Naturforichern viele Ausflüge,
durch welche in mir ein nachhaltiges In—
tereffe arı den Naturwiſſenſchaften erwedt
wurde. Aus äußeren Gründen mählte
ih als Fachſtudium die Medizin, welche
ih in Berlin als Zögling des Friedrich
Wilhelms-nftituts ftudierte. 1876 pro=
movierte ih, 1877 abiolvierte ich Die
Staatsprüfung. Bon diefem Jahre ab
war ic aktiver Militärarzt, wurde jedoch)
als ſolcher bereits 1879 für mehrere
Jahre als Hilfsarbeiter an das kaiſerl.
Gefundheitsamt fommandiert. In diejer
Stellung konnte id dann endlich mid
dem Zweige der Medizin widmen, welcher
dur jeine umfaſſende Berüdfichtigung
der Naturwiſſenſchaften mir befonders zu:
jagte, der Hygiene. Da unfere Hochſchulen
diefen Zweig, ohne den ein wifjenichaftliches
Studium der Medizin auf die Dauer un:
möglich ift, aber recht ftiefmütterlich bes
bandelten, nahm ich, um endlich ganz
g zu fein, 1884 eine Stelle als
Dozent der Hygiene und Leiter des hy:
eniichebafteriologiich. Laboratoriums am
then Inſtitut in Wiesbaden an.
Meine literariſchen Arbeiten befchäftigen fich
265
Hugelmann.
| zum größten Teil mit dem biologiihen Grenz»
| gebiete der Hygiene und haben in eriter Linie die
Abfiht verfolgt, das wichtige Gebiet der allges
meinen Perfegungsvorgänge und der Gärungss
phyſiologie zu fördern. Hieran fnüpften fich aber
weitere Forſchungen über die naturwiſſenſchaft⸗
lihen Seiten der Infektionäfrantheiten. Außer:
dem war ich bemüht, mich durch Arbeiten in
mehreren Turnfchriften an den ebenio danfbaren
als intereffanten fragen der förperlihen Erzies
bung und der Reform unſeres Turnweſens zu
beteiligen. Bon den vorzüglich beurteilten Werfen
H.'s heben wir (Redatt.) hervor: Die Formen der
Bakterien und ihre Beziehungen zu den Gattungen
und Arten, Die Methoden der Bakterienforfchung,
Die bygienifche Beurteilung des Trinfwafiers vom
biologiäpen Standpunfte. Außerdem viele wif-
ſenſchaftliche Abhandlungen in Fachjournalen,
endlih eine Feſtrede: Über Beziehungen der
Fäulnis zu den Infektionskrankheiten.
Hugelmann, Karl, wurde als Sohn
des k. k. Regimentsarztes Dr. Heinrid)
9. am 6. Oftober 1844 zu Ketskemet
in Ungarn geboren und verlebte jeine
Kindheit in den wechlelnden Beitimmungs-
orten feiner elterlihen Familie (Kets—
femet, Mor, Wien, Graz 2). Nach
dem Tode feines Vaters beſuchte er das
Gymnaſium in Görz, bezog 1862 bie
Univerfität Graz, um fi dem Studium
der Rechts: und Staatswiſſenſchaften zu
widmen, und wurde dajelbit 1869 zum
Doktor der Rechte promoviert. 1870
habilitierte er fich als Privatdozent für
Statiftif und Staatsfunde an der juris
diihen Fakultät der Grazer Univerfität
und fungirte als foldyer bis 1873, näme
lid bis zu feinem Eintritte als Beamter
in die Direktion für adminijtrative Sta—
tiftit in Wien. 1886 erfolgte feine Er—
nennung zum Präſidial-Sekretär des
Neichsgerichtes in Wien, welche Stellung
er gegenwärtig befleidet. In die juris
diſche Staatsprüfungskommiſſion ward 9.
Ihon in Graz berufen, und zwar 1871
in die ſtaatswiſſenſchaftliche, 1872 in die
rechtshiftoriihe Abteilung; in Wien ift
er feit 1874 Mitglied der ſtaatswiſſen—
ſchaftlichen Staatsprüfungstommiifion.
Seine fchriftftelleriihe Thätigkeit begann 9.
in Beitungen und Zeitichriften mit Auflägen vor»
wiegend ftaatäwijienichaftlicher Natur. Daneben
1
|
Hummel.
war er auch auf dem Gebiete der Bibliographie und
266
ſuchte.
Bibliothekswiſſenſchaft, ſowie auf dem Felde litera⸗
turgeſchichtlicher Forſchung thätig. Außer den Ar—
beiten in der öſterreichiſchen Zeitſchrift für Ber:
waltung find nachbezeichnete, ſelbſtändige ver: |
diente Schriften hervorzuheben: Studie zum öſter—
reihiihen Vereins- und
(1879), Das Recht der Nationalitäten in Diter:
reich und das Staatögrundgefeg über die allge
meinen Rechte der Staatsbürger (1880), Stu:
dien zum öjterreichiich. Verfaffungsrechte, 1. (1886),
Die Zentralilation der Amtsbibliothefen in Wien
(1887).
Hummel, Augquft, geboren 4. Auguft
1839 zu Halle a./S., wirkte, nachdem er
ih auf dem Seminar zu Eisleben zum
Lehrer ausgebildet hatte, von 1863— 75
an den Schulen jeiner Vaterjtadt und
wurde im leßteren Jahre als Lehrer an
das Seminar zu Deligich berufen, wo er
noch jest thätig iſt. Seine Wirkſamkeit als
Jugendichriftiteller eritredte fich außer auf Beis
träge zu Jugendzeitichriften hauptſächlich auf Be:
arbeitung ausländ. Romane, um deren weltfund»
Verfammlungsredhte |
— Huſchat.
Dem Vater, einem raſtlos thäti—
gen, vielbeſchäftigten Kunſtmaler, verdankte
ſie Talent und warmes Intereſſe für die
Kunſt, der Mutter, einer frohſinnigen, franz.
Schweizerin, die Liebe zur Poeſie und
den offenen Blick für die Wunder und
die Reize der Natur. Dieſer Letzteren
hatte ſie außerdem auch noch den ganzen
im Elternhauſe genoſſenen Schulunterricht
zu danken. Nach dem 1871 erfolgten
Tode des Vaters griff ſie zur Feder und
ſchrieb ihre erſten Novellen, denen bald
Märden, Skizzen und Gedichte in bunter
Reihe folgten. In der bejeligenden Hoff:
nung auf frühen Erfolg zum Wohl und
Nugen der Ihrigen hatte fie die jchöne
Heimat verlafjen; jchwer enttäuscht jedoch
fehrte fie nad faft dreijähriger Abweſen—
heit zurüd. Der nad langen, ſchmerz—
vollen Leiden erfolgte Tod der heißgelieb-
‚ten Mutter war der ſchwerſte Schlag für
lihen Inhalt der deutichen Jugend in lebens: | Mi
‚Schaffen für längere Zeit. Seit kurzem
vollen Bildern näher zu bringen: Entdedung von
Amerifa nah Campe (2. Aufl. 1880), Wald»
läufer nach Ferry (3. Aufl. 1879), Lederſtrumpf—
Erzählungen nad Cooper (4. Aufl. 1886), Si:
—— Rüſtig nach Marryat (2. Aufl. 1881).
In populärwiſſenſchaftl. Schriften find von ihm
verfaßt: Das Leben der Erde (1870), und (im
Verein mit Dr. Otto le) Phyſikaliſche und che:
mifche Unterhaltungen (1870). Strengeren wifien:
Ichaftl. Charakter trägt jein Handbuch der Erd:
funde (1876). Endlih wurden amtliche Anre—
gungen die Veranlaſſung zu einer Reihe von
weit verbreiteten Schulbühern. Es erichienen:
Kleine vaterländiihe Geſchichte (27. —29. Aufl.
1887), Kleine Erdfunde (24.—26. Aufl. 1887), |
Grundriß der Erdkunde (2. Aufl. 1882), Hilfs: |
buch zum Unterricht in der Erdfunde (1885),
Schul⸗Atlas (1887), Kleine Naturkunde (4. Aufl.
1887), Leitfaden der Naturgefhichte (14. Aufl.
1887), Grundriß der Naturgeihichte (2. Aufl.
1886), Anfangsgründe der Naturlehre (1881),
Leitfaden der Naturlehre (1837), Erperimentier:
tunde (1887).
Hummel, Frida (Frida v. Kronoff),
geb. den 19. Februar 1853 zu Cannitatt
am Nedar, als das jüngjte Kind fein-
gebildeter, tiefreligiöfer Eltern. In jartem
Alter Schon erfüllte fie ein innerer Geſtal—
tungsdrang, dem fie durch Schreiben von
Märden und Lujftipielen zu genügen
die junge Schriftjtellerin und lähmte ihr
erit betrat fie wieder die literariihe Bahn.
Sie iſt Mitarbeiterin einer Reihe von
Zeitichriften. 1887 erjchien ihr erites
jelbjtändiges, jehr günſtig beurteiltes Werk:
Narziß (Nov. und Humor.).
Huſchak, Joſef Andreas, wurde am
'8.Juni1834inrumau(Böhmen)geboren.
Seit 1861 lebt H. in Wien als fürftlich
Schwarzenbergicher Beamter und in glüds
lichſter Ehe mit feiner hochgebildeten, gleich—
falls poetiſch angelegten Gattin.
Bon H.'s, durd die Kritik außerordentlich güns
ftig beiprochenen Werfen heben wir hervor: Dich):
terfrühling (Ged. 1860), Aimbleameln (Ged. im
jteier. Dialeft, 2. Aufl. 1863), Stadtparfniren
(Aphorism. 1868), Aus der Wandermappe des
Lebens (1888). Außerdem iſt H. Mitarbeiter vieler
Zeitfchriften in Deutfchland und öſterreich.
Hutter, W. Theodor. Ah bin am
16. September 1860 zu Hermsdorf bei
Nordtgabel in der böhmiſchen Zaufig ges
boren, genoß nach Abjolvierung der Volks⸗
ihule Privatunterricht und bezog hierauf
durd 6 Jahre das Jejuitenfollegium Ma—
riafchein in Böhmen, um im Jahre 1881
in Prag in den Orden der Reform. Benes
Huyſſen.
diktiner (Stift Emaus) in Prag als Mönch
einzutreten. Schon frühzeitig durch die Lek—
türe unferer großen Dichter, namentlich
der Romantifer, angeregt, ſchrieb ic) für
katholiſche Blätter fleine Erzählungen und
Gedichte. Die beengenden Klojterregeln
wurden mir lältig, und ich warf fie ab,
trat aus und wurde Lehrer an einer Mäd—
chenſchule (Friedland bei Reichenberg).
ALS ſolcher war ic als Publizift thätig, wurde
Feuilletonijt verſchieden. Provinzblätter und fchrieb
die „Nordböhm. Sagen“, welche beifällig aufge:
nommen wurden. In freundchaftlichen Beziehun:
mit dem Schriftiteller Reſſel in Reichenberg,
beteiligte ih mid an der Herausgabe des —
ſels Farnilienfreundes“, übernahm hierauf, da ich
auch als politiſcher Schriftſteller thätig war, die
g der in ſterreich ſtark verbreiteten „Deutfch:
nationalen Volksſchrift“. In dieſer Stellung gab
ih eine Sammlung von Gedichten „Aus der Jus
Br. (1885) heraus. 1886 erichien eine
chüre von mir: Geſchichte der Gegenrefor:
mation in Deutichböhmen und 1897 Die Ge
dichte des Judentums in Polen.
Huhffen, Botthelf, geboren am 8. |
ruar 1822 zu Nymegen in Holland.
erhielt meine Schulbildung zum aller:
größten Teil in Cleve am Niederrhein,
wohin meine Eltern, als ich eben 11 Jahre
alt war, verzogen als Inhaber und Leiter
eines Penfionats für junge Mädchen.
1842 —45 jtudierte ih in Halle und in
Berlin Theologie, abjolvierte am eriteren
Orte auch mein Militärjahr. In Berlin
beitand ich 1846 gleich auch meine erite
ihe Prüfung und 1848 in Ko—
die zweite. ch unterrichtete wäh:
rend meiner Kandidatenzeit am Inſtitut
meiner Eltern, ward aber fchon im jelben
dee Pfarroifar für den erkrankten
von Emsler in Kanten am Nie:
‚weshalb ich, als deffen Adjunft-
pfarrer mit dem Rechte der Nachfolge
Ei 1850 ki — zum gei
Be dir Vorgängers jeit 1851
alleiniger in und zugleich in der
ami ar —— verbundenen kleinen
de Mörmler, ete ich mit gleich
‚im —0 zu de⸗
en , ein „Boltsblatt" auf
m Boden, "in welchem ich jahrelang
267
ı büchlein:
heraus.
Huyſſen.
Leitartikel ſchrieb und Gedichte veröffentlichte.
Auch verfahte ich eine feine Schrift über die St.
Viktoräfirche zu Kanten, ſchrieb ein Konfirmations:
„Der Bund zwifchen Chriſto und dem
Chriften“, welches fürzlih in 4. Aufl. erichienen
ift, ſchrieb kirchliche und firchenpolitiihe Korre—
Ipondenzen für andere Blätter und gab mein grö:
ßeres Werk über „die Feſte der riftlihen Kirche”
1858 übernahm ich dann auch auf Be:
ſchluß der Bonner Paſtoralkonferenz die Redak—
tion des „Evangeliſchen Gemeindeblattes für
Rheinland und Weſtfalen“, 1861 machte ich eine
Reife nah Italien und ward dann im Herbit
1862 ald Pfarrer nad Kreuznach an der Nahe
verjegt. Hier ſchrieb ih, außer einigen Einzel:
predigten und fleinen Broihüren, eine Schrift
über „SKirchengründung und Reformation in
Kreuznach und Umgegend“. Dann erjchien 1867
eine Sammlung von Predigten von mir unter
dem Titel „Zeititimme”; darauf, hauptſächlich
als Frucht meiner italienischen Reife, eine Schrift
über „heidniſche und chriſtliche Altertumskunde“.
1870 machte ich dann den deutſch-franzöſiſchen
Krieg mit als Militäroberpfarrer für den zweiten
Lazarettbezirk der Armee, in Folge deſſen 1871
eine Sammlung von „S Feldpredigten als Fries
densgruß an die Heimat‘ und 1872 eine größere
Schrift: „Bilder aus dem Kriegsleben eines Mi:
litärgeiftlichen, ein Beitrag zur Kulturgeſchichte
des deutfch-franzöftichen Krieges’ erichien. 1872
ward ich dann als Divijionspfarrer nach Koblenz
verjegt. Hier leitete ich zugleich die evangelifche
höhere Töchterihule, verbunden mit einem Ses
minar für Zchrerinnen an ſolchen, und gemiller:
maßen als Frucht dieſer Thätigkeit entſtand erſt
eine kleinere Schrift über „Die Poeſie in der
Schule“ und ſpäter die beiden Bändchen „Zur
idealen Pädagogik“ und „Fünf Kapitel zur ideas
len Pädagogik“. Dur die Kämpfe um die
Eivilftandsgefeggebung wurde veranlaht im Jahre
1874 die Sri t „Die Eivilehe, vom kirchlichen
und firhenrechtlihen Standpunkte aus beleuchtet
und verteidigt”, und 1882 die andere: „Bürs
gerliche —— und kirchliche Trauung,
nicht eines oder das andere”. Inzwiſchen ward
id im Sommer 1874 ala Militfroberpfarrer des
IX. Urmeeforps und Garnifonpfarrer von Altona
und Hamburg nad Altona verjegt. Bon dort
aus beſuchte ih 1880 die Überammergauer
Baffionsfpiefe und Trieb infolge deſſen die Schrift:
„Ehrifti Leiden im deutichen Volksſchauſpiel“.
1882 erſchien dann die größere Arbeit „Über die
Poeſie des Krieges und die Kriegspoeſie“. 1883
ward ih — als Konſiſtorialrat und Militär⸗
Oberpfarrer des VII. Armeekorps nad Münſter
i. Weſtf. verſetzt und im Spätherbſt deſſelben
Jahres erſchien mein „Chriſtlicher Reiſebegleiter“,
dann 1884 eine Sammlung von Liedern und
Gedichten von mir unter dem Titel „Häusliche
Feierſtunden“, nachdem ich ſchon einige Jahre
Hyrtl.
früher eine Heine Sammlung „Patriotiſcher Feier:
länge” herausgegeben hatte, Aus den legten
Jahren find dann noch zu erwähnen die vier
Heineren Schriften: „Lebensmut und Todesfreus
digkeit, ein ernites Wort wider den Selbſtmord“,
„Der militäriiche Dienfteid und feine Bedeutung
fürs Leben“, „Deutichlands und Preußens Kriegös |
herr und Kriegsheer“, „Die Heiliahaltung der
Ehre alö eine Sache der Chriftenpflicht und der
Manneswürde dargeftellt”“, Der Militärdienft, eine
Schule für das Leben.
Hyrtl, Joh. wurde am 7. Dezember
1811 in Eilenftade (Ungarn) geboren,
gab fi) an der Univerfität Wien natur:
wiſſenſchaftlichen, beſonders anatomischen
Etudien hin und wurde 1833—37 Pro—
feftor der genannten Hochſchule. 1837
zum Profeſſor in Prag ernannt, kehrte
er 1845 in gleicher Eigenſchaft nad) Wien
zurüd und wurde fur; darauf zum Mit:
glied der kaiſerlichen Afademie ermwählt.
1874 trat 9. in den wohlverdienten Ruhe:
ftand und lebt jegt in Perchtolsdorf bei
Mien. Mit Recht genießt H. als Ana-
tom eines ausgezeichneten Rufes, der ihn
in die vorderjte Neihe diefer Fach-Autoren
erhebt.
Hauptwerfe: Lehrbuch der Anatomie des Men:
fchen (1846, 16. Aufl. 1882, in viele fremde
Spraden überjegt), Handbuch der topographiichen
Anatomie (1847, 7. Aufl. 1883), Beiträge zur
vergleichenden Angiologie (1850), Handbuch der ,
praftiihen Zergliederungsfunft (1860), Crypto-
branchus Japonicus (1865).
—
Ja ·
Jacob, Anton, geb. am 21. Auguſt
1851 in Breitenbrunn, abfolvierte das
human. Gymnafium zu Kempten und wid—
mete fi) nad) Vollendung feiner Studien
an der Universität München dem Lehr:
fahe. Er wirkte an techniſchen Mittels
ſchulen zu München, Lichtenhof-Nürnberg
und wurde 1879 zum Rektor der Real:
ihule in Kronach ernannt, als welder er
noch jet thätig ift. |
1879 erichien fein erftes Werk: Lehrbuch der
matbematijchen Geographie für Real: und Han—
delsichulen, ſowie für Lehrerfeminare, das fehr an—
erfennend beurteilt und vom Minifterium als Lehr: |
268
Jacob.
buch für Mittelfchulen in Bayern genehmigt wurde.
1883 gab 9. eine aftronomifche und phyfiiche Geo:
grapbie, betitelt „Unfere Erde”, heraus, ein Werf,
as gewiſſermaßen eine Einleitung zu der „Län«
der: und Völkerkunde“ bildet. 1886 erfchien
„Weltkunde“, ein vorzügliches Buch für die reis
fere Jugend.
Jacob, Nathan (N. J. Anders), wurde
am 25. April 1835 zu Berlin geboren,
verlor feine braven, aber armen Eltern,
als er noch ein Kind war, und wurde auf
Koften der Mendelsjohnichen Stiftung er-
zogen. Er erlernte alsdann das Bude
binderhandwerf und fehrte nach mehreren
Wanderjahren nad) Berlin zurüd, wo er
als Gejelle arbeitete.
Als folder machte er feine erften Titerarifchen
Verfuche, und zwar mit einem Begrübungsgedicht
an den Prinzen Friedrich Wilhelm —
und feine erlauchte Gemahlin. Das Gelingen
regte ihn zu weiteren Vorgehen an, ermuntert
durch den damaligen Theateragenten Heinrich, der
ihm mit Nat und That zur Seite ftand, Nun
verfuchte er fich in Skizzen, Novellen, bis der F
radezu überraſchende Erfolg ſeines Meinen 8
bildes „Dietrich und Brechſtange“ am Meyſel⸗
ſchen Theater in Berlin ihn auf die Bühne wies.
Es folgten nun eine Unzahl Mleinerer und größer
rer Stüde, unter denen namentli die von Eb.
Jacobſon bearbeitete Poſſe „Starker Tabea”
einen nachhaltigen dauernden Erfolg errang und
an 200 aufeinanderfolgende Aufführungen ers
lebte. Außerdem verfaßte J. viele Novellen, Ge
dichte ꝛc., die in Zeitihriften und in Buchform
erichienen. Bon befannteren Arbeiten heben wir her⸗
vor: Die ſchöne Helena (Dr.), Nur ein Berlin,
lie Hagedorn, Hammer und Ambos, Vater Jı
Im Dienft, Er fucht feine Frau, Leo (Xiederfp.),
Drei Mark, Das Reich der Jllufionen, Schatten,
| Sein eigen Blut, Zwei Jahre Zuchthaus (Rov.);
Der Kandidat (Hum.), Aus Race (Nov.),
Modell (Nov.), Todfeinde (Erz.), Aus bemegter
Zeit, Unfer altes Berlin.
Jaeobſon, Eduard, wurde am 10.
November 1833 in Groß-Streli (Ober:
ichleften) geboren, auf dem Gymaſium zu
Oftrowo vorgebildet und widmete ſich dem
Studium der Medizin an der Univerfität
Berlin, die ihn 1859 zum Doktor pros
movierte. Der außerordentlihe Erfolg,
deilen feine erjte Bühnendichtung, der
Schwank Fauft und Gretchen, ſich zu erfreuen
hatte, gab ihm die Veranlaffung, fich ganz
der Echriftjtellerei zu widmen. Er hat in
Jaconde.
Gemeinſchaft mit Moſer, Kneifel, Girndt
und Rojen, größtenteils aber felbitändig
eine große Anzahl von, mit durchſchlagen—
dem Erfolg aufgeführten Poſſen verfaßt,
von denen wir hervorheben:
Bei Waſſer und Brot, Beckers Geihichte, Sing:
nögelchen, 500 000 Teufel, Der Poſtillon von
Münceberg, Die Galojhen des Glüdes, Das
Mädel ohne Geld, Ebbe und Flut, Die Lachtaube,
269
Der jüngfte Leutnant, Der Mann im Monde, Ein
gemachter Mann ꝛc.
erreichten die Jacobſon'ſchen Stücke die
Jubiläumsziffer 100.
Jaconde, ſ. Helene Stökl.
Jaeger, Guſtav, wurde am 23. Juni
1832 zu Bürg (Württemberg) als ber
Sohn eines Geiſtlichen geboren. Er durch—
lief die Lateinfhule und das niedere Se:
minar, da jein Vater ihn für den eigenen
Beruf beftimmt hatte. Nach Beendigung
der Seminarlaufbahn änderte Guftav 9.
jedoch) jeine Berufswahl, befuchte zunächit
ein Jahr das Polytehnifum zu Stuttgart,
wo er neuere Spradhen und Dtathematif
ftudierte, und arbeitete dann als Volon-
tär am. Stuttgarter zoologiſchen Muſeum.
1851 bezog er die Univerfität Tübingen
und abjolvierte dort das Studium der Me—
dizin und Chirurgie, promovierte aud) da—
jelbit umd habilitierte fi) 1856 als Pri-
vatdozent in Berlin. Er gründete hier in
Verbindung mit einem Kapitaliften zu—
nädhjft ein Aquarium, das er jedoch infolge
ungünftiger Zeitverhältniffe bald aufgab,
um als technijcher Direktor einer Aktien-
geiellihaft einen Tiergarten anzulegen.
Als auch) das nicht glüdte, kehrte er 1866
nad) Stuttgart zurüd, wo er ſich als Zeh: |
ter des Polytechnikums und der Tierarznei:
ſchule niederließ. 1884 zog er fi von
diefer Thätigfeit zurüd und lebt nun ſei—
nen ſchriftſtelleriſchen Arbeiten und fei-
ner — Wolle.
Außer vielen Abhandlungen in Fa: u. a. Zeit:
ſchriften heben wir von feinen außerordentlich an:
erfannten Werfen hervor: Zoologiſche Briefe, In
Dit der legten Poſſe
Saden Darwins contra Wigand, Die Darwin:
Ihe Theorie und ihre Beziehungen zu Moral und
Religion, Skizzen aus dem Tiergarten, Das Le: |
Jäger.
ben im Wafler, Die Wunder der unfihtbaren
Welt, Deutichlands Tierwelt, Wanderungen durch
das Tierreih, Die menſchliche Arbeitäfraft, Die
Normalkleidung als Gefundheitsihug, Entdedung
der Seele, Lehrbud der allgemeinen Zoologie.
Seit 1881 giebt 9. ein der Fortbildung feiner
Lehre und Praris gemidmetes Monatsblatt „Prof.
Dr. I. Jägers Monatsblatt” heraus,
Jäger, Oskar, wurde am 26. Oktober
1830 inStuttgart geboren, jtudierte Theo:
logie und Philologie, daneben privatim
eifrig Geihichte zu Tübingen und wirkte
als Lehrer in Freyimfelde, Stuttgart, Ulm,
Meplar, als Rektor in Mörs und jeit
1865 als Direktor des Friedrich-Wilhelms⸗
Gymnafium zu Köln, als welder er nod)
heute thätig ift.
Von feinen hochverdienten Werten heben wir
hervor: John Wyeliffe und feine Bedeutung für
die Reformation (1854), Geſchichte der Römer
(5. Aufl. 1883), Geihichte der Griechen (5. Aufl.
1887), Preußen und Schwaben, Die puniichen
Kriege (1870), Geichichte der neueſten Zeit (Fort:
ſetzung von Schloſſers Weltgeihichte, 30. Aufl.
1882), Aus der Praris (1883), Weltgeihichte
in 4 Bänden (8. I. Il. 18857).
Jähns, Karl Marimilian Wilhelm,
Sohn desKomponiften und Muſikgelehrten
Prof. Frd. Wild. J., wurde am 18. April
1837 zu Berlin geboren und dort auf
der von feinem Großvater K. 5. v. Klöden,
dem Altmeifter brandenburg. Natur: und
Geſchichtsforſchung, begründeten ſtädtiſch.
Gewerbeſchule ausgebildet. 1854 trat er
zu Aachen in das 28. Inf.Regt., beſuchte
die Divifionsfhule zu Trier, wurde im
März 1857 Offizier und ftand als folder
abwechielnd in Aachen und Jülich. 1859
erichien fein Märchenepos: Reinhart. Eine Samms
| Tung Iyr. Gedichte: Ein Jahr der Jugend (1861)
fam nicht in den Buchhandel, fondern wurde ala
Gewinn der Schiller-Lotterie verteilt. Feitgedichte
zur Schillerfeier (1859), zur Weberfeier (1860)
und zur Leſſingfeier (1862). Das Album des
German. Mufeums brachte 1860 eine Reihe von
Sonetten: Bilder aus dem 16, Jahrhundert. —
Die bier zuerit bervortretende geſchichtliche Rich—
tung ſprach ſich dann deutlich aus in zwei topo—
graphilch-hiftor. Studien: Aachen, die Kaiſerſtadt,
und Jülichſche Geihichten (1861—62.). 1859
bezog 3. die Berliner Kriegsafademie.
1863 vermählte er fih; ein Jahr jpäter
Jähns.
wurde er Regimentsadjutant zu Aachen
und ſchrieb als ſolcher die Geſchichte des 2.
Rhein. Inf.⸗Regts. Nr. 28 (1865). m fol-
genden Jahre nahm er den Abſchied und
fiedelte nach Berlin über, um ſich germa—
niftiihen Studien zu widmen. Die Er:
eigniffe des J. 1866 aber führten ihn in
den Dienft zurüd; während des Krieges
verjah er ein Decernat im Kriegsmini-
fterium, und als dann 1867 beim großen
Seneralftabe der Neben-Etat für willen:
Ichaftlihe Zwecke eingerichtet wurde, war
J der erfte in demfelben berufene Offizier.
Meitere Kreile gewann fi J. dur die Vor:
Iefungen, welche er in willenichaftlichen Vereinen
Berlins hielt, 3. B.: Pie Entitehungsgaeichichte
der Berliner Friedrichsſtadt, Walther v. d. Vogel:
weide, Wodan ala Jahrgott. Während des Feld»
zugs 1870 fungierte 3. ald Kommiflar des Ges
neraljtabes für die Eifenbahnlinie Straßburg:
Paris in Nancy. 1872 erfolgte feine Berufun
auf den Lehrſtuhl der Gejchichte der Rriegsfunft
an der Berliner Kriegäafademie, den er dreizehn |
Am Übrigen gehörte er
Jahre lang innebielt.
dauernd der geogr..itat. Abtheilung an, für welche
er u. N. die dreizehn Jahrgänge der befannten
270
Jahn.
reift und hofft, das groß angelegte Werk im 9.
1888 zu vollenden.
Zahn, Albreht Carl Rudolf Her:
mann, wurde am 29. Auguft 1847 in
Mittenwalde geboren, feine Jugendzeit
verlebte er in Spandau, woſelbſt jein
Vater als Juſtizrat wirkte. Er entjtammt
einer alten märfifchen Familie, ift väter:
licher: und mütterlicherjeits mit dem Turn⸗
vater Jahn verwandt. 1867 bezog J.
die Univerfität Berlin, um Deutſch, Ge—
Ihihte und Geographie zu ftubieren.
Diefes Studium erlitt eine Unterbrechung
durch Abſolvierung des Dienftjahres 1868.
Zum großen Humboldtfeft der Berliner
‚Univerfität (1869) lieferte er das dem
Programm beigegebene Feitgedicht. 1870
nahm Jahn als Rejerveoffizier am Feldzug
teil und hat ſich das eiferne Kreuz er:
worben. Nah der Nüdfehr aus dem
Feldzuge nahm er feine Studien wieder
‚auf, war aber daneben auch literariſch
thätig. Seine während des Feldzuges
geogr. „Regiftrande des gr. Generalſtabs“ redi: | entftanbenen Kriegälieder, die feinen Ka—
gierte. 1869 wurde er zum Hauptmann, 1878 | Meraden in erniter Zeit oft zur Ermuns
zum Major, 1885 zum Oberftleutnant befördert. | terung gedient, gab er unter dem Titel:
Im folgenden Jahre nahm er den Abfchied, und
die Univerjität Heidelberg promovierte ihn zum
Ehren:Doktor der Rhilojophie. — Inzwiſchen
hatte 5. eine auägebreitete literariiche Thätig—
feit entfaltet. An größeren Werten heben wir
hervor: Roß und Reiter in Leben, Sprade,
Glauben und Geichichte der Deutichen (1872),
Das franzöfifche Heer von der großen Revolu:
tion bis zur Gegenwart (1873), Die Schladt
von Königarä (1876), wohl die umfaflendite
Monographie einer Schlacht, welche es giebt;
dann Fein als hochbedeutend anerfanntes Haupt:
wert: „Handbuch einer Geſchichte des Kriegs:
weſens von der Urzeit bis zur Nenaifiance. Bes
waffnung, Kampfweiſe, Befeltigung, Belagerung,
Seeweſen“ nebſt einem Atlas von 100 Tafeln
(1850) und als Ergänzung „Heereäverfaflungen
und Völferleben” (1855). Außer diefen größeren
Merken veröffentlichte 3. eine bedeutende Anzahl
kleinerer Arbeiten in Zeitfchriften und Zeitungen.
Das von J. 1866 gedichtete, 1871 erweiterte pa:
triotifche Feitipiel „Zur Heimkehr“ ift feit andert:
halb Jahrzehnten auf vielen deutihen Soldaten:
bühnen aufgeführt worden. Seit Jahren ift 9.
von der Hiftoriichen Kommiffion in München mit
Abfaſſung einer „Geichichte der Kriegswiſſenſchaf—
ten“ betraut, hat für diefe Aufgabe die Biblio:
thefen Deutichlands, Frankreichs und Italiens be:
Erinnerungäblätter aus eiferner Zeit zum Beften
eines in Spandau zu errichtenden Krieger
denfmals heraus und fand damit eine
freundliche Aufnahme. 1873 beftand $.
zu Berlin fein Eramen pro facultate
docendi; dann ging er als Lehrer an
‚das Nealprogymnafium zu Eilenburg,
‚wurde 1875 zum Dr. phil. promopiert
und übernahm 1876 das Rektorat der
höheren Schule zu Halver in Weftfalen.
‚1878 ging 9. als erjter Zehrer an die
Realſchule zu Seelen. Zuvor lieh er noch
die Dihtung: Ein Sang von Lothringen ers
ſcheinen.
Für die Kriegervereinsbewegung war J. uns
ausgeſetzt thätig; 1884 gab er ein Liederbuch des
Deutichen Kameraden heraus (2, Aufl. 1885),
feit 1884 ift er Redakteur der Braunfchweigiichen
Landmehrzeitung, des offiziellen Organs des
Braunfchmweiger Landmwehrverbandes. 1889 bat
J. feine Gedichte gefammelt und in einem ftatt-
‚lien Bande unter dem Titel „Wegewart“ er:
ſcheinen Iafien. Dies Werk ift von der Prefie
‚ außerordentlich günftig beiprocdhen worden. 1888
erſcheinen feine „Rriegserinnerungen“. 1888 wird
Jahn.
271
Janfe-Cärola.
J. einem Rufe ald Direftor einer höheren Lehr: | biete zu und gab, nachdem ich zum Doktor
anftalt nach Braunfchweig Folge leiften.
Zahn, Guſtav Wilh. (Guftav Friſch),
wurde am 23. Februar 1818 in Sanders»
leben geboren, trat nad) Beſuch der Schule
in die Meißgerberei jeines Vaters ein,
gab jedoch das Geſchäft auf und widmete
ih der Landwirtſchaft. 1852 ermählte
ihn jeine Vaterſtadt zum Bürgermeiiter,
welhes Amt er bis zum Jahre 1858
befleidete, da er Direktor des Knaben:
rettungshaufes und der Brüderanftalt in
Züllchow wurde und gleichzeitig als Redak—⸗
teur des „Züllhower Boten“ fungierte.
Literarifch bat 3. fich befonders durch fein be:
„Dobelied in Liedern” (5. Aufl. 1873)
gemadt; auferdem hervorzuheben: Der
Brautftand (2. Aufl. 1860), Neuer Frühling
(2. Aufl. 1860), Der Gratulant (Ged. 1850),
lungen für das Volk (1850), Das fchöne
Auisle ( 1870).
Jahn, Herrmann (Herm. Hain), ge:
boren den 13. Auguft 1857 in Klein:
Dielen (Mecklenburg), befuchte das Gym—
nafium in Roftod, mußte dafielbe jedoch
verlaſſen, da ein rheumatiſches Leiden
ihn zwarg, ein milderes Klima aufzu:
en. Zwei Jahre am Gardajee gaben
ihm feine Gefundheit wieder. Er lebte
nun zumächit in Noftod, jeit 1882 in
Gohlis bei Leipzig ausſchließlich feinen
literarifchen Arbeiten.
Dauptwerfe: Arbues de Epila, König Eric)
(Dram.), Deutfche Lieder, Im Bann der Venus,
denfe Dein (Ged.), Agnes Bernauer (Dram.),
Bermwehte Blätter (Ged.), Iſuſchka (Ged.).
Jahn, Ulrih Guſtav, wurde am 15.
April 1861 als zweiter Sohn des durch
fein hohes Lied in Liedern bekannten
Dichters Guftav J. in Züllchow bei
Stettin geboren. Auf dem f. Marien:
fiftsgymmafium zu Stettin herangebildet,
bezog ich 1879 die Univerfität und mid:
mete mich zunächit in Leipzig und Berlin
und germaniftiihen Studien.
1882 begab ich mich nad) Breslau und
mpfing dort durch Karl Weinhold Frucht:
bare : für die deutfche Mytho—
logie und Sittenfunde. Infolge deflen
andie ich meine Kraft ganz diejem Ge:
promoviert war, im Winter deſſelben Jah:
res meine Schrift heraus: Die deutſchen Opfer:
gebräuche bei Aderbau und Viehzucht. Ein Beitrag
zur deutſchen Mythologie und Sittenkunde. Jhrfolg:
ten 1885: Volksſage aus Pommern und Rügen.
AufGrund diefes Werkes wurde ichin den Voritand
der Gefellichaft für pomm. Gefhichte und Alter:
tumsfunde gewählt und mit der Redaktion der
Baltifhen Studien betraut. m diefer Eigen:
ſchaft lag es mir ob, mich auch praftifch mit der
Prähiftorie durch Ausgrabungen ꝛc. zu befafien;
ferner fiel es mir zu, die fFeitichrift zur Begrükung
des 17. Kongreſſes der deutichen anthropologiichen
Geſellſchaft in Stettin zu ſchreiben. Sie erſchien
‚unter dem Titel: Herenmwefen und Zauberei in
Pommern (1886). Hatte mir der Anihluß an
Paul Weinhold die erbitterte Feindfchaft der
' Müllerhoff » Mannhardt’ihen Schule zugezogen,
jo gewannen mir die durch die Anregung des
Breslauer Germanijten entitandenen Rublifationen
dafür das MWohlwollen der deutichen Anthropo»
logen, deren Altmeifter, Rudolf Virchow, mich
in den Stand jetste, meine Sammlungen des
Volkstümlichen in Pommern in meit größerem
Maßſtabe betreiben zu fünnen, als vorher. Die
nächſte Frucht diefer Arbeiten wird cine Samm—
fung der Bommerfchen Kinder: und Hausmärden
fein, welche ih in drei Bänden demnächſt zum
Drud zu befördern gedente. — Was meine Yes
bensitellung angeht, jo bin id nad vorüber:
ebendem Aufenthalt in Züllhom bei Stettin,
aldenburg in Schlefien, Stettin und Grabow
a. W. zur Zeit als ordentlicher Lehrer am ſtädtiſchen
Friedrihs-Realgymnafium in Berlin angeitellt.
Jauke-Carola, geboren am 24.
Dezember 1834 in Köslin, wurde im
Berlin und Naumburg a. d. Saale er:
zogen, burchreifte in früher Jugend Deutſch⸗
land, England, Franfreih, Oſterreich—
Ungarn, die Donaufürftentümer und Sie:
benbürgen, erlernte außer Latein fieben
Sprachen geläufig und beichäftigte fich
viel mit ausländifcher Literatur und mit
Überfegungen.
Bon ihren fehr gut aufgenommenen Werfen
beben wir hervor: 2 Bändchen Gedichte (1866),
1869 erfchien die 3. Auflage der Gedichte und
dad 3. und 4. Bändchen lyriſcher Poeſien. In
Zürich gab ſich die Autorin gefhichtlihen und
pbilofophiichen Studien bin und verfahte das
„Mätfel der Unfterblichkeit”, die „Weltubr“,
welche 3 Auflagen erlebten, Bier Novellen, und
4 Luſtſpiele (2. Aufl.). Italiend Riviera, Die
ſchönen Seen bei Mailand beitimmten fie, am
Genferfee den Abend des Lebens zu verleben,
Janko.
Janko, Wilhelm Edler von, geboren
5. Dezember 1835 zu Mantua als Sohn
eines Artillerie-Stabsoffiziers und für Die
militärische Laufbahn bejtimmt, erhielt
feine Ausbildung in der k. k. Militär:
Akademie zu Wiener-Neuftadt. Trat als
Lieutenant aus derfelben 1854 in das
(lombardiſche) Infanterie-RegimentNr.23
in die Armee. Befand fih 1854-55
bei dem zur Operation gegen Rußland
beitimmten Heere in Galizien, machte
1859 den Feldzug in Italien, 1864 jenen
in Schleswig=Holftein (Oberlieutenant im
72. Inf.Regmt. und im Generaljtabe),
endlich den Krieg bei der Nordarmee 1866
als Hauptmann mit. Schon in den
Friedensjahren ununterbrochen mit Hifto-
riihen Studien beihäftigt, thätig als
Lehrer in den Kadettenichulen, quittierte
er 1867 den aktiven Dienft, um ſich ganz
feiner ſchon feit den Anabenjahren ihm
innewohnenden Neigung für die Gejchichte
(eben zu können und fand durch feine
erneuerte Stellung im k. k. Kriegs⸗Archive
hierzu mwejentlihe Unterftügung. 1884
wurde er franfheitshalber in den Ruhe—
ftand verjegt.
J. war es befonderd darum zu thun, wenig
gefannte oder vergefiene Ereignifje und Perſön—
licteiten der heimatlichen Kriegsgeſchichte in Er⸗
innerung zu bringen. Er hat mit großem Fleiß
earbeitet, hierfür ſprechen feine zahlreichen grö—
Een oder kleineren Aufläge in militärifchen
Blättern, in wiſſenſchaftlichen Zeitſchriften ꝛc.
Auch entwickelte er eine lebhafte Thätigkeit als
Rezenſent mannigfaltiger hiſtoriſcher oder militärs
hiſtoriſcher und biographiſcher Werke. Er war
u. a. auch Mitarbeiter an Poten's bekanntem
Handwörterbuch der geſammten Militärwiſſen-
ſchaften (über 400 Artikel) und den „Allgem.
Deutſch. Biographien“. Seine erſte, im Buch—
handel erſchienene Arbeit iſt betitelt: Laudon,
der Soldatenvater in ſeinem Leben und Wirken
als Soldat, Feldherr und Menſch (1863, preis⸗
gekrönt). Als Oberleutnant noch veröffentlichte
J. Diterreich in ſtatiſtiſcher Beziehung (1865),
bierauf folgten: Wallenftein, ein Charakterbild
im Sinne der neueften hiſtoriſchen Forichungen
(1867), Laudons Leben (jein Hauptwerk 1869), | |
Schwendy (1870), Die Schlaht am Marchfelde
(1878), —* und Geſchichte, ſowie Laudon in
Gedicht und Liede feiner Zeitgenoſſen (1880).
Durch und durch deutſche Geſinnung charakteri«
272
— Janſſen.
fiert J's Arbeiten, die ſich faſt durchweg der
günſtigſten Beurteilung erfreuten. Für ſeine lite⸗
rariſche Thätigkeit wurde J. vom Kaiſer mit der
roßen goldenen Medaille für Kunſt und Willen:
—* ausgezeichnet.
Jauſſen, Joh., wurde am 10. April
1829 in Xanten geboren, widmete ſich
dem Studium der Philologie und Ge—
ihichte an der Akademie zu Münfter und
an den Univerfitäten Bonn und Berlin,
habilitierte fih 1854 und wurde im felben
Jahre Profeſſor am Gymnaſium zu Frank
furt a. M. 1860 wurde er zum Prieſter
geweiht und 1880 zum päpftlien Haus⸗
prälaten und apoftoliihen Protonotar
ernannt. 1875 gehörte er dem R
tage als Mitglied (Zentrum) an. J.
bat ſich ſowohl als Literarhiftorifer wie
als Geichichtsforiher einen bedeutenden
Nuf erworben, wenn er auch in leßterer
Beziehung nicht ganz auf religiösneu-
tralem Boden ftehen dürfte.
Hauptwerke: Gefhichtäquellen des Bistums,
Münfter (1856), Frankfurter Reichskorreſponden;
(1863), Frankreichs Rheingelüfte (1863), Guftav
Adolf in Deutfchland (1865), Karl ber
(1867), Böhmer’s Leben und Schriften (1868),
Geſchichte des deutichen Volkes feit dem Mittel:
alter (13. Aufl.), Schiller als Hiftorifer (2. E70).
1879), Zeit: und Lebensbilder (3. Aufl, 1879),
An meine Kritifer (6. Aufl. 1884), Ein zwei
Wort an meine Kritifer (4. Aufl. 1884).
Januszfiewiez, Hans von (9. v.
Reinfels). Aus meiner erften |
zeit, Die am 17. Januar 1855 in Stettin
begann, ift nicht viel zu bemerken. Ich
fing ſchon früh an der „Schrift“ nad
zu „itellen“, indem ich meine Erſparniſſe
zumeiit in Büchern anlegte. An meiner
Abficht, mich nad) Abfolvierung der Schule
(Real-Gymnafiuın) dem Militärftande zu
widmen, hinderte mich meine „Unmäßig-
* * — * alias
nicht mit meiner Breite im
So wanderte ich denn ee
ſeſſel. Lange ließ ſich aber meine Leiden⸗
Haft, Papier zu verderben, nicht zügeln
und die Schriftitellerei beſch mid
in meinen Dußeftunden. Ich wurde Jour
nalijt. 1880 trat ich als Mitglied indie Redaktion
Jarke.
der „Stett. Zeitung“ und des „Stett. Tgb.“, pr
dem ich Schon als Kaufmann? Jahre lang für diefe
Blätter die Theaterkritit gefchrieben hatte.
fie ich mein erjtes Theaterftüd „Blumenduft
oder Das gnädige Fräulein“ (Lujtip.) aufführen,
dem in demjelben Jahre der Einafter „Kombi:
nationen“ folgte (beide nebit der Satire „Theater:
Hatih“ 1880 unter dem Titel „Dramatiſches
Allerlei” erſchienen). 1883 folgten die Einakter
„Marotten”, „In eigener Schlinge“ und „Im
Negligee". Die letztgenannte Plauderei machte
mich als Bühnenfchriftiteller weiteren Kreifen bes
tannt, fie fam an vielen Bühnen mit Erfolg zur
Aufführung. Seit diefer Zeit habe ih mich vor:
nehmlich auf fozialpolitifchen Felde bewegt. Mein
Beruf als Redakteur nahm mich ganz in Anfpruch.
Seit 1. November 1887 gebe ich die „Stettiner
Big." und die „Kinderpoſt“ heraus.
One neue Meine Theaterftüde „Alte Briefe”,
„Eibouquet” und „Kapituliert” find noch in
legter Zeit entitanden. Auch nenne ich noch das
Suftipiel „Kinderfchliche”, welches 1884 in Lieg-
nis zur Aufführung gelangte und beifällige Aut.
nahme fand.
Jarke, Franzista Julie (E. Rudorff),
geboren ben 3. Dezember 1815 zu Königs:
berg ala Tochter des Kaufmanns Schle—
fus, empfing daheim und auf Reifen
durch Deutichland, Belgien, Holland und
273
Ibn Bebi.
ſchichte, Nechts- und Staatswifjenichaften,
promovierte zu Göttingen 1878 mit einer
Abhandlung „Zur ſtrafrechtlichen Stellung
der Sklaven bei Deutſchen und Angel:
ſachſen“. 1879 und 1880 war er bei
Leopold von Ranke, weldher damals an
der Vorbereitung jeiner „Weltgeichichte“
arbeitete, als Aſſiſtent thätig. Einer mehr:
jährigen Lehrthätigkeit an Berliner Gym-
nafien gingen wilfenichaftliche Arbeiten zur
Seite. Noch lange nach der Univerfitätszeit blieb
er in Beziehungen zu Karl Wilhelm Nitzſch bis
zu dejlen im 53. 1880 erfolgten Tode. J.
gehört zu denjenigen Mitgliedern der Nitzſch'ſchen
Schule, welche an der Fortentwicklung von Ritzſchs
Gedanken über Geſchichtsſchreibung felbitthätig
mitarbeiten und inöbejondere beftrebt find, feine
Anſchauungen über die wirtſchaftliche Entwides
lung der Völker zur Geltung zu bringen. Stu:
dien über Bufendorf als Juriften und als His
ftorifer führten ihn in die Gefchichte des deut:
ſchen Einheitsgedanfens. Er veröffentlichte über
diefen Gegenftand: Pufendorf3 Lehre von der
Reichsverfaſſung. Ein Beitrag zur Gefhichte der
| deutihen Einheit (1882). Danach) erfhien: Ge:
Ihichte des deutſchen Einheitätraumes und feiner
Erfüllung. In den Grundlinien dargeitellt (preis:
gekrönt 1885). Auf wirtihaftsgeihichtlihen Ge:
Franfreih eine reihe Bildung, verheis | biete ift fein Hauptwerk die hiſtoriſch-ſtatiſtiſche
ratete ſich 1850 mit dem Nitterguts-
befiger J. mit welchem fie bis zu jeinem
Tode (11. März 1878) eine glüdliche
Ehe, meiſt in der Stille des Landauf—
enthalts, führte. Erit in fehr reifem
Alter entichloß ih F. I. eine literarijche
Arbeit der Offentlichfeit zu übergeben.
Sie beteiligte fih 1864 an dem Konkurrenz:
ausihreiben Der Modezeitung Victoria für eine
größere Erzählung, und fie war es, die mit dem
Roman „Durch Leid zum Licht” den eriten Preis
erwarb. Seitdem fhrich fie verfchiedene Erzäh:
lungen für eitichriften, die unter dem Titel:
Deutſches Leben‘ vereinigt erſchienen und fich
alle durch piychologifche Vertiefung und gemandten
Stil auszeichneten, wie auch der in englifchen
Verhältniſſen Spielende Roman „Die Tochter des
Rabob“. Außerdem veröffentlichte jie: Stunden
der Weihe, eine Sammlung von Ausiprüden
Arbeit: Die Volkszahl deutſcher Städte zu
Ende des Mittelalters und zu Beginn ber
Neuzeit (1856). Seit 1885 iſt er Dozent
an der Univerfität Berlin und giebt daneben
die „Jahresberichte der Geſchichtswiſſenſchaft“, fo:
wie die „Hiftoriichen Unterfuchungen” heraus.
Sbn Zebi, j. Paulus Caſſel.
Jeaune, Maria, |. von Gayette-
Georgens.
Sehle, Ludwig, geboren in Wien am
23. Auguft 1842, abjolvierte daſelbſt an
der techniihen Hochſchule die hem.stech-
niihe Fachſchule. Seit 1867 in Prerau
(Mähren-Diterr.) als Chemiker angeftellt,
im Jahre 1873 zum Gerichts-Chemifer
ernannt. 1874 gründete er die meteo-
leiermachers, Stunden der Erhebung, Aus: rologiſche Station Prerau, deren Beob-
ſprüche von 8. 3.
loren! 3
Jaſtrow, J., geboren am 15. Sep-
itzſch; Onfel Born, Der: achtungen jeit 1878 von der Ef. Zentral—
lichte Größe, Unterwegs und Am Ziel. ‚Anftalt für Meteorologie in Wien in
extenso publizirt werden. Von 1878
tember 1856, ftudierte 1875 —78 auf den | bis 1882 wirkte er als vom f. f. Ader-
Univerfitäten Breslau und Berlin Ge: | bau-Minifterium ernannter Deuter der
Das literariihe Deutfchland, 18
Seitteles.
meteorol. Agrar:Depeichen für Mähren
und wurde ihm für feine Leiftungen auf
dem Gebiete der Agrar-Meteorologie das
goldene Verbdienfifreuz verliehen. Eeit
1880 beichäftigt er fich mit Mafler-Ana-
lyſen, Nahrungsmittel = Unterfuhungen,
mit Hygiene und ſemiotiſch-chem. Unter:
fuhungen. Die Refultate der Unterfuchun:
gen find teils in den Berichten des na—
turwiſſenſch. Vereines von der techn. Hoc):
ſchule in Wien, in den Abhandlungen des
naturforfchenden Vereines in Brünn ver:
öffentliht, teils im Manuffripte der
Bibliothek des Landes-Eanitäts-Rates in
Brünn eingereiht. _
Mir heben hervor: Uber Witterungsfunde, Der
heutige Stand der Witterungsfrage, Zur Grund»
waſſertheorie, Unterfuchungen von Nahrungs: und
Senufmitteln, Zehnjührige Beobadhtungsrefultate
der meteor. Station Prerau, Die Mortalität der
Stadt Prerau und ihre Beziehung zur Witterung.
Jeitteles, Adalbert, geboren zu Wien
20. Aug. 1831, war anfänglich im Lehr:
fache an&taatsmittelichulenthätig, wandte
fih aber 1859 dem Bibliothefsamte zu,
welchem er fortab in ununterbrodhener Zeit:
folge angehörte. Erft Hilfsarbeiter an der
Amtsbibliothef des f. k. Minifteriums für |
Kultus und Unterricht, erhielt er 1861
die Etelle eines Amanuenfis an der k. k.
Univerfitätsbibliothef in Mien und wurde
1867 zum Efriptor an der Univerfitäts-
bibliothef in Graz, 1871 zum Kuftos an
derjelben Anftalt, endlich 1874 zum Vor:
ftand der Univerfitätsbibliothef in Inns—
brud ernannt. 1868 erwarb er fich zus
gleich die venia legendi als Privatdozent
für deutfhe Philologie an der Grazer
Univerfität und hielt in den Jahren 1868
bis 1874 in Graz, 1876— 77 in Inns⸗
bruck gutbefuchte Vorlefungen aus diefem
Miffensgebiete. Yon 1869 bis zum Aus:
tritt aus feinem Rirfungsfreife in Graz
war er überdies als Graminator für
deutihe Eprade und Literatur in der
‚der Schule des Kirchdorfes Oldenswort,
wifienichaftlichen Pıüfungsfommilfion für
das Nealihulamt und feit 1871 auch in
jener für das Lehramt an Handelsſchulen
thätig. Tiefe mehrfache, durch eine leb—
274
Senfen.
hafte ſchriftſtelleriſche Thätigkeit verftärkte,
anftrengende Beihäftigung erfchütterte
‚aber jeine Gefundheit derart, daß er fi
1881 genöthigt jah, feine Entlaffung aus
dem Staatsdienfte anzufuchen, die ihm
unter kaiſ. Anerkennung feiner Verdienfte
im November desjelben Jahres gewährt
wurde. Seither lebt er, wiſſenſchaftlichen
Arbeiten obliegend, als Privatmann in
feiner Vaterſtadt Wien.
Von feinen ald bedeutend anerfannten ſelb—
ftändigen Schriften heben wir hervor: Neuhoch—
deutiche Wortbildung. Auf Grundlage der hiftor.
Grammatif für weitere Kreife bearbeitet (1865),
Althochdeutſche Grammatik von K. N. Hahn.
2. Aufl, bearbeitet von U. 3. (1866, 4. Aufl.
1875), Grundzüge einer Reform der öfterreid.
Staatsbibliothefen (1872), Auswahl aus Ulfilas’
gothifher Bibelüberſetzung. Mit Glofjar und
einem Grundriß zur goth. Laut: und Fleriond«
Ichre. Von Karl Aug. Hahn. 3. Aufl. heraus
gegeb. und bearb, von N. 3. (1874), Altdeutiche
Predigten aus dem Bencdiftiner-Stifte St. Paul
in Kärnten (au u. d. Titel: Altdeutiche Hand»
ſchriften aus Dfterreich. Teil 1.) (1878), Die St.
Pauler Predigten und Herr Anton Schönbach.
Abwehr einer Rezenfion über das Werk Alld.
Predigten aus d. Benediktinerftifte St. Raul“,
Zugleich ein Beitrag 3. liter. Kritik unferer Tage.
(1881).
— —
mannes in Brock, Kirchſp. Viöl, Kreis
Huſum, geb. den 21. Juni 1822, genoß
den Jugendunterricht in der heimatlichen
Dorfſchule, mehrſtenteils landwirtſchaft—
licher Verhältniſſe wegen bei nur winter:
lihem Schulbeſuch. Nach vollendetem 18.
Lebensjahr bezog er das Lehrerfeminar
zu Sfaarup auf der Injel Fühnen (Däne-
marf), das er nad) 2 Jahren verlieh.
Nachdem er anderthalb Jahre als Haus»
Ichrer gewirkt hatte, ward er 1884 von
dem Edulfollegio der Gcmeinde Oldens—
wort in der Landſchaft Eiderftcht zum
Lehrer an der Volksichule zu Hemme ein-
ſtimmig gewählt und nad adhtjähriger
Wirkſamkeit dafelbft zum 1. Lehrer an
an welder er bis zu feiner Emeritierung
(1. April 1884) eine feinen Wünſchen
‚und Kräften entipredhende und lohnende
—
Jenſen.
275
Ille.
Thätigkeit fand. Religionsphiloſophiſche 1836—40 die Rechte. Ta er zum hans
MWerfe bildeten neben naturfundlichen
Schriften feine Lieblingsleftüre.
Er veröffentlihte: Die Humanität im Lichte
des Ehriftentums ift da3 einzig wahre Prinzip
des Unterrichts und der Erziehung durch die Volks—
ſchule. Diefer Broſchüre folgte in verſchiedenen
pädag. Zeitichriften eine Reihe von Abhandlungen
über pädag. Themata, die ein allgemeinercs, fuls
turelles Intereſſe in Anſpruch nehmen durften,
und 1881 eine zweite Brofhüre: Das Weltprinzip
der Freiheit. Von dem auf 5 Teile berechneten
Werk: Chriftlihe Religionslehre für den Unter:
= der gereifteren Jugend, find die erjten 3
e bereit3 erſchienen und von der Kritik als
vorzüglich beurteilt, der vierte erſcheint 1887.
Jenſen, Wilhelm, wurde am 15. Fe:
bruar 1837 in Heiligenhafen (Holftein)
geboren, beſuchte das Kieler Gymnafium
und beabfichtigte, fi) dem Studium der
Medizin hinzugeben. Nach Abfolvierung
der erſten Semefter an der Univerfität
Kiel behagte ihm bei tieferem Einblid in
dieſe Wiffenichaft und ihre „Geheimniſſe“
das Studium nicht, und wandte er fich
dem der Philofophie zu. Nachdem er noch
einige Semefter in Würzburg und Bres-
lau verbracht hatte, überfiedelte er nad)
Münden, betrieb dort feine Studien weiter
und übernahm 1868 die Redaktion der
„Echwäbiihen Volkszeitung” in Stutt-
gart, die er nur ein Jahr leitete, um
dann diejenige der „Norddeutichen Zei-
tung“ in Flensburg zu übernehmen. Von
1872— 76 wohnte J. in Kiel, jeit 1876
in Freiburg i. B., ausfchlichlidh feiner
EC hriftftellerei hingegeben. J.'s Haupt:
feld iſt die Novelle, die er meifterhaft be:
herrſcht.
Hauptwerke: Novellen, Neue Novellen, Dido
(Dram.), Juana v. Kaſtilien (Trſp.), Minatka
(Rom.), Eddyſtone, Sonne und Schatten, Die
Namenlofen(Rom.), Nach hundert Jahren (Rom.),
Holzwegtraum, Aus mwechlelnden Tagen, Flut
und Ebbe, Nirwana, Fragmente, Um den Kaijer:
ftuhl, Frühlingsfturm, Bor Sonnenwende, Meta:
morphofen, Über den Wolken (2. Aufl.), Aus
ftiler Zeit, Ein Stiggenbud, Vom alten Stamm,
Aus den Tagen der Hanja.
Ihering, Rudolf v., wurde am 22.
Auguft 1818 in Aurich geb. und ftudierte
in Heidelberg, Münden und Cöttingen
noverihen Staatsdienft nicht zugelafjen
wurde, ging er nad) Berlin, um die afas
demiſche Laufbahn zu betreten, promos
vierte 1842 daſelbſt, habilitierte ſich 1843
als Privatdozent für römiſches Recht und
erhielt 1845 eine ordentl. Profeffur in
Bajel. 1846 folgte er einem Ruf nad
Roſtock, 1849 nad) Kiel, 1852 nad) Gier
Ben, 1868 nad) Wien und 1872 nad)
Göttingen, wo er noch jet als einer der
hervorragendjten Rechtslehrer der Gegen»
wart lebt.
Hauptwerfe (diemeijtenin fremde Sprachen übers
ſetzt): Geift des römischen Rechts (4. A. 1878— 87),
Über den Grund des Beſitzſchutzes (2. U. 1869),
Civilrcchtsfälle ohne Entſcheidungen (4. A. 1
Die Jurisprudenz des täglichen Lebens (6. A.
1886), Der Kampf ums Recht (8. A. 1886), Der
Zweck im Recht (2. X. 1854), Das Trinkgeld (eine
von den vielen erfolglofen Anregungen zur Abs
Ihaffung des leidigen Trinfgelder » nmwefens),
—— und Ernſt in der Jurisprudenz (3. Aufl.
1884),
Ile, Eduard Valentin, wurde am 17.
Mai 1823 zu Münden geboren, abfol-
vierte das dortige Gymnafium und wid—
mete fih der Malerei. 1868 wurde ihm
Rang und Titel eines Profeffors der fol,
Akademie der bildenden Künfte und fpäter
der Bair. Berdienft-Orden vom hl. Michael
verliehen.
Von feinen Schriften heben wir hervor: Kaiſer
Sofef II. (Lebensb. 1850), Gedichte (1855), Her⸗
zog Friedrich von Tirol, genannt mit der leeren
Taſche (Oper 1860), Kunft und Leben (Schaufp.
1863, wiederholt mit Erfolg aufgeführt). Außer
dem viele Gedichte, Novellen ꝛc. in den „Flie—⸗
genden Blättern“, deren Redaktion I. 1864—75
angehörte, auch in anderen Blättern erfchienen
Beiträge J.'s, außerdem verfahte er mehrere
Schwänfe, Feitipiele z2c., die vielfach aufgeführt,
doch nit im Buchhandel vertreten find.
Immanuel, Rilh., |. G.W. Schulze.
Inama-Sternegg, Karl Theodor
von, aus einer alten tiroliihen Adels»
familie ſtammend, ift der Eohn eines hö—
heren bayriihen Richterbeamten, deſſen
Vater in der Zeit der Erwerbung Tirols
durd) Bayern (1809) in bayriiche Dienfte
getreten war. Geboren am 20. Januar
18%
Inama⸗Sternegg.
276
Joel.
1843 madte er feine Gymnafialftubien | ftif” (bis jegt 16 Quartbände), das dit.
in Neuburg a./D. und Amberg, feine | ftatiftifche Handbuch (bis jeßt 5 Jahrgänge),
Univerfitätsftudien in München, wo er
Aura abjolvierte, befonders aber national:
ökonomiſchen Studien unter Hermann
und hiſtoriſchen unter Giefebreht nad)
ging. Noch im legten Jahre feiner
Univerfitätszeit (1864) veröffentlichte er
feine erfte wirtſchaftsgeſchichtliche Arbeit
über die volfswirtichaftlichen Folgen des
30jährigen Krieges in Raumers Taſchen⸗
buch, auf Grund derer er das Doftorat
erwarb. Nach 2Y/sjähriger Gerichts: und
Verwaltungspraris habilitierte er fid) für
Staatswiflenihaften an der Univerfität
Münden, erhielt aber ſchon im Jahre
darauf (1868) einen Ruf an die Uni-
die 13bändigen Spezial-Ortsrepertorien,
das öfter. Städtebuch find feine Schöpfuns
gen, neben welchen er die „Itatiftiihe Mo—
natsſchrift“ zu befonderem Anjchen in der
Fachwelt emporgehoben hat. Zugleich)
blieb er auch in feiner neuen Stellung
feinem akademiſchen Zehrberufe getreu und
bat in der Wiener Univerfität ein jta-
tiftifches Seminar eingerichtet, von wel:
chem jährlich ein Bericht über die Leiſtun—
gen desselben erfcheint. Die kaiſ. Akademie
der Wiffenihaften hat ihn 1877 auf
Grund feiner ausgezeichneten Leitungen
zu ihrem forrefpondierenden Mitglied ge:
wählt, ebenjo ijt er Mitglied der kaiſ.
verfität Innsbrud, dem er auch Folge Leop.:Karol. Akademie der Naturforfcher,
leiftete, nachdem er vorher ſchon eine Neihe | des internationalen ſtatiſtiſchen Inſtituts,
kleinerer wirtichaftsgefchichtlicher und theos | der soci@t& de statistique de Paris und
retifher Arbeiten auf verſchiedenen Ge- der sociedade de Geographia in Rio
bieten der a ae Janeiro.
licht hatte. Auch in der Folge pflegte er #
mit gleicher Intenfität die theoretiihen, IOEL, Morig. Ich bin am 19. Ok—
wie die hiſtoriſchen Studien feines Faches; | tober 1826 als Sohn des Rabbiners
zu den erfteren zählen insbejondere Die H. J. zu Birnbaum geboren, habe in
Unterfuhungen über das Stantögebiet (1869-72) den Anabens und angehenden Jünglings:
und Die Verwaltungslehre (1870), zu den letz- jahren bei meinem el. Vater Hebräiich
teren Die Unterfuhungen über das Hofinitem und Talmudiich jtudiert, abfolvierte dann
und die Entwidelung der Dörfer (1872 und
1874), Über die Geſchichte der Preiſe (1873),
Die Ausbildung der aroßen Grundherrichaften
(1878) und die deutiche Wirtſchaftsgeſchichte
(1879), mit welcher er der ganzen For—
ſchung eine neue Grundlage gegeben hat.
Mit J. Zingerle hat er 3 Bände tiroliſcher
Meistümer herausgegeben. Im Jahre
1880 nad) Prag berufen, lehrte er an
biefer Univerfität 3 Semejter lang, um
dann 1881 die Leitung der jehr im Argen
liegenden amtlihen Statiftif von Oſter—
reich zu übernehmen. In diefer Stellung
und feit 1884 als PBräjident ber k.k.
ſtatiſtiſchen Zentral-Kommiſſion hat er Die
amtliche Statiftif Ofterreihs von Grund
aus reformiert, Jowohl was den Umfang
ihrer Arbeiten als aud) die Einrichtung
ihrer Publifationen, betrifft. Dies große
Quellenwerf der „Ofterreihiihen Stati-
‚in Pofen das Gymnaſium, machte meine
Univerfitätsitudien in Berlin, legte Darauf
das Eramen pro faeultate docendi in
Berlin ab und promovierte als Doctor
philosophiae in Halle. 1854 fam id)
‚als Hilfslehrer an das jüdische theologische
Seminar zu Breslau, wofelbjt ih 9 Jahre
dozierte, bis id Ende 1863 zum Rab»
biner in Breslau gewählt wurde, und
‚Seit jener Zeit bis heute diefes Amt ver-
walte. In diefer Zeit ließ ich folgende
jelbitändige Schriften ericheinen:
Lewi ben Haffan als Religionsphilofoph (1862),
Don Hasdei Cruscas — —
ren in ihrem geſchichtlichen Einfluſſe dargeſte
(1866), Spinoza's theologiicdhpolitiiher Traftat
auf feine Quellen geprüft (1870), Zur Genefis
der Lehre Spinoza’s (1871), Notizen zum Buche
| Daniel. Etwas über die Bücher Sifra und
| Sifre (1873), Religions⸗philoſophiſche 3
(1876), Meine in Veranlafjung eines
Jordan.
abgegebenen Gutachten über den Talmud (1877),
Die Angriffe des Griechentumd gegen Juden und
Ehriften in den eriten Jahrhunderten der rö—
milden Gäfaren (1879), Blide in die Religions:
geihichte: I. Teil: Der Talmud und die grie
chiſche Sprache nebft zwei Erkurfen, a. Ariftobul
der jüdiichen Peripatetifer, b. die Gnofis (1880),
IH. Teil: Der Konflift des Griechentums mit
dem Chriftentume in feinen Folgen für das Zu:
dentum (1883). An ſpezifiſch theol. Schriften
babe ich veröffentlicht: Feftpredigten (1867), Zur
Orientierung in der Kultusfrage. Dazu eine
Ergänzung (1869). Von 1861—86 eine größere
Anzahl von patriotiichen Predigten. Ebenfo eine
Anzahl Gelegenheitö: Predigten. Israelitiſches
Gebetbuh für die öffentliche Andacht (1872,
2. Aufl.1880). Streitichriften: Überdie Lasker'ſche
Refolution, Offener Brief an Herrn Profeflor
v. Treitſchle (1879), Gegen Gildemeiiter (1884).
Jordan, Karl Hermann, wurde am
18. November 1854 in Liegnig in Schle—
277
Jordan,
und Tilfit vorgebildet und ftudierte in
Königsberg und Berlin Philoſophie und
Naturwiſſenſchaften. Nah Beendigung
‚feiner Studien lebte er einige Zeit in
Leipzig, wurde jedoch infolge politischer
Preßvergehen aus Sachſen vermwielen
und fiedelte 1846 nad) Bremen über,
wo er, ganz feiner Schriftjtellerei hin—
gegeben, bis zum Sahre 1848 Iebte,
da er ſich lebhaft an dem politischen Ge—
triebe beteiligte und nad Berlin ging.
Er gehörte bier dem Frankfurter Parla—
ment als Abgeordneter (Zentrum) an.
1850 wurde er zum Minifterialrat in der
Marineabteilung des Reichsminifteriums
für Handel ernannt, nahm 1851 feinen
Abſchied und gab fih nun ganz feinen
ſchriftſtelleriſchen Beſtrebungen in Frank
fien als Sohn des Nittergutsbefigers in furt a. M. bin. Literariih wurde J.
Bolkendorf bei Neumarkt (Schlefien) ge:
boren. Er befuchte das Gymnafium zu
Sagan und das Realgymnafium zu Gör-
fig und machte, feiner Neigung für Natur-
wiſſenſchaft und Erdfunde folgend, zuerft
an ber Univerfität zu Berlin, darauf zu
Wien, feine entiprechenden Studien (1874
bis 1878). Aus verjchiedenen Gründen
gab er jeinen Plan, naturmwiffenichaftlicher
Forfhungsreifender zu werden, auf und
wandte fih mit fteigendem Intereſſe den
Tagesvorgängen zu. 1883—84 ging er
völlig zur Journaliftif über. Er ift feit
1883 als Redakteur am Biologiſchen
Zentralblatt thätig und gründete im De:
zember 1883 die „Fränkiſchen Nach—
richten“, die er noch jekt in dem Sinne
eines freifinnigen Volfsblattes leitet, troß
feiner Erziehung in jtreng fonjervativen
Kreifen.
Bon felbftändigen größeren Arbeiten heben wir | 1846 in Ragnit (Dftpreußen)
or: Die Binnenmollusten der nördl. gemäß.
von Europa und Ajien u. d. arktiſchen
Zänder (1888); Phyfiographie, Eine Einleitung
in das Studium der Natur. Nach dem Engli—
ſchen von T. H. Hurley für deutiche Lefer frei
bearbeitet (1884).
Sordan, Wilhelm, geboren am 8. Fe-
bruar 1819 in Infterburg (Oſtpreußen),
wurde auf den Gymnafien zu Gumbinnen
in weitejten Kreifen vornehmlich und zu—
erſt durch feine Nibelungen befannt, wels
ches Werk ihn zu den hervorragendften
Meiftern der Forms und Verskunit erhob
und feinen Ruf für immer begründete.
Auch auf dem Gebiet des Dramas hat
%. ſich befonders ausgezeichnet.
Hauptwerke: Nibelungen (Siegfried:Sage 12.
Aufl.1884, Hildebrands Heimkehr, 7. Aufl. 1884),
Strophen und Stäbe (Geb. 1871), Arthur Ar«
den (Schaufp. 1873), Durch's Ohr (Luftip. 4.9.
1880), Epiiche Briefe (1876), Andachten (Geb.
1877), Sein Zwillingsbruder (Luftip. 1883),
Tauſch enttäufht (Luſtſp. 2. Aufl. 1886), Die
Sebalds (Rom. 1884), Feftipiel zur 100jährigen
Feier der Gebrüder Grimm (1885); außerdem
lieferte J. vorzügliche Überfegungen von Homers
Ilias und Ddyfiee, der Tragödien des Sophofles
und von Shafefpeared Dramen.
Fordan, Wolfgang Arthur, ein Brus
der des Morigen, wurde am 26. Mai
eboren,
befuchte das Gymnaſium Tilfit, Aubierte
zuerft Theologie, danach Philologie in
Königsberg, legte 1871 fein Eramen ab
und wirkte als Gymnafiallehrer dafelbft,
fpäter in Raftenburg, feit 1877 in Gum:
binnen.
Hauptwerfe: Anklänge und Reime (Ged.
1875), Student und Dichter (Schaufp. 1875),
Leibeigne Lieder (1875), Das Gebet des Herrn
Soft.
(Ged. 1881), Das 5Ojährige Jubelfeſt (Ged.
1882).
Joſt, Eduard, geboren 21. Juli 1838
in Trier, war früh ſchon auf feine eigene
Kraft angewiejen, da die Familie 1851,
nahdem Eduard J. joeben das Gymna—
fium abjolviert hatte, durd) den Tod ihres
Ernährers beraubt wurde. Er wirkte nun
zunächſt als Erpedient im Sefretariat des
Handelsgerichts in feiner Vaterſtadt, ging
jedoch 1859, Diefer trodenen Arbeiten
278
müde, zur Bühne als Opernfänger (Bas
riton) und war als folder 4 Jahre mit
Erfolg thätig. 1864 trat er in die Ne
daftion der „Zrierihen Volkszeitung“,
übernahm 1867 die Leitung des „Anz
zeigers“ in Dürkheim, 1870 diejenige des
„Eilboten“ in Landau und 1882 Dieje-
nige des „SKreisblattes” in Merzig an
der Saar. Seit 1885 lebt J. in Leipzig
als Bibliothekar des Alfred Loreng’ichen
Antiquariats und Redakteur der Zeitichrift:
„Der Zuſchauer“.
Hauptwerte: Gedichte, Geld und Liebe (Nov.),
Der Junker von Haidenau (Nov.), Zeitgedichte,
2. Schumann, Studios Rheinfahrt (Nov. 2. A.),
Der gute Haifer Mar (Nov.), Deutiche Treue
(Erz., 2. Aufl.), Die Patriotin von Lautern
(Erz.), Klofter und Grafenburg (Erz., 2. Aufl.),
Die Braut aus dem Norden, Landſtuhl und
Ebernburg, Geſchichte der Stadt Kaiſerslautern,
Der gemütliche Jahresbote.
Irrgang, Georg, geboren am 31.
März 1860 in Kl. Naundorf bei Dresden,
verlebte Kindheit und Jugend durchgängig
in Dresden und wandte fi) nad) Abjol-
vierung des dortigen Annen-Realgymna=
Sfenbed.
ten in verfhiedenen Tagesblättern eine
gewiſſe Popularität. In diefen Jahren
entftanden auch die größeren bramatijchen
und novelliftiihen Dichtungen, die zum
Theil bald darauf in Leipzig erichienen,
wohin fi Irrgang vermöge der Gunft
begüterter Freunde und eigener Eripar:
niſſe aus der Zeit feines Beamtenlebens
wandte, um Kunſt- und Geijteswiflen:
haften zu ftudieren. Er gab die Be
amtenfarriere völlig auf und ſchlug nad)
vollendetem Studium als Schriftiteller bis
auf weiteres in Dresden fein Heim auf.
Nach einander find bis jet (1887) erſchie⸗
nen: Lenora (Schaufp.), Die Brüder (Schip.),
| Belopidas (Trip.), Der gefährliche Vetter (Lip),
und Leid
Das verfchleierte Bild (Schaufp.), In Freud
(Nov.), Die Wege der Liebe
(Zuftip.), Junge Träume (Ged.), Die Poeſie des
Lebens (Ged.); und mannigfaches in Zeitichriften
und Tagesblättern,
Sienbed, Julius Heinrich (I. D.
Binder), wurde am 24. Mai 1847 in
Münfter i. W. geboren, ftudierte in Berlin
und machte dann längere Reifen durch
Europa und Amerika, welche er jchon früh:
zeitig unter verſchiedenen Pieudonymen
ſchriftſtelleriſch verwertete. Zu Anfang
der 70er Jahre wurde fein Vollsſchau—
Ipiel Der Brand von Chicago mit Erfolg an
verfchiedenen deutichen Bühnen Nord»
amerifas aufgeführt. Seine Novellen,
Romane und Efjays finden fih in den
gelefenjten deutichen Zeitungen und Jour-
nalen. Dabei hat derjelbe eine Reihe
von Jahren eine Erziehungs: und Un
terrichts-Anftalt für Knaben geleitet, der
fiums — weniger feiner Neigung als dem | u. A. auch der König von Siam zehn
Zwange der Verhältnifie folgend — der junge Edelleute zur Ausbildung übermwies.
Beamtenfarriere zu.
Hauptverwaltung der kgl. ſächſ. Staats-
bahn eine angenehme Anftellung, die ihm
freie Zeit genug ließ, fich dem Kunftleben
Dresdens zu widmen. Er hospitierte in
ben philofophiihen und literariichen Vor:
lefungen des fol. Polytechnikums, hielt
bin und wieder Vorlefungen äfthetiicher
Art, und verſchaffte fich durch Veröffent-
lihung lyriſcher und novelliftiicher Schrif-
% fand in der In wohlthätigen und politiihen Vereinen
vielfach thätig, trat J. auch oft als Red: .
ner auf.
Ming, Wilhelm von, geboren am 10.
Auguft 1821 zu Delmenhorft im Groß:
berzogtum Oldenburg, trat 1835 in Die
oldenburgiihe Militärfchule ein und diente
als Volontär, Fähnrich und Offizier bis
1844. Im Jahre 1846 ging er zur
Colonia über, bereifte feit 1849 einen
Judeich.
großen Teil Deutſchlands als Beamter
jener Geſellſchaft, zog ſich 1368 von den
Geſchäften zurück, und privatifiert gegen:
wärtig in Kajlel.
Jugendwerfe: Die Dramen: Montmorency,
Karl Stuart, Gustav Wafa, und Gedichte (von
dem Verfaſſer zurücdgelegt). Außerdem heben
wir von den vorzüglich beurteilten Werfen des
Dichters hervor: Die Dramen: Himmel und Erde
(1858, 2. Aufl. 1859), Robespierre (1859), |
Michael Kohlhaas (1861), Narr und Sänger,
dem Drama Himmel und Erde entnommen, und
für die Bühne bearbeitet (1862), Johanna d’Arc
(1868); ferner: Gedichte (1873), Das epiich:
Igriiche Gedicht Held Guſtav (1875), Gedichte,
(zweite vermehrte Aufl. 1878). In Vorbereitung
befinden ſich ein Liederband und ein desgl.
Aphorismen.
Sudeich, Joh. Friedr., geboren 27.
Januar 1828 zu Dresden, jtudierte Forit:
wiſſenſchaft in Tharandt und an der Uni-
verfität Leipzig. Seit 1849 bei der ſächſ.
Forſteinrichtungsanſtalt beichäftigt; 1857
Forſtmeiſter auf der Waldherrichaft Hohen:
elbe in Böhmen; 1862 Direktor der Forft-
lehranftalt zu Weißwaſſer. Seit 1866
Direktor der Forjtafademie zu Tharandt,
1878 zum Geheimen Oberforitrat ernannt.
Außer durch zahlreiche Abhandlungen in
forjtlihen Zeitichriften hat er fi als |
Schriftiteller einen Namen erworben durd)
jein Lehrbuch Die Forſteinrichtung (1871, 4.
Aufl. 4885); er tritt darin für die von
Preßler begründete „Reinertragslehre”
ein. Das befannte Handbuch von Ratze—
burg: Die Waldverderber und ihre Feinde,
bearbeitete er in 7. Aufl. vollitändig neu
(1876), in 8. Aufl. unter dem Titel
Lehrbuch) der mitteleuropäifchen Forſtinſektenkunde
in Gemeinschaft mit Brofefior Dr. Nitiche
(I. Abth. 1885). Seit 1868 leitet er
die Redaktion des „Tharandter forftlichen
Jahrbuchs“. 1873 erſchien der erſte Jahr:
gang feines Deutfchen Fort: und Jagdkalen—
ders (2 Bde.) feit 1882 fortgejegt von ihm
mit Behm unter dem Titel Forſt⸗ und Jagd⸗
falender.
Jüngſt, Antonie, wurde zu Werne,
einem weſtfäliſchen Landftädtchen, am 13.
uni 1843 geboren. Ihr Vater war
279
— Jürgenſen.
dort Steuerempfänger. Nach dem frühen
Tode der Eltern kam ſie in das Haus
des Juſtizrats Crone zu Rheine, wo ſie
eine glückliche Jugend unter der reichen
Liebe der Pflegeeltern, die kinderlos waren,
verlebte. Sehr jung noch, zeigte das be—
gabte Mädchen Luſt und Liebe zum Dichten.
Zur Vollendung ihrer Studien kam ſie
nach Aachen zu den Urſulinerinnen von
‚St. Leonard, wo fie anderthalb Jahre zu:
‚bradte. Inzwiſchen waren ihre Pflege:
eltern nah Münster übergefiedelt, und
‚dort lernte fie nad) der Rückkehr aus der
Penſion den blinden Profeſſor Ch. B.
‚Schlüter fennen, der in freundichaftlichem
‚Verkehr ihrem Geift reihe Nahrung gab
‚und fie zu dichteriſchem Schaffen anregte.
' Hauptwerfe: Conradin der Staufe (Ep. 2. Aufl.
1887), Der Gloden Romfahrt (ein Bildereyel.
1884), Der Tod Baldurs (Ep. 1886). Außer:
dem veröffentlichte fie in verſchiedenen Zeitichrifs
|
ten Novellen, Reiſebeſchreibungen und Gedichte,
A. J. lebt in Müniter.
SZürgenjen, Guftav Theodor, geboren
zu Sandbed bei Kappeln in Angeln am
22. Juli 1854 als der Sohn eines Land—
manns. Mein Vater, der eine fehr gute
Schulbildung genofien hatte, interejfierte
fi) mehr für Bücher als für Landwirt-
ſchaft, gab eine Zeit lang zu Kappeln ein
Wochenblatt heraus und hatte aud), wie
man wohl jagt — eine „poetiſche Ader”.
Im Jahre 1866 zogen meine Eltern nad)
Jütland, wofelbft mein Vater eine Land:
jtelle gefauft hatte, doch fehrten wir ſchon
nah faum drei Jahren in die Heimat
zurüd. Den Beruf eines Lehrers wäh—
lend, beiuchte ih in den Jahren 1874
bis 1877 das Lehrerjeminar zu Edern-
förde und nahm nad) beendetem Kurjus
eine Lehrerftelle in Wandsbed bei Ham⸗
burg an, welche Stellung ich noch jegt
inne babe.
Was meine Gedichte betrifft, fo find fie zu:
meift Igrifcher Art und vorwiegend in plattdeuts
ſcher Sprache abgefaht. Zum Gegenitande haben
fie meiftend Bilder aus dem Naturleben, was
darin feinen Grund haben mag, daß mein El—
ternhaus ziemlich abſeits vom Dorfe lag und ich
jo meine Jugend in ländlicher Abgejchiedenheit
Juncker.
verbrachte. Erſchienen ſind ſie in verſchiedenen
Zeitſchriften. Eine eigene Sammlung iſt bis
jetzt noch nicht herausgegeben.
Juucker, E., |. E. Schmieden.
Jung, Adalb., ſ. A. E. Seiginger.
Jung, Julius, wurde am 11. Sept.
1851 zu Imſt in Tirol geboren, ftubierte
von 1869— 1875 in Innsbrud, Göttin:
gen und Berlin Philofophie und Geſchichte,
promovierte 1873 und habilitierte ſich
1875 an der Univerfität Innsbruck als
Privatdozent für Geſchichte. 1877 wurde
er als außerord. Profeſſor desjelben Fachs
nad) Prag berufen, wo er noch jet, jeit
1884 als ord. Profefior thätig iſt.
Hauptwerfe: Nömer und Romanen in den
Donauländern, biftorifchsethnographiiche Studien
(1877, 2. Aufl. 1887). Die romaniſchen Land:
Ichaften des römifchen Reihe, Studien über die
inneren Entwidelungen in der Haijerzeit (1881).
Jung, Zuife (Ludwig Bernow), wurde
am 17. September 1843 in Meersburg.
(Baden) geboren, im Haufe ihrer Eltern
und in einem Klofter erzogen. 1871 über:
fiedelte fie mit ihren Eltern nad) Baden:
Baden, wo fie noch jegt lebt. Außer
Beiträgen für Zeitfchriften verfaßte fie
die jelbjtändig erichienenen Werke: Dreifjig
Jahre (Rom.) und Miterlebt (Nov.).
Zunghand, Sophie, ift am 3. De
zember 1845 in Kaffel als älteftes Kind
des kurheſſiſchen Hofrats J. I. geboren.
Der Vater jtarb 1860. Die Familie litt
nad feinem Tode unter dem Drude un:
günftiger Verhältnifje, fo daß ©. J., auf
ihre eigene Kraft angewiefen, 1864 als
Lehrerin nad) England ging. Hier er:
warb fie fich eine tüchtige Kenntnis des
intereflanten Landes, feiner Sprade und
vor allem feiner Literatur. 1869 fehrte
fie nah Kaſſel zurüd. Als Erftlings-
früchte literariihen Schaffens, die in jener
Periode gezeitigt worden, find zu nennen:
Ein Bändchen Gedichte (1869) und die Er:
zählung Xerflofiene Stunden (1871). Wäh—
rend ber Jahre 1871 — 73 brachte fie die
Wintermonate in Berlin, das ihr reiche
280
Jungmann.
Anregung bot, zu. Es erſchienen nun
die Novellenſammlung Freudvoll und leidvoll
(1874) und der Roman Käthe (1876), der
äußerft freundlih aufgenommen wurde.
Im jelben Jahre begab fih ©. J. nad)
Italien. In Rom wurde fie 1877 die
Gattin des nachmaligen Dozenten an der
dortigen Univerfität J. Schuhmann. Die
nicht glüdliche Ehe wurde jedoch bald ge:
löſt dur Sophie J.'s Rückkehr nad) der
deutihen Heimat und einige Jahre ſpäter
gefeglich geihieden. Der ernfte Schritt
hatte viele Kämpfe und Leiden zur Folge,
nichtsdeftoweniger war das literariiche
Schaffen jtetig fortgegangen.
1878 erihien: Haus Edberg (Rom.), Die
' Schwiegertohter (Nov. 1878), Orſana und an«
dere Novellen (1880). 1883 famen ihre Neuen
Novellen heraus, es folgten die Nomane Die
Gäſte der Madame Santincs (1884), Helldunfel
(1885) und Die Amerifanerin (1886). Mehrere
‚ihrer, von der Hritif vorzüglich beurteilten Werke
find in fremde Spradhen überfegt worden. Die
Autorin lebt zur Zeit in Wiesbaden.
ZJungmann, Ernſt. Ich bin als
ein Eohn des Majors Eduard Julius J.,
des Eiegers von Edernförde, welcher am
5. April 1849 Chriftian VIII. in die
Luft fprengte und die Gefion eroberte,
‚geboren am 3. Juni 1851 zu Olden-
burg im Gr.; befucdhte das Gymnafium
zu Hamburg, die Kadettenkorps Bensberg
und Berlin. Eines Augenleidens halber
zum militärifhen Dienft unbrauchbar,
wollte ich jtubieren. Ich fam nach Züne-
‚burg auf das Gymnafium, mußte jedoch
‚aus demfelben Grunde das beabfichtigte
Studium aufgeben und auf das Land
gehen. Ich lernte in Holftein die Land—
wirtihaft, war jpäter 1!/e Jahre in
Schweden, darauf längere Zeit in Bel-
gien, wo ich mich wieder dem Studium
zumandte (Gent und im Kloſter Dia:
‚lonne bei Namur). Darauf begab id)
mich nad Oftpreußen, kaufte eine Fleine
Beligung, bekleidete die verjchiedeniten
Ehrenämter (Amtsvorfteher, Standes-
beamter 2c.). In der Muße des Land-
‚lebens warf ich mid auf das Studium
Jurit.
281
Juſtinus.
ber Geſchichte und begann, mid) literariſſh Juſtinus, Oskar, wurde am 21. Fe:
zu beichäftigen.
erfchien ein Band Gedichte unter dem
Titel: Nordilche Herbitblätter (1883). Als das
Werk Beifall fand, konnte ich bald darauf ein
Epos „Skomand“ herausgeben. Die zweite Auf:
lage folgte nach zwei Jahren. Ich hatte in»
ſchen meine Befitung verfauft, arbeitete einige
Beit in einer Berliner Redaktion und murde
1884 als Chefredakteur der Lübeder Ztg. nad
Lübed berufen. Die anftrengende Berufsthätigkeit
ließ mir wenig Zeit zu anderen Arbeiten. Außer
Heinen Abhandlungen und Novellen, die zerftreut
in verfchiedenen Zeitichriften erjchienen find,
vollendete ich einen Hleineren hiftorifchen Roman
„Zönnied Emwers“.
Jurik, Yofefine, wurde am 30. Mai
1859 zu Wien geboren. Sehr begabt,
erwarb fie fih früh einen Ruf als
Jugendichriftftellerin, ſowie durch ihre
Neden in mehreren Prefprozefien zu
Wien und Eilli als mweibliher Advo—
fat. Ihr Hauptaugenmerf war auf die
Bither und deren Literatur gerichtet, ihre
jachgemäßen Abhandlungen, ſowie bie
ither-Unterrichtsbriefe, welche fie in
itungen veröffentlichte, haben in
den Fachkreiſen Aufjehen erregt. Auf
ihren Konzertreiſen durch Deutichland
und Ofterreih (1882 und 1883) fand
fie als Leiterin des Zitherquartetts Jurik
reichen Beifall. Sie gründete den erften
Wiener Damen-Zitherklub, defien Präfi-
dentin fie wurde, und gab durch ihre
Fachartikel die Anregung zur Gründung
vieler — In ihrer Eigen⸗
ſchaft als Jugendſchriftſtellerin iſt J. J.
aus produktiv. Ihre Schreibweiſe iſt
haft und anmutend und namentlich ihre
Märchen befigen poetiihen Reiz. Zur
Zeit J. J. in Donauwörth (Bayern)
als Redaltrice der im „Caſſianeum“ er-
fcheinenden Jugendichriften und ift emfig
mit literarifchen Arbeiten bejchäftigt.
aufp.), Der ,
ürfen vor Marburg (bift. Nov.), Typen aus
—— Humoresten, Die Roſe von Eichwald
bruar 1839 in Breslau geboren und er:
lernte nach Abfolvierung der Schule die
Handelswifienihaft im Geichäftshaufe
feines Vaters. Daneben trieb er eifrig
literariihe Studien, da feine Neigung
ihn weit mehr zu der Schriftitellerei als
zu der Kaufmannjchaft hinzog. 1861
wurde fein erjtes Quftipiel Der Vereinäheld
aufgeführt, doch verging eine Reihe von
Fahren, bis feine ſonſtige Lebensſtellung
ihm erlaubte, feiner Muſe weiter zu
dienen. Erſt nachdem fiebzehn Jahre
fpäter fein Luſtſpiel: Unfer Zigeuner mit
großem Erfolg über alle deutiche Bühnen
gegangen war, entichloß er fich mit dem
Verlufte des Vermögens feine ſämtlichen
Geſchäfte zu liquidieren und nad) Berlin
überzufiedeln, wo er ſeitdem ausſchließlich
feiner literariihen Beichäftigung lebt.
J. Aultiviert neben der Bühnenſchrift⸗
ftellerei aud) den Humor in der Erzäh—
lung, Plauderei, dem Liebe und Spiel,
wovon eine große Anzahl Beiträge in
Zeitihriften und Tagesblättern Kunde
geben. Eine kleine Sammlung humo—
riſtiſcher Typen gab er als Ein Photos
graphie-Album (1885) heraus. Won den
zwanzig Theaterftüden, welche von dem
Autor zur Aufführung famen, haben einen
nachhaltigen Erfolg errungen: Unfer Bis
geuner, In der Kinderftube, Die Eheftifterin,
Griechiſches Feuer, fowie die mit Heinrich)
Willen gemeinfam verfahten Pollen:
Apfelröschen, Gefellichaftliche Pflichten, und Das
gegen zweihundert Dal hintereinander in
Berlin gegebene Kyritz⸗Pyritz.
Juta Bertha, j. Groß v. Trodau.
Jverſen, Henrich, geboren zu Lörup⸗
feld am 19. Oktober 1848, bejuchte die
heimatlihe Schule (unter Barfod) und
beabfidhtigte, Lehrer zu werden. Seiner
ſorgſamen Mutter verdantte er feine Kennt-
nifle in deuticher Sprache, die er in der mit
dänifchem Unterricht betriebenen Schule
nicht erwerben fonnte. 1868 bezog J.
das Lehrerfeminar in Tondern unter dem
Iwerſen.
Seminardirektor Schmidt, der ſich des
Einſamen in väterlichſter Weiſe annahm.
1870 unterbrach J. ſeine Studien, um
mit gegen den Erbfeind zu kämpfen; 1872
wurde er mit dem „erſten Charakter“ ent—
laſſen und in Kalleby (Nordangeln) als
Lehrer angeſtellt. Hier gründete er ſich
auch feinen häuslichen Herd. 1879 wurde
er als Hauptlehrer und Organijt nad)
Mundbrarup berufen.
J.'s literariihes Feld ift die Lyrif. Seine
Gedichte, die fich einer gewillen Vollstümlichkeit
erfreuen, find in feiner Heimat in Mufif gejegt
und werden dort gelungen.
Jwerſen, Adelheid Marie Catharine
Nicoline Andree, geb. Fri, am 25. Aus
guſt 1829 in Flensburg geboren, empfing
ihre Bildung ausſchließlich dur den |
Spradjlehrer ©. Bradenhoeft aus Ham:
burg. Von 1864 an erteilte fie in der
unterriht. Die große Bewegung von
1848, namentlich die Erhebung der Elb—
herzogtümer, trieb fie als eifrige Schles:
wigholfteinerin in die politiiche Arena der
Tagespreife, wo fie für verſchiedene Blät-
ter Artikel fchrieb. 1851 weilte fie meh:
rere Moden in Paris und lernte hier
Viktor Hugo und Heinrich Heine fennen
— ein Aufenthalt, der ihrer geijtigen
Entwidelung jehr förderlich und von nad)
baltigem Einfluß auf ihr Seelenleben
war. 1854 verheiratete fie ſich in Flens-
burg mit dem gleichgefinnten und gleich—
ftrebenden Julius J.
Es find von ihr Gedichte, Überfegungen,
Feuilletonbeiträge, Reiſeſkizzen, Märchen und an—
dere Arbeiten verſchiedenſter Art in fehr vielen
Beitichriften erfchienen. 1886 erfchienen ihre aus:
gewählten Gedichte unter dem Titel: „Traum
und Leben, Liedesflänge aus Schleswig-Holſtein,
von Adelaide Marie“, welche ſich ſehr günftiger
Rezenfionen zu erfreuen hatten.
werfen, Julius %. (Julius), geb.
den 24. November 1815 in Norder:St.
Jürgen bei Flensburg (Sohn des ver:
ftorbenen Sciffsfapitäng Mich. Iwerſen
dafelbjt), von 1840—57 als Kaufmann
in Flensburg felbftändig. Won 1842 an
282
Faden.
literariich thätig auf dem Gebiete der
Journaliſtik. Zeitweilig Mitarbeiter an
„Itzehoer Wochenbl.“, „Hamb. Nachr.“,
„Lübeck. Ztg.“ und anderen Zeitungen.
Feuilletonarbeiten: Gedichte, meiſt lyriſch,
und Überſetzungen von Novellen aus dem
Engliſchen in verſchiedenen Zeitſchriften.
Die veröffentlichten Artikel in Proſa, teils
von Flensburg, teils von Kiel, teils von
Rendsburg aus geſchrieben, ſind unzäh—
lig. Seit 1859 ſeßhaft in Rendsburg.
Politiſch gehört J. der liberalen Partei—
richtung an.
K.
Kaden, Edmund, wurde am 22. April
1858 in Bieberſtein bei Freiberg (Sachſen)
geboren. Die Erziehung, welche mir mein
franz., engl. und deutſchen Sprache Privat:
Bater, ein bergmänniicher Unterbeamter,
zu Teil werden lalfen fonnte, war die
denkbar einfachjte. — Ich beſuchte die Dorf:
Ihule vom 6. bis zum 14. Lebensjahre.
Nah erfüllten 14. Lebensjahre wurde
id Bergarbeiter (Silbergrube „Güte Got:
tes” zu Scharfenberg bei Meißen). Die
einzige Gelegenheit mich geiltig weiter aus-
zubilden, fand ich längere Zeitindem Bejuche
der Sonntagsichule zu Meißen, bis ih 1875
nad Freiberg überfiedelte, um dort Die
fgl. Bergichule zu beſuchen. Nach been-
detem Bergichulbejuche befleidete ich furze
Zeit die Stelle eines Steigers, wurde aud)
Ipäter bei der Verwaltung der Bergfnapp:
ſchaftskaſſe angeftellt und trat 1883 in
den Gemeindevermwaltungsdienit über, in
welchem ich noch jetzt und zwar gegen:
wärtig als Stadtfaffierer in Buchholz
(Erzgebirge) thätig bin.
Der dichterifche Trieb hat fich frühzeitig in
mir geregt. Schon als Kind hatte ich neben ——
denen Liedern einen Lobgeſang auf die altehr—
würdige Bergſtadt Freiberg verfaßt. An die
Öffentlichkeit trat ich zuerſt 1878 mit der kleinen
poetiihen Erzählung: Des Bergfnappen letzte
Schicht. Später habe ih zwei Sammlungen
meiner Gedichte zum Belten armer Bergmanns⸗
finder herausgegeben. Die Entfaltung meines
Heinen föriftitelerifihen Talentes ift daburd
Kaden. — 283 — Kämpf.
fehr gehemmt morben, daß id bisher alle| Mien, das therefianiiche Gymnafium da—
meine Kräfte dahin richten mußte, mir eine, | N : : ite—
ſelbſt. Hier begann er bereits ſeine lite—
Rahrungsſorgen geſchützte Lebensſtellung zu er: | rariſche Thätigfeit mit Ornithologiſchen
ringen. In den vielen Kämpfen und Sorgen, Streifzügen in Zeitſchriften. Er wandte ſich
die ein foldes raftlofes Vorwärtäftreben mit ſich medizinischen und naturwiſſenſchaftlichen
bringt, ift mir die Poeſie ftetö eine treue Freun— Studien au. 1884 erfolgte feine Beru—
din und milde Tröjterin gemeien. du. . *
fung als Amanuenſis ans zoologiſche Hof—
Kaden, Woldemar, wurde am 9. Fe- kabinet. Im Jahre 1885 trat er feine
bruar 1838 in Dresden geboren, ftudierte | erfte Stubienreife in die Herzegowina an,
Theologie und Pädagogik in Leipzig, um |deren Ergebniffe er in einer Neihe von
fih dem Lehrfad zu widmen. Nachdem | öffentlichen Vorträgen und Feuilletons in
er zunädjit als Hauslehrer in Niga ge: | Zeitfchriften verwertete. Infolge diejer
wirft, folgte er einem Ruf an eine Pris | öffentlichen Thätigfeit wurde er vom Mi:
vatichule in Dorpat, deren Direftorat er | nifterium mit der Miffion der zoologiichen
mehrere Jahre verwaltete, um dann in | Erforihung Bosniens und der Herzegowina
Paris franzöfiihe Sprachſtudien zu bes | und der Herausgabe eines diesbezüglichen
treiben. Danad wirkte er als Direktor | Werkes betraut, welch’ erjtere K. unter
einer deutihen Schule in Neapel, in wel- | großen Gefahren und Entbehrungen vor:
her Stadt er noch jegt lebt und zwar züglich durchführt. Das Werk ift im
feit 1876 als Profeſſor der deutichen | Erjcheinen begriffen.
Sprade und Literatur an einem Lyceum. j ——— —— —— die Er ei
I 1 } J eurteilt wurden, heben wir hervor: Im Zeichen
er dr 8. ich — ſonders als der Schwalbe (Geſammelte Ornithologiſche Beob—
yri er aus. eine Poeſien engen EINEN | achtungen und eine ornithologiiche Forihungsreife
ungemeinen Wohltlang, der wie Mufik in der Herzegowina, 1881—86), Sankt Georg
anmutet. Auch feine Kulturbilder erfreuen u en ra .. sen
; : Rufe hä über die Voritehhundfrage (1887), Waldfahrten
ſich age —— 4 —— — (1887), Aus dem Tagebuche eines Fährtenſuchers
zu ben eiten, die, Ipeziell über Ita VEN, | (Jagd: und Neifejfizzen aus der Herzegowina,
eriftieren. 1888), Die Fauna der Herzegowina (1888).
Hauptwerfe: Wandertage in Jtalien, Duritige |
Tage, Italieniſches Wunderhorn, Unter den Dli- 4
venbäumen, Sommerfahrt durch Italiens ſüdliche Kämpf, Saul Fjaac, geboren am 6.
Provinzen, Ztalienifhe Gipsfiguren (2. Auft.), | Mai 1818 zu Liſſa. Schon in früher
Skizzen und Kulturbilder aus Italien, Pompe: Jugend zeigte er ein außerordentliches
han — Rh Mirage "Talent für die hebrätjche — das
= eng n der se gegta IM yon feinen vortrefflihen Eltern jorgiam
arg arte a a gepflegt wurde. Er beſuchte das Gym—
nafium zu Berlin und machte dort gleich-
Kadich, Hans von, wurde am 12. Ja= | zeitig jüdifch-theologiihe Studien unter
nuar 1864 in der Jejuitenfaferne zu Brünn | Rofenftein. Diefe vollendete er in der
als Sohn des damaligen Majors Heinrich | Schule des berühmten Rabbi Afiba Eger
v. 8. geboren und blieb daſelbſt bis 1869, |in Poſen. Danach wirkte er als Haus-
da fein Vater nach Klofterbrud bei Znaim | lehrer in Weftfalen. 1840 bezog er die
transferiert wurde. Hier wuchs der Knabe | Univerfität Halle, wo er unter Gefenius,
in ber ungebundenften Freiheit auf und | Rödiger, Erdmann, Gruber, Leo, Nie:
wurde durch diefe Eindrüde der Grund |meier u. A. umfaſſende Studien abjol-
zu feiner Liebe zur Waldnatur gelegt. Die | vierte, befonders in Linguiftil, Geihichte,
erften zwei Lateinklaſſen abjolvierte er am | Philofophie und Pädagogik. Nachdem er
Gymnafium zu Znaim und von 1876 an, | 1844 als Dr. phil. et Mag. bonar.
anläßlic) der Berufung feines Vaters nad) | art. promoviert worden, wirkte er als
Kalckſtein.
Religionslehrer und Prediger in Mecklen⸗
burg-Strelig. 1845 wurde er zum Prediger
am Prager Tempel berufen. 1850 habili-
tierte er fih als Dozent für jemitifche
Prof. und 1883 vom Kaiſer in Aner:
fennung feiner Berdienfte zum Regierungs⸗
rat ernannt.
Oberaufieher an dem ilraelitiichen Mäd—
chenwaiſenhauſe, wo er häufig religiöfe
Vorträge hält, ferner hält er den Rabbi:
natsfandidaten, die in Prag ftudieren,
Vorträge über Eregefe und Homiletif.
K. ift auf dem hebräifchen wie deutichen Ge:
biet ein fruchtbarer Schriftiteller. Bon jeinen
284
Er wirft aud) als geiftlicher |
Kalion.
der deutſchen Ausgabe von Lanfrey's Geſchichte
Napoleon J. (1882) und die Vollendung des
Werkes in deutſcher Sprache (1885—1887).
' Kalion, ſ. J. Poeſtion.
Sprachen und Literatur, wurde 1858 zum |
' Kampori, Samuel, geboren & Bug
ganz den 6. Februar 1830. Befuchte
Volksihulen und Gymnafien. Enblid
vollendete er den philoſophiſchen und
‚theologischen Kurjus in Preßburg, wos
ſelbſt er nach gemachten zwei Rigorofen
\jwei Jahre als Supplent am Gymnas
fium wirkte. Darauf machte er no
‚einen zweiten Kurſus und ſtudierte zwei
Jahre (1852—55) in Halle und Göt-
ald hervorragend und bedeutungsvoll beurteilten fingen, fich für Profefjur vorbereitend.
jelbitändigen Werten heben wir hervor: Die Ma: ‚Hier ftudierte er, um in den Studien,
famen aus dem Tachfamoni des Charifi, Akabja | x; N :
bei Mahalallel, Nichtandalufiihe Poeſie -andalu: | bie er bereits u. 10 * —
ſiſcher Dichter, Die Inſchrift auf dem Denkmal kommnen, nochmals die Theologie un
Mefas Königs von Moab, Die Grabſchrift Eich: Philofophie, obendrein auch die klaſſiſche
munazard Königs der Sidonier, Das Hohelied
(3. Aufl.), Simrat:Jah, Suleiman; außerdem
viele Beiträge zu Fach- u. a. Zeitfchriften.
Kaldjtein, Ludwig Friedr. Carl v.,
wurde als ein Sohn des durch geogra-
philche Lehrbücher und Reifefhilderungen
befannten Hauptmann a. D. Dr. phil.
v. K., in Berlin am 16. April 1845 ge:
boren und ſtudierte jeit 1864, nad) voll-
endeter Gymnaſialbildung, in Berlin, Hei:
delberg und Königsberg Geſchichte. Er
habilitierte fih an legtgenannter Univer:
fität, nahdem er 1868 promoviert, als
Privatdozent.
Er veröffentlichte mehrere gelehrte Unterfuchun:
en aus der franzöfiihen Geſchichte unter den
role und eriten Capetingern, darunter am
bedeutenditen: Geichichte des franzöfiichen König»
tums unter den erſten Capetingern (1877). Dies
Merk verfchaffte ihm die Mitarbeiterfhaft an den
„Sahresberichten der Geſchichtswiſſenſchaft“. Seine
Mitarbeit erftredte fih auf franzöfiiches Mittel:
alter, englifche Geihichte von den Tudors bis zur
Revolution von 1688 und Geſchichte Nordame:
rikas. Eifrige politifche Thätigkeit in liberalem
Sinne führte denfelben auch auf wiſſenſchaftlichem
Gebiet mehr und mehr Studien über neuere Ge:
ſchichte, Kulturgeſchichte und Volkswirtſchaft zu,
und wurde er Mitarbeiter namhafter Zeitungen
und Zeitſchriften. 1879 nach Berlin übergeſie—
delt, übernahm K. neben populären Vortrags—
eyklen an der Humboldtakademie die Bearbeitung
Philologie und die Drientalia. Bon
' Göttingen direft zum ordentlichen Pro:
feſſor der Theologie und des Obergym⸗
nafiums nach Preßburg berufen, wirfte
‚er 30 Jahre in diefer Eigenichaft. Sammt
den Supplentenjahren war er 35 Jahre
lang doppelter Profeſſor, d. h. er befleis
dete zwei Profeflorenjtellen, die gegen:
wärtig mit zwei neuen Profeſſoren beſetzt
find. Seit 2 Jahren lebt er als Privat:
gelehrter, allerjeits unabhängig und zus
rüdgezogen.
"8.3 literariſche Thätigkeit ift von Belang.
Abgeſehen von feinen übrigen mannigfachen Werfen
ift jein Bibelwerk das einzige aus dem Urterte
in ungarifcher Sprache. Seine Koranüberfegung
aus dem Arabiſchen barrt der Preſſe. Das in
deutiher Sprache 1882 erfchienene erfte Heft
feiner Wifjenihaftlihen Vorträge, die auf dem
Gebiete der vergleichenden Sprahmifienichaft ſich
' bewegen, wird fortgefegt werden. Das Lexikon
' Latino-Sanseritum (analytifh und das Sans:
\ frit mit lateiniichen Lettern gefchrieben) und das
Glossarium Latino-Persicum (analvtiih und
das Perſiſche mit lateinischen Lettern geichrieben),
die er nur für fich zufammengeitellt, follen nächſtens
der Prefie übergeben werden.
Kappes, Karl, geb. zu Ettlingen
1825, befuchte das Gymnafium in Raftatt
und in den oberen Klaſſen das zu Frei-
‚burg, ftudierte in Freiburg Philologie,
Karlowitſch.
machte 1847 ſeine Staatsprüfung, war
hierauf als Lehramtspraktikant verwendet JE
an den Gymnaſien zu Konjtanz, Bruchſal
und Freiburg, wurde an legterem 1853
ordentlicher Gymnafiallehrer, 1860 Pro:
feſſor, 1882 in gleicher Eigenfhaft am
Gymnafium in Konjtanz, 1866 Borjtand
des Progymnafiums in Donaueichingen,
1868 Direktor und 1873 Direftor des
——— zu Karlsruhe.
Außer mehreren Beiträgen philologiſchen, pä—
dagogiſchen und ſtatiſtiſchen Inhalts in verſchie—
denen Fachzeitſchriften lieferte ſeine literariſche
Thätigfeit folgende verdiente Schriften: Zur Er—
Härung von Bergils Aeneide (1859— 71), Zur
Geihichte der römischen Ritter unter den Königen
(1855), Zur Methodif des Geſchichtsunterrichts
auf Gelehrtenihulen (1861), Zum Deutich-Latei:
285
Kaftropp.
treffliche Bearbeitung von Grabbe'3 „Don Juan
d Fauft” für die Bühne.
" Kaftropp, Guftav, ald Sohn eines
Apothefers geboren 30. Auguft 1844 zu
Salmünjter, Prov. Heſſen-Naſſau. Ber
fuhte das Gymnaſium zu Göttingen,
wurde Apotheker und ftudierte dann auf
drei Konfervatorien, zuStuttgart, Weimar
und Sondershaufen Mufif, um ſich zu
der Künftler-Laufbahn vorzubereiten, war
zudem an zwei diefer Konfervatorien als
Lehrer des Violin- und Klavierjpiels,
fowie in Weimar als Lehrer der Lite
raturgeſchichte thätig, lebt jept als Muſik—
lehrer in Hannover.
Neben den mufitalifchen liefen literariſche Stu:
dien und Arbeiten. Er war ein halbes Jahr
niihen Wörterbud) (1868), ÜberNaturanihauung | Volontär an der Redaktion des Hannoverichen
bei der jtudierenden Jugend (1872), Zur Real: | Kouriers, ſeitdem Mitarbeiter verichiedener Zei—
Ihulfrage (1877), Erzählungen aus der Geihichte tungen und Journale. Von den in Buchform
für den eriten Unterricht auf höheren Schulen | erihienenen Werken heben wir hervor: König
(8. Aufl. 1886), Leitfaden für den Unterricht in | Elf's Lieder, eine lyriſche Rhapfodie (2. Aufl.),
der deutichen Stiliſtit für höhere Lehranftalten | Suleifa (Trauerfp., mehrfach aufgeführt), Gno—
(4. Aufl. 1885), Vergil's Aeneide, Bukolifa und | menmärden, Dornröschen (dram. Märchen, mehr:
Georgia für den Schulgebraud erläutert (1—4. fach aufgeführt), Kain (Epos), Heinrich von Of:
Aufl. 1873-86), Salluft’3 Catilina und Yus | terdingen (Mär), Nordjtrand, ein Heldengedidht.
rtha, für den Gebraud der Schüler erläutert
1856), Zur Schulfrage (1883). Die Beiträge
zu der Vergilserflärung haben in weiten Streifen
Anerfennung und Verwertung gefunden.
Karlowitich, ſ. v. Gerbel-Embad).
Karpeles, Guftav, geboren am 11.
November 1848 in Loſchitz (Mähren),
ftubierte Philofophie, Geihichte und Li-
teratur an der Univerfität Breslau und
wandte fih dann der Journaliſtik zu.
Er war nad) einander an der Redaktion
von „Auf der Höhe”, der „Breslauer
Nahrihten”, der „Breslauer Zeitung“
und von Weftermann’s „Deutichen Mo—
natsheften“ thätig, lebt jedoch ſeit 1883
als freier Schriftjteller in Berlin. Er
machte fich zuerſt durch feine literarhifto:
riſchen Arbeiten über Heine in weitejten
Kreifen befannt und geachtet. Diejen
folgten ſpäter die ebenfo vorzüglich beur-
tei Werke: Die Frauen in der jüdiſchen
, Unter Palmen, Ludw. Börne, Nic.
Katich, Guſtav Adolph, wurde am
21. April 1813 zu Berlin geboren und
erhielt feine wiſſenſchaftliche Ausbildung
in den Schulen von Berlin und Magde-
burg und auf den Gymnafien zu Zudau
und Potsdam. 1834 bezog er die Uni»
verfität zu Berlin, um Medizin zu ſtu—
dieren und wurde während feines dortigen
Aufenthaltes als Mitglied in die litera-
riſche Sonntags-Gefellihaft aufgenommen.
Da das Studium der Medizin jeinen Nei-
gungen nicht entiprad), jo entjagte er
—— 1836, um ſich mit Bewilligung
ſeiner Eltern, jedoch unter einem ange—
nommenen Namen, der Schauſpielkunſt
zu widmen. Er trat zu dieſem Behufe
als Volontär bei dem Hoftheater zu
Deſſau ein, welches unter Bethmann's
Leitung ſtand, und erhielt im nächſten
Jahre eine Anſtellung als Hofſchauſpieler
zu Schwerin, wo er ſich verheiratete.
1840 wurde er durch ein hartnäckiges
Kehlkopfleiden gezwungen, aus dem lieb—⸗
Lenau, Im Foyer, Deutſche Liebe (Luſtſp.), Ein
unbefannter Lierat; außerdem lieferte er eine |
‚Sand Sedor,
gewonnenen Berufe zu ſcheiden, und ein
Ar h 123.
Katſcher.
Jahr darauf von der Regierung zu Pots—
dam als Eupernumerar bei der Zollver:
waltung angeftellt. Seit 1860 fungierte
er als königl. Preuß. Steuer-Inſpektor
und Etationsfontioleur zu Kehl, dann
Maldshut (Baden) bis 1875. Von dort
penfionieren und lebt feitdem in Oppenau
im badiihen Schwarzwalde.
Außer verfireuten Gedichten und Erzählungen
erfchienen von ihm: In der fremde, Lieder eines
Terichollenen (1858), Vitibuf (Rom. 1865), Unter
dm Storchneft (Nom. 1866), Emilie (poet. Erz.
1866), Auf der Wacht zu Kehl am Rhein, Zeits
gedidte aus dem Jahre 1870 (1875), König
Winter (Märchen 1881),
Katjcher, Leopold, wurde am 30.
Auguft 1853 zu Cſakova bei Temesvar
geboren, wandte fih nad Abjolvierung
der Echule der Journaliftif zu und lebt
jeit mehreren Jahren als Herausgeber
einer Korreipondenz in Berlin. Er ift
bejonders tief in das Studium der eng:
liſchen Literature und Kulturgeſchichte
eingedrungen und hat uns mehrere wert:
volle Beiträge über dieſen Oegenftand
geliefert.
Von feinen felbftändigen Werfen heben wir
hervor: Zierden der engliſchen Literatur (1880),
Bilder aus dem engliſchen Leben (3. Aufl. 1883),
Charafterbilder aus dem 19. Jahrhundert (1884),
Nebelland und Themjeftrand (1886), Aus Eng:
land (1886).
Kayferling, M., geboren den 17.
Juni 1829 in Hannover, bejtimmte fich,
nachdem er die Echule in feiner Vater:
ftadt abjolviert hatte, zum Studium der
jüdischen Theologie, dem er fodann meh:
rere Jahre in Halberftadt, Nikolsburg,
Prag und Mürzburg oblag. 1851 bezog
biftorischen Etudien. Durch Leopold von
Ranke zu hiſtoriſchen Forſchungen ermune
tert, richtete er ſein Hauptaugenmerk auf
die bis dahin in Deutſchland wenigſtens
vernachläſſigte Geſchichte und Literatur
der Juden auf der pyrenäiſchen Halbinſel.
Schon ſein erſtes größeres Werk „Sephardim,
Romaniſche Poeſien der Juden in Spanien“
286
religiöſe Grundſätze mit Hinblick auf
Keck.
(1859) wurde als bahnbrechend allgemein freudig
begrüßt. Dieſem folgte 1861 der erſte Teil der
Geſchichte der Juden in Spanien und ſechs Jahre
ſpäter die Geſchichte der Juden in Portugal.
Hieran ſchließt ſich ſeine Monographie „Menaſſe
ben Israel. Sein Leben und Wirken. Zugleich
ein Beitrag zur Gefhichte der Juden in Eng«
nach Danzig verfeht, ließ er fih 1877 | land‘ (1861), welche 1877 ins Englifche überjegt
und gleich den übrigen die ſpaniſch-portugieſiſche
Literatur betreffenden Schriften von ſpaniſchen
Autoren als Quelle benugt wurde. 1 ers
ſchien: „Moſes Mendelsfohn’s ——— Bear
und 1862 die erfte ausführlihe Biographie des
Berliner Rhilofophen unter dem Titel Mofes
Mendelsfohn. ein Lelen und feine Werke.
Von diefem bedeutenden Werke ift jet eine zweite
vermehrte und umgcarbeitete Auflage mit authen ⸗
tiſchen Sluftrationen im Drud erfhienen (1888).
Hierher gehört aud) die Schrift: „Mof. Mendels⸗
fohn. Ungedrudtes und Unbefanntes von ihm
und über ihn‘ (1883) und „Der Dichter E. Kuh.
Ein Beitrag zur Gefchichte der deutichen Literatur‘
(1864). 1879 erihien das Bud „Die jübi
Frauen in der Geſchichte, Literatur und >
das bei feinem Erſcheinen die Prefle befchäftigte
0 ins Engliiche und Ungarifche überjet
wurde.
K. wurde 1861 von der aargauifchen
Regierung als Rabbiner der ſchweizeriſchen
Sfraeliten und 1870 von ber ifrael. Ges
meinde in Peſt als Rabbiner und Pres
diger berufen. Während feines Aufent-
baltes in der Echweiz wirkte er für die
bürgerliche Gleichitellung feiner Glaubens»
genoſſen und ſuchte auch Später in Broſchüren
Angriffen gegen dieſelben zu begegnen.
Wir erwähnen nur: Die rituale Schlacht⸗
frage oder iſt Schächten Tierquälerei? (1867),
Die Blutbefhuldigung von Tisza-Eßlar (1882),
Der Wucher und das Judentum (1882), Das
Moralgefeb des Judentums in Beziehung auf
Familie, Staat und Gefellihaft (1882, anonym
erſchienen). Außer feinem Handbuch der ifraes
litiſchen Geſchichte, von dem bis jegt fünf Auf
h N ; ME erſchi 884 5. Aufl.), li
er die Univerfität in Berlin und miß: | fagen ELDER RB. SIDE Damen 5
mete fih mit Eifer philofophifchen und |
viele Beiträge zum „Deutſchen Mufeum“ von R.
Trug, Wiener Jahrbücher, Monatöheft für Ges
Ihichte und Wiſſenſchaft des Judentums, Allg.
Zeitung des Nudentums, Hebr. Bibliographie,
Woihod (St. Betersburg), Revue des &tudes
juives u.a. m. Auch wurden von ihm mehrere
Predigten und eine „Bibliothek jüd. Kanzel
redner‘‘ (2 Bände, 1870, 1871) veröffentlicht.
Keck, Karl Heinrih (Karl Heinrich),
wurde am 20. März 1824 zu Echleswig
Keil. —
geboren und von ſeinem Vater, einem bra-
ven Handwerker, für das Lehrfach beſtimmt.
Er beſuchte die Bürgerſchule und ſpäter
das Gymnaſium in ſeiner Vaterſtadt,
wirkte dann ein Jahr als Hauslehrer und
bezog 1843 die Univerſität Kiel. Hier
und in Bonn betrieb er eifrig philologiſche
Studien. 1848 machte er den däniſchen
Feldzug mit, wurde gefangen genommen
und erſt nach mehreren Monaten in Frei:
heit gejeßt. Im folgenden Jahre abjol:
vierte er fein Echulamtsexamen und wurde
definitiv als Gymnaſiallehrer in Glückſtadt
angeftellt, welche Stelle er bereits provi-
foriich bekleidet hatte. Er war dann noch
als Oberlehrer in Plön und als Rektor
in feiner Vaterſtadt an derfelben Echule,
die ihn einft vorgebildet hatte, beſchäſtigt.
Seit 1870 fungiert er als Direktor des
Gymnafiums zu Hufum. Neben feiner
amtlichen Thätigfeit leitet K. die Redak—
tion des „Deutichen Literaturblattes“ (feit
1881) und verfaßte eine Reihe vorzüg:
[ih beurteilter Werfe, von denen wir her:
vorheben:
Die Kaiferwahl in Frankfurt, Sedan (Erz.),
Anna (Id. 4. Aufl.), Die Pfingftweihe oder die
Einfegnung (Id. 3. Aufl.), Norddeutiches Leſe—⸗
buch (16. Aufl.), Vaterländiſch. Leſebuch (11. Aufl.).
Keil, Robert, wurde am 22. Auguft
1826 zu Weimar geboren, beſuchte das
dortige Gymnafium und widmete ſich an
der Univerfität Jena dem Studium ber
Rechtswiſſenſchaft. 1851 wurde cr zum
Doftor promoviert und lebt feit 1861 als
Rechtsanwalt in feiner Baterftadt. Litera-
riſch machte K. fich bereits durch feine
Schriften (mit Richard Keil) über Stu—
denten= und Burjchenichaftswefen befannt,
ipäter trat er aber mit bedeutenderen
Goethe⸗ forſchlichen Werfen hervor, indenen
viel Neues über den Dichterfürſten nieder:
gelegt ift.
Hauptmwerfe: Geſchichte des Jenaiſchen Stuben:
tenlebens (1858), Die Gründung der deutſchen
Burihenihaft in Jena (1865) u. Ahnl.; Frau
Nat Briefwechlel mit Goethe (1871), Bor 100
Jahren (1875), Goethe, Weimar und Jena im
Jahre 1806 (1882), Wiener Freunde 1784— 1808
287
Keim.
(1883), Wieland und Reinhold (1885). Außerdem
unzählige Beiträge fultur: und literar:biftoriichen
Inhalts für Zeitichriften.
Keim, Franz, am 28. Dezember 1840
zu Altlambach (Dfterreich) geboren, ſtu—
dierte Rhilofophie an der Univerfität Wien.
Da die Familie plöglich verarmte, Fonnte
K. feine Abficht, die afademifche Laufbahn
einzufchlagen, vorläufig nicht ausführen,
ſondern mußte als Privatlehrer fein Fort:
fommen fuchen. Erjt jpäter, als er unter
mancherlei Entbehrungen und mit eiferner
Energie einige Erfparniffe gemacht hatte,
fonnte er fein Etudium mit Erfolg be:
enden. Eeit 1883 amtiert K. als Pros
feflor der deutichen Sprache und Literatur
am Gymnafium zu St. Pölten bei Wien.
Literariſch hat K. fich zuerjt einen Namen
durch fein Drama Sulamith gemacht, das
allerorten mit durchſchlagendem Erfolg auf:
geführt wurde.
Außerdem hervorzuheben: Der Königsrichter
(Trauerſp.), Sturmlied der Siebenbürgen, Der
Meifterfjchüler (Luſtſp.), Stefan Fadinger, Freis
berr von Münchhauſen (Luftfp.), Das Kunftideal
und die Schillerkritit, Aus dem Sturmgefang des
Lebens (Ged.).
Keiper, Philipp, geb. am 15. März
1855 zu Otterberg (Rheinpfalz) als Sohn
eines Volksſchullehrers, erhielt feine Gym⸗
nafialbildung in Kaiferslautern und Zwei⸗
brüden, betricb philologiichelinguiftiiche
Etudien auf der Univerfität Erlangen
1872— 75, madte 1875 das Staatsera-
men für die hiftorifch-philologischen Fächer
in Münden, trat Ende diejes Jahres in
den Staatsdienit als Gumnafiallehrer zu
Erlangen (1875/76), Ludwigshafen a. R.
(1876— 81), Zmweibrüden 1881 bis jegt.
Murde 1877 von der philofophiichen Fa—
fultät der Univerfität Erlangen zum Dok—
tor der Philoſophie promoviert.
Hauptwerle: Die Perſer des Aſchylus als
Quelle für altperfiihe Altertumskunde (1877),
Die neuentdedten Inſchriften über Cyrus (1882),
Les Noms propres Perso-Avestiques et läge
de la lögende Zoroastrienne im Museon.
Außerdem viele Auffäge, Rezenfionen, Gedichte zc.
in Beitfchriften. Mitarbeiter an dem von Dr.
Autenrieth vorbereiteten „Pfälz. Jdiotifon‘.
Keller.
Keller, Franz. Ich bin geboren am
24. Dftober 1824 in Günzburg an der
Donau als der Sohn des bürgerlichen
Weißgerbers Joſeph Seller, der jüngite un:
ter 7 Geſchwiſtern, ftudierte in Augsburg,
wo ic) 1844 das Gymnafium abfolvierte
und nad) 2jähr. philof. Studien die Uni-
verfität München bezog und im dortigen
Georgianum die theolog. Studien abfol-
vierte (1849). Angeftellt wurde ich als
Kaplan in Altusried von 1849—56, als
Pfarrkurat in Haldenwang bei Burgau
im freiherrl. v. Freybergihen Patronat
von 1856—62, als Pfarrer in Waldkirch,
einem abgelegenen Dorfe in einem Seiten-
thälchen des Donauthales, von 1862 —76
(hier verfaßte id) die meilten meiner ſchwä⸗
biihen Gedichte, von denen ich mehrere
bei VBerfammlungen des pädagog. Vereins
vortrug), als Pfarrer in Unterroth von
1876 bis heute. Meine Eltern brachten
fi) nur mit vieler Arbeit fort, und wurde
ich ſelbſt nichts weniger als verzärtelt.
Die Mutter, eine zartbejaitete Seele, hatte
viel zu leiden durd) Krankheit. Den Vater
fonnten wir faft nur fürdten, die Mutter
Dagegen liebte jedes der 7 Geſchwiſter
mehr als das eigene Leben.
Aus diefer Stimmung floflen einige meiner
Gedichte, die in meinen Sammlungen enthalten
find. Als armes Studentlein lebte ich fait ganz
von Geſchenken der Wohlthäter in Augsburg. Erſt
in der Oberff. des Gymnaſ. befam id ein Stis
pendium und jpäter in München einen Freiplak im
Georgianum. Das erjte Mal ließ ich, beftürmt
von mehreren Freunden und ermutigt von meinem
Eoäven und freunde Dr. Thalhofer, Gedichte er:
fcheinen in ſchwäbiſcher Mundart anno 1872 unter
dem Titel „Doaraſchleah“ (Dornichlehe, 4. Aufl.).
1873 erichienen „Etle Hagabutza“ (etliche Hage:
butten, 3. Aufl.). Eine dritte Sammlung ift bes
titelt „Erdbörla os'm Wald“ (2 Aufl.). Eine vierte
Sammlung führt den Namen „Duranand”, Durch—
einander oder gemilchte Gedichte, und eine neuefte,
zu Dftern dieſes Jahres erichienen, heißt „Brau—
örla“. Alle wurden jehr freundlich aufgenommen.
Keller, Gottfried, wurde am 19. Zuli
1819 als Sohn eines Drechslermeiſters
in Zürich geboren. Früh jtarb der Vater;
doch die wackere Mutter, obgleich arm an
irdiihen Gütern, that alles, um ihrem
288
Keller.
Gottfried den Weg durchs Leben zu öff-
nen. So fonnte der regſame Knabe erit
die Armenſchule, dann das Landfnaben-
inftitut und endlich die neu errichtete In—
duftriefchule befuchen. Nachher trat er zu
einem Landichaftsmaler in die Lehre. Drei
Jahre brachte er hernad) in München zu.
1842 fehrte er nad) Zürich zurüd, wurde
mit dem Dichter Follen befannt, welcher
fich väterlich des jungen Mannes annahm,
da er jah, daß diejer ganz ordentliche Bil-
der und vorzügliche — Verſe machte. Fol:
[len brachte 1845 eine Auswahl von K.'s
Gedichten im „Deutihen Taſchenbuch“
zum Abdrud. Nun gab K. das Malen
auf, begann an der Hochſchule Zürich zu
ftudieren, feßte, mit einem Reiſeſtipendium
des Züricher Senats verfehen, feine Stu:
dien in Heidelberg und Berlin fort und
fehrte 1855 wieder in die Heimat zurüd,
wo er fich vorerft mit literarijchen Arbei-
ten beichäftigte, dann aber, um ein fiche:
res Ausfommen zu haben, 1871 die Stelle
eines eriten Staatsjchreibers des Kantons
Züri) annahm. Gleichzeitig wurde er in
den Großen Rat gewählt. 1876 legte er
fein Amt nieder, um ſich ganz der Schrift:
ftellerei zu widmen, welde ihn zu ihren
berühinteften und vornehmiten Jüngern
der Neuzeit zählt. Außer als Novelliit,
gilt 8. befonders auf dem Gebiet der Ly—
rit als einer unferer größten Meiſter,
feine Lieder find in allen Landen verbrei-
tet und im Munde jedes ihrer Sänger.
Bon feinen felbftänd. Werfen heben wir ber:
vor: Gedichte (1846), Neuere Gedichte (1851),
Der grüne Heinrich (Rom. 1854), Die Leute von
Seldwyla (Erz. 1856), Sieben Legenden (1872),
Romeo und Julie auf dem Dorfe (Erz. 1876);
Züricher Novellen (1878), Das Sinngediht (Nov.
1881), Gefammelte Gedichte (1883), Martin Sa:
lander (Rom. 1886).
Keller, Jakob, geb. den 22. Oftober
1843 in Kästhal bei Brugg (Aargau),
ftudierte während vier Jahren in Baiel
(Wilhelm Wadernagel und Jakob Burk—
hardt), Heidelberg (Carl Lemcke und Ed.
Zeller), Jena (Aug. Schleier und 2. 3:
Rüdert) und Zürih Geihichte, Philoſo—
Keller. —
phie, Literatur und Theologie. Er war
von 1869— 72 Pfarrer feiner Heimat⸗
emeinde. Damals, als im Aargau die
ahl der Geiftlihen grundjäglich in die
Hand des Volkes gelegt ward, entichloß
er fih für den pädagogiſchen Beruf und
wirfte von 1872—86 in Yarau als Lehrer,
an der Bezirksſchule und hierauf (1873)
als Lehrer und Rektor (1876) des Töchter:
injtituts und aargauiſchen Lehrerinnen:
feminars. Seit 1886 lebt er in Wet-
tingen als Seminardireftor.
1874 hat er eine Hiftorifche Einleitung in die
Bibel herausgegeben (2. Aufl. 1878); 1877 er:
ſchien von ihm eine Überfegung von Louis Vul—
liemins Histoire de la Conföderation suisse
(2. X. 1882). Eine Bearbeitung diefer Schweizer: |
gefhichte für Schule und Haus fam 1881 her:
aus, Seit Anfang der 80er Jahre jchrieb er
Überſetzu en von kleineren franz. Monographien
(Mad. de Necker-Sauſſure, L' Emancipation po-
litigue de Gendve, Henri Zichofte u. A.). Pä—
dagogiich-Hiftorifches (Karl Gottlieb Pfeffel, Das
rhätiihe Seminar Haldenftein-Marihlins, Iſaak
Iſelins Verdienfte um die Verbreitung der Baſe—
dowichen Ideen in der Schweiz, Sechs Room:
briefe u. A.). Kulturbiftorifches (Joſeph des II.
Schweizereife vom Jahre 1777, Die Gründung
der helvetiichen Gejellihaft in Schinznadh, Die
Erwerböverhältniffe des juraffiihen Berneraar:
gaus während der 2. Hälfte des vorigen Jahr-
bundert3) und Literarhiftoriiches (Iſaak Iſelin
und Heinrich Peſtalozzi, Ungedrudte Briefe Wie:
lands an Iſaak Iſelin, Zur Kenntnis F. M. Leuch—
ſenrings, Zinzendorfs erſtes Auftreten in der
Schweiz, Goethe im Kreiſe Iſaak Iſelins, Lite—
rariſche Parallelen zu Schillers Wilhelm Tell,
Zur Erinnerung an Klopftod, im Oberland u. A.).
Die Werke wurden von der maßgebenden Kritif
vorzüglich beurteilt.
Keller, Joſ. Anton, ift geboren am
19. März 1840 zu Oberndorf bei traut:
heim, befuchte das Gymnafium zu Tauber:
biihofsheim und ftudierte am Lyzeum zu
Freiburg, welches fi) damals unter der
vorzüglihen Direktion Dr. Nofts eines |
289
Keller.
winded und Raftatt. Zu gleicher Zeit redi-
gierte er den „Raftatter Anzeiger“, desgl.
war er auch im Schulfahe in Neufaged
thätig, bis infolge des Kulturfampfes die
dortige Privatlehranftalt gefchlofien wurde;
verwaltete jodann die Stabtpfarrei Bühl
(1873—76) und hierauf faft neun Jahre
lang die zu Breifah. 1880 trat er in
die Redaktion des „Magazins für Päda—
ogik“ ein; 1884 wurde er Pfarrer in
ottenheim bei Freiburg, 1885 erzbiſchöfl.
Schulinipeftor für das Kapitel Breifad.
K. verfahte nicht nur eine Reihe theologiſcher
Schriften, ſondern es erſchienen auch von ihm 1874:
Deutſchlands Stromgebiete, 1875 Botanische Ta:
bellen (2. Aufl., ald Lehrmittel vom badiſchen
Oberſchulrat und vom bayerifchen Kultusmini—
fterium empfohlen). Unter feinen theologiſchen
Schriften find die befannteften: Fünf Meßandach—
ten für dee Schuljugend (7. Aufl.), und beion-
der3 jeine Beilpiel-Sammlungen, bis jegt 14
Bändchen, welche in verfhiedene fremde Sprahen
überfegt werden.
Keller, Ludwig, geboren am 28. März
1849 zu Friglar in Heflen, reformierter
Konfeifion, bejuhte das Gymnafium zu
Rinteln, ftudierte zu Leipzig und Dar:
burg erſt Jurisprudenz und Staatswillen-
haften, fpäter Philoſophie und Geſchichte,
promovierte 1872 zu Marburg, trat dann
an demfelben Ort in den Staatsardiv-
dienft ein und wurde am 1. Okt. 1874 an
das Staatsardiv zu Münfter verjegt,
defien Vorſtand er feit 1881 ift.
Er ift Berfafler folgender größerer Schriften:
Geſchichte der Wiedertäufer und ihres Reis zu
Münfter (1880), Die Gegenreformation in Bei 5
falen und am Niederrhein (1881), Ein Apoſtel
der MWiedertäufer (Hans Dend (1882), Die Re:
formation und die älteren Reformparteien (1885),
Die Waldenfer und die deutichen Bibelüberfegun:
gen (1886), Zur Gefchichte der altevangeliichen
Gemeinden (1837).
Keller, Dtto, geboren 28. Mai 1338
bejonderen Rufes erfreute; alsdann bezog |zu Tübingen als Sohn des Prof. der
er die Univerfität zu Freiburg, jtudierte | deutfchen Sprade und Literatur Dr. Adel
Philologie und Theologie, bearbeitete eine | bert K. bejuchte das Seminar zu Schön:
theol. Preisaufgabe, promovierte auf der | thal, danach das evangeliihe Stift zu
Univerfität Jena rite zum Dr. phil. und | Tübingen, um Theologie zu jtudieren. Im
wurde 1865 zum Prieſter geweiht. Als achtzehnten Lebensjahr gab er dieſe Ab-
Vifar war derjelbe angejtellt in Kappel: ſicht jedoch auf und wandte ſich der Phi—
Das literarifhe Deutfchland. 19
Keller⸗Jordan.
lologie in möglichſt weiter Ausdehnung
zu, ſiudierte germaniſche, romaniſche, orien⸗
laliſche und altklaſſiſche Sprachen, um
ſich ſchließlich als eigentlichen Berufs—
zweig die letztgenannten zu wählen. Hier—
zu wurde er beſonders veranlaßt durch
das Studium der Schriften Böckhs, Bopps,
Melders, Ereugers, Jahns u. A. 1860
promovierte S., begab fi dann nad
Bonn, um Ritihl, Welder und Jahn zu
hören, ging für einige Zeit nad) Paris
und wirkte, zurücigefehrt, als Gymnaſial⸗
lehrer zu Hall, Draulbronn, Ludwigsburg,
Tübingen, bis ihn 1866 der Fürft von
290
Kellermann.
mütsfranften Mutter in vollem Maße
fennen. Ihren Schulunterricht empfing
fie in einer Zehranftalt zu Frankfurt a.M.
Bereits 1854 vermählte fie fi) mit dem
Kaufmann E. Keller, an defien Seite fie
eine Neihe von Jahren in Merifo und
ipäter in Deutichland zubrachte. Nach
dem Tode zweier blühender Kinder trieb
es die ſchwer heimgefuchte Frau von der
Eeite ihres Mannes nad) Tübingen. Hier
hatte fie lange Jahre mit den widrigften Ges
ſchicken zu fümpfen. Später erft geftalte-
‚ten ſich ihre materiellen Intereſſen freund»
Hohenlohe-Ohringen auf Grund der ab- geugnis ab für eine nicht gewöhnliche Geftaltungs-
gelegten Profefioratsprüfung zum Rektor
des Lyzeums in Ohringen ernannte, 1872
wurde K. als Ordinarius für Haffifche
Philologie und Vorftand der archäologi-
hen Sammlung nad) Freiburg berufen.
Von dort aus unternahm er Studienreifen
nah Italien, Griechenland und Klein-
Afien. Nach dreijährigem Wirken folgte
K. einem Ruf an die Univerfität Graz,
wo er 5'/a Jahre lehrte, um dann nad)
Prag überzuficdeln, wo er noch heute als
ordentl. Brofefjor für klaſſiſche Philologie
und Mitvorftand des philologiſchen Semi-
nars wirft.
Bon feinen hochverdienten jelbftändigen Werfen
heben wir hervor: Geſchichte der griechiſchen Fa-
bel (Difjertation 1860), Q. Horati Flacci opera
recens (mit Alfred Holder 1864—70), Ohrin—
en zur Zeit der Römer (1871), Adolf Bacmeifters
Feltilähe Briefe (1874), Rerum naturalium scrip-
tores Graeci minores (1877), Epilegomena zu
Horaz (1879— 80), Saturnifcher Vers (1883 bis
1886), Tiere des Haffiihen Altertums (1887).
Keller: Jordan, Henriette, wurde am
4. Juni 1835 zu Marburg in Heflen als
Tochter des berühmten Sylvejter Jordan
geboren, der die Kurheſſiſche Verfaſſung
in den dreißiger Jahren diejes Jahr:
hunderts geichaffen und danad) in langer
Sefangenihaft auf dem Marburger
Schloſſe ſchmachtete. Sie verlebte deshalb
y
liher. Frau 8.3. gehört zu den probuftivften
Schriftitellerinnen der Neuzeit. Ihre Werte legen
kraft. Abgejehen von vielen Romanen, Novellen,
Erzählungen und Aritifen, die in den verſchie⸗
denften Zeitichriften und ee erichienen,
heben wir hervor: Roderich ner (Erz. 1888),
Meritan. Novellen (1884), Natalie (Erz. 1885),
Hacienda Felicidad (Kultur-Rom. 1886), Die
Grubers (Erz. 1887), Aus der (Nov.
1887), Trandatlantifches (Briefe und Nov. 1888).
Kellermann, Auguft, wurde am 18.
Juli 1849 zu Eppinghofen bei Muh
a.d. Ruhr geboren. Sein Vater war Werk:
führer auf einer größeren Tuchfabrif.
Nah Abjolvierung der dortigen Volks—
ſchule befucdhte der Anabe eine Fortbil:
dungsanftalt, darauf die Realihule I.
Ordnung zu Mühlheim a. R., deren Brima
er verließ, um zu einem Feldmeſſer in die
Lehre zu treten. Nach zwei Jahren (1869)
beitand er das Feldmefler-Eramen in
Düffeldorf. 1870 wurde er behufs wei-
terer Ausbildung von der Landesvermeſſung
in Hannover nad) Aurich in Oftfriesland
geſchickt, woſelbſt er an allen Bermeffungs:
arbeiten teilgenommen hat. 1871 wurde
er zum SKatafter-Eupernumerar ernannt
und 1872 als Aififtent des Kataſter-In—
Ipeftors an die fönigl. Finanzdireftion in
Hannover berufen. Im Jahre 1875 mußte
K., eines langwierigen rheumatiſchen Leis
dens wegen, jeine Laufbahn in der Ka:
eine jehr traurige Kindheit und lernte | tafterverwaltung aufgeben und lebt feit-
den Ernft des Lebens an der Eeite der | dem als Privatgeometer, woneben er fi)
durch die Gefangenichaft des Vaters ge: | aud mit Echrifttellerei befaßt, zu der Nei—
TR Ur, Dohhun, Sex 2 RS:
Kellner.
gung und Begabung ihn hinzogen. Unter
mandjerlei Leiden, die ihn und feine Fa⸗
milie während langer Jahre heimfuchten,
entitanden feine Gedichte, die K. 1877 ge-
fammelt herausgab und die ihm viele An-
erlennung eintrugen.
Kellner, Friedr. Wilh., geboren den
26. Dezember 1830 zu Karlsruhe in
Breuß.-Schlefien, wirkte in den Jahren
1851—59 als Lehrer an einigen Ele
mentarſchulen Schlefiens, unter anderen
auch an ber mit dem Seminar zu Münſter⸗
berg verbundenen Muſterſchule. 1859
er einem Rufe an das Hollanderjche
und Erziehungsinftitut (jegt ritter-
8 Gymnafium) zu Birkenruh in
Zivland, wo er bis 1863 verblieb. Nach
Ablegung des
ber Univerfität zu Dorpat wurde er hier:
auf als wiſſenſchaftlicher Lehrer an der
Kreisſchule Pe: angeftellt, wo er noch
iert.
Während — — an letzterem Orte
verf er mehrere Lehr: und Lernmittel geo-
—* und arithmetiſchen Inhalts, die ſaͤmt⸗
291
erforderlichen Eramens an
von dem ogiſchen Konjeil der Univerfität
Dorpat zur ia 8 * — — —
provinzen — er
— 8. A. und bes ©. Staniß-
lausordens 3. und 2. Kl.
Kellner, Lorenz, wurde am 29. Ja-
nuar 1811 * rg et
geboren, wo ater, Heinrich K.,
retor des Lehrerjeminars
ee —— —— *
begeiſterten er Peſtalozzi's, erbte er
die Anlagen und die Liebe zum Lehrer:
berufe, für welchen er ſich auch nad) be-
—— Gymnaſialſtudien mit ganzer
entſchied. Einige Jahre in Erfurt
Lehrer und ſpäterhin Rektor einer Volks⸗
ule, wurde er 1836 an das erwähnte
neugegründete Seminar berufen, wo er bis
1848 mit dem Vater zulammen wirkte,
Im legteren Jahre erhielt K. die Be:
rufung zum Regierungs- und Schulrat in
Marienmwerber und befleidete dieje Stelle
Kelterborn.
Eigenſchaft nach Trier verfegt wurde, welche
Stellung er bis zu feiner 1886 erfolgten
Penfionierung beffeidete. Seine großen
Verdienfte um die Schulen und um Die
pädagogiiche Literatur wurden 1861 von
der Afademie in Münfter durch die Dok—
torwürde h. c. und von der Staatsre⸗
gierung 1871 durch den Geheimrats:Chas
rafter, jowie 1877 durch Verleihung hoher
Orden anerfannt. 1849, 1850 und 1867
bis 1871 war er Mitglied des preußis
hen Abgeordnetenhaufes, vertrat die ges
mäßigt-fonfervative Richtung und nahm
an den Verhandlungen über das Volke:
ſchulweſen im Haufe und in den Home
miffionen äußerft lebhaften Anteil.
K. fteht mit feinen Schriften auf dem kirchlich⸗
religiöfen Standpunfte, jedoch ohne jede Schroffr
beit und Intoleranz. Zur Pädagogik der Schule
und des Haufes (1850, 12. Aufl. 1888), Bär
dagogifche Mitteilungen aus den Gebieten der
Schule und des Lebens (1852, 3. Aufl. 1868),
Erziehungsgefhichte in Bildern und Skizzen mit
bef. Rückſ. auf das Volksſchulweſen (1869, 3.
Aufl. 1880), Kurze Geichichte der Erziehung und
des Unterrichts ꝛc. (1877, 8. Aufl. 1886), Volls⸗
ſchulkunde (1855, 8. Aufl. 1886), Poeſie in der
Volksſchule (2. Aufl. 1856), Deutiches Lefe- und
Bildungsbud für höhere kath. Schulen (1857,
10. Aufl. 1886), Materialien für den mündl.
und ſchriftl. Gedanfenausdrud (9. Aufl. 1888)
—— und Edelmann (Erz., 3. Aufl,
Kelterborn, Rudolf,geboren zu Baſel
7. Juni 1843, hat feine akademiſchen Stu⸗
dien zwiſchen die ſchönwiſſenſchaftlichen
und Rektor | und naturhiſtoriſchen Fächer geteilt, ſobah
er fich einesteils zur praftiichen Ausübung
des Lehrerberufes und andernteils dazu
befähigte, in der poetifchen Literatur
jelbitthätig aufzutreten. Zahlreiche Reifen
in faft allen Ländern Europas unter
ftügten diefe Abfiht und übten zugleich
den Griffel in der Darftellung von Nas
turgemälden, Land⸗ und Stabtbildern, die
mit Beifall aufgenommen mwurbden.
Gleichzeitig erfchienen Inrifhe Gedichte ſowohl
ernfter al3 heiterer Art, bald felbftändigen Chas
ratter3, bald für feftliche Anläffe. Einiges wurde
fomponiert. Namentlich vielfahe Verbreitung
fanden kurze Denkſprüche. Hervorzuheben aus
bis 1855, daerauffeinen Wunſch in gleicher diefer Zeit ift das Idyll „Sofeph und Gretden“,
19*
Kempf.
äter
> En vorerft eine Reihe dialekt
Scherze. Bon Dramen in der Schriftipradhe find
erichienen und zum Teil aufgeführt: Die Lotos⸗
blumen, Elias Emigmeier, Auf der Alp, Gut
getroffen, Hans Holbein. Von den bisher ver«
öffentlichten Novellen vorwiegend humoriftifcher
Art feien erwähnt: Die Reifelehrlinge, Im Appen:
zelferländchen, Sonnenaufgang, Der Stadtpoet,
Burgen und Bürger, Der Landaufenthalt, Im
Schweizerhäuschen, An der Ihönen blauen Donau.
K. lebt gegenwärtig als —* in Baſel und iſt
Mitarbeiter zahlreicher Zeitſchriften der Schweiz
und Deutichlands.
Kempf, Heinrich, geboren am 80.
April 1860 zu Oberböbling bei Wien,
bejuchte nad) Abfolvierung der Bürger:
ſchule die f. k. Lehrerbildungsanftalt zu
St. Anna in Wien. 1878—79 Lehrer
an der Bürgerjchule in Oberdöbling. Von
Diefer Zeit an den Lehrerberuf aufgebend,
als Schriftjteller thätig; anfänglih auf
naturwiſſenſchaftlichem Felde, hauptſächlich
über die niederöſterreichiſche Flora.
Bemerkenswerte Arbeit: Flora des Schnee
berges in NO. Später waren «3 aufer Nies
beröfterreich auch Steiermark und Kärnten, wo»
ſelbſt fih K. der Verbreitung naturw. Kenntniffe
befleißigte. In neuerer Beit ift er ausſchließlich
als touriftiicher Schriftiteller thätig und gelang
es ihm, auf diefem Felde fich bald einen Hang»
vollen Namen zu erwerben. Seine „Führer
durch das Kahlengebirge” und „Semmering:Ul-
manach“ gehören zu den beiten Reifehandbüchern
über diefe Gegenden. Außer den bereit erwähnten
felbftändigen Publikationen feien hier noch „Weib:
nachts⸗Almanach“ und „Die Bäder und Luftkur⸗
orte von ſterreich⸗ Ungarn, Deutichland und der
angrenzenden Länder” angeführt.
Kerl, Georg Heinrich Bruno, geboren
am 24. März 1824 zu St. Andreasberg
auf dem Oberharze, bejuchte das Gym:
nafium zu Clausthal (Oberharz), ſtudierte
1840—43 auf der Bergichule (ſpäter
Bergakademie) dajelbit, dann 1844 auf
der Univerfität zu Göttingen Chemie,
Phyſik, Diineralogie und Technologie, trat
1846 auf der Oferhütte bei Goslar ein,
wo er alsbald zum Hütteneleven ernannt
wurde; er erhielt aber am Ende dieſes
Jahres einen Ruf als Lehrer der Chemie,
Hüttenkunde und Probierkunſt an die
Slausthaler Bergihule. Während diefer
292
Kerz.
ng K. zur dramatiſchen Poeſie über Lehrthätigkeit verſah er, ſeit 1049 Hütten⸗
ftifher | gehülfe, zeitweilig den Munzwardeindienſt,
wurde 1851 zum Vizehüttenmeiſter bes
fördert und dabei mit den Funktionen
eines Hilfsreferenten bei der fgl.. Berg:
hauptmannſchaft und eines Hilfsarbeiters
für das Eifenhüttenwejen beim kgl. hannov.
Berg: und Forftamte zu Clausthal betraut.
1853 gab K. die legtere Thätigkeit auf,
übernahm dafür die Gefchäfte eines Hilfs-
arbeiters fürSilber-Bergbaus- und Hütten»
weſen bei genannter Behörde und wurde
1853 Hüttenmeifter, 1854 Bergprobierer,
1858 Bergamtsaffefjior und 1862 Pro-
feffor an der Clausthaler Bergafademie.
1867 folgte derfelbe einem Rufe an bie
fgl. Bergakademie zu Berlin, an welcher
derjelbe zur Zeit noch als Dozent Av
Metallhüttenfunde, Probierkunft, Löt⸗
rohrprobierfunft und chemiſche Technologie
—— iſt. Seit 1868 iſt er Mitglied
der kgl. preuß. techniſchen Deputation für
Gewerbe im Handelsminiſterium und von
1877—85 war er nichtſtändiges Mitglied
des kaiſ. Patentamtes, welche Tetere
Stelle er aus Gefundheitsrüdlichten aufs
zugeben gezwungen war,
Die wichtigſten feiner — find nach⸗
ſtehende: Die Oberharzer Hüttenprozeſſe (2. *
ra > ee Ge auf. 1 1800) *
ommumon⸗Un rze u
bud der metallurgiihen Hüttenkunde
1801-180) * = SS, que L
van ven ohrun en
1862), Grundriß = Se A
Handbuch der Thonwaareninduftrie (2,
1879), Grundriß der
0 Aufl. 1879), Grundriß
2. Aufl. 1881), age Eifenhüttentunde
(1875), Grundriß der eg ; &
Metallurgifhe Probiertunft (2. U
Probierbuch (1880), rer in dr mei
2), Mit p
giſchen Probierkunit ( Do), NEE
techn. Literatur — a er
Dr.Stohmann bearbeitet er die zur —— ind. U
erſcheinende „Musprattiche Chemie
auf Künfte und Gewerbe“ (auf 7 nennen. veran⸗
ſchlagt), * ſeit 1859 iſt K. Mitredakteur der
„Berg: und Hüttenmänniſchen Zeitung “:.
Kerz, Ferdinand, wurde am 27; April
1812 zu Mainz geboren. Er beſuchte
das Gymnafium feiner Vaterſtadt, trat
Keſſel.
1831 freiwillig in die Großherzogl. Heſſi⸗
Ihe reitende Artillerie ein und wurde
1836 Offizier. 1841 wurde er auf fein
Nachſuchen zur Gendarmerie verjegt und
trat 1878 als Oberſt in Folge eines
Augenübels (grauer Staar) in den Pen:
fionsftand.
Hauptwerke: Die Entftehung des Sonnenfy:
ſtems (2. Aufl. 1877), Erinnerungen an Säße
aus der Phnfit (1884), Über die Entftehung der
Körper, welche fi) um die Sonne bewegen (1886),
Plaudereien über die Kant⸗Laplace'ſche Nebular:
Sypotheſe (1887).
Keffel, Carl von, geboren am 24.
Dezember 1807 zu Groß Neudorf bei
Brieg in Schlefien, war der Sohn bes
Landesälteften und Rittergutsbefigers v.
Keflel. Die erfte Erziehung erhielt er im
elterlichen Haufe, bezog dann das Gym-
nafium zu Brieg, fam ſpäter in das Ka—
bettenforps und diente als Offizier in ber
preußiichen Armee. Nach feinem Aus:
ſcheiden aus derfelben trat er in den Eivil-
dienft, verließ denfelben aber, weil er
feine feiner Bildung und feinen Kennt:
niffen angemefjene Beförderung fand und
widmete ſich nun der Journaliſtik und
literarifchen Arbeiten.
Er übernahm zuerſt die Redaktion der „Trier:
hen Ztg.“, der „Rheins und Ruhr⸗gZtg.“ und
einer Beitung in Münfter, und fiedelte ſchließlich
nah Berlin über. Bon feinen vorzüglich beur-
teilten größeren Romanen nennen wir: Aus
dem Leben eined Junggefellen, Peteröburg und
Stodholm, Eine heimliche Ehe, Königstreu, Der
Teufel auf Reifen, Schill und feine Gefährten,
Lebenärichtungen, Schleswig«Holftein meerum⸗
Die aus feiner Feder gefloflenen Nos
vellen und Erzählungen find fo zahlreih, daß
wir bier nur einige hiftorifhen Inhalts anführen
wollen. Hierzu gehören: Ron Auerſtädt bis
Berlin, Bon Berlin bis Stralfund, Bon Ulm bis
Wien, Der Zunter von Nüfler, Keine Rofe ohne
Dornen, Ein Abenteuer an der Seeküfte ꝛc. An
Werten militärischen Inhalts ift K. der Verfafler
der Feldzüge von 1866 und 1870/71. Derfelbe
lebt jett bereits jeit einer Neihe von Jahren,
von Körperleiden ſchwer heimgeſucht, zu Rheins»
berg in völliger Abgefchiedenheit.
Kewitich, Karl Theodor, geboren am
8. Februar 1834 zu Pofilge (Wejtpreußen),
wo fein Vater damals Lehrer und Dr:
— 293
Keyfer.
ganift war. Er befuchte die Domſchule
dajelbjt und das Gymnafium zu Konig
(1845— 53) und widmete ſich der Mufik,
die von frühfter Jugend an von beften
Lehrern bei ihm gepflegt wurde. Nach—
dem er fih brei Jahre als Hoboift
im Muſikkorps eines pommerſchen In—
fanterie-Reg. und durch höhere Mufil- und
andere Studien inBerlin vorbereitet hatte,
legte er 1858 die Prüfung als Lehrer
für Volksſchulen am Seminar zu Brauns-
berg ab und wurde im nädjten Jahre
als Lehrer und Organift in Wabez bei
Culm angeftellt. In ſolcher und ähnlicher
Stellung wirkte er zu Schweg, Graudenz,
DBerent. 1865 legte er die zweite Leh—
rerprüfung und 1867 das afabemifche
Mufiferamen ab und wurde 1873 zum
Erften Seminarlehrer ernannt. Bon
1884—85 verwaltete 8. das Direftorat
am Seminar zu Berent. Infolge eines
Nervenleidens nahm er 1886 feinen Ab»
Ihied aus dem Etaatsbdienft und lebt nun
ganz feiner mufifaliihen und ſchriftſtelle—
riihen Thätigfeit in Berlin.
K. hat ſich vielfache Verdienfte erworben, fo
gehört er mit zu den Förderern des allgemeinen
deutfchen GäciliensBereins, als deſſen Diöcefans
Präfes für das Bistum Culm er fungiert.
Auch wurde auf feine Anregung vom Kriegämis
nifter ein Lehrkurſus auf Staatäloften für die
Hoboiſten der Armee an ber fgl. akademiſchen
Hochſchule für Muſik in Berlin eingeri
mufifalifhe Schöpfungen gelten, abgejehen von
einer zahllofen Menge von Arrangement3 und
SelegenheitösRompofitionen für ilitär und
a. Mufiffapellen, vornehmlid der Ki mufil.
Dieje (fiehe Katalog des allgem. deutſch. Cäcis
lienvereins) find rühmlihit befannt geworben.
K. wurde 1882 durch die Verleihung des Grades
eine „Maestro Compositore‘ von der Akademie
di St. Cecilia in Rom ausgezeichnet. 1874
wurde er von der Hol. Regierung zu Danzig ala
Bertrauensperfon zum Bericht und zu event,
Vorſchlägen in Sachen der Mufitpflege ernannt.
K. ift ein beliebter literarifcher Mitarbeiter einer
Reihe von Fach- und anderen Zeitſchriften, denen
er Referate über Bücher und Mufikalien, beſon—
ders aber belehrende Aufläge über Muſikweſen ꝛc.
liefert.
Keyfer, Stefanie, geboren am 30.
März 1847 in Sondershaufen, erhielt
eine vorzügliche Erziehung, deren Reful-
KReyierling-Rautenburg.
tate noch durch mehrfahe Reifen in bie
Schweiz und Italien gefeftigt und ermwei-
tert wurden. Früh begann fie ſchon zu
„ſchreiben“, zunächſt Märchen, Novellen,
Gedichte, ſpäter auch Romane für Zeit-
Ihriften. Nunmehr ijt die Autorin faft
in allen beſſern Zeitichriften heimifch ge
worden, und ihre Dichtungen erfreuen ſich
einer überaus günftigen Beurteilung.
Bon jelbftändigen Werken hervorzuheben: Der
Krieg um die Haube, Glodenjtimmen, Im Win:
termond, Fanfaro, Der Mut der Wahrheit, Die
Loranixe.
Keyſerling-Rautenburg, Ceeile
Gräfin, geb. Gräfin Anrep- Elmpt, wurde
am 22. Juni 1847 in Schwitten (Kur:
land) geboren, genoß eine vorzügliche Er:
ziehung im Haufe ihrer Eltern, wobei tüch—
tige Lehrkräfte zu Hilfe gezogen wurden,
Die es verjtanden, die in dem jungen Kinde
Ihlummernden ſchönen Talente, befonderg
die leidenihaftliche Vorliebe für Poeſie
zu weden und die rechten Bahnen zu lei—
ten. Sehr jung noch, begann die Gräfin
Cecile zu dichten und zu fabulieren, und
als fie jpäter mit ihren, von tiefem poeti-
ihen Gemüt und vornehmer Geiſtesrich—
tung zeugenden Novellen fih an bie
Öffentlichteit wagte, fand fie vielen Bei-
fall. Gleich ihr erftes Werk: Maddalena |
(Nov. 1833) erwarb ihr Freunde und Der: |.
ehrer, mehr noch ihre vorzüglich beurteilte
Novellenfammlung: Mahres und Erträumtes
(1887). Die Autorin lebt, vermählt mit
dem Grafen Keyſerling, auf ihrem Schloß
Rautenburg bei Zappienen (Dftpreußen),
weiter mit, für die Zukunft noch viel ver:
fpredenden literar. Arbeiten bejchäftigt.
Kiefer, Ludwig (Ludwig Kiefer-Rarft),
wurde am 1. März 1860 zu Waldmohr
(Pfalz) als ber Sohn achtbarer Bauers:
leute geboren. Er bejuchte unter fchweren
Opfern feiner Eltern die Lateinſchule zu
Homburg, darauf das Gymnaſium zu Zwei:
brüden, ohne jedoch dafjelbe ganz zu ab-
folvieren; mannigfache Kränfungen feines
Ehrgefühls, die er als ein Unterftügungs-
bedürftiger erleiden mußte, ſowie die Ab:
294
— Kiehne.
neigung, dem Wunſche ſeiner Eltern ge⸗
mãß — ie zu ſtudieren, veranlaßten
ihn, ſeine Shultudien abzubrechen. Er
verfuchte, eine Anftellung im Staatsdienfte
zu erlangen, und widmete fich feit 1883
für 3 Jahre dem reichsländifchen Forjt-
dienjte und wurde darauf Bureau⸗Vor⸗
fteher in einer größeren Oberförfterei.
Die Neigung zur Schriftitellerei, jowie das
Streben, fid) zu vervollflommnen, ließ ihn
neben einer gediegenen, umfangreichen Lek⸗
türe ein fleißiges Studium pflegen, deſſen
Ergebniffe er in feinen Beiträgen für Zeit-
ſchriften niederlegte.
Kiehne, Martin Hermann, geb. zu
Wernigerode a. H. am 10. April 1855,
bejuchte das fünigliche Lehrerfeminar zu
Barby a. E., beftand 1875 die erfte, 1878
die zweite Lehrerprüfung, erlangte 1885
durch die Mittelichulprüfung die Qualifi-
fation zur Anftellung als Mittefichuffehrer
und Lehrer an höheren Töchterichulen,
jeit 1877 Lehrer an der von dem bekann⸗
ten Bädagogen Rektor G. Schurig diri⸗
gierten Mittel: und höheren Töchterjchule.
Nach Mitarbeit an den hervorragendſten Zeit
de feine erite
Ichriften und Sammelwerken
Gedichtſammlung „Lenzfahrt“ be
Abdrud in den Eike "eilfgen
tern den u
balt durch
Ende Dichtung a
tiſche Dichtung aus der Bölferwanderung
„Die Dorfprinzeh“, erzählende Dichtung | .
Daneben giebt R. * —— „Heinfte Be
ſchrift der Welt”, Hausbuch
Redaktion er —— Iojeı
Weiſe leitet, —
Kienaft, Friedrich Auguſt, wurde a
27. Juli 1853 zu Melk in Niede
als Sohn des dortigen k. k. Steue
—2 K. geboren.
u
klaſſe begann er in dem von den
diktinern zu Melk unterhaltenen k.
gymnaſium ſeine Studien, verließ
1865, um das Realg
Pölten zu befuchen, weil der
fränklichen Körper eine Orts
Kienzl. —
empfohlen. Da dieſe nicht den erwünfch: |
ten Erfolg hatte, kehrte er nach Melk und,
nahdem er im Elternhaus feine angegrif:
fene Gefundheit gefräftigt, an das Ober:
gymnaſium zurüd. Nach Abjolvierung der
Edule trat er, für die pharmazeutische
Raufbahn beftimmt, als Praktikant in die
Stiftsapothefe zu Admont in Steiermart
ein, legte 1872 zu Graz die Tirozinal-
prüfung ab und war dann der Reihe nad)
Alfiftent der Pharmazie zu St. Pölten,
Sclägel, Scheibbs und Eilenerz. Ein
bartnädiges Nervenleiden fegte ihn außer |
Stand, feinen Berufspflidhten ferner nad): |
zufommen; er ging in das Elternhaus zu: |
rüd, um der Heritellung feiner Gejund-
heit zu leben, und widmete alle feine
Kraft dem Studium der Klaſſiker, dem er
aud) bereits in feiner pharmazeutischen |
Praris mit Eifer obgelegen. Die mannig: |
fahen Hinderniffe, die ihm in den Meg |
traten, konnten ihn nicht entmutigen; je
größer die Miferfolge waren, die er bei:
feinen Unternehmungen erntete, defto leb⸗
bafter wurde in ihm die Begeijterung für
die Schriftitellerei und ihre Ausübung.
295
Riepert.
ders durch Ad. Jenſen und Franz Liszt
aufgemuntert, ſich gänzlich der Muſik zu
widmen. Ließ fih 1874 bei der philofo-
phiſchen Fakultät in Graz immatrikulieren,
fegte fpäter feine philofophiichen und mus
ftlaliichen Studien in Prag und Leipzig
fort, woſelbſt er aud) feine fchriftitellerifche
Thätigkeit als Mitarbeiter verjchiedener
Journale begann, führte in den genann-
ten Städten bereits mehrere feiner Kom:
pofitionen auf. Kehrte 1877 nad Graz
zurüd, hielt Vorträge und veranitaltete
Konzerte, in welchen er außer feinen eige—
nen, namentlih Wagner'ſche Werke zur
Aufführung bradte. Promovierte 1579
in Wien zum Doktor der Bhilofophie und
Muſik auf Grund der fpäter erichienenen
Schrift Die muſikaliſche Deflamation. Hielt
id 1879, in regem Verkehr mit Wagner
und Liszt, in Bayreuth auf. Ging 1880
nah München, wo er einen gemifchten
Chorgejang-Berein dirigierte und 20 mu—
fitwiffenfchaftliche Vorträge hielt. Unter:
nahm 1881—82 als Komponift große
Konzertreifen duch Deutichland, Ungarn
und Rumänien, war 1883—84 eriter
1885 überfiedelte er mit feiner verwitwes | Kapellmeifter der deutihen Oper in Am—
ten Mutter nad) Leoben, wo K. nod im |fterdbam, fpäter in Erefeld und zog ſich
jelben Jahre ein Studentenheim eröffnete | dann nad Graz zurüd, um dort 1884
und 1886 die Redaktion der „Leobner
Rundſchau“ übernahm.
Bon feinen ſelbſtändigen Werken heben wir
hervor: Mit Gott (Anthol.), Admont, Beſiegte
Vorurteile.
Kienzl, Wilhelm, geb. am 17. Ya:
nuar 1857 als Sohn eines Advofaten in
Waitzenkirchen (Oberöfterreih). In Graz,
wo jpäter (1860) die Familie ihren Wohn:
fig nahın, abjolvierte K. das Gymnafium
und machte 1374 die Diaturitätsprüfung.
Erhielt feit dem fünften Jahre Klavierunter:
richt, in fpäterer Zeit durch Mortier de Fon⸗
faine. Auf des legteren Anraten ſtudierte
er Kompofition bei W. U. Remy (Dr.
Wilhelm Mayer) in Graz und machte ſpä—
ter noch kontrapunktiſche Studien bei Jo—
fef Krejei in Prag und bei Jofef Rhein:
berger in Münden. Wurde fpäter befon-
J
die Oper „Urvaſi“ (deren Textbearbei—
tung gleichfalls von ihm herrührt) zu
vollenden.
Diefe Oper, 1886 zum erftenmal aufgeführt,
ift bisher K.'s Hauptwerf. Unter der Feder des
Komponiften eine zweite Oper: „Heilmar der
Narr”. Bon anderen Kompojitionen K.'s erichie:
nen 98 Klavierftüde, 70 Lieder, 15 Chöre, 4 Or:
efter: und 3 Kammermufifmwerke im Drud. Vor
kurzem hat 8. ein Buch „Miscellen” (gefammelte
Aurfäße über Mufit, Mufiter und mufifalifche
Erlebniffe) herausgegeben. 1886 wurde er zum
artiftifchen Direftor des fteiermärfifhen Mufif:
vereins in Graz berufen und vermählte ſich dann
mit ber vortrefflichen Sängerin Lili Hole. Er
wirft nun in Graz ald Dirigent, Komponift,
mufifalifcher Schriftiteller, Pianiſt, Muſikpädagog
und durd öffentl. Vorträge über Mufifgeichichte.
Kiepert, Heinrich, wurde am 31. Juli
1818 in Berlin geboren. Nach Vollendung
feiner Univerfitätsitubdien dafelbft unter—
Kieſekamp. —
nahm er mehrere Reiſen nach Kleinaſien,
nad) deren Rückkehr er (1845) als Direk⸗
tor des Geographiichen Inftitutes zu Wei⸗
mar angeftellt wurde, welches Amt er bis
zu feiner Erwählung in die Afademie der
Wiflenichaften (1858) inne hatte. Er do-
zierte nun an ber Univerfität in Berlin,
wurde 1859 zum außerordentl. und 1874
zum orbentl. Profeſſor ernannt. K. gilt
als einer der ausgezeichnetiten Geogra-
phen und Kartographen der Gegenwart.
Von feinen bedeutenden Arbeiten heben
wir hervor:
Lehrbuch der alten Geographie, Leitfaden der
alten Geographie, Handatlas in 45 BL, feit
1856 in jährlih wiederholten Auflagen, Atlas
antiquus 12 BI. ebenjo, Atlas von Hellas in
24 Bl. Paläftina; außerdem viele Abhandlungen
in Zeitfchriften und eine große Anzahl von Karten,
namentlih den Drient, das türkiiche Neich zc.
betreffend, in beutfcher, franzöfifcher und griechi—
ſcher Sprade.
Kieſekamp, Hedwig, geb. Bracht (He:
lene Kornelia, Rafael), geb. im Jahre
1846 auf dem Rittergute Heinrichenburg
in Weftfalen, verlebte ihre Kindheit in
ländlicher Etille und genoß neben dem Un-
terricht der Dorfichule denjenigen des Orts⸗
geiftlihen. Das freie Umberftreifen in
Wald und Feld erwedte in ihr früh Schon
den Sinn für Poeſie. Nad dem Tode
ihres Vaters fam fie behufs weiterer Aus⸗
bildung in das Klofter der Urfulinerinnen
zu Maezeyd. Hier, wo die Mufit vor
allem eine Pflegftätte fand, faßte fie den
Entihluß, Sängerin zu werden. Ihre
Verheiratung binderte die Verwirklichung
diejes Planes, 1884 folgte fie ihrem Gat⸗
ten nah Münfter. Hier konnte fie fich
num ganz ihrer Vorliebe für die Kunft hin-
geben. Sie genoß des anregendften Ver:
fehrs, vor allem lernte fie Levin Schüding
fennen, der ihr bei ihren erften jchrift-
ftelleriichen Verſuchen freundlich die Hand
reichte. Mandherlei Reifen, die fie faft
durch ganz Europa führten, erweiterten
ihren Gefichtsfreis um ein bedeutendes.
Ein frohes literariiches Echaffen begann.
1876 gab fie einen Band Märchen unter dem
Titel „Neuer Märchenſchatz“ (2. Aufl. 1883) her:
296
= Kießling.
aus. Bald folgte wieder ein Märchenbuch Am
Kamin“. Ein Jahr darauf „Friſcher Märchen⸗
ftrauß”, endlih 1884 „Früblingsmärden
Groß und Klein”. Ihre Werke wurden von
Kritif ſehr freundlich au — Als Mit-
arbeiterin verſchiedener Zeitſchriften lieferte wi
riſche Gedichte. 1887 erſchien ein neuer Kranz
licher und von mafgebender Seite —
urteilter Märchendichtungen unter dem Titel „
der Sturm ſang“.
Kiekling, Friedrich Ferdinand (Fer
dinand von Döbeln), wurde am 21.
1835 zu Döbeln (Sachſen) geboren. Schon
frühzeitig befundete der Knabe eine nicht
gewöhnliche Begabung. Doc der Vater,
ein jchlichter Handwerker und mittellos,
bejtimmte ihn wieder für den Handwerker⸗
ftand. Dem väterlihen Wunſche fi fü-
gend, führte denn der Süngling tagsüber
Hobel und Säge, um dann bes Abends
an ben * ia den re
gen Geift und das empfängliche Gemüt zu
bilden und zu erquiden. Die eifrige Le
türe der Biographien bedeutender Männer,
die aus eigener Kraft fi ihr Leben
ftalteten, feuerte ihn an, die Ungunft
ner äußeren Verhältniſſe zu
Mit unermüblihem Fleiße erwarb ſich der
junge Mann in verhältnismäßig kurzer
Zeit einen Schag von Kenn Das
Studium Shakeſpeare's und der
Ihen Dramatiker, die er in ber egung
(as, begeifterten ihn für das Theater und,
einem unmiberftehlihen Drange —
ging er zur Bühne. Poetiſche Verſuche
aller Art fallen in diefe Zeit. Bald er
fannte er, daß jelbftändiges € n feine
Aufgabe fei, und er wurde in dieſer Mei-
nung nod) beftärft, als einige feiner dra-
matiihen Arbeiten beifällige Aufnahme
fanden. So entjagte er denn der Bühn
und ging zu weiterer Ausbildung nach Eng:
land und Amerika, wo er für ve
deutſche Zeitungen feuilletoniftiiche A
ſchrieb. 1870 machte er den Feli
Frankreich mit und ließ ſich nach
densihluß in Leipzig nieder, wo er ale
Feuilletonift am „Neuen Blatte“ und
deren Zeitichriften thätig war. Uni
—
Kihn.
297
Kindermann.
bemüht, ſich fortzubilden, hörte er noch Intereſſe der ſtudierenden Jugend, welche
als reifer Mann auf der Univerfität Leip-
zig philofophifche, literarhiftorifche und ge=
ſchichtliche Vorlefungen. 1876 reifte er
zur Weltausftelung nad Philadelphia.
Aus der neuen Welt in die Heimat zurüd-
gekehrt, nahm er feinen dauernden Auf:
enthalt in Dresden, wo er während breier
Jahre den „Belletriftiichen Verlag“ führte,
um dann ebendafelbjt die Redaktion der
„Saronia” und des „Patriotiichen Haus-
ſchatzes“ zu übernehmen.
Außer einer großen Menge von Artikeln und
Erzählungen, die in den ——— Zeitſchrif⸗
ten zerftreut find, find es insbeſondere folgende
feiner Werfe, die verdienen, genannt zu werden:
Boten des Frühlings, Gedichte (1861), Schwänfe
und Ränfe (1862), Tormniftergefhichten (1870),
Unter deutfchen Fahnen (Bilder aus dem Sol;
datenleben, 1876), Gold und Blut (Rom. 1882),
Mlerandra (Rom. 1882), Aus Krieg und Frieden
(1871), Höllenftudien (1874), Jupiter und Ger:
mania (1878). Zur Aufführung gelangten fol:
gende Bühnenftüde: Königs Geburtstag, Ein Tag
aus s Leben, Nur ein Reiter, Schrift:
lich! urtstagsgeſchenk, Preußens Erhebung,
Chriſtfeſt im Felde, Haaſe auf Kunſtreiſen.
Kihn, Heinrich, geb. am 30. April
1833 zu Michelbadh, königl. bayr. Bezirks-
amts Alzenau, beſuchte das Gymnaſium
zu Afchaffenburg und ftubierte nach defjen
Abfolvierung am Lyceum daſelbſt Philo-
fophie und an der Univerfität Würzburg
Theologie und Philologie. 1855 trat er
ebenda als Zögling in das bijchöfliche
Kleritalfeminar ein und löfte 1857. die
von der theologischen Fakultät geftellte
fgabe über Die Bedeutung der anti-
ocheniſchen Schule auf dem exegetiſchen Gebiete.
In demfelben Jahre zum Priefter geweiht, beſchä
war er bis 1858 als Kaplan in Urfprin-
gen-Duttenbrunn und Hammelburg in der
Eeelforge thätig und wirkte dann in die:
fem Städtchen von 1848—64 als Sub-
reftor der Lateinfchule und ala Studien:
lehrer mit Vorliebe an der Erziehung und
Ausbildung der Jugend. 1860 verfaßte
er das Echulprogramm Über die Nutzbarkeit
unjerer Lateinſchule. 1864 zum Stubienleh:
rer am fönigl. Gymnafium in Eichftätt
ernannt, verfaßte er im religiössfittlichen
eines geeigneten Gebetbuches entbehrte,
den Meg zur Meisheit, ein Andachtsbuch für
Studierende und Gebildete (4. Aufl.1886). 1866
erſchien feine Differtation Die Bedeutung der
antiochenifchen Schule auf dem eregetiichen Ge
biete nebjt einer Abhandlung über die älteften
chriſtlichen Schulen, befonders zu Antiochia, Edefja
und Nifibis, welche die günftigjte Beurtei-
lung erfuhr. Als Profeſſor der Theologie
an die Univerfität Würzburg berufen mit
der Verpflichtung, Vorlefungen über Pa—
treologie, theologiihe Einleitungswiſſen⸗
haften und Hermeneutif zu halten, ver:
band er hiemit nach feiner Ernennung zum
Ordinarius (1879) noch den Vortrag des
Kirhenrehts. Im Jahre 1884/85 be-
fleidete er das Rektorat der Hochſchule,
und erſchien:
rof. Möbler, ein Lebensbild als Beitrag zur
Gelhhichte der Theologie der Neuzeit (2. U. 1885).
Hier Ichrieb er fernerneben einer Reihe von Auflägen,
die in theologifchen Zeitichriften erſchienen, das
vorzüglihe Werk „Theodor von Mopfueftia und
Junilius Afritanus als Eregeten” nebjt einer fris
tiſchen Textausgabe von des letzteren „Instituta
regularia divinae legis“ (1880). An dieſes
—— ſchloſſen ſich die Abhandlungen an: Über
eupia und @AAnyopta nad den verlorenen her
meneutiſchen Schriften der Antiochener (1880),
ber ben Betrieb der hebr. Spradhe an Gymna⸗
* und theol. Lehranſtalten (1883), Der Ur:
prung des Briefes an Diognet (1882), Praktiſche
Methode zur Erlernung der hebräiſchen Sprache,
Grammatik mit Übungsſtücken, Anthologie und
MWortregifter für Gymnafien und theol. Zehranftals
ten (gemeinfam mit D. Schilling verfaßt 1885), ers
läutert die Regeln an zahlreichen mit tranffribierter
Ausfprahe und Überjegung verbundenen Beiſpie⸗
len. 8. ift zur Seit mit Ausarbeitung einer
ri Fr und Methodologie der Theologie"
gt.
Kindermann, Carl, wurde am 8.
Auguft 1882 zu Lübeck geboren. Eein
Vater war Bote am Oberappellations-
gericht dafelbft mit kleinem Einfommen
und großem Kinderfegen. Der Knabe er-
hielt, da nur wenig zu feiner Ausbildung
verwendet werben fonnte, feinen Unters
richt in einer Mitteljchule, erjt mit dem
12. Jahre fonnte er eine Realſchule in
Lübeck beſuchen, die er nad) zwei Jahren
verließ, um in ein Krämergeſchäft als
Kinzel. —
Lehrling einzutreten.
Lehrzeit war er mehrere Jahre, zuerſt als
Bodenmeiſter, dann als Aſſiſtent und zu—
legt als Kaſſierer bei der Lübeck-Büche—
ner Bahn thätig, in welcher Zeit er ſich
aud) verheiratete. 1858 wurde er zum
Beamten des ſtädtiſchen Leihhaufes er:
wählt, welche Stellung er 12 Jahre inne
hatte. Nebenher war er feinem Bruder
als ſtiller Teilhaber in einem gemein:
Ihaftlic gegründeten photogr. Gefchäfte
behülflih und gründete in Lübeck ein
Dienſtmann-Inſtitut, verbunden mit einer
Haupt:Agentur der Renten-, Kapital: und
Lebensverfih..Banf Teutonia in Leipzig.
Um das photogr. Geichäft feines nad)
Hamburg überficdelnden Bruders fäuflich
zu übernehmen, gab er feine Beamtenjtel-
lung im Leihhauſe auf und führte jenes
298
Kiplke.
Nach fünfjähriger dem Gebiete der deutſchen Literatur und des
deutſchen Altertums veröffentlichte er die felb-
ftändigen, vorzüglich beurteilten Schriften: Der
Junfer und der treue Heinrih, ein Rittermärdhen
des 14. Jahrhunderts (1880), Zwei Rezenſionen
der Vita Alexandri Magni, eine Abhandlung
über ein mittelalterliches Werk aus der Alexander⸗
fage (1884), Lamprecht's Alerander nad) den drei
Terten mit dem Fragment des Alberie von Be-
fangon und den lateiniichen Quellen heraus—
gegeben und erklärt (1884), Das deutiche Volls⸗
lied des 16. Jahrhunderts, für die Freunde der
alten Literatur und zum Unterricht (1885). Seit
1885 ift K. Redakteur des „Jahresberichts für
germaniiche Philologie”.
Kipfe, Karl, wurde am 20. November
1850 zu Breslau geboren und erhielt
dort feinen Schul- und erjten Muſik—
unterridt. 1967 bezog er das Leipziger
Konjervatorium der Mufif und blieb drei
Jahre defien Zögling. Nachdem er noch
14 Jahre, bis eine Augenſchwäche ihn für fich weitere zwei Jahre in Leipzig
zwang, feine photogr. Thätigfeit einzu: | mufifaliiche Studien betrieben hatte, wurde
jtellen und fi dem Lebens-Verſicherungs- er als Mufikdireftor nad Lippitadt be:
fache ganz zu widmen.
K. humoriftiih beanlagt und mit dichteriſchem
Talent begabt, daS er zu vervollfommnen ſtets
beitrebt war, jchrieb Feſtprologe, Vereins- und
Tafıllieder, kleine Mastens und Polterabend: Auf:
führungen und Widmungen heiteren und erniten
Inhaltes in hoch- und plattdeutiher Mundart,
die ihren Weg in die Öffentlichkeit fanden. 1881
erfchien ein Band humor. plattd. Gedichte unter
dem Titel „Feldblomenſtruß“, welcher von der
Kritit fehr gut aufgenommen wurde.
Kinzel, Karl, geb. 17. März 1849
in Berlin als Sohn des Rektors Dr.
C. K., vorgebildet auf dem kgl. Friedrich—
Wilhelms-Gymnaſium daſelbſt, ſtudierte
in Berlin anfangs Theologie, dann be—
ſonders deutſche Philologie von 1868 bis
1872, machte den Feldzug gegen Frank—
reich als Freiwilliger mit, war an meh—
reren Berliner höheren Lehranſtalten
thätig, nachdem er in Halle auf Grund
einer Dilfertation über Wolfram von
Eſchenbach promoviert und in Berlin
das Eramen pro facultate docendi be
ftanden. Seit 1875 angeftellt am Ber:
liner Gymnafium zum Grauen Kloſter.
Außer einer Reihe von Auflägen in willen
ſchaftlichen und belletriftiichen Zeitſchriften aus
rufen und hatte dort als Dirigent des
gemischten Chorgefangvereins der Geſell—
ihaft „Eintracht“ Symphonie:, Kammer:
muſik- und Chorfonzerte zu leiten. Auch
wurde ihm die Direktion der dortigen
' Liedertafel und des auf feine Veranlaffung
‚fpäter ins Leben getretenen Lippſtädter
Sängerbundes übertragen. Anläßlich
feiner Berheiratung gab K. 1875 feine
Lippftädter Stellung wieder auf und ſie—
delte neuerdings nad) Leipzig über. In
den Jahren 1875— 78 paufierte der aus—
übende Mufifer gänzlich bei ihm; er war
ausſchließlich literariich thätig und zwar
hauptſächlich als Kritifer und Biograph
für Fach- und politiihe Zeitungen. Ein
Jahr lang redigierte er die „Blätter für
Hausmufif” und war namentlich auch als
Opernreferent des Leipziger Tageblattes
jehr thätig. 1878 übernahm er die Lei:
tung zweier Männergelangvereine in Leip-
zig, und 1879 diejenige der. Pilſener
Liedertafel und fiedelte zu dieſem
nad Pillen über, 1884 trat. er von
der Zeitung der Liebertafel zurüd, um
fih ganz dem muſikaliſchen Lehrfache zu
Kirchbach.
widmen. Geſundheitsrückſichten zwangen
ihn indeſſen 1886 dieſe Thätigkeit auf—
- zugeben, er zog wieder nad) Leipzig, um
fih abermals ganz feiner literariichen Be:
ihäftigung hinzugeben.
Er übernahm einen Teil der redaktionellen
Arbeiten für die von H. Pfeil feit 25 Jahren
geleitete „Sängerhalle”, die er feit 1887 allein
redigiert. K. iſt außerdem Mitarbeiter einer
Reihe von muſikaliſchen Zeitichriften, feine Ar:
beiten erfreuten fich vieler Anerkennung, indem
fie die Hebung und Ausbildung edler Geihmads:
rihtungen bei Dilettanten und Laien und einen
gelunden künſtleriſchen Fortſchritt in Fachkreiſen
anftreben.
Kirchbach, Wolfgang, wurde am 18.
September 1857 zu London geboren.
Nach UÜberfiedelung feiner Eltern nad)
Deutichland wurde er zu Dresden in der
Marquart'ſchen, Krauſe'ſchen Erziehungs:
anſtalt und im königl. Gymnaſium auf
das akademiſche Studium vorbereitet. Er
ſtudierte auf der Univerſität Leipzig Phi—
loſophie und Geſchichte, um ſich dann
gänzlich ſeinem literariſchen Berufe zu
widmen und vielſeitigen Studien zu leben.
| Bantia (1853), Handausgabe des Plotin (1854),
Seit 1879 wohnte er in München, von
wo er mancherlei Reifen in Italien ꝛc.
unternahm. Bon jeinen ınit Recht glän:
zend beurteilten ſelbſtändigen Werfen
heben wir hervor: Märchen (1879), Salvator
Roſa (Rom. 1880), Kinder des Reiches (vater:
länd. Nov. 1835), Ausgewählte Gedichte (1383),
Ein Lebensbuch (gefammelte Eleinere Schriften
1885), Lord Byron (Eſſay 1886), Waiblinger
(Zrauerfp. 1886), Das Nätjel (eine ſchalkhafte
Geſchichte 1887) und viele Meinere Arbeiten.
Kirchhoff, Guſtav Robert, wurde
am 12. März 1824 in Königsberg ge—
boren, ftudierte Mathematik und Phyſik
an der dortigen Univerfität, habilitierte
fih 1847 zu Berlin, wurde 1850 als
außerord. Profeſſor nach Breslau, 1854 als
ordentl. Brofefjornacd Heibelbergund 1875
in gleicher Eigenschaft nad) Berlin berufen,
wo er der Akademie der Wiſſenſchaften an-
gehört. 1883 verlieh der Kaijer ihm in An-
erfennung feiner hohen Berdienite um die
Wiſſenſchaft Rang und Titel eines Ge-
heimen Regierungsrates.
299
Kirchhoff.
hochbedeutenden Werken heben wir hervor:
Unterfuhungen über das Sonnenfpeftrum und
die Speftren der hemifchen Elemente (mit Bunfen
1861, 3. Aufl. 1866), Borlefungen über mathe:
matifche Phyſik (2. Aufl. 1877), Sefammelte Ab:
bandlungen (1881, zuvor in Poggendorff'3 „An:
nalen‘ und in Crelle's „Journal für Mathes
matik“ erichienen).
Kirchhoff, Joh. Wild. Adolf, geboren
' Theologie und Bhilojophie.
den 6. Januar 1826 zu Berlin, bejuchte
das Friedrich-Wilhelms-Gymnaſium und
‚die Univerfität dajelbit als „Philoſoph“
‚und wirkte dann als Lehrer, von 1849
an als Profeſſor am Joachimsthal'ſchen
Gymnaſium. 1865 wurde er an Die
Univerfität feiner Vaterjtadt als ordent-
‚licher Profeſſor berufen, 1860 in Die
Akademie der Wiſſenſchaften gewählt und
1867 zum Mitdirektor des Philologiichen
Seminars ernannt. Literariſch madte K.
ſich beſonders durch die Umbrifchen Sprach—
denkmäler bekannt und hochverdient. Außer—
dem heben wir von ſeinen ſelbſtändigen,
durch die maßgebende Fachkritik glänzend
beurteilten Werken hervor: Das Gotifche
Runenalphabet (1852), Das Stadtreht von
Corpus inseriptionum graecarum IV (1859),
Die Homterifche Odyſſee und ihre Entitehung
(1859), Die Kompojition der Odyſſee (1869,
2. Aufl. 1879), Corpus insceriptionum attiea-
rum 1 (1873), Studien zur Geſchichte des gries
chiſchen Alphabets (4. Aufl. 1887), Staat der
Athener (2. Aufl. 1881), Ausgaben der Euri-
piden 1855 und 1867, der Aelkbnlen (1880).
Kirchner, Friedrih, geb. 1. Mai
1848 zu Spandau als Sohn eines Pre-
digers, bejuchte das Joachimthalſche Gym⸗
naſium zu Berlin, deifen Alumnus er
war, und ftudierte in Halle und Berlin
Dann be=
gleitete er einen jungen Dann als Er-
zieher nad) der franzöfiihen Schweiz,
leitete 1870— 72 ein theol. Convikt in
Berlin und weilte bi8 1874 als Hauslehrer
in England. Bon hier aus promovierte
er als Dr. phil. und Lic. theol., ward
dann in Berlin Lehrer, ſpäter Oberlehrer
am fgl. Realgymnafium jowie Dozent für
Bon jeinen |
Literaturgeihichte und Philoſophie an der
Humboldt-Afademie dafelbit.
Kirſchner.
Außer „Gedichten“ (2. A. 1878) ſchrieb er beſon⸗
ders pbilofoph. Werke, von denen wir feine Meta-
phyſik (1880), Geſchichte der Poilslerie (2.9.
1884), Diätetil des Geiftes (2. Aufl. 1886) und
Wörterbuch der philof. Grundbegriffe (1886) als
vorzüglich beurteilt hervorheben. n Standpunft
ift 0 eined rationalen Realismus, d. h. er be»
trachtet die Vernunft als höchſte Inſtanz, fordert
aber, daf fie die Refultate der Rehurforisung
bei ihren Konftruftionen eg ferner
fucht er Glauben und Wiſſen, d. h. die Forbes
rungen des Gemütes mit denjenigen der Vernunft
zu verföhnen.
Kirfchner, Lola (Oſſip Schubin),
wurde am 14. Juni 1853 zu Prag ge
boren und erhielt eine ſorgfältige Erziehung
im elterlichen Hauſe.
regte ſich in dem jungen Mädchen ein
unwiderſtehlicher Drang zum Dichten und
Fabulieren, deſſen Blüthe ſich ſpäter zur
ſchönen Frucht entwickelte und nunmehr
in voller Reife ſteht. Der Roman iſt
das Feld der Autorin, die kunſtvolle Kno—
ten zu ſchlingen und nicht gewöhnliche
Menſchen zu zeichnen verſteht, wie wenige
ihrer ſchreibenden Mitſchweſtern neuerer
Zeit, wenn auch ihr eigentümlicher, als
nicht echt deutſch getadelter Stil ihr manche
Widerſacher heraufbeſchworen hat.
Hauptwerke: Schuldig (1883), Mal occhia
ae Auf Ehre (1884), Ein Frühlingstraum
Kiy, Friedrich Wilhelm Viktor, geb. am
1. Mär; 1837 zu Beutnerdorf bei Ortels-
burg in Oftpreußen, wurde vorgebildet auf
dem Oymnafium zu Raftenburg unter
Tehomw, jtudiertein Königsberg zuerft Theo:
logie, dann Philofophie und Philologie.
Bon Karl Rojenkranz angeregt, wibmete er
fich befonders dem Stubium der Philofophie
Hegels und Echopenhauers. Nach abjol-
viertem Ex. pro fac. docendi war der:
jelbe in verjchiedenen Privatftellungen und
an der höheren Bürgerfchule zu Bartenftein
thätig. Oftern 1873 wurde er auf Hein-
ri Viehoffs Veranlaffung an das Real-
gymnaſium zu Trier —* Im folgen:
den Jahre heiratete er eine Tochter Vie:
boffs und lebte im engjten Verfehre mit
300
Klaar.
dikat „Oberlehrer“ beigelegt worden war,
wurde derſelbe 1885 an das m⸗
naſium zu Elberfeld berufen, woſelb
noch jetzt thätig iſt.
Er hat folgende verdiente Schriften —5 —
Die Satire Aſthetiſche Abhandlung, ——
ſſimismus und die ——
ehrplan für den deutſchen Unterricht re
Lehrplan für den lateiniſchen Unterricht (1879),
Die Kantichen Kategorien und ihr Verhältnis zu
den Ariftotelifhen mit Rüdficht auf den
— Stand der Wiſſenſchaft (ea en
g der deutſchen Leſebücher für untere
—— Klaſſen von H. Viehoff (1881), Bear
beitung des Handbuchs der deutſchen Rational:
— für die oberen Klaſſen von H. Biehoff
882), Grundlage der Moralphilojopbie vom
Schon frühzeitig | ken nunft des Hegel-Rofenkranzichen Syftems
(1884), — — des Sans Kommentars
von 9. Biehoff enblicklich ift 8.
mit der —— der sat chen —
chaft ſeines Schwiegervaters beſchaäftigt, wovon
eine Poetik mit einer biogr. Skizze Viehoffs von
8. foeben erſcheint.
Klaar, Alfred, wurde am 7. Novbr.
1848 in Prag geboren, ftubierte in Wien,
dann an der Univerfität feiner Vaterſtadt
die Rechte und wandte ſich literarifchen
Studien, fchriftftelleriiher und publizi⸗
ftiicher Thätigfeit zu. Er gehörte 1868
bis 1872 der Redaktion des „Tagesboten
aus Böhmen“ an und trat bann als Kris
tifer in ein hype; Verhältnis zur „Bo-
hemia“. Er gilt als befonders 1035 Ge
geiler Kritifer. Im Jahre 1885
ilitierte er fi) ald Privatdozent für Lir
teraturgefchichte an der deutſchen poly:
technifhen Hochſchule in Prag.
Ir
Hauptwerke: Grillpargers Dttofar (eine Unter
fuhung), Ludwig Börne (Gedenkrede), Der Em:
Bin geifpiel ie pen Komö (Aufts
piel), I. B * — IL, Das
moderne Drama in Be n und Haupt«
vertretern, *
Klaiber, Karl Hermann, zu
geboren
Stuttgart 8. Mai 1835 als Sohn des
—* Gymnaſialprofeſſors Dr. Gott⸗
fried K. und ſeiner Gattin Maria geb.
Hauff, einer Schweſter des Dichters Wil⸗
helm Hauff, ſtudierte, nachdem er ſämmt⸗
liche Klaſſen des Eberhard-Ludwigs⸗Gym⸗
demſelben. Nachdem ihm 1883 das Prä- naſiums feiner Vaterſtadt durchlaufen,
Klapp.
1853—57 indem evang. Seminar (Stift)
zu Tübingen Philojophie und Theologie.
Eins und ein halbes Jahr verbradte er
in Rom als Hauslehrer und Vikar bei
dem damaligen fal. preußiichen Gejandt-
ſchaftsprediger K. Heing 1859 —61. 1866
erite definitive Anftellung als Pfarrer in
Weiler, Delanats Weinsberg, 1874
Pfarrer in Wurmberg, Def. Maulbron,
feit 1885 in Hirjau, Def. Kalm. Ehren:
mitglied der „Soci6ts d’histoire Vau-
doise“ in 2a Tour. Dr. philos.
Außer gelegentlichen Auffägen, Rezenfionen :c.
verjchiedenen Blättern find hervorzuheben:
Arnaud, Pfarrer und Kriegsoberſter der
er. Ein Lebensbild (1880), Urkundliche
Geſchichte der reformierten Gemeinden Cannit att«
Stuttgart-Qudwigäburg, von den älteften Zeiten
bis auf die Gegenwart. Ein Beitrag zur Ges
gidhte der reformierten Kirche in Würtemberg
(1884), Das Nlofter Hirfau. Für Geichichts:,
Altertums:, Kunft- und Naturfreunde (1886).
Klapp, Michael, wurde am 15. Fe
bruar 1834 in Prag geboren, abjolvierte
daſelbſt das Somnaftum und die Univer:
fität als „Philofoph“ und wandte fich
alödann der Journaliftif zu. Er war
redaktionell an der „Dftdeutichen Brefie”,
der „Sartenlaube”, der „Neuen Freien
Preſſe“ und der „Montags:Revue” (bis
1877) thätig. Nachdem er bereits meh-
Ping Berfeht * en & —5*
| ewordenen Zuftipiel „Roſenkranz
und Süldenftern“ hervor, das glänzende
Erfolge erzielte und ein Repertoirjtüd fat
fämmtlicher deutfcher Bühnen wurde.
_ Außerdem wir hervor: Komiſche Ge-
—— aus jübiihen Volksleben (1859).
(1867), Wiener Bilder und Büften (2. A.
1867), Bilder vom Maräfelde (2. Aufl. 1869),
Revolutionsbilder aus Spanien (1869), Zweierlei
Juden (1869), Pilgerfahrt von Tannhäufer dem
Jüngeren (1875), Reiſetagebuch de3 Schah von
Berfien (1876), Die Bankgrafen (1877), Fräus
(18 (1878), Der Glüdshafen
78).
Klatt, Johannes, geboren 31. Of:
tober 1852 in Filehne, beſuchte 1862
301
Klatte.
1872 an ber kgl. Bibliothek beichäftigt
(feit 1880 Kuftos), verheiratet mit Mar:
garete Papig.
Hauptiriften: Doktordiffertat. De trecentis
Cänakyae poetae indici sententiis (1873),
Dhanapäla’s Rishabhapancäcikä (1879), Die
Jaina⸗Handſchriften der kgl. Bibliothek zu Berlin
(1881), Indiſche Drude (1881), Extracts from
the historical records of the Jainas, im In-
dian Antiquary (1882). 8. ift Mitarbeiter an
den Jahresberichten der Geſchichtswiſſenſchaft, Ig.
1—4 (1878—81), an den Jahreäberichten der
Deutihen Morgenländ. Gefellihaft 1880 — 81,
Drient. Bibliographie im Literatur: Blatt für orient,
Philologie (Bd. 1-3, 1884—86.).
Klatte, Alfred, wurde am 26. April
1846 zu Bonn geboren, befuchte das dor:
tige Gymnafium, nad) deſſen Abfolvierung
er fi der journaliftiihen Laufbahn wid-
mete. Er wurde Redakteur der „Straß:
burger Poſt“ und ift auch literarifch haupt⸗
ſächlich thätig als Muſikkritiker und Feuille-
tonift. Bon feinen größeren Arbeiten find
hervorzuheben die Erzählungen:
Das Forfthaus (1878), Im Sturm der Leis
denichaft (1884), Verftoßen (1885).
Klee, Elifabeth, wurde am 19. Juli
1842 als Tochter des Ober-Regierungss
rats und jpäter noch Konfiftorialpräfident
Dr. 8. in Poſen geboren. Früh zeigte
fih der Drang zum ſchriftlichen Ausdrud
des ſtets vollflutenden Innenlebens, worin
freilihd Gemüt und Phantafie meijt dem
ſcharfen nüchternen Verſtande, der fnappen
Haren Form zum Schaden die Oberhand
behielten. Als fie ihre Eltern verloren
hatte, —— für fie eine Art Wander—
leben. Bei Freunden und Verwandten
fowol, wie in Kurorten, die ihre leidend
gewordene Gejundheit herftellen follten,
gingen etwa 15 Jahre dahin, darunter
drei in praktiſcher Zehrthätigkeit, zu der
fie dur) ein öffentl. Eramen (1866 in
Danzig) autorifiert ward. Doch fie er:
fannte auf all diefen Verjuchsitationen,
daß fie noch nicht in ihrem eigentlichen
ahrwafler war. Sie jehnte fih nad
bis 1868 das Gymnafium in Bromberg, | Selbftändigfeit, Unabhängigkeit und lite—
ftudierte in Berlin 18698 —72, haupt: rariſcher Thätigfeit.
jählih Sanskrit unter A. Weber, feit
1873 wurd: ihre erit: Novelle „Unter dem
Klee.
Joch“ gedrudt, und zu gleicher Zeit fait ein pä-
dagog. Aufſatz, darauf einige Erzählungen für
Jugendblätter. 1874 zog fie nah Dreäden, wo
fie Heitbem gang ihre Heimat hat. Überfegungen,
die der erften Originalarbeit vorauägingen, wie
3. B. eine des problöme du mal, übten auch
weiter noch ihren Stil und Ausdrud. 1876 er:
Ihienen: Mignon Maria, 1877—78 Wafhington
und Franklin, Überwunden, 1879 Die Heimat im
Hochland, 1880 Ein Vermächtnis, 1881 Lehr:
jahre des Lebens, 1885 Sein und Schein und
Ein BVierblatt.
Klee, Gotthold Ludwig, geboren 17.
Mai 1850 zu Dresden, befuchte von 1859
das unter der Leitung jeines Vaters (des
ausgezeichneten Pädagogen und Goethe:
fenners Julius Ludwig 8.) jtehende Gym: |
nafium zum heil. Kreuz und bezog 1868
die Leipziger Univerfität. Hier ftubierte ,
er Philologie, ipeziell Germaniftif, und
erwarb ſich 1872 die philofophiiche Dof-
torwürde. Darauf erteilte er während
ber beiden folgenden Jahre in feiner Vater:
ftabt Unterriht an verfchiedenen höheren
Lehranftalten und legte 1874 in Leipzig
die philologische Etaatsprüfung ab. Noch
im felben Jahre nahm er die Stelle eines
Direktors der Lateinfchule zu Deidesheim
an. Nachdem er dort elf Jahre hindurd)
gewirkt hatte, wurde er zum Oberlehrer
am Gymnafium zu Bauten ernannt,
welche Stellung er gegenwärtig bekleidet.
Abgejehen von zahlreichen Beröffentlihungen in
Zeitſchriften find von feinen äußerft günftig beurteil:
302
ten Werfen hervorzuheben: Zur Hildefage (1873),
Gubrun (Überjegung 1878), König Rother (Nach: |
dihtung 1880), Alpharts Tod (Nachdichtung
1880), Zwanzig deutſche Boltsbücher (1881),
Ausgabe von Guſtav Schwabs Gedichten mit
Biographie (1882), Die deutſchen Heldenfagen
(1883, 2. Aufl. 1884), Sieben Bücher deutſcher
Vollsfagen (1884), Langobardiiche Sagen und
Geſchichten (1884), Der arme Mann im Todenburg
(1885), Alte deutihe Märlein und Schwänke
(1886), Eines deutichen Volkes Ruhm und Un
tergang (1887), Hausmärchen aus Altgriechen:
land (1887),
Klein, Yda, ſ. Iſabella Nowotny.
Klein, Johannes, wurde am 27. De:
ember 1818 zu Dittmannsdorf bei Neu:
Habt in Oberfchlefien als der Sohn ſchlich—⸗
ter, rechtſchaffner Bauersleute geboren. | feinen vorzüglich beurteilten
Nach Vollendung feiner Ehulbildung auf | find mehrere in Mufif gefegt.
— Klein.
der Elementarſchule im benachbarten Ries
gersdorf und auf dem tgl. fath. Gymna⸗
tum in Neiße ftudierte er auf der Unis
verfität Breslau von 1840-43 Theo
logie und bejchäftigte fich daneben eifrig
mit literariihen Arbeiten, nachdem er
Ihon in der Schulzeit poetifche Verſuche
gemacht hatte. Sobald er feine Studien
in dem Priefter-Seminar (Alumnat) zu
Breslau beendet, erhielt er 1844 bie
Priefterweihe, und wurde darauf als Ka⸗
plan in Oppersdorf bei Neiße angeftellt,
wo er bei einem ehrmwürdigen Pfarrer 6
Jahre lang des Amtes waltete. In diejer
Zeit veröffentlihte er Aufſätze in Zeit
Ihriften aus dem Leben des berühmten
Marquis Bombelles, deſſen m
Leben er fih zum eingehenden Stubium
gewählt; auch gab er jeine erfte Gedicht⸗
fammlung heraus. Nach dem Tode des
Pfarrers in Oppersdorf wurde K. als
Kaplan nad Steinau in Oberjchlefien ver:
jegt, jedoh bald darauf als Pfarrer
nad Groß-Strenz berufen und fam von
hier aus nad neun Jahren durch Stellen-
tauſch nach Arnoldsdorf bei Ziegenhals.
Daſelbſt wurde er zum. Doktor
viert auf Grund feines Buches ben
Janfenismus. Das Anerbieten,Rel
lehrer am Mathias-Gymnafium zu 2
lau zu werden und an ber Univerfität
als Dozent zu wirken, mußte 8. in Rüd-
ficht auf feinen körperlichen Zuftand und
feine finanziellen Verhältniſſe able
Er ging nun nad) Zoewen in Be
um auf der dortigen Univerfität ei
afademifchen Grad in dem Jus canoni-
cum rite zu erwerben, und wurde Bac-
calaureus des kanoniſchen Rechts. 1870
übernahm er die Pfarrei Glaejendorf.
Hier erwartete ihn eine wei |
Eeelforgarbeit. Daneben gab er mehrere
Gedichtiammlungen heraus und lieferte
Beiträge (hauptiächlich religiöfe
Pädagogik, Erzählung, Reifebeichreibung
Kritik) in verfchiedenen Zeitfchriften. Von
- ..
Kleinpaul.
Kleinpaul, Rudolf, wurde am 9.
März 1845 zu Groß-Grabe bei Kamenz
geboren, ftudierte in Leipzig Philoſophie
und Philologie und in Berlin Natur:
wiſſenſchaften. Er machte vielfache Rei:
fen, namentlih in Italien, Griechen-
land, Agypten und Pälaftina, und [lebte
zunächft in SFranfreih, dann in der
franzöfifchen Schweiz, ſchließlich in Rom,
jeit 1878 in Leipzig. Hier vermwer:
tete er die reihen Kenntniffe von Land
und Leuten, die er ſich auf feinen Reifen
erworben. In weiteſten Areilen wurde
K. jedoh durd feine hochbedeutende
Schöpfung Kreuziget ihn (2. Aufl. 1883) bes
fannt. Außerdem heben wir von feinen
glänzend beurteilten jelbftändigen Werfen
hervor:
Die Dahabiye, Reiſeſkizzen aus Ägypten (1879),
Roma Gapitale (1880), Mediterranean (1881),
Rom in Wort und Bild (1884), Italienischer
Sprachführer (2. Aufl. 1884), Der Pringenraub
(1884), Menihen: und PBölfernamen (1885),
Florenz in Wort und Bild (1886).
Kleinfchmidt, Arthur, wurbe am 8.
April 1848 in Wiesbaden geboren, ab-
folvierte 1868 das Gymnaſium in Franf-
furt a. M., jtudierte bis 1872 in Hei-
delberg Geſchichte und wirft daſelbſt feit
1875 als Privatdozent, feit Febr. 1887
als außerordentliher Profeſſor.
Seine ſchriftſtelleriſche Thätinfeit ift eine rege,
er ift nicht nur an Zeitichriften und den großen
Encyflopädien (Erſch-Gruber, Encyklopädie der
neuen Geſchichte von Herbft, Deutſche Encyklo—
pädie) Mitarbeiter, ſondern jchrieb auch eine Anzahl
Bücher. Die bedeutenderen derjelben find: Jakob
111., Markgraf von Baden und Hochberg, der erfte
regierende Convertit in Deutichland (1875), Ruß—
lands Geſchichte und Politik, dargeftellt in der
Geihichte des ruſſiſchen hohen Adels (1877),
Karl Friedrih von Baden (1878), Die Eltern
und Geihmifter Napoleons I. (1878, 2. Aufl.
1886), Napoleon I. (1880), Augsburg, Nürnberg
und ihre Handeläfürften im 15. und 16. Jahr:
hundert (1881).
Kleinfchmidt, Auguft Albert Theo:
dor, geboren am 15. April 1847 als
Eohn eines Eubalternbeamten in dem
Amtsörthen Volkenroda im Herzogtum |
Gotha, erhielt den erften Unterricht von
803
Klencke.
dem daſigen Ortspfarrer, beſuchte ſpäter
die I. Bürgerſchule, dann das Lehrerſe—
minar zu Gotha. Hochbegabte Lehrer an
legtgenannter Anftalt wirkten jehr anre:
gend auf ihn ein, jo Echmidt, Dittes,
Kehr, Burbach, Zeyß. Die von Jugend
auf in ihm fchlummernde Liebe für bie
ihöne Literatur erwachte hier mächtig
und veranlaßte die erjten dichteriichen
Verfuhe. Epäter Lehrer an der Bürs
gerſchuie der kleinen thüringiſchen, durch
Guſtav Freytags Neft der Zaunkönige be⸗
kannt gewordenen Stadt Ohrdruf (Or⸗
dorf), gründete er daſelbſt ein Inſtitut
zur Ausbildung von Mädchen aus den
höheren Ständen, wurde 1878 Seminar:
lehrer in Friedberg im Großh. Helen,
1881 in gleicher Eigenichaft an die Lehrer—
bildungsanftalt in Bensheim an der Berg:
ftraße verjegt.
K. iſt namentlih auf pädagogiſchem Gebiete
ſchriftſtelleriſch thätig, Mitarbeiter der geachtetften
päd. Zeitichriften und des „Päd. Jahresberichtes“.
Seine Deutihen Stilübungen (3 Bde. 1885 u.
1886) haben in weiten Kreiſen großen Beifall
gefunden. 1887 erjchienen die Orthogr. Diktier-
ftoffe in Aufjasform, in früheren Jahren gab er
die Werke: „Aus Deutfchlands Vergangenheit‘
und „Lubang“ (Zebensb.)undandereheraus. Seine
„Bunten Blätter“ (1884) find ſehr günftig auf-
genommen worden.
Klende, Hermann, geboren den 28,
Dezember 1853 zu Großenhain in Sachſen,
befuchte die Fürftenfhule zu Grimma,
ftudierte Medizin in Leipzig und Würz⸗
burg, war Arzt an der Großherzoglichen
Heilanftalt Sachſenberg bei Schwerin,
dann an verfchiedenen Krankenhäuſern,
machte größere Reifen über See, ließ fi
in Dresden als Arzt nieder. Mein Les
bensplan war der, mir eine volle moderne
Bildung: naturwiſſenſchaftliche, geihicht-
liche, philofophifche zu erwerben und außer:
dem und dabei in einem Gebiete und
einem Fade fo zu Haufe und jo geübt
zu fein, daß ich praktiſch nützlich in der
Melt wirfen könnte. Ich habe dabei um
ſo ſchwerer empfinden müffen, da ich früh
den Vater verlor und feinen Anhalt fonit
| hatte, welche bittren Lebensfämpfe Jeder
Kles.
304
Klinger.
durchzumachen hat, der außerhalb der ges | Apotheker in der neu eröffneten Veteri—
wöhnlichen Geleife fein deal aufrecht
zu erhalten und zu erreichen fucht.
Bon 8.'3 vorzügl. beurteilten Schriften heben wir
(Red.) folgende Hauptwerke hervor: Im Reiche des
Ideales (1880), Bom an gg Peſſimismus
zum freudigen Realismus (1882), Der Geiſt der
eit (1883), Der Naturalismus und die Geſellſchaft
1885), Die pathologiihe Anatomie und die Hei:
lung der Krankheiten (1885), Der Nervenarzt und
die Eleftricität im Dienfte der Therapie (1886),
Am Webftuhl der Zeit (1887).
Kles, Karl Heinrich Joſeph Raphael
Felir, geboren den 30. Juni 1832 in
Breslau, beſuchte das fath. Gymnafium
feiner Vaterftabt und ftubierte in Leipzig
und Breslau Medizin. In Breslau zum
Doktor der Medizin promoviert, legte er
dafelbit jein Staatseramen ab, praktizierte
von 1858 —66 in der Provinz und nahm
als Stabsarzt an dem öjterreich-preußi-
Ihen Feldzuge Teil. Hierauf vorüber:
ehend in Berlin praftiich thätig, ließ er
ch 1868 in Dresden dauernd nieder und
übernahm die Leitung der „Diätetiichen
Heilanjtalt“, welche noch in demjelben
Jahre in feinen Befig überging. Der
Genannte veröffentlichte folgende verdiente
populärsärztlihe Schriften:
Die diätetiiche Heilmethode (1875, 8. Aufl.),
Der diätetiſche Arzt, ag en
Diätetifche Kuren zc. (1888, 6. Aufl.), A
zur Behandlung und Heilung aller Kranth. go
die diätetiſche Heilmetode (1886).
Klever, 3. W., 1821 geboren in
Kurland, beendete in der Stadt Bausfe
die Kreisſchule und trat als Lehrling in
eine Apothefe Nigas ein. Nah 4!/s
Jahren abjolvierte er in Dorpat das Ge-
bilfeneramen und trat bei feinem früheren
Prinzipal als Gehilfe ins Geihäft. Nach
2 Jahren in Dorpat immatrikuliert, been»
dete er den Univerfitätsfurfus für Phar-
macie und erhielt den Grab eines Pro:
vifors 1. Kl. 1848 wurde ihm nad) Ab:
jolvierung des Dagiftereramens und Ber:
theidigung feiner Differtation „Der Phos-
phor und feine Verbindungen“ der Grad
eines Magiſters der Pharmacie erteilt.
Im ſelben Jahre wurde er als gelehrter
närſchule angeftellt. 1873 wurde. Die
Schule in ein Veterinärinftitut umgewan⸗
delt und K. zum Dozenten für Pharmacie
und Pharmaeognofie umbenannt, wo er
zugleich die allgemeine anorg. und org.
Chemie, jo wie die qualitative analytifce
Chemie noch gegenwärtig für bie Stu:
dierenden der Veterinärmedizin vorträgt
und die praftifhen Übungen in ber Apo-
thefe leitet.
Bon jelbftändigen Werten hervorzuheben: Be:
terinärpharmacopoe oder die in der Veterinär:
medizin Anwendung fi Arzneimittel zc. ꝛc.
(1862), Pharmaceutiſche Technik, Ein Handbuch
für Veterinär-Landmwirte und Viehzüchter (1864),
Pharmac. Technik (2. verm. Aufl. 1879), Betes
rinärpharmacopoe v. Klever und
Lehmann
ruffifcher Sprache (1881), Pharmaceutijche Technit
in ruſſiſcher Sprache (1886).
Klinger, ©., ſ. B. Buchbinder.
Klopfer, Carl Eduard. Geboren am
29. April 1865 zu Wien, als der Sohn
eines geachteten und wohlhabenden Kauf⸗
manns, war id) anfangs für den gleichen
Lebensberuf beftimmt, während ich eifrigit
literariſche ** pflegte; endlich —
es mir, meinen Wunſch, die Schauſpieler⸗
Karriere einzuſchlagen, durchzuſetzen. Ab⸗
wechſelnd mit autodidaktiſchen Studien und
folchen als erterner Hörer an der Hoch⸗
ſchule bejchäftigt, nahm ich bei einem
Wiener Schaufpieler dramat. Unterrit.
1881 fand ich mein erftes pi
bei einer Schaufpielertruppe in
in Ungarn, wirkte fpäter in Danzig, Mei⸗
ningen, Saaz, fehrte aber dann nad) Wien
zurüd, indem ich der Bühne entjagte und
mid der Schriftitellerei widmete, Nad.
dem ich kurze Zeit an einem belletrifti Unter
nehmen in Wien als redaftioneller
thätig gewejen, wandte ich mich 1885 nach Leipzig
wo ich meine literariihen Verbindungen bedeus
tend ausdehnte. Hierauf leitete ich bis 1886 d
Redaktion des humor. Wochenblattes „Schalk" ü
Berlin. Meine Einberufung Mil ärjtellung
bewog mich, dieje Pofition aufzugeben und nad)
meiner Vaterftabt — 1837 erſchien
mein erſter größerer Roman „ mer“, Was
ich durch mein Vagantentum ald Schaufpieler ge
wonnen zu haben glaube, das ilt eine gründlich
Kloſe.
Kenninis der Bühnentechnik, die mir behilflich
ſein ſoll, meine Verſuche als dramat. Fr
ſteller zu unterftüen.
Klofe, Mar, wurde am 1. Septbr.
1848 in Landed (Schlefien) geboren und
bejuchte, nachdem er durch Privatunter-
richt vorbereitet war, das Gymnaſium zu
Slag, welches er im Herbit 1864 ver:
ließ und bis 1866 das Friedrihs-Gnm-
. nafium in Breslau benußte. 1866 wid-
mete er fich, dem Wunſche feiner Eltern
gemäß, der Landwirtichaft, welcher er als
Beamter und Befiker bis zum Jahre 1879
angehörte. Bereits 1868 machte er fich
durch einige landwirtſchaftliche Flugichrif-
ten befannt und gewann durch Mitarbeit
an sen Zeitſchriften den Schrift-
ftellerberuf lieb, welchem er fich ſchließlich
ih widmete. Seit 1880 bewohnt
er jeine Billa in Heriſchdorf bei Warm-
brunn in Schlefien.
= len
erfe erſchienen: Führer dur d
und en des Biefengebirges,
die Sagen: und Märchenwelt der
Glatz, Die Hohenzollern, Ein deuticher
Naturs und Herzensreime, Feitflänge
—— Das Schmuckkäſtchen des kleinen
edichte, Rationelle Fütterung
Kai * Br landwirtſchaftlichen
Obhut und das Ma—
— rg Wort über Flachs· und
Leinbau, Kommerzienrat, Wie Rübezahl die
fühnften Wünfche eines Sterblichen erfüllt (Sing»
el), Die . age. 8. ift Redakteur ber
„Rübezahl" (zum Beften eines
eims im Riefengebirge).
Auguftin, geboren zu Kotze⸗
Bam e F me ben 2. zu
337, e nad empfangenem Ele:
mentarumterricht der Dorfichule vom 9.
1850—57 das fgl. Gymnafium zu Gr.⸗
ogaı und bezog 1857 die Univerfität
er neben der Theologie be:
jematif und Philoſophie ſtu—
1er 1861 zum Prieſter
geweiht — war er fait 2 Jahre als
Kooperator in Niklasdorf (öfter. Schlej.)
thätig, erhielt 1863 die Kreisvifarftelle
zu Bunzlau in preuß. Schleſien und 1864
Das literariihe Deutſchland.
305
—— von ihm folgende günftig |
Aluge.
die Pfarrei Schönfeld, Kreis Bunzlau,
wo er noch wirkt.
Seine Vorliebe für philoſophiſche Studien be—
kundete er durch ſeine im Jahre 1875 (1. Heft)
und 1877 (2. Heft) erſchienenen „Philoſophiſchen
Fragmente, mit Bezug auf die v. Hartmannſche
Bhilofophie des Unbewußten“, welche, von her»
kömmlichen Anfhauungen abweichend, im wefent:
lien erfenntnistheoretijchen Inhalts find. 1879
erſchien eine zweite Ausgabe in einem Bande.
— Seit 1879 zum kgl. Kreisſchulinſpektor er-
nannt, wandte ji K. mehr pädagogiihen Stu:
dien zu und veröffentlichte 1883 feinen „Katechis—
mus der katholiſchen Religion für die mittleren
und oberen Klaſſen der Elementarſchulen“.
Kluge, Hermann, geb. 11. Mär} 1832
in Ehrenhain bei Altenburg, gebildet auf
dem Gymnafium zu Altenburg und auf
den Univerfitäten Jena, Heidelberg, Leip-
zig, ift feit 1857 Profeſſor am Gymna—
ſium in Altenburg.
1859 erſchien von ihm die Abhandlung „De
controversia, quae inter Erasmum Kotero-
damum atque Lutherum de libero fuit ar-
bitrio‘‘, 1868 „Die antife Tragödie in ihrem Ver:
e | bältniffe zur modernen“. 1869 erjchien die erfte
Auflage der berühmten „Geichichte der deutichen
Nationalliteratur”, wönon 1887 die 18. Auflage
| auögegeben wurde und die in etwa 200,000 Exem⸗
plaren verbreitet ift. Diefelbe wurde ins Fran-
zʒeſiſche überſetzt unter dem Titel „Histoire de
la Litterature Allemande d’aprös le Dr. Her-
mann Kluge par J. Philippi avec une pr£-
face de L. Orouslé“. Fortunato Demattio,
Profefjor an der Univerfität Innsbrud, hat fie
wenigitens — ins Italieniſche übertragen
unter dem Titel , Saggio sulla storia della
letteratura tedesca (Klopstock, Wieland, il
parnasso di Gottinga. Lessing, Herder). Pa-
gine dettate ad uso degli italiani sulla de-
cima quinta edizione della storia della lette-
ratura nazionale tedesca di Erm. Kluge.
Per di Fortunato Demattio, professore
nell’ J. R. Universitä d’Innsbruck“ (1886).
Ton der Prefle wurde das Buch glänzend auf:
genommen. Im Anfchlu an die Literaturgefchichte
erfhien 1877 eine „Auswahl deutſcher Gedichte”,
wovon 1887 die dritte (illuftr.) Auflage ausge⸗
geben worden ift. Endlih hat K. noch „Ihemata
zu deutfchen Auffäten und Vorträgen” bearbeitet,
wovon 1876 die erite und 1885 die vierte Aus
gabe erſchien.
Knapp, Hermann Georg, wurde am
13. April 1828 in Schwendi bei Ulm
geboren. Als der Sohn eines Schullehrers
bejuchte er bis zum 10. Jahre die Volfs-
20
Knauer.
306
Kneiſel.
ſchule beim eigenen Vater und kam von ſchaftlichſtem perſönlichen Verkehr jtehend,
dort zum Studieren an die lateiniſche nahm er an den die Zeit bewegenden
Schule zu Biberach, wo er 5 Jahre ver:
weilte. Dann ſetzte er fein Studieren in
Ehingen a./D. fort, bezog die Landes:
Univerfität Tübingen und nad) 11/s Jah:
ren die Univerfität Freiburg. Nach Ajähr.
Aufenthalte an legterer Univerfität ent:
fagte er jeinem urſprünglich gemählten
theologischen Berufe und wandte ſich nad
Frankreich, der Schweiz und Italien, wo
er Sprach- und Kunſtſtudien oblag. Be:
fonders in Rom verkehrte er mit den her:
vorragenditen Künjtlern, wie Beter v. Cor:
nelius, Freiherr v. Nhoden, Bildhauer
Achtermann ꝛc. Nach feiner Rückkehr aus
Italien lebte er ein paar Jahre in Urſen—
dorf.
Hier im Verklehre mit Bauer und Landmann
entftanden feine erften oberſchwäbiſchen Dialekt—
Dichtungen. Von diefem Dorfe zog er nad) Ulm
und jpäter nad Biberach, redigierte an beiden
Drten Zeitungsblätter und zog von letzterer Stadt
aus nad) Stuttgart, wo er feit 1864 als Privat:
lehrer für Sprachen und Muſik thätig ift. Seine
Gattin Piftoria, geb. Magg, eine echte Oberſchwä⸗—
bin, übte befonderen Einfluß auf feine Dialektdich—
tungen aus. Hervorzuheben: Hellauf und glattaweg!
(in — Mundart, 4. Aufl. 1887). Vorher waren
von ihm erſchienen: Luitbertus oder Das Bäuerlein
von Fulgenſtadt (eine oberſchwäb. Legende 1859),
Poetiſche Verſuche eines Profaiters (1863), Zwei:
te3 Bändchen (1865), Dritte8 Bändchen (1865),
Aus meinem Gärtlein (Ged, 1878).
Kuaner, Vincenz Andreas, ift am
20. uni 1828 in Wien geboren, abjol-
vierte das Gymnafium des Benediftiner:
ftiftes zu den Schotten in Wien und die
philofophiiche und theologifche Fakultät an
der Wiener Univerfität. 1850 trat er
in den Benediftinerorden des genannten
SC chottenftiftes, wurde 1853 zum Ordens:
priefter geweiht und war bis 1877 vor:
philofophiichen Erörterungen ſtets regen
Anteil, Zufolge der durch das vatifanifche
Konzil veranlakten Mißhelligfeiten faßte
K. den Entihluß, ſich ausſchließlich der
‚philofophiihen Lehrthätigkeit zu widmen,
und verfaßte zum Zwed der intendierten
Vorlefungen eine „Geſchichte der Philos
ſophie“ (1876), die wegen ihrer Beliebt
‘heit bei den Prüfungstandidaten 1882
eine 2, Auflage erlebte und bereits eine
dritte jtarf umgearbeitete und vermehrte
in Sicht hat. 1878 als Privatdozent an
der philof. Fakultät in Innsbrud thätig,
mußte 8. infolge einer heftigen Gelenks—
entzündung die akademiſche Thätigfeit
unterbrechen, vollendete aber nebenbei ein
größeres Werk William Shafeipeare, der Phis
loſoph der fittlihen Weltordnung (1879). Nah
Mien zurüdgefehrt übernahm K. die eben
in der Neuordnung befindliche reichhaltige
Bibliothek des Schottenftiftes (100,000
Bände) und hatte dabei den Junioren
Vorträge über Geſchichte der Philoſophie
mit bejonderer Berüdfichtigung der Lehre
Ct. Thomas Aqu. zu halten.
| Eine Frucht diefer Vorträge find die „Brunds
linien der Ariſtoteliſch-Thomiſtiſchen Pfychologie“
1885). In dieſen ſoll der Nachweis erbracht wer⸗
den, daß die Auffaſſung der ariſtoteliſchen und
thomiſtiſchen Lehre beſonders von Seite der ſo—
genannten Neuſcholaſtiker aus der Schule Albert
Stöckls eine prinzipiell falſche iſt. Außerdem bers
vorzubeben: Die Könige Shafelpeared. Ein Beis
trag zur Rechtsphilofophie (1863), Zwei Beiträge
zur Würdigung der deutichen Philoſophie, a. Ein
Votum für Hegel, b. De argumentis, quibus
Deum esse probatur (1867), Uber den Unters
fhied von Traum und Machen (1874), Die Lieder
des Anafreon in finngetreuer Nachdichtung (1858).
Kueifel, Rudolf, geboren in Königs—
zugsweiſe in der praftiichen Seeljorge in | berg i. Pr. am 8. Mai 1832 als Sohn
Mien thätig, Schon in feinen früheften | des dort engagierten Sängers Wilhelm
Jugendjahren durch einen feiner Anver: | Kneifel, machte mit feinen Eltern ſchon
wandten, einen tüchtigen Kantianer aus | frühzeitig viele Reifen, erhielt häuslichen
der alten Echule, in die Kantſche Philo: Unterricht, befuchte dann einige Jahre das
fophie eingeweiht und ipäter mit dem Domgymnafium zu Magdeburg, nahm
(1857 von Rom indizierten) Wiener Phi- dann noch längere Zeit Privatunterricht
lofophen Dr. Anton Günther in freund: | und widmete fich bauptlächlic dem Stus
Kneſchke.
307
Knortz.
dium der Literatur und Philoſophie. Zei⸗ Leipzig ſeit 100 Jahren (2. Aufl.), Das Konſer⸗
tig zur Bühne gegangen, war er mehrere
Jahre als Dramaturg und Regiſſeur am
Magdeburger Stadttheater engagiert, er:
richtete im Jahre 1860 eine eigne Theater:
direftion, der er ſechsundzwanzig Jahre
vorjtand. Im Jahre 1886 ließ er fi
in Berlin (Pankow) nieder, um fich aus:
fchließlich der Bühnenliteratur zu widmen.
K. hat über vierzig Stüde gefchrieben,
bie ſämtlich meiſt mit durchichlagendem
Erfolg aufgeführt worden find, größten:
teils an faſt allen Bühnen. Bühnen:
fenntnis und ein niemals verleßender
Humor, der namentlich in den weiblichen
Charakteren und in den graziöfen Liebes-
Igenen Hervortritt, zeichnen dieſe Stücke
aus
vatorium der Mufif zu Leipzig, Emil Devrient,
Deutiche Lyriker feit 1850 (Anthol.).
Knork, Karl, ift am 28. Auguft 1841
in Garbenheim (Rheinpreußen) geboren.
Er befuchte das Gymnafium in Wetzlar
und wandte ſich Schon jehr früh philolos
giihen Studien zu. Nachdem er einige
Zeit in London zugebraht und auf der
Univerfität in Heidelberg die Vorlefungen
von A. von Reichlin:Dieldegg gehört, kam
er 1864 nad) den Vereinigten Staaten,
Vier Jahre war er als Lehrer in Detroit
(Mich.) thätig, während welcher Zeit er
die Spradhe der Indianer ftudierte, was
ihn fpäter befähigte, ſelbſt Longfellow auf
einige ſprachlichen Verftöhe in feinen Ins
dianer-Epen aufmerfjam zu machen. Bon
Am befannteften find geworden das Boltsftüd; | 1868 — 71 befleidete R. eine Stelle als
Die Lieder des Mufifanten, und die Luftfpiefe: | Profefior der deutichen Sprache und Lites
Tochter Beliald, Der liebe Onfel, Die Kudud3, | ratur an der „High School“
Papageno, Sie weiß etwas, Desdemonas Tafchen»
bu, Anti-Kantippe, Ein deutfches Mädchen im
Elſaß, Sein einziges Gediht, Emmas Roman,
in Oſhkoſh
(Wis.), woſelbſt er auch Latein und enge
liiche Literatur lehrte. 1871 wurde ihm
Haus der Mahrheit, Wo ift die Frau? Die große | die Stelle eines Superintendenten des
Unbefannte.
Kinefchfe, Emil, wurde am 4. No:
vember 1835 als ein Sohn des berühm-
deutfchen Departements am „Normal:Ses
minary“ in Cincinnati übertragen. Hier
übernahm er die Redaktion des fünften
ten Heraldifers Prof. E. H. K. zu Leipzig | Jahrganges vom „Pionier“. Drei Jahre
geboren, bezog 1853 nad) Abjolvierung
des Nikolai-Gymnaſiums die Univerfität
feiner Vaterſtadt, wo er Philoſophie, Phi:
lologie und Literaturgeichichte ſtudierte und
1857 promoviert wurde. Hiernach wirkte
er ala Lehrer in Tresden, wandte fd) je:
doc) alsbald der Journaliſtik zu, und zwar
war er nacheinander ala Redakteur der
„Europa“, des „Leipziger Tageblattes“,
des „Bazar“ und bes „Berliner Frem-
denblattes“ thätig, als deſſen Chefredaf:
teur er noch jegt in Berlin lebt. K. hat
fi auf dem Gebiete der Literaturgefchichte
hohe Verdienſte erworben, zuerft wurde cr
durch fein treffliches Werk Goetheund Seit
ler in ihren Beziehungen zur Frauenwelt be:
fannt, das uns viel des Neuen und Inter:
eſſanten erſchloß.
Außerdem heben wir hervor: Das deutſche Luft:
Ipiel in Vergangenheit und Gegenwart, Zur Ger
fpäter ging er nad) Indianapolis, wo er
die „Deutiche Zeitung“ redigierte. Bon
da übernahm er eine Predigeritelle bei der
„Freien Gemeinde” in Johnstown, Die
er 1882 aufgab, um eine ähnliche Stelle
in Melroje, einer Vorftadt von Newyork,
anzunehmen. Bor Jahresfrift ift er jedoch
aud von diefem Amt zurüdgetreten, um
in Newyorf ganz feinen literarifchen Stus
dien zu leben.
K. hat eine reihe und alljeitig anerfannte
Schriftftellerifche Thätigkeit entwidelt, von deren
Ergebnifjen wir hervorheben: Märchen und Sagen
der nordamerifaniichen Indianer (1871), Aug
dem Wigwam, Uralte und neue Märchen und Sas
gen der nordamerifaniihen Indianer (1880),
Amerikanische Skizzen (1876), Aus der trands
atlantijchen Gefellhtaft (1882), Mythologie und
Civilifation der nordamerifan. Indianer (1882),
Kapital und Arbeit in Amerifa (1881), Staat
und Kirche in Amerifa (1882), Amerifanifche Les
bensbilder (1884), Eines deutichen Matrofen Nords
ſchichte des Theaters und der Muſik in Leipzig, | polfahrten (1885), Zongfellow (1879), An ame-
20*
Knothe.
rican Shakespeare bibliography (1876), Shake—
fpeare in Amerika (1882), Ameritanifche Gedichte | lau
der Neuzeit (1883), Modern american lyrics
(1880), Zwei amerikaniſche Joyllen (Eliſabeth von
9. W. Longfellow und Eingeichneit von J. ©,
MWbittier, über). 1879), Longfellow's Hiawatha
(überf., eingeleitet und erflärt), Gedichte, Neue
Gedichte (1884), Humoriftifche Gedichte (1877),
Lieder und Romanzen Altenglands (1872), Schot:
tiſche Balladen (1875), Epigramme (1877), Neue
Epigramme (1884), Representative german
poems (1885), Goethe und die Wertherzeit mit
dem Anhang Goethe in Amerifa (1885), IJrlän:
diiche Märchen (1886), Guſtav Seyffarth (1886),
* * and works of Gustavus Seyffarth
1886).
Kuothe, Hermann Friedrich. Ich bin
den 9. Dftober 1821 zu Hirfchfelde bei
Zittau geboren, wo mein Vater damals
Diafonus, ſpäter Paſtor war. 1832
bezog ih das Gymnafium zu Zittau,
1840 die Univerfität Leipzig, woſelbſt
ih Theologie ftudierte. Obgleich ich in
legterer aud) das zweite Eramen abge:
308
KRoberftein.
ſchichte meines gefamten Heimatölandes, der Ober:
‚ nad den verfchiedeniten Seiten hin
forfhen und feitzuftellen eu, und
chichte einzelner Dörfer, Städte, Kirchen,
fter, Landichaften, Adelsfamilien, teil die poli«
bergelegt. Bon den im Bud)
ſchienenen Schriften erwähne ih: Karl
Kretihmann, Der Barde Rhingulph, ein Beitrag
zur Geſchichte des Bardenweiens (1858), Urkund⸗
liche Geſchichte des —* Eigenſchen Kreiſes in
der königl. ſächſ. Oberlauſitz (1870), Urkundliche
Geſchichte des Kloſters Marienſtern (1871), Ur⸗
kundl. Grundlagen zur Rechtsgeſchichte der Dber:
laufig (1877), Geſchichte des oberlaufiger Adels
und Heiner Güter bid nah Mitte des 16. SDR
(1879), Fortfeßung derf. bis 1620 (1887),
Anteil der Dberlaufig an den Anfängen des
30jähr. Krieges (1880), Gefchichte des
bandwerfs in der Oberlaufig (1882), Urkunden:
buch der Städte Kamenz und Löbau (1883), Die
Stellung der Gutäunterthanen in der
legt Hatte, jah ich mich, da zu jener | (1885
Zeit die Ausfichten für Erlangung eines
geiftlihen Amtes ſehr ungünftig waren,
dennoch genötigt, nicht weniger als 10
Jahre lang teils als Hauslehrer im In—
und Auslande, teils als Lehrer an Mäd—
cheninſtituten und in einzelnen, befonders
der Fremdenkolonie angehörigen Familien
Dresdens meinen Unterhalt mir zu er:
werben. 1855 wurde ich als Oberlehrer
an der damals vereinigten Gymnafial-
und Realichul-Anftalt zu Zittau, 1861 als
Profeſſor beim königl. ſächſiſchen Kadetten⸗
korps zu Dresden angeſtellt, als welcher
ih 1880 infolge andauernder Kränklich—
feit . meinen Abjchied nehmen und in
Penſion gehen mußte.
Bejondere Verhältniffe lenkten ſchon in früher
Jugendzeit mein reges Interefje auf die eigen
tümliche Gefchichte meines Geburtsortes, So ent:
ftand dann Ipäter, al3 die erfte von mir heraus:
gegebene felbftändige Schrift, die „Geſchichte des
Fleckens Hirfchfelde” (1851), an melde fich die
der „Dörfer, Rohnau, Roſenthal und Scharre“
(1857) und von „Burkersdorf und Schlegel”
(1862), welde einft fämtlich zur Parochie Hirſch⸗
felde gehört hatten, anſchloſſen. Won der engiten
Heimat ausgehend, habe ich dann im Laufe ber
Jahre zumal die ältefte und darum dunkelſte Ge:
i Guts den älteſten
—— — Dienfte und —
Koberſtein, Karl. Zu Schulpforta
in der Provinz Sachſen wurde ich als
einzige Sohn des bekannten Literarhift:
rikers Auguft 8. am 15. Februar 1836
geboren. Zwiſchen den ehrwürdigen Denk
mälern alter Klofterherrlichkeit, ummeht
von dem belebenden Atem Thüringer
Waldberge, wuchs ich mit —
Geſpielen in fröhlicher Ungebundenheit
heran, bis ich, durch Privatunterricht ſorg⸗
fältig vorbereitet, 1849 in den eigentlicher
Verband der berühmten Landesihule trat.
Als es fich beim Aufrüden in die höheren
| Klaſſen endlich um die Mahl eines Lebens:
berufes handelte, hätte ic) mich am Lieb:
‚sten für das Waffenhandwerk entichieben,
allein die mißlichen Ausfichten, die ſich
dem unbemittelten Bürgerlichen in ber
Jahren ſchwungloſer Reaktion erich
ließen mich auf die Träume friegerijchen
I en unb eine andere, me
nen fünftlerifchen Neigungen entiprechen!
Laufbahn einjchlagen. Aus Elöfte icher
Abgeſchiedenheit eilte ich 1856, zu Stettü
als Einjährig- Freiwilliger meiner Wehr
Koberſtein.
pflicht zu genügen und gleichzeitig unter
der Leitung des damaligen Stadttheater:
direftors, Julius Hein, die erften ſchüch—
ternen Schritte auf den mweltbedeutenden
Brettern zu wagen. 1860 folgte ich einer
Einladung Eduard Devrients an die im
ſchönſten Gebeihen begriffene Karlsruher
Hofbühne. Der zweijährige Aufenthalt in
der badiſchen Refidenz war von enticei-
dender Bedeutung für mein äußeres und
inneres Leben. Denn legte ich durch meine
Verlobung mit der Tochter des unvergeß—
fihen Siflorien- und Landſchaftsmalers
Karl Friedrich Leffing den Grund zu einer
beglüdten Häuslichkeit, fo rief die tägliche
mit einem Manne wie Eduard
hä
Devrient den Schriftſteller in mir wach.
Die auf reichiter Erfahrung beruhenden Lehren,
welche der geiftvolle Dramaturg bei jeder ſich dar⸗
bieterden Gelegenheit, vor allem aber im Kreiſe
des mit der Prüfung neu einlaufender Bühnen:
werfe betrauten Zefefomit&s verſchwenderiſch aus:
rigen pflegte, übten auf meinen empfäng:
, für jegliche Unterweifung danfbaren Sinn
die nachhaltigſte Wirkung aus und ermutigten
ann Una die mir ſelbſt vielleicht innewoh:
poetilche Begabung durch eigene dramatifche
Berfuche zu erproben. Mein Erftlingswerf, „Flo:
rian Geyer”, ift jo gut wie ganz in Karlsruhe
anden, nur die legte, abichließende Überarbeis
eniſt
une ich mir für Dresden vor, wohin mic
1 ein Antrag der tgl. jähl.„Seneraldireftion
berief. Das fünfaftige Trauerfpiel gehört mehr
ober minder der zweifelhaften Gattung der fog.
en” an. Ließ fih mein Eintritt in die
—
dramatifchen
»
den jähen Übergang in das jugendliche
akterfach aber doppelt anftrengende Berufs:
gteit gejtattete mir nur felten ein längeres
am ch. So rüdte denn, ein
der —* chen Geſchichte entnommener
ſam von der Stelle und blieb
t unvollendet im Pulte liegen, als
awifon, dem zuliebe ich gerade dieſ
einem Gebirnleiden
=
en
verfiel, das
und feinen freunden vorzeitig ent:
zelanger Baufe und erft dann, als
a
e e Ar:
— führte Se man ı ch zum
’
309
Koberftein.
Schluß, ohne im Eifer des Vollendens zu gewah—
ren, wie die ergänzenden Teile mit dem bereits
ausgearbeiteten Bruchſtück in grellem Wideritreite
ftanden. In die für einen ausgeiprochenen Cha:
rafterdarfteller berechnete Hauptrolle ftahlen fich
nämlich jetzt, wo ich ſtatt Dawiſons den jugend:
lich feurigen Dettmer vor Augen hatte, einzelne
Züge, die um fo befremdender wirken mußten, je
weniger fie der urfprünglichen Anlage entipradhen,
je unvermittelter fie zum Vorſchein famen. Ein
Unftern ſchien auch —* über meinem armen
Stück zu walten, denn wenige Tage vor der Auf:
führung, die feine Lebensfähigkeit darthun follte,
brannte unfer jchönes Theater, Gottfried Sem;
vers Meifterbau, bis auf die Grundmauern nie
der (1569). Damit war aber auch der laftende
Bann gehoben: von nun an fonnte ich eine Reihe
ftattlicher Erfolgeverzeichnen. „König Erih XIV.“
machte die Runde über alle größeren Hof» und
Stadttheater Nord» und Süddeutfchlands. Nicht
lange nad) jeinem Erſcheinen erfuhr mein ſchau—
ſpieleriſches wie literariſches Thun eine längere
Unterbrehung. Hatte ich ſchon 1866 die Muskete
des preußiſchen Landwehrmanns monatelang ges
tragen, jo entzog mich der franz. Arieg meinem
Haus und Bent für geraume Zeit. Kaum wie:
der daheim und noch erfüllt von den jüngiten Er:
lebnifien, legte ih Hand an ein hiſtoriſches Luſt⸗
fpiel, welches, Richelieu's Anfchläge gegen Lothrin—
en behandelnd, von allen größten wie kleinſten
Theatern des neuen Reichs willlommen geheißen
ward, felbit in Amerila eine freundlihe Auf:
nahme fand und auch heute noch nicht gänzlich
von dem deutfchen Nepertoir verſchwunden ift.
Dauernd hallten die Eindrüde des „großen Jah—
red” in mir nad. Die eingeborene, im Eltern:
baufe reichlich genährte, durch den Frohndienft
des Theaterd aber lange zurüdgedrängte Freude
an vaterländifcher Geſchichte rührte fich jet auf
einmal wieder mit ganzer Kraft und wollte nicht
ruben, bis fie im gefchriebenen Wort lebendigen
Ausdrud gefunden. Nah emfigen, mit bin:
— reue betriebenen Vorbereitungen griff
ch in der Hoffnung zur Feder, daß es mir ge—
lingen werde, den Mangel an wiſſenſchaftlicher
Methode durch Friſche der Darſtellung, durch
Märme und Wahrhaftigkeit der Empfindung aus:
neigen. Inzwiſchen hatte fich eine tiefgehende
andlung in mir vollzogen: ich war herzlich
theatermüde geworben, ie follte fich auch der
alternde Schaufpieler, dem die göttliche Trunfen:
beit beraufchender Triumphe verfegt geblieben,
aus dem zerfahrenen, atemlos haftenden Aulifien:
treiben nicht nah einem gebaltvolleren ſtillum—⸗
friedeten Dafein jehnen? Ein ſchweres Nerven:
leiden warf mid) 1883 darnieber, jeder ferneren
Ausübung des alten in Einhalt gebietend.
Seitdem lebe ich, ausfchließlih mit den neueften
Erzeugnifien deuticher Geſchichtsforſchung und Lis
teratur beichäftigt, in Dresden. Eine Auswahl
Koch. —
meiner hiſtoriſchen Aufſätze iſt erſt kürzlich erfchie:
nen und unter dem Titel „Preußiſches Bilder—
buch“ in die Welt hinausgegangen. Außer den
genannten Werken verfaßte ich noch: Was Gott
uſammenfügt, das ſoll der Menſch nicht ſcheiden
Öhiit. Luſtſp.) und zahlreiche hiſtoriſche und bios
graphiſche Aufläge in Zeitſchriften.
Koch, August, geb. zu Braunfchweig
am 10. März 1836, wurde auf dem Gym:
naſium feiner Vaterſtadt vorgebildet, tu:
dierte in Göttingen und Berlin Philofo:
phie und fungierte nad) in Königsberg be—
ftandenem Staatseramen pro fac. doc. in
Inſterburg u. Danzig. 1866/67 unternahm
er eine Reiſe zu wiſſenſchaftlichen Zwecken
nad) England und Frankreich, wirkte zeit:
weile als Brofefjor in Fontainebleau bei
Paris. 1879 trat er in den Ruheſtand
und lebt jegt in dem Tuskulum Nüderts
bei Koburg. Seine Publikationen behan:
belten vornehmlich Rückert, Thümmel und
die literariihen Frauen.
Hervorzuheben: Der deutiche Brahmane, Die
Weisheit des Brahmanen, Rüdertitudien, Rüderts
Hamäfa, Die geharnifchten Sonette (zwifchen zwei
kleinſtaatlichen Refidenzen), Eine mißliche Herzens:
frage, Thümmels Cäcilie, Thümmel-Studie, Aus
dem Kabinet der Grazien, Aus Wielands Frauen⸗
freifen, Arthusfage, Rückerts weftöftlicher Divan.
Koch, Diary. Geboren am 13. Nov.
1859 zu Lüderode am Harz, befuchte ich
vom 6. Jahre ab die Bürgerfchule zu
Heiligenjtadt und ſpäter daſelbſt die Zeh:
rerinnen-Bildungsanftalt, in welcher fich
mir unter der vortrefflichen Leitung des
jegigen Seminardireftors zu Warendorf,
Dr. Funke, die Schäße unferer Literatur
erichlofien. Bon Herbit 1878 als Lehrerin
in Krefeld thätig. Nun wagte ich es in den
folgenden Jahren, mit den erften Verfuchen ei:
gener Kraft in Zeitfchriften an die Öffentlichkeit
ni treten — Gedichte und Romane. Die freund:
iche Aufnahme, welche felbige fanden, ermutigte
mid) zu Weiterem, und fo erſchien 1884 „Lores
ley“, ein epiſch⸗Iyriſches Gedicht in 11 Gefängen
(2. Aufl. 1887).
Koch, Diar, geboren zu München 22.
Dezember 1855, befuchte das Gymnafium
im Klofter Metten a. d. Donau und
fam 1874 an die Univerfität München,
wo er 1878 promovierte. Nachdem er
310
Köberle.
noch Borlefungen in Berlin gehört, ha—
bilitierte er fich im Winterlemefier 1879
bis 1880 an der Univerfität Marburg
i. 9. für neuere Literaturgefhichte und
wurde 1885 zum außerordentlihen Pro-
feſſor befördert. 1886 gründete er bie
„Zeitſchrift für vergleichende Literatur:
gefhichte”. Won Ks vorzüglid bes
urteilten felbftändigen Schriften heben
wir hervor: Die Schleswigichen Literaturbriefe
(1878), Helferich Peter Sturz (1879), Über das
Duellenverhältnis von Wieland’3 Oberon (1879),
Über die Beziehungen der engliſchen Literatur zur
deutfchen im 18. Jahrh. (1883), Shalefpeare:
biographie (1885), Herausgabe und teilweife neue
Überfegungvon Shakeſpeare's dramatischen Werten
1882— 85), Herausgabe von Chamiſſo's Werfen
(1883), von Leſſings Werfen (1886), von Jm-
| mermann’3 Werfen (1887), Neubearbeitung von
Vilmar's Lebenäbildern deutiher Dichter (1885),
Sottfhed und die Reform der deutſchen Litera-
tur (1886).
Köberle, Georg, wurde am 21. März
1819 in Nonnenhorn am Bobenfee ge
boren und im Gymnafium St. Stephan
zu Augsburg erzogen. Im Jahre 1838
mußte er auf Befehl feiner Eltern ſich
zur Fortjegung der Studien ins deulſche
Kollegium nad) Rom begeben. Die reli-
giöfen Anſchauungen in diefer von den Je⸗
fuiten geleiteten Anftalt ftanden jedoch in
fo Schroffem Gegenſatz zu denen des Jüng-
lings, daß er fchon nach ſechs Monaten Rom
wieder verließ und nach München zog, wo
er fi) dem Studium der Philofophie und
Rehtswifienihaft ergab. Er war noch
Student, als er 1843 mit feinem Trauer-
ſpiele Die Prätendenten auf dem Hoftheater
zu München den erjten Dichter-Erfolg er-
rang. Dies entſchied über feine Berufs-
wahl. 1845 überfiedelte er nad)
Hier trat er fchriftftellerifch hervor
Fa"
zwar zunächſt mit den Auf eines
SJefuitenzöglings (1846), mel er⸗
regten, auch in faſt alle europälfchen
Sprachen überſetzt und in Newyork nach⸗
gedruckt wurden. Er wandte ſich nun ganz
der Schriftſtellerei zu, indem er ſich be—
ſonders der Theaterkritik unterzog. In
dieſer Zeit erſchienen auch ſeine Dramen
Kögel. — il — Köhler.
Die Medizäer (1849) und Heinrih IV. von | Hofprediger und Königl. Schloßpfarrer,
Frantreich (1851), — beide von vielen ſowie Ephorus des Königl. Domkandi—
Bühnen mit durchſchlagendem Erfolge | datenftifts (eines Prediger-Seminars),
gegeben, — melde den Dichter mit 1878 Mitglied des Evangelifhen Ober:
dem Heidelberger Theater in nähere Be:
rührung bradten, deſſen Direktion er
dann mehrere Jahre leitete. Infolge
feiner epochemachenden Schrift Die Theater:
Krifis im neuen Deutichen Reihe wurdeer 1872
als Direktor des Hoftheaters nad) Karls:
ruhe berufen, doc) jagte ihm die moderne
Handhabung des Theaters, durch den ver:
berbten Geihinad des Publikums er:
zwungen, nicht zu, und jo legte er bereits
im nächſten Jahre fein Amt wieder nieder
und lebte von nun an als freier Schrift:
fteller in Wien.
Hauptwerfe: Alles um ein Nihts (Rom.),
Die Theaterkrifis, Meine Erlebniffe als Hof:
theater-Direftor (2. Aufl.), Mar Emanuels Braut: |
fahrt (Schaufp.), Des Künftlers Weihe (Feitip.),
George Wafhington (Schaufp.), Die Heldin von |
Dorktomn (Dram.), Der Verfall der deutichen
Schaubühne ‚und die Bewältigung der Theater:
talamität, Brennende Theaterfragen. Seine in
find noch nicht erjchienen.
Neueftens überfiedelte er nah Halle
a. d. S.
Kögel, Rudolf, geboren den 18. Fe—
bruar 1829 zu Birnbaum in Poſen, em—
pfing ſeine Vorbildung unter Eckſtein's
Direktion 1343 —47 auf der lateiniſchen
Schule zu Halle, ſtudierte dann Theo—
logie und Philologie in Halle und Berlin
unter dem Einfluſſe von Jul. Müller,
Tholud, Neander und Nigih, unternahm
1851 eine Reife nah Spanien, der
und SJtalien, wurde 1852 Ne
ligionslehrer am Vitzthum'ſchen Gymna⸗
fium in Dresden, 1854 Seminarlehrer
in Berlin, 30. November deſſelben Jahres
orbiniert und als Prediger in Nakel bei
Bromberg eingeführt, 1857 Pfarrer an
ber deutſchen evangelifchen Gemeinde im
Haag, kehrte 1863 als Hofprediger nad)
Berlin zurüd, wurde 1864 Ober-Kon—
filtorialvat und vortragender Rat im
Kultusminijterium, Ende 1873 zweiter
Kirchenrats, 1879 General-Superinten-
dent der Kurmarf an Stelle Hoffmann’s,
Dezember 1880Nachfolger Hengitenberg’s
als Ober=Hofprediger mit dem Rang eines
Nates erfter Klaſſe. Die Würde eines
Dr. theol. verlich ihm die Univerfität
Bonn 1867. Anfang 1887 wurde ihm
von Eeiner Majeſtät dem Kaiſer Die
Stelle eines Domherrn von Brandenburg
verliehen. K. ſteht als Kanzelredner in
höchſtem Anjehen, hat aber auch durch
ſeine ſonſtige Wirkſamkeit in einflußreichiter
Stellung in fonjervativem und kirchlichem
Sinne viele Erfolge erzielt.
Bon feinen verdienten Schriften, meift Pre-
digten, Kafualreden, Vorträge ac. heben wir ber
vor: Der erſte Brief Petri in Predigten ausge:
legt, Laſſet Euch verjöhnen mit Gott, Pro domo,
Die Seligpreilungen der Bergpredigt, Kirchliche
Gedenkblätter aus der Kriegszeit 1870/71, Das
den legten fünfzehn Jahren gefhriebenen Werte Baterunſer in Predigten ausgelegt, Aus dem
Vorhof ins Heiligtum (Predigten über Alttefta-
mentlihe Texte), Der Brief Pauli in Predigten
ausgelegt, Das deutfche Volf und der Sonntag,
Wach’ auf, du Stadt Jerufalem (Zeitpredigten
und Reden), Vaterländiiche und kirchliche Gedenk⸗
tage, Die Aufgabe der evangel, Geijtlichkeit an
der fozialen Frage. Seit 1880 gieht er mit
Wilh. Baur und Emil Frommel das poetijche
Jahrbuch „Neue Chriftoterpe” heraus,
Köhler, Carl Syloio, geb. 6. April
1844 zu Güntersberge im Harz, ftudierte
zu Heidelberg, Tübingen, Göttingen, Ber:
lin und Halle Religionswifienichaft, Phi-
(ofophie und Naturwiſſenſchaften. Auch
den praktiſch-techniſchen Wiſſenſchaften
widmete er ſein Intereſſe. Zumeiſt pri—
vatiſierend, konzentrierte er ſpäter ſeine
bibliographiſchen Studien auf die Pflege
der klaſſiſchen Literaturwiſſenſchaft.
Seine Werke „Das Tier im Sprichwort der
Griechen und Römer“, „Homer Analekta für
Schule und Leben“ und „Die Realkonkordanz
der griechiſchen Tragiker“ ſind in den weiteſten
— mit Beifall aufgenommen. Für die ver:
dienjtvollfte Publikation deſſelben gilt die Studie
über die Literae votivae der Bibliographie und
die Abhandlung über Die Autorfchaft der alade:
812
Köhler. Köhler.
—— —— ae a he Novelle und der Humoresfe zu. Er lebt,
e. hat außer ve tedenen Reuje en :
und Feuilletons auch zahlreiche patriotifche Ge: | m ——— — be 3
[egenbeitögebichte veröffentlicht, doch befchäftigt er in Seiner Vaterſtadt, nur m
fich, jebt in Leipzig, wifienichaftlich faftausichließlich | Arbeiten für viele Zeitfchriften, deren be
nur mit bibliothefwifjenidaftlien Studien und | [iebter Mitarbeiter K. ift, und für Bud
deren Bublifationen.
Köhler, Guſtav Ferdinand Rudolf, | Merten heben wir hervor: Herz
geboren den 9. Februar 1840 zu Berlin,
wo der Vater Kaufmann war, genoß
feine Schulbildung nad) Überſiedelung
der Mutter nad) Potsdam in der Königl.
Nealihule und dem Gymnafium dieſer
Stadt. Seine urſprüngliche Abficht,
Chemie zu jtudieren, gab er in Folge
eines Vortrages des Hofpredigers Dr.
Friedr. Wilh. Krummacher über die Mif-
fions-Thätigfeit der Echotten auf, um
fih dem theologischen Lebensberufe zu
widmen. Die vierjährige Studienzeit
wurde in Halle a. d. ©. in Berlin ab:
folviert und wurden die Profeſſoren Julius
Müller, Niedener und Dorner von be-
ftimmender Bedeutung für die theologische
Richtung K.'s. Nach beendigtem Studium
wurden die beiden theologiihen Staats:
prüfungen und die Prüfung pro schola |
ſchnell hinter einander bejtanden, und das
praktiſche geiftliche Arbeiten begann: zuerft
verfretungsweile in Mansfelde N. M.,
dann als Hilfsprediger an der Zwölf
Apoftellirche zu Berlin, dann als Pre
diger zu Görbitſch, als Divifionspfarrer
zu Nendsburg und jegt zu Danzig.
Von feinen, durch die Kritik fehr günftig be:
urteilten jelbjtändigen Werken heben wir hervor:
Wunde Stellen (ein Beitrag zur Diagnofe etlicher
Krankheitserfheinungen an den ev. Landesfirchen
Preußens), Das Chriftentum in der Armee, Die
Bollstümlichkeit der ev. Kirche. Außerdem bat
K. eine grobe Anzahl von Auflägen in kirchlichen
und politiihen Blättern veröffentlicht.
Köhler, Heinrih, wurde am 7. Ja=
nuar 1852 in Potsdam geboren und wib-
mete fi nad) Abjolvierung des Gymna-
fiums feiner Vaterftadt der Schriftftellerei.
Er begann „natürlih” mit der Lyrik,
wandte fich aber bald dem jegigen Haupt:
form beichäftigt.
Bon feinen vorzüglich befprochenen be
un t
(1880), Durch Läuterungen (1881), Allein in der
| Welt (1882), Der neue Hauäherr (4. Aufl. 1888),
Irren und finden (1884), Novellen aa
Eine fritifche Zeitfrage (Luftip.), Waldelfe (1885),
Kataftrophen (1886).
Köhler, Henriette, wurde am 5. Mai
1813 zu Boigenburg, einem lieblichen
Fleden der Provinz Brandenburg, als
die Tochter des Predigers $. ©. A. Ger:
hardt geboren. Nicht unter allzu günfti-
gen Verhältniffen verlief Henriettes Jus
gend, die Eltern fämpften oft mit Sor-
gen; denn die Nachwehen ber fran-
zöſiſchen Schredenszeit machten fich merk:
ih fühlbar, außerdem bejuchten brei
Brüder Henriettes das foftipielige Gym⸗
nafium. Das junge Mädchen genoß nur
den Unterricht in der —* Landſchule,
ſuchte ſich aber durch Selbſtſtudium weiter
zu bilden. Als der Vater und Ernährer
‚1839 plötzlich ftarb, ſtand die Familie
‚ratlos da. Um für des Lebens Unter
halt zu forgen, ging Henriette ala Ge
jellichafterin nad Berlin. Hier unter
drüdenden Verhältnifien manderlei Art
unternahm fie ihre erften dichterifchen Ver:
ſuche. Inzwiſchen hatte fie den Prediger
Köhler in Wuitz bei Zeig fennen gelernt
und folgte ihm auf feinen Wunſch in fein
Haus, um die Erziehung feiner beiden
mutterlofen Töchter zu übernehmen. Bald
follte das Verhältnis ein innigeres werden,
da fie ihrem Brodherrn die Hand zum
Bunde für's. Leben reichte. Aber ihr
Glück war nicht von Dauer, nad) Furzer
Ehe verlor fie den Gatten. Wiederum
traten num materielle Sorgen an die Ver:
einfamte heran. Sie mietete fi ein
Stübchen in einem Bauernhaufe, um noch
durch 10 Jahre den Kleinen Ort, wo fie
feld feiner Thätigfeit, dem Roman, der ſo reiche Liebe gefunden, ihre Heimat zu
Köhler.
nennen. In dieſe Zeit fällt die Heraus:
gabe ihrer Gedichte. Wenn diefelben aud)
nicht gleich den erhofften Erfolg hatten,
fo wurde ihr poetiiher Wert von fom-
petenter Seite doc) rüdhaltlos anerkannt.
Auch während diefer und der fpäteren
Jahre blieb H. K. das Leid getreu. Sie
ftarben, die fie liebte, und endlich ſah fie
fi) allein mit einem nun erwachſenen
Enfel, der ihrer Pflege anvertraut war.
Nunmehr lebt fie ganz vereinfamt in
Prenzlau, immer noch, obgleich hochbe-
tagt, der Muſe dienend.
Außer einer neuen verbefierten Auflage ihrer
Gedichte heben wir von ihren felbftändigen Werten
die trefflihen Jugendichriften hervor: ——
und Sinderlieder (1878) und Charfreitag und
313
König.
Der Lehrerftand wurde ihm aber in der
Reaktionsperiode der erften fünfziger Jahre
gründlich verleidet. Als fein Vorhaben,
Buchhändler zu werden, ebenfalls auf
Hinderniffe ftieß, trat er in das Poſtfach
ein, dem er, mit Unterbrechung der Ab:
leiftung feiner Militärpfliht, über 12
Jahre angehörte und in dem er in diefer
Zeit in der Provinz Sachſen, beim Eifen»
bahnı-Poftamte Nr. 9 in Soeſt und Dort:
mund, bei den Boftämtern in Hamm,
Minden und beim Berliner Hofpoftamte
thätig war. Dortichiederfreiwilligaus dem
Dienfte, um fich ganz der Journaliftif zu
widmen, nachdem er vielfach bereits für
angejehene Zeitungen, namentlich über die
—— (1878), 14 Bilder aus dem Leben Jeſu Perſonalverhältniſſe der Beamten und über
(187
Köhler, Reinhold, wurde am 24.
Juni 1830 in Weimar geboren, abjol:
vierte das dortige Gnmnafium und be:
zog 1848 die Univerfität Jena, ftudierte
bier, in Leipzig und in Bonn Philologie
und Literaturgefchichte und wurde 1857
als Bibliothefar an die großherzogl. Bi:
bliothef feiner Vaterſtadt berufen, zu
deren Oberbibliothefar er 1881 ernannt
wurde. Außer eigenen Werfen lieferte
K. mehrere Klaffiter: Ausgaben, die wir
den beiten beizählen.
Hervorzuheben : Alte Bergmannälieder (1858),
Vier Dialoge von Hans Sachs (1858), Zu Hein:
=. von Meiſt's Merken (1862), Kunft über alle
Künfte, ein bös Weib gut zu machen (1864),
Danted Göttlihe Komodie und ihre deutichen
Überfegimgen (1865), Wielands Oberon (1868),
Eſtniſche Märden (1869), Sicilianifhe Märchen
1870) Schillers Afthetiihe Schriften (1871).
König, BrunoEnil, geboren11.April
1833 zu Hettftäbt, bejuchte bis zu feiner
Konfirmation die Etadtichule feiner Va—
terftadt. Er hätte fid) gern dem Stu—
dium der Rechtswiſſenſchaft gewidmet,
allein die Vermögensverhältnifie feiner
Eltern geftatteten dies nicht. Nach feiner
Konfirmation beſuchte er die Präparan-
denanftalt und das Seminar zu Eisleben.
Verkehrsweſen geichrieben hatte.
Einige Jahre war er in der Redaktion der
Beitung des Dr. Strouäberg „Die Poſt“ beichäftigt,
und wurde von diefem auch mehrfach zu größeren
Reifen verwendet. 1869 gründete er zu Berlin das
Beamtenblatt „Deutiche Poſt“, das bald einen wei⸗
ten Leferkreis” eroberte. Aus dem Verlag feines
Blattes entwidelte ſich allmälig eine Buchhand—
lung für Verkehrsweſen. In Folge von Pro:
zeffen und anderen Unannehmlichkeiten fiedelte er
im Sahre 1875 mit Familie nad Wien über.
Dort fchrieb er feine „Schwarze Kabinette“. In
dem dafür erzielten Honorar gewann er die Mittel,
wieder nad) Deutjchland zurüdkehren zu fünnen.
Ein wadrer Autodidalt, ift K. unabläffig be
müht gemwefen, einen Schat von Kenntniffen zu
ſammeln und die Mittel zur angemefienen Er»
ziehung feiner Kinder zu gewinnen. Schriftftel-
leriſch thätig lebte er dann in Selnhaufen, Leipzig
und Hamburg, wo er u. U. eine Reihe Novellen,
Humoreäfen, Romane und Gedichte jchrieb. Läns
gere Zeit führte er die Redaktionen der „Dan
iger Bolls-Zeitung”, des „Bürger- und Bauern
tr in Inſterburg und dann der „Bromber⸗
ger Zeitung“. Müde all’ der Wandlungen und
eiden eines Provin ial:Zeitungäredafteurs, Tebte
er darauf in Liegnik völlig abgeſchloſſen einige
Sabre hindurch lediglich der Schriftitellerei, lieh
fih aber fpäter bewegen, die Redaktion der „Ras
tiborer Zeitung für Oberfchlefien” zu übernehmen,
Nach Ablauf eines Jahres gab er indeß dieſe
Stellung wieder auf und ging nach Saalfeld in
Thüringen, wo er gegenwärtig als Redakteur und
Schriftſteller ii it. An Büchern find unter
anderen von I. erichienen: Deutichlands Feldpoft,
ein Gedenfblatt an den deutich-franzöfiichen Arieg
(1871), Schwarze Kabinette (1875), Geſchichte der
Briefgebeimnifie und des ſchwarzen Kabinets
König.
314
König.
Preußen-Deutfclands (1879 2, Aufl.), Die Poſt einige ſchüchterne poetiiche Verſuche hin-
ſonſt und jegt, hiftorifch-panegyriihe Verſe (1881), auszubringen.
Das Cabinet noir in Frankreich (1881), Das
Pfarrhaus im Freigericht (Rom.), Das Buch vom |
Schmweidniger:fteller in Breslau (1886), Geſchichte
der brandenburgiſch⸗preußiſchen Poſt von ihren
Anfängen bis zur Entfaltung zur Reichäpoft für
Sedermann (1887), Ritter Hans von Schwei-
nichen (1887), König und Flötenvirtuos (1887),
Sidingens Leben und Ende (1887), Major von
der Gröben (1897), Benjamin Raube (1887). |
Außerdem find zahlreihe Aufläge in iluftrierten
und anderen angefehenen Sournalen, meiftens
belletriitiichen und hiftoriihen Inhalts, von 8.
erſchienen.
König, Ewald Auguſt, wurde am 22.
Auguſt 1833 in Barmen geboren als der
Sohn eines Kaufmannes, der bald dar:
auf nad) Zennep überfiedelte. Hier ftarben
Mutter und die beiden Brüder des klei—
nen Ewald Auguft, ehe diejer noch zwei
Jahr alt war, und vereinfamt und liebelos
wuchs der arme Knabe unter Mietlingen
auf; denn den Vater nahmen fein Ger
Ihäft und der Kampf mit dem Leben in
Anſpruch. Als Mikerfolge im Geſchäft
dennoch die Erwartungen des Vaters ver:
eitelten und ihn zur Überficdelung nad)
Köln am Rhein beftimmten, ward Ewald
Auguftauf einige Jahre im Haufe eines aus:
wärtigen Elementarlehrers untergebracht
undbejuchte jpäterdas Friedrih- Wilhelms»
Gymnafium in Köln. Sein Wunſch, Me:
dizin zu ftubieren, jcheiterte troß der beiten
Zeugniffe und eines zugeteilten Stipen-
diums an der Mittellofigfeit des Vaters, | jteller.
und der ftrebfame Jüngling jah ſich ge:
zwungen, um möglichſt bald auf eigenen
Füßen ftehen zu fünnen, den faufmänni-
ſchen Beruf zu ergreifen. Der Drud
diefer Prüfungszeit ward ihm nur durd)
das Studium der deutichen, griechiſchen
und römijchen Klaffifer einigermaßen er:
leihtert. Gutzkow's „Ritter vom Geifte“
und die Diden’ihen Romane, die er
immer und immer wieder mit Genuß
las, regten 8. fo fehr an, daß er im
Geifte eine Menge Erzählungen und
Der Ernit des Lebens
begann für K. nun erit, als er —
obwohl mit dem Zeugnis der Befähi-
gung zum Einjährig » Freimilligendienft
— aus Mittellofigkeit drei Jahr: in der
Linie dienen mußte. Hier fand er den
Stoff und die Anregung zu feinen Hu-
moresfen aus dem Soldatenleben, welde
‚zu feinen erjten erfolgreichen literarijchen
Verſuchen gehörten.
Mit der überjtan-
denen militäriichen Dienjtzeit famen die
herben Prüfungen in K.'s jungen Leben
zum Abſchluß. Er fand in Elberfeld eine
Buchhalterftelle und verlobte ſich mit einer
jungen Elberfelderin. Die Mobilmachung
des preußischen Heeres 1859 verhinderte
jedod die Gründung eines eigenen Haus:
jtandes. K. wurde zu den Fahnen ge:
rufen. Nach der Demobilifterung und
nachdem K. die Stellung eines Geſchäfts—
führers in Elberfeld erlangt hatte, ver:
mählte er fih im Mai 1860. Der
dunkle literarifche und poetiihe Drang
in ihm, die Geftaltungs= und Erfindungs-
gabe famen nun zum Durchbruch und fan-
den Vermwirklihung, als K. auf die Ans
regung jeines Vetters Emil Rittershaus
zur Feder griff. Er fchrieb feine humo—
riſtiſchen Erftlinge, die in Zeitjchriften er:
Ihienen und reihen Beifall fanden. Mit
dem Erfolge wuchſen Ks Mut, Kraft
und ernites Streben nad Fortbildung
und Selbjtvervollflommnung als Schrift:
Die Bahn war gebroden; den
Humoresfen und Skizzen folgten Novellen,
den Novellen Romane. Er wurde als
ftändiger Mitarbeiter von größeren Blät-
tern hoch willkommen geheißen; und ſchon
1868 fonnte er dem kaufmänniſchen Bes
rufe Valet jagen und fi ganz und mit
voller Hingabe feinem geijtigen Schaffen
widmen. Durch die großen Erfolge jei-
nes preisgefrönten Romans Durch Kampf
zum Srieden war feine literariiche Lauf—
bahn gefichert. 1870 erwarb er ſich ein
eigenes Heim in Neumied, überfiebelte mit
Romane entwarf, ohne indefjen es über | feiner Familie dorthin und lebte nun jel-
König.
nem fchriftitelleriichen Beruf. Das Be-
dürfnis, wieder in das reichbewegte Leben
einer großen Stadt einzutreten, um neue
Eindrüde zu gewinnen, veranlakte ihn
im Herbſt 1882 wieder nad Köln über:
zufiedeln, das er als feine Vaterſtadt be-
tradhtet. Hier traf ihn zwei Jahr jpäter
ber ſchwere Schidjalsichlag, feine älteite,
reichbegabte Tochter zu verlieren. K. hat
den edlen Ehrgeiz, als echter Volksſchrift—
fteller an der Fortbildung jeiner Zeitge—
nofjen zu arbeiten, und diefem Wollen ift
fein Können ganz gewachſen. Er gehört
heute zu den gelejenjten Autoren der Zeit.
Bon feinen zahllojen Werken heben wir
bejonders hervor:
Humoresfen (3. Aufl. 1875), Die Geheimnifie
einer großen Stadt (1870), Durd Kampf zum
Frieden (1871), Die Tochter des Franctireurs
(1873), Um ®old und Ehre (1875), Auf der Bahn
des Verbrechens (1876), Schuldig (1877), Die
Hand der Nemefis (1878), Dunkle Wege (1879),
Schuld und Sühne (1879), Der Armendoftor
(1880), Ein verlorened Leben (1882), Vor den
Geſchworenen (1832), Das goldene Kreuz (1883),
Va banque (1884), Schachmatt (1854), Um
Glück und Dafein (1885), Schatten de3 Lebens
(1885), Der Berjhollene (1885), Spuren im
Sande (1886), Die Tochter des Kommerzienrats |
(1886), Mephiſto (1887).
König, Robert, wurde am 15. No:
vember 1828 in Danzig geboren, ſtu—
bierte Theologie und Philologie in Berlin,
Bonn, Edinburg und Halle, um ſich
dem Lehrfach zu widmen. 1854 erfolgte
feine Ernennung zum Rektor der Cäci—
lienfchule zu Oldenburg, 1858 diejenige
zum Inſpektor der Gouvernantenanftalt
und des Töchterpenfionats in Droykig bei
Zeig. 1860—63 meilte er in privater
Lehrthätigfelt zu Lauſanne. Neben feiner
amtlichen gab K. ſich auch lebhafter literari-
her Thätigfeit hin, deren Erfolge ihn
zur Aufgabe feiner lehramtlichen Laufbahn
beftimmten, um fih ausſchließlich ber
Schriftjtellerei widmen zu fünnen. 1863
übernahm er die Redaktion des „Daheim“.
Er hat fi befonders durch feine illu-
firierte „Deutiche Literaturgefchichte” be:
815
Köppen.
fannt und verdient gemacht, die bereits
in 17 großen Auflagen verbreitet ift.
Auch feine weiteren Werke find vorzüglich
beurteilt und anerfannt worden.
Hervorzuheben: Zur Charakteriftif der rauen»
frage, Der große Krieg von 1870 (2. Aufl.),
Der alte Nettelbed; Meiſter Schott und feine Fa—
ı milie (Aus der Belagerung von Straßburg, 2.
Aufl.), Deutiches Frauenleben im deutfchen Liede,
| Annette von Drofte-Hülshoff, Abrii der deutſchen
Literaturgefhichte (1887).
Köppen, Fedor von, wurde am 8.
März 1840 in Kolberg geboren, widmete
fih dem Soldatenftand und durchſchritt
nacheinander alle Grade bis zum Major
‚in Koblenz, nahm 1880 feinen Abjchied
als Oberjtleutnant und fiedelte zunächſt
nad Leipzig, jpäter nach Berlin über.
K. hat fi) befonders durch feine ausge:
zeichneten Werke über das Hohenzollern:
haus befannt gemacht.
Hervorzuheben: Preußens Erhebung, Kolberg
1807, Ein Strauß für Schleswig, Die Welt in
Waffen, Otto von Bismard, Unjer Land und
Volk, Die Hohenzollern und das Reid, Streifs
und Feldzüge, Männer und Taten, Drei Le:
bensbilder Hohenzollernſcher Fürftinnen.
}
)
' Körner, Paul Georg, wurde am 16.
Januar 1856 als der jüngite Sohn bes
Theatermalers Karl K. zu Dresden ge:
boren. 1860 fiedelte die Familie nad)
Magdeburg über, wo der Vater am Stadt:
theater Stellung erhalten, um ſchon 1862,
nachdem derfelbe einer fchweren Krankheit
erlegen, ratlos nad) Dresden zurüdzueilen.
Die weitere Kindheit K.'s war eine wenig
freundliche, und als ihm feinem inneren
Drange zu folgen nicht vergönnt war,
wandte er ſich nad) beendeter Schulzeit
zur Porzellanmalerei und erhielt 1874
Stellung an der fönigl. Manufaktur zu
Meißen.
Die frühe Belanntfhaft mit dem Theater und
feine für daffelbe bemahrte Liebe trieben ihn zu
dramatiihem Schaffen. Abgefehen von früheren
Berfuchen veröffentlichte er bisher die günftig be:
urteilte Tragödie Die Cherusfer (1885) und das
Schaufpiel Des Markgrafen Brautfahrt (1886),
Körting. =
Körting, Heinrich, geboren zu Leipzig
den 15. März 1859, bejuchte das Gym:
nafium feiner Waterftadt, um fih dann
dem Studium vorzugsmweife der romani-
ſchen Philologie zu widmen. Als feinen
verdienftvollften Lehrer hat er neben fei-
nem Bruder Guftav (j. o.) Adolf Ebert
in Leipzig anzuführen. K. promovierte
1882 mit einer Studie über „zwei reli-
giöſe Paraphrafen P. Corneille’s“, ha-
bilitierte fi) 1884 an der Univerfität
Leipzig für das Gefamtgebiet der roma—
niſchen Sprachen und Literaturen, ediert
feit 1885 in Gemeinſchaft mit Diet-
rich Behrens-Greifswald die „Zeitſchrift
für neufranzöfiihe Sprache und Literatur”. |
Vieler Anerkennung hatte fich zu erfreuen
feine: Geſchichte des franzöfiihen Romans im
XVI. Jahrhundert (1885—87).
Köſterus, Friedrich, geb. am 27. Ja:
nuar 1830, hat frühzeitig pädagogifche
Schriften praftiihen und geichichtlichen
Inhalts verfaßt. Unter den erfteren find
Die Zehn Gebote kath. Kindererzichung bereitsin
4. Auflage erichienen und ins Ungarische
und in Amerifa ins Englijche überſetzt
worden.
Die biftoriihen Auffäge in Zeitungen und
Broihüren befchäftigen ſich quellenmäßig mit dem
Unterrichts: und Erziehungsweſen des Mittelalters,
und jind namentlich von Bedeutung: Frauenbil:
dung im M.A. und Die deutiche Sprache in der
Kirche des M.A. Seit Dftober 1884 hat er die |
Redaktion der Monatsihrift „Ambrofius”, Fath.
Gentralorgan für Jugendfeelforge, übernommen.
Bon feinen Gebethühern haben beſonders das
Gebetbuch für ältere Schulkinder „Das Gottes:
find“, ſowie auf die erfte heil. Kommunion und
Firmung vorbereitenden „Das große Wert“ und
„Der Streiter Chrifti“ weite Verbreitung und
Anerkennung gefunden.
Köſting, Karl, wurde am 3. Februar
1842 in Wiesbaden geboren. Der begabte
316
Köftlin.
gleihmwohl ſchon früh ein innerlich reiches
und nad) der Gemütgfeite ungewöhnlich
vertieftes. Dinter dem Ladentiſch in der
zerftreuenden Beichäftigung über allen mög-
lichen und unmöglichen tragiſchen Entwür⸗
fen brütend, hatte die gährende Phantafie-
fraft des jungen Dichters do) Spielraum
genug, um den Kolumbus, fein erjtes Werk,
zu fchreiben. Dasfelbe, obwohl noch un:
reif, erlebte ungeahnt glänzende Erfolge.
Bei einer Vorftellung des Stüdes lernte
K. eine reiche Dame fennen, die, begeiftert
von K.'s Diufenkind, dem Dichter materiell
helfend zur Seite trat. Eine Empfehlung
Viſchers, des Nefthetifers, erſchloß dem
Strebenden weitere literariſche Areife.
Er begann nun ein eifriges geographi-
ches, ethnologiiches, gefchichtliches und
philofophiiches Studium zu treiben, und
‚widmete fih ganz der Schriftfiellerei,
zunächſt den Plan zu einem gigantifchen
Bühnenwerk jchmiedend, der Bentalogie:
Das gelobte Land, Das Himmelreih, Die neue
Welt, Ein Weltgericht, Edentraum. Das Werk
ift nicht zur Aufführung gefommen, was
Jeder, der unfere traurigen Theaterver-
bältniffe, ohne Ideale, nur mit einem uns
eheuren Aufwand von politiihen Rüd:-
ichten behangen, als felbjtverftändlich be-
greift. Das Werf wird durch eine epi⸗
ſche Dichtung prologartig eingeleitet, Die
unter dem Titel Der Weg nad) Eden erſchien
und ſehr anerkannt wurde.
Don 8.’3 weiteren Schöpfungen heben wir ber:
vor: Zwei Könige (Trauerjp.), Hermann der Ber
freier (Schaufp.).
Köftlin, Julius, geb. am 17. Mai
1826 in Etuttgart, widmete fi aus in-
nerem Drange der Theologie, deren Stu⸗
dium er in Tübingen und Berlin betrieb.
Seine Berufung zum außerord. Profeſſor
erfolgte 1855 nah Göttingen, wo er gleich⸗
Knabe erhielt die gelehrte Vorbildung, | zeitig auch als Univerfitätsprediger am-
fonnte aber nach dem Tode des Vaters | tierte. 1860 überficdelte er als ordentl.
feinen Studienplan nicht verfolgen und | Profefjor nad) Breslau und 1870 in glei⸗
trat daher zunächſt in ein faufmännifches | her Eigenihaft nad) Halle. 1865 wurbe
Geſchäft ein. Sein Kinderleben war aber |er auch zum Konfiftorialrat, 1867 zum
Köftlin.
Mitglied des Breslauer, 1877 zu dem
des Magdeburger Provinzialkonſiſtoriums
ernannt. Literariich hat K. fich befonders
durch feine vortrefflihen Werke über Lu-
ther, deſſen Schöpfungen und Lehren, einen
Namen vom beiten —— erworben.
twerle: Die ſchottiſche Kirche (1852), Lu⸗
thers Lehre von der Kirche (1853), Das Weſen
der Kirche (1854, 2. Aufl. 1872), Der Glaube,
fein Weien, Grund und Gegenftand (1859), Zus
thers Theologie (1863), Martin Luther, fein Le
ben und feine Schriften (1875, 3. Aufl. 1883),
Luthers Leben mit Jlluftrationen (1882, 4. Aufl.
1887), Martin ge der deutihe Reformator
Bi * 1883), Luther und Janſen (3. Aufl.
Köftlin, Karl, wurde am 28. Sep:
tember 1819 in Urach geboren, jtubierte
Bhilojophie und Theologie in Tübingen
und Berlin, wurde 1849 zum Dr. phil.
promoviert, habilitierte fih als Privat:
bozent und wurde 1857 außerord. und
1863 ord. Profeſſor der Philofophie und
Aeſthetik in Tübingen. Nahe Beziehun-
gen zu dem Ajthetifer Viſcher (f 1887)
veranlaßten ihn zu tieferem Eindringen
in dieſes Weijen Gebiete. Ein Ergebnis
iſt 8.8 glänzend anerkannte üſthetit (18609).
Außerdem hervorzuheben:
Der Lehrbegriff des Evangeliums und der
Briefe des Johannes (1843), Goethe's Fauft,
feine Kritifer und Ausleger (1860), Hegel in phis
lojophifcher, politiiher und nationaler Beziehung
(1870), Der Ring der Nibelungen (1877), Dich:
tungen von Hölderlin (1884), Geſchichte der
Ethik I. (1887).
Kohl, Horit Ernft Arminius, wurde
317
Kohler.
Waig in Paläographie und Diplomatif ſich
praktisch zu üben, promoviertein Leipzig und
blieb dann noch bis 1877 in Berlin. Nach
Leipzig zurückgekehrt, beitand erdie Staats:
prüfung fürdas höhere Schulfach und ward
nad kurzer Probezeit am Nikolaigymna-
ſium zu Leipzig 1878 an die Nealichule
I. O. nad Chemnit berufen, an der er
bis 1880 thätig war. Seitdem wirkt der-
jelbe als Lehrer der Geſchichte am Fönigl.
Gymnafium zu Chemnig.
An literariichen Arbeiten find von ihm erſchie—
nen: Zehn Jahre oftgotischer Geſchichte 526—536
(1877), Geihichte des Mittelalters (188184),
Annalen der deutſchen Geſchichte im Mittelalter,
von der Gründung des fränfiihen Reichs bis
um Untergang der Hobenftaufen. Ein Handbuch
hr das wiſſenſchaftliche Studium der deutichen
Geſch. im Mittelalter (mit G. Richter 1885—87),
Die Chronik des Bilhofs Otto von Freifing 6.
und 7. Buch (über. 1881), Die Chronik des
Otto von St. Blajien (über). 1881), Thaten
Friedrichs (I.) von Bilhof Dtto von Freiſing
(überj. 1883), Rahewins Fortſetzung der Thaten
Friedrichs von Biſchof Otto von Freifing (über).
1886). Außerdem lieferte K. als Mitarbeiter des
hiſtoriſchen Handatlad von Droyjen den Tert zu
den beiden Karten: Deutichland im 14. Jahrh.
und Deutichland im 15. Jahrh., und jchrieb
mehrere hiftorifche Artikel für den 1. Band der
Deutihen Encyklopäbdie.
Kohler, Joſef, geb. am 9. März 1849
in Offenburg (Großherzogtum Baden), ſtu⸗
dierte nad) Abjolvierung der Lycealftudien
und nad) mehrmonatlihem Aufenthalte in
der franzöfiihen Schweiz in Freiburg und
Heidelberg Jurisprudenz, machte 1871 u.
1873 das erfte und zweite jwriftiiche
geboren am 19. Mai 1855 zu Waldheim | Staatseramen, erlangte an der Univer:
in Sadjen, woſelbſt fein Vater, Robert fität Freiburg den Doctor juris und wid:
K., damals die Stelle eines erjten Haus mete fich zuerſt der praktiſch-juriſtiſchen
geiftlihen am Zuchthaufe bekleidete. In
Thätigfeit. 1873—78 wirkte er in Mann⸗
Chemnig, wohin der Vater 1859 verfegt | heim, wurde hier Amtsrichter, Kreiöge-
wurde, um das Aınt eines Superintenden-
ten zu übernehmen, bejuchte K. die höhere
richtsaſſeſſor, Kreisgerihtsrat und folgte
1878 einem Rufe als Profeffor an die
Bürgerfhule und das Gymnafium. Auf | rechts- und ſtaatswiſſenſchaftliche Fakultät
der Univerfität Leipzig widmete fich der—
jelbe alsdann dem Studium der Gefchichte
der Univerfität Würzburg; 1882 trat er
in die Redaktion der „Zeitihrift für ver-
und Vhilologie und wandte fi 1876 nad) | gleihende Rechtswiſſenſchaft“ ein; 1836
Berlin, um unter der Leitung von Georg
wurde er zum auswärtigen Mitgliede des
Kohn.
Inſtituts voor de Taal-, Land- enVol-
kenkunde van Nederlandsch-Indie im
Haag und zum forreipondierenden Dele-
gierten der Societ& Acad&mique Indo-
Chinoise in Paris ernannt; im Jahre
1887 zum forrefpondierenden Mitgliede
der Société de Lögislation comparée
in Paris.
Hauptwerfe: Deutiches Patentrecht, Autorredht,
Recht des Markenſchutzes, Geſammelte Abhand:
lungen aus dem gemeinen und franzöfiichen Civil:
recht, Beiträge zur germanijchen Privatrechtäge
ſchichte (Veronefer Urkunden), Civil-progefiualifche
Rechtsaufgaben, Pfandrechtliche Forſchungen,
Shakeſpeare vor dem Forum der Jurisprudenz,
Nachwort zu Shakeſp. v. d. Forum der Juris—
prudenz, Zur Lehre von der Blutrache, Moderne
Rechtsfragen bei islamitiſchen Juriſten, Gommenda
im islamitiſchen Rechte, Das Recht als Kultur:
erſcheinung, Das chineſiſche Strafrecht, Das Recht
ald das Lebenselement der Völker (nah einem
Vortrag in der Juriſtiſchen Geſellſchaft in Wien
am 26. November 1886), Aus dem Lande ber
Kunft. Sodann Auffäge in verfchiedenen Zeit
ſchriften.
Kohn, Salomon, wurde am 8. März
1825 in Prag geboren. Seine Eltern be—
ſtimmten ihn früh ſchon für den Handels—
ftand, ließen ihn jedoch feiner Neigung
folgen und bis zum 21. Jahre den Stu—
dien obliegen, und zwar zunächſt in der
Mittelfehule, danach an der technifchen
Hochſchule und zulegt an der Univerfität
zu Brag. Hier ftudierte er 1844—46 un:
ter Prof. Kullik und dem Sternwarte:
direftor Kreil, höhere Mathematik, Phyſik
und Ajtronomie. In jene Zeit fielen auch
eine erjten fchriftftellerifchen Verſuche, doch
wurde fein Name nicht befannt, da er nur
unter den Anfangsbuchſtaben deſſelben
ſchrieb (Novellen für Zeitichriften). 1847
trat er in das Geſchäftshaus feines jehr
angefehenen Vaters ein, verheiratete fich
1849 mit der gemütvollen und hochgebil-
beten Regine Seitteles und fand neben
feiner geſchäftlichen Thätigfeit immer noch
Muße zu literarifchen Arbeiten.
Zunächſt trat er mit feinem fo berühmt ge
mwordenen, in mehrere Sprachen überfegten Ro:
mane: Gabriel (1875) hervor, der das cigen:
318
— Kohut.
tümliche Schickſal hatte, erſt durch Reproduktion
aus fremder Sprache dem Bolf der Dichter und
Denfer befannt zu werden. Ferner verfaßte er:
Ein Spiegel der Gegenwart (1875), Die Starten
(1877), Die filberne Hochzeit (1882), Prager
Shettobilder (1884), Neue Ghettobilder (1886),
Zwei Erzählungen (1886); außerdem zahlreiche
novelliftifipe Veröffentlihungen in Beitichriften.
Nah dem Tode feines Waters (1863)
übernahm K. das Handelshaus deffelben
allein. Eeit 1874 beichäftigt er fich aus:
schließlich mit Echriftitellerei. Ex erfreut
ſich des Vertrauens feiner Mitbürger und
bekleidete außer anderen Ehrenämtern aud)
das eines Vorftandsmitgliedes der Prager
Schillerzweigſtiftung.
Kohut, Adolf, geb. am 10. November
1847 in Mindszent (Ungarn), begte ur
Iprünglich die Abficht, fi der Theologie
zu widmen, und befuchte zu diefem Zweck
das jüdifch-theol. Seminar zu Breslau,
gleichzeitig aber die dortige ſowie die Wie
ner Univerfität, wo er philofophifche, hiſto⸗
riſche, orientalifhe und literaturgeſchicht⸗
lihe Borlefungen hörte. Dieſe letzteren
zogen ihn fo ungemein an, daß er zu ihren
Gunſten auf feine einftigen Pläne verzich-
tete und fi) der Journaliſtik zuwandte.
1878 promovierte er in Jena zum Doktor
der Philoſophie. Er gehörte nacheinander
den Redaktionen der „Breslauer Nachrich—
ten“, der „Tüfleldorfer Zeitung“, der Ber:
liner „Tribüne“ und der „Berliner Zei—
tung“ als Mitglied an, wurde jedoch 1884
plöglih von Berlin ausgewieſen und fies
delte nach Dresden über, wo er noch jeßt
als Redakteur des „Orcheſter“ und als
angejehener Echriftiteller lebt.
Von feinen vorzüglich beurteilten jelbftändigen
Werten heben wir hervor: Herder und die Huma—
nitätöbeftrebungen, Humboldt und das Judentum,
Unfere drei Dichterheroen und das Pfaffentum,
Aus meiner rheinischen Studienmappe, Naturges
Ihichte der Berlinerin, Moderne Geifteäheroen,
Mofes Mendelsjohn und feine Familie, Heitere
Fahrten, Friedrich der Große und die frauen,
Weber:Gedentbuh, Nagende Gipfel, Leuchtende
Fackeln, Aus tem Reiche der Karpathen, Tragiſche
—— Die deutſche Sappho, Am
Dünenſtrand der Oſtſee.
319
Nachtrag.
(E-E8.)
Faſtenrath, Rudolf, wurde am 12,
März 1856 in Kreuzweg bei Halver in
Weſtfalen geboren. Den wirkjamjten
Unterricht verdankt er dem Rektor Kudes
in Halver. 1872 ging F. nad) ber
Schweiz, wo er mit feinem 18. Lebens⸗
jahre die „Echweizeriihe Dichterhalle”
gründete und redigierte. Neben diefer
Beitichrift gab er (von 1877 an) die
„Neue deutſche Dichterhalle” heraus, die
1881 in den Befiß Heinze’s in Dresden-
Striejen überging, der fie unter dem Titel
„Deutſches Dichterheim‘ bis zur Stunde
noch fortführt. Auch veröffentlichte er eine
Anthologie ſchweizeriſcher Liederperlen Im
Haine der Mufen. Auf dem Gebiete der fa-
tyrifchen Plauderei ift $. mit befonderem
Erfolge thätig geweſen. Als Lyriker ift
er der Eänger der Freundſchaft. Mit
feinen fchriftjtellerifchen Arbeiten befchäf:
tigt, lebt F. fill und zurüdgezogen in
Herisau.
Feang, Emmy du (E. Dorn), wurde
am 16. Februar 1837 als die Tochter
eines in die Ditjeeprovinzen eingewans
derten ſchwediſchen Ingenieurs geboren.
Nah dem frühen Tode des Lepteren ge
ftatteten die beichränften Vermögensver:
hältniffe dem begabten Kinde nur den
Befuc einer Freiichule, aber der Drang,
fi weiter fortzubilden, ließ das junge
Mädchen ipäter jede freie Stunde, die
nicht dem Gelderwerb gewidmet war, zum
Selbftubium benugen. Ein angeborener
Forſchungsſinn trieb fie zu eingehenden
Studien auf dem Gebiet ihrer Landes-
geſchichte, wobei mehrere Gelehrte fich
ihrer Beftrebung annahmen. Solchen
entiprang auch ihr Erftlingswerf: Ein
Außerdem verfaßt E. du F. Gedichte und
Novellen für Zeitihriften. Sie lebt,
vermält mit dem rujfiihen Hofrat du
Feaur, in Riga.
Flach, Hans, verfaßte noch: Afade:
mifche Silhouetten (1887), Hellenismus der Zus
funft (1888), Alice (Rom. 1888).
Görlitz, Karl, geboren am 31. März
1830 in Stettin, abjolvierte das dortige
Gymnafium und widmete fi dem Kauf
mannsftande. Neben diefer Berufsthä:
tigkeit beichäftigte H. fi literariſch und
wurde durd die ihm auf diefem Felde
bald erblühenden Erfolge zum gänzlichen
Verlafien des Handelsitandes bemogen.
Er lebt nun feit vielen Jahren als freier
Schriftſteller in Berlin.
Bon feinen Werken, meijt mit Erfolg aufge:
führte Luftfpiele, find zu mennen: Das erite
Mittagefien, Nur franzöſiſch, Eine vollfommene
Frau, Drei Paar Schuhe, Madame Flott, Ein
weiblicher Gutsherr, Frauenrechte, Die Jugends
freundin, Dienftbotenplagen, Die Romanheldin,
Vergehlichkeit.
Golling, Joſef, geboren 13. März
1848 zu Linz a. D., bejuchte das Gym»
nafium daſelbſt, ftudierte Philologie in
Wien unter Vahlen, Em. Hoffmann,
Hartel und Gomperz, wirkt jeit 1873
als Gymnaftallehrer (gegenwärtig in Ol-
müß). Seit 1878 Mitarbeiter an der
Zeitihr. f. d. öfterr. Gymn. fällt ihm
befonders die Beiprechung von auf Eyntar
der antiten Sprachen bezüglichen Erichei-
nungen zu; als Mitarbeiter am „Gym
naſium“ (Baderborn) beſpricht er unter
anderem die Bearbeitungen des Tacitus.
Bon felbftändigen Arbeiten find erwäh—
nenswert: Zur Lehre vom fog. inneren Obs
jette, Zur Syntar der Komparation, Über einen
angebl. Lokativ im Lateiniſchen, Das 2. Supinum
Schwedenkind, welcher Roman —A Verbalfubſtantiv im Ablativ; Zu Tacitus'
gut aufgenommen wurde. Demfelben
folgten ähnliche Arbeiten, wie Die Äbtiſſin
von Herford (1882) und Um eine Herzogsfrone
(1885), die gleichfalls vielen Anktlangfanden.
„Agricola“.
Hartung, Albert Emil Guſtav, wurde
am 9. April 1826 zu Treuenbriegen als
jüngfter Eohn des dajelbjt 1842 verſtor—
benen Kantors und Organijten geboren,
320
Henjenjtamm, Theodor Graf, ver:
befuchte das Gymnafium zum Grauen |fahte noch: Maste und Lyra (Trip. u, Ged.).
Klofter in Berlin und verließ daſſelbe
im Jahre 1845, um auf der Univerfität
daſelbſt Theologie und Philologie zu tus
dieren. Nach abgelegtem Eramen wurde
er am Friedrichs-Gymnaſium beſchäftigt
und an eben dieſer Anftalt, nad) einjäh-
rigem Aufenthalt in Schottland, im Jahre
1859 als ordentlicher Lehrer angeitellt,
aber bereits im folgenden Jahre nad)
Wittjtod berufen zur Gründung einer
höheren Lehranitalt. An dieſer wirft
er noch als Oberlehrer.
Abgeſehen von Altſprachlichem, wie durch feine
„Stichverje zur lat. Syntar“ (1874) und von
Hleineren Abhandlungen, wie durch die „über
Burns’ poetiſche Epiiteln und den nordamerifa:
nijchen Dichter William Cullen Bryant‘ hat’ er
ſich in den weiteften, befonders turnerischen Kreifen
befannt gemacht dur feinen „Turnerſpiegel“
(1883), ein Buch, in dem er fi) gleichzeitig als
—— Feuilletoniſt, Lyriker und Komponiſt
erwei
Heinrichs, Emilie, ift am 1. März
1823 in Schleswig geboren, dajelbit er:
zogen und, da ſehr talentiert, auch künſt—
leriſch jorgfältig ausgebildet worden. Früh
ſchon zeigte fi in dem jungen Mädchen
das Verjtändnis für Poeſie, ein bren-
nender Batriotismus erfüllte fie und gab
den Anlaß zu ihrem erjten dichterifchen
Hervortreten bei der Erhebung ihres
meerumjchlungenen Baterlandes. Später
wandte fie fich dem hiſtoriſchen Roman
zu. Sie verheiratete ſich im Jahre 1850
und fiedelte nach Hannover über, bis fie
diefen Wohnfig mit Altona (1872) und
legteren wieder mit Braunſchweig (1878)
vertaufchte. °
Hauptwerfe: Raleidojtop (1855), Norddeutſches
Familienbuch (1856), Gold und Ehre (1858),
Ein deuticher Held (Schaufp. 1859), Der Mas:
tenball (1860), Hennig Brabant (1861), Ein Deuts
ſcher Kaiſer (1863), Der Bruderzwiit (1863), | b
Dunkle Tage (1864), Der Nommerzienrat (1865),
Zeibrenten (1866), Bettler und Millionär (1867),
Der Erbe von Grundhof (1868), Novellen (1869),
Im Irrenhauſe (1873).
Herigau, Willib. v., jiehe A. Löhn—
Siegel.
“Holder, Alfred Theophil, geboren
4. April 1840 zu Wien als Sohn bes
Porträtmalers Joh. Gottlieb H., befuchte
in Raftatt 1847—49 die Volksſchule,
1849—58 das dortige Lyzeum, ftudierte
1858—60 Bhilologie in Heidelberg (bei
A. Holgmann, L. Kayſer, B. Starf, 3.
Chr. F. Bähr, 2. Häuffer), 1860—1861
in Bonn (bei F. Ritihl, F. G. Welder,
D. Jahn, F. Diez, N. Delius, Aug. Reiffer-
ſcheid, O. Gildemeifter), kehrte nach Heidel-
berg zurüd, wo er bis 1862 weiter ſtu—
dierte. Nah 1862 bejtandener philolo:
giicher Staatsprüfung reiſte er nach Paris,
wo er 7 Donate lang auf der faiferlichen
Bibliothek palaeographiihen Studien ob-
lag. 1863—66 war er als Lehrer am
Raftatter Lyzeum thätig; 1866 folgte
er einem Rufe nach Holland an das Privat-
Gymnaſium Schoonoord zu Ryswijk, dann
machte er Reiſen nach verſchiedenen Bi⸗
bliotheken Belgiens, Nordfrankreichs und
Englands. 1867 nach der Heimat zu—
rückgekehrt, wurde ihm eine Vertretung
an der höh. Bürgerſchule in Ladenburg
übertragen. 1867 wurde er Volontär
an der Großh. Hofbibliothek in Karls—
ruhe; 1868 Bibliothek-Praktikant; 1869
zum Doktor der Philoſophie promoviert;
1870 definitiv als Hofbibliothekar an—
geſtellt, und 1872 in den Gro rg
Staatsdienſt an der Großh. Hof
Zandesbibliothefübernommen. feinen
—— Zaun ** *—
altharius, lateiniſches Gedicht
— Nah * nn —
rung berichtigt, mit deutſcher Übertragung und
Erläuterungen (mit Joſeph Viktor 1874),
Q. Horati Flacei opera (mit D. Keller 1864
bis 1878), Cornelii Taeiti de origine et ritu
—— (1878), Herodoti historiae (1886
is 1888), Avienus (1857). Außerdem gab
9. viele Lateiner, altdeutſche und alteng-
liſche Schriften u. ſ. w. heraus und iſt
eineifriger Ditarbeiter der „Sermania’‘2c.
Hopp, Ernit Otto, verfaßte nod:
Bundesftaat und Bundeskrieg (1886); „In der
— Stadt“ erſchien in 4 Aufl. 1887).
Il. Teil.
Kolatſchek.
Kolatſchek, Adolf, geb. 7. Mai 1821
in Bielig (öfterr. Schlef.), ftubierte, nach—
dem er die Volfsihule in Biala, das
evangeliihe Gymnafium zu Teihen und
das Lyzeum in Preßburg befucht, an der
Wiener Hochſchule Jurisprudenz (1840
bis 1844), worauf er eine Reife durd)
Sübdeutihland und die Schweiz unter:
nahm, auf welcher er die damaligen Ko—
ryphäen der Wiſſenſchaft und Kunft in
Münden, Tübingen, Zürih und Heidel-
berg fennen lernte. Nach feiner Rück—
fehr und Verehelihung unterzog er ſich
den Prüfungen für den philofophifchen
Doktorgrad in Wien und übernahm die
Lehrkanzel für Philoſophie und Geſchichte
am Teſchner Gymnafium.
Abgeordneten ins deutſche Parlament ge:
wählt, ichloß er fih in Frankfurt der
äußerften Linken an und ging mit dem
die Schweiz.
Bon Zürih aus redigierte er die „Deutiche
Monatsichrift für Politik,
Als in Prevfen und öfterreich die Monatsſchrift
verboten wurde, ging K. 1851 nad Paris, von
1848 zum |
321
iffenihaft und Kunft“. |
wo er nach zweijährigem Aufenthalte nad) Amerita |
auszumandern fich entichloß. In New:Norf wurde |
fosmologiihe Betrachtungen (1884), Geſchichte
er bald Mitarbeiter angefehener Blätter und Her:
auögeber der „Deutichen Monatshefte”, als wels
her er eine Rundreiſe durch die Ber. Staaten |
machte. 1856 fehrte er als jtändiger Korreſpon—
dent mehrerer Journale nad Paris und 1857
nah Wien zurüd, Um den dur das Eingehen
der Ronatsihrift abgerifienen Faden wieder auf:
zunehmen, gründete er 1858 die „Stimmen ber
Zeit”. 1861 war fein im Wiener Frauenverein
gehaltener Vortrag „Die Stellung der Frauen
in Amerifa” erichienen. Nachdem er 1874—76
den „Öfter. Ofonomift” geleitet, gab er 1882|
einen Vortrag über „Die Bedeutung der Stadt:
bahnfrage für Wien” und 1886 die Schrift „Das
Wiener Pädagogium in den Jahren 1868— 81",
ein Schul: und Aulturbild, heraus,
‚der Arthropodenkunde beizutragen.
Zoogeographie bearbeitet er mit Fleiß.
Kolbe,
ſiſtorialrats Smend zu Münſter die Stelle
eines Schulverwalters an der evangeli-
hen Gemeindeſchule zu Oding in Weit:
falen, beichäftigte ſich feit 1877 literarifch,
publizierte zahlreihe Abhandlungen in
verjchiedenen zoologifhen und allgemein:
naturwiſſenſchaftlichen Zeitjchriften und
wurde 1882 durch Profeflor Peters als
Alfiftent am königl. zoologiihen Muſeum
der Univerfität nad Berlin berufen.
K. iſt beflifien, die Kenntnis des Einzelweſens
ald Teil des Ganzen zu erftreben, den organi«
[hen Zufammenhang in der Natur zu ——
und zu dem modern⸗wiſſenſchaftlichen Aufſchwunge
Auch die
Seine
hauptfächlichen einschlagenden Schriften find: Über
die Libelluliden Weftfalens (1877), Das Flügel:
geäder der Pſociden und feine ſyſtematiſche Be:
deutung (1880), Monographie der deutichen Pſo—
ciden (1880), Natürliches Syftem der carnivoren
Eoleoptera (1880), Über den Zweck der Appen-
5 dices les und d ti icarii
Parlament na 9 Sluttgart, 1850 aber in ices anales und der entiprecdhenden vicariirenden
Organe amdinterleibsende der Libelluliden (1881),
Das phylogenetiche Alter der europäiſchen Pſo—
cidengruppen (1882), Neue Plociden des königl.
zoologiihen Mufeums zu Berlin (1883), Neue
Coleoptera von Weitafrifa (1883), Beitrag zur
Spitematif der 2epidoptera (1883), Üüber die
madagasfariihen Dytisciden des königl. zoologi—
ſchen Muſeums zu Berlin (1883), Entomologiſch—
der Arthropodenkunde (1884), Die Entwidelungs:
ftadien der Rhagium-Arten (1884), Zur Natur:
geihichte der Termiten Japans (1885), Zum
| Andenten an W. ©. N. Neferftein (1885), Zur
ı Kenntnis der Plocidenfauna Madagasfars (1885),
Beiträge zur Kenntnis der Coleopterenfauna
Koreas, nebit Bemerkungen über die zoogeogra—
phiſchen Verhältniſſe —* Faunengebietes und
Unterſuchungen über einen Sinnesapparat im
Gaumen von Misolampidius (1886), Über einige
erotiiche Lepidopteren- und Coleopteren-Larven
(1887), Beiträge zur Zoogeographie MWeitafrifas,
geſammelten Coleoptera (18871.
Kolbe, Hermann Julius, geboren zu
Halle in Weftfalen am 2. Juni 1855,
befuchte das Gymnafium zu Münſter,
widmete fih dem Studium der Natur:
wiſſenſchaften, wurde aber durch geſund⸗
heitliche u. Familienverhältniſſe gezwungen,
dem regulären Studium zu entſagen, er⸗
hielt 1878 durch Vermittelung des Kon⸗
Hinrihfen, Das literariihe Deutſchland.
nebit einem Bericht über die während der Loango—
Erpedition von Dr. Falkenſtein in Chindoro
Außerdem zahl:
reihe Abhandlungen in Zeitichriften. Seit 1893
ift 8. Referent für den von der zoologiſchen
Station in Neapel herausgegebenen „Joologiſchen
Jahresbericht”; 1884 und 1885 redigierte er die
„Berliner entomologiihe Zeitichrift‘‘.
Kolbe, Theobald Johannes Imma—
nuel, geboren am 1. Juli 1838 zu Bots:
dam, ift der Sohn des 1358 zu Berlin
verjtorbenen PBrivatlehrers K. Nachdem
21
Kolbe,
er feine Ehulbildung auf der fol. Real
ſchule zu Berlin erhalten, betrat er die
faufmännifche Karriere, welche er jedoch,
nachdem er zwei Jahre lang als Gehilfe
thätig geweſen, verließ, um fi dem Lehr:
fache zu widmen. Auf dem Seminar zu
Miünfterberg ausgebildet, übernahm er
1862 eine Lehrerjtelle an dem Rauhen
Haufe zu Horn bei Hamburg und fiedelte
1866 nad) Berlin über, wo er feit 1870
als jtäbtifcher Lehrer amtiert. Seit 1874
wirft er auch zugleich als Eivillehrer im
2. Garde-Regiment zu Fuß. Auch außer:
halb feiner Lehrthätigkeit hat er, durch
das Vertrauen feiner Mitbürger berufen,
das Amt eines Kirchenältelten der St.
Golgatha-Gemeinde, eines Synodal-De-
putierten von Berlin und eines Schieds⸗
mannes inne,
Zur Zeit der — des neuen Münz—
ſyſtems ſchrieb er: Münz, Maß- und Gewichts—
Ordnung des deutſchen Reiches (1874), ein Büch—
lein, das, dem praktiſchen Bedürfnis jener Zeit
entſprungen, mehrere Auflagen erlebte. 1886 er⸗
ſchienen von ihm: Unterrichtsbriefe der deutſchen
Sprache und des Rechnens, welche, zunächſt für
die Avancierten des Heeres, zugleich auch für
weitere Kreile beitimmt find,
Kolbe, Wilhelm. Am 7. Auguft
1826 wurde ich zu Marburg in Heſſen
geboren. Nach Abfolvierung der Gym:
naftaljtudien in meiner Vaterſtadt ſtu—
dierte ich auf dortiger Univerfität Theo:
logie. Die kirchen-geſchichtliche Bedeu:
tung Marburgs ſowohl im Mittelalter,
als legter Wohn: und Begräbnif-Stätte
der h. Elifabeth, Landgräfin von Thürin-
gen und Helfen, und als Ausgangspunft
der Eroberung und Chriftianifierung des
heidniichen Preußenlandes durch den deut:
ſchen Nitter-Orden, als auch im Zeitalter
der Reformation, wo die erjte protejtan-
tiſche Univerfität Deutſchlands daſelbſt ge:
gründet und das bekannte Religionsge—
ſpräch über das h. Abendmal zwiſchen
Luther und Zwingli gehalten wurde, ga—
ben mir mannigfache Anregungen zu die—
ſen einſchlagenden geſchichtlichen Studien,
die durch meine Anſtellung als Pfarrer
322
Kolde,
an der dafigen lutheriſchen Stadtkirche
der St. Eliabeihfirhe im Jahre 1856
‚noch weſentlich gefördert wurde. Der
— Anblick ſo vieler mittelalterlicher
Kirchen⸗ und Profan⸗Bauten, wie fie Mars
burgin feinem alten Landgrafen=Schloß, der
St. Eliſabethkirche mit ihren Kunſtſchätzen
und indem deutichen Hauſe 2c. bewahrt, tries
ben mich zum Studium der Kunſtgeſchichte
und Archäologie. Dazu fam die Bedeus
tung, welche gerade Heflen als das Land
der alten Chatten dadurd erlangt bat,
daß deſſen Bewohner ihre alten Eike
durh den Sturm der Völferwanderung
hin bis zum heutigen Tage größtenteils
‚innebehalten und jomit uralte Volksſilten
‚und Gebräude, jowie Namen bewahrt
‚haben, die anderwärts längit abhanden
'gefommen. Diejer Umſtand gab mir Ans
‚laß, ſowohl einzelne prähiftorifche Denk
mäler zum Gegenjtand bejonderer Unter
ſuchung zu maden, als aud, im täglichen
‚Verkehr mit dem Wolfe in allen feinen
Schichten, deilen uralten Gebräude und
Sitten zu ftudieren und deren Zufamnıen:
bang mit den mythologiſchen 20. Anjchaus
ungen der germaniichen Vorzeit nachzu⸗
weilen. —
Von den vorzüglich beurteilten ſelbſtändigen
Merken 8.3 heben wir hervor: Das qute Net
der evang.luth. Kirche Oberhefiens (1869), Die
Einführung der Reformation in Marburg (1871),
Die Kirche der heiligen Elifabeth in Marburg
(2. Aufl. 1882), Marburg im Mittelalter (1878),
Marburg und der jiebenjährige Krieg (1830),
Heidnifhe Altertümer in Oberheſſen (1881),
Heſſiſche Sitten und Gebräuche (1586), Heſſiſches
Hiftorienbüclein (1886).
Kolde, Auguft, geboren in Friedland
D./S. 3. Auguft 1846 als ältefter Sohn
des evang. Pfarrers Carl Ad. K., der
durch feine zahlreichen theologiihen Schrif—
ten, namentlich durch jeinen Katechismus,
weit hin befannt und 1886 geftorben ift.
K. bejuchte 1859 das Gymnafium zu
St. Dar. Dlagdalena in Breslau, von
1865 ab eben dort als Student der
Philoſophie und Theologie die Univerfis
tät. 1873 Pfarrer in Liſſa und jeit
Koppel.
1877 Redakteur der Trewendtſchen Ju⸗
gendbibliothef.
Hauptwerfe (fehr günftig beurteilt): Frifch ge
wagt iſt halb gewonnen (Erzählung für die Ju:
nd 1877), Die Krankenkommunion, Hilfsbuch
fir angehende. eiftlihe (1879), Bogatzkys ——
denes Schatzbüchlein, neu bearbeitet (1882), Val:
fionäpredigten (1887).
Koppel, Ernit, geboren zu Hamburg |
am 22. April 1850, ftudierte zu Heidel—
berg, München und Leipzig Jurisprudenz
und widmete fi) nach beendetem Stu:
dium der literariihen Laufbahn:
Ein Drama: Iphigenie in Delphi, als Stu-
dent gefchrieben und zur Aufführung in Weimar
angenommen. Bald nad Beendigung der Stu:
dienzeit erfolgte ein längerer Aufenthalt in Ita:
lien, namentlih in Nom. Dann erfhienen: Ge: |
dichte, Savonarola (Trip.) und Merlin (Dram.), |
Iegtered gelangte in Weimar zur Darftellung.
Bon Kern dramatiihen Arbeiten wurden J
323
geführt: Man ſucht einen Verleger (Luſtſp.), Die
Venetianerin (Luſtſp.), eine metriſche Übertragung |
von Le trésor von Francois Coppee. Wäh: |
rend eines wiederholten Aufenthalts in Rom,
Mien und Münden entitanden die Trauerfpicle:
Slaufus, Ahasver, Roland und andere drama:
tiſche Arbeiten, denen fich die Bühne biöher ver:
fchlofjen hat. Eine Reihe von Novellen, Auf: |
fägen, Stritifen und Gedichten wurde in Zeit
ſchriften und Zeitungen veröffentlicht.
Kornfeld, Hermann, am 27. Ob
tober 1840 in Poſen geboren, hat auf
dem vorgejchriebenen Wege die ärztliche
Praris beichritten. Seit 1864 beamteter
Arzt, benugte er feine Mußeftunden, um
Verjchiedenes, teilweije pfeudonym, zu ver:
öffentlichen, meijt in Sournalen oder als
Broſchüren (3. B. Hamlet, Ei der Geiftes-
ftörungen, PBaralyie), 3. T. als felb-
ftändige Werke: Blandford Scelenftörungen |
mit Anmerkungen, Gerichtlihe Medizin (1886). |
Letzteres Buch ift ins Ruſſiſche übertragen.
Korfchelt, Guſtav, geboren am 27.
Sanuar 1818 in Zittau, war bis 1.
April 1883 Oberlehrer an der 1. Bür—
gerichule dajelbit.
tigfeit als Stadtverordneter wurde er we:
nige Monate nad) feiner Benfionierung
zum Stadtrat gewählt. Seit 1860 ift,
er Mitglied der Oberlauf. Geſellſchaft der
Wiſſenſchaften zu Görlig.
Nach 13jähriger Thür |}
Koſchwitz.
Bon feinen in Drud erſchienenen Schriften
find hervorzuheben: Geſchichte von Verthelsdorf
(1852), Geichichte von Herrnhut (1853), Krieges
ereigniffe von Grofhennersdorf und Umgegend
(1857), Überfall bei Hochkirch (1858), Geſchichte
des Seminars in Zittau (1861), Geſchichte von
Olbersdorf (Preisihrift 1865), Geſchichte der
‚ Oberlaufiger Webinduftrie (1867), Kriegsdrangs
fale der Oberlaufig zur Zeit des Huffitenfrieges
(1867), des 30jährigen Krieges (1868), Ges
ſchichte von Oderwig (1871), Kriegädrangfale der
Oberlaufit zur Zeit des Tjährigen Krieges (1878),
des bayriſchen Erbfolgefrieges (1883), des frans
zöſiſchen Krieges (1884), Sitten und Gebräuche
in der Oberlaufit in früherer Zeit (1886), Das
Bombardement von Zittau am 23, Juli 1757
(1887), Das Strafrecht der Vorzeit in der Übers
lauſitz (1887) und Sriegsereignifie von Görlitz
und Umgegend zur Zeit des 3Ojährigen Krieges
(1887). Außerdem zahlreiche gefchichtliche Auf—
ſätze in Zeitſchriften und Tageblättern.
Koſchwitz, Eduard, geboren den 7.
Oktober 1851 zu Breslau, befuchte das
Matthiasgymnafium und feit 1871 bie
Univerfität feiner Vaterftadt. 1875 auf
Grund feiner Differtation: Über bie
Chanson du Voyage de Charlemagne
à Jerusalem et à Constantinople pro:
moviert, war er einige Zeit an der Bres⸗
‚lauer Univerfitäts-Bibliothef, und nad)
1877 abgelegter Staatsprüfung als Leh—⸗
rer an einem Breslauer Gymnaſium und
‚an der Stadtihule zu Görlig thätig.
1877 habilitierte er fih für das Fach
der romanischen Philologie an der Unis
verfität Straßburg, die er 1880 mit der
Akademie zu Münfter vertaufchte. Nach
kurzem Aufenthalte in Kiel, wohin er zur
Vertretung eines erkrankten Profeſſors
entjendet worden war, erhielt er 1881
einen Ruf als ordentlicher Profeflor an
‚die Univerfität Greifswald.
Seine wiſſenſchaftlichen Arbeiten bezogen fich
teils auf das eigenartige altfrangöfifche Heldens
gediht von Karls des Großen Bilgerfahrt, teils
auf die ältejten franzöfiihen Sprachdentmäler,
In letzter Zeit hat er auch pädagogiichen Fragen
ein Intereffe zugewandt und u. a. durch Begrüns
dung des deutfchen Einheitsſchulvereins (1886) die
Frage der Einheitsfhule in Fluß gebracht. Bon
einen verdienten Schriften find zunennen außer der
ob. Diff.: Sechs Bearbeitungen des altfranzöfi
chen Gedidhts von Karls des Großen Neife nad)
Jerufalem und Konftantinopel (1879), Karls des
21*
Koferig.
Großen Reife nad) Jerufalem und Ronftantinopel,
ein altfranzöfiiches Heldengedicht, (1880, 2. Aufl.
1883), Les plus anciens monuments de la
langue francaise (1879, 4. Aufl. 1886), Rom:
mentar zu den ältejten franzöſiſchen Sprachdenk⸗
mälern J. (1886). 1879 begründete er mit ©.
Körting die „Zeitichrift für neufranzöfifhe Sprache
und 2iteratur”, und 1881 die „Franzöſiſchen
Studien”.
Kojeriß, Carl von, geboren im Jahre
1834 in Deflau, wurde 1850 Seemann,
1851 trat er bei der Artillerie des brafil.
Heeres ein und diente 2 Jahre. Nach
Auflöjung der Fremden-Legion bereifte er
das Innere der Provinz Rio Grande do
Eul, ließ ih 1856 in Pelotas als Lehrer
nieder und war bis 1862 dort Schul:
direftor; 1862 ging er in gleicher Eigen-
324
Koſſinna.
— in der Tagespreſſe. Seiner Organiſation
ankt das Deutſchtum von Rio Grande den politi—
ſchen Einfluß, den es gewann, und die Aufrechthals
tungdeuticher Sprade und Sitte. 1886 war K. zum
erften Male wieder in Deutichland, wo er fi
an der Zeitung der füdamerifanifhen Ausftellung
(Berlin) und den Kolonial:Kongreß in hervor:
ragender Meife beteiligte. K. it Hauptmann in
der Reſerve des brafil. Heeres, Archivrat des
Kaiſerreiches, Ehrens und effektives Mitglied
ablreiher wiffenichaftlicher Gefellichaften und be»
Näftigt ſich ſpeziell mit Anthropologie und Eth-
nologie Südamerifad. Mitarbeiter an vielen
wiſſenſchaftlichen Fachblättern. In Bücherform
erfhien von ihm in Deutfh und Portugieſiſch
(von der Kritik vorzüglich aufgenommen) y yo
'peraute o Seculo, Rom vor dem Tribunal des
ı Jahrhunderts, Economia e Nacional, A terra
‚eo homem, Subsidio ethnographicos, Bilder
‚aus Brafilien und zahlreihe Pamphlets, Bro:
Ihüren ıc.
Ihaft nad) Rio Grande. An beiden Orten |
war er gleichzeitig als Journalift in bra-, Koffiuna, Guftaf, geboren zu Tilfit
filianifchen Blättern thätig. 1864 fiebelte am 28. September 1858, beſuchte da—
er nad) Porto Alegre über und übernahm ſelbſt das Gymnafium, ftubierte 1876 bis
die Redaktion der „Deutihen Zeitung“, | 1880 in Göttingen, Leipzig, Berlin und
die er 17 Jahre lang führte. Zugleich Straßburg i. E. vorwiegend germaniſche
machte er Eramen als Advokat und wurde
als folder bejtallt. Die ganze Zeit über
(von 1864 bis heute) hat er in nicht
unterbrocdhener Reihenfolge, außer derdeut-
ſchen Zeitung, brafilianijche Blätter rebi-
giert: Ordem, Mercantil, Jornal de Commercio,
Rio Grandenfe, Gazeta de Porto Alegre, Reforma
und abermals, jet, Jornal de Commercio). 1865
wurde er zum Chef der Kolonialverwal-
tung der Provinz ernannt und ftand dem
Poſten bis 1869 vor. Nach und nad)
gab er dem Deutichtum der Provinz Rio
Grande einheitliche politiſche Drganifa-
tion und ijt ſeit 1370 Führer desjelben.
1880— 81 war er Präſident der deutſch—
brafilianiihen Ausftellung. Seit 1882
ift er Abgeordneter der Provinz Rio
Srande do Sul und vertritt das Deutjch-
tum in der Preſſe wie im Parlament als |
anerfannter Führer deijelben.
1882 trat er in die Redaktion der „Deutfchen
Zeitung” zurüd und gründete „Koſeritzs deutfche
Zeitung‘, heute das gelefenite Blatt Brafiliens.
Seit 1873 giebt er alljährlich „Koſeritz deutichen
Volkskalender“ für Brafilien heraus; iſt einer der
älteften und angefeheniten der dortigen Journaliiten
und handhabt beide Sprachen, deutiche und portu:
und klaſſiſche Philologie und widmete fih
‚dann dem Staatsbibliothefsdienite, 1881
‚bis 1886 als Aſſiſtent an den Univerfi:
‚tätsbibliothefen zu Halle a. d. S. und zu
Berlin, feit 1887 als Kuftos der Uni—
verfitätsbibliothef zu Bonn. Zu Studien
in deuticher Altertumskunde wurde er na=
mentlich durh Karl Müllenhoff in Ber:
lin angeregt, deſſen willenichaftlihe Be:
‚deutung er in „Bezzenbergers Beiträgen
zur Kunde der indogermanifhen Spra-
chen“, Bd. XI (1884) darftellte. Außer
mannigfachen germaniftiihen Auflägen in
Fade und allgemeinen Zeitichriften ver:
‚öffentlichte er:
Über die älteften hochfränkiſchen Sprachdenk⸗
mäler (1881), Bibliotheca philologica, Jahrg.
‚1883, mebrere Karten in Droyjens Allgemeinem
hiſt. Handatlas, herausg. von R. Andree (1886);
auch bearbeitete er K. Bädekers Berlin und Um—
gebungen (5. Aufl. 1887).
Kofmann, Robby Auguft, geboren
den 22. November 1849 in Danzig, be
ſuchte das Gymnaſium dajelbjt und er:
‚langte die Maturität auf dem Kolleg.
Fridericianum zu Königsberg i. Pr. jtu:
325
Kotelmann. Kowarz.
dierte in Heidelberg, Jena, Leipzig (wo welche ich 1870 in Greifswald beſtand.
er 1871 promovierte) und Würzburg. | Nach derſelben unternahm ich zu meiner
Privatdozent in Heidelberg 1873, eben: | Erholung eine Reife nad) Dänemark und
dajelbjt Profefior ertraord. 1877. Er Schweden. Zwei Jahre ſpäter vertaufchte
unternahm zahlreiche Reifen in die Hüften: |ich die praftiihe mit der afabemifchen
gebiete des Mittelmeeres, der deutichen Laufbahn in Leipzig, gab aber diejelbe,
Meere, des roten und Eismeeres, deren durch Familienverhältnifje beftimmt, fehr
Ergebnifje er in einer Anzahl von Echrif- | bald wieder auf, um in Marburg unter
ten, jeparat oder in wilfenichaftlichen Zeit: | Lieberfühn, Nafje, Mannkopf, Roſer,
ſchriften veröffentlihte. In den legten! Echmidt-Rimpler und Dohrn Medizin zu
Sahren hatten feine Arbeiten hauptſäch- ftudieren. Echon nad) einem Jahre ab-
lich die Naturgefchichte der Krebstiere zum | folvierte id) das Tentamen physicum,
Gegenſtand.
Kotelmann, Louis Wilhelm So:
hannes. Ich bin geboren am 29. Auguft
1839 zu Demmin in Pommern, wo mein
Vater Konrektor am Gymnafium war.
Diefer Anftalt habe ich auch bis zu mei:
ner Konfirmation als Schüler angehört
und bin dann als Zögling in das fol.
Pädagogium zu Putbus eingetreten. 1858
bezog ich die Univerfität Erlangen, um
Theologie zu ftudieren. Zwei Jahre habe
ih bier zu den Füßen der Profeſſoren
v. Hofmann, Deligih und Thomafius ges
jeffen und die Univerfitätsferien zu grö-
Beren Reifen nad) der Schweiz, Italien
und Ofterreich:Ungarn benugt. Darauf
begab ich mich nach Berlin, wo ich be:
fonders Tweſten, Nitzſch und Trendelen-
burg hörte und 1861 meine theologiichen
Studien abſchloß. Die nächſten Jahre
wirkte id als Erzieher in Medlenburg,
Dftpreußen und Pommern und murbe
während diefer Zeit nicht nur als Doktor
der Philofophie promoviert, fondern be—
ftand auch meine beiden theolog. Eramina
vor dem fol. Konfiftorium in Stettin.
1866 zum Diafonus in Garz (Rügen)
erwählt, verwaltete ich diefes Amt 17/e
Jahre, bereifte inzwiſchen Frankreich und
wurde 1868 als Paſtor und Schloß:
prediger nad) Putbus berufen. Da id)
zugleich in den oberen Klaſſen des dor:
tigen Gymnaſiums zu unterrichten hatte,
fo wurde die Ablegung der Prüfung pro
facultate docendi von mir gefordert,
wurde Aififtent an dem phnfiologiichen
Inſtitute der Univerfität underlangte 1876
nad) abgelegter Staatsprüfung die Appro-
bation als Arzt. Da ich mich jeit An
beginn meiner medizinischen Studien fpe-
ziel ophthalmologifc ausgebildet hatte, fo
befuchte ich, nachdem ich inzwiichen auch
noch als Doktor der Medizin promoviert
worden war, die bedeutenditen Augen—
kliniken Deutfchlands und ließ mich dann
als Augenarzt in Hamburg nieder, wo
ich noch heute thätig bin. Zum Teil bier,
zum Teil in Marburg habe ich die fol-
genden Schriften verfaßt:
Die Geburtöhilfe bei den alten Hebräern, aus
den Altteftamentlihen Quellen dargeitellt (1876),
Die Körperverhältnifie der Gelchrtenichüler des
Sohanneums in Hamburg (1876), Die Vivifeftions:
frage (1880), Iſt die heutige Jugend der höheren
Lehranftalten mit Schularbeit überbürdet? (1881),
Zur Gefundheitäpflege des Mittelalters (fultur«
geihichtl. Studien nad Predigten des 13., 14.
und 15. Jahrhunderts 1888). Außerdem find
zahlreiche Auffäge in Zeitichriften erichienen. Bon
1888 an gebe ich die von mir begründete Zeit:
Schrift für Schulgefundheitspflege heraus.
Kowarz, Ferdinand, geboren zu Plan
in Böhmen 23. Februar 1838, trat nad
Abfolvierung feiner afademiihen Studien
1859 in den öfterreichiichen Staatsdienit.
Durch den perfönlihen Verfehr mit Dr.
'R. Schiner angeregt, widmete fih K. der
Dipterologie, bereilte auf Veranlaſſung des
hervorragenditen Dipterologen Prof. Dr.
H. Loew im Intereſſe der Wiſſenſchaft
Tirol, Ungarn, das Banat und die an—
grenzenden Gebiete von Serbien und Rus
Kraffert.
mänien. K. entdedte zahlreiche neue Dip-
terenarten und ijt auch publiziftifch thätig.
Seine Monographien der Dipterengattungen
Chrysotus 1874, Medeterus 1877, Argyra und
Leucostola 1879, erichienen in den Verhandl.
der zool. bot. Gefellihaft zu Wien. Die Dip:
terengattung „Kowarzia Mik“ und mehrere neue
Dipterenarten, welche 8.3 Namen tragen, wie:
Tachytrechus Kowarzii Mik, Dioctria Ko-
warzii Friv., Ortalis Kowarzii Loew, Thryp-
tocera Kowarzii Now. Aricia Kowarzii Schn.
find Ehrenzeihen feiner anerfannten Verdienite
um die dipterologiihe Wiſſenſchaft.
Kraffert, Adalbert Hermann, geboren
ben 17. Oktober 1828 zu Braunsberg,
beiuhte das dortige Gymnafium und
bezog 1846 die Univerfität Königsberg,
um Theologie zu ftudieren; ſeit Oftern
1848 widmete er fich dem Studium der
Philologie und Gejchichte. 1851 zum
Dr. phil. promoviert, verlebte er Die
Kandidatenjahre in Tilfit, Nagnit und
Königsberg, von wo er Oſtern 1855 einer
Besfanı als eriter ordentlicher Lehrer
an die Realſchule zu Infterburg folgte.
Hier aszendierte er 1858 zum Oberlehrer,
ging aber 1860 an die Oberſchule zu
Franffurt a. D. über, 1866 an das Gym:
nafium zu Liegnitz, 1875 an das zu Aus
ri, 1887 an das zu Verden (Hannover),
wo er noch amtiert. Seit Juni 1887
ift er K. Profeſſor.
Hervorzuheben: Geſchichte des evangelifchen
Gymnaſiums zu Liegnit (1869), Chronik von
Liegnitz (1547—1815), (2 Bände 1871—72),
Beiträge zur Geihichte von Liegnig (1873), Vom
Baum ded Lebens (Religiöfe Poeſien 1871),
Beiträge zur Kritik und Erklärung lateinifcher
Autoren (1883). Außerdem Programme: Überden
Zufammenhang von Schuld und Strafe (1856),
— * * der a allen ——*
onen in m e ologuch⸗ o en
Beifehriften u. |. w. £
Krafft, Guido, geboren 15. Dezember
1844 in Wien, Sohn des DOrientaliften
und Kunſthiſtorikers Albrecht K.(T 1847),
widmete fih am k. k. polytechniichen In⸗
jtitut und jpäterhin auch an der Univer:
fität Wien naturwiſſenſchaftlichen Studien,
nad) einer Vorpraris auf der Erzherzog
Albrecht'ſchen Domäne Friedef in Schle
fin, war 8. Hörer ber k. k. höheren
326
Krainz.
landw. Lehranſtalt Ung.⸗Altenburg (1862
bis 1863 und 1863/64), und 1864 bis
1866 auf der fürjtl. Zobfowig’ichen Dos
mäne Unter:Berfovic und der Fürjt Joh.
‚Ad. Schwarzenberg’ihen Domäne Lobofig
praktiſch thätig.
Hier fchrieb er 1865 einen Leitfaden der Land⸗
'wirtichaft, 1866 wurde er Aſſiſtent für Lands
| wirtichaft, und 1869 fupplierender Profeffor an
der f. f. höheren landw. Lehranſtalt Ung.⸗Alten⸗
burg. 1868 übernahm K. vorübergehend die
Verwaltung des Inſtitutsgutes, bei welcher Ge
legenheit er das Material für ſeine Promotions:
fchrift: Normale und anormale Metamorphofe
der Maispflanze (1870) fammelte, Mit Beof.
W. Hede fchrieb er über die Internationale Ge:
treidemühemaſchinenkonkurrenz zu Ung.»Wltenburg
1869 (1870). 1868, 1869 und 1870 fungierte
er ald Dozent der Landwirtſchaftslehre an den
Schullehrerkurſen in Wien. 1870 habilitierte er
ſich als Dozent für Landwirtihaft am polytedh«
nischen Inftitut in Wien. 1870 bot ſich ihm
Gelegenheit, in die Verwaltung des Grun
des Fürſtenhauſes Schwarzenberg in Böhmen
Einficht zu nehmen. Als Frucht diefer Inſpeklion
erichien von ihm: Ein Großgrundbefig der Gen
wart (1872, polniih von Wladyslaw Zamadzki
1880). 1875 redigierte K. das „Öfterveitiee
Landw. Wochenblatt”, und feit 1876 „Fromes
Öfterr.ungariichen Landwirtſchafts ⸗Kalender 1864
wurde er a. Profeffor an der k. k. techniſ
Hochſchule in Wien. K. betrachtete es als
feiner Lebensaufgaben, ein zeitgemäßes Lehrbuch
der Landwirtſchaft zu verfaflen; —
nad mehrjährigen, unermüdlichen
und Studien 1875—78 unter dem Titel: Lehr
buch der Landwirtſchaft auf wiſſenſchaftlicher und
raftifcher Grundlage (4. Aufl.). 1879 beteiligte
ch K. an der Herausgabe von por Thaerd
„Örundfäße ber rationellen Landw u
‚ bie
(Neue Ausgabe 1880). 1881 übern
Herausgabe und Redaktion ded „
Landwirtſchafts⸗Lexikons (2. Aufl. 1887).
Krainz, Johann (Hans vonder Sarın),
geboren zu Eilli in Steiermark am 6,
Sept. 1847, ftubierte am Gymnaſium
zu Marburg und abjolvierte bajelbjt 1864
die Lehrerbildungsanftalt. Als Haupt
ſchullehrer befähigt, erhielt er 1865.
erite Anftellung in Eilli, fam 1866
Marburg und 1868 nah Stabl
Murau. Hier erſchloſſen jih ihm bie
Naturihönheiten des herrlichen |
landes, die Reize der Alpenmwelt, und, Die
eigenartigen Sitten und Gebräuche ber
Krauer.
Oberjteirer madten in 8. die Forſcher—
luft rege, dem friichen Bulsichlage des
827
Krauie,
—— Bergamenter in Bukareſt
und ſchrieb bisher Feuilletons, Novelletten
deutſchen Volkslebens in der grünen Mark und kleinere wiſſenſchaftliche Aufſätze in
ſeine volle Aufmerkſamkeit zuzuwenden.
Während ſeiner weiteren lehramtlichen
Dienſtleiſtungen in St. Gallen, Marburg,
Leoben, Kalwang, Oberwölz, Knittelfeld
und (ſeit 1878) Eiſenerz vertiefte ſich K.
immer mehr und mehr in die heimat—
kundliche Forſchung und veröffentlichte
die Reſultate teils in zahlreichen Feuille—
tons und Auflägen in größeren Sour:
nalen, teils in jelbitändigen Bublifationen,
Auch war er auf alpinijtiihem und mus
fealem Gebiete thätig.
Es erſchien 1876 von ihm eine Abhandlung
„Der Lehrer alö Förder der Heimatkunde,‘ welche
an die fteir. Zehrerfchaft verteilt wurde. 1880
erſchienen, al3 Produft mehr als 10jährigen Sam:
mcelfleies die ‚Mythen und Sagen aus dem
ſteiriſchen Hocdlande”. Werner gab K. heraus:
Eiienerz und die Pfarrfirche St. Oswald dafelbit,
eine kurzgefaßte Gchhichte des f. k. 47. Inf.Re—
giments und die Monographie: Eiſenerz in der
oberen Steiermarf. Er blieb bei allem diefen
feinem Lehrberufe getreu und verfaßte auch meh:
rere jehr günſtig beurteilte Jugendſchriften: Wan—
derungen durd Steiermark, Sagen aus Steier:
marf, Denfwürdige Männer aus Steiermarf,
Erzherzog Johann, der Schußengel der Steier:
marf, Der Schatzkaſten des Steierlandes und
Die Schlacht bei St. Gotthardt. K. wurde fei:
tens feines Kaifers und anderer Fürften in
Anerkennung feiner vorzüglihen Leiftungen aus:
gezeichnet; Kronprinz Rudolf von Oſterreich bes
traute K. mit der Bearbeitung des Themas:
„Bollöleben, Sitten und Sagen der Deutichen“
für den das Herzogtum Steiermark zu behan—
deinden Band des Werkes: Die öfterr.sung. Mo—
narchie in Wort und Bild.
Kramer, Johannes, geboren ben 7.
September 1851 zu Annaberg in Sadjien
als der Sohn bes Bezirfsrats K., befuchte
die Landesichule zu Meißen und dann das
Gymnaſium zu Freiberg. Bei Ausbruch
des deutich-franzöfifchen Krieges trat er
als Freiwilliger in das Heer ein, wurde
bei Ehampigny am 30. November ver:
wundet, ſetzte nach Beendigung des Krie-
ges feine Studien von 1871—75 fort
auf der Univerfität Leipzig (Philologie).
Seit 1876 ift er Teilhaber an dem
Zeitſchriften.
Seine Sujets find meiſt dem rumäniſchen
Volksleben entnommen. Er iſt Mitverfaſſer eines
in Bukareſt erſcheinenden deutſchen Lehrbuches für
Rumänien und kultiviert insbeſondere die Über—
ſetzung aus dem Rumäniſchen ind Deutſche.
Arauſe, Emil, geboren 30. Juli 1840
in Hamburg, ftudierte von 1857 —60 im
Konjervatorium (Leipzig) die Tonkunft
| und wirft in feiner Vaterſtadt als Lehrer
‚des Klavierjpiels, der Theorie und jeit
1865 als einflußreiher mufifalifcher
"Schriftjteller für die Tagesprefje und in
Fachzeitungen. Von feinen Kompofitionen
‚find ungefähr 60 Originalwerfe, darunter
Cantaten, Kammermuſik 2c., publiziert,
‚unter feinen pädagogiihen Werfen zeich-
‚nen fi) op. 38, op. 43 und op. 57 aus,
Seit 1885 gehört K. dem Lehrer-Kolle—
gium des Hamburger Konfervatoriums an.
Bon feinen größeren literarifchen Arbeiten
erſchien bisher nur eine polemiſche Schrift:
Der muſikaliſche Dilettantismus (1869).
Krause, Ernſt (Carus Sterne), wurde
am 22. November 1839 in Zielenzig ges
boren, widmete ſich der Pharmacie, ging
jedoch nach dem 1863 abgelegten Staats-
eramen zu fultur- und naturwiſſenſchaft⸗
‚lien Stubien über, entwidelte als jtäns
diger Mitarbeiter vieler Zeitſchriften eine
ausgebreitete Thätigfeit in der Popu—
larifierung naturs und kulturgeſchichtlicher
Probleme und wurde ein eifriger Vor:
fämpfer des Darmwinismus. 1877 bes
gründete er Die diefen Beſtrebungen ge>
widmete Zeitichrift „Kosmos“, deren Re—
daftion er jedoch 1882 wieder niederlegte,
da fie feine Kraft zu ſehr abiorbierte
und feine andermweiten Studien beichränfte.
Von feinen verdienten Werfen heben wir
hervor:
Naturgefhichte der Geipenfter (1863), Werben
und Vergehen (1876, 3. Aufl. 1886), Er. Darwins
Leben mit einem Vorwort von Karl Darwin
(1880), Die Krone der Schöpfung (1884),
Charles Darwin und fein Verhältnis in Deutſch⸗
Krauſe.
land (1885), Plaudereien aus dem Paradieſe
— Die alte und die neue Weltanſchauung
(1888
— Georg, iſt geboren am 21.
Juni 1849 in Cöthen, beſuchte das Gym—
naſium ſeiner Vaterſtadt und widmete ſich
danach zunächſt der pharmaceutiſchen Lauf:
bahn. Er trat zu dieſem Zwecke 1864
in eine Apotheke Cöthens als Lehrling
ein, beſtand 1868 das Gehilfenexamen
und konditionierte hierauf, bis 1871 in
Eichenbarleben, Arnsberg, Überlingen am
Bodenfee, St. Imier (Schweiz), Küftrin
und Meferit. Von 1871— 72 abfolvierte
K. das vorgeichriebene afademishe Stu:
dium an der Univerfität Berlin, worauf
er nad abgelegter Etaatsprüfung bis
1873 als Volontär in der Zuderfabrif
Wulfen thätig war, danad) von 1873 bis
1874 als Apotheker in Dortmund, Chur
und Solothurn Fonditionierte. Hierauf
trat er als Chemiker in die Fabrik von
Fr. Müller in Leopoldshall ein.
Mit welchem AIntereffe und welchem Eifer er
diefem neuen Berufe oblog, beweift am beiten
der Umſtand, daß er ſich in dem kurzen Zeit
raum von anderthalb Jahren genügende Vertraut⸗
heit mit dem großartigen Betriebe erwarb, um
in ſeinem 1877 erſchienenen Werke: Die Indu
ſtrie von Staßfurt und Leopoldshall und die
dortigen Bergwerke, die erſte dieſen Induſtrie—
zweig völlig erſchöpfend behandelnde Arbeit liefern
zu können. 1875 ging K., nachdem er in—
zwifhen auf Grund einer Differtation
„Über das Vorkommen und die Verwen—
dung des Stakfurtits“ promoviert hatte,
als Affiftent an das unter Prof. W. Ham-
pe's Leitung ftehende chemiſche Labora—
torium der Bergakademie Clausthal. Leis
ber war er franfheitshalber genötigt, dieſe
Stellung wieder aufzugeben. 1877 grün:
dete 8. die „Chemiker-Zeitung“, ein Fach—
blatt von anerkannt hervorragender Be-
deutung. K. war (1874) der Entdeder eines
neuen StaffurterMinerals, welches er „Reicharbtit”
benannte und im „Archiv für Pharm.“ näher
beichrieb. Außerdem veröffentlichte er eine große
Anzahl von Abhandlungen in Fachzeitichriften und
die verdienten jelbftändigen Werke: Induſtrie
von Stahfurt und Leopoldshall (1877). Eine
in 8, Aufl. erfchienene Tabelle der chemiſchen
328
— — — — ——— — — — ———— — — —— — —
Krauſe.
Elemente in deuticher, ee und ee
Sprache. Chemifersfalender für
Auszug aus dem Zolltarife für 8 der
chem. und verwandlen Induftrie von Amerika,
dem deuiſchen Zollgebiete, England, Franfreic,
Italien, Öfterr.-Ungarn, Rußland und der
K. gab die erfte Anregung und beteiligte fi dann
lebhaft im Juni 1878 an ber Gründung des
Vereins — Chemiker. Er gab
am 17. und 21. Januar 1883 6 . Sem ßtg,
1883, 137) den erften Anſtoß —8 Errichtung
des Wöhler⸗Denlkmals. K. ift Inhaber meh:
rerer Medaillen und Mitglied einer großen
Anzahl von gelehrten Gejellihaften des
Ins und Auslandes.
Krauſe, Karl. Geboren 24. September
1835 in Sontra (Heflen), befuchte ich
das Gymnafium zu Hersfeld, sing 1853
zum Studium der Theologie und Philo-
logie nad) Bonn, 1854 nad Marburg,
wo ich die Eramina in beiden ni
1857 u. 1858 ablegte. Nach Bejtehung
des Probejahres am Gymnafium zu Mar:
burg ging ic) als fog. beauftragter Lehrer
an das Gymnafium zu Hanau, mo
von 1859 —68 wirkte. 1868 befuchte
die Centralturnanftalt in Berlin, lebrte
dann bis 1871 am Gymnafium zu Rin-
teln a. W., von wo ich Oftern 1871 an
das Gymnaſium („Francisceum“)
Zerbft berufen wurde. An legterem
ich noch) gegenwärtig, feit 1881 als *
feſſor, thätig.
Meine Studien über den Humanismus
ich 1863 mit einer kleinen —
und Dichters Eurieius Cordus, durch;
zu weitern Forſchungen auf dieſem
Gebiete angeregt wurde. Dieſe pe
dem Haupte des Erfurter Humanidmus Fury vor
ge —* — —— Heſſus,
argeſte m men zahlreichen. mit ihr
in Berührung ftehenden Gel ehrtentreife, 1871
erfchien und nit Beifall aufgenommen wurde
— ge br den — utianu⸗
u nen, eine erſte Sam DR
öffentlihung der handichriftl. Briefe des befannte
Gothaer Humaniiten, — erſchienen
meine „Melanthoniana“, eſten
über die Begie won ————
und deſſen
Krauß, Sriebrich Salomo, vurde at
7. (14.) Oftober 1859 zu ®ı ı in Sla
vonien von jüdifchdeutichen Eltern geboren.
se‘
Krebs. —
Die Elementar- und Gymnafialfchulen
hat er. ebendafelbjt bejucht. Als Gym:
nafiaft bejuchte er gewöhnlich die Jahr:
märfte in Slavonien und Chormotien,
hielt fich Sehr viel auf Dörfern unter
Bauern auf und lernte fo das Volfsleben
fennen. In Wien ftubierte er von 1877
bis 1881 Haffiiche Philologie und Sprach—
vergleichung (legtere unter Friedrid) Mül-
ler). 1881 wurde er zum Doctor phi-
losophiae promoviert. 1884—85 bereifte
er im Auftrage des Kronprinzen Rudolf
von Djterreih und zugleich im Auftrage
der Wiener Anthropolog. Gejellichaft den
Balkan und fehrte nad) 1Amonatlicher
Reife mit überaus reichen ethnographiichen
Materialien nah Wien zurüd.
Hauptmwerfe: De praepositionum usu apud
sex scriptores historiae Augustae (1882),
Das Gemälde von Kebes (1882), Artemidoros aus
Daldis, Symbolik der Träume (1882), Sagen
und Märden der Südflaven (1883 u. 1884),
Sitte und Brauch der Südjlaven (1885), Süd—
flavifhe Herenfagen (1884), Südſlaviſche Pelt:
fagen (1884), Das Mundſchaftsrecht de3 Mannes
über die Ehefrau bei den Südflaven (1885), Das
Bauopfer bei den Südflaven (1887), Kaijer Kon:
ftantin auf der Sonnenburg (1886), Sreca, Glüd
und Schidfal im Volksglauben der Südflaven
(1886), Die Wahlbrüder (Hercegov. Huslaren-
liev 1887), Die Königreiche Kroatien und Sla—
vonien (1888). Slaviſche (ferbiiche) Publikationen:
329
Kreiten.
Reihe von Yahren weniger als Darfteller,
denn als Bureaubeamter thätig war, zu—
gleich an feiner weiteren, wiflenichaftlichen
Fortbildung arbeitend und ſich vieljeitig
literarifch beichäftigend.
Den erften öffentlihen Erfolg errang 8. 1870
mit einem Prolog, welcher bei einer zum Bejten
für die Hinterbliebenen deutſcher Krieger im
Grandtheater zu Amfterdam veranftalteten Mas
tinee geſprochen wurde. Noch größeren Beifall
fand ein an mehreren Berliner Theatern zur Feier
der Enthüllung des Schillerdenfmald 1871 ges
Iprochener Prolog. Im Jahre 1877 veröffent«
lichte K. ein Bändchen „Gedichte”, teils lyriſchen,
teild bumoriftiih-Tatyriihen Inhalts, welche die
günftigfte Aufnahme fanden. Das Trauerfpiel
„Der Bürgermeiiter von Breslau” (1878) wurde
von der Schillerftiftung zu Augsburg preisgefrönt
und an mehreren großen Theatern (Köln, Bres⸗
lau) mit ungeteiltem Beifall aufgeführt. Auch
die Kritik Iprach fi ungemein anerfennend über
das Merk aus, ebenfo über das nationale Trauer:
ipiel „Kaiſer Dtto III.“, „unten und Flammen“,
Igrifche, und „Diftelblüten”, humoriſtiſch-ſatiriſche
Gedichte (1880). Auch „Nirwana“, neue Dich
tungen vermifchten Inhalts (1885) wurde äußerft
beiföllig aufgenommen. 1886 vollendete K. fein,
auf genaueften Studien berubendes, großes hifto-
rifhes Drama „Wafhington‘‘, welches behufs
Aufführung in Amerifa ins Englifche übertragen
wurde.
Begenwärtig lebt K. dramaturgiich und
fritiich thätig in Deſſau.
| Kreiten, Wilhelm, geboren zu Gangelt
Pandrie Huso i Pavecie Luka (1885), Tri | (Rheinprovinz) 22. Juni 1847, trat als
rijeci Hercegovea (1885), Smailagic Meho
(1886).
Krebs, Hugo, geboren den 17. Mai
1847 zu Brieg bei Breslau als Sohn
des beliebten Novelliften Julius K., verlor
früh feine Eltern und wurde in dem fatho-
fischen Waifenhaufe zu Breslau erzogen.
Ein Gedicht, weldhes K. zum Namenstage
des geiltlichen Vorſtehers diejes Maifen-
hauſes anfertigte, machte denfelben auf
das Talent des Knaben aufmerkfjam; er
wurde zur weiteren Ausbildung auf das
Kol. Matthiasgymnaſium gegeben, natür-
lich unter der jtillichweigenden Voraus:
ſetzung, daß er fich dereinſt dem geiftlichen
Stande widmen werde. Eeiner Neigung
folgend, ‚ging 8. jedoch, anftatt ins Alu:
minat, zum Theater, wo er durch eine
Sechszehnjähriger in das Noviziat des
Jeſuitenordens zu Münſter in Weitfalen.
Dort nahm er nad) zwei Jahren die un:
terbrochenen klaſſiſchen Studien wieder
auf und ging dann (1867) nad) Amiens,
wo er fi hauptiächlih dem Studium
der franzöfifchen Literatur widmete. 1869
nad) Deutichland zurüdgefehrt, mußte er
wegen zunehmender Kränflichkeit die phi—
loſophiſchen Studien unterbreden und
hörte dafür während 2 Semeſtern an der
Akademie zu Münfter i. Weſtf. hiſtoriſche
und äfthetifche Worlefungen, bei welcher
Gelegenheit er fich beionders mit dem
Profeſſor Chriftoph Bernard Schlüter
befreundete und von ihm mannigfadhe
Anregung zu literariichen Arbeiten em—
pfing. Inzwiſchen wurde K. von feinen
Kremer.
330
Kreßner.
Oberen nad) Maria-Laach bei Andernach | Buchhandel und lieferte daneben viele Ar:
berufen, um dort das Studium der Theo-
logie zu beginnen. 1872 wurde indeß
das Studienhaus am Laacher See infolge
des Jeſuitengeſetzes aufgelöft und K. wegen
feiner Schwachen Gejundheit nah Air (in
der Provence) zur Fortiegung feiner theo:
logiihen Studien geichidt.
Hier veröffentlichte er auch feine erften kultur:
biftoriichen und literarifchen Arbeiten über König
Rene und die neuprovenzaliihe Dichterjchule.
Nach einem weiteren Aufenthalt in Caſtres und
Lyon wurde 8. 1876 in die Redaktion der Zeit:
ſchrift „Stimmen aus Maria-Laach“ berufen,
welche nach ihrer Vertreibung aus dem Klojter
am Laacher See auf dem gräflihen Schloß, Ro: |
biano ein Unterfommen gefunden hatte. Außer |
den Artifeln für die Zeitſchrift beſorgte er bier |
die Bervollitändigung und einheitliche Bearbeitung |
des von feinem Mitbruder P. Diel begonnenen |
Lebens Brentanos (1877). Ihm folgte 1878
das Charakterbild Voltaires (2. vermehrte Aufl. |
1885). Eine ſchwere Krankheit verhinderte ihn |
dann für zwei Jahre an jeder Arbeit. Er wurde
1879 in das Spital nad) Nahen und fpäter in
dasjenige von Kirchrath (Holland) gebracht, wo |
zwar das Übel nicht gehoben wurde, die Kräfte
jedoh mieder zurüdkehrten. Hier gab er nun
uerſt eine Sammlung der nachgelaſſenen Schriften
Kines verftorbenen Freundes P. Diel heraus und
ein Bändchen ausgewählter Gedichte unter dem
Titel: Heimatweilen aus der Fremde, dem ein
Bändchen freiübertragener Weihnachtslieder des |
titel in die verſchiedenſten Zeitungen,
meift mit Humor gewürzt, verjuchte ſich
aud) in der Dichtkunft, und da fein erjtes
Gedicht mit Beifall aufgenommen wurde,
jo war ihm dies eine Anregung, ſich
auch darin immer mehr auszubilden.
Mandes Gedicht floß nun aus feiner
Feder, 3. B. Zur Krönung Sr. Majeftät, Ein
Begräbnis preußiicher Pioniere, Zum Maifeite,
Turnergruß, Colonia, Wllerjeelentag u. v. and.
Dann verſuchte er fi aud an größeren erzäb-
lenden Gedichten: Ahasver, Ein Schwanengefang
(1883, 2. Aufl.), Noch iſt Lelau nicht verloren
(4, Aufl. 1884), Deutihlands Einigung (1883,
ufl.).
”
. Aufl.
' Kreßner, Wolf, geboren den 18.
November 1853 zu Frankfurt a. Ober,
ftudierte in Berlin, Laufanne, Paris die
alttlaffifshen und modernen Spraden,
Lehrer in Berlin (1877), Frankfurt a.
Oder (1877—81), Kaſſel (jeit 1881),
forreip. Dlitglied der Berliner Geſellſ
für das Studium der modernen Sprachen,
Nedakteur der „Franco-Gallia“ und ber
Spaniſchen Bibliothek.
Hauptihriften: Eigentümlichkeiten des altfran«
zöſiſchen epifchen Stils (1878), Willen]
Ausgaben und Lehrbücher: Ruſtebuefs Gedichte,
nad den Handjchriften der Barifer
neuprovenzaliichen Dichterd Lambert folgte. Im bliothek herauägegeben (1885), Cervantes No-
Auftrage des Stammherrn von Drojte-Hülsho
begann er 1883 eine neue, um den nicht unbes
beutenden Nachlaß des Hülshoffer Archivs vers
mehrte, mit Einleitungen und Anmerkungen ver:
fehene Ausgabe der Schriften Annettend von
DrojtesHülshoff, welcher als Abſchluß 1885 das
erfte ausführliche, aus authentiihen Quellen ge
IhöpfteLebensbild der weſtfäliſchen Dichterin folgte,
Inzwilhen waren auch die feit vier Jahren be:
gonnenen Moliere-Studienzum Abſchluß gediehen,
und erſchien als deren Ergebnif 1837 das Bud:
„Moliere und feine Werke". Auch für einzelne
Zeitſchriften lieferte er kritiſche Beiträge. Die
Mehrzahl der genannten Schriften ift jehr gut
beurteilt worden.
Kremer, Heinrich, geb. 29. Februar
1836 zu Widrath, befudhte bis zum 13.
Lebensjahre die dortige Elementarjchule,
erwarb fid) aber fpäter durch Selbſtſtudium
die Kenntnis der franzöfiihen Sprade,
wodurd) er auch in der deutichen Sprache
ftilgewandt wurde, Er widmete ſich dem
ff velas ejemplares I., mit erflärenden Anmer-
fungen (1835), Calderon, La vida es sueno,
mit erflärenden Anmerkungen (1886), Caballero
Con mal 6 con bien & los tuyos te ten, mit
erflärenden Anmerkungen (1886), Cervantes, Don
Quijote I., mit erflärenden Anmerkungen (1887),
Harkenbufh, Los amantes de Teruel, mit er:
flärenden Anmerktungen (1887), Galderon, El
Alcalde de Zalamea, mit erflärenden
gen
(1884); außerdem lit.-hift.
ten, hauptfächlich in Herrigs Archiv. Sch
gaben: Seribe, Le Verred’Eau (1878), Macau
a
te n Racı
Lord —— —— Warren Haſtin
(1885), Guizot, Histoire de la Civilisatior
en Europe (1886), Piron, Mötromanie (1887)
Racine, Phödre (1888); Zeitichriften: Gallia,
Kretzer.
tiſche Monatsſchrift für franzöſiſche Sprache und
Literatur (1882/83), Franco-⸗Gallia, kritiſches Dr:
an für franzöſiſche Sprache und Literatur. (Fort:
Frans der Gallia, 1834).
Kretzer, Mar, wurde am 7. Juni
1854 in Pofen geboren. Leider konnten
331
ſtrones.
demie zu Koſchau in Ungarn, wurde 1857
zum außerordentlichen Profeſſor dieſes
Faches beſtellt und wirkte in dieſer Ei—
genſchaft bis zu dem Jahre des völligen
Umſchwunges in den Verhältniſſen Trans—
leithaniens, 1861, — nicht ohne Erfolg
feine Eltern den ſehnlichſten Wunſch des bemüht Land, Leute, Spradhe und Lite:
hochbegabten Knaben, zu ftudieren, nicht
erfüllen, ſondern wieſen ihn früh ichon |
auf einen Broderwerb an. Er trat des:
halb im 13. Jahre in eine Fabrik ein.
Eine längere Krankheit feilelte ihn an
das Zimmer und gab ihm die Feder in
die Hand. Die Leichtigkeit, mit welcher
er fein Fühlen und Empfinden auf das
Bapier zu bannen vermochte, erweckte
in ihm das glühende Verlangen, Schrift:
fteller zu werden, wenn er ſich auch fei-
neswegs verhehlte, daß die großen Lücken
feines Wifjens überbrüct werden müßten, |
ehe er an ein Erreichen jeiner hochge—
ftedten Biele nur denfen durfte. Er
würde Autodidaft im volliten Wortiinne,
und bald jah er feinen Traum verwirklicht.
Bon Br der Naturaliftif Huldigenden und
dieſem Gebiet bedeutenden Schöpfungen
wir hervor: Die beiden Genoſſen (Rom.),
erbare Schwärmer (Rom.), Die Betrogenen
om.), Schwarzfittel (Erz.), Die Verfommenen
om.), Berliner Novellen und Sittenbilder, Ge:
ammelte Berliner Skizzen, Drei Weiber (Rom.),
Im Sündenbabel (Rov.), Im Riefenneft (Rom.).
Krones, Franz, Ritter von March—
land, geboren 19. November 1835 zu
Ungariſch⸗Oſtrau in Mähren, 1836 bis
1844 in Neureifch erzogen; 1844—52
Schüler Gymnafiums der Landes:
hauptftadt Brünn, 1852—56 Hörer der
philofophiihen Fakultät an der Wiener
e, an welcher er vorzugsmeife
ographiiche und germaniſtiſche
‚ Mitglied des hiſtoriſchen
| und des 1855 neugegrünbeten
8 für öfterreihiiche Geſchichtsfor⸗
‚wurde und den philoſophiſchen Dok⸗
torgrad erwarb. Früh genötigt, ſich auf
Füße zu ftellen, übernahm er (1856
die Supplentur ber öjter-
an der Rechtsaka⸗
ratur Ungarns fennen zu lernen. 1859
beitellte er feinen häuslichen Herd, indem
er eine Yandsmännin, Anna Pernitza, zur
Frau nahm, und vertaufchhte 1861 feine
bisherige Berufsitellung mit der vorläus
figen Stellung eines Profefiors am I.
Staatsgumnaftum in Graz. Er habili-
tierte ſich 1862 als Dozent für öjterreis
chiſche Geihichte und wurde 1865 zum
ordentl. öff. Profeſſor diejes Faches an
der Hohichule ernannt, nahm an der Or:
ganifierung des hiltoriihen Seminars
1866/67 mejentlihen Anteil, ebenjo an
den Arbeiten des hiſtoriſchen Vereins für
Steiermark, bekleidete 1869 und 1873
das Defanat der philofophiihen Fakultät,
1877 das Rektorat, und wurde 1874 forr.
Mitglied der faif. Akademie der Wiſſenſch.
in Wien. 1873 zum proviforiichen Leiter
des neugegründeten Mädchenlyceums auss
erjehen, widmete er fih 1873—74 die:
jem Nebenberufe und ijt jeit einem De:
zennium aud als Fachmann im Landes—
Ihulrate für Steiermark thätig. 1880
erhielt er den Orden der eil. Krone ILL,
mit ihr die Erhebung in den Abeljtand
mit dem Prädifate v. Mardland.
Hauptwerfe: Umriffe des Geſchichtslebens der
deutfchsöfterreihiihen Ländergruppe (1868),
fterr. Gefchichte (fürs Volk, 6 Bde), Die öfterr.,
böhm. und a eng Länder im legten Jahr:
hundert vor ihrer Vereinigung 1437—1526
(1864), Ungarn unter Maria Therefia und, Jo—
jepb II. (1871), Handbuch der Geſchichte Dfter-
reihs (5 Bde, 1876—1879, der 4. Bd. ermeis
tert „herausgegeben u. d. T. Geihichte der Neu-
zeit Öfterreih8 vom achtzehnten Jahrhundert bis
auf die Gegenwart 1879), Grundriß der ölterr.
Geſchichte mit befonderer Rüdfiht auf Quellen⸗
und Literaturfunde (1881), Die freien von
Saneck und ihre Chronik als Grafen von Eilli
(1883), Geſchichte der Karl-Franzens:Univerjität
in Graz (1886), Zur Geſchichte Oſterreichs im
Zeitalter der franzöfifchen Kriege und der Rejtaus
Kronoff.
ration, 1792—1816 (1886). Von nichtakademi⸗
ſchen, populären Schriften: Die Stellung der
Deutfhmährer in Vergangenheit und Gegenwart
(1872), Eine Wanderung durch die alte Steier:
marf, h. v. fteierm. Volktsbildungs-Ver. (1873),
ar Öfterreichd für die reifere Jugend
Kronvff, Frida v., ſ. Fr. Hummel.
Krüdener, Carl Edgar Emanuel Adel:
bert Baron v., wurde als der Sproß
eines altadeligen, jeit 600 Jahren in Liv:
(and begüterten Geſchlechts am 8. Juni
1857 geboren und empfing den erften Un:
terricht im elterlichen Haufe in feiner Hei⸗
mat und fpäter in einem Privatinftitut
zu Dresden, wo die Familie einen län-
geren Aufenthalt nahm. 1877 bezog er
die Forjtafademie zu Tharandt nad) vor:
angegangener Volontär-Praris auf dem
Nevier Poftelmig bei Schandau. Hier
lernte er den bedeutenden Unterjchied fennen
zwiſchen den rationell eingerichteten For:
ſten Deutichlands und den damals noch
teils verwahrloften Urforſten Livlands. Mit
diefer Erkenntnis begann auch fein liter
rariſches Schaffen, und zwar veröffent⸗
lichte er eine große Zahl von Artikeln über
dieſes Thema und trug ſo mit zur He—
bung jener Übelſtände in feinem Heimat:
(ande bei. Gleichzeitig wandte v. K. fi in | P
gleicher Weiſe der zoologiſchen Wiſſenſchaft
und ihrer Literatur zu. K. lebt auf fei-
nem väterlichen Rittergut Mohlfahrtslinde
(Livland) feinen öfonomifchen u. forftlichen, | *
wie feinen literariichen Beichäftigungen.
Krüer, Heinrich Wilhelm (Millibald
Skett), geboren 7. Dezember 1825 in
Udte als Sohn bes Advofaten und No-
tars Hermann K. und Frau Sophie, geb.
Scholle, erhielt feinen Unterricht in Uchte
auf der lateiniihen Schule des Paſtors
Mehlis und des cand, theol. Thiermann,
dem jpäteren Profefjor in Göttingen, jo
wie in Bremen beim Profeſſor Kotzenberg.
K. befleidet feit 1869 die Stelle des
— der Handelskammer in Min⸗
en
Von feinen, durch die Kritit außerordentlich fache, dozierte am früheren
günſtig beurteilten ſelbſtändigen Werken heben
332
Krüger.
wir hervor: Jedem das Seine (Rom.), Bunte
Blätter (Ged.), Die Wahrheit bift Du! (Säle. );
Porta⸗Weſtphalika und Deynhaufen (Hiftor.), Alles
Ihon dageweſen, Das Verderblihe der Soyialder
mofratie (Skizz.).
Krüger, Carl A., wurde am 14. März
1839 zu Schöneberg a. d. Weichſel ges
boren, bereitete fi im Seminar zu Das
rienburg für den Lehrerberuf vor, war
darauf in dem Dorfe Kohling bei Danzig
eine Reihe von Jahren als Lehrer thätig
und beſchäftigte ſich nebenher mit päba-
gogiſcher Schriftſtellerei. Nachdem er durch
eifriges Studium an ſeiner Fortbildung
gearbeitet, wurde er Hauptlehrer der Ges
meinbeichule zu Zoppot und legte darauf
die Rektoratsprüfung ab. Später erhielt
er einen Ruf nad Königsberg i. Br.,
hörte bier, um fein Wiſſen zu bereichern,
‚eine Zeitlang Vorlefungen an der Unis
verfität und ift gegenwärtig Rektor ber
Sadheimer Bürgerichule für Mädchen.
Bon feinen weit verbreiteten und vo
beurteilten Schriften heben wir hervor:
der hrifil. Kirche (1873, 4. Aufl. 1884),
| ftrauf (1875, 4. Aufl. 1887), eh Dr
(1876), Geſchichtsbilder für Bolksf —
Bilder Abe re,
14. Aufl. 1887), Gengrapätice
und Sage (1878, 2. Aufl. ce Bi
phie — 8. Aufl. 1887), Schu
(1880, 3. Aufl. 1887), Naturlehre (1
2. Aufl. 1886), Bilder aus der
Aufl. en. — in ee und
aus der Heimat und er In), Sen 2. Au;
1884), Deutihe Schulgrammatif (1888, 2, Au‘
1884), Deutiche Literaturfunde * 2. Aufl,
1886), Charafterbilder aus der Naturgeſchich
(1885), Vaterländiſche Gefchichte (1886), Grun
züge der Geographie und Geſchichte
Grundzüge der Naturgeſchichte und Raturlehte
(1887), Grundzüge der Nealien (1887). "6100
Krüger, Richard, geboren am 15.
Februar 1856 zu Berlin, ſtudierte 1874 bie
1878 die Bauingenieur-Wiffenjchaften auf
der kgl. techn. Hochſchule zu Hannover,
war nad) Beendigung feiner Stubien.
feiner Heimat bis Anfang 1880 prattiſch
tätig, widmete ſich hierauf dem Lehr:
Technikum zu Rinteln (1880-1 38:
Krufe. — 333 — Kübel.
dann an den technifhen Fahihulen zul Kübel, Robert, geboren 12. Februar
Burtehude (1881—1836) und iſt ſeit 1838 zu Kirchheim u. T. (Würtemberg),
diefer Zeit Lehrer an der Bauſchule in | befuchte die Lateinjchule feiner Vaterftadt,
Edernförde. dann 1852 —56 das evangel. theolog.
— — — —— a. Seminar zu Schönthal, wo befonders der
— Städten (1881), Die Lehre befannte, zur Rechten ber Schleiermacher⸗
von den Brennmaterialien (1883), Die Filter ſchen Schule gehörige Dr. theol. Elwert
für Haus und Gewerbe (1886). Einfluß auf ihn hatte. Studierte Philo-
Kruſe, Heinrich, geboren in Strals fophie und Theologie zu Tübingen 1856
fund 15. Dezember 1815, Sohn des Al- | bis 1860; von feinen Lehrern find be:
termanns des Gemwandhaufes Andreas ſonders Bed, Baur, Dehler zu nennen.
Krufe, der lange als Landtagsabgeord: | War ein Jahr Pfarrvifar, dann (1861
neter Stralfund und Rügen vertrat. Er bis 1865) Nepetent in Blaubeuren, wo
ftudierte 1833— 37 in Bonn und Berlin er befonders den hebräifchen und alttejta-
Philologie und Archäologie und lebte dann | mentlichen Unterricht hatte; machte 1865
längere Zeit im Auslande, namentlich in | eine Studienreife nad) Paris, war dann
England, wo er die beiden ältejten Söhne | bis 1867 Nepetent in Tübingen, wo er
des befannten PhilanthropenEarl of Shaf: | feine akademiſche Thätigkeit mit einer Vor:
tesbury erzog. 1844—47 war er Gym: leſung über das Deuteronomium, ebenfo
nafiallehrer in Minden. Er widmete fi) | feine fchriftitelleriihe Laufbahn mit Auf:
dann der Preſſe. fägen in verſchiedenen Zeitichriften er-
Während der Nationalverfammlung 154849 | öffnete. Erwarb 1866 den Grad eines
in Frankfurt redigierte er ald Nachfolger von | G ; ee :
—— dort —— ——— tage Licentiat der Theologie; ee in Plan
Nah einem Aufenthalt in der Schweiz trat er geſetzte Überſiedlung an die Univerſität
in die Redaktion der „Kölniſchen Zeitung“ | Heidelberg zerſchlug ſich. 1867 — 70
ein, bie er jeit 1855 als Chef:Redakteur leitete. | Diafonus in Balingen.
ALS nad) den jiegreihen Kriegen von 1866 und | gier ſchrieb er feine „Bibeltunde“ (4. Aufl.
1870/71 Berlin als Reichshauptſtadt ——— 1886) und wirkle durch diefe, ſowie als — —
ne —— gung ie als — & Berlin, ‚einer von der Regierung berufenen Kommiſſion
richterſtatter ber Tg nn * ode Büde, Zur Regelung des Religionsunterrichts weſentlich
zn ma 0 IE I is hen AU Bye, Bike en, Shui Km
fiher Stile und im Krefe jener Familie (feit| m buutfdrenang, Ländern angenommen wurde)
—— — pe —— 1870 wurde er von der k. preuß. Regierung nad)
gg — ———— Herborn in Naſſau als Prof. theol. und Direltor
2. rc. bier und da * ben Blättern ver, | DS — — — 5*
öffentlicht. 1868 erſchien anonym fein Tue | en a tee Schrift‘ he a Dres
fpiel: Die Gräfin, das ein Jahr darauf neben digten, Torträge “a 1974 ging ex in fein
Geibeld Sophonisbe mit einem Schiller: Preife | 3 Vaterland zurüd ald Stadt f bald
efrönt wurde. Seitdem find von ihm eine Reihe a ee rer re as
der biftorifcher Dramen erfhienen: Wul: | nachher aud) Begistätäutiufpektor zu ar are
= König Eric, Worik von & fen wurde 1879 nah Tübingen als ord. Brof. der
Brutus, Marino Sallere, Rofamande, Dad Rd: | Zrroroste für fuitematiide Zyeologie am Becis
’ u En Rap —— Stelle berufen, in demfelben Jahr Dr. theol.
rn Witlen von — a ‚ Diefe Dramen h. e. von Leipzig, it Mitarbeiter bei we
haben viele neue Au lagen erlebt find aber nur Realencyklopäbie (2. Aufl), Gen > ——
vverdoagem ſo⸗
Stüde waren ein ſtiller Proteſt gegen den auf wie mehreren Zeitſchriften.
den beutfchen Bühnen wieder zur Derrfhaft ge | Kübler, Johann Jakob, geboren in
Iangten jlechten franzöfiichen Gejhmad. Seine | Winterthur 6. Januar 1827, befuchte die
humoriftiichen Scegeicichten find aud gelammelt Schuien feiner Vaterſtadt bis nach zurüd-
—J Sein neueſtes Werk find Faſtnachts— gelegtem 15. Altersja br, hierauf ‚bat
Kühne.
Gpymnafium in Zürich und ftudierte dann
an dortiger Univerfität Philofophie und
Theologie. 1848 beftand er das Stants-
eramen und empfing die Ordination zum
Mitgliede der zürcherifchen Geiftlichkeit,
fegte aber feine Studien fort an der Unis
verfität Tübingen und zulegt in Paris.
Während jeines Aufenthaltes in Tübingen
erhielt er von der Univerfität Königsberg
auf Grund einer Differtation über Her-
barts Metaphyſik das Diplom als Doktor
der Philojophie. In die Heimat zurüd-
gekehrt, ward er 1850 Pfarrverweſer in
Neftenbach, welche Gemeinde ihn ein Jahr
darauf definitiv zum Pfarrer wählte.
Dis jetzt hat er dort —— feine Muße⸗
ftunden aber ausgefüllt ſowohl mit dichteriſchem
Schaffen, als auch mit naturwiſſenſchaftlichen Ar:
beiten. 1850 gab er einen Band Gedichte her:
aus, 1857 das „Heldenbuch der Schweiz” (eine
Samml. ep. Ged.), 1863 Neue Gedichte, 1880
Erzählungen aus der helvetiihen Revolution, 1882
drei Novellen Sternfraut, Boftillenreiter, Baracken⸗
oberjt, 1886 endlih „Aus aller Welt” (Samml.
von 17 Eleinen Nov.). Bon 1859 an befchäftigte er
fih mit mifroffopiiher Botanik, Zoologie und |
Geologie. Das Nefultat diefer Arbeiten, gemein:
Ichaftlih ausgeführt mit Heinrih Zwingli, ift
veröffentlicht in dem Werke: Die Foraminiferen
ded jchweizerifhen Jura (1879), welches der
große Mifrogeolog Ehrenberg in Berlin eines
befonderen Vortrages gewürdigt bat. Als praf:
tiihe Verwertung feiner naturwiſſenſchaftlichen
Forfhungen find endlih noch folgende Drud:
Ichriften 8.3 zu nennen: Die Gärung und die
Krankheiten des Weins (1871) und Mittel gegen
die Kranfheiten, Schäden und Feinde der Rebe
und des Weins (1881).
Kühne, Elsbeth, wurde am 2. Ja-
nuar 1852 als jüngfte Tochter eines
berzogl. braunfchweig. Staatsbeamten ges
boren, bejtand mit 17 Jahren ihr Lehre:
rinneneramen und ift jetzt Vorjteherin
eines Töchter-Inftituts zu Blankenburg
a. Harz.
Die Ichriftftellerifche Laufbahn betrat fie mit
einer hiſtor. Erzählung „Williram“, melde Lob
in zahlreichen Kritifen erntete. Darauf folgten
die „„Proverbes dramatiques‘ und „Ebert von
Braunſchweig“ (Trip.).
Kühne, Julie (Fr. Mafche), geboren
am 9. Mai 1837 in Stettin als die,
Tochter eines ſehr angejehenen reichen |
334
Kürſchner.
Kaufherrn und Gutsbeſitzers. Der plötz⸗
liche Tod des Vaters ließ die Familie
in zwar begüterten, aber ſehr verwickelten
Verhältniſſen zurück, denen die Mutter
nicht gewachſen war. Es fehlte die len—
kende Vaterhand, und die Lage der Fa—
milie war troß ihrer MWohlhabenheit eine
unerquidliche, ja oft hilflofe, jo daß ſchon
auf den erften Lebensweg Yulies dunkle
Schatten geworfen wurden. Fremde ſchal⸗
teten und walteten in Haus und Hof und
machten ſich diefe Ratlofigfeit zu *
Als Julie herangereift war, ergriff
nach ihren Kräften die Zügel, doch nicht
für lange; denn 1856 verheiratete ſie
ſich mit dem Oberlehrer Dr. Kühne in
Siettin. Die Ehe entſprach nicht den Er⸗
wartungen der jungen Frau; ſo
ſie ſich nach einigen Jahren von ihrem
Gatten. Seitdem lebt ſie ihrer ſchrift⸗
ſtelleriſchen Thätigkeit.
Hauptwerke: Die Frauenvereine der Gegen⸗
wart und die ſittliche Berechti der frauen
frage (1872), Elfriede Laub (Schaufp. 1872),
—
oder Der Ein
1876), Sie il wie * er ihr Glück oder
Here und Teufel (Luſtſp. 1882).
Kürfchner, Jofeph, wurde am 20.
September 1853 zu Gotha geboren und
widmete ſich urſprünglich einem Kunſi⸗
handwerk. Seit 1881 lebt er in Stull⸗
gart, befonders bei dem W. ee
Verlage engagiert, deſſen Sa K.
außerordentliches organiſatoriſches 7
erkannte und an ſich zu feſſeln wu
Aus K.'s vielſeitiger liter. Thãtigleit heben
wir hervor: Die Berauögebe der „Deutfchen
Nationalliteratur”, des „Rich. en
buches“, des „Deutſchen Literaturfal t
Taſchen⸗Konverſations⸗Lexikon“, ber
„Vom Fels zum Meer“ (die K. auch
der Chronologie für das deutſche Theater, der
Bayreuther Tageb., der Operntext-Bibliothek, K.
Eckhof, des Staats- Hof- und Communalhandbuchs
nebſt ſtatiſtiſchem Jahrbuch.. K. führt die ihm
in Anerkennung ſeiner Verdienſte verliehe—
nen Titel eines Profeſſors und Hofrates.
Kuhn, Kaſpar Joſeph, wurde in Rohr:
bad), einem Dörfchen im füdlichen Württem-
Kundel.
berg, am 8. November 1819 geboren und
fernte und betrieb alle Geſchäfte feines
Vaters, der Ofonom, Seilermeifter, Bier:
wirt, Bäder, Schnapsbrenner und Spe—
zereihändler war. Erſt mit 21 Jahren
fam er zum Studium und dann 1842 an
das Gymnaſium in Augsburg, das er 1848
abjolvierte. Im nämlichen Jahre trat er
in den Benediftiner-Orden, jtudierte an
der Univerfität München Theologie und
wurde 1853 zum Priejter geweiht. Bon
da an war er 17 Jahre lang Profeſſor
am Gymnafium Et. Stephan in Augsburg
und betrieb nebenbei Botanif und Ento-
mologie. 1870 fam er in das Slofter
DOttobeuren und mußte in der Seelforge
mitwirken. Dort jtellte er das ehemalige
Ihöne Theater wieder her und errichtete
ein Mufeum für Altertümer und Natura-
lien, das nun von vielen Fremden befucht
wird, befonders wegen der herrlichen Kon:
chylienſammlung.
Hauptwerke: Geſchichtskalender oder tägliche
Aieraturgeſchichte (1857), Die Käfer des füd:
bayerſchen Flachlandes, analytiſch beichrieben
), Katholiſche Literaturchronik (1866), Si—
lach oder Die Stiftung des Kloſters Dttobeuren
(bift. Ritterſchauſp. 1877), Der heil. Alexander
(bift. Schauſp. 1877), Die Zigeunerhütte am ae
fee (Nov. 1878), Nichts als Hinderniffe! (Luftip.
1879), Bon Augsburg nach Lima (Nov. 1879),
ter Jeremias (Nov. 1879), Dito von Wittels:
ch (Dram. Ged. 1880), Robert und Leander
(Nov, 1880), Luftig und liſtig (Luſtſp. 1880),
Die Kinder des Nebellen (Nov. 1880), Die miß—
u Weiberfur (Luftip. 1881), Der bl. Wille:
(bift. Schaufp. 1882), Blide in die Natur
(1883— 84), Kolping, der Gefellenvater (Dram.
Bilder 1887).
Kundel, Karl Friedrich. Geb. 1819
im Herzogtum Schleswig, Landſchaft An-
geln, befuchte ich von meinem 17. Jahre
an das Gymnafium zu Flensburg, ſtu—
bierte von 1841—46 in Kiel und Göt—
fingen, machte den deutich-dänifchen Krieg
als Kombattant und fpäter als Militär:
arzt mit, praktizierte bis 1861 in Kap:
peln, von da an in Kiel. Von 1860— 65
war ic) Arzt Ihrer Königl. Hoheit der Her:
zogin von Glücksburg.
335
Kuniſch.
Hauptſchriften: Der Kurort Sylt und ſeine
Wirkung, Die Ampfvergiftung, ihr Weſen und
ihre Heilung, Sind Stoff und Kraft Urſache und
Wirkung?
' Kunifch, Hermann, geb. am 9. Ja—
nuar 1856 zu Neike, bejuchte das dortige
Realgymnaſium, ftudierte in Breslau Nas
turwiſſenſchaften und unter Ferd. Roemers
| Zeitung ſpeziell Geologie. Nach feiner Pro:
‚motion wurde er deflen Aſſiſtent. Nach
'Abfolvierung der philologiihen Staats:
prüfung nahm er eine Stellung als willen:
Ihaftliher Lehrer an einer höheren Un:
terrichtsanftalt an. Seine literariiche Thä—
tigfeit bewegt fih hauptſächlich auf dem
Gebiete der Geologie und Paläontologie.
Nah ihm iſt ein Haarftern des Muſchel—
falts als Dadocrinus Kunischi benannt
worden. Vielfach wird er als Sachver—
ftändiger in bydrognoftiihen Fragen und
ganz befonders bezüglich der unterirdiichen
Wäſſer zu Nate gezogen.
Hauptwerfe: Die Meteoriten unter befonderer
| T *
d l (1883), 16
Erinnerungen aus der Welt⸗, Kirchen⸗ Kunſt⸗ und | — — ber Tltiden *
Erdbeben (1884), Über das Auſſuchen unter:
irdifher Wäfler (1885). Außerdem zahlreiche
Abhandlungen in den Nahresberichten der ſchleſ.
Geſellſch. f. vat. Kultur (1882—86) und in der
gel, d. deutich. geolog. Geſellſch. (1883 bis
1886
unfel, Adam Joſef, geb. am 27. No:
vernber 1848 zu Lohr in Unterfranfen,
ftudierte Medizin auf den Univerfitäten
Münden, Göttingen, Würzburg, Leipzig.
Seit Frühjahr 1883 Profeſſor der Phar—
mafologie an ber Univerfität Würzburg.
Aufſätze fachwiſſenſchaftlichen Inhaltes,
meiſt über phyſiologiſche Themata in den
verſchiedenen mediziniſchen Zeitſchriften.
Kunzendorf, Paul, wurde am 11.
September 1853 zu Berlin als der Sohn
eines Kaufmanns geboren. In feinem
achten Jahr hatte er bereits den Tod
des Vaters zu beflagen, und der Mutter
allein blieb die jchwere Aufgabe, über
des Knaben weitere Erziehung zu wachen.
Sie that e3 mit der ganzen Sorgfalt, die
ihr eigen war, und dem Aufgebot aller
Kräfte. Nachdem er den erjten Unter:
richt in den Vorſchulklaſſen genoflen hatte,
Kurs.
trat er 1861 in das Berliniihe Gym-
nafium zum Grauen Klojter, weldes er,
— unter Friedrich Bellermann's,
ann unter Hermann Bonitz' Direktorat
beſuchte.
Um — Erwerbs willen mußte er ſein heißes
Verlangen, die Univerſität zu beſuchen, aufgeben.
Er trat in ein kaufmänniſches Geſchäft, widmete
ſich jedoch in ſeinen Mußeſtunden literar. Beſchäfti—
gung. Hier unter den Bapierballen entitanden neben
edichten auch zahlreiche proſaiſche Aufſätze, die
fpäter, vermehrt und verbeflert, im Drud er:
ſchienen. 1879 gab er die faufmännifhe Stel:
lung auf und gab fi ausſchließlich literarifcher
und —— — Thätigkeit hin, in letzterer
Hinſicht namentlich auf dem Gebiete der täglichen
Berichterſtattung durch Ausgabe einer Lokalkor—⸗
reſpondenz für alle größere Zeitungen Berlins.
1880 erſchien eine Sammlung von Gedichten
K.'s unter dem Titel „Feſtgrüße“, und in dem—
felben Jahre gab K. das „Berliner ———
blatt“ heraus, in welchem er zahlreiche proſaiſche
und poetiſche Arbeiten aus feiner Feder ver:
öffentlichte. Ähnliche Aufläge erfchienen alljährlich
in verfchiedenen Zeitjchriften und Kalendern.
Kurs, Augufte, geb. Rofenberg, wurde
am 26. November 1810 zu Berlin ge
boren. Ihr Vater gehörte als Offizier
der preußiichen Artillerie, aus der er
fpäter als Oberft ausſchied, an und ftand
in den auf die Befreiungskriege folgenden
Jahren mehrmals in Erfurt, wo A. 8.
einen Teil ihrer Mäbchenjahre zubradhte.
Einige Jahre nach ihrer Rüdkehr in die
Heimatjtadt verheiratete fie ſich mit dem
Geh. Kanzleirat Dr. Georg Kurs. Der
Tod entriß ihr diefen ihren Gatten 1885.
Innere Begabung, Freude an Natur und Kunft,
jowie äußere Anregung im Haufe der Eltern wie
Ipäter im eigenen, hatten in U. 8. früh den
dichteriſchen Sinn gewedt; doc entſchloß fie fich
verhältnismäßig erit jpät zur Herausgabe eines
Teils ihrer lyriſchen Gedichte, die dann aber (1851)
in rajcher Folge unter dem Titel „Epheublätter“
drei Auflagen erlebten. Den Epheublättern folg:
ten zunächſt ein Novellencyllus „Am Fenſter“
und a, wieder Gedichte meift Iyriichen Cha:
rafterd unter dem Titel „Gemüt und Leben“,
In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre gab
U. K. Reifeerinnerungen aus Süddeutſchland,
eich und Oberitalien, „Aus dem Sommer”
betitelt, heraus, und lieh ferner eine größere jelb»
ftändige Dichtung „Nora” und eine dem Engli«
ſchen nachgedichtete Sage „Cora Lynn“ erfcheinen.
Seit Ende der fünfziger Jahre veröffentlicht fie
336
_ Kurtzig.
außer zahlreichen Novellen, Gedichten und Reiſe⸗
ſtizzen in verſchiedenen Zeitſchriften, allj im
eg a ar „Damentalender“ (früher „
liner Tajchentalender”) eine größere —
riſcher Gedichte. Auch die zur Feier des
tages J. Maj. der Kaiſerin in den gl.
u Berlin, Hannover, Kafjel und Wiesb ges
Ares Prologe wurden feit einer längeren
Reihe von Jahren von U. K. verfaßt.
Kursig, Bogumil Curtius, geboren
am 1. Mai 1865 zu * Pro⸗
vinz Poſen, als Sohn des Fabrikbefigers
und Stadtrats Kurkig, befuchte das kgl.
Gymnafium feiner Vaterſtadt und w
mete fi 1882 dem Kaufmannsitande.
Außer zerftreut in Zeitichriften "erfdhienenen
Gedichten und Feuilletond erihien von ihm im
Buchhandel: Moderne Klänge, Dichtungen (1887);
ferner ein Quftipiel: Hohe Dilettanten (1887).
Kurkmann, Louis (2. Biccolomini),
geb. 20. Juli 1835 zu Gluponie
Bofen), bejuchte die Gymnafien zu Hohen»
ftein i. Oftpr. und zu Poſen, ftubierte in
Breslau Theologie, wandte fi dem
Bibliothek⸗, jpäter dem Lehrfach * und
lebt jetzt als ——— in P na
Er üb te aus d iſchen Vincenz
„Lied — —— ee Slowackis
" d i —* To].
2 Bag Die polnifche Liter. in der
erften Hälfte des 19. Jahrh.“, mit en
Übertragungen poln. Gedichte: ferner
grapbilhe Zufammenftellung von etwa 1000 Wers
fen, die aus dem Polnifchen überjegt find, oder
die polniiche Literatur behandeln, : „Die
— in Deutſchland“. Zu dem Kreiſe
diefer Thätigfeit gehören noch zah Korres
ſpondenzen für Zeitjchriften über geile Sm,
Bon bibliographiichen Arbeiten find zu er
der im Drud erſchienene Katalog der
ichen Majorats+Bibliothef —— owie
der in Gemeinſchaft M. E. Sosnowsti heraus»
gegebene Katalog der Raczynski'ſchen öffentl
Bibliothet in Poſen, für me er
ichichte diefer vibliothet verfaßt hat.
Bi
Lachuer, Carl. Am 10. April 1851
wurde ich in München als Sohn des Kom
poniften Ign. 2. geboren, meine Schul
bildung erhielt ih auf der Muſterſchule
in Frankfurt a. M. und auf dem t
Lademann.
337
Ladenburg.
nifhen Hochſchulen von Stuttgart und | demia Giovanni italiene in Neapel er:
Münden. Nach abgelegtem Staatseramen | nannt.
trat ih 1871 in Baupraris als Eijen-
bahningenieur ein, um diefen Beruf 1875
gegen eine lehramtliche Thätigfeit einzu>
taufchen; ich begann diefelbe als Lehrer
für Baumwifjenihaften an der fol. höh.
Gewerbeſchule in Hildesheim und über:
nahm 1880 das Direftorat der jtäbdt.
Handwerkerſchule in derjelben Stadt. Vor:
zugsmweife habe id) mich mit der Erfor—
ſchung der bislang gänzlich unberüdfichtig-
ten Holzardhiteftur befaßt und 1882 eine
größere Monographie über die Hildes-
heimer Holzbauten gejchrieben.
1885 erſchien ſodann der erſte Band der Ge:
ſchichte der Holzbaukunſt in Deutichland, dem
nunmebr 1887 der zweite und legte Band ge
folgt iſt. Mein letztes größeres lit. Unternehmen
beiteht in der Herausgabe einer Fachzeitſchrift für
blihen Unterricht, um das in der Jetztzeit
pre wichtige gewerblihe Schulweſen für:
dern zu helfen.
Lademann, Adelheid Roſalie (A.
vom See), wurde am 26. September 1824
als erites Kind eines in bremiichen Dien-
ſten jtehenden Dffiziers in Bremen ge
boren, bejuchte die Schulen ihrer Vater:
itabt bis zum 14. Lebensjahre und feßte
dann den Unterricht in engliſcher und
franzöfifher Sprache, wie in der Muſik
privatim fort. Zwei Geſchwiſter jtarben
in früher Jugend, zwei Brüder gingen
als Kaufleute nah Nord: und Sübd-
amerika, Adelh. Roi. hielt es für ihre
Pflicht, bei den Eltern zu bleiben. Ver:
ſchiedene aus Gefundheitsrüdjichten unter:
nommene Badereijen vermittelten die Be—
fanntihaft mit liter. thätigen Männern,
auch mit dem Rezitator M. Perels, dem
AR. infofern zu Dank verpflichtet war,
als fie auf fein Anrathen Hin an die
Dffentlichkeit trat, zuerjt mit Feuilleton:
artifeln in den verſchiedenſten Tagesblät-
tern, fpäter mit größeren ſehr gut beur—
teilten jelbjtändigen Arbeiten. A. R. lebt
no jeßt, dem Hausmwejen ihrer Brüder
vorjtehend, in Bremen. Im Jahre 1882
wurde fie zum Ehrenmitgliede der Acca-
Das literariihe Deutihland.
Schriften: Aus vergangenen Tagen (Erz. 1879),
Rhönfagen (1880), Eisblumen, eine Winterplaus
| derei (1880), Am Morgen des Konfirmations:
| tages (Ged., 2. Aufl. 1850), Cora (Rov. 1882),
Aus dem Leben (3 Erz. 1885), Der Todeshecht
ge 1886).
Ladenburg, v., |. C. 9. Mann.
Zadurner, Alois, geb. zu Meran in
Tirol am 19. Auguft 1838, widmete ſich,
nahdem er dafelbit die Normalichule und
das Gymnafium bejucht, dem Studium
der Medizin, und genoß auf den Hoch—
Ihulen zu Münden und Wien feine wife
jenichaftlihe Ausbildung. 1864 zum
Doktor ernannt, begann er in jeinem
Vaterlande feine ärztliche Thätigfeit, und
zwar zuerjt in der Umgebung Dierans
und im Paſſeierthale. Infolge Über:
anftrengung in feinem Berufe 30g er fi
‚ein Zungenleiden zu, das ihn 1870 be:
wog, die rauhe Gebirgsluft Paſſeiers zu
verlaffen, und in dem milden Klima
Merans Heilung zu fuchen. Seit diejer
Zeit lebt er als praftiiher Arzt aus—
Ihließlih feinem Berufe dafelbit, die
Mußeitunden der Lyrik widmend.
1884 erſchien von igm ein Bändchen Gedichte.
Laien, Phil, j. PH. Waflerburg.
Zaiftner, Ludwig, geboren den 3. No:
vember 1845 in Eßlingen am Nedar, ſtu—
dierte im Stift zu Tübingen Philofophie,
Theologie, Gefhichte und germaniftiiche
Fächer, war mehrere Jahre im würtem-
bergiihen Kirchendienit, dann (jeit 1870)
elf Jahre lang Hauslehrer in München,
wo er noch jegt feinen Aufenthalt hat.
Von feinen vorzüglich beurteilten wiſſenſchaft⸗
lihen und dichteriihen Werten heben wir hervor:
Das Recht in der Strafe (1872, hervorgegangen
aus einer philoſoph. Promotionsfchrift), Nebel:
jagen (1879, zur deutihen Mythologie), Der Ar—
chetypus der Nibelungen (1886); Barbarojjas
| Brautwerber (1875, ep. Ged.), Golias, Studen-
tenlieder des Mittelalters (aus dem Lateinifchen
1879), Frau Rata (ep. Ged.), Novellen aus alter
Zeit (1882). Im Verein mit Paul Heyſe giebt
er feit 1884 den „Neuen deutſchen Novellenihag“
heraus. Seit Jahren bereitet er eine „Mythenge—
22
Klo ade, Ermma Fovrnmmune >), uh. 426
Lambel.
ſchichte vor, deren erſter Band unter dem Titel |
„Mittagsgeifter“ 183° ericheinen wird.
Lambel, Hans, geboren 26. Auguſt
1842 zu Linz in Oberöfterreich, bejuchte
das Gymnafium feiner Baterftadt und bes
zog hierauf die Univerfität Wien, wo er
unter Franz Pfeiffer fih dem Studium
der deutichen Philologiewidmete. 1863 zum
Doktor der Philoſophie promoviert, trat er
1864 als Kollaborator an der Wiener Hof:
bibliothef ein. 1870 fam er als Gym-
naftallehrer nad) Oberhollabrunn, von wo
er 1874 als Profefior an das Gymnaſium
zu Prag-Kleinſeite verjegt wurde. 1875
habilitierte ev fih an der ‘Prager Uni:
verjität. In diefen beiden Stellungen
wirft er noch gegenwärtig, feit 1884 mit
dein Titel eines außerord. Univerfitäts:
profeflors.
Die vorzüglich beurteilten Arbeiten L.'s bes
wegen ſich vorzugsmweile auf dem Gebiete der
mittelhochdeutichen und neueren Literatur. Außer
Beiträgen zur Germania u. a. Beitichriften er:
fchienen von ihm: Bericht über die im Auguft |
1868, August und September 1871 und 1872|
in Oberöfterreich angeitellten Weistümerforichuns |
gen (1869 — 1873), Erzählungen und Schwänfe
(deuticher Klaſſiker des Mittelalterd 1872, 2.9.
1883), Das Steinbud. Ein altdeutiches Gedicht
von Yolmar, Mit Einleitung, Anmerkungen und
einem Anhange (1877), Ein neuentdedtes Blatt
einer Heliandhandfchrift. Mit Tafel (1881), Her:
derd Werfe (1885).
Lammers, Auguft, wurde 23. Auguft |
1831 zu Lüneburg geboren, widmete ich
nach Abfolvierung des philologiſchen Stu:
diums auf der Univerfität Göttingen der
Sournalijtif und war thätig als Redak—
teur der „Mefer: Zeitung“ in Bremen,
der „Allgemeinen Zeitung“ in Hildesheim,
der „Zeitung für Norddeutichland“ in
Hannover, der „Süddeutſchen Zeitung“ in
Franffurt, der „Elberfelder Zeitung“, des
„Brem. Handelsblattes“ und nunmehr als
Leiter der Zeitichr. „Nordweſt“ in Bremen.
L. hat fich bejonders um das gemeinnügige
Vereinsleben verdient und durd) eine Reihe
volkswirtſchaftlicher Schriften befannt ges
macht.
EN Die geſchichtliche Entwidelung
des Treibandels, Die deutjche Auswanderung,
335
' (1869) erfchienen.
Landau.
Der Moorraud) und feine Kulturmiſſion, Die
Verjüngung der Kirche, Die Vettelplage, Bes
fämpfung der Trunffucht, Branntweins und Kaffees
Ichenten, Öffentliche Kinder-Fürſorge.
Landau, Diarcus, wurde am 21, Nos
vember 1837 in Brody in Galizien ges
boren. Teils dem Wunſche feiner Eltern,
teils der eigenen Neigung folgend, wid⸗
mete er ich dem Haufmannsitande, Nach—
dem er die Handelsichule abfolviert hatte,
trat er 1852 in ein Bankhaus ein und
arbeitete dann (jeit 1869 in Wien) in
verjchiedenen Bankgeſchäften, bis er ſich
1878 von den Geichäften zurüdzog, um
ganz der Wiſſenſchaft zu leben. Seine
faufmänniihe Beihäftigung hatte ihm
indeffen genügende Muße gelaflen, um
die zu praftiihen Zmweden erworbene
Kenntnis der neueren Spraden durch
ſyſtematiſches Studium der englifchen und
romanischen (befonders italienischen) Liter
raturen zu vertiefen und fid) die Kenntnis
der lateinischen Sprache zu erwerben, ſowie
fich mit hiſtoriſchen Studien zu beichäf-
tigen. Zu legteren wurde er beſonders
durch das Beilpiel feines älteften Bruders,
des (1878 verjtorbenen) Reichsratsabge⸗
ordneten Dr. Joahim 2. und durch bie
Werke von Gibbon und Sismondi
regt. Noch von Brody aus hatte er w
derholt Deutihland und Italien beſucht;
legteres um Forichungen über Boccaccio
anzuftellen, zu deſſen Biographie er bereits
1861 den Plan entworfen hatte,
Diefe Arbeit veranlaite ihn aud zu Studien
über die Novellen und deren En I, ala
deren Frucht: „Die Quellen des Defameron
Bon Wien aus, wohin er
1869 überfiedelte, ging er 1871 nad
wo er auf Grund dieſes Werkes das
der Philoſophie erwarb.
delle“, welches die Nachahmer und N gen
1875 erichien Kin
„Beiträge zur Geſchichte der — No⸗
Boceaceios in der Novelliſtik behandelt, und
fein „Giovanni Boccaccio, fein Leben und feine
Werte.” Eine italieniiche Überjegung Diefes Werkes
mit vielen Zufägen bat Hr. Camillo Antona Tras
verft zu liefern unternommen. Den Überga
von den rein literarifchen zu den hiftorifchen St
dien bildet feine "Staltenifche Literatur am öft
reihiichen Hofe‘ (1879), welde von Frau Aus
gufte von Stein:Rebechini ins Jtalieniiche über
Sandeämann.
fegt wurde (1880). Bei der Beihäftigung mit |
biefem Werfe überzeugte er fich, wie viel nod) |
für die Gefchichte Öſterreichs in der Zeit Kaifer
Leopold I. und feiner Söhne zu thun fei, und
beſchloß daher, einen Teil diefer Beriode in gründ:
licher Weiſe zu bearbeiten. Er begann 1880 die |
Wiener, Jowie die italieniihen Archive zu —
forſchen. Auf feinen, zu dieſem Zwecke nach Sta:
lien (1880 und 1882) unternommenen Reiſen
ſetzte er aber auch feine Studien über die italie—
niiche Literatur fort und konnte demnad) eine
ftarf vermehrte und verbeflerte Ausgabe der
„Quellen deö Detameron‘‘ (1884) erfcheinen laſſen.
Als erſtes Ergebnis jeiner Studien über öiter:
reichiſche Geihichte erihien 1885 ‚Rom, Wien,
Neapel während des ſpaniſchen Erbfolgefrieges.
Ein Beitrag zur Geſchichte des Kampfes zwiſchen
Rapfttum und Kaifertum.“ Tr iſt 2, mit der
Geſchichte Kaifer Karl VI. und feiner Regierung
beichäftigt, von welcher der erfte Band (enthaltend
Die Jugend und Erziehung Karls, eine Daritel:
fung der politiichen Verhältniſſe und Verband:
lungen, welche den ſpaniſchen Erbfolgefrieg ber:
beiführten, den Arien in Spanien und die Re
gierung Karls daſelbſt bis zu feiner Abreife im
Jahre 1711) 1888 drudfertig werden wird.
Landesmann, Heinrich Hieronymus
Lorm), geboren am 9. Auguft 1821 in
339
Nifolsburg, erhielt, feiner ſchwächlichen
Gefundheit wegen, eine häusliche Erzie:
hung, da der Arzt einen regelmäßigen
Schulbeſuch unterjagte. Leider wurden
feine Leiden nicht gehoben, jondern ber
Knabe erlebte den jchweren Schlag, fein
Gehör völlig und fein Geficht teilweife
zu verlieren. Wenn ihm hierdurch aud)
die meiften äußeren Zebensgenüfle verſagt
wurden, jo fand er doch reihlih Erſatz
in feiner jtillen Einfamfeit bei feinen
Büchern. Sehr jung nod), ergriff 2. felbft
die Feder. Belonders durch feine fritifchen
Arbeiten wurde der junge Autor fchnell
befannt, und vornehmlidh fein Werk:
Wiens poetiihe Schwingen und Federn (1846)
lenfte die allgemeine Aufmerkſamkeit auf L.,
aber aud) diejenige — weniger angenehme
— Metternichs, fo daß L. auf den Rat auf:
rihtiger Freunde Wien eiligit verließ und
fih nad) Berlin wandte. Erjt 1848 konnte
er ungehindert wieder in die alte Kaiſer—
ftadt zurückkehren. Im Jahre 1856 ver:
mählte er fi mit einem hochgebildeten,
gleichfalls poetifch angelegten Mädchen. |
Landsknecht.
Seit 1873 lebt L. mit feiner Familie in
Dresden als einer unferer begabteften,
fruchtbarſten und angefehenften Schrift:
fteller.
Hauptwerke: Am Kamin (Erz. 1857), Erzäh—
lungen eines Heimgefehrten (1858), Geflügelte
Stunden (1875—76), Der Naturgenuß (1876),
Novellen und Szenen (1878), Diogenes im Tin:
tenfaß (1878), Intimes Leben (1879), Späte
Vergeltung (Rom. 1879), Gedichte (4. Aufl. 1886),
Wanderers Ruhebank (1880), Der ehrliche Name
(Rom. 1880), Der Abend zu Haufe (1881), Außer
halb der Gejellihaft (Rom. 1881), Ein Kind des
Meeres (Rom. 1882), Bor dem Attentat (Rom.
1884), Natur und Geift im Verhältnis zu den
each Der fahrende Geſelle (Rom.
584).
Laudsknecht, d. alte, ſ. K. Schultes.
Zanditeiner, Karl, wurde am 30,
Augufi 1835 in Stoizendorf (Niederöfter:
reich) geboren, erhielt feine Erziehung in
Klojterneuburg, wohin der Vater -als
Stiftsbeamter verjeßt worden. Nachdem
feine Vorbildung in Wien und in Melt
vollendet war, trat er in das Piariſten—
follegium zu Krems ein, um fi dem
Lehrerberufe zu widmen. Er wirfte als:
dann zunächſt in Freiftadt, darauf in
Wien, wo er gleichzeitig philofophifche
Studien betrieb. 1860 empfing er bie
Priefterweihe und wurde 1864 Gymna⸗
fiallehrer in Krems, 1865 zum Profeſſor
ernannt. In gleicher Eigenichaft fam er
4 Jahre fpäter nad) Wien (Joſephſtädt.
Gymnafium). Dort wurde er Landes:
Ihulrat und 1885 dur das Vertrauen
feiner Mitbürger zum Gemeinderat er:
wählt. Von feinen vorzüglich beurteilten
felbftändigen literariſchen Echöpfungen
heben wir befonders hervor:
Bulsfhläge (Dicht. 1862, 2. Aufl. 1866),
Aus dem Leben eines Unbekannten (Rom., 3. A.
1864), Die Kinder des Lichts (Rom., 2. Aufl.
1865), Edmund Fröhlich (Rom., 3. Aufl. 1865),
Die Rofe von Jericho (1867), Die Kaiferftadt an
der Donau (4. Aufl. 1873), Die Landtagskandis
daten (Luſtſp. 1876), Erwin (Ep., 2. Aufl. 1876),
Ein gewöhnlicher Menſch (Luſtſp. 1876), Der
Bürgermeiſter von Wien (Dicht. 1883). Seit
1885 redigiert 2. den „Tierfreund“,
Lang, Hieronymus von, ift geboren
am 4. Juli 1827 zu Leutkirch als Sohn
22*
— —
Lang. =
des Olmüllers A. Lang daſelbſt. Er wid—
mete fi dem Studium der Rechtswiſſen⸗
haft auf der kgl. Univerfität zu Tübin-
gen, wurde, nahdem er in den Jahren
1849 und 1851 die beiden höheren Dienjt«
prüfungen im Departement der Jujtiz er:
jtanden hatte, 1853 zum Oberamts-Ge-
rihts-Aftuar in Neresheim ernannt und
im Sahre 1856, feinem Anfuchen ent:
Iprechend, auf die Gerichts-Aftuarsitelle
in Obringen verjegt. 1858 wurde er zum
Kollegial-Hülfsarbeiter bei dem Zivilfenat
des fol. Kreisgerichtshofs in Ellwangen
beftellt und 1862 zum Ober-Juftizaffellor
bei demfelben Zivilfenat ernannt. Im
Jahre 1868/69 wurde er zum Kreisge—
richtsrat bei dem neu errichteten kgl. Kreis»
gerichtshof zu Rottweil befördert, infolge
der neuen Juftiz-Organifation im Jahre
1879 zum Landgerichtsrat bei dem kgl.
Landgericht zu Rottweil ernannt und
wurde ihm 1883 die Stelle eines Land»
gerichtsdireftors zu Rottweil übertragen.
340
Lang.
Repetent in Tübingen (theol. Stift), nad:
dem er zuvor als Vikar in Ulm thätig
geweſen war; wurde 1873 Diafonus in
Leonberg, 1878 Paſtor in Maulbronn
und 1883 Pfarrer inLudmwigsburg. Neben
dem feljorgerlihen Beruf befdhäftigte 2.
fid) auch eifrig literarifch, mit befonderem
Erfolge auf dem Gebiete der Erzählung.
— Auf ſchwäbiſchem Boden (1881),
Ruſenſchloß (1882), Nonnenämtlein (1883), Med»
tildis von Hohenburg (1884), Der Bildhauer von
Kos (1884), Regiſwindis (1886), Bündner und
Schwaben (1886), Maulbronner Geſchichtenbuch
(1887).
Lang, Wilhelm, wurde am 16. Juli
1832 in Tuttlingen (Württemberg) ge:
boren, widmete jih urſprünglich dem Leh⸗
rerberuf, verlieh diefe Laufbahn jedoch
nad kurzem Wirken, um mit Glüd der
Sournalijtit ſich zuzuwenden. Zunädjit
in der Redaktion der „Augsburger Allgem.
Ztg.“ beichäftigt, trat er 1860 in die des
„Schwäbilhen Merkur” in Stuttgart,
der er noch jetzt angehört. Er machte
Derjelbe ift Verfaſſer folgender, vorzüg: | fihbefonders durch literarhiltoriihe Schrif⸗
lich beurteilter juriftiicher Werke:
Handbuch des im Königreid Württemberg Be
tenden Perſonen⸗, Familiens und Vormundſchafts⸗
rechts (1871), Supplement (1872, 2. Aufl. 1881),
Handbuch des im Königreich Württemberg gelten:
den Sadenrehts (1876 — 1880), Supplement
(1884). Ferner finden ſich im würt. Archiv für
Recht und Rechts-Verwaltung, in Boſchers Zeit:
ſchrift für freiwillige Gerichtsbarkeit und im würt.
Gerichtäblatt verſchiedene kleinere Auffäge über
juriftifche Fragen von demfelben. In Anerken⸗
nung dieſer literarifchen Thätigfeit wurde
er vonderjuriftiichen Fakultät der kgl. Uni-
verfität zu Tübingen im Jahre 1881 zum
Doctor juris utriusque honoris causa
ernannt.
Lang, Paul (D. Hellmuth), wurde
am 9. September 1846 in Wildenftein
(Württemberg) geboren, beſuchte die La:
teinſchulen zu Münfingen und Lauffen und
das theologiihe Seminar in Schönthal,
nach deſſen Abjolvierung er an der Uni—
verfität Tübingen Theologie und Philo:
ten über Dav. Fr. Strauß und Michel
Angelo als Dichter bekannt. Außerdem
| find feine trefflichen Transalpiniſchen Stubien
(1875) und die Peloponefiihen Wanderungen
(1878) hervorzuheben, ferner: Bon und aus
Schwaben (1885—87).
Lange, Ernſt Phil. Karl (Phil. Galen),
geboren am 21. Dezember 1813 in Pots⸗
dam, abfolvierte das dortige Gymnafium
und gab fi dann medizinischen Studien
bin, gemäß dem Wunjche feines Vaters,
eines jchrangejehenen und tüchtigen Arztes.
Aber daneben folgte 2. dem Zuge feines
eigenen Herzens und betrieb emfig philo-
ſophiſche und vor allem literariide Stu:
dien. Nachdem er 1839 zum Doktor pros
moviert worden, betrat er zunächſt die
Laufbahn eines Chirurgen, als folder an
ber Berliner Charite, ſpäter als Militär-
hirurg thätig. Im Jahre 1845 wurde
er zum Oberarzt am Potsdamer Kabdetten-
hauſe, 1847 zum Bataillonsarzt in Biele:
fophie jtudierte, um ſich dem geiftlichen | feld ernannt und 1857 in feine Vater:
Berufe zu widmen.
Er wirkte dann als | jtadt als Stabsarzt verjegt, als welder
Lange. —
er bis zum Jahre 1878 wirkte, da er
mit dem Charakter eines Oberſtabsarztes
in Penſion ging. Literariſch machte L.
ſich weiten Kreiſen zuerſt und vornehmlich
durch ſeinen berühmt gewordenen Roman
Der Irre von St. James bekannt, der ebenſo
wie ſeine ſpäteren Werke von beſonders
feinem pſychologiſchen Verſtändnis und
vollendeter Kunft des Aufbaues zeugt.
Hauptwerfe: (Romane) Der Anfellönig, Fritz
Stilling, Walther Lund, Andr. Burns und feine Fa:
milie, Baron Brandau und feine Junker, Emery
Glandon, DerStrandvogt v. Jasmund, Der Sohn
841
Langen.
demſelben Ort befleidet hatten, und wurde
darauf als Domprediger nad) Halberjtadt
berufen. Nachdem er feine Frau verloren
hatte, verband er ſich 1863 zum zweiten
Male mit Meta Gerlah zur glüdlichen
Ehe.
— ihm ſind zwei Liederſammlungen erſchie—
nen unter den Titeln: Unter den Sternen (1863)
und Am Bache (1872).
Langen, Heinrich, wurde geboren am
21. März 1839 zu Köln am Rhein. Er
genoß ſeine Vorbildung auf dem kath.
des Gartners, Die Inſulaner, Der Leuchtturm von | Öymnafium an Marzellen daſelbſt und
—* ——— * Es Dell > widmete fi) dem Studium der Theologie
rbe von Bettys Ruh, Jane die Züdin, Die h R
Tochter ded Diplomaten, Das Irrlicht von Ar: auf ber Univerfität zu Bonn. Nachdem
gentieres, Walram dorft, Der Löwe von Luzern, er nach Vollendung berjelben ein Jahr
Der Friedensengel, Jrene, Der Alte vom Berge, | das Priejterfeminar feiner Vaterftadt be-
Der Raftelbinder, Der Einfiebler vom — ſucht hatte, erhielt er 1862 die Prieſter—
Frei vom Joch, Die Perle von der Die, Der
Vechvogel, Fürſtendiener ꝛc.
Lange, Martin Hugo (Martin), iſt
geboren am11.November 1818 in Pforta, |
wo fein Vater Profeſſor und zulegt Ref:
tor war. Zunächſt befuchte der Knabe die
Klofterfchule Donndorf in der güldenen
Aue unter Rektor Krafft und Adjunft Glöck—⸗
ner, fchrte nad) 2 Jahren nach Pfortazurüd
und ward unter die Alumnen aufgenom:
men. Nachdem er feine jehs Echuljahre
durchlaufen und das Zeugnis der Reife
erhalten hatte, jtudierte er 1837—38 in
Leipzig, von 1838—40 in Berlin Die
Rechte. Sein erſtes Eramen madte er
1840 beim Berliner Kammergericht und
ging als Ausfultator nah Naumburg, wo:
bin jeine Mutter nad) dem Tode feines
Vaters übergefiedelt war. Hier beitand er
1842 feine Referendariatsprüfung und
verlobte ſich mit H. Sofie Richter, einer
Waiſe. 1845 entichloß er ſich noch Theo:
logie zu ftudieren. Er ging nad Halle
und hörte hier Tholiud, Müller, Hupfeld
und Dähne. 1848 beftand er feine erite,
in demjelben Jahre feine zweite theologische
Prüfung und verheiratete fi) 1849. In
Weißenfee bei Erfurt zum Diafonus ge:
wählt, waltete er 4 Jahre feines Amtes,
das jchon fein Groß: und Urgroßvater an
weihe und wurde in demjelben Jahre als
Religionslehrer an der höheren Bürger:
ichule zu Eupen angeftellt. In diefer Stel-
fung blieb derjelbe bis 1874, zu welcher
Zeit er als Direktor an das neu zu grün
dende Lehrer-Seminar zu Elten (Reg.:Bez.
Düffeldorf) berufen wurde. Nach Verlauf
von vier Jahren wurde 2. an das Se:
minar zu Büren i. Weſtf. verfegt und 1882
wieder in feine rheinifche Heimat, an das
Seminar zu Odenkirchen.
2, hat eine Reihe von Abhandlungen pädago—
giſchen und philoſophiſchen Inhaltes veröffent-
licht. Außerdem erſchien von demſelben 1885
ein Cyklus Gedichte „Der Heiland“ betitelt, in
welchem in 60 Liedern, in engem Anſchluß an
die Evangelien, ein Lebensbild des Heilandes ge—
geben wird,
Lanzky, Paul, geb. 8. Auguft 1852
in Weiſſagk bei Forft (N.-2.), genoß den
elementaren und erften lateinifchen Unter:
richt privatim, bejuchte 1864—70 die
Realſchule zu Guben und widmete fich
darauf dem Studium der romanifchen Li-
teratur und der Philoſophie an den Hoch—
Ihulen zu Züri, Pifa und Rom. Das
Zand, welches er feit 1873 mit zwei kurzen
Unterbredungen aus Gejundheitsrüd:
fihten dauernd bewohnt, veranlaßte ihn
zu eingehendem Studium der italienischen
‚Literatur, Gefhihte und Philoſophie,
L'Arronge.
deſſen Reſultate er namentlich 1876 bis
1882 anonym, pſeudonym oder mit Na—
mensunterſchrift in zahlreichen Artikeln
in deutſchen Zeitſchriften und 1879 —82
in der „Riviſta Europea“ und der „Gaz—
zetta della Domenica” veröffentlichte.
1882 mit den philofophiihen Schriften Frie—
drich Nieiches bekannt geworden, mit welchem
nicht genug gewürdigten Denfer er 1884—85 in
Nizza und im Herbit 1886 an der liguriſchen
Küſte verweilte, wandte er ſich faſt ausſchließlich
der Philoſophie zu, wo er ſich vom Pantheismus
Spinozas durch den Peſſimismus Schopenhauers
zu einem relativen Optimismus auf evolutio—
niſtiſcher Baſis hindurchgearbeitet hat, wie es aus
feiner letzten und reifſten Schrift: Abendröte, Pſycho⸗
logiſche Betrachtungen (1887) und in der vor⸗
züglich beurteilten peſſimiſtiſchen Novelle: Erlöſt
vom Leid (1887) erleuchtet. L. lebt ſeit 1879
dauernd in oder bei Florenz.
L'Arronge, Adolf, iſt am 8. März
1838 als der Sohn des Theaterdireftors |
Th. 2. in Hamburg geboren, widmete jid)
dem Studium der Muſik in Berlin und
Leipzig und wirkte als Operndirigent in
Danzig, Köln, Würzburg, Stuttgart 2c.,
zulegt am Krollihen Theater zu Berlin.
1866 verfaßte 2. fein erftes Bühnenftüd:
342
Laspeyres.
die Direktion desLTobe- Theaters in Breslau
übernommen, die er bis 1878 behielt. Im
Jahre 1881 übernahm er das Berliner
Friedrih-Wilhelmftädtiihe Theater, aus
dem heraus er (1883) das „Deutiche
Theater” ſchuf, das 2. noch heute leitet,
fortwährend auch literariſch nody weiter
jtrebend.
Laspeyres, Etienne. Ich bin als
der zweite Sohn des Profeſſors der Juris:
prudenz Adolph 2. geboren.am 28. No—
'vember 1834 zu Halle a. ©. Meine
Gymnaſialbildung empfing ic in Halle,
Erlangen und Lübed, jtubierte 1853 —59
in Tübingen, Berlin, Göttingen, Halle,
Heidelberg, promovierte in Halle 1857
als Dr. jur., in Heidelberg 1860 als
Dr. phil. und habilitierte mich 1860 in
Heidelberg für Nationalöfonomie. 1861
verbrachte ich in den Niederlanden, 1363
in Hamburg zu geſchichtlichen und ſtati—
ſtiſchen Studien. 1864 wurde id) ordent—
licher Profejlor in Baſel, 1866 in Riga
am Bolytechnitum, 1869 in Dorpat, 1973
in Karlsruhe am Polytechnikum, 1874 in
Gießen. Meine Xorlefungen umfaſſen
Das große Loos (Poffe), das mit großem Er: | die ganze Nationalöfonomie mit befonderer
folg aufgeführt wurde, und dem jehr bald Berückſichtigung der Statijtit. Meine Ab-
die ebenfo gut aufgenommenen Stüde folg: | handlungen bejonders über Geſchichte und
ten: Die Sphinx (1867), SchweiterMaria(1807), Statiftit der Preife, Steuerübermälzung,
Der Neuigkeitsjäger (1869), Die Herren Tertia: | Standort der Produktion finden fih in
ner (1870), Gebrüder Bod (1870), Die Spigen:
fönigin (1871), Mäffer (1572). Den größten
Erfolg errang L. in jener Zeit mit dem,
gemeinichaftlich mit ©. v. Moſer verfaßten
Zuftipiel: Papa hat's erlaubt (1872), Das
über alle Bühnen ging und noch heute,
bejonders an Dilettantenbühnen, vielfach
aufgeführt wird. Daijelbe gilt aud) für
die (gleichfalls mit Mofer ' verfaßten)
Poſſen: Der Regiſtrator auf Reiſen (1872), Va—
ter Gorilla (1872); dann (1873) dichtete L.
fein Volksſtück Mein Leopold und erklomm
damit die höchſte Staffel feiner Ruhmes—
leiter: Hafemann’s Töchter (1877), Doktor Klaus
(1878), Wohlthätige Frauen (1879), Der Kom:
pagnon (1880), Die Sorglojen (1882), Das Heim:
chen (1883), Der Weg zum Herzen (1884), Die
Loreley (1885). Inzwiſchen hatte L. 1874
der Zeitfchrift für Staatswiſſenſchaft, in
den Hildebrand’ihen Jahrbüchern, im
Fauchers Vierteljahrsichrift für Bolte-
wirtichaft, im deutichen Handelsblatt, dem
Berliner ftat. Jahrbuch, in dem Jahres:
heftswerfe zu Meyers Konverfationslerifon
und in der öſterr. ſtatiſtiſchen Monats—
ſchrift. Selbſtändig erjchienen von grö—
ßeren Sachen: Zur Geſchichte der volfswirt-
ſchaftlichen Anſchauungen der Niederlande zur Zeit
der Republif (1863), Der Einfluß der Wohnung
auf die Sittlichfeit (1869). Seit zirka 8 Jah⸗
ren arbeite ih an den Wirkungen ber
preußifchen Mahl⸗ und Schladhtitener und
den Wirkungen ihrer Aufhebung.
Laffon, Adolf (2. Adolf), geboren
12. März 1832 zu Strelig in Medien
Laßwitz.
343
Lauſer.
burg, beſuchte ſeit 1342 das Gymnaſium in Breslau, dann als wiſſenſchaftlicher
in Neuſtrelitz, bezog 1848 die Univerſität Hilfslehrer am kgl. Gymnaſium zu Ra—
in Berlin und abſolvierte daſelbſt die Brüs tibor.
Von dort wurde er Oftern 1876
fung. für. das höhere Schulamt 1858. | an das Herzogl. Gymnaſium Erneftinum
Ceit 1859. wirft er als Lehrer an dem | zu Gotha berufen, wo er als Gymnafial-
Luifenftädtiichen Realgumnafium, jeit1877
auch als Dozent an der Univerfität.
Seine erjten literariihen Arbeiten erſchienen
in Herrigd Archiv von 1859 an, fpäter bat er
fih als Kritiker in verichiedenen politifchen und
Fach⸗ Zeitſchriften bethätigt. Größere Urbeiten
von ihm find die Schulicriften: Baco v. Veru—
lams wijienihaftlihe Prinzipien (1861), Das
Aulturideal und der Krieg (1868), Umriſſe zur
Lehre von der Schule (1871); in Buchform: 9.
G. Fichte im Verhältnis zu Kirche und Staut
(1863). Meiiter Edhart, der Myſtiker (1868), |
und Zukunft des Völkerrehts (1871),
Segenitand und Behandlungsart der Religions:
philoſophie (1880), Syſtem der Nechtsphilofopbie
da , Urmenmweien und Armenreht (1887).
Der geiſtlichen Lyrik gehört an: Herzensſtille
(1808) Endlich: ift zu erwähnen: Giordano
Bruno von der Urſache :c., überjett und erläu:
tert (1872). 2. ift als Philoſoph ein Ausläufer
der Hegelihen Schule; außerhalb engerer Fach—
kreile find feine größeren Arbeiten bis jet noch
weniger befannt geworden, dort jedoch günitig
ur Eine große Zahl von Abhandlungen
von
Philoſ. Geſellſchaft zu Berlin‘, fowie in den von
herausgegebenen „Philoſophiſchen Vor:
trägen’‘, außerdem in den „Breub. Jahrb.”, in
den „Mhilofoph. Monatöheften” und in anderen
geitfhriften.
Lafwis, Kurd, wurde am 20, April‘
1848 zu Breslau geboren. Seine Schul-
erhielt er auf dem Gymnaſium
zu St. Eliiabeth dajelbit und jtudierte
alsdann auf den Univerfitäten zu Bres—
und Berlin Mathematif und Phyſik.
williger an dem Kriege gegen Frankreich
1, vollendete jodann feine Studien in
au und promovierte dort mit der
| ertation „Über Tropfen an
ten Körpern, welche der Schwerkraft
tworfen find“ zum Doktor der Phi-
hie (1873). Im folgenden Jahre
olvierte. er die Staatsprüfu
ltate docendi in Mathematik,
ographie und Philofophie und leijtete
Vrobelahr ab, zuerit am Johanneum
O/T1 nahm er als Einjährig-zreis
lehrer, ſeit 1884 als Profefjor wirft.
Bon phyſikaliſchen Unterfuhungen zu erkennt:
niötheoretiichen und hiſtoriſchen Studien geführt,
wandte er feine wiſſenſchaftliche Arbeit ſeit 1875
ausichliehlich der Philoſophie, und zwar ſpeziell
dem Grenzgebiet derielben mit den Ratunwiften,
Ihaften zu. Mit einem größeren Werte über
‚ die Geſchichte der Corpuskularphyſik feit längerer
' Zeit beichäftigt, veröffentlichte er eine Reihe von
Abhandlungen zur Geſchichte der Atomiſtik in
der „Vierteljabrsichrift für wiſſenſchaftliche Phi—
fojophie". Sein Bud „Atomiftif und Kriticis—
mus (1878) beabjichtiat, die Lehre der ſog.
finetiihen Atomiftif vom Standpunkte des Kri—
ticismus Kant's aus zu begründen. Außer den
wiſſenſchaftlichen Arbeiten jchrieb er vielfach po-
pularwiſſenſchaftliche Abhandlungen als Feuille—
findet fih in den „Verhandlungen der
tond und in Zeitichriften, insbeſondere in den
legten Jahren eine Reihe biograpbiich-fulturge:
ſchichtlicher Artikel für die „Nation“ unter dem
Titel „Philoſophiſche Charakterköpfe“. Als Buch
erſchien die Volksſchrift „Natur und Menſch“
(1878) und „Die Lehre Kant's von der Ideali—
tät des Raumes und der Zeit allgemeinverſtänd—
lich dargeſtellt“ (1883), welche mit dem Gilles»
ihen Breije für die beite Popularifierung ber
Kantiſchen Philofopbie gefrönt wurde. Daneben
entiwicelte er eine ziemlich umfangreiche Thätig-
keit als Recenſent wiſſenſchaftlicher Werte für
rh
. 1879), Sowie Apoifis (1882)
Außerdem
Lanfer, Wilhelm, wurde am 15. Juni
1836 zu — geboren, * ſich nach
Abſolvierung des vaterſtädtiſchen Gym»
naſiums, des niedern Seminars in Urach,
des theol. Stiftes in Tübingen und nach
langjährigen Reiſen in Frankreich, Spa:
nien, Stalien und dem Oriente dem Stus
dium der Kımftgefhichte hin und widmete
fich der Journaliftif. Als deren Jünger
hat 2. ſich beionders auf dem Gebiete
Lazarus,
der auswärtigen Rolitif, des Feuilletons
und der Kunſtkritik einen ausgezeichneten
Auf erworben. Er giebt feit Jahren die
„Algemeine Kunftchronif”, eine der vor:
nehmſten Wiener Revuen, heraus und fun-
ei außerdem als Redakteur des „Neuen
iener Tageblattes“. Auch als felbft-
ſchaffender Schriftiteller ift 2. mit großem
Erfolg an die Offentlichkeit getreten, beſon⸗
ders find feine, Spanien behandelnden hifto-
344
Seclair,
Über die Ideen in der Gefchichte (1865), Über
den Ursprung der Sitten (2. Aufl. 1867). Zur
Lehre von den Sinnungstäufhungen (1867), Ein
| piobolngtiiher Blick in unfere Zeit (2. Aufl.
1872), Was heißt national? (2. Aufl. 1880),
Schiller und die Schillerftiftung (1884), Jdeale
Tragen (3. Aufl. 1885).
Leelair, Anton Edler von, geboren
1848 in Verona, brachte feine Knaben—
jahre ebendafelbit, dann in Venedig und
Mailand zu, beſuchte das Gymnafium in
riihen Schriften hervorzuheben. Haupt: | Prag und Graz und bezog 1866 die Unis
werfe: Die Matinses Royales und Friedrich verfität in Graz, an der er durch 3 Jahre
der Große (1865), Aus Spaniens Gegenwart philolog., hiftor. und philof. Kollegien
(1872), Geſchichte Spaniens von dem Sturze Iſa- frequentierte. Dieje Studien fanden 1872
bellas bis zur Thronbefteigung Alfonſos (1877),
Unter der Pariſer Kommune (1878), Bon der Mar
ladetta bis Malaga (1881), Florentiner Plaudes
reien (1884), Die Kunſt in Öfterreich-Iingarn
(1884—85), Ein Herbftausflug nad) Siebenbürgen |
(1886). |
Lazarus, Moriz, wurde am 15. Sep-
tember 1824 in Filehne (Pofen) geboren,
widmete fih dem Kaufmannsftande, be:
trieb jedoch daneben eifrig hebräiſche und
philofophifche Studien. Bald entiagte er
dem geichäftlichen Beruf, abfolvierte nad}
träglich das Gymnafium in Braunschweig
und bezog 1846 die Univerfität Berlin,
um Philoſophie, Rechtswiſſenſchaft und
Geſchichte zu ftubieren. Nach Beendigung
des Studiums begann er die Vorarbeiten
für fein berühmt gewordenes bedeutendſtes
Merk: Das Leben der Seele in Monographien |
(3. Aufl. 1885). Daſſelbe verjchaffte dem
Verfaſſer allfeitige hohe Anerkennung unb
den Ruf als Profefior der Pinchologie
an die Univerfität Bern, die ihn 1862
zum ord. Profeflor ernannte. Sechs Jahre
wirfte 2. daſelbſt mit Erfolg, dann fehrte
er nad Berlin zurüd, lehrte hier an der
Kriegsafademie und wurde 1872 als ord.
Honorar: PBrofeflor an die Univerfität da—
jelbit berufen. Seit 1859 giebt. die „Zeit:
ihr. für Völferpfochologie u. Sprachwiſſen⸗
ſchaft“ heraus. L. zählt den hervorra=
aenditen Philofophen der Jetztzeit bei.
Von feinen hochbedeutenden Werfen he—
ben wir außer dem genannten noch bes
fonders hervor:
ihren Abichluß in der Gymnaſiallehramts⸗
Prüfung für klaſſ. Philologie. Nachdem
2. einige Zeit als Hofmeifter in adeligen
Häufern zugebraht und aud den Ein:
jährig-Freimwilligendienit abgeleiftet hatte,
trat er 1872 als Supplent an dem Gym:
nafium in Marburg a./Dr. ins öffentl.
Lehramt und erhielt noch im felben Jahre
eine Lehrftelle in Bozen; von hier fam
er 1874 an ein neuorganifiertes Gym:
nafium in Prag und wirkte bajelbit bis
1883, in welchem Jahre er die Direftor:
ftelle an dem Staats-Obergymnafium in
Mies (Böhmen) erhielt, die er gegen:
wärtig noch inne bat.
Schon an der Hochſchule beichäftigte ſich 2.
neben feinen Berufsftudien angelegentlich mit na»
turmwifjenichaftl. Materien; daran ſchloß fich Seit
1874 infolge perfönliher Anregungen, die von
dem Univerj.:Prof. Aloid Riehl ausgingen, ein
intenfives Studium im Bereiche der pbilojopb.
Disciplinen und auf den Grenggebieten zw.
Philoſophie und Naturwifienichaft hiſtoriſch an
Kant’3 erfenntnistritiihe Ergebnifle anfnüpfend,
madte 2, feit 1876 die Probleme der Erfennt«
nistbeorie, deren Bedeutung gegenwärtig immer
mehr und mehr zur Geltung gelangt, zum Haupt:
objefte feines Nachdentens ; daß Pſychologie, Logik,
Geſch. d. Philoſophie und die philof. Literatur
der Gegenwart überhaupt eingehend berüdfichtigt
werden mußten, ift jelbitverftändfih. 2. nimmt
in den Fragen der Erkenntnistheorie einen Stand»
punft ein, der die allernädite Verwandtſchaft
aufmweift mit den ontologiichen Überzeugungen von
Wilh. Schuppe, Ernit Laas, Joh. Rehmke, Ric.
v. Schubert-Soldern und Ernſt Mach. Dielen
‚feinen Standpuntt bat 2. in folgenden Bublifa-
tionen dargelegt: Der Realismus der modernen
Naturwiſſenſchaft im Lichte der von Berkeley und
Ledderhofe.
Kant angebahnten Erfenntniäfritif (1879), Bei:
träge au einer moniftifchen Erfenntnistheorie (1882),
Krit. Idealismus u. Poſitivismus (Vierteljahrſchr.
f. wiſſ. Philoſ. V. Ig.). Das Ffategoriale Ge:
präge ded Denkens in feinem Einflujje auf die
Probleme der Philofophie, insbeſ. der Erkennt:
nistheorie (ebenda VII. 3g.). Außerdem hat 2.
in der gen. Bierteljahrichr. und in den Göttinger
Gelehrten Anzeigen ausführliche Recenfionen phi⸗
loſophiſcher Schriften veröffentlicht.
Seit 1877 ift 2. mit einer Tochter
bes öfterr. Generals Franz Plieg ver:
mählt.
Ledderhofe, Karl Friedrich, ift den
31. Oftober 1806 in Mannheim geboren,
ftammt aber väterlicher Seits aus Kaſſel.
Erjt mit feinem 13. Lebensjahre 1819
trat er in das Lyceum von Mannheim,
und fonnte ſchon 1826 die Univerfität
in Heidelberg beziehen. Er widmete ſich
bier der Theologie und Philologie. Ber
rühmte Namen, wie Daub, Paulus, Um:
breit und Ullmann, ſowie Ereuzer, Bähr
und Schloſſer waren feine Lehrer. Da
die Vorlefungen des rationaliftifhen Pro⸗
fellors Paulus feinem Gemüte auf die
Länge nicht entiprachen, wandte er fid
der pofitiven Seite zu. Nachdem er 1829
fein Eramen als Theologe beitanden hatte,
trat er als Hauslehrer in eine englifche
Familie und nad) anderthalb Jahren als
folder in ein deutiches Haus in Trieſt.
Hier fand er durch Berührung mit dem
befannten Phnfiologen Rudolf Wagner
und einem Basler Freunde das „eine
Notwendige”. Weil er das Klima nicht
ertragen fonnte, zog er ſich in feine Hei-
mat zurüd, um in dem Sirchendienfte
verwendet zu werden. No im Herbite
1833 trat er als Vikar in den Dienit
des Pfarrers Henhöfer von Spöd bei
Karlsruhe, der befanntlih aus der rö-
mifch-fatholifchen Kirche ausgetreten, mit
ungewöhnliher Kraft und geiltreicher
Volfstümlichfeit vor zahlreichen Menſchen
das reine, lautere Evangelium verfün-
dDigte. Der junge Vikar trat gerade in
den Kreis der fieben Geiftlichen, welche
wider den einzuführenden rationaliftifchen
Katehismus den Kampf begannen.
345
Ledderhoſe.
In Spöck war es, wo L. 1835 fein erſtes
Buch: Das Leben Dr. Martin Luthers heraus:
gab. Das Buch wurde ins frangöfiiche überfegt
und erlebte 1883 drei verm. Auflagen. Bon
den zwölf Bänden gefammelte Biographien L.'s
heben wir unter anderen hervor: Philipp Me:
lanchthon (ins englifche und franzöſiſche überfegt),
Der alte Bergprebiger Johann Mathefius von
Joachimsthal, Friedrich Myconius, Der Lieder:
fänger Johann Heermann. Das Leben des würt:
tembergiſchen Driginalpädagogen Johann Fried:
rich Flattich intereifierte bejonders die pädago-
giſche Welt und erfchien bis jett in 5 Auflagen;
Forftmann, Herberger, Schöner und Hedinger.
Zum Beften der chineſiſchen Milfion erfchien das
Leben des berühmten Predigerd Jänide an der
Bethlehems⸗Kirche in Berlin. Die Lebenäbilder
der ogin Henriette von Württemberg, der
beiden Patrioten Johann Jakob Mofer und jeis
ned Sohnes, des Minijterd Friedrich Karl von
Mofer erfchienen von ihm. Mit der Biographie
deö großen Aurfürften Friedrih Wilhelm von
Brandenburg betrat der Verfaſſer das hiftoriiche
Gebiet. Dahin gehört aud die Geſchichte des
fiebenjährigen Krieges, der in vielen taufenden
Eremplaren verbreitet ift, und jo wie fein Wil:
beim von Dranien, oder der Abfall der Nieder:
lande bei dem chriftlichen Verein im nördlichen
Deutichland erſchien. Einige feiner Bücher, wie
das Leben des Jänide und des Bilhof3 Gott:
lieb Spangenberg find ins holländiſche überjegt.
Obwohl der Verfaſſer den Frieden liebt und
vieles in der Erbauungsliteratur geichrieben hat,
fo bat er doch das geiftliche Schwert ergriffen
in feiner Brofhüre: Wahrheit od. Lüge wider
die Schrift des Alban Stolz mit dem Titel:
Diamant od. Glas. Auch das Gebiet der evans
gelifhen Heidenmilfion ift in feinen Schriften
über die Hottentotten, Bufchneger und Arawakken
von ihm bereichert worden. Der Volksbote aus
Baden, ein Kalender, wurde von ihm in den
erften 21 Jahrgängen allein gnefchrieben und noch
immer arbeitet er für denjelben. Das Ziel feiner
amtlihen und literariſchen Thätigfeit war, das
ihm am Herzen liegende Volk zu dem bewährten
Grunde der evang. Kirche zu führen und darin
zu ftärfen,
Im Jahre 1836 wurde 2. als Pfarr:
verwefer nah St. Georgen auf dem
Schwarzwald berufen und im Jahre 1838
diefe große Pfarrei ihm definitiv über:
tragen. Fünfzehn Jahre hielt er unter
vielem Segen dort aus. Die Pfarrei
Brombadh in dem von Hebel befungenen
MWiefenthale war im Jahre 1851 die
zweite Pfarrei, die er zu veriehen hatte.
dier trat er als Präſident eines Komites
Lederer. —
mit der jetzt ſo ausgedehnten Pilgermiſſion
auf St. Chriſchona bei Baſel in Ber:
bindung. Nur 8 Jahre konnte er in,
Brombach bleiben, indem er jeine legten
Kräfte feinem Heimatlande, der Pfalz,
Ichenfen wollte. 1859 trat er jeine Pfar:
rei Nedarau an und verwaltete zugleich
dritthalb Jahre das Dekanat Ober-Hei—
delberg. Auch hier wurde ihm eine Prä-
fidentichaft aufgetragen über „Die Netz
tungsanitalt armer Kinder „Pilgerhaus“
bei Weinheim, ſowie er jich auch bei dem
chriſtlichen Vereinshaus in Mannheim be:
teiligt hat. Im Jahre 1879 feierte er
ſein fünfzigjähriges Amtsjubiläum, und
als er 25 Jahre in feiner Gemeinde
Nedarau war, wurde auch diejer Tag
feitlih begangen. Im Frühjahr 1983
erfreute ihn fein Großherzog mit dem
Nitterfreuz des Zähringer Löwenordens
erſter Klaſſe. 2. arbeitet noch immer li—
terariich troß feines hohen Alters.
Lederer, Siegfried, wurde am 30.
uni 1861 zu Prag geboren. Sein am
1. September 1856 verjtorbener Water
war Lehrer und wandte dem Unterrichte
des begabten Knaben außerordentliche
Sorgfalt zu, während die Mutter in bes
jonders günjtiger Weiſe auf ihres Kindes
Herz und Gemüt einwirkte. 2. beſuchte
die beiden Prager Gymnafien und bezog |
1879, unterjtügt durch ein Franz-Jo⸗—
ſeph-Eliſabeth-Goldſtipendium, die Unis |
verfität dajelbit, wo er unter Beterfen, |
Hilberg, Stumpf, Marty, Vielmetti,
Holzamer u. a. die alt:flaffiihen und drei,
moderne Spraden, fowie Philojophie |
jtudierte. Nun wurde er Mitarbeiter verfchie:
dener belletriftiichen Zeitichriften und Tageshlätter. |
Damals entitand aud fein erſtes Buch: Aus |
fonnigen Landen (Novellen nach italienischen und
a ir Originalen), eine Bearbeitung von
Ferraris Giovine ufficiale, die unter dem Titel |
„Das Geheimnis des Herrn Marcheſe“ am Berliner
Refidenztheater aufgeführt wurde, ferner eine
freie Bearbeitung von Salvatore Farinas Ers
zählung Il Signor Jo. 1884 unterzog ih
2. der Lehramtsprüfung für klaſſiſche
Philologie am Obergymnaftum, dann dem |
346
Jahren als Schüler verlaijen hatte.
und gefiel jehr gut.
Lehmann.
philologiſchen und philoſophiſchen Rigo—
roſum. 1884 kehrte er als Lehrer an
dieſelbe Anſtalt zurück, die er vor fünf
< I Mit
dem Ober-Regiſſeur des Prager deutihen Landes:
theaters, Karl Skraup, bearbeitete er nun Dus
manoirö „Les femmes terribles“ ; dieſes Quits
ipiel wurde unter dem Titel „Unter uns” im
Berliner Wallnertheater zum eritenmal aufgeführt
Faſt gleichzeitig erſchien
eine Sammlung von Caſtelnuovos ausgewählten
Novellen, von L. eingeleitet und frei bearbeitet.
Mittlerweile war er zu der Familie des Prof.
Dr. Otto Keller in freundichaftliche Berührung
getreten; ein glüdlicer Zufall lieh ihn in dem
Haufe deffelben eine neue Handichrift von Arrians
Anabaſis entdeden. Der Bericht über Dielen
von der Kritif freudig begrüßten Fund wurde in
einem Sculprogramme veröffentlidt. 1886
unternahm X. einen Ausflug nad Wien,
der ihm von großer Bedeutung wurde,
da ihm von mahgebender Seite die UÜber—
jiedelung nah Wien ermöglicht wurde.
Seit 1887 wirft 2%. am Staatsgumna-
ſium daſelbſt als Profeſſor der klaſſiſchen
Philologie, ſeine Muße ſchriftſtelleriſchen
Arbeiten widmend.
Lehmann, Bernhard, geboren zu
Danzig 24. März 1851, beſuchte die
Gymnaſien zu Danzig und Eulm a. W.;
jtudierte in München, Königsberg, Inns—
brud und Dlünjter vorzugsmweije Geſchichte,
Geographie und Nationalökonomie; pro:
movierte zu Innsbrud mit der Diiier:
tation „Die Schrift des Wido von Fer:
vara, Über das Schisma des Hildebrand,
im Zufammenhange des Gregorianijchen
Kirchenftreites”, welche 1878 erichien;
lehrte 1879—86 als Gymnaſiallehrer
an den Gymnafien zu Neuftadt, Deutſch⸗
Krone, Culm und Röſſel und jchrieb in
diejer Zeit noch: Nepetitorium der alten Ge
ſchichte und Das Volt der Sueben von Cälar
bis Tacitus. Ein Beitrag zur Ethnographie
der germanischen Vorzeit. Zugleich be:
ihäftigte er fi praftiih auf fozialpoli-
tiſchem Gebiet und gründete und leitete
als Sekretär den „Weſt- und ojtpreußi-
ihen Bauern:Verein“, für welden er
auch ein Blatt, den „Weit: und Oſtpreu—
—
Lehmann.
ßiſchen Bauer“ redigierte und bis 1886
faſt allein ſchrieb. Dieſe Thätigkeit brachte
ihn indeſſen mit ſeinen vorgeſetzten Be—
hörden in ſo viele Mißhelligkeiten, un—
tergruben durch Aufregung und Anſtren—
gung feine Gejundheit, daß er fein Amt
niederlegte und in feiner Heimatitadt eine
Buchhandlung begründete, welche er jeit
1886 leitet.
Lehmann, Sojef, geboren am 19.
November 1838 in Deutſch-Kahn in Böh—
men, jtudierte in Leitmerig und Prag,
war an mehreren Realichulen in Böhmen
lehrthätig, wirkte dann an den Lehrer:
leminarien in St. Pölten, Krems und
Graz, in welch letterer Stadt er zugleich
als Schulinipeftor das fommunale Schul-
weſen leitete, und fungiert nun als Pro—
fefior am Lehrerinnenieminar in Wien.
Bon feinen verdienten Werfen heben wir ber: |
vor: Deutihe Schulgrammatif für Yehrerbil:
dungsanitalten (5. Aufl.), Zeitfaden für den Uns |
terriht in der deutichen Grammatif (5. Auft.),
Alphabetiiches Wörter:Verzeichnis, Sprach: und
Auflagbuch für öfterreich. Bürgerichulen, Sprad:
bud) für öfterreihiiche Volksſchulen (in zwei Aus:
gaben).
Lehmann-Filhes, Bertha (2. Ber-
thold, B. Files). Ich bin am 20. Fe
bruar 1819 in Berlin geboren.
den Verkauf feines Rittergutes in Schle-
ſien (Kammerswaldau) in einen Prozeß
verwickelt, der ihn tief verſtimmte und
ſeine Vermögensverhältniſſe bedeutend ges
ſchädigt hatte. Zum Glück für ihn und
uns Kinder verband meine Mutter mit
einem ſtets fröhlichen Sinn hohe Selbſt—
verleugnung, unermüdlichen Fleiß und
itrenge Sparſamkeit, wodurch fie nicht nur
ihren Haushalt auf anitändige Weiſe er:
hielt, fondern aud) des Vaters Diut immer |
aufs Neue belebte und uns durch ihr Bei⸗
Ipiel zur Einfachheit und Genügſamkeit
erzog. Da mein Vater eine gediegene
Bildung befaß und durch feine Berufs-
thätigfeit gebunden war, übernahm er e8,
uns Kinder ſelbſt zu unterrichten, eine
Pflicht, der er fich mit der größten Ges
347
Mein
Bater war ſchon vor meiner Geburt durch
Leidesdorf.
wiſſenhaftigkeit unterzog. Später über—
gab er das Lehramt für einige Zeit einem
Onkel von mir, dem vor einigen Jahren
in Königsberg geſtorbenen Philoſophen
Profeſſor Karl Roſenkranz.
Die erſte Anregung zur ſchriftſtelleriſchen Thätig—
keit erhielt ich durch die mir innig befreundete
E. Ebeling, und zwar als ich bereits verheiratet
war. Mein Gatte, der mir leider zu früh durch
den Tod entriſſen wurde, gehörte dem Gelehrten:
itande an. Er war Bhilologe, ein äußerſt geiſt—
reiher Mann und dabei jo großdenkend, dal es
ihm nie einfiel, auf meine liter. Beftrebungen
bohmütig herab zu ſehen, wie es Gelehrte häufig
zu thun pflegen. Das Schriftitellern mußte übris
gens bald wieder ruhen. Wirtichaft, Mann und
Kinder nahmen meine Thätigfeit Jahre lang aus:
ſchließlich für jich in Anipruch. Aber wenn meine
Kinder mir die Feder aus der Hand genommen, jo
Ipielten fie mir diefelbe auch wieder in die Finger.
Von dem Wuniche getrieben, das fejtjuhalten,
was ich im unausgeſetzten Verkehr mit ihnen er:
lauſchte, ſchrieb ich ihre naiven Fragen, ihre ori:
ginellen Spiele — alles was mid fo innig er:
freute und beglüdte, auf. Ich legte die Meinen
Erzählungen einem Verlagsbuchhändler vor und
zu meiner freudigen Überraihung erklärte dieſer
jich fogleich bereit, die Sammlung unter dem
Titel „Kinderwelt” mit Nllujtrationen von Theo—
dor Hofemann zu veröffentlichen. Ich ſchrieb
nun zunächſt noch ein Feines Buch: Liebesgruß,
das auf ähnliche Weile entitand wie „Kinder:
welt“, und dann gleich darauf für die erwach—
ſene Jugend ein größeres Buch: Erinnerungen.
Leider gerieth Letzteres durch ein Verfehen in die
Kategorie der Kinderbücher, was ihm jedenfalls
Schaden brachte. Darauf folgten meine größeren
Bücher: Die petite mere, Elijabeth, Der Wäch—
ter auf der Joſephshöhe. Ein Roman: Schloß
Iſenſtein, iſt erit in neuerer Zeit erichienen.
Zwiſchendurch hatte ich mich auch in das dram.
Gebiet gewagt. Es glüdte mir mit cinigen
Stüden recht gut; mehrere gelangten zur Auf:
führung. Vor Allen gefiel das Heine Luſtſpiel:
Er hat etwas vergeſſen. Es it fait über alle
Bühnen Deutichlands gegangen. Mehrere Heine
Quftipiele, wie 3. B.: Bergluft, Ein Braut:
Eramen, Profeſſors Herzensitudien, Auf der
Flucht, Bier Herzen und ein Schlag, Auf dem
Gipfel des Glüds, Eine Landpartie, Blumen:
ſprache zc. folgten. Kindermärhen wie: Dorn:
röshen, Die Lindenfee hatten E. Ebeling und
ich ſchon früher dramatifiert und herausgegeben,
ebenſo ein Auftipiel: Zu jung, zuſammen ge
\fchrieben, welches an mancher Bühne Deutich:
lands gute Aufnahme fand.
Leidesdorf, Mar, am 27. Juni
1818 in Wien geboren, hat dajelbit jeine
Leiningen-Wefterburg.
Studien gemadht und das Doktordiplom
erworben. Er verlegte fich vorzugsmeife
auf das Studium der PBiydiatrie.
befuchte die Irren-Anſtalten in Stalien,
Deutichland, England und Frankreich und
habilitierte fih 1856 als Dozent für pfy:
chiſche Krankheiten. Hielt von da an Vor:
lejungen, welche ſehr bejucht waren, meil
er diefe Krankheiten in engem Anſchluſſe
an die übrigen ſomatiſchen Erkrankungen
abhandelte und fie als Gehirnfrankheiten
darftellte.
Im Jahre 1860 veröffentlichte 2. ein Kom:
pendium der Pſychiatrie für Ärzte und Studie:
rende. Fünf Jahre jpäter ein Lehrbuch der pin:
chiſchen Krankheiten, in welchem die bahnbrechenden
Gehirnanatomiſchen Studien Meynerts Aufnahme
fanden und zum beredten Ausdrude der An—
Ihauung L.'s über Geiftesftörungen wurden, in«
dem er von der genauen Kenntnis des Gehirns
eine gründlichere der pſychiſchen Krankheiten er:
hoffte. Das Lehrbuch wurde auch ins Ztalienifche
übertragen mit vielen Zufägen und einer Vor:
rede von Schiff. Im Jahre 1866 wurde
L. zum außerordentlihen Profeſſor feines
Faces ernannt. 1870 entitand durch
feine fortgefegten Bemühungen für den
kliniſchen pſychiatriſchen Unterricht die
erite derartige Klinik in Ofterreih. 1872
wurde 2. zum Primarzte der Irrenab—
teilung im Allgem. Stranfenhaufe; 1875
zum Vorjtande der pſychiatriſchen Klinik
in der Wiener Landesirrenanſtalt ernannt.
Seine Vorleſungen erfreuen fi einer
roßen Beliebtheit. Viele Publikationen
ind aus feiner Feder erichienen, von de:
nen jeine pſychiatriſchen Studien und
feine Arbeiten über Epilepfie bejonders
hervorzuheben find. Im Jahre 1886
wurde 2. zum Oberften Sanitätsrat er:
nannt.
Zeiningen - Wefterburg, Karl
Emich Graf zu, geboren am 5. Septbr.
1856 zu Bamberg, abjolvierte 1874 das
Max-Gymnaſium zu Münden, trat 1874
beim fönigl. preuß. 2. Heil. Hular.:Reg.
Nr. 14 ein, bei dem er, 1884 zum Pre:
mierleutnant ernannt, nod) ſteht. 1880
bis 1883 fungierte er als perlönlicher
Adjutant des Erbgroßherzogs von Sadjen.
348
Er
Leiftner.
Er giebt fi in feiner dienftfreien Zeit
dem Studium ber Ergänzung feiner Far
miliengefchichte, der Heraldik und Sphra⸗
giſtik, auch der Numismatif hin, deflen
Ergebniffe in Zeitichriften veröffentlicht
wurden.
Hervorzuheben: Geſchichte und Beichreibung
der Burg NeusZeiningen, Friedrich J. Graf von
Leiningen, der Minnefänger und fein Lich, Speyrer
Bilhofschronif, Längsrillen, Die Kampfichilde in
der St. Elifabethenfirhe zu Marburg, Mann»
heimer Siegellammlung, Ein toison d’or Ma:
nuifript zu Caſſel, Kedinghovens Wappenbucd zu
Münden, Eine alte Steinffulptur zu Dürk—
heim a./d., Die Satungen der Krämerinnung zu
Grünſtadt, Hiſtoriſche Blätter aus dem alten
Leininger Lande.
Leiſtner, Carl von, wurde am 12.
März 1837 als Sohn eines königl. Ad:
vofaten zu Erlangen im bairifchen Kreiſe
Mittelfranken geboren, bejuchte zuerſt das
Gymnaſium feiner Vaterftadt, abjolvierte
dann zu Münden und vollendete die jus
riftifchen und philofophifhen Studien an
‚der Erlanger Univerfität. Da feinen Va:
‚ter am nämlichen Tage, an welchem bie
Mutter nah ſchwerem Leiden verftarb,
ein Schlagfluß traf und auch diefer ins
folgedeſſen dabinfiechte, war er ſchon in
den Jünglingsjahren auf ſich felbit ange:
wiefen und fuchte baldige Unterkunft im
Dienite der königl. VBerfehrsanftalten. Ob-
wohl die Beichäftigung eines Eijenbahn-
beamten feinen Wünſchen keineswegs ent:
ſprach, widmete er ſich bderjelben doch
1862—83 aufs eifrigſte, bis ein förper:
liches Leiden 1884 feine Verfegung in den
bleibenden Ruheſtand herbeiführte.
Unter folden Verhältniſſen entihloß er ſich jos
‘fort, auf dem literariihen Felde fünftighin feine
ausfchlichliche Thätigfeit zu entfalten. Schon
während feiner Studienjahre waren ſchriftſtelle—
riſche Verfuche feine Lieblingsbeichäftigung. Wenn
er jet nach einer Paufe von Jahrzehnten darauf
surüdfam, jo ftand ihm eine durd viele ſchwere
‚Prüfungen erlangte LZebenserfahrung zur Seite,
und er hatte in feiner zweitebelihen Gattin Elite,
geb. v. Leiftner, mit der er fi im Jahre 1880
verheiratete, eine gleichen Beitrebungen zugäng:
‚liche Gefährtin. Anfänglih widmete er fih vor:
zugsweiſe der Verabfaflung von Romanen und
Novellen, auch bochdeuticher Poeſie, worauf ſpä—
ter Dialeftdichtungen in oberbairifcher Mundart,
Leiſtner.
Reiſeſtizzen und Eſſays folgten. In jüngſter Zeit
endlich wurden auch Jugendſchriften und ſprach—
wiſſenſchaftliche Ausarbeitungen in Angriff ge—
nommen. Hauptwerke: Am Ponte dei sospiri
(Rom.), Demastiert (Rom.), Die legte Schrante
(Künitler-Rov.), D’ liab'n Berg’! (Dialeftdicht.),
Die Tochter des Kerkermeiſters (Rom.), Standes:
gemäß (Rom.), Wanderungen in der Fränkiſchen
Schweiz, Des deutichen Reiches Schagfäjtlein am
—— Die maleriſchen Seen Baierns
(Reifeb.), Zwei Erben (Rom.), Waldröschen
(Rom.), Fremdwörterbuch, Zwiſchen Bergen und
Burgen (Jugendſchr.).
Zeijtner, Elife von, als Tochter des
349
Ipäteren fönigl. Kreiskaſſa-Kaſſiers von
Oberfranten Joſeph von 2. am 13. Fe-
bruar 1851 zu Münden geboren, ver:
brachte ihre Jugend im elterlichen Haufe,
erhielt zu Bayreuth eine höhere Jnitituts-
Ausbildung und fiedelte nad) dem Tode
des Vaters mit Mutter und Brüdern in
die Univerjitätsitadt Erlangen über. Dort
verehelichte fie fih 1880 mit dem Vor:
bergehenden.
laßt, verfuchte auch fie das Glück auf lite-
rariihem Wege, jomweit fi eine folche
Thätigfeit mit den Pflichten einer rühri-
gen Hausfrau und Mutter vereinbaren
läßt.
Von ihrem Gatten veranz |
Menſchen.
Der Herzensdieb (Erz.), Belauſchte Monologe
(Nov.), Blauſtrümpſchen (Nov.).
Zeitenberger, Johanna (Marie,
Jean Litahorsky), wurde am 31. Januar
1818 zu Prag geboren. Ihr Vater, der
früher ein Gutsbefiger bei Prag geweien
war und fein ganzes bedeutendes Ver—
mögen verloren hatte, war ein Dann
voll Willen, das er fich unter Fichte und
durch Selbititubium erworben hatte. Als
Johanna jehs Jahr alt war, ſiedelten
ihre Eltern nah Wien über, wo ihr
Vater als Agent niedersöjterreihiicher
Spinnfabrifen eine Anſtellung erhielt.
Johanna genoß unter den Augen des Va—
ters eine vorzügliche Erziehung, fie wurde
in der Muſik und Malerei ausgebildet
und ihr die franzöſiſche, engliſche und ita-
lieniſche Sprache geläufig gemadt, auch
fand ihr poetiiches Talent reiche Nahrung
' Durch anderthalb Jahre leitete Joh. 2.
günſtig aufgenommenen Berfe:
Werte: Mit gefeiten Waffen (Eheftandsepif.),
riſche Verfuhe gemadıt.
Leitgeb.
in anregendem Verkehr mit hochgebildeten
Mitten im glüdliditen Fa—
milienleben traf Johanna der erſte harte
Schlag des Schickſals — der Vater jtarb.
In Böhmen, bei treuen Verwandten bot
fih Mutter und Tochter ein neues Heim;
durch drei Jahre leitete Johanna daſelbſt
die Erziehung einer jungen Nichte. Ein
Todesfall in der fie beherbergenden Fa⸗
milie löjte auch diefes Band. Nach einer
Reife durch Norddeutichland kehrten Mutter
und Tochter nad Wien zurüd, wo Joh.
ihre ſchriftſtelleriſche Thätigfeit begann.
Im Jahre 1848 vermählte fie fich mit
dem Hofpoitbeamten E. Wolf, mit dem
fie fpäter nad Unter-Steiermarf über:
fiedelte, nur der Häuslichfeit und der
Pflege ihres Töchterchens lebend, das ihr
nad) wenigen Jahren durch den Tod ent:
riſſen wurde. 1859 fiedelte fie nad) Graz
über, und widmete ſich dem erziehlichen
Beruf und ihrer jchriftitelleriichen Thä—
tigfeit.
Sie ſchrieb Artikel für Zeitfchriften und Ta;
esblätter und gab damals auch ihr erftes ſelb—
tändiges Büchlein: Marien: Frühlingslieder her:
aus. Demielben folgten die, von der Kritik jehr
Kindergarten
(Märchen), Veronika von Teſchenitz (hiſt. Tip.),
Die Phiole Caglioſtros (Luftip.), Epheu (Ged.),
Lichtitrahlen (Nov.), Schneeglödchen (relig. eng
ic ın
Graz ericheinenden „Frauenblätter“, die wie fo
viele derartige liter, Unternehmungen heutzutage
aus Mangel an Interefle für nicht durchaus mas
terielle Dinge eingehen mußten. Durch eine
Reife nad) dem Süden richtete fie fih auf und
fiedelte jpäter nah Salyburg über, wo fie noch
gegenwärtig als Witwe lebt.
Leitgeb, Otto Ritter von. Ich bin
—* am 24. Oktober 1860 in Pola
Iſtrien) als Sohn eines öſterr. Oberſten.
Nah Vollendung meiner Gymnaſialſtu—
dien bezog ich die Univerfität Wien, ging
1881 nad) Heidelberg, darauf nah Inns—
brud und fchließlich abermals nad Wien,
wo ich 1884 meine juridiihen Studien
zum Abſchluſſe brachte.
Schon am Gymnafium hatte ich einige litera:
In jener Zeit erichien
mein erjter Aufſatz in Roſegger's „Heimgarten”,
Leitner.
mein eriter Igrifcher Verſuch in der Wiener „Neuen
Illuſtr. Zeitung“. Nad Vollendung meiner Uni: |
verfitätsjtudien widmete ich mich ganz literarifchen
Arbeiten. Ih bin auf lyriſchem, Teuilfetonifti
ſchem und novelliftiichem Gebiete thätig und
glaube, meiner Tendenz nad) auf die Bahn gelenkt
zu werden, deren Vertreter die gemäßigten, edle:
zen (vorzüglich) franzöfiichen neueren Realiſten
find. Meine Arbeiten erichienen biäher zerftreut
in verfchiedenen belletriftiichen und Tagesblättern. |
Leitner, Karl Gottfried Ritter von,
geb. zu Graz am 18. November 1800,
vollendete dort die Nechtsftudien und
wurde von den ſteiermärkiſchen Landſtän—
den, deren Mitglied er war, 1836 zum
Ständejefretär gewählt. Die ſchweren, mit
jteten Gemütsaufregungen verbundenen,
geichäftlihen Anftrengungen während der
politiihen Vorgänge im Jahre 1848, bei
welchen 2. der freifinnigen Reformpartei
der Landjtände angehörte, erichütterten
feine ohnehin ſchwache Geſundheit fo fehr,
daß er 1854 in den Ruheſtand trat und
ſich mit feiner bruftfranten Gemahlin zu
ihrer beiderjeitigen Erholung nad) Italien
begab. Allein bald fehrte er mit der
Leiche der geliebten Lebensgefährtin, die
ihm in Piſa ein unerwarteter Tod ent:
riffen hatte, wieder in die Heimat zurüd.
Hier nahm er nad) einiger Zeit als jtän-
diicher Abgeordneter und Referent beim
Vereine zur Unterjtügung fteiermärfifcher
Invaliden und bald darauf als Kurator
des ſtändiſchen Joanneums, wozu ihn deſſen
Gründer, Erzherzog Johann, 1858 er:
nannte, die Bejorgung öffentliher Ge—
ſchäfte wieder auf und bekleidete diefe Eh⸗
renämter bis 1864. 1870 verlieh ihm
Kaiſer Franz Joſef in Rüdficht feiner dich:
teriichen und öffentlich patriotiichen Thä-
tigfeit den Orden ber eifernen Krone
und 1880 die Univerfität Graz das
Ehren » Doftorat der Philoſophie. L.
nahm 1843 an der Gründung der inner:
öfterreichiichen und fteiermärfifchen Ver:
eine für Geſchichte, ſowie jpäter an jener
der Zweig.Scillerftiftung in Graz leb-
kiſchen Zeitichrift”.
350
Zeitungen, wobei er nicht ohne Glück vers
haften Anteil; beteiligte ſich durch viele ſuchte, Paul Lindaus (f. d.) jatiriihe und
Jahre an der Redaktion der „Steiermär: | feinfinnige Plauderei nachzue
ı er auch weit hinter feinem geifi
— Leitſchuh.
Von ſeinen glänzend beurteilten Werken heben
wir hervor: Gedichte (1825, 2. verm. Aufl. 1857),
Herbitblumen (Ged. 1870), Novellen und
(1880), Johann Baptift, kaiſ. Bring und Erzherz.
von Ofterr. (Biogr. 1861), Anjelm Hüttenbrenner
(Biogr. 1868). Viele von 2.'3 Gedichten wurden
von Komponiften, wie Franz Schubert, Fr. Lach⸗
ner, Sigm. Thalberg, Konr. Kreuger, Anf. Hütten:
brenner u. a., in Muſik gejegt. \
Leitſchuh, Friedrih, wurde am 4.
April1837 zu Münnerftadt (Unterfranken)
geboren, widmete fi dem Studium ber
Philologie und Geſchichte. Seit 1874
wirft derjelbe als Vorftand der Fönigl.
Bibliothek und der königl. Kunſtſammlung,
dann als Dozent der Kunftgefchichte am
fönigl. Lyceum in Bamberg.
Ton feinen vorzüglich beurteilten Werten heben
wir hervor: Die Entftehbung der Mytbol und
die Entwidelung der griechiihen Religion IE
Otto von Botenlaube in feinen Liedern (1871),
Der Entwidelungögang. der deutichen Kunft und
Siteratur (1876), of. Heller in feiner Bedeutung
für die Aunftgefchichte (1876), Beiträge ——
ſchichte des Hexenweſens (1883), Albrecht
Tagebuch der Reiſe in die Niederlande (1884),
Katalog der Handichriften der königl. Bibliothel
zu Bamberg (1887), Aus den Schügen ber
Bamberger Bibliothef (1888), Führer durch die
tönigl. Bibliothek und Aunftiammlung Bambergs,
Leigner, Dtto v., geboren am 24,
April 1847 in Saar (Mähren), gab ſich
philofophifchen Studien an den Hochſchulen
zu Graz und München hin, um fich nad
deren Vollendung der au
widmen. Er wirkte zunächſt einige:
an einer Münchener Zeitung, ſchrieb
einige Feine Artikel für die „ fi
deren freundlihe Aufnahme ihn hoffen
ließ, daß es ihm gelingen würde, in
Berlin feiten Fuß zu fallen. Das jepte
er auch durch, indem er als Mitglied in
die Redaktion der „Berliner B 3."
aufgenommen wurde, Seit 1883 fun
giert v. 2. als Redakteur der von Jante
herausgegebenen „D. Ro ng“,
einem Unterhaltungsblatt. Außer
jes, fchreibt 2. noch für einige
1
r
em 5
mern, ° —
+
Lemde.
bild zurüdbleibt. Außerdem hat L. meh:
rere felbit. MWerfe verfaßt, von denen,
außer einigen Eleinen Gedichtſammlungen,
erwähnenswert find:
Die moderne Kunft (1877), Anleitung in 60
Minuten Kunſtkenner zu werden (1879), Jllus
ftrierte SLiteraturgeichichte (1880), Aefthetiiche
Studien für die Frauenwelt (1880), Unfer Jahr:
hundert (1883), Das Apoitelcden (Rom. 1855),
Blitz und Stern (Nov. 1886).
Zemde, Karl (Karl Danno), wurde
in Schwerin am 26. Auguft 1831 geboren,
ftudierte in Göttingen, Münden, Heidel—
berg Philoſophie und Literaturgeichichte,
vervolljtändigte feine Kenntniffe in Paris
und habilitierte ſich 1862 an der Univer:
fität zw Heidelberg, die ihn 1867 zum
außerord. Profefjor ernannte. 1873 folgte
er von Münden aus einem Rufe nad
Amjterdam, 1876 nad) Aachen und 1885
nad Etuttgart an die dortige technilche
Hochſchule.
Von ſeinen glänzend beurteilten Werken heben
wir beſonders hervor: Geſchichte der deutſchen
Dichtung neuerer Zeit (von Opitz bis Klopſtock,
1871), Bopuläre Aſthetik (5. Aufl. 1878); unter
ob. Pfeud.: Lieder und Gedichte (1861), Beowulf
(Rom. 1882), Ein füher Knabe (Nov. 1884). |
Lemke, Elifabeth. Ich bin am 5. Juni
1849 in Rombitten (bei Saalfeld in Dit:
preußen) neboren und habe jeit dem Herbit
1886 meinen Aufenthalt in Berlin.
Mein Bater Richard Lemke (geb. 1818
in Danzig, geit. 1879 in Rombitten) war
Rittergutsbefiger und über zwanzig Jahre
lang Landſchaftsrath. Meine Erziehung
wurde im Elternhaufe durch Gouvernan⸗
ten beforgt.
Lebensjahr war ich mir ſelbſt überlafien.
Die Liebe zur Natur und das Verlangen
nach ſchriftlicher Aeußerung empfangener
Eindrüde waren von früheſter Zeit an in
mir rege.
Es waren zumeift Feuilletons (darunter einige
351
Von meinem jechzehnten |
Lemling.
** (für Soli, Chor und Orcheſt.) „Die
Waldksnigin“ verfaßt, welche 1882 in Danzig zur
| Aufführung fam. 1881 erichienen meine Apho—
\riömen in ®erien, „Loſe Körner”, welche eine
fehr günitige Aufnahme fanden. Seitdem habe
ic) mich vorwiegend um die Verwertung des in
meiner Heimat Volkstümlichen bemüht und zus
gleich mein Intereffe für die Natur aus bloßer
Beobachtung zu wiſſenſchaftlicher Beſchäftigung
geführt. Ich durfte bald ertennen, daß ragen,
welche allgemeinere Teilnahme beanipruchen fün-
nen, etwas Treibendes, uns von unferer eigenen
Beſchränkung Befreiendes in fi tragen, Meine
Verbindungen dehnten fi immer mehr aus; fo
wurde ich im J. 1882 Mitglied verich. wiſſenſch.
Vereine. (Weſtpreuß. bot.»z00log. Verein, An:
thropologiihe Sektion in Danzig, Berlin. Ge
jellichaft f. Anthropologie, Ethnologie und Urs
geſchichte) 1883 evfchien der 1. Teil meines
| Buchs „Volfstümliches in Oſtpreußen“. Das Bud
ı erfuhr gleichfalls eine günstige Beurteilung. 1886
erſchien der 2. Teil „Volkstümliches in Djtpreus
ben“. Ein 3. Teil ift in Ausjicht genommen
worden. — Der Zwed meines nunmehrigen Auf:
enthalts in Berlin beiteht darin, mir weitere
Kenntnifie in einzelnen Wiſſenſchaften, befonders
in Böltertunde zu erwerben. Daneben babe ich
die feuilletoniftiiche Thätigfeit wieder aufgenom:
men und neuerdings angefangen, Vorträge über
Völkerkunde zu halten.
Lemling, Joſef. Ih wurde am 17.
Januar 1825 in Marmagen, Urft (Rhein:
provinz) geboren, und lebe nod) jegt da-
ſelbſt. Seit 1846 bis zur heutigen Stunde
widmete ich meine rajtloje Thätigfeit den
photographiſchen Fortichritten und allem
was dazu dient: Optik, Chemie zc., op:
tiſch⸗chemiſche und mechaniſche Gravier—
und Druckverfahren für Kunſt, Glas und
teramiſche Induſtrie. Mein Endziel iſt
die Förderung der Kleine und Hausin-
duftrie.. Nur infoweit bin ih Schrift-
fteller, als ich dasjenige, was ich im
Laufe von 40 Jahren durch meine For—
ſchungen, Reifen und praftiihen Arbeiten
für die Praris als zweddienlic erfannt,
in nadjftehenden Schriften veröffentlicht
habe:
novelliftiiche Arbeiten) und kleinere Dichtungen, Zuerſt ſchrieb ih Beiträge zu W. Horn's
die im Drud erſchienen und zwar in der Danz. Photog. Journal, dann (1860) vollendete ich
Zeitung, in der Oſtdeutſchen Preſſe ꝛc. Yon den | mein erftes Werft: Der praftiiche Photograph
Gedichten wurden einige im Laufe der Zeit in (2. Aufl.), und fchrieb Beiträge zu Fr. Boll:
Mufit geſetzt, u. A. von Wilh. Tappert. Mit mann’s photog. Monatöfchriften. Yon 1864 bis
dem Komponiften Franz Jöge wurde gemeinfam | 1866 erichien mein Werf: Der Forſcher auf dem
das Libretto der dann von ihm fomponierten Gefammtgebiete der praftiihen Photographie,
Lemmermayer.
1869 und 1870 meine zwei Bändchen: Die photog.
Fortſchritte der neueften Zeit, Die Photoverrotypie,
das erite Werfchen über Lichtdrud. Zahlreiche
Mitteilungen von mir erjchienen in H. Krüger's
Phot. Zeitung und in der Zeitſchrift: Licht, im
Photogr. Wochenblatt, in der deutihen Photo:
araphensZeitung und in verfchiedenen Zeitfchriften
für Thoninduftrie. 1875 erichien mein Werf:
Der freund des Photographen, 1885 und 1886:
Die Photographie im Dienfte der Induftrie. 1887:
Der Photo » Chemifer und die Hausinduftrie.
I. Bändchen.
Lemmermaher, Frig, wurde am 6.
März 1857 als der Sohn eines ange:
jehenen Borträtmalers in Wien geboren.
Der Vater ftarb früh und ließ feine Fa-
milie ohne jegliches Vermögen zurüd.
Danf dem Fleiß und der Opfermwilligfeit
feiner vortrefflihen Dlutter war es dem
Knaben vergönnt, eine gute Schule zu
beſuchen, nad) deren Abjolvierung er bie
Univerfität feiner Vaterſtadt bezog, wo
er mit Vorliebe philojophiichen, hiſto—
riihen, literatur und kunſtgeſchichtlichen
Studien oblag. Einer Künjtlerfamilie an⸗
aehörend, unter Bildern und Elaffifcher
Mufit, die feine Mutter übte, aufge
wachſen, mit den Erzeugnifjen der Lite:
ratur früh vertraut, wurde ſchon in feiner
Kindesieele die Liebe zur Kunſt gemwedt
und entwidelt. Früh zeigte ſich die Nei-
gung zum poetiſchen Schaffen; ein Erft:
lingsverjuch, eine Dorfgefchichte, die Auf:
nahme in einem Blatte fand, ermutigte
F. 8%. zu weiteren fchriftitelleriihen Ars
beiten. Er ſchrieb dann Kritiken, Feuilles
tons, Eſſays, Skizzen, Gedichte und hatte
bald die Freude, jeine Arbeiten in vor:
nehmen Blättern abgedrudt zu fehen.
1882 madte er eine größere Reife durd)
Deutichland, jchrieb 1883 feinen mittel:
alterlihen Roman Der Alchymiſt, der zuerit
in einer Zeitichrift veröffentliht wurde,
und ein Jahr darauf als Buch erichien, |
von der Kritif fait allgemein jehr günftig
aufgenommen. Schwere Zeiten raubten
ihm bald darauf, was er beſaß. Er ging
nad) Italien und bereitete in Genua ge—
meinſam mit Felir Bamberg (j. d.) die
Herausgabe des reichen Briefwechjels Fries
352
Lentz.
drich Hebbels vor. Gegenwärtig iſt F. L.
mit der Veröffentlichung ſeiner geſam—
melten Skizzen, Eſſays zur Literatur und
Kunſt, Gedichte und der 2. Auflage ſeines
Alchymiſten beſchäftigt.
Lentz, Michel. Ich bin in Luxemburg
am 21. Mai 1820 geboren. Nachdem
ih allda die Primärjchulen beſucht und
meine Humaniora abfolviert hatte, bezog
ih 1841 die freie Univerfität in Brüfkel,
die ich jedoch bald verließ, um bei der
Reorganifation der Regierung 1843 als
einfacher Unterbeamte in die Landesver⸗
waltung einzutreten. Ich wurde bald zum
Kedakteur befördert und habe bis 1869
alle Stufen des Subalternbeamtentums
durchgekämpft, bis ich als dienitthuender
Büreauchef 1869 zum Amte eines Rates
an ber fgl. großh. Rechnungskammer be
fördert wurde.
Meine erjten Schöpfungen find harmloſe Lies
der, die ich zum Bergnügen und zur Erbeiterung
meiner freunde im gejelligen Kreije dichtete, und
die nad) und nad aus den engen Grenzen des—⸗
felben hinaustönten und mid zum weitern Ar
beiten ermutigten. So hat fich aus Gelegenheits⸗
liedern und Gedichten nach und nad das Bänd⸗
hen angejammelt, das ich in die Welt hinaus»
geſchickt habe, und welches das Publikum und die
Preſſe mit jo viel Güte aufgenommen haben.
ift der Nachklang meiner Empfindungen aus dem
Leben und aus der Natur, die ich über Alles
liebe, und das Rejultat meiner Erfahrungen unter
den Menfchen. Was mid; aber beionders bemog,
die ganze Sammlung herauszugeben, das war
der Wurf, einen beicheidenen Beitrag zur Li—
teratur der deutichen Dialekte zu liefern, meinen
fangesliebenden LZandesfindern Lieder zu geben,
und dem leider viel verbreiteten Vorurteile, als
eigne fich unjere Mundart nur zur Bearbeitung
von ſpaßhaften, felbit trivialen Thematas, ent
gegen zu treten. Im Jahre 1865 wurde ich zum
Ritter der Eichentrone, 1876 zum Ritter 1. Abtei⸗
lung des großh. Sahlen-Weim. Ritterordens der
Wachſamkeit oder vom weißen Falten und 1879
zum Offizier der Eichenfrone ernannt.
Hauptwerfe: Der Feierwon (1859, zum Na>
tionallied der Luremburger geworden),
Späh an Jericht (Ged. 1873), Hierfchtblumen
(Ged. 1887).
Lenz, Oskar, wurde am 13. April
1848 in Leipzig geboren, jtudierte daſelbſt
Naturwiſſenſchaften und zog nah Abſchluß
Leo.
feines Studiums nad) Wien, wo er eine
Anftellung bei der geologiihen Reichs—
anftalt fand. Bon dort aus unternahm
er mehrere Forichungsreilen, die in einer
ſolchen nah Weſtafrika (im Auftrag der
Deutihen Afrikaniſchen Gejellihaft in
Berlin) gipfelten. Nach wenigen Jahren
bereits beauftragte ihn diejelbe Gefell-
ſchaft
fremden Landes. Die reichen Er—
gebniſſe dieſer Reifen hat L. in den ſehr
verdienſtlichen Werfen: Stkizzen aus Weſt⸗
Afrika (1878) und Reiſe durch Marokko, Sahara
und Sudan (1884) niedergelegt. Seit 1883
iſt 2. Nedakteur der interellanten Zeit-
ſchrift „Aus allen Weltteilen“, welche
Stellung derjelbe niederlegte, als er im
Sommer 1885 eine dritte Erpedition
nah Afrika im Auftrage der k. k. geogr.
Sejellihaft in Wien unternahm. 1887
zurüdgefehrt, wurde 2. zum ord. Pro:
feffor der. Geographie der deutichen Uni-
verfität in Prag ernannt.
Leo, Auguft, ſ. A. Pulvermacher.
Leonie, $., ſ. F. Lortſch.
Lerſch, Bernard Marimilian, iſt ge
boren zu Aachen am 12. Oktober 1817.
In den Jahren 1836—41 beſuchte er die
Univerfitäten Bonn und Berlin und Die
Barijer Kliniken. Seit 1842 war er als
praftifher Arzt zu Aachen thätig; jeit
1875 hat er fih von der Praris zurüd-
gezogen. Hauptſächlich der Balneologie zu:
gewandt, hat er die hervorzuhebenden vor:
züglich beurteilten Werfe verfaßt:
Geſchichte der Balneologie und Begologie (1863),
Hydro⸗Phyſik oder Lehre vom phyſikaliſchen Ver:
balten der natürlihen Wäſſer, namentlih von
der Bildung der falten und warmen Quellen (2.
Aufl. 1870), Hydro⸗Chemie oder Handbud der
Chemie der natürlichen Wäſſer nach den neucjten
Refultaten der Wiſſenſchaft (2. Aufl. 1870), Die
phyſiologiſchen und therapeutifchen Fundamente
der praftiichen Balneologie und Hydropoſie auf
Grundlage des Verſuches und der Beobadhtung
am gefunden und franfen menſchlichen und tie
riſchen Organismus (1868), Monographien der
Dineralwätter von Burtiheid, Spa, Malmedy,
Die Ruinen des Römerbades zu Aachen (1878),
Über die Urſachen der Erdbeben (1879), Kalender
Das literarifhe Deutſchland.
353
zu einer zweiten Reife zur Erjchlie: |
Leske.
des Naturbeobachters (1880), Ewiges Kalendarium
(1877), Über die ſymmetrifchen Verhältniffe des
Planeten:Syitems (1885. Strenge Befolgung der
Regel des goldenen Schnittes unter anderen merk:
würdigen Berhältnifien). Vorher gingen 2 ähnliche
Abhandlungen. Aachen, Burticheid und Umge—
bung. Führer (4. Aufl. 1885, außer den Über—
ſetzungen). Beſchäftigt ift er zunächſt mit einer
umfaflenden Chronik der Erdbeben und mit einem
Abriß der Chronologie.
Leske, M., |. M. Witter.
Leffing, Julius, wurde am 20. Sep:
tember 1843 in Stettin geboren, widmete
ſich dem Studium der Kunftgeichichte zu
Berlin, wurde 1866 zu Bonn zum Doktor
promoviert, habilitierte fih 1870 und
wirkt ſeitdem als Profeſſor an der Ted):
niſchen Hochſchule zu Berlin, hauptiächlich
Geſchichte des Kunftgewerbes lehrend. 1872
wurde 2. zum Direktor am Kunſtgewerbe⸗
mujeum ernannt. Won feinen hochver—
dienten meijt funftgefhichtlihen Werten
heben wir befonders hervor:
Altorientaliihe Teppihmufter (1877), Die Re:
naiſſance im heutigen Kunſtgewerbe (1877), Mufter
altdeuticher Keinenftiderei (1878, 10. Aufl. 1885),
| Silberarbeiten des Anton Eifenhoit aus War:
burg (1881), Holzichnigereien des 15. und 16.
Jahrhunderts (1882), Der Modeteufel (1884),
Was ift ein altes Kunſtwerk wert? (1885).
Le, Emil Adolf. Geboren am 14.
‚April 1855 zu Königsberg i. Pr., be:
juchte ich 1863— 73 das dortige Kneip-
höfiſche Gymnafium und widmete mid)
nad) erlangter Daturität dem Studium
der Mathematik und Naturwiſſenſchaften
an den Univerfitäten Königsberg, Heidel—
berg und Leipzig. Nachdem ic am lep-
teren Orte den philofophiichen Doftorgrad
erworben hatte, war ich jeit 1878 Aſſi—
ſtent am phyfifaliichen Inititut der Uni-
verfität Heidelberg, bis ich im Herbit 1881
nah Berlin überfiedelte.
Hier wandte ich mich ſeit dem Jahre 1883, als
Aififtent für Phyſik und Meteorologie an der
fgl. landw. Hocichule, ganz beionders der me:
teorologiihen Wifienihaft zu, welche mid auch
zu der Tagesprefie in engere Beziehung brachte.
Nicht allein verfah ich als Voriteher eines pri»
vaten „Berlin. Wetterbureaus“ eine Anzahl Ber:
liner Zeitungen mit täglichen Wetter-Prognoſen,
Wetterkarten zc., fondern ich war auch beitrebt,
23
LeusSteding.
durch öftere Feuilletons, kürzere Zeitungsnotizen
und anderweit veröffentlichte Aufläge populär:
wiſſenſchaftlichen Inhalts die Ergebnifie der
Witterungsfunde weiteren Kreifen zugänglich zu
machen.
Leu:Steding, Bünther, geboren am
10. Oftober 1860 zu Celle, beſuchte das
Real-Gymnafium feiner Vaterftadt, wid—
mete fih dann dem Staatsdienft, war eine
Zeit lang als AJujtizanwärter bei dem
Amtsgerichten Celle und Geeftemünde und
beim Landgerichte in Lüneburg thätig.
Seit 1884 lebt er unabhängig als Schrift:
jteller und hat 1886 jeinen Wohnfig von
Celle nad) Berlin verlegt. .
Von feinen Schriften führen wir mit Über—
gehung der fritiihen bier an: Liebe in der Küche
Geſangspoſſe, Muſik von Guſtav Steffens 1885),
Sie will es nicht (Schwanf 1886), Die Andere,
(Schaulp. nad W. Heimburg 1887); Höher und
höher (Schaufp. nach dem böhm. Roman von
Luzick⸗Srbova, 1887).
Levetzow, Ferdinand Carl Auguft
von, geboren am 23. Januar 1820 zu
Pinneberg (Holitein), wurde von tüchtigen
Hauslehrern vorgebildet, bejuchte die „‚ge-
lehrte Schule” zu Ploen und bezog 1839
die Univerfität Berlin, danach Heidelberg,
Münden und Kiel, an welchen er, dem
Willen feines Vaters, nicht der eigenen
Neigung folgend, die Rechte jtudierte. Ein
unglüdliherSturz mit einem Pferde machte
dem Studium und der Jurilterei ein vor:
Schnelles Ende und veranlaßte &., ſich der
Zandwirtichaft zu widmen, die er 3 Jahre
praftiih bei feinem Bruder erlernte.
1848 zog v. 2. mit gegen Dänemark,
wurde Offizier und fpäter im Kriegsmini-
fterium bejchäftigt.
das Bundesfontingent als ſolches auf:
bob, und 2. in ein däniſches Regiment
verjegt wurde, nahm er fofort feinen Ab:
Ihied und ging vorläufig nad) Mecklen—
burg, ſpäter nad) Bayern, wo die frü-
heren ſchleswig-holſt. Offiziere Anftellung
fanden. Hier erlernte er den Telegraphen:
dienst, fand auch eine Anftellung in Düne: |
chen, trat aber bald zum Poſt- und Eiſen—
bahndienft über und erhielt 1855 ein
einträgliches Amt, das ihn in den Stand
354
Als aber Dänemarf | blattes“.
„Sädj. DVorfzeitung‘ in Dresden-Neu:
jtabt, wo er bis 1883 verblieb, zu welcher
i
— Levi.
ſetzte, ſich einen Hausſtand zu gründen.
1864 wurde er zum Poſtmeiſter von Kiel,
dann zum Poſtdirektor daſelbſt ernannt,
nahm jedoch 1874 eines Augenleidens
halber, ſeinen Abſchied und ſiedelte nach
Pinneberg über.
Dort lebt v. L. ausſchließlich ſeinen ſchriftſtelle⸗
riſchen Arbeiten als feuilletoniſtiſcher Mitarbeiter
von Zeitſchriften und Tagesblättern.
Levi, Eliſe (E. Henle), geboren am
10. Auguſt 1832 in München, empfing
eine treffliche Erziehung im Hauſe ihrer
Eltern, verheiratete fi 1853 mit dem
Fabrifbefiger Levi in Ehlingen, feit 1881
in Münden. Früh ſchon begann €. L.
zu dichten, indem fie ein bejonderes Ta:
[ent für das leichte Luftipiel an den Tag
legte.
Hervorzuheben: Ein Duell (1871), Der 18.
Oktober (1871), Durch die Intendanz (preiäge:
frönt 1878), Die Wiener in Stuttgart (1879),
Der Erbontel (1880), Das Teftament des Grafen
(1881), Monrihard in Wiener Heimat (Rom.
1883), Entehrt (1883), Liebeöqualen (1883),
Guat is's (Dicht. im bayer. Dial. 1884), Murillo
(1885).
Levy, Alphonje (Ernft Maurer, Al:
phonje Müller), wurde am 19. November
1838 in Dresden geboren und dort er—
zogen, Nach einer ziemlich bewegten Lauf:
bahn ging er im Jahre 1575 zur publizifti-
ſchen Karriere über. Worübergehend war
er Reitartifelichreiber der „Dresdner Nach—
rihten“, dann (1876/77) Redakteur der
„Dresdner Zeitung”. Darauf fchrieb er
längere Zeit die Xeitartifel des „Birnaer
Anzeigers“ und des „Meißner Tage:
1880 wurde er Redakteur der
Zeit er in die Redaktion des „Freiberger
| Anzeigers” trat, wo er noch jet arbei:
‚tet,
Moſaiſcher Religion, lebt er mit
einer Brotejtantin vermählt in jehr glüd:
licher Ehe.
Außer zahlreichen, in Tagesblättern verftreuten
Novellen und Auffägen (Überfegungen von 2a:
martines „Oraziella“, „Rapbael* und feiner Ge
dichte) verfaßte er: Apfelblüten (Dicht.), Jean
Jacques Nouficau, Meiſterwerke der Dresdner
Lewald. — 355 — Leyden.
Gallerie (25 Sonette), Die Begräbniskapelle im Die graue Degeneration der hinteren Rüden:
Dom zu Freiberg (Feſtſchrift). Eine große Ver: | marköftränge (1863), Reflerlähmungen (1870),
breitung fanden Es deutſchen. franzöfiſchen und Über Lungenbrand (1871), Klinik der Rüdens
—— en. ——— — — markskrankheiten (1874 - 76).
s ums. er ⸗ ⸗
Gotta * ‚on em die Verbienftmebaile en —— Leu
ür Kunſt un iſſen . am 22.
Lewald (-Stahr), Fanny, wurde am | Januar 1864 in Kottbus, befudte ans
24. März 1811 in Königsberg geboren, fangs die Realſchule feiner VBaterftadt und
empfing eine treffliche Häusliche Crziehung | Auge —— vollendete —* Re
nd trat 1828 zum Chriftentum über, | er auf ärztliche Anordnung von vegelmäßi:
Nach einer ee literar. Thä- | — Schulbeſuch Abjtand nehmen mußte,
ee ee reg
rofeſſor Dr. Ado ahr, un ⸗
—— pille Ehe ihre Thätigkeit fort. gabten Vaters, der in jungen Jahren
Wert uf Werk erfchien, und Er wurde ſelbſt die Aufmerkjamteit A. v. Humboldts
bald eine der fruchtbarften Botinnen vom | auf ſich zu lenken wußte, weckte frühzeitig
Parnaß, zugleich) aud) eine der geadhtetften, ed — ſchlummernde poeliſche
und letzteres mit Recht; denn nicht allein or um \ ug im Jahre 1881 erfchien
—— pe und — wi en J au — ann a
, jondern auch tiefes Gem ,
And bie ee ihrer Schöpfungen. die 2. Auflage erlebte, jeither aber vers
Hauptwerke: Italienifches Bilderbuch (1847), | griffen ift. Später erfchien, zahlreicher Ars
Erinnerungen aus dem Jahre 1848 (1848), | tifel in Zeitſchriften nicht zu gedenfen, eine
Meine Lebensgeihichte (1861—62), Dfterbriefe } ;
für Frauen (1863), Für und wider die Frauen politifche Broſchüre, und im Jahre 1886
ee ———
n ’ ’ —
ſentlich erweitert hatte, wieder in ſeine
en (1874), Busen ahnen) * —
er 6), a Ne» ‘ .
Le Novellen (1879, Helmar Heimat zurückgekehrt war, die Gedicht⸗
(1880), Treue Liebe (1882), Stella (1883), Im — Wilde Ranken heraus, bie von
Abendrot (1885), Familie Darner (1885). der . —— ein aufgenommen
{ j am 20. April , Wurde. Gegenwärtig bereitet 2., der durch
* eg —— wihmete Eh Vorträge und Improviſationen vielfach an
dem Studium der Medizin, dem er 1849 | NeOffentlichteit tritt, die Herausgabe einer
bis 1854 zu Berlin oblag. 1853 pro, etzählenden Dichtung Des Judentnaben Weib,
movierte er, legte 1854 fein Stantseramen |" um und eine Novelle in Verjen
ab und wurde Militärarzt in Düffel- | Por Dir zu mir, von mir zu Dir! vor.
dorf, fpäter in gleicher Eigenfchaft noh| Liebenwein, Joſef Richard de Ca—
in Danzig, Gumbinnen und Königsberg |lafanza Paul Alerander Akbar Rao ( Fe⸗
wirlend. 1859 wurde er zum Oberarzt lice d'Agaro), wurde am 22. Auguſt 1864
ernannt und nad) Berlin verſetzt. 1865 | zu Wien geboren. Im Haufe feiner Eltern,
folgte er einem Ruf als Profefior und | teils in Wien, teils auf deren Gütern
Direktor der med. Klinik nad) Königsberg, | bei Lilienfeld in Niederöfterreich, genof
1872 nad) Straßburg und 1876 nad) er eine forgfältige Erziehung; eine hoch—
Berlin. 2. it Mitherausgeber der „Zeit- | gebildete Mutter erteilte ihm felbft den
Ihrift für kliniſche Medizin“. Außer vies |erften Unterricht in den Elementargegen:
len Abhandlungen dort und in anderen |ftänden, fowie in den mobernen Spraden.
Zeitihriften verfaßte 2. die als hochbe> | Dann fam er in das Gymnafium des
deutend anerkannten Werte: Benediktinerordens zu den Schotten in
23%
Liebmann.
Mien. Nachdem er die Gymnaſialſtudien
356
Liebrecht.
richt in einer Privatſchule meiner Heimat
vollendet hatte, ſchickte ihn ſein Vater auf erhalten. 1848 kam ich aufs Gymnaſium
die juridiſche Fakultät der Univerſität
Wien, welche er 1887 glücklich abſol—
vierte.
1885 erſchien in der Zeitung „Der Reichs—
bote” die Erzählung „D' Rieglerin“ als erites
gedrudtes Opus. Zahlreiche Heinere Geſchichten
und die größeren Erzählungen „Florl“, „Beo“
und „Lelia” folgten in ralcher Reihenfolge, von
denen beſonders die letztere in der Wiener Gefell:
ſchaft gefiel.
1885 die Voſſe „Zwilchen zwei Stühlen” aufge:
führt und das Luſtſpiel „Die Söhne des Conte“,
danach 1886 das Schaufpiel „Lady Rhoda Bougb;
ton“. Außerdem veröffentlichte er die Genealogie
der engliihen SHerzogshäufer im Almanach) de
Gotha (1886— 88).
Liebmann, Otto, geb. 25. Februar
1840 zu Löwenberg in Edhlefien, jtudierte
an den Univerfitäten Jena, Leipzig, Halle,
habilitierte fih 1866 zu Tübingen als
Privatdozent der Philoſophie. Dachte
1570— 71 als Kampagne Freiwilliger den
franzöfifchen Krieg mit. Wurde 1872 bei
Neubegründung der Univerfität Straßburg
als außerord. Profeſſor dorthin berufen.
Nah einigen Jahren zum ord. Profeſſor
ernannt, gehörte er der Straßburger Unis
verfität bis 1882 an. Im leßtgenannten |
Jahr folgte er einem Ruf als ord. Bro:
feſſor an die Univerfität Jena und wurde
zum großberzogl. ſächſ. Hofrat ernannt.
Bon den verdienitvollen Werten L.'s heben wir |
bervor: Kant und die Epigonen, eine kritische
Abhandlung (1865), Uber den individuclien Be:
weis für die Freiheit des Willens (1866), Über
den objektiven Anblid, eine kritiſche Abhandlung
(1869), (anonym) Bier Monate vor Paris, Be:
lagerungstagebucd; eines KampeFreiw. (1871),
Analyſis der Wirklichkeit, eine Erörterung der
Grundprobleme der Philofopbie (1876, 2. verm.
Aufl. 1880), Gedanken und Thatlachen, pbilofo:
phiiche Abhandlungen, Aphorismen und Studien
(1582), Uber philofopbilche Tradition, eine akade—
milche Antrittörede (1883), Die Alimar der Theo:
rien, eine Unterfuhung aus dem Bereich der all:
gemeinen Wilicnichaftslehre (1884); außerdem
zahlreiche Abhandlungen, Aritifen und Skizzen in
Fachzeitſchriften.
Lieboldt, Johannes Chriſtian Auguſt.
Ich bin am 1. Mai 1836 in Travemünde
geboren und habe meinen eriten Unter:
Don feinen Dramen wurde zuerft |
nad) Zübed, infolge der bejonderen Mühe,
die mein jeliger'Bater auf mich wandte,
gut vorbereitet. 1857 bezog ich die Unis
‚verfität Erlangen, um Theologie zu ſtu—
‚dieren, hernach bejuchte ich Berlin und
Tübingen. 1861 machte ih in Lübed
mein Eramen pro ministerio und über:
‚nahm in Holftein, danad) auch in Eng:
land Hauslehrerftellen, war aud) ein Jahr
lang in Lübeck als Privatlehrer thätig,
‚daneben häufig durch Vertretung von Geiſt⸗
‚lihen mid im Predigen übend und auf
meinen eigentlichen Beruf vorbereitend.
1864 erhielt ich die Stelle des erften Leh-
rers am Marquard'ſchen Inſtitut in Dres:
‚den und blieb hier, bis ich 1866 ans
Gymnafium zu Eutin berufen wurde (als
‚ Ordinarius der Quarta und für das He
‚bräifche). Zum Baftor wurde ic) 2 Jahre
ſpäter gewählt, und zwar in einer ſchles—
‚wigichen Gemeinde der Propftei Tondern,
Klanrbüll mit Namen. Hier blieb ich bis
1872, von dieſer Zeit an bekleidete ich
‚das Amt als Paftor der heil. Geiſt-Ge—
‚ meinde und des Grfl. Neventlowitiftes in
Altona, dazu wurde mir Predigt und Seel:
ſorge an der Altonaer Gefangenanftalt an:
vertraut. 1873 verheiratete ich mich mit
Emilie A. F. Bartholly.
Hauptwerfe: Die St. PaulisKirche fonft und
jet (1882), Das neue Reventlom:Stift in Al:
tona (1885), Der Streit über die Aurisdiktion
im Schauenburgiichen Hofe zu Hamburg (1881),
‚Der Aufenthalt des Chriftianus Demofritus in
Hamburg und Altona (1884), Urkunden aus dem
preußifchen geheimen Archiv in Betreff der Belage:
— durch die Dänen im Jahre 1686
4).
Liebrecht, Felix, wurde am 13. März
1812 zu Breslau in Schlefien geboren.
Anfänglich nad) dem Tode feines Vaters
zum Haufmannsjtande beitimmt, beichloß
er fpäter, fi den Studien zu widmen,
und beſuchte nad) Ablegung des nötigen
Examens die Univerjitäten zu Breslau,
Berlin und Münden von 1828—33.
1848 zum Profeſſor der deutfchen Sprache
Liebrecht.
an das Athénée Royal zu Lüttich in Bel-
gien berufen, bekleidete er dieſe Stelle bis
1868, wo er fich penfionieren ließ. Zu:
vörderjt dem Studium der Philologie ob:
liegend, wendete er fi) dann bejonders
dem der Volkskunde zu, ſchrieb mannig-
857
— Lier.
losbrach, verließ er heimlich die Lehre und
ließ ſich in Rendsburg anwerben. Nach dem
1849er Feldzug nahm er in einer Apotheke
zu Fehmarn ſeinen Beruf wieder auf,
wurde aber bald von neuem einberufen
und machte den Feldzug 1850/51 mit,
trat darauf wieder in ſeine alte Stelle
verſchiedenen gelehrten Zeitſchriften abge- ein, verblieb daſelbſt drei Jahre, konditio—
druckt wurden. L. ift Ehrenmitglied der nierte 1 Jahr in Heide, 2 Jahre in Eutin,
Geſellſch. zur Beförderung des Nord. Mus | ftudierte zwei Semefter in Kiel und zwei
feums zu Stodholm, Mitglied der Afas | Semefter in Gießen. Nach beendetem Stu:
demie der gemeinnüglichen Wiffenichaften | dium trat er in Altona als Volontär ein,
zu Erfurt, der Academia Scientiarum machte in Ofdenburg (Großherzogtum) fein
Bonarumque Artium zu Palermo, der | Eramen, um die Hofapothefe zu Eutin zu
Societä Siciliana per la Storia Patria | übernehmen, die fein Vater für ihn fäuf-
in Palermo, der Academia di Scienze, | lich erworben hatte. Hier arbeitete er an ver:
fache darauf bezügliche Arbeiten, die 3
Lettere ed Arti de’ Zelanti zu Aci-Reale,
der Sociedad del Folk-lore Castellano
zu Madrid, der Associagao dos Jor-
nalistas e Escriptores zu Liſſabon. Ein
Chlagfluß, der ihn zu Anfang diejes
Jahres (1887) betroffen, hat ihn faft ganz
des Gedächtniſſes beraubt und hindert ihn
daher, ſich ferner mit wiſſenſchaftlichen
Arbeiten zu beichäftigen.
Er gab heraus: Der Pentamerone oder das
Märchen aller Märchen, aus dem Neapolitaniſchen
übertragen von F. 2., nebit einer Vorrede von
Jacob Grimm (1846), Des heiligen Johannes
von Damascus Barlaam und Zofaphat, aus dem
Griehiihen, mit einem Vorwort von Ludolph
von Bededorff (1847), John Dunlops Geſchichte
der Proſadichtungen oder Gefhichte der Romane,
Novellen, Märchen u. ſ. w., aus dem Englifchen,
vielfach vermehrt und beridhtigt, ſowie mit ein»
leitender VBorrede, ausführlihen Anmerkungen und
einem vollitändigen Regiiter verjehen (1851), Des
Gervafius von Tilburg Otia Imperialia, in einer
Auswahl neu herausgegeben und mit Anmerkun:
gen begleitet (ein Beitrag zur deutſchen Mytho—
logie und- Sagenforjhung, 1856), Zur Volks—
funde, alte und neue Auffäte (1879). Die Werte
wurden in deutfchen und fremden Zeitungen vor:
züglich beiprochen.
Liebrecht, Marie, |. Digrie Haug.
Lienan, Wilhelm, wurde am 2. No:
vember 1831 zu Neujtadt a. d. Oſtſee in
Holjtein geboren, bejuchte das Gymnafium
zu Lübeck und trat als Lehrling in eine
Apotheke dajelbit ein.
Ihiedenen chemiſchen Zeitichriften: „Ardiv der
Pharmacie”, „Chemiſche Centralballe” u. a.,
gründete und redigierte die „Semeinnügigen Blät⸗
ter" (mit dem Rechtsanwalt Böhnder), die aber
fpäter eingingen, ſchrieb 1863 die „Flora des
Fürftentums Lübeck“ und wurde als Gerichts—
chemiker für daflelbe angeftelt. 1879 ver:
faufte er jeine Apothefe und zog bald dar:
auf nad) Rendsburg, wo er eine Droguen-
handlung anlegte und die jchleswig-hol-
jteinfche „Filchereisgeitung“ gründete, die,
als 2. nad) zwei Jahren von der Redaktion
zurüdtrat, aufhörte zu ericheinen. Nach»
dem er feine Droguenhandlung verkauft,
ift 2. als Gerichtschemifer in Rendsburg
beeidigt und beichäftigt ſich außer mit vor:
fommenden chemiſchen Unterfuchungen mit
literariichen Arbeiten.
Lier, Hermann Arthur, geb. am 1. Fe—
bruar 1857 zu Herenhut als Sohn eines
Kaufmanns, bezog, nachdem er für kurze
Zeit die Erziehungsanftalt der Brüder:
‚gemeinde zu Nisfy bejucht hatte, 1872
das Gymnaſium zu Zittau, das er nad)
Beftehung der Reifeprüfung 1878 wieder
verließ, um fih dem Studium der Ger
ſchichte zu widmen. Er wandte ſich zu die:
ſem Zweck zunächft nah München, wo er
gleich im Beginn des erften Semefters in
das von Wilh. von Giejebrecht geleitete
hiftorifche Seminar eintrat. In München
Als 1849 zum verfaßte er eine Arbeit über den Augs—
zweiten Dale der Krieg gegen Dänemark burgiſchen Humaniftenfreis mit befonderer Beruͤck⸗
Lierow.
—** Bernhard Adelmann's von Adelmanns⸗
elden, auf Grund welcher er 1882 zu Leip⸗
zig promovierte. Nach Leipzig war er be—
358
— Lilie.
Dann ging er nach Schleiermachers Tode
1834 nach Roſtock zur Vollendung ſeiner
Studien. 1835 abſolvierte er das Ten-
reit6 1879 übergejiedelt, um dort jeine tamen und 1838 das Rigorofum und
Studien zu vollenden.
arbeiter an der fgl. öffentlichen Biblio:
thef zu Dresden, welche er noch inne hat,
nachdem ihm 1886 der Titel eines Euftos
verliehen worden it.
Zum Teil im Zufammenbange mit feiner amt:
lihen Thätigfeit hat er ji in Dresden vor allen
ber Beichäftigung mit der deutichen Literatur zus
ewandt, während ihm feine Vorliebe für die bil-
ende Aunft zu verichiedenen Arbeiten auf diefem
Gebiet anregte. Noch in Leipzig jchrieb er einen
Auflag unter dem Titel: „Ottmar Nachtigalls
Joci ac sales mire festivi. Ein Beitrag zur
Kenntnis der Schwantliteratur im 16. Jahrhuns |
dert.“ Einige Jahre Ipäter veröffentlichte er „Die
Briefe des Dichters 3.3. Ewald an den Stall:
meijter von Brandt.” Neben diefen Arbeiten lie:
erte er zahlreiche populärwilienihaftlihe Auf:
äte aus den Gebieten der Geſchichte, Literatur und
Kunst für Zeitichriften und Tagesblätter. Auch
iſt er Mitarbeiter der „Allgemeinen deutichen Bio:
graphie“. 1886 übernahm er die Bearbeitung
des Tertes für das von W. v. Seidlik heraus:
gegebene „Hiſtoriſche Porträtwerk“.
Lierow, Guſtav Adolph Wilhelm, iſt
geboren den 30. Januar 1813 zu Spendin
bei Kloſter Dobbertin (Mecklenburg), wo
ſein Vater Gutspächter war. Die erſten
10 Jahre verlebte er im elterlichen Hauſe.
Dann fam er in das Haus des Kloſter—
hauptmanns Ferdinand von Raven zu
Dobbertin, um mit deſſen älteftem Sohne
unterrichtet und erzogen zu werden. Hier
nahm ſich auch die edle Frau des Haufes
feiner aufs Freundlichjte an und blieb
zeitlebens feine muütterlihe Freundin.
1828 bezog erdas Gymnaſium zu Güftrom
und 1832 die Univerfität zu Berlin, um un:
ter Schleiermadjer und Neander Theologie
zu ftudieren. 1833 ging er nad) Göt-
fingen, wo er mit dem Profeſſor Ama-
deus Wendt befreundet wurde, ber ihn
an Adalbert von Chamiſſo empfahl. Bon
Göttingen fehrte er 1833 nad Berlin
zurüd, wo er num auch mit Adelbert v.
Chamiſſo in freundlihen Verkehr trat.
tung fanden.
n. 1881 erhielt er | wurde im felben Jahre zu Lohmen zum
eine Anjtellung als wiſſenſchaftlicher Hilfs- | Paſtor erwählt.
Er verheiratete ſich
1847 mit Dttilie, geb. Zangfeld, der Tochter
eines Gerichtsrats zu Parchim.
Er gab 1842 einen Band „Lyriſche Gedichte‘
heraus, welche jehr wohlwollend beſprochen wur ⸗
den; ſodann 1843 mit John Brinkman das
„Meckl. Album‘‘, dann 1844 „Chriftliche Zeit
lieder. Dann erſchienen 1848 ‚Vier Lieder“,
die damals in der Prefie ganz befondere Bea»
Dann erihien „Am Reformations⸗
feſt“ (1882, ein Seitlied). Außerdem finden ſich
zerftreut Lieder von ihm in vielen Zeitfchriften,
die er noch zu einem Bande zu fammeln beab»
fichtigt.
Lilie, Adolf (Wolfgang Schild), wurde
am 22. Dftober 1851 zu Ober⸗-Kratzau
in Deutſch-Böhmen als der Sohn eines
Tuchmalfersgeboren. Er beſuchte die Stadt:
ſchule in Kratzau und kam dann auf die Real⸗
ſchule nach Reichenberg, mußte dieſelbe aber
ſchon nach zwei Jahren verlaſſen, da ſeinem
Vater, infolge des ſchlechten Geſchäftsgan—
ges im Kriegsjahre 1866, die Mittel zu ſei—
nem Weiterſtudium fehlten. Schweren Her—
zens nahm er von dem liebgewordenen
Studium Abſchied und wurde Tuchmacher.
1869— 72 war er im Geſchäfte feines
Vaters thätig, ſehnte fi) aber aus den
Feſſeln heraus und wurde, als es, infolge
eines neuen Aufichwunges der Schule,
überall an Lehrern fehlte, Aushilfslehrer
an der Schule zu Maffersdorf. Diejes
Amt war fein verlodendes, jondern 309
Demütigungen und Enttäufhungen nad)
fi, die ber, für die Jugendbildung be
geifterte 2. ſchwer empfand. Er beſchloß,
„wirklicher“ Unterlehrer zu werden, und
befuchte zu dieſem Zwed die Lehrerbil-
dungsanftalt zu Trautenau. Auf Grund
feines Beugnifies erhielt er, nachdem er
fih von einer ſchweren Erkrankung, in
folge Überanftrengung, erholt hatte, eine
Anftellung als Unterlehrer an der Knaben:
ſchule zu Gablonz, an der er noch heute
Liliencron.
wirkt. 1879 erwarb er ſich das Zeugnis
für Bürgerſchulen.
Die in jenem Jahre erwachende nationale Bes
wegung begeiiterte 2. und lich ihn den Plan
faiten, eine Erzählung auf deutichnationaler Grund»
lage zu fchreiben und in derfelben für die deutſch—
nationale Erziehung einzutreten. Sein Plan ver:
wirflichte ich bald. Xeider fand fein Wert,
dem er den Titel „Auf treuer deutiher Wacht“
gegeben hat, zwar eine treffliche Beurteilung,
trogdem aber nicht den erhofften Erfolg. Dejien
ungeachtet verlor 2. nicht den Mut, fondern jtrebt
auf der beichrittenen Bahn rüjtig vorwärts.
Lilieneron, Nohus Freiherr von,
wurde am 8. Dezember 1820 in Plön
(Holjtein) geboren, genoß eine treffliche,
von tüchtigen Hauslehrern geleitete Erz
ziehung, bejuchte zweds Abihluß feiner
Vorbildung die Gymnaſien zu Plön und
zu Lübeck und bezog im 20. Lebensjahre
die Univerfität Kiel, um Theologie zu
jtudieren. Da ihm diejes Studium jedod) |
nicht zufagte, wandte er ſich den Rechts—
wiſſenſchaften, jpäter aber wieder in Kiel,
nachdem er inzwiichen auch Hörer an ber
Berliner Hochſchule gewejen, germani—
ſtiſchen Studien zu. Im Jahre 1846
wurde er zum Doktor promoviert, und ging |
nad Dänemarf,umnordiiche Spradjtudien
359
— Silienfeld.
Redaktion der, ‚Allgemeinen deutichen Bio-
graphie“ zu leiten, zu welchem Zweck er
nad) München überfiedelte. Im Jahre
1876 wurde 2. zum Prälaten und Propjt
des adeligen St. Johanniskloſters zu Schles-
wig ernannt, in welcher ritterichaftlichen
Stellung er noch jegt amtiert. — Literariſch
bat fih 2. beſonders als ausgezeichneter
Germanift einen Ruf erworben.
Hervorzuheben: Lieder und Sprüche aus ber
legten Zeit des Minnefangs (mit W. Stade
1855), Über die Nibelungenhandichrift E. (1856),
Düringiihe Chronik von Johann Rothe (1859),
Die hiſtoriſchen Volkslieder der Deutichen vom
13.— 16. Jahrhund. (1865—69), Deutiches Leben
im Bolfslied um 1530 (18855).
Lilienfeld, Baul von, entitammt dem
livländifchen Zweige einer alten, in Liv—
und Eitland weitverbreiteten Adelsfami-
lie. Er ift zu Bialyitod am 29. Januar
1829 geboren, erhielt feine erite Erzie—
bung auf dem väterlichen Gute Hallef bei
Bernau. Danad) fam er auf das Peters—
burger Gymnaſium und endlid in das
faiferl. Alerander:&yceum, wo er ſich vor:
nehmlih mit Nationalöfonomie beſchäf—
tigte. 1849 trat er in den Staatsdienft
als Beamter im Ofonomiedepartement des
an Ort und Stelle zu betreiben. 1848
habilitierte er fich zu Bonn, unterbrad)
jedoch feine afademiiche Laufbahn, um an
der Erhebung jeines Vaterlandes gegen
Dänemark teilzunehmen, was er als Be:
vollmächtigter der proviforischen Regierung
bis 1850 in Berlin that. Zum Pro:
feſſor in Kiel ernannt, jedoch von der dä—
niſchen Regierung nicht anerkannt, folgte
er 1852 einem Rufe als außerord. Pro:
feſſor der deutichen Philologie nach Jena.
Nur 3 Zahre lehrte er hier, dann wurde er
zum Sachſen⸗Meiningiſchen Geheimen Ka—
binetsrat ernannt und bald darauf auch
mit der Intendantur und Leitung der
Hoffapelle betraut, ſpäter auch zum Her:
joglihen Bibliothefar ernannt. 1869
wurde 2. zum Mitglied der bayerijchen
Akademie der Wiflenichaften erwählt und
von der hiftorischen Kommiſſion in München |
mit dem ehrenvollen Auftrag bedacht, die
!
1
Minifteriums des Innern unter N. Mi-
liutin, deſſen beſonderer Gunft v. 2. fi
zu erfreuen hatte. 1853 erfolgte L.'s An—
jtellung beim Gouvernement von Eitland
in Neval. Während des Krimfrieges
wurde 2. dem fommandierenden General
Grafen v. Berg zugeteilt, den er auch als
Beamter nad) Finnland begleitete. Dort
vermählte fih P. v. 2. mit der Gräfin
Caroline Mellin. Er gab fi) nun der
Verwaltung feiner ausgedehnten Güter im
Beterhofichen Kreije hin und wurde 1861
vom Staat als Friedensvermittler jenes
Kreifes ernannt, welches jchwierige Amt
er mit großem Erfolg bis 1867 verwal-
tete, und bei welcher Gelegenheit er ſich
namhafte Verdienite um die Negelung der
Wirren erwarb, die bei der damals er-
folgten Abſchaffung der Leibeigenſchaft ent-
ftanden. Seine Beitrebungen wurden durch
Verleihung von Orden und Ehrenzeichen,
Limpurg.
360
Lindau.
wie durch die Erwählung zum Präfidenten | tigte, über die er auch im „Deutichen
des Landichaftsamts des Beterhofichen
Kreifes anerfannt. Manchen wichtigen
Fortſchritt inbetreff des Schulweſens ꝛc.
rief er hier ins Leben. 1866 wurde er
auch zum Ehrenfriedensrichter und bald
danach zum Präſidenten dieſer Körperſchaft
berufen. So lernte er Land und Leute
gründlich kennen, und auch die Schatten:
jeiten der dort herrichenden Verhältniſſe
blieben ihm nicht fremd. Er legte dieſe
Erfahrungen in dem (anonym erichiene-
nen) Bud: Sand und Freiheit (1868, ins
Deutjche überfegt 1870) nieder. Vorher ſchon
(1860) war 2. mit Erfolg literarifch an die Offent«
Iichfeit getreten, und zwar mit dem trefflichen
Werk: Grundlagen der Nationalöfonomie. | : r
en 1877 die Monatsfchrift „Nord und Süd”,
Jahre 1867 wurde v. L. zum Vice-Gouver:
neur von Petersburg und 1860 zum Gou—
verneur von Kurland ernannt, als welcher
er fih das volljte Vertrauen und die An-
erfennung der Bewohner jeiner Provinz
erwarb. Er wirkte in diefer einflußreichen |
Stellung bis 1885, da er fid) nad) Peters-
burg zurüdzog und zum Senateur ernannt
wurde. Die Staatsregierung ehrte den
verdienjtvollen Beamten durch Verleihung
vieler hoher Orden.
Was L.'s literariſche Thätigkeit anbetrifft, jo
ift befonders fein hochbedeutendes, von ungemei:
nem Wiffen und klarſter philoſophiſcher Anſchau—
ung zeugendes Werft: Gedanken über die Sozials
wwiffenfchaft der Zukunft (5 Bde. 1873—81), her:
vorzuheben: I. Die menſchliche Gefellichaft als
realer Organismus, 1]. Die fozialen Geſetze,
III. Die foziale Pſychophyſik, IV. Die foziale
Phyſiologie, V. Der Verſuch einer natürlichen
Theologie. Das im wahren Sinne des Wortes
monumentale Werk hat die höchſte Anerkennung
ſe itens aller Autoritäten auf diefem Gebiete ge:
funden.
Limpurg, Franz,
haufen.
Lindau, Paul, wurde am 3. Zuli
ſ. Ziegler⸗Kli pp:
Muſeum“ 2c. feine erſten Aufſätze ver:
öffentlichte. Promovierte nach ſeiner Rück—
kehr in die Heimat mit einer Diſſertation
über Molières Individualität in ſeinen
Werken. Trat zunächſt in die Redaktion
der „Allgemeinen Preußiſchen Zeitung“
ein, leitete dann ſelbſtändig die „Düflel-
dorfer Zeitung“, jpäter die „Elberfelder
Zeitung“, begründete 1869 das „Neue
Blatt” in Leipzig, ſiedelte 1871 nad
Berlin über, wo er furze Zeit ald Nach—
folger Carl Heigels die Redaktion der Lis
terariichen Beilage des „Bazar“ erledigte,
rief 1872 die „Gegenwart“ ins eben,
deren Redakteur er bis 1881 blieb, und
deren Herausgeber er noch heut iſt. Der
Verſuch, eine jpezifiih Berliner Wochen⸗
fohrift unter dem Titel „Das Neue Ber
lin“ zu fchaffen, fchlug fehl. Neben die-
jer, feiner journaliftiihen Wirkſamkeit er-
warb fih 2. auch den Auf eines äußerft
‚fruchtbaren und genialen Schriftftellers.
| Yelonbers ragt er auf dem Felde ber
"Satire hervor, feine Harmlofe Briefe eines
| deutichen NHleinftädters (1870-71, 2. Wufl.
11879), zählen zu ben beiten Erzeug—
niffen jener Gattung, die wir überhaupt
befigen. Auch als Bühnendichter ver:
‚zeichnet 2. ungewöhnliche Erfolge, wenn
auch feine eigentlihe Domäne die Plaus
derei ift. Dieſe ſprudelt in geiftreicher,
nie ermübdender, nie langmweiliger Weife,
von Schneidigen Geiftesbligen durchleuchtet,
aus jeiner Feder, und wenn er aud) zahl:
loſe Nachahmer gefunden hat, fo ift Lindau
doch ihr Meifter geblieben. Won beion:
derer Bedeutung für &. wurde der Auf-
‚enthalt in Leipzig, wo er mit Heinrich
Laube in innigften Verkehr trat. Laube
brachte auch L.'s dramatiiches Erftlings:
1839 in Magdeburg geboren, ging nad) | werk Marion“ am dortigen Stadtthealer
Abjolvierung jeiner Studien in Halle und | zur Aufführung, und dem andauernden re
Berlin nad) Paris, wo er fi) während gen Verkehr mit Laube, der inzwiſchen
eines mehrjährigen Aufenthaltes mit der nach Wien als Direktor des von ihm ge:
franzöfiichen Literatur namentlich des acht- gründeten Etadttheaters übergeftebelt war,
zehnten Jahrhunderts eingehend beſchäf- | ift es zuzufchreiben, daß L. fih nun vor
361
Lindau. Linde.
Allem der Bühnenfchriftitellerei zumandte. | Amt zu Berlin verfegt, 1880 zum vor:
„Maria und Magdalena‘ war eines der er: tragenden Rat und 1884 zum Geheim—
ſten Schaufpiele, die das Laube'ſche Stadt:
theater mit größtem Erfolge zur Auffüh:
rung bradte.
Hauptichriften: Bühnenmwerfe: Theater (1879
bis 1881, 2. Aufl.) und Schau: und Luftipiele
(1888): Marion, In diplomatifcher Sendung, |
Maria und Magdalena, Diana, Ein Erfolg,
Tante Thereje, Der Zankapfel, Gräfin Lea, Ber: |
fhämte Arbeit, Jungbrunnen, rau Sufanne
(mit Hugo Lubliner), Mariannens Mutter, Ga:
leotto (nad) Echegaray). Erzählungen und Ro:
mane: Kleine Gefchichten (1872), Herr und Frau
Bewer (1852, 8. Aufl. 1887), Toggenburg und
andere Geichichten (1583), Mayo (1884, 5. Aufl.),
Helene Jung (1885), Der Zug nad) dem Weiten
(1886, 5. Aufl. 1887), Arme Mädchen (1887).
Siterariihe und kritiihe Schriften: Literarifche
Rüdfichtslofigkeiten (3. Aufl. 1872), Moliere
(1872), Alfred de Muffet (2. Aufl. 1877), Dra:
maturgifche Blätter (1874, Neue Folge 1879),
Gefammelte Aufläge (1875), Aus dem literari«
ſchen Franfreih (2. Aufl. 1882). Reifen: Aus
Venetien (1864), Aus Paris (1865), Vergnü—
aungäreilen (1875), Aus der neuen Welt (1885),
Im Fluge (1885). Verichiedenes: Harmlofe Briefe
eined deutichen Kleinftädters (1870 und 1871,
2. umgearbeitete Aufl. 1879), Moderne Märchen
(1871), Nüchterne Briefe aus Bayreuth (1876,
11. Aufl. 1887), Überflüffige Briefe (3. Aufl.
1878), Wie ein Luftipiel entfteht und vergeht
(1876), Zwei ernjthafte Geichichten (1877, 2.
Aufl. 1878), Bayreuther Briefe vom reinen Tho—
ren, Rarfifal (5. Aufl. 1883), Aus der Haupts
ftadt (2., Aufl. 1883), Interefiante Fälle
(1888). Überlegungen zahlreiher Werfe von
Augier, Dumas und Sardou.
Lindau, Rubolf, geboren am 10. Of:
tober 1830 zu Gardelegen (Alimarf), ein
Bruder des Vorigen, fiudierte Philoſophie
und Philologie, um den Beruf eines Zeh:
rers zu ergreifen, dem er auch ſechs Jahre
lang in Frankreich oblag. Glüdliche per:
ſönliche Verbindungen ermöglichten ihm
den Eintritt in die diplomatiſche Karriere,
welche ihn weit in der Melt berumführte,
jo befonders für lange Zeit nad Aſien,
deſſen Rolf und feine Sitten er gründlid) |
ftudierte. Nach Teutichland zurüdgefehrt,
Attaché der deutihen Botſchaft in Paris
auszuzeichnen, worauf cr, 1877 zum Le:
\
wurbe ihm Gelegenheit geboten, fich | mit dem monumentalen Werf:
‚Rat ernannt wurde.
| Literarifch machte 2. ſich in Deutfchland zuerft
bekannt dur feine Berichte aus dem deutſch—
franz. Kriege, den er als Sekretär des Prinzen
Auguft von Württemberg mitmachte. Diefelben
erichienen jpäter gefammelt in Buchform. Bor:
nehmlich ift 2. aber ala Novelliit bervorgetreten.
Hauptwerfe: Un voyage autour du Japon
(1863), Peines Perdues (Nov. 1871), Die preu-
Hiihe Garde im Feldzuge 1870—71 (1872), Er:
zählungen und Novellen (1873), Robert Aſhton
(Rom. 1876), Schiffbrud (Nom. 1877), Liquidiert
(Nov, 1877), Bier Novellen (1878), Gordon
Baldwin (Nov. 1878), Die Heine Welt (Nov.
1879), Gute Gefellihaft (Rom. 1880), Winter:
tage (1882), Der Gaſt (Nov. 1883), Auf der Fahrt
(Nov. 1886).
Linde, Antonius von der, wurde am
14. November 1833 zu Haarlem in Hol-
land geboren, jtudierte in Amjterdam,
Leyden und Göttingen Theologie und
wurde im Sahre 1859 in Amjterdam
als altreformierter Prediger angeſtellt.
Sein begeijtertes Eintreten für Deutſch—
lands Ehre und Anſprüche vernotwendigte
im Jahre 1871 feine Auswanderung nad)
Deutichland. 2. wurde 1876 als Preuße
nationalifiert und wirft jeitvem als Ober:
bibliothefar der kgl. Landesbibliothek in
Wiesbaden. 2.,deralseinerdergelehrteiten
lebenden Träger der Wiſſenſchaft gilt, hat
ſich literarifch vornehmlich und zuerſt wei-
‚ten Kreifen durch jeine Ehrenrettung Gus
tenbergs gegenüber dem Coſterſchwindel
befannt gemadt. Er hat eine anerfen:
nenswerte Vorliebe dafür, dunklen Exiſten⸗
zen, vor allem falſch beurteilten Berfön-
lichkeiten nadhzufpüren. Eo hat er unter
anderen die Geichichte des falichen Deme—
trius und den Caſpar Haufer geichrieben,
fo bat er die entlegenjten Quellen der
Geſchichte und der Literatur des Schach—
ipiels aufgeſucht, insbefondere aber einen
glänzenden Beweis feines Willens und
Ihichte und Erfindung der Buchdruck—
funft erbradt.
Aus dem vielfeitigen verdienftlihen und all«
gationsrat ernannt, in Tas Auswärtige | feitig anerfannten literarifchen Schaffen A. v. d.
Lindenberg.
Lindes heben wir bejonders hervor: Bibliographien:
Haarlem (1868), Balth. Bekker (1869), Bened. Spi-
noza (1871), Die Handichriften der k. Landesbiblio—
thef zu Wiesbaden (1877), Die Naffauer Drude
dalelbit (1882), Die Naflauer Brunnenliteratur
daſelbſt (1883), Das Breviarium Moguntinum
(1884) ıc.; Theologie: Ecelesia Reformata mi-
litans (1859), Das Konzil von Dordrecht (1863),
Das Leben Jeſu (1865), Gefammelte Abhandl.
(1866— 68); Philoſophie: Spinoza (1862), Schel«
lings Philoſophie der Offenbarung (1862), Ideen
(1867); Viele Werke über Schahfunde, Haupt:
werfe: Geichichte und Literatur des Schahipiels
(1874) und Quellenftudien (1851); Geſchichte:
Histoire des guerres de la Moscovie (1866),
Die Haarlemer Cojterlegende (1870), Gutenberg
(1878), Geichichte der Erfindung der Buchdrud:
funft (1886), Kafpar Haufer (1886).
Lindenberg, Baul, geb. am 11. No:
vember 1859 in Berlin, befuchte zuerft das
Gymnaſium feiner Vaterftadt, dann das in
Görlitz, zeigte Schon früh literarische Nei-
gungen und veröffentlichte bereits wäh:
rend feiner Gymnaſialzeit einige Jugend:
und Volfserzählungen. Durd den Tob
feines Vaters an einer weiteren Univer-
fitätsausbildung gehindert, widmete er fich,
um auch praftiihe literarische Erfahrun:
gen zu jammeln, fürzere Zeit hindurd)
dem Buchhandel und befleidete darauf
mehrere Jahre hindurch die Stellung eines
Feuilleton:Redafteurs der „Görlitz. Nach—
richten“. Als die Tendenz der Zeitung
geändert wurde, trat er aus der Redak—
tion, und nachdem er ganz Süddeutſch—
land, Italien, die Schweiz 2c. bereiit,
folgte er 1882 einem Rufe als Redak—
teur an die „Deutiche Rundſchau“. Als
befonderes literariiches Feld wählte er
jeitden die Geichichte der Entwidlung
feiner Vaterſtadt Berlin, welches Gebiet
2. anerkannt meilterhaft beherriht und
auf dem er ungewöhnliche Erfolge errang.
Von feinen Schriften heben wir befonders
hervor:
Dem Kaifer, deutihe Dichtergaben (1878), Aus
der Zeit — für die Zeit (Feuillet. 2, A. 1883),
Berlin, Schuglos und ſchuldlos (Nov. 2. Aufl.
1884), Berliner Blut (heit. und ernite Geſch.,
2. Aufl. 1885), Berlin (illuftr. 1886), Potsdam
(iluftr. 1856), Federzüge (HFeuillet. 2. Aufl.
orte (2. Aufl. 1887),
1886), Berlin. geflügelte
Im Weichbilde des Bären (Berlin, Skizz. 1887).
362
Lindner.
| — Außerdem gab er im Auftrage der Afrikan.
Geſellſchaft heraus: Otto Schütt’3 Reifen im füd»
weitlihen Becken des Kongo (1887).
Lindner, Chriſtian Albert, wurde am
24. April 1831 in Sulza als der Sohn
eines Salinenbeamten geboren, bejuchte
das Gymnafium zu Weimar und bezog
1849 die Univerfität Jena, um Philo—
logie zu ftudieren. Der Vater in jeinen
beicheidenen Verhältniſſen war nicht im
‚Stande, ihm vielen Zuihuß zu geben,
‚und obwohl der junge Student förmlich
‚in Privatitunden ſchwelgte, vermochte er
nicht, die nötigen Mittel zur Beendigung
‚feines Studiums zu erihwingen. Co
wurde er Hauslehrer auf einem Gute in
‚Pommern. Eine dreijährige peinliche
Sparſamkeit ermöglichte 2. den Abſchluß
‘feiner Studien in Berlin, wo er aud)
zum Doftor promoviert wurde und 1861
jein Staatseramen ablegte. Er wirkte
nun als Lehrer in Prenzlau, dann in
Spremberg, dann in Rudolſtadt. Der
‚große Erfolg, welchen jein Trauerjpiel
Brutus und Collatinus (1866), das er in das
maliger Zeit verfaßt hatte, errang, ver:
lodte den hoffnungsfreudigen Dichter zur
Aufgabe feiner ficheren Brotitelle, um
„frei“ zu fein und in Berlin ausſchließlich
der Schriftitellerei zu leben. Nun kamen
fchwere Jahre der Not und bitterjten Ent-
behrung. Er hatte ſich das anders ge
dacht, ahnungslos, daß der Dichter im
Golde wühlt, aber meiſt ohne Geld ilt.
Wieder mußten die Privatitunden aus-
helfen, und wieder „ſchwelgte“ er darin.
Dies Halten nad) Brot und Ruhm un:
tergrub feine geijtige und körperliche Ge:
jundheit, und als ihm endlich Hilfe wurde,
da war es jchier zu fpät. Albert Lindner
war ein Liebling der Nation geworden,
aber fie hatte ihn fait verhungern laſſen.
Völlig gebrochen, lebt, nein — vegetiert 2.
in einer Anftalt für Geiftesfranfe. Außer
dem genannten, heben wir von L.'s glän-
zend anerfannten Werfen folgende hervor:
Dante Mligbieri (Dram. Gedicht), William
Shafeipeare (Schſp.), Stauf und Welf (Trip.),
Lindner.
Katharina II. (Trip.), Die Bluthochzeit oder Die
Bartholomäusnaht (Trip.), Marino Falieri
(Trip.), Don Juan d’Auftria (Trſp.), Geihichten
und Gejtalten (1877), Das Ewig: Weibliche (1878),
Das Rätſel der Frauenjeele (Nov. 1882), Völker:
frühling (Nov. 1882), Der Schwan von Avon
(1881), Der Reformator (Dram. 1883).
Lindner, Felir, geboren am 4. Mai
1849 zu Dels in Schlefien, beſuchte das
Gymnaſium zu Bunzlau in Schlefien;
ftudierte neuere Sprachen in Breslau und
Berlin 1868— 71; vollendete dann feine
Studien in England: Spring Hill Col-
lege, Moſeley bei Birmingham; promo—
vierte 1872 in Roſtock, legte fein Staats-
eramen in Breslau 1873 ab, und wurde
1873 in Roftod i. M. am Realgymnas
fium als Lehrer angeftellt. Michaelis
1873 habilitierte er fih als Privatdozent
an der dortigen Univerfität.
Außer vielen Artiteln in den Fachzeitſchriften
und außer Rezenfionen hervorzuheben: Über die
Beziehungen des Ortnit zu Huon de Bordeaux
(Differtation 1872), Über das Präfix a im Eng-
Küchen (Habilitationsichrift 1873), Lobgedicht auf
die Zuſammenkunft Franz I. mit Carl V. in
Aiguesmortes, nad) dem Original auf der Roft.
Univ.:Bibl. herausgegeben (1575), Grundriß der
Laut⸗ und Flexions-Analyſe der neufranzöſiſchen
Schriftſprache (1881).
Lindner, Guſtav, wurde am 23.
Sanuar 1833 in Breslau geboren. Er
bezog nad Beendigung feiner Schulſtu⸗
dien die Univerfität feiner Waterjtadt
(1851—55), promovierte 1855 diejelbe,
wurde darauf Erzieher und Lehrer am
Pädagogium in Züllihau (1855—59),
alsdann Lehrer am Dlagdalenäum in
Breslau(1859— 67), Prorektor am Gym:
nafium zu Hirſchberg (186”—70) und
ift ſeit 1870 Direktor deifei en Gymna—
fiums. Er madte fi literarifch befon-
ders befannt durch feine vorzügliche Griechi—
Ihe Syntar (5. Aufl. 1881). Außerdem her-
vorzuheben:
363
Lingau.
Lingau, Otto, ſ. D. Hellinghaus.
Lingg, Hermann, wurde am 22. Ja=
nuar 1820 zu Lindau am Bodenjee ge:
boren, jtudierte nach Abjolvierung des
Gymnaſiums zu Kempten an den Univer:
fitäten Münden, Freiburg, Berlin und
Prag Medizin, wurde 1843 zum Doktor
promoviert und trat im gleichen Jahre
als Arzt in die Armee, der er als folder
bis zum Jahre 1851 angehörte. Danad)
zog er nah München, wo er noch jest
lebt. Literariſch trat er zuerit (auf Ver:
anlaffung feines Freundes Emanuel Gei-
bel) mit „Gedichten“ (1854) hervor,
welche ihrer ungemeinen Formvollendung
halber die Aufmerkſamkeit der Kritif auf
fih lenkten und Großes von dem Dichter
verhießen. Daß dieje Hoffnung feines:
wegs getäujcht, ſondern ſich voll bewahr:
heitet hat, darüber herrſcht heute, da
Hermann Lingg unfern vornehmiten Par:
naßboten zuzählt, fein Zweifel. Bejonders
die Lyrif und das Epos meiſtert L. in
fait unvergleichliher Weiſe; gemaltige
kosmiſche und hiſtoriſche Objekte in den
fnappen Rahmen eines Gedichts zu fallen,
veriteht faum einer unter den lebenden
Dichtern jo wie Lingg. Auch auf dem
‚Gebiete des Dramas hat 2. bedeutende
Erfolge zu verzeichnen.
Hauptwerke: Catilina (Trfp., 1864), Die Wal:
füren (Ep., 1864), Die Bölterwanderung (Ep,,
1868), Gedichte (1868), Waterländiihe Balladen
und Geſänge (1868), Gedichte (1870), Zeitge:
dichte (1870), Biolante (Dram. 1871), Dunfle
Gewalten (Ep., 1872), Der Doge (Dram., 1873),
Berthold Schwarz (Dram., 1874), Macalda
(Trſp. 1877), Schlußiteine (Ged., 1878), By:
zantinifche Novellen (1871), Bon Wald und See
(Nov., 1883), Elytia (Dram., 1883), Lyriſches,
Neue Gedichte (1885), Die frauen Salones
‚(Dram. 1886),
Linke, Oskar, am 15. Juli 1854
in Berlin geboren, ftudierte zuerjt Phi-
Griechiſche Formenlehre (1863), De M. Por- |lologie, um fi) dem Lehrerberuf zu mwibd-
cio Latrone comment. (diss. inaug., 1855), | men, gab jedoch dieſe Abficht auf und
De Lucio Cestio Pio com. (1858), De Arellio
Fusco com. (1862), De C. Albucio Silo com.
(1861), De Junio Gallione com. (1868), Eine
Handichriftliche Chronik von Hirihberg (1874).
ging zum Studium der Philofophie, Kunit-
wilfenihaft und Literatur über, 1877
zum Doktor promoviert, betrieb er noch
Linz.Godin. —
fleißig weitere literariſche und äſthetiſche
Studien, begann daneben zu ſchriftſtellern,
und zunächſt ohne Erfolg, beſchloß er doch,
ganz im Dienſte der Muſen zu leben.
Perſönlicher und ſchriftlicher langjähriger
Verkehr mit R. Hamerling und E. von
Hartmann iſt für ihn von beſonderer Be—
deutung geworden.
Hauptwerke: Mileſiſche Märchen, Das Bild
Eros (Nov.), Präludien (Nov), Leukothea (Rom.),
Eros und Pſyche (Ep.), Aus dem Paradieſe
(Ged.), Liebeszauber (Rom.), Ergo bibamus
(Sed.), Die Bienen (Epigramme), Die Fürftin
dieier Welt (Nov.), Satan (Nov.), Die Ver:
ſuchung des heiligen Antonius (Epos), Antinous |
(Epos), Tas Leben Jefu (Rom.).
Linz: Godin, Amelie (Am. Godin),
wurde am 22. Mai 1824 in Bamberg |
geboren, empfing eine ungewöhnlich gute
häusliche Erziehung und verheiratete fich |
in ihrem 20. Zebensjahre mit einem hoc):
gebildeten Offizier. In glüclichfter Ehe
lebte fie nun an der Eeite ihres Gatten
in deffen Garnijonen, zunächſt in Koblenz,
dann in Mainz, darauf in Stettin und
(hlieglih in Stralfund. 1870 zerriß
der Tod diefes Band, und Amelie 8.
fiedelte nah München über, wo fie nod)
jegt lebt, ausschließlich literar. Schaffen,
deſſen Beginn fich jedoch bereits in die
erite Zeit ihrer Ehe zurüddatiert, hinge—
geben, — bejonders als Märchenerzählerin
beliebt.
Hauptwerke: Märchen (1860), Märchen aus
Feld und Wieſe (1861), Eine Kataftrophe und
ihre Folgen (Rom. 1863), Der Magdborn (Dicht.
1865), Neue Märchen (1867), Wally (Rom. 1870),
Frauenstiebe und Leben (1874), Neues Märchen:
buch (1874), Schidjale (Nov. 1881), Mutter und
Sohn (Rom. 1882), Gräfin Lenora (Rom. 1882),
Polniſche Volksmärchen (1883), Märden aus
364
aller Herren Ländern (1883).
Lion, E. Theodor, geboren zu Göt—
tingen den 23. Mai 1838, stud. phil. |
ebendajelbit von 1856—59, ordentliches |
Mitglied des k. philol. Seminars bis
Dftern 1859, des k. pädagogiichen und
arhäologiihen Seminars von 1858 bis
1859, beftand die Prüfung für das Lehr:
amt an höheren Lehranſtalten 1859, pro—
—
Lipkowitz.
movierte 1861 (Doktordiſſertation: Oe-
dipus Rex quo tempore a Sophocle
docta sit quaeritur), wurde von 1861
bis 1862 proviforiih am f. Domgym⸗
nafium in Magdeburg beſchäftigt (Bro:
grammabhandlung 1862: De parabasi
in Aristophanis Acharnensibus com-
mentatio), als ordentlicher Zehrer in Jen:
fau bei Danzig von 1862—67, Rektor
des Realprogymnafiums zu LZangenfalza
von 1867— 79, Oberlehrer am Realgym-
naftum und Gymnafium zu Hagen in
Weitfalen von 1879 —85, erhielt das Prä—
difat Profeſſor 1884, wurde infolge eines
Gebörleidens auf jeinen Antrag 1885 in
den Ruheſtand verfegt, gegenwärtig in
Thal (Herzogt. Gotha) wohnhaft.
Seine fchriftitellerifchen Arbeiten haben meift
franzöfilche und englifche, ſowie italieniſche Schul
ausgaben zum Gegenitand: Moliere, Femmes
Savantes (2. Aufl.), Tartufe, Misanthrope,
Avare, W. Irvings Alhambra und Bracebridge
Hall, Green, the Tudors and the Stuarts,
Segur, histoire de Napol&on et de la grande
armee etc. (bis jet 2 Bde.): English Theatre,
Bulwer, the Lady of Lyons, H. J. Byron,
Married in Haste, H. J. Byron, „Our Boys“,
H. J. Byron, Cyril's Success, Michelet, pr&eis
de l’'histoire moderne, Xavier de Maistre,
Voyage et Exp@dition nocturne autour de ma
chambre, Marryat, Masterman Ready, Ma-
rechal, histoire romaine, W. Irving, Voyages
and Discoveries of the Companions of Co-
lumbus. Außerdem die neueren Bände der Bi-
bliotheque frangaise und English Library,
fowie fämtlihe Bände der Biblioteca italiana.
Daneben neuerdings eine italienifche Elementar:
grammatif und eine Schrift über „Bad Thal in
büringen”, welde u. a. einen Abriß der Drtö«
geichichte, des Scharffenbergs und eine Biographie
des verftorbenen Emil Palleske enthält. Früher
des Comenius große Unterrichtälehre nebit einer
Lebensbefchreibung des Comenius (2. Aufl.).
Lipkowitz, Paulus Otto Diedrich Mo:
‚rig, geboren am 1. Auguft 1850 zu Bes
verungen (Weitf.), beſuchte das Gymnas
fium zu Paderborn und die Univerfität
zu Berlin, beichäftigte ſich frühzeitig mit
publiziftiihen Arbeiten und widmete fi
feit dem Jahre 1877 vollftändig der Jour⸗
naliftif.
Den Shwerpunft feiner publiziitiichen Thätig-
feit verlegte L. auf das politifhe und volfäwirt:
gift. —
ſchaftliche Gebiet. Behufs Populariſierung der
ausübenden Witterungskunde errichtete &. im
Sabre 1884 das Berliner Wetterbureau, welches
unter 2.5 Zeitung die Tagesprefje mit täglichen
fonoptifchen Wetterkarten, ſowie mit MWetterpro:
ojen und anderem meteorologiichen Material in:
truftiver Art verficht.
Lift, Guido, wurde am 6. Oftober
365
Littrom.
Tode feines Vaters (1877) z0g 2. fi
ganz vom Saufmannsftande zurüd und
verband fih ein Jahr ** zu glück—⸗
lichſter Ehe.
G. ſchreibt hiſtoriſche und topographiſche und
mythologiſche Eſſay's für fachwiſſenſchaftliche Or—
l
gane und Tageszeitungen. Als Mitglied der
meiſten Sport⸗Klubs, legte er den Grund zu
1848 als Sohn eines angeſehenen Kauf: einer wertvollen Sammlung von Büchern,
manns und Abkömmling einer alten, einſt Waffen und Antiquitäten. Im Jahre 1877 er—
adeligen Kamili i € Ihien feine jelbftändige Arbeit: Die Burg der
Gr * i e zu Wien geboren Als Markgrafen der Oftmart auf dem Leopoldberge
tgeborener- ward ©. 8, trog feines |gei Wien, die von der Kritik jehr beifälf
; | 3 g auf:
MWiderwillens, für ‚den Stand des Vaters | genommen wurde. Daran ſchioſſen fi an grö-
beftimmt und erhielt eine dahingehende | heren Arbeiten der Roman: Ellida und feine
Iorgfä tige Erziehung. Alle fpäteren Wün— | Novellen: Aus dem Dftrarlande.
ido’s, die techni En
Ka > le Beainle Littrow, Heinrich Edler v., wurde
die Malerakademie beſuchen zu dürfen, 6
jcheiterten an dem eifernen Silen = ‚am 26. Januar 1820 als ein Sohn bes
aters. berühmten Aitronomen 9.9.2.2. zu Wien
en ART — | enoren, abfolvierte das Gymnaſium da-
ſelbſt und danach die Darine-Afademie
in Venedig, um ſich dem Seedienſt zu
widmen. Nachdem er feine Vorbildung
durch aſtronomiſche Studien unter feinem
Vater, damals Direktor der Wiener
Sternwarte, beendet, trat er als Seefa-
dett in die Marine ein. 25 Jahre alt,
wurde er zum Supplenten für Dtathe-
matif und Nautit an der Marine-Afa-
demie zu Venedig ernannt. Nach mehr:
jährigem Wirken dafelbft, ging er wieder
zur See, wurde 1857 zum Fregattenfa-
pitän befördert und im gleichen Jahre
zum Direktor der Nautiihen Akademie
in Trieft ernannt, welches Amt er 1864
mit dem eines Zentral-Hafenkapitäns in
Raguſa vertaufchte. Seit 1867 nimmt
L. die Stellung eines See-Inſpektors in
Fiume ein. In Anerkennung feiner hohen
Verdienſte um das Seeweſen wurde v.
L. vielfach ausgezeichnet und mehrfach)
'deforiert. Außer jehr verdienftvollen und
höchſt anerkannten nautiſchen Werfen, be-
ſchäftigte fih v. 2. auch erfolgreich mit
poetiſcher Schriftitellerei. Seine Tochter
Lea iſt eine bereits rühmlich befannte
Marinen-Malerin in Fiume.
Hauptwerke: Aus der See (Ged. 1877 4. Aufl.),
Bon Wien an die Adria (Ged. 1881), Kantippe
(Luſtſp. 1882), Der Kuß (Luftip. 1882), Gute
Der innere Drang zum Studium und
zur Poeſie ließ fich aber nicht unterdrüden.
Seine freie Zeit benutzte L. dazu, Geſchichte,
Archäologie und Anthropologie zu ſtu—
dieren, er dichtete und übte fich in an:
deren fchönen Künſten. 1868—70 leitete
er die von ihm gegründete Privatbühne
„Wallhalla“ mit vielem Glüde als Di-
reftor und Regiſſeur in einer Perſon
und jammelte reiche praktische Erfahrun:
gen. Mit einem „Klub zur Erforſchung
unterirdifcher Gänge”, den er darauf ins
Leben rief, hatte er, da er mit Indolenz
und Mangel an Verſtändnis für feine
een zu kämpfen hatte, weniger Glüd.
1870 übernahm er, an Stelle 3. von
Payer’s, das Sekretariat des „Dfterr.
Alpenvereins”, wie die Redaktion des
VI. Bandes von deſſen Jahrbuche, legte
im nächſten Jahr jedod die Ehrenftelle
wieder nieder, da er gegen die Ber:
ſchmelzung des öfterr. mit dem deutfchen
verein ftimmte, und in der Mino—
rität blieb. Nun famen Neifejahre, welche
ihn ganz Europa fennen lernen lichen
welche er benußte, feinem Lieblings-
Hubium, der präbiftoriihen Forſchung,
mit allem Eifer obzuliegen; auch begann
er in Ddiefer Periode feine eigentliche
ſchriftſtelleriſche Thätigkeit. Nah dem
I
Livonius. — 366 — Löher.
Lehre (Luſtſp. 1882), Die Marine (1882), Fiume in Dänemark als Schulfach (1886). In fran—
in maritimer Beziehung (1882), Über plaſtiſche zöſiſcher Sprache hat er publiziert: Quelques r&-
Darftellungen des Meeresgrundes (1882), Fiume Hexions sur les &tudes g&ographiques (1879)
feine Umgebung und feine Geſchichte (1884), | und in engliſcher Sprade: Vineland excursions
Novellen und Romane Aus dem Geeleben | of the ancient Scandinavians (1883).
— Löher, Franz von, wurde am 15
„Franz von, wurde am 15.
Livonins, |. Andrejanoff. Oftober 1818 in Paderborn geboren,
Löffler, Ernft, in Kopenhagen geboren | widmete ſich der Rechtswiſſenſchaft, deren
am 28. Februar 1835. Schon als Knabe | Studium er 1833—41 in Halle, Mün—
empfand er einen mächtigen Drang zur hen und Berlin betrieb, worauf er in
Betrachtung der Natur. Dabei erkannte | den Staatsdienit trat und in Paderborn
er ſchon früh, daß die Art und Weiſe, 1848 die „Weftfälifche Zeitung“ gründete.
inder die®eographie (damals hiftor. Neben-
fach) in Hand» und Lehrbüchern behandelt
wurde, nichts weniger als befriedigend war,
und er gewann bald die feite Überzeugung,
daß man nur durch innige Anſchließung
an die Naturwiſſenſchaften und die Eth:
nographie dem geographiihen Studium
wahres Intereſſe und willenichaftlichen
Wert verleihen könne. Demzufolge hörte
er naturmwillenichaftfiche Vorlefungen auf
der Univerfität Kopenhagen, arbeitete in
MufeenundLaboratorien und machtehäufig
Erkurfionen. Nach mehrjährigen Studien
unterwarf er fih einem Eramen inphnfifcher
Geographie mit Geognofie und Meteoro:
logie als Hauptfächer, legte ſich nachher
auf ethnographiſche, jtatiftiiche und hiſto—
riſche Studien und bemühte ſich durch Reifen
im Auslande Selbjtanihauung zu gemwin-
nen. 1866 promovierte er und begann
als Privatdozent geographiiche Vorlefungen
auf der Univerfität zu halten.
Unter fortgejegten Studien, Vorlefungen und
Reifen trat er ſchon 1864 als geographifcher Ber:
fafier auf mit einem Heinen „Lehrbud der phy—
ſiſchen Geographie” und 1876 mit einem „Hand:
buch der Geographie”, welches fpäterhin 3 dänische
Auflagen erlebt hat und zugleich ins Schwediſche
überjegt wurde.
1883 erhielt er feſte Anftellung als
Profefior an der Univerfität Kopenhagen
unter der mathemat. maturwiſſenſchaftlichen
Fakultät.
Unter ſeinen in deutſcher Sprache publizierten
Wegen Steuerverweigerung wurde er 1849
prozeſſiert und verhaftet, jedoch freige—
ſprochen. In der aufgelöſten zweiten Kam—
mer gehörte L. zur gemäßigten Linken.
Im Jahre 1854 habilitierte er ſich an
der Univerſität Göttingen, von wo ihn
König Maximilian IL. als ſeinen litera—
riſch-wiſſenſchaftlichen Sekretär an ſeinen
Hof rief, ihm auch eine Profeſſur an der
Münchener Univerſität verlieh, während
die Akademie der Wiſſenſchaften ihn zum
ordentlichen Mitgliede wählte. Der Nach—
folger, Ludwig II., ernannte L. 1864
zum Direktor des Reichsarchivs und 1875
zum Geh. Rat. Für ihn machte L. meh>
rere Studienreifen, wie ſchon für König
Dear. Außer zahlreihen Beiträgen in
ı Zeitichriften heben wir unter den meilt
glänzend beurteilten Schriften 2.8 hervor:
General Sport (Ep., 3. Aufl.), Das Syſtem des
preuß. Landrechts, Land und Leute in der Alten und
Neuen Welt (d. Werfes Material jammelte 2.
auf einer Reife durch Nordamerika), Sicilien und
Neapel, Gefhichte der Jafobäa von Bayern, Gries
chiſche Küftenfahrten, Kanarische Reifetage, Kretiſche
Geftade, Enpern (3. Auft.), Rußlands Werden
und Wollen, Beiträge zu Geſchichte und Völker⸗
funde, Kampf um Teneriffa (fpan. Ep.), Archi⸗
valiſche Zeitchrift.
Löhn-Siegel, Daria Anna (Willi:
bert von Herigau), wurde am 30. No
vember 1830 zu Naundorf bei Freiberg
in Sachſen als Tochter eines Predigers
‚geboren. Das fehr talentierte Kind er
Abhandlungen ſollen genannt werden: Mehrere hielt von dem Vater eine ſorgfältige Er⸗
hydrographiſche Auffäge in Petermanns Mitth. ziehung, erlernte auch die klaſſiſchen Spra⸗
ꝛe., Über geographiſche Studien der Gegenwart | — er f
(1876), Die Geographie und ihre Hilfswiffen: | Gen. Im 15. Jahre ſchrieb fie bereits
ichaften (1881), Über den Zuftand der Geographie | ihr Drama Odyſſeus auf Ogygia in den Vers⸗
Löhn⸗Siegel. —
maßen des Agamemnon von Aſchylus.
Um ihre Bildung zu vervollſtändigen, ging
ſie nach Dresden und bildete ſich in Muſik
und Sprachen weiter aus, nahm darauf
Unterricht bei Eduard Devrient in der
dramatiſchen Kunſt, weil ſie die Abſicht
hegte, zur Bühne zu gehen. Sie nahm
zuerſt ein Engagement in Poſen an, und
als dieſe Bühne geſchloſſen wurde, bei
kleineren Schauſpieler-Truppen. Darauf
gehörte ſie für kurze Zeit der Leipziger,
Magdeburger und Oldenburger Bühne an
und war zuletzt langjähriges Mitglied des
Hoftheaters in Dresden. Im Jahre 1872
verheiratete ſie ſich mit A. Siegel, dem
Begründer und Chefredakteur der „Kon—
ſtitut. Zeitung“ in Dresden, an welchem
Blatt fie ſeit 11 Jahren Mitarbeiterin
geweſen war und zum Teil das Feuilleton
geleitet hatte. Im Jahre 1870 hatte ſie
auch den 1. Dresdner Frauenbildungs—
verein gegründet, als deſſen Worfigende
fie fungiert. Derjelbe befteht noch jetzt
und übt eine außerordentlich ſegensreiche
Thätigfeit. Als Schriftftellerin entfaltete
Anna Löhn-Siegel eine ungemein reiche
Dielfeitigkeit. Sie ſchrieb vornehmlich
Bühnenftüde, humoriſtiſche Reijebriefe und
Memoiren aus ihrem Theaterleben; außer:
dem Gedichte (befonders für den Vortrag),
Novellen und einige Romane. Ihre Büh—
nenjtüde, die auf den meiften Bühnen
Deutichlands aufgeführt und mit Beifall
aufgenommen wurden, find folgende:
Der Philoſoph (Luftip.), Jduna (Dr.), Rechter
und linker Flügel (Luitip.), Pindars Werte
Ruftip.), Gefahr über Gefahr (Luftfp.), Luifa
Strozzi (Trip.), Bei 40 Grad Réaumur (Luftip.),
Im Finſtern (Luftip.), Liebeständelei und Liebe
(Zuitip.), Das falſche Gretchen (dramat. Scherz),
Hermann von Siebeneihen (Schaufp.). Von
ihren weiteren fchriftitellerifchen Arbeiten
find die von der Kritit ungemein günftig
aufgenommenen Werke zu erwähnen: Reife:
tagebuch, Theater-Erinnerungen und Humoresken,
Gejammelte Novellen, Reifeerlebniffe aus Norden
und Süden, Zwei alte Apothefer (Rom.), Die
Kinder der Elarice Strozzi (Rom,), Die Frau von
Wärninghaufen (Rom.), Wie ih Schaufpielerin
wurde, Aus der alten Kulifienwelt, Yom Olden:
burger Hoftheater zum Dresdener.
367
2oeper.
Loeper, Guſtav von, wurde am 27.
‚September 1822 in Wedderwill (Pom—
mern) geboren, widmete ſich dem Stu-
dium der Philofophie und Rechtswiſſen—
ihaft in Heidelberg und Berlin, nad)
deſſen Abfolvierung er die gerichtliche Lauf:
‚bahn einſchlug und 1854 beim fol. Haus:
minifterium zu Berlin angejtellt wurde.
‚In Anerkennung feiner bedeutenden Ber:
‚dienfte um die Krone wurde 2. 1865
‚zum Minifterialrat, 1875 zum Direktor
des Hausardivs, 1878 zum Nat eriter
Klaſſe und 1886 zum Wirfl. Geh. Rat
‚mit dem Erzellenz-Präbifat ernannt.
Literariich ragt &. befonders ala Goetheforfcher
hervor. Ihm verdanken wir einen großen Teil
der tieferen Ergründung diefes Gebietes, jo warf
er befonderö helfe Streiflichter auf die „Fauft”s
Geſchichte und auf Goethes Gedichte. Seine
| Ausgabe des „Fauft (2. Aufl. 1879) dürfte
| zweifellos die vorzüglichite fein, die wir über
haupt befißen.
Loeſche, Georg Karl David, geboren
zu Berlin am 22. Auguft 1855, gebildet
auf dem Joachimsthalſchen Gymnafium
dafelbjt und auf den Univerfitäten Bonn,
Tübingen, Berlin, wo er Theologie jtus
dierte. Nach verjchiedenen Reiſen in der
Schweiz, Schottland, England und Ita—
‚lien war er 1880 furze Zeit Vikar an
der deutſchen evangelifchen Gemeinde in
Florenz. Im Frühling 1885 habilitierte
er fi für Kirchengeſchichte an der Ber:
liner Univerfität, von wo er im Oftober
1887 einem Ruf als außerord. Profeſſor
nah Wien folgte.
Hauptwerfe: Augustin und Plotin (1880),
Luther⸗Lieder (1883), Florenzer Predigten (1884),
Ernſt Morig Arndt (1884). Außerdem hiſtori—
ſche Auffäge in den „Jahrbüchern für protejtan«
tiihe Theologie“ in Hilgenfelds „Zeitſchrift für
wiſſenſchaftliche Theologie” in den „deutſch⸗evan⸗
geliichen Blättern‘ zc.
Löſchhorn, Karl, wurde am 16. Sep-
tember 1851 zu Magdeburg geboren,
ftudierte Theologie und Philologie, war
als Lehrer, insbefondere der oberjten
Klafien an verichiedenen höheren Lehran—
ftalten, nunmehr als Profeſſor in Dresden
thätig und veröffentlichte zahlreiche be-
Loewe.
deutende, in das Fach ber theologiichen
und philologiihen Kritik einſchlägige
Schriften, die fi großer Verbreitung er:
freuen.
Die wichtigſten unter ihnen find: Quaestio-
nes |yricae et tragicae (1869, 71), Quaestio-
nes metricae (1873), Quaestiones Sophoclae,
commentatio de Aeschyli anno natalieio
(1874), De notione Dei Aeschylae et patrum
ecelesiasticorum (1879, AJubiläums- Schrift),
Kritiſche Studien (1880), Kritiihe Studien zu
Scillerd Briefen über die äjthetiihe Erziehung
des Menichen (1880), Kurzer Abriß der Geichichte
Magdeburgs (1880, Zubiläumsfchrift), Religions |
philoſophiſche Schriften (1881), Muſikaliſche Stu:
dien (1882), Theologiihe Studien und Kritiken
(1882), Die notwendigften Regeln der griechiſchen
Syntar (1887) ꝛc.
Loewe, Hans Georg, als Sohn ei-
nes Baumeilters am 1. März; 1855 in
dem Ichlefiihen Städtchen Ober-Glogau
geboren, wurde als Kind nad) dem ober:
ſchleſiſchen Grenzjtädtchen Myslowitz ver:
368
dierte in Breslau, Jena, Würzbu
Loewe.
Stellungen als Redakteur der damals eben ge—
| gründeten „Neueſte Nachrichten“, ſpäter als ſol—
cher der „Freie Zeitung“ und zuletzt als redak—
tioneller Mitarbeiter des „Sleinen Journal”.
Noch gegenwärtig lebt 2. in Berlin als Feuille—
tonift und Redafteur.
Loewe, Ludwig, wurde am 11. März
1844 in Berlin als der Sohn eines Arztes
geboren. Anfänglih für die faufmän-
niſche Zaufbahn bejtimmt, folgte er jedoch
ipäter feiner eigenen Neigung und *
u
Straßburg Medizin, habilitierte in
Bern, dozierte dort für kurze Zeit und
lebt als Arzt in Berlin.
Er iſt Verfafier zahlreicher anatomiſcher Schrif⸗
ten ; hervorzuheben find feine verdienſtlichen Bei⸗
träge zur Anatomie des Nerveniyitems und ber
Sinnesorgane, Nafe, Auge, und fein treffliches
Lehrbuch der Obrenbeilfunde.
Löwe, Marie Luife, wurde am 4,
April 1828 zu Grimma als Tochter des
ſchlagen, wo er unter dem Einfluffe des | Profeſſors E. G. Witzſchel geboren und
dort jtarf vertretenen Polentums jeine
elementare Schulbildung genoß. Schon
früh zeigte jich bei dem Knaben die Luft
zum Fabulieren; zum eigentlihen Durch:
bruch fam aber erjt feine Neigung zum
Journalismus, als feine Gymnafialzeit
in Ratibor vorüber war. Einer feiner er:
ften Zeitungs-Nrtifel brachte den faum Zwanzig:
jährigen Ihon mit dem Preß-Geſetze in Konflikt.
Er ging in Folge deſſen nad Wien, wo er wäh:
rend feines zweijährigen Aufenthaltes für dortige
Wigblätter ſchrieb. Dann aber war der
MWandertrieb in 2. erwacht. Er durch—
ftreifte Ober» und Nieder-Dfterreich, Steier-
marf, Slavonien, Stalien, auf feinen
Wanderungen nur von den Erträgnifien
feiner Artifel-Schreiberei lebend, bis er
endlih in Venedig und fpäter in Mai—
land fejten Fuß faßte. Drei volle Jahre
feflelte das bewegte ſüdliche Volksleben
und das Studium der Kunft-Antife den
aufitrebenden Jüngling an den oberita-
lieniihen Boden, bis er den Lodungen
erhielt von dem geiftig bedeutenden Vater
eine fehr gute Erziehung; daneben war
auch die Mutter bemüht, das dichterifche
Talent ihrer Tochter zu pflegen und zu
‚fördern. Ihre eriten poetiihen Verſuche
erſchienen, zu einem Strauß vereinigt,
unter dem Titel 100 Blüten. Im Jahre
‚1850 vermählte fie fich mit dem Landes—
ſchulprofeſſor H. Löwe, dem fie im Laufe
ihrer glüdlihen Ehe ihre 100 Lieder weihte.
Außerdem erfchienen viele Beiträge von ihr in
fchweiz. und deutichen Blättern in Poeſie und
Profa, auch verfahte fie zahlreihe Nätiel, und
ſchrieb unter andern die Lebensbejhreibung ihres
veritorbenen Sohnes, des Dr. Guſtav Löwe.
Marie Luiſe L. lebt jegt mit ihrer Fa—
milie in Leipzig.
Loewenſtein, Rudolf, wurde am 20.
Februar 1819 in Breslau geboren, jtu-
dierte an der dortigen und der Berliner
Univerfität Philologie. Er gründete 1848
gemeinihaftlih mit D. Kaliih und €.
Dohm den „Kladderadatih”. Als deffen
der Metropole deutichen literarifchen Stres | Redakteur wurde 2. 1849 aus Berlin
bens nicht mehr miderjtehen konnte und | ausgewiefen, doch ihm die Nüdfehr be
1882 nad Berlin überfiedelte.
Hier fand 2. auch bald ein pallendes Feld
reits im folgenden Jahre erlaubt.
Außer zahlreichen politifhen und dichteriichen
für feine journaliftiihe Bethätigung in den | Beiträgen in Zeitfchriften heben wir bejonders
— 3
Loewenthal.
die glänzend beurteilte formſchöne und gefühls:
innige Dichtung „Ehret die Frauen“ (1876)
hervor. Auch eine große Menge meift im Mufif
geſetzter Kinderlieder verfaßte 2, jowie das be:
fannte „Chafjepot-Lied” (1870). Als Jugend-
Ichriftfteller trat 2. auch mit der Gründung der
Kinderzeitichrift „Bud“ und des „Kindergartens“
(1850—1861 und eine Fortſetzung deſſelben mit
luftrationen von Schärenberg und Mathilde
Eöfter unter dem Titel „Kindergedanken“) hervor.
Loewenthal, Eduard, geboren am
12. März; 1836 in Ernsbad (Württem:
berg), abjolvierte das Stuttgarter Gym-
nafium und ftudierte in Tübingen Juris:
prudenz und Philojophie von 1855 —59.
In legtgenanntem Jahre mitteljt einer
Differtation über Spinoza und Leibnitz
zum Doftor der Philofophie promoviert, |
begründete er in Frankfurt a. M. die
6 —
Loewenthal.
gitant““ vertrat die Intereſſen der neuen
Religionsgejellihaft, die von der preu—
Bilden Regierung als folde anerkannt
‚war, gewillermaßen als rationeller Bor:
läufer des nachmaligen Kulturkampfs.
In Dresden, wo fih 2. im Jahre 1866
nieberließ, gründete er die Gogitanten-
Akademie, eine Art reformierter Hoch—
‚Schule mit den Prinzipien der Cogitanten-
Gemeinden. Der Krieg von 1870/71
machte diefer Akademie ein Ende und L.
‚war in feiner Eigenjchaft als Redakteur
des „Dresdner Kurier” und als Gründer
‚des Europäiichen Unionsvereins genötigt,
nad) der Schweiz zu flüchten, wo er (in
Zürich) die „Freiheitswacht“ herausgab.
1871 kehrte &. nad Berlin zurüd und
trat in die Redaktion der „Staatsbürger:
„Allgem. deutiche Univerfitätszeitichrift” | zeitung‘ ein und 1873 übernahm er die
und trat als Mitredafteur in den „Ars Chef-Redaktion der „Neuen Freien Zei:
beitgeber” von Mar Wirth ein. 1860 | tung“ ,gründeteaud) den, Deutſchen Verein
wurde 2. infolge eines Artikels über einen für internationale Friedenspropaganda“
Studenten-Krawall in Greifswald aus
Frankfurt ausgemwiefen. Jedoch wurde
diefe Maßregel infolge eines Mißbilli—
gungs:Botums des „geieggebenden Kür:
pers“ der damaligen freien Neichsitadt
wieder rüdgängig gemadt. L. folgte aber
einem von Wiesbaden an ihn ergangenen
Rufe, um die Redaktion der Wiesbadener
Zeitung zu übernehmen. Als folder wurde
er wegen eines Artikels „Eine Zeit und
Weltbetradhtung beim Jahreswechjel” der
Herabwürdigung der Religion angeklagt
und in erſter Inſtanz zu 2 Monaten Kor:
reftionshaus, in zweiter Inſtanz zus Tagen
Gefängniß verurteilt. Bald darauf über:
nahm er die Redaktion der Bayne’jchen
„Glocke“ in Leipzig, gründete daſelbſt auch
den „Zeitgeiſt““. 1863 lernte er in Leipzig |
Ferdinand Laſſalle kennen, der ihn ver:
anlafte, nah Berlin überzufiedeln, wo
er in der Tagesprefle thätig war. 1865
gründete 2. in Berlin und Weimar die
lozial-hHumanitäre Religionsgejellichaft der |
Gogitanten, die ihrer Tendenz nad) als
deiſtiſche Freidenfer bezeichnet werden
können. Ein eigenes Organ „Der Co:
Das literarifhe Deutſchland.
als Fortiegung des im Jahre 1868 in
‚Dresden von ihm begründeten Europäi-
ſchen Unionsvereines. Wegen Beleidigung
des Staatsminijteriums und Dtajeitätsbe-
leidigung zu 5 Monaten Gefängniß verur:
teilt, begab fi) 2.1875 nad) Brüfjel, von
da nad) einjährigem Aufenthalte nad) Lon⸗
donund 1877 endlich nad) Baris, rejp. 1879
nad St. Denis bei Paris, wo er jeitdem
vermweilt.
In Paris gründete er „Die Weltbühne”,
| „Deutiche Parifer Zeitung‘‘, und eine franzöftiche
| Monatsfchrift „Le Monde de l’Esprit”. In
der „Weltbühne“ wie j. 3. im „Dresdner Ku:
rier“, der „Freiheitswacht“ und der „Neuen freien
Zeitung‘ befämpfte 2. in energiſcher Weije den
modernen Militarismus. In diefem Sinne ver:
öffentlichte er auch die Schriften: Der Militarismus
al3 Urfache der Maflenverarmung (1868, auf
Veranlafjung der Societ des amis de la paix
‚in Paris 1869 ins Franzöſiſche überjett), ſodann
Grundzüge zur Neform und Kodififation des
Völferrehts (auch in 2 franzöſiſchen und 2 eng:
liſchen Überfegungen erjhienen), endlih: Zur in»
ternationalen Friedenspropaganda,eine Flugſchrift,
die ſ. 3. viel Auffehen erregte. L.'s bedeutendites
Werk: Syitem und Geihichte des Naturalismus
iſt in 5 Auflagen erichienen, in Amerika auch in
englifcher Überletung. Das Geſetz der Iphäriichen
Molekularbewegung iſt in deutſcher und englifcher
24
Löwner.
Ausgabe in 2 Auflagen erſchienen. Ein Drama
2.3: Napoleon III. und die Kommune von Paris
wurde ins Englilche überjegt. Zu erwähnen find
noch 2.3 Schriften: Eine Religion ohne Be:
tenntnis (1865), Die nächfte Wiffensftufe (1875), |
endlich Le Cogitantisme ou la religion scien- |
tifique basee sur le positivisme spiritualiste
(1886).
Löwner, Heinrih. In Budin, ei-
nem feinen Städtchen des ehemal. Leit:
meriger Kreifes, wurde ih am 1. Sep-
tember 1854 geboren. Meine Knaben:
jahre verlebte ich in meinem Geburtsorte,
Mit dem 12. Lebensjahr bejuchte ich das
Symnafium, abjolvierte dafjelbe zu Prag-
Kleinſeite und bezog nach abgelegtem Abi-
turienteneramen (1874) die Univerfität
Prag, um claſſ. Philologie, deutſche Phi-
lofophie zu ftudieren. 1880 erwarb ich
mir die Befähigung für claſſ. Philologie,
trat 1879 bereits ins Lehramt, dozierte
zunächſt in Arnau (Böhmen) im Riejen-
gebirge unter Dir. Daſſenbacher. Seit Sep:
tember 1850 lebe ich in Eger, wo id)
am dortigen Gymnafium bis heute als
Profeſſor für claſſ. Philologie verwendet
wurde. Im Herbite 1880 heiratete ich.
Auch bin ih Dr. der Philoſophie.
Was meine liter. Thätigfeit anbetrifft, fo trat
ih 1881 mit einem Programm „Die Herolde in
d. Homer. Gefängen” zum erften Male vor die
Öffentlichkeit, eine Schrift, die in der Berliner
Philolog. Wochenjchrift, in der Philolog. Rund»
fhau u. a. Fachzeitichriften recht günſtig beur—
teilt wurde. Seit dem gedachten Jahre bin ich
unausgejegt fchriftitelleriich thätig, veröffentlichte
in Fachzeitſchriften Aufſätze und Nezenfionen über
öfterreihifche und deutiche Gymnafialprogramme,
verfuchte mich nebenbei mit Glück und Erfolg im
Feuilleton, in der Dichtung, publizierte im Jahre
1855 die populären Aufläge aus dem klaſſ. Als
tertum, die im Jahre 1886 in 2. Aufl. erfchienen.
Die Kritif hat fi über diefe Publikation jehr
anerfennend ausgeſprochen. Schließlich bemerfe
ich noch, daß ich als großer Kinderfreund mid
auch in der Nürnberger Kindergartenlaube von
Zeit zu Zeit mit Meinen Beiträgen einfinde.
Lohmann, Peter, wurde am 24.
April 1833 zu Schwelm bei Elberfeld
geboren, widmete fi dem Buchhandel,
den er zu Eſſen erlernte, und in welchem
er dann mehrere Jahre Fonditionierte
(Hannover). Neben jeiner Berufsthätig:
370
Lohmeyer.
keit beſchäftigte er ſich mit literariſchen
Studien, las beſonders die Meiſterwerke
der Klaſſiker und griff ſchließlich ſelbſt
zur Feder. Die inneren Erfolge, welche
ihn auf dem Gebiete des Dramas lohn—
ten, veranlaßten ihn zur baldigen gänz
‚lien Aufgabe feines gejchäftlichen Wir:
‚tens. Im Sabre 1856 überfiedelte er
‚nad Leipzig, um ein regjames Theater
‚zu Studieren. Gleichzeitig war er bier
‚auch journaliftiich thätig und zwar zus
nächſt an der Redaktion der „Sluftriert.
Zeitung“, fpäter an der „Neuen Zeitfchrift
für Muſik“ und fchließlich als Redakteur
des „Sluftrierten Kalenders”. Sein ei—
gentliches literarisches Feld ift das Drama
geblieben. Seine Stüde (dram. Werke)
find meift mit Erfolg über die Bühne
gegangen. Beſonders heben wir hervor:
Efier (Trip. 1856), Savonarola (Trip. 1856),
Der Schmied in Rubla (Schaufp. 1858),
ford (Trfp. 1858), Oliver Crommell (
1858), Mafaniello (Trip. 1864), Karl Stuarts
Ende (Trip. 1870), Appius Claudius (Trfp.
1870), Gegen den Strom (Dram. 1872). Außer:
dem Geſangsdramen. Ferner: die drama»
tiſche Dichtung mit Mufif; Pantheon deutſcher
Dichter (Anthol. 12, Aufl. 1886).
Lohmeyer, Julius, am 6. Dftober
‚1835 zu Neiße geboren, in Berlin lebend,
beichäftigte ſich literariſch beſonders
dem Gebiete der Jugendſchriftſtellerei,
welchem er fi einen Ruf erworben bat.
‚2. ift der Begründer der von ihm heute
noch redigierten Jugendzeitichrift Die
Heimftätte
Deutiche Jugend“, welche eine
in faft jedem Haufe, das Kinder birgt,
gefunden hat. Bon L.'s jelb
jehr günjtig beurteilten Jug
heben wir hervor: Sonnenideinden, Im
Märchenwalde, PBuppeninfel, Unfer Hausglüd,
Lachende Kinder, Kinderhumor, Fragemäulden,
König Nobel, Koboldgeſchichten. Außerdem ift
2. Verfaſſer mehrerer gut aufgenommener
Novellen und Bühnenftüde: Der Stamm:
halter (Luftfp.), Die Freunde aus der Provinz
(Luſtſp.), Junges Blut (Rov.).
Loh meyer, Theodor, geboren am 6.
Dezember 1843 zu Scildeiche bei Bie-
lefeld, Sohn eines Volksſchullehrers (Ref:
Lommel.
tors), beſuchte fünf Jahre das Gymna—
ſium zu Bielefeld und ſtudierte darauf
in Halle und Berlin Philologie. Von
1868— 77 war er als Lehrer am Gym:
nafium in Herford thätig, wurde darauf
als erfter ord. Lehrer an das Realpro—
gymnaſium in Altena a. d. Lenne berufen
und erhielt 1883 den Titel Oberlehrer.
Außer verfhiedenen Beurteilungen von Büchern,
namentlih aus dem Gebiete des Deutichen, be—
ſonders in der Zeitichrift für das Gymnaftalwelen, |
veröffentlichte derjelbe eine Abhandlung „Zur
orthographiſchen Frage” und fodann „Zur Ety
mologie‘, hauptfächlich weitfäliicher Fluß: und Ge:
birgänamen”, zu der er Durch die Menge rätjelbafter
Snamen in der Umgegend von Altena veran:
bt worden war. Daſſelbe Gebiet behandelte er
ferner in feiner Schrift „Beiträge zur Etymologie
deuticher Flußnamen (1881), den in der Ab-
Id in „Neue Beiträge zur Etymologie deut:
w
Flußnamen”, deögleihen in fleineren Auf:
in Fachzeitichriften. 1886 ließ er eine
eine deutfche Satlehre nebjt einer Auswahl
aus der Formenlehre und einer Zeichenfegungs-
lehre“ erjcheinen, in der bejonderd auch auf die
Verdeutſchung der grammatiſchen Fremdwörter
Gewicht gelegt worden ift.
Lommel, Eugen, geboren am 19.
März 1837 zu Edenfoben in der bayr.
Pfalz als Sohn eines praktischen Arztes,
wandte ſich ſchon frühzeitig, als Latein-
ſchüler, naturwiſſenſchaftlichen Studien zu,
zunächſt auf dem Gebiete der bejchreiben-
den Naturwillenichaften, hierbei wejent-
lich unterftügt durch ein ausgeſprochenes
talent. Als Schüler des Gymna=
zu Speier (1850—54) nahm er
Untereit der Gemerbefcule, und fühlte
t der Gewerbeſchule, und fühlte
fih unter dem Einfluß des bedeutenden
ſilers Schwerd, der an beiden An:
fialten fein Lehrer war, mehr und mehr
zu den eraften Naturmwiljenichaften, ins-
bejondere zur Phyſik, hingezogen. Dem
Studium der Phyſik und Mathematik
widmete er fi denn auch auf der Uni»
verität zu München (1854—58), wo
Jolly, Liebig, Seidel u. N. feine Lehrer
waren. Nachdem er ſodann einige Zeit
als Hauslehrer in Deidesheim gewirkt
hatte, nahm er 1860 eine Stelle als
371
Lorenz.
Lehrer der Naturwiſſenſchaften an der
Kantonsschule zu Schwyz an, wurde 1865
Lehrer der Mathematif am Gymnaſium
zu Zürich, promovierte dafelbit (1865)
und habilitierte fich als Dozent für theo-
retiiche Phyſik an der dortigen Univerfi-
tät und polytechniſchen Hochſchule. 1867
wurde er als Profeſſor der Erperimen:
talphyſik an die land= und forftwirtichaft-
liche Akademie Hohenheim, 1868 an die
Univerfität Erlangen, 1886 in gleicher
Eigenſchaft an die Univerfität München
berufen, wofelbft er auch feit 1876 ala
forreipondierendes, feit 1886 als ordent-
liches Mitglied der fönigl. Akademie ber
Wiſſenſchaften angehört.
Seine zahlreichen wiſſenſchaftlichen Abhandlun:
gen bewegen ſich auf den Gebieten der erperis
mentalen und theoretiihen Phyſik, insbefondere
der Optif, ſowie der reinen Mathematif. Von
den eriten find bejonders hervorzuheben die Ars
beiten über Fluorescenz, Phosphorescenz, Inter:
ferenz, Beugung und Theorie des Lichts, von
den leßteren die Studien über die Beſſel'ſchen
Funktionen (1868). In weiteren Kreifen wurde
er befannt dur die populär:willenichaftlichen
Schriften: Wind und Wetter (1873, 2. Aufl,
1880), Das Wejen des Lichts (1874, die eng—
liſche Überſetzung The Nature of Light in 4,
kr Lexikon der Phyſik und Meteorologie
Lorenz, Ditofar, wurde am 17. März
1832 in Iglau geboren, ftudierte 1851
bis 1854 Geſchichte und Philologie in
Wien, habilitierte fih 1856 und wurde
1860 außerord. und 1862 ord. Brofeflor
der Geſchichte daſelbſt, während er gleich.
zeitig beim f. f. Hausarchiv angeftellt war
(1857—65). Seit 1885 wirft 2. als
Profeſſor der Geſchichte in Jena. Lites
rariih machte 2. fich zuerft durch feine
vorzügliche Deutſche Gechichte des 13. und 14.
Jehrhunderts rühmlichjt befannt. Außerdem
heben wir bejonders hervor:
Geſchichte König Ottokars Il. von Böhmen
(1866), Geſchichte des Elſaſſes (mit Wilh.
Scherer, 3, Aufl. 1885), Papftwahl und Kaifers
tum (1874), Drei Bücher Geſchichte und Politik
(gef. kl. Schr., 1876), Deutichlands Geihichtös
punfte im Mittelalter (3. umgearbeitete Aufl.
1885, 1887), Die Geſchichtswiſſenſchaft in Haupt:
| richtungen und Aufgaben fritilch erörtert 2. (1886).
24*
Lorm.
Lorm, H., ſ. H. Landesmann.
Lortſch, Franziska Emma Friederika
(F. Leoni), geb. Runtzler. Ich bin am
6. Oktober 1844 zu Durben in Kurland
als jüngſte Tochter des dortigen Pfarrers
nad) deſſen Tode geboren und ſtamme
mütterlicherjeits aus der Familie des Dich—
ters Immermann. Don meinem zweiten
Lebensjahre an bin ich in Libau in Kur:
land erzogen und zeigte von Kindheit auf
Neigung und Begabung zu Ichriftlichen
Arbeiten, befonders zu Überjegungen. Das
Studium fremder Spraden und Mufif
interejfierte mich ganz bejonders. Der
Gedanke, mid) ganz fürlegtere auszubilden,
mußte an dem Slojtenpunft jcheitern. Ich
hatte, als ich erwachſen war, auch nicht
Zeit, meinen Neigungen zu leben, da Die
Notwendigkeit des Selbjterwerbs an mid)
herantrat. Während 10 Jahren lebte ic)
als Erzieherin an verjchiedenen Orten,
machte melgfad) Reifen, lernte Welt und
Menſchen fennen.
benugte ich ſtets zu meiner Fortbildung.
Auch der Gedanke, Diafoniffin zu werden,
hat mir fehr nahe gelegen, die einleitenden
Schritte hierzu waren bereits gethan, doch
ließ fi meiner ſchwachen Gejundheitwegen
diefe Idee nicht zur Ausführung bringen.
In meinem 28. Jahre verheiratete ih
mich mit Alfred Lorti in Libau, welcher
dur Berichte in verichiedenen fachwiſſen—
ſchaftlichen Zeitichriften über feine Reifen
in Auftralien, ſowie durch einen auſtra—
liſchen Roman gleichfalls als Schriftiteller
bervorgetreten it.
Bald fand ich num die nötige Muße zum Schrei:
ben, ohne meine Pflichten als Hausfrau und
Mutter, die ich jtets als die erften und größten
anfehe, zu beeinträchtigen. ch verfaßte ein Mär:
chenbuch „Unter dem Tannenbaum” und gab ein
„Chriſtliches Geburtstagsbud” heraus. Auch in
verfchiedenen Journalen und Zeitjchriften find
teils Originalarbeiten, teil$ Überjegungen von mir
erfchienen. Ferner habe ich an Überſetzungen grö—
berer Werke herausgegeben: Die Realijten der
großen Welt, Olga Nikolajewna's Tagebuch (beide
a. d. Ruſſ.), Ein Andahtsbuh (a. d. Engl.),
Der Regenbogen in den Wolfen oder Worte des
Trojtes für Stunden der Trübfal, Die Eurfijtin
372
Meine Mußeftunden |
Lotheißen.
(von Fürft Meſchtſchersky) und ein Vollsdrama
(von Graf. N. Tolftoi). Die maßgebende Kritik
bat diefe Werke fehr gut aufgenommen.
Xotheien, Ferdinand, wurde am
20. Mai 1833 zu Darmſtadt geboren,
abjolvierte das dortige Gymnafium und
widmete fih dem Studium der Philo—
logie, Kunjt und Literaturgeſchichte an den
Univerfitäten Göttingen, Berlin, Gießen.
Im Jahre 1858 wurde 8. Gymnafial-
lehrer in Büdingen (Heflen), übernahm
1863 die Leitung einer großen Erziehungs:
anjtalt in Genf und wurde 1870 nad)
Wien berufen, wo er jeittem als Pro—
fellor der franzöfiihen Sprache und Lite:
ratur wirft. Neben feiner akademiſchen
Thätigkeit hat 2. ſich auch literariſch aus—
gezeichnet, insbeſondere durch ſeine vor—
züglichen Werke über die franzöſiſche Lite—
ratur, die von feinſtem Verſtändnis und
ungemein tiefem Studium des behandelten
Stoffes Beweis ablegen und zu den beſten
zählen, was wir hierüber bejigen.
Hauptwerfe: Literatur und Gefellihaftin Frank
reich zur Zeit der Revolution (1872), Geſchichte
der franzöfiichen Literatur des 17. Jahrhunderts
(1877—83), Moliere (1880), Zur Sittengefchichte
Frankreichs (1885), Margarethe von Naparra,
ein Kultur: und Literaturbild aus der Zeit der
franzöfiichen Neformation (1885). !
Louran, Hermine (H.von Waldemar),
wurde am 26. März 1855 als die jüngjte
Tochter des höheren pfälziihen Beamten
EN. Frid in Frankenthal geboren. Außer
‚einem Schönen mufifaliihen Talent zeigte
‚das lebhafte Kind früh eine große Lern-
und MWißbegierde, der die Eltern, bejon:
ders Die feingebildete Mutter, gerecht zu
| werden ſuchten. Hermine wuchs im glüd-
lichſten Familienfreie auf. Der erjte
ihwere Schlag in ihrem jungen Leben
war der plöglihe Tod einer geliebten
Schweſter; ihm jollten jchwerere folgen.
1869, nachdem der Vater um jeine Pen—
‚fionierung eingefommen, zog die Familie
nach dem jchönen Heidelberg. Ein Jahr
nur war es 9. vergönnt, den vorzüglichen
Unterricht der Profelloren, worunter be:
ſonders derjenige des Profeſſors Behaghel
Lubliner,
in Literatur und Geſchichte fie feflelte, zu
genießen. Da fam der Krieg 1870, welcher
der Familie verhängnisvoll wurde, indem
er ihr den zweitältejten Sohn raubte —
vier Wochen fpäter begrub man den Vater.
Sein Tod zog für die Familie eine An:
derung der Verhältniffe in der traurigiten
Weiſe nah fih. Um auf eignen Füßen
ftehen zu fönnen, mußte 9. durch 1/e
Jahre ein Brüffeler Inftitut befuchen
und trat dann, faum 17 Jahre alt, in
eine Stellung als Erzieherin ein. Bald
darauf verlobte fie ſich mit dem Inge—
nieur Zouran, dem fie 1873 als glüdliche
Gattin in fein jchönes Heim folgte.
Ihre erſten fchriftitelleriihen Verſuche fallen
ſchon in ihre Kinderzeit. Der Reichtum ihrer
Phantaſie ſtrebte zum Ausdruck zu gelangen. Un—
gehindert konnte ſie nun in ihrer Ehe der alten
Quft. und Liebe nachgeben; es entſtanden kleine
Erzählungen, Novellen, Romane, auch trat
ſie in die Reihe der Jugendſchriftſteller ein.
Von ihren ſehr gut aufgenommenen Schriften ſei
hier nur „Foerſters Trude“ hervorgehoben, welche
Arbeit der Autorin viele Freundinnen erworben
hat.
Zubliner, Hugo (9. Bürger), ift am
22. April 1846 in Breslau geboren, war
von feinem Pater, einem angejehenen
Kaufmanne, früh ſchon für den eigenen
Beruf bejtimmt. Leider wurde der Fa-
milie ihr Haupt durch einen frühen Tod
entriffen. Die Hinterbliebenen fiedelten
nad) Berlin über, wo Hugo feine Schul:
bildung empfing. Danach erlernte er die
Meberei und widmete fi) der Tertil-
induftrie. Ausgedehnte Geſchäftsreiſen
madten ihn mit den Sitten und Ge
bräuchen anderer Völker befannt und er
weiterten feinen geiftigen Horizont. Lite
Früßpeitig durch fein.
Luftipiel Nur nicht romantiih befannt, das.
rariſch machte ſich 2.
bereits einen durchichlagenden Erfolg er:
jielte, als der Autor das zwanzigſte Les
bensjahr noch nicht erreicht hatte. Heute,
gehört 2. zu den belichteften Bühnen:
dichtern Deutichlands. Die meijten Er:
folge fanden die Stüde:
Der Frauenadvofat (Luftfp.), Sabriele (Schau:
Ipiel), Die Frau ohne Geift (Luftfp.), Auf der |
373
— Lubojatzky.
Brautfahrt (Luftip.), Der Jourfix (Luſtſp.), Die
Mitbürger (Luſtſp.), Glück bei Frauen (Luſtſp.),
Frau Suſanna (Schauſp., mit Paul Lindau), Die
armen Reichen (Luſtſp.), Gräfin Lambach (Schau—
ſpiel), Die Frau von 19 Jahren (Luſtſp.). Auch
auf dem Gebiete des Romans verſuchte ſich 2.
in neuerer Zeit: Die Gläubiger des Glüds (1885),
welches Werk vorzüglich beurteilt wurde,
Lubojatzky, Franz Anton (Fr. Ca:
rion), wurde am 16. Dezember 1807 in
Dresden geboren, erlernte die Juwelier:
funft. Eine leidenſchaftliche Vorliebe für
das Theater trieb ihn auf die Bühne,
nod che er feine Zehrzeit beendet hatte.
Er wirkte nun als Mime bei verſchiedenen
Truppen, zunächit bei fleineren, ſolchen,
die ein Nomadenleben dem feiten Wohn:
fig vorziehen. Mit ihnen ftreifte 2. durch
die Lande, von Stadt zu Stadt ziehend.
Nachdem es 2. dann gelungen war, ein
Engagement an einer größeren Bühne zu
finden, war er in die Sage verfegt, ſich
mehr literariihem Schaffen hinzugeben,
‚für das ihm zuvor bei feinem unjtäten
‚Leben die Muße gefehlt hatte. Seit dem
Jahr 1830, alfo ein halbes Jahrhundert,
kultivierte 2. den Roman. Jahr für Jahr
faſt erſchien ein, meift mehrbändiger Ro⸗
man, oft auch mehrere Werfe aus feiner
Feder, fo daß L. einer unſerer frucht-
‚barften Autoren geworben ift, ohne daß
‚er fein dichterifches Können je verbraucht
‚bat; diefelbe ungewöhnliche Gejtaltungs-
‚kraft, welche feine erften Schöpfungen be⸗
lebt, thut fih auch in den letzten Fund.
Hervorzuheben: Der Rebell von Man, Der
Profelyt, Die Züdin, Bunte Reihe, Novellen,
Ruſſiſche Intriquen, Die Neukatholiſchen, Eine
preußiſche Familie, Die fieben Todfünden (nad)
Eugen Sue), Oswald Ehrenhaupt, König Friedrich
Auguft von Sachen und jeine Zeit, Licht: und
Schattenbilder, Die Mofaiten, Schloß Stolpen,
Erzählungen, Neue Erzählungen, Katharina II.,
Maria Therefia und ihre Zeit, Ein geteiltes Herz,
Deutiche Feierabende, Johann Georg I. von Sach⸗
fen, Der alte Deflauer, Ein deuticher Fürft, Der
Kaplan von Königgräg, König Auguft und fein
Goldſchmied, Der Jeluitenzögling, Die Klöppel—⸗
Lady, Die Witwe von Met, Jakob Pemnid,
Zubota, N. v. d., ſ. A. Moſchkau.
Ludwig, Balth., |. M. K. Haaf.
Ludwig.
Ludwig, Friedrid, geboren am 24.
Oftober 1851 zu Schleufingen, ftudierte
in Berlin und Göttingen Naturwiſſen⸗
Ihaften und Mathematif, promovierte
1874. Seit 1875 Gymnaſiallehrer am
Gymnafium zu Greiz, feit 1850 Ober:
lehrer dajelbit, erhielt derfelbe 1886 den
Profeffortitel. Seine literariihe Thätig:
feit erjtrect fi) befonders auf die bota—
niihen Gebiete der Mykologie, der Plan: |
zenbiologie und der Floriftik. |
Derielbe ift Mitarbeiter vieler Fachzeitſchriften,
fowie ald Mitglied der Kommiſſion für die Flora
von Deutichland und der D. Bot. Gefellich., als
Borjtandsmitglied des Bot. Vereins für Gefamt:
thüringen und des Bot. Vereins „Irmiſchia“ in
Sondershaufen, als korrefpond, Mitglied der na: |
turwiſſ. Geſellſchaft Jiis zu Dresden, der Société
mycologique de France, al$ ordentliches Mit:
glied des Botan. Ber. d. Provinz Brandenburg
und des naturw. Ver. f. Thür. u. Sachen, Mit:
arbeiter an den Organen dieſer Gefellichaften.
Von wichtigeren Arbeiten heben wir hervor: Flo:
\
374
Ludwig Salvator.
Die Entdedung des Gynodimorphismus der Als
fineen, Das Hervortreten von Protoplasmafäden
bei den Drüfenhaaren von Silphium perfolia-
tum, Die Anpaffungen der Gattung Erodium
an Infektenbeftäubung zc., Über den Beſtäubungs⸗
mechanismusvon Apocynumandrosaemi folium,
Zur Biologie der Apocyneen, Über die Beſtäu—
bungsverhältniffe einiger Sühmafferpflangen und
ihre Anpaffungen an Wailer und Waflerinfeften,
Über eine der Schnedenbefrudhtung angepaßte
Blütenentwidelung, Blütendimorphismusdes Mais
blümdens, Die verſchiedenen Blütenformen von
Pflanzen der nämlichen Art :c.
Ludwig Salvator, Erzherzog von
Dfterreich, wurde am 4. Auguit 1847 als
ein Sohn des Großherzogs Leopold IL
von Toskana geboren, zeigte im früheiten
Knabenalter Schon eine ungewöhnliche Bes
gabung und fühlte ſich bejonders zu dem
Studium der Naturmwifjenichaften hingezo-
gen. Er trat in die Armee und bekleidet
nunmehr den Rang eines Oberjten, in
Zindis bei Trieft wohnhaft. Er unter:
riftifche Arbeiten: Nachträge zur Flora henne-
borgica. Galeopfisbaftarde bei Greiz, Eine Er:
furjton in das Triebthal bei Jodeta, Ida-Wald—
haus und die naturhijtorifchen Eigentümlichkeiten Fade . :
feiner Umgebung zc. Vermifchtes: Über das Ad: ſelbſt illuftrierten Werken niedergelegt:
forptionsipeftrum von Bonellia viridis, Cerato- Die Balearen (1869— 84), auf der Barifer Welt:
phyllum demersum, eine zweite Elodea, Molinia ausſtellung mit der großen goldenen Medaille aus:
coerulea als Fliegenfängerin und die Entomoph- | gezeichnet), Tunis (1870), Der Golf von Bucs
thorafrankheit der Syrphiden, Beiträge zur Thü: cari-Porto-Ré (1871), Jachtreiſe in die Syrten
ringer Volfsbotanif, Das Leben und Wirken des (1874), Eine Spazierfahrt im Golf von Korinth
Brof. Dr. Herm, Müller. Mykolog. Arbeiten: Bilz: | (1876, Eine Blume aus dem goldenen Lande
referate in Juſt's bot. Jahresber., Uber Micro- | oder Los Angeles (1878), Die Serben an der
coceus (Monas) prodigiosus, Ein eigentümliches | Adria, ihre Typen und Trachten (1879), Die Ka—
Vorkommen des Blutwunderpilzes (in Eiern), Über | rawanenftraße von Ägypten nad Syrien (1879),
die Phosphorescenz der Pilze und des Holzes Bizerta und feine Zukunft (1881), Um die Welt,
Inaug.Diſſ. 1874), Über die Phosphorescenz ; ohne zu wollen (1883), Loſe Blätter aus Abas
von Ag. (Collybia) tuberosus Bulk, — zia (1886), Paxos und antipaxos (1887).
kungen, Ptychogaster albus Cord., die Coni-— i
Dinfonnuon Polyporns Piychnganternur.upec. | Lübke, Wilhelm, wurde am 17. Jas
Polyporus agaricicola Nov. spec., Über Gärung nuar 1826 in Dortmund geboren, wid:
und Schleimfluß der Eichen zc. Zoplogiſche mete ſich dem Studium der Philologie und
Aufläge zc.: Die Milben der Bierfilze, Über das j s A
en von Niptus hololeueus Falderm Kunſtgeſchichte. Auf letzterem Gebiete leiitete
bei Greiz, Gammarus puteanus, Über das Vor; | er literarifch bald Hervorragendes, fo daß
— ei —— rag) um — | er 1857, vornehmlich auf Grund des Wer:
Schriften pädagogiihen Inhalts: Einige wichti: | fa. . f
gere Abjchnitte aus der mathematischen Botanif. = Leſchigte der —— Aufl. ge
Die wigtigften Säge der Planimetrie, Über die als Profeſſor an der Bauafademie zu Ber
mangelhafte und fehlerhafte Behandlung der Pilze lin angejtellt wurde. 1861 berief ihn das
aud in den neueren Lehrbücern der Botanik, | Züricher Polytechnikum in gleiher Eigen:
Biologische Arbeiten: Anthemis Cotula L. und | ſchaft und 1866 das zu Stuttgart Seit
Anthemis arvensis L. im Kampfe ums Dajfein, | 1885 wirft 2. als Direktor der Gemälde
Kleiltogamie und Samenverbreitung bei Collomia. A : E
Die biologiihen Verhältniffe der Plantagineen, | galerie in Karlsruhe, in Anerkennung ſei—
‚nahm viele Reifen zu feiner willenichaft-
lihen Ausbildung Die Refultate bat
‚der Erzherzog in den trefflichen, von ihm
Lüdemann.
ner hohen Verdienſte um die Kunſtge-
Ihichte 1886 zum Geh. Rat ernannt. |
Bon 2.'3, zu den bedeutendften Schöpfungen |
auf diefem Gebiet überhaupt zählenden Werken |
heben wir (außer gen.) hervor: Die mittelalter:
lihe Kunſt in Weitfalen (1853), Die Frauen in
der Runitgeihichte (1862), Studien zur Kunfts |
geſchichte (1867), Geſchichte der Nenailiance Frank:
reihs (1868), Vorfchule zur Geſchichte der Nlir: |
chenbaukunſt des Mittelalters (6. Aufl. 1873),
Abriß der Gefchichte der Bauftile (4. Aufl. 1878),
Geſchichte der italieniihen Malerei (1878—79),
Grundriß der Nunftgefchichte (10. Aufl. 1886), Ge:
Ichichte der Plaſtik (3. Aufl. 1880), Gefchichte der
deutfchen Renailfance (2. Aufl. 1881), Bunte
Blätter aus Schwaben (1885), Kunſtwerke und
Künftler (1886).
Liidemann, Carl. ch bin geboren
in Kiel den 6. Juli 1805, ältefter Sohn
des SKonreftors an der Slieler Gelehrten:
ichule Lorenz 2. Bon meinen trefflichen
Eitern jorgfältig erzogen, bejuchte ich bis
zu meinem vollendeten 18. Jahre das
Gymnaſium, widmete mich auf der Uni—
verfität Kiel dem Studium der Philologie
und Theologie, beitand 1828 mein theo:
logifhes Amtseramen mit dem 1. Cha:
rafter, und der Aufforderung, meine Kräfte
der akademiſchen Thätigfeit zu widmen.
Diejer Aufforderung eingedenf, bewarb
ih mid in Kiel um das Amt eines ad-
junetus ministerii an der Nifolai-firche,
trat daljelbe am 26. Januar 1831 an,
feßte aber dabei meine witlenichaftlichen
Studien fort, gab Studierenden, welche
es wünjchten, Privatiffime über Dogmatik
und Geihichte der Philofophie, ward zum
Dr.philos.promoviert (1834) und in dem:
jelben Jahr noch zum Prediger an der Heil.
Geiſt-Kirche, die zugleih Garniſonskirche
war, rejp. von der Gemeinde Kiel ermählt
und vom Könige Friedrich VI. ernannt,
lebte ſeitdem als Prediger und Privat:
dozent der doppelten Aufgabe eines kirch—
lihen und afademifhen Amtes, rüdte in
legterem vom Privatdozenten 1839 zum
außerordentl. und 1841 zum ordentl.
Profeſſor der Theologie und Mitglied des
Eraminationstollegiums auf, ward von
der theol. Fakultät zu Kiel zum Dr. theol.
Lüdemann.
ernannt, und blieb in dieſer Thätigkeit
bis zum Ende des Jahres 1868, da ich
mein Predigtamt niederlegte, um ganz
meinem akademiſchen Amte zu leben. In
dieſem war ich nun zwar zunächſt auf die
ſ. g. praktiſche Theologie, oder wie ich ſie
lieber nenne, die Theorie der kirchenamt—
lichen Praxis gewieſen, beſchränkte mich
aber nicht auf ſie und die ihr eigenen
praktiſch-theologiſchen Disciplinen, ſon—
dern habe auch immer von Zeit zu Zeit
‚über das Syſtem der chriſtlichen Ethik,
über das Weſen des Chriſtentums und
‚über die Geſchichte und Theorie des
Volksſchulweſens Vorlefungen gehalten,
und dabei unausgefegt die Übungen des
homiletiſchen wie des katechetiſchen Se—
minars geleitet. Überdies ward id) vom
‚afadem. Konfiftorium dreimal (1853,
1854 und 1866) zum Rektor der Unis
verfität erwählt, wie von der theol. Fa—
fultät im Jahre 1870 zum afademiihen
Mitglied der landeskirchlichen General:
ſynode zu Rendsburg. Dabei hatte ich
im Auftrage der Negierung zweimal
(1861 und 1863) die Landespredigt für
‚die Holt. Ständeverfammlung in Itzehoe
zu halten, und die 60er Jahre hindurch
die erjt 1869 zum Abſchluß gekommenen
‚Arbeiten einer Geſangbücherkommiſſion
als präfidierendes Mitglied derjelben zu
leiten.
18850, da des Krieges wegen feine Vorlefun:
gen gehalten werden fonnten, benutzte ich zu einer
größeren Reife durch Preußen, Oſterreich, Nord»
‚italien, die Schweiz, Baden und Heilen, auf der ich
die bedeutenditen praftifchetheologiihen Prediger:
feminare befuchte. Meine ſchriftſtelleriſche Wirkſam—
keit anlangend, fo hebe ich hervor: Überficht über die
| Miffions-Beitrebungen der evangel. Kirche (1837),
Die zur Eröffnung des homilet. Seminars von
mir gehaltene Predigt über Job. 21, 15—18
(1839), Meine Schrift über die fittlihen Motive
des Chriftentums, ihre Belchaffenbeit, ihren ethi-
ſchen Wert und ihre Gebräuche in der Firdl.
Praxis (1841), Fürchtet euch nicht, denn der
Sohn Gottes lebt in der Menſchheit, und fein
Vater ift auch euer Vater, ein Weihnachtsgedicht
(1843), Meine Schrift über das Wejen des pro»
teftantiichen Kultus, deijen Prinzipien dogmatiſche
Milde, ethiiche Tiefe und ethiiche Reinheit feien,
und der nur im treuen Felthalten dieſes ein
Lugano. — 376 — Lullies.
echtes Zeugniß und kräftiger Pflege des Chriſten- ſätzen und Erzählungen für Tagesblätter und Zeit—
tums jein fünne (1846), Meine Rede über das | fchriften.
Verhältnis de3 Chriftentums zum Staatöbürger: | ’ —
tum, im Auftrage des afad. Konfiftoriums in Lullies, Sriedrib Hans, geboren am
der großen Aula zur Geburtötagsfeier des Kö- 18. Oktober 1858 zu Kalmweitichen, Kreis
nigs Chriftian VIII. (1846), Beiträge zur Ge: | Goldapp in Oftpreußen, befuchte die Dom-
Ichichte des homilet. und fatechet. Seminars der Ckriohricha- i 3
Univerſität Kiel, aus der Univerſitätschronik ſchule und das Friedrichs Kollegium zu Rö-
diefer Jahre befonders abgedrudt (1885—86), nigsberg und jtudierte daſelbſt von 1876
Meine Schrift über die Verleugnung Gottes | bis 1880 Geſchichte, Geographie und Phi:
des Vaters — gegen den überhandnehmenden lologie. Er wurde 1880 zum Dr. phil.
Konfefjionalismus (1861) und zur Bekenntnis: promoviert und ift feit Oftober 1880 als
frage (1861). Beide Schriften thaten ihre Wir: : z
fung, und im Jahre 1871 erlebte die über die Lehrer am Wilhelms-Gymnafium zu Kö—
Verleugnung Gottes des Vaterd noch eine ſchwe- nigsberg thätig. Außerdem ift er Schrift»
diſche Überfegung. Aus dem Buch des Lebens, führer der dortigen geographifchen Geſell—
Sammlung meiner Predigten (1863). Erft jpä- chaft
Das Sieh one Gen
* Trial "Fehler 8° | gebiet (1880), Die neueften Reifen in Afien (1883
fümer Der Menſchheit— ein Morgengruß an die | und 1885), Die Kenntnis der Griechen und Rös
befiere Zeit, —— Lehrgedicht, welches mn feinen mer vom Pamir⸗Hochlande (1887) und eine Reihe
engzufammenhängenden 5 Abjcriften diejenige | bift. Karten zu Ondens Weltgefchichte.
Welt: und Lebensanfhauung zur Darftellung
Luftig, Auguft, wurde am 4. No:
bringt, durch welche wir am Chriſtentum feſt—
halten können, ohne es einem philoſophiſchen oder vember 1840 zu Hartmannsweiler im
Ober:Elfaß geboren, von wo feine Eltern
firhl. Materialismus zur Beute werden zu laffen.
Lugano, Silvio, |. Riebel-Ahrens. 4 Jahre ipäter nad) Miülhaufen über:
Luigi, G., ſ. O. Luis. ſiedelten. Nach beendetem Schulbeſuch
Luis, Olga (Gola Luigi), wurde am trat er als Zeichner-Lehrling in eine große
16. Juni 1858 zu Hamburg geboren, Druckerei ein; militärpflichtig, wurde er
genoß dafelbjt in einem guten Inftitute | Militärmufifer in Verfailles. Nach ab:
ihre Erziehung und hat, fürzere und län- ſolvierter Dienjtzeit ging er nad) Mül—
gere Ausflüge ins In- und Ausland, die | haufen zurüd, wo er zur Zeit noch lebt
ungemein dazu beitrugen, den Geſichts- in einer großen photographiſchen Anjtalt
freis des jungen Mädchens zu erweitern, als Retoucheur angeftellt. Mit jeinem
abgerechnet, ausschließlich in diefer Stadt dreißigiten Jahre fing er in feinem „Mil-
gelebt. Das Intereſſe an literariichen Er: | hüſer Ditſch“ zu „fingen“ an. Heute
zeugniffen zeigte ſich zuerft in einer wirk- gilt er als einer der bedeutendften leben:
lihen Leidenſchaft, „Märchen und Ge: | den Dialektdichter alemannifcher Zunge.
Ihichten” erzählen zu hören, fpäter in —— nk —— re
i of w warze Liebihhafte (Luitip. 1879), Dans di
einer unbefiegbaren Lejeluft, ber ſich bald | uns (Rufıfp. 1879), Herbftblättle (Bed. 1880),
eigene ſchriftſtelleriſche Verſuche anreihten. Im Gretele fine Künftler (Luſtſp. 1880), Mil:
Schon während der Schuljahre wurden hüſer Bilder (Dr. 1880), D’ Milhüfer in Paris
fleine Rätfel in Verſen von Olga 2. in |(Zuitip. 1880), Dr_Ajtronom (Luſtſp. 1881),
heimischen Blättern abgedrudt. Dann D Tante Domino (Tuftip. 1881), Ne Hirot dur
/ z „4. d' Ertrapoft (Luſtſp. 1882), D’ Hüslit vo dr
famen Jahre, in denen das junge Mäd- | Fraü Suppedunfe (Luftip. 1882), Bilder us em
hen ihre ganze Kraft der Malkunſt wide Elfaß (Ged. 1883), Der Hochzitsdag (Luftip. 1883),
mete, da aber der Mangel an Kompo— 83 te rn 2 and ——
36 S Luſtſp. 1885), Im Jülie ſi eimnis (Luſtſp.
ſitionstalent fein eignes Schaffen zuließ, | 1g85) or un ‘no dr Hocit (Cuftp. 1888),
gab fie diejes Studium auf und wandte | An pr Falle (Luitip. 1886), Bi de Wilde (Luftip.
ſich wieder mehr der Dichtkunft zu. 1886), D’ Gſellſchaftere (Luftip. 1887), D’
Bald wurde ihr der Weg in die Offentlichkeit | Singftund (Luftip. 1887). Außerdem iſt 2, Mit:
gebahnt, und fo fchrieb fie eine Neihe von Auf: | arbeiter von Zeitichriften. j
Luthardt.
Luthardt, Chriſtoph Ernſt, wurde am
22.März 1823 in Maroldsweiſach (Unter⸗
franken) geboren, widmete ſich dem Stu—
dium der Theologie zu Erlangen und Ber:
lin, wirfte als Gymnafiallehrer in Mün-
hen, habilitierte fih 1851 als Privat:
dozent der Theologie in Erlangen und
wurde 1854 zum außerord. Profeflor in
Diarburg, 1856 zum ord. Profeſſor in
Leipzig ernannt. 1865 wurde ihm der
Titel eines Konfiftorialrats, 1875 der
eines Domberrn und 1887 der eines
Geh. Kirchenrats verliehen.
Am verbreitetften und populärften dürfte feine
längend beurteilte „Apologie des Chriftentums‘
(10. Aufl. 1882) geworden jein. Von 2.3 wei:
teren verdienftvollen Werfen heben wir befonders
bervor: Die Lehre von den leiten Dingen (1861,
2. Aufl. 1870), Die Lehre vom freien Willen
(1863), Kompendium der Dogmatif (1865, 7.
377
Aufl. 1886), Die Ethik Luthers (1867, 2. Aufl. |
1875), Die Ethit des Ariftoteles (1869—76), |
Der Johanneifhe Urfprung des vierten Evange:
liums (1874), Die modernen Weltanſchauungen
(1880), Die Kirche in ihrer Bedeutung für das
öffentliche Leben, Die antike Ethik (1887). Seit
vielen Jahren giebt 2. die befannte „Allgem.
evang.slutheriiche Kirchenzeitung” heraus.
Luthardt, Chriitoph, wurde am 25.
Februar 1827 zu Hof, Kreis Oberfranten,
geboren. Er beſuchte das Gymnafium zu
Nürnberg und abjolvierte dasfelbe 1844.
Nah vollendeten akademiſchen Studien
beitand er mit Erfolg die Staatsprüfung
und war mehrere Jahre im Finanzminis |
fterium zu Ansberg thätig. Im Jahre
1860 wandte er fi der journaliftiichen
Laufbahn zu und wurbe auf dem Gebiete
der Volkswirtihaft und Politik Mitar:
beiter an größeren Zeitungen in Berlin
und Wien. Nachdem er durd 22 Jahre
als Redakteur in München, Braunjchweig,
Holjtein und Hannover gewirkt hatte, | von Eberhards ſynonymiſchem Wörterbud) über:
übernahm er die redaktionelle Leitung
und den Verlag der im Jahre 1867 ges
gründeten befannten „Korrejpondenz Hoff:
mann“, der ältejten und verbreitetjten
Korrefpondenz in München.
Lutze, Ernft Arthur, wurde am 13.
Oktober 1848 zu Goethen geboren, ab:
Lyon.
folvierte das Gymnafium zu Potsdam
und bezog 1870 die Univerfität Leipzig,
um Medizin zu ftubieren. Hier wirkten
befonders auf feine geiftige Richtung ein:
die berühmten Phyfiologen Gebr. Weber
einerjeits und der namhafte Literarhifto:
rifer Joh. Mindwig andererjeits. Nach—
dem er zum Doktor promoviert worden,
ließ er ſich als praftiicher Arzt in Ham:
burg nieder, wo er fi ſchnell eine
ausgedehnte Praris und einen guten Ruf
erwarb. Deſſen ungeachtet zog es ihn
nad) der Hauptftadt mit ihrem ſchnelleren
geiftigen Pulsichlag, und jo jtedelte er
1886 nad) Berlin über. Neben feiner ärzt-
lihen Berufsthätigfeit ift 2. auch —B
thätig, zunächſt natürlich auf mediziniſchem Ge:
biete. So veröffentlichte er, außer zahlreichen
Beiträgen in Fach- und andern Zeitſchriften, die
homöopathiſche Schrift: liegend. Blätter“ (1870).
Außerdem trat L. aber auch als Lyriker hervor
und zwar mit den ſehr günſtig beurteilten Werken:
| „Blüten“ (1879), und „Veilchen“ (1886). Auch
verſuchte er fich neuerdings auch auf dramatischen
Gebiete in dem luſtigen Einafter „Othello’3 Er:
folg“ (1887), welder bereit3 im SHelgoländer
Königl. Theater mit ungewöhnlihem Beifall in
Scene ging.
Lyon, Paul Otto, wurde zu Spitte:
wig bei Meißen am 10. Januar 1855
geboren. Auf der Univerfität Leipzig ſtu—
dierte er von 1874— 79 Philologie, ins»
befondere deutiche Sprade und Literatur.
Darauf war er an den Realgymnafien zu
Leipzig, Döbeln und Dresden-Altjtadt als
Oberlehrer thätig; an dem lehteren wirft
er noch jegt. Auf Grund feiner mit Bei:
fall aufgenommenen Arbeit: Goethe'3 Ver—
hältnis zu Mopftod (2. Aufl. 1882) erwarb er
fi in Leipzig die philofophiiche Doktor:
würde.
Bald darauf wurde ihm die Neubearbeitung
tragen, der er 1883— 1886 die Neubearbeitung
von Bederd großem Werfe über den deutjchen
Stil und von Heyſe's ſprachwiſſenſchaftlichen Ars
beiten folgen ließ. In feiner Schrift „Minnes
und Meifterfang“ gab er eingehende Bilder aus
der altdeutichen Literatur, während fein „Hand—
buch der deutfhen Sprache” die Ergebnijie der
neuen germaniftifchen Forſchung in fnapper Weile
zufammenfafit (1885). Gegenwärtig giebt er uns
Maaß. — 378 — Macherl.
ter Mitwirkung von Rudolf Hildebrand und an: ſität Straßburg, machte verſchiedene Stu:
derer namhafter Gelehrten die „Zeitichrift für den u: : 2 en ’
deutschen Unterricht” heraus, welche einen geſun⸗ dienreifen, wurde 1867 Aſſiſtent der Che
den Ausbau des deutihen Unterrichts anitrebt, | ME An der k. k. Forſtakademie in Maria⸗
zugleich aber auch eine Wirkung auf das geſamte brunn, 1870 Adjunft an der k. k. hem.-
Schrifttum unſerer Zeit beabſichtigt. Außerdem phyſ. Verſuchsſtation für Wein- und Obſt—
zahlreiche Auffäge in Zeitſchriften und größeren pay in Kloſterneubhurg, 1873 Direktor der
Zeitungen. *
landw. Landesanſtalt.
Neben zahlreihen Publikationen in der „Wein:
laube“ und anderen Fachblättern, Ipeziell den von
MM. der Anftalt in S. Michele herausgegebenen „Ti—
roler landw. Blättern” und dem Tiroler landw.
Maak, Martin, geb. zu Hamburg am | Kalender find befonders zu erwähnen: Das von
S 5 .„. Bar. Babo und E. Mad herausgegebene, von
10. — er — das Johan der kompetenten Fachkritik als vorzüglich aner—
neum un as ala emiſche ymnaſium in kannte Handbuch des Weinbaues und der Keller:
Hamburg, ſowie dann die Univerfitäten wirtſchaft (2. Auft.), ferner: Die Gärung und
Sena und Berlin. Nach mehrjährigem | Technologie des Weines, als Teil aus Schwad:
Aufenthalte in Franfreih und England höfers Lehrbuch der landw. chem. Technologie.
fungierte er von 1856—1863 als or:
— acherl, Peter, geboren zu Gaſen
dentlicher Lehrer an dem Gymnaſium zu | in — * —5 7—
Neubrandenburg, Großh. Deedlenburg: | 41. Hi» Eruhien in ( Bidet
Strelis, bann ee 6 um in® 5, | machte die Studien in Graz und Italien,
trelitz, dann an dem Gymnaſium In Pots | u, er zum Dr. phil. promovierte, diente
dam und an dem Realgymnafium in 5 Jahre in der Seelforge, 14 Jahre im
> = M “al I b . ’ a
Sprottau, Prov. Schleſien. Um Michaelis Griichungsfache im fleinen und großen
2 ging er an bie höhere Mädchenſchule Seminar und ift jeßt (1887) Dozent der
ab er au —— als — Philoſophie im Prieſterhauſe zu Graz,
Reh, In — ellung er ſich noch ugleich Redakteur des Grazer Volksbl.
gegenwärtig efin! et. : . Literariſch machte M. ſich vornehmlich durd
Bon feinen literariſchen Arbeiten heben wir herz | feine anmutigen und gefühlsinnigen poetiſchen
vor: Zwei Geſpräche über den Austritt aus dem | IRerfe: Alpenblumen (Ged.), Gentianen (Gev.);
Judentum (1853), The Congeniality of the | qufjerdem durch mehrere Gebetbücher J. B. See:
English and (German Languages illustrated lenbrunn von 1575 und Eleinere Sachen, ſowie
(1855), ©. E. Leſſings Erziehung des Menjchen- Überjegungen aus dem Italieniſchen befannt.
geſchlechts oder die Entwidelung der religiöfen z
Idee vom Judentum zum Chrijtentum (1862), Maähly, Jakob, wurde am 24. De:
Unfere deutſchen Dichterheroen und die fogen. zember 1828 in Bajel geboren, lag an
Shatelpearomanie (1874), Die foziale Stellung ; i zui
der Juden in Deutſchland und das Civilehegeſetz der dortigen und ber Göttinger Univer-
(1876), Abr&g6 de ’histoire de Prusse (deux. tät dem Studium der Philologie ob,
&d. 1977). Leilings Einfluß auf die geiftige Be: | wirkte nad Abjolvierung als Gymnaftals
* ſeiner am > der ne lehrer in feiner Vaterſtadt, habilitierte
a Prononciation francgaise (1880), The Eng- | * “. gps :
lish Pronunciation (1882), Was joll mit Eljaß: | ſich 1852 als Privatdogent ie Bhilologie
Lothringen werden? in „Zeitbewegende Fragen“ und wurde 1865 außerordentl., 1375 or-
(1884). Außerdem zahlreiche Abhandlungen in | dentliher Profellor an der Baſeler Hoch:
Schulprogrammen. ſchule.
Mach, Edmund, wurde 1846 in Ber— Literariſch machte M. ſich beſonders als Sprach—
er forfcher, daneben aber auch als Dichter befannt.
gamo geboren als Sohn eines k.k. öſterr. Von ſeinen ſelbſtändigen Werken heben wir her—
Militärarztes, ſtudierte nach abſolvierter vor: Das Erdbeben zu Bafel (Ep. 1856), Die
Mittelſchule an der chemiſchen Fachſchule am Sängerfahrt (1856), Nhigmurmel (Dicht. im bajel.
i in 3 Wi Dial., 1856), Sebaſtian Caſtellio (1862), Frieden
— = Frag = nn — (1862), Mathilde (Ep., 2. Aufl. 1862), Weien
zwei Semejter an der landw. Akademie und Geihichte des Auftipiels (1863), Angelus
Hohenheim, ein Semejter an der Univer- Politianus (1864), Ri). Bentley (1368), Dedis
Märzroth.
pus Koloneus (1868), Byrfopolias (hum. Ged,,
1873), Bilder aus der Gegenwart (1874),
Geihichte der antiken Literatur (1880).
Märzroth, Di. (eigentl. M. Barad)),
die Univerfität dajelbit, ſich philofophifchen
Studien hingebend. Nahdemer zum Doktor
promoviert worden, widmete er ſich der
Journaliſtik, war als Theaterfrititer, No:
vellift und Humorijt an vielen Zeitichriften
thätig und beliebt und begründete den „Ro:
met”, die „Komische Welt“ und das „Wie:
ner Feuilleton“, die er bald zu Anjehen
bradte. Im Jahre 1869 jtarb feine
Lieblingstochter, weshalb er ſich nad) Sal;-
burg zurüdzog, die Stätten feines einfti-
gen häuslihen Glückes fliehend. Dort
lebt er noch jegt, wenn auch vereinjamt,
dod) immer nod) literarifch emfig ſchaffend
als ein Meiſter der feineren Humoresfe.
Hauptwerfe: Bilder, Lieder und Gedichten,
Satans Zeier (Ged.), Liederbuch ohne Goldichnitt, |
Spottvögel, Geiſer- und Geiitergeftalten aus
dem alten Wien, Ein Märden aus unferen
Tagen, Schattenrifje aus dem alten und neuen
Wien, Umrifje, Kleine Wahrheiten, Lachende Ge:
ſchichten, Weltluft (Ged.), Funfzig Jahre eines
Boeten, Ernit und Scherz, Altwien, Neu:Deca:
merone,
Magnus, fiehe Heinrih Groß.
Mahn, Anna (Anıy Wothe), wurde
am 30. Januar 1858 in Berlin geboren.
Die Eltern gaben ihr eine ihren beſchei—
denenbürgerlichen Verhältniffenangepaßte
forgfältige Erziehung. Von lebhaften Nas
turell wuchs Anna bis zu ihrem 16. Jahre |
als glückliches Kind auf; dann jedod) trat
der Ernit des Lebens an fie heran. Der
Bater verlor fein Eleines, mühſam er:
worbenes Vermögen, und das junge Mäd—
hen war nun auf ſich felbit angewieſen
und genötigt, den Kampf ums Dajein
aufzunehmen. Eie erwarb ih ihren Unter:
halt durch Stundengeben und weibliche
Handarbeiten und benußte ihre Freijtun-
den zur Fortbildung ihres Geiſtes und
zu Heinen fchriftjtellerischen Verſuchen,
doc hatte fie mit der Verwertung ihrer |
Eritlingsarbeiten nicht den Erfolg, den fie |
379
Mahn.
erhofft hatte; fie lebte das alte Leben
voller Mühe und Sorge weiter. Da ges
‚lang es ihr endlid, eine Stelle in einem
; 4 ’ Verlagsgeſchäft zu erhalten.
ift am21. März 1818 zu Wien geb., befuchte
Ihre Ber
Ihäftigung beftand in der Buchführung,
Leſen von Korrekturen ꝛc. und war dieſe
Arbeit auch mechanisch und proſaiſch, Jo
ihüßte fie dody vor Mangel und ließ dem
jungen Mädchen die Abend: und Nacht:
jtunden zu geiftigem Bormwärtsgehen. Durd)
ihre, in jolhen Stunden geübte Schrift:
jtellereiund durch die Gründung der „Deut—
Ihen Frauenblätter” (die fie bis zum
Jahre 1885 leitete) war ſie in der Lage,
ihre Stelle aufzugeben und ganz ihrer
Feder zu leben. hr liebenswürdiges Ta-
lent fand freundlichen Anklang in der
Frauenwelt, und ihre hübjchen Arbeiten
verichafften ihr mande Freundin.
Bon ihren literar. Erzeugniflen find folgende
zu nennen: Frauenliebe und Leben, Sommer:
träume (Nov. u. Skizz.), Ein Roſenſtrauß (Nov.),
Der Hausihat, Berfunfene Sterne (Nov. u.
Skizz.), Das Gift unferer Zeit, Wie lebt man
glücklich? (Brofch.), Lenzesblüten (Nov. u. Skizz.),
Herzensjtimmen (Anthol.), Des Weibes Glüd.
Anny W. lebt jet als Gattin des
Verlagsbuhhändlers Adolf Dahn in Leip—
zig und wird neben ihren häuslichen Pflich—
ten der redaktionellen Zeitung einer von
ihr in's Leben gerufenen neuen trefflichen
Wochenschrift für die deutihen Frauen:
„Bon Haus zu Haus“ gerecht.
Mahn, Hermann (Albreht Thal),
wurde am 6. Mai 1863 zu Jannowiß
i. R. geboren, abjolvierte die Schule ſei—
nes Heimatsortes, ſowie jpäter die Stadt-
ihule zu Kupferberg und wandte fich der
Laufbahn eines Bureau:Beamten zu.
Literariich wählte M. fi) die Novelle und die
Humoreste zum Felde, und zwar als Mitarbeiter
von Zeitichriften.
Mai, Bruno, fiehe Hugo Wauer.
Mair, Franz, der Sohn eines Leh—
vers auf dem Lande, wurde am 15. März
1821 in Weifendorf am Marchfelde ge:
boren. Schon mit dem 10. Jahre fam
er aus dem Elternhaufe nad) Etsdorf (bei
380
—
Mair. Mair.
Krems), um ſich bei feinem Onfel, einem | Mair, Georg, wurde am 9. März
tüchtigen Organijten, in der Muſik ſowohl 1850 zu Meranſen in Tirol als der Sohn
als aud in den übrigen Wilfenszweigen | eines Bacherbauern geboren. Kaum brei
auszubilden. Nach einigen Jahren be: | Jahre alt, verlor der Knabe feinen Vater
ſuchte er in Wien die Realihule und das | und wurde von feiner Mutter, die fidh
Konjervatorium. Mipliche Verhältniffe wenig um ihre Kinder fümmerte, einer
zwangen ihn, feine mufifaliihe Laufbahn Müllerfamilie zur Erziehung übergeben,
zu verlaflen und fih dem Lehramte zu nachdem das Anmelen des Verftorbenen
widmen, um feinen hochbetagten Vater zu verkauft worden und die übrigen Fami—
jtügen. Nach deſſen Abjterben ging er je lienglieder in alle Windrichtungen zerftreut
doch wieder nad Wien. Stets bemüht, waren. ®eorg verlebte dort eine freud-
feine Kenntnilfe zu vermehren und fein | lole Jugend, bejuchte die Gemeindeſchule,
entichieden muſikaliſches Talent geltend empfing dann Privatunterricht und fam
zu machen, gelang es ihm bald, ſich durch 1864 auf das Gymnaſium der Augujtiner-
jeine Kompofitionen einen quten Namen | Chorherren zu Briren, fpäter auf das der
zu madyen. In hervorragender Weiſe bes Benediktiner zu Meran. Er hatte ur:
teiligte fih M. an den freiheitlichen Be: ſprünglich Theologie ftudieren wollen, aber
ftrebungen der Wiener Lehrer. Zu dem Bes | der Ichlimme Einfluß eines Freundes, deſſen
hufe, die Trennung der Kirche von der fanatiſcher Übereifer an dem Ziel vorbei-
Schule zu fördern, gründete er in den geſchoſf ſen, hatte M, die, für diefen Ber
finfteren Zeiten des Konkordates den Ver: ruf nötige innere Überzeugung geraubt,
ein „Boltsichule” und jtrebte dur) Wort | und jo widmete er fi) dem Studium der
und Schrift der freiheitlihen dee zum Rechte auf der Univerfität Innsbrud, trat
Durchbruche zu helfen.
Auf literariihem Gebiete war er ebenfo thätig
wie auf mufifaliihem. Er war Mitarbeiter der
päd. Zeitfchrift „Volksſchule“, gab deutiche Leie:
bücher für Voltsichulen (4 Bände) und für Bür:
gerichulen (3 Bände) heraus, ferner eine kurze
Literaturgefchichte und Mythologie und eine Bro:
ſchüre: Winte zum Gebrauche der analytilh:iyn:
thetiſchen Methode, auf muſikaliſchem Gebiete
leiitete er jehr Verdienitliches durch die Abfaſſung
einer praftiihen Singlehre, welche in Ofterreich
das erite Werk diefer Gattung war und nod
heute allgemeine Anwendung findet. Seine Ge:
fangbücher: Liederftrauß (für Volksſchulen), Lie:
derbuch (für Bürgerfchulen), feine
Provinzitädten eingeführt. Dem berühmten Män-
nergelangverein „Schubertbund”, welchen er grün:
dete, fteht er feit einem Vierteljahrhundert als Di:
rigent vor und leitet überdies noch den n.eö. Sän—
gerbund. Die Zahl jeiner Werke überfteigt ſchon
weit die Zahl 100, worunter auch größere find,
die ihren Weg nad Amerifa machten. Seine:
Auswanderer, Dornröschen, Germanenzug, An:
dreas Hofer find Schöpfungen, die ihn überleben
werden. Für die f. f. Hof-Kapelle fchrieb er in der
jüngften Zeit zwei große Mefjen, welche, von der
Hoffapelle aufgeführt, allgemeines nterefie er:
regten. Beim Feſtzuge im Jahre 1879 wurde er
von feinem Kaifer ausgezeichnet.
Schulfeſtlieder
ſind nicht nur in Wien, ſondern auch in den | then (1885), Der Feldzug des Dareios gegen die
aber fehr bald zu dem der Geſchichte und
der Naturwiſſenſchaften über. Mittelloſig—
feit zwang M. jedoch nochmals zu einem
Wechſel. Um jchneller zu Brot zu kom—
men, gab er ſich nun philologiichen Stu-
dien hin und zwar unter B. Jülg, Job.
Müller und A. Zingerle (1874— 76). Im
Jahre 1879 legte er die Prüfung ab,
wirkte in Trieft, Weidenau, ſchließlich ala
Gymnaſialprofeſſor in Saatz, feit 1886
als folher in Arnau a. €,
Siterarifch trat M. hervor mit den ſehr bei⸗
fällig beurteilten Schriften: Das Land ber Sfy:
Stythen (1886).
Makſa, Ida, wurde am 17. Mai
1857 in Neichenberg als Tochter des Ma:
giftratsrates und Landtagsabgeordneten
‚Anton Jahnel geboren. Schon in ihrer
früheften Jugend pflegte und befaßte fie
fih mit Vorliebe mit Malerei, Mufif
und Poeſie. Ein Lieblingswunfd, zur
Bühne zu gehen, erfüllte fich ihr nicht,
‚da fie — im Begriffe, Sängerin zu wer»
‚den — den Dr. med. Leop. M. fennen
Maler. — 331 — Manfred.
lernte, mit dem fie ſich 1877 vermäßlte. | Arbeiten ſich eines nicht ungünftigen Ur:
Im neunten Jahre einer glüdlihen Ehe | teils erfreuten, ging ich auch gern auf den
wurde fie Witwe und lebt feitdem ber Vorſchlag ein, an dem von E. Schröder
Pflege ihrer 2 Kinder und der Poefie, in | herausgegebenen Werke Friedrich der Große
Reichenberg. Ihre erjten Gedichte er: in feinen Schriften teilzunehmen.
Ihienen in „Reſſels Familienfreund“. Manfred, J, fiehe Fr. A. Mautſch.
— I, ſiehe Elimar, Herzog von Mann, Carl Heinrich, am 4. Januar
FIOBEN: 1839 in Zürich geboren und in früheiter
Maltzan, Malwine, Gräfin von, geb. Jugend feines Vaters beraubt, durchlebte
in Berlin am 10. Auguft 1817 als äl- er feine Jugendzeit in Schaffhaufen, der
teſte Tochter zweiter Che des verftorbenen | Heimat feiner Diutter, und empfing feine
fönigl. Kammerherrn im Hofitaat des hoch: | Schulbildung in der dortigen Realſchule
feligen Prinzen Wilhelm von Preußen |und im Gymnafium. Nach vollendeter
Reihsgrafen Eugen von Malgan. Nach- | Schulzeit widmete er ſich dem Buchhandel,
dem ich einige Jahre eine höhere Töchter: | der ihm mancherlei geiftige Anregung bot.
ſchule bejucht hatte, empfing ich meine fer | Seine erjte Publifation Chriftliches Gedenk⸗
nere Bildung teils durch Privatunterricht, | buch, welches feitdem 12 Auflagen erlebte,
teils durch Selbftjtudium, und ſchon früh | war nod eine Frucht der Mußeſtunden
entwidelte fih in mir eine große Vor: |einer in Dresden verlebten glüdlichen
liebe für Literatur und Theater, Sowie der | Fremdezeit. Im Jahre 1866, nad) be—
Hang zu fchriftitellerifchen Verſuchen, was reits fünfjährigem Aufenthalt in Bern,
wohl als ein Erbteil meines feligen Wa; | ward er zur Redaktion eines Blattes, des
ters zu betrachten fein dürfte, dem die | „Pilger“ aufgefordert, das erſt auf frembe,
Feder ebenfalls die liebſte Gefellichaft war, dann auf eigene Rechnung, erit in Bern,
und welcher ſich vielfach mit Kunſt und | dann in Schaffhauſen erſchien und nad)
Wiſſenſchaft beichäftigte, wie auch i Muße-⸗ | 12jährigem Beſtande als „Volksblatt für
ſtunden verſchiedene kleine ſchriftſtelleriſche Stadt und Land“ in Baſel ſeine dornen⸗
Arbeiten verfaßte. Angeborne Zaghaftigleit volle Laufbahn abſchloß. Aus dieſer Re—
ließ mich jedoch die zahlreichen Schöpfun— | daftionsthätigfeit find folgende jelbjtändige
gen meiner Phantafie forgſam, felbjt vor | Arbeiten hervorgegangen: Frau von Krüde—
meiner Familie, verbergen, und die Er- | Wet Ken, Dehgemälhe, :ETIeh 200 —253
zeugniſſe meiner ſtillen Thätigkeit — Ge- ln Berbältniffen ** —B
dichte, Novellen und Dramen — gelang: P. von Ladenburg), Bon einem Webertnaben,
ten nicht an das Tageslicht, wurden auch | aus welhem ein berühmter Mann wurde. (Freie
ipäter größtenteils von mir vernichtet, da Bearbeitung eines engl. Werts.) Als das Volfs-
ich dieje Verſuche für völlig verfehlt und | blatt für Stadt und Land eingegangen
wertlos hielt. Erjt auf Anregung des un: war, erhielt er wieder einen Ruf nad)
ferem Haufe befreundeten berühmten Kunft- | Bern als Redakteur des „Berner Boten“
philofophen und Kritifers Dr. H. Th. Röt- (1880), mußte aber bei einer Verſchie—
ſcher, wagte ich mich mit einigen Gelegen- | bung der politiihen Parteiverhältniſſe den
heitsgedichten hervor, beteiligte mich an | Plag wieder räumen und ward zur Re⸗
der von E. Schröder herausgegebenen daftion eines Parteiorgans, Der „Frei⸗
Überjegung der fämtlichen Werke Mo: beit“ berufen (nicht mit derjenigen von
liore's u. übertrug verſchiedene höhere Dra= | Moft zu verwecjjeln). Dieje Zeit von
men in das Deutiche (Der Cid von Gorneilte, | 1882—85 war eine politiſch jturmbewegte,
Zaire von Voltaire, Athalia von Nacine, Bajazet |die ihn zu reger Teilnahme am öffent:
von Racine, Lukretia von Ponfard). Da meine |lichen Leben veranlaßte. Eine Frucht
Manno. 332 Mannftaedt.
diefer Epifode find die Spieße und Nägeleines | Geifte nicht. Die Lektüre einer Theater:
Sriedfertigen. Erinnerungen aus den Jahren zeitung war enticheidend für M.’s Zus
188285. Dann ift für ihn eine ſchwie⸗ kunft. Er ließ fich als jugendlicher Lieb:
rige ftellenloje Zeit eingetreten, nachdem haber bei einer reifenden Gefellichaft en-
er ciner nahezu 20jährigen redaktionellen gagieren, fpielte aber vorzugsweiſe Cha-
Thätigfeit Valet gegeben. Sie diente in- rafterrollen, arrangierte nebenbei die
bei zur Vertiefung und zur Hinüberlei- Muſikſtücke, begleitete inErmangelungvon
tung in eine andere Richtung literariihen Orcheſter am Klavier, malte Deforationen,
Wirfens; eine erfte Frucht derjelben iſt: unterſtützte fogar den Theatermeifter und
Die fehweizer. Altoholgefepgebung. Derjelben
folgen Die ſchweizeriſche Bundesverfafiung mit
Erläuterungen und die Schweizeriihe Militär:
gejeggebung. Endlich bleibt noch zu erwähnen
übrig Bern und feine Umgebungen und Städte:
erwarb ſich auf diefe-Art bald große Büh-
nenfenntnis. Dabei vernadläffigte er
feine mufifalifchen Arbeiten nicht, fondern
Ichrieb, obwohl er nie eine wirkliche Par—
titur zu Gefiht befommen hatte, eine
bild Bern; erftered 1883, lettered 1887 ers große Oper „Der Taucher“ ,. welche am
Ichienen. et Pe ;
Leipziger Stadttheater vielleicht zur Auf:
Manno, Karl, fiehe Karl Lemde. führung gefommen wäre, hätte fie M.,
Mannftaedt, Wilhelm, geboren den die Unreife des Werkes fühlend, nicht
20. Mai 1837 in Bielefeld als’ Sohn ſelbſt zurücgezogen. Er fomponierte und
des Eifenbahnbaumeifters, ſpäter preu: | dichtete nun verfchiedene einaftige Opern,
Bilhen Fabrikinſpektors M., befuchte die | die er auf den Provinzialbühnen auffüh-
unteren Klaffen des dortigen Gymnaſiums, ren ließ, an welchen er ſich allmählich
dann die Gewerbeſchule in Hagen, welche | zum Kapellmeifter hinaufgearbeitet hatte.
er bereits mit dem 14. Jahre abfolvierte. Im Jahre 1865 glaubte er ſich genügend
Er ging darauf nad) England, wo er in | vorbereitet, in Berlin fein Heil zu ver:
das faufmännifche Geſchäft eines Ver: ſuchen. Nach allerlei Entbehrungen ge:
wandten eintrat, welcher ihm, obwohl M. lang es ihm, am Woltersdorff: Theater
erſt im 17. Jahre ftand, eine eigene Firma eine ganz untergeordnete Stellung zu fin-
in Zondon gründete. Die Militärverhält: | den. Aber ſchon nad) wenigen Monaten
niffe zwangen M., nad) Deutichland zu: | trat eine Wendung feines Schidjals ein.
rüdzufehren. In Hagen nahm er nun | Die Mobilmahung im Frühjahr 1866
eine Stellung als Buchhalter in einem regte ihn an zu einer einaftigen Poſſe
Fabrifgefhäft an; nach Falliffement feines | „Alles mobil”. Das Stüd, in wenigen
Prinzipals leitete er die Fabrik für eigene Stunden geichrieben und fomponiert, hatte
Rechnung. Geſchäftliche Kalamitäten und | einen durchſchlagenden Erfolg und wurbe
fein ausgeiprochenes Talent für Mufif, 150 Mal gegeben.
veranlaßten den 19jährigen M., einen
ihm wünſchenswerteren Lebensberuf zu
ſuchen. Als tüchtiger Klavierfpieler —
er war häufig öffentli aufgetreten —
wollte er fi) nunmehr gänzlich der Muſik
widmen. Ging auf gut Glüd nad) Leipzig,
zeigte feine, ohne jede theoretiichen Vor:
fenntnifje gefchriebenen Kompofitionen dem
Profeſſor M. Hauptmann, der fich bereit
erklärte, ihn unter feinen Schülern auf:
zunehmen. Doch das ernite Studium be: |
hagte dem ungeduldig vorwärtsftrebenden
Im demfelben Sommer fchrieb M. für die ges
"nannte Bühne no 5 Stüde, war dabei ſowohl
als Kapellmeifter wie als Darfteller fom. Rollen
thätig, und dirigierte auferdem nod einen Ge:
fangverein. Unter vielen Anträgen wählte er im
Herbit eine Stellung als Kapellmeifter und Dra—
maturg an das Krollſche Theater, wo ein patrio⸗
tifches Stüd „Krieg und Frieden” von ihm auf
geführt wurde und bald hinterher am Wolterör
dorfitheater das Volksſtück „Die Berliner Feuer
wehr“. Ein Jahr darauf war er wieder am
Woltersdorfftheater als Kapellmeiiter und Dra⸗
maturg bis zum Jahre 1870. In. Diefer Zeit
entitand, außer anderen Sadjen, dad Vollsſtud
„Das Milchmädchen von Schöneberg”, weldes
Marbadı.
bis zum heutigen Tage zu den beliebtejten Stüden
feiner Gattung zählt und jelbft in Amerifa von
eigens dazu zufammengeftellten Truppen im gan:
zen Sande aufgeführt wurde. 1870 wurde M.
an das Tiftoriatheater als Kapellmeifter berufen
und blieb in diefer Stellung unter den Diref:
tionen Gerf, Behr, Hendrichs, Hahn, bis er ſich
verheiratete und dann in das Zeitungsverlags—
geichäft feines Schwiegervaterd, des Geheimrat
Günthers, ald Redakteur verjchiedener gemwerbl.
Blätter eintrat. Auch gründete er eine eigene
äftbetiiche Monatsſchrift „Der Kunftfreund” und
fchrieb Feuilletons für politifche Blätter, ohne
dabei der Bühne untreu zu werden. Vielmehr
ermutigten ihn feine Bühnenerfolge dahin, daß
er Ichliehlih jede andere Beihhäftigung aufgab.
Seit mehreren Jahren fchreibt er vorzugsweiſe
für das Gentraltheater und zwar jährlid zwei
Stüde, die biäher ohne Ausnahme vom größten
Erfolge begleitet waren. M. hat, außer ver:
ichiedenen Opern: und Operettenterten und vielen
noch nicht in der Dffentlichkeit erichienenen mus
ſikaliſchen Werten, etwa 50 abendfüllende Bofien
und Volfsftüde geichrieben, die troß ihres lofalen
Charakters doc) die weiteite Verbreitung gefunden
haben. In Wien ift 3. B. „Der Stabätrompeter”
das einzige Stüd norddeuticher Abftammung, das
über bundertmal hintereinander, und das Vhite
Stüd, was überhaupt jemals inWien bundertmal
fortlaufend aufgeführt if. Im Auslande findet
man M.'s Posten in Überfegungen und Bearbeis
tungen fowohl in England und Amerika, wie in
Schweden, Norwegen, Dänemark, Rußland, Un:
garn und Stalien ftebend auf dem Nepertoir.
Marbach, Oswald, wurde am 13.
April 1810 in Jauer geboren, befuchte
das Gymnaſium zu Liegnig und widmete
fi) auf den Univerfitäten Breslau und
Halle dem Studium der Philofophie. Er
wurde 1831 zum Doktor promoviert und
wirkte zunächſt als Gymnafiallehrer in
Liegnitz; habilitierte ſich 1833 und wurde
1845 zum Profeflor in Leipzig ernannt.
Im Jahre 1851 wurde ihm in Anerfen-
nung feiner Verdienſte der Titel eines
Hofrates verliehen.
Außer einer trefflichen Geſchichte der griechi—
ſchen Philoſophie (1838) und einer verdienitlichen
Geſchichte der Philofophie im Mittelalter (1841),
welche jeinen Namen in weiten Gelehrtenkreiſen
befannt machten, befonders zu erwähnen: Volta:
bücher (1838—47), Über moderne Literatur
(1838), Buch der Liebe (Ged. 1839), Die Dios—
turen (Nov, 1840), Dramaturgie des Aristoteles
(1855), Ein Weltuntergang (1860), Protheus
(Dr. 1864), Coriolanus (Trſp. 1855), Drama:
383
Markus.
| turgifche Blätter (1866), Herodes (Luftip. 1867),
| Das Halljahr Deutichlands (Ged. 1870), Deutſch—
lands Wiedergeburt (1871), Die Drefteia des
Aeſchylos (1874), Lenz und Liebe (Ged. 1877),
Licht und Leben (Ged. 1883). Die Hritif hebt
vornehmlich die Bollendung der Form und fünft-
leriihe Abrundung an M.'s poetiihen Werfen
bervor.
Fe ,
Markus, Jordan Kajetan, geboren
am 22. Januar 1831 zu Friedberg in
Südböhmen als der Sohn eines geadhte-
ten Lederermeifters und Ofonomiebefigers,
defien Ahnen ſich nach ihrem Beſitze, der
eriten Anfiedlung und dem daraus ent
ftandenen jegigen Torfe „Markus am
Chumberg“ „Markus von Chumberg“
nannten. M. widmete fi nach zurüd-
gelegten Studien dem Lehrftande und hat
fich ftets an zeitgemäße Reformen, na-
mentlih aber bei den Worarbeiten des
neuen öfterr. Schulgefeges auf das leb-
baftefte beteiligt.
Derjelbe war jchon feit dem Jahre 1856 Mit-
arbeiter verfchiedener in: und ausländ. politifcher
und belfetr. Blätter. Bon den felbftändig ber:
auögegebenen Werken nennen wir mit Außeracht⸗
laſſung der Schulliteratur und Reifebücher: Bei:
träge zur Schlägler Chronik, Pazmansdorf im
V. U. M. B., Markt Friedberg, defien Umgebung
und feine berühmten Männer, Oberplau, Ge:
ſchichte Öſterreich Ungarns für Schule und Haus,
Adalbert Stifter, Ein Denkmal ꝛc. (illuftr.).
Er war Gründer und Vorjtandsmit-
glied verfchiedener wiſſenſchaftlicher, ge:
meinnüglicher und deutſchnationaler Ver:
eine, wo er die Mitglieder durch Bor:
träge für feine Jdeen zu begeiftern wußte.
Auf diefe Weife ift es ihm auch gelun:
gen, in die Lage zu fommen, an den Ge:
burtshäufern verdienftovoller Männer ſei—
ner Heimat, wie des berühmten Arztes
und Lehrers Oppolzer (Grager), des Che:
mikers Pleiſchl (Hofienreut), des Mufik-
gelehrten Simon Sechter (Friedberg) ꝛc.
Dentfteine zu errichten. Um aber das
Andenken an den genialen Naturjchilderer,
den Malerpoeten Adalbert Stifter, auch
im Böhmerwalde wach zu halten, ſchmückte
M. jenen durch Natur und Poeſie ges
heiligten Punkt des Böhmerwaldes, den
| „Blöderftein“, wo ein Teil der Stifter:
— — —— — — — —
TIEREN Ervarunb, BR Yu] ı».
—
Maronski.
384
Marquardt.
ſchen Novelle „Der Hochwald“ ſpielt, mit mern 1874), Einige linguiſtiſch-hiſtoriſche Bes
wärtig (1887) im Verein „Deuticher Böh-
mermwaldbund“ als erfter Obmann der
„Bundesgruppe Wien“ feine Thätigfeit.
Südböhmiſche Gemeinden fandten ihm
Ehrenbürgerdiplome und die Großkom—
mune Wien zeichnete ihn durch Verleihung
des Bürgerredhtes aus.
Maronsfi, Stanislaus, iſt am 30.
April 1825 zu Gnejen im Großherzog:
tum Pofen geboren. Seine Eltern jchid-
ten ihn im 9. 1840 auf das Gymna—
fium zu Trzemeszno. Nachdem er da-
jelbjt das Zeugnis der Reife erhielt,
bezog er die Univerfität Breslau, wo er
hauptſächlich hiſtoriſche, geographiiche,
philologiſche und philoſophiſche Vorleſun⸗
gen hörte. 1854 unterzog er ſich der
mündlichen Prüfung pro facultate do-
cendi vor der königl. wiſſenſchaftlichen
Prüfungstommiffion dafelbit, und wurde
ihm auf Grund dieſer Prüfung die un:
bedingte facultas docendi erteilt. — Dar:
auf trat er am Gymnafium zu Culm fein
Probejahr an, von wo er 1855 an
das Gymmafium zu Conitz als willen:
ſchaftlicher Hilfslehrer zur Dienitleiftung
geichicdt wurde: Im Jahre 1857 wurde
er als 3. ord. Lehrer an dem neugegründ.
Progymnafium zu Neuftadt i. Weftpr.
angeitellt, und als dasjelbe im jahre 1861
zu einem volljtändigen Gymnafium er:
hoben wurde, wurde M. 1861 zum 2,
Oberlehrer dafelbit ernannt. Im Jahre
1872 nötigten ihn Gefundheitsrücfichten,
jeine Penfionierung zu beantragen. In
Ruheſtand verjegt, verzog er nad) Poſen,
von wo er 1875 nad) Neuenburg i. Weſtpr.
überfiedelte, verlegte alsdann von hier
1876 jeinen Wohnfig nad Pelplin, wo
er noch jetzt lebt.
Bon jeinen verdienftlichen hiſtoriſchen Arbeiten
find im Drud erfchienen: O Sottysach w Polsce
(Über das Schulzenamt in Polen 1851), De augu-
rihne Romanis (1859), Die ftammverwandt:
Ihaftlihen und politifchen Beziehungen Bommerns
zu Polen bis zum J. 1227 (1876), O nawro-
ceniu Pomorzan (Üser die Befehrung der Pom—
einem Niefen-Obelist. DM. entfaltet gegen: | Merfungen und Greurfe anläplih ber Schrift
Philippis: „Die von der Marwitz“ (1840), Sto-
wianie Meklemburscy (Die medlenburgifchen
Slaven 1831), Rozbiör krytyezny Libri Be-
neficiorum Jana Laskiego (Aritiide Analyſe
der Libri Beneficiorum des Johann Laski 1882),
Herodots Gelonen keine preußiſch-litauiſche
Völkerſchaft (1883), O zatozeniu biskupswa
lubuskiego (Über die Gründung des Bistums
Lebus 1883), Obraz ekonomiczno-statystyezny
Archidyecezyi Gnieznienski@j w wieku XVI.
(Ökonomifch-itatiftiiche Verhältniffe der Erzdiözeie
Gnefen im X VI. Jahrhundert 1883), Jan Laski,
Prymas (Primas Johann Laski 1884).
Marquardt, Ludwig. Geboren zu
Yaftrow in Wejtpr. am 21. Jan. 1846
als Sohn eines Grundbefigers, genoß id)
den eriten Schulunterricht ‚in der Vater—
itadt, fam dann nad Berlin auf das f.
Friedrih-Wilhelms-Symnafium, welches
damals unter der Direktion des Prof. Dr.
Friedrich Ranke (Bruder des Hiltorifers
Leop. v. Ranke) jtand. Nah Abſolvie—
rung des Abiturienten-Eramens (1868)
widmete ih mich in Berlin dem Studium
der Theologie; unterbrochen wurde die
Studienzeit durch den deutſch-franzöſiſchen
Krieg, an welchem ich als freiwilliger Feld»
diafon teilnahm. 1871 verließ ich bie
neue Reihshauptitadt, um zunächſt (und
zwar auf einem Rittergute in der Nähe
von Danzig) eine Hauslehreritelle anzu-
nehmen. 1872 bejtand ich zu Königsberg
i. Pr. das Eramen pro lic. conc., worauf
ich mid) zeitweife bei meiner Mutter (der
Bater war kurz vorher gejtorben), zeit
weile bei einem Vetter in der Nähe von
Bromberg aufbielt. Hier lernte mich Kons
fitorial-Rat Taube (jegt Generaljuper-
intendent von Wejtpreußen) fennen und
nahm mid) in Ausficht als Paftor fürdievon
der Parodie Krone a./Br. neuabgetrenn:
ten Gemeinden Gogolin und Lutichmin-
Schanzendorf. So fam id) in die Provinz
Poſen; denn nachdem ich 1873 in Königs:
berg das Eramen proministerio bejtanden,
erhielt ih zu ‘Bofen die Ordination für
‚die genannten beiden Trenngemeinden, und
zwar als „Pfarrer adinterim.“ Nachdem
Martellus. 3
ich zirka 2/2 Jahre in diefer Stellung ge:
wirft und mic) auch inzwifchen mit Frl. Eli-
fabeth Goeldner verheiratet hatte, wurde
id) durd) das Königl. Brovinzial:Konfifto:
rium in die vafant gewordene Pfarrftelle
zu Mogilno (Reg.-Bez. Bromberg) berufen.
Da mein Pfarramt fowie die Nebenämter mir
immer nod Zeit genug lafjen zu wiſſenſchaft⸗
lichen Studien, ſo habe ich mich 1883 daran ge—
macht, ein Werk zu verfaſſen, das den Titel führt:
„Das deutſche Volk in ſeiner geſchichtlichen und
kulturgeſchichtlichen Entwickelung“, deſſen 1. Band
(bis 1517) bereits erſchienen. Veranlaßt durch
die hundertſte Wiederkehr des Todestages Fried:
rich des Großen, ſchrieb ich das Buch für Schule
und Haus: „Friedrich II., der Große. Zum hun—
dertjähr. Gedächtnis feines Todes“, welches Wert
vielen Erfolg hatte, da 1887 bereits das 5. Tau:
ſend erfchien.
Martellus, fiche Carl Ed. Klopfer.
Martenjen, Heinrid) Emil, wurde
am 3. Februar 1847 auf. der zur preu:
Bilden Provinz Schleswig-Holftein gehö:
renden nordfriefiichen Inſel Nordftrand,
wofelbjt fein Vater Lehrer war, geboren.
Nach dem fchon im Jahre 1850 erfolgten
Tode feines Vaters zog feine Mutter mit
ihren 5 Kindern nad) dem im Kreife Ton:
dern belegenen Kirchdorfe Fahrntoft, woher
fie ftammte. Hier wuchs der Knabe unter
der liebevollen Pflege feiner Mutter, die
früh- einen riftlihen Sinn in ihm zu
weden verjtand, auf, und ſchon aus diejer
Zeit datieren die erften Verfuche feiner
dichterischen Thätigfeit. Nach feiner Konz
firmation widmete er ſich dem Lehrerbe—
rufe, und, nachdem er 3 Jahre an ver:
ſchiedenen Orten als Unterlehrer fungiert
hatte, bezog er, 19 Jahre alt, das Leh—
terfeminar in Tondern, welches er 1869
abjolvierte. Nachdem er bis 1872 in
Tondern als Lehrer gewirkt hatte, und
jwar zuleßt an der dortigen Seminar:
übungsschule, wurde er zum Diſtriktsſchul—
lehrer in Bütjebüll-Addebüll bei Bredftebt
ernannt, blieb hier jedoch nur 17/4 Jahr |
und übernahm dann 1874 die Nedaktion
der fonfervativen „Neuen Zeitung“ in
Bredſtedt. Als im Frühjahr 1877 die
Miffionsanftalt in Breflum eröffnet wurde,
Das literarifhe Deutſchland.
35 — Martin.
erhielt er einen Ru
f als Lehrer an diefe
Anftalt, an wel
her er noch heute thätig ift.
Schon während feiner Seminarzeit Ichrieb M.
verfchiedene religiöfe Gedichte, deren erſte Samm:
fung unter dem Titel „Freundes:Grüfje” 1874 er:
ſchien. Das Buch hat bis jeht 4 Auflagen erlebt
und ift von der gefamten Preſſe vorzüglid) be:
urteilt worden. Außerdem hat er eine Novelle
„Aus Naht zum Licht“ gefchrieben.
Martin, fiche M. H. Lange.
Martin, Theodor, geboren 18. Juni
1839 in Konftanz, abjolvierte 1859 dag
Gymnafium der Vaterftadt und 1863 die
theologiichen Studien an der Univerfität
Freiburg. Nach vierjähriger Tätigkeit
als Vikar in Donaueſchingen, wo im Archiv
und in.den Sammlungen viele Anregung
‚geboten ift, zog derfelbe 1867 als fürſtl.
Fürſtenberg. Hofkaplan auf das kunſibe—
rühmte Schloß Heiligenberg am Bodenſee
‚und wurde dort 1886 zum Monſignore
‚und Bäpftl. Gcheim-flämmerer ernannt.
Seine literarifche Thätigkeit erftredt ſich über
biftorifches und funfthiftorifches Gebiet. Außer
einer Monographie über Heiligenberg find Auf:
fäge über die Judenverfolgnng 1348, die Reid):
| tümer der Reichenau; außer der italienischen Reife
beichreibung „Im Fluge“ Arbeiten über die deut:
ſchen Maler von Gegenbauer und Ludwig Seit
‚in Rom und Anderes von ihm im Drude er:
Schienen, der Mitarbeiterichaft an verjchiedenen
Zeitſchriften nicht zu gedenken.
Martin im Grund, |. M. Grund:
Ichöttel,
Marty, Anton, geboren am 18. Of:
‚tober 1847 zu Schwyz in der Schweiz,
machte philojophiiche Studien zu Würz-
burg und Göttingen, an weldem leßz—
teren Orte er aud aus Philoſophie pro:
movierte. Er wirkte dann zuerſt einige
Sahre als Profeſſor der Philofophie am
Lyzeum in Schwyz, dann (von 1875—80)
‚in gleicher Eigenſchaft an der neugegrüns
beten Univerfität in Czernowitz und feit
1880 an der deutſchen Univerfität in Prag.
Von den vorzüglich beurteilten Schriften M.’s
heben wir hervor: Über den Urſprung der Sprache
(1875), Die Frage nach der geihichtlichen Ent:
widelung des Farbenſinnes. Nebſt zwei Ans
hängen: Uber die Begriffe Helligkeit und Inten—
fität der Gefichtsempfindungen; Über Befähigung
25
|
Maice.
und Berechtigung der Poeſie * Schilderung von
Farben und — (1879), Über ſubjektloſe Sätze
und das Verhältnis der Grammatik ;u Logik und
Piychologie (1885), Über Sprachrefler, Nativis-
mus und abſichtliche Sprachbildung (1886).
Mache, Fr., fiehe Jul. Kühne.
Maſchek, Friedrich, geboren am 6.
November 1849 zu Steden in der deutſch—
böhmiſchen Iglauer Kolonie, die fich gegen
das andringende Slaventum mannhaft
wehrt. Der Vater war Militärarzt und
fam nad Italien, fo daß ſchon der Knabe
die Eindrüde des Flaffiichen Landes em:
pfing. Seine Gymnaſialſtudien abjolvierte
er in Bunzlau, Olmüg und Wien und
bezog 1867 die Univerfität Wien, wo er
ſich namentlich germaniftifchen, hiſtoriſchen
und äfthetifhen Studien widmete. Nach
abgelegten Prüfungen nahm er 1873 eine
Lehrerſtelle am Obergymnafium in Reichen:
berg an, wo derſelbe noch heute als Pro—
fefior wirkt.
Seit 1874 Mitarbeiter der „Reichenberger Zei:
tung” lieferte er für diefelbe Theater» und Muſik—
referate, Feuilletons, Novellen ıc. Für den deut:
ſchen Jeſchker- und Iſergau Norbböhmens hat
ſich derfelbe durch die Sammlung der Sagen und
Volksmärchen dieſes interefianten Gebirgslandes
verdient gemacht, ift Mitbegründer des Gebirgs—
vereind f. d. Jeſchker- und Jlergebirge und redis
giert die „Mitteilungen“ diejes Vereins. Haupt
werke: Doktor Kittel, eine nordböhmiſche Fauſt—
fage (1882), Ein ertremer Wagnerianer (um.
Nov. 1883), Ein neuer Maecenad (hum. Nov.
1885), Goethes Reifen (1887), Geſchichten aus
dem Jfergebirge (1888). Außerdem feuilletonis
ftifche Aufläge und Novellen in Zeitſchriften.
Matthes, Franz Adolf Eduard, am
6. Mai 1838 zu Sommerfeld in der Darf
Brandenburg geboren, befuchte die Gym-
nafien zu Sorau und Lauban, wojelbit er
feine Märchen vom Deutihen Neiche verfaßte,
bereifte als Journalift Holland und Bel:
gien, beftand darauf die Prüfung fürs
Lehramt und war dann mit Albert Lindner |
zufammen Lehrer an einer schola collecta
zu Spremberg, danad) Leiter einer Privat:
Ihule zu Drebfau, langjähriger Privat:
(ehrer in Berlin, darauf Leiter eines pho—
tolithographiichen Landkarten⸗Inſtituts in
Weimar, ſpäter Nedafteur von pädago:
386
Maufid.
giſchen und politiihen Zeitjchriften und
(ebt gegenwärtig, als ſtädtiſcher Xehrer und
Schriftiteller thätig, wieder in Berlin.
Es find von ihm erjhienen: Deutſchlands
Wiedergeburt, Lieder: u. Sonetten-Eyflus (1886),
Zorber:Reife, Volks: und Soldatenlieder (kompo—
niert von Otto Gehrke 1868), Kaifer Wilhelms,
tes Siegreihen Ehrenhalle (Lieder: und Sonetten»
Cyelus 1871), Das deutiche Nationalfeft, Eigenes
und fremdes (1872), Schul-Atlas in 44 Karten
(1873), Olympos und Walhalla (Feitip. 1874),
Die deutiche Staatsihule (1877), Raturgeſchi
der Vögel (1883), Im blauen Engel (Zuftjp.
1886), Phyſikal. Handbuch (1887— 88).
Maukſch, Fr. A. Julius (I. Man-
fred, A. Neumann), geb. am 18. Dezember
1856 zu Mugfchen, Kreis Leipzig (Sad:
jen) als Sohn des Strumpfwirfermeifters
und Kaufmanns Fr. Maukſch und befien
Ehefrau Marie Louife, geb. Schreiber.
Er trat, 19 Jahr alt, als Stenograph
und Privatſekretär in Dienfte des Dr.
A. Söndermann, Schriftitcller und Re
dakleur der A. Wolf'ſchen Verlagsmwerfe
in Dresden, in welcher Stellung er 8%/a
Jahr verblieb. Während diefer Zeit
wirkte er auch als Berichterftatter vers
ſchiedener Zeitungen, nad) diefem als belle:
triftifcher Schriftiteller.
Er ift Verfaſſer vieler Novellen, Humoresken,
fowie der fehr günftig beurteilten Romane: In
Feſſeln der Leidenſchaft, Unſchuldig verurteilt,
Harry und Röschen, Die 3344 Der Erb⸗
— Das Kreuz der Liebe, Bulgariens deutſcher
eld.
Maurenbrecher, Wilhelm, wurde
am 24. Dez. 1838 in Bonn als ein Sohn
des ausgezeichneten Juriſten R. M. gebo—
ren, abſolvierte das Studium der Geſchichte
daſelbſt, in Berlin und München, habi—
litierte ſich 1862 in ſeiner Vaterſtadt,
wurde 1867 als Profeſſor der Geſchichte
nach Dorpat, 1869 als ſolcher nach Kö—
nigsberg, 1877 nach Bonn und 1884
nach Leipzig berufen. Neben feiner aka—
demiſchen Wirkſamkeit ift M. auch fchrifte
jtellerifch in hervorragender Weiſe thätig.
Hauptwerfe: Karl V. und die deutichen Protes
jtanten (1865), England im Neformationdzei
‚alter (1866), Studien und Skizzen zur Gef
| der Reformationszeit (1874), Don Carlos (1876)
Maurer.
387
Maurus.
Geſchichte der katholiſchen Reformation (1880), | außerordentlihen Profeffor in München
Die preußifche Kirchenpolitit und der Kölner
Kirchenftreit (1881). M. redigiert auch feit Jahren
das „Hiftoriihe Taſchenbuch“.
Maurer, Ernft, fiehe Alph. Levy.
Maurer, Joſeph, it am 16. Ja:
nuar, 1853 zu Ajparn a. d. Zaya (Nie
der⸗Oſterreich) geboren. Seine Gymna⸗
fialftudien madte er in Wien am Jo—
jephftädter Gymnafium. Nah Vollen-
dung berfelben jtudierte er vier Jahre
Theologie an der Wiener Univerfität.
Am Jahre 1877 wurde er zum Priefter
geweiht. Er wirkte dann mehrere Jahre
auf dem Lande und dann in Wien in,
der Seeljorge, bis er 1884 eine eigene
Pfarre antrat zu Markt-Hof bei Marchegg.
Literarifch verfuchte ſich M. zumeift in hiſto—
riſchen Erzählungen, die in verichiedenen Zeit:
friften und Kalendern zeritreut find. Die be»
deutendfte, die auch feparat erfchien, foll er:
wähnt werden: Bruder Marcellin Ortner von
Klofterneuburg (1883). M. veröffentlichte auch
biftorifche Artikel in verfchiedenen Fachzeitſchriften
auf Grund feiner Forſchungen in verſchiedenen
Archiven. 1887 erihien von M. ein bedeuten:
des hiſtoriſches Werk, die Arbeit vieler Jahre:
Kardinal Leopold Graf Kollonitih, Primas von
Ungarn. M. hatte dazu, zahlreiche öffentliche
und Privat:Archive teils in —* und Ungarn,
teild auch in Italien und Malta benugt. Das
Werk ift ein bochintereffante® und mit ftaus
nenswertem Fleiße zufammengeftelltes Quellen:
wert. Seinen nunmehrigen Aufenthalt an der
Mündung der Mar in die Donau hat M.
dazu benuft, die Geſchichte feines jegigen Pfarr
orted und des k. k. Luſtſchloſſes Schloßhof,
einer Schöpfung des Prinzen Eugen v. Savoyen,
zu ſchreiben. Auch die „Geſchichte des Marktes
Aparn a. d. Zaya“ (1887) entitand ſchon in
diefer Zeit, wozu die Archive fleihig benutt
wurden. M. ift auch Mitarbeiter an den Re
geiten für die Geſchichte des Erzbistums Wien.
Maurer, Konrad von, wurde am 29.
April 1823 zu Frankenthal geboren, wid:
mete fih nad Abfolvierung des alten
ernannt, wurde er im jahre 1855 ebenda
zum Ordinarius befördert. Ein viertel:
jähriger Aufenthalt in Kopenhagen (1857)
und ein halbjähriger auf Island (1858)
diente Studien auf dem Gebiete der
altnordiſchen Rechtsgeſchichte, über welche
derſelbe ein Semeſter lang auf Einladung
der norwegiſchen Regierung an der Unis
verfität ji Chriftiania Vorlefungen bielt.
Literariih erwarb M. fich inäbefondere einen
Auf als Erforfher isländiihen Kultur: und
Staatslebend. Bon feinen verdienftvollen Schrif—
ten heben wir hervor: Die Entitehung des is—
ländiſchen Staates (1852), Die Belehrung des
norwegiſchen Stammes zum Chriftentume (1855,
1856), Isländiſche Volksſagen der Gegen:
wart (1860), Jsland von feiner erften Entdedung
bi8 zum Untergange des Freiſtaats (1874),
Udeigtoner de nordgermaniske Ritskilders
Historie (1878), Zur politifchen Geſchichte Js—
lands (1880).
Maurus, Heinrich, wurde 29. April
1826 in Graz in Steiermark geboren,
abjolvierte das Gymnaſium in feiner Va-
terftabt als Zögling des damals dort be-
ftandenen kaiſ. Conviftes, und die juris
diihen Studien auf den Univerfitäten in
Graz und Wien, wo er fid an der Stus
dentenbewegung im März 1848 und den
darauf folgenden Wiener Ereignifjen bis
zum Oftober jenes Jahres lebhaft bes
teiligte. Darnach genötigt, zu flüchten
und ſich verborgen zu halten, konnte er
erſt Ende 1849 nad) erfolgter Generals
Amneftie zur Wiederaufnahme feiner Stus
dien nad) Graz zurückkehren, wo er 1850
zum Doctor juris utriusque promoviert
wurde. Nachdem ihm für den Eintritt
in den Staatsdienft Schwierigkeiten ge
macht wurden, trat er auf Grund feiner
Ihon während feiner Studienzeit in Wien
und Graz erworbenen Praxis als Advofa=
Gymnafiums zu Münden von 1839 bis | tur:Konzipient, in Privatdienft als Rechts:
1844 dem Studium der Rechte an den
Univerfitäten zu Münden, Leipzig und
fonfulent bedeutender Berg und Eijen-
hüttenwerfe und Güter in Steiermarf
Berlin. Auf feine geiftige Richtung wirkten | und Krain, welche Stellung ihm in einer
befonders ein: E. Albrecht, Guftaf Ho= | fünfzehnjährigen ausgebreiteten Thätigfeit
mayer, Karl Freiherr von Ridhthofen, | vollen Einblid in alle Zweige des prafs
Jakob Grimm. Im Jahre 1847 zum |
tiihen Wirtichaftslebens und der foziale
26*
388
Maurus, Mauthner.
politiihen Ericheinungen verihaffte, den) Mauthner, Frig, geboren am 22.
er in feinen fpäteren Publikationen auf | November 1849 zu Horzik (Böhmen) als
diefen Gebieten verwertete. 1859 und 1860, | der Sohn eines reichen Kaufmanns, be=
als die politiihe Neugeftaltung Diterreichs die ſuchte das Gymnafium zu Prag und tus
Geifter befchäftigte, erfchienen feine erjten politis
fhen Brofhüren: Deutih:Öfterreih und „Keine
Provinzial-Yandtagsverfaflung für Deutich-Öfter: |
dierte daſelbſt einige Semeſter die Rechte.
Schnelle Erfolge, die feine erjten litera=
reich“, denen andere Aufläge folgten, in welchen
die Konftituierung der damals zum deutſchen
Bunde gehörigen Länder Oſterreichs zu einer |
politiihen Einheit mittelft einer vom Bolfe
direft, und nicht von den Landtagen ge:
wählten, Ginzigen Vertretung begehrt wurde.
Nah der im Jahre 1866 erfolaten Lö—
jung des Privat-Dienftverhältnifies wid:
mete er fih ausschließlich) den volfswirt-
ſchaftlichen Studien, als deren Frucht zuerit
Die Grundfäte der Volkswirtſchaftslehre vom
Standpunkte der fozialen Reform (1868) und
Die moderne Beiteuerung und die Befteuerungs:
reform (1870) erichienen. Während des
deutfch-franzöfischen Krieges war er in
Graz als Obmann des deutihen Zentral:
Hilfsfomites für Steiermark an der Spiße
der dortigen patriotischen Bewegung und
überficdelte Anfangs 1871 nad Heidel-
berg, Später nach Karlsruhe, wo er bis
1876 domizilierte. In diefer Zeit erſchien
das Buch: Über die Freiheit in der Volfswirt:
ſchaft und 1874 die Broichüre: Uber die Urfachen |
| riſchen Verfuche erzielten, veranlaßten M.
zur Aufgabe des Jus, um fi ausſchließ—
lich der Schriftitellerei zu widmen, zunächſt
‚als Feuilletonift an Prager Zeitungen,
jeit 1876, da er nad) der deutſchen Reichs»
hauptſtadt überfiedelte, an Berliner Blät—
tern, nämlich dem Berliner Tageblatt und
Schorers Familienblatt, an legterem als
ſtändiger Mitarbeiter thätig. Weiteren
Kreifen wurde M. durch feine parodiftiiche
Studie Nah berühmten Muftern (1878) be
kannt, in denen er in genialer Weije die
Geißel über abgeihmadte literariiche
| Deaniriertheiten ſchwingt. Ebenfo beifällig
|
wurde fein Dilettanten-Spiegel (1883) aufs
‚genommen. Außerdem heben wir hervor:
Kein Gut, fein Mut (Luſtſp. 1876), Vom armen
| Sranifchfo (1879), Einfame Fahrten (1879),
‚ Rleiner Krieg (1879), Die Sonntage der Baro—
nin (1881), Xantippe (1983), Aturenbriefe (2.
| Aufl. 1885).
|
Mautner, Eduard, wurde am 13.
der berrfhenden allgemeinen Teurung, während | .
er gleichzeitig auch als Mitarbeiter am Pierer | November 1824 in Belt geboren, fam nad)
UniverfalsKonverfations-Lerifon für Steuerweien | dem frühen Tode feines Baters mit feiner
und Staatswiflenichaft thätiq war.
nad Wien zurücdgefebrt, erſchien 1878 das Bud:
Der moderne Verfaſſungsſtaat als Rechtsſtaat
fritifiert, in welchem ausgeführt wird, daß das
dem Volke gebührende Recht der Gejeggebung in
den modernen Volfsvertretungen und im Parla:
mentarismus nicht vorhanden iſt, fondern nur durch
die Einrichtung der direften Volksgeſetzgebung
nad) Schweizer Muſter verwirklicht werden würde,
Ende 1876 |
Mutter nah Wien, wo er feine Gymna—
ſial- und Univerfitätsitudien (Medizin und
Rechtswiſſenſchaft) abfolvierte. 1844 bezog
er dann nod) die Leipziger Hochſchule, um
Philoſophie zu ftudieren. Inzwiſchen uns
ternahm er feine erjten literarischen Geh:
verfuche, unterjtügt befonders von Alfred
Seit 1550 auf einer Eleinen Berigung | Meißner, die bald in einen flotten Yauf
in Eggenberg bei Graz wohnend, ijt er |übergingen, da fein Lujtipiel Das Preis:
für die inzwiſchen eingetretene Schwen- | luftipiel ein ſolches, wie der Titel jagte,
fung der deutſchen Wirtichaftse und So: | wurde und große Erfolge erzielte. Sein
zialpolitif aus dem früheren Liberalismus | Name wurde jchnell befannt, was ihm die
zu manchen der in feiner VBoifswirtichafts: nun eingeichlagene Fournaliftenlaufbahn
Ichre vertretenen Prinzipien, durd Dit: | ebnete. Er wirkte für mehrere Jahre an
arbeiterschaft an Fachzeitichriften in Berlin | Wiener Sournalen, fiedelte jedoh 1855
und München fortthätig, lebt jedod) im nad) Paris über, wo ihm eine Stelle bei
Übrigen volljtändig zurüdgezogen vom der Direktion der Staatsbahn angeboten
öffentlichen Leben in Ojterreid). ‚worden. Nach zehnjährigem Fernſein kehrte
May.
er nach Wien zurüd, entichloffen, wiederum |
ber bereits im und hielt jowohl in Vereinen und Berfammlungen
Sournalift zu werden.
folgenden Jahre bot fich ihm Gelegenheit, |
389
Mayer.
Wiederholt trat M. Th. M. ald Rednerin auf
Vorträge meift pädagogilher Tendenz, wie auch
wiederholt Cyklen von Vorträgen über Äüſthetik
jeinen Plan zu ändern, indem er als Hilfs: und Literatur. Lebhaft thätig ift fie auch auf
arbeiter bei der f. f. Bibliothek in Wien | dem Gebiete der Jugendliteratur; fie giebt den
angejtellt wurde. Nunmehr wirft M. als
Bublizift im Minifterium des k. Haufes.
Bon feinen, meift mit durdhichlagendem Erfolge
aufgeführten Bühnenftüden nennen wir außer
dem erwähnten: Gräfin Aurora (Schaufp. 1852),
Eglantine (Schaufp. 1864), Im Augarten (Feſtſp.
1880), Bon der Nar zur Donau (Feſtſp. 1881),
Der Niren Weibegruß (Feitip. 1886). Außer:
dem: Gedichte (1846), Novellen (1858), Gedichte
(1858) und trefflihe Überfegungen franzöſiſcher
Bühnenftüde.
May, Maria Therefe (A. Wichodil),
wurde am 9. Januar 1851 als Tochter
eines Kaufmanns in Bielig (öfterr. Echle-
fien) geboren. Nach glüdlich verlebten
Kinderjahren fam fie nad) Troppau, wo:
hin ihre Mutter überfiedeltwar, und bildete |
fi durch Privatunterricht zur Erzieherin
aus. Sie hatte den lebhaften Wunfch,
Lehrerin an einer öffentlichen Anftalt zu
werben und bejuchte deshalb die Trops
pauer Zehrerinnen:Bildungsanftalt, wo fie
unter der Leitung tüchtiger Lehrkräfte fich
eine gründliche Berufsbildung erwarb und
ihr Eramen mit Auszeichnung beitand.
Mitten unter den Vorbereitungen zu dem: |
jelben ſchrieb M. Th. M. ihre erfte No:
velle: Irene, welche der Verfaſſerin viele
Freunde erwarb. Hierdurch ermutigt, gab
M. Th. M. ihre mittlerweile erlangte
Stelle als öffentliche Lehrerin auf, auch
weil ihre zarte Gejundheit den Anftren-
gungen des Lehrberufes nicht gewachſen
war. Sie widmete fih nunmehr voll:
ftändig der literariihen Laufbahn.
In rafcher Aufeinanderfolge erfhienen von nun
die Novellen: Fräulein Doktor, Tief verfchleiert,
Schweigen iſt Gold, Mimofa, Aus den Erzäh:
lungen eine Engels, Der Zauber der Sprache,
Baronefie Kanthippe, Die Studentin, Salome,
fowie die Nomane: Ein SKloftergeheimnig und
Ein NRätjel, welche Werke von der Kritif wie vom |
Publikum mit großem Beifalle aufgenommen
wurden. M. Th. M. hat fi auch ald drama:
tische Dichterin mit Glück verſucht. Sie fhrieb
bie Luftipiele Polychrom und Doppelgänger.
öfterreihiichen Jugendfalender heraus, ferner er:
ſchienen von ihr Erzählungen für Kinder unter
dem Titel: Kleines Volk, ſowie noch eine große
Zahl anderer Jugendichriften in verſchiedenen
Sammelmwerten veröffentlicht worden find. Als
Redaktrice wurde dielelbe dur die Herausgabe
der Zeitichrift „Die Mädchenſchule“ befannt, wie
fie eine beliebte Mitarbeiterin vieler Fachblätter ift.
Mayer, Adolf Eduard, wurde am 9.
Auguft 1843 zu Oldenburg ale Sohn
des Schulmanns, Dichters und Hiftorifers
KA. M. geboren. 1851 fiedelte feine
Familie nad) Mannheim über, woſelbſt
der Knabe das Gymnaſium bejuchte. 1860
ging er als Polytechniker nad) Karlsruhe,
1862 als Student der Chemie nad) Hei-
delberg und promovierte 1864 daſelbſt
zum Dr. phil. 1864 ftudierte er orga=
nifhe Chemie in Gent, 1865 in Halle,
wurde 1866 MNififtent am Univerfitäts-
laboratorium dafelbft und kam im folgenden
Jahre in gleicher Eigenſchaft an die Ver:
fuchsftation zu Karlsruhe. 1868 habili-
tierte er fich als Privatdozent in Heidel-
berg. Von Einfluß auf feine Studien:
wahl und auf feinen Studiengang waren
folgende Lehrer: H. Schröder in Mannheim,
Bunfen, Kirchhoff, Heſſe in Heidelberg und
Fr. Stohmann, Julius Kühn in Halle.
1875 wurde M. außerordentliher Pro:
feffor in Heidelberg und ein Jahr darauf
folgte er einer Berufung nad) Holland
an die neu errichtete landwirtichaftliche
Akademie und zur Einführung des Sy—
ſtems der Verfuchsitationen in Holland.
1877 wurde er zum Direktor der erjten
holländischen Station ernannt. Seit 1879
iſt M. forrefpondierendes Mitglied, ver:
Ichiedener gelehrten Geſellſchaften in Oſter—
reih, Stalien und Schottland. M. ift
Verfaſſer zahlreicher phyſiologiſcher und
‚landwirtichaftliher Abhandlungen in den
„Landwirtſchaftlichen Verſuchsſtationen“,
in den „Landwirtſchaftlichen Jahrbüchern“
Far, olro
Nı®.
Mayer.
u. ſ. w. Mehrere feiner Publikationen |
bewegen fih an den Grenzen der Natio:
nalöfonomie. Won feinen vorzüglid auf:
genommenen jelbjtändigen Werfen find
hervorzuheben: unterſuchung über die alkoholiſche
Gärung (1869), Das Düngerkapital und der Raub⸗
bau (1869), Lehrbuch der Agrikulturchemie (1870,
3. Aufl. 1886; ins Ruſſiſche überſetzt), Lehrbuch
der Gärungschemie (1872, 3. Ausg. 1880; ins |
Italieniſche überfegt), Die Ernährung der land: |
wirtſchaftlichen Kulturpflanzen (1874, ind Hol:
ländifche, Däniſche, Schwediſche überfegt), Die
Lehre von den chemiſchen Fermenten (1884.)
Mayer, Karl Auguft, geboren am
8. Juli 1808 in Eijenberg (Rheinpfalz),
befuchte das Gymnafium zu Kreuznach
und die Univerfitäten Heidelberg, Bonn
und Berlin, um anfangs Hüttenkunde,
ſpäter Philologie und Geſchichte zu ſtu—
dieren zum Zwed, den Beruf eines Lehrers
zu erwählen. Nachdem er 1833 zum
Doktor promoviert worden, unternahm
er eine längere Studienreife nad Franf-
reih und Italien und wirkte danach als
Lehrer an den Gymnaſien zu Elberfeld,
Aachen und Mannheim. Im Jahre 1868
wurde er als Direktor des Nealgymnaz |
fiums nad) Karlsruhe berufen, wo er bis,
1873, da er in Benfion trat, wirkte. |
Außer feiner trefflihen „Deutihen Geſchichte
für das deutiche Wolf” (1857) hat er eine gute
„Deutihe Poetik“ (2. Aufl. 1879), die allge:
meinen Beifall fand, verfaßt, ferner: Waterlän:
diſche Gedichte (1844), Der Räuber und fein
Kind (Nov. 1849), Die Hunte (Ged. 1851),
Schsundjechzig (Rom. 1873), Die Brüder (Rom.
1874), Zwei tapfere Herzen (Rom. 1876), Auf
390
der Hochſchule (Rom. 1878), Novellenkranz
(1886).
Mayer, Dianfred, ward am 2. April
Mayerhofer.
rüdfihten nahm M. 1880 feinen Abichieb.
Schon früher durd die Lektüre von Giefe-
brechts Gefchichte der deutſchen Kaiferzeit
zu biftorifchen Studien angeregt, wandte
er fich num ganz der Geſchichtswiſſenſchaft
zu, hörte an der Univerfität zu Münden
philofophiiche, hiftorifche, juriftifche, ſtaats⸗
wiſſenſchaftliche und literarhiſtoriſche Kol⸗
legien und erwarb ſich 1883 den Doftor-
grad in der Philofophie. 1883 als Prafti-
fantim gl. bayer. geheimen Staats-Ardjive
zugelafjen, wurde M. außerdem noch 1885
zum Sanzliften des hohen fol. Militär
Mar:ofeph:Ordens berufen.
Ms Thätigkeit als Hiftorifer ift zunüchſt auf
bayerische Landesgeſchichte gerichtet. 1883 erſchien
feine treffliche Geihichte der Burggrafen von Res
gensburg. Die Regeſten zur Geſchichte der Burg
grafen werden demnächſt in den Verhandlungen
des biftorifchen Vereins der Oberpfalz und von
Regensburg eriheinen. Ebenfo ift „Leben, Wirken,
Werke und Korrefpondenz des bayeriichen Staats
mannes und Selhichtäithreibers Dr. Biguleus
Hundt von Sulzemoos“ demnädft zu erwarten.
Außerdem kleinere biftoriihe Tages Eſſays, die
in verfchiedenen Zeitungen und Zeitiriften, meift
anonym, erfchienen find.
Mayerhofer, Johann v. Gott. Ich
bin geboren am 1. Januar 1851 auf
einem Einödhofe der politiihen Gemeinde
Heidenhof bei Paſſau in Niederbayern.
In Paſſau und in München abjolvierte
ih Gymnafium und Univerfität, nahm
Praris am f. bayr. Allgemeinen Reiche:
archiv (April 1877), wurde zum Dr. phil.
promoviert, trat nad) Beſtehen des ardji-
valifhenStaats-Konfurjes(1832) in fürſtl.
Fürftenberg’iche Archivsdienſte zu Donau-
eſchingen, fehrte aber ſchon Juli 1883
1855 als Sohn des f. bayerischen Haupt: | nad) Bayern zurüd, um die Kreisarchiv:
manns Lorenz; DM. in München geboren. | Sefretärftelle in Bamberg zu übernehmen.
Nach erhaltenem Abfolutorium des kgl. Ich erfreue mich des doppelten Glüdes,
Ludmwigsgymnafiums trat derjelbe am 10. ein braves Weib zu befigen und in einem
Auguft 1875 in die kgl. bayerische Armee | Berufe zu wirken, der mich nad) all’ feinen
ein, bejuchte als Portepeefähnrich des fgl. Seiten hin ebenjo anregt und befriedigt,
3. Cheveaurlegers = Regiment „Herzog | wie er mir feit meinen Studentenjahren
Marimilian“ die kgl. Kriegsichule und | als Ideal vorgeſchwebt hat. Obſchon ich
wurde 1877 zum fol. Sckondlieutenant mich aber in erjter Linie in meiner Amts:
im tgl. 2. Cheveaurlegers-Negiment ſphäre bewege, fo laſſe ich doch zu gele—
„Taris“ befördert. Aus Gefundheits: | gener Stunde meine Feder auch anderweit
Mayr.
Ipazieren gehen, im Bayeriihen im All
gemeinen und im Bayerijch-Heiteren in:
fonberbeit.
Bon ſolchen Schriften möchten der Aufzählung
wert fein: Luſtſame Geſchichte des Münchener
Hofbräuhaufes (2. Aufl. 1883), Mei’ Pfoarra
(Ep. Ged. 1883), Geſchichte des k. Auftichlofies
Schleißheim (1885), Harmloje Humoreäfen (1886),
Clara Ziegler (Biogr. Skizze 1887).
Mayr, Ambros, ift zu Söll im tiro-
liichen Unterinnthale am 8. Mai 1849
geboren. Er vollendete jeine Studien zu
Ealzburg, Innsbrud und Wien und trat,
mit juridifchen, germaniftiichen und philo:
logischen Kenntniſſen ausgerüftet, die lehr:
amtliche Praxis an. Acht Jahre verlebte,
M., unabläffig Ichriftitelleriich thätig, als
Profeſſor an den vereinigten Mittelfchulen
zu Komotau am Erzgebirge; im Jahre
1882 fam er an das fail. fün. Staates
gymnafium zu Bozen in Südtirol, wo
er bis zum Ende des Jahres 1887 amt:
lih und literariich thätig war. Gegen—
wärtig ift M. Profeilor am Staatsober:
gymnafium zu Troppau. Er erprobte,
ſich oftmals mit entichiedenem Erfolge als
Wortführer der jungtirolifchen Literaten:
gruppe und gilt dermalen als einer ihrer |
angejeheniten und tapferiten Vertreter.
Bon zahlreichen Meineren poetiihen und pro: ,
faifhen Erzeugnifien abgefehen, find M.'s ber: |
vorragendite Schriften folgende: Charafterbilder
aus Protagoras (1876), Derodot, eine literarge:
ſchichtliche Studie (1878), Hans von Berthalers
auserlefene Werke (1883), Scillerd Gedichte,
auögewählt, eingeleitet, erläutert (1886), Der
fhwäbiihe Dichterbund, Studien (1886), Tiroler
Dichterbuch (1888).
Maytner, Alberta (Margarethe
Halm), wurde als Tochter des k. k. öjterr.
Landihulinipeftors A. Ritter v. Wilhelm, |
päd. Schriftſtellers 7, geboren zu Neu:
ſander in Galizien, vermälte ſich zum
erften Dale mit dem E£, f. öfterr. Artillerie:
leutnant SKeftrand, zum zweiten Dale
391
mit dem f. f. öjterr. Oberftleutnant
Maytner, lebt geichieden in Graz und iſt
ſeit 1867 ſchriftſtelleriſch thätig. Von ihren
ſelbſtändigen, von männlichem Geiſte zeu—
genden Werfen hervorzuheben: Wetter:
Meding.
leuchten, Skizzen und Effays, Aus der Dornen:
hecke, Gedichte, Ein weiblicher Prometheus (Rom.),
Die Philoſophie des Glüdes.
Meding, Oskar (Gregor Samorow),
wurde am 11. April 1829 in Königs
berg geboren, jtudierte die Rechte in ſei—
ner Vaterſtadt, in Heidelberg und Berlin,
wurde 1851 NAusfultator beim Appella=
tionsgericht in Marienwerder, trat 1853
in die Verwaltung über und wurde bei
den Negierungen in Liegnig, Potsdam
und Düſſeldorf beichäftigt. Im Jahre
1859 widmete er fih dem Dienft des
Königs von Hannover, deilen bejonderer
Gnade er fich erfreute und mit dem er,
inzwifchen zum Negierungsrat ernannt,
1866 nad) Wien ging. Im Jahre 1870
‚nahm er feinen Abichied, lebte zunächſt
in der Schweiz, dann in Stuttgart, dar:
auf mehrere Fahre in Berlin, nunmehr
ſeit 1879 in Schloß Mohldenberg, einer
hannöverſchen Zandroftei bei Derneburg.
M. gehört zu der Gegenwart.
Seine
Werke zeugen nicht allein von außeror:
dentlicher Geftaltungstraft, fondern bieten
auch ein gewiſſes politifches Intereſſe, da
der Autor in ihnen feine reihen Er:
fahrungsſchätze verwertet hat.
Hauptwerfe: Am Szepter und Aronen (1872),
Europäiihe Minen und Gegenminen (1875),
Die Römerfahrt der Epigonen (1878), Der Tor
desgruß der Legionen (1874), Zwei Kaiferfronen
(1875), Kreuz und Schwert (1875), Held und
Kaifer (1876), Höhen und Tiefen (1880), Mes
moiren zur Beitgeichichte (1881), Kaiſerin Elifa-
beth (1881), Des Kronprinzen Regiment (1881),
Die Groffürftin (1882), Um den Halbmond
(1883), Das Haus des FRabrifanten (1883),
Peter III. (1883), Schwere Wahl (1883), Plewna
(1884), Die Saroborufien (1885), Gipfel und
Abgrund (1887). Er fchrieb außerdem zahl:
reihe feuilletoniftifche Artikel, Efiays, Plaude—
reien und nationalöfonomijche Abhandlungen für
„Über Land und Meer” unter verjchiedenen Pſeu—
donymen wie Paul von Weiler, Benno Reden,
Detlev von Geyern, Kurt von Walfeld und vielen
anderen.
Meerheimb, Richard von, geboren
am 14. Januar 1825 zu Großenhain in
Sadjen, als Sohn des aus dem Feld—
zug nad) Rußland im Jahre 1812 rühm-
Meerheimb.
lihft bekannten Küraffieroberften von
Meerheimb, der den Knaben frühzeitig
ihon dafür bejtimmte, gleichfalls dem
Vaterlande zu dienen und, wie er, Sol-
dat zu werden. Bon glühender Liebe für
ben erwählten Beruf befeelt, trat er 1839
in das Dresdener Kadettenhaus ein, von
wo aus er, nad) dreijährigem Verweilen
dajelbft, zum Portepeejunfer im Leibregis
ment ernannt wurde, um zwei Jahre
jpäter zum Leutnant in demfelben zu aan
zieren. Sein Wiſſensdrang ließ ihn auch
die Gebiete der Philofophie, der Kunft
und Literatur forfchend durchitreifen und
mande ſchöne Frucht vom Baume ber
Wiffenihaft pflüden. Dann fam das
Jahr 1848 mit feinen Kämpfen, an be:
nen M., und zwar mit Auszeichnung,
lebhaften Anteil nahm. In den, auf
dieſe Echredenszeit folgenden Jahren gab
ih v. M. neben der Erfüllung feiner
militärischen Pflichten ganz feinen lite:
rariſchen Arbeiten hin, auch unternahm
er mehrere Reifen, um feinen Gefichts:
freis zu erweitern. Als ein Produkt diejer
Erlebniffe und Studien lie er einen Kranz von
Dichtungen unter dem Titel „Soldatenwelt” er:
icheinen, von denen der Düppeler Signalift,
Das treue Gretel und Der treue Poſten geradezu
volfstümlich geworden find. Vorher ſchon war
M. mehrfah mit großem Erfolge als Dichter
an die Öffentlichkeit getreten und zwar mit
dem Epos „Gulat und Dichadra” (1848),
das durch ein an ihm verübtes Plagiat befonders
Aufiehen erregte, Poeten-Welt (1859); ferner er:
Ihienen: Die Sachſen an der Mostwa (1853,
2. Auflage 1860), Das Bud für Edelfrauen
(1862), Paul Kiniſchi, das ungarische Volksepos
(frei na dem Magyarifchen 1864), Die Liebes:
mär von Rimini nach Leigh Stunt (1877). Bald
darauf erfhien dad „Hohelied vom deutlichen
Meibe” (1864), das ungeteilten Beifall fand,
Inzwiſchen hatte Richard von Meerheimb,
der zum” Hauptmann avanziert war, die
italienifhen Zuftände ftudiert und das
bezügl. Werk: Bon Palermo bis Gacta, der
Kampf um Thron und Thrones Ehre (1860—61)
veröffentlicht, deffen Neinertrag den Grund»
ſtock zur” ſächſiſchen Invalidenftiftung bil-
dete, der mancher brave Imvalide Bes
freiung aus drüdender Not verdantt.
Im Jahre 1866 wurde v. M. auf dem
392
Megas.
Schlachtfelde von Gitſchin ſchwer verwun⸗
det und hatte darauf ein langes Kran—
fenlager zu überftehen. Er wurde zum
Major ernannt und machte als Oberft
(eutnant den Feldzug gegen Frankreich
mit, und wurde deforiert. Kurz nad) dem
‚Kriege veranlaßte ihn ein ſchweres Leiden,
das ihn befiel und nie ganz wieder verließ,
den Abſchied zu nehmen, den er unter
Verleihung des Oberftenpatents erhielt.
Er lebt nunmehr in Dresden, ganz feinen
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten bingegeben.
Hierbei vermag v. M.’s Energie, troß
zerichoflener Füße, feiner Freude an der
Natur Genüge zu thun. Sein Pietäts-
bau „Sachſendank“ auf dem Navolau in
Tirol, jegt Wallfahrtsort der Touriften
aller Nationen, giebt davon Zeugnis,
Außer den bereit3? genannten Werfen M.'s
find noch befonders feine Monodramen (dramas
tifche Handlung, in der nur eine Perſon ſpricht)
hervorzuheben. Die Eigenart derjelben ift zwar
auf manden Widerfpruc geftoßen, aber die maß⸗
gebende Kritit hat im höchſten Grade bie geniale
Begabung des Autors anerkannt, der das Denk
barfte geleiftet, um den Schwierigkeiten, bie ſich
folder Art von Stoffbehandlung ganz natürlid) ent⸗
gegenftellen, dichterifch zu bejeitigen. Die Mos
nodramen find 1887 bereit in 4. Aufl, unter
dem Titel „Pſycho⸗Dramenwelt“ erſchienen und
befonderd durch öffentliche Vorträge, zw denen:
diefelben fich vorzüglich eignen, allgemein befannt
geworden.
Megas, H., fiehe Heinr. Groß.
Mehlif, Hermann, deſſen Vorväter
feit einer langen Reihe von Jahren als
Beiftliche, Beamte oder Offiziere im$
noverfchen, bezw. in den nächjt baram ges
legenen Ländern, thätiggemwefen find, wurd
am 1. November 1837 zu Wunftorf bei
Hannover geboren, woſelbſt jein Ba
Oberfirchenrat Dr. theol. Georg M., Brü
lat und Senior des uralten, der Sagı
nad) von Karl dem Großen errichteten Stifr
tes war. Hier wurde früh der Sinn für
Heimatskunde, fowie der für die Baus
dentmäler des Mittelalters in ihm ger
wedt, und leßterer wurde jo mädtig, daß
er ihn faft bewogen hätte, bie bautedhe
nische Laufbahn einzufchlagen. Inde
ftudierte er nad Abfolvierung der
Meifter.
torfchule feiner Vaterſtadt und nad) dem
Beſuch der Gymnaſien inBüdeburg und in
Hannover von 1857 — 60 zu Ööttingen und
Erlangen Theologie. Darauf kehrte er in
das väterliche Haus nad) Wunftorf zurüd,
393
Melena.
Sein erwählter Beruf verichaffte ihm bie
Gelegenheit, jeine ibdeelle Beanlagung zu
befriedigen; er fuchte für feinen Aufent-
halt bald die Schweiz, bald die Nhein-
gegend auf, und nachdem er auf der Uni-
beichäftigte ſich mit geſchichtlichen, päda- verfität Göttingen promoviert, erwarb er
gogiſchen und theologishen Etudien und in Köln eine Apothefe, heiratete und er:
unterrichtete zugleid an der dortigen | richtete ein hemilches Lehr-Laboratorium,
Schule. Nachdem er 1862 aud) die zweite
theol. Prüfung bejtanden hatte, befam er
einen Ruf zum Eintritt in das Hofpiz zu
Loccum. Fünf Semefter gingen bier un:
ter theoretiihen und praftiihen Studien
und Übungen jchnell dahin; 1865 wählte
ihn das Kapitel des Stiftes Baſſum in
ber Grafichaft Hoya zum zweiten Stifte:
prediger dajelbit. Dort wandte er feine
Aufmerfjamfeit u. a. auch bejonders dem
Volksichulweien zu und ward 1874 zum
Kreisichulinipeftor ernannt, 1884 rüdte
er zum erjten Stiftsprediger auf und im
Oktober deſſelben Jahres erfolgte feine
Ernennung zum Superintendenten der
Diözeje Baſſum.
Durch die Rejtauration der dortigen altehrwür:
digen, impofanten und herrlichen Kirche angeregt,
veröffentlichte er hier eine Gefchichte und Beſchrei—
bung der Stiftöfirhe au Baſſum (1870), fodann
verfaßte er einen vollftändigen und ausführlichen
Lehrplan (1873), darauf „Katechetiſche Entwürfe
über den fl, Katehismus Luthers, ein Wegweiſer
für die fatechet. Behandlung des Erckſchen Spruch—
buchs in Kirche und Schule“ (4. Aufl. 1888), dann
eine Bolfsihultunde (2. Aufl. 1882—84), einen
Auszug aus den fatechet. Entwürfen für die Schü-
ler (6. Aufl. 1887), welche Werte vorzüglich be:
urteilt und weit verbreitet find; außerdem man:
herlei Aufläge und Abhandlungen geichichtlichen,
pädagogiichen und theologiichen Inhalts, ſowie
fatechetiiche und homiletiſche Arbeiten in verfchic»
denen Zeitichriften.
Meister, Wilh., |. W. Hoffmeifter.
Meisten, Ernft, wurde als Sohn
eines militäriihen Juftizbeamten 1824
geboren und wählte nad) feiner Neigung
das Studium der Naturwiſſenſchaften. M.
machte die pharmazeutiiche Laufbahn durch
und ging dadurch über diejelbe hinaus,
daß Eilhard Miticherlih in Berlin ihn
für einige Jahre zu feinen Aſſiſtenten bei
feinen Arbeiten und SKollegien berief.
in welchem er eine Reihe von Jahren
perſönlich unterrichtete. In ſpäteren Jah—
ren zog er ſich nach Berlin zurück, da
einige ſeiner Brüder und Verwandte dort
als Profeſſoren und Negierungsbeamte
lebten, und benußte feine fünjtleriichen
Talente zur Befriedigung feines dichte
riihen Dranges.
Er jchrieb: Bhawani (eine didaktiſche Dichtung,
welche die Schöpfung behandelt), Misdroy, Ho»
benzollernlied (eine rhapſodiſche Dichtung aus der
neueften Seit).
Melena, E., fiche Esp. v. Schwarz.
Mels, A. (eigentlid Mart. Cohn),
wurde am 15. April 1829 in Berlin
geboren, jtudierte daſelbſt Philoſophie,
unterbrach aber feine Univerfitätszeit
1848, um den Schleswig-Holſteiniſchen
Feldzug mitzumachen. Reife: und Aben-
teuerluft ließ ihn in der franzöftichen
Fremdenlegion in Afrifa fi) anmwerben.
Von dort ging er nad Paris und nad
einigen Jahren nah Spanien als Re
dafteur des Journals „Las Novedades“
in Madrid. Aber nicht lange, dann
wurde er wiederum von feiner alten Vor—⸗
liebe für das Soldatenleben erfaßt, er
trat in die fpanifche Armee, wo er es
bis zum Hauptmann brachte. 1862 ver:
ließ er Spanien, nachdem er feinen Ab»
ſchied genommen hatte, um nad Jtalien
zu ziehen, wo er, meilt in Florenz und
Neapel lebend, als Korrefpondent thätig
war. Zwei Jahre ſpäter kehrte er nad
Deutſchland zurüd, wurde ftändiger Mit:
arbeiter des „Daheim“, jpäter an „Über
Land und Meer“ und lieferte Berichte
für auswärtige Zeitungen. 1871 zog er
nah Wilhelmshöhe als Geſellſchafter
Napoleons IIL., der bejonderes Wohlge—
Melzer.
fallen an ihm gefunden hatte.
394
deflen Tode fiedelte M. nach Wien, kurz
darauf nad Graz, dann nad) Paris und | gants und Günthers (1879, 2. bed. verm. Aufl.
fhließlidy wiederum nad) Neapel über,
wo er noch jet lebt.
Mendheim.
Nach | Kaifertums (1874), Johannes Baptifta Baltzers
Leben, Wirken und wiſſenſch. Bedeutung (1870),
Die Autonomie der Bernunft in den Syſtemen
1882), Die Unfterblichkeitäichre I. ©. Fichtes
‚vom Standpunfte des Theismus (1881), Leſſings
Die ungewöhnlich reichen Lebenserfahrungen, |
welche M. Gelegenheit hatte, auf feinen wechſel⸗
reihen Pfaden zu fammeln, legte er in feinen,
von großer Geitaltungäfraft zeugenden Werfen
nieder, von denen wir hervorheben: Erlebtes
und Erdachtes (1869), Herzenskämpfe (Nov. 1869),
Gebilde und Geftalten (Nov. 1870), Seltiame
Schickſale (Erz. 1871), Heine’3 junge Leiden
(Zuftip. 1871), Unfichtbare Mächte (Rom. 1875),
Der Staatsanwalt (Schaufp. 1875), Das letzte
Manujtript (Luſtſp. 1875), Neue Horizonte (Rom.
1876— 78), Silhouetten von Wiener Schriftftellern
und Sournaliften (1876), Die legte Reife (Schaufp.
1876), Neuer Frühling (Schaufp. 1876), Wil:
helmshöhe (1880).
Melzer, Ernft, geboren zu Leifers-
dorf, Arcis Goldberg in Schleſien, am
21. September 1835, erhielt feine Vor:
philofophilhe Grundanihauung (1882), Goethes
philofophifhe Entwidelung (1834), Erfenntniss
\theoretifche Erörterungen über die Syfteme von
Ulriei und Günther (1886).
Der Beweis für
das Dafein Gottes in den Syitemen von Au:
auftinus und Aant (1886). Außerdem bat er
biographiſche Arbeiten über die Dichter Eichen:
dorff und Hermann Kunibert Neumann in den
Thätigkeitsberichten der Neißer Philomathie, fo
wie eine Reihe Bücherrezenfionen in den philo⸗
ſophiſchen Monatsheften von Schaarfchmidt ver-
fat. Gegenwärtig arbeitet er an einer Biographie
des verſtorbenen P®hilofophi--Profeflors Event
und an einer Schrift über Geſchichtsphiloſophie,
welche in der 1888 erjcheinenden AYubelfchrift
ur ‚Feier des 5Ojährigen Beitehend der wiſſen⸗
—** Geſellſchaft Philomathie in Neiße Auf
nahme finden wird.
bildung am kath. Gymnaſium zu Glogau
von 1847 —54 und ſtudierte an den Unis
verjitäten Breslau und Bonn Theologie,
Philologie und Philoſophie.
movierte er in Bonn mit einer Abhand:
lung über die Selbitbewußtieinstheorie
des Auguftinus und des Gartefius. Hier:
auf wirkte er furze Zeit als Lehrer an
einem PBrivatinjtitut in Mertſchütz bei
Jauer und dann als Journalijt in Bres-
lau und Glogau.
1860 pro:
nähren.
Im Jahre 1868 be—
ſtand er das Examen pro facultate do-
cendi und wirkte ſodann von 1868 —85
als Realgymnaſiallehrer am ſtädtiſchen
Realgymnaſium in Neiße. Am 1. Oktober
1885 wurde er auf ſeinen Antrag wegen
Kränklichkeit und beſonders wegen Augen:
ſchwäche penſionirt und beſchäftigte ſich
ſeitdem in Glogau mit journaliſtiſchen und
philoſophiſchen Arbeiten. Die letzteren
ſind kritiſch-hiſtoriſchen Inhalts und ſtehen
auf dem Standpunkte des Theismus.
Seit 1887 iſt er Redakteur des „Alt:
fatholifchen Bolfsblattes“ in Bonn.
Werke: Augustini et Cartesii
Doftordiffertation), Herder ala Geſchichtsph lo:
foph (1872), Die Entmwidelung des deutichen
placita | yurchichneidend, zurüd. 1883 aber entjagte
de mentis humanae sui cognitione (1860, |
I
i
Mendheim, Dar. Ich bin am 11.
Januar 1862 in Leipzig geboren. Leider
ſtarb mein Vater fchon, ehe ich noch mein
jiebentes Jahr vollendet hatte. Da er
fein Vermögen hinterließ, fo war meine
Diutter genötigt, unſere kleine Familie,
zu der nod mein jüngerer Bruder ges
hört, durch ihrer Hände Arbeit zu er
Dank ihrer Geſchicklichkeit ge:
lang ihr dies aud) vortrefflich, ſodaß ich
ipäter die Nealjchule unferer Stadt be:
juhen konnte. Wenig mit anderen Kin:
dern verfcehrend, fand ich ſchon frühzeitig
großes Gefallen an guten Büchern und
am Theater. Nachdem ich 1879 die Ab:
gangsprüfung bejtanden, mußte ich zu
meinem größten Leidweſen aus Familien-
rüdfichten den Plan, mic noch privatim
für die Univerfität vorzubereiten, auf:
geben. Um aber doch den geliebten Bü—
ern nicht ganz entfremdet zu werden,
wurde ich Buchhändler. 1882 unternahm
ich eine längere Reife nad) Xondon und
fehrte im Herbſt desfelben Jahres, den
Rhein entlang mwandernd und Bayern
ih. genanntem Berufe wieder, arbeitete 1
Jahr lang zu Haus und fonnte 1884 in die
Menge.
Oberprima besRealgymnafiums zu Borna
aufgenommen werden. Djtern folgenden
Jahres bejtand ich die Reifeprüfung und
babe feitdem in Leipzig Germaniftif, Phi—
lofophie und neuere Geſchichte jtudiert.
Gegenwärtig ſetze ich Diele Studien in
München fort.
Gedichte, eine Erzählung, dramatiihe Berfuche
und tulturgeihichtlihe Aufläge find bis jet aus
meiner Feder hervorgegangen.
Menge, Rud. Ich wurde geboren
am 7. Juni 1845 in Meimar, bejuchte
dajelbit das Gymnafium, ftudierte in Jena
und Berlin Philologie. 1867 wurde ich
promopiert und in Weimar als Gym:
nafiallehrer angeftellt. Meine Mußezeit
widmete ih der Kritik und Erklärung
von Caeſar, eine Beichäftigung, die aud)
jetzt nod im Mittelpunfte meiner wiſſen—
Ihaftlihen Thätigkeit ſteht.
Veröffentlicht habe ich auf dieſem Gebiete außer
zahlreichen Aufſätzen und Rezenſionen: eine Schul—
ausgabe des bell. Gall. (2. Aufl. 1887); noch im
Erſcheinen begriffen iſt das mit Dr. Siegmund
Preuß gemeinſchaftlich unternommene Lexicon
Caesarianum. — Die in der Stadt Weimar
berrfchenden Beltrebungen legten mir Intereſſe
für Die bildende Kunft nahe, ein längerer Aufent—
halt in Italien (1872) öffnete mir die Augen für
die Schönheit der antifen Kunjt und erregte in
mir den Wunſch, auch der Schule dieſe Herrlich:
keiten zugänglich zu machen. Durch mehrere Auf:
füge gewann ich weitere Kreiſe für die Jdee und
veröffentlichte dann 1880 die „Einführung in die
antife Kunit” mit Atlas (2. Auflage 1855).
1876 ans Oymnafium in Eifenad) verlegt, fam
ic in nahe Beziehungen zu den dortigen Herbar—
tiſchen Kreifen (Rein, Adermann) und erkannte
buld, daß aud für die höheren Schulen aus der
Herbartiihen Pädagogif fich großer Gewinn zichen
laſſe. Ich beteiligte mih an dem „Herbart—
Kränzchen“ und fchrich verschiedene Auffäge, um
meine Kollegen für die Sache zu gewinnen. Außer:
dem begründete ich dort, damit im Schulunter:
richt die Anſchauung und die damit verbun:
dene Selbitthätigkeit der Schüler nad allen Seiten
bin gepflegt werden Fönnte, ein Schulmuſeum.
1886 folgte ic) einem Rufe an die la-
teinifche Hauptichule der Frandeichen Stif-
tungen in Halle, wo ich als 2. Oberlehrer
und Profeſſor wirke und zugleich die Pen:
fionsanftalt als Inſpektor-Adjunktus des
Rektors zu beauffichtigen habe.
395
Mente.
Menke, Theodor. Ich bin am 24. Mai
1819 in Bremen geboren und habe Phi-
(ologie und verwandte Fächer ftubdiert.
Infolge des gewaltigen Eindruds, den das
fur; vorher erfchienene Leben Jeſu von
Strauß auf mich und einen Teil der da—
maligen jüngeren Generation machte, rich:
teten fich meine Studien auf den Zuſammen⸗
ı Bang der griechiſchen Kultur mit der des
‚Orients, und id) promovierte im Jahre
'1843 mit einer Differtation Lydiaica
‚in Halle. Das Jahr 1848 veranlafte mich,
die nach meiner Univerfitätszeit ergriffene
und, wie es fchien, ausfichtslofe Lehrerkar—
riere in meiner Vaterſtadt aufzugeben,
nachträglich Jurisprudenz zu ftudieren und
mid in Bremen als Anmalt niederzu:
laſſen. Ich blieb aber dabei der Wiſſenſchaft
treu, und als die Firma Juſtus Perthes,
für die ich bereits einen Orbis antiquus
für Schulen und eine zum großen Teile
neue Bearbeitung des v. Sprunerichen
' Atlas antiquns beforgt hatte, mich im
Jahre 1864 einlud, auf die Dauer nad)
Gotha überzufiedeln, um einen neuen
| Bibelatlas und eine neue Ausgabe des
v. Sprunerſchen Handatlas für die mittlere und
neuere Geſchichte zu übernehmen, folgte ich
dieſer Einladung. Seit der Zeit lebe ich
in Gotha ganz hiſtoriſch⸗geographiſchen
Studien und zwar nach Beendigung der
genannten beiden Werke der hiſtoriſchen
Geographie des früheren deutſchen Reichs,
für die ich ein Handbuch in mehreren
Bänden für die Publikationen des königl.
preußiſchen Staatsarchivs zu ſchreiben
übernommen habe. Leider iſt ſeit einer
Reihe von Jahren meine Arbeitskraft durch
ein gefährliches Übel, das ich mir durch
langjähriges Stehen am Arbeitspulte zu=
gezogen habe und die Kur dieſes Übels
jo beeinträchtigt, daß ich feine Ausficht
babe, das viele Arbeit erfordernde Werk
zu vollenden; einen Teil desſelben aber
hoffe ich fertig zu bringen.
1
Meaunukes, Hermann. Ich wurde am
15. Juli 1865 in Brody (Galizien) ge:
Merkel.
boren. Mein Vater war ein jübiicher
Kaufmann, orihodor zwar in religiöfer
Beziehung, aber gebildeten Geiſtes; er
ftarb als ih faum neun Jahre zählte.
Id) war für den Handelsitand bejtimmt,
aber zuerft mußte ich verſchiedene Tal-
mudjchulen bejuden. Dann begann ic)
aber, mic) profanem Willen zuzumenden,
und der deutjchen Spradje, deuticher Bil:
dung und deutſcher Literatur galt meine |
ganze Muße. Dann aber widmete ich
396
Merkens.
des 7. Bandes: Handelsrecht (1885) und des 9.
Bandes: Handelskunde (1886). Zur Zeit iſt M.
mit der Herausgabe eines neuen Rechenſyſtems,
das ſich ſchon an vielen Schulen und Schülern
als äußerſt praktiſch bewährte, beſchäftigt.
Merkens, Heinrich Ludwig, geboren
zu Köln am 27. Juli 1836, beſuchte
die Schule ſeiner Vaterſtadt und widmete
ſich alsdann, auf Wunſch der, einer alten
angeſehenen Kaufmannsfamilie angehören⸗
den Eltern, der merkantiliſchen Laufbahn,
in welcher er ZJahre (18535—1858), aber
mich für einige Jahre dem Kaufmanns ſehr gegen feinen inneren Beruf verharrte.
berufe in Lemberg und Wien; aber die Mon hier ab, der eigenen Neigung freier
fer Beruf erfüllte mid mit Abneigung, überlaſſen, beichäftigte er ſich anfangs faft
vielmehr trieb es mid aus voller Macht
zum literariihen Schaffen. So bin id)
feit 1884 literarifch thätig.
‘ch Ichrieb bisher für zahlreiche hervorragende
Sournale Eſſays aus dem Gebiete der Literat.,
Kulturfchilderungen aus Galizien, Novelletten,
Kauferien zc., die fich einigen Beifalls erfreuen.
Der Deutihen in Galizien habe ich dabei immer
gedacht und ihre Yage mitten unter den hochmü—
tigen Polen zu jchildern gefudt. 1888 ericheint
mein erſtes größered Buch unter dem Titel:
„Enthüllte Seelen”, ein Novellenbudy; ebenfo
gebe ich im Vereine mit Mar Moczan ein Dichter:
buch für Lyrik und Profa-Dichtung unter dem |
Titel „Jung-Oſterreich“ heraus. |
Merkel, Eugen Friedrich, geboren
am 31. Mai 1854 zu Mannheim als
der Sohn eines kgl. bayr. Zollverwalters,
machte feine Studien an der Lateinſchule
zu Amberg und am Realgynnafium zu
München, befuchte alsdann zu feiner Fady: |
ausbildung die Münchener Höhere Han-
delsichule, die techniſche Hocichule und
die Univerfität zu Münden, beſtand 1876
die Prüfung für das höhere Lehramt an
humaniſtiſchen und techniſchen Lehranſtal—
ten Bayerns für die Handelswiſſenſchaften
und befindet fich ſeit 1880 im Beſitze des
Dienftesdefinitivums als Hauptlehrer für |
Handelswillenichaften an der Münchener |
jtädt. Handelsschule. |
Die eriten Jahre der Anftellung gehörten der
Vertiefung der Studien und der pädagogiſchen
Arbeit im Intereffe der Schule. Am Jahre
1884 begann M. feine Mitarbeiterfhaft an
Brettingers Handbibliothef der gefamten Handels:
wiffenihaften und übernahm die Bearbeitung
ausſchließlich mit ſchöner Literatur, ging
aber bald zum hiſtoriſchen und kulturhi—
ftorifchen Face über, in welchem er, in
Würzburg als Privatgelehrter lebend,
noch thätig iſt.
M.'s verdienſtvollſte Arbeit ift feine, in Ges
meinichaft mit Prof. Wegele herausgegebene Vers
deutfhung der Werke Friedrichs des Großen, in
welcher er fi mit Erfolg beftrebte, die Eigen»
fchaften der friedericianiihen Schreibmweile zu bes
wahren. Das Werk erfhien in drei Bänden:
Denfwürdigkeiten zur Geſchichte des Haufes
Brandenburg (1873), Geſchichte meiner Zeit
(1873), Geſchichte des fiebenjährigen Krieges
(1874), Briefe Friedrichd des Großen an Bol«
taire (1876), Briefe Friedrichd des Großen an
d’Nlembert und den Marquis d’Argens (1878).
Schon zwei Jahre vorher hatte M. durch die
Sammlung „Gedanken Friedrichs des Großen,
vorzüglich in ihrer Beziehung auf die Gegen
wart” feine gründlihe Vorbereitung zu dem
Unternehmen ermwiefen, das ihm im Jahre 1876
auch die Anerkennung des deutichen Kaiſers eins»
brachte durch Verleihung des preußiſchen Kronen⸗
ordend. Bon feinen übrigen Publitationen find
anzuführen: Wilde Blumen, ein Liederftrauß
(1861), Das Weib. Ein Beitrag zu feiner Ges
ſchichte und Pſychologie (1865), Jeanne, ein bit.
Beitbild (1866), Weiblihe Erziehung und die
Stimme des Philofophenvon Sans-Souci (1866),
Friedrichs des Großen kriegswiſſenſchaftliche Schrif⸗
ten (1876), Friedrichs des Großen Philofophie,
Religion und Moral (1876), Deutichland in
feiner tiefen Erniedrigung (1877), Das Gaftmahl
des Trimalchio (1876), Deuticher Humor alter
Zeit (1879), Deutiher Humor neuer Zeit (1881
in Gemeinihaft mit Richard Weitbrecht).
Mertens, Ludwig von. Sit im
Jahre 1826 zu Wien geboren, ftubdierte
die Rechte, ging hierauf zur Armee nad)
——
Metner.
Htalien und Ungarn. Aus Gejundheits-
rüdfihten, in Folge ſchwerer Krankheit,
welche er fi während des Feldzuges
1849 zugezogen, trat er in den Civil—
ftaatsdienft. In freien Stunden ftudierte
er die Hlaffifer alten und neueren Da:
tums in ihrer Urſprache.
Er jchrieb dadurch angeregt: Das belagerte
Wien, Das Idyll auf dem Kahlenberge, Die
moderne Gefellihaft, Die vornehme Gefellfchaft,
Der deutiche Bürgermeifter, Falod zc., war feit
30 Jahren ein fleißiger Mitarbeiter an den
„Fliegenden Blättern”. Letzterer anonym (Sen-
timentalen Briefe der Laura Gruber, geb. Fiſcher,
beren Hochzeitreife und Weibliche Reife nad)
Suaz, welde aud ald Bud erjchien). Jetzt
lebt ex in Benfion teils in Wien, teils
in Salzburg, teils in Rom.
Mebner, Friedrid Oskar, ift ges
boren am 26. April 1846 zu Erotten-
dorf bei Annaberg im ſächſ. Erzgebirge.
Die Vorliebe für Natur und alle ihre,
Erjheinungsformen darf ich zum nicht ge:
ringen Teil den Einflüffen der heimat-
lihen Gebirgslandichaft zufchreiben. Seit
Ditern 1874 Oberlehrer am tgl. Schul:
(ehrerfeminar in Plauen (zuvor in Fal—
fenjtein i. Vogtl. und Noffen) und zwar
als Lehrer für Länder: und Völkerkunde.
Beruf und Neigung gaben Veranlaffung zu
folgenden liter. Arbeiten, die, wie dies bei einem
Lchrer felbitverftändlih, in den Mußeſtunden
entitanden find. Bogtlöndiihe Wanderungen (2.
Aufl. 1882), Das Erzgebirge und feine Bedeu:
tung für die Kulturentwidlung Sachſens (1881),
Spezialfarte des Eljterthales von Plauen bis
Eljterberg (1854), Karte von Plauen und Um:
gegend (3. Aufl. 1887), Plauen und Umgebung,
ein Führer für fremde und Einheimiſche (1887,
3. Aufl. 1888). In der Tagesprefje bin id)
feit Jahren ſchon regelmäßig auf verfchiedenen
Gebieten thätig.
Meurer, Julius, geboren am 13.
Januar 1838 zu Leipzig, abjolvierte die
Realſchule daſelbſt, widmete ſich dann der
Landwirtſchaft, welche er praktisch auf
verihiedenen Gütern in Sachſen und
Preußish-Schlefien erlernte. 1855 —57
ſtudierte derfelbe auf der Forſt- und Land:
wirtichafts:Afademie zu Tharandt. 1858
bereifte er Nußland und Schweden. Da:
397
Meurer.
nad) lag er rechtswiſſenſchaftlichen Stu:
dien an der Univerfität zu Brüffel ob.
1859 bereijte er Frankreich, wandte fid)
dann nad) Spanien x. 1860 madhte
ih M. in Preußiſch-Schleſien ſeßhaft,
wo er das Rittergut Hammer, im Kreiſe
Wohlau, anfaufte und bis 1863, da er
den Befit wieder verfaufte, felbit bewirt-
Ihaftete. Darauf erwarb er die Herr:
ihaft Sallach bei Eilli in Steiermarf.
Als der 1866er Feldzug ausbrad), be:
teiligte fih M. lebhaft an der Bildung
des Alpenjägerforps, und machte als f. f.
Offizier die italienische Campagne in die:
jem Korps mit. Nach Beendigung bes
Feldzuges widmete fih M. wieder der
Bewirtſchaftung feines Gutes, welches er
1870 veräußerte, worauf er fih an ei—
‚nem Kohlenbergbaue in Schwaß bei Te:
plitz beteiligte. Bis 1872 leitete er dieſes
Unternehmen, weldes um dieje Zeit in
den Belig einer Aftiengefellichaft über:
ging, deren Direktorium M., von da an in
in Wien domizilierend, bis auf den heu—
tigen Tag angehört. Von Anfang der
ftebziger Jahre an war M. auf dem al-
pinen ®ebiete bejonders thätig, jo daß
er als einer der beiten Kenner des ganzen
| Alpenlandes gilt, er führte zahlreiche Hoc):
‚touren auf die hervorragendjten Gipfel
aus, redigierte durch 9 Jahre die „Oſter—
reihifhe Alpen-Zeitung‘ und war bis
1887 Bräfident des „Ofterreih. Alpen:
ı Klub.’
Von feinen vorzüglich beurteilten ſelbſtändigen
Werfen heben wir hervor: Spiritiſch-philoſo—
phiſche Neflektionen über den menschlichen Geiit
(1871), Handbuch des Alpinen Sport (1882),
luftrierter Spezials führer durch die Ortler
Drug (1884), Führer durch die Dolomiten
(4. Aufl. 1835), Illuſtrierter Führer durch die
Hochalpen Djfterreihs (1. Teil Illuſtr. Führer
durch Weit:Tirol und Vorarlberg 1885; 2. Teil
Illuſtr. Führer durch Dft-Tirol und die Dolo—
miten 1886; 3. Teil Illuſtr. Führer durch die
öſtlichen Alpen (von Salzburg ıc.) 1897).
Außerdem Karten: Der Drtler Alpen (1884),
| Bon Tirol (1886), Der öftlihen Alpengebiete
Öjterreihs (1887), Der Schughäufer und Klubs
hütten in den öfterreichiichen und deutfchen Alpen
(1887).
Meyer. — 398 — Meyer.
Meyer, Alerander Heinrich Guftav auch feine Jugendſchriften, Novellen und
(Alex Waidmann), wurde am 13. April Romane find rein und ideal gedacht und
1834 in Leipzig als Sohn des Kauf: geiponnen. Wie friiher Waldesduft und
manns J. 9. M. geboren. Er widmete |fonniger Frühling mweht es durch Die
fih der Journaliſtik und wirkte als Re: | meijten; denn der Wald ijt das Daheim
bafteur an verjdiedenen Zeitungen und dieſes Dichters.
Fahjournalen. Sein literarisches Haupt: — — ler) Mana aus
feld ift die Jagdwiſſenſchaft, Volkswirt: | Zerıhte Fur Die Sugeld 79971, 10
Ihaft, Sandwirtihaft, Gartenbau und | ganp der Juzend (Nov. 1842), Ser und Mair
Natur: ſowie Reijebilder. Er ift Heraus: | märdhen (1845), Anemonen (Nov. 1845), Erſtes
geber des trefflich beurteilten „Jäger: Va- | und zweites Leben (Rom. 1847), Gedichte (1847,
u ; 3. Aufl. 1887), Aus Gegenwart und Bergangen»
demecum“ und Verfaſſer zahlreicher volks⸗ Geit (Nov. 1847), Aus dem Sehen (Rov. 1854),
wirtſchaftlicher Artifel in Zeitungen. Michel Bellmann (Rom. 1862), Welt und Gemüt
(Nov. 1867), Die Aönigin im Traum (Rom.
Meyer, Auguft Ferdinand (F. Bru- | 1871), Literariſche Erinnerungen (1876-81),
nold), ift am 19. November 1811 in Py: —— — —— (Erz. 1881),
rig (Pommern) geboren, widmete fi TOTER j
nah dem Genuß einer guten Edulbi- | Meyer, Clem. Friedrich (Fr. Meyer
dung bem Lehrerberuf, den er in Berlin |v. Walded), geboren am 15. Mai 1824
ausübte. Hier, im raſchen Wechlelipiel | in Aroljen (Fürftentum Walded), bejuchte
des Lebens führte ihn das Schickſal meh: | eine Privatichule in feiner Vaterjtadt, dars
reren jungen Dichtern in den Weg, deren |auf das Gymnafium zu Weplar. Um
anregender Verkehr fein eigenes poetifches | die Bergwiſſenſchaften zu jiudieren, machte
Talent wedte und lebhaft förderte. Lange |er zuerjt einen Vorbereitungsturfus auf
Yahre lebte er in Berlin in inniger der polytechniſchen Schule zu Kafjel durch,
Freundſchaft mit A. Bernftein, E. Schulz: | bezog dann die Bergakademie zu Klaus—
Ferrand, W. Jäger u. A., und manches | thal und gab ſich darauf ein Jahr lang
feiner jpäter in die Melt gepflogenen | naturwilienihaftlihen Studien an ber
zarten Gedichte verdankt jener Zeit feinen | Univerfität zu Berlin Hin, folgte aber
Ursprung. Im Jahre 1834 trennte fich | einer lange genährten Neigung und hörte
N. F. M. von feinem Freundesfreife, | Vorlefungen über deutiche Sprade, Liter
fein Beruf führte ihn nad) Stettin, meh: | ratur: und Altertumsfunde. 1845 zum
rere Jahre jpäter nad) dem waldgrünen | Dr. phil. promoviert. Wermögensvers
Joachimsthal in der Ufermarf, wo er hältnilfe zwangen ihn die Stellung eines
noch jeßt, feit 1879 nur feinen literari= | Erziehers beim Grafen Medem auf Altaug
Ihen Arbeiten bingegeben, lebt. Fr. in Kurland anzunehmen. Nachdem er auf
Brunold (nur unter diefem Namen ift er | der Univerfität Dorpat feine Eramina als
befannt) iſt ein echter Dichter aus der Oberlehrer der deutichen und lateinifchen
alten Schule, in feiner zarten Keuſchheit Sprache abgelegt, folgte er 1852 einem
vielen der jüngeren Sänger faum nod Ruf als Chefredakteur der „St. Peters:
verſtändlich, auch unferer materiellen Zeit | burger deutſchen Zeitung” nach Peters:
nicht eigentlih mehr angehörig. Seine |burg. Dort wirkte er auch als Lektor
Poeſien treffen den Volkston, da fie ein: | der deutichen Sprade und Kiteratur an
fach, Ihliht und tiefem Gemüt entſproſſen der kaiſerlichen Univerfität und als Ober:
find. Alle, die da fingen, kennen Brus | lehrer der deutihen Sprache an der Haupts
nolds licderfüßen Mund, dem das ſtim- | Schule zu St. Betri und wurde in jeiner
mungsvolle Grab auf der Haide, das präch: erſten Eigenihaft zum Kollegienrat er:
tige: Es ſchlaft das Meer entfloffen ift. Aber |nannt. Im Jahre 1874 verließ er feir
Meyer.
ner leidenden Gejundheit halber Peters:
burg, und fiedelte nach Bonn, Später nad)
Heidelberg über.
als Privatdozent für germanijtiihe Wiſ—
jenichaften und wurde 1885 daſelbſt zum
Profeſſor ernannt.
Bon jeinen vorzüglich beurteilten Werfen heben
wir bejonders hervor: Der Baria (Ep. 1843),
Bilder aus dem Bergmannsleben (1844), Stu:
dien über deutiche A.t und Kunft (1851), Poe—
tiihe Schriften (1854), Der Feind vor Odeſſa
(Dram. 1854), Hero und Leander (1858), Die
Erbin von Glengary (Schaufp. 1866), Childerich
399
Nach feiner völligen
Geneſung habilitierte er ſich in Heidelberg |
(Scauip. 1872), Goethes Märchendichtungen
(1879), Rußland (1884).
Meyer, Conrad Ferdinand, wurde
am 12. Oktober 1825 in Zürich geboren
als der Sproſſe eines alten Schweizer!
Geſchlechts. Nachdem er das Unter: und
das Obergymnafium in feiner Baterjtabt
bejucht hatte, zog er zu einem längeren
Aufenthalte nah Lauſanne und Genf.
Nah Züri zurüdgefehrt, ftudierte er
die Rechte, jedoch nur für furze Zeit, da
ihm das Studium nicht zujagte. Er ergab
fih dann einem jtillen und eingezogenen
Leben, zuerjt in hiſtoriſche Studien ver:
tieft, aber auch dies Gebiet feſſelte nicht
für lange fein Intereffe. Darauf begann |
er zu Dichten und widmete nun feine ganze |
Kraft der Schriftjtellerei. Mehrfache Rei:
jen unterbrachen dieje Zurücgezogenheit,
jo lebte er längere Zeit in Paris und in
Italien. Im Jahre 1875 verheiratete
er fih mit einer Tochter des Oberjten
€. Ziegler in Züri, erwarb jchlichlich
einen Zandfig in Kilchberg, wo er jeßt
mit feiner Familie lebt. Seine litera=
riihe Laufbahn betrat M. im Jahre
1864 mit feinen Zwanzig Balladen, die auf
Verwendung Guſtav Pfizers erichienen
und vielen Beifall fanden. Das große
Jahr von 1870 wurde aud für M. bes
deutungsvoll. Von einem unmerflich ge:
reiften Stammesgefühl mächtig ergriffen, |
that er damals das franzöfiiche Weſen ab
und wurde innerlich deutſch. Er gab dieſer
Sinnesäußerung Ausdrud in der herr:
Meyer.
lien Dichtung Huttens letzte Tage (6. Aufl.
1887), in der er ſich als gottbegnabdeter
Poet erwies. Bereits im nächſten Jahre
folgte das Idyll Engelberg, dann nad) eins
gehenden Vorſtudien in den Chronifen jei:
ner engeren $eimat, fein mit Recht fo
berühmt gewordener Roman Zürg Jenatſch
(10. Aufl. 1887). Darauf dichtete er die No⸗
velle Der Heilige (7. Aufl. 1887), ferner ver:
‚öffentlichte er Gedichte (3. Aufl. 1887), Meine
‚ Novellen, Das Amulet, Der Schuß von der Kanzel,
Plautus im Nonnentlojter, Guſtav Adolfs Page
(1583), Die Leiden eines Knaben (1883), Die Hoch—
zeit des Mönchs (1884), Die Richterin (1885) und
Die Verfuhung des Pescara (1887). Gering
it die Zahl der Bücher, die M. in die
Melt geſchickt hat, in ihnen aber hat
er eine jtets wachſende dichterifche Kraft
entwidelt und dem deutichen Volke Gaben
geichentt, wie wenige Dichter unferer Zeit.
Die meiften feiner Stoffe find früheren
Jahrhunderten entnommen, aber feine
feiner fein gemeißelten Geſtalten trägt mo:
derne Gefinnung und Anſchauung in ſich,
plaftifch Steht fie im Rahmen ihrer Zeit,
ein Vorzug, den heutzutage wenige Autoren
biftoriicher Romane verdienen.
Meyer, Georg. Ih bin am 21. Fe
bruar 1841 in Detmold geboren als Sohn
des am 2. Januar 1866 gejtorbenen Ober:
bürgermeifters M. Meine Ausbildung habe
ich auf dem dortigen Gymnafium empfan=
gen, meine Univerfitätsbildung in Jena,
Heidelberg und Göttingen. Epäter habe
ich noch die Univerfität Berlin befucht und
gleichzeitig dein mit dem föniglich preuß.
ftatiftifchen Bureau verbundenen jtatijtis
ihen Seminar als Mitglied angehört. Im
Jahre 1863 habe ich in Heidelberg die
juriftifche Doftorwürde erworben und in
demfelben Jahre in Detmold das erite ju—
riftiiche Staatseramen beftanden. Meine
praktiſche Ausbildung habe ich teils in dem
Juſtiz⸗ und Verwaltungsdienit des Fürſten⸗
tums Lippe, teils an dem ftatiftiichen Bus
reau thüringer Staaten zu Jena genofien,
wo ich unter Hildebrands Leitung als Hilfs:
arbeiter beihäftigt war. Im Winter
400
— —
Meyer. Meyer.
1867/68 babe ich mid) in Marburg als |nuar 1872 felbftändig. 1877 gab er das
Privatdozent habilitiert, bin daſelbſt 1872 | mit erheblichen Verluften für ihn verbun-
zum außerordentl. Profeffor ernannt und dene Geſchäft auf, und erſt 1881 gelangte
1875 als ordentl. Profeffor nad) Jena |er zur Führung der Rebaktionsgefchäfte
berufen worden. Deine Vorlefungen ums |der „Neuen Wogen der Zeit” und fpäte:
fafien deutſches und öffentliches Recht; ren „Danziger Allgem. Zeitung“.
meine Spezialfächer find deutiches Staats: — hit — be lieder — ——
m | € J
und Verwaltungsrecht. * Politiſchen An⸗ | 34 ihre bolitiiche ein wechlelte, ar =
gelegenheiten habe ich jtets lebhaftes In⸗ duͤeb ipm nur eine fernere Ichriftitellerifche Thäs
terelje zugewendet. In den Jahren 1878 | tigfeit übrig. Vier Monate verbrachte er mit der
und 1879 habe ich den MWahlfreis Jena | Sulemmenftbung * — ——
im weimariſchen Landtage vertreten; ſeit —— —⏑— —— — —23
1881 vertrete id) den dritten weimariſchen gen des Ins und Auslandes wurde. In feiner
Wahlkreis (Jena-Neuſtadt) im Reichstage.
| Vereinsthätigfeit entitand das Feſtſpiel zum Stif:
Ich gehöre der nationalliberalen Bartei an. | tungsfefte des Allgemeinen Bildungs-Vereins zu
Meine Hauptwerfe find: Das Recht der Er:
Danzig. (1881) „Pyramus und Thisbe in der
propriation (168), Grundzüge des norddeutfchen | Geiſterſtunde“. 184, bald nad) dem Tode ei»
Bundesrechtes (1868), Staatsredhtliche Erörterun: | NET Mutter,
verheiratete er fi mit Erna Teiftler,
gen über die deutiche Reichsverfaſſung (1872), der Tochter eines Vürgerfchullchrers in dem erz—
Lehrbuch des deutichen Stantörechts (1878,2.Auft. | gebirgiihen Städthen Marienberg.
1885), Lehrbuch) des deutihen Verwaltungsrehts |) Meter, Johann Hinrid) Otto, wurde
(1880 und 1885), Die Verleihung des Königs: | am 5. Januar 1829 in Wiljter geboren
ll: außerdem Abhandlungen in Seite Ind [ebte bis zu feinem 10. Jahre in
Schaafſtedt, einem Geeftdorfe in Süder:
Meyer, Johann Guftav Gottfried dithmarſchen, wofelbjt fein Vater Hof: und
(John Dieyer), wurde am 6. November | Brennereibefiger war, und der Sohn den
1846 zu Danzig geboren, befuchte von erſten Unterricht in der dortigen Dorfichule
1854— 63 das ſtädtiſche Gymnafium feis | empfing. Nachdem der Vater fein Befig-
ner Vaterjtadt und trat nad) Erlangung | tum in Schaafjtedt veräußert hatte und
der Berechtigung zum einjährigen Militär:
dienste das. die faufmännifche Laufbahn an.
Faft unmittelbar darauf begannen feine
Arbeiten für Zeitungen und im Vereins:
Eigentümer einer Waffermühle zu Solle:
rup im Schleswigichen geworden war, be:
Juchte der Sohn eine Zeitlang die Dorf:
Ihule in Jörl, fpäter eine Privatichule in
weſen, welche num nicht mehr von feiner | Lunden in Norderdithmarihen und eine
geihäftlichen Thätigkeit zu trennen waren. |
1867 ging er nad) Franffurt a. d. O. in
Stellung, nad) einem Jahre machte er eine
ſolche in Echleswig. Alsdann erlernte er
die Müllerei und das Zimmerhandwerf.
Bon dem Prediger in Jörl im Lateinischen
Engagementsreife über Frankfurt a. M.,
Köln und Berlin, fand aber bei feiner
Rückkehr nur im Genoſſenſchaftsweſen Be:
Ihäftigung, bis er 1869 in Marienwer:
der feine geihäftliche Thätigfeit aufneh-
men konnte. Nach einer kurzen Pauſe wäh:
rend des Kriegsjahres 1870 war er kurze
Zeit in Poſen thätig, fand im Jahre 1871
in feiner Vaterſtadt wieder geichäftliche
Anftellung und machte ſich infolge des To—
des feines allererften Brinzipals mit einem
und Griechiſchen unterrichtet, gab M., in
welchem jchon während feiner Schul: und
Lehrjahre die Luft und der Trieb zum
Studieren rege gewejen war, fein zweis
faches Handwerk auf und wurde, 22 Jahre
alt, Tertianer des Gymnaſiums zu Mel
dorf in Süderdithmarfchen. 1854 bejtand
er das Maturitätseramen und bezog Die
Univerfität Kiel, um Theologie zu ſtudie—
ren. Bald jedod) an diefem Studium mes
niger Gefallen findend, jtudierte er haupt:
feiner früheren Geſchäftskollegen am 1. Ja—
ſächlich Literatur, Aſthetik, Philoſophie
Meyer.
und Geſchichte bis 1857, da er die Uni-
verfität verließ und eine Stelle als Leh—
rer in Altona übernahm. 1859 aus die—
fer Etellung fcheidend, folgte er einem
Rufe nad) Itzehoe als Redakteur der „Se:
401
hoer Nachrichten“, welchen Poſten er bis.
1862 befleidete. Im Juli genannten Jah:
res gründete er die Idioten-Anſtalt in
Kiel, die er noch jegt als Direktor leitet.
Bon ihm find folgende Werke erjchienen: 2y:
riſche Gedichte (1856, 2. Aufl. unter dem Titel
„Hochdeutiche Gedichte” 1886), Dithmarfcher Ge:
dichte, plattdeutiche Poeſien in dithmarſcher Mund:
art (1858—59, 3. Aufl. 1886), Plattdeutjcher
Hebel, eine freie Überſetzung der Hebelichen alle:
3. Aufl. 1886), Gröndunnerädag bi Edernför (Ep.
1873), De Konterlör fin Dochter (Nov. 1858),
Kafien mit de Hummel (Nov. 1859), Kleinigkeiten
(Sinnipr. 1878, 3. X. 1886), To Termin (Schw.),
Unf’ ole Moderſprak (Schw.), Sangesbrüder
(Schw.), Studiofus Müffel (Schw.), Theodor
Preußer (Dr.), Schlaraffen (Schw.), En lütt Wai—
fenfind (Boltsft. mit Gef.), Im Kruge zu Tolt
(Volksſt. mit Gef.), Feftfpiel zum 90. Geburtstage
des Kaiſers. Viele feiner lyriſchen Gedichte find
fomponiert worden.
Meyer, Johannes, ift geb.am 11. De:
zember 1835 zu Nüdlingen im jchmeiz.
Kanton Schaffhaufen. Seine Gymnafial-
bildung empfing er am Schaffh. Gymna⸗
fium, wo er unter Zeitung hervorragen>
der Lehrer, wie M. W. Gößinger, K. Knies
und R. A. Morftadt, eine jtarfe Neigung
zu philologiſchen und hiſtoriſchen Studien
Meyer.
(1858—62) thätig war. Hier konnte er
die große Samfon’jche Bibliothek für feine
Studien benugen, und eine erjte Frucht
biefer ftillen Arbeit waren populäre Vor:
träge über vergleichende Geſchichte der
deutfchen und franz. Poefie. Von Livland
weg begab er fi über Berlin, wo ihn
Jacob Grimm freundlih empfing, für
furze Zeit nach der Heimat und von da
nad Paris, um daſelbſt neben praftifcher
Thätigfeit fich der Yortiegung feiner Stu-
dien auf den reichen Bibliothefen zu wib-
men. Bereits war mit einem hervor:
ragenden Nomanijten der neue
mannifhen Gedichte ind Wlattdeutiche (1859, 9 e n Schule
der Plan eines altfranz. Leſebuchs, woran
Friedr. Diez lebhaften Anteil nahm, bis
‚ins einzelne verabredet, da ward ihm die
Ausſicht für längeren Aufenthalt in Baris
benommen. Er mußte nad Haufe zurück—
fehren. Um fein Leben zu friften, ſah er
fich gezwungen, die Redaktion eines Blat:
tes in Schaffhaufen zu übernehmen. Von
der dornenvollen Arbeit eines Nedakteurs
zurüdtretend, übernahm. er vorübergehend
eine Lehrſtelle an der ftädtifchen Neal:
Ihule zu Scaffhaufen. Endlid gewann
er 1869 diejenige Stelle, die ihm zujagte,
nämlich die eines Gymnaftallehrers an
faßte. In Bafel, wo er ftudierte, gewann
ihn Wild. Wacdernagel, der font wenig |
eigentliche Jünger feines Faches nad) fi)
gezogen Hat, für die Germaniftif.
dem faßte M. von vornherein die Trias
des nationalen Geijteslebens, deutſche
Sprade, Didtung und Nedt, in ihrem
Bufammenhang als Gegenftand feiner
Studien ins Auge und ging den Spuren
des deutfchen Genius nicht bloß auf deut:
regung, auch auf franz. Gebiete nad), wo
ihn jeder Fund doppelt erfreute.
Abgang von der Univerfität erhielt er eine
Lehritelle an der Schmidt'ſchen Anftalt zu
Sellin in Livland, in welcher er 4 Jahre
Das literarifhe Deutſchland.
Zu
Nach
der thurg. Kantonsſchule zu Frauenfeld,
welcher er bis auf dieſen Tag treue Dienſte
widmete. 1873 übernahm er das Kon—
rektorat und 1875 das Rektorat der An—
ſtalt, welches er bis 1878 beibehielt, um
dann von 1880 an neben ſeinem Unter—
richt die Verwaltung der Kantonsbiblio—
thek und des Kantonsarchivs zu beſorgen.
1883 erteilte ihm die Univerſität Zürich
den Ehrendoktor.
Hauptwerke: Der Schaffhauſer Richtebrief
(1857), Erinnerung an die Schillerfeier zu Fellin
(1860), Der Unoth (1868), Bürgermeiſter Hein:
rih Schwarz (1868), Deutiches Sprachbuch (alle:
manniſch-hochdeutſch, 2 Kurſe, 1866), Küflenberg
ihem, fondern, nad) Wadernagels An: |im b
‚(1871—72), Geſch. des ſchweiz. Bundesrchts
(1875— 78), Die drei Zelgen (1880), Thurg. Ur—
im bad. Klettgau (1866), Schweiz. Schulzeitung
kundenbuch (jeit 1882).
Meyer, Jürgen Bona, am 25. Okto—
ber 1829 in Hamburg geboren, ftudierte
26
Meyer. — 402 — Meyer.
in Bonn und Berlin Philoſophie, habiz- | den Republifaner-Kalender und 3 Jahre den Zuger
litierte fih 1862 in Berlin und folgte Hausfalender, bevor er nad; Zürich 309.
i uf als Profeſſor der Philo
— — J 1 { bh | Meyer, eo, geb. am 3. Juli 1830
phie nad) Bonn. . hat fich als philo: |, Blebel ibmmete ‚fich Dan
fophifcher und pädagogiicher Schriftiteller |! Diedein (Sannover), widmete ſich
> —* Studium der Philologie (Berlin und Göt⸗
hbervorgethan, auch auf pädagogiichem Ge: R bilitierte fi 1856 (
biet durch Gründung des liberalen Schul: ge — ae hr Per an legt:
vereing für Rheinland u. Weftfalen felbſi- genn. Univerfität, wurde 1862 zum außer
thätig gewirkt. ordentl. Brofeflor ernannt und 1865 als
Bon feinen ald ausgezeichnet anerfannten Schrif: ordentl. Profeſſor nah Dorpat berufen, an
ten heben wirhervor: Ariftoteles Tierfunde (1855), welcher Hochſchule er nod) jet wirft. In
Zum * — — Bee BON * Anerkennung feiner ausgezeichneten Vers
taire un ouffeau (1856), Religionsbekenntni : J—
und Schule (1862), Kants Pſychologie (1870), — en
Philoſophiſche Zeitfragen (1870, 2. Aufl. 1874), | ‚u . rar ernann ne
Meltelend und Weliſchmerz (1872), Der alte | ter feinen, fompetenterfeits glänzend be⸗
und der neue Glaube, Betrachtungen über Strauß’ | urteilten Schriften heben wir hervor:
Bekenntnis (1873), Zum Bildungsfampf unferer | Der Infinitiv der homeriſchen Spradie (1856),
Zeit (1875), Der Kampf um die Schule (1882), | Bemerfungen zur älteften Gedichte der griechi-
Yeitfaden zur Geſchichte der Philofophie (1882), ſchen Mythologie (1857), Lergleichende Gram:
Friedrichs des Großen pädagogiihe Schriften | matit der griehiihen und lateiniihen Sprache
und Äußerungen (1855), Probleme der Lebens: | (1861—65 u. 1854), Die gotiſche Sprache (1869),
weisheit (1887). Lioländiſche Reimchronik (1976), Über Glauben und
Meyer, Konrad (Jul. Freimund), | Wiſſen (1876), Grichiihe Aorifte (1879), Über
wurde am 3. September 1824 in Winkel, das Leben nad dem Tode (1880).
ine tiich gelegenen Dorfe bei Bü— .
einem romantiic gelegenen Dorte bei le | Meer, M. Wilhelm. Ich bin am
lady in der Schweiz geboren, erhielt feine 15. Keb 1888 zu Sraunidmeig al
Schulbildung in der Sekundarſchule zu el Slaf —* — 8 ar
Bülach) und wurde dann Kanzliſt beim Be- HN eines DLajermeiters geboren um
jollte zum Kaufmann erzogen werben.
zirfsamtmann, da feine Eltern nicht in Mei A :
.Qq eine früh hervortretende Neigung zum
ei U De — nn 2 — | Studium der Naturwiljenichaften fand bei
uch in dieſer HAND —— DIN, | einem Vater, wohl auch wegen fehlender
das Vertrauen feiner Mitbürger zu er Geldmitiel fein Gehör. An meinem 15
ringen, das ihn 1851 zum Gemeindeprä- —
ſidenten und 1859 zum Vezirksrichter erhob. ‚Lebensjahre mußte ich die Realſchule ver:
Im Jahre 1862 wurde ihm die Haupt: lafjen, um in eine Buchhandlung als
agentur der Schweizeriihen Mobiliar-Ver— en: Der Befiger dieſer
liherungs:Sefellihaft angeboten, und jo uchhandlung erlaubte es mir, in meiner
fiedelte er zwecks Übernahme derjelben nad) freien Zeit die naturwiſſenſchaftlichen
Züri üb & - Werke zu ſtudieren, welche fich im Laden
) über, wo er nod) heute als In— En
inektor d — befanden. Bald feſſelte mich die Stern—
pektor des Inſtituts lebt.
Frühzeitig machte ſich bei K. M. ein un— kunde erart, daß es mir gelang, einige
gewöhnliches dichteriſches Talent geltend, das zu- aſtronomiſche Rechnungen auszuführen,
eg een im se Dialekt ſich 4 weldhe die Aufmerkfamfeit des damali-
yätigte, ſpäter aber auch zu allgemeiner verſtänd— : tt =
lichem Ausdrud gelangte und des Dichters Namen Rn ha Söttinger —
auch außer feinem Heimatlande bekannt machte, | * ilhelm Klinkerfueß, owie es ama⸗
Herdorzuheben: Gedichte (ſchw. Dial. 1844, 2. ligen Rektors der dortigen Univerſität,
Aufl. 1860), Geiſtliche Lieder (1816), Jubellieder A, Clebſch, auf ſich zogen. Als mein Va:
(1849), Die Sungfrau von Velcans (Ep. 1839 | ter inzwiichen geftorben war, konnte ich,
Lieder der Armut (1556, 2. Aufl. 1872), Die - : *
Schulreiſe (1857, 3. Aufl. 1880), Kampfgefpräche protegiert von obengenannten beiden Mãn⸗
(1876— 80). Daneben redigierte M. 4 Jahre nern, 1872 die Univerſilät zu Göttingen
Meyer.
beziehen, wo ich Durch befondere Vergünſti⸗
gung ordentlich immatrifuliert wurde, wäh:
rend ich auf der Sternwarte die Wohnung
und fonjtigen Vorzüge des Aififtenten ge-
noß und fogleic) die praftiiche aftronomifche
Karriere begann. 1873 ging id) unter
ähnlichen Vergünftigungen nad Leipzig,
1874 nad) Züri), wo id) 1875 zum Dok—
tor promovierte. 1876 habilitierte ich
mid) als Privatdozent für Ajtronomie an
der Züriher Hochſchule, wurbe aber fo:
glei) darauf nad) Neuenburg zur zeitwei-
ligen Vertretung des Affiftenten an ber
dortigen Sternwarte abberufen. Won dort
ging ich als Obſervator an die Stern:
warte zu Genf, wo id von 1877—83
thätig war und mehrere wiljenihhaftliche
Werte in franzöfifher Sprade, unter
anderem Die Monographie, Le systöme de
Saturne, herausgab. Dit populärer Schrift:
ftellerei befaßte ih mich nur ausnahms—
weife. Die damals entitandenen Efiays
find 1879 unter dem Titel Kosmographijches
Sligenbuch erjchienen. Nach dem 1882 er:
folgten Tode meines Direktors Emile
PBlantamour übernahm ich offiziell die
Direktion der Sternwarte, nahm aber we-
gen verjchiedener Differenzen mit der Re—
—— im folgenden Jahre meinen Ab⸗
chied und ging nad) Wien, wo mir das
damals größte Fernrohr der Erde zur
Fortfegung meiner Arbeiten zur Berfügung
geftellt worden war. Als am 28. Januar
1884 fi) mein früher genannter erjter
Gönner auf feiner Sternwarte in Göttin:
erichoß, veröffentlichte ich in der „Meuen
Preſſe“ einen Nefrolog über diefen genialen
Mann, der einige voreilige und ungerechte Worte
enthielt, welche die leitenden Kreife der Berliner
lebhaft gegen mich einnahmen und
von der Staatlichen Karriere auf unbeftimmte
ausſchloſſen. Dur dieſen unliebfamen
T fall wurde ich ganz gegen meinen Wil
aus der Karriere des Draftilien Aftronomen,
der ich mit Begeifterung hing und in welcher
glüdlih vollendete Arbeit aufweilen
fan, in die Laufbahn des populären Schrift:
Ich ſchrieb inzwiſchen: Spa-
Be ya
un re milie
Kosmifche Weltanfichten (1886), Auf der Stern-
403
Meyer.
warte (1887). Die Lebensgeſchichte der Geftirne
in Briefen an eine Freundin (1887).
Meyer, Nihard M., geb. 5. Juli
1860 zu Berlin. Er empfing ſchon auf
dem Gymnafium den Antrieb zum Stu:
dium der deutichen Philologie, welchem er
in Leipzig, Berlin und Straßburg oblag.
In W. Scherer fand er einen bejtimmen-
den Führer und väterlichen Freund. In
Berlin promovierte er 1883 und habili»
tierte fid) 1886. Sein wiflenfchaftliches
Hauptinterefle gilt der „poetilchen Embryo:
logie“, der Entwidelungsgefhichte ſowohl
des einzelnen Gedichts als der einzelnen
dichteriichen Individualitäten und der
deutichen Literatur. Außer einer Schrift
Swift und Lichtenberg (1886), erichienen von
ihm verfchiedene ſpeziell germaniftiiche
Arbeiten, leider meijt wenig anſchaulich
geichrieben; hervorzuheben der Aufſatz:
Über den Refrain, „Yeitichrift für vergleis
chende Literaturgejchichte“, 6 I. M.
wurde auch mit der Herausgabe von
Scerers „Poetik“ beauftragt.
Meper: Ziegler, C. F, ſiehe Conr.
Ferd. Dieyer.
Mich, Joſef, geboren am 8, April
1834 zu Schwabenig in Mähren, abjols
vierte 1847—55 die Gymnaſialſtudien
in Olmütz und bejuchte hierauf die Unis
verfität in Wien, wo er 1859 für das
Lehramt an Gymnafien approbiert und
jpäter auch zum Doktor der Philoſophie
promoviert wurde. Bon Haufe aus arm,
mußte er frühzeitig jchon die materiellen
Mittel zu feiner Erhaltung größtenteils
jelbfterwerben fungiertedaher vomftnaben:
alter an als Correpetitor und Lehrer. Diefe
Verhältniſſe erzogen ihn frühzeitig zu einem
Pädagogen und Lehrer und gewöhnten ihn
andererjeit8 an eine größere Arbeitsleis
ftung. Noch vor Vollendung feiner Stus
dien wurde er als Präfekt an der k. k.—
Therefianifchen Nitter-Afademie in Wien
angeftellt. In diejer Stellung wirkte er
7 Jahre als Erzieher und Lehrer und
hatte Gelegenheit und Anlaß, die Theorie
26*
—
Michelet.
und Praxis der Pädagogik und Didaktik
gründlich und allfeitig zu ſtudieren. 1865
‚wurde M. zum k. k. Profeſſor am Staats
gumnafium in Troppau ernannt. Als
1869 die Neorganijation ber Lehrerbil-
dungsanftalteninAngriffgenommnmwurde,
half er neben jeiner obligaten Amtsthä-
tigkeit im Unterrichte an der Lehrerbils
dungsanftalt in Troppau aus und lehrte
dafelbft 2 Jahre hindurch) Pädagogil.
1870 wurde er Mitglied der k. k. Prü-
fungs-Kommilfion für Volks⸗ und Bürger:
ihulen und f. k. Bezirksſchulinſpeltor;
nebitdem verjah er noch immer das Lehr:
amt am Gymnafium, von dem er erjt
1873 enthoben wurde, als ihm 3 Bezirke
zur Inſpektion zugewieſen wurden. An
den zahlreichen organiſatoriſchen Arbeiten,
welche die Reformation des Volksſchul⸗
weſens in Ofterreich erforderte, beteiligte
ſich M. jehr lebhaft und war bei der Lö—
fung der hierauf bezüglichen Fragen ſtets
in erſter Linie thätig; nicht nur in ſeiner
amtlichen Stellung, ſondern auch als Ob⸗
mann des ſchleſ. Landeslehrervereins und
als Gemeinderat Troppaus entwickelte er
eine vielfeitige erfolgreiche Thätigteit. Seit
1878 ift er Direktor ber k. k. Lehrerbil⸗
dungsanſtalt in Troppau und leitet ſeit
1884 zugleich die Lehrerinnenbildungs—
anftalt; nebftdem fungiert er feit 1879
als Mitglied des k. k. ſchleſ— Landesſchul⸗
rates.
Trotz der Belaſtung mit zahlreichen amtlichen
und außeramilichen Geſchäften bethätigt ſich M.
fleißig und erfolgreich in literarifchen Arbeiten;
neben zahlreichen kleinen Auffägen in verfchiedenen
Zeitichriften erfchienen von ihm folgende Schriften:
Grundrik der Seelenlehre (5. Aufl), Grundriß
der Logik (3. Aufl.), Allgemeine Erziehungslehre
(6. Aufl.), Allgemeine Unterrichtölehre (6. Aufl.).
Außerdem in Gemeinfchaft mit R. v. Zeynek und
mit Alois Steuer: Leſebuch für öfterr. Volks:
404
ſchulen und Anleitung zum Gebrauche des Leſe—
buches.
Michelet, Carl Ludwig, am 4. De—
zember 1801 als Mitglied der franzöft-
ſchen Kolonie in Berlin geboren, erhielt
feine Schulbildung auf dem franzöſiſchen
— Michelet.
Gymnaſium daſelbſt. Sein Stammvater,
der zum Proteſtantismus übergetreten
war, wanderte 1720 aus Metz aus.
Don Michaelis 1819—22 ftudierte M.
auf der Univerfität feiner Vaterſtadt die
Rechte, und trat nad Ablegung der er
jten Prüfung als Austultator beim dor»
tigen Stadtgericht ein. Neben der Juris⸗
prudenz hatte er auch eifrig philoſophi⸗
ſche und philologiſche Studien etrieben,
und hinſichtlich der erſteren eſonders
Schleiermacher und Hegel gehört. Er
verließ bald die juriſtiſche Laufbahn, um
ſich ganz der Philoſophie zu widmen.
Am 25. September 1824 erlangte er die
philofophiihe Doktorwürde durch feine
Inaugural-Differtation: De doli et cul-
pae in jure criminali notionibus, welche
viel von juriftiihen Schriftitelleen benußt
worden it. Am 16. März 1826 habir
(itierte er fi als Privatdozent an ber
Berliner Hohihule, und wurde am 23.
November 1829 zum Profeſſor der Phir
(ologie und Philoſophie ernannt, nachdem
er einen Auf nad) Königsberg abgej
gen hatte. Er hat aljo bereits in
fünfzigjähriges und fein fechzigi
Aubiläum als Doktor und Un
{ehrer, als Profefior fein fünfzigi
gefeiert. In den Ferien machte er
nad Frantreih, Großbritanien und Ita
Don 182650 verband er mit
finnigfeit, der Regierung mipliebig. | *
Lebensergebniſſe legte er ausführlich in
dem Bude: Wahrheit aus. meinem Ak
(1884) nieder.
—
Michelet.
Michelet's hochbedeutende, ſchon zum größten
405
—
Michelſen.
auf das „Handbuch der allgemeinen Geſchicht
Teil gedruckte Schriften find folgende: Die Ethik | der Philoſophie“ (Bd. XIV), und „Erklärung
des Nriftoteles in ihrem Berhältniffe zum Ey: | ded Parmenides des Plato und der Metaphyſik
ftem der Moral (1827), Das Syftem der philo: | des Ariſtoteles“ (Bd. XV), die noch redigiert
ſophiſchen Moral mit Rückſicht auf die juridifche
Smputation, die Geichichte der Moral und das
riftliche Moralprinzip (1828), Aristotelis Ethi-
corum Nicomacheorum Libri X, Vol. I tex-
tum continens (1829). Vol. II commentarium
continens 1835 (altera editio 1848), Examen
eritique de l’ouvrage d’Aristote, intitul&
werden müſſen. Die dritte Abteilung (Bd. XXI
bis XXX) enthält „Vermiſchte Schriften”, Die
aud) größtenteils ſchon gedrudt, aber erſt aus
den vielen Zeitjchriften, in denen fie zerjtreut
find, gefammelt werden müflen. Bd. XXI Kri-
tifen, Berichte und Gutachten; Bd. XXII— XXIII
Borträge, Diskuffionen und Abhandlungen in
der Philoſophiſchen Geiellihaft; Bd. XXIV bis
Metaphysique: ouvrage couronne par
Y'Acadömie des sciences morales et politiques, | XXV „&emeinverftändlibe Schriften”: Neden
(Paris 1836), Gefchichte der letzten Eyiteme der | in Bezirfövereinen und Wahlverfammlungen, Auf:
Philoſophie in Deutichland von Kant bis Hegel | fäge und Artikel in politifchen Zeitungen (noch
(2 Bde., 1837 —38), Schelling und Hegel (1839), | ungedrudt, aber drudfertia); Bd. XXVI die
Anthropologie und Pſychologie (1840), Borle:
fungen über die Perfönlichfeit Gottes und die
Unjterblichfeit der Seele oder die ewige Perlön:
lichfeit des Geiftes (1841), Entwidelungsge:
ſchichte der neueften deutſchen Philofophie mit
bejonderer Rüdficht auf den gegenwärtigen Kampf
Scellingd mit der Hegelihen Schule (1843),
Die Epiphanie der ewigen Perſönlichkeit des
Geiftes, eine philofophiiche Trilogie: Erjtes Ge: |
ſpräch Die Perfönlichteit des Nbjoluten 1844, |
Zweites Geipräh Der biftorifche Chriftus und
das Neue Ehriftentum 1847, Drittes Gefpräd |
lateinifhen, und XXVII die franzöfilchen
Schriften; Bd. XXVIII—XXIX Briefwechſel
(ungedrudt, aber der erite Band drudfertig);
Bd. AXX Anhang, Belege.
Michelet gilt als einer der hervorra—
gendjten Bhilofophen der Gegenwart. Die
jüngere philojophiihe Generation ehrt
des Meiſters Namen auch in vielen Aus
tobiographien des „liter. Deutichlands“.
Michelfen, Eduard, geboren am 11.
Die Zukunft der Menichheit und die Unfterblid: September 1838 zu Hadersleben, ftu:
feit der Seele oder die Yehre von den leiten
Dingen 1852 (2. Aufl. 1863), Zur Verfaffungs: |
frage (1848), Zur Unterridtsfrage (1848), Die
Loſung der aclellihaftlichen Frage (1849), Vor:
fchläge zur Umgejtaltung der deutichen Univerfi:
täten (1850), Esquisse de Logique (Paris,
1856, Separat-Abdrud aus der Revue philo-
sophique et religieuse, Vol. V), Eine italie-
nifihe Reife in Briefen (1856, 2. Aufl. 1864),
Die Gefchichte der Menfchheit in ihrem Entwide-
lungsgange feit dem Jahre 1775 (2 Bde. 1859
bis 1860). Herausgabe der Zeitihrift: „Der
Gedanke”, Organ der philoſophiſchen Gefellichaft
zu Berlin (9 Bde., 1861—1884), Naturredt
oder Rechtsphiloſophie (2 Bde, 1866), Das
Forum Romanum (1877), Das Syſtem der
Philoſophie, als erafter Wiffenichaft in 5 Bänden:
Logif, Dialektik, Metaphyſik (I) 1876, Die Na:
turpbilofopbie auf dem Grunde der Erfahrung
(Il) 1876, Die Geiſtesphiloſophie (III) 1878,
Die Philoſophie der Geſchichte (LV—V) 1879
bis 1881. — Mit dem Fahre 18854 begann Mi:
chelet die Herausgabe ſeiner „Sefammelten Werte“
in Drei Abteilungen: Die erſte Abteilung: „Leben
und Syſtem“ iſt bereits vollftändig in 6 Bänden
erſchienen: Die Lebensbeichreibung (I) und das |
Spitem (II— VI). Bon der zweiten Abteilung:
„Einzelne Disziplinen der Philoſophie“ find bis
jegt in der Gefamtauägabe nur erfhienen: Bd. |
VITI—IX, die Rechtöphilofophie enthaltend.
Die anderen Bände find einzeln zu haben, bis
dierte Theologie und Philofophie in Halle,
‚Kiel und Erlangen und übernahm nad)
‚des Vaters Tode die Hildesheimer land:
wirtſchaftl. Lehranſtalt, die er zur Mujter:
‚anftalt machte, wofür ihm viel Aner:
kennung und Auszeichnungen zu teil wur:
‚den. Die Provinz Hannover verdankt
‚ihm Großes, bezüglid) feines Eingreifens
‚bei Neugeftaltung des landw. Vereinsle—
‚bens, Veranftaltung von Ausitellungen,
‚Hebung des Molfereiweifens und Für:
‚derung ſonſtiger gemeinnügiger Beſtre—
dungen.
Hauptichriften: Mitteilungen über das landw.
Unterrichtsweſen (1865'66), Von Pflug zum
Schwert (1876, 3. Aufl. 18854, Wollen wir als
dankbare Söhne für Vater Thaer ein Denkmal
ſetzen? (1864), Gefchichte der Deutichen Yandwirt:
ſchaft (2. Aufl. 1882), Die Olfuchen und ihre
Verfälihung (1878). Zahlreiche Abhandlungen
'u.1. m.
Mießler, Adolf B. Th. (Adolf Reins-
burg), geboren 5. Oktober 1562 in Lieg—
nig, fiedelte frühzeitig nad) Breslau über,
wo er jetzt noch in einer Stellung als
Eiſenbahnbeamter anfällig it.
Mikloſich.
M., der ſich durch fleißiges autodidaktiſches
Studium emporgearbeitet, lieferte zahlreiche Ab:
bandlungen, die meift die Länder: und Völkerkunde
behandeln und in verichiedenen Zeitichriften ꝛc.
niedergelegt find, als 5. B. in „Schorers Fami—
lienblatt”“, „Ausland“, „Weltpoft”, „Deutiche
Rundihau für Geographie und Statiftif” ꝛc.
1883 begründete er den „Deutichen Geographen:
Almanach“, der 1884 in feinem erften Jahrgange
erichien, aber nur mit geteiltem Beifall aufge:
nommen wurde. Cine veränderte Fortſetzung
dieſes Werkes joll demnächſt in Angriff genom:
men werden. Auch bearbeitete M. die fämt:
lihen geographiſchen Artifel von „Kürſchners
Taſchenkonverſations-Lexikon“.
Mikloſich, Franz von, wurde am
20. November 1813 in Luttenberg,
(Steiermark) geboren, widmete ſich dem
Studium der Rechtswiſſenſchaft an der
Univerſität Graz und fand nach Abſol—
vierung eine Anſtellung an der Hofbi—
bliothek zu Wien. Er betrieb hier ein—
gehende
oͤffentlichte das ausgezeichnete Werk:
Radices linguae palaeoslovenicae (1845),
das des Autors Namen Jchnell befannt
madte. 1849 wurde M. zum außerord.
Profeſſor der Slaviltif in Wien ernannt,
und bereits im folgenden Jahre erhielt
er die ord. Profeflur für daſſelbe Fach.
Am gleihen Jahre trat er mit dem!
Lexicon linguae palaeoslovenicae (2. Aufl.
1865) hervor, und 1852 begann fein
größtes Werk zu erfcheinen: Pergleichende
Grammatif der ſlaviſchen Spraden. Die
Schrift wurde von der gefamten urteils:
fähigen Kritif als eine einzige und groß:
artige Leitung anerkannt, welche ihrem
Urheber einen Pla an der Spike der
bedeutenditen Slavijten ficherte. Außer:
bein heben wir noch hervor:
Formenlehre der altjlovenishen Sprade (2.
Aufl. 1854), Monumenta Serbica (1858),
Chrestomathia palaeoslovenica (1857, 2. Aufl.
1861), Bildung der flavischen Perfonennamen
(1860), Die jlavifhen Elemente im Rumuniſchen
(1861), Die jlavilchen Elemente im Magyarifchen,
deögl. im Neugriechiihen (1870), Die Legende
des heiligen Eyrillus (1870), Albanifche For:
ſchungen (1871), Über die Mundarten und Wan:
derungen der Zigeuner Europas (1877).
Millenfovies, Stephan (Stephan
406
Milow,
Drfova in der Walachei als der Sohn
eines öfterr. Oberjt geboren. Der Beruf
feines Vaters brachte für die Familie einen
häufigen Wechiel des Wohnortes mit fich,
jo war auch der Unterricht, den St. M.
empfing, fein einheitliher. Im Jahre
1849 wurde er in das Kadettenkorps zu
Dlmüg aufgenommen und drei Jahre jpü-
ter in das 37. Linien-Infanterie-Regiment.
Zum Offizier vorgerüdt, wurde er 1854
von feinem Regiment an das militäriich
geographiiche Inſtitut in Wien gejandt,
verblieb dajelbit, avanzierte zum Haupt:
mann und nahm 1870 feinen Abichied.
Er lebte durauf, vielfach literarifch mit
Erfolg thätig, auf feiner Befigung in der
Steiermark und fiedelte 1880 nad) Görz
über, welchen Wohnort er noch jetzt inne
Haviftiiche Studien und ver:|
hat.
St. M. machte ſich zuerft literariſch befannt
durch Seine, 1864 erichienenen Gedichte, die all:
ſeitig fehr gut aufgenommen wurden, daran reibte
ſich feine gemütsinnige Erzählung Verlorenes
Glück (1866), ferner: Auf der Scholle (Ged.
1867), Ein Lied von der Menjchheit (Ged. 1869),
Zwei Novellen (1872), In der Sonnenwende
(Ged. 1877), Wie Herzen lieben (Erz. 1883),
Deutiche Elegien (1885) und fein 1879 erjchies
nened Drama König Eric.
Milow, St, ſ. St. v. Millenkovics.
Miunckwitz, Hans (Johannes Mind:
wi der Jüngere), Sohn des am 29. Des
‚zember 1885 zu Heidelberg verewigten,
in weiten Kreilen als Schriftjteller, Dice
ter und Überſetzer vorteilhaft befannten
Leipziger Profefiors Dr. Johannes M.,
wurde am 11. April 1843 zu Leipzig ges
‚boren. Seine Schulbildung empfing er
auf dem „Modernen Sefamtgymnafium“
in Leipzig, wo Friedrih Spielhagen zu ſei—
nen verehrtejten Lehrern gehörte. Mit
fünfzehn Jahren widmete er ſich zunächſt
dem Kaufmannsftande, indem er in eine
Leipziger Großhandlung eintrat, in der er
neun Jahre verblieb. Daneben ftudierte
er dort Volfswirtfchaftslehre unter Roſcher
und beſchäftigte ſich eingehend mit dem
Studium der Literatur. Außerdem ver—
Milow), wurde am 9. März 1836 in vollkommnete er ſich raſchen Schrittes in
Minor,
ber Theorie und Praxis der Schadjipiel: |
funft und brachte es darin frühzeitig zu
hoher Fertigkeit, indem er zahlloje Preije
auf den verjchiedenen Gebieten dieſes
Spiels davon trug, eine ganze Anzahl
vortreffliher Schachwerke jchrieb, von vie:
len Schachvereinen durch die Ehrenmit: |
gliedichaft ausgezeichnet wurde und ſeit
1864 über zwanzig Jahre lang die Re—
daktion der „Deutihen Schachzeitung“ lei⸗
tete, Die er jedocd) 1886 niederlegte. 1872
trat er als Oberbuchhalter in eine Leip- |
iger Bankgeſellſchaft ein und ftieg raſch
zum Banfbevollmäcdtigten empor. 1876
übernahm er die jelbjtändige Leitung aus:
gedehnter Kohlenwerke und Ziegeleien in
Schleſien, dod führte ihn fein Hang zu
ſchriftſtelleriſcher Thätigfeit Schließlich wie:
der nach Leipzig zurüd, wo er zwar 1878
ein faufmänniiches Geſchäft begründete,
diefes jedody nad) Verlauf von einigen
Jahren veräußerte, um fich feitdem voll:
ſtändig dem jchriftitelleriichen Berufe zu
widmen.
Schon von 1863 an hatte er in den Tages:
blättern und Schachorganen zahlreiche Iyriiche Ges
dichte veröffentlicht, und 1870 war ein Bändchen |
Geharniſchte Sonette und Königälieder von ihm |
unter dem Titel „Deutichlands Traum, Kampf |
und Sieg“ erichienen, das vielen Beifall fand.
Neuerdings hat M. den Begafus wiederholt mit
Glück beitiegen, aber aud) ſich durch ebenfo ſchnei—
dige, wie ſachgemäße Belprehungen (in „Blätter
für Literarifhe Unterhaltung”) der Neuerichei:
nungen auf epilhem und Inrifchem ‘Felde der
Poeſie einen Namen als Kritifer gemacht, wäh»
rend er von feinen eigenen Dichtungen gegenwär—
tig eine Sammlung Iyriiher und ein ebenfalls
bereit3 vollendetes Eleineres Epos von neun Ges
fängen „Der Sohn der Mainotin” für den Drud |
vorbereitet. 1887 erſchien die Brojhüre Jung: |
deutfchland (pfeud.).
Minor, Eilefius, fiehe O. Marbad)
Miris, v., fiche Franz Bonn.
407
Mirza-Schaffy, i.Fr.v. Bodenſtedt.
Miſes, Dr., ſiehe G. Fechner.
Mitzſchke, Paul, wurde am 19. Au—
guſt 1853 zu Naumburg a. S. geboren,
ſtudierte Philologie und Geſchichte, wurde
1874 Hilfslehrer am Andreas-Inſtitut zu
— Möbius.
Sulza und 1876 Gymnaſiallehrer in Für:
ftenwalde. Seit 1877 ift er am Geh
Staatsarhiv zu Weimar angeftellt. Eeine
Arbeiten bewegen fi auf dem Gebiete
der Geſchichte, Kulturgefhichte und deren
Hilfswiffenihaften, außerdem überjegt er
aus dem Griechiihen, Lateinischen und
aus einigen modernen Spradien. Außer
mehreren Schriften über Stenographie
heben wir an jelbitändigen und Über:
ſetzungs-Werken hervor:
Der Froihmäufelrieg (1876), Die Familie
Mitfchke (1877), Naumburger Inschriften (1881),
Die Bibliotheken Naumburgs, Jaroslam Cermaf
und fein Gemälde „Die Hufiten vor Naumburg“
(1883), Des Baulus Jovius Chronik der Grafen
von Orlamünde (1886).
Möbius, Paul, wurde am 31. Mai
1825 zu Leipzig als Sohn des als Nitro:
nom und Mathematiker rühmlichit bekann—
ten dortigen Profefiors Dr. 4. F. M.
geboren. Im Vaterhaufe ſchon früh zu
reger wiſſenſchaftl. Thätigkeit angeleitet,
erhielt M. feine Vorbildung auf der Bür—
gerz und auf der Nikolaiſchule in Leipzig,
jtudierte dann in den Jahren 1844 bis
1848 in Leipzig und Berlin neben Theo:
logie auch Philologie und Philofophie und
erwarb ſich 1847 zu Leipzig durd eine
Abhandlung über Clemens Alerandrinus
die Würde eines Doftors der Vhilojophie
und bald darauf die eines Kandidaten der
Theologie. Nachdem er weitere philolo—
giſche und pädagogiihe Prüfungen be:
ſtanden, betrat er 18-48 die praftifche Lauf:
bahn im höheren Schulamt als Lehrer
an dem Gymnafium (Thomasjchule) zu
Leipzig und wirkte feit 1849 auch als
Nahmittagsprediger an der Univerjitäts:
fiche. 1853 wurde ihm die Etelle
.des Direktors der Lehranftalt für Buch—
händlerlehrlinge übertragen. 1865 wurde
er zum Direktor der erjten Bürger:
ſchule in Leipzig ernannt, in welcher Stel:
[ung er jedoch nur 4 Jahre wirken konnte,
da er fhon 1869 als Seminardireltor
und Seneralichulinpeftor für das Herzog:
tum Gotha nad) Gotha berufen wurde,
wo fih ihm ein größerer Wirkungskreis
Möller.
erichloß. Schon 1872 wurde er zum Prot-
ephorus des Seminars und vortragenden
Nat im Herzogl. Staatsminifterium be-
fördert, 1874 durch Verleihung des Nit-
terfreuzes des erneftinifchen Hausorbens
ausgezeichnet und 1880 zum Oberfchulrat
ernannt. In diefer hervorragenden Stel-
lung wirft M. dort noch gegenwärtig.
Unter feinen literarifhen Arbeiten heben wir,
als auch in weiteren Kreiſen befannt geworden,
hervor: Die Volfserzählung Erhard der Waffen:
Ichmied (1852); Der Spieler (1853), Alpenerzäh:
lungen (1854), Katechismus der deutichen Lite:
raturgeihichte (6. Aufl.), Bar Kochba (Trauerfp.
1863), feine Neden über Schiller, Shafefpeare u.
Fr. Nüdert u. ſ. zahlreichen Beiträge zu politifchen
u. Unterhaltungsblättern. — Er bat auch (unter |
dem Bleudonym M. Baul) bereits mehrere Bände jei:
ner Rätſeldichtungen in Buchform ericheinen lafien,
nämlich: Sphinx (2. Aufl.), ferner die neue Sphinx
(1877), Silvula logogriphorum (1881), Thü—
ring. Rätſel und Charaden (1881) und NRätfelhafte
Erinnerungen an Leipzig (1884). Noch umfafiender
iſt M.’S Wirken auf dem Felde der Theologie und
Pädagogik; es erichienen von ihm u. a.: Überfegung
und Erflärung des Midraich Ele Eskera (1854),
Der Segen des Gebetes (1857), Die Forderungen
der Gegenwart an die Bildung der rauen (1866), |
Die Überbürdung der Volksſchule (1867), Theos |
logen oder Seminariften? (1867), Über die pä—
dagog. Aufgabe der Individualifierung, nament:
li an der Volksſchule (1870), Die Bedeutung |
der deutichen Männergefangvereine für die Kultur;
entwidelung der Gegenwart (1876), Inwiefern
vermag auch die Schule der gegenwärtigen Ber: |
wilderung der Jugend entgegenzutreten (1878), |
Erinnerungen eines Schulmannes aus den lebten
25 Jahren (1878), Die Pflege des Tierſchutzes
in der Voltsfchule (1879), Seid allezeit fröhlich |
(1580), Die Pflege des Gemütes an der Volls«
ſchule (1882). In allen diefen Schriften giebt |
fih der Autor als ein auf dem Boden eines
werfthätigen Chriftentums jtehender warmer Pa—
triot und humaner Volfsfreund zu erkennen.
Möller, Hermann, geboren 1850 in
Schleswig, befuchte 1864—67 das Gym—
nafium zu Flensburg, ftudierte 1864— 71
Haffische Philologie und Geſchichte zu Kiel,
Leipzig, Münden, Berlin, im Rinter 1874
bis 1875 germ. Philologie zu Breslau, pro:
movierte 1875 zu leipzig zum Dr. phil. mit |
der Schrift „Die Ralatalreihe der indo-
germanilhen Grundſprache im Germani—
ſchen“, war 1878— 83 Privatdozent für
408
Möllhauſen.
vergleichende Sprachwiſſenſchaft und ger:
maniſche Sprachen an der —
Kiel, iſt feit 1884 ord. Profeſſor (nor:
meret Dozent) für deutihe Sprade und
Literatur an der Univerfität Kopenhagen.
Hauptmwerfe: Das altengliihe Volksepos in
der uriprünglichen ftrophifchen Form (1883), Zur
althochdeutſchen Alliterationspoefie (1888) und
linguiſtiſche und philologifhe Abhandlungen, ge
denft eine hiftorifhe Grammatik der friefifchen
Sprache herauszugeben.
Möllhanfen, Balduin, wurde am
27. Januar 1825 in Bonn geboren, er:
lernte nad) feiner Konfirmation und bis
dahin befuchter Schule die Landwirtjchaft
in Bommern, genügte darauf feiner Mis
(itärpflicht und wanderte 1849 nad) Ames
rifa aus, wo er ein jehr bewegtes Leben
führte, lange Zeit ein Genoſſe der In:
dDianer, die er auf ihren Jagdzügen be
gleitete. Nach vier Jahren kehrte er in
feine Heimat zurüd, aber nur, um nad
einem Atemzug deutſcher Luft wieder
über das Dieer zu gehen. Endlich, nad)
mandjerlei Kreuz: und Querfahrten z0g
es doc) den Deutichen wieder nad) Deutſch—
land. Er zog nad) Potsdam, wo er eine
Stellung als Bibliothekar der königlichen
Bibliotheken fand, fiedelte aber 1886 nad)
Berlin über. Die ungewöhnlich reichen
Lebenserfahrungen, auf jo abenteuerlichen
Neifen, wie fie wenigen nur bejchieden
find, gefammelt, verwertete M. in feinen
beiden Neifewerfen: Tagebuch meiner Reife
vom Milfiffippi nah den Hüften der Südſeen
und Forihungsreifen(Colorado-Erpedition) und
in feinen groß angelegten Erzählungen und
Romanen, die von zahlreichen, meilterhaft
entworfenen Schilderungen amerikanischen
Landes, Lebens und Treibens durchflochten
find und vielfach an „Lederftrumpf”, den
liebften Freund tüchtiger Jungen, erin:
nern, ohne doc epigonenhaft zu fein.
Hervorzuheben: Der Halbindianer (Erz.), Der
Flüdtling (Erz.), Der Mayordomo (Erz.), Pal:
menblätter und Schnerfloden (Erz.), Das Mor:
monenmädchen (Rom.), Reliquien (Rom.). Die
MWandanenwaile (Nom.), Der Meerkönig (Rom.),
Nord und Süd (Nom.), Der Gocdlandpfeifer
(Rom.), Das Hundertquldenblatt (Rom.), Der
Mohr. —
Piratenleutnant (Rom.), Der Keſſelflicker (Rom.),
Das Finkenhaus (Rom.), Weſtliche Fährten (Erz.),
Die Einſiedlerinnen (Rom.), Das Monogramm
(Rom.), Die Kinder des Sträflings (Rom), Die
Hyänen des Kapitals (Rom.), Die Reiher (Rom.),
Fragmente (Rom.), Die Töchter des Konſuls
(Rom.), Der Schat von Uuivira (Erz.), Der
Fanatiker (Nom.), Die Trader (Rom.), Der
Haushofmeifter (Nom.), Wildes Blut (Nov.),
Das Logabud (Erz), Der Fährmann am Ka:
nadian (Erz.), Die Familie Melville.
Mohr, Ludwig, wurde geboren am
10. Februar 1833 zu Homberg, im frühe:
ren Kurfürftentum Heflen. Er genoß den
Unterricht des Progymnafiums und Se-
minars feiner Vaterjtadt, in welch letzte—
rem er fich zum Lehrer ausbildete. Nach:
dem er mehrere Jahre als Hauslehrer
thätig geweſen war, jeiner Militärpflicht
genügt und in Homberg einer Töchter:
ſchule vorgeflanden hatte, gab er im Jahre
1859 feine LZehrerthätigfeit auf, um ſich
in Kafjel mit feinem nachmaligen Schwa—
ger Jenuit, welcher dafelbit eine mecha—
niſche und optiſche Werkſtatt hatte, zu
aflociieren. Da dieſer jedoch bald dar—
auf ftarb, das Geſchäft auch nicht den
ehegten Erwartungen entiprad, liqui—
erte er im Jahre 1866 daſſelbe und
lenkte in die Schriftfteller:Laufbahn ein.
Seine erftere größere Arbeit, der nefchichtliche
409
—
Moltke.
Abſolvierung des Gymnafiums wandte er
fih daher ganz der Journaliſtik zu, neben⸗
her mit Vorliebe mit dem Studium mo—
derner Sprachen beſchäftigt. Seine Kennt:
nis des Italieniſchen erhielt durch jähr:
lihen Aufenthalt in Italien ſolche Vollen-
dung, daß er 1887 Berichterjtatter des
„il teatro illustrato‘ fürSüddeutichlands
Bühnen wurde. Seit 1885 iſt M. als
Kritiker (für die königl. Theater der bayer.
Hauptjtadt) in der Redaktion der „Mün—
chener Signale für Bühne, Literatur und
Kunſt“ thätig.
Außerdem find noch zwei Schriften bervorzus
heben: Dichterprofile und Der Roman des 19.
Jahrhunderts,
Moltfe, Hellmuth Graf von, geboren
am 26. Dftober 1800 zu Parchim (Med:
lenbg.), nunmehr preuß. General-Feld-
marjchall und Chef des Generaljtabes der
Armee, der fi als einer der größten
Strategen aller Zeiten bewährt und ſich
neben Fürft Bismard den höchſten Ehren:
plat in der deutihen Geſchichte des 19.
Jahrhunderts errungen hat (über fein
militäriiches Wirken ſiehe W. Buchner:
„Sraf Moltke. Ein Lebensbild“ ; Frhr.
v. Firds: „Feldmarſchall M. u. d. pr.
Seneralftab”; Wild. Müller: „Generals
Aoman Roth: Wei (2. Aufl. 1886) hatte einen | feldmarichall Graf M. ꝛc.), ichrieb:
Erfolg. Nah dem mißlungenen Verſuch,
Hefien eine belletriftiiche Zeitichrift zu grün-
, bot fich ihm Gelegenheit, in den Dienſt der
Fönigl. Eifenbahnverwaltung zu treten, in wel:
chem er fich noch befindet. Er lebt gegenwärtig
in Norbhaufen a. 9. Hauptwerke: Roth Weib |
(2. Aufl. 1886), Die blaue Dame (1871), Aus
vergangenen Tagen (Erz. 1871), Altes Schrot
und Horn (Erz. 1885), Eddergold (Ged. 1886).
Außerdem Novellen in verfchiedenen Zeitfchriften.
- Moltau, Harry, wurde am 8. Juni
1863 in Schwabach geboren. Er befuchte
die Lateinfchule feiner Vaterſtadt, ftudierte
mit Eifer die reiche klaſſiſche Bibliothef
im Elternhaufe, und beichäftigte fich ſchon
als Schüler mit fchriftftelleriichen Verfuchen
Ichrieb Humoresfen, aud zwei Dramen,
von denen das eine aufgeführt wurde),
ind war von dem brennenden Wunſch
erfüllt, Schriftfteller zu werden. Nach
Briefe über Zuftände und Begebenheiten in der
Türfei aus den Jahren 1835—39 (3. Aufl. 1877),
Der ruſſiſch⸗türkiſche Feldzug in der europ. Türfei
1828 und 1829 (2. Aufl. 1877), Briefe aus
Rußland (2. Aufl. 1877).
Moltke, Dar Leopold, wurde am 18.
September 1819 zu Küftrin geboren, ab»
jolvierte das Gymnaſium feiner Vaterftadt
und trat, für den Buchhandel beitimmt,
da feine Eltern nicht die Mittel hatten,
ihn ftudieren zu laſſen, als Lehrling in
eine Buchhandlung ein. Nachdem er lange
Jahre als Buchhändler in Kronftadt in
Siebenbürgen gelebt hatte, übernahm er
dajelbft die redaktionelle Leitung der „Deut:
chen Dichterhalle“ und ein Jahr darauf
die der „Kronftädter Zeitung”, legte die
felbe aber bald darauf nieder, um an ber
Erhebung Ungarns teilzunehmen. Als
Mommien.
Leutnant wohnte er der Belagerung von
Temesvar bei, geriet aber nad) der Nie-
berlage von Velagos erſt in rulfiiche, dann
in öjterreichiiche Sefangenichaft. Nachdem
ihm im Jahre 1851 feine Freiheit wie:
bergegeben, erwarb er ſich jeinen Lebens:
unterhalt in Trieft durch Unterrichts:
ſtunden, ging dann nad Küftrin zurüd,
darauf für einige Jahre nad Berlin und
309g 1864 nad) Leipzig, wo er noch jetzt
als Beliger eines Berlagsgeichäftes Lebt.
Daielbit gründete er aud) feine Zeitichrift:
„Deutiher Sprachwart. Für Kunſt und
Kunde, Hege und Pflege, Schirm und Schub
unferer Mutteripradje”.
M. ift der Berfaller des in Siebenbürgen zum
Bolfslied gewordenen Liedes „Siebenbürgen, Land
des Segens“. Auch außerdem hat M. in feinen
zahlreichen Liedern den zu Herzen des Volfes ge:
henden Ton getroffen, der ihm viele freunde er:
worben bat. Hauptwerfe: Haideblümchen (Ged.
1840), Ufermuicheln (Ged. 1542), Tag: und Nacht:
falter (Ged. 1843), Monumente für Monumente
(Poet. Tagebuch, 1843), Deutiher Dichterwald
(1852), Ein Frühling (Ged., 3. Aufl. 1853),
Auch ein Büchlein Lieder (Ged., 2. Aufl. 1865),
Neuer deuticher Parnaß (Anthol. 1832), Schuß:
und Truglieder für die Siebenbürger Sachſen und
das Deutichtum in Ofterreih (1832), Gedichte
(4. Aufl. 1853).
Mommfen, Theodor, wurde am 30.
November 1817 in Garding (Schleswig)
geboren, bejuchte das Gymnaſium zu Al:
tona und die Univerfität Stiel, vervoll:
ftändigte feine Kenntniffe durch mehr:
jährige Studienreifen, hauptſächlich in
Stalien. BZurüdgefehrt, wirkte er kurze
Zeit als Journalijt, wurde aber bereits
1848 als außerord. Profeſſor der Rechts»
wifjenichaft nad) Zeipzig berufen. In den
politiichen Strudel jenes verhängnisichwe:
ren Jahres hineingerifjen, mußte Di. 1850
feine Profeſſur niederlegen und fiedelte
nad) der Schweiz über. Dort wirkte er
von 1882—54 als ordentl. Profeſſor in
Züri, von legterem Jahr an in gleicher
Eigenſchaft in Breslau, bis er 1858 nad)
Berlin berufen wurde. Er gehörte 1872
bis 1882 dem preuß. Abgeordnetenhaufe
an (nationalliberal, jpäter liberal). Seit
410
Morämwel,
1874 fungiert M. als jtändiger Sefretär
der fol. Akademie der Wiffenihaften. M.
bat fi neben feiner akademiſchen Bes
rühmtheit auch literariih den Ruf eines
der bedeutenditen Hiftorifer und Alter:
tumsforicher der Gegenwart erworben.
Dieſes Prädifat nahm M. zuerjt mit
‚feinem monumentalen Werk: Römiihe Ge:
ſchichte 8. Aufl. (1852) für fih in Anjprud.
Außerdem heben wir unter den hochver-
‚dienten Werfen M.'s bejonders hervor:
Dsfiihe Studien (1845 u. 1846), Die unter
italienifchen Dialefte (1850), Corpus inscrip-
tionam Neapolitanarum (1851), Die nord
‚etruäfiihen Alphabete (1853), Die Stabtreihte
‚ der lateiniihen Gemeinden Salpenja und Malace
(1855), Die römiſche Chronologie bis auf Cäfar
(2. Aufl. 1859), Corpus inscriptionum lati-
narum (1863--1886), Römiſche Forſchungen
(1864-79), Analecta Liviana (1873), Römis«
ſches Staatsreht (2. Aufl. 1876— 77), Ortlich«
feit der Warusichlacht (1855). Außerdem eine
große Anzahl willenichaftliber Abhandlungen in
den Dentichriften gelehrter Gefellichaften und in
Fachzeitichriften.
Moramel, Carl Sottlob, wurde am
| 15. Auguft 1816 in Zittau geboren als
‚ein Nahfomme einer aus Gernilomw bei
Königgrätz ausgewanderten Erulantenfa=
milie. Er beiuchte die Bürgerſchule ſei—
ner Vaterſtadt von 1823—30. Seit
legterem Jahre widmete er ſich, wie feine
Vorfahren, der Obit:, Gemüje: und Kunſt—
‚gärtnerei. Neben feiner beruflichen Thä—
tigkeit gab fih M. auf autodidaktiſchem
Wege eingehenden Etudien der Alter:
tumsfunde bin, auf Grund deren er eine
‚zahlreihe Menge von teils wertvollen,
meiſt intereflanten Schriften verfaßte, de—
‚ren Mehrzahl auf Zittau und Umgegend
ſich bezieht. Außerdem ift M. vielfach
als begabter Dichter hervorgetreten. Von
wichtigeren Veröffentlihungen heben wir
hervor:
Geſchichte der böhmiſch-evangeliſch. Erulanten»
gemeinde in Zittau ac. (1847), Zittavia oder
Zittau in |. Vergangenheit und Gegenwart (1548
bis 1849), Geichichte von Friedensdorf zc. (1861),
Geichichte von Bertsdorf ꝛc. (1867), Dorfchronik
(1873), Jahrbuch der Geſchichte der Schüten-
gefellichaft zu Zittau (1884), Gefchichte der Petri—
und PBaulisfirhe in Zittau (1582), Gejchichte der
Morgenitern.
Quftgärten in Zittau von 1230—1879 (1879);
außerdem viele Beiträge in Zeitichriften und
Tagesblättern, teilweile auch als Separatabdrüde
erihienen.
Morgenitern, Lina, wurde als die
Tohter des Kaufmanns Bauer in Bres-
lau am 25. November 1830 geboren,
empfing eine trefflihe Erziehung und be:
ſchäftigte fich früh ſchon mit kleinen lite
rariihen Verfuhen, befonders mit Mär:
hendichtungen. In reiferen Jahren, nad)
ihrer Berheiratung, wandte fie ji) dem
Gebiete der Wirtichaftslehre und Frauen—
frage zu und machte fid) namentlich durch
die Begründung der befannten Berliner
Volksfüchen und des Hausfrauenvereins
verdient. Erftere Schöpfung ermöglichte
ihr auch, durch den ihr zufallenden jehr
hohen materiellen Gewinn, manderlei
andere Pläne zu verwirklichen, die fie,
teils im Interefje der Frauenemanzipation
unternahm. Seit einer Reihe von Jahren
redigiert fie die „Dtſche. Hausfrauenzei-
tung” in Berlin.
Außer einen, von Hausfrauen gern benußten
„Kochbuch‘ veröffentlichte X. M. die freundlich
aufgenommenen Märchen: Bienenfätchen (1859),
In der Dämmerung (1860); die Erzählungen,
Rovellen 2c.: Aus dem Volfsleben (1861), Ba:
radies der Kindheit (1861), Die Heinen Menſchen
(1862), Die Plauderjtunden (1874), Liebe und
Leid (1869) ;, Glaube, Andacht und Pflicht (1861),
Polens Nationallieder (1864); Studien über
Außerdem fchreibt fie die
Hauswirtfchaft ıc.
meiften Artikel ihres gen. Blattes felbit.
Morgenitern, Marie, wurde am
27. Januar 1831 zu Clausthal als die
Toter eines Lehrers geboren. Ein leb—
baftes Kind, las und lernte fie mit vielem
Eifer. Schon im 17. Jahre zeigten ſich
die Anfänge eines jchmerzvollen Nerven:
leidens, das fie durchs Leben tragen jollte,
und das fie zu einem ftillen Leben zwang,
welches ihr, ihrer ganzen Eigenart nad),
Ihwer werden mußte. Von zärtlich for:
gender Mutterliebe umgeben, die an allen
ihren Beftrebungen thätigen Anteil nahm,
fuhte und fand die Kranke auf ihrem
Cchmerzenslager hohe Freude und reichen
Genuß bei ihren Büchern. Den weit
411
Morin.
gehenditen Einfluß auf ihre Bildung
übte einer ihrer Arzte, Dr. Ned, aus, in
deſſen Behandlung fie in der eriten
Hälfte der fünfziger Jahre überging, um
während der nächſten vier Jahre ein Glied
feiner Familie in Wolfenbüttel zu bilden.
Schwer leidend, faft hilflos, da fie ſich
faum jelbjtändig bewegen fonnte, las fie
viel, und ein lebhaftes Intereſſe für Eng-
land und engl. Literatur erregte in ihr
den Wunſch, die engliſchen Dichter in
ihrer Sprade lejen zu können. Ihr treuer
Arzt half ihr dazu. Gemeinſchaftlich ga-
ben fich beide dem Studium der Sprade
bin. Mit äußerfter geiftiger und körper:
licher Anstrengung brachte Dtarie M. es
bald dahin, ein englisches Buch zu über:
ſetzen — jetzt tragen 32 Bücher, die fie
überjegt hat, ihren Namen, der großen
Reihe Eleinerer, in Zeitichriften 2c. ver:
öffentlichter Arbeiten nicht zu gedenken,
Im Jahre 1859, nahden M. M. fo
weit genejen, daß fie ſich au gejelligem
Umgang erfreuen konnte, fehrte fie zu ihrer
Mutter zurüd nad) Alfeld a. d. Leine, wo—
hin diefelbe überjtiedelt war, genof dort das
hohe Slüd, in der freien Gotteswelt umher:
ftreifen zu können, und bereitete ſich auch
da für ihren fpäteren Beruf vor. Auf
Anraten des Prof. Schweiger in Göttins
gen, wo fie nunmehr lebt, jchrieb fie „Ein
Spaziergang nach derLippoldshöhle,“ deſſen
Annahme durch eine Zeitſchrift M. M.
zu weiterem Streben ermutigte. Bon
ihren bald darauf entitandenen jelbjtän:
digen, jehr freundlih aufgenommenen
Werfen find zu nennen:
Ein Monat in Göttingen (Erz.), Ein Menſchen—
leben (Erz.), Glüd auf! (Erz.)
Morin, George, deſſen Großeltern
von väterlicher Seite aus Frankreich ſtam—
men und während der großen franzöftichen
Kevolution nad) Deutichland ausgewans
dert waren, wurde am 1. Oftober 1831
zu Freifing in Oberbayern als der Sohn
des George Morin, 1. Wachtmeijters des
damaligen 2. bayr. Küraflier-Regiments
„Prinz Eduard von Sachſen“ geboren.
Mormann.
Wegen des häufigen Garniſonswechſels,
die fein Vater durchzumachen hatte, fonnte
George nur in raichen Abwechslungen die
Lateinſchulen von Landshut, Freifing, Mün-
chen und Germersheim befuchen. Im legt:
genannten Orte verlor er, 17 Jahre alt,
feinen Vater dur den Tod. Er voll:
endete zulegt durch fleißige und ange:
ftrengte Privatitudien feine Ausbildung.
Außer feinen zahlreichen deutjchpatriotifchen
Arbeiten als Redakteur erichienen von ihm: Stern
und Roſe (ep. Geb. 1863), Das Jahr 1864
(Feitlp.), Die Fee Morgana (Soloſcherz 1871),
König, Dichter und Maler (1874), Paſſau, das
Coblenz an der Donau (1878), Aus rubmvollen
Tagen (1882) und König Ludwigs II. von
Bayern Leben, Wirken und Tod (1886). Außer: |
dem viele Gedichte in Anthologien, Zeitichriften ꝛc.
Mit den großen goldenen Medaillen
für Kunſt und Wiſſenſchaft ward derjelbe
ausgezeichnet: von Herzog Max in Bayern,
König Osfar II. von Schweden und Kö—
nigin- Mutter Joſefine von Schweden.
M. lebt jeit vielen Jahren in München,
woſelbſt ihn der Münchner Sournaliften: |
und Schriftiteller- Verein zu feinem 3.
Präfidenten gewählt hat.
Mormann, B., |. Mor. Bermann.
Morjch, Anna (Albert Mofer), 1841
zu Granfee geboren, in Potsdam erzogen,
zeigte Schon von Kind an große Neigung
zur Muſik. Familienverhältniſſe, die fie
ichon jehr frühzeitig zur Führung eines
Hausweſens nöthigten, hinderten fie, ſich
ganz dem Studium zu widmen, fo fonnte
fie nur langjam das Ziel einer gründ—
lihen muſikaliſchen Ausbildung erreichen.
Da ihr auch die nöthigen Mittel fehlten, jo
war fie frühzeitig genötigt, Unterricht
zu erteilen und exit 1868 gelang es ihr,
mit ihren Erfparnifien in Berlin Unter:
richt bei Taufig und Ehlert, Kontrapunft
und Fuge bei Krigar zu nehmen. Scon
während diefer Zeit hatte fie privatim |
mit großer Hingebung mufifhiftoriiche Stu:
dien getrieben. Die Benutzung der kgl.
Bibliothek in Berlin führte fie zu ver:
tieftem Quellenftudium, und neben den
praftiihen Studien, die fie eifrig zum
412
Mori.
| Zehrberuf trieb, beichäftigte fie fich bereits
mit fchriftlichen Arbeiten.
| Auf Zureden einer Freundin fandte fie einige
davon an Redaktionen von Beitichriften, aber erft
unter männlihem Pſeudonym hatte fie die Ge—
nugthuung, fofort angenommen zu werden, was
ihr unter ihrem eigenen Namen nicht gelang.
Diefe erften Arbeiten erfchienen 1876 in ber
„Tonkunſt“. Als dann 1878 Profeſſor Breslaur
die mufifpädagog. Zeitung „Der Klavier-Lehrer“
gründete, wurde Anna M. ald Mitarbeiterin,
ſpeziell für das hijtorifche Fach, engagiert. Seit
jener Zeit erjchienen ihre Arbeiten unter eigenem
Namen, fie arbeitete fortlaufend für die Zeitung
weiter, begann ihre biftoriihen Artikel mit der
älteften Zeit und zwar in Briefform, und ijt
darin (1887) bis zur Zeit der Niederländer forts
geichritten. Eine Reife nad Italien gab ihr Ge:
legenheit, den italienischen Kirchengelang zu ftus
dieren. Seit 1884 lebt fie dauernd in Berlin
und hat dort ein Mufifinftitut gegründet, welches
fi reger Teilnahme erfreut, 1884 und 1885
bielt fie öffentlih mufifhiftoriihe Vorträge; dies
felben find umgearbeitet ald Buch unter dem
Titel „Der italienifche Kirchengefang bis Pale—
ſtrina“ erfchienen.
Morjch, Johann Baptift, geboren am
5. Mai 1849 zu Mainz, bejuchte das
Mainzer Gymnafium und trat, nachdem
er ſolches 1870 abfolviert, in das fathol.
PBriefterjeminar zu Mainz ein, um fathol.
Beiftlicher zu werden. In Ermangelung
einer entipr. inneren Befriedigung an
dem Studium der kath. Theologie ver:
‚ließ er im September 1871 das gedachte
Seminar und beſuchte die Univerfität
Gießen behufs Studiums der Rechtswiſſen⸗
Ichaften(1871). Am 7. Mai 1874 beftand
er auf der Univerfität Gießen das jurie
jtifche Fakultäts-Eramen und war nun von
Juni 1874 bis 19. Eeptbr. 1879 in Mainz
an dem dortigen Gerichte, an dem Kreis:
amte, einem Notar und einem Rechts—
anwalt als großh. heil. Gerichtsaſſeſſor
beichäftigt, um den geleglicden Acceß zu
vollzichen. Am 19. September 1879
erfolgte feine Ernennung zum Notar mit
dem Aıntsfige zu Wöllſtein, woſelbſt er
jest noch als Notar fungiert.
| Ins Algäu, Reifcerinnerungen aus dem bay:
riſchen Hochgebirge, Ein Weihnachtsabend eines
ı Qunggelellen (1884).
Mor.
Mory, Eugen Rihard. Ich bin in
Sarepta (Südrußland) am 29. April 1846
geboren, wo mein Vater Vorfteher einer
deutichen Kolonie war. Als ich 1Y/e Jahr
alt war, fiedelten meine Eltern nad) Pe—
tersburg über, wo ich meine erjte Er:
ziehung unter Hauslehrern erhielt. Mit
11 Jahren ſchickte mich mein Vater nad)
Deutichland in eine Herrnhutiſche Pen:
fionsschule. Ih war zuerft in Gnaben-
berg bei Bunzlau, dann in Niesty bei
Görlitz und ſchließlich auf dem theologi-
ihen Seminar in Gnabdenfeld. Roetifche
Bemühungenmwurden nicht ermutigt. Dan
fürdtete Ablenkung von „erniteren Etu:
dien“. Die bejten, wenn aud unfrei-
willigen Liebesdienfte leifteten mir Die:
jenigen meiner Zehrer und Verwandten,
die meine unreifen Gedichte grauſam kri—
tifierten, um mid) vom Verſeſchreiben ab:
zubringen. Ic ließ mir gelagt fein, was
ih als richtig anerfannte, und fuchte
meine Fehler zu vermeiden. Als ich 1867
nad) England gegangen war, um dort
als Lehrer zu wirken, fam mir die erjte
Ermutigung im poetischen Schaffen. Eine
Überjegung von Moores „Farp of Tara“
wurde in einer Zeitjchrift aufgenommen. |
Dann folgte eine lange Zeit des Schwei-
gens. Als ich in Oldham bei Mancheſter
als Brivatlehrer etabliert war, und wenig
zu thun hatte, wachte mit der Zeit zum
Dihten auch der Drang dazu auf. Im
Jahre 1874 fam ich nad) Bafel und habe
feither als englischer Lehrer hier ein viel-
beihäftigtes Leben geführt. Doc fand
ih Zeit, mein Schaufpiel Wintelried und
einige als Feuilleton erſchienene Novellen
zu Schreiben. Auch eine Anzahl Eeinerer
Gedichte für Zeitſchriften entftand.
Moſchkau, Otto Karl Alfred (A.
v. d. Yubota), wurde am 24. Januar
1848 in Löbau (Kgr. Sachſen) geboren.
Seine Eltern waren der Thierarzt K. N.
Moſchkau und Laura, geb. Beichling, vor
ihrer Verheiratung Mitglied des königl.
Hoftheaters zu Dresden. Nach dem Be:
413
Moſchkau.
ſuche der Bürgerſchule zu Löbau und der
Handelsſchule zu Bautzen, frequentierte
M. als Hörer naturwiſſenſchaftliche, hy:
gieiniſche und anatomiſche Vorleſungen
am kgl. Polytechnikum und der kgl. Kunſt—
akademie zu Dresden und promovierte
1873 als Doktor der Philoſophie. 1879
ernannte ihn das Freie Deutſche Hochſtift
für ſeine Verdienſte auf dem Gebiete
der Geſchichtsforſchung, Schrifttums⸗ und
Volkswirtſchaftslehre zum Meiſter und
Ehrenmitgliede. M., welcher feiner einige
Zeit vorherrfchenden journaliftiihen Thä-
tigkeit wegen, öfter feinen Wohnort wech:
jelte, auf mehrere Jahre in Dresden,
Leipzig und Wien lebte, weilt nun jeit
Jahren in dem lieblihen Kurorte Oybin
im Zittauer Gebirge, wo berjelbe ein be:
‚fcheidenes Landhaus fein eigen nennt,
und wo er das Sommerhalbjahr hindurd)
fih) der Pflege feines auf der Burg
Oybin aufgeftellten „hiftoriihen Mu—
feums“ widmet. Seine erjte, 1868 mit
Ernejtine, geb. Pfeifer, geſchloſſene und
überaus glüdliche Ehe, trennte 1885 der
Tod. Seit 1887 ward ihm in Dlinna,
‚geb. Taubmann, eine neue liebevolle Le:
bensgefährtin.
M. war und ift noch ziemlich vielfeitig ſchrift⸗
ftelleriich thätig. ALS einſtig praftizierender Ho»
möopath redigierte derfelbe einige Jahre den
„Arztlihen Hausfreund“ und die „Geſundheits—
wacht“. Diefem Gebiete hat er, um ſich mehr
zu zentralijieren, Valet gefagt. Won feiner ſchön—
wifienichaftlichen Thätigkeit zeugen folgende Schrif:
ten: Schiller in Gohlis; Zofef Pitinger, ein ti
roler Sängerleben , Friederike Brion, Beiträge zur
Sriederifenliteratur ; Goethe und Carl Auguſt auf
dem Onbin; Ernſt Fiebiger, ein laufiger Natur:
dichter. Ferner edierte M.: Leopold Schefer's
Buch des Lebens und der Liebe. Auch ſchrieb
derjelbe viele Heine Beiträge über Goethe; für
die Zofalblätter feiner Heimat eine Reihe Dorf:
geſchichten; 1868 erſchien als Eritlingswerf ein
Bändchen Gedichte „Frühlingsblüten“. Hierher
ehörig dürfte auch die Zeitihrift „Mitteilungen
fi Autographenfammler" fein, welche unter ſei—
ner Redaktion drei Jahre verausgabt wurde. Der
Zeit widmete fih M. infonders der Philatelie,
der Touriftit und der Geſchichte. Auf dem Ges
| biete der Vhilatelie, die er in Deutichland zuerft
wiſſenſchaftlich fundierte, ift fein Name weit be:
\fannt. Er redigierte die „Deutfche Briefmarken»
Mofer.
Beitung”, den „Philatelift”, die „Germania“, die
Weltpoſt! und derzeit jeit 1873 das bedeutendfte
Fachblatt für diefe junge Wiſſenſchaft, das „Zus
ftrierte Briefmarfen-Journal” in Leipzig. Zahl:
reich und in vielen Auflagen verbreitet Find feine
Werte über Briefmartentunde. Derjelbe jchrieb
als jelbftändige Werke: Geſchichte der Briefmarken
und Darftellung der Wafferzeihen auf denjelben
(4. Aufl.); Eſſais-Handbuch, Beiträge zur Phi—
latelie, Das große Handbuch für Bofkmatten.
fammler (5. Aufl.), und joeben ein Kleines Hand»
buch für Poſtmarkenſammler. Zahllos find die
einzelnen veröffentlichten Beiträge über dieſes
Thema; vieledavon erfchienen in fremden Spraden.
M. begründete auch den erjten Deutichen Brief:
marten-Sammler:Berein und die erite deutiche
Prüfungsitelle gefälichter Marten. Die Societe
francaise de Timbrologie in Paris verlich ihm
1878 das Ehrendiplom, die namhafteſten deutichen,
auch amerikanischen Fachvereine ernannten ihn zu
ihrem Ehrenmitglieve. Auch auf dem Gebiete der
Geſchichte und Touriftik ift M.'s Name in weiteren
Kreifen befannt geworden. Derjelbe vedigierte 6
Jahre die Altertumszeitung „Saronia”, 5 Jahre
die hiſtoriſche Zeitfchrift „Oymwina“ und derzeit
das hiftor.stouriftiiche Fachblatt „Lufatia“ (Organ
des Laufiger Gebirgsvereinsverbandes). Seine
verfchiedenen biftoriichen Werfe gelten der Ober:
laufig und dem nördl. Böhmen. Genannt feien:
Auf dem Oybin, Die prähiſtor. Altertümer der
Oberlaufig, Laufisführer, Der große und Eleine
Oybin⸗Führer, Führer durch Zittau und Umge—
bung, Geſchichte der oberl. und nordböhm. Raub:
burgen, Geichichten der Burgen Lämberg, Oybin,
Karlsfried, Mühlſtein, Bürgitein, Tollenftein, meh—
rere Dorfchronifen und fein umfänglichites Werf
Chronik von Burg und Kloſter Oybin. Einzel:
Beiträge zur Geſchichte Sachſens und Böhmens
erſchienen in diverfen gelehrten u. a. Zeitichriften
unzäblige, meift den Oybin und feine Umgebung
und das Laufiter Gebirge behandelnd, welche Ge:
gend er durd Begründung eines Gebirgsvereins
mit Erfolg touriftiich weiter erſchloß, der er über:
haupt mit grofer Liebe jeine Kräfte widmet.
Sein 1879 begründetes und von ihm geleitetes
„Mufeum für Geſchichte des Oybin“ ift jeit 1883
im Nitterfaale der Burg Oybin aufgeftellt, zu
defien würdiger Aufftelung König Albert von
Sachſen, Großherzog Alerander von Weimar,
Fürft Johann von Lichtenftein u. U. danfenswerte
Förderung leifteten. In neuefter Zeit jchrieb M.
für mehrere Fachzeitungen auch Beiträge über
Waffenktunde, deren Studium er in Wien unter
Rudolf von Haidinger mit Luſt und Liebe oblag;
auch betraute ihn 1884 der Rat der Stadt Zittau
mit der Aufjtellung des ſtädtiſchen Mufeums, eine
Aufgabe, die er erfolgreich zu löfen verftand.
Mofer, Ernit, geboren den 9. Ja:
nuar 1863 in Königsberg i. Pr., be
414
Moser.
ſuchte die Univerfität feiner Vaterftabt
und mwibmete fih der Journaliſtik und
Schriftitellerei. Er lebt noch jegt in
Königsberg i./Br.
Hauptwerfe: Wir werben Nonne (Schwanf
1882), Frau Clara (Schwanf 1883), In der
————— — — a 1
prüche, Sentenzen, amme un
deuticher — Dichter (1885), —
Weiſen aus dem 12.—17. Jahrh. Text und Über:
tragung (1886), Otto mit dem Bart (Epos von
Konrad von Würzburg), übertragen und mit m
gleitendem mittelhochdeutſchem Text hera
(1887), Mittel⸗, Hoch: und Niederdeutiche
arten und Zungen (1888) herausgegeben.
Mojer, Guſtav v., am 11. Mai 1825
in Spandau als der Sohn eines ah,
geboren, widmete ſich dem Soldaten
für welden Beruf er im Kadett
vorgebildet wurde. Als Yägerl
vermählte er fich mit der Seien
Gutsbefigers in Holzkirch bei Sörlig, m
auf er feinen Dienſt quittierte, um
der Landwirtichaft zu widmen. Er de |
nahm fpäter das Gut feines Schwie
vaters, und dort legte er den Grund
feiner fpäteren Berühmtheit. Gleich ſei
erjten Bühnenftüde waren von größte
Erfolge begleitet. M. ift einer unſer
fruchtbarſten und beliebtejten jiels
dichter geworden. Teils allein, teils m
geiftesverwandten Schriftitellern in Ge
meinſchaft, Liefert M. noch jegt faſt Jahr
für Jahr neue Stüde. Wir heben von
denfelben hervor: —
Wie denken Sie über Rußland? (1861)
foll dein Herr jein (1861), Ein moderner &
(1861), Jedem das Seine (1862), Ein
Gerjon (1863), Eine Frau, die in Paris m
(1866), Kaudels Gardinenpredigten (187 ), Die.
Gouvernante (1872), Splitter — 187:
Bapa hats erlaubt (mit !’Arro 1. bin, ‚878
Aus Liebe zur Kunſt (1873), Ein amerikaniſches
Duell (1874), Sonntagsjäger (mit —8 1876),
Der Schimmel (1877), Krieg im {| riechen Gi " 9
Fr. v. Schönthan, T. din., ——— alte See
(1881), Der Zugvogel (mit * Schön
1881), Unſere frauen (desgl.
lingen (1882), Der R ——— jr fen.
2’Arronge 1883), Das "Stiftungsfeft x. 2
Mofer, Hans Daniel Konrad, wa
am 18, Oftober 1857 als Sohn des® Schr
Mofer.
ftellers und Hiftorifers Otto M. in Leipzig
geboren. Im Haufe der Eltern auferzo-
gen, bejuchte er vom Jahre 1870 ab das
Thomasgymnafium feiner Baterjtadt, wel:
des er abjolvierte, um darauf an der Uni-
verfität Leipzig philologischen Studien ob-
zuliegen. Schon während feiner Gymna—
fialzeit entwidelte fih in dem beanlagten
Yüngling ein ungewöhnlicher Erkenntnis:
drang, der ihn fait allen Wiffens-Gebieten,
bejondersaber ausgebreitetenphilologiichen
Studien zuführte. Auch die Mufif, die
ſchönen Künjte, wie namentlich Malerei
und Kunftgefchichte, zogen ihn an, und als
er ferner mit der Stenogrophie befannt
wurde, ergab er ſich aud) dieſer mit Eifer
und Erfolg, fo daß fein Name in der ſte—
nographilhen Welt befannt und geachtet
415
I
|
1
|
—
Mothes.
ebenſolche der engliſchen Malerei, ſowie ein Werk
Das Schönheitsideal in der Kunſt verfaßt. M.'s
neueftes Werk ift eine etymologiiche Grammatik
des Hochruffiihen. Auf pbilologiihem Gebiet
ift noch die Broihüre M.'s Volapük und Pafilingua,
eine kritiſche Studie über die beiden namhafteſten
Weltſpracheidiome, ſowie Die natürliche Entwides
lung des Menſchengeiſtes im Lichte der Welt:
rache, zu bemerken.
R Mothes, Oskar, geboren am 27. Des
die Redaktion des „Magazin für Lite: |
ratur des Auslands“ eintretend, dem
friftjtelleriichen Berufe zu. Als der Ne
dafteur des „Magazins“, Dr. 5. Hirſch,
im nächſten Jahre nad Berlin überfie-
delte, veränderte auch M., jetzt verhei-
ratet, feinen Mohnort und begab fich auf
Veranlafjung des Gen. mit nad) Berlin,
allein fein leidender Gejundheitszuftand | tor nieder,
machte ihm die Rückkehr nad) Leipzig zur
Pflicht.
Nachdem er völlig geneſen war, nahm er feine
Ihriftftelferiihe Thatigkeit wieder auf und ver:
faßte mannigfache Artifel für Journale und Zeis
tungen, und führte einen Gedanken aus, der ihn
ſchon lange beichäftigt Hatte, die Ausarbeitung von
ien einer Stenograpbie der Mufif, welche
fliehen in den interefjierten Kreiſen machte.
Bald darauf gab er einen Eſſay über Gefchichte
|
}
der Stenographie heraus, dem ſich in der neueſten
Zeit ein zweiter, größerer und von der Fachkritik
ald vorzüglich bezeichneter über dasjelbe Thema
anfhloß, welches indefien erft in gegenwärtiger
von M. in der Bearbeitung einer umfaflenden
| Geſchichte der Stenographie erihöpft
den fol. Faſt zu nleicher Seit mit feinen
Arbeiten begann M. Überfegungen aus der
fi Siteratur zu veröffentlichen; jo Salty:
8 Herren Golomwleff, Gogols Erzählungen,
ne Tagebuch eines Zägers, Michailoffs
te 9 ‚und Doftojewstys Schuld und Sühne.
i ee Gebiet hat er eine illus
n e der ſpaniſchen Malerei und eine
jember 1828 zu Leipzig als der Sohn
eines ſehr angejehenen Advokaten, erhielt
eine treffliche, von Hauslehrern geleitete
Erziehung, bezog 1843 die techniſche An—
jtalt und die Kunftafademie zu Dresden,
zeichnete fi dort aus und rüdte in das
Ütelier des Profeſſors Gottfr. Semper
vor. Nachdem er dann noch als Zimmer:
(ehrling praktiſch fich beichäftigt, konnte
iR Ex. wandte fi, im Jahre 1883 in er bereits 1847—48 den Totalumbau der
Nüdigsdorfer Kirche in gotiihem Stil
jelbftändig leiten. Ende 1848 trat er
ins Militär, mußte aber — als Ar—
tillerieleutnant — feinen Abſchied neh:
men, eines Stehlfopfleidens wegen, und
widmete ſich wieder feinem alten Beruf.
Studien halber bereifte er Italien, Spas
nien und Frankreich und ließ ſich 1852
in Dresden, 1853 in Leipzig als Archi—
1854 verheiratete er ſich
mit Julie Wohlgeh aus Dresden. Zahl
reihe Neubauten und Reſtaurierungen
tragen feinen Namen und legen von M.’s
Kunft Zeugnis ab, z.B. Schloß Wiefen-
burg bei Brandenburg, Marienkirche in
Zwidau, Schloß Huttenburg bei Meißen,
engl. Kirchen zu Karlsbad und Leipzig,
Matthäi⸗Kirche dafelbit, Schloß Schön:
feld bei Greiz ꝛc. Von den verdienjt-
vollen Schriften M's heben wir hervor:
Geſchichte der Baukunſt und Bildhauerei Ve—
nedigs (1856—58), für welches Werk dem Ver—
faſſer viele Auszeichnungen zuteil wurden. Ferner:
Illuſtr. deutſches Baulexikon (1858, 4. Aufl.
1878), Illuſtr. archäologiſches Wörterbuch für
bildende Kunſt des Mittelalters und deutſchen
Altertums (in Gemeinſchaft mit Alex. Müller,
1870— 72), Die Baſilikenform bei den Chriſten
dereriten 5 Jabrh., zugl. Doktordiſſertat. in Yeipzig.
1864, 2. Aufl. 1874). Yon 1872—78 war M,
Redakteur der „SZeitichrift für praftiihe Baus
kunſt“. Ferner: Technisches Wörterbuch (deutich,
"Moos Rouski, Haxamdır, sau: Tr®
Müller.
franz. und engl., 1873— 76), Die Baukunſt Ita:
liens im Mittelalter (1884), Das evang. Kirchen:
gebäude (mit V. Schulte und Th. Prüf. 1886).
Außerdem zahlreiche Beiträge in Zeitſchriften.
Namentlich die Werke über Venedig und
über die mittelalterliche Baufunft Staliens |
find als Ergebnifje völlig jelbjtändiger tief
eingehender Forſchung als geradezu epoche⸗
machend anerkannt worden.
Müller, Adolf, wurde am 16. Ya:
nuar 1821 zu Friedberg in der Wetterau
als der Sohn eines Rektors geboren. Er
befuchte das Gymnafium zu Darmitadt,
nad) deilen Abfolvierung er die Univer:
fität Gießen bezog, um Forſt- und Natur:
wiffenfhaften zu ftudieren. Nach voll:
endeten Studien durdjlief er alsdann alle
Grade bis zum Oberförfter, als welcher
er noch jetzt in Krofdorf bei Gießen lebt.
Teils allein, teil$ mit feinem Bruder
Karl veröffentlichte er eine Reihe von
fehr verdienjtlihen zoologiihen Werfen.
Daneben iſt er ein beliebter Mitarbeiter
vieler Zeitichriften. Außerdem it M.
aud als poetifcher und Bühnen-Schrift-
fteller hervorgetreten.
Hauptwerfe: Die Gebrüder Haas im Jahre
1848 (PB. 1853). Die legten Tage von Pompeji
(Op. 1855), Die Griesgrämigen (LZuftip. 1855),
Alera (Nov. 1856), Das Reich der Finken (1866),
Des Königs Wandlung (1866), Charakterzeich—
nungen der deutichen Singvögel (1866), Woh—
nungen in der Tierwelt (1866), Gefangenleben
a Singvögel (1871), Die einheimischen
Säugetiere und Vögel (1873), Unſere nützlichſten
Säugetiere (1876), Tiere der Heimat (1882, 2.
Auflage mit folorierten Bildern 1888), Doftor
Fauſt's Ende (Trag. 1887).
Müller, Albert, wurde geboren am
14. September 1831 zu Ringelheim, be—
fuchte von 1839 — 49 das Lyceum zu Han
nover, wohin, jein Vater 1832 als Pre—
diger zu St. Agidit berufen war, und jtu-
dierte von 1849—53 zu Göttingen Phi:
lologie. Nahdem er von 1853—56 am
Johanneum in Lüneburg eine willenichaft:
liche Hilfslehrerftelle bekleidet hatte, wurde
er am Lyceum zu Hannover ordentlicher
Gymnaſiallehrer, blieb an diefer Anitalt
bis 1867 und wirkte darauf 3 Jahre als
416
Müller.
Konreftor am Gymnafium zu Hameln.
1870 wurde er Direktor des kgl. Gyms
nafiums zu Ploen und fiedelte 1874 in
gleiher Eigenihaft an das köngl. Gym⸗
naftum zu Flensburg über.
Erichienen find von ihm, abgefehen von zahl:
reichen Rezenfionen im „Philologiſchen Anzeiger“
und einigen Heineren Auffägen in Fachzeitſchrif⸗
ten, folgende Schriften: Die ſeeniſche Einrichtung
in Nriftophanes’ Acharnern (1856), Sceniſche
Tragen zu Euripides’ Alceſtis (1860), Das Cin-
gulum militiae (1873), David Toflanus’ Leben
und Wirken (1882). Ferner Jahresberichte über
fcenifche Altertümer im Philologus, über römiſche
Kriegsaltertümer daf., die Artikel: Feitungsfrieg
und Gelhügmelen, ſowie Toga und Waffen (in
Baumeifterd Dentmälern des Haffiihen Alters
tums), im Philologus: Die Rangordnung und
dad WUvancement der Centurionen, Ablommans
dierte Genturionen, Sepulcralmonumente römiſcher
Krieger; endlich Ariſtophanes' Acharner mit kri—
tiihen und eregetiihen Anmerkungen (1863),
Lehrbuch der griehiihen Bühnenaltertümer (als
Teil des griehiihen Altertumswertes von K. F.
Hermann, 1886) und Die Ausrüftung und Bes
waffnung des römischen Heeres in der Kaijerzeit,
als Erklärung einer Sammlung von 14 von Ernft
du Bois nah den Angaben des Berfafjers ent+
mworfenen und gravierten Modellfiguren römifcher
Krieger (1872). Als Schulbuch gab er heraus
F. Blecke's Elementarbuch der lateiniſchen Sprache
(8. Aufl. 1887).
Müller, Alph., fiehe Alph. Levy.
Miller, David Heinrich, geboren zu
Buczacz am 6. Juli 1846 als der ältelte
Sohn des Buchhändlers Albert M. Urs:
Iprünglich bejtimmt, den Beruf des Bas
ters zu wählen, entſchloß er ſich jpäter,
die Gelehrtenlaufbahn zu betreten. Nah
Abjolvierung des Gymnafiums bezog er
die Univerfität Wien im Jahre 1869, wo
er anfänglich germaniftiiche und hiſtoriſche
Studien trieb, wendete fi aber bald dem
Studium der orient. Spraden zu. Er be:
ſuchte alsdann die Univerfitäten Leipzig,
Straßburg und Berlin und habilitierte
fih 1876 an der Wiener Univerfität für
ſemitiſche Sprachen. Noch im felben Jahre
befuchte er London, wo er im Britijh-
Mufeum längere Zeit arbeitete, im nädjt-
folgenden Konftantinopel, wo er in den
Bibliotheken der Moſcheen verichiedene
Mueller.
—“
Handſchriften kopierte und kollationierte.
Im Jahre 1880 wurde er zum außer—
orbentl., im Jahre 1885 zum ord. Pro⸗
fefior defielben Faches ernannt.
Seine Arbeiten bewegen fich hauptſächlich auf
dem Gebiete der jem. Epigraphif und Spradfor:
fhung, aud auf keilſchriftlichem Gebiet, er hat
ſich aber aud) als Editor arab. Werke jehr ver:
dient gemadt. Auf feine Anregung baben zwei
öfterr. Forichungsreifende, Siegfr. Langer und
Eduard Glafer, Forihungsreiien in Südarabien
mit beitem Erfolg unternommen. Hauptwerfe:
Südarabiihe Studien (1877), Bericht über die
Ergebnifie einer Reife nach Konftantinopel (1878),
417
Müler.
der klaſſiſchen Philologie zum Gegenftande feiner
Studien gemadt. Endlich wurde er dur Stel-
lung und Neigung veranlaßt, mehrere Hilfsbücher
zu verfafien. Seinen Ruf in der gelehrten Welt
begründete das längft vergriffene Wert de re
metrica poetarum Latinorum (1861). Bon
diefem erſchien 1878 ein Auszug. Im Jahre 1879
publizierte er ruffiih, 1880 deutſch ein vorzügs
lihes Handbuch der griehilhen und römischen
Metrik, welches auch ins Franzöfiihe, Italieniſche
und Holländifche übertragen ilt. Im Jahre 1885
fam heraus die Schrift: Der faturnifche Vers und
feine Denkmäler. Von feinen Tertausgaben find
zu erwähnen: die Ausgaben des Phardrus (1867),
Horaz (1869, 1879, 1885), der lateinischen Ele:
Burgen und Schlöffer Südarabiens (1879—81), | giter (1870), des Rutilius Namatianus (1870);
Sabaifhe Denkmäler (1883), Sabaifche Inichrif: | beionders hervorzuheben: die Bearbeitungen des
ten (1883), Zur vergleichenden femitiihen Sprach: | Lucilius (1872), des Phaedrus mit metrifcher
forfhung (1884), außerdem zahlreiche Aufläge in | Reftitution der nur in profaifcher Baraphrafe er-
Fachzeitichriften, bei. in der „Zeitichrift der D. | haltenen Fabeln (1877), des Porfyrius Optatia-
M.G.“ Ausgaben: Al Hamdäni’s Geographie |nus (1877), des Ennius (1885), der drama
der arabiſchen Halbinfel nad der Hſſ. von Ber | tiichen Fragmente des Livius und Naevius (1885).
lin, Konftantinopel, London, Paris und Straß: | Im Gebiet der Literaturgefchichte find bier zu er-
burg, Asma'i’s kitäb al-fark, 1 Band der Ans | wähnen: die Biographien des Lucilius (1875),
nalen des Tabari, außerdem Beiträge zu Gele: | Horaz (ruffiich, —9 erweitert in deutſcher
nius hebr. Wörterbuch (10. Aufl.) Mitheraus- Sprache, 1880). des Ennius (1883). Die des
geber der „Wiener Zeitſchrift für die Kunde des Horaz wird gegenwärtig in das Franzöſiſche, reſp.
Morgenlandes“. Auf keilſchriftlichem Gebiete: Italieniſche übertragen. Noch verdient hier be—
Die Inſchrift von Aſchrat-Darga. | fondere Erwähnung die Schrift de Phaedri et
Aviani fabulis (1875), die der Gefchichte und Me-
Mueller, Eduard Friedrich Hermann | tbodologie der Philologie dienenden Werte: Ge:
Lucian, geb. in Merfeburg am 17. März Nihte der klaſſiſchen Philologie in den Nieder:
836, befucht 1846—54 das I - | landen mit dem Anhang: Über die lateinifche
18 ‚ beiudte von — as Ioa- Verſifikation der Niederländer (1867) und F.
chimsthalſche Gymnaſium in Berlin, bil⸗ Ritſchl, Eine wiſſenſchaftliche Biographie (2. Aufi.
dete ſich dann weiter auf den Univerſitä⸗ 1878). Unter den Hilfsbüchern verdient Erwäh—
ten Berlin und Halle. In Berlin wirkten | "118: el . ag ee Aus:
Böckh und Haupt, in Halle Bernharby | De PT sen nen, vorad; Terner, Das Dumma-
‘ B e i rinm ÖOrthographiae et Prosodiae Latinae.
vorzüglicy auf ihn ein. In Berlin pro | Außerdem hat 2. M. zahlreihe Aufläge und
movierte er 1861. Zu Dftern 1862 ver:
ließ er Deutichland und brachte 5 Jahre
in Holland zu. Im Jahre 1867 habilis
tierte er fih in Bonn.
als ordentlicher Profeſſor der lateiniichen
Sprade und Literatur an das im Jahre
1867 gegründete hiftoriich = philologiiche
Snftitut zu St. Petersburg berufen. In
Anerkennung feiner hohen Berdienfte wurde
M. zum kaiſ. ruffiihen W. Staatsrat er-
nannt und ihm mehrere hohe Orden ver:
lieben,
Die wiſſenſchaftliche Thätigfeit M.'s ift haupt:
ſächlich der antiten Metrif, der Grammatik und
tif der lateiniſchen Autoren, endlich der
römiſchen Literaturgeichichte gewidmet. Außer:
dem hat er die Geichichte und Methodologie
Das literariihe Deutſchland.
1870 ward er
Rezenfionen, zum Teil populären Inhalts, publi«
ziert. Zur Stunde ift er mit der längit mit
Spannung erwarteten Ausgabe des für vorflal:
ſiſche Latinität äußerft wichtigen Grammatifers
Nonius Marcellus beichäftigt.
Müller, Ewald, geb. am 21. Januar
‚1862 zu Drebfau bei Kottbus als der
Sohn eines Nentners, erhielt dafelbit in
‚der öffentl. Schule und feit 1871 durch
den Privatunterricht des Ortsgeijtlichen
feine Vorbildung für das Gymnafium zu
' Kottbus, das er von 1874—77 beſuchte.
‚Ertrat 1878 in die Präparandenanjtalt zu
Alt-Döbern und ein Jahr jpäter in das
‚dortige Lehrerſeminar ein, das er 1882
abjolvierte. Seitdem wirkt er als Lehrer
in Kottbus.
27
Müller,
Bon ihm erfchien 184: Frühlingsblüten (Ged.),
1887: Berhaltene Gluten (Ged.).
Müller, Friedrich, wurde am5. März
1834 in Jemnik (Böhmen) geboren, ftu:
dbierte 1853 —57 an der Wiener Uni:
verfität klaſſiſche Philologie und orienta-
lifhe Spraden und wurde 1858 als Bi:
bliothefar an der Univerfität zu Wien
angeftellt, welche Stellung er mit einer
gleihen an ber Hofbibliothef vertaufchte.
Diefe gab er 1884 wegen geihmwädhter
Sehfraft auf. 1860 habilitierte er ſich
als Privatdozent für vergleihende Sprach⸗
wiflenfhaf und wurde 1866 zum außer:
ordentl., 1869 zum ord. Profeſſor er:
nonnt. Im felben Jahre ermwählte ihn
die kaiſ. Akademie der Wifjenihaft zum
Mitglied.
Bon feinen, um die Spradforfhung hodjver:
dienten felbft. Werten heben wir bevor: Der
Iinguiftiihe und der ethnographiſche Teil der
Reife der öfterr. Fregatte Novara (1867 und
1868), Allgemeine Ethnographie (1873), Grund»
riß der Sprachwiſſenſchaft (1876—88).
Miller, Friedrih Mar, wurde am
6. Dezember 1823 in Deſſau geboren.
Schon frühzeitig zeigte der Knabe, der
im 4. Lebensjahre feinen Vater, den Dichter
Wilhelm Müller, verloren hatte, Spuren
von Talent. Er bejuchte zuerft die Schule
in Defiau, danach die Nikolaiſchule in
Leipzig. Im Jahre 1841 bezog er bie
Univerfität Leipzig und widmete ſich dort
unter Hermann, Haupt und Brodhaus
ber klaſſiſchen und vergleichenden Philo—
logie, fowie bejonders dem Stubium der
arabiſchen und hebräifchen Sprachen, und
des Gansfrit. 1844 ließ der junge Ge:
lehrte fein Erftlingswerf erfcheinen, Hitö-
padesa, eine beutjche UÜberfegung aus
dem Sanskrit einer altindiſchen Fabel-
fammlung. Im felben Jahre überfiedelte
Mar M. von Leipzig nad) Berlin; dort
gehörte er bald zu den eifrigiten Schü:
lern von Bopp, NRüdert, Alex von Hum:
boldt, Schelling und Bödh. 1845 begab
fih Di. zur weiteren Fortſetzung feiner
Studien nah Paris. Dort bejudhte er
die Vorlefungen von Eugene Burnouf,
418
— Müller.
dem berühmteſten aller Sanskrit⸗Gelehr⸗
ten, der bald ſein wärmſter Freund und
Beſchützer wurde. Burnouf war es, der
zuerſt die beſondere Begabung Müllers
für Sanskrit anerkannte und denſelben
aufforderte, an ein Werk zu gehen,
welches dann das magnum opus des
deutſchen Gelehrten wurde. Um jene Zeit
exiſtierte nämlich noch keine Geſammtaus—
gabe bes Rig-Veda ſammt Kommentaren.
Burnouf bewog Max Müller, fi der
Aufgabe zu unterziehen, an welche fich
bisher noch Fein Gelehrter herangemagt
hatte. Es waren wohl einzelne Bruch—
ftüde bes Rig-Veda erfchienen, allein
nicht die Kommentare und nicht die Hym—⸗
nen felbft. Zwecks Manuffriptvergleihung
und um Stoff für feine kritiſche Arbeit
zu finden, ging M. nad) England, ftus
dierte in den Archiven der Dftindifchen
Kompagnie und in den Bibliotheken zu
Orford, und erreichte die Herausgabe
des „Rig-Veda“ endlich, durch die uner—
mübdlichen Beftrebungen feines teilnehmen:
den Freundes des Preußiſchen Geſandten
Bunfen, bei der East India Company,
die die Fonds für den Drud der Müller:
Ihen Ausgabe der Heiligen Hymnen der
Brahmanen und deren Kommentare bemilligte.
Gerade 25 Jahre mwährte die Veröf—
fentlihung des großen Werkes. Bald
nad) dem Erfceinen des I. Bandes des
„Rig-Veda“ (1849) folgte M. einem Ruf
der Univerfität Orford, um daſelbſt Vor:
lefungen über vergleihende Philologie zu
halten, zuerft als Stellvertreter von Pro—
feſſor Trithen, nad) defien Tode (1854)
als ordentliher Profeſſor diefes Lehr:
fahes. Im Jahre 1875, nad) 25jähriger
Wirkſamkeit legte M. feine Profefforen-
jtelle in Oxford nieder, da er beabſich—
tigte, nad) Deutſchland zurüdzufehren, um
ganz jeiner literariſchen Thätigfeit zu
leben. Seine Abfiht kam jedoch nicht
zur Ausführung. Die Univerfität Orford
betraute ihn mit der Herausgabe der
„Heiligen Bücher des Oſtens“ und Dar
ıM. kehrte auf feinen Lehrftuhl zurüd und
Müller.
419
Müller.
fieft noch jegt auch in London über ver: | über Menſuralmuſik (1886); von allge Ar:
leihende Philologie, über Sanskrit zc.
8 Jahre 1872 hielt er eine Reihe von
Vorleſungen an der Univerſität Straß-
burg. Reiche Ehrenbezeugungen lohnten
M. Er ift Mitglied faft aller gelehrter
Körperichaften. Bon feinen zahlreichen
felbftändigen Werfen, die feinen Namen
zueinemder glänzenbiten in der Gelehrten:
welt gemacht haben, find hervorzuheben:
Die Herausgabe des Rig-Beba, Chips from a
workshop, Die deutſchen Klaffiter vom
2-19. Jahrhundert, Gefchichte der alten Sans:
frit-Literatur, Baſedow, Deutiche Liebe (Erz. 7.
Aufl.), Katalog des Buddhiftiichen Tripitaa.
Müller, Hans Emil Felir, Sohn des
rheinischen Dichters Wolfgang Müller von
Königswinter, geboren 18. September
1854 zu Köln a. Rh., beſuchte die Gym-
nafien in Köln und Wiesbaden, wurde
im Jahre 1873 von einem Zungenübel
befallen, das ihn fait 3 Jahre hindurch
zum Beſuch von Kurorten in der Schweiz
und Stalien zwang. Bolljtändig wieder:
bergejtellt, widmete er fi auf den Uni-
verfitäten Leipzig und Bonn philofophifchen
und kunſigeſchichtlichen Studien, promo-
vierte in Leipzig „cum egregia laude“
Dr. phil. und veröffentlichte ver-
Ühiebene biftorifche, kunſthiſtoriſche und
poetijche BER Pick 8* g Fe 5
Frankfurt a. M. nieder, verjah die Kunft-
tritif in der „Frankfurter Preſſe“, gab
eine Wochenfchrift für Städtewejen „Die
Stadt” heraus und begann, ſich mit mu-
ſilwiſſenſchaftlichen Studien, befonders des
Mittelalters, zu befaſſen, zu deren gründ⸗
licher Behandlung er mehrfach größere
Reifen dur Deutſchland, Italien, Frank⸗
reich, Belgien und die Schweiz unternahm.
1885 war er eine Zeit lang an ber
Großherzogl. Hof: und Landesbibliothef
in Karlsruhe angeftellt und wurde im
Jahre in die mufifalifche Abteilung
Engl. ——— zu Bern berufen.
a en, re Die Runtſo u
tigen en ne Die Fr en
v. s (1888), Hucbalds echte und unechte
chriften über Muſit (1884), Eine Abhandlung
beiten jeien u. a. erwähnt: Davos in geſchichtl.
kulturgeſchichtl. und landſchaftl. Beziehung (1875),
Betrachtungen über das Studium der Kunſtwiſſen⸗
haft (1878), Lieder in Luft und Leid (1873),
Armins Tod (Dram. 1878), Der König fchläft
(Zuftfp. 1887). M. fchreibt auch vielfach für Zeit.
Schriften. —— befannt wurden feine Briefe
über die Jubelfeier der afadem. Runftausftellung
Berlin 1886 in der Münchener „Allgem. Zeis
ung .
Müller, Hermann Alerander, geboren
14. Februar 1814 zu Bremen, befuchte
feit 1827 die dortige Gelehrtenjchule. Um
Philologie zu jtudieren, bezog er 1832
die Univerfität Bonn, wo Welder, Näte,
Heinrich, Chr. Aug. Brandis und A. W.
Schlegel feine Lehrer wurden. Bon 1834
an jegte er feine Studien in Berlin unter
Boeckh, Raumer, Ranke, Steffens, Gabler,
Micelet und Erbmann fort und begann,
fih insbefondere dem Studium der an:
tifen Kunft unter Ebd. Gerhard zu wid⸗
men. Um Fr. Thierſch zu hören, ging
er 1836 nah Münden. Auf Grund
feiner Differtation „Panathenaica” wurde
er 1836 zum Doktor promoviert. Durch
dieje Studien aud im Franzöfiichen und
Engliihen gefördert, erhielt er 1837 die
Stelle eines Lehrers der neueren Spra-
hen in Rinteln. Auf Grund des noch
in demjelben Jahre in Kafjel gemachten
praftiichen Zehrereramens wurde er zum
Hilfslehrer ernannt, 1838 an das Gym»
nafium in Kaſſel verſetzt und 1839 zum
ordentlichen Lehrer, jowie bald nachher
zum Mitglied der Prüfungskommiſſion für
die Lehrer an den Realtcjulen ernannt.
1842 an das Oymnafium in Fulda vers
jegt, befuchte er 1844 von dort aus Paris
und folgte 1846 einem an ihm ergan-
genen Rufe an die Hauptichule zu Bre—
men. 1847 trat er dies Lehramt an und
befleidete e8, vorzugsweile am Gymna⸗
fium thätig, bis 1879, da er auf fein
Anfuchen in den Ruheſtand verjegt wurde.
In Fulda jchrieb er 1842 eine franzöfiihe Gram⸗
matit für Gymnaſien (5. Aufl.) und ein franz.
Lehrbuch für Gymnaſien; in Bremen: Beiträge
zur franzöftihen Syntar (1849) eine Ausgabe
von Delavignes „Louis XL.“ und „les Enfants
27*
Müller.
d’Edouard“ mit franzöi. Kommentar (1844).
Später wandte er ſich mehr dem Studium der
bildenden Künſte zu, machte deshalb 1851 eine
Reiſe nach Oberitalien, 1856 nad Dresden und
Wien, 1857 über Paris und das Tüdliche Frank:
reich nad) Rom umd Neapel, befuchte 1862 und
1867 die Weltausftellungen in Yondon und in
Paris, bereifte 1864 Belgien, und 1871 vorzugs:
weile die Heineren ftunftreihen Städte Italiens.
Die Früchte diefer und anderer Reifen in Deutſch—
land waren einerjeits zahlreiche Artikel in deut:
ichen Zeitichriften, insbej. in den „Dioskuren“,
andererjeits eine „Karte der mittelalterlichen Kir:
chengebäude Deutſchlands“ mit Tert (1856), fo»
wie die Schrift: Der Dom zu Bremen und jeine
Kunftdenfmale (1861), die Bearbeitung der übri-
gen Kirchen Bremens im „Organe für chriftliche
Kunſt“ und in den „Mitteilungen der öſterreich.
Gentraltommilfion für die Baudenkmale“, ferner
„Die Mufeen und Kunſtwerke Deutichlands“ (1857
und 1858), Feine Abhandlungen über Bilder:
bandichriften der Bremer Stadtbibliothef, Die
Huinen des Kloſters Hude im Großherzogtum
Didenburg (1867), das in Gemeinichaft mit Bau-
rat DO. Mothes verfahte „Illuſtrierte Wörterbuch
der Künfte des germaniichen Witertums, des | f
Mittelalterd und der Nenaiffance” (1877 — 78),
Biographiiches Künſtler⸗Lerilon der Gegenwart
(1881), Lexikon der bildenden Künfte (1883) und
zahlreihe Kunftartifel in Spamers und Meyers
Konv.Lerifon, ſowie 1876 ein Gedenkbuch der
freien Hanſeſtadt Bremen für das Pierteljahr:
hundert 1851 — 75.
Müller, Johannes, geboren den 13.
Auguft 1846 zu Grimma, befuchte 1858
bis 1864 die dortige fol. Landesſchule,
an welder fein Vater als Brofeflor
(ipäter Konrektor) wirkte, unter dem Ref:
torate Eduard Wunder's. In Leipzig
widmete er fich hierauf dem Studium der
Theologie und Philoſophie unter befon=
derer Anregung durch die Profefloren
DDr. Luthardt, Deligih, Kahnis, Dro-
biich, feines Ontels E. von Tifchendorf
und des Paſtors zu Nikolai, Dr. Ahlfeld.
Nachdem er dann mehrere Jahre als Haus:
lehrer in den Familien des Grafen Schwe—
rin in Wolfshagen (Udermarf) und des
NittergutsbefigersR. Himburg in Schride:
Rogätz (bei Magdeburg) und als Mit:
glied des Predigerfollegs zu St. Pauli
in Leipzig thätig geweſen war, berief ihn
1871 das fol. ſächſ. Unterrichtsminiftes
rium als Oberlehrer an das Schullehrer—
420
Müller.
feminar zu Annaberg, und von da 1873
als Oberlehrer an das Seminar zu Plauen
i. Vogtl. 1878 wurde er vom kgl. Mi⸗
nifterium zum Mitglied der Kommilfion
fürdie Wahlfähigfeits-Prüfung (der Volls⸗
Ichullehrer) am Seminar Plauen ernannt.
1879 wählte ihn der Altertumsverein zu
‚Plauen zu feinem Vorfigenden; 1882
promovierte er auf rund feiner „Quellen-
Ihriften und Geſchichte des deutſchſprach⸗
lihen Unterrichts” bei der Univerfität
Leipzig in absentia zum Dr. phil. 1883
‚wurde er in den Stabtgemeinderat
Plauen gewählt. Von 1885—87 wi
er als 1. Oberlehrer am Fürſtlich Schön-
burgihen Seminar zu Waldenburg in
Sachſen, wohin ihn auf Präfentation des
ürften Otto Friedrich von Schönburg
aldenburg das königl. Unterrichtsm
niſterium berufen hatte. Im Jahre 1888
olgte er einem Rufe als Direktor des
landftänbifchen Seminars zu Baugen.
In Plauen, beziehentl. Waldenburg, außer
verjdiedenen Artikeln im Anzeiger für Kunde
der deutichen Vorzeit, in Kehrs pädagog. Blättern
für Zehrerbildung 2c., die folgenden verdienſtvollen
Schriften verfaßt worden, worin zum Xeil bie
Ergebniffe der jeit 1877 alljährlich unternommer
nen Studienreifen nad) deutichen,
und jchweizeriichen Bibliothefen und ——— ver⸗
Methodik, 1882), Herzog Enſe des
Spezial: und jonderbarer Bericht v. 1
— n (1883), * und =
Schulordn en un Iverträge Deut!
und hieberländifcher * 1. und 2.
1296— 1523 (1885—1886), Mitteilungen i
Altertumsvereins zu Plauen (1880, 1882-85,
1887). |
Müller, Karl (Otfrid Mylius), wurde
in Stuttgart am 8. Februar 1819 geboren.
Er befuchte das Gymnaſium dajelbft und
erlernte die Buchdruckerkunſt. Eifriges
Selbjtudium in jeder freien Stunde er:
möglichte es ihm endlich, an der Univer—
‚fität Tübingen feine mühjam errungene
—
Müller,
421
Müller.
Bildung durch humaniſtiſche Studien zu ſich M, mit Guftava Frige aus Bremen,
vervolljtändigen. Zwei Jahre darauf über: | verlor jeine Gattin aber bereits nad) faum
nahmerdie Redaktion der „Erheiterungen“, | zweijährigem Glück. Um fich zu zeritreuen,
einer ſ. 3. jehr verbreiteten Zeitfchrift. Er | ging M. nun für längere Zeit nad) Bremen
gehörte derjelben bis zum Jahre 1868 an
und entwidelte in diefem langen Zeitraum
eine ungemein fruchtbare fchriftitellerifche
Thätigfeit,verfaßte Erzählungen, Novellen,
Romane, die zunächſt in den Spalten feines
Blattes unter verichiedenen Pſeudonymen
ihren Weg indie Offentlichkeit und ein dank⸗
bares Publitum fanden. Seit dem Jahre
1868 in der Redaktion der H. Schön:
leinſchen Zeitichriften in Stuttgart thätig,
übernahm er 1884 die Nedaftion des
„Auslandes“.
Des Lebens Wandlungen (Rom. 1854), Anfichten
der Natur aus allen Neihen und Zonen (1856),
Dunkle Wege (Erz. 1856), Vier finnige Erzählungen
(1860), Gravenet (hift. Rom. 1861), Ausge:
wählte Erzählungen (1863), Neue Pariſer My:
fterien (Rom. 1864), Neue Londoner Myjfterien
(Rom. 1865), Die weiße Frau (Rom. 1866),
Die Irre von Eſchenau (Rom. 1868), Das Teita-
ment von St. Helena (Rom. 1869— 74), Illu⸗
ftrierte Gefchichte des Krieges (1870-71), Aus:
gewählte Novellen (1873), Der Menich dentt,
Gott Ienft (Rom. 1874), Ein verlomer Sohn
(Rom. ek Spbigenie (Nom. 1875), Für
Frauenhand (Erz. und Nov. 1875), Jlluftrierte
Geſchichte der Vereinigten Staaten (1877), Am
i Grabe (1877), Am Hofe der nordiichen
is (Rom. 1878), Die Indianer der nord»
weſtl. Brairien (1881), Bienemanns Erben (Rom.
1882), Roien und Dornen (Nov. 1882), Humbug
1884), Die rote Gräfin (Rom. 1884), Amor im
(Rom. 1885), Der Shafeipeare-Myihus
(1885). und etwa 100 Bolfs- und Jugendichriften.
"Müller, Otto, wurde am 1. Juni
1816 zu Schotten in Oberhefien geboren.
Er bejuchte die Gymnafien zu Büdingen
und Darmitadt, ftudierte darauf Kameral⸗
w ah gab diejes Eur ie
auf und nahm, zwanzigjährig, die Stelle
eines Bibliothefars an der Sofbibfiothet
in Darmftadt an. Im Jahre 1843 jchied
er aus der ihm lieb gewordenen Stellung
u ) übernahm die Redaktion eines. belle:
teiftiichen Blattes, des „Frankfurter Kon-
verjationsblattes“. Fünf Jahre ſpäter
er in die Redaktion des „Mannheimer
rnals“. Im Jahre 1850 verheiratete
zu feinen Schwiegereltern. Erſt 1854
nahm er feine journaliftiiche Thätigfeit
wieder auf, und zwar als Redakteur. der
von ihm mitbegründeten Zeitichrift „Frank
furter Diufeum“, welche: Stellung er je
doch 1856 niederlegte, um nad) Stuttgart
überzufiedeln, wo er fich durch Verehe—⸗
lihung mit der Schweiter feiner verftor-
benen Frau ein neues glüdliches Heim
ſchuf. Dort lebt M. noch jept als einer
unjerer fruchtbarften und angeſehenſten
Romanſchriftſteller. Bon feinen eigens
artigen, meifterhaft aufgebauten Werfen
heben wir hervor:
Marlom (2. Aufl, 1848), Petrus von Vinea
(1846), Georg Volker (1851), Der Tannenihüg
(4. Aufl. 1852), Charlotte Adermann (2. Aufl.
1854), Der Stadtſchultheiß von Frankfurt (3.
Aufl. 1855), Der Klofterhof (1859), Roderich
(3. Aufl. 1860), Aus Petrarfas alten Tagen
(1862), Edhoff und feine Schüler (1863), Die
Liebe im Grabe (1865), Der Wildpfarrer (1866),
Erzählungen (1868), Der Profeſſor von Heidel-
berg (1870), Der Fall von Konftanz (1872), Der
Majoratsherr (1875), Diadem und Maske (2,
Aufl. 1875), Der Poftgraf (1876), Münchaufen
im Vogeläberg (1876), Monifa (1877), Schatten
auf Höhen (2. Aufl. 1881), Altar und Kerfer
(1884).
Müller, Wilhelm, wurde am 2. Der
zember 1820 zu Giengen in Württem-
berg geboren, widmete ſich ausgedehnten
Studien, umfafjend Theologie, Philofophie
und Philologie zu Tübingen, wirkte: als
Lehrer in der Schweiz (Trogen) und als
DOberlehrer in Weinsberg. 1863 wurde
er Profeſſor am Tübinger Gumnafium
und trat nach zwanzigjähriger Thätigfeit
in den Ruheſtand. M. lieferte eine Reihe
vorzüglicher Geſchichtswerke. Beſonders
hervorzuheben: Leitfaden für den Unterricht in
der Geſchichte (1860, 13. Aufl. 1885), Politiſche
Geſchichte der Gegenwart (1867—86, 20 Boe.),
Politiſche Geſchichte der neueren Zeit (1867, 3.
Aufl. 1875), Iluſtrierte Gefchichte des deutfch-
franz. Krieges (1871), Kaiſer Wilhelm (3. Aufl.
1877), Graf Moltte (2. Aufl. 1880; ſiehe diefen),
Fürft Bismard (2. Aufl. 1885), Deutihe Ges
Müller.
ſchichte (1880), Europätfche Gefchichte und Politik
(1871—82), Hiftorifhe Frauen (2. Aufl. 1882);
M. gab auch eine neue Bearbeitung von Beders
Meltgeihichte heraus (1884—86).
Miller, Wilibald, wurde im Dorfe
Wildſchütz am 9. März 1845 geboren.
Nah Abjolvierung der Dorfihule wurde
M. in das Piariftenfollegium nad) Weiß-
waſſer zur Abfolvierung der fogenannten
vierten Klaſſe und dann mit einer jähr:
lihen Unterftügung der Baronefie Anna
Stillfried ans Gymnafium nad) Troppau
geihidt. M. follte Theologie ftudieren.
Da er fi aber nad) abfolvierter Oftava
dagegen fträubte, kam e8 zwilchen ihm und
feinen Wohlthäternzum Bruce. M. mußte
nadjgeben und trat 1864 als Kandidat
der Theologie ins Olmützer fürjterzbiichöf-
liche Alumnat, das er jedoch mit Schluß
des Schuljahres verließ, da es ihm un:
möglich war, fid) mit der fatholifchen Dog⸗
matif auseinanderzufegen. Er bejog 1865
die Univerfität in Wien, wo er fih an
der philofophiihen Fakultät injfribieren
ließ, jedoch neben Aihbadh, Zimmermann
und Kner auch die berühmten Mediziner
Hyrtl und Brüde hörte. Später begab
er fi) nad) Prag, wo er die Vorlefungen
der Profeſſoren Gindely, Höfler und Vie
befuchte, gleichzeitig aber auch als Hof:
meifter im Haufe des Generals der Ka—
vallerie Baron Koller fungierte. Nachdem
M. noch mehrere Jahre als Lehrer und
Hofmeifter in Verwendung geftanden hatte,
in erfterer Eigenſchaft auch längere Zeit
im Haufe der Erzherzogin Maria The
refia, begab er fi 1871 nad Konftan-
tinopel und weilte dort zwei Jahre als
Hauslehrer. Da er innerhalb diejer Zeit
vielfach) als Journalift und Korreipondent
von Wiener Blättern thätig war, fo kehrte
er 1873 mit der Abfiht nad Wien zus
rück, fid) gänzlich der Journaliſtik zu wid—
men. Da aber mit Rückſicht auf die Er-
eignifje des Jahres 1873 an ein Unter:
fommen als Journalift in Wien jo leicht
nicht zu denfen war, nahm M. einen Ruf
als Redakteur der „Neuen Zeit” nad) DI-
422
Müller-Buttenbrunn.
müß an. 1879 wurde er zum Sfriptor
der Olmützer Stubdienbibliothef ernannt.
Von M.’s verdienftvollen Schriften heben
wir hervor: Das romantifhe Mähren. Eine
Sammlung vaterländiiher Sagenftoffe (1882),
Geihichte der königl. Hauptitadt Olmütz (1882),
Joſef v. Sonnenfels. Biographiſche Studie zur Ges
ſchichte der Aufklärung in Ofterreich (1882), Ger«
hard van Smwieten. Biographiſcher Beitrag zur
Geſchichte der Aufklärung in Ofterreich (1883), Füb-
rer durch die maſchl. Sudeten (1885), Führer an
der m.:{chl. Zentralbahn (1885).
Müller -Guttenbrunn, Adam,
wurde am 22. Dftober 1852 in Gutten-
brunn im Temeſcher Banat geboren. Er
befuchte die Volksſchule und das Piariften-
Gymnafium in Temesvar und vollendete
feine Studien in Hermannftadt (Sieben-
bürgen) und Wien, wo er 1874 in Staats-
dienfte trat. Er lebte als Beamter von
1874 bis Ende 1879 in Linz (Ober:
öfterreich), und feit 1880 ift er in Wien
jeßhaft, wo er ſeit einem Jahre die Stel-
lung eines Feuilleton-Redafteurs und
Theater-Kritifers an der „Deutichen Zei-
tung“ befleidet.
M.G. ift literarifch thätig ald Dramatiker und
Novellift, er jchrieb den vorzüglich beurteilten Ro»
man: Frau Dornröschen (2. Aufl. 1887) und
wirkt in erfolgreicher Weife als Publiziſt. Sein
tes Drama erfchien unter dem Titel: G
Judith (1877), fein zweites: Im Banne der
Pfliht (1879). Diefelben gelangten zur Au
rung, erregten aber fein beſonderes Intereſſe.
Erſt die dritte dramatiihe Arbeit M.-G.'3: Des
ambault Ende (1880) machte ben
ichrieb ein ð dem A —— ——
rieb ein Vorwort zu dem Au
Werke und ſchenkte dem Verfaſſer desſelben dau⸗
ernd ſeine Freundſchaft. Dieſelbe erwies in
mannigfacher Weiſe fruchtbar, und die letzte dra
matiſche Arbeit H. Laube's, das Luſtſpiel ——
ſpielerei“, das 1883 im Burgtheater zur Auffül
rung gelangte, ift eine Kompagni bie er
mit M.G. ſchrieb. Die Novellen M.’s find
bisher nicht gefammelt erſchienen und fein Schaus
—— —* *4 Linz zum >
aufgeführt wurde, hat fich vermöge feines ſta
realiftiihen Inhaltes auf den deulſchen 3
nicht Bahn brechen fönnen. Die weileſte
breitung aber haben neben vielen en
und novelliftiichen, zwei Fleinere ften db
Verfaſſers gefunden: „Wien war eine Theater
ftadt” (4. Auflage) und „Die Lektüre des Bolles
(8. Auflage). M.G. hat 1875 im Verein mi
Haufes Fou
jungen Schriftiteller befannt.
Müller-Balm.
einigen freunden in Wien das literarifche Unter:
nehmen „Gegen den Strom“ begründet und das—
felbe verdankt vornehmlich feinen beiden Schriften
feine Lebenskraft. „Wien war eine Theaterftadt”
ift faft ein —— Wort geworden, und die
Streitſchrift des Verfaſſers, die in poſitiven Bors
ſchlägen gipfelte, ift der Ausgangspunft einer Be:
mwegung geworden, die jet bei der Schaffung eines
deutſchen Volkstheaters in Wienangelangtift. Noch
ftärfer bat feine Schrift über „Die Lektüre des
Volkes" gewirkt. Diejelbe ſetzte die öfterreichifche
Regierung und das Parlament in Bewegung,
und das Wort, das der PVerfaffer ausgab: Bes
fümpfung der Schund: und Schandliteratur durch
Befeitigung des Prämienwuchers, ift in Öfterreich
volftändig zum Siege gelangt. Auch auf dem
Gebiet der Jugendleltüre wußte M.:G. fi Ein»
fluß zu verfchaffen. Zahlreich find die Auffäge,
die M.G. über feine Heimat, das Banat ver:
öffentlichte, und in welcher er Aulturbilder aus
diefer großen deutſchen Anfiedelung in Ungarn
entrollte.
die Anregung zu einem eigenen Geſetze (über die
Deinzehnt:-Ablöfung) in Ungarn im Gefolge hatten.
Der Deutfche Schulverein in Wien betraute M.G.
in jüngfter Zeit mit der Redaktion feines Kalen—
ders, wodurd ihm ein neuer Wirfungäfreis er:
ſchloſſen wurde.
Miller: Balım, Adolf (Ad. Palm),
geboren 10. März 18340 zu Stuttgart.
Sein Vater begründete 1843 das feitdem
in Württemberg zu größter Verbreitung
gelangte „Neue Tagblatt”, in welchem
P.'s erſte Gedichte ꝛc. erfchienen, als er
noch das Gymnafium beſuchte. Auf ſei—
nes Vaters Wunſch eine Zeit lang bie
faufmännifche Laufbahn verfolgend und
in einer Dampfbootrhederei zu Amjterdam
als Korreipondent thätig, in welcher
Stellung er auch ausgedehnte Seereijen
machte, ergriff er nad erreichter Voll:
jährigfeit jenen Beruf, den er von An
fang an gerne ermwählt hätte: er widmete ſich
am Stuttgarter Polytechnikum, das durch
Lübkes und Viſchers Berufung gerade
damals zu voller Blüte heranwuchs, kunſt⸗
und literargeihichtlihen Studien und be:
gann feine eriten größeren Erzählungen
r veröffentlichen. Seit 1866 mufifali-
der und dramaturgiicher Kritiker, ſam—
melte er das Material zu feinem Buche,
das eine Geſchichte des Stuttgarter Hof-
423
Die erften Aufſätze über Magyarijche
Wirtihaft im Banat (1882) wirkten fo, daß fie
— Mündberg.
theaters enthält und 1883 unter dem
Titel Briefe aus der Bretterwelt erfchien. Die
Aufnahme dejjelben feitens der Preſſe und
des Publikums war eine vorzügliche.
Von P.'s Erzählungen wurde die erite
Der Fund im Biscayer Golf (unter dem Sam⸗
meltitel „Im Labyrinth der Seele“) durd)
Alfred Meißner in die Offentlichkeit ein-
geführt. Auf diefe Arbeit Hin berief
Herrmann Schönlein ihn zum Chefre-
dafteur feiner illuftrierten Journale, welche
Stellung PB. 1870— 74 bekleidete. Später
widmete er ſich hauptſächlich der Redak—
tion des eigenen „Neuen Tagblatts“.
Seine Erzählungen, unter denen noch
Maler und Diplomat, Gold und Eifen, Luzi
durch Inhalt und Form fid) auszeichnen,
find zum Teil in fremde Sprachen über:
tragen worden. P. iſt Ehrenprofejjor in
Stalien.
Münchberg, Fr. v., f. Frz. Bonn.
Mummenthey, Karl Wilhelm Ju-
lius, Sohn eines fönigl. Baumeijters,
wurde am 15. Januar 1841 zu Königs»
hütte bei LZauterberg a. Harz geboren;
beitand Dftern 1861 als Schüler des
Lyceums zu Hannover das Abiturienten-
eramen und Djtern 1867 vor der kgl.
preußiſchen wiſſenſchaftlichen Prüfungs:
kommiſſion zu Göttingen das Examen
pro facultate docendi, nachdem er auf
der polytechniſchen Schule zu Hannover
und der Univerſität Göttingen Mathema—
tif, Phyſik und neuere Spraden ſtudiert
und zu feiner weiteren Ausbildung einen
längeren Aufenthalt in Frankreich ge—
nommen hatte. Von Oſtern 1867 bis
Michaelis deilelben Jahres war er am
Gymnaſium zu Norbhaufen befchäftigt,
von dort wurde er nad) Schulpforta bes
rufen, 1869 folgte er einem Rufe nad)
Schwerin i. M. und übernahm Midjaelis
1871 die Leitung der damals neu zu
gründenden höheren Bürgerſchule, jegigen
Realprogymnafiums zu Altena a. d. Lenne,
welcher Anjtalt er noch gegenwärtig als
Rektor vorjteht.
Munder.
1875 wurde von ihm ber „Verein für Orts:
und Deimat-Hunde im Süderlande” ind Leben
gerufen und 1879 auf feine Anregung das
„Süderländiihe Mufeum” in Altena erbaut. Er
ift Herausgeber der „Jahrbücher des Vereins für
Orts: und Heimat-Kunde im Süderlande”, von
denen bis jetzt die eriten beiden Jahrgänge
(1882, 1884) erſchienen find.
Munder, Franz. Ich bin am 4.
Dezember 1855 zu Bayreuth geboren,
bejuchte dort Volksihule und Gymnaſium
und jtudierte feit 1873 in München Li—
teraturgeihichte. 1877 promovierte ich,
1879 habilitierte ih mid an der Uni
verfität München für neuere Literatur:
geihichte (vorwiegend deutiche). Auf einer
willenichaftl. Neife 1879 durch Nord:
deutichland und Dänemark, 1880 durch
die Schweiz, jammelte id) das Material
zu meinen Arbeiten über Klopftod und
über Leſſing (eine Reiſe nad) Berlin
1885 ergänzte das leßtere), Meine her:
vorragenditen Univerfitätslehrer waren
Konrad Hofmann und Michael Bernays,
außerdem die Münchener Elaifiihen Phi—
lologen. Meine jelbitändig erjchienenen
Schriften: Über zwei kleinere deutiche Schriften
Aventins (1879), Leſſings perfönliches und lite:
rariiches Verhältnis zu Alopftod (1880), Ausgabe
der. Meinen deutih. Schriften Aventins (1880),
Ausg. des altfranzöfiichen Nitterg. Joufrois (mit
Konr. Hofmann, 1850), J. W. Schäfer, Geichichte
der deutich. Literatur im 18. Jahrhundert (2. Aufl.
1581), Skizze einer Biographie Yavaters (18853),
Leſſinas ſämtliche Schriften von Lachmann (3.
Aufl. 1886), Leſſings ausgew, Schriften (1886),
F. G. Klopitod, Geſchichte feines Lebens und ſei—
ner Schriften (1888). Daran ſoll ſich eine kri—
tiſch-hiſtor. Ausgabe der Oden Klopitods ſchließen.
Außerdem Feuilletons und wiſſenſchaftliche Auf—
ſätze für verſchiedene Zeitſchriften und Sammel:
werke, beſ. für die Allg. dtſch. Biographie, für
die Allg. Itg., für Wiener Blätter und für Mo—
natsichriften, jowie Einleitungen zu Ausgaben der |
Schriften Klopjtods, Wielands und 9. v. Nleifts.
Mund, Hugo, wurde am 7. Juli 1842
in Braunschweig geboren, hat dajelbjt die
424
Murau.
tüchtigen Lehrern praftifch und theoretifch
‚die Tonkunft, zuerft in Braunfchmweig,
nachher in Hannover und ernährte fich be=
reits während feiner Studienzeit als Kla—
vierftimmer, Lehrer und Geſangvereins—
‚Dirigent, war aud) bis 1866 Günſtling
‚des blinden und mufifliebenden Königs
Georg V. von Hannover. 1866 war M.
Chor: und Mufifdireftoram Stadt-Theater
in Leipzig, von 1867—71 lebte er teils
‚in feiter Stellung, teils privatim als Die
rigent und Lehrer in Rußland. (Sara—
tow, Betersburg). 1871 wieder nad
Deutichland zurückgekehrt, verlebte M. ein
halbes Jahr iu Berlin, um die dortigen
Kunſt- und Mufifverhältniffe fennen zu
lernen, ließ fich jedody Ende 1871 wieder
dauernd in Hannover nieder, dort als
Mufikichriftiteller, Dirigent und Lehrer
ı wirfend.
Außer mehreren Liedern und Orchefterfompo-
fitionen erihien von M. Muſikaliſches Künſtler—
brevier (1878), Ein Beitrag zum Gefangunters
richt (1880), ferner unterhaltende und belehrende
Artikel in der Zeitichrift für den Fortſchritt in
der Mufit „Die Tontunit“. 1885 wurde M. in
Anertennung feiner mufifaliichsliterariichen Thä⸗
tigkeit von einer unter dem Minifter des öffent
lichen Unterrichtö ftehenden italieniſchen Hochſchule
'zum Professore onorario ernannt.
I
M uran, Karoline, wurde am 1.März
1861 in Wien geboren und genoß eine treff-
‚liche Erziehung im Haufe ihrer Eltern.
Nach Vollendung ihrer Ausbildung juchte fie
‚ihren geiftigen Blid durd vielfache und
weite Reiſen, beionders nad Spanien (mo
fie aud) jeßt, 1887, wiederum weilt, nach—
dem fie ſeit 1855 England und Frank:
reich durchfreuzte) zu erweitern. Sie it
lyriſche Mitarbeiterin vieler Zeitichriften.
1382 erichien ein Band ihrer gelammelten
anmutigen Poeſien unter dem Titel: Aus
Oſterreichs Herzen.
Muſchi, Jean Bernard, wurde am
Echule bejucht und ſich als mufifaliich be: 17. Januar 1847 in München geboren,
anlagter Knabe auf Anraten des Dome | befuchte das Gymnaſium zu Alchaffenburg
organiiten Sonnemann und des Lieder: und das zu Würzburg, wohin jein Vater,
fomponijten Franz Abt jpäter der Muſik vormals Hofſekretär des Königs Otto von
gewidmet. 1857—63 ſtudierte M. bei | Griechenland, als Oberzollinſpektor bes
Muſtafa⸗Bey.
rufen worden. Nach Abſolvierung der Schul:
ſtudien betrat M. bereits den literariſchen Plan
mit einigen Zeitungsfeuilletons und einem Bänd⸗ |
chen „Gedichte“, eine Jugendfünde, die vergeflen
und vergeben ift auf Grund feiner fpäteren Lei—
ftungen. Inzwiſchen bezog M. die Univer-
fität, hörte Urlichs, Zerer, Dahn, Umpfen—
bad) zu Würzburg; gleichzeitig diente er
den Muſen mittels einiger Novellen und
des Romans Keine Rofe ohne Dornen. Dann
fam der Krieg von 1870, und M. zog
mit hinaus gegen Frankreich. Heimgefehrt,
wandte er fi) dem Studium wieder zu,
diesmal aber dem der Geichichte und Li—
teraturgeichichte, da die Juriſterei ihm
nicht behagte. Prof. Wegele, Lerer, Edm.
Behringer u. a. übten nun befonderen
Einfluß auf die Geiftesrihtung M.s.
Inzwiſchen dichtete M. das Epos „Afidore von |
Lohma“ (1874), das ihn weiteren Kreiſen befannt
machte und 1886 die 4. Aufl. erlebte. Mitten
im freudigften Schaffen verlor M. feine
junge, eben erft heimgeführte Gattin, und
die tiefe Trauer um fein geihmwundenes
Glück verwiſchte auf Jahre hinaus alle
ichriftjtelleriichen Pläne des Vereinjfamten. |
In glücklicher zweiter Ehe (1876) fehrte |
ihm auch die Echaffensrreudigfeit Aal
Er gab zunächſt die Anthologie für die Jugend „Die
deutichen Klaffiter in der Schule” und die treffliche
Sammlung aus mittelalterlihen. Dichtern „Aus
alter Zeit” heraus; bald darauf erſchien fein Epos
„Zwei Herzen und ein Schlag”, eine Art von
Umbdichtung des herrlichen „Engelhard“ von Kon:
rad von Würzburg, feine glüdliche Idee M.’s,
deshalb auch wohl in weiteren, bereits gefaßten
Plänen aufgegeben. Im Jahre 1880 ging
M. nach Bregenz, wo er Robert Byr und
Alfred Meißner fennen lernte. Hier ents
ftand M.'s vorzüglich beurteilte Dichtung „Mag:
nus“. Mon Bregenz fiedelte Di. nach den
Ufern des Rheins über. 1882 ließ M. fich
dann in Deflau nieder, wo er nod) jet
lebt, auch journaliftisch thätig und zwar
als Redakteur des Anhaltiihen „Staats:
anzeigers“. Aus feinerdortigen ſchriftſtelleriſchen
Thätigfeit feien noch erwähnt: Lieben und Leben
(Nov.), Erzählungen im Anb.-Defi. Kalender und
Mein Anhalt. Sämtlichjehrbeifällig aufgenommen.
Muſtafa-Bey, fiche Gerh. Nohlfs. |
Mylius, O., ſiehe K. Müller.
425
Naaff.
N.
Naaff, Anton Auguſt, wurde am 28.
November 1850 zu Weitentrebitſch bei
Saaz geboren. Er entitammt einem als
ten ferndeutihen Bürgers und Bauern-
geichlechte, das ſeit 400 Jahren bereits
im Saazer Land jeßhaft und mwohlange:
jehen war. N. bejuchte zuerft das Saazer
Gymnafium, darauf die Ciſterzienſer—
Schule in Komotau. Entgegen jeiner Neis
gung, Anlage und der Wohlmeinung feines
von ihm jehr geſchätzten Klafjenlehrers
folgend, wandte er ſich der juridifchen
Laufbahn zu und gab jo feinen Wunſch,
ſich den hiſtoriſch-philoſophiſchen Studien
zu widmen, auf. An der Wiener Uni—
verfität begann er 1871 feine Berufs:
tudien als Juriſt. 1873 bezog er die
Univerfität Prag, erledigte dort feine
juriftifhen Studien mit dem Entichluffe,
nad Ablegung der legten Prüfungen in
die Geridtspraris einzutreten, als ihn
der Ausbruch einer jchleichenden Krank—
heit, zumeiſt in Folge geiltiger Überans
ftrengung aufs Kranfenlager warf, wo
er nahezu ein volles Jahr unter quälen-
den Leiden hoffnungslos daniederlag. Nur
der aufopfernditen ſorgſamſten Pflege im
Haufe jeines Großvaters zu MWillonig
dankte er fein Leben. Von MWillonig aus
‚übernahm er die Redaktion des Jahr:
buches „Egerbote” mit dem belletriftiichen
Volksbuche „Comotovia”. Mit Freude er:
griff er die Gelegenheit,- publiziitiich für ſeinen
engeren Deimatöfreis zu wirken; er überjiedelte
nah Komotau, wo er in fünf Nahrgängen der
„Comotovia” (1875— 79), außer zahlreichen Ges
dichten, viele hiſtoriſche Arbeiten, wie Geichichte
der Stadt und des Herzogtums Saas, Ur-Geſchichte
der Städte Brür, Karlsbad und Franzensbad,
ſowie viele biographiiche Arbeiten ericheinen lieh,
welche leßteren er mit feltener Dingebung und
Wärme für die Sache ſchrieb. In die Zeit feines
Aufenthaltes in Komotau fällt auch die Heraus—
gabe und Redaktion der „Yiebesgaben” (1877),
eines Voeſien- und Novellenalbums, das er im
Verein mit Anderen zum Beſten der notleidenden
Grigebirgbewohner ericheinen lied. Mon fo:
motau ging N. nad) Prag, wohin er zur
Nedaktion des „Prager Tagblattes“ be=
Nadler.
426
Nagl.
rufen wurde; allein Gefundheitsrüdiichten | mählte fi N. mit der rühmlichit befannten
zwangen ihn, bald darauf nad) Töplig | Prager Sängerin Friederifa Leitner, bes
überzufiedeln.
1881 verließ er Zöplig, |reifte Italien und betrat nad) länges
wo er eine fruchtbare fchriftftelleriiche | rer Zeit wieder die Bühne (Königsberg
Thätigfeit entwicelt hatte, begab fi zu: |a. O
Im Jahre 1884/85 hatte N,
erft nad) Wien, und von da für längere |die Stellung eines Beamten ber E. £
Zeit auf Reifen.
Monate in der Echweiz und in Italien
gelebt hatte, kehrte er nad) Wien zurüd,
um fich bleibend dort niederzulaffen. Auf
einem einfachen Landfig in unmittelbarer
Nähe der Etadt lebt er ftill jeiner Muſe.
Seit 1881 ift N. Herauägeber und 2eiter der
im 11. Jahrgange ftehenden literariſch-muſikali—
Shen Zeitichrift „Die Lyra”, welche unter jeiner
Leitung neugeftaltet, einen großen Aufſchwung ge:
nommen hat. Dem liebenswürdigen, *
Talent R.’3 mit feinem vollstümlichen Anhauche
danken wir einen Band Gedichte unter dem
Titel „Bon ftiller Inſel“ (1882), die ſich durch
befondere Sangbarkeit auszeichnen und vielfach
in Muſik gefett, weite Verbreitung fanden, wie
„Es raufcht ein ftolger Strom zum Meer” u. A.
Außerdem find an jelbft. Werten hervorzuheben:
Die Dur-Tepliger Gruben: und Quellen-fata:
ftrophe (mit Karten und Plänen), Eine Freizunft
der Neuzeit (1880), Deutſche Volksgeſchichten aus
Difterreich (1884), Das deutſche Volkslied in
Böhmen (1888), Neue Gedichte (1888).
Nadler, Guſtav Adolf, wurde am
22. März 1834 zu Czernowitz in der
Bukowina geboren. Er widmete fid) feit
1853 dem Studium der Medizin und
Philofophie an der Univerfität Wien,
mußte aber, $amilienverhältnifje halber,
diefe Laufbahn aufgeben und wurde 1855
Techniker. 1859 führte ihn ein innerer
Drang der Bühne zu, er wurde Schau—
fpieler. Es erſchloſſen fich ihm neue Stu—
dienquellen, an denen er zum dramatis
ſchen Schriftiteller reifte. In weiten Kreis
fen wurde er 1871 von Prag aus be-
fannt durch fein hiſtoriſches Schaufpiel
Ein Geheimnis unter Jofef IT., welches Stüd
unter dem Minifterium Hohenwart ver:
boten wurde, nachdem es von demjelben
Staatsmanne, als Statthalter in Lienz,
die Erlaubnis zur Aufführung erhalten
hatte. In Deutichland ging das Schau:
jpiel unter dem Titel Ein Opfer der Jefuiten
über viele beſſere Bühnen. 1872 ver:
Nahdem er mehrere | Boftiparkafje in Wien inne und war gleich»
zeitig Chefredakteur der „Ofterr. Illuftr.
Familienblätter”. 1886 reilte er als
Rezitator, namentlich) der ſiebenbürgiſch⸗
deutjchen Dichter (M. Albert, Flanderer,
am Alt und Hartened). Am 27. No-
vember 1886 feierte N. fein 25jährige
Schaujpieler-Jubiläum, wobei ihm
ehrenvolle Aufmerkſamkeiten zuteil wur⸗
den, zumal aus feinem Heimatlande, deſſen
erfter deutſcher Schauipieler und dra-
matifcher Schriftiteller er ift. Von jeir
nen, teils in Drud erfchienenen, teils als
Manuffript gedrudten, zur Aufführung
gelangten Dichtungen, find folgende her⸗
vorzuheben: r
Der Grobian (Auftip.), Im Boubdoir der Pom⸗
pabour (Luftip.), Beethoven in der ma
a Sr ee u
eimnis unte € „(8 J
Ehr' und Wehr Echauſp.), —2
(Luftip.). N.s Verdienſt iſt es, daß er (I
in feiner Heimat als Schauſpieler wirkend,
erſte Herausgabe der „Buchenblätter“ (eine Samm⸗
lung einheimiſcher Poeſien) anregte und zur Ver⸗
wirklihung nad) beten Kräften mithalf. ie
Nagl, Hans Willibald, wurde am 11.
Mai 1856 in Natſchbach bei Neunkirchen,
Niederöfterreih, auf dem Kleinen Land
gute feiner Eltern geboren und zeig ‚früh
zeitig eine große Neigung zum geiftlicher
Stande. Er abfolvierte das Gymnafium
in Wiener Neuftadt und trat hierauf in da
altehrwürdige Benediktinerftift zu Der
Schotten in Wien, von wo aus er ſi
dem Studium der Theologie und der orien⸗
lichen Spraden an der Wiener Univer-
fität hingab. Innere Widerſprüche zwan:
gen ihn jedoch, nad) 4 Jahren die geift-
liche Laufbahn aufzugeben, worauf er ih
dem Studium der Germaniftif an der
nämlichen Univerfität, unter bejonderer
Berüdfichtigung der bayriſch⸗vſter
Natorp.
ſchen Dialektforfhung, widmete. In bie
germaniftiihen Studien hinein fiel ein an-
jtrengender Militärdienit bei mehreren Ka-
vallerie-Regimentern, was feine Anſchau⸗
ungen und Erfahrungen nad) einer ganz
neuen Seite bin bereidherte. Er erwarb
fih die Offiziersharge und 1886 an der
philoſophiſchen Fakultät in Wien den Dok⸗
torhut, nachdem er mittlerweile noch einige
Zeit als Erzieher im Haufe des Fürften
Carlos Auersperg in Prag gelebt Hatte.
Bielfeitige Lebenserfahrungen unter den ver:
ſchiedenſten Ständen — Bauern, Bürgern, Geijt:
lihen, Soldaten, Gelehrten und Arijtofraten —
drängten ihn auf die Bahn fozialer Betrachtun:
gen, und namentlich ift es der Bauernftand, der
ihm am Herzen liegt. Auch in jeinen jprad)
wiſſenſchaftlichen Arbeiten zeigt jich der Beobachter
bäuerlicher Berhältniffe und Anſchauungen. N.'s
jelbftändig erichienene, günftig aufgenommene
Schriften find folgende: Lehrer, Bauernabende
und Boltsftudien (1883), Die Konjugation im
niederöjterr. Dialelt (1883), Die Deklination des
Subjtantivs im niederöfterr. Dialekt (1884), Pä-
bagogiiche Bedeutung der Wirtäftube im Bauern:
leben (1886), Über den gegenwärtigen Stand der
bayrifh:öfterreihiihen Dialektforſchung (1886),
Roanad, I. Teil, Grammatiſche Analyje des nie:
——— Dialektes (1886), Der Fuchs Roaner
).
Natorp, Paul Gerhard, geboren zu
Düfjeldorf 24. Januar 1854, abfolvierte
daſelbſt das Gymnafium, ftudierte (1871
bis 1876) an den Univerfitäten Berlin,
Bonn und Straßburg hauptſächlich Phi-
lologie, wandte ſich in der legten Zeit
feines akademiſchen Studiums erft der
Vhilofophie zu und habilitierte fih 1881
für dieſes Fach an der Univerfität Mar-
—J— er 1885 zum außerord.
or befördert wurde. Es erſchienen
von ihm:
Descartes’ Erkenntnistheorie, Eine Studie zur
Vorgeſchichte des Kritigismus (1882), Forſchuͤn⸗
9 zur ichte des Erfenntnisproblems im
(1884); Verſchiedene Aufläge in Fach⸗
bef. den philofophiihen Monats:
er (Bd. XXIII mit C. Schaarſchmidt,
von ®b. XXIV. ab allein) redigiert.
Naumann, Emil, wurde am 8. Sep-
tember 1827 zu Berlin geboren. Sein
Vater war der bekannte Arzt, Profeſſor
427
Naumann.
und Autor in feiner Wiffenfchaft Moritz
Ernft Adolf N. Durd) Johanna Matthieu
(jpätere Gattin Gottfried Kinfels) und
den alten Ries erhielt er in Bonn, wohin
fein Vater 1828 als Direktor der mebi-
zinifchen Klinik berufen worden war, bie
erſte mufifalifche Ausbildung. Als er ſich
fpäter in Frankfurt a. M. aufhielt, genoß
er dort den mufifalifchen Unterricht Schny-
ders von MWartenjee. Nachdem das Leip:
ziger Konſervatorium durch Felix Diendels-
fohn gegründet worden, ging N. nad) der
Mufenftadbt und ward dajelbft einer der
eriten Schüler des genannten Meiſters,
der bis zu feinem frühen Tode an der
fünftleriichen Entwickelung N.'s lebhafteſten
Anteil nahm. 1844 ging N. von Leipzig
wieder nach Frankfurt a. M., woſelbſt er
ſeine muſikaliſchen Studien unter Meſſers
Leitung und bei Mendelsſohn fortſetzte,
und abſolvierte darauf die Univerſität zu
Bonn.
1848 brachte er ſeine erſte größere Kompoſition,
„Chriſtus der Friedensbote“, in Dresden durch
die königl. Kapelle zur Aufführung; Ende deſſel—
ben Jahres ward das Oratorium in Berlin, 1854
unter des Komponijten eigener Zeitung in Exeters
Hall zu London aufgeführt. Dem „Chriſtus“
folgte eine große Meile, eine Kantate „Die Ber:
ftörung Jeruſalems“, die Oper „Judith“, das
Singfpiel „Die Mühlenhere” und eine Duverture
„Zoreley”. Die Aufführung der Kantate „Die
Berftörung Jeruſalems“ in Weimar Teitete Franz
Liszt perfönfich mit großer Hingabe. 1856 be»
rief ihn König Friedrich Wilhelm IV., der durch
die —— Nes „Über Einführung des Pſal⸗
mengejanges in die evangeliiche Kirche” auf den
jungen Tondichter aufmerffam geworden, als Hof:
firhen:Mufitdireftor nach Berlin, wo er für den
Domdor über 30 Pſalmen und Sprüde kompo—
nierte und das umfangreiche Werk „Pialmen auf
alle Sonn: und Feiertage des evangeliichen Kir:
chenjahres“ auf Befehl des Königs herausgab, der
den Komponiften in dem darauf folgenden Jahr
mit dem roten Adlerorden deforierte. Eine weis
tere Auszeichnung ward N. für die Abhandlung
„Das Alter des Pialmengefanges” zu Teil, ins
dem ihm die Univerfität Jena dafür die philo»
ſophiſche Doftorwürde verlieh. Mit dem Werk
„Die Tonkunft in der Kulturgeichichte” (1869— 70)
begann er die eigentlihe Schriftitellerlaufbahn
unter günftigen Ausfichten, da er mit Bezug auf
eriten Teil des Buches auf Vorſchlag der
den
| Berfiner Akademie der Künfte zum Fönigl. Pro:
Neander.
feſſor der Mufif ernannt worden war. Weitere
der Geihichte und Wiflenichaft feiner Kunſt ges
widmete Arbeiten von ihm find: „Deutiche Ton: |
dichter von Sebaſtian Bah bis auf die Gegen:
wart” (fünf Auflagen und eine Prachtausgabe),
„Nachklänge, Gedenkblätter aus dem Muſik-, Kunſt⸗
und Geiftesleben unferer Tage“ (1872), „Stalies |
niſche Tondichter von Paleftrina bis auf die Ge: |
genwart” (für welcde dem Autor vom König Bil: |
tor Emanuel der Orden der italienifchen Krone |
verliehen ward und deren zweite Auflage nebit
Prahtausgabe 1876 erihien), „Muſikdrama oder |
Oper, eine Beleuchtung der Bayreuther Feſtſpiele“
(18761, „Zufunftsmufif und die Muſik der Zus
funft“ (1877), „Die Arciteftonif der Fuge“ |
(1878), „Der moderne muſikaliſche Zopf (1880)
und die 1885 vollendete „Illuſtrierte Mufifge:
Ihichte”. Letztgenanntes Werk ward noch wäh
rend feines Ericheinens ins Holländiiche und Eng: |
liſche überfest, fein Autor vielfach ausgezeichnet.
Seit 1873 lebt N. in Dresden, woſelbſt er am
königl. Konfervatorium der Tonkunſt Vorlefungen
über Geſchichte und Äfthetif der Mufit hält. Gin
Teil feiner Zeit aehört der jourmaliftiichen und
mufifhiftorifchen Thätigfeit; jedoch widmet er ſich
augenblidlich (1887) feiner, ihrer Vollendung ent—
gegengehenden Oper „Loreley“.
Neander, Theoph., |. W. Badhaus.
Nellenburg, Rod., |. 8. Müller.
Nello, ſ. Ed. Dlautner.
Nemmersdorf, Fr. v., |. Fr. v.
Neizenftein.
Neol, N. de, ſ. A. de Neve.
Nesmüller, Joſ. Ferdinand (eigentl.
Müller), wurde am 8. März 1818 in
Mähriſch-Trübau als der Sohn eines
Handmwerfers geboren.
Gymnaſium zu Politichfa bis zu feinem
13. Jahre, alsdann erlernte er, wie fein
Vater, das Schuhmacherhandwerk. Als
aber die Erlöſungsſtunde, die ihn zum Ge:
jellen machte, jchlug, ſchob er feinen Schu—
jterichemel zur Seite, erfüllt von einem
glühenden Streben nach Höherem als der
Kunit, den Mitmenschen auf diefe Art die
„Wege zu ebnen“. Zunächſt befuchte er
unter harten Entbehrungen das Olmüßer
Seminar mit jolhem Erfolge, daß er bald |
eine Lehrerſtelle erhielt. Da der Lohn fei-
ner Arbeit nur ein färglicher war, juchte
er jih als Muſiker beim Theater neben:
428
Er beiuchte das
Neubauer.
Aber mit der
‚Bühne in Berührung gelommen, litt es
her etwas zu verdienen.
‚ihn nicht lange mehr auf dem Katheder.
Er wurde Schaufpieler. Als ſolcher wirkte
er in den verichiedenften Städten an Elei-
nen und großen Bühnen bis zum Jahre
1854, da er ein Theater in Dresden
gründete, deſſen Direktion er lange Jahre
‚mit bejtem Erfolg inne hatte. 1881 zog
er fich, jeines vorgerüdteren Alters we—
‚gen, von jeiner theatraliihen Thätigkeit
zurüd. Literariſch trat N. zuerjt mit jei-
nen Bilferthalern (1849) hervor, die mit gros
kem Erfolge an vielen Theatern zur Auf:
‚führung gelangten. Den gleichen Beifall
fanden die meilten feiner jpäteren Dras
men, von denen wir hervorheben:
Der Gnome und fein Narr (1849), Die rau
Tante (1850), Die Pflegetinder (1850), Die Thals
müble (1851), Ein armer Teufel (1852), Eine
Soldatenfamilie (1853), Ein Theaterffandal
(1859), Der Marienhof (1872), Schach der Lüge
(1878), Die wilde Toni (1881), Gräfin Flavia
(1882), Der Dorfteufel (1882), Freigeſprochen
(1883), Das Geheimnis (1885), Der jhöne Emil
(1885).
Neubauer, ErnitRudolf, iſt zu Iglau
(Mähren) am 14. April 1828 geboren.
Er jtudierte Philoſophie und die Rechte in
Mien, wo er während des Revolutions—
jahres 1848 als Korps:Adjutant in der
akademiſchen Legion diente, und widmete
fi im Jahre 1849 dem Lehrerberufe, zus
nächſt am Gymnaſium in Czernowitz (1851
bis 1872), dann, ſeit 1873, als Gym—
naftaldireftor inRadaug in der Bufowina,
als welcher er, durch Verleihung des Titels
eines Echulrates ausgezeichnet, im Jahre
1883 jeinen Abfchied nahm. Er ijt als
Rhapſode auf dem Gebiete der Stegreif:
Dichtkunft eine phänomenale Erſcheinung.
Literariich hat N. als Dichter, wie auch
als Schulmann, Xiterarhiftorifer und Ge—
ichichtsforicher gewirkt.
Sein dichteriſches Hauptwerk ift das Melt:
gedicht „Die Ndeonen“ (1583), eine geniale, hoch»
bedeutfame Schöpfung. Sonitige bisher im Drud
| erfchienene Werke: Schilf und Weide (Ged.), Oſter⸗
reichifche Lieder, Lieder aus der Bukowina, Die
Bukowina (illuitr.), Erzäblungen aus der Buko—
wina, Grundzüge zur Geſchichte von Seretland,
4
Reubauer.
Über dad Gudrunlied, Über Triftan und Iſolde,
Anafreons Dden, Nogaia oder Die Steppen:
fhlaht (Dicht.), Der Handel um die Seele
(Schaufp.), Die Waife (Luftfp.), Novellen, Ge:
danken über dad Schulweſen, Conjtantin Bran—
fowan u. a. m.
Neubauer, Johann, wurde am 27.
April 1849 zu Littengrün in Böhmen ges
boren, befuchte das Obergymnaftum in
Eger, das er 1867 abjolvierte. Hierauf
fam er in das fürfterzbiihöfl. Seminar
nach Prag, um Theologie zu jtudieren ; nad)
zweijährigem Aufenthalte in demjelben trat
er in das PBrämonftratenjeritift Tepl ein,
verließ diefes aber nad) zwei Jahren und
wendete jih von den theologiihen Stu:
dien dem Studium der deutichen Literatur
zu, welches er jchon in den legten Jah—
ren mit bejonderer Borliebe betrieben
hatte. Im Sabre 1873 fam er als Leh—
rer für deutiche Sprade und Geographie
und Geſchichte an die Realfchule in El—
bogen, wo er nad) Ablegung des Eramens
zum Profeſſor ernannt wurde; er wirft
gegenwärtig noch in diefer Stellung.
N. beichäftigte fich Schon während feiner theo—
Iogifhen Studien literariih. In den Jahren
1868— 71 veröffentlichte er in Journalen einige
Novellen und Erzählungen; von 1871 an betei«
ligte er fich vorwiegend als Mitarbeiter an Lite:
raturblättern und periodiichen Schriften. Als erfte
felbftändige Arbeit von ihm erfchien die literatur:
geſchichtliche Studie „Die katholiſche Dichtung in
der deutichen Literatur feit der Reformation bis
zur Gegenwart“ (1874). Seit 1884 giebt er Schul:
ausgaben klaſſ. Werke mit Einleitungen und An:
merfungen (Graeſer's Schulausg. klaſſ. W.) her:
aus. Die fchnell beliebt gewordene Sammlung
ift Schon bis zum 30. Hefte gediehen.
Neugeboren, Heinrih, wurde am
26. September 1832 in Kronjtadt geboren,
befuchte das Gymnaſium feiner Vaterſtadt
und bezog 1852 die Univerfität Berlin,
um fi in ben erjten zwei Jahren dem
Studium der Philofophie, Theologie und
Philologie zu widmen, während er im
dritten Jahre ausſchließlich philologiiche
Borlefungen an der Wiener Univerfität
hörte. 1856 erfolgte feine Anftellung als
eriter Klafjenlehrer des Kronftädter Gym:
nafiums. 1857 legte er die vorgefchrie-
29
Neuhauß.
bene Prüfung ab. Um die Ergebniſſe der
Pſychologie als Naturwiſſenſchaft von der
menſchlichen Seele, als Grundlage der Pä⸗
dagogik und Didaktik, in immer weitere
Kreije zu verbreiten, begann N. 1859 die
|„Bierteljahrsichrift für die Seelenlehre“
in Kronjtabt herauszugeben. 1860 ver:
mählte er fi mit Hermine Schaffe. 1861
gründete er mit einigen Gefinnungsge-
nofjen den Kronſtädter ſächſiſchen Kronver—
ein, den er als erſter Vorſtand fieben
Jahre hindurch leitete und deſſen 25jähr.
Jubiläum er 1886 als Ehrenmitglied mit-
feierte. Im Jahre 1869 eröffnete er mit
zwei jüngeren Kollegen eine private jechste
Klaſſe für Mädchen, die nad) dreijährigem
Beitehen den übrigen fünf öffentlichen
Klafien angereiht wurde. Seit 1875 ift
N. Mitglied der Kommiffion zur Prüfung
der Kandidaten der Theologie und des
Lehramtes in der evang. Landeskirche Sie-
benbürgens, und zwar für das Gebiet der
Philofophie, insbeiondere für Logik und
Pſychologie. 1877 wurde er zum Stabdt-
prediger gewählt.
N. ift Verfaſſer zahlreicher Beiträge für. päda-
gogiſche und theologische Zeitichriften, von denen
bejonders ein im Drud erfchienener Vortrag: „Über
die Behandlung des Religionsunterrihts in der
Volksſchule“, am fiebenbürgifch.deutichen Lehrer:
tag gehalten, ihm viele Anerkennung eintrug.
Außerdem hervorzuheben: Lebens: und Charafter:
bild des Daniel Georg Neugeboren (1886), Jos
hannes Honterus, der Reformator der Sachſen in
' Siebenbürgen (1887).
Neuhauf, Rihard, geboren den 17.
DOftober 1855 zu Blanfenfelde (Kreis
Teltow), erhielt jeine Vorbildung auf dem
Luifenftädtiihen Gymnafium in Berlin,
jtudierte vom Oftober 1876 ab in Berlin
und Heidelberg anfänglich Naturmillen-
haften, ging jedoch 1878 zur Medizin
über, und abjolvierte 1882 die ärztlichen
Eramina. Bereits während der Studien-
zeit unternahm er Reiſen durch das ganze
jüdlihe Europa, und hinüber nach Nord»
Afrika, ferner nad) dem hohen europätichen
Norden, nad) Lappland und dem Nord:
Kap. 1884 trat er zu wiſſenſchaftlichen
Neumann, —
Zwecken eine Reiſe um die Erde an, die
ihn mit allen 5 Erdteilen bekannt machte.
Die Hauptſtudien galten dem ſtillen Ozean,
der in Folge der neuen Erwerbungen für
Deutichland jegt von jo großem Intereſſe
ift. Zwei riefige Folianten mit felbjtge-
fertigten Photogrammen veranihaulichen
Land und Leute dieſes ungeheueren -Injel-
reiches (Eigentum der Bibliothek der Ber:
liner anthropologiichen Gejellidhaft). Eine
eingehende Studie über die Südſee-Inſu—
laner erfchien in der „Zeitfchrift für Ethno-
logie“ (1885).
Weitere Ergebnifie der Reife waren: Eine Arbeit
über die Seefranfheit (1885), Meteorologiſche Un»
terfuchungen auf einer Reife um die Erde, ſowie
Beobachtungen über Dämmerungserfdeinung en
und Bodiatallicht (1885), Eine Beichreibung der
Hawaii-Infeln (1886). Das neuejte Wert R.'s
iſt die Überfegung der „Anthropologie“ von Tos
pinard, Generaljefretär der Parifer anthropolo»
re Geſellſchaft.
eumann, Fritz Heinrich Georg, ge
boren am 23. April 1854 zu Warnemünde
i. M. Vorgebildet zuerst auf der Real:
ſchule, dann aufdem Gymnafium zu Schwe-
rin i. M., bezog er Oftern 1873 die Uni-
verfität Berlin, um unter Tobler und
Müllenhoff romanishe und germaniſche
Philologie zu ftubieren. Nachdem er feine
Studien in Heidelberg fortgeſetzt, promo-
vierte er 1876 und war dann 2 Jahre
Hilfsarbeiter an der Heidelberger Univer:
fitätsbibliothef. 1878 habilitierte er fich
in Heidelberg für romanische und engliſche
Philologie und wurde 1881 zum außer:
ordentlihen Profeſſor daſelbſt ernannt.
1882 folgte er einem Ruf als außeror:
dentlicher Profeflor der romaniſchen Phi:
lologie an die Univerfität Freiburg i. B.
und wurde daſelbſt im folgenden Jahre
zum ordentlihen Profeſſor befördert.
N. giebt in rn mit D. Behaghel das
Literaturblatt für germaniiche und romaniſche Phi⸗
Iologie heraus (Bd. I.—VIIlI., 1880—87), ver:
öffentlihte: Zur Laut» und Slerionslehre des
Altfranzöfiihen (1878), Über Sapdoppelformen
der franzöfiichen Sprache (1884), Die romaniſche
Philologie. Ein Grundriß (1886).
Neumann, Karl Gottfried, wurde am
7. Mai 1832 in Königsberg geboren, wid: | (
430 —
8
weiter Art (1862), Die magnetiſche
i ge Polariſationsebene des echte —
Neumann⸗Spallart.
mete ſich dem Studium der Mathematik
an der Univerfität feiner Vaterjtadt, har
bilitierte fi 1857 als Privatdozent und
wurde 1863 zum außerorbentl Pro:
feflor in Halle ernannt, im jelben Jahre
aber bereits als ordentlicher Profeſſor nach
Bajel berufen. Er wirkte in gleicher Eigene
haft in Tübingen (1865 —68),
an der Leipziger ag lehrend.
Unter ſeinen, von der
würdigten Werten heben u — —— de
allgemeinen Problems über den
peraturzuftand einerhomogenen Bug Horde Bam
die Entwidelung einer Funktion mit
—* nah den Kugelfunktionen und
der Elektrizitäts und Wärmeverteilung in
Ringe (1864), Borlefungen über Riemannd
der Abelſchen Integrale (1865), Die Haupts
Brennpunkte eines kennen Liane ing
Ben der Galilei⸗Newto
* en
Newtonſche
heorie der elektriſ ——
ſuchungen über das logarithmiſche und
Bein (1877), eng che Unterſuchungen
Neumann-Spallart, Franz Ritter
von, wurde am 11. November 1837 zu
Wien geboren, ergab fi an der Wiener
are * regen der Staats»
un tswillenichaften und promovierte
unter den Aufpicien bes Kaiſers imJ.1862.
1864 erfolgte feine Ernennung zum Pros
feflor an ber — in Wien,
1871 diejenige zum außerorbentlihen Bri
feflor an der Univerfität dafelbf. Su
folgenden Jahre begann er als orbents
licher Profeſſor an der Hochſchule für
Bodenkultur zu Ichren, und 1884 wurd
er zugleich Honorar⸗Profeſſor * Statiſti
an der Wiener Univerfität, in mel
enihaft er noch jegt, auch literariji
* dem Gebiete hervorr virkt.
Von ſeinen hochverdienten | wir
bervor: Oſterreichs Handelspolitif (1864), ),
Sivilifation und der wirtſcha Fortſch
(1868), re. (1873),
und der Wohlſtand f\ 3
Theuerung der — (1874), 9 Reik
—— (1 Überfichten der Weltwirtichafi
—J— Be chs maritime Entwi
errric
Neumann»Strela.
Neumann:-Strela, Karl. Ich bin
am 30. Dezember 1838 als Sohn eines
Kaufmanns in Stralfund geboren. Dort
erlernte ich den Buchhandel, war noch ein
Jahr Buchhandlungsgehilfe in Berlin und
gab mid dann ausſchließlich hiſtoriſchen
Studien und literarifchen Arbeiten hin.
Dann ging id nad) Weimar, wo ich ſechs
Jahre lang in inniger Freundihaft mit
Karl Gutzkow lebte, dem ich nebit Karl
Frenzel in Berlin, wohin ich mid) von
Meimar wandte, die größte Anregung und
Förderung verdanfe. Inzwiſchen lebte ich
zwei Jahre in Leipzig, kehrte dann fpäter,
1868, nad Berlin zurüd, wo ich in die
Redaktion des „Bazar“ trat. Dann lebte
ich teils auf Reifen, teil wieder in Berlin,
wo ich feit 1877 meinen dauernden Wohn:
fig nahm und feit Anfang 1887 die Re:
daftion der „Kinderwelt“ (Beilage zu der
Zeitichrift „Mode und Haus“) übernom:
men habe. — Bon den äußerft günftig be:
urteilten Werten N.'s heben wir (Red.)
hervor:
Das Ehriftgefhen? (1861), Sophie La Roche
und Wieland (1862), Mit dem Zopf (1865, 2.
Aufl. 1868), Erzählungen (1872), Wer #t von
Gottes Gnaden? (1872), Berliner Blau (1873),
Narren und Sünder (1875), Aus dem Reiche des
Todes (1875), Bunte Reihe (1875), Bring Lieschen
(1878), Theater:NRovellen (1878), Thron und Reich
(3 Auflagen, 1881—84), Kaiſer Wilhelm (1882),
Im Silberfrany (1883), Vom alten Fri (1886),
Die Erziehung der Preußiſchen Regenten (1888),
Hohenzollern⸗Büchlein (1883), Kaijerin Augufta
(1888). Außerdem ift N. ein beliebter Mitarbeiter
vieler Zeitfchriften und Tagesblätter.
Nenmeifter, Mar Heinrich Auguft,
wurde am 15. Mai 1849 zu Kleindrebnig
bei Bifhofswerda in Sachſen als Sohn
eines kgl. Oberförfters geboren, empfing
bis zum 11. Lebensjahre Unterricht in der
Elementarfchule und durch Privatitunden,
bejuchte ſodann das Realgymnafium zu
Annaberg und nad) Abjolvierung defjelben
ein Jahr lang das Kleinröhrsdorfer
Staatsforftrevier und zwei Jahre lang
die Forjtafademie zu Tharandt. Bei der
Abgangsprüfung in Tharandt erhielt er
wegen hervorragender Leitungen Die
431
Neumirth.
Medaille. Sodann 2jähriger Acceß auf
Langebrüder Staatsforftrevier und ein-
jähriger Acceß bei der Forjteinrichtungs:
Anftalt. In dem Staatseramen für
den höheren Forftdienft erhielt er die fels
tene Genfur „ausgezeichnet“, wodurd er
ohne weiteres zur Anftellung als Forſt⸗
ingenieuraffiitent gelangte. Als diejer war
er, wie auch ſpäter als Forftingenieur thä-
tig bei Forfteinrichtungsarbeiten, nament⸗
lid in Görlig, auf den fürftlich reußifchen
Befigungen, auf den fürſtlich Claryſchen
Befigungen in Böhmen, auf Staatsforft:
revieren. 1880 erhielt er den Auftrag,
an der Forjtafademie Tharandt über Wald:
bau und Forſtſchutz zu lefen, und zu gleicher
Zeit trug ihm ber Fürft Hatzfeldt-Trachen⸗
berg feine Forſtmeiſterſtelle an. Die letz⸗
tere trat er, erjt 31jährig, an, übernahm
aber auch zugleich die Direktion im fürftl.
Kameralamt und wurde Gencralbevoll:
mächtigter des Fürften. Aus diefem ihm
liebgewordenen Wirfungskreije fonnte ihn
nur eine Berufung auf eine forftliche Hoch⸗
ſchule entfernen, welche bereits 1882 nad)
Tharandt erfolgte. Seitdem doziert N.
in Tharandt über Waldbau, Forjtihus,
Forftverwaltungsfunde und Jagdkunde.
Die erfte literarifche Leiftung N.’3 betrifft eine
intereflante Beobachtung über Generation des
Fichtenborkentäferd (1871). Bis zum J. 1880
ſchrieb N. Rezenfionen über forſtliche, beſonders
forftmathematifche Werte in verichiedenen forftl.
Beitichriften. Seit diefer Zeit find, namentlich
im Tharandter Jahrbuch, faft alljährlih Artikel
N.s über forftl. wichtige ragen zu finden, bes
fonders diejenigen, welche mit Forfteinrichtung und
Forftmathematit zufammenhängen. In der neues
ren Beit hat fih N. vornehmlich mit der Hebung
der deutichen Gerbrindenproduftion und mit forftl.
Drganifation befaßt. Seine kürzlich erichienene
Schrift „Wie wird man ein Forftwirt ?* (1887)
ftellt ein beachtenswertes Normalprogramm auf
und ift für die foziale und wiſſenſchaftliche He
bung des Forſtfachs berechnet. Auf Grund die:
fer verdienftlihen Schrift wurde N. von der Unis
verfität Leipzig zum Dr. phil. ernannt.
Neuwirth, Joſef, wurde am 5. Juni
1855 in Neufhlo (Böhmen) geboren,
widmete ſich nach abjolviertem Gymna—
ſium dem Studium der Philoſophie und
Neve.
Kunſtgeſchichte an der Univerfität Prag,
promovierte daſelbſt zum Dr. phil. und
folgte darauf einem Ruf als Gymnafial-
lehrer nad) Prag. Drei Jahre darauf er:
folgte feine Ernennung als Gymnafial-
profeflor. Seit dem Studienjahre 1885/86
ift N. an der deutſchen Univerfität Prag
für Kunftgefchichte habilitiert. Seine Schu:
lung als Kunſthiſtoriker dankt er dem Prof.
MWoltmann und Prof. Alwin Schulb der⸗
wis in Prag.
RN. ift Verfaſſer größerer, auch felbitändig er:
fchienener Abhandlungen über Bauthätigfeit der
alamannifhen Klöſter, St. Gallen, Reichenau und
Petershauſen, Datierte Bilderhandfchriften öfters
reichiſcher Klofterbibliothefen, Studien zur Ge
ſchichte der Miniaturmalerei in Ofterreich, ſowie,
nebjt einigen Kleinen Auflägen, der von ber Kritik
fehr günftig aufgenommenen Monographie über
Albrecht Dürers Roſenkranzfeſt. Demnächſt wird
erſcheinen ſeine Geſchichte der chriſtlichen Kunſt in
Böhmen bis zum Ausſterben der Przemysliden.
Seit einigen Jahren ſammelt N. Material für
eine Geſchichte der Miniaturmalerei in öſterreich.
Neve, Alexander de, wurde am 15. Ja⸗
nuar 1847 in Berlin geboren. Nachdem ich
die kgl. Realſchule bis Ober-Sekunda be—
ſucht und mein, für das von mir vorge—
ſteckte Lebensziel nötige Penſum von ſtennt⸗
niſſen abſolviert hatte, trat ich, der Fa—
milientradition folgend, in den Handels—
ftand ein. Nachdem ich bald die Vor:
jtudien zu einem fünftigen Rothſchild hin-
ter mir hatte, begann für mid erjt ber
eigentlihe Kaufmann, der Groſſiſt, der
hinter Kladde und Hauptbuch, hinter Konto:
432
datenſtand bejtimmt.
—
Niemann.
riihen Face, allerdings nur als Amateur,
aus „Liebe zur literarischen Kunſt“ zu
weihen. Ich beitieg aljo den launenhaf-
ten und ftörriihen Pegafus und fertigte
etwa in den jechsziger Jahren Beiträge
für die „lieg. Blätter“ und für den „Bes
obadter an der Spree”, fowie für die
„Berliner Pfennig Blätter” an; aud
ſchrieb ich einige einaftige Pollen, natür=
(ih pjeudonym. Dann trat eine längere
Pauje ein, da ich geihäftli Reifen nady
Dänemark, Schweden, Finnland und Ruß
land unternahm und mir während demfeine
Muße zu literarifcher Arbeit blieb. Dieſe
Paufe mag wohl 10 Jahre involvieren,
als ich der Kaufmannsfarriere Valet jagte
und verſchiedentlich Beamtenitellungen eins
nahm, mit denen id), gewilfermaßen von
einem Wandergeilte, der darin beitand,
daß ich fein „Sitzfleiſch“ beſaß, getrieben,
bald gänzlich abſchloß.
Bor mehreren Jahren legte ich mich daher auf
die Berufsichriftftellerei, indem ih Humoriſtika
für einige fleinere Berliner Wigblätter ſchrieb;
bald aber vergrößerte ſich mein Abnehmerfreis,
und jetst liefere ich jomohl kleinere Humoriftifa,
Humoresfen, fürgere Erzählungen und humorijti«
ſche Auffäge als auch Illuſtrationstexte in witzi—
ger Form für eine große Zahl von Blättern.
Niemann, Auguſt, wurde am27. Juni
1839 zu Hannover als der Sohn eines
höheren Offiziers geboren und von feinem
Vater früh jchon gleichfalls für den Sol-
Nah Abfolvierung
der Schuljtudien trat er in das Militär
Korrent und Korreipondenzen die Welt ein und wurde 1857 Offizier. Als ſolcher
nur vom Standpunkte des Debets und
Kredits betrachtet. Und bei all’ diefen Ar-
beiten, die teilweiſe ſchablonenhaft und
automatisch waren, rejp. find, machte ſich
in mir ein Drang zu „Höherem“ gel—
tend; denn während ich die Waarenpoſten
garnifonierte er u.a. in Göttingen, wo er
gleichzeitig die Univerfität bejuchte, um
philofophiiche und Geſchichtsſtudien zu be-
treiben. Im Jahre 1866, nad) dem Feld:
zug, trat er aus der Armee, um ſich ganz
der Schriftitellerei widmen zu fünnen. Er
buchte und Disfontofäge den Summen | lebte zunächſt in Hannover, dann in Genf,
binzufügte, jpannen ſich zwilchendurd in
meinem Hirne Ideen und Gedanken, auf
humorreicher Grundlage liegend, ab, die
mir den Impuls gaben, meine Feder, Die
ja hinlänglid daran gewöhnt war, in übernehmen, die er noch inne hat.
Tinte getaucht zu werden, dem litera=
Ichließlich, feit 1867 bis jegt, in Gotha,
wohin ihn eine Berufung der Verlags:
handlung von J. Perthes führte, um die
Redaktion des Gothaiſchen Hoffalenders zu
Als
drei Jahre jpäter der König von Preußen
Niemeyer. —
zu den Waffen gegen den Erbfeind rief,
war N. einer ber erſten, die ſich zur Ver:
fügung. ftellten. Nach Beendigung des
Krieges wurde N. zum Hauptmann er-
nannt. Literariih hat N. als eigentliche
Domäne den Roman ſich gewählt. Er hat
fih auf diefem Gebiete einen ausgezeich—
neten Ruf erworben, befonders begründet
durh die ungewöhnlich feine pſychologi—
ihe Schärfe feiner Charafteriftit. Außer:
dem lieferte er ein treffliches Mititärifches
Handlerifon (2. Aufl. 1881) und eine ver:
dienſtliche Geſchichte des franzöfifchen Feldzuges
(1871, ins Englifche überjegt 1872).
Hauptwerke: Katharina (Rom., 2. Aufl. 1880),
Eine Emanzipierte (Rom. 1880), Balchen und
Thyrfosträger (Rom. 2. Aufl. 1882), Die Grafen
von Altenſchwerdt (Rom. 1883), Pieter Marik
(Rom. 2. Aufl. 1886), Das Geheimnis der Mus
mie (Rom. 1885), Das Flibuftierbuh (Rom.
1886), Des rechten Augen Ärgernis (Rom. 1887),
Eulen und Krebje (Rom. 1888).
Niemeyer, Paul, wurde am 9. März
1832 zu Magdeburg als der Sohn des
Kreisphyfifus Dr. Eduard N. geboren. Nach
dem 1837 erfolgten Tode des Waters
fiedelte die Familie nad Erlangen über.
Mit eigener NAufopferung und großer
Thattraft erwarb die Mutter durch Kla-
vierunterricht die Mittel zum Studium
ihrer beiden Eöhne. P. N. beſuchte das
Gymnaſium zu Erlangen und erwarb mit
17 Jahren die Reife für die Hodhichule.
Zwei Jahre jtudierte er Medizin in Halle,
wo der Phyfiologe Volkmann (Vater) und
der Chemiker Marchand nachhaltig auf
ihn einwirften. Dann fand er in Er:
langen ausgezeichnete Lehrer in der Heil
funde und Heilkunſt. 1854 erwarb er
die Doftorwürde in Berlin. Als Aififtent
feines Bruders Felir N. am ftädtiichen
Krankenhaus zu Magdeburg wurde er, der
bisher mehr Theorifer geweſen, in die ärzt-
lihe Praris größten Maßſtabes einge:
führt. Das ſchöne Zufammenwirfen der
Brüder wurde durch die Berufung des
älteren nach Greifswald aufgelöft. Nach
Ablegung des Staatseramens ließ ſich
Das literarifhe Deutihland.
433
= Niemeyer.
P. N. als jelbftändiger Arzt in feiner
Vaterſtadt nieder. In die lebhafte Strö—
mung der Bildungsvereine gezogen, warf
er fid immer eifriger und erfolgreicher
auf jchriftjtelleriiche Belehrung des Vol:
fes, doch blieb die ftille, ernjte wiſſen—
Ihaftliche Forfhung fein Hauptfeld. Das
Kriegsjahr 1870/71 bradte für N. eine
gewaltige Thätigfeit. Er übernahm nicht
nur einen großen Teil der ftädt. Armen-
praris, jondern aud) die Oberleitung eines
Sranzofenlazaretts und hatte nebenher
noch die ausbrechende Pockenkrankheit zu
bekämpfen. 1875 ſiedelte N. nad) Leipzig
‚über, um dort fofort feine volfsbelehrende
ı Thätigfeit in größerem Maßjtabe aufzu—
nehmen. Bielfac wurde er auch zu Vor:
trägen nad) auswärts berufen. 1876 ha-
bilitierte er ſich als Dozent an der Leip-
ziger Hochſchule. 1878 gab er infolge
eines Rufes des „Vereins für volfsver-
ſtändliche Gefundheitspflege”“ nad) Berlin,
feine akademiſche Stellung auf. Im Jahre
1859 Hatte fih N. mit Klara Wagner
aus Poſen verheiratet, in der er die
treuefte Lebensgefährtin gefunden. Im
Jahre 1880 wurde ihm dieſelbe durch
den Tod entriffen. Im Anſchluß an den
erwähnten Verein übte und lehrte er mit
fteigendem Erfolg die vernunftmäßige Ge-
jundheits- und Heilkunde, deren Klar:
ftellung und Ausgeftaltung er fein Leben
gewidmet hat. Wie es bei allen refor:
matoriſchen Charaktern gefchieht, fo ift
auch diefer ärztlihe Neuerer von jeher
mehr angefeindet und verfannt, als an—
erfannt worden; er ſelbſt hat fi) von
Ertremen in feinen Thefen und in feiner
Polemik nicht freigehalten. Das Pro-
gramm der von ihm begründeten neuen
Richtung der Heilkunde, der Hygienifchen,
‚hat N. in feinem erften Berliner Vor:
‚trage „Dichtung und Wahrheit in der
Heilkunſt“ dargelegt. Das „Freie deutſche
Hochſtift“ in Frankfurt ernannte N. zum
Ehrenmitgliede und Meijter, außerdem ift
er forrefpondierendes Mitglied verfchiede:
ner anderer ärztlicher Geſellſchaften des
28
Nietſchmann.
Auslandes. Dem Herzoge von Meiningen
dankt er den Titel Sanitätsrat.
N. ift Verfaſſer zahlreicher wiſſenſchaftlicher und
populärer Aufſätze und ſeit einer langen Reihe
von Jahren jtändiger Mitarbeiter vieler Fach—
und anderen Zeitichriften. Seit kurzem hat ſich
N. ein jelbftändiges Organ für laufende popu—
läre Belehrung in feinen „Arztlihen Sprech—
ftunden” geichaffen. Yon feinen hochbedeutenden
Merten heben wir hervor: Handbuch der Perkuſ—
fion und Ausfultation (1868—71), Medizinische
Abhandlungen (1871— 75), Tridinen-Katehismus
(4. Aufl. 1874), Boden:Bentilation (1875), Die
Zunge (6. Aufl. 1887), Herz:, Blut: und Iympb-
gefähe (1874), Die Huftenfranfheiten (3. Aufl.
1878), Die Erfältungstranfheiten (2. Aufl. 1878),
Die Hämorrhoiden (1874, 2. Aufl. 1884), Die
Stropheltrantheit (1879), Die Lungenihmwind:
ſucht (1876), Düring- Album (1874), Gejund:
beitslehre des menichlichen Körpers (1876), Die
Sonntagsruhe (1876, 2. Aufl. 1884), Arztlicher |
Ratgeber für Mütter (1877, 2. Aufl. 1885). Die
a der angeführten Werte find aud) in fremde
Sprachen überjegt worden.
Nietſchmann, Hermann Otto (Ar:
min Stein), geboren am 11. Januar 1840
zu Neuß bei Wettin, abjolvierte die Ge:
lehrte Schule in Halle und widmete ſich
dem Studium der Theologie an der dor:
tigen Univerfität unter Tholud. Nach
Vollendung der Hochſchulzeit wurde N.
zunächſt Hauslehrer und trat alsdann,
nad Ablegung feiner Eramina (1867),
in das Diafonat zu St. Morig bei Halle
ein. Dort wirft er noch jegt, gleichzeitig
feit langen Jahren auch als Pajtor an
St. Cyriaci. Neben feiner jeelforgeriichen
Thätigfeit widmet fih N. der Schrift:
ftellerei und hat er Tüchtiges als Er-
zähler und Volksſchriftſteller geleiftet.
Meifter Gottfried (1871), Der Mönd vom
Berge (1872), Der Leiermann und fein Kind
(2. Aufl.1885), Das Trudchen von Potlitz (1874),
Der alte Frig und fein Adjutant (1877), M.
Kirchner (1878), Katharina von Bora (3. Aufl.
1876), Die Todfeinde (1879), Der Erbe von
Friedheim (1879), Ein getreuer Ancht (1880),
Unter dem Schirm des Höchften (1881), Königin
Luiſe (1883, 2. Aufl. 1887), Aus Dorf und
Stadt (1884), Ein braver Lützower (1886).
Niggli, Arnold, geboren am 20. De:
zember 1843 in Narburg, Kant. Aargau |
(Schweiz), ftudierte, nachdem er in Aarau
434
Niſſel.
die Kantonsſchule abſolviert, die Rechte
in Heidelberg, Zürich und Berlin. Seit
1875, bis zu welchem Jahr er als An-
walt praftizierte, bekleidet er das Amt
eines Stadiſchreibers (Sefretärs des Ge-
meinderates) in Aarau.
In der „Sammlung mufifal. Vorträge” ers
ſchienen von ihm die äußerft günftig beurteilten
biographijch-fritiihen Eſſays über Fr. Chopin,
Franz Schubert, Die Sängerinnen Gertrud
beth Mara und Fauftina BordonisHaffe, Nicolo
Paganini, Giac. Meyerbeer, in der Sammlung
„Offentlicher Vorträge, gehalten in der Schweiz”,
die Vorträge über Rob. Schumann und Joſeph
Haydn. 1876 veröffentlichte er „Die Sch che
Mufitgejellichaft. Eine mufif. und fu chichtl.
Studie”. Bon weitern biographiſch-kritiſchen Ar⸗
beiten aus ſeiner Feder ſeien erw j
über Felix Dräſecke (1887) und über
Kirchner (1887).
Niffel, Franz. Ich bin am 14. März
1831 zu Wien geboren als der Sohn
eines ſ. Zt. ſehr beliebten und noch jeßt
im Andenfen der Wiener fortlebenden
Schaufpielers. Nah zurüdgelegter Bür—
gerichule befuchte ich das Gymnafium bei
den Schotten. Leider mußte ich den Ge-
danfen an weitere öffentlihe und regel-
mäßige Studien aufgeben, da ein heftig
ausbrechendes Bruftübel mich durch meh-
rere Jahre zur äußerften Echonung zw
Ich blieb deshalb fortan auf die Selbit-
bildung angemiejen und widmete mid), da
ih frühzeitig mit der Bühne vertraut und
zum Schaffen für diejelbe angeregt wor⸗
den, ganz dichteriichem Beruf.
Verjchiedene Entwürfe und Arbeiten führten zu
feinem Ziele und dienten nur der Entwicklung
meines Talentes. Dahin gehörten aud) die beiden,
gleichfalls nur als Studien zu betradhtenden und
niemals veröffentlichten Traueripiele „Die In:
quifitoren” und „Nareiß, der Freigelaſſene“, die
ich gemeinfam mit meinem Jugendfreunde Sig:
mund Schlefinger verfaft habe. Ein ebenfalls
von uns gemeinfam verfahtes Volksſtück „Das
Beiipiel” kam im Jahre 1882 im Theater an der
Wien zur Aufführung und fand eine beifällige
Aufnahme Wir fühlten jedoch beide, da bier,
wo die Poſſe fait unbeitritten herrichte, der Boden
nicht fei, auf welchen wir gedeihen fonnten. ch
wandte mich nun dem höheren Drama zu. Im
September des Nahres 1856 öffneten ſich mir
die Worten des Wiener Hofburgtheaters. i
Scaufpiel „Ein Wohlthäter” wurde mit durch
Niſſel.
arg ge Erfolge aufgeführt, erhielt ſich lange
auf Repertoir und murde auch auf vielen
anderen Bühnen nicht ohne Glüd gegeben. Auf
dem Burgtheater folgten noch 1858 mein hifto-
riſches Schaufpiel „Heinrich der Löwe“ und 1862
mein Trauerjpiel „Perſeus von Macedonien“.
errangen einen höchſt ehrenvollen, teilmeije
länzenden Erfolg, verſchwanden aber dennod
Bald wieder vom Repertoir. Zwei andere dra:
matiſche Werke: „Dido“ und „Die Jakobiten“
find, erfteres 1856, letzteres 1859 entitanden.
1863 vollendete ich nody mein Drama „Die Zau—
berin am Stein“, worauf in meinem Schaffen
eine fehr ftarfe Pauſe eingetreten ift. Ich hatte im
3. 1862 eine junge Witwe, die Dpernfängerin Se:
rafine Konrad, geborene Baroneſſe Binder von
Kriegelitein kennen gelernt, mit welcher ich mid)
im April 1864 vermählte. Sie wurde mir zu
meinem tiefften Schmerze nad) allzu kurzer Che
fhon 1868 durd den Tod entriffen und Hinter:
ließ mir drei Kinder im zartejten Alter. Da
gleichzeitig meine Gejundheit eine abermalige und
nachhaltige Erſchütterung erfuhr, fo trat eine jehr
ige Beriode der bitterften Sorgen ein, welde
der iſchen Stimmung nicht günftig mar.
Gleichwohl entitanden in diejen Jahren noch zwei
dramatifche Werke: „Der Königsrichter” und „Rus
dolf von Erlach“, welche jedoch nad) ein paar
vergeblihen Verſuchen, fie auf die Bühne zu
bringen, bis heute unveröffentlicht in meinem Bulte
blieben. Das im Jahre 1877 vollendete
Trauerjpiel „Agnes von Meran” wollte ich nicht
dem gleihen Schidjale überantworten und ent:
$ mich daher, dasjelbe zunächſt als Bud) er:
nen zu laſſen, obwohl ich es keineswegs für
ein Buchdrama“ hielt. Der Erfolg war, ob»
wohl e8 Anfangs unbeadhtet blieb, ein über:
raſchend glüdlicher, denn um diefes Wertes willen
wurde mir November des Jahres 1878 die Aus:
—— deutſchen Schillerpreiſes zu Teil,
worauf auch Aufführungen des Werkes in
Weimar, Wien und Berlin erfolgten. Das letzte
wichtige und entſchieden glücklichſte Ereignis in
meiner Dichterlaufbahn iſt wohl der von Büh-
nenerfolg, den meine „Zauberin am Stein“ nad)
faft iger Mißachtung 1882 im Wiener Burg:
errungen bat, worauf fie auch den Weg
über viele andere Bühnen gemacht hat. Ich lebe
feither, wie übrigens auch vordem, ftil
und zurüdgezogen, teils in meiner Vater:
ftadt Wien, teils auf dem Lande. Zus
nehmende Kränflichfeit und Familienjor:
en mancher Art ließen mich in den legten
Sahren nur felten zu erniter und befon-
le au fortgejegter Arbeit fommen.
8 iſt deshalb nur ein einziges Werk nod zur
| ‚ das Luftipiel „Ei
Bablager Caritse Sat Tab nr Onknärfe
435
Niſſel.
und zahlreiche Bruchſtücke entſtanden, welche ſich
jedoch, wofern mir noch einige Zeit zu leben ver:
önnt ift, noch zu einem oder dem anderen ganzen
erke zuſammenſchließen dürften.
Niſſel, Karl, iſt am 25. November
1817 in Neumarkt (Schlefien) geboren
als ein Sohn braver, aber fehr armer
Eltern, die nicht in der Lage waren, dem
begabten und wifjensdurftigen Knaben eine
gehörige Schulbildung geben, geichweige
denn, ihn, feinem Wunſche gemäß, ftus
dieren zu laſſen. So mußte er fich denn
jelbit den Weg in den Tempel der Wiffen-
haften zu bahnen ſuchen. Er ſchritt
mit ganzer Energie diefem Ziele zu, be:
gann früh, in feinen Jünglingsjahren, ſich
mit poetifchen befonders auch novellifti-
Ichen Arbeiten zu beſchäftigen und befchloß,
nur dem literariihen Beruf zu leben.
Vornehmlich machte er fih durch feine
Dramen befannt, die zumteil mit großem
Erfolge aufgeführt wurden. Ihrer Dich:
tung lebt er noch jett, daneben als Mit-
arbeiter an Zeitichriften thätig, in Lieg-
nig wohnhaft.
Hauptwerte: Des Meifters Lohn (Dram. 1858),
Die Söhne des Kaijers (Trauerjp. 1859), Ulrich
von Hutten (Trauerijp. 1861), Rahel Rufiel
(Zrauerjp. 1867), Hohenzoller und Piaſt (Luftip.
1873), Die Florentiner (Trauerjp. 1874), Riego
(Trauerjp. 1874), Dame Lucifer (Luftip. 1875),
Ein ſchöner Wahn (Luftip. 1876), Aus Zeit und
Leben (Ged. 1880), Das Wörterbuch des Diderot
(Zuftip. 1882).
Niffen, Moritz, it am 17. Februar
1822 in Stedejand geboren; hat in den
Jahren 1843—46 das Tondernſche Leh—
rerjfeminar beſucht; ift von 1846 an-im
praktiſchen Schuldienfte: erſt in Dith-
marſchen, dann auf Fehmarn, ferner auf
Amrum und endlid 21 Jahre am Ge:
burtsorte. Seit 1850 befchäftigt er fich
privatim mit dem Studium der friefischen
Sprade, auf deren Erforihung er viele
Mühe und viel Geld verwandt hat; iſt
in den Ferien von Ort zu Ort gereift,
um die frifiichen Dialekte zu verzeichnen
und Eprihwörter zu fammeln. Zn den lan-
en Winterabenden ift manches Gedicht aus feiner
der gefloffen und fein erites Wert war: „De
25%
Nitihmann.
freske Sjemftin“ d. i. der friftiche Spiegel, mit
einer hochdeutſchen Überfegung, deifen erjte Auf:
lage längft vergriffen ift. Sein zweites Werk:
„De freske Findling, d. 5. frifiihe Sprichwörter
und Nedensarten, it im Selbitverlage in 6 Hef:
ten erjchienen, mittelft Unterftügung von Seiten
der fünigl. Regierung. Das Intereffante an dem |
‚ päbie”,
Werke iſt die große Mannigfaltigfeit in der aus:
gezeichneten Sprachblüte und die Korrektheit in
der Darftellung der frifiihen Dialekte. In dem
Vorworie dieſes MWörterbuches find äußerſt in-
tereilante Forichungen niedergelegt über Sage,
Sitte und religiöfen Kultus des frifiichen Alter:
tums, dargeitellt und begründet nad) den Uber:
bleibjeln in der Sprache. Zu Zeitichriften bat
er mehrere Beiträge geliefert, befonders für den
„Urds:Brunnen“. Daneben, ift N. vielfah mit
frifiihen Vorträgen an die Offentlichkeit getreten.
Nitſchmaun, Heinrich, wurde am
26. April 1826 in Elbing als ein Sohn
des Kreisgerichtsrats N. geboren und von
diejem früh ſchon für die eigene, die ju—
rijtiiche Karriere beftimmt. Diejer Plan
follte fi) jedody, des Knaben zarter Ge—
fundheit halber, nicht verwirklichen, fon:
dern derjelbe widmete fih nad) Abſol—
vierung des vaterjtädtiihen Gymnafiums
der Landmwirtichaft. Aber des Jünglings
Geiftestalente [hlummerten nicht, und als
feine Gefundheit gefräftigt war, gab er
ſich mit Feuereifer den Studien hin, be:
ſuchte auch die Berliner Univerfität, um
bejonders ſprachwiſſenſchaftliche Vorlefun-
gen zu hören. Im Jahre 1855 erwarb
er das Nittergut Polaren, das er 1865
wieder verkaufte, um ausschließlich feinen
literarijchen Arbeiten ſich bingeben zu
fönnen. Seitdem lebt er in Elbing (mit
Unterbrehung durd einen Aufenthalt in
Berlin von 1880— 83). N. hat ſich haupt:
fächlich einen Namen erworben durch feine
vorzüglich überfichtlihe und erſchöpfende
Geſchichte der polnischen Literatur (1882), außer:
dem machte er fich infofern verdient, als
er uns eine große Zahl polnischer Werte
in mufterhaften Überſetzungen zugänglic)
machte. Echliehlih feien auch N.'s eis
genes poetiiches Talent und feine Bega:
bung für Kompofition erwähnt.
Hervorzuheben: Polniſcher Parnaß (Überf. 4.
Aufl. 1875), Album ausl. Dichtung (Überſ. a. d. |
436
Noad.
Engl., Franz., Boln., Serb. 1868), Dreißig fla-
wiſche Melodien (Mufit von ©. Döring, 1868),
Erinnerungen an Dliva (1878), Deutiches Land
und deutſche Lieder (3. Aufl. 1886), Jris, Dich
terfiimmen aus Polen (1880), Hogia (Ep. 1885),
Balladen und Sonette (1888). Außerdem Beiträge
für Zeitfchriften und für die „Deutſche Encyflos
Noad, Guſtav Adolf, geboren am
25. Oktober 1813 zu Borna, widmete
fih dem Lehrerberufe und begann feine
Ichriftftelleriiche Laufbahn in feinem 20,
Lebensjahre mit poetiſchen Beiträgen in
Zeitſchriften, auch mit pädagogiihen Auf
fägen in der „Sächſiſchen Schulzeitung“,
fowie mit dem Büchlein: Gedädtnisübungen
für die Elementarflafjen der Volksſchulen. In
feiner fpäteren Berufsitellung als Lehrer
hatte N. vielfache Veranlaſſung und Ges
legenheit, den tiefgehenden Einfluß des
Volksgeſanges auf die fittlihe Bildung
fennen zu lernen. Diefem Gedanken dient
jein Schöner Liederkranz (1842, 34. Aufl.),
eine Sammlung von 230 der gangbariten
Singweijen mit befierem Terte als den
vielen bisherigen Gaſſenhauern. Zunächſt
ließ N.nun das treffliche Werk: Beiträge zur
Pädagogik und Didaktif (1843—46) erfcheinen.
Außerdem gab N. eine große Zahl von
Schulicriften, Übungsbüchern, Wand:
karten 2c. heraus und im Jahre 1381 eine
jehr günftig beurteilte Sammlung von Epi-
grammen: Altes und Neues aus den Papieren
des Verfaſſers vom Liederfranz. Obwohl N.
bereits 1875, feines vorgerüdteren Alters
wegen, feinen Abjchied nahın, ift er fort—
während noch emfig literariich thätig.
NoE, Heinrih Auguft, ift am 16.
Juli 1835 in München geboren, bejuchte
das dortige Gymnafium und bezog 1853
die Univerfität München, 1854 Erlangen,
um Natur: und Sprahwillenihaften zu
jtudieren. Nachdem er 1864 zum Dr.
phil. in Erlangen promoviert worden,
begab er fich zunächit auf jahrelange Rei—
fen ins Ausland, ließ fih dann in
feiner Vaterſtadt, 1875 in Wien und
1885 in Görz nieder und lebt ausſchließ—
lich feiner literariſchen Thätigfeit, beſon—
Noeldeke.
ders durch feine trefflichen Reifebefchrei-
bungen befannt geworben.
Hauptwerke: In den Boralpen (1864), Bay:
riihes Seebuh (1865), Brennerbuh (1866),
Oſterreichiſches Seebud (1867), Bilder und Ge:
ftalten (1869), Bilder aus Südtirol (1869),
Italienisches Seebuch (1870), Elfah » Lothringen
(1871), Robinfon in den hohen Tauern (1872),
Deutiches Alpenbuch (1872—85), Ein Tagebud)
aus Abbazia (1884), Sinnbildliches aus der Natur
(1884), Die Oftalpen (1885); Die Brüder (Rom.
1870), Gafteiner Novellen (1874), Am Hofe des
—— (Rom. 1886), Sebaldus (Rom.
1880).
Noeldeke, Theodor, wurde am 2.
März 1836 in Harburg geboren, ſtudierte
in Göttingen, Wien, Leyden und Berlin
Drientalia, habilitierte fi 1861 an erft-
gen. Univerfität, wurde 1864 als außer:
ord. Profefior nad) Kiel berufen, daſelbſt
1868 zum ordentl. Profeſſor ernannt und
ging 1872 in gleicher Eigenihaft nad)
Straßburg.
Bon N.’3 Schriften, die zu den vorzüglichiten
auf diefem Felde zählen, find befonders zu nen»
nen: Geſchichte des Korans (1860), Das Leben
Mohameds (1863), Zur Poeſie der alten Araber
(1864), Die altteftamentarifche Literatur (1858),
Grammatif der neufyriihen Sprade (1868),
Deögleihen der mandäiſchen Sprade (1875);
—— treffliche Überfegungen aus dem Ara—
Nösgen, Karl Friedrih, am 31.
März 1835 zu Halberjtadt geboren, fam
infolge von Berfegungen feines Waters
1841 nad) Königsberg und 1850 nad
Danzig. Das gerade in dem fünften Jahr:
zehnt diefes Jahrhunderts jehr bemegte
geiftige und geiftliche Leben Königsbergs
berührte den Knaben frühe. Der Ber:
fehr jüngerer theologifcher Dozenten im
elterlihen Haufe und der Beſuch des alt-
ſtädtiſchen Gymnaſiums, auf dem anfangs
noch Dr. Rupp jelbit, und fpäter ein Ge-
finnungsgenofie, Religionsunterridt er:
teilte, ließ nicht felten am ſelben Tage
die entgegengefegten Anfichten über Alt:
und Neutejtamentlihes dem auf dieſe
Dinge aufmerkjamen Knaben zu Ohren
fommen. Seine früh geweckte Neigung
zum Studium der Theologie wurde in
437
—,r— — — — —— — — — — — — — ——— ———
Nötel.
Danzig noch mannigfach befeſtigt. 1854
bezog er die Univerſität Halle, wo Tho—
luck, und 1855 Berlin, wo Tweſten, Fr.
Streuß und Hengftenberg am anregendſten
auf ihn wirkten. Nahdem er dann in-
nerhalb eines fnappen Jahres beide theo-
logiihe Examen beftanden, bereitete er
ſich noch auf das Oberlehrereramen vor,
ward aber kurz vor deilen Ablegung
(1859) unerwartet zum Hilfsprediger in
Schloppe und dann 1861 zum Zwangs—
anjtaltsgeiftlihen in Graudenz berufen.
Hatte er bis zum Jahre 1863 nur im Inter»
eſſe feiner eigenen theologifchen Durdbildung ſich
wiſſenſchaftlich beichäftigt, jo reiften zwei Pu—
blifationen der Jahre 1863 und 1866 aus der
Feder jüngerer namhafter Theologen in ihm den
Entihluß, an deren wiſſenſchaftlicher Bekämpfung
ſich zu beteiligen. Infolgedeſſen begann feine lis
terarifche Thätigfeit im Jahre 1867, welche er auch,
als er 1873 Landgeiftlicher bei Nordhaufen in
der Provinz Sachſen ward, unausgelegt beibe:
hielt. Dem Erſcheinen jeiner bislang bedeutend»
ften Arbeit, einer Erklärung der Apoſtelgeſchichte
(1882), folgte unmittelbar feine Berufung
in die Profeffur für neuteftamentliche
Eregefe und Symbolik an Bhilippis Stelle
nad Roſtock. Seitdem beteiligte er fich viel—
fah an Luthardts theologiihem Literaturblatt;
feine jüngjte Arbeit ift die Bearbeitung der drei
eriten Evangelien in Strads und Zödler's Kury
gefahtem "Handbuch zu den bibliihen Schriften
(1886).
Nötel, Louis (Johann Ludwig), ge:
boren zu Darmitadt am 25. Januar 1837
als der Sohn des dortigen Hofichauipies
lers und Garderobe-Inſpektors Philipp
Nötel. Er beſuchte die Realſchule feiner
Vaterjtadt und widmete fid) alsdann dem
Kaufmannsjtande, den er aber ſehr bald
mit der Bühnenwirffamfeit vertaufchte.
Noch nit 17 Jahre alt, betrat er bei
einer Eleinen reifenden Gelellihaft 1853
zu Artern im Neg.-Bez. Merjeburg zum
erjtenmale die weltbedeutenden Bretter,
und nun folgte ein Wanderleben, wie es
nur wenige jeiner Berufsgenofien fennen
gelernt haben dürften. Im Ganzen jpielte
N. in ahtzig verichiedenen Städten. 1865
verheiratete er fih in Hamburg mit der
Echaufpielerin Amalie Müller. 1878,
Nöthling.
alfo nach 25jähriger Bühnenwirkſamkeit
trat N. nach vorhergegangenem Gaſtſpiel
als engagiertes Mitglied in den Verband
des k. k. Hofburgtheaters in Wien ein,
woſelbſt er ſich gegenwärtig noch befindet
und vorausſichtlich bis an ſein Lebens—
ende verbleiben wird. — Im Alter von
41 Jahren ſtehend, machte N. ſeine er—
ſten ſchriftſtelleriſchen Verſuche. Er, der
vorher nie eine Zeile zum Zwecke der
Veröffentlichung geſchrieben hatte, durfte
ſich gar bald zu den produktivſten Schrift—
ftellern zählen. In raſcher Folge erichie-
nen die nachſtehend verzeichneten vorzüg-
lih beurteilten Werte:
Ernit und Humor in Poeſie und Profa (Ged.
u. Ey. 1878), Der flammende Stern (dram. Ged.
1879, 2. Aufl.), Eine Frau vom Theater (Schaufp.
1879), Die Sternfchnuppe (Luftip. 1880), Yom
Theater (Humor. Erz., 5 Bde., 1880—93), Karl der
Große (dram. Ged. 1880), Der deutfche Michel (Ko⸗
mödic. 1880), Mofes I., 3, 18 (Luftip. 1881),
Im Banne des Vorurteils (Schauip. 1882), Der
Herr Hofihaufpieler (Schw. 1883), Ein Schuf
ins Schwarze (Luftip. 1883), Erratiihe Blöde
(freim. Zeichn. 1883), Die Kohlenprinzeifin
(Schaufp. unter dem Pfeud. Leopold Müller,
1885), Es war einmal! (Trauerfp. 1886) und
1897 das Scaufpiel: Die Miſſion des Herrn |
Lazar. Ferner find ald Bühnenmanuffripte er:
Ihienen die OperettensLibretti: Der Jäger von
Soeſt, Das Schloß im Odenwald und Es jtand
geihrieben! und die Auftfpiele: Das Panzerſchiff
und Durdgefallen. Außerdem zahlreiche Feuille:
tons in Beitichriften.
Nöthling, Ernft, wurde am 15.
September 1849 zu Erfurt geboren, be:
juchte das dortige Realgymnafium, fodann
die Kunſte und Gewerbeſchule dafelbit,
hierauf die Provinzialgewerbefhule zu
Halle a. S.; arbeitete praftifch als Mau—
rer und Zimmermann; bejuchte die Bau—
gemwerfihule zu Idſtein (Prov. Nafjau)
und jtudierte Architeftur an den techni-
ſchen Hochſchulen zu Berlin und Aachen,
Sodann bereite er ein Jahr lang Ita:
lien und die Schweiz und wirkte 5 Jahre
lang als Privatarchitekt in Erfurt. 1879
trat er zum Lehrfach über, unterrichtete
an den Baugewerkſchulen zu Weglar und
Edernförde, ſodann als erfter Lehrer an
438
Nohl.
der Baugewerkſchule zu Langenſalza, der
Herzogl. Baugewerbeſchule zu Gotha und
ſeit 1886 an der Bauſchule zu Deutſch—
Krone (Wejtpreußen).
Hauptwerfe: Formenlehre der Baufunft (1882,
2. Aufl. 1884), Schuß unferer Wohnungen ges
gen die Feuchtigkeit (1885), Die Eisfeller, Eis—
bäufer und Eispränte (4. Aufl. 1886).
Nohl, Clemens, am 10. Juli 1826
zu Neuwied geboren, wo fein Vater Ober:
lehrer an der Elementarſchule war, be
fuchte hier die höhere Bürgerjchule, bezog
dann das Friedrih-Wilhelms-Gymnafium
in Köln, jtudierte in Bonn und Halle
Theologie, nahm einen fünfmonatlichen
Aufenthalt in Frankreich, war Hauslehrer
‚in Lennep und Mainz, wurde im Jahre
1855 als Lehrer an die höhere Bürgers:
ihule feiner Baterjtadt Neuwied berufen
und übernahm im Jahre 1871 die Leis
tung der dortigen Privat-Mädchenſchule,
die jpäter ftädtifch wurde und gegenwärtig
mit einer Zehrerinnen-Bildungsanitalt ab>
ſchließt. Er verlangt die Betreibung der
neueren Spraden auf allen höheren Lehr⸗
anjtalten, die Befeitigung des Lateinuns
terrichts aus allen NRealanftalten, Betrei-
bung der alten Spraden nad) und neben
den neueren nur auf Gymnafien, auf
den letzteren auch einen gediegenen Natur:
wiſſenſchafts⸗Unterricht.
Die von ihm verfaßten und von der maßge—
benden Kritik ſehr gut aufgenommenen Schriften
ſind: Über die Notwendigkeit der Entfernung des
Unterrichts im Lateiniſchen aus dem Lehrplan der
Real» und höheren Bürgerſchulen, Über die Not—
wendigfeit einer gründlihen Reform des Xehrs
plans für den Selhichtäunterricht auf Real» und
höheren Bürgerichulen, Einige wichtige Fragen,
das höhere Mädchenſchulweſen betreffend, Mängel
und Mißſtände im höheren Schulweſen, Pädago—
giſche Seminarien auf Univerfitäten, Ein neuer
Schulorganismus, Wider die Herrihprätenfionen
der Orthodorie, Pädagogif für höhere Lehr:
anftalten. Bon dem leßteren Werke ijt bisher
erſchienen Bd. I: Die Lehranftalten und Bd. II:
Methodik der einzelnen Unterrichtsgegenftände.
Noire, Ludwig, wurde am 26. März
1829 zu Alzey geboren, jtudierte 1846
bis 1848 in Gießen Philojophie und
Philologie, wurde als Lehrer am Gym:
Nolde.
439
—
Nonne.
naſium zu Mainz angeſtellt, wo er noch und publizierte auf dieſem und landwirt⸗
jetzt als Profeſſor der alten Sprachen
wirkt. Seine Schriften könnten alle unter
dem Geſamttitel: „Der Urſprung des Men⸗
ſchen“ zuſammengefaßt werden. Er hält
die Darwiniſtiſche Erklärung, ſofern ſie den
Menſchen rein phyſiologiſch und ſomatiſch
vom Tiere ableitet, für verfehlt und un—
nach N. iſt die geiſtige Entwickelung am
Leitfaden der Entwickelung der Sprache
und Vernunft (Logos). Nah 30jäh—
rigen Studien veröffentlichte N. den ur—
ſprung der Sprache (1877), ein Werk von
höchſter Bedeutung für das betreffende
Gebiet. Außerdem heben wir von den
verdienſtvollen Schriften des Verfaſſers
hervor:
Die Welt als Entwickelung des Geiſtes (1874),
Die Entwidelung der Kunſt (1874), Der moni—
ftiihe Gedanke (1875), Grundlegung einer zeit»
gemäßen Philoſophie (1875), Einleitung und Be—
gründung einer moniftifchen Grfenntnistheorie
(1877), Das Werkzeug und feine Bedeutung für
die Entwidelungsgeichichte der Menſchheit (1880),
Die Lehre Kants und der Urfprung der Vernunft
(1881), Logos, Urjprung und Weſen der Bes
griffe (1885).
Nolde, Ferdinand Baron v., wurde
am 6. Mai 1812 in der rufftichen
Oſtſeeprovinz Kurland geboren.
hielt jeine Schulbildung durch Hauslehrer,
bezog darauf die Univerfität München,
um daſelbſt feine Studien zu abjolvieren.
Nah größeren Reifen, die ihn faſt durch
ganz Deutichland und den Süden Eu—
ropas führten, übernahm er das Dlajorat
und die Güter der Familie. N.’s poetiiche
Verſuche fallen ſchon in das Jahr 1831.
1868 — 71 ericdhienen feine gejammelten |
Dichtungen (4 Bände) unter dem Titel
„Boetiihe Verſuche“. Eine eigentliche
Ichriftjtellerifche Thätigkeit entwidelte N.
jedoch erit in jpäteren Jahren, nachdem
er fih von der Verwaltung feiner Güter
zurüdgezogen hatte. Als leidenichaftlicher
Jagdliebhaber veröffentlichte er eine Reihe
intereflanter Aufläge in jagdliden, land»
wirtjchaftlihen und anderen Zeitſchriften
Er er:|
ſchaftlichen Gebiete an felbjtänd. Werfen:
Aus der Jägerpraris. Intereſſante Beobad)-
tungen auf der Jagd und aus dem Tierleben ıc.
(1872), Büchſe und Zither (Jägerlieder 1875),
Jagd und Hege des europäiidhen Wildes. Hand»
buch für Jagdliebhaber und angehende Jäger (2.
Aufl. 1883), Gallerie edler Hunderaſſen. Roll:
ſtändiges Handbuch für Jäger und Hundelieb—
zureichend Die einzig wahre Erklärung haber mit 40 Jlluftrationen (1884), Vorzüge der
R a
Plänterwirtichaft vor der Schlagwirtihaft, Mik-
ernten und wie dem entgegen zu treten it, Die
jest in Gebrauch jtehenden Jagdhunde (1885),
Anleitung zur Erlernung der Treffjicherheit beim
Schießen (2. Aufl. 1886), Vademecum für Näger
und die es werden wollen (1887). An poctiichen
Werken ift N. Verfafler folgender Schriften: Kaiſer
Marimilian von Merifo (Trauerip.), Bertrand
genannt Baltimore (T Trauerip.), So geht e8, wenn
man auf fremdem Grund und Boden jagt (Luitip.),
Herzog Wilhelm von Kurland und die Gebrüder
Nolde (Trauerip. 1873), Herzog Wilhelm von
Braunſchweig, genannt der ſchwarze Prinz (Cha:
rafterbild aus den Befreiungskriegen, 1871), Des
Dichters Wiegenfeitgabe am Standbilde Peters
des Großen von Rußland (1872), Siegesfranz
zur Verherrlihung der ruſſiſchen Waffen im Tür:
fenfriege (1879). Außerdem viele Gelegenheits:
gedichte.
Nonne, Ludwig, wurde am 3. März
1831 in Hildburghaufen geboren, lebt in
dieſer Stadt und fchrieb in den Jahren
1831 —84 die äußerjt günftig beurteilten
hiſtoriſchen Romane: Georg Dipold, Aus vers
gangenen Tagen, — von Rothenburg,
Georg von Frundsberg, Ein Zug nah Rom.
Nordau, War, iſt am 29. Juli 1849
in Budapeſt geboren, abjolvierte das dor—
tige Gymmafium und widmete fi dem
Studium der Medizin an der dortigen
Univerfität, betrieb daneben jedod) aud)
eingehende literarhiltorifche Studien. Nach—
dem er 1872 zum Dr. med. promoviert
worden, begab er ſich für mehrere Jahre
auf Reifen ins Ausland, befonders nad)
Deutſchland, Rußland, Belgien, Spanien,
Italien, Franfreid und England. Er er:
weiterte feinen Geſichtskreis durch das viele
Neue und Eigenartige, was die verſchiede—
nen Nationen ihm boten, ungemein und
verwertete diefe Kenntnis jpäter auch lite
rariih. Seit 1880 lebt N. als Arzt in
Paris, neben feiner beruflihen Wirkſam—
Norden. —
keit mit großem Erfolge als Schriftſteller
thätig. Allgemein bekannt wurde N. zu—
erſt durch ſeine geiſtſprühenden Federzeich—
nungen aus Paris, aber weit mehr noch
durch ſeine Konventionellen Lügen der Kultur⸗
menſchheit (1883, 12. Aufl. 1887), Die geradezu
von fenlationellem Erfolge begleitet waren,
vielen Staub aufwirbelten und dem Ver:
faſſer ebenfoviele Freunde wie Feinde er:
warben.
Außerdem hervorzuheben: Aus dem wahren
Milliardenlande (2. Aufl. 1881), Vom Kreml zur
Alhambra (2. Aufl. 1881), Baris unter der dritten
Republif (3. Aufl. 1881), Der Krieg der Millios
nen (1882), Ausgewählte Barifer Briefe (2. Aufl.
1887), PBaradore (4. Aufl. 1887), Die Krankheit
ded Jahrhunderts (1887).
Norden, Erich, ſ. Martha Eitner.
40 —
Nottbed.
nennen wir nur die in den zwei leiten Jahren
geichriebenen Dramen: Filipa (Schaufp.), Das
Opferlamm (Luftip.), Die Parafiten (Luftip.),
Der Sciroeco (Schaufp.), Die Poſen (Luftfp.),
Die Snöilinifgen Bücher (Luftip.), Jettatura
(Lultip.).
Nottbeck, Eugenvon, geb.am 23. Juli
(4. Aug. n. ©t.) 1842 in Reval als Sohn
| des f. ruf. wirfl. Staatsrats Eduard v. N.,
erhielt feine Schulbildung daſelbſt in der
eſthländiſchen Ritter: und Domfchule und
im ejthländifchen (deutfhen) Gouvernes
ments⸗Gymnaſium, be3og 1861 die liv-
ländifhe Landesuniverfität zu Dorpat,
ftudierte daſelbſt Rechtswiſſenſchaft, abjol-
‚vierte 1865 das Standidateneramen und
wurde darauf Advofat des eſthländiſchen
Oberlandgerihts und im Staatsdienjt bei
der eſthlaͤnd. Gouvernements:Regierung
Nordhoff, Richard Freiherr v. Fuchs, angeftellt, 1870 zum Sefretär derjelben
geb. am 28. Mai 1855 auf Schloß Moeckern
bei Leipzig, erhielt feine erfte Erziehung
im elterlihen Haufe, fpäter in Schnepfen-
thal und in der Dresdener Kadettenſchule,
abjolvierte das Thomasgymnafium, ftu:
dierte in Heidelberg, Straßburg und Ber:
lin, wo er Recht, Cameralia und Philo—
fophie hörte; diente als Leutnant im 1.
ſächſ. Hufaren-Regiment, heiratete dann
in London die befannte Tagödin Fr. EI:
menreich, trennte fich jpäter von derſel—
ben, widmete ſich der Dlalerei, die er an
der Münchener Akademie unter Linden:
ihmidt, in Rom im Atelier Baul Scho:
belts ftudierte, unternahm mehrfache Rei—
fen nad) England, Franfreih und Nord:
amerifa und lebt jeit 1884 in Nom.
Sehr jung, nod Kind, ſchrieb N. Stüde in
Verſen und Proſa in deutfcher und franzöfifcher
Sprade, diejelben wurden auf der Hleinen Bühne
im Garten zu Moedern, die er felbit angelegt
hatte, aufgeführt. Im Jahre 1880 debütierte er
am königl.Hoftheater zu Dresden mit dem ſchwank—
haften Luſtſpiel „Korreſpondenz“, und zwar unter |
ungewöhnlihem Beifalle.. Aber er gab diejes
leichtere Genre bald auf. Die Wege, weldhe uns
in Deutihland Gutzlkow, Freitag, Bauernfeld,
Laube u, U. gecbnet haben, waren es, welche er,
begeiftert von deren Leitungen, zu befchreiten be:
ftrebt war: das Luftipiel in des Wortes edelfter
Bedeutung. Bereits lohnten ſchöne Erfolge dies
jes Streben. Mit Übergehung der Jugendwerke
befördert, 1878 im Range eines Hofrats
‚dem Minifterium des Innern zugezählt,
1881 zum Regierungsrat und nod in dem»
felben Jahre zum älteren Nat (Ober-Res
gierungsrat) der eithländ. Gouvernements⸗
Regierung ernannt. 1882 wurde er zum
Range eines Staatsrats befördert. Seit
der im Sabre 1885 unternommenen
waltfamen Nuffifizierung der deutichrrufft
ſchen Dftieeprovinzen wurde jeine amtliche
Etellung immer ſchwieriger, da er für Die
Rechte des Landes und der evangelifchen
Landeskirche einzuftehen bemüht war, und
wurde er bereits 1886 genötigt, um feine
Entlafjung aus dem Staatsdienit nachzu—
fuchen. Seitdem lebt er als Brivatmann
in Neval und als Mitglied einiger kirch—
liher und Wohlthätigkeits-Inſtitute, fo ift
er z. B. Vize Präfident der ejthländ. Ab-
teilung der Gejellichaft des roten Kreuzes.
Er verheiratete fih 1872 mit einer Ba—
roneſſe Birard de Soucanton, aus welcher
Ehe mehrere Kinder hervorgegangen find.
Seine wiſſenſchaftlichen Arbeiten haben vor:
nehmlich die Erforfhung der Rechts, und Kultur—
gefchichte feiner Vateritadt, der alten Hanſeſtadt
Neval, zum Gegenitand gehabt. Hierher gehören
' feine fehr verdienten Werke: Die älteren Rats:
familien Revals (1874), Siegel aus dem Nevaler
Ratsarchiv (1880), Die alte Ariminaldronit Res
Nover.
vals (1884), Der alte Immobilienbeſitz Revals
(1884), Die alten Schragen der großen Gilde zu
Reval (1885); außerdem ift er auf dem Gebiete
der Rechts · und Kulturgeſchichte in verjchiedenen
Zeitſchriften aufgetreten. Betreffen auch die obigen
Werke vornehmlich die baltiſche Geſchichte, jo hat
doch das oben erwähnte Siegelmerf, welches wid:
tig für die Sphragiftit ijt, auch im Auslande
vielfaches Intereſſe erregt.
Nover, Jakob, geb. am 22. Mai
1845 zu Offenbach a. M., erhielt feine
Gymnaſial- und Univerfitätsbildung in
Gießen; ftudierte 1863—67 Philologie,
promovierte und ward zuerit Erzieher in
Cognac (Departem. Charente); 1868 Real:
lehrer an der Seleftenihule zu Frank—
furt a. M., von 1874 ab Gymnafial:
lehrer in Saargemünd (Reichslande), und
wirft feit 1876 am Gymnaſium zu Mainz.
Hauptwerfe (durchgängig vorzüglich beurteilt):
Bedeutung german. Mythologie für die Schule
(1880), Urfprung und ältejte Geftalt der Nibe:
Iungenjage (1880, als Vortrag gedrudt), Bedeu:
tung und Nahmwirfung german. Mythologie (1880),
Nordifch german. Götters und Heldenfagen (2.
Aufl. 1886), Bilder vom Niederrhein und Weit:
falen (Bd. V. und ein Teil in Bd. VI. des
nationalen Werkes „Deutiches Land und Volk",
1882 und 1883), Der Vater Rhein in Sage und
Dichtung (1882), Rheinfahrt von Mainz bis Köln
(Ein illuftr. Führer, 1885), Die Götterdämme:
rung (Ber. d. Freien deutſchen Hochſtifts in Frank;
furt a. M., 1886/87, gedrudter Vortrag), Wil:
beim Tell in Poeſie und Wirklichkeit (Eine poe:
tiſche Wanderung zu Tellerinnerungen, 1887),
Ludwig Uhland (Säkularrede, Ber. d. Fr. D. 9.
in Franff., 1887). Zerſtreute Aufläge belletrifti-
fhen und populärmwiflenihaftl. Inhalts, ſowie
Feuilletons in Zeitihriften und Tagesblättern.
Nowotny, Iſabella (Ida Klein),
wurde am 31. Januar 1828 zu Prag
als die Tochter des Landgerichtsrats Joh.
Edler von Grab geboren. Eine anhaltende
Kränklichfeit hielt fie feit ihrer Geburt
faft immer gefangen; ein Siehtum, das
nit nur reih an Schmerzen war, jon=
dern das ihr fogar die Erlernung der
niederften Elemente des Wiſſens verjagte,
da fie jedem Unterrichte fern bleiben mußte.
Unter großen Hinderniffen und Echwierig-
feiten bildete fie ſich autodidaktiſch heran
und wurde nicht nur eine treffliche Dich—
terin — Sie ift auch Meifterin am Kla—
441
Nußbaum.
vier. Ein Drang des Grübelns und For:
ſchens über fihtbare wieunfichtbare Dinge,
mit nicht gewöhnlichen Scharffinn gepaart,
gab in dem zarteften Alter fchon ihrem
Naturell das beftimmte Gepräge, das noch
heute J. Klein und ihre Werke Fennzeich-
net, Ein reicher Geiftesfond wurde ihr
als Erſatz für ihre körperliche Gebrechlich—
feit. Eine ausgeprägte Vorliebe zur Eins
jamfeit begünftigte frühzeitig ihren Drang,
‘all’ die empfangenen Eindrüde niederzus
Ichreiben. Am Jahre 1854 vermählte fie
ſich mit dem jegigen Zandesadvofaten Dr.
Nowotny in Prag. Erſt im Jahre 1862
— fo lange hielten die Verhältniffe fie
von der Veröffentlichung ihrer jchriftftelle-
rifhen Arbeiten zurüd — erſchien ihr
erites Buch Pſfychologiſche Skizzen, dem die
Kritik jehr freundlich entgegenfam. K. V.
Hansgirg war es, der insbejondere J. K.
zu fernerem Schaffen aufmunterte. Erft
nad) der Herausgabe ihrer Novellen (1868)
fing fie an, auch journaliftiich hervorzu—
treten, heute rechnen zahlreiche angejehene
| Blätter des In: und Auslandes fie zu ihren
Mitarbeitern. Von ihren, durch die Kri—
tif fehr anerfannten Werfen find außer
den genannten hervorzuheben:
Gedichte (1882), Kritiihe Studien über bes
rühmte Berjönlichkeiten (1882), Winzige Sädhel:
chen (1882), Sokrates (Rom. 1884). Befonders
dieſer leßtere Roman machte die Autorin vorteils
baft befannt, Dritter Novellenband (1886), Juss
jurandum (Rom, 1887).
Nußbaum, Johann Nepomuk Ritter
von, wurde am 2. September 1829 als
der Sohn eines jehr tüchtigen und ans
geiehenen Juriften in München geboren.
N. verlor feinen Vater im zarteften Kindes—
alter. Seine Mutter, eine arme Witwe,
konnte ihren vier Kindern feine Protef:
tion verichaffen, fie mußte fi) und Die
Ihrigen mühfam durbringen. N. abfol:
vierte das Gymnaſium in feiner Vater:
ftadt, bezog darauf die Univerfität, und
bier waren es befonders die Naturwiſſen—
ihaften, die ihn mit bejonderer Kraft
anzogen. Er widmete fih dem Studium
der Medizin. Schon als Student be:
Nußbaum.
trieb er mit beſonderer Vorliebe Augen⸗
heilkunde und Chirurgie. Aufſehen er—
regte er mit ſeiner ſchönen Erfindung der
künſtlichen Cornea. Dieſe ſeine Arbeit
brachte dem Studenten N. viele Neider,
richtete aber auch das Augenmerk hoch—
geſtellter, in einflußreichen Stellungen ſich
befindlicher Arzte u. a. von Pfeffer und
v. Siebold auf den hoffnungsvollen jun—
gen Mann, der mittlerweile zum Doktor
promoviert worden und als Choleraarzt
auf dem Lande ſeine Praxis begann.
Bald darauf ging er nach Berlin, um
Schönlein und Romberg, Gräfe und Lan—
genbeck zu hören und kennen zu lernen. |
Bon Berlin brachte N. die Heilgymnaftif |
nad München, und dieje jchaffte ihm bie,
Mittel, zu feiner weiteren Ausbildung
— 42 —
Oberbreyer.
rurgiſche Klinik zu Münden im Jahre 1875“ bie
Aufmerkſamkeit aller Chirurgen auf fi gezogen.
N. Ichrieb über 80 wiſſenſchaftliche und populäre
Schriften. Seine „Antifeptit” ift in ungewöhn⸗
lich hohen Auflagen vergriffen und in fünf
Sprachen überjegt worden.
Das Privat:Spital N.'s, welches jeit 29 Jahren
beftebt, feine chirurgiſche Klinik in Münden ge
bören zu den befuchteiten in Deutihland. In Ans
erfennung feiner ausgezeichneten Berdienite wurde
er durch die Verleihung hoher Orden geehrt und
zum fol. baierifchen Generalftabsarzt äà la suite
ernannt.
—*
Oberbreyer, Max, wurde am 24.
Juni 1851 in Magdeburg als der Sohn
eines angeſehenen Kaufmannes geboren.
nach Paris zu gehen, um Velpeau und Den erſten Unterricht erhielt er im elter—
Nélaton, Jobert (de Lamballe), Mai—
ſonneuve u. A. in ihrer Klinik am Kran—
kenbette zu ſehen und auch in der fran—
zöſiſchen Schule zu lernen. Nach Mün—
chen zurückgekehrt, habilitierte er ſich für
Chirurgie, und hatte ſein Name einen ſo
guten Klang, daß die Univerſität Zürich
einen Ruf als Profeſſor der chirurgiſchen
Klinik an ihn erließ. N. leiſtete jedoch
dieſer ehrenvollen Berufung keine Folge.
Der ausdrückliche Wunſch ſeines Königs
hielt ihn zurück, und Max II. ernannte ihn
zum Profeſſor der chirurgiſchen Klinik in
Münden. Was N. in dieſer Stellung bis—
her geleiſtet und noch leiſtet, iſt jedem Arzt
und beſonders jedem Chirurgen bekannt.
N. hat faſt in jedem Kapitel der Chirur—
gie Hervorragendes geleiſtet:
Seine literar. Arbeiten über die verſchiedenſten
chirurgiſchen Themata bilden allein eine Biblio—
thek. Er ſchrieb: Über Hornhauttrübungen, Über
Cornea artificialis. Über Transfuſion, Über
Chloroform, Über Nervenrefektionen, Über Litho:
tomie und Lithotripfie, Über temporäre Tracheo—
tomie, Über cavernöfe Tumoren, Antylofen, Bla:
fen: und Maſtdarmkrebs, Berlängerte Narfofe,
Dvariotomie, Bauchwunden, Parenchymatöſe In:
jeftionen, Dehnung der Nerven, Kniereſektion,
Geihmwüre, Drainage der Bauchhöhle, Lifters
antijeptiihe Behandlung, Krebs, Hofpitalbrand,
Knochen » Transplantation und vieles Andere,
Ganz befonders aber hat feine Schrift „Die dis
lichen Haufe; darauf befuchte er das kgl.
Domgymnafium feiner Baterjtadt, das er
bis zur Prima ablolvierte, um dann, dem
Wunſche feines Vaters gemäß, in eines
der eriten Bankhäuſer Magdeburgs eins
zutreten. Aber nur für kurze Zeit blieb
der hochſtrebende Jüngling dem, ihm
poeſielos ericheinenden Dienfte Merkurs
getreu. Ein leidenichaftliher Trieb zu
den Wiffenichaften riß ihn aus einer
Laufbahn fort, die ihn innerlich nicht be=
friedigte. Am Gymnafium zu Rudolſtadt
legte er, nachdem er dasjelbe noch ein
Jahr beſucht Hatte, jein Abiturientens
eramen ab und bezog darauf die Univer—
fität Leipzig (1872), um klaſſiſche und
neuere Philologie und Geſchichte zu ſtu—
dieren, jpäter beſuchte er die Univerfi-
täten zu Halle, Heidelberg und Berlin,
wo er fid) den Doftorgrad erwarb. Unter
den Profeſſoren waren es beſonders Ritſchl,
Ernft und Georg Gurtius, Editein,
BZarnfe, Hildebrand, Mommſen, die Ein-
Muß auf O's Richtung übten. Kurze
Zeit nad) Ablegung feines Eramens wurde
D. zum Lehrer am fgl. Friedrich: Wil-
helms-Gymnafium zu Berlin ernannt,
aber ſchon Ende besfelben Jahres als
Aſſiſtent des kgl. Kreisichulinipeftors nad)
Oberländer.
Düffeldorf geſchickt. Jedoch bereits 1877
quittierte er den Staatsdienft und fehrte
nad) Berlin zurüd, um fi ausſchließlich
dem jchriftitelleriichen Berufe zu widmen.
D. machte ſich namentlich bald durch feine
polemifchen Schriften „Reform der Doftorpro:
motion“ (4. Aufl.), und das „Zech:Recht” be:
fannt, welche eritere in Gelehrtens, letztere in
ftudentifchen Kreiſen Auffehen erregte. Außer:
dem haben wir unter feinen, meift ſehr günftig
aufgenommenen Werfen hervorzuheben: Dreißig
Überfegungen der alten griechiſchen und römifchen
Klaffiter mit Einleitung und Erläuterung, Ana-
lecta eritica in Taeiti dialogum, Die Götter:
lehre der Griechen und Römer, Weltgefhichte für
Gymnaſien und Realſchulen, Deutiche Literaturs
—— von Ulfilas bis Uhland, Das Komment:
uch des Mittelalters (5. Aufl.), Vom ſchweren
Mißbrauch des Weines (3. Aufl.), Boners Edel⸗
ſtein in ſprachlicher Erneuerung, Meier Helm—
brecht, Macchiavellis Buch vom Fürſten, Heitere
Geſchichten, Feſthymne für den Großherzog von
Weimar. D. iſt außerdem Mitarbeiter einer
Reihe von Journalen und als Feuilletonift be»
liebt. 1879 fiedelte D. zu feiner Familie
nad) Magdeburg über, wo er zuerft für
die Magdeburgiſche Zeitung arbeitete und
fpäter die Redaktion des „Magdeburger
Tageblattes“ vier Jahre hindurch führte.
1883 nahm D. feinen Wohnfig in Leipzig.
Seines Wirfens auf humanitärem Ge—
biete wegen ernannte ihn die Stadt Saal-
burg zum Ehrenbürger und wurde ihm
vom Fürſten Reuß j. 2. der Hausorden
verliehen.
Oberländer, Rihard, wurde am 24.
September 1832 in Zwidau geboren, wid:
mete fih nad) Abjolvierung des vater:
jtädtiichen Gymnafiums dem Studium der
Geographie und Geſchichte zu Leipzig,
unternahm viele und weite Reifen ins
Ausland, durchforſchte bejonders Afrika
und Auftralien und verwertete die Er:
gebniffe jeiner Reifen literariih in den
hochbedeutenden Werfen:
Deeanien (1873), Weft-Afrifa (3. Aufl. 1878),
Livingſtone's Nachfolger (3. Aufl. 1884), Auftra
lien (2. Aufl. 1880), Zivingitone (6. Aufl. 1882),
Enpern (1882), Fremde Völker (1883), Merifo
(2. Aufl. 1884), Bon Ocean zu Ocean (1884),
Deutſch⸗Afrika (1885).
D. lebt als Redakteur und Herausgeber
der „Weltpoft” in Leipzig.
443
Oberleitner.
Oberleitner, Karl, ift am 2. Mai
1821 in Wien geboren. Er widmete ſich
dem Studium der Bhilofophie, nach deſſen
Abjolvierung er in den Staatsdienft trat,
und zwar unter Grillparzers Leitung als
Beamter des k. f. Hofkammer-Archivs,
deſſen Direktion er im Jahre 1866 über:
nahm, jedoch bereits im folgenden Jahre
wieder niederlegte, um ausſchließlich ſei—
ner Mufe dienen zu fünnen. Der Ber:
fehr mit Grillparzer bejonders war es,
aus welchem D. eine hohe Anregung für
fein poetifches Talent entiprang. Dieſer
ermutigte ihn auch, ſich als Bühnenjchrift-
fteller zu verfuchen, als welder er dann
fpäter auch große Erfolge zu verzeichnen
at.
Hauptwerke: Perikles (Trauerjp.), Gedichte
(1873), Aleranderd Zug nad Perjien (Dram.),
Sovinda (Schaufp.), Behram (Trauerfp.), Armis
nius (Trauerfp.), Joh. Plantagenet (Dram.),
Donna Maria de Pacheco (Tram.).
Obrift, Joh. Georg (Er. Braun), geb.
am 26. Mai 1843 in Jenbach (Tirol),
studierte Philofophie und Philologie in
Annsbrud, um fi dem Lehrerberuf zu
widmen. In demſelben wirkte er in Czer—
nowig und Trautenau, legte 1875 jedoch)
bereits fein Amt nieder, um die ihm an-
gebotene Stelle eines Bibliothefsbeamten
an der Innsbrucker Univerfität zu über:
nehmen, als welcher er nod) jet in Inns⸗
brud lebt. Den literariihen Plan betrat
er, abgejehen von einigen poetiichen und
novelliftifchen Kleinigkeiten in Zeitihriften,
im Jahre 1868 an der Hand von K. €.
Franzos, mit dem in Gemeinjchaft er die
„Bucdhenblätter, Jahrbuch für deutiche Liz
teraturbeftrebungen in der Bukowina“
herausgab und redigierte (1869— 73).
Außerdem war er ein beliebter jtändiger
Mitarbeiter der „Bohemia”. Bon feinen
jelbftändigen, ſehr günftig beurteilten Wer:
fen heben wir hervor:
H. Suarinoni (1867), Georginen (1870), Die
Pariſer Bluthochzeit (1871), Hermann v. Gilm
(1874), Jutta v. Straußberg (1875), Balthaf.
Eonradinus (1876), Für Igls (1885).
Ochſenius.
Ochſenius, Carl Chriftian, geb. am
9. März 1830 in Kaſſel als Sohn des
Hofbeamten 3. F. D., erhielt Gymnafial-
unterricht bis 1844, trat dann über in
die polytechniſche Schule feiner Vaterſtadt.
Nach Abfolvierung des dreijährigen Kur:
fus in leßterer, wo er u. a. den Unter:
richt eines Philippi, Dunfer und Winkel—
blech genoß und ſchon 1846 in Pfeiffers
Flora von Niederheflen Erwähnung fand,
bereitete er ſich neben allgemeinen natur:
willenichaftlihen Studien zum Bergeleven
auf furheffiihen Werfen vor und folgte
1851, angefihts der damaligen trüben
Ausfichten in feiner engeren Heimat, gern
der Aufforderung Philippi’s, als deſſen
Aſſiſtent mit nad Chile zu gehen. Bis
1857 blieb er in diefer Stellung als treuer
Mitarbeiter feines hochverehrten Lehrers,
ber feiner nit nur literariich rühmend
gedachte, ſondern auch verichiedene dile:
niſche neue Pflanzen: und Mollusfenipe:
zies nad) ihm benannte. 1858 übernahm
D. die Leitung dortiger Bergwerfe und
begann jelbitändig als Schriftiteller auf
naturbiftoriihem Gebiete thätig zu wer—
den; Aufſätze von ihm erjchienen im „Aus:
land“, in ſpaniſchen Zeitjchriften u. |. w.
1865 bereifte er den Dften Nordamerifa’s,
befuchte feine Heimat, unterfuchte die Res
gentihaft Tunis bergmänniſch, kehrte nad)
Chile zurüd und erforjchte neben feiner
Berufsthätigfeit verjchiedene Teile von |
Südamerika. BeiEinheimifchen und Frems
den Stand D. in Chile in hohem Anfehen
und vertrat dabei die nationalen und per:
fönlihen Intereſſen der Deutichen in her:
vorragender Weife, jo daß Graf Bismard
ihn 1869 nad) feiner Rückkehr ins Vater:
land in Varzin empfing und als Galt der
Familie bei fich behielt. Noch im jelben
Jahre ftudierte er die Yagerungsverhält-
nifje der ficilianiihen Schwefeldiftrifte,
nahm 1870 eine Milfion nad) Peru an
und ließ fi 1871 in der heſſ. Univer-
ſitätsſtadt Marburg nieder, um das reiche
wiſſenſchaftliche Material, das er wäh—
444
rend feines 20jährigen Aufenthalts im
—
Dechsli.
Auslande geſammelt, zu bearbeiten. Ne—
ben ſeinem alten Lehrer und Freund,
Geh. Bergrat Profeſſor Dunker, baute
er ſich da an, heiratete 1874 eine junge
Freiin Rau von Holzhauſen und führte
ſich durch ſein Werk Die Bildung der Stein—
ſalzlager und ihrer Mutterlaugenſalze (1876)
trefflich als Geolog unter feine Fachge—
noſſen ein.
Weitere Publikationen über verwandte Mate—
rien folgten, z. B. in Nova Acta Leopoldinae,
Natur, Zeitfchrift der deutichen Geologiſchen Ges
fellichaft zc. ze. 1878—79 verweilte D. monta—
niftifcher Zwecke halber in Utah und Nevada, ver:
öffentlichte feine da gemachten Beobachtungen in
der legterwähnten Zeitichrift, jchrieb 1683 einen
Band „Chile, Land und Leute”, wurde 1884
wegen feiner vorzüglichen Zeiftungen auf geolo-
giſchem und geographiihem Gebiete zum Ehren:
doftor der Univerfität Marburg ernannt,
mit Erfolg die Unausführbarfeit des Projektes
von Roudaire, welches die Herftellung eines nord»
afritanischen Binnenjees in der Region der alge—
riſch-tuneſiſchen Schotts bezwedte, und verfahte
1886 „Die Bildung des Natronſalpeters“. D. ift
vorzugsweife thätig in der genetiſchen Geologie,
liefert aber auch zahlreiche Beiträge für andere
Zweige der Naturwiſſenſchaften. Er ift Mi
vieler gelehrten Gefellichaften und jeit 1874
ful von Peru für die Provinz Heflen-Naffau.
Oechsli, Wilhelm, geboren zu Ries:
bad bei Zürich am 6. Dftober 1851,
empfing feine Vorbildung auf dem Gym
nafium Zürich, ftudierte in Zürich, Berlin
und Heidelberg Theologie und Gejchichte,
in meld) legtere er hauptfähli von Mar
Büdinger eingeführt wurde, und bofto-
rierte 1873 mit einer Diflertation „
die Historia Miscella 1. XII—-XVIH.
und den Anonymus Valesianus II”.
Nah einem mehrjährigen Aufenthalt in
Paris übernahm er 1876 eine Lehrftelle
für Gefhichte am Gymnafium Winter:
thur und wurde 1887 als Profeſſor der
Schweizergeſchichte an das eidgenöffiiche
Volytehniftum in Zürich berufen. Won
feinen, um die Kenntnis ſchweizeriſcher
Geſchichte verdienten Werfen u. a. heben
wir hervor:
Bilder aus der Weltgeihichte (1878—79,
Aufl. 1887), Lehrbuch für allgemeine Gejchichte
und vaterländiiche Geichichte (1883—85, obliga—
2
Dehninger.
445
Delſchläger.
toriſches Lehrmittel an der Sekundarſchule des in 100 Paragraphen, Die Anfechtungen des
Kts. Zürich), Der Anfang des Glaubenskonfliktes Glaubens von Seiten des modernen Zeitgeiſtes,
wiſchen Zürich und den Eidgenofjen 1521—1524
1883), Der Streit um das Toggenburger Erbe
1885), Duellenbuch zur Schweizergeichichte (1886),
Zur Sempacher Schlachtfeier (1886). Außerdem
Aufſätze in Fach-Zeitichriften, Feuilletons ꝛc.
Dehninger, Friedrich, wurde am 17.
März 1837 in Elgg (Schweiz) geboren
und frühe für den geiftlichen Beruf be—
ftimmt; ohngeadhtet feiner Neigung für
die Mathematif, ftudierte er in Baſel,
Züri und Tübingen Theologie. Be:
fonders der Philoſoph Steffenien, die |
Theologen Auberlen und Tobias Leils
wirkten auf ihn ein. Nach beendeter
Hochſchulzeit ſetzte D. feine Studien in
der Stille des Landlebens fort.
für feinen hohen Beruf jo nötig iſt.
Später, als Pfarrer mehrerer Gemein:
ben auf dem Lande, einige Zeit auch als
Prediger und Yugendlehrer in der Stadt,
reifte er im Umgang mit Menjchen aller
Bildungsgrade und Stände zu der Klar:
beit und Gewißheit des chriſtlichen Glau—
nen Schriften auch jeinen Brüdern,
Geiftlihen wie Laien, zu dienen. Be:
fonders fand er in 12jähriger Anftellung
bei der Gemeinde Schwarzenbach Muße
für feine literariihen Beitrebungen, die
dur den innigen Verkehr mit Profeflor
Tierſch, Verfaſſer des klaſſiſchen „Fami-
lienlebens“, gehoben, wie auch durch eine
längere Reiſe nach England angeregt
wurden. 1882 aus England zurückgekehrt,
erwählte ihn die Gemeinde bei
Schaffhauſen, allwo er noch jetzt amtiert,
zu ihrem Seelenhirten.
Hervorzuheben iſt das in 8 Heften erſchienene
Sammelwerk: Altes und Neues aus dem Schatze
icher Erkenntnis; ferner das —* Die
Rede des Stephanus, worin Lage und Aufgabe
der gegenwärtigen Chriftenheit im Lichte der
Offenbarung in 40 Betrachtungen und
zur Sprache kommen; jodann eine
wiſſenſchaftliche Beleuchtung des modernen Spiri:
tismus; weiter: Peinip, Beruf und Entartun
des Proteftantismus, Abriß chriftlicher Lehre,
Hier.
d diejenige i Befriedigung, | i en :
ee ae gefehlt oh ai ae ‚und literaturgeihichtlihen, wie philoſo—
Ehe und Ehehinderniſſe nad Gottes Gebot.
Auch ift O. Mitarbeiter des „Deutſchen Volks—
freundes* in Newyork.
Deljchläger, Hermann, geboren am
19. November 1839 in Schweinfurt, be—
ſuchte das vaterftädtiihe Gymnaftum,
deſſen Rektor fein Vater war, und bezog
1856 die Univerfität München, wojelbit
er urjprünglich die Rechte ftudierte. Im
Jahre 1859 trat er glei) anderen Stu—
diengenofjen als Offizier in die bayr.
Armee, den in Süddeutichland ficher er:
warteten Krieg gegen Frankreich mitzus
maden. Aber jchon 1861, des Mili-
tärdienjtes müde, fehrte er nah Mün—
hen zurüd, fih nunmehr rein kunſt—
phiſchen Studien zumendend. Nach Boll-
endung diefer Studien und nad) zurück—
gelegter Doktorpromotion widmete er fich,
zu München lebend, ganz der Schrift:
jtellerei, um nur im Jahre 1866 als
Premierleutnant abermals auf kurze Zeit
in den Reihen der bayr. Armee zu ftehen.
bens heran, die ihn trieb, in verichiede- Im Jahre 1869 trat D. als Mitglied in
die Redaktion der „Gartenlaube”“, wes—
halb er nach Leipzig überfiedelte.. Nach
feinem Ausjcheiden aus diefer Stellung
brachte er zunächſt ein Jahr auf Reijen
im Süden zu, zog ſpäter nad) Gannitatt
und 1884 nah Weimar, wo er vom
Großherzog zum Curator des Goethe-Na=
tionalmufeums ernannt, noch jegt als
angejehener Schriftſteller wohnhaft it.
Außer einem Bande formvollendeter, fin:
niger Gedichte (1869) verfaßte D. Die
äußerft günftig beurteilten, zum Teil ins
Englifche überfegten Nomane und No—
vellen: Wunderliche Leute (1870), Novellen
(1872), Plaudereien aus Rom (1875), Novellen
in Dftaven (1882); Engel flirt (Ep. 1886),
Die Kunſt im Haufe (Schaufp. 1887). Werner
überjegte er Dvids Elegien der Liebe (1380, 2.
Aufl. 1881) und des Muſäos Gedicht von Hero
und 2eander (1883).
Dertel, Georg, ift geboren am 27.
März 1856 im Pfarrhaufe Groß-Dölzig
Dertzen. — 446 —
Desfeld.
b. Leipzig. In der Luft des Pfarrhaufes | hatte, wodurch fein Geſichtskreis ſich un-
aufgewachſen und von feinem Vater vor:
gebildet, bezog er die Landesſchule Meißen
und dann das Gymnaſium in Baugen.
Die lieblihe Laufig ift ihm zur zweiten
Heimat geworden. In Leipzig ftudierte
er Philologie, Geſchichte und befonders
Kunftgefhichte und promovierte zum Dr.
phil. Overbeck und Springer waren
ihm leuchtende Vorbilder und anregende
Lehrer. Die Not des Lebens zwang
ihn, nad abgelegtem Eramen in das
Schulamt überzugehen und feinem ei-
gentlihen Plan, der akademiſchen Thä-
tigkeit fih zu widmen, zu entfagen. So
wirft er denn feit 1879 als Lehrer, dann
als Oberlehrer am Realgymnafium in
Leipzig.
Die Stunden feiner Mufe verwendet er zu
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten, Novellen und Auf:
fägen in riftlich-fonfervativem Geifte, von denen
einige im Quellwafler, in der Romanbibliothet,
dem Aulturfämpfer, dem Nachbar, andere in po»
litiſchen Zeitungen, der Leipziger Zeitung und
dem Reichsboten erfhienen find. An felbitänd.
Werken erfhien bisher: Beiträge zur Geſchichte
der Genrebildnerei bei den Hellenen (1879).
Derten, Georg Baron v. (Lud. Ro:
bert), wurde am 2. Februar 1829 auf
dem Gute Brunn (Medlenb.) als Sproß
eines alten Mecklenb. Adelsgeſchlechts ge⸗
boren. Nachdem er das Gymnaſium zu
Wittenberg abſolviert hatte, bezog er 1848
die Univerſität Bonn, ſpäter die zu Göt—
tingen und Berlin, wo er ſich dem Stu:
dium der Rechte hingab. Im Jahre 1850
trat DO. in das Hufaren-Regiment in
Ajchersleben, dem er, feit 1852 als Offi-
zier, fünf Jahre angehörte. Noch wäh—
rend dieſer Zeit begann er feine diplo—
matiſche Laufbahn und zwar als Ges
fandtichaftsattahe in Frankfurt, wo er
fi) der Gunft Bismards zu erfreuen
hatte, der ihm auch jpäter fein Wohl—
wollen bewahrte. Bon 1857— 1864 fun—
gierte D. als dienjtthuender Kammerherr
der Prinzelfin Anna von Heflen, in wel-
her Eigenfchaft er die hohe Frau auf
ihren ausgedehnten Reifen zu begleiten
— — [U — — — — —
gemein erweiterte. Um ausſchließlicher
ſeinen poetiſchen Arbeiten leben zu kön—
nen, für die ihm in ſeiner Hofſtellung
wenig Muße blieb, legte O. dieſe nieder
und ging nach Tübingen, ſpäter nach
Heidelberg. Erſt im Jahre 1879 nahm
er ſeine diplomatiſche Karriere, die er in
Frankfurt begonnen und beendete, wieder
auf, und zwar ging er nach einander nach
New-York, Konſtantinopel und ſchließlich
als kaiſerlicher Konſul nach Marſeille,
wo er noch heute in dieſer Eigenſchaft
lebt. O. iſt durch ein geradezu phäno—
menales dichteriſches Improviſationstalent
ausgezeichnet. Er beherrſcht in ſtunden⸗
langer, nie ſtockender Rebe fait jedes Vers-
maß, ein Hauptgrund für feine Beliebt
beit an den vielen Höfen, deren BE er
gemwejen. Seit langen Jahren auf bas
glüclichfte mit einer, gleichfalls poetiſch
angelegten, ihn voll verftehenden Lien-
länderin vermählt, widmet er auch jett
noch feine Muße dem Apoll.
Hauptwerfe: Gedichte (3. Aufl. 1861), Heim»
gebrachtes (1866), Vom Vaterlande (1867), Aus
Kämpfen des Lebens (1868), Im Sonnenſchein
und Wind (1868), Alte Bilder und junge Blätter
(1869), ——— (1872), Satiren und
Gloſſen eines Weltmannes (1873), Liebeslieder
aus jungen Tagen (1875), Stimmen des Lebens
(1876), Reime eines Berjchollenen (1877), Deutiche
Träume, deutiche Siege (1877), Adam contra
Eva (2. Aufl. 1878), Schrullen (1878),
Wege (1880), Epigramme und Epiloge (1880),
Pera bei Poetenlicht (1883), Lieder und Laute
(2. U. 1884), Aus den Herbergen des Lebens
(1886), Eines Lyriferd Chronif (1887).
Desfeld, K. A. €. Mar v., geboren
zu Berlin am 19. November 1819, wid:
mete ſich zunächit dem juriftiichen Stu-
dium auf der Univerfität Berlin von 1840
bis 1843, trat dann als Ausfultator beim
Kgl. Stadtgericht dafelbit ein und fungierte
bei demſelben hiernächſt als Referendar
und Aſſeſſor, als welcher er zur k. Re—
gierung übertrat und bei derſelben in Stet⸗
tin eine Zeit lang arbeitete. Im Jahre
1847 nahm er aus Familienrüdfichten
feinen Abſchied und widmete fi) nunmehr
Deiterlein.
dem Schrifttellerfahe. Als erjtes Wert
erfhien von ihm 1857 Preußen in ſtaats—
rechtlicher, fameraliftiiher und ftaatsmirtichaft«
liher Beziehung (2. Aufl. 1870). Seitdem
lieferte er teils jelbjtändige umfangreiche
und als höchft bedeutend anerkannte ju-
riftifche und volfswirtichaftliche Werke,
wie 1879 den Kommentar zu fämtlichen deut:
ſchen Reichs⸗Juſtizgeſetzen, Das Grundeigentum,
Die GewerbefteuersGejeggebung Preußens (1877),
Die Beurfundung des Perfonenftandes ꝛc., nad
dem preuß. Geſetz vom 9. März 1874 ıc. (1874),
Sammlung jämtlicher Enticheidungen über das
Preubiihe Baurecht (1887), teild eine Menge in
verjchiedenen Zeitihriften, wie dem „Berliner Bär“,
der „Bollswirtfchaftlihen Bierteljahrsichrift” ꝛc.
zerftreuter Aufläge und Artikel hiftoriichen, bio»
grapbifchen, volfswirtichaftlihen und juriftiichen
Inhalts; auch redigierte er drei Jahre lang bis
1886 die Berliner „Handels: und Gewerbezeitung”.
Seine gegenwärtige fchriftftelleriihe Thätigkeit
bemegt fich vornehmlich auf dem Gebiete der Be:
arbeitung der Enticheidungen der höchſten deutichen
Gerichtshöfe für die verfchiedenften Fachzeitſchriften,
fomwie der ſtreng⸗wiſſenſchaftlichen Kritif über die
hervorragendften Erfcheinungen der juriſtiſchen,
Verwaltungs: und volfsmirtiaftlichen Literatur.
Oeſterlein, Nikolaus, geboren am
4. Mai 1841 in Wien, als Sohn des
damaligen Berg: und Hüttenwerksbeſitzers
Alois D., zeigte ſchon als Kind einen
großen Sammeleifer, verbunden mit eis
nem außergewöhnlichen Drdnungsfinn, ber
ihm bei feinem fpäteren großen Unter:
nehmen, nicht wenig zu jtatten fam. Nach—
dem er bie Unter: und Oberrealichule in
Wien abjolviert hatte, oblag er in Wien
und Leoben technifhen und montanijti-
fhen Studien, um dereinſt die Leitung
der Eifenwerfe feines Vaters zu über:
nehmen. Durch die Ungunſt der Berhält-
niffe gezwungen, mußte er indejlen dieſe
Karriere aufgeben, die aud) feinen Nei-
gungen nicht eigentlich zufagte. Er nahm
1865 bleibenden Aufenthalt in Wien,
wo er bei einer der erjten $abriksfirmen
als Beamter angejtellt wurde, bei welcher
er nun feit 21 Jahren ununterbrochen
thätig if. Die Stellung gewährte ihm
doch fo viel Muße, um fi feinen wiſſen—
447
Dettingen.
dem befannten Komponiſten Julius von
Beliczay Kenntniffe in der Harmonielehre
an. Im Jahre 1868 fiel ihm Richard
Wagner's epochemachendes Werk „Oper
und Drama“ in die Hand und machte
auf das Gemüt des jungen Mannes einen
unauslöſchlichen Eindruck; bald zählte er
zu den begeiſtertſten Anhängern des großen
Künſtlers. Im Jahre 1876 wohnte er
als Patron den Bayreuther Feſtſpielen bei.
Die Eindrücke, die er davon empfing, legte er
in ſeiner erſten Publikation dar, welche den Titel
führt: Bayreuth. Eine Erxinnerungsſkizze (2.
Aufl. 1877). Eine zweite Brofhüre: Die Wal:
füre und das Rheingold in Wien (1878) be
ſchäftigte fich eingehend mit der Aufführung jener
beiden Werke in der Wiener Hofoper. Er begann
nun die Literatur über Richard Wagner zu —*—
meln. Dieſe Sammlung der wichtigſten Literatur
über Wagner wuchs binnen wenigen Jahren zu
einem rieſigen Archive an und erſchien 1882 fein
Katalog einer Rihard Wagner-Bibliothef. Diefes
große bibliographiihe Werk enthält die Wagner»
Literatur von ihren Anfängen bis 1881; der 2.
Band (1882) übertraf noch an Umfang den erften
Band. Ein dritter Teil wird die Wagner:Bis
bliographie von 1881 an bis zur Neuzeit ent»
halten. Um feine Sammlung möglichit vielen
Intereſſenten zugänglich zu machen, faßte er den
Plan zur Errichtung eines Wagnermufeums, den
er in zwei Beofhüren: Entwurf zu einem Ri»
hard Wagner:-Mufeum und: Das Richard Wag-
ner-Mufeum und fein Beitimmungsort (1880.
entwidelte. Dieſes Mufeum follte die Samms
fung in umfafjfenderer Weiſe fortführen, als es
einem Privatmann möglih war; leider fam das
Projeft, wodurd dem großen Meifter ein bedeu-
tendes und würdiges Denkmal geworben wäre,
nicht zu Stande, indem fi Niemand finden
wollte, der es finanziell gefördert hätte. Um
aber doch dem Publikum wenigſtens einen vor
läufigen Einblid in die aufgehäuften Schäte des
Archives zu gewähren, fahte De. den Entſchluß
auf jeine eigene Koften, und unter feiner eigenen
Zeitung eine permanente Ausftellung des Schens»
würdigiten aus feiner Sammlung zu veranftalten
und jchritt 1886 an die Ausführung feines
Planes, wodurd er fich den Danf aller Wagner:
Freunde erworben hat.
Dettingen, Alerander von. Ich bin
als Balte in den deutſch-ruſſiſchen Oſtſee—
provinzen am 12./24. Dezember 1827
auf dem Landgute Wiſſuſt bei Dorpat ges
ſchaftlichen und fünftleriihen Neigungen |boren. Dein Bater gehörte dem hiefigen
widmen zu fönnen, fo eignete er fi) bei | Indigenatsadel an und ftarb früh (1846)
Dettingen.
als Landmarfchall Livlands. Er war da—
mit einverjtanden, daß ich nah Abjol-
vierung des Gymnaſialkurſus Theologie
ſtudierte. Als Cand. theol. verließ ich
Dorpat 1850 und widmete michin Deutfch-
land (auf den Univerfitäten Erlangen,
Bonn, Berlin) 3—4 Jahre literariichen
Studien, bejonders philofophiichen unter
Boeckh's und Trendelenburg’s Leitung.
Darauf habilitierte ich mich als Doktor
der Theologie nad) Abfaffung mehrerer
theolog. Differtationen an der Univerfität
Dorpat, und wurde dafelbit Prof. ordin.,
nahdem ich 1856 einen Ruf nad Er:
langen abgelehnt. Der heiße Kampf um
den Beitand des Deutihtums und der
evang. Kirche in den balt. Provinzen hielt |;
mic) davon ab, meine Heimat zu verlaffen.
Nachdem ich in verichiedenen theologischen
Gebieten (auch durch Begründung der
Dorpater Zeitichrift für Theologie und
Kirche) literarifch thätig geweſen, führte
mich die Befanntichaft mit meinem Kol:
legen Adolf Wagner zu moraljtatiftischen
Studien und Unterfuhungen. So fam
meine Hauptichrift: Die Moralſtatiſtik (Ber:
ſuch einer Sozialethif auf empirifcher Grundlage.
1868/69, dritte Auflage 1881) zu Stande.
Nebenbei beichäftigte ich mi) mit Shake:
ſpeare- und Goethejtudien, hielt mit den
Studenten Praftifa über Shakeſpeare's
Dramen (vgl. meine Schrift: Shatefpeare's
Bedeutung für den Theologen 1860) und Bor:
lefungen über Goethe's Fauft 1880). Auch
beſchäftigte ich mich eingehend mit der
ganz neuer Bearbeitung mit literarhiſto—
riſcher Vorrede heraus: Hippels Lebensläufe
ꝛc. (1878, 2. Aufl. 1880). Außerdem habe
ich eine Reihe Broſchüren über zeitge—
ſchichtliche Fragen veröffentlicht: Über Heid:
nilchen Selbitmord (1880), Über obligatorische und
fafultative Zivilehe (1881), Wefen und faliche
Autorität (1883), Was heißt chriftlich-Tozial?
(1886), Über die Ammergauer „Balfion” (1880)
und gab 1886 eine Chrijtl. Religionslehre auf
reichsgeſchichtlicher Grundlage heraus.
Dettingen, Arthur v.,geboren 28./16.
März 1536 zu Dorpat, ftudierte 1853
448
Oborn.
bis 1861 in Dorpat, Paris und Berlin,
wirkte feit 1863 als Dozent, feit 1866
als Profeſſor der Phyfit an der f. Unis
verfität Dorpat. Außer verichiedenen phy⸗
fifalifchen Abhandlungen veröffentlichte er
1866: Harmoniefyftem in dualer Entwidelung,
Studien zur Theorie der Muſik. In diefem Buche
wird in mathematiſch-phyſikaliſcher Konfequenz
eine neue Begründung des Mollgefchlechtes ger
geben, ein reines jogenanntes phoniſches Syltem
entwidelt, und daraufhin das europäiſche Moll:
Iyftem begründet, völlig abweidhend von der
gangbaren Lehre. Bon Riemann in Hamburg ift
das Syſtem praftifch verwertet und weiter en⸗
widelt. Bejonders betont der Berfafler die Eigen»
art der Volkslieder mancher Nationen, die in rein
phoniſchem Geſchlecht fingen, welch legteres gleich
dem alt:dorifchen der Griechen. Die Harmoni:
fierung fremder Voltsmelodieen bringt mannig«
ache Anwendung der vorgetragenen Theorien im
Gebiete der Muſik-Aſthetit.
D. begründete in Dorpat ein meteoro-
fogiihes Obfervatorium, welches nad
mehrjährigem Beitande von der Univer:
jität übernommen und weitergeführt wurde.
Er erfand einen Windmeſſer nad) ganz
neuen, ftreng wiſſenſchaftlicher Anforde-
rung genügenden Prinzipien. Won 1869
bis 1876 war v. O. Sefretär der Natur:
forſchergeſellſchaft, deren Schriften (Archiv
für die Naturkunde Liv, Eſth-, Kurlands
und Sigungsberichte) er redigierte. 1876
wurde er forrejpondierendes Mitglied der
kaiſ. Alademie der Wiſſenſchaften zu St.
Petersburg.
Ohorn, Anton, am 22. Juli 1846
Sturm: und Drangperiode und gab in in Therefienſtadt geboren, befuhte bas
Gymnaſium zu Leipa und trat nach deſſen
Abſolvierung in den Orden der Prämon—
ſtratenſer Chorherren in Tepl, um Briefter
zu werden. Er bezog deshalb 1865 die
Univerfität Prag als Theolog, jtudierte
daſelbſt auch Philofophie, wie Naturwiſ—
ſenſchaften, Mathematik und Literaturge—
ſchichte, empfing die Prieſterweihe und
wurde 1870 zum Dr. phil. promoviert.
Nah Vollendung feines Studiums trat
er jedoch, abgeftogen von den jtarren Prin—
zipien, die ihm das ganze Sein des ka—
tholiſchen Geiftlichen einzuengen und feinen
Olfers.
Geiſt niederzudrücken ſchienen, zur pro—
teſtantiſchen Kirche über (1872). Er wid:
mete fi) dann dem Lehrerberuf und zwar
zunädft in Mühlhaufen, feit 1874 in
Chemnig, hier als Profeffor der deutfchen
Sprache und Literatur an den techniichen
Staatslehranftalten wirfend. Außer einis
gen trefflihen Literatur: Werfen, wie die
449
Grundzüge der Literaturgefchichte (1874, 2. Aufl.
2. Aufl. 1885) hat D. eine Neihe von Ro:
manen, Novellen und Gedichtswerten
verfaßt, die ihn Schnell befannt madıten
und von jeiner hervorragenden dichteri-
ihen Begabung beredtes Zeugnis ablegen.
Daneben ijt ©. einer der beliebteften Iy:
rischen und novelliftifchen Dlitarbeiter der
vornehmſten deutichen Zeitichriften.
Hauptwerke: Der Dorfengel (1872), Der flie—
gende Holländer (1873), Der Ührmacher von Straß:
burg (1875), Dans Sachs (1877), Die Tochter
Judas (1878), Wanderungen in Böhmen (1879),
Der Eifenfönig (1879), Komm den Frauen zart
entgegen (Zuftip. 1880), Schlihtes Volf (1851),
Der Klofterzögling (1875, 2. Aufl. 1881), Der
weiße Falke (1881), Wartburglänge (1881),
Die Madonna (1883), Der Pfaffe Amis (aus
dem Mittelhohdeutihen 1883), Wie ſich Herzen
finden (1884), In ezechiſchen Wettern (1834, 2.
Aufl. 1885), Marſchall Borwärts (1884), Heimchen
(Ged. 1886), Es werde Licht (1886), Bon deut: |
her Art (1887), Fürft und Bürger Schauſp.
1888).
Olfers, Marie v. (M. Werner),
geboren am 27. Oktober 1826 zu Berlin,
empfing eine ſehr forglame Erziehung im
elterlihen Haufe, von den beiten Lehrern
geleitet, die aud) befonders ihre Talente
für Muſik und Malerei pflegten und ihr.
die Schäge unferer Literatur erfchloffen.
Früh Schon zeigte fich die in dem Mäd:
hen ſchlummernde poetiſche Begabung,
die Später in ihren hübfchen gemütstiefen
Märdhen und Novellen zum Ausdrud |
gelangte. M. v. O. lebt noch jest, un⸗
vermählt geblieben, in Berlin.
Hervorzuheben: Drei kleine Märchen (1862),
Herr Mops (1863), Novellen (1872), Denkſprüche
(1873), Neue Novellen (1876), Naſeweis und
Damelchen (1878), Bielliebihen (1880), Sim:
plicitas (1884).
Tas literariſche Deutichland,
Ompteda,
Ompteda, Lubwig Frhr. v., wurde
am 18. Mai 1828 in Hoya (Hannover)
geboren, widmete fih dem Studium der
Rechtswiſſenſchaft an den Univerfitäten
Heidelberg, Berlin und Göttingen und
trat aladann in hannöverjche Staatsdienfte,
zulegt als fönigl. Gejandter in Münden
thätig. Seit 1870 lebt D. in Wiesba-
den, ausichließlich feinen literarifchen Ar-
1880) und die Grundzüge der Poetit (1876,
beiten und der Gärtnerei hingegeben.
Hauptwerfe: Praftifche Anleitung zur Pfirfich:
sucht (1879), Bilder aus dem Leben in Eng:
land (1881), Der Anhänger (Rom. 1882), Ge:
fährlihe Wege (Luftip. 1882), Aus England
(1882), Alte Schulden (Rom. 1884), Dolores
(Zuftfp. 1884), Rheinifhe Gärten von der Mofel
zum Bodenfce (1886).
Onden, Auguft, wurde am 10. April
1844 zu Heidelberg geboren, ftubierte
dort und in Berlin Kameralia, habili-
tierte ih 1872 in Wien, wurde 1877
zum außerord. Profefior der National:
ofönomie an der dortigen Hochſchule für
Bodenkultur ernannt, 1878 in das Po—
lytechnikum zu Aachen und 1879 als or:
dentl. Profeffor an die Univerfität zu
Bern berufen. Dort lehrt er noch jegt.
Bon feinen vortrefflihen Schriften heben wir
hervor: UnterJuhung über den Begriff der
Statiftit (1870), Die Wiener Weltausitelung
(1873), A. Smith in der Kulturgeſchichte (1374), A.
Smith und J. Kant (1877), Oſterr. Agrarier (1877),
Mirabeau und die ökonomiſche Geſellſchaft in
Bern (1886), Die Marime, Laissez faire et
laissez passer, ihr Urfprung und ihr Werden
ı (1886)
Onden, Wilhelm, Bruder des Vor.,
geboren am 19. November 1838 in Hei:
delberg, widmete ih dem Studium der
Philoſophie, Philologie und Geſchichte an
den Univerfitäten in feiner Vaterſtadt,
in Göttingen und in Berlin. 1862 ha—
bilitierte er jich in Heidelberg, wurde 1866
daſelbſt aufzerord. Profeſſor der klaſſiſchen
Philologie und Geſchichte und folgte 1870
‚einem Ruf als ordentl. Profeſſor nad)
Sichen.
D. machte jih literariſch zuerſt Durch fein vor«
zügliches Werk: Athen und Hellas (1865—66)
weiteren Kreiſen befannt. Bon feinen ferneren,
um die Geichichtsforichung verdienten Werfen find
29
Orgler.
befonders zu nennen: Iſokrates und Athen (1862),
Die Staatslehre des Ariftoteles (1875), Diter:
reich und Preußen im Befreiungäfriege (1876),
Das Zeitalter Friedrich des Großen (1881—82), |
Das Zeitalter der Revolution des Kaiferreichs |
und der Befreiungäfriege (1885).
Orgler, Flavian. Geboren am 1.
Nov. 1825 in Lienz in Tirol, trat er
450
Ortmann.
ihm erſchienen und von der Fachfritif be—
jonders anerkannt:
Dissertatio pro venia docendi: De pro-
cessus executivi natura et origine (1854),
Die Encyklopädie der Rechtswiſſenſchaft in ihrer
egenwärtigen Bedeutung (1857), Das Strafver:
en in feinen leitenden Grundjägen und Haupt:
formen (1858. Feſtgabe zum 300jährigen Ju:
biläum der Univerfität Jena), Die Hausbergs-
nach Beendigung der Gymnaſialſtudien im
Jahre 1844 in den Franzisfanerorden,
wo er die philofophiihen und theologi:
ihen Studien abjolvierte. Nach abge:
legter Lehramtsprüfung aus Geſchichte und
Geographie wurde er 1850 Lehrer dieſer
Fächer am Gymnaſium in Bozen und im
Jahre 1861 auch Direktor daſelbſt. Nach
der 1872 erfolgten Umwandlung dieſes
Gymnaſiums in eine Staats-Lehranſtalt
wurde er als Profeſſor an das Gymna—
ſium in Halle verſetzt, wo er 1882 nach
dem Tode des dortigen Direktors deſſen
Nachfolger im Amte wurde, das er noch
gegenwaͤrtig verſieht. Von ſeinen Pu—
blikationen ſind hervorzuheben: |
Die Fundorte von antifen Münzen in Tirol |
und Vorarlberg, mit einer Überſichtskarte. Die
Ausgrabungen antifer Bauüberrefte und Gräber
am Debantbahe bei Lienz in Tirol. Archäolo—
giſche Notisen aus Südtirol 1. u. II. mit Ab:
bildungen. Leonhard Golonna, Freiherr von
Völs, Landeshauptmann an der Etſch und Burg:
graf zu Tirol v. J. 1498—1530. Nekrologe:
a. ®. Auftinian Ladurner (tirol. Geſchichtsfor—
icher); b. P. Dismas Tuzer (Öymnafial:Präfelt).
|
Ortloff, Hermann Friedrich, als Sohn
des vormaligen Profeffors des deutichen |
Rechts und des Kirchenrechts und zuletzt
Präfidenten des gemeinfchaftlichen Ober:
appellationsgerichts zu Jena, Dr. Friedrid)
D., geb. zu Jena am 17. Septbr. 1828,
habilitierte ſich nach Abfolvierung der jurid.
Studien 1855 in Jena als Dozent des
Strafrechts, Prozeſſes, der Encyklopädie
und PVhilofophie des Nechts, wurde 1862
außerordentlicher Profeſſor und trat 1864
in den Juſtizdienſt des Großherzogtums |
Sadjfen- Weimar über, wo er zur Zeit als
Landgerichtsrat fungiert. Außer zahlreichen
Abhandlungen in Zeitſchriften ſind von
ſchriften lebt.
burgen bei Jena, eine Vorleſung. Desgl. Feſt—
gabe (1858). Der fiskaliſche Strafprozeß oder
ein Offizialverfahren in der form des fontra-
diftoriichen Unterjuchungsprogeiles (1859), Lüge,
Fälihung, Betrug (Teil 1. 1861, Teil Il. 1862),
Das Zellengefängnis zu Moabit (1861), Die Be
Ihäftigung der Gefängnisiträflinge (1862), Me
thbodologie oder Lehre des Studiums der Rechts
und Staatswillenihaft (1863), Jahrrente und
Geſchoß (1863), Jena und Umgegend (1864, 3.
Aufl. 1874), Der Adhäfionsprozeh (1864), Lehr:
but der Striminalpolizei (1881), Der Berfehr
mit Nahrungs: und Genußmitteln und Gebrauchs:
gegenjtänden nad dem Reichsgeſ. vom 14. Mai
1879 (1882), Die jtrafbaren Handlungen. Hand»
buch für Straf: und Polizeibehörden (1883), Der
Wechſelverkehr nad) deutſchem und öfterreichiichern
Recht (1885), Die gerichtliche Redekunſt (1836
bis 1887), Die Reform des Studiums der Rechts:
und Staatswiſſenſchaft. Mahnmworte an 2ehrer
und Studierende (1887), Gerichtlichmediziniſche
Fälle und Abhandlungen. Heft 1. „Sind oder
Fötus?“ (1887).
Drtmann, Neinhold, wurde am 28.
uni 1859 in Berlin geboren, abjolvierte
dajelbit die Gymnaſialſtudien, hörte da—
nach literaturgefchichtlihe und philoſo—
phiſche Vorlefungen an der Berliner Uni—
verſität, gleichzeitig feuilletoniftiiche Ver—
| juche unternehmend, deren beifällige Auf:
‚nahme ihn zu dem Entichluß bewog, fich
ganz der fchriftitelleriichen Laufbahn zu
‚widmen. Er ging zu dem Zweck 1881
nad Hamburg, wirkte als Yeuilletonist
und Theaterfritifer, von 1882—84 als
Dramaturg am Thaliatheater. In letz—
terem Sabre fehrte D. nad) feiner Vater:
ftadt zurüd, wo er noch jebt als freier
Echriftiteller und Dlitarbeiter vieler Zeit:
Von feinen, meilt ſehr
günftig beurteilten Werfen heben wir
hervor:
Neues Leben (Nov.), 50 Jahre eines deutlichen
Theaterdireftors, Europäische Wanderbilder (No:
velle), Der arme Hugo (Luitip.), Im Kampf ums
Dfer.
Gluͤck (Rom.), Unter der Herzogskrone (Nov.),
Theekeſſels Geihichten, Der Mutter Abſchiedsgruß
(Ep.), Meine Bühnenerlebniffe (von Püſtrich),
In hoben Kreifen (Rom.), Sein Jugendwerk
(Luftip.), Nellys Verlobung (Nov.), Die blinde
Göttin (Rom.).
Dfer, Friedrich, wurde am 29. Fe-
bruar 1820 zu Baſel geboren, ftudierte
1838—1842 an der Univerfität Bafel
Theologie und befuchte dann zu meiterer
Ausbildung Berlin, Leipzig, Dresden,
Münden, Nürnberg, Wien und Prag.
In feine Heimat zurüdgefehrt, wurde er
1843 Vikar zu Diegten, 1845 Pfarrer
in Waldenburg (Bajelland), 1856 Pre:
diger an der Strafanitalt Bafel.
bei Baſel. Friedrich Dfer ift namentlich)
durch feine Lieder, von denen zahllofe kom⸗
poniert wurden, dem Schweizervolk nicht
minder als Deutfchland ins Herz gewachſen.
Hauptwerfe: Kreuz» und Troftlieder (1856,
2, Aufl. 1865), Album lyriſcher Driginalien (1858),
Liederbuch (1842—74, 1875), „Leben und Stre:
ben“ (Reimſprüche, 1878), „Geiſtliche Triolette” |
(1882), Weihnachts⸗Kantate in drei Abtheil., fomp.
von M. Haller (1883), Schweizeriiche Kunſt. Ein
Album (1884), Neue Lieder (1874—84, 1885),
Neue Lieder (1885), Bruder Adolphus. Ein
Klojteridyll (1586. Bollsausgabe 1887), Jugend:
geihichten (1888).
Dftland, 3. B., 1. Jak. Berl.
Oswald, €., |. Bernd. Schulze:
Smidt.
Oswald, Eugen, wurde zu Heidel—
berg als Sohn des dortigen Univerfitäts-
buchhändlers DO. am 16. Dftober 1826
geboren und wuchs unter geiftig günftigen
Einflüflen heran. Als jpäterhin geſchäft—
liches Unglüd über die Familie herein |
brach, mußten feine hoffnungsvoll begon:
nenen philofophiihen Studien aufgegeben
werden, damit er jchneller zu Brot füme.
Er widmete ſich aljo den Rechtswiſſen—
ſchaften und legte früh fchon feine Era-
mina ab, jo daß er 1848 bereits als
Notariatspraftifant fungierte. Begeiftert
durch die Morgenröte der Freiheit jenes
verhängnisihweren Jahres Ihloß ih O.
der Bewegung an, half mit an der Grün: |
451
Sept
lebt der Dichter ala Pfarrer in Benken
Otto,
dung einer Freilhaar, trat vielfadh als
Redner bei Bolfsverfammlungen,- wie
au als Journalift hervor und zeichnete
ſich bei mehreren Gefechten befonders aus.
Schließlich mußte D. nah Paris ent-
| fliehen, wo er kümmerlich von Stunden»
geben und journaliftifchen Arbeiten lebte,
alle Muße nationalölonomifhen Studien
widmend. Er wurde Mitarbeiter der Mo—
natsſchrift „La libert& de penser“ und
ſchrieb: L’insurrection badoire dans ses rap-
ports avee la revolution allemande (1850) und
Etudes sur la Russie (1850), welche Schrif⸗
ten ihn mit vielen bedeuten den Männern
in Verbindung ſetzten, aber auch die preu⸗
ßiſche Regierung veranlaßten, feine Aus:
weiſung aus Frankreich zu verlangen.
Daneben war O. auch zu achtjährigem
Gefängnis in Baden verurteilt, ſowie
zum Verluſte ſeines kleinen Vermögens
und ſeines Bürgerrechtes. O. ging nun
zunächſt nach Brüſſel, wurde aber auch
dort auf Veranlaſſung der franzöſiſchen
Regierung ausgewiefen und wandte fidh
nah England. Hier fchrieb er:
Gefängnisbetraditungen über Frankreich (1855).
Verſuche, eine Stellung in England zu erringen,
mißlangen, und jo ging er, von Koffuth nr
len, als 2ehrer nad) Cumberland. Hier lieferte
| er mit feinem Freunde Jof. Coulthaus die treff+
‚liche engliihe Bearbeitung des großen Humboldt»
ſchen Werkes (1854), wodurd er feiten Fuß in
dem literar. England faßte und Mitarbeiter einer
Neibe beiter Journale wurde, Er fehrte nun
nad Zondon zurüd, und lebt dort als Lehrer
und Schriftjteller, wie Überſetzer engliſcher Werte
ins Deutfche, verfaßte damal3 auch das fehr
günftig aufgenommene Bud: Thomas Garlyle
ein Lebensbild und lieferte zahlreihe Biogras
phien neuerer engliſcher Schriftiteller für vers
Ichiedene Lerifa (Wegner, Spamer :c.). Die
Univerfität Göttingen verlieh 1863 an D. den
Doktorgrad. Seit 1882 ift er Mitglied, jeit
1884 Vorfitender der Carlyle-Geſellſchaft, aud)
Borftandsmitglied der Goethegelellihaft u. v. a.
D. wirft noch jet in London als Jnitruftor an
der königlichen Marine Akademie von Greenwich
und Eraminationsmitglied der föniglihen Prüs
fungstommilfion für den Staatsdienft. Er ijt
vermählt mit einer hochbegabten Anverwandten
de3 berühmten Neformators des Poſtweſens Sir
Rowland Hill.
Stto, Hinrich, ſ. Joh.
Meyer.
29*
Otto⸗Peters.
Otto⸗Peters, Luiſe (Luiſe Otto),
wurde am 26. März 1819 in Meißen
als jüngſtes Kind eines hochgeachteten
Juriſten geboren. Ihren erſten Unter—
richt erhielt ſie durch einen Hauslehrer,
beſuchte darauf, zehnjährig, die ſtädtiſche
Selekta. Körperlich ſchwächlich, war ihre
geiſtige Entwickelung eine ſchnelle. Das
Jahr 1830 begeiſterte ſie zu ihrem er—
ſten politiſchen Freiheitsgedicht. Im Jahre
1835 endete das ſchöne Familienglück durch
den Tod der Mutter, welcher der Vater
in wenigen Monaten folgte. Mit zwei
anderen Schweſtern verlebte nun Luiſe ihre | 8
Jugend in ftiller Zurüdgezogenheit auf
einer väterlichen Befigung, und als die
Schweſtern fi verheirateten, bei einer
Anverwandten in Meißen. Im nahen |
Dresden lernte fie einen Juriſten Guſtav
Müller kennen, von gleiher poetiſcher und
politifher Beneifterung, wie fie, beſeelt.
Sie verlobte fih 1840 mit demijelben,
verlor den Bräutigam aber ſchon ein Jahr
darauf durd den Tod. Ihr Leben ge:
hörte num ganz der Muſe und ihren Fort:
fhrittsideen. Ihre Gedichte fanden in
Zeitſchriften Aufnahme, auch) lieferte fie
politiihe und kritiſche Artikel für Yours
nale und ließ ihren eriten Roman gub:
wig, der Kellner erjcheinen, in dem fie ges
gen Standesunterichiede kämpfte und für
Fortſchritt und Freiheit eintrat. Bald
darauf erſchien auch ihr erfter Artikel (in den
„Baterlandsblättern”) über die Fraucnfrage, de:
ren Förderung fie dann zu ihrer hauptlächlichiten
Lebensaufgabe mahte in Ichneller Folge lieh
8, D. druden: Hatholifen, Aus der neuen Zeit, |
Die Freunde, Schloß und Yabrif, Lieder eines
deutichen Mädchens und Ged.chte; ferner: Römiſch
und Deutih, 20 Jahre jpäter und Rom in
Deurfchland. Inzwiſchen lebte die Autorin fill
in Meißen, nur ab und zu Fleine Ausflüge be:
fonders nach Leipzig unternehmend, an der dor: |
tigen Muſikzeitung aud als Mitarbeiterin thätig.
An jelbjtändigen Werken dieſer Richtung erſchie—
nen aus ihrer Feder: Tie Kunſt und unſere Zeit,
Die Milfion der Kunft, Die Nibelungen. Im
Jahre 1849 gründete 8. DO. eine Frauenzeitung,
in welder fie für die Nechte ihrer Schweitern
eintrat.
die Zeit noch nicht reif. 1858 verheiratete
fih 2. O. mit dem Schriftiteller Aus
452
Dies Blatt ging 1852 wieder ein, da
Baar.
guft Peters, nachdem die Liebenden fait
zehn Jahre lang diefer Verbindung ent—
gegengeharret hatten, getrennt durch das
Geſetz: A. Peters war 1848 zum Tode
verurteilt, aber zum Gefängnis „begna—
digt“ und ſchmachtete hinter Schloß und
Riegel. In jener Zeit entftanden der Autorin
kulturhift. Romane: Nürnberg (3. Aufl.), und
Die Schultheißentöchter von Nürnberg. 1860
gab das Ehepaar eine fortfchrittlihe Zeitung in
Leipzig heraus, aber bereits 1864 ftarb der Gatte.
Damals beteiligte fih 2. D. an der Gründung
— Prag ser gear aus welhem dann
er „Allgem. Deich. Frauenverein“ hervorgi
deſſen Vorſitz ſie noch heute führt und —
rgan „Neue Bahnen“ 2, D. mit Auguſte
Schmidt zuf. redigiert. Indes hat fie noch fol:
gende Romane ericheinen laffen: Die Stiftäherren
von Straßburg, Deutihe Wunden, Gräfin Laus
retta, Die Nachtigall von Weramag.
Paar, Mathilde Lijette Marie, wurde
am 6. April 1849 in Caſſel geboren,
wo ihr Vater als furfürftliher Beamter
lebte. Sie erhielt im Elternhaufe mit
noch zwei Geſchwiſtern eine forgfältig
Erziehung. Früh ſchon zeigte fie he
am poetiihen Schaffen; vor allem Andern
wirkte das Theater mächtig auf ihre Ein»
bildungsfraft. 1870 wagte fie ſich zuerft
mit einer patriotifchen Dichtung
lands Fürbitter an die Offentlichkeit.
Jahre fpäter wurde ihr erites einaftiges
Luftipiel Die Wahrheit auf der Föniglichen
Bühne zu Caſſel aufgeführt und der Bei:
‘fall, weldhen es bier ſowohl wie an ans
deren Bühnen fand, ermutigte zu meite:
ren dramatiichen Arbeiten. Ihm folgten
bald auch mehrere Einafter:
Der Champagnerpfropfen, Der Wagen kommt,
Ein Roman, Chambre:garnie, Der Brautfranz ıc.
Das erite, einen ganzen Abend füllende Stüd
Ichrieb fie 1880. Es war ein Luftipiel: Frauen:
lift und Laune, welches jedoh nicht in Drud
erfchien, weil es bei feiner Premiere in Hamburg
mit Hecht mannigfachen Tadel erfuhr. Ihm
folgte im nächſten Nahre ein modernes Schau—
ſpiel: Helene, das bei Gelegenheit des Nänbers
\ Jubiläums in Mannheim zur engeren Wahl ge:
langte und dort feine erfte erfolgreiche Auffuͤh—
Pabſt.
Derſelben Gattung gehören —
weitere Schauſpiele: Verirrungen (1884) und
Déſirée (1886) an. Neben dieſen größeren Ar:
beiten dichtele M. PB. noch eine Anzahl von Feſt⸗
fpielen, teils für die Jugend, wie: Die Lebens:
frage, Johannistag, Wintermärden, oder für
Bühnendarftellungen, wie: Das Märchen, Der
Dombau zu Köln, Das Jahr ꝛc.; und zwifchen
dem märdhenhaft: phantaftiichen dramatifchen Ge⸗
dicht und dem modern⸗realiſtiſchen Luſtſpiel und
Drama bewegt ſich abwechſelnd ihre literariſche
Thätigfeit. Inzwiſchen hatte fie ſich nad)
jahrelangem Selbſtſtudium für einen ihr
wünjchenswerten Wirfungsfreis vorbe:
reitet und ließ fi) 1880 in ihrer Heimat |
als Lehrerin der Kunftgeihichte nieder.
1886 gab fie jedoch dieſe Thätigkeit wieder
auf, um nad Leipzig überzufiedeln, wo
fie noch jett lebt.
rung erlebte.
Pabſt, Arthur, geboren zu Halle a.
S. am 8. Februar 1852, beſuchte das
fol. Pädagogium der Franke ſchen Stif—
tungen ſeiner er bezog 1871 die
Univerfttät Halle, jpäter Göttingen und
Berlin, wo er ſich philologifchen und |
arhäologiihen Studien widmete. Im
Jahre 1877 als Hilfsarbeiter an das |
fol. Antiquarium zu Berlin berufen, trat
er 1578 als 1. Aſſiſtent bei der Sammlung.
des damaligen „Deutichen Gewerbe-Mu:
ſeums“, jetzt Kunſtgewerbe-Muſeum zu
Berlin ein, nachdem er bereits ſeit dem
Beſuch der Wiener Welt-Ausſtellung 1873
nebenher Studien auf dem Gebiete des
Kunſthandwerks getrieben hatte. Seit:
dem veröffentlichte er cine Reihe von
Sahihriften und begründete im Jahre
1884 das „Kunjtgewerbeblatt”, welches |
bereits nach dreijährigem Beſtande das
verbreitetjte aller bez. Fachblätter gewor:
den iſt.
Hauptwerle: Die Sammlung Frohne in Kor
penhagen: (1883), Sammlungen des Berliner
Kunftgewerbemujcums (1884), Skulpturenichmud |
am ?gl. Zeughaus zu Berlin (1885), Die Kunft:
fammlungen von R. Zihille in Großenhain (1886).
*
Pagenitecher, Heinrih Alerander,
——— am 18. März 1825 zu Elber—
eld als Sohn des Arztes und ſpäteren
ER AN N AU — 446.
453
— Pagenſtecher.
Abgeordneten zum deutſchen Parlament
und zur zweiten Badiſchen Kammer Dr.
C. H. A. P., abſolvierte ſeine medizini—
ſchen Studien in Göttingen, Heidelberg,
Berlin, Paris, war 1848 und 1849 als
Brunnenarzt in Oberſalzbrunn angeſtellt,
von da bis 1856 Arzt in Barmen, wo
er 1850 in erſter Ehe ſich mit Eugenie
Aders verheiratete. Habilitierte ſich 1856
in Heidelberg für Geburtshilfe, mußte
aber ſchon im ſelben Jahre wegen einer
Verletzung an der Hand dieſen Beruf
verlaſſen und ging zur Zoologie über.
Nach Bronn's Tode wurde ihm 1862
proviſoriſch, 1863 definitiv das Lehramt
in dieſer Wiſſenſchaft und der Paläonto—
logie übertragen, 1866 als Ordinariat,
und dieſem bei Einrichtung landwirt—
ſchaftlichen Unterrichts das für landwirt⸗
ſchaftliche Tierlehre gejellt. In Folge von
‚Kränfung berechtigt erachteter Kompetenz
zen in betreff der Lofalitäten erbat und
‚erhielt er 1878 die Verjegung in den
Nuheltand. Von 1856—1882 war er
Schriftführer des Naturhiſtoriſch-Medizi—
niſchen Vereins zu Heidelberg. 1882
folgte er einer Berufung als Direktor des
Naturhiftoriihen Muſeums der freien
Stadt Hamburg, melde Stelle damals
geihaffen wurde. Die erite damit ver:
bundene Aufgabe der Mitwirkung an Her:
‚stellung und Einrichtung eines neuen außer:
ordentlih anichnliden Dtujealgebäudes
wird vorausfichtlich in 1888 und 1889
ih vollenden. In Hamburg ihloh B.
1883 eine zweite Ehe mit Olga Schwarge.
Von den Schriften find einige kleinere medizi—
niihen und palärotologiihen Inhalts, oder bes
rühren, namentlih Rezenjionen, die landwirt—
Ichaftliche Tierlehre. Die zahlreichen zoologiſchen
und zootomilchen verteilen ſich auf fait alle
Klafien des Tierreihd und find meilt in Fach—
journalen, in fürzeren Referaten, mande in den
Verhandlungen des oben genannten Vereins, Die
neuejten im Jahrbuche der wiſſenſchaftlichen Ans
ftalten d. fr. Hamburg enthalten. Biele
betreffen parajitiiche Tiere. Selbit. erfchienen:
Trematoden und Trematodenlarven, Beiträge zur
Anatomie der Milben I, II, Tridhinen (1. u. 2,
Aufl.), Die Mollusken des rothen Meeres, Die
Tiere der Tiefſee, Allgemeine Zoologie I—1V,
St.
Palm.
Die Würmer in Bronn's Klaſſen und Ordnun—
gen des Tierreichs.
Palm, Adolf, ſ. Ad. Müller-Palm.
Pauta, ſ. Paul Lanzky.
Pautenius, Theodor Herrmann, iſt
zu Mitau (Kurland) am 10. Oktober
1843 geboren; abſolvierte das vaterſtäd—
tiſche Gymnaſium und ſtudierte Theologie
an den Univerſitäten Berlin und Er—
langen (1862 -66). Da der feurige
Jüngling jedoch keine rechte innere Be—
friedigung in dem Beruf eines Gottes—
gelahrten zu finden glaubte, ſo nahm er
die ihm angebotene Redaktionsſtelle bei
der „Baltiſchen Monatsſchrift“ in Riga
an und lebte dort faſt zehn Jahre, folgte
dann aber einem Rufe nach Leipzig an
die Redaktion des „Daheim“, welche Zeit—
ſchrift er in anerkannt trefflicher Weiſe
leitet. Literariſch ſelbſtſchaffend betrat er
mit wobhlverdientem Glück das Gebiet
des Romans und heben wir als die be-
beutendjten feiner Werke hervor: Wilhelm
Wolfſchild (2. Aufl. 1873), Allein und frei (2.
Aufl. 1875), Am Gottesländchen (1880), Das
rote Gold (1881), Die von Helles (1885).
Paoli, Betty, |. E. Glüd.
Pape, Yofef, iſt am 4. April 1831
in Eslohe (Weitfalen) als ein Sohn ein-
faher Bauersleute geboren, die ihren
Stolz dareinjegten, ihrem einzigen Rinde
eine vorzügliche Erziehung, zunächſt auf
dem Gymnafium zu Arnsberg, danad) an
den Univerfitäten Münden, Tübingen
454
und Berlin geben zu laflen, allwo ber-
felbe Rechtswiſſenſchaft ſtudierte. 1853
frat P. in den Staatsdienft, wurde 1858
Aſſeſſor und ließ ſich bald darauf als
Rechtsanwalt in Büren nieder. 1884
wurde ihm der Titel eines Juſtizrats
verliehen. Neben feiner juridifhen Wirk:
ſamkeit war P. auch literarifch, befon-
ders auf dem Gebiete des Dramas und
—* Epos in vielfach anerkannter Weiſe
thätig.
Pariſius.
Hauptwerke: Der treue Eckart (Ep. 1854, 4.
Aufl. 1886), Schneewitthen vom Gral (Ep.
1856, 3. Aufl. 1883), Gedichte (1857, 3. Aufl.
1875), Herzog Konrad (Trauerfp. 1859), Aus
verſchiedenen Zeiten (Nov. 1868), Aus dem Leben
eines Deutſchen PBatrioten (1869), Vaterländiiche
Schaufpiele (1870, 2. Aufl. 1875), Das ewige
Leben (Erz. 1881), Das Kirchenlied (1884), Der
Kaiſer (Schauſp. 1886).
Pariſius, Ludolf, geboren in Garde
legen am 15. Oftober 1827 als der Sohn
eines hochgeadhteten Geiftlichen, wibmete
ih dem Studium der Rechtswiſſenſchaft
zu Halle und durdlief alle Phaſen bis
zum Kreisrihter in feiner Vaterſtadt
(1858), welches Amt er jedoch wegen po:
litiſcher Wahlagitationen als Mitglied
des fortichrittlihen Zentralmahlfomite’s
bereits 1864 verlor. Er gab fi num ganz
der publiziftiichen Thätigfeit hin, fiebelte
nad) Berlin über, redigierte längere Zeit
mit Schulze-Deligih die „Blätter für
‚ Genofjenichaftsweien” und gab von 1868
bis 1872 den „Volksfreund“ und
1877 (mit Eugen Richter) die „Parla—
mentariiche Korreipondenz aus der Fort-
Ihrittspartei” (jet aus der deutjch-freif.
Partei) heraus. Seit 1862 gehörte er
dem preuß. Abgeordnietenhaufe an, von
1874—77 und von 1881—87 ſaß er
im deutſchen Neichstage und gehörte
ftändig zum gefhäftsführenden Ausſchuß
der Fortihrittspartei, bez. der
freif. Partei. Literarifch machte er
abgejehen von juriftiihen und politiichen
Werfen, dur die humoriftiihe Schrift:
Ein preußiſcher Kultusminifter, der feinen Beruf
verfehlt hat (15. Aufl. 1871), — —
Berdem hervorzuheben: Er 5
mißvergnügt? (5. Aufl. ey KH und
digkeit (Rom. 1871), Im
Haide (Rom. 1875), —— ee —
Bilder aus der Altmark (1882—83).
Paſch, Franz Eduard, geboren den
24. Juli 1827 in Friedrihshaide im
Herzogt. Altenburg. Nachdem berfelbe in
Altenburg feine Gymnafial- und in Jena
feine Univerfitätsbildung genoffen und eine
Reihe von Jahren (mährenddem erjtmalige
Ausgabe der „Worte väterlihher Liebe von La—
455
— —
Pafig.
vater") als Hauslehrer, eins als Direktor |felben war er jedoch ſchwankend, ob er
des „Garolinums“, einer höheren Töch- feinem Brotftudium treu bleiben oder
terihule in Altenburg thätig geweſen, | einer nur literarischen Thätigkeit fich wid-
Pasquo.
trat er, 1859, in den höheren Schuldienſt
und wirkte nun drei Jahre (währenddem
Promotion) an der Realſchule zu Erfurt,
drei, als Oberlehrer, an der zu Perle—
berg, fünfzehn, als Profeſſor — ein hal—
bes zugleich als Vertreter des erkrankten
Direktors — am Gymnaſium zu Alten—
burg.
Neben dieſer Schulthätigkeit übte er auch eine
— freilich weniger umfangreiche — literariſche.
1864 nahm er, durch eine „kritiſche Unterſuchung
über die Nibelungenſchriften A und C“, Theil
an dem Nibelungenitreite, 1866 fuchte er in ei:
nem Schriften „zur Kritik der Gefchichte des
Kaiſers Tiberius“ die bisherige (Taeiteiſche) Auf:
faffung deſſelben den neueren Vertretern jenes
gegenüber zu verteidigen; 1878 veröffentlichte er
in einem andern „Das altenburgiche Bauern:
deutfch, eine ſprachliche Studie”, einen Verfuch,
deſſen Eigentümlichkeiten wiſſenſchaftlich zu er:
klären. Außerdem beteiligte er ſich durch Rezen—
ſionen an den „Mitteilungen aus der hiſtoriſchen
Literatur““ und durch Lebensbeſchreibungen an
der von der hiſtor. Kommiſſion der Afademie der
Wiffenichaften zu Münden herausgegebenen ‚All:
gem. deutſchen Biographie”. Seit mehreren
Jahren durch ein Nervenleiden zu einer
unfreiwilligen Muße verurteilt, lebt er
jeßt in Dresden.
Paſig, Guſtav, wurde geboren zu
Wurzen im Königreich Sachſen, am 17.
Dftober 1835 als der Sohn eines wadern
Handwerkers. Seine Vorfahren entſtamm⸗
ten einer franzöſiſchen Hugenottenfamilie,
ı men jollte. Nah längerem Kampfe ent:
ſchied er ſich für das Erſtere und ging
nach Schwerin, wo er eine Hauslehrer—
ſtelle übernahm. Von dort kehrte er nach
‚zwei Jahren wieder nach Leipzig zurück,
um daſelbſt am Teichmannſchen Erziehungs⸗
inſtitut in eine Stellung als Lehrer für
Religion, deutihe Sprache und Literatur
einzutreten. Nebenbei hörte er noch zu
‚feiner Fortbildung verichiedene Vorlefun-
‚gen an der Univerfität. 1862 wurde er
‚als Diafonus nad) Johanngeorgenſtadt im
ſächſ. Erzgebirge berufen und 1866 in
gleicher Eigenſchaft nad) der Stadt Lauſigk
verjegt. 1876 warb er UOberpfarrer
zu Lauſigk, in welcher Stellung er jegt
ı nod) lebt. — Abgefehen von der Peröffent:
lichung einzelner Gedichte trat er zuerft 1869 mit
feiner epiihen Dichtung „Perpetua” als Dichter
hervor. 1874 erichien feine hochpoetiſche Erzäh—
‚lung „Der Bildhauer von Rom”, die im Jahre
1884 aud) in einer amerifanifchen Ausgabe ge:
|drudt worden ift, von welder jet die dritte
Auflage vorliegt. 1876 erfchien ein Band form:
ſchöner Gedichte von ihm unter dem Titel: „Dich:
tungen“ (2. Aufl. 1882); ferner 1880 ein Bänd—
chen „Glodenfagen” und 1882 die Erzählung
„Rigberta“. Außerdem find Novellen, Erzählun-
‚gen, Reiſeſkizzen, Krititen und Gedichte von ihm
in verfchiedenen Zeitfchriften ac. erſchienen. P.
| ift Mitarbeiter an einer großen Anzahl von Zeit:
Ichriften, infonderheit an folden, die einer hrift-
liben Weltanfhauung buldigen.
Pasquö, Ernit Heinrich Anton, wurde
die feiner Zeit nah Hannover eingewan: am 3. September 1821 in Köln geboren,
dert war und urfprünglic; den Namen | war 1842—44 Schüler des Barijer Ston-
„Pagie““ führte. Den erften Unterricht | jervatoriums und trat 1845 zum erften
erhielt der Knabe in der Bürgerichule Mal als Sänger in Mainz auf; dann
feiner Baterftadt, neben welchem noch ein | folgten Gajtfpiele in Gent und Aachen.
forgfamer Privatunterricht herging. Im Won 1844—55 war er Sänger in Darm
Jahre 1848 bezog er die Fürftenjchule | ftadt — mit Unterbredungen: 1846/47
zu Grimma, welde damals unter dem | Leipzig, 1848/49 Amfterdam. 1855—56
berühmten Philologen Wunder in hoher | wirkte er als Direktor in Amſterdam,
Blüte ftand. Danach ging er nad) Leipzig, | 1856—59 als Opernregiffeur in Weimar,
um dafelbft Theologie und Philologie zu |von 1859 an als Dk.-nfpektor und jeit
ftubieren. 1858 beendete er feine Stu: | 1871 als Direktor des Hoftheaters in
dien und abfolvierte das theologische | Darmitadt. Im Jahre 1875 trat er in
Eramen. Nach glüdlicher Vollendung des: | den Ruheſtand und lebt nunmehr in Als:
Paſſarge.
bach bei Zwingenberg. Vornehmlich hat
P. auf dem Gebiete des Romans und der
Operntext-Dichtung fi) Erfolge errungen.
Seine Ehöpfungen vereinigen funftvollen
Aufbau mit feiner Charakterzeihnung und
tiefer Gefühlsinnigfeit, und heben wir,
hervor:
Des Glodenfpielerd Töchterhen (1861), Das
öde Haus (1862, 2. Aufl. 1882), Das Gries:
heimer Haus (1865), Die Komödiantenhexe (1866),
456
Paudler.
genen Eindrücke in intereſſanter und fein—
ſinniger Weiſe.
Beſonders hervorzuheben: Aus dem Weichſel⸗
delta (1857), Fragmente aus Italien (1860),
Schweden, Wisby und Kopenhagen (1867), Aus
baltiihen Landen (1878), Drei Sommer in
Norwegen (1881, 2. Aufl. 1884), Normegiiche
Balladen (1883), Baltiſche Novellen (1884),
Aus dem heutigen Spanien und Portugal (1884);
außerdem lieferte P. mehrere treffliche Überfegun:
‚gen Ibſen'ſcher Werke.
Goldengel von Köln (1887), Drei Gefellen (1869, | Paudler, A., geboren am 8. Of
2. Aufl. 1872), In Paris (1872), Montroyal | ; — ——
(1873), Das Haus zur goldenen Roſe (1874), tober 1844 zu Samniperneubörfel im
Sieben Tage aus dem Leben cines Sängers nördlichen Deutih:Böhmen, beſuchte das
(1875), Der Grenadier von Pirmafens (1875),
Der Karlsberg (1576), Aus der Welt der Töne
(1878), Virginia Dejazet, Die Primadonna, Die
Logenſchließerin (1879), Rübezahl (1880), Frau
Mufifa (1881), Prinzeſſin Ilſe (1882), Die
Mühle im Wisperthal (1883), Auf dem Dom:
Krahnen, Zwei Eltern Worths, Das Glüd des
Drei Königen:Haufes (1884), Die Bergſtraße
(1885), Die Yagabunden, Die Gloden von Blurs
(1886), Muſikanten-Geſchichten (1888); ferner
Darmjtädter Muſik- und Theatergeichichte von
1567 —1710 (18550— 54), Frankfurter Mufif:
und Theatergeihichte, Goethe's Theater-Leitung
in Weimar (1863), Der fliegende Holländer, |
9. Heine und N. Wagner, Fidelio, Waflerträger |
und ihr Tertdichter, Einführung in die Oper. |
Von feinen etwa 40 Opernbücern und Über:
ſetzungen jei nur die Neubearbeitung von Webers
Silvana genannt, von den 10 Märchenftüden für
das Viftoriatheater (Berlin) nur Fauft und Die
ſchöne Helena, Die Shöne Melufina, Dornröschen
und Frau Venus (mit O. Blumenthal).
Paſſarge, Louis, wurde am 6. Au-
guit 1825 in Wolittnid in Oftpreußen
geboren und am Königsberger Gymna—
fium vorgebildet.
rung bezog er 1843 die Univerfität da—
jelbjt, jpäter die zu Heidelberg, um die,
Nechte zu jtudieren. Nach Ablegung ſei—
ner Eramina trat er in den Staatsdienft,
wurde als Hilfe: jpäter Kreisrichter in
Heiligenbeil beichäftigt, 1872 zum Appel
lationsgerichtsrat in Inſterburg und 1879
zum Ober:Landesgerichtsrat in Königsberg
ernannt. Seit 1887 lebt er als Geh.
Juftizrat a. D. in Tirol. Als Schrift:
jteller verwertete er bejonders die, auf
jeinen vielen und weiten Reiſen empfan=
Nah deſſen Abjolvie:
Gymnaſium in Zeipa und die Univerfttät
in Prag, woſelbſt er durch zehn Semeiter
'theologiihe und philofophiihe Studien
betrieb. Seit 1870 lebt er als Gymna—
ſialprofeſſor in Yeipa.
Hier gründete er 1877 im Verein mit Pro:
feſſor Rud. MWalda, Dr. Ed. Kreibih und K.
Yauermann den Nordböhm. Exkurſionsklub mit
dem Zwede, die Kenntnis des deutfchen Nord:
| böhmens zu erweitern und zu verbreiten. Der
Verein gedich, zählt jegt gegen 1400 Mitglieder
und fteht mit mehr als hundert wiffenihaftlicen
Vereinen in Deutichland und Oſterreich im Verkehr
und Scriftentaufh. An den „Mitteilungen des
Nordböhm. Exkurſions-Klub“ pflegt P., welcher
| diefe Vierteljahrsichrift Jeit ihrer Begründung
(1878) redigiert, abgefehen von hiftorifchen, natur:
wiſſenſchaftlichen und induftriellen Auflägen, nas
mentlich das literariiche Yeben der Deutihböhmen
zu regiftrieren. Demzufolge hat er ſich auch vor:
zugsweiſe dem Studium der nordböhmiſchen Kul—
turgeſchichte zugewendet; ebenfo dienen feine did:
teriihen Verſuche — meift im Nibelungenverfe
— der Verherrlichung deutihböhmifcher Sagen.
Veröffentlicht wurden folgende Schriften: Nord:
böhmische Volkslieder (1877), Studien zur nord»
böhmischen Spezialgefchichte 11878), Ein Vortrag
über Mufif und Geſang (1881), Die Feitichrift
Bogenſchützen-Geſellſchaft in Leipa (1882), Bei:
träge zur Geſchichte der Stadt Schluckenau (1883),
Kultur-Bilder und Wander: Skizzen aus dem nörd—
lichen Böhmen (1883), Sagen und Märchen (1883
u. 1887) und Graf Joſef Kinsky (1885). — Über—
dies hat P. im Jahre 1883 in Verbindung mit
Dr. F. Hantichel das „Zpigberg: Album” heraus:
| gegeben, eine umfangreihe Sammlung neuer und
‚älterer Dichtungen aus Nordböhmen. Das Ür:
ſcheinen dieſes Buches veranlahte damals eine
heftige Zeitungsfebde, welche jelbft auf die Ent-
‚ widelung der politiihen Zuftände Deutſch-Böh—
[a nicht ohne Einfluß blieb.
| Paul, E., |. F. Pachler.
Paul.
Paul, Hermann, wurde am 7. Auguft
1846 in Salbfe bei Magdeburg geboren,
widmete fi) dem Studium der Philologie
an den Univerfitäten Berlin und Leipzig, |
babilitierte ſich 1872 in Leipzig und wurde
1874 alsaußerordentl. Profeſſor nach Frei:
burg i. B. berufen, 1377 zum ordentl.
Profeſſor ernannt. P. hat fi) als Ger:
manift einen ausgezeichneten Namen er:
457
— Pecht.
empfing zu gleicher Zeit Privatſtunden zur
weiteren Ausbildung. 1875 bezog er
das Polytechnikum zu Hannover, 1878
die polytechniſche Hochſchule zu Dresden
und ſetzte 1879 ſeine Studien an dem
landwirtſchaftlichen Inſtitut der Univer—
fitãt Jena fort. Dann folgten Wander:
und Neifejahre durch ganz Norddeutich:
‚land. 1881 —82 nahın er nod ein
worben. Er redigiert mit W. Braune die mal feine Studien an der Univerfität
„Beiträge zur Geſchichte der deutichen | Leipzig auf, vermählte fih 1883 mit
Sprache und Literatur‘ (1874). Von Clara geb. von Wipleben und trat Die
feinen felbft. Werken heben wir hervor: | Bewirtihaftung feines Rittergutes Leng-
Zur Kritif und Erklärung von Gottfried von
Straßburgs Trijtan (1872), Hartmann von Aues
Gregorius (1873), Zur Nibelungenfrage (1877),
Unterfuchungen über den germaniichen Vokalis—
mus (1879), Prinzipien der Sprachgeſchichte
(1880, 2. Aufl. 1886), Mittelhochdeutiche Gram—
matif (1881, 2. Aufl. 1584).
Paul, Di., ſ. P. Möbius.
Paulus, Eduard, wurde am 16. Of:
tober 1837 in Stuttgart geboren. Er
widmete fi dem Etudium der Kunſtge—
ihichte und unternahm mehrfade Stu:
dienreifen, bejonders nad Stalien, um
dort die alten Meilter in ihren Werfen
fennen zu lernen. Er wirkt nunmehr als
Konferpator der württembergiichen Kunſt—
denfmäler in jeiner Vaterſtadt. Außer
mit einer Anzahl trefflicher kunſtgeſchichtl.
Werke trat P. beionders als Humorift
rühmlich hervor, aud) lieferte er mehrere
poctiiche Werke, die vielen Anklang fan:
den.
Hervorzuheben: Aus meinem Leben (Ged.
1867), Ein Ausflug nah Rom (1870), Bilder
aus Deutichland (1873), Bilder aus Italien
(3. Aufl. 1878), Lieder (1877), Aus dem Schwa—
benland (1877), Italien (2. Aufl. 1879), Lieder
und Humoresfen (1880), Bilder aus Kunft und
Altertum (1883), Stimmen aus der Wüſte (1886),
Aus Schwaben (1887).
Bawel:Bammingen, Alerander
e
röden bei Eiſenach an. 1886 erfolgte die
Scheidung ſeiner Ehe. 1887 wurde A.
v. BR. zu zwei Jahren Feſtungshaft
‚verurteilt wegen Tötung im Zweikampf.
1883 gab er einen Band gefammelter Gedichte
unter dem Titel „Wahrheit und Dichtung” her:
aus, Deufelben fchlofien fih in ralcher Folge
an: Gedanken eines Kavaliers über die Antis
femitenfrage (1886), Tagebuchblätter aus der
Unterfuhungähaft (1356), 2eiden und Freuden
der Landwirtichaft (humorift. 1887), Federſtriche
(Aphorism. 1887).
Pecht, Friedrih, wurde am 2. Ok—
tober 1814 in Konſtanz geboren, zeigte
ſchon als Knabe ein hervorragendes Zeichen:
talent und widmete fi der Lithographie,
jpäter jedod zur Porträt: und Genres
malerei übergehend. Er führte ein viel:
fach bemwegtes Leben, bald in Xeipzig,
"bald in Baris, München, Dresden, Lon⸗
don, Frankfurt und Italien wohnhaft.
In letztgen. Lande trieb er eingehende
funftgeihichtlihe Studien und verfahte
fein erjtes Werk Südfrüchte (1854). ALS
Maler machte BP. fih durch die Darſtel—
lung von Geftalten klaſſiſcher Dichter be-
kannt. Eo lieferte er die vorzügliche
Schiller⸗Galerie, Goethe-Galerie, Leſſing-Galerie ꝛc.,
zu denen er einen trefflichen Text ver—
faßte.
Freiherr von, wurde am 30. Juli 1855 Von ſeinen bedeutenden literariſchen Arbeiten
zu Gotha geboren, beſuchte das Gymna— | heben wir ferner hervor: Kunſt- und Kunftindus
fium feiner Vaterftadt und war darauf ſtrie auf der Wiener Weltausjtellung (1873),
1868— 71 ein Zögling der Erziehungs:
anftalt in Schnepfenthal. Von 1871— 75
bejuchte er das Lyeeum Bamberg und
' Deögl. auf der Münchener Ausitellung (1876),
Deögl. auf der Pariſer Weltausjtellung, Deuts
sche Künftler des 19. Jahrhunderts (1877—86).
Seit 1885 giebt P. die treffliche Zeitichrift „Die
Pelzeln.
Kunſt für Alle‘ und eine „Geſchichte der Mün⸗
chener Kunſt im 19. Jahrh.“ heraus.
Pelzeln, Auguſt von, iſt als der
Sohn des k. k. Appellationsrates Joſef
von P. am 10. Digi 1825 zu Prag ge—
boren, von wo die Familie in kurzem nad)
Wien überfiedelte und dort ihren blei-
benden Wohnfig nahm. Er abjolvierte
in Wien das Gymnafium, die damals be:
ftehenden philofophiichen Jahrgänge und
das Studium der Rechtswiſſenſchaften.
Im Jahre 1847 trat er als Konzepts
praftifant des k. f. Kreisamtes zu Wien
in den Staatsdienft und blieb bei dieſer
Behörde und dann bei der niederöfterr.
EStatthalterei bis zum Jahre 1850. Von
früher Jugend war er von großer Vor:
liebe für die Naturwiſſenſchaften, insbe:
fondere für Zoologie befeelt und ſuchte
feine Kenntnifie darin jtets zu bereichern,
es war ihm daher einer der liebiten
Wünſche, fih diefer Wiſſenſchaft gänzlich
widmen zu fönnen, und es gelang ihm
zu Beginn des Jahres 1851 eine Ans
ftellung als Praktikant in dem f. k. 300°
logiihen Hoffabinet zu erhalten. Er
wurde in kurzem Aſſiſtent, 1857 nad)
Jakob Hedels Tode Kuftosadjunft und be-
fleidet gegenwärtig die Stelle eines Kuſtos
am k. k. naturhiftorifhen Hofmufeum, in
welcher ihm die Leitung der Abteilungen |
der Säugetiere und Vögel übertragen ilt.
Diefen beiden Tierklafien find auch feine |
meiſten verdienitvollen Arbeiten gewidmet.
Er veröffentlichte außer zahlreihen Ab—
handlungen in verichiedenen Fachzeitichrif:
ten jelbitändig: Bemerkungen gegen Darwins
Theorie vom Urfprung der Species (1861), Bö-
gel der Novara-Erpedition im zoologiſchen Teil
diefes Reifewertes (1865), Zur Ornithologie Bra:
filiend (1868—71), Die Säugetiere Brafiliens,
herausgegeben von der k. k. zool. Geſellſchaft in
Wien 1883, (gemeinfam mit Graf Auguft Mar:
ihall:) Ornis Vindobonensis (1882), (gemein:
fam mit Dr. Emil Holub:) Beiträge zur Orni-
thologie Südafrifas (1882), (gemeinfam mit
Ferdinand Filher:) Die Säugetiere und Vögel
der Inſel Jan Mayen in dem Werke „Die öfter:
reichiſche Polar-Erpedition“, herausgeg. von der
t, Alademie der Wiffenichaften 1886; durch eine
roline Pichler.
Pelzeln.
Reihe von Jahren von 1872—82 lieferte P. die
Jahresberichte über die Leitungen der Naturger
Ihichte der Wögel.
A. v. P. ift Ehrenmitglied der British Or-
nithologists Union, ausmwärtiges Mitglied der
American Örnithologists Union, ausmwärtiges
forrefpondierendes Mitglied des deutihen Ver—
eins zum Schuß der Vogelwelt, forrefpond. Mit:
glicd der Zoological Society of London, Mit:
glied der Societ® Imperiale des Naturalistes
de Moscou, der allgem. deutichen ornithol. Ger
fellichaft, der k. k. Joologiſch-botaniſchen Geſell—
ſchaft und des ornithologiſchen Vereins zu Wien.
Pelzeln, Franziska v. (Henriette
Franz), wurde am 6. Dezember 1826 zu
Wien geboren. Ihre Eltern waren Ap—
pellationsrat Joſef von Pelzeln und Ca—
roline, Tochter der Schriftſtellerin Ca—
Ihr Vater ſtarb, kaum
daß Franzisfa das 5. Lebensjahr erreicht
hatte, und ihre verwitwete Mutter kehrte
in das elterlihe Haus zurüd, wo fie die
thätigfte Mitwirkung bei Erziehung und
Ausbildung der Vermwailten fand.
Schon frühzeitig verfuchte fih Franziska in
poetifchen Arbeiten, aber ohne daran zu d
diefe der Offentlichleit zu übergeben, erft im 9.
1863 entſchloß fie ſich zu diefem Schritte. Im
der Zeitichrift „Mußeftunden” erſchien ihre Ro»
velle „Berbängnisvolle Begegnungen“. Seither
find viele ihrer Erzählungen und Romane in ver
ſchiedenen Zeitichriften veröffentlicht worden, 1884
erichien ihr Roman: „Der Erbe zu Meidenhof".
Pelzeln, Marie von (Emma Franz),
geboren zu Wien am 4. Dezember 1830.
Sie verlor im zartejten Kindesalter ——
Vater, den Appellationsrat Joſef
von Pelzeln, welcher ſich im Jahre 1823
mit der einzigen Tochter der rühmlich bes
fannten Schriftitellerin Caroline Pichler
vermählt hatte. Mutter und Großmutter
widmeten fi) mit Hingebung der Ers
ziehung Mariens und ihrer Geſchwiſter.
Das in ihrem Haufe herrichende geijtige
Leben wirkte in hohem Grad anregend
auf das heranwachſende Kind, und bald
verrieth diejes den Drang, fi in lites
rariſchen Arbeiten zu verfuchen; aber exit
viele Jahre fpäter entſchloß fih Marie,
eine ihrer Erzählungen dem Drud zu
übergeben. Zu diefem Entſchluſſe trug
—
Penn.
wohl das Beilpiel ihrer Jugendfreundin
Hedwig Wolf viel bei, welche mit Glüd
als Schriftitellerin in die Offentlichkeit ge:
treten war. So erſchien 1862 M. v.
Novelle: Der Flüchtling in einer Zeitfchrift. Diefer
eriten Novelle folgten in verfchiedenen Journalen
viele Erzählungen und mehrere Romane. Selb:
459
B.3
ftändig erichienen: Schneefaterl (Nov. 1883), |
Prinzeffin Jrrliht (Erz. 1885).
geboren, abjolvierte in der Vaterſtadt und.
in Graz feine Studien, und begann mit ſei⸗
nem zwanzigiten Jahre feine publiziftische
Thätigfeit in Graz am „Gr. Telegraphen“.
Sleichzeitig erihien auch fein warm (troß
des Titels) aufgenommenes erjtes Buch
Eisblumen. Im folgenden Jahre trat PB. in
die Redaktion der „Volksſtimme“, 1862|
gab er die Zeitichrift „Hoch vom Dad:
ſtein“ Heraus, während feine höheren
Etudien ihren Fortgang nahmen, bis
er 1863 gen Wien zog, wo bejonders
Friedrich Hebbel jein literarischer För—
derer wurde. Eine fchwere Erkrankung
trieb P. wieder in feine Vaterſtadt zurüd,
von wo er als Mitarbeiter der „Or. Zeis
tung“ nad) Graz überfiedelte. Hier ver:
öffentlihte er einen Band politiſcher Ge:
dichte: Blätter aus der Zeit.
nahm P. eine Reife nad) Deutfchland,
Serbien 2c. und ließ ſich in Agram nieder,
wo er fein hiftor. Traueripiel Der Unter:
gang Metullums vollendete, das am k. Na—
tionaltheater mit dem erjten Preiſe ge:
frönt wurde. 1866 wandte fi PB. wieder
nad Graz und gründete dort die „Oſterr.
Gartenlaube“. 1867 folgte er jedoch einem
Rufe nad) Görz an die Redaktion des
„Deutihen G. Wochenbl.”, aus dem er
die „G. Zeitung” ſchuf, deren Leitung er
zwei Jahre hindurd) behielt, um alsdann
nad) Trieft, bald danach wieder nad) Graz,
Lemberg und dann nad) Peſt zu gehen.
Allenthalben war P. journaliftiih emfi
thätig, außer in den genannten Orten no
inGablonz(„G.Blatt“), Wien(„Borftadt-
Zeitung“, „Wiener Morgenpoft“, „Wie:
1864 unter:
Perfall.
ner Extrablatt“), dort gründete er auch
die „Dichterſtimmen aus Oſterr.⸗Ungarn“
und leiſtete 1877 einem Rufe nah Brünn
Folge, um die Chefredaktion des „Mäh—
ı rich » Schlefiihen Korreipondent”, fpäter
(1881) bie der „Brünner Morgenpoft“
zu übernehmen, in welch' letzterer Stel:
lung ®. no heute aufs erfolgreicdhjite
‚wirft, allgemein der höchſten Achtung ſich
Penn, Heinrih Moriz, wurde am
2. Dezember 1840 zu Laibach in Krain
erfreuend.
Außer den angeführten Werfen und zahlreichen
Auffägen, Eſſays, Überfegungen aus dem Slove—
nischen und Serbildhen find von P.'s höchſt an-
erfennenswerten, zum teil in fremde Sprachen
überfegten, refp. — foweit es Bühnenftüde find
\— vielfad mit Erfolg aufgeführten jelbitändig
| erichienenen Werfen noch hervorzuheben: Moderne
Lebemänner (Dr.), Sonette aus dem Schaufpiel:
baufe, Der floveniihe Dichter France Peſérn
(Biogr.), Liebesleben (Ep.), Ungarns jchöniter
Tag (Feftip.), Aus den Geheimnifien von Triejt
(Rom.), Auch eine Badegeihicdhte (Nov.), Mo:
derne Egoiften (Nov.), Tagebuchblätter, Ein Mord
(Nov.), Blaublut (Nov.), Eine Komödiantin
(Nov.), Weiblihe Sekundanten (Dr.), Der Bauer:
fönig (Rom.), Charakterföpfe (Ep.), Das Ger
heimnis eines dunflen Hauſes (Rom.), Soldaten:
buch (Ged.), Mara (2. veränd. Aufl. v. „Unter:
‚gang Metullums“), Die Geſchichte der Stadt
Wien (Hift. Prahtw.), Hadſchi Loja und die Ge—
ſchichte der öfterr. Offupation (hift. Rom.), Der
Kaiſer kommt (Feitip.), Durch eigene Kraft (Erz.),
Dämon Gold (Rom.), Das Buch der Treue (Ged.),
Friede den Menfhen auf Erden (Ged.), Ein
Waldmärchen (Ged.), Unjer Doktor (Sittenb.),
25 Jahre (Jubiläumsſchr.), Der feltfame Freund
Friedrichs des Großen (Rom.). Außerdem eine
Fülle von Romanen, Novellen zc. in verfchiede:
nen Sournalen zerftreut.
P. iſt Ehrendoftor einer ausländiihen
Univerfität und Ritter vieler hoher Or:
den, die ihm in Anerkennung feiner lite
rariſchen Verdienfte verliehen wurden.
Verfall, Karl Frh. v., wurde am
24. März 1851 in Landsberg i. B. ge:
boren, widmete fi früh ſchon dem jour:
naliftiihen Berufe und wirft nunmehr
als Redakteur der „Kölniſchen Zeitung“
in Köln. Literarifch jelbitihaffend trat P.
zunächft mit den humoriſtiſchen „Münche⸗
ner Bilderbogen“ hervor, wandte fi dann
aber dem Gebiete der Novelle und bes
Romans zu und waren es bejonders jeine
Berl.
Werke: Vornehme Geifter (1883) und Die
Langſteiner (1886), welche den Namen bes
Autors rühmlich befannt machten. Außer:
dem hervorzuheben: Ein Wintermärchen (1879),
Die Heirat des Herrn von Radenau (1884), Vi—
comte Boffu (1885).
Verl, Jacob (3. P. Dftland), am
1. juli 1824 in Mien geboren, jtammt
aus einem alten deutschen Bürgergeichledht,
welches nach der zweiten QTürfenbelage-
rung Wiens aus Tyrol nad Oſterreich
einwanderte. Der Vater beftimmte den
KAnaben zu feinem Geſchäftsnachfolger,
obwohl die Neigung deifelben von Jugend
auf für einen Kunſtberuf zu Tage trat.
Er erhielt eine, damals für Bürgers:
ſöhne ungewöhnliche Erziehung, befuchte
die Volfsichule und das Gymnaſium bei
den Piariſten und hörte alsdann Die
460
Perls.
Perls, Arnold, iſt am 15. Januar
1856 in Tarnowitz ESchleſien) geboren,
befuchte das Gymnaſium in Breslau
und widmete fi, jehr jung noch, der
Sournaliftif, indem er, faum achtzehn
‚Jahre alt, eine Zeitfchrift für Gymna-
fiaften gründete. Später betätigte cr ſich
als gewandter und feinfinniger Feuilles
tonnift, als welcher er nunmehr in Leip—
zig ‚lebt.
Hauptwerfe: Töchter-⸗Almanach (1875), Alt:
deutihe Götterlehre (1876), Das Buch vom
Küſſen (1876), Herzensklänge (3 Aufl. 1882),
Der Konflikt (1882), Herr Stöder und fein
Prozeß (4. Aufl. 1885).
Pernwerth von Bärnitein, Adolf,
‚wurde am 20. Mai 1836 zu Würzburg
‚geboren und war von feinem Vater, wel:
her — einem alten tiroliihen Adelsge—
Reale und die techniſchen Lehrfächer am ſchlechte entſproſſen — als bayriſcher Of:
W. polytechniſchen Inſtitute; führte von fizier unter den Waffen ergraute, gleich?
1842 an die Leitung des großen Ge: Falls für die militäriſche Laufbahn be—
Ichäftes feines Waters. 1848 wurde er
in die Wiener Semeindevertretung und
darin zum Echriftführer in das Bürcau
des Präfidiums gewählt, wo er bis 1550
verblieb. Nun bereilte er Deutichland,
Belgien, Holland, Großbritannien, Sranf-
reich, die Echweiz, Jtalien und fehrte in
feine Heimat zurüd, um das väterliche
Gewerbe zu übernehmen, das er von 1551
bis 1874 im ausgedehnteften Maßſtabe
fortführte, Die Schwindelperiode und die
ungünftigen Verhältniffe veranlaften ihn,
das Geſchäft zu verfaufen. 1861 bereits
hatte er ſich mit einer feingebildeten Bür:
gerstochter vermählt. Zeyt (1884) erft konnte
er feiner von Jugend auf gebegten Lieblings:
neigung für Poeſie nachgeben, weldye er bis da: |
bin als Dilettant mit Erfolg in vielfacher Weife |
jtimmt. Als der Eintritt eines befonderen
| Ereignifies die Ausführung diefer Abficht
verhinderte, widmete er fih von 1845
‚bis 1354 den humaniftiichen Studien am
Gymnaſium und von 1854—58 dem
Studium der Rechtswillenihaft an der
Univerfität zu Würzburg. Nachdem er,
nach erlangtem Univerjitäts-Abjolutorium,
1859—61 — mit Unterbredhung einer
‚neunmonatlichen Reife nad Griechenland
und Stalien — bei verfchiedenen Gerich—
ten feiner Vaterftadt ſich der vorgeſchrie—
benen Borbereitungspraris für das ju—
riſtiſche Staatsexamen unterzogen, legte
er diefes Eramen jelbit Ende 1861 mit
ı glänzendem Erfolge ab. Sofort nad) deſſen
Beendigung trat er, angezogen durch die
ausübte, Nun wurde P. Berufsfchriftiteller. Im , kosmopolitiſche Bedeutung des Eifenbahn:
Jahre 1844 erichien im „Wanderer” fein erites | weſens und deflen hohen Einfluß auf das
Gediht und wurde, von dem Slaviervirtuofen |
Leopold Balzar in Muſik gelegt, in Gefellichaften
und Vereinen vielfach gelungen. Demfelben folg-
ten nun viele andere in verfchiedenen Zeitungen,
Die jeitdem von ihm felbit. erichienenen Werke,
meiſt äußerſt günitig beſprochen, find: An die
deutichfeindlihen Ungarn (Eine Epiftel 1880),
Ein Mann, der Mut verliert (Ein Zeitbild 1881),
Ter Entſatz von Wien 1683 (Volksſtück 1883).
moderne Staatöleben, in den Dienft der
f. bayer. Verfehrsanftalten ein. P. ver:
‚lebte nun die Jahre 1862 —64 zuerſt
'als Praktikant, dann als Affiitent des
| Eifenbahndienftes in Würzburg, Donau—
wörth, Gunzenhaufen und Nürnberg, bis
‚er 1865 als Aſſiſtent im Neferatsdienite
Pernwerth von Bärnitein.
zur Generaldireftion der f. Verfehrsans |
ftalten in München berufen wurde, wo er
fodann 1867 zum Offizial, 1868 zum
General » Direktions = Sefretär befördert
ward. Im Jahre 1874 trat er infolge
organifatorischer Anderungen bei genanns |
ter Direktion in den äußeren Betriebsdienft |
zurüd und fungierte von 1874—77 als
Vorſtand der f. Poſt- und Bahnverwals |
tung Traunftein, von welchem Bolten aus |
er im legterwähnten Jahre zum Vorſtande
des k. Poſt- und Bahnamtes Trenchtlin—
gen Beförderung fand. Von hier wurde
er im Jahre 1880 zur Vorſtandſchaft des
k. Bahnamtes München berufen. 1881
wurde er ſodann zum Vorſtande des k.
Dberbahnamtes Weiden befördert und
1884 auf die Stelle eines Rates und
Unterabteilungs-Borjtandes der General:
direftion in München berufen. Bei der
jüngiten Neuorganijation der k. bayerichen |
Verfehrsanitalten 1886 endlih wurde er
zum k. Oberregierungsrat befördert und
mit ber Vorjtandichaft der Abteilung IL|
der neuen Generaldireftion der k. bayr.
Staatseifenbahnen betraut. Diejen Poſten
nimmt derfelbe heute nod ein.
Schon von Jugend auf hatte P. in feinen
Mußeftunden gern mit der Dichtkunſt ſich (ano:
nym) befchäftigt, allein an die Offentlichkeit trat
derjelbe erit 1878 und zwar mit „Iterumque |
vivat academia! poetifche Neminiscenzen vom
und aus dem Burſchenleben“ Bei feiner Vor:
liebe für die deutiche ftudentifche Poeſie vertiefte
er fih in deren Geſchichte und wendete fich dabei
hauptſächlich der Nachforſchung nach dem noch we:
nig gepflegten Zweige der lateiniſchen Studenten—
lieder der vergangenen Jahrhunderte zu. Auf
diefe Weile entitanden feine beiden in die Jahre
1879 und 1881 fallenden Beröffentlihungen
„Carmina burana seleceta* und „Ubi sunt, qui
ante nos in mundo fuere?* Die eingehenden
Vorftudien zu dielen Werfen veranlaßten P. feine
Aufzeihnungen in einer felbitändigen Veröffent:
lihung zu verwerten, und jo erſchienen 1882
feine „Beiträge zur Gefchichte und Literatur des
deutihen Studententumes von Gründung der äls
teften deutfchen Univerfitäten bis auf die unmit—
telbare Gegenwart” als Feſtgabe zum 300. Jubel:
fefte der Universität Würzburg. Die jogenannte
ınittellateiniiche Dichtung, wie folde in dem Co-
dex Buranus wieder zu Tage gefördert wurde, |
eiferte P. zur eigenen Nachbildung an, und hat
461
— Peſchel.
derfelbe inzwiſchen bei verſchiedenen feſtlichen, ins:
beſondere patriotiſchen Veranlaſſungen derartige
lateiniſche Feſtgedichte veröffentlicht, welche ihren
Lauf durch die deutſche Tagespreſſe nahmen und
vielfach geſungen wurden.
Peſchel, Wilhelm Emil, als Sohn
eines Kammermuſikus am 6. Juli 1835
zu Dresden geboren, genoß daſelbſt ſeinen
Schulunterricht. Dann widmete er ſich
ſpeziell dem Studium der neueren Sprachen
und Literatur und hielt ſich 1855 —58
in England und Nordamerifa auf, wo er
befonders an den Profeſſoren F. 9. Garn—
jey vom Magdalenen-Kollegium in Dr:
ford und O. W. Wight von der Newyorker
Univerfität Förderer und Freunde fand.
In fein Vaterland zurücgefehrt, promo—
vierte P., um darauf in verjchiedenen
höheren Lehranftalten Dresdens den Unter:
riht in den neueren Epraden zu über:
nehmen. 1861—78 befleidete er aus—
Ihlieglid das Lehramt für die englifche
Sprache und Literatur an dem I. Realgym-
naſium in Neuftadt:Dresden. Seine qute
Unterrichtsmethode dokumentierten P.'s
durd mehrere Auflagen jehr verbreiteten
Sprachbücher. Im übrigen ift er aud)
poctifch thätig, z. B. Wer Kinder liebt (1873),
Poetiſche Neminiscenzen aus der Kinderwelt (1879),
doch hat er feit einer Reihe von Jahren
feine Kraft und Zeit mehr und mehr einem
‚einzigen Punkte zugewandt: Als mit dem
50jährigen Todestage Theodor Körners
die Erinnerung an die ruhmreichen Tha—
ten der deutichen Befreiungsfriege wieder
lebendig ward, da war es P., damals
Vize-Vorftand des „Literariichen Vereins”
in Dresden, der zuerit Die Idee eines wür—
digen Monuments für den Tyrtäus uns
jerer Nation anregte und durch eine von
ihm allein ins Werk geſetzte Gedenkfeier
den Hauptfonds für die Ausführung feis
ner bee zufammenbradhte. Das Dent-
mal wurde am 18. Dftober 1871 enthüllt.
Damit nicht genug, widmete er Jahre
dem Plane, ein Körnermuſeum zu errich—
‚ten, der ihm gleichfalls gelang (1375)
‚und dejien Verwirklichung in ihrer immer
Vechta.
wachſenden Großartigfeit allein P. zu dan:
fen ift. Es bat ihm denn auch an Aner:
fennung nicht gefehlt. Der König von Sad):
fen zeichnete ihn durch den Albrechtsorden
und der Kaiſer von Deutichland durch den |
Kronenorden aus. Seit 1885 ift das gen.
Mufeum in den Befig der Stadt Dres:
den übergegangen und der Begründer
zum Direktor deſſelben ernannt.
Vechta, Guſtav Adolf von, wurde
am 30. Auguft 1830 zu Joahimsthal ge:
boren, befuchte nad abjolviertem Gym |
nafium die tehnifhe Hochſchule und Die |
Univerfität zu Prag, wo er ſich namentlich
mathematifhen und philoſophiſchen Stu:
dien bingab. Auf vielfahen Studien:
reifen in die Schweiz, nah Deuticdh-
land, Franfreih, Italien, Belgien und
England ſuchte er Vervollitändigung ſei—
nes MWiflens, um alsdann dem Lehrer:
berufe fi zu widmen. 1852 wurde ®.
nad) Ablegung der Konfursprüfungen zum
Adjunkten für Mechanik, Mafchinenlehre,
Maſchinenzeichnen und Phyſik an der tech⸗
nischen Hochſchule in Prag ernannt, wo er
bis 1857 erfolgreich thätig war, in wel⸗
chem Jahre er zum ordentl. Profefjor für
Mechanik, Maſchinenlehre 2c. an die tech:
nische Hochſchule in Lemberg berufen wurde.
Seit 1863 wirkt er in gleidher Eigen:
ihaft an ber techniſchen Hochſchule zu
Brünn, feit 1868 daſelbſt darjtellende
Geometrie und fonftruftives Zeichnen, En:
cyflopädie der Mechanik und Maſchinen⸗
funde lehrend. In Anerkennung feiner
großen Verdienfte wurde ihm 1879 der,
Titel eines Negierungsrats verliehen, er
auch durch hohe Orden, fowie durch die |
gr. goldene Medaille für Wiſſenſchaft und
Kunſt ausgezeichnet. Von jeinen bedeuten:
den und alljeitig als foldhe gewürdigten
jelbftändig erjchienenen Werfen heben wir |
bejonders hervor: |
freie Peripeftive in ihrer Begründung und
Anwendung (1868, 3. Aufl. 1888), Urſachen der
Dampfteffel » Erplojionen, Dimenjionierung der
Mafchinenteile (1869), Der Indikator und deſſen
Anwendung, Kotierte Rrojeftionsmethode (1877,
2. Aufl. 1852), Normalenflähen (15S0—S4),
462
tons: Zeitglofien hervor.
Peſchkau.
Freie klinographiſche Projektion, Darſtellende und
projektive Geometrie nach dem gegenwärtigen
Stande der Wiſſenſchaft (1883—85).
Peſchkau, Emil, wurde am 19. Fer
bruar 1856 in Wien geboren, legte be:
‚reits in feinem fünfzehnten Jahre Die
Maturitätsprüfung ab und bezog dann
auf Wunſch feiner Eltern die technijche
Hochſchule, die er mit vorzüglichen Zeug:
niffen abjolvierte, obwohl feine Neigung
ihon von früher Jugend an auf Poefie,
Kunſt und Philoſophie gerichtet war.
Dieſe Neigung ließ fi aber nad) feinen
erften Schritten in der Praris des In—
genieurs nicht länger zurüddrängen und
als einige feiner Gedichte und Novellen
beifällige Aufnahme in Zeitichriften ges
funden hatten, beichloß er, fi) ganz der
Literatur zuzumenden. Zahlreiche Reifen
und ein bewegtes Jugendleben — mußte
er do Schon von feinem vierzehnten Les
bensjahre an für die Erhaltung der Fa—
milie mit ſorgen — trugen wejentlic
dazu bei, feinen Gefichtsfreis zu erweis
tern und ihn in die verfchiedeniten Les
bensverhältniſſe bliden zu laffen, die ihm
dann den Hintergrund zu feinen Arbeiten
lieferten, denen er jeine erjten Erfolge
verdankt, und von denen der Roman Die
Neihögrafen von Walbet feinen Namen mit
einem Schlage befannt madte. Neben
dem Roman pflegte er von nun an nas
mentlich die Novelle, die Humoresfe und
das Feuilleton, und bald war er einer
der gelejeniten unter den Mitarbeitern
unferer beiten Zeitichriften und Zeitun—
gen. Unter den vorzüglid), ja teils glän-
zend beurteilten Sammlungen, die er bis-
her im Buchhandel veröffentlicht bat,
heben wir die Novellen: Miniaturen, Hinter
dem Vorhang UNd Am Abgrund, Die Humo—
resfen: Sommerfprofien, Aus Herz und Welt
umd Herr und Frau Pieps, Jowie die Feuille—
Seine neueften
Arbeiten find die Nomane: Abgründe des
Lebens UND Ein Augenblid des Glüds. Eine
Auswahl feiner bereits vielfah kompo—
nierten Gedichte hat PB. unter dem Titel
463
Beter. Peter.
Traum und Leben veröffentlicht und auf! inipektor für den Freimaldauer Bezirk er:
der Bühne ift er mit einem an zahlreichen | nannt, wo er aufs ſegens- underfolgreichite
Theatern wiederholt erfolgreih aufge: wirkte. 1872 erhielt P. die Stellung als
führten Einakter Ein Reiſeabenteuer erſchie- Direktor der k. k. Zehrerinnen-Bildungs-
nen. Auch ald Theaterfritifer und Ne: | anjtalt inTroppau. Dort redigierte er auch
dafteur war er längere Zeit thätig. Gegen: | das „Schleſ. Schulblatt” und bekleidete eine
wärtig lebt P. in Hofheim bei Frankfurt | Reihe von Ehrenämtern, außerdem wurde
am Dtain. er in den E. E. Bezirksichulrat delegiert.
Peter, Anton, wurde am 12. April Zugleich leitete P. die höhere Töchterſchule
1831 zu Johannesberg in Schlefien ge: daſelbſt, zu deren Begründern er gehört.
boren, wo er auch den erften Unterricht In allen dieſen Stellungen erwarb ſich
erhielt. Danach beſuchte er das Gymna- P. anerkanntermaßen wirkliche Verdienſte.
ſium zu Braunau (Böhmen) und das zu
Olmütz, nach deſſen Abſolvierung er die
dortige Univerſität, nach ihrer Auflöſung
die zu Wien bezog, um den hiſtoriſch-phi—
lologiſchen Fächern ſich zu widmen. 1853
und 1854 beteiligte er ſich lebhaft an
den Arbeiten des hiſtoriſch-philologiſchen
Seminars als wirkliches Mitglied, auch
wurde er zur ſelben Zeit bereits aushilfs⸗
weile am afademiihen Symnafium zu
Wien beihäftigt. Nah Ablegung feines
Eramens wirfteer 1854 —56 als Supplent |
am Gymnafium zu Brünn, wurde im leßtz |
gen. Jahre zum Gymnaſiallehrer, jpäter
zum Profeflor in Troppau ernannt. Dort
| Daneben veröffentlichte er den dritten Band eis
Ines Wertes: „Leben der Oggaländer in Bergans
genheit und Gegenwart” und — mie fchon früs
ber — viele Aufſätze in Beitichriften. 1878
wurde erzum Direktor der Lehrerbildungs⸗
anftalt in Tefchen ernannt und 1878 in
Anerkennung feines Verdienftes um diefe
Anſtalt durch Verleihung des Titels eines
k. k. Schulrats geehrt. Auch ift P. durch
das Ritterkreuz des heil. Franz-Joſeph—
Ordens ausgezeichnet. Außer vielen Bei:
trägen in Beitichriften find von P.'s felbitändig
erichienenen Werfen noch hervorzuheben: Burs
gen und Schlöfler im Herzogtum Schlefien (1879),
Heimatkunde des Herzogtums Schlefien (1880),
' Das Herzogtum Sclejien in Wort und Bild
(1884).
reifte der Plan in ihn, alles Volkstüm-—
liche, was in Brauch, Sage, Sitte und Meter, Karl, wurde am 6. April 1808
Sprade unter den Bewohnern Schlefiens | in Freiburg a. U. geboren, widmete ſich
fi) erhalten Hatte, zu jammeln und zu'dem Studium der Theologie und Phi:
fihten und daraus ein Werk zu bilden,
das für die Hulturgefhichte des Landes
von hoher Bedeutung werden follte. Nach
jahrelangen angejtrengten Vorarbeiten erichien der
erfte Band des Volkstümlichen aus Ofterr.:Schle:
Voltsihaufpiele, Sprichworte“. Der Erfolg über:
lologie in Halle, promovierte dafelbjt 1830
und wirkte aladann am dortigen Päda—
gogium als Lehrer. 1835 wurde er zum
Direktor des Gymnafiums zu Dleiningen
fien: „Kinderlieder, Kinderſpiele, Volkslieder und ernannt, war dann von 1843 —52 erit
‚Mitglied des Konfiltoriums in Hildburg-
traf die Erwartungen des beſcheidenen Verfaflers | haufen, dann des Minijteriums in Mei—
bei weitem, Die bedeutenditen Fachgelehrten und
die maßgebende Kritif begrüßten das Werk aufs
wärmijte, jo dab die kaiſerl. Afademie der Willen
Ichaften in Wien die fernere Herausgabe unter:
ftügte. So erfchien der 2, Band: „Sagen und
ningen, wurde aber darauf wiederum
Spmnafialdireftor in Anklam, danad) in
Stettin und ſchließlich feit 1856 in Pforta,
bis er 1873 in den wohlverdienten Ruhe—
Märchen, Bräuche und Volfsaberglauben“, gleich: | ftand trat und nach Jena überfiedelte.
falls alljeitig anerkannt. Bald darauf wurde
P. zum SKonfervator der Baudenkmäler
fürden Troppauer Kreis, ſpäter zum Schul-
inipeftor für die deutfchen Schulen in
Teſchen und früher noch zum Bezirksſchul—
Von feinen ausgezeichneten, meiſt in vielen
Auflagen verbreiteten Werken heben wir hervor:
Zeittafeln der griechiichen Geichichte, Zeittafeln
der römischen Geſchichte, Studien zur römiſchen
Gchhichte, Zur Kritik der Quellen der älteren
römiſchen Geſchichte, Geſchichte Roms.
Betermann.
Petermann, Reinhard E., wurde am
21. Januar 1859 zu Freudenthal in
Schleſien geboren. Er kam ſchon als Kind
nad Wien, wo der Vater die Stelle eines
Kanzleileiters bekleidete, und feine Mühe
fcheute, feinen Kindern eine ordentliche
Erziehung geben zu laſſen. Die mehr:
jährige Krankheit des Vaters, der 1879
ftarb, hatte P. genötigt, das ergriffene |
Studium aufzugeben und ebenfalls Be:
amter zu werden. Die Muße, die ihm
die erlangte Stellung ließ, benugte er
jedoch, um feine Studien wieder aufzuneh:
men. Mit Eifer warf er fih auf das
464
Peterſen.
eine zweite Auflage des vorzüglich beurteilten
Werkes notwendig.
Peterſen, Johann (Hanſen, Peter,
Grönwold), wurde am 6. April 1863
in Grönwold geboren, erhielt eine gute
häusliche Erziehung durch ſeine Eltern,
die 1877 nach Dillenburg, der Verſetzung
des Vaters halber, überſiedelten. Dort
gelangte P.'s Vorbildung zum Abflug
‚und er bezog die Präparandenanftalt zu
Herborn, danad) das Seminar in Dillen-
burg, um ſich dem Lehrerberufe zu widmen.
In demjelben wirkte er zunächit als Lehr:
aehilfe im Taunus, jpäter als Lehrer in
Studium der Erdkunde, Botanik, Meteo- Oberjtedten bei Homburg v. d. H. Alle
rologie und auf das der Geſchichte und Muße, die ihm fein Amt läßt, verwendet
Philoſophie; doch überwog das Intereſſe P. zu literariihen Arbeiten und ift er ein
an den naturwiſſenſchaftlichen Disziplinen. fleißiger lyriſcher und novelliftiiher Mitarbeiter
Neue Anregung boten ihm die touriftis | mehrerer Zeitſchriften. Auch kleinere pädagos
ſchen Streifzüge, die der für die Wunder
der Alpenwelt begeifterte B. unternahm.
So ergab ſich ſchließlich die Richtung für die in:
zwifchen begonnene jchriftitelleriihe Thätigkeit (er
Ichrieb Eſſays und Feuilletons über ſoziale und
fulturbiftoriihe Ericheinungen der Gegenwart)
von ſelbſt. Mit feinen, in Wien gang neuen,
populãr⸗wiſſenſchaftlichen meteorologiſchen Feuille⸗
tons betrat er das eigentliche Feld ſeines liter.
Wirkens. Eine Anzahl dieſer Arbeiten, von
denen beſonders mehrere Darſtellungen beſtimmter
Alpengebiete in ihren jahreszeitlichen, landſchaft—
lichen Zuſtänden Intereſſe erweckten, erſcheint dem—
nächſt geſammelt.
Peterſen, Eginhard Friedrich, wurde
am 29. Auguſt 1834 zu Lübeck als äl—
teſter Sohn des dortigen Paſtors J. F.
P. geboren, widmete ſich nach Abſolvie—
rung des Lüb. Katharineums in Erlangen,
Berlin und Tübingen dem Studium der
Theologie, um nad) vierjähriger Kandi-
datenzeit in feiner Vaterſtadt erft Pre:
diger, dann im Jahre 1879 Hauptpaftor
am Dom zu werden.
Ton der Hinrichs'ſchen Verlagshandlung in
Leipzig aufgefordert, vollendete P. die von ſei—
nem Jugend» und Univerſitätsfreunde ©. Witt
in Erlangen mit beionderer Yiebe begonnene,
aber faum zur Hälfte (bis zur Verheiratung
Luthers) gebrachte Zutherdiographie, im möglich:
Iten Anjchluß an das Angefangene und im Geift
des verjtorbenen Mutors. Tas, durch das Luther:
jahr erwedte lebhafte Intereſſe machte bereits
giſche Artikel entfloſſen feiner Feder.
Peterſſen, Friedrich Carl, wurde am
6. Januar 1829 in Emden in Oftfriesland
‚geboren, befuchte die lutheriſche Schule
dajelbjt und trat, vierzehnjährig, als Lehr»
ling in ein Handlungshaus ein. _ Seine
erübrigten Mußeſtunden benugte er zu
feiner weiteren Fortbildung. In diefe Zeit
fallen feine erſten Eleinen poetiihen Vers
ſuche. Seine Lernbegierde veranlaßte ihn,
‚den kaufmännischen Beruf aufzugeben und
in die Offizin der „Oſtfrieſiſchen Zeitung”
| überzufiedeln, auch hoffte er nad) der Er:
lernung der Buchdruckerkunſt ſpäterhin jeis
ner Reiſeluſt Genüge zu thun. Von ſei—
nem erſten Verdienſt nahm er guten Un—
terricht im Erlernen der franzöſiſchen
Sprache und brachte es bald dahin, fran—
zöſiſche Werke zu überſetzen, fand auch noch
Zeit zu poetiſchen Ergüſſen, als 1848,
'1849 die Nevolutionejtürme durch das
Land brauiten. 1851 fonnte er als Jün—
‚ger Gutenbergs der Heimat Valet jagen.
In Gannftatt, wo er Arbeit fand, be:
| geifterte ihn J. Scherr’s „Allgemeine Lite
raturgeſchichte“ vollends für die Schrift:
jtellerei, deren Sünger zu werden fein
heißeſter Wunsch war. Seine Wanderjahre
| führten ihn dann weiter durch die franz
Pe.
zöſiſche Schweiz nad) Frankreich, England
und wieder zurüd nad Franfreih. Al-
lerorten jtrebte PB. mit großer Energie
feinem Hauptziele, „dem Schriftiteller” zu,
ſo fuchte er vor allen Dingen Vervoll-
fommnung feines Wifjens und teilte feine
Muße zwiſchen ernjte Studien, bejonders
Epradıen, und literarische Arbeiten. 1877
verheiratete fih P. mit einer gemütreichen
jungen Franzöfin, mit der das Glüd in
fein Haus zog, indem ihm eine Reihe von
literarifchen Aufträgen (Überjegungen) zu-
teil wurde. 1859 trat er als Mitredaf:
teur in die „Barifer Zeitung“ und nun
war die Bahn geebnet. Bald war PB.
Mitarbeiter einer größeren Anzahl beſſe—
rer Zeitichriften, die ihm den Ruf eines
tühtigen und interejianten Feuilletoniften
begründete. 1863 erichien fein erjtes,
von der deutichen und franzöfiichen Preſſe
jehr günftig beurteiltes Werk Parifer Leben.
Demjelben folgten 1870 feine Genrebilver
Dann aber fam
der Krieg. P. wurde ausgewieſen und ging
aus dem modernen Babel.
nad) Brüſſel, kehrte Ipäter jedody nad) Pa:
ris zurüd. Im Jahre 15880 überjiedelte
P. von Paris, wo er jo fleißig jchaffend
gelebt Hatte, nad) Blainville, um nunmehr
die in der ganzen Zeit betriebene auf:
.reibende Thätigkeit als Berichteritatter
einer übergroßen Zahl von Blättern mit
der ruhigeren eines Novellijten zu ver:
tauſchen. Als folder hat er ſich einen
Namen durch feine vortreffliden Zeich—
‚nungen Frankreichs und der Franzoſen
erworben.
Hervorzuheben: Der Schat im Walde, Auge
um Auge, Der Spielteufel, In der Todesitunde,
Die Raben von Pirou, Aus Frankreich, Bilder
und Sfizzen.
Pets, Franz, geb. am 24. Scptember
1820 als ein Sohn adıtbarer, aber un:
bemittelter katholiſcher Bürgersleute zu
Arnsdorf in Niederbayern, bejuchte die
Elementarfchule dajelbft und genoß neben:
bei, von dem Triebe, das Studium als
feinen Beruf zu ergreifen, bejeelt, den:
Vorbereitungsunterricht einesgroßmütigen
Das literariihe Deutſchland.
Petz.
Prieſters. Im zwölften Lebensjahre fand
er Aufnahme im Gymnafium zu Strau:
bing und überwand glüdlid die mate-
riellen Echwierigfeiten feiner erften Stu—
dienjahre. Im Jahre 1839 bezog er bie
Univerfität Münden und gab fid) da—
jelbit dem Studium der Philofophie, Ge—
Ihichte, Mathematif und Naturwiflen:
haften, bejonders aber theologiichen Stu:
dien hin (unter Döllinger, Stadtbauer,
Amberger). 1843 folgte er dem Rufe fei-
nes Bilchofs, um in das Klerifalfeminar
in Paſſau einzutreten. Hier vollendete er ein
einjähriges Studium der Fächer der praf-
tiihen Theologie, erhielt die Priefterweihe
und bald darauf (1844) feine erfte An:
jtellung als Hilfspriefter in einer Land:
pfarrei. In diefem Berufe wirkte er fünf:
zehn Jahre in anftrengenditer, ſegens—
‚reiher Thätigkeit. Wider feinen Willen
und wider feine Neigung wurde er im
Jahre 1859 zum Domfapitular in Paſſau
ernannt. Um jedod nicht völlig dem Looſe
eines aftenbejtaubten Büreau-Menſchen zu
‚verfallen, juchte er die wenigen geſchäfts—
freien Stunden zur Fortiegung feiner Stu:
dien über Geſchichte, Philoſophie, Kirchen:
und Staatsreht und Naturwiflenichaften
zu benußen.
Der Offentlichfeit übergab er vorerit einige
Monographien über kirchenhiſtoriſche, firchen- und
ſtaatsrechtliche Zeitfragen und dann eine Anleis
tung über Homiletif und Rhetorik (1876); ferner
eine neue Überjegung der Kanones und Defrete
des Konzild von Trient mit geſchichtlichen und
fanonifcherechtlihen Noten (1877); bierauf lieh
er folgen: „Philoſophie der Religion“ oder „Stu—
| dien über Gott und das Göttliche” (1878), „Kos:
mos und Pſyche“ oder „Philoſophiſche Unter:
fuhungen über die Welt und die Seele” (1879),
„Philoſophiſche Erörterungen über die Unſterb—
| lichkeit der menschlichen Scele und über den Zu—
ftand der abgeſchiedenen Seelen im Jenſeits“
(1879). Außerdem erihienen von ihm Artifel
und größere Abhandlungen über Tagesfragen, jo»
wie über philofophifche, lirchenrechtliche und ſtaats—
rchtlihe Ihemata in den verfchiedenften fach-
wiſſenſchaftlichen Zeitſchriſten, Tages⸗ und Kir:
chenblättern. Bei allen jeinen literarischen
Arbeiten hatte er das Ziel „Recht und
Wahrheit” vor Augen, das er, unbeirrt
von veralteten Schulmeinungen und Lehr:
30
Petzet. —
traditionen, ohne_Nüdjiht auf Lob und
Tadel, beharrlich verfolgte.
Petzet, Georg Chrijtian, geboren zu
Hof (Bayern) am 1. März 1832, jtudicrte
zu München und Leipzig, wirkte 1854—59
als PBrivatlchrer zu Warſchau, 1859 bis
1863 Redakteur der deutichen „Warid).
Zeitung”, 1563— 76 der „Schlefiichen
Zeitung“ zu Breslau, feit 1576 an der
„Allgemeinen Zeitung“, bis 1582 zu Augs:
burg, jeitdem zu München, gab 1570 die
Broichäre: Ruſſiſch Polen und die oſteuropäi—
ſchen Intereſſen, 1855 Kernworte Bismards her:
aus. Außerdem eridienen von ihm zahl:
reihe Artifel in Zeitungen und Zeit:
Ichriften.
Petzold, Carl Wilhelm, wurde am
9. Februar 1848 zu Keutichen, unmeit
Weißenfels, geboren. Er bejuchte die
Kgl. Landesichule Porta und jtudierte
dann in Halle a. ©. Theologie. In den
Jahren 1570/71 nahm er Teil an dem
franz. Feldzuge; aus demjelben zurüdges
fehrt, widmete er fih dem Studium der
Naturwiſſenſchaften. 1874 fand er nad)
abgelegter Staatsprüfung feine erjte Anz
jtellung als Lehrer zu Neubrandenburg
i. M. Im Jahre 1877 fiedelte er nad)
Weißenburg i. E. über; feit 1880 ift er
an der Städt. Nealjchule (Oberrealſchule)
zußraunfchweig thätig. Auf &rund (einer
unten angeführten) Dijjertation ward er
1876 in Halle zum Dr. phil. promoviert;
1856 ward er zum Oberlehrer ernannt.
Er veröffentlichte: Über die Verteilung des
Gerbſtoffs in den diesjährigen Trieben unferer
Holzgewächle (Inaug.Diſſert. 1876), Die chemiſch—
phyſitaliſche Atomtheorie (1877), Verzeichnis der
in der Umgegend von Weißenburg i. E. wild—
wachſenden und häufiger kultivierten Gefäßpflanzen
(1879), Leitfaden fur den Unterricht in der aſtron.
Geographie 1855), Die Bedeutung des Öriechiichen
für das Verftändnis der Prlanzennamen (1856).
Außerdem erichtenen von ihm zahlreiche Eleinere
Abhandlungen meilt botanischen und pädagogiichen
Inhalts in verichiedenen Zeitſchriften.
Peyſcha, Franz, wurde am 7. No:
vember 1524 in Brünn geboren, bejuchte
nach Abſolvierung des Gymnaſiums feiner |
466
—
Pfaff.
Vaterſiadt die Univerfität Wien, um ſich
den juridiſch-politiſchen Fächern zu wid—
men. Nach Ablegung der Staats-Prü—
ſungen trat er zuerſt als Gerichtsbeamter
beim E. k. Oberlandesgericht in Brünn
‚in den Staats-, kurz darauf in den Ge—
meindedienjt ein. Als Sekretär wirkte
er im Brünner (Semeinderat und vom
Jahre 1857 als Stadtrat in Olmütz.
Mit den Hommunal:-Berhältniffen vertraut,
‚lieferte er Aufläge für verfchiedene Fachſchriften,
außerdem war er Mitarbeiter mehrerer Tages:
blätter. Wicderholt hatte BP. Gelegenheit, in die
alten Handichriften des Olmüger Archivs, das
unter feiner Aufſicht ftand, Einjicht zu nehmen.
Er verzeichnete Vieles aus denfelben und übergab
es in zahlreihen Auflägen der ffentlichkeit.
Als interejfante Beiträge zur Gefchichte der Stadt
Dlmüt verfaßte P. 1866 und 1880 awei Brofhüren,
enthaltend Denfwürdigfeiten aus der Geichichte
und Statiftif der Stadt Olmütz mit Rüdficht
‚auf die Ereigniffe der jüngſten Vergangenheit.
(Die Herausgabe beider Werkchen erfolgte aus
Anlaß der Anweienheit des Kaifers in Olmütz.)
Ks gab P., einer ehrenvollen Aufforderung
Folge leiftend, die Brofhüre „Die Olmützer
Kunſtuhr“ heraus, womit es ihm gelang, das
Intereſſe zur mechaniſchen und deforativen Wie:
derheritellung der alten aſtronomiſchen Kunſtuhr
in weiteren reifen anzuregen.
Pfaff, Friedrih Auguft Georg Karl
Ludwig, ift in Darnıftadt, wo fein Vater,
ein Mann von fünftleriicher Begabung,
Beamter war, am 21. November 1855
geboren. Der frühe Tod der Mutter,
‚der Mangel von Geichwijtern, dabei feine
zarte Gejundheit brachten es mit jich, daß
er die Kinderjahre ziemlich einfam, meiſt
‚unter Büchern verlebte. Er bejuchte die
‚eigenartige Anjtalt von Schmig, fpäter
das (Symnafium in Darmitadt. Die auf
der Schule erhaltenen Anregungen waren
(gering; nur einer der Lehrer, der die
Schüler jtets auf die Künfte und auf das
deutſche Altertum binmwies, hat auf den
Knaben einen tiefen Eindrud gemacht.
Trog aller Neigung zu den Künften, die
durch den Vater beſonders gefördert worden
war, entwidelte fih in P. allmälig die
Luft am Soldaten: oder Foritmannsberufe,
weldye beide durch Jahrhunderte die Fa—
milie beberricht hatten; aber ſchließlich
——
Pfitzner.
überwog doch ein alter Zug zu den hiſto—
riſchen Wiſſenſchaften, ſo daß P. nach
längerem Schwanken ſich entſchloß, in Hei-
delberg germaniſche und romaniſche Phi—
lologie zu ſtudieren. Hier gewann bald
Karl Bartſchs Richtung den größten Ein—
fluß auf ihn; daneben aber nahm er mit
aller Neigung die neue Lehre der ſoge—
nannten „junggrammatifchen Schule” auf,
welhe ihm Oſthoff als Lehrer der ver:
gleihenden Spradwillenihaft vermittelte.
Auch hiſtoriſche und philoſophiſche Stu:
dien wurden nicht vernachläſſigt. Im
Jahre 1881 beidloß die Promotion den
Lehrgang. Da dem Plane, fi als De:
zent zu habilitieren, die Verhältnifje nicht
günftig waren, nahm P. 1882 eine Stelle
an der Univerfitätsbibliothef in Freiburg |
i. B. an, wo er noch heute als. Kuftos
thätig iſt.
Von den trefflich beurteilten Schriften P.'3 heben
wir hervor: Triftrant und Iſalde (Rom. des 15.
Jahrhunderts, 1831), Arnims Tröſt Einfamfeit
(1883, Ausgabe mit Einleitung zur Geſchichte
der Romantif), Reinolt von Montelban oder Die
Heimonäfinder (1885, Ausgabe des altdeutichen
Gedichts mit Unterfuhungen), Romantif und ger:
manifche Philologie (1886), Das deutiche Volks:
buch von den Heymonsfindern (1887, Ausgabe
mit Einleitung über die Reinoltſage). Außerdem
zahlreiche Aufſätze und Rezenfionen in Zeitfchriften.
Pfigner, Wilhelm, ift am 14. Ja
nuar 1814 zu Schönbeck in Medl.:Strel.
geloren, auf dem Gymnaſium zu Fried:
fand zur Univerlität vorbereitet und begab
fih 1835 nach Halle zum Etudium der
Philologie. Bis 1838 hörte er dort
Meyer und Bernhardy, nahın Teil an
der hiſtoriſchen Geſellſchaft von Voigtel
und beſuchte außer mehreren philoſophiſchen
Kollegien mit großem Intereſſe die ge:
Ihichtlihen Vorträge Yeos. Bernhardy
hat nachmals wiederholt verfichert, er
bedaure, daß ein zu großes Intereſſe an
den damals od) verbotenen jtudentischen
Korpsleben die nicht unbedeutenden Ans
lagen Pfigners nicht zur tieferen Ent:
widelung habe fommen laſſen. Jedenfalls
hatte er darin vedt, daß der wirklich
praftiiche Erfolg des Univerfitätsftudiums
467
Pfitzner.
geringer als wünſchenswert war. Das
Verſäumte mußte demnach mit voller
Energie während des mehrjährigen Haus—
lehreramtes nachgeholt werden, und hat
von da an Bernhardy mit ungemeinem
Intereſſe brieflich und mündlich einge—
wirkt. Nach Abſolvierung eines damals
in Mecklenburg noch nicht herkömmlichen
Probejahres an dem Gymn. Carolin. zu
Neuſtrelitz und demnächſtigen Privatun—
terrichte in den beſten Familien der Re—
ſidenz wurde er zu Oſtern 1848 nach
Parchim als Dirigent und erſter Lehrer
an die vor kurzem eingerichtete ſtädtiſche
Vorſchule des Friedrich-Franz-Gymna—
ſiums berufen, nachdem er im Jahre
1846 zu Berlin rite zum Dr. phil. ers
nanıt morden. Zu Parchim rüdte er
nah einigen Jahren ins Gymnaſialkol—
‚legium und verlebte nad damaligen
Schickſale der jüngeren Lehrer pefuniär
‚ehr fnappe Zeiten. Nach feiner 1885
erfolgten Penſionirung wurde er von dem
Großherzog von Medl.-Strelig wegen
feiner weit über die Grenzen Deutlich:
lands anerfannten gelchrten Schriften zum
Profeſſor ernannt, aud) fonft wegen feiner
Verdienſte geehrt, und verlebt von dann
‚einen großen Teil des Jahres auf dem
Kabinetsgut Hohenzierig in dem Haufe
‚feines Schwiegerlohnes. Literariſch machte
ſich B. vornehmlich durch feine anerkannt
| trefflihen Arbeiten über Tacitus befannt,
welche einen wejentlichen Fortichritt in
der Erkenntnis dieſes Schriftitellers dar:
ſtellen.
Von Arbeiten für die Schule heben wir als
die wichtigſten hervor: Über das Sabiniſche Landgut
des Horatius (1864), Das Geburtsjahr Jeſu Chriſti
(1873), Charakteriſtik der beiden florentiniſchen
Handſchriften des Tacitus (1876), Das Verhalten
des Tiberiusim Senate bei der Ibernahme der Derrs
ſchaft (1877), Die Belagerung von Alcfia (18715
von rein willenichaftlichen Schriften: in eriter
Linie jeine „Geſchichte der römiſchen Kailerlegios
nen von Auguſtus bis Hadrianus”, die wohl
als einzig daſtehende und bis jetzt erichöpfendite
Sefanuntgeichichte der röm. Kaiferlegionen, und
deshalb ais beſenders verdienſtooll zu bezeitnen
ift. Ferner: Das chriſtliche Gymnaſium (1563),
Die Annalen des Tacitus (1 1S64— 85); auferdent
30*
Pfleiderer.
viele Rezenſionen ꝛc. in Zeitichriften und ſämt—
liche Artikel über Römifche Altertümer ꝛc. im
Realleriton des Hafi. Altertums von Lübler.
Pfleiderer, Edmund, wurde am 12.
Oftober 1842 in Stetten bei Cannſtatt
geboren, ftudierte in Tübingen Theologie
und Philofophie, war als Nepetent am
Seminar zu Maulbronn und danad) in
Tübingen thätig und wurde 1872 Dia-
fonus in Sindelfingen bei Stuttgart.
Nahdem fih 1870 eine Berufung nad)
Dorpat zerichlagen hatte, wurde er 1873
als ordentlicher Profeſſor der Philoſophie
nad Kiel und 1878 in gleicher Eigenſchaft
nad) Tübingen berufen.
Literariich wurde P. zuerſt durch feine treff:
lihen Werfe über Leibniz bekannt: Leibniz als
Patriot, Staatsmann und Bildungsträger (1570),
Leibniz als Berfafler von anonymen Flugichriften
(1870); außerdem hervorzuheben: Erinnerungen
und Erfahrungen eines Feldprediger8 (vom Verf.
im Feldzuge 1870/71, den er in folder Eigen—
ſchaft mitmachte, gel., 1874), Empirismus und
Skepfis in D. Humes Philofophie (1875), Der
moderne Peſſimismus (1875), Die Jdee eines gol»
denen Zeitalterd (1877), Kantiſcher Kriticismus
und englifche Philoſophie (1881), Lotzes philoſ.
Weltanschauung (1882), Die Philoſophie des He:
ratlit von Ephefus (1886).
Pfleiderer, Eugen, wurde am 23.
Mai 1849 zu Waiblingen (Württem-
berg) geboren. Er befuchte die Realichule
in Stuttgart und trat nad) deren Abfol-
vierung als Lehrling in ein Baukgeſchäft
dafelbjt ein. Seit 1869 war er mehrere
Jahre in der chemiſchen Induſtrie und
im Bankfach in Bayern thätig, darauf
von 1873 —79 Leiter einer großen me:
chaniſchen Baumwollipinn- und Weberei
in Pferfee bei Augsburg. 1880 gründete
er die noch bejtehende „Bayrische Yandes-
bank“ in Münden und war deren eriter
Direktor. Seit 1883 iſt P. Handelsredaf:
teur und feit 1885 zugleich Leiter der Ad—
blattes“. Als Großgrumdbefiger tft er
468 —
Pfleiderer.
Pfleiderer, Dito, Bruder des Vor.,
geboren am 1.September 1839 in Stetten
bei Gannitatt, widmete fi dem Stubium
der Theologie in Tübingen, wirkte als
Pfarrvikar in Eningen, darauf als Res
neuem Kommentar (1876), Pius IX., ein zeit
Mitglied des Tiftriktrates Münchens rechts
der Iſar.
P. ift der Verfaſſer des „Handbuches der bayı
rifchen und württembergiſchen Altiengeſellſchaften.
petent am Tübinger Stift, wurde 1868
zum Pfarrer in Heilbronn erwählt und
1870 zum Oberpfarrer undSuperintendent
in Sena ernannt, allwo er gleichzeitig eine
Profeſſur bekleidete, und bis 1875 lehrte,
in welchem Jahre ihn die Univerfität Berlin
berief. Seit 1887 hat P. feinen Wohnfig
in Groß:Lichterfelde.
Bon feinen hochbedeutenden Werten heben wir
befonders hervor: Die Religion, ihr Weſen und
ihre Geſchichte (1869), Moral und Religion (1872),
Der Paulinismus (1873), Schelling (1873), Re
ligionsphilofophie auf geſchichtlicher Grundlage
(2. Aufl. 1884), Urcrijtentum (1887).
Pleiderer, Rudolf, wurde geboren
am 25. Juli 1841 zu Nagold in Württems-
berg, ftudierte in Tübingen außer Theo-
‚logie und Kirchenhiftorie befonders Kunſt⸗
und Literaturgefhichte unter Keller und
Köftlin, promovierte dort; trat nach kurs
zer Thätigfeit als Erzieher in einer prinz⸗
lihen Famlie und einer Studienreife durch
Stalien in den württemb, Kirchendienft und
wirft gegenwärtig (1887) als Paſtor
am Münfter in Ulm a.d. D. Er rebdigiert
das Deutſche Literaturblatt, Organ für
etbifch-äfthetifche unabhängige Kritik,
gleih für die gebildete Familie,
machte ſich literariih vornehmlich durch
ehe bedeutenden Werke über Dante be
annt. Hr
Bon den vorzüglich beurteilten
heben wir Bus eh 5 Kor |
biograph. Einleitung (1871), Dante’s g Ko
mödie, berichtigte Überfegung nach Stredfu
geſchichtliches Lebensbild (1878), Stille Erdwinkel,
Neifebilder aus Italien (1880), Albrecht Dürer,
ein altdeutiches Künftler: und Bürgerleben (1934).
Eine Bublifation aus dem Gebiete der kirchlichen
Kunſt ericheint 1858. Außerdem Abhandlungen
miniitration des „Münchener Fremden- Dantejahrbuch IV. 1877 (Jit Dante betero-
dor?), in der deutichen Encyklopädie, in Meus
ſels Kirchl. Handlerifon (Art.: Baſilika, Tempel
Salomo’s :c.) ıc.
Pflücker, Emilie, wurde am 22. Ja—
nuar 1844 zu Breslau als Tochter des
Pilug. 469 Pflugk⸗Hartung.
damaligen Stadtgerichtsrates B. P. ge! Pflugk-Harttung, Julius von (Jul.
boren, bejuchte dajelbjt eine höhere Töch: Harttung). Geboren am 8, Nov. 1848
terichule, konnte aber wegen andauernder auf dem Landfige meines Vaters bei Witt
Kränklichkeit ihren Wunsch, weiter zu ſtu- ftodl, Prov. Brandenburg, fiedelten meine
dieren, reip. das Erzieherin-Eramen zu Eltern bald mit mir nad Mecklenburg
machen, nicht erfüllt jehen. Im 25. Les und jchließlih meine Mutter nad) Hams
bensjahre jtehend, verlor fie ihre Eltern | burg über. In Medlenburg wurde ic)
binnen weniger Wochen und lebte nun ftill | mangelhaft von verichiedenen „Kandida—
und zurücgezogen mit einer jüngeren | ten‘ unterrichtet, auch in Hamburg hatte
Schweſter. Sie beihäftigte fid) vorzüglich | ich Fein Glück mit einer Privatichule, bis
mit dem Studium der Spanischen Sprache. ich zu Th. Thurn in Altona fam. Mit
Nach der Verheiratung ihrer Schweiter 14 Jahren trat ich in das Gefchäft meines
lebte E. P. bei Freunden und Verwandten , Stiefvaters, dod) da ich feine fonderliche
und Schließlich wiederum beiihrer Schweiter. Luft dazu zeigte, wurde ich auf ein Jahr
Sie gab Unterricht und begann 1878 zu
fchriftitellern und zu überfegen, ausſchließ—
lich für Zeitichriften.
Sie ſchreibt Feuilletond, Novellen, kleine Er:
zählungen, Skizzen, Märchen, Abhandlungen und
Gedichte und überſetzt ſpaniſche Gedichte ꝛc.
Pflug, Ferdinand, zu Berlin am 5.
März 1823 geboren, widmete fid) zumächit
dem Studium der Tierheilfunde und jpäter
auf der Berliner Univerfität dem der
Philoſophie und Geſchichte. Won mehr:
fahen Neifen zurüdgefcehrt, nahm er
feinen Wohnſitz in feiner Vaterſtadt, wo
er noch jeßt, eifrig den Muſen dienend,
lebt. Als Echriftiteller ſuchte fh P.
fein Feld auf dem Gebiete des Romans,
in deſſen fünftleriihem Aufbau er fich
mehrfach al8 Meifter bewährt hat. Die
meilten feiner Arbeiten haben einen hifto:
rifchen Hintergrund und rühmt die Kritik
des Verfaflers hervorragende Kenntnis
der preußiichen, ebenſo wie der franzö-
ſiſchen Geſchichte.
Hauptwerke: Unter dem Doppeladler (1854),
Katharina von Troeznow (1861), Geglänzt und
Erlofchen (1864), Aus den Tagen des großen
Königs (1864), Auch Blut und Eifen (1367),
Der kleine Abbb von Savoyen (1868), Inter
den Fittigen des Schwarzen Adlers (1868), Die
Marquiſe von Saint-Prie (1873), Hiſtoriſche Er:
säblungen (1877), Geſchichtsbilder (1878,)2. Aufl.
1886), Der Alte aus dem Buſch, Hans Joachim
von Ziethen und feine Braven (1885) und fein
reifites Werk: Der vorzüglich beurteilte Ful-
turgeſchichtliche Roman: Hodica,
nah Amerifa geihidt. In New: I)ork,
Boſton und Providence thätig, fehrte ich
nach Hamburg zurüd und übernahm die
Leitung eines der Ladengefchäfte meines
Stiefvaters. Hier war id) von morgens
‚früh bis abends ſpät eingeſchloſſen und
fait immer allein, fo daß ich unficher
'tajtend meinen Neigungen nachgehen
‚konnte. Ich lernte English und Franz
zöftich, Ichrieb Gedichte und Dramen, und
‚vor allem übte ich mich im Zeichnen, wozu
ich am meiften Talent veripürte. Alle
Verſuche, Dealer werden zu dürfen, ſchei—
terten an dem Widermillen meiner Eltern
gegen die „brodlole Kunft”. Das da—
mals noch erleidhterte Einjährigen:Eramen
beitand ich und trat 1868--69 in das
zweite hanleat. Inf.Regt. Nr. 76 (Hams
burg) ein. Noch ein Jahr lang fehrte ich ins
Geſchäft zurück: dichtend und zeichnend, dann
brach der Krieg mit Frankreich aus, der
mich meinem Regimente wieder zuführte.
In Orleans erkrankte ich und wurde nad)
' Hamburg heimgefandt. Mein Blan ftand
'jegt feit, mich dem Studium zu widmen
und zwar ging ich nach Bonn. Vorlefuns
gen hörend, bereitete ich mid) zugleich auf
das Maturitätseramen vor, welches id)
nach 1?/s Jahren in Hamm bejtand. Bei
| meiner Neigung zur Malerei wollte id)
mich erſt der Kunftgeichichte widmen,
wurde aber durch Sybels Einfluß auf
das Gebiet der eigentlichen Geſchichte ges
‚zogen. Neben Bonn bejuchte ih noch
470
Pflugk⸗Harttung. Philippi.
Berlin (Nitzſch, Treitſchke, Mommſen, Philippi, Friedrich Adolph Ferdi—
Wattenbach) und Göttingen (Waitz), wor: nand, geboren zu Berlin den 1. März
auf ich 1876 in Bonn promoviert wurde. | 1840 als ältejter Sohn eines damaligen
Studien zur Geſchichte Konrads 11. Ich begab Privatdozenten der Theologie, verbrachte
mich wieder nad) Humburg, um dort für
mid) zuarbeiten: „Die Anfänge Konrads II.“,
„Norwegen und die deutichen Seejtädte” und „Die
‚Thronfolge im deutichen Neiche” waren das Er:
gebnis der Muße. Noch bevor diefe Schrif:
ten gedruckt waren, habilitierte ich mich
(1377) in Tübingen, wo die Verhältniffe
günjtig zu liegen ſchienen, id) aber man:
es Ungemach zu erfahren hatte, bis ich
ſchließlich den Profeſſortitel und ein Eleines
(Schalt erhielt. 1856 wurde ich als ord.
Profeſſor der Geihichte an Stelle Jakob
Burdhardts nach Baſel berufen. In die
Zeit des Tübinger Aufenthaltes fallen meine
großen Arbeiten über Papſturkunden, welde in
vier Werfen niedergelegt wurden: Diplomatifch:
biftoriihe Forihungen, Acta Pontificam Ro-
manorum, Iter Italicum, Specimina Pontifi-
cum Romanorum; Ilettere wohl das umfang:
reichite Werk feiner Nrt, von einem Einzelnen
gemadt. Mein Ziel war Sammlung, Er:
forihung und Darjtellung des gelamten älteren
päpitlichen Urfundenmweiens (bis 1200); ich mußte
dafür weite Reifen an die Archive und Biblio:
theken Deutichlands, Franfreichs, Jtaliend und der
Schweiz machen. Zeider verwicelte mid) diefe Thä—
tigkeit in einen Streit mit Th. Sidel, der in einem
langen Auflage gegen mid) vorging, welchen ich
durch die Schrift: Theodor von Sidel und die Mo-
numenta (sermanica erwiderte. Um nicht an der
dürren Urfundenforfchung zu erlahmen, beichäftigte
ich mich auch mit anderen Dingen, von denen na:
mentlich das Büchlein „Perikles als Feldherr“ ein
ewiſſes Auffchen erregte, weil es den bisher herr-
enden Anichauungen über Perikles und Thuky—
dides entgegentrat. Eine lebhafte Parteinahme für
und wider ijt erfolgt. Für die Allgemeine Weltge:
ſchichte (Grote, Berlin) übernahm ich das Mittel:
alter. Außerdem jchrieb ich noch eine Menge
größerer und kleinerer Aufläge, wohl mehr ala
60, teils ftreng gelehrt, teild populär, für Fach:
und andere Blätter. Meine Arbeiten haben viel:
fach offizielle Anerkennung gefunden; mir wurde
verlichen das Dffizierdse und Nitterfreug des
Drdens der Krone von Italien, das Ritterkreuz
1. Kl. des bairishen St. Michaelisordens, des
ſächſ. Albrehtsordens, des württemb. Friedrichs:
ordends. Zum Mitgliede von Akademien und
Sozietäten bin ich ernannt in Zondon, Paris, Rom,
Turin, Genua, Lucca, Brescia, Palermo, Yau:
fanne, Ronftantinopel u. a.
feine Augendzeit in Dorpat, wohin der
Vater als Profeſſor der Theologie ging;
jeit 1852 bejuchte er das Gymnafium zu
Roſtock und jtudierte feit 1858 in Roſtock,
Leipzig und Berlin Theologie und Orien⸗
talia, bejtand dann die theologiichen Exa—
mina und das philoſophiſche Doftoreras
men, war von 1864 —68 Lehrer an der
Realihule zu Schwerin, dann Hilfspres
diger in Gorſchendorf und jeit 1871 Bajtor
in Hohenkirhen in Mecklenburg. Seine
wichtigiten Schriften: Die bibliſche Lehre vom
Knechte Gottes (1864, Das Buch Henod, fein
Zeitalter und fein Verhältnis zum Audasbriefe
(1868), Die bibliihe und kirchliche Lehre vom
Antichriſt (1877), Die Notwendigkeit und Vers
bindlichkeit des kirchlichen Bekenntniſſes. Eine
Feſtſchrift zum 300jährigen Jubiläum des luthe—
riſchen Konkordienbuches. Außerdem viele Ar—
tilel in theologiſchen Zeitichriften, beſonders in
dem ſeit 1873 von ihm redigierten „Mecklenbur—
iſchen Kirchen- und Zeitblatt“. Nach dem Tode
feines Vaters beforgte er eine neue Auflage der
„Kirchlichen Glaubenslehre“ deſſelben und gab
aus ſeinem Nachlaß „Vorträge und Predigten“
(1883), Vorleſungen über Symbolik (1833) und
Vorlefungen über den Galaterbrief (1884) heraus.
Philippſon, Ludwig, wurde am 28.
Dezember des Jahres 1811 in Deſſau
geboren. Sein Vater war Lehrer an der
herzoglichen Franzichule und Schriftiteller,
einer jener autodidaftiihen Kulturträger
unter den Juden der damaligen Zeit,
welche das Werk Mendelsiohns unter jehr
Ihwierigen Umſtänden fortiegten. Aber
der Tod entriß ihn den Seinigen, als
Ludwig noch nicht drei Jahre alt war.
ı& traten jchwere Zeiten ein. Ludwig
trat, nachdem er die Franz: und Talmud—
Thoraſchule abjolviert, in das Gymna—
tum der Frankeſchen Stiftung in Halle
ein, der erjte jüdifche Knabe, dem dieſes
geftattet wurde. Schon als Gymnaſiaſt, als
‚er noch nicht das ſechzehnte Jahr erreicht hatte,
verfaßte er zum Geburtsfeft von feinem und feines
Bruders Gönner, des als Botanifer berühmten
Profeſſors Kurt Sprengel eine metrifche Über:
Philippſon.
fegung der kleinen Propheten, die To gelungen |
war, dak Sp. fie zum Drud beförderte (1827).
Zum Studium der Philologie und Theo:
logie ging er zwei Jahre ſpäter nad) Ber:
lin, und felten wohl hat ein junges Ta-
(ent während der Univerfitätsjahre Schon
jo viel literarische Früchte gezeitigt. Mir
heben nur feine Ausgabe, Überlegung und Kom:
mentierung der Fragmente des jüdiichgricchiichen
Schautpieldichters Earficlos (1830), ſeine in la:
teiniicher Sprache verfahte 17.7, zuldznztun. welche
die Anatomie des Plato und Ariftoteles und das
wichtige Fragment des Theophrait über die Sinne
und andere Abhandlungen enthält, hervor, Mo:
nograpbicen, die noch jest geſchätzt werden und
ihm die ordentlidie Mit ıliedicbaft der damaligen
Sozietät der „Jenaiſchen Literaturzeitung“ ein:
trugen. Kaum nad vollendeten Studium
zu feiner Familie zurücgefehrt, wurde er
von der iſraelitiſchen Gemeinde zu Magde:
burg aufgefordert, cine Gaſtpredigt zu
halten, und fogleich von ihr zum Nabbiner
gewählt, ein Amt, das er von 1933—63
befleidete. Die regelmäßige deutiche Pre:
digt mit angemeſſener Uingejtaltung des
Gottesdienſtes und der geordnete und ge:
flärte Religionsunterricht verdanften ihm
in Preußen die erjte Begründung, und
er wirkte für die Verbreitung und Aus:
bildung Durch eine Monatsichrift: „Pre:
digt- und Schulmagazin“ (1834—36).
Tod erfannte er zugleich das weiter:
achende Bedürfnis, um die zerftreuten
Bekenner feiner Neligion ein geifliges
Band zu fchlingen, ihre Kulturbeftrebun:
gen auf literariihem Wege zu konzen—
trieren und an den wiſſenſchaftlichen Aus:
bau des Judentums die Hand zu legen.
Sp ſchuf er 1837 die erfte regelmäßig erfcheinende
Beitfchrift: „Allgemeine Zeitung des Judentums“,
die ſich bald der größten Verbreitung erfreute
und die er ſeitdem, jest 1887, 51 Jahre, redigiert.
Die Wirkjamfeit diefes Blattes war unabfehbar,
zumal auch im öftl. Deutichland und in Ofterreich,
wo viele Taufende ihre erite und oft einzige Bil:
dung aus derfelben jhöpften. Unendlich viel
baben die Sfraeliten diefem tapferen
zu danken, der unentwegt für
ihre politiichen und bürgerlichen Intereſſen
eintrat. Inzwiſchen hatte er ſchon 1839 bie
eines großen Bibelwerfes begonnen,
das in und ausführlihem Kommentar die
471
Philippſon.
altjüdiſche und modernschriftlihe Exegeſe ver:
einigte; 1853 vollendet, erlebte cs bis jegt drei
Auflagen, während die Überlegung in alle Kreiſe
der iſraelitiſchen Bevölkerung drang, beſonders
auch in der herrlichen Prachtausgabe mit den
genialen Holzſchnitten Dores. Die mächtige Bes
wequng, die in den virrziger Nahren durch Eu—
ropa und beionders durch Deutichland ging, er:
ariif natürlich auch einen jo renen Geiſt wie P.
‚Er bielt 1846 und 1847 öffentliche Borlefungen,
die einen großen Kreis von Zuhörern fanden,
hernach im Druck erichienen und ins Franzöſiſche
und Engliſche übertragen wurden. So: „Die
Entwidlung der religtölen Idee“, „Die Religion
der Geſellſchaft“, „Die Reſultate in der Welt:
geihichte”. Much das Jahr IN48 reate ibn zu
einer kräftigen und für Mandeburg vielfach maß—
gebenden Theilnahme am öffentlichen Yeben an,
und zwar in freiſinniger, aber befonnener Nic:
tung. Dinjichtlich der ſozialen frage trat er ent:
ſchieden den fommuniftiichen und ſozialiſtiſchen
Beſtrebungen entgegen und erwarb ſich das Ver:
trauen der Arbeitgeber und Arbeituchmer in jo
hohem Grade, dal; fie ihn einstimmig zum aus:
‚ fertigenden Mitglied des Magdeburger Gewerbe:
rats wählten, als mweldies er auch das „Bands
‚werferblatt” und die „Zeitung für die Gewerbes
räte“ redigierte. Er wirkte auch auf die Errich:
tung jüdiſch-theologiſcher Fakultäten zu Breslau,
Berlin und Peſt ein. Er veranlahte Rabbiner;
verfanmlungen und Synoden, um der Reform
eine beitimmte und aleichmäßige Geftaltung zu
ſchaffen. Er rief 1855 das „Anftitut zur För—
derung der ijraelitiichen Literatur” ind Leben und
leitete es achtzehn Jahre lang. Von feinen ſpä—
‚teren Schriften feien bier nur fein höchſt an»
ziehender Noman „Jakob Tirado“, fowie feine
geſammelten poeſie- und gedanfenreichen Dichtun—
| gen (Novellen, Dramen, Epos) „Saron“ (3. Aufl.,
in zahlreihe fremde Spraden überjegt), „Die
ausführliche Religionslehre“ (3. Aufl.), „Die
‚ weltbewegenden Fragen in Religion und Bolitif“
erwähnt. Ein jchweres Augenübel nöthigte
ihn 1862, fein Ant niederzulegen. Er
überfiedelte nad Bonn, wo er Seitdem,
noch unausgefegt in literariicher Thätig-
keit, lebt.
Philippfon, Martin Emanuel, wurde
am 27. Juni 1846 zu Magdeburg gebo—
ren. Er beſuchte dort das Eymnaſium,
folgte aber feinen Eltern 1862 nad) Bonn,
wo er auch, nad beendeter Schulzeit, die
Univerfität bezog. Zumal durd Sybel
und Arnold Echäfer angeregt, lag er den
bijtorifchen Studien ob, die ihn ſchon von
der Kindheit an vorzüglich gefeſſelt hat—
Philo v. Walde.
ten. In Berlin hörte er dann bejonders |
bei Ranfe und J. G. Droyfen. Er begab
ſich hierauf für mehrere Jahre nad) Paris,
um in den dortigen Bibliotheken und Ar-
chiven die Geſchichte des fiebzehnten Jahr:
hunderts eingehend zu erforihen. Eine
Frucht dieſes Aufenthaltes war das Werk:
Heinrih IV. und Philipp IIL.; die Begründung
de3 franzöfiihen Übergewichtes in Europa (1870
bis 1876). Nachdem er den franzöfiichen
Krieg als Kampagne Freiwilliger mitges
macht, habilitierte er fih 1871 für Ges
ſchichte an der Univerfität Bonn, wo er
1875 zum auferordentl. Profeſſor beför:
dert wurde. Ein längerer Urlaub, den er
zum Beſuch der Berliner Archive ausnußte,
ermöglichte ihm den Beginn eines größe:
ren Werkes: Gedichte des preußiſchen Staats:
wejens vom Tode Friedrichs des Großen bis zu |
Eine
‚lung Über die Entitehung und die Schidjale der
den Freiheitäfriegen (1880 und 1882).
Fortjegung deifelben wird ſpäterer Zeit
vorbehalten. Inzwiſchen war er 1579
einem Nufe als ordentl. Profeſſor der
neueren Geſchichte an die glänzend auf:
blühende Univerfität Brüffel erfolgt, wo
ilich die Schwierigkeit de ien frans j
DEN DIE Richter war er in Malmedy, Rheinberg
zönfchen Vortrags zu überwinden war.
Hier publizierte er: La Contre-rövolution
religieuse au XV]. siöcle (1554).
SonftigeSchriften: Biographien Hinrichs IV.
von Franfreich, Philipps Il. von Spanien und
Friedrichs des Großen (1874, 76, 85); Das
Zeitalter Ludwigs XIV. (2. Aufl. 1888), Welt:
europa im Zeitalter Philipps II., Glijabeihö und
Heinrihs IV.,
Einzeldarftellungen“ (1879 und 1882) ; zahlreiche e
Aufläge i in allgemeinen, fowie Fachzeitichriften und
in Rublifationen von Akademien.
Philo v. Walde, ſ. Joh. Neinelt.
Piccolo, ſ. Ferd. Groß.
Piecolomini, 2., |. 2. Kurkmann.
Pichler, Helene, — am 20. De—
zember 1848 in Grund geboren, erhielt
eine treffliche Erziehung im Hauſe ihrer
Eltern und unternahm früh ſchon kleine
ſchriftſtelleriſche Verſuche, die ſie nach
ihrer Verheiratung mit dem Schiffska—
pitän Pichler fortſetzte, beſonders ange—
regt durch die weiten, an der Seite ihres
472
— Pichler.
Gatten ausgeführten Seereilen. Seit
1879 Witwe, lebt fie wiederum in ihrem
Elternhaufe zu DOsnabrüd. Bon ihren
Veröffentlihungen wurden bejonders die
kleinen Skizzen Genrebilder aus dem See»
leben (2. Aufl. 1884) freundlich aufgenom—
men. Außerdem hervorzuheben: Aus der
Brandung des Lebens (1886).
Pichler, Zuife, |. 2. Zeller.
Pick, Joſeph Maria Richard, wurde
als Sohn eines Apothefers am 26. Der
'zember 1840 zu Kreuzau im Neg.-Bez.
Aachen geboren. Nach Abjolvierung des
Gymnaſiums in Düren ftudierte er feit
1859 zu Würzburg, Bonn und Paris
Medizin, feit 1863 zu Heidelberg, Berlin
und Bonn Jurisprudenz. An der legten
Univerfjität wurde 1865 feiner Abhand—
Kölner Stiftsvogtei von der Juriſtenfakultät
der Preis zuerfannt. In demjelben Jahre
trat er als Ausfultator bei dem Bonner
Landgericht ein, wurde 1567 zum Refe—
rendar, 1871 zum Aſſeſſor ernannt. Als
und Opladen thätig, bis er 1882 aus
dem Staatsdienft ausichied. Geſteigertes
Unwohlſein erheiihte cine mehrjährige
Nude. Seine Lieblingsneigung, die Pflege
der lokalen Geſchichte, veranlapte ihn,
‚1884 die Stelle eines ſiädtiſchen Archi—
in der Onden’fcen „Allg. Geſch. in |
vars in Aachen zu übernehmen, um welde
er ſich bereits 1867, damals erfolglos,
beworben hatte. Unter feiner Leitung
‚nahm das feither völlig verwahrlofte Aache—
ner Stadtarhiv den lange gewünfchten
Aufſchwung, der es in die Reihe der
wiſſenſchaftlichen Inſtitute erhebt und ſyſte⸗
ner Vorzeit“
matiſcher Durchforſchung zugänglich macht.
Pick's Name iſt mit der rheiniſchen Geſchichts—
forſchung eng und vielfach verknüpft. Er gilt
als einer der vorzüglichſten Kenner rheiniſcher
Provinzial-Geſchichte und iſt der Gründer des
„Vereins von Geſchichtsfreunden zu Rheinberg”
( 1877) und des „Vereins für Kunde der Wache:
(1885), der Gründer (1875) und
bis 1882 Herausgeber der „Monatsjchrift für
‚die Geſchichte Weſtdeutſchlands mit befonderer
' Berüdjichtigung der Rheinlande und Weftfalens“
Pieiſch.
(ericheint ſeit 1882 unter dem Titel: „Weſtdeutſche dem Lehrerberufe,
Beitfchrift für Geſchichte und Kunſt“); er ijt ferner
erſter Bizepräfident des „Aachener Geſchichts—
vereins“ und Herausgeber ſeiner Zeitſchrift, ſo—
dann Herausgeber der Zeitſchrift des „Vereins
für Kunde der Aachener Vorzeit“; auch gehörte
er dem „Niederrheinifchen Altertumsverein“ zu
Xanten, dem „Siftoriihen Verein für den Nie: |
derrhein” zu Köln und dem „Verein von Alters
tumsfreunden im Rheinlande” zu Bonn lange
Jahre als Vorftandsmitglied an. Literariſch thätig |
ift P. feit 1855. Außer ſehr zahlreichen Auf: |
ſätzen und gröferen Abhandlungen in rheiniſchen
Tagcsblättern und in den Zeitichriften der rhei: |
niſchen Geichichtsvereine veröffentlichte er: Notizen
zur Geichichte der Stadt Eichweiler (1861), Ein
altes Lagerbuch der Stadt Bonn (1870), Monatsichr.
für die Geichichte Weitdeutichlands mit befonderer |
Berüdfichtigung der Nheinlande und Weftfalens
(1875 — 81), Die Anwelenheit Napoleon I. in
Rheinberg im Jahre 1804 (1880), Materialien |
zur Nheiniichen Provinzialgeihichte: Die Stadt |
und das Amt Rheinbera (1883), Geſchichte der
Stiftöfirdie zu Bonn (1884), Aus dem Nachener
Stadtarchiv (1886), Die firchlihen Zuftände
Aachens in vorfarolingiicher Zeit (1887).
Pietſch, Ludwig, wurde am 25. De:
zember 1824 in Danzig geboren. Früh
Ihon that ſich ein ungewöhnliches Zeichen:
talent bei dem begabten Knaben fund,
welches ihn bejtimmte, fi) der Dtalerei
zu widmen. Er befuchte deshalb die Aka—
demie in Berlin und nahm weiteren Un
terriht im Porträtmalen bei tüchtigen
Meiftern. Bald jedoch machte fih ihm
die unabmweisliche Überzeugung geltend,
daß er nicht den rechten Meg beichritten
hatte, und fo verließ er denfelben und
begann für illuftrierte Blätter zu zeich—
nen. Daneben wurde er Berichteritatter
der „Voſſiſchen Zeitung” in Berlin für
Kunft u. ſ. w. Für diefelbe Zeitung über:
nahm er die Berichterjtattung über bie
Weltausftellung in Paris (1867) 2c., wie
er denn in ähnlicher Weiſe noch jegt für
das genannte und andere Blätter thätig
it, ausgezeichnet durch eine feine und
ſcharfe Beobadhtungsgabe.
Von feinen felbftändigen Werken heben wir ber:
vor: Aus Welt und Kunſt (1866), Orientfahrten
(1870), Kriegsbilder (1871), Wallfahrt nad) Olym—
pia (1879).
Pietſch, Theodor, wurde am 29. Juni |
1842 zu Gnadau geboren, widmete fic)
473
— Pilarik.
war längere Jahre in
Inſtituten thätig und wurde nad) Abſol—
vierung der Volks- und Mittelſchulprüfun—
gen zum Lehrer in Ronsdorf bei Elber—
feld ernannt, wo er noch jetzt amtiert.
Neben ſeiner Lehrthätigkeit beſchäftigt ſich
P. literariſch und ift ſtändiger Mitarbeiter
einer Reihe von Zeitſchriften und Tage—
blättern auf feuilletoniſtiſchem, lyriſchem
und novelliſtiſchem Gebiete. Am meiſten
gefielen ſeine Arbeiten über die Hand, die
Hausinduſtrie, die Verkehrsmittel, ſowie ſeine hu—
moriſtiſche „Marsreiſe“.
Pilarik, Eduard Leopold Daniel,
wurde am 3. April 1828 in Altenplatho
bei Genthin (Prov. Sachſen) als der äl—
teſte Sohn des Paſtors, ſpäteren Super—
intendenten P. geboren. Er beſuchte
zuerſt die Dorfichule und wurde darauf
‚von feinem Vater mit Hilfe von Haus—
lehrern für den höheren Bildungsgang
vorbereitet. Won 1842 an bejudhte er
das Gymnafium „Zum Slofter unferer
lieben Frauen“ in Magdeburg, nad) deſſen
‚Abfolvierung er d ät Hallebe—
zog, um Theologie zu ſtudieren und Vor—
leſungen über Mathematik, die er gern
betrieb, beizumohnen. 1850 —51 ftubierte
er in Berlin, übte fi) in feiner Heimat
praftiih im Predigen, legte 1853 in
Halle fein erſtes theologiihes Eramen ab
und 1856 das zweite in Magdeburg,
nachdem cr als Hauslehrer auf einem
‚Nittergute in Pommern gewirkt hatte.
Das Konfiftorium in Dlagdeburg fandte
ihn dann auf das Prediger-Seminar in
Wittenberg, wo er zwei Jahre verblieb,
jedoch für feine weitere theologische und
praftifche Ausbildung nicht das fand, was
‚er fuchte. In den folgenden Jahren war
‚er an mehreren Orten Hilfsprediger,
‚wurde 1864 am Dom zu Magdeburg als
Prediger ordiniert und 1865 als Geiſt—
licher in Parvar bei Salzwedel angeitellt.
1869 gründete P. mit Dr. Michern
„Das Sternenhaus” bei Berlin, ein Se:
minar zur Ausbildung von Pajtoren und
Lehrern für die evangeliſch-deutſchen Ges
Pilz. —
meinden in Nord-Amerika. 1874 wurde
P. als Paſtor nah Rippicha bei Zeig
verlegt, mußte aber 1875 in den Ruhe—
ftand treten, weil fein, durch längere
Kränklichfeit geſchwächter Körper den mit
diefer, in 6 Orten zerjtreuten Gemeinde
verbundenen förperlihen Anftrengungen
nicht gewachſen war. Er zog nad Bublik
in Hinter: Pommern, um eine verw. Ver:
wandte bei dem Unterhalt und der Er:
zichung ihrer Kinder zu unterjtüßen. |
Hier wirft er als Agent des Provinzial:
Vereins für Innere Milton, unterhält
einen Kolporteur mit erbaulichen Schriften
und umſonſt verteilten Traftäten und
Flugblättern, befonders Jolchen gegen das
in Pommern ſehr eingebürgerte Brannte
weintiinfen. Auch hat P. dafelbjt eine
Volks und Jugend:Bibliothek gegründet
und entfaltet er als Mitglied verſchie—
dener Vereine eine fenensreihe Wirkſam—
feit. Literariich ift B. thätig, indem er
Aufiäge über Gegenftände und Angele—
genheiten, welche für das Volfswohl von
Bedeutung find, für verfchiedene Your:
nale und Zeitichriften verfaßt, auch gute
Büher und Blätter in denſelben kriti—
fiert. Von jeinen felbftändig erichiene:
nen, günjtig beurteilten Schriften find
hervorzuheben: |
Die firhlihen Zuſtände und Notitände der,
Deutichen in den Vereinigten Staaten von Nord: |
Amerita (mit Vorwort von Konfiitorialrat Krum—
macher 1878), Die Übereinftimmung des biblifchen
Schöpfungsberichtes mit den Ergebniffen der Na:
turwiſſenſchaft und Geichichte (1850), Aberglaube,
Zauberei und Sympathie (1854). 1886 gab
P. (etwas berichtigt) Die Heilsordnung in 33
Betrachtungen von dem verftorbenen Paſtor
Braun in Löhn heraus und jtellte die darin
ftehenden Mitteilungen aus feinem Leben zu:
ſammen.
Pilz, Carl, wurde geboren am 4.
Auguſt 1821 in Reichenau bei Zittau
als der Sohn eines Webers, genoß den
Unterricht der Volksſchule und wurde von
dem trefflichen Lehrer Schelle für das
Seminar vorbereitet, da zu einem andern
Studium der Vater fein Geld hatte.
Nahdem er vier Jahre lang das Semi-
474
Pilz.
nar in Zittau bejucht hatte, tauchte der
Wunſch in ihm auf, Mufik zu ftudieren,
und er reilte zu Friedrih Schneider in
Deſſau, welcher ihm auch, nachdem er feine
Kompofitionen fih angeſehen hatte, eine
Freiltelle an jeiner Muſikſchule veriprad).
Aber Mangel an allen Erijtenzmitteln
vereitelte den Plan, und B. nahm eine
Hilfslchrerftelle in Spremberg bei Neu—
ſalza an, die er aber bald mit einer
Lehrerftelle an der Stadtihule zu Bis
Ihofswerda bei Dresden vertaufchte. 1849
verließ er Dieles Amt und ging nad)
Leipzig, um nad) bejtandener Maturitäts—
prüfung Theologie zu jtudieren. Obgleich
er diefer Wiffenichaft von ganzem Herzen
zugethan war, auch mit Begeiiterung und
Glück in verichiedenen Kirchen predigte,
ſagte ihm dod) die damalige frömmelnde
Strömung fo wenig zu, daß er nad) be:
Itandener Univerfitätsprütung und Pro:
movierung wieder der Pädagogik ſich zu:
wandte und ſich als Lehrer in Leipzig
anftellen lies. Hier wirkte er an der
Bürgerichule, an der Schule des Arbeits:
hauſes, am Geſammtgymnaſium und an
einer höheren Töchterſchule.
Neben den Berufsarbeiten widmete er ſich ei—
nem regen ſchriftſtelleriſchen Wirken. Es erſchie—
nen von ihm im Laufe der Jahre folgende
Schriften: Die Zukunft der Volksſchule, Schul:
andadhten (3. Aufl.), Bädagogiiche Blüten, Bilder
aus dem Mutterleben, Der lieben Frauenwelt ge:
widmet, Briefe der Schule an das Haus Quinti—
lianus, ein Xchrerleben aus der römischen Kaifer:
zeit, Die höchſte Aufgabe der Volksschule, Lichts
‚und Scattenbilder aus dem !ehrerleben, Der
fleine Denfrechner, Segen und Gefahren für die
Jugend in Sleinfinderichulen, Kindergärten x.
‚NIS Augendichriftiteller hat er ebenfalls gewirkt
und die folgenden feiner Schriften haben eine
vorzügliche Aufnahme gefunden und mehrere Auf»
lagen erlebt: Die Heinen Tierfreunde, Was
Kinder gerne hören, In der Ferienkolonie, ode
Segen der Liebe zur Mutter, Der Heine Ulr
und fein treuer Caro, Melitta, die Hleine Tier
freundin, Das Nöschen von —— *
dem 30jährigen Kriege). Außerdem
Gründer und Redakteur der „Cornelia,
feit 24 Jahren als Freundin des be
Haufes zweckmäßige geiftige und förperlihe F
der Jugend erftrebt und ſich viele Freu
Leſer in erzieheriihen Kreifen erworben
PBinelli. —
ebenſo ſeit Jahren ſtändiger Referent für Er—
ziehungsſachen beim „Leipziger Tageblatt”. Vor
25 Jahren gründete P. die „Pädagogiih: Ge:
fellichaft‘ in Leipzig und den „Verein zur Uns
terftügung armer talentvoller Anaben‘,
Pinelli, Ada (Günthervon Freiberg),
wurde geboren im Jahre 1540 zu Berlin
als die Tochter des WPremierleutnants
v. Tresfow, der bald darauf in das Diplo:
matiſche Fach übertrat. Der Salon ihrer
hochgebildeten Mutter war der Sammel:
plag vieler der bedeutenditen Dichter und |
Gelehrten der damaligen Berliner Gefell:
ſchaft, welcher Verkehr ungemein fürdernd
auf die geiftige Entwicklung A. B.’s ein:
wirfte. Hauptſächlich war es aber der
literarisch thätige Vater, welcher der un:
ermüdliche Förderer ihrer Schönen Talente
auf poetiichem und fünftleriichem Gebiete
wurde. Ihre erſten Gedichte erschienen
im „Grazer Friedhof: Album” und 1860
zwei Bändchen Novellen unter dem Titel
„Aquarellen“. Bald wurde fie Mitar:
beiterin einer großen Reihe von Zeit
Ihriften und jchritt nun mutig auf der
mit Energie eingefchlagenen Bahn weiter.
Höchſte Anregung verdanfte fie dem be:
lehrenden Umgang mit dem greilen, aber
noch geijtesiprühenden Püdler: Dusfau
und dem jungen Karl Frenzel. Dazu
ejellte fih die Bekanntſchaft mit dem
eitlihen Poeten G. Conrad (Prinz
Georg von Preußen). 1865 endete der
Tod des Vaters die glüclichte Zeit ihres
Lebens. Yın Jahre 1866 vermählte fie
fih in Stalien mit dem Divifionschef des
Juftizminifteriums 9. Binelli. Da bie:
Ehe feine glüdliche war, wurde fie 1881
goseemt. A. P. ging nad) Venedig, wo
e bei der Fürstin Hapfeld eine gajtliche
Aufnahme fand und fünf Jahr daſelbſt
|
475
Pipirs.
ſchrieb ſie zahlreiche Journalartikel, Dramen in
Verſen für Dilettantenbühnen und überſetzte mit
Hilfe ihres Sohnes aus dem Stalienifchen. Ge—
genwärtig ift die Autorin mit der Sammlung
und Herausgabe ihrer lyriſchen und erzählenden
Gedichte beichäftigt.
Pipirs, Guſtav, wurde am 1. Sep:
tember 1862 als älteſter Sohn des luthe—
riſchen Predigers J. P. in dem Fiſcher—
dorf Nidden auf der kuriſchen Nehrung
geboren, genoß den erſten Unterricht ſei—
nes Vaters, beſuchte von ſeinem vier—
zehnten Jahre an das Inſterburger Gym—
naſium, darauf mit einem Stipendium
das zu Tilſit und bezog nach deſſen Ab—
ſolvierung die Univerſität Königsberg, um
Deutſch und Geſchichte, nebenbei auch
Nationalökonomie und Philoſophie zu
ſtudieren. 1883 erhielt P. von der Dor—
pater Univerſität das Prädikat eines
Oberlehrers der deutſchen Sprache und
der hiſtoriſchen Wiſſenſchaften (Geſchichte
und Geographie). Ihm, als Ausländer
gelang es nicht, an den deutſchen höheren
Lehranſtalten Rußlands eine Anſtellung
zu finden, er lieh ſich als Privatlehrer
‚in Niga nieder, und wurde 1837 als
‚Lehrer an einer Mädchenichule angejtellt.
1884 mit einer jungen, gemütreichen Liv»
länderin verheiratet, verlor er nach kurzem
Glück feine Frau bei der Geburt cines
' Töchterdens.
Außer einigen Beiträgen für Zeitichriften trat
PB. mit folgenden Novellen, an denen die Kritik
die feine Pſychologie rühmt, an die Öffentlich:
feit: Va banque, Das Nabbinerfind, Umſonſt
geträumt, Am Augsfee, Sirenenjtimmen. Außer:
dem jind zwei literarhiftoriiche Arbeiten hervor:
zubeben: Johannes Elias Schlegel und feine Be>
‚deutung für das deutſche Luftjpiel, und Herder
in Riga.
Pirazzi, Emil, geb. am 3. Auguft
1832 zu Offenbach), abjolvierte die Real»
verblieb. 1856 fiedelte fie nad Wien ſchule feiner Vaterjtadt und trat dann in
über. Von ihren phantafiereihen poeti⸗ das von feinem Großvater, einem Jtalie:
ſchen Arbeiten, die meiſt ungeteilten Bei- ner, gegründete faufmänniihe Gefchäft,
Il Jenben. — — in welchem er ſpäter Teilhaber wurde,
amma (om. 1909), Die Ferle von Far um es nach dem Tode ſeines Vaters ganz
l
Mom. 1872), Mus dem Süden oo. 1673) Bu Übernehnen. Frühe ſchon zeigte fich
Kinder der Flamme (Nom. 1884). Außerdem P.'s poetiihes Talent. Zuerſt trat er mit
r indikowski, Dirulio, set] %3.
Pirazzi. — 476 — Pitawall.
einer Vorſpieldichtung zu Schillers Totenfeier Gutzkow näher bekannt, auf deſſen Anregung er
(1855) an die Offentlichkeit, welche Dichtung mit mit gleichgeſinnten Freunden dort bereits 1855
Erfolg über viele Bühnen ging (in Berlin im | einen Zweigvberein der deutſchen Schillerſtiftung
Opernhaufe von Aug. Brelinger gelpr.). Dieje | ind Leben rief, der ſich noch heute wachſenden Se:
Dichtung vermittelte ihrem Kerfaffer eine Eins | deihens erfreut. Mit Feuereifer warf fih PB. dann
ladung des als Mäcenas befannten Baron Karl v.d. | in die 1863 wieder auflebende ſchleswig-holſtein—
Malsburg in Eſcheberg bei Kaſſel. Hier ſchrieb sche Bewegung, und zwar ſowohl publiziitiich als
P. 1855 an feinem Jugenddrama „Gräfin Cha= redneriich und poetiſch, in eriterer Beziehung aber
teaubriand” (nad) Laube's gleihnamigem Noman), ganz befonders durch feine 1864 unter den Auſpi—
das bald darauf in Hamburg und 1884 in Stutt- | zien des Kranffurter Sechsunddreißiger Auss
gart zur Aufführung fom. Seine Bildung | Ihufies herausgegebene Schrift „Ein Wort an
und Weltfenntnis erweiterte er dann durch England von Deutichlands Recht und Schleswig:
s bi an: Holſteins Ehre“, die fpäter aud, zu einem um:
eine 1856 unternommene Reiſe in dEN | Fangreichen Bande erweitert, in franzöfifcher fiber.
Orient bis nad) Kairo, wojelbit er niehre traqung erihien und in dieſer Gejtalt in den
monatlichen Aufenthalt nahm, dann ſech- Parlamenten von England, Franfreid, Belgien
i Sr yar und Stalien zur Verteilung gelangte. 1866 und
zig Tage lang den Nil befuhr, und PER: 18557 war ®. auch bei der Nedaftion und Heraus:
teilweiſe in Geſellſchaft des damals auf gabe der „Mainzeitung“ thätig. Seine weiteren
ſeiner großen Weltreiſe begriffenen Dr. dramatiſchen Arbeiten: „Moderne Größen“ (5.
Adolf Baltian. Eindrüde und intereflante Ab: , Aufl. 1873), „Die Erbin von Maurah“ (5. Aufl.
ſchnitte diefer Neife veröffentlichte P. noch wäh: 1875) und das Yuftipiel „Auf der Hochzeitsreiſe“
rend derfelben im Seitichriften. P. nahm in: (1878) gelangten ſämmtlich zur Aufführung; nas
zwilchen nicht nur thätigen Anteil am der Ent: mentlich ging das zweitgenannte Drama, welches
widelung der freireligiöfen Sache als Vorſteher er auf Anregung Yevin Schüdings frei nad) deſſen
der Offenbacher deutichfatholiihen Gemeinde und Erzählung „Die Thurmſchwalbe“ ſchtieb, über
der 11858 unter feiner Mitwirkung gegründ:ten) ine größere Anzahl Bühnen Deutihlands und
„Sreireligiöfen Stiftung“, ſondern trat auch frühe Oſterreichs. Vorwiegend ein Ergebnis der Rienzi⸗
ihon in das öffentliche politiihe Leben ein, zu: | Studien war das 1872 erſchienene kleine Buch
nächit publiyiftiih, Später gelegentlih auch als! „Stimmen des Mittelalters wider die Räpfte und
Nedner, und zwar in freifinnigem Gifte. 1859 | ihr weltliches Reich“. P. 8 umfangreicyites Werf
beteiligte er ſich bei der Gründung des deutichen | find die „Bilder und Geſchichten aus Offenbachs
Nationalvereins in Frankfurt a. M., was ihm | Vergangenheit (1579), durch die ſich der Verfafler
eine politifche Unterjuchung und flließlich eine | zum Hiltoriographen feiner Baterftadt machte, und
furze Gefängnisitrafe eintrug, ſowie während der die auch in weiteren Kreifen volle Anerkennung
folgenden Jahre fehr eifrig an der Ausbreitung ; fanden. An den politiihen Wahlfämpfen der
Dieles Vereins und an dem Kampfe der heſſiſchen | meueren Zeit beteiligte ſich P. ganz befonders durch
Nationalpartei gegen das Minifterium Dalwigk, Herausgabe einer Reihe von fcharfen, gegen die
befonders durch zahlreiche und zum Teil jehr | gemein fährliben Veftrebungen der Soyialdemo:
ſcharfe Veröffentlihungen in der Tagespreſſe, in fratic gerichteten Flugblättern. „1587 hat P. zu
Flugſchriften und einzelnen Broſchüren, die gröf: | einer großen Oper „Der Sturm“, Mufif von An«
tenteils ohne Nennung feines Namens erſchienen, ton Urſpruch, die Dichtung frei nach dem gleich:
wogegen eine Reihe ftreitbarer vaterländiicher Zeit: | namigen Shafefpearehen Drama gejhrieben und
gedichte ſömmtlich mit demfelben veröffentlicht wur; | bereitet gleichzeitig die Herausgabe feiner zahl:
den. 1862 verbrachte er dann in Jtalien, wo | reichen, bisher größtenteils noch ungedrudten Ge
er die Vorftudien und den eriten Entwurf zu fei: | Dichte vor.
nem bedeutendften dichteriihen Werke, der fünf | Pitawall, E., ſ. E. Dedenroth.
aftigen Tragödie in metriiher Form „Nienzi der | R z
Tribun“, machte; die Vollendung derfelben er: | Plauta, Peter Conradin von, wurde
folgte erſt mehrere Jahre fpäter, und hat fih die am 24. September 1815 im Schloß Wil:
en ri Fun —— daß ſie denberg zu Zernez (Kanton Graubünden)
zu dem Wertvollſten gehöre, was die neuere
deutſche Dramatik aufzuweiſen habe. Sie wurde gebo ren. Den erſten Elementarunterricht
in Berlin (Belle-Aliance-Theater) ahtmal und erhielt er von jeiner vortrefflichen Mutter
fpäter in Weimar, Darmitadt und Frankfurt (geb. Gräfin Chrift), fodann in einem
wiederholt gegeben. Mit Empfehlungen der Ge: | Brivatinititut, Schließlich befuchte er das
Ihäftsführung des Nationalvereins ausgerüftet, | Gymnaſium in Chur und danach die
gründete P. im päpſtlichen Rom einen Zıweigver: * — rn
ein des deutichen Nationalvereind. X. Ihn: Thomas:Schule in Leipzig. 1835 bis
geiftige Beſtrebungen machten ihn aud mit Karl! 1836 jtudierte er auf der dortigen Hoch—
Planta.
ſchule Philofophie (bei Drobiih) und
1836 — 38 Nurisprudenz in Heidelberg
(bei Thibaut, Mittermaier, Zachariä).
Nah Haufe zurüdgefehrt, arbeitete er
zwei Jahre in Sondrio an der jchwierigen
Liquidation des dortigen bündnerischen
Privatvermögens, das 1831 von Dfter:
reich erftattet worden war. 1842 redi—
gierte er in Zürich die „Neue Helvetia“.
1843 ließ er fih in Chur nieder, wo
er mit gleicher Tendenz bis 1848 den
„Freien Rhätier“, fpäter den „Liberalen
Alpenboten” und endlich die „Wochen:
zeitung“ herausgab und, nachdem er von
1844—47 das Amt eines Stabtichreibers
verjehen Hatte, die politiihe Laufbahn
betrat. Schon 1844 hatte er zur Ber:
beſſerung der Bündner Kantonsverfajlung
den „Reformverein” gegründet, der end⸗
(ih 1850 und 1853 fein Ziel erreichte.
1849 wurde P. zum Prälidenten des
Churer Stadfgerichtes und in den großen
Kantonsrat gewählt. 1850 trat er in
die Kantonsregierung und war aud) Vor:
figer der beiden letzteren Behörden, 1852
wurde er Mitglied des jchweizeriichen
Ständerates, und 1856 Mitglied des
Ichweizerifchen Nationalrates, dann wieder
(1862— 72) des Ständerates. 1855 bis
1870 war er Bräfident des bündneriichen
Obergerichtes und verſah verichiedene,
zum Teil wichtige, eidgenöffiiche und kan—
tonale Miffionen. Gleichzeitig war P.
ftets auch auf gemeinnügigem Gebiete in
verſchiedener Richtung thätig. So grün-
dete er die kantonale gemeinnügige Ge:
ſellſchaft, präfidierte die ſchweizeriſche ge-
meinnügige Gejellihaft, den ſchweiz. Yu:
tiftenverein und den Schweizer. Forſtverein;
gründete das „Rätiſche Muſeum“ und die
„Diltor.-antiqgu. Geſellſch.“ des Kantons
Sraubünden.
Bon ihm rühren eine Reihe wichtiger geſetz—
geberiicher Arbeiten für den Kanton Graubünden,
namentlich: Das Strafverfahren, ferner der Zi—
vilprozeß mit ſummariſchem schriftlichen Vor:
verfahren und mündlicher Hauptverhandlung, und
endlih das bündneriiche Privatrecht, kurz und
bündig, aber mit einem erläuternden Kommentar
417
Pöſche.
verſehen. Dieſe Geſetze haben ſich praktiſch ſehr
wohl bewährt und gut in das Volk eingelebt.
Sie trugen 1862 ihrem Verfaſſer von der Uni—
verjität Zürich das Doftordiplom h. c. ein. Bon
jeinen übrigen ſelbſtändig erichienenen schrift:
jtellerifchen Arbeiten find die bedeutenditen: Das
Waldbüchlein (1848), Der rhätiihe Ariſtokrat
(1849), Die Wiſſenſchaft des Staates oder die
Lehre von dem Lebensorganismus (1852), Das
alte Rhätien (1872), Die Schweiz in ihrer Ent:
widelung zum Einheitsftaate (1877), Pädagogik
und Schablone (1878), Verfaffungsgeichichte der
Stadt Chur (1879), Die eurrätiichen Herrichaften
in der Feudalzeit (1881), Dramatifierte Ger
Ihichten (1885 und 1886, die Mehrzahl diejer
Stüde wurde auf verfhiedenen jchweizeriichen
| Theatern mit Erfolg dargeftellt), Der dreißig—
\ jährige Kampf um eine rhätiiche Alpenbahn
(1885), Die Rekonſtruktion der Familie und des
Erbrechts (1886), Die öfterreichifche Infameration
'von 1803 (1887).
Pöſche, Immanuel Friedrich Herz
mann, it als Sohn eines Landlehrers
geboren am 13. Dezember 1826 zu Zö—
ihen bei Merſeburg. Er wurde (1844
‚bis 1847) Lehrer auf dem Seminar zu
Weißenfels und nahm bis zum Jahr
1859, einem lebhaften Bildungstriebe fol—
gend, als Privatlehrer oder öffentlicher
an verjchiedenen Orten verichiedene Stel-
lungen ein: zu Gr.-Bodungen b. Nord«
haujen (Dr. v. Dieyeren), Nordhaujen
(Bürgerichule), Baden-Baden (D. Geor-
gens), Anjtalt Keilhau b. Rudolſtadt
(Wild. Middendorf und Barop), Mün—
jter (Anftalt der Frau v. Bernard), Schloß
Nemiſchl und Schloß Lieblig (Gräfin
Deym) und Lübel (Dr. A. Meier).
Im Jahre 1850 wurde er duch den
Turnvater Ludwig Jahn in Freiburg a.
U. auf die Bejtrebungen Fr. Fröbels
aufmerkſam gemacht und bejuchte 1850 und
‚1851 diejen zu Marienthal bei Bad Lies
benjtein. Nach der Richtung der Fröbel—
‚chen Pädagogik hin find die folgenden
ſelbſt. Schriften aus feiner Feder hervor-
gegangen: Über die Bedeutung der Arbeit f.
d. entwidelndserziehende Menichenbildung, Die
' Kindergarten Pädagogif, Die ſprachliche Entwides
lung des Kindes v. Fröbel, Fr. Fröbel im Lichte
der neuern geichichtspädagogiichen Erkenntnis,
Die Turn: und Luſtſpiele Fröbels, Fröbels Yes
Poeſtion.
ben und Wirken, Fröbels Stindergartenbriefe. |
In feiner Stellung als Lehrer an der
höheren Töchterſchule zu Münſter fand
er noch Zeit und Gelegenheit, unter den
Profeſſoren Heis, Karſch und Hittorf
(1853—1855) die Naturwiſſenſchaften
413
— Poeſtion.
ſiſche Philologie und Germaniſtik zu hören,
gleichzeitig war er als Erzieher in ariſto—
kratiſchen Familien thätig. 1878 verhei—
ratete er ſich und widmete ſich fortan
ganz ſeinen ſchriftſtelleriſchen Arbeiten
und Studien.
auf der Akademie zu ſtudieren. Er ſchrieb
ſpäter die folgenden naturwiſſenſchaftlichen
Werke: Die Natur im Kreislaufe des Jahres,
Das Leben der Haustiere, ein Familienbuch,
Unfere lieben Hausfreunde. Bon 1859 bis
1882 war er Lehrer und Erzieher am
großen Friedrihs-Raifenhaufe der Stadt
Berlin zu Rummelsburg. Bon bier aus
beteiligte er fi) an den Beftrebungen des
Frauen:Bereins für Fröbeliche Kinder:
gärten, gründete den erjten Scminarfurfus
für Kindergärtnerinnen und war bis 1883
an demjelben als Lehrer thätig. Ebenſo
nahm er Teil an den Beltrebungen des
Handwerker-Vereins und für Ferien-Ko—
Jonien. 1882 erhielt er das neu=freierte
Aınt eines Erziehungs-Inſpektors bei der
Maifen-Verwaltung in Berlin. Er hat
die Super:Mevifionen der auswärtigen
Koitpflegeitellen Berliner Waifen: und
Zwangserziehungsfinder auszuführen, alſo
derjenigen Kinder, die über die Provinzen
Brandenburg, Bommern und Sadlen er:
ziehungshalber in Familien untergebracht
find. Diefer Tätigkeit entiprang die Schrift:
Über die Zwangserziebung verwahrlofter Kinder
nach dem preußiichen Gele vom 13. März 1878.
Armenpfleger-Kongreß.
Poeſtion, Joſef Calaſanz (JIJ. Ca:
lion), wurde am 7. Juni 1853 zu Auſſee
(ES teiermarf) als Sohn ganz mittellofer
Eltern geboren; für den Priefterftand be:
ſtimmt, wurde er in das fürjtbiichöfliche
Knabenleminar nah Graz gegeben, trat,
nachdem er fieben Gymnaſialklaſſen ab:
folviert, aus demielben aus, da er die
Luſt zum geiftlihen Stande inzwilchen
verloren hatte, und beendete feine Schul:
bildung an dem Staatsgymnaſium zu
1573 bezog er die Univerſität
Sra;.
daeibit, ipäter die zu Wien, um klaſ—
Schon als Student veröffentlichte er zwei
| Bücher Griehiihe Dichterinnen (2. Aufl.) und
Griechiſche Philofophinnen (2. Aufl), von denen
das erjtere ins Meugriechiiche und Däniſche über:
‘jet wurde. Aber bald gewann die Neigung zu
den nordiſchen Yiteraturen und Sprachen die
Oberhand in feinen Studien. P. jtudierte zus
nächft das Altnordilche, um dann zu den neu—
nordiſchen Idiomen, dem Däniſch-Rorwegiſchen,
Schwediſchen und Neuisländiſchen überzugehen.
Die zahlreichen Literaturprodukte in dieſen Spra—
chen feſſelten ihn ſo ſehr, daß er es verſuchte,
dieſelben teils durch literariſche Eſſays, teils
durch Überſetzungen in Deutſchland bekannt zu
machen, ſoweit dies noch nicht geſchehen. Um
‚bie Erlernung der altnordiſchen Sprache Litera—
turfreunden zu erleichtein, gab P. in leicht faß—
licher Form eine „Einleitung in das Studium
des Altnordiſchen“ heraus. Sein Lieblingsgebiet
wurde jedoch das Isländiſche. Er ſchrieb zahl—
reiche Aufläße und Überſetzungen proſaiſcher und
poctiicher Werke, und gab 1855 fein Wert „Is—
land. Das Yand und feine Bermohner” heraus,
worin cr nad) den neueſten und beiten, befonders
iständifchen Quellen, eine ausführlihe geogra—
philch:ethnegraphiiche PVelchreibung des Landes
lieferte. Das Bud) fand auf Island ſelbſt größten
Beifall und eine vorzügliche Aritif und wurde
PB. zum Ehrenmitgliede der isländiichen Litera-
turgelellichaft ernannt. Als Frucht feiner neueiten
Studien auf dem Gebiete der finniich-ugriichen
Spracen veröffentlichte er: Yappländiiche Märchen,
Vollsſagen, Rätfel und Sprihwörter. Außerdem
von Mberlegungen hervorzuheben: Fridthjofs
Sage, aus dem Altisländiichen, Nüngling und
Mädchen (2. Aufl.), Bölnspa und die Sibylliſchen
Orakel, 8. Eliter: Gefährliche Leute, A. Y. Kiel—
land: Ausgewählte Novellen, Sarman und Worie,
Auf dem Heimweg, Anderfen: Geſchichten, R.
Schmidt: Erzählungen, Das Tyrfingichwert,
L’assonance dans la poésie norraine, Islän—
diſche Märchen, Elſter: Sonnenwolfen, Grzäb:
lungen. Selbſtändig erichienen noch : Aus Hellas,
Rom und Thule (2. Aufl). Seinen Yicblingss
wunich, den Norden aus eigener Anſch auung
kennen zu lernen hat P., der den harten Kampf
ums Daſein kämpfen muß, bisher nicht zur Aus—
führung bringen können, um ſo weniger, da ihm
gewiſſe Unterſtühungen, die feine literariſchen Ar:
beiten und Studien ermöglichten, nach dem Er—
ſcheinen ſeines Buches über Island entzogen
wurden, ſo daß er ſich gezwungen ſah, in
Pohl.
ſehr beſcheidener Stellung zu Wien in
den Staaisdienſt zu treten.
Pohl, Richard (Jean Richard, Hoplit),
iſt zu Leipzig am 12. September 1826
geboren, widmete ſich in Göttingen und
Leipzig dem Studium der Philoſophie,
betrieb daneben eingehende muſikaliſche
Studien, deren Ergebniſſe er ſpäter in
ſeinen Schriften niederlegte. Der unge—
wöhnliche Erfolg, welcher feine erſien
muſikkritiſchen Arbeiten begleitete, er—
öffnete ihm eine neue Laufbähn, als er,
politiſcher Verhältniffe wegen, zur Auf
gabe feines erwählten Lehrerberufes ge:
zwungen war. P. lebt nunmehr in Ba—
den:Baden als Redakteur des dortigen
„Badeblattes“. Von feinen verdienftlichen
Schriften heben wir hervor: Atuſtiſche Briefe
(1852), Jahrbuch des weim. Hoftheaters (1855),
Muſikaliſche Leiden (1856), Gedichte (ISSN),
Bayreuther Erinnerungen (1876), Erinnerungen
an Baden-Baden (1581), Gelammelte Schriften
über Mufif (ISSI— SH, Richard Wagner (1883).
Polko, Eliſe, geboren zu Leipzig am
31. Januar 1832 als die Tochter des hoch:
geachteten Pädagogen Chr. Vogel, zeigte
ſchon als Kind einen ungewöhnlichen Schatz
an Talenten, von denen beſonders das
für Muſik, neben ihrer ſonſtigen treff—
lichen Ausbildung, gepflegt wurde. Zur
‚Jungfrau erblüht, ging fie zur Bühne,
der fie jedod) bald wieder entiagte, um
der Echriftitellerei fich hinzugeben. Ahr
erites Werk war und blieb aud) ihr beites
und ſicherte ihr die Verehrung befonders
der deutfchen Frauenwelt. Es waren dies
ihre jo berühmt gewordenen „Muſikali—⸗
Von ihren jpäteren |
Ihen Märchen“.
Schriften verdient noch befonders hervor:
‚gehoben zu werden ihr inhaltreiches und
erhebendes Werk für Frauen: „Uniere
Pilgerfahrt von der Kinderftube bis zum
eignen Herd‘. Auch nah ihrer Verhei:
ratung mit dem Eiſenbahn-Direktor Polko
ſetzte fie ihre literarische Thätigfeit bis
heute fort und ift fo eine unferer frucht:
barſten Schriftitellerinnen geworden. Sie
lebt, feit 1857 Witwe, und tiefgebeugt
479
Roten.
durch den Verluft ihres einzigen Kindes,
‚in Dannover. Außer den bereits ge
‚nannten Werfen find zu erwähnen:
Sabbathfeier (1858), Fauſtina Hafie (1860),
Neue Novellen (1861—70), Die Bettler:Oper
(1864), Schöne Frauen (1865), Alte Herren
(1866), Verflungene Akkorde (1868), Auf dunf:
lem Grund (1869), Plaudereien (1872). Aquarell⸗
Stizgen (1874), Im Fluge (1877), Kleine Bils
der (1879), Bon Herzen zum Herzen (1879),
Blumen und Lieder (1881), Getrennt (1882),
Umfonft (1882), Serzensfrühling (1883), Im
Silberfrang (1883), Neues Märchenbuch (1884),
Ein Bergikmeinnichtitrauf (1884). Außerdem
gab fie Dichtergrühe (Anthol.), und Am ftillen
Heerd (Nnthol.) heraus. La belle France, In
garden and fields, Königin Yırife.
Poten, Bernhard, geboren am 8.
Auguſt 1828 zu Gelle, auf dem dortigen
Gymnafium und im SKadettenhaufe zu
‚ Hannover erzogen, Ipäter auf der Hanno»
verschen Generalftabeafademie weiter une
terrichtet, nahm als Kavallerieoffizier au
den Feldzügen der Jahre 1848 und 1849
und an der Bundeserefution von 1863/64
gegen Dänemarf teil, focht im Kriege von
1866 gegen Preußen (Langenſalza) als
Nittmeifter und Schwadronchef im Könis
gin:Hufaren-Regiment, ward in gleicher
Eigenichaft 1867 im preußiſchen 1. Schle=
fischen Hufaren:Regiment Nr. 4 (Braune
Huſaren) angeftellt, machte in diefem Ne:
giment als Major und Esfadrondef den
Krieg von 1870/71 gegen Frankreich mit,
ward 1874 Ndjutant der General-In—
ipektion des Militär-Erziehungs: und Bil:
dungsweſens in Berlin, ſchied 1884 aus
dem aktiven Dienfte, lebt als Oberſt 3. D.
in Berlin,
Hauptwerfe: Braune Hufaren in Franfreich
(1872, 2. Aufl. 1876), Mititäriicher Dienftunter:
richt für die Kavallerie des deutichen Reichsheeres
(1875, 4, Aufl. 1886). Er redigierte (1877 bis
1580) das Handwörterbuch der geſammten Mis
litärwiſſenſchaften, Ichrieb den Text zu „Unier
Volt in Waffen” und arbeitet gegenwärtig (1SS7)
an einer Geichichte des Militär-Bildungs:Welens
in allen Zanden deuticher Junge, weldye einen
Teil der „.Monnmenta Germaniae paedago-
gica“ bildet.
Povinelli, Adolf Heinrich, wurde am
12. Juli 1861 in Innsbrucd geboren,
Preſer.
widmete ſich nad) vollendeten Neal: und
Handelsftudien dem Affeturanzwejen und
war als Beamter diefer Brande 1878
bis 1879 in Wien und 1879—82 in
Paris thätig. In diefen beiden Welt:
ftädten hatte er Gelegenheit, feinen geiſti—
gen Gefichtsfreis zu erweitern und Muße,
feiner Neigung zur Dichtkunft zu folgen.
Der Tod feiner Schweiter, fowie der frän-
felnde Zuftand feines alten Vaters ver:
anlaßten ihn zur Rückkehr in die Heimat,
woſelbſt er eifrig Privatitudien oblag und
als außerordentliher Hörer die Univer:
fität befuchte, bis ihn im Jahre 1883
die Militärpflicht unter die Fahne rief,
worauf er nad) einjähriger Dienitzeit zum
inaftiven Offizier der Tiroler Landes:
Ihüßen ernannt wurde. In den folgenden |
Jahren bethätigte ſich derjelbe als Four: |
480
nalift und erregten bejonders feine freis
finnigen tirolifchen Zeitgedichte im „Land“
Aufiehen, wegen welcher er von den dor:
tigen Ultramontanen vielfach angefeindet
wurde. Im Jahre 1886 begab er fidh,
nad) erfolgtem Ableben feines Vaters, wie:
der nad Wien, um ſich neuerdings dem
Aiiefuranzfache hinzugeben und nebenher
mit literarischen Arbeiten zu beichäftigen.
Schriften: Morgenwolfen (Iyr. Ged. 1883),
Sylvejtergedanfen eines Tyrolers (Ged., 4. Aufl.
1886), Im Banne des Jrrwahns (Ep. 1888),
Außerdem Aufläge und Gedichte in verichiedenen
Beitichriften.
Preſer, Carl, wurde am21. Dezember
1829 zu Caſſel im ehemaligen Kurheſſen
geboren. Da fein Vater, Juriſt, ſchnell
‚im Hofdienite zu verbleiben und mit n
aufeinander nad Marburg, jowie an die
Obergerichte zu Rinteln und Fulda ver:
jegt wurde, durch dieſe häufigen Ber:
jegungen aber in traurige finanzielle Ver:
hältniſſe geriet, jo konnte er dem Sohne
feine Unterftügung zu feinen Studien ge:
währen, daher mußte er den Gymnafial-
digfeit der Abänderung der öfterr. Ve
Noftik.
Preſer.
den. Als er jedoch, 19 Jahre alt, zum
Examen reif war, fand er das gewählte
Fach ſo ſehr von jungen Leuten überſetzt,
daß an ein ſchnelles Avancement nicht zu
denken war und er auf den Rat des
Oberbaudirektors Bromeis dieſer Karriere
entſagte. Raſch entſchied ſich Preſer für
den Staatsverwaltungsdienſt; er ſtudierte
mit größtem Eifer und trat nad) abiol-
viertem Staatseramen 1857 in den heil.
Staatsvorbereitungsdienit. Die Liebe er-
wedte in ihm den Dichter. Drörler-Manfred in
Darmftadt führte P. als ſolchen in die Offent⸗
lichkeit ein und er wurde fleißiger Mitarbeiter
an deſſen „Muſe“. Gleichzeitig hatte ſich P. als
Kunſtkritiker bemerklich gemacht, ſo daß er als
Hofſekretär in den kurt ürftl. Hofdienft gezogen
und der General-Intendantur des Hoftheaters
zugeteilt wurde, in welcher Stellung ‚man
gleichzeitig von der Regierung die Redaftion
amtlichen „Kafjeler Ztg.” übertrug. In diefer
Doppelftellung entwidelte er eine große Regfams
feit auf dem ‚Felde der Volitif und dem ber
Kunft, und fomohl in Hoffreilen nur auch unter
den Minijtern erfreute ſich P. großer Sympas
tbien. Leider war der Kurfürft perfönlic gegen
alle dichteriſche Thätigkeit und fomit auch
P. eingenommen, fo da er nidt nur
Zurüdverfegung in den Staatsdienft befahl, ſon⸗
dern ihm lange auch beharrlid die Gene
zur Verheiratung verfagte. 1866 berief ihn dann
der aus der Kriegsgefangenſchaft entlafjene Kurs
fürft nah Hanau, und bot ihm an, auch
ach Böbr
men zu überftedeln. P. überfiedelte nach Horonie
und Prag, und es erichienen die verf
publiziftiichen Arbeiten von ihm.
politiichen Thätigfeit war ®. in feiner ı
Heimat auch ald Nationalötonom t
ftudierte eifrig die Verhältnifie der )
Privatverwaltungen ; feit 1868 flofien alle Zeile
artifel der fpäter eingegangenen „Prager Banks
und Handelszeitung“ aus feiner eder, und 88
erſchien von ihm die Schrift „Über die Notwens
geſetzgebung“. Später trat er als Gentrale
direftor in die Dienite des Grafen von
Schon früher in den Landes
fulturrat des Königreihs Böhmen, Jomwie
in deſſen Ausschuß gewählt, wurde er zum
befuch aufgeben und fi durch Unterricht: | Mitglied des k. k. Stantseljent ahnrate |
geben jelbjt die Mittel verichaffen, um ernannt, während ihn der 2
die polytechnifhe Schule fowie die Afa- | der böhmischen Zuderinduftriellen fein
demie der bildenden Künfte in Kaſſel zu | Ausihuß berief, fiher ein Beweisz
beſuchen und ſich als Arditeft auszubil: | dem Vertrauen, defien P. in Böhmen
Preuß.
zu erfreuen hatte, an deilen wirtichaft-
lihem Wohle er mit aller ihm eigenen
Kraft und Energie arbeitete. In Prag er»
fhien 1881 fein Wert „Pacht und Pachtrecht
in Öfterreih”, und ala fein beveutendjtes wirt:
Ichaftliched Bud „Die Erhaltung des Bauern:
ftandes” erſchien, das in Ofterreich verboten wurde
und dann in Leipzig in zweiter Auflage heraus
kam, da erinnerte man fich in der heiftichen Hei⸗
mat feiner wieder und der Fürſt von Menburg
und Büdingen zu Wächtersbach in Heſſen berief
ihn als Kammerdireftur an die Spite feiner Ber;
waltung. Das Epos „König Authari und feine
Brautfahrt” (4. Aufl. 1880) trug dem Dichter
vom Kaiſer von Djterreich die goldene Medaille
für Kunſt und Wiſſenſchaft ein und wurde jehr
günftig beurteilt. P. erhielt von dem verftor:
benen König von Hannover das Ritterkreuz des
Ernft:Auguft-Ordens und von dem Großherzog
von Sahjen: Weimar das Nitterfreuz 1. Kl. des
Hausordend vom weißen Falten. Sein Lied:
„Ded deutichen Mannes Lied und Wort” iſt
in DOfterreich ein Nationallied der Deutichen ge:
worden. Bon jeinen poetiihen Schöpfungen
nennen wir noch: „&edichte” (1879 3. Anfl.),
dad Epos „Geharniihte Sonette” (1863),
Shakeſpeare⸗Feier“ (1864), „Die Sterner (Hiit.
Dr. 1866).
Preuß, Otto, geboren den 16. Juli
1816 zu Detmold, beſuchte das dortige
Gymnaſium, ftudierte 1834—1837 Die
Rechte in Berlin, Heidelberg und Göt-
tingen, war nad überjtandenem Eramen
1837—41 als Auditor am Amte Det:
mold beichäftigt, wurde 1841 an Die
dortigen Obergerichte berufen, bei denen
er, zulegt als Geh. Oberjuftizrat und
Vorfigender der Juſtizkanzlei, bis 1879
thätig war. Infolge des Eingehens des
Obergerichts bei der Juſtizreform nahm
er 1879 feinen Abſchied aus dem Juſtiz—
dienſte, verfieht aber noch jetzt ferner die
Geihäfte eines Vorjtandes der Landes—
bibliothef.
Er mar Mitarbeiter an den vom Ardivrat
Falkmann und ihm herausgegebenen Lippiſchen
Regeſten“ (1860—68) und ſchrieb, außer einigen
Auffägen über Lippiſches Gütergemeinſchaftsrecht
im Neuen Magazin für Hannov. Recht und über
weitfäl. Geſchichte in der Zeitſchrift für vater:
länd, Geſchichte: Die baulichen Altertümer des
Lippifchen Landes (2. Aufl. 1881), Die Lippis
ſchen Familtennamen mit Berüdjichtigung der
Ortsnamen (2, Aufl. 1887).
Das literarifhe Deutihland.
481
Preuß.
Preuß, Wilhelm Heinr., wurde am
29. Sept. 1843 zu Garljtorf bei Zünes
burg geboren, woſelbſt jein Vater Lehrer
war. Er beſuchte das Seminar zu Lü—
neburg, ging aber fpäter nad) Göttingen
um Naturwiflenihaften und Dlathematif
zu ſtudieren, wurde dann Hauptlehrer für
diefe Fächer an der landwirtichaftlichen
Lehranitalt zu Herford i. W. und ift feit
1870 Navigationslehrer an der Naviga-
tionsihule zu Elsfleih a. d. Weſer. Von
jeinem Water, der. eine große Bienenzucht
hatte, frühe zur Beobachtung der Natur
angeleitet, durchforſchte er jhon als Knabe
‚die bergige und waldige Umgebung feines
Heimatortes und jammelte Pflanzen, Kä—
‚fer, Schmetterlinge, Verſteinerungen x.
Im fteten Umgange mit der lebendigen Natur,
gewann er bald die Überzeugung von der Un—
richtigfeit der bisherigen Anfichten über Orga:
niſches und Anorganiſches und bemühte jich, eine
widerjpruchäfreie Naturauffaffung anzubahnen.
War man bisher der Anſicht gewejen, daß das
Leben aus unorganiicher Bewegung durd eltern:
loſe Zeugung (generatio spontanea) auf unſe—
rem durch Feuersgluten gegangenen und nad
ber abaefühlten Planeten entitanden fei, wobei
es einjt eine Zeit gegeben hatte, wo der ganze
| Kosmos alles Yebens bar war, jo jtellte PB. um:
gekehrt die Lehre auf, daß die organiſche Bewe—
gung im Weltall die Priorität befige, aus wel:
| cher die unorganifche erſt ihren Urſprung genom:
men habe. Außer zahlreichen nautiſchen Abhand-
‚lungen zur Einführung einfacherer und ficherer
' Rechnungsmethoden und geographiichen Aufjägen
in Fachzeitſchriften ſchrieb PB. zur Einführung
und Begründung feiner organiihen Weltanichaus
ung: Materielle Bedeutung des Lebens im Uni—
| — (1878), Pſychiſche Bedeutung des Lebens
im 1, (1879), Geift und Stoff, Erläuterungen
des Verhältniftes zwiſchen Welt und Menich nad)
dem Zeugnis der Organismen (1883), Der vor:
geichichtliche Menich (1856).
Preuß-Laudien, Henriette, wurde
am 19. Januar 1832 zu Königsberg als
die Tochter eines Baurats geboren. In
zarteſter Kindheit verlor fie ihren Vater.
Die Witwe z0g mit ihrem Kinde nad
Pillau, woſelbſt Henriette eine heitere
'forgloje Jugend genoß, und eine jehr gute
Erziehung unter den Augen ihrer Mutter
‚erhielt. Sie widmete fih dem erziehlichen
‚Berufe, wirkte auch noch einige Jahre
31
Preyer. —
nach ihrer Verheiratung mit dem Rektor
Preuß an einem Erziehungsinſtitute als
Lehrerin. Nachdem ſie dann mehrere Jahre
in Straßburg in Weftpreußen einer er
freulichen literariihen Thätigfeit gelebt
hatte, fiedelte fie nad) Breslau über, wo
fie noch gegenwärtig ihren Wohnlig hat.
Bon ihren zahlreihen gut aufgenommenen
Schriften (Novellen, Biographien, Märden und
Jugendſchriſten) find hervorzuheben: Fata Mor:
gana, Des Lebens Glüd, Verl pmäht, Zwiſchen
zwei Welten, Im Sturm des Lebens, Preußifche
Helden, Unfere Lieblingähelden (2. Aufl.), Mar:
ſchall Vorwärts, Auf freier Erde, Neue Märden,
Marchenblüten, Immergrün, Haideblüten, Wald:
hannes, Weihnachtslieder, Chriftfreude, Neue Pol
terabendfcherze, Aus Kindermund. P.2. ift Mit:
arbeiterin vieler Zeitfchriften und gab ſelbſt drei
Jahrgänge der Zeitjchrift „Unferer Frauen Blatt“
beraus.
Preyer, Thierry William, geboren
den 4. Juli 1841 bei Mancheſter, erhielt
eine fehr jorgfältige, häusliche Erziehung
durch feine Eltern, deutſche, franzöftiche
und englifhe Lehrer. Schon damals
zeigte ſich eine ftarfe Neigung des eifrig
Naturalien fammelnden Knaben, Bau
und Leben der Tiere zu erforjchen. 1854
war er Zögling der Clapham Grammar
School bei London und 1855—57 bes
Gymnafiums zu Duisburg, dann zwei
Jahre lang des zu Bonn. Doc) wurden
die Gymnafialftudien durch eine mit den
Eltern 1858 unternommene Reife durch
Ktalien unterbrochen, welche dem Natur:
finn des Jünglings neue Nahrung gab.
1859 begann P. in Bonn als Student
der Medizin feine Univerfitätsitudien,
beionders Anatomie bei Mar Schultze
und Phyſik bei Plüder. Aber das Ber:
langen, eine Forfchungsreife in ein in
zoologischer Hinficht wenig befanntes Land
zu unternehmen, bewogihn, feinem Freunde
Ferdinand Zirkel ſich anzufcließen, welcher
an einer wiſſenſchafilichen Erpedition nad)
Island teilnahın. Noch jetzt wird die 1862
erfchienene Beſchreibung derjelben von Beſuchern
der einfamen Thule zu Nate gezogen. Das
Studium der Medizin und Naturwiſſen⸗
ſchaft wurde nun in Berlin fortgejet.
482
—
Preyer.
Hier waren es namentlich E. du Bois—
Reymond, Dore, E. Mitſcherlich, Reichert,
deren Vorlefungen P. feflelten. Zwei
Semefter, 1861/62, wurden in Heidel⸗
berg verbradht, wo vor Allem Helmbolg,
Kirhhoff, Bunfen und Bronn mad
anregten, fo daß das Studium der
tischen Heilkunde noch nicht recht in er
fam. ®. wurde stud. philosophiae
beftand 1862 das philofophiihe Doktor-
eramen, wurde auch „Magifter der freien
Künfte”. Darauf wandte ih P. nad
Mien, um Brüde und NR. Lud ı
hören, doch befuchte er auch Oppolzer’s
Klinik. Die in Ludwigs Laboratorium in der
Meifterd Methoden
an :
ded Blutes fam
‚vom Blute und der Atmung jelbftändig weiter
Er 1864, befonders bei Virchom,
vergeblich gefuchte Curafin zum erften Male
dar und unterfucdhte e8 in ber hi
eine bei Wurk, kehrte aber nach einem
Aufenthalte in England 1865 zu den Eltern zu
rück, welche ſich inzwifchen in Bonn ni
hatten. Im Sommer jenes Jahres
fi P. daſelbſt in der philofophiichen Fakult
für Zoophyſik und Zoochemie. 1866/67 beſtan
P. die mediziniihe Staatsprüfung mit Auszeihr
nung und erhielt die Approbation als praktifche
Arzt, beftand auch die mediziniſche Doftor
ebenfo und wurde dann Privatdozent der Phyft
logie in der medizinischen Fakultät. 1869 mwurbe
er als o. Profefior der Phnfiologie und Direkt
des phyfiologiihen Inſtituts nach Jena berufen,
wo er feitem weiter forfcht und lehrt. — Bon
den zahlreihen Originalunterfuhungen ‚ ber
Bonner und Jenaer Zeit find ald von einem
über den Kreis der Fachgenoffen hinausgehend
Intereſſe namentlih die über die geiftige Enk
widelung des Kindes: „Die Seele des Kindes
(2. Aufl. 1884), die über das Gebanfenleben,
den Schlaf, den Hnpnotismus und den
des Lebens zu nennen. In zwei Bänden „'
turwiſſenſchaftliche Thatjahen und Probli
(1880) und „Aus Natur und Menichenle
(1885) erſchienen mehrere der zum X
Prinzinger.
vorher einzeln gedrudten gemeinverftänblichen
Borträge gelammelt. Die Elemente der allge
meinen Phyfiologie find aus alademiſchen Vor:
lefungen anden.
Unter den rein wiflenfchaftlichen Arbeiten ift
die bedeutendfte die „Spezielle Phyfiologie des
Embryo, die en zujammenfaflenden Unter:
fuchungen über die Lebenserſcheinungen vor der
Geburt“ —S Ein Buch über „Die Blut»
friftalle” (1871), eines über „Die Blaufäure“
(1870) und mehrere Abhandlungen über die Farben,
das Hören und die Töne find für einen kleineren
Leſerkreis beftimmt, deögleichen die „Ouantitative
Speftralanalyfe“ (1866). Obne feine Lehrthätig:
teit zu beeinträchtigen, bat ®. Forſchungsreiſen,
namentlih an da3 Mittelmeer unternommen.
Die noch in der Entfaltung begriffene vergleichende
Phyfiologie muß vor Allem dur experimentelle
Unterfudungen der niederen Seetiere gefördert
werden, Daher machte B. die Bewegungen der
Seefterne zunächſt zum Gegenftande einer aus:
gedehnten Spezialarbeit, welde in Neapel 1886
ausgeführt wurde. Seit 1877 iſt P. ver:
heiratet (mit einer Entelin des hochver-
dienten Hejfiichen Staatsminifters Frhrn.
von Hofmann).
Prinzinger, Auguft d. ält., geboren
zu Dttobeuern in Schwaben am 16. Of:
tober 1811 ; befuchte das Gymnafium und
Lyceum in Salzburg (1823—31), die
Hochſchulen in Innsbrud und Wien (1831
bis 1835), und diente fodann beim Ef.
Fisfalate in Linz und Salzburg (bis An-
fang 1846), als Advokat in Niederöfter:
reich (bis 1849), in Salzburg (bis 1880).
Das Vertrauen feiner Mitbürger berief
ihn (1848) auch in das deutiche Parla-
ment, und in ben 1850 und 1860ger
Jahren in den hauptftäht. Gemeinderat
und in den Landtag des Herzogtums Salz:
burg. Während feines Staatsdienftes
und als Rechtsanwalt hatte er aus An-
laß der, in den 1830—50ger Jahren
häufigen Grenz, Wald: und Alp-Streitig-
‚ und in den nachgefolgten Grund»
laften-und Servituten-Ablöfungsgeichäften
Beruf und reichliche Gelegenheit, fich mit
dem Urkundenweſen und mit Land und
Leuten feiner zweiten Heimat, des alt:
eſchich Erzſtiftes S., eingehend be—
„wodurch er wie von
felber zur Sprach⸗ und Geſchichtsforſchung
483
Prittwig und Gaffron.
bingezogen wurbe. Im J. 1859 gründete
er mit mehreren feiner Freunde und
Forſchungsgenoſſen die Gejellihaft für
Salzburger Landeskunde und wirkte durch
zehn Jahre (1874— 84) infolge Wahl aud)
als deren Vorftand.
Seine Arbeiten ſprachlichen, geographifchen und
geihichtlihen (archäol. mythol.:, ethnogr.) Ins
halts find zum größeren Teile in den Mitteiluns
gen der genannten Gejellfchaft und in den Mit
teilungen der Gef. für Anthropologie und Urs
geſchichte in Wien enthalten. Als felbftändige
Arbeiten erichienen von demfelben: Die ältefte
Geſchichte des bair.:öfter. Volksſtammes (1856),
Die Grundjäge der altdeutihen Schriftipradhe (in
Fortbildung der Adelung. Spradgrundfäge)
(1860) und die Keltenfrage (Vortrag auf der
Wanderverfammlung der Wiener Anthropologen.
1881), wovon inäbejondere die zweite jehr ans
erfennende Urteile praktiſcher Schulmänner erfuhr,
Prittwig und Gaffron, Conrad
Berhard Karl v., gen. v. Kreckwitz, iſt
am 1. Auguft 1826 auf dem Landgute
Guhlau bei Nimptſch geboren, ftudierte
an den Univerfitäten Breslau und Berlin
die Rechte und übernahm dann die Güter
feines Vaters, die ihm nach deſſen Tode
zufielen. Auf einer diefer Befigungen,
Schloß Hennersdorf in Schlefien, lebt er
nod) jeßt, neben der Bewirtichaftung feiner
Güter und der Ausübung der ihm ob»
liegenden verſchiedenen Ehrenämter mit
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten befchäftigt, aus:
gezeichnet durch ein ungewöhnliches poes
tiſches Formtalent, das feine Reime zu
Haffiiher Schöne erhebt.
Hauptwerfe : Lieder (1865), Neue Lieder (1875),
Emanuel Geibel (1880), Graf Platen (1881),
Be * Eichendorff (1881), Lieder und Balladen
Prittwitz⸗Gaffron, Hedwig von,
wurde am 16. Dezember 1842 zu Schloß
Caſimir geboren, wo ſie bis zu ihrem
12. Jahre den Unterricht von Hauslehrern
und Gouvernanten genoß. Nach vollen⸗
detem 12. Jahre kam fie in das Heben⸗
ftreitihe Penfionat nad) Dresden, zwei
Jahre jpäter in ein anderes Inftitut und
fehrte, jechszehnjährig, in das Elternhaus
zurüd. Nachdem fie in Berlin und Dres:
den noch Privatitunden in Spracden,
31*
Prochäzfa.
Muſik und Gejang genommen hatte, ver:
lobte fie fih 1859 mit einem: Namens:
vetter aus dem Haufe Hennersdorf, dem
Premierleutnant der Kavallerie E. H. von
Pr.G. Ein Jahr darauf vermählte fie
ſich mit demfelben und zog mit. ihrem
Gemahl auf das, ihrem Vater gehörende
Gut Glaefen, 1861 nad) Giersdorf bei
Ziegenhals und nachdem dieſes Gut ver:
fauft worden war, auf das Rittergut
Teichenau, welches noch im Befig der Fa—
milie ift. 1882 überfiedelte diefelbe nad)
Niesky, woſelbſt Hedwig von Pr.-®. ganz
der Erziehung ihrer Kinder und ihren
ſchriftſtelleriſchen Arbeiten lebt.
und Tagesblättern. Hervorzuheben find ihre jehr
gut aufgenommenen Novellen: Cberhardt von
Leſtwitz, Waltershof, Romantijche Liebe.
Procazfa, Nudolph Frh. v. (Xeon
484
Elms), geboren zu Prag, den 23. Februar
1864. Trat als Lyrifer und Feuilletomift
hervor, betrieb außerdem mufifstheoretijche
Studien und iſt auf dem Gebiete der
Muſikkritik und Kompofition thätig. Bis:
her erichien die Kleine lyriſche Sammlung
Aiteroiden (1887). P. lebt in Prag, neben
feinen literariichen Arbeiten bejonders mit
Förderung der „Esmarch-Stiftung“ (zu
Gunſten armer Studenten) beſchäftigt.
Pröhle, Heinrich Chriſtoph Ferdi:
nand (Heinr. Roth, Chr. Hobohm), wurde
am 4. Juni 1822 in Satuölle geboren, in |
Halberjtadt und Merſeburg vorgebildet und.
1843 von feinem Vater, einem Geiftlichen,
auf die Univerfität Halle geihidt, um da=
jelbjt, Später in Berlin, Geſchichte und Phi:
lologie zu ftudieren. Der Einfluß feines
Lehrers Jalob Grimm auf den jungen
willensdurftigen Studenten war jo nad):
haltig, daß der Leptere jeinen urſprüng—
lihen Plan, fih dem Xehrerberufe zu
widınen, auf Jahre hinausichob, um ſich
indefjen ausſchließlich Sagenforſchungen
hinzugeben. Erſt nachdem er im Jahre
1855 in Bonn zum Dr. phil. promo—
viert worden, wandte er ſich jener Bes
rufsthätigfeit zu, wirkte als Lehrer in
— prolß.
Mülheim und Berlin, ſeit 1878 als
Oberlehrer an der Luiſenſtädtiſchen Real
ſchule dafelbft. Literariſch verwertete er
zunächſt die reichen Ergebniſſe feiner jahre:
langen emfigen Forſchungen und bereicherte
diefen Literaturzweig in verdienftlichiter
Meile. Außerdem lieferte P. eine Reihe
trefflicher geſchichtlicher und literarhijto:
riſcher Arbeiten. \
Hauptwerfe: Aus dem Kaiferftaat (1849),
Aus dem Harze (1851), Kinder und Volks—
märchen (1852), Hausbüchlein fürs Volk (1852),
Der Pfarrer von Grünrode (1852), Harzſagen
(2. Aufl. 1886), Rinder: und Volksmärchen (1853),
Märchen für die Jugend (1854), Jahn's Leben
(1855), Weltlihe und geiftliche Volkslieder und
Ihre eriten Schriften erichienen in Journalen Voltsihaufpiele (1855), Yarzbilder (1866), Ger
zählungen aus dem Harzgebirge (1862),
Sagen (1863), Deutihe Lieder und Oben (
Aufl. 1870), Elſaß und Lothringen (1871), Fries
drich der Große und die deutiche Literatur (1872),
Patriotifhe Erinnerungen (1873), Neue Lieder
aus Wittenberg gegen Rom (2. Aufl. 1875),
Volfsrätiel (1875), Deutiche Sagen (2. Aufl,
1879), Der Harz (21. Aufl. 1888),
Prölf, Johannes, geboren am 4. Zuli
1853 in Dresden als Sohn von Robert
P., Mtudierte in Jena Philofophie und
Geſchichte und bereitete ſich zugleich für
die Laufbahn des Bibliothefars vor, zu
welchem Zwed er aud dann in einer
großen Importbuchhandlung in London
thätig war. Später ward er in Leipzig
Nedakteur des „Buchhändler-Börſen—
blatts‘ und von Meyers Konverfationg:
lerifon. Daneben beichäftigte er fich viel:
fad) literariich als Feuilletoniit deutjcher
Blätter. Angejpornt durch den Ruf und
das hohe Anjchen feines Vaters Robert B.
(1.d.) beichloß er, wie jener ausschließlich dem
Dienſte der Muſen ſich zu widmen. Erfehrte
deshalb nach Deutſchland zurück und war
journaliſtiſch in Leipzig, ſpäter in Frank—
furt am M. thätig. Dort lebt er noch
jetzt als Redakteur der Frankfurter Zei—
tung (leit 1880).
Hauptwerfe: Weinphantafien aus Auerbadh's
Keller 11876), Am Meer (1878), Ein luſtig
Spiel vom Gott Humor (1880), Emanzipierte
Novellen (1880), Freytag:Galerie (1882), Dolce
far niente (1882), Katajtrophen (1883), Unfere
Pröff. —
Zeitung (1883), Trotz alledem (1886), Scheffels
Leben und Dichten (1887).
Prölfßt, Robert, zu Dresden am 18.
Januar 1821 geboren, zeigte bereits
als Knabe ungewöhnliche Anlagen und
großen Wiſſensdurſt. Beiden juchte er
nah Vollendung seiner Schulbildung
und mährend der Ausübung feines er:
wählten Lebensberufes als Kaufmann
erecht zu werden. Mehrere größere
Neilen ins Ausland erweiterten feinen
Gefichtskreis und füllten die Lücken feines
Wiſſens glüdlih aus, jo daß er ſpäter
den Handelsjtand aufgeben und ein freier
Scriftiteller werden fonnte, als welcher
er noch jetzt in Dresden lebt, allgemein
und mit vollem Recht des Rufes eines
unjerer bedeutendften Dramaturgen ges
nießend.
Hauptwerfe: Das Recht der Liebe (1847),
Sophonisbe (1862), Michael Kohlhaas (1863),
Erläuterungen zu Shatejpeare's Dramen (1874 |
bis 1877), Das meiningeniche Hoftheater und |
die Bühnenreform (1876), Katechismus der Dra-
maturgie (1877), Geichichte des Hoitheaters zu
Dresden (1877), Altengliihes Theater (1880),
Geihichte des neueren Dramas (1880—83).
Projchfo, Franz Iſidor, wurde am
2. April 1816 zu Hohenfurth in Böh—
men als der Sohn eines angejehenen
Furiften und Amts-Direktors des Stiftes
485
Proſchko.
miſſär ernannt, zunächſt nach Graz, dann
nah Wien verſetzt, wo er bald zum kai—
jerlihen Rat und 1878 zum Bolizeirat
vorrüdte und fih in feiner amtlichen
Wirkiamkeit befonders auszeichnete. In
Anerkennung deſſen wurde ihm nad) Ver:
'feßung in den Ruheſtand der Titel eines
k. k. Regierungsrats verliehen. Im Jahre
‚1883 wurde PB. in der k. f. Familien:
fiveifommiß: ‚und Brivat-Bibliothef des
Kaiſers von Ofterreich zugeteilt. — Neben
der Ausübung eines amtlichen Berufes ent:
'widelte P. eine ungemein fruchtbare und
vielfeitige Thätigfeit als Romans, Volks—
und Augendfchriftiteller. 1849 erichien
fein erjtes größeres Werk Fels und After
poetiſchen Inhalts mit religiös-patrioti-
ſcher Tendenz, welch legtere übrigens in
allen feinen Arbeiten vorherriht. Seine
1853 erfolgte Ermwählung zum Sefretär
des Mufeums Franzisfo-Garolinum ver:
anlaßte ihn zu geihichtlichen Studien und
Werfen wie feine treffliche Darftellung des
erften oberöfterr. Bauernfrieged unter der Ans
führung Stefan Fadingers. P's eigentliches
Hauptfeld ift jedoch der hiltoriihe Noman
und die Jugendſchriftſtellerei. Sein
‚ungemeines Talent des Aufbaues, fein
feines pſychologiſches Verſtändnis und
‚fein reiches Gemüt treten allenthalben
Hohenfurth geboren, befuchte Die Volksſchu- in feinen Schöpfungen hervor und haben
lenjeines Heimatsortesunddas®ymnafium dem Autor die allgemeine Hochachtung
zu Budweis und bezog nad) deffen Ab: | erworben. Auch an Zeichen der Aner⸗
folvierung die Prager Univerfität, um kennung feiner großen literariſchen Ver:
rechts⸗ und ſtaatswiſſenſchaftlichen Studien
obzuliegen. Er trat aladann in Linz in den
Staatsdienft, bejtand die Kriminal- und
Rihteramtsprüfung und unterzog ſich auch
einem Lehramtskonkurs für eine in Mar—
burg und fpäter für eine in Eilli erle-
digte Gymnafialprofeffur. 1842 trat P.
als Konzeptspraftifant in Linz ein,
wurde 1847 zum Kommiffär ernannt und
trat im ereignißreihen Jahr von 1848
als eines der thätigften Mitglieder der
fonfervativen Vereine vielfach hervor.
1857 promovierte P. in Wien als Doktor
ber Rechte, wurde 1861 zum Oberkom—
dienfte hat es P. nicht gefehlt: mehrere
Orden ſchmücken feine Bruft, er iſt Mit—
glied vieler liter. und and. Vereine und
aelehrt. Sejellichaften und Ehrendoftor der
Philofophie 2. 2. Außer den genannten
Werfen heben wir an jelbit.erih. Schriften
P.'s noch hervor:
Leuchtkäferchen (2. Aufl. 1857), Eichenblätter
(1850), Daqguerreotypen (1851), Splitter vom
Baume der Geſchichte und Sage(1851), Die Höllen:
maſchine (3. Aufl. 1865), Streifzüge im Gebiete der
Geihichte und Sage des Landes Oſterreich ob
der Ems (1854), Der oberöjterr. Jugendfreund
(1855), Ein deutiches Schneiderlein (2. Aufl.
1863), Der Jeſuit (2. Aufl. 1867), Jahrbuch
für die deutiche Jugend (1858), Die Nadel (1858),
Proſchko.
Pugacew (auch unter dem Titel: Der falſche
Czar 1865), Ein böhmiſcher Student (1861),
Der leiste der Rofenberge (1861), Der Jugend
Feierſtunden (1861—62), Der ſchwarze Mann
(1866), Ein Herenprozeh (1866), Der Meifter:
ſchuß (1866), Erasmus Tattenbad (1870) und
ablreihe andere Arbeiten, auch eine Ausgabe
einer „Auögewählten Erzählungen und Gedichte,
fowie eine große Reihe von weit verbreiteten und
in den Schulen warm empfohlenen Jugendichrif:
ten. Daneben ift ®. ein fehr beliebter Mitars
beiter faft aller befieren Journale in Ofterreich.
Proſchko, Hermine Camilla, als
Tochter des Vorigen am 29. Juli 1851
zu Linz geboren, genoß eine treffliche Er-
ziehung, die befonders Nüdficht auf das
ungewöhnliche poetiiche Talent des jungen
Mädchens nahm. Unter der Anleitung
ihres bedeutenden Vaters betrat Hermine
den literarifhen Plan, auf dem fie nun
mehr jeit lange fchon feiten Fuß gefaßt
und einen guten Auf, befonders als Ju:
gendichriftitellerin, fih erworben hat.
Hauptwerfe: Heimatllänge aus Dfterreich
(1876, 2. Aufl. 1879), Habsburgs Kaiferfrauen
und Herzoginnen (1878, 3. Aufl. 1884), Aus
Habsburgs Heimgarten (1879), Unter Tannen
und Palmen (1880), Der Halbmond vor Wien
(1882), Zu fpät und Ein Mann von Wort
(1884), Seerofen (1886), Jugendheimat (illuftr.
Jahrbuch für die Jugend, von 1887 an heraus:
gegeben). Außerdem veröffentlichte H. P. zahl⸗
reiche Arbeiten in Zeitfchriften und Tageblättern
Sie wurde durch Verleihung mehrerer gold. und
fild. Medaillen für ihr literariiches Wirken aus:
gezeichnet.
PBruner, Joh. Evang., als Sohn eines
fol. bayr. Beamten geboren ben 25. Fe
bruar 1827 in Nürnberg, machte feine
Studien am fol. Gymnafium und am
biſchöfl. Lyceum in Eichitätt, brachte 1'/e
Jahre zu feiner weitern Ausbildung in
Rom zu und wurde 1849 zum Priefter
geweiht. Nach einjähriger Thätigfeit in
der Seelforge widmete er fi) dem Lehr:
amte, und erhielt feine erfte Anftellung
1850 als Subregens des bij. Knaben-
feminars in Eichitätt, mit welcher Stelle
er feit 1852 aud die Profeſſur der Mo—
raltheologie am bifchöfl. Lyceum dafelbit
verband. 1854 wurde er von der kgl.
Univerfität Würzburg zum Doktor der
486
Pruſſe.
Theologie promoviert. Im J. 1856 trat
er mit dem Werke: Lehre von Recht und Ger
rechtigleit, moraltheologiihe Abhandlung unter
fteter Berüdfichtigung der beitehenden Gioifgefee,
in die Offentlichleit. Im Jahre 1860
wurde er zum bifchöfl. geiftlihen Rate er⸗
nannt, und 1862 zum Negens des bild.
Seminars der Diözefe Eichitätt und Rektor
des damit verbundenen bifchöfl.
befördert, mit welchen Funktionen er zus
glei die Profeſſuren der Moraltheologie
und Baftoraltheologie, drei Jahre Hin-
durh aud die des Kirchenrechtes ver-
einigte. Im Jahre 1869 ernannte ihn
fein Biſchof unter ‚Beibehaltung feiner
bisher befleideten Ämter zum Domkapi-
tular. 1885 vertaufchte er die Funktionen
eines Negens und Rektors der biſchöfl.
geiftl. Bildungsanftalten mit Sahrns
des Dompfarramtes, Stabtdelanates
Stadtihulenreferates in Eichitätt, behielt
aber feine Profeffuren der Theologie bei.
Er iſt Verfafier des zur Herberichen theologi»
ſchen Bibliothek gehörigen Lehrbuches der Moral»
theologie (2. url 1833), das allgemeine Uns
erfennung, ſowie vielfeitige Einführung an theo»
logiſchen — —— Auch
.„ an der zweiten uflage
—3 — ——— ———— is here bes
teiligt, fowie an dem von der Görres-Gejellihaft
herausgegebenen Staatälerifon. ir
Pruſſe, Ulrich, wurde als Sohn
fönigl. preuß. Superintendenten Earl ®.
am 13. Februar 1848 zu Tradenberg in
Schleſien geboren, bejuchte das Gymna:
fium zu Dels in Schlefien, trat dann
preußiiche Heer und machte in Diejem dei
Feldzug von 1870/71 gegen Franfreid
als Dffiier mit. Beichäftigte ſich bier
auf mitdem Studium der neueren Sprachen
und leitete ein Injtitut zur Vorbereitun
junger Leute für die Militärprüfungen.
F * — im Staat
ienft thätig. eit einigen Jahren
lediglich literariſchen Studien nebjt
beiten, vorzüglih dram
geben.
Hauptwerte: Ein deutſches Fürften:
Dramatif
1883), che : (Manufcrig
die Vühnen, 1885), SKaiferjubellicbe
4 En
GOTIICDET
487
Pruß.
Rudolf von Haböburg (Schaufp. 1886), Mirjam | fo
(Trauer/p. 1886), Rolf Gernau (Familiengemälde
1886), Arminius (Trauerfp. 1886), Kreuz und
Halbmond (Schaufp. 1887), Stralfund (Bolts:
fhaufp. 1887), Neinefe in der Kalle (Humor.
1887). Außerdem redigierte P. die „Freyja“
in Berlin.
Bulvermadher.
herrlicher die Erinnerung an das un
vergehlihe Vaterland in mir empor; fo
wurde ich ein Dichter.
Abgeſehen von zahlreihen Beiträgen in Zeit
Schriften und Tageblättern ift aus P.'s litera-
riſcher Thätigkeit das Gedichtwerk: Klänge aus
Prutz, Hans, wurde am 20. Mai dem Weſten (1879) hervorzuheben.
1843 als ein Sohn des berühmten Dich- Pulvermacher, Augufte (Aug. Leo).
ters Robert Eduard P. in Jena geboren, Ich bin am 14. April 1835 zu Lijja
widmete fi dajelbjt und in Berlin dem | im Großherzogtum Pofen als Tochter eines
Studium der Geſchichte. Er habilitierte | wohlhabenden Kaufmannes geboren. Als
fih 1873 in Berlin, nahdem er zuvor ich zwei Jahre alt war, überfiebelten
in Danzig und Berlin als Lehrer gewirkt | meine Eltern nach Breslau, wo id) er-
hatte. Im Jahre 1877 wurde er als Pro zogen wurde. Sehr ehrgeizig und lern:
fefior der Geſchichte nad) Königsberg be- begierig, hatte ich im 13. Jahre alle
rufen, wo er noch heute lehrt.
Bon feinen verdienjtvollen Schriften heben wir
hervor: Heinrich der Löwe (1865), Kaiſer Frie—
drich I. (1871—74), Aus Phönizien (dad Ma:
terial zus diefem Werk ſammelte der Autor auf
einer, im Auftrage des Minifteriums unternom:
menen Forſchungsreiſe, 1871—74), Quellenbei⸗
träge zur Gefhichte der Kreuzzüge (1876), Die
Bejigungen des deutichen Ordens im Heiligen
Lande (1877), Geheimlehre und Geheimftatuten
der Tempelherren (1879), Kulturgeichichte der
Kreuzzüge (1883), Staatengefchichte ded Abend:
landes von Karl dem Großen bis auf Marimi-
lian (1885).
Buchner, Rudolph. Ich wurde am
24. Januar 1829 in Beutelsbadh, Ober:
amt Schorndorf, Königreih Württemberg,
geboren und erhielt meine Erziehung in
der königl. Erziehungsanftalt in Stetten
im Remsthale; mid) dem Kaufmanns»
ftande zumendend, ließen unglüdliche Ver:
hältniffe bald darauf den Entihluß in
mir reifen, die trog Allem fo ſehr geliebte
Heimat mit dem fernen Weiten Amerikas
zu vertauſchen; im Frühjahre 1849 lan-
dete ih in New: Norfund fon im Sommer
deſſelben Jahres fiedelte ich mich in dem
damals eben zum Staate erhobenen Wis:
confin an; meine neue Heimat war ber
zwiihen dem Micdigan-See und dem
Winebego-See weithin ſich erſtreckende
Urwald; noch war dieſes Territorium
Jagdgrund der Chippewais und der Mer
nomonces. inmitten der majeftätiichen
Szenerie diefer Waldungen tauchte um
Klaſſen der Schule durchgemacht und be—
ihäftigte mich dann viel mit Literatur
und Muſik. Eine bejonders leidenjchaft:
liche Liebe hatte ich für das Theater, und
‚nur das ſtrengſte Verbot meines Vaters,
der noch den damals herrichenden Vor:
‚urteilen huldigte, fonnte mic) davon ab»
‚halten, mich ganz der Bühne zu widmen.
Als ih neunzehn Jahre alt war, er:
franfte ih an den Blattern und verließ
das Kranfenbett jo vollkommen entitellt,
daß ich es dem, den ich damals, jeit
‚drei Jahren, als meinen Bräutigam be:
trachtete, noch heute nicht übel nehmen
kann, daß er mid) verließ, zumal zu glei—
her Zeit mein Vater durch verjchiedene Un-
glüdsfälle fein Vermögen verloren hatte.
Schon in diefen Jahren ſchrieb ich Bände voll
Gedichte, melde, vielleicht glücklicherweiſe, nicht
gefammelt wurden, und auch einige Novellen,
doch hatte ich niemals den Mut, mid damit an
die Offentlichkeit zu wagen. Ach fchrieb eben,
weil ich nicht anders konnte. Dann jedoch
fam die rauhe Wirklichkeit, Die mich zwang,
einen Beruf zum Broterwerb zu ergreifen.
Ich wurde Klavierlehrerin.. Im Jahre
1868 überfiedelte ich nad Wien, und in
den fiebenziger Jahren fing ich, beſon—
ders auf das Zureden einer meiner Lieb—
lingsfhülerinnen, wieder an zu fchreiben.
Das Prager Tagblatt war das erite Blatt, das
Heine Erzählungen und fpäter auch größere Ro»
mane von mir veröffentlichte. Jetzt bin ich Mits
| arbeiter verfchiedener in» und ausländifcher Blät-
‚ter und Journale. Doch meine alte Vorliebe fürs
Nutlig. —
Theater ließ mich nicht ruhen, und da ich nicht
Theater ſpielen konnte, begann ich, Theater zu
ſchreiben. Bis jett find nur einige einaftige
Schwäne, doch mit beftem Erfolge von mir auf:
geführt worden.
Putlis, Guſtav Gans Edler Herr zu,
geboren zu Nepien am 20. März 1821,
abfolvierte das Gymnafium in Magde-
burg und bezog 1840 die Univerfität zu
Berlin, woer, jpäterin Heidelberg, Rechts:
wiſſenſchaft ftudierte. Nur kurze Zeit war
er als Juriſt im Staatsdienfte thätig,
dann zog er fi auf fein ererbtes Gut
zurüd, um feiner poetiichen Neigung fich
bingeben zu fönnen. Im Jahre 1863
folgte er dem Rufe des Großherzogs von
Medlenburg, indem er die ntendanz
des Hoftheaters in Schwerin übernahm, |
die er bis zum Jahre 1867 inne hatte,
Danad) fungierteer mehrere Jahre als Hof:
marjchall des Kronprinzen von Preußen,
feit 1873 als Generalintendant des Hof:
theaters in Karlsruhe. Literarifch errang
P. glei mit feinem erjten Werk einen
außerordentlichen Erfolg: Was ſich der Wald
erzählt erichien 1850 in eriter, 1580 in
45. Auflage und zählt zu den zartejten
und gefühlsinnigiten Schöpfungen unferer
Poefie. Außerdem hervorzuheben: Luſt—
fpiele (185055), Ungebundenes (1856), Das
Teftament des Großen Hurfürften (1860), Don
Juan d’Uuftria (1861), Wilhelm von Dranien
(1862), Brandenburgische Geſchichten (1862), Übers
Meer (1864), Novellen 1864), DieHalben (1868),
Zuftipiele (N. Folge 1869 — 72), Die Alpenbraut
(1870), Funken unter der Aſche (1871), Die
Nachtigall (1872), Ausgewählte Werke (1872 bis
1873), Theater-Erinnerungen (1874), Croquet
(1878), Rolf Berndt (1881), Die Jdealiften
(1881).
Pyl, Karl Theodor, aus einer alten
jeit dem 15. Jahrhundert in Straljund
und Greifswald angejeflenen Gelehrten:
488
Pol.
ichon früh den Sinn des Sohnes für dieſe
Lebensrichtung erwedte. Auf dem Gym-
nafium und der Univerfität feiner Vaters
ftadt, auf jenem (1833 —46) namentlid
durch Paldamus und den Beichenlehrer
Gladrow, ſowie auf der Hochſchule durch
Otto Jahn und Schömann angeregt, ſetzte
er ſeine Studien (1847) in Göttingen
und (1849) in Berlin fort und fühlte
ſich namentlich in Göttingen durch Karl
Friedrich Hermann, Lotze und Redepen⸗
ning, in Berlin durch Boeckh, Lachmann,
Ranke und Trendelenburg gefördert. Von
dem Archäologen Gerhard in der alten
Kunft mit zahlreihen Hilfsmitteln aus:
geitattet, arbeitete er hier mehrere Ab-
handlungen über Medea und den Argo:
nautenzug, ſowie über den Ampflätichen
Thron desApollo, auf welche geitügt er
'(1850) in Berlin promoviert und (1853)
in Greifswald habilitiert wurde. Hier hielt
er Vorlefungen über alte und neue Kunſt—
geihichte und Mythologie, ſowie über dra—
matifche Literatur und veröffentlichte auf
dieſem Gebiete die verdienftlichen Schriften:
Über die ſymboliſche Darftellung der Griechen
(1855), Mythologiihe Beiträge (1855), Kunſt⸗
werfe alter und neuer Zeit (1857), Schillers Be
deutung für unfere Zeit (1859), Die griechiſchen
NRundbauten im Zuſammenhang mit dem Götter:
und Heroen-Kultus (1861), und vermehrte unter
Waagens Leitung die ihm vererbten Sammluns
gen durch Gypsabgüſſe und Gemölde. Zugleich
widmete er fich eigenen poetiſchen Arbeiten, von
denen Heinrih Rubenom oder die Stiftung der
Hochſchule zu Greifswald (1864) und Albrecht
Dürer (1865) der dramatiihen Dichtung, Mars
gareta von Ravenna (1865), Königin Margareta
1872), Die Infelfönigin, Die Kloftermüble,
Vom Hildageitade (1875), Raphaels Brautfahrt
(1876), Die aeheimnisvolle Begeanung (1877),
Henning von Gützkow und Jaromar und Marge:
rete (1879) dem Roman und der Novelle ange
bören und anerfennend beurteilt wurden. Aud)
überfette er: Wizlaws Lieder und Sprüche (1872)
familie, geb. am 10. November 1826, und einige Dichtungen von Alfred de Muſſet.
war der Eohn des Juſtizrathes Gottfried Seit dem Tode Kojegartens (1860) leitete
P.,Brofurators beim Hofgericht in Greifs- er, als deſſen Nachfolger, die Rügiſch—
wald, welcher durch jeine umfangreichen | Bommerfche Abteilung der Gefellichaft für
Sammlungen von Gemälden und Kupfer:
ftihen, fowie durch lebhaften Sinn für
Literatur, Muſik und dramatiihe Kunſt
Pommerſche Geihichte und die Samıns
lung vaterländijcher Altertümer, im ges
meinfamen Befig der Univerfität und des
Duandt.
Vereins, und wurde (1879) zum Pro:
feſſor ernannt. Seit 1860 hielt er dem-
zufolge auch Borlefungen über pommer-
ſche Geſchichte und Kunft und veröffent:
lihte auf diefem Gebiet: Pommerſche Ge:
ſchichtsdenkmäler, Bd. 2—5, und Pomm. Genen:
logien, als Fortſetzung von Gefterdings Bd. 1
(1867 — 78), Die Greifswalder Sammlungen
(1868). Auch ordnete er die aus den
Sammlungen der Franzisfaner und Do:
minifaner gebildete Bibliothef der Gr.
Nifolaifirche, ſowie die von der Univer:
fität erworbene aus den Büchern der
Klöfter Eldena und Nafenig zuſammen—
geitellte Wolgafter Kirchenbibliothef. Diefe
Arbeiten, ſowie die Beſchreibung und Zeichnung
der Eldenaer und Greifswalder Grabiteine ver:
wertete er in feinen letztveröffentlichten Schriften:
Geſchichte des Ciſt.Kloſters Eldena (1880—82)
und Gefchichte der Greifswalder Kirchen und
öfter (188587), 1527 S. mit zahlreichen
Mbbildungen, u. a. mit einer Refonftruftion des
Klofters Eldena und der Türme der Greifswalder
Kirchen.
oO.
Quaundt, Emil, geboren zu Kammin
in Bommern am 10. Februar 1835, gab
fih dem Studium der Theologie und Phi—
lologie an den Hochſchulen zu Halle und
Berlin Hin. Nach abgelegten Eramina
wurde ihm die Stellung eines Schulreftors
in Pyritz übertragen, in welchem Amte
er zwei Jahre wirkte, um dann einem
Rufe als Prediger nad) Kollin in Pom—
mern zu folgen. In den Jahren 1865
bis 1867 war er als Seeliorger am evan-
gel. Vereinshaufe zu Berlin thätig, wirkte
darauf längere Jahre in fegensvoller Thä-
tigfeit an der deutichen Gemeinde in Haag.
Im Jahre 1874 wählte ihn die St. Elifa-
bethgemeinde zu Berlin zu ihrem Seelen-
birten. 1883 erhielt Q. den Titel Su:
perintendent. 1888 wurde er zum erjten
Direftor des evangel. Predigerfeminars
in Wittenburg ernannt. Neben feinem
geiftlichen Amte widmete fi Q., der be:
fonders ein hervorragendes Iyrifches Talent
fein eigen nennt, der Echriftitellerei.
489
Quard.
Hauptmwerfe: Zionsblumen in zehn Kränzen
(1860, 4. Aufl. 1881), Grüße und Münfe
(1864, 3. Aufl. 1882), Der Friede (1867), Die
Schlagworte unferer Zeit (1867), Weihraud und
Muyrrhen (1867, 2. Aufl. 1881), Bon der grünen
Aue (1871), M. Grotius (1871), Deutfche Ferien
(1879, 2. Aufl. 1883), Erinnerungen an Vers
borgene (2. Aufl. 1883).
Quarck, Dar, geb. zu Rudolſtadt in
Thüringen am 9. April 1860 als Sohn
eines höheren Juſtizbeamten, bejuchte bis
1880 das Gymnafium feiner Vaterjtadt,
ftudierte von 1880—83 die Rechte in
Leipzig, widmete fi) infolge dort empfan—
| gener Anregungen dem Studium der Volks⸗
wirtſchaft. beſonders dem von Rodbertus,
und beſchäftigte ſich von da ab ſchriftſtelle—
riſch mit der Populariſierung ſozial-⸗poli—
tiſcher Fragen. Dieſe Neigung veranlaßte
auch im Jahre 1886 ſein Scheiden aus
dem Juſtizdienſte ſeiner engeren Heimat
und feinen Übergang zur Preſſe. Q. it
gegenwärtig wirtichaftliher und jozials
politiiher Redakteur der „Franff. Ztg.“
und fachlicher Mitarbeiter zahlreicher Zeit-
‚schriften in DOfterreih und Deutichland,
ſowie Verfaſſer folgender Werke:
Kommerzienrat A. Fleiſchmann als National:
ökonom und die Thüringer Hausinduftrie (1884),
Zwei verſchollene jtaatswirtichaftliche Abhandluns
gen von Rodbertus (1885), Die Arbeiterſchutz⸗
geſetzgebung im Deutſchen Reiche (1886).
Queduow, Mathilde, wurde am 21.
November 1820 in Berlin geboren. Ihre
Eltern waren der 1857 als General der
Infanterie verftorbene, damalige Major
im Kadettenkorps von Hüfer und die jüngite
Tochter des eriten evangeliihen Biſchofs
Frieder. Samuel Sad. Mit großer Sorg⸗
falt erzogen und gebildet, verbrachte fie
ihre Kindheit und Jugend wechſelnd in
denjenigen Städten, in welche die militä-
riihe Laufbahn ihres Waters denfelben
führte, vorzugsweife in der Rheinprovinz,
jpäter in Berlin, wo fie fi 1854 mit
dem Major, nachmaligen Oberſten, Albert
Quednow vermählte. Früh ſchon mad):
ten fih Spuren dichteriiher Begabung
und der Trieb zu fchriftitellerifcher Bes
ihäftigung bei ihr geltend, während In—⸗
Quenger.
terefien und Pflichten abweichender Art
denjelben nur zu fpärlicher Entfaltung ge-
langen ließen. Einzelne Gedichte erſchie—
nen zerjtreut in Zeitfchriften und Mufen-
almanadıen, fodann 1852 die poetifche
Erzählung Eine Sommerreife und 1854
ber hiſtoriſche Roman fra Veit, ſämtlich
anonym. Nach ihrer Berheiratung, die
fie wiederum in verichiedene Städte der
Provinzen und endlich 1866, als ihr
Gatte ſich vom Dienjt zurüdgezogen, nad)
Bonn führte, veröffentlichte fie zwei Mär:
hen unter dem Titel Regenbogenbrüde und | M
ı Gedichte (1887).
fpäterhin unter Nennung ihres Namens
in Zeitichriften und Feuilletons eine An-
zahl Novellen, von denen mehrere 1865
in einem Bändchen, betitelt: Am Ufer, ge:
fammelt erjchienen, ziemlich gleichzeitig
das Märchen Weipnachtsgeifter. 1870 ließ
fie den größeren Roman Dormnrofe erichei:
nen, der in der Erregung der Zeit nur
geringe Beachtung finden fonnte, 1872
den Roman Kämpfe und Siege. Als 1873
ber Tod ihre äußerſt glüdliche, wiewohl
nad) dem frühen Verluſt einer kleinen
Tochter finderlos gebliebene Ehe gelöjt
hatte und ein zunehmendes Gehörleiden
fie mit doppelter Bereinfamung bedrohte, |
begann fie der fchriftjtelleriichen Thätig-
feit einen bedeutenderen Teil ihrer Zeit
zu widmen. 1877 gab fie nad) den hinter:
lajienen Papieren ihres Vaters die Dent:
mwürdigfeiten aus dem Leben des Generals ber
Infanterie von Hüfer heraus, denen Profeflor
Wilh. Maurenbreder ein empfehlendes Vorwort
voranſchickte, und die in den betreffenden Kreiſen
vielfahhe Anerkennung fanden. Sodann, von
einem längeren Aufenthalt in Jtalien in
den Jahren 1878 und 1879 nad) Bonn
zurüdgefehrt, fchrieb fie Die Romane: Do,
rina (1882), Filippo Strozzi (1884) und Harte
Seiten (1887), von denen namentlich die beiden
letzteren bei der Kritik eine fehr günftige Auf:
nahme gefunden haben.
Quenzer, Philipp, wurde am 25.
Dezember 1846 zu Lobſtadt in Baden ges
boren. Schon in feinem zehnten Lebens»
jahre verließ er das Elternhaus, um das
490
Quitzow.
ſuchen. 1865 bezog er die Univerſität
Heidelberg, wo er ſich dem Studium der
Theologie und Philoſophie widmete. Nach
wohlbeſtandenem theol. Examen hielt er
ſich einige Zeit in Leipzig und Berlin auf,
war ſodann in Badenweiler, Heidelberg
und Durlach praktiſch thätig und folgte
1873 einem Rufe nach Mancheſter, wo er
noch jetzt als Pfarrer der deutſchen prot.
Gemeinde wirft. Q., der ein ſchönes poe—
tiiches Talent befigt, iſt Verfaſſer der ſehr
günftig beurteilten Werke:
Meilenfteine (1882), Silber und Myrte (1884),
Quitzow, Wilhelm Adolf, wurde in
Wismar am 30, April 1812 geboren,
widmete fi dem Lehrerberufe, zulegt in
Güſtrow wirfend, bis zum Jahre 1873,
da er in den Ruheſtand trat. Außer
mehreren Schulbüchern, worunter befon-
ders feine trefflichen, in vielen Schulen
eingeführten Rechenbücher hervorzuheben
find, verfaßte Q. ein nicht unbedeutendes
plattdeutiches Werk Medelnbörger Geſchichten
(1876— 78), in welchem ein prächtiger Hus
mor mit tiefem Gemüt fi) paart.
R.
Naabe, Wilhelm (Jacob Corvinus),
iſt in Eſchershauſen (Braunſchweig) am
8. September 1831 geboren, widmete ſich
urſprünglich dem Buchhandel, den er in
Magdeburg erlernte. Wenn ihn auch die
Bücher anzogen, ſo doch nicht der Han—
del mit denſelben, und ſo gab er denn
nach Beendigung ſeiner Lehrzeit, kurz ent⸗
ſchloſſen, dieſen Beruf auf und zog nach
Berlin, wo er die Univerſität als „Phi—
loſoph“ beſuchte, gleichzeitig ſeine erſten
ſchriftſtelleriſchen Verſuche unternehmend.
Damals ſchrieb er auch ſeine berühmt ges
wordene Chronik der Sperlingägaffe, ein ech⸗
tes Dichterwerf voll Humor und Gemüt
und eine der beften feiner Schöpfungen,
wohl nur übertroffen durch feinen Hunger:
Gymnafium in Wertheim am Main zu bes | paftor (Rom. 1868), welches Werk wir den
Rachel.
vornehmſten Erzeugniſſen deutſchen Hu—
mors beizählen möchten. Außer den ge⸗
nannten heben wir von den Schriften des,
ſeit 1870 in Braunſchweig wohnhaften
Autors hervor:
Die Kinder von Finkenrode (1859), Der hei—
lige Born (1861), Unſeres Herrgotts Kanzlei
(1862), Die Leute aus dem Walde (1863), Abu
Telfan (1867), Der Schüdderung (1870), Deut—
ſcher Mondſchein (1873), Chriſtoph Pechlin (1873),
Horacker (1876), Krähenfeldergeſchichten (1879),
Deutſcher Adel (1880), Alte Neſter (1880),
Fabian und Sebaſtian (1882), Prinzeſſin Fiſch
(1884), Unruhige Gäſte (1885).
Rachel, Georg Wilhelm, wurde am
2. Auguſt 1845 in Dresden geboren, bes
juchte das Krauſe'ſche Inſtitut, darauf das
Polytechnikum dafelbit und wanderte 1867
nad Amerifa aus. In New-York und
Newark war er als Lehrer der Natur:
wiſſenſchaften an den beiten deutfch:ameri-
kaniſchen Erziehungsanftalten thätig und
wurde 1874 am College of Physicians
and Purgrons in New-York zum Doktor
ber Medizin promoviert. Seither wirft
er als praftiicher Arzt daſelbſt. R. iſt
Verfaſſer zahlreiher populärer und wiſſenſchaftl.
Aufſätze und medizinischer Arbeiten in den vers |
ſchiedenſten amerikaniſchen und deutichen Four: |
nalen und Fachzeitichriften. 1885 gründete er
das noch jet von ihm redigierte einzige deutiche
mediziniihe Journal in Amerifa, die „New:
Morfer mediziniihe Preſſe“. Daſſelbe ericheint
monatlich und bringt, aufer Beiträgen und Refe—
raten von tüchtigen deutihen und amerikanischen
Medizinern, die Siungsberichte ſämmtlicher deut:
cher medizinischer Gejellihaften in den vereinig: |
Staaten.
Rachwitz, v., ſ. Frz. Bonn.
Radde, Guſtav Ferdinand Richard,
geboren am 27. Nov. 1831 in Danzig,
wo er das Realgymnaſium abſolvierte und
in der Rathsapotheke die Pharmazie er—
lernte. Unter der Anleitung des Prof.
Anton Menge benutzte R. jeden freien
Augenblick, um ſich zoologiſche und bo—
taniſche Kenntniſſe anzueignen. Mit einem
Reiſeſtipendium von der Naturforſchenden
Geſellſchaft ſeiner Vaterſtadt verſehen, be—
gab er ſich 1852 in die Krim und fand bei dem
ten
491
Radde.
damals ſchon hochbejahrten, bekannten Bo⸗
taniker Chriſtian Steven die freundlichſte
Aufnahme. Im Verlaufe von 3 Jahren
durchwanderte er die tauriſche Halbinſel
nach allen Richtungen, hielt ſich längere
Zeit am faulen Meere auf und gründete
auf einem Gute ein kleines Lokal-Muſeum,
welches ſpäter nach Moskau übergeführt
wurde. Für die botaniſchen Monogra—
‚phien Stevens lieferte R. die fein aus:
geführten Feberzeihnungen. 1852 er:
(1883), Billa Shönow (1883), Nfijters Mühe öffneten fi ihm Ausſichten zu einer Er:
‚pedition nach Kamtſchatka und er begab
fih mit feinen Sammlungen nah St.
Petersburg. Won ber faif. ruſſ. geogr.
Gefellihaft wurde er als Naturforjcher
der oſtſibiriſchen Erpedition beigegeben und
erreichte Irkutsk. R. verblieb 5 Jahre
in Oftfibirien. 1855 vollführte er eine
Nundreife im Boote auf dem Baikaljee
und begab ſich an die Selenga zum Gänfe:
fee. 1856 finden wir ihn an der mongoli-
Ihen Örenzein Daurien. Nach kurzer Naft
in Irkutsk trat er 1857 eine größere Erpe:
dition an. In Begleitung zweier Koſaken und
eines Tungejen begab er ſich für 2Jahre in
die faſt menfchenleeren Wälder am mitt:
leren Amur in das Kleine Chingan-Ge—
birge (Bureja-Gebirge) baute ſich dort
im oberen Drittheil auf linfer Stromfeite
ein Blodhaus und führte ein äußerft er:
giebiges Sägerleben. Auf Wunfh des
‚Grafen Muramjewsamursfi gründete R.
1858 eine Koſaken-Kolonie, welche nad
ihn benannt wurde und fi raſch ent-
widelte, gegenwärtig mehr ala 100 Höfe
zählt und eine Telegrapbenjtation birgt.
Seine legte fibirifche Reife führte R. im
öftlihen Sajan aus, und fehrte 1860 mit
großen Sammlungen nad) St. Petersburg
zurüd. Hier wurde er als Konfervator bei
der kaiſ. Afademie der Willenichaften ans
geitellt und ging fofort an die Bearbeitung
feiner Materialien. Nach dem Erſcheinen der
beiden eriten Bände jeines verdienjtvollen Reiſe—
werfes über Sibirien wurde R. Ehrenmagiiter
der Univerfität Dorpat und Dr. phil. in Breslau ;
auch wurde das Werf dur die Demidom: Prämie
feitens der f. Akademie der Wiſſenſchaften gekrönt.
Radde.
1863 begab er ſich in den Kaukaſus, um für
kurze Zeit im dortigen phyſikaliſchen Obſerva—
torium thätig zu ſein, welche Stellung er indeſſen
ſehr bald aufgab, um die ihm durch den Groß—
fürſten Michail, Statthalter im Kaufafus, befoh—
Ienen biologiich:geographiichen Unterfuchungen der |
f. Länder zu beginnen. Schon 1864 jehen wir
ihn in den drei Yängenhocthälern von Coldis
bei den wilden Suanen. Es währte nicht lange
und er war im Stande, feine Yieblingsidee: die
Begründung eines faufafiihen Mufeums — in
Ausführung zu bringen. Aus kleinen Anfängen und
nur ipärlich dotiert, entwidelte ji) das f. Muſeum
rafch und eigenartig zu einem jest großen Inſti—
tute. Schon 1869 wurden ihm größere Räume
angewielen. Als in Tiflis der 6. ruſſ. Kongreß
der Archäologen tagte (1881), ftand das k. Muſeum
in einer jesigen ®eftaltung nad) außen und
innen bin fertig da und legte jein Schöpfer all-
jeitig damit große Ehre ein. Schon früher
waren das Mufeum und die öffentliche Bibliothef
in Tiflis vereinigt worden und R. zum Direftor
bei dem nititute ernannt. Seitdem R. im N.
lebt, hat er alljährlich Heilen im Yande gemacht,
die ſich auch über Nordperfien eritredten. Als
Chef der transfaipiihen Erpedition jeben wir
ihn zulegt 1886 in Nord:Choraflan; am Murgab,
in Merw, an der neuen Afganengrenze ꝛe. In den
Jahren, in welchen er feine Erpeditionen machte,
wurde er entweder jeitens der Negierung nad
Europa zu Kongreſſen, Ausitellungen ꝛc. ent: |
jendet, oder er ja am Schreibtiiche und förderte |
feine Mannifripte. So präfidirte er 1884 in
Wien den erften internationalen Kongre der
Ornithologen und hielt 1173 — 74 in den gröheren
Städten Teutichlands Vorträge über den K.,
welche durch eine große Zahl ſchöner Bilder er:
läutert wurden. R. ift auch der Begründer der
faufaftihen Nubmeshalle, welche als monumen:
taler Bau jest (1877) in Tiflis errichtet wird.
Die literariſche Ihätigkeit begann R. ſchon 1854
unter dem Titel „Verfuch einer Pflanzenphyſio—
anomie Tauriens“. Auer einer großen Anzahl
von Xrtifeln, Berichten über feine Reifen ſchrieb
er folgende vorzüglich anerkannte Werfe: Berichte
über Heilen im Süden von Oftfibirien (mit Atlas),
Reiſen im Süden von Oftjibirien, Berichte über
die biologiſch-geographiſchen Unterfuchungen in
den Kaufajusländern. Worträge über den Kau—
tajus, Die Cherujuren und ihr Land, Das ma:
leriſche Rußland —Kaukaſus, eine Neihevon Skizzen |
über Yand und Leute (in ruſſ. Sprade), Ornis
eaucasica (deutihb und ruff.), Neifen an der
perjiich-rufftichen Grenze, Die Rauna und Flora
des ſüdweſtlichen Kaſpi-Gebietes, Aus den Hoc:
alpen des Dageitan, Vorläufiger Bericht über Die |
Zransfajpi-Erpedition. N, iſt k. rufl. wirft.
Staatsrat, forreipondierendes Mitglied
der kaiſ. Akademie der Wiſſenſchaften in
492
Rabe.
St. Petersburg und vieler geographifchen,
zoologifchen und botanischen Gefellichaften
Ehren», wirkliches oder forrefpondierendes
Mitglied.
Rade, Paul Martin. Jh wurde am
4. April 1857 zu Nennersdorf bei Herrn⸗
hut geboren und verlebte, da mein Vater
zwei Jahre darauf das Pfarramt dafelbft
mit dem im benadbarten Berthelsdorf
vertaujchte, meine Kindheit in Berthels-
dorf. Von 1869 — 75 bejucdhte ich das
Gymnafium zu Zittau, von 1875—78
die Univerfität Leipzig. Als Hauslehrer
blieb ich noch in Leipzig bis 1881 und
erwarb mir im April deſſ. Jahres bei
der dortigen theologiihen Fakultät den
Grad eines Lizentiaten der Theologie.
Hierauf genügte id von 1881 auf 1882
in Berlin beim 3. G.R. z. $. meiner
Militärpflicht und wurde, nach einer vier:
monatlichen Reife nah Rom, Sizilien und
Tunis noch im Herbit 1882 Pfarrer zu
Schönbach bei Löbau i. S. Das bin id
noch jeßt. — 1882 veröffentlichte ich meine
Sizentiatenfchrift: Damafus, Bilhof von Rom,
1883 einen Konferenzvortrag: Bedarf Luther
wider Janſſen der Verteidigung? ch dachte an
nichts anderes als an gelehrte Arbeiten: da for—
derte mich unter dem Eindrud der begeifterten
Zutherfeier einer unfrer betriebfamiten Kolpor:
tageverleger auf, ihm eine Geſchichte Luthers zu
fchreiben, 140 Bogen ftarf. Ach, nicht ahnend,
was es bedeute, 140 Bogen zu fchreiben, fagte
zu, und jo entitanden, zunächſt in 100 Heften
unters ®olf vertrieben, dann auch in befierer
Ausgabe erichienen, die drei Bände: Doftor
Martin Quthers Leben, Thaten und Meinungen,
dem deutichen Wolfe erzählt von Paul Martin
(1883—87). Ein zum Beſten des auf der Ebern
burg zu errichtenden Denfmals daraus entnoms
mener überarbeiteter Auszug nur ift die Schrift:
Ulrich von Hutten und Franz von Siffingen in
ihrem Anteil an der Reformation (1887). In—
zwilchen waren erichienen: Drei Reden über. die
Trunffucht (1884) und zur Zeit (1887) find im
Erſcheinen begriffen: Über weltliche und hrift
liche Kolportage und: Seit warın giebt «8 eine
lutheriſche Kirhe? Außerdem finden ſich
dene Aufjäge von mir in dem feit 1887 in Zei)
erfcheinenden „Evangelifh-Iutherifchen Ger
blatt für die gebildeten Glieder der eve
Kirchen“, deſſen Herausgeber ich bin
1888 den Titel führt „Die hriftliche Welt.“
*
Radi.
Radi, ſ. Ed. Richter.
Radies, Peter von, wurde am 26.
September 1836 in Adelsberg geboren.
Außer der Herausgabe einiger trefflicher
geſchichtlicher und literarhiftoriicher Ar:
beiten war es. beionders das fulturhifto:
rifche Gebiet, das v. N. zur Pflege fich
erkor; lebt in Laibach als Mitarbeiter
zahlreiher Journale
Deutichlands.
Hauptwerfe: Adelsberg und feine Grotten
(1861), Herbard Otto Freiherr von Auerjperg,
ein frainiiher Held und Staatsmann (1862),
Die Frauen in der Sage und Geſchichte (1862),
Der verirrte Soldat (Dram. 1864), Der heilige
Euftahius (Dram. 1867), Anaftafius Grün und
feine Heimat (1876), Verſchollenes und Vergilbtes
aus dem 2eben und Wirken Anaftafius Grüns
(1879), Das befreite Bosnien (1879), Abbazia
(1885), Landwirtichaftlihe Kulturbilder zumeijt |
aus Oſterreich (1887).
Nadied-Kaltenbrunner, Hedwig
von, geboren am 11. Dezember 1845 zu
Wien, genoß eine vorzüglide häusliche
Erziehung, welche auch bejonders Rückſicht
auf die mandherlei, dem jungen Mädchen |
eigenen Talente nahm. Nach ihrer Ver:
mählung (1869) mit dem Schriftiteller |
Peter von Radies (ſ. d.) trat fie den lite
rariihen Kreiſen vielfah nahe und em-
pfing die Anregung, ſelbſt zur Feder zu
greifen. Sie it Mitarbeiterin vieler bei-
ferer Zeitichriften und bejonders auf dem
Felde der Kritik thätig. Beſonders ver: |
dient machte fie fich durch die Herausgabe
der Werke ihres Vaters R. N. Kalten: |
brunners, für welche Publifationen fie
vom Herzoge Dar in Bayern die große
filberne Dtedaille für Kunjt und Wiſſen—
ſchaft erhielt.
* Rail, Ey, ſ. Ed. Schranka.
Ramann, Lina, am 24. Juni 1833
zu Mainſtockheim geboren, genoß den
Unterricht der ländlichen Schule daheim,
bildete fi aber hauptſächlich durch Selbit-
ſtudium und machte auch ihre eriten mufi-
kaliſchen Verſuche in der Stille. Sieb-
zehnjährig fiedelte fie mit ihren Eltern
nad Leipzig über und fah hier ihren
NRorowshi,O., ser 172.
493
Dfterreihs und!
Hamann.
höchſten Wunſch nach gediegenem Muſik—
unterricht erfüllt. Für ihre ganze Lebens⸗
‚bahn war es entſcheidend, daß fie den-
'felben bei Lyſinka Bandel, der Gattin
des Mufiffchriftitellers erhielt. Mit eifer:
‚nem Fleiß lernte fie und holte nad, was
‚früher verfäumt worden war. Aber fchon
1853 fand fie fih durch Familienverhält-
niſſe genötigt, ſelbſt Muſikunterricht zu
geben; ſie ging nach Gera, wo ſie als
Pianiſtin in Konzerten, wie als Lehrerin
gute Erfolge erzielte. Von der Sehnſucht
nach neuen, weiteren Lebenskreiſen ge—
trieben, begleitete ſie eine Freundin nach
Amerika, gab in Philadelphia Muſik—
unterricht und ſpielte in Konzerten. Auf
den Wunſch ihrer Eltern kehrte ſie nach
Deutſchland zurück und gründete 1858 in
Glückſtadt, wo dieſelben ſich niederge—
laſſen hatten, eine Muſikſchule für Damen,
deren Hauptaufgabe es ſein ſollte, wirklich
tüchtige Muſiklehrerinnen zu bilden. Lina
R. betrachtet die Muſik als ein ganz all—
gemeines Erziehungs⸗ und Bildungsmittel,
das mit Pädagogik verbunden werden
muß. Sie hielt über dieſen Gegenſtand
Vorträge, denen ſie auch ſolche über
Aſthetik und Geſchichte der Muſik an—
reihte. Sie hat dieſelben ſpäter zu ihrer Schrift
„Aus der Gegenwart“ benutzt. Es erſchienen
‚ferner von ihr: „Die Muſik als Gegenſtand des
| Unterrichts und der Erziehung” und „Allgemeine
mufifalifche Erziehungs: und Unterrichtsichre der
Jugend“. Um ihre Ideen in das Neben
einzuführen, eröffnete fie in Glückſtadt
eine allgemeine Zehranitalt für Mädchen,
nachdem fie längere Zeit dem eifrigiten
Eelbjtudium in allen Disziplinen fid) ge:
widmet und mit glänzendem Erfolge ein
Colloquium bejtanden hatte, das ihr Die
Genehmigung zur Errichtung einer Lehr—
anjtalt verfhaffte. Der Krieg zwiſchen
Dänemark und Deutichland zwang fie, ihre
Anstalt zu ſchließen, nachdem fie fih im
beiten Aufblühen befunden hatte. U NR.
verließ Glückſtadt und eröffnete, nad)
furzem Zmwifchenaufenthalt in Leipzig, mit
einer gleichgefinnten Kollegin, Ida Volk—
|mann aus Tilfit, eine Muſikſchule in
Kant,
Nürnberg. Hier fand fie einen fchönen
Wirkungsfreis und feierte 1883 das fünf:
undzwanzigjährige Jubiläum ihrer Muſik⸗
lehrthätigleit. Als Mufitfcgriftitellerin ver:
öffentlihte 2. R., abgefehen von verſchiedenen
Beiträgen in muſikaliſchen Zeitfchriften, nod fol:
gende jehr anerkannte Schriften: Bach und Händel
(1868), Franz Liszt's Oratorium Chriftus (1874,
3. Aufl), Franz Liszt als Künftler und Menſch
(1881, in’s Englifhe überjegt), 3. Webers: Die
mufifaliihe Lage und der Bolfsunterriht in
Frankreich (1884), Fr. Liszt als Palmenſänger
(1885). Außerdem hervorzuheben ihre Überfegun;
gen Liszt'ſcher Schriften (1880—83).
Rauk, Joſef, ift am 10. Juni 1816
zu Friedrichsthal im Böhmerwalde ge:
boren, wo jein Vater einen anfehnlichen
Bauernhof befaß. Der zahlreiche Kinder:
ſegen desfelben (9 Söhne und 5 Töchter)
und ſchwere Heimfuchungen während ber
Napoleon’ihen Kriege jchienen es un—
möglich zu machen, auch nur Einem ber
Söhne eine höhere Ausbildung angedeihen
zu laſſen; doc entſchloß ſich der Vater,
Joſef „in die Studie zu geben”, da geift-
lihe und weltlihe Lehrer auf deifen An:
lagen binwiefen. Er bezog das in der
nächſten SKreisftadt Klattau befindliche
Gymnafium und fegte fpäter feine philo:
ſophiſchen und juridiichen Studien auf ber
Univerfität in Wien fort. Seine Aufläge,
insbejondere Schilderungen aus dem Volksleben
feiner Heimat, erſchienen in Seitfchriften und
zogen ihrer originellen Friſche wegen die Auf:
merffamfeit auf ſich. 1843 erfchien der erſte
Band diefer Schilderungen unter dem Titel „Aus
dem Böhmerwalde“. R. veröffentlichte dann zu:
nächſt eine Art Fortfegung unter dem Titel:
„Nur Gedichten aus dem Böhmerwalde“, die
eine fehr aufmunternde Anerkennung fanden.
Die inzwilhen berannahenden und endlih im
Jahre 1848 zum öffentlihen Durchbruch fommen:
den politifhen Erregungen hatten auch R. nicht |
unberührt gelafien und ihm von Seite der Zenfur
494
Ranke.
ihn als Direftiond-Sekretär im Hofoperntheater.
An feinem heimatlihen Boden, dem. deutjchen
Böhmerwalde, hielt R. trew feft, und dahin ver»
legte er auch den Schauplag von Geſchichten
Sein engered Heimatland hat diefen Sinn bei
Gelegenheit feines erg rn Geburtsfeſtes durch
eine Gedenktafel geehrt. Es entſtanden nach den
erſten Schilderungen und Bildern aus dem
Böhmerwalde: „Eine Mutter vom Lande”, „Das
Hoferfäthihen”, „Bartel das Knechtlein”, „Ein
Dorfbrutus”, „Das Birkengräflein“, „
auge“, „Die —— „Der Tellſchuß“,
„Magelone und ihr Edi“, „Von Haus
der volkstümliche Teil von „Aus De und
Stadt“ ꝛc. Als größere und Romanſchöpfungen
find befonderd zu erwähnen: „Die freunde“,
‚Im Klofterhof”, „Der Seelenfänger“, „Adt:
fpännig“. Ale dieſe Werte en von dem
echten Gemüt und der hohen poetiſchen Begabung
Kants.
Nanke, Johannes, wurde am 23.
Auguft 1836 in Thurnau geboren, ab:
folvierte das Gymnafium in Ansbach und
die Univerfität in München, ſpäter Die
Berliner und Barifer Hochſchulen, an denen
er fi dem Studium der Phyfiologie hin-
gab. Er habilitierte fi 1861 in München
und wurde 1869 zum a. o. Profeſſor und
1886 zum ordentlihen Profeſſor für Ans
thropologie an ber dortigen Univerfität
ernannt. Dafelbft wirft er noch jeßt,
gleichzeitig als Redakteur des „Archiv für
Anthropologie”, des „KRorefpondenzblattes
der deutſchen Anthropologiihen Gefell:
ſchaft“ und der „Beiträge zur Anthros
pologie und Urgeſchichte Bayerns.“
Bon R.’3 glänzend anerkannten Werfen find
hervorzuheben: Tetanus (1865—71), Grundzüge
der —— (4. Aufl. 1881), Die Ernährung
des Menichen (1876), Das Blut (1878), Beiträge
zur phyſiſchen Anthropologie der Bayern (1883),
— — unter dem Titel „Der Menſch“
(1886).
Naft, Ferdinand Frhr. von (Hilarius),
peinfiche Unannehmlichleiten bereitet, die aber feiner | geboren am 12. Auguft 1808 in Mien,
freifinnigen Denf: und Fühlmweife feinen Eintrag
thaten. Er wurde von feiner Heimat zum Ab:
eordneten des deutihen Parlamentes in Frank:
* erwählt. Die trüben, wechſelvollen Zeiten,
welche dann folgten, hat R. teils in Stuttgart
und Tübingen (bier bei Uhland) teils in Frank:
furt und Nürnberg zugebradt, von wo er 1860
nad Wien zurüdfchrte. Hier fuchte er bei einem |
widmete fih dem Soldatenſtande und
wurde nad Abjolvierung der Militärs
Akademie in Wiener-Neuftadt Offizier.
Im Jahre 1830 übernahm er die Bes
figungen feines Vaters bei Marburg in
Steiermark, deren Verwaltung. er leitete,
KAunftinftitute feiten Boden zu fallen und fand | Alsdannzogerfich nad Marburg zurück, wo
Rathgeber.
er noch jet lebt. Außer den, von reicher
poetifcher Begabung zeugenden Iyrifchen
Merken: Seelenflänge (1841) und Das Wald:
find (1881) verfaßte er die Dramen: Ein
Märtyrer der Deutichen Strone (1868), Jakob
Stuart (1872), nebit vielen Liederterten, die
Schnölzer u. U. fomponierten.
Nathgeber, Julius Friedrih Emil,
zu Straßburg i. E. den 11. Mai 1833
geboren, bejuchte die Echulen feiner Vater:
jtadt. Infolge des Verzugs feiner Eltern
nad Niederbronn mußte er die Schul:
ftudien unterbrechen, und zwar für mehrere |
Jahre, da der Vater bald darauf ftarb.
und die Familie mittellos zurüdließ. 1848 |
fehrte die Mutter nah Straßburg zurüd,
wo fie unter taujend Entbehrungen ihre
Kinder erzog. Von dem heißen Wunſch,
zu „ſtudieren“ ergriffen, befuchte der ſechs⸗
zehnjährige Knabe das Straßburger Gym:
nafium, das er mit eifernem Fleiße nad)
drei Jahren abfolvierte. Um Theologie
zu ftudieren, trat er darauf als Alumnus |
in das Studienftift St. Wilhelm ein.
Von. Einfluß auf feinen Bildungsgang
waren u. A. die Profeſſoren Wilm,
Matiner, Bartholmeh. 1854 wurde er
nad beftandenem Examen als Student
der theologischen Fakultät von Straßburg
aufgenommen, wo er ſechs Semejter ver:
blieb. Da fein Wunſch, an einigen
deutfchen Univerfitäten fi) auszubilden,
an jeiner Mittellofigkeit jcheiterte, jah er
ſich nad einer Hauslchrerftelle um, Die
er auch 1858 in einem gräfl. Haufe in
Peſt antrat, auf feiner Hin: und Rüd:
reife einige Tage an den Leipziger und
Heidelberger Univerfitäten hojpitierend.
Eine zweite Hauslehrerftelle bekleidete er
1859 ebenfalls cin Jahr lang in Maß—
münjter (Ober:Eljaß). Daſelbſt verkehrte
er viel mit dem Prediger Neßler und
predigte auch zumeilen für ihn. Gegen
Ende des Jahres 1859 trat N. in das
geiftliche Amt ein. Er war zuerit ein
Jahr lang Vikar in Barr, hierauf Pfarrer
in Altſchwager (Aubure), wo er fich auch
495
Ratgeber.
verheiratete, doch wurde ihm feine Gattin
nad) fünf Jahren dur den Tod ent»
riffen. Nach vierjähriger Wirkſamkeit da-
felbft berief ihn die Gemeinde Sulzern
(im Mäuferthale) zu ihrem Seelforger.
Dort begann 8. feine eigentliche fchriftftellerifche
Thätigkeit. Dort erlebte er die Ereigniſſe des
Jahres 1870, welche in die Schidfale von Elſaß
fo tief eingriffen. R. wandte fich der deutichen
Sache zu, für die er feitdem treu und unab»
läſſig auf literariſchem Gebiete gewirkt hat. Liebe
ur engeren Heimat und zur vaterländifchen Ger
chichte und Literatur, treue Anhänglichkeit an
Deutichland und das Beftreben, deutihe Art und
Sitte feinen elfälfiihen Landsleuten wieder zum
Bewußtfein zu bringen, das find die Grundzüge
der R.’ihen Schriften, die ſich durch Klarheit,
Einfachheit und Volkstümlichkeit in der Dar—
ftellung auszeichnen. An felbjtändig erfchienenen
Merten hervorzuheben: „Straßburg im ſech—
zehnten Jahrhundert. 1500—1598”, „Münfter
im Öregorintal“, „Colmar und Ludwig XIV“.
Dem Herauägeber ftanden bei diefen vaterländis
Shen Bublifationen mehrere ungedrudte Ducllen
aus der reihen elläffiihen Handfchriften und
' Chroniffammlung des befannten Colmarer Ad»
vofaten Janatius Choffour zu Gebote. In Enols:
beim, wohin R. als Pfarrer verfegt worden war
und wo er ſechs Jahre zubradhte, fand er Zeit
und Mufe genug zur Schriftftellerei. Hier reihte
fich den genannten Schriften an: „Die Grafihaft
Hanau⸗Lichtenberg“. Auf Veranlaffung der elifäfs
fiihen Schulbehörde jchrieb N. feine „Geſchichte
des Elſaß“, nebjt einem Heinen Leitfaden (2. A.).
1881 kam feine Schrift: „Zur Geſchichte der
Straßburger Kapitulation von 1681” heraus,
die, wie die weiteren, in Neudorf, einem ber
größten Vororte Straßburgs verfaht wurden, wos
bin R. 1879 als erfter evangelifcher Geiftlicher
verfet worden war, um — kirchliche Zu⸗
ſtände zu organiſieren. Die Regierung zollte
feiner unermüdlichen Thätigkeit Beifall, und der
Kaifer zeichnete ihn durch Verleihung des roten
Adlerordens 4. Al. aus; 1883 erſchien feine volks—
mundartige Schrift: „Elſäſſiſcher Sprichwörter:
ſchatz“ (2. Aufl.), ferner „Elſäſſiſche Neformas
tionsgeichichte” (1885), „Elſãſſiſche Gedenktage“
(1885), „Elſäſſiſche Geſchichtsbilder aus der fran—
zöfifhen Nevolutionszeit“. Im Jahre 1876 hat
R. fi außerdem durch die Herausgabe der
„Statuta academiae Argentinensis“ und durch
die Veröffentlihung der handſchriftlichen Schäße
der früheren Straßburger Stabtbibliothel vers
dient gemacht. Auher diefen zahlreichen Schriften
publizierte A. als Mitarbeiter verfchiedener Zeit
Ichriften und Tagesblätter biftorifhe Aufſähe
mancher Art, die ſich ſämmtlich auf die elſäſſiſche
Geſchichte und Literatur bezichen, Rezenfionen ꝛc.
496
Hadtrag.
(
KR.)
Laddey, Emma (Hermine), wurde
am 9. Mai 1841 als die Tochter des
Arztes Dr. Radtike in Elbing geboren
und im Haufe ihrer Eltern, fpäter in
einem Berliner Penſionat forgfältig er:
zogen. Eine leidenſchaftliche Vorliebe für
das Theater erwedte ihr den Wunſch,
zur Bühne zu gehen, doch mußte fie,
eine® Brujtleidens wegen, von dieſem
Plane abjtehen, ungeachtet ihres ausge:
dem er zunädit in feiner Vaterjtabt,
fpäter an der Wiener Univerfität oblag.
Dort wurde er au zum Dr. jur. pro=
moviert. Urjprüngli für den gleichen
Beruf des Vaters, Advofat, beitimmt,
jagte dem feurigen, für Poeſie und
Kunft begeilterten jungen Manne ber
Aftenftaub wenig zu, und fo änderte er
denn, angejpornt von literariſch bedeu—
tenden Freunden, die fein Talent er-
ſprochenen und bereits durch befte Kräfte | kannten, fein Arbeitsfeld, indem er fi
gepflegten Talentes. Da fo diefe Lieb:
lingsidee geicheitert war, wandte fid) Das
zunächſt um eine Anftellung bei der Wiener
Hof:Bibliothef mit Erfolg bewarb. Dort
begabte junge Mädchen erniteren Studien | amtiert B. noch jet, nunmehr als erjter
zu, bis fie fih 1864 mit dem Maler €.
Laddey in Stuttgart zu glüdlicher Ehe
verband. Der Berfehr mit geiftreichen
Menſchen, die in dem jungen Hausitande
zu Gaſte famen, wirkte höchſt anregend
auf Emma %., die fi befonders als ei:
frige Verfechterin der Frauenredhte im
edleren Sinne bethätigte. So gründete
fie in Stuttgart den „Schwäbilchen Frauen-
verein“ und wirkte in mandherlei Weije
in angedeuteter Richtung, vor allem aber
literariich durch zahlreiche Artikel in Zeit—
Ihriften und die Tendenz vieler ihrer
jelbjtändigen Schriften. Won leßteren
find außerdem befonders ihre Märchen
hervorzuheben, auf welchem Gebiete fie
ein jchönes Talent befigt.
Hauptwerfe: Blumenmärden (1869), Auf ei:
genen Fühen (3. Aufl. 1884), Aus dem Reiche
der Frau (1873), Flitter und Gold (3. Aufl.
1884), Tagebuch einer Waije (1876), Wild er»
blüht (1877), Vier Mädchenleben (1879), Feen:
de (1884), Sich ſelbſt getreu (1884), An
onnigen Tagen (1884), Ein Jahr im Märchen
(1885), Aus der Schule des Lebens (1886).
Pachler, Fauft (E. Paul), ift zu
Graz am 18. Dezember 1819 geboren,
bejuchte das dortige Gymnafium und
widmete fih dem Studium der Rechte,
Kuſtos. Neben diefer feiner amtlichen
entwidelte P. eine weitgreifende und
vielſeitige literariihe Thätigkeit zunächſt
‚in Zeitſchriften, auch als tüdhtiger und
feinfühliger Überjeger, befonders aus dem
Ungariſchen auftretend. Sein Name findet
fih in den beiten Journalen mit Skizzen,
Gedichten, Eſſays und befonders mit li⸗
‚terarbiftoriichen Arbeiten. Auf legterem
Gebiete zeichnete er fih beionders aus,
jo daß Fr. Halm ihn tejtamentarifh mit
der Herausgabe feines literarifchen Nach»
laſſes beauftragte. Über deffelben Dich—
ters Leben und Wirken, ebenfo über
Joſeph Haupt u. N. lieferte B. fehr bes
merfenswerte Arbeiten. In den Jahren
1856—58 redigierte P. im Auftrage
| der Künftlergeiellihaft „Aurora” in Wien
das „Aurora-Album“.
An ſelbſtändigen Werfen heben wir berwor:
Jaroslaw und Wafla (Trauerjp. 1848), —*
Sumro (Trauerfp. 1849), Kaiſer Mar und
| Lieblingstraum (Feſtſp. 1853), Er weiß alles
(2uftip. 1876), Loge Nr. 2 (Luftip. 1876),
welche Bühnenftüde meift mit
find, und von denen bejonders bie
Stüde von großer Geftaltungäfraft des
Geheimnii; des Dichters (1885).
>
IV. Teil.
—ñii DW
Ratzel. —
Natel, Friedrich, iſt am 30. Auguft
1844 in Karlsruhe geboren, widmete fich
nah Vollendung feiner VBorftudien dem
Beruf eines Apothefers, gab denjelben
jedody auf und bezog die Univerfität Hei:
delberg, danach die zu Jena und Berlin,
497
Rauſch.
1877—78 Mitglied des deutſchen Reichstages.
Bon 1879—81 lebte er in Wien, feit 1882
wieder in Münden. |
NRaufch, Emma, wurde am 8. De:
jember 1831 als die Tochter des Kauf:
manns ©. Fr. Wardius zu Stettin ge:
um Naturwiſſenſchaften zu ftudieren. Nach: | boren und verlebte ihre Kindheit und
dem er 1868 zum Dr. phil. promoviert Mädchenzeit daſelbſt und zwar nad) dem
worben, unternahm er mehrjährige Stu: | Tode ihres Baters, den fie im neunten
dienreifen nad Stalien, Frankreich, Ames | Lebensjahre verlor, im Haufe ihres Groß—
rita 2c., während welder er aud als
Korreipondent der „Kölniſchen Zeitung“
thätig war. Im Jahre 1875 wurde er
als Profeſſor der Erdfunde an die tech—
niſche Hochſchule zu Münden, 1886 in
gleicher Eigenihaft an die Univerfität
Zeipzig berufen.
Bon feinen vorzüglich beurteilten Schriften he:
ben wir hervor: Sein und Werden der organi:
ihen Welt (1868), Wandertage eines Natur:
forſchers (1874), Vorgeſchichte der europätichen
Menihen (1875', Städte: und Aulturbilder aus
Nord: Amerifa (1876), Die dhinefiihe Auswan—
derung (1876), Aus Merito (1878), Die Ber:
einigten Staaten von Nord:Amerifa (1878— 80),
Anthropogeographie (1882).
Ratziuger, Georg, geboren 3. April
1844 als Sohn eines Bauern zu Rieke—
ring (Niederbayern), abjolvierte 1863
das Gymnaſium zu Paſſau, 1867 die
Univerfität München, nachdem er im lep-
teren Jahre die Preisfrage: „Geſchichte
der kirchlichen Armenpflege“, gelölt und
den Doktortitel rite an der Univerfität
Münden erworben hatte.
Das Buch erichien 1868 in erfter, 1883 in
zweiter Auflage, wurde ins Franzöſiſche und Uns
garische übertest. 1871 erſchien von ihm die
Schrift: Das Vatikaniſche Konzil und die deutiche
Wiſſenſchaft, 1881: Die VBolkswirtichaft in ihren
fittlihen Grundlagen, 1883: Die Erhaltung des
vaters, des Apothefenbefigers Zitelmann,
darauf in einem Penfionate, in das die
Mutter fie gebracht, als die Pflege einer
franfen Schwefter jene nad) Stolp rief.
Drei Jahre verblieb das junge Mädchen
‚dajelbit, dann folgte fie ihrer Mutter, die
mit dem Dann ihrer verjtorb. Schweiter
fi) verheiratet hatte. In ihrer neuen
Heimat lernte Eınma den praftiichen Arzt
W. Raufch kennen, mit dem fie fid) 1852
zu glüdlichiter Ehe verband, die der Tod
nach mehreren Jahren löfte, nachdem er
der tiefgebeugten Mutter jchon drei Kinder
entriffen hatte. Sie lebte nun jtill und
zurüdgezogen der Erziehung ihrer beiden
Töchter, und fand in ihrer verwitweten
Mutter ihre beſte Stütze. 1873 fiedelte
‚die fleine Familie nad Görlig (Ober-
Lauſitz) über. Nachdem E. R. die Mutter
‚verloren, lebt fie in Hirihberg. Im
Croſſen, wo ihre unvergeßlihe, ihr zu
früh entriffene Tochter ruht, find die meiiten
ftimmungsvollen Gedichte E. R.'s entitanden, die,
nachdem ſie in Zeitichriften freundliche Aufnahme
gefunden hatten, zu einem Bande vereinigt, hers
ausgegeben, einen tiefen Blid in das reiche Ge:
mütsleben der Verfaſſerin thun lafien.
Rauter, David, wurde am 6. Novem-
Bauernftandes, 1884: Die Bierbrauerei in Bayern. |
ber 1848 im Dorfe Kleblach in Kärnten
R. war 1870— 71 Redakteur in Würzburg und | als Sohn eines Grundbejigers geboren.
187477 Redakteur in Münden. Sehr viele | Er verbrachte feine Kindheit im Eltern:
Arbeiten R.'s finden fi in Zeitungen und wil: hauſe und würde dem landmwirtichaftlichen
ſenſchaftlichen Zeitichriften, namentlich in der bel⸗ > :
giſchen Revue Générale und in den Münchener | Berufe entgegengegangen fein, wenn nicht
„Diitor.spolitiichen Blättern; in letteren beſon⸗ nach altem Brauche der katholiſchen und pro=
ders eine größere geſchichtliche Arbeit: Die Bios | tejtantiichen Geiſtlichen Kärntens der dor:
graphie des Albertus Bohemus, gegen melche | tige Rfarrprovifor die Anregung zur Se:
Prof. Schirrmacher eine Gegenſchrift richtete unter j ei ,
dem Titel: Aber von Boffemünfter. 187577 lehrtenfarriere gegeben hätte, indem er
war R. Mitglied des bayriihen Landtags und den 12jährigen Dorfihüler im Latein
Hinrichſen, Das literariihe Deutihland. 32
498
Rebau.
—
Raven.
Aus vergangener Zeit (Ged. 1863), Glängende
Klagenfurt geleitete. R. abfolvierte das erg —* 2 ——
Gymnaſium und bezog 1869 die Univer⸗ (hiftor. Rom. 1876), Moderne Rharifäer (Rom,
fität Graz. 1873 begann R. beim f. t. 1882). Als eine warme Vertheidigerin
Landesgerichte in Klagenfurt die für die des Nationalvereins beihätigte fie ihr In—
Erwerbung der Advofatur in Oſterreich | tereffe an den politifhen Bewegungen der
vorgeichriebene Gerichtspraris und erwarb | fechjiger Jahre durd die Flugfchriften:
fich 1874 das juridifche Doktorat. Wäh- | Herr von Bennigſen und ber Nationalverein
vend der Advofatenpraris in Klagenfurt | (1860), Die deutihe Frage und die fernile
vorbereitete und zum Gymnaſium nad)
trug er an der dortigen Handelsſchul
Handels: und Wechſelrecht vor. Inner:
halb der Advofaturprariszeit in Graz
ſchrieb er die juridiihe Schrift: Rechts—
grundfäße für Nealmeiftbotsverteilungen (1878,
2. Aufl. 1881) und eine Abhandlung über
DIE Zukunft der Hochgebirgslandmwirtichaft (1880).
1880 ließ fih N. an feinem gegenwär—
tigen Wohnfig in Feldbach bei Gleichen⸗
berg als Advofat nieder. 1884 erſchien
von ihm das Werk: öſterreichiſches Staats: |
lerifon.
Raven, Mathilde, wurde am 16. Fe—
bruar 1817 in Mezzen als die Tochter
des königl. Kreis-Einnehmers Beckmann
geboren, empfing ihren Unterricht in eis
ner Schulanſtalt dafelbft und fiedelte
jpäter mit ihren Eltern nad) Osnabrück
über. Dort verheiratete fie fi) mit dem
Auriften K. Naven und ging mit ihm
1853 nad) Gelle, wo ihr Gatte ala Rechts:
anwalt ſich niederließ. Im Jahre 1870|
löfte der Tod das Band der Ehe. M.
N. lebte als Witwe einige Jahre in
Berlin, darauf in Bremen und hat ihren
Mohnfig jept in Dresden. Die hervor—
‚bruar 1858 in Mannheim geboren.
e| Preſſe (1861).
NRebau, Ludw., |. E. Bauer.
Nebele, Gafimir, wurde am 26. Fer
Er
abjolvierte die Lehrerbildungsanitalten zu
MWallerjtein und Lauingen und wirkte
darauf als Lehrer an mehreren Orten
des bair. Echwabens, jeit 1878 in Frei
halden bei Augsburg. Im Jahre 1879
begann N. feine fchriftftelleriihe Thätige
keit. Er ſchrieb Naturfhilderungen für
verſchiedene deutiche Jugendſchriflen, und
gab 1887 ein Kaiſerbüchlein heraus, das
ihm viele Freunde warb und wohl ges
eignet iſt, den patriotiihen Sinn der
Jugend zu weden und zu. beleben.
Neber, Burkhard, wurde am 11. De
zember 1848 in Benzenſchwyl, einer am
öjtlihen Abhange des Lindenberges gele:
enen Gemeinde des jogen. Freiamtes
(Kanton Aargau, Schweiz) als der ältejte
Sohn einer zahlreihen Familie geboren,
genoß in Schoren den nötigen Schulun—
terriht, um nachher in die Bezirfsjchule
Muri aufgenommen werden zu fönnen.
vagende jhriftitellerifche Begabung M. | Bon frühefter Jugend an zeigte der Knabe
Res zeigte fih Schon in früher Jugend,
vierzehnjährig verfaßte fie ihre erften Ge-
großen Hang zu den Naturwilienichaften
und befonders für Sammlungen aller Art.
dichte. Ihr ſchönes Talent entwidelte| Er wählte den Apothekerberuf, beitand
fich unter dem Einfluß des Gatten und feine Lehrzeit in Weinfelden im Thurgau,
verdanken wir ihrem Schaffen in ben Jah⸗ ſtudierte dort fleißig ſeinen Beruf und
ren ihrer glücklichen Ehe die meiſten ihrer ſchenkte den botaniſchen Vorkommniſſen
bedeutenden literariſchen Erzeugniſſe, die die größte Aufmerkſamkeit. In dieſe Zeit
ſich vorzüglich auf dem Gebiete des hie Fallen auch mehrere Entdeckungen und
ſtoriſchen Romans bewegten. Beihreibungen von vorhiiter. Pfahlbau—⸗
Hauptwerte: Welt und Wahrheit (Rom. 1851), ſtationen und Altertümern. In Zofingen
Eine Familie aus der erften Gefellichaft (Rom. Neuchätel und in den Wogefen, wo R.
1552), Eversburg (Rom. 1855), Hermine (Nov. |" 4 5
1856), Galileo Galilei (bijtor. Nom. 1860), | während brei Jahren feine Studien fort
Reber.
fegte, bot fi reiche Ausbeute an Pflan-
zen, Mineralien und Altertümern aller
Art. In Neuchätel hatte er zugleich die
Akademie bejucht, dann einen Eommer
lang die Bogefen durchwandert, worauf
er 1874 feine Univerfitätsftudien in Straß:
burg begann. Auf das hier verbrachte
Semejter folgten fünf andere an der Uni—
verfität Zürich, mofelbit er auch 1877
fein Schweizer. Staatseramen beitand. |
Nach einer kurzen Verwalterftellung wurde
N. als Kantonsapothefer nach Genf be:
rufen, behielt diefe Stelle bis 1885, grün-
dete dann dort eine eigene Apotheke, die er
gegenwärtig leitet.
Seit 1870 veröffentlichte diefer fleißige Beob—
achter eine große Anzahl Abhandlungen, zuerft
über feine Entdedungen auf dem Gebiete der Al:
tertumsforfhung, veröffentlicht in: „Anzeiger f.
Ichweizer. Altertumstunde”, „Antiqua“, „Bulletin |
de la Societ& de Numismatique suisse“,
„Bulletin de l’Institut national genevois“ ıc.
Ebenſo zahlreich find feine Arbeiten auf dem Ge:
biete der Pharmazie und Chemie, welche bejon:
ders in: „Schweizer. Wohenichrift für Phar—
mazie”, „Pharmaz. Gertralgalle f. Deutichland“,
„Korrejpondenzblatt f. Schweizer Arzte“, „Union
pharmaceutique“ (Paris), „The London Me-
dical Record“, ‚Journal de Pharmacie (’Al-
sace-Lorraine“ ıc. erfhienen find. Im Jahre
1885 übernahm R. die Leitung und Redaktion
der damals neu gegründeten pharmac.smedic. Zeit:
ſchrift Fortſchritt“ (Le Progrös), die fich bald
zu einer geichägten wiſſenſchaftlichen Rundſchau
erhob.
Neber, Franz von, wurde am 10.
November 1834 in Cham geboren, wid:
mete ih dem Studium der Philoſophie
und Kımftgeichichte zu München, wurde
1856 in Berlin promoviert, habilitierte fich
zu München im Jahre 1858 und wurde 1863
zum außerord. Profeſſor, 1869 zum ord.
Profeſſor am Polytechnikum zu München
ernannt. Gleichzeitig fungierte er als
Aſſiſtent am kgl. Münzkabinet und feit
1875 als Direktor der Staats-Galerie.
Von feinen, um die Kunſtgeſchichte hoc):
verdienten Werfen heben wir hervor:
Seichichte der Baufunft im Altertum (1864
bis 1867), Des Vitruvius zehn Bücher über Archi:
teftur (1865), Aunftgeichichte des Altertums (1871),
Geichichte der neueren deutichen Kunſt (2. Aufl.
499
Reber.
1884), Die Ruinen Roms und der Campagnd
(2. Aufl. 1879), Kunſtgeſchichte des Mittelalterd
(1886).
Neber, Robert, wurde am 1. Des
jember 1846 in Chemnig geboren und
widmete fi) zunächſt auf der höheren Ges
werbeichule daſelbſt bauwiſſenſchaftlichen
Studien, die er jedoch mit dem Zeitpunkt
ſeiner Einberufung zum Militär — Sol.
Sächſ. Leib-Grenadier-Regiment Nr. 100
— (1867) infolge Überanjtrengung im
‚Zeichnen auf ärztlichen Rat behufs Scho—
nung der Augen aufgab. Seitdem wirft
er als Journaliſt und ſchon während des
' Krieges jchrieb er feine Haupteindrüde in
einer Reihe von Feldpoſtbriefen nieder, Die
‚in mehreren ſächſiſchen Zeitungen veröf—
‚fentlicht wurden. Bereits 1869 war R.
bei der Redaktion der „Dresdner Nach—
richten“ als jtändiger Mitarbeiter einges
treten, und noch heute befindet er fich in
diefer Stellung, während er gleichzeitig
noch für mehrere der geachtetjten Organe
der ſächſiſchen Provinzialpreſſe mitthätig ift.
An die bisher erfolgte Veröffentlichung vieler
„Erinnerungen an die Kriegsjahre 1870/71", ans
derer militärischer Artikel und von Beiträgen für
die Literatur des Militärvereinswelens knüpft ſich
die Bearbeitung eines größeren illujtrirten Wertes
„Kriegäbilder der Jächfiihen Armee aus dem
Feldzuge 1870/71. Bemerkt fei no, daß
R. unter Benußung eines von ihm felbft gezeiche
| neten Riefenplanes und auf Grund feiner Teils
nahme am Kriege am 11. März 1885 einen
| Vortrag über „Das XII. Armeeforps vor Paris“
‚vor dem König Albert von Sachſen, Prinz Georg,
ı Ariegäminifter Graf von Fabrice u. N. hielt.
NReelam, Karl, geboren am 18. Au—
guſt 1821 in Leipzig, abjolvierte das
‚dortige Gymnafium und die Univerfität
dajelbit, in Prag und Wien als Medi—
ziner. - Er promovierte 1846 in Wien,
habilitierte fich 1850 an der Univerfität
feiner Waterjtadt und wurde 1860 das
jelbft zum Profeſſor ernannt. Gleichzeitig
wirft er als Redakteur der medizinischen
Zeitichrift „Die Gefundheit“.
Ron feinen verdienten ſelbſtänd. Werfen heben
wir hervor: Nahrungsmittel und Speilenwahl
(1855), Geift und Körper in ihren Wechielbezies
hungen (1859), Tas Buch der vernünftigen Yebens:
32*
Reden⸗Esbeck.
500
Redwitz⸗Schmölz.
weiſe (4. Aufl. 1886), Des Weibes Geſundheit eine Erinnerung an ihre fünfundzwanzigjährige
und Schönheit (2. Aufl. 1883), Der Leib des | Künftlerlaufbahn (Zur Jubiläumsfeier verfaßt
Menichen (2. Aufl. 1880), Geſundheitsſchlüſſel 1887).
Hengift, vaterl. Trauerfp. in 4 Aufz.
(1879), Für Genefende, Nervenleidende zc. (1886). | (1888).
Neden-⸗Esbeck, Friedrih Johann
Freiherr von, geb. am 22. Juni 1842
zu Etettin als der Sohn des berühmten
deutichen ftatiftiichen Gelehrten Friedrich
Wilhelm Frhr. von R. (7 1857), abjol-
vierte die Realſchule in Wien, war dann
Redwitz-⸗Schmölz, Oskar Frh. v.,
wurde am 28. Juni 1823 in Lichtenau
geboren,erhielt feine Ausbildung in Speier,
Weißenburg i. E. und Zweibrüden und
bezog 1844 die Univerfität München,
ſpäter die zu Erlangen, um die Rechte
einige Zeit als Landwirt in Böhmen thä= zu ftudieren. Nah Vollendung jeiner
tig, fid) für diefen Beruf auebildend, um | Studien wurde er bei den Gerichtshöfen
jein in Hannover gelegenes Rittergut Es: | in Speier und Kaiſerslautern beſchäftigt.
bet zu übernehmen. Allein vorherr: Hier entjtand jein erjtes literariiches Werk:
chende Neigung zur Kunſt und fein Ver: die jo berühmt gewordene Dihtung Ama:
fehr mit Kunſtgrößen, wie Srillparzer, | ranth, die jhon bei ihrem Erjcheinen
Friedrich Halm, Hebbel, Bauernfeld, Ca: | (1849) großes Aufiehen machte und noch
jtelli, Anajtaftus Grün, bradten ihn zu heute, nachdem fie 36 Auflagen erlebt
dem Entſchluß, fi der Bühne zu widmen. hat,alseine der bedeutendften Schöpfungen
Am Jahre 1862 betrat er zum erſtenmal | ihrer Art, unvergeffen ift; denn wenn
diefelbe und war dann im Laufe der Zeit auch unſere Zeit (1887) jenen roman
bald im Engagement, bald als Gaſt an tiſchen thränenreichen Weifen nicht mehr
vielen Bühnen thätig, 3.8. am Hoftheater | hold ijt, jo vermag fie dod nicht, der
in Dlannheim, Kaſſel, Münden, Neu: | Dichtung die großen Schönheiten, ihre
jtrelig, Stadttheater in Köln, Rotterdam, | in fich abgefchlofjene Vollendung und jeltene
Düffeldorf, Prag, Augsburg, Mainz, | Formenreinheit zu nehmen. Der außer:
Krollſche Oper in Berlin. R. verfah aud) ordentliche Erfolg bewog den Dichter, mit
meiltens das Amt des Opern-Regiſſeurs. jeinem praftiihen Beruf zu breden und
Eine im Jahre 1877 zugezogene Erfäl: | literarischen Studien ſich hinzugeben, zu:
tung raubte dem Sänger die Stimme, nächſt in Bonn nochmals die Hodhichule
worauf er drei Jahre privatifierend in
Wiesbaden lebte, dann aber wieder zum
Theater zurüdfchrte, diesmal aber in der
Stellung eines Ober:Regiffeurs des Stadt:
theaters zu Nürnberg, in welder er noch
gegenwärtig thatig iſt.
Schon frühzeitig beichäftigte ſich R. mit Schrift:
ftellerei auf dem Gchiete der Theaterhiftorie, be:
fonders heben wir hervor: Deutſches Bühnen:
Yeriton, das Leben und Wirfen aller hervorragen—
den Bühnenleiter und Künstler vom Beginn der
deutihen Scaujpielfunft bis zur Gegenwart
(1879), Karoline Neuber und ihre Zeitgenofien,
ein Beitrag zur deutſchen Kultur- und Theater:
geichichte (ISBL 1, Rhamis, vaterländiiches Trauer:
jpiel in vier Aufzügen (18586). Leptes Drama
wurde 1887 am Stadttheater zu Nürnberg mit
Glara Ziegler in der Titelrolle zum erften Male
mit großem Erfolge aufgeführt, und haben Clara
Siegler, wie Magda Irſchick „Rhamis“ in ihre
Gartipiclrepertoire aufgenommen, Clara Ziegler,
beziehend, um fpeziell bei Simrod mittel:
hochdeutſche Literatur zu hören. Bereits
1851 folgte v. R. einem Rufe als Pro:
feſſor der Ajthetit nah Wien. Seine
‚afademiiche Thätigfeit ließ ihm jedoch zu
‚wenig Zeit, feiner Mufe zu dienen, und
ſo legte er bald feine Profeſſur nieder
‚und zog fi auf feine Güter Schmölz
‚und Teilenort zurüd, Dort vermählte
‚er fih mit Mathilde Hoſcher und lebte
‚lange Jahre jtill im Kreiſe jeiner Familie
feinen poetifhen Arbeiten, bis er jeine
Beſitzungen verfaufte, um nad) München
‚zu ziehen. Im Jahre, 1872 verantaßte
‚ein Bruſtleiden feine Überſiedelung nad)
einem milden Klima und wählte er das
herrlich gelegene WVteran zu jeinem und
‚feiner Familie Wohnfig. Dort auf einer
Regel.
Beſitzung, „Schillerhof” genannt, lebt R.
noch jeßt. Bereits durch die „Amaranth“ |
trat Nebwig als eine eigenartige, weit
über das Gemöhnliche hinausragende
Dichtererfheinung in den Vordergrund
unferer 2iteratur, und wenn er aud
wohl die alte Erfahrung von dem nur
einmal gelingenden großen Wurf be:
ftätigt hat, jo fünnen wir doch nod eine
Reihe von großen und ſchönen Schöpfungen
des Dichters als Literaturbereicherung
betrachten:
Th. Morus (Drama 1856), Ph. Welſer (Dr.
1859), Der Zunftmeiſter von Nürnberg (Dr.
1859), Der Doge von Venedig (Dr. 1863),
Ddilo (Ep., 4. Aufl. 1868), Das Lied vom neuen
Deutichen Reich (11. Aufl, 1876), Hermann Starf
(4. Aufl. 1881), Ein Deutiches Hausbuch (3. Aufl.
1883), Haus Wartenberg (6. Aufl. 1885), Hymen
(5. Aufl. 1887).
Regel, Frig, geboren 17. Januar
1853 auf Schloß Tenneberg bei Walters-
haufen (S.-Gotha), genoß feinen erjten
Unterricht in MWaltershaufen und der be—
nahbarten Erziehungsanftalt Echnepfen-
thal, bejuchte ſpäter die beiden oberiten
Klaſſen des Gymnafiums zu Gotha, ſtu—
dierte 1872 —76 in Jena Naturmifien:
ihaften, beionders Botanif, promovierte
dafelbjt, svard dann Lehrer an den Neal: |
ſchulen in Lippftadt und Braunichweig,
lebt aber bereits ſeit 1878 wieder in!
Jena; zuerjt 4 Jahre an einer Privat:
realihule als naturwiſſenſchaftlicher und
geographifcher Lehrer thätig, trat er 1882
an die meubegründete Stoyihe Erzie—
hungsanftalt von Dr. Heinridy Ston über,
in welder Stellung er noch für die gleichen
Fächer thätig iſt.
Hauptfächlich mit Beginn diefes zweiten Jenenſer
Aufenthaltes, hat er ſich mehr und mehr der Geo:
graphie zugewandt. Bei Begründung der „Geo:
graphiſchen Geſellſchaft (für Thüringen) zu Jena“
( 1882) wurde er zum zweiten, fpäter zum eriten
Schriftführer desfelben gewählt und ihm die Der:
ausgabe der vierteljährlich eriheinenden Zeitichrift
„Mitteilungen der Geographiſchen Gelellichaft für
Th. 3. 3.” im Verein mit Pfarrer Kurze über:
501
thek.
Reich.
Die Habilitationsſchrift iſt als 76. Extraheft der
Petermannſchen Mitteilungen erſchienen und be—
handelt „Die Entwickelung der Ortſchaften im
Thüringerwald“ (1884). Im gleichen Jahre er:
ſchien ein populärer Aufſatz „Ein Ausflug nach
dem Hörfelberg” und eine Biographie von Aus
auft Röſe. 1885 gab er im Nuftrage der wiflen-
ſchaftlichen Kommiſſion des Thüringerwald:Ver:
eins das erfte Heft „Beiträge zur Landes: und
Volkskunde Thüringens“ heraus, ein zweites Heft
erihien 1887; außerdem lieferte er eine Reihe
von geographiihen Rezenfionen ꝛc.
Neich, Eduard, wurde am 6. März
1836 in Sternberg in Moravia (Stri-
melice na Morave) geboren, befuchte das
' Gymnafium zu Olmüß und die Univer:
fitäten Jena, Marburg, Göttingen und
jtudierte zuerjt Medizin, wurde zum Dof:
‚tor promoviert und machte das medizi-
niſche Staatseramen. Sodann widınete er
ſich philoſophiſchen, ſtaatswiſſenſchaftlichen,
beſonders anthropologiſchen Studien, nach
deren Vollendung er ſich als Professeur
agrégé an der Univerſität Bern nieder—
ließ, war ſpäter Bibliothekar in Koburg
und hat nun ſeinen Wohnſitz zu Kiel.
Sein ganzes Leben widmete R. der Wiſ—
jenihaft, Allem entjagend, nur das eine
Biel vor Augen, der Menſchheit zu dienen
und Wahrheit zu erforihen. So ging
er feinen Weg abjeits vom Wene, auch
von anderen Männern der Willenichaft
ifoliert; find doch feine Anfichten, die er
vertritt, jo ſchroff wie originell, weitab
von der großen, breit ausgetretenen
Heerftraße jo mander gelichbten alten
Zopfigkeit. Und da alle Muße nur ihm
jelbjt und feiner Verpflichtung irgend
welcher Art, wie fie ein follegialiidhes
Leben fonjt wohl mit ſich bringt, gehörte,
'jo war er im Stande, jene großartigen
Leiſtungen zu vollbringen, deren Schöpfer
‚er ift: feine Schriften, zumeijt hochge—
lehrten und ebenio bedeutenden Inhalts,
umfaffen allein eine anjehnlidhe Biblio»
Wir Heben von denjelben hervor:
tragen; jeit 1886 iſt er an die Spitze diejes auf Mediziniſche Chemie (1857—58). Anthro:
über 500 Mitglieder angewachſenen Vereins ge: pologiſche Schriften: Die Abhängigkeit der
treten. Seit 1884 iſt R. an der Univerſität Zivilifation von der Perſönlichkeit des Menſchen
Jena als Privatdozent der Geographie habilitiert. und von der Befriedigung der Lebensbedürfniſſe
Reichel.
(1883), Die Geſchichte der Seele, die Hygieine
des Geiſteslebens und die Ziviliſation (1884),
Das Leben des Menſchen als Individuum. (Phy—
fiologie der menſchlichen Perſönlichkeit, 1881),
Die Geſtalt des Menſchen und deren Beziehungen
502
veröffentlichte er ſein erſtes Gedichtbuch
Reichenau.
Leipzig, München zc., feit 1883 in Ber
lin jeinen Studien und literarifden Ar-
beiten. Mit feinem zwanzigiten Jahre
zum Scelenleben (1878), Die Fortpflanzung und (2, Aufl. 1875), dem in ſchneller
Vermehrung des Menſchen aus dem Geſichts-
punkte der Phyſiologie und Bevölkerungslehre
betrachtet (1880), Geſchichte, Natur: und Ge: |
fundheitstchre des ehelichen Lebens (1864), Stu: |
dien über die Frauen (1875), Studien über die |
Volkäfeele aus dem Gefihtspunfte der Phyſio—
logie und Hygieine (2. Aufl.
dung auf das Leben der Geſellſchaft (2. Aufl. |
1879), Der Menſch und die Seele (1872), Die
allgemeine Naturlehre des Menſchen (1865),
Weltanihauung und Menſchenleben, Religion,
Sittlihfeit und Sprade (1884); Hygieiniſche
und politiihmoraliiche Schriften: Syſtem
der Hygieine (1870— 71), Die Oygieine, deren
Studium und Ausübung (2. Aufl. 1874), Die
Urſachen der Aranfheiten (2. Aufl. 1877), Lehr:
buch der allgemeinen Ätiologie und Hygieine
(1858), Die Nahrungs: und Genußmittelfunde
(1860—61), Über die Entartung des Menſchen
(1868), Bathologie der Bevölferung (1879),
Die Erblichkeit der Gebrecdhen des Menichen und |
die Verhütung der Gebrechlichkeit (1883), Die
Verhütung von Krankheiten des Leibes und der
Seele bei dem Einzelnen und der Gefellichaft
(1882), Über Unfittlichkeit (1866), Menſchliches
Elend (1879), Die Emanzipation der ‚rauen,
das Elend und die geiftige Überjpannung (1884),
Arbeit und Lebensnot (1881), Mediziniiche Ab:
handlungen (1870— 74). Zur Staatsgefundheits:
pflege (1885), Studien über die Feiertage (1874),
Studien zur Ätiologie der Nervojität bei den
Frauen (2, Aufl, 1877), Die Kirche der Menſch—
beit (1873), Der Staat der YZufunft (1879),
Volks⸗Geſundheitspflege (2. Aufl. 1866), Grund-
ri der Hygieine (1873), Gelehrte, Literaten,
gleichwie gelehrte Gejchäftsleute (1885), Sozial: |
mediziniſche Aufläge (1883), Rath und erfte
Hilfe bei plötzlichen Erkrankungen und Unglüds»
fällen (2. Aufl. 1882), Der Militär-Argt (1883),
Studien und Betrachtungen über Diterreich (1884),
Blide in das Menfchenleben: Leidenichaften,
Lafter und Verbrechen (1886), Der Epilepfismus
(1886), Das Heilbeftreben der Natur im Orga—
nismus der Geſellſchaft (1888). Es wurden die
en Schriften in das Portugieſiſche, Spa:
n
he, Italienische, Niederländifche, Engliſche, Pol tionsgerichtsrat war, D
nifche, Serbifche, Ruffifche ꝛc. überjett.
Reichel, Eugen (E. Leyden), wurde |und Tierwelt vertraut, €
am 4. Dezember 1853 in Königsberg in ſchon im Anabenalter bei ihr
Preußen geboren, abfolvierte das dortige ſchaſtliche Vorliebe für die N
Gymnaſium und lebte feit 1873 in Jena, | Sammlungen beſchränklen j
lyriſche und dramatiihe Werke, die mei⸗
ſtens äußerft günftig beurteilt wurden, und
einige literarhijtoriihe Arbeiten ſpeziell
zur Shafejpeare-Literatur folgten. Außer:
1879) Yeitzäge Dem lieferte er eine trefflihe Ausgabe
zur Anthropologie und —— mit Anwen; | VON
Lichtenbergs ausgew. Werfen und
eine folhe von Käſtner's und Haug's
Schriften.
Hauptwerfe: Schlichte Gedichte (1876 und
1877), Antigone (Trauerip. 1877), Der Eisbär
(Luſtſp. 1881), Zehn Jahre (Dichtgn. 1SS1), Rut
(Trauerfp. 1884), Wer ichrieb das Novum Ur-
ganon von Franzis Bacon? (1886), Shafeipeare
Literatur (1857), Novellen (1887).
Neichenau, Augufte von, wurde in
Dillenburg am 4. Mai 1843 als die
Tochter des Forſtmeiſters K. v. R. ge
boren. hr Leben war ein gänzlich in
der Familie begrenztes und, einige Reifen
‚ausgenommen, den häuslichen Pflichten
und vielfacher Krankenpflege gewidmet.
Zur Zeit lebt die Autorin in Biebrich
wohin fie mit Mutter und Schmweiter |
dem Tode des Vaters gezogen war. |
Jahre 1885 trat N. v. N. mit einem
Bändchen Gedichte und Überſetzungen an DU
Öffentlichkeit. Einer rm zoe ·
ſien, die durch treffliche Form
mungsvollen Inhalt allgemein anfpradhen,
fi eine Reihe vorzüglich ——
und engliſcher Gedichte an. u i
(Gedichte, Überfegungen) für Zeilſchrift
bervorzuheben drei Heine dramatiſche Arbeite
Gaſtfreundſchaft, Rofentetten, Der neue Burke,
die in der Schweiz und in Schwerin zur Auf
führung gelangten. ——
Reichenau, Wilhelm von, wur
boren am 28. Juli 1847 zu Dillent
im Nafauifchen, wo jein Vater Appı
einflüffe früh mit der hei
Reichenbach. — 503 — Reichenbach.
auf todte Objekte, ſondern dehnten ſich | ein feſtes Heim gründete. Literariſch trat
auch auf lebende Tiere und Pflanzen aus. | fie zuerjt mit belletriftifchen und willen:
Die Chemie betrieb er mit gleichem In-— | fhaftlihen Auffägen in Zeitichriften her:
tereſſe. 1866 rilfen ihn die Erfolge der | vor und ließ darauf eine Reihe von No:
preußiihen Waffen zum Militärjtande vellen und Erzählungen erſcheinen, die
hinüber. 1869 zum Lieutenant im Nheis durch die finnige Art der Daritellung
niſchen Jägerbataillon Nr. 8 befördert, und durch gefunden Humor den Namen
fommandierte er im Kriegsjahre 1870/71 | der Autorin weiteren Kreiien vorteilhaft
das große Rejervelazarett zu Weplar. | befannt machten:
Infolge eines Hüftgelenfichadens, welcher | Fauſtine, Wechſelwirkungen, Ein Zeitipienel
ihn auch verhinderte, gegen den Feind ‚in der Familie, Arndt und Follem, Aus Talley—
. Fr h . rands Jugendleben, Ein zweiter Rubens, Böle
aktiv ſich zu beteiligen, ſchied er 1871| geiiter (2 Aufl. 1886). 3 j
aus dem Militärftande. Nach voran: ; j
gehenden Etubien widmete eh N. in den „Reichenbach, Mor. v, |. Val.
nächſten Jahren der Landwirtihaft und Bethuſy⸗Hue.
bewirtſchaftete einen Hof in der ſchönen Reichenow, Anton, geboren zu
Umgebung von Miesbach in Oberbayern. | Charlottenburg am 1. Auguſt 1847, ſtu—
1875 trat er als Amanuenfis bei der dierte in Berlin, Sreifswald und Roſtock
Verwaltung der Mainzer Bibliothek ein und promovierte daſelbſt 1871. In den
und verficht feit 1879 die Stelle als Jahren 1872 und 1873 bereifte ex zum
Kuftos am naturhiftoriichen Muſeum da— Zweck zoologiſcher Forſchungen Weſtafrika
ſelbſt, nachdem ihm ſein voriger Poſten zuſammen mit Dr. Lühder und Profeſſor
reichlich Gelegenheit zu eingehenderem Buchholz, welche Beide dem mörderiſchen
Studium in Naturwiſſenſchaft und Phi- Klima zum Opfer fielen. Insbeſondere
loſophie geboten hatte. beſuchte er die Goldküſte, das Kamerun—
Seine Erfahrungen und Ideen gaben den Stoff | gebirge und das Thal des gleichnamigen
zu vielen öffentlichen Vorträgen. Im Drud er» Fluſſes, die Infel Fernando Po und den
en igeher Gabun. Nunmehr fungiert R. als Aſ—
Die Abjtammung der Vögel und Vogelleben in fütent am kgl. zoolog. Muſeum zu Berlin.
den oberbayriſchen Voralpen (1876, von der) Seine verdienſtlichen literariſchen Arbeiten or:
Preffe ſehr günftig beurteilt), Die Nefter und | nitbologiihen Inhalts find im Journal für Ors
Eier der Vögel in ihren natürlichen Beziehungen | nithologie, feit dem Jahre 1869, im Ornitholo-
betrachtet, ein Beitrag zur Ornithophyſiologie, giſchen Zentralblatt und in einigen anderen Zeit⸗
Ornithopfychologie und zur Kritik der Darwinſchen ſchriften publiziert. Die Vögel der Zoologiſchen
Theorien (1880). „Die moniſtiſche Philoſophie Gärten, ‚Leitfaden zum Studium der Anthropo—
von Spinoya bi auf unfere Tage” (gefrönte | logie, Die deutſche Kolonie Kamerun nad) eigenen
Preisfchrift, 1881) gab R. Gelegenheit, zu zeigen, | Anihauungen, Die Goldfüfte und ihre Bewoh—
dab Leibniz im Grunde Monift war und erläu, | ner. R. iſt aud) Redakteur des „Bandwörterbud)
tert Verf., wie Darwin bezüglic feiner „Abjtam; | der Zoologie, Anthropologie und Ethnologie”,
mung des Menſchen“ am fritiihen Punkte durch | Mitarbeiter der „Deutjhen Enzyklopädie“ für
Noire’3 Spekulationen ergänzt werden muß. | den ornithologiigen Teil. Hauptichriften: Die
R. beſchäftigt fich jet hauptlächlich mit dem Fußbildungen der Vögel (Jnauguraldifjertation),
Reben der größeren Tiere unferer Heimat und Briefliche Reiſeberichte aus Weſtafrika, Neue weſt⸗
ſammelt phänologiſche Notizen. Eine Neuauf, afrikaniſche Vogelarten, Zur Vogelfauna Weſt—
ſtellung des naturhiſioriſchen Muſeums in Mainz | afrifas, Bericht über die ornithologiſchen Samm:
nimmt gegenwärtig feine Zeit in Anfprud, — a oe renik in Be ianagerp — —
auch verſieht er daſelbſt die meteorologiſche Station, | afrıfa, Oſteologie von Ghionis minor 2
5 ne — lung der Gattung im Syſtem, Überſicht der auf
Reichenbach, Mathilde Gräfin von, | der Expedition S. M. S. Gazelle geſammelten
i ; I Vögel (zufammen mit 9. Gabanid), Die Ornis
wurde in Goſchütz bei Breslau geboren. | thofogif pe ke Be
Sie bradte den größten Teil ihres Les | yiriom nad) der Loango-Rü iiche Ü
: t go⸗Küſte, Syſtematiſche Über⸗
bens auf Reiſen zu, bis ſie ſich in Dresden | ficht der Schreitvögel (Gressores), Überficht der
Reichenfperger.
von Dr. &. 4. Fiſcher auf Sanfibar und wäh—
rend einer Reife durch das Küftenland von Mom:
bafja bis Wito gefammelten Bögel (zufammen
mit Dr. Filcher), Biologifche Notizen über Or:
nithologen der Gegenwart (zufammen mit 9.
Schalow), Jahresbericht des Ausſchuſſes für Beob:
achtungsftationen der Vögel Deutichlands (zu:
fammen mit R. Blaſius, H. Schalow, 3. Roh:
weder und R. Böhm), Vogelbilder aus fernen
Zonen, Atlas der bei uns eingeführten auslän:
diſchen Vögel, Berichte über die Leiftungen in
der Naturgefchichte der Säugetiere und Bögel.
Reichenfperger, Auguft, wurde im
Jahre 1808 in Koblenz geboren, lag nad)
Abfolvierung des dortigen Gymnaſiums
dem Studium der Rechtswiſſenſchaft in
Heidelberg, Bonn und Berlin ob, nad)
504
Reidt.
Hellen, als Sohn eines Kaufmanns. Der:
jelbe befuchte von 1844— 1852 das Gym-
nafium zu Marburg in Heflen, beitand
an demfelben die Maturitätsprüfung und
ftudierte von da bis 1856 in Marburg
Mathematik, Naturwifienihaften, anfangs
auch Theologie. Nachdem er vor der
wiſſenſchaftlichen Prüfungs-Kommiſſion in
Marburg das Examen pro fac. doc. in
Mathematik, Phyſik, beſchreibenden Na—
turwiſſenſchaften und Geographie für alle
Klaſſen einer Gelehrten-Schule beſtanden
hatte, abſolvierte er ſein Probejahr an
dem Gymnaſium zu Marburg und wurde
während deſſelben auf Grund einer Diſſer—
deſſen Vollendung er in den Staatsdienſt tation: Über die Enveloppen eines Syſtems
trat, zunächſt in ſeiner Vaterſtadt, ſpäter von Kreiſen oder Kugeln von der philoſoph.
in Köln, zuletzt als Appellationsgerichts- Fakultät der Marburger Univerſität zum
rat angeſtellt. Neben ſeiner amtlichen Doktor promoviert. Darauf war der—
Wirkſamkeit beſchäftigten ihn eingehende ſelbe 31/2 Jahre lang als Lehrer an der
Kunftitudien, befonders intereffierte ihn Bender'ſchen Brivat-Anjtalt in Weinheim
die Architektur. Hierdurch wurde er thätig, beftand die damals in Heffen vor:
lebhaft für den Kölner Dombau einge: |geichriebene praktifhe Prüfung für ein
nommen, um deſſen Nealifierung R. ſich Symnafial-Lehramt und erhielt 1860 eine
große Verdienfte erwarb, ebenfo wie um | Anitellung an dem königl. Gymnaſium
die Nejtauration vieler alter Bauwerke | zu Hamm in Reftfalen, zunädhft als wiſſen—
in Preußen. 1848 gehörte er dem Fran:
furter, demnächſt dem Erfurter Barlament
an, feit 1850 Mitglied des preuß. Land:
tages, jeit 1871 des deutihen Reichs—
tages, als einer der Führer der Centrums—
partei hervorragend. Erjt im Jahre 1884
zog er fich zufolge einer fchweren Erfran-
fung vom parlamentariichen Leben zurüd.
Bon feinen, befonders um die Baufunft und |
ihre Förderung verdienten, ſowie von feinen par:
lamentarijchen Werfen heben wir hervor: Die
chriſtlich germaniſche Baukunſt (1852), Finger:
zeige auf dem Gebiete der chriſtlichen Kunſt (1454),
Vermiſchte Schriften (1856), Parlamentariſche
Reden (1858), Die Kunſt Jedermanns Sache
(1865), Phraſen und Schlagwörter 4. Aufl. 1872),
A. W. Pugin (1877), Zur neueren Geichichte des
Tombaues in Köln (1881), G. Ungemitter und
ſein Wirken als Baumeifter (1866), Zur Profan:
arditeftur (1886), Erinnerungen an Eduard
v, Steinle (1887).
Reidt, Friedrich Carl, wurde geboren |
am 9. März 1834 in Neukirchen bei
Ziegenhain im damaligen Kurfürftentum |
Ihaftliher Hilfslehrer, dann ſeit 1861
als ordentl. Gymnaſiallehrer. 1872 er:
hielt er den Titel Oberlehrer, 1874 wu ve
er etatsmäßiger Oberlehrer und 1581
erhielt er den Profeſſor-TDitel.
Im Drud erfhien von demfelben namentlich
eine Reihe von Schriften, welde dem Dienite
des mathematiihen und naturwiſſenſchaftlichen
Schulunterrihts beftimmt find und unter den
Fachgenoſſen des Werfaflers Berbreitung und
viele Anertennung aefunden baben: Die Ele:
mente der Mathematif, ein Hilfsbuh für den
mathem. Unterricht (1868, 5. reip. 4. und 9,
Auft.), Sammlung von Aufgaben aus der Tri:
gonometrie und Stereometrie (3. Aufl. 1554
und 1885), Blanimetriihe Aufgaben (1882, 2.
Aufl.), Aufgaben: Sammlung zur Arithmetit und
Algebra (1884), Anleitung zum mathematiſchen
Unterriht an höheren Schulen (1886), Die tri—
gonometriſche Analyſis planimetriicher Konſtruk—
tions⸗Aufgaben (1882), Vorſchule der Determi—
nanten (1874), Vorſchule der Mineralogie für
Gymnaſien (1873), Handbuch der Mathematik
(Herausg. von Schlömilch unter Mitwirkung von
Heidt und Heger). Bon diefem, einen Teil der
„Encyflopädie der Naturwiſſenſchaften“ bildenden
Reimar.
Merte bearbeitete R. die elementar-mathematifchen
Teile. Außerdem fchrieb derfelbe eine größere
Anzahl von Abhandlungen in Programmen und
Zeitichriften, ſowie verjchiedene populäre natur:
wiſſenſchaftliche Auffäge in Sournalen u. a.
fleinere Arbeiten.
Reimar, F. 8, ſ. Marie Zedelius.
Reimar, R., ſ. Adolf Glaſer.
Reinelt, Johannes (Philo v. Walde),
geboren am 5. Auguſt 1858 in Kreus
zendorf bei Leobſchütz in Schlefien. Seine
Eltern waren blutarme Säuslersleute, | mp
‚oft in heftiger Polemik, für die itreng
weshalb dem Knaben das Studium auf
einer höheren Schule unmöglid war. Als
Knabe ſchon las er fleißig Bücher und
ftudierte zur Nacht bei einer jelbjtfabri:
zierten Lampe lateinifche und griechiſche
Srammatifen, die er vom Sohne feines _
Sprachen
Dorflehrers erworben. Eben ſollte er in
das Kloſter der Franziskaner auf dem
Annaberge gebradit werden, da wurde
der Orden landesverwielen. Nun war
das Schuhmacherhandwerk für ihn aus:
erfehen. Endlich aber widmete er fid
dem Schulfahe und genoß feine Aus: |
bildung in Zülz (Kreis Neuftadt). Nach—
dem er 7 Jahre als Dorfichulmeifter
amtiert, wurde er nad Neiße berufen,
wofelbjt er noch jegt lebt.
1883 erichien feine Dialeftiammlung: Aus der
Heemte, 1884 das trefflihe kulturgeſchichtliche
Werk: Schlefien in Sage und Brauch (mit Bor:
wort von Prof. Dr. Carl Weinhold), 1885 die
Dialeftiammlung: A ſchläſches Bilderbüchel, 1886
das erite ſchleſiſche Liederbuch: A Singvögerle,
Vagantenlieder und ein Werk über Waturheil:
funde und Hygiene.
NReinfels, 9. v., |.
Januzkiewicz.
Reinhard, G., ſ. G. R. Neuhaus.
Reinhardſtöttner, Karl von, ge—
boren zu München den 26. März 1847,
machte ſeine erſten Studien dortſelbſt am
Maxaymnaſium und bezog 1865 die dor:
tige Univerfität zum Studium der klaſſi—
Ihen Philologie. Reifen in den romas
niichen Ländern beftimmten ihn zum Stu:
dium der romaniſchen Sprachvergleichung
und Literatur.
505
Lateiniſchen (1881 2. Aufl.),
‚der Sänger der Luſiaden.
(1879 2. Aufl.), Die Haffiihen Schriftiteller des
Nachdem er in diejem |
Reinhofbt.
Fache in Halle (1871) den Doftorgrad
erworben, habilitierte er fich für daſſelbe
an der Univerfität Würzburg (1872),
von wo er indes bald als Profeſſor an
die Militärbildungsanftalten nah Mün—
chen berufen wurde, wo er either wirft
und zugleid an der technischen Hochſchule
über vergleihende Sprachwiſſenſchaft und
Literatur lief. Eeine Qugendarbeiten,
die noch ausſchließlich praftifche Lehrbe—
dürfniſſe im Auge haben, hat er nicht
mehr neu aufgelegt; vielmehr kämpft er,
wiſſenſchaftliche Ausbildung der Lehrer
der modernen Sprachen und den Betrieb
ihrer Disziplinen auf Grundlage der Er—
rungenſchaften der klaſſiſchen Philologie.
Neben einigen Überfegungen aus fremden
(Maffei, H. Berk, Bartoli, Negri)
und den Beitrebungen für die Hebung der hei:
matlihen Geichichte, zu welchem Zwecke er das
Jahrbuch für Münchener Geichichte (1. Jahrg.
1887) mit Dr. Karl Trautmann begründete, be:
fchäftigte ihn vornehmlich die Darlegung Des
Einflufies der klaſſiſchen Literatur des Altertums
auf die Literaturen Europas. Die bedeutenditen
feiner Rublifationen find folgende: Grammatif
der italienifhen Sprache Ipeyiell für Kenner Des
Grammatik der
portugiefifhen Sprache auf Grundlage der ro:
maniſchen Sprachveraleihung (1870), Camoens,
Bioarapbiihe Skizze
Altertums in ihrem Einflufle auf die fpäteren
Siteraturen (1886), Sammlung ſpaniſcher Neu:
drude des 15. und 16. Jahrhunderts (1886),
Aufläge und Abhandlungen, vornehmlich zur Li—
teraturgeihichte (1887), A Historia do Santo
Graall. Handichrift Nr. 2594 der k. k. Hofbi:
bliothef in Wien. Zum erjten Male veröffent:
licht (1587).
Neinholdt, Alerander v., ſtammt
von einer, Ende des vorigen Jahrhun⸗
derts aus England in Rußland einge—
wanderten Familie und iſt am 2. Juli
1856 von deutſchen Eltern in St. Pe—
tersburg geboren. Seine Mutter ſtarb,
als er kaum 1 Jahr alt war, und nach
‚dem Wunſche feiner Großmutter blieb
‘der Anabe, der ſehr ſchwächlich war, im
Haufe der legteren, nad) deren Tode
ihre Tochter Mutterſtelle an ihm vertrat.
506
Reinsburg. Reimann.
Nachdem er den Gymnafialfurfus in der | undgabihm Gelegenheit, neben der Theorie
St. Petriihule beendet, befuchte v. R. auch die Praxis kennen zu lernen. Troß
ein Jahr lang die Et. Petersburger, und | der glüdlihen Anlage und der über:
während der 2 folgenden Jahre die Tor: raſchenden Fortichritte in der Muſik
pater Univerfität, die er 1880 mit dem | wurde der Eohn von den beſorgten El:
Grade eines Kandidaten der hiſtoriſch- tern in die Laufbahn eines zufünftigen
philologiihen Fakultät abſolvierte. Nach
der Nefidenz zurücgefehrt, trat er in den
Staatsdienſt, ſetzte zugleich feine litera—
riſchen Beſchäftigungen, die er noch als
Student begonnen, fort und veröffentlichte
neben einer anonymen pädagogischen Broſchüre
einige Erzählungen von Doſtojewsky und Schtſche—
drin im deuticher Überlegung. Die ruſſiſche Lir
teratur, deren Studien R. fih noch im Oymna: |
fium eifrig und mit Liebe bingab, und die all
fein Interefle gefangen nahm, war in Deuticdh:
land nod) jehr wenig befannt und da die voll:
fommene Kenntnis der rulfiihen Sprache ihn in
den Stand fette, den Dolmeticher für Deutich:
land zu maden, fo jtellte er ſich anfangs die
Aufgabe, die ruſſiſchen Meiftermerfe der Neuzeit
in Deutfchland einzuführen. Da erichten eine
UÜberietung des „Raskolnikow“, Doſtojewsky
und nad) ihm auch andere Koryphäen der neue:
ften ruffiichen Literatur famen in Mode, und da
ein paar Eſſays v. R.’s (über Doſtojewsky und
Belinsty) in der „Baltiihen Monatsichrift” auch
in Deutichland Aufmerkſamkeit erregten, To lieh
er eine umfaſſende „Geſchichte der ruſſiſchen Li—
teratur von ihren Anfängen bis auf die neueſte
Zeit“ (1883— 56) erſcheinen, welches Werk, da
es die erite Geſammtdarſtellung des Gegenitandes
enthielt, ſowohl von der deutichen und franzöji:
ſchen, als auch ruffiihen Prefie auf das wärmite
begrüßt und aufs Günitigjte beurteilt wurde.
Außerdem jchreibt R. für deutiche und ruſſiſche
Beitichriften.
Neinsburg, Adolf, ſ. A. Mießler.
Reiſer, Auguft, wurde am 19. Ja:
nuar 1840 zu Gammertingen (Hohen:
zollern) geboren. Der Knabe, der früh
eine unbezwingliche Liebe zu Mufik zeigte,
wurde der Erziehung feines Oheims, des
durch feine mufifpädagogiihen und ans
dere Werke befannten Mujterlehrers Hein-
rich Reifer, anvertraut, der ſich des ta—
lentvollen Anaben mit großer Liebe und
Sorgfalt annahm. Nicht allein, daß der
Schüler von ihm in den ‚höheren Schul—⸗
| Kaufmannes hineingedrängt, welcher Ver:
ſuch — wie vorauszufchen — vollftändig
mißlang. Dank der Vereinigung bejon:
derer Zufälligfeiten und Umftände wurde
er noch zur rechten Zeit aus diefem Beruf
herausgenommen und jah feinen Wunſch,
Muſik zu ftudieren, erfüllt. Seine Lehrer
Täglichsbeck und Gottſchalk und Später
die Rietz'ſche Schule waren von großem
Einfluß auf feinen Studiengang. Wieles
errang er ſich aber durch das cifrigfte
Scelbjtudium. Schon Anfang der jechziger
Jahre ſchiffte er ſich nad) Amerifa ein,
das er vom Norden bis zum Eüden als
Opern: und Vereinsdirigent, ſowie als
Konzertilt bereifte. 1871 fehrte 8. zu
dauerndem Aufenthalt nah Deutichland
zurück.
| Hier gab er bald darauf feine erften mufifas
liſchen Schöpfungen beraus, die feinen Namen
befannt machten, bejonders waren e3 die Chor»
Sammlungen „Zorelei” (13. Aufl.) und „QIrous
badour” (5. Aufl.), die einen ungewöhnlichen
Anklang fanden. Daneben trieb er noch immer
mufitaliihe Studien aller Art mit der ibm eis
genen Bebarrlichkeit und fand Zeit zur mufifas
lichen Schriftitellerei. Nachdem er als ſeibſt⸗
ftändiger Vertreter der Schiedmayer ſchen Pianos
'fortefabrit in Stuttgart mehrere Jahre
geweſen, folgte er einem Rufe nah Köln
Dirigent und Redakteur der unter feiner
raſch aufblühenden „Neuen Muſikzeitung“, wirfte
als Realgymnafial-Gefanglehrer und als Opern:
fritifer der Kölniſchen Zeitung dafelbft in ange
itrengter Thätigkeit. Sein Wirken wurbe dur
‚viele Ehrendiplome, Medaillen und. Orden öf-
| fentlid) anerfannt. Geiftige Überanftrengung
zwang ihn, jeine Thätigkeit aufzugeben, um in
der Bergluft der Heimat Erholung p ſuchen.
Seine Tondichtungen, welche die Zahl fiebenzig
erreicht haben, jind warme lebensvolle Schöpfungen,
die in Haffiihem Boden wurzeln.
Reimann, Auguft, ift am 14. No:
unterricht eingeführt wurde, er legte aud) | vember 1825 zu Frankenſtein in Echlefien
den feiten Grund zu ber muſikaliſchen
Bildung feines jungen Bflegebefohlenen
| geboren.
Früh Schon erhielt feine Neis
gung zur Tonfunft durch die gründliche
_—
Reißmann.
507
Reißenberger.
Unterweiſung des dortigen Stadtkantors verſations-Lexikons““, das er mit noch 7
Jung die reichite Nahrung; jo wurde es | Bänden zum Abichluß brachte. Daneben
den Mufifvireftoren Moſewius, Baum: | war er aud) immer als ſchaffender Künſtler thätig;
gart und Richter, unter deren Leitung er
feine Mufifjtudien in Breslau fortjegte,
leiht, ihn ganz für die Tonfunft zu ge
mwinnen. Mehrere feiner, in diefer Zeit
entjtandenen Chöre und Inftrumentalwerfe
fanden aufmunternden Beifall und jo ent:
ſchloß er fi), die Komponiftenlaufbahn
Ein zmweijähriger Aufent: |
einzujchlagen.
halt in Weimar (1850—52) wurde Vers
anlafjung, daß er dann aud eine aus:
um das fogenannte „Kunſtwerk der Zu:
kunft““ angefacht worden, und R. erfannte
bald, daß zu einer wirkſamen Beteiligung
an demfelben nur die Geichishte das nö—
tige Rüſtzeug geben könne. In Halle a./S.,
wo er dann nichrere Jahre verweilte,
machte er ernite hiſtoriſche Studien, ats
unter einer Reihe von fleineren Bofal: und Ins
ftrumentalwerfen Ichrieb er zwei Sinfonien, ein
Oratorium: „Wittekind' und die Opern „Gudrun“,
„Die Bürgermeifterin von Schorndorf” und „Das
Gralſpiel“, zu denen er auch die Texte dichtete,
' und deren Aufführung ihn veranlaßten, in Yeipzig
'(1882—83) und Wiesbaden zeitweiſe Aufenthalt
zu nehmen. Hier ichrieb er noch zwei erwähnens—
werte willenichaftlidhe Werfe: „Die Hausmuſik“
(1880) und „Die Mufif als Hülfsmittel der Er—
ziehung“ (1887). R. zählt unftreitig zu den be»
| deutenditen Mufifichriftitellern gegenmwärtiger Zeit.
! m * Feet ı Neben jeinem poetiihen Talent verfügt er über
gebreitete Thätigfeit als Schriftſteller ent⸗
widelte. Von Wien aus war der Kampf,
deren erjte Frucht die Heine Schrift: „Bon Bach |
bis Wagner” (1861) erichien, und noch in dem: |
jelben Jahre folgte ihr ein Werf, das ihn in den
weiteiten Kreifen befannt machte: „Das deutiche
Lied in feiner hiſtoriſchen Entwidelung”; (1874
vollftändig umgearbeitet unter dem Titel „Ge: |
ichichte des deutfchen Liedes“). Die darin geübte
Methode, jede einzelne Form aus der fie erzeu-
genden Idee zu fonjtruieren und dann nadızus |
weijen, wie fie in verfchiedenen Jahrhunderten |
und bei den verfchiedenen Meiftern immer wieder
dienftbar ern wird, wandte er dann auf die
2* uſikgeſchichte an in ſeiner „Allgemeinen
fitgejchichte” (1863—65) und der „Illuſtrier⸗
ten Gefchichte der deutichen Mufif (1881), im
mweiteften Umfange in feinen Biographien der
Meifter „Robert Schumann‘ (1879 3. Aufl.),
Felix Mendelsfohn-Bartholdy” (1872 2. Aufl.),
= Schubert‘ (1872), „Joſeph Haydn“
(1879), Joh. Seb. Bach“ (1880), „Georg
riedrich Händel” (1881) und „Carl Maria von
ber (1884). Die fo gewonnenen Kunftprins
zipien faßte er dann in feiner „Allgemeinen
Mufiklehre‘‘ (1864), in der „Rompofitionslehre‘‘
(1866— 70), „Zur Aſthetik der Tonkunſt“ (1878)
und in „Die Oper” (1885) ſyſtematiſch ent:
widelt und geordnet zufammen. 1863 verlegte
er feinen MWohnfig nach Berlin und über:
nahm mit dem ſechsten Bande die Re:
daftion des großen „Muſikaliſchen Son:
— —
ein nicht gewöhnliches philoſophiſches Wiſſen und
kennt die Geſchichte der Muſik wie kaum ein
zweiter. Dabei ſind die meiſten ſeiner Arbeiten
jo populär geichrieben, daß fie auch weiteften
Kreilen zugänglich werden.
Reißenberger, Karl Friedrich, ge:
boren am 21. Februar 1849 zu Herz '
mannjtadt in Siebenbürgen, befuchte das
evangeliihe Gymnaſium feiner Vaterjtadt
und widmete fi) jodann von 1867 —71
dem Studium der Theologie und Philo—
logie an den Univerfitäten Jena und
Leipzig. An letzterer Hochſchule wurde
er 1871 auf Grund der Jnauguraldilier:
tation Über Hartmanns Rede vom Glauben
zum Dr. phil. promoviert. Im Jahre
1874 erhielt er eine Stelle am Staats:
'gynnafium inEilli(Steiermarf) und 1877
sieugeftaltet und dem individuellen Ausdrud
eine ſolche an der Staats-Öberrcalichule
in Graz. Seit 1884 wirfte er als Pro—
feffor am I. Staatsgymnafium in Graz,
und 1887 wurde er zum Direktor der
Staats-Oberrealichule in Bielig ernannt.
Außer feiner Differtation veröffentlichte
er jelbftändig: Zur Krone Heinrichd von dem
Türlin (1879), Bilder aus der Vergangenheit der
Siebenbürger Sachſen (1879), Siebenbürgen in
Wort und Bild (1881), Prinzeſſin Maria Chriſti—
erna von Inneröfterreih 1574—1621 (1882),
Reinhart Fuchs (1886).
Neiter, Adolf, geb. am 30. Juni
1843 zu Kirsnabed, Kr. Zabiau (Ditpr.),
befuchte das Lehrerjeminar in Br. Eylau,
fodann die Gewerbeſchule in Königsberg
i. Pr. Nach beftandenem Eramen wurde
Reikenbed. —
er, aller pekuniären Mittel entblößt, Haus:
{ehrer, um privatim feine Studien fort:
fegen zu fünnen. Indes trat er nad) vier:
jähriger Funktion in diefer Stellung zum
faijerlihen Poftdienft über. Er hat jeine
fchriftjtellerische Thätigfeit mit dem Über:
jegen englifcher Nomane ins Deutiche be:
gonnen und feitden mehrere günjtig auf-
genommene Novellen: Ein ruffischer Advofat,
Doppelt ermählt, Käthchens Gorreipondent, Diti:
fiens Opfer, Die Adoptivtochter, Tante Eleonore,
Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut, verfaßt.
Reitzenbeck, Heinrich, geboren am
7. Juli 1812 zu Wels in Oberöjterreich,
Kaufherrniohn, brachte feine erſte Jugend
auf einem Gute der Großeltern zu, wo
er von dem geiftreihen und edlen Pfarrer
Andreas Duſcher den erjten Unterricht
- erhielt. Er beiucdhte dann das Gymna—
ſium in Linz. Während diejer Zeit wurde
fein poetiihes Talent durch den Profeſſor
Peter Hadinger, Chorherrn des Stiftes
St. Florian gemwedt, der ihn mit den
deutichen und lateiniichen Klaſſikern be-
fannt madte. Der Student jchrieb die
eriten Jugendichauipiele, die in Hausthea—
tern beifällig aufgeführt wurden, und
ipielte die Hauptrolle immer felber. Nach
abjolviertem Gymnaſium widmete fich der
junge Dann der Pharmazie, den Natur:
willenichaften und dem Studium der deut:
ihen Sprache und Literatur. Nach mit
Auszeihnung erfolgtem Rigorofum wurde
er zum Magiſter und nad) der Staats:
prüfung aus der Chemie, Naturgeichichte
und dem Altdeutichen an der Univerfität
Wien zum k. f. Brofeflor an der Staats:
oberrealihule Salzburg ernannt.
Dort fchrieb er Gedichte, Erzählungen und
Kritifen und war Mitarbeiter an mehreren Zeit:
Schriften: Humorift Saphirs, Warte an der Do:
nau und Linzerzeitung, Salgburgerzeitung; Li—
buſſa, Wiener Jahrbuch; ferner erfchienen vier
Bände Glimmer: Erzählungen in Hocdeutich,
Gedichte, Briefe und Dramen aus dem Volfsleben
in öfterreichifher Mundart (1846); ferner eine
pädagogiſche Zeitſchrift: Blätter für Erziehung
und Unterricht in 7 Bänden; ein Buch: Franz
Stelzhamer, fein Leben und feine Werke (1872);
eine Abhandlung: Der Untersberg, feine Flora,
508
Reizenftein.
feine Quellen und feine Sagen (1855); eine
zweite Abhandlung: Beiträge zu einer Gelchichte
der botanischen Forſchungen in —— (1856);
| ferner: Die Zufammenfegung nad) der Xehre der
— betrachtet in Goethes Dichtungen.
Noch iſt zu erwähnen die Preisſchrift: Kinderge—
ſchichten gegen Tierquälerei (1856), ins Italie—
niſche überſetzt. Endlich ſchrieb O. R. noch:
Dramatiſch allegoriſche Gedichte für die reifere
Jugend, von welchen eine Fortfegung derfelben
dem Drude übergeben ift. Außerdem find von
ihm in den erwähnten Zeitichriften auch Aufiäge
belletriftifchen, naturwiſſenſchaftlichen und päda—
gogiſchen Inhalts, ſowie Gedichte in Hochdeutſch
und in der Volksmundart abgedruckt, unter an—
deren poetiſchen Dingen in Klaar's Libuſſa eine
Biographie ſeines Freundes Adalbert Stifter,
welche vielſeltig nachgedruckt wurde. Später be—
ſang er in einem Sonettenkranze Adalbert Stif—
ter's Werke in erklärender, begeiſterter Weiſe.
| Reizenſtein, Franziska Freifrau von
(Franz von Nemmersdorf), iſt auf Schloß
‚Härtenftein in Schwaben am 19. Sep:
tember 1834 geboren als die Tochter des
Oberappellationsrat von Nyß. Eine vor:
zügliche Erziehung im elterlihen Haufe
legte den Grund zu dem Schag von Kennt—
Inifjen, die das junge Mädchen durch ern:
jtes Studium auf dem Gebiete der Philos
ſophie und Geſchichte ſich zu eigen machte
und im Verkehr mit geiltig bedeutenden
Menſchen und durch viele Reiſen zu ers
weitern ftrebte. Im Jahre 1849 ver»
mählte fie fih mit dem bayr. Rittmeijter
Freiherrn v. Neizenftein. Aber ſchon nad)
weninen Jahren wurde ihr der Gatte durch
den Tod entriffen. Die Witwe lebt in
München ihrer fruchtbaren ſchriftſtelle⸗
riſchen Thätigkeit. Von ihren kunſtvoll
aufgebauten, teilweiſe auch bedeutenden
Werken heben wir beſonders hervor:
Unter den Ruinen (Rom. 1862), La Stella
(Rom. 1863), Moderne Belellihaft (Rom. 1863),
Doge und Pabft (Rom. 1865), Allein in der Welt
(Rom. 1868), Unter den Waffen (Rom. 1869),
‚ Ein dämoniſches Weib (Nom, 1873), Ein Gentle
man (Rom, 1875), Ein Eheitandsdrama in Bene
dig (Rom. 1876), Gebt Raum (Rom. 1880).
' Nembe, Armin Heinrich, geboren
‚am 24. Februar 1858 zu Eisleben, bes
'fuchte das Nealgymnafium feiner, Baters
'ftadt und. das zu Nordhaulen, jius
‚dierte feit 1880 in Leipzig und Halle
Remy.
Naturwiſſenſchaften und fpäter in Berlin
Geſchichte und Literatur. Im Jahre 1883
redigierte er die „Eisleber Lutherfeſt—
Zeitung” (Feitihrift zum 400jährigen
Geburtstag Luthers) und war dann zu
Berlin an verichiedenen Zeitungen als
Redakteur, Feuilletonift und Ausftellungs-
Referent thätig. In den Jahren 1886/87
bejuchte er behufs theologiſcher Ausbil-
dung das [utherifche Predigerfeminar zu
Kropp in Echleswig und begiebt fi nun
in den Pfarrdienft nad) Nordamerifa.
Seit 1885 erjdienen von ihm folgende
Schriften:
Mart. Rinhartd Indulgentiarius confusus,
mit Einleitung (die Pflene des reform. Schau:
fpield in der Grafihaft Mansfeld) und Anmer:
fungen (1885), Die Grafen v. Mansfeld in den
Liedern ihrer Zeit. Bolfsl. aus dem 16. u. 17.
Jahrhundert (mit Mufikbeilage (1885), Geſchichte
— 509 —
Rene,
die Liebe zur Bühne, und fie nahm cin
Engagement in Warmbrunn an. Dod) er>
fannte fie bald, daß die Bühnenlaurbahn
mit ihrer Schüdternheit in nachteiligem
Widerſpruch ftand, — fie verlich die
‚Bühne und reichte 1873 dem Dr. Dar
Remy, Kunftkritifer der „Voſſiſchen Zig.“
in Berlin, ihre Hand. Er war ein tapferer
Kämpfer gegen ausländifche zweideutige
Waare und ein eifriger Förderer der deut⸗
ihen Dichtung. Ein deutiches National:
‚Theater (furze Jahre verwirklicht unter
Robert Buchholz) und ein deutiches Volfs-
'ftüd, das war der Traum R.’s und ſei—
‚ner ®attin.
der Buchdruderkunft in der Lutherſtadt Eisleben |
(Im Verein mit D. Johannes Linke, 1885),
Mart. Rinharts geiftl. Lieder, nebit Beichreibung
des Lebens und der Werfe des Dichters (1886),
9. Eyriacus Spangenbergs Yormularbüchlein
Letztere hatte bereit3 im Jahre 1870 die freude,
‚ein anonym eingereichtes einaktiges Luſtſpiel:
„Die Rehnung ohne Wirt“, im Wiener Burgs
theater ein Dußendmal unter lebhaften Beifall
aufgeführt zu fehen. Aber ihre Berheiratung und
das bald beginnende jchwere Leiden des Gatten
‚ließen fie vorerjt zu feiner dramatifhen Arbeit
der alten Adamsſprache mit Lebensbeihreibung
Spangenbera3 und einem Verzeihnis feiner
Werte (1887), Dr. Martin Luther ald Trede:
Spangenberg. Mit einem Borwort, Spangen:
bergs 22 Predigten über Luther betreffend (1887),
Der Briefmehlel M. Cyriacus Spangenbergs
aus den Jahren 1550 —16U4 (1887).
Remy, Nahida, geb. Sturmhoefel, in
Berlin geboren am 3. Februar 1849, ver:
lebte ihre Kindheit vom 5.— 15. Jahre in
Italien, hauptſächlich in Sizilien, wohin
die Mutter aus Gefundheitsrüdfichten ges
zogen war.
junge Mädchen in Breslau, wohin fie ihr
erjtes Engagement als Echaufpielerin an
genommen hatte. Die erjchütternden
Kriegsereignifie hatten den Schluß der
Theater zur Folge, nod) ehe die neue Kunſt—
novizin zum Auftreten gekommen war.
Ohne Stellung, ohne Mittel nahm fie das
Anerbieten einer licbenswürdigen Dame
an, die trüben Zeiten bei ihr abzuwarten
und fich indeljen bei Kindern durch Sprad):
und Zeichen:Unterricht nüglich zu machen.
Faft ein Jahr blieb fte dort, dann fiegte
Das Jahr 1866 traf das |
‚ mehr fommen. Sie [chrieb, voll unrubigen Schaf—
fenstriebes, Feuilleton, Novelletten, biographiiche
Skizzen, die in Berliner Tagesblättern erichienen.
Dann wurde fie, als tüchtige Sprachkundige, von
der „Voſſiſchen Zeitung‘ mit der Aritif über Sals
vini's und Roſſi's Gaftipiel und dasjenige der
junge, eine Bergmannspredigt v. M. Eyriacus : f ? jeB
franzöfiihen Theatergejellfchaft unter Luguet be—
traut. Dieſe Thätigfeit weckte wieder die Liebe
zum Drama. Sie fchrieb: „Conſtanze“ (Schauſp.),
ein Jahr Ipäter „Die Grafen Edardjtein” (Schau:
fpiel), „Schickſalswege“ (Bolksft.), welche alle mit
fehr günftigem Erfolg über die Bühnen gingen.
1881 ftarb ihr Gatte. Sorgenvolle Jahre folg*
ten für die alleinftehende Frau, welche ihr Brot
in der Journaliftit verdienen mußte und trog ihres
Fleißes faft vergeffen wurde, da fie meift anonym
Ichrieb. 1886 erjchienen ihre vorzüglich beurteils
ten „Sizilianifchen Novellen“. Ein Schaufpiel,
„Nationale Gegenſätze“, blieb, obwohl gedrudt,
‚feiner politifhen Motive wegen, unaufgeführt..
' Während eines längeren Aufenthaltes in Italien
‚ Ichrieb fie das Drama „Liebeszauber”, welches zur
Aufführung angenommen wurde.
Nene, Carl Alfred, geb. am 6. De-
jember 1860 zu Stettin, empfing jeine
Schulbildung dafelbft und widmete ſich
dem Kaufmannsitande. Er bereijte (1880
bis 1881) Gentral:Amerifa, Mexiko,
Ecuador, Bolivia, die Argentiniiche Re—
publif und Brafilien, jodann (1883 — 84)
Agypten, Tunis, Ceylon und die Südſee—
Ren. —
Inſeln. Dieſe Reiſen unternahm R. zum
großen Teil im Intereſſe feines in Stet-
tin errichteten ausgebreiteten Erport:Ge-
ihäfts, verknüpfte aber damit zugleich
wiſſenſchaftliche Zwecke. Die Republik
Ecuador vertrat R. in Stettin von 1881
bis 1884 als Konſul. Seit 1886 iſt R.
zum Konſul von San Domingo ernannt.
Die Ergebniſſe ſeiner Reiſen hat R. in ver—
ſchiedenen Reiſebeſchreibungen niedergelegt. Auch
als Fachſchriftſteller ift R. thätig. Über die von
ihm gemachte epochemadende Erfindung, Holz
durd Einwirkung von Ozon zu konfervieren, hat
N. verfchiedene Aufläge in Fachblättern ıc. ver⸗
öffentlict. Für feine Leiftungen erhielt R. vom
Herzog von Sachſen-Koburg-Gotha die Verdienit:
medaille für Kunſt und Wiflenichaft, fpäter das
Kommandeur⸗Kreuz destürf. Nichan el fthifar-Or:
dens. N. fchreibt jowohl.für die „Gartenlaube”,
als auch für die „Leipziger Jlluftrierte Zeitung“ |
techniſche Berihte. Bon feinen Werken find zu
nennen: Geſchichte des Wianofortebaues, Im |
Lande des Känguruh (eine Beichreibung feiner
Auftralien-Reife), Unter dem Aquator (Land und
Leute in Ecuador),
Studien über pommerſche Organiiten des Mittels
alters. Außerdem Reiſeberichte in verjchiedenen
englijchen und ſpaniſchen Zeitungen.
Renz, Wilhelm Theodor von, geb.
10. Januar 1834 zu Oberdiichingen bei
Um a. /D. als Sohn eines Landarztes,
hatte vom 7.—10. Jahre den erften bu:
inaniftiichen Unterricht täglid bei allem
Wind und Wetter eine Stunde Wegs bei
einen Pfarrer zu holen, fam 1884 ans
Gymnaſium nah Ulm, ftudierte 1852
bis 1857 in Tübingen, wo er nacheinander
Aſſiſtent am phyſiologiſchen Inſtitut und
nachher an der chirur. Klinik wurde. Um
ſeinen Vater, der ſeine beſten Mannes—
jahre unter vielen Entbehrungen an die
Ausbildung ſeines Sohnes gerückt hatte,
zu unterſtützen, blieb R.von 1858—62
prakt. Landarzt im Heimatsorte und nach—
her in dem nahen Ehingen a./D. No:
vernber 1867 Wegzug nad Stuttgart.
1868 ohne Meldung Berufung auf die
fol. Badearztitelle zu Wildbad. 1867
war bereits feine Ernennung zum fol.
würtemb. Hof-Rat, 1869 zum Geh. Hof:
Nat erfolgt und 1874 verlieh ihm fein
5
Nicolaus Decius (Novelle),
tiſchem, novelliftiihem und fewilletonifi |
10 Reſſel.
König den Perſonal-Adel. Von ſeinen
vielen verdienten medizin. Schriften ſind
die bekannteſten: Die Trichinenkrankheit des
Menſchen (zu Gunſten der ——— und —*
von Hedersleben. 1886),
traumatijchen ir een durch —
Aſpiration des Eiters (1867), Die S
ein praft. Verband für Schußfrafturen des
ſchenkels (1870), Die — der fogen. in⸗
differenten Thermen bei Krankheiten des Nervens
ſyſtems (1878, 2. Aufl. 1879), Über die Krank
beiten des Rüdenmarfs in der Schwangerſchaft
(1885), Loſe Blätter aus meiner Un
Mappe (1886). — In der nichtmediziniſchen
Melt iſt R. bekannt durch feine Wildbad⸗
Schriften: Die Kur zu Wildbad (1869, 5. U.
1887), Hiftorifche Briefe über das Wildbad 1871
(gefchrieben, um feinen Verwundeten die unver:
; meidliche „Cigarre“ bieten zu fönnen), Das
bad in Würtemberg wie es ift und war (ein
Quellen: Wert, 1864), Literaturgeihichte von Wild»
bad (1881, viele alte Drude zink hiſch nach⸗
| ag — Außerdem 2 Hefte jelb ———
ieder (1860 und 1870).
Reſſel, Guſt. Andr. (Frig Burger),
zu Wien am 5. April 1861 als der Sohn
| unbemittelter Eltern geboren, befuchte
das Piariſtenkollegium zu St. Thekla
die k. k. Thereſianiſche Ritter-Afademie
in Mien, mußte jedod durch den in eir
nem und demjelben Jahre erfolgten Tod
feiner Eltern feine Studien unterbrechen,
faum ſechzehn Jahre alt, bereits auf
eigene Füße geftellt, eine Anftellung an
nehmen und trat 1882 in Dienfte bes
Wiener Magiitrates, um fi) eine mate-
riell geficherte Eriftenz zu gründen, ſich
unausgefegt autoditaft weiterbildend, zu
literarischer Thätigkeit ſeit ——
gend Neigung empfindend.
Direkt aus dem Wiener Volksleben
gangen, fahte R. den ee ein jetreuer
Schilderer der Sitten, Gebräuche und Charakter
eigentümlichkeiten feiner Landsleute au
biete zu werden, verfuchte fich auf dem Gh 1
Wiener Poſſe und des Bolfsftüdes, veröffen
jerftreute, das Wiener Leben darakteri
—— in diverſen Zeitſchri
gegenwärtig an der buchhänd
zweier Sammlungen ſeiner
Wieneriſchen Aufſätze. Nebſtbei iſt auf dem
Gebiete des Humors journaliſtiſch an mehrfachen
Wiener Witzblättern thätig. Außerdem ver
Reſſel.
lichte R. eine Anzahl polemiſcher Artikel in ver;
ſchiedenen Zeitichriften, hat fi aud auf litera:
riſch⸗kritiſchem Gebiete bemerkbar gemacht, und
arbeitet jeit 1882 an einem literarhiſtoriſchen
Sammelwerfe „Deutfhe Lyrik des 19. Jahr—
hunderts“,
Reſſel, Jofef, wurde am 10. März
1810 in Reichenberg geboren. Seine Gym⸗
naftaljtudien vollendete er in Leitmerip.
Dann bezog er die Univerfität zu Prag
und fpäter die zu Wien. Hier wurde ihm
die mädhtigite geiftige und fünftlerifche An-
regung zu teil durch die Bekanntſchaft
mit dem Hofburgichaufpieler Karl Laroche
und mit Franz Orillparzer. Diefer Anres
gung entiprang fein Traueripiel „Heinrich IV.“
Während feiner juriſtiſchen Studien jedoch
ließ er die Dichtkunft nicht ruhen und
manche duftige Blüte derfelben brachte der
„Zuſchauer“. Nach beendetem Etubium
ergriff R. die Beamtenlaufbahn. Das
erite Jahr diente er in Prag als Bu:
reaupraftifant, die weiteren jehs Jahre
als Konzeptpraftifant. Dann fam er zur
Lemberger und jpäter zur Prager Kam:
merprofuratur als Aushilfsreferent und
1850 wurde er in Rumburg k. k. Kolle:
gialgerichtsaflehlor, von welchem Poſten er
jih 1855 zum Bezirksgerichte nad) Ben:
fen, 1864 zum Bezirfsgerichte nad) Arnau,
1370 zum Bezirksgerihte nad) Branau
und 6 Jahre darauf zum Kreisgerichte
nad) Reichenberg, als feinem Geburtsorte,
überjegen ließ, wo er nad einjährigem
Dienste in Benfton ging, und wo er, aus—
ſchließlich den Wiſſenſchaften und der Boefie
lebend, noch gegenwärtig weilt.
Reſſel, Wilhelm (Wilh. v. Bergen,
Ludw. Schwarz), wurde am 8. Januar
1852 zu Rumburg, einem nordböhmifchen
Fabrifjiädtchen, als der Sohn des dama-
ligen Amtsaſſeſſors Joſef R. (ſ. Dielen) ge:
boren, der, felbft ein geiſtvoller Schrift-
fteller, auch) das poetiihe Gemüt Mil:
helms zu mweden wußte. Die erfte An:
eiferung zur Ausübung der Poeſie erhielt
er aber im Jahre 1869 durch Willibald
Friedrid) in Trautenau, einem literariich ge:
511
Neuland,
| bildeten Manne, dem er den erften Ber-
ſuch feiner Mufe zeigte, und der über
diefen Verſuch ein recht günftiges Urteil
fällte. Dieſes Lob erwedte in dem jungen
Manne die Liebe zur Poeſie vollends und
ließ ihn nicht ruhen, zu lernen und zu
'fireben. Später ging R. nad Wien,
‚ älthetifchen und nationalöfonomiihen Stu:
‚dien obliegend und fih als Redakteur
‚eines volfswirtichaftlihen Blattes, der
| „Verkehrszeitung“, in der Offentlichkeit
‚die erften journaliftiihen Sporen verdie-
‚nend. Seitdem redigiert er, in Reichen:
bach wohnhaft, das von ihm begründete
Journal „Reſſels Familienfreund“, eine
der vornehmften Zeitichriften Deutſchböh—
mens. Seine literarische Thätigfeit er:
öffnete R. mit einem Bande Gedichte:
| Traum und Liebe (1875), aus welcher Gabe
troß jugendlicher Unreife und Überſchwäng—
lichkeit die hohe poetische Begabung des
Dichters erfenntlih wurde; und in der
That: fein zweites Werf: Moosblumen (1883)
erfüllte die auf den jungen Poeten gelegte
Erwartung. Er ſaß feit auf dem Pega:
fus und wußte ihn trefflich zu lenken.
Dabei paart fi ungewöhnliche Formen:
reinheit mit tiefer Innigfeit des Empfins
dens. Das gleiche Urteil erheiſchen auch
feine Gefammelte Gedichte (1886). Daneben
fultiviert R. auh den Roman und die
Novelle, wie er auch auf dem Gebiete
‚der Kritif, des Feuilletons und der popus=
lären Naturwiſſenſchaft Namhaftes leiftet.
Vielen Beifall fanden auch feine Märden
und Geſchichten (1886).
Neuland, Heinrich Adolf, geboren
am 17. Juni 1538 zu Fels im Groß:
herzogtum Luxemburg, iſt der ältefte Sohn
‚einesdort als Kaufmann feßhaft geweſenen
hochgeadhteten Bürgers. Der Knabe wurde,
während er die Schule feines Vaterftädt:
chens bejucdhte, zweimal von dem Unglüd
‚getroffen, das Bein zu brechen. Dadurd)
‚für immer gelähmt, befam fein Gedanken:
gang eine Richtung, die ihm fortan ver:
blieb; die Vorliebe zu den Wiffenichaften
drängte ſich in den Vordergrund. Diejer
Reuleaur.
512
Reuter.
folgte er durch fleißiges Eelbftudium, und | 1864 berief ihn die Gewerbe-Akademie nach
als feine Eltern 1855 nad dem nörd: | Berlin, zu deren Direktor er 1868 ernannt
lien Theile des Landes zogen, wo R. wurde. Im Auftrage der Regierung beſuchte
ben größten Teil feiner Jugend verlebte, | R. die wichtigeren Weltausftellungen; auf
dba zeigte es fi, als feine erſten lites | denen zu Paris (1867), Wien (1873)
rariſchen Arbeiten im Drude erſchienen,
daß das Zeug zu einem Bolfsichrift:
jteller in ihm ſtecke. Es waren Gedichte und
Epifoden aus der Landesgeihichte, die teild in
Tagesblättern, teil in Kalendern während jener
Jahre von ihm veröffentlicht wurden. 1865 hatte
er zu Longwy in Frankreich das Photographieren
erlernt. Doc ſchon im Jahre 1868, da er feine
Abficht, in feinen Geburtsort Fels zurüdzufehren,
ausführte, wandte er fich ganz der Schriftftellerei
zu. Während der Seit, da er fich dort wieder
niedergelafien batte, trat er in regen Verkehr mit
namhaften Gelehrten des In» und des Auslans
des, und Jo geihah es, daß er perfönlich den
Jugendichriftiteller W. Herhenbah aus Düſſel⸗
dorf kennen lernte, mit demfelben befreundet
ward, und durch Mitwirfung an einigen von
deflen Werten fich beteiligte. Er gab ſich dem
fleißigen Studium der Xuremburger Landes:
neihichte hin und widmete fi) nunmehr ganz der
Volfsliteratur. Zuhlreiche Arbeiten von ihm fin-
den fich zerpreut in Beitichriften des Ans und
Auslandes. Diele bilden teils Biographien bes
rühmter Perfonen weltlichen und geijtlihen Stan»
des, teils hiſtoriſche Epiſoden aus der Luxemb.
Landesgeſchichte, Sagen und Legenden, Beitbilder |
aus der Vergangenheit, Ortöbeichreibungen ꝛc.
Hauptwerfe: Das romantifhe Ernzthal, oder
Fels und feine Umgegend (1880), Der Raub:
ritter von Heringen und der Kreuzfahrer von Fels
(1881), Das zerftörte Lebensglück, oder Schid:
fale eines deutihen Flüchtlings (1881), Aus dem
Geſchichts- und Sagenihag der Ardennen und
Bogefen (1882), Selhichte des Limburger Erb»
folgejtreites (Herchenbach, 1882), Heinrih 11.
und Kunigunde (1883), Willibrord, der heilige |
Glaubensbote (1884), Johann der Blinde (1885),
Das alte Burgſchloß Elerf im Oberösling (1886),
Kriegsgeichichten aus alter Zeit (1886), Die Peſt
in den öslinger Bergen (1887), Judith (1887).
Reuleaux, Franz, ijt geboren am
30. September 1829 in Ejchweiler bei
Aachen, empfing feine Vorbildung in
Koblenz, beſuchte das Polytechnikum in
Karlsruhe und die Univerfitäten Bonn
und Berlin als „Philoſoph“. Damit ſchloß
er jeine theoretiihen Studien ab und be:
thätigte fich in der praftiichen Ingenieur—
wifjenichaft, worauf er 1856 als Profeſſor
und Philadelphia (1876) fungierte er als
Mitglied der Jury, in Sydney und Del:
bourne 1879— 81 als Reichskommiſſar.
In Anerkennung feiner hohen Verdienſte
wurde er zum Geheimen Regierungsrat
ernannt. R. gilt als einer der ausgezeich-
netiten Techniker neuerer Zeit. Bon feinen
bochbedeutenden Werfen heben wir hervor:
Konftruftionslehre für den Maichinenbau (1854
bis 1862), Theoretiiche Kinematif( 1875), Briefeaus
Philadelphia (1877), Der Konitrufteur (4. Aufl.
1882), Quer durd Indien (1884), Die Maichine
‚und die Arbeiterfrage (1885).
Reuter, Wilhelm, wurde geboren zu
Andernah am Rhein am 18. Januar
1833. Die erjten Studien machte er
an der höheren Stadtichule feiner Vater:
ftabt, erhielt 1853 auf dem Gymnafium
in Trier das Zeugnis der Neife mit
Auszeihnung und bezog dann die Uni-
verfität Bonn, um Philologie und Father
liſche Theologie zu jtudieren. Beſonders
zog ihn das Studium der deutichen
Sprade und Literatur unter Simrods
Leitung an, durch deſſen freundliche Auf:
munterung die ſchon früh in ihm er—
wachte Neigung zur Poefie wejentlich ge-
fördert wurde. 1855 gab er als erften poe—
tiſchen Verſuch mit einem inzwijchen verjtorbenen
freunde und Studiengenoffen, Th. Meurer, den
„Poetiſchen Sagenkranz” heraus, Am Prie—
ſterſeminar zu Trier vollendete er ſeine
theol. Studien und wurde 1858 zum
Priefter geweiht und zum Kaplan und
Religionslehrer am Progymnafium in
Saarlouis bejtellt. 1861 bezog er noch»
mals die Univerfität Bonn und erwarb
im folgenden Jahre die fac. docendi für
alle Klaſſen im Franzöfiichen, Engliichen
und Deutichen, worauf er als ord. Lehrer
an der höheren Bürgerichule in Saarlouis
angejtellt wurde, wo er bis 1879 thätig
war. In dieſem Jahre übernahm er die
der Maichinenbaufunde nad) Züricy ging. | Yeitung einer höheren fath. Brivatichule
513
Reymond. Rheine.
in Koblenz, wurde 1881 als Religions | zuzumenden, und zugleich feinem öfterreis
lehrer in Boppard berufen und nad) zwei chiſchen Geburtslande, in welchem damals
jähriger Thätigkeit unter Beförderung | die Belcredi’jche Siftirungspolitif gerade
zum Erjten Seminarlehrer an das fönigl. ihre verhängnisvollen Früchte gezeitigt
Zehrerfeminar in Münjtermaifeld verjegt. | hatte, den Rüden zu fehren. Als Schwei-
Der Beihäfti
fifchen und engl
danken nachſtehende weitverbreitete Schulbücher
ihre Entitehung: Lehrbuch der engl. Spracde
(2. Aufl. 1877), Siteraturfunde (12. Aufl. 1886), |
Poetit (2. Aufl. 1886), ferner eine treffliche
Geſchichte der franz. Literatur und Literaturftuns |
Die Erzeug: |
den in der höheren Töchterfchule.
niffe feiner dichteriihen Mufe, die namentlich von
der fath. Kritik allgemein jehr günftig beurteilt
wurden, legte er in drei Gedichtiammlungen
nieder: Sang und Sage (1878), Garben und
Farben (1884), Sinnen und Singen (1886).
Neymond, Moriz v., geb. 30. Juni
1833 zu Wien, entjtammt einer waadtländ.
Familie und wurde in der Militär-Afa: |
Demie zu Wr. Neuftadt erzogen. Er diente
1849—56 als Offizier in verichiedenen
Stellungen — bei der Infanterie, im
militär-geographiichen Jnititute und beim |
Pionierkorps — im öfterreichischen Heere, |
trat aber dann aus der Armee aus, um
ſich dem damals in Aufihwung gefom-
menen Eijenbahndienfte zu widmen. Der
Umftand, daß die Erlangung des in Aus-
fiht gejtellten Poftens länger als vorher:
gejehen auf fih warten ließ, veranlaßte
ung mit der deutichen, französ |
—* Sprache und Literatur vers
zerbürger fand R. bald beim Berner
„Bund“ Stellung als Redakteur und
‚blieb bis 1876 journaliftiich thätig.
Dar fein literariihes Wirken bis dahin ein
ausſchließlich redaktionelles und feuilletoniftifches,
o eröffnete er demfelben * angeregt durch
den Verkehr in der ſchweizeriſchen und der ber—
niſchen naturforſchenden Geſellſchaft, welchen er
als Mitglied angehörte, eine neue Richtung durch
Herausgabe ſeines dramatiſchen Scherzes „Der
Aulturkampf in der Bronze“ und des „Laiens
‚ brevier des Hädelismus", Beide Schriften wur:
‚den von der Tages: wie von der naturmifien«
ſchaftlichen Fachpreſſe außerordentlih freundlich
aufgenommen. Noch größeren Erfolg hatte R.'s
„Buch vom gejunden und kranken Heren Meyer’,
mwelhem bald ein „Buch vom bemußten und
unbewußten Herrn Meyer“ folgte. Im Jahre
1876 trat R. von der PBubliziftit gänzlich zus
rüd und lebt feither, von vorübergehender redaf:
tioneller Beihäftigung abgejehen, ausſchließlich
feiner literarijchen Thätigkeit. Außer dem in
drei Bänden — zulegt unter dem Sammeltitel
„Fünf Bücher Häckel“ — erſchienenen „Zaienbre-
vier‘ und den beiden bereits erwähnten Büchern
(die 1852 gleihfall8 unter dem gemeinfamen
Titel „Herr Meyer, der Selbitarzt an Leib und
Seele‘ zu einem Bande vereinigt erfchienen find)
bat R. zahlreiche bumorijtiiche und parodiſtiſche
Werke verfaßt, darunter „Neuer freier Parnaß“,
R. ſich auf ſchriftſtelleriſchem Gebiete zu
verſuchen. Er fand jofort Aufnahme als
Feuilletoniit, Später als Redakteur ber
„Dftdeutichen Poſt“, wollte aber trogdem ;
auf feine urjprüngliche Abficht, in den
Eiſenbahndienſt zu treten, nicht verzichten
und erhielt 1857 eine Stelle bei der Süd—
Norddeutihen Verbindungsbahn, die er
1860 mit einer jolden bei der öjterrei-
chiſchen Südbahn vertauſchte. Doch gab
er die einmal angeknüpften Beziehungen
zur Preſſe nicht wieder auf und zog ſich
durch eine politiſche Satire, welche er in
einem humoriſtiſchen Wienerblatte erſchei—
nen ließ, einen Preßprozeß zu, der ihm
in feinem Fortkommen als Beamter hin:
derlich wurde, jo daß er fih im Jahre
1866 entichloß, ſich ganz der Publiziftif
Das literariihe Deutihland.
|
„An Bord des Jules Verne‘, „Der Heine Schwes
ninger‘, „Der poetilche Reichsjuriſt in der Wes
ftentafche”. Sein neuefted Werk betitelt ſich:
„Der hundertjährige Knigge” und ftellt dem vor
hundert Jahren erfchienenen Buche „Über den
Umgang mit Menſchen“ ein bumoriftiid;fatiris
ches Pendant gegenüber, welches „Die Kunft
mit Menihen umzugehen im Lichte des Humors
bejehen‘ und im Sinne und Geifte unferer Beit
aufgefaßt behandelt. Seit 1883 hat R, feinen
MWohnfig in Berlin genommen.
Rheine, Neinmar vom, f. W. €.
‚Schirmer.
Nichard, Jean, ſ. R. Pohl.
Nichter, Eduard J. (Radi, E. 3.
Terrich, Oskar Mühlberg, Veritas), wurde
am 5. Mai 1846 in Budmweis im füdl.
Deutihböhmen geboren. Sein Vater war
der Gründer der nod) jeßt dajelbit exiſtie—
33
Richter.
514
_—
rRichter.
renden zwei Lokalblätter: „Budweiſer legenheit, ſich durch feine Schlagfertigkeit
Zeitung“ und. „Budweiſer Kreisblatt“.
N. abjolvierte die Unter: und Oberreal:
ſchule und wurde ſchon im Jahre 1862
redneriſch vor feinen Fraktionsgenoſſen
(Fortichritt) hervorzuthun und zu ihrem
‚Oberhaupt ſich aufzuihmwingen, nachdem
Mitarbeiter verjchiedener Journale. Sein | viele der älteren Mitglieder aus der Par:
erftes felbft. Werk, das Bühnenftüd Die
Reife nah Rom zum Konzil erihien 1870
und wurde an vielen Theatern mit Bei:
fall aufgeführt. In demfelben Jahre trat
N. in den Wiener Bolizeidienjt und ift
dafelbft als f. k. Inſpektor der Wiener
Sicherheitswache noch heute thätig. Er
ift Befiger der filbernen Rettungsmebdaille
und mehrerer hoher Belobungsdefrete. R.
gehört mit zu unferen probuftivften Poſſendich—
tern, er ift Verfaſſer von über ſechzig Theater:
ftüden; von diefen hatten am meijten Erfolg:
Die Damentapelle, der Tambourmajor, Ludwig XI.
und fein Aitrolog, Vergiftet, Die Reife nach dem
ferbifch:türfifchen Kriegsihauplag, Falſcher Ver—
dacht 2c. Auch auf dem Gebiete deö Romans
war R. mit vielem Glüd thätig. Hervorzuheben:
Geheime Sünden der Refidenz (1873), Wien,
wie es liebt und lebt (Federzeichnungen aus dem
Wiener Volksleben (1878), Das ſchwarze Bud)
(1883), Der Millionendefraudant (1886), Spätes
Erkennen und Der Eijentopf (1887). Außerdem
find zahlreiche Feuilletons, Humoresfen, No:
vellen, Gedichte, Charaden, Scherze, Lieder in
vielen deutſchen und öfterreihiihen Journalen
von R. erſchienen. Seine Arbeiten bewegen fid) |
meift auf humoriftiihem und patriotiihem Ge—
biete. R. ift Mitglied des „Erften öſterreichiſchen
Volksichriften » Vereins” in Wien, ſowie Ehren:
mitglied mehrerer Humanitätsvereine.
Nichter, Eugen, wurde am 30. Juli
1838 in Düffeldorf geboren, befuchte das
vaterftädtiihe Gymnaſium und die Univer-
fitäten zu Bonn, Heidelberg und Berlin,
wo er die Rechte ftudierte. Er trat dann
in den Staatsdienjt und wurde zunächſt
in Düffeldorf beſchäftigt. 1864 ermählte
ihn das Städten Neuwied zum Bürger:
meifter, die Regierung beftätigte dieſe Er:
nennung jedod nicht, worauf R. aus dem
Staatedienft ſchied und der Oppofition in
feiner nunmehr betretenen parlamenta=
riihen Laufbahn fi anſchloß. Er gehörte
Aufenthalt in Madrid mußte wegen Krank—
zunächit dem Konftituierenden Norddeut—
ſchen Neichstage, feit 1871 dem Deutjchen
Neichstage, feit 1869 dem preußischen Ab:
geordnetenhaufe an. Er fand bald Ge:
tei gejchieden waren. Barlamentarijch ver:
folgte R. hauptſächlich den Grundfag, der
Regierung, Ipeziell aber dem Fürften Bis-
mard, zu opponieren, mas endlich faft
zum Ruin von R.'s Partei („Deutich-
freifinnige”) führte, als bei Gelegenheit
des „Septennats“ (1886) das Volf wider
die fleten „Neinfager“ fi erhob und ein
großer Teil der font „Rechtgläubigen“ von
N. und feinen Freunden abfiel, fih auf
des großen Kanzlers Seite jtellend, dem
Deutichland feine Größe und feine Eini
feit verdankt. R. iſt Begründer der „F
finnigen Zeitung“ und fchrieb: Das
Staatsſchuldenweſen und die preußiſchen
papiere (1869), Das neue Gejeg, betr. Die Non-
folidation der preußiſchen Staatsanleihen (1870),
Praktiſche Anleitung zur Gründung und Ein:
richtung von Konſumvereinen (1877).
Richter, Jcan Paul Friedrich Eugen
(Paul Höffer, Paul Friedrich), geboren
zu Magdeburg am 22. Februar 1839,
fiebelte mit feinen Eltern im Jahre 1841
nah Hamburg über, wo fein Vater eine
Sortiments- und Verlagsbudhhandlung er:
richtete und die Herausgabe einer frei:
finnigen, bald ſehr verbreiteten und an-
gejehenen Zeitung „Reform“ unternahm.
Er befuchte das Gymnafium in Altona
und in Hamburg Auf Wunſch des
Vaters ging er, da deſſen Verlagsgeichäft
und die Zeitung eine außergemöhnliche
Ausdehnung gewonnen hatten, vorerft zur
praftiihen Erlernung des Buchhandels
über und bereifte jpäter England und
Schottland, ſowie Franfreid, wo er ſich
namentlich längere Zeit in Paris auf:
‚hielt und fomwohl bier, wie in London
war er journaliftiich thätig. Sein fpäterer
heit feines Vaters Schon nach neun Mochen
unterbrochen werden, worauf er im Jahre
‚1862 in die Verlagsbuchhandlung als
Richter.
Leiter eintrat, ſich aber hauptſächlich auch
rebaftionell bei der „Reform“ beichäftigte.
Seine erften veröffentlichten literarifchen Arbeiten
erjchienen 1860 in der in London herausgegebe:
nen deutichen Zeitung „Herrmann“, ferner in der
„Reform“, „Sartenlaube ꝛe. Bom Jahre 1864
an mar feine literarifche Thätigkeit hauptſächlich
dem väterlihen Unternehmen zugemwendet und er:
Ichienen die verichiedeniten Auffäbe, volfswirt:
fchaftlichen, politiſchen und novelliftiichen Inhalts
von ihm in der „Reform“. Er bezog ſchließlich
noch 1869 die Univerfität Göttingen, wo
er Yurisprudenz ftudierte. Als der Krieg
1870 zwiichen Deutichland und Frankreich
entbrannte, trat er als Kriegsfreiwilliger
in die preußifche Armee ein und machte den
Feldzug vom Monat November 1870 bis
Mai 1871 als Offizier mit. Zurückge—
fehrt nad) Hamburg übernahm er die
Chefredaktion der „Reform“ und die Ober:
leitung des ausgebreiteten väterlichen Ge-
fchäftes. Als 1875 fein Vater ftarb,
ſah er fih plöglic infolge eines von
dritter Seite beeinflußten Teitaments von
feinem Erbe und aus feinem bisherigen
erfolgreihen Wirfungsfreife getrieben und
ſah fich defhalb veranlaft, die Redaktion
der liberalen Tageszeitung „Bremer
Volksblatt” in Bremen, fpäter die Ne
daktion der „Hamburger Zeitung“, ſo—
wie weiterhin die der neuen „Altonaer
Nachrichten“ zu übernehmen und jchlieflich
im Jahre 1882 und 1883 bie Redak—
tion der „Niederichlefiichen Tagespoft“.
Dftober 1883 fiedelte er nad) Hamburg
über, ie —* neben der — —
Leitung „Exporteur“ ganz und gar
feiner jchriftjtelleriichen Thätigfeit Hin-
Es erfchienen von ibm: Papa Bertolin
Singip. mit Tanz, 1864), Poetiſche Malereien
Gef. et. 1866), Der neue Ejau (Luftip. 1863),
Anwälte des Rechts (Rom. 1876), Lieder
Hunger und Durft (1879), Unrubige Herzen
. 1880), Farbig Blut (1879), Ein Domi-
nifaner (Nov. 1882), Aus Anftandögefühl ver:
heiratet (. . 1882), Ber Hurierzug II. Klaſſe,
* der Erde (Poſſe 1878), Auf hoher Wacht
Schaufp. 1877), Nur ein Schwefelholz —5 —
EN Das Geheimnis der Penſion (Luftip
1875), Aus fleinen Orten und Winkeln (Humor.
515
Richter.
(novell. Erz. 1884), Durch Wucherhand erfannt
(Nov.), Vom Schidfal verfehlt (Rom), Aus Ges
fängnismauern, Neue Sagen : Ehronif (1882),
ie ih Seemann wurde (Hum.), Familie Butts
farfen (Roltsft.), Wer ift wahnfinnig (Nov.),
Aus Kriminalaften (Nov. 1885), Gedichte des
Hamb. Zoolog. Gartens (1880), Komteß Cäcilie
(Schaufp.), Eine Teftamentsvollftretung (Nov,
1585), Weit, ad) weit, Weltenweit (Nov, 1885),
Auf des Meeres Wellen (Zauberp. 1886), Unfere
Schutzleute (Volksſt. 1886). R. hat außerdem
verſchledene Überſetzungen aus dem Englifden,
Spaniſchen, Franzöfiihen und Italieniſchen ger
liefert. Seit 1887 führt er die Chef-Redaktion
der intern. Zeitichrift für Induftrie und Handel
„Der Weltmarkt“, in welcher viele interefiante
ı Bilder aus den Induftriewerkftätten im Feuille⸗
|tonftil aus feiner Feder ſtammen und Anerfen:
nung verdienen.
Richter, Karl Arthur Richard, wurde
am 19. Januar 1837 zu Gumbinnen
geboren. 1839 murde fein Vater nad)
Tilfit verfegt, und der Knabe und Jüng—
ling beſuchte das dortige königl. Gym⸗
nafium von 1846—1856. Er ftudierte
dann von 1856—1859 zu Königsberg
evangeliiche Theologie und unter Führung
von Karl Roſenkranz Philofophie. Er
ergriff den Beruf als Pädagoge, beftand
die theologiihe Prüfung und das Ober:
lehrereramen, aud promovierte er zum
Doktor der Philoſophie. Das gefegliche
pädagogijche Probejahr leijteteer am Gym⸗
nafium zu Memel ab, die erfte ordent:
liche Lehrerjtelle fand er am Realgymnas
fium in Magdeburg. Dann berief ihn
Provinzialihulrat Heiland an die Dome
Gymnafien zu Magdeburg und Halber-
ftadt, am legteren Orte wurde er zum
Oberlehrer befördert und erhielt 1875
das Patent als Profeſſor. 1879 wurde
er vom Direktorium der Frande’ichen
Stiftung nah Halle berufen und wirkt
bier vornehmlich als Religionslehrer am
Realgymnafium und am Seminarium
praeceptorum der genannten Stiftungen.
In den Jahren 1882 und 1883 war er
gelegentlich für das Fach der Philoſophie
Mitglied der kgl. wiſſenſchaftlichen Prüs
Beobachtg. 1881), Das Geheimnis der Loge fungskommiſſion.
(Rom. nach dem Franzöf.), Yon Woge zu Woge
Seine Thätigfeit als Schriftfteller begann er
33*
Richter.
mit der Veröffentlichung einer Studie für Ajthetif
und Pſychologie Die Phantafie und ihre Schöpfun:
en (1864). Dann murde er Mitarbeiter an
eitfchriften für Philoſophie ꝛc. Sie enthalten
ablreiche zum Teil umfangreiche Beiträge von
m zur Gefchichte und Kritik der Philoſophie
und Pädagogik. Dann find hervorzuheben unter
dem Titel: Neuplatonifhe Studien, eine Dar:
ftellung des Lebens und der Philofovia des
Plotin (1864—67), Kants Anfihten über Er:
ziehung, Kant als Äſthetiker, Geſchichte des
Stephaneums in Halberftadt (1864—1875),
Über Rafaels Schule von Athen (1882), Jo:
hann Fichte, ein LZebensbild (1884), Wahrheit
und Dichtung in Platons Leben (1887), Über
Schillers philoſophiſche Gedichte (1887), Grund:
legung einer Geſchichte der deutſchen Philoſophie
(1887). Einzelne Gedihte von ihm find als
Beiträge zerftreut erihienen. Er beabſichtigt noch
die Herausgabe eines Lehrbuchs zur Einführung
in das Studium des Syitems, Die Geichichte der
philofophiihen Probleme, eines organifatoriichen
Entwurfs des evangeliihen Religionsunterrihts
an höheren 2ehranftalten.
Richter, Karl Friedrid, wurde am
8. Januar 1837 in Somsdorf bei Tha-
randt geboren, von 1853—57 auf dem
Seminar zu Friedrihitadt-Dresden für
516
den Lehrerberuf vorgebildet und dann in |
feinem Heimatsorte als Hilfslehrer ans
geſtellt. 1859 erhielt er eine Lehrerſtelle
in Leipzig, hörte hier eine Neihe von
Jahren an der Univerjität namentlich phi-
lofophiiche Vorlefungen und wurde 1875
zum Echuldireftor befördert. Angeregt
durch die Erfolge, welche mehrere feiner
Arbeiten bei den alljährlihen Preisaus—
fchreibungen der für frühere Zöglinge des
obengenannten Seminars bejtimmten „von
Ammonſchen Stiftung“ in Dresden er:
rangen, und veranlagt durch den äußeren
Drang des Lebens, wandte er ſich bald
neben feiner Berufsthätigfeit der päda-
gogiihen Schriftjtellerei zu, Ichrieb Ar-
tifel für verjchiedene pädagogiiche Blätter |
und Jugendzeitichriften und giebt jeit1869
die „Pädagogiiche Bibliothek, eine Samm⸗
lung der wichtigſten pädagogiſchen Schrif⸗
ten älterer und neuerer Zeit“ heraus.
Von denjenigen Arbeiten, welche teils
durch die Ammonſche Stiftung, teils durch
andere Vereine, wie den „Allgemeinen
Riedel.
deutſchen LZehrerverein“, die „Dieitermeg-
ftiftung“ und den „Fröbelverein“ in Ber-
(in prämiirt wurden, find folgende als
jelbjtändige Schriften erfchienen:
Die Seeljorge des Unterrichts und die Haupt«
bedingung eines jegensreihen Wirkens in ber
Schule (1362), Die Anforderungen der Gegen»
wart an den Boltsichullehrer (1867), Der Ans
Ihauungsunterricht in den Elementarklaſſen nad
feiner Aufgabe, feiner Stellung und feinen Mit:
teln (1869, 3. Aufl. 1887), Die Emanzipation
der Schule von der Kirche und die Reform des
Religionsunterrichtes in der Schule (1870), Die
Reform der Lehrerfeminare nad) den Fordern
der Zeit und der heutigen Pädagogik (1874),
Kindergarten und Volksſchule in ihrer organiſchen
Verbindung (1876), Die Herbart-Zilferfchen fors
malen Stufen nad ihrem Wefen, ihrer gefchicht»
lien Entwidelung und ihrer Anwendung im
Volksſchulunterrichte (1888); außerdem noch die
Gelegenheitsihrift: Dr. Martin Luther (1883).
Riedel, Karl, geboren am 29. Sep-
tember 1848 zu Saybuſch in Galizien, ge
noß deutihe Erziehung, ftudierte in Ol
müß und Troppau, abfolvierte die Wiener
Univerfität und ijt feit 1872 als klaſſ.
Philolog an den Gymnafien zu Znaim,
Horn (N. Diterr.) und Waidhafen a. b.
Thaya (N.Oſterr.) thätig. Seit 1886
Herausgeber und Eigentümer der „Wald:
viertler Nachrichten“. Verfaſſer von
reihen Gedichten, Geſchichten, Novellen, Brin
Dtto, Überfegungen aus dem Analreon, Das
Sujet der Antigone, Der Epitaphios des Thuky:
dides, Überſetzung des Stiftungsgedichtes vom
Stifte Zwettel. H
Riedel, Karl Louis, wurde den 29,
April 1847 in Gelenau im ebir
als der ältejte Sohn armer Fabrifarbeiten
geboren, ſchaffte jelbit vom 10. bis 18
Lebensjahre in der Fabrik, befuchte nad
feiner Konfirmation von 1861—66 da
fönigl. Schullehrerjeminar zu Annak
und ijt ſeitdem als Lehrer im fächliiche
Vogtlande angeftellt. Obgleich Erzge
von Geburt, lernte er das vogtländ
Völfchen und feine Sprade und Eige
heiten ſchätzen und lieben, und hat est
folgenden Werkchen barzuftellen gemi
Derham iS derham (Gedichte in vogtländiidher
Mundart 1884, jet 4. Aufl.), In der Hubenftun
(Gedichte und Erzählungen in vogtl. Mumde
5
Ricdel-Ahrens,
1885, jett 4. Aufl.), 's Bornfinnel (eine Ge
Ihichte in vogtl. Mundart 1886, jetzt 2, Aufl.),
Af'n Summerhaufen (ein kleines Luftipiel, Er—
zählungen und Gedichte in vogtl. Mundart 1886,
jetzt 2. Aufl.), Der Foosnetnarr (eine Gefchichte
in vogtl. Mundart 1887).
Niedel:Ahrens, Bertha (Silvio
Lugano). Ich bin am 16. September
1850 in Lübeck geboren, bildete mich zur
Lehrerin dafelbit aus, und folgte, 18 Jahre
alt, einem Rufe meines älteren Bruders,
des Mrofeflors der lateiniſchen und
griehiichen Sprade, Eduard A., nad)
Rio de Janeiro, wo derfelbe weilte. Ich
wurde Erzieherin im Haufe des Thonaz
Evetho de Almeida, fpäteren Aderbaus
minifter, — meilte in der Hauptitadt, an
den Ufern des Parahyla, in Campos,
Villanora und Petropolis ꝛc. Schon hier
begann ich, angeregt von der großartigen
Natur, einzelne Dichtungen, Gedichte, die
unter dem Titel: Grüße an Deutfchland vers
Öffentlicht wurden und vielen Beifall fan-
den. Dann verheiratete id) mich mit
dem deutjchen Ingenieur F. N. Niedel;
wir gingen, nad) einem zehnjährigen Auf:
enthalt in den Tropen, nad) Deutichland
zurüd, wo mein Gatte infolge eines un:
glüdlihen Geſchäftes fein ganzes Ver-
mögen verlor. Er ging nah Brafilien
zurüd, ſtarb jedoch in Montevideo am
Sieber.
Sleih nah der Abreife meined Mannes bes |
gann ich meine lange heimlich betriebene litera-
riihe Thätigfeit von neuem, da ich bei feinen
Lebzeiten mich ihr nicht hatte widmen dürfen.
Mein eriter Roman mwar „Enthüllte Frauen:
bergen“ (2, Aufl. 1884). 1885 folgte mein
zweiter Noman „Die Königin der Nacht”. 1886
erihien der Roman „Schiffoͤruch“. Ferner: Licht:
und Schattenbilder aus Brafilien“ (1887), „Ros
landsholm” (Rom.), „Skizzen aus Brajilien”,
In den
Ihriften wurden von mir mehrere Novellen und
Auffäge gedrudt. Jetzt arbeite ich an einem
neuen Werke „Tropiihe Nächte”. Ich bin
Lehrerin der engl., franz, fpan. und
portugiefiihen Sprache und habe eine An:
ftellung an der Induſtrieſchule zu Halle
als Lehrerin des Deutichen und der Lite:
ratur inne.
)
„Sonntagöflängen“ und anderen Zeit: |
17
— Riegel.
Riegel, Herman, wurde am 27. Fe—
bruar 1834 zu Potsdam geboren, beſuchte
das Gymnaſium daſelbſt und ſpäter die
Univerſität zu Berlin, um Philoſophie,
Geſchichte und beſonders Kunſtgeſchichte
zu ſtudieren. Nachdem er eine Zeit lang
in Berlin als Schriftſteller gelebt und
zahlreiche Studienreiſen gemacht hatte,
‚leitete er ſeit 1868 das ſtädtifche Mu:
‚feum zu 2eipzig und las gleichzeitig an
‚der dortigen Univerfität als Privatdozent
über Kunſtgeſchichte. 1871 folgte er
einem Rufe nah) Braunfchweig, wo er
als Direktor des herzogl. Mufeums und
Profeſſor an der technischen Hochſchule
noch feinen Mohnfig hat. R. iſt Ehren:
mitglied der k. belg. Kunit:Afademie zu
Antwerpen, Ritter verichiedener Orden
u. ſ. w., aud Stifter und 1. Vorfigender
des „Allgemeinen deutichen Spracver:
eins“. Literariſch hat fih R. befonders
‚einen Ruf als Autorität auf dem Gebiete
der Kunftgefchichte erworben. Namentlich
madte ihn feine verdienſtvolle Geſchichte
bed Wiederauflebens der deutichen Kunft (1876)
zuerjt weiteren Kreijen befannt. Außer:
‚dem heben wir von feinen Werfen als
die bedeutendften hervor:
Grundriß der bildenden Künſte (3. Aufl. 1875),
Cornelius, der Meiſter der deutichen Malerei
(1866), Deutiche Kunftitudien (1868), über die
Darftellung des Abendmahles (1869), Stalies
niſche Blätter (1871), Kunftgefchichtliche Vorträge
und Aufläge (1877), Beiträge zur Niederländifchen
Kunſtgeſchichte (1882), Geſchichte der Wandmalerei
in Belgien jeit 1856 (1882), Beter Cornelius
(1883), Die vorzüglichiten Gemälde des herzogl.
Mufeums zu Braunſchweig (1886), Der allge:
meine deutſche Spradwerein u. ſ. m. (1886),
Ein Hauptftüf von unferer Mutterfprahe (2.
umgearb, Aufl. 1888), Zeitfchrift des allgemeinen
deutſchen Sprachvereind (erfcheint feit 1886).
Riehl, Wilhelm Heinrih, wurde am
6. Mai 1823 in Biebrich geboren, mid:
mete fich dem Studium der Theologie,
Philofophie und Kultur: und Kunftges
ſchichte an den Univerfitäten Marburg,
Tübingen, Bonn und Gießen. Alsdann
‚wandte er fich der Journaliftif zu. Er
| wirkte zunächft als Nedafteur der „Ober:
l
|
518
Rieks.
Rieks.
poſtamtszeitung“ in Frankfurt, danach an mancher Überredungsverſuche, die an ihn
der „Karlsruher Zeitung“, jpäter der herantraten, katholiſch zu bleiben gedachte,
„Naſſauiſchen Zeitung”, dann der „All: ift dem Einfluß feines Elternhaufes nicht
gemeinen Zeitung” in Augsburg. Hier
war er bis zum Jahre 1853, da ihn der
König Darimilian II als Profeffor an
die Univerjität München berief. 1885
wurde N. zum Direktor des bayriichen
Nationalmujeums und zum Generalfon:
jervator der Kunſtdenkmäler und Alter:
tümer Bayerns ernannt.
Literariich ragt R. beionders ala Kulturhiſto—
rifer hervor. Die bedeutenditen feiner mweitver:
breiteten Werke find folgende: Naturgefhichte des
Volkes (1851—69): Die bürgerlihe Gelellichaft
(8. Aufl.), Land und Leute (8. Aufl), Familie
(9. Aufl.), Wanderbuh (3. Aufl.), Mufitalifche
Charafterföpfe (1853— 78), Kulturgeſchichtliche
Novellen (1856), Hausmuſik (1856), Kulturſtudien
aus 3 Jahrhunderten (1859), Die deutiche Ar:
beit (1861), Geichichten aus alter Zeit (1863
bis 1866), Geſammelte Vorträge (1872—85),
Aus der Ede (1874), Geſammelte Geſchichten
und Novellen (1879), Am Feierabend (Nov.
1880).
Rieks, Joh., wurde am 14. Juli
1843 in Bruchhauſen bei Gorvei an der
Weſer geboren. Nicht ohne Einfluß auf
die jpätere Denfweile Rs war der Geift
der konfeſſionellen Duldung in der ge:
miſchten Bevölkerung feines Heimats—
ortes, der rege Verkehr im proteftantiichen
Pfarrhaufe, jowie der Unterricht eines
israelitiihen Lehrers, mit dem er außer
der Schulzeit moderne Spraden, Ge:
ihichte und Hebräiich tried. Durch den-
jelben wurde er aud mit Renau und
Strauß befannt, ohne daß die Lektüre
ihn in feiner idealfatholiihen Weltanz |
Nach abiol-
Ihauung erjchüttert hätte.
viertem Gymnaſium blieb er feinem früh
gefaßten Plan, Theologie zu jtudieren,
getreu und bezog nad) kurzem Aufenthalt
in Bonn die Univerfität München. Phi—
loſophiſche Studien beim Bantheilt Brantl,
geihichtlihe bei Wiehl, v. Gieſebrecht
und Cornelius, linguiftiihe bei Marc:
Müller, Halm und Haneberg, theologiiche
bei Schmied und Reitmayer beichäftigten
ihn Hier ununterbrohen. Daß R., troß
minder, wie dem feiner humanen Religions
lehrer und vor allem dem Umſtande zuzus
ichreiben, daß Döllinger, wie die Bader:
borner Theologen Dswald, Evelt, Bade und
Kayſer mit vielen fpezifih römiſchen
Lehrern im Widerfprude Itanden, und
eine Trennbarfeit des Katholizismus vom
NRomanismus aufrecht erhalten zu können
meinten. Das vatifaniihe Konzil hat
1870 dieſen jogenannten „idealen“ Ka—
tholizismus verworfen und alle zentris
fugalen Bejtrebungen und chriftlichen
Freiheitsideale innerhalb der Fatholifchen
Kirche dem päpftlihen Abjolutismus und
der unfehlbaren Stuhlfprühe des rö-
mischen Völferhirten zum Opfer gebradt.
In dem Konziljahre gingen die MWogen
der Aufregung ungeheuer hoch. Der Alt-
fatholizismus wurde geichaffen; heftig
wurde in kirchlichen Wochenſchriften und
politiſchen Zeitihriften für und wider
gekämpft. Auch R. veröffentlichte in Zeitfchriften
und Tagesblättern Artitel, gab auch eine ——
ach
Schrift gegen das neue Dogma heraus,en
er Schon 1869 in einer aus dem Franzöſiſchen
überjegten Schrift über den „Katholizismus in
Amerifa” feiner freiheitlihen Weltanfhauung
einen nicht minder fräftigen Ausdrud gegeben
hatte. 1874 gab er feine Stellung im höhe:
‚ren Schuldienit der Neichslande auf, die er
drei Jahre inne gehabt hatte, um, dem
Drängen altkatholiicher Freunde nachge—
bend, Stadtpfarrerin Heidelberg zumerden.
Dafelbit erfuhr er, daß nur erit ein ſoge—
nanntes Komitee von Altkatholiken eriftiere
und er erit eine Gemeinde gründen müſſe.
Das gelang ihn aud), ebenjo im benach—
barten Ladenburg und anderen Orten.
Mit Begeilterung arbeitete er unermüdlich
und lebte des Glaubens, daß im fatho-
lichen Wolfe nod) genug Elemente vor-
handen feien, um eine von Rom unab-
hängige ideal-fatholifche Kirche zu bilden.
Während feiner angeftrengteften jeelforgerifchen
Thätigfeit durch 13 Jahre hindurch, hat er 19
Schriften veröffentlicht, von denen feine ——
der chriſtlichen Kirche und des Papſttums die
Riemann. —
wichtigſte iſt. Ferner hat er 12 Jahrgänge der
Wochenſchrift „Altkatholiſcher Bote“ herausge—
geben, die, gewaltſam unterdrückt, einging. Als
Grund wurde u. a. angegeben, daß das Blatt
leugne, es babe in der Apoftelzeit Biſchöfe im
heutigen Sinne gegeben, ferner das Fegefeuer
anzmweifle und die Maßnahme der Kirchenbehörde,
ſowie die Schriften der Mitglieder der Kirchen:
behörde einer objektiven Kritif unterzöge.
Niemann, Auguſt Wilhelm, geb. zu
Mühlhaufen in Thür. am 13. Dezember
1827, bejudhte das Gymnaſium jeiner
Vaterſtadt und verließ dafjelbe 1847, um
ih dem Bergfache zu widmen. Seine
praftiiche Ausbildung erhielt er auf den
Bergs, Hütten- und Salzwerfen des Ober:
bergamtsbezirks Halle, feine theoretijche
auf den Univerfitäten Halle und Berlin.
Im Jahre 1854 beitand er die Eleven=
prüfung für das Berg und Hüttenfach
und wurde darauf zur Hilfeleiftung auf
dem Eifenhammer zu Kubdorf in der Neu—
marf verwendet. 1856 erfolgte jeine Er-
nennung zum Bergrevierbeamten zu Kir:
hen a.d. Sieg und 1858 wurde er als
folder mad) Wetzlar verjegt, wo er nod)
jest thätig ift. Die gründliche Erforfchung |
jeines Reviers, welches uriprüngli nur
den Kreis Wetzlar umfaßte, nad) der Bes
endigungg des preußiich-öfterreichiichen Krie⸗
ges im Jahre 1866 aber durch den Hinzu⸗
tritt des vorher großherzoglich heſſiſchen
Kreifes Biedenkopf erweitert wurde, in
bergmänniicher, geognoftiicher und berg-
werfsgeichichtlicher Beziehung betrachtete
er als eine feiner wichtigſten Aufgaben.
Veröffentlicht find von ihm folgende Schrif-
ten:
Das Vorfommen, die Verbreitung und Gewin—
nung des Braunfteind im reife Wetlar (1862),
Mitteilungen über den Bergbau im Bergrevier
Oberheſſen während des Jahres 1866 (1867),
Ein Beitrag zur Geihichte des Bergbaues und
des Bergrechts im Kreiſe Wetzlar (1871), Be:
ſchreibung des Bergreviers Wetzlar, bearbeitet im
Auftrage des Königlichen Oberbergamts zu Bonn
(1878), Urkundliche Nachrichten über den alten
Silbererzbergbau bei Gladenbach (1881), Einige
urfundliche Nachrichten über die früheren berg:
rechtlichen Verhältniffe in der Standesherrihaft
Solms:Braunfels (1585).
519
— Niezler.
Niezler, Siamund, geboren am 2.
Mai 1843 in Münden, als Eohn eines
Kaufmanns, ftudierte an der Univerfität
Münden Geichichte und Jurisprudenz und
habilitierte fi) ebendort als Privatdozent
‚für Geſchichte. Nachdem er als Frei:
williger den franzöliichen Feldzug mit—
gemacht hatte, wurde er 1871 als Vor:
ſtand des fürſtl. Füritenbergiichen Archivs
‚und der fürjtl. Bibliothet nah Donau—
\eichingen berufen, von wo er 1883 in
‚ee Vaterftadt zurückkehrte, wo er nun—
mehr als Oberbibliothefar der Hof: und
Staatsbibliothek, Direktor des kgl. Maris
‚milianeums und Mitglied der Akademie
‚der Willenichaften lebt.
Bon feinen verdienftlihen Werfen heben wir
bervor: Die literariihen Widerjacher der Päpſte
zur Zeit Kaiſer Ludwig des Baiern (1874),
Fürſtenbergiſches Urkundenbuch und Geichichte des
fürſtl. Haufes Fürftenberg (1877 —83), Geſchichte
Baierns (bis jegt 2 Bände. 1878, 1880).
Niffert, Julius Ehrenfried, geboren
am 7. Dezember 1854 zu Halle a. ©.
als Sohn eines Kaufmanns. Frübzeitig
beider Eltern durch den Tod beraubt, fam
er im achten Lebensjahre zu einem Onkel
nah Gollnow i. ®., dann, als Diefer
1867 nad Berlin überfiedelte, ebenda—
bin, wo er bis 1875 das Luiſenſtädtiſche
Nealgymnafium beſuchte. Won 1875 bis
1879 jtudierte er, und zwar neuere Spras
chen und Literaturen,: Geſchichte und
Kunftgeihichte in Berlin und Leipzig und
promovierte 1879 in Tübingen mit der
Monographie: Die Hermannsſchlacht in der
deutſchen Literatur (1880). 1880 jeinen Wohn⸗
fig feit in Leipzig nehmend, trat er in
die Redaktion der Halbmonatsjchrift „All:
gemeine Literarische Korreipondenz“ ein,
die er zulegt (bis 1881) jelbftändig leitete,
und ijt feit diefer Zeit ftändiger Mit-
arbeiter für Shönmwiffenichaftliche Literatur
an der fgl. „Leipziger Zeitung“. An
der 1882 erfchienenen „Guſtav Freytag-
Galerie” ift R. als Mitherausgeber be—
teiligt. Neben diefen literarhiitorischen
und journaliftiihen Arbeiten jteht als
Hauptthätigfeit für R. die für das Drama
Ring.
und Theater da, dem er fchon früh feine |
Neigung zumandte. 1883 erſchien, von
Ernit Poſſart lebhaft befürwortet, Die
520
fhon früher geſchriebene Trilogie: Kaiſer
Heinrih der Vierte Königswert (Xorfp.), Die
Sachſen (Schaufp.), König Heinrih und Gregor
(Schaufp.), Kaiſer Heinrih3 Tod (Trauerfp.)];
jeitdem ift R. mit neuen dramatiichen
Plänen beichäftigt: Elifabeth von der Pfalz
(Trauerfp.), Bauer Ruprecht (Schaufp.), Die
Borgia (Trauerfp.). Cinzelnes daraus iſt
bereits in Zeitichriften veröffentlicht. Auch
als Theaterfritifer war und ijt R. 1hätig.
Ring, Dar, wurde zu Zaudig bei Ra—
tibor am 22. Juli 1817 geboren, bejuchte
bezog 1836 die Univerfität Breslau, jpäter
die zu Berlin, um Medizin zu ftudieren.
Nach feiner Promotion und abgelegtem |
Staatseramen ließ er fi als Arzt in
Pleß, ſpäter in Gleimig, ſchließlich in
Breslau nieder. Inzwiſchen widmete er
alle feine Muße literarifchen Arbeiten,
war auch im großen Jahr von 1848
journaliftiich thätig. 1850 fiedelte er nad)
Berlin über, des literariihen Puls:
fchlages der Großſtadt wegen, da er mit
der Äbſicht umging, fpäter ausſchließlich
der Schriftftellerei zu leben. Nach eini-
gen Jahren gab er denn aud) die ärztliche
Praris auf und führte feinen Lieblings:
plan aus. Er lebt noch jegt als ange:
fehener Autor in Berlin im glüdlichen |
Kreife feiner Familie. R. gehört zu uns
feren fruchtbarften Romanfcriftitellern,
ausgezeichnet durch eine ungemeine Phan⸗
tafie und Scharfe Charakterauffaſſung.
Hauptwerke: Berlin und Breslau (1849),
Die Kinder Gottes (1851), Stadtgeihichten 1850),
Der große Kurfürft und der Schöppenmeiiter
(1852), Verirrt und erlöft (1855), Handiwerf
und Studium (1856), Aus dem Tagebuche eines
Arztes (1856—58), John Milton und feine Zeit
(1857), Der Geheimrat (1857), Neue Stadtger
ſchichten (1858, 65 und 76), Eine arme Seele
(1859), Der Sohn Napoleons (1860), Scarrons
Siebe (Luſtſp. 1860), Roſenkreuzer und Illumi—
naten (1861), Vaterländiſche Geihichten (1862),
Ein verlorenes Geichlecht (1867), Fürft und Mufifer
(1869), Götter und Göten (1870), Seelenfreunde
(1871), Loſe Vögel (1872), Unfehlhar (1874),
Ringsdorff.
Der große Krach (1875), Eine unverſorgte Toch—
ter (1876), Die Lügner (1878), Das Haus Hillel
(1879), Goldene Ketten (1881), Berliner Kinder
(1883), Frauenherzen (1883), Hanfa (1883),
Eine liebenswürdige Frau (1884), Die Spiri«
tiften (1885), Unterm Weihnahtsbaum (1885),
Auferftanden (1886), Der Sieg der Liebe (1886).
Ningsdorff, Ewald, geboren 10.
März 1861 zu Elberfeld, empfing feine
erfte Ehulbildung auf der Oberrealjchule
feiner Vaterftadt und befuchte ſpäter die
Univerfität Berlin. Seit 1882 thätig
als Sprodhlehrer, Tagesichriftiteller frei-
finniger Richtung, Verfaſſer verfchiedener
Erzählungen mit fozialem Hintergrunde,
onaı :
das Gpmnafium in Iegigen. Gtabt und| Mitarbeiter der in Breslau ericheinenden
illuftrierten Zeitichrift „Die Neue Welt“.
Rinhart, K. . 8. Zitelmann.
Riotte, Hermann, wurde am 4. Juli
1846 in Elberfeld geboren als der Sohn
des damaligen Direktors der Bergiſch—
Märkiſchen Eifenbahn, der in die 48er
Wirren verwidelt, mit feiner Familie
1849 Europa verließ, um im fernen
Meften, im Staate Teras, eine neue
Heimat zu fuchen. Dort in der Halb»
wildnis verlebte NR. feine Kindes: und
erften Jugendjahre und jammelte einen
reihen Schatz unvergeßlider Erinne-
rungen. Die jyitematifche Geijtesbildung
ließ allerdings viel zu wünſchen übrig.
Zum Kaufmann bejtimmt, machte R. feine
erjte Lehrzeit in einem deutichen Geſchäfts—
haufe dur, um danı 1861, abermals
ald Sohn eines politiihen Flüchtlinge,
mit feinem Vater und mehreren Ge:
ihmwiftern, die neue liebgewonnene Heimat
zu verlaſſen umd nad New-York zu flüch-
‚ten, da fein Water im ausgebrodhenen
Kampfe um die Oberherrichaft des Nor:
dens oder Südens der Vereinigten Staaten
als ein Gegner der Sklaverei aufgetreten
war. In New-York wurde derjelbe von
Lincoln zum Gejandten der Vereinigten
Staaten von Zentral:Amerifa ernannt.
H. NR. begleitete ihn auch dahin, lebte in
Cofta:NRica mehrere Jahre und trat dann
in Begleitung zweier jüngeren Brüder
Riotte,
eine Reife nah der Echmweiz an.
521
Im | Berlin thatfächlich ins Werk fegte, wurde
Rittberg.
Haufe des befannten hochangeſehenen Pro: | bei jeder Gelegenheit wieder erfaßt und
fefiors ©. N. Wislicenus in Zürich ver- nad) feiner Rückkehr in Leipzig fortgefegt.
lebte er mehrere weitere Studienjahre
und fehrte nach 2’/sjährigem Aufenthalte
nad Amerika zurüd, war zuerft in Boſton,
darauf in New-York und dann im fernen
Neu-Mexiko als Kaufmann thätig. 1869
Schiffte er fih wieder nah Europa ein,
um an der Univerfität Zeipzig feine Stu:
Dien auf eigene Hand und ohne irgend
welche Unterftügung fortzufegen. Im
Leipzig begann er unter Yaube’3 anre—
gendem Theaterregime feine dramatijch
Literariihe Thätigfeit mit Lopau (Trip.),
und widmete fih für mehrere Jahre
der Bühne, damals zulegt als Sefretär
und Dramaturg am Stadt-Theater zu
Noftod. Darauf kehrte er nad) Leipzig.
zurüd, wo er im ®ereine mit Dr. ®.
Mislicenus das Blatt „Die Literatur”
begründete und längere Zeit leitete.
1873 verheiratete er fih mit Natalie
Winkler, einer geiltvollen SLeipzigerin,
1874 wurde er zum Direftor der deut-
ſchen Genofjenichaft dramatifcher Autoren
und Komponiiten auf Veranlaſſung R. v.
Sottichalls ernannt, welche Stelle er meh:
rere Jahre hindurch befleidete.e 1876
verließ R. Leipzig, um einige Jahre im
Eliaß zu verleben, wo fein Vater unter:
deilen, nachdem er aus Amerifa zurüd-
gefehrt war, als k. Friedensrichter fich
niedergelaffen hatte. Darauf führte R.
ein wechielvolles Wanderleben. Er war
Sefretär am Augsburger Etabdttheater,
dann Darjteller und Regiſſeur in Wien.
Darauf reifte er mehrere Jahre als Se:
fretär eines Impreſario und Konzert:
unternehmers, zulegt als Begleiter des
Naturforichers A. E. Brehm 1883/84
durch die Vereinigten Staaten von Nord:
Amerifa. Doc hatte er fein literariiches
Schaffen nicht ganz aus dem Auge ver:
loren. Eine von ihm Ende der fiebziger
Jahre gefaßte dee einer Verſuchsbühne
für literariih wertvolle dramatiſche
Werke, die er im Jahre 1880 zuerft in
In neuerer Zeit Ichrieb R. mehrere Luſtſpiele
und arbeitete viele jeiner Dramen techniſch aus.
Eine größere Ballade „Der Weihe Hirſch-See“
| brachte ihm die freundlichiten Urteile, eine andere
| arößere novelliftiiche Arbeit „Aus den Papieren
eines Verſchollenen“ findet der Eigenartigfeit
des Stoffes wegen feine Aufnahme. An
felbftändigen Publikationen, den ge
nannten, hervorzuheben: Julian (Dram. 1871),
Des Bruderd Vermächtnis (Nov. 1871), Der
moderne Diogenes (Rom. 1874), Königsmark
(Dram. 1875, 2. Aufl. 1883), Bearbeitung von
Kleiſts Pentheſilea (1876), Im Interregnum
(Dram. 1880, 2. Aufl. 1883), Pieudongm
(Euftip. 1886), Mich. Kohlhaas (Trauerip. 1886),
‚Neue Bibl. für das deutiche Theater (1886).
Nittberg, 9. v., ſ. Wilh. Grothe.
Nitter, Hermann. Ah wurde am
‚15. September 1849 in Wismar an der
Oſtſee (Mtedlenburg) als Sohn eines Be:
amten geboren. Nach genofjener Schul:
bildung in Schwerin trat id) 1865 in die
| „Neue Atademie der Tonkunſt“, fpäter in
‚die „Hochſchule für Muſik“ ein. 1870
verließ ic Berlin, um während zweier
Jahre als Hofmufifer in der Hoftheater:
fapelle zu Schwerin zu fungieren. Nach
Erfüllung meiner Militärpflicht als Ein:
jährig-Sreimilliger berief man mid als
Dirigent des ſtädtiſchen Orcheſters nad)
‚Heidelberg, in mwelder Stellung id nur
ein Jahr verblieb; denn mich mutete das
handmwerfmäßige Betreiben der Mufik, wie
‚es eine folhe Stellung mit ſich bringt,
wenig an, in welcher es Gebot ift, im
Kampfe ums Dafein um jeden Preis mit
der Muſik Geld zu verdienen und dem
großen Haufen jo viel als möglich Kons
'zefftonen zu machen. Ich beichloß der
Muſik als Beruf Valet zu jagen. Mein
ſehnlichſter Wunſch, ein tüchtiger Künftler
zu werden und für die Mufif und ihre
Fortentwidelung etwas Bedeutendes zu
leiten, war in mir aber trogdem immer
‚lebendig geblieben. Ich fahte den Ent»
Ihluß, mir auch nad) der Seite der Mil:
jenichaft der Kunſt eine akademiſche Bil-
außer
Ritter.
dung zu geben, deren Erlangung mir
durch den Beſuch der Univerfität Heidel:
berg ermöglicht wurde. 1874 wurde id)
an der Univerfität Heidelberg immatriku—
liert. Meine hauptjählichiten Lehrer an
diefer Hochſchule der Wifjenichaft waren
der Archäologe B. Stark, der Aſthetiker
und Philoſophieprofeſſor Kuno Fiicher,
jowie der Mufikhiftorifer L. Nohl. Bier
in Heidelberg, während meiner Studen-
tenzeit, faßte ich die dee, die bisher ge:
bräudhlihe Viola oder „Bratihe” im
Tone zu verbeilern, was mir auf Grund—
lage wiſſenſchaftlicher Erkenntnis in der
neuen Viola alta gelang und mir jchnell
einen Namen in der mufifaliihen Welt
verichaffte.
Der Viola alta war mein erſtes ſchriftſtelleriſches
lagen erjchienen ift. Nach mehrjährigen Konzert:
reifen in Deutichland, der Schweiz, Rußland,
Holland und England wurde ich 1879 als Do:
zent für Äſthetik der Tonkunſt, für Muſikgeſchichte
an die fünigl. Mufitfchule in Würzburg mit dem
Titel eines königl. Profefiors berufen. Meine
mufiffepriftftelerilche Thätigkeit liegt in folgenden
Merken offenbar: Die Geihichte der Viola alta
und die Grundprinzipien ihres Baues (1876,
3 Aufl.), Repetitorium der Mufitgefhichte (18800),
Aus der Harmonielehre meines Lebens (1853),
Populäre Glementartheorie der Muſik (1885),
Die Äſthetik der Tonkunſt (1856).
Nitter, |. Theoph. Zolling.
Nittershaus, Friedr. Emil. Ich
bin geboren am 3. April 1834 zu Bar:
men als einziges Kind des Kaufmanns
Friedrich Nittershpaus. Mein Water
jtammte von dem Zweige des alten ber:
giihen Geſchlechtes Nittershaus, der nad)
522
Weſtfalen übergefiedelt war, und das
Bauerngut Korthaufen erworben hatte;
meine Mutter Caroline, geb. Graan, war
eine Rheinländerin. Meine Borbildung
erhielt ich dur) Privatunterricht des Leh—
rers Friedrid) von Zordel, beſuchte dar:
auf die höhere Stadtichule in meiner
Vaterjtadt und widmete mid) dem Kauf:
mannsjtande. Verheiratet bin ich jeit dem
2. Dezember 1856 mit Henny Lucas,
einer Elberfelderin, und lebe zur Zeit in
Robert.
Barmen als GeneralAgent verſchiedener
Verſicherungs-Geſellſchaften. Seit ca. 20
Jahren halte ih in den Wintermonaten
öffentliche Vorträge über moderne Lite
ratur. Bon mir find erichienen:
Gedichte (7. Aufl.), Neue Gedichte (5. Auff.),
Freimaureriſche Dichtungen (3. Aufl.), Am Rhein
und fein Wein (2. Aufl.), Buch der Leidenfchaft
(3. Aufl.), Aus den Sommertagen (2. Aufl.).
Nobert, K., ſ. Ed. v. Hartmann.
Robert, 2., |. ©. v. Oertzen.
Nobertin, ſ. Nob. Bertin.
Rochholz, Ernit Ludwig, ift zu Ans—
bach am 3. März 1809 geboren, jtubierte
die Nechte in München und beabfichtigte,
die akademiſche Laufbahn einzufchlagen.
Politiſche Verfolgung trieb ihn in Die
on: Ban Bene Ale hert We ‚Schweiz, wo er als Privatlehrer, zuletzt
Werk gewidmet, welches bis jetzt in drei Auf | als Brofeiior der deutichen Sprache und
Literatur an der Hantonsihule in Aarau
wirkte. Dajelbit wurde NR. 1866 zum
Konjervator der römiihen Altertümer
ernannt. R. hat fich bejonders um die
Sagenforichung verdient gemacht, Daneben
auch treffliche literarhiltoriiche Werke ge:
liefert. Seit 1860 giebt er die hiſto—
riihe Zeitichrift „Argovia” heraus.
Hauptwerfe: Eidgenöffiiche Liederchronik( 1835),
Der neue Freidank (1535), Schweizerlagen
‚aus dem Margau (1856), Alemaniſches Kinder:
‚lied und Kinderſpiel (1857), Naturmyten (1862),
Deutiher Glaube und Brauh im Spiegel
der heidniſchen Vorzeit (1867), Drei Gaugöttin:
nen (1570), Liederfibel (3. Aufl. 1872), Die
Legende von. Bruder Klaus von Flüe (1875),
Deutihe Volks- und Heldenbücher (1875), Aar—
aauer MWeistümer (1876), Tell und Geßler in
Sage und Geihichte (1877), Die Homburger
Grafen im Sifi- und Fridgau (1886), Wander:
legenden aus der Peftzeit von 1348 (1587).
Rocholl, Heinrich, geb. am 20. Sep:
tember 1845 zu Elberfeld, erhielt feine
Ausbildung auf dem Gymnafium feiner
Vaterſtadt, ftudierte in Bonn und Ber:
lin, war als Geijtlicher angejtellt in Ber:
lin und Barmen. Im Jahre 1872 er:
‚hielt er einen Ruf als Divifionspfarrer
der 31. Divifion nad Colmar im Elſaß.
Faſt 8 Jahre Bürger der Reichslande
itudierte er die Geſchichte derjelben aus
Rodenberg.
den Dokumenten, welche er in den ſtädti—
Ihen und Staatsardiven fand, und edierte
eine Reihe von Aufiägen und Brojhüren,
welche den Beifall der Hiltorifer fanden.
Vornehmlich auf dem Gebiete der Kirchen:
geichichte desE@ljah hat er neue und grund:
legende Studien veröffentlicht. Jım Jahre
1880 nad Köln verlegt, gründete er den
Verein für chriftliche Volksbildung für
Rheinland und Weftfalen, deijen Grund:
ſatz iſt, das Volksleben mit hriftlichem
Geiſt zu fräftigen, ohne Fraktionspolitik
zu treiben. Infolge deſſen hat R. viele
Vorträge über wichtige Volksfragen ver:
öffentlich. Seine Schriften find fol:
gende:
Anfänge der Reformation in Colmar (1875),
Die Einführung der Reformation in der ehe:
maligen freien Reihsftadt Colmar (1876), Der
Große Kurfürft von Brandenburg im Elſaß 1674
1
bis 1675 (1877), Uns iſt bange, aber wir ver: |
jagen nicht (1878), Immer mehr Bibeln hinein
in die Völker der Erde! (1879), Uber die Stel:
lung der evangelifchen Chriften zur fogenannten
Audenfrage der Gegenwart, Uber hriftliche Volks:
bildung, Zuther-Erinnerungen im Lichte des Wor:
tes Gottes (1883), Was predigt die Sozialdemo:
fratie der Kirche? (1855), Die Sonntagsfrage
der Gegenwart im Lichte chriftlicher Weltanſchau—
ung, Urkunden und Briefe aus der Protejtanten:
Verfolgung im Elfaß vor 200 Jahren — zur
Erinnerung an die Aufhebung des Edikts von
Nantes (1886).
Nodenberg, Julius (eigentlich Levy),
ift zu Rodenberg (Kurheſſen) am 26. Juni
1831 geboren, auf dem Gymnaſium zu
Rinteln vorgebildet und bezog nach deijen
Abfolvierung die Univerfität Heidelberg,
jpäter die zu Göttingen und Berlin, wo
er Rechtswiſſenſchaft ſtudierte. Nach vier:
jährigen Studien, während deren er be-
reits mit einer ganzen Anzahl von lite:
rariihen Produktionen in hoffnungsvoll-
fter Weiſe hervortrat, verließ er Deutjch-
land, lebte zunädjt in Paris und —
nad) furzem Aufenthalt in Dlarburg zwecks
feiner Doftorpromotion — für lange Jahre
in England. Bon bier aus bereifte er
Dänemark, Italien, Holland 2c., und erft
1862 zog es ihn in fein Vaterland zu—
rüd, Er lebte dann in Berlin als Re:
Roder.
dakteur des „Deutſchen Magazins“ des
„Bazar“ und des „Salon für Literatur,
Kunſt und Geſellſchaft“ bis zum Jahre
1874, da er ein eigenes Blatt in die
Erſcheinung rief: „Die deutſche Rund—
ſchau“, heute unſtreitig eine der beſten
deutſchen Revuen. Die reihen Erfahrun—
gen, welche R. auf ſeinen vielen Reiſen
erworben, verwertete er in ſeinen Schrif—
ten in verdienſtlicher Weiſe. Durch alle
Werke Rodenbergs weht ein vornehmer
poetiſcher Hauch, der ihnen einen eigenen
Reiz verleiht und ihrem Autor einen Kreis
verſtändnisvollerer Leſer zugeführt hat,
als der Durchſchnitt unſerer belletr. Schrift—
ſteller ihn heutzutage noch beanſpruchen
darf.
Hauptwerke: Schleswig-Holſtein (Ged. 1850
bis 1851), Dornröschen (1851), König Heralds
| Totenfeier (1852, 3. Aufl. 1855), Lieder (1853,
5. Aufl. 1881), Barifer Bilderbuch (1855), Dras
matifche Idyllen (1856), Ein Herbit in Wales
(1858), Wanderchronif (1858), Alltagsleben in
London (1860), Die Inſel der Heiligen (1860),
Das Mädchen von Korinth (1862), Die Harfe
von Erin (1862), Verſchollene Inſeln (1862, 3.
Aufl. 1876), Die Straßenfängerin von London
(1863), Tag und Naht in England (1864, 15.
Aufl. 1876), Diesfeits und jenfeit3 der Alpen
(1865), Die neue Sündflut (1865), Ein dänis
ſches Seebad (1867), Bon Gottes Gnaden (1870),
Aus aller Herren Ländern (1870), Kriegs: und
Sriedenslieder (1871), Wiener Sommertage
(1875), Die Grandidiers (1878, 2. Aufl. 1882),
Berliner Bilder (1886).
Noder, Adolf, wurde am 11. De:
jember 1833 in Ecjeny, einem Dörfchen
in Ungarn, geboren. Seine in außeror:
dentliher Dürftigfeit lebenden Eltern
waren außer Etande, ihren Kindern eine
anjtändige Erziehung angedeihen zu laſſen,
und jo mußte Adolf, faum zehn Jahre
alt, der Schule entzogen werden, um im
armjeligen Gewerbe feiner Eltern (Tabak—
handel) „mitzuhelfen“. Indeß benüßte
der Sinabe, einem unmiderjtehlichen Wiſ—
fensdrange folgend, jede Gelegenheit, um
feine höchſt primitive Volksſchulbildung
zu erweitern. Allein, bar jeder geiltigen
und materiellen Stüge, mußte er mit uns
fäglihen Schwierigkeiten fämpfen, ein kind⸗
Noedel,
licher Autodidakt! Schon in feinem 15.
Lebensjahre gelang es ihm, einen Erzieher:
poften und drei Jahre nachher (in Mar:
czaly) eine Gehilfslehrerftelle zu erlangen.
Im Jahre 1858 wirkte er bereits als
jelbftändiger Lehrer (in Keßthely), und
nachdem er aud) die Lehrbefähigungsprü-
fung mit glänzendem Erfolge abgelegt,
begann er fi auch auf journaliftiichem
(Hebiete zu erproben.
Bald ward er Korreipondent und Mitarbeiter
mehrerer deutſchen und ungariichen Fachblätter.
In Steinamanger gründete und redigierte er
(1874) eine deutihe Wochenschrift „Jenſeits der
Donau“, die ald Beilage einen mit großem Beifall
aufgenommenen ungarischen Spradfurjus brachte.
Einer befonders günftigen Aufnahme erfreute ſich
aber fein „Briefliher Unterricht für das Selbft:
ftudium der ungarifchen Sprache”, ein Werk, das
vom ungarilchen Zandesunterrichtsrate eingehend
geprüft und warm empfohlen wurde. Es erſchien
bereits in 3. Auflage und findet nicht nur in
Ungarn, ſondern auch in Deutichland Abſatz.
Auch fein „Briefliher Unterricht für das Stu—
dium der deutichen Sprache” (für Ungarn) fand
großen Anklang (2. Aufl.). Werner: „Der un
garifche Staatäbürger”, eine ungariiche Zeitichrift
für Deutiche, „Deutichsungarische ‚Sprahübungs-
hefte für fortgeihrittene Schüler”, Deutſch⸗ un⸗
gariſches Konverſationsbuch für Verkehrsbeamte“,
„Ungariſche Heimatskunde“ (2. Aufl.). „Deutſch—
ungariſches Konverſations⸗ und Wörterbuch.“
Roedel, Benno, wurde am 31. Mai
1834 zu München als der Sohn eines
einfachen Portiers geboren. Der Elemen—
tarſchule entwachſen, abſolvierte er die La—
teinſchule, mußte aber, da er dem Willen
ſeiner Eltern, den geiſtlichen Stand zu
wählen, ſich nicht fügen wollte, ein Hand—
werf erlernen. Als Bortefeuillier machte
er nad Beendigung feiner dreijährigen
Lehrzeit Reifen in Oſterreich, Ungarn,
Preußen und Rußland. Nach fünf Jahren
in fein väterliches Heim zurückgekehrt,
widmete er fi ganz dem Studium der
Klaſſiker und der fchönen Literatur.
Er ſchrieb mehrere mit vielem Beifall gegebene
Volsſtücke und arbeitete für die Feuilletons ver»
ſchiedener Zeitungen, war insbeſondere lange Jahre
in Augsburg als Theaterreferent für die dortigen
Lokalblätter und die „Abendzeitung“ thätig. 1871
veröffentlichte er feinen Noman „Die Hyäne der
Commune“, dem fein Augsburger Stadtroman
524
Roeder.
„Daniel Bonivento“ oder „Der Teufel im Frack“
folgte. Bon feinen dramatiſchen Werken: „Der
Cid“, „Palaſt und Hütte“, „Die Doppelehe eines
Prinzen“, , Sagfiſchſtreiche. „Renata“, „Schwert
und danbſhah „St. Alrich“, Krone um
Krone” (am Augsburger Stadttheater mit Erfolg
aufgeführt), erfreute ſich befonders fein oberbayr.
Voltsftüd „Der Paternoftertramer von Eital“
einer fehr günftigen Aufnahme. Ein Werkchen R.’3:
„Die fieben Todfünden der deutſchen Bühne (2.
Aufl.) fand viele Anfeindung, wurde aber größ»
tenteild lobend von der Prefje beſprochen.
Noeder, Ernjt (E. Rotteck), ift am
17. Mär; 1862 in Bettingen-Schmely
geboren, wo fein Vater als geadhteter
Forjtbeamter lebte. Derjelbe bejtimmte
Ernft für den Handelsitand und ließ ihm
eine treffliche Erziehung geben, die ihren
Ausgang in Dresden fand, woſelbſt Ernft
N. Handelswiſſenſchaft ftudierte, Daneben
aber auch viel mit Gefchichts- und Lite
raturwiſſenſchaft fich beichäftigte. Jedoch
nur furze Zeit war R. Kaufmann, feine
Vorliebe für die Mufe ließ für ihn alles
andere in den Hintergrund treten, und
nachdem fein erfter Band Gedichte eine
überaus freundliche Aufnahme gefunden
und es ihm gelungen war, Mitarbeiter
an Dresdner Zeitungen zu werden, bes
ſchloß er, ausſchließlich der ——
zu leben. Er trat zunächſt in die =
daktion des „Deutichen Dichterheims“ in
Dresden ein, jpäter in die des „
Anzeiger“, der er noch jeßt —
Hauptwerke: Junges Leben (Geb.,
1883), Was dad Heimchen zirpt a 1884),
Gedichte (1886) und viele Eſſays, Kritiken *
Zeitſchriften.
Roehl, Friedrich Auguſt, 06. am
17. September 1847 zu Berlin, urjprün
lich aktiver Offizier (Lieutenant im 7. br ins
denburgijchen Inf.Reg. Nr. 60), ſpäter
Bollbeamter, wegen eines aus dem F ld⸗
zuge 1870/71 herrührenden rheumatiſchen
Leidens genöthigt, beide Berufsarten aufs
zugeben. Seit 1878 Journalift; bis zum
September 1883 Mitarbeiter der „Miete
badener Zeitung“, von da ab bis Jun
1885 Redakteur des „Wittenberger Fre
blatt“, von 1885 bis 1887 Rebafte
Röfeler.
ber „Bolt aus dem Riefengebirge” in
Hirſchberg (Schleſien), jet Redakteur
bes „Freiburger Boten” in Freiburg.
Er ift auch Rezenfent für Konzert und
Theater, fomponierte bisher für Orchefter,
Männer: und gemiſchten Chor, Solo:
Inſtrumente. — erwähnenswerth:
Fackeltanz für gem. Chor und großes Orcheſter,
Paſtorale für gem. Chor und Orcheſter, Jäger:
lied für Männerhor und Hornmujil, Romanze
für Bioline und kl. Orcheſter, Ariofo für
Klarinette und Streichquartett, Duverture für
großes Orcheſter ꝛc.
Röſeler, Friedrich Wilhelm, wurde
am 14. März 1848 als der älteſte Sohn
münſter in Holſtein geboren, beſuchte bis
zum Jahre 1862 das Privat-Inſtitut des
Cand. theol. Bruhn ebendaſelbſt. Er be—
abfichtigte, da er großes Talent zum Zeich—
nen befaß, Maler zu werden und bie
Kunftakademie in Kopenhagen zu bejuchen,
wurde aber hiervon durch jeinen Oheim,
den hochverdienten, einit in Schleswig:
Holjtein populären Gtatsrat Detlev
Anton Nend, abgehalten, der ihn auf die
Gelehrtenihule zu Rendsburg fIchidte.
Hier waren es namentlicd) der ausgezeich-
nete deutsche Unterricht und die Interpre—
tationen des Dvid und Virgil jeitens des
Konreftors Lucht, welhe R. begeijterten.
Da er aber weder Neigung zum Theo:
logen, Juriften, noch Mediziner jpürte,
ſchickten die Eltern den, noch mit fich jel-
ber im Unflaren Stehenden in eine Bud
handlung nad Flensburg und damit in
den Kampf um einen gänzlich verfehlten
Beruf; denn es war alles andere, nur
fein Kaufmann in ihm; es intereffierte
ihn weniger der Handel als vielmehr der
Inhalt der Bücher. Zu feinem Glück lernte
er dort den Schriftiteller Wilhelm Senfen,
525
Rogenhofer.
Frankfurt a. M. (1870), furz vor Nuss
bruch des Krieges. Körperlich und geiftig
von der Rheinreiſe erfriicht, fehrte R.
nad dem Norden zurüd, wo Jenjen ihn
bewog, den literariichen Beruf zu ergreis
fen. 1870 begab fi R. nad) Berlin, wo>
ſelbſt er philofophiichen, hiſtoriſchen und
literarhiftoriihen Studien ſich widmete.
Als erfte Frucht der literarhiftorifchen Studien
entitand 1873 die Monographie „Matthias Claus
dius und fein Humor“. Diejer folgte 1876 das
erfte umfangreihe poetiihe Wert „Nordiiche
Eichen. Meiner Heimat Chronik in Dichtungen“,
eine Sammlung Iyriich:epifcher Arbeiten, welche
die nordalbingifhe Heimat des Verf. in Sage
des Malers und Stadtrats Emil N. zu Neu, und Diltorie behandeln, und das dramatijche Srag-
ment „Erich und Abel” enthält, das ſpeziell großen
Beifall errang. 1876 trat R. in die Redaltion
des „Holfteinifchen Courier” und 1881 in die
des „Berliner Fremdenblatt” ein, wo er bis 1886
als Redakteur thätig war. In Holſtein gab er
des plattdeutichen Volksdichters Franz Bodels
Dichtungen heraus und begann noch bier fein
Liebeslied in zehn Geſängen „Dornröschen“, wel:
ches in Berlin vollendet wurde und 1882 erjchien.
Zur Hochzeit des Prinzen und der Prinzelfin Wil:
beim von Preußen dichtete er das allegoriiche
Feitipiel „Die Vermählung”, welches mit vielem
Beifall aufgeführt wurde. Die legte Arbeit, welche
im Drud 1886 erſchien, ift das duftige Harzlied in
zehn Gejängen „Brodenteufel” (2. Aufl. 1887).
Jetzt (1887) ift der Verf. mit einer Sammlung
feiner humoriftiihen Schriften befchäftigt.
NRogenhofer, Alois Friedrid, zu
Wien am 22. Dezember 1831 geboren,
vollendete in feiner Vaterftadt die Gym:
nafial: und juridiihen Studien, befuchte
aber während berjelben jchon die natur=
biftoriichen Fächer, um ſich jpäter dem—
jelben ganz zu widmen. Durd die im
Jahre 1851 erfolgte Gründung des 500»
logiſch-botaniſchen Vereins in Wien ers
hielten die naturgeſchichtlichen Beſtrebun—
gen einen mächtigen Anjtoß. NR. beteiligte
fih mit Eifer an den Arbeiten des Vereins und
feinen Zandemann, kennen, der damals unterjtüßte den eriten Sekretär ©. Frauenfeld
* *
in die Redaktion der „Flensburger Nord: |
aufs eifrigfte und publizierte in den Verbands
lungen diejer (feit 1858) Geſellſchaft eine Reihe
deutichen Zeitung“ als Redakteur einge: | von Auffägen. Die reiche Ausbeute, welche
treten war. Jenjens Einfluß auf R. war die öſterreichiſche Erpedition der Fregatte
ein bedeutender; auf dejien Veranlafjung | „Novara” 1859 mitbradhte, gab R. Ges
nahm er Teil an den Verhandlungen des | legenheit bei dem Präparieren, Beltim-
fünften deutichen SJournaliftentages zu men und Aufitellen des entomologifchen
Rogge.
Materiales hervorragenden Antheil zu
nehmen. 1860 ward R. eine erledigte
Affiftentenftelle am k. k. zoologiſchen Hof:
Kabinette verliehen, und er dadurd in
feine eigentlihe Berufsiphäre gewiefen,
wo er außer dem größten Teile der
Arthropoden (excl. Coleoptern) aud) nod)
die Bibliothef übernahm, und die Über:
fiedelung und Neu:Aufitellung derfelben
1885 im neuen Mufeal-Gebäubde leitete.
Nah dem Ableben ©. v. Frauenfeld’s
(1873) übernahm R. die erſte Sefretärs-
jtelle der k. k. zoologiſch-botaniſchen Ge—
ſellſchaft in Wien und führte durch 13
Jahre die Geſchäfte ſowie die Redaktion
der umfangreichen Verhandlungen.
Durch die Überfiedelungs- Arbeiten des z00lo:
giihen Mufeums vollauf in Anſpruch genommen,
legte R. die Sefretärftelle der zool.bot. Gejell-
Schaft nieder. Inzwiſchen zum 2. Euftos er:
nannt, wurde ihm durch die fail. Akademie der
Wiffenfchaften die Vollendung der Bearbeitung
der 2epidopteren der Novara-Erpedition, welche
Durch den leider au frühen Tod Rudolph Fel—
ders unterbrochen wurde, übertragen; R. ent»
ledigte fich der ihm gewordenen Aufgabe in den
Jahren 1873— 75 in: Neife der öfterreichifchen Fre
gatte Novara um die Erde in den Jahren 1857,
1858 und 59 unter den Befehlen des Commo-
bore B. v. Wüllerftorf-Urbair (zoolog. Teil IL.).
Selbftändig erfhien noh von R.: Lepidoptera
bed Gebietes von Hernftein in Nieberöfterreich
und der weiteren Umgebung (1885), eine Schmet:
terlings- Fauna des jüdöftlihen, namentlich al:
pinen Teiles von Niederöfterreich enthaltend; ferner:
Hymeroptera defielben Gebietes (mit F. F. Kohl).
ALS gründlichen Kenner der heimiſchen Arthro—
poden- Fauna ward R. aud eine überfichtliche
Zufammenftellung derfelben für die vom Verein
für Landeskunde von Niederöfterreich herausge:
gebenen Topographie dieſes Kronlandes (1871)
übertragen, fowie auch feine Aufzeichnungen in
dem vom erlauchten Kronprinzen ind Leben ge
rufenen Werke: Die öfterr.sungariihe Monardie
in Wort und Bild (1886), für die wirbellofen
Tiere Benugung fanden.
Rogge, Friedrich Wilhelm (P. Welf),
geboren am 12. November 1808 in Ran
fendorf (Mecklenburg), verlebte eine trüb:
felige Jugend und entfloh ſchließlich den
Brutalitäten feines, dem Trunk ergebe:
nen Stiefvaters als Heiner Knabe. Unter
vielen Entbehrungen friftete er fein Leben,
526
— — — — — — nn. — — — 8*
— Rohlfs.
die längſte Zeit als Schafhirte bei Land⸗
leuten dienend, bisein herzenswarmer Geift-
licher feiner fih annahm und die guien
Anlagen des Knaben ausbildet. Der-
jelbe wollte dem Predigerberufe ſich wid⸗
men, ftudierte auch auf der Univerfität
Göttingen Theologie; da er aber feine
innere Befriedigung hierbei fand, jo
wandte er fi dem Studium der Philo-
logie und Geſchichte zu, nad) deſſen Ab-
ihluß er Hauslehrer wurde. 1834 ließ
er fih in Schwerin nieder, gab Brivat-
unterricht und erwarb ſich die Gunft
feines Zandesfürften, defien Söhne er in
die Geheimnifje fremder Sprachen eins
weihte. Später fand er außerdem Ans
ftellung als Bibliothefar und zwar hatte
er Vortrag über alle literariichen Neu—⸗
erſcheinungen zu halten, bis zum Jahre
1859, da er uls Lehrer nad Bremen
überfiebelte, In gleicher Eigenſchaft wirkte
er dann noch in Hannover. Bor 1866
war R. thätig bei der „Zeitung für
Norbbeutichland“ und leitete dann nad
einander die „Deutiche Volkszeitung“
in Hannover, das „Journal LAlſacien⸗
in Colmar, die „Deutiche Reichspoft” in
Augsburg und die ee
Frankfurt. Nah dem Ei
genannten Blattes Du N. ——
Privatleben zurüd und lebt noch jetzt
in Frankfurt a. M. 2
Hauptwerte: Fr. Barbarofi fe Grein 1833
Göttinger Mufenalmanad) (1833), Das Bı n
Huldigung (1845), Blüten eyrik (
Aufl. 1847), Muſodoron (1855), Krone ı
Liebe (Trauerfp., 3. Aufl. 1857), Heinz 4
(2. Aufl. 1868), Ein jeltenes Leben (Mut:
1877), Aus Weftminfter-Abtei (5. Aufl. 1880),
Mnemofyne (1885). n
Mohlfs, Gerhard (Muftafa Be:
wurde am 14. April 1831 in Veg
geboren, widmete fih dem Studium der
Medizin und ging nad) deſſen Vollendung
nah Algerien, das er freuz und quer
durchftreifte. Er unternahm außerdem
teils allein, teils mit anderen Reijenden,
wie Zittel, Jordan, Aſcherſon u. A. weite
und ergebnisreiche Forſchungsreiſen durch
Rolandin.
Afrifa und Amerika. 1884 wurde er als
Generaltonful nah Zanzibar geſchickt,
um das Confulat commifjariich zu ver
walten, kehrte von dort im folgenden
Jahre nad) Deutfchland umd - Weimar
urüd. Die wertvollen, ja unſchätzbaren
ejultate feiner Forfchungen legte R. in
folgenden hochbedeutenden Merken nieder:
Reiſe durch Maroffo (2. Aufl. 1869), Reife durch
Nordafrita (1868), Im Wuftrage des Königs
von Preußen in Abeifinien (1869), Sand und
Bolt in Afrifa (1870), Bon Tripolis nad
Alerandria (1871), Mein erfter Aufenthalt in
Marofto (1873), Quer durch Afrika (1874),
Drei Monate in der Lybyſchen Wüfte (1875),
Beiträge zur Entdedung und Erforſchung Afrikas
(1876), Neue Beiträge deögl. (1881), Kufra,
Reife von Tripolis nach der Dafe Kufra (1881),
Meine Miffion nah Abeffinien (1883), Quid
novi ex Africa (1886).
Rolandin, Rol., |. W. F. Brandt.
Noloff, Oscar, geboren am 26. Ja-
nuar 1810 zu Berlin, widmete fich zuerft
dem Buchhandel und glaubte fo feinen
Willensdrang befriedigen zu können, er:
fannte aber bald, daß er meift nur die
Titel, nit aber den Anhalt der Werke
in ih aufnahm. Nach vollendeter Lehr:
eit wurde er Geichäftsführer einer grö-
heren Verlagsbuhhandlung. Zu dieſer
Zeiterfchhien eine Sammlung feiner Gedichte,
nachdem bereits zuvor eine poetische No-
velle Miftewoi der Offentlichkeit übergeben
war. Nach zweijähriger Selbſtändigkeit
als Buchhändler wurde er Photograph
und ihm im Jahre 1871 das Prädikat
als Hof-Photograph erteilt. Seit 1878
fiellte er dem, 1827 von Saphir geitif-
teten, literariihen Verein „Tunnel supra
spream“ feine Wohnräume zur Verfü
und man ernannte ihn zum Schatz⸗
he und Arhivar dieſes Vereins.
Diefe anregenden Sitzungen waren es
wohl, die ihn beftimmten, ſich aufs Neue
der ſchriftſtelleriſchen Thätigkeit zuzumenden
und fo entitanden fein Drama: Wlaska
oder Der Amazonenkrieg in Böhmen und in
in hi
—— Er hiſtoriſches Schaufpiel
527
Rolfus.
Rolfus, Hermann Ludwig, geboren
am 24. Mai 1821 zu Freiburg im Breis-
gau, abjolvierte dajelbit die Lyceal- und
theologiichen Studien unter den berühmten
fatholiihen Theologen Hug, Adalbert
Maier, Hiriher und Staudenmaier. Da—
neben bejuchte er auch zwei Jahre das
pbilologiiche Seminar unter der Leitung
von Baumftarf und Feuerbad. 1843
trat er in das Priefterfeminar in St.
Peter, wurde 1844 zum Priefter geweiht,
und an verfchiedenen Orten als Hilfs:
priefter verwendet. Da der in Baben
damals ausgebrochene Kirchenftreit lange
Zeit die definitive Befegung der Kirchen:
ämter verhinderte, fo fonnte er erſt 1862
die Pfarrei Reifelfingen auf dem Schwarz.
walde vom Fürften von Fürftenberg er-
halten, obgleih er diefelbe jchon fieben
Jahre nebit der Nahbarpfarrei Bachheim
proviſoriſch verwaltete. 1867 präfentierte
ihn die Univerfität Freiburg auf die
Pfarrei Neuthe im Breisgau und erteilte
ihm in demjelben Jahre die Würde eines
Doftors der Theologie. 1875 verlieh
ihm der Bistumsverwefer von Kübel bie
Pfarrei Sasbach am Rhein und 1884
ernannte ihn der Erzbiihof Orbin zum
Beiftlihen Rate ad honorem. Troß
feines vorgerücdten Alters arbeitet der-
jelbe noch in Sasbach ebenjo rüjtig in
der Seelforge, wie in der Literatur.
Schon als Hilfspriefter befchäftigte er fich mit
Vorliebe auf dem Gebiete des Unterrichts und
der Erziehung. Eine fleine Schrift: Die fatho-
liſche Volksſchule, ihre Aufgabe, ihre gegenwärtige
Leiftung und ihre notwendige Umgeftaltung (1859)
zog die Aufmerkfamfeit auf ihn. Die Redaktion
des NKatholiſchen Schulmochenblattes“ wünſchte
deſſen Mithilfe, um dieſes Blatt weiter aus«
dehnen zu können. Infolgedeſſen erweiterte fich
diefe Schulgeitfchrift zum „Süddeutichen Katho—
lichen Schulmochenblatt” unter Redaktion von
Dr. Adolf Pfifter und des damaligen Pfarrver:
weſers Rolfus von Reifelfingen. R. blieb nahezu
ſechs Jahre in der Redaktion (1861— 67). Wäh—⸗
rend dieſer Zeit verband er fich mit Pfifter zu
einem Unternehmen, das feiner Eigentümlichkeit
wegen und wegen gänzlihen Mangels an taug«
lihen Vorarbeiten befonders ſchwierig war. Es
war dies die „Realencyflopädie des Erziehungs:
und Unterrichtsmeiens nach fatholifchen Prinzis
Rollett.
pien (2. Aufl. 1871-75).
wieder mit den forderungen der neuejten Zeit
in Einflang zu bringen, arbeitete R. einen (Supples
ment:) Band aus (1884). Außer diefen Arbeiten
erichienen von ihm: Der Grund des fatholifchen
Glaubens (1862), Verzeichnis ausgewählter Ju:
gendichriften (2. Aufl. 1876), geitfaden der all»
gemeinen Weltgeichichte (3. Aufl. 1876), Geſchichte
des Reiches Gottes (2. Aufl. 1883), (mit Brändle:)
Die Glaubens: und Sittenlehre der fatholifchen
Kirche (1876), (mit Herchenbach:) Luft und Lehre
(1871), Erzählungen aus dem Leben (1876),
Berzeihnis von Büchern, welche für Boltsbiblio-
thefen empfohlen werden fünnen (1876); dazu
noch eine Reihe theologiſcher und Schulſchriften,
Aufläge in Kirchenblättern zc.
Rollett, Hermann, ift am 20. Auguft
1819 zu Baden als der Sohn eines hoch—
verdienten Arztes daſelbſt geboren. Her:
manns empfänglicher Geiſt erhielt ſchon
früh durch die verſchiedenen Sammlungen
ſeines wiſſenſchaftlich ſtrebenden Vaters
und durch die zahlreichen Beziehungen
deſſelben zu bedeutenden zeitgenöſſiſchen
Perſönlichkeiten die reichſten und vielfäl—
tigſten Anregungen.
niger Naturbetrachtung angelegtes Weſen machte
ſich bald in poetiſcher Richtung geltend, und be—
reits während ſeiner Studienjahre an der Wiener
Univerfität gegen 1840 bradten Wiener Blätter
verheißungsvolle Gedichte von ihm. Sein 1842
erichienenes erſtes Iyrifches Buch, die „Lieder:
kränze“, legte in den Grundzügen aud Schon fein
ganzes dichteriiches Weſen Har. 1845 erfchienen
neue Lieder und Geſänge zu Jena, wo R. ſich
nach einer deutichen Fahrt für einige Zeit nieder:
gelajien hatte, unter dem Titel „Frühlingäboten
aus Oſterreich“, die als eine wahre „Frühlings:
botichaft‘‘ begrüht wurden und dem Dichter einen
weithin wohlklingenden Namen madten. Gleich
im nächſten Jahre darauf folgte fein reich:
töniged „Wanderbuch eined Wiener Poeten“
und jhon im nächſten Jahre fein fchöner Lieder:
band „Friſche Lieder”. 1848 erfchien feine von
ſcharfem Zug durchwehte leine Dichtung „Ein
Waldmärden aus unjerer Zeit, und im Jahre
der Freiheitsbewegung ſelbſt
ſchwungvollen „Kampflieder“ ꝛc. Alsdann folgte
eine Reihe von dramatiſchen Dichtungen: (1851)
„Die Ralunken“, „Thomas Münzer“ und
„Flamingo“', ein Stück Weltkomödie. 1853
erſchien ſeine liederdurchwobene Erzählung
„Jucunde“ und 1854 ſeine „Heldenbilder
und Sagen“. 1855 kehrte R. in ſeine
öſterreichiſche Heimat zurück. Obwohl er
ſich bald in feinem Geburtsorte vielfach
Um dieſes Bei |
Romana,
in öffentlihen Angelegenheiten geltend
machte und in hervorragenden Stellungen,
‚die er in der Gemeinde einnahm und teil
weile nocd einnimmt — er wurde zum
Gemeinderat (jpäter auch zum Vice-Bür:
germeijter), zum Bezirfsihulrat und Orts⸗
ihulaufjeher, ſowie 1876 zum Stadtardis
var und Mufeumfuftos gewählt —, ſich
eifrig thätig bewährte, jo ließ er doch
niht nur das poetische, von ihm jo er-
folgreich bebaute Feld nicht brach liegen,
fondern er widmete ſich jeit länger als
einem Jahrzehnt auch eifrigit wiljenjchaft-
lichen Arbeiten. In erfterer Beziehung giebt
feine mit manden neuen Gedichten geihmüdte
„Auswahl“ (1875) den Beweis, ſowie fein Gha—
ſelen⸗Cyklus „Offenbarungen“ (1869); und in
legterer Hinfiht find — nebit literarbiftorifchen
‚(und ſtadtgeſchichtlichen) — feine tiefeindringen-
den kunſthiſtoriſchen Arbeiten Zeugnis, von welchen
feine bereitö veröffentlichten Studien über die
gegenwärtig fait einzig von ihm wiſſenſchaftlich
behandelte Gemmenſchneidekunſt von Fachkundigen
erſchienen jeine
als ‚feine und präcife Darſtellungen“ geihägt
werden. Auch ald Goetheforicher hat ſich R. her⸗
Sein beſonders zu fin- vorgethan, wie fein großes, auf vieljährigen Vors
arbeiten beruhendes Prachtwerk „Die Goethe
Bildniffe‘ (1881—82) beweiſt.
Nomana, 8, f. A. Conwentz.
Roquette, Otto, zu Krotofhin am
19. April 1824 geboren, abfolvierte das
Gymnafium zu Frankfurt a. d. O. und
bezog 1846 die Univerfität Heidelberg.
Dort, Später in Berlin und Halle wid:
mete fih R. dem Studium der Philojophie,
Philologie und Geihichte, wurde 1850
zum Doktor promoviert und gab ſich nad
einer längeren Studienreife dem Lehrer
berufe zunächft in Berlin, jpäter in Dres
den hin. Im Jahre 1857 zog er nad
' Berlin zurüd, bekleidete eine Profeffur für
Literaturgefhidhte an der Kriegsafademie
und hielt öffentlihe Vorträge, bejonders
über neuere Literaturgeichichte. Bon 1867
bis 1869 wirkte er als Lehrer an der
Gewerbe-Akademie zu Berlin, alsdann
folgte er einem Rufe als Profeilor am
Polytechnikum nad) Darmitadt, wo er noch
jegt lebt. Den größten literariihen Er:
‚folg errang R. gleich mit feinem erjten
Rofcher.
Merk Waldmeifters Brautfahrt, das in fei-
nem deutjchen Haufe fehlt, wo edle Poeſie
eine Heimjtätte findet, eines ber zarteſten
und duftigften Erzeugniffe unferer poe—
tifchen Literatur. Wenn R. auch mit fei-
nen ſpäteren Echöpfungen zweifellos auf
ber Höhe des Parnaß fteht, — jene hat er
niemals wieder erreicht, auch ift ihm ein
zweiter fo großartiger Erfolg nicht mehr
zuteil geworden.
Hauptwerke: Waldmeifterd Brautfahrt (1851,
59. Aufl. 1886), Liederbuch) (1852, 3. Aufl, 1880),
Der Tag von St. Jakob (1852, 4. Aufl. 1879),
Herr Heinrich (1853, 2. Aufl. 1854), Hans Haide—⸗
tutuf (1855, 2. Aufl. 1857), Rebenkranz zu Wald»
meifters filberner Hochzeit (1856, 5. Aufl. 1885),
Erzählungen (1859), Heinrich Falk (1859, 2. Aufl.
1879), Reue Erzählungen (1862), Sufanne (1864),
Novellen (1870), Welt und Haus (1871 und
1875), Euphrofyne (1877), Das Buchſtabierbuch
der Leidenſchaft (1878), Im Haufe der Bäter
(1878), Die Prophetenſchule (1879), Inga Svend»
fon (1883), Neues Novellenbuch (1884), Große
und Eleine Leute in Alt:Weimar (1886), Uber
die Wolfen (1887). Außerdem: Das Neich der
Träume, Dramaturgifhe Dichtungen, Gevatter
Tod, Gejchichte der deutfchen Dichtung (3 Aufl.),
Fr. Preller (1883.)
Roſcher, Wilhelm, zu Hannover am
21. Oftober 1817 geboren, widmete fid)
dem Studium der Nedts- und Staats:
willenihaften in Göttingen und Berlin,
promovierte 1839 und habilitierte fich
im folg. Jahre in Göttingen, wurde da—
jelbft 1843 außerord. und 1845 ord.
Profeffor. 1848 berief ihn die Univer:
fität Leipzig, an welcher er noch heute
lehrt. R. hat fih durch fein literarisches
Schaffen einen Platz zwifchen den erften
Nationalöfonomen der Gegenwart er:
worben.
Hauptwerle: Zur Geichichte der englifchen Volks—
wirtſchaftslehre im 16. und 17. Jahrhundert
(1851-52), Über Kornhandel und Teurungs»
politif (3, Aufl. 1852), Kolonien, Kolonialpolitif
und Auswanderung (3. Aufl. 1855), National:
Öfonomie des Aderbaued (10. Aufl. 1882), Ge:
ſchichte der Nationalötonomie in Deutfchland
(1874), Anſichten der Volkswirtſchaft (3. Aufl.
1878), Grundlagen der Nationalöfonomie (17,
Aufl. 1884), Nationalölonomie des Handels |
Gewerbefleihes (3. Aufl. 1882).
Das literarifhe Teu:ichland,
529
— Roſegger.
Roſegger, Petri Kettenfeier, wurde
zu Alpl in Oberfieiermart am 31. Juli
1843 als ein Sohn braver Bauersleute
geboren, die ihn, ihrer befchränften Ver:
mögenslage halber, feine Schule befuchen
lafjen konnten, jondern den Kleinen früh
Ihon zur Feldarbeit, zum Viehhüten u.
dergl. anhielten. Das war in einer Bes
ziehung gut für den Anaben; erftarfte doch
feine ſehr ſchwächliche Konftitution in der
friichen Bergesluft, von früh bis fpät
unter freiem Himmel. Aber er betrach—
tete mit jenen Arbeiten fein Tagewerf
nicht als vollbradt. Ein jugendlicher
Autodidakt im wahrſten Wortfinne, ftrebte
der Knabe ratlos vorwärts und verichlang,
nahdem ein alter Dorfichulmeifter ihn
lefen und jchreiben gelehrt, mit Gier alle,
ihm erreichbaren Bücher, auch beichrieb
er jedes ihm in die Hand fallende Stück—
hen Papier mit Gedichten, kleinen Er-
zählungen ꝛc. — Als die Eltern einfahen,
daß ihr Junge für den landmänniſchen
Beruf niemals körperlich Fräftig genug
werden würde, gaben fie ihn zu einem
Echneider in die Xehre, mit dem der junge
Naturpoet nun von Dorf zu Dorf, von
Hof zu Hof z0g, um die Schäden an den
äußeren Menſchen des Landes auszus
befiern. Bis zu feinem 22. Jahre ge—
hörte R. der edlen Nadelkunft, dann neigte
fih ihm feine Glüdsgöttin zu: der Re—
dafteur einer Grazer Zeitung „entdedte‘
den jungen hoffnungsberechtigten Dichter
und half ihm mittels eines Aufrufs an
vermögende Riteraturfreunde auf den Per
gafus, den er ſpäter jo glänzend zu meis
tern verjtand. R. begann alsbald mit
der ihm eigenen Energie die Lüden feines
Wiſſens zu bearbeiten, aber wenn er auch
in feiner früheren Wirkſamkeit manches
tüchtige Loch geflidt und mande kunſt⸗
volle Ausbeilerung vollbragt hatte —
dieje war ein hartes Stüd Arbeit; denn
aus Lücken bejtand eigentlich fein ganzes
Willen. Aber es gelang. Bier Jahre
befuchte er die Handelsafademie in Graz
und fpäter vervolljtändigte er fein Willen
34
—
Roſenberg.
noch durch manche Reiſe ins Ausland.
Durch fein erſtes, durch Rob. Hamerling
unterſtütztes Werk Zither und Hadbrett (Geb.
in oberfteir. Mundart, 1869) erwarb fi N.
ein Zandesftipendium, mit welchem er für
weitere drei Jahre feinen Studien [eben
konnte. Nun folgte ein Werk dem an:
deren, faft alle aus der poefievollen Hei:
mal des Dichters. Er, der jein Leben
bis dahin unter dem Volk zugebradt
hatte, war wohl berufen, von dieſem zu
erzählen, feine Eeele aufzublättern und
uns jede Seite lefen zu laſſen. So ijt
Roſegger denn auch ein echter Volfsdichter
geworden, einer der echteften feiner Zeit,
der es verftanden hat, mit dem ihm ans
vertrauten Woetenpfande zu wuchern.
Seit 1876 giebt R. die Monatsichrift
„Der Heimgarten‘ heraus. Er hat feinen |
Mohnfig noch jegt in Graz, nur den
Eommer auf feiner ländlihen Befigung
bei Krieglach in Steiermart verlebend, |
hier, im Herzen feines Vaterlandes, ftets
neue Eindrücke fuchend und findend, bie |
er in feinen noch Jahr für Jahr neu
erfcheinenden hochpoetiihen Werfen nieder:
legt.
— — Das Buch der Novellen, 1., 2.,
3. Band, Die Schriften des Waldſchulmeiſters,
Sonderlinge, Die Älpler, Voltsleben in Steier—
mark, Heidepeters Gabriel, Waldheimat, 1., 2.
Band, Feierabende (Sommerabende, Winter
abende), Am Wanderitabe, Sonntagsrube, Dorf:
fünden, Meine ferien, Der Gottſucher, Neue
MWaldgeihichten, Das Geſchichtenbuch des Wans
derers, 1., 2. Bd., Bergpredigten, Höhenfeuer,
Allerhand Leute. Dinlehfäriften: Bither und
Hadbrett, Tannenhary und Fichtennadeln, Stoan—
iteirifch.
NRofenberg, Adolf, wurde am 30.
Januar 1850 in Bromberg geboren, ab:
folvierte das dortige Gymnaſium und be
zog im Jahre 1869 bie Univerjität zu
Berlin. Nach Vollendung. feiner philo—
logiihen und archäologiihen Studien
und nachdem er zum Doftor promo—
viert worden (1872), widmete er fid)
der Journaliſtik. Im Jahre 1875 trat er
in die Redaktion der „Bolt“ in Berlin,
welcher er noch heute angehört. Lite:
530
Rofenthal.
rarifh erwarb fih R. vornehmlich) einen
Ruf durch feine „verdienftlicen Werte
über Kunftgefchichte, auf welchem Ge:
biete er als Autorität geachtet wird.
Hauptwerke: Die Erinyen (1873), Die deut:
ſchen Kleinmeifter (1877), Die Arditeltur Ber:
(ins (1877), Lukas von Leyden (1877), Palma
veechio (1879), Die Berliner Malerichule (1879),
Aubensbriefe (1881), Die Architektur Deutſch—
lands (1882), Geſchichte der ınodernen Kunft
(1882), Guericault und Delacroir (1885),
Rernet, Delarohe und Nobert (1886), Die
Münchener Malerichule (1887), Tie Rubens:
itecher (1888).
Roſeuthal, Hermann, wurde am 18.
Xanuar 1837 in Magdeburg als der Sohn
eines Kaufmannes geboren. In feinem
dreizehnten Jahre verlor H. den Vater,
einen hochgebildeten Dann, der in dem
Knaben frühzeitig Einn für Kunft umd
Wiffenfchaft zu weden ftrebte. Sein Plan,
fi) der Muſik zu widmen, ſcheiterte an
der Anſchauungsweiſe feines Vormundes
und feiner Verwandten, deren Begehren,
den kaufmänniſchen Beruf zu ergreifen,
er hartnädigften Widerftand entgegenjegte.
So wurde er, nahdem er feine Bildung
unter mannigfachen Entbehrungen voll»
endet hatte, Schriftfteller. Seine haupt:
fählichite Thätigkeit wandte er der Drama:
turgie zu.
1864 entftand R.'s erftes, für die Öffentlich
feit beftimmtes Wert Adonis (Schaufp.), welches
mit Erfolg über die meiften deutichen Bühnen
ging (auch im Buchhandel erſch.) Demfelben reib:
ten fich in fchneller Folge an: Inkognito (Schaufp.,
| ins Englifche überjegt), Der König Ichläft (Luftip.),
Das Vaterland ruft (Schaufp.), Joujou (Poſſe),
Geheilt (Luſtſp.), Dalmar (Dr.); die Opernterte:
Gabriele d'Eſtres, Hohenaar (meiſt mit Erfolg
| aufgeführt). ferner: Enghien (Trauerfp.) und
Schneeglödchen (Luftip.). 1872 verfaßte R. die
Brofhüre: Zweijährig⸗Freiwillige. Die in diejer
Schrift niedergelegten a ltsmirtiiaftlicen Ideen
fanden viele Anerkennung. 1887 erſchien von
%. „Frauenlob'“ (atiriſches Epos zur Natur:
gefchichte des Weibes) und ein Eyclus Satiren,
Lerche's wilde Geichichten‘‘ betitelt, auch lieferte
R., der ſich mit Erfolg im Schachſpiel verfuct,
für die Modezeitung mehrere Schahaufgaben.
Roſeuthal-Bonin, Hugo, wurde
geboren am 14. Oftober 1840 zu Berlin,
jtudierte Medizin, Naturwiflenichaften und
Rofenzweig. —
Belletriſtik, wurde Schiffsarzt und machte
ausgedehnte Reiſen bis Japan. 1872
trat er in die Redaktion von „Über Land
und Meer“, wo er noch wirkt. Er iſt
einer der talentierteſten Hauptvertreter
des Ausländiſchen und des Seeromans,
eine gedankenreiche, phantaſievolle Dich—
ternatur.
Hauptwerke: Der Bernſteinſucher, Ein heiteres
Buch, Der Diamantſchleifer, Das Gold des Orion,
Der Heirats-Damm, Schwarze Schatten, Die
Tierbändigerin, Unterirdiſch Feuer, ein Novellen:
buch, das in allen Areifen
erregte.
Rofenzweig, Leon. Ich wurde am
29. Zuli 1840 zu Czernowitz geboren.
Mein Vater, ein angejehener, wohlhaben⸗
der Kaufmann aus einer der älteften Fa-
milien der Bukowina, hatte anfangs bie
Adficht, mid) Theologie jtudieren zu laflen,
beitimmte mid) jedoch jpäter, als ich ent-
ſchiedene Abneigung dagegen befundete,
für den Handelsftand. Ich fam auch ſchon
im Jahre 1854, nachdem ich vorher ent:
fprehenden Privatunterricht, namentlid)
in fremden Spraden, genolfen, in das
Großhandlungshaus, das mein Vater in
Bukareſt errichtet hatte; anfangs als
Praktikant, dann als Leiter deffelben und
ipäter als deſſen alleiniger Befiger. In
16 Jahre, während welcher ich viele Ge-
ſchäftsreiſen nad Deutichland, Frankreich,
England und Stalien unternahm. 1871
überfiedelte ich wieder nach meiner Bater-
ſtadt, wo ich mir ein Bankgeſchäft errich—
tete, dem ich nody heute vorjtehe. Ic
bin feit 1868 verheirathet. Seit 1874
bin ich Mitglied des Czernowitzer Gemeinde:
rates, wo ich teils in der Finanz⸗-, teils
in der Schulfektion wirke. Seit mehreren
Jahren bin ich auch regelmäßiger Bericht:
eritatter des jtäbtiichen Budgets und Mit-
glied des Stadtichulrates.
Schriftitellerei betreibe ich ſeit früheſter Jugend.
5831
berechtigtes Auffehen |
Rofetti-Eofta.
„Neue dramatiſche Sprichwörter” im Buchhandel
erfchienen find. Roderich Benedir, mit dem ich
perfönlich befannt war, hat ſich in’ freundlicher
Weiſe über diefe Erzeugnifie geäußert. 1881 und
1883 veröffentlichte id anonym zwei Flugſchrif⸗
ten über brennende Tagesfragen, betitelt: „Was
ift Wucher?“ und „Wir Juden“. Diefe letztere
Schrift, in welcher den Juden die Ausfichtälofig-
feit dargethan wird, jemals wahrhaft vollderechtigt
in einem modernen Staate leben zu können, jo
lange fie an ihrem Glauben fefthalten, erregte
befonder8 in Galizien und der Bukowina Auf
fehen. Seit dem Jahre 1883 ſchreibe ich für das
Feuilleton der Bufomwinaer Rundſchau, dem ber
vorragendften Blatte der Provinz, Erzählungen,
die Beifall finden und vielfach nachgedrudt wors
den find. Eine ausgewählte Sammlung deriels
ben gedenfe ich demnächſt in Buchform heraus»
zugeben.
Roſetti-Coſta, Yulius, geb. am
2. Juni 1841 in Venedig, nad kurzem
Aufenthalte dafelbjt und in Spalatro
in Dalmatien, wo fein Water ftarb, in
Graz und Ling deutſch erzogen, trat
im Jahre 1857 in die Gefellichaft
Jeſu ein und wurde 1867 zu Inns—⸗
brud zum Prieſter geweiht. Nach
Vollendung der im Orden üblichen lanıs
gen Studienlaufbahn ward er 1868 zum
Lehrer der Scholaftiichen Philoſophie für
‚die ftudierenden Kleriker der Gefellfchaft
Jeſu im Kollegium zu Preßb ,
der rumänijchen Hauptitabt verbrachte ich N gium zu Preßburg ernannt
Eeine Lehrthätigfeit dafelbft wurde 1871
bis 1872 durch einen Aufenthalt in Bra
und Tyrnau unterbrochen und fpäter *
ſeine Beſchäftigung in anderen Ämtern:
1875/76 in der Erziehungsanſtalt zu
Kalksburg bei Wien und 1876/77 zu St.
Andrä in Kärnthen. Hierauf wurde er
‚wieder mit dem Lehramte der Philofophie
‚betraut und in das Ktollenium von Stony«
hurſt in Lancaſhire in England berufen
(1877). Im nächſten Jahre fehrte er zu
‚feiner früheren Lehrthätigfeit in das Kols
‚legium zu Preßburg zurüd.
| Im die folgenden Jahre fällt die Abfaſſung feis
‚nes Hauptwerfes, eines Lehrbuches, welches die
Schon als Knabe verfaßte ich Fleine Erzählungen. | gefammte Morals und Rechtäphilofophie umfaßt
Dann habe ich eine Reihe von einaktigen Luſt- | und ſyſtematiſch darftellt. Die erjte Auflage von
fpielen gefchrieben, von denen zwei zur Auffüh- ‚1883 trägt den Titel: Synopsis Philosophiae
rung gelangten (in Bufarejt und Graz). und jechs | moralis ete., die 2, Aufl. (1886) folgenden:
unter den Titeln „Dramatiſche Sprichwörter” und | Philosophia moralis seu Institutiones Ethicae
34*
Roßbach. —
et Juris naturae secundum principia Philo-
sophiae Scholasticae praevertim S. Thomae,
Suarez et De Lugo methodo scholastica elu-
eubratae. Einen Abſchnitt diefes Werkes begann
der Berfaffer deutich zu bearbeiten und zu ermeis
tern in einer Artifelrcihe in der Zeitfchrift „Ehrift:
lich⸗ſoziale Blätter” unter dem Titel „Abriß eines
Syſtems der Nationalöfonomie im Geifte der
Scholaſtik“. In feinem bedeutenden Werke er:
faßt R. die großen ethiſchen Prinzipien des ſcho—
laftiihen Mittelalterd in ihrer Bedeutung für das
foziale Wohl und giebt fie mit wiſſenſchaftlicher
Klarheit auf die Zeitverhältnifie angewandt wie
der. Bon feinen Schriften find hervorzuheben:
Katehismus der Andaht zum göttlichen Herzen
Sefu (ind Spaniſche überfegt), Katehismus der
Andacht zum unbefledten Herzen Mariä. Außer—
dem fchrieb R. verſchiedene Bücher-Rezenfionen
und Artikel für Zeitfchriften.
Roßbach, Auguft, geboren den 23.
Auguft 1823 zu Echmalfalden im. che:
maligen Kurheſſen, Sohn des Rektors am
lutherischen Lyzeum und nady deifen Auf:
bebung an dem Progymmafium und der
Stadtſchule ſowie Schulinſpektor, wurde
auf dem Gymnaſium in Fulda 1840 bis
1844 vorgebildet, bezog dann die Uni—
verfität Leipzig, wo er 1844—46 beſon⸗
ders ©. Hermann und W. U. Beder
nahe trat, jtudierte 1846—48 unter Th.
Bergk und Nubino in Marburg, hörte
gleichzeitig die Vorlefungen von Profeſſor
Gildemeiſter über vergleichende Grammatik
und orientaliiche Philologie, habilitierte
fih 1851 als Privatdozent der klaſſiſchen
Philologie in Tübingen, wo er im Jahre
1853 zum außerordentlichen Profeſſor be:
fördert wurde. 1856 folgte er einem Rufe
als ordentliher Profeſſor, Direktor des
philologifhen Seminars und des archäo—
logiihen Mujeums an die Univerjität
Breslau, wo er noch wirft. Der Kreis
feiner Vorleſungen erſtreckt ſich feit einer
Reihe von Jahren hauptſächlich über grie:
chiſche Neligionsgeihichte und Kunſtge—
ſchichte, griehiiche Grammatik, Metrik und
Siteraturgeihichte, Homer, die Tragifer
und Pindar. Das archäologiſche Muſeum
hat er von Grund aus umgejtaltet, ſodaß
es als das zweite nad) dem Muſeum der
Univerfität Bonn bezeichnet werden darf. | Studiums beftand er fein €
532 —
Roth.
Hauptwerke: Thefeus und Peirithoos (Habis
fitationsfhrift 1851), Unterfuchhungen über die
römifche Ehe (1853), Meirit der griechiſchen Dra:
matifer und 2yrifer (mit R. Weftphal, 1854 bis
1856, 3. Aufl. 1887), Tibulli libri (1859),
Catulli carmina (1860), Römilche Hochzeit3- und
Ehe-Dentmäler (1870), Eine Anzahl von Abhand⸗
lungen ald PBroömien zu den Indices lectionum
Universitatis Vratislaviensis beſonders über
Kritik des Äſchylus und griechiſche Metrik.
Roth, F. Wilhelm E., wurde am 6.
Auguft 1853 zu Eltville als Sproß einer
alten Gelehrtenfgmilie geboren. Er ſtu—
dierte zuerft fath. Theologie, darauf, ins
folge des Kulturfampfes, Geſchichte und
Diplomatif. Im Befige.ausreichender Mit⸗
tel, beſchloß er, ganz der Wiffenfchaft zu
(eben und lich ih in Wiesbaden nieder.
Er verfaßte in den Jahren 1879—87
die Schriften: Nafjau’s Kunden und Sagen,
Oberurſler Reimchronik, Geſchichte des römiſchen
Königs Adolf von Vaſſau, Fontes rerum Nas-
soicarum, weldes Werk leider ohne St
ftügung blieb und deshalb nicht fortg
Später verlich N. Wiesbaden u
jiedelte nah Darmftadt. Infolge der Ver
bindungen mit dein Benediftinerorden ver-
legte ſich R. wieder auf die hiſtoriſche Theo-
logie und lieferte: Die Bifionen der
Eiifabeth von Schönau, Petrus Domiani,
von Deus, nebenbei aber auch germaniſche,
rifhe und bibliographiiche Schriften und
deren Wert anerkannt wurde.
Roth, Richard, wurde am 1. Februar
1835 in dem Thüringer Waldort Siuß—⸗
haus bei Ohrdruf geboren. Sein Vater
bekleidete dajclbft die Stelle eines Unter
förfters, wurde aber, als Nic). kaum das
zweite Lebensjahr erreicht hatte, als Kon⸗
troleur nad) der Saline Ernftleben be
Bufleben unweit Gotha werjegt. Des
Knaben Lieblingswunidh, Pfarrer zu wer⸗
den, jcheiterte an der Mlell
Vaters; fo wandte fich feine volle Nei
gung dem lehramtlihen Berufe zu. X n
vorbereitenden Unterricht genoß er bei dem
Pfarrer eines nahe gelegenen Ortes, bis
er in feinem neunzehnten Lebensjahre Auf
nahme in das Lehrerieminar au Ce Ja
fand. Nad) fünf Jahren angeftrengte
wurde.
über:
Rothenburg.
Sculamtsfandidat, um dann foglei als
Bürgerſchullehrer nah Waltershaufen
überzufiedeln. Eine chroniſche Erkrankung
des Halſes machte es ihm bald unmög-
lih, feinem Beruf, dem er mit voller
Liebe zugethan war, treu zu bleiben.
Schweren Herzens fiedelte er mit einer
ſehr Fleinen Benfion nad) Gotha über, wo
er mehrere Jahre lediglich feiner Geſund—
beit leben mußte. Darauf erhielt er an
der dortigen berzogl. Staatsbuchhalterei
den Bolten eines Hilfsbuchhalters. Solcher
vermochte feinen Neigungen auch nicht im
entferntejten zu entſprechen. Zudem ver:
Ihlimmerte fi feine Krankheit infolge
der ungewohnten, äußerjt ermüdenden Ar:
beit neuerdings wieder. Da wurde ein
unbedeutendes Ereignis die Veranlaffung
zu einer Neugeftaltung feines Lebens. Es
wurde der Wunſch in ihm gewedt, Schrift:
fteller zu werden und als folder bie er:
ziehlihe Einwirkung auf die Jugend wie:
der aufnehmen zu fünnen. Sobald es
ihm feine Verhältniſſe geftatteten, fchied
er aus feiner Stellung und verzog nad)
Friedrichsrode.
Hier wandte er fi ernjten Studien zu, bes
fonderd feinem Lieblingsftudium der Geſchichte,
deſſen Refultate er dann mit Glüd in feinen lites
rariſchen Arbeiten zu verwerten verftand, die den
beiten der einfchläglichen Literatur beizuzählen find.
Bon feinen zahlreihen Schriften feien nur einige
genannt: Der Burggraf und fein Schildfnappe,
Raijer-Hönig und Bapit, In den Werkſtätten,
Treuberz oder Trapper und Indianer, Gott bracht’
eö an den Tag, Prinz Eugen der edle Ritter,
Durch Liebe befiegt, Recht befteht, Unrecht ver:
geht, Stanley’3 Reife durch den dunklen Erdteil,
Er führt es herrlich hinaus, Der Tigerjäger, Ein
nordifcher Held, Der Tolpatich, Gefühnt. Außer—
dem find zahlreiche Schriften im „Jugendgarten“
und in der „Sinderlaube‘ veröffentlicht worden.
Rothenburg, Adelheid von, wurde
am 4. April 1837 zu Krumhavel bei Sol:
din in der Darf als Tochter des Nitter-
gutsbefigers D. v. Zaſtrow geboren. In
Eoldin, wohin die Eltern nad Verkauf
533
Rothenburg.
fen über, wo eine größere Befigung ans
gekauft worden war. Die fremde pol
nische Umgebung bedingte für die Familie
eine ArtEinfiedlerleben; fo war das heran
wachlende junge Mädchen gezwungen, bie
Quellen der Unterhaltung, Anregung und
des Genufjes innerhalb des eignen Ichs
zu ſuchen. Die wiſſenſchaftliche Ausbils
dung dur Hauslehrer wurde von der
feinfinnigen Mutter nach jeder Weiſe er:
mweitert umd gefördert, aber der Neigung
zur Schriftſtellerei, welche bei den Töch—
tern mehr und mehr hervortrat, ernftlich
entgegengearbeitet. Den glüdlichen Kin:
derjahren folgten fchwere Zeiten — Todes:
fälle, jchwere Erkrankungen, Entbehruns
gen, Täufhungen machten das junge Mäd—
hen früh mit dem Ernjt des Lebens ver:
traut. 1861 vermählte fie fid) mit ihrem
Vetter v. Rothenburg, der als Hauptmann
in Etettin ftand. Dort verlebte das junge
Baar ein Jahr des reiniten Glüds; dar:
auf folgte eine Verſetzung, an welche ſich
eine lange Zeit der Unruhe und des be:
ftändigen Wohnungswechiels ſchloß. Die
Revolution an der polniihen Grenze er:
forderte eine Beſetzung derſelben durch
preußiſche Truppen; in einer kleinen pols
niſchen Stadt, wo feites Quartier genoms
men ward, erwadte in A. v. R. die Neis
gung ihrer Jugend, fie griff zur Feder
und jchrieb Hier ihre eriten kleinen Er—
zählungen. Das Kriegswetter des Jahres
1866 entriß fie dieſer frieblihen Beſchäf—
tigung; doch als am Ende des Jahres
1870 der Hausftand in Köslin fi neu—
begründete, nahm fie ihre ſchriftſtelleriſche
Thätigfeit wieder auf, foweit e8 die Sorge
für ein angenommenes Kind und Die
Pflege des kränklichen Mannes zulieh.
1877 ließ ſich die Familie in Darmitadt
nieder, welcher Aufenthalt für den von
ichwerer Krankheit genejenen Gatten ge:
wählt worden war.
U. v. R. ertannte bald, dab die Schriftitellerei
ihres Gutes gezogen, erhielt A. v. K. ihren für fie ein, wenn aud) verfpäteter Beruf fei. Sie
eriten Unterricht. Vier Jahre ſpäter fiedelte
die Familie nach dem Großherzogtum Po:
Ihrieb hier „Katharine aus Angerbach“, eine
Bolkserzählung, die einen Preis gewann, dann
da3 „Tagebuch einer Haushälterin”, „Waflers
534
ſ. w. Bon feinen trefflihen Schulwerfen: 2
Leſebuch für die une Rechen der Gymnaſien
(6.8. Aufl); » und Yufgabönfaniemelike
Rothplep. Rubinftein.
müller und Windmüller”, „Die Näberin von Stet- teir
tin“, Während einer ſchweren, drei Jahre anhal⸗
tenden Augenkrankheit diktierte fie ihrem Manne: Bei
„Die verſchwundene Kriegskaſſe“, „Ein Sommer: | für die,'mittln I end, Gymnaſ. (4. Aufl.
tag“, „Aus der Tiefe” und „Verworrenes Garn“. | Wörterbyh;amr Historia: antiqua, Nepos und
Mieder bannte, nachdem fie einigermaßen berge: | Caesar. de bello Gallico (4. Aufl.), Kurze
ftellt war, eine Krankheit auf Leben und Tod | Chreftomathie aus Iatein. Dichtern (4. Aufl.).
ihren Mann und damit duch fie in das Kranken-
zimmer. Etwas früher ſchon hatte fie die Eltern |
begraben und der geliebten Mutter in dem „Was
unlere Mutter auf Erden erlebte‘ ein Dentmal |
errichtet, das ihrer Mbfiht nah nur für dem |
nädjten Verwandten» und Freundeskreis beitimmt
mar, dennoch aber in weiteren Streifen befannt
geworden ift. Es folgten dem „Berworrenen
Garn“: „Jenſeits der Grenze“, „Aus der Tiefe‘, |
„Erlöft“, ſowie die heifiihen Volksgeſchichten und
andere fleinere in verichiedenen Sonntags» und |
BVoltsblättern erichienene Erzählungen, welche noch
efammelt werden follen. Die Kritit hat die
—** Erzählungen, getragen von einem from⸗
durchweht von reiner |
men Gottesglauben und
unverdorbener Zuft, jehr günjtig beurteilt und
dazu beigetragen, daß die Autorin einen weiten,
fie liebenden Leferfreis um ſich verfammelt hat.
Rothpletz, Emil, geb. am 22. Fe
bruar 1824 zu Narau, amtiert als Vor:
fteher und erfter Profeſſor der friegswillen-
fhaftlihen Abteilung am eidgenöffiichen
Polytechnikum in Züri. Literarifch ift
N. außer in Fachzeitichriften mit nach—
folgenden Werfen, durch die er fich hohe
Verdienite um die Förderung der Kriegs:
wiſſenſchaft erworben hat, hervorgetreten:
Taktik und Felddienſt der Artillerie (1866),
Die Ichweizeriihe Armee im Felde (1869), Die
Führung der Armee:-Divifion (1876), Inftruftion
über den Sicherheitödienft der Infanterie (1877),
Syſtem der Landesbefeitigung (2. Aufl. 1880),
Das Infanteriefeuer (1882), Terraintunde (1885),
Die Gefechtämethode der drei Waffengattungen
(1. Geſchichtliche Entwidelung, II. Die Infanterie,
III. Die Kavallerie, IV. Die Artillerie, 1886
bis 1887).
Rozsek, Joh. Aler., geboren am 28.
November 1824 zu Stein-Sedliſcht in
Böhmen, ftudierte Philoſophie unter Cur—⸗
tius und Schleicher in Prag, war Gym—
nafiallehrer und Profeffor in Hermanns
ftadbt und Graz, ift feit 1873 Landes—
fhulinipeftor für Steiermarf.
Bon feinen wiffenihaftlihen Abhandlungen
feien folgende erwähnt: Über Gäfars Rheinbrüdte,
Über Juftins Latinität (latein. geſchrieben), Über
„nobiscum“, Über 5 Juſtinus-Handſchriften u.
Nubinjtein, Sufanna, iſt am 15.
September 1847 in Czernowitz in ber
Bufowina geboren. Mütterlicherjeits früh:
zeitig verwaift, verbrachte fie eine ein-
jame Jugend, in welcher ihr, um die He
bung der Kultur ihres Landes fehr ver
dienter Vater (faif. Nat und Neichsrat-
abgeordn.), ſowie eine geiftuolle franzd-
füche Erzieherin ihren. Bildungsdrang zu
nähren fuchten. Sie ftubierte privatim
das Gymnaſium und bezog Oftern 1870
die Prager und drei Jahre fpäter bie
| Leipziger Univerfität. 1874 zum Dr.phil.
promoviert, hofpitierte fie noch ein
in Zeipzig und darauf in Heidelberg und
Münden. Ihr feites unverrüdtes Ars
beitsfeld ift die Piychologie, worüber fie,
häufig durd Krankheit unterbrodhen, Die
fenforiellen und jenfitiven Sinne und
logiich-äfthetiiche Effays, I. und II. Folge,
wie verfchiedene Auffäge in Fa te
veröffentlicht hat. Gegenwärt Du mit
einer neuen piychologiihen Arbeit be
Ihäftigt.
Ruckert, Alois Joſeph, geb. am 13,
Februar 1846 im Dorfe Stellberg bei
—— als * hin Volksſchulleh⸗
ters Georg R. Den erſten Unterricht
hielt er in der Schule ſeines s
Buchbrunn bei Kitzingen, wohin der Te
tere 1849 befördert worden war. Ju
Jahre 1866 .abjolvierte N. das Lehrer:
jeminar zu Würzburg, in welder Stab
derjelbe nunmehr nad) vierzehnjährige
Wirkſamkeit in verjchiedenen Zandjehu
als Lehrer an ber dortigen Knabenſch
thätig ift. 2a A
übzeitig verjuchte der ge
PER a: I ihm En ae edichte G
bels in Nürnberger Mundart unter die Hand
fommen waren, madte er die eriten ®:
unterfränfifhen Dialekte, Später jegte €
Verkehr mit Dr. Frommann, Franz von Ro
er
=
9
Rudolf.
und Karl Stieler, von denen namentlich die bei—
den erſten großes Intereſſe für R.'s Dialektdich—
tungen und deſſen Beſtrebungen für unterfrän—
tiſche Dialektforſchung an den Tag legten. Damals
entſtanden ſeine „Toganachtsveichali“ (1879),
Gedichte in — — Mundart, die in 15
Monaten 5 Auflagen erlebten. Dielen folgte 1881
ein 2. Band „Lahtäumli”, deren Lautbezeichnungs⸗
revifion Dr. fyrommann übernommen hatte und
die in 3. Auflage vorliegt. 1887 erichienen neue
Gedichte in unterfräntiiher Mundart unter dem
Titel „Nur gemüatli“. Außer diefen Dialekt:
dihtungen fchrieb ©. auch hochdeutiche Gedichte:
„Schlichte Weiſen“ (mit einem Vorworte Ludwig
Bauerd, 1886). Auch auf pädagogiſch-metho⸗
diichem Gebiete war R. mit Erfolg fchriftjtelle:
riih thätig. Als eigentliher Gründer der in
Bayern vielverbreiteten Zeitfchrift „Jugendluſt“,
deren Mitredakteur er kurze Zeit war, ift er die
ſem Blatte Mitarbeiter auf Iyriibem und novels
liftiichem Felde. Seit 15 Jahren arbeitet R. an
einem unterfräntifhen Idiotikon, das feiner alls
mäblihen Vollendung entgegen gebt.
Rudolf, Franz, zu Ringelshain in
Böhmen am 9. April 1851 als der Eohn
eines Grundbefigers geboren, entichloß
ſich ſchon als Knabe, Lehrer zu werden,
und fiudierte mit großem Eifer und dem
beiten Erfolge an der Realſchule in Rei-
chenberg, Später an dem Lehrerfeminar in
Leitmerig. Er wirft nunmehr in Reichen:
berg.
Durch mehrere Arbeiten, meift pädagogiichen
Anhaltes, die in verichiedenen Blättern erichienen
waren, hatte er die Aufmerfjamfeit feiner Kol:
legen auf fich gelenft und wurde 1883 mit der
Redaktion der vom Deutichen Landeslchrerver:
eine von Böhmen gegründeten illuftrierten Mo:
natsjchrift „Ofterreich8 deutiche Jugend“ betraut.
Diejes Blatt, das heute im V. Jahrgange fteht,
bat unter R.'s Leitung rühmliche Fortſchritte
gemakht.
Rudolph, Ludwig, geboren 18. Aus
guit 1813 zu Berlin als der Sohn eines
Schneidermeiters, ſpäter Seminardieners;
bejuchte die fönigl. Realſchule, deren Di-
teftor damals Spillefe war, trat 1832
in das fönigl. Seminar für Stadtſchulen
ein, defien Leitung um dieſelbe Zeit Die-
ſterweg übernahm; er gehört demnach zu
deſſen älteften Berliner Schülern. 1835
verließ er das Seminar und war einige
Jahre als Lehrer in verichiedenen Pri-
vatanjtalten thätig. 1838 wurde bie erjte
535
Audorff.
ftäbtifche höhere Töchterihule (jegt Lui—
ſenſchuie in Berlin) gegründet, in welche
er zunächſt als Hilfslehrer eintrat, ein
Jahr fpäter erfolgte feine definitive Ans
jtellung.
Hauptwerfe: Praktifches Lehrbuch für den er:
‚ften Unterricht in ber franzöfilhen Sprade,
nach methodifchen Grundfäßen bearbeitet (die Ein»
führung wurde von dem königl. Schul-Kollegium
genehmigt, 1848), Atlas der Pflanzengeograpbie
über alle Teile der Erde (die Arbeit wurde von
dem fönigl. Minifterium unterjtügt; von König
Friedrich Wilhelm IV. erhielt der Autor die
goldene Medaille für Wifienfhaft, 1852), Die
Pflanzendede der Erde, populäre Daritellung der
Pflanzengeographie (in Folge diefer Arbeiten
wurde N. der Oberlehrertitel verliehen, 1853),
Praktiſches Handbuch für den Unterricht in deut⸗
ſchen Stilübungen (4 Teile, von denen der erite
bis jegt 8, der vierte 5 Aufl. erlebt hat, 1859
bis 1861). Seit 1862 ftebt R. in Verbindung
mit Dr. ©. van Muyden: Collection d’auteurs
francais. Sammlung franzöfiiher Schriftiteller
für den Schul: und Privatgebrauch; bis jegt 44
Hefte in verfchiedenen neuen Auflagen; ferner:
Schiller:Leriton, Erläuterndes Wörterbuh zu
Schillers Dichterwerken (unter Mitwirtung von
K. Goldbeck, 1869), Beſorgung der 5. Aufl. von
Dieftermegs Wegweiſer für deutiche Lehrer, Be—
arbeitung des eriten Bandes und des Unterrichts
in der Mutterſprache (1873), Prattiſche Anlei—
tung zur Erteilung eines naturgemäßen Unter⸗
richtes in unſerer Mutterſprache (1876), Die
Stellung der Schule zu dem Kampfe ywilchen
‚Glauben und Wiffen (1881), Deutichlands
Dichter für Schule und Haus (1897).
Rudorff, E., j. Franz. Jarke.
Rückert, Karl Theodor, wurde am
2. Februar 1840 zu Beditein bei Königs⸗
hofen an der Tauber geboren. Derjelbe
befuchte die Gymnafien zu Tauberbiichofs-
heim und Konſtanz und feit 1859 bie
Univerfität Freiburg i. Br., um Theologie
und Philologie zu Itudieren. Nach abijol-
viertem Theologieftudium (1862) ver:
brachte derjelbe ein Jahr praftiiher Vor:
bereitung im Seminar zu St. Peter, er:
hielt 1863 die Priefterweihe und beſtand
Ende deflelben Jahres das philologiiche
Staatseramen. Nachdem er (1863/64)
kurz in Königheim und Altbreifah als
Theologe und Philologe thätig geweſen
war, erhielt er (1864) eine Lehrerſtelle
Rüdiger. —
am Gymnaſium zu Tauberbiſchofsheim.
Ende 1868 wurde er an das Gymnaſium
Freiburg verſetzt, wo er bis zur Stunde
als Theologe und Philologe thätig ift.
Ende 1886 habilitierte er ſich an der
Freiburger Univerfität für bibliſche Topo-
graphie. Er hat nämlich in den Jahren
1879 und 1881 das heil. Land bereift,
nachdem er zuvor die meiften europäifchen
Länder durchſtreift, auch) Nordafrika und
Amerika befucht Hatte Daher datieren
die zwei Bücher:
Reife nad Paläftina und über den Libanon
(1881) und Nach Nordafrika (1883). Außerdem
erfchienen und erfcheinen theologiſche Abhandlun-
gen in Fachzeitichriften und Programmbeigaben.
Nüdiger, E., |. E. v. Hohenhaufen.
Ruepprecht, Chriftian, iſt geboren
31. Auguft 1858 zu München. Nachdem
er das Humaniftiihe Gymnafium abjol-
viert, befuchte er die Univerfität, wo er
zuerft klaſſ. Philologie ftudierte, ſpäter
aber fich mehr und mehr der Gefchichte
zumwendete. 1882 promovierte er. Wie
er ſchon während feiner eigenen Schul—
jahre viel Privatunterricht erteilte, jo er—
warb er fid) auch weiter feinen Unter:
halt damit. Um ein kl. Stüdchen mehr
von der Welt zu fehen, übernahm er 1883
eine Hauslehrerftelle bei einer norddeut⸗
hen Familie, mit der er ſich einige Zeit
in Bad Kreuznach, in Kafjel 2c. aufhielt.
2 Jahre war er Hofmeilter bei dem
Reichsrate Fürften v. Wrede. 1886 wurde
er Bibliothef-Affiftent an der kgl. Kunft-
gewerbefhule zu Münden, welde Stelle
er zur Zeit noch befleibet. Gleichzeitig
wirkt er auch als Bibliothefar des „hi:
ftorifchen Vereins von Oberbayern“, wel:
hem er als Ausihußmitglied angehört.
So hat er ſich der bibliothekariſchen Lauf:
bahn gewidmet; er treibt indes aud Mu—
feumsfunde, wie ſich die Kulturgefchichte
immer mehr zu feinem Lieblingsjtudium
herausgebildet.
Veröffentlicht hat er ſeit ſeiner Doktorſchrift:
Herzog Albrecht V. von Bayern und feine Stände,
als felbftändig erfchienen nur noch die kulturge—
chichtliche Skizze: Der Menſch und feine Woh—
536
— Ruhe.
nung in ihrer Wechſelbeziehung, welche gleichſam
nur einen’ Auszug einer größeren Arbeit auss
macht. Seht (1887) ift er im Begriffe, ein
Bibliothels-Handbuh für die kunſtgewerblichen
Schulen ac. herauszugeben. Außerdem kleinere und
größere Aufjäße, welche in verfch.Zeitungen und Zeits
fhriften zu finden find. Von ihnen feien bei»
fpielöweife genannt: Eine fürftl. Hochzeit im
16. Jahrh., Der Menfc und feine Erinnerungen,
König Ludwig I. v. Bayern, Einiges über Ge—
ſchichte und Geſchichtsunterricht.
Ruhe, Heinrich, geb. zu Hannover
am 18. November 1847, gebildet auf
dem Gymnafium zu Hildesheim und auf
den Hochſchulen Göttingen, Bonn, Leipzig
und Innsbrud, bereijte durd) drei Jahre
Europa, Kleinafien und Agypten, trat jo:
dann als Oberlehrer in den badiſchen,
hierauf in den ſächſiſchen Staatsdienft,
wurde fpäter als Rektor nad) Unrubftadt
(Provinz Poſen) berufen und leitete end»
(ih in Rußland durch vier Jahre ein
deutfches Privatgymnafium. 1886 über:
nahm er die Redaktion ber „Potsdamer
Zeitung“ und eröffnete zu gleicher Zeit
ein literarifches Inftitut. R. ift jeit dem
Jahre 1870 literarifh thätig. Berufs:
mäßig überfegt er aus dem Franzöſiſchen,
Engliichen, Italieniſchen, Polniſchen und
Nuffiichen.
Die in Buchform veröffentlichten Werke fols
gende: Rom und der Bapft (1870), Die n⸗
leſten Wallfahrtsorte der Erde (1887), Die
Dome Deutſchlands (1887), Die Einfü des
Chriftentums in Rußland (1887). Überfegun:
gen: Auf dem Edelhofe (1835), Aus dem Leben
eines Nealiften (1885), Die Fähnrichstochter
(1885), Turgeniewd Briefe (1886), Schweiter
en (1886), Die wilde Steppenblume
NRuhland, Hermann, wurde zu
Grohnde (Hannover) am 28.Dftober 1833
als der Sohn des Kreisphyſikus Dr. N.
geboren. Er beſuchte, nachdem er von dem
Geiſtlichen des Ortes den erften Unterricht
eınpfangen hatte, das Gymnaſium zu Oſte—
rode, das er nad) dem Tode des Vaters
verlaflen und fi, weil ihm die Mittel
zum Studium fehlten, dem landwirtichaft-
lihen Berufe widmen mußte. Als Okono—
mieverwalter und Adminiftrater wirkte er
Rumpff-Burmeifter.
auf verfchiedenen Gütern und folgte 1863
feiner Mutter und Schwefter nach Amerika.
In Milwaukee nahm er zuerſt eine Buch
537
Runge.
im Haufe des Barons Fr.v.d.Often-Saden
auf Wormen in Kurland, beftand das theo⸗
logiſche Eramen pro licentia concionandi
halterjielle an und. beteiligte fich fpäter | zu Stettin (1875) und wurde zum Dr.
an der Gründung der erften, vom chriſt- phil. (1876) zu Königsberg auf Grund
lihen Standpunkt aus redigierten poli—
tischen Wochenzeitung „Sermania”. Dar:
auf war er mehrere Jahre als Lehrer in
Kendallville (Staat Indiana) thätig und
ift als folcher feit 1881 an der Ober:
flaffe einer deutſch-engliſchen Gemeinde:
ſchule in Chicago angeftellt.
Unter dem Titel „Ährenlefe” gab R. 1878
einen Band Gedichte heraus, die durch ihre An—
mut dem Dichter manden Freund gewonnen.
Seine Mufeftunden widmete er zahlreichen neuen
poetiſchen Schöpfungen, die in deutichen Zeit
ſchriften freundliche Aufnahme fanden.
Rumpff-Burmeiſter, Anna, wurde
am 25. Januar 1852 zu Pyrmont ges
boren, fam ſchon als fleines Kind in das
Haus von Pflegeeltern zu Roftod, erhielt
dort eine trefflihe Ausbildung und widmete
fih, nad Abfolvierung einer höheren
Lehranftalt, in ihrer Vaterſtadt dem
erziehlichen Berufe. Früh Schon begann
Anna R. zu dichten, und finden ſich
die Erzeugniffe ihrer Mufe in vielen
beileren Zeitichriften. Im Jahre 1887
gab fie einen ftattlihen Band ihrer ge
jammelten Boefien unter dem Titel „Le
bensblätter“ heraus und fand mit diejen
formſchönen und befonders für die Frauen:
welt hochintereſſanten Gedichten eine über:
aus günftige Aufnahme, die ihr den Mut
zu weiterem Borwärtsjtreben einflößen
wird.
Runze, Georg August Wilhelm, wurde
am 13. Februar 1852 zu Woltersdorf in
Pommern als Sohn des Predigers W. NR.
geboren, beiuchte bis 1870 das Marien: |
ftiftsgymnafium zu Stettin, ftudierte Theo:
logie und Bhilofophie in Greifswald (1870)
unter Hanne, Vilmar, Wiejeler, Zödler,
Baier, George, Studemund, in Berlin
(1871— 74) unter Dillmann, Dorner,
Semiſch Steinmeyer, Tmweften u. a. Dar:
auf wirkte er zwei Jahre als PVrivatlehrer
einer Differtation über den Einfluß der
Vhilofophie Schleiermachers auf feine
Dogmatik promoviert. 1876/77 Adjunt:
tus des föniglihen Domkandidatenftifts,
1877/78 Abjolvierung der Militärdienft-
pfliht. 1879 wurde R. in Berlin zum
Licentiaten der Theologie non sine laude
promoviert, 1880 habilitierte er fih an
der theologiichen Fakultät zu Berlin auf
Grund einer fritiichen Darftellung der
Geſchichte aller ontologiſchen Gottesbe:
weile. Seine Vorlefungen feit 1880 er:
ftredten fih auf das Gebiet der ſyſtema—
tiſchen und philofophifhen Theologie. Um
die praftiihe Pädagogik erfahrungsmäßig
fennen zu lernen, abjolvierte er 1881 zu
Greifswald das philologiiche Staatsera:
men pro facultate docendi und war
während des Jahres 1883 neben den
afademijchen Obliegenheiten als Probe:
amtsfandidat am Falk-Realgymnaſium zu
Berlin thätig, feit 1886 am Sophien-
gymnaſium in Berlin. Bon den verdienft-
lihen Veröffentlihungen R.'s (abgefehen
von Abhandlungen oder Nezenfionen in
Beitihriften) heben wir außer den ge—
nannten hervor:
Grundriß der evangelifhen Glaubens: und Sit:
tenlehre (1. Th. Allgemeine Dogmatif mit Eins
Ihluß der Religionsphilofophie, 11. Th. Spezielle
Dogmatif), Die Bedeutung der Sprade für das
willenihaftlihe Erkennen, Die Ethik des prak—
tiichen Chriftentums, Die Erziehungsftrafe in der
—— mit Rückſicht auf die körperliche Züch—
igung.
Runze, Max Paul Wilhelm Karl,
geboren zu Woltersdorf, Kr. Greifenhagen,
Pommern, den 8. Auguſt 1849, erhielt
die erſte Unterweiſung vom Vater, einem
Geiſtlichen, um dann das Marienſtifts—
gymnaſium zu Stettin zu abſolvieren,
von deſſen Profeſſoren (z. B. K. E. A.
Schmidt, Calo) er tiefe und nachhaltigſte
Anregungen empfing, die für ſpäter ent—
Runze.
ſcheidend blieben. Er ſtudierte in Greifs—
wald und Berlin Philologie und Theo:
logie und mit bejonderem Nahdrud Phi:
lojophie. Den Krieg von 1870—71
madte er als Ariegsfreiwilliger mit.
Dauernd feflelten ihn tiefere philoſophiſche
Probleme. Als rechten Ausgangspunft
für die wiſſenſchaftliche Philoiophie betont
er eine „Erfenntnistheorie im Einne
eines radikalen Sfepticismus”, u. a. dar:
auf dringend, daß Kant durch Hume zu
fritifieren ſei. Solche Kritit hat er eingeleitet
mit feinen Schriften „Kants Aritif an Hume's
Stepticismus” (naug.:Difiert.) und „Kants Be:
deutung auf Grund der Entwidelungägeichichte
feiner Philofophie". Zum 100. Gedenktage des
Erſcheinens der „Kritik der reinen Vernunft“
hatte er in Berlin eine Kant-Feier ver:
anſtaltet. Ausgeführtere Kant-Studien harren
der Beröffentlihung. Mehrere Auffäge ließ er
über Fran; von Baader ericheinen; fodann eine
Reihe äfthetiicher Abhandlungen, z. B. über Lud—
wig Gieſebrecht, Bernhard Klein, zur „Hithetit
der Ballade.” 1875—76 war er in Ruß:
land und trieb dort philoſophiſche Studien.
1877 war er Mitglied des Königl. Dom:
jtifts in Berlin. Nach Abjolvierung der
theolog. und philolog. Staatseramina und
nachdem er in jahrelanger freier Unab—
bängigfeit den Grund für fpätere willen:
Ihaftlihe Arbeiten gelegt, übernahm er
1883 eine Stellung als Prediger an der
Johanniskirche in Berlin. Kurz vorher
hatte er in Berlin den Loewe-Verein be:
gründet zu dem Zweck, die Loewe'ſche
Muſik, und namentlid feine Balladen,
vor dem Untergange zu retten, und regte
den Gedanken zur Errichtung eines Zoeiwe-
Denkmals an.
Über Loewe fpeziell veröffentlichte er eine grö-
Bere Anzahl von Abhandlungen in mufitalifchen |
und anderen Blättern; jodann: Carl Loewe,
eine äfthetifhe Beurteilung (1884), außerdem:
Schriften zur Balladenforhung und Charaltes
riſtik Loewe's, Thomas der Ahymer (von Julie
von Bothwell, wozu er das Vorwort jchrieb,
1885), 2oewe redivivus, Forſchungen über
Loewe ſowie Vorftudien zur Äſihetik der Ballade
(1887). Auch fchrieb er biographiſche Artikel
für die „Allgem. Deutiche Biographie”. Seine
religionsphiloſophiſchen Anfichten hat er nieder:
gelegt in der treiflihen Schrift: „Wie ift der
Beweis der göttlihen Wahrheit zu führen?“
538
Ruß.
1888 erſchien: „Schopenhauers Verdienſte um
| die Wahrheitserforſchung“.
Nuß, Karl, wurde am 14. Januar
1833 in Baldenburg (Wejtpreußen) ge:
boren, ftudierte in Berlin Naturwiſſen—
Ihaften und widmete fi der Schriftitels
lerei, fpeziell auf dem Gebiete der Vogel:
funde, auf welchem er als Autorität gilt.
Er lebt in Berlin. Seit 1872 redigiert
N. die ornithologiiche Zeitichrift „Die ges
fiederte Welt“, feit 1876 die „is“.
Von feinen trefflihen Werfen heben mir
hervor: In der freien Natur (2. Aufl. 1875),
Durh Feld und Wald (2. Aufl. 1875), Die
Brieftaube (1877), Handbuch für Bogelliebhaber
(3. Aufl. 1886), Der Kanarienvogel (5. Aufl.
1885), Die fremdländiihen Stubenvögel (1879
bis 1886), Der Wellenfittih (2.. Aufl. 1886),
| Die fprehenden Papageien (2. Aufl. 1886), Zum
| Bogelichug (1882), Das Huhn (1885), Bögel in
der Heimat (1887).
Ryſſel, Carl Victor, geb. zu Reins—
berg in Sadjjen am 18. Dezember 1849,
bejuchte das Gymnaſium zu Freiberg (1861
bis 1868) und ftudierte von 1868—71
Theologie und orientaliihe Sprachen an
‚der Univerfttät Leipzig; von 1871 fegte
er nad) abfolviertem Eramen jeine Stu—
dien bis 1872 fort. Zu dieſer Zeit an
das Nicolai-Gymnafium in Leipzig bes
rufen, wirft er bis heute an diefer Ans
ftalt. 1878 habilitierte er ſich zugleich
an der Univerfität tür altteftamentliche
Eregeje und wurde 1885 zum außerord.
Profeſſor ernannt. Bon ihm erichienen
folgende verdienftlihe Schriften, welche
teils der Sprade und den Schriften des
alten Tejtamentes, teils der ſyriſchen Lis
teratur gewidmet find:
Die Synonyma des Wahren und Guten in
den ſemitiſchen Spraden (1872), De Elohistae
Pentateuchici sermone (1878), ®regorius Thau⸗
maturqu3, fein Leben und feine Schriften, nebit
Überfegung zweier bisher unbefannter Schriften
Gregord aus dem Syrifhen (1880), Über den
tertritiichen Wert der fyriihen Überjegungen
griechiſcher Mafjiter (1880), Ein Brief Georgs,
Biſchofs der Araber, an den Presbyter Jejus,
aus dem Syrifchen überjegt und erläutert, mit
einer Einleitung über fein Leben und feine Schrif:
ten (1883), Unterfuhungen über die Tertgeftalt
und die Echtheit des Buches Micha, ein kritiſcher
Rzach.
Kommentar zu Micha (1887). Außerdem ſchrieb
derfelbe verichiedene Aufſätze ähnlihen Inhalts
in den Faczeitihriften und gab Fürſts He
bräifches und Chaldäiſches Hand» Wörterbuch; über |
das Alte Teftament in 3. Auflage (1876) und
Bertheau'3 Kommentar zu Eira, Nehemia und
Ejther in 2. Auflage (1887) heraus.
Rzach, Alois. Am 16. November
1850 zu PBapau in Böhmen geboren,
wandte id) mich nad Abjolvierung der
Spymnafialitudien am k. k. Stleinfeitner
Gymnafium zu Prag dem Studium der
Haffischen Philologie zu, welchem ich an
den Univerfitäten zu Prag, Bonn, Leip—
zig und Berlin oblag. Vom Jahre 1872|
an bis zum Anfang des Jahres 1884
befleivete ich ein Lehramt als Gymna—
fialprofeflor an derjelben Lehranftalt, an
welcher id) vordem meine Schulbildung
genoſſen hatte; während diejer Zeit habi—
litierte ich mid) zugleich, nachdem ich 1873
539
an der Prager Univerfität zum Doktor der
Philoſophie promoviert worden war, 1876
als Privatdozent für klaſſiſche Philologie
an berfelben Hodichule und ward 1884
zum außerordentliden, 1887 zum ordent:
lihen Profeſſor diejes Faches an der
erwähnten Univerfität ernannt.
Hauptwerfe: Über antiftrophifhe Wort: und
Gedantenreiponfion in den Chorliedern der jo:
bofleifhen Dramen (1874), Heſiodiſche Unter: |
—— (1875), Der Dialekt des Heſiodos
(1876), Grammatiſche Studien zu Apollonios
Rhodios (publiziert durch die kaiſ. Aklademie der
Wiſſenſchaften 1878), Studien zur Technik des
nachhomeriſchen heroiſchen Verſes (publiziert durch
die kaiſ. Atademie 1880), Der Hiatus bei Apollo:
nios Rhodios (1881), Neue Beiträge zur Technif
des nachhomeriſchen Hexameters (publiziert durch
die kaiſ. Akademie 1882), Beiträge zur Kritik des
Heſiodos (1883), Hesiodi quae feruntur om-
nia (1884), Homeri Iliadis carmina (1886 und
1887). Außerdem zahlreihe Aufläge in Fach—
zeitſchriften. Gegenwärtig bin id) mit einer neuen
fritiihen Ausgabe der Oracula Sibyllina be:
Ihäftigt.
©.
Saar, Karl, f. Ch. Claud-Saar.
Sabel, 3. Eduard, geboren am 4.
November 1824 zu Sobernheim (Rhein-
— Sacher⸗Maſoch.
preußen), beſuchte die Gymnaſien zu Trier
und Koblenz und die vereinigte Artillerie—
und Ingenieur-Schule zu Berlin; diente
aktiv in der königlich preuß. Artillerie
von 1843—74. In den Jahren 1848
bis 1850 Mitarbeiter der preußischen (deut:
Ihen) MWehrzeitung, fpäter des Archivs
für Artilleriee und ingenieur » Offiziere
und der militärifchen Blätter; ſchrieb 1856
einen Leitfaden in der Wferdefenntnis,
welcher ſeit 1877 (2. Aufl.) bei der deut-
ſchen Reichspojtverwaltung eingeführt ift.
Lebt ſeit feinem Ausscheiden aus dem
Dienfte (als Oberjtleutnant) zu Trier, wo
er als Mitarbeiter an mehreren die Ger
flügelzucht betr. Zeitfchriften thätig ift. Er
verfaßte: Anleitung zur Hühnerzucht für den
Landmann (1879, 2. Aufl. 1881), Die Mittel
zu Schneller und mwirffamer Förderung der Ge;
flügelzucht behufs Eier- und Fleiſchproduktion
(1881), Züchtungslehre (1882), Die Wild- und
Haus:Enten (1886); er gab heraus die 3. Auf:
lage von Reißerts Katehismus der verbeflerten
Landhühnerzucht (1884) und überjette aus dem
Franzöfiihen ins Deutijhe: A. Espanet, Die
Kanindenzucdt, und A. Espanet, Die Züchtung
‚der Hühner und Küden, Trathühner, Gänje und
Enten (1884).
Sacher-Maſoch, Aurora v. (Wanda
von Dujanew), wurde aın 14. März 1847
als die Tochter des Majors v. Nümelin
in Graz geboren und im Haufe ihrer El:
tern erzogen. Sie vermählte fi im Jahre
1873 mit Leopold Ritter v. Sacher-Maſoch
(j. d.), unter deſſen Anregung ihre früher
bereits emfig gepflegten poetiihen Talente
jchnell zur Blüte fi entfalteten. Die
Autorin lebt, getrennt von ihrem Gatten,
in Paris.
Hauptwerfe: Der Roman einer tugendhaften
Frau (1873), Echter Hermelin (1878), Damen in
Pelz (1881).
Sacher⸗-Maſoch, Leopold Ritter v.,
zu Lemberg am 27. Januar 1836 ges
boren, abfolvierte das Gymnaſium in
Prag, wohin fein Vater als Stadthaupt-
mann verfeßt wurde, und widmete ſich
dann philoſophiſchen und rechtswiſſen—
Ihaftlihen Studien in Graz, wo er 1856
jum Dr. phil. promoviert wurde. Bes
540
Sachs. Sachs.
— 9 — Sr na — ni Re — he er
ih a rivatdozent der Geſchichte in welcher er fi a rivatdozen
rn jedoch * nn — a tere
ahn nach dem ungeahnt großen Erfolge | Frühjahr an die landwirtichaftliche
feines erſten hijtoriichen Romans Eine ga, Akademie in Tharandt bei Dresden bes
liziſche Geſchichte (1858, ſpäter unter dem Titel | rufen (als Aſſiſtent für Pflanzen hyſio⸗
„Oraf Draffi” erſchienen). Den Entihluß, | fogie); feit 1861—67 Brofefior ber Bor
ſich ganz der Schriftjtellerei hinzugeben, | tanif an der landwirtfchaftlichen Akademie
vermochte aud) ein an ihn ergangener | in Boppelsdorf bei Bonn a. Rh.
Ruf als Profefjor der Geſchichte nad) | Frühjahr 1867 als Vrofefjor der Botanik
Lemberg nicht wankend zu machen, zumal |in Freiburg i. Br. eingetreten, Herbit
er von Gefinnung ein Deuticher war und | 1868 nad) Würzburg berufen, wo der:
ae — — ſich er⸗ ſelbe ſeither geblieben iſt und Berufun—
reuen hatte. geſehen von mehreren gen nach Jena, Heidelberg, Wien, Berli
größeren Reiſen, lebte er bis zum Jahre an ee hat. Ben botanifchen
1873 abwechſelnd in Graz, Salzburg und | Garten in Würzburg hat Sachs im we:
er a — Se ag fentlihen neu angelegt, nachdem dieſer
2 ich Aurora von — F zum größten Theil durch Einlegung des
— * as use — Her { Fud, Feſtungswalls zerjtört war; das botaniſche
Ipä = — in ——— — — * —— ——
Srijtenzberedhtigung und nunmehrige
einer journaliftiichen Wirfjamfeit — er | foinmenheit —— ——
ee a a —— ben Verdienſte wurden v. ©. viele Aus-
der Söhe* — war ©, unansgeleht non) —
‚Do — 1 °| Mitglied der k. Akademie der
velliſtiſch thätig. Er zählt zu unferen |forreip. Mitglied der kgl. Akademie der
fruchtbarſten und meift gelefenen Autoren,
bejonders auf leicht pifantem Gebiete her:
vortretend und talentiert.
Hauptwerfe: Galiziſche Geſchichte (1858), Der
Mann ohne Vorurteile (Luftip. 1865), Kaunik
(1865), Der letzte König der Magyaren (1867),
Unfere SMaven (Luftip. 1869), Die geichiedene
Frau (1869), Das Vermächtnis Kains (1870),
Falſcher Hermelin (1873), Zur Ehre Gottes
(1873), Ein weibliher Sultan (1873), Ruffiiche
Hofgeſchichten (1873— 74), Liebesgefhichten aus
verih. Nahrhunderten (1874), Ideale unferer
Zeit (1875), Der neue Hiob (1878), Judenge
ſchichten (1878), Das ſchwarze Kabinett (1882),
Die lau (1882), Der alte Kaftellan (1882),
Die Gottesmutter (1883), Frau von Soldan
(1884).
Sachs, Julius von, wurde geboren
am 2. October 1832 in Breslau, wo er
das Gymnaſium Elifabethanum befuchte. |
Im Februar 1851 nad) Prag übergefie-
delt, um bei dem Profeſſor der Phyſio—
logie Dr. I. Purkyné als Privataffiftent
zu arbeiten und die Univerfitätsftudien
Wiſſenſch. in Turin und Amfterdam, der
ſchleſ. Geichichte für vaterl. Kultur, der
Senfenberg. Geld. in Frankfurt, Ehren:
mitglied der philof. Gejellihaft in Cam:
bridge, der Amerifan. Afademie der Künfte
und Wiſſenſch., der literar. und philoſ.
Sefjellihaft in Mandeiter, der naturf.
Sefellihaft der Univerfität Odeſſa, aus:
wärtiges Mitglied der Linnéſchen Gefell:
Ihaft in London, Inhaber ber Sömme—
ring: Medaille, Ritter der kgl. Verdienft-
orden der bayer. Krone und vom heil.
Michael, fowie Dr. medicinae h. c.
Die jchriftitelleriiche als hochbedeutend zu bes
zeichnende Thätigfeit begann v. S. 1854 mit
wiffenichaftlichen Abhandlungen, welde in bota-
niſchen und landwirtichaftlichen Zeitichriften, in
Berichten von Akademien und will. Gejellichaften
publicirt mnrden und bisher die Zahl von 60
‚ überfteigen. Bon umfaflenderen Werfen find zu
nennen: Die Erperimentalphyfiologie der Bilanzen
(1865, in das Ruſſiſche und Franzöſiſche über:
jetzt), Lehrbuch der Botanik (1878, 4. Aufl. 1874,
in das Ruſſiſche, Franzöſiſche und Englifche übers
Sachs.
ſetzt), Geſchichte der Botanit (1875, für die hiſt.
Kommilfion der Akademie der Wifjenichaften in
München bearbeitet, in Amerifa überjegt), Bor:
lefungen über Pflanzenphyfiologie (1882, in das
Englilhe überfegt, 1887 2, Aufl.), Arbeiten des
botanischen Instituts Würzburg (jeit 1871).
541
Sachſe.
verliehen, und ſo trat der Elementarlehrer
ohne Abſolvierung eines höheren Examens
in die Funktionen eines akademiſch gebil-
| beten Lehrers. Auf den jährlichen öffent:
‚lichen Prüfungen von dem Direktor der
Sachs, Karl, geboren 31. März 1829 Provinzial-Gewerbeſchule zu Koblenz, be»
zu Magdeburg, ftudierte er nad) Abfol- obachtet, wurde derfelbe nad) fünfjähriger
vierung des Stettiner Gymnafiums von Wirkſamkeit in Grevenbroid an die Pro—
1845—49 in Berlin alte Philologie, vinzialgewerbeſchule zu Koblenz berufen,
ging aber nad beendetem Oberlehrer: an welder er ebenfalls fünf Jahre thätig
eramenzum Etudium der neuernEpracdhen | War. Dort entitand feine neue Rechenmethode
über, lebte von 1855 56 in Paris, Eüid- | für höhere Schulen, die darin gipfelte, dem ges
frankreich und England und wurde nad | ſammten theoretiſchen Rechnen die in der Algebra
glan * üblichen Formen zu geben und daſſelbe zu einer
längerer Anſtellung in Berlin an das befſſeren Vorbereitung für die Algebra zu machen.
Nealgymnafium in Brandenburg a. H. Zu diefem Zwecke ſchrieb er das „Ullgemeine
berufen, wo er noch heute wirft. Aug | deutiche Rechenbuch (1873), dem eine „Allgemeine
Mt nie x z ei: .5.:, Arithmeti “ für di i
der verdienjtlihen literariichen Thätigfeit — wmitferen unb
a \ oberen Klafien von Gymnafien, Real: und Pro:
von ©. heben wir hervor:
Über den Zufammenhang der provenzal. Poeſie
mit den übrigen Poeſien des Mittelalters, Aus:
gabe von Macaulay: England 1685; Scott, Mars
mion; Sand, Petite Fadette, Mare au Diable,
Voltaire Mahomet, Ben Jonſon Sejanus; Le
Tresor de Pierre de Corbiac ; les Auzels
cassadors; Beiträge zur Kunde altfranzöfiicher,
engliiher und provenzal. Literatur (1867), Diez
und die romaniihe Philologie (1878), Englifche
Grammatik (1861), Encyllopädiihes Wörterbuch)
der franzöfilhen und deutihen Sprache (I. große
Ausgabe, 1. Franz.Deutſch, 2. Deutſch-⸗Franz. 1869,
II. Schulausgabe; Abhandlungen in Herrigs
Archiv ıc.
Sachſe, Johann Joſeph, wurde am
29. September 1841 zu Brehme im Kreife
Worbis geboren. Nach Abjolvierung des
Progymnafiums zu Duderſtadt und des
Lehrerfeminars zu Heiligenftadt, wirkte
derjelbe 5 Jahre als Lehrer an der Stadt:
Ihule zu Dingeljtädt. Die völlige Aus:
fichtslofigkeit, als Lehrer auf dem Eiche:
felde jemals ein genügendes Austommen
zu finden, veranlaßte ©. zu eifrigem Stu:
dium, um nachträglich das Abiturienten:
eramen zu machen und fi dann dem Stu:
dium der Theologie zuzuwenden, doc) trat
plöglid) cine unerwartete Wendung ein.
Durch Vermittelung des Regierungs: und
Schulrates Roche in Erfurt wurde ©. die
Dr ordentliche Lehrerſtelle an der ftädti-
hen höheren Bürgerjchule zu Grevenbroich
| vinzialgewerbefchulen folgte (1874). Über das
| Berbefferungsdürftige in der bisherigen Rechen:
| methode ſprach er ſich in feinen „Reformvorfchläs
gen” (1873) aus, und über die Handhabung der
dem „Allgem. deutichen Rechenbuche“ zugrunde
elegten Methode jollte die Broſchüre „Die Sub»
titutionsmethode“ (1874) orientieren, Zu diejen
Schriften fam 1875 eine kleine wiffenfchaftliche
Schrift „Der fünfte merfwürdige Punkt im Dreied
und cine Anwendung der Zahl 7 in der Planis
metric”, welche dem Verfaſſer Anerkennungsſchrei⸗
ben der philoſophiſchen Fakultäten zu Bonn, Züs
rich, Würzburg, Bafel und Cambridge einbradte.
Um den fremdiprahlihen Unterriht an Schulen
ohne Latein befjer zu ſtützen, erfdien 1874 „Die
deutihe Grammatif in ihren Grundzügen” mit
lateinischer, franzöſiſcher und englifcher Termino—
logie und gleichzeitig die "Deutlihe Orthographie
in Regeln und Beijpielen”. 1876 mit der
damals begründeten „Ausficht auf baldi-
ges Ayancement“ nad) Elten berufen und
wieder mit dem Unterricht in den mathe—
matiſch⸗ naturkundlichen Disziplinen bes
traut, war ©. bemüht, feine Erfahrungen
für den Unterridt in Seminarien und
Volfsihulen nugbar zu mahen. Außer
verjchiedenen Artikeln in der pädagogischen Preſſe
ſchrieb er eine achtbändige Mathematif für Se:
minarien und 2ehrer, worin enthalten: Elemen⸗
tared Rechnen, Allgemeine Arithmetif und Alge—
bra, Planimetrie, Berechnende Planimetrie und
Stereometrie, die welſche Praktik, das faufmän-
nische Rechnen, das landwirthſchaftliche, das tech-
niihe Rechnen. Nach Vollendung diefer Arbeit,
welcher noch zwei Brofchüren über die Ausbil»
dung in der Mathematif folgten, und melde
Salburg: Fallenftein.
bauptiählih den Zweck hatte, die Lehrer zunächſt
zu tüchtigen Rechnern zu bilden, ſchrieb S. eine
Methodik des Rechnens und der Raumlehre,
welche befondere Anerfennung fand und die Auf:
mertiamfeit aller Lehrer verdient. Yu dieſem
Werke erichienen zugleih zwei Ausgaben von
Übungsheften für die Boltsihulen. : In feinen
Mupeitunden fand 5. die für den Mathematiter
bochinterefiante Thatſache, daß es möglich fein
würde, einen Winkel von 60" in drei gleiche Teile
zu zerlegen, bezw. einen Kreis mathematiich genau
in 360 Grade zu teilen, wenn es möglich wäre,
542
Samorow.
fung einnimmt, 3. 3. in jcharfer Oppo—⸗
fition gegen die Richtung Zillers. Im
Jahre 1863 beitand er in Berlin das
philologiiche Staatseramen, war bis 1868
Gymnaſiallehrer, dann Zeiter einer höhe
ren Bürgerichule in Hohenzollern, jpäter
Profeſſor am Gymnafium in Baden, bier:
auf Vorſtand der höheren Lehranſtalten
'in Pforzheim; feit 1877 ift er als Ober-
ſchulrat in Karlsruhe Mitglied der oberften
zwei Linien in dem genauen PBerhältnis von
1000000 : 1111111 zu fonftruieren.
öffentlihung fand ftatt in den „Mitteilungen“ zu
Dsnabrüd. Auf ftrenawifienihaftlihem Stand»
punfte jteht die „Geichichte und Theorie der Er:
ziehungsitrafe” (1879), melde das Sühne⸗, das
Abſchreckungs⸗ und Beflerungsprinzip gleihmäßig
verwirft, ein ganz neues Prinzip —28 — und
von dem deutſchen Comité für die Sekundizfeier
des Papſtes Leo XIII. auf Vorſchlag hervor—
ragender Gelehrten in die päpſtliche Jubiläums:
bibliothet aufgenommen wurde.
fin v., wurde als die ältejte Tochter des
Grafen Otto Salburg = Faltenjtein auf
Schloß Leonftein a. d. Steyr in Ober:
öfterreih am 14. DOftober 1868 geboren
und erhielt ihre Erziehung im elterlichen
Haufe. In früher Jugend ſchon begann
diefelbe mit Dichtungen Iyriichen Inhaltes;
im Jahre 1884 murden die erjten Ge:
dichte politifhen, Iyriihen und epiſchen
Anhaltes in verjchiedenen Zeitichriften ver:
öffentliht. Ihre Hauptbefähigung weiſt
jedoch auf das Dramatiihe Hin.
Hauptmwerfe (Dramen): Julian (1884), Der
Hochmeiſter von Marienburg (1885), Orgetorir
(1885), Francis Bacon (1886/87). Bon den
Dramen ift der „Hochmeiſter von Marienburg“
von der Direftion der vereinigten Grazer Theater
mit Erfolg zur Aufführung gebradt worden.
Saled, A. |. A. Schroeter.
Sallwürf, Ernit v. (Sallwürk von
Menzelftein), geb. am 7. Mai 1839 zu
Sigmaringen (Hohenzollern). Auf den
Gymnaſien in Hedingen und Konftanz vor:
gebildet, betrieb er philologiiche und phi-
lofophiihe Studien in Berlin und Tü—
bingen. Durch linguiftiiche Studien wurde
er auf Herbart geführt, in deſſen päda=
gogiiher Schule er eine felbjtändige Stel:
Die Ber: |
. Auffägen aus dem Gebiete der Pädagogik
und die Literatur der weiblichen Bild
Salburg-Falfenfteis, Edith Grä—
I
Schulbehörde in Baden. Außer einzelnen
und Philologie veröffentlichte er:
3. 3. Rouſſeaus Emil, überfegt und erflärt
(1876. 2. Aufl. 1882), Ferientage. ,
Erwägungen (1876), Herbart und jeine Jünger
(1880), 3. Lodes Gedanten über Erziehung.
Eingeleitet, überfegt und erläutert (1883), Dans
del und Wandel der pädagogiihen Schule Her
barts (1885, 2. ermweit. Aufl. 1886), Fönelon
in
Frankreich (1886), Sefinnungsunterricht und
turgeihichte. Zur pädag. Aritif (1887), Noms
mentierte Ausgaben Boltaireiher Schriften in
der Weidemannihen Sammlung franz. und engl.
Schulfchriftiteller (6 Bochn. feit 1878).
Samorow, Greg., |. O. Meding.
Samoſch, Siegfried, geboren am 1.
März; 1846 zu Breslau, ftudierte, nach—
dem er in feiner Vaterſtadt das Friedrichs⸗
Gymnaſium abiolviert hatte, an den Uni»
verfitäten Breslau und Berlin, ſowie in
‚Paris. Nach dem im Jahre 1867 be—
itandenen erſten juriftiichen Eramen unter:
nahm er eine längere Reife nad Italien,
um dann im Jahre 1868 beim Berliner
Stadtgericht einzutreten, woſelbſt er mit
dem Dichter des „Neuen Tanhäufer“,
Eduard Griſebach, und mit Hans Herrig
gemeinſchaftlich arbeitete. Wie feine bei-
den Kollegen ſchied er als Neferendar aus
dem Juſtizdienſte aus, nahdem er freis
willig am bdeutich-franzöfiihen Feldzuge
beim Feld-Auditoriat der zweiten Ka—
valleriedivifion teilgenommen hatte und
nad) Beendigung des Krieges bis zum
Jahre 1873 beim Berliner Kammergericht
thätig geweien war. Damals in die Re
daftion der „National-Zeitung‘ berufen,
‚gehört er dem Verbande diejes Blattes
Sanders.
feit dem erwähnten Zeitpunfte als Mit-
redalteur an. Seine Bublifationen be:
zichen fich zumeift auf die Literatur Frank:
reihs und Staliens, auf welchem Felde
©. als eine Autorität gilt, wie ihn denn
auch zahlreiche Reifen nad) den beiden
Ländern führten. Bon den verdienitlichen
Bublifationen heben wir hervor:
Die Sittendramen des jüngeren Dumas, Ita—
lienifhe und franzöfiihe Satirifer, Pietro Are:
tino und Italienische Charafterföpfe, Madiavelli
als Komödiendichter und Italieniſche Profile.
Außerdem zahlreiche literarhiftoriiche Aufiäge und
Reifefhilderungen in der „Nationalgeitung“, der
„Deutihen Rundſchau“, der „Allgemeinen Zig.”,
der „Gegenwart“, dem „Bazar“, der „Deutichen
illuſtr. Big.“ ꝛe.
Sanders, Daniel, wurde am 12.
November 1819 zu Alt:Strelig (Mecklen⸗
543
San: Marte,
meſſung und Verskunſt (1883), Sakbau und
Wortfolge (1883), Wörterbudy der Hauptſchwie—
rigfeiten in der deutichen Sprache (17. Aufl.
1888), Lehrbuch der deutichen Sprache für Schulen
(6. Aufl. 1884), Verdeutſchungswörterbuch (1884),
Geihichte der neugriehifhen Literatur (1884),
Deuiſches Stilmufterbuch (1886), Fürs Deutiche
Haus (1886), Konverlationd:Lerifon (30. Taus
jend 1887). Seit 1887 giebt ©. eine Zeitihrift
zur Pflege deutiher Sprade heraus.
San:Marte, |. Alb. Schulz.
Sann, Hans v. d., ſ. Joh. Krainz.
- Sartorius, Benvenuto, |. Rilllomm-
Schneider.
Sartorius, E., |. H. Echneiber.
Schaching, D. v., |. v. Denk.
Schachne, Clara (Clara Schott), iſt
burg) geboren, bejuchte das dortige Gym⸗ | im Jahre 1861 in einem kleinen Städtchen
nafium und die Univerfitäten Berlin und |des Negierungsbezirts Pofens geboren.
Halle, um Philologie, Mathematif und | Ihre Kinderjahre verlebte fie dort und
Naturwiſſenſchaften zu ſtudieren. Nach | fiedelte dann mit ihren Eltern nad) Gott:
Beendigung feiner Studien leitete er durch | bus über. Dort jchrieb fie mit 19 Jahren
10 Jahre die Echule feiner Vaterjtadt,
zog ſich jedoch alsdann von jeder Ichr:
amtlichen Thätigkeit zurüd, ım ſich aus:
ſchließlich der Echriititellerei hinzugeben.
Literariih machte fih S. zuerit durd,
das Mörterbud der deutichen Sprade
(1859—65) befannt und in der willen
Ichaftlichen Welt necchtet. Seitdem find
jedoch nod) bedeutendere Werke der Feder |
von S. entfloffen und gilt derjelbe heute
unbeftritten als einer der gelehrteiten und
verdienteften Spradforiher der Gegen:
wart. Die bedeutenditen feiner felbft-
ftändig erichienenen Schriften find:
Das hohe Lied Salomonis (1866,2. Aufl. 1888),
Sfremdwörterbuch( 1871), Wörterbuch derdeutichen
Synonymen (1871), Vorſchläge zur Feititellung
einer einheitlichen Rechticreibung für Alldeutſch—
land (1874), Deuticher Sprahihag (1874— 76),
Orthographiſches Wörterbuch (1876), Ratehismus
der deutichen Orthographie (4. Aufl. 1878),
Handwörterbudy der deutihen Sprade (2. Aufl.
1878),
Sprade (1879), Geichichte der deutichen Sprache
und Literatur bis zu Goethes Tod (1879, 3.
Aufl. 1886), Deuiſche Spradbriefe (1879, 6.
Aufl. 1856), Neue Beiträge zur deutihen Sy:
nongmif (1881), Abriß der deutichen Silben:
Ergänzungswörterbud der beutichen |
ihreerjte Erzählung, weldye, nachdem einige
Jahre darauf ihre Eltern wiederum ihren
Mohnfig gewechielt hatten und nad) Leipzig
gegangen waren, dort veröffentlicht wurde.
Ihr folgten zahlreiche Novellen, Romane, Skizzen
u. ſ. w., welche in deutichen, ſchweizer und ölter:
reihiihen Blättern abgedrudt wurde. Als jelb:
ftändige Schrift erſchien zuerſt 1885 eine Bro;
ihüre „Der Berfall des Staates durch den Staat”
betitelt, welche von der Kritif mit Beifall aufge:
nommen mwurde. hr folgte 1887 ein Band Er:
zählungen „Frühlingsreif“ betitelt; zu gleicher
Zeit erihien auch ein größeres Werk unter Mit:
wirkung hervorragender Schriftitellerinnen unter
dem Titel „Die Heimat der Frau“. Beide Bücher
wurden wiederum jehr freundlich beurteilt.
Schad, Adolf Friedrih Graf von,
wurde am 2, Auguſt 1815 zu Schwerin
in Medlenburg geboren ımd verbrachte
jeine Kinderzeit auf dem unfern diejer
Stadt gelegenen Landgute Brüſewitz.
Durd) die Ernennung feines Vaters zum
Bundestagsgelandten war er als Knabe
nah Frankfurt a. M. verjegt, wo er
‚das Gymnaſium beſuchte. Schon früh
‚regte ſich hier in ihm der Trieb zur Er:
lernung fremder Spraden, und neben
Schack —
dem Studium des Griechiſchen, das er
mit Leidenſchaft betrieb, widmete er ſich
in den freien Stunden dem Italieniſchen
und Spaniſchen, ja legte aus Wilkens
Grammatik und Chreſtomathie den Grund
zu ſeiner Kenntnis des Perſiſchen. Gleich
früh erwachte in ihm die Reiſeluſt, und
es war ihm vergönnt, ſchon in ſeinem
achtzehnten Jahre Italien zu beſuchen.
Auf den Univerfitäten zu Bonn, Heidel—
berg und Berlin ftudierte er, wenn aud)
mit Abneigung und nur dem Willen feiner
Eltern — Jurisprudenz, beſchäf⸗
tigte ſich aber mehr, als mit dieſer ſeiner
Fachwiſſenſchaft, mit den Sprachen und
Literaturen der alten und neuen Welt,
des Occidents wie des Orients. Damals
bereit8 begeifterte ihn der Gedanke, das
große Epos bes Firdufi der beutfchen
Poefie anzueignen. Da er aber erfannte,
daß zu einem tieferen Verftändnis des
Perfiihen auch dasjenige des ungleich
ſchwierigeren Arabien nötig fei, trieb
er die legtere Sprache mit allem Eifer.
Gleichzeitig ftrebte er, fih das Sanskrit
zu eigen zu machen. Mit dieſen gelehrten
Beſchäftigungen ging bei ©. die poetifche
Produktion feit früh Hand in Hand. Nad)
beitandenem juriftifhen Eramen trat ©.
in den preußiihen Staatsdienjt und ar:
beitete zunächlt bei dem Kammergericht
in Berlin. Hier jah er es als ein Glüd
an, daß er 1839 auf längere Zeit die
ihm verhaßten Aftenfascifel beifeite werfen
und fi) ganz dem Genuß des „Welt:
durchwanderns“ hingeben konnte.
Eine Frucht diefer feiner erften Weltfahrt war
das erjt weit jpäter erfchienene Gedicht „Xothar”,
das teild auf einer Nilbarfe, teild auf dem Dache
des lateiniichen Klofterd in Jerufalem, teil3 auf
ber prädtigen, über dem: Abgrund hängenden
Alameda von Ronda geichrieben wurde. Ferner
aber fammelte S. auch auf den ſpaniſchen Bi:
bliothefen wichtige Materialien für feine lang»
geplante ausführliche „Geſchichte der dramatischen
Literatur und Kunſt in Spanien“. Als diejes
Merf, das Refultat mühlamer Forfhungen, zu
welchen auch noch die Bibliothefen von London,
Paris und Wien benugt wurden, einige Jahre
nachher herausfam, trug es dem Berfafter reiche
Anerkennung nicht nur in Deutihland, fondern (1852) nahm er feine Entle
544
Schack.
auch in Spanien ſelbſt ein. S.'s äußere Lage
geſtaltete ſich nach ſeiner Rückkehr zu einer
ſeinen Neigungen mehr entſprechenden,
indem der Großherzog von Mecklenburg
ihn als Legationsrat an die Bundestags»
gefandtihaft nad) Frankfurt a. Di. vers
fegte. Die Jahre, die er nun in dieſer,
ihm fait zur Heimat gewordenen Stadt
verbrachte, waren glüdlic für ihn und
rei an Früchten des Schaffens. Dod)
blieb jein Xeben ein bewegtes; auf einige
Zeit wurde er nad) Paris gejandt, wo
er die Freude hatte, zu mehreren der
literariihen und künſtleriſchen Celebri—
täten, namentlich zu Victor Hugo, dem
Maler Delacroir und dem Komponijten
Hector Berlioy in perſönliche Beziehungen
zu treten. Wie bier den Hof Louis
Philippe’s, fo lernte er auf einer großen
Reife, auf welder ihn der Großherzog
zu feinem Begleiter wählte, fajt alle
deutſchen und italienischen Höfe, in Kon—
ftantinopel aud) den des Sultans aus
eigener Anſchauung fernen. Das Jahr
1848 machte feiner Stellung in Frank:
furt ein Ende. Er hatte inzwiſchen eifrig an
feiner Nahbildung des Firdufi gearbeitet und
diefelbe nahezu vollendet. Daneben waren zahl
reiche dichteriiche Produktionen entitanden; aber
er hegte Scheu, mit denfelben vor die Öffentlich.
feit zu treten. Dann begann er das Luſtſpiel
„Der Kaiferbote”, in welchem er die Geißel ber
Satire ebenfo über die Regierungen wie über die
verſchiedenen Parteien ſchwang und feiner Ber
geifterung für ein unter den Hohenzollern ex
nigtes Deutichland Ausdrud gab. Aus
Süden, wohin Sch. gefandt war, wurde
er nad) Deutichland zurüdberufen, um
einen Sig zu Berlin in dem Berwak
tungsrate des jogenannten DreisKöniges
Bündniffes einzunehmen. Nun begann
für Sch. eine Periode, in welcher er allen
literariihen: Beihäftigungen entjagen
mußte; Lichtpunfte für ihn bei feiner
damaligen Berliner Aufenthalte waren
die Stunden, die er bei dem ihm fies
jehr geneigten Alerander von Humbold
und bei Ludwig Tied verbrachte. End:
(ih, nad) dem Ableben feines Vaters
Schack. —
dem Staatsdienſte und benützte die ge—
wonnene Freiheit zunächſt, um nad) Spa-
nien zu gehen, wo er zwei jahre ver:
lebte.
gang mit Hargenbujh, dem Herzog von
Rivas und anderen hervorragenden Ge:
lehrten und Dichtern; in Granada reifte
dann in ihm das Vorhaben, die Kultur
der ſpaniſchen Araber, bejonders ihre
nod jo gut wie ganz unbefannte Poefie
zum Gegenjtande eines Werkes zu machen.
Als er fich wieder in ländlicher Einſamkeit
in Mecklenburg befand, wurde er durd)
ein Schreiben des Königs Diarimilian II.
von Bayern überrafcht, welcher den Dichter
in feine Nähe zu ziehen wünichte. Sch.,
feine Unabhängigkeit über alles Liebend,
nahm zwar die feite Stellung, die ihm
der König in feiner nächſten Umgebung
anbot, nicht an, aber verlebte nun eine
Reihe von Jahren hindurd den Winter
in München. Er ftand in intimem per:
fönlihen Verkehre mit dem König, der
lebhafte Teilnahme für feine Beftrebungen
fundgab. Uneingeengt von äußeren Hemm;
niffen, widmete er fi von nun an mit größtem
Eifer der literariſchen Produktion. Seinen
„Stimmen vom Ganges“,
diſcher, meift aus den uranas geſchöpfter Sagen,
folgte das Werk „Poeſie und Kunft der Araber
in Spanien und Sizilien“, fowie die „Strophen
des Omar Chijam“ nad dem Perſiſchen. Jetzt
entſchloß ſich auch der Dichter, nachdem ſich diele
poetiſche Erzeugniſſe in ſeinem Pult aufgehäuft
hatten, deren Zahl noch fortwährend wuchs, mit
denſelben vor das Publikum zu treten. Den
545
In Madrid pflog er täglich Um:
Schaefer.
äußere Anerfennungen find dem Dichter
zu Teil geworden: Der deutſche Kaifer erhob
ihn 1876 in den erblichen Grafenftand; die Unis
verfitäten Leipzig und Tübingen ernannten ihn
zu ihrem Ehrendoftor; er ift außerdem Ehren»
mitglied der königlich bayerifchen Akademie der
Wiſſenſchaften, ſowie der füniglic bayerischen
und kaiſerlich öſterreichiſchen Afademie der bil:
denden Künfte, Mitglied der föniglich ſpaniſchen
Afademie, ſowie der Afademie der Geſchichte zu
Madrid; ferner Beſitzer zahlreicher höchſter und
| hoher Orden verfchiedener Potentaten.
Schaefer, Karl, geboren zu Dresden
am 2. Juni 1855, abfolvierte 1873 das
ı Sroßherzog-Ludwigsgymnafium zu Darm
ſtadt, widmete fi dem Studium der Rechts⸗
wiſſenſchaft an den Hochſchulen zu Würz⸗
burg, Leipzig und Gießen, mwofelbft er
1877 die juriftiihe Fakultät abjolvierte;
während er 1878 zu Heidelberg zum Dr.
Jur. promoviert wurde, praktizierte er als—
dann einige Jahre in der Auftizverwal:
einer Sammlung ins |
1866 erfchienenen „Gedichten“ reihten fich in nur
kurzen Swifchenräumen an: Die „Epifoden“, eine
Sammlung von Erzählungen in Berfen, die hu—
moriftischen Epen „Durd; alle Wetter“ und „Eben:
bürtig“, der zum Teil auf Reile-Erinnerungen
beruhende, ſchon früh entitandene „Lothar“, das
Heine Epos „Memnon“, die politischen Luſiſpiele
„Der Kaiferbote” und „Cancan“, die von Vielen
für fein bedeutendites Werk gehaltenen „Nächte
des Drientö” oder „Die Weltalter”, die Trauer:
Ipiele: „Die Pifaner”, „Timandra”, „Atlantis“,
„Heliodor“, „Safton“, „Raifer Balduin“, „Wal:
purga“, die beiden Sammlungen Iyrifcher Gedichte
„Weihgefänge” und „Lotosblätter“, die „Tag: und
Radtjtüde”, eine Reihe Heinerer, meift erzählender
Dichtungen ſeht verfchied. Inhalts und endlich die
großangelegtenPebenserinnerungen,die von hödhiter,
allgemeiner Bedeutung find. Meannichfaltige
Das literariihe Deutſchland.
|
tung Rheinheflens und trat 1885 in den
k. bayer. Archivdienft des Allgem. Reiche:
Archivs zu Münden. Daneben als Pubtizift
thätig, veröffentlichte derſelbe Titerargeichichtliche,
rechtswiſſenſchaftliche, orts⸗- und kulturgeſchichtl.
Aufſätze in deutſchen Tagesblättern, Fachblaͤttern
und Zeitſchriften, arbeitet für das Feuilleton, iſt
Lyriker und Überſetzer aus dem Franzöſiſchen.
Schaffrath, K., ſ. Karl Schulz.
Schalk, Hugo, |. Em. Czedik.
Schanz, Julius (Uli Schanz), ift am
‚19. September 1828 zu Delsnig im Voigt:
lande geboren, ſtand 1848 und 1849
als Student auf feiten der nationalen Be-
wegung und büßte feinen Freiheitsdrang
mit jahrelanger Trübfal. Seine litera:
riihe Gabe Zur Dantefeier (1865) begrün-
dete in Italien feinen Dichterruf und
trug ihm jpäter eine Profeffur an der
Univerfität in Rom ein. Er war der erite
Autor, der durch Mithilfe bei zahlreichen
Übertragungen der deutichen Poeſie in
Italien zu Anſehen verhalf und zugleich
die literarische Welt Deutichlands mit den
beiten Dichtergaben Italiens bekannt
machte. Andauerndes Augenleiden und
ein unbezwingliches Heimweh trieben ihn
35
Scharbuſch.
1880 aus den ſonnigen Gefilden in ſeine
nordiſche Heimat zurück, wo er fortan ein—
zig ſeiner Muſe lebt. S. iſt ein Jünger
Platens, deſſen marmorne Form er mit
einer ungemeinen Lieblichkeit zu ſchöner
Harmonie vereint. Von den zahlreichen
poetiſchen und vermiſchten Schriften des
Dichters ſeien hier nur hervorgehoben:
Deutſches Liederbuch und deutſche Lieder (1848),
Terzinen an König Johann von Sachſen (1854),
Fünfzig Lieder für Komponiften (1856), Ein Bud
Sonette (1864), Schiller, Platen, Byron (Rhapio:
dien 1865), Zur Dantefeier (1865), Hymnen der
Völker (1865), Deutiche Lieder aus Ungarn und
Italien (1870), Italien, Deutjchland, Oſterreich
im Spiegel moderner Dichtung (1879), Korn:
blumen und Immergrün (1879—80), Heil dir,
mein Öfterreich (3. Aufl. 1882), Sängers Erden:
mwallen (1885).
Scharbufch, $., |. Fr. Borftell.
Schasler, Dar Alerander Friedrich,
wurde in Deutſch-Crone in Weſtpreußen,
in weldyem fein Vater Bürgermeifter war,
am 26. Auguft 1819 geboren, erhielt
feinen erjten Unterricht auf dem dortigen
Progymnafium und befudhte dann nad)
einander die Gymnafien zu Berlin, als
Alumnus des Joahimsthalfhen Gymna:
ſiums, Neuftettin, Kulm, Bromberg und
Thorn. Er hatte ſich dem Studium der
Sprachwiſſenſchaft und Philoſophie ge:
widmet, zu welchem Zmwed er zuerſt die
Königsberger Univerfität bejuchte, wo er
mit großem Eifer die VBorlefungen von Karl
Roſenkranz (Philofophie der Geſchichte,
Metaphyſik und Naturrecht) und Neflel:
mann (Sanskrit, Altperfiich, Gothiſch und
Litauiſch) beſuchte. Nach 1’/ejährigem
Studium ſiedelte er nach Berlin über,
wo er an der dortigen Univerſität die
Vorleſungen von Karl Ritter (Geogra—
phie), Bopp (Sanskrit und fomparative
Grammatik), Benary (Altphöniziiche und
griechiſche Inschriften), Trendelenburg
(Logik), Michelet (Geihichte der Philo—
fophie) und Schelling (Philofophie der
Dffenbarung)befuchte. Nach Abjolvierung
jeiner Univerfitätsjtudien wurde er auf
Grund jeiner Differtation De origine et
546
Scaler.
formatione pronominum personalium et prio-
rum numerorum pervestigatio rationalis et
phonetica 1845 an der Berliner Univer:
fität zum Doktor promoviert. Seine Be
teiligung an den politischen Ereignifjen
‚des Jahres 1848 hatte 1849 feine Aus-
‚weifung aus Berlin zur Folge. Hierauf
begab er ſich nad) Heidelberg, um ſich an
‚der dortigen Univerfität als Dozent für
Spradphilojophie und fomparative Gram⸗
matif zu habilitieren. Er reichte zu diefem
Zwed fein ſchon in Berlin herausgege:
benes Werk: Elemente der Sprachphiloſophie
Wilhelm von Humboldts heim Senat der Uni:
verfität ein, von welchem ihm bald darauf
ein Termin für Abhaltung einer Probe:
vorlejung geſetzt war, als er gleichzeitig
auf NRequifition der Berliner Polizei
wiederum eine Ausmweilung aus Heidel-
berg erhielt. Genöthigt, innerhalb 24
Stunden die Stadt und feine franf dar:
niederliegende Gattin zu verlaflen, wandte
er fi) nach Leipzig, wo er in der Re—
daftion der „Illuſtrierten Zeitung“ eine
Stellung fand und nad Jahresfrijt, in
‚Verbindung mit dem Holzichneider Eduard
Kretzſchmar, ein ſelbſtändiges Journal „Die
deutſche Kunſtzeitung“ gründete. Bon dem
‚Verlangen bejeelt, nad) Berlin zurückzu—
fehren, benußte er ein zufälliges Zuſam—
mentreffen mit dem damaligen Major von
Voigt⸗Reetz, den Schwager des Polizei:
präfidenten von Hindelden, um durch feine
Verwendung einen Aufenthalt in Berlin
zu ermöglihen. Won 1851 an mibmete
er fih nun hauptſächlich dem Studium
der Kunftwillenichaft. Die deutiche Kunit:
zeitung ging unter dem Titel „Die
Diosfuren” in feinen Alleinbefig über
und nahm bald einen erfreulichen Auf:
Ihwung. Er wurde Mitglied der von
Gabler, dem Nachfolger Hegels an der
Berliner Univerfität, gegründeten „Philo—
ſophiſchen Geſellſchaft““, von welder er
1873 zum eriten VBorfigenden gewählt
wurde. Aber feine politiichen Anteceden:
zien, ſowie eine gewiſſe Schroffheit in der
fritiihen Beurteilung der akademiſchen
Scauerte.
Kunftausftellungen verichloffen ihm jede
Möglichkeit, zu einer offiziellen Stellung
im Bereich der öffentlichen Kunſtangele—
genheiten zu gelangen. Im Jahre 1870 hatte
er fein umfangreiches Wert „Kritifche Geſchichte
der Äſthetik von Plato bis auf die Gegenwart“
veröffentlicht, welches namentlih bei der aus:
ländifchen Kritif die größte Anerkennung fand.
1875 gab er feine Kunftzeitung auf und fiebelte
nah Nubdolftadt, dann nah Meiningen und,
drei Jahre jpäter, nah Jena über. Außer
feinen oben erwähnten Werten find noch zu ver:
eihnen: „Die Schule der Holzſchneidekunſt. Ge:
Ienichte, Technik und Aithetit derſelben“ (1866),
„Begel, populäre Gedanken aus feinen Werten“
(1873), „Das Syftem der Künfte, aus einem
neuen, im Weſen der Kunſt begründeten Gliede-
rungsprinzip, mit befond. Rüdficht auf dad Drama
entwidelt" (1882), „Aſthetik“ (1883), ſowie
mehrere umfangreiche Abhandlungen in den „Zeit:
und Streitfragen der Gegenwart”: „Das Reich
der Ironie“, „Die Farbenwelt“ (2 Hefte), „Über
dramatifche Mufit”, „Über materialiftiihe und
idealiftiiche Weltanfhauung” u. a. m. Außerdem
die Dramen: „Der Schleier”, „Die Grotte der
Fürftin“ u.a. m. Gegenwärtig (1888) ericheint
„Anthropogonie oder das Allgemein; Menfchliche
feinem innern Wejen und jeiner dreigliedrigen
Entwidlung nad, als Urfprung der Sprache, der
Sittlichleit und der Kunſt“.
Schauerte, Franz, wurde am 15.
März 1848 in Oberberndorf, Kreis Die:
fchede, geboren. Seine Eltern waren
jehr geachtete Zandleute. Nachdem er
einige Jahre bei dem aud in weitern
Kreiſen bekannten Paſtor Chr. Grothof
in Berghaufen Privatunterricht genoflen,
befuchte er das Gymnaſium in Bader:
born, wo er 1869 mit Auszeichnung
das Abiturienten-Eramen bejtand. Nach
einem vier⸗ und einhalbjährigen Studium
der Philoſophie und Theologie wurde er
1874 zum Prieſter ordiniert und in
Friedrihroda in Thüringen als Kaplan
angeftellt. Im diejer Zeit befaßte er fich
namentlich mit geihichtlihen Studien und
Werfen. Für diefe und feine fonitige verdienft«
veröffentlichte feine erjten Merfe, Die
günjtige Aufnahme fanden. Im Jahre
1882 verliehigm der Biſchof Franz Caspar
von Baderborn auf Bräjentation des Ober:
präfidenten der Provinz Sachſen die Pfarr:
ftelle an St. Wigbertum in Erfurt. Die)
547
— Schaufuß.
wichtigſten und in vielen Beziehungen
ſehr verdienſtlichen unter ſeinen Publika—
tionen ſind folgende:
Chriſtina, Königin von Schweden. Ein Lebens⸗
bild (1850), Die Doppelehe eines Grafen von
Gleichen (1883), Abraham a Sancta Clara
(1856), Gujtav Wolf und die Katholiken in
Erfurt (1887).
Schaufuß, Ludwig Wilhelm, wurde
am 24. Augujt 1833 zu Greiz geboren.
Bald darauf hatte der Vater das Unglüd,
fein ganzes bedeutendes Vermögen zu vers
lieren, jo daß er gezwungen war, eine
Stelle in einem Dresdener Geſchäfte an—
zunehmen. Aber ehe ihm jolche geboten
wurde, wechjelte die Familie häufig dem
MWohnfig, fo daß Ludwig Wilhelm feine
Borbildung aus den verſchiedenſten Schus
(en holen mußte. Mit 15 Jahren fam
er dann in die Kaufmannslehre. Bon ſei—
nem Prinzipal und einigen edeldenfenden
Gelehrten unterftügt, konnte der wifjens-
durftige Jüngling mit ganzer Kraft feiner
Vorliebe zum Studium der Naturwiſſen⸗
haften ſich Hingeben. Später beteiligte
er fih an einer Naturalienhandlung und
gründete ſich ein eigenes glücliches Heim.
Er unternahm dann mehrere Studien-
reilen, die bejonders den Kunſtſchätzen
Italiens, Spaniens 2c. galten und errichs
tete Schließlich im Elbthale bei Dresden
das um feiner reihen Sammlungen von
Naturförpern und feiner Bibliothek hal:
ber viel befuchte Mufeum „Ludwig Sales
‚vator”. Um diefes Mufeums wegen hatte
‚er mit vielfachen Unannehmlichkeiten zu
fümpfen, da man ihm den Bau in Dres»
den nicht geftatten wollte. Ein nur —
300 Ellen entfernter Kirchhof wurde als
„Grund“ diefer Verweigerung angeges
ben. Inzwiſchen war ©. literarijch bervorgetreten
und zwar mit mehreren naturwiſſenſchaftlichen
liche Thätigfeit verlieh ihm die Univerfität Leip—
zig den Doktortitel und wurden ihm mehrere Dr»
den zu teil. Solcher Anerkennung ſchloß
fi aber die Stadt Dresden nicht an, ob»
wohl ©. gerade ihr gedient hatte. Wie
vorausſichtlich zog der einzelne Privats
35*
—
Scheffler.
mann bei den jahrelangen Kämpfen den
„Kürzeren“. Heute iſt ihm alles, was
er in 40 Jahren ſchweren Kampfes errun—
gen hat, zerſtört, ſein Vermögen verloren
und er gezwungen, ſein Brod durch die
Herſtellung eines ihm patentirten „Wind:
ſchutzes“ zu erwerben.
Hauptwerfe: Nunquam otiosus, Giorgione's
Werke, Correg 1io’S träumende Magdalene, Mono:
grapbie der Sphodrinen, Beichreibung der Psela-
phiden, Monograpbie der Scydmaeniden Ame:
rifa’s, Fauna balearica und zahlreiche Artifel in
Beitichriften.
Scheffler, Hermann, geboren zu
Braunſchweig am 10. Oftober 1820, hat
fi) außer dein Baumwefen der Dlathematif,
den Naturwiflenichaften und der philo:
548
— Sceiblein.
eine mir in Dresden bei dem fgl. ftenogr.
Inftitute angebotene Stellung an, welche
ich bis 1877 befleidete. Meine Univer—
‚fitätsftudien hatte ich durch das Doktor:
‚eramen zu einem vorläufigen Abſchluß ges
bradt. Auf Rat des Prof. Dr. Körting
‚habilitierte id) mid für franz. Sprade
‚und Liter. aın fgl. Bolytehnitum Dress
den, woſelbſt ich 1885 für dieles Fach
zum ao. Brofeflor ernannt wurde. Gleich:
zeitig habe ic) dafelbit die Stellung eines
Bürcau:Vorftandes und Sefretärs inne.
Am Vitzthumſchen Gymnaſium bin ich
ebenfalls für Franzöſiſch in den Ober—
klaſſen thätig. Meine Studien haben ſich auf
dem Gebiete moderner Sprachwiſſenſchaft, beſ.
auf dem Gebiete des Franzöſiſchen bewegt. Außer
einer Reihe von Kommentationen Molires, Ra:
ſophiſchen Weltbetradhtung gewidmet. Er eines, ſowie neuerer Schriftiteller, ſchrieb ich 1883
iſt der Verfaffer zahlreicher Echriften, von | bis 1885 das Werk: Die franz. Volfsdichtung
welchen die haupiſächlichſten die folgenden | md Sage. Dafjelbe verfucht erjtmalig das reiche
ſehr verdienstlihen find: Die mechaniſchen
Prinzipien der Ingenieurfunft und Arditeftur nad
Moſeley (1845), Über das Verhältniß der Arith:
metit zur Geometrie (1846), Die Brinzipien der
Hydroftatif und Hydraulik (1547), Der Situations»
kalkul (1851), Die unbeitimmte Analytif (1854),
Theorie der Gewölbe, Futtermauern und eilernen
Brücden (1857), Auflöfung der algebraiichen und
transzendenten Gleichungen (1859), Körper und
Geist (1862), Phyſiologiſche Optif (1865), Die
Gelege des räumlichen Schens (1866), Theorie
f
Gebiet franzöſiſcher Volksdichtung zuſammen—
faſſend darzuſtellen.
Scheidlein, Cäſar Edler von (Chate—
lain), wurde am 24. April 1843 zu Wien,
als der Sohn des Univerſitäts-Beamten
Ernſt E. v. S. geboren. Seine Mutter,
ſelbſt hochbegabt, entzündete ſchon früh:
zeitig in dem Knaben den Funken der
Poeſie, ſo daß er bereits in ſeinem fünf—
der Augenfehler und der Brille (1868), Sterblich—
feit und Berficherungsmwelen (1868), Die Natur:
geſetze 187681), Die polydimenfionalen Größen
(18801. Die magischen Figuren (1882), Die Welt
nach menfchlicher Auffaſſung (1855), Die Rege—
lung der Steuer, Einfommen: und Geldverhält:
nifje (1887).
Scheffler, Wilhelm, am 21. Januar
1847 zu Dalheim b. Königsberg geboren.
Ich erwarb am Kneiphöfiſchen Gymna—
ſium zu Königsberg das Reifezeugnis, ſtu—
dierte neuere Philologie daſelbſt, in Bres—
lau und Berlin. Der Krieg 1870/71
unterbrach dieje Studien. Ich fonnte als
Soldat, wie als Dolmeticher (mein Vater
entjtammte einer emigrierten Familie, in
welcher fi das Franzöſiſch bis auf ihn
erhalten hatte, meinem Vaterland nügen.
Als Offizier fehrte ih heim und nahm
zehnten Jahre mit der Veröffentlichung
‚von Gedichten in mehreren belletrijtiichen
Journalen begann. Nachdem er durd
vier Jahre philoiophiiche Studien an der
Wiener Univerfität betrieben hatte, nahm
er eine Anftellung als Beamter an der
genannten Hochſchule an, an welcher be—
‚reits fein Urgroßvater, Großvater und
Vater teils als Profefloren, teils als
| Beamte verdienftvoll gewirkt hatten. Nicht
nur die Literatur, aud) das Theater er:
‚regte in hohem Grade das Intereſſe des
‚jungen, unermübdlid thätigen Mannes, fo
‚daß er die Mußeftunden, welche ihm feine
Beamtenthätigfeit übrig ließ, redlich zwi—
ſchen der Poeſie und Schaufpielfunit teilte.
Miehrere Debuts auf Wiener und Bro:
vinzbühnen verliefen äußerit glüdlich, und
ſchon gedadte er, feine Bureauthätigfeit
Schentendorf.
aufzugeben und einem Rufe an das Stadt:
theater nad) Augsburg Folge zu leiften,
als er auf der Bühne des Varietetheaters
durch einen Schuß in das Geſicht ver:
legt wurde, welcher die Sehfraft des linfen
Auges gefährdete. Zwar genas er nad)
längerer Zeit vollitändiq, hatte aber die
Idee, fi) gänzlich dem Schaufpielerberufe
zu widmen, wieder aufgegeben, und wendete
fih, nachdem er noch eingehende drama:
tiihe Studien gemacht, dem dramatiichen
Lehrfache zu. Seine Unterrichtsfurje er-
freuten fi) eines regen Bejuches und
manches bedeutende Talent, manche heute
affreditierte Künftlerin hat auf feiner
Übungsbühne die erften Schritte auf den
weltbedeutenden Brettern verſucht. Heute
lebt er als Beamter in Benfion, mit der
Herausgabe feiner Igriihen und epiichen
Dichtungen beichäftigt, bei feinen Ange:
bhörigen in Wien.
Er hat nebft zahlreichen Gedichten, Feuilletons,
Novellen, Humoresten und politischen Aufſätzen,
welche in verichiedenen öjterreihilchen und aus:
ländifchen Zeitungen erſchienen jind, nachfolgende
günftig beurteilte Schriften felbit. herausgegeben :
Die Tochter des Komöpdianten (Rom. 1874), Der
Retter, Organ des I. Wiener L2ebensrettungs:
vereines (1875), Der Philantrop, Zeitichrift für
humanitäres Wirfen (1876), Das Nebelhorn,
bumor..belletrift. Bolfsblatt (1879), Dramaturs
8 er (1854), Humoriftiihe Vorträge
—8B).
Schenkendorf, M., |. M.Überichaer.
Scherenberg, Ernit, wurde am 21.
Juli 1839 in Smwinemünde geboren. Er
bejuchte die Gewerbeihule zu Stettin,
um auf den Munich des Vaters, wenn
auch nicht feinem eigenen Triebe ent:
Iprehend, einem techniihen Berufe ſich
zu widinen. Nah Abichluß feiner Vor:
bildung begann er feine praktische Lehrzeit
in einer großen Maſchinenfabrik zu Ber:
lin. Daneben aber gab er fich, der ei-
genen Neigung folgend, höheren Studien,
vornehmlich literariichen, hin. Bald em:
pfand er, daß er nicht für den ihm auf:
gedrungenen Lebensberuf geichaffen ſei,
und jo gab er denfelben auf und begann
549
— Scherer.
als Schriftſteller und Journaliſt zu ar—
beiten. Er redigierte von 1865—70
das „Braunichweiger Tageblatt“, danadı
bis 1883 die „Elberfelder Zeitung“ und
lebt noch jet in Elberfeld, jeit mehreren
Jahren als Sekretär der Elb. Handels-
fammer angeitellt. S. ilt Herausgeber
des Düffeldorfer „Künstler: Albums“ und
der Anthologie „Segen Rom”. Seine
jelbitändigen Werke find meiſt Iyriichen
Ynhalts und zeugen von ungewöhnlicher
Beherrihung des Reims und großer
Bartheit der Empfindung.
Hervorzuheben: Aus tiefitem Bergen (1858,
‚2. Aufl. 1862), Berbannt (Dram. 1865), 1866
(Dram. 1867), Stürme des Frühlings (1869,
2. Aufl. 1870), Gedichte (1878), Neue Gedichte
(1880, 2. Aufl. 1882).
Scherer, Franz Joſeph, wurde ges
boren zu Olpe den 25. Mai 1835, ſtu—
dierte nah) Erlangung des Gymnafial:
Reifezeugniffes von 1854—58 Philologie
und Seichichte, wurde 1858 auf Grund
ſeiner Diifertation de Graecorum än; no-
tione atque indole von der philoſophiſchen
Fakultät der KHöniglihen Akademie zu
Münfter zum Doktor der Philojophie pro=
moviert und beitand ebenda die Prüfung
pro facultate docendi 1859. Er trat
dann das gefegliche Probejahr am Gym—
nafium zu Münfter an und wurde nad
Ablauf eines halben Jahres zur Ver:
waltung einer ordentlichen Zehreritelle dem
Gymnaſium zu Coesfeld übermwielen und
1860 als ordentlicher Lehrer dort ange—
jtellt, folgte 1862 einer Berufung an das
Gymnaſium zu Rheine als Oberlehrer
und wurde von dort 1868 an das Gym:
naftium zu Münſter verjegt. 1871 zum
Symnafialdireftor ernannt, erhielt er die
Direftion des Gymnaſiums zu Coesfeld
und wurde in gleicher Eigenihaft von
dort 1877 nad Arnsberg verießt.
Bon Sch. find folgende Schriften erichienen:
Die arn bei Sophofles (1866), Das Deutſche
| Land und Volk in Liedern feiner Dichter (1573),
| Die Kaiferidee des deutichen Volkes in Liedern
feiner Dichter feit 1806 (1879), Die Einweihung
‚des neuen Gymnaſiums zu Arnsberg (1880).
| Außer diefen Abhandlungen gab er heraus die
Scherer.
Sammlung von Gedichten: Deutihland im Liede
oder Zand, Sprache und Volk der Deutihen in
Bildern vaterländiiher Dichter (1876), ein Buch,
welches ſehr günitig aufgenommen wurde, mweil
eö den Werfen der gefeierteiten Dichter mit Wahl
und Berftändnis entnommen und vorzüglich ge:
eignet ift, Liebe und Begeifterung für unler
großes Vaterland nachhaltig zu nähren, Bade:
mecum, enthaltend Realien aus Mythologie und
Sage, Geihihte und Geographie ... in Ge:
bädhtnisverfen und Sprüden (2. Aufl. 1856).
Im Berein mit Brof. Dr. Schnorbuih gab Sc.
heraus: Griehiihe Spradlehre (4. Aufl. 1886)
550
— Scherzer.
Scherzer, Karl von, am 1. Mai
1821 als Sproß einer alten Wiener Bür—
gerfamilie geboren, unternahm nad) Ab:
folvierung feiner philoſophiſchen, rechts⸗
und ſtaatswiſſenſchaftlichen Studien meh:
‚rere höchſt erfolgreihe Forihungsreiien,
und Übungsbuh nebit Grammatik für Tertia
(3. Aufl. 1885).
Scherer, Georg, geboren am16.März
1828 in Dennenlohe, beſuchte das Leh—
rerjeminar zu Altdorf, danach aber, als
er einjah, daß der uriprünglich gemählte
Beruf, zu dem er dort ausgebildet wor:
den, feinem Können und Wiffen nicht
entiprehen würde, bezog er das Gym:
nafium und fpäter die Univerfität in
Münden, wo er Philoſophie jtudierte ı
und bejonders eifrig Literaturgeichichte
betrieb.
moviert worden, ging er längere Zeit auf
Reifen, um die Literatur» und Kunſtſchätze
Deutihlands, Frankreichs und Italiens
fennen zu lernen.
Nahdem er zum Doktor pro:
Zurüdgefehrt, habi⸗
litierte er fih für Kunſt- und Literatur:
geihichte am Polytehnifum zu Stuttgart
und wirkte dort — abgelehen von einem
längeren Aufenthalte in Rom — bis zum |
Jahre 1875, da er zum Profeflor an der
fol. Kunftihule zu Stuttgart ernannt
wurde. Seit 1881 lebt Sc. in München,
nahdem er in den Ruheſtand getreten
ift, ausichließlich feinen literarifchen Ar:
beiten.
tiiher Natur. Am meiften machte fich
Cd. verdient durch den Bienenfleiß, mit
dem er zahllofe alte, zum Teil verjchol-
lene Weiſen und Lieder wieder zu Tage
förderte und uns von neuem zu eigen
gab.
Hauptwerke: Aluftriertes deutiches Kinderbuch
(1846), Deuticher Dichterwald (1853), Die
ſchönſten deutichen Volkslieder (1855), Rätſelbuch
(1862), Gedichte (1870, 3. Aufl. 1880), Jung»
brunnen deutfcher Bolfslieder (1872, 3. Aufl.
1875), Ziederborn (1879).
Diefjelben find vornehmlich poe⸗
die ihm 1857 nad feiner Rüdfehr von
einer, in Gemeinihaft mit Profeſſor Dr.
Morig Wagner nad Amerika unternom-
menen Tour eine failerl. Berufung zur
Teilnahme an der Novara= Erpedition
verichafften. Er trat demnach mit dem
Range eines öfterreich. Konjuls in den
Staatsdienft und erwarb ſich die höchſten
Verdienſte um dieje denkwürdige Erpedi-
tion. Auch dur feine nächſte Reiſe in
den Jahren 1868—69 mit der Fregatte
„Donau“ hat S. neues Licht über die
Natur: und Volkszuftände der entlegeniten
Zänder verbreitet und feinen Kenntnifien,
Erfahrungen und Beziehungen war das
mals in erjter Linie der raiche und vor—
teilhafte Abſchluß von Handels: und
Freundichaftsverträgen mit den Kaiſer—
reihen Siam, China und Japan zu dans
fen. Stets hat S. die Mittel aufgeludt,
durch welche fein Vaterland zu einer her—
vorragenden Stellung im Bölterverfehr
berufen werden fönnte. Seine einfluß-
reihen dienftlihen Stellungen als Mini-
ſterialrath im öfterreihiihen Handels»
minifterium, als Zeiter der Generalkonſu⸗
late in Emyrna, London, Leipzig und
nunmehr in Genua gaben und geben ihm
vielfach Gelegenheit, jeine Beitrebungen
in praftiihe Maßregeln zu übertragen.
Durch diejes Wirken und feine patriotifche
Geſinnung hat fih Scherzer den Anſpruch
auf die allgemeinjte Anerfennung erwor:
ben. Die reichen Ergebnifje feiner Er-
forfhungen und Erfahrungen hat v. ©.
in folgenden hocdhbedeutenden Werfen ver:
wertet:
Die Republit Cofta Rica (1855), Neilen in
Nordamerika (1855), Die Reife der öfterr. Fre—
gatte Novara um die Erde (1861, 2. Aufl. 1864),
Die Novara» Erpedition (itatijtilch-fommerzieller
Teil, 1863, 2. Aufl. 1867), Aus Natur und
Völkerleben in Amerifa (1864), Smyrna (1873),
Schettlar.
Weltinduſtrien (1880), Die öſterr. Erpedition nach
Indien ꝛc. (1868— 71), Das wirtſchaftliche Leben
der Völker (1885). Auf das lektgen. Werk machten
ſowohl das öfterr. Minifterium, wie das deutjche
Reihsfanzleramt ihre diplomatischen und konſul.
Vertreter durch befonderes Cirfular aufmerffam.
Schettlar, Dtto, geboren den 19.
Mai 1841 zu Liebſtadt i. S., turnte ſchon
von feinem 8. Jahre an mit großem
Eifer. Der Hauslehrer Stieberig fuchte
damals für die von ihm zu unterrichtenden
2 Knaben Genoſſen im Turnen. Sc. ge
hörte zu dem auserwählten Häuflein, mit
dem wiederholt Turnfahrten einfadhiter
Art unternommen wurden. Als Schüler
der Annen:Realihule zu Dresden turnte
Ch. unter der Leitung des Brand-
direftors Ritz, als Schüler des Friedrich:
jtädter Seminars daſelbſt 4 Jahre hin:
dur in der (alten) fönigl. Turnlehrer:
bildungsanjtalt unter Leitung des Prof.
Dr. Kloß, der Turnlehrer Hildebrandt,
Held u. A. Erſt 1863 hatte er Gele:
genheit, und zwar als Lehrer an der Se-
lefta zu Dlsnig i. V. felbft Turnunter:
richt zu erteilen und gewann diefen als-
bald jehr lieb. Auch jpäter, als ſich nad)
feiner Verſetzung nad) Plauen hier wieder
Gelegenheit zu diefem Unterricht darbot,
benugte er dieſelbe fofort, bereitete fich
auch mit Anderen auf das Facdlehrer:
Eramen im Turnen vor und beitand das:
jelbe 1865 zu Dresden. Bald darnad)
ernannte ihn der Stadtrat zu Plauen
zum Oberturnlehrer über das ftädtifche
Schulturnweſen. 18576 wurde er an das
neuerrichtete Lehrerfeminar zu Auerbad)
i, Vogtl. als Oberlehrer berufen und in
diefer Stellung verweilt er jetzt nod).
AS Bertreter des Vogtländiſchen Turngaues,
als Geſchäftsführer des ach Turnlehrervereins
und als Mitglied des Kreisturnrats für Sachſen
bat er z. 8. in den „Jahrbüchern der Turn:
funft“ und in der „Deutichen Turnzeitung“ gar
viele Aufjäge turnerifchen Inhalts veröffentlicht,
“. a. über „ Turner Farben und feinen
Gruß“, über die Unterfchiede zwifchen dem Knaben:
und Mädchenturnen, über die Perteilung der
Spiele im Boltsihul-Tumunterrichte, über das
Böglingsturnen x. Als befondere Werke find
erfhienen: Die Mädchenturnſchule (6. Aufl,), Die
551
— — — — — — — — — — — — — —
— Schiehl.
Knabenturnſchule (2. Aufl.), Die Turnſpiele für
Knaben und Mädchen (6. Aufl.), Das Turnen in
gemiſchten Volksſchulklaſſen, Guts Muths, Spiele
zurllbung und Erholung des Körpers und Geiſtes
(in 5—7 Aufl. neu bearbeitet).
Schiehl, Joſef, wurde als Sohn
eines k. bayriichen Aſſeſſors am 8. Juli
1820 zu Burglengenfeld bei Regensburg
geboren und ſchon mit 14 Jahren Dop—
pelwaife. Er beſuchte das Gymnaſium
und Lyzeum zu Regensburg und jtudierte
an der Univerfität München die Rechts»
wiſſenſchaft. Schon als Kind von 7
Jahren Hatte ihn ein Augenleiden ein
volles Jahr im verdunfelten Zimmer
feftgehalten. Deshalb wagte er es nicht,
jein unleugbares Talent für Malerei an
der Akademie auszubilden, und das Lehr—
amt für Geihidhte und Philoſophie,
welche ihm durd den gewaltigen Görres
und Schelling nahe getreten waren, ſchien
für ihn, den armen liberalen Katholiken
in der dumpfen Abel’ihen Zeit uner—
reihbar. Er mählte, um dem Wolfe
näher zu bleiben, die Laufbahn eines
Einzelrihters und fand jeine erjte Anz
ftellung als folder 1851, feine legte als
Landrichter zu Regenſtauf bei Regens—
burg 1862 und lebt nun feit 1886 im
Penfionsftande zu Stadtamhof mit der
Gattin, die er 1851 gewonnen zu Leid
und Freude einer fünfunddreißigjährigen
Ehe.
Schon als Student veröffentlichte er ein noch
unausgereifted Drama „Plinpanjer“ und 1849
wurde fein „Palin“ zu Nürnberg mit Achtungs⸗
erfolg aufgeführt. Das Jahr 1848 hatte ihn
fo nachhaltig ergriffen, dab er 1866 gegen „nor«
difchen Partikularismus“, wie ihm vor 1870
das Vorgehen ded Nordens erſchien, feine „Ges
dichte eines Süddeutfchen” (1869) fchrieb. Die
damit verbundenen „Geihichtsbilder” verdienten
ein gefondertes Fortleben. Das Jahr 1870
brachte ihm, wie jedem echten Deutichen, Erlöfung
und neue Kraft. Nun erichienen von ihm „Teita«
ment eines Dichters“, drei Dramen, 1880 und
1885 als Kodizill „Dramen in Profa“, vier
Dramen. Diefe Dramen wurden von der Hritif
als „ſcharfumriſſene Zeitbilder” mit großartigen
Szenen beurteilt, nur die zu gedrängte Sprache
wurde bemängelt.
Schild, Wolfg., |. Ab. Lilie.
552
Schirmer, Schirndinger v. Schirnding.
Schirmer, Wilhelm Cajetan, wurde | Thätigkeit folgte er der Berufung als
am 12. Sebruar 1847 in Andridau (Oſter- Pfarrer der alttath. Gemeinde in Düflel-
reich) geboren. Nach Abfolvierung des dorf. Harte Schläge erwarteten ihn hier:
Gnmnafiums und mit Auszeichnung ab⸗ | fein treues Weib und eines feiner Kinder
gelegter Maturitätsprüfung in Kremfier | wurden ihm daſelbſt raſch nacheinander
widmete er fich von 1868 --72 dem Stu: | durch den Tod entrifien.
dium der Theologie an der Wiener Uni—
verfität. Der Studienplan der fath.:theol.
Fakultät wies mande Lücke auf, die Be
handlung der einzelnen Disziplinen war
eine fchematiiche, trodene.. Da mußten
denn jene Zöglinge, die — wie es in
Goethes Fauit heift — „keine Weber”
werden, jondern „mas Lebendiges“ er:
fennen wollten, durch Brivatleftüre Geiit
und Herz zu erfriichen und ihre Idealwelt
fih zu erhalten fuchen. Nach 1872 er:
folgter Ordination in die praftifche Seel:
Hauptmwerfe: Heimatkunde des Herzogtums
Sclefien (1880, 3. Aufl. 1885), Sagen aus
Ofterreih (1882, Jugendſchr.), Verfaſſungskunde
der öfterr.:ungar. Monarchie (1883), Marimilian,
Kaifer von Merifo (Jugendſchr. 1883), Bilder
aus der Nirchengeichichte (1884), Die altkathol.
Gemeinschaft in Neihe, ein Beitrag z. Geld. d.
f. Reformbemweg. in Schlefien (1884), Beilchen,
Ausw. Deuticher Gedichte (1885), Treu und frei.
Erzähl. f. d. Volk (1887), Licht, Liebe, chen
(Ranzelreden 1887).
Schirndinger von Schirnding,
Carola Freiin v., Tochter des tgl. bair.
Forſtmeiſters Frhrn. Sch. v. Sch., wurde
forge eingetreten, fand Sch., daß die re am 9. Juli 1850 zu Stauf im Franfen:
ligiöfe Gemeinſchaft, der er dienen follte, | lande geboren. Unter der liebevollen Für:
ein Reich der Ydole, nicht der Ideale fei. |forge der Eltern genoß fie eine glückliche
Schon das erſte Jahr (in Ladendorf) war ; Kindheit, der das ländliche freie Leben
ein Jahrbitterer Enttäufchungen. Hier ſchon einen befonderen Neiz verlieh. Ihren
feimte in ihm der Entſchluß auf, feinem erſten Unterricht erhielt Carola gemeinfam
Leben eine andere Richtung zu geben. mit ihrem älteren Bruder und faın dann
Noch vier Jahre verblieb er in der Seel: im zwölften Lebensjahre zur weiteren Aue:
forge, teils in Brunn am Gebirge, teils, bildung in das fgl. Max-Joſeph-Stift zu
in Wien, widmete fi aber zugleih hi: München, wo fie eine gewifienhafte Her:
ftorifch-geographiichen und germaniftifchen : zens- und Geiftesbildung erhielt. Nach
Studien an der philof. Falultät der Uni- drei Jahren kehrte fie in das Elternhaus
verjität Wien. 1877 übernaym Sc). eine | zurüd und verwertete die erlangten Kennt:
Lehrerftelle aın Staatsgymnafium in Bie—
lig und bald darauf am evang. Lehrer:
jeminar dajelbjt. Das war eine Zeit reger |
Neben der Willens | erziehlichen Beruf begeiftert, reifte in dem
literar. Thätigfeit.
Ihaft war es namentlich feine edle Gattin
Anna (geborene Sieber), die ihm treu alle
Mühen des Lebens tragen half. Im J.
1884 erhielt Sch. einen Ruf als Paſtor
ber altfathol. Gemeinde in Neiße.
da er in der altkatholifchen Kirche jenen
Idealkatholicismus ſah, von dem er immer,
‚ihr die erjte Lehrerin zu werben.
Die
alte Liebe zur Seeljorge erwadte, und
niffe, eine jüngere Echwelter zur Auf:
nahme in das eben verlaflene Stift vor:
zubereiten. Von ganzer Seele für den
jungen Mädchen der Plan, die verwil—
derte Dorfjugend zu fich heranzuzichen und
Mit
Geduld und Ausdauer mwaltete fie lange
Sahre diefes mühevollen Amtes. Mitten
in das Glück ihrer Jugendzeit fiel der
Tod ihres einzigen, ihr eng verbundenen
Bruders, der auf dem Schladhtfelde (1870)
geträumt, jo folgte er gerne dem ehren: | fein Leben ließ. Als nad) Jahren der
den Hufe. Auch bier ſetzte Sc. feine | Vater in den Ruheſtand trat und die Fa—
literarische Thätigkeit fort und machte fich | milie nach Nürnberg zog, wurde Carola,
auch als Kanzelredner bald allgemein be: deren Sinn, Denken und Fühlen mit der
merkbar. Nach zweijähriger fegensreicher ; Kinderwelt verwachſen war, Jugendichrift-
—
Schlagintweit.
ſtellerin und in kurzer Zeit eine beliebte
Mitarbeiterin verſchiedener Jugendzeit-
ſchriften. 1887 gab ſie ein ſelbſtändiges
Werk: Norddeutſcher Sagenkreis heraus, das
verdientermaßen ſehr günſtig beurteilt
wurde.
Schlagintweit, Emil, wurde am
7. Juli 1835 zu München als ein Sohn
des berühmten Augenarztes Joſef Sch.
und Bruder des hochverdienten Reiſenden
553
gl. N. geboren, ſtudierte die Rechte, ſpäter
Orientalia zu Berlin, ermutigt durch die
großen Erfolge ſeiner Brüder auf jenen
Gebieten. Sch. lebt gegenwärtig als
Bezirksamtmann in Zweibrücken.
ſeinen verdienten Schriften heben wir
hervor:
Buddhismus in Tibet (1863), Die Könige
von Tibet (1866), Die Gottesurteile der Indier
(1866), Indien in Wort und Bild (1881).
Schlejinger, Ludwig. Ich bin am
Bon
13. Oftober 1838 zu Oberleutensdorf
in Böhmen geboren, war von 1865 — 69
Nealfhulprofefjor in Prag, 1869— 76
Direktor der Oberrealichule in Leitmerig
und wurde 1876 zur Neorganilation des
deutihen Mädchen-Lyceums nah) Prag
berufen. Meine jchriftitelleriiche Thätig-
feit erſtreckt ſich hauptiädhlih auf das
Gebiet der Geſchichte Böhmens und hat
dieſelbe dazu beigetragen, die tichechiichen
Geihichtsauffaffungen und Darftellungen
ins gebührende Licht zu ſtellen und den
Anteil der Deutſchböhmen an der Landes—
geihichte zur Geltung zu bringen. Als
Zandtagsabgeordneter vertrat ich bis zur
Abjtimmung der Abgeordneten (1887)
die deutihe Partei als Mitglied der
oberjten autonomen Landesbehörden, des
Landesausschufles und des Landesſchul—
rates.
Als Hauptwerfe nenne ih: Geichichte Böh—
mens (2. Aufl. 1870), Urkundenbud der Stadt
Brür (1876), Hiſtorien des Magiiters Leonis
(1877), Studtchronifen von Elbogen und Trau:
tenau (1879, 1881). Zahlreiche Abhandlungen
erſchienen in den „Mitteilungen des Vereins für
Geſchichte der Deutichen in Böhmen“, deren Ne:
daktion ich feit 1870 bis heute führe. An den
Bublifationen des Prager „Vereins zur Verbrei:
—
Schlefinger.
tung gemeinnüßiger Kenntniſſe“ veröffentlichte
ich: Stellung der Deutihen in der Geſchichte
Böhmens (1869) und Drangjale der deutichen
Sprade in Böhmen (1872. 1880 eridien:
Anton Fürnftein und feine Gedichte, 1886: Die
Nationalitätenverhältniffe Böhmens. (In den
„Forſchungen zur deutihen Landes: und Volks:
'tunde herausgeg. v. Dr. Lehmann“.) Überdies
bin ih auf pädagogiichem Gebiete thätig und
arbeite mit an den Sammelwerten: Brodhaus,
Erſch und Gruber, Liliencron.
Schlefinger, Siegmund, am 15. Juni
1832 in Preßburg geboren, beabjichtigte
urſprünglich, in Wien die Rechte zu jtu:
dieren, ging aber bald zur Philofophie
über und widmete fih nad) Beendigung
feiner Studien der Journaliſtik, zunächit
an der Redaktion der „Wiener Morgen:
poſt“, fpäter an der des „Wiener rem:
denblattes“ und jeit 1867 am „Neuen
Wiener Tageblatt“ bejchäftigt. Sein
eigentliches Tliterariiches Feld iſt das
Feuilleton, für das feine fein geſpitzte Fe—
der wie geichaffen erfcheint. Daneben ijt
©. vielfah als Dramatifer hervorgetre:
ten; zunächit in Gemeinichaft mit Franz
Niſſel (f. d.), Später allein. Die Mehr:
zahl feiner Stüde ift mit Erfolg über die
Bühnen gegangen. Die bedeutendften find:
Die Guſtel von Blaſewitz, Mit der Feder, Der
Graf aus dem Buche, Mein Sohn, Der Haus:
ſpion, Die Schweitern von Rudolitadt, Ein libes
raler Kandidat, Das Trauerfpiel des Kindes,
Zahlen beweilen, Wogelfrei; außerdem hervor:
zuheben feine gefammelten Feuilletons unter dem
Titel: Wiener Tageblätter.
Schletterer, Hans Michel, wurde
am 29. Mai 1824 in Ansbach geboren
und ermwählte ſich den Mufiferberuf, da
er bereits als Knabe ungewöhnliche mus
jitaliihe Begabung an den Tag legte.
Nah Bollendung feiner Fachſtudien in
Kaſſel bei Spohr und Kraushaar und in
Leipzig bei David und Richter wurde er
1845 Muſiklehrer an der Normalichule
in Finftingen, 1847 Muſikdirektor in Zwei—
brüden, 1854 Univerjitätsmufifdireftor in
Heidelberg und 1858 Rapellmeijterin Augs:
‚burg. Dort gründete er 1866 den Ora—
torienverein und 1873 eine Muſikſchule,
die eines vorzüglichen Nufes fich erfreuen.
N von Jordan, Hlızamdaun sur 173.
Schleuſner.
Von ſeinen, um die Kenntnis der Muſik—
geſchichte hochverdienten Werken ſind be—
ſonders erwähnenswert:
Geſchichte des proteſtantiſchen Kirchenliedes und
Kirchengeſanges (1861), Das deutſche Singſpiel
(1863), Fr. Reichardt (1865), Darſtellung der
Geſchichte der kirchlichen Dichtung und der geift:
lihen Muſik (1866), Die Entftehung der Oper
(1873), Studien zur Geſchichte der Fangöfifchen
Mufit (1883—86).
Schleuſner, Georg Ludwig, Ach
ſtamme aus einer alten Theologenfamilie.
Mein Vater war zulegt Propſt und Super:
intendent in Nemberg bei Wittenberg, und
dort bin ih am 6. Mai 1841 geboren.
Erjt im Heimatsort vorbereitet, habe ich
1853—59 der alma mater Porta, der
befannten kgl. Zandesihule im lieblichen
Eaalthale, als Alumnus angehört. Dort
hat die jhöne Natur, verbunden mit dem
Vorbild der alten Elaffiihen Dichter und
unferer deutſchen Dichtergrößen die erjten
Regungen dichteriichen Geiftes in mir ge—
weckt mit einer Luſt an der jchönen Lite—
ratur, insbejondere aud) der mittelalter-
lihen unferes Volkes. Inbezug auf die
alten Klaffifer verdankte ich dem Profeſſor
Reinhart, hinſichtlich unfererdeutichen dem
Literarhiftorifer Prof. Koberjtein bejon-
ders viel. 1859 bezog ich die Univerfität
Halle behufs Studiums der Theologie und
Philologie. 1862 Habe ich fie wieder
verlaffen. Der befannte Profeſſor Tho—
[uf blieb nit ganz ohne Einfluß auf
mid. Doch gewann ich erſt recht Luft
zur Theologie in meiner jpäteren Haus:
lehrerzeit bei einem Paſtor in Schleswig.
Nah Ablegung beider theologiicher Prü:
fungen ließ ich mid) 1868, um meinem
greifen Vater zur Aushilfe im Amte nahe
zu fein, ins fol. Prediger-Seminar in
Wittenbergaaufnehmen, in dem ich 3 Jahre,
von Mitte 1869 ab, als ordinierter Hilfs:
prediger verweilte. 1871 trat id dann
ins eigentliche Pfarramt an der Witten:
berger Pfarrkirche cin, als einer der
Diafone. Dort jtehe ich no im Amte
als 2. Diafonus. Meine literarifhe Thätig-
keit: Zwölf deutiche Lieder aus wunderbarer
554
ſprache (Volapüf) befannt.
Schleyer.
Zeit (1875), Die Ausgrabungen im Euphrat—
und Tigris:Gebiet und ihre Bedeutung für's Alte
Teitament (1882), Paulus Gerhardt, der evang.
Belenner in Bild und Lied (1883), Luther als
Dichter, insbeſ. als Bater des deutichen evang.
Kirchenlieds (1873), Fürft Bismard. 1875—85,
Ein Sonettenkranz (1886), Gebet dem Staifer,
was des Kaiſers ift und Gott, was Gottes ift
(Eine Zeit: und Volköpredigt. 1885), Sechs Zeit-
gedichte zur Weltgeihichte (1887). Außerdem
viele Beiträge in Zeitichriften.
Schleyer, Johann Martin, geboren
1831 zu Oberlauda, wo jein Vater Ober:
lehrer war; ftudierte Theologie und Philo—
logie zu Freiburg, wiſſenſchaftliche Preiſe
erringend; feit 1856 Priefter und ſeit
1867 Pfarrer, nun in Konſtanz. ©. ift
nicht bloß ein fehr fleifiger, fondern auch
ein vielfeitiger und begabter Dichter, am
meiften freilich zieht es ihn zur Gottes
minne. Von feinen Sammlungen nennen wir
die „Balınen der Heiligen“ (Legenden in 366
verichiedenen Strophenformen, darunter viele treff:
liche), „Die Liebe in hundert Gejtalten“. In
„Ehriftus, der göttliche Knabe und Jüngling“
bietet der Dichter 24 Weihnachtsgedichte, dem Ger
halte nad das Schönfte aus den apokryphiſchen
Evangelien. Ebenjo hat er in 50 Sonetten die
„Berlen der Himmelstrone Maria's“ befungen.
Bon feinen größeren Dichtungen nennen wir das
Legendenepos „St. Urſula“, die idylliiche Viſion
„Eutychia“, das Oratorium „Andreas Hofer‘
und das bibliihe Drama „Elias“. Auch die
„Helden von Mentana‘ und die deutſchen S
des Jahres 1870 (Bellona) entlodten feiner
begeijterte Lieder. Beſonderes Talent bat er
Sprucgedichte, wie feine „Stufen zur Bolllom⸗
menbeit”, eine in 2. Aufl. erfchienene ‚,
hungslehre in Sinngedichten“ und die „®
ner der Wiſſenſchaft heiliger Seelen“ bemeifen,
ger
welch’ letztere viele Sprüche enthalten, die
prägnanten Inhalt und die fnapp epi
Form überrafchend ei Lg sn und andere,
0
durch echt voltstümlichen Ton und
eignet find, Gemeingut des deutſchen
Voltes |
werden. S. gab aud zwei Hefte —
dichte heraus: „Carmina jubili” und „Kecle
siastica". Seit 1877 redigiert S. die von ihn
begründete Zeitfchrift „Sionsharfe” (für *
liſche Poeſie). Den weiteſten Kreiſen wurde
©. jedoch durch die Erfindung der Welt
Eine per,
die felbit von den Gegnern als eine höchſt
geniale anerfannt werden muß und deren
Verbreitung von Tag zu Tag wädjit, jo
Schlicht.
daß die Möglichkeit immer näher rückt,
daß S.'s Ideal zur Wirklichkeit ſich ge—
ſtalten und der babyloniſchen Sprad:
vermwirrung ein Ziel gejegt werden könne.
Hierauf bezüglihe Schriften S.'s find: Haupt:
edanfen meiner öffentl. Vorträge über Volapük,
eltipradhenwörterbud, Weltfprachenblatt ꝛc.
Schlicht, Joſef, wurde am 18. März
1832 zu Geroldshaufen auf einem Zwie:
Ipanngute als der Sohn braver Eltern
geboren, bejuchte die Dorfichule und, nad)
einjährigem vorbereitenden Unterricht im
heimatlichen Pfarrhaufe, als Freiichüler
das dazumal errichtete tridentinifche Se:
minar bei den Benediktinermöndhen in
Metten, das er nad acht Jahren abjol:
vierte, um dann in Regensburg feinen
Lycealſtudien ſich hinzugeben. 1856 lieh
er fi in den Dienft der Kirche ordinieren
und machte dann fein kirchenamtliches
Praktikum in vierzehn Kaplanjahren durch.
1871 wurde er im Benefizium zu Steinad)
arbeiter des „Sonntagäblattes“ von Augsburg,
deſſen Jahrgänge 1871 und 1872 viele Auffäge
zu einem Vollsgemälde brachten, die dann zu
einem Werfe vereinigt unter dem Titel „Baierilh
Sand und baieriſch Volk“ eine beifällige Auf:
nahme, befonders in der Heimat, aber auch über
die Grenze hinaus, fanden und 1886 mit dem
itel „Altbaiernland und Altbaiernvolf” die 2.
Auflage erlebten. 1877 erichien fein Werk „Blau:
Dei in Schimpf und Ehr', Luft und Leid“,
Außerdem hervorzuheben die lokale Geſchichts⸗
arbeit in der hiftorifchen Vereinsfchrift für Nieder:
baiern: Steinach, Edelfig, Pfarrei, Benefizium,
Schule, Dorf (1886) und zahlreiche Beiträge für
und Tageöblätter, zu denen haupt»
viele, auch weitere Reifen die Anregung
den Stoff boten.
Schlie, Friedrih, wurde als Sohn
eines Kantors und Lehrers an der Volks—
ſchule in Brücl (Medlenburg) am 12. Des
zember 1839 geboren. Bon feinem achten
Lebensjahre an genoß er guten Privat
unterricht, fpäter bejuchte er infolge der
”
555
— Schlie.
Verſetzung ſeines Vaters nach Doberan
das dortige Steinmannſche Inſtitut bis zu
ſeinem ſechzehnten Lebensjahre. Danach
wurde er durch die Umſtände gezwungen,
fünf Jahre lang teils als Hauslehrer,
teils als Lehrer an einer Privatſchule
thätigzufein. Alsdann trat er ins Roſtocker
Gymnaſium ein und machte 1863 das
Abiturienten-Eramen. Darauf jtudierte
er zwei Jahre lang Philologie auf der
Univerfität zu Roftod, übernahm aber da-
neben auf Erjuchen des Rats der Stadt
1864—65 eine interimiftiiche Lehrerſtelle
am dortigen Gymnaſium. Darauf ging
er nah München und wandte fich hier,
unter Brunns Zeitung, dem Studium der
klaſſiſchen Archäologie zu. 1867 legte er
fein Doftor-Eramen ab. Nach Beendigung
eines Buches über die Daritellungen des
troiihen Sagenfreifes auf etrusfischen
Sarkophagen begab er fich zur weiteren
Vollendung feiner Studien nad) Jtalien.
An Rom trat er 1868—69 als Hülfs-
jefretär in die Dienſte des archäologiſchen
Inftituts, dann fehrte er zurüd, um am
Gymnaſium zu Waren eine Lehreritelle
anzutreten. 1876 wurde ihm von feinem
Zandesherrn eine Berufung als Direktor
der großherzogl. Kunjtiammlungen nad)
Schwerin. 1882 erhielt er den Titel
eines Hofrats und 1884 vom König von
Italien das Ritterkreuz der ital. Krone.
Außer einer Reihe von kunſtwiſſenſchaftlichen
Auffägen in Zeitichriften find folgende verdienft-
liche Arbeiten von ihm erfchienen: Die Dar;
ftellung des troifhen Sagentreifes auf etruskiſchen
Aſchenkiſten (mit einem Vorwort von E. Brunn)
(1868), Zu den Kyprien (1874), Über Einführung
der Kunitgefhichte in den Lehrplan der Gym:
nafien (1875), Die Berliner Amazonenftatue
(1877), Beſchreibendes Verzeichniß der Werke
älterer Meifter in der großherzogl. Gemäldegallerie
zu Schwerin (1882), Das Altarwerf der beiden
Brüffler Meijter Jan Borman und Bernaert van
Orley in der Pfarrfirhe zu Güftrom (1883),
Kurzes Verzeichniß der Bilder der großherzogl.
Gemäldegallerie (2. Aufl. 1883), Beichreibendes
Verzeihniß der Werke neuerer Meijter in der
großherzogl. Semäldegallerie zu Schwerin (1884),
Gypsabgüſſe antiker Bildwerfe im großherzogl.
Mufeum zu Schwerin. In kunſtgeſchichtlicher
Folge befchrieben und erflärt (1887).
Schliemann. —
Schliemann, Heinrich, iſt in Neu⸗
buckow (Mecklenburg) als ein Sohn des
dortigen Pfarrers am 6. Juni 1822
geboren, abſolvierte die Realſchule in
Neuſtrelitz und widmete ſich zunächſt als
Lehrling in einer kleinen Kolonialwaaren—
handlung zu Fürftenberg dem Kaufmanns-
Itande. Nach fünfjähriger Thätigfeit
mußte er den Beruf aufgeben, da er fi
beim Heben eines fchweren Falles ver:
legte. Bon Reiſeluſt ergriffen, wandte
er fih nah Hamburg und ging als
Schiffsjunge mit einem nad Venezuela
beitimmten Schiffe zur See. Das Schiff
erreichte ſein Ziel nicht, fondern fcheiterte
unterwegs. Sc. wurde nad Amiterdam
verichlagen und fungierte bier als Lauf:
buriche in einem Handlungshaufe. Alle‘
feine Muße benugte er mit eifernem
Fleiße zu Spradjitudien und bradte es
foweit, daß er als Korrefpondent von‘
einem Amjterdamer Kaufherrn angeitellt !
und jpäter als deilen Agent nad) Peters:
burg geichiet wurde. Dort madte er
auch für eigne Rechnung Geſchäfte und.
erwarb ſich ein großes Vermögen, worauf
er eine faufmänniihe Thätigfeit einitellte
(1863), um ſich ganz feinem Lieblings:
jtudium der Sprachen und großen Reilen
hinzugeben. Er durchforſchte ganz Eu-
ropa, Aſien, unternahm eine Weile um
die Welt und wandte fi Schließlich nad
Sriechenland, deſſen biltoriiher Boden
fein höchites Interefle in Anfprud nahm.
Dort vermählte er fih mit einer body
begabten Griechin, die ihn auf allen feinen |
Reiſen begleitete und ihm bei feinen, in
Griechenland und in Troja vorgenomme:
nen, bekanntlich unfchägbarergiebigen Aus:
grabungenzur Seitejtand. Die Wiſſenſchaft
hat Schliemann unendlid) Vieles zu danfen.
In Anerkennung feiner Berdienite ernannte ,
ihn die Univerfität Roftod zum Dr. phil.,
die Univerfität Orford zum Doftor des
Zivilrechts und die Stadt Berlin ihn zu
ihrem Ehrenbürger. Seit 1871 hat Sch.
feinen ftändigen MWohnfig in Athen. Von
feinen hochbedeutenden Schriften, in wel: |
556
— Schlögl.
chen er ſeine reichen Forſchungsergebniſſe
niedergelegt hat, find folgende hervorzu—
heben:
La Chine et le Japon. Ithaka, Der Pelo—
ponnes und Troja, Trojaniihe Altertümer, My:
fenä, Jlios, Stadt und Sand der Trojaner, Oro:
menos, Bericht über meine Ausgrabungen, Troja,
Reiſe in der Troas, Tiryns.
Schlögl, Friedrid, am 7. Dezember
1821 zu Wien geboren, abjolvierte das
Gymnaſium unter manderlei Entbehruns:
gen, da jein Vater, ein braver, aber ganz
'unbemittelter Handwerker, ihm nur wenig
Zuſchuß gewähren konnte und Friedrich
‚früh auf eigenen Verdienit anwies. So
war auch an ein weiteres Studium nicht
zu denken, fondern S. mußte einen Beruf
ergreifen, der ihm ſchnell Brod gab. Er
wurde Sanzleibeamter. Nach dreigigjäh:
riger jubalterner Thätigkeit nahm er jei-
nen Abichied (1870), um fortan als
„freier“ Schriftiteller zu leben. Lange
zuvor ſchon hatte er auch „außerdienſtlich“
‚nad der Feder gegriffen und zahlreiche
Feuilletons in Zeitichrirten veröffentlicht,
nachdem er nebenbei fait durch ein Viertel:
jahrhundert ein fleißiger Mitarbeiter des
„Figaro“ und jpäter der Beilage „Wiener
Luft” geweien, wendete er Fih ſchließlich
wieder Seiner eigentlichen Domäne, der
Skizze, zu. Auf diefem Gebiete hat er ſchöne
Erfolge zu verzeichnen und mit Recht, denn
feine Ipeziftich wieneriihen Skizzen ſtehen
in gewiſſem Sinne einzig da, find von
‚Driginalität und durd feine Satire ge:
würzt.
Hervorzuheben: Wiener Blut (1873, 4. Aufl.
1875), Wiener Luft (2. Aufl. 1876), Alte und
neue Hiſtorien vom Wiener Weinkeller (1875),
Das kurioſe Buch (1882), Aus Ait: und Neu—
Wien (1882), Wieneriſches (1882, 2. Aufl. 1883),
Bom Wiener Volkstheater (1884), Wien (illuftr.
1886).
Schloffar, Anton, wurde am 27.
Juni 1849 in Troppau geboren, bejuchte
das Gymnaſium daſelbſt und die Unis
verfität Graz, um die Rechte zu ftudieren.
Sleichzeitig betrieb er hiltoriiche und philo:
jopgiihe Studien. Er wurde 1871 zum
Doftor promoviert und mirfte, jedoch
Schloſſer. —
nur kurze Zeit im Juſtizdienſt, da er eine
Anſtellung an der Univerſitätsbibliothek
zu Graz fand, als deren Kuſtos er noch
beute dajelbjt lebt. Literariſch machte fid)
Sch. bejonders durch feine kultur- und
literarbiltoriihen Studien über Steier:
mark und auf dem Gebiete der Kultur:
und Literaturgeihichte Oſterreichs über:
haupt einen Namen.
Hauptwerfe: Speife und Tranf vergangener
Zeiten in Deutſchland (1877), Inneröfterreichiiches
Stadtleben vor 100 Jahren (1877), Cornelia
(Rom. 1878), Erzherzog Johann ‚von öſter—
reih und fein Einfluß (1878), Ofterreichifche |
Kultur: und Literaturbilder (1879), Steiermarf |
im deutſchen Liede (1880), Deutiche Volkslieder |
aus Steiermark (1881), 3. ©. Seidl (1882),
Kultur: und Sittenbilder aus Steiermark (1885),
Hiſtoriſche und geographiiche Literatur von Steier:
marf (1886).
Schloſſer, Bujtav, geboren am 31.
Januar 1826 zu Hungen, einem Kreis:
hädtchen der Provinz Oberhefien, befuchte
das Gymnaſium zu Darmitadt, ftudierte
557
1843—47 Theologie auf der Univerfität
Gießen, madıte 1847—48 einen praftis
hen Kurjus im Seminar zu Friedberg,
leitete 1849— 52 cine Vorbereitungs-
Ihule für das Gymnafium zu Darmitadt,
war. dann 1852—54 Pfarrverweier an
der neugegründeten Dioeporogemeinde zu
Bensheim an der Bergitraße, zugleich an
dem dortigen Gymnafium befchäftigt, von
1854—63 Hoffaplan des Grafen zu Er:
lach-Schönberg in Schönberg, von 1864|
bis 1873 Pfarrer zu Reichenbach am Fuße
des Feldbergsund wurde 1873 nad) Frank:
furt berufen als Leiter eines Kompleres
von MWohlthätigfeitsanftalten und Per:
einen im Dienſte der inneren Miſſion.
‚Seine literarische Thätigfeit begann er während
feines Aufenthaltes zu Darmftadt als Mitarbeiter
eines liberal:fonfervativen Blattes „Bolitisch-firdh:
liche Blätter” (für Einigung Deuiſchlands unter
der Hegemonie Preußens). Er gab dann 18 Jahre |
lang das „Heſſiſche Kirchenbfatt” heraus in po: |
fitivem Sinne, ward betheiligt an dem Streit der
drei heſſiſchen Generalfuperintendenten mit dem
Biſchof v. Kettler in Mainz. Er ſchrieb „Evan:
geliiche Friedensgedanken“ (1868), in den inner:
firhlichen Verfaftungstämpfen, eine größere Bro:
ſchüre: „Die Kirchenverbefjerung dur Synodal:
Schmarda.
Verfaffung” (1863). Es folgte noch eine Reihe
größerer und kleinerer Broſchuͤren aus verſchie—
denen Lebensgebieten: Über die Abnahme des
Studiums der Theologie (1875), Freiwillige be—
rufsmäßige Armenpflege, Über Lehrlingshäuſer,
Die Fürſorge für die konfirmierte weibliche Ju—
gend des Arbeiterſtandes (1875), Goethes Johi—
genie nad) ihrem religiös-ſittlichen Gehau (1875),
Heimatstrieb, Heimweh, Heimgang (1876), Tod
und Emigfeit in den Liedern der Kirche (1878),
‚Über Erholung im Licht des Evangeliums (1879),
| Die Vagabundennot (1879), Welche Pflichten er:
wachen dem Ehriften aus feinem Beſitz? (1879),
Bild und Bildung (1880), Die Magdalenenfuche
(1880, ausgewählt und bearbeitet, 5. Auflage).
Ein größeres Werkchen: Die Revolution von 1848
nach perfönlihen Erinnerungen (1833), Gerichtet !
Gerettet! Gejchichte einer Magdalene (1886), im
Jahre 1883 zu Luthers Geburtstag ein Jahrs
gang Predigten Luthers. Unter dem Titel:
„Reden im Freien“ erjchien in den Jahren 1880
bis 1883 eine Sammlung von 55 längeren und
fürgeren Anſprachen in freier Form auf Jahres:
feſten von Sleinfinder: und Sonntagsichulen,
Rettungshäufern, Jünglings- und Gejellenvers
einen, Bereinen junger Kaufleute, Diakoniffen:
bäufern, Gejellenherbergen, Marthahäufern, Mag;
dalenen:Aiylen ꝛc., 1887 in zweiter vermehrter
Auflage erfchienen. Dazwiſchen eine große Zahl
von Feitreden innerer und äußerer Miſſion, Firch:
licher Weihereden, Eleinerer und größerer Aufs
fäge in Zeitfchriften (Baftoral-theologifche Blätter,
Ev.sluth. Kirhenzeitung 2c.), Biographien, Hu—
moriftica im Daheim und Daheim : Kalender ;
eine Reihe von Auflägen über die Erdbeben
im Rheingebiet in den Jahren 1870—73 im Bei»
blatt der Kreuzzeitung. Ein periodiſches liter,
Unternehmen ift die Herausgabe des „Chriſtlichen
Bücherſchatzes“, eines illuftr. Weihnachtskatalogs
mit kritiſchem Jahresbericht über viele im Laufe
des Jahres erſcheinende Bücher und die „Zeit—
fragen des chriſtlichen Volkslebens“ in Gemein⸗
ſchaft mit Frh. von Ungern-Sternberg.
Schmarda, Ludwig Karl, geboren
zu Olmütz am 23. Auguſt 1819, ſiudierte
zn Wien Naturwiſſenſchaften und Medizin,
trat 1843 als Oberarzt in die Armee
und wurde Aifiitent bei der Lehrfanzel
der Naturgefhichte an der Joſefs-Aka—
demie. Er madte feine eriten willen:
Ihaftlihen Reifen an der Adria 1844
und 1846, um vorzugsweife niedere Sec-
tiere zu jtudieren. Er ging 1847 als
Lehrer der Naturgeichichte an die Landes—
Realſchule nad Graz und hielt aud) Vor:
lejungen am Soanneum. Er nahm an
Schmarda.
der Bewegung 1848 lebhaften Anteil. |
1850 ging er mit Eubvention der Wiener
Akademie abermals an die Adria und
verweilte längere Zeit auf der Inſel
Lila. In demielben Jahre wurde er
an die Univerfität Graz berufen, an der
er das Zoolog. Muſeum gründete. 1852)
erfolgte jeine Berufung an die Univer:
fität Prag. 1853 trat er mit feinem |
Freunde Franz Ritter von Fridau eine |
längere Reife an. Sie beſuchten Agypten,
Geylon, wo Sch. in Trincomalie und
Belligam einen längeren Aufenthalt nahm,
um die Fauna des indiihen Ozeans zu
jtudieren. 1854 gingen fie nad dem
Kap, von wo Fr. nad) Europa zurüd:
fehrte. Eh. ging nad Auftralien und
Neufeeland, Ende des Jahres nad Chili,
und über die ordilleren nad) den Pampas
von Mendoza, dann längs der Weſtküſte
von Südamerifa nad) Panama, wo er
feine Entlaffung aus dem Staatsdienft
wegen feiner Beteiligung an den 48er
Ereigniffen fand. Er ging nad) Jamaika,
wo er fi mit der Erforihung der Sauna
des Antillen-Meeres befchäftigte. 1855
reilte er über Panama zurüd an die
Weftküjte Südamerikas zu längerem Auf:
enthalt in Paita. 1856 ging er von
Guayaquil nah Ecuador, über Quito nad
Columbien, im Sommer nad) Nicaragua,
im Herbſt nad den Vereinigten Staaten |
und Kanada, 1856 nad) Kuba, von wo er |
1857 in Wien eintraf. Die folgenden Jahre |
brachte er in Berlin, Paris und auf den
Befigungen jeines Freundes Fridau zu
und bearbeitete das Material feiner
Reifen. 1862 wurde er bei der Wieder:
fehr Eonftitutioneller Zuftände vom Mi—
nilterium Schmerling als Profeſſor der
Zoologie an die Univerfität Wien berufen.
1863—65 madte er im Auftrage des
Darine-Dinifteriums wiederholte Reifen
zur Hebung und Regelung der Seefilcherei.
1867 wurde er forrefpondierendes,
1870 wirflides Mitglied der Akademie
der Wiſſenſchaften.
558
Tierreich Schmardea (Diefing),
1868 unternahm er |
im Auftrage des AderbausDtinifters eine |
Schmid.
Reife an die Küften von Frankreich.
1883 trat er in Benfion mit dem Cha:
rafter eines Hofrates. 1884, 1886 und
1887 bereijte er die Yänder am meftlichen
Mittelmeer, vorzugsweife Spanien, Tunis
und Algerien.
Seine Arbeiten erjtreden ſich vorzüglich über
die wirbellojen Tiere, einige über große Gebiete
des Tierreiches, über Tierpfychologie, Geogra«
phiſche Verbreitung der Tiere, Bedeutung der
Tiere für die Volkswiriſchaft, Agritultur der
Tropenlande, anthropologiiche Fragen u. a. Die
Publifation erfolgte in befonderen Werfen, teils
in wiſſenſchaftlichen periodifchen Schriften, fo in
den Drudichriften der Wiener Akademie, dem
Geogr. Jahrbuch ꝛc. Unter feinen bedeutenden
Leiltungen erwähnen wir: Inſtinkt der Tiere
(1843), Verbreitung der mwirbellofen Tiere im
adriatiihen Meere. Einfluß des Lichtes auf die
Infuforien (1845), Kleine Beiträge zur Naturges
Ihichte der Infuforien (1846), Aus dem Seelens
leben der Thiere (1846), Die Infuforienfaung
des adriatilchen Meeres (1847), Erotifhe Fiſche
im adriatiihen Meere (1847), Neue Formen
von Infuforien, Denkſchr. (1849), Zur Natur:
geichichte der Adria (1850), Grundzüge der Zoo ⸗
logie (1853, ital, Überf. 1864), Die geographiſche
Verbreitung der Tiere (1853), Zur Naturgeichichte
Agyptens (1854), Neue wirbellofe Tiere, beobachtet
auf der Reile um die Erde (1859—61), Reife
um die Erde (1861), Oſterreichs SKriegäflotte
(Anonym 1862), Die Kultur des Meeres in
Frankreich (1869), Zoologie (1871, mit Zluitr.,
2. Aufl. 1876). Nah Schm. find benannt: Das
Kap Schmarda auf Franz Joſefs Land, aus dem
Pflanzenreih Schmardaea (SKariten), aus dem
Schmardia
(Quatrefages), Schmardanella (Mac Intosh).
Schmid, Caroline (Erwin Steinau),
geboren am 14. Novbr. 1855 zu Prep-
burg in Ungarn, lebt jeit 1873 in Wien,
veröffentlichte bisher Gedichte, Feuille
tons, Novellen und iteraturfritifen in Zeit:
Ihriften, befonders in Freie ſchleſiſche Preſſe,
Mähriih:Schlefiiher Lloyd, Deutſches Dichter:
beim, Mappe, Wiener illuftriertes Journal, Wiener
Hausfrauen: Zeitung ꝛc.
Schmid, Rudolf, wurde am 17. Ja:
nuar 1828 zu Altenftein im mwürttemb.
Schwarzwald als Sohn des dort jegens-
reich wirkenden Pfarrers geboren. Er be
ſuchte die Lateinichule zu Marburg, dar:
auf das evang.stheol. Seminar zu Blaues
beuren und bezog 1845 die Univerfität
Schmid. >
Tübingen und zwar ebenfalls als Semi-
narift, als Genofle des „Stifts“. Im
den erften Jahren gab er fich ganz philo-
ſophiſchen Studien hin, als aber die Theo:
logie, die doch fein Leben erfüllen jollte,
ihr Recht verlangte, da famen die Sturm»
jahre 1847, 48 und 49 und madten der
konzentrierten Arbeit ein Ende. Sie riffen
die afademiiche Jugend mit ſich fort, auch
©. fonnte fich ihrem Andrange nicht ent:
ziehen. Mit den andern zog er Gerns—
bad), dem Herd des badischen Aufitandes,
zu. Der ruhigere Bater aber holte ſich
den jugendlihen „Schwärmer” heim und
verſchaffte ihm eine beicheidene Stelle als
Hauslehrer in Oberfchwaben. 1851 wurde
©. Vifar bei Dekan Fiicher in Calw, 1852
Repetant am Seminar zu Maulbronn und
1854 Erzieher beim ichottiichen Herzog
von Argyll; in diefer Stellung blieb er
vier glüdliche Jahre voll reicher Anregung.
Endlich trieb es ihn doch, feinem inneren
MWefen nad, ins deutiche Pfarramt zurüd.
Am Jahre 1861 erfolgte dann die defini-
tive Anftellung als Stadtpfarrer zu Heil:
bronn, wo er bald auch mit einer Tod: |
ter des Obermedizinalrats v. Köftlin fich
zu gefegneter Ehe verband. 1868 wurde
©. die Stadtpfarritelle in Friedrichshafen
am Bodenjee, 1878 das Defanat in
Schwäb. Hall und 1882 das Ephorat in
Schönthal übertragen, wo er nod) jetzt er:
folgreih wirft. Neben feiner jeelforge:
rischen Thätigfeit ſchafft S. auch mit wohl:
verdientem Glück als Schriftiteller.
559
Schmieden.
biblifhe Schöpfungsbericht (1875); daneben Ar:
tifel und Rezenſionen in Zeitſchriften (ſpez. firch-
lien).
Schmieden, Elje (E. Junder), wurde
am 6. November 1841 zu Berlin geboren
und verlebte den größten Teil ihrer Kind»
beit auf dem in der Ufermarf gelegenen
Rittergute ihres Vaters, Dr. Kobert. Den
Abſchluß ihrer Erziehung erhielt fie in
Berlin. Bereits im Alter von neunzehn
Jahren verheiratete fie fi mit dem da—
maligen Gerichtsaſſeſſor Schmieden, der
gegenwärtig als Kammergerichtsrat in Ber:
lin angejtellt it. Seit ihrer frühen Jugend
von dem Drange bejeelt, innerlich Erlebs
tes in Bildern auszugeftalten, veröffent:
lichte Schon die junge Frau einige Novellen,
aber erjt im Jahre 1877 erjchien ihr erfter Ro—
man „Lebensrätſel“. Ihr zweiter Roman „Schleier
der Maja” fam 1882, ihr dritter „Werner Eltze“
1887 heraus. Dazwiſchen wurden zwei einbändige
Erzählungen, „Höhere Harmonie“ (1884), „Ihr
Roman” (1885), veröffentliht. Cine Novellen»
fammlung unter dem Titel „Im Zenith” war
ſchon 1879 erſchienen. Die meilten diejer
Werke verdienen und fanden einen großen
und dankbaren Lejerfreis. Unjtreitig ges
hört die Verfafferin zu unferen begabtejten
Echriftjtellerinnen, vermöge ihres unge—
wöhnlich feinen pſychologiſchen Verſtänd—
niſſes über die große Mehrzahl ihrer
ſchreibenden Schweitern hinausragend.
Schmidt, Amelie Charlotte, wurde
am 31. Dezember 1861 zu Wien als die
Tochter eines f. k. Poſtkaſſiers geboren
und genoß als einziges Kind ihrer Eltern
Meift wandte er ſich dem ihm zunächſt liegen: | eine jorgfältige Erziehung, zumal diejelben
den Gebiete der Theologie zu. Aber auch die
Naturwifienichaft, die in fo nahe Berührung mit
der Gottesgelahrheit tritt, und deren Studium
S. mit befonderer Vorliebe fich ſtets hingegeben
hatte, beichäftigte feine Feder. Es erfüllte ihn
mit Schmerz, daß ein immer neu ausbrechender
Krieg zwilchen den Vertretern der Religion und
denen der Naturwiſſenſchaft berriht. So fchrieb
er feine trefflihe Abhandlung „Theologie und |
Naturwiſſenſchaft“ (1871), ferner: Die Darwin: |
ſchen Theorien und ihre Stellung zur Philoſophie,
Religion und Moral (1876, ins Englifche über:
ſetzt 1883), eine Schrift, die ſelbſt dem Anders:
denfenden als bedeutend erfcheinen muß. Außer:
dem heben wir hervor: Der geologiihe und der
den Wunsch hegten, ihre Tochter zur Er:
zieherin, vorzüglid zur Spradlehrerin,
auszubilden, in welchem Fach fi) das
junge Mädchen aud) einer Staatsprüfung
unterzog. Aber ihr Streben ging weiter;
fie hatte die Bühne als die Verwirklichung
alles Hohen und Schönen zum Vorbilde.
Nah hartem Kampf mit den Vorurteilen
ihrer Familie gelang es ihr, trefflichen
Unterricht bei dem Hofichaufpieler Baus
meijter zu erhalten, der ihrem Talente
für das tragiiche Fach eine ſchöne Zukunft
Schmidt. —
verhieß. Jedoch Erziehung und Anſichten
vertrugen ſich ſchlecht mit der erwählten
Laufbahn, die der jungen Anfängerin alle
ihre Schatten zeigte. Sie verließ die
Bühne und kehrte zur ehemaligen Be—
ſtimmung, zum Lehrberufe, zurück. Geiſtig
geklärt und gereift, nahm ſie die ſchon
früher geübte Feder wieder auf und ſchrieb
kleinere und größere Novellen, die den
Stempel der Lebenswahrheit trugen, und
zahlreiche Iyriiche Gedichte, von denen das
jtimmungsvolle Chriſtusbild ihren Namen
in weiteren Kreilen befannt machte durd
die zarte Kompofition der Gräfin Buttler-
Stubenberg (j. d.).
Schmidt, Carl Eugen, wurde am
29. DOftober 1865 zu Prekburg in Un:
garn geboren, woſelbſt jein Water der
Inhaber einer bekannten (vom Großvater
gegründeten) Klavierfabrif war, in der
Künitler wie Hummel, Thalberg, Liszt,
Jaell, Diarichner, Clara Shumann: Wied,
Rubinſtein u. A. verkehrten. Am Kreiſe
einer durch ſolche Einflüfje geläuterten Fa—
milie wuchs der ſchwächliche Knabe heran,
in dem hauptſächlich das rege muſikaliſche
Yeben des Vaterhaufes ein lebhaftes In—
terefje für Schönheit und Kunſt ermwedte.
Seinen Unterridt genoß er anfänglid)
zu Haufe, dann an der prot. Volksichule,
jpäter am prot. Lyceum zu Preßburg.
Nah erlangter Neife bezog er die Uni:
verfität Wien, um ſich dem Studium der
Philoſophie und Literatur zu widmen,
aber jhon 1885 vertaufchte er nad) viel-
fahen Kämpfen und Zweifeln die philo:
ſophiſche Laufbahn mit der theologischen
und jeßte deıngemäh feine Studien an
der evang.ztheol. Fakultät zu Prekburg
fort, wojelbit er, —— von kleineren
Reiſen, noch jetzt lebt.
Außer kleineren Gedichten und proſaiſchen Auf—
ſätzen, die in Zeitungen erſchienen, veröffentlichte | 6
Sch. das Liederbuch „Auf dunklen Pfaden“
1855).
Schmidt, Erih, als ein Sohn des
(7) berühmten Zoologen Eduard Osfar
Schm. zu Jena am 20. Juni 1853 ge
560
— Schmidt.
boren, beſuchte die Muſterſchule in Schul—
pforta und die Univerſitäten Graz, Jena
und Straßburg als Philologe (1871 bis
1874). Nachdem er 1874 zum Doftor
promoviert worden, habilitierte er ſich
1875 als Privatdozent in Würzburg,
wurde 1877 außerordentl. Profeſſor in
Straßburg und 1880 ord. Profeſſor in
Wien. Im Jahre 1885 folgte er einem
Rufe als Direktor des Gocthe-Arhivs
nad Weimar. Bon feinen jehr verdienit-
lien Schriften heben wir hervor:
Reimar von Hagenau und Hemrid) von Runge
(1874), Richardſon Rouffeau und Goethe (1875),
Wagner (1879), Lenz und Klinger (1879), Beis
träge zur Kenntnis der Klopitodihen Jugendlyrik
(1880), Leſſing (1883).
Schmidt, Ferdinand, wurde am 2.
Oftober 1816 in Frankfurt a. D. geboren
und ermwählte ſich den Lehrerberuf zur
Lebensbahn. Nachdem er das Lehrer:
jeminar zu Neuzelle abjolviert hatte, fand
er eine Anjtellung als Kommunallehrer
in Berlin. Neben feiner Lehrthätigfeit
widmete fih Sc. der Schriftitellerei und
zwar mit ſolchem Erfolge, daß er heute
als einer unferer beliebtejten Volks: und
Jugendicpriftiteller genannt wird. Bes
sonders als Biograph hiſtoriſcher Per—
ſönlichkeiten hat ſich Sch. hohe Verdienſte
erworben, ja er iſt auf dieſem Gebiete
für die Bildung der Jugend als einzig
daſtehend und faſt unübertroffen anzuer—
kennen. Von den ſelbſtändig erſchienenen
Werken des Verfaſſers heben wir beſon—
ders hervor:
Frauengeſtalten in der Sage, Jugendbibliothek
(38 Bände), Preußiſche Geſchichte in Wort und
Bild, Volkserzählungen (2. Aufl.), Volkserzäh—⸗
lungen und Schilderungen aus dem Berliner
Bolksleben, Weltgeihichte für Schule und Haus
(4. Auftl.), PBatriotiihe Erzählungen (12 Bände,
2. Aufl.)
Schmidt, Friedrich von, wurde am
. März 1535 zu Berlin geboren als der
Sohn eines Offiziers, der ihn früh ſchon
für den eigenen Beruf bejtimmte, leider
aber verjtarb, che er den Knaben verſor—
gen fonnte. Diejer wurde nun von feis
nem Großvater mütterlicherjeits auf die
Schmidt. — 561 — Schmidt.
Schule und danad) in die Kadettenanitalt | gefchriebene theologische Eramen in Preußen
zu Bensberg bei Köln a. Rh. gegeben. Ein|ab und nahm einen ehrenvollen Ruf als
Jahr ipäteraber mußte Friedrich die Anſtalt Divifionspfarrer in Danzig an. Diefes
verlaffen,daerfürdengemwählten Berufnicht | Amt verwaltete er bis zum Jahre 1878
fräftig genug erſchien. Er wurde num wies | auf das jegensreichite, dann trat er in
ber feiner Mutter, die fi) inzwiichen zum | den Ruheſtand und lebt ſeitdem in Mün—
zweiten Male vermählte, zugeihidt. Der | chen, ausichließlich literarifchen Arbeiten
Stiefvater, fonft ein tüchtiger und recht ſich hingebend.
ſchaffener Mann, ſetzte es fich in den. Kopf, z ift * ſeinem 22. el ſchriftſtelleriſch
aus Friedrich einen Landmann zu machen, then "Dance heit en
teogdem derſelbe nicht die geringite Luft | rs“ Literarhiftorifer bervorzutreten, nachdem er
und Anlage zu dem Beruf fühlte. Erft, durch jahrelange Studien fich hierzu vorbereitet.
nachdem der Jüngling die beiten Jugend: | a no das * G. K. Pfeffels, Aler.
jahre durch dieſe Hartnädigfeit eingebüßt Me AR Su —
hatte und nun, 23 Jahre alt, immer noch Feucterstebens, Annette d Drofte:Hülshoffs sc.:
vor dem „Nichts“ jtand, gab der Stief- | außerdem eine Reihe, meift biographifcher Arbeis
vater dem Herzenswunjche des ihm bis | ven ln — —— eb
i a u .\&. eine 9 aus Luther
dahin Gehorſamen nach: er dürfe Theo⸗ veröffentlichte, die namentlich in —— Brit
logie ſtudieren. Aber das war leichter sen außerordentlichen Beifall gefunden hat, wäh.
gejagt, als gethan. Zwar hatte v. ©. rend oben genannte Schriften für weitere Kreife
feine Mußeſtunden redlid) zum Selbjt: | gedaht find und ihren Erfolg mit Recht ver»
unterricht benußt, aber eine deutjche Uni: dienen.
verfität vermochte er ſich nicht zu öffnen.) Schmidt, Friedrich Oskar Emil, wurde
So wanderte er auf den Rat eines Freun: am 7. Oftober 1846 zu Dalbingen in
des nad) Amerifa aus, wurde auf Grund | Kurland als der Sohn eines Handwerfers
eines Empfehlungsbriefes des Miſſions- |geboren, bejuchte die Real-Kreisſchule zu
inſpektors Dr. Fabri in das theologiiche | Mitau, darauf das klaſſiſche Gymnaſium,
Seminar zu Gettysburg in Penſylvanien das er verlieh, um zu einem Apotheker
aufgenommen und nach Ablegung des Era: in Bausfe in die Lehre zu treten. 1867
mens in Die Pfarreizu Therefa (Wisconfin) | abjolvierte er in Dorpat das Apotheker:
eingejegt. Nad) Verlauf von faſt 2 Jah- gehilfeneramen und trat im felben Jahre
ren fühlte ſich der junge PBajtor aus Ges | in Wendau (Livland) feine erfte Stellung
wiſſensgründen veranlaßt, zur anglika- an, die er jedoch bald darauf mit einer
nischen Kirche überzutreten. Der Bijchof | anderen vertaufchte. 1868 gelang es ihm,
feiner Diözeje hieß ihn willfommen, ließ | gegen Übernahme der Volontärftellung in
ihn noch 6 Monat zu Najchotad) am | der fliniichen Apotheke zu Dorpat als Stu—
Michigan-See ftudieren, weihte ihn 1862 | dent der Pharmazie immmatrifuliert zu
zum Prieſter und ernannte ihn dann | werden; allein ſchon nad) Jahresfrift fah
zum Pfarrer der Chriſtus-Kirche zu Mil- er ſich veranlaft, feine pharmazeutifchen
waufee. Das dort gefundene ruhige Studien aufzugeben und einen anderen
Glück (er Hatte ſich auch 1860 bereits | Beruf zu ergreifen; er entſchied ſich für
mit dem Mädchen jeiner Wahl verbuns den lehramtlichen und trat eine fich bie:
den) wurde 1864 gejtört. Er jollte zum | tende Hauslehreritelle an. 1870 beftand
Soldaten geprekt werden, entfam aber in er die Hauslehrerprüfung. 1871 gab er
feine Heimat nad) Deutihland. Mehrere | feine Stellung auf, zog wieder nad) Dor—
Fahre diente er dann als Guratus in pat, hörte jegt mathematiiche und päda—
England, fehrte aber jhliehlic dauernd | gogiſche Vorlejungen und erlangte 1872
nah Deutihland zurüd, legte das vor: nad abgelegter Brüfung das Kreislehrer:
Das literariſche Deutſchland. 36
Schmidt.
diplom in ben hiſtoriſchen Fächern. Er
ging nach Riga, beichäftigte ſich
als Hilfslehrer an einer Privatanſtalt und
erwarb durch ein neues Examen die Be
rechtigung zum Unterricht in den mathe:
matischen Fächern. 1873 wurde er zum |
wiſſenſchaftlichen Lehrer an ber höheren
Kreisihule in Hemfal und im folgenden
Jahre zum Inſpektor derſelben Anſtalt er—
nannt. 1876 wurde er zum wiſſenſchaft⸗
lichen Lehrer am Arensburger Gymnaſium
in Oeſel erwählt und hatte daſelbſt latei-
niſchen und deutſchen Sprachunterricht zu
geben. 1879 übertrug man ihm das
Bauskeſche Schulinſpeltorat. Eine mäßige
Stundenzahl in den mathematiſchen Fächern
geſtattete neben den Kanzleiarbeiten, die
ſchon immer mit Vorliebe betriebene Be:
ihäftigung mit mathematijchen, natur:
wiſſenſchafllichen und gelegentlid auch
archäologiſchen Studien, zu wel’ letzte—
ren die an Altertümern reiche, hiſtoriſch
denkwürdige Umgebung von Bausfe an—
regte. Auf Veranlafiung der meteorol.
Abteilung der St. Petersburger Akademie
errichtete S. 1882 bei den Schulen eine
meteorologiiche Station. Von den zahl:
reihen Arbeiten S.'s heben wir außer
vermifchten Heinen Aufiägen und Abhand:
lungen über mathematiihe und natur:
wiſſenſchaftliche Gegenftände nur die im
Drud erihienenen hervor:
Repetitorium der Planimetrie und Stereome:
trie (1881), Handbuch zur Diskuffion von Kurs
ven und Oberflächen (1881), 229 planimetrijche
Aufgaben nebit hinzug. Refultaten (1881), Pro:
pädeutif zur Planimetrie und Stereometrie (1882),
der Arithmetit und Buchſtabenrechnung
Bearbeitung der in Bausfe (1883), Tem:
peraturmittel für Mitau nach den Beobadtungen
von Pauder (1883), TIemperaturmittel und Wind:
richtung nach den Fuchsſchen Beobadhtungen 1850 |
bis 1880 berechnet, Statiftiiche Daten über Bausfe,
Chronologiiches Regiſter der Baustefchen Kreis:
ſchulen 1806-1880 nebit Perfonalnotizen, Wan—⸗
derungen und Wandelungen (1886), Beichreibung
der Aufdeckung eines altgermanifchen Leichenfeldes
an der Memel oberhalb Bauske und Angabe der
gefundenen Bronze: und Eifen:Altertümer (1886).
Schmidt, Johannes Friedr. Heinr.,
geb. am 29. Juli 1843 in Prenzlau als |
Lehrbuch
(1882),
562
Schmidt.
Sohn des Gymnafialoberlehrers Edmund
daſelbſt S., nah der Eltern frühem Tode jeit
1852 im Haufe feines Oheims, K. €. A.
Schmidt (Gymnafialprofeffor) zu Stettin
erzogen, ftudierte feit 1861 in Bonn,
Jena, Berlin, habilitierte fih 1868 im
Bonn für indogermaniihe Sprachwiſſen⸗
ichaft, ward 1873 zum auferord. Pro⸗
feſſor diefes Faches in Bonn, im Herbit
defielben Jahres zum ord. Profeſſor in
Graz ernannt, 1876 an die Berliner
Univerfität berufen, 1884 zum Mitgliede
der kgl. preuß. Akademie der Wiſſenſchaf⸗
” —— *
auptſchriften: Zur icht indogerma⸗
— Steam ———— Verwandt»
aftöverbältnifle der indo
(1872), Die Riurofbildung der ———
—— ag a —
zahlreiche andlungen in der
gleichende — * hend, —
1875 angehört.
Schmidt, Zojef (Em. Marius), wurde
am 17. Aug. 1826 in Baltic, einem Städt
chen in Böhmen, wo fein Vater Wundarzt
war,geboren. Nach Abfolvierungdes Gym-
nafiums im Jahre 1845 in Eaaz ftubierie
derfelbe zwei Jahre Philofophie, hierauf
zwei Jahre römiſch-katholiſche Theologie,
teils im Prager, teils im Xeitmeriger
PBriefterfeminar, fand aber feine Befries
digung an den ftrengen Dogmen und ſagte
deshalb diefer Theologie ein Lebewohl, um
fi) dem Studium der Medizin zu widmen.
Nachdem er im Jahre 1855 an der Pra-
ger Univerfität zum Doktor der Medizin
promoviert worden war, trat er als k. f.
Oberarzt bei der Armee ein, war hierauf
k. £. Srrenarzt in der Prager Jrrenanitalt
und ließ ſich endlich als praktiſcher Arzt
und Homdopath 1856 in Warnsdorf nies
der. 1861 trat er aus dem Verbande
der römifchstatholiichen Kirche aus und
zur evangelifhen Kirche über.
Im Jahre 1879 vollendete er ein von umfaf-
ſender Gelehrfamkeit und origineller Denkerfraft
zeugendes Wert, an welchem er über 20 Jahre
gearbeitet hatte, und lich es unter nachfolgendem
Titel druden: „Die Perfönlichkeit Jeſu Chrifti
mit befonderer Rüdficht auf die Mythologien und
Schmidt.
die Myjterien der alten Völker” (2 Aufl.). Haupt«
igegenjtand feiner literariichen Thätigfeit ift: Theo;
ogie, Philofophie und Mythologie.
Schmidt, Karl Wilhelm, ift geboren
den 18. Juli 1842 zu Birkenfeld an der
Nahe, war jhon als Kind viel von der
Heimat weg und verließ diefelbe im Jahre
1853 definitiv. An den Gymnaſien von
Kreuznach, Zweibrüden, Heidelberg und
Speier vorgebildet, bejuchte er 1862 die
Univerfität Halle, 1865—1865 die Uni:
verfität Berlin und fiedelte im leßteren
Jahre zur Vollendung feiner Studien nad; | burg be
Univerfität wirkſam.
München über, wo er mit Ausnahme ver:
ſchiedener Reijen blieb. Er wurde 1874
um II. Sonjervator am fönigl. Kupfer:
fichtabinet und Mitglied der Galeriekom—
miffion und 1885 zum Borjtande des
Kabinets ernannt. Er ift befonders als
Kenner der vervielfältigenden Künſte und
der deutſchen und niederländifchen Ma—
lerei bedeutend und hat fein Hauptaugen-
merf darauf gerichtet, die harafteriftifchen
Verſchiedenheiten der einzelnen Meifter ꝛc.
zu erkennen.
S. war längere Jahre, zum Teil ald Gejamt:
redafteur, an Meyers Neuem Künftlerleriton thä»
tig und Hat herausgegeben: A. Broumwer (1873),
Interefiante Formſchnitte des 15. Jahrhunderts
(1885), Handzeihnungen alter Meifter (1886 ff.),
Die Kupferftihintunabeln des Münchener Kabi:
net (1887), Zur Geſchichte des früheften Kupfer: |
ftihes (in Band X. des Kepertoriums für Kunſt—
wiſſenſchaft). Auch hat er Gedichte in verſchiede⸗
nen Beitfchriften veröffentlicht.
Schmidt, Leopold Valentin, geboren
am 29. Mai 1824 zu Berlin, jtudierte
1842—43 unter ©. Hermann und M.
Haupt in Leipzig und 1843—46 unter
Welder und Ritſchl in Bonn, wo ihn außer
den philologiſchen Vorträgen feiner beiden
genannten Speziallehrer die hiftorifch-poli-
tiihen Dahlmanns mächtig anzogen, und
legte, nachdem er hier die philojophifche
563 —
ſiallehrers (1882).
Doktorwürde erworben hatte, feine Stu: |
dien nod) bis 1847 unter Gerhard und |
Immanuel Bekker in Berlin fort. So:
dann habilitierte er fih als Privatdozent
bei der philof. Fakultät der Bonner Uni-
Schmidt,
verfität und verblieb zehn Jahre lang in
diefer Stellung, jedod nicht ohne feine
afademijche Thätigkeit zweimal durch län-
gere wiljenfchaftliche Reifen nach Rom, an
welchem. Orte er fih im Anfchluß an Emil
Braun, Wilhelm Henzen und Heinrich
Brunn insbefondere archäologischen Stu:
dien widmete, und dem übrigen Italien
zu unterbreden; 1857 wurde er zum
außerord. Profeffor der klaſſiſchen Philo—
logie in Bonn ernannt, 1863 als ord.
Profeſſor derfelben Wifjenfchaft nad Mar⸗
burg berufen und ift feitdem an legterer
Hauptichriften: Pindars Leben und Dichtung
(1862), Die Ethit der alten Griechen (1882),
Das akademische Studium des fünftigen Gymna⸗
| Außerdem find als Früchte feiner
Beihäftigung mit dem ſpaniſchen Drama die von
ihm veranjtaltete Herausgabe des nachgelaſſenen
Werkes Friedr. Wilh. Val. Schmidis über Cai—
deron (die Schauſpiele Calderons, dargeſtellt und
erläutert 1857), und feine Schrift „Über die vier
bedeutendften Dramatifer der Spanier” ( 1858) zu
erwähnen.
Schmidt, Marimilian, ift zu Eſchlkam
im Bayriſchen Walde am 25. Februar 1832
als der Sohn eines höheren Zollbeamten ges
boren. Seine erjte Erziehung war eine fehr
forgfältige, befonders von der reichgebilde:
ten und gemütvollen Dtutter geleitete, die
früh den poetischen Sinn des Knaben zu
weden wußte undesgernlitt, daß der junge
Parnaßbote feine Seele in Gedichten jeg⸗
licher Art ausgoß. Bald ging der junge
Muſenſohn denn zum Drama über, und
jeine Stüde wurden mit großem Erfolg
von ihm jelbjt und feinen Kameraden auf:
geführt. Er befuchte die Schulen in
Dietten, Paſſau und Hof und beabfich-
tigte, fih dem Ingenieurfache ju widmen.
Diefen Plan gab er jedoch nad zwei⸗
jährigem Beſuch des Polytechnikums in
Münden auf und wurde Soldat. Gr
trat 1850 als Freiwilliger in die Armee,
wurde 1853 zum Offizier befördert und
avanzierte bis zum Hauptmann, als
welcher er, wegen jeiner in Folge der Feld⸗
zugsitrapazen geſchwächten Geſundheit,
1873 ſeinen Abſchied erbat und erhielt.
36*
Schmibdt-Cabanis.
Seit 1884 führt er den ihm von feinem Kö—
nige verliehenen Hofratstitel, in München
wohnhaft. Was einjt der Anabe den
Diufen verjproden, das hat der Dann
gehalten. Speziell der bayriihe Wald
und das bayriiche Hochland find es, Die
er poetiſch zu verherrlihen wußte, wie
kaum ein anderer Dichter, und für die
er gleihfam in Nord und Weit, in Süd
und Dft viele Taufende von Herzen warb.
Seite um Eeite jhlug er in der Seele
feiner Landsleute auf und bannte dieſe
jeltfamen, eifenfejten und goldtreuen Dien-
ſchen vor uns Hin in plaftifcher Klarheit, |
wie fie uns in jeder feiner Schöpfungen |
entgegentreten.
Bon diefen heben wir hervor: Das Fräulein
von ichtenegg (1863), Der lateiniihe Bauer
(1863), Die Ehriftfindlfingerin (1863), Birgitta
(1867), Glasmacherlleut (1860), Unter dem
roten Kreuz (1879), Das zehnte Gebot (1879),
Der Schuggeiit von Oberammergau (1880), Jo-
hannisnacht (1880), Der Leonhardsritt (1881),
Die Feldherrnhalle (1881), Der vergangene Ru:
ditor (1881), 's Almftummer! (1881), Die Mie: |
ſenbacher (1881), Knappenliest (1882), Der
Georgithaler (1383), Der DerrgottSmantel(1882),
Die Schwanjungfrau (1882), Der goldne Sams:
tag (1883), Der Blinde von Slunterweg (1583),
Der Bärenritter (1883), Die wilde Braut (1884),
Ter Scherzelgeiger (1884), Der Trankelſimmet
(1884), Der Zuggeiſt (1885), Im Wetterſtein
(1885), Die Kranziflechterin (1855), Die Amei: ;
ſenhere (1886), Der Muſikant von Tegerniec |
(1886), Altbayriich (1886), Der weiße Sonntag
(1886), 's Kiferl vom Ammerfee ( 1887) die Büh-
nenftüde: Die Verlobung im Arreit (Luſtſp.), Der
Radettenftreich (Singip ), Die Johannisnacht
(Schaufp.), Der Knopf im Sacktuch (Luſiſp.),
Raſch gefreit (Lſtſp.), Die Georgithaler, Der Lo:
564
Schmidt⸗Cabanis.
dem Beſuch der kgl. Realſchule ſeiner
Vaterſtadt, ſowie des Gymnaſiums zu
Deſſau und des Berliner Friedrich-Wil—
helms⸗Gymnaſiums, erlernte er den Buch»
handel, hörte dann literarhiftorifhe Vor:
lefungen und ging 1860 — nad) einjähri-
gem vorbereitenden Unterricht bei Guftav
Berndal — zur Bühne über, an ber er
(zu Köln, Roftod 2c.) als Charakterdar:
Iteller wirkte. Fünf Jahre fpäter traf
ihn eine Lähmung des rechten Armes, und
er begann zu diejer Zeit auf dem Kranken
lager, oft von furdtbaren Schmerzen ges
peinigt, feine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit
auf humoriftiihem Gebiet — zunächſt für
die „liegenden Blätter“ unddie „Berliner
Montagszeitung““. Geneſen, kehrte er
1866 ans Roſtocker Stadttheater zurüd,
gehörte dann kurze Zeit der Dteininger
Hofbühne an, und entiagte, als fich 1867
ein heftiger Rückfall feines Leidens cine
ftellte, der Schaufpielerlaufbahn endgültig.
Bis 1869 in der Nedaftion der Damen:
zeitung „Viktoria“ in Berlin thätig, ges
jellte er jih nun als Mitarbeiter der
„Berliner Montagszeitung‘ bei, wurde
1571 deren verantwortlider Redakteur
und führte das Blatt nad) dem Tode
Glaßbrenners jelbjtändig weiter. Nach—
dem jeine liberale politische Überzeugung
ihn bereits mehrfach in Preßprozeſſe ver:
wicelt, die jedoch alle mit der Freiſprechung
des Angeklagten endeten, wurde S.:E.
1884 auf Grund einer fatiriihen Theater:
fritit zu ſieben Tagen Haft verurteilt.
der von Boariſchgeib. Die Miefenbacher, Der, Bald nach feiner Haftentlafjung wurde
Vauernfönig (oberbayr. Volfsit.), Gefammelte SE. von einem Herz: und Nervenleiden
Werke (1554). befallen, das erft jeit 1887 langiam zu
weichen begann. Schmidt: Cabanis zeichnet
Schmidt-Cabanis, Otto Nichard, ſich nicht allein durch die Feinheit und
geboren am 22. Juni 1838 zu Berlin Liebenswürdigfeit feines Witzes, der ftets
als Sohn des fal. Kanzleirates am Finanz- echt und ſchlagend, aus, jondern er ragt
miniſterium, Karl Schmidt. Seine Mutter durch eine ſeltene Formvollendung ſeiner
eutſtammte der durch Willibald Alexis' Schöpfungen über die Mehrzahl unſerer
gleichnamigen Roman bekannt gewordenen Poeten hinaus; ſelbſt ſeine rein politi—
Emigranten-Familie Cabanis, welchen ſchen Gedichte, bei anderen oft nur zu
Namen S.C., der „individuelleren Fär- ſchlechte Eintagsfliegen, entbehren fait nie—
bung“ halber, dem ſeinen hinzufügte. Nach mals der dieſem Autor eigenen Grazie,
— — *
Schmidt: Weißenfels.
bie bei Iyriichen Arbeiten mit zarter Ge:
fühlsinnigfeit fi paart.
Hauptwerke: Verftimmte Akkorde, zum Beten
einer Klein⸗Dichter⸗Bewahranſtalt geleufzt (hum.⸗
fatir. Geb. 1868), Nur aus Liebe (Poſſ. 1870),
Hepp⸗hepp oder Die Meifterfinger v. Nürnberg
(Bar. 1872), Irren ift menichlich (Zuftip. 1873),
Allerlei Humore (Nov., 2. Aufl. 1876), Veilchen
und Meerrettig (Nov. u. Hum. 1876, 3. Aufl.
1879), Buntes Nichts (1876), Wenn Frauen
läheln (humor. Nov., 2. Aufl. 1877), Der große
Strummelpeter für Kinder von 17—77 Jahren
(iluftr. von Ehrentraut, 1878), Ein luftig Todten:
tänzlein (Bilderzyfl. von D. Coppieters, Tert von
N. S.C. 1879), Was die Spottdroffel pfiff!
(humor.sjatir. Zeitged., 3. Aufl. 1880), Adolf
Glaßbrenner (Biogr. 1880), Wechſelnde Lichter
(Ged. 1881), Allerlei nette Pflanzen (Kinderb.,
illuftr. von Lothar Meggendorfer 1882, 2. Aufl.
1883), Potbhiafalender (1882), Die Jungfernrede
(tragisf. Reihsmwahlgeih. (ill. v. H. Scherenberg
1883, 5. Aufl. 1884), Kind und Hund (Kinderb.,
ill. v. Hofmaler C. Arnold 1883), Zoolyriſche
Ergüffe (ill. v. Guftav Mütel, 1872, 2. Aufl.
1834), Spaten:Liebe und Leben (ill. 1884),
Re Uınberto (Hymne auf König Humbert von
Italien, ins Italienische überj. v. Leopoldo Bicio
(1884), Auf der Bacillen-Schau (1885), Brumm:
Stimmen der Zeit (1886), Südweſt-afrikaniſche
Neijebriefe des Lohgerbermeifters Auguſt Kulide
(ill. v. U. Oberländer, 1887), Belfimijtbeetblüten
jüngftdeuticher Lyrik (1887). Außerdem zahlreiche
Beiträge in unjeren beften Zeitichriften; auch ift
S.«“C. (feit 1880) Mitredafteur des Wihblattes
„ulk“.
Schmidt-Weißenfels, Eduard
(Ernſt Hellmuth), geboren am 1. Sept.1833
in Berlin, beſuchte das Friedrich-Wil—
helms⸗Gymnaſium und war im Begriff,
die Univerfität zu beziehen, als die Re—
volutionsjtürme von 1848 feine Pläne
zeritörten, und ihn, troß feiner Jugend
und Unreife, derart begeijterten, daß er
die eigene Zukunft vergaß und fich mitten
in den Trubel der Zeit hineinwarf. Erſt
1851, nachdem er den jchleswigeholjteini-
[hen Feldzug mitgemacht hatte, fehrte er
an fein Pult zurüd. Er wandte fi nun
erniten Studien zu, das Verſäumte nad):
holend, ging nah Paris, jpäter nad)
London, in beiden Städten als Fournalift
wirfend, bis er 1852 in Heidelberg feine
philofophiichen Studien wieder aufnahm,
nad) deren Beendigung er zum Doftor
565
Schmitt.
promovierte. Er führte nun durch viele
Jahre ein ziemlich ruhelojes Wanderleben,
bald lehrthätig, bald als Journaliſt und
Shhriftfteller arbeitend. Seit 1872 weilt
er in Stuttgart, wo er zuerit das „Stutt-
garter Muſeum“, jpäter (bis 1876) Die
„Illuſtr. Volkszeitung‘ redigierte, ſeitdem
jedoch als freier Schriftiteller nur feinen
literariichen Arbeiten lebt. Außer mehre—
ren verdienftlihen literarhiftoriichen, be—
ſonders franzöfiihe Literatur behandeln:
den Schriften, iſt Sch. hauptlählid auf
dem Gebiete des Romans äußerft frucht—
bar gewejen, hervorragend durch den funft:
vollen Aufbau feiner Schöpfungen.
Hauptwerfe: Paris in Skizzen aus dem Volks—
leben (1854), Frankreichs moderne Literaturfeite
der Reſtauration (1856), Uber Heinrich Heine
(1857), Nabel und ihre Zeit (1857), Charaftere
der deutichen Literatur (1859), Geſchichte der
franzöſiſchen Revolutionsliteratur (1859), Fürft
Metternih (1860), Preußiſche Landtagsmänner
(1862), Skizzen und Charafter:Rovellen (1862),
Frankreich und die Franzoſen (1868), Brumaire
(1869), Wogen des Lebens (1870), Die Söhne
Barneveldt3 (1871), Der Aufitand in Algier
(1872), Um die Ehre (1872), Adelsjtolz (1873),
Prinz Erdmann (1873), Sturmleben (1878),
König Null (1878), Franzöfilche Porträts (1881),
Deutiche Handwerfersbibliothef (1878— 84), Cha:
rafterbild aus Spanien (1885), Engel und Teufel
(1885), Der Kampf einer frau (1886).
Schmitt, Carl Alerander, wurde ge:
boren am 11. März 1846 zu Schwar:
zenfels in Kurheſſen, wo fein Vater, der
jegige Poſtdirektor Schmitt in Kaſſel, da:
mals furfürftliher Poſtvorſteher war,
fiedelte 1848, infolge Verfegung des Va—
ters zur Thurn und Taris’ihen Gene—
ral-Bojtdireftion, mit den Eltern nad)
Frankfurt am Main über und trat 1863
nad beitandener Aufnahmeprüfung als
Boitpraftifant in den Taris’ihen Bolt:
dient. 1866 erfolgte feine Beihäftigung
bei der unter Preußiſche Adminiftration
geſtellten General-Boitdirektion zu Frank—
furt und von Frühjahr 1870 ab beim
General-Poſtamt in Berlin. Am Feld:
zuge von 1870491 nahm er als Rejerve:
Offizier im Korps. des Generals von
Werder teil. 1876, nad) Ablegung des
Schmitt.
höheren Rojtverwaltungs-Eramens, wurbe
er zum Kaiferlichen Boftinipektor in Broms
berg ernannt, um ein Jahr darauf wie:
derum im Bentralbüreau des General:
Poſtmeiſters Verwendung zu finden. Seit
Anfang 1886 iſt Sch. als Rechnungsrat
und Bureauvorfteher im Reichs-Poſtamt
zu Berlin thätig. Literariſch machte fich
Ed. bejonders durch feine poftalifchen
Humoresfen befannt, deren ferniger und
geſunder Mit ihrem Autor allfeitige An-
erfennung eintrugen.
Hauptwerfe: Fernſprechregeln oder der Ange:
Ichlofjene, wie er fein ſoll (2. Aufl. illuftr. 1884),
Einer von der Bolt. Eine Poſtlebensgeſchichte
in luftigen Verfen (2. Aufl. 1886), Poſtliederbuch
(3. Aufl. 1886); außerdem ift des Berfaflers in
Hunderttaufenden von Eremplaren verbreitete
„Poſtaliſche Weihnadts:Epiftel an die Frauen“
zu erwähnen und von ähnlichen Fleineren Ber:
Öffentlichungen: Manöver:Epiftel, Neue Epiftel
vom richtigen Nöreffieren 2c. (poftaliihe Bor: |
zu laſſen, welches Geſchäft der Water
ſchriften in witzigem Kleide).
Schmitt, Joh. Joſ. Herm. wurde ge—
boren den 12. Juni 1847 zu Zell bei
Würzburg als der Sohn eines Eifen-
566
— Schmiß.
mehrere fleinere Abhandlungen im „Pfälziſchen
Muſeum“ und in anderen Zeitichriften und 1887
eine Gefchichte der Stadt Edenkoben in der Pfalz.
Außerdem widmet er ſich mit Borliebe dem Stus
dium des lateinischen und griechiſchen Sprid.
wortes und hat 1886 ein lateiniihes Sprichwörter:
buch veröffentlicht.
Schmit, Morig, wurde geboren am
22. Juli 1833 zu Rheinberg am Nieder:
rhein und ift im gewiſſen Sinne Autos
didaft. Obichon fein Water den befjeren
Ständen der Stadt angehörte (er beflei-
dete außer verfchiedenen Ehrenjtellen auch
das Amt eines DMagiftratsheren), jo war
diefer doch jeder höheren Schulbildung ab»
geneigt und wollte vor allen feinen „Fe
derfuchjer oder brodlofen Dichterling“ aus
feinem Sohne gemadt haben. Er nahm
daher den Knaben ſchon mit dem 11.
Lebensjahre aus der Schule, um ihn Die
Gold: und Silberjchmiedefunit erlernen
jelbit betrieb. Schon als Elementar-
ſchüler verjuchte fi der Knabe in platt-
deutſchen Gedichtchen, Satiren, Epigram:
händlers, befuchte das Gymnafium zu | men 2c., mas jeinen Lehrer veranlaßte,
Würzburg von 1857—65 und hierauf ſich deflelben bejonders anzunehmen. Aus
die Univerfität daſelbſt bis 1870. 1869 der Schule entlaffen, widmete er feine
unterzog er fich der philologifchen Staats: | Feierſtunden der Lektüre wiſſenſchaftlicher
prüfung in München und wurde 1870 Werke, beſonders den Meiſterwerken un—
zum Aſſiſtenten an der oberſten Klaſſe
des Gymnaſiums in Amberg ernannt.
Mit Ausbruch des deutſch-franzöſiſchen
Krieges trat er als Einjährig-Freiwilliger
in die Armee ein und machte die Be—
lagerung von Paris mit; nach dem Feld—
zuge wurde er zum Landwehroffizier be—
fördert. 1871 wurde derſelbe zum Aſſi—
ſtenten und Turnlehrer des Gymnaſiums
in Speier ernannt, 1872 zum ordentl.
Lehrer der Lateinſchule in Edenkoben und
1877 zum Rektor dieſer Anſtalt. 1876
beſtand er die hiſtoriſche Spezialprüfung
in München und 1878 wurde er von der
Univerſität Heidelberg zum Doktor der
Philoſophie promoviert. Der Verein pfäl—
ziſcher Schriftſteller wählte ihn 1885 zu
ſeinem 1. Vorſtande. Sein liter. Hauptgebiet
iſt die Geſchichte und veröffentlichte derſelbe bereits
ſerer Dichter, und las unter Anleitung
ſeines alten Lehrers faſt alle deutſchen
Klaſſiker von Mart. Opitz an.
Später von ihm verfaßte Gedichte wurden von
rößeren und kleineren Tagesblättern und Zeit»
hriften aufgenommen und find am Nies
derrhein nicht unbefannt, inäbejondere auch die
ſ. 8. unter dem Pieudonym „Zirom“ veröffentlich-
ten „poetiihen Nippfachen, Rätfel ꝛe.“ Angeregt
durch Vereine für Altertumskunde und Geſchichte,
die fich vor längeren Jahren vielfah am Nieder:
rhein bildeten, und die er au in feiner Vater:
ftadt mitbegründete, wandte er fidh feitdem mit
großem Intereſſe der Altertumskunde und hei—
matlihen Geihichtsforfchung zu und war längere
\ Seit Borftandsmitglied und Konjervator des Ber:
eins von Gelchichtsfreunden zu Rheinberg.
| den Bereinsfchriften des letzteren (1880 u. 1883)
In
find verjchiedene Aufläpe von ihm aufgenommen.
Außerdem befaßte er ſich mit der Sagengefchichte
des Niederrheind und fammelte und überarbeitete
weit über 100 derfelben aus den Gegenden von
Düffeldorf bis Eleve, die in Zeitjhriften erſchie—
Schmoller.
nen find und in einer Gefammtausgabe ber:
auskommen.
Seine Mußeſtunden wiſſenſchaftlichen
Arbeiten widmend, Mitarbeiter verſchiede—
ner wiſſenſchaftlicher Vereine und Zeit—
ſchriften, lebt derſelbe in ſeiner Vater—
ſtadt Rheinberg und betreibt daſelbſt noch
die Juwelier-, Gold- und Silberſchmiede—
kunſt mit gutem Erfolge.
Schmoller, Guſtav, wurde am 24.
Juni 1838 zu Heilbronn geboren und
widmete ſich dem Studium der Staats—
wiſſenſchaften, Philoſophie und Geſchichte
an der Univerſität Tübingen, wurde 1864
außerord. Profeſſor in Halle, 1865 ord.
567
Profeſſor daſelbſt. In gleicher Eigenſchaft
wurde er 1872 nach Straßburg und 1882
nad) Berlin gerufen. Sch.gehört zu den her—
vorragenditen Nationalöfonomen der Ge:
genwart und hat ſich befonders um die
Gründung des Vereins für Sozialpolitif
verdient gemadt. Seit 1878 giebt er
die „Staats: und ſozialwiſſenſchaftlichen
Forſchungen“, feit 1881 das „Jahrbuch
für Gefeßgebung, Verwaltung und Volks—
wirtfchaft im deutjhen Reich“ heraus.
Bon feinen felbjt. erichienenen Schriften
find hervorzuheben:
Zur Geſchichte der deutichen Hleingewerbe, Ei:
nige Grundfragen des Rechts (2. Aufl.), Straß:
burg zur Zeit der Zunftfämpfe, Straßburgs Blüte,
Die Straßburger Tucher- und Weberzunft.
Schneider, Adalbert BirgilAmbrofius
(Albert Schnitter), wurde am 19. No:
vernber 1859 in Graz geboren. Wenige
Monate nach feiner Geburt verlor er den
Vater. Nach vollendeter Vorbildung, die
er am bdeutichen Gymnafium zu Zrieft
und am Gymnaftum in feiner Vaterftadt
empfing, fam er, um Soldat zu werden,
auf die k. k. Militär- Oberrealichule zu
Mähriſch Weißkirchen und rücte nad) drei
Jahren in die f. k. Militär-Afademie zu
Wr.:Neuftadt vor. 1881 wurde er zum
k k. Leutnant ernannt, einem ungarijchen
Regime nte zuerteilt und nad) Verlauf eines
Jahres dem Inf.Regiment Leopold II.,
König der Belgier, in Graz übermwiejen.
— Schneider.
1886 wurde er zum Oberleutnant be—
fördert.
Sch. iſt der Verfaſſer zahlreicher Gedichte, die
in verſchiedenen Zeitſchriften freundliche Aufnahme
fanden und den Autor zu weiterem poetiſchen
Schaffen ermunterten. 1885 gab er eine heitere
erzählende Dichtung „Schönlieschen“, eine Weih—
nachtsgeſchichte in Verſen heraus, die ſehr günſtig
von der Kritik beurteilt wurde und der ſich eine
„Novelle in Verſen“ anſchloß.
Schneider, Heinrich Emil (E. Sar:
torius), wurde am 29. Januar 1839 zu
Mühlberg a. Elbe geboren, abjolvierte
die Realſchule der Frande’ichen Stiftungen
in Halle und erlernte den Buchhandel in
Leipzig. In feinem Beruf madte er
viele weite Reifen nad Franfreih, Eng:
land, Rußland und der Echweiz und
gründete nach dem ſchleswig-holſteiniſchen
Kriege, den er als Freiwilliger mitmadhte,
eine eigene Buchhandlung in Torgau.
Da der ermählte Beruf feinem inneren
Drange nicht genügte, entichloß er fich
Theologie zu ftudieren und ging zu dem
Zwed, da er in Deutichland zum Stu:
dium nicht zugelaflen wurde, im Jahre
1874 nad Amerika, ſuchte fich daſelbſt
durch Privatitunden die Mittel zu feiner
Studienlaufbahn zu verdienen, die er
am Predigerfeminar zu Bloomfield be-
gann und in New-Jerſey endete. Darauf
wurde er als Pfarrer in Schenectaday,
Nem:Nork, angejtellt, vermählte ſich da—
ſelbſt, verlor aber nad) kurzer glücklichſter
Ehe fein junges Weib. 1878 fehrte er
nad) Deutichland zurüd, nahm an der
Leipziger Hochſchule feine theologiichen
Studien noch einmal auf und jchiffte ſich
1880 wieder nad) Amerifa ein, wo er
in La Grange als Prediger wirkte, bis
ihn das Malaria: Fieber 1884 wieder
nad) der Heimat trieb, wo er Geneſung
ſuchte und fand.
Sch. iſt der Verfaffer zahlreicher formvollen:
deter poetiſcher Schöpfungen und hat namentlich
mit feiner PBoetenbibel „Das Wort der Wahr:
beit” und jeinen „Plalmen in Sonetten” die
Aufmerkſamkeit weiterer Kreiſe erregt. Troß
feiner Wanderungen und BWandlungen in der
weiten Welt bemahrie er fich ein deutiches Herz,
wie es feine „Neuen deutſchen Heldenbücher“,
Schneider.
fein „Waldpot von Bafjenheim”, feine „Atlantis
Germanice”, feine Soldatenlieder „Aus dem Tor:
nifter eined preuß. Freiwilligen”, fein „Prinz
Friedrich Carl” und die poetilhen Reijetage:
buchblätter „Bon St. Louis nad) Bremen“ be
funden. Für feinen in engliiher Sprade er:
fhienenen „Coronal of Sonnets“ wurde ihm
viel Anerkennung zu Teil. Außerdem heben wir
von feinen jelbitändig erfchienenen Werfen ber:
vor: Fünf neue Lieder nad) alten Weifen (1861),
Emerfon, Führung des Lebens (1862), Geſchichte
der deutfchen Freiheitskriege (1867), Geſpenſt
des Zaren (1868, 2. Aufl. 1882), Afabella auf
dem Nürnberger Reihätage (Dram. 1880), Ul:
fila (dram. D. 1882), Flickſchneidereien (1882,
2. Aufl. 1885), Sonnenidhein für Negentage,
Handbuch für hriftliche Gemeinden, Erinnerungen
an Luife, Memoiren eined patriotiichen Kosmo—
politen (1887) und zahlreiche Predigten und Hei:
nere Schriften.
Schneider, Karl Ferdinand, geboren
am 3. Mai 1846 zu Endenich bei Bonn,
abjolvierte das Bonner Gymnafium, ſtu—
dierte von 1865—70 an der dortigen
Univerfität unter dem Prof. v. Sybel,
Springer, Delius, Diez und Held Ge-
Ihidhte, Literatur und Nationalöfonomie ;
ward 1869 mit einer Diilertation über
die Divina Comedia des Dante zum
Doktor der Philojophie promoviert und
trat nad) Ablegung des Staatseramens
1870 als Lehrer in das Kollegium des
Nealgymnafiums zu Wiesbaden. Zwei
Jahre fpäter begab er ſich nad) London,
um als Privatiefretär Dr. Mar Scle:
finger’s, des damaligen Vertreters der
Kölnischen Zeitung, ſich der journaliftifchen
Laufbahn zu widmen.
Bon 1875—76 bereifte er auf Koften der
Köln. Zeitung Italien, ward 1876 als Spezial:
berichterftatter des Blattes nach dem Driente
efandt, wo er der erfte war, welcher authentifche
Berichte über die bulgarischen Greuel veröffent:
lichte, die er im Verein mit dem amerifaniichen
Konful Schuyler, dem ruſſiſchen Botſchaftsſekretär
Prinzen Tzeretelew und dem Vertreter der „Daily
News”, Mac Gahan, an Ort und Stelle unter:
ſuchte. Er blieb in Konftantinopel bis zum
Schluß des ruffiich-türfifchen Krieges; nahm dann
einen längeren Aufenthalt auf der Anfel Cypern,
defien Ergebnis er in dem Werke „Eypern unter
den Engländern”“ (1880) ſpäter zulammenfaßte ;
ging 1879 als ftändiger Berichterftatter der Köl—
niſche Beitung nad Paris (1879—81) und
568
— Schneiber.
ſchließlich nah Schlefinger'3 Tode ala defien
Nachfolger nad) London.
Schneider, Oskar, wurde am 18.
April 1841 in Löbau in Sachſen geboren.
Schon im frühen Knabenalter zeigte fich
feine Vorliebe für die Naturwiſſenſchaften,
die ſich in allerlei Sammlungen während
der Gymnafialzeit (in Bauen), bejon-
ders in mineralogifchen und geologifchen
befundete. Nah Mbjolvierung feiner
Gymnafialftubdien bezog Sch. die Univer-
fität Leipzig (1860—64), um Theologie
zu ftubieren, war danach bis 1866 Haus:
lehrer in Salzburg, wo er die zur oberen
Kreideformation gehörenden laneder-
Schichten entdedte, darauf Inftitutslehrer
in Dresden. Nachdem er in Leipzig mit
einer geognoftiichen Abhandlung zum Dr.
phil. promoviert worben, ablolvierte er
das theologiihe Wahlfähigkeitseramen
und ging 1867 nad) Ägypten, wo er im
Haufe des deutichen Generalfonjuls zwei
Jahre als Erzieher und Lehrer wirkte
und Gelegenheit zu Reifen nach Ober:
ägypten, Baläftina und dem Suezfanal
fand, auf welhen er nah Möglichkeit
Material zu naturwiſſenſchaftlichen und
fulturbiftoriihen Studien jammelte, wel
ches fpätere wiederholte Reifen, beſonders
nad) Italien, ergänzten. 1869 folgte ©.
einem Nufe als Lehrer am Freimaurer
inftitut für Knaben nad) Dresden, darauf
1872 als Oberlehrer und
für Geographie an das Annen⸗Re
nafium derjelben Stadt. 1875 unter
nahm er eine längere Reife nad Kaufe
fien, Armenien und fehrte über an:
tinopel nad) Deutichland zurüd. vend
des Beſtehens der deutſchen afrifaniicher
Sejellihaft ift er in deren 3
thätig geweſen.
Außer manchen Fleineren BVeröffentlichu
heben wir von den verdienftlichen Arbeiten SE
hervor: Geognoftiiche Beichreibung des 2oebau
Berges (1867), Über die Entftehung bes toten
Meeres (1871), Die Flora der Namleher Wüfte,
Beiträge zur Kenntnis der Condylienfauna der
ägyptiichen Mittelmeerküfte, Beiträge zur Kenntnis
der Inieltenfauna Ägypten? und Paläſtinas
(1871), Beiträge zur Kenntnis der griechiſch-or—
Schneider. — 569 — Schneider: Arno.
wendigfeit und Einrichtung geographifher Schul: | B. Schäfer aufmerkſam gemadt, meiner Gedichte
fammlungen (1877), Vorläufiger Bericht über | freundlih an. Ich ſtand mit Erfterem vom Jahre
meine kaukaſiſche Neile (1876), Beiträge zur | 1880 bis zu feinem Tode (1884) in Briefmechfel
Kenntnis der faufafilchen Käferfauna (1878, mit | und war aud) einmal im „Sande der roten Erde“
Leder), Raturwifienichaftliche Beiträge zur Kennt: | zu Gaft, wo ich täglich mehrere Stunden mit dem
nis der Kaukaſusländer (1878), Die kartweliſchen | blinden, aber hochgelehrten, liebenswürdigen Greife
Völker im weſtlichen Transfaufafien (1881), | perlönlich verkehrte, über Poeſie fprach und meine
Typen⸗Atlas (1881, 3. Aufl. 1885; außerdem | Werke durchging. Diefelben erfchienen unter dem
Auflagen in England, Frantreih, Holland, Dä- Titel: „Wellen vom Bodenfee” (1882) und „Aus
nemarf, Schweden, Polen, Böhmen, Ungarn, | alten Tagen“ (ep. Erz. 1885) und fanden vielen
— * ragt rg des ar a
eihes im Auslande (1884), Naturwiſſenſchaft⸗ se
lihe Beiträge zur Geographie und ——— Schueider Arno, Joje Freiin von,
ſchichte (1883, enthaltend die 1887 auch gejon, | einer in der öſterreichiſchen Armee bes
dert erfdhienenen Arbeiten: Über Anfhwemmung |rühmten Militärfamilie entfprofien, in
von antifem Arbeitmaterial an der Alerandriner Wien am 17. Februar 1854 geboren. Im
Küfte, Die Schwefelminen am Ras el Gimfe und | N
der Proze der Société soufriöre da’figypte, Kloſter der Heimjuhung zu Thurnfeld
Über den roten Porphyr der Alten, Zur Bern: | bei Innsbrud in Tyrol erzogen; lebt
fteinfrage, inöbefondere über fiziliihen Bernftein | feither in Wien.
und das Lyncurion der Alten, Über die Kaufa: | Ahr fchriftftelerifches Talent zeigte fich zuerft
fie Naphtaproduktion), Die Geographie auf in zahlreichen Gelegendeitsgedichten, fpäterhin
den ſächſiſchen Realgymnafien nah dem Geſetz wandte fie fih vorzugsweile dem Feuilleton zu,
von 1864 (1885), Über ſchärfere Begrenzung geos | indem fie als — mehrerer deutſcher
graphiſcher Begriffe (1886), Die Riviera di Po: | und amerifanifcher Zeitungen engagiert iſt. Auf
nente (1886), Ein deutſches Kurhaus an der Ris | novelliftiichem Gebiete lieferte fie in den legten
viera (1886), Der ägyptiihe Granit und feine | Jahren oft Beiträge in verſchiedenen belletriſtiſchen
Beziehungen zur altägyptiichen Gefchichte (1887), | Blättern.
Der Chamfin und fein Einwirfen auf die niedere
Tierwelt (1888). Schnitter, Adalb., |. Adalb. Schneis
der.
Schneider, Thefla,wurdeam 19. Juni i
1854 zu Ravensburg in Württemberg * Schnitzler, Johann, wurde am 10.
boren. Mein Vater ift dafelbit ein anı | April 1835 in Gr. Kanizsa geboren. Als
JKind armer Eltern — der Bater war
gejehener Rechtsanwalt und feine Gattin . z n
Sophie eine Tochter des ehemaligen Pro: Tiſchler — mußte ©. ſchon während ſei—
feflors der Medizin Dr. Leopold Sokrates | NET Studienzeit durch Unterrichtgeben nicht
v. Riede in Tübingen. Ic erfreute mich | NUT für den eigenen Unterhalt, fonbern
mit meinen Echweltern einer harmlofen US für er jeiner beiden — Ge⸗
Kindere und Jugendzeit, die ſchöne Natur, hwiſter und ſpäter auch für ben feiner
welche meine Vaterftadt umgiebt, frei und Eltern forgen. Das Untergymnafium ab-
fröplich genießend. Nachdem die Schulen jolvierte er in ſeiner Vaterſtadt, das
daſelbſt abjolviert waren, kam ic) auf zwei Obergymnaſium in Peſt, wo er auch bie
Jahre nad) Konftanz am Bodenfee in das erjten zwei Jahre Medizin jtudierte; dann
Penſionat der „Schweitern der hriftlichen | 809 es ihn nad) Wien, —* ſeine —
Liebe", Ins Elternhaus zurüdgekehrt, dien beendete und 1860 zum Dr. med.
wünfdhte bald mein Großvater, Dr. von promoviert wurde. Schon als Studierender
Rice, nun Obermebisinalrat f Stutt- der Medizin ſchrieb er ſowohl für Wiener als
J ö n OF Berliner Fachzeitfchriften einzelne wertvolle Bei:
gart, mich zu feiner Gefellihaft bei fich | träge, meiſt kafuiſtiſche Mitteilungen aus den Kli:
zu haben. Wenn auch der Sinn für Kunft und | nifen Skoda's und Oppolzer's, wodurch er bald
Poeſie ſchon von Kindheit an gepflegt worden | die Aufmerkſambkeit feiner Profefjoren, befonders
und erwacht war, fo bildete er fic) doch erft hier | Oppolzers, auf ſich lenkte, der ihn auch (1869)
durch geiftige Anregung aller Art zu eigenem zu feinem kliniſchen Aſſiſtenten erwählte, in wel—
Schaffen aus. Profefior Chriftoph Schlüter in her Stellung er bis 1867 verblieb, Noch wäh:
thodoren Kirche Ägyptens (1874), Über die Not: | Münfter i./W. nahm fich zuerft, durch Prof. Dr.
i
Schnitzler.
rend ſeiner Aſſiſtentenzeit habilitierte er ſich
als Dozent für Krankheiten der Atmungs—
und Kreislaufsorgane. Er verichaffte ſich
durch feine Arbeiten und feine Vorträge
über diefen Zweig der Medizin ſchon nad)
furzer Zeit einen Ruf als Arzt, Lehrer
und Foricher, der weit über die Grenzen
Oſterreichs drang, und heute zählt er um:
ftreitig zu den erften Autoritäten auf dem
Gebiete der Kehlkopf:, Lungen und Herz:
franfheiten. Die VBorlefungen von S. ge:
hören zu den intereſſanteſten und lehr:
reichiten an der Wiener Univerfität, feine
Schüler zählen nad) Hunderten und zwar
find es nicht nur Kandidaten der Medizin,
jondern Arzte aus der ganzen Welt, die auf
S.'s Poliklinik fommen, um fich weiter
auszubilden. In Anerkennung feiner her:
vorragenden willenichaftlichen und didak—
tiihen Leiftungen wurde S. 1878 zum
Profeſſor für Krankheiten der Reipirations-
und Circulationsorgane an der Wiener
Univerfität ernannt. 1884 erhielt er in
Anerkennung jeines verdienitlihen Wir:
fens den Titel eines Neg.-Rathes.
Bon feinen hochbedeutenden, teild epoche—
machenden Schriften ‚heben wir hervor: Die La:
ryngoffopie und Rhinoffopie und ihre Anwen:
dung in der ärztlichen Praris, Die laryngoffo:
piſche Diagnoftil und lofale Therapie der Kehl:
topfgeihmwüre, Über Stimmbandlähmung, über
Stimmritentrampf, Über Neubildungen im Kehl:
kopf und deren Behandlung, Über die Anwen
dung der Galvanofauftif im Innern des Kehl
topfs, Über Kehltopf: und Quftröhrenverengerung,
Über Mitiartuberkuloje des Rachens und des
Kehlkopfes, Über Kropfaſthma, Über die thera-
peutifche Anwendung verdichteter und verbünnter
Quft bei Lungen» und Herzkrankheiten, Über Lun—
enſyphilis und ihr Verhältnis zur Lungenſchwind⸗
Fucht Über Aſthma, Über Anwendung und Wir:
fung des Cocain bei Krankheiten des Kehlkopfes,
des Rachens und der Nafe, Über Therapie der
Kehlkopf⸗Lungentuberkeln. Daneben ift S. be:
fonders als Kritifer medizinischer Schriften thätig.
Seit 1860 ift er Mitredafteur der „Medizinal:
Halle”, deren Leitung er jpäter bis 1886 (unter
dem Titel „Wiener Mediz. Preſſe“) weiterführte,
Danad) gründete er die bald zu voller Blüte ge:
deihende Monatsjchrift „Kliniſche Zeit- und Streit:
fragen“. 1872 gründete ©. die „Allgemeine
Poliklinik“, die des vorzüglichiten Rufes genieht
und als eine der hervorragenditen Anjtalten ihrer
Art gilt.
570
ı Pädagogif.
unter Profeſſor Dr. v. Lexer's Leitung
Schnorr v. Carolsfeld.
Schnorr v. Carolsfeld, Franz,
wurde am 11. April 1842 als ein Sohn
des berühmten Malers gl. N. zu Münden
geboren, ftudierte in Göttingen und Berlin
Philologie, promovierte 1864 zum Dr.
phil. und fungiert nunmehr als Ober:
bibliothefar der königlichen Bibliothek in
Dresden. Er war Herausgeber der Zeit
ſchrift „Archiv für Literaturgeichichte”
und machte ſich literariih vornehmlich
dur) feine trefflide „Geſchichte des
deutichen Meiſtergeſangs“ befannt. Außer:
dem veröffentlichte er: Die homerif he Wort:
itellung (1864), Katalog der Dandichriften ber
fal. Bibliothefzu Dresden (1882—83), J. Schnores
Briefe aus Italien (1886).
Schober, Johann, geboren am 19.
März 1843 zu Kemmern bei Bamberg,
‚ftudierte zu Bamberg und an der Uni:
verfität zu Würzburg Philologie und
Namentlich) widmete er fi
der Germaniſtik und unter PBrofefior Dr.
v. Megele der Geſchichte. Nachdem er
zu Münden das vorgeichriebene Staats:
eramen für das Lehramt der deutichen
Sprade, Geſchichte und Geographie an
Mittelichulen abgelegt hatte, wurde er
nad) verjchiedener Verwendung 1875 als
fal. Oberlehrer an der höheren weiblichen
Bildungsanftalt zu Aichaffenburg ernannt
und ihm dafelbit der Unterricht im Deut:
ihen und in der Geſchichte übertragen.
Von feinen Werken find namentlich wichtig:
Johann Jakob Wilhelm Heinfe. Sein Leben u. feine
Werke (+1882), Die Sagen des Speflarts (1885),
Die Grundlehren der Logik im Dienfte des beut-
ſchen Auflages (1885), Die Satzkürzungslehre
nah Gabelsbergers Syitem (4. Aufl. 1886),
Aſchaffenburg und feine Umgebung (1886), Hand»
buch über den Speffart nad Geſchichte, Natur
und Topographie (1888).
Schober, Karl, geboren am 4. Juli
1844 zu Chudenic in Böhmen, ftudierte
an ber Univerfität Prag und wirft ge
genmärtig ala Direktor der k. k. Lehre—
rinnen = Bildungsanftalt und anerfannt
tüchtiger Pädagoge in Wien. Seine be-
deutenderen Werke, die er veröffentlicht
‘hat, find:
Schober.
Die Deutihen in Nieds und Oberöfterreich,
Salzburg, Steiermart, Kärnthen und Hrain( 1881),
mworin befonders das Kapitel über die volkswirt—
fchaftliche Entwidelung diefer Länder großes In:
tereffe in Anipruh nimmt, Heimatskunde von
Niederöfterreih (1884), Niederöfterreih unter
Mathiad Corvinus 1482— 1490 (1879), Quellen»
buch zur Geſchichte der öfterreihiih-ungarifchen
Monarchie, ein biftorifches Leſebuch für höhere
Schulen und für jeden Gebildeten (1837). Über:
died dankt man ihm eine ſehr zwedmäßig aus:
geitattete Schulwandfarte des Königreihs Böhmen.
Schober, Thekla von, geb. v. Gum:
pert (Thella von Gumpert), wurde zu
Kaliſch am 28. Juni 1810 geboren, fie
delte mit ihren Eltern im fünften Lebens:
jahre nach Pojen über, wo ihr Vater
als Regierungsmedizinalrat einen aus:
gedehnten Wirkungskreis fand. Ihre Er:
jiehung war eine vorzügliche und forg:
fältige und legte den Grund zu ber
echten Gefinnung, die der Kern ihres
Mefens und ihrer Schriften if. Mit
ihrem Vater ftand der Fürft NRadzimill,
Statthalter von Poſen, in mannigfacher
Verbindung, und ebenfo war auch Thefla
das Haus geöffnet, namentlich war es
die jüngere Tochter dafelbit, der fie als
571
— Schön.
Königin von Preußen empfohlen Hatte.
Durch dieje eigentümlihe Fügung kam
Th. v. ©. in öftere Berührung mit der
hohen Frait und widmete ihr jpäter ihr
Töchter⸗ Album. Sie lebte nun im Haufe
des Fürften Czartoryski ſechs glückliche
Jahre ihrem ſchönen Beruf, kehrte dann
zu ihrer Mutter zurück und zog mit
dieſer nach Berlin, wo ſie in ſtiller Zu—
rückgezogenheit die Feder wieder auf—
nahm, aber erſt durch den Legationsrat
Franz von Schober, ihren ſpäteren Gat—
ten, angeregt wurde, an die Dffent-
lichfeit zu treten. Sie ſchrieb ihr erites
Buch Der Meine Vater und fein Enteltind
(1843, 4. Aufl. 1885), das eine ſehr bei-
fällige Aufnahme fand. 1856 vermählte
fie fih und ließ fi) mit ihrem Gatten
in Dresden nieder. In neue Lebens:
verhältniffe eingetreten, blieb fie doch ihrem
Ichriftitelleriihen Berufe getreu. Seit
1882 it fie Witwe. Sie lebt in Dresden,
unermüdlich thätig auf dem Gebiete der
Jugendichriftitellerei, ihrer eigentlichen
Domaine. Bon ihren fehr zahlreichen
Schriften, die ihren Namen in die wei—
Spielgefährtin und Freundin fih anfchloß. |teiten Kreife getragen und fie zu einer
Als Thekla zweiundzwanzig Jahre zählte, | Lieblingsichriftitellerin unferer Kleinen
verlor fie ihren Vater. Die verwittwete | und befonders der jüngeren Mädchen ge:
Mutter zog fih nun mit ihren Töchtern | macht haben, find hervorzuheben: Die
auf das Landgut zurüd, das der Familie | Badereife der Tante, Mein erjtes weißes Haar,
eigentümlich war, und fiedelte fpäter, als Robinjons Enkelin, Erzählungen aus der Kinder:
— welt, Schloßpeterchen und Bauerhänschen, Mutter
dieſe Befigung verkauft wurde, zu einem Anne und ihr Gretchen, Mutter Anne und ihr
nahen Verwandten, dem Baron von |Hänschen, Die Herzblättchen, Nach der Schule,
Seydlig über, deſſen jüngite Tochter von | Ein Jahr, Gott in der Natur, Echte Perlen,
Thekla erzogen wurde. Inzwiſchen hatte | Grüh’ Gott, Der id ge re für
ſich die jüngere Prinzeſſin Radzywill mit | ZIRE JEREn. DECRIAmEN ———
jung de 5) | firmationsjahr u. ſ. w. Endlich find es zwei
dem Fürjten Czartoryski vermählt. Thekla | Monatsfhriften, welhe T. v. Sch. feit einer
v. G. beſuchte ſie mehrmals auf ihrem langen Reihe von Jahren herausgiebt Töchter⸗
Landhauſe im Rieſengebirge. Die fürſt— he le en und Serzblättchen’8 Beitver-
lihe Frau war kränklich und nahm der zei )
Freundin das Verfprehen ab, ihr Töh| Schön, Mar, geboren am 17. Juni
terlein zu erziehen, falls felbiges vor der | 1848 zu Orloff in Weftpreußen, widmete
Zeit mutterlos werben follte. Bald darauf |fid) der Beamtenkarriere, die er jedoch)
ftarb die Fürftin in Iſchl (wohin ihr T. | bald wieder aufgab, um fich, feinen Nei—
v. Gumpert gefolgt war), nachdem fie | gungen folgend, der publiziftiihen Thä—
ihre Kinder in deren Hände gegeben und | tigkeit hinzugeben. Nachdem er in Berlin,
fie dem Schuge der damals regierenden | dem Zentralpuntt des politifchen Betriebes,
1}
Schönaid;Carolath. —
mit dem Weſen der Politik ſich vertrauter
gemacht hatte, begann er als ſatiriſcher
Schriftſteller, mehr aber noch auf wirt—
ſchaftlichen und ſozialen Gebieten hervor:
zutreten und feine nad) diefer Richtung
gelammelten Kenntniffe und Anfichten in
der Tagesprefie zum Ausdrud und zur
Geltung zu bringen. Um gegen die
Wechſelfälle des Lebens geſchützt zu fein,
nahm ©. eine Stellung im faiferlihen
ſtatiſtiſchen Amt an. Er ift zugleich Re:
dakteur der „Blätter für innere Koloni-
fation” und des „Agent“, ſowie einer
politiihen Korrejponden;.
Schönaich-Carolath, Prinz Emil
zu, iſt geboren am 8. April 1852 zu
Breslau. Er fiedelte 1867 nad Wies-
baden über und erhielt hier eine von den
beiten Lehrern geleitete vorzügliche Er:
ziehung. Nach dem frühen Tode beider
Eltern unternahm er weite Orientreifen,
nad) deren Beendigung er dauernd Wohn:
fig auf feiner Befigung Paalsgaard:$nils-
minde in Dänemark nahm. Schon als
Knabe hegte der Prinz eine außerordent-
lihe Vorliebe für Poeſie, und früh be:
thätigte er ſich felbit als gottbegnadeter
Dichter. Von den anmutigen Kindern
feiner Mufe heben wir hervor: Lieder an
eine Verlorene (1878), Thauwaſſer (1831), Did):
tungen (1883), Geſchichten aus Mol (1894).
Schoener, Karl Emil Auguft Rein:
hold, geboren am 6. November 1849 zu
Erfurt, von wo feine Eltern bald nad
feiner Geburt nad) Magdeburg überfiedel-
ten, erhielt er auf dem dortigen Dom-
gymnaſium eine tüchtige Vorbildung, bie
er nad) der Verſetzung feines Vaters nad)
Breslau 1867 dafelbit vollendete. 1869
bezog er die Univerfität Breslau, um ſich
philologifshen Studien zu widmen. Er
hörte bei Hertz und Neifferfcheid klaſſiſch—
philologiſche, bei Roßbach archäologiſche,
bei Junkmann und Neumann geſchichtliche,
bei Rückert, Zupitza und Karow neu—
philologiſche, bei Stenzler Sanskrit-Vor⸗
leſungen und betheiligte ſich an den Ubun-
572
Schoener.
gen des philologiſchen Seminars. Von
Reiſeſehnſucht getrieben, durchſtreifte er
die ſchleſiſchen Gebirgslandſchaften und
unternahm 1869 eine Reiſe nach Däne—
mark und Norwegen, welche ihn bis nach
Drontheim führte und zuerſt feine litera⸗
riſche Geſtaltungskraft weckte. 1870
leiſtete er ſeiner Militärpflicht Genüge.
1872— 73 bekleidete er eine Hauslehrer:
ftelle auf einem Rittergute in Schlefien.
1873 auf Grund einer Dilfertation De
Claudio Aeliano in Breslau zum Dr. phil.
promoviert, legte er, in der Abficht, die
Laufbahn des Gymnaſiallehrers einzus
ihlagen, das Eramen pro facultate do-
cendi ab. Im Begriffe, das Probejahr
anzutreten, erhielt er den Antrag, eine
' Hauslehrerftelle in Neapel anzunehmen,
und wideritand der Verſuchung nicht, dieſe
günftige Gelegenheit zur Bereicherung fei-
ner Kenntniffe und Anihauungen zu er
greifen. Der Aufenthalt ward zu einem
dauernden. Sch. wurde von den Reigen
Neapels und der Fülle der geſchichtlichen
und Kunſtdenkmäler gefeſſelt und entſchloß
ſich, aus ihrem Studium und ihrer lite—
rariſchen Verwertung einen Lebensberuf
zu machen. 1879 verheiratete er ſich mit
einer deutſchen Frau von hervorragenden
Gaben und Eigenſchaften. Eifrig mit lopo⸗
graphiſchen, archäologiſchen und kunftgelcpichtfichen
Studien beichäftigt, teilte er feinen Aufenthalt
zwifchen Neapel, Nefina, Bompeji zc. Seine zahl
reihen populärwiſſenſchaftlichen Aufläge über
Altertum und Kunſt, Land und Leute in Ztalien
wurden gut aufgenommen und —
nung lohnte feine Bemühungen um Berb
der Kenntnis und Schäbung Staliens. 18
ging aus feiner Feder eine in Pompeji verfaßte
feffelnde Beichreibung der antiken Vejuoftadt und
ihrer Ausgrabungen, 1871 eine fulturgefchichtliche
Erzählung „Der legte Hortenfier“ hervor. Jr
einer ins Engliihe überjegten Abhandlung wies
er die antite Herkunft des im Befige des Barons
v. Benneval zu Sorrento befindlichen enfauftis
ſchen Gleopatra-Borträts nad. Cine 1885—86
erihienene Serie von Artikeln über Capri giebt
die ausführlichite und grümdfichite un
der berühmten Anfel, ihrer Geſchichte, ime
Bevölkerung ꝛe. Eine Ber über d
„Farneſeſchloß im Ciminiſchen
| bildet einen Beitrag zur Geſchichte der Ren
Schönthan.
Architektur und Malerei. Schon jeit 1876 zeit:
weije mit Arbeiten in Rom beichäftigt gemeien
und auch den politiichen Kreifen näher getreten,
fiedelte Sch. 1882 ganz nad) der Hauptftadt über
und widmete fich neben der feuilletoniftifchen bald
in wachſender Ausdehnun
Berichteritattung für deut
durch die italienische Regierung ausgefchriebenen
Konkursbewerbung um den Lehrftuhl für deutiche
Sprade und Literatur an der neu errichteten
Handelsafademie zu Genua trug er den Sieg
davon und erhielt die Ernennung zum Profefjor.
Doch zog er es vor, auf das Amt zu verzichten,
um in Rom zu bleiben und den Beruf des
Schriftſtellers nicht aufzugeben.
auch der politijchen
Schönthan, Franz von, Edler von
Pärnwald, wurde in Wien am 20. Juni
1849 geboren, genoß eine militäriſche Er:
jiehung, da er für den Goldatenjtand
bejtimmt war.
fein feuriges Temperament, das fo jtraffen
Zügel nicht dulden wollte. Sturz ent:
ſchloſſen zog er dann eines Tages Die
Uniform aus und ging zur Bühne, zu
der eine leidenſchaftliche Vorliebe ihn 309.
Ein Wanderleben begann, an einer Neihe
von deutichen Bühnen trat S. als Mime
auf. Daneben jtudierte er eifrig Die
Technik des Dramas, was ihm fpäter
als dramatischer Cchriftiteller zu Gute
fan. Als folder wurde er zuerjt befannt
durch fein Luftipiel Das Mädchen in der
Fremde, das dem Autor eine Stellung als
Theaterdihter am Wallnertheater ein:
trug, welche er 1883 mit derjenigen eines
Oberregifieurs am Wiener Stadttheater
vertauſchte. Nah der Vernichtung des
letzteren durch den großen Brand von
1884 gab ©. alle weitere Bühnenthätig-
feit auf, um ausschließlich feiner Schrift:
ftellerei zu leben, die er zum Teil allein,
zum Teil mit feinem Bruder (j. d.), mit
G. v. Moſer u. A. ausübt.
Die bedeutenditen feiner Stüde find: Sodom
und Gomorrha, Der Zugvogel (m. Mofer), Krieg
im Frieden (m. df.), Unfere rauen (m. dil.), Die
Spatzen, Kleine Hände, Nodericd Heller, Villa
Blancmignon, Der Schwabenitreih, Der Raub
der Sabinerinnen (m. j. Bruder), Die goldene
Spinne, Goldfilche, Die berühnte Frau (m, Ka:
delburg).
573
Fe Blätter. In einer
Dem widerſprach jedod)
Scönthan.
Schönthan, Paul von. Ich bin am
19. März 1853 in Wien geboren, follte
mid der Militärfarriere widmen, verließ
diejelbe wegen Schwädlichfeit und folgte
meiner literariichen Neigung, die mir den
Beruf eines geachteten, produzierenden
Journalijten als den fchönften und er—
jtrebenswerteften erfcheinen ließ. Ich habe
juerit in Wien und fpäter in Berlin jour:
naliſtiſche Lehrjahre durchgemacht und
merkwürdigerweiſe die Freude an dieſem
| Beruf auch heute noch nicht verloren. Ich
‚babe mid) auf dem Redaktionsſeſſel immer
‚am wohljten gefühlt. Deine Liebhaberei
für das Theater läuft nebenher; ich habe
noch ein Stüd aufbewahrt, welches aus
‚der Feder meiner Menigfeit im 9. oder
10. Lebensjahr herrührt; in nähere lite:
rariihe Beziehung zum Theater fam ich
erit, als ich mit meinem ausſchließlich für
die Bühne fchaffenden Bruder 1884 und
1885 die beiden Stüde Der Raub der Sa-
binerinnen und ſpäter Frau Direftor Striefe
ſchrieb.
Selbſtändig verſuchte ich mein Glück auf dem
Theater nur mit dem Einakter, der 1886 im Re—
ſidenztheater aufgeführt wurde („Zimmer Nr. 18)
und den Leuten — mit Ausnahme der Bericht:
eritatter — außerordentlich gefiel. Ohwohl meine
Erfahrungen auf dem Theater nur jehr angenehme
waren, und obwohl id von den Vorteilen der
dramatilchen Broduftion (Berühmtheit, Tanties
men 2c.) überzeugt bin, bleiben meine literariichen,
d. h. nichtdramatiichen Neigungen doch vorwie:
gend, und ich fchreibe zunächſt nichts für die
Bühne. Mein humoriſtiſches Feuilletongenre hat
mir im übrigen vollauf genügt, ich habe viel,
| vielleicht manchmal zu viel geichrieben; Philipp
Reklam jun, in Leipzig hat einem Teil meiner hu:
moriftiichen Arbeiten in 4 Bündchen „Dumo:
resken“ Unterkunft gewährt. Seit 1887 redigiere
ich in Gemeinschaft mit A. Moszkowski ein neues
Berliner Witzblatt, „Luſtige Blätter” genannt,
und ich habe die Genugthuung, zu jehen, dab
Segen auf meiner Arbeit ruht.
Scholl, Karl, wurde am 17. Auguft
1820 in Karlsruhe als der Sohn des
Direktors Sch. geboren. Früh für den
theologischen Beruf bejtimmt, bejuchte er
nach Abjolvierung des Lyceums in Jeiner
Vaterjtadt die Univerfität Tübingen, um
‚fih dem Studium der Theologie zu wid:
1}
|
Scholl.
men, das er 1841 auf dem Beibelberger |
Prediger-Seminar zum Abſchluß brachte. |
Nach dem Staaiseramen widmete er ſich
mit Eifer philologiichen Studien, machte
eine größere Reife dur Oſterreich und
erlebte 1844 in feiner Baterftadt Die
Aufführung feines Dramas Prinz Ludwig
von Baden. 1845 war eine von ihm in
Vertretung in Karlsruhe gehaltene Pre:
dDigt „wegen zu unkirchlicher Richtung“
die Veranlaffung zu feiner Suspenfion.
©. ſchloß fid) nach derjelben den damals
fih bildenden freireligiöfen Gemeinden
an und wirkte bis 1847 an der deutſch—
fatholifchen Gemeinde in Mannheim. Die
Revolution 1848 in Ofterreih riß Sch.
mit in ihren Strudel. Er hielt mit
Ronge und Duller Vorträge, wurde aber
nad der Auflöfung der freien Gemeinden
aus Graz ausgemwiejen und gezwungen,
Oſterreich zu verlaffen. Er ging nad
Schweinfurt, wirkte als freirel. Prediger,
bis die Reaktion ihn zur freimilligen Ver:
bannung zwang. Er zog nun nad) Zondon,
dann nad Paris, beichäftigte ſich in die-
574
jer Zeit mit literarifchen Arbeiten und
Auflägen hauptſächlich für Wislicenus’
„Reue Reform.” Darauf wandte er fich
nah der Schweiz und war 1852—58
ausſchließlich literariſch thätig. Er über:
nahm dann als Direktor für kurze Zeit
das Züricher Aktientheater und kehrte
Ende der fünfziger Jahre nach Deutſch—
land zurüd, nachdem fein Hochverrats-
prozeß niedergeichlagen. 1860 nahm er mit
neuem Mut die Stelle eines Predigers
an der freireligiöfen Gemeinde in Dann:
heim an, verheiratete fi 1862 mit Re
gina, Tochter des Rabbiners Eller in
Gelle zur glüdlichiten Ehe und ſchied 1868
von feiner Gemeinde, um einem Ruf an
die freie Gemeinde in Nürnberg zu folgen,
und in Bayern für die Sade der reli-
giöfen Freiheit ein unermüdlicher Kämpfer
zu werden. In Nürnberg trat er aud)
mit dem Philoſophen Feuerbach in einen
innigen Freundfhaftsbund. An feine
Nürnberger Wirkſamkeit ſchloß fich eine |
Schollen.
ſolche mehrjährige Thätigkeit in Heidel—⸗
berg. Seit einigen Jahren hat Sch.
ſeinen Wohnſitz wieder nach Nürnberg
verlegt.
Von ſeinen zahlreichen, der Sache der Freiheit
und der Humanität dienenden Schriften heben
wir hervor: Das Weſen des Deutih-Katholizis-
mus (1846), Die Mejfiasfagen des Morgenlandes
(1852), Eriter Blick in die Wundermwelt des
Magnetismus (1853), Rom und England in
ihrem neueften Kampfe (1854), Auf dem Wege
zur Wahrheit (Ged. 1855), Bict. Confiderant
über die Erlöfung der Menfchheit (1856), Ber
gefiene Quellen der Wahrheit (1860), Opfer und
Opfermahle ded Altertums (1862), Aus dem
Leben einer freien Gemeinde (1863), Entitehung
der geitlihen und weltlichen Macht des Papits
tums (1867), Ein Gruß in die Heimat (1869),
Wahrheit aus Ruinen (1873), Raimund von
Bazierd (Trauerfp. 1879), Meine Sterne (1885),
Nah Kamerun (1885, dem Andenken feines in
Kamerun verftorbenen Sohnes gewidmet).
Schollen, Diathias, geboren zu Aachen
am 18. Mai 1846, widmete ſich zunächſt
dem Lehrerſtande, ergriff jedoch ſpäter
‚die Gerichtöbeamtenlaufbggn. Im Jahre
‚1876 zum ®erichtsichreiber in Jüchen
ernannt, wurde er 1878 als Sefretär
an dieStaatsanmwaltichaft des Landgerichts
feiner Vaterjtadt verfegt, woſelbſt er heute
noch thätig ift.
Sein Erſtlingsverſuch auf literariihem Gebiete
mar eine Novellette, die eine Epifode aus der
Schlacht bei Königgräg in dem Kriege 1866
gegen Ufterreih, den er als Freiwilliger mit«
machte, behandelte. 1879 gab er ein Bolizeis
handbuch für den Regierungsbezirt Aachen bers
aus, dem 1885 ein Ergänzungsband folgte. Eine
weitere Produktion auf ftrafrechtlihem Gebiete
war das 1883 in zweiter Aufl. erichienene Werts
hen: „Die Berrihtungen der Bürgermeifter ꝛc.
in ihrer Eigenihaft als Hülfsbeamte der Staats»
anmwaltihaft". Neben diefen als ein Ausflug
feiner amtlichen Stellung anzujehenden Erzeugs
niffen, wandte er ſich der Erforſchung des Aache⸗
ner Aulturlebens zu. Das Refultat derfelben
war ein 1881 erſchienenes Schrifthen: „Volks—
tümliches aus Nahen”, Die Aachener Volks—
und Sinderlieder, Wetter, Gejundheits: und
Hechts: Regeln enthaltend. War dasjelbe aud
nur ein dürftiger Verſuch, jo bildete es doc die
Grundlage zu einer Serie von Feuilleton⸗Artikeln
im „Echo der Gegenwart” unter dem Titel „Schil
dereien aus unferem Volksleben“, ſowie zu der
„Aachener Sprichwörter und Redensarten“. Diele
Sammlung zeichnet fi) vor anderen ähnlicher
Scott.
Gattung dadurh aus, daß zum Beweiſe des Al:
terd und der Herkunft einzelner Sprihmörter |
außer der h. Schrift, die didaktiichen Dichter des |
Mittelalterö und die älteften Sprihwörterfammler |
Tunnicius, Agricola, Frank, fowie die Bebel ſchen
Proverbia germanica zu Grunde gelcgt wurden.
Endlich erſchienen von ihm unter dem Gefammts |
titel „Allaf Oche en wen et versönk“ drei
Luſtſpiele.
Schott, K. ſ. Kl. Schachne.
Schott, Wilhelm, am 3. September
1802 in Mainz geboren. Nach beſtan—
dener Gymnafial-Brüfung an der Univer:
fität Halle eine Zeitlang mit Theologie,
dann vorzugsweife mit ſemitiſchen Sprachen
beichäftigt und als Privatdozent über der:
gleichen Iefend. Eeit 1830 nad Berlin
übergefiedelt, daſelbſt Spraden und Lite:
raturen oftafiatifcher und tartarifcher Völ—
fer fich zugewendet und deren Anbau in
Schriften und Borlefungen zu fördern
bemüht. Im J. 1836 erichien fein zwar
unvollfommener, aberjehr anregender Ver:
fuch über die tartariſchen Sprachen und
diefem folgte zunächſt 1840 ein willen-
ſchaftliches Verzeichnis bis dahin gar nicht
oder faum berührt geweſener chineſiſcher
Werke der kgl. Bibliothef. Im Jahre
1838 außerordentlicher Univerfitäts-Pro=
fellor und 1841 ord. Mitglied der Ber:
liner Atademie der Wiſſenſchaften gewor:
den, ließ cr mit Unterftügung dieſer
Körperichaft eine lange Reihe Leiftungen
im Drud erſcheinen, von melden die be:
deutenditen find:
Alteite Nachrichten von Mongolen und Tar:
taren (1845), Über den Buddhismus in Hoch:
ajien und in China (1846), Die letzten Jahre der
Mongolenherrihaft in China (1851), Über die
Sage von Gefjer Chan (1851), Entwurf einer |
Beichreibung der Chinefiihen Literatur (1854),
Das Zahlwort in der Tihudiihen Sprachenklaſſe
(1856), Über die jog. indochineſiſchen Sprachen, |
infonderheit das Siamifche (1857), Chineſiſche
Spradylehre (zu ihrer Zeit Epoche machend),
Über hinefiiche Verskunſt, Ein Anhang zur Sprach—
lehre (1857), Über die Caſſia-Sprache im nord:
öftlihen Indien (1859), Altajiiche Studien oder
Unterfuhungen auf dem Gebiete der Altai—
Spraden (1860-72), Die efthniichen Sagen
vom Kalemjohn (1863), Über finniſche und eith:
niſche Heldenjage (1866), Über die ächten Kir
575
‚Vater Kaufmann war.
Schrader.
giſen (1865), Zur dinefiihen Sprache (Ergän—
zungen zu 1857) (1868), Zur Literatur des Chi
nefiihen Buddhismus (Bergl. zu 1846) (1873),
Zur Uigurenfrage (1874— 75), Der Stabreim bei
‚innen und Tartaren (1877), Einiges zur japanis
ihen Dit: und Verskunſt (1878), Kitai und
Rarafatai, ein Beitrag, zur Geſchichte Dit: und
Innerafiend (1879), Uber eine dinefiiche Erd»
beichreibung (1883), Etwas über neustürfifche Ro»
mantit (1884), Etwas über die Poeſie der Turk—
Tartaren Rußlands (1886). So lange das Ers
manjche Arhiv für wiſſenſchaftl. Kunde von
Rußland (1841—67) beitand, lieferte Sch. in
dafjelbe viele Überfegungen und kritiſche Beurteis
lungen, auch war er viele Jahre Mitarbeiter am
„Magazin des Auslandes“. Sch. ift Ehrenmir⸗
glied der Berliner Anthropol. Gejellichaft,
der Oriental Society in Peking, der uns
gariihen Akademie der Wiſſenſchaften in
Budapeſt, und verichiedener gelehrten oder
literarifhen Gejellihaften Finnlands und
Eithlands.
Schrader, Eberhard, geboren am 5.
Januar 1836 zu Braunfchweig, wo fein
Nah Abjolvies
rung des Gymnaſiums beſuchte derjelbe
1854 zunächſt das Collegium Carolinum
ebendajelbit, wo durch die Vorlejungen
Prof. Dr. Petri’s feine Neigung zur Bes
Ihäftigung mit den orientalifchen Sprachen
wacdhgerufen wurde. Im Jahre 1856
bezog er die Univerfität Göttingen, um
Theologie und orientalifhe Spraden zu
jtudieren. Er Schloß fih hier beionders
Ewald an und gewann 1858 mit einer
Abhandlung über das Weſen der äthios
pifhen Sprade den akademiſchen Preis
(gedrudt 1860). Nachdem er nad) Beens
digung feiner Studien eine Zeit lang in
feiner Vaterjtadt privatifiert hatte, ward
er 1862 an Higig’s Stelle nah Zürid)
berufen und hier 1863 zum ordentlichen
Profeſſor der Theologie befördert; ging
1870 in gleicher Eigenfhaft nad Gießen,
1873 nad) Jena und folgte 1875 einem
Rufe als ordentlicher Profeſſor für oriens
taliihe Spraden und Mitglied der Aka—
demie der Wiſſenſchaften nad) Berlin.
Seine literariiche Thätigfeit erftredte ji, von
feiner Erftlingsichrift abgejehen, zunächſt vors
nehmlih auf das Gebiet der altteftamentlichen
—
Schranka.
Kritik und Exegeſe: Studien zur Kritik und Er-
Märung der biblifhen Urgeſchichte (1863), de
Mette, Einleitung in das A. T. (8. Aufl., neu
bearbeitet 1869), verichiedene Abhandlungen in
Beitichriften u. N w.; fpäter wandte er ſich über:
wiegend der Erforihung der aſſyriſch-babylo—
nifchen Inſchriften und Altertümer zu, ein Stu—
diengebiet, das für Deutihland erſchloſſen zu
haben, als fein Verdienst bezeichnet werden muß.
Die vornehmlicditen hierher gehörigen Publika—
tionen find: Die afineifeh-babplonifchen Keilin—
ſchriften (1872), Die Keilinſchriften und das
A.T. (1872, 2. Aufl. 1883), Die Höllenfahrt
der Iſtar (1874), Keilinfchriften und Geſchichts-⸗
forfhung (1878). Außerdem zahlreihe Abhand—
lungen in eitichriften und afademiihen Sam:
melmwerten. Sch. iſt Mitbegründer der Jahr:
bücher für Proteftantifche Theologie (1875) und
Mitherausgeber der von Bezold redigierten Zeit:
ſchrift für Afiyriologie (1886).
Schranfa, Eduard Maria (Egon
Rail, Dr. Ems), wurde als der einzige
Sohn eines Militärarztes am 21. Sep:
tember 1850 zu Plan bei Marienbad in
Böhmen geboren, begann die Gymnaſial—
ftudien zu Leitmerig, welche er zu Prag
beendete. Hierauf bezog er die medizi—
niihe Fakultät, welde er aber bald ver
ließ, da er in militäriiche Dienfte trat,
wo er es raſch zum Offizier brachte. Doc)
bald befand er fi) in diefem Stande nicht
wohl und vertaufchte jelben mit einer
Stellung im öſterreichiſchen Staatspoft:
dienste, wohin er freilich mit feinem idea-
(en Streben ganz und gar nicht pahte.
Neuerdings bezog er 1876 die Prager
Univerfität, diesmal die philoſophiſche Fa-
fultät. Er trieb mit Eifer Germaniftif,
Linguiftif, Geſchichte, ferner Drientaliftif
und Sanskrit, vornehmlich aber Philoſo—
phie, und erhielt auf Grund feiner mit
dem erften Preiſe gefrönten philojophijchen
Monographie und Difjertation Der Stoifer
Epiklet und feine Whilofophie und nad mit
Auszeihnung beftandenen Rigorojen die
philojophiiche Doftorwürde. Doc) jein
Wiſſensdurſt war noch nicht gejtillt, er
begann ein juriftiiches Studium, weldes |
er nad) Ablegung der erjten Staatsprüfung |
ebenfalls beendete. Inzwiſchen war er bereits
journaliftiich und literariich auf verſchiedenen Ge:
576
| bei Bonn.
—
Schrattenholz.
bieten in die öffentlichkeit getrelen und erſchienen
neben zahlreichen Feuilletons und Studien in
befferen Blättern Veutſchlands und öſterreichs
1884 feine Gedichte, jowie ein zweiter Lieder:
eyelus „Brennende Liebe‘. Mit dem philo-
fophifchen Doktorhute und dem juridiichen
Abjolutorium bezog ©. die dritte Fakul-
tät, die Medizin. Dort befaßte er fid
mit Naturwifjenichaften und vorzüglich mit
Anatomie, worin er ein Schüler Tolds
geweſen. Indeſſen hatte er mit einer
Arbeit abermals einen Preis gewonnen, und
wurde dieſe von der Kritik al3 eine vorz
fulturbiftorifche Arbeit bezeichnet. Auch fein 1887
erſchienenes Kaleidoffop ift eine Sammlung kul⸗
tur: und literarhiftorifcher Studien, die von großer
Belefenheit zeugen. Im felben Jahre erſchien
fein Wert „Ein Bud) vom Bier”, eine au
ſchaftlichen Grundlagen feuilletoniftifch geſchriebene
Kulturgefchichte, welche ſehr günftig
wurde, Außerdem iſt S. auch alö
Beitfchriften thätig.
Schrattenholz, Joſef. Ich bin ge
boren am 19. Oftober 1847 in Hoholz,
einem kleinen Dörfchen im Siegfreife nahe
Mein Vater, mehrere Jahre
als Erzieher der Söhne des Barons von Loẽ
auf Schloß Allner a. d. Sieg thätig, war
Schullehrer und als folder in verſchiede—
nen Orten angejtellt. Aus feiner Biblio:
thek fchöpfte ich zuerit Sinn und Vor:
liebe für die fchöne Literatur. Meine
willenschaftlihe und mufifaliiche Ausbil:
dung erlangte ich auf privatem Wege,
hoipitierte jpäter auch an den Univerfitä-
ten in Berlin und Bonn. Einige Jahre
als Mitredafteur der „Bonner Zeitung“
wirkend, widmete ich mich ſchließlich felb-
ftändiger journaliftiicher und muſikkritiſcher
Thätigfeit.
Novelliſtiſche, Eritiiche und i Beiträge
von mir os * a
ruffiihen und amerifaniihen Blättern. Seit
1857 gebe ich eine muſikaliſche Familienzeitung,
„Die Mufitwelt“, heraus, wobei ich mid der
Mithilfe unferer beiten Poeten und Muſiker ers
freue. Eine fompilatoriiche Arbeit, „Robert Schu:
mann als Schriftſteller“, erihien 1880 in 2. Aufl.
Schrattenthal, Karl (eigentlich Karl
Mei), it als der Sohn eines E. f. öjterr.
Neiteroffiziers am 26. September 1846
Schrattenthal.
zu Klattau in Böhmen geboren. Für den
Soldatenjtand bejtimmt, trat er im Alter
von elf Jahren in das Kadetten-Inſtitut
in Eifenftadt in Ungarn und bezog nad)
Adjolvierung deilelben die Militär-Afa:
demie zu Wiener-Neuftadt, welche er 1866
als k. £. Offizier verließ, um direft auf
den italienischen Kriegsihauplag zu gehen.
Nach Beendigung des Feldzuges kam er
mit feinem Regimente nad) Temesvär in
Ungarn und diente dajelbjt in angeneh:
men VBerhältnifien als Adjutant. Aber
ihon 1869 trat er aus den Reihen der
Armee, um feine Braut, die er dort fen=|
nen und lieben gelernt, heimführen zu
fönnen. Er wirkte vorerjt als proviſo—
riſcher Lehrer an der deutichen Realſchule
in Temespär, widmete fi dem Studium
der ungarifchen Sprache und der deutſchen
Literaturgeichichte, legte 1877 in Buda—
peſt das Staatseramen ab und wurde
noch im jelben Jahre zum ordentl. Pro:
feſſor an der Staatsoberrealichule zu Deva
in Siebenbürgen ernannt, allwo er bis
1884 verblieb. Bis 1886 wirkte er in
gleicher Eigenihaft in Stuhlweißenburg
und ift jeither als Profeſſor der deutichen
Sprache und Literatur an der Staats»
oberrealihule in Preßburg thätig.
Schon in den Akademie-Jahren entitanden feine
erſten poetifchen Erzeugnifie, die aber nicht an
die Öffentlichkeit fommen follten. In Temesvar
jedoch wurde der poetiiche Funke bejonders durch
die Liebe zu feiner jpäteren Frau gewedt und
enährt, und es begann, wie bei den meiften, fein
B fennenden Zünglingen eine Zeit der poetischen
oduktion. Als er aus dem Kreile feiner
Kameraden jchied, gab er, zumeiit für diefelben
beitimmt, ein Bändchen Gedichte (1871) heraus,
Seither veröffentlichte er im verfchiedenen Zeit:
ſchriften und Anthologien Iyriiche Poeſien, jelte:
ner ſolche epifcher Natur.
noch in feiner Offizierszeit Novellen und Humo—
testen aus dem militärifchen Leben zu fchreiben,
don denen ein geringer Teil 1873 in zwei Bänd—
hen unter dem Titel „In Krieg und Frieden“
erschien. Mährend er feither alfo auf dem Ge:
biete der Erzählung und des Feuilletons ununters
577
Schreiber.
ſchen Dichtung zu verihaffen und zu erwerben,
‚um jeinerzeit auf Grund der gefammelten Er»
‚fahrung und objeftiver Kritik ein einfchlägiges
Werk zu fchreiben. Selbftredend entftehen auf
‚diefe Weife nach und nad eine Menge von Bio»
graphien oder auch literarhiftorifcher Auffäge, die
er in verfchiedenen Journalen veröffentlicht, außer:
dem fritijiert er die neueften Erfheinungen des
Frauenſchrifttums, und in der Zeit entitanden auch
einzelne jelbitändige Werke. So arbeitete er ſchon
in Deva an der Zuſammenſtellung einer größeren
| Anthologie, in welcher fämmtliche zeitgenöffiiche
Dihterinnen mit ausgewählten Poeſien vertreten
fein follten — das ganze 32 Drudbogen ums
faſſende Manuffript geriet jedod bei dem Ver:
leger in Verluſt. 1883 gab er die Poefien der
deutjchen Naturdichterin Katharina Hoch heraus.
Das von der Kritif wohlmwollend aufgenommene
Werkchen erihien unter dem Titel „Mein Leits
itern 1885 in 2. Aufl. Im felben Jahre vers
öffentlihte er „Deutiche Schriftitellerinnen und
Dichterinnen in Böhmen, Mähren und Schlefien”
und „Alrune, Blüten aus der Gedankenwelt deut:
ſcher zeitgenöſſiſcher Dichterinnen und Schriftftel
lerinnen”, eine Sammlung von Aphorismen,
Sentenzen zc. Das Buch wurde von der Kritik
freundlichit begrüßt.
Schreiber, Carl Adolph Baul, wurde
geboren am 26. Auguft 1848 in Strehla
a. d. Elbe (Königreid Sachſen). Er em:
pfing feine fachliche Ausbildung an den
tehniihen Staatslehranftalten in Chem—
nig, dem Polytechnifum zu Dresden und
der Univerfität Leipzig. 1872 erlangte ©.
die Doktorwürde bei der philofophifchen
Fakultät der Univerfität Leipzig, wurde
in demfelben Jahre als Aſſiſtent für Phyſik
an den technischen Staatslehranftalten in
Chemnig angeltellt und bald darauf zum
Lehrer für Phyſik ‚an diefer Anftalt ers
nannt. Mit Beginn 1882 wurde ©. die
Leitung des ſächſiſchen meteorologiichen
Injtitutes im Nebenamt übertragen und
Außerdem begann er das legtere nad) Chemnig verlegt. 1885
enthob das fönigl. Dlinifterium des In—
nern ©. feines Lehramtes und übertrug
ihm die Leitung des meteorologijchen In—
ftitutes als alleiniges Amt.
S. beihäftigte fi früher vorwiegend mit der
brochen thätig ift, bildet aber feit einer Reihe von | Konftruftion von meteorologiichen —5— —
ren das weibliche Schriftum ſeine literariſche
Spezialität, die er ganz beſonders pflegt. Seine
raten und hat hierüber in mehreren Zeitſchriften
Arbeiten veröffentlicht. ALS größeres Werk ver—
Abſicht iſt es, ſich einen tieferen Einblick in die faßte er ein Handbuch der barometriſchen Höhen»
Thätigkeit der Frauen auf dem Gebiete der deut: | meſſungen.
Das literarifhe Deutſchland.
37
Schreiber.
Schreiber, Egid. geboren am 15.
Januar 1836 zu Graz in Steiermarf,
1842 mit Familie nad) Görz überfiebelt,
wo er die Volks: und Gymnafialftudien |
durchmachte und 1854 die Matura ab-|
legte. 1855—57 befuchte er die philoſ.
Fakultät in Graz und ward im legteren
Jahre zugleih als Supplent der Natur:
geſchichte am 1. Staatsgymnafium ver:
wendet. Nachdem aber genannte Anjtalt
1858 von den Benediftinern übernommen
ward, ging er zur Vollendung feiner Stu:
dien nad) Wien, wo er bis 1859 ver:
blieb. Als er dann 1860 in Graz das
Doktorat der Philojophie und in Wien
die Lehrbefähigung für Naturgefchichte,
Mathematik und Phyſik erlangt hatte,
fam er als Lehrer an das Lugojer Gym:
nafium im Banate, wofelbit er 1860 —61
wirkte. Da aber im legteren Jahre Un: |
garn nationalifiert ward, fam er als Pro: |
fellor der Naturgefhichte an die Staats: |
realfhule in Görz, von wo aus er 1870
in gleicher Eigenihaft an das Gymna=
fium in Salzburg verjegt warb und da—
felbft bis Ende 1874 weilte. Bon hier
aus wurde er als Direktor und fungies
render Zandesichulinipeftor an die Ober:
realſchule in Görz transferiert, 1875 zum
Bräjes der Prüfungskommiſſion für Volks:
und Bürgerfchulen und 1878 zum Schul: |
rat ernannt. Er befaßt fi) vorwiegend mit |
Herpetologie und mit Erforihung der Fauna des |
illyriſchen Küjtenlandes, beionders in entomolo: |
giicher Beziehung. (Lacerta Schreiberi Bedg. |
Acanthodactylus Schreiberi Boulg. Carabus
Schreiberi Kraatz, Phytoecia Schreiberi
Kraatz, Eurygaster Schreiberi Montd.).
Hauptichriften (von denen bejonders das 1875 er:
ichienene als Hauptwerk des Verf. die höchite An:
erfennung fand): Einfluß des Lichtes auf Orga:
nismen (1868), Über Anthypna abdominalis
(1870), Die Urodelen Ojterreihs (1871), Her-
petologia europaea (1875), Über Macropterus |
venustus (1878), Über Pleurodeles Waltlii
(1878), Entomologiihe Sammelberichte in der |
Berlin. „entom. Zeit.“
Schreyer, Otto, wurde am 25. De:
jember 1831 zu Frankfurt a. M. ge
boren, bejuchte eine höhere Wrivatichule
578
Schröder.
dafelbjt und war für den Kaufmannsjtand
beitimmt. Derfelbe fagte ihm jedoch nicht
ju und fo widmete er fi dem journa»
liftifchen Berufe, war in den Redaktionen
mehrerer Hamburger Blätter befchäftigt,
'fpäter aber (1876--82), nach mehreren
durdhichlagenden Erfolgen feiner Bühnen:
ftüde, beim Stadttheater in Hamburg als
Dramaturg angeltellt. In gen. Stadt
lebt er noch jegt. Sein literarifches Haupt:
feld ift das Quftipiel feineren Genres,
doch hat er auh im Schauspiel Gutes
geleiſtet.
Hervorzuheben: Träume des Glücks (Rom.),
Im Lande der Gallier (Rom.), Sie nimmt ſich
das Leben (Luſtſp.), Die Liebesprobe (Luſtſp.),
Ein amerikaniſches Duell (Luſtſp.), Das Trium—
virat (Dram.), Kein Freund, fein Feind (Luftip.),
Nicht zu Haufe (Luftip.), Schußgeifter (Luftip.),
Im Banne der Schuld (Dram.), Hamburger
Neitküten (Volksft.), Reihe Armut (Boltsft.),
Hamburger Fahrten (Volksſt.) Die Damen von
Montreal.
Schröder, Hermann, wurde am 28.
Juli 1843 zu Quedlinburg geboren. Er
genns feine, bejonders mufifalifche Aus:
ildung zuerjt von feinem Vater, Später
von G. A. Ritter und E. Möhrenfchläger
in Magdeburg. Im Jahre 1863 ver:
einte er fi mit feinen drei jüngeren
Brüdern zu einem Streichquartett, defien
1. Violinift und Leiter er war, und
welches bald darauf als Hofquartett der
vermwittw. Herzogin von Anhalt-Bernburg
angeitellt wurde. Nach Berlin überge:
fiedelt, errichtete er daſelbſt 1874 eine
Mufitichule, welche noch jetzt bejteht.
Daneben wurbe er 1885 als Lehrer am
Königl. aladem. Jnftitut für Kirchenmufif
berufen.
In der Muſik-Pädagogik machte er ſich durch
eine „Preis:Biolinfhule” und durch andere Un:
terrichtswerfe verdient. Sein bedeutendites liter
rariſches Werk ift „Die Kunſt des Biolinjpiels“,
ein encyflopädifhes Handbuch für jeden Pioli»
niften. In diefem Werte find auch feine neuen
akuftiichen Entdeckungen der harmonifchen Unter
töne auf der Violine enthalten. Ein von ihm
erfundener Apparat zur Erzielung der Kombi:
nationstöne auf der Pioline wurde 1887 von
Reichswegen patentiert.
Schröder.
Schröder, Karl Guſtav Theodor,
geboren zu Waren (in Medlenburg) am
15. September 1840, beſuchte das Gym:
nafium in Schwerin, ftudierte feit 1859
Aurisprudenz in Jena, feit 1860 Ge—
ihichte und Literatur in Münden und
wurde 1864 Mitarbeiter der Hiftorifchen
Kommilfion bei der Münchener Afabemie
der Miffenihaften, noch in demſelben
Jahre aber Inſtruktor des Erbgroßherzogs
579
Schröer.
Dahn, 1882—85 als ordentlicher Pro-
fefiorinStraßburg, 1885 — 88 desgleichen
in Göttingen (als Nachfolger von Thöl),
ſeit 1888 in Heidelberg.
Hauptwerfe: Geſchichte des ehelichen Güter:
rechts in Deutfhland (1863— 74), Lehrbuch der
deutichen Rechtsgeſchichte (1887), Weistümer, ge
fammelt von Jacob Grimm (Band V.,VI.,VIIL
herausgegeben 1866— 78), Urkunden zur Geſchichte
des deutichen Privatrechts (herausgegeben von
Loerſch und Schröder, 2. Aufl. 1881), Die
Franken und ihr Recht (1881). Sch. ift Mitre-
(jegigen Großherzogs) von Medienburg: yatteur der Zeitfhrift der Saviguy,Stiftung für
Schwerin. In dieſer Stellung, die ihm ———— der en für I
Gelegenheit zu großen Reifen bot, war | Dogmatit des heutigen römijchen und deutſchen
er bis Ende 1867, trat dann in fein | Privatrects.
Verhältnis zur Hiftoriihen Kommilfion
zurüd und lebte erjt in Erlangen, dann | Schröer, Karl Julius, geboren am
in Leipzig. An legterem Orte blieb er | 11. Januar 1825 in Preßburg, widmete
dann aud, als feine Beziehungen zur |fid dem Studium der Philofophie, Phi-
hiſtoriſchen Kommiſſion ſich gelöft Hatten, | lologie, Geſchichte und Literaturgefchichte
mit literarifhen und Redaktions- Arbeiten | in Halle, Leipzig und Berlin, wirkte dann
beihäftigt, bis 1885, wo er als Regie: | als Supplent an der Univerfität in Peit
rungs=Bibliothefar nad Schwerin berufen | und als Profefior an der Oberrealichule
wurde. Seine felbftändig erſchienenen, inPreßburg, als Direktor der evangelifchen
als ſehr verbienjtlich von der Kritik an | Schulen in Wien, als Dozent der deutjchen
erfannten Publikationen find: Helmbrecht. Literaturgefhichte am Polytechnikum und
Die ältefte deutſche Dorfgeihichte, von Wernder | feit 1867 als außerord. Profeflor dafelbit.
dem Gartner (1865, Übertragung aus dem Mittel:
bochdeutichen). Tertausgaben: Van deme holte
des billigen eruzes (mittelniederdeutiches Gedicht,
Beſonders hat fih Sch. einen Ruf als
Literarhiftorifer durch feine Werfe über
1869), Brumenlof, Ban funte Marinen (zwei | Goethe und feine treffliche „Deutiche Dich
mittelnie der deutſche Gedichte, 1869), Sankt Bran« | tung des 19. Jahrhunderts in ihren bes
dan (ein lateiniſcher und drei deutſche Terte,
1871), Der Nonne von Engelthal Büchlein Bon
der genaden uberlaft (1871), Reinfe de Vos
(Deutihe Dichtungen de3 Mittelalters, 1872),
Grifeldis, Apollonius von Tyrus (1873).
Schröder, Richard, geboren am 19.
Juni 1838 zu Treptow a. d. Tollenie
(Pommern), befuchte das Gymnafium zu
Anklam, die Univerfitäten Berlin und |
Göttingen, wirkte 1861—63 als Refe⸗
rendar in Berlin und Stettin, 1863—66
als Privatdozent des deutihen Rechts
in Bonn, 1866—70 als außerorbdent: |
licher Profeſſor dafelbit und zugleich als
Lehrer des Landwirtichaftsrechts an der
landwirtichaftlichen Akademie zu Poppels⸗
dorf, 1870— 73 als ordentliher PBro-
feffor in Bonn, 1873—82 desgleichen
in Würzburg als Nachfolger von Felir
deutenderen Erſcheinungen bis zum Jahre
1875” erworben.
Hauptwerke: Geſchichte der deutichen Literatur
(1853), Wörterbuch der deutſchen Mundarten in
Ungarn (1858), Deutihe Weihnachtsſpiele aus
Ungarn (1858), Lateinifch:deutiches Bocabular
von 1420 (1859), Gedichte (1859, 2. Aufl. 1862),
Die Dichtungen Heinrih3 von Mogelin (1867),
Die deutjche Rechtſchreibung in der Schule (1870),
Wörterbuh der Mundart von Gottichen (1870),
Unterrihtöfragen (1873), Das Bauernhaus auf
der Weltausftellung, offizieller Bericht (1873),
Alphart3 Tod, in erneuter Geftalt (1874), Der
Weinſchwelg, mittelhochdeutich und neuhochdeutich
(1875), Goethes äußere Erſcheinung (1877),
Meifterfinger in Ofterreih (1875), Die deutiche
Dichtung des 19. Jahrhunderts (1875), Die Deut:
ſchen in Ofterreih und ihre Bedeutung (1879),
Goethes Fauft mit Einleitung und Erklärung
(1881, 2, Aufl. 1886), Goethe und die Liche
(1884), Die Herausgabe von Goethe Dramen
(1884).
37*
Schröer. —
Schröer, Michael Martin Arnold
wurde am 10. November 1857 in Preß-
burg geboren als Sohn des Germaniften
Karl Zulius Sch., Enkel des Schrift⸗
ſtellers Tobias Gotfried Schröer (Chr.
Oeſer) und Thereſe Schröer (Frau The:
reſe). Mit feinem 3. Lebensjahre Fam
er nad Wien, befuchte dort das Gym:
naſium und ftudierte an den Univerfitäten | für die Aufführung geeignet erfhien.
Mien, Berlin, Straßburg Bhilofophie
und Germaniftif und widmete ſich fpegiell
der engliſchen Philoiogie. Nach längerem |
Aufenthalte in England, wo er unter,
Henry Sweet namentlid Phonetik ſtu⸗
dierte, war er drei Jahre Realſchullehrer
in Wien, habilitierte ſich 1882 für enge
liſche Philologie an der Wiener Univer:
fität, wurde 1884 Profeſſor an der Wiener
Handels-Akademie und folgte 1886 einem
Rufe als Ertraordinarius an die Uni—
verfirät Freiburg i. B.
Hauptwerfe: John Bale’s Comedy con. |
cernynge thre lawes (1882), Über den Unter:
richt in der Ausſprache des Engliſchen (2. Ausz.
1884), Die angellähfiichen Profabearbeitungen |
der Benediktinerregel (1885 —88), Einleitung und |
Paradigmen zur Lehre von der Ausiprade und
MWortbildung im Englifchen (1585), Wiſſenſchaft
und Schule in ihrem Verhältniſſe zur praftiichen
Spraderlernung (1887). Die Winteney:Berfion
der Regula 8. Benedieti,
herauögg. (1888). Außerdem zahlreiche Aufläge
und Rezenjionen in Fachzeitſchriften, Feuilletons
und dergl.
580
latein. u. engliſch
—
Schroeter.
‚lin das 6. thüring. Inf.-Rgt. Hier begann
er den erften dramatiſchen Entwurf feines „Tis
berius“, aber erft nad Abjolvierung der Fönigl.
Kriegsfhule Hannover gelaug es ihm, die Tra—
ödie zu beenden, die als eine Probe von des
ichter8 ſchönem Talent gelten darf. Bald ber
Ichäftigte ihn ein neuer dramatischer Verfuch, der
unter dem Titel „Die legten Tempelherren“
(1875) im Drud erfchien und als ein großer Fort:
Ichritt des Dichters zu betrachten war, aber nicht
Nach
einem fünfjährigen Soldatenleben im
Frieden bezog ©. 1876 die Univerfität
Kiel, um fih völlig der Wiſſenſchaft
zu widmen. Mit fchöner Elaftizität
ſchwang er fich über die Kluft, die Lehr:
und Wehrftand trennt, und ergab fich mit
Eifer literarhiftoriihen und äfthetifchen
Studien; zugleich aber gewannen feine poetifchen
Pläne eine andersartige Richtung. Gerade in
dem Monate, in weldyem Die Simrodifhe Walther:
Überfegung in 7. Ausgabe auflebte, begann S.
feine Nahdichtung der Gedichte Walthers von
der Vogelweide, in der Erkenntnis, wie weit die
Arbeit des vielgenannten Überfegerd hinter einer
idealen Löfung der Aufgabe zurüdbleibe. Nach
Jahresfrift verlieh er die Kieler Univer—
jität, und begab fich zur Fortiegung feiner
Univerfitätsjtudien nah Münden, am
fie fodann zu Leipzig mit Staats:
eramen pro fac. doe. und Promotion zu
beſchließen (auf Grund der Diliertation
Der Entwidlungsgang der deutihen Yyrif in der
erften Hälfte des XVII. Jahrhunderts. Eine
fiterarhiftoriihe Abhandlung. 1879). immer
wieder aber richtete ſich Sch.'s Blid_ auf die
Schroeter, Adalbert (A. Saled), iſt
geboren am 24. April 1851 zu Weißenfels,
wo fein Vater Archidiafonus war. 1864
wurde der Knabe Alumnus der fgl. preuß.
Sandesichule Pforta, der er 6'/s Jahre
angehörte. Der dortige Unterricht des
Kiterarhiftorifers K. A. Koberitein und
nad; deſſen Hinfheiden Des Theologen
Ferdinand Bäszler gab dem Jüngling die
Bühne, während er als Theater-Rezenfent eines
Leipziger Fachblattes auch novelliftiich thätig war
(Theolog und Soubrette). Eben jetzt hatte die Über:
arbeitung feines Luftfpiels: Die Peſſimiſten be
gonnen, als die Drudlegung feiner Nachdichtun—⸗
gen feine dramatifchen Beitrebungen fürs erite
aufhob. Die „Gedichte Walthers von der Vogel:
weide. Nachgedichtet‘‘, erihienen 1881, „Das
Nibelungenlied. In der Oftave nachgedichtet“
1882; im gleichen Jahre: „Geſchichte der deutichen
Homer-Überfegung im XVII. Jahrhundert”.
erften bedeutfamen Anregungen reip. Anz | Nachdem S. Leipzig verlaflen, ward cr
teitungen zu fünjtleriichem Schaffen, wie | zur Stellvertretung eines erkrankten Leh—
die mahgebende Direktion feiner geiltigen | vers an das erfte Realgymnaſium in Han—
Richtung. Überfepungen Sophokleiſcher | nover berufen, in welcher amtlicher Thätig—
Chöre und lateiniſcher Kirchenhymnen keit er über Jahresfrijt verharrte. 1573
wurden feine erften poetiſchen Verſuche. | erichien fein vaterländiihes Heldengediht: Yort
1871 trat er zu Gotha als Avantageur | von Wartenburg. S. ward fodann Erzieher
Schubert.
des Prinzen Friedrih zu Schaumburg.
Lippe in Nachod i. B. und fpäter erfter
Lehrer an einem Brivatgymnafium in
Meran. Hierauf lebte er längere Zeit in
Münden und bereifte Stalien, Savoyen
und die franzöfiihe Schweiz. Hier be:
arbeitete er eine Reihe franzöfifcher Reiſewerke
und führte feine Überfegung der Werte Lord
Byrons dem Ende zu. Seit 1886 fungiert
S. als NAffiftent an der Univerfitäts-
Bibliothek in Göttingen.
Schubert, Hermann Cäjar Hannibal.
Am 22. Mai 1848 wurde id in Pots-
dam geboren. Von vornherein Vorliebe
für Mathematik. Realjchulabiturienten:
Eramen 1865, Gymnaſial-Abiturienten—
Eramen 1867. Studierte vorzugsweije
in Berlin, promovierte 1870 in Halle,
Dillertation: Die Charakteriftiten der Flächen
zweiter Ordnung. Dann fleinere mathema—
tiihe Abhandlungen in Schloemilhs Zeit:
ſchrift. Examen pro facultate docendi
1871. Brobejahr in Potsdam. Wurde
an das Andreanum in Hildesheim berufen.
Schrieb dort eine, das von der Kopen—
bagener Akademie geitellte Thema „Cha:
rafteriftifen der Raumkurven dritter Ord—
nung“ behandelnde Preisihrift, die Januar
581
1875 mit der goldenen Medaille der ge: |
nannten Afademie gekrönt wurde, befam
infolge dejjen mehrere Rufe, von denen ich
den als Oberlehrer an der Gelehrtenfchule
des Johanneums in Hamburg annahm, u.
a. den als Profeſſor der Geometrie an der
polytechniſchen Hochſchule in Darmitadt
ausichlug. Schrieb jeit 1873 fortdauernd viele
mathematiiche Abhandlungen, welche teils in kurzen |
Mitteilungen in den Göttinger Nachrichten, teils
ausführlicher in den Mathematiichen Annalen,
in Erelles Journal und neuerdings in den Acta
Mathematica erichienen find. In diefen Ab:
Handlungen behandelte ich ein neues Gebiet der
höheren Mathematik, das ich „abzählende Geos
metrie” nannte, welcher Name allerjeits, auch von
den Franzoſen (Geometrie énumérative) adop:
tiert it. 1879 ließ ich ein größeres Werk er:
Iheinen, betitelt „Kalkül der abzählenden Geo:
metrie“, das außer in Deutichland namentlic)
in England Anerkennung fand. Meine wiſſen—
ſchaftl. Abhandlungen in den letzten Jahren er—
weitern die anzahl-geometriſchen Methoden auf
Schubin.
4:dimenfionale und nedimenfionale Geometrie,
was übrigens mit der geiltigen Kinder-Krankheit,
dem Spiritismus, in feinerlei Zuſammenhang
jteht, fondern nur rein mathematiiches Intereſſe
hat. Seit 1869 bin ich unausgeſetzt Mitarbeiter
an dem „Jahrbuch über die fFortichritte der Mathe:
matik“. Baute für höhere Schulen und zum
Selbjtunterricht ein eigentümliches, Faßlichkeit mit
Strenge paarendes „Syitem der Arithmetif” aus,
das einerfeitS die Anerkennung von Gelehrten,
3. B. Aroneder in Berlin, andrerjeits von Schul:
männern fand (Arithmetit, 1883, 2. Aufl. 1886),
Syitem der Arithmetif (1885). ch habe immer
Neigung gehabt, Nejultate und Methoden meiner
Wiſſenſchaft auch gebildeten Nicht-Mathematikern
zugänglid) zu machen. Aus diejer Neigung ent-
Iprangen: Theoretiihe Enticheidung über das
Bob „Puzzle-Spiel“, „Das Statipiel im Lichte
der Wahricheinlichkeitsrechnung“ (1886), „Zahl
und Zählen‘, „Der Panchroniſt“ (1888), ferner
Aufiäge, mathematische Rätſel und Tüfteleien in
Sournalen und Zeitungen. ch trug auch, mas
in meinen Kräften fteht, zur Belebung der älteiten
mathematischen Gefellichaft der Welt bei, nämlich
der Math. Gef. in Hamburg (1690 gegründet), die
jest alle Jahr wiſſenſchaftl. Mitteilungen heraus»
giebt und im Schriften: Austaufh mit den bes
deutenditen math. Sozietäten ftcht. Zum Mits
glied der Soci6t& Mathömatique de France
1877, und der Leopoldiniſch-Caroliniſchen Afa:
demie der Naturforicher 1884 gewählt, erhielt ich
1887 den Profefjortitel.
Schubin, Offip, ſ. 2. Kirfchner.
Schuch, Heinrih. Ich bin geboren
am 9. November 1827 zu Koblenz als
ältefter Sohn eines Hauptmannes. Meinen
Vater verlor ich jchon im 4. Lebensjahr,
im 12. wurde ich in das fol. Kadetten-
haus als Zögling aufgenommen und fam
mit 17 Jahren als Sefonde:Leutnant
in die damalige 8. Artillerie-Brigade nad)
Koblenz. 1847—48 befuchte ich die Ar-
tilleries und Ingenieur-Schule in Berlin
und legte hier 1847 das Berufseramen
als ArtilleriesOffizier ab, worauf ich in
praftifchen Dienft nah Koblenz zurüd-
fehrte. 1849 nahm ich Anteil an den
Gefechten von Kolding, Gudjö, der Bes
lagerung von Fredericia und der Schlacht
vor diefer Feftung am 6. Juli als Kom»
mandeur der Batterie Nr. 2. Im Sep—
tember kehrte ich in das Vaterland zurüd,
da ich bei derüberhandnehmenden preußen⸗
Schul). m
feindlichen Gefinnung des Landes diejem
nicht länger dienen wollte. 1851 wurde
ich als Lehrer im Artillerie und Plan-
582
Schüler.
Grabau ſchrieb ih: Hiſtoriſche Nachrichten über
die Landſchaft um Berent und die Anfänge ihrer
Germanifierung vornehmlich im 13. Jahrhundert,
Gerichtsbücher der Stadt Berent im 17. Jahr:
eichnen nad Berlin fommandiert, Kurz | hundert, Eine weftpreuß. Dorfihule im Anfang
tigkeit und nun dazu tretende andere | unferes Jahrhunderts, Die Zuftände der Land:
Augenleiden veranlaßten
meinen Abſchied aus dem fgl. Dienfte nad):
zufuchen, der mir mit dem Charafter als
Premier:Leutnant bewilligt wurde. Ich
hatte mich inzwifchen verheiratet und ging
nad meinem Rittergut Klein-Raendſchen
inSclefien, welches ich nun bemwirtichaftete. |
Nachdem ich meine Frau und zwei Kinder
bier durch den Tod verloren, mich nach
einigen Jahren wieder vermählt hatte,
mid 1855, |
bevölferung im reife Berent am Schluß der
polniſchen Herrſchaft, Kriegädrangfale des Kloſters
Karthaus während der ſchwediſch polniſchen Kriege.
Um eine größere Teilnahme für die Vergangen-—
beit des Landes zu mweden und richtigere An—
Ihauungen über diefelbe zu verbreiten, ſchrieb ich
die Werke: „‚Gonfawa’‘ und „Wjetoslawa“, über
welche fich die Kritif nicht ungünftig geäußert hat.
Schüler, Theodor Auguft, wurde am
26. September 1827 zu Prigwalt in der
Priegnig geboren, wo fein Vater die Stelle
verkaufte id) 1865 mein Gut und 30g| eines fgl. Bau⸗Inſpektors befleidete. In
nad Berlin. Bei dem ausbrechenden feiner Kindheit jehr ſchwächlich und fränf-
Kriege mit Oſterreich hielt ich es für (ih, hatte er noch feinen Unterricht ge—
meine Prlicht, dem Qaterlande für Die | noffen, als er, 7 Jahre alt, mit feinen
Zeit des Krieges meine Dienſte anzu: | Eltern nad; Magdeburg überfiebelte. Nach
bieten und habe den Feldzug mitgemacht. | yorbereitendem, durch Krankheit unter:
Gelundheitsverhältniffe nötigten mid), die brochenem Unterrichte, fam er 1839 auf
Großſtadt zu verlaſſen und nad) Weimar | pas Gymnafium Klofter U. 2. Frauen in
zu ziehen. Eine Neigung zur Malerei Magdeburg (das ehemalige Kloſter Ber-
ließ mich hier in die großh. Kunſtſchule gen, die Bildungsjtätte von Wieland,
eintreten. Trotz meines vorgerüdten Heinr. gſchokke, Carl Jmmermann, Guſtav
Alters habe ich den Kurſus an derfelben | zu Butlig, Jul. Groſſe u. 9.). Schon
durchgemacht als Schüler von Thumann, | früh erwachte feine Neigung für Poeſie
Ferdinand Paumels und Albert Baur. | und felbftändiges Schaffen, in der Prima
1871 fing id an, Bilder zu malen, denen | pefonders angeregt und gefördert Durch ſei⸗
der Erfolg nicht fehlte. Einige davon
erichienen auch als Holzichnitte in illuftr.
Beitichriften. Dafielbe Gebrehen, das
mir den Verfolg der militärifchen Lauf:
bahn verhindert Hatte, trat jekt aud)
meinen maleriichen Bejtrebungen in ben
Weg: mein geſchwächtes Sehvermögen.
Ich kaufte mich deshalb 1879 wieder auf
dem Lande an. Die wiederholten jahrelangen
Aufenthalte in Berlin hatte ich eifri
benukt, |
mich mit biftorifchen Studien zu beſchäftigen; am
nächſten lag mir die Vergangenheit der Gegend,
in welcher ich auf dem Lande lebte und die noch
ganz unbearbeitet war. In der „Deutihen Wehr:
nen unvergeßlichen Lehrer Prof. Ferd.
Immermann, einen jüngeren Bruder Carl
AImmermanns. Schon als PBrimaner vers
öffentlichte er einen Sonetten-Kranz, aber
pfeudonym, um den Zorn feines verehrten
aber ftrengen Direftors nicht zu erregen,
der ſolche „Allotria“ nicht duldete. 1848
bezog er die Univerfität Berlin, um Theo:
logie zu Studieren, und jegte diefes Stu—
dium 1851 in Bonn fort. Im Sommer
1850 ließ er „Zwanzig Gedichte” lyriſchen In—
* erſcheinen, deren Ertrag er, in Begeiſterung
ür die deutſche Kunſt, für den Kölner Dombau
zeitung“ habe ich damals viele Aufläge mi, beſtimmte. Im Jahre 1852—53 war er
litärifch-politiihen Inhalts veröffentliht. Im
Weimar ftellte ih die urkundlich älteften Nach—
richten über den Kreis Guhrau zufammen, die
unter dem Titel: ‚Die Kaftellanei Sandemwalde
und ihre Germanifierung” eridhienen. In At:
Hauslehrer in der Mark; 1855 wurde
er zum Pfarrer der jungen evangeliichen
Diojpora-Gemeinde in Worbis berufen,
von wo er 1862 einem Rufe nah Gram—
Schütz.
zow i. d. Uckermark folgte. Beim Aus—
bruche des Krieges 1870 ſtellte er ſich in
patriotiſcher Begeiſterung dem Feldpropſt
der Armee zur Verfügung und wurde zum
Diviſionspfarrer der 4. Reſerve-Diviſion
ernannt, mit der er an den Freuden und
Leiden, Siegen und Ehren des Korps des
Generals von Werder teilnehmen durfte.
Bald nach beendetem Kriege wurde er
als Oberpfarrer nach Cremmen berufen.
1855 verheiratete er ſich zum erſten, 1858
zum zweiten Male. Die Pflichten des Amtes
ließen ſeine poetiſchen Neigungen zurücktreten, ſo
daß er von 1850—74 nur hier und da einzelne
Gedichte im Düffeldorfer Kunftleralbum, Gruppes
Muſenalmanach, Trebig „Trutznachtigall“ und in
verjchiedenen Zeitungen veröffentlichte. 1875 er:
fchien fein: ‚„‚Aus der Kinderwelt — für die Kinder:
welt“, ein für das zartere Kindesalter beftimmtes
Büchlein, das faft nur an und mit den Kindern
Selbfterlebteö in Reimen enthält, 1877 in 2.
Auflage dur einige Proſa-Geſchichten vermehrt
wurde und 1884 die 3. Auflage erlebte. Das
Jahr 1882 brachte: „Deutſcher Voltsfpiegel. Ge:
dichte aus deuticher Sage und Geſchichte“, ein
Band epilher Dichtungen, in der unausgelprode:
nen, aber leicht erfennbaren Abjicht veröffentlicht,
deutichschriftlihes Wefen in unſerm Volke und
befonderd auch in unfrer Jugend zu mweden und
zu ftärfen. Das Werk iſt ſchon deshalb, mehr noch
wegen der eigenen Trefflichfeit empfehlenswert.
1845 zu Prag geboren, von den Piariſten
gebildet und für den geiltlihen Stand
bejtimmt. Aber der für Kunſt und Li:
teratur begeifterte Jüngling hatte ein
anderes Ziel ins Auge gefaßt als die
Kanzel. Das in ihm jchlummernde poe:
tiſche Talent brad) fih Bahn und jpornte
ihn zu hohem Streben an. Bor allem
anderen zog das Theater ihn an und
gleih fein erſter dramatischer Verſuch
glüdte über Hoffen. Das bewog den
jungen Autor, ausſchließlich der Schrift:
ftellerei und Journaliftif fi zu widmen.
In letzterer Beziehung gehört er feit,
1880 der Redaktion der „Neuen freien
Preſſe“ in Wien als eines ihrer gead):
tetften Mitglieder an. Die Mehrzahl
feiner Stüde wurde mit Erfolg zur Auf:
Schüts, Friedrich, wurde am 24. April |
|
583
Schuldes.
führung gebracht. Als die bedeutendſten
heben wir hervor:
Gegenſeitig (Luſtſp.), Täuſchung auf Täu—
ſchung (Schauſp.), Kabale (Schauſp.), Syftema:
tiſch (Luſtſp.), Zu alt (Luſtſp.), $ 92 (Luſtſp.),
Wilhelm der Eroberer (Luſtſp.).
Schuldes, Julius. Ich bin am 2.
März 1849 zu Hettau bei Bilin im deut—
ſchen Norden Böhmens geboren, jtudierte
— vom zehnten Jahre führerlos in der
Fremde lebend — zuerjt am Gymnafium
in Brür, dann in Prag. Einem früh:
zeitigen Hange zur Romantik immer mehr
folgend, blieb ich — vielleicht nur dur)
die vom Elternhauje mir zur Verfügung
ftehenden geringen Geldmittel, welche ihre
ernüchternde Wirkung nit verfehlten —
vor Verirrungen bewahrt. Teils durch)
Familien-Verhältniffe (mein Vater war
Gerihtsbeamter mit bejcheidenem Ein:
fommen) gezwungen, teils in der unflaren
Hoffnung, nad) errungener Selbjtändig-
feit fo zügellos frei werden zu fünnen,
wie es der Student geträumt hatte, ließ
ich mich endlich 1368 beftimmen, als Tele:
graphenbeaniter in den öfterr. Staatsdienſt
zu treten. Nach mehrjährigem Aufenthalte
in Prag und Mien ging id) 1874 aus
der Reihshauptitadt, wo meine literariiche
Thätigfeit begann, kurz nad) meiner Ver:
heiratung gefundheitshalber nach Tetichen,
trat mit dem Eigentümer der dort erfcheinenden
politifhen „Zeitung“ in Verbindung und über:
nahm bald darauf bis zum Jahre 1883 die re»
daktionelle Leitung des Blattes, welches nun aus
feiner bisherigen Farblofigkeit heraustrat und in
dem erbitterten Kampfe, den die von der unge:
mein fräftigen Provinzprefie geführte deutiche
Grenzbevölferung gegen dad überwuchernde
Tſchechenthum aufgenommen hat, unerſchütterlich
im deutjchnationalen Lager ausharrt. In ‚der
Zwiſchenzeit erſchien 1879 ein touriftiiches Büch-
lein „Die böhmiſche Schweiz‘ und 1881 die „nord:
böhmifchen Volksfagen“, beides Werkchen, denen
die Preſſe „die danfenswerte Anitiative und
„vielfachen Verdienſte“ des Verfaflerd nahrühmte,
der, von Liebe zur heimischen Scholle getragen,
dahin ftrebte, Nordböhmen, eines der landichaft:
(ihen Juwele in der Länderfrone des Haufes
Habsburg, gleich dem Zauberlande am Rhein, mit
dem poetijchen Reize der Sage zu umgeben. Diefe
Schriften, jowie die vorhergegangenen journalis
Sculenberg.
ftiichen Anregungen in auswärtigen und heimi«
ſchen Blättern wirkten in der That fo befruchtend,
daß der von mir in Verbindung mit mehreren
Naturfreunden ins Leben gerufene Touriftenverein
raſch erjtarfte und daß ich die Freude hatte zu
fehen, wie fi für die Bewohner der ärmeren |
Gebirgsgegenden mannigfache neue Erwerbäquellen
erichlofien. So alle Kräfte anftrengend, fühlte
ich gleihmwohl allmälig das Drüdende, im Dienfte
der Journaliſtik aufzugeben. Ah brady daher
1883, nachdem unter dem Titel „Iduna“ eine
Sammlung epildIyrifcher Gedichte erfchienen war,
alle Verbindungen ab, die mich an den zu enge |
gewordenen Kreis feflelten und überjiedelte wieder
nad Wien.
Schulenberg, Carl Abert Ludwig
Wilhelm von, zu Berlin am 31. Mai 1845
584
Schulte.
Hermannftadt, dann 1852 außerordent:
licher, 1857 ordentliher Profeſſor, jpäter
1875 an der Univerfität in Czernowitz.
Literariſch iſt S., außer in anerfannt
verdienftlicher Weife auf rechtswiſſenſchaft—
lihem Gebiete, auch beionders mit bedeu—
tenden fulturgefchichtlihen Schriften her:
vorgetreten.
Hauptwerke: Siebenbürgiihe Rechtsgeſchichte in
3 Bänden (2. Aufl. 1867—68), Deutjche Rechts:
geihichte (2. Aufl. 1868), Abriß der europ. Rechts:
geichichte (1875), Der Sozialismus und Die
Internationale nah ihren hervorragenditen Er:
ſcheinungen in Literatur und Zehen (1875). Über
die Entwidelung der ftaatsbürgerlihen Freiheit
in Oſterreich (1878), Aus der Türkenzeit vor und
geboren, erhielt feine Ausbildung im El: | nad dem Jahre 1600 (2. Aufl. 1879) u. a.
ternhaufe und auf Gymnafien in Char:
lottenburg und Berlin. Derjelbe trat als
Avantageur 1865 bei dem brandenburg:
ihren Jägerbataillon Nr. 3 ein, wurde im
gleichen Jahre Fähnrich und 1866 Offizier
und zum 4. Sarderegiment zu Fuß, ver:
fegt. Er nahm teil am Kriege wider Dfter:
rei und feine Verbündeten, ebenfo am
Feldzuge 1870—71 wider Frankreich.
1873 zum Premier-Leutnant ernannt,
nahm er 1875 aus Gejundheitsrüdfichten
feinen Abſchied. Beteiligte ſich von dieſer
Zeit bis 1879 an einem großen induftriel:
len Unternehmen und iſtſeitdem literarifch |
bejchäftigt mit Jagdwiſſenſchaft. Er er:
hielt 1883 einen Preis für eine Arbeit
über Nübezahl von dem Gebirgs:Berein
für Böhmen und wurde im gleichen Jahre |
in der Landwehr wieder angeftellt. 1885 |
zum Hauptmann befördert, hat derjelbe
jeit 1880 feinen Aufenthalt in Fürjten-
walde a. d. Spree genommen.
Schuler vou Libloy, Friedrich,
ſundheitsrückſichten aufgeben.
‚in Freienwalde a. d. Oder und jchreibt
Schulte, Eduard, ift am 4. April
1841 in Werl in Weitfalen geboren. Er
bat in Berlin Philologie und Gejchichte
jtudiert. Ein Gymnaſiallehramt mußte
er nad) zehnjähriger Thätigkeit aus Ge:
Er lebt
Feuilletons verichiedenen, namentlich po—
pulärzwiflenichaftlichen Inhalte.
Selbitändig lieh er 1877 das von echtem Wit
diktierte Werfchen „Erinnerungen an das alte
Joachimsthal in Berlin“ erſcheinen.
Schulte, Johann Friedrih Ritter
von, iſt am 23. April 1827 in Winter:
‘berg (MWeitfalen) geboren, widmete fich
dem Studium der Rechte (Berlin), wurde
1852 zum Dr. jur. promoviert, war eine
Zeitlang am Kreisgeriht in Berlin, da—
nah zu Arnsberg und Bonn bejchäftigt
und habilitierte fih 1853 an der Uni:
verfität legtacnannter Stadt. Bereits im
nächſten Jahre wurde er als außeror:
dentlicher Profeſſor der Nechte nah) Prag
wurde am 13. Januar 1827 zu Hermanns | berufen und 1855 zum ordentlichen Pro:
ftadt geboren, abfolvierte das Gymnafium | feffor des Kirchenrechts und Konfiftorialrat
dafelbft und die juridifche Fakultät, bezog | ernannt. Im Jahre 1869 erhob ihn
hierauf die Univerfitäten Wien und Graz, | der Kaiſer von Ojterreich durch Verleihung
nahm im öfterr. Heere Teil am Winter: | des Ordens der Eijernen Krone in den
feldzug in Siebenbürgen 1848/49. Nach | erblihen Adelsjtand. Im Jahre 1873
Vollendung feiner juridiihen Studien folgte Sch. einem Rufe an die Univer:
wurde ernadh kurzer Gerihtspraris in Graz | fität Bonn. Dort wurde ihm der Titel
1851 Eupplent an der Rechtsafademie in | eines Geh. Juſtizrates verliehen. Sch.
Scdultes.
gehört zu den Führern der altfatholifchen |
Bewegung. Von 1874—79 war er na-
tionalliberales Mitglied des deutjchen
Reihstages. Literariih hat fih Sc.
einen vorzüglihen Ruf durch feine Werfe
über Kirchenrecht erworben.
Hauptwerke: Die Stellung der Konzilien,
miſchen Päpfte (1871), Lehrbuch der deutichen
Reihe: und NRechtögeihichte (4. Aufl. 1876),
Der Kölibatszwang (1876).
585
Schultz.
(1871), Der Königspage (Op. 1872), Süd und
Nord (Nov. 3. Aufl. 1873), Der Fahnenſchmied
(Op. 1874), Im Waldesfrieden (Dram. 1878),
Die Reife nach dem Glüde (Dram. 1879), Deut:
fhe Treue (Dram. 1879), Eine Partie Schach
(Dram. 1882), Maigela (Rom. 1883), Der
| Ehrenpofal (PB. 1883), Liedesweben im deutichen
Walde (Feitip. 1886), Gambskreß und Enzian
„ es u A a’ (Bayr. Gebirgd:Erzählungen 1887), Bibus, Prinz
Päpſte und Biſchöfe (1871), Die Macht der rö— 'v. Heinzelland (dr. Märden 1888).
Schuls, Alwin, geb. am 6. Auguft
1838 zu Musfau in der Laufig, erhielt
Schultes,Karl (der alte Landsknecht), feine Gymnafialbildung in Breslau, be:
geboren am 9. Juli 1822 in Ansbad), ſuchte 1858 und 1859 die Breslauer Unis
widmete ſich dem Soldatenſtande und trat verſitãt und ſodann zwei Jahre die kgl.
nach Abſolvierung der Kadettenſchule zu
München 1840 als Offizier in die bay—
riſche Armee. Bald empfand S. es hart,
daß er feinen Beruf verfehlt habe. Mehr
und mehr ergriff ihn eine leidenjchaftliche
Vorliebe für das Theater und bei jeder
fi) bietenden Gelegenheit machte fein ganz
ungewöhnliches Schauipielertalent ſich gel:
tend. Daneben trat er als Dichter mit
feinen originellen Landsknechtsliedern, voll
Kraft und Feuer, hervor. Dem funitlie-
benden und edelgefinnten König Maximi—
lian II. von Bayern blieb dieje Zwitter:
ftellung feines Offiziers zwiſchen Pflicht
und Neigung nicht verborgen, und da er
von dem Ernſt des jungen Mimen über:
zeugt wurde, gab er ſelbſt den Anlaß zu
den Taufch der Bühne mit dem Ererzier:
plag. Gleich die eriten Schritte, welche S.
1848 auf die weltbedeutenden Bretterthat,
waren vom größten Erfolg begleitet. Er
wirfte dann weiter als Mime in Leipzig, |
Graz, als Direktor in Regensburg, Mei:
ningen und Braunschweig und feit 1873
als Oberregiffeur und artift. Leiter am
fönigl. Theater zu Wiesbaden. Daneben
Ihritt auch feine literariihe Thätigkeit
rüftig vorwärts, feinen Ruf auch als ta-
(entvoller Jünger Apolls weit verbreitend.
Hauptwerke: Liebesprobe (Jaubermärden 1847),
Gedichte und Lieder (von Ludwig Uhland ber:
ausgegeben, 1851), Der treue Page (Dram.
1852), Der alte Komödiant (Novelle 1858),
Brunswids Leu, ſtark und treu (Dram. 1861),
Ein Roman in 10 Bänden (Schw. 1863), Ne:
Mame (Rom. 2. Aufl. 1870), Ublenipegel II.
Bauafademie zu Berlin, um fich für fein
Studium möglichſt gründlich vorzuberei:
ten. Da die auf der Akademie zugebrad):
ten Jahre ihn von der Breslauer Univer:
fität, als er feine Doftorprüfung ablegen
wollte, nicht angerechnet wurde, mußte er
noch zwei Jahre in Breslau ftudieren und
erlangte erjt 1864 den Doftorgrad. Schon
1862 hatte er eine Abhandlung über Bau und
Einrichtung der Hofburgen des 12. und 13. Jahr:
hunderts veröffentlicht und 1864 die Differtation
de vita atque operibus magistri Jodoci Tau-
chen lapicidae Wratislaviensis saeculo XV.
florentis berauögegeben. 1866 erichien feine
„Urktundlihe Geichichte der Breslauer Maler:
innung bis 1523“; mit der Difiertation quid
de perfecta corporis humani=pulchritudine
Germani saeculi XII. et XIll. senserint ba:
bilitierte er fich als Privatdozent an der Breslauer
Univerfität. 1868 gab er eine Beichreibung des
Breslauer Rathaufes (mit Tafeln nad) Lüdede)
beraus, 1869 die Beichreibung der Breslauer Bil:
derhandichrift des Froiſſart, 1870 Sclefiens
Kunftleben im 13. und 14. Jahrhundert, 1871
Die ſchleſiſchen Siegel bis 1250 (mit 9 Tafeln
nad eigenen Aufnahmen), 1872 Schlefiens Kunft:
leben im 15.—18. Jahrhundert. 1872 wurde
‚er zum außerordentl. Profeſſor ernannt.
1875 veröffentlihte er die Schlefiihen Kunft:
denfmale und gab 1875 die Legende vom Leben
der Jungfrau Maria heraus. „Das höfiſche Le:
ben zur Zeit der Minnejinger“ erichien 1879 und
1880 (2. Aufl. 1889), die Abhandlung „Gerhard
Heinrih von Amjterdam, Bildhauer in Breslau”
1580, 1882 daS Buch „Unterfuhungen zur Ges
ſchichte der jchlejiishen Maler (1500 —1800).
1882 wurde er als ordentl. Profeflor an
die deutiche Univerfität zu Prag berufen.
1884 veröffentlichte er die Schrift „Kunſt und
Kunitgeihichte, eine Einführung in die neue Kunft:
—
Schulge.
geichichte” (2. Aufl. 1887). Eine neue Ausgabe
des Weißkunigs, im Auftrage des f. k. Oberft:
fämmerer: Amtes bearbeitet, ift 1888 erfchienen.
586
Schulge, Ernit Wilhelm, ift am
30. Juli 1837 zu Tribjees in Neuvor: |
pommern geboren, wo fein Vater Rektor
der Stadtichule war. Er ftarb bereits in
feinem vierten Lebensjahr. Seine erjte
Ausbildung empfing er in feiner Ge:
burtsftadt. Mit feinem 14. Jahr fam
er an das Gymnafium zu Greifswald,
wo der damalige Direktor Hiede, ein be-
fannter Ajthetifer und Herausgeber der
Ehtermeyerihen Gedihtfammlung, auf
feine geiftige Entwidelung den weſent—
lihiten Einfluß ausübte. Won 1857 ab
ftudierte er erft in Greifswald, dann in
Breslau Theologie und Philologie und
nahm darauf mehrere Hauslehreritellen
an. Nachdem er feine theologischen Prü:
fungen abfolviert und auf eine Diſſerta—
tion über das Verhältnis der Moral zur
Spefulation in Halle zum Dr. phil. pro:
moviert worden, wurde er 1865 vom
Konfijtorium als zweiter Prediger nad)
Lauenburg in Pommern geihidt. 1869
wurde er Paſtor zu Nobe bei Treptow
a./R., 1871 Oberpfarrer zu Zabes, 1885
Superintendent und Kreisichulinfpektor in
Sollnow.
Er gab 1874 die Gedichtiammlung „Deutſch
und Welſch“, einen poetiichen Zeitfpiegel, der an
dem Faden einer frei erfundenen Erzählung die
Hauptereignifle des franzöfiihen Krieges dar—
ftellte, und 1880 „Zwiſchen Tiber und Spree“
heraus, welches lettere Gedicht in einer Erzäh—
lung einige Seiten des Kulturkampfes behandelt.
Kleinere lyriſche Gedichte bat er in vereinzelten
Zeitichriften erfcheinen laſſen. — Diele Werte
wurden von der Kritik fehr günftig beurteilt.
1846 zu Groß-Rietz im Kreiſe Beeskow
(Darf Brandenburg) als Sohn des dorti-
gen Kantors. Er bejuchte die Dorfichule
feines Vaters, hatte daneben Brivatunter:
richt beim Orispfarrer, trat 1859 in das
fönigl. Joahimsthalihe Gymnaſium ein,
defien Alumnus er bis 1866 war, ging
als primus omnium ab und jtudierte 1866
— Schulz.
bis 1869 in Berlin Theologie, wobei er
ſich beſonders an Steinmeyer und Tweſten
anſchloß. Während ſeiner Studien- ſo—
wie ſeiner ebenfalls in Berlin verlebten
Kandidatenzeit bekleidete er die Stelle
eines Parlamentsſtenographen, deren Eins
fünfte ihm Subſiſtenzmittel gewährten.
Seit 1882 verwaltete er nach einander
mehrere Pfarrämter in der Marf, bis er
1854 zum Pfarrer in Libbenichen bei
Dolgelin ernannt wurde. Sc. hat ſich neben
jeinem Amte vielfach) mit mathematischen umd na—
turmiffenichaftlihen Studien beichäfßigt, daneben
Heinere Broſchüren und in der chriftlichen Tages:
preſſe Aufläge mannigfahen Inhalts veröffent:
licht; eine größere Anzahl derielben war feit 1876
in dem „Quellwaſſer fürs deutiche Haus” er
ichienen, mit deſſen Verleger, Wolf Lothar Temter,
er befreundet war. Als dieſer Ende 1884 das
„Quellwaſſer“ nach Leipzig überließ, empfahl er
Sch. als Redakteur, als welder er noch jetzt
(1888) fungiert.
Schulz, Albert (San Marte), wurde
am 18. Mai 1802 zu Ehmedt a.d. O.
als der Sohn des Direktors der Juſtiz—
fammer dajelbit geboren, abjolvierte Das
Pädagogium zu Züllihau, ftudierte unter
Göſchen in Berlin und unter Dittermaier
in Heidelberg die Rechte und trat 1825
in den Staatsdienft (Auskultator in Bran—
denburg, Referendar in Naumburg, Res
gierungsrat und Juftiziar in Magdeburg
und Bromberg). Im Jahre 1843 wurde
er als Verwaltungsrat in das Schulfolle
gium der Prov. Sachſen nah Magdeburg
berufen. In Anerfennung jeiner ver:
dienſtlichen Wirkſamkeit erhielt er 1865
den Titel „Seheimer Regierungsrat” und
wurde durch die Verleihung des roten
Adlerordens III. mil der Schleife und
‚des Kronenordens II. ausgezeichnet. Seit
Schulte, Otto, geboren den 25. Juni gezeich
1832 war er mit Klara, Tochter des
Bergrats Lepfius, vermählt, die ihm nach
30jähriger glücklichſter Ehe durch den Tod
entriſſen wurde.
Literariſch trat S. zuerſt als Referendar in
Naumburg hervor. Koberſtein war es, der ihn
ermunterte und ihn ſpeziell mit den Schätzen
mittelhochdeutſcher Kiteratur vertraut machte. Die
ſes Gebiet erwählte fih S. befonders und auf
diefem bat er Hervorragendes geleiftet. Zunächſt
Schulz.
fuchte er neue Wege zu den breiten Grundlagen
des Artus · und Gralfagenkreiles zu bahnen. Seine
1840 preisgefrönte Schrift über diefen Gegenftand
feste ihn mit allen Gleihdentenden in Verbindung
“ und wurde ihm ein Sporn zu weiterem fForfchen
und Vordringen. Er machte ſich dann vor allem
durch feinen bedeutenden Auffat „Über die Sa:
en vom heiligen Gral nad) dem Standpunft der |
tſchen Wiſſenſchaft“ verdient. Die Univerfität
Königsberg ernannte S. 1862 zum Ehrendoltor,
auch wurde er Mitglied einer Reihe von gelehr:
ten Gefellihaften. Hauptwerfe: Über den Wert
von Provinzialgelegen (1830), Parzival, Ritter:
gediht von Wolfram von Eſchenbach, im Aus:
zuge mitgeteilt (1833), Leben und Dichten Wolf:
rams von Eihenbah (1836, 3. verbeil. Aufl.
1837), Gudrun, Nordſeeſage, nebit Abhandlung
über das mittelhochdeutiche Gedicht Gudrun und
den Nordſeeſagenkreis (1839), Die Arthusfage
und die Märchen des roten Buchs von Hergeit
(preiägefrönt, 1842), Groß-Bolens Nationaliagen,
Märchen und Legenden und Lolaljagen des Grof«
zogtums Poſen (1842), Rennius und Gildas
1844), Des Kreuzes Prüfung (Glaubenstragödie
1845), Beiträge zur bretoniſchen und feltich-ger:
manijchen er Ark (1847), Die polniihe Kö:
nigsſage, nad) den Quellen dargejtellt und kritiſch
erörtert (1848), Die evangeliihen Domkapitel in
der Provinz Sachen (1850), Die Sagen von
Merlin (1853), Gottfried von Monmouth Histo-
ria regum Britanniae (1854), Zur Waffentunde
des Älteren deutſchen Mittelalters (1867), Rück—
bfide auf Dichtungen und Sagen des deutichen
Mittelalterd (1872), Wilhelm von Orange (1873).
Schulz, Carl (Carl Schaffrath). Ich
bin am 5. Auguft 1831 in Guben ge
boren, habe bie erite Schulzeit in Hoyers-
werda durchgemacht, wurde 1841 Schü:
(er der deutjchen Schule in den Franke—
ſchen Stiftungen in Halle, 1841 Zögling
ber Waijenanitalt, 1844 Schüler der La—
tina, die ic 1851 mit dem Zeugnis der
Neife verlieh. Ich ftudierte in Halle
Theologie. Nach 3 Semeftern befiel mich
ein ſchweres Augenleiden, das mic ein
Jahr am Leſen hinderte. Trotzdem
* ich ſchon 1854 die erſte theolo-
giſche Prüfung. Meine Gedanken waren
zunächſt auf die Schule gerichtet, wozu ich
durch das pädagogiiche Seminar angeregt
war, das Dr. Kramer leitete. Nachdem
ih 1855 einige Donate hindurch an der
von Fräulein Pohhammer übernommenen
höheren Töchterſchule unterrichtet hatte,
587
— Schulze.
wurde ich Lehrer an der Latina, beſtand
1856 mein zweites theologiſches Examen
und übernahm 1857 eine Stelle als Leh—
‚rer an dem neubegründeten Bugenhagen:
Ihen Gymnafium zu Treptow a./R., zu:
gleih als Inſpektor an dem zu errichten:
den Familienalumnat, das mit 12 Zög—
lingen ins Leben trat. Nachdem ich nod)
eine philologiihe Prüfung beftanden und
hiermit das Ziel einer gefiherten Lebens:
ftellung erreicht hatte, fand ich nunmehr
erit Zeit und Luſt zu fchriftitellerjicher
Thätigfeit, zu der mid) zuerjt das poli—
tiihe Intereſſe anregte.
Einige Aufläe fanden im „Volksblatt für
Stadt und Land“ Aufnahme, andere im „Treuen
Pommern”, den ih dann von 1863 an felbft
redigierte, was fo viel zu bedeuten hatte, dab
ich den ganzen politiichen Teil jelbit ſchrieb. Das
geſchah unter den Eindrüden der Konfliktszeit,
der jchleswig-holfteinihen Streitfrage und des
dänischen Krieges. Diefe Thätigfeit gab ich 1865
auf. Dann regten auch die kirchlichen Berhält:
niffe zur Abfaffung der Schrift „Die Union“
(1868) an. Durd das Studium der griechiichen
Dramatiker wurde ich zu dramatiihen Verjuchen
angeregt. Auf die Bühne gelangte zuerſt „Kö—
nigin Luiſe“ (1873), dann „Strafford“ (1874).
Bis zum Jahre 1880 bin ich mit der Bühne
auch als Kritifer in Verbindung geblieben. Dra:
maturgifche Aufläge jchrieb ich in nicht geringer
Zahl für die „Neue Zeit”, das Organ der Ge-
ſellſchaft dramatiſcher Autoren und Komponiften,
deren Redaktion ich fchliehlih 1879 übernahm
und bis 1880 fortführte. 1880 nötigte mid, wies
der ein Augenleiden, dad Lejen und Schreiben
einzuftellen. Das im Jahre 1880 verfahte Bud
„Das Wort von dem Gefreuzigten und Auferftan-
denen” ift in die Feder diktiert worden. Das
im Jahr vorher entitandene Buch „Die Beweife
für das Dafein Gottes“ habe ich noch jelbft, wenn
auch mit Mühe fchreiben können. Seit 1881 ar:
beite ih an einem philofophiichen Buche, das ich
unter dem Titel „Der Weisheit Anfang und Ziel,
eine geiftesgefchichtlihe Unterfuhung über die
Wahrheit und die Bedeutung des Gotteögedan«
tens" herauszugeben gedenfe. 1876 erfhien meine
Novelle „Ein Gelübde“.
Schulze, Ernſt Heinrih Ferdinand,
geb. zu Gotha am 31. Dftober 1842.
Sebildet auf dem Gymnaſium feiner Va—
teritabt, bezog er 1862 die Univerfität
Jena, im folgenden Jahre ging er nad)
Bonn und jtudierte, hauptſächlich unter
Schulze.
Jahns und Nitihls Leitung, Philologie |
und Archäologie. Nahdem cr 1866 die!
Univerfitätsftudien abgeſchloſſen hatte,
wurde er als Gymnaſiallehrer nad) Gotha |
berufen. Im Fahre 1872 folgte er einem |
Nufe nah St. Vetersburg, um das Di:
reftorat der Schule der reformierten Ge:
meinde, eines Gymnaſiums und einer |
Realſchule, zu übernehmen. Won ihm find, |
abgejehen von Auflägen in Zeitichriften,
bauptfählic folgende Schriften zu er:
wäbhnen:
Beichreibung der Balenfammlung des Freiherrn
von Seefen (1871), Alte Handzeihnung eines
Reliefs mit Daritellung eines Salierumzuges
(1873), Das alte Nom als Großſtadt und Welt:
ftadt (Virchow-Holtzend.Vortr. Nr. 302), Skizzen
belleniiher Dichtkunſt (1880), Adiumenta La-
tinitatis, Grundzüge des lateinischen Stils in
Verbindung mit Überjegungsftüden für die oberite
Stufe des Oymnafiums (1883), Dr. Adolf Morit |
Schulze, ein Bild feines Lebens und Wirfens für
Verwandte und freunde (1884), Grundriß der
Logik und Uberfiht über die griechiſche Philoſo—
phie, für die Prima der Gnmnafien bearbeitet |
(1885). |
Schulze, Georg Wilhelm, geboren
am 7. April 1829 zu Göttingen, Sohn
aut fituierter Eltern, deren Vermögen den
binterbliebenen Kindern buch Untreue
des Vormundes genommen wurde. In
bitterfte Armut geraten, wurde S. im Göt—
tinger Waifenhaufe erzogen, beſuchte das
Gymnaſium und nad) beftandenem Abi:
turienten-Eramen die dortige Univerfität, |
wurde Hauslehrer und Hausfaplan in
Mecklenburg und dann als Mijfions- Pre:
diger berufen. Auf feinen vielen Reifen,
lernte er Deutichland, England, Frank:
reih, Rußland 2c. kennen und ſchärfte
feinen Blid für Land und Leute. Jetzt
it er erfter Prediger der vom Staate uns
abhängigen freien evang.luther. Jeluss
fiche in Berlin. Sch., der als Kanzel:
redner eines großen Rufes fi erfreut —
er führt einen, jedem Berliner wohlbe:
Schulze.
Richtung ihnen große Verbreitung ge:
wonnen. Eo liegen feine „Geiftlichen Lieder“
in 15. Nuflage, fein „Berlorener Sohn” in 8.
Auflage, feine „Anna Roſe“ in 25. Auflage, fein
' Staat und Chriftentum in 2. Auflage vor.
Schulze, Konſtanz (Konſt. Silefius),
wurde am 15. Juli 1822 zu Breslau ge:
boren, abfolvierte daielbit das Gumnafium
unter Echönborn und bezog 1840 Die
dortige Univerfität, um Rechtswiſſenſchaft
zu ftudieren. In Colberg, wohin ihn der
Staatsdienit führte, fand Cd. Muße zur
Ausübung jeines unverkennbar Inriichen
Talentes. Dort entitand fein Werk:
Morgen und Mittag (1882), das echte Gold—
fürner enthält, aber bis jeßt das einzige
Erzeugnis von Sch.'s Muſe geblieben it.
Sc. amtiert feit vielen Jahren als Land—
gerihtsrat in Stolp. Er ift Mitheraus-
geber des „Deutichen Parnaſſes.“
Schulze-Smidt, Bernhardine (E.
Oswald), am 19. Auguft 1346 in Dun:
gen bei Bremen geboren, erhielt eine treff-
liche Erziehung in Bremen, die auch be:
ſonders Nüdfiht nahın auf die fchönen
Talente des jungen Mädchens und vor:
nehmlih ihren Wiſſensdurſt nah den
Meiſterwerken unferer Literatur zu jtillen
befliffen war. Früh ſchon begann Bern:
hardine ſelbſt kleine fchriftitelleriiche Ver—
ſuche, deren ſpätere Vervollkommnung als
ſchöne und reife Früchte zu betrachten ſind,
die ihrer Eigenart wegen mit Recht ſehr
günſtig beurteilt wurden und von denen
wir beſonders Inge von Rantum (Nov. 1880)
hervorheben. Die Autorin lebt, feit 1870
mitdem Regierungsrat Schulze verheiratet,
jeit 1836 verwitwet, in Münden.
Hauptwerke: Fern von der Welt Getriebe (1874),
Aus Heimat und Fremde (1875), Im Aquarium
(1876), Rita Gerrits (1878), Rote Kohlen (1582),
Er lebt (1884), Rufjtiche Sagen (1856).
Schumann, Friedr. Theodor Juftus,
wurde am 18. Oftober 1844 in Neu:
fannten Beinamen, ihm vom Volksmunde haufen, einem Dorfe bei Rathenow, ge:
verlichen — ragt literariich bejonders als
Dichter frommer Weiſen hervor, deren
Form: und Inhaltreinheit, ſowie ihre hehre
boren, wofelbjt fein Vater Prediger war.
Die poetiihen Neigungen des Anaben
wurden Durch die treffliche Erziehung des
Schumann.
Vaters in richtige Bahnen geleitet und
bildeten neben der Liebe zur Natur die
Grundſtimmung ſeines Weſens.
zehnjährig, beſuchte er zuerſt das Gym—
naſium, ſpäter die Ritterakademie zu
Brandenburg a. H.; hier trat der Drang
zu felbjtändigem Ddichteriihen Schaffen
lebhaft hervor. Er verfaßte ein fünf:
aftiges Drama, das freilid ein unreifes
Jugendwerk war und blieb, und jchrieb
fleinere lyriſche Gedichte, von denen das
eine Die erfte Naht aus feiner ſpäter her:
ausgegebenen Gedidhtiammlung bejonders
hervorgehoben wurde. ALS der Krieg,
1866 mit Ofterreih ausbrad, wurde ©.
zur Fahne wieder einberufen. In Djter: |
reich hatte er auf Streifzügen Gelegen:
heit, Zand und Leute näher fennen zu
lernen und intereffante Beobachtungen in
Bezug auf Leben, Charakter und Sitten
des Volkes in Böhmen, Mähren 2c. an:
zuftellen. Leider hatten die Strapazen
des Feldzuges ein langwieriges Nerven:
leiden zur Folge, weldes S., nachdem
er eine Zeitlang feinen afademiihen Stu:
dien obgelegen, nötigte, von jeder regel⸗
mäßigen Berufsthätigkeit abzuſtehen und
nur ſeiner Geſundheit zu leben. Nun er—
wachte der dichteriſche Schaffenstrieb wieder und
neben kleinen naturwiſſenſchaftlichen u. a. Ar:
tikeln entitand nad) und nad eine größere Ans
zahl von lyriſchen und epiſchen Dichtungen, welche
zunächſt faſt ſämmtlich in verſchiedenen beſſeren
Zeitſchriften veröffentlicht wurden, ſodann aber ge
unter dem Titel „Geſammelte Dichtungen“ (1885)
erſchienen und durch ihre Formenihönheit, ge
tragen von hohem poetiichen Sinne, mit Recht
die allgemeine Anerkennung fanden.
Schumann, Guftav (Bliemden),
wurde am 20. Mai 1851 in Trebfen bei
Grimma geboren. Er bezog mit ſech—
zehn Jahren das Hauptieminar zu Grimma
und genügte nad) feinem Austritt aus
demjelben während des deutſch-franzöſi—
hen Krieges feiner Militärpfliht. Seit
1872 befleidet er ein Lehramt in Leipzig.
Seine fchriftjtelleriiche Thätigfeit begann
er 1876 an der neubegründeten humo—
riſtiſchen Wochenſchrift „Bud“. Ein glüd:
589
Fünf⸗
— Schuppe.
licher Wurf war es, als er in Gemein—
ſchaft mit ſeinem Bruder Paul (geboren
1856, geſt. als Student 1880) der ge—
nannten Zeitſchrift in dem „Partikulariſten
Bliemchen aus Dresden” eine ftehende
Figur ſchuf, die fi bald weit über die
Grenzen ihres engeren Baterlandes hin—
aus großer Beliebtheit erfreute, und die
jeit 1878, nad) dem Eingehen des „Puck“,
in jelbitändigen Schriften auftritt. So
find nad) und nad in vielfachen Auflagen (die,
des prächtigen Humors der Werfchen halber, wohl:
verdient find) erichienen: Partikulariſt Bliemchen
in Paris (1878), die „Memoiren“ (1879), Aus
| der Mappe des Partikularijten Bliemchen (1880),
| Bliemchen in der Schweiz (1881), in der Sommer:
friihe (1882), in Bayreuth; (1882), die „Fami—
liengeſchichten“ (1883), Bliemchen in Yondon
1884), auf dem deutichen Bundesſchießen in
Leipzig (1884), in Karlsbad (1885), auf dem
Dresdener QTurnfeit (1885), Nur hibſch gemicth:
lich! Stammdiſchgeſchichten (1886), Bliemchen in
Italien, zwei Bände (1887).
Schuppe, A., ſ. A. Benfey.
Schuppe, Emilie (H. M. Frey). Ich
bin in Brieg in Oberſchleſien am 10. No—
vember 1843 geboren, verlebte meine
Kindheit in Groß⸗Glogau in Schlefien und
kam 1858 nach Berlin, wohin mein Vater
als Ober-Tribunalsrat verſetzt wurde. Als
jüngjtes Kind von 6 Geſchwiſtern übten
‚die drei Älteren Brüder und die zwei
Schweitern großen Einfluß auf mein geifti-
8 Leben aus, und id nahm zeitig regen
Anteil an Bolitik, Literatur und Muſik,
welche durch meine talentvolle Schweiter
Anna Benfey jehr viel in unjerem Haufe
getrieben wurde. 1864 zogen meine El:
tern nad) Breslau; meine ganze Thätig-
feit widmete ich hier der Pflege meiner
geliebten Mutter und der Führung der
Wirtſchaft. 1871 ftarb meine Mutter,
und ich jtand nun allein der Haushaltung
meincs Vaters vor, bis vor 6 Jahren eine
chronische Krankheit mir die Kräfte raubte,
eine körperlich anjtrengende Thätigfeit
vorzunehmen, und jo benußte id nun
meine Mußejtunden, um den langgehegten
Wunih auszuführen und für die Jugend
Schur.
Geſchichten zu ſchreiben. Es ſind bis jetzt Ehrenmitglied deſſelben.
590
Schuſter.
Von 1852 an
ſechs Bücher von mir in der Offentlichkeit erihie: | wirkte er als Privatlehrer der Mathematik
nen, vier Bücher für Kinder von 10—13 Jahren
und zwei Bücher für junge Mädchen von 14 bis
18 Jahren. Außerdem bin ih Mitarbeiterin
vieler Zeitichriften.
Schur, Adolph Chriftian Wilhelm, |
geboren in Altona am 15. April 1846, |
jtudierte 1864 — 67 in Kielund Göttingen,
war 1868—73 Aſſiſtent am Kgl. geo:
dätiichen Snftitut in Berlin, dann 1873
bis 1886 folgemeife Aſſiſtent, Obfervator
und ftellvertretender Direktor der Stern:
warte in Straßburg und feit 1886
ordentliher Profeſſor der Aftronomie
und Director der Sternwarte in Göttin: |
deutihen Akademie der Naturforjcher;
beteiligte ih im Jahre 1874 an der
Reihs-Erpedition zur Beobachtung des
Venusdurdgangs nah den Audlands-
Inſeln (Auftralien).
Hauptwerfe: Unterfuhungen über die Bahn des
Doppeliterns 70 Opbindi (Differtation 1867),
Beitimmung der Maſſe ded3 Planeten Yupiter
aus Heliometer » Meffungen der Abftände feiner
Satelliten (Habilitationsfchrift 1882, von ber
Pariſer Akademie preiägefrönt).
Schurig, B. E. Richard, geboren
am 6. Juni 1820 zu Aue im ſächſ. Erz:
ebirge als Sohn des Kantor Sch., be:
Khäftigte fih von Jugend auf mit
Mathematif und Nftronomie. Er be
juhte von 1841 an das Seminar zu
Dresden, von wo er 1845 als Kandidat
des Schulamts abging. 1845—48 wirfte
er als Lehrer der Mathematik und Mufif.
1848 wurde er infolge unvorfichtigen
Gebahrens eines Freundes in die Bruft
geichofien. Die bis zum Nüdgrat vor:
gedrungene Kugel konnte nicht entfernt
werden. Er ftudierte von 1848 —52
Mathematik und Ajtronomie an der Uni-
verfität zu Leipzig unter Drobiſch, Möbius,
d’Arreit (als Famulus), Hanfel u. f. w.
Von d'Arreſt in einem Zeugnis als „un:
gewöhnliches mathematiiches Talent“ be:
zeichnet, gründete er 1848 den Schad)
in 2eipzig, 1859 einige Zeit als Vikar
‚für den 1. Mathematiker an der Nikolai—
ſchule. 1883—85 erſchien fein Lehrbuch der
Arithmetit in 3 umfangreihen Bänden, weldes
von der Kritif als „beites” Lehrbuch bezeichnet
ward. Namentlih enthält der 3. Teil (Gleis
dungen u. f. mw.) fehr viel Neues. 1886 er:
fhien von ihm: Tabulae caelestes, Atlas aller
mit bloßen Augen fihtbaren Sterne ded ganzen
Himmels. Derfelbe wird noch denen von Heis
und Argelander vorgezogen. Die meilten Werfe
Lübſens wurden von ihm wiederholt in neuen
Auflagen herausgegeben. Der Analyfis fügte er
viele neue Sätze und Theorien bei. Artikel in
den Encyklopädien von Erfh und Gruber
(Gnomonif), Meyer und Spamer, ſowie in der
gen, Mitglied der Kaiferl. Leop. Carol. | Sluftrierten Zeitung, im Leipziger Tageblatt und
anderen Beitichriften. Die feit 1871 im Xeip:
ziger Tageblatt erſcheinenden arithmetiſchen Auf:
naben erregten überall das höchſte Intereſſe.
Bon 1859 an Verfafler des aftronomilchen Teiles
vieler Kalender. Lehrbuch des Go (3 Auflagen).
Kleines Lehrbuch des Schadhes und States.
Schufter, Heinrid) Maria. Ich bin
geboren am 5. Auguft 1847 als Sohn
des öjterr. Hauptmanns fpäter Majors
Georg Sch. zu Tabor in Böhmen. Ich
ftudierte zu Wien am akad. Gymnafium,
von 1865—69 als Hörer der Nedhte on
der Univerfität Wien; 1871 zum Doctor
der Rechte promoviert, ftudierte ich noch
ein Semefter in Berlin, um mid für
die gewählte akademiſche Laufbahn vor»
zubereiten, unter Domeyer, Bejeler und
Behrend. 1873 hHabilitirte ich mich zu
Wien als Docent des deutichen Rechtes,
wurde 1879 zum außerorbentl. Profeſſor
diefer Fächer und 1885 außerdem noch
zum außerorbentl. Profeſſor des öſterr.
Bergrechtes ernannt. Meine größeren rechts:
wilienihaftlihen Arbeiten find: Eine Ausgabe
des Wiener Stadtrechts- oder Weichbildbuches
aus dem Mittelalter (1873), Das Spiel, feine
Entwidelung und Bedeutung im deutihen Rechte
(1878), Beiträge zur Lehre vom Bergwerfseigen
tum nad) öfterr, Rechte (1880—188)2, Der Über
bang und Überfall im deutfchen und öfterr. Rechte
(1882), Der Überhang und Überfall nad) der Re:
zeption des röm. Rechts (1882), Der Überhang im
öfterr. Rechte mit Berüdfichtigung der wichtigiten
andern Geſetzgebungen (1883), Beiträge zur Aus:
Hub Auguften in Leipzig und war fpäter legung des Sachſenſpiegels (1884), Jacob Grimm
Schvarcez. —
in ſeiner Bedeutung für die Rechtswiſſenſchaft,
eine Skizze zu ſeinem hundertſten Geburisfeſte
(1885). Außerdem habe ich aber von
früher Jugend auf Muſik eifrig getrieben,
id) bin von Epftein in Wien im Klavier:
ſpiel unterrichtet worden, und habe bei
Anton Brudner ebendafelbit Harmonie:
lehre gehört, ſowie früher muſikgeſchicht—
lihe Vorlefungen. Seit 1872 bin ih auch
als Muſikſchriftſteller aufgetreten, zuerft als Kor»
refpondent der Leipziger „Tonhalle“, dann mit
einem Aufſatz: „Robert Franz“, und „E. M.
v. Weber, ferner war ich mufifal, Mitarbeiter der
Miener „Allg. Kunſtchronik“ und anderer Zeit:
ſchriften, auch bin ich Vorftandsmitglied des Wiener
afadem. Wagnervereins.
Schvarez, Julius, wurde am 7. Des
zember 1838 zu Etuhlweißenburg in Un:
garn geboren, und da fein Vater, Ober:
Icutnant in einem ungar. Inf.-Regiment,
frühzeitig (1841) ftarb, im Haufe feines
mütterlihen Großvater, Michael von
Horhy, der ein vieljeitiger Gelehrter war,
unter der Anleitung feiner hochgebildeten
und berzensguten Mutter ſorgfältigſt er=
zogen. Nach erfolgreicher Beendigung
feiner Gymnafialzeit in Stuhlweißenburg
und Budapeſt ftudierte S. Rechts: und
Etaatswillenichaften, daneben auch klaſſi—
Ihe Philologie und Naturwiſſenſchaften
an den Univerfitäten Budapeſt (1856 bis
1858), Münden (1858—59) und Berlin
(1859— 60) und widmete fi alſogleich
nad feiner Rückkehr als unabhängiger
Grundbefiger mit rajtlofer Hingebung dem
wiſſenſchaftlichen Forihen und Denken.
Noch als Student jchrieb cr eine engliſche Ab—
handlung über das Alter des Menſchengeſchlechts
(1858). Seine Lehrjahre in Deutichland benutte
er zugleich zu eingehenden Studien über die geo—
logiihen Anfichten des grichiichen Altertums und
veröffentlichte feine diesbezüglichen Ergebniffe nach—
einander in altgriechiicher, englifcher und unga:
riiher Sprade. Auf Grund feiner altgriechiichen
Abhandlung Meraviovoz Ilavvovioy rap! puoew⸗ Tu
7.070, erhielt erdas Doftordiplom von der Univer:
fität Jena ; fein englifches Wert „The Failure of
Geological Attempts made by the Greeks,
prior to the Epoch of Alexander the Great“
(1862-8) fand ſowohl in englifchen als auch in
franzöfiihen Gelehrtenfreifen eine auszeichnende
Aufnahme. Bald darauf jchrieb S. über das
591
Schwartz.
Alter der Menfchenrafien, wofür er zum forre
ſpond. Mitgliede der Ethnological Society
von London gewählt wurde. m Jahre 1862
wurde feine Abhandlung über den Urjprung des
beliocentriichen Gedankens, im Jahre 1867 aber
fein kritiſcher Verſuch über die Theorie der
inneren Erdwärme vor der British Association
vorgelejen. Mittlerweile wurde S. zum Mitgliede
der ungariichen Akademie ermwählt (1864) und
bald darauf wohl auch veranlaft, feine literariiche
Thätigkeit auf fein Lieblingsftudium, nämlich
Staatswifjenihaft, zu beichränten, auf welchem
Gebiete er feit diefer Zeit mit ununterbrochener
Thätigkeit arbeitet. Auf den Verſuch über den
Staat, welder von ihm 1861 erſchien, folgten
zuerft zahlreiche unterrichtspolitiiche Schriften in
ungarifcher Sprache, darunter ein ſehr umfang:
reihed Werk unter dem Titel „Die Reform des
Unterrichtsweſens als politifches Bedürfnis in
Ungarn” (1865—69); dann ſchrieb er ein Re:
formwerk „Unſere Staatseinrihtungen und bie
Erfordernifje der Zeit“ (1870— 75). Alle diefe
Veröffentlihungen hängen mit feiner Laufbahn
zujammen, denn lange noch bevor er zum Reichs—
tags-Abgeordneten erwählt wurde, tradjtete er
ihon als publiziftiih thätiger Neformer durch
Wort und Schrift eine Bewegung zu Gunften
einer zeitgemäßen Reform des gejammten Unter:
richtsweſens ſowie auch jo mancher Staatseinridh-
tungen Ungarns hervorzurufen, was ihm auch zum
Teil gelungen iſt. Er kam 1868 ins Abgeordneten»
haus des ungarischen Reichstags. Sein Haupt:
wert „Die Demokratie” iſt die reihe Frucht
von vieljähriger Arbeit und ift auf 6 Bände ber
rechnet, wovon bis jet blos der erfte Band (auch
unter dem Geparattitel „Die Demokratie von
Athen“) erichienen ift (1878—82). Der zweite
Band, enthaltend die „Römiſche Maſſenherrſchaft“,
und die italienischen Republifen ꝛc. erfcheint dem:
nächſt. Ein zweites Werk von ftaatswiffenichaft:
licher Bedeutung begann S., parallel mit feinem
Hauptwerf, unter dem Titel „Elemente der Politik“
in deutſcher Sprache zu veröffentlichen (1884).
Außer den genannten find von des verdienftoollen
Verfaſſers Schriften hervorzuheben: „Salluftios und
die politifhe Literatur der Griechen vor Platon”
(1884), „Montesquieus Theorie der monardji-
ſchen Staatsform” (1885), „Weitere Beiträge
zu einer kritiſchen Geſchichte der politiichen Lis
teratur der Griechen“ (1885), „Sedantenfreiheit
und antife Maſſenherrſchaft“ (1886), „Zur Kritik
der neueſten Erzeugniſſe der Literatur der mo:
dernen Staatsformlehre“ (1886), „Über die ſyſte—
matifchen Staatögrundgejee der europäischen Mo»
narchien“ (1887) „Der athenifche Staat und die
atheniſche Gefellichaft in der Entwicklungsgeſchichte
des menſchlichen Fortſchritts bis auf die Reform
des Ephialtes 462 v. Chr.“ (1887), „Luc. Cor:
nelius Sulla in der Geſchichte des römiſchen
Verfaſſungsrechts“ (1887).
Schwark.
Schwart, Eiperance von (Elpis Die:
lena), als die Tochter eines deutſchen
Banfiers in Southgate (England) am
8. November 1821 geboren, wurde in
Erziehungsanftalten zu Frankfurt, Genf
und Rom, hauptjählih aber von ihrer
592
Schwarg.
Saribaldi-Mittheilungen aus feinem Leben, nebit
Briefen des Generals.
Schwartz, Wilhelm, wurde am 4.
September 1821 in Berlin geboren, jtus
dierte daſelbſt Philologie und Gejchichte
und wirkte lehramtlih in Berlin, Neu—
Tante Ejperance Sylveſter erzogen, die | Ruppin und Poſen, feit 1882 als Direk—
bejonders das bedeutende Sprachtalent tor des fgl. Luifengymnafiums in Berlin.
des jungen Mädchens pflegte. Sehr jung Literariih machte fih Sch. vornehmlid
mit einem Anverwandten vermählt, der durch feine verdienftlihen Werfe über
aber bereits nad) einjähriger Ehe jtarb, Sagenforihung bekannt.
ging die junge Witwe nah Nom, wo | Hauptwerke: Märkiihe Sagen (1843), Nord»
ihr Haus bald der Sammelplag des | deutiche Sagen (1849), Der heutige Volksglaube
Geiſtes- und Geburtsadels wurde. 1846 | Und das alte Heidentum (2. Aufl. 1862), Über
; — die griechi S
verheiratete ſie ſich zum zweiten Male Teer — ãeä —
mit dem Deutſchen Fr. v. Schwartz, tiſchen Naturanſchauungen der Griechen, Romer
den fie in Italien kennen gelernt hatte, | und Deutſchen in ihrer Beziehung zur My
thologie
f ra 3 (1864 u. 1879), Sagen und alte Geſchichten der
An feiner Seite machte fie viele, und art Brandenburg (1871,2. Aufl. 1887), Materias
‚lien zur Prähiftorie Polens (1875—82), Bilder
aus der brandenb.preuß. Gedichte (1875), Der
Organiömus der Gymnaſien in feiner
Gejtaltung (1876), Stamm: und een.
Roms (1878), Prähiftoriich-anthropologiihe St
dien (1884), Grundriß der brandenburgiich-preus
Bilhen Geſchichte (3. Aufl. 1884), Indogermas
niſcher Volfsglaube (1885), Prähiftoriihe Mythos
logie, Phänomenologie und Ethik (1886), Xeit:
faden für den deutfchen Unterricht (1887,13. Aufl.).
weite Neifen, befonders nah Agyp—
ten, das nad) allen Seiten hin zu
Pferde durchſtreift wurde. Ein Merk,
mit welchem fie zum erjten Dale an die
Offentlichkeit trat, Blätter aus dem afrika:
nischen Neifetagebud einer Dame, war Die
Frucht dieſes ebenjo intereffanten, wie
gefahrvollen Unternehmens. Im Jahre
1854 wurde die nicht glüdliche Ehe ge:
richtlich getrennt. Als Garibaldi 1849| Schwartzkopff, Paul. Ich bin der
Rom belagerte, lernte tie denjelben kennen | ältejte Sohn des Shakeſpeareforſchers und
und wurde die treuefte Anhängerin diejes | Dichters Paſtor Auguſt Schwargkopff,
Helden, dem fie opfermutig zweimal das | welder 1886 ftarb. Ich wurde geboren
Leben rettete und ihn in feiner Gefangen: |am 15. Auguſt 1849 in Stettin, abjol-
haft getreulicy pflegte. 1865 verließ | vierte das Gymnaſium zu Wernigerode
Eip. v. S. Rom und fand auf der Inſel 1868 und jtudierte jodann bis 1873 Theo:
Kreta, wohin ihre Neijeluft fie geführt | logie und Philologie. 1875 promovierte
hatte, eine zweite Heimat. Hier entfaltete | ih; 1876 wurde ich als Probandus und
ſich ihre reiche jchriftitellerifche Begabung | Hilfslehrer in Schulpforta angejtellt und
in verfchiedenen Sprachen mehr und mehr. | machte von hier aus im Winter das Ober:
Sie wurde alljeitig anerkannt und fand |lehrereramen, 1877—80 war id) ordent:
einen verjtändnisvollen Leſerkreis. lider Symnafiallehrer in Herford, von
Hauptwerfe: Memoiren eines ſpaniſchen Biajters, | wo ich an das Gymnafium zu Wernige:
eg rg eig Digg Ar eg rode ging, wo ich jet Oberlehrer bin.
— 1862 Gaprera 1863, Der Mein Hauptinterefie ift das philoſophiſche.
junge Steljentänger, Die Infel Kreta unter der | Separat herausgegeben find von mir:
Ottomaniſchen Verwaltung, Bon Rom nach Der Urfprung der Sprache aus dem poetilchen
Kreta, NKretafahrt, Bilder aus Kreta, Kreta—
Biene oder kretiſche Volkslieder, Gemma vder
Tugend und Laſter, Die Erftidungsfammern,
Triebe (Differtation 1875), Bilder und Klänge
(ſyriſch 1879), Bruder Gerhard, dramatiiches
Feſtſpiel zur Zutherfeier (1883), Die Freiheit des
Schwarz. —
Willens als Grundlage der Sittlichkeit (1885),
Das Leben im Traum (1887).
Schwarz, Alois, geboren am 19.
Juli 1854 zu Kanitz in Mähren, ab—
ſolvierte ſeine chemiſchen und techno—
logiſchen Fachſtudien an der techniſchen
Hochſchule in Brünn, woſelbſt er bis
1879 als ſupplierender Profeſſor der
dortigen Oberrealſchule thätig war und
dann als ordentlicher Profeſſor an die
Landes-Oberrealihule nah Mähriſch—
Dftrau berufen wurde, in welder Stel:
lung er noch thätig if. Im Jahre 1878
wurde er von der Brünner Handels- und
Gewerbefammer nad) Paris gejendet, um
über die Fortfchritte auf dem Gebiete
der Zuderfabrifation und Bierbrauerei
Bericht zu erftatten, welchen er in einer
Broſchüre: Die Bierbrauerei und Zuderfabri-
fation auf der Parifer Ausftelung (1878) ver:
öffentlichte. Seither unternahm er all:
jährlih größere Studienreifen durch
Deutihland, Belgien, Holland, England
und Dänemark, welche ausfhließlich dem |
Studium der Fortichritte auf dem Ge—
biete des Brauweſens galten, und veröffent:
lichte die Ergebniffe diefer Studien in den „Brau—
techniſchen Reiſeſtizzen“ (1886 und 1888). Seine
Ipegiellen Studien über fünftliche Kühlung wurden
in zahlreihen Artikeln der verfchiedenen. tech:
niſchen Fachzeitichriften, und außerdem in fol⸗
den Brojchüren und größeren Werten veröf:
Fentfict: Die Kälteerzeugungsmafchinen (1885), |
Die Verwendung künftliher Kälte im Brauereis
betriebe (1885), Die Erzeugung fünftlicher Kälte |
und ihre Anwendung in der Induſtrie (1887),
Die Eis: und Kühlmafchinen (1888). Bon
anderen Schriften dieſes Autors find zu nennen: |
Die Verfälichung der Nahrungs und Genußmittel
(1883), Die Entftehung der Steintohle (1883), |
SHomorphismus und Polymorphismus der Mis
neralien (1884), Vorkommen und Bildung des |
Steinfalzes (1885); fowie zahlreiche Aufjäge in
Tagesblättern und Sadpeitihriften, Die brau—
techniſchen Werke und Aufjäte diefes Autors,
ſowie die zahlreichen, bei verfchiedenen Anläffen
gehaltenen Vorträge haben demfelben einen in
gefammten Brauerwelt Deutfchlands und
befannten und geachteten Namen ver:
‚ und wird derjelbe als fahmännifche Au:
t in praftifchen Fragen häufig zu Rate ge
zogen.
Das literariſche Deutſchland.
593
Schwarz.
Schwarz, Leopold, geboren 5. Au:
guft 1858 in Koritihan in Mähren als
Sohn eines Okonomen, abfolvierte das
Obergymnafium in Kremfier und Brünn,
betrieb philofophifche und literarifche Stu:
dien an den Univerfitäten Mien und
Leipzig, redigierte im Jahre 1882 das
„Karlsbader Fremdenblatt”, hierauf Pri⸗
vatjtudien pflegend und an verfchiebenen
Blättern mitarbeitend, etablierte fi) nad}
wechſelndem Aufenthalt im Jahre 1886
als Buchhändler in Dresden, feine lite:
rariſche Thätigfeit dabei fortfegenv.
Hauptwerk: Görzer Lieder (1887),
Schwebel, Oskar, am 30. Septem:
ber 1845 in Berlin geboren, am dortigen
Gymnaſium zum grauen Klofter vorgebil:
det, gab fid) dem Etudium der Theologie,
der Philofophie und Geſchichte hin, um
fi) dem Berufe eines Geiftlichen zu wid»
men. In demjelben wirkte er, gleichzeitig
auch als Gymnaſiallehrer thätig, eine
Neihe von Jahren in Wittftod, Küftrin
und Berlin, um dann ausfchließlich lite:
rarishen Arbeiten zu leben. Als Schrift:
fteller hat S. befonders um die Erfor-
hung der vaterländifhen Gefchichte fich
verdient gemacht.
Hauptwerfe: Hiftoriihe Bilder aus dem Elſaß
(1874), Kulturbiftorifhe Bilder aus der Mart
Brandenburg (1875), Der Tod in deuticher Sage
und Dichtung (1876), Deutſche Kaifergefchichte
(1877), Die Sagen der Hohenzollern (1877),
Wanderungen durd)die MarfBrandenburg (1881),
Bilder aus der Vergangenheit der Reihähaupt:
jtadt (1882), Hans Jürgen von der Linde (1883),
Bilder aus der Altmark (1883), Hie gut Brans
denburg alleweg (1883), Geſchichte des deutfchen
Vürgertums (1883), Die Herren und Grafen von
Schwerin (1884), Bom Eifenhute bis zur Kaiſer—
frone (1884), Lothringiihe Sagen (1886), Tod
und ewiges Leben im deutfchen Volksglauben
(1887), Geſchichte der Stadt Berlin (1888).
Schweichel, Robert, wurde zu Königs-
berg am 12. Juni 1821 geboren und von
dem Bater, einem angejehenen Kaufmanne,
für den eigenen Beruf bejtimmt. Da je-
doch dem feurigen, für Kunft und Wiſſen—
Ihaft begeifterten Jüngling der Handels:
ſtand nicht zufagte, jo willigte die Mutter
38
5
—
Schweiger⸗Lerchenfeld.
nach des Vaters Tode darein, daß Robert
die Univerfität feiner Vaterſtadt bezog,
um ſich rechtswiſſenſchaftlichen und volfs-
wirtihaftlihen Studien zu widmen. Das
ereignisreihe Jahr 1848 machte allen
feinen Plänen ein um fo fchnelleres
Ende, als der junge Etubent, von dem
Gedanken an Deuiſchlands Einigkeit be
feelt, mit dem Sturm fich forttragen ließ
und nad dem Zufammenbrud) der ver:
frühten Hoffnungen nad) der Schweiz aus—⸗
wandern mußte. Dort wirkte er teils als
Lehrer, teils als Journaliſt und Schrift:
jteller, erſt 1861 nad) Deutſchland,
zwar nad) Berlin, zurückkehrend.
Romanzeitung“, bis er 1838
blattes „
um ausſchließlich feiner
fich frei machte,
ſchriftſtelleriſchen
zu können. Weiteren Kreiſen wurde S.'s
Name zuerſt beſonders durch feinen meiſter⸗
haft aufgebauten und von großer Geſtal⸗
iungekraft zeugenden Roman Der Bild:
ſchniher von Achenfee (1873, 3. Aufl. 1876) be:
kannt. Ebenfo rühmlich heben ſich ſeine
ferneren Schöpfungen von de
des Gewöhnlichen ab:
Italieniſche Blätte
St. Virgil (1881), Der Wunderdoftor (3. Aufl.
1382), Der Krämer von Ilbiez (3. Aufl. 1882),
Römiſche Novellen (1887). Vorher entftanden:
Am Gebirg und Thal (Nov. 1865), Jura und
Genfer See (Nov. 1865), Der Artichwinger (1868,
3. Aufl. 1880), Im Hochland (Nov. 1869).
Schweiger-Lerchenfeld, Armand
Freiherr von, wurde in Wien am 7. Mai
1846 geboren, widmete ſich dem Solda-
tenftande, machte den Feldzug von 1866
als Offizier mit und nahm 1871 feinen
Abſchied, um fi den längft geplanten
und von ihm vorbereiteten Forihungs-
reifen als freier Dann unterziehen zu
fönnen, Die reihen Schätze, welche feine
Reifen in ideeller
verwertete er in
Werfen:
Die Gebiete des Euphrat
Unter dem Halbmond (1876
Bosnien (1878), 3wi
(1879), Arabifche Yandichaften (1879), Der Drient
den hochbedeutenden
und Tigris (1875),
), Armenien (1878),
und
Hier
leitete er die Redaktion des Unterhaltungs:
Thätigfeit ſich hingeben
m Spiegel
r (1876), Der Falkner von
Beziehung ergaben,
ichen Pontus und Adria |
94
Schweiger.
(1881), Die Drientreife des Kronprinzen Rudolf
(1882), Die Adria (1882), Aus dem Süden
(1882), Griechenland (1882), Maroffo (1882),
Abbazia (1883) Won Ozean zu Ozean (1884),
Die Araber der Gegenwart (1885), Afrifa (1885),
Im Reiche des Fo (1885), Von der Donau zum
Kaukaſus. Außerdem erwähnenswert: Das Frauen»
{eben der Erde (1880), Das eilerne Jahrhundert
(1883), Im Kreislauf der Zeit (1885), Aus
unferen Sommerfrifhen (1886).
Schweiter, Philipp, geb. zu Remda
im Weimariſchen am 16. Mai 1846, wurde
für die Landwirtſchaft beftimmt, ftudierte
diefelbe 1867—68 in Jena, machte 1868
eine Ferienreife nad) Norwegen, wo cr
fich verheiratete, und zog 1869 nad) Nord:
amerifa. In den Kriegsjahren nach der
Heimat zurüdgefehrt, widmete er ih nun
dem Studium germanifcher und nordifcher
Sprachen und Literaturen, jtudierte von
neuem in Tübingen und Jena und wohnte
in legterer Stadt bis 1883. Nun verließ
er Deutfchland abermals, um feine Stu:
dien im Norden zu vollenden. In den
nächften 31/s Jahren hielt er fich abwed)-
felnd in Dänemark, Schweden, Finnland,
Norwegen und Jsland auf und fehrte end»
(ih 1886 nad) Deutihland zurüd, wo er
mit der Ausarbeitung einer größeren ſtan⸗
dinavischen Literaturgefhichte und Nieder:
ſchrift feiner Erlebniſſe beichäftigt ift. Sein
Ziel ift, das noch jugendfrifche germani-
nifche Geiftesleben im Norden Europa’s in
Deutſchland bekannter und nugbringender
zu machen, als e8 bisher war.
Bon feinen bisher erfchienenen Arbeiten find
die bedeutendften: Die Entwidelung der nationas
len Dichtung in Norwegen (1881), Island,
Land und Leute, Geſchichte, Literatur und Sprache
(1885), Die Geſchichte der altifandinaviihen Lis
teratur bis zur Reformation (1886).
Schwerdt, Georg Heinrich, geboren zu
Neukirchen bei Eiſenach am 7. Januar 1810,
beſuchte die Gymnaſien zu Eiſenach und
Gotha, ſtudierte in Jena und Leipzig
Theologie, bekleidete dann als Nachfolger
ſeines Vaters das Pfarramt zu Neukirchen
von 1833—62, da er als Oberpfarrer
nach Gräfentonna bei Langenjalza über:
'fiedelte. Seit 1872 lebt und wirft er als
Schwider.
595
Schwider.
Kirchenrat und Superintendent der Epho: | (Gymnafien und Realjchulen) und 1878
rie Tenneberg in der Stadt Maltershaufen | an der fönigl. ung. Univerfität das Diplom
am nordmeftlihen Fuße des Thüringer: | als Doktor der Philofophie. Als öffent
waldes, wo er zugleich mit Hilfe feiner licher Lchrer wirkte er 1855 an der Haupt⸗
Töchter eine vielbefuhte Bildungs: und ſchule zu Werfcheg, 1856 an ber Pfarrs
Erziehungsanftalt für junge Mädchen in
einem eigens dazu erbauten Haufe leitet.
Vom 14. Lebensjahre an verſuchte ſich S. bereits
in literarifchen, namentlich poetiichen Produftionen,
und war fpäter als Schriftiteller jo thätig, daß
er im Laufe der Zeit, außer einzelnen Predigten,
Gedichten und Flugblättern, drei periodiſch er-
fcheinende Blätter („Allgem. Volksblatt“, „eier
abend“ und „Centralblatt für deutiche Volks: u.
Jugendliteratur”) herausgab, außerdem genen
50 Schriften, die fih hauptiählih auf dem Ge:
biete der Volls- und Jugend», ſowie der Reife:
Literatur bewegen, veröffentlichte und überdies in
mehr ala 70 theologiiche, pädagogilche, politifche, |
gemeinnüßige und unterhaltende Journale größere
und Heinere Beiträge lieferte. Die befannteften
feiner vorzüglich beurteilten und verdienſtlichen
Schriften find: Döbeld Wanderungen, Thüringer
Bäder, Reiſehandbuch für Thüringen, Jahrbud)
der neueften und interefianteften Reifen (6 Bänd»
en), Beiträge zur Volkswohlfahrt in Erzählun:
gen (5 Bde.), Wunderdoftor Dicel, Die Hanno»
veraner in Thüringen, Thüringer Dorfgeſchichten,
Bartburggeichhiten sc. Mehrere feiner Dichtungen
— u. a. dad Dratorium ‚‚Die heilige Nacht“
und die mufitalifch-deflamatorifche Abendunter:
Zeitung „Der Geſang“ — find von namhaften
ponijten in Muſik geſetzt. Gemäß feinem
Wahlſpruch: Volksbildung ift die Mutter
der Voltswohlfahrt, hat S. vorzugsweife
fi angelegen fein lafjen, geſunde und
zeitgemäße Volksbildung zu verbreiten,
und “ dem Ende nicht nur viele öffent:
liche Vorträge gehalten, jondern aud die
eriten Volks- und Wanderbibliothefen in
Thüringen eingeführt. Jetzt ift der Hoc
r zwar noch amtlich, aber nicht mehr
j
7
elleriſch thätig.
chwicker, Johann Heinrich, wurde
am 28. April 1839 zu Neu-Beichenova
(Ungarn) geboren, machte feine Studien
teils im elterlichen Haufe, teils in der
Realihule und im Lehrerfeminar zu Wer:
dab; beendete auf privatem Wege bie
ungsftudien für das Profellorat,
erhielt 1856 das Lehrerbefähigungszeug-
nis als Lehrer an Hauptihulen, 1865 das
Diplom für das Lehramt an Mittelſchulen
ihule zu Cſakova, 1857 an der Haupts
Ihule zu Groß-Becskerek, wurde 1869
Profeffior und Direktor des fönigl. ung.
Gentral:2ehrerjeminars zu Ofen, 1871
ord. Profeſſor am fönigl. Obergymnafium
in Peit, 1873 Dozent für deutiche Lites
ratur am fönigl. Polytehnitum ebendas
jelbit. 1887 vom Mahlbezirfe der Etadt
Schäßburg (Siebenbürgen) einftimmig zum
ungar. Neihstags-Abgeordneten gewählt,
trat er als Profeſſor in Penfion. Seine
literariiche Wirkſamkeit begann er 1858 mit Beis
trägen für das Wiener pädagogifche Blatt „Der
öfterreichiiche Schulbote”. Bon 1868—72 redis
gierte er den „Ungar.Schulboten“, von 1873— 76
die „Ungar. Schulzeitung” und im Jahre 1875
noch ein Schulblatt „Tanügyi hiradö“ in ungar,
Sprache. Überdies war er jeit 1862 als Korres
fpondent und Redaktionsmitglied bei verfchiedes
nen Journalen (in Temesvär, Belt, Wien, Augs+
burg, Münden, Frankfurt a. M.) thätig und ift
auf diefem Gebiete auch gegenwärtig nod bes
Ihäftigt. Außerdem verfahte derfelbe auf dem
Gebiete der deutſchen Sprade, der Geographie
und der Geſchichte eine größere Anzahl von
Schulbüchern, welche alle bisher mehrere Auflagen
erlebt haben und fortwährend im öffentlichen
See find. An fonftigen felbftändigen
Schriften veröffentlichte er: Gefchichte des Te
mejer Banats (1861, 2. Ausg. 1871), Die
Katholifen-Autonomie in Ungarn (1870, 2. Aufl.)
Die legten Regierungsjahre ” Kaijerin-Königin
Maria Therefia (1871), Zur Gefchichte der kirch⸗
lichen Union in der froatiihen Militärgren
(1874), Statiftit des Königreichs Ungarn (1877),
Das ungariſche Unterrichtswefen am Schluffe des
Schuljahres 1877—78 (im Auftrage des f. ung.
Minifters f. Kultus u. Unterricht, 1875), Pol
tiſche Geihichte der Serben in Ungarn (1880),
Die Deutſchen in Ungarn u. Siebenbürgen (1881),
Die ungariihen Gymnafien, Geſchichte, Syſtem
Statiftit (im Auftrage des k. ung. Minifters f,
Kultus und Unterricht, 1881), Die Bereinigung
der ſerbiſchen Metropolien von Belgrad und Kars
lowig im Jahre 1731 (1881), Das ung. Unters
richtsweien am Schluffe des Schuljahres 1879— 80
(im Auftrage des f. ungar. Minifters f. Kultus
und Unterricht, 1882), Die Zigeuner in Ungarn
und Siebenbürgen (1883), Geichichte der öfterr,
Militärgrenge (1883), Ungarische Hochlandsbilder
(Erz., Jagdabent. und Sag. aus den Karpathen
38*
Scipio.
1884), Das Königreih Ungarn (1886).
Überfegung, refp. Bearbeitung erfchien von ihm:
Hunfaloy, Ethnographie von Ungarn (1876),
Kallay, Geſchichte der Serben (1878), Trefort,
Reden und Studien (1882), Frankbi, Ungarn
vor der Schlacht bei Mohacs (1885). Außer:
dem publizierte derfelbe eine Reihe größerer Ab:
bandlungen hiſtoriſchen, ethnographiichen, geo—
graphiſchen und ſtatiſtiſchen Inhalts in Zeitichrif-
ten. Derfelbe ift ferner Mitarbeiter an Brod:
haus’ Konverfationd:2erifon (13. Aufl.), an Herbit
Encyflopädie der neueren Geſchichte und an den
Hiſtoriſchen Jahresberichten. Für feine litera:
rifchen Arbeiten wurde demfelben außer
der günftigen Aufnahme von feiten der
Kritik und der Lejewelt auch ſonſt manche
Anerkennung zu teil. Der Kaiſer von
Öfterreich verlieh demſelben die goldene
Medaille (Kunft und Wiffenihaft); ferner
ift derjelbe Ehrenmitglied der hiſtoriſchen
Geſellſchaft in Berlin und korreſpondie-
rendes Mitglied der königl. böhm. Geſell—
ſchaft der Mifienichaften in Prag. der an:
thropologiihen Geſellſchaft in Wien und
der fönigl. ferb. Gelehrten-Geſellſchaft in
Belgrad.
Seipio, Nudolf (N. Waldheim) ent-
ftammt einer waldediihen Paſtorenfami—
lie, deren Glieder feit 1523 in mehr als
dreihundertjähriger ununterbrochener Reis
henfolge auf der Kanzel geftanden haben,
und wurde am 24. Dezember 1837 in
Mengeringhauſen geboren, wo jein Vater
als Konrekior angeftellt war. Von hier ver:
zog derjelbe bald nachher als Pfarrer
nad) dem im Diemelthale gelegenen Dorfe
MWreren, wo der Anabe jeine Fugendzeit
verlebte und von feiner Großmutter, einer
geiftig hochbegabten Frau, den erften Un:
lerricht empfing, der fi) fogar bis auf
die Einführung in die lateiniſche Gram—
matik erſtreckte, von wo an er dann durch
den Vater fortgeiegt wurde. In dem ſtil—
len Dorfe und unter dem anregenden Ein:
Huf der Großmutter erwachte in dem Kna—
ben fhon früh die Luft zu fabulieren.
Der Vater bejtimmte feinen Sohn zum
Yuchhändler. Diefer aber entbehrte für
die mit feinem Eintritt in diefen Beruf
beginnende kaufmänniſche Thätigfeit ebenjo
596
Sedlmayer.
In ſehr des Geihids als der Neigung und
verwandte feine Freiftunden ausſchließlich
dazu, fih für den Künftlerberuf auszus
bilden. Es gelang ihm denn aud, durch
cine von ihm mobellierte Porträtbüſte,
welche durch Bermittelung ſeines Lehrherrn
in Arolſen in die Hände von deſſen Lands—
mann Rauch gelangte, eine Stelle in deſſen
Atelier zu erhalten, welche ihn ſogleich
völlig unabhängig gemacht und ihm die
erwünſchte Gelegenheit zu weiterer Aus—
bildung geboten haben würde, doch ſchei—
terte die Sache an dem Einſpruche des
Vaters, der nichts von einem Künſtler in
der Familie willen wollte und der den
Sohn zum Ausharren in dem ergriffenen
Berufe anhielt. Nachdem fih S. no eine
Reihe von Jahren vergebens bemüht hatte, dem:
felben ein Intereffe abzugewinnen, griff er, da er
ed nun felbft für zu jpät hielt, das inbezug auf
feine fünftleriihe Ausbildung Berfäumte nachzu—
bolen, zur Feder und veröffentlichte eine Reihe
von Novellen; widmete ſich dann aber der poli»
tischen Tagespreffe, für die er feit dem Jahre 1869
arbeitete, bis er, bald nad) dem Ende der Ara
Falk, infolge eines Artifels über die kirchlichen
Verhältniſſe in Preußen fich genötigt Jah, feine
damalige Stellung aufzugeben. Er lebt in Gel:
jenfirchen, wo er eine Buchhandlung ge:
gründet hat und iſt zugleich als Jugend
und Volfsichriftiteller thätig.
Hauptwerfe: Aus Nord und Süd (1873), Zu
Waſſer und zu Lande (1874, 2. Aufl. 1835),
Durd Wald und Prairie (1877, 2. Aufl. 1879),
Am Rande der Wildnis (1879, 2. Aufl. 1884),
Jenſeits des Oceans (1881), Dur Kampf zum
Sieg (1881), Der Geächtete (1882), Bom Stamme
der Inkas (1884), Ein deuticher Ritter (1885),
Auf freiem Boden (1885, 2. Aufl. 1887), Jürgen
Wullenweber (1886).
Sedlmayer, HeinrihStephan, wurde
am 26. Dezember 1855 zu Brünn als
Sohn des dirigierenden Oberlehrers der
Stadtfhule zu St. Jakob, Anton ©.,
eines verdienftvollen Schulmannes, ges
boren. Nachdem er in Brünn das Gym:
naſium abjolviert hatte, bezog er 1874
die Univerfität Wien und jtudierte bei
Hoffmann, Hartel und Schenkel klaſſiſche
Philologie. Nah Ablegung des Staats:
und des Doktor-Examens wandte er fich
Ser. —
dem Lehramt zu und iſt ſeit mehre—
ren Jahren Profeſſor am Franz-Joſeph—
Gymnafium zu Wien. Sein beionderes
Arbeitsgebiet it Doid. Seine Studien
führten ihn wiederholt ins Ausland,
fo nad) England, in die Schweiz und
zweimal nad Italien. Außer zahlrei—
hen Abhandlungen und Rezenfionen in
wiſſenſchaftlichen Zeitichriften veröffent-
lite er: Prolegomena critica ad Heroides
Ovidianas (1878), Kritiſcher Kommentar zu
Dvids Heroiden (1881), P. Ovidi Nasonis car-
mina selecta (1883), Die Ausgrabungen auf
dem Forum Romanum. Ein Vortrag (1884),
P. Ovidi Nasonis Heroides (Große und fleine
Yusgabe 1886).
See, 1. v., f. A. Lackemann.
Seeber, Joſef, geboren am 4. März
1856 zu Bruned in Tirol, abjolvierte
das Gymnafium in Briren, dafelbjt aud
die theologischen Fächer, wurde zum Priefter
geweiht 1878, ftudierte dann in Inns—
brud unter V. Zingerle Germaniftif und
war ſeit 1881 als Profeſſor am Vincen—
tinum in Briren beihäftigt, gegenwärtig.
wirft er als geiftliher Profeſſor an ber
Militär-Dberrealfchule in MährifchWeiß-
firdhen.
Ende 1883 erſchien fein epifches Gedicht „St.
Elifabeth von Thüringen“, 1885 eine Sammlung
feiner formichönen und gefühlsinnigen Gedichte
unter dem Titel „Ein fliegend Blatt”, 1887 eine
Tragödie „Judas“.
Seeburg, Fr. v., |. Fr. Hader.
Seel, Otto Carl, geb. zu Riga am
2. Februar 1850, bejuchte das Realgym—
nafium jeiner Vaterftadt und bezog dann
1867 die Univerfität Dorpat, um dafelbft
Chemie zu ftudieren. Doc bald wandte
er ſich der Geſchichte zu und fiebelte 1869
nad) Berlin über, wo er unter den ent:
cheidenden Einfluß Mommſens trat. 1872
promovierte er mit der Differtation „Quae-
stiones de Notitia Dignitatum‘‘. Nach—
dem er noch eine Reihe von Jahren teils
in Berlin feinen Studien gelebt, teils ſich
auf Reifen weiter fortgebildet hatte, ha-
bilitierte er fih 1877 an der Univerfität
Berlin.
597
Scemann.
Profeſſor der alten Geſchichte nach Greifs⸗
wald berufen, 1885 ebendaſelbſt zum ord.
Profeſſor ernannt. Außer zahlreichen
Aufſätzen in wiſſenſchaftlichen Zeitſchriften
ſind von ihm folgende Werke erſchienen:
Notitia Dignitatum (1876), Q. Aurelius
Symmachus in den Monumenta Germaniae
historica, script. antiquissimi (1883), Die Ka—
Iendertafel der Pontifices (1885), Die Quellen
der Odyſſee (1887).
Seemann, Juſtus Otto Eberhard,
geboren am 28. Februar 1825 zu Her:
ford in MWeftfalen, widmete fich, vorge:
bildet auf dem Gymnafium feiner Vater:
ftabt, auf den Univerfitäten zu Halle und
Bonn dem Studium der Geihichte und
der klaſſiſchen Philologie, war 38 Jahre
lang als Lehrer zuerit am Friedrih-Wil-
helms⸗Gymnaſium zu Köln, dann am Gym:
nafium zu Eſſen a. d. Ruhr thätig. In
Eſſen begründete er im Jahre 1880 einen
Verein für Lokalgefhichte, deſſen lang:
jähriger Leiter und Vorſitzender er bis
zu feinem Nüdtritte von jeinem Amte
war. Anßer mehreren Beiträgen zur Lo—
kalgeſchichte Eſſens veröffentlichte er 1868:
Götter und Herven, eine Vorjchule der Kunfts
mythologie; 1874 jeine feitdem in mehreren Auf»
lagen wiederholte als vorzüglich anerkannte „Mys
thologie der Griechen und Römer” und betheis
| Tigte ſich als Mitarbeiter an der Herausgabe des
„Liter. Jahresberichts“. Im Herbit 1886 unter
Verleihung des Roten Adlerordens IV. AL.
penfioniert, lebt er ſeitdem, mit literari-
hen Arbeiten beichäftigt, in Hannover.
Seemüller, Joſeph Eufebius, geb.
am15.Oftober 1855 zu Währing b. Wien,
bejuchte das Schottengymnafium in Wien,
ftudierte dann an den Univerfitäten Wien
und Straßburg Germaniſtik und Hall.
Philologie, um ſich vornehmlich jener zu
widmen. Er iſt Schüler R. Heinzels und
bat während feines Aufenthalts in Straß:
burg auch maßgebende Einflüffe durch W.
Scherer erfahren. 1877 zum Dr. phil.
in Wien promoviert, 1878 (und 1882)
für das Gymnaſiallehramt für deutjche
Sprade und Hafj. Philologie approbiert,
1881 wurde er als außerord. | habilitierte er fi 1879 an der Wiener
Segert.
Univerfität für deutiche Sprache und Lite:
ratur und begann im näml. Jahre feine
Thätigfeit an der Mittelſchule. Seine
fchriftitellerifchen Arbeiten bewegen ſich
hauptſächlich teils aufwiffenfchaftlichem Ge—
biete: Quellen und Handſchriften Willirams
(1878), Ausgabe des Williram (1879), Studien
zum Seifried Helbling (1883), Ausgabe des
Helbling 1886, teils auf pädagogiſch-didak⸗
tiihem; von dieſen ſeien feine trefflichen
Erläuterungsichriften zu einzelnen Teilen
des Lehrplanes und der Anitruftionen
vom Sabre 15854 erwähnt: Die Sprachvor—
ftellungen als Gegenstand des deutichen Unter:
richts (1844), Zur Methodik des deutichen Unter: |
rihts (1585), ferner jein Aufſatz gegen den
Betrieb des Mittelhochdeutihen am Gymnaſium
(1884).
Segert, Anna. Am 17. Februar
1861 wurde ih zu Etrelig in Medlen-
lermeifter if. Schon früh wedte meine
Mutter in mir den Sinn für alles Edle
und Schöne. Zuerſt beſuchte ich die
Schule zu Strelig, dann die höhere Töch-
terichule zu Neuſtrelitz. Meine erſten
poetiichen Verfuche, welche von 1871 ab
entjtanden, wurden, al$ meine Mutter
bicjelben entdeckte, konfisziert, weil ich zu:
weilen meine Schularbeiten darüber ver:
nachläſſigte. Ich ſchrieb jedoch heimlich
burg geboren, mwojelbft mein Vater Tifch-
598
— Sehring.
1883 erſchienen meine Dichtungen Wilde
Roſen und 1886 meine Gedichtſammlung
In ſtillen Stunden. Inzwiſchen fanden Ge—
dichte, kleinere Erzählungen und Skizzen
von mir in den verſchiedenſten Zeitſchriften
Aufnahme.
Sehring, Wilhelm, wurde am 12.
April 1816 zu Königsberg in Pr. als der
Sohn eines begüterten Kaufmannes ge—
boren. Gleich nach der Geburt verlor der
Knabe den größten Teil ſeines Augen—
lichtes, auch wurde er durch wiederholte
Krankheiten für immer der vollen Lebens—
kraft beraubt. Zu den verſchiedenen ſchwe—
ren Geſchicken kam der Zuſammenbruch
ſeines väterlichen Handelshauſes; er mußte
die Segnungen jener Glücksgüter einbüßen,
die ihn allein hätten in den Stand ſetzen
können, alle körperlichen Hemmungen zu
überwinden zur freieſten Entwickelung ſei—
nes früherwachten Geiſteslebens. Nach dem
Tode ſeines Vaters in ein Waiſenhaus ge—
bracht, beſuchte er von dort aus das Kneip—
höfiſche Gymnaſium und kam, ſechzehn⸗
jährig, in die Berliner Blindenanſtalt,
deren Direktor, Auguft Zeune, ihn mächtig
und vieljeitig anregte. Darauf beſuchte
er die Vorlefungen von Raumer, Rante
und Steffens und die pädagogischen Kurfe
weiter, ſchaurige Balladen und, wie faft | Diefterwegs. Längft Schon von dem Ber:
unvermeidlich bei jo jugendlichen Dichtern
— ein Trauerfpiel. Mein Vater wurde
zum Vertrauten gemacht, und fpäter ge:
ftattete mir aud) die Mutter nach been: |
deten Echularbeiten das Dichten. So
wuchs id in der ftillen, glüdlichen Ein:
ſamkeit meines Elternhaujes mit meiner
einzigen um drei Jahre jüngeren Schweiter
auf, welche mir aber ſchon, als fie zwölf
Jahre alt war, durch den Tod entrifien
wurde. In meinem leidenichaftlichen
Schmerz um die geliebte Schweiter wurde
mir die Poefie mehr und mehr zur Trö—
fterin. Im Jahre 1880 fchrieb ich ein
Luſtſpiel Kopf und Herz, welches 1881 an
der Großherzoglichen Hofbühne zu Neu:
ftrelig aufgeführt wurde.
Weihnachten
langen erfüllt, fein ganzes Leben feiner
Ichriftitelleriichen Tätigkeit widmen zu föns
nen, begab fi) S. 1837 nad) Dresden und
von dort, durch Tiedge empfohlen, nad
Wien, wo Grillparzer fein Bildner und war:
mer Broteftor wurde. Durch ihn fam er in
das Haus der Frau von Pereira:-Arn-
ftein; dafelbit fand er ein Aſyl des freien
Studiums und Schaffens und Gelegen-
"heit, feine erften Gedichte, Kritifen und
Aufſätze in Zeitichriften zu veröffentlichen.
‚1840 ging ©. nad) Straßburg, wo er,
von den Zeitideen ergriffen, in Verbin—
dung mit deutichen Flüchtlingen und elfäl:
fifchen Dichtern für füddeutiche und ſchwei—
zer Zeitungen eine publiziftiiche Thätigfeit
begann, auch verichiedene Brojchüren her
Seidel.
ausgab, u. a. Gedichte eines Dftpreufen und
Die Cenforiade (1843), welche lettere Schrift an
der badischen Grenze mit Beichlag belegt wurde.
1848 ging ©., durch Freiligrath empfoh-
len, nad) Stuttgart, wo er durch Literatur:
unterricht eine Exiſtenz und durd) Betei: |
ligung an Zeitungen und politiichen Ver:
einen eine öffentlihe Wirkſamkeit fand.
1849 verheiratete er ſich mit Zuife Hetich,
einer edlen Shwäbiichen Jungfrau. Bald
darauf begann S. mit Erfolg jeine rheto-
riſche Thätigfeit in Stuttgart, über die
Heroen unferer klaſſiſchen Literaturepoche
2c., aud hielt er religiöje Reden, für
welche er fi) die bejondere Gattung der
kirchengeſchichtlichen Erbauungsvorträge
Ihuf. Bon Vaterlands- und Freiheits-
liebe begeiltert, begann er Vorträge über
preußiſche Geſchichte zu halten. Die gün—
ftige Aufnahme auch diejer Neden brachte
©. zu dem Entſchluß, von feiner Familie
begleitet, eine rhetorif he Wanderung durch
Deutichland anzutreten. Das Minijterium
erteilte ihm die Erlaubnis, in den Ober:
Hafien aller höheren LZehranftalten auf:
treten zu dürfen, wodurd ſich das Feld
feiner Thätigfeit bedeutend vergrößerte.
Sn Karlsruhe erhielt er an einer höheren
Töchterſchule die Stelle als Lehrer der
Geſchichte, Literatur und Poetik. Er grün:
dete auch dafelbit ein Penſionat für Stu:
bierenbe.
Nach dem Siege 1870 erichienen feine vater:
ländiihen Gedichte gelfammelt. In Preſſe und
Bereinen verfolgte er die weiteren Zeitereignifle, |
auch jchrieb er Theaterkrititen ıc. Durch den Tod |
eines hoffnungsvollen Sohnes aufs tiefite erichüt:
tert, fchrieb er die Trauergefänge „Des Greifes |
Totenflage”. 1883 erichien der erfte Band feiner
unter dem Gejammttitel „Welt und Vaterland“
berauszugebenden literariihen Vermächtniffe, die
Geſchichtsdichtung „Vom Konzil zu Nicäa bis
zum Weitfäliichen Frieden”. Derjelben ſchloß ſich
die Kampfichrift gegen das Welfentum „Die Welf,
bie Zollern“ (1885) an. Gegenwärtig ift ©. mit
der Fortſetzung feiner literariihen Vermächtniſſe
beihäftigt. |
Seidel, Heinrich, ijt geboren am 25.
Juni 1842 zu Berlin, einem Dorfe in
— als der Sohn des dortigen
Pfarrers, der ſich als Dichter frommer
599
Seidl.
Weiſen einen Namen gemacht hat. Hein-
rich befuchte das Gymnafium zu Schwes
rin, wohin der Vater als Divifionspfar-
rer berufen worden. Danach bezog er
die polytechniihe Schule in Hannover, um
ſich der Ingenieurwifienichaft zu widmen.
In Güſtrow erlernte er die praftifche Ma:
ſchinenbaukunde und war dann in Berlin,
wo er feine theoretiihen Studien noch—
mals aufnahm und zum Abſchluß brachte,
als Ingenieur thätig (Bau der Halle des
Anhalter Bahnhofs 2c.). Der reiche Er:
folg, den ©. neben feiner Berufsthätig—
feit auf literariichem Felde errang, bewog
ihn jedod (1380), jene ganz aufzugeben,
um als freier Schriftiteller leben zu kön⸗
nen. Von ſeinen, reiche Phantaſie mit
feinſtem pſychologiſchen Verſtändnis ver⸗
einigenden Schöpfungen heben wir hervor:
Der Roſenkönig (Nov. 1871), Blätter im Winde
(Ged. 1872), Fliegender Sommer (Märd. 1873),
Aus der Heimat (Studien 1874, 2. Aufl. 1885),
Fragezeichen (Mär. 1875), Vorftadtgeihichten
(1880, 3. Aufl. 1885), Winterfliegen (Ged. 1880),
Korinde und andere Gefhichten (1882, 2. Aufl.
1887), Idyllen und Scherze (Bed. 1884), Winter:
märchen (1885), Die Jahreszeiten (ed. 1886),
Naturfänger (ornithol. Skizzen 1888), Neues von
Lebereht Huhnchen und anderen Sonderlingen
(1888), Die goldene Zeit (Erz. 1888).
Seidl, Franz Kaver, am 5. Juni1845
'in Stadtambof bei Regensburg geboren,
widmete fih zu Münden philoſophiſchen
und philologijhen Studien, um den Leh—
rerberuf zu ergreifen. Nachdem er zum
Dr. phil. promoviert worden und fein
Eramen abgelegt hatte, wurde er zu Neu:
burg a. D. angejtellt; 1878 folgte er
einem Rufe als Brofefior an das Gymna=
fium zu Regensburg. Literariich zeichnet
fih ©. vornehmlid ala Meifter der Lyrik
aus. Seine Dichtungen find formſchön,
ungemein zart und lieblid. Außerdem
trat S. auch als dramatischer Dichter und
als Literarhiftorifer hervor.
Hauptwerke: Eichenlaub (Ged. 1870), Dichtun—
gen vom Morgenlande (1871), Das Jahr in Did
tungen (1873), Deutihe Fürſten als Dichter
(1875, 2. Aufl. 1883), Gewitter im Eheſtand
(Zuftip. 1877), Les arts et les sciences dans
le siöcle de Louis XIV. (1878), Vergiimeins
Seippel.
nicht (Geb. 1879), Die Tarquinier (Trauerfp.
1880), Jean Marie (Dram. 1881), Neue Ge:
dichte (1881), Alerander von Württemberg (1882),
Sappho (Dram. 1883), Zum Andenken (1885),
Immergrün (Anthol. 1885), Aus fchöner Zeit
(Anthol. 1885), Ein bayriſches Dichterbuch (1887),
Deflamirbud) (1887), Auf Schloß Brannenburg
(Ep. 1887), Für Did (N. Ged. 1888).
Seippel, Dar, wurde am 14. Ya:
nuar 1850 in Langendreer geboren, wo—
jelbjt fein Vater Paftor war. Er befuchte
die Volksſchule feines Heimatsdorfes,
wurde dann von feinem Vater unterrichtet
und beendete feine VBorftudien auf der
Stabtihule zu Witten. Der Tod des
Vaters (1864), dem die Mutter zwei
Jahre Später folgte, machte dem glück—
lihen Familienleben ein Ende. M. ©.
mußte ſich der faufmännifchen Laufbahn
widmen, in welcder er jeit 1872 in
Bochum thätig ift. Seine Muße benupte
S., um an feiner Weiterbildung zu ar
beiten. Er machte fein Eramen als Lehrer
der Stenographie und hielt zahlreiche
Kurfe ab.
Die Bereinigung Deutſchlands begeifterte ihn
zu feinem erften Gedicht. Jetzt ift S. ein be
liebter Mitarbeiter von Zeitichriften und Tages»
blättern.
beit an die Offentlichleit, mit der im Intereſſe
eines alten Bolföfeftes feiner zweiten Baterftadt
verfaßten Brofhüre „Das Maiabendfeſt zu
Bohum”, welche manch' intereſſantes Material
für den Kulturhiſtoriker liefert.
Seitz, Karl, geboren am 6. April
184473u Bayreuth, wirkt ſeit 1872 als
Lehrer an der Volksſchule und als Ge—
ſanglehrer und Dirigent in Hof a. S.
Er iſt Herausgeber vieler theor. und prakt.
Geſangswerke, Komponiſt von über 50
Männerchören und beliebter Kinderlieder.
Geitinger, Abelbert Emil (Ad. Jung),
am 12. Oktober 1866 zu Suhl (Thü-
ringen) geboren, widmete fih nad abjol-
vierten Schulſtudien dem Kaufmanns»
ftande. Frübzeitig ſchon machte ſich fein
poetifches Talent geltend und bethätigte
600
1881 trat er mit einer größeren Ars
Sello.
1887 erſchien fein erſtes felbjtändiges
Merk: Höhen und Tiefen des Lebens, in wel⸗
chem er eine Reihe fein gezeichneter Sfizgen
zu einem Ganzen jammelte, von der maß-
gebenden Kritif auf das freundlichite be—
urteilt.
Sello, Erih, geboren am 29. Fe
bruar 1852 zu Potsdam. Ich befuchte
das Gymnafium meiner Baterftabt bis
1870. Bis 1873 ftudierte ich in Jena
und Berlin erſt Geihichte, dann Rechts—
wiſſenſchaft. An dem Feldzuge 1870
nahm ich als Freiwilliger im Gardejäger:
und Gardefhügenbataillen teil; am 21.
Dezember 1870 wurde ich in Ze Bourget
durch einen Sranatjplitter gefährlich ver:
wundet. Das eijerne Kreuz ilt mir eine
um fo theurere Erinnerung an jene Zeit,
als id e8 aus der Hand unjeres Kron-
prinzen empfangen durfte. Bon 1873
ab (1873 Referendar, 1878 Aſſeſſor) habe
ich bei verſchiedenen Gerichtsbehörden in
der Mark gearbeitet, nachdem ich inzwifchen
die juriftifche Doftorwürde erworben hatte.
Seit 1879 bin ich als Redtsanmwalt und
jeit 1884 zugleih als Notar bei dem
Zandgeriht I in Berlin thätig. Bon
1881 —84 habe id) als Vertreter des
erften anhaltiſchen Wahlfreijes im Reichs:
tage der liberalen Vereinigung angehört.
Schon feit Jahren gewährt mir mein Beruf
nur geringe Muße für literariiche Thätigfeit, fo
daß fi meine Beröffentlihungen, von Aufläßen
verſchiedenen Inhalts in Zeitungen und Zeit
ſchriften abgefehen, auf die gelegentliche Mittei«
lung lyriſcher Gedichte in diefer und jener Samm:
lung beichräntt haben.
Semler, Chriftian, ift am 27. Juni
1829 in Wiesbaden geboren, abjolvierte
dafelbft das Gymnafium, ftudierte dann
in Bonn und Heidelberg. In Bonn gab
der Antifenfaal die Hauptanregung, ferner
in der Heinen Verbindung der Verkehr
mit Schurz, Meyer, jet Profeſſor der
Pſychiatrie in Göttingen. In Heidelberg
fih fpäter in Gedichten, Märchen und |hörte er nur die Vorträge von Kuno
Novellen, die in Zeitſchriften erfchienen | Fifher und Häuſſer. Danach wirkte er
und mitZ Beifall aufgenommen wurden. | 3 Jahre in Hamburg und hielt öffent:
Sendad).
lihe Vorträge am Johanneum über Ho-
mer, Shafefpeare und Goethe. Dann
weilte er 4 Jahre in England, wo er
Studien im britiihen Mufeum (Skulptur)
und an der Shafefpearebühne fi) widmete.
Seit 1860 wirkte er in Dresden, feit
1870 an der öffentlichen Handelslehr—
anjtalt als Lehrer der deutſchen Sprache,
Literatur und Gedichte.
Bon feinen verdienftlihen Werten heben wir
— Die Schule des Phidias im brit. Mu—
eum, Die äſthetiſche Erziehung und Homer als
die Grundlage derſelben, Shakeſpeare's Hamlet;
die Weltanſchauung und der Stil des Dichters,
Das Thema der Goethe'ſchen Poeſie und Tor—
quato Taſſo, Wallenſteins Lager, Der zerbrochene
Krug von H. v. Kleiſt, Das Weltbild der Ilias
und feine Bedeutung für unſere Zeit, Goethe's
Clavigo und die etliche Weltanihauung des
Dichters, Goethe'3 Wahlverwandtichaften.
Sendah, Lubw., ſ. Deihän Edl.
Hanfen.
Sepp, Bernh., Eohn des Folg., wurde
am 3. September 1853 geboren, wid:
mete fich philofophischen Studien und wirkt
nunmehr als Profeſſor der Geſchichte am
Lyceum zu Regensburg.
Außer der Mitarbeit an der „Felſenkuppel“
auf Moria, deren byzantiniichen Charakter er als
Reifegefährte des Baterd nad) Tyrus ficher ftellte,
rühren von feiner Hand: Aurelius Victor’s
Incerti auctoris liber de origine gentis
manae (1879, 2. Aufl. 1885), Wanderung der
Cimbern und Teutonen (1882), Die Herkunft
der Bayern. Krit. Unterf. gegen die Hypotheſe von
Zeuß, Maria Stuart’3 Tagebuch (1882), Ihre | 1
Antläger (1884), Rücklaß (1885), (Gefammtauss
gabe zum III. Säfulartag ihrer Hinrichtung 1887).
Sepp, J. N. (S. v. Lakberg, Amort
d. Jüngere), geboren am 7. Aug. 1816
zu Tölz im bayerifhen Gebirge, war
von Haus aus zum Theologen bejtimmt
und madte feine Studien unter Görres,
Selling, Schubert, Möhler und Döls
linger. Weil er aber ſchon als Student
unabhängig nah Süd und Nord auf
Reifen gegangen, entließen ihn wegen zu
felbftändigen Geiſtes die Vorftände willig
aus dem Seminar. Zur Doktordiſſer⸗
tation wählte er 1839 aus Forjchertrieb
die Berichtigung der chriſtlichen Zeitrechnung.
601
Sepp.
Daraus erwuchs aber ein ganzes Buch: „Chros
nologie und im Zufammenhange damit die Ura-
nologie". Dies führte ihn unwillkürlich weiter,
er ftellte feft, daß unfere Jahreszahl ab incarn.
nicht bloß um vier, jondern um fieben Jahre zu
kurz, und darum der Evangelienberiht und die
—— verſchoben ſei. Sofort trat er mit
einem „Leben Jeſu“ gegen Dr. Strauß hervor,
welches ind Franzöſiſche überſetzt viele Auflagen
erfuhr. In Zuſammenhang damit ſteht ſeine
Reiſe in den Drient, welche das an neuen geogr.
und architekt. Studien reihe Werk: „Jeruſalem
und das bl. Land. Pilgerbuch nad Paläftina,
Syrien und Agypten” mit 550 Illuſtrationen
als Frucht brachte (1863, 2. Aufl. 1873— 76).
Diefes grundlegende, dem Kronprinzen ded Deut:
chen Reiches gewidmete Werf wurde in England
ſchon in 1. Auflage ald standard work begrüßt.
©. hatte indeß 1844 den Lehrſtuhl der
Geſchichte an der Univerfität Münden
beitiegen, ward aber defjelben beim Kon—
flifte feiner Zuhörer mit den Alemannen
zur Vertreibung der Lola Montez ent
hoben und nad) feiner Heimat Tölz ver:
bannt, dafür aber in die Nationalver-
fammlung zu Frankfurt und in die bayr.
Volkskammer (1849 —54) gewählt. Seit
1850 dem Katheder zurücigegeben, jchrieb
er Das Heidentum und defien Bedeutung für
das Chriftentum. Sepp's „Beiträge zur Geld.
d. Bayeroberlandes“ (1853—54) follten die Grund⸗
lage zu einer Landes: und Volkskunde fein,
Seit 1861 Herr des Kloftergutes Wefjobrunn,
Ro- verfaßte er, aufgefordert von Erzbiſchof Darboy
wider E. Renan das Werk: „Thaten und Lehren
hatte, erließ S. die zweite Bearbeitung der
Apoſtelgeſchichte“ mit einer Vorrede über die
„Theologie der Zukunft“ (1866), Ein Jahr
darauf erſchienen: „Neue ardit. Studien und
bift.sviplom. Forſchungen in Baläftina”. Bei der
erfucht zwifchen einheimifchen und berufenen
Profefioren 1867 abermals amtsentjegt, wurde
er vom Bolte alöbald ind Zollparlament (1868
„Zudwig I, U
Dicher but —
zugleich die Geſchichte der Bayern in Griechen ⸗
Sepp.
land (2. vermehrte Aufl.). Schon von der kath.
Generalverfammlung in Linz 1849 war er nebft
Aug. Reiheniperger und Profeſſor Sigbart zum
wiffenfejaftlichen Vertreter der mittelalterlichen
Kunft beitellt und blieb auch Haupiſprecher im
Ariftlihen SKunftverein, wie in der Folge im
Kunftgewerbe:Berein. Er legte jelber die reichite
Privatſammlung von altdeutihen und altitalie:
nischen Gemälden an, darunter Meifterwerfe
erſten Ranges, und baute jich dafür in der Haupt»
ftadt 1854—56 eine gotiihe Burg. Seine mil:
ſenſchaftliche Thätigkeit trat eine Zeit gegen die
arlamentäre zurüd, und am 19. Juli 1870 ent:
chied jeine patriotische FFeuerrede für den Ein:
tritt Bayerns in den Krieg mit Frankreich. Ab:
drud aus Stenogr. Kammerberichten in S.'s
„Kriegsthaten der Iſarwinklet“ (1874). Ebenfo
entichied ſein Wort mit bei Annahme der Ver:
failler Verträge, welche mit die Grundlage zur
deutihen Kaiferwahl bildeten. Schon am „Laien:
konzil” zu Berlin 1869 hatte S. mit Törg,
Windthorit, Mallindrodt, P. Reichenfperger ſich
beteiligt und billige Verwahrung gegen römijche
bergriffeeingelegt, dann Stellung mit der Schrift:
„Kirhlihe NReformentwürfe, beginnend mit der
Nevifion des Bibelkanons. Ehrerbietige Vorlage
an das Vatikan. Konzil” (2. Aufl. 1879) ae:
nommen. Daran jchloß fih: „Das Hebräerevang.
oder die Marcus: und Matthäusfrage und ihre
friedliche Löſung (1870). Gfeichzeitig mit dem
Janus (uon der Hand feines Schülers Profejlor
Huber) erjchien über die Kirchenfrage in der „N. |
Allg. 3. eine Reihe anonymer Xrtifel von 5.,
die mehrfah in ital. Blätter übergingen. Das
röhte Aufſehen erregte aber im mweitelten Kreiſe
Feine Proteftichrift wider die päpftliche Unfehlbar: |
feit: „Deutichland und der Vatikan” (1872, 2. |
Aufl. 1876). Darauf folgte im Stile eines Nik. |
Elemangis Liber de corrupto statu ecclesiae |
die Reformicrift: „Staats: und Kirchenzuſtände
in Süddeutichland‘ (1578). Eine mwohlthuende |
Unterbrechung des Kammerlebenä bot 1874 die
zweite Reife nach den Djtländern im Auftrage
des Reichskanzlers, um die ältefte Kathedrale
der Ehriftenheit auszugraben und womöglich die
Gebeine des hier im Kreuzzuge beftatteten Kaiſers
Barbarofja zurüdzubringen. Die „Meerfahrt
nah Tyrus’ (1879) giebt darüber Aufichluß.
Erſchienen find ferner: Dad Amagonentum im
Abendland (1872), Altbayerischer Sagenſchatz zur
Bereicherung der indogermaniihen Mythologie
(1876). Die Säfularleier der Geburt feines
Lehrers bot Anlaß zum Buche: Görres und feine
Beitgenofien (1877), worin deſſen energiiche Ab»
lehnung der Unfehlbarkeit betont ift. Eine ein«
fache Lebensſtizze war in 2. Aufl. 1848—49 er:
ſchienen. Dann: Urfprung der Glasmalerkunft
im Kloſter Tegernjee (1878), Die Felſenkuppel,
eine Juftinian. Sophientirche (1882, zugleich mit
feinem Sohne und Reifegefährten nad) Jerufalem |
602
Sermond.
Dr. Bernd. Sevp herausg. mit Illuſtr.), Ein
Bolf von zehn Millionen oder der Bayerftamm,
Herkunft und Ausbreitung über Ofterreih, Kärn—
then, Steiermark und Tirol. Kampfichrift wider
Czechen und Magyaren (2. Aufl.), Der bayer.
Bauernfrieg mit den Schlahten von Sendling
und Nidenbah (1884). Dichtungen: Markos
Botzaris (Trauerfp. 1869), Der Militärflüchtling
oder die Iſarwinkler im Franzoſenkrieg (1870),
Das Haberfeldtreiben (Rolfsit.), Der Yägermirt
und die Sendlinger Schladt (1832), Die gött:
lihe Tragödie oder Paſſion unſeres Herrn und
Heilands Jeſus Chriftus (1886). Inzwiſchen
fallen Broſchüren wie: Dr. Lud. Merz, ein Le
bensbild (1860), Bayern und die neue Ara
(1865), Denkſcheift in Sache meiner Quittierung
(1868), Friedrich I. Barbaroſſas Tod und Grab
(1879), Bibliihe und profane Wunderthäter
(1880), Frankfurt, das alte Asitiburg beim
Geogr. v. Ravenna (1882), Die Handiwerkerfrage
(1881), Kaſp. Winzerer, der goldene Ritter,
Heldenvater des Bayeroberlandes (1887).
Sermond, Heinrich, geboren zu Hei—
ligenftadt am 15. Mai 1841, bejuchte
das dortige Zehrerjeminar, wurde 1862
dajelbii Gymnafial-Elementarlehrer, nahm
1864/65 an einem Kurſus in der Kol.
' Bentral-Turnanftalt in Berlin teil, kam
1869 als Seminarlehrer nad) Fulda,
ging 1871 mit Urlaub auf ein Jahr in
gleiher Eigenihait nad Straßburg und
Colmar, fehrte 1872 nad) Fulda zurüd,
abjolvierte 1874 einen für Seminarlchrer
veranftalteten Zeichenfurjus an der Königl.
Zeihen: und Maler-Akademie in Kaſſel,
wurde 1875 Sreisichulinipeftor für die
fatholiichen Volksſchulen der Kreife Fulda,
Schlüchtern, Golnhaufen:Orb und Hanau
und 1884 auf feinen Wunſch in derjelben
Eigenihaft nad Weſel (für die katho—
liſchen, evangelifchen und jüdiſchen Volks-,
höheren Knaben- und Mädchenſchulen des
Kreiſes Rees) verſetzt.
Hauptwerke: Handfibel nach der Schreibleſe—
Methode, Handfibel nach der Normalwörter-Me—
thode, Anleitung zur Erteilung des Zeichenunter:
richtes, mit 24 Tafeln für das Ne: und ſtigmo—
graphiiche Zeichnen, Handbuch für den Turnuns
terricht in Elementar: und höheren Schulen, Rea—
lienbuch für fatholifche Elementarfchulen, gemein»
Ichaftlich herausgegeben mit 9. Lettau, Liederbuch
für katholische Volksschulen (im Anſchluß an das
im amtlichen Auftrage erfchienene Leſewerk), Lies
derbuch für Volks: und Mittelfhulen (im Anſchluß
Seuberlid). —
en das Gabriel⸗Supprian'ſche Leſewerk, gemein;
ſchaftlich herausgegeben mit Rektor W. Bartho—
lomãus).
Seuberlich, Rudolf Wilhelm, wurde
am 13. Dezember 1841 zu Riga gebo—
ren, woſelbſt ſein Vater Bürgermeiſter
war, ein durch Gaben des Geiſtes und
Herzens gleich ausgezeichneter Mann, von
dem der Sohn die Liebe zur Muſik und
Poeſie geerbt hat. Nach dem Tode des
Vaters (1856) entſchloß ſich S. zum
kaufmänniſchen Beruf, da er ſeinen Kräften
und Fähigkeiten, Muſiker zu werden,
wozu er die größte Neigung in ſich ver—
ſpürte, nicht genügend traute. Nach be—
endeter Lehrzeit, welche ſechs ſchwere
Jahre umſchloß, ging er auf Reiſen, um
603
Seydel.
Weiße auf ihn ein. Dieſer wurde ſein
Berater bei allen inneren Kämpfen, die
ihm durch das Schwanken zwiſchen frei⸗
finnig:philof. und kirchlich-theolog. Uber:
jeugungen erwuchſen. &. war zwar zum
Studium der Theologie übergegangen, aber
fein ganzes Weſen und Streben führte ihn
der Philoſophie zu, umfomehr als jeine
Schrift: Schopenhauer's philoſophiſches Syſtem
(1856) preisgefrönt wurde, welche Schrift
ihm auch zur Promotion diente. Längſt
Ihon gehörte ©. dem Freimaurerbunde
an und zwar zuerjt mit ganzer Seele.
Er ſah diejen Bund als eine Vereini-
gung in liebevollem Gottſuchen an. Dar:
aus entjtanden auch jeine Maurerſchriften:
Reden über fFreimaurerei an denfende Nichtmaurer
die Welt kennen zu lernen und feine (1859), Katholizismus und Freimaurerei gegen
Epradfenntnifjezuvervollfommnen. Nad)
einem zweijährigen Aufenthalt in Frank:
reih und Spanien kehrte er in die Heimat
zurück, war dafelbit zuerft als Korreſpon—
dent thätig, etablierte ſich dann mit
Glück als Agent und verband fich zu
glüdlichiter Ehe mit einer trefflichen Kla—
vieripielerin Lifinfa von Schlaeger.
In diefe Zeit fällt die Herausgabe feiner Ge:
dihtfammlungen „Meine Muſe“, die R. S. mit
Recht zu einem der beliebteiten baltiſchen Dichter
madten. Außerdem bervorzuheben: Eine tolle
Geſchichte (Schwank) und Wilder Garten (Ged.).
Seydel, Georg Karl Rudolph, ift
am 27. Mai 1835 in Dresden als Sohn
eines Kaufmannes geboren. Die Eltern
lebten troß ſcharf unterichiedener, bewußt:
voll vertretener religiöfer Überzeugungen
in größtem Frieden und gegenfeitiger
Anerkennung, ein Umſtand, der dem
ganzen Leben und Streben des Sohnes
Grundlage und Richtung gab. Diefer
befuchte die Annenſchule und die Kreuz
ſchule feiner Vaterftadt und bezog 1852
die Univerfität Leipzig, um ſich zunächit
in einer mehr poetilchen als wiſſenſchaft⸗
lihen Begeifterung dem Studium bes
Haffiihen, vorwiegend des griechiſchen
Altertums zu widmen (unter Nisich,
Kos und Weftermann). In der Philo-
fophie wirkte bejonders Chrift. Herm.
Biſchof Ketteler (1862) und zahlreiche Artikel in
der maur. Zeitfchrift „Die Bauhütte“ (1858— 71).
Enttäufhungen blieben dem jungen Idea—
liſten nicht erijpart und führten ſchließlich
zu feiner Trennung von der Loge, nad):
dem er lange Zeit für deren Reform
‚bemüht gewejen war. Gewiſſermaßen
an die Stelle der maureriſchen traten
immer mehr die kirchlichen Reformbe—
ſtrebungen. 1867 gründete S. mit Gleich—
geſinnten in Leipzig einen Lokalverein
‚des deutſchen Proteſtantenvereins; eine
‚Reihe von Jahren gehörte S. dem en—
'geren Ausihuß des Gefammtvereins an
und hielt in verfchiedenen Städten Vor:
träge in deilen Intereſſe. Diefelben er:
Ihienen meiſt gejammelt in: Die Religion
und die Religionen (1872), Religion und Wil:
fenfhaft (1887); dorthin gehört auch das Vor:
wort zu „Die Lehre Jeſu“ (1866). Im Jahre
1860 habilitierte fih ©. in Leipzig für
Philoſophie (Fortſchritt der Metaphyſik unter
den älteſten ioniſchen Philoſophen). 1867
wurde S. außerordentlicher Profeſſor und
verheiratete ſich. Aus der Schelling-Hegel—
ſchen ®rundlage hervor, an der Hand Weiße's,
geitaltete fi ihm bald ein eigenes Lehrgebäude,
das er in mehreren Schriften und in feinen Bor:
lefungen darſtellt. Eine „Logik oder Willen:
ſchaft vom Wiſſen“ erfhien 1866, die „Ethif
oder Wiflenihaft vom Seinfollenden” 1874.
Der Tod Weiße's gab Veranlaffung zu dem Nes
frolog „Ehrift. Herm. Weihe‘ (1866) und zu
Seydlitz.
der Herausgabe der „Kleinen Schriften zur Äſthe—
tif und äjthetiihen Kritit von Weihe‘ (1867),
von „Weiße's Piychologie und Unfterblichkeits-
lehre nebſt ——— über Materialismus“
(1869), von „Weiße's Syſtem der Üſthetik nach
dem Kollegienhefte letzter Hand“ (1872). Als
Nebenfach bearbeitete er die Religionsgeſchichte
in: Das Evangelium von Jeſu in ſeinen Ver—
hältniſſen zu Buddhaſage und Buddhalehre (1882),
Die Buddhalegende und das Leben Jeſu (1884),
Buddha und Chriſtus (1884). Jüngſt hat S.
der Öffentlichkeit aus dem Nachlaß von Snell über:
geben: Borlefungen über die Abftammung des
Menſchen 11887).
Seydlitz, Friedrih Loudolph von,
geb. am 1./13. Juni 1813 in Ejthland
auf dem Rittergute Repnid, deſſen Beſitz
nahezu 100 Jahre fih in deſſen Familie
vererbte. Friedrich Loudolph befuchte in
Narva die Privatichule des Königsberger
Profeſſors Dr. Leipolz, in Reval die Rit-
ter- und Domſchule, von wo er 1827 in
die Ingenieurafademie trat, 1831 Offizier
ward, aber 1836 wegen ſchwacher Ge:
fundheit den Meilitärdienft verließ, um
fein väterliches Erbe anzutreten. Nun
widmete er fi mit Eifer der Landwirt:
Ihaft, erwarb fih durch Eelbftudium die
theoretifchen Kenntniffe und hörte zeitweife
die Vorträge von Profeſſor Schmalz und
Petzold auf der Univerfität Dorpat. Der
bald jehr erweiterte Kreis jeiner Thätig-
feit führte ihn ins Gouvernement St. Be
tereburg, wo er gleichfalls ſich anfaufte
und jo auch praktiſch die landwirtichaft:
lihen Berhältniffe nicht allein der Oſtſee—
provinzen, jondern ebenfalls aud) der ruf:
fiihen fi) aneignete.
Als Mitglied der ruff. faif. öfonomifchen Ges
jelihaft ward ihm ein reiches Feld zur litera⸗
riſchen Thätigkeit in diefem Fade. Zu diefem
Zwed unternahm er Reifen in verfchiedenen Tei-
len Rußlands, um zuerft fein ausgedehntes Ba:
terland gründlich fennen zu lernen, und dann erſt
befuchte er faft alle europäiſchen Länder, wodurd
er fi einen reihen Schaf zu fpäteren Arbeiten
fammelte. Nachdem er feinem Baterlande als Mi—⸗
litär und Civil über 30 Jahre gedient und in
diejer Zeit, bis auf eine Tochter, jeine ganze Fa»
milie dur den Tod verloren hatte, übergab er
diefer fein Befigtum und lieh ſich 1875 in Dress
den nieder, wo er ala erſten Verſuch in deutfcher
604
Seyſſel d'Aix.
1883 (2. Aufl. 1887) erſcheinen ließ und, durch
ſehr vorteilhafte Kritifen aufgemuntert, ſich ſeit⸗
dem mit der Beſchreibung feiner Reifen und Er
lebniffe zur ferneren Beröffentlihung befchäftigt.
Seyſſel d'Aix, Kamilla Gräfin (E.
Greffieur), im Jahre 1842 geboren, ent-
ſtammt einer alten öjterr. Adelsfamilie.
Sie genoß in einem adel. Stift ihre Er:
ziehung und vermählte fih 1865 mit dem
als Militärfchriftiteller befannten Grafen
Seyfiel d'aix. Durch ſchwere Schickſale
ihres Vermögens beraubt, betrat fie die
(iterariihe Laufbahn noch zu Lebzeiten
ihres Gatten (F 1872) mit dem Roman:
Aus dem High-life, der feiner Tendenz >
Aufjehen erregte und in mehrere Sprachen über»
ſetzt wurde. Demfelben jchloffen jih an: Die
Kunftreiterin (Rom.) und eine Novellenfammlung,
außerdem zahlreiche Aufläge in Zeitichriften. Als
Feuilletoniftin im Grazerblatte bejchäftiat, lie—
ferte die Autorin für diefes und andere Blätter
zahlreiche Artikel, welche dazu beitrugen, ihren
Namen aud weiteren Kreiſen befannt und beliebt
zu maden. K. ©. d'A. lebt in Graz.
Siebenlift, Auguft, warb am 28.
Auguft 1849 zu Karlburg in Ungarn ge
boren. Seine erjte Ausbildung empfing
er in Preßburg. An der Wiener Univer:
fität widmete er fih, unter Bonitz, Vah—
len, Pfeiffer, Scherer, Robert Zimmer:
mann u. a., dem Studium der Philologie
und Philofophie. In Leipzig wurde er
zum Doktor der Philofophie mit Auszeich
nung graduiert. Seine ſchwächliche Ges
ſundheit hinderte ihn, ein öffentliches Lehr:
amt zu übernehmen. So bethätigte er
fih denn als Erzieher und Hauslehrer
in zahlreihen Familien, wie bei dem
regierenden Fürften Liechtenftein, bei Graf
Neventera, bei Graf Stephan PBalffy x.
Bereits an der Univerfität Hatte ihn
jener Teil des Elaffiihen Altertums,
welcher fih mit der Äſthetik berührt,
am mächtigften angezogen. Da war es
Vahlen, der meifterlihe Kenner ber Aris
ftotelifhen Poetik, welcher, wie fein
Zweiter, die rechte Bahn zu weiſen ver:
mochte. Nur fuchte ©. in feinem hod:
bedeutenden, geradezu bahnbrechenden
Sprade fein Büchelchen „Nordiſche —2 Hauptwerke: Schopenhauers Philoſophie der
Siebenlift.
605
Siebenlift.
Zragöbie (1880), infofern Bahlen gegenüber — auf, als ich (1886) die bedeutendſte drama⸗
ergänzend und reformierend auf dem Ges |
biete der Wiljenichaft des Schönen zu wir:
fen, als er von der Überzeugung aus—
ging, daß jene Theorie des Stagiriten für
die moderne Tragödie ‘zwar gleichfalls
ihre Richtigkeit fortbefige, aber nicht mehr
die ganze Wahrheit jage, nicht mehr für
eine durchaus befriedigende, reftlofe Er:
klärung ausreiche. S. wies zuerjt dar:
auf hin, daß es dem Tiefblide eines
Vhilofophen des neunzehnten Jahrhun—
derts, daß es Schopenhauer vorbehalten
war, über das innerfte Weſen des Trauer:
ipiels volles Licht zu verbreiten. Da die:
fer indeß feinerlei zufammenhängende Dar:
ftellung der Gejege des Dramas hinter:
lafjen hat, fo lag ©. die Rekonitruftion
eines ſolchen förmlidyen Syſtems aus des
Philoſophen ſämmtlichen Werfen ob; eine
Arbeit, bei welder die Konzeptionskraft
des ausbauenden Aijthetifers mit der
Sammleraufgabe des Bhilologen zum min:
deſten gleichen Schritt hielt; wenn nicht,
im Hinblid auf die befannte geniale, je:
doch mannigfach lüdenhafte Schopenhauer:
ſche Denkungsweiſe, jene erjtere jtarf über:
wog. Diefer angedeuteten Richtung blicb ©.
auh in fleineren Monographien über Homer,
Sophokles, Tacitus, Shakefpeare, Kleift, Lenau
u.a. treu und iſt gegenwärtig (1887) mit Aus;
arbeitung einer in geichichtlicher Abfolge vorge:
nommenen fritiihen Prüfung der bedeutenden
Theorien der Tragödie, ſowie mit Abfaſſung
einer „Pädagogik nah Schopenhauerichen Grund:
fügen” beichäftigt.
Siebeuliſt, Joſef, geb. am 9. Fe
bruar 1847 zu Preßburg. Ich ftudierte
nad): und nebeneinander Jus und Volks—
wirtihaft, Spraden und Medizin, letz—
tere an der Wiener Univerfität. Als Four:
nalift arbeitete ic) auf allen Gebieten,
mit Vorlicbe jedod auf dem Gebiete der
Sozialpolitif und des erniteren Feuille:
tons. Gelegenheit dazu hatte id, indem
ih durch fünf Jahre die Redaktion des
größten deutichen Brovinzblattes Ungarns,
des Weſtungariſchen Grenzboten“, führte.
Als Schriftſteller im engeren Sinne trat ich erſt
laſſung wurde,
tiſche Dichtung Ungarns, Madachs „Tragödie des
Menſchen“ verdeuiſchte. Die Überſetzung fand
allgemeine Anerkennung in Ungarn. Meine letz⸗
ten Arbeiten find: eine Dialektpoſſe „gwei vom
Brettel” und ein Schaufpiel mit Geſang „Die
ältere Schweiter” (beide in Gemeinſchaft mit C.
2, Zwerenz). Seit 1887 lebe ih als Mit-
arbeiter des „Weltblatt” in Wien.
Siebenlift, Ottilie, am 14. Oftober
1859 zu Preßburg geboren, genoß da—
jelbjt ihre Ausbildung und Erziehung und
widmete fi alsdann der lyriſchen Dich:
tung ſowie der leichteren Novelle. Mandes
davon erſchien in Preßburger und Wiener Blät:
tern, deren langjährige beliebte Mitarbeiterin fie
iſt.
Sieber, Ferdinand, iſt am 5. De—
zember 1822 in Wien geboren, wo ſein
Vater, ein ausgezeichneter Sänger, am
Kärnthnerthortheater als erſter Baſſiſt
wirkte. In dem Knaben regte ſich, da
auch die Mutter eine treffliche Klavier—
ſpielerin war, ſchon früh die Neigung
zur Muſik und der ſehnliche Wunſch, ſich
ihr zu widmen. Leider ſtarb der Vater
ſchon im Jahre 1829 in der Blüte ſeiner
Mannesjahre in Kaſſel, wohin ihn Spohr
zur Oper berufen hatte, was die Veran—
daß feine Wittwe nad)
Dresden überfiedelte. Hier empfing der
Sohn in dem Blochmannſchen Gym:
nafialerziehungshaufe feine vielfeitige und
ausgezeichnete Bildung. Neben bejonderer
Begabung für das Studium der alten
und modernen Sprachen zeigte der Knabe
ein hervorragendes Talent für Muſik und
Geſang; in beiden erhielt er tüchtige An:
leitung und entzüdte bald bei den Schul:
fejtlichfeiten durch feine paftofe und ums
fangreiche Altſtimme. Als fih diejelbe
nad) frühzeitiger und fchneller Mutation
in einen fonoren Baß umgewandelt hatte,
unterzog ſich Joh. Mikſch, der große
Singemeijter, der Ausbildung des jungen
Mannes zum Gefangskfünftler. Seine
Lehre trug fo gute Früchte, daß fein
Schüler fih nad) mehrjährigen Studien,
zuerjt in Brendels Vorlefungen über Ge:
—
Sieber.
ſchichte der Muſik und ſpäter (nach ab—
ſolvierter Maturitätsprüfung) in den
meiſten Konzerten in Dresden mit großem
Beifall hören ließ. Mikſch entdeckte aber
zu ſeiner Freude an Sieber noch ein be—
ſonderes Lehrtalent, ſo daß der alte Herr
ſich oft durch ſeinen Schüler vertreten
ließ. Dies wurde vom höchſten Werte
für ©.’8 eigene ſpätere Lehrthätigkeit.
Tenn dem jungen Künftler jagte das
Theaterleben, in das er zunächſt 1844
als Baffiit an der Detmolder Hofbühne
trat, auf die Dauer nicht zu, weshalb er
— nad mehrjährigen Geſangſtudien in
Stalien unter Forini und Ronconi —
fih ganz dem Unterrichtsfache zu widmen
beichloß und 1853 als Gejanglehrer,
Komponift und Schriftiteller in Berlin
niederließ. Ein Jahr früher war fein erftes
Bud: „ABE der Geſangskunſt“ erſchienen und
hatte feiner prägnanten Lehrweiſe wie der ori—
ginellen Dispofition halber ſehr großen Beifall
gefunden, wurde mehrfad aufgelegt und auch ins
Holländifhe überſetzt. Das Hauptwerk Siebers:
„Vollſtändiges Lehrbuh der Geſangskunſt“
(2. Aufl. 1878) fam einige Jahre jpäter heraus,
ihm wurde von den größten Tonfünftlern und
von der gefammten Kritik der erſte Pla unter
allen Werfen eingeräumt, die bisher über Gefang |
erſchienen waren. Hieran reihten fich eine große
Anzahl von Übungen, Vokaliſen und Solfeggien
als praftifches Studienmaterial: „Die Schule der
Geläufigkeit“, „Sechzig leichte Vokaliſen“, „Hun:
dert ſchwerere Solfeggien“, „Sechzig Vokaliſen
für vorgerüdtere Schüler zur höheren Ausbildung
der Technik”, „Vierundzwanzig 16taftige Voka—
lifen als Intonationsftudien für die Intervalle“,
„Sechzig zweis, drei» und mehrftimmige Voka—
liſen“, „Aphorismen aus dem Geſangsleben“,
„Die Ausſprache des Italienischen im Gefange“, |
der bereitö in vierter Auflage erfchienene und
zweimal ins Englifche überjette:
Außerdem viele Beiträge in Zeitjchriften und
gegen 300 Lieder, von denen einzelne jehr populär
geworden find (z. B. „die Schwalbe Hlopft ans
Senjterlein“). Daneben war ©., der in:
zwiichen zum fönigl. Profeſſor der Muſik
ernannt und noch mander anderen Aus:
zeichnung teilhaftig wurde, als praftifcher
Lehrer mit vorzüglichftem Erfolge thätig
und bildete eine ganze Reihe trefflicher
Künftler und Künftlerinnen aus. Siebers
606
„Katechismus |
der Geſangskunſt“, „Die Kunft des Gefanges“ zc.
Siedler.
\ Werfe haben fi im Unterrichte jeit 30 Jahren
| derart eingebürgert, daß fie in den meiften Ron
'fervatorien in Deutichland, Äſterreich, Holland
‚und England, in faft allen Mufifichulen Amer
rikas benutzt werden. Sie gelten ald das weit⸗
aus befte und ſyſtematiſch förderndfte Studien,
| material.
Siedler, Johanna, wurde am 17. Fe
bruar 1835 zu Neu-Stettin (Pommern)
geboren, wo ihr Water Oberlehrer am
Gymnaſium war, jedod wenige Wochen
nad) ihrer Geburt eine Landpfarre über:
nahm, vier Jahre jpäter als Hofprediger
und Superintendent nad) Stolp und wie
derum zwei Jahre ſpäter als Konfiftorial:
rat nad) Pofen fam. Schon in zarter Jus
gend zeigte fich bei Joh. ©. ein Talent
zum Dichten und Fabulieren, gleichzeitig
befondere Neigung zum Lehrfach, die von
den vortrefflihen Eltern gepflegt wurde.
Neunzehnjährig ging Joh. auf zwei Fahre
als Erzieherin nad) Echlefien in die Far
milie eines Freiherrn von Seydlig. Dort
reifte in ihr der Entichluß, für die Ju—
gend zu fchreiben, und fie verfaßte da—
jelbft mehrere ihrer jpäter gedrudten Er:
‚zählungen. Da inzwiichen der Vater aus
Gefundheitsrüdfichten fein Amt niederge
legt und eine Landpfarre in Pommern
übernommen hatte, fehrte fie in das El
ternhaus zurüd, um ihren jüngeren Ges
ſchwiſtern Lehrerin zu werden. Bald je
doch erfranfte fie an einem Rücdenleiden
und bradte fieben Jahre faſt ununter:
brochen auf dem Kranfenlager zu. Den
jo jehr geliebten Beruf als Lehrerin mußte
fie num aufgeben, mit um fo größerer Reis
gung ergab fie ſich der Schriftftellerei. So ent
Itanden in ihrer langen Krankenzeit die viel ges
leſenen Jugendichriften Miranda (1860, 2, Aufl.),
Haideblumen (1861), Epheuranten (1862) und
zahlreihe Beiträge für Zeitichriften. 1862
wurde fie in die Heilanftalt des Kräuter:
doftors Lampe nad) Goslar gebradt, und
nad einer längeren Kur kehrte fie her
geftellt nach Haufe zurüd. Nun unter
richtete fie wieder, ſchrieb für Jugendblät-
ter und gab 1870 ein neues Werk Feſt—
blumen heraus. Nach dem Tode ihres Va
Siegel.
ters begab fie ſich 1871 nach Berlin, wo
fie fi als Spracdhlehrerin niererließ und
1874 als Lehrerin an einer höheren Tödh:
terfchule angeftelt wurde. Mit einer
freuen Freundin gründete fie fi in Ber:
lin eine behagliche Häuslichkeit. Die große
Arbeitälaft ihrer Stellung in der Schule lich ihr
nur wenig Zeit zu Schriftftelleriicher Thätigkeit,
regte fie abır zu Dichtungen für die Schule an:
Sedanfeftipiel (1880), Hänſel und Gretel (Mär:
chendichtung 1883, 5. Aufl. 1886), Die Schnee
fönigin (1885, 2. Aufl. 1886). Ihre Thätigkeit
an der Schule veranlafte fie aud) zur Herausgabe
vonenglifchen vortrefflichen Shulbüchern: History
of English literature (1883, 3. Aufl. 1888)
und Readings of the best English authors
(1886). ‚
Siegel, Heinrih, wurde am 13. April
1830 in Ladenburg (Baden) geboren,
widmete fi dem Studium der Rechte zu
Bonn und Heidelberg, wurde zu Gießen
zum Doktor promoviert, habilitierte ſich
1853 an legterer Univerfität und ging
1857 als außerord. Profeſſor nah Wien,
woſelbſt er 1862 zum ordentlichen Pro—
feſſor ernannt wurde. Bereits 1861 er:
wählte ihn die Akademie der Willen:
ichaften zu ihrem Mitgliede und ſeit 1875
fungiert er als deren Generalfefretär.
Im Fahre 1879 wurde ihm der Hofrats»
Titel verliehen. Bon feinen, durch die
Fachkritik beſonders hervorgehobenen Wer:
fen: find vorzüglih zu nennen: Die ger-
manifche Berwanbtichaftäberehnung (1853), Das
deutſche Erbrecht nach den Nechtöquellen des Mit:
tefalters (1853), Geichichte des deutichen Gerichts:
verfahrend (1857), Die Lombarda:Kommentare
(1862), Delterreihifhe Weistümer (1870), Das
Verſprechen als Verpflihtungsgrund im heutigen
Recht 11873), Deutiche Rechtsgeſchichte, ein Lehr:
buch (1886).
Siegen, Karl, wurde am 12. Sep:
tember 1851 zu Weimar geboren, abjol:
vierte das Gymnaſium dajelbft und wid:
mete fi) alsdann philologiihen und
literargefchichtlihen Studien zu Jena,
wo er 1875 zum Dr. phil. promoviert
wurde. Nur kurze Zeit übte er den er:
wählten Beruf als Lehrer aus; denn
bereits Ende 1875 übernahm er die Ne:
daftion der Zeitjchrift „Deutichland” in
607
— Siegfried.
Weimar. Die Jahre 1878—80 weilte
er darauf in Chemnig als Redakteur des
„Ch. Tageblattes“, jeit 1880 in Leipzig.
S. madte fi) bejonders verdient durch
eine trefflihe Ausgabe von Kleiſt's aus:
gewählten Dramen und feine Bearbeitung
von Kleift’s „Käthchen“. Selbftändig trat
er mit Gedichten und mit bramatifchen
Arbeiten hervor und fand auf beiden Ges
bieten Anerkennung. Daneben ift er aud)
als Kritiker und Germaniſt thätig.
Hauptmwerfe: Lorbeerkränze (1871), Rofalinde
(Dram. 1872), Das Gottesminnelied (1879), Kleiſt
und der zerbrocdene Krug (1876 und 1879), Die
Wittenbergifhe Nachtigall (1883).
Siegfried, Carl, am 22. Jan. 1830
zu Magdeburg geboren, wurde auf dem
Domgymnafium daſelbſt vorgebildet und
bat 1849 —53 in Halle und Bonn ans
fänglih Philologie, Später Theologie
ftudiert. Nach Ablegung der beiden theo—
fogiichen Prüfungen und des Examens
pro facultate docendi in Halle 1859
wurde er zum Dr. phil. promoviert, nach⸗
dem er vorher ſchon jeit 1857 in den
preußifchen Schuldienft getreten war. Er
bat 18 Jahre auf den Gymnafien von
Buben, Magdeburg und Pforte als Lehrer
gewirft. An der letztgenannten Anftalt
war er auch zugleich zweiter Geiftlicher.
Im Jahre 1875 wurde er von der theol.
Fakultät zu Jena zum D. theol. freiert
und im Herbſt deſſelben Jahres als
ordentl. Brofefjor der Theologie nad) Jena
berufen, an welcher Univerfität er noch
jegt wirft, feit 1885 zum großherzogl.
Kirchenrath ernannt.
Hauptwerfe: de inseriptione Gerbitana
(1863), Die bebräifchen Worterflärungen des
Philo und die Spuren ihrer Einwirkung auf die
Kirchenväter (1863), Spinoza als Krititer und Aus»
leger des U. T.’3 (1867), Philo von Alerandria
als Ausleger des A. T.'s (1875), Über die Aufs
gabe der Geichichte der alttejtl. Auslegung (1876),
Neuhebräiihe Grammatif (1884), Eusebii cano-
num epitome ex Dionysii Telmaharensis
chronico petita (1884, zufammen mit H. Gelzer),
Mitarbeiter an Lipfius’ Theol. Jahresbericht ſeit
1881 (für das 9. T.), außerdem zahlreihe Ab-
handlungen in Beitichriften.
En — — — — — — — — —
Sifing. —
Siking, Franz, am 1. November
1845 zu Mannheim geboren, machte ſich
literariſch zuerſt durch ſeine wohl berech—
tigte Polemik gegen die „Gartenlaube“
bekannt: die Streitſchrift Ein Kampf mit
der Gartenlaube giebt intereſſante Enthül—
lungen über manchen wunden Punkt un—
ſerer literariſchen Zuſtände, zumal auch
kennzeichnet er den moraliſchen und kri—
tiſchen Standpunkt des Durchſchnitts der
deuiſchen Leſerwelt. Selbſtſchaffend trat
S. zunächſt mit einigen Dichtungen in
gebundener Sprache und mit kritiſchen
Aufſätzen hervor, einen Namen als Poet
erwarb er ſich jedoch durch ſeine meiſter—
haft gezeichnete Roſe von Urach (1882). Der:
jelben folgten Des Nordlands Königätochter
(1884), Das Dratorium Saul und David und
das, auch in fremde Sprachen überjegte urger-
maniſche Märchen „Gerſemi“ (1887, von Grot:
Johann iluftr.). Außerdem zahlreiche novel:
liftiiche Beiträge in der Tonger’fhen „Neuen
Mufitzeitung“. S. lebt nod) jeßt in Dann:
beim als freier Schriftſteller.
Silberjtein, Adolf (Detoös), am
1. Juli 1845 zu Budapeft geboren, ab:
folvierte daſelbſt ſeine Gymnaſialſtudien
und gab ſich alsdann zu Leipzig, Berlin,
Heidelberg philoſophiſchen und beſonders
literarhiſtoriſchen Studien hin, nach deren
Abſchluß er ſich dem journaliſtiſchen Be—
rufe widmete. Zunächſt als Schüler Gott—
ſchalls und Laubes in Deutſchland her—
vortretend, wandte er ſich darauf ſeiner
Heimat zu (1870), als politiſcher Re—
dakteur, daneben auch als freiſinniger
Feuilletoniſt und als ſchneidiger Kritiker
ſich bethätigend. S. lebt als Redakteur
des „Peſter Lloyd“ in ſeiner Vaterſtadt
und genießt ſowohl in Oſterreich wie in
Deutſchland, ſeiner Talente halber, das
höchſte Anſehen:
Hauptwerke: Katharſis des Ariſtoteles (1867),
Rudolf Gottſchall (1868), Philoſophiſche Briefe
an eine Frau (1873), Dichtkunſt des Ariſtoteles
(1876), Bibel der Natur (4. Aufl. 1880),
Strategie der Liebe (1880), überſetzte aus dem
ae rag Iblai, Mitszäth, Bartöf, Helene
v. Beniczky.
608
I
— Silberſtein.
Silberſtein, Auguſt, geboren am
1. Juli 1827 in Ofen, ſtudierte in Wien,
wurde infolge frühzeitigen Verwaiſens ges
drängt, von wiſſenſchaftlicher Laufbahn
der rajcheren des Kontors ſich zuzuwenden.
Er fehrte aus einem ſolchen aber bald
wieder zu Studien zurüd und mußte jelbjt
feinen Unterhalt durch Unterrichtgeben
und Zeitungsartifel erwerben. Im Revo:
lutionsjahre 1848 war er im Ausſchuſſe
der Studentenlegion in Wien und deſſen
Schriftführer. Er mußte fodann fliehen
und lebte in Leipzig, Jena und anderen
Univerfitätsftädten, zugleich den Studien
und literariichen Yrbeiten gewidmet. Aus
jener Zeit ftammt eine Brojhüre „Die Aula”.
Doktor der Philoſophie wurde er fpäter.
In der Reaktionszeit gedrängt, heimzu—
fehren, wurde er verhaftet, vor ein Kriegs
gericht geitellt und zu fünf Jahren ver:
urteilt. Nach zwei Jahren Feitungshaft
auf dem Spielberge (der legte der poli—
tiihen Gefangenen dafelbjt) 1856 am—
nejtiert, lebte er bald wieder in Wien
und deſſen Umgebung, fich bejonders der
langentbehrten Natur in der geliebten
Heimat hingebend. Auf feinen Wanderuns
gen und im fräftigenden Verfehre mit dem
Volke, unter deſſen Abkömmlingen und
Stammesgenofjen der Knabe in Ofen als
der Sohn eines Meinlandbefigers auf:
gewachſen, fühlte er fich zu feinen ſpäter
jo berühmt gewordenen Dorfgeſchichten
angeregt. Deren erjte 1858 lenkte jofort
die Aufmerkiamfeit auf ihn. In der Öfter
reich direft und Deutfchland zunächſt friegbedrohen:
den Zeit 1859 trat er mit der „Zrußnadtigall,
Lieder aus deutihem Walde” hervor, die ihn
wieder als deutichen Freiheitsſänger dharakteri-
fierte und geltend machte. Drei Separatauflagen
neben der Einreihung in die Auflagen feiner
Lieder und Sammlung „Mein Herz in Liedern“
zeugen dafür. Die Erzählungen, welche er zuerſt
allmälig in einem Boltstalender herausgab und
deren erfte Sammlung als „Dorfihwalben aus
Öfterreih” (1862—63) erſchien, hatten in ganz
Deutichland einen geradezu durdichlagenden Er:
folg. Sie wurden von bedeutenden Stimmen
über Auerbach's geitellt und thatjählih bat er
damit, fowie mit feinen ſpäter vorangehenden
„Hochlandsgeſchichten“, den Nachfolgern auf dem
Sileſius.
609
Simon.
verwandten oft: und ſüddeutſchen Gebiete ds] Simon, Antonie (T. ©. Braun),
ftabile Vorbild der Form und charakteriſtiſchen
Führung gegeben. Sogar fein neuerfundener
Titel wurde zu einem Gemeingute literarifcher
Bezeichnung. Ein reiches dichteriiches Leben
und Schaffen, von einer bejonders viel-
feitigen Begabung, befundeten erfolgreich
feine allmälig erichienenen Werfe. Ra:
mentlih waren fie immer marfant für
die literarische Zeitrichtung. So fein großer
bumoriftiiher Roman unter dem das beutjche
Bolt fymbolifierenden Namen „Herkules Schwach“,
vielfach) ald der bedeutendfte der jüngern Zeit ges
nannt; der gefellihaftlihe Roman, als der no⸗
torifche Vorläufer aller jener, melde aus dem
fogenannten „mirtichaftlihen Aufſchwung“ oder
. “ datierten ; die new:romantijchen Epen, im
Gegenfage zur Krug: und Butzenpoeſie. Seine
Lieder, vielfach komponiert, ertönen bei den deut:
ſchen Sängern. Zugleich hat er als Humanift
ewirft und konnte als Vorjtand des ge-
Eiobemanlikren Vereins „Naßwalder“
ein von ihm geplantes Schughaus für die
armen finder im Naßwald erbauen,
ebenjo gründete er das „Studenten-Kon-
vikt“ in Wien, deilen Vermögen, nun
nahezu einmalhunderttaufend Gulden, der
Rot vieler armer Studierender in Gegen-
wart und Zukunft abzuhelfen geeignet iſt.
Hauptwerke: Trutznachtigal, Lieder aus deuts
ſchem Walde (1859, 3. Aufl. 1870), Dorfihwalben
aus Ofterreih (1862—63), Herkules Schwach
(Humor. Rom. 1863), Lieder (1864), Die Alpen:
zofe von Iſchl (1866, 3. Aufl, 1879), Land und
Leute im Naßwald, Kolonie proteftantiicher Holy
te in den öfterr. Alpen (1868), Der Halodri
(Dorfgeih. 1868), Glänzende Bahnen (Rom. aus
der Geſellſchaft, 1871,2. Aufl. 1872), Die Kaiſer—
ftabt am Donauftrand, Wien und die Wiener in
Tag: und Nahtbildern (1873), Deutihe Hoch—
landsgeſchichten (1875, 2. Aufl. 1876), Büchlein
Minginsland, Dichter-Weifen und Weifungen
(2. Aufl. 1880), Mein Herz in Liedern (1868,
als Geſammtausgabe der Lieder in 5. vermehrter
Auflage 1887), Denkjäulen im Gebiete der Kultur
und iteratur (1. Abraham a Sanfta Clara, 2.
Urih von Lichtenftein, 3. Teufel und Heren,
4. Neidhard Fuchs der Bauernfeind, 5. Der
Holzmeifter von Naßwald, 1878), Dorfihmalben
frifcher Flug (1880), Hochlandsgeſchichten (1881),
Die Rojenzauberin (er. Ged. 1885), Frau Sorge,
Märhendihtung (1886), Landläufige Geſchichten
aus Dorf, Stadt und Alm (1886).
Silefins, Konft., |. 8. Schulze.
Silvatiens, |. Meyer-Friedeberg.
Das literariſche Deutſchland.
wurde am 7. Dezember 1814 zu Breslau
geboren als die Tochter eines Advokaten.
Ihre Erziehung mußte bei geringen Mit:
teln nad) dem frühen Tode des Vaters
das Leben übernehmen. In jungen Jah:
ren bereit8 machte ihr ungewöhnliches
Geſtaltungstalent fi) geltend, das fpäter,
zur vollen Blüte gereift, zahlreiche Früchte
trug: Starkes Herz (Nov.), Zwei Freundinnen
(Nov.), Mutter und Sohn (Rom.), Erwina
(Rom.), Aus der Ehemwelt (Rom.), Ein häßliches
Mädchen (Rom.), Eine gelungene Kur (Erz.),
Erna (Rom.), Unfraut im Weizen (Rom.),
Wiefenblumenftrauß, Schidjale der Familie Holm
(Erz.), Ohne Stern (Rom.). Die Autorin lebt
als Witwe in Brieg.
Simon, Carl Hermann. Ich bin am
10. Juli 1814 in Merfeburg geboren,
woſelbſt mein entichlafener Vater Prediger
an ber Domkirche war. Derfelbe fiedelte
bereit3 1815 nad) Leipzig über, wo er
Prediger an der Nikolaikirche wurde. Ich
warb durch zwei Hauslehrer unterrichtet,
und fam mit meinem 12. Jahre auf die
Nikolaifhule.. 1832 machte ich mein
Abiturienten - Eramen und ftudierte in
Leipzig 1832—35 Jura. 1835 abjol-
vierte ich mein juriftiiches Baccalaureats-
Eramen und wurde königl. ſächſ. 1835 aud)
Leipziger Notar. 1837 fertigte ich meine
Spezimina in fieben Wochen an, fam das
duch Vielen, die vor mir eraminiert
waren, vor, und wurde bereits 1841 als
Advokat immatrikuliert. Seitdem habe ich
ununterbrochen in Leipzig als Rechts:
anmwalt und Notar praktiziert und übe
noch heute (1888) in meinem 74. Lebens⸗
jahre diefe Praxis aus. Schon früh war
ich für Poefie begeiftert und fertigte auf ber
Schule manderlei Gedichte. Mein erited größeres
Gedicht „Guſtav Adolph“ in 9 Gefängen erſchien
1844. Ach arbeitete dasfelbe für die 2. Auf:
lage, die 1860 herausfam, ganz um. Es folgte
dann ein Bändchen Gedichte, 1865 in 3. Auf:
lage, und 1879 Gedichte Neue Folge. 1860 ver:
öffentlichte ich mein Traueripiel „Prinz von
Dranien” (2. Aufl.) und mein Schaufpiel „Cäs
cilie“, ſowie 1866 ein Gedicht, in 16 Gefängen
„Hermann und Freia“, 1864 Überfegungen eng:
licher Gedichte I. Band (1866 2. Aufl.) und
39
Simon,
II. Band, 1865 deögleichen III. und IV. Band
(nur Gedichte von Eliza Cook). 1869 erſchien
eine Überfegung des „Rechtmäßigen Erben von
Eduard Bulmer“, Lord Litton, endlih 1884 die
Überfetung ſämmtlicher poetiihen Werke von
Henry Wadsworth Longfellow. Bon unferem all:
geliebten Könige Albert von Sachſen erbielt ich
bereit8 vor längerer Zeit für meine poetiſchen
Arbeiten den fol. ſächſ. Albrechtsorden 1. Klaſſe
und von dem Könige Oskar v. Schweden und
dem Könige der Niederlande bereitä in den Jahren
1845 und 1848 die großen goldenen Medaillen
für Kunſt und Wiſſenſchaft.
Simon, Emma (E. Bely), geb. Cou:
vely, erblidte am 8. Auguft 1848 zu
Braunfels das Licht der Welt. Früh
verwaiſt, wurde fie von einer Verwandten
in Herzberg erzogen, befuchte Die Mädchen⸗
ſchule zu Hannover und mibmete ſich
dann dem erziehlihen Berufe. In der
Ausübung deſſelben fand fie Muße genug,
ihr angeborenes Erzählertalent zu ent-
falten und bald als novelliftiihe Mit:
arbeiterin von Zeitichriften fich beliebt
und befannt zu machen. Im Jahre 1868
lernte fie ihren fpäteren Gatten, den
Verlagsbuhhändler Simon fennen, mit
dem fie bis 1885 in Herzberg lebte, wo-
hin derfelbe 1878 feine Buchhandlung
verlegte; ſeitdem wohnt die Autorin in
Frankfurt a. M., ganz ihren literarifchen
Arbeiten, die ihr reiche Anerkennung (u.
a. die württembergifche goldene Medaille
für Kunft und Wiſſenſchaft) brachten,
hinzugeben. Im neuefter Zeit hat fie fi
auch der Bühnen-Literatur zugewendet,
zwei Stüde: John Dario und Der Gnaden⸗
löhner erzielten bei ihren erſten Auffüh—
rungen in Stuttgart und Hannover einen
guten Erfolg.
Hauptwerk: Sonnenftrahlen (1874), Aflunta
(1875), 2eyer und Palette (1875), Herzog Karl
von Württemberg und Franzisfa von Hohenheim
(1876), Meereöwellen (1877), Die Erbin des
Herzend (1877), Kämpfe und Ziele (1878),
Gratiana, eine Harzgeſchichte (1879), Die Kinder
der Frau von Bland (1880), Verſchneit — Ver:
weht (1881), Auf Irrwegen (1881), Drei Ge:
nerationen (1882), Die Wahlverlobten (1883), |
Serodind (1883), Epifoden (1884), Schifforud |
(1885), Dorfluft (1885). |
E—
Q
Ser rt
610
Singer.
Singer, Frig (S. Frig), geboren am
14. Juni 1841 in Wien. Bon feinen
Eltern zum Kaufmannsjtande erzogen, war
er durch viele Jahre im Bankhauſe Roth-
ſchild beichäftigt und gehört auch jegt noch
den Wiener Finanzfreifen an. Aber von
Jugend auf neigte er poetischen Beſtrebun⸗
* zu und widmete denſelben feine Muße⸗
tunden.
Er fchrieb eine Reihe von Quftipielen: „Die
Herren ber Schöpfung”, „Die Zauberformel“,
„Wie Du mwilft“, „Ein lieber Menſch“, von
melden einzelne vom Wiener Burgtheater aus
die Runde über die bedeutendften Bühnen Deutſch⸗
lands madten. Als Lyriker trat er mit einem
Bande „Lieder eines Träumers“ (1879) und mit
einer Sammlung „Aus ungleihen Tagen“ (1887)
mit Erfolg vor die Öffentlichkeit, 1888 erfchienen
„Briefe eines Junggefellen“ (Stimmungsbilver).
Stett, W., |. W. Krüer.
Smets, Moritz, geb. am 16. Dezem-
ber 1828 zu Wien, ftudierte am Lyceum
® Kremsmünfter (Oberöfterreih) und an
er Univerfität feiner Geburtsftadt. Die
Bewegung des Jahres 1848 riß ihn aus
feiner geplanten Studienlaufbahn, da er
fi hieran als Legionär vom Philoſophen⸗
corps wejentlich beteiligt hatte, nach deren
Niederwerfung fih flüchten mußte und
die Erlaubnis zur Heimkehr erjt im fünfs
tigen Jahre erhielt. Nun wandte er fich
der Handelswiſſenſchaft, der Erlernung der
franzöfifchen, italienifchen und englifchen
Sprache zu; weiter betrieb er das Stu
bium der deutfchen Literatur und ber Bos
tanif an der Univerfität.. Nachdem er
zwölf Jahre hindurch als Buchhalter und
Korreipondent in Wiener Handelshäufern
gedient, erfor er fi als ferneren Lebens⸗
beruf die Schriftftellerei, worin er bereits
früher Dilettant gemwejen; insbefondere
oblag er der Geihichtsforihung und
:Schreibung. Anhaltender Kränklichkeit
wegen überfiebelte er 1869 nach Gloggnig
am Fuße des Semmering an der Grenze
Niederöfterreihs, und hier entſtanden
feine im Druck erfchtenenen Geidichte-
werfe: Das Jahr 1848, Geſchichte der Wiener
Revolution, Geſchichte des deutſchen Reiches, Wien
Söderftröm.
im Zeitalter der Reformation, Geſchichte der öfterr.
Monarchie, Wien in und aus der Türkenbedräng-
nis 1529—1683. Bon diefen Werfen, wel
fämmtlich fehr günftig befprochen wurden, erntes
ten befonderd großen Erfolg das erftgenannte
und „Wien im Seitalter der —J Außer:
dem ſchrieb S. zwei hiſtoriſche Schaufpiele: „Lei:
“ und „Eine Holitin”; das erftere wurde
zur 2effingfeier am Braunfchweiger Hoftheater
angenommen, aber vom jeither verftorbenen
zur Auffü —* nicht zugelaſſen, da er
das Erſcheinen ſeines Großvaters, des Freundes
Leſſings, auf feiner Hausbühne unſtatthaft fand;
das letztere wurde ala ein Werf post festum,
nachdem Holftein dem deutichen Baterlande zurüd»
onnen war, en Endlih ift S. feit
Sabren auch als Überfeter guter italienischer und
——— Romane und als Mitarbeiter an
mannigfachen Zeitungen thätig.
Söderftröm, Hugo, ift am 20. Nov.
1835 zu Breslau geboren. Sohn des
Univerktätsbeamten Chr. Fr. S. bejuchte
er das Friedrichs⸗Gymnaſium in Breslau.
Der Vater ftarb 1852, und da fein ge:
ringes Beamtengehalt Erſparniſſe aus-
ſchloß, war durd den Tod Die weitere
wiſſenſchaftliche Ausbildung des Sohnes
zum Abbruch gedrängt. Zwiſchen Mutter
und Sohn, dem einzigen Finde, beftand
ein Verhältnis —— Liebe und
Aufopferung, welches bis zur letzten
Lebensſtunde der 1874 hochbetagt ge—
ſtorbenen, geiſt⸗ und herzgebildeten Frau,
ohne jede Trübung beſtanden. Hugo S.
wurde zuerſt Buchhändler, dann Komp:
toirift, und konnte feine remunerations-
loſe Ausbildung nur unter der thränen-
reihen Sorge ſeiner, zahllofe Nächte mit
Stickereien und Nähereien burdharbeiten-
den treuen Mutter durdführen. Später
war er in ber Lage, in geadhteten kauf—
männifchen Stellungen feiner Mutter diefe
chweren Opfer einzulöfen, er that es
treulich. Troß des proſaiſchen Berufes
waren ihm die Ideale in feiner Bruft
treu geblieben. Ein jtürmifher Drang
zur Poeſie hatte ihm jchon als Schüler
den Beifall berufener Kritiker für lyriſche
Verſuche eingebradht, und jo widmete er
denn auch fpäter feine Mußeftunden aus⸗
Schon auf der
ſchließlich den Muſen.
611
Söllner.
Univerfität, in welcher er feine Jugend
verlebte, hatten ihm Kahlert und andere
wohlwollende Profefioren in Literatur und
Aeſthetik gewiſſermaßen privatissimis
gegeben, ſo daß er auch ſchon früh die
Form beherrſchen gelernt. Sein Name
wurde in Schleſien bald gut bekannt, und
ſo finden wir S. denn auch als einen der
erſten Mitbegründer und Leiter der
„Breslauer Dichterſchule“, welche heute
noch floriert. 1864 zog er nach Grünes
berg, Schl., als Comptoirchef einer großen
Tertil-Firma. Hier entftand feine Kovelle
„Sternenliht und Wetterleuchten“, ein beliebtes
Bud der Gejchenkliteratur (2. Aufl.), feine
äfthetifch-fritifche Studie „Ueber den Begriff
Kunft, eine geiftvolle und zündende Afthetif,
fein Drama „Manuela“, das von der berufenen
Kritit faft ausnahmslos ausgezeichnet und ald
reich an dramatiiher Schönheit und poetiicher
Weihe anerkannt wurde. Neuerdings (1887) ers
ſchien fein humoriftiihes Epos „Die Bürger
meifterwahl“ und wurde faft von der gefammten
Prefie vorzüglic) beurteilt. Währenddem hatte
er ſich als Verlagsbuchhändler in Grüns
berg etabliert, und ift inzwifchen dieſes
Inftitut zu einem der bebeutendften der
‚Provinz herangewachſen. Verſchiedene
Zeitungen werden in und außer ſeinem
Hauſe für ſeinen Verlag redigiert, der
außerdem einen Buchverlag für techniſche
und Beamtenliteratur pflegt. S. wurde
vom Könige von Preußen zum Geheimen
Kommiſſionsrat ernannt und ferner mit
dem Kronenorden ausgezeichnet.
Sölluer, Ottilie (C. Vollbrecht), hat
ihre Eltern nie gekannt. Sie wurde im
Jahre 1841 als vierzehn Tage altes Kind
von einer unbefannten Frau in das
Pfarrhaus zu Ronneburg gebradt. In
dem Kaufmann Adolf Bäß und feiner
Gattin erhielt fie die liebevollften Pfleges
eltern. Sie folgte denjelben im Jahre
1848 nad Grottau in Böhmen und bes
ſuchte die Schule zu Ober-Ullersporf.
Ihre Erziehung ward vollendet in der
Anftalt zum Frauenfhug in Dresden.
Gern hätte fie ſich der Muſik gewidmet,
doch war es der Wunfch der fchon hoch⸗
39*
Sophus.
bejahrten Pflegeeltern, daß fie den Beruf | find viele Lieder von S. für Solo-
Sie war dann von | gelang fomponiert. Neben
einer Zehrerin wähle.
1863— 70 als Erzieherin befchäftigt und deutfcher
gründete 1870 den Kindergarten zu Zeit-
merig, dem fie bis 1881 vorjtand. Dann,
nad dem Tod ihrer Pflegemutter, über:
fiedelte fie nad) Prag, wo fie feitdem ſich
ausschließlich der jchriftitelleriihen Lauf:
bahn widmet.
Es find von ihr erichienen: „Diſſo—
nanzen‘, zwei Novellen: „Fräulein Charlotte‘
und „Tante Jutta”. Ferner „Nah dem Sturme‘‘,
Novelle, „Das Glüd von Rauſchengrund“, No:
velle, und „Die Stiefgeſchwiſter“, Luftjpiel.
Sämmtlih von der Kritit jehr günftig aufge,
nommen.
Sophus, Lud. |. Felir Dahn.
Souchay, Theodor, geboren in Lübed
am 30. Dec. 1833, verlebte feine frühejte
Jugendzeit in feiner Vaterftadt, woſelbſt
er bis 1846 das Catharineum bejuchte.
Von 1846—49 war er Schüler des
Benderſchen nitituts zu Weinheim an
der Bergitraße, 1850 des Gymnafiums
in Etuttgart. 1850—57 landwirtichaft:
licher Praftifant und Verwalter auf größe:
ren Gütern in Holjtein, Medlenburg und
Lauenburg. 1857 bejucdhte er als Stu:
dDierender die landwirtichaftliche Akademie
Hohenheim bei Stuttgart. 1858—64
adminijtrierte er das feinem Water ge—
hörige Rittergut Margaretenhof in Hol-
jtein. 1864—67 lebte er in Stuttgart
literariihen und mufifalifhen Privat:
ftudien; 1867 — 70 desgl. in Heidelberg,
wojelbjt er an der Univerfität hiftoriiche
und philoſophiſche Kollegien bejuchte.
Nachdem er 1870 wieder einen längeren
Aufenthalt in feiner Baterftadt genommen,
fiedelte er ſich 1871 in Kannſtatt an und
lebt nun feit 1883 in Stuttgart.
uptwerfe: Gedichte. Stuttgart (1873),
Friſch vom Herzen! (Lieder und Dicht. 1886),
ferner: Dichtungen für mufifalifhe Kompofition
(weltlihe Dratorien): Sigurd. (Mufit dazu von
Arnold Krug), Kyffhäuſer. (Mufit von Joſ. Ant.
Mayer), König Rother. (Mufif von J. Krug:
Waldfee), Thermopylac, Catharina SKornaro
Muſik von Richard Müller). Außer den vor:
jtebend genannten größeren Dichtungen für Mufit
612
‚den er als Freiwilliger mitmachte, zurück
— Soyaux.
und Chor⸗
em Wirken als
lyriſcher Dichter, als welcher er aud in platt:
Mundart t — e
Zeit als ar in Ay En te
cher
Kritifer für verſchiedene
blätter. Sein es lat Dean
a a — * —
ean ewe
er — — 2
Soyanz, Ludwig, ift zu Wrosca
(Schlefien) am 20. Auguft 1846 geboren.
Früh zeigte fih fchon bei dem Knaben
ein ungewöhnliches Zeichentalent, deſſen
Ausbildung zwar (auf der Berliner Kunft-
atademie) begonnen, aber bald wieder
aufgegeben werden mußte, da die Mittel
nicht ausreidhten, um die vorausfichtlich
lange Zeit ohne einen Erwerb
harren. S. mußte daher feine hoffnungs-
reihen Pläne aufgeben, um einen
zu ergreifen, der ihm jchneller und ſiche
Brod gab. Er wurde Buchhändler. Ale
folder war er mehrere Jahre in Neu—
brandenburg, Stettin 2. thätig, doch fagı
ihm dieſe Beichäftigung feineswegs zu, fo
daßer, aus dem eutieß-Frangdff en e
gekehrt, Feine Stelle wieder annahm, fon:
dern dem journaliſtiſchen Berufe ſich wib-
mete, zunächſt in Berlin, fpäter in Stab
als Redakteur des Tageblattes, danach
in Hamburg und jeit 1884 als Rebe Heu
des „Neuen Blattes“ und des „Salon“
zu Leipzig thätig. Seit 1885 iS. mi
der Schriftitellerin Frida Schanz ve
heirathet. Als Schhriftiteller machte fie
S. bejonders befannt durch feine body
poetiiche, von echt Dichteriiher Begabung
zeugende Künftlergefchichte Renate (1885).
Außerdem hervorzuheben: Der Rechte (Luſtſp.
1876), Im Kornfeld (Ged. 1876), Stiefmütterchen
(Zuftfp. 1886).
Spazier, Hans, wurde am 26. De:
zember 1855 zu Berlin geboren, jtudierte
Eajjiiche Philologie und Philofophie. Lite,
rariſch thätig ift er auf philoſophiſchem, muſik—
kritiſchem und populär-wiſſenſchaftlichem Gebiet.
(Auh ald Redner im Auftrage der „Geſellſchaft
zur Verbreitung von Bolfsbildung“.) Seit 1886
Specht.
wirkt er als Dozent der Philoſophie an der
Humboldt⸗Akademie zu Berlin. Er iſt Her-
auögeber von Hegel Phänomenologie (1887).
Specht, Franz Anton, geboren am
19. Juni 1847 zu Münden, wo er aud)
bie Schulen bejuchte, hatte fi anfangs
dem Studium der Naturmwillenichaften
zugewendet, widmete ſich dann der Theo:
logie und löfte im Jahre 1869 eine von
ber theologiihen Fakultät an der Mün-
chener Univerfität geftellte Preisfrage über
die Exegeſe ſyriſcher Kirchenväter. Im
Jahre 1871 von derſelben Fakultät zum
Doctor theologiae promoviert und 1872
zum Prieſter geweiht, wurde er kurze
Zeit in der Seelforge, dann als Religions:
lehrer am kgl. Realgymnafium und an
ber ſtädt. Handelsichule in München ver:
wendet. Als 1879 die hiftoriihe Kom:
miffion bei der kgl. bayerischen Afademie
ber Wiſſenſchaften die Breisaufgabe ftellte:
te des Unterrichtäwelens in Deutichland
älteften Zeiten bis zur Mitte des drei⸗
zehnten Jahrhunderts ging er bei der Preis:
bewerbung als Sieger hervor. Seitdem
widmet er jeine Muße und feine Kräfte
dem Studium deutſcher Kulturgefchichte.
1884 wurde er von König Zudwig II.
zum Ehrenkanonikus am kgl. Hof: und
Sollegiatftift St. Cajetan in Münden
ernannt.
Seine Schriften find, außer kleineren Auf:
fügen: Der eregetiiche Standpunft des Theodor
von Mopfuefte —* Theodoret von Kyros. (Ge
B ft 1871), Kleine Kirchengefchichte.
ne EN he Geſchichte und Lehre in urkund⸗
lihem Wort (1879), Geichichte des Unterrichts⸗
weſens in Deutichland (1885 Gelr. Preisſchrift),
rg und Trinfgelage bei den Deutſchen
Bere: Karl Auguft, wurde am
2. Juli 1845 zu Schweina als Sohn
eines intelligenten Tiichlermeifters gebo-
ren, der dem gewedten Knaben Privat-
unterricht in allen Wiffenszweigen erteilen
ließ, die auf dem Lande Pflege finden.
En itig befundete der Knabe eine
edrich Fröbel bemerkte Nei-
jun des
Dichters Friedrih Nüdert
613
bulieren, die der Vater auf | Fopuläre
— Specht.
weiter ausbilden zu laſſen entſchloſſen war.
Aber der Tod des Vaters vereitelte dies
und der Sohn mußte nunmehr die Tiſch—
lerei erlernen. Mit unermüdlichen Fleiße
fuchte diefer indeß fih in den Nächten,
ſowie an Sonn- und Feittagen dur Selbjt-
unterricht weiter zu bilden. Endlich er:
langte er von feinem Vormund die Er:
laubnis zum höheren Studium, und nad)
dem er fih durch Privatunterricht mit
eiferner Energie die Kenntnis des Latei-
nifchen, Griechiſchen und der fonftigen
Gymnaſialfächer angeeignet, ftudierte er
zunächſt in Jena Geſchichte, Philoiophie
und Naturwiſſenſchaften. Nach mehrjäh—
rigem Studium zum Dr. phil. promoviert,
machte er zu jeiner weiteren Ausbildung
Reifen durh die Schweiz, Jtalien und
Franfreihd. Nah Deutichlaud zurückge—
fehrt, hielt er in zahlreihen Städten
Vorträge über Philojophie, Ajtronomie
und Entwidelungsgeihichte, die überall
lebhaften Anklang fanden. Im Jahre
1871 ließ er fih in Gotha nieder und
übernahm zunächſt DieRedaktion der „Thür
ringer Preſſe“, kurze Zeit darauf rief er
das „Sonntagsblatt für Freidenker“ ins
Leben, welches ſpäter unter dem Titel
„Menſchentum“ Organ des beutichen
Sreidenferbundes wurde. Seit 1872
giebt er auch einen „Freidenfer-Alma-
nach“ und feit 1876 die „Freien Gloden“
heraus. Mit Ludwig Büchner gründete
er 1881 den „Deutichen Freidenferbund“,
der feine bereits nad) Taufenden zählenden
Mitglieder aus allen Schichten der Ges
ſellſchaft rekrutiert. Außer Hunderten
von Fleineren und größeren Abhandlungen,
die in Specht's eigenen und in anderen
Beitichriften veröffentlicht wurden, ver-
faßte er noch eine Reihe von naturwil-
ſenſchaftlichen und philojophiichen Werken,
von denen wir als die bedeutenditen her:
vorheben: Bernunft und Offenbarungsglaube
(1871), Die Gottidee (1872, 3. Aufl. 1876),
ana ne und Wiſſenſchaft (1874, 3. Aufl. 1878),
Entwidelungsgeihichte der Welt 877,
3. Aufl. 1888), Freies Denten (1885, 2. Aufl.
1886), Gehirn und Seele (1887, 2. Aufl, 1888).
Speier,
er die Dramen: Der Berfluhte (1882, 6.
ufl. 1888), Die Rebellen (1884), Elsbeth (1885,
2. Aufl. 1886). Mehrere der Schriften find in
fremde Spraden überfegt.
Speier, Paul, geboren am 3. De:
zember 1851 zu Breslau. Nach Abjol:
vierung der Schule wurde ih Volontär
in einem Speditionsgefhäft. 19 Jahre
alt, ging id als Korreſpondent und Bud:
halter nad) Kattowitz D./S. Die Berg:
und Hüttensnduftrie erregte mein leb—
haftes Intereſſe; Steinfohlengruben wur:
den befahren und Hüttenwerke befucht.
Dit 20 Jahren begründete ich in Katto-
wig den erjten faufmännifchen Verein,
deſſen Präjes ich wurde. Den großen für
Oberjchlefiens Induftrie bedeutungsvollen
wirthichaftlichen Fragen trat ich mit Eifer
näher. Mit 21 Jahren wurde ein eigenes |
faufmännijches Geſchäft begründet und
von da ab beginnt meine eigentliche fchrift-
jtellerifche Tätigkeit: Freihandel oder Schutz⸗
zoll, Staatsbahn oder Privatbahn, Eifenbahn:
tarife nah Dit: und Weſtpreußen ac. fanden
günftige Beiprehung. Gegen die hohen Tarife
murde unausgejegt gefämpft und für die Berg:
und Hütten-Induſtrie in jeder Beziehung ein:
— Mit den Eiſenbahn-Direlktionen, Minis
terien, Abgeordneten, fremdländiichen Ronfulaten |
2c. wurde rege Korreipondenz geführt, und vieles
ift erreicht worden. Die bezüglichen Aufjäge er:
Ihienen unter der Bezeihnung „Oberſchleſiſche
Montanbriefe”. Ende der 70. Jahre ver:
legte ich mein Domizil nad) furzer Unter:
brechung dauernd nad) Breslau. Im Zahre
1885 erichien mein Buch „Die Entitehung und
Entwidlung der oberſchleſiſchen Montan⸗Induſtrie
und die oberſchleſiſchen Aktien-Werthe‘. — Das
Werk hatte fih einer überaus freundlihen Auf:
nahme zu erfreuen. Die erfte Auflage war inner:
halb 14 Tagen vergriffen. 1884 regte ich bei ber
faif. Oberpoftdireftion die Herftellung einer Tele:
phonlinie von Breslau mit dem oberfchlefiichen
Anduftriebezirt an, die 1887 dem öffentlichen
Verkehr übergeben wurde.
Spielhagen, Friedrich, geboren am
24. Februar 1829 zu Magdeburg, em-
pfing dort und fpäter, nad) der Verſetzung
des Vaters, eines Regierungsbeamten, in
Stralſund feine Schulbildung. Im Jahre
1847 bezog er die Univerfität Berlin,
um, dem Wunfche feiner Familie gemäß,
614
— Spielhagen.
die Rechte zu ſtudieren. Da ihm dies
Studium jedoch nicht zuſagte, ihn viel⸗
mehr ſeine Neigung zur Philoſophie hin⸗
zog, ſo betrieb er ſolche zu Bonn von
1848 an, bei Welker, Bernays und Ritſchl
klaſſiſche Philologie hörend, daneben vor-
nehmlich auch der Literaturgefchichte fich
zumwendend. Nach Vollendung feines Stu
diums in Berlin und Greifswald wurde
er Lehrer, die längfte Zeit am Hauſchild⸗
ſchen Gymnafium in Leipzig iHatig. Dort
trat er auch zuerft als Schriftiteller her⸗
vor, zunächit als Überfeger mit den Ameri⸗
taniſchen Gedichten (1856), dann als Novellift
ı mit Glara Bern (1857), Auf der Düne (1858).
Diefe Erzeugniffe der jungen ——
n⸗
ſchen Muſe fanden zwar lebhaften
klang, doc) blieb der Leſerkreis ein Kleiner;
fo anmutig dieſe fleinen Schöpfungen
waren, etwas ungewöhnliches boten fie
nicht: der Autor war nicht in feinem Fahr⸗
waſſer, er tappte noch im Finftern. Aber
ſchon nach zwei Jahren wurbees licht in ihm
es erſchienen feine Problematiſchen Naturen,
die ſeinen Namen in alle Welt trugen und
mit Recht Aufſehen erregten, wie ſellen
das Werk eines deutſchen Schriftſiellers.
Er ſelbſt hatte nun den Maßſtab ſeines
Könnens, und wenn er auch im Laufe der
Jahre verſchiedentlich vom Roman ab⸗
wich, dem Drama ſich — ſo *
ihm keineswegs das Bewußtſein, wo
eigentliches Schaffensfeld lag. Er hat das⸗
ſelbe bis heute als Meiſter beackert um
liefert Jahr für Jahr noch neue We
Seinen Problematifchen Naturen J
der zwölften Stunde (Nov. 1862), Die von
ftein (Rom. 1863), Vermiſchte Schriften (1
bis 1868), Röschen vom Hofe (Nov. 1864), In
Reih' und Glied (Rom. 1865—66), Hans und
Grete (Schaufp. 1871), Der Vergnügungstoms
miffar (Nov. 1867), Die Schönen Amerikanerinnen
(Nov. 1868), Hammer und Amboß (Rom. 1869),
Die Dorfkokette (Nov. 1870), Deutiche Pioniere
(Nov. 1871), Allzeit voran (Rom. 1872), Was
die Schwalbe fang (Nov. 1873), Ultimo (Nov.
1874), Liebe für Liebe (Schauſp. 1874), Der
Iuftige Rat (Luftip. 1875), Sturmflut (Rom.
1875— 76), Das Skelett im Haufe (Nov. 1877),
Plattland (Rom. 1879), Quififana (Nov. 1880),
Angela (Nov. 1881), Uhlenhand (Nov. 1882),
Spieß.
Beiträge g* Theorie und Technik ded Romans
(1883), Gerettet (Txauerfp. 1884), An der Heil-
m Eh 1885), Was will dad werden?
Spieh, Balthafar. Geboren den 18.
Auguft 1812 als Sohn eines Hufſchmieds
und kleinen Landwirts zu Obermaßfeld
bei Meiningen, bereitete ih mid, aus
der dortigen Dorfichule entlafien und
nachdem ich während einiger Jahre miei—
nem Vater bei den ökonomiſchen Arbeiten
und in der Schmiede Beihülfe geleiftet
hatte, zum Schullehrerfeminar in Hild-
burghaufen vor, in welches id 1830 ein-
trat. Nachdem ich in demſelben 4 Jahre
geblieben, trat ich (1834) als Hülfslhrer
in ein Knabeninftitut in Meiningen, an
welhem ich 3 Jahre thätig war, worauf
ih 1 Jahr lang die Stelle eines Haus:
(ehrers in. Glücksbrunn bei Bad Lieben:
ftein bekleidete. 1838 erhielt ich die
Stelle eines Elementarlehrers an der
Bürgerſchule in Meiningen, die id) bis
1860 inne hatte. Wegen eines Gehör-
leidens (infolge eines überftandenen Ner:
venfiebers) venfioniert, trat ih 1 Jahr
fpäter als Hülfsarbeiter in die Herzogl.
Bibliothek dajelbit, wo ich bis heute noch
thätig bin.
Meine freie Zeit verwendete ich auf das Leſen
von Büchern ſ(ſchöne Literatur, Ethnographie,
Klaſſiler und andere Fächer), auf Landſchafts—
nen nad) der Natur, wobei mir meine häu—
en Fußreilen in die Rhön Gelegenheit boten,
und auf Schriftftellerei. Letztere richtete ich haupt:
fählih auf das Topographie, die Dialeften:
tunde und das Kulturbiftorifhe. Bezüglich der
erfteren gab ich ein „Wanderbüchlein durd die
Rhön“, einen „Rhönführer” (eine „Belchreis
bung der Rhön") heraus. Die Dialektenkunde
betreffend, jo erfchienen „Beiträge zu einem Hen—
neberg. Idiotikon“ und Die "Hräntild-henneber:
giſche Mundart”. In Bezug auf das Kulturbifto-
riſche, fo gab ich „Voltstümliches aus dem Frän—
fiih-Hennebergifchen” heraus. Außerdem legte
ih eine Reihe von Auffägen kulturhiſtoriſchen
Inhalts in der „Europa“ und „Jlluſtrierten
Beitung”, nebſt vielen anderen Auflägen verſchie—
denen Inhalts in Lokalblättern nieder. Auch er
fchien eine Sammlung von Erzählungen für Kinder.
Spieh, Morik Julius, geboren am
9. November 1820 in Seifhennersdorf
615
— Spitzer.
bei Zittau, bezog 1834 die Kreuzichule
zu Dresden, 1841 die Univerfität Leipzig
(Theologie und Pädagogik), wirkte 1845
als Hauslehrer in Burkhardtsdorf bei
Chemnig, 1848 als Dirigent einer fon
zeffionierten Privatihule in Buchholz,
1852 als Dr. phil. und Oberlehrer an
dem Realgymnafium in Annaberg, 1861
als Diakonus, 1869 als Ardidiafonus
und Ephorieverwefer in Pirna, 1874 als
Bezirksichulinfpeftor und Schulrat für
den Bezirk Chemniß I., 1877 desgleichen
für den Bezirk Annaberg.
Hauptwerke: Mit Profeffor Bruno Berlet,
Rektor des Nealgymnafiums zu Annaberg in
Sachſen, hat er herausgegeben : Deutihe Schul:
grammatif in drei Kurſen (7. Aufl. 1885),
MWeltgefhichte in Biographien, in drei Aurfen 1.
Kurfus (13. Aufl. 1885), 2. Kurſus (8. Aufl.
1883), 3. Kurſus (5. Aufl. 1887), ferner: Sãch⸗
ſiſche Geſchichte in Biographien. In zwei Kurſen
(5. Aufl. 1888). Allein verfaßte er die ver—
dienftlichen Werke: Hiob, metrifch überſetzt (1854),
unterrichtsweiſe des Lyceums zu Annaberg 1533
bis 1835 (1858), Aberglauben, Sitten und Ge
bräuche des ſächſiſchen Obererzgebirges (1862),
Sachſens ländliche Volksſchulen (1869).
Spitzer, Daniel, geboren am 8. Juli
1835 zu Wien, genoß daſelbſt ſeine Gym⸗
naſial⸗ und Univerſitätsbildung. Er wid—
mete ſich dem Studium der Rechte, legte
feine Staatsprüfung ab und war nahezu
zehn Jahre im öſterreichiſchen Kanzlei-
dienft beichäftigt. Nach Verlauf dieſer
Zeit legte er feine Stellung als Konzipift
der Handelstammer nieder, um ausfchließ-
lich feinen literariihen Arbeiten fich hin—
geben zu können. Bereits während feiner
Amtsthätigkeit trat ©. vielfach ſchrift—
ftellerifch hervor, anfangs auf dem ihm
zunächſt liegenden Felde der National-
öfonomie, fpäter als humoriſtiſcher, be-
fonders fatirifcher Mitarbeiter von Zeit
ſchriften und Tageblättern. Mit feinen
Wiener Spaziergängen, die zuerit im Zei—
tungsabdrud, fpäter als jelbjtändiges Bud)
(1869, 6. Aufl. 1885) erfchienen, errang
er den erften großen Erfolg und jein
Name wurde weit und breit als der eines
außerordentlich begabten Satirifers bes
Splittgerber. —
kannt. Den „Epaziergängen“ folgte
das geiftreiche YHerrenrecht (1877, 12. Aufl.
1885) und biefem: Berliebte Wagnerianer (6.
Aufl. 1880). Seit 1883 gehört ©. ber
Redaktion der „Neuen Freien Preſſe“ an.
Splittgerber, Franz, wurde am 1.
uni 1833 zu Pölig bei Stettin geboren,
wo fein Bater Rektor der Stadtjchule
war. Er beſuchte das Gymnafium zu
Stettin und nad deſſen Abjolvierung die
Univerfität Halle, um Theologie zu ſtu—
dieren, zu welder er am meijten hin:
neigte, wohlthätig beeinflußt von einer
berzensguten und wahrhaft frommen
Mutter. In Halle zog ihn befonders
Julius Müller an. Nach Ablegung des
Eramens wirkte ©. als Hauslehrer im
Pfarrhaufe zu Zichow bei Paſſow, bezog
dann auf furze Zeit das Prediger-Semi- | ;
nar in Wittenberg, wo er bejonders durd)
Sander und Schmieder Anregung fand.
Als Prädifant wirkte S. dann in Kiekow
und als Garnijons- Pfarrer zunächſt in
Kolberg. Dort traf ihn ein Typhus—
anfall, an deſſen Folgen er jein ganzes
Leben zu tragen hatte. Bon Kolberg
aus wurde ©. nad) Altjtadt Pyrig ver:
jet, wo ihm auch das Direftorat des
dortigen Schullehrer-Seminars übertragen
wurde. Die immer mehr zunehmende
Schwäche nötigte ihn, nad einem jtillen
Pfarramt fi) umzufehen, das er denn
auch 1869 in Mützenow bei Stolp fand.
Dort wirft ©. noch jet in ſegens⸗ und
erfolgreichiter ſeelſorgeriſcher Thätigkeit.
Von den literariſchen Schöpfungen S.'s,
die des tiefen Denkers, wie des echten
Gottesgelahrten gleich würdig ſind, heben
wir hervor: Tod, Fortleben und Auferſtehung
oder die letzten Dinge des Menſchen (4. Aufl.
1885, ins Franzöf. überſ.), Schlaf und Tod oder
Die Rachtfeite des Seelenlebend nah ihren häu⸗
figften —— er pſychologiſch⸗ apologe ·
che Erörterung, 2. Aufl. 1880—81), Aus dem
innern Leben, Erfahrungsbeweiſe für die Ein-
wirfungen einer höheren Welt auf dad Seelen»
leben des Menfchen (2. Aufl. 1884), Das Sterben
auserwählter Gotteslinder, ein Anbruch des ewigen
Lebens (1884), Die moderne widercriftliche Bä-
dagogit nah Rouſſeau und Baſedow (1874),
616
Sprengel.
Aus dem geiftlihen Amte,
Winke, vornehmlih für 5 Füge Geige (1906,
ins Franzöf. überf.), Die
und Seelenvernitungstheorie dem
Zeugnis der h. Schrift (1887).
Sprengel, Albert, wurde am 30.
September 1832 als Sohn bes ——
W. Sp. zu Wollershauſen im Ruhm
am Harz geboren. Er erhielt den erſten
Unterricht von ſeinem Vater und beſuchte
darauf das Gymnaſium zu Heil ir
a.2,, um fi zum Studium der
vorzubereiten. Aber ein —
Drang zur bildenden Kunſt ließ ihn das
Vorhaben aufgeben und führte ihn 1849
auf die Afademie der Künfte nad) Dress
den, um fi einft der Hiftorienmalerei
zu widmen. Bei Profeſſor Ludwig
ter, der fein Lehrer im Stubium der
ihaft war, lernte er den Maler und gi
ter Robert * Fein defien Ent
gegenfommen und nad) Me Dre
feiner erften poetifhen Verſuche ©.
machten, auf der betretenen Bahn
zufchreiten. In diefe Zeit fällt auch db
Veröffentlihung einer kleinen iſti⸗
ſchen Arbeit. Unter künſtleriſchen
literariſchen Studien abſolvierie ©, 1
Akademie und überfiedelte zur
Ausbildung nah Düffeldorf in das A
Theodor Hildebrands. Das
der ſchwediſchen Sprache ließ ihn die { e
durch Selbftubium erlernen. 1855 fi ı
delte S. nad) Hannover über, mojelb ter
ein Gemälde in großem Stil "begann nd
1856 vollendete: Der Abjchied der Tod
ter Jephta’s von ihren Freundinnen. Bald
danach folgte er einem Ruf nad Wiborg
in Finnland als Lehrer am deut
ziehungsinftitute. Dort legte er f
Eifer auf das Studium der ſchwediſchen
Literatur, deren Reichtum ihn feſſel
Er füllte feine Mappen mit interefjante
Skizzen, die er dann vielfach in der Leip⸗
ziger „Illuſtr. Ztg.“ wi RE veröffe
— ar
marf 2 3 Reifebilder in ta mw ». &
Ferner überfegte er ſchwediſche Novellen
Sprengfelb. —
lius, Runeberg und Franzen. An der Peters:
burger Afademie machte er darauf fein Künſtler⸗
eramen. 1865 wurde er als Zeichenlehrer nad)
Heval an das deutiche Gouvernements-Gymna:
fium berufen, melde Stellung er noch heute inne
—* Dort wurde ihm Gelegenheit geboten, als
chwediſcher Überſetzer und Korreipondent in bie
Redaktion de „Beobachter“ und fpäter in die der
we Zeitung“ als Mitarbeiter einzutreten.
In jener Beit — er Topeliusſche No⸗
vellen unter dem Titel „Winterabende“ in ſehr
gelobter deutſcher Überfegung. Künſtleriſch ift er
in Reval hauptſächlich Ir Kirchen und öffent
lihe Gebäude thätig geweſen.
Sprengfeld, ©., ſ. ©. v. Hanfen.
Springer, Anton Heinrih, wurde
am 13. Juli 1825 in Prag geboren, ab»
folvierte das Gymnaſium dafelbft und
ftudierte von 1843—46 an der dortigen
Univerfität Philofophie und Geſchichte.
Nachdem er 1848 zum Dr. phil. promo⸗
viert worden, habilitierte er fi als Pri—
vatdozent der neueren Geſchichte. Neben
feiner afademifhen Wirkjamfeit war ©.
auch journaliftiih und zwar als Redak—
teur der „Union“ thätig. Im Jahre 1852
fiedelte ©. nad) Bonn über, wo er 1860
zum ord. Profefjor ernannt wurde. 1872
folgte er einem Ruf nad) Straßburg und
1873 nad) Leipzig, ©. hat fich ſowohl
als Geſchichtsſchreiber, wie als Kunſt—
biftorifer einen bedeutenden Ruf ermwor:
ben. In Anerkennung feiner Verdienite
wurde er 1885 zum Geh. Hofrat ernannt.
Hauptwerke: Die Hegelihe Geihichtsanfchau:
ung (1848), —** des Revolutions⸗Zeitalters
Et Preußen und Deutichland | €
1851) — Briefe (1852), Paris im
13. Jahrhundert (1856), ich ſeit dem
Wiener ffrieden (1864), Bilder aus der neueren
Kunftgelhichte (1867), Dahlmann (1872), Rafael
und Michelangelo (1877), Die Pfalterilluftrationen
im Mittelalter (1880), Die Genefiöbilder im
a (1884), Grundzüge der Kunftgeichichte
Spundle, Seb., |. Tob. Hafner.
Spyri, Johanna, ift zu Hirzel bei
Züri am 12. Juni 1827 geboren. Ihr
Bater, ein angefehener Arzt, ließ ihr eine
für jene Zeit ungewöhnlid ſorgſame Er- | 5
ziehung geben, welche treue Mutterhand
617
Stade.
leitete. Fünfundzwanzig Jahre alt, reichte
fie ihrem Jugendfreunde, dem Rechtsan⸗
walt Spyri, die Hand zum Bunde und
lebt jeitdem in Zürich. Literariſch machte
fie fich befonders einen Namen als Zus
gendichriftftellerin, die wie wenig andere
zum Herzen der Kinder, bauptfächlich der
Mädchen, zu fprechen weiß.
Hauptwerle: Ein Blatt auf Vrony's Grab
(Erz. 1871), Geſchichten für Kinder (9 Bände
1879— 84), Sina (Erz. 2. Aufl. 1885).
Stade, Ludwig Chriftian, wurde den
28. Mai 1817 zu Kafjel geboren, wo fein
Vater eine Privatihule leitete. Bon
dieſem bis zu feiner Konfirmation unter:
richtet, befuchte er das dortige Lyceum
(nachmals Lyceum Friderieianum), ſtu—
dierte 1838—41 klaſſiſche Philologie und
Geſchichte auf der Univerfität Marburg
und promovierte daſelbſt auf die Differs
tation: De Oropo, Boestiae urbe, (1842).
Sein Praktikum beftand er —5 unter
dem Direktorium Vilmars. Im Juni
1844 kam er als beauftragter Lehrer an
die Realſchule mit Progymnaſium zu
oe und wurde 1845 an der ähn—
lihen Anftalt in Schmalfalden angeftellt.
1850 wurde er ordentlicher Lehrer am
Gymnaſium zu Rinteln, von wo er 1864
in gleicher Eigenihaft nad) Fulda verjegt
ward. Nach einem vierjährigen Aufents
halt dafelbft kehrte er nad) Rinteln zurüd,
wirkte dajelbit bis 1882, ward dann als
erfter Oberlehrer und Wroreftor auf
feinen Wunſch in den Ruheſtand verjegt
und erhielt den Noten Adlerorden IV.
Klaſſe, nahdem ihm 1877 der Titel eines
Profefiors verliehen worden war. Außer
den Abhandlungen De comparationibus Home-
ricis dissertatio grammatica (1853), de Ad-
meto et Alcestide (1873) und einigen in Zeit»
fchriften erfchienenen Auflägen jchrieb derfelbe die,
wegen ihres echt patriotiichen Geiftes höchſt ver
dienftfichen Erzählungen aus der alten, mittleren,
neuen und neueiten Geſchichte in 5 Bänden (in
mehreren verfch. Auflagen), ferner: Die franzö⸗
filche Revolution und das Kaiſertum Napoleons I.
(1859), Bertrand du Guesclin (1864), Abriß der
Geſchichte der preußiihen Monardie (2. Aufl.
1878), Hilfsbuch für die erfte Unterrichtäftufe in
Stadelberg.
der Geſchichte (3 Teile, 1880—82; 1. TI. 2. Aufl.
1884). Außerdem gab berjelbe in Berbindu
mit Anderen heraus: Deutſche Gefchichte (1880
und 1881, 4. Aufl. 1888).
Stadelberg, Natalie Freiin von,
ift am 27. Juli 1819 auf dem väterlichen
Beſitz Lilienbad) bei Narva geboren. Sie
entitammt einem altadeligen Gejchlecht,
das mit dem deutjchen Orden in die bal- |
tiſchen Provinzen einmwanderte und ift un:
weit Reval in dem Fräuleinftift Finn er:
zogen. Ihr erftes Werk erichien 1882 unter dem
Titel: Dito Magnus von Stadelberg. Schilde:
rung feines Lebens und feiner Reifen in Stalien
und Griechenland. Nah Tagebüchern und Briefen
bargeftellt. Mit einer Borrede von Kuno Filcher.
1884 folgte: Aus Carmen Sylvas Leben, das
1886 die wohlverdiente 4. Auflage erlebte. 1886
erſchien: Schloß Hohenburg im Iſarthal. Außer:
dem find noch verſchiedene Aufſätze erfchienen,
wie: Auf der Gotenalp, St. Blafien in feiner
Bergangenheit und Gegenwart, Die Legende von
der Glocke, Aus meinem Reifeleben ıc.
Stadion, Emerich Graf von, wurde
am 17. Februar 1838 zu Bellatincz in
Ungarn geboren als der Sohn des Grafen
Damian von Stadion und Thannhaufen
und der Katharina, geb. Fürftin Ghifa,
die eine der genialjten Frauen ihrer Zeit
geweſen. Als elfjähriger Knabe fchrieb er
fein erſtes Theaterftüd, das Zauber:
märchen „Der Erdgeijt” und komponierte
fein erjtes Klavierftüd. Im früheiten
Sünglingsalter machte er ſowohl durch
jein Bühnentalent, das er durch Vor:
jtellungen zu Wohlthätigfeitszweden be:
thätigte, jowie durch das Vermögen eines
magnetiſchen Schlafes viel von fich reden,
und trat in brieflihen Verkehr mit be
rühmten Frauen und Männern, wovon
namentlich der Briefmechfel mit Heinrich
Marſchner äußerft förderlih auf feine
mufifaliihe Entwidelung wirkte. Auch
frappierte ſchon damals jein phantaſtiſches
Klavierjpiel. Achtzehn Jahr alt, trat er
in die öſterreichiſche Armee ein und zeid):
nete fich als Offizier bei den Kaijerjägern
in den Schlachten bei Magenta und Sol:
618
Stahl.
Seine im Jahre 1867 in Wiesbaden mit
"8 | einer ruffiihen Gräfin geichloffene Ehe
wurde nad) acht Monaten wieder getrenut.
Der Vereinfamte gab fih nun ausichlich-
(ih der Schriftitellerei hin. Sein um
gemeines poetifches Talent gab ihm ein
Recht dazu. Mehrfach trat er Hand in
Hand mit Vacano (j.d.) hervor, dem er
in Charakter und Weife jehr ähnelt.
Hauptwerte : Chrifta (Dram.), Dornen (Dram.),
Rhapjodien eines Heimatlojen, zerjprühende Fun:
fen (Ged.), Vitae damnata (Erz.), Tot: Blätter
(Ged.), Schatten im Licht, Aſtas Lieder, Vom
Baume der Träume, Bigeunerreime, Cinfame
Lieder, In Duft und Schnee (Ged.), Delilab
(Dram.), Jöfried v. d. Düne (Dram.).
Stahl, Karl, j. 8. Gödede.
Stamm, Th., Graf Haufienjtamm.
Stamm, Theodor, wurde am 29. Juni
1822 in Berlin geboren, widmete fid
zunächſt landwirtſchaftlichen, jpäter mer
dieiniihen Studien, nad deren Abfol-
vierung (1843) er nad Jeruſalem gin
Dort ſchrieb er fein erſtes bedeutungsvolles B
„Die Religion der That (2. Aufl. 1860, ins
Englifche überfegt). Er bereifte den Drient,
um die Peft, ihren Urfprung und ihr
Weſen zu ergründen. Die ——
Forſchungen legte er zum Teil in dem
lichen Werte „Nosophthorie“, ſeiner — —
vernichtungslehren“ (3. Aufl. 1886) nieder, durch
deſſen Veröffentlichung er vieles zur Ausrottung
der Schreckenskrankheiten beigetragen hat. Ferner
ſammelte er auf ſeinen Reiſen den Stoff
zu ſeinem Werke: Über den gegenwärtigen
Zuſtand des egyptiſchen Ackerbaues (zugl. Doktor:
Diſſertation). Im Jahre 1852 gründete S. in
Berlin den „Bund“, fiedelte aber im gleichen
Jahre nad England über, wo er den „Bund“
mit der Gejellichaft der Sekulariſten vereinte.
Nachdem er feine Studien der Epidemien in
England abgeſchloſſen, zog er nach Amerika
unächſt als Hörer der Univerfität in Pen
——— die ihn mit Auszeichnung empfing.
Nachdem er auch bier zum Dr. med. promoviert
worden, ging er feinen Forſchungszwecken in
Amerika weiter nad), allerorten alg edler „Streber"
willtommen geheißen und ausgezeichnet. Im J.
1858 fehrte er nad) England und zeitweile nad
Deutichland zurüd. Hier veröffentlichte er
ferino aus. Seitdem er jeinen Abſchied das Werk „Deuticlands Weltberuf.“ Dann
genommen, führt er ein Wanderleben. | für einige Semejter in Wien jtudierend,
Staufe-Simiginowicz.
veröffentlichte S. Die Vernichtungsmöglich—
feit des epibemifchen Kindbettfiebers, durch
welche manches Menſchenleben erhalten
worden. Im J. 1865 legte ©. fein
Staatseramen ab und ließ ſich zu Berlin
als praftiicher Arzt nieber. 1870 ver:
öffentlichte S. feine vorzüglihe Schrift
Erlöfung der darbenden Menfchheit (4. Aufl.),
auf fozial-öfonomifchem Gebiete das beite
Werk des Autors. Nach dem Tode feiner
über alles geliebten Mutter verließ ©.
Berlin und ging nad) Zürich, ſpäter nad)
619
Steiger.
beuticht find, ebenfo feine beiden Bücher „Rus
mänifche Boeten‘ und „leinruffiiche Volkslieder‘,
"die jehr anfchauliche Bilder fremdnationaler Lite
raturbeftrebungen geben. 1885 erfchienen von
St. „Boltsfagen aus der Bukowina“ als wert:
volle Beiträge zur Landeskunde dieſes öjterreichi-
ſchen Kronlandes. In der Kulturgeichichte feiner
Heimat fteht Staufe obenan.
Steiger, Georg, geboren den 20. Juli
1848 in dem toggenburgifchen Dorfe Fla—
wol, genoß in der Jugend den Unterricht
in der Primarſchule und Sekundarſchule,
verdankt indefien die bedeutjamiten Ans
Baden-Baden und fchließlih nad Wies- | regungen zur Selbjtthätigfeit einem Frei-
baden, wo er noch jet lebt. Inzwiſchen
it ©. auch vielfah als Redner in Ver:
einen 2c. hervorgetreten, hat mehrere
jolhe begründet und außer den genannten
Schriften ferner veröffentlicht: Die fozial
politiiche Bedeutung der Bodenreform (1885),
Des Adam Smith und feiner Schüler Haupt:
Irrlehre (1886).
Staufe- Simiginowiez, Ludwig
Adolf, ift geboren am 28. Mai 1832 zu
Suczawa in der Bukowina. Früh reif,
beteiligte er fich glei) nach den März
tagen an Wiener Blättern als Korreipon-
dent und Mitarbeiter. Schon im Jahre 1850
gab er „Hymnen“ heraus, fein „Album neueiter
Dichtungen‘ und 1855 feine Igriihen Gedichte:
„Deimatsgrüße”. Sein mehrjähriger Aufenthalt
in Wien bradte ihn in Berfehr mit Wiener
Dichtern, Scriftitellern und Journaliften, durch
welche er vielfahe Anregungen zu größeren Ars
beiten erhielt. So begann er Novellen für Zeit-
Ihriften zu jchreiben. Seine „Bukowinger Volks—
märchen“, Die er unter der Landbevölferung eifrig
fammelte, flofjen im Heide von Feuilletons in
die beiten Blätter. Die von ihm in Buchform
berauögegebene Novelle „Der Kloſterbau“, die
eine rumäniiche Volksſage des 13. Jahrhunderts
behandelt, wurde vom Könige von Rumänien mit
der Berdienftmedaille prämiert. Sein Beruf
als Mittelfchulprofeflor führte ihn auch
der wilfenichaftlichen Publiziftif zu; unter
mehreren jelbitändigen Schriften ftehen jeine
„Böltergruppen“ und die „Bodenplaftif” der
Bukowina“ oben an; lettere erhielt greifbaren
Ausdrud dur feine von ihm felbit in Boſſier—
Wachs modellierte ‚„‚Relieftarte der Bukowina“,
das erſte Werk diejer Art in feinem Heimatlande.
Auch in der Überfegungs-Literatur hat er An-
erfennenswertes geleiftet; dies beweiſt eine Reihe
| finnigen, der Wefjenbergihen Schule an-
gehörigen kath. Geiſtlichen. Dieſer ftellte
dem proteſt. Knaben nicht nur ſeine große
Bibliothek zur Verfügung, ſondern er er:
teilte ihm auch täglich Unterricht in der
franz. Sprade und führte ihn mit Liebe
in’s Studium der Gefhichte ein. Im
Jahr 1863 trat St. in das St. gallifche
Lehrerjeminar ein. 1867 übernahm er
eine Schule im Werdenbergiſchen. Doc
Ihon 1869 verließ er dieje Stelle und
ging nah Franfreih, wo er in Lyon,
Paris und Macon als Angeftellter in
ı Handelshäufern fich beichäftigtee Dort
entitanden feine erften Gedichte. Im Jahre
1871 fehrte S. von Franfreih zurüd
und bejuchte das Lehrerjeminar in Küß—
nacht am Zürichfee, das er 1872 verließ,
um eine Lehrerftelle im Anonauer Amt
anzutreten. 1874 übernahm er die Re—
daftion eines demofr. Lokalblattes, die
er bis zu feiner Überfiedlung nad) Zürich
(1882) beſorgte. Damals wurde er an
die Primarjchule in Außerfiehl, einer
Ausgemeinde von Zürich, gewählt und
wirft gegenwärtig noch dajelbit. 1882 er-
Ihien eine zweite Gedichtfammlung von ©.:
„Elias Rotreft'3 Lieder und Sprüche”, die fehr
günftig beurteilt wurde. Außerdem erſchienen
von ihm in ſchweiz. Blättern Novellen.
Stein, Armin, ſ. Nietſchmann.
Stein, Georg, wurde geboren am
14. Dezember 1832 zu Ortelsburg in
Djtpreußen, genoß feine Ausbildung am
polnifcher Novellen und Erzählungen, die gut ver: | Friedrichs-Kollegium zu Königsberg und
Stein.
wanderte im Jahre 1865 nad) Amerifa
aus. In Newyork, wo er fich niederließ,
betrat er zuerit den literarischen Plan in
einem deutſchen Wochenblatt mit großem
Erfolge, fo daß die Redaktion der deutichen
NY. Staatszeitung ihn als Mitglied
aufnahm. Epäter trat er zu der Redak—
tion der „Dayly News“ über, ber er
noch jegt angehört, und deren Feuilleton:
abteilung er vorfteht. Durch feine fein:
finnigen Plaudereien hat fein Name in
Amerika einen jehr guten Klang gewonnen
und gilt er vornehmlich auf Dem Gebiete
ber Kunſtkritik als Autorität.
Stein, Karl von, wurde am 24. Au-
guft 1831 in Roftod, wo fein Vater als
Major lebte, geboren. Aus der Prima
des Rapeburger Gymnafiums trat er in
die Schweriner Kadettenfchule und warb
1850 Offizier. Später zur Dispofition
geftellt, fand er in der medlenburgiichen
Zivilverwaltung Verwendung. Nachdem
er 1870/71 als Adjutant der jtellver-
tretenden 34. Infanterie-Brigade fungiert
hatte, ward er reaftiviert und als
erjter vortragender Rat in die mili—
täriſche Minifterialbehörde feines Groß—
berzogs berufen. In diefer Stellung
verblieb er elf Jahre und avancierte zum
Oberitleutnant. 1882 erbat er jeinen
Abſchied, der ihm mit Penfion in Gnaben 9
gewährt wurde. Sept lebt er jchriftitel-
leriih thätig in Leipzig. Von frühe an
dichtete er und zeigte beſonders für Piycho-
logie das größte Intereſſe; daher ficht
man auch in allen feinen Schöpfungen
das Beitreben, die feinen ſeeliſchen Be—
weggründe feiner Helden hervorzuheben.
Erzählungen und Novellen bilden den
Hauptbeftandteil feiner Schriften.
Selbftändig erfchienen: Mit der Feder für das
Schmert (1866), Ebbe und Flut (1868), Vom
Meinen Graal (1872). Außerdem zahlreiche Er:
zählungen in Beitichriften.
Stein, Lorenz von, ift in Eckernförde
620
Stein.
und Philofophie und trat 1840 in ben
Staatsdienft. In demielben Jahre has
bilitierte er fi an der Univerfität Kiel,
unternahm darauf eine Studienreife nad
Berlin und Paris, wo er eingehende
ſtaats⸗ und rechtswiſſenſchaftliche Studien
trieb, die er fpäter in feinem hochbedeu⸗
tenden Werke: Franzöfifche Staats: und Rechts:
geſchichte verwertete. Hier fchrieb er 1842
das Werk, welches den Anfang aller Be
arbeitungen der fozialen Fragen der fol:
nen Seit bildete: Der —— =
ommunismus des heutigen Frankreichs (
1843 ging ©. nad Kiel zurüd, dafelbi
zum außerordentlihen Profeſſor ernannt,
wirfte er bis zum Jahre 1852, wo er
mit mehreren feiner Kollegen von Dänr:
marf feines Amtes entjegt wurde. Rad;
dem er die nächſten zwei Jahre I
literariſchen Arbeiten ſich hingegeben —*
überfiedelte S. nad Wien und wurde ba
jelbft 1855 zum Profeſſor der Staats
wiflenichaften ernannt. Als ſolcher lehrte
er, gleichzeitig als Mitglied der Afabemie
der Wiſſenſchaften fungierend, bis zum
Jahre 1885, da er in ben
trat. Stein bat fich den Ruf eines der
bervorragendften Nationalölonomen ew
worben, jeine Schriften auf diefem Ge
biete find zum großen Teil bahnbrechend
geweien. Bon feinen, alli als zu
den bebeutendjten ihrer Art , ans
erkannten Werfen heben mir beros
Geſchichte der ſozialen Bewegung in Fran
(8. Er 535 der Staatsmwiffen)
(1852—57), Vollziehende Gewalt (2. Aufl. 1
Die Lehre vom —— m (Tinz
— 35* 338 Die Fr abe ums De
n
der ren. (6. 76 Da
Lehrbuch der Finanz ufl. 18
Die ——S——— (8. 7
Wucher und fein Redht (1880), & J
Verwaltungslehre (3. Aufl. I.
Stein, Ludwig, am Febr
1868 zu Krefeld als der Sohn des Ober
poftjefretärs K. 2. St. geboren, befuchte
am 15. November 1815 geboren, wid: |dafelbft und in Münfter (Meftfalen),
mete fih an den Univerfitäten Kiel und
wohin fein Vater 1881 verjegt wurde,
Jena dem Studium der Rechtswiſſenſchaft das Gymnafium. Noch Schüler an dem
Steinau,
jelben, gab er 1884 jein erſtes Werf:
Graf Dito I. von Tedienburg (Ep., 3. Aufl.
168) heraus, das von der Kritif ſehr
freundlich aufgenommen wurde. Dem:
ſelben folgte 1885 eine Sammlung ſeiner
Gedichte, die von der dichteriſchen Bega—⸗
bung des Autors Zeugnis ablegen, und
mehrere novelliftiiche Arbeiten, ſowie das
religiöfe Drama Caſſia (Trauerfpiel), Um
fih die Kenntnis der Bühnentehnif an-
zueignen, bie ihm für eine erfolgfichernde
Ausführung feiner dramatiichen Arbeiten
höchſt notwendig erfchien, nahm ©. 1886
Engagement bei dem Fürftl. Theater zu
Detmold, woſelbſt er im Liebhaber: und
fomiichen Face thätig war. 1887 verließ
er die Bühne wieder, um in Münſter
einige Monate ausſchließlich wiljenichaft:
fihen Studien und literarifcher Thätig-
keit zu leben. Nachdem er in Detmold
das bürgerlihe Trauerjpiel „Hedwig“
vollendet, brachte er bie wiederholt auf:
genommene Arbeit Lali (Trauerfpiel) zum
Abſchluß. Bald darauf übernahm er mit
Koblenz, einem Schüler Liszt's, eine
Theaterdireftion in Kaſſel, die er jedoch
bald aufgab, um an ben Schreibtifch
zurüdzufehren. Sein Quftipiel Elifabeth
Batterfon erzielte in Münfter (1888) einen
ſchönen Erfolg.
Steinau, Erwin, f. Kar. Schmid.
Steinebach, Friedrich, ift zu Wien
als Sohn eines Hof: und Gerichts-Nod:
vofaten am 27. Dftober 1821 geboren
und ftammt väterlicherfeits von einem
Freiherrn:Geichlehte aus Boppard am
Rhein, feine Mutter war die Tochter des
Gutsbefigers Edler von Ittner zu Wien.
Im Jahre 1843 trat derjelbe nah —
an der Wiener Univerfität — beendeten
juridiſch⸗politiſchen Studien in den Staats»
dienſt bei der Kriegs: Marine und jodann
beim Reihs-Kriegs-Minifterium, woſelbſt
er die Stelle eines Ober-Rechn.Rates
1. Klaſſe erreichte und für wichtige orga=
nifatorische Arbeiten durch die Verleihung
des Ritterfreuzes des Franz Joſef-Ordens
621
Steinhaufen.
ausgezeichnet wurde. Seit 1848 ift er
mit der Tochter des gräfl. Mitrowsky—
ſchen Güterdireftor8 Krammer zu Brünn,
verheiratet. Zuerſt trat er als Schriftfteller
1845 in die Öffentlichkeit in der Zeitichrift „Der
Wanderer‘‘, für welche er Novellen, Gedichte und
kritiſche Artikel lieferte, deſſen Rolemif gegen M.
G. Saphir’3 journaliftifche Umtriebe, machte da»
mals bedeutenden Eindrud. Ein tragifomijches
Märchen „Der Liebeötraum‘‘ und die Satire auf
das ercentrifche Treiben der Enthufiaften: „Leni
Wind‘ fanden bei ihrer Darftelung in Wien
entſchiedenen Beifall, ebenfo das 1846 erfchienene
hiftor. Trauerfpiel „Zohn Rorbi. Bon diefem
Zeitpunfte an mendete er fich der erzählenden
Dichtung in ihren verſchiedenen Abarten zu und
umfaflen diefelben 26 Bände. Bon den Romanen
find befonderd zu nennen: „Der Berräther”,
„Swei vornehme Ehen“, „Engel und Dämon“,
„Ein tiefes Geheimnis‘, „Ein modernes Babel“,
welche in wiederholten Auflagen erichienen find.
In jüngfter Zeit ift der Wiener Kriminal:Roman
„Unſchuldig verurteilt“ veröffentliht morden.
1860 find „Salonbilder aus der vornehmen
Welt‘ erfchienen. „Volksbilder aus der Gefchichte
der alten und neuen Zeit“, welche in den ſechs—
ziger Jahren verlegt wurden, waren raſch ver:
griffen. Einzelne Novellen, geihichtlihe Erzäh—
lungen, Volksgeſchichten und Hiftorifche Genrebilder
brachten zahlreich die beileren Jahrbücher.
Wiederholt ift S. auch als Redakteur thätig ge
weſen: jo hat derjelbe das Jahrbuch „Damen:
Album“ von 1856—60, „Die Auſtria“ von
1863—67 und ‚Thalia‘ von 1858—68 redigiert.
Die erzählenden Dichtungen, wie „Des Auhmes
Schatten”, Aus dem Leben Friedrich des Großen,
„Der erfte Kuß im Leben“, „Franz ubert“,
„Der erſte und letzte Weihnachtsbaum”, „Die
Zeichen des Glüdes“, „Am Brunnen zu Karls
bad’, Aus dem Leben Gellert3 und Laudons
u. a. legen Beweis ab von der großen Geitals
tungäfraft des Dichters.
Steinhanfen, Heinrih, am 27. Juli
1836 in Sorau geboren, widmete fid
theologiihen und philologiihen Studien
zu Berlin, wirkte als Lehrer an den
Kabettenanftalten zu Potsdam u. Berlin,
wurde 1868 Pfarrer in Blüthen, 1874
in Lindow und 1883 in Beeß. Neben
feiner jeelforgeriihen Wirfjamfeit widmete
er feine Muße literarifchen Arbeiten.
Zunächſt machte er fich Durch feine gegen
Georg Ebers gerichtete Schrift Memphis
in Leipzig (8. Aufl. 1881) befannt. Noch
in demfelben Jahre erichien des Autors
Steinhaufer.
622
Stelter.
beftes Werk Irmela, das zwölf wohlver: |ein mit Lazarus giebt St. die „Zeitichrift
diente Auflagen erlebte und ſich durch | für Völferpfychologie und Sprachwiſſen⸗
hohen poetiſchen Gehalt auszeichnet, von
©. aber in feinen fpäteren, den folgen-
den Schriften nicht wieder erreicht wurde:
Gevatter Tod (Nov. 1882), Markus Zeisleins
großer Tag (1883), Der Korrektor (1885).
Steinhaufer, Anton, geboren am
17. November 1802 zu Wien, jtudierte
Philofophie und Mathematik an der Uni-
verfität feiner VBaterftadt, trat dann in
den Staatsdienft und wirkte ſchließlich als
Arhivar des Minifters für Kultus und
Unterriht mit der Charge eines Reg.
Nats bis 1858. Er ift Ehrenmitglied
der geogr. Gejellihaften von Wien, Berlin,
Antwerpen ꝛc. ꝛc.
Hauptwerke: Mathemat. Geographie und Pro—
jektionslehre (1857, 3. Aufl. 1887), 20ſtellige
Logarithmen⸗Tafeln (1880), Lehrbuch der Geo»
rapbie (1857), Geographie von Defterr.-Ung.
(1872), Die math..phyf. Karten zum Handatlas
von Scela, 20 andere Schichtenfarten von Mit:
tel-Europa, Schulwandfarten von Öfterreich und
Salzburg ꝛc. ıc.
Steinfeller, Marie von (Eophie von
Keller), wurde am 27. September 1840
zu Treptow a. d. Rega (Pommern) ge:
boren. hr Leben war ein mehr innerlich
als äußerlich bewegtes. Ihre Neigung
und ihre Begabung ließen fie mit Er:
folg die Feder führen, befonders auf dem
Gebiete der Jugendichriftitellerei und als
Mitarbeiterinvon Zeitichriften und Tages-
blättern. Bon jelbftändigen Sc riften
hervorzuheben: Fata Morgana (Märch. 1880,
on 1884), Am heimiſchen Strand (Rom.
Steinthal, Chajim Heymann, ge
boren am 16. Mai 1823 in Gröbzig (An:
balt), ſtudierte Philofophie und Sprach—
wiſſenſchaften in Berlin und habilitierte
ſich dajelbft 1849. Danach lebte er meh:
rere Jahre in Baris. Nach Berlin zurüd-
gekehrt, wurde er 1863 zum außerord.
Profeſſor für Sprachwiſſenſchaft an der
dortigen Univerfität ernannt und lehrt
außerdem an der 2ehranftalt für die
Wiflenichaft des Judentums. Im Ver-
ſchaft“ heraus. Bon St.s felbftändbigen,
zu den ausgezeichnetften Schöpfungen auf
dem Gebiete der Sprachforſchung zählen
ben Werfen find hervorzuheben: Die Ent
wictung der Schrift (1852), Charatterifit_ ber
bauptlählichiten Typen des
Geſchichte der Sprachwiſſenſchaft bei den (
und Römern —— Geſchichte und
in ihren gegenſeitigen Bezie (1864),
der nn (1871),
Sprache im Zufammenhang letzie
Fragen alles Wiſſens (4. Aufl. —
—* Ethik (1885); außerdem bie
Schriften Wilhelm von Humboldis
Stelter, Karl, wurde — 25. De
jember 1823 in Elberfeld ge So
brav ſeine Eltern waren, arm
blieben fie, und fo durfte an eine Be
friedigung der Wißbegierde Karls nicht
gedacht werden, derſelbe mußte
mit dem Unterricht einer
begnügen. Nach ſeiner Kon
wurde er als Lehrling in eine —*
fabrik gegeben. Dort — er ‚Jegt
Mußeftunden zu feiner wiflenjchaftlichen,
befonders ſprachlichen Aug Du
neben betrieb er eifrig d |
dien und dieſe begeilterten >.
bob er nad) — feiner L
ühne ging ot und Entbehru
wohl aus das Bewußtfein, fein % Bühnen
licht zu fein, —— ihn, in er ‚Rom
urüdzufehren, un rfelb,
fit 1883 in Wiesbaden vohnbaft. $
legtgenannter Stadt lebt ©, ı 7 t,
feit Jahren jedoch aussi
Hi
fen dienend und bef als £ pri
hervorragend. u:
Hauptwerte: Gedichte (1857, 3. Aufl. 188
Die Braut der Kirche (Geb. 1858), Kompak au
dem Meere des Lebens (1859, 5. U 0)
Kompendium der bee
—* * — we
ihre un e
vellen (1882), —
Stengel, Fra “a
boren am 20. April 1842 ns X
als Tochter des fpäteren L
* *
— — —
Stephan.
nifters Franz Freiherrn von St., erhielt
ich meine Erziehung in den vortrefflichen
Schulen meiner Heimatftadt, erweiterte
meinen Willens: und Bildungsgrad noch
mehr durch die reiche. Bibliothef meines
Vaters und deſſen Vorbild, der nie müde
war, bejonders von Schägen ber alten
klaſſiſchen Literatur zu often und in feinen
Kindern den Gefchmad daran zu pflegen.
Spätere Reifen und längerer Aufenthalt in
Paris, London und der Schweiz unter:
brachen das Zeben in der Heinen Refidenz
und verjtärkten die Neigung, welche fchon
früh erwacht war, Erlebtes und Erfon-
nened zu Papier zu bringen. An bie
Offentlichkeit trat ich jedoch erft, nachdem der Tod
des Vaters die Familie fo zu fagen aufgelöft und
ih in derjenigen einer befreundeten im ſchönen
Rheingau eine zweite Heimat gefunden. Hier
entftanden die Erzählung: „Der Pflicht geopfert“,
bie Romane „Ariftotraten“, „Belfimiften‘‘, und
zwei Bände „Novellenbuch“, außerdem eine Ans
zahl Novellen, die in verſchiedenen Zeitſchriften
chienen.
Stephan, Marie, geboren am 9.
März 1848 zu Gutwohne, beſuchte die
höhere Mädchenſchule in Breslau und
Ratibor, darauf das Scholz’ihe Seminar
in Breslau und machte daſelbſt 1866 das
Eramen als Lehrerin für höhere Mädchen⸗
Ihulen. Die folgenden Jahre übte fie
ihren Beruf in drei fchlefiichen und einer
ungariihen Familie aus und verlebte ein
Jahr in der Gegend des Plattenfees, wo
fie mit vielem Intereſſe Land und Leute
ſtudierte. Seit 1877 ift diefelbe als
ſtädtiſche Lehrerin in Breslau angeftellt.
Ton 1876 an erfchienen die erften Heinen Ge
Ihichten in „Herzblãtichen's Zeitvertreib”, darnach B
„Beiträge im Töchter-Album“ (1880 und 1883).
Ständige Mitarbeiterin der „Kinderlaube” ift fie
feit 1881. Außerdem Geſchichten und Märchen
—— Schleſiſchen Mark-Bibliothek, in „Grüß
oft” ꝛc.
Stern, Adolf (eigentlich Ad. Ernſt),
iſt geboren zu Leipzig am 14. Juni 1835,
widmete fih dem Studium der Philo—
ſophie, Philologie und Geſchichte an den
Univerfitäten Leipzig und Jena. Nach
623
Stern,
Vollendung feiner Studien dozierte er am
Polytehnilum in Dresden, wurde dafelbft
1868 zum außerorbentlihen und 1869
zum ordentlichen Profeſſor der Literatur:
gelhihte ernannt. Außer vielen poetischen
erken, die, ihrer edlen Eigenart und
Tiefe wegen, mit Recht großen Beifall und
weite Verbreitung fanden, hat St. eine
Reihe von hochbedeutenden literarhiſto—
riihen Schriften erfcheinen laflen, die wir
den beiten unferer Literatur beizählen.
Hauptwerke: Gedichte (1855, 3. Aufl. 1881),
Serufalem (Ep.1858), Bis zum Abgrund (Rom.
1861), Am Königfee (Nov. 1863), Hiſtoriſche
Novellen (1866), Das Fräulein von Augsburg
(Rom. 1867), Johannes Gutenberg (ep. Dicht.
1873), Aus dem achtzehnten Jahrhundert (1874),
Neue Novellen (1875), Katechismus der allge:
meinen 2iteraturgejchichte (2. Aufl. 1876), Wans
derbud (1877, 2. Aufl. 1887), Fünfzig Jahre
deutſcher Dichtung (1877), Aus dunklen Tagen
(1878), Die letzten Humaniften (Rom. 1880,
2. Aufl. 1882), Biolanda Robuftella (Nov. 1880),
Zur Literatur der Gegenwart (1880), Ohne Ideaie
(Rom. 1882), Lexikon der deutſchen Literaturges
ſchichte (1882), Geſchichte der neueren Literatur
(1882—85), Hermann Hettner (1885), Venezia
niſche Novellen (1886), Camoöns (Rom. 1886),
Geſchichte der Weltliteratur (1887). Außerdem
die Herausgabe ber Volksbibliothek der Literatur
des achtzehnten Jahrhunderts, der Werke Hauffs,
Körners, Herders u. A.
Stern, Alfred, wurde am 22. No—
vember 1846 zu Göttingen geboren, fius
dierte dort, in Heidelberg und Berlin Ju⸗
risprudenz, Nationalökonomie und Ges
ſchichte, promovierte 1868 und habilitierte
ih 1872 als Privatdozent der Gefchichte
in feiner Vaterftadt. Im Jahre 1873
folgte er einem Rufe als Profeſſor nad
ern, von wo er 1887, als Profeſſor
an das eidgenöffifche Polytechnikum be:
rufen, nad) Zürich überfiedelte. Lite—
rarifh machte er fi namentlich durd
fein vorzügliches Werk Milton und feine
Zeit (1877—79) weiteren Kreifen befannt.
Ferner hervorzuheben: flber die 12 Artikel
der Bauern u. ſ. w. (1868), Bafeler Chroniken
(gemeinfam mit W. Vifcher) (1872), Geſchichte
der Revolution in England (1881), Zur Ge
u der preußifchen Reformzeit 1807—15
Stern.
Stern, Ludwig Julius Ehriftan, ge:
boren zu Hildesheim am 12. Auguft
1846, befuchte das Gymnafium Andrea-
num feiner Baterftadt, dann 1865 die
Univerfität Göttingen, wo er fi) nament-
lih unter Ewalds und Benfeys Leitung
dem Studium der orientaliihen Sprachen
widmete. 1866 löjte er eine akademiſche
Preisfrage über die Pluralbildung im
Arabiihen und Athiopiihen. In der
Folge wandte er ſich mehr der Agyptologie
zu und ging, nachdem er ein Jahr lang
eine Lehrerſtelle verwaltet hatte, 1872
nad) Agypten, wo er mit ©. Ebers eine
wiſſenſchaftliche Reife in Oberägypten
madte. Nach jeiner Nüdkehr wurde er
von Ismail-Paſcha als Direktor der kurz
vorher in Kairo gegründeten vizefönig-
lien Bibliothek angeftellt, verblieb aber
in diejer Stellung nur bis 1874, da er
einem Rufe als Direktorial-Affiitent bei
dem Agyptiichen Mufeum in Berlin folgte.
Diefes Amt legte er 1885 nieder und
ward 1886 zum Profeſſor und zum Bi-
bliothefar bei der Handichriften- Abteilung
der Königlichen Bibliothek zu Berlin er:
nannt. Wiſſenſchaftliche Reifen machte
er 1874 nad) England, 1876 nad) Ita—
lien und 1881 wiederum nad) Agypten.
Bon feinen zahlreihen Arbeiten feien die in
der „Zeitfchrift für Agyptiiche Sprache und Al—
tertumsfunde” erwähnt, welche er feit Lepſius'
Tobe 1884 mit 9. Brugich fortführt ; auferdem :
ein Hieroglyphiſch-lateiniſches Gloſſar (1875),
Cesnolas Cypern bearbeitet (1878), Koptiſche
Grammatik (1880).
Sterue, Carus, ſ. E. Krauſe.
Sterubeck, Albert Heinrich Wilhelm,
geb. zu Schwedt an der Oder am 23. No—
vernber 1834, wandte ſich ſchon auf der
Schule mit großer Vorliebe den Geſchichts⸗
wiſſenſchaften zu. Später Buchdruderei-
befiger und Ratsherr in Strausber
(Provinz Brandenburg), durchforſchte der:
jelbe das reichhaltige ſtädtiſche Archiv und
ftellte eine ausführliche Geſchichte dieſer
Stadt zufammen, von welcher noch das
meilte im Manuffript liegt. Gedrudt ift
erſt: „Beiträge zur Geihichte der Stadt Straus:
624
— Stettenheim.
berg, St. Marienlirche nebſt Kapellen ꝛc, das
Dominikanerkloſter, das Eigentum der Eiſier⸗
cienfer-Abtei Zinna in Barnim.” Ab ·
handlungen teild mit auf die Stadt
Strausberg, teild auf das Barnim, er
ſchienen im Laufe von 3 Jahren in dem
von St. redigierten „Maͤrkiſchen Boten”. Nach
Aufgabe feines Geſchäfts in Strausberg
wandte fi St. im 3. 1882 nad) Berlin,
um feinen auf den höheren Schulen bar
jelbft fich befindenden Söhnen näher
fein, und gab fich dabei ganz dem
ftellerfach hin, für feine Arbeiten vor Allem
die Berliner Wochenſchrift „Der Bär“ benußend.
Stettenheim, Julius, wurbe zu Ham-
burg am 2. November 1831 als ein Sohn
des ſ. 3. mohlbefannten- 8
Levy St. geboren. Er war
zum Nachfolger im Geſchäfte feines
ters bejtimmt und erlernte dafjelbe nad
Vollendung feiner Schulbildung. Bis zu
feinem 26. Lebensjahre blieb ©. a
feinem Berufe getreu, dann aber, na
des Vaters Tode, gab er das
auf und begann jeine literariiche 2a
bahn. Diefelbe führte ihn zunächft
Berlin, jpäter nad Ham wo er bie
„Wespen“ gründete, die zuerjt jelb
dann als Beiblatt, zeitweiſe wieder felbit
ftändig, dann nochmals als Beiblatt no
jegt erfcheinen und ihren Herausgeber
auch in weiteften Kreifen bekannt machten
und zwar namentlich durch die darin a
tretenden Driginaltypen „Wippchen” U
Muckenich“, deren luftige Abenteuer umb
Thaten ©. aud in feinen Werfen wei
ausführte. ie
Hauptwerke: Die letzte Fahrt (1861), Die
Berliner Wespen im Aquarium, Diefelben im
zoologiſchen Garten, Diejelben auf der interna
tion. Zandwirtichaftl. Ausftellung (1863—69),
Ungebetene Gäfte (Poſſe 1869), Ein gefälliger
Menſch (Bofle 1872), Wippchen's ſämmtl. Kriegs⸗
berichte (1878), Muckenich's Reden und Thaten
(1885), Unter vier Augen (1885), Bulgariſche
Krone gefällig? (1888). Seit 1885 giebt S. die
Zeitichrift „Das hbumoriftifche Deutichland“ heraus.
Steub, Ludwig, wurde am 20. Fe
bruar 1812 in Aihah (Baiern) ge
boren, ftubierte zunächſt Philojophie, dann
Stieglig.
625
Stier.
Rechtswiſſenſchaft zu Münden und trat |dann das Gymnafium dafelbft und das
1834 in griechiſche Dienfte, zunächſt in
Nauplia, dann in Athen befchäftigt. Im
Jahre 1836 fehrte er nach Deutichland
zurüd und ließ fi in München als An-
walt nieder. Als Scriftteller hat ©.
fi) ſowohl auf ethnographifchem, wie auf
novelliltiihem Gebiete einen bedeutenden
Ruf erworben.
Hervorzuheben : Bilder aus Griechenland (1841),
Über die Urbewohner Rhätiend und ihren Zu:
fammenhang mit den Eiruskern (1843), Drei
Sommer in Tirol (1846), Novellen und Schil—
derungen (1858), Deutiche Träume (1853), Zur
lan
birge (1862), Der ſchwarze Gaft (1863), Herbit: |
in Tirol (1867), Altbayriihe Kulturbilder
(1869), Die oberdeutichen Familiennamen (1870),
Kleinere Schriften (1873— 75), Lyriſche Reifen
(1878), Aus Tirol (1880), Gefammelte Novel:
len (1881), Der Sängerfrieg in Tirol (1882), |
Mein Leben (1883), Namen und Landeskunde
rhãtiſchen Ethnologie (1854), Das bayrifche Hoch: |
d (1860), Wanderungen im bayriihen Ge: |
der deutichen Alpen (1885).
Stieglit, Nikolaus, wurde am 5. Fe—
bruar 1833 zu Hannover geboren, wo er
feine Gymnafialjtudien vollendete. 1853
trat er in öfterreichiichen Militärdient,
er mit dem Charakter als Nittmeifter
verlieh. Dann unternahm er größere
Reifen, worauf er fich in Wien niederlieh,
wo er in intime Beziehung zu den her:
vorragendſten Berfönlichkeiten der drama—
tüchen Kunft trat. Von feinen, ein fhönes
poetiihes Talent und dramatiiche Ge:
ngsfraft bezeugenden Werfen heben
wir hervor: Gedichte (1869, 2. Aufl. 1874),
Niteis (Dram., mit Erfolg aufgeführt), Mofes |
Rendelsſohn (Schaufp.), Die Grafen von Wil:
denftröm (Scaufp,), Die Speftralanalyfe (Luftip.),
Wiſchen Paris und Verfailles (Luftip.), Gräfin
Olga (Schaufp.), Der Adoptivjohn (Luftfp.)
Stier, Heinr. Chrift. Gottlieb, wurde,
am 12. Auguft 1825 im Miffionshaufe
zu Bajel geboren, wo fein Vater Rudolf
. damals Lehrer war. Den erjten
Unterricht genoß er bei den Eltern, 1833
ſodann in Schulpforte bei dem Haus-
lehrer des dafigen Infpeftors, von 1834
bis 36 beſuchte er in Wittenberg die
Schola colleeta des Sand. Ramdohr,
Das literariſche Deutſchland.
zu Merſeburg, ſchließlich das zu Elber:
feld. 1844 ging er nad Halle, um
Sprachwiſſenſchaften zu ſtudieren und zu⸗
gleich ſeiner Heerespflicht zu genügen. Er
hörte Philoſophika bei Erdmann, Hiſtorika
bei Leo, Philologika bei Bernhardy, Meier,
Pott und L. Rob, Germanika bei Leo und
Sommer x. Danach gehörte er der
Erlanger Hochſchule an als Mitglied des
philol. Seminars unter Döderlein und
Nägelsbach, andere Vorlefungen hörte er
bei Rud. v. Raumer und E. von Schaden.
Endlich hörte er in Berlin bei Böckh und
Lachmann (auch im Seminar), Bopp, ©.
Curtius u. a. Nach kurzer Hauslehrer-
‚thätigkeit in Milmersdorf bei Templin
beitand er die Prüfung pro fac. doe, in
Berlin und übernahm nun 1848—51
eine Stelle als Erzieher in S. Jorio am
Veſuv. Zurücgefehrt nad Wittenberg,
begann er 1851 zunächit das Probejahr,
wurde als Adjunft angejtellt und 1856
zum Oberlehrer befördert. Neben der Schule
widmete er feine Mufje teils ſchriftſtelleriſchen
Arbeiten, teils gemeinnütziger Thatigkeit in Vers
einen, beſonders auch Erforfhung der Lofalge:
ſchichte. u. a. trug er al Schriftführer des
Vereins für Heimatkunde wefentlich zur Begrüns
dung eines Denkmals für Ph. Melandthon bei.
1862 wurde er zum Direktor des Gol:
berger Domgymnafiums ernannt, 1868
zum Direktor des Herz. Francisceumg
und Pädagogiums (Alumnats) in Zerbit.
| a 1578 gehört er hier auch der Landes:
y
node an, neuerdings auch am Vorftande
beteiligt. Im Drud ift feit 1850 verfchiedenes
von ihm erſchienen, meiftenteils in der Mutter
ſprache, einiges auch in lateiniſcher, griechiſcher,
italieniſcher und ungariſcher Mir heben beſon—
ders hervor: Ungariſche Märchen und Sagen
(1850), Ung. Lieder und Gedichte (überiegt;
1850), Ungarijche Vollsmärcen (mit Anmerkun,
gen, 1857), Zriny und die Sriniade (1866),
Gramatica della lingua tedesca (1852), Boms
peji (nebſt Plan, 2. Aufl. 1853), Hier. de Rada
Carmina Italo-albanica quinque (1856), Cor-
pusculum Inscript. Viteberg (2. Aufl. 1883),
Wittenberg im Mittelalter ( 1860), Die Schloß:
firche zu Witt. (2. Aufl. 1873), Material für den
Unterricht im Mittelhochdeutichen (2. Aufl. 1876),
Acht Reden a. d. Schulleben von St.u. Wen:
40
Stinde.
Blamiſcher Bericht über Vasco da
Gama (2. Reife, 4. Aufl. 1887), Hebräifches
Votabular (2. Aufl. 1872), desgl. Formenlehre
(1880), desgl. Übungsbuh (2. Aufl. 1888),
Griech. Formenlehre, desgl. Übungsbud) (4. Aufl.
1883), Seria mixta jocis (griech. lat. mhd. Ge⸗
dichte, 1884), Leben E. R. Stiers, (2. Aufl.
1876), Ilias-Kommentar (1887 ff.).
Stinde, Julius (Wilhelmine Bud:
holz), wurde am-28. Auguft 1841 in
Kirch: Nüchel (Holftein) geboren, bejuchte
das Gymnafium zu Eutin und widmete
fich zu Lübeck dem Beruf eines Apothefers.
Naͤch vollendeter Lehrzeit bezog er die
Univerfität Kiel, ſpäter die zu Gießen
und Jena, um Chemie zu ſtudieren. Er
ehrte jedoch nicht wieder zu ſeinem ur—
ſprünglich erwählten Berufe zurüd, fon
dern nahm die ihm gebotene Stelle in
einer chemiſchen Fabrit bei Hamburg an,
wo er drei Jahre thätig war. Danad)
betrat ©. den journaliftiihen Plan, zu:
nächſt als Redakteur des „Hamburger
Gewerbeblattes”, fpäter der „Reform“
beſchäftigt; ſeit 1876 aber als freier
Schriftſieller zu Berlin wohnhaft. Weiteren
Kreifen machte fih ©. zuerſt namentlic)
durch feine Bühnenftüde im Dialekt be:
kannt: Hamburger Leiden (1875), Tante Lotte
(1875), Die Nachtigall aus dem Bädergang (1876),
Die Familie Carſtens (1877), Ihre Familie (1883),
Eine Hamburger Köchin (1883), Die Blumen»
händferin 2c., weldhe Stüde meiſt mit
durchichlagendem Erfolg (vornehmlich von
der reifenden Karl Schultze'ſchen Truppe)
zur Aufführung gelangten. Diejen
Bühnenarbeiten folgten S.'s Hauptwerte,
Die Berliner Lokalgeſchichten der Familie
Buchholz: Buchholzens in Stalien (1883),
Die Familie Buchholz (1884), weldhe einen
großen Abfag fanden und an denen wir
die fcharfe Erfaſſung des Typus einer
gewöhnlichen Berliner Bürgerfrau um fo
bewunderungsmwürdiger finden, . als ber
Berfafler nicht einmal geborener Berliner
iſt, fondern diefe Kenntnis lediglich feiner
feinen Beobachtung der gewöhnlichen
hauptſtädtiſchen Volksklaſſe dankt. Außer:
dem hervorzuheben: Das Delamerone des
Verbannten (1881, 3. Aufl. 1956), MWaldnovellen |
trup (1868),
626
Stirm-Riviere.
a
andglojjen ‚ Das Opfer
(2. Aufl. 1886). N
Stirn:Niviere, Anna, wurde am
29. April 1843 zu Caſſel geboren, und
in ziemlich beichränften Verhältniffen von
ihrer Mutter erzogen, ba fie ſchon in
zartefter Kindheit ihren Vater verloren
hatte. Die Pflege ihrer poetijchen Em-
pfindungen, die fih ſchon fehr früh be-
merfbar machten, dankte fie einer Anver-
wandten, da der Mutter das Verftändnis
für diefelben fehlte. Glüdlihe Erfolge
lohnten die junge Dichterin. 1865 ver-
heiratete fie fi mit dem Kur⸗Heſſ. Haus-
hofmeifter Stirn und wibmete fich zunäd
nur ihren häuslichen Pflichten, die
gänzlich vernadjläffigend. Erſt im Jahre
1873, als fie der Fähigkeit des Gehens
beraubt, ihre Thätigkeit im Haushalt auf-
geben mußte, wandte fie fid wieder gan;
der Dichtkunft und der Literatur
1874 erichienen ihre Gedichte gelammelt ı
dem Titel „Haideblumen“, die durch ihre For
reinheit, nit minder durch ihre Anmut umd
Sinnigfeit, einen großen Freundeskreis fi er
warben. (3. Aufl. 1881). Außerdem
Heine Artitel, Novellen, Erzählungen für Tag
blätter und Zeitfchriften. Die Autorin
feit 1885 Witwe, in ihrer Valerſie
Stoder, Franz Auguft, wurde am
21. März 1833 zu Frick im jchmweiger.
Kanton Aargau geboren. Sein Bater
war Gaftwirt und Poſthalter und Diele
beiden Berufsthätigkeiten haben die nächſte
Veranlaſſung geboten zu zwei literariſchen
Publikationen des Sohnes. Das Poſtfach
bot ihm die Grundlagen zu der „Schweiz. oft:
Zeitfchrift” (1856—57), die neben den Intereſſen
des Poſtbeamtenſtandes auch die neuejten Ein
richtungen des damals aufblühenden eidgenöfli«
chen Poſtweſens beſprach. Der Wirtöberuf feines
Naters und die Erlebniffe der Jugendzeit in
einem Wirtöhaufe äußerten ſich in einem größeren
Merte, „Geſchichte des Gafthofs: und Wirts
ſchaftsweſen der Schweiz“, von der ältejten Zeit
biß auf unfere Tage. Werner erfhienen neu:
Monographien der Gafthöfe zu den „Drei Kö:
nigen“, zum „Wilden Mann“ und zum „Stor«
chen“ in Bafel find von befonderem kulturgeſchicht ⸗
lichen Wert. Ein gro zes Intereſſe bekundete St.
für das ſchweizeriſche Vollstheater. Im J. 1859
—
Stödl.
begann er die Herauögabe einer „Bibliothef vater:
ländifcher Schaufpiele”, die heute über 30 Bände
zählt. Er fand, daß die Schweiz mit ihrer
reichen biftorifhen Vergangenheit eine ausgiebige
Quelle für die dramatiihe Darftellung auf der
Boltsbühne fei. Die Sammlung fand allfeitigen
Anklang und heute zählen wir bei 1300 Lieb:
baber:Boltstheater in allen Kantonen der Schweiz,
welche fich die Aufgabe ftellen, diefe Volksſchau—
fpiele zur Aufführung zu bringen. Folgende
größere Arbeiten St.'s verdienen erwähnt zu
werden: Hüningen vor zweihundert Jahren, Die
Bollsaufftände im berniihen Jura gegen den
Biſchof von Bafel, Wie das Bad Bubendorf ent»
ftand, Der Trompeter von Sädingen, fein Dichter
und feine Komponiften, Der Abfinth, Der Jura:
forſcher Auguft Quiquerez. Aus dem Franzöſi—
ſchen. Arlesheim, Dorf Schloß, Stift und An:
lagen, Der Pechbub, eine fridthaliihe Gauner:
— Die Petersinſel im Bielerſee. Nach dem
—— Die Wirtshäuſer im Mittelalter,
Karl Schröter, Das Lebensbild eines fridthali-
ſchen Pfarrers, Karl Friedrich Landolt von Aarau
Eebensbild). Außerdem Gedichte, Erzählungen
und Novellen in Zeitihriften. Seit dreißig
Jahren gehört Et. der Journaliftif an;
mehrere Organe hat er ſelbſt gegründet,
bei anderen war er jelbftändiger Redak⸗
teur oder Herausgeber: Schweiz. Boftzeit-
(1856—57), Neue Fridtbaler Zeitung
859), Aargauer Zeitung (1860), NRouracia.
Blätter für fridthaliihe Landeskunde (1861),
Schweizerbote in Yarau (1866—70), Basler
Nachrichten (feit 1870), und Vom Jura zum
Schwarzwald (iluftr. Zeitfchr., feit 1883.) Seit
1873 ift St. Mitglied des Großen Raths
von Balel.
Stöckl, Albert, wurde geboren am
15. März 1823 in Möhrn (Bayern) als
Sohn eines Elementarlehrers, machte feine
bumaniftiichen, philoſophiſchen und theo:
logiihen Studien in Eichitätt an dem dor-
tigen k. Gymnaſium und bifchöfl, Lyeeum
und wurde 1848 zum Priefter geweiht.
Nachdem er zwei Jahre in der Seelforge
gewirkt, wurde er 1850 an die bijchöfl.
Lehranſtalt (Lyceum) in Eichjtätt berufen
und dozierte dort zwölf Jahre lang ſo—
wohl philojophiiche als auch theologifche
Disziplinen. Während diefer Zeit er-
ſchienen von ihm: Die fpefulative Lehre vom
Menichen und ihre Geſchichte und eine Gefchichte
der — —— der patriſtiſchen Zeit, ſowie ein
theologiſches Werk: Das Opfer nad) feinem We:
627
Stöhr.
fen und nad feiner Geſchichte. Im Jahre
1862 wurde ©. als ord. Profefjor der
Philoſophie an die k. Akademie in Müns
fter (Weftfalen) berufen, wo er neun
Jahre lang (bis 1871) ſämmtliche philo:
jophifchen und pädagogiichen Disziplinen
vortrug. Im Jahre 1871 kehrte er in
jeine Heimat zurüd und nahm bier fein
Lehramt an der biichöfl. Lehranftalt in
Eichjtätt als Profeflor der Philofophie und
Pädagogik wieder auf.
Seit 1862 find von ihm, außer mehreren eis
neren Arbeiten, folgende Werte erfchienen: Ges
ſchichte der Philofophie des Mittelalters, Geſchichte
der neueren Philoſophie von Baco von Verulam
und Gartefius biö zur Gegenwart, Lehrbuch ber
Philoſophie (6. Aufl.), Lehrbuch der Religions⸗
philoſophie, der Aithetit und ein Lehrbuch der
Geſchichte der Philofophie (ſämmtlich in 2. Aufl.),
Das Chrijtentum und die großen fragen der
‚ Gegenwart auf geiftigem, fittlihem und fozialem
Gebiete, Das Chriftentum und die modernen Irr⸗
tümer, Der Materialismus, geprüft in ſeinen
Lehrjägen und deren Konſequenzen, Lehrbuch der
Pädagogif (2. Aufl.), Geſchichte der Pädagogik.
Stöhr, Adolf, geb. am 24. Februar
1855 in St. Pölten (Niederöfterreich),
‚studierte an der Univerfität in Wien,
‚Ausgerüftet mit naturwifjenfchaftlicher
'Vorbildung im allgemeinen, die er als
‚Stene des pflanzenphyfiologifchen Inftitus
‚tes der Wiener Univerfität unter Wies—
ner auf dieſem jpeziellen Gebiete vertiefte,
widmete er fih nad feiner Promotion
‚(1880) dem Stubium der induktiven Lo⸗
gik insbejondere und der Vhilofophie über:
haupt und habilitierte fih 1885 an ber
genannten Univerfität als Privatdozent
für Bhilofophie, welde er im Sinne des
Pofitivismus lehrt.
Hauptichriften: Über das Vorkommen vor
Chlorophyll in der Epidermis der Phanerogas
men-2aubblätter (1879), Unterfuhungen über den
Einfluß des Lichtes auf die Ehlorophyllbildung
bei intermittierender Beleuchtung (mit Dr. Karl
Miloſch, 1880), Vom Geiſte (1888), Analyſe
der reinen Naturwiſſenſchaft Kants (1884).
Stöfl, Helene, wurde am 18. März
1845 zu Brandenburg, als ältefte Tochter
des an der dortigen Ritterakademie und
jpäter an den Realſchulen zu Breslau
40%
Stöfiel.
und Görlig ange
dernen Sprade,
fie genoß gemein
Schwefter und vier Brüd
forgfältige Erziehung. Aber ihon im
Jahre 1856 verlor fie die Mutter, und
zehn Jahre jpäter (fie hatte ſich inzwiſchen
in Görlig zur Lehrerin ausgebildet) löſte
der Tod des Vaters den Familienkreis
für immer. In Wr.Neuſtadt, wohin fie
als Erzieherin ging, verband fich Helene
1869 mit dem Tonfünftler Rudolf Stöfl
zu glücklichſter Ehe.
wurde dur ein plöglic) auftretendes
Snieleiden zu einem dreijährigen Kranfen-
lager genötigt, und in diefer jchweren
Zeit war es hauptlählid die Freude an
ihrer ſchriftſtelleriſchen Thätigfeit, *
ſie aufrecht erhielt. Konnte ſie auch nicht
ſelbſt ſchreiben, ſo vermochte ſie doch zu
ditlleren, und fo entſtand eine große Anz
zahl gerabe ihrer heiterften Arbeiten in
Diefer Leidenszeit. Gegen alles Erwartener:
holte fie ſich allmählich; während fid aber ihr
Gatte an ihrer fortichreitenden Geneſung
erfreute, ward er ſelbſt nach einer Krank—
heit von wenigen Tagen durch den Tod
von ihrer Seite geriſſen. In ſtiller
Zurückgezogenheit lebt Helene S. ſeitdem
in dem fleinen Städtchen, Das ihr mit |
der Zeit zur Heimat geworden, ganz der
Erziehung ihrer Kinder und ihren lite:
rariſchen Arbeiten ſich widmend. Die fein:
finnigen und anmutigen Erzählungen und Feuille:
tons der liebenswürdigen Autorin fanden Auf:
nahme in faſt allen größeren belletrijtiichen Zeit:
fchriften Deutichlands. Außerdem verfaßte fie
eine Anzahl felbitändiger, von Der Kritik ſehr
günftig aufgenommener Werke, von denen mir
hervorheben: Aus Der Mädchenzeit (Erzähl.
9, Aufl. 1878), Aus glüdlihen Tagen (Er.
2, Aufl. 1850), Meinen Sie mih (Hum. 1581),
Draußen und Dabeim (Ged. 1881), Aug’ in
Auge (1880),
Er, Sie und Es (2. Aufl. 1882),
Verſchlungene Lebenswege (Erz. 1882), Kinder:
neft, alte und neue Märchen (1882), In Untreue
treu (Nov. 1883),
Unterm Weihnachtsbaum
(1883), Unfere Kleinen (1885), Scneerojen
(Erz. 1886).
Stöſſel, Alfred (Lothar
29. April 1858 zu Brünn in
Karl Boedel, geboren;
chaftlich mit einer
ern eine äußerſt
\
Bitter). Am
Mähren
628
ftellten Lehrers ber mo: | (Öfterre
Die junge Gattin *
—
Stoklaska.
ich) geboren, habe ich teils dort,
teils in Wien Volksſchul- und Gymnafial⸗
unterricht genoſſen und in leßtgenannter
Stadt 1878 die Univerfität bezogen, um
Philoſophie und Geſchichte zu ftudieren,
An der gleichen Univerfität babe id) aud)
den philoſophiſchen Doktorgrad erworben,
fodann längere Zeit auf Reifen, bejonders
in Italien, verbradt und mic) ſchließlich
(1884) in Dresden dauernd niederges
laſſen.
Mas meine literariſche Thätigkeit anbelangt, To
habe ich außer einer Reihe von Artikeln meift
rein wiffenfchaftlichen Inhalts in der „Neuen Zeit“,
der „Neuen Freien Preſſe“ ꝛc. ac. bisher einen
Band Skizzen unter dem Titel „Schwarze Mär:
chen“ erfcheinen laffen, dem nunmehr ein Roman
folgen joll.
Stoflasfa, Ottokar Hans, wurde am
23. Juni 1852 zu Gaja (Mähren) ge:
boren, wo fein Vater Staatsbeamter war.
Nah Abfolvierung der Gymnafial-Stu
dien bezog er im Jahre 1870 die Univers
fität in Wien, wo er bis 1873 ſprachlich⸗
hiſtoriſchen Studien an der philoſophiſchen
Fakultät oblag. 1874 wurde er als
Profeſſor an der deutichen Oberrealichule
zu Proßnig (Mähren) angejtellt, wo er
noch jetzt thätig iſt. Won feinen poetiſchen
Arbeiten find hervorzuheben:
Menn man fi) nicht kennt (Luſtſp. 1878),
Das Feſt zu Iglau oder tu felix Austria nube
(hift. Feſtſp. 1881); ferner: Hiſtoriſche Gedichte
(1884), eine Sammlung von Balladen, melde
von der Kritik fehr gut aufgenommen wurden.
(Das Manufcript dieſes Werkes lag dem Dichter
Rob. Hamerling vor, und erjt auf ein günftiges
Urteil deſſelben hin entichloß ſich der Berf. zur
Herausgabe.) S. ift Mitarbeiter verjchiedener
beſſerer Zeitichriften.
Stoll, Heinrich Wilhelm, iſt geboren
am 16. Januar 1819 zu Sechshelden bei
Dillenburg als der Sohn eines niederen
BYergbeamten, der nebjt feiner braven
Gattin alles daran ſetzte, dem Knaben
eine gute Erziehung zu geben. Sie ließen
ihn das Pädagogium zu Dillenburg be
fuchen, mehr zu thun, waren fie außer
Stande. So blieb denn der wiffensdurjtige
Juüngling auf feine eigene Kraft ange
wiefen. Zum Glüd erhielt er vom Könige
Stoll.
von Holland eine Geldunterftügung, fo
daß er das Gymnafium zu Weilburg und
1838 die Univerfität Göttingen beziehen
fonnte. Dort widmete er fich philologi-
fhen Studien unter D. Müller, Schneide:
win und v. Lentſch, befonders griechiicher
Geſchichte, Mythologie und Archäologie.
Durch Schneidewin wurde S. zuerft zu fritifchen
und literarhiftoriichen Unterſuchungen angeregt,
deren erite Frucht die Animadversiones in
Antimachi Colophonii fragmenta waren. Im
%. 1840 legte ©. fein Staatseramen ab
und trat alsbald eine Lehrerſtelle an einer
Privatichule zu Idſtein an. Darauf hielt
er einen halbjährlihen Probefurfus am
Pädagogium zu Dillenburg ab und wurde
1843 der Anjtalt als Kollaborator zuge:
teilt. Daneben ſchrieb ©. Nezenfionen, Heine
Auffäge in Zeitfchriften und gab eine Sammlung
der Fragmente des Antimahus heraus. 1845
überfiedelte S. an das Gymnafium zu
MWiesbaden, zunächſt als ftellvertretender
Lehrer, ſpäter als Konrektor wirfend.
Dort verfaßte er: Geſchichte der Hohenftaufen für
die Jugend (1846) und ein vorzügliches, in viele
fremde Sprachen überſetztes Handbuch der Re:
ligion und Mythologie der Griechen, nebft An—
bang über die römifche Religion (1848, 6. Aufl.
1875). 1849 wurde ©. nad) Hadamar und
1852 auf feinen Wunſch nah Weilburg
verfegt. Dort lehrte er als Profeſſor
bis 1884, da er in den Ruheſtand trat.
Außer den genannten heben wir von den
Schriften diefes fleißigen und reichbegab-
ten Verfechters der vorzeitlichen Kultur,
wie der erziehlihen Sade überhaupt,
hervor:
Chreſtomathie
Anthologie griechi
Götter und Heroen, popul. Mythologie der Gries
hen und Römer (7. Aufl. 1885), Sagen des
Haffiichen Altertums (4. Aufl. 1878), Die Helden
Griechenlands in Krieg und Frieden (3. Aufl.
1878), Die Helden Roms ꝛc. (3. Aufl. 1878),
Geſchichte der Griechen (4. Aufl. 1887), Geſchichte
der Nömer (3. Aufl. 1879), Bilder aus dem
altgriechiichen Leben (2. Aufl. 1875), Bilder aus
dem altrömifchen Leben (2. Aufl. 1877), Er:
zählungen aus der Geſchichte für Schule und
Haus (5 Bände, einz. in verfchied. Aufl.), Die
Meifter der griechifchen Literatur (1878), Phyl⸗
lidas und Charite (Nov. 1873), Wanderungen
dur Alt-Griehenland (1888). Außerdem zahl:
—* Hiſtoriker (1856),
629
Berlin über. Seine ſchriftſtelleriſche Thätig—
her Lyriker (5. Aufl. a
Stolp:
reihe Abhandlungen in Zeitfchriften zc. und
fämmtlihe Artikel aus dem Gebiete der Mytho-
logie und des Religionsweſens der Griechen und
ı Römer, über grieh. Epifer und 2yrifer, auch
| über griechifche Altertümer im Lübkerſchen Real—
lerifon.
Stolp, Carl Adolf Hermann, geboren
zu Nauen am 13. Januar 1829, einer
dafelbit jeit Jahrhunderten anfälfigen bürs
gerlichen PBatrizier » Familie angehörig,
'fam 1845 nad) Berlin, bejuchte daſelbſt
das Köllniſche Gymnaſium, jtudierte von
1850—53 die Rechts: und Staatswiflen-
haften und trat nach abgelegter erjter
juriſtiſcher Prüfung beim Stadt- und
Kammergericht in den Juftizdienft. Wegen
unzulänglicher Mittel, längerer Krankheit
und mangelnder Befriedigung trat. der:
jelbe nad) einigen Jahren aus dem Juſtiz⸗
dienft aus, war mehrere Jahre hindurch
als Privatjefretär und Hauslehrer thätig,
trat fodann furze Zeit als Hilfsbeamter
in das fol. preuß. ftatiftiiche Büreau in
Berlin ein und ging 1858 nah Franf-
furt a. O., wo er mit dem damaligen Ober:
bürgermeifter Piper die „Monatsihrift für deuts
[ches Städtewefen” herausgab und nebenbei ein
in Franffurt a. D. erfcheinendes politifches
Wochenblatt redigierte. Nach Ausiheiden Pipers
aus der gedachten Monatsichrift gründete er 1862
die „Deutfhe Gemeinde-Zeitung”, Wochenſchrift
für deutfches Gemeinde: und Staatd:Vermal-
tungsweſen, fiedelte 1863 nah dem Tode des
Verlegers derfelben und nachdem er die „Gem.⸗
Ztg.“ von deflen Erben als Eigentum erworben,
feit erſtreckte ſich faft ausichließlih auf die von
ihm herausgegebenen Beitichriften, namentlich die
feit 1862—65 redigierte „Gemeinde » Zeitung“.
Außerdem jchrieb er gelegentlih Abhandlungen
ür Zeitungen und Zeitſchriften, während nod)
jelbjtändig von ihm folgende Werke veröffentlicht
wurden: Das brafilianifche Handelsrecht, aus dem
Portugiefiihen ins Deutiche überjegt (1856), Die
Reformation des Eigentumsrechts zur Löſung der
fozialen Frage oder Mammonismus und Sozia-
lismus (1866), Die Begründung und Erhaltung
des Bauernitandes oder die neue rechtliche Res
gelung des landw. Grundbejites (1878), Das In⸗
nungswefen und die gewerbliche Arbeiterfrage oder
die neue privat: und wirtichaftsrechtliche Regelung
des Gewerbebetriebes (1880), Die Reform des
Eigentumsrechts ald Grundlage der Sozialreform
und die neue privat: und wirtichaftärechtliche Res
gelung des geſammten Handels- und Gewerbes
Stord.
betriebes (1884), Die Begründung und Erhaltung
des Bauernitandes oder die neue geſetzliche Re:
gelung des landwirtfchaftlihen Kleingrundbefites
auf genoffenfhaftlihem Wege und im Geiſte der
Sozialreform (1887), Die Löfung der Wohnungs:
frage unter Befeitigung ded Hausherrentums und
Miethsunterthanenweſens oder die neue geſetzliche
Regelung des ftädtifchen oder Wohnftätten-Grund:
befiges auf genoffenichaftlihem Wege im Geiſte
ber er a (1837). Seit 1885, da St.
die „D. Gem.Ztg.“ verkaufte, ift derfelbe nur
noch al3 Anwalt in Berwaltungsftreitiahen und
namentlid als jozialpolitifcher und fozialreformas |
toriſcher Schriftiteller thätig. Er iſt einer der
Mitbegründer des „Staats-Sozialismus“. |
Stord, Friedrih, wurde am 26. De:
zember 1839 zu Elberfeld als Kind der
zahlreihen Familie eines Färbers im
Wupperthale geboren. Die Eltern, Die
früher in beijeren Verhältniſſen gelebt
hatten, dann aber von Unglüdsjchlägen
mancher Art betroffen wurden, ftarben
früh, und fo konnte der Wunſch des Kna—
630
ben, für die Gelehrtenlaufbahn ſich vor:
bereiten zu lafjen, nicht erfüllt werden.
Früh hat er lernen müſſen, feine Hände
zu regen; er mibmete fich, glei) den
meijten feiner dichtenden Landsleute, dem
Kaufmannsijtande und ift feit vielen Jah:
ren in einem bedeutenden Handlungshaufe
feiner Vaterſtadt thätig. Als ein eifriger
Jünger Jahns ftand er dem MWiederaufs
leben der deutihen Turnkunſt (1860)
durch Wort und Schrift nahe; fo veröffent:
lichte er, neben mehreren die Turnerei betreffen:
den Zeitungsartifeln, bereit3 1861 ein Turn:
liederbuch. 1862 wurde ein Gelegenheitsftüd
von ihm: Deutſche Herzen oder Des Turners |
Sieg (dram. Ged.), wiederholt aufgeführt, welchem
„Die wilde Jagd“ und „An der Göhrde“ (dram,
Sc. aus den Freiheitskriegen) folgten. Seit 1865
verheiratet und Bater einer zahlreihen Familie,
beichäftigte er fich in feinen ihm nur fnapp zu:
gemefjenen Mußeftunden mit ſchönwiſſenſchaft—
lihen Arbeiten, die von der Kritik in anerfen»
nendfter Weife beurteilt wurden. Auch hat ©.
fich als Dialektdichter in der Mundart feiner Heis
mat mit Glück verſucht; feine mundartlichen
Poeſien machten ihn au im Auslande, in den
holländiih und vlämiſch redenden Niederlanden,
befannt, fo murde er auf Grund feiner erften
plattdeutijhen Schrift 1879 zu dem Neder-
landsch Taal- en letterkuudig Kongres nad)
Belgien eingeladen. Auch de3 Lebens Weh und
Leid iſt S. nicht erfpart geblieben; es ftarben
Storm.
ihm innerhalb weniger Tage mehrere geliebte
Kinder am Scharlah und Diphtheritis. Diefen
Geftorbenen hat er ein warm poetijches Denkmal
gelegt in feinem lyriſchen Cyklus „Bon Haus
und Herd”. Außerdem heben wir hervor: Ger:
maniens Liedergruß an deutiche Turner (1861),
Alldeutihland hoch! (1870), Gedichte (1870),
Liederbuh (1873). Lyrik (1876), Ye länger je
lewer (Ged. u. Erz. in Wuppertbaler Mundart
1876), Bon Haus und Herd (1878), daffelbe in
neuer Ausgabe unter dem Titel: Freudvoll und
leidvoll (1881), Kalleroden (Ged. u. Erz. in
Wupperthaler Mundart 1881), Gedichte (1883),
Ommergrön (Geb. in Wupperthaler Mundart
1887).
Storm, Theodor, wurde am 14. Sep:
tember 1817 zu Hufum in Schleswig ge:
boren, an der dortigen Gelehrtenichule
und am Gymnafium zu Lübeck vorgebildet,
worauf er dem Studium der Rechtswiſſen⸗
haft, zunächſt an der Kieler, jpäter an
‚der Berliner Univerfität fi) widmete.
Nachdem er im Jahre 1842 die Staats-
prüfung bejtanden, ließ er ſich als Rechts»
anwalt in feiner Vaterſtadt nieder; trat
aber fpäter (1853) in den preußifchen
Yuftizdienft, bis 1856 als Afjeffor in
Potsdam, feitdem bis 1864 als Kreis:
richter in Heiligenitabt thätig. In letzt⸗
genanntem Jahre ſchied er aus dem preu-
Biihen Dienft, um wieder feinem, vom
dänischen Joche freigerwordenen meerums
Ichlungenen Vaterland feine Kraft zu wid⸗
men. Dort wirkte er als Landvogt, jpäter
als Amtsrichter in Hufum und wurde
dafelbjt 1874 zum Oberamtsrichter, 1879
zum Amtsgerichtsrat ernannt. Im Jahre
1880 trat er in den Ruheſtand und zog
fi nad) Hademarjhen zurüd, um bier
in ſtiller Beichaulichkeit feinen litera—
rifhen Arbeiten zu leben. Dieje zeigen
ihn uns als einen der vornehmiten Meiſter
der Novelle, deren fünftlerifche Vollendung
uns in Immenſee, wohl der feinjten feiner
Schöpfungen, am Elarjten vor Augen tritt.
Außerdem hervorzuheben: Sommergeſchich⸗
ten und Lieber (1851), Gedichte mag Im
Sonnenihein (1854), Späte Rojen (1855),
Hinzelmeyer (1856), Drei Novellen (1860), Auf
der Univerfität (1863), Im Schloß (1863),
Weihnachtsidyllen (1865), Novellen (1868), Ges
fammelte Schriften (1868—77), Gedichten aus
Strad. — 631 — Strauß.
der Tonne (1873), Zerftreute Kapitel (1873),|&. bei Gelegenheit feines 50jährigen
Rovellen und Gedenkblätter (1874), Waldwinkel Di s bilä Ki
(1876), Ein ftiller Mufifant. — Son enftjubiläums zum Kirchenrat ernannt
ee Tate arm, 2** ee) und ihm auch außerdem reiche Teilnahme
—— — ge m Recdien — * nah und fern für ſein ſegensreiches
of ꝛe. ‚ Zur Chronit von Gries: | Wirken gewidmet. Außer zahlreichen
De 10a, Ausgabe jümmiliher Werte (14 | Beiträgen zu Zeitſchriften, befonders kirch—
lichen Blättern, verfaßte ©. folgende ver⸗
Strad, Karl, geboren am 6. Juli |dienftliche Schriften: Des Volles Not und
1813 zu Felda (Kreis Alsfeld) als der | Rettung, Erzählungen aus der Zeit der Religions»
Sohn des dortigen Pfarrers, der ihm ig Geſchichte Peters d. Gr. Geſchichte Philipps
auch den eriten Unterricht erteilte, jedoch —— — nee ve ee
bereits 1823 jtarb. Es folgte dann d — ——————
g n der Geographie, 400 naturgeſchichtl. Rätſelfragen,
Unterricht eines Hauslehrers, bis die Miſſionsgeſchichte Deutſchlands, Vergleichende
Mutter nad) Gießen zog und ber Knabe | „unensgeihiäte ur —* ee ven
auf das dortige Gymnafium fam. Leider Frotonfeben Gfitateth Seroain von
verſchied bereits im kommenden Jahre rei — ee A
auch die geliebte Mutter, und der Kleine | der deuiſchen Volksihule, Stellung der Geift-
ftand nun, ohne Geſchwiſter, völlig ver: | lichen und der Kirche zur Volksſchule, Geſchichte
wait und allein da. Außerorbentlich ehr- der weiblihen Bildung in Deutichland.
geizig und hochbegabt, bezog ©. im 16. Stranfs, Friedrich Adolf, geboren den
———— bereits die Univerſität zu 1. a — Elberfeld, ausgebildet
ießen, dem Studium der Theologie ſich in Berlin, wo fein Vater Oberhofprediger
wibmend. 1832 beftand er die Fafultäts- | wurde. Als Domhülfsprediger machte er
a aber nod ein Jahr an > Reife in den Orient 1845, beſchrie—
e Hohihule, um philofophifche Vor⸗ ben in: „Sinai und Golgatha, Reife in das
dr War ande Mal Kar ER de One
Hauslehrer bei Köln, und 1836 erfolgte | Divifionspfarrer machte er den Feldzug
feine Anftellung als Vikar in —— 1848 in Schleswig mit, beſchrieben in:
lege er feine treue Lebensgefährtin eg (2. Aufl. 1870). Dann wurde
eid Willenbücher kennen. 1840 zog ex arnifonpfarrer und Profeſſor der
** Oberrosbach, wo ihm die 2. Pforte — an der Univerſität zu Berlin,
übertragen worden, mit welcher die Ver- 1870 Dr. theol., Hofprediger an der
—— rg verbunden war, ein * und > are zu Potsdam
g rbeitsfeld, auf dem er ſich glüc- | und zugleich Superintendent und Kreis
> a er 1864 die Bforre zu ——— Mit ſeinem jüngeren Ri
roßen-Bufed erhielt. 1869 wurde er ſtorbenen Bruder gab er ein Prachtwer
zum Mitglied der Kreisſchulkommiſſion beraus: „Die Länder und Stätten der Heiligen
in Gießen ernannt und bald darauf ihm Schrift, mit 170 Abbildungen und mehreren
Die Wermatung deo Defanats Großen: uns aa "kub: Varkinik Zaphaee sm
Linden übertragen, welches Amt er 1870 | mentaris illustravit (1843), „Liturgifce A .
befnitio,ericl. "Später wurde Das De hie Se, gie def, ind an he
anat mit dem zu Gießen ver ür die Feſte irhenjahres" (4. Auflage
S. wirkte Auer als len Be Auberden tleinere Schriften: „‚Troft am
ipäter als wirklicher Dean, 1875 a Eee Sue
‚ auch) gatha“ in das Englifche, Holändifche, Däniſche
zum Abgeordneten der Landesiynode er: |und Schwediſche überfet, „Die Länder und
wählt. Berjönliche Berhältniffe veran: Stätten” in das Schwediſche. In Folge der Reife
laßlen S, ſich um das Pfarramt zu et bat er —* be, ——
n geſtiftet, der e ken⸗
Lang-Cöns zu bewerben. 1886 wurde |häufer im Drient veranfapt Hat, und eine bejon
Strauß und Torney.
dere Zeitſchrift: „Neueſte Nachrichten aus dem
Morgenlande” begründet und fi) dadurch,
neben feinen bebeutenden und als folche
anerfannten Werfe höchſt verdient gemacht.
Strauß und Torney, Viktor von,
wurde am 18. September 1809 in Büde-
burg geboren, widmete fi dem Studium
der Rechte und der Literaturgefchichte in
Erlangen, Bonn und Göttingen und trat
1836 in die Dienfte feines Landesherrn,
als deflen Kabinettsrat und einer der
Führer der Fonfervativen Partei er in
den Jahren 1848 und 1849 vielfach her:
vortrat. Nach Wiederheritellung der Bun-
desverfaflung in Frankfurt, an welcher
auch St. mitgearbeitet, wurde er zum
Bundestagsgelandten feines Fürftentums
ernannt.
1872 nad) Dresden. In Anerkennung
feiner Berdienfte verlieh ihm der Kaifer
von Djterreich bereits 1852 den Abel,
ernannte ihn die Univerfität Leipzig
1882 zum Ehrendoktor der Theologie
und verlieh ihm fein Landesherr den
Titel eines Wirklichen Geheimen Rats.
Um den Namen feiner Gemahlin nicht
ausjterben zu laffen, fügte er denjelben
(von Torney) dem feinen zu. In feinen |
Mußeſtunden befaßte er fich befonders
mit eingehenden Studien der chinefischen
Philofophen und gilt mit Recht als eine
der größten deutjchen Autoritäten auf dem
Gebiete chineſiſchen Weistums. Seine
zahlreichen, weit verbreiteten novellifti-
ſchen Arbeiten find meift auf religiöfen
Grundlagen aufgebaut.
Hauptwerfe: Theobald (Rom. 1839), Gedichte
(1841), Richard (Ep. 1841), Lieder für das
Kirhenjahr (1843), Das Kirchenjahr im Haufe
(Ged. 1845), Lebenäfragen (Nov. 1846), Der
Erbe der Väter (Rom. 1850), Gudrun (Schaufp.
1851), Lebensbilder (1854), Robert der Teufel
(Ep. 1854), Judas Iſcharioth (Trauerfp. 1856),
Meltlihe und geiftlihe Gedichte (1856), Alten:
berg (Rom. 1866), Novellen (1871—-72), Reins
wart Löwenkind (Ep. 1874), Lebensführungen
(Nov. 1881), Die Schule des Lebens (Nov. 1885).
Stredfuß, Adolf, wurde zu Berlin
am 10. Mai 1823 geboren, widmete fich
632
Nah feiner 1866 erfolgten |
Penfionirung zog er nad Erlangen und |
Strobel.
dem landwirtfchaftlihden Beruf, den er
zunächſt praftiih durch Erlernung der
Landwirtſchaft, Später theoretifch auf den
Hochſchulen zu Berlin und Eldena betrieb.
Seinen ferneren Plänen, deren Endziel
eine akademiſche Laufbahn war, feßte das
Revolutionsjahr 1848 ein jchnelles Ziel.
©. ſchloß fih der demofratiihen Partei
an und war in deren Intereſſe journa—
liſtiſch vielfach thätig. Im Jahre 1851
errichtete er in Berlin ein Zigarrenge-
ihäft, das er 1859 verkaufte, um fi
dann ausfchließlich feinen literarifchen Be:
ftrebungen hinzugeben, die ihm bejonders
als Novellift und Romanſchriftſteller, wie
auch als Hiftorifer einen Namen madten.
Hauptwerke: Die Demokraten (Rom. 1850),
Friedrih I. und die Quihows (1859), Das
deutiche Bolt (1860), Die Weltgeihichte (1865),
Der Sternfrug (Nov. 1870), Der tolle Hans
(Nov, 1871), Der verlorene Sohn (Rom. 1871),
Der Herr Präfident (Nov. 1871), Bekehrt (Non.
1874), Die wilde Toni (Rom. 1874), Eine
dunkle Vergangenheit (Nov. 1876), Zu reich
(Rom. 1877), Die von Hohenwald (Rom. 1878),
500 Jahre Berliner Gedichte (1879), Schloß
Wolfsburg (Rom. 1879), Vom Fiſcherdorf zur
Weltjtabt (4. Aufl. 1886).
Strobel, Wilhelm, wurbe geboren
am 13. Sept. 1841 in dem ſchwäbiſchen
Dorfe Mittelthal an der Murg, wo jein
Vater Schullehrer war. Die in jener
Schwarzwaldgegend empfangenen erjten
Eindrüde entfachten bereits die jpäter viel»
fach in Liedern fich fundgebende Liebe zum
Natur: und Zandleben, welche noch mächtig
gefördert wurde durch die Verlegung der
elterlihen Familie nah Hößlinswarth.
Zum Pfarrer bejtimmt, gaben die El
tern den Knaben, dem der Vater bereits
die eriten Elemente bes Lateiniichen bei:
gebracht, auf eine höhere Schule nad)
Stuttgart. Dieſe Laufbahn wurde fpäter:
hin durch mehrjährige Thätigkeit im Lehr:
fache unterbrochen, dann dur den Bes
juch der Univerfität Tübingen zum Ab:
ſchluſſe gebracht. Nachdem St. hierauf
etliche Jahre im vaterländiſchen Kirchen:
dienſt als Pfarrgehilfe gewirkt, wanderte
er 1871 nad) Amerika aus, um zunächſt
Strubberg.
an einem Seminar bei Newyork als Leh—
rer ber Philojophie zu wirken; er trat
aber bald ins praktiſche Pfarramt ein.
Zwölf Jahre brachte jo St. als Prediger
größerer evang. Gemeinden (bef. Balti-
more und Newyork) der Bereinigten
Staaten zu, neben dem Amte vielfach)
journaliftifcher und literariicher Thätig-
feit obliegend. Dabei lernte er noch als
Mann an der neu aufblühenden Uni—
verfität Baltimore Sansfrit, gab eben
da unter dem Titel Heimatflänge eine
Sammlung feiner Gedichte heraus, lebte
und wirkte ſchließlich noch eine Zeitlang in
der Stadt Newyorf, worauf er 1883 nad)
Europa zurüdfehrte. Jene Gedichtfammlung
ift Äußerft günftig aufgenommen, mande der
Gedichte find muſikaliſch verwertet worden und
werden namentlich in Amerifa in deutihen Fa—
milien, Schulen und Kirchen gejungen. Letzteres
—5 von den ins Engliſche überſetzten Lie—
„wie: „God calls me home“ ꝛc. Seit
1884 iſt St. Pfarrer im Schweizerdorfe
Elm. Neuerlich (1887) ließ er mehrere Heine
Schriften ausgehen: „Japan, Land und Leute“,
„Die klaſſiſchen Studien“.
Strubberg, Friedrih Auguft (Ar:
mand), wurde am 18. Mai 1808 in
Kafjel geboren und von feinem Vater,
dem Inhaber eines großen Gejchäftes,
für den Kaufmannsftand beftimmt. So
trat er nad Abjolvierung der Schule
feine faufmännifche Lehrzeit in Bremen
an. Diejes Haus hatte feinen Haupt:
verfehr in Amerika, wohin ©. von feinem
Prinzipal geihidt wurde. Dort fand
die Luft nad) Abenteuern, welche bereits
ben Sinaben und Süngling beſeelt hatte,
reiche Befriedigung, indem derfelbe durch
mehrere Jahre den neuen Erbteil freuz
und quer zu durchſtreifen Gelegenheit
hatte. Im Jahre 1838 übernahm er
Die Leitung des „Deutichen Fürftenvereins*
in Teras, gründete die Städte Friedrichs»
burg und Braunfels und fehrte erft 1854,
nahdem er den Feldzug gegen Mexiko
mitgemacht hatte, nad) Deutſchland zurüd,
ließ fich in Kaſſel nieder und lebt daſelbſt
noch jet, ausſchließlich feinen fchriftftel-
633
Strund.
lerifchen Arbeiten bingegeben. Diele find
wertvolle Ergebniffe der reihen Erfah-
rungen und interejlanten Erlebnifle des
vielgereiften Autors, von diefem meift in
das Gewand feffelnden Romanes gekleidet.
Hervorzuheben: Bis in die Wildnis (1858),
Ameritaniihe Jagd» und Neilenbenteuer (1858),
An der Indianergrenge (1859), Alte und neue
Heimat (1859), Ralph Norwood (1860), Sklas
verei in Amerika (1862), Der Sprung vom Nias
garafalle (1864), In Merito (1865), Saat und
Ernte (1866), Friedrichsburg (1867), In Sübd-
Karolina (1868), Der Kröſus von Philadelphia
(1870), Die Fürftentochter (1872), Zwei Lebens:
wege (1875), Die Duadrone (1885).
Struuck, Ferdinand, wurde am 16.
Februar 1842 zu Benrath bei Düffeldorf
geboren. Nach beendigten Gymnafial-
ftudien fchrieb er einige Novellen, welche
den in Düffeldorf verfehrenden Hadländer
auf ihn aufmerfjam machten, der ihn er:
munterte, weiter jchriftitelleriih thätig
zu fein. Bedeutende Anregung fand er
im Umgang mit Künftlern; er ſchrieb
Feuilletong für die „Köln. Volkszeitung“,
fritifche Abhandlungen ꝛc. Von feinen
im Lauf der Jahre veröffentlichten von
ber Kritik ſehr günftig beiprochenen Ar-
beiten find hervorzuheben: Ein Trinkgeld,
mein Fräulein; Auf Ummegen, Der Schmied von
Weihenfahr, Die Glüdsjäger, Die Frau vom Barnıs
bofe; außerdem viele Heinere Novellen, Abs
bandlungen und Aufſätze. In Duisburg gründete
St, die Zeitung „Das Duisburger Tageblatt”.
Stuart, ©. F. Cäfar, |. C. Flaifchlen.
Studt, Hans Hinrich, ala Sohn eines
Zandmanns geboren am 5. Mai 1824
in Mielsdorf (Schleswig-Holitein). Bis
zum vollendeten 13. Lebensjahre befuchte
ich die durch einen früheren Dalergefellen
unterrichtlich verforgte Dorfichule meines
Geburtsortes. Durch den jüngften Sohn
des Wandsbeder-Boten, Franz Claudius,
damals Compaftor in Segeberg, wurde
ch dann, meinem munteren und wiljenss
durftigen Geifte viel Nahrung bietend,
erzogen. Während der zunächſt folgenden
9 Jahre, in welhem Zeitraum ih aud)
—“
Stubt. — 634 — Sturm,
das Schullehrerfeminar in Segeberg fre⸗ | Iehre, bargeftellt und beurteilt zur Orientierung
quentierte, habe ich ununterbrochen, weil | für Gebildcte (1869).
die Mittel zum Beſuch einer Gelehrten Sturm, Auguſt. Ich bin geboren
ſchule fehlten, den gründlichen und geift: |aım 14. Januar 1852 zu Göſchitz bei
reihen Unterricht, insbefondere auch in Schleiz, Meine Yugendzeit verlebte ich
alten und neueren Sprachen, meines wahr: | in Köftrig bei Gera, wo mein Bater,
haft väterlichen Freundes Claudius ges | der Dichter Julius Sturm, Pfarrer war.
nofien. Bon 1845—52 bin id) als Schul» Nach einer überaus glüdlihen und poe-
mann auf die mannigfaltigfte Weife thätig tiſch anregenden Jugendzeit beichloß ich,
geweſen. Diefe Wirkſamkeit konnte mid) | mi dem Stubium der Theologie zuzu—
indeß auf die Länge nicht befriebigen. | menben; da ich aber irre an mir wurde,
Nahdem ich mit höchiter Genehmigung | ob ich wohl zum Pfarrer tauge, ergriff
das Eramen pro licentia concionandi ich nad einem Semefter das Studium
beitanden und darauf die Univerfität in der Jurisprudenz. ch ſtudierte zunächſt
Kiel befucht hatte, unterzog ich mich 1854 | in Jena, wo mir Kuno Fifher die Liebe
dem theologischen Amtseramen in Glüds: | zur Philofophie einflößte, die mich ferner
ftadt. Mit dem 2. Charakter ging id immer getragen hat. Nach Beendigung
aus demjelben hervor und nur im Däni- | meiner Studien in Leipzig und Berlin
ſchen war ich durchgefallen. In einem | machte ich das erjte Eramen, und war
halben Jahre Hatte ich die in der ges | dann in Freiburg, Halle und Naumburg
nannten Sprache fehlende Fertigkeit mir | Neferendar. Nach dem zweiten Examen
angeeignet, fo daß ich in einer nachgehol: nahm ich in Nudoljtadt eine Stelle als
ten Prüfung (1855) mir das in diefer Miniſterial-Aſſeſſor an, mußte dieſelbe
Beziehung notwendige Zeugnis, um über: | aber aufgeben, weil mich neben vielfachen
haupt unter dem damaligen bönifcjen | anberen Mißgeſchick (oder vielleicht infolge
Regiment als Prediger angeftellt werden | davon) ſchwere, geiftige Krankheit ein Jahr
zu fönnen, erwarb. Gleich darauf wurde | lang bannte. Als ich genefen, wollte ich
id Prädifant und 1 Jahr jpäter pastor mic babilitieren, ein Schritt, der mir
adjunctus eines altersſchwachen Geiſt- |infolge der verbitterten und erregten
lihen in Reinfeld, in welcher Stellung | Schreibweije meiner rechtsphilofophiichen
ih bis 1859 verblieb. Bon der Re— Schriften nidht glüdtee Da machte id
gierung berufen, habe ih 1 Jahr als mich frei und reiſte nad Italien. In
pastor adjunctus des Marner-Mini- Rom meldete ih mid als Rechtsanwalt
fteriums im SFr. VII. Koog (in Süder: |nah Naumburg, das mir zur zweiten
dithmarſchen) amtiert. Als ermählter | Heimat geworden. Auf einer Reife nad
Paſtor ftand ich dann 10 Jahre an der | Sylt lernte id) meine rau Joſefine, ges
Gemeinde Hafeldorf bei Uterfen, bis ich |borene von Rönne (aus Berlin) kennen,
1870 zum Prediger ernannt wurde an) mit der ich in glüdlichjter Ehe heute ftill
der Gemeinde Schönwolde. Was meine Lite | und zufrieden lebe.
rarifhe Thätigkeit betrifft, fo habe ih unter) Ron meinen Schriften geben meine „Gedichte“
vielfachen Fonftigen Beröffentlihungen in den | und „Auf Flügeln des Geſanges“ meine tiefite
Tagesblättern, namentlich in den „Itehoer Nach: | Eigenart wieder. „Pereat tristia‘‘ huldigt dem
richten“, „Die deutfche Volksſchule“ (1874— 75), | mir lieben Humor. „Rad dem Balle” und „Vi—
„Kirchliches und Chriſtliches“ (1876—85), nady: | neta” find dramatiſche Verſuche und nur Ber
ftehende Schriften verfaßt: Predigten aus der ſuche. Dagegen halte ich mein „Thüringer Wald»
feitlichen Hälfte des Kirchenjahres (1859), Offenes | märchen“ für mehr als einen Verſuch. Bon den
Zeugnis, daß Belenntnis Gotted des Sohnes | Epen möchte ich „Suleika“ und die „Erdpartis
nicht iſt Verleugnung Gottes des Vaters (1862), | fulariften” in der Sammlung „Klingende Herzen“
Prof. M. Baumgarten oder der treue evangelijche | hervorheben. „Rübezahl” entipringt allein der
Zeuge (1865), Die materialiftiihe Erfenntnis- | franfhaften, überwundenen Periode. Ganz meiner
Sturm.
jegigen Stimmung entfprehen meine „Sylter
Skizzen“.
Sturm, Julius Karl Reinhold, iſt
geboren am 21. Juli 1816 zu Köjtrig,
bejuchte das Gymnafium in Gera und
widmete fi dem Studium der Theologie
auf der Univerfität Jena, nad) deſſen
Abſchluß er eine Hauslehrerjtelle in Heil:
bronn, jpäter eine ſolche zu Frieſen be—
fleidete und dann im Jahre 1844 zur
Erziehung des Erbprinzen von Reuß nad
Schleiz berufen wurde. Mit diefem fie-
belte er bald nad) Meiningen, wo der
Prinz das Gymnafium zu bejuchen hatte,
über. Nach Vollendung diefer Studien
feines Zöglings wurde S. zum Pfarrer
zu Göſchitz bei Schleiz ernannt und folgte
nad) dortigem fiebenjährigen fegensreichen
Wirken einem Rufe nad) Köſtritz. 1878
wurde er zum Sirchenrat ernannt und
legte 1885 jein Amt unter dem Titel
eines geheimen Kirchenrates nieder. Lite
rariſch ragt Sturm als Lyrifer, vornehm-
ih als gottbegnadeter Sänger frommer
Weiſen hervor:
Hauptwerfe: Gedichte (1850), Fromme Lieder
(1852), Das Hohelied der Lieder (1854), Neue
Gedichte (1856), Neue fromme Lieder (1858),
x das Haus (1861), Stille Andachtitunden
1865), Märchen (1865), Dichter Sturms finder:
leben (1866), Siraelitiiche Lieder (1867), Bon
der Pilgerfahrt (1868), Lieder und Bilder (1870),
1870 (Kampf: und Siegeögedichte, 1870), Spiegel
der Zeit in Fabeln (1872), Gott grüße dich (1876),
Bud) für meine Kinder (1877), Immergrün (1880),
Neues Fabelbuch (1881), Aufwärts (1882), Natur,
Liebe, Vaterland (1884), Palme und Krone (1888).
Sturm, ©, |. Ebrard.
Supan, Nlerander Georg, wurde am
3. März 1847 zu Innichen in Tirol ge:
boren.
ftammte, hielten ihn doch die Erinnerung
an feine Heimat, Erziehung und Gefin-
nung feiner Eltern und Geſchwiſter am
Deutihtum auch dann feit, als er 1857
nad) Laibach überfiedelte. Hier abfolvierte
er das Gymnafium und widmete ſich dann
an den Liniverfitäten Graz und Wien
biftorifchen und germaniltiihen Studien.
1868 veröffentlichte er eine Schrift über die vier
635
Obwohl feine Familie aus Krain | 5,
Suphan.
legten Lebensjahre Ulrichs II. von Eili und
wurde 1870 zum Doktor promoviert. Auf
die Geographie wurde er erft aufmerf-
ſam, als er als Lehrer an der Realjchule
in Laibach (jeit 1871) geographiichen Un—
terriht zu erteilen hatte und die Unzu—
länglichkeit der damals gebräuchlichen Lehr⸗
bücher erprobte. Dies veranlafte ihn, felbft
ein fich als vorzüglich erweiſendes Lehrbuch der
Geographie für öſterreichiſche Mittelichulen zu
verfaffen, daS 1873 in 1. und 1886 in 6. Aufl.
erſchien. Die Unterrihtsverwaltung bemwils
ligte ihm daraufhin einen zweijährigen
Urlaub und Geldmittel, um feine Stu—
‚dien an den Univerfitäten Halle und Leip—
zig (1875— 77) zu vervolljtändigen, und
‚verjegte ihn 1877 an das Gymnafium
in Czernowitz. Im gleichen Jahre habi-
| litierte er fih an der dortigen Univerfität
mit feinen Studien über die Thalbildungen
Graubündens und der Tiroler Gentralalpen als
Privatdozent der Geographie und wurde
1880 zum außerordentl. Profeſſor er:
nannt. Während feines fiebenjährigen Aufent
baltes in der Bufomwina, der nur durch Studien»
reifen in den Alpen unterbrochen wurde, ſchrieb
er, außer Eleineren Aufjägen über die Tempera»
turzonen, die Verteilung der jährlichen Wärme:
Ihwanfung auf der Erdoberfläche zc., zwei grös
Bere verdienftlihe Werke: Statiitit der unteren
Luftftrömungen (1881) und Grundzüge der phy:
fiihen Erdkunde (1884). Im Herbit 1884
führte ihn ein unermwarteter Ruf nad)
Gotha, wo er die Redaktion der berühms
ten „Petermannſchen Mitteilungen“ über:
nahm. Als Beilage zu denſelben begrüns
dete er hier den —24 Geographiſchen
Literaturbericht, den er größtenteils ſelbſt ver⸗
faßt, und das Archiv für Wirtſchaftsgeographie
(I. Heft 1886). Außerdem vollendete er hier
die im Erjcheinen begriffene Geographie von
ſterreich Ungarn, in der er mit Glüd bes
ftrebt war, einerjeits die geologiichen For=
Ihungen geographiich zu verwerten, ans
dererjeits die Ffulturgeographiihen Ber:
bältniffe von neuen Gefihtspunften aus
zu behandeln.
Suphan, Bernhard Ludwig, geb. zu
Nordhaufen am Harz den 18. Januar
1845, vorgebildet auf dem Nordhäufer
Suſemihl. —
Gymnaſium, wo er die Richtung auf die
Altertumswiſſenſchaften empfing, die für
fein Univerſitätsſtudium (1863— 67) maß⸗
gebend war. In Halle bildete er ſich be:
fonders unter Bergf und Conze, in Ber:
lin unter Bödh und Moriz Haupt. Aus
diefen Etudien erwuchs feine erite Bubli-
fation, die 1865 von der philoſ. Faful-
tät zu Halle mit dem Preife gefrönte
Edrift: de Capitolio Romano commenta-
rius. Erſt gegen Ende der Univerfitäts-
jahre wandte er fi, angeregt von dem
Germanijten Julius Zacher, dem Gebiete
zu, auf welchem jeine weiteren willen:
636
— Suſemihl.
tiſchen Arztes. Dort durch Privatunter-
‚richt vorgebildet, bejuchte er das Gym-
nofium in Güftrom, wo er durch den
| anregenden Unterricht des Direftors Raſpe
‚für das pbhilologiihe Studium gewonnen
ward. Auf der Univerfität Leipzig börte
‘er G. Hermann, M. Haupt, ®. A. Beder
und Danzel von 1845—46 und jeßte
'dann in Berlin bis 1848 feine Studien
‚fort. Den größten Einfluß auf feine Aus-
bildung dankt er Bödh und Vatke. Auch
‚gehörte er einem Kreile junger Männer
'an, welcher fih um franz verfammelte.
Lebhaft, wenn auch nicht für alle Dauer
ſchaftlichen Arbeiten liegen, der deutichen | von der Hegelichen Philofophie, in welche
Literatur, bejonders des 18. Jahrhunderts. | er zunächit Durch Michelet eingeführt ward,
Eeit 1870 erſchien von ihm eine Reihe | ergriffen, wandte erfichanfangs infolge dies
von Arbeiten in Zeitfchriften. Als feine ſes pbilofophiihen Einfluffes vorwicgend
eigentlihe Aufgabe hat er von früh an dem Platon zu. 1848—51 arbeitete er als
die Wiedererweckung Herders betrachtet. | Hilfslehrer am Gymnaſium und an der
Von feiner lange vorbereiteten Ausgabe | Realfchule in Güftrom und am Gymna—
von Herders ſämmtlichen Werfen, die vom fium in Schwerin und promovierte in-
deutſchen Kaiſer und von der preußiſchen zwiſchen 1850 in Gießen. 1851 habili-
Regierung unterftügt ift, traten die erjten | tierte er fi in Greifswald und ward
Bände 1877 hervor; feither find 23 Bde. dort 1856 zum außerordentl., 1863 zum
erichienen. Daneben veröffentlichte er | ordentl. Profeſſor befördert, nachdem er
einige höchſt anerfennenswerte Monogra- |fih kurz vorher mit einer Tochter des
phien: Goetheihe Gedichte in ältefter Geftalt Hiltorifers F. W. Barthold verheiratet
(1876), Goethe und Spinoga (1881), Benj. hatte. 1875—76 befleidete er das Ref:
Franklins Rules for a Club established in 'torat, 1878 erhielt er den roten Adler:
Philadelphia (zu Eduard Simfons 50jährigem | ; R s
Nicterjubiläum 1883), Goethe — Serder Orden vierter Klaſſe. Die griechiſche phi⸗
(1887), Friedrichs des Großen Schrift De la
litterature allemande (1888), mehrere größere
Beiträge vom Goethe-Jahrbuch. Seit 1868
in Berlin lebend, im höheren Lehrfach
beichäftigt, trat ©. durch feine literarifche
lologiſche Gefellichaft in Konitantinopel er:
nannte ihn 1885 zum Ehrenmitglied.
Mehrere Diale verfah er aushilflich für
| die Philofophie Die Stelle eines Mitgliedes
der wifjenichaftlichen Prüfungskommiſſion,
Thätigfeit in nahe Beziehung zu Ichrift- | wirkte auch eine Reihe von Jahren als
ftellerischen Kreifen, bejonders zu Julian | Stadtverordneter und als Kreistagsmit-
Schmidt, Herman Grimm u. a. 1887 glied. 1880 hielt er ſich mehrere Mo-
folgte er einem Rufe nah Weimar zur nate in Rom und Neapel auf. Seine
Leitung des Goethe-Arhivs. ©. ift | verbienftvolfen Schriften find, abgeſehen
Mitglied des Vorftandes der Goethe-Ge- | yon Überfegungen mehrerer platonifcher
jellihaft und der deutichen Shakeſpeare—
Geſellſchaft.
Suſemihl, Friedrich Franz Carl
Ernſt, geb. am 10. Dezember 1826 in
Laage (Mecklenburg) als Sohn eines prak—
Dialoge, folgende:
Prodromus platoniſcher Forſchungen (1852,
Habilitationsſchrift), Die genetiſche Entwickelung
der platoniſchen Philoſophie (18655— 60), Ariſto⸗
teles über die Dichtkunſt (griechiſch und deuiſch,
1865, 2. Aufl. 1874), Aristotelis Politicorum
libri octo cum vetusta translatione Guilelmi
Sutermeifter.
de Moerbeka (1872), Ariftoteles Politik (grie-
chiſch und deutich, 1879), Aristotelis Ethica
Nicomachea (1880), Aristotelis Politica ter-
tium edita (1880), Aristotelis quae fecuntur
Magna Moralia (1882), Eudemi Rhodii Ethica
(1884), De Politieis Aristoteleis quaestiones
eriticae (1885), Aristotelis quae feruntur
Oeconomia (1887). Dazu zahlreiche Abhand»
lungen und Rezenfionen und die Jahresberichte
über Ariftoteles (zuerft auch über Platon und
die frühere Philoſophie). Gegenwärtig arbeitet
er an einer griechiichen Literaturgeſchichte der
Alerandrinerzeit.
Sutermeijter, Otto, wurde am 27.
September 1832 in Zofingen geboren,
widmete fi) befonders germaniftiichen Stu⸗
bien an der Univerfität Züri), nad)
deren Vollendung er den Lehrerberuf er:
griff. In demjelben wirkte er in Frauen:
feld, Küßnacht, Aarau (als Direktor des
Lehrerinnenfeminars), Rorſchach (als Di-
reftor des Lehrerſeminars) und jchließlich
als Profefjor in Bern. Im Jahre 1857
begann ©. feine jchriftitelleriiche Thätig-
feit, die fich zumeift auf dem Felde der
Germaniftif bewegt und darin hochbedeu-
tende Früchte gezeitigt hat.
Hervorzuheben: Die Mutterjprahe (1857),
Drei deutihe Spradhen (1858), Schweizeriſche
ſprüche (1860), Friih und fromm (1863),
teraturgeihichtlihe Charakterbilder aus dem
18. Jahrhundert (1865), Pädagogiſche Diftichen
(1868), Kinder: und Hausmärchen (1868), Die
Boefie der Schule (1869), Kornblumen (1869),
Die ſchweizeriſchen Sprihmwörter (1869), Immer:
grün (1870), Der Schulmeifter im deutichen
wort (1878), Welt und Geift (1881),
Gaftgeichente (1883), Gedentblätter (1886). Au:
Berdem die Herausgabe der illuftr. Schweizer
Jugendblätter (1373), Schwizerdütich (1882).
Svoboda, Adalbert, geboren am 26.
Sanuar 1828 in Prag, ftudierte daſelbſt
Vhilofophie; wurde 1850 zum Doktor
promoviert; wirkte als Brofefjor von 1854
bis 1862 an den Gymnaſien zu Krakau
und Marburg a. d. Drau; leitete von |
1862 —82 als Chefredakteur die liberale
„Grazer Tagespoft”; überfiedelte 1885
von Graz; nad) München, wo er das
deutjche Staatsbürgerredht erwarb. Von
jeinen als hödhit verdienftvoll anerfannten |
Schriften heben wir hervor:
637
Smwiedad.
Die Beziehungen der religiöfen Weltanfhauung
zur Kunſt (1858), Die Poefie in der Malerei
(1860), Kritiſche Geſchichte der Ideale, Philo—
ſophiſches und Gefchichtlihes (1. Band. Der
Seelenwahn 1886), P. K. Rofegger (Eine Le:
bend» und Charakterſkizze 1885), Franz von Des
fregger (Biographiiches und Kritifches 1886).
Außerdem erſchien von ihm eine lange Reihe von
äfthetifchen, kunſt- und kulturgeichichtlichen, phis
loſophiſchen, biographiichen und politifchen Auf:
fägen in eitfchriften.
Swiedadl, 3. Karl (Karl Elmar),
geboren zu Wien am 22. Mai 1815,
trat, ohne die nötigen Mittel zu einem
Studium, in die Armee, mußte jedod),
einer Brujtfranfheit halber, den Dienft
quittieren und ging zur Bühne über.
Gleichzeitig begann er auch für diejelbe
zu dichten, und der ſchöne Erfolg, welchen
Ihon jein erjtes Stück Die Wette um ein
Herz (1841) fand, bewog ihn, ſich ganz
der Schriftitellerei hinzugeben.
Hauptwerfe: Unter der Erde (1856), Ferdi—
nand Raimund (1862), Unterm Chriftbaum
(1867), Ein vergeflenes Lied (1868), Pater Lorenz
(1882), Goldteufel (1883), Die Tochter der Frei—
beit (1883), Waldlieshen (1884), Dichter und
Bauer (1885).
Swoboda, Heinrid, wurde geboren
am 3. Januar 1837 zu Tahau in Böh—
men als der Sohn des dortigen Apothefen-
befigers, eines ebenjo tüchtigen, wie an—
geiehenen Mannes. Derielbe ließ Hein-
rich das Gymnafium daheim befuchen und
bejtimmte ihn. zu feinem Nachfolger in
Haus und Hof (neben feiner Apothefe
ftand er auch dem Poſtweſen in Tachau
vor). Der willensdurftige und hochbe—
gabte Jüngling eignete fich ſchnell die
nötigen pharmazeutiihen Kenntniſſe im
väterlihen Geſchäfte an und abjolvierte
die Prüfungen. Dann griff er wander—
froh zum Stabe, pilgerte gen Gräfen-
tonna im Herzogtum Gotha, wo er die
erſte Rubeftätte für mehrere Jahre fand.
‚Dort begann auch Apoll fih ihm zu
nahen und im Angefiht der Wartburg
brachte der Jüngling dem Gotte jein
erites Opfer. Viele folgten; fühlte er
ſich doc begabt zu fingen und zu jagen,
Swoboda.
was in ihm lebte und ſich ans Licht Die
drängte. Aber es trieb ihn auch hinaus
in die weite Welt, und ſo führten ſeine
Wonderehre ihn durch ganz Deutichland,
Schweden, nah Hamburg, Agram und
endlich wieder nady Haufe. Aber er fam
nicht allein. In Aſch an der Grenze,
Böhmens hatte er diejenige kennen ge
lernt, welche dem Bilde feiner Liebesjänge
entiprad. So verließ er nah kurzem
Wirken den in Aſch begonnenen Etaats-
dienjt, übernahm das väterlidhe Haus, die
Apothefe und das Poftamt und wurde
ein Bürger im echten Wortfinne. Er
und bethätigtefih als ſchlagfertiger Redner
und Bolitifer. Kurz darauf (1871) bot
ihm die Überfhwemmung feiner Vater:
ftadbt und das über diefe damit herein-
gebrochene furchtbare Elend Gelegenheit,
feinen Zandsleuten, auch denen draußen,
638
zu zeigen, daß er ein Herz für jene habe.
hm, feinem eigenen Opfermut, feiner
unermüblihen Thatkraft verdanfte die
unglüdlide Stadt in erſter Linie ihre
Neublüte. S. wurde mit Ehrenbezeu-
gungen überhäuft. Er wurde zum Land»
tagsabgeorbneten, fpäter einftimmig zum
Bürgermeifter erwählt, in den Bezirks:
fhulrat berufen u. f. w. Er dagegen
vergalt feinen Mitbürgern ihr Vertrauen
neuerdings, indem er zahllofe Humanitäre
Ziele ins Auge faßte und durchſetzte zu
Gunften der Stadt. Seit 1885 gehört
©. dem öjterr. Neihsrate als Mitglied
der freifinnigen Partei an. Er ilt als
Redner mit Auszeichnung hervorgetreten.
Sein politiihes Streben gilt dem engen
Anſchluß Ofterreihs an das geeinte
Spbel.
— - J i —* *
Des Förfters Fritz, Bogumil,
Banbale,
m Der Roſenkranz; Dram.: Ein
Agda, Sjöström, In den ſchwarzen Bergen,
Geheimnis, Gegen die Ratur, Erprobt.
Sybel, Heinrid von, wurde am
2. Dezember 1817 in Düfleldorf geboren,
ftudierte an der Univerfität Berlin Ge:
ſchichte, beionders unter dem Einfluß von
Ranke ftehend. Nachdem er 1838 zum
Doktor promoviert worden, habilitierte er
ſich 1840 als Privatdozent der Geſchichte
in Bonn, wurde 1844 daſelbſt zum außer:
ordentlichen Profeſſor ernannt, 1845 als
ordentlicher Profeſſor
gründete daheim einen Verfaſſungsverein age
nah Marburg
und 1856 in gleicher Eigenihaft nad
München berufen. Hier gründete er das
erite hiſtoriſche Seminar in Deutihland
und die hiſtoriſche Zeitihrift. Im Jahr
1861 folgte er einem Ruf nad) Bonn,
gehörte im folgenden Jahre dem preußi-
chen Abgeordnetenhaufe als Mitglied und
1867 dem fonftituierenden Reichstage des
Norddeutihen Bundes an (national:
(iberal). In Bonn gründete er den
„Deutihen Verein ber Rheinprovinz“
gegen die ultramontane Partei. Im
Jahre 1875 wurde er zum Direktor ber
preußifchen Staatsardive mit dem Prö-
difat eines Geh. Oberregierungsrates und
zum Mitglied der Akademie der Willen:
ſchaften in Berlin ernannt. Er iſt außer:
dem Präfident der hiſtor. Kommiſſion der
Münchener Akademie, Mitglied der Di:
reftion der „Monumenta Germaniae
historica“ und giebt in Gemeinjchaft mit
Schmoller und Lehmann die politifche
Korreſpondenz Friedrihs des Großen
heraus. Bon feinen eigenen, berufener:
feits als höchſt bedeutend anerkannten
Deutihland. — Die Früchte ber reihen Merken heben wir als bie wichtigiten
literariihen Wirkſamkeit S.'s find in hervor: Geſchichte des erſten Kreuzzuges (1841),
feinen nunmehr bereits in vierter Auf: | Die Entſtehung des deuten Königtums (1344,
lage vorliegenden Gefammelten Gedichten, 12. Aufl. 1881), Die Erhebung Europas gegen
Dramen und Erzählungen niedergelegt. ©. | Napoleon I. (1860), Die deutſche Nation und des
i i Vollsdicht b A Kaiferreih (1861), Kleine hiſtoriſche Schriften
iſt ein echter oltsdich er, ein gottbegnas | (1863), Geſchichte der Revolutionszeit von 1789
deter Sänger ber Freiheit und ein be—
bis 1800 (1853 ff, 4. Aufl. 1877). R
rufener Priefter aller wahren Zdeale der, Sylva, Carmen, ſ. Elij. Königin
Menſchheit. |
von Numänien.
Täpper.
T.
Täpper, Wilhelm, geb. am 14. Sep-
tember 1845 zu Holjterhaufen im Kreiſe
Ejien a. d. R., befuchhte das Gymnafium
zu Efien und ftudierte von 1866-68
im Lehrerjeminar zu Kempen a. Rh., wirkt
als Lehrer in Bochum, Weitfalen.
Außer vielen body und plattdeutichen Gelegen:
beitögedichten verfaßte er eine ziemlich freie Über:
tragung des Schillerſchen Liedes von der Glode
in plattdeutfcher Sprache (1884), ferner gab er
plattdeutiche Humoresten unter dem Titel „Lady:
pillen“ heraus, die eine jehr günftige Aufnahme
Sehr beliebt und viel verbreitet find
fanden.
639
|
Tandler.
Vogel (Pastor roseus) und fein Vorkommen im
mittleren Europa, Die Raubvögel Mährens zc.
TZandler Ritter von Tannin
gen, Joſeph (FI. Retland), geb. zu Brag
am 12. Januar 1807, vollendete feine
Studien an ber jurid. Fakultät der Pra-
ger Univerfität im Jahre 1829, worauf
\er dem Staatsdienfte fi widmete, aus
welchem er als Minifterialrat des Unter:
richtsminifteriums im Jahre 1870 ſchied.
Seit 1823 ſchrieb er Gedichte, Novellen,
Erzählungen. Mehrere von feinen forms
ihönen Gedichten haben in Anthologien
Aufnahme gefunden. Geſammelt erſchie⸗
aud) feine Hochzeitölieder und feine Allgemeinen) nen fie 1864 (2. Aufl. 1887). Geijtvolle
Lieder für deutſche Feuerwehrkameraden.
Gnomen und Sinngedichte ließ er unter
Talskhy, Joſef, wurde zuMoramitichan dem Titel Spruchbüchlein 1875 (2. Aufl.
unweit Müglig in Mähren am 21. März 1880) erfcheinen.
1836 geboren. Unter Leitungjeines Vaters,
der als Lehrer in Morawitſchan wirkte, ge
noß er den erjten Unterricht, dann kam
er nah Mährijch:Neuftadt, wo er die
Hauptihule und fpäter die Realichule ab:
folvierte. Hierauf bezog er die Olmüger
k. E Lehrerbildungsanjtalt. Nach Zurüd:
legung des zweijährigen Kurfus fam er
an der chemal. E. k. Diözefan-Dlufter:
hauptſchule in Olmüß in Verwendung. T.
faßte den Entihluß, ſich für ein höheres
Lehramt vorzubereiten, erwarb ſich durch
eiernen Fleiß in drei Jahren das nötige
Wiſſen und unterzog fi) 1856 der vor:
eſchriebenen Prüfung. In demjelben
Sabre fam er als Fachlehrer an die Kom-
munal:Unterrealihule in Neutitjchein, in
welcher Stellung er aud nad) erfolgter
Umwandlung diefer Anftalt in eine Bür-
gerichule (1870) verblieb. Dort wirft
er noch jegt. Im Jahre 1882 wurde T.
in den k. k. Bezirksichulrat gewählt. Die
Liebe zur Natur erwadte in T. ſchon wäh:
rend der Kinderjahre. Er warf fi mit
Ernjt und Eifer auf das Studium der
Ornithologie. Wir verdanken ihm eine
Neihe wertvoller literarifcher Arbeiten:
Das Sammeln von Infetten durd Schüler, Die
Einfammlung und Aufbewahrung der Säugetiere
und Vögel alö Lehrmittel für den naturhiſtor.
Unterriht in der Volksſchule, Der Heuichreden:
Fachblätter brachten
mehrere feiner hiſtoriſchen, juridifchen und
pſychologiſchen Aufjäge; von legteren find
die — Aphorismen über die Seele
ſeparat (3. Aufl. 1884) publiziert worden.
An der Redaktion des Jahrbuches „Die
Dioskuren“ beteiligte er ſich in den Jah—
ren 1872—75.
| Tangermann, Friedrich Wilhelm
(Viktor Granella), geb. am 6. Juli 1815
zu Eſſen, widmete ſich zunächſt dem fauf-
männifchen Berufe, da ihm nicht die Mit:
tel, feinen glühenden Wifjensdurft durch
einen „Gelehrtenberuf“ zu ftillen, gebos
ten waren. Erſt in feinem 23. Jahre
fegten feine Erfparniffe ihn in die Lage,
feiner Neigung zu folgen und in den geiſt⸗
lien Stand zu treten, nachdem er als
Autodidakt die für denjelben nötige wile
ſenſchaftliche Bildung fi) erworben und
die Afademie zu Münfter, fowie die Unis
verfität München befucht hatte. Im Jahre
1845 empfing er die Briefterweihe, wirkte
in Saarn, als Kaplan in Neuß und als
Pfarrer in Unfel am Rhein. Won der
Univerfität Würzburg wurde ihm 1867
die philofophifche Doktorwürde verlichen,
und in dem betr. Diplom die „doctrinam
elegantiam judiejiique subtilitatem‘“
hervorgehoben. Seine pofitivschriftliche,
den idealen Intereſſen der Menjchheit zus
Tannen.
gewenbete freiere Geiftesrichtung entiprad)
nicht den ultramontanen Anforderungen
der geiftlichen Oberbehörde. Als er bei der
Unfehlbarkeitserflärung feine Unterwer:
fung verweigerte, wurde er jeines Amtes
entjegt. Im Jahre 1872 — bis dahin lebte
er ausichließlich literariichen und philojo-
phifchen Studien — nahm er die Wahl der
alttatholifchen Gemeinde in Köln zu ihrem
Pfarrer an, welches Amt er auf das
fegensreichfte verwaltete. Daneben war
T. als Dichter und Scriftiteller hervor:
ragend thätig. Im erjterer Beziehung
zeichnet er fich durch ungewöhnliche Be
berrfhung der Form aus. Alle Kinder
feiner Mufe find von reiner, echter Reli-
giöfität getragen, ohne konfeſſionell ſich
aufzudrängen. Außerdem verwertete T.
bie vieljährigen philoſophiſchen Studien
in feinen Schriften.
Hauptwerke: Religiöfe Gedichte (1847), Anas
ftafia, Andachtsbuch für Katholiten (1848), Ka:
tholifches Jahrbuch (1848 u. 1849), Pilgerflänge | (
(1853). Wahrheit, Schönheit und Liebe (Phil.
640
äfthet. Studien 1867), Petrus und Paulus, 2 Pre:
digten (3. Aufl. 1870), Die römifch:jefuitiiche
Neuerung (3. Aufl. 1871), Patriotifche Lieder und
Zeitgedichte (1871), Diotima (Nov. 1873), Zur
Charakteriftif der firhlihen Zuftände (3. Aufl.
1874), Auerft die Wahrheit, dann der Frie—
den (2. Aufl. 1875), Herz und Welt (Dichtungen
1876), Philofophie und Chriftentum (1876), Das
liberale Prinzip und feine ethiihe Bedeutung (3. |
Aufl. 1883), Sions Harfenflänge (1886), Sonet: |
tentränze, Philoſophie und Poefie (2. Aufl. 1887).
Tannen, Karl Heinrih Theodor
(Karl Eichwald), geboren am 27. Juli
1827 zu Leer in Oftfriesland, widmete
fi in Leer, Aurih und feit 1849 in
Bremen dem Buchhandel. Er war Mit-
arbeiter an der Zeitfchrift „Deutichlands
Mundarten“. Die meiften feiner Gedichte
finden ſich in Zeitihriften und Antholo:
gien zerjtreut. Won den äußerft günitig
beurteilten Schriften heben wir hervor:
Des jungen riefen Sinn und Sein, Reineke
Voß, Plattdeutich nach der Lübeder Ausgabe von
1498. Mit einer Vorrede von Claus Groth
(1861), Bremer Ratöfellerlied (mit Muſik von Ju:
lius Zuch, 1869), August Kutſchke's Napoleumlieder
(1870,8. Aufl. 1871), Niederdeutiche Sprichwörter
und Redensarten (4. Aufl. 1870), Kumpelmen:
Tante Anna.
teerboof von’t Johr 1572. Up’t Nie "ruigeven
(1869), 3. Smidt, VBürgermeifter von Bremen
(1873), Bremer Schwank und Sage (mit Zi
ftrationen von 9. Töbelmann, 1876), Uuf’n
Fliffenbüdel (1877), He ſöcht ſyn Swyn (1878),
Tabads: Monopol (1878), De döfige Hinrich a’3
Tüge vöör Gericht (Ländlih komiſche Szene
(1883).
Tante Unna, f. A. Claußen.
Tante Emmy, ſ. E. Giehrl.
Tappert, Wilhelm, wurde geboren
am 19. Februar 1830 in Thomasmwaldau
(Scälefien), beſuchte das Lehrerjeminar
in Bunzlau, war dann mehrere Jahre
als Lehrer thätig, gab diefen Beruf je-
doch auf, um fein ungewöhnliches muft-
falifhes Talent in Berlin an der Akademie
der Tonkunft auszubilden, an welcher er
heute ſelbſt als Lehrer der Mufifgejchichte
wirft. Literariſch hat fih T. befonders
als Mufitichriftiteller befannt gemacht.
Hauptwerke: Muſik und mufifalifche Erziehung
1867), Nufit:Studien (1868), Wagner:Lerifon
(1877), Leitfaden für den Ring der Nibelungen
(1881), Für und wider Parzival (1882), Richard
Wagner (1883).
Taſchenberg, Ernſt Ludwig, wurde
am 10. Januar 1818 in Naumburg a. S.
geboren und widmete ſich dem Studium
der Mathematik und Naturwiſſenſchaften
an der Univerſität zu Leipzig und Berlin.
Er wirkte bis zum Jahre 1855 lehrthätig,
wurde dann als Inſpektor des Zoologiſchen
Muſeums an die Univerſität Halle be—
rufen, die ihm 1871 eine außerord. Pro:
feffur verlieh. T. ift befonders als Ento-
mologe hervorragend.
Hauptwerke: Funke's Naturgeihichte für die
Jugend (11. Aufl. 1864), Naturgeichichte der
wirbellofen Tiere (1865), Was da riecht und
fliegt (1871), Entomologie für Gärtner (1871),
Forſtwirtſchaft (1874), Das Ungeziefer der land
wirtichaftl. Kulturpflanzen (1874), Brehms Tier
leben (Bnd. 9, 2. Aufl. 1877), Praktiſche In—
fettenfunde (1879—80).
Taubert, Emil, wurde am 23. Ja
nuar 1844 in Berlin geboren. Sein
Vater, der Kngl. Oberhoffapellmeiiter
Wilhelm Taubert, und feine Mutter Wil:
helmine, eine Schwefter der einft hochge—
Taubert.
feierten Sängerin Nanette Schechner,
widmeten der Erziehung des Knaben die
Bte Sorgfalt. Auf dem Kngl. Fries
Wilhelmsgymnafium unter Ranke's
Leitung vorgebildet, bezog. die Univerfität
feiner Baterftabt, um Philofophie, Philo-
logie und Archäologie zu ftudieren. Schon
frühzeitig regte fich in dem Knaben der
fünftleriihe Schaffenstrieb. Beſonders
die Mufit und die ftets wachjende Teil-
nahme an den Hervorbringungen feines
Vaters, deſſen Bertrauter er fchon in
frühen Jahren wurde, regten ibn mächtig
an, und verjchiedene größere und Kleinere
Kompofitionen fchienen ihn zum Muſiker
zu beftimmen. &o pflegte er auch auf
der Hochſchule unter Anleitung feines
Vaters die mufifaliihen Studien, ohne
ih freilich der väterlihen Kunft für
immer zu widmen. Schon mährend dieſer
i ‚ dur Theodor Fontane ermutigt,
wagte er die eriten poetifchen Veröffentlichungen.
Es erſchien ein Bändchen Gedichte und ein Lieder:
eyflus „Brautgeichent“ (1865). 1866 erwarb
er den Doktorgrad an der Berliner Uni-
verfität auf Grund der Differtation über
die Lehre von den Seelenvermögen.
Bald darauf legte er das examen pro
faeultate docendi ab und trat 1867 in
den Lehrförper des Friedrich-Wilhelms-
Gymnafium ein. In demfelben Jahre vers
öffentlichte er „Neue Gedichte”, denen fich fpäter
641
Taute,
Bagdad“, der Elegiencylius „Am Kochelſee“ und
die Dichtung in Terzinen „Die Eitaden (1880),
fanden vielen Beifall. Dann folgte die poetifche
Erzählung „Ein Mutterherz“ (1880) und die
Künftlergefchichte in Verfen „Der Torfo“ (1881).
Eine ſtattliche Reihe von Novellen find zum Teil
die Frucht nah dem Süden unternommener
Ferienreiſen: die Niobide, der Antiquar, Mari:
anne, Sphinx, Atropos, Verſtoßen, Fidelio, die
Zwillingsſchweſter, Babette, Simfon, des Kindes
Schatten, am Teufelöfee u. f. w. Die beiden
wertvolliten Arbeiten T.'s dürften fein: das
Epos „König Rother” (1883) und feine Märchen
und Geſchichten „Laterna magica“ (1886).
1887 verließ T. fein Schulamt, um,
einem Rufe des Generalintendenten Gra:
fen v. Hochberg folgend, als Theater:
Intendanturrat in die Verwaltung der
Kngl. Hofbühne einzutreten.
Tante, Guſtav Reinhold, geboren den
16. Februar 1851 zu Zeig, wibmete ſich
von 1867 an der militäriſchen Laufbahn
und machte den Krieg gegen Frantreich
im Schlesw.-Holſtein. Füſilier⸗Regiment
Nr. 86 mit. 1873 trat er in württem-
bergiihe Dienfte über und wurde bier
1875 zum Königl. Zahlmeifter ernannt.
Seit 1876 lebt er in glücklicher Ehe mit
Anna, geb. John.
Außer zahlreichen journaliftiihen Arbeiten
ſchrieb er: „Gebhard Leberecht von Blücher der
Held der Befreiungäfriege als Freimaurer“ (1882,
in das Holländiihe überſetzt und in Newyort
nahgedrudt), „Johnfon und die ftrifte Obfers
vanz“ (1885), „Maurerifche Bücherfunde”, Ein
* a ⏑⏑——— = Wegweiſer durch die Literatur der Freimaurerei
een Yuventad“ (1875) anreihten. | Mit literariſch⸗ kritiſchen Noti (1886). Beſon ⸗
1875 aab er auch den erften Band Novellen her, ders das —— darf als ein treffliches,
aus, ab im gleichen Jahr ging die mit großem = Kur 6 ee der maureriſchen
Beif bene Oper feines Vaters „Cefario” .
Dpernhaufe in Scene, deren Text⸗
ng von dem Sohne berrührt. Schon ala
— a ee
i e be ‚
— ——2— der Goetheſchen
Römiſchen Eleg 1877 wurde er als
Oberlehrer an die Kngl. Auguſta⸗Schule
und das mit derſelben verbundene Lehre⸗
rinnen-Seminar berufen, an welcher An-
ftalt 1886 feine Ernennung zum Pro:
feffor erfolgte. Mit dem neuen Lehramt
begann eine Zeit vielfeitiger Produktion.
Die poetiſche Erzählung „Der Goldſchmied zu
Tas literarifge Deutſchland.
Taylor, j. A. Hausrath.
Techmer, Friedrih Heinrich Her:
mann, geb. am 14. September 1843 in
Pollnow, Pommern, beſuchte die Stadt:
ſchule jeiner Vaterftadt (1849—57), das
Gymnafium zu Köslin (1857—63) und
die Univerfitäten Greifswald und Berlin
(1863—66). Er ging nad; feiner Pros
motion (1867) auf fünf Jahre ins Aus-
land, nad) Frankreich, England und Jia⸗
lien, zum Studium der neueren Sprachen
41
—
Teichmüller.
642
Telmann.
und der vergleichenden Sprachwiſſenſchaft die Frauenemanzipation. über Darwinismus und
(1868— 73) und hat ſeitdem als Lehrer
der neueren Spradhen an verſchiedenen
höheren Schulen in Börlig, Potsdam und
Leipzig; als Dozent an der Afademie für
moderne Philologie in Berlin (1875— 76)
und feit 1880 als Dozent der allgemei-
nen Sprachwiſſenſchaft an der Univerfität
Leipzig gewirkt. Seit 1884 giebt er die
Philofophie, über die Pädagogik u. ſ. w., aber
erft in den letzten Jahren jtellte er ein bedeu⸗
tungsvolles neues philoſophiſches Syſtem auf,
von dem bis jegt die „G der Meta
—X und die „Religionsphilojophie‘ erſchienen
ind.
Telmann, Konr., |. 8. Zittelmann.
Tettau, Joh. Wilh. Albert, Freiherr
von ihm begründete „Internationale Zeitz | DON, geboren. am 20. Juni. 1804 zu
schrift für allgemeine Spradwillenichaft“ | Diarienwerder, trat, nahdem er in Kör
heraus, wovon bis 1887 3 Bände und |nigsberg, Berlin und Göttingen Juris:
1 Supplement erjdienen.
prudenz und Staatswiljenihaft ftudiert
Bon eigenen Arbeiten find die verdienſtlichſten: und dabei eingehend, bejonders als Mit-
De scientiae naturalis unitate et articula-
tione (1867), Einleitung in bie Sprachwiſſen⸗
ſchaft, Die akuſtiſchen Ausdrucksbewegungen (Pho⸗
netif) (1880), Raturwiſſenſchaftliche Analyfe und
Spnthefe der hörbaren Sprache (1884), Trans»
jription (1884), Spradhentwidelung, Sprader:
lernung, Sprachbildung (1885), Zur Veranſchau⸗
lichung der Lautbildung (1885), Sprachwiſſen⸗
ſchaftliche Bibliographien (1883—85).
Teichmüller, Guſtav, wurde am 19.
November 1832 in Braunfchweig geboren,
habilitierte fi 1860 an ber Univerfität
Göttingen, wo er außerorbentl. Profeſſor
wurde, folgte 1868 einem Rufe an die
Univerfität Baſel als ordentl. Profeſſor
und von dort 1871 einem Rufe nach
Dorpat.
Als Schriftſteller veröffentlichte er zuerſt noch
unter dem Einfluſſe Trendelenburgs Forſchungen
über die Ethit, Politik und Poetik des Ariſtote⸗
led. Durch dieſe Arbeiten fam er aber auf einen
von der bisher herrichenden Geſchichte der Philo:
fophie abgewandten neuen Weg, indem er in den
auf einander folgenden, angeblich neuen Syjtemen
der Philoſophie die Erbſchaft der früher ausgebil⸗
deten Begriffe erkannte und daher eine Geſchichte
der Begriffe an die Stelle der Geſchichte der
Syſteme ſetzen wollte. Da das Platoniſche Syſtem
immer mehr in den Mittelpunkt des Intereſſes
getreten war und T. in einer Streitſchrift gegen
Zeller feine neue Auffaflung des Platonismus
als eines hylozoiſtiſchen Pantheismus geltend ge⸗
macht hatte, jo führte ihm der Streit über die
Platonifche Frage zu chronologiſchen Unterſuchun⸗
en über die Reihenfolge der Piatoniſchen Dialoge.
Neben den biftoriich:philologiichen Arbeiten pflegte
T. auch von Zeit zu Zeit vorzüglich anerfannte
populäre Schriften über jpefulative und praftifche
Fragen zu veröffentlichen, jo über die Unſterb⸗
lichkeit der Seele, über das Weſen der Liebe, über
glicd der hiſtoriſchen Seminare Schubert's
und Ranke's, geſchichtliche Studien be
trieben, 1826 in ben preußifhen Staats:
dienft, wurde 1831 Landrat des Sreifes
Konig, 1837 Hülfsarbeiter im Minifte:
rium des Innern zu Berlin und, nad
den er 1838 und 1839 den Stadthaus:
halt von Elbing als Minijteriallommif
jarius geordnet, 1839 Nat an der Re
gierung zu Liegnig, 1847 aber Ober:
Regierungsrat und Abteilungsdirigent zu
—* und als ſolcher 1886 penſioniert,
nachdem er 1875 in ungewöhnlich glän—
zender Weiſe fein funfzigjähriges Dienſt⸗
jubiläum begangen, wobei er u. a. von
der Univerfität Halle zum Doktor der
Philoſophie ernannt wurde.
Er ift Inhaber mehrerer Orden, Ehrenbürger
der Städte Konitz, Liegnig, Erfurt und Weißen⸗
jee, jeit 1852 Vige-Präfident der Kgl. Akademie
gemeinnügiger Wiflenfhaften zu Erfurt, Mitgliei
der hiſtoriſchen Kommilfion der Provinz S
Ehrenmitglied vieler wiſſenſcha —* und an⸗
derer Vereine, jo u. a. der Geſellſchaft für
nifche Literatur zu SHelfingfors, Präfident de
Gartenbauvereind zu Erfurt, Vorfigender
Vereins für die Geſchichte und
von Erfurt u. ſ. w. Unter feinen
lichen Schriften find Die bi ten
Über die Glaubwürdigkeit der Chronik des Simon
Grunau (1836), Die Volksſagen Oft « Weit
Preußens und Litthauens (1837, gemeinschaftlich
mit Temme), Topographiſch⸗ſtatiſtiſche Üüberſicht des
Reg. Bez. Liegnitz (1846), Über das ſtaatsrecht ⸗
liche Verhältnis von Erfurt zum Erzſtift Mainz
(1860), Die Reduktion von Erfurt und die ihr
vorausgegangenen Wirren (1863), Der Meiiter
und die Koſten deö Guſſes der großen Glocke zu
3
Teuber.
Erfurt, nebſt Nachtrag (1866—67), Über bi
Quellen, * 55 Geſtalt be die ale
mälige Umbildung der Erzählung von der Doppel:
ehe eines Grafen vun Gleichen (1867), Erfurt in
feiner Vergangenheit und Gegenwart (1868, 2.
umgearbeitete Aufl. 1880), Erlebnifle eines deut:
hen Landsknechis, von ihm felbit befchrieben
(1869), Über einige bis jeßt unbefannte Erfurter
Druder aus dem 15. Jahr. Ein Beitrag zur
Bibliographie der älteren deutjchen Literatur und
zur vergleichenden enkunde (1871), Beiträge
den Regeften der Grafen von Gleichen (1871
Bis 1881), Über die epiſchen Dichtungen der fin-
niſchen Bölfer, befonderd die Kalawala (1873),
Urkundliche Geſchichte der Teltau’ihen Familie
(1878), ichtliche Darftellung der in Erfurt
und en Umgegend gefundenen vorgeſchicht-
lichen Begenftände (1883), Beiträge zu einer
leihenden Topographie und Statiftit von
Srfart (1885), Gefchichtliche Darftellung des Ges
biet3 der Stadt Erfurt (1886), Erfurt3 Unter:
ng unter Mainziihe Landeöhoheit (1887).
dem Aufſätze Hiftoriihen, kunſt⸗ und lite:
rarhiftorifchen und ſchönwiſſenſchaftlichen Inhalts
in verfchiedenen Zeitihriften.
Zeuber, Oskar, wurde am 11. De
zember 1852 auf der Schölgeret (Freigut)
des Ortes MWedersdorf bei Braunau in
Böhmen als der Sohn eines Gutsbefigers
boren. Er erhielt feine erfte Ausbil-
Kan auf den Gymnafien der Benedik—
tiner zu Braunau und der Piariften zu
Prag und ftrebte ſelbſt den geiftlichen
Beruf an. Eine plögliche Entichliegung
ließ ihn jedod 1868 in das Kadetten-
inftitut zu Eifenftadt in Ungarn eintreten,
um fi der Militärfarriere zu widmen.
Bon Eijenftadt nad St. Pölten, hierauf
in die höhere Militäratademie zu Wiener:
Neuftadt überjegt, befundete T. bereits
feine Vorliebe für literarifche Thätigkeit; er fette
neben feinen militärifchen Studien das der flaf
ſiſchen Philologie und deutſchen Literatur fort
und trat bereits 1871 im Beziehungen zu ver-
Journalen und belletriftiichen Zeit:
Außer einer Polemif über das reor:
Militärbildungswejen in eich, voll»
er in der Alademie jein Erſtlingswerk
Ulrich vom Hutten. Um diejes Drama pu-
blizieren und dem immer ftärfer hervor:
Drange zum ſchriftſtelleriſchen
Berufe entſprechen zu können, erwirkte
er 1873 zunächſt feine Beurlaubung, dann
feine Entlaffung aus ver Militärafademie
643
Thal.
und dem öfterreich. Militärverbande. T.,
der zunächſt feinen Wohnfig in Prag,
Abe in Graz nahm, warf fih nun mit
ifer auf die Vervollftändigung feines
Wiffens, trieb an der Grazer Univerfität
hiſtoriſche, germaniſtiſche und philofophifche
Studien, wirkte aber auch gleichzeitig als Theas
ters und Literatur-Referent bei der „Grazer Tas
gespoft“, ſodann bei der „Grazer Zeitung“,
1875 wurde er in die Redaktion der „Bohemia“
berufen. 1881 gab er zwei Bände Militärhumos
reslen „Im Kadetteninftituf” und „Ifcehau“
(Stizgen aus der Militärafademie) heraus, die
zwei Auflagen erlebten, dann in neuer vermehrter
Ausgabe unter dem. Gefamt:Titel „Aus dem mis
litãriſchen Jugendleben“ erſchienen und in ihrer
Detailmalerei nicht jelten an Schilderungen Hadı
länders erinnern. Schon 1877 hatte T. in der
„Bohemia‘ eine Serie von Feuilletons ala Betr
träge zur Geſchichte des Prager Theaterwefens
begonnen, welde Aufmerkfamfeit in weiteren
Kreijen erregten. Durch den Erfolg angeregt,
trat er, nachdem er aufs Neue die gründlichiten
Studien und Forſchungen in bedeutenden Prager
Arhiven und Bibliothefen getrieben und ein
reiches und wertvolles Material gefammelt hatte,
1883 mit dem 1. Bande feiner „Geſchichte ded
Prager Theaters“, dem 1885 der 2. und 1888
der 3. Band folgte, an die Offentlicheit. Das
bedeutende und hochintereſſante Werk fand in der
Preſſe die verdiente Würdigung: es umſchließt
ein reiches Duellenmaterial und hat eben fo
roßen lofalgeihichtlihen Wert als Bedeutung
Kar die allgemeine deutſche Theatergefchichte,
Mittlerweile war T. 1883 einem Nufe des Wiener
„Sremdenblattes‘ folgend, in die Redaktion diefes
Blattes getreten, wo er bis heute ala politiicher
Redakteur und Feuilletonift thätig ift. 1884 ers
Ihien ein neuer Band Militörhumoresfen unter
dem Titel „Grüß Dich!“, der, wie feine Wors
— große Verbreitung und viel Anerkennung
and. Seit 1876 mit Emmy Rigol in
phone: Ehe vermählt, (lebt T. in Wien
einen redaktionellen Pflichten, fowie auf
dem Gebiete der politiichen, belletriftiichen, milis
tärifhen und theatergefchichtlichen Literatur thätig,
Für feine „Geſchichte des Prager Theaters‘ wurde
ihm Die herzogl. jachjen-meiningiche goldene Mes
daille für Kunſt und Wiffenfhaft und die berzogl.
ſachſen⸗ foburg » gothaifche Verdienftmedaille für
Kunft und Wiſſenſchaft verliehen.
Thal, Albr., ſ. Herm. Mahn.
Thaler, Karl von, ift zu Wien am
30. September 1836 geboren und in
Innsbrud, wohin fein Vater als Beamter
41*
Thifötter.
verſetzt wurde, erzogen. Dort, fpäter in
Heidelberg und Bonn befuchte er die Uni-
verfität, um Philofophie und Philologie
zu ſtudieren. Er promovierte 1857 zum
Dr. phil. und widmete fid dann zu Wien
dem journaliftiichen Berufe. Darin wirkte
er als Redakteur des „Botichafter“
1862—65), der „Neuen freien Preſſe“
—— der „Preſſe“ (1871), der
„Deutihen Zeitung“ (187173), und
feitdem wiederum als Redaktionsmitglied
der „Neuen fr. Preſſe“. T.'s literarijches
Hauptfeld bildete, neben dem jeit 26 Jahren
gepflegten politiihen Leitartikel, von jeher
das Feuilleton und bejonders die Kritik;
wie als geiftvoller Plauderer, fo ragt er
als feinfühliger Kunftrichter hervor. An
beiden Eigenichaften bethätigte er fih in
einer großen Zahl von Zeitichriften und
Tagesblättern. Selbftändig ließ er We—
niges erſcheinen: Sturmvögel (Sonette 1860),
Micheld Verſucher (Satire 1860), Aus alten
Tagen (Ged. 1869).
Thifötter, Julius, it geboren am
12. April 1832 in Barmen am Rhein,
in der Nähe von Bonn erzogen, bejuchte
I Jahre das Gymnafium zu Duisburg,
ftudierte in Bonn unter Rothe und Dor
ner, war Mitglied der Burſchenſchaft.
Nach der Univerfitätszeit ging er als Leh⸗
rer in ein engliſches Inſtitut und wurde
dann Hilfsprediger in Neviges bei Elber⸗
feld. 1857 wurde er Pfarrer in Hat-
tingen an der Ruhr, 1862 wählte ihn
die Synode zum Superintendenten und
die Provinzial-Synode in ihren Borjtand,
1864 berief ihn die 2. Frauen-Gemeinde
nad) Bremen und 1867 ernannte ihn das
Minifterium in Preußen zum Garniſon⸗
Prediger.
Hauptwerke: Weltliches und Geiſtliches in Lies
dern vom Rhein und von der Meier (1870),
Gottes Reich und deutiches Reich, Sammlung
vaterländifcher Neden und Predigten aus ber
Kriegszeit (1871),
Ritſchl (1883 ins Franzöſiſche überfegt). Außer:
dem ift T. Verfafler einer Reihe von Abhandlun⸗
gen in Beyſchlags D. Ev. Blättern unter anderen
über Wagners PBarfifal, Luther als Patriot ꝛc.
1885 erfhien „Einhard und Imma“, eine rheis
644
Die Theologie von Albrecht | def
Thobe.
nifche Sage, je beurteilt; t
er ar
Kritik ſehr warm — — 9
Thode, Henry, wurde am 13. Ja
nuar 1857 in Dresden als der Sohn
des Bankiers R. T. geboren. Mit feinem
7. Jahr kam er in eine Erzieh |
nach Ludwigsluſt, kehrte 1866 in das
Elternhaus zurüd, wo Hauslchrer die
Fortfegung des Schul-Unterrichtes über:
nahmen, der auf dem Gymnafium ji
Görlitz mit dem Maturitätseramen (1876)
fein Ende erreichte. Unficher über bie
Mahl feines Berufes begann T. 1876
in —J das Studium der Rechte, ent
ſchloß fich aber ſchon nad) einem halben
Jahre, Kunſtgeſchichte zu ftudieren, und
ging zu dieſem Zwed zunächſt auf zwe
Jahre nad Wien, wo er in Morig TE
fing den verehrtejten Lehrer fand. Na
* Semeſtern in a und Müncdhe
ehrte er wieder nad) Wien ‚um
wurde 1880 bafelbit zum PR wir
viert. Nach der Veröffentlichung
eriten literarifhen Arbeit Die Antiten
den Stihen Marcanton’s, Agoftino Benezi 03
und Marco Dente'3 begab er fih auf ein
halbes Jahr nad Paris, die Kunſident⸗
mäler dafelbft zu ftudieren, durchforſcht
Belgien und Holland und ließ fi f 2
ein paar Monate in London nieder. Die
folgenden drei Jahre verbradte T, in
Stalien, mo befonders Florenz, als er
gentlichfte Heimat der eingeborenen italies
* ge — Einfluß au
ihn ausübte und die Erweiterung ı
feiner Anfhauungen herbeiführte. Neben
einigen kleineren Auffägen, die nod die Einwirs
Ben
4
a
fung der Antife auf die Phantafie
fancefünftler zum —— era
die Erforfhung der Anfänge der. neuen dei
fihen Kunft in Stalien zu beichäftigen.
einem erneuten Aufenthalt im
TIAaTIn oz
ii kr
- \ "are 2 2
7 Falis .
ev
Ktalien.” Mebenher befehäft gte il nd
einer neu gegründeten kunſtgeſchich
fchrift „Der Sünftfreund.“ Do m
.
*
Tholud. — 645 — Thoma.
Thoma, Albrecht, ift geboren am
2. Dezember 1844 in dem fränfiichen
Dorfe Dertingen bei Würzburg. Auf dem
Lyceum in Wertheim a. M. vorgebildet,
ftubierte er in Heidelberg und Jena Theo:
logie, nebenher auch etwas Philologie.
Im praktiſchen geiftlihen Beruf war er
an verfchiedenen Orten Badens, aud) in
Bremen thätig; feit 1880 ift er Profeſſor
am Lehrſeminar I. in Karlsruhe. Seine
verfchiedenartigen Schriften find teils
wifienfchaftlicher, teils belletriftifcher Art
und drehen fi fait ausnahmslos um
theologische, ethiſche oder ſoziale Dinge.
Neben einer von der Haarlemer Gefellihaft
gekrönten „Geſchichte der Sittenlehre in der Zeit
des N. T.“ fchrieb er ein grofies hiftorifchfriti:
ches Werk „Die Genefis des Johanned-Evange-
liums“. Sein Erftlingäwert ijt eine vorzügliche
Geſchichte des Krieges 1870 aus dem Munde der
heil. Sänger und Seher, dann folgte dad Drama
„Saulus”. Außerdem erſchienen von ihm als
Volksſchriften die Erzählungen „Gottesgrüße”
(preisgefrönt) und die „Mürdermühle“. Beſon—
ders gut aufgenommen wurde „Qutherö Leben“
(2. Aufl. 1883), desgl. „Ein Ritt ins alte ges
lobte Land“ (1886).
Fachblatt nur die kurze Exiſtenz eined Jahres
vergönnt. 1886 verheiratete fih T. mit
Fräulein von Bülow, älteften Tochter des
Dr. Hans von Bülow. 1886 habilitierte
fih T. als Privatdozent für Kunftgefchichte
an der Univerfität Bonn.
Tholuck, Albert Baul Eduard, wurbe
am 26. Februar 1853 als der Sohn eines
höheren Kommunal:Beamten in Breslau
geboren. Urfprünglich und auf beſonde—
ren Wunjch feines Onfels, des Hallenjer
Brofeflors T., für das Studium der Theo:
logie beftimmt, abfolvierte er das Gym:
nafium, jedoch fand er mehr Luft an der
Architektur und Technik, weshalb er die
Bau und Kunftichule befuchte. Bei Aus-
bruch des franz. Krieges trat er als Frei-
williger in ein fchlef. Artillerie-Regiment
ein und avanzierte zum Vice-Wachtmeifter.
Auf Wunfch feines Vaters trat T. als:
dann bei der Breslauer Berufs-Feuerwehr
ein, avanzierte zum Brandmeifter und
fungierte eine Reihe von Jahren als
folder. Später, nachdem er mehrere
Jahre die Feuerwehr in Bromberg kom:
mandiert hatte, gab er biefen Beruf auf
und fehrte zum Baufach zurüd.
Seit längerer Zeit ift T. als Mitarbeiter von
Feuerwehrzeitichriften befannt und gilt ala gut
unterrichtet auf dieſem Gebiet. Seine militärifchen
Qumoreäten und einen Novellen zeugen von
Talent und Fleiß. Er ift ein beliebter Mit:
arbeiter einer Reihe von Zeitichriften und jetzt
Redakteur der „Politiſchen Nachrichten” und der
„Säle. Wochenpoſt“.
Thom, Hermann, wurde am 26. April
1861 zu Bromberg geboren. Seit 1877
iſt er als Mitarbeiter einer größeren
Zahl von Zeitſchriften und Tagesblättern
thätig. Er iſt der Verfaſſer folgender
jelbftändig erfch. fehr gut aufgenommener
Werke:
Der Deferteur (Nov. 1880), Katechismus der
Rationalötonomie (1881), Berliner Gauner (Rom.
1885), Berraufchte Akkorde, Töne und Weiſen
aus ſchöner Zeit (Ged. 1887), Autoren über Ver-
leger und andere Reminiscenzen (1887). Ferner
gab T. Leopold Scheferd Buch des Lebens und
der Liebe (1887) und eine Anthologie Deutfches
Land und deutfche Lieder (1887) heraus,
Thomas, Ferdinand, wurde am 15.
März 1854 in Johnsdorf bei Gabel (Böh⸗
men) geboren, bejucdhte das Gymnafium
in Zeipa und Leitmerig und widmete ſich
hierauf dem Lehrerſtande. In einem Zeit-
raume von 13 Jahren bradte es ber:
ſelbe vom Aushilfslehrer der einfachen
Dorfihule bis zum Direktor der Bürger:
ihule in Tannwald (Böhmen).
Seinen Ruf ald Schriftfteller begründete er mit
dem 1879 erjchienenen Buche „Raifer Joſefs II.
Reifen in Nordböhmen”. Das Bud gab den
Anftoß zu den vielen Kaifer Zofefsfeften in Böh«
men und zur Errihtung von Kaifer Joſefsdenk⸗
mälern. Meiter erfchienen: Kleine Beiträge zur
Geſchichte des Volksſchulweſens in Deutſch-Böh—
men (1884), Denkwürdiges aus dem deutſchen
Sprachgebiete des Königinhofer Bezirkes (1885),
Tannwald und Umgebung (1887), Friedland in
Böhmen (1887), ferner folgende Jugendſchriften:
Joſef Reſſel, der Erfinder der Schiffsſchraube
(1880), Peter K. Roſegger, Lebensbild eines Dich—⸗
ters aus dem Volke (1883), Geſchichtsbilder für
die Volls⸗ und Bürgerſchulen Ofterreichs in drei
00). Wallenftein, Herzog von Friedland
1888),
Thoms. —
Thoms, George, wurde in Riga am
12. Februar 1843 als Sohn eines Kauf—
manns geboren. Seine Erziehung lag
vorherrſchend in den Händen der Mutter,
da der Knabe ſchon in ſehr zarter Ju—
gend ſeinen Vater verloren hatte. Die—
jelbe fand ihren Abſchluß auf dem Gym-
nafium zu Riga, allmo fein Stiefvater
E. Hollander Bürgermeifter war. 1864
bezog er die Univerfität Dorpat, um fi
dem Studium der Landwirtſchaft zu wid:
men. Dort gelang es ihm, den Grad
eines Kandidaten der Okonomie zu er:
reihen. Lebhaft für das Studium der
Chemie interefjiert, dem er fchon ein Se:
mejter im Laboratorium des Prof. Petzold
gewidmet hatte, entſchloß fih T., auch
den Grad eines Kandidaten der Chemie
zu erringen, Er verlieh Dorpat und ging
zur weiteren Ausbildung nad) Deutſch—
land, bezog 1867 die Univerfität Heidel-
berg, wo er den Unterricht Robert Bun
fens genoß, 1868 die Berliner Hochichule,
wo er fih im Laboratorium der Berg:
akademie unter der Leitung Prof. Finte-
ners falt ausfchließlich mit der quantita-
tiven hem.Analyje beichäftigte. Von Ber:
lin begab er fih nad) Bonn, um fi aud)
auf dem Gebiete der organiichen Chemie
unter Keful& zu vervollfommnen.
Anregung eines Freundes jchiffte fih T.
nah Amerifa ein, um in Teras eine
Fleilh-Ertraft:Fabrik zu gründen. Am
Coledo⸗Creek wurde eine Farm gekauft
und rüftig an die Arbeit gegangen. Die
Fabrik entjtand und gedieh, wurde aber
Ihon nad einem Jahr ein Raub der
Flammen. T. zog es vor, Diejes Ge-
ſchäft zu verlafien; er fand Stellung in
einer Apothefe in Victoria, fpäter in In—
dianola. Eine Erfranfung machte ihm
die Rückkehr nad) Europa wünſchenswert.
An Riga begann er nun 1872 als Vo:
lontär:Affiftent an der Verfuchsftation des
Polytechnikums zu arbeiten. Die in die
fer Stellung ausgeführten Analyjen boten
ihm Gelegenheit, feine hemijchen Kennt:
niffe zu erweitern und trugen ihm Die
646
Thürheim.
Stellung eines Verſuchschemikers ein, in
welcher T. noch jetzt wirkt. In das
1872 fällt auch der Beginn feiner Tit
Thätigfeit. Er debütierte mit der populärmi
Ihaftlihen Abhandlung „Schwand und er,
deren Wert ald Kindernahrung“. 1875 begannen
die Lieferungen über die Thätigfeit der Verſuch⸗
ftation zu ericheinen. Bon den 7.3
haben folgende bejondere Beachtung gefunden:
Das Waſſer in der Bierbrauerei, Anleitung zum
Gebrauch der fünftlihen Düngemittel, Über die
neueften Fortihritte auf dem Gebiete der Spi⸗
ritusfabrifation, Die Prüfung der Hefe nad der
Meiftleihen Methode, Aus den Memoiren eines
Zündhölzhend (Märchen für die Jugend) und
einige Gedichte. Die von T. an der Hod-
ſchule vertretenen Fächer find: Agrikultur
chemie und Thierhemie. VBorü
bat T. auch das Fach „Bodenbonitur
kunde“ gelefen. Den Titel Profeſſor er-
La er 1877.
Thürheim, Andreas Graf von, wurde
am 17. Mai 1827 zu Efferding in Ober:
öfterreih geboren, verlor im ſechsten
Lebensjahre feinen Vater durch den Tod
und trat zehnjährig in das k. k. Thereſia⸗
num zu Wien, in welder Akademie er
feine Erziehung und Ausbildung erhielt
und 1839 auch k. f. Edelfnabe wurde.
1844 als Kadett dem Ef. k. Pionierforps
zugeteilt, wurde er zur Hörung de
Auf | Pionier: Kurfes in die Korpsfchule zu
Tuln fommandirt und kam nach zwei
Jahren als Leutnant zum 40. Linien
Anf.Rgt., aber ſchon ein Jahr darauf
zum 8. Ulanen-Regiment, in weldem er
1849 zum Oberleutnant vorrüdte. Im
Kriegsjahr 1848/49 mohnte er den
Feldzügen in Siebenbürgen, im Banate
und den Grenzländern bei und wurde
dreimal öffentlich belobt. 1850, anläßlid
der Mobilifierung gegen Preußen, wurde
er als Ordonnanz.Offizier zum Komman⸗
danten der erften Armee beordert und
1851 zum NRittmeifter im 5. Ulanen⸗
Regiment befördert. Im felben Jahre
trat er als Rechtsritter in den Malteſer—
Orden und erhielt bald darauf die k.f.
Kämmererswürbe. 1855 wurde er zum
Flügel » Adjutanten des Feldmarſchalls
Todt.
Fürſten zu Windiſch-Grätz ernannt. In—
folge eines ſich immer mehr entwickelnden
Gehörleidens quittirte er 1857 den Dienſt
und erhielt 1863 den Majors-Charakter.
Anläßlich ſeines Scheidens aus der Armee
gründete er in treuer Anhänglichkeit an
feine einſtigen Waffengefährten zwei Stif-
tungen zu Gunſten der Mannſchaft der
beiden Ulanen-Regimenter 5 und 8.
1866 trat Graf Th. mit Dispens des
Papſtes gänzlich aus dem Maltefer-Or:
den und vermählte ſich im felben Jahre
mit Klotilde Freiin von Hennet, welche
aber ſchon nad wenigen Jahren ſtarb.
1873 vermählte er fich zum zweiten Male
mit Sophie Freiin Zeßner von Soißen-
berg. Infolge feiner fchriftftellerifchen
Thätigfeit wurden ihm zahlreiche Anerken⸗
nungen und Auszeichnungen u. a, der
öfterreihifche Orden der Eifernen Krone
3. Kl. jowie die große goldene Medaille
für Kunft und Wifjenfchaft, das Kom—
manbdeurfreuz des großh. heil. Philipp:
Ordens, das Ritterkreuz des großh. Tos-
fanischen Joſeph ꝛc. An jelbftändigen
Merken hervorzuheben : Reminiscenzen: Frag-
mente eines Tagebuches (1861-64), Gefchichte
des k. k. 8. Ulanen:Regimentes Erzherzog Fer:
dinand Marimilian (1860), Die Neiterregimenter
der kaiſ. öjterreichifchen Armee (1862—63, 2. A.
1866), Licht: und Schattenbilder aus dem Sol:
batenleben und der Gejellihaft (1876), Feld:
marſchall Carl Jofeph Fürft de Ligne, die leßte
Blume der Wallonen (1877), Feldmarſchall Otto
Berdinand Graf von Abensberg und Traun 1677
bis 1748 (1877), Feldmarſchall Ludwig Andreas
Graf von Khevenhüller:zranfenburg (1878), Bon
den Sevennen bi3 zur Newa 1840-1845 (1879),
Ehriftoph Martin Freiherr von Degenfeld, General
der Venetianer, General» &ouverneur von Dal:
matien und Albanien und deffen Söhne 1600 bis
1733 (1881), Feldmarſchall Ernft Rüdiger Graf
Starhemberg, 1683 Wiend ruhmvoller Verthei:
diger, 1638— 1701 (1882), Briefe des Grafen
Mercy:-Argenteau zc. mit dem k. f. Gefandten in
London, Grafen Louis Starhemberg mit Er:
Täuterungen (1884), ®edenfblätter aus der Kriegs:
geichichte der f. f. öfterr. Armee (1880), Unirer
Helden L2ebensbilder für Heer und Volk (1885).
Außerdem zahlreiche zeritreute Aufläge in ver:
ſchiedenen Zeitichriften und Tagesblättern.
Todt, Rudolf, geboren am 19. Febr.
1839 zu Moedlich bei Lengen (Prignip).
647
Toula,
Eein Vater war Geiftliher. Er befuchte
das Gymnaſium zu Wittenberg, woher
feine Mutter, Tochter eines medizinischen
Univerfitätsprofefiors, ftammte, und ab»
folvierte das Dlaturitätseramen auf dem
Joachimthalſchen Gymnaſium in Berlin,
ftudierte Theologie in Halle a./©. und
Berlin, wurde nad) beitandenen theologi-
chen Prüfungen Hauslehrer, Hilfsprediger
und dann 1868 Pfarrer in der Prignitz.
Im Anfang der 70er Jahre wurde er
zum Studium der Sozialwifjenihaften an-
geregt infolge der Reden des Dr. Wichern
und Prof. Dr. Adolf Wagner auf der
großen kirchlichen Dftoberverfammlung.
Es erſchienen zunächſt Artikel über die ſozialen
Fragen in einer Wochenſchrift; kleine Broſchüren
über denſelben Gegenſtand. Im Jahre 1876
redigierte er die Monatsſchrift „Die Fortbildungs-
schule”, an welcher er bisher mitgearbeitet hatte.
Dann fchrieb er die Volksſchrift „Die alte Linde“
mit gleicher jozialer Tendenz (1874), Der radi—
fale deutiche Sozialismus und die riftliche Ges
fellfchaft (2. Aufl. 1877), Der innere Zufammen:
bang und die notwendige Verbindung zwilchen
dem Studium der Theologie und der Sozial:
wiſſenſchaften (1877). Hierauf folgte Die
Gründung des „Zentralvereins für jo:
ziale Reform“ mit der Wochenſchrift
„Staatsjozialift”, deſſen Redaktion er ein
Jahr lang führte. 1880 wurde er nad)
Brandenburg a./H. verjegt, wo er (1883)
eine Brojchüre Über die Urfahen der Unkirch—
lichfeit und ihre Abhilfe herausgab. Seit:
dem ift er Superintendent dortjelbit.
Toula, Franz, ift zu Wien am 20.
Dezember 1845 geboren, als Sohn eines
armen „Schulgehilfen“, Privatlehrers und
Mufifers, der jpäter als „Diurnift”“ einen
färglihen Erwerb fand und ftarb, ohne
daß es ihm möglich geworden wäre, eine
gefiherte Lebensftellung zu erreichen.
Seiner nimmer müden und aufopferungs:
fähigen, feelenvollen Mutter, Elifabeth,
geborne Reife, verdantte T. den Sporn
zur nimmer rajtenden Thätigfeit, die es
ihm ermöglichte vom 14. Jahre an neben
feinen Studien, und zwar an der Ober:
realſchule, jpäter an der technifchen Hoc:
ſchule und an der Univerfität zu Wien,
Toula.
auch die Koſten derſelben zum Teil und
bald ganz zu tragen. In den Jahren
1869—1872 war er Aſſiſtent feines
Lehrers F. v. Hochſtetter an der tech—
niſchen Hochſchule, 1872 wurde er zum
Profeſſor der Naturgeſchichte und Erd—
funde an der Kommunal-Realſchule im
VI Bezirke Wiens ernannt, habilitierte
fih 1877 an der technifchen Hochſchule
und wurde im jelben Jahre mit den Vor:
lefungen über Geologie und 1880 mit
jenen über Dlineralogie betraut, die er
aud nad) dem Rüdtritte des zum In—
tendanten der naturwiſſenſchaftlichen Hof:
muſeen ernannten Hofrates v. Hochſtetter
vom Lehramte fortführte. Im Jahre
1881 wurde er zum außerordentlichen,
1884 zum ordentlihen Profeſſor an der
genannten Hochſchule ernannt. Schon als
Aſſiſtent hatte er Gelegenheit eine große
Zahl von Stubienreifen in Oſterreich und
Deutihland auszuführen; er bereifte dann
mit Hochſtetter Rußland und befonders
den Ural, mit Eduard Sueß Stalien.
Im Auftrage der kaiferlichen Akademie
ber Wiſſenſchaften unternahm er in den
Jahren 1875, 1880 und 1884 eine geo-
logifhe Unterfuhung des weitlihen und
centralen Balkan, die bis zum Meridian
von Elena zur Durchführung gelangt ift.
Eine andere von der faiferlihen Akademie
jubventionierte Unterfuchhung betraf die
Grauwackenzone der nordöftlichen Alpen.
Eine Reihe feiner Arbeiten behandelte die geologi-
Ichen Unterſuchungsergebniſſe der deutſchen und
öſterreichiſchen „Nordpol-Erpeditionen.” Neben
feinen zahlreichen ftreng fachmiffenfchaftlichen
Driginalftudien bat T. ftets auch auf Populari—
fierung der wiffenihafilihen Ergebniffe auf den
Gebieten der Erdkunde und Geologie ein großes
Gewicht gelegt und teils in felbftändigen Publi—
fationen, teils in Zeitfchriften und bejonders
in den Mitteilungen des Vereins zur Verbreitung
naturwiffenfhaftliher Kenntniffe in Wien eine
überau3 rege und erfolgreiche Thätigkeit entfaltet.
Von feinen verbdienitlihen Schriften (von zahl:
reihen Karten abgefehen) heben wir hervor;
Kohlenkalk und Zechſiein-Foſſilien ꝛc. (1874),
Anſichten über das Innere der Erde (1876),
Geologie Unterfuhungen im weftlichen Teile
bes Balfan zc. (1877), Die vulkaniſchen Berge
(1879), Über die Wiener Yucht sc. (1879), Über
648
— Touſſaint.
das geologiſchꝓalaeontologiſche Material zur
Entwidlungsgeihichte der Säugetiere (1879),
Über die fäcularen Hebungen und der
Erdoberfläche (1880), Grundlinien ber
des weſtl. Balfan (1881), Materialien zu einer
Geologie der Balkanhalbinfel (1888), Neue Ex:
fahrungen über den geognoftiihen Aufbau der
Erdoberfläche (1882—86), Geologiſche For
ergebnifje aus dem Flußgebiete desColorabo ( r
Der Vellowftone Nationalpark, der vultanif
Ausbruch auf Neufeeland und das Geyfir Ph
nomen (1887).
Touffaint, Friedrih Wilhelm, ent
ftammt einer $ugenotten «Familie. Er
wurde im Jahre 1825 in Zielenzig (Prov.
Brandenburg) als ältefter Sohn eines
ehrfamen Handmwerfers und Schreiner
meijters geboren und erhielt jeinen Unter
riht in der Stadtſchule feiner Vaterftabt.
Nah feiner Konfirmation trat er bei
feinem Bater in die Lehre, ging 1844
auf die Wanderſchaft, madte als Hand:
werfer eine zweijährige Reife Durch Deutid:
land und Oſterreich-Ungarn und kehrte
1846 in das Vaterhaus zurüd, ausge
ftattet mit mannigfachen fozialen und
wirtfhaftlihen Erfahrungen, aber aud
mit dem feſten Entſchluß, im Hinblid auf
den Niedergang des Handwerks ſich noch
einen anderen Zebensberuf zu wählen.
Nah dem Tode feines Vaters trat T.
1848 freiwillig in das 5. Jägerbataillon
(Sörlig) ein; er hoffte, durch gute
rung eine Empfehlung zu erwerben,
es ihm ermöglichen konnte, fidh dem Forſ⸗
fach zu widmen. In diefer Truppe mac
er den Marih nah Sadien, den |
zug im Großherzogtum Baden
Belagerung von Raftatt mit und Fehr
nah zwei Jahren mit feinem Bataillon
nah Görlig zurüd. 1851 fam er
dem fgl. Oberföriter v. Bannewig im Die
Lehre, widmete fih mit Eifer feinem
neuen Beruf und bildete fich gleichzeitig
als Forftgeometer aus, wobei die Mit
arbeitung bei Ausführung geometrijcher
Aufnahmen, die einzige Erwerbsquelle
war, die feine materielle Eriftenz als
Forfteleve ermöglichte. Nach Abſolvierung
einer zweijährigen Lehrzeit befchäftigte er
Toufaint.
fi ala Geometer mit den Vorarbeiten
und der Ausführung einer Kunftftraße
bei Landshut in Schlefien. Hier wurde er
dem Grafen Eberhard zu Stollberg: Werni-
gerode befannt, und diefer Menichenfreund,
der das Vormärtsftreben T.'s erkannte,
griff nunmehr thatkräftig in die weitere
Entwidlung feines Lebens ein. 1857
ging T. nad) Görlig, um fi, unterftügt
von feinem Gönner, mit Hilfe von Privat:
lehrern zur Abfolvierung des Primaner:
und Feldmeffer-Eramens in Liegnitz vor:
zubereiten. Darauf lebte T. 1860—67
in Hermsdorf (Schlefien) mit umfaſſen⸗
den geometriichen Arbeiten bejichäftigt.
Hier war es aud, wo er durd feine erfte lite⸗
rarifche Arbeit über Zwed und Nuten der Drä:
nage die Aufmerfjamfeit der dortigen Landwirte
erregte und * das preußiſche Miniſterium mit
Mitteln unterſtützte, um Studienreiſen zu machen.
1867 verlegte T. ſeinen Wohnſitz nah Görlitz
und beſchäftigte ſich nun ausſchließlich mit kultur:
technifchen Arbeiten, wobei er es ſich namentlich
angelegen jein ließ, der Einführung eines ratio:
nellen Grasbaues und einer bejjeren Bodenkultur
durd; Wort und Schrift, wie dur Ausführung
praftiiher Anlagen die Wege zu bahnen. ns
folge feines 1870 erſchienenen erjten Werkes: Der
rationelle Grasbau mit jpezieller Berüdjihtigung
der Beterfai’schen Kulturmethode wurde T. vom
k. k. öſterreichiſchen Aderbauminifterium und von
der Regierung des Königreiches Baiern berufen,
um dur Ausführung von Mufteranlagen die
neue Kulturmethode in die betreffenden Länder
einzuführen. 1872 erfchienen „Die Bodenkultur“
und „Das Wafler“. Beide Schriften fanden in
Fachkreiſen Iebhaftefte Anerfennung. 1872 er:
folgte die Berufung T.'s als technifcher
Hilfsarbeiter an das f. Oberpräfidium
und fpäter feine Anftellung im Mint:
fterium für Eljaß-Lothringen. Die mufter:
bafte Organifation des fulturtechnifchen Dienſtes
und die Gründung der technifchen Winterfchule
u Straßburg find dajelbjt im Wejentlihen nad)
einen Borlagen ausgeführt worden. Dort
verfaßte er, außer einer großen Zahl von Ar:
titeln über foziale und wirtſchaftliche Zeitfragen
und Fachzeitſchriften, folgende größere Schriften:
Techniſche und adminiftrative Inſtruktionen über
Einrihtung von genoflenihaftliden Ent: und
Bewãſſerungs⸗ Anlagen (1874), DeutichLothringen
und fein Aderbau (1875), Entwurf eines Waſſer⸗
rechtsgeſetzes für Landwirtichaft, Induftrie und
Handel (1876),. Die landwirtſchaftliche Waſſer⸗
frage (1878), Die ökonomiſche Verpachtung und
649
Traeger.
Benußung von Boden und Waſſer (1882), Die
Wiefe, beren Technik, Pflege und ökonomiſche Bes
deutung (1885).
Traeger, Albert, wurde am 12. Juni
1830 in Augsburg geboren. Er empfing
feine Borbildung am Oymnafium zu Raum:
burg, wohin. feine Eltern überfiedelten,
und bezog 1848 die Univerfität Halle,
um die Rechte zu ftudieren. Nachdem er
fein Studium zu Leipzig vollendet, trat
er als Ausfultator in den Staatsdienft
(Obergericht zu Naumburg), wurde 1857
zum Gerichtsaſſeſſor ernannt und ließ fich
1862 als Rechtsanwalt und Notar in
Eölleda (Thüringen), 1875 in Nordhau⸗
jen nieder, wo er noch jet lebt. Seit
1874 gehört er dem Reichstage als Mit:
glied der liberalen, fpäter der freifinni-
gen Partei an. Literarifch zeichnet fich
T. vornehmlich auf Dem Gebiete der Lyrif
aus, als deren Meifter einer er mit vollem
Recht genannt wird.
Hauptwerfe: Gedichte (1858), Übergänge (1860),
Tannenreifer (1863), 1870 (Zeitgedichte), Mor:
genſtündchen einer Soubrette (Luſtſp. 1877).
Kinderfjommer (1886). Außerdem gab T. viele
Jahre die Anthologie „Deutſche Kunft in Bild
und Lied” heraus.
Trampler, Rihard, wurde am 13.
Dezember 1845 in Wagſtadt (Öfterreis
Hiih-Schlefien) geboren. Da fein Vater,
der Werkführer einer Tuchfabrif war,
außer Richard noch 9 andere Kinder zu
ernähren hatte, jo jollte Tr., nachdem er
in feinem Geburtsorte die Volksſchule be:
ſucht hatte, ein Handwerker werden. Daß
es nicht geſchah, Hatte er feinem Lehrer
zu danken, der den Vater bemog, ben
faft 14jährigen Sohn trog der größten
Entbehrungen der Familie nah Troppau
ins Oymnafium zu geben (1859). Bier
begann nun der Kampf ums Dafein.
Um feine Eltern zu entlaften, mußte Tr.
feinen fargen Lebensunterhalt durch Stun
dengeben jich verdienen. Nachdem er 1867
die Maturitätsprüfung mit Auszeihnung
abgelegt, ging er, obwohl nur auf feine
geringen Erſparniſſe angewieſen, nad
Wien an die Univerfität und wählte ſich
Trampler.
zum Studium die hiftorifchgeographifchen
Fächer, für welche er fhon im Gymna-
fium die meiſte Vorliebe gezeigt Hatte.
%. Aſchbach, D. Yäger, D. Lorenz, Th.
Sidel waren feine Lehrer in der hiſto—
riſchen, Fr. Eimony in der geographijchen
Wiffenihaft. Mit großem Eifer lag er
feinen Studien ob, fo daß er zum or:
bentlihen Mitgliede des hiſtoriſchen Se—
minars für allgemeine und öſterreichiſche
Geſchichte ernannt wurde; und doch hatte
er ein volles Jahr mit den bitterſten
Entbehrungen zu kämpfen, bis es ihm
glückte, ſein Elend mit den goldenen Skla—
venketten einer Hofmeiſterſtelle zu ver:
taufhen. Nah Abjolvierung des Uni-
verfitäts-Trienniums wurde er im Jahre
1870 zum Supplenten an der Höheren
Töchterichule in Brünn. ernannt. Ein
Jahr darauf erfolgte feine Ernennung
zum definitiven Lehrer an der Kommunal:
Dberrealihule in Brünn und 2 Sabre
darauf wurde er Profeflor an der Kom:
munal-Oberrealichule auf der Wieden in
Wien, als welcher er noch jegt wirkt.
Tr. trat frühzeitig mit feinen Arbeiten in die
Öffentlichkeit und entfaltete bis heute einen fel-
tenen, alljeitig gewürdigten Fleiß. Schon als
Univerfität3-Student veröffentlichte er feine erfte
biftoriiche Abhandlung. Eine feiner Arbeiten:
„Korreipondenz des Kardinals Dietrichftein (1609
bis 1611)“ wurde wert befunden, in dem „Archiv
für Kunde öfterr. Geſchichtsquellen“ (berausgegeb.
v. d. faiferl. Afademie der Wiffenfchaften in Wien,
45. Bd. 1. Heft) abgedrudt zumerden. Im Ganzen
veröffentlichte er 17 Abhandlungen und Aufläte
biftoriichen und 3 geogr. Inhalts. Ferner er:
fhien von Tr. ein hiftorifches Werk: „Korrefpons
den; des Kardinald Dietrichitein mit dem Hof:
kriegsrat⸗Präſidenten Collalto” (1873) und fand
- eine jehr freundliche Beiprehung. Bon Schriften
für die Schule nennen, wir als die verbdienft:
vollften: Statiſtiſche Uberfichtstabelle der im
Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder
(1873), Geographie und Statiſtik der öfterr.»
ung. Monarhie (1874), Leitfaden der allgem.
Geographie (1876), Heimatkunde der Markgraf—
[haft Mähren (1878), Die konftruftive Methode
des geogr. Unterrichts (1878), Über die zwed:
mäßige Anlage eines Atlafles für Volks- und
Bürgerfhulen (1879), Dr. 8. F. Klun's Zeit:
faden für den geogr. Unterriht an Mittelichulen
(21. Aufl. 1886), J. Ergenzinger’3 Heimatkunde,
Wien und Niederöjterreic) (3. Aufl. 1887), Leit:
650
Traut.
faden der Handelägeographie (1887). Außerdem
vicle trefflihe Atlanten, durch welche er fich einen
Namen aud in den fachmänniſchen Kreifen Deutid:
lands gemacht hat.
Traut, Heinrich Theodor, wurde ge
boren am 12. Nov. 1826 zu Erfurt.
Nah in Preußen abjolvierten Studien
und zweijährigem Aufenthalt in Hamburg
promovierte er zur Zeit feiner Anftellung
als ordentlicher Lehrer in Wismar in
Medlenburg auf der Landesuniverfität
Noftod. Im Jahre 1862 trat er als
Lehrer an der Real: und damit vereinigten
erften Bürgerjchule in Leipzig unter Dr.
Carl Vogels ruhmmwürdigem Direftorat
ein und ward 1864 Oberlchrer an ver:
ſchiedenen Echulanitalten daſelbſt. Won
feinen zahlreichen verdienftlihen Schriften
jeien erwähnt: Grundlagen für den Unterricht
in der franzöfiichen Sprache (1852), Grundlagen
für den Unterricht in der engliihen Sprade
(1855, 3. Aufl. 1875), Lehrbuch der deutjchen
Sprade (1870, 4. Aufl. 1878), Lehrbuch der
deutichen Literaturgefhichte (1871), Skizzen und
Studien zur deutfchen Literaturgefhichte (1872),
Lehrbuch des deutihen Stils (1873, 2. Aufl.
1880), Deutihe Schulaufläge (1878), Engliſche
Auffag: und Briefihule (1886), Franzöfiiche Auf
ſatz- und Briefichule (1886), Morganatifche Für
itens und Grafenehen in Deutihland (1874),
Proteftantifche Märtyrer und Vorkämpfer (1874),
Coeur⸗ und Pique-Damen. Hiftoriiche Charafter:
bilder (1884). Außerdem zahlreiche Artikel in
Beitichriften.
Trautenberger, Guftav, geboren
am 30. Juli 1836 in NRuzenmoos bei
Gmunden (Oberöjterreih), bejuchte die
Gymnaſien zu Teihen in öjterr. Edle
ſien und Stutigart, ftudierte in Tübingen
‚und Wien Theologie und Philofophie,
lebt jeit 1858 in Brünn (Mähren) als
| evangelifher Pfarrer, Senior und mähr.
ſchleſiſcher Superintendent-Stellvertreter.
| Hauptwerfe: Geſchichte der ev. Kirche in den
königl. Städten (1864), Aus der ev. Kirchenge
ı meinde (1866 u. 1867), Auf, nah Olmüs!
(1868), Paulus Speratus, der Reformator in
den mähr. Städten (1868), Eine Samariterreile
aus Mähren nad) Ungarn (1870), Das Tefsthal
in Mähren (1872), Halte, was Du haft! Evan
gel. Volks- und Gemeindeblatt aus Oſterreich
(188881), Kurzgefaßte Geſchichte der evangel.
Kirche Öfterreichg (1881, 2. Aufl. 1886), Karl
Trautmann.
‚Freiherr vom und zum Stein in Brünn (1882),
Ein Bierteljahrhundert unter dem Guſtav⸗Adolfs—
Banner, Fünfundzwanzig Jahre öſterr. Prote—
ftantengefhihte (1887). Außerdem zahlreiche
Abhandlungen und Aufläge hiſtoriſchen und lite:
rarifchen Inhalts in Zeitichriften.
Trautmann, Franz, wurde am 28.
März 1813 in München geboren. Sein
Vater war Juwelier des fol. Hofes und
als Kunftkenner fehr geachtet. Nach Ab:
folvierung des Gymnaſiums in feiner
Baterftadt bezog T. die Univerfität da-
felbft, um fih dem Studium der Rechte
zu widmen. Er legte fein Staatseramen
ab und arbeitete darauf fieben Jahre am
Stadtgeriht zu Münden. In feinen
Mußeſtunden beichäftigte er ſich, lebhaft
für Kunft und fchöne Literatur intereffiert,
mit literariihen Arbeiten, die von Erfolg
begleitet waren, namentlich auf dem Ge—
biete der Kunfthiftorien und Poefie. Die
innere Befriedigung, die er bei feiner
ſchriftſtelleriſchen Thätigfeit fand, bewog
ihn, feinen erwählten Beruf aufzugeben.
Er nahm die Stelle eines eriten Sefretärs
beim Prinzen Karl von Baiern an, fand
fi aber in feiner Hoffnung, neben feinem
Amte zu eignen Schöpfungen Zeit zu fin
den, getäujcht, und als überdies eine
ſchwere Erkranfung feine Thätigfeit unter:
brach, legte er fein Amt nieder. Von
nun an (1851) lebte er zu München
gän fich feinen ſchriftſtelleriſchen und fünft-
hen Neigungen. Er verjuchte ſich
fat auf allen Gebieten der Schönliteratur;
am glänzendjten aber entfaltete fich fein
bedeutendes dichteriiches Talent in jeinen
ne Novellen und Romanen, die
m auch außerhalb feines Heimatlandes
Baiern (der Boden für die meijten feiner
Ehöpfungen) eine hervorragende Stellung
unter den zeitgenöffifchen Dichtern ficher:
ten. In voller Würdigung feiner fchrift-
ftelleriichen Thätigfeit ernannte ihn die
Univerfität München zum Ehrendottor der
1 und 1881 verlieh ihm der
ig von Baiern den Hofratstitel.
Hauptwerke: Gedichte (1830), Proteus (Ged.
1845), Der Nürnberger Trichter (1849), Eppe:
651
Trede.
lene von Gailingen (1852), Die Abenteuer Her:
zog Chriftophs, gen. der Kämpfer (1853, 3. Aufl.
1880), Die gute alte Zeit (Erz. 1855), Das
Plauderjtüblein (1855), Chronica des Herrn
etrus Nöderlein (1856), Münchener Geifter
1856), Muͤnchener Stadtbüchlein (1857), Deutiche
beitere Städtegefhichten (1862), Abenteuer des
Dr. Thaddäus Donner im Senjeit3 (1864),
Münchener Wahrzeichen (1864), Traum und Sage
(Ged. 1864), Das Gleihen-Dentmal im Dom
u Erfurt (1867), Kunſt und Kunſtgewerbe vom
Frübeften Mittelalter bis Ende des 18. Jahr:
hunderts (1869 ; dieſes, in den mahgebendften
Blättern Deutichlands, Frankreichs ꝛc. freudig
begrüßte bedeutende Wert war die Frucht weiter
Reifen durch Deutichland, England und Schott:
land und damit verbundenen eingehenditer Kunft:
jtudien), Aftern und Rofen, Difteln und Mimofen
(Zeitged. 1870), Die Gloden von St. Alban
(Rom. 1875, 3. Aufl. 1884), Meijter Niklas
Prugger (1879), Heitere Münchener Stadtgeichich-
ten (1880), Jm Münchener Hofgarten (1354),
Hell und Duntel (Ged. 1885), Aus dem Mün—
chener Burgfrieden (1885), Perlmaus Ranken
(1887). Bon feinen im Verlauf der Zeit ge:
fchriebenen dramatiihen Stüden gelangten zu
Münden und an verichiedenen anderen Orten
zur Darftellung: Caglioftro (Dram.), Schloß
Latour 6 Blemers Leiden (Poſſe); Ju—
gurtha (Tr.) und Die Verſtoßenen (Dram.) harren
noch der Aufführung.
Trede, Baul, wurde am 19. Auguft
1829 in Brocddorf, einem Dorfe der
bolfteiniichen Elbmarſch, als armer Leute
Kind geboren, und mußte bis zu feiner
Konfirmation vielfach bei landwirtichaft-
lihen Arbeiten helfen. Nach feiner Ein-
jegnung fam er nad) Itzehoe, wo er die
Buchdruckerkunſt erlernte und auch viel-
fach Gelegenheit fand, feine geringen
Kenntniffe zu erweitern. Noch während
feiner Lehrzeit machte er öfter dichteriiche
Verſuche, welche gelegentlid in Provinz
blättern abgedrudt wurden. Mit der
Schlesw..Holit. Volkserhebung wuchs der
Trieb zum dichterifchen Schaffen. Aber
nun wurde er (1849) -Soldat, kämpfte
bei Idſtedt und in manchen fleineren Ge—
fehten für fein Vaterland. Nah Auf-
löfung der Schlesw.Holſt. Armee in den
Zivilftand zurüdtretend, ging er als
Schriftjeger nad Mittel: und Süddeutſch⸗
land, durchreiſte auch die Schweiz und
fonditionierte in den verfchiedeniten größe:
Treitſchke.
ren Städten. Nach vier Jahren kehrte
er von ſeiner Wanderung heim nach
Itzehoe, wurde erſt Korrektor, dann Pro:
kuriſt der „Itzehoer Nachrichten“; als
ſolcher lebt er noch daſelbſt. Bald nach
feiner Heimkehr erſchien T.'s erſtes Buch in platt»
deutſcher Sprache: Alaas vun Brochdörp. Dem:
ſelben folgten eine Reihe Erzählungen, die er
aus dem Engliſchen überſetzte für Zeitſchriften
und gelegentlich bier und da in Blättern ein Ge:
dicht. Endlih gab T. das Überſetzen auf und
begann wieder felbftändig zu ſchaffen. Beſonders
mar es die plattdeutiche Dorfgeihichte, die ihn |
mit — anzog; er fühlte, daß ſeine engeren
anz treu eben nur in der Sprache
zu rd ie welche fie jelbft reden. F
erſchien nun ſeine plattdeutſche Erzählung A
(1880), darauf eine Sammlung feiner zahlreichen
Gedichte unter dem Titel Grüne Blätter (1881)
und endlich Lena Ellerbrof (1884). Die Kritif
bat fich über die
günftig ausge
finnige Auffan ung und Darftellung bervorhebt.
652
nifje der Mufe T.’3 jehr
— ſie die gemũtvolle und |
— Trieſch.
Trieſch, Friedrich Guſtav, wurde am
16. Juni 1845 zu Wien als der Sohn
eines feines fünftleriihen Geſchmacks hal⸗
ber renommierten Goldſchmieds geboren,
der ihm eine jorgfältige Erziehung ans
gedeihen ließ. Schon früh erwachte in
dem Knaben Neigung zur Poefie und ein
leidenfchaftliches Intereife für das Theater,
welches ſich bald durch mannigfaltige dra-
matiſche Verſuche fundgab. Seines, dem
Vater nicht unbedeutend erjcheinenden
Zeichentalents halber, zum Bilbhauer be
ftimmt, beſuchte er, als er die nötige
Vorbildung erlangt hatte, die Akademie
del | der bildenden Künfte, hörte die Vorle-
Jungen Prof. Eitelbergers über Kunſtge⸗
ſchichte, betrieb aber nebenbei mit regem
Eifer und durch Privatunterricht unters
ftügt, literariihe Studien. Plötzlich ein-
tretende Berhältniffe, die es ihm mwüns
Treitſchke, Heinrich Gotthard von, ſchenswert machten, feinen Eltern nicht
wurde am 15. September 1834 als ber
Eohn eines Generals in Dresden geboren,
gab ſich in Bonn, Leipzig, Tübingen und
Heidelberg ſtaatswiſſenſchaftlichen Studien
bin, wurde 1856 zum Doftor promoviert
und babilitierte fih 1858 als Privat:
bozent der Staatswiffenihaft an der
Univerfität Leipzig. 1863 wurde er als
außerord. Profefior nad Freiburg be:
rufen und wirkte bier bis 1866, ging
darauf nad Berlin als Redakteur der
preußiſchen Jahrbücher, überfiedelte jedoch
im jelben Jahre als ord. Profeſſor der
Geihihte nah Kiel. 1867 folgte er
einem Auf in gleicher Eigenſchaft nad)
Heidelberg und 1874 nad) Berlin. Seit
1871 gehörte T. einige Jahre dem Reiche:
tage an. Bon feinen bochbedeutenden,
zum Teil bahnbrechenden felbjtändig er:
jchienenen hiſtoriſchen und politischen
Schriften heben wir hervor: Studien
a) Die Geſellſchaftswiſſenſchaft (1859), His
torifche und politiihe Auffäge (4. Aufl. 1871),
Der Sozialismus und fein Gönner (1875), Zehn
Jahre deuticher Kämpfe (2. Aufl. 1879), Deutſche
Geihichte im 19. Jahrhundert (1879—85), Ein
Wort über das Judentum (4. Aufl. 1881),
Luther und dic Nation (2. Aufl. 1883).
länger zur Laſt zu fallen, veranlaßten
ihn, eine Anftellung in einem Bank—
baufe anzunehmen und gelang es ihm,
fih binnen wenigen Jahren zum Leiter
und Profuriften defjelben emporzuſchwin⸗
gen. Daneben fette er aber mit unge
ſchwächtem Eifer feine literariihen Stu—
dien fort und beichäftigte ſich vorzugs⸗
weiſe mit dramatiſchen Arbeiten.
Schon ein 1865 dem Burgtheater: —
Luſtſpiel „Amalie Welden“ erregte die ert⸗
ſamkeit Laube's und insbejondere ded damaligen
Regiſſeurs Dr. Auguft Förfter. 1868 beteili
fih T. bei dem Preisausjchreiben des Hofbur
theater3, bei weldhem fein — —— Jahr
hundert” von den Preisrichtern zur Auffük
empfohlen wurde. Das Jahr 1873 brachte ihm
na zahlreichen fehlgeichlagenen Berſuchen
Erfüllung feines ſehnlichſten Wunjdes: Din A
ftedt nahm eines feiner Stüde zur Aufführung
für das Burgtheater an. Das Suttfpiel gen
find Schäume“ Hatte Erfolg und T. gab nun
mehr die kaufmänniſche Laufbahn auf, um fi
ausſchließlich der Literatur zu widmen. 1877
wurden bei dem Laube-Preisausjhreiben des
Wiener Stadttheater feine beiden Auftipiele „Die
Wochenchronik“ und „Höhere Gefichtäpunfte” von
den Preisrichtern zur Aufführung empfohlen.
1880 wurde das Quftipiel „Neue Verträge”, mit
welhem fih T. an dem Breisausfchreiben des
Münchener Hoftheaterd unter dem Pjeudongm
Trippe. —
Alexander n beteiligt hatte, gekrönt. Das
Stud ift fait auf allen deutichen Bühnen mit
Erfolg zur Aufführung gelangt. Bon den fpäteren
bramatifchen Arbeiten T.'s find zu nennen, das
mit Adolph Sonnenthal verfaßte Schaufpiel „Ein
Anwalt“, ferner die Luftfpiele „Der Herenmeifter“
und „Die Nixe“.
Trippe, Friedrich Karl, geboren am
9. April 1834 zu Glindfeld, Kr. Brilon,
beſuchte das Progymnaſium zu Brilon,
das Gymnaſium zu Paderborn, wo er 1853
das Abiturienten-Eramen machte, hörte
Bhilofophie und Theologie in Paderborn,
trat 1856 ins Priefterfeminar ein und
wurde 1857 ausgeweihet. Als Prieſter
fungierte er ein Jahr auf Haus Böddeken,
von 1858—64 als Kaplan und Eentral-
Gefängnisfeelforger in Hamm, machte den
Feldzug in Schleswig-Holftein von 1864
mit, war bis 1866 Vikar in Sferlohn,
bis 1868 Pfarrer in Sudenburg, bis
1886 Pfarrer in Erfurt und ift ſeit 1886
Pfarrer in Bigge.
Seine literarische Thätigkeit begann 1864 mit
feinen „Marienfrängen“, welche bald die zweite
e erlebten und neben vielen feiner nad)
f Werke höchſt günstige Beurteilungen fans
den. Sein eigentliches Arbeitsfeld ift die Volks:
literatur, doch wirkte feine Feder auf den man⸗
nigfaltigften Gebieten. Er überjegte die vor:
nehmften Reden des 5. Gregor Naz. aus dem
Griechiihen, arbeitete zwei Bände Predigten von
Brez um, überjeßte die Betrachtungen Heveneſi's
aus dem ar tm os vo
Frangöſ. eine grohe An 0109.:pole:
mifcher Werkchen, an ta Brolchüren fr die
grünen und roten Hefte (Soeft refp. Paderborn),
eine Geſchichte der Stadt Medebah, mehrere fo
zialspolitiiche Hefte, auch einige Novellen (Blaue
und Rothe zc.) und andere Volksſchriften kirchen:
—— Inhalts, außer:
politifchen und
nzahl von Korrefpondenzen in
dem eine große
Zeitungen.
Trog, Carl, wurde am 13. Februar
1838 zu Bud im Neg.-Bez. Wiesbaden
geboren. Nachdem er einige Jahre die
Volksſchule feines Vaters, dann eine Real-
fchule befucht Hatte, trat er in das Leh—
rerjeminar zu Ufingen ein, welches er
nad) drei Jahren verließ und bei einem
Knabeninftitut (Schneider) in Frankfurt
a.M. Privatftellung nahm. In naſſauiſche
653
Trojan.
Schuldienfte berufen, begann er feine Lehr⸗
thätigfeit in Katenellenbogen im Jahre
1858, verließ aber Naflau 1872 und
ging nad) Rheinland, wo er ſeitdem als
Lehrer in Borbed bei Eſſen a. d. Ruhr
wirft. Schon ala Kind zeigte T. eine große
Liebe zu Sagen und Märchen, überhaupt zu alten
Hiftorien, und mit einer ganz bejonderen Findigs
feit wußte er jhon damals in feinen verſchiede—
nen Wohnorten die Perfonen aufzufinden, die
einen Schaf von Sagen, Märden ıc. im Gedädht-
niffe trugen und bielelben zu erzählen verftanden.
Soldye waren wahre Fundgruben alter Hiftorien,
ihnen verdanft T. viel, und mandes Volksweis—
tum, das er fpäter niederfchrieb, hat er aus dies
fem Born geſchöpft. Leider werden ſolche ſchätz-
baren Leute im Volke immer feltener, darum T.’3
wiederholtes Mahnen an alle, die ſich dazu bes
rufen fühlen, gewiß berechtigt ift: die Sagen
und Mären, die Vollöweistümer und Volkshumo—
riftifen zu fammeln, ehe eö dazu zu ſpät wird und
diefe Perlen für immer verloren gehen; die elfte
Stunde hat längft dazu geihlagen. Zu den
bervorragenditen Sagenwerfen, welche T.
geichaffen hat, gehören: Rheinlands Wuns
derhorn (15 Bde.) und die Zollernfagen. Erſte—
red, ein echted Volksbuch, dem ein Ehrenplat in
jeder Volks- und Schulbibliothef gebührt, ift in
gewiflen Sinne ein monumentales Werk. Ein
ebenjo verdienftliches Werk T.’3 ift die Heraus»
gabe der Zollernfagen für die Jugend, welche in
drei illuftrierten Bänden erfcdhienen find. Sinnig
und warmberzig erzählt, eine Perle der deutichen
Jugendliteratur. Außerdem ift von T, eine Reihe
patriotifher Brofhüren erſchienen: Kaifer Wil:
beim, Kronprinz Friedrih Wilhelm, Bismard,
BismardsLieder, Moltfe, Königin Louiſe, Prinzeß
Marianne, Kaiferin Augufta u. ſ. w., welche, alle
für die Jugend beftimmt, in mehr als einer
Million Eremplaren verbreitet find. Über alle
diefe Schriften hat ſich die Kritik in der lobens»
wertejten Weiſe geäußert, ja fie zu ben beiten
Schriften unferer Jugend» und Bolfsliteratur ges
zählt.
Trojan, Johannes, am 14. Auguft
1837 in Danzig geboren, widmete fi ur-
ſprünglich medizinifhen Studien zu Göt-
tingen und Berlin, vertaufchte diefelben
aber an legtgen. Hochſchule mit germas
niftiichen Studien. Schon während ber
legten Univerfitätsfemefter verſuchte ſich
T. mit Glüd als Journalift, zunächſt der
„Montagszeitung”, ſpäter dem „Klabde-
radatſch“ nahe tretend. Die ihm zuteil
Trümpelmann.
werdenden Erfolge bewogen ihn, ſich aus-
ſchließlich dem literariichen Beruf hinzu-
geben. In demfelben wirft er ſowohl
als Redakteur des gen. Witzblattes, wie
als geachteter Mitarbeiter einer Reihe von
Zeitichriften. und Tagesblättern.
Hauptwerke: Beſchauliches (Ged. 1870), Ge:
bichte (1883), Scherzgedichte (1883), Kleine Bilder
(1887), Bon Strand und Heide (1880), Ton |
drinnen und draußen (1880); außerdem eine Reihe
vielbelichter ill. Kinderbücher: Der ſchwarze Peter,
Kinderluft, Prinzeffin Wunderhold, Das Sind
und feine Welt ıc.
Trümpelmann, Auguſt, geboren
am 9. September 1837 in Ilſenburg a. 9.,
beſuchte das damalige Lyceum zu Werni-
gerode und die königlich preuß. Landes:
ſchule Pforta und ftudierte in Halle a.d.S.
Theologie. Die legten Jahre des Stu:
diums war er Amanuenfis Tholuds. Er
ging nad) Beendigung des Studiums als
Vikar der Gemeinde Augsburgifcher Kon-
feffion nad) Lyon, von dort nad) Hamburg
und von da als Lehrer an das Gymna—
fium zu Wernigerode. Bon 1865--75
war er Paſtor in Friedrichswerth (Her:
zogtum Gotha) und gehörte während die:
jer Zeit dem Landtage und derfonjtituieren-
den Synode der Herzogtümer Koburg und
Gotha an. Im Jahre 1875 wurde er
zum Superintendenten in Ülleben bei
Gotha ernannt und 1881 als Super-
intendent und Oberpfarrer nad) Torgau
berufen.
Außer Auffägen in den Studien und Kritiken
(Sozialismus und Soyialreform), den Jenenfer
Jahrbüchern (Die moniftifche Naturphilofophie),
den deutich-evangelifchen Blättern (über Peſſfimis⸗
mus u. a.) find von demielben die Broſchüren:
Die römilhe Frage, Die Verhältniffe der länd—
lihen Arbeiterbevölferung u. a., jowie die vor:
züglich beurteilten dramatiſchen und erzählenden
Dichtungen: Luther und feine Zeit (1869), Die
Schlacht bei Mödern (1870) und Berpetua und
Felicitas (1880 2. Aufl.), erichienen, ſowie endlich
(1887) eine Neubearbeitung des „Luther und
feine Zeit“ zu einem Volksſchauſpiele.
Tſchuſi zu Schmidhoffen, Viktor
Ritter von, einem alten tiroler Adels:
geſchlechte angehörig, wurde den 28. De-
zember 1847 in Slichov bei Prag, einer
654
Tſchuſi zu Schmibhoffen.
Befigung feiner Eltern, geboren. Der
Befuh des Gymnaſiums — vorerft in
Kalfsburg bei Wien, dann in Krems a. d.
D., wo fein Vater 1864 jtarb, — ge—
jtattete ihm zur Ferienzeit, fi) dem Jagd⸗
vergnügen bingeben zu fönnen, während
daheim eine oft jehr bedeutende Zahl von
Vögeln gepflegt, beobachtet wurde. Seit
der 1865 erfolgten Überfiedelung nad
Wien begann feine wifenfchaftlihe Wirk
ſamkeit, welde durch den Eintritt in die
k. k. 300l.bot. Gefellihaft, hauptjählid
durch deren damaligen Sekretär, den Rik-
ter v. Frauenfeld, vielfache Anregung *
Die reihhaltige orn. Sammlung der Ge
jellihaft, deren Durdfiht und Neuauf
jtellung er übernahm, wedte in ihm den
Wunſch, ſich gleichfalls eine orn. Kollek-
tion anzulegen, zu welchem Behufe er das
Präparieren am f. k. Hofmujeum erlernte.
Wien bot gerade damals dem Ornithologen jehr
wenig Anregung und fo blieb fein orn. Umgang
auf v. Pelzeln, den Kuftos der orn. Abteil. des
k. k. Hofmujeums beſchränkt, der ſtets bereit»
willigſt ſein Streben unterſtützte und förderte.
In der Ornithologie war zu dieſer Zeit in Oſter⸗
reich Ungarn nicht nur ein Stilfftand, jondern
geradezu ein Rüdjchritt eingetreten: es gab feine
jüngeren Kräfte. Unter ſolchen Umftänden, die
gerade für den Anfänger nicht die einladendften
waren, blieb fein anderer Ausweg übrig, als ſich
einen Ornithologen-Kreis ſelbſt Br Ihaffen und
mit diejem einen regen Briefverfehr zu unterhal⸗
ten. Ernſt Schauer, der Erforſcher der Tatras
Ornis in Krakau, BI. Hanf, Pfarrer in Mariabof,
und 3. Jädel, Pfarrer in Windäheim, waren feine
älteften Korrefpondenten, denen ſich jpäter alle
übrigen Ornithologen öſterreich- Ungarns und die
bervorragenditen Europas und Amerikas anreibten.
1882 wurde T. vom Kronpringen Rudolf mit der
Errichtung ornithol. Beobadtungs-Stationen in
öſterreich · Ungarn betraut, und führt derſelbe
dem die Leitung der genannten Stationen, jowie
die Redaktion der jährlich erfcheinenden jehr u
fangreihen Berichte. Won feiner literar
feit geben zahlreiche * und ——
tikel (über 150 an der rö
tenteils in Journalen erihienen — Yon J—
ren Arbeiten find die wichtigſten anne
heher (Nucifraga — ——
nogr. Verſuch, Die Vögel Salzburgs, Wandern
gen im Böhmerwalde, Bibliogr. ornithologiea,
Die europ. Schnechühner, Beiträge zur Geſchichte
der Ornithologie in Öfterreich- Ungarn, Der Zug
des Nofenitaares (P. roseus) dur Äöſterreich⸗
Tupet.
Ungarn und die angrenzenden Länder im ‚Jahre
1875
Tupek, Theodor. Ich bin geboren
in Fugau bei Schludenau am 8. Novem-
ber 1852 als Sohn eines Zollbeamten,
ftubierte an den Gymnaſien zu Komotau
und Pilfen und der Univerfität zu Prag,
bin feit 1876 Hauptlehrer an der deut:
ſchen Lehrerbildungsanftalt zu Prag und
jeit 1883 Privatdozent an der deutichen
Univerfität ebenda. Behufs ardhivalifcher
Studien machte ich Reifen nad) Dresden,
Berlin, Wien und Buda—-Peſt. Ich ſchrieb
zwei Auffäge über den Türkenfeldzug von 1739
und über die bayriiche Herrihaft in Böhmen
1741/42 und eine größere Arbeit über das Refti-
tutiondebift 1629, welche von der Akademie der
Wiſſenſchaften in Wien veröffentlicht wurde. Fer⸗
ner verfaßte ih den VII. Band der Äſterreichi—
ſchen Geſchichte für das Wolf (herausgegeben von
Helfert), ein Lehrbuch der Geſchichte für Lehrer:
bildungsanftalten und verfchiedene Aufläge päda—
gogiihen und ftenographiichen Inhalts. Am
Jahre 1884 war ich Vorfigender des
LI. deutjchen (Gabelsberger) Stenogra-
phentages in Berlin.
u.
Meberfchaer, Dar, wurde geboren
am 13. Dezember 1854 zu Oppeln als
Sohn des Kreisgerichts = Kanzleidiref:
tor U. der fih in den deutichen Be:
—— beſonders ausgezeichnet
bat. Dar U. widmete ſich dem Lehrer:
beruf, da er von früh an eine leiden-
Ihaftliche Vorliebe für Pädagogik faßte,
die er auch jchriftitellerifch bethätigte; da-
neben trat er vielfach journaliftifch her:
vor, auch erwarb er ſich einen Ruf durd)
das ihm inne wohnende organifatorifche
Talent. Unter feinen literar. Schöpfun:
He denen es an Anerkennung nicht ge:
ehlt hat, heben wir hervor: Reichsſchul—
chronik, Rundfhau über das Unterrichtswejen
aller Länder, Amtskalender für die Schulauffichts:
beamten des deutichen Reichs, Pfarramtskalender
für ev. Geiftliche, Das Hohenzollernhaus, Ein
fefte Burg iſt unfer Gott (Feitichrift); außerdem
gründete er das Familienblatt „Die Sonntags:
655
— Uechtritz.
ruhe“ und redigiert den „Deutſchen Communal⸗
Anzeiger“. U. rief auch einen „Verein zur
Förderung des Volkswohls und der Volks»
interefjen“ ins Leben, deſſen Hauptauf-
gabe die Verdrängung der Schauer-Romans
literatur (Hintertreppenfolportage) ift. U.
lebt als Erjter Lehrer in Szymanowo
bei Rawitd).
Uechtritz, Karl Rihard Wilhelm Old:
wig von, wurde als jüngites Rind des
damaligen f. preußischen Oberftleutnants
und Regiments-Kommandeurs Friedrich
v. U. und feiner Gemahlin, einer Gebor—⸗
nen v. Blücher, am 19. Juli 1832 zu
Dortmund (Weftfalen) geboren. Für das
Studium beftimmt, wurde er infolge des
frühzeitigen Todes feines Vaters in das
Kadettenhaus aufgenommen, aus welchem
er 1851 als Portepee-Fähnrich zum heu-
tigen Kaijer-Franz-Garde-Grenadier-Res
giment Nr. 2 übertrat. Nachdem er in
diefem und fpäter im 4. Garde-Örenadier:
Regiment Königin bis 1865 gedient hatte,
fich indeffen eines ſchweren Augen: und ans
derer Leiden willen veranlaßt gejehen, den
aktiven Dienft zu verlaffen, ward er 1866
als Hauptmann der 6. Gendarmerie-Bris
gade in Liegnig wieder angeftellt. 1875
zum Major befördert, trat er in den
Ruheſtand, um feitdem in Dresden feinen
ftändigen Aufenthalt zu nehmen. Nad)
em v. U. nad) nur einjähriger Ehe feine
erjte Frau, eine geborne Freiin v. Seden-
dorff-Gudent, 1866 an der Cholera vers
foren hatte, vermählte er ſich 1872 zum
zweitenmale mit Marie Freiin v. Kno—
belsdorff. Schon von Jugend an befeelte U.
eine Vorliebe für gejchichtliche und politiiche Lek—
türe. Zumal adeld: und familiengefhichtliche,
kultur» und lokalhiſtoriſche Schriften feflelten feine
Aufmerkfamfeit und führten ihn, im Verein mit
der aus dem Studium der franzöſiſchen Revolus
tion einerjeit8 und den Eindrüden des Jahres
1848 andererjeitö gejhöpften Begeifterung für das
gefährdete Königätum, den hochfonfervativen und
legitimiftiichen Standpunften zu, welche warm
zu vertreten er jeitdemn für feine vornehmite Auf:
gabe erachtete. Anfang der jechziger Jahre vers
‚öffentlihte er in konfervativen Tagesblättern eine
| Reihe von politifhen, von den Anfchauungen der
uhl.
—— Schule getragenen Aufſä
elben folgte 1867 das felbftändige ert
„Die Epigonen Friedrichs und feiner Zeit“ (Bil
der und Skizzen aus den Kriegsjahren 1864 und
1866), dad von frifchem lebendigen Geiſt und
edlem Patriotismus durchweht, eine ſehr
lihe Aufnahme fand. Außerdem hervorzuheben:
Novellen und Feuilletond in verfhiedenen Blät-
tern, Beiträge, bie fich durch geift- und gemüt-
volle Auffafiung auszeichnen, für ür Organe drift-
lich fonfervativer Richtung, die den politischen
und kirchlichen Anſchauungen v. U.’3 entjpraden.
Seine Hauptthätigkeit hat U. in den legten Jah»
zen dem „Deutjchen Adelsblatt“ zugewendet, als
defien ftändiger Mitarbeiter er ſich anzufehen be:
rechtigt ift.
Uhl, Friedrih, geboren zu Teſchen
am 15. Dlai 1825, jtudierte an den Gym—
nafien feiner Vaterftadt und zu Troppau
und an der Univerfität Wien Philoſophie.
Noch während feiner Hochſchulzeit betrat
U. den literariijhen Plan, auf dem er
dann rüftig vorwärts geichritten ift, jour:
naliftiih und jchriftitelleriich ſelbſtſchaf—
fend thätig. Im erfterer Beziehung als
Redakteur des „Botſchafter“ (1861—65),
feit 1872 als Chefredakteur der „Wiener
Zeitung“. In Anerkennung feiner jour:
naliftiihen WVerdienfte wurde ihm 1873
der Titel eines Wirklihen Regierungs:
rates verliehen.
Hauptwerfe: Märhen aus dem Weichſelthal
(1847), Aus dem Banate (Reijeerlebn. 1848),
An der Theiß (1850), Die Theaterprinzeffin
(Rom. 1863), Das Haus Fragftein (Rom. 1878),
Die Botichafterin (Rom. 1880).
Ulrich, Dtto, f. Ditilie Bach.
Ulrichs, Carlo Arrigo, geboren in
Mefterfeld. Ich lebte 18 Jahre in Süd:
deutichland, beſuchte Holland, Belgien,
Böhmen, Schweiz; ftudierte in Göttingen
und Berlin; lebe ſeit 1880 in Italien,
und zwar feit 1883 in Aquila degli
Abruzzi. Nach mancderlei Kämpfen, po:
litifher und nichtpolitiiher Natur, habe
ich Deutfchland verlafien. ch beichäftige
mid mit den Wiſſenſchaften für mid)
allein (Naturwiſſenſchaften, Geichichte,
—— Zweige der Nationalökonomie
ſ. w.), gebe einigen Privatunterricht,
(ehreibe nichtpolitiiche Auffäge für Fach—
656
— Ulrici.
zeitſchriften. In Göttingen ward mir für eine
— pen ka ——
org II. erteilt, mit Ingenio et
Studio, in Berlin für eine
falls lateiniſch, „ſtatt des verdienten
(megen eines begangenen Formfehlers) eine Ehren»
gabe. In Wien wurden mir 1879 für
lateiniſche Studentenlieder durd einen
richterfpruch zwei Diplome erteilt und
beide aufgenommen ind „So der
Wiener Studenten.” Eridienen find von mir:
„Auf Bienhens Flügeln“ (Epigr. und
Bilder, 1875), „Apicula Latina” —
troſengeſchichten“ (phant. Erz. aus dem
1885), „Cypreſſenzweige Km. König
Grab“ (1887); Demnächft erfdeinen: ,
rungen in den Appenninen und am
Meer‘ (lateiniſche Poefien).
Ulriei, Carl (Günther Walling), ift
geboren am 25. Juli 1839 in Berlin,
woſelbſt fein Water Fabrifbefiger mar.
Nahdem er die Realichule feiner Vater
jtadt abfolviert hatte, machte U. größere
Reifen in Deutichland, Stalien, Nord
und Süd-Franfreih, Schweden, England,
Dänemart und Ungarn. Nah Berlin
zurüdgefehrt, trat er in die Fabrik jeines
Vaters ein, woſelbſt er viele Jahre bins
dur thätig war. Dieſe Beichäfti
aber ließ ihm immer Zeit genug, fi
literariihen und Kunſtſtudien zu
eine Frucht der legteren ift eine
lung funftgewerblicher Gegenftände, d
wegen ihrer Neichhaltigkeit zu den be:
beutenderen PBrivatfammlungen dieſer Art
in Deutichland gezählt werden darf. U.
(ebt feit dem Jahre 1874 ohne jegliche
bindende Lebensftellung lediglich
Studien und poetijchen Arbeiten. 2
zum Jahre 1884 ſich abwechſelnd in
Berlin und — ** —— lte
er in genanntem re g ber
ſächſiſchen Reſidenz über. 33
ſuchte er 1879 auf °/ı Jahre Spanien,
woſelbſt er fich vorwiegend in Sevil
aufhielt. Dort beichäftigte er fich hauple
jählih mit Studien über fpaniihe Liter
ratur und —— Valor, der
Refultate er in den alu
„Guitarrenklänge“ und er 2 3 Me
und der Gelänge“ nieberlegte. Beide jchienen
Umlauft.
1886. Die ein Jahr früher herausgegebene
Sammlung eigener Gedichte, „Von Lenz zu
Herbſt“ betitelt, erlebte in zwei Jahren eine
zweite, ganz veränderte und durch viele neu
binzugelommene Dichtungen jehr vermehrte Auf»
lage. Der Autor wählte den Titel „Von Lenz
u Herbft” — den Lauf des Jahres als Symbol
= Lebenslaufs auffaflend — in der Abficht,
fpäter entftehende, neue Gedichte bei ferneren
Auflagen diefem Buche einzuverleiben und das:
felbe jo zu feinem Lebensbuch zu geitalten. Die
Kritik hat ſowohl diefe Gedichte, wie die ſpani—
hen Sänge in der anerfennendften Weiſe auf:
genommen, und fie den wertvolliten Erzeugnifien
neuerer Lyrik zugezählt.
Umlanft, Friedrich, geboren zu Wien
am 6. Juni 1844, ftudierte in feiner
Vaterſtadt und bereifte den größten Teil
der öſterr. ungar. Monarchie,
Deutſchlands, Serbien, Bulgarien und
Rumänien. Er widmete ſich literariſch
ſpeziell der Geographie und iſt ſeit 1882
Herausgeber der „Deutſchen Rundſchau
für Geographie und Statiſtik.“ Im Ver:
ein mit Fr. v. Hellmald bat er heraus:
gegeben: „Hölders geographiiche Jugend»
und Vollsbibliothek.“ (1879—82, 14
Bde) An felbjtändigen Werfen find Die
verdienftlichiten: Die öfterreichifch » ungarifche
Monarchie (1876, 2. Aufl. 1883), Wanderungen
durch die öfterreichifchsungarifche Monarchie (1879),
Das berzogtum Diterreih unter der Enns
(1881), — für die Schulpraxs (1882),
Lehrbuch der gr Fk en
. ert —d0, . .
we E umieien überfegt), Geographiiches
von ges an en *
Alpen. Handbuh der ge ammten Alpenfunde
(1887, ins Engliſche überjegt), Afrika in fartos
eMellung von Herodot bis heute
D
a
Urban, Zofef, geboren am 22. Mai
1844 zu Sandau bei Eger in Böhmen,
beſuchte das Gymnafium in Eger und
widmete fi den mediziniſchen Wiflen-
Ihaften an der medizinischschirurgiichen
Jofefs-Akademie in Wien. 1869 zum
Doktor der gefammten Heiltunde promo-
viert und im April dieſes Jahres zum
Oberarzte ernannt, widmete er fich. dem
Lehrfache, und war 1870—86 Lehrer
für Raturwiſſenſchaften, Chemie und Mili⸗
Das litcrarifhe Deutihland,
657
Teile |
Urban.
tär-Gefundheitspflege an den Militär-
Anftalten zu Mähriſch-Weißkirchen. Seit
1886 zur Truppenbdienftleiftung einbes
rufen, ift er Regiments-Chefarzt des 59.
Infanterie-Regiments, welches derzeit in
Trient (Südtirol) in Garnifon fteht. Er
ift Verfaſſer nachitehender verdienftlicher
Werke: Die Grundlehren der Chemie und ihre
friegswiffenfhaftlihe Anwendung (1884), Der
Sanitätsdienft im (Frieden und im Felde (1884),
Kurze Anthropologie, Geſundheitslehre und Hilfe⸗
leiſtung bei Unglücs⸗ und plöglichen Erfranfungs»
fällen (1885). Diefes Ießtere Werk wurde vom
f. f. Reichs⸗Kriegsminiſterium 1884 für die f. f,
Nilitär-Erziehungs: und Bildungsanftalten, dann
Kadettenſchulen als Lehrbehelf approbiert.
Urban, Michel (Michel Bieder, M.
Geiger), ift am 31. Mai 1847 in Sandau
bei Eger geboren, ftudierte am k. f. Ober:
gymnaſium zu Eger, befuchte ſodann die
Univerfitäten Wien und Prag, wo er fi)
den medizinischen Studien widmete, aber
auch mit Eifer hiſtoriſche Studien betrieb.
Im Jahre 1873 wurde er an der deut:
hen Prager Univerfität zum Dr. med.
promoviert und wählte ſodann die Stadt
Plan, im weitlihen Böhmen gelegen, zu
feinem Aufenthaltsorte. Schon als Student
veröffentlichte er hiſtoriſche Auffäge über feine
Vaterftadt, 7* deſſen ihm der Gemeindeaus⸗
ſchuß dieſer Stadt 1875 einſtimmig das Ehren⸗
bürgerrecht verlieh. Im J. 1882 wurde er in
den Stadtrat feines Domizils berufen, wo er als
Arzt und als politifcher Führer feiner Heimat
thätig if. Er ift Sprechwart des von ihm
——— deutſchen Turnvereins, Obmann der
rtsgruppe „Plan und Umgegend“ des deutſchen
Sculvereind in Wien, deren Gründer er ift,
und Obmannftellvertreter des politifchen Bauern:
vereind des Bezirks Blan und ein eifriger Mitarbeis
ter des „‚Egerer Jahrbuches“. Bon feinen Schrift:
ftellerif hen Arbeiten verdienen folgende befonders
are zu werden: Heimatskunde des Gerichts:
ezirkes Plan (1884), Geſchichte der Stadt Kö.
nigswart (1880), Aus dem Sagenbuche der ehe:
maligen Herrſchaft Königswart (1879), Aus dem
Sagenbuche der Stadt Plan (1882), Die Trups
pen equngen durch die Stadt Plan und Um—
egend in den Jahren 1741—43 (1884), Der
ergbau zu und um Michelöberg (1884), Der
Sandauer Karrenmann (1888), Im Tepler
Mittelgebirge (Preisfchrift); von feinen Novel
len find hervorzuheben: Im Miefathale, Schid:
ſals Walten, Selbftbiographie eines Frades,
42
— 6
Urbanigfy.
en Stahl, Ein deutiher Student, Zu
fande, Die alte Geiga-Jiva, Elia
Der erfte Grundftein der Stadt
Stahl geg
Hauſe im Eger
von Vohburg,
Eger v. |. m.
Urbanitzky, Alfred Ritter von, ge
boren am 2. Auguft 1852 zu Voitsberg
inSteiermart, abjolvierte 1871— 77 feine
chemiſchen und phyſikaliſchen Studien an
der techniſchen Hochſchule in Wien und an
den Univerfitäten dafelbſt und in Tübin—
gen. Darauf wirkte er ſechs Jahre hin:
durch als Aſſiſtent für Phyſik an der ge:
nannten technischen Hochſchule und unter:
nahm während diejer Zeit Studienreiſen
nach Deuiſchland, in die Schweiz, nach
Frankreich ꝛc. Schon als Aſſiſtent größ⸗
tenteils mit wiſſenſchaftlichen erperimen-
tellen Arbeiten (veröffentlicht in den Wie:
ner und Pariſer Atademieberichten) aus
dem Gebiete der Elektrizitätslehre beichäf-
tigt, widmete fih U. hiernach als Fach⸗
ichriftiteller ganz der Elektrotechnik. Seine
Hauptwerfe bilden Die Elektrizität im Dienſte
der Menſchheit und Die Elektrizität des Him-
mels und der Erde, ftattliche Lexikonbände,
geihmückt mit zahlreichen guten Illuſtra⸗
tionen, welche das Geſammtgebiet der
Gleftrizitätslehre in ftreng fachlicher und
klarer Weiſe zur Darftellung bringen.
Diefes verdienftvolle Wert ift auch durd R.
Wormell ins Englifche überfegt und mit einer
Einleitung von John Perry verfehen worden.
Von feinen übrigen Werfen find noch bervorzus
heben: Das eleftrifhe Licht (2. Aufl. 1883, fran⸗
zöſiſch von G. Fournier), Die elektriſchen Be:
leuchtungsanlagen (2. Aufl. 1883), Blitz und
Blitzſchußvorrichtungen (1886), Elektrizität und
Magnetismus im Altertume (1887).
Urſinus, ſ. Ernſt Barre.
Uſchner, Karl Richard Waldemar
(Chruſen), wurde am 30. Mai 1834 in
Wittenberg geboren, in Ratibor vorge—
5 —
Vacano.
war er zumeiſt auf dramatiſchem Gebiete
thätig. Einige feiner neueſten Stüde
find mit Erfolg über die meltbedenten-
den Bretter gegangen, und aud) feine no
velliftifchen Arbeiten fanden Beifall, den
beionders feine poetiihe Erzählung: Der
lezte Minnefänger(1873— 74) verdient. Außer:
dein hervorzuheben: Ein Geburtstag (Schau:
fpiel), Löſung durch ein Wunder (Schaufp.), De:
masfirte Masten (Luſtſp.), Pfingſtfahrt (Mov.),
Die Licbesproben des Cervantes (Luftip.), Wald:
verborgenheit (Luſtſp), Eingefchneit (Luftip.);
Trinitatis (Luftip.), Leute von heute (Nov.).
|
V.
Bacano, Emil Alois Mario Ferdi:
nand Hugo, wurde am 16. Nov. 1840
in Mähriid: Schönberg geboren. Sein
Vater war der Kataſtralinſpektor, Tpäter
Oberinſpektor über Galizien und die Bu:
kowina, Johann V., ein geiftvoller Dann
und von (befonders im Jahre 1848) cr:
probter Treue und Loyalität für jein
Kaiferhaus, weldes Gefühl auch in dem
Herzen feines Sohnes fortlebt. Den
größten Einfluß auf fein fpäteres Her:
zens- und Geijtesleben hatte feine edle
Mutter, eine geborene Maurer. Ein
unbefiegliher Reife und Lebensdrang
führte den jungen ®. auf alle Irrpfade
des Lebens auf dem Nüden leichtfühiger
Rößlein. Die Reitkunſt koſtete dem,
für die Gottesgelahrtheit beſtimmten jun—
gen Manne manches Jahr ſeines Lebens.
Später in die Bühnenkarriere verirrt,
ward er durch Heinrich Laube Eleve des
Burgtheaters zu der Zeit, wo daſſelbe
in ſeiner höchſten Blüte ſtand mit An—
ſchütz, Löwe, Fichtner, der Rettich, See—
bach, Goßmann ꝛc. Durch ſeine Mutter
bildet und bezog 1854 die Univerſität | fand der Heißſporn feinen inneren Diem
Leipzig, Ipäter die zu Heidelberg und Ders ſchen wieder nach manchen wilden Wan:
lin, um fich dem Studium der Nechts: |derwege und zugleich feinen eigentlichen
wiſſenſchaft zu widmen. Nach Beendigung innerſten Beruf: das Leben für und in
deſſelben trat er in den Staatsdienſt, in Gott. Aber leider zu ſpät. Die geijtlice
dem er noch jetzt und zwar als Amts: | Karriere ſchien ihm fremd geworden, und
gerichtsrat zu Oppeln wirft. Literarifch | er wurde Schriftiteller — weltlicher Schrift:
Vahlen.
ſteller, ein brillanter Fabler und geiſtvoller,
träumerifcher Erzähler. So entitanden feine
phantaftiihen von großer Begabung zeugenden
Romane: Moderne Bagabunden, Die Töchter der
Schminke, rivolitäten, Vom Baum der Erfenntnis,
Theaterplaudereien, Quitte on double, Magen
und Herz, Das Geheimnis der Gräfin von Nizza,
Geheimnisvoll, Die SKirchenräuber, Lady Ara:
bellas Laune, Die Virtuofen, Blaues Blut,
Künjtlerblut, Cis-Moll, Der Roman der Adelina
Patti, Bilder aus dem Harem, Dorfbilder, Dor—
nen 2c. Romane, die jämtlih aus dem Leben
gegriffen, alle Wanderwege des Verfaſſers ſchil—
dern, und alle Menfchen, mit denen er in Berüh: |
659
Valentin.
in den von ihm redigierten Zeitfchriften
„Hermes“ und „Zeitichrift für öſterr.
Gymnafien“. Don feinen Werfen heben
wir als die wichtigſten und bedeutenditen
hervor: Quaestionescriticae Ennianae (1852),
Ennianae poesis reliquiae (1854), Naevii re-
liquiae (1856), Ulpiani excerpta et fragmenta
(1856), Analecta Noniana (1859), Beiträge zu
Aristoteles’ Poetit (1865 67), Laurentii Val-
lae opusenla (1869), Lorenzo Valla (1869),
zu Gicero'3 De legibus (1871), Aristotelis
poetica (1874), Über die Anfänge der Heroiden
| des Dvid (1881).
rung gekommen ift. Damals lernte er Guftan |
Hedenajt fennen, auf deffen Veranlaſſung
er fein theologiihes Willen in feinen
beiten Werfen: Die Gottesmörder, Die Hei—
ligen, Die Töchter Babels ꝛc. niederlegte. Von
dieſer Zeit an lebt er fern von allem
Weltoerkehr nur feinen literariſchen Ar:
beiten: Novellen und Erzählungen ſchrei—
bend für die beiten belletriftifchen Zeit
Schriften. Bon feinen dramatiihen Werken find
zu erwähnen: Das Trauerfpiel „Ketten, in
welchem Clara Ziegler zuerft ihren Beruf zur
Tragödin erkannte, ferner eine dramatifche Ber:
fion von Holtei’s „Bagabunden‘‘, cin Operetten-
tert für feinen väterlichen Freund Adolf Müller
fen. „Der galante Vikomte““
Balentin, Veit, wurde um 16. Febr.
1842 zu Frankfurt a. M. geboren. Nach
Abjolvierung des Gymnaſiums feiner
Vaterjtadt ging er nad) Göttingen, um
ſich Ipradlihen Studien zu widmen und
‚Ipäter nad) Berlin. In Göttingen wurde
‚er auf Grund der von ihm gelöften, mit
‚dem erſten Preife gefrönten Arbeit: „über
‚die Bildung des koptiſchen Nomens“ (1866)
‚promoviert. In Berlin arbeitete er ein
Jahr lang bei Geh-Rat Prof. Eduard
‚Gerhard umd widmete ſich fortan vors
zugsweile kunſtwiſſenſchaftlichen Studien.
‚Don feinen verdienftvollen Schriften find
‚die bedeutenditen: Orpheus und Herafles in
‚der Unterwelt. Drei griechiiche Bafenbilder (1866),
Vahlen, Johannes, wurde zu Bonn
am 28. September 1830 geboren und
widmete ſich dafelbit (1848— 53) dem
Studium der Philologie. Im 9. 1853
zum Dr. phil. promoviert, habilitierte er
fih 1854 als Privatdozent an der Uni:
verfität Breslau, wo er 1856 zum außer:
ordentl. Profeflor ernannt wurde. Dort
wirkte er bis zu jeiner Berufung als ord.
Profefior nach Freiburg (1858); in glei:
cher Eigenſchaft nach Wien verjegt, über:
fiedelte er 1876 an die Berliner Univer:
fität, der er noch heute, als einer unfe:
rer hervorragendſten Afademifer, angehört.
Bereits 1871 erhielt B, den Hofratstitel. |
Literarifch zeichnete fih V. vornehmlich
auf dem Gebiete der lateinifhen (und
griechischen) Poeſie und ihrer Erſchließung
aus. Bejonders folgte er den Spuren
des Cicero und Ariftoteles. Die meijten
feiner Schriften veröffentlichte er zunächſt
Die hohe Frau von Milo (1871), Neues über
‚die Venus von Milo (1883), Der Rhythmus
als Grundlage einer wiſſenſchaftlichen Poetik
(1869), Die Kompofition der Horaziichen Epiſtel
„An die Piſonen“ (1876), Rede auf Ludwig
Börne bei deſſen hundertjähriger Geburtsfeier
(1886), Cornelius, Dverbed, Schnorr, Veit,
Führih (in Dohme's Kunft und Künftler des
neunzehnten Jahrhunderts, 1886), Ein Freundes:
aruß. Horatii Carmen II, 7, neu erffärt (1887),
Kunft, Künstler und Kunſtwerke (1888). M, lebt
jest in Frankfurt als Oberlehrer am Real:
gymnaſium, „Wöhlerſchule“ und fteht feit
1885 an der Spiße des Afadem. Geſammt—
ausſchuſſes des Freien Deutichen Hochitiftes,
beiten Neugejtaltung zu einer wiſſenſchaft⸗
lich thätigen Anſtalt fih unter jeiner
Zeitung vollzogen hat. Im Auftrage des
g vous ag
Akademiſchen Geſammtausſchuſſes führt er
‚die Redaktion der „Berichte des Freien
| Dentihen Hochſtifts“.
42%
Varnhagen.
Barnhagen, Hermann, geboren den
10. Auguft 1850 zu Arolſen, befuchte
das Gymnafium zu Korbah bis 1870,
trat fodann in das Heer ein und madhte
einen großen Teil des Feldzuges (im
Werderſchen Korps) mit. 1871 zurüd-
gefehrt, bezog er die Univerfität Tübin-
gen, wo er anfangs klaſſiſche Philologie
ftudierte, fi) alsbald aber der germani-
hen, romanifhen und namentlich) eng-
lichen Philologie zumandte. Weiter
ftudierte er in Genf, Berlin und Göttin-
gen. Nachdem er dann ein Jahr lang
als Lehrer an der höheren Bürgerjchule
in Münden i. 9. thätig gewefen, ging er
1876 nad England, wo er ein Jahr
lang namentlich handſchriftlichen Studien
oblag. 1877— 78 war er als Lehrer an
der Sligafchen Schule in Hamburg an-
geitellt und habilitierte fi) 1878 an ber
Univerfität Greifswald für romanifche
und englifhe Philologie. 1881 wurde
er dort zum außerordentlichen Profeſſor
für englifhe Philologie befördert und
folgte im Herbſt deflelben Jahres einem
Rufe als ordentliher Profeflor der eng:
liſchen und romaniſchen Philologie an die
Univerfität Erlangen. Seine literariſche
Thätigkeit erftredt ſich hauptſächlich auf die eng»
liſche Philologie und vergleihende Literaturge: |
ihichte. Veröffentlicht hat er an felbftändigen |
Schriften und größeren Arbeiten befonders: Bei |
träge zur Erflärung und Textkritik des Ayenbite
of Inwyt, Zu mittelenglifchen Gedichten, Eine
italieniihe Brojaverfion der fieben Weifen (1881),
Zwei lateinische metrifche Berfionen der Legende von |
Placidus-Euftahius, Ein indiſches Märchen auf
feiner Wanderung durch die afiatiichen und euro»
päilchen Literaturen (1882), Die kleineren Ges
dichte der Vernon- und Simeon-Handſchrift,
Songfellow’3 Tales of a Wayside Inn und
ihre Quellen (1884), Die Erzählung von der
Wiege, Exinhard und Emma; eine deutiche Sage
und ihre Gejchichte, Der germaniihe Stamm klap
im Romanifchen, Longfellow's Tales of a Way:
side Inn. Mit deutihen Erklärungen (1888). |
Vely, E., j. E. Simon. |
660
Beneta.
heit als ein aufgewecktes lebhaftes Kind,
deſſen glüdlihe Tage jedoch gezählt wa:
ren. Ihr Vater verarmte und ftarb, und
im Alter von vierzehn Jahren war 8.
darauf angewiejen, ihren Lebensunterhalt
ſelbſt fich zu erwerben. Ein erfter Thea:
terbefuch in Baugen ließ fie den Entſchluß
faſſen, Ecjaufpielerin zu werden. Sie
befiegte alle Vorurteile und Hindernifie,
die ihr in den Weg traten, und fchloh
fih, ihrem unbezwinglihen Drange fol:
gend, faum den Kinderſchuhen entwachlen,
der reifenden Truppe in Bauen an. Nur
der eignen Kraft vertrauend, arbeitete fie
unablälfig an ihrer Erziehung und Aus:
bildung für die Bühne. Langjam von
Stufe zu Stufe emporfteigend, war fie
an verſchiedenen kleinen Provinztheatern
thätig, bis fie von Leipzig aus Bogumil
Dawiſon empfohlen wurde, auf deſſen
Veranlaſſung fie 1858 am Dresdener Hof:
theater zu einem Gaſtſpiele gelangte und
warme Aufnahme fand, aber nicht engas
giert wurde „wegen ſchwankender Gefund:
heit“. Letztere bedingte auch, nachdem fie
in Stettin, Magdeburg, Görlitz, Graz
und wieder in Görlig als tragiiche Lieb:
haberin mit großem Erfolge aufgetreten
war, ihr Ausſcheiden von der Bühne.
Nah Verlauf mehrerer Jahre, die auss
ſchließlich der Pflege des Franken Körpers
gewidmet waren, betrat fie 1868 wieder
die Bühne des Hoftheaters zu Mannheim,
folgte im jelben Jahre einem Ruf an das
Wiener Burgtheater und jchiffte fich 1870
nach Eleineren Gaftipielen in Bubdapeit
und Linz mit Marie Seebah nad) den
Vereinigten Staaten ein. Schwer leidend
fehrte M. V. 1872 nad) Deutichland zu:
rüd. 1873 übernahm fie das damalige
Stadttheater in Berlin, welche verfumpfte
Bühne fie zu einer Etätte wahrer Kunſt
erhob. 1873 verheiratete fie ſich mit
dem Reg.:Baumeijter Maske. 1885 be-
trat fie wieder die Bühne des Reſidenz—
VBeneta, Mathilde, wurde am 27. Fer | theaters zu Berlin mit alter Kraft und
bruar 1838 zu Yurkau in Eadjen ge⸗ | altem Erfolge. Auf literariihem Gebiete war
boren und erwuchs in ländlicher Einfad): M. V. erft in fpäteren Jahren thätig, ausgenom:
Berden.
men ein Bändchen Gedichte, „Einfame Stunden“
betitelt, da3 der jungen Dichterin manchen Freund
erwarb, Später erſchienen Neifebriefe aus Ita⸗
lien und Amerifa und einzelne zerftreute Gedichte
in Beitfchriften. Außerdem übergab fie die ge
fhidte Bearbeitung eines * franzöſiſchen
Dramas „Sara Rivers“ der Offentlichkeit, das
1885 in Graz mit Beifall zur Aufführung ge—
langte.
lung aus dem Leben einer Schauſpielerin). Die
Kritik rühmt ein —— Darſtellungs⸗
talent und eine elegante feſſelnde Schreibweiſe
an der Autorin.
Berden, €. v., |. E. Ritter v. Bin:
centi.
Berena, ©., |. S. Alberti.
Veritas, ſ. Ed. Joſ. Richter.
Vierordt, Heinrich, geboren als der
Sohn eines Dffiziers zu Karlsruhe am
1. Oktober 1855, genoß feine Vorbildung
in Freiburg, Konjtanz und Wertheim am
Main und bezog, nad) einer Neije durch
Belgien, England, Schottland und bie
Hebrideninjeln, die Univerfität Leipzig,
fpäter die zu Berlin und Heidelberg als
Student der Philofophie. An letztgenann⸗
ter Hochſchule wurde V. zum Dr. phil.
promoviert, womit er fein Studium ab-
ſchloß, um fi nunmehr ausſchließlich der
Literatur zu ergeben. Die lyriſche Hifto-
rie iſt fein eigenftes Feld, das er mit
vielem wohlverdienten Erfolge beadert hat.
DB. ift aber auch vor allen Dingen Bal-
ladendichter. Meiſterhaft beherricht er
die Form, und tief ift fein Gedanken:
um.
Hauptwerke: Gedichte (1880), Lieder und Bal-
laden (1881, 2. Aufl. 1885), Die Kranzweihe
(Beftip, 2. Aufl. 1882), Neue Balladen (1884),
Uanthusblätter, Dichtungen aus Italien und
Griechenland (1888).
Villatte, Céſaire, Sohn des glei
namigen Lehrers, eines 1793 ausgewan-
derten Franzofen, wurde zu Neuftreligi. M.
am 13. Januar 1816 geboren, erhielt
eine Schulbildung an dem Gymnafium
ieſer Stadt, ftudierte dann neue Sprachen
n Dijon und Paris, alte Spraden in
Berlin, wurde 1838 als Lehrer an das
661
1886 erihien „Dorcas Mora" (Erzäb: jeß
Bincenti.
wirkte als folder 45 Jahre lang, bis
eine immer zunehmende Schwerhörigfeit
ihn zwang, in den Ruheſtand zu treten.
Dur feinen Freund Daniel Sanders
mit der Langenfcheidtichen Verlagsbuch—
handlung in Berlin in Verbindung ge:
t, wurde er Mitarbeiter an dem Ency—
klopädiſchen Wörterbuche der franzöfiichen
und deutichen Sprache und verfahte den
zweiten Theil diejes Werkes jelbitändig,
eineallgemeinanerfannteLeiftung. Außer:
dem hervorzuheben: Parifismen, eigenartige
Ausdrudsweile des Parifer Argot (1884), Not:
wörterbuch der franzöſ. und deutichen Sprade
(1885).
VBincenti, Karl Ferdinand Ritter von
(E. v. Verden), geboren zu Baden bei
Wien am 14. Dezember 1835, befchritt
früh ſchon den literariihen Plan, nad:
dem er feine Studien in Wien zum Ab»
ſchluß gebracht und den Umfreis feines
Wiffens durch weite und ihm fruchtbare
Reifen, befonders im Orient, erweitert
hatte. Zunächſt war er, nad) Wien zu:
rüdgefehrt, bei der Redaktion des „Wan:
derer”, dann als Chefredakteur der „Hei—
mat“ und jchlieklich, wie heute noch, als
Redakteur der „Neuen freien Preſſe“ thä—
tig. Seine eigenen Produktionen zeich—
nen fi aus durch den Reiz einer glut-
vollen Phantafie, die, angeregt durch viel
Ungewöhnlies, auf feinen Streifereien
Erjchautes, ein eigentümlich buntfarbiges
Gepräge trägt. Bejonders tritt das her-
vor in Die Tempelftürmer Hocharabiens (Rom.
1873) und in Inter Schleier und Maske (Nov.
1874). Außerdem hervorzuheben: Roman
eines Gefolterten (1870), Wiener Kunſt (1876),
Glut und Eis (Nov. 1877), Wundergeichichten
der Liebe (Nov. 1880).
Binde, Gisbert Freiherr, wurde
am 6. September 1813 auf dem Gute
Haus Buſch bei Hagen geboren. Er wid—
mete fich zu Heidelberg und Berlin dem
Studium der Rechte, das er 1834 zum
Abſchluß bradte, um alsdann in den
Staatsdienft zu treten. Nach Ablegung
Gymnaſium feiner Vaterftadt berufen und (feines Eramens trat er 1842 zur Ver:
Virchow.
waltung über, zunächſt als Regierungs—
aſſeſſor in Potsdam, danad) als Regie:
rungsrat in Münfter beihäftigt. Ein im-
mer in verftärktem Maße wiederfehrendes
Augenleiden bewog ihn, jeinen Abjchied
nachzuſuchen, der ihm 1860 gemwährt
wurde. Er weilte dann für längere Zeit
in Franffurt, feit 1868 in Freiburg i. B.
Auf literarifhem Felde wandte V. ſich
vornehmlich dem Luſtſpiel zu, doch hat er
fih auch als Novellift, wie als Lyrifer,
felbjtändig und an Zeitichriften beteiligt,
einen Namen gemacht. .
Hauptwerfe: Roſe und Diftel (Überſ. 1853,
2, Aufl. 1865), Bilder aus Italien (1853), Sa:
gen und Bilder aus Wejtfalen (1856), Zeit:
vertreibe (Luſtſp. 1856), Gedichte (1860), Im
Banne der Jungfrau (Nov. 1864), Luitipiele |
(1869— 80), Reiſegeſchichten (1869), Abe für
Haus und Welt (1870, 3. Aufl. 1880), Ein klei—
nes Sündenregifter (1883, 3. Aufl. 1885), Alte
Geihichte (Nov. 1887). Auherdem eine Reihe
von freien dramatifchen Bearbeitungen engliſcher
und franzöfiicher Autoren (Shakeſpeare, Sheridan,
Galderon :c.).
Virchow, Rudolf, geb. am 13. Dfto: |
ber 1821 zu Echivelbein (Pommern),
widmete fich medizinischen Studien zu Ber:
lin, wurde 1836 zum Doftor promoviert,
1837 Unterarzt, 1846 Projektor an der
Charite und habilitierte fi) 1847 an ber
Univerfität Berlin. Im folgenden Jahre
riß ihn die Revolution in ihren Strudel,
was feine Entfernung von der Univerfität
zur Folge hatte. Im Jahre 1849 be:
reits wurde er als Profeſſor der Anato—
mie nad) Würzburg und 1856 nad) Ber:
lin zurüdberufen, nachdem fein Name be:
reits mit Achtung in der Gelehrtenmwelt
genannt wurde. Nicht allein als Xehrer
wußte V. fi) nun die höchſte Geltung
zu verichaffen, ſondern er trat in geradezu
epochemachender Weife mit einfchneidend-
ften Reformen der Heilfunde hervor, zus
662
— Vogel.
weniger hervorragend. Er iſt einer der
Gründer der Fortſchrittspartei und ger
hört derjelben noch heute im Reichstage
und Abgeordnetenhaufe an. Daneben iſt
er feit 1859 Stadtverordneter für Ber
lin und Mitglied, reſp. Vorfigender einer
großen Zahl gemeinnügiger Unternehmun:
‚gen und Anftalten. Er it Mitbegründer
‚der „Deutſchen Anthropologiichen Gejell:
ſchaft“ und leitet diefe, wie auch die
„Berliner Anthropologiiche Geſellſchaft“.
"Seit 1873 gehört er der Akademie der
Wiſſenſchaften an. Er giebt das „Archiv
für pathologiihe Anatomie und Phyſio—
logie“ und (mit Holgendorff) eine Samm:
‚lung gemeinverftändliher Vorträge her:
aus. DB. ijt Mitglied vieler in=- und aus
ländiicher gelehrter Sefellichaften, Inhaber
zahlreiher hoher Orden und führt den
‚Titel eines Geh. Medizinalrats. Won
‚feinen hochbedeutenden felbftänd. Werken
heben wir als die wichtigſten hervor:
Gefammelte Abhandlungen zur mwillenfcaftl.
Medizin (1856), Unterfuhungen über die Ent:
widelung des Schädelgrundes (1857), Lehre von
den Trichinen (3. Aufl.1866), Goethe als Natur:
forfher (1861), Die Erziehung des Weibes
(1865), Über die nationale Entwidelung und Be
deutung der Naturwiflenfchaften (1865), Cellu
larpathologie (4. Aufl. 1871), Die krankhaften
Geſchwülſte (1867), Über den Hungertyphus( 1368),
Seftionstehnif (1876), Die freiheit der Willen:
Ichaften im modernen Staat (1877).
Bogel, Auguft Gottfried Friedrich,
wurde am 3. Februar 1842 zu Greifs:
wald geboren, woſelbſt jein Vater Gym:
nafiallehrer war; jedod im Jahre 1851
jiedelte derfelbe als Paſtor nah dem in
der Nähe gelegenen Dorfe Reinberg über.
Obwohl hier in der ländlihen Ungebuns
denheit die Studien nicht gerade fehr geför:
dert wurden, prägte fi doch bei dem
Vorbilde der von echt chriftlichem Beifte
getragenen paftoralen Wirkſamkeit des Ba:
mal auf dem Gebiete der pathologifchen | ters ſchon früh in bem Knaben der ent
Anatomie die unfhägbarften Berdienfte fich | ſchiedene Wunsch aus, in die Fußltapfen
erwerbend. Befonders ift bier feine Be: deſſelben zu treten, und nur der ftete Ge:
gründung der Gellularpathologie hervor: | danfe an dieſes Ziel ließ ihn auf dem
— Auch als Politiker beteiligte ſich Pädagogium zu Putbus und dem Gym—
‚an den Zeitereigniffen, wenn auch hier naſium feiner Vaterftadt dus Verfäumte
Vogel. —
nachholen. Sodanu widmete er ſich auf
der Univerſität zu Greifswald und Tü—
bingen neben philoſophiſchen und philo—
logiſchen Studien vorwiegend dem Stu—
dium der Theologie und übernahm nach
Abſolvierung deſſelben auf kurze Zeit eine
Hauslehrerſtelle in der Mark und in
Mailand. Nachdem er kurz darauf ſeine
die Gemeindeſchule hin, die Jakob be—
erſte theologiſche Prüfung beſtanden, be—
reitete er ſich, mehr durch anderweitige
Umſtände als durch inneren Beruf ver—
anlaßt, im elterlichen Hauſe zur philo—
logiſchen Prüfung vor; bald jedoch nahm
er eine ihm angebotene Hilfslehrerſtelle
am Gymnaſium zu Greifswald an, wo⸗—
ſelbſt ihm die unterrichtende Thätigkeit in
dem Maße zuſagte, daß er beſchloß, ſich
ganz derſelben zu widmen. Um aber die
theologiſchen Studien zu einem gewiſſen
Abſchluß zu bringen, unterzog er ſich
außer der philologiſchen auch noch der
zweiten theologiſchen Prüfung. Inzwiſchen
promovierte er auf Grund feiner Abhand—
lung: Quid de fato senserint Judaei et
Graeci „Jobo" et Sophocli „Philoctete‘‘ pro-
batur. Nach der kurzen Thätigfeit in
Greifswald wirkte er als Lehrer am Gym:
naſium zu Wittſtock, woſelbſt er ſich mıt
Luiſe Arndt, Tochter des als religiöſen
Liederdichters und Schriftſtellers bekann—
ten Ferd. Arndt zu Sieversdorf in der
Mark, verheiratete. Von hier ging er
1870 an die Bürgerſchule zu Spandau,
1871 an die höhere Handelsſchule zu
Hildesheim und iſt ſeit 1873 Rektor der
höheren Bürgerſchule in Potsdam. Dieſe
Wirkſamkeit an Schulen der verſchiedenſten Art
begünſtigte ſeine immer mehr hervortretende Nei—
ung zum Studium der pädagogiihen Wiſſen—
"alt, deren unerfcütterlihe Fundamente er in
den pädagogiihen Anſchauungen Peſtalozzi's ges
funden zu haben glaubte. Seine meiſt in diefem
Sinne verfaßten Hauptwerke jind außer einem |
vielfach verbreiteten Philoſophiſchen Repetitorium
(3. Aufl. 1886): Methodik des gefammten deut:
Ichen Unterrichts (1874), Geſchichie der Pädagogik
als Wiffenihaft (1877), Syſtematiſche Encyklo—
pädie der Pädagogik (1481), Neues deutſches
Leſebuch nad typiiher Methode (1884), Site
matiſche Darftellung der Pädagogik 3. H. Peſta—
lozzi's (1886), Herbart oder Peſtalozzi? (1887).
663
haben.
— Vogel.
Außerdem hat er noch eine größere Anzahl von
Broihüren pädagogiihen Inhalts verfaßt.
Vogel, Jakob (Vogel von Glarus),
it am 11. Dezember 1816 zu Glarus
geboren. Seine braven Eltern vermoch—
ten nicht, den MWiffensdurft und Drang
des begabten Knaben zu fördern, fondern
ihre befchränften Mittel wiefen nur auf
juchte, aber jchon in feinem achten Lebens:
jahre mit der Fabrik vertaufhen mußte.
Es galt eben verdienen, um Brot zu
Und doch wurde von ſolchem nur
wenig für den geringen Arbeitslohn ge—
fauft, der Kleine gedachte jtets zuerit,
den Geift und die Seele zu jättigen,
Magen und Körper zählten ihm erjt in
zweiter Reihe. Im zwanzigiten Jahre
hatte der Jüngling bereits eine Bibliothek
von 600 Bänden, die alle jeine Ber:
trauten und Freunde waren, an denen
er ſich geijtig emporrang, die ihn in
trüben Stunden tröfteten und denen er
alles verdanft. Dann kamen die Wan
derjahre. Er ging durch die Schweiz nad)
Franfreih hinein, Arbeit juchend in
feinem Berufe als Kattundruder. 1839
fehrte V. zurüd und 1843 gründete er
in feiner Baterftadt ein eigenes Heim
und feinen Herd. Für erjteres wählte
er cite Buchdruderei, zu legterem führte
er ein edles und liebes Schweizerfind..
Acht Jahre war er glücklich, dann ſtarb—
ihm fein Weib. Nun wurde ihm die Poe—
fie Seelengefährtin und Tröfterin. Ihr
batte er zuerjt auf feiner MWanderichaft
gehuldigt, Heine war fozufagen der Vater
und die herrlihe Schweiz mit all’ ihrer
hohen Poeſie die Mutter von Vogels
Muſe. Nur die Ungezogenheiten jenes
Fürſten der Lyrik hat V. nicht ange:
nommen, wohl aber feine tiefe Innigfeit
und Form. Wie jener, giebt V. feine
ganze Seele hin, fein leeres Reimgeklingel
wie das unferer meilten „Goldſchnitt—
dichter”. Das Gefühl in B.’s Sängen
ift fein gemachtes, ſondern lebt in ihm,
und das zeigte er auch als Menſch fein
Bogel v. Glarus.
ganzes Leben hindurch; ift er doch ber
neue „Bater” Gleim, deſſen Haus und
Herz jedem offen fteht, der in Not daran
Hopft. Vogels Heim, das er fi nad)
fhweren Jahren angeftrengtefter Arbeit
als Buchdruder und Verleger errungen,
ift geradezu berühmt feiner Gaftlichkeit
wegen, wie der Befiger als Stütze und
Halt unzähliger mühfam emporjtrebender
Talente.
Hauptwerfe: Erinnerungen an Emil (1860),
Gedichte (1861, 12. Aufl. 1887), Lyriſche Ger
dichte (1868), Neuere Gedichte (1868), Schön:
beiten und Schredniffe der fchweizerifchen Alpen»
welt (1868, 3. Aufl. 1870), Taranteln (Epis
gramme 1868), Das NHlönthal, Geb. (1870
9. Aufl. 1885), Raketen (Epigr. 1871), Wilde
Kaftanien (Epigr. 1871), Birfenzweige (Epigr.
1871), Der Glämifh im Lichte der Dichtung
(1873), Bilder aus den Alpen (Geb. 1874),
Aus der Jugendzeit (Ged. 1875), Dornen *
gramme 1875), Stille Lieder (1875), Weſpen.
Epigrammatiſche Kleinigkeiten (1880, 2. Aufl.
1887), Erinnerung an das Klönthal (Ged. 1878,
— — Aufl. 1881), Vor einem Denkmale (Ged.
1884).
Vogel v. Glarus, ſ. Jac. Vogel.
Vogler, Max, wurde am 13. Juni
185 - in Lunzenau als der älteſte Sohn
eines daſelbſt anſäſſigen Webmwaarenfabri-
fanten geboren. Er genoß zuerjt den Un:
terricht der Volksſchule feiner Vaterftadt,
wurde in Borna und Chemnig für Die
Univerfität vorgebildet und bezog, nad):
dem er fih ausichließlih der journali-
ftifhen und jchriftitelleriihen Laufbahn
zuzumenden bejchlofjen hatte, 1873 zunächit
die Hochſchule Zürich, wo er u. A. in ſch
Ludwig Ettmüller, 3. 3. Honegger, Jo:
hannes Scherr, Gottfried Kinfel vortreff:
lihe Lehrer und reiche Anregung fand.
Nah einjährigem Aufenthalte in der
Schweiz legte er feine philologiſchen, phi-
loſophiſchen, hiſtoriſchen und naturwiſſen—
ſchaftlichen Studien an den Univerſitäten
Jena und Berlin und in letzterer Stadt
auch an Herrig's Akademie dir moderne
Philologie fort und promovierte 1877
zum Doktor der Philoſophie.
Schon jehr frühzeitig fich mit literarifchen Ar:
be ten, bramatifcher, novelliftiicher und literar:
664
Vogt.
ichtli Art, bei end, war ®. bereits
a erg * für verſchiedene Zei⸗
—* — *
auch durch muſikwiſſenſcha
d hielt unädhit bis 1879
Be
iner illuftrierten Be r
— * füßrte, 308 ie ee ee
Vaterftadt zurüd, um fi dajelbft in
Muße ganz der literariſchen Produktion zu wid-
Es entftanden in den näditen Jahren
zahlreiche größere und leinere Novellen, literar-
und kulturgeſchichtliche Arbeiten, Reifebilder,
denen ®. in angejehenen Zeit
®
und ftrengfte Unparteilichfeit nadhgerühmt. Den
felben eh Blid für die Schäden und €
brechen der Zeit, ſowie einen begeifterten ibe
ftifchen Drang zeigt auch das nädhfte 2
„Der Herr Nommerzienrat, einemoberne Gef
(1883), welches —— ufger nu
wurde. Als eine vortreffliche des Autor
wurde von der Kritik auch deſſen Bud
„Im Dorf der Schmied, eine aus den
Elſaß“ (1887) anerfannt. Bon den we
reits im zwölften nr e
viele novelliftifche, kulturgeſ |
ten. 1883—34 rebigierte rimmitſ
„Stadt: und Land⸗geitung“ und 1880
„Aligemeinen literar. Wochenberigt",
Vogt, Karl, it am 5. Juli 181
in Gießen geboren, woſelbſt er auch jeine
—* und —— ſeine Unive
bildung empfing. le
überſiedelte er nach Bern, wo €
phyfiologiſchen Studien vollende
danach an Agaſſiz' Gleiſcher
Bold.
und beflen Histoire naturelle des poissons
d’eaun douce als Mitarbeiter teilzuneh-
men. Er lebte dann für längere Zeit,
teils in der Schweiz, teils in Paris und
Stalien feinen Studien und literarifchen
Arbeiten und nahm erjt 1847 einen
Lehrſtuhl in Gießen an. Neben feinen
wiſſenſchaftlichen Arbeiten befchäftigte ihn
die Politik. Er gehörte der National:
verfammlung (Mitglied der Linken) und
fpäter der Reichsregentichaft in Stutt-
gart an und that fich vielfach als glän-
zend begabter Nebner hervor. Im Jahre
1849 gab er feine Profeſſur in Gießen
665
Bolger.
Univerfitäten Erlangen und Leipzig behufs
des Studiums der Theologie und orient.
Spraden. Im Jahre 1857 und 1859
beftand er die beiden theol. Eramina und
erwarb ſich die philofophifche Doktorwürde
auf Grund der Schrift: Calendarium
syriacum auctore Cazuinio. Im Sabre
1861 habilitierte er fich an der Univer:
tät Erlangen für altteftamentl. Exegeſe.
Seit 1862 wirft ®. in Dorpat als Bro:
fellor der ſemitiſchen Sprachen bei der
theol. Fakultät. Seine Borlefungen er:
ftreden ſich über alle Gebiete der alt:
tejtamentl. Willenihaft, über fämmtliche
auf und lebte wiederum ausfchließlich | femitifche Sprachen, aber auch über das
literariſchem Schaffen, bis er 1852 einem
Neuperfiihe. Bon feinen verbienftlichen
Ruf der Univerfität Genf folgte. Dort | Schriften find, außer der bereits erwähn—
lebt B. noch jegt, auch dem Großen Rath
als Mitglied angehörig. Literarifch if
V. meift einfame und wiſſenſchaftlich
völlig felbjtändige Wege gewandelt und
darum vom großen Troß vielfach ange:
feindet und angezweifelt worden. Aber
feine ungemein ſcharfe Auffaffung, fein
reiches Willen und die große Bedeutung
feiner Schriften werden von feinem Ur—
teilsfähigen beftritten. Hauptſächlich fein
ſatiriſches Werk Unterſuchungen über Tier:
ftaaten (1851) warb ihm durch die jcho:
nungslos geihwungene Geißel viele
Feinde, kind ihn aber auch dem größe:
ren Laienpublikum bekannter.
dienftlichfte Werke find folgende: Im Ge
birg und auf Gletſchern (1843), Lehrbuch der
‚Geologie (1846, 3. Aufl. 1866), Phyſiologiſche
Briefe (1846, 4. Aufl. 1874), Ocean und Mittel:
V.'s vers)
ten, hervorzuheben zwei Programme:
Vindiciae Danielicae (1866), De summa car-
minis Iobi sententia (1869), die Monographie
über den Segen Moſe's (1873). Außerdem hat
3. gemeinfam mit Mühlau das Geſenius'ſche
Zerifon zum alten Teftament in der 8., 9. und
10. Aufl. herauögegeben ; ferner war er Mit:
arbeiter an der „Zeitichrift für Theol. u. Kirche“,
ſowie an der von Herzog begründeten Real:
Encyklopädie und dem Zödler'ihen theol. Hand»
bud. Endlich fette er das Hofmann'ſche Kom:
mentarmwerf zum neuen Tejtamente nach des Ber:
fafierd Tode fort. Im Jahre 1869 erbielt V.
honoris causa von der theol. Fakultät der Uni—
verjität Erlangen die theol. Doftorwürde. Seiner
theol. Richtung nad ift V. ein Zögling der Er-
langer Schule; feine ſprachlichen Studien machte
er unter Spiegel, Delitzſch und Fleischer.
Volger, Adolf, geboren am 21. Ja:
nuar 1843 in Landsberg a. W., Sohn
eines Buchhändlers, trat nach feiner in
— * ze) Zoologiſche Briefe (1851), Bilder der dortigen lateinischen Schule erfolgten
Tierleben (1852),
Wiffenfchaft (4. Aufl. 1856),
worin V. die Refultate feiner Expedition nad)
Köhlerglaube und
Nordfahrt (1861,
dem Norbfap niedergelegt hat), Die fünftliche
‚als Lehrling ein.
zeit war er in vielen Städten in feinem
| Vorbildung in das Gejchäft feines Vaters
Nach beendeter Lehr:
ſchucht (1859), Grundriß der Geologie (1860), Fache thätig, fich gleichzeitig mit dichteri-
ungen über den Menfchen, feine Stellung
Schöpfung und in der Geſchichte der Erde
(1863), Über Mitrocephalen oder Affenmenfchen
(1867), Lehrbuch der Anatomie (1885).
ſchen Arbeitenbejchäftigend. Seit längeren
Jahren lebt er wieder in feiner Vater:
ftadt. Von ihm erjchienen: Wer die Wahl
bat (Luftip.), Aus eiferner Zeit (Schaufp.),
Bold, Joh. Ehriftoph Wilhelm, wurde | Märdenbilder. Zwei Dichtungen. (Daraus Brud:
am 18. Nov. 1835 zu Nürnberg geboren
und befuchte, nachdem er das Gymnafium
einer Waterftabt 1853 abfolviert,
ftüde von Prof. Ciampoli ins Italieniſche über:
fegt), Der wilde Jäger (Volks-Schauſp.), (mit
feinem Bruder Fritz V.), Die Wogenbraut (ep.
die Ged.), Armin. Oratorium. (Muſik von Nudnid),
Volger.
Fridericus Rex, unjer König und Herr (Water:
länd. Schaufp.), Otto der Schü (Up. nad dem
gleih. Ep. von Kinkel, Mufit von Rudnid), Vom
Fels zum Meer (patr. Feitip.), Chinevra (ep. Ged.).
Namentlih bat das Epos „Die MWogenbraut”,
welches von der gelammten tonangebenden Preſſe
al3 eines der beiten Werfe in der Nachfolge
Sceffels bezeichnet wurde, den Namen des Ber-
faffers befannt gemacht. Seit neuerer Zeit ift
V. Mitarbeiter der „Illuſtr. Blätter. Wochen:
fhrift für Haus und Familie“ und der „Allgem.
iluftr. Zeitung“,
Volger, Eduard, geboren am 23.
Auguft 1847 zu Landsberg a. W., wid:
mete ſich nad) Abjolvierung des Gym:
nafiums — wenn auch gegen feine Nei—
gung, die mehr zur Bühne Hindrängte —
im Gefchäfte feines Waters, dem Buch—
handel, dem er auch jpäter aus Fami—
lienrückſichten noch längere Zeit treu blieb.
Der Erfolg, den einige einaftige Luft:
Ipiele von ihm auch an öffentlichen Büh—
nen fanden, ließ das Verlangen in ihm
wach werben, feine Kraft aud an einem
größeren Werke zu verfuhen und als
erſtes derſelben erichien von ihm das vier:
aktige Luſtſpiel Die junge Frau, welches
am Leipziger Stadt-Theater mit durch—
Ihlagendem Erfolg in Scene ging und
darauf von über 150 beutihen Bühnen
mit gleich günjtigem Reſultat gebracht
wurde. Hierdurch ermutigt, fagte V.
feinem Berufe Balet und wandte fi) ganz
der Echriftitellerei zu; er lebt in Gohlis
bei Leipzig. Es erjchienen von ihm noch
außer dem genannten Luftipiel: Auf diejem
niht mehr ungewöhnlihen Wege (Schwant),
Ludwigs XIV. Jugendliebe (Schaufp.), Leonore
(Schwank), Fritbjof (Oper, fomponirt von Wilh.
Eifenhut), Bunte Blätter (Humor. u. Nov.), Die
Hausfee (Konverfationsluftip.), Nach der Hochzeit
(Luftip.), In der eigenen Schlinge gefangen
(Humor.), Memento mori ($umor.), Der Haus:
fobold (Luſtſp.), Onfel Münchhauſen (Luftip.)
Bolger, Frig (E. Hildebrand), wurde
am 8. Eeptember 1841 in Landsberg
a. W. geboren, beſuchte die Realſchule
daſelbſt, und erlernte fpäter den Buch:
handel. Seit 1862 ſchon vielfach lite:
rariſch thätig, widmete er fich feit 1883
ausſchließlich der dramatiſchen Dichtung.
666
Volkmer.
Er iſt Herausgeber der von ihm begrün—
deten „Neuen Liebhaber-Bühne“ und des
„Militäriſchen Theater-Album“. Allge—
mein bekannt als dramatiſcher Militär—
ſchriftſteller. Am Geburtstage des Kaiſers
finden alljährlich über 300 Aufführungen
feiner Theaterſtücke ſtatt. Etwas über
50 Stüde find bereits im Drud er:
ſchienen, darunter die beliebteften: Das
Bild des Kaiſers, Königin Puile, Im Yager vor
Paris, Preußiihe Farben, Ein Stündchen beim
alten Deſſauer, Blind geladen, Krieg und (Frieden,
Soldatenliebe, Eine gemiſchte Ehe, Wachtſtuben—
abenteuer, Jm Rod des Königs, Vater Blücher,
Einquartiert, Unſer Fritz, Mein Schat iſt ein
Reiter ic.
Volkmer, Franz, wurde am 12. Fe:
bruar 1846 zu Schönau bei Landeck in
Schleſien als Sohn eines Lehrers ge
boren, beſuchte das Gymnaſium in Glatz
und die Univerſität zu Breslau, woſelbſt
er hauptſächlich philoſophiſchen und mathe—
matiſchen Studien oblag. Nachdem er
‚dort 1869 zum Dr. phil. promoviert
worden war, machte er den Feldzug von
1870/71 mit und war als Krankenpfleger
inden LazarettenbeiSedan, Barisund Metz
thätig. Nach Ablegung der Prüfung pro
facultate docendi 1871 wirkte er als
Candidatus probandus, Hilfslehrer und
feit 1873 als ordentl. Lehrer am fönigl.
fatholifhen Matthias-Gymnaſium zu
Breslau; 1874 zum Seminar=Direftor
ernannt, leitete von 1875— 77 das königl.
Schullehrer-Seminar zu Zülz in Ober:
Ichlefien. Im Jahre 1877 erfolgte jeine
Verſetzung in gleicher Eigenihaft nad) Ha:
belichwerdt, Negierungsbezirt Breslau.
Bon feinen Schriften jind die widtigiten: Das
Verhältnis von Geiſt und Körper im Menſchen
nach Gartefius (1869), Ausführliher Lehrplan
der Seminarfchule zu Habelichwerdt (1878, 5. N.
1886), Geſchichte des kathol. Schullehrer-Semi-
nars in der Grafihaft Glatz (1880), Wieder
bolungsbuch zum Unterrichte in der Geſchichte
der Pädagogif (1882, 3. Aufl. 1885), Geihichts:
quellen der Grafichaft Glag (im Verein mit Dr.
Hohaus, bis jegt 3 Bände, 1883--87), Die
Graffhaft Glay unter dem Gouvernenent deö
Generald Heinrich Aug. Freiherrn de la Motte
| Fouque 1742—60 von Bach (1885), Elemente
|
Vollbrecht. —
der Pſychologie, Logik und Pädagogik (1886,
2. Aufl. 1887). Eine längere Reihe hiſtoriſcher
Aufſätze in der ſeit 1881 erſcheinenden „Viertel:
jahrsſchrift für Gefhichte und Heimatskunde der
Grafſchaft Glatz“, deren Redakteur er ſeit 1885 ift.
Bollbrecht, ©, ſ. Dttilie Söllner.
Volz, Berthold Auguft Emil, geboren
zu Nügenwalde am 30. Juli 1839, be:
fuchte das Gymnafium zu Cöslin, ale:
dann (1857—61) die Univerfitäten Ber:
lin. und Greifswald, um Philologie und
Geſchichte zu jtudieren. Nach Beendigung
des vorihriftsmäßigen Probejahres an
den Gymnafien zu Göslin und Stolp,
war er als ordentlider Lehrer an den!
Gymnafien zu Cöslin und Schwerin
i. M., als Oberlehrer an dem Gymn.
zu Mühlhaufen i. Th. und dem K. Pä—
dagogium zu Halle a. S. angejtellt. 1872
wurde er Direktor des Gymnafiums zu
Wittfiod, 1874 nad) Potsdam zur Lei-
tung des Viktoria-Gymnaſiums berufen.
1878—84 madte er wiederholte Reifen
in Italien und Griechenland; war aud
1878 beauftragt, dem Prinzen Heinrich
von Preußen, 1880—82 der Prinzeffin
Victoria von Preußen wiſſenſchaftliche
Vorträge zu halten.
Die wichtigſten unter feinen verdienftlichen
fiterariihen Publifationen find: Die römiiche
Elegie; über das Jahr der Schlacht von Pollentia,
Beiträge - zur Geſchichte des Pietismus, Fürſt
Kaunig, Geſchichte der Neueiten Zeit, die An⸗
fänge des Chriſtentums, Geſchichte Deutſchlands
im 19. Jahrhundert, die geographiſchen Ent:
dedungen und Entdeder der neueiten Zeit, Lehr:
buch der Erdfunde, Stanley’3 Reife durch den
dunklen Weltteil, geographiiche Charafterbilder
(5 Bände), Griechenlands und Italiens klaſſiſche
Stätten. Außerdem mehrere Gelegenheitsfchriften,
fomie zahlreiche Auffäge und Rezenfionen in ver:
ſchiedenen Zeitichriften.
Voſs, Georg, ift am 5. September
1855 zu Magdeburg geboren, wo er bis
zum Abiturienteneramen im Haufe feiner
Eltern gelebt hat. Dann famen fünf der,
Kunſtwiſſenſchaft gewidmete Studienjahre
in Berlin und Wien. Sein Vater ſetzte
ihn in den Stand, jede für das Studium
ber Kunſtgeſchichte wünjchenswert erſchei—
nende Neile zu unternehmen. So lernte
667
Voß.
\er bereits als Student die Mufeen und
Kunjtdenfinäler von Mitteleuropa bis
hinab nah Süditalien gründlich fennen.
Nah dem Eramen trat er in die Ver:
waltung der fgl. Muſeen zu Berlin, wo
‚er an der wiſſenſchaftlichen Bearbeitung
‚ber Sammlungen des Aupferitichfabinets
‚2 Jahre lang thätig war. Während die—
‚fer Zeit erwarb das Kupferftichfabinet die
berühmte Bibliothek des Herzogs von Has
milton. Was den jungen Kunſthiſtoriker in dies
‚fer Sammlung feflelte, waren bejonders die rei)
illuſtrirten mittelafterlihen Handichriften, die ihm
zu einigen für die Kenntnis der frührmittelalters
‚lien Bilder wichtigen Entdedungen Gelegenheit
gaben. Die wichtigiten Ergebnifje diejer Studien
legte er in dem Buche „Das jüngite Gericht in
der bildenden Kunjt des frühen Mittelalters”
nieder. Diefer Schrift wurde von Seiten der
Kunfthiitorifer die wärmite Anerkennung zu teil.
Die vorzüglichiten Kenner des frühen Mittelalters
haben den von V. gewonnenen Refultaten zuges
ftimmt. Nach diejem Erfolge jtand feiner
Habilitation als Privatdozent in Berlin
nichts mehr im Wege. Im feinen kunſt⸗
geihichtlihen Vorlefungen hat er mit be—
jonderer Vorliebe das von den Kunſt—
bijtorifern ſtark vernadjlälfigte Gebiet der
Kunſt des 19. Jahrhunderts behandelt.
In feinen zahlreihen feuilletoniftiichen Arbeiten
ift er beftrebt, die Ergebniffe feiner Studien aud)
über den engeren Kreis jeiner Fachgenoſſen bins
aus zu verbreiten. Namentlich verfolgt er alle
wichtigeren künſtleriſchen Ericheinungen der Gegen—
wart und behandelt dieſelben in ß eingehender
Weiſe, daß die zerſtreuten Arbeiten ihm wichtiges
Material für die von ihm beabfichtigte Geſchichte
‚der Kunft des 19. Jahrhunderts bieten werden.
‚Er bereift zu diefem Zweck in jeinen akademiſchen
' Ferien alle größeren Ausftellungen und Samm:
lungen und bat auf diefe Weife eine umfaſſende
Kenntnis der Künftlerfchulen der verfchiedenen
Länder gewonnen. Abgeſehen von feinen in
wiſſenſchaftlichen Zeitichriften zerftreuten Arbeiten
ift er der ftändige Aunftreferent der „Kunſt für
Ale”, der Berliner „National-Zeitung” und der
| „Zäglihen Rundſchau“, fowie Dozent am Vikto—
rialyceum.,
Voß, Rihard, wurde am2. September
1851 zu Neugrape (Pommern) geboren
und in Berlin, wohin feine Eltern 1859
überfiedelten, erzogen, meift von Haus:
lehrern, da die leidende Geſundheit des
Boß. —
Knaben zunächſt einen regelmäßigen
Schulbeſuch verhinderte. Aus demſelben
Grunde wechſelte die Familie fortwäh—
rend ihren Wohnſitz, von einem Lande
ging es ins andere, bis Richard ſchließ—
li in eine Thüringer Penfion gegeben
wurde. Später fam er nad) Berlin zu:
rüd. Er jfollte Landwirt werden, fo
wünſchten e8 die Seinen. Er ſelbſt
ſchwankte hin und her und fam doch zu
feinem Entihluß. Da brach der Krieg
aus. Neun Monate wirkte V. als Kran:
fenwärter in Franfreid. Dann fam er
zurüd und ging nad Jena, wo er Kuno
Fifher und Ernſt Hädel hörte. Nun
war endlich das lange geſuchte „Rechte
gefunden: Griechiſche Philofophie und
natürlihde Schöpfungsgeichichte vollende:
ten in ihm, was der Krieg begonnen.
Dann fing er zu fchreiben an, unreife
Jugendprodukte über ben Krieg u. |. w.
Die Urwüchfigkeit darin, wohl auch das
„Verbot“ eines ſolchen Broſchürenwerk⸗
chens lenkte die Aufmerkſamkeit auf den
Dichter. Paul Heyſe und Adolf Wil:
brandt nahmen ſich des jungen „Stür-
mers“ und „Weltichmerzlers“ zugleich
an und balfen ihm, fih von dem
Schladen reinigen. Doch erft, als ®.
ein glüdliches Eheband fnüpfte, wurde
er in fi felbft Far. Er begann nun
das Drama zu fultivieren. Den erften
Erfolg errang feine „Patrizierin“ in Frankfurt,
ein Jahr darauf in Mannheim feine „Luigia
Sanfelice”. Es kamen entſchiedene Erfolge:
„Pater Modeftus“, „Mohr des Zaren”, Unehr:
lih Bolt". „Pater Modeftus” wirkte am ftärf:
ften, aber die Zenfur vernichtete das kräftige
Leben dieſes Werkes. Er ſchrieb daher die
„Neuen Römer”. Auch ein anderes Schaujfpiel,
„Die Nihiliften“, mußte todt bleiben. In der
Novelle war er von den „Scherben“ bis zu den
„Römiſchen Dorfgeihichten” vorgefchritten. Das»
zwifchen liegen: Bergafyl, Rolla, San Sebaftian,
Maria Bott. „Bergafyl‘ ift wohl fein fubjek-
tioftes Wert. Aus demfelben ift das Trauer;
ſpiel „Alerandra” entitanden. Voß iſt ſpät
erſt zur Erkenntnis ſeiner ſelbſt gekom—
men, dafür aber tragen ſeine Schöpfun—
gen auch den Stempel eines vollreifen
und fampfgeflärten Seelenlebens.
668
Wachenhuſen.
W.
Wachenhufen, Hans, wurde am
31. Dezember 1827 al8 Sohn eines
preußifhen Dffiziers zu Trier geboren.
Ermähltedas Studium derneuen Spraden
gegen den Willen feines Vormunds, ber
ihn in geichäftlihe Bahnen leiten wollte.
Frühzeitig ging er auf Reifen, zunächſt
na dem Norden (Schweden, Finnland,
Lappland). 1855 machte er ımter Omar
Paſcha als Kriegsfeuilletonift der „Augsb.
Allg. Ztg.“ den Donau⸗Krimkrieg mit
und entrann glüdlih vielen Gefahren
(u. a. follte er auf Befehl Ismael Paſcha's
füfiliert werden). Nach Berlin zurüdge:
fehrt, redigierte er feine Tagebücher Im
türfifchen Lager, Yon Widdin bis Stambul, ging
dann nah Stalien und Paris, wo er
Das neue Paris, Paris und die Parifer, Die
Frauen des Kaiferreihs ſchrieb. Wegen fei-
ner Feuilletons über das zweite Kaijer-
reich und der darin angefochtenen Jllegi-
timität der Geburt der Kaiſerin Eugenie
wurde er ausgemwiefen und ging nad)
Neufchatel, Ichrieb dort Das Skizzenbuch aus
| Neuenburg (1857). Darauf wandte er fi
nach Spanien und Afrika, wo er fich den
Stoff für feinen berühmten Roman Rom
und Sahara (2. Aufl.) und für feine Reife
bilder aus Spanien holte. 1859 gründete
er in Berlin die Zeitichrift „Der Haus:
freund“, der durch feine Friſche und Ori-
ginalität jchnell emporblühte. Nun zog
W. als Beobadter in den ölterr.franz.:
fardinifhen Krieg nad) der Lombardei,
worüber fein Tagebuch vom öfterr. Kriegs
ihauplag, das in zmanzigtaufend Eremplaren ver:
breitet wurde, intereflanten Auffchluß giebt.
Einer Einladung des ſpaniſchen Generals
D’Donnel in fein Hauptquartier im Kriege
gegen Maroffo folgend, erfrankte er und
ging nad) Italien, wo er den Freilchaaren:
zug Garibaldi’s auf Sizilien mitmachte.
Diefen ſchildert er unter dem Titel Frei—
ſchaaren und Royaliften (4. Aufl). Darnach
zog er wieder nad Afrifa und Aſien,
[ebte dann in Wien und machte von dort
(1863) die unglüdlihe polnische Revo:
Baepoldt.
Iution mit. Im Jahre 1864 lag W. mit
den Brandenburgiichen Truppen den Win:
ter hindurch im Zentrum vor den Schanzen
von Düppel und jchrieb danach fein Tage:
buch Bor den Düppler Schanzen. 1866 er:
lebte er den Krieg gegen Djterreich mit
und verwertete feine Erfahrungen in feis
nem Tagebuch Bom öfterr. Kriegsſchauplatz
(4 Aufl). Nun lebte er für mehrere
Jahre in Paris feinen fchriftitelleriichen
Arbeiten, unterbroden von Erpeditionen
nad Algerien und der Weſtküſte von
Afrika. Sid nad) Ruhe fehnend, ver:
fobte er fih 1869 in Wiesbaden, er-
hielt aber fur; darauf eine Einladung
vom Vizekönig von Egypten, der er folgte.
Nah Berlin zurüdgefehrt, brach der
Krieg gegen Frankreich aus, den W. als
Berichterftatter der „Kölniſchen Zeitung“
mitmachte. Hierüber erfchien fpäter fein „Tas
gebuch vom franzöfiich. Kriegsihauplag“ (5. Aufl.).
Endlid 1872 ließ fih W. in Wiesbaden
nieder, um nad) einem fo reichen und
wechlelvollen Leben im ftillen Hafen eines
reinen Familienglüdes zu landen. Außer
ben bereits genannten find von des fo
überaus fruchtbaren und hochbegabten
Autors Werken noch hervorzuheben:
Die bleihe Gräfin (6. Aufl.), Halbmond und
Doppelabler, Rouge et noir (5. Aufl.), Pariſer
Photographien, Eva in Paris, Nur ein Weib
(5. Aufl.), Vom armen eguptiihen Mann, Um
Ihnödes Geld (3. Aufl.), Die Diamanten des
Grafen von Artois, Zigeunerblut, Des Herzens
Sol (4. Aufl.), Dieneue Loreley, Schlag zwölf
Ubr, Hofdamen (3. Aufl.), Salon und Wert:
—* er De —————
er el (8. Aufl.), € en
Mylady (2. Aufl.), Die junge Freu (3. gr)
s Dorche (2. Aufl.), Helena (2. Aufl), Der
(2. Aufl.), Eine Geborene (2. Auft.),
Gelebt und Gelitten, Der Schwedenihaf, Was
die Strafe verjchlingt (3. Aufl), Der Herzen»
freffer (2. Aufl.), Die tolle Betty, Das Gefpenit
der ‚ Monato.
Warkoldt, Stephan, ift zu Henners-
dorf (Schleſien) am 3. Juni 1849 als
der Sohn eines Paſtors, jpäter vortra=
genden Rats im Kultusminijterium ges
boren und hat feine VBorbildung auf den
Gymnaſien zu Bunzlau, Breslau und
669
Wagner.
Berlin, je nach den Berfegungen feines
Vaters, erhalten. 1869 bezog er Die
Berliner, fpäterdie Marburger und jchlieh-
lich nochmals die erftgenannte Univerfi-
tät, um germaniftiiche Studien zu betrei-
ben. Nach Beendigung des beutich-fran-
zöfifchen Krieges, den er als Freiwilliger
mitgemadt hat, ging er nad) Paris, um
die dortigen Bibliothefsichäge fennen zu
lernen. Nah Deutichland zurüdgefehrt,
legte er zu Halle jeine Doftorprüfung ab
und folgte dem ehrenvollen Ruf des Groß-
herzogs von Oldenburg als Erzieher feines
Sohnes. Von 1878—86 wirkte W. als
Lehrer am Lehrerinnenjeminar zu Hams
burg, nahdem ihm der Großherzog von
Oldenburg den Profefforentitel verliehen
hatte. Seit 1886 ift er Direktor der f.
Elijabethichule und Profeſſor ander Kriegs:
afademie in Berlin. Literarifch hat ſich
MW. befonders als Germanijt und Kritifer
rühmlich hervorgethan. Er iſt ein an—
gejehener Mitarbeiter vieler einichläglicher
Fachblätter und ließ felbitändig ericheis
nen: Heimat und fremde (1876), Ein Winter:
märden (1879), Pariſer Tageszeiten (1880),
Flore und Blanfcheflur (1881), Emanuel Geibel
(1885), Zwei Goethevorträge (1888).
Wagner, Johannes Andr. Freiherr
von (Johannes Renatus), geboren 1833
in Freiberg (Sadjen), trat nad) erhal:
tener Gymnafialbildung, ſowie nad) feinen
techn. Studien in Dresden, in ſächſiſchen
Staatsdienft. Nach 23jähriger Wirkſam—
feit hierin, wovon 14 Jahre auf die
Oberlaufig entfallen, folgte er einem Rufe,
eine Profeſſur an der herzogl. techn. Hoch—
ſchule zu Braunſchweig anzunehmen. Dort
lehnte er einen ihm nad) 1 Jahre ge—
ftellten Antrag zur Annahme einer Pro—
feffur in Berlin ab. Nad weiteren 7
Jahren gab er in Folge eines hartnädigen
Nervenleidens fein Lehramt in Braun:
ſchweig auf und zog wieder zurüd nad)
Dresden, wo er gegenwärtig noch weilt.
Vom Kaifer erhielt er den Kronenorden
4. Kl., fowie die Medaille für Nicht:
fombattanten; vom Herzog von Brauns
—
Waidmann.
ſchweig das Ritterkreuz 2. Kl. Heinrichs
des Löwen.
Seine fachwiſſenſchaftlichen, zahlreichen Arbeiten
(teils Abhandlungen in wiſſenſch. Zeitſchriften,
teils beſondere Bücher) fanden allgemeine An—
erkennung. Nach Dresden zurückgekehrt, gab er
ſich einer alten Neigung zu belletriſtiſchen Arbeiten
wieder bin. Neben zahlreichen Erzählungen und
Humoresken in Zeitichriften zc. jind an elbftän.
digen, meijt weitverbreiteten und verdientermaßen
vorzüglih beurteilten Merken hervorzuheben:
Eriter Band zu; „Allerlee aus d’r Äberlauſitz“,
(5. Aufl. 1887), Zweiter Band zu desgl. (2.
Aufl. 1883; beide mit Jluftr. von Prof. Bürfner),
Dritter Band zu desgl. (1886), Lebensikizzen aus
erniten und heiteren Tagen (3. Aufl. 1886),
Die lebten Mönche vom Oybin. Eine Gejchichte
aus dem 16. Jahrhundert (1887), Deflamatorien
für Jünglingsvereine (2. Aufl. 1886), Heide: |
fraut und Gentifolien, eine Gelchichte aus der
Heide (1888).
Waidmann, Aler., 1. A. 9. ©.
Meyer.
Waizer, Rudolf. Ich wurde am 15.
April 1842 zu Klagenfurt geboren, be—
ſuchte daſelbſt die Volks- und Realſchule
und trat nach Abſolvierung derſelben in
den öſterr. Steueramtsdienſt in Wolfs—
berg als Praktikant ein. Gegenwärtig
bekleide ich die Stelle eines Oberfontrol: |
leurs beim E. f. Handelsfteueramte in
Klagenfurt.
Meine eriten Gedichte erfchienen 1867 i. der
Carintbia und dann in verih. anderen Sour:
nalen. In touriftiicher Richtung erfchienen von
mir viele Aufläge in dem Jahrbuch des deutfchen
und öjterr. Alpenvereins, in der Deutichen Al
penzeitung, im „Zouriiten“, in der öiterr. Tou:
riften: Zeitung xc. In ethnographiicher und ful:
turhiitorifcher Nichtung erſchienen vielerler Auf:
670
—“
Walcker.
Walcker, Karl Adolf Theodor. Ich
bin am 13. April 1839 in Pernau in
Livland geboren. Einer Familientradition
zufolge ſollen meine Vorfahren zur Gentry,
zum niederen Adel Schottlands gehört
haben und wegen ihrer Betheiligung an
einem Stuart'ſchen Aufſtande nach Deutſch⸗
land ausgewandert ſein. Von dort kamen
ſie im 18. Jahrhundert nad): Kurland.
Ich befuchte das Gymnafiuni meiner Ba
terjtadt und ftudierte 1857 —63 in Dor
pat und Berlin 1 Jahr Medizin, darauf
Nationalökonomie. In Berlin hörte ich
bei Hanßen, Gneiſt, F. v. Holtzendorff,
Ranke, Droyſen u. A. 1867—69 war
ich Privatdozent in Dorpat und 1869
‚bis 1870 etatsmäßiger Dozent in Char—
kow. 1870 nahın ich, meiner engegrip
fenen Geſundheit wegen, meinen Abſchied
und privatiſierte darauf in Narva, Berlin,
‚ Tübingen und Karlsruhe. 1873 wurde
ich badiſcher, 1886 ſächſiſcher Staats:
bürger und 1877 Privatdozent der Staats⸗
wiſſenſchaften an der Univerſität Leipzig,
was ich noch jetzt bin. Bon meinen zahl:
reihen ſtaatswiſſenſchaftlichen Schriften,
Abhandlungen und Rezenſionen notire ich
der Kürze halber nur die folgenden: Schutz⸗
zölle, laissez faire und Freihandel (1880), Die
Arbeiterfrage (1881), Handbuch der National
'öfonomie (5. B., 1882—N4, 2. verb. Auflage
1888), Die Strites und die inneren Intereſſen⸗
gegenſätze der Handarbeiterklaſſe (1856), Kritik
der deutſchen Parteien. Ein volkswirtſchaftlicher
und politiiher Eſſay (1887). Meine zahlreichen
Aufjäge und Kritiken find meiſt in der Berliner
„Bierteljabrsichrift für Vollswirtſchaft“ und in
der Berliner „Gegenwart“ erſchienen.
ſätze in Omthor's Alpenfreund, in der Neuen Ji—
luftrierten Zeitung, in der „Heimat“, im „Heim:
Ferner erichienen: die Bauern: ;
garten“ u. |. w.
geſchichten „Gebrochene Herzen“, „Die Zpreng:
wurzel“, „A Woasl“ und „Der Riefe von Körtſch“.
1877 —S1 redigierte ich im Verein mit Dr. Hein-
rich Noé die politiiche und unterhaltende Wochen:
Ichrift „Vlätter für die Alpenländer ſterreichs“,
welche Schließlich zu Tode konfisziert wurde. 1882
erihien das Buch „Kultur der Yebensbilder aus
Kärnten“, weldes von der Preſſe ſehr beifällig
aufgenommen wurde, Eine fleine Brofhüre von
Wald, GC. v., ſ. C. v. Zedtwitz.
Waldbach, Philipp (Philipp Schuh),
geboren am 24. Mai 1862 zu Waid—
hofen, widmete fi dem Beruf eines Mül-
lers und faufte fich, nad) gehöriger An:
eignung der für dieſen Stand nötigen
Kenntnis, in Markl (Niederöfterr.) an.
Literariih trat er wiederholt befonders mit
mir erfchien im Jahre 1872, melde fih „Hans | Dialektarbeiten (niederöfterr. Mundart) an die
Goſſers Jugendleben“ betitelt und biographiiche | Offentlichleit. Hervorzuheben: Waldviertler Nach-
Mitteilungen über den verftorbenen Künſtlerenthält. richten (LSS6— #7).
Mal deck.
671
Walter.
Walde, Fr. Meyer von, |. Clem. Graz, wo derfelbe fur; zuvor auch den
Fr. Meyer.
Waldemar, 9. von, f. 9. Louran.
Waldheim, R., ſ. Waldheim.
MWaldmiüller,Rob., j.Ch.Ed. Duboc.
Waldow, E. von, ſ. 2. von Blum. |
MWalling, Günther, ſ. K. Ulrici.
Walloth, Wilhelm, geboren zu
Tarmitadt am 6. Oktober 1857, ver:
bradıte feine Jugend, da feine Eltern |
frühe ftarben, in der Familie eincs
Malers und nahm hierdurch, fowie durch
Heilen, die er wegen feiner Kränflichkeit
unternehmen mußte, mannigfache, Die
Phantafie anregende Eindrüde auf.
bejuchte die Nealichule, zu der jpäter das
Polytechnikum kam, um Chemie zu fu:
dieren und fid) nebenher zum Maler
auszubilden. Da hierzu feine Begabung
nicht völlig ausreichte, bezog er die Uni:
verfität Heidelberg, um Philoſophie und
Äſthetik zu hören und widmete ſich nach
ſeiner Rückkehr nach Darmſtadt ausſchließ—
lich der Literatur. Anfangs hatte er
wenig Erfolg, erſt als G. v. Amyntor
auf ihn aufmerkſam machte, wußte er
ſich ein Publikum zu erringen, das die
hohe künſtleriſche Begabung W.'s ebenſo
anerkannte, wie die berufene Kritik es
längſt gethan.
Hauptwerke: Das Schatzhaus des Königs
(Giſt. Roman), Oktavia (Hiſt. Roman.), Paris
(Hiſt. Roman), Gedichte, Gräfin Rufteola (Trauer:
ſpiel), Seelenrätfel (Roman), Aus der Praris
(Roman), Johann v. Schwaben, M.
(Trauerjp.)
Waltenhofen, Adalbert von, geboren
zu Adimontbühel in Steiermarf am 14.
Mai 1828, ftudierte derjelbe das Gym—
naſium teils zu Judenburg in Steiermarf,
teils zu Wien und beendete feine philo-
ſophiſchen, mathematifchen und phyſikali—
ſchen Studien an der Univerſität und an
der techniſchen Hochſchule in Wien im
Jahre 1848. Er begann ſeine lehramt:
liche Laufbahn als Aſſiſtent für Mathe:
matik und Phyſik an der Univerſität zu
Er
Falieri
philoſophiſchen Doktorgrad erlangt hatte.
Im Jahre 1850 wurde er Gymnaſial—
lehrer und 1851 zugleich auch ſupplieren—
der Profeſſor der Phyſik an der techni—
ſchen Hochſchule daſelbſt. Im Jahre 1852
von der Regierung als Profeſſor der
Phyſik an die Univerſität Innsbruck be—
rufen, beſorgte er daſelbſt die, den neueren
Anforderungen entſprechende Einrichtung
der phyſikaliſchen Lehrkanzel und lieferte
die erſten phyſikaliſchen Arbeiten, welche
aus diefer Hochſchule hervorgegangen ſind.
1867 überſiedelte er an die techniſche
Hochſchule zu Prag als Profeſſor der alle
gemeinen und techniihen Phyſik und be—
forgte auch bier die neue Einrichtung des
phyſikaliſchen Laboratoriums. 1883 wurde
‚er, nachdem er Schon an der Prager Hoch:
ſchule den eleftrotechniichen Unterricht an:
gebahnt hatte, zur Einführung dieſes
Unterrichtes und zur Errichtung und Lei—
tung eines eleftrotechniichen Inſtitutes an
die technische Hochſchule in Wien berufen.
Er beſchickte die Kenfington-Ausjtellung
in London und die eleftriichen Ausitellun:
‚stellungen in Paris, Münden und Wien
mit Apparaten eigener Erfindung. Von
‚ihm find folgende als jehr verdienſtlich
anerkannte Schriften erſchienen: Aſtro—
nomie und Optik in den letzten Dezennien (1862),
Grundriß der allgemeinen mechaniſchen Phyſik
(1875), Die abſoluten Maaße, insbeſondere die
elektriſchen Maaße (1885), ferner zahlreiche (über
70) willenichaftliche Abhandlungen phyſikaliſchen
und elektrotechniſchen Inhaltes in verſchiedenen
Zeitſchriften, und teilweiſe auch in Karmauſch
und Heerens techniſchem Wörterbuche.
Walter, Waldemar, geboren am 4.
April 1854 zu Nieder-Adelsdorf, Neg.
Bezirk Liegnig in Schlefien, Cohn eines
Guisbeſitzers, beſuchte bis zu feinem
10. Lebensjahre die Ortsichule, von da
bis zum 16. Jahre das Gymnaſium zu
Bunzlau, um jpäter nad) dem Willen ſei⸗
nes Vaters Geiſtlicher zu werden. Leider
behagte das weitere Studieren dem ſchwäch—
lichen Körper nicht, deshalb war W. ges
zwungen, auf Nat des Arztes Lands
Barnitorf.
wirt zu werden. Viele Jahre war er
in Ddiefem Berufe thätig. Familien:
ereigniffe aber legten ein Veto in biefe
Beihäftigung. Langſam von einem ſchwe—⸗
ren SHerzleiden genejfen, erwachte ber
in ihm ſchlummernde heitere Einn, und
feine 1881 in den verſchiedenen Zeitſchriften Schle:
fiens erjchienenen erften Dialelt:$umoresfen ga»
ben ihm dur Anerfennen des Publikums Mut,
auf diefem Gebiet weiter zu fchaffen. Aus einer
alten am Ort über 200 Jahr angefeflenen Bauern
familie ftammend, find W. die Sitten und Ge:
bräuche der ſchleſ. Zandvölfer befannt und ver:
traut, jo daß feine Dichtungen, unter dem Titel
„A kleenes Riefla” (1883) und „Ann Hamvel
Schnaaken“ (1886) gefammelt, vielen Beifall
fanden.
Waruſtorf, Carl, am 2. Dezember
1837 zu Sommerfeld, Kr. Croſſen (Brans
denburg) geboren, befudhte von 1855 —58
das LZehrerjeminar in Neuzelle, wirkte fo:
dann bis zum Jahre 1867 als Lehrer
an den Volksſchulen in Arnswalde und
ift feit diefer Zeit als 1. Lehrer an ber
achtklaſſigen Bürgerfnabenihule in Neu:
ruppin thätig. Echon frühzeitig zeigte er
große Liebe zur Natur, und bejonders
war e8 die heimiſche Pflanzenwelt, welche
ihn außer feinen Amtsftunden feſſelte.
Während der legten beiden Dezennien be:
ſchäftigte er fich faft ausschließlich mit den
europäifhen Moofen und unter dieſen
mit Vorliebe mit den Sphagnen. Seine
Beobachtungen und Entdedungen auf diefem Ge:
biete find im zahlreichen Abhandlungen in den
verfchiedenften deutſchen Fachſchriften niedergelegt.
Bon feinen größeren Arbeiten find hervorzuheben:
Die —— Torfmooſe (1881, ins Franzö—
ſiſche überſetzt 1887), Sphagnologiſche Rückblicke
(1884), Moosflora der Prov. Brandenburg (1885),
zu deren Vorarbeiten ihm von Unterrichtsminifter
1884 ein balbjähriger Urlaub bewilligt wurde,
welchen er dazu benugte, die reihen Samımluns |
gen des fönigl. botan. Mujeums in Berlin ein»
gehend zu ftudieren. Gegenwärtig arbeitet er nun
an einer umfaflenden Monographie der euros
päifhen Torfmoofe. Außer mit den Natur:
wiſſenſchaften befchäftigt er ſich in feinen
Mußeſtunden mit Mufif; von feinen job
reichen Kompofitionen erjhienen vor Jahren ſechs
Feſtmotetten für gemiſchten Chor, welche feiner:
zeit als „Kabinettsſtücke“ bezeichnet wurden.
672
Dartenburg.
Wartenburg, Karl Friedrich Anton,
zu Leipzig geboren am 13.November 1826,
befuhte das Geraer Gymnafium und
widmete fih an der Leipziger Hochſchule
dem Studium ber Rechte, das 1851, da
er des Verſuchs bes Hochverrates ange
Hagt war, durd längere Gefängnishaft
unterbrochen, dann aber durch die Ables
gung der Staatsprüfung feinen Abſchluß
fand. Er fühlte das Zeug in fich, zu
dichten und zu jagen, und da er ein beffe
rer Dichter als Jurift zu fein glaubte, fo
hing er legteren an den Nagel und wids
mete ſich ausfchließlich dem Schriftiteller:
beruf. Nachdem er feinen Gefichtsfreis
Inodh durch mehrere Reifen und längeren
Aufenthalt in Frankreich und Belgien und
Hamburg erweitert hatte, nahm er feinen
MWohnfig in Gera, wo er noch jet lebt.
In Paris fchrieb er feinen erjten Roman:
Eine Berlorene. Selbſtſchaffend bebaut er
vornehmlich das Feld des Romans, für das
er die meijte Begabung: fruchtbare Phan-
tafie und glänzenden Stil, befigt. Außer:
dem bat er noch die Bühnenliteratur um
mehrere Dramen, von denen „Die Schauer
fpieler des Kaifers“ der Weltliteratur
angehören, ba fie in eine große Anzahl
fremder Sprachen überfegt wurden, be
reichert.
Hauptwerfe: Reue Propheten (Rom. 1861),
An trüben Tagen (Nov, 1861), Bäter der Stadt
(Rom. 1862), Franzöfifhes Leben (Rov. 1863),
Ein Heines Kind (Nov. 1865), Gerichtet und ger
rettet (Rom. 1868), Robespierre (Rom. 1871),
Ein fchredliher Menfh (Rom. 1873), Eine junge
Frau (Rom. 1881), Catilina's Söhne (Rom.
1882), Die Schaufpieler des Kaiſers (Dram.),
Das Mädchen von Frontera (Dram.), Die Jdee
feiner Frau (Luftip.), Die Volfsjängerin (Dram.),
Denn Frauen alt werden (Nov.).
Wartenegg, Wilhelm von, aus
reihsadeligem Geſchlecht, zu Wien am
24. Juni 1839 geboren und dort erzogen,
trat nach verſchiedenen Studien und Reis
ſen in die faiferlich öfterreihifche Armee
und madte 1866 als Offizier bei den
Kaifer-Ulanen den Feldzug in Böhmen mit,
blieb dann Soldat und fam als Ober:
Mafielewäti,
673
Weber.
leutnant im Jahre 1874 in Zuteilung | hatte ich das jwanzigite Lebensjahr er⸗
zum-Oberftfämmereramte des Kaifers in
Wien. Im Jahre 1878 wurde er zum
Kuftos der faiferlichen Gemäldegalerie er:
nannt, welche Stelle er noch bekleidet.
Srübzeitig den Künften geneigt, befchäftigte er fich
mit Roche und Malerei und brachte feine eriten
dramatischen Verſuche Franz Grillparzer, den er
ſehr verehrte und der diefelben als Zeichen eines |
wahren und großen Talentes bezeichnete. Aud |
Ipäter ward er durch das Lob des großen Die:
terö vielfach ausgezeichnet und angeeifert. —A
Trauerfpiel „Maria Stuart in Schottland“ wurde
zum erftenmale am Hoftheater in Stuttgart 1871
gegeben. Der ungewöhnliche Erfolg machte, daß
es im felben Jahre am Hofburgtheater in Wien
zus Aufführung gelangte. 1875 wurde feine
ragödie „Rofamunde” am Hoftheater zu Dres:
den aufgeführt; das Hoftheater zu München, das
Stadttheater zu Frankfurt und andere Bühnen
folgten nad. Ein hiftorifches Traueripiel „Un:
dread Paumkircher“ ging zum eritenmale 1878
am Hofburgtheater in Wien in Scene; ein mo:
dernes Stück „Ein Blick in die Welt” 1880 am
Hoftheater in Stuttgart. Auch andere Stüde |
ernjter und beiterer Gattung wurden an verſchie⸗
denen Bühnen von ihm gegeben; viele hiſtoriſche
Stüde find noch nicht in die Öffentlichkeit gedruns
en. Bon den Romanen und Novellen Wes find
either viele in Zeitfchriften veröffentlicht worden,
Im Buchhandel erfchienen: Deflamationen (Luftip.
1873), Andreas Paumkircher (Trauerfp. 1878).
Einzelne Gedichte erfchienen in Sammelwerten, |
ein Eyflus „Der Sang von Ingejald und Jvar“ |
in „Deutiche Worte“ (1884). Eine Suite funft:
wiſſenſchaftlicher Arbeiten begann mit „Das hiſto⸗
riſche Porträt" in dem Jahrbuch „Die Diosturen“
(1887). „Der Berwendbare“, Erzählung mit Bor:
trät und Biographie des Verfaflers erfchien 1887,
Waſielewski, Wilhelm 3. von. Ich
bin am 17, Juni 1822 in Groß:Leefen
bei Danzig geboren. Einige Jahre da-
nach wurde die genannte Stadt der blei-
bende Wohnort meiner Eltern. Dort ge:
noß ih die regelmäßige Schulbildung.
Daneben wurde fleißig mufiziert. Zu
meinem Inftrument hatte ich die Violine
erwählt. Später fam Klavierfpiel und
Theorie hinzu. Der Umitand, in einer
gefunden mufifalifchen Atmojphäre auf-
gewachjen und mit den Schäßen der mufi-
kaliſchen Klaffiter genau bekannt gewor-
den zu fein, erwies fich für mich weiter:
hin von unſchätzbarem Wert. Unterdeflen
Das literarifhe Deutſchland.
|
reiht; es war ein Lebensberuf zu wãh⸗
len. Ich entichied mich mit Vorliebe für
die Mufif, der ich innerlich längft ſchon
angehörte. Da 1843 die Leipziger Mu—
ſilſchule unter der Ägide Mendelsſohns
eröffnet wurde, ſo wandte ich mich dort⸗
hin zur Abſolvierung regelrechter Studien.
Ich genoß den Unterricht Diendelsfohng,
Hauptmanns und Davids und nahm außer:
dem auch am Klavier: und Orgelunter-
richt Teil, um mich mit der Technik die:
jer Inftrumente etwas näher befannt zu
maden. Doc blieb die Violine mein
Hauptinftrument. Bald wurde ih im
Gewandhaus⸗ und Theaterorcheiter ange
ſtellt. 1850 berief mich Robert Schu⸗
mann als Konzertmeiſter an die von ihm
in Düſſeldorf geleiteten Konzerte. Hier
war ich bis 1852 thätig, worauf ich nad) _
Bonn ging, um die Leitung des dortigen
Sejangvereing zu übernehmen. Nach dreis
jähriger Thätigfeit dafelbft mählte ich
Dresden zu meinem Wohnorte, eincsteils,
um die Vorteile eines großftädtiichen Le—
bens zu genießen, und anderenteils, um
mufifhiftorischen Studien obzuliegen. Eine
Frucht der letzteren war mein Buch „Die Violine
und ihre Meiſter“ (1869, 2, Auf. 1883). Bor:
her ſchon (1858) hatte ih N, Schumann’s Bio:
graphie veröffentlicht, welche drei Auflagen er:
lebte. 1869 fehrte ich als ftädtiiher Mufit-
direftor nach Bonn zurück. In diejer Stel-
lung verblieb ih 15 Jahre, nad) deren
Ablauf ich meine Direftionsthätigkeit de⸗
finitiv aufgab, um mich ganz meinen mu:
fifjchriftftellerifchen Arbeiten zu widmen.
Während meines Bonner Lebens ſchrieb ih „Die
Violine im 17. Jahrhundert (1874\, „Die Ge:
ſchichte der Inftrumentalmufit im 16. Jahrhun⸗
dert (1878) und die „Schumannia” (1883).
1884 verlieh id Bonn, wohnte zunächſt
einige Zeit in Blankenburg am Harz und
309 dann zu bleibendem Aufenthalt nad)
Sondershaujen. Hier vollendete ich meine
Beethoven-Biograpbie (1887).
Weber, Ernſt von, wurde am 7. Fe:
bruar 1830 als ein Cohn des K. ©,
Geheimrates und Präfidenten des Landes:
43
Weber. —
konſiſtoriums v. W. in Dresden geboren.
Nach Vollendung feiner Vorbildung be—
reiſte er in den Jahren 1851—69 bie
ſüdeuropäiſchen, nordafrifaniichen und
afiatiichen Mittelmeerländer, wobei er
1855 in eine breimöchentliche türkische
Kriegsgefangenihaft zu Siliftria geriet.
1869 — 70 unternahm er Reifen in Nord»
amerifa, 1871 nad) den Diamantenfel:
dern Südafrifas. Dort verweilte v. W.
vier Jahre und trat dann feine Rüdreife
über Natal, Delagoa-Bay, Zanzibar,
Konftantinopel nah Moskau an. Es
folgte ein einjähriger Aufenthalt in Ruß—
land (Gouvernement Tamboff). Im Jahre
1878 gab v. W. fein erftes felbftändiges Werf
heraus „Bier Jahre in Afrifa”, worin er nad):
drüdlic für die Notwendigkeit der Schaffung
von beutichen Kolonien in Arifa plädiert. Das
Wert wurde von der Kritik freudig begrüßt.
1879 folgte die Publikation der Schrift „Die
Bolterfammern der Wiſſenſchaft“, die dem Ber:
fafer auf der einen Seite ein Heer von begei⸗
ſterten Freunden, auf der anderen ein ſolches von
erbitterten Feinden zuführte. Dieſe Schrift gab
den erſten Anſtoß zur deutſchen Bewegung gegen
die Greuel der wiſſenſchaftlichen Tierfolter, Im
jelben Jahre begründete W. mit einigen
Freunden den internationalen Verein zur
Bekämpfung der wiſſenſchaftlichen Tier:
folter, der nach furzer Zeit viele Tau:
jende von Mitgliedern in allen Welt:
teilen zählte, und dem v. W. als Prä—
fident vorfteht. Die fortgefegte Agitation
des Vereins veranlaßte die preußifchen
und öjterreichifchen Miniſter zur Per:
öffentlihung von NReferipten gegen bie
Mißbräuche der Viviſektion. Im Jahre
1886 machte er eine fiebenmonatliche
Reife nad) Britiich- Indien, dem Himalaya
und der Inſel Eeylon, wo ihm feitens
der theojophifchen Gefellichaften die glän-
zendfte Aufnahme zu teil wurde. Außer:
dem find von den verdienftlichen Schriften
W.'s hervorzuheben: Die Erweiterung des
deutichen Wirtichaftägebietes und die Grundlegung
zu überfeeifchen deutichen Staaten (1879), Der
Unabhängigfeitstampf der Niederdeutichen Bauern
in Südahifa. Die Leiftungen v. W.'S wurden
anerkannt durch die k. öfterr. goldene Medaille
674
‚in Großbritannien (1845 und
‚terften Stufen der damaligen &
für Kunſt und Wiſſenſchaft, durch Verleihung
Weber.
des k. fühl. U töordens, der k. nieder.
taken ya des be
I. ſächſ. usorbens; berdem v
——— —
für
niſation, Ehrenmit lied vieler deutſcher au
ländijcher ——— — er
Weber, Georg, wurde am 10. Fe—
bruar 1808 zu Vergzabern geboren, wib-
mete ſich anfänglic dem Studium ber
Theologie in Erlangen, dann dem Stu
dium der Philofophie und Geſchichte ar
nr ger ug wurde da
elbſt nach jtattgehabter promotion
Lehrer, ſpäter Profefior an der höheren
Buͤrgerſchule, deren Direktorium er 1848
übernahm. Im Jahre 1872 trat er in
den wohlverdienten Nuheftand. MW, 4
zu unferen bedeutendften Hiftorifern,
Werke find meift außerordentlich pop:
und — gie Befonderen Ruhm
erwarb er ſich durch feine Augemeine Welt
geſchichte (15 2 res die ——
bildeten fremd geblieben ift. Aßer
hervorzuheben: Feſchichlliche Darftelt ng Di
Kalwinismus im Verhältnis Staat |
Geſchichte der afatholifchen Ki
der Weltgeſchichte (20. Aufl, 1888), Weltgefd ich!
in überſichtlicher Darftellung (19, Aufl. ‚88;
Geſchichte der deutichen Literatur (11.
Leſebuch zur Geſchichte der deuffe
(4. Aufl. 1878), Literarsbiftoriiches - 2ejebud
(1851—52), Gefchichte deö Noltes 3, ael (186°
Heidelberger Erinnerungen (1886), —*
(1886), Jugendeindrüde und ifje (1887
Weber, Heinrid. Am 6. Juni 1821
— Pr: der ältere Sohn ı ins
acher, aber nad) Körper, Geift und Ge
müt ferngefunder —— en, bi
id) mit meinem einzigen Bruder
licher Kindheit aufgewachfen, von frühen
Jugend an von der Mufit, zumal vı
Geſange aufs herrlicfte begleitet. Stam
die frühe Liebe zur Poeſie von de ber.
von der feinfühligen Diutter mit ihrer
mütstiefen ——— Nach ı en
ir,
richtungen durchwanderle id die 7, |
des Gymnafiums und acht Seimefte
Meber.
zwilchen Philologie und Theologie, end:
li) zur legteren gewendet. Seit 1848
babe id) an vier Gemeinden meines Hei-
matfantons das Pfarramt beffeidet, in
dem prächtig gelegenen Höngg, eine Stunde
nordweftlih von Zürih, nun mehr als
ein Bierteljahrhundert. Mein jugendliches
Dpus „Der Albis” in Herametern wurde 1861
ohne mein Wiffen von einem meiner Lehrer zum
Drude befördert, ein beſchreibendes Gedicht, der
Liebe für diefe ſchöne Bergkette entfprungen. Ge:
drängt von Befreundeten habe ich mehreres ge:
fchrieben, was beſſer ungefchrieben geblieben wäre.
Erft 1861 find, wohl etwas reifer, die „Lieder
eines Suchenden“ erfhienen, religiöfe Gedichte,
in denen der ideale Flug bisweilen die Klarheit
verhült. Später habe ich gelernt, mein beſchei—
denes Iyrifches Talent in den ftilleren Kreifen
der Familie, der Freunde und edler Gefelligkeit
anzuwenden. Nach außen hin führten mid) einige
dichaufpiele, welche ſchon oft Schulfeite ge-
chmückt haben, zur dramatifchen Poefie. „Zürichs
rauen im Sommer 1292”, der „Oberjtzunft-
meifter Widmer”, bejonders „Ulrich Zwingli”,
find, zumal das Ießtgenannte Drama, reifere
Früchte, ſämmtlich vaterländifchen Inhaltes, Im
Sahre 1886 ift mir die Freude geworden, durch
die preisgefrönte und komponierte Kantate „Sie
geöfeier det Freiheit” unfere Sempachfeier ſchmücken
u können. Im nämlichen Jahre iſt mein bibli«
ches Drama „Jeremia” entftanden. Das Haupt:
ebiet meiner außeramtlichen Thätigkeit bildet die
ologie (vgl. meine „Geſchichte des Kirchen:
in. der deutjch-reformierten Schweiz feit
der Reformation” und das neue ſchweiz. Kirchen:
gefangbud)). :
Weber, Heinrih. Ich bin geboren
am 21. Juni 1834 zu Euerdorf an der
änkiſchen Saale, Bayern, Kreis Unter:
anfen, als der Sohn eines königl. bay:
riihen Beamten. Dur) den Übertritt mei-
nes Vaters in fürftl. leiningenfche Dienfte
war die Überfiedelung der Familie nad)
dem Städtchen Amorbach veranlaft, wel:
ches, in dem jchönften Thal des bayrischen
Dvenwaldes gelegen, eine bis in den An-
fang bes 8. Sahrgunderts zurüdreichende
Benediktiner- Abtei bejaß und nad der
Säkularisation Sig des Fürften von Lei-
ningen » Hardenburg = Dahsburg murbe.
Die Humaniftiichen Studien machte ih an
den Gymnafien’zu Würzburg und Bam:
berg, die akademischen am Lyceum zu
675
Weber,
Bamberg und an ber Univerfität Würz-
burg. 1857 zum Priefter geweiht, war
ich drei Jahre lang in der Seelforge auf
dem Lande thätig, von 1860—65 in der
ehemaligen freien Reichsſtadt Schweinfurt,
zugleich als Religionslehrer für die katho—
lichen Schüler der dortigen Lehranftalten.
Bon 1865— 71 war ic) Profeffor der Re-
ligionslehre und Geſchichte am Gymna:
fum in Würzburg. Seit 1871 bin ich
Profeſſor der allgemeinen Geſchichte an
der philoſophiſchen Sektion des königl. 2y:
ceums in Bamberg. Ich bin Mitarbeiter an
mehreren wiſſenſchaftlichen Zeitſchrifien: Hiftos
riſch⸗politiſche Blätter, Katholiſche Bewegung ꝛc.,
und habe in der neuen Ausgabe des Kirchen⸗
lexikons u. a. die größeren Artikel: Bayern,
Deutſchland, Germanen, Hunnen gefehrieben. Die
meiften meiner Rublifationen baben zum Gegen:
ftand die Spezialgefchichte des chemaligen Hod):
ftift8 Bamberg. Dabin gehören: Die Di Ge
betbücher des Hl. Heinrich und der hl. Kunegun⸗
dis in der kgl. Vibliothef zu Bamberg (1872),
Ein Beitrag zur Geſchichle des Kollegiatitiftes zum
hl. Stephan in Bamberg (1878), Gefchichte der
gelehrten Schulen im Hochſtiſt Bamberg von
1007—1803 (1880—82), Das freiherrl. von
Aufſeesſche Studienſeminar in Bamberg (1880),
Württemberger auf der Bamberger Afademie und
Univerfität von 1648—1803 (1883), Die St.
Georgenbrüder am alten Domftift zu Bamberg
(1883), Symbolifhe und typiſche Malerei in
Vamberg (1884), Gefchichte des Chriftenlehr:
unterriht3 und der Katechismen im Bistum Bam
berg (1883), Die Bamberger Beichtbücher aus der
erften Hälfte des 15. Jahrhunderts (1884), Bam ⸗
berger Weinbuch (1884), Vierzehnheiligen in Fran⸗
kenthal (1884), Das alte Sranzisfanerflofter zu
Bamberg 1223—1805 (1884), Forchheim in der
Geſchichte (1884), Die ehemalige Benediktiner:
ropftei St. Getreu in Bamberg 1885), Kronach
n der Geſchichte (1885), P. Marquard von Ros
tenhan 8. J., das Lebensbild eines eifrigen Prie:
ſters aus dem 18, Jahrhundert (1885), Alt:Bams
berg, ein Reife: und Sittenbild aus dem 17. Jahr:
hundert (1885), Die Verchrung der Bi. vierzehn
Nothelfer (1886), Bamberg im dreißigjährigen
Krieg (1886), Die Altenburg bei Bamberg (1887),
Die St. Martinsfirche zu Bamberg (1887), Ein
oftfränfifches Namenbuh aus dem Anfang des
16. Jahrhunderts (1887), Zur Geſchichte der
Glockeninſchriften aus dem Bamberger Land
(1887), Klofter Banz (1888), Schehlig mit Um⸗
gegend (Schloß Hiech, Kapelle Hügel, 1888).
Weber, Ludwig, wurde am 2. April
1846 zu Schwelm geboren. Er mwibınete
43*
Wedde.
ſich dem Studium der Theologie und
wirft nunmehr als Pfarrer in München—
Gladbach. Neben vielerlei von ihm us:
gegebenen apologetiihen Aufjägen und Brofhüren
(Der lebendige Gott in feiner Schöpfung, Über
das Wunder der Berföhnung in dem Opfertod
Jeſu Chriſti, Über zwei neuere bedeutſame Did:
tungen vom Jenſeits, Die Behandlung der
fozialen Frage auf evangeliicher Seite), ſowie
neben der Herausgabe vieler Predigten und er:
baufihen Betrachtungen in kirchlichen Blättern,
bat ſich W. vor Allem der Förderung des Zus
jammenhangs des Chriftentums mit den ftaat:
lichen und geſellſchaftlichen Verhältnifien der Gegen:
wart fchriftftelleriich gewidmet. Als Schriftführer
des Vereins für innere Miffion in der Grafichaft
Mark (Weitfalen) gab W. mehrere Flugblätter her:
aus, über Gefundheitspflege, über Wohnungsver:
bältniffe, über Jünglingsvereine, Kindererziehung,
über dad Branntweintrinfen, welch legteres in
einer halben Million von Eremplaren verbreitet und
in mehrere fremde Sprachen überjegt wurde. Als
Schriftführer des Vereins für chriſtliche Volks:
bildung in Rheinland und Weitfalen gab W.
ſeit 1882 fait deiien ſämmtliche Flugblätter ber:
aus, die ebenfalls eine große Verbreitung in allen
Teilen Deutichlands und über dafielbe hinaus
gefunden haben; aud it W. Herausgeber der
„Nheinifchweftfäliihen Korreſpondenz des Ver:
eins für chriftlihe Volksbildung“. Die Titel
jener Flugblätter waren jehr mannigfad. Sie
bezogen ſich auf die Bibel, auf Has Weihnachts:
wunder, auf die Auferitehung Jeſu, auf das
Chriftentum als die Grundlage unferer gefamten
ftaatlichen und gefellihaftlichen Verhältniffe, auf
die „Thorheit und Verderblichkeit des jogenannten
Materialismus“, auf den Glauben an ein ewiges
Leben, auf patriotiiche Anläſſe, auf ſoziale The:
mata. Außerdem hervorzuheben die Broſchüre:
Chriftentum und Arbeit (2. Aufl.) W. iſt Mit:
begründer bezw. Mitherausgeber des „Co. Ars
beiterboten“ und der „TDeutihen Ev. Kirchen:
zeitung“. Endlich ift er Vorſitzender des Chriſt—
lichen Vereins zur Hebung der öffentlichen Sitt-
lichkeit für Deutichland und bat als jolder
mehrere Publikationen deijelben herausgegeben.
Wedde, Friedrich Chriſtoph Johan:
nes, wurde am 15. Januar 1843 zu Uel—
zen im Lüneburgiſchen als der Sohn eines
Tuchfabrikanten geboren, der jeinen Wohn—
fig jpäter in Hannover nahm, nachdem
das väterliche Geihäft im Sturm des Re:
volutionsjahres Schiffbruch gelitten hatte.
Zur Begründung eines neuen Geſchäftes
jiedelte die Samilie 1851 nah Hamburg
über, wo W. feine Schulzeit durchmachte.
676
Weddigen.
In den Jahren 1862—66 ſtudierte er
z Heidelberg, Berlin und Göttingen erit
Or chichte und deutſche Sprade, dann
€ rsatswilfenihaft. Umgeftaltung der
hauslichen Verhältniffe machten ihm jeboch
tw weitere Verfolgung der in Ausficht
g..ommenen afademifhen Laufbahn uns
möglich. Schwere Erfahrungen, verbuns
‚den mit körperlichen Leiden, machten die
nächſte Zeit zu einer recht ſchweren. 1867
gelang es ihm, als Lehrer an Hambur⸗
giſchen Brivatichulen fi) auf eigene Füße
zu Stellen. Gelegentlich journaliftiich be
ſchäftigt, verſah W. neben feinem lehr⸗
amtlichen Berufe den Dienft beiden „Sams
burger Nachrichten“ als Neferent für das
Drama im Stadttheater. 1879 quittierte
W. feine Lehrthätigfeit, um ſich förper-
‚li zu erholen und auf die von jeher er»
ſtrebie ſchriftſtelleriſche Thätigkeit Direkt
‚vorzubereiten. In dieſer Zeit erſchienen feine
dramatiſchen Referate gefammelt unter dem Tite
„Dramaturgiihe Spähne”, die von der &
freundlih aufgenommen wurden. ge
Nervofität, die Folge eines Brandes, der
W. fat feiner ganzen Habe beraubte,
zwang ihn, zur Wiederherftellung feiner
Sejundheit längere Zeit im Sachſenwalde
juzubringen. 1880 nad) Hamburg ge⸗
fehrt, ſchrieb er noch Einiges für bie,
ger Nachrichten“, ſowie für das P
„Küftenfahrten“ die Aufläge über Hamburg, Nies
derelbe und über die Lüneburger Haide. 1881
gründete W. die „Bürgerzeitung“, cin Organ für
die entichiedene Demofratie in Hamburg, redi-
gierte die Zeitung und ließ fie feit 1882 in der
eigenen Druderei druden. Das gelungene Unters
nehmen ermöglichte W. bald ein eigenes glück—
lihes Heim. Der Befig der Druderei veranlaßte
‚ihn, eine Heine Auswahl feiner Gedichte „Grüße
des Werdenden“ (1854) herauszugeben, die 1885,
einem Verlag übergeben, in 2. Ausgabe erichies
‚nen, zu welder W. ein philoſophiſches Expoſé
als Einleitung ſchrieb. Die Eigenart der Welt
und Zebensauffaffung machen die ftimmungsvols
‚len „Grüße eines Werdenden” zu einer inter
effanten und lefenswerten Bublifation. Außer
den genannten Werfen hervorzuheben: Die Über»
ſetzung des „Dramas vom römiſchen Neiche Deuts
ſcher Nation”, einer wenig gefannten Dichtung
des zwölften Jahrhunderts.
Meddigen, Friedrich Heinrich Dito,
ſtammt aus altweſtfäliſchem Geſchlechte
Meddigen.
677
Medell.
und wurde geboren am 9. Februar 18511876 ift er in glüdliher Ehe mit der
zu Minden in Weitfalen.
Bon braven | Tochter des Echweriner Borträt- und Land:
bürgerlichen Eltern, trat er nad) Abfol: | fchaftsmalers Heinrich Pommerencke ver:
vierung des Abiturienteneramens als Frei-
williger in die Armee und machte den
Feldzug von 1870 gegen Frankreich mit.
In Feindesland dichtele er jeine „Schwertlieder”,
welhe auf lofen Blättern in den Reihen der
Kameraden von Hand zu Hand gingen, doch er:
Ihienen fie erſt fpäter gedruct. Typhus und
Lähmung warfen ihn infolge der Etra-
pazen auf das Krankenlager. Nach feiner
Geneſung bezog er die Univerfitäten Halle,
Straßburg und Bonn, fi dem Studium
der neueren Sprachen und Geſchichte, Li-
teratur und Afthetif unter den Profeſſoren
Böhmer, Haym, Ulrici, Springer, De:
lius, Diez, Simrod, v. Sybel widmend.
1874 folgte er einem Auf als Lehrer an
das großherzogl.Realgymnafium zu Schwe:
rin i. M., erwarb die philoſophiſche Dok—
torwürde und legte das Staatseramen in
Bonn ab. Einer unüberwindlichen Schn-
ſucht folgend, kehrte er 1878 in die hei-
matliche Provinz Weltfalen zurüd, indem
er an das königl. Gymnaſium zu Hamm
berufen ward. 1883 habilitierte ſich W.
für neuere Literatur an der technifchen
Hochſchule zu Hannover (Über das hiſtoriſche
Volkslied der Deutihen). Da aber das Mi—
nilterium nicht die Mittel für eine Pro:
feilur in Ausficht ftellen konnte, verblieb
W. in feiner Stellung. 1888 ward er an
das Fönigl. Realgymnafium in Wies—
baden berufen. Neben der Ausübung
feines Lehrberufes war er unermüdlich
dichterisch und wiſſenſchaftlich thätig. För-
dernd wirkten auf ihn die Belannt:
ſchaften mit Emanuel Geibel und Levin
Shüding, Friedrih Kücken und Franz
Abt. MW. regte an und verwirklichte auch
die Idee eines Schücking-Denkmals für
Münfter i. W. Neifen dur Nord- und
Süddeutichland, die Schweiz, Dfterreich
und Italien erweiterten feinen Gefichts:
freis. Viele feiner Lieder wurden von
Abt, Lacher, Dregert u. |. w. fomponiert,
auch erhielt er einen Preis für ein Felt:
lied zum Heidelberger Jubiläum.
bunden. W. iſt vor allen einer unferer
nambafteften vaterländiihen Dichter.
Hauptwerfe: Scwertlieder eines Freiwilligen
aus dem Feldzuge von 1870/71, Gejammelte Did:
tungen (I. Gedichte und Dramen, II. Novellen,
1884), Neue Märchen und Fabeln (mit Zlluftr.
von Carl Gehrts, 3. [Rolts:] Auägabe 1887),
Neue Gedichte (2. Aufl. 1885), Gedichte aus der
Heimat und aus Stalien (1886), Bon der roten
Erde (MWeftf. Dorfgeih. und andere Erz. 1887),
Ideal und Dämon (Rom. 1883), Helgamor und
Sodalind (Epos 1888) ; ferner hervorzuheben die
trefflichen Werke: Leſſings Theorie-der Tragödie
(1877), P. 3. Weddigens Geiftlihe Oden und
Lieder (4. Aufl. 1874), Die patriotiiche Dichtung
‚von 1870/71 unter Berüdfihtigung der gleich
eitigen polit. Lyrik des Auslandes (1880), Ge:
Nichte der Einwirkungen der deutichen Literatur
auf die Literaturen der übrigen europäiſchen Aul:
turvölfer der Neuzeit (1882), Studien und Er:
innerungen (1881), Aus der literariihen Welt
und für diefelbe, zeitgemäße Erörterungen (1883),
| Die Hohenzollern und die deutiche Literatur (1883),
Das Buch vom Sachſenherzog Wittefind, Sage
und Dichtung, nebjt hiftor. Einleitung (mit Jluftr.
1883), Der Sagenihat Weſtfalens (1883), Lord
Byrons Einfluß auf die europäiichen Literaturen
der Neuzeit (1884), Geſchichte der deutichen Volks—
poeſie Bet dem Ausgange des Mittelalters bis
auf die Gegenwart (1884); Auswahl englilcher
Gedichte nebſt biogr. Notizen der Verfaſſer ꝛe.
(1877), Auswahl franzöſiſcher Gedichte nebit
biogr. Notizen der Verfaſſer zc. (1879), Die natio:
nale Reform unjerer höheren Lehranſtalten (1880),
Über die Notwendigkeit einer Profeffur für neuere
Literatur an den deutſchen Hochſchulen (1880).
Wedel, Diar Heinrich Friedrich) von,
geboren den 2. Dftober 1849 ‘auf dem
Nittergute Chmiellowig bei Oppeln, be:
fuchte die Gymnaſien zu Breslau, Brom:
berg und Bunzlau und trat nad Ab:
legung der Maturitätsprüfung 1869 in
das Grenadier-Regiment 10 in Breslau
ein. Während des franzöfiichen Krieges
in Rheims zum Offizier ernannt, wohnte
derjelbe dem ganzen Feldzuge bei und ge:
hörte nah Schluß deſſelben noch längere
Zeit der Ofkupationsarmee in Frankreich
an. Demnächſt befuchte v. W. von 1873
bis 1876 die fönigl. Kriegs-Afademie in
Seit Berlin und begann bier feine fchriftitel-
Mehl.
leriſche Thätigkeit. Es erichienen zu diefer
Zeit mehrere Auffäge in Zeitichriften und eine
Biographie: Ein preußiicher Diktator, Earl Hein»
rih von Wedell, Generalleutnant und erfter
preußifcher Kriegäminifter (1876). Nach Ab:
folvierung der Kriegsafademie ftand W.
in Breslau als Adjutant des Grenadier:
Regiments Nr. 10. In diefe Zeit fallen:
1877 die Herauägabe der „Vorbereitung für das
Eramen zur Kriegsakademie“ (5. Aufl. 1886);
1878 die Begründung der Militär-Zeitung für
Referve und Landmwehr:Offiziere, deren Heraus:
geber und Redakteur W. auch heute noch iſt; in
demfelben Jahre „Leitfaden für den Unterricht
auf der Kapitulantenſchule“ (8. Aufl. 1887) und
„Rordiiche Skizzen“ (gefammelte Feuilletons von
E. v. Wald und M. v. Wedell); 1880 „Inftruf:
tion für den Erſatz-Reſerviſten“ und „Handbud
für die wiffenfchaftlihe Beihäftigung des deut:
ſchen Offiziers“, ein umfangreiches Wert mit
Quellennadhweis für alle Richtungen militärwiſſen⸗
ſchaftlichen Studiums; es wird als geradezu
epochemachend durch die überfichtlihe Anordnung
und AZufammenfaffung des geſammten militär—
wiſſenſchaftlichen Schrifttums bezeichnet (3. fehr
verm. Aufl. 1887); 1881 Begründung der „All:
gemeinen Sluftrirten Militär-Zeitung”, welde
den Zwed verfolgte, Sie Idee wirtichaftlichen Ge:
noſſenſchaftsweſens in die Kreife der preußifchen
Offiziere zu tragen und dadurch dem Insleben⸗
rufen des deutſchen Offizier-Vereins förderlich zu
fein; die Zeitung hörte Ende 1883 auf zu er
ſcheinen, als ihr Zweck erfüllt, d. 5. der Offizier.
Verein begründet war; 1883 Offizier⸗Taſchenbuch
für Manöver, Generalftabäreifen, Kriegsipiel und
taftifhe Arbeiten (6. Aufl, 1888); 1883—86
Redaktion und Herausgabe (mit Admiral v. Henk
und Marinemaler Niethe) des Marine-Pracht-
werks „Zur See”. Außerdem zahlreiche militär. Ar 8
tikel und Feuilletons in der Fach⸗ und —— ei
MW. war bis 1881 Negiments-Adjutant,
dann Brigade-Adjutant, 1882 —84 Ad-
jutant der Inſpektion der preuß. Kriegs-
ihulen. Seit 1883 Hauptmann & la
suite des ſchleſiſchen Füfilier-Regiments
Nr. 38,
deutſchen Offizier-Verein, als deſſen mili-
täriſcher Direktor er zur Zeit fungiert.
Seit 1887 ift er Lehrer an der Kriege:
afademie.
Wehl, Feodor von, wurde am 19. Fer
bruar 1821 in Kunzendorf (Schlefien)
geboren. Bon feinen Eltern für den
Militärftand beftimmt, hatte er das Un-
678
1883—84 begründete er den | Der
Weigl.
glück, mit dem Pferd zu ſtürzen und ſich
eine Verlegung zuzuziehen, die ihn dem
Epauletten für immer entrüdte. Er
num die Univerfität Berlin, um
fophie zu ftudieren und widmete ſich nad)
Beendigung feiner Univerfitätszeit, die er
mit der Dolktorpromotion beſchloß, der
journaliftiihen Laufbahn. Er redigierte
zunächſt die „Berliner Wespen“, dem
Telegraphen“ und die Zeitihrift „Zahres-
zeiten“ in Hamburg. Dazwiſchen fungierte
er kurze Zeit als Dramaturg in Magde⸗
burg, zog dann für mehrere Jahre als
J Dresden. und
freier Schriftfteller nad) u
übernahm 1869 die Direktion des Stutt-
garter Hoftheaters, mit deſſen Generak
intendanz er fünf Jahre jpäter unter
Verleihung des Titels Geh. Hofrat betraut
wurde. Im Jahre 1884 trat er in de
Ruheſtand, um wieber ausſchließlich Mi
rariſchen Arbeiten fich Hingeben zu fönnen,
Bald darauf folgte er einem Rufe an
die Redaktion der — eform“.
W. hat ſich beſonders als Drama
daneben aber auch als feinſinniger No
vellift und als tiefblielender Literatur
forſcher ausgezeichnet. —
Hauptwerke: Sechs Bände dramatiſcher Werk
Alter Schütt vor Thorheit nicht, Ein Bräutigar
der feine Braut verheiratet, Die Tante au
Schwaben, Ein modernes ‚Eine Fra
welche die Zeitungen lieft, Das Haus Haal
Bortrage —
Weiland. _—
gonnen. Das aufmerkiame Verfolgen der
Ereignifje von öffentlihem Intereſſe ver:
anlaßten mich bald, in das „ernfte Fach”
der Erörterung von politiichen und wirt:
Ihaftlichen Fragen überzutreten. Zahlreiche
von meinen diesbezüglichen Arbeiten, aber aud)
Feuilletons, darunter Skizzen aus der Wiener
Gefellichaft und Reifebriefe, erfchienen in Tages:
blättern und Zeitichriften. Erfolgreich war meine
literarifche Thätigkeit ferner auf dem Gebiete der
Handfchriftentunde, welche mir auch (1882) ein
Ehrenhonorar der Wiener BuchdrudersFahichule
für den Entwurf eines Lehrbuches eintrug. Ein
en: „Anleitung zum Leſen von Hand: |
ſchriften“ erſchien 1887. Gegenwärtig lebe
ih als Mitarbeiter mehrerer politifcher.
Blätter in Wien. |
Weiland, Rihard, wurde am 9. Juni
1829 zu Dresden geboren. Er empfing
feine Gymnafialbildung an der Blochmann-
jchen Erziehungsanftalt, die er in Sekunda
verließ, um ſich dem Schaufpielerberuf zu
widmen, für den er eine unmwiberftehliche
Neigung gefaßt hatte. Er nahm Unter:
richt bei zwei hervorragenden Hofichau-
Ipielern und hatte auch, zweiundzwanzig-
jährig, als Hamlet auf einer größeren
Provinzialbühne guten Erfolg. Gefund-
beitsrückfichten und ein zu ſchwaches Or:
gan bejtimmten ihn aber, dem erwählten
Berufe wieder zu entfagen. Da er ſchon
früh dichtete und Eindrüde wiederzugeben
verjucht hatte, beſchloß er, Echriftiteller
zu werben, und hoffte auf ein unabhän-
giges, auch vielleicht angenehmes Leben.
erſte jelbftändige Ergebnis feiner Begeifterung
Peer F de rl gefchichtliches Schaufpiel „Kais
werben, lieh den in feinen
Autor die
und
Zeitung
Amekatıte machten den Wunſch
Er der er dringender. Ein Schaufpiel
das 1881 auf Veranlaffung
nad Mannheim wanderte und ala
679
Weilen.
beachtenswert derengeren Beratung zuerteilt wurde,
nad) jahrelangem Schweigen aber mit der befann»
ten Abfertigungsformel zurüdgefchidt wurde,
Außer mehreren Gedichten in Zeitungen und einem
Roman „Margarethe find noch hervorzuheben:
en Gedichte und König Wilhelms Traum
ed.).
Weilen, Joſeph Ritter von, geboren
am 28. Dezember 1830 zu Tetin bei Prag,
beſuchte das Gymnafium legtgen. Stadt
und widmete fid) dem Kaufmannsberufe.
Nur für kurze Zeit; denn die Proſa des
Komtors paßte ſchlecht zu den hochfliegen-
denTräumen des Jünglings. Gegen den
Willen feiner Familie ging W., achtzehn—
jährig, nad Wien, um philoſophiſche Stu-
dien zu betreiben. Ohne Hilfsmittel,
allein auf fich ſelbſt und den geringen
Verdienſt durch Stundengeben angewieſen,
verzweifelte W. faſt an der Verwirklichung
ſeiner Pläne; da kam die Märzrevolution
und erlöſte ihn von dem Elend, das ihn
zu überwältigen drohte. Mit Feuereifer
ſtürzte ſich W. in den Strudel. Seine
idealen Wünfche erfüllten ſich jedoch nicht,
fondern als er nad) kurzem Traum er:
wachte, fand er ſich als gemeiner Soldat
in Comorn. Eo ſchwer es ihn anfangs
traf, dieſen Verhältnifien Rechnung zu
tragen, jo lieb wurde ihm fchließlich der
friegerifhe Beruf. Bereits im folgenden
Jahre wurde W. zum Offizier ernannt,
und nun hatte er Muße genug, an feir
ner wiſſenſchaftlichen Ausbildung weiter
zu arbeiten und die Lüden feiner Kennt:
nifje auszufüllen. 1852 wurde er als
Lehrer der Geſchichte und Geographie an
der Kabdettenanftalt zu Hainburg angeftellt,
zwei Jahre fpäter zum Profeſſor an ber
Genie-Akademie in Znaim, 1861 zum
Striptor an der Wiener Hofbibliothef und
1862 zum Profeſſor an der Generalftabs-
Ihule ernannt. Im Jahre 1883 wurde
er zum Mizepräfidenten der berühmten
öfterr. Schriftfteller- Bereinigung „Concor:
dia” erwählt, um welche er fich befonders
verdient gemacht hat und deren Vorſtand
er noch jegt angehört. Daneben dirigiert
W. die von ihm ins Leben gerufene Schau⸗
Weiler. — 680 — Weinhold.
ſpielſchule am Konfervatorium, welcher eine | und — zuſammen, welches
große Zahl unſerer beſten Bühnenkräfte ———— it ———
ihre Ferner Dil verdankt. In Anerken⸗ jung ein Gedicht A. Ws. AR
nung feiner Leiſtungen wurde W. 1874| Ä
von feinem Kaijer durch Verleihung be |, an Karl, * zu Reichen⸗
Ordens der eiſernen Krone in den Adel ee « F —* * 8 er 1823 ge
erhoben, fowie durd andere Gnadenbe— — mb be —* a
* = nn Ernennung zum Hof⸗ fität Breslau 1845 die zu Berlin, wo er
rat, ausgezeichnet. : ar AT ?
Hauptwerfe: Phantafien und Lieder (1853), Philologie ftudierte, ı Im Jahre 1846
— * — — * | en er zum — promoviert, habi⸗
Schwerte (Dicht. 3. Aufl.1855), Triſtan (Trauerfp. liti ih i Halle
1860), Edda ( Trauerſp. 1863), ————— — — rn ghrofefior
1866), Nofamund (Trauerjp. 1867), Graf Horn
(Dram. 1871), An der Pforte der Unfterblichteit in Breslau ernannt, 1850 als Orbdina
(Dram. 1872), Der neue Achilles (Dram. 1872), rius nad) Krafau, 1851 nad) Graz, 1861
m * ne a er este Kiel und 1876 nad) Breslau be
48), König Brio (Lrauerip. nerſeb rufen. Hier lehrt er noch jeßt, neben
nn om. 1581), Daniele Gom 1889. | einer afademijchen Thätigteit als Schrift:
Weiler, Ella, ſ. Emilie Buſſe. ‚fteller hervortretend und als einer unſe⸗
Weildhänfer, Anna Charlotte | Te bedeutenden Germaniften geltend. Von
Emilie, wurde am 9. November 1833 feinen hochverdienſtlichen Werfen heben
als die ältefte Tochter des damaligen wir hervor:
Stadtrichters Gründel zu Nicolai in 2. a *
Ob.Schl. geboren. Ihre Kindheit und | (1858), Deutihe Dialeftforihung (1853), Altnors
Jugend verlebte diejelbe in Nicolai, Pleß, diſches Leben (1856), Die Riefen des germa-
} = ; } » Iniihen Mythus (1858), Die heidnif ten»
Ratibor, Groß-Strehlig und wieder Rati- | din — —— (lad), —— Br
bor, wohin ihr Vater als Juriſt verſetzt Grammatit (1863), Bairifche Grammatif (1867),
wurde. Im noch nicht vollendeten 17. Lebens- Chrift. Heinr. Boie (1868), Mittelhbochdeutiche
jahre begann Anna ihre fchriftitellerifche Thätig- | Orammatit (1883), Dramatifher Nachlaß von
feit * einer Novelle gt mehreren Auffägen | Lenz (1884).
in der damal3 von Luiſe Otto herausgegebenen .
Frauenzeitung. Als Annas Bräutigam, ihr | , Weife, Clara (Clara ron), wurde
jetiger Gatte, der Buchdrudereis-Befiger 3. Weils: | in Magdeburg am 20. November 1823
bäufer, dies erfuhr, jprad er die Befürdtung | al8 die Tochter des Ardivrats Stod
aus, feine lebhafte Braut möchte auf Koften der | : : er
Hausfrau ſchriftſtellern; infolge deffen nahm N. geboren. Sie erhielt eine treftliche Aus
ihre ;ahlreihen Manuſkripte und übergab fie den bildung, da fie dem erziehlichen Berufe
Flammen. Jahrelang beſchränkte fie ſich nun ih widmen follte. Bereits in dieſen
auf eine große Anzahl meiſt lyriſcher Gedichte. | wirkend, begann fie ihre erften jchrift:
1853 verheiratete fie ſich. ALS der Gatte 1864 ftellerifchen verſuche, die fpäter, als fie
das noch heute erfcheinende „Wochenblatt für 4 5 NE
Stadt und Land“ zu Oppeln gründete, wurde den fleinen väterlihen Haushalt über:
fie feine treue Mitarbeiterin. Unter einem Pen; | nommen hatte, zu jo ſchönen reifen Früch—
donym. lieferte fie Novellen, Auffäge, Plaudereien, | ten gediehen, daß El. W. den beften
——— — — * a Autorinnen beigezählt werden kann. In
alien elegenheiten, au in den riegsjahren . f r .
187071, brad fi) Annas Patriotismus Bahn, Ihrer vieljährigen Wirkſamkeit als Führe:
fowohl im Wochenblatt, wie in der äußeren rin der weiblihen Jugend hat fie ticfe
Siegesfeier. Sie wurde vom Kaifer durch Ber | Blide in das Mädchenherz gethan und
leihung des Verdienftfreuzes und der Medaille : 2 i 2.
für Nichtkombattanten ausgezeichnet. Zum 80. zugleich auch reiche — Erfah
Geburtstage des Kaifers ftellte fie ein Lebensbirm rungen aufgeſpeichert, was beides ihr
des gefeierten Monarchen nad) feinen Biographien | als Schriftitellerin zu gute Fam und
Meife.
ihren Werfen Neiz und Wert verleiht.
Im Jahre 1849 verband fie fi mit
dem Kaufmann W. Weiſe zu glüdlicher
Ehe. Sie lebt nunmehr als Wittwe in
Straßburg i. €.
Hauptwerfe: Mädchenleben (6. Auft.), Kinder:
geihichten, Magdalenens Briefe (4. Aufl.), Die
Schweſtern (4. Aufl.), Das Baterunfer (3. Aufl.),
Mary (2. Aufl), Brüfungen (3. Aufl.), Ade—
laide, Die Nachbarskinder (2. Aufl.), Nofen und
Dornen, Auf und ab, In der Schule des Le:
bens, Die goldene Mitte (2. Aufl.), Eva (2.
Aufl.), Freundinnen (2. Aufl.), Der Weg zum
Glück, Schloß Wendsheim, Lenora’3 Sorgen,
Des Herzens Heimat, Eugenie und ihr Schüß:
ling, Die Geſchwiſter.
Weife, Karl, geboren am 19. No:
vember 1813 zu Halle als der Sohn
ebenjo braver wie armer Eltern, die nicht
im Stande waren, dem Jungen eine or:
dentlihe Schulbildung geben zu lafien.
Im Gegenteil war Karl früh ſchon dar:
auf angewieſen, verdienen zu helfen, zu:
mal er nad dem Tode des Vaters das
Haupt der Familie erfegen mußte. Aber
neben der fleißigen Ausübung feines
Berufes als Drechsler jtrebte er, feine
Kenntniffe nach Kräften zu mehren, dabei
auch feinen Gefichtöfreis auf feinen vielen
MWanderungenzuerweitern. Epäter madıte
er ji als Drechslermeifter in Freien:
walde a. D. jelbjtändig, wo er nod) jeßt
lebt. Früh ſchon zeigte fih WS unge:
meine poetifhe Begabung. Sein Aus-
drud von Empfindungen war ein in fei-
nem Stande jonjt nicht gebräuchlicher.
Und als er zu dichten begann, da fang
er frei vom Herzen herunter und ſich
ſelbſt in andere hinein, cin moderner Hans
Sachs. Diefen Ehrennamen hat W. fi
verdient und führt ihn mit Recht als
echter Volksdichter. Ideell ift ihn denn
auch des Danfes genug geworden, leider
aber, nad) unferer, des Volkes der Dichter
und Denker, Sitte, nicht materiell. Der
Lebensabend Weiſe's ift nichts weniger
als jorglos. Möchte in zwölfter Stunde
681
Meismann.
Hauptwerfe: Blumen der Wälder (Geb. 1858),
Die Braut des Handwerkers (Ged. 1860), Fami—
lienleben in Dichtungen (1862), Lorbeer und
Roſe (vaterländ. Gedicht 1863), Voltsharfe (Ge:
dicht (1872), Aus dem Volke (Dicht.), Ein neues
Zion (Erz. 1880), Jugendleben eines Handmwer:
ters (1880), MWeihnachtserlebnifie einer Hand:
werferfamilie (1882), Friedrih Wilhelm von
Braunichweig:Deld3 (vaterl. Dicht. 1883), Aus
verflungenem MWanderleben (1885) und zahlreiche
Volksſchriften.
Weismaunn, Aug. Friedrich Leopold,
wurde am 17. Januar 1834 zu Frank—
furt a. M. geboren, wo ſein Vater Pro—
feſſor am Gymnaſium war. Er machte
‚das Gymnaſium feiner Vaterſtadt durch
und ſtudierte in Göttingen (1852—56)
Medizin. Er fagte ſich indeflen bald von
der ärztlichen Praxis [os und wandte fich
der Zoologie zu, in die er durch Rudolph
Leuckart, damals in Gießen, eingeführt
‚wurde. Er habilitierte fih nad 6 un—
täten Wanderjahren 1863 an der Uni:
verfität Freiburg i. Br., woſelbſt er als
ordentl. Profeſſor bis heute geblieben iſt,
Rufe nach Breslau, Bonn und München
ablehnend. Seine Arbeiten find teils rein ana—
tomiſch⸗zoologiſche und entwidlungsgeichichtliche,
teilö behandeln fie allgemeinere biologische Fragen
und juchen die von Darwin begründete Ent:
widlungslchre weiterzuführen und auszubauen.
| Die wichtigften und verdienftlichiten feiner Schrif:
‚ten find folgende: Uber die Entftehung des voll»
ı endeten Inſekts in Larve und Puppe (1863), Die
| Entwidlung der Diphteren (1864), Die Meta:
morphoſe der Corethra plumicornis (1866),
Über die Berechtigung der Darwinihen Theorie
(1868), Beiträge zur Naturgefhichte der Daph—
niden (1874— 78), Studien zur Defcendenztheorie
(1876), Über die Dauer des Lebens (1881), Die
Entftehung der Scrualzellen bei, den Hydrome—
dufen (1883), Über die Vererbung (1883), Über
die Ewigkeit des Lebens (1883), Über Leben
und Tod (1884), Die Kontinuität des Keim:
plaömas als Grundlage einer Theorie der Ver:
erbung (1885), Die Bedeutung der geichlechtlichen
| Kortpflangung für die Seleftionätheorie (1886),
| Über die Zahl der Richtungsförper und über ihre
Bedeutung für die Vererbung (1887).
Weiſß, Albert, geboren am 28. Aug.
1831 zu Lindow, Kreis Neu-Ruppin, wo:
ein Edler fih finden, der dem treu felbft jein 1835 verjtorbener Vater Pre—
deutichen Poeten die legte Strede Weges | diger war, beſuchte von 1839—1849
freundlich ebnet. ‚das Gymnafium zu Nubolftadt, ftubierte
Weiß. —
in Leipzig, ſodann bis 1852 in Berlin
(Militär-Afademie) Medizin, promovierte
dafelbjt 1853 zum Dr. med. et chirurg.,
wurde daſelbſt approbiert als Arzt 1854
pro Physicatu 1859, diente als Militär-
arzt in Stettin (1853), Inowraclam
(1854) und Deutſch-Crone (1857), fun:
gierte von da ab bis 1861 als Kreis:
wundarzt, ſpäter als Kreis-Phyſikus in
Krojanke (Kreis Flatow), wurde 1872
zum Regierungs: und Medizinalrat in
Gumbinnen ernannt; 1876 in gleicher
Eigenihaft nah Stettin und von dort
1886 nad) Düffeldorf verfegt, befigt die
große filberne Impfmedaille, die Kriegs-
denfmünze für Kombattanten und Nicht:
Kombattanten für 1870/71 und den Rothen
Adlerorden VI. KL. (jeit 1875), war 1866
und 1871 Chefarzt der Kriegsgefangenen-
Lazarethe zu Eoerlin und Alt-:Damm. Er
ift jeit 1858 verheiratet mit Emilie, geb.
Froebel.
Außer feinen zahlreihen fachwiſſenſchaftlichen
Abhandlungen auf dem Gebiete der Kulturgeſchichte W
und der öffentlichen Gefundheitäpflege, wie nicht
minder vielfachen Iyriichen, epifchen und novel:
liſtiſchen Beiträgen für Zeitichriften ꝛc. ver:
öffentlichte er nachſtehende verdienftlihe Werke:
Die Steppen, Der Kirgife (nah Guft, von Sie:
linsfi, 1858), Ranfen und Reben (Geb., 1861),
Album polnischer Volkslieder der Dberfchlefier
(nad) Roger, 1867), Konrad Wallenrod (nad
Midiemwicz, 1871), Balladen und Romanzen (1874),
Marja (nad Malzewski, 1873), Grazyna (nad)
Midiewicz, 1878), Preußifch Litthauen und Ma—
furen (1878), Der NRegierungdbezirt Stettin
(1880/4), Die Oftfeebadeorte (1881), Herr Thad⸗
daeus (nad Midiewicz 1882), Irydion (nad)
Graf Krafinsfi, 1882), Gentile Bellini (Dram.
Bild, nad Korzeniewski, 1883), Aus Heimat und
Fremde (Dicht. und Nahdicht., 1883), Zeitlofen
(Dicht. und Nahdicht., 1885).
Weiß, %. ©. Adolf, wurde am 24.
Dftober 1839 in Breslau als Sohn eines
Schuhmaders geboren; er erhielt zwar
Ihon frühzeitig durch feine Eltern und
namentlich durch feine poetiich angelegte
Mutter bedeutende geiltige Anregungen,
entichloß fich aber in Anbetracht der mans
gelnden Mittel zur Erlernung des väter:
lihen Handwertes, folgte indeflen als
*
682
Weißenthurn.
18jähriger Jüngling einer von außen
kommenden Ermutigung und beſuchte von
1858—61 das Eliſabeth-Gymnaſium
feiner Baterftabt. Er widmete fich hierauf
literarischen, hiſtoriſchen und verwandten
Studien, trat in den Editionen des Schle-
ſiſchen Dichterfrängchens und des Vereins
für Poeſie bereits von 1862 an mit zahl-
reichen Gedichten vor die Öffentlichkeit
undlenfteendlih, nahdemernadh manchem
Schwanken feinen Plan, evang. Theologe zu
werben, aufgegeben, in die Bahn der Bubli-
zijtil ein. W. war zunächſt für Breslauer Blätter
tgätig, fiedelte dann (1868) nad Berlin über,
wo er u. a. politiihe Briefe für öfterrei hiiche
Blätter (befonders die „Neue Freie Preſſe“) ——
und folgte hierauf (1869) einem Rufe nad) Gray
in der Steiermarf, wo er über 10 Jahre bin»
durch (bis 1879) als politiicher Redakteur Der
„Tagespoſt“ wirkte. Während er Zeit war
er aber au als politiicher Ke — je
Feuilletonift für viele Blätter, und
Xyrifer thätig. Im J. 1880 ü
Leitung des „Liegniger Stadtbl.“ und war nn
| ber auch belletriftifi
arg 1 in seihnen St vente
1883 gab W. feine Liegniger Stellung
ließ ſich in feiner Heimatftadt Bel nie
Jahre widmete ſich W. feuilleto
rifhen Arbeiten und errang ſich bei
Feuilleton ⸗Konkurrenz der „Wien. Allg. 3tg.
eine lobende Anerkennu erjchien
ein größeres — ert don W.: Chr
1888). un
der Stadt Breslau
Weikenthurn, Drarimiliane Fran
von, wurde am 1. März 1851 in Wie
als die Tochter eines höheren öjterte
chiſchen Offiziers geboren, einer altabe
ligen Familie aus Iſtrien entſtammen
Nachdem fie eine —— Er;
genofien und durch viele R
und Gemüt weiter a
mählte fie fih 1878.
zwei Jahren auf Wunfh M.
gelöft. Auch erhielt Teg
Gnade des Kaijers ihrem‘
und Adel als Famil
Weiß⸗Taurke.
rück und nennt ſich nun nach demſelben.
Mit ihrem einzigen Töchterchen durch
Schickſalsſchläge in eine mißliche Lage
verſetzt, faßte M. v. W. den anße
zur Feder zu greifen.
Schon als Mädchen hatte ſie kleine novelliſtiſche
Verſuche gemacht unter dem Pſeudonym Louiſe
von Thürmer, die in den „Bremer Nachrichten”
ahme fanden. Ihre eigentliche ſchriftſtelle—
Yaufbahn begann fie aber erft 1876 mit
der Übertragung eines größeren Reijewertes aus
dem ——— „Algerien, wie es iſt“ von George
Gaskell. Durch den Erfolg dieſer Arbeit ermu⸗
* trat fie bald darauf mit einer ſelbſtändigen
rbeit, dem Roman „Infelice“ in der „Wiener
alten Brefie“ auf. Daran ſchloß fih ein aus
dem Engliſchen frei bearbeiteter Roman: „Auf
einfamem Felſenriff“, eine Leiftung, welcher mit
Recht die freundlichite Kritik zu Teil wurde.
Einen nachhaltigen Eindrud auf ihr Gemüt
machte der tiefe Kummer, welcher ihr 1880 durd
den Tod ihres * en Kindes, an welchem ſie
mi unendlicher e ding, verurſacht wurde,
und bat fie —34 Ca in einem Xrtifel
„Sänderlofe Mütter" in ergreifendfter Weile
treuen Ausdrud gegeben. Seit diefer Zeit hat
fih M. v. W. —— ihrer raftlofen ſchrift⸗
ſtelleriſchen Arbeit hingegeben. Sie ſchrieb Feuille⸗
tons, welche ſich mit Frauenfrage und Pädagogik
chäftigten, für anfebnliche öfterreis
und Deutlihe Zeitungen und Zeitichriften, | [
denen fih dann größere Arbeiten: Moderne
Krankheiten, Eine Landratte in Fiume, Die Heil:
quellen von Monfalcone, ſowie die Biographien
P. K. age und Franci® Bret Harte ans
reihten, Außerdem hervorzuheben: Bilder aus
—* Leben (Nov. 1880), Frauenliebe (Nov.
‚ welche zu den beiten Erzeugnifien ihrer
fe ehören), fe Blätter (1886), Sie fchreibt,
mb aber Ron er erh re —— fe
Theater n en für größere —— e
und veröffentlicht autoriſierte Bearbeitu
dem en und Stalienifchen. I %
re rei Autorin fit ei mig
baB g günft I der Prefie ei
Weiß; ⸗Taurke, Meta, als Tochter
bes T Polizeirat Weiß zu Breslau am
9. Dftober 1846 geboren, verlebte eine
glückliche Jugend im Elternhaufe. Früh:
zeitig Die Neigung zum Lehrberuf füh-
lend, machte fie 1865 das Lehrerinnen-
Nah dem Tode bes Vaters
fie nach Genf, um ſich in der fran- | A
Spradje zuvervollfommnen. 1881
nad Breslau zurücgefehrt, gründete fie
683
Meizfäder.
dafelbft ein franzöſiſches Erternat, welches
bald lebhaften Anklang fand. As aud
Heinere Schülerinnen gemeldet wurden, ſuchte fie
lange vergeblih nad einem pafjenden Lehrbuche,
im findlihen Stile gehalten, was den Schülern
da3 Lernen lieb made und ihnen vor allem bie
lebendige Sprache des täglichen Lebens vorführe.
Dies führte M. W. zur Herausgabe des Recueil I
(1882) franz. Leſebuch, enthaltend Feine Geſchicht⸗
chen, Dialoge und Gedichte rein moraliſchen In—
Das Buch verſchaffte ſich ſchnell Eingang,
o daß 1888 die zweite Auflage erſchien, ſowie auch
die Fortſetzung, Recueil II für das reifere Alter,
Darauf erſchien 1885 Die franzöſiſche Vorfchule,
eine Meine Grammatif für die erite Stufe mit
bübfchen Bildern verfehen, um durch den An:
ſchauungsunterricht den Kindern das Lernen zu
erleichtern. Bald darauf verheiratete ſich
M. W. mit dem Geometer und Kultur:
Ingenieur D. Taurfe und wohnt jeitdem
in Zamwiercie in Ruffiih Polen, teils als
Gattin und Mutter ihren häuslichen
Pflichten obliegend, teils ihre fchriftftelles
riſche Thätigkeit fortjegend.
Weizſäcker, Julius, geboren 13. Fer
bruar 1828 zu Ohringen im Hohenlohe:
ichen, promovierte 1856 mit der Abhand⸗
lung Hinfmar und Pfeubo-Jfidor (1858). Es
folgte der Auflag über die Pieudo » Zfidorifche
Frage in ihren gegenwärtigen Stande 07
und derjenige Über das Dogma von ber gött⸗
lichen Borherbeftimmung (1859). Darauf Ha:
bilitation für Gefhichte in Tübingen
1859 mit der Schrift Der Kampf gegen den
Chorepiftopat des Fräntifhen Reichs im 9. Jabrh.
(1859). Dann überfiedelte er als Mit
arbeiter der hiſtoriſchen Kommilfion nad)
Münden (1860). Dort wurde er e
falls Privatdozent im gleihen Jahr, dann
ordentl. Profeffor in Erlangen 1864, in
Tübingen 1867, in Straßburg 1872, in
Göttingen 1876, in Berlin 1881. Im
Jahre 1879 — eine Schrift über den Rhei⸗
niihen Bund von 1254, mit Nachtrag: Zum
ri Bund von 1254; im Jahre 1886: Der
Pfalzgraf ald Richter über den König.
Arbeiten zur — der deutſchen Reichs⸗
en ergab ſich Unt ung
—— rende von 1481 (1875), und im
Kommif (1867
bis 1886) Ice Bände Güition ber beuifgen
She Esition ber
, davon drei unter 8. Wenzel und
drei unter K. Ruprecht.
Welf.
Welf, B., |. Fr. Rogge. |
MWellenfamp, Dorette, wurde am
4. Dftober 1824 als die Tochter des
Hofbefigers Holt auf dem adeligen Gute|
Eulpin bei Rapeburg geboren, fiedelte |
aber im fiebenten Lebensjahre mit ihren
Eltern nad einem größeren Gute im
öftlihen Holjtein über. Glücklichen Kin:
derjahren jchloffen fich ebenfoldhe Mädchen:
jahre an. Drei derfelben verlebte fie in
Lübeck bei Verwandten und fuchte und
fand dort Gelegenheit, die durch Haus:
lehrer und Erzieherinnen gewonnene ein: |
feitige Bildung hauptſächlich an dem Stu—
dium der Klaffifer zu erweitern und zu
vertiefen. 1848 verheiratete fie fih mit
bein Fabrifanten E. Wellentamp in Eil-
bed bei Hamburg. Häusliche Pflichten,
förperlihe Schwäche und allerlei Sorgen
hielten nun für lange Zeit die Blüte der
Poeſie in der Brujt der jungen Frau
zurüd. Begeifterung für Die deutſche
Sade war es, die den Bann brad), es
entitanden patriotiihe Weilen, unter denen be:
fonders „An Deutichlands Frauen” großen Bei:
fall fand und ihr einen Pla als Iyriihe und
dialektiſche Mitarbeiterin für Zeitichriften und Ta:
gesblätter einbrachte. D. W. Iebt, jeit langem
verıpitwet, in Hamburg. Hauptwerfe: Samm:
lung von plattdeutihen Dichtungen für Polter:
abende u. ſ. w. (1884), Schleöwig-Holftein, Dia:
Teftdihtungen in Lied und Wort (1886).
Weltrich, Richard. Ich bin geboren
am 10. Febr. 1844 zu Ansbad) in Franken
als der Sohn des kgl. Regierungsrates
Heinrich W. und feiner Gattin Chriftiane,
einer geborenen Diengert aus Baireuth.
Nachdem ich im Jahre 1861 das Gym:
nafium meiner Vaterjtadt abjolviert hatte,
jtudierte id an den Univerfitäten Mün—
hen und Zürich (wohin id ging, um
Friedrich Viſcher's Vorlefungen zu hören)
Rhilofophieund Naturwiſſenſchaften, Afthe:
tif und Literaturgeſchichte, in den legten
Semeftern aus Zwang der Umftände zu
Erlangen Philologie Won 1867 an im
bairifhen Lehramtsdienft in Zweibrüden
und Edenfoben verwendet und angeitellt,
684
MWend.
Münden berufen und 1875 zum Pro:
fefior an der Kriegs:Afademie und dem
Kadettenkorps ernannt. Hier jchrieb ih
die Biographie: Friedrich Schiller, Geſchichte
feines Lebens und Charakteriftif feiner Werke.
Unter kritiſchem Nachweis der Quellen; der erite
Halbband diefes Werkes erihien 1885, der zweite
' folgt 1888. Außerdem veröffentlichte ich eine Reihe
fritiicher Auffäge in der „Allgemeinen Zeitung“,
in der „Süddeutfchen Preſſe“, in ‚Nord und
Sid“ und eine Erzählung in der „Deutichen
Revue”.
Wende, Woldemar Bernhard, geboren
am 9. April 1819 zu Leipzig, befuchte,
nachdem er eine längere Neihe von Jahren
Privatunterricht genoffen, das Thomas:
Gymnaſium in feiner Baterftadt, widmete
fih dem Studium der Geihichte auf den
Univerfitäten zu Leipzig, Berlin und
Heidelberg (1837— 42). Dort waren es
hauptfählid W. Wachsmuth, Leopold
v. Ranfe und Fr. Chr. Schloffer, deren
Vorlefungen und Gejellihaften er bei:
wohnte. Nachdem er mehrere Jahre dur Ge
fundheitsftörungen in feinen Arbeiten aufgehalten
worden, gab er 1851 fein Werk: Das fränkiſche
Reich nah dem Bertrag von Berbun,
und habilitierte fich im folgenden Jahre
mit der Abhandlung: Die Erhebu
und der Berfall des karolingiſchen Nelkhes
Dozent der Geſchichte an der Univerfität
Leipzig, an welcher er gegenwärtig eine
ordentlihe Honorar: Profefiur bekleidet.
Die beiden Schriften ſuchten namentlich) die Auf-
faſſung, wonad in den zu Verdun entitandenen
Teiltönigätümern ſich irgendwie ſchon mit einigem
Bewußtlein die großen nationalen Gegenfäße der
fpäteren Zeit dargeitellt, ja vielleicht unter dem
Einfluffe derfelben jich gebildet hätten, gründlich
zu befeitigen (befonderd gegen Öfrörer) und da
mit für die wirkliche Entwickelungsgeſchichte dieler
Nationalitäten einen freieren Boden zu gewinnen.
Die durch die fchleswig-holfteiniiche Frage ber:
vorgerufene Bewegung der Jahre 1863/4 ver:
anlaßte W. zur Abfaffung eines umfangreichen
Artikels für die „Grenzboten“, der dann unter
dem Titel: „Der Kampf um Schleöwig«Holftein
in den Jahren 1848—50” ala eigene Schrift er»
ſchien. Die Ergebnifje archivaliſcher Studien in
Dresden und Weimar legte er in einer Reihe
von Abhandlungen nieder, welche fich auf die
Streitigkeiten zwilchen der erneftinifchen und alber⸗
tiniichen Linie des fächliichen Fürftenhaufes und
wurde id) 1873 als Studienlehrer nad) | die Bedeutung derfelden für die allgemein deut:
Wendt.
ſchen Angelegenheiten um die Mitte des 16. Jahr:
bundert3 bezogen. Teils in v. Sybels biftor.
Zeitfchrift, teils in dem Archiv für ſächſiſche Ge-
ſchichte, teils in den Quellenforſchungen zur deut:
ſchen Geſchichte gelangten fie 1868 und in den
folgenden Jahren zum Abdrud. 1887 erichien
von ihm „Deutihland vor 100 Jahren. Polis
tifchde Meinungen und Stimmungen bei Anbrud
der Revolutionszeit”, (1887), ein anerfennens:
werte Ergebnif tiefgehender Studien.
Wendt, Ferdinand Maria, wurde zu
Dresden am 1. November 1839 geboren.
Früh Schon machte ſich des Knaben poetifche
Ader bemerflih, er war der Hauspoet
der Schule und des Progymnafiums,
welch’ legteres er 1856 abjolvierte. Dann
ward er indasDomftiftliche Lehrerſeminar
zu Baugen aufgenommen. Dort war es
befonders der Direktor Hoffmann, der das
dichteriiche Talent des Jünglings för:
derte. Dieſer begann jchon damals in
Zeitichriften Gedichte und Erzählungen
zu veröffentlichen, und nachdem er 1860
eine Stelle an der fatholiihen Bürger:
und Armenſchule zu Leipzig erhalten hatte,
erihienen auch feine erften zwei Büchlein:
„Soldförner“, eine Sammlung von Sinn:
jprüchen, in denen ſich mancher Geijtes-
blig findet, und „Friihes Grün“, eine
Anzahl anmutiger Lieder und formſchöner
Balladen, für Schulfinder bejtimmt und
warm zu empfehlen. Durch den Diftrifts:
Schulinipeftor Weber fam W. an die
Kormalhauptihule in Hermannitadt, wo
er ſich ein glüdliches Heim und einen
eignen Heerd gründete. Hier verfaßte W. eine
Anzahl Prologe, jowie ein mit Erfolg aufge:
führtes Luſtſpiel, mehrere Novellen und Gedichte
und zwei pädagogiihe Werke. Am J. 1870
fonnte er feinem Wunjche, die Univerfität
zu befuchen, nicht mehr widerftehen, und
jo zog er nad) Leipzig, wo er drei Jahre
unter Strümpell, Ziller, Drobiih und
Mafius Pſychologie und Pädagogif, und
unter Fechner, Oberbed und Jordan
Aithetit und Kunftgeihichte jtudierte. Da-
mals erihien W.'s Promotionsihrift „Die
Willensbildung“ und ein Repetitorium zur Ges
ſchichte der Pädagogik, — eine Menge päda—
gogiiher und pfgchologiiher Abhandlungen. In—
685
Werbatus,
zwijchen Hatte er feine Stelle als Ober:
lehrer an der Realſchule zu Schneeberg
mit der eines Profeſſors an der k. k.
‚Lehrerinnenbildungsanftalt in Troppau
vertauſcht, wo er nod) jegt wirft. Außer
den genannten jind von des Verfaſſers meift vor:
züglich beurteilten Werfen hervorzuheben: Die
Methodit des ſchönen Vortrages, Gedichte für die
Jugend, Walther von der Bogelweide (Jugends
Schrift), Vergelt’S Gott taufendmal (Jugendichr.)
und das verdienftlihe Werk: Piychologiihe Mes
thodif; ferner bebaute W. mit Glüd das Feld
der Humoresfe und betrieb vornehmlich Studien
auf dem Gebiete der Frauenpſychologie, deren
Refultate in den glänzend aufgenommenen Ab:
bandlungen „Die dere und „Das Traum:
| leben der Frauenſeele“ niedergelegt find.
Werbatus, Diagnus Daniel, ift zu
Riga in Livland am 27. Dftober 1838
‚geboren. Nachdem er auf der livländi-
ſchen Zandesuniverfität Dorpat Theologie
'ftudiert und als cand. theol. jeine Stu:
dien vollendet hatte, bekleidete er ver:
ihiedene paftorale Amter an den beiden
Hauptkirchen feiner Waterjtadt und be-
teiligte fich in dieſer Stellung durch zahl-
‚reiche Kleinere und größere Arbeiten an
‚der Löſung der Aufgaben, die der kirch—
lichen und weltlichen Preſſe jeines Heimat-
landes geftellt find. Schon früh aber
regte fi in ihm neben der Neigung zur
pajtoralen Tätigkeit die Neigung zur Pä—
dagogif, und diefe Neigung, durch ver:
Ichiedene in lofalen Umftänden begründete
Verhältniffe begünftigt, wuchs aljo heran,
daß er 1881 fein paftorales Amt nieder:
legte, um die Leitung der größten öffent:
lihen Töchterfchule in den baltischen Pro—
vinzen, die Direktion der Stadt-Tödhter-
Ihule zu Riga, zu übernehmen. In diefer
Stellung lie er es ſich angelegen fein, die me»
thodishen Errungenihaften der neuern Zeit, jo:
weit fie fi bewährt haben, in neuen Schul—
büchern für den Neligionsunterriht in feiner
Heimat zur Anwendung und Durhführung zu
bringen. Außer einem „Beitrag zur weiblidhen
Bildungsfrage” find feither von ihm veröffentlicht
‚worden: „Leitfaden durch die Gefchichte der chrift-
lihen Kirche“, „Dr. Martin Luthers Heiner Has
tehismus”, „Chriftliche Religionslehre nad) evang.»
|
| luth. Bekenntnis“, „Bibliſche Geihichten aus dem
alten und neuen Teftament”, „Die Geſchichte des
Werherr.
Reiches Gottes auf Erden“. Sämmtiliche Bücher
find von der Kritit höchſt anerfennend beurteilt
worden und haben bis jett mehrere Auflagen
erlebt und entiprechend weite Verbreitung ge-
funden.
Werherr, Arm., ſ. Mic. Werner.
Werner, E., |. E. Bürftenbinder.
Werner, Karl. Geboren am 5. Mai
1828 zu Wien als Sohn eines Kommu:
nalbeamten, beſuchte id das Gymnafium
in Wien und widmete mid) urjprünglid)
der juridiihen Laufbahn, indem ich die
Univerfitäten zu Wien‘ und Graz bezog
und mich dann zu den ftrengen PBrüfun-
gen für Erlangung. des Doktorhutes vor:
bereitete, von denen ich jedoch nur eine
mit günftigem Erfolge ablegte, weil id)
erfannte, daß diefer Beruf mit meinen
inneren Neigungen und Beftrebungen nicht
übereinftimme. Won jeher mit Vorliebe
der Geſchichte und dem Studium ber
deutſchen Sprache ergeben, beſchloß ich
beiderNeuorganifterung der öſterreichiſchen
Gymnafien 1850, mid dem Xehramte
zu widmen. Nach kurzem Beſuche der
Vorlefungen Karajan’s in Wien erhielt
ih den Antrag, als Supplent an das
Gymnafium nad Olmüg zu gehen. Da
ich jedoch im diefer neuen Thätigfeit zu
wenig Zeit zu meiner weiteren Ausbil-
dung fand, gab ich den Poften auf und
befuchte neuerdings Vorlefungen über Geo-
graphie, Geſchichte und Deutih an der
Miener Univerfität, legte 1853 eine Lehr:
befähigungsprüfung ab und erhielt 1853
einen Poſten als Gymnafſiallehrer zu
Iglau in Mähren, verband mich dafelbjt
mit der jüngften Tochter des Apothefers
Heller und benugte fleißig die reichen
Archive der Stadt und der Zünfte zu
wiſſenſchaftlichen Arbeiten. Einen wichtigen
Einfluß auf meine Entwidelung nahm aud) der
Dichter Friedrich Hebbel, mit dem ich durch einen
Artikel, den ich ihm, als er Redakteur des Feuille:
tons der „Reichszeitung“ in Wien war, eins
ſchickte, näher befannt und dann vertraut wurde
und mit dem ich lange Jahre in freundichaftlichem
Manche Rezenfionen, über
Iſchokke, über Hebbel, Rubin, überfeinen „Schnod“
u. dgl. erichienen in der „Wiener Zeitung‘ (mil:
Verhältniſſe ftand.
686
a — — — — — —
iſt
—
Werner.
ſenſchaftliches Beiblatt) und in Kolatſchels gi
Bremen herausgegebener Zeitſchrift dein
Anregung. Von Jalau aus arbeitete ich —
reihen feuilletoniſtiſchen und politiſchen
an der „Brünner Zeitung“, dem
Korrefpondenten” ꝛc. Mein —
—— ich jedoch auf die —
w
uchma welche von
ſchen Gejellihaft in Leipzig mit dem Preife g
frönt wurde und 1862 —— Von dem
ſekretär Baron Helfert in Wien zur Teilnahm
an der Don fen a jerre er
Geſchichte für dad Volk’ aufgefordert, bear!
ich den 19. Band „Die eriten Regieru
des Kaiſers Franz I. von Öfterreich betreffend,
gleichfalls günftig beurteilt wurde, Eine
ſchichie des Iglauer Gymnafiums‘, zu deren
arbeitung ich im Auftrage des Un
fteriums eine archivali he Stubienreife nad Sa
fen und Preußen unternahm, ift im
nahezu fertig. Im Jahre 1868 me ih
als Gymnafialprofeffor nah Brünn
noch im jelben Jahre als
.
direftor nach Znaim verjegt, um 1869
als Landesſchulinſpektor nad ——
ich fait 3
nannt zu werden. Dort blieb id
Jahre und übernahm die Redaltion der „
ſenſchaftlichen Beilage” der Bu pnen be
„Vereins für Gefchichte der Deutfchen in Böhmen“,
für welche Blätter ih fhon von Jglau aus zahl
reiche größere Beiträge eingejchidt hatte. X
Jahre 1872 auf mein Anfuchen nad
Salzburg verjegt, mußte ingere Be
hindurch) meiner Beru
jede journaliftifche und
.
siırfat!
a4
u
—* der Erziehung und über: 3 ide p3 „Te
ge a —— ta Germa
niae paedagogica, Schmid’s „Ge
der Erziehung“, über „Hebbel”, über „A
2c. ꝛc. endlich Artifel über
Werner, Marie, geboren am
nuar 1860 zu Königsberg i. Pr.als‘
des zu ern u verjtorbenen Sta
und Architekten Werner. Sie wibn
dem Beruf einer Lehrerin,
fie nunmehr in Königsberg
Im Sahre 1883 erfdhien Ihr
Harzepos: „Ragenhart und Sk
erner eine gern gejebene ?
ha »
Werner.
687
Weienfeld.
Deutſchen Dichterheim“, der „Boetijchen Blätter“, | —E Lehr: und Leſebuch auf phonetiſcher Grund⸗
von „Grüß Gott“, der „Freyja“ ꝛc.
Werner, Michael (Arnim Werherr),
wurde am 28. Auguft 1838 zu Münner:
ſtadt in dem bayriſchen Regierungsfreife
Unterfranfen als der ältejfte Sohn eincs
Nagelihmieds geboren, trat in das dor:
tige, mit einem Auguftinerklofter verbun:
dene Gymnafium, das er 1857 abjol-
vierte, ftudierte darauf jechs Jahre Me-
dizin in Würzburg, nahm lebhaften An-
teil an der damaligen Reformbewegung
ber Stubentenmwelt, beſtand 1863 das
Staatseramen in Münden und erhielt
die Doktorwürde, worauf er fi) 1864
als praftiicher Arzt in feiner Vaterſtadt
niederließ. 1867 fiedelte derjelbe nad)
Maßbach, 1868 nad) Aſchach bei Bad
Kiffingen über, wo derſelbe jegt noch als
praftijcher Arzt und als Badearzt in dem
nahen Stahlbad Bodlet thätig iſt.
Schon im 15. Jahre erhielt W. durch den
GymnafialProfefior P. Alois Braun mächtige,
* Anregung und veröffentlichte bereits da⸗
hlreiche, Iyriiche Gedichte in Zeitichriften.
——— bis jetzt die Erzählung: „Lebens—
lauf eines verunglückten Poeten“ (1874), das
Thierepos: „Schlaraffiade” (1879), 1887 ein
Band Gedichte, die bejonderd günftig aufgenom-
men wurden; außerdem zerftreut in vielen Zeis
tungen und Zeitichriften Gedichte und humoriſtiſche
Erzählungen.
Wershoven, Franz Joſ., geboren
am 7. Januar 1851 in Losheim b. Trier,
abjolvierte das Gymnafium zu Trier,
ftudierte hauptſächlich neuere Sprachen
an den Univerfitäten Berlin, Heidelberg
und Bonn, unternahm eine Studienreije
nad England und Frankreich, machte in
Bonn jein Staatseramen, wurde 1874
Lehrer an der Realſchule und dem Ted):
nifum Mittweida und wirkt feit 1876 an
der fgl. Oberrealfchule zu Brieg bei Bres-
lau, wurde 1882 zum Oberlehrer ernannt.
1884— 86 Mitglied der Kr. Prüfungs-
fommiffion für Lehrerinnen und Schul—
vorfteherinnen zu Breslau. Won den
verdienftlihen Schriften Wes find her
vorzuheben: Hilfsbuch für den englifchen Un:
terricht an höheren Lehranftalten (1886), Eng: |
| Tag ge (1886), Franzöſiſches Leſebuch (4. Aufl.
| 1887), Engliſches —8 (4. Aufl. 1886);
Technical Vocabulary, English and German
(2. Aufl. 1885), Vocabulaire technique fran-
— et anglais - frangais (1882),
Smollet et Lesage, ätude litöraire (1883),
Vocabulaire technique frangais - allemand
et allemand-frangais, The Scientific English
Reader (1881), Naturwiſſenſchaftlich-techniſches
Wörterbud) (1885), Biographie de James Watt
par Frangois Arago (1883), Hume, History
of Charles I. and of a Commonwealth
(1884), Thierry, Histoire d’Attilla (1885),
Hume, The Reign of Queen Elizabeth (1884),
Repetitorium der engliihen Sprade (1886),
Repetitorium der franzöfilchen Sprache (1886),
Hilfsbuh für den ae Unterridt an
höheren 2ehranftalten (1886
Wefenfeld, Paul, wurde am 22.
Februar 1834 zu Ludau (Niederlaufiß)
geboren, wo fein Vater einen höheren
Negierungspoften bekleidete. Er erbte
‚von feiner Mutter die Luſt zu fabus
lieren und jchloß ſich von zartefter Yu:
gend an fie um jo mehr an, als jahre:
lange Krankheit ihn an das Zimmer
‚feflelte und ihm den Beſuch des Gym⸗
nafiums in feiner Waterftadt erjt vom
elften Jahre an geftattete. Nach Abjol-
vierung deſſelben beichäftigte ſich W. pri-
vatim — die Verhältniffe feines Haufes
erlaubten ihm nicht den Beſuch einer
Univerfität — hauptſächlich mit ben
lebenden Sprachen, namentlich den roma=
niſchen, da er den Wunſch hatte, einmal
bei einer überfeeifchen Geſandſchaft eine
Lebensftellung zu finden. Der plögliche
Wegfall feiner bisherigen Stüße zerftörte
ihm diefe Zufunftshoffnung. Nun fhlug
er die fubalterne juriftifche Laufbahn ein,
in welcher er zur Zeit noch als Sefretär
beim Landgeriht zu Guben fungiert.
Nebenbei ift er unausgefegt Titerariich thätig.
Die Hritif rühmt an Beh Schöpfungen tiere
Empfindung und eine fejlelnde Diktion. Hervors
‚zubeben: Die Eberfteiner (Rov.), Perdu-gagne
(Nov.), Richard Buſch u. Co. (Nov.), Die leiten
— (Nov.), Der Alte von Neuhaus
(Skiz.), Hermann, Fürſt von Pückler⸗Muskau
(Skiz.), Ein Heldengrab in der Mark, Feldmar—
ſchall Derfflinger, Arniea montana, Eine Nacht
im Walde, Des Hauptmanns letzte Stunde,
Weſſelhöft.
Der Wirt vom ſchwarzen Wallfiſch (Hum.), Der
Eulen⸗Sepp (Hum.), Ein moderner Lucull (Hum.).
Weſſelhöft, Heinrich Johannes, ge—
boren am 2. April 1833 zu Hottelſtedt
bei Weimar als Sohn des Paftors Eduard
W. Bon 1848—51 lernte er in ber
Kunfte und Handelsgärtnerei von Garl
Appelius zu Erfurt. Von 1851—54 war
er dann Gehülfe im botaniſchen Garten
zu Leipzig unter Direktor Prof. Mettenius
und Garten: nipeftor Bernhardi, bei
eriterem nahm er an den botaniidhen Vor:
(efungen teil. 1854 weilte er als Ge:
hülfe im Gartenetabliffement von Daniel
Hooibrenf in Hieging b. Wien, 1855 —58
als Obergärtner in der Schlentherichen
Handelsgärtnerei von J. D. Evers in
Tilfit, 1858—59 in der früher Fürft
Pücklerſchen, damals Prinz Friedrich der
Niederlande gehörigen und vom Park: und
Gartendireftor Petzold geleiteten Anlagen
zu Mustau i. Schl., 1859—66 als Ober:
gärtner der v. Eichel-Streiberichen Gärten
zu Eiſenach.
mit Sophie geb. von Wedelitedt. 1867
gründete er eine Handelsgärtnerei —
vorzugsweiſe Roſenkulturen — in Langen:
alza.
— Der Roſenfreund, Der Haus—
garten, Immerwährender Gartenkalender, Der
Garten des Bürgers- und Landmannes, Die
Kultur der Roſen in Töpfen. Neu bearbeitet:
F. A. Knight „Das Ganze der Ananaszucht“,
Heinrich Gruners, Unterweiſender Monatsgärtner“.
Weſſely, Ignaz Emanuel, geboren
am 25. Juli 1841 in Wien, ſtudierte
daſelbſt Jurisprudenz, dann Philologie,
Aithetit und Philoſophie; ſeit 1867 in
Leipzig als Schriftiteller thätig. Von
feinen verdienftlichen, gründliche Gelehr:
ſamkeit atmenden Werken heben wir her:
vor: Grundprinzip des deutihen Rhythmus auf
der Höhe des 19. Jahrhunderts (1868), Ariſto—
phanes’ Luſtſpiele (überjegt, mit Einleitungen
und Erklärungen, 5 Komödien: Ritter — Adar:
ner — Weibervolksverſammlung — Frauen am |
Thesmophorienfeite — Wespen, 1869 — 72),
Nihiliften in und außer der Ehe, Humor. (1878),
Zwölf Oden des Horay in deuticher Nachdichtung,
nebſt kritischen Bemerkungen zur deutichen Über: zere
688
1861 verehelidhte er ſich
— Weſtfal.
ſetzungskunſt (1878), Aus der Kleinmännerwelt
und Äus der Kleinfrauenwelt, (freie Bearbeitung
des engliſchen Originals 1880), Grammatiſch-
ſtiliſtiſches Wörterbuch der deutſchen Sprache
(1888), Kurzgefaßte Geſchichte der Stadt Leipzig
(1884), Nacht und Morgen. (Rach Bulwers
gleichnamigem Roman für die reifere Jugend be—
arbeitet, 1885).
Weſtfal, E., ſ. M. 8. Haaß.
Weſtkirch, Luiſe. Als die Tochter
deutſcher Eltern bin ich den 8. Juli 1853
in Amjterdam geboren, wo mein Water
ein Tuchgeſchäft en. gros betrieb. Doch
ihon bevor ich mein drittes Jahr er-
reichte, kehrten meine Eltern nad) Deutſch⸗
land zurück, zunächſt auf eine Befigung
meines Vaters in der Bayriihen Pfalz.
Leider verlor ich meinen Vater
früh. 1861 fiedelten wir nah Mainz
über und fpäter nach Wiesbaden. In
beiden Städten habe ich die Schulen be>
fucht undin Wiesbaden mein Lehrerinnen:
eramen gemacht. Seit 1872 wohnen meine
Mutter und id in Hannover.
1873 erichien mein erſter Roman „Die Prär
tendenten” im „Daheim“, 1875 der zweite „Ein
Familienzwift“ und zwiſchendurch einige Erzäb:
lungen in der „Belletriftiichen Korrefpondenz“.
Ich ſchrieb auch verfchiedene Traueripiele. Es
iſt mir aber bis jetzt nicht gelungen, eines der—
ſelben auf die Bühne zu bringen. Dagegen wurde
ein kleiner Einakter von mir, „Niemand kann
feinem Schickſal entgehen“, 1878 und 1879 in
Hannover und 1882 in Wiesbaden aufgeführt.
1884 erſchien der „Familienzwiſt“ in Buchform.
Einen wirklich fördernden Erfolg aber chaffte
mir erſt eine Novellette „Der rote Shawl“, welche
bei der von der „Wiener Allgemeinen Zeitung“
ausgefchriebenen Feuilletonkonkurrenz mit einem
Ertra:Ehrenpreife ausgezeihnet wirde. Diefer
Erfolg trug mir die Mitarbeiterihaft an „Nord
und Süd“, an der „Deutichen Revue‘ und eis
nigen anderen Blättern ein. Eine Sammlung
meiner Novellen erfchien unter dem Titel „Rauch“
(1888).
Wettig, Heinrih Hermann Martin,
wurde geboren am 20. März 1846 in
MWorbis, Regierungsbezirk Erfurt, beſuchte
1860—63 die Präparanden-Anjtalt in
Erfurt und 1863—66 das Königl. Ser
minar derjelben Stadt. Nachdem er für:
Zeit in Treffurt a. d. Werra, Schmie—
Wichert.
689
Wichodil.
defeld und Schleufingen als Lehrer thätig Die Arbeiter, Das grüne Thor, Ein ſtarkes Herz,
geweien war, ging er nad Gotha, wo
er in gleicher Eigenihaft wirft. In
feinen Mußeftunden beichäftigt fih W.
mit mufitaliihen Korrefpondenzen für
verihiedene Mufikzeitungen Deutfchlands.
Sein bedeutendftes Werk ift der Führer
dur) die Alavier-Unterrichts-Literatur. Ein Weg: | +
weiler und Ratgeber bei der Wahl
filalien, der 1884 erſchien und ſich einer fehr
nftigen Aufnahme zu erfreuen hatte. Außer:
hervorzuheben: Kleine Heimatkunde des Her:
yes Gotha (1885), Die ſchönſten Sagen und
hiſtoriſchen Erzählungen des Herzogtums Gotha
(1887), Der Sagentranz der Wartburg (1887).
An diefen Werken rühmt die Kritit lebensvolie
Friſche, Marheit und Sinnigkeit der Darftellung.
Wichert, Ernſt, ift zu Infterburg
am 11. März 1831 geboren, bejuchte
das Gymnafium zu Königsberg und wid:
mete fih nad deſſen Abjolvierung dem
Studium der Rechtswiſſenſchaft an der
dortigen Univerfität. Im Jahre 1858
legte er fein Staatseramen ab und trat
in den Yuftizdienft, in welchem er in Prö—
fuls bei Memel, danach in Königsberg
gewirkt hat und bis zum Oberlandes—
gerihtsrat aufgerüdt ift. 1888 wurde
W. zum Kammergerihtsrat in Berlin
ernannt. Neben feiner amtlichen Thätig-
feit bethätigte fih W. als ein äußerſt
fruchtbarer und hodhtalentierter Schrift:
fteller, dem ſowohl auf dem Gebiete der
Novelle, als auf dem des Dramas reiche
Erfolge erwudjen.
Hauptwerke: Dramen und zwar Trauerfpiele:
Der Withing von Samland, Markgraf Rüdeger
von Bechelaren, Das Grab der Deutihen (Kailer
Dtto III), Morit von Sachſen, Der große Kur:
fürft und der Schöppenmeifter. Scaufpiele:
Unfer General York, Licht und Schatten, Mit
Wind und Wafler, Die Fabrik zu Niederbronn,
—— Mu:
Die Frau für die Welt, Die Stimme der Natur, |
Peter Munt, Geſchieden. Luftipiele: Ihr Tauf-
ſchein, Als Berlobte empfehlen ſich —, In Feindes
Land, Der Narr des Glüds, Biegen oder brechen,
Das eiferne Kreuz, Ein Schritt vom Wege, An
der Majordede, Die Realiften, Die gnädige Frau
von Parey (Königin Luife), Der freund des
Fürften, Der geheime Sekretär, Dido, Fünfund—
zwanzig Dienitjahre, Die talentvolle Tochter. --
Romane: Aus anftändiger Familie, Ein häßlicher
Menſch, Hinter den Kouliſſen, Roſa Lichtwart,
Das literariſche Deutſchland.
Heinrich von Plauen, Die Braut in Trauer,
Hohe Gönner, Eine vornehme Schweiter, Der
Sohn feines Vaters, Der große Kurfürft in
Preußen. Novellen-Sammlungen unter den Tis
teln: Kleine Romane, Wider den Erbfeind :c.,
Gejammelte Novellen, Littauifche Gefhichten, Aus
dem Leben, Unter einer Dede, Sommergäfte,
* der deutſchen Nordoſtmark, Mutter und
ochter.
Wichodil, Anna, ſ. M. Th. May.
Widmann, Simon Peter, Sohn des
Komponiften und Mufiffchriftitellers, Rek—
tor8 Benedift W. zu Frankfurt a. M.
am 5. November 1851 geboren. Vor—
bereitet auf der Selektenſchule, welche
damals unter dem als Sprachforfcher be-
kannten Profefior Dr. H. Wedemer ftand,
beſuchte er 1867— 72 das Gymnafium.
Alsdann widmete er fich zu Leipzig und
Göttingen dem Studium der Elaffischen
und deutihen Philologie und Geſchichte.
1875 beſtand er auf Grund feiner Difer:
tation de finalium enuntiatorum usu Thu-
‚cydideo das Doftoreramen und fertigte
die jchriftlichen Arbeiten für das Staats:
eramen an. Danach verjah er 1875 bis
1876 eine Lehrerſtelle am Gymnafium
feiner Vaterſtadt und legte in diefer Zeit
das mündliche Eramen pro facultate
docendi in Göttingen ab. Von 1876
an wirkte er am Sol. Gymnafium zu
Wiesbaden, feit 1878 als ordentlicher
Lehrer. Won 1881 an beffeidete er zu-
gleidy die Stelle des Sefretärs bei dem
Verein für Naſſauiſche Altertumstunde
und Geſchichtsforſchung und redigierte als
ſolcher deſſen Annalen. 1885 erfolgte
feine Berufung zum Rektor an das Real-
progymnafium zu Oberlahnftein.
Von zahlreichen Fleineren Beiträgen zu wiffen,
ſchaftlichen Zeitichriften, fpeziell Rezenſionen in
der Wochenſchrift für klaff. Philologie, Gymna⸗
ea Literarifche Rundſchau abgefehen, hat der«
elbe folgende größere Arbeiten veröffentlicht:
| Die naftauifchen Chroniften des Mittelalters
(1882), Mitteilungen aus Wiesbadener Hand»
ſchriften, Ausgabe der vita Eckberti, Die Eber—
bacher Chronik der Mainzer Erzbiichöfe, Publi:
fation von Differentiae sermonum (1883).
| Zahlreiche Aufläge in den Annalen des Vereins
H
Wiedemann. — 690 — Wiedemann.
für naſſauiſche Altertumsfunde und Geſchichtsfor- Sprachen. In Dorpat war er zwar dem
Ihung. Die Böhme’fche Ausgabe des Thucybides | Wunſche feines Vaters gemäß als Juriſt
für den Schulgebraud; mit Anmerkungen (1882), |. Eur .
Materialien zu Exrtemporalien nad) Cäfars bell. immatrifuliert, beſuchte auch die betref-
gall., Über den Buhdruder Franz Behem in fenden Kollegia, verwandte aber feine
Mainz (1888), Method. Lehrplan der Geſchichte freie Zeit ausichließlih auf Muſik- und
(1888). Spradjitudien, für welche die Univerfitäts-
Wiedemann, Carl Alfred, geboren | bibliothek umfängliches Material bot, und
zu Berlin am 18. Juli 1856, bejuchte | dafjelbe that er auch nad Abgang von
die Gymnafien zu Karlsruhe und Leipzig, |der Univerfität, während er als Privat:
alsdann die Univerfitäten zu Berlin, Leip- lehrer in Dorpat lebte; ſchon vor der
zig und Tübingen. Schon während feiner | Studienzeit, als Hauslehrer, hatte er in
Schulzeit von ©. Ebers in die Agypto: | feinen Freiftunden das Berfiihe und Ara
logie eingeführt, ftudierte er Drientalia | bifche getrieben. Er machte beim Schluß
und Geſchichte. Die Ferien und die | feines Trienniums das Oberlehrereramen.
erften Jahre nad) feiner Bromotion (1878) | Seine erjte Anjtellung erhielt W. 1830
benußte er zu Reifen, um die Altertümer: | am Gymnafium in Mitau. 1837 wurde
Sammlungen Mittel:Europas und Ita⸗ |er auf feinen Wunſch an das Gymnafium
liens fennen zu lernen; 1880—82 hielt in Reval verjegt, und dort wirkte er
er fi in Agypten auf. Bon dort zurück- zwanzig Jahre lang bis zu feiner Beru
gefehrt, habilitierte er fi an der Unis | fung an die Afademie der Wiſſenſchaften
verfität Bonn für Agyptologie und alte in St. Petersburg.
Geſchichte. In Reval kam zu der Liebhaberei für Sprach⸗
Außer zahlreichen ägyptologiſchen und hiſto- ſtudien noch eine zweite Hinzu, die für Botanif,
riſchen Auflägen in —— veröffentlichte Eine Frucht der botaniſchen Studien war die (in
er folgende fehr anerkannte felbitändig erſchienene Gemeinſchaft mit Weber) herausgegebene „Ber
Werke: Hieratiihe Terte aus Berlin und Paris | Ihreibung der phaneorganifchen Gewãchſe Ehſt⸗
(1879), Geſchichie Aghptens von Pſammetich I. | Liv» und Kurlands““ (1859) und die Wahl zum
bis auf Alerander den Großen (1880), Die äl- | Mitgliede des Naturforſchenden Vereins in Riga,
teften Beziehungen zwiſchen Agypten und Griechen, | der Raturforichergefellihaft in Dorpat ꝛe. Das
fand (1883), Sammlung ägyptifcher Worte, welche | neben wurden die ugrosfinniichen Sprachen eifrig
von griechifchen Autoren umfchrieben worden find | betrieben. So entitand eine forjänifche Über:
(1883), Kanptifche Geſchichte (1884). Außerdem in ſetzung des Matthäus und eine tſcheremiſſiſche und
Gemeinschaft mit Profefior 9. Fiſcher: Über ba, | morbwinifche der vier Evangelien. Mit diejem
byloniihe Talismane (1881). Material verjehen, ſowie mit den handſchriftlichen
vier Evangelien in mwotjafifcher Sprache, melde
Wiedemann, Ferdinand Johann, * — ——*—* ihm — rich W.
wurde am 18. (30.) März 1805 in dem feine Verſuche einer Srammatit des Sprjäniſchen
= * (1842), Tſcheremiſſiſchen (1847) und MWotjafif
fpäter als Badeort aufgefommenen Etädt- dest von denen die beiden legten von e ie
chen Hapfal des ruffifhen Gouvernements demie mit einem Preije aus der Demidow'ſchen
Ehftland geboren, wo fein Water Ma— | Stiftung gefrönt wurden. Infolge davon wählte
l ü » ; * ih | die Akademie ihn 1854 zum korreſpondierenden
giſtrats⸗ und Kreisgerichtsſekretär, zugleich Mitgliede und übertrug ihm etwas ſpäter die Be—
auch Schiffsrheder war. Den erſten re⸗ arbeitung des von dem unterdeſſen verſtorbenen
gelmäßigen Unterricht erhielt er in der |Sjögren auf zwei Reifen zu den Liven in ip»
Kreisichule feiner Vaterjtadt (1814— 19), | und Kurland gefammelten Sprachmateriald. Die
: ‚fo entjtandene liviihe Grammatif nebſt Sprach—
dann bejuchte er das Gymnaſium in Reval proben, doppeltem Wörterbuche und ethnogra—
(1819-21) und, nachdem er zwei Jahre phiſcher Einleitung bildet den 2. Band der von
auf einem Landgute in der Nähe DON | der Afademie der iſſenſchaften herausgegebenen
Hapfal Hauslehrer gewejen war, die Unis | „Sejammelten Schriften” von J. A. Sjögren.
verfität Dorpat (1824— 26). Schon | 1857 wurde W. von der Alademie zum Rache
— * Pe Re = — folger Sjögrens gewählt für das Fach der ugro⸗
zeig | finnifchen Sprachen und fiedelte nad) St. Peters
dene Neigung für die Erlernung von burg über, wo er noch jegt thätig ift, jo viel die
Wilbrandt.
zunehmende Augenſchwäche es geftattet. Hier hat
er auch nachträglich den beim Abgang von der
Univerfität nicht erlangten Gelehrtengrad erhalten,
bie Univerfität Dorpat freierte ihn 1866 zum
Doktor der Philologie und ernannte ihn u
dem bei ——— ſeines Amtsjubiläums 1880 | H
Ehrenmitgliede der Univerfität. Die Ar:
ten W.'s nad) den ſchon genannten find von
ber Akademie herausgegeben: Über den werro:
ehſtniſchen Dialeft (1864), Grammatik der eria-
mordwiniſchen Sprache nebſt Wörterbuch (1865),
Ehſtniſch⸗ deutſches Wörterbuch (1869), Über bie
Sprache und Nationalität der jetzt ausgeftorbenen
Erevinen in Kurland (1871), Grammatik der
ehſtniſchen Spradhe (1875), Aus dem inneren
und äußeren Leben der Ehiten (1876), Syrjä-
niſch deutſches Wörterbuch nebft einem wotja-
tiſch⸗ deutſchen im Anhange (1880) und BZufäge
und Berichtigungen dazu (1886), Grammatif der
forjänifhen Sprade mit Berüdfihtigung ihrer
Dialekte und des Wotjakiſchen (1884).
Wilbrandt, Adolf, wurde am 24.
Auguft 1837 zu Noftod geboren, abfol:
vierte dafelbft das Gymnafium und be-
zog 1856 die Univerfität, um Philoſophie
u ftudieren. Nach Abſchluß feines Stu:
iums betrat er den literariichen Plan,
um fich ganz dem Schriftitellerberufe zu
widmen. Zunächſt bildete er fih als
Redakteur der „Süddeutihen Zeitung“
in München, dann aber wurde und blieb
er freier Schriftfteller, lebte in Berlin,
Paris, Rom, Münden und Wien. In
letztgen. Stadt verheiratete er ſich 1873
mit der befannten Schaufpielerin Augufte
Baudius. Im Jahre 1875 erhielt W.
für fein Trauerfpiel „Grahus“ den Grill
parzerpreis, 1878 errang er fih den
Schillerpreis und 1881 wurde er zum
Direktor des Hofburgtheaters in Wien
ernannt, in welcher Stellung er bis 1887
verblieb, um dann nad) feiner Vaterftadt
überzufiedeln. Wenn W. auch neben der
Lyrik die Novelliftit pflegte, fo ift das
Trama doch jein eigentliches Feld, auf
bem ihm reiche Zorbeeren ergrünten.
Hauptwerke: Unerreihbar (Luftfp. 1870), Der
Graf von Hammerftein (Schaufp. 1870), Die
Vermählten (Luſtſp. 1872), Jugendliebe (Luſtſp.
1872), Arria und Mefjalina (Trauerſp. 1873),
Grachus (Trauerfp. 1873), Kriemhild (Trauerfp.
1874), Dur die Zeitung (Luftip. 1874), Der
Kampf ums Dajfein (2uftfp, 1874), Robert Kerr
691
Wildenbruch.
| (Zrauerfp. 1880), Aſſunta Leoni (Schaufp. 1883),
Die Tochter des Herrn Fabricius (Schaufp. 1884),
Gedichte (1874), Geifter und Menſchen (Rom.),
Novellen, Neue Novellen, Ein neues Novellens
buch, Meifter Amor (Rom.), Novellen aus der
eimat.
Wildenbruch, Ernſt von, ift zu
Beiruth (Syrien) als der Sohn des da-
maligen preußifchen Konfuls dafelbit am
3. Februar 1845 geboren. Die häufigen
Verjegungen feines Waters erichwerten
die Erziehung des Knaben ungemein, erft
als die Familie, der leidenden Gefund—
heit der Mutter halber, in die Heimat
zurückkehrte, fonnte an einen ununter—
brochenen Echulbefuch Ernſts gedacht wer⸗
ben. So bezog er zunächſt das Pada⸗—
gogium in Halle und ſpäter das fran⸗
zöſiſche Gymnaſium zu Berlin. Indem
er dann dem Militärſtande ſich widmete,
folgte er nur einem Wunſche der Seinen,
nicht dem eigenen Triebe. Bereits nad)
ſechs Jahren fchied er aus dem Pots-
damer Offiziersforps, holte frühere wiſſen⸗
ſchaftliche Verſäumniſſe nah und beftand
1867 die Maturitätsprüfung, um in Ber
lin dem Studium der Rechte fi zu wid—
men. Der Krieg mit Frankreich brach
gerade aus, als W. fein erftes Eramen
abgelegt, er fuchte und fand wieder feine
alten Kameraden, die ihn willtommen
biegen und in deren Gemeinfchaft er in
Frankreichs Gauen einzog. Zurüdigefehrt,
trat er wieder in dem Juſtizdienſt als
Referendar am Oberappellationsgericht
in Sranffurt aD. Dort wurde er zum
Aſſeſſor ernannt, ging dann nad) Berlin
als Richter am Stadtgericht und trat
1877 in ben Dienft des Auswärtigen
Amts. Dort wirkt er noch jegt, 1887
zum Legationsrat ernannt. Im Sahre
1885 vermählte er ſich mit Fräulein von
Weber, einer Enkelin des großen Kom:
poniſten. W. dürfte als der talentvollite
dramatische Dichter der Gegenwart zu
betrachten fein. Diefe gewaltig padende
Kraft der Darjtellung, verbunden mit
einer hinreißenden Sprachvollendung wird
von feinem anderen Bühnendichter neucrer
44*
MWildenradt.
Zeit erreiht. Daneben bebaut er zwar
auch das Feld der Novelle, aber weitaus
nicht auf feiner Höhe als Dramatiker.
Für dieſe ift jein Feuer zu glühend; fehlt
ihm die ſtille Ruhe des Detailmalers,
wenn er auch als Novellift immer eigen:
artig und meit über dem Niveau der
Alltäglicykeit bleibt. Im Jahre 1884 er:
hielt er den großen Schillerpreis für feine |
dramatiſchen Dichtungen.
Hauptwerfe: Vionville (Heldenlied 1874),
Sedan (Heldenlied 1875), Lieder und Gelänge
(1871), Der Meilter von Tanagra (Nov. 1880),
Die Harolinger (Trauerfp. 1882), Der Menno:
nit (Trauerfp. 1882), Harald (Trauerfp. 1882),
Novellen (1882), Väter und Söhne (Schaufp. |
1882), Opfer um Opfer (Schaufp. 1883), Dich:
tungen und Balladen (1854), Kinderthränen (Er—
zäbl. 1884), Chr. Marlow (Trauerfp. 1884),
Neue Novellen (1885), Das neue Gebot (Schaufp.
1886), Humoresfen (1886), Die Herrin ihrer
Hand (Schaufp. 1856), Die Quitzows (Trauerfp. |
1858).
Wildenradt, Johann von, it am
3. November 1545 in Tondern (Schles:
wig) geboren.
vorragendes Zeichentalent und bejchloß,
diejes praftiih in der Gravierfunit aus: |
zunußen. Er erlernte den Beruf in
Hamburg, weilte dort und in mehreren |
anderen größeren Städten und errichtete
1877 eine eigene Fabrik in Pforzheim.
Dort trat er auch bald darauf zum erjten:
mal als Schriftiteller vor die Offentlich—
feit und wurde durch den ihm zu Teil
werdenden Erfolg zu weiterem Streben
ermuntert. Er trieb eifrig geichichtliche
Studien, die er in feinen alljeitig aner:
fannten Werfen verwertete. Bald gab
er feinen praftiichen Zebensberuf auf und
lebt noch jet in gen. Stadt als freier
Schriftſteller.
Hauptwerke: Fra Filippo Lippi (Ep. 1878),
Hiſtorien von Herrn Hartwig und der treuen Ella
(2. Aufl. 1881), Der legte Wendenfönig (rom.
Ged. 1882), Adelbert von Harras (Bed. 1882),
Zwölf Balladen (1853), Der Zöllner von Klaufen
(Hiſt. Nom. 1884), Schön-Düwecke (Hit. Rom.
1885), Der legte Römer (Hiſt. Rom. 1886),
Lavinia Colonna (Hiſt. Nom. 1537).
Wild-Queisner, Robert, geboren
am 10, Eeptember 1862 in Gr. Malſau,
692
Er zeigte früh jchon her: |
Wilferth.
Kr. Pr. Stargardt, iſt Verfaſſer folgen:
der ſehr gut aufgenommener Werke:
Des Einjährigen Leid und Freud', humoriſt.
Erzählung aus dem Soldatenleben (1885), Zweier:
lei Tuch, beitere Gefhichten aus dem Soldaten:
leben (1885), Fähnrichs Liebe und Leben (1886),
Das Duell, ein Wort über daflelbe (1887), Offi:
jiere und Studenten (1887), Ihr Jdcal (Luftip.
(1887), Der Lebensretter (Schwanf, 1888), Leut⸗
nants Lieben und Leiden (1888), Leichte Kavallerie
(1855). W. lebt als freier Schriftfteller,
Theaterreferent und Kunjtkritifer in Alt
Belig bei Bromberg.
Wilferth, Ferdinand, wurde zu Hof
in Oberfranten als Sohn eines Gym:
nafialprofeffors am 11. Mai 1829 ges
boren, abjolvierte dafelbit das Gymnafium
und wandte fi hierauf dem jurijtischen
Studium an der Univerfität Erlangen zu.
Mißliche Verhältniffe nöthigten ihn, ſich
um Broterwerb umzujchauen, und fo trat
er in den k. b. Verkehrsdienſt über. Ge
genwärtig lebt er als Vorſtand des Bolt:
‚amtes am Gentralbahnhofe zu München
unter dem Titel eines Poftmeifters (Poſt⸗
direftors). Nachdem verschiedene Gedichte und
Novellen in Zeitichriften zerftreut erfchienen waren,
ab W. 1865 heraus: Bittel, geihichtl. Schau:
Piel, welhem 1871 das Schaufpiel Adel um
Adel (zuerit aufgeführt im gleichen Jahre am
Belle: Alliance-Theater in Berlin) folgte. 1874
erfchienen: Ein Seelſorger (Bolkszeitit.) und
Gundel vom Königsſee (Bolksft.), 1875 Die Rojen
des Neferendars (Xuftip.), 1876 Seine Gefchichte
(Guſtſp.), 1877 Ein deutfcher Kaiſer (Schauip.).
| Außerdem 1876 Gedichte, 1880 Artus, ein
Alpenmärchen.
Wilhelmi, Sophie Marie, ſ. Grf.
‚dv. Broddorf.
| Willfomm: Schneider, Martha
Louiſe (Benvenuto Sartorius), geb. den
‚10. Februar 1856 zu Tharandt in Sad
'jen, Tochter des Botanifers Prof. Dr.
M. Willlomm, genoß ihren erjten Unter
richt in dem unter der Agide der Dia:
fonilfenanftalt jtehenden Luiſenſtift da
jelbjt. Im Jahre 1868 folgte Prof.
Willlomm einem Rufe an die baltijche
‚Universität Dorpat, woſelbſt Martha nad
‚abjolviertem höheren Lehrkurſus im Jahre
‚1872 mit Auszeihnung die Lehramts-
Willms.
prüfung beſtand. Im darauf folgenden
Frühjahr begleitete ſie ihren Vater auf
ſeiner Forſchungsreiſe nach den balea—
riſchen Inſeln, woran ſich eine Reiſe durch
das ſpaniſche Feſtland ſchloß. 1874
ſiedelte die Familie nach Prag über.
Zu dieſer Zeit beginnt die literariſche Thätigkeit
M. W.'s, die zunächſt unter ihren Mädchennamen
ſpaniſche Reiſeflizzen, ſowie Überſetzungen ſpani—
ſcher Gedichte veröffentlichte; einige Jahre ſpäter,
ermuntert durch den Romanſchriftſteller Ernſt
Willkomm, ſich der Novelliſtik zuwandte. Im
Jahre 1883 verheiratete ſie ſich mit dem
in St. Petersburg lebenden ruſſiſchen
Hofrat C. Schneider. Einige ihrer Arbeiten
ſind auch in engliſcher und ſpaniſcher Überſetzung,
die Originale in den beſten deutſchen Zeitſchriften
erſchienen, deren beliebte Mitarbeiterin M. W. iſt.
Willens, Agnes, geboren den 23.
Auguft 1844 zu Tübingen als Tochter
des Prof. Wildermuth und feiner durch
ihre jchriftjtelleriiche Thätigfeit befannten
Gattin Ottilie. Sie befuchte bis zu ihrem
15. Jahr die höhere Töchterichule ihrer
Baterjtadt, brachte dann 1 Jahre in
Lachaux de fonds im Kanton Neuchatel
im Haufe des Profeſſor Aimé Humbert
zu, von wo aus fie die dortige &cole
industrielle beſuchte. Nach Haufe zurüd-
gefehrt, verlobte fie fich mit dem Candid.
theol. Ed. Willms aus Oftfriesland, den
fie noch als Studenten im elterlichen
Haufe fennen gelernt hatte, verheiratete
fih zwei Jahre jpäter mit ihm und folgte
ihm auf feine erfte Pfarrftelle zu Mel:
dorf in Ditmarjchen, dann nad) der Re:
fidenzitadt Oldenburg, zulegt in das, uns
weit der Nordjee gelegene, freundliche
Marſchdorf Wiarden. Ihre literarische
Thätigfeit erfiredt fi) auf die Gebiete
der Novelliftif, der Volks: und Jugend:
literatur.
Hauptwerfe: Männerfünden an Frauenherzen
(Erz3.) Die beiden Boie. Ein Blatt aus der
Geſchichte Ditmarjchens, Von Heimat zu Heimat
(Hift. Erz), Das Recht ohne Gott (Hift. Erz.),
Des Menihen Herz und Gotted Wege (Erz.),
Das Kind der Krabbenfrau (Erz.), Die Bödlen:
burg (Hift. Erz.), Die Erbin von Rofened (Erz.),
Role und Reſeda, Beifamen (2 Erz.). Außerdem
giebt A. W. zufammen mit ihrer Schweiter all:
693
Windſcheid.
jährlich einen Band des von ihrer ſel. Mutter
gegründeten „Jugendgarten“ eine Feſtgabe für die
Jugend heraus.
Windſcheid, Bernhard Joſef Hubert,
iſt zu Düſſeldorf am 26. Juni 1817 ge—
boren, ſtudierte an den Univerſitäten Bonn
und Berlin die Rechte, promovierte 1838
und habilitierte ſich 1840 an letztgenannter
Hochſchule. Dort wurde er 1847 zum
'außerordentl. Profefjor ernannt, folgte
aber ſchon furze Zeit darauf einem Ruf
als ordentl. Profeffor nad) Baſel, 1852
nah Greifswald, 1857 nah Münden,
1871 nad Heidelberg und 1874 nad)
Leipzig, wo er noch jegt wirft. In Ans
erfennung feiner hohen Verdienite wurde
DW. zum Geheimen Rat ernannt. Seine
literarifche Thätigfeit hat ihm den Ruhm
eines der ausgezeichnetiten Pandektiſten
eingetragen.
Hauptwerfe: Lehrbuh des Pandektenrechts
(6. Aufl. 1887), Zur Lehre des Code Napoleon
von der Ungültigfeit der Rechtögeichäfte (1846),
Die Lehre des römischen Rechts von der Voraus:
feßung (1850), Die Actio des römiſchen Civil
rechts (1856).
Winter, Georg, ift geboren zu Bres-
lau am 3. Februar 1856, erhielt feine
wiſſenſchaftliche Vorbildung auf dem dor-
tigen Elifabet-Gymnafium, von welchem
er 1873 mit dem Zeugnis der Reife ent-
lafien wurde. Er widmete fich zunächit
in feiner Baterjtabt philologiihen und
biftorifhen Studien, wandte fi aber
bald immer ausſchließlicher den letzteren
zu. Zur Fortfegung derjelben jiedelte er
1875 nad Berlin über, wo feit Jahren
eine Fülle hervorragender Kräfte lehrend
wirkte. 1877 wurde ihm das Glüd zu
Teil, die eben frei gewordene Stelle
eines wiſſenſchaftlichen Hilfsarbeiters bei
Leopold von Ranke zu erhalten und da—
mit in täglihem perſönlichen Verkehr mit
dem Meijter der deutichen Geſchichtſchrei—
bung an geeignetjter Stelle einen Blid
in das Weſen und die Aufgabe geichicht:
licher Forſchung und Darftellung zu thun.
W. verblieb in dieſer Stellung aud),
nachdem er 1878 auf Grund einer Arbeit
PWinterfeld.
694
Mittenau,
aus der Verfalfungsgefchichte des Mittel: | fruchtbar auf dem Gebiete des Heinftäbti-
alters Geſchichte des Straßburger Rats (1878)
zum Doktor der Philoſophie promoviert
worden war, nod einige Zeit, bis er
1879 in den Dienit der fgl. preuß.
Arhivverwaltung trat. Die ihm neben
feinen amtlihen Geſchäften verbleibende Muße
bat er auch ferner unausgefegt auf wiſſenſchaft—
lihe Arbeiten verwendet, die fi teils noch
weiter auf dem Gebiete der mittelalterlihen Ber:
faflung, teils auf dem der neueren Gefchichte
bewegten. Die meiften diefer Arbeiten, welche
teils in Buchform, teils in den fachwiſſenſchaft⸗
lichen Zeitichriften erſchienen, find für den enge
ren Kreis der Fachgenofien berechnet, dagegen
hat es W. in feinem umfangreihen Werfe über
Hans Joahim von Bieten (1886) verfucht, die
Refultate feiner Forſchung auch dem Volke jelbft
zugänglich zu machen. An das lettere hat er
ſich außerdem in einer fehr großen Zahl von
populären, biftorifchen, politifchen und literarifchen
Eſſays gewandt, welche in verfchiedenen Zeit:
Ihriften und Zeitungen erfdhienen find. In Ge-
meinihaft mit Alfred Dove hat er Leopold von
Ranke's Meltgefhichte nach deſſen hinterlaſſe—
nen Papieren fortgeſetzt und vollendet. Sein
vornehmſtes Ziel war dabei darauf gerichtet, dem
Volke von den Errungenſchaften der modernen
wiſſenſchaftlichen Bewegung Kunde zu geben, doch
hat er ſich hie und da auch an der Beſprechung
offentlicher Einrichtungen und Zuftände verſucht.
MWinterfeld, Adolf von, wurde am
9. Dezember 1824 zu Alt-Ruppin ge
boren und bejuchte die Kadettenanftalt
Kulm, da feine Eltern ihn früh ſchon für
den Militärftand beftimmt hatten. Als
Offizier beim Pafewalfer Küraffier-Regi-
ment nahm er teil am dänifchen Feldzug,
wurde nad) defien Beendigung nad) Berlin
verjegt, wo er 1854 feinen Abſchied nahın,
um ausichließlih feinen Studien und
Ichriftitellerifchen Arbeiten leben zu können.
Diele Reifen ins Ausland erweiterten
feinen Gefichtskreis. Im Jahre 1860
wurde er, zu Berlin wohnhaft, zum
Kammerjunfer, 1862 zum Kammerherrn
ernannt. Die Erlebniffe, befonders wäh—
rend feiner eigenen Militärzeit, lieferten
W. reihen Stoff, den er literarifch derart
zu verwerten verjtand, daß wir ihn neben
hen humor. Romans, deſſen Feinheiten
W. meifterhaft beherrſcht.
Hauptwerke: Soldatenleid, Soldatenluſt (1857),
Garniſongeſchichten (1859), iſſe einer
kleinen Stadt (1863), Das Kätchen von der
gef (1863), Manðvergeſchichten Ne;
ohnungsfucher (1864), Der ftille Winkel (1865),
Kadettengefhichten (1865), Die Reifen von Bam:
bus & Komp. (1865), Die Ehefabrifanten (1866),
Ein gemeucelter Dichter (1867), Der Wintel
Ichreiber (1868), Modelle (1868), Ein gutmütiger
Mepbiito (1868), Herr von Filz (1868), Fanı
tifer der Ruhe (1869), Der ig 1870),
Moderne Odyſſee (1871), Narren der 1872),
Onfel Sündenbod (1873), Alte Zeit
Groß» Bufelow (1874), Die
(1875), Drollige Soldatengeihichten (1875)
Fürft von Montenegro (1876), —
ber a Der alte Kan (1 *
Pinſel (1878), Neue Garniſongeſchichten
Der König der Luft (1878), Zwei
(1880), Der heilige Eheſtand (1883), Die Tobten-
föpfe (1884), Alte Zeit (1885) u. v. a,
Wittenan, Eduard Dubs ln
am 9. Mai 1868 zu Lochotin
abjolvierte 1885 die Realſchule in Prag
und lebt teils zu Lochotin bei Pilſen, teils
in Prag. Die Gebiete, auf dem W. ſich
(iterariih mit Glück ri > bat, find:
—— Feuilleton, Novelle, Thealer⸗
ritik.
Hauptwerke: Harun al Raſchid a:
defina! (Nov.), Prinz Ersofi und
Senderoli (Märchen), Der Salonzigeuner .
Ferner überſetzt er auch aus dem
und Böhmiſchen.
—
Auguſt 1838 zu Aſchaf
Ihr Vater, der Verlage
Krebs, entſtammte der Brüderg
Die Erziehung Marina's wurde von de
Mutter geleitet, einer reichbegabten und
poetifch angelegten Natur, überdies hatte
fie guten Schulunterricht. Im dreizehnten
Jahre verlor fie die Mutter. An ihre
Stelle trat Lina Schwarz, eine Enfelin
Zung-Stillings, zur Führung des Haus
wefens. Mit vierzehn Jahren fam Dia
Hadländer als unferen bedeutendften mili- rina als Soging nad Montmirail in die
tärifchen Humoriftifer zu verzeichnen haben. | franzöfiiche
Vor allen Dingen ift er außerordentlich | anftalt der Brüdergemeine.
chweiz, in eine Erziehung‘
Hier blich
Modiczka.
fie nahezu drei Jahre und genoß vor:
züglichen Unterricht, befonders in Natur:
wiſſenſchaft und Religion. Gern wäre
fie fpäter als Lehrerin nad) Diontmirail
zurüdgefehrt, doch fand 1858 ihre Ver:
heiratung mit C. Witter, Buchhändler in
St. Louis U.S. ftatt, dem fie nach Amerika
folgte. Nach der Geburt eines Töchter:
chens, welches ftarb, Eehrte fie ein Jahr
darauf, totfranf in das Elternhaus zurüd.
Eie erholte fi) wieder, wurde aber 1867
Witwe. In diejen trüben Tagen fand
fie in der Religion den meijten Troft,
auch griff fie, einem inneren Drange fol-
gend, zur Feder. Durch Verbindung mit Otto
Spamer famen einige Jugendichriften heraus, von
denen ihr „Spielbuch für Mädchen” in 11 Auf:
lagen erſchien. Die Autorin lebte nun mehrere
Jahre in Leipzig, literarifch befonders für
den gen. Verlag thätig. Dann brachte fie
fiebzehn Jahre in Aſchaffenburg zu und
überfiedelte 1886, einem Zuge ihres
Herzens aus frühfter Jugend folgend, in
eine Kolonie der Brüdergemeine. Niesky,
als Hauptfiß der verfchiedenen Lehranital-
ten und zugleich ala Mittelpunkt des gei-
ftigen Lebens der Gemeine, z0g fie am
meijten an.
Wodiezfa, Victor, wurde geboren
am 9. Januar 1851 auf Schloß Liechten—
ftein in Nieder-Ofterreih. Nach Beendi-
gung jeiner Studien und zurüdgefehrt
von größeren Reilen im Auslande, er:
hielt er eine Stelle im Berwaltungsbureau
der öfterr.sungar. Staatsbahn.
Das erfte Werk, mit dem er die Öffentlichkeit
betrat, waren feine „Dramatiijhen Märden für
die Jugend“ (Der Ring des Gnomen : Königs,
Rarzifie die Blumenfee, 1869), welche Bühnen:
fpiele in Wien ſowohl, als auch in der Provinz
wiederholt mit Erfolg zur Aufführung gelangten.
Nahdem in verfchiedenen Zeitichriften kleinere
Arbeiten von ihm erſchienen, fam 1882 feine
Novelle „Stürme im Frühling“ in Buchform ber:
aus. Als im felben Jahre die Zeitichrift „Die
Heimat” einen Preis von 100 Dufaten für die
befte poetifche Arbeit in erzählender Form aus:
Ichrieb, trug W. mit feiner biftorifchen Erzählung
„Der ſchwarze Junker“ den eriten Preis davon.
Aufgemuntert hierdurch wandte fih W. nunmehr
dem Felde der hiftoriihen Erzählung zu und
695
Wolf.
1886 erfchien auch der erfte Roman „Aus Herrn
Walthers jungen Tagen”, in weldhem das Jugend+
leben Walther von der Vogelweide am Wiener
Hofe gejchildert wird. W. lebt auf feiner
Befisung in Brunn am Gebirge bei Wien.
Wolf, Gerion, geboren am 16. Juli
1823 zu Hollefhau in Mähren, betrat
ſchon frühzeitig die jchriftftellerifche Laufbahn und
veröffentlichte im Jahre 1843 in Saphird „Hu:
moriſt“ Artifel: „Ariftophanes und das Luſt—
fpiel unfrer Zeit", „Studien über Shakeſpeare“ ꝛc.
Im Sturmjahr 1848 trat er als politifcher Schrift:
jteller auf. Infolge zweier Artikel in der „Zeit“
wurde er im Jahre 1849 von Wien ausgewieſen.
Diefe Ausweifung wurde jedoch rüdgängig ges
madt. In demfelben Jahre erfchien auch defien
erſte jelbftändige Schrift: „Die Demokratie und
der Sozialismus”. Diefe Schrift wurde dann
im g 1852 als der Belagerungszuftand in
Wien ftraffer gehandhabt wurde, von der Mi:
litärbehörde fonfiszirt und der Autor nad 17;
tägiger Unterfuhungshaft auf 4 Wochen Arreft
verurteilt. (Das Nähere hierüber findet ſich in
der Schrift: „Aus der Revolutionszeit“ 1848/9,
1885). Nachdem W. 1851: „Über die Volks:
ſchule in Oſterreich“ veröffentlicht hatte, welche
eine Neform auf dieſem Gebiete herbei-
führte, wendete fich derjelbe dem Geſchichts—
ſtudium auf Grund von Quellenforihungen
zu und wurden ihm die öfterreidhiichen
Archive zu diefem Zwecke in der libe-
ralſten Weife geöffnet. Zu gleichem Zwecke
machte er Studien zu Berlin und Dresden.
Im Laufe der Zeit hat er, abgefehen von Artikeln
in Seitungen, zahlreiche verdienftlie Werke ver:
öffentlicht, u. a. auf dem Gebiete der Geichichte
der Juden: Ferdinand II. und die Juden, Zur
Geihichte der Juden in Worms und des deutfchen
Städteweſens, Judentaufen in Oſterreich, Die Ju:
den in der Leopoldſtadt, Joſef Wertheimer, ein
Zeit: und Lebensbild, Gejchichte der Juden in
Wien 1156--1876, Zur Salzburger Chronik, Die
Juden in Ofterreih:UIngarn zc.; auf pädagogis
ſchem Gebiete: Die Generalfeminarien in Diter»
reich unter Joſeph II., Die failerlihe Landes»
ſchule in Wien unter Marimilian II., Das Projekt
einer höheren QTöchterichule unter Joſef II., Das
unterrichtsweſen in Ofterreih unter Joſeph II.;
bierher gehören auch: Studien zur Jubelfeier der
Miener Univerfität 1865, Der neue Univerfitäts-
bau, Gefhichte der Wiener Univerfität ꝛe. Durch
die „Geſchichte der f. f. Archive in Wien” war
er bahnbrechend auf dieſem Gebiete, hierher ge
hört auch: „Srillparzer als Archivdireftor”. Ferner
veröffentlichte er mehrered über die Zeit Maria
Therefiad und Joſef II., woraus hervorzuheben
Wolf.
ift: Ofterreih und Preußen 1780—1790, Kaifer
Sofef II., Aus der Zeit der Kaiferin Maria
Thereſia.
Wolf, Hedwig, iſt am 15. April
1831 in Wien geboren. Als Tochter
des bekannten Romaniſten Ferdinand
Wolf erhielt fie nicht nur eine ſehr ſorg⸗
fältige Erziehung, ſondern wurde durch
ihren Vater angeregt, die ſpaniſche Sprache
zu erlernen und ſich mit der modernen
Literatur Spaniens zu beſchäftigen.
Nachdem ſie ſchon als ganz junges Mädchen
Erzählungen geſchrieben, veranlaßte ſie ein den
journaliſtiſchen Kreiſen angehörender Freund ihres
Hauſes mit ihren Arbeiten vor die Offentlichkeit zu
treten, und im Jahre 1857 erſchienen die zwei
erſten Erzählungen Hedwig W.'s: „Die beiden
Brüder” und „Einer Stimme Zauber” im Druck.
1860 folgte ein Band „Erzählungen und No:
vellen“ und fait,
erfchien auch ihre Überfegung von Fernan Cabal:
lero’3 Roman „Elia“, welden Ferdinand Wolf
berausgab. Auf Heinrih Laube's Wunfc be
forgte Hebwig die Überfegung des ſpaniſchen Luft-
ſpiels „Nachſicht für Ale“ von Goroftiza, das
dem Dichter ald Vorbild zu feinem „Cato von
Eifen” gedient hatte. Dicke Überfegung erfchien
in der Gefammtausgabe von H. Laube's Werfen.
Die verfhiedenften Journale Öfterreihs, Deutich
lands und der Schweiz bringen alljährlich lite:
rarifche Beiträge von 9. W., teils Erzählungen
und Novellen, teils biographiſche Aufſätze und
andere Feuilletond. Auch mit den Erzeugniffen
der modernen ſpaniſchen Literatur hat fie ihre
Sandsleute zu wiederholten Malen befannt
gemacht.
Wolff, Franz, geboren am 18. April
1858 in Wien, bejuchte die Realſchule,
dann ein Jahr die Handelsſchule, abjol-
vierte den Eiſenbahn-Kurſus und hörte
jpäter die Vorlefungen über Geſchichte,
Philofophie und Nationalöfonomie an der
MWiener Univerfität. Er trat 1877 in
die Dienfte der Kronprinz Rubolf-Bahn
und iſt gegenwärtig Beamter der k. k.
General = Direktion der öfterreichifchen
Staatsbahnen in Wien.
Er verfuchte fich Schon früh in Gedichten, deren
viele, fowie auch Feinere Novellen im „Wiener
Familien-Journal“ in den Jahren 1876 und 1877
erjchienen. 1881 wurde ein Luſtſpiel „Tugend-
bafte Männer” in Linz aufgeführt. Die Kritif
hob bejonders den „flüfligen, eöpritvollen Dialog“
696
gleichzeitig mit diefem Bande |
Wolff.
hervor. Ein jpäteres Luſtſpiel „Flitterwochen“
bearbeitete Leon Treptow und gelangte dieſes
Stüd unter dem Titel „Am häuslichen Herd“
an zahlreihen Bühnen erfolgreich zur Auffüh—
rung. 1885 las Hofichaufpieler Joſef Lewinsky,
der W.alsein „Itarfes und echtes Talent“ bezeichnete,
im „Verein der Literaturfreunde” in Wien eine
Novelle „Ein Modell“ unter großem Beifalle,
Die Novelle gelangte in der „Allgemeinen Kunſt⸗
Chronik“ zum Abdrud. Ihr folgten: „Unver⸗
ftanden“, „Das Ideal“ und verfchiedene Gedichte.
W. ift Mitarbeiter verjchiedener belletriftifcher
Blätter, wendet fi aber nun wieder mehr dem
dramatischen Fache zu.
Wolff, Georg, wurde am 28. Aug.
1845 zu Neuenhain in Heflen geboren,
beſuchte das Gymnafium zu
darauf 1865— 69 die Univerfitäten Min⸗
hen und Marburg, um Philologie und
Geſchichte zu ftubieren. Nach beftandenem
Sramen trat er in das Lehrerfollegium
des Kol. Gymnafiums zu Hanau ein,
dem er noch jegt ala Oberlehrer für alte
Spraden und Geſchichte angehört.
Außer zahlreihen Vorträgen und Aufläßen
in belletriftifchen Zeitſchriften veröffentlichte er
eine Reihe ftreng miflenichaftlicher Arbeiten als
| Mitarbeiter der Kaſſeler Zeitichrift für heſſiſche
Geſchichte und rer —* nn
angehört, der Zeitichrift de Hanauer irls
vereins und des hiſtoriſchen Vereins für das
Großherzogtum Heflen ꝛe. Seine Studien
fi auf der Univerfität und in den fol⸗
genden Jahren beſonders der mittel ei
Geſchichte zugemwendet, welcher auch die vom der
Kritik günftig aufgenommene Differtation: „Kris
| ae Beiträge zur Geſchichte Karla des '
[768— 771] (1872) angehört hatte. Seit aber
auf feine Anregung und unter feiner Sei
vom Jahre 1881 an ber auer verein
die Erforfhung der römiſchen Refte innerbalb
des ehemaligen Kurfürſtentums Hefien in um:
faffender Weile in Angriff genommen hatte,
war der Löſung diefer Aufgabe der größte Teil
feiner freien Yeit gewidmet. ber die Er⸗
folge diefer Thätigfeit geben, abgejehen von Be
richten in den genannten Beitfchriften, die beiden
folgenden in Buchform erſchienenen und mit
zahlreihen Illuſtrationen ausgeftatteten Arbeiten
Rechenſchaft: „Das Nömerkaftell und das Mithras
beiligtum zu Großkrotzenburg am Main nebjt Bei
trägen zur Zöfung der Frage über die architeftos
niſche Beſchaffenheit der Mithrasheiligtümer"
(1882) und „Der römijche Grenzwall bei Hanau
mit den Kaitellen Rüdingen und Marköbel (mit
Major DO. Dahm 1885)“. Gegenwärtig ift er
| mit der Bearbeitung der erfolgreichen Durchfor—
Wolff.
fhung der unmittelbaren Umgebung von Hanau
nach Reiten römijchen Anbaues beichäftigt.
Wolff, Hermann Heinrih Rudolf,
geboren den 3. August 1842 zu Peruſchen
(Schlefien); feit 1874 Dozent der Phi-
lojophie an der Univerfität Leipzig, ift
Verfafler folgender verdienftliher Werke:
Spekulation und Pbilofophie. I. Der ſpeku—
lative Rationalismus, II. Der empiriſche Rea—
lismus (1878), Die Ziele des afademiihen Stu:
diums und die Mittel, durch welche diefelben er:
reiht werden (1878), 2ogif und Spradphilo:
fopbie, eine Kritif des Verſtandes (1880), Über das
Geelifhe im Kinde und die dadurch begründete
Notwendigkeit einer gründlichen logiſch-pſycholo—
giihen Durchbildung des Lehrers (Erziehers)
(1881), Gemüt und Charakter, ſechs Vorträge
(1882), Wegweifer in das Studium der fans
tiſchen —5 1884), Handbuch der Logik
(1884).
Wolff, Julius, wurde am 16. Sep:
tember 1834 in Quedlinburg als ber
Eohn eines Tuchfabrifanten geboren, der
den Anaben zu feinem Geſchäftsnachfolger
bejtimmt hatte und ihm nad Abjolvie-
rung des Gymnafiums eine Ddement:
ſprechende geichäftlihe Ausbildung geben
ließ. Er jtellte fich jedoch des Sohnes
ſehnlichem Wunſche nad einem kurzen
Univerſitätsbeſuch nicht entgegen, und fo
betrieb %. W. für einige Zeit philo—
ſophiſche Studien in Berlin. Danach trat
er in das Geſchäft ein, machte viele
Reifen ins Ausland, befonders nad) Eng:
land für dafjelbe und übernahm im Jahre
1859 Die jelbftändige Leitung. Daneben
widmete er feine Muße weiteren Stu—⸗
dien, und um fich dieſen ganz hinzugeben,
verfaufte er 1868 die ererbte Fabrif.
Bald darauf gründete er die „Harzzei—
tung”, deren Redaktion er niederlegte,
als das Vaterland ihn 1870 zu den
Fahnen rief. Nah Beendigung des
Krieges zog er nach Berlin, 1886 nad)
Charlottenburg, wo er noch jetzt als freier
Schriftſteller lebt. Yiterarifch ift Julius
Wolff eine ebenjo eigenartige wie hoch—
bedeutende Ericheinung. Er meidet alles
Echhablonenhafte, und wenn e8 ſchier un-
möglich jein mag, hierbei der Maniriert—
697
Wolff.
heit fern zu bleiben, jo find dieSchöpfungen
W.'s doch Stets edel und echte Kinder
eines gottbegnadeten Dichters. Diemeiften
derjelben find in Muſik gefegt und viele
davon in der Sänger Munde.
Hauptwerke: Aus dem Felde (Ged. 1871),
Till Eulenspiegel Redivivus (Ged. 1875, 16.
Aufl, 1885), Der Nattenfänger von Hameln
(1876, 25. Aufl. 1885), Kambyſes, Junggefellen:
fteuer (Schaufpiele 1876), Der milde Jäger
(1877, 25. Aufl. 1886), Drobende Wolken
(Schaufp. 1878), Tannhäufer (1880, 10. Aufl.
1885), Singulf (Ged. 1881), Der Sülfmeifter
(Rom. 1883, 7. Aufl. 1887), Der Raubgraf
(Rom. 1884, 6. Aufl. 1886), Lurlei (Ep. 1886).
Wolff, Lion, wurde am 13. Juni
1845 zu Emden geboren, widmete fi
nah Abfolvierung der vaterjtädtiichen
Schule dem Studium der jüdifchen Theo:
logie. Er amtierte in feinem Beruf in.
Saarlouis, Rojtod und Berlin, jeit 1886
als Prediger in Charlottenburg, zugleich
als Präfident der israelitifhen Kultus:
beamten in Deutichland. Literariſch ift
W. mit zahlreihen homiletiſchen und li-
turgiſchen Schriften, Handbüchern, Sami-
lienchronifen und Rulturbildern aus der
jüdifchen Gemeinde hervorgetreten und
hat fi dadurd um legtere ungemeine
Verdienfte erworben. Unter den alljeitig
anerkannten Werfen W.’s heben wir her:
vor: Handel der Juden (3. Aufl. 1875), Die
Fefttage Israels (3. Aufl. 1877), Judentum
und Patriotismus (1879), Agende für Prediger
(1880), Humoresfen und Aulturbilder (2. Aufl.
1882), Agende für den Gottesdienft (1883), Der
jüdische Lehrer (1884), Hochzeitdagende (1886),
Trauungsagende (1886), Haus: und Familien»
hronif (1886). W.'s Gattin edierte: Koch—
und Wirtſchaftsbuch für jüd. Hausfrauen (1888).
Wolff, Ula (Ulrich Frank), geboren
zu Wollftein in der Provinz Poſen am
2. April 1850. Durch ihren Bater,
einem befannten Theologen und Berfafler
ſehr anerkannter religionssphilojophiicher
Werke, Dr. H. ©. Hirſchfeld, wurde jchon
in frübefter Jugend der Hang zu erniter
Beihäftigung in ihr gewedt. Sehr jung,
kaum 19 Jahre alt, an einen Philo—
‚logen und fpeziell Profeffor der italies
Wolkan. — 698 — Wollny.
niſchen Sprache und Literatur verhei- Perſiſchen weiter auszubilden. Der Tod
ratet, fand fie an der Eeite des viel äl- feiner Mutter hinderte ihn an der Fort:
teren Mannes Gelegenheit, die italienische | jegung und Ausführung weiterer Pläne ;
Literatur gründlich zu jtudieren und fich er begab fich zurüd nad Prag, erwarb
für Dielelbe zu begeiltern. Damals fing fie | 1885 den philofophiichen Doktorgrad und
an, novelliftiiche und dramatische Berfuche zumachen, beichäftigte fich feitdem ausſchließlich mit
die ihr das Intereffe Heinrich Laubes, Loens ꝛc. ein: dem Stubium des Zeitalters des Huma⸗
M In © |
—— ee ner — N nismus und der Reformation, in Bezug
Reife Re s Pi ee * fin namentlich auf Böhmen. Außer verſchiede
eiſen zu und kam dann nach Berlin, ‚nen kleineren Aufſatzen ſchrieb er: Studien zur
um der Aufführung eines vieraftigen Schau: | Reformationsgeichichte Nordböhmens (1887), Beis
fpiels „Der Herr Kollege“ beizumohnen. Im träge zu einer Gelchichte der Reformation im
darauf folgenden Jahre erzielte ein einaftiges Böhmen (1887), B. Leipa zur Zeit der Refor-
Luftipiel „Ein Vampyr“ und bald darauf ein | mation (1885), Fürft Rüdler-Musfau und 2
zweites „Aus Paris“ in Breslau einen großen Schefer (1886).
Erfolg, das erjtere ri von Heinrih Grans und
Carl Sontag an dreißig Bühnen geneben und ö i
fehr beifällig aufgenommen worden. Trog diefer Wolluy, Ewald, geb. in Berlin am
ermutigenden Anfänge und trog Laubes und | 20, März 1846, beſuchte nad) dreijähr.
2oöns Aufmunterung wendete fie ſich fpäter, | ; ; ER :
öbee 6 wirber eihen Weiail auf May landwirtſchaftlicher Praxis die Akademie
zu wagen, ausſchließlich feuilletoniſtiſchen und | In Prosfau von 1866—68, übernahm
novelliftiihen Arbeiten zu. Novellen, Erzäd: hierauf die Feldverwalterſtelle auf der Do:
lungen und Feuilletons fanden in Zeitungen und | mäne Groß = Wanzleben bei Magdeburg
Zeitigriften Aufnahme. Drei in Buchform er- | md ftudierte 1869— 70 auf den Univers
ſchienene Bände wurden von der Kritif überaus | M v8 Kr N .
günftig beurteilt. Es find: „Waldgeheimnis“, fitäten Halle und Leipzig. ach feiner
„Wunderfind“, „Weltlihe Beichte“. Seit zwei | Promotion (1870) war er 1870 Aſſiſtent
era * ſie a. —— —— a | und Dozent am landwirtichaftl. Inſtitut
igteit fi) gewidmet und die feuilletoniftifchen | N
Artifel des „Hamburgiſchen Korreipondenten” legterer Hochſchule und p lgte 1871 Eifiche
über Berlin, für die „Breslauer Zeitung“ Tite: Ruf als Lehrer an die andmwirtichaft iche
rariſche Effayd über moderne Autoren und lite: | Akademie Prosfau, 1872 einem ſolchen
rariſche Erſcheinungen übernommen, außerdem als außerord. Profeſſor der Pflanzenpro-
Zypen, Bilder, Stiggen aus dem Leben Berlins | duktionslehre an die landw. Abteilung
für das „Berliner Tageblatt“ geichrieben, wor» s :
unter eine Serie „Silhouetten aus der Berliner der techniſchen Hochſchule in München.
Geſellſchaft“ ſehr angeſprochen haben. Die feuille- 1880 erfolgte feine Ernennung zum ord.
toniftiihen Blätter Bieter beiden Jahre erfcheinen Profeflor. Für die Perioden 1880—83,
demnachſt in zwei Bänden. In Berlin hat|1883—86, 1886—89 wurde er zum
fie vor fieben Jahren eine zweite Che Vorſtand der landw. Abteilung der tech:
geſchloſſen mit einem Induſtriellen, der | nischen Hochſchule gewählt. Neben zahl:
ihren Beltrebungen lebhaftes Intereſſe | reihen größeren Abhandlungen über die Ergeb:
ſchenkt. niſſe von Erperimental:Unterfuhungen in Fach—
. | blättern und Beitfchriften veröffentlichte W. fols
Wolfan, Rud., geboren am 21. Juli gende Werke: Der Einfluß der Pflangendede und
1860 zu Prelauc in Böhmen als der | Beihattung auf die phyfikaliſchen Eigenfhaften
Sohn des f. f. Steuereinnehmers Franz | und die Fruchtbarkeit des Bodens (1877), For
: ; N Ihungen auf dem Gebiete der Agrikultur-Phyſik
B., beſuchte die Vollsſchule in Niemes, (Centralblatt für Bodenphyſik, Agrarmeteorologie
1871-79 das Gymnafium zu B. Leipa, und Pflanzenphyſik, begründet und herausgegeben
und bezog dann die Univerſität Prag, von M. feit 1878), Über die Anwendung der Elek:
germanijtiichen Studien obzuliegen. Ab⸗ | trizität bei der Pflanzenfultur (1883), Über die
: : Thätigfeit niederer Organismus im Boden (1883),
gelenkt durch das Studium orientaliidher Saat und Pflege der landwirtſchaftlichen Kultur
Spraden, begab er ſich 1883 nad) Wien m (196
. ⸗ pflanzen (1885), Die Kultur der Getreidearten
ſich in der Kenntnis des Arabiſchen und (1887).
Moltersdorf.
MWoltersdorf, Theodor, geboren in zu können.
Berlin am 22. Dezember 1834, ftudierte
Theologie in Halle, Tübingen, Jena, be:
fuchte das Predigerfeminar in Wittenberg;
wirft feit 1866 als Pfarrer an der St.
Nitolaikirhe in Greifswald, nachdem er
vorher Predigtämter an der Strafanitalt
Lichtenburg und in Magdeburg bekleidet
hatte. Am Lutherfeſt 1883 wurde er von
der theol. Fakultät in Jena zum Dr. theol.
honoris causa promoviert. Er ift Mither:
ausgeber der „Proteſtantiſchen Kirchenzeitung“, zu
welcher, wie zu anderen kirchlichen und theologi⸗—
ſchen Zeitſchriften er ſeit 1860 viele Beiträge theo⸗
logiichen und Firchenpolitifchen Inhalts geliefert
bat. Selbitändig erfchien von ihm außer einigen
Heineren Arbeiten: Das preußiiche Staatsgrund:
et und die Kirche, Studien und Urkunden zur
afjungsfrage der evangeliſchen Landeskirche in
Preußen (1873), Die Rechtöverhältniffe der Greifs-
walder Pfarrfirchen im Mittelalter (1888).
Wolzogen, Ernit Freih. von, ge-
boren am 23. April 1855 zu Breslau
als ein Sohn des Dichters Alfred v. W.,
des jpäteren Hoftheater-ntendanten zu
Schwerin, erhielt feine Vorbildung an |
ben Gymnaſien zu Mühlhaufen i. TH.,
Halle und Wittjtod und ftudierte in Straß⸗
burg und Leipzig Philofophie. Er weilte
dann längere Zeit in Weimar und lebt
egenmwärtig in Berlin. Im Befig eines
hönen poetifchen Talentes, ſowie eines
in der 2iteratur volltönigen Namens
duch feinen Vater (fiehe auch d. Folg.),
iſt W. ein willlommener und fleißiger
Mitarbeiter einer Reihe von Zeitichriften.
Bon feinen jelbftändig erichienenen Wer:
ten heben wir hervor: Immakulata (Erz.
1881), Heiteres und Weiteres (Hum. 1886), Ba:
(Rom. 1887), Die Kinder der Excellenz
Rom. 1888). Außerdem gab er verfchiedene liter.
„ Arbeiten, eine neue Überfegung des Don
u. a. m. heraus,
Wolzogen, Hans Paul Freih. v.,
wurde am 13. November 1848 in Bots-
dam geboren, widmete ſich nad abſol—⸗
viertem Gymnafium dem Studium der
Philoſophie zu Berlin, das er 1871 zum
Abſchluß brachte, um dann ausschließlich
feinen literariihen Beftrebungen leben
699
Mothe.
Diefelben galten vorwiegend
em Tonfürften Richard Wagner, zu deſſen
begeiftertiten Anhängern und VBerfechtern
MW. gehört und für deſſen Manen er
— Lanze gebrochen hat. Außerdem
bewährte ſich W. als gründlicher Sprach—
forſcher, Literatur- und Kulturhiſtoriker.
Er lebt zu Bayreuth, wo er auch als Redak⸗
teur der Bayreuther Blätter thätig iſt.
Hauptwerke: Leitfaden des Ring des Nibelun-
gen (5. Aufl. 1882), Poetiſche Lautiymbolif
(1876), Der Nibelungen Mythos in Sage und
Literatur (1876), Verrottung und Errettung der
deutihen Sprache (1880), Das Prinzip der neus
bochdeutihen Orthographie (1880), Unjere Zeit
und unfere Kunſt (1881), Die Tragödie in Bay»
reuth und ihr Satyripiel (5. Aufl. 1881), Ein
Vermächtnis Leifings (1881), Die Sprade in
Wagners Dichtungen (2. Aufl. 1881), Was ift
Styl? (3. Aufl. 1882), Wagner und die deutſche
Kultur (1882), Erinnerungen an Richard Wag-
ner (1883), Die Religion des Mitleidens (1883),
Die Jpdealifierung des Theaters (1585), R. W.'s
Barfifal, Leitfaden (5. Aufl. 1886), Richard
Wagners Triftan und Sfolde (3. Aufl. 1885),
Triften und Barfifal (1886), Wagnerö Helden»
geftalten (1886). Kleine Schriften. I. Bd. Uber
Sprache und Schrift (1886), II. Bd. Wagneriana
(1888). Außerdem lieferte W. eine Reihe vor-
züglicher Überſetzungen mittelhochdeutiher und
griechiicher Werke, ſowie der „Edda“.
Wothe, Anny, j. Anna Dahn.
Wrampelmeyer, Hermann, wurde
geboren am 1. Oftober 1843 im Fleden
Bruchhauſen in der Grafihaft Hoya
(Prov. Hann.), fiedelte bald nad) feiner
Geburt mit feinen Eltern nad) Ajendorf
bei Nienburg a. d. Wefer über, wo fein
Vater lange Jahre das Amt eines Lehrers
verwaltete. Er befuchte die Gymnaſien
zu Duisburg a. Rhein und Verden a. d.
Aller und ftudierte 1864 — 1867 in
Göttingen klaſſ. Philol. und Geſchichte.
1867 verſah er am Gymnaſium zu Det-
mold die Stelle eines erkrankten Lehrers,
ging 1868 wieder nad) Göttingen zurüd
und wurde Mitglied des pädagogiichen
Seminars. Nah beitandenem Doktor:
und Staatseramen wurde er 1869 am
Lyceum I. zu Hannover angeftellt und
in gleicher Eigenihaft 1870 am Lyceum
MWülder.
Il. ebendafelbft. Von 1875 bis jegt
wirft er als Oberlehrer am fönigl. Gym:
700
—
Wulff.
zum Studium entſchließend, trat er 1862
in das Gymnaſium ſeiner Vaterſtadt ein
naſium zu Clausthal. Seine Hauptunter⸗- | und beſuchte daſſelbe unter den Direktoren
rihtsfächer find alte Sprachen und Ge—
ſchichte.
Hauptwerke: Eine Reihe von Arbeiten auf dem
Gebiete der klaſſ. Phil., insbeſondere Veröffent—
lichungen aus Wolfenbüttler Handſchriften zur Tex⸗
tes kritik Ciceronischer Reden (1868— 80), Feſtſchrift
des fönigl. Gymn. z. Clausthal 3. Zutherjubiläum:
Mittheilungen und Belanntmahungen aus ge:
drudten und ungedrudten Schriften Dr. Martin
Luthers, Dr. phil. Melanthons und Dr. Conrad
Eordatus nebſt einer Abhandlung über die in
der Galvörichen SKirchenbibliothef in Zellerfeld
aufgefundene Handſchrift, jowie über das Leben
und die Schriften des Conrad Cordatus (1883),
Tagebuch) über Dr. M. Luther, geführt von Dr.
Conrad Eordatus (1883—1885); eine weitere
größere Veröffentlihung ift in Arbeit und wird
1889 erſcheinen. Dieſe betrifft Tiſchreden Luthers,
die ebenfalld auf Cordatus zurüdgehen, ferner
viele wertvolle Aftenftüde aus der Reformations:
zeit, Gedichte von Luther, Melanthon ff. Alles
aus einer bis jest unbenußten Hdſchr. der Fönigl.
Bibliothef zu Berlin, die ein gewiſſer Sebaftian
Redlich 1566 aus Sammlungen des Conrad
Eordatus zufammen geftellt hat.
Wilder, Friedrich Ernſt, geboren
am 24. Auguft 1843 zu Frankfurt a. M.,
bejuchte während der Jahre 1856 —62
das Gymnaſium feiner Vaterſtadt, jtudierte
alsdann 1862— 68 in Ööttingen u. Leipzig
Germaniſtik und Geſchichte und trat 1870
als Sefretär im St. Frankfurter Stadt:
archiv ein. Dafelbjt verblieb er bis 1875,
da er einem Rufe als Ardivar an das
Großh. Haupt: und Staatsardiv zu Wei:
mar folgte. Neben Hleinern Schriften hiſto—
rifchen und linguiftifchen Inhalts (Kanzleifpradhe)
veröffentlichte er im Verein mit Lorenz Diefen:
bach das trefflide Hoch- und niederdeutſche
Wörterbuch der mittleren und neueren Zeit
(1885), daS die vorhandenen Wörterbücher durd)
Beiträge aus jpätmittelalterlihen Gloffarien,
ſowie aus Archivalien zu ergänzen ſucht. W. ift
feit 1886 ald Mitarbeiter an der Fortſetzung des
Grimmſchen Wörterbuches beichäftigt.
Wülcker, Nihard Paul, wurde am
29. Juli 1845 als Sohn des Silber:
arbeitermeifters Philipp W. zu Frank:
Glaffen und Tycho Momfjen. 1867 ging
er nad) Berlin, von 1868— 70 ftudierte
er in Leipzig. Gier wandte er fich immer
mehr vom Studium der Haffiihen Philo—
logie dem der Germaniftif und Roma
niltit unter den Profeſſoren Zarnde,
Ebert und Hildebrand zu. 1870 und
1871 nahm er teil am Kriege und focht
in den Kämpfen bei Weißenburg unb
Wörth. 1871 fegte er feine Stubien,
bejonders die des Angelſächſiſch-Engliſchen,
in Marburg fort unter Zeitung von Grein
und ten Brink, Hier wurde er auch 1872
zum Doktor promoviert. 1873 habili-
tierte fih W. für englifhe Sprache und
Literatur an der Hochſchule zu Leipzi
wurde 1875, nad) einem längeren Yıt
enthalte in England, außerordentlicher
Profeffor und erhielt 1880 die neuer:
richtete ordentliche Profeffur für Engliſch
in Leipzig. Seit 1877 gab er als Haupt
redafteur, jeit 1886 als alleiniger Redakteur die
Zeitſchrift für englifche Philologie „Anglia“ bers
aus. Zuerſt trat W. 1870 an die Öffentlichkeit
mit der Entdedung eines Afroftihons in dem
mittelhochdeutichen Gedichte „Die Urftande”, wos
durch die Verfaflerfchaft des Konrad von Heimes⸗
furt für dieſes Gedicht feftgeftellt und einem
langjährigen literarischen Streite ein Ende 4
macht wurde. Bon den ſehr verdienſtlichen |
ftändigen Werten W.'s heben wir hervor: Das
Evangelium Nikodemi in der lãndiſchen
Literatur (1872, Dottorſchrift), Überficht der news
angellähfiihen Denkmäler (1873, Habilitationd:
ſchrift) Meimemorial des B Harder
(mit Kelchner zufammen, 1873), Altengliſche
Leſebuch (1874— 80), Fünfzig Feldpo eines
Frankfurter (2. Aufl. 1876), Kleinere angel
ſächſiſche Sprachdentmäler mit Glofiar (1876
Wright's Anglo-Saxon and Old
Vocabularies (Sec. Ed. by R. W. 1
Bibliothek der angelſächſiſchen Poeſie
von Grein, neubearbeitet von R. W. 1 bis
87), Bibliothef der angelſächſiſchen Profa
gründet von Grein, fortgefegt von N. W.
ff.), Grundriß zur Geſchichte der
Literatur (1885).
2 r (1885 —*11 und en
furt am Main geboren. Zuerfſt befuchte finden ſich in vielen Fachb A
er, da er fi dem Kaufmannsftande wid:
men wollte, die Mujterfchule, dann, ſich
Wulff, Frievrih Wilibald, wurde
am 6. Januar 1838 in Hamburg ge
Wurzbach⸗Tannenberg.
boren und beſuchte bis zu ſeinem acht-
zehnten Jahre das dortige Johanneum.
Nah Abſolvierung hiſtoriſcher und philo—⸗
ſophiſcher Studien beteiligte er ſich früh—
701
Wuychgram.
über, fand eine Anſtellung an der Uni—
verſitätsbibliothek zu Lemberg, wurde 1849
Miniſterialſekretär und Bibliothekar im
Miniſterium des Innern in Wien, 1868
zeitig bei der Gründung belletriſtiſcher zum Regierungsrat befördert, 1874 aber
Journale, wie z. B. mit Fr. Lua bei den
„Nordiſchen Blättern“, mit F. Kruger
bei „Teut“, dem Organ der junggerma—
niſchen Dichterſchule, und mit J. Krü—
deren Herausgeber er nach Krügers
Tode bis vor wenigen Jahren war.
Vor dieſer Zeit war er Redakteur des
Feuilletons des „Hamburg. Correſpon⸗
tums Oſterreichs galten, einer hochbedeu-
Wehls, Redakteur der „Jahreszeiten und
denten“ und jpäter, als- Nachfolger F.
Lejefrüchte”. Aus diefer Zeit ftammen feine
Gedihtiammlungen: Im Frühling, Im Sonnen:
Schein, Venezianiihe Sonette, und feine Novellen:
fammlungen: Im Fichtelgebirge, Marmorbilder,
Aus ſchweren Tagen, feine Roman: und Novellen:
mappe, jomwie eine große Anzahl von Novellen
und Skizzen für die von ihm redigierten Jour:
nale. Später jchrieb er Dramen und Luftipiele.
Zu den eriteren, welche häufig mit Erfolg aufge:
ührt worden find, gehören „Madame Bonnard“,
au Käthe zc., zu der letteren Gattung „Porzia”,
„Frauenpolitik“, „Der Berggeift" ꝛc. Bis vor
einem Jahre redigierte W. die „Jlluftrierte Fa:
milienzeitung“. Dann ward er artijtiicher
Beirat der Direktion der vereinigten Ham:
burger Theater. Gegenwärtig ijt er Dra—
maturg des Thaliatheaters in Hamburg.
Seine neueften Bühnenwerke find „Erika“ (Schau:
jpiel), „Der Pfeifer von Duſenbach“ (Opernlibr.),
welches R. Kleinmichel fomponiert, und das Li:
bretto der Operette „Farinelli“ von 9. Zumpe.
Wurzbach⸗Tannenberg, Conitan-
tin Ritter v., ift zu Laibah am 11. April
1818 geboren, widmete fi urfprünglich,
väterlihen Wünſchen zufolge, dem Stu—
dium der Rechtswiſſenſchaft an der Uni-
verfität Graz, gab aber furz vor Voll:
endung derfelben diefe Laufbahn auf und
trat in die faijerliche Armee. In diejer
wurde er Offizier, unterzog ſich als folder
der Rigorojen zur Erlangung der philo—
fophiichen Doftorwürde und wurde 1843
als Offizier — der erite Fall in ber
öfterr. Armee — öffentlid) promoviert.
Danach trat er in den Civiljtaatsdienft
beurlaubt, um fein biographiiches Lexikon,
wovon bisher 56 Bände vorliegen, aus-
juarbeiten. Lebt feiner leidenden Gefund-
heit wegen in Berchtesgaden. In Anerfen-
ger bei der „Hamburger Novellenzeitung“, |
durch Ordensverleihung in den Adelsjtand.
nung feiner Berdienfte erhob ihn fein Kaifer
Auch andere Auszeichnungen wurden v. W.
in Fülle zu teil, die zum Teil feinem
großen biographiihen Lexikon des Kaijer:
tenden Zeiftung von echt nationalem Ge⸗
präge. Außerdem hervorzuheben: Mofait
(Ged. 1841), Die Volkslieder der Polen und Rus
taunen (1845), Die Sprihmwörter Polens (1847),
Parallelen (Ged. 1849), Überficht der Literatur
des öfterr. Kaiſerſtaates (1853 —56), Der Bage des
Kaifers (Ged. 1854)), Gemmen (Erj. 1855),
Kamaen (Dicht. 1856), Das Schillerbuch (1859),
Feſtgabe von, Seite Ofterreichs zur Schillerfeier,
Hiltor. Wörter, Spridwörter und Redensarten
(1861), Glimpf und Schimpf in Sprud und
Wort (1864), Mozartbuh (1868), Cyklamen
(Ged. 1873), Aus dem Pſalter eines Poeten
(1874).
Wuchgram, Jakob, geboren zu Em:
den 1858, ftudierte in Göttingen und
Leipzig Philologie, Geſchichte und Philo—
jophie. Er arbeitete zunächſt auf dem Gebiet
der italieniihen Renaiffance: Albertino Mufjato
(1880) und des niederländiichefpanifchen Dumas
nismus: Joh. Ludwig Bives ausgewählte Schrif:
ten (1883), Joh. Lud. Vives, Satellitium animi
(1883). Angeregt durch längere Reifen
in Franfreid, der Schweiz und Belgien,
beichäftigte er fi mit dem Studium der
franzöfiihen Literatur und der gegen-
wärtigen öffentlichen Zuftände in Frank—
reich, und gab eine ausführliche Dar:
ftellung der Reformen des „Weiblichen
Unterrichtsweſens in Frankreich“ (1886)
herausgab, die in Frankreich viel Auf:
jehen erregte. Eine von der Buchhandlung
Lecene et Dudin in Paris veranftaltete Über:
jegung mußte W. kurz vor der Verfendung unter»
jagen, da diejelbe grobe Entitellungen im kleri—
falen Sinne enthielt. Auch die pädagogiidhe
Preſſe Deutſchlands nahm das Buch jehr beis
Wyler.
fällig auf.
Pädagogik gewidmet; er hielt auf der 12. Genera
verfammlung des liberalen Schulvereins
Rheinland und Weitfalen einen größeren Vortrag
über das höhere Mädchenſchulweſen in Deutſch—
land (erfch. 1887), veröffentlichte ein Lehrbuch der
1702
allgemeinen Gefchichte (1886), verichiedene Auss |
gaben von Schulautoren und Pädagogen: Flo:
riand Don Quichotte (1887), Peſtalozzis Lien: |
hart und Gertrud (1887) und eine Reihe von |
Auflägen über die Mädchenſchul- und Lehrerinnen: |
frage. W. verfieht die Beftrebungen zur Reform
des höheren weiblichen Unterrichtd, welche darauf
abzielen, den höheren Mädchenſchulen, wie in den
deutſchen Mittelſtaaten, auch in Preußen eine feſte
Stellung im höheren Unterrichtsweſen zu ver—
ſchaffen, tüchtige, wiſſenſchaftlich geſchulte Lehr:
kräfte für dieſelben heranzuziehen und Diejen
Schulen eine den Bedürfniften des weiblichen |,
Geſchlechtes entſprechende Geſtaltung zu gehen.
Seine Schriften —* in enger Berührung mit
den allgemeinen ſozialen Fragen, welche ſich an
dieſen en fnüpfen.
Wyler, Emilie, wurde am 8. Fe:
bruar 1826 zu Kaſſel als die Tochter des
Stabdtjetretärs, fpäteren Landrichters W.,
eboren und ftammte mütterlicherfeits von
er Künftlerfamilie Nahl. Im Haufe ihres
Ontels, Hiſtorien-Maler, verlebte Emilie
mande Stunde. Der Eindrud, den die
Umgebung auf das empfänglide Gemüt
hervorgebracht, ließ ſich nie wieder ver-
wilden und ijt wohl der Hauptgrund
gewejen, daß fie fih mit dem wirklichen
Leben und feinen Erſcheinungen niemals
befreunden konnte. Die Mutter, eine
ideal angelegte Natur, erkrankte in ihrem
dreißigiten Lebensjahr und jollte nie
wieder von ihren Leiden befreit werben.
Ahr Krankjein warf einen trüben Schatten
auf das Familienleben. Das heranwach—
jende junge Mädchen fand Troft und
Glück in der Dichtkunſt, das Schreiben
gewährte ihr die größte Befriedigung.
Ihren Unterricht erhielt fie in Gemein-
Ihaft ihrer Geſchwiſter von einem Haus:
[ehrer und wurde von ihrem Onfel in
das klaſſiſche Altertum eingeführt. Durch)
unglüdlihe Spekulationen des Waters
ging das bedeutende mütterlihe Vermö—
gen verloren ; der leidenden Mutter brachte
ein früher Tod Erlöfung. Emilie war
Wyß.
Seitdem hat ſich W. fait ganz * in dieſer Zeit verlobt, auch dieſes —*
haliai⸗ trennte der Tod.
brochen, fand E. W. in der ——
des katholiſchen Geiſtlichen Hahne, des
Bistumsverweſers in Fulda, den m
Troft. Durd ihn lernte fie die katho—
liche Religion fennen, ber fie jeit 1859
angehört.
Durd ihren Onkel für Platon begeiftert, gab
fie nad zweijährigem gründlidem Studium das
Bud „Platon und feine Zeit” (1866) heraus,
das von der Preſſe jehr günftig beurteilt wurde.
Demjelben folgte ,
höhe” (2. Aufl.).
‚Die Gefhichte von Wilhelms:
Daran ſchloſſen fi Aufjäge,
—8 und ——— für verſchiedene
auch wurde E. W. ftändige Mitarbeiterin
Heſſiſchen ler. 1875 fam ibre ran
Stinge des Kurfürften Friedrich Wilhelm I. (2. U.)
heraus, 1882 erſchienen „Heſſiſche Erzählungen
— — die eine gleiche günſtige Aufnahme
Friedrich, wurde am 15. Juni
1832 in Herzogenbuchſee, einem Dorfe
im Kanton Bern, als der Sohn eines
einfachen Handwerkers geboren, beſuchte
bis zu feinem elften Jahre die Primars
ichule des Dorfes, darauf 1843—48 bie
höhere Volksſchule (Sekundarſchule) da=
heim. Nah Abfolvierung derjelben be
zog er das, von dem ausgezeichneten
Pädagogen H. Grunbolzer geleitete Ses
minar zu Münchenbuchfee, erhielt eine
treffliche Herzens- und Geiftesbildung und
nach 2’/sjähriger Studienzeit das Patent
als Brimarlehrer. Seine erfte Anftellung
als folder fand an der Oberjchule zu
Wyßachengraben, einer armen abgeleges
nen Berggemeinde des Emmenthales jtatt.
Darauf wirkte er drei Jahre an einer
Primarſchule in feinem Heimatort, über:
nahm 1855 die Oberſchule in Wangen
und jchloß feine Laufbahn als Primars
lehrer 1857. Die freie Zeit diefer Bes
riode war ausgefüllt mit dem Studium
alter und moderner Klaſſiker, die ihm
ſpäter zum Studium literarsgefchichtlicher
Werke führten. 1857 zog er nad) Züri)
als „Auditor“ der Hochſchule und des
Polytechnikums. Da hörte er vor Allem
Viſcher, Anthropologie bei Moleſchott,
Wyß. —
Pſychologie bei Kym, daneben trieb er
als Brodſtudium Mathematik bei Gräffe
und Hug. Leider erlaubten ſeine finan—
ziellen Hilfsmittel nur einen einjährigen
703 —
Zabel.
3.
Zabel, Eugen, iſt zu Königsberg in
Preußen am 23. Dezember 1851 gebo—
Aufenthalt. 1858 erfolgte feine An-,ren, abjolvierte dajelbit das Gymnafium
ftellung an die neugegründete Sefundar: | und widmete fi) an der dortigen Unis
ihule zu Münchenbuchiee als Lehrer für
Religion, Deutih, Mathematik und
Naturkunde. 1860 folgte er einem Rufe
als Lehrer der deutſchen Sprache, als
ein gemwejener Schüler von Grunholzer,
an das Seminar zu Münchenbuchſee.
Diefe Stellung hatte er zehn Jahre inne.
Mit aller Freudigfeit arbeitete er in
derjelben, begeijtert für feinen lehramt—
lihen Beruf. Hier begann W. nun feine
ſchriftſtelleriſche Thätigkeit. Seine zwei eriten
Schriften wuchſen ganz naturgemäß aus feinem
Unterricht jelbft hervor. Es find dies: Leitfaden
der Stiliftif (5. Aufl.), Deutſche Literaturgefchichte
für Seminarien (4. Aufl). Nachdem er 1865
auch noch die Naturgeichichte im Seminar über:
nommen batte, verfaßte er 1868 eine „Natur:
geichichte Volksſchulen“, auch dieſe vortreff:
lie Schrift erlebte 5 Aufl. Im Jahre 1870
wurde W. von der Regierung zum Schul:
inipeftor des Kreifes Burgdorf gewählt
und ihm damit die Aufſicht über cirfa
200 Schulen übergeben. In Folge einer
auf der jchweizer Zehrerverfammlung zu
Aarau (1872) gehaltenen Rede über
Kehrerbildung, wurde er in den Vorftand
des jchweizer. Zehrervereins gewählt, dem
er 10 Jahre angehörte. Von 1873— 81
war W. aud Redakteur der „Schweizerifchen
Lehrerzeitung“. Als folder war er genötigt,
ih mit den pädagogiihen und didaktischen
ragen eingehend zu bejchäftigen. Die Früchte
einer betreffenden Studien find folgende Schrif:
ten: Tugend» und Pflichtenlehre (1874), Ele:
mentar-Moralunterriht für Schulen und Fa:
milien (1883; Überfegung aus dem Englijchen),
Schulerziehungsichre (1886), Pädagogiihe Bor:
träge (1884). Letziere Schrift hat in kurzer Zeit
3 Aufl. erlebt und wurde von der pädagogifchen
Prefie Deutichlands und Ofterreichs fehr freund:
lich aufgenommen und günftig beurteilt. Nicht
minder günftig lauten die Urteile der Preſſe über
die anderen Schriften, deren Sinn in den Wor-
ten gipfelt: Höchfter Beweggrund — die Liebe,
Öchiter Führer — die Erkenntniß, Höchiter
—* — das Gutſein, Höchſte Deviſe — Ich
ene.
verſität dem Studium der Philoſophie
und Geſchichte. Dabei betrieb er insbe—
ſondere Kunſtgeſchichte. Der Erfolg, wel⸗
cher feine erſten ſchriftſtelleriſchen Feuille—
tonverſuche begleitete, bewog ihn dann,
ausſchließlich dem journaliſtiſchen Berufe
ſich hinzugeben. Er wurde bald ein bes
liebter Mitarbeiter einer großen Reihe
von Zeitihriften und Tagesblättern und
trat im Jahre 1883 in die Redaktion
der Nationaljeitung als Mitglied ein.
Längere Aufenthalte in Rußland dienten
ihm zu eingehenden Studien der Kulturs
und Literaturgefchichte jenes Landes, deren
Ergebniffe er in anerkannt trefflichiter
Weiſe literarifch niederlegtein den Werfen:
%. Turgenjew (Biogr. 1883) und Literarische
Streifzüge durch Nufland (1884), ſowie in zahl
reichen Feuilletons. Außerdem von den jelbit-
ftändig erſchienenen Werten 3.3 hervorzuheben:
Bert. Auerbach (Biogr. 1882), Ad. Fr. Graf v.
Schack (Biogr. 1886), Frieden (Luftip.), Natalie
(Dram.), Ein Abend in Sorrent (Dram.). Aus
ferdem machte uns 8. mit ruſſiſchen Werten
durch Übertragung ins Deutfche bekannt.
Zaffauk, Joſef Edler von Drion,
wurde 1833 zu Preßnitz in Böhmen ges
boren. Zum Soldatenftande beftimmt,
begann er feine militäriihe Laufbahn als
Kadett im 35. Infanterie-Regiment.
1853 wurde er, inzwilchen zum Leutnant
avanziert,dem®eneralquartiermeifterftabe
und zwar der Operationsfanzlei der 3.
Armee zugeteilt. Den Feldzug in Ita—
lien (1859) madte 3. als Oberleutnant
und Kommandant der Brigade-Pionier:
Abteilung mit und zeichnete fich in der
Schlacht von Solferino mehrfah aus.
Bald darauf übernahm er das Kommando
einer Kompagnie Wiener Freiwilliger,
fehrte jedoch nach Friedensſchluß zu feinem
Regiment wieder zurüd, und folgte nad
‚kurzer Zeit einer Berufung des militärs
Zapf.
geographiihen Inſtitutes, woſelbſt er
uerſt als Lehrer der mathematischen
Fächer, jpäter als Mappeur wirkte.
1865 zum Hauptmann befördert, machte
er 1866 den Krieg gegen Preußen mit.
1867 fam er als Lehrer der Terrain:
lehre, Terraindarftellung und Dtappierung
in die Genieafademie zu Znaim und von
dort, zwei Jahre jpäter, aus Anlaß der
Reorganijation der Militär-Bildungs-
anjtalten, in gleicher Eigenjchaft in die
technijche Militärafademie zu Wien. 1878
erfolgte die Beförderung 3.8 zum Major.
18659 trat 3. mit jeinem erften Buch „Ele
mentare und angewandte Terrainlehre” an die
entlichkeit. Ermuntert durch die beifällige
Aufnahme deſſelben, arbeitete 3. in ſeinem Fade
weiter und ließ nad und nad) eine Reihe von
wertvollen Publifationen erſcheinen, zumeift den
Schulzweden gewidmet, nichtsdeftoweniger aber
auch im praftiihen Dienfte als Nachſchlagebuch
von Wert. Die meiften derfelben find als Lehr:
bücher eingeführt und in fremde Sprachen über:
fett worden. 1881 murde feinen Schriften die
Prämitrung ſeitens des Geographiſchen Kongrefies
in Benedig zu Teil. Hervorzuheben: Plan: und
Kartenlehre, ſammt (für diefen Zwed) bearbei-
teter Terrainlehre (3. Aufl.), Nöpszerii utasi-
täs a tervrajz- és terköpolvasäshoz és te-
reptan, Militärsartographie, Apparat für die
Aufnahme nad) dem Augenmahe, Zeichenſchlüſſel
zum Leſen ruffiicher Karten, Graphiſche Darftel:
lung des Terraind in Plänen und Sarten (3.
Aufl.), Kompendium fartographiicher Signaturen,
Signaturen in» und ausländiiher Plan» und
Kartenwerke, Gemeinfaßliche Anleitung zum Aro-
ieren des Terrains mit und ohne Inſtrumente
(8. Bf): Die Erdrinde und ihre Formen nebft
befaurus in 38 Spraden.
Zapf, Ludwig, geboren als der Sohn
des 1845 verftorbenen Bürgermeifters
Karl 3. am 16. Dezember 1829 zu Münch—⸗
berg in Oberfranten (Bayern). Der nur
bier und da auf kürzere oder längere
Zeit unterbrochene ftändige Aufenthalt
in der Heimat, in dem ethnologiſch in-
terefjanten Hügelland, das er freuz und
quer durchforfchte und gründlich kennen
lernte, ließ ihn innig mit dieſer ver:
traut werden. Heimatkunde ermwuchs
aus der Liebe zur Heimat und Die
lebendige treue Schilderung deren land»
704
Zapp.
Ihaftlihen Züge, ihres Voltslebens, die
Erforihung ihrer präbiftoriihen Ver—
—— wurde ihm ſchließlich zur *
ensaufgabe. Es erſchienen zahlreiche
in den verſchiedenſten Zeitſchriften, u. a.:
ländifhe Mundarten, Trachtenbilder nach
Aquarellen, Volksſagen, ſpäter (1873) jelbftändig:
Der Sagenfreis des Fichtelgebirges. Hierzu er
wähnenswert die Abhandlung: My
aus * —— Wen wurden zu
einer für das gefammte Vogt —
Sammlung beigetragen. Die erſte Den
—— —— —
ebräuche berückſichtigende Arbeit —
phiſchem Gebiete: „Das bayeriſche
hatte ſich beſonderer Anerkennung zu
Die jener Arbeit zu Grunde liegenden
ſtudien wurden fpäter in erzählender Form vers
arbeitet in: „Aus der Heimat.
Geſchichten.“ ge * in
tung weiter die Aufſä
Dreiteilung des bayeri en ——
„Ethnographil Rundihau im und am
gebirge.” Diefe leiten zu den rein
von
und ba
Arbeiten über, wie: „Dans Thomas
berg’3 Gefangene auf dem Walditein
Strafgericht des ſchwäbiſchen Bundes“, „Der 3
geunerfrieg im Fichtelgebirge”, „Zur Seſchichte
der Slavenkriege“ u. A. Dieſe Arbeiten
aber wieder zu den archäologiſchen Fo
die 8. als langjähriged und ei
der deutſchen anthropologifchen © 05:
beichäftigten. Es gingen aus Toldgen u, “
vor: „Die Muldenfteine des Fichtel— >
— ri im — ße —
„Die alten Befeſtigungen zw ge
und Franfenmwald‘ —— — ? —
im Sichtelgebirge”, se archü am⸗
pagne“, „Sräberfunde auf dem 5
Außerdem hervorzuheben: zah .
Beitichriften, Schilderu ‚wie pr he
und „Fahrt zur Genie |
ſchiedene Journale, * Er
liegt am Wege“, „Das
Inbbefunbere ober blaue Feu
in einem Nürnberger Blatt, vähren
Inpat In Raten — En
nhalt in Natur, ’
zerfällt, gemiffermafen die Gef
3. ſich fpiegelt,
Zapp, Auguſt. Ih bin a
1815 in Alt⸗Damm unmeit €
boren, befuchte ſeit —
die Gymnaſien zu Stettin Star:
gard i. P. und ging von legterem 1836
auf die Berliner Univerfität, um dort
theologischen und philologiihen Studien
By:
umnmllöÖ
Zarncke.
obzuliegen. Nach Abſolvierung des aka—
demiſchen Trienniums kehrte ich in meine
vaterländiſche Provinz zurück, beſtand beim
Konſiſtorium in Stettin die beiden theo—
logiſchen Examina, ſowie das Rektorats⸗
Examen bei der dortigen Regierung, und
wurde 1844 als Konrektor und zweiter
Lehrer an der Lateinſchule in einer Fleinen |
Stadt Hinterpommerns angeftellt. In⸗
deß die dort herrſchende exkluſiv⸗-lutheriſche
Richtung ließ mich nach 6jähriger Lehr:
thätigfeit mehr und mehr erfennen, daß
ich bei meiner freieren Anfiht auf eine
befler dotierte Anjtellung in meiner hei-
matlihen Provinz nicht zu rechnen habe.
Ich gab deshalb meine Stellung 1852
auf, und nachdem ich noch einige Jahre
als Leiter und Lehrer an PBrivatichulen
thätig geweſen und inzwilchen zum Dr.
phil. promoviert hatte, trat ich in das jour-
naliſtiſche Fach über, übernahm zunächſt die re
daftionelle Zeitung einer freifinnigen Zeitung in
der Provinz Sachſen und fiedelte 1868 nach Berlin
über, wo ich zuerft als Korrefpondent für ver:
ſchiedene Zeitungen thätig war, 1870 aber in die
Redaktion der „Bolfiichen Zeitung“ eintrat. Da
aber das Klima der norddeutſchen Metropole meiner
Geſundheit zu Ihaden anfing und meine Berhältniffe
im Übrigen ſich günftig genug geftaltet hatten, gab
id 1877 die Stellung bei der „Voſſiſchen
Zeitung” auf, fiedelte nad) Dieran in Tirol
über und kaufte mich in dem benachbarten
DObermais an. Hier lebe ih nun jeit
den legten 10 Jahren in volllommener
Muße, die ich zum Teil durch Korrefpondenzen
fürverfchiedene deutfche Zeitungen und Zeitichriften
ausfülle. Es find von mir nur zwei Werte
erfchienen und zwar: „Geſchichte der deutichen
Frauen“ (1870), und „Geſchichte des franzöſiſch—
deutichen Krieges“ (1871).
verfität Roftod, um philologijche, befonders
germaniftifhe Studien zu betreiben, und
vollendete diefelben an den Univerfitäten
zu Leipzig und Berlin. Nachdem er 1847
zum Dr. phil. promoviert worden, begann
705
er feine fchriftitelleriiche Thätigkeit mit
ſprachwiſſenſchaftlichen und literarhijtos
Das literariihe Deutihland.
Baftrom.
riſchen Artikeln für Zeitichriften, "grün.
dete 1850 die noch ericheinende ausge
zeichnete Revue „Das Literarifche Zen-
tralblatt” in Leipzig und habilitierte ſich
im Jahre 1852 an der dortigen Univer-
fität, an der ihm 1858 eine ordentliche
Profefjur verliehen ward. Von feinen
bochbedeutenden felbftändig erfchienenen
Schriften heben wir hervor:
Zur Nibelungenfrage (1854), Ausgabe und Kom»
mentar zu Seb. Brant’3 Narrenſchiff (1854),
Die — Univerfitäten im Mittelalter (1857),
Über den fünffüßigen Jambus (1865), Priefter
Johannes (1876), Der Graltempel (1876). fer:
ner eine Ausgabe des Nibelungenliedes, die wir
zu den beiten überhaupt zählen und die bereits
in 12. Auflage vorliegt.
Zaftrow, Hermann Carl Lebereht
(Karl von Prenzlau), wurde am 11. April
1836 in Prenzlau (Udermarf) geboren
und erhielt als ältejter Sohn eines Poſt⸗
beamten, früheren Militärs, feinen erften
Unterriht in der dortigen Garnifons-
ſchule. Schon frühzeitig erwachte in dem
Knaben ein auffallendes Talent fürs
Keimen und Fabulieren, womit eine be
geilterte Vorliebe für die ſchönwiſſen—
Ihaftlihe, namentlich klaſſiſche Literatur
Hand in Hand ging. Um ihn von feiner
„verderblihen“ Neigung, wie feine An-
gehörigen die Kunjtbegeifterung des Ana-
ben nannten, abzulenten, beſchloß der
Vater, ſelbſt ein gediegener Muſiker, ihn
für die Mufif ausbilden zu laffen. Allein
3. gelangte nicht dahin, die Muſik als
Grundlage für eine geficherte Lebens—
ftellung betrachten zu fönnen, da er bie
notwendigen technijchen Übungen außer
Acht ließ. Er mußte zu einem anderen
BZarnde, Friedrich, wurde am 7. Juli |
1825 auf der Pfarre in Zahrenftorf in |
Medlenburg geboren, bezog 1843 die Unis |
Lebensberuf greifen. Fünfzehnjährig
wurde er vom Magiſtrat zu Prenzlau
als Kanzliit eingeftellt und avancierte
nah 2!/s Jahren zum Sanzleivorfteher.
1855 trat er in das f. 2. Garde-Regi-
ment zu Fuß ein und rüdte nad) zwei—
jähriger Dienitzeit zum Unteroffizier und
Bataillonsichreiber vor. Um fich für die
BZahlmeijter-farriere auszubilden, arbeitete
er in dienftfreien Stunden beim Ned
45
Zdekauer.
nungsführer. Ein von ſeinem Prinzipal
auf ſeiner Schreibe-Unterlage gefundener
Vers wurde die Veranlaffung zur Auf:
gabe auch dieſes Lebensberufes. Er fehrie
nad Ablauf feiner Militärdienftzeit in
den Zivilftand zurüd. Einige Verſuche,
auf der Bühne feiten Fuß zu fallen,
ſchlugen fehl. Wohl hatte er Gelegen-
heit, durch Vermittlung eines verwandten
Gelehrten einzelne Vorlefungen über Phi: |
lofophie und Geſchichte zu hören, auch
ftudierte er fleißig einjchlägige Werke in
der fönigl. Bibliothef. Alles dies, ein⸗
geichlofien eine 1858 nah New-York
unternommene Reife, und andere durch
Deutihland, Franfreih und die Schweiz,
bradten ihm jeinem Ziel nicht näher,
und fo bewarb er ſich endlih um eine
Stelle bei der k. Niederichlefiih. Mär-
fh. Eifenbahn, die ihm aud in der
Güter-Erpedition Berlin bewilligt wurde.
Von bier aus arbeitete er ſich allmählich
bis zum Eifenbahn-Betriebs-Sefretär und
ftellvertretenden Worfteher des Billet-
Depots des gefamten Berliner Eifenbahn-
Direktions-Bezirts empor, in welder
Stellung er fih noch heute befindet.
1861 betrat 3. mit einem Bändchen Gedichte,
„Traum und Leben“ betitelt, den literariſchen
Plan, daran ſchloſſen fih „Muſikaliſche Novellen
und Skizzen”, Militärhumoresfen, Erzählungen
„Senfeit3 des Dceans" und Eijenbahn:Romane,
Arbeiten, die die verfchiedenen Phaſen feines be»
wegten Lebens miederjpiegeln. Reichtum der
Rhantafie und große Geftaltungsfraft machten
ihn zu einem beliebten Erzähler der Neuzeit.
Hervorzuheben: Zwei Seelen (Rov.), Mikver:
Händniffe (Rom.), Der Kurfürft und fein Küſter
(Erz.), XLeidenfchaftlihe Herzen (Rom.), Der
Schutzgeiſt (Rom.), Im gräflichen Haufe (Rom.),
Nachtviole (Rom.), Die Büreaufraten von Flaus
fenheim (Rom.), Major Kreuzichnabel (Militär-
Hum. 6. Aufl.), Der weiße Adler (Rom.) u. v. a.
Zdekauer, Konrad Ritter von (Curt
von Zelau), geboren zu Prag am 13. Mai
1847. Nach Abjolvierung der Gymnafial-
ftudien in feiner Vaterſtadt, bezog er
1865 die Univerfität Leipzig, wo er Jura
und Gameralia jtudierte. Infolge des
Kriegsausbruches 1866 zur Rüdkehr in
die Heimat gezwungen, ſetzte er feine Stu:
706
Zebi.
dien in Prag und ſpäter in Graz fort
und ward 1871 an letzterer Univerfität
zum Doktor der Rechte promoviert; ein
Jahr darauf trat er in den öfterreichifchen
Staatsdienit. 8., der ſchon als Student im
verſchiedenen Jahrbüchern lyriſche und epiihe Ge
dichte hatte erſcheinen laſſen, wendete ſich im
Jahre 1875 der dramatiſchen Produktion zu und
veröffentlichte nach einander zwei Luftfpiele: „Er
kann nicht lachen“ und „An der Grenze“,
dann das Luſtſpiel „Doltor Johanna“
Letzteres, deilen Stoff der modernen
emanzipation entnommen ift, wurde in ——
G d it viel all >
ed relh.nir Anode 3 Ps Bühnen mit
Erfolg über die Bretter. Im Jahre 1876 ver
öffentlichte 3. eine —— in Verſen des
—A * * 3 Abenteuerin“ Füge
mil Augier, welche erlin zur
fangte, 1877 die Überfegung
a lare mee Da Ernft Renan
„Philoſophiſche Dialoge und Fragmente”. Da
die ftreng juridiſche Laufbahn den ſchrift⸗
ftelleriichen Reigungen 3.8,
vertaufchte er diefelbe im Jahre 1877
mit einer publiziftiihen Stellung im Mi-
nifterium des Außern. Gelegentlich des
Offupationsfeldzuges in Bosnien 1878
zum Leiter des Prefbureaus im Ha
quartier des Feldzeugmeifters Baron ®
*— * — * derſelbe in d *
Eigenſchaft die intereſſante Campagne m
| 2 —— feine Erlebniſſe in Bosnien in dem
1881 erfchienenen zwei rieg⸗
Eh
en ım v an }
— und literar⸗hiſtoriſche Skizzen enibält.
1879 erhielt er den Titel eines Hof m
Minifterial:Konzipirten im Mir
des Außeren und ward 1886 3um £
Minifterial-Sekretär beförbert. Sr
Jahren 1879, 1883 und 1885 unter
nahm er größere Reifen nad) bem Süden
und Norden Europas. 1884 veröffentlichte e
einen Band Erzählungen „Bon ber Mdr I u
aus den ſchwarzen Bergen”.
Zebi, Ibn, |. Paulus Caſſel.
Zedelius, Marie (F. 2. Reimar),
wurde am 27. Februar 1826 in dem
‚oldenburgifchen Flecken Ovbelgönne als
Tochter eines angejehenen Arztes ge
Zedtwitz. —
boren. Des Vaters größter Eifer galt
der wiſſenſchaftlichen Ausbildung ſeiner
Kinder, einen großen Teil des Unter:
richts vollzog er felbit, troß feines ſchwe⸗
ren Berufes, und überwachte den übrigen,
welchen der Prediger des Ortes erteilte,
mit größter Aufmerkſamkeit. Der mit
Iehbafter Empfänglichfeit für Poefie be-
gabten Natur der Mutter verdankt M.
die eigene Richtung ihres Gemütes und
manchen fchönen Keim, der jpäter zu
voller Entwidlung gelangte. Zange Jahre
erhielt fi das Familienleben in fait
unverändertem Beitande, bis des Vaters
Tod (1866) die Verhältnifje änderte,
Bald nah dieſem Verluſt fiedelte die
Mutter mit ihren Töchtern nad) Dlden-
burg über, wo jene 1884 ftarb. Marie's
äußeres Leben hat nad) dem Tode ber
Mutter feine weitere Veränderung er:
fahren und für die Gejtaltung des
inneren fanden fi die Elemente in der
Freundihaft, im Verkehr mit geiftig be>
deutenden Menfchen, gelegentlichen Reifen
und in der Pflege der eigenften Intereflen.
Als vormwiegendes Intereſſe galt ihr das
Studium pſychologiſcher Vorgänge; das⸗
felbe bildete den Grund für ihre ganze
Gefühle: und Denkweiſe. Zum eigenen
Schaffen gelangte fie erft in vollftändig reifem
Lebensalter. Der Drang nad Befreiung aus
einer gemwiffen Enge und Monotonie ded Lebens,
das damals noch an die Verhältnifje des Meinen
Drteö gebunden mar, ein Dürften nach geiftiger
Thätigfeit gab ihr (1863) die Feder in die Hand. |
„Elifabet” fand freund: |
Eine erfte Erzählun
liche Aufnahme, e3 öffneten fich ihr die Spalten
vieler Zeitichriften, fo daß eine große Anzahl von
Novellen und Erzählungen, neben manden Eſſay's
ihren Weg in Die Offentlichkeit gefunden haben.
Ein Teil derfelben ift fpäter zu einer Samm⸗
fung vereinigt und unter dem Titel: Wechlelnde
Lichter (3 Bände) herausgegeben worden. Außer:
dem felbitändig erihienen: Durd die Brand
(Rom. 1877), Finftere Gewalten (Rom. 1878
und „Gelöfte Bande” (Nov, 1888). Auch auf
dramatifhem Gebiete hat die Autorin fi mit
GSlüd verſucht.
1884), Sühne (Schaufp. mit Erfolg in Olden—
burg aufgeführt.)
Zedtwit, Ewald von (E. v. Wald:
Zedtwig), geboren am 23. Januar 1840
707
Hervorzuheben: Doch! (Luftip. |
Zedtwitz⸗Liebenſtein.
zu Delitzſch, war von feinem Vater früh
Ihon für den eigenen, den Eoldatenftand
beftimmt und erhielt feine Erziehung dem:
gemäß im Kabettenhaufe. Nach deſſen
Abjolvierung trat er in die Armee und
zwar in das 32. Infanterie-Regiment zu
Erfurt... Er madte ſowohl den Krieg
gegen Dfterreich, wie den gegen Franfs
reich mit, wurde in legterem (vor Mars»
la-Tour) jchwer verwundet und zeichnete
ſich mehrfach vor dem Feinde aus. Nach
feiner Genefung wurde er zum Haupts
mann des Bezirkstommandos zu Halbers
ftabt und bald darauf zum Major ers
nannt. Als folder ließ er ſich zur Diss
pofition ftellen und lebt nunmehr in Eutin,
abgejehen von vielen und weiten Reifen,
die ihn ins Ausland führten und auf
feine literariihe Produktion höchft frucht-
bar wirkten. Diefe bewegt ſich zumeift
auf dem Gebiete des Romans und ber
Humoresfe. Bejonders für die leßtere
hat 3. ein hervorragendes Talent befuns
det. Leichter, feiner Wig lebt in feinen
Schöpfungen und macht fie zu einer viels
und gern gelejenen Zeftüre.
Hauptwerfe: Die weiße Rofe (Nov. 1880),
Amor im Frad und Uniform (Hum. 1880 und
1885), Prinzeffin Taufendfhön (Rom. 1880),
Moraliſche Geſchichten (1882), Die Schloffrau
von Scharfenftein (Rom. 1883), D goldene Leuts
nantszeit! (Hum. 1883), Zündfpiegel(Hum. 1883),
Pop Blitz (Hum. 1884), Die Tochter des Majord
| (Rom. 1885), Das Mäbdchen von Santi Duas
‚ranta (Rom. 1886), In Liebesbanden (Hum.
1887).
Zedtwitz - Liebenftein, Klemens
Graf v., wurbe am 18. September 1814
’ Liebenjtein bei Eger geboren, genoß
eine Erziehung vom 8. Jahre an in der
Therefianiihen Akademie zu Wien und
beſchloß feine Gymnafialbildung in Eger,
um dann die Univerfität Prag zu bes
ziehen. Da er nicht beabfichtigte, ein
jogenanntes Brotjtudium zu ergreifen,
trat er in die Armee ein, nahm aber
bald feinen Abſchied, da ihm der Dienft
nicht zufagte, er außerdem gezwungen
war, jeine ſchlecht verwaltete Befigung
45*
Zehden.
Liebenſtein felbft zu übernehmen. Mit
Ausnahme einer langen Reihe von Win:
tern, die 3. hauptſächlich wegen ber Er:
ziehung feiner Kinder in Prag zubradhte,
lebt er ausfchließlich auf feiner Befigung
und fehrte nur nad) Prag zurüd, wenn
ihn fein Amt als Landtagsabgeordneter
dahin rief. 8. gehört zu den geſchätzte—
ſten Woltsdichtern feines engeren Vater:
fandes. Seine Gedichte in egerlander
Mundart zeichnen ſich durch einen ge—
funden derben Humor aus, fie führen
die Urwüchſigkeit des egerlander Dorf:
[ebens vor Augen und jtellen in ber
fchlichten Sprache des Landvolkes präd)-
tige Figuren. In der leichten. Hand-
habung des Dialeftes iſt 3. Meiſter.
Hauptwerke: As da Heimat (Ged.), Wos
Funklnoglnais (Ged.)
Sepdichte und Trifte Xieder,
Zehden, Carl Auguft, geboren am
16. Auguit 1843 in Linz a. D., abjol-
vierte dns Gymnaſium jeiner Vaterjtadt,
bezog dann Die Univerfität Wien, wo—
felbft er namentlich) philoſophiſchen, na⸗
tionalötonomiichen, hiſioriſchen und geo—
graphiſchen Studien oblag, und 1868
jeine Staatsprüfungen, ſowie das Doe-
torat. phil. ablegte. Nach kurzer Thätig-
feit an einer Mittelfchule und im Mini-
fterium wurde er 1871 an die Wiener
Handels-Afademie als Lehrer für Geo:
graphie und Statiftit berufen, da ihn
innere Neigung am meiften dem lebens»
frifchen Studium der Geographie zutrieb.
Durch große Reifen in allen Staaten
Europas, im Driente und in Amerika
fuchte er feinem theoretiichen Willen die
unentbehrlice Baſis der Anihauung zu
geben. 1882 wurde 3. in den Ausihuß
der ff. £. geographiſchen Geſellſchaft in
Wien gewählt. Im ſelben Jahre als
Profeſſor für Verkehrs: Geographie und
Statiftif an die neu gegründete Fort⸗
bildungsichule für Eijenbahn-Beamte in
Prien berufen; 1884 wurde er von ſeiten
des FE, £ Unterrichts-Meinifterium zum
Mitgliede der Prüfungs:Kommilfion für
708
l
N}
—
Zeibig.
Lehramts⸗Kandidaten für Handelsſchulen
ernannt. Das Streben Z.'s läßt fi damit
harakterifieren, daß er vom Beginn feiner Lehr⸗
thätigfeit an bemüht war, dem geographiichen
Unterrichte jene Richtung zu geben, welche der
eminent praftifchen Bedeutung diefer Wiſſenſchaft
entſpricht. Die wichtigften unter feinen verdienit-
lihen Schriften find: Handbud; der Handels»
Geographie (1871, 5. Aufl. 1886, in mehreren
Sprachen überiegt), Die Spanier in Kalifornien
(1877), Zate Tahoe im Staate Nevada (1877),
Die thousend island im Lorenzo —*8 Ver⸗
kehrswege zu Waſſer und Lande (1879), Kali
fornien von Einft und Jet (1880), Norwegen
(1882), öſterreichs Auftreten in Auftrafien bei
den Ausftelungen in Sydney und Melbourne
(1883), Das Leben und Schaffen der Holländer
in Indien (1884), Die deutſchen Kolonien (1886),
Bosnien und die Herzegowina (1887).
Zeibig, Julius Woldemar, geboren
am 22. Juli 1819 in Dresden, bezog,
(Ged.), Pumoriſtiſch- ſatyriſche nachdem er feinen erften Schulunterricht
Allerhand (Ged.). in der Schule des Vereins „Zu Rat und
That“ in Dresden genofien, das Gym:
nafium zum heiligen Kreuz ebenda und
im Jahre 1842 die Univerfität zu Leipzig,
an welcher er bis 1845 die Rechte jtu-
‚dierte. Nach beitandener Fafultätsprüfung
arbeitete er einige Zeit als Rechtskandidat
im Bureau eines Rechtsanwalts zu Dres:
den, widmete fi aber bald ganz der
Praris der Stenographie, einer Kunit,
die er fih fchon im Jahre 1836 unter
Leitung eines Schülers des Profeflors
MWigard, des Einbürgerers der Steno—
graphie in Sachſen, angeeignet hatte.
Bezüglich feiner ftenographiihen Praris ift zu
bemerken, daß er in den Jahren 1848—49 als
Stenograph der Nationalverfammlung zu Franf-
furt a. M., fowie des Rumpfparlaments in Stutt-
gart und ebenfo des Unionsparlaments in Erfurt
im Sabre 1850 thätig war, daß er in dem Zeit
raum von 1850—57 als Stenograph die Ver—
bandlungen der Landtage von Anhalt⸗ Bernburg
und Oldenburg aufzeichnete und 1854 in das
gl. ftenogr. Inſtitut zu Dresden eintrat. Seit
1871 war bderielbe auch fait ununter
brochen Stenograph des deutſchen Reichs⸗
tage. Der Titel Profeſſor ward ihm
feitens S. M. des Königs Johann und
der Albrechtsorden 1. Klaſſe feitens ©.
M. des Königs Albert von Sachſen ver:
liehen. Was feine literarifche Thätigfeit betrifft,
Beife.
fo bezog fie fi nur auf die von ihm praftiich
geübte Kunſt. Hervorzuheben ift befonders feine
Geſchichte und Literatur der Gefchwindfchreib:
funft“ (2. verm. Aufl. 1878), die im In» und
Auslande die höchſte Anerfennung gefunden hat.
Sodann find zu erwähnen mehrere Brofchüren,
welche er in der Abficht verfaßt bat, die Aufs
merfjamfeit der Juriften auf die Bedeutung der
Stenogrophie für die Rechtöpflege zu lenken:
Die Stenographie und die Rechispfiege. Ein
Beitrag zur Löſung der Frage, welchen Nutzen
die Rechtspflege aus der Verwendung der Steno:
graphie ziehen fann. I. und II., Die Steno-
aphie in der Rechtöpflege und Verwaltung und
e Stenographie und die öffentlichen Interefien.
Eine andere erfolgreiche That deffelben war die
in Gemeinſchaft mit dem ruſſiſchen Reichärat
* von Tornauw im J. 1853 ausgearbeitete
bertragung des Gabelsbergerſchen —52— auf
das 6. 3. iſt Ehrenmitglied einer großen
Anzahl deuticher und italienifcher Stenographen
vereine Gabelsbergerſcher Schule, der Corporacion
taquigräfica in Barcelona, der New-York State
Stenographers Association, der Palaeogra-
phical Society in London :c.
Zeiſe, Heinrih, wurde am 19. April
1822 zu Altona geboren, befuchte dafelbft
die Realſchule und fam dann als Lehr:
ling in die Apotheke zu Landsberg a. W.
da jein Vater, der Befiger einer Apotheke,
ber fih auch durch naturwiſſenſchaftliche
Werfe bekannt gemacht hat, den Sohn
für den eignen Beruf beftimmte. Neben
feiner praktiſchen Thätigfeit widmete 2.
alle Muße poetischen Studien und be:
gann damals auch mit der Veröffent:
lichung feiner erften Gedichte in Zeit:
ſchriften. Danach fonditionierte er in
feiner Heimat, wandte fi 1842 nad)
Kopenhagen und beitand daſelbſt nad
em Studium fein Eramen.
a zurüdgefehrt, trat er in
eine, gleichfalls dem Vater gehörige che—
miſche Fabrik ein, die er bis 1875 felb-
ſtändig leitete. Während diefer Zeit
*
unternahm 3. eine Reife nach Schweden,
ſ. w., deren Erinnerungen er
u.
in dem Wert Reiſeblätter aus dem Norden“
niebderl
er bereits einen
V
—
709
Im
te 1856 hielt fih 3. einige Zeit in
Sachſen auf, gelegentlih einer Reiſe
durch Deutichland u. ſ. w.; dort trat er
Belau.
Gutzkow näher und lieferte von dieſer
Zeit an Beiträge für feine „Unterhal-
tungen am häuslichen Herb.“ Eine Ge:
hörſchwäche, die 1874 zu völliger Taub—
heit führte, nötigte 3., feine Fabrif zu
verfaufen. Er ließ fih nunmehr in
Friedrihsruh nieder und lebte ftill im
Kreife der Seinigen feiner Mufe. Im
Jahre 1880 überfiedelte 3. nah Eims-
büttel bei Hamburg, wo er noch jeßt lebt.
3. bat ſich bejonders als Lyriker rühm:
lichft befannt gemacht, feine poetifchen
Echöpfungen athmen neben fittlihem Ernit
eine tiefe Zartheit der Empfindung und
find voll Anmut. Auer den genannten heben
wir hervor: Kampf» und Schwertlieder (1849),
Neuere Gedichte (1850), Aus meiner Liedermappe
(1861, 2. Aufl. 1883), Deutfche Kriegs- und
Siegeslieder (1864), Kampf: und Siegeslieder
(1870), Kleine Lieder (1871). Außerdem zahle
reiche treffliche Überfegungen aus dem Däniſchen.
Zelau, 8. von, |. 8. v. Zdekauer.
Zeller, Eduard, geboren am 22. Ja—
nuar 1814 zu Sleinbottwar, ftudierte
Philojophie und Theologie in Tübingen,
befuchte ſpäter auch Berlin, wurde 1836
Dr. phil., 1868 Dr. Theose, 1877 Dr.
jur., 1886 Dr. med., habilitierte fich 1840
als Privatdozent der Theologie in Tübin-
en, wurde 1847 als Profeſſor der Theo:
ogie nach Bern, 1849 als Profeſſor der
Philojophie nah Marburg, 1862 nad
Heidelberg berufen. Nah zehnjährigem
Wirken daſelbſt überfiedelte 3. in gleicher
Eigenſchaft nad) Berlin. In Anerfennu
feiner ausgezeichneten akademiſchen und
literariſchen Verdienfte wurde 3. vom
Kaiſer zum Geh. Regierungsrat ernannt
und durch Verleihung hoher Orden geehrt.
3. zählt unferen bedeutendften Bhilotophen
bei und heben wir von feinen Schriften her:
vor: Platoniſche Str dien (1839), Die Philoſophie
der Griechen (1845 ff., 4. Aufl. 1876), Die Apoftel:
geihichte (1854), Vorträge und Abhandlungen
(1865— 1884), Geſchichte der deutichen Philo:
fophie jeit Leibnig (1872—75), Staat und Ni
(1873), Friedrich d. Gr. als Philojoph (1886).
Zeller, Heinrich. Ich bin am 7. Juni
1856 in Veitswinfel geboren. Bald nad
Zeller.
meiner Geburt zogen meine Eltern in bie
benachbarte Chiemgauftadt Traunftein,
wo ih unter ziemlich ärmlichen Verhält-
niſſen heranwuchs. Als die Frage her:
antrat, was ich werben follte, beflimmte
man mich für den Volksfchullehrerftand.
Mit Freuden fagte ich „ja“ zu diefer Be-
rufswahl und fam in die Bräparandenichule
zu NRojenheim. Im Jahre 1873 wurde
id in das Freifinger Seminar aufgenom:
men, das ich 1875 mit gutem Erfolge
abiolvierte.
wöchentlichen praftiihen Kurſus durchge
macht hatte, wurde ich als Hilfslehrer in
Tohburg an der Donau angeftellt. 1877
wurde ich als Hilfslehrer an die Stabt-
Ihule zu Landsberg a. Lech berufen, wo
ih 1880 zum Schulverweſer und 1885
zum definitiven Lehrer vorrückte, in welcher
Stellung ih mid nod heute befinde.
1881 führte id) Anna Fröhlich aus Voh—
burg als meine Gattin heim. Ic bin bis
jegt mit folgenden Schriften an die Öffentlichkeit
getreten: „Grüaß Gott!“ (Ged. in altbayeriicher
Mundart) und „Aus'n Leb'n (desgl.).
Zeller, Luiſe (Luiſe Pichler), iſt ge—
boren am 16. Januar 1823 im ſchwä—
biſchen Pfarrdorfe Wangen bei Göppin-
gen als die Tochter des dortigen Pfar:
rerö, welcher bald darauf nad) dem be-
nachbarten Oberwälden befördert wurde,
wo Luiſe ihre Kindheit und Mädchenzeit
verlebte. Mit den Brüdern wurde fie vom
Vater im Latein und den Realien unter:
richtet. In den deutichen Klaſſikern, dar:
unter zuerjt Klopſtocks Meſſias fie feſſelte,
fand das heranwachſende Mädchen geiftige
Anregung und Erholung. Daneben nahm
die Pflege der Heinen Geſchwiſter und jpä-
ter die des erfrankten Vaters ihre Zeit
in Aniprud. An feinem Krankenbett faßte
fie den Plan, einen Heinen Roman für
die reifere Jugend zu ſchreiben, um dem
geliebten Vater die Mittel für eine =
verordnete Badekur zu erwerben.
innere Trieb führte fie auf das hiſtoriſche
Feld. 1848 erfchien der „Kampf um Hohen:
Nahdem ich den im felben
Jahre in Oberbayern eingeführten neun: |
710
Seller.
twiel” und fand freundliche Aufnahme in
Lejewelt. Der Erfolg ermutigte zu neuem
fen, fie wurde Mitarbeiterin verfchie
blätter und ftrebte in Tübingen, wohin die
ter ald Witwe gezogen war, ihre Bildung
eine Studien zu vertiefen. Das Jah
fachte dad Bewu fein des großen
terlanbes ftärfer in ihr an; fie
größere Stoffe. Es erſchi
Deich von Hobenftaufen‘‘, an dem neben
riſchen Treue der Charakterſch
tifche erg re zu i
ten: Heinrich IV., Der legte Hobenftaufe,
böfer Zeit, Vergangene und vergeflene
Raiferbraut, Otto III., Bor Cha
bis 1874 kamen fie umgearbeitet in
lage ald Vollsausgabe unter dem Gefammttitel
„Baterländiiche Erzählungen“ heraus. Auf Ans
*
—
u
s®
Hiller
serie
&
'regung ihres Gatten, des Profeſſors Zeller
in Ulm, jpäter in Stuttgart, wandte fie
fi wieder der reiferen end zu und es er
ſchienen nah und nad fünfzig
Erzählungen, jämmtlid den
der deutichen Geſchichte entiprofien.
wurden von der Kritik fehr günftig 6 Er
muntert von Uhland hat 2 Drama
Ichrieben: Heinrichs I. Söhne, das auf der Statt
ger
garter Hofbühne mehrmals zur
langte. Mehrere Heine Bearbeitungen der deul⸗
ſchen Geſchichte folgten. ua
ben: Germania, tihen Bo
Vom Fels zum Meer, —— und Myrten
—— einen Cyklus von hiſtor. ——
enthalten
7a
Zeller, Paul, geboren am 11. Sep:
tember 1848 in einem ſchwäbiſchen Pfarr»
hauſe (Borfahren väterliher und mütter⸗
licher Seits meiftens Pfarrer), wurbe früh
verwailt. Gebildet in den mwürttember:
giihen Seminarien zu Maulbronn und
Tübingen, ift er feit 1877 definitiv ans
geitellt, zuerft als Pfarrer in Neipperg
bei Heilbronn, feit 1881 in Waiblingen.
Theologifh befonders ein Schüler von
Profeſſor Landerer (er gab nach befien
Tod aus feinen binterlafienen Papieren
deſſen Neuefte Do engeſchichte (1881) her:
aus), rechnet 3. Hi ch zu der ſchwäbiſchen
Vermittelungstheologie. Seit 1880 fun
giert er als Redakteur der „Theolog. Stu:
dien aus Württemberg“, einer theolog.
| Quartalfchrift. In Zöclers Handbuch der theo-
logiſchen Wiſſenſchaften fchrieb er den Abfchnitt:
Dogmengeihichte (Bd. II. 1883, 2. Aufl. 1885),
—
Zett.
ferner: Bibliſches Handwörterbuch, illuſtr. (Cal⸗
wer Bibellexikon 1885), das in ziemlich großer
Auflage rafch Verbreitung fand. Außerdem Bücher:
rezenfionen ꝛc. in Zeitichriften.
Zett, A. v., |. A. v. Zvolenszky.
Zettel, Karl, als der Sohn eines
ſchlichten Gewerbsmeiſters aus München,
am 22. April 1831 geboren, beſuchte die
Volksſchule ſeiner Vaterſtadt und trat im
11. Lebensjahre in die 2. latein. Klaſſe
ein, mojelbjt jein reger 2erneifer vom
freundlichften Erfolge gekrönt ward. Die
Fortiegung feiner Studien an der Latein—
Schule und am Gymnafium war von den
— Reſultaten begleitet, die zum
eil durch den Ernſt und die ſtrenge Zucht
ſeitens der Eltern erzielt wurden, deren
Manen er mit dankbarem Herzen ſegnet.
Nachdem Z. mit dem Prädikate der Vor—
—52 das Maturitätsexamen beftan-
en hatte, mußte er fich an der Hochichule
feiner Baterftabt immatrifulieren laſſen.
Das klaſſiſche Altertum mit dem Zauber
feiner ftillen Majeftät war ſchon am Gym:
nafium der Bereich gewelen, in welchem
er fih heimisch fühlte. An der Univer:
fität lauſchte er den geiftreichen und leben-
Iprühenden Worten des herrlihen La—
faur, der in den goldigen Frühftunden
die Philofophie des Schönen entwidelte,
während der ſchwüle Mittag zu den nod)
Ichmwüleren kritiſch⸗ mikrologiſchen Ererzitien
rief, welche der greife Philhellene, ber
bayrifche Geheimrat von Thierſch, der
„praeceptor Bavariae“, und die Pro:
fefioren Spengel und Prantl mit einer
oft verdrießlichen Unverdroſſenheit leite-
ten. Nachdem 3. 1853 das Staatsera-
men abgelegt hatte, wirkte er in ber be:
ſcheidenen Stellung eines Hofmeifters in
einem niedlichen Bergftäbtchen des Allgäu.
Im Jahre 1856 berief ihn die Regierung
als Gymnaſiallehramts-Aſſiſtent in Die
freundliche Altmülftadt Eichitätt, woſelbſt
er nad 3 Jahren als Studienlehrer an:
geftellt wurde und in dieſer Eigenichaft
bis 1870 verblieb. Mehrere Schulprogramme
und philologiſch⸗pädagogiſche Schriften bezeichnen
711
— Ziegler.
ſeine literariſche Thätigkeit während dieſer Zeit.
Durch einen freundlichen Zufall lernte er in Mün«
hen Hermann Lingg fennen, deſſen Gedichte ihn
mit einem unnennbaren Zauber feflelten. Mit
— Seele hing 3. nun an dem Meiſter.
hne diefem ſtlaviſch nachzutreten, verfuchte er
es, auf ähnlihen Bahnen fich zu bewegen. Es
geihah nicht ohne Erfolg. Seine „Erften länge”
wurden von den fompetenteften Richtern in Deutich-
land und Ofterreich ſympathiſch begrüßt. Ein
beiterer Abend in der Gelellihaft von guten
Freunden in Eichftätt gab Anlaß zur Herausgabe
des „Edelweiß“, einer Anthologie aus den Lies
dern neuerer deutjcher Dichter (jet 14. Aufl.).
Ähnliche poetiſche Sammelwerke, ala: „Ich dente
Dein”, „Haideröslein”, „In zarte Frauenhand“,
madten 3.3 Namen in allen deutichen Gauen
befannt und beliebt. Sein romantiſches Epos
„Gela“ erfuhr verfchiedenartige Beurteilungen,
deögleichen die „Lachenden Bilder aus Münden“.
Eine 2. und 3. Auflage feiner „Dichtungen
fand allenthalben eine höchit ehrende Heimjtätte.
Im Jahre 1880 war 3. inzwiſchen
als Studienlehrer an das königl. Lud—
wigsgymnaſium nah Münden und
‚1870 an das fönigl. Realgymnafium
in Negensburg als Profefior der deut:
‚Shen Sprade und Literatur berufen
| worden, gab anlählic der 700jährigen Jubel
feier der Dynaftie Wittelsbah ein poetifches
| Ehrenbuch „Wittelsbacher Album“ heraus. Nah
Aufhebung des Realgymnafiums wurde
3. an das neu errichtete humaniftifche
Gymnaſium in Regensburg verjegt, wo—
felbit er bis 1884 wirkte. Ein chroniſches
Kopfleiden nötigte ihn aber, um jeine
PVenftonierung einzulommen, die ihm auch
unter dem Ausdrude der allerhöchjten An—
erfennung feiner langjährigen und erfolg.
reihen Thätigkeit im Lehramte zu teil
wurde. Er lebt nunmehr in Münden.
Von äußeren Ehrenbezeigungen mögen er:
wähnt fein, daß der Dichter 1877 mit
‚der fönigl. Ludwigsmedaille für Kunft und
Wiſſenſchaft bedacht und 1881 von der
Univerfität Tübingen in Würdigung ſei⸗
ner wiflenichaftlichen und dichteriſchen Ver:
dienfte mit der philofophiichen Doktor:
würde geſchmückt ward.
Biegler, Karl Ludwig Reinhart Theo:
"bald, geboren zu Göppingen (Württem-
berg) den 9. Februar 1846, befuchte Die
Ziegler. —
Lateinſchule zu Herrenberg, wo ſein Vater
erſter Geiſtlicher war, ſpäter das Gym—
naſium zu Stuttgart und nach beſtande—
nem „Landexamen“ das theol. philologiſche
Seminar zu Schönthal; ſtudierte im Stift
zu Tübingen Philoſophie und Theologie,
ward aber nad) Abſolvierung des theolo—
giihen Staatseramens teils durch Nei-
gung, teils durch feine Berufung an das
Gymnaſium zu Heilbronn als Gymnaftals
vifar der Theologie abwendig und wen: |
dete fih der Philologie zu. Daher blieb
er au, nachdem er 2 Jahre lang Re: |
petent in Schönthal gemwejen war, nur
Y/s Jahr lang am Stift zu Tübingen,
wohin er 1871 als Repetent zurückgekehrt
war, nahm eine Stelle als Gymnafial-
lehrer in Winterthur an und madte von
bier aus das philologiihe Profeſſorats—
eramen in Württemberg. In Winterthur
verfaßte er feine erfte Schrift „In Sachen des
Strauffchen Buches“ (1874), nahdem er ſchon
uvor in der „A. Allg. Ztg.“ gegen Joh. Huber
Kir Strauß’ „Alter und neuer Glaube’ eingetres
ten war. Auch fein „Lehrbuch der Logik‘ (2. Aufl.
1881) und feine „Studien und Studienföpfe aus
der neueren und neueften Literaturgeſchichte“
(1877) find eine Frucht feines ſchweizer Aufent-
enthaltd. Nach feiner Rückkehr in das deut:
Ihe Reih als Profeffor an das Gymna—
fium zu Baden-Baden fchrieb er (1877) eine
politifhe Brofhüre „Republik oder Monarchie?
Schweiz oder Deutichland?“, die in der Schweiz
einen wahren Sturm der Entrüftung bervorrief.
Dann aber wandte er ſich, nachdem er ala Eſſayiſt [ogie.
und Kritifer vielfach thätig gewefen war, immer
ausfchließlicher zur Philofophie zurück und fehrieb |
den erften Band feiner vorzüglichen „Geſchichte ber
Ethik“, „Die Ethik derGriechen und Römer“ (1881).
Als Konrektor am proteftantiichen Gymna⸗
fium zu Straßburg i. E. feit 1882 angeftelt,
habilitierte er fi 1884 an der Kaiſer
Wilhelms-Univerfität dafelbft für Philo-
lophie und Pädagogik (Padagogiſche Briefe
aus dem Elſaß in den „Neuen Jahrb. f. Phil.
u. Pädag.“) und warb 1886 als (Nachfolger
von Laas) als ordentl. Profeſſor für dieſe
Fächer an die Straßburger Univerfität
berufen. Gfeichzeitig erſchien der zweite Band
der Geſchichte der Ethik: Geſchichte der chrift-
lichen Ethik“ (1886). Neben feinen wifienichaft:
lihen Arbeiten auf dem Gebiet der Philofophie
712
‚gemütvolle Frau.
Ziegler und Alipphaufen.
und Pädagogit nimmt er auch vielfachen Anteil
Bewegung
an der politiichen der Zeit auf Seiten
der nationalliberalen Partei.
Ziegler und Klipphanfen, Helene
von (Francesca von Limpurg), wurde am
21. Auguft 1857 zu Rofenberg in Ober-
ichlefien geboren und empfing eine gute
Erziehung. Früh ſchon zeigte fih ein
hübfches poetiiches Talent, das, in der
Stille gepflegt, fpäter in Kindergeſchich⸗
ten, Novellen und Sagen thätigte,
die in Zeitichriften und Jugendblättern
freundliche Aufnahme fanden. Selbjtändig
erfchienen: Die Lotosblume (Nov. 1886) und
28 Geihichten für unfere Kleinen (1886), Im
Feuer geläutert (1887), und wurden ſehr
beifällig beurteilt,
Ziemann, Franz, geboren am 28.
März 1860 zu Königsberg i. Pr. Seine
Eltern gaben ihm eine gute Er
Er befuchte von feinem fechsten Jahre an
das erjte Gymnaſium feiner
das kgl. Fridericianum, das er im Alter
von zwanzig Jahren, mit dem
der Neife verjehen, verlief. Im
Kinderjahre fallen die Eindrüde der Kriege
von 1866 und 1870. Am meilten Ein-
fluß bat auf ihn feine Mutter, Henrielle
geb. Hermann, gehabt, eine
1880 wurde er St
dent der Albertina feiner Va
ftudierte Haffiiche Philologie: und Archä
Namentlih war es Prof.
Hirichfeld, deſſen Vorlefungen über alte
Kunft ihn anzogen. 1865 promovierte
er mit der Schrift „De anathematis graeecis*.
Um eine Anftellung im Gymnaftalbienit
zu erhalten, abfolvierte er an dem kgl.
Gymnaſium zu Allenjtein (O.Pr.) das
Probejahr, lebt aber ſeit 1886 ohne feſie
Beichäftigung im Haufe feiner Mutter.
Literariſch trat Z., außer als Lyriker in Zeit
fhriften, fo beſonders im Deutiä Dichter
heim“, mit der, ihrer Zartheit wegen, jehr beifällig
aufgenommenen erzählfenben tung „Am
Meer“ (1887) und mit der erzähl. Dicht. „Aliia,
die Sängerin“ (1888) hervor. \
Ziemer, Hermann, geboren am 12.
Mai 1845 zu Neuftettin, befuchte 1856
Biefe. —
bis 1864 das Gymnaſium daſelbſt, ſtu—
dierte 1864—67 in Berlin, beſonders
als Schüler von Morig Haupt, promo-
vierte 1867, war dann zur Wiederher:
ftellung jeiner angegriffenen Gefundheit
713
bis 1870 auf dem Lande auf Hohenholz |
bei Neuſtettin. Nachdem er inzmwilchen
in Berlin das Staatseramen abfolviert
hatte, trat er 1870 als Probandus, 1871
als wiſſenſchaftlicher Hilfslehrer beim
Gymnaſium in Stargard in Pommern
ein, wurde 1873 zum vorlegten ordentl. |
Lehrer ans fol. Domgymnafium nad) Col: |
berg berufen, mwojelbjt er jeit 1886 als
Oberlehrer wirft. Er verfaßte befonders |
ſprachwiſſenſchaftliche, grammatiſche und
meteorologiſche Schriften.
Hervorzuheben: Pſychologiſche Erklärung ſyn—
taktiſcher Erſcheinungen (1867, Diſſert.)) Das
pſychologiſche Moment in der Bildung ſyntaltiſcher
Sprahformen (mit Anerkennung beiprochen von
K. Brugmann, 1879), Die Stellungnahme des
gramm. Gymnaſialunterrichts zur neueren ſprach⸗
wiſſenſchaftlichen Methode der fogen. Junggrams»
matifer (1881), Junggrammatiiche Streifzüge im
Gebiete der Syntar (2. Aufl. 1883), ein trefflich
gelungener Verſuch, die Methode der neuejten
Spradforfhung, d. b. der Junggrammatifer, auf
die Syntar der Sprachen zu übertragen. Dieſe
Schrift bat auf die neuere grammatiſche Literatur
einen großen Einfluß ausgeübt, wie zahlreiche
Vorreden philologiſcher Schriften und deren In—
halt bemeijen. — Syntar der indo⸗
germanischen Komparation (1884). Außerdem
viele Auffäge und Rezenfionen in Zeitfchriften,
und ferner in den „SJahreöberichten für da3 höhere
Schulweſen“ die Abteil.: Lateinifcher Unterricht
(jeit 1886).
Siere, Yohannes Heinrich, geboren am
4. November 1820 auf Dänisch Nienhof,
Kreis Edfernförde, befuchte die Gymnaſien
zu Flensburg und Hufum 1837 —40, die
Univerfitäten Kiel, Erlangen und Bonn
1841—47, wirkte als Hauslehrer bis
1851, als Diafonus in Itzehoe von 1851
bis 1858, als Hauptpajtor in Krempe
von 1858—64, als Hauptpaftor in Gel:
ting von 1864—1869, als Paſtor in
Friedrihsberg in Schleswig von 1869
an, zugleich als Kirchenpropft der Propſtei
Schleswig von 1879 an.
Zimmermann.
hinein (1861), Die Rückkehr zur apoftol. Predigt
(1861), Nicht Union oder Konfeljion, ſondern
Union in neuer Konfeffion (1867), Das Myfterium
deö heiligen Abendmahls (1869), Ich glaube,
darum rede ih. 25 Predigten (1871), Soll
unſerm Volke das Heiligtum der heiligen Ehe
erhalten oder genommen werden? (1874), Hülfs:
büchlein für einen geordneten Unterricht in der
hriftlichen Religion (1876). Außerdem eine
Anzahl einzelner PVredigten und Aufläte in ver:
ſchiedenen theologiſchen Zeitichriften.
Zimmermann, Hans Wilh. Georg,
am 12. Januar 1855 zu Wermsbdorf im
Königreih Sachſen geboren, wo fein Vater
| zur Zeit bei einer fahrenden Schaufpieler:
truppe engagiert war. Da Georg jchon
in feiner früheſten Jugend das Elend der
Bühne durchgekojtet und die Schatten-
jeiten derjelben kennen gelernt hatte, wollte
er nicht, wie fein Vater dies beftimmt
hatte, Schaufpieler, jondern Kaufmann
werden, welcher Entihluß aud ausgeführt
worden wäre, wenn die nötigen Mittel
dazu Bater Zimmermann bejejien hätte.
Dem fleinen Georg blieb aljo nichts anderes
übrig als fi) der Kunft zu mweihen, und
fo betrat er zum erjten Male 1869 zu
Leisnig die vielbedeutenden Bretter. Bon
bier aus machte er die Runde über faft
ganz Deutichland, bald hier, bald dort
engagiert, bis er fich endlich im Jahre
1879 in Leipzig niederließ und einen
Bühnen-Novitäten-Verlag gründete. Hier
war er auch längere Zeit als Dramaturg
und ftellvertretender Direktor am Carola⸗
theater thätig. Als Bühnenſchriftſteller
hat ſich derjelbe ſchnell populär gemacht.
Seine reizenden Volfsjtüde und Märchen
Prinz Nachtigall, Das tägliche Brot, Lumpen⸗
König, Sneewittden haben den Weg fallt
über alle Bühnen Deutichlands gemacht
und wurden überall mit dem größten Er»
folge aufgeführt.
Zimmermann, Heinrich Edler v.,
geboren am 18. Februar 1847 zu Graz
in Steiermark als Sohn eines hohen, in:
folge jeiner Verdienſte im Kriegsjahre
1866 mit dem Franz-Joſefsorden deko—
Hauptwerke: Ins Leben will das Chriftentum | rierten Beamten, abjolvierte dajelbjt jeine
Zimmermann.
Gymnafial-
trat jpäter zur Bühne über, wo
Liebhaber und Regiffeur u. a. in Buda-
peit, Eſſeg, Temesvar,
und Paſſau wirkte.
journaliftiihen und dramatiſchen Arbeiten
und ward fpäter Redakteur des „Süd—
ungariihen Volksblatt“, das er viele
Sahre leitete und zu bebeutendem Auf:
ſchwung brachte, ſowie Mitarbeiter einer
großen Reihe in: und ausländifcher Blätter.
Seit dem Jahre 1881 bekleidete er eine
Stelle als Direktionsbeamter im Sekre—
tariate der Ef. k. priv. Dur-Bodenbadher
Eifenbahn und trat 1887 als Sefretär
in den Verwaltungsrat diefer Unterneh>
mung, wo er für befonders ſchwierige
Konzeptarbeiten verwendet wird. Seinen
Merken rühmt die Kritit ſchwungvolle
poetiihe Sprade, Bühnenfenntnis und
große dramatiiche Wirkſamkeit nad.
Hauptwerke: Kunſt und Leben, Sittenbild (1881),
—— Betrug (Schauſp. 1882), Studenten:
eihe (Schw. 1882), Attila (Dram. 1883),
Thalwirth (Trauerfp. 1884), Demetrius (Freie
Bollendung des Schillerfhen Fragmentes, Trauer:
fpiel 1885), Prager Spaziergänge (Dicht. 1886),
Schubart (Dram. St. 1887), Ludwig der Ein-
fame (Ep. 1888), Nero (Dram. Geb. 1888), Don
Juan vor 100 Jahren (Genreb. 1888), Wie
Richard Wagner Komponift ward (1888).
Zimmermann, M. B., |. M. Ber
mann.
Zimmermann, Paul Aug. Bern
hard v., geboren zu Dresden am 3. Sep:
tember 1843, genoß feine Vorbildung auf
der Fürftenichule St. Afra in Meißen,
ftudierte Theologie und Philofophie in
Leipzig und Berlin, wurde Dr. phil. an
der Univerfität Leipzig und bekleidete dort
das Amt eines Katecheten, dann Hilfs-
geiftlichen, befuchte im Jahre 1873 das
große evang. Konzil der Allianz in New-
Hort, hielt dort einige Vorträge und ſtu—
dierte die kirchl. Verhältnifie Amerikas
auf einer dreimonatlichen Reife in Nord:
Amerifa. Im Jahre 1874 folgte er dem
Rufe an die größte evang. Gemeinde
714
Zingerle.
und juridiihen Studien und | Ojterreichs in Wien, wo er bis jegt viel-
er als |feitig thätig_ift. Hier promovierte er
rite zum Doktor der Theologie und fteht
Gmunden, Iſchl im Begriff, fih auf Grund diefer Pro-
Schon in diefer |motion an der theol. Fakultät zu habi⸗
Periode feines Lebens widmete er ſich | litieren, er empfing mehrfache
Auszeich-
nungen, jo das Ritterkreuz d. $. D. von
Württemberg, den Erneſtiniſchen Haus:
orden 1. Kl. Seine vorzüglich anerfannten
Schriften find teils theologiſchen, teils
populär:philojophiihen und hiſtoriſchen
Inhalts: „Platos Lehre von der Unſterblichteit
der Seele", „Das Nätfel des Lebens und bie
Ratlofigkeit des Materialismus”, Vorträge vor
einem großen Hörerkreis in Wien —
grüße aus Naturs und Menfchenleben“, „
ind Meer”, Predigten und Reden, „
Leid”, Feftworte, „Das Evangelium in ſterreich
und Frankreich” (mit intereſſanten Details), Jus
biläumsvorträge, „Was wir der Reformation zu
verdanken haben“, eine Scharfe Polemif den
Katholizismus, „Vor der Pforte des
ein —— mit Jünglingen über die der
Religion, des Wiſſens und Glaubens,
tifher Form und Art von Zugeſtändniſſ
gehend und dann weiter fü R
Broſchüren, manches bereit in 2. Auflage. '
Zingerle, Anton, geboren am 1. Fe
bruar 1842 in Meran, gebildet auf dem
Gymnaſium feiner Vaterjtabt, beendete die
Univerfitätsftudien zu Innsbrud im Jahr
1864; in den Jahren 1864—66 wa
Lehrer am k. k. Gymnaſium zu Verona un
befuchte viele Städte Oberitaliens. In Berona
veröffentlichte er die Abhandlung De Halienticon
fragmento Ovidio non abiudicando (1869).
Am Jahre 1866 wurde er zum Profeſſt
am f. f. Gymnafium in Trient ernannt,
wo er die Schrift De Germanico Caesare, Drus
filio (1867) und den eriten Teil feines Buches
„Dvidius und fein Verhältnis A ter Sorgängern
und gleichzeitigen Dichtern‘‘ (1869—71) vollendeit
Da er im genannten Jahre und im?
genden auch als Bezi njpeftor
die deutihen Schulen in Wälſchlird
wirken hatte, fonnte er zuerſt näher:
teilungen über Dialekt und Volkogeb:
der Bewohner des Ferſina⸗Thales Tief
—
un te ‚De ende
poft (1877). Im
an der Univerfität 3
we
VU
Bingerle.
Doltorwürde. 1870 zog er nad) Inns—
brud, wo er bis 1873 als Profefjor am
t. k. Symnafium und feit 1872 zugleich
als Dozent an der Univerfität wirfte;
1873 wurde er außerord. Profeflor der
Haffiichen Philologie an der genannten
Hochſchule und 1877 ordentl. Profeſſor
befielben Faches. Außer zahlreichen Beiträgen
für verfchiedene wiſſenſchaftliche Zeitichriften ver:
Öffentlichte er feit diefer Zeit folgende verdienft:
liche Schriften: Philologiihe Abhandlungen
(1871—87), Zu fpäteren lateinifhen Dichtern
(1873—79), Martiald Ovidftudien (1877), De
scriptorum Jatinorum locis, qui ad poenarum
apud inferos descriptionem spectant ET
Beiträge zur Geſchichte der Philologie (1880),
Zu den Perſiusſcholien (1881), Beiträge zur Kris
tit der 3. Dekade des Livius (1883), T. Livi
ab urbe condita libri ed. A. Z. (1883—88,
bisher 3 Bde.), Zu Hildebert und Alanus (1881),
P. Ovidi Nasonis Metamorphoseon libri XV.
(1884), Studien zu Hilarius’ von Boitiers Pfal:
mentommentar (1885, Cinleitung au der im
nächſten Jahre zum Abſchluß gelangenden großen
krit. Ausgabe diejes Wertes in der Kircchenväter-
fammlung der f. k. Alademie in Wien).
Jahre 1887 erfolgte die Ernennung zum
Mitdireftor des philolog. Seminars an
der Univerfität Innsbruck.
Bingerle, Dswald, Sohn des Univer:
fitätsprofefiors Ign. 3., wurde am 8. Fe⸗
bruar 1855 zu Innsbruck geboren, wo
er mit feinem Bruder Wolfram das Gym:
naſium abjolvierte und 1874 die Univer-
fität bezog, um zunächſt klaſſiſche, dann
deutihe Philologie zu ftubieren. Seine
Studien ſetzte er in Erlangen und Ber:
lin (1877— 79) fort, verlebte Darauf zwei
Jahre in der Heimat, wiſſenſchaftlichen
Arbeiten obliegend, und habilitierte ſich
1881 für deutihe Sprade und Literatur
an der Univerfität Graz, wo er nod) als
Privatdozent wirkt.
Bon feinen Schriften, von Auffägen in Zeit
Schriften abgefehen, heben wir hervor: Friedrich
von Sonnenburg (1878), Über eine Handfchrift
des Paſſionals und Buches der Märtyrer (1883),
Die Quellen zum Alexander des R. v. Ems, Im
Anhange die Historia de preliis (1885), Ster:
inger Spiele nad Aufzeihnungen von Raber
86 Der Paradiesgarten der altdeutſchen Ge—
neſis (1886).
715
Yın |
— Zingerle.
Zingerle, Wolfram, geboren zu Inns⸗
bruck am 19. Februar 1854, ſtudierte,
nachdem er dortſelbſt das Gymnaſium ab-
ſolviert hatte, von 1874—78 an ber
Univerſität ſeiner Vaterſtadt hauptſächlich
klaſſiſche Philologie; er wandte ſich hier:
auf der romanischen Philologie zu, deren
Studium er an den Univerittäten Erlan-
gen, Wien und Paris 1878—81 betrieb.
Im Jahre 1884 habilitierte er fich als
Privatdozent für romanijche Philologie
an der Univerfität Wien und ließ als
folder 1886 die venia legendi an bie
Univerfität Innsbrud übertragen.
Hauptwerke: Unterfuhungen zur Echtheitsfrage
der Heroiden Ovids (1878), Über Raoul de Hou—
dene und feine Werke, eine ſprachliche Unter:
ſuchung (1880), Floris et Liriope (1888).
Zinzow, Adolf Joahim Friedrich,
geboren zu Greifswald den 8. Februar
1822, bejuchte das Gymnafium feiner Va⸗
terſtadt und nad deſſen Abjolvierung die
Univerfität dajelbjt (1841—43), ftudierte
Theologie und Philologie, fühlte fi aber
von erfterem Studium jo wenig angezogen,
daß er ſich ganz der Philologie zumandte.
Vor allem erregten zunächſt die Sprachen
jein Intereſſe. Hatten ihn auf dem Gym:
nafium vorzüglich die modernen Sprachen
angezogen, jo vertiefte er fich jegt in das
Studium des Sanskrit, des Hebräiſchen
und Nrabifhen. Doc unter dem Einfluß
Schumanns und mehr noch durd die
gründliche Gediegenheit und klare Anfchau-
‚lichkeit O. Jahns wandte er ſich aus—
ſchließlicher den klaſſiſchen Studien zu.
Durch O. Jahns freundliche Vermittelung
trat er bei feinem Übergang auf die Unis
verfität in Berlin auch in perfönliche Ber
ziehung zu Trendelenburg, Lachmann und
Ed. Gerhardt. In Berlin waren es
Boecks Vorlejungen und der Beſuch des
philoſophiſchen, jpäter des pädagogiichen
Seminars, die feine Auffafjung des klaſſi⸗
ſchen Altertums erweiterten und vertiefe
ten. Eine größere Arbeit: De historiae
graecae primondiis (1846), erwarb ihm ein
‚ehrenvolles Doftordiplom, wonad er uns
Birom. —
ter Bonnells Leitung ſein Probejahr am
Friedrichs-Werderſchen Gymnaſium an
trat, während er zugleich ſeit 1847 als
Hilfslehrer am Franzöſiſchen Gymn. bes
ſchäftigt wurde. Im Jahre 1849 ver⸗
heiratete er ſich, übernahm noch eine Lehr—
thätigkeit an einer höheren Töchterſchule
und bei der Fürſt Radziwillſchen Familie.
1853 wurde er als Kollaborator am Fr.:
MW. Gymn. angejtellt, jedoch bereits 1856
als Proreftor an das Gymn. zu Stargard
und 1857 als Direktor des Gymn. zu
MWeplar berufen. Später gründete er
ein Gymn. in Pyrig, dem er noch jeßt
vorfteht. Außer zahlreihen Abhandlungen, bes
ſonders in Langbeins „Pädagogiſchem Archiv“
(1864— 70), Auflähen, Programmen u. |. w., fin
von Z.'s verdienftlichen Schriften hervorzuheben: |
Das ältefte Rom (1866), Geift und Bildung des |
römifchen Volkes (1874), Luther der große deut» |
Ihe Reformator von Kirche, Schule und Haus
(1884); ferner: Thomas Arnold, der Lehrer Eng-
lands (1869), Die Hamletjfage an und mit ver:
wandten Sagen erläutert (1877), Pſyche und
Ero3 ıc. (1881).
Zirom, |. M. Schmig.
Zirwik, P. Michael, ift geboren am
15. Januar 1840 zu Handenberg in Ober:
Öfterreihh von jehr armen Eltern. Vom
Jahre 1845—51 befuchte er die Volks—
ſchule, von 1851 — 54 die Sonntagsichule.
Sein Lehrer war der Mufterlehrer Jakob
Schmidhammer. Das Drängen bdiefes
trefflichen Lehrers, den fehr talentierten
Schüler zum Stubium zu beftimmen, blieb |
lange Jahre fruchtlos, weil die Eltern zu
arm waren und niemand ſich fand, ber
716
vermittelnd eintreten konnte. Erſt mit
18 Sahren faßte 3. den Entichluß, den
Studien ſich zu widmen, und von 1858
bis 1866 madte er am Ef. f. Staatsgym-
nafium in Salzburg feinen Gymnaſial⸗
kurs mit Auszeichnung, trat dann in den
Zitelmann.
Daſelbſt blieb er bis 1871 und war in-
zwiſchen in Neapel zum Prieſter geweiht
worden. Nachdem er nad) feiner’ Rüd:
fehr in die Heimat nod ein Jahr den
theologischen Studien gewidmet, wurde er
1872 als Lehramtsfandidat auf die Uni-
verfität Innsbrud geihidt, wo er unter
der Leitung des berühmten Prof. Tulg
fih auf das philologiſche Eramen vorbes
reitete. Nah 4 Semeitern erhielt er mit
Minifterialerlaubnis ſchon feine Haus»
aufgaben, die er, indem er zugleich als
Lehrer am f. e. Barromaeum in Salz
burg wirfte, 1874 ausarbeitete und im
Laufe des gleichen Jahres feine Prüfung
vollendete. Seit 1874 ift er nun an
obgenannter Anjtalt als Lehrer thätig.
Hauptwerfe: Studien über die in den Epen
Homers vorfommenden Rominalftämme —_t
und —v (1875), Grundzüge einer willen
lichen Grammatif der griechiſchen Sprache —
Studien über griechiſche Wortbildung (1881),
Das Wichtigfte über die Teile des Satzes hi
dazu Meinere Publikationen: 2 Feftpre
bie und da Aufläße in öffentlichen Blättern.
Zitelmann, Ernft Otto Konrad (Kon⸗
rad Telmann), wurde am 26. November
1854 in Stettin als der jüngſte von fünf
Söhnen des Juſtizrats 3. geboren. Seine
Mutter war die Tochter des als Dichter
und Hiftorifer befannten Profeſſors Lud—
wig Gieſebrecht dafelbit. 3. verlebte feine
Kindheit im Elternhaufe zu Stettin, Some
mers auf einer nahe gelegenen Beftgung
mitten im berrlichften Buchenwald. Er
befuchte das Marien-Gymnaftum feiner
Vaterjtadt, das er, achtzehnjährig, 1873
mit dem Maturitätszeugnis verließ, um
Rechts⸗ und Staatswiſſenſchaft zu ftudies
ren. Die Gymnaſial- und noch mehr die
Univerfitätszeit wurde durch häufige Krank⸗
heit und dauerndes Kränfeln jehr getrübt,
jo daß mehrfache Unterbredhungen beider
Benediktinerorden im Stifte St. Peter zu | und zeitweiliger Aufenthalt in Bädern und
Salzburg. 1868 murde er zur Fort: Sommerfriihen nötig wurde. Das er-
fegung ber theologifhen Studien nahRom | zwungene Fernhalten von wiſſenſchaft⸗
gelandt und 1870 nad Monte Cafino | lihen Studien begünftigte früh die poetische
berufen, um an dem dortigen Privat: | Produktion, jo daß der Primaner ſchon
gymnafium als Aushilfslehrer zu wirken. | Gedichte, Auffäge und Erzählungen von
Bitelmann.
fih gedrudt jah. Der neunzehnjährige
Student veröffentlichte feine erſien Bücher.
3. bejuchte nacheinander die Univerfitäten
Xeipzig, Heidelberg, Berlin und Greifs-
wald, um fich neben den Fachſtudien vor:
zugsweije dort mit Literatur und Philo—
jophie zu bejchäftigen. Dazwijchen fielen
Reifen ins deutiche Gebirge, die Schweiz,
Tirol und Italien. Im Frühjahr 1876
beitand 3. jein juriftifches Staatseramen
und trat als Gerichtsreferendar, zuerft
in einer pommerjchen Kleinftadt, dann in
Stettin in den praktischen Staatsdienft,
den er aber nad) anderthalbjähriger Thä-
tigkeit jhon wieder verlaffen mußte. Sein
Buftand Hatte fih nach einer jchweren,
akuten Krankheit, die ihn an den Rand
des Grabes brachte, derart verichlim:
mert, daß die Arzte nur noch bei dau—
ernder Niederlaffung im Süden ihm für
eine Reihe von Jahren Hoffnung auf
Weiterexiſtenz maden fonnten. Anfang
1878 verließ er daher die Heimat, um
von da ununterbrochen Winters im Sü—
den zu leben. Seine verwitwete Mutter
begleitete ihn. Er hielt fich jeither wech
ſelnd an den verſchiedenſten Orten Sta:
liens auf, das er wiederholt mit Einfluß
Eiziliens kennen lernte; die legten Jahre
immer in Dientone, wo er ich verhältnis:
mäßig am mwohlften fühlte und ganz hei-
miih ward. Im Sommer fam er meift
nad Deutichland zurüd, um entweder im
Gebirge oder am liebften in der engeren
Heimat zu verweilen. Das Förperliche
Elendgefühl vermochte nicht, 3.’5 feurigen
Geiſt zu fefleln. Im Gegenteil, je be
drüdter fein äußerer Menſch war, deito
freier atmete fein innerer. Neben unge
wöhnlicher lyriſcher Begabung befigt 2.
eine ſelten feine Beobachtungskunſt, die
er meilterhaft im Roman zu verwerten
verjteht. Dabei iſt fein Aufbau natür-
lid und edel und feine Sprache rein und
feſſelnd.
Hauptwerke: Sonnenblicke (Erz. 1875), In
Pommern (Nov. 1875), In der Einſamkeit (Ged.
1876), Friſche Blätter (Nov. 1878), Im Früh:
rot (Rom. 1881), Götter und Götzen (Rom. 1884),
717
Bitelmann.
Lichter und Schatten (Nov. 1884), Im Hochland
Nov. 1884), Lebensfragmente (Nov. 1884), Das
Spiel ift aus (Rom. 1884), Meereswellen —
1884), In Glück und Leid (Nov. 1885), Menſchen⸗
Ihidjale (Nov. 1885), Gerichtet (Nov. 1886), Mor
derne Ideale (Rom. 1886), Dunkle Eriftenzen
(Rom. 1886), Vae vietis (Rom. 1887). Außer
dem lieferte 3. einige vorzügliche Überfegungen
italienischer Dichter.
Zitelmann, Katharina (K. Rinhart),
wurde am 26. Dezember 1844 zu Stettin
geboren als die Tochter des Geh. Regie
—
rungsrats Konrad 3. (befannt durch feine
„Norddeutſchen Bauerngefchichten“, „Bil
der aus der Beamtenwelt“ u. a.). In
der Stille entwidelte ſich das jchöne dich—
teriiche Talent, das Katharine von ihrem
Vater ererbt hatte. Ihre erfte Novelle
erichien in einem Journal, und der hüb-
Ihe Erfolg, der derjelben wurde, ermuns
terte die junge Autorin zu weiterem Vor:
wärtsjchreiten auf der betretenen Bahn.
Eine größere novelliftische Arbeit: Mas
wird fie thun, fand in Heyſe's Novellenſchatz
Verbreitung und bejonders in der weib-
lichen Leſewelt die verdiente Würdigung.
Außerdem hervorzuheben: Novellen (1884),
Neue Novellen (1888).
Zobeltitz, Fedor von (F. Grunewald),
wurde am 5. Oktober 1857 auf dem
Rittergute Spiegelberg bei Topper in der
Neumark geboren und beſuchte, für den
Militärſtand beſtimmt, die Kadettenhäuſer
in Plön und Berlin, nach deren Abſolvie—
rung er in die Armee eintrat. Da er je—
doch zu wiſſenſchaftlicher Thätigkeit ſich
weit mehr hingezogen fühlte als zu der
ihn wenig befriedigenden militäriſchen, ſo
nahm er bereits 1880 ſeinen Abſchied
und widmete ſich ausſchließlich ſchriftſtel⸗
leriſchen und journaliſtiſchen Arbeiten. In
letzterer Beziehung iſt ſeine redaktionelle
Wirkſamkeit bei folgenden Blättern zu er-
wähnen: „Neue militäriihe Blätter“,
„Unteroffizierszeitung“, „Schorers Fami-
lienblatt” und „Deutiches Tageblatt”.
Literariſch ſelbſtſchaffend hat fih 3. be-
fonders als Romanfchriftteller einen Nas
Böhrer.
men gemacht. Er ijt ein beliebter Mit-
arbeiter unferer beften Zeitichriften.
Hauptwerke: Fähnrihsgefhichten (1881), Graf
Moltte (1881), Fürft Bismard (1881), Die
Perüde der Prinzeffin Naraſchlin (Rom. 1883),
Unfichtbare Hände (Rom. 1883), Märkiſcher Sand
(1884), Karadinifa (Rom. 1886), Das Neffus:
gewand (Rom. 1887).
Zöhrer, Ferdinand. Jh wurde am
17. Mai 1844 in Linz, Oberöfterreich,
geboren, abjolvierte die dortige Normal:
bauptihule und das Untergymnafium,
widmete mich hierauf dem Buch: und Kunſt⸗
handel, dem ich heute noch mit beſonde—
rer Vorliebe angehöre. Seit meiner Ju:
gend her war e8 mein Streben, meinem
Baterlande Ofterreich durch Hebung feis
ner Literatur auf dem Gebiete der befie-
ren Jugendichrift zu dienen, um eine von
echtem PBatriotismus bejeelte Jugend heran⸗
bilden zu helfen. Als Mitarbeiter der „Deut.
ſchen Jugend“, der „Jugendblätter“ zc. zc. fu
tivierte ich das Gebiet der Erzählung aus Öfter-
reichd Volls⸗, Natur: und Kulturleben. In der
„Kollektion Prochaska“ — einer Sammlung
öfterreihifcher Prachtjugendſchriften für die reifere
Jugend der Mittelichulen — erjchienen bis jegt
6 Bände meiner Feder, die von Patrioten, ſo—
wie von der Tages: und pädag. Fachpreſſe ein-
ftimmig mit Beifall begrüßt wurden. Ein zweis
tes Genre auf dem Gebiete der Literatur, das
ich im Intereſſe meines Paterlandes Öfterreich
pflege, ift die Länder: und Völlerkunde. Als
langjähriger Mitarbeiter an alpinen Journalen,
als Verfaſſer der „Geroldfhen Rundreijes Führer”
in 20 Bändchen habe ich meinen Namen in Frei:
fen von Naturfreunden in weiter Runde befannt
gemacht. VBollftändige größere Werte meiner Fe
der find: Kollektion rocaste, I. Donaubort,
II. Ofterr. Sagen» und Märchenbuch, III. Dfterr.
Robinfon, IV. Unter dem Kaiferadler, V. Ofterr.
Seebud, VI. Letzte Ritter, Ob der Enns, Na:
tur:, Reife: und Lebensbilder aus Oberöfterreich,
Tourift auf der Donau.
3öller, Egon, geboren am 2. Dft.
1847 zu Schleiden i. d. Eifel, ftudierte
auf den techniſchen Hochſchulen zu Karls—
ruhe und Berlin. Derjelbe trat eifrig
für die Hebung des Standes der wifjen-
Ihaftlic gebildeten Techniker ein, wovon
eine Reihe größerer Auffäte in verjchiedenen Zeit:
ſchriften ſowie die Schrift „Die Bedeutung der
Technik und des technifchen Standes in der Kultur“
718
—.
Zolling.
(1884) Zeugnis ablegen. Mit der ſchwediſchen
Sprade und infolge mehrerer Reifen mit
den Schwedischen Berhältniffen vertraut, ver:
öffentlihte er über Schweden verfchiedene Aufs
fähe und gab 1882 das treffliche Werk heraus:
„Schweden, Land und Boll. Schilderungen aus
feiner Natur, feinem geiftigen und wirtfchaftlichen
Leben.“ Ganz befonders zogen ihn die hoch
bedeutenden Forſchungen der ſchwediſchen
Denker, namentlich Boftröms an. Au
einer Anzahl von Aufjägen in der Zeitjchrift
Philoſophie und philof. Kritik ift bier befonders
ein Werk „Über den Grund und das Ziel der
menſchlichen Entwidelung‘ (1883) hervorzuheben.
Seine Anteilnahme an wichtigen öffentlichen Fra⸗
en befundet auch das Schriftchen „Zur
Paftung des preußifchen Landtages" (1884).
Zolling, Theophil, zu Scafati bei
Neapel in Italien am 30. Dez. 1849 ge
boren, bejuchte das Gymnafium in Züri)
und bezog 1871 bie dortige Univerfität,
um dem Studium der Philofophie und Ges
ls ſchichte fich zu ergeben. Nachdem er bass
jelbe in Wien und Heidelberg fortgejegt,
wurde er 1875 in Berlin zum Dr. phil.
promoviert. Er war inzwilchen bereits
als Student literarifch, an mehreren Zeit-
ſchriften mitarbeitend, thätig gewejen und
wurde durch feine Erfolge bewogen, ganz
dem Schriftftellerberuf fi zu mwibmen.
Nachdem er privatim feine literatur: und
kunſtgeſchichtlichen Studien in Paris voll
endet hatte, übernahm er im Jahre 1881
die Redaktion der „Gegenwart“ und lebt
feither in diefer Stellung in Berlin. Außer
feiner fruchtbaren Wirkſamkeit als Kritiker
heben wir an jelbftändig erfchienenen Wer»
fen gebührend hervor: Die Jungfrau vom
Stuhl (tomifches Epos 1875), Neue Liebe (Dram.
mit Alph. Daudet, 1878), Reife um die Parifer
Melt (1882), Heinrih von Kleiſt in der Schweiz
(1882), Der Klati (Rom. 1887), Das Künftler-
dorf (Rom. 1888). zZ
Zoozmann, Richard
wurde am 13. März 1863 zu Berlin als
der Sohn eines Ob ef
geboren, verlebte einen Teil feiner Kin:
heit in Brandenburg a. $., um jet
Ihwächliche Gefundheit zu fräftigen um
befuchtedarauf von 1875 —81 das ouifene
Bichotfe.
.719
Zſchokte.
ſtädtiſche Real-Gymnaſium in Berlin. Nach nannt wurde. Im Jahre 1870 ernannte
Abfolvierung desjelben widmete er ſich
dem Bankfach, da jeine Verhältnifje ihm
nicht geftatteten, die akademiſche Laufbahn
zu betreten. Durd Emanuel Geibel u. U. er—
muntert, gab er ſich daneben der Schriftitellerei
bin und veröffentlichte, fiebzehnjährig, feine erften
Gedichte „Minneborn‘, die 1882 die mwohlver:
diente 2, Auflage erlebten. 1884 erſchienen feine
„Lieder, Romanzen und Balladen”, die von den
berufenften Arititern als das Erzeugnis eines
echten Poeten bezeichnet werben. Denfelben folgten
1886 die gleichfalls mit ungeteiltem Beifall auf:
genommenen „Neuen Dichtungen‘, diefen 1885
„Aus Herz und Welt“ (epifch-Iyriiche Ged.). No-
vellen und kritiſche Studien erfchienen außerdem
en Zeitjchriften.
choffe, Hermann, wurde am 16.
Juni 1838 zu Böhmiſch-Leipa geboren.
Nachdem er das Gymnafium feiner Vater:
ftadt im Jahre 1857 abjolviert hatte, trat
er in das fürfterzbiichöfliche Alumnat in
Wien ein und oblag den theologiichen
Studien an der k. k. Univerfität in Wien.
Im Jahre 1861 zum Priefter geweiht,
würde derjelbe zunächſt als Kooperator
an der Propftpfarrei zu Staa und im
folgenden Jahre in gleicher Eigenichaft
an der Pfarre am Hof in Wien beftellt.
1863 zum Doktor der Theologie promo-
viert, erhielt er die Miſſion, die Leitung
bes neu errichteten öfterreichifchen Pilger:
hauſes in Jerufalem zu übernehmen, wel-
ches Amt er von 1864—66 bekleidete. In
dieſe Zeit, in welcher er viele Reifen
durch ganz Baläftina, Eyrien (Libanon)
und Agypten unternahm, fällt auch der
Anfang jeiner literarifhen Thätigfeit.
Nach Wien zurüdgefehrt, wirkte er einige
Monate als Kooperator an der Vorftabt:
pfarre Lichtenthal in Wien, bis er 1867
als Ef. k. Hofcaplan in den Dienft der
k. £. Hoffapelle berufen wurde. Im fol
re Jahre übertrug man ihm die
upplierung der erledigten außerordent-
lichen Lehrkanzel der jemitifchen Sprachen
an der theologiihen Fakultät der Wiener
f. k. Univerfität, welchem Amte er mit
ſolchem Eifer oblag, daß er 1868 zum
außerord. Profeſſor dieſer Lehrfanzel er
ihn der Kaifer zum ordentl. Brofeflor des
altteftamentlihen Bibelftudiums dajelbft.
Seit diefer Zeit feßte er feine volle Kraft
für dieſes Studium ein und edierte meh—⸗
rere Werke. Die Ferienzeit benügte er
zumeift zu großen Reifen, um Land und
Leute kennen zu lernen, bejonders aber
auch, um in die Einrichtung der Univers
fitäten, Bibliothefen und namentlich der
theologischen Anjtalten einen gründlichen
Einblid zu erlangen. Seine Erfahruns
gen find in mehreren Reiſewerken ver:
wertet. Dieſe Verdienſte haben auch viel-
fache Anerkennung gefunden. Viermal hat
ihn die theologische Fakultät zum Dekan
gewählt. Im Jahre 1884 war 3. Rektor
der Wiener Univerfität, in welches Jahr
aud die Eröffnung des neuen Univers
fitätsgebäudes fiel. Im Jahre 1881
wurde er zum fürfterzb. geiftl. Rate in
Wien, 1882 zum biih. Konfiftorialrate
in Zeitmerig, 1884 zum fürfterzb. ons
fiftorialrate in Wien und Hausprälat Sr.
päpftl. Heiligkeit, 1883 zum E f. Regie
rungsrate und 1885 zum f. k. Hofrate er
nannt, für feine Verdienfte ums heilige
Land erhielt er 1884 das Komturfreuz
des Ordens vom heil. Grabe.
Bon feinen höchſt verdienftlihen Werten find
hervorzuheben: Das neuteft. Emmaus (1865),
Beiträge zur Topographie der weſtlichen Jors
dansau (1866), Führer dur das vi Land
(1868), Institutiones fundamentas linguas
arabicae (1869), und linguaearamaicae (1870),
Historia sacra Antiqui Testamenti (1872,
2. Aufl. 1884), Buch Job überfegt und erflärt
(1875), Religiöfe, foziale und häusliche Verhält«
niffe des Drientes unter dem Einflufie des Islam
(1876), Theologie der Propheten (1877), Reifes
bilder aus dem ſtandinaviſchen Norden, aus Finns
land und Rufland (1877, 78), Reifeerinneruns
gen aus Südfrankreich und Spanien (1879), Wien
und feine Umgebung (1880), Nah Nordamerika
und Canada (1881), Biographie des Dr. Georg
Schmibt (1882), Die bibfihhen Frauen des Alten
Teitamentes (1882), Das Weib im Alten Teftas
mente (1883), Konftantinopel (1884), liber die
Wichtigkeit der afiyriologiihen Forſchungen, inds
befondere für das alte, Bibelftudium (1884).
Außerdem zahlreihe Aufſätze in verichiedenen
wiſſenſchaftlichen Zeitſchriften.
Zvolenszky.
Zvolenszky, Alfred von (X. v. Zett),
1857 zu Budapeft in Ungarn als Sohn
eines Staatsbeamten geboren. Während
der Gymnafial-Studien hauptſächlich in
Geſchichte und Naturlehre fich vertiefend,
fam der ehr talentvolle Knabe in ſei—
nem 15. 2ebensjahre in die f. f. Ma-
rinesAfademie zu Fiume, beftimmt, fid)
dem Seeweſen zu widmen. Zwiſchen
den anftrengenden Studien der Akade—
mie fand er dennoch Zeit, der Muje
nachzuhängen, die ihren Ausdrud in vier
fen Gedichten fand, welche dann ſpäter
auch in verſchiedenen Zeitjchriften zur
BVeröffentlihung gelangten. Nach vier-
jährigen Studien als Seekadett aus der
Akademie ausgemuftert, fand der mehr
ernfter Zebensauffaffung hinneigende junge
Mann auf feinen ausgedehnten Reifen
im Orient, Nordafrifa und Südeuropa,
vorzüglich aber in Jtalien genügende Ger
legenheit jeinen Sehfreis zu erweitern.
Sn den Mufeftunden mit der Aneignung der
720
Zvolenszky.
modernen Sprachen und Literatur beſchäf⸗
tigend, gab er ſich emfiger literariſcher Arbeit
in, deren Ergebniffe in feinen umfangr
agebüchern Tiegen. Zum erften Male trat er
mit dem Werke „Im Karote, Touriftiihe Reife
ſtizzen“ vor die DOffentlichkeit. Dafjelbe wurde
von der Preffe allgemein anerfannt. Er wurde
nun Sorrefpondent der „Neuen Freien ——
und feuilletoniftiiher Mitarbeiter verſ ner
Blätter, worunter befonderd die „Zri Beis
tung” mit Vorliebe die aus feiner Feder ftam-
menden „Spaziergänge“ und „Plaubereien“
brachte. Immer aber behielt 3. mehr Neigung
zur 2yrif, die dann in dem Epos „Schön Anka,
eine Sage aus Oberkrain“ (1882), ihren Aus⸗
drud fand. Nach feinem 1884 wegen feiner Ber»
ehelihung erfolgten Austritte aus dem aftiven
Dienfte der Kriegsmarine, widmete ſich 2 ganz
der literariihen Arbeit. Mit feinen ber
„Neuen fr. Preffe” erfchienenen, damals gerechte
Aufmerkjamteit erre —* ten wurde
öſterreich Ungarn auf dem ſpeziell militär⸗mari⸗
timen Gebiete literariſch thätig, erſcheinen von
ihm außerdem noch alljährlich Novellen, ſo die
Novelle „Reſa“ und die Erzählung „Edelweiß.
Außerdem ift 3. durch Herausgabe einer Beis
tungs⸗ Korreſpondenz auch journaliftifh thätig.
721
General-Nachtrag.
Adler, Fr. v. d., ſ. E. F. Kaſtner.
Böttger, Heinrich, war nicht Biblio—
thekar, ſondern Bibliotheksrat.
Block, F. N,
1821 in Cochſtedt, Kr. Aſchersleben; nach
Beſuch der Rektorſchule daſelbſt für das
Gymnaſium, event. das Seminar vorbe—
reitet, trat er 1839 in das Weißenfelſer
Seminar als Schüler von Harniſch, Hent:
ſchel, Prange, Fuldaein; warvon1841— 44
Lehrer der Knaben-Oberklaſſe der Seminar:
ſchule und Hülfslehrer im Seminar und der
geb. den 23. Oktober
|
wann ſich durch eifernen Fleiß die Ge:
wogenheit des Gemeinderates, der ihn
‚zum Lehrer ausbilden ließ. Das geſchah
Präparandenanftalt daſelbſt; 1844—55 |
Nektor in Teuchern, 1855 —58 Neftor |
in Eölleda, wurde 1858 ohne fein Zus
thun nad) Merfeburg berufen als Nach—
folger Lübens, woſelbſt er als Rektor des
geſammten ftäbtiihen Schulweſens wirft.
Von feinen verdienftlihen Werfen heben wir
hervor: Erfahrungen und Winfe (gefrönte Preis:
fchrift 1862), Der Gefangunterrit in den Bür:
gerfchulen zu Merſeburg (1864), Leitfaden für
die Wurzelrechnungen (1865), 2ehrplan für die
zweite Bürgerfchule zu Merfeburg (1866), Der
Katechismusunterricht (1873), Spezialifierter Lehr:
plan für die erfte Bürgerichule zu Merfeburg (1873),
Einführung in die poetiſche Literatur bis Leſſing
(1878), Siteraturbilder aus der Blütenperiode der |
deutihen National-Literatur (1882), Gejchichte
Bere f — in anderen Fachzeitſchriften ꝛc.
des Schulweſens der Stadt Merſeburg (1885).
Ferner pädagogiſche Aufſätze in verſchiedenen Zeit—
ſchriften.
Bühlmann, Joſef, wurde am 6. Fe:
bruar 1837 in Rauswil (Kanton Zuzern)
geboren. Da jein Vater ein braver, ein:
faher Handwerker war, der die Familie
nur kümmerlich ernähren konnte, fo mußte
%of. früh Schon verdienen helfen. Nach
dem Echulbefuc kam er zu einem Bauern,
wo er in Feld und Flur arbeiten und
das Vieh hüten mußte. Danad) fegte er
einen nochmaligen Schulbefuh, diesmal
der Sekundarfchule daheim, durch und ger
Das literarifhe Deutichland.
auf dem Seminar zu Rothhaufen. 1854
wurde er proviforiich als Seminarlehrer
zu Hallbühl angeftellt, im folgenden Jahre
aber, nad bejtandenem Staatseramen,
an die Oberichule in Hochdorf befördert.
Danad) wirkte er in Neudorf und, nad)
1859 abgelegtem Sefundarlehrereramen,
in gell, Schüpfheim und in Luzern. Hier
begann er auch feine jchriftitellerifche Thätigkeit
und zwar, im Auftrag des Erziehungsrates des
Kantons Luzern, mit * Ausarbeitung von Leſe—⸗
büchern, die obligatorifch wurden und eine große
Zahl von neuen veränd. Auflagen erlebten. B.
bemühte fich dann befonders, Fröbelſche Kinder»
gärten einzuführen, zu welchem Zweck er das
treffliche Büchlein „Friedrich Fröbel und der
Kindergarten‘ (1871) veröffentlidte. Als eine
Frucht vieler Ferienreifen erfhien dann „Eine
Schulreife in Deutichland‘ (1873), ein Bud, das
ein gewiſſes Auffehen erregte und weite Ber:
breitung fand. Ferner find zu erwähnen: Zur
Gründung einer Mittelihule (1872), Die Zwing:
herren (1877), Der Handarbeitsunterriht für
Knaben (1884); vornehmlich aber gilt B.'s lite:
rarifche Thätigfeit der von ihm 1881 begründeten
vortrefflihen päd. Zeitfchrift „Die Praxis der
ſchweizeriſchen Volks: und Mittelfchule‘ (bis jetzt
ca. 6 Bände). Außerdem zahlreiche Abhandlungen
Ehrijtel, Franz, geboren am 9. März
1865 in Mähr.-Dftrau, ftudierte Litera-
tur, Philoſophie und moderne Philologie
an der Univerfität zu Wien und lebt
gegenwärtig dafelbjt, ſchriftſtelleriſch und
als Sekretär des Grillparzer:Literatur:
Vereins thätig. Merfe: Junge Neifer (Ged.
1885), Auf bunten Schwingen (Geb. 1887).
Coſta-Roſetti, ſ. Roſetti vorn.
Diehl, Peter, geboren am 3. Oktober
1831 zu Medenbach im Dillkreis (Re:
gierungsbezirf Wiesbaden), beſuchte zur
46
Vorbereitung auf den Lehrerberuf die
Seminare zu Idſtein und Ufingen (1849
bis 1852), war dann als Lehrer in Stadt
und Gebiet Frankfurt a. M. thätig, von
1867 — 74 als Leiter eines LZehrerjeiminars |
für die deutichen Kolonien in Südrußland |
zu Großliebenthal bei Odeſſa, kehrte 1874 |
in bie Heimat zurüd und ift zur Zeit
Lehrer an der Humboldtichule zu Frank:
furt a. M. Im Drud erſchien von ihm, außer
Auflägen in verſchiedenen wiſſenſchaftlichen und
Zeitſchriften für die Jugend: Schapfäftlein für
die Jugend, Naturbilder, Tierbilder, Scherz und
Ernſt, Erzählungen aus dem Kinderleben, jomwie
mehrere meihodilihe Beitjchriften.
Dittmar, Franz, am 29. März 1857
in Schauenftein (bair. Vogtl.) geboren,
wurde Lehrer, ftudierte alte und neuere,
Spraden und befonders bie Literatur
ſchätze der Kulturvölker. Mit befonderer
Liebe wibmete er ſich aud) dem Studium
der Jugenbliteratur; auf dieſem Gebiete
erichienen bis jegt die ſehr günftig be-
urteilten Werke: Ein deuticher Knabe (1880),
Aus der Jugendzeit.
(1886), Schuß den Tieren. Sinnſprüche (1877).
Esmarch, Joh. Friedr. Aug. von,
ftatt: Esmard).
Faruer, Ulrih, vermählte ſich mit
Bertha A. Böclin (nicht Bäblein).
Freusdorff, Emil, wurde am 2. Ja:
nuar 1818 in Hannover geboren, jtus |
bierte hauptſächlich Philofophie und Lite:
ratur in Straßburg, Paris und Brüflel,
madte fein Eramen vor der belgischen
Jury in Brüffel zuerjt (1842) als Kan:
didat, dann (1843), als Doktor der Phi:
fofophie und Literatur. Er wendete fi)
bald der Vubliziftif zu und ſchrieb Fran:
zöfifch über deutſche Literatur in der
122
Gedichte für Kinderwelt
| Angelegenheiten mehrerer in und aus-
ländifcher Zeitungen und Zeitichriften be-
Ihäftigt war und noch jet thätig ift.
Hauptmwerfe: Del’Allemagne moderne (1847),
Zamartine (deutih 1848), Jofeph von Radowitz
(1850), Materialien zur Gefchichte der Negent-
Ichaft in Preußen (anonym 1859).
Fruwirth, Karl, ftatt: Fruhwirth, v.
Griſebach, Eduard (jtatt: Grieſe—
bach, v.), verfaßte eine Deutiche Literatur feit
1770 (nit 1870— 71).
‚Heller, Seligmann, geboren am 8.
Juli 1831 in Raudnig (Böhmen), wid:
mete ſich nad) abjolviertem Prager Gym: -
nafium dem Studium der Vhilofophie und
Geſchichte, trieb aber daneben auch eifrig
rechtswiſſenſchaftliche Studien an der Uni-
verfität zu Wien. Eine fortwährend fich
fteigernde Kränklichkeit zwang ihn, ſich in
ein ftilles Privatleben zurüdzuziehen. Er
begann num zu dichten und zu fingen und
(ebte bei feinen angefehenen Eltern in
Leitmerig. Nah dem Tode feines Va:
ters feßte er noch einige Jahre deſſen
Geſchäfte fort. Im Jahre 1863 verhei—
ratete er ſich, doch fo unglücklich, daß die
Ehe nad) einigen trüben Jahren, in denen
auch die Sorge um das täglide Brod
nicht ferne blieb, wieder gelöſt werben
mußte. H. zog dann nad) Prag als Lehrer
der deutichen Sprache und Literatur, be—
ſchäftigte fi) daneben auch ſchriftſtelleriſch,
bis ihm die Gelegenheit zu befferem Aus:
fommen in Wien ſich bot. Dort lebt er
noch jegt als Schriftfteller (hauptſächlich
Seuiletonift) und Profeflor an der Han:
' delsafademie.
Literariſch bat ſich H. beſonders durch feine
tiefe und formſchöne Dichtung — (2.
Aufl. 1868) bekannt gemadt. Außerdem ber:
„Revue de Liege”, fpäter unter Leitung | vorzubeben: Die letzten Yasmonäer (Dram. 1865),
des liberalen Staatsminifters P. Devaur
in der „Revue Nationale“. Im Jahre
1847 begab er fi als Berichterftatter
bes liberalen „Brüfleler Obfervateur“
über den Vereinigten Landtag nad) Ber:
lin, wo er feitdem als Mitarbeiter na-
mentlich für die Beiprehung auswärtiger
Gedichte (1872).
Henkel, Friederike, wurde in Berlin
am 25. Dezember 1826 geboren, empfing
ihre Erziehung im Haufe der Eltern und
in einem guten Inftitut zu Kaſſel, wohin
ihre Familie übergefiedelt war. In ihrem
24. Jahre verheiratete fie fih mit dem
nachmaligen Hofrat 9. in Bern, nad
deſſen 1872 erfolgtem Tode fie zunädjt
nah Eiſenach, fpäter wieder nad) Kaſſel
zog. Unter ihren, von der Kritik fehr
günftig beurteilten jelbftändigen Werfen
heben wir hervor: Aus Langeweile (Nom.),
Der Liebe Licht und Schatten (Rom.), Die
Herren von Ibichſtein (Rom.), Wenn Frauen
bafien (Rom.), Die Stiefichweitern (Rom.).
Kaftner, Eduard Fedor (Friebr. v.
d. Adler), geboren am 6. Januar 1859
zu Neudorf a. der wilden Adler (Deutſch—
Böhmen), beſuchte die Volksſchule feines
Heimatsdorfes und die Kremfier Unter:
gymnaſialklaſſen. Von Kremfier ging er
nad Braunau i. B. an das Obergym:
nafium, und als er durch den Tod feines
Bruders P. Pius in Wiſchau den Haupt:
unterftüger verlor, entichloß er fi, dem
Lehrfache ſich zuzumenden.
die f. k. deutiche Lehrerbildungsanftalt
in Olmütz, diente als Unterlehrer in den
Städten Yechnig (4 Jahre), Weſeritz
(1 Jahr), Marienbad (2 Jahre), derzeit
in Reichenberg. In Olmüt regte der Schrift
leiter Hudeczet K. zu poetiſchen Arbeiten an und
veröffentlichte er im „Salonblatt“ mehrere Ge:
dichte. Derzeit iſt er Mitarbeiter vieler hervor:
ragender belletriftiicher Fach- und Tageöblätter.
Pädagogik, Literaturgefchichte, Kunftkritif, Äſthetik
werden vornehmlichit von ihm gepflegt. Bisher
erfchienen von ihm: „Alte Weifen‘‘ (ed. 1885),
Erziehungsfünden (1886), Literariſche Plaude—
reien (1886), Die deutihe Sprahe und die
Fremdwörter (1887), An und aus Marienbad
(Streitfchriften, Gedichte, Satyren u. f. w. 1887),
„Bon der Heerftraße des Lebens“ (Erfahrungs:
und Erfenntnisfäße 1888).
Keller, Sophie von, ſ. M. v. Stein:
feller, v.
Marius, Emanuel, |. Joſ. Schmidt, v.
Mayer, K. A., it noch Verf. des
trefflihen Werkes: Neapel und die Neapoli:
taner (1840— 41).
Moszkowski, Alerander, geboren
am 15. Januar 1851 in Bilica (Ruf:
fisch Polen), genoß in Breslau und Dres:
123
Er bejuchte |
als Student in Berlin, fpäter in Heidel—
berg, trat M. vielfad als Humorift an
die Offentlichkeit und errang manch hüb—
ſchen Erfolg, wodurd er zur Aufgabe
‚feiner afademiichen Pläne bewogen wurbe.
Gleich feinem Bruder, dem befannten
Komponijten, befaß er auch mufifalifches
Talent, wenn auch nicht in dem hohen
Maße wie jener; er betrieb deshalb eifrig
muftfaliiche Studien und publizierte viele
mufiffritiiche Artikel in Zeitungen, noch
bejonders angeregt durch die Künftler:
‚freife, welche feines Bruders Einfluß
ihm erichloß. Außerdem beichäftigte er
ſich mit politiihen Satiren, was *
Eintritt in die Redaktion der „Berliner
Wespen“ zur Folge hatte. Seit 1886
redigiert er in Gemeinſchaft mit P. v.
Schönthan das Witzblatt, Luſtige Blätter”.
Von ſelbſtändig erſchienenen Werfen find ber:
vorzuheben: Anton Notenqueticher (fat. Gedicht,
4, Aufl.), Poetiſche Mufitgefhichte (2. Auft.),
Schulze und Müller im Ring der Nibelungen,
Marinierte Zeitgeſchiche, Dad Schweigegeld
'(Schaufp., mit R. Nathanfon).
Pindikowski, Dttilie (O. Rakowski),
wurde am 29. Januar 1848 in Pr.-Eylau
geboren, war nad) bejtandenem Lehrerin:
Examen für höhere Töchterfchulen Gou—
‚vernante in Weftfalen, fpäter in Ungarn
‚und lebt jet in Königsberg i. Pr. Sie hat
| einige Novellen und einen Roman „Eva“ verfaßt,
die als von inniger Empfindung Zeugnis ablegend
beurteilt wurden.
|
Rakowski, D., |. Ottilie Pindikowski.
SEchlauch von Linden, Alexandrine,
wurde im Jahre 1866 zu Brailo in Au:
mänien geboren. Dem unftäten Wanber-
geifte des Waters zufolge, wechſelte die
Familie rajch hintereinander den Wohn:
ort, überfiedelte von Brailo nad) Bukareſt,
von da nad) Wien und dann wieder nach
dem türkischen Rouftichauf, wo Alerandrine
ihren erften Unterricht empfing. Der
freundfchaftliche Antrag eines Onkels ent-
zog fie fehr bald den forglojen Wander:
den feine Gymnaftalbildung, um mathe: | zügen ihres Vaters und brachte fie in das
matischen Studien fich hinzugeben. Schon | Notre-Dames de Marie-Hlofter zu Te:
— 724 und
mesvar. Nah vier Jahren vertaufchte |
fie diefes Inftitut mit dem Stifte der
engliichen Damen in Bufareft, wohin aud)
ihre Eltern abermals überfiedelt waren.
Nach weiteren zwei Jahren war ihre
Schulbildung vollendet, und vierzehnjährig
fehrte fie in das Elternhaus zurück. Ein
Fahr darauf überfiedelten die Eltern aber:
mals nah Wien, doch nur, um es einige
Monate ſpäter mit Preßburgzuvertaufchen,
wo Aerandrine mit ihrer Mutter fid) |
„ſeßhaft“ machte, während ihr Vater bald |
darauf nad) Hamburg und von dort nad)
Amerika auswanderte. Ein eingezogenes
jtilles Leben führend, hatte Alerandrine |
Muße genug, ihre lüdenhafte Bildung
dur das Studium guter Bücher zu ver:
vollftändigen. Mit 16 Jahren verlobte
fie fih und in diefe Zeit fänt ihre erſte
Ichriftftelerifhe Arbeit „Aglaä und Florika“
(Nov.), die vielen Beifull fand. Von nun an
dichtete fie emfig weiter, trog mancherlei Trübfal,
das über fie hereinbrad und mit der Auflöfung
ihrer Verlobung endete. Von ihren poetilchen
Arbeiten, die vielfach ein humoriſtiſches Talent
bekunden, heben wir hervor: „Auf Brautſchau
(Luſtſp.), Iwana (Rom.), Familie Herberſtein
(Humoreske), Mein Todter (Skizze) und ver—
—— kleinere Novellen und Feuilletons.
Simſon, Arthur Eugen, geboren zu
Groß-Glogau an der Oder den 24. April
‚ich mich Hiftoriichen, Elaffit
XXXII —
1855 als Eohn des (1885) verftorbenen
Königl. Kreisgerichts-Sekretärs Auguft
Eduard S. Ach befuchte das St. Matthias-
Gymnaſium zu Breslau, beitand das
Abiturienten-Eramen 1877 mit Auszeich—
‚nung, bezog darauf die Univerfität zu
Breslau, um Philologie y ftudieren, wo
ch-philologiſchen
und literar-hiſtoriſchen Studien widmete,
insbeſondere aber auch von Anfang an
die Philoſophie, reſp. die Schönen Willen:
haften als mein Special-Studium mit
Vorliebe umfaßte. Durch die Vorlejungen
und Uebungen der Profeſſoren Dr. Hertz,
Meinhold, Roepell, Junkmann 2c. empfing
ih die reichſte willenschaftlihe Anregung
‚und Förderung. Es gelang mir alsdann
eine Bearbeitung der für das Jahr
1879/80 von der Breslauer Univerfität
geſiellten philoſophiſchen Preisaufgabe
einzureichen, der der Preis zuerkannt
wurde und den Titel trägt: „Die Koncep—
‚tion der Ideenlehre im Phaedrus bildet den ein:
heitlihden Grundgedanken dieſes Dialoges und
liefert den Schlüfjel zum Verſtändnis der Pla:
toniſchen Ideenlehre überhaupt.“ Kränklichkeit
verhinderte mich, ein beftimmtes Fach zu
ergreifen und lebe ich als Schriftfteller und
Mitarbeiter bei verfchiedenen belletriftiichen und
politiihen Blättern fowie auch pbilofophiichen
Zeitſchriften.
Inhaltsverzeichnis.
N Seite IE
REN „ UL:
L
RE EEE nennen ara erer „Li.
II. — — eraanasasenerrepee iaee ‚ 31.
III. — BER . . . . ........................ ...... ...... „406.
IV. TER NEE] u anne ee u:
DEE Die Nachträge zu beachten. ER
Alle Rechte vorbehalten.
* oh
i a‘s
alt ! —* J
— *
(9 Nr)
BVZ Key; ;
aan
AH, Sr
BP NT) “ N
©)
5 K A I,
i EN Wr
3 seo
ac) \.
— Snjerat: Anhang. —
Bug” Zur Beachtung! eg
Alle im „Literarischen Deutschland‘ vertretenen verehrten Kollegen und Kolle-
ginnen bitte ich ergebenst um freundliche Unterstützung bei der Vollendung meines
schwierigen Werkes.
Ich versandte ein Rundschreiben, in dem es u. a. heißt:
„Ganz zutreffend haben verehrte Kollegen mir bemerkt, dass noch mancher Ritter
vom Geiste Anspruch hat auf einen Platz im „Literarischen Deutschland“ (siehe auch
Frohschammers Kritik). Eine Anzahl dieser Vermissten hat sich bereits auf Grund
meines Vorwortes im „L. D.“ eingestellt, nachdem der Wert meines Werkes und seine
Wichtigkeit für unsere Literaturgeschichte allgemein und insbesondere von der unver-
dächtigen und urteilsfähigen Kritik anerkannt worden“ etc. etc.
Und: „So schicke ich denn dieses Rundschreiben an alle diejenigen, welche lite-
rarisch sich bemerkbar gemacht haben und in diesem Buche bisher keine Stätte fanden.
Ich bin der Zuversicht, dass nunmehr kein Einziger — gleichviel, welches Feld
des Schrifttums er beackert — ausbleiben wird, so dass ich mit Schluss dieses
II. (zugleich Supplement-) Bandes die deutsche egenwart-Literatur nach jeder
Richtung erschöpfend zur Darstellung brachte und mir später nur erübrigt, in längeren
Zeiträumen die eingetretenen Veränderungen und Ergänzungen in Personalien und
Schriften der Autoren, sowie „das neue Werden“ durch Nachträge zu dem „Litera-
rischen Deutschland“ bekannt zu geben. Ich bitte... .* ete. ete.
Und: „Eine kritische Auslassung in den Biographien kann ich nur nach gef.
Unterbreitung der betr. Schriften, resp. von Rezensionen namhafter Kritiker (bei Fach-
zeitschriften bevorzugt) geben* ete. — — — — — — — — — — — — — — —
Höflichst ersuche ich um kollegialische Bekanntmachung dieses Aufrufes
an entsprechender Stelle. Ebenso bitte ich um gütige Notizen über alle Verände-
gen und Ergänzungen in Personalien und Schriften der Autoren, auch ohne aus-
drückliche Aufforderung meinerseits, zu den jährlichen Nachträgen.
Ich wiederhole an dieser Stelle, dass ich für jeden Wink zur Verbesserung oder
Vervollkommnung dieses Werkes herzlich dankbar sein werde.
Charlottenburg bei Berlin.
Adolf Hinrichsen.
oo Jet
Hierdurch wird zugleich die Subscription eröffnet auf:
Band II. ‚Das literarische Deutschland“
von Adolf Hinrichsen.
Subseriptionspreis geb. (mit Angabe der Farbe: blau, rot,
braun) 5 Mark (nach Erscheinen 6 Mark).
Nachtrag pro Jahr.
Abonnem. broch. 1 Mark 50 Pf. (zu 3 Jahrgängen ein Einband à 1 Mark).
—e
Subseriptionserklärung mit Betrag durch Postanweisung, worüber quittiert
wird, an Adolf Hinrichsen, Charlottenburg, Berlinerstr. 135, zu richten.
Nssesesesosesesesesesesese
Die im Berlage von Dtto Hendel in Halle
R.G. Bntrich's Literari itut. || °,&, srföeinende |
Anti erarisches Ist. | ge der Gerammliterater
Sämmtliche literarifchen Erzeugnifie, bejonders bietet das Beſte der in» und ausländiichen
Romane, Novellen ze. für Zeitungsabdrud Literatur in guter Austattung zu mög-
und Buchverlag, auch bereits in Zeitichriften lihft geringem Preif. Jede
oder Zeitungen gedrudte Werke werden angefauft Nummer Foftet 25 Bf.
oder deren Verwertung ſehr vorteilhaft und ſchnell Jedes eimzelm fäufliche Bändchen ift mit
hält jeit vielen Jahren die beiten und audge: verſehen.
dehnteſten Verbiudnugen mit erſten Au— Vollständiges Verzeichniss
toren u. Verlegern. Brima Referenzen. gratis und franko.
ZI BTTIZRITITRREME
. .. . . — — — ®
Die Perjönlichfeit Jeſu Chriſti.
Mit befonderer Rüdjicht auf die Mythologien und Myfterien der alten Völker von
Dr. Emanuel Marius.*)
Zweite unveränderte Auflage. Preis 6 Mark.
Verlag von Richard Eckstein Nachfolger.
(Hammer & Runge.)
Berlin SW., Friedrid» Straße 214.
*) ſ. Joſ. Schmidt Ste. 562.
Für Lehrer und Geiftlide.
Im Verlage von Carl Meyer (G. Prior) in Hannover find erihienen und
durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Katechetiſche Entwürfe
4. Auflage in Vorbereitung. 3 Hefte a2 ME, und
— — Bolfsichulfunde ——
1. Teil: Die äußeren Berbältniffe (audı das Schulhaus). 2. Teil: Die Erziehung.
3. Zeil: Der Unterricht. 2. erweiterte Aufl. des vollftänd. Lehrplans. Preis 7 Marf.
Beide Werle verfaßt von
Hermann Mchliss,*)
Superint. und Kreis-Schulinſp. in Baflum.
Selten wohl haben Bücher fo allgemeine Anerkennung gefunden wie Dicje.
Von dem erften Werke jagen 3. B. die fonfervativen „Paftoralblätter”: „Die
80 Entwürfe find SO Meifter- und Muſterſtücke“, während der liberale
„Pädagog. Jahresbericht” äußert: „Eine ganz vortreffliche Anleitung zu einer an:
jiehenden und fruchtbaren Behandlung des fleinen Katehismus in Schule und
Kirche. In methodiicher Beziehung wüßten wir diefem aus rein kirchl. Bewußtſein
heraus verfaßten Wegweifer nur wenige Religionsbücher als gleich wertvoll an
die Seite zu Stellen.“
Mas das zweite Werk anlangt, fo faßt der Geh. Prov.-Schulrat Spieler
in Hannover alle Rezenfionen zufammen in den Worten: „Das Bud ift von
eminent praftiiher Bedeutung.“
*) |, Ste. 392.
Alle noch in meinen Händen befindlichen Necenfionen jende ich den freundlichen Ein:
jendern auf Wunſch gerne zurüd.
Adelf Hinrichsen.
Geſammelte Dichtungen
J. Schumann.‘)
Goslar (Ludw. Koch).
Eleg. geb. 3,50 Mk., broch. 2,50 Mt.
„Unter d. Schale d. ſchlichten Titels
birgt fih eine Fülle föftliher Perlen.“ |
(„Quellmwaffer.“) — „Gerade in jeßiger
Zeit — — gilt es das Gelungene Her:
auszuheben.“” („Deutſch. Littbltt.“)
*) 1. Ste. 588. EEE
Jedem Dichter und Literaturfreunde unent:
bebrlich ift die
Deutſche Poetik.
Theoretiſch-praktiſches
Handbuch der deutſchen Dichtkunſt
von Prof, Dr. C. Beyer.
Lieferungsausgabe 15 Mark (5 Liefer. a 3 Marf).
Stuttgart, G. J. Göſchen' ſche Verlagshandlung.
Die Kritik nennt das Werk einſtimmig eine
phänomenale Erſcheinung, den Beginn einer
neuen Ara in der deutſchen Dicht: und Vers—
kunſt 2c. 2c.
In Kommilfion bei Th. Knaur in Leipzig
find erſchienen:
Plattdütſche Ladpillen
von
w. Täpper*) in Bodum.
1. Band, 2. Auflage, 192 Seiten brodh. 1,50 ME.,
eleg. geb. 2,50 ME.
2. Band, 1. Auflage, 192 Seiten broch. 1,50 ME,
eleg. geb. 2,50 ME.
Über Täpper's „Lachpillen“ herriht in der
Preſſe, darunter Kölnische, Rheiniſch-Weſtfäliſche,
Rhein: und Ruhr: und Dortmunder Zeitung nur
eine Stimme des allgemeinen Beifalls.
Die „Erefelder Zeitung‘ ſchreibt: „Der derbe,
gefunde Humor, der in diejen Iuftigen „Reime:
reien‘ ſprudelt, ift überaus föftlih. Der Dichter
Emil Rittershaus jpricht feine Freude über die:
jelben aus.
Prof. Dr. Landois in Münfter jchreibt:
„Ihre „Lachpillen“ haben mir außerordent:-
lies Vergnügen bereitet.”
Bon W. Täpper in Bochum find direft zu
beziehen: 1) Lieder für deuntſche Feuerwehr
fameraden. 128 S. Geb. 50 Pf. Bereits
6000 Eremplare abgejegt. 2) Hochzeitslieder.
16 Seiten. 20 Bf. Allgemein beliebt.
*) Täpper |. Ste. 639.
Im Berlage der Album-Stiftung (Carl Hinftorff’s Derlag) erſchie—
nen ferner im jahre 1887 folgende Werke:
Nob. Waldmüller, Das Geheimnih. Doppelnovelle.
geh. 4,50 Marf.
Adoif Hinrichſen, De Evers.
&: v. Seydlitz, Nordiſche Reiſeſtizzen.
riedrich Gehler, Der Röhrle von Häfner⸗Neuhauſen.
Eleg. geh. 2,50 Mark.
A. v. R.
Eleg. geh. 4,50 Mark.
Fr. Marquardt, Friedrih II der Große.
5. Taufend. Eleg. geb. 3 Mark.
E. v. Breidenbakh, Sibylla’8 Traum und Anderes.
Mit Jluftrationen.
Eleg. geh. 4,50 Mark.
. U. Fedderſen, Rüm Hart.
ecile Gräfin Keyierling -Rantenburg, Wahres und GErträumtes,
Eleg. geb.
vellen und Skizzen.
Paul Lanzky, Erlöft vom Leid.
Enberg (Frau von Gottberg),
2. Auflage. Eleg.
Roman. 2. Aufl. Cleg. geh. 3 Marf.
2. Aufl. Eleg. geh. 3 Marf.
Humoriftiihes Epos.
Bas zum Ziele führt. Roman.
Ein Büchlein fürs deutfche Volk.
Novelle und Skizzen.
Nordfriefiiche Gedichte. leg. geh. 2 Marl.
No:
Eleg. geb. 1,50 Marf.
3 Marf,
Peſſimiſtiſche Novelle.
Carola von Schirnding, Norddeutiher Sagenkreis. leg. geb. 3 Mark
Alex von Degen, Die Edinghaujens.
Eleg. geh. 4 Mart.
Zeitroman aus unjern Adelstreifen.
BP. Macerl, Gentianen aus Steyermarf. leg. geb. 1 Mark.
Frida dv. Kronoff, Narziß. Eleg. geh. 1,50 Marf.
Marz Blum, Bom Felde der Liche. leg. geb. 1 Mark.
Anna Rumpff, Tebenöblätter.
Eleg. geh. 3,50 Marf.
Adelbert E. Seisinger (Adelb. Jung), Höhen und Tiefen des Lebens,
Eleg. geh. 2 Marf.
Ida Grah, Das Gedenfbuh. leg. geb. 3 Mark, fart. 3,25 Mark.
2. Rafael (Kieſekamp), Was der
Hand Buchwald, Herzensräthſel.
Sturm fang. leg. geh. 2 Marf.
Novellen. leg. geh. 2 Marf.
WER Bei eleg. gebundenen Eremplaren wird für den Einband 1 Mark gerechnet.
Durd alle Buchhandlungen zu beziehen.
Mit der Vollendung meines Literatur—
Seniationell ! Bei Gejchichte der deutſchen
Lyrik beſchäftigt, bitte ich alle verehrten
Dichter und Dichterinnen, weldhe auf dem
Gebiete der Lyrik hervorgetreten find, um
freundl. Einfendung folder Gedichte, auf
welche fie ſelbſt bejonderen Wert legen,
‚und biographiicher Notizen. Für Zulen
‚dung von Buchausgaben, Anthologien,
Photographien zu ev. Benugung von Por⸗
trättafeln würde ich beſonders dankbar fein.
' Wernigerode am Harz.
| H. Kichne,
Soeben erichienen:
4. YUuflage.
Motto: Um das Rhinozeros zu feh'n,
Beſchloß ich auszugeh'n.
Gellert.
Satiren | Mn N F
für Deutſche. — —— SDR
ES 7
[& mr
Miniaturzeitfhrift für deutſche Dichtung.
Von Unter Mitwirkung bervorragenditer Dichter und
Dichterinnen.
Adolf Hinrichsen. —— in Lichtdruck; Novellen, Gedichte,
biographiſche und literaturgeſchichtliche Eſſays,
Anonym erſchienen.) äſthetiſche Plaudereien. Beſondere Pflege der Lyrik.
Das „Hausbuch“ öffnet ſich auch bereitwilligſt
jungen Talenten.
Eleg. karton. 1 Mark. Beſtellungen bei allen Buchhandlungen und
Poſtanſtalten, auch unmittelbar beim Verlag
des „Hausbuch“.
Beſtellpreis 3 Mark pro Halbjahr.
Verlag des „Hausbuch“. Wernigerode a. H.
In allen Buchhandlungen.
— Juſerate
für den II. Band des „Literariſchen Deutſchlands“
erbitte ich direft.
InferatsPreis für d. 2.8. pro Seite Mark 30; Y/g Seite Marf 16; 1,, Seite
Mart 9; Seite Mark 5; praenumerando zahlbar.
Adolf Hinrichsen.
Charlottenburg.
a EIER — — — — — —
— — — — — — — ————— — —
Die Movelle
im neunzehnten Jahrhundert.
Ihre Gefchichte, ihre Dertreter und deren Werfe in ihrer Eigenart.
Hu diefer von mir längft geplanten, nun in Angriff genommenen Arbeit
erbitte ich höflichit die Unterftüsung aller deutfhen Hovelliften. Ich er-
fuche um freundliche Zufendung Ihrer Werfe und werde Ihnen für einige be:
gleitende, mich auf Befonderes und Eigenartiges hinlenfende Notizen zu größtem
Danfe verpflichtet fein.
Charlottenburg b. Berlin, Adolf Hinrichſen.
Berlinerftraße 155.
- —— * dr ln ) Allen Freunden der furifchen Herzogs:
rlin und Roftod. Berlag der Album: Stiftung. ih: Ru TIER
1881. 52 ©. Unter dem Titel „Alpenblumen * | geſchichte empfehlen wir die hiſtoriſchen
Steiermarf“ hat Dr. P. Mader! unlängſt eine Werke von Dorn-Dufeaur*):
Sammlung von Gedichten geiftlihenund weltlihen Ein Schwedenkind. (Zeit: Herzog
Inhalts veröffentlicht, deren edler Inhalt und Form: Jacob Kettler )
ſchönheit den Leſer geradezu entzüden. Wir ftehen | Die Aehtissin v F Herf FR
nicht en, auch den „Gentianen“ dasielbe Lob aus; | PIE Aebllssin von He ord. (Zeit:
zufprechen. Die Gedichte find gleichfalls geiftlichen Caſimir Kettler.)
und weltlichen \nhalts. Sehr Iehrreih find die Um eine Herzogskrone. (Zeit: Herzog
„Sprüde”. (a an reiner Mufe Freude findet, | Biron
dem iſt das ſchön ausgeftattete Büchlein herzlich r TR
zu empfehlen. „Ofterr. Liter. Centralbl.“ Alice. Baltiſche Novelle.
*) ſ. Ste. 378. *) f, Ste. 319.
I
a neupertin Plauent 5 Deutscher Communal-Anzeiger. ui.
Zeugniſſe und Protefte. | zemaitung fowie für Anfündigungen in Com
Sefemmelte Auffäge über tragifäe Auut Meilen weit verheett; zug. don
Prof. Dr. Georg Günther‘) . |mıgt Werteljihel, wur 80 Me
Erſte Reihe. Redaktion: M. Ueberſchaer,
ca. 10 Bogen groß 8%. Preis 2 Mart. S;ymanomwo b. Rawitſch,
„Die peſſimiſtiſche Afthetit, die Hand in Hand Verlag: 9. Kaisler, Filehne.
mit der — Mode des — — iſt | s F —
eine der jüngſten philoſophiſchen Errungenſchaften, D h
die — 2 Pass * ſchwer —*8 | ic > onntags ru b.
Anſebens der Philofophie beigetragen hat. Gegen | Illuſtriert. Familienblatt für Stadt
dieje peſſimiſtiſche Aithetif find die oben genannten, | ” und Sand.
mit meifterhafter Dialeftit geſchriebenen Aufläge | a u se: Dear
über tragifche Kunſt vornehmlich) ur 75 re der fünigl. Regierung ge Danzig een
renzboten."” |zahlreihen Kritikern, wie Ferdinand Schmidt, Hildebrandt
Er tz EStirehlen u. A., ſowie von vielen Preßſtimmen warm em—
„Alle Freunde der Kunſt und beſonders die pfohlen. Der unterzeichnete Redalteur bittet zur —5*
te
Künſtler ſelbſt müſſen den Grundſätzen, welche in ftelung der Auflage ver neuen Folge um baldige dire
diefen „Zeugni u Br ten“ mit eb Beitellungen. Das Blatt wird Bereindorgan werben bes
„Zeugniffen und Protefte it ebenfo — ‚„Bereind zur Förderung bes Boltewohle““ — (Zwech:
großer Klarheit als Entſchiedenheit ausgeſprochen Verdraͤngung ber ſKolportage⸗Literatur, Förderung ber
werden, aus voller Seele zuftimmen. Sie zu leſen Boltöinterefien nad jeder Richtung bin). Alle Volts
fann daber auch nicht dringend genug empfohlen | freunde werden zum Weitritt, veip. zur Begründung von
werden.” „Wiener Alto. Kunit:Chronif.” Zweigvereinen aufgefordert und wollen fid) wenden an
— Syumanowo b. Rawitih, M. Ueberschaer,
*) ſ. Ste. 207. Erfter Lehrer an b. ev. Schule,
Im Verlage der Voſſiſchen Buchhandlung (Striffer), Berlin, eridien:
„Sata Morgana.‘ Märchen von Sophie von Keller.*)
2. Auflage. Breis in eleganter Ausitattung 2 Mark.
„Ein duftiges poetiſches Gebilde, eine Kata Morgana der Vhantafie . . . . es eignet
fid) mit den pocjievollen Naturfcjilderungen, den fein empfundenen Seelenftimmungen
im Gewande des Märchens ganz befonders für junge Mädchen.“
„Rorddeutiche Allgem. Zeitung.”
mr... reizende Märchen‘ „Grüß Gott!” i
F mehr noch für —** Frauen als für Kinder geeignet. In den meiſten
derſelben liegt ein tiefer Sinn, der dem Kinde wohl noch nicht verſtändlich, welcher aber
im reiferen Alter die eigene Erinnerung an Lebenserfahrungen, an dahin—
geſchwundene lichthelle Tage wieder wach rufen und dadurch Stunden der Gegenwart
verfhönen helfen wird. „Boit.“
Yon Sophie von Keller eiſchien ferner :
„Um heimifchen Strand.”
Verlag von 9. Riefel & Co., Hagen a. W. Preis 2 Marf.
„Eine anziehende, in hriftlidem, warmem und lebensvollem Geiste geichriebene
romanhafte Erzählung, der wir die weitelte Verbreitung wünſchen. „Grüß Gott!“
. . . . eine liebliche Idylle mit hübfchen Schilderungen der heimifchen Landſchaft und
der Charattere, von natürlicher Zebensmwahrheit.“
„Deutihe Hausfrauenzeitung.“
Karl Gerok jhreibt der Verfaflerin:
he die Versicherung, dass Sie mich mit dieser freundlichen Gabe herzlich
erfreut haben, dass ich mich von der reinen. gesunden Seeluft Dhres heimatlichen Stran-
des. sowie von der friedlichen Pfarrhausluft, die in der Erzählung den Leser gleich aus
den ersten Blättern anıweht, recht wohlthuend berührt fühle, und dass ich dieser
einfach schönen Schöpfung eines tiefen und sinnigen Gemüts eine recht freundliche
Aufnahme und gesegnete Wirkung in einem empfänglichen Leserkveis wünsche und erhoffe.“
— Durch alle Buchhandlungen zu beziehen. AM
*) S. Ste. 622 und Generalnaditrag.
Von Molf Sinridhfen®)
erichienen außerdem und find durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Das deutfhe Schriftlteller- Album. (mit Ernft von Wildenbruch.)
(Verlag von Wilhelm Friedrich Nachf., Berlin). Preis im Driginal:Prahtband ME. 22.
| . (Verlag von Carl Hinftorff, Ludwigsluft und Roftod.)
Wohre Geſchichten. Preis geh. ME. 1, geb. Mf.
Tw ei Ceiwsgeſchichten. (Verlag von Carl Hinſtorff, ee - — ——
3 (Verlag von Hermann Kitzing, Güſtrow).
Er hat Glück. Novelle. Miniaturausgabe. Preis geb. ME. 3.
Erin, iriſche Dichtungen. 2. Aufl. (Verlag Wilh. Friedrich * —
Miniaturausgabe.
Verfehmt. Schauſpiel. Vergriffen. (Letzte Exp. durch Vermittl. d. Verf. à 10 Mt.)
Künſtler⸗Ciebe und Leben, * ſ. (Beriag von 8
De Evers 2. Aufl. (Verlag der Albumſtiftung, Berlin — as ae
s reis geh. . 3, geb. Mt. 4,
Im Millionenland e. 4. Aufl. (Carl Hinſtorff's Verlag, on eg
Für edle Frauen. (erlag von Wild. Friedrich Nachf., — Men à Band Mt. 4,
e
—
wu
.
*) f. Ste. 249,
This book should be returned to
the Library on or before the last date
stamped below.
A fine is incurred by retaining it
beyond the specified time.
Please return promptly.
RIES:
4*
Digitized by Google