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Bayer Staatsbibliothek
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bei dem immer lässiger werdenden Besuch der Zahlungs-
fähigen die Kosten der Unternehmung zu decken. Nimmt
man die wenigen allwinterlichen Concerlcyklen aus, die
sich, wie die Sinfonie-Soireen der Köoigl. Kapelle, die Con-
certo des Stempelten Gesangvereins und einige andere,
eine traditionelle Position errungen haben, ferner die weni-
gen Concerto, welche ganz ausserordentliche Künstler wie
Tausig und Bubinstein zu Stande bringen, so kann man
ohne Uebertreibung sagen, der Best kämpft mit den Wel-
len, nur der Zufall oder der Will der Vertweilluog reitet
ihr Leben, ja es giebt deren, vielleicht selbst bei uns, wel-
che nur durch Wegeiagerung, Beduine und Bettelei den
Starrkrampf der allgemeinen Theiluahmlosigkeit zu wider-
willigem Scheinleben aufrütteln. Alle wiederholten Versuche,
in einer so bedeutenden Stadt wie Berlin einen Mittelpunkt
für die literarischen Bedürfnisse der musikalischen Gegen-
wart zu gründen, aus den Werken bedeutender lebender
Künstler das Wichtigste vorzuführen, und auf diese Weise
ein echtes Kunstlreiben voll des Boizes des Milerlebten und
des anregenden Zusammenhangs mit Künstlern und Kunst-
werken der eigenen Zeit zu bringen, des höchsten, den
überhaupt das Kunstleben gewährt, elf diese Versuche sind
an dem unglücklichen Missverhältnis gescheitert, welches
durch eine unkluge Höhe der Eintrittspreise gerade den-
jenigen Gesellschaftskreis excludirle, welcher die meiste
Empfänglichkeit für das Gebotene herzugelragen halte.
Dass diese Missstäude sich so nicht weiter entwickeln dür-
fen, wird wohl allgemein zugeslanden werden. Kunst und
Künstler müssen erlahmen, wenn man ihre Wirkung auf
die Mitwelt unterbindet und ihnen zumulhel, sich abgelost
von ihr nur auf sich selbst zu stellen. Eine Kun#L die
sich expalriirl, ist immer verloren. Der einzige Rettungs-
weg, der sich aus diesem circulut viciosus bietet, muss
je «her je besser versucht werden. Anfänge dazu sind
durch die vielen populairen Sinfonie-Concerto gemacht, aber
ihr Gebiet muss vergr&ssert, es muss das kleinere Chor*
atück, das Clnvier- und Geigenconoert hinzugezogen wer-
den. Solche Concerle gebe rosn in einem Baume, der
einige Tausend Menschen fasst*), höchstens zweimal im Mo-
nat, in möglichster Vollkommenheit; es stelle »ich ein
Mann an ihre Spitze/ der nicht nur nach der technischen
sondern auch nach der eeslhetischen Seile zu solchem
Amte den Beruf in sich trägt, der den ganzen Horizont,
nicht nur der alten, auch der zeitgenössischen Kunst über-
blickt, und mit sicherem Uriheil keiner Richtung zu Liebe
und keiner zu Leide, diejenigen Werke herauszufmden
weiss, welche es verdienen, ein bildungsbegieriges Publi-
kum zu unterhalten und zu belehren. Ist der normale Bo-
den einmal gefunden, so wird er sich in zwiefachem Sinne
erlragsfähiger zeigen, als jener andere, den die Pflugschaa-
ren unzähliger Künstler bis zur Sterilität umgewälzt heben
und auf dem für die Meisten nur noch ein verschämter
Nothstand zu ernten ist. Kann ein Mann allein der gan-
zen Arbeit nicht Herr werden, so verbinde er sich mit ei-
nem anderen gleichen Ranges. Warum wollen wir nicht
wirtschaftlich von einer Zeit lernen, die auf so vielen an-
deren Gebieten den Werth der Association klar bewiesen hat?
Verfolgt man irgend ein Segment der Culturgeschichte,
so nimmt man auch bald symmetrische Erscheinungen
wahr. So ist es eine von Beobachtern allgemein acceptirte
Thatsache, dass die Schicksalswege des allgemeinen geisti-
gen Lebens mit denen des Verlags gleichen Schrill halten.
Eine Zeit mit klassischer Tendenz wird keinen profanen Verlag
treiben, und umgekehrt. Betrachtet man den Publikationslrieb
der Gegenwart, so fallen zwei Erscheinungen in*« Auge, ein-
mal ein unverhältnissmä»siger Spielraum, welcher der fri-
•» Ein solcher Raum müsste freilich erst geschaffen wer-
den, falls es nicht getingen sollte, einen vorhandenen zu diesem
Zwecke umzubiiden
volen Geschmacksrichtung des grossen Publikums geboten
wird, andrerseits eine klassische Reaktion, die fast wie
literarische Ironie aussieht. Jede buchhändlerische Baisse
hat aber ihren idealen Revers. Es ist kein reiner Zufall,
dass wir uns vor penny editions Beethoven'*, Schuberts
u. A. nicht zu lassen wissen, ebensowenig wie es ein rei-
ner Zufall ist, dass unsere populairen Sinfonie-Concerte
von Klassicität strotzen. Unsere jungen Cotopomslen wen-
den das Erbe ihrer Väter an die Ausstattung ihrer, von
der Verlagswelt refüsirlen, Partituren, sie wollen sich von
den immer spröder werdenden Herausgebern nicht relegiren
lassen. Und doch stehen wir auch hier an der Schwelle
einer unvermeidlichen Krisis. Es ist unmöglich, dass die
Dinge ihren träumerischen Gang so weiter gehen. Jenes
wahnwitzige Componiren, welches gar nicht danach zu fra-
gen scheint, ob Neigung und Beruf sich irgendwie begeg-
nen, jenes gowerbtolle Componiren, welches auf eine statt-
liche Höhe der Opuszahlen hindrängt und für seine mittel-
mässigen Leistungen keine Spieler, keine Hörer und keine
Verleger findet, welches kaum einen Schöpfungsakl, ge-
schweige denn eine Genesis zu seiner Legitimation aufzu-
weisen hat, muss und wird aufliören, und es sind nicht
die am wenigsten Begabten , welche hierin den Anfang ge-
macht haben. Ein Mann wie Th. Kirchner, welcher auf
dem Gebiet der Clavierliiemlur vielleicht zwei, wenn es
hoch kommt, drei Concurrenten hat, schweigt seit Jahren.
Nur jene fanatischen Schwätzer, welche gar nicht wissen,
wie hoch die Enthaltsamkeit in solchem Momente der lite-
rarischen Erschöpfung zu schätzen ist. werden nicht müde
den musikalischen Markt mit ihren Produkten zu über-
schwemmen. Dem Publikum wird es dadurch unendlich
erschwert, sich zu orientiren. Man muss das Amt des
Referirens ein einziges Mal wenigstens gekostet haben, um
zu wissen was es heisst, sich durch einen Ballen Nova
durchzulesen, ein einziges Mal wenigstens um zu wissen,
wie melancholisch klein das Resultat ist. Eine Zeit, welche
mit solcher Abundnnz die Schätze der Vergangenheit un’s
Licht zieht, eine Zeit, welche die grossen Bach-, Händel-
und Beelhoven-Ausgaben brachte, ist offenbar in der Ge-
genwart wenig engagirt und hat materiell eine nur sehr
geringe Production. Ihre Tendenz ist es unverkennbar,
den allen Hort ihrer Nibelungen aus dem Dunkel der Bi-
bliotheken hervorzuholen, und den wahren, echten Kunstge-
nuss als ein allen Klassen der Gesellschaft gleichmässig zu-
kommendes Recht zu proclatniren. Sind jene Schichten,
welche bis dahin brach gelegen, in den Kreis der Cultur
einmal hlnflhergezogcn, so wird ihr von dorther ein unge-
ahntes Maass von Naturfrische Zuströmen. Die Rückwir-
kung auf den Verlag wird nicht ausbleiben, und damit der
immer mehr zunehmenden Diskrasie in seinen Hfilfsmiltelo
und Absatzwegen gesteuert werden. Es ist ein sprechen-
des Symptom der Zeit, dass in Paris eine Unternehmung
wie die Pasdeloup’schen Concerts populaires Platz greifen
und Bestand erhalten konnte. In Deutschland sind — wir
können dies ohne Ueberhebung sagen — der tüchtigen Ele-
mente, Welche der Bildung harren, wohl mehr als dort, und
sie bedürfen gewiss nur eines Superioren Kopfes und einer
eminent praktischen Hand, um in die bedeutendste Mitlei-
denschaft gezogen zu werden. L. Ehlert.
Recension.
Geistliche Musik.
Rn fT, J. De profundis ( 1 30. Psalm) für achtstimmigen
gemischten Chor mit Begleitung des grossen Orchesters.
Op. 141. Partitur und Cl.-Ausz. Fol. 136 Seiten.
Leipzig, J. Schuberlh & Co. Preis der Partitur 6 Tlilr.
Joachim Raff ist einer unserer begabtesten jetzt leben-
den Coinponisten und wenn er langsamer arbeitete, seine
f Bayerische ^
Staatsbibliothek
München J
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Werke mehr ausfeille und nicht jeden Einfall, jede Marotte,
von der kein Künstler frei ist, der OelTentlichkeit über-
gäbe, so gehörte er unter die gefeiertesten Künstler der
Gegenwart, dadurch aber, dass sich unter seinen Werken
mehr l'ngeniessbares, selbst Barockes befindet, finden auch
seine wahrhaft meisterhaften Composilionen beim Publikum
wenig Eingang. Unter die Letzteren rechne ich z. B. seine
CInvier-Suite in E-moll, Opus 72 und die Frühlingsboten,
12 Clavierstücke Op. 55. In beiden Werken beweist Baff,
dass er nicht nur ein tüchtiger Gontrapunktiker ist und dass sein
Gontrapunkt ihm wie aus der Seele herauswächst, sondern
dass er auch über eine ganz bedeutende Erfindungsgabe verfügt.
Das Vorliegende Werk ist eins von jenen, in welchen Raff
ganz Künstler ist und alle seine Vorzüge vereinigt. Eine
Einleitung von 46 Tncten eröffnet das Werk; ernst und
getragen bereitet sie den Hörer auf den folgenden Chor
vor, in welchem Herr Raff seine ganze conlrnpunktische Ge*
wandtheit zeigt. Raff gehört nicht zu den musikali-
schen Fortschritt smännem , welche erst durch Aufbietung
ihres ganzen Refloxionsvermögen etwas Neues henorzu brin-
gen im Stande sind, sondern Kraft ihrer Begabung und
einer glücklichen Disposition alles unter ihren Händen zu
einer musikalischen künstlerischen Form gestalten. So sind
auch die liier verwendeten Themen keineswegs von hoher
Bedeutung, und erst durch die contrapunctische Verwen-
dung und die daraus entspringende immer breitere Ent-
wickelung, wird unser Interesse immer mehr und mehr ge-
steigert. Der drille Satz „Si iniqvilatcs" ist für Manner-
chor und Orchester und bildet 39 Tnctc lang einen doppel-
ten Canon für je 2 Bässe in der Octave und 2 Tenöre in
der Terz. Die andere grössere Hälfte der Nummer ist ho-
mophon oder frei contropunklisch gehalten. Der Satz muss
ganz vortrefflich klingen. Hieran sebliesst sich gleich der
vierte Salz „Quia opud ie" für Sopran-Solo und Frauenchor
an. Die Stimmung ist sehr weich und zart und streift
manchmal, wie es öfter bei Herrn Baff vorkonimt, an die
italienische Canlileuu an. Als Gegensatz zu den vorher-
gehenden Sätzen muss dieser melodische Satz von grosser
Wirkung sein. Das Orchester ist ganz vortrefflich behan-
delt und ist besonders die Rücksicht auf die Gesangstimmen
hervorzuheben, welche in den modernen Partituren so oft
vernachlässigt wird. Den Sängern bleibt dann eben nichts
übrig als Schreien, wenn man ihnen nicht den Mangel an
Stimme vorwerfen soll. „A custodia maiutina“ (No. 5) für
achtsti minigen Chor in freier polyphoner Art geschrieben
und „Et ipse redimet “ (No 6) der Schlusschor mit einer
kunstvollen und glanzvoll klingenden Doppelfuge gekrönt,
beendigen das wirklich höchst heachtenswerlhe Kunstwerk,
welches wir hiermit den grösseren Geaangsvereinen zu ihren
alljährigen Aufführungen warm empfehlen.
Rob. Eilner.
Berlin.
Revue.
(Königl. Opernhaus}. Fräulein Orgeni verabschiedete sich
am 30. Deceiuber beim Publikum. Die angeselxte Vorstellung
des Rossini' scheu „Barbier von Sevilla“ wurde durch die Er-
krankung des Herrn Salomon (Barthok») unmöglich; man
gab nuo Scenen aus dieser Oper und fügte ihnen Bruchstöcke
aus „Traviata“ und „Lucia“ hinzu. Was Fräulein Orgeni
aIs Boaine leistet, bleibt io Hinsicht auf technische Fertigkeit
anerkennet» werth, wenn wir auch die veränderten Fiorituren
und f.adenzen nicht immer geschmackvoll nennen köaocn.
Auffnilend finden wir bei der Sängerin die Ungleichheit der
Technik; während ihr in freier Bewegung des Zeitmaasses,
namentlich in Cedenzen, überaus Schwieriges gelingt, klingen
im gebundenen Tacte Scalen, Triolen, Mordents oft lahm und
varwischl; jedenfalls sind das Zeichen des forcirten Lernens,
bei welchem den Grundlagen aller GasnDgs-Fertigkeit nicht dio
erforderliche Zeit, Buhe und Sorgsamkeit gewidmet worden.
Fräulein Orgeni wurde übrigens mit Beifall und Hervorruf
bedacht; im Ganzen bat jedoch das Gastspiel keinen bleiben-
den Eindruck hinterlassan. Die übrigen Vorstellungen der
Woche waren am 28. Occeraber „Nachtlager“ mit Fräulein
Grün, den Herren Woworsky und Schaffgans; am 31.
„Tochter des Regiments“ mit Fräulein Sessi; am 1. Januar
„Oberon“; am 3. „Lueresia Borgia“.
Im Friedrich- Wilhelmstädlischen Theater finden Baxin's
„Reise nach China“ uad Lortzing's „Opernprobe“ noch immer
den Beifall eines zahlreichen Publikums. Inzwischen nehmen
die Vorbereitungen zu der neuon Operette „Theeblume“ ihren
Fortgang; man verspricht sich von der Novität einen grossen
Erfolg.
Das fünfte (letzte} Monlags-Concerl des ersten Cydus liess
uns am 28. v. M. tum ersten Male in Herrn Albert Gowa
aus Hamburg einen Cellisten hören, der recht Anerkennenswert
thes leistet. Hatte derselbe auch in der zuerst mit Herrn
Blumner als neu vorgetragenen, jedenfalls interessanten So-
nate für Piano und Cello von C. Reinecke Op. 42 nicht Gele-
genheit besonders hervorzutreten, so war dies desto mehr der
Fall in den beiden Soli, dem seelenvoll vorgetragenen Adagio
und der Musette von Goltermann aus dem 17ten Jahrhundert; in
der letzteren erschien uns durch das in jener Zril noch oicht
Übliche Flageolel das Alter der Composition fraglich. Die Ge-
sangspiecen, welche Frau Wernicke-Bridgemano vortrug,
insbesondere die grosse Bravour-Arie „bet raggio" gaben der
geschätzten Künstlerin auf's neue Gelegenheit, ihren bereits er-
langten Ruf als ilalienische Coloralur-Sängerin zu bewähren.
Die von ihr vorgelragenen Lieder „Dornröschen“ und „Bot-
schaft“ von Wüerst, sowie „Gretchen am Spinnrad«“ von
Schubert zeugten von tüchtiger Auffassung, aber weniger von
Tiefe des Gefühls, daher es dor Sängerin auch möglich war,
ganz ungerechtfertigte Triller einzulegen. — Die von Herrn
Blumner arrnngirten vierhändigen Variationen von Mozart in
G-dur gewannen mit Recht durch den säubern Vortrag dessel-
ben allgemeinen Beifall. Weniger war dies der Fall mit dem
Spohr'scheo Quintett für Piano, Flöte, Clnrinctte, Horn und
Fagott Op. 52, welches in einzelnen Theilen wohl interessant,
doch bei nicht vollkommen gelungener Ausführung von Seiten
der Blasinstrumente keinen bleibenden Eindruck xurückliess.
d. R.
Correspon «lenzen.
Bremen, Ende December 18G8.
Das erste Conceri zum Besten dor Musiker- Unterstützung*-
kasse, brachte Haydn's Symphonie in B (No. 4) und Beethoven*»
B-dur-Symphonio in derselben Abrundung, wie wir sie von den
Privatconcerten her gewohnt sind, welche über die nämlichen
Orchesterkräfte gebieten. Gelegentlich der Solovorträge erntete
besonders der erste Cellist hiesiger Oper, Herr Wein gart, in
einem Cooeertstück von Servals eine ebenso ehrenvolle als auf-
munternde Anerkeunung, welche zugleich den erfreulichen Bc
weis dafür lieferte, dass unser Publikum, indem es die berühm-
ten Gäste von Nah und Fern stets nach Gebühr auihiiumt und
reichlich ehrt, dAbei doch den einheimischen Kln.stlern von wirk-
lichem Verdienst seine Theiliiahmo nicht weniger ungeschmälert
und mit sicbtlieher Vorliebe zu bewahren weis», und darf Herr
Heinrich Weingart die Lorbeeren des Abends um so mehr spe-
ciell seinen vorzüglichen Leistungen zusclireiben, ah die Com-
1 *
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Position von Servsis au und für sich keineswegs hervorragend
genannt werden kann. Eine recht erwünschte Abwechselung
gewährte Jos. Haydn's, wenn auch recht oft gehörte, Tenorarie
aus der „Schöpfung“: „Mit WArd' und Hoheit angctliaii“, welche
ein mit namhaften Stimm mitte ln begabter Dilettant (Schüler vou
Keinthaler) nach KrAflen zur Geitung brachte.
) Im 4 ten Pr ivatconcert erfreute sich Kranz Lachner's Suite
I für Orchester (No. ä E-raoll) einer besonders günstigen Auf-
' nähme, der 4lo Satz (Intermezzo) musste sogar auf stürmisches
Verlangen wiederholt werden. Au sonstigen Orehestersätzeo
kamen MAhul's Ouvertüre zu „Joseph iu Egypten“ und Beetho-
ven'a Fesl-Ouvertiire, Op. 134, wirkungsvoll zur Geltung. Kür
die Solovortr&ge des Coneertabends waren KrAuleiu Louise Meyer
vom KOnigL Hofthcstcr zu Hannover und der Königl. Conecrt-
tneiäter Herr de Swcrt aus Berlin gewonnen. In HAndel's
Arie : „Wach' auf, Saturnia“ aus „Semele“, sowie in dem Rondo-
Finale aus Rossini'* „Italienerin iu Algier“, erfreute FrAul. Meyer
durch ihre ebenso biegsame als klangvolle Altstimme und wurde
mit reichem Beifall belohnt. Herr Concerlmeister de Swcrt be-
währte seinen grossartigen Ruf in glänzender Weise. Derselbe
hatte zu aeiuem Vertrage das hier noch nie gehörte Schumann’«
«che Ce)lo«Concert, sowie eine Arie von S. Bach und Mazourka
fantastique eigener Composition gewählt. Lrsterrs wird wegen
seiner enormen Schwierigkeiten nur sehr selten zu Gehör ge-
bracht und dürften wir schon darum für dessen Vorfüh-
rung dankbar sein. Herr de Swert überwand die technischen
Aufgaben mit Leichtigkeit und orrang durch seinen sympathi-
schen schönen Ton und künstlerischen Vortrag die allgemeinste
Anerkennung, welche ihm auch nach den SolopiAceu in reich-
stem Maasso gezollt wurde.
In der Oper suchte unsere umsichtige Thcaterdirection der
stets vor Wcihnaehten eiutretendeu Calamität durch Abert's No-
vität „Astorga“ und durch ein Gastspiel der Frau Peschka-
Leu Ine r vorzubeugen. Mit Abert’s „Astorga" hatte man indess
die Rechnung ohne — das Publikum gemacht; die erste Vor-
stellung fand (trotz ihrer anerkennenswerthen Abrundung bei
theilweise vorzüglicher Besetzung) vor einem nur spärlich
besetztem Ilau6e statt; wir kommen später darauf zurück.
Erfreulicher gestaltete sich das Gastspiel der Frau Peschka-Leut-
ner, welche in Verdi's „Troubadour** und Donizetti's „Regiments-
tochler“ eine ungewöhnliche Begeisterung hervorrief, in Folge
deren die „Rcgimentstochler“ wiederholt wurde. Als Margarethe
in Gounod’s „Faust“ entfaltete die intelligente Künstlerin weben
ihren vorzüglichen Gesangsleistungen zugleich einen Reichthum
dramatischer Darstelluugskunst, der alleiu im Staude sein dürfte,
ihr ein unvergängliches Andenken zu sichern. Die Herren Ber*
nard (Faustl und Krolop (Mephisto) unterstützten die gefeierte
Gastin ln lobenswerther Weise; Herr Bcrnard darf die Parthie
des Faust in Gesang und Spiel zu seinen vorzüglichsten zählen;
Herr Franz Krolop lieferte in seiner fleissigen Leistung bei voll-
klingcndcm Organ einen ebenso imposanten als unterhaltenden
Teufel, für den nur hie und da ein wenig mehr Zurückhaltung
zu wünschen übrig bliebe, wie u. a. vorzüglich im letzten Acte.
Gedenken wir schliesslich noch der recht ansprechenden Lei-
stung des Fräulein v. Dillner als Siebei, sowie der wirkungs-
voll vorgetragenen Storbescene im 3ten Acte durch Herrn Scbel-
•per, in welcher derselbe zu guter Letzt noch einigen Ersatz für
das bot, was seine Darstellung des Valentio in den übrigen Sc«-
uen zu wünschen übrig gelassen hatte. H. K.
Paris, den 3. Januar 18£9.
Das Auftreten Tamberlik’s im ThAAtre Italien als Othello
in Rossini s gleichnamiger Oper konnte zu Reflexionen über „Einst**
und „Jetzt“ in mannigfacher Beziehung Anlass geben. Es gilt dies
nicht allein von der Stimme Tatnberlik's, sondern auch von der
Musik Rossini's. Der Fioriluren- und Concertarien-Styl, mit wel-
chem die ersten zwei Acle „Olhello'a“ überladen erschienen, ist
nicht mehr im Geschmacke der Neuzeit, und weder den Anfor-
derungen unserer heutigen dramatischen Musik, noch aber der
LcistungsberAhiguog der Mehrzahl unserer heutigen SAngcr ge-
miss. Die Rossinisehen Opern hatten zu ihrer Zeit ihre eigenen
Interpreten, denen dieselben so zu sagen auf deu Leib geschrie-
ben waren ; diese Art Ro&sini'scben Kunstgcsangcs ist heutzu-
tage, in unseren dramatischen Opern, einer Vortragsweise gewi-
chen, welche nach der materialistischen Seite hin za wirken
und, zum Ruine so vieler Stimmen, dasjenige zu leisten
sucht, was eigentlich vernünftiger Weise nur einer Posaune zu-
gemuthet werden sollte. — Tnmberlik hat uns von jener besse-
ren Alteren Vortragsart ein daukenswerlhes Muster gegeben Be-
sitzt seine Stimme auch nicht mehr den Posaunenton, welchen
man heutzutage als wesentlichstes Kunst-Attribut zu fordern
scheint, und hat auch sein Organ, namentlich in der Mittellage,
unter dem Einflüsse der Zeit gelitten, 60 ist er doeh echter
Künstler geblieben, welcher durch gute musikalische Phrasirung,
richtige Betonung, treffliche Textausspracbe und Haushalten mit
dem dramatisch-leidenschaftlichen Ausdrucke bis zum passenden
und dann um so wirksameren Momente, dem unkünsllcrischeu
und slimmverschwcnderiscben Gebaren so vieler Anderen als
nachahnienswertlies Beispiel dienen kann. Ais eine Nalurnierk-
Würdigkeit aei verzeichnet, dass sein berühmtes hohes Cis noch
in voller Kraft ausströmt, was er im Duo mit Jsgo zum Ent-
zücken der Freunde solcher Natur-Erscheinungen wiederholt zum
Besten gab. Mehr jedoch als dieses famose hohe Cis befriedigte
die künstlerisch-dramatische Ausführung des von Rossini so poe-
tisch und der Höhe der Shakespeare’schen Dichtung geiuAss com-
ponirten dritten Actes, wo Tamberlik in FrAuleln Krauss (Desde-
mona) eine würdige Partnerin fand. — Paisiello’s „Serva padrona“,
componirt im Jahre 1777, konnte sich bei der Wiedervorführuug im
TbeAlrc Italien in der Gesellschaft des Verdi'schen „Rigoletlo“ keiner
begeisterten Aufnahme erfreuen. Mau fand diese Musik zu einfach,
zu naiv und kindisch, gegenüber den Atbleten-Leistungen der
Neuzeits-Componisten, und so bat denn wieder ein Drache ein
unschuldiges Kind verschlungen. Die „Serva padrona“ hätte so-
mit ausgedient, wenn nicht die trefflichen Leistungen des Fräu-
lein Krsuss eis Zerlino und der Tänzerin Urban in der mimi-
schen Rolle des Bruders Zerlincns derselben noch einige Lebens -
tage vermitteln. — Leber das Auftreten des FrAulein Hauck, die
deu gehegten Erwartungen zum grössten Theile entsprach, in
unserem nächsten Bericht. — In den Bouffcs parisiennes ist mit
Neujahr die „Grossherzogin“ unter den Offenbach-SAn gerinnen,
FrAulein Schneider, eingezogen, — und wird dieselbe gegen
eine Monatsgage von 60,000 Francs und eine Subvention von
300,000 Francs nach einigen Monaten die Aufgabe übernehmen,
in Cairo den Vieekönig von Egypten als Grossherzogin und Pe-
rlcbolo zu unterhalten. — Was dia dortige steuergeplagte Bevöl-
kerung zu dieser theueren Acquisiiion sagt, kann in englischen
Blättern nachgelesen werden. Eine eigene, in Paris gebildete
Operetten-ücmdlschnft wird das Gefolge dieser neuen ägyptischen
Cleopatra bilden. — Meister Offenbach selbst wor letztere Wo-
ehen durch Unwohlsein in seiner Wohnung zurückgehalten, was
ihn jedoch nicht hinderte. Neues zu compoolren; so „La Diva“
für FrAulein Schneider, ferner „La Prinoesse de Trebizonde“, zur
Aufführung in der nächsten Saison in Baden. — Die erste Auf-
führung von dessen „Vert-vert“ in der OpAra comiquo ist durch
das Unwohlsein des Componisten verzögert worden. — Im letz-
teren Theater fand das Bcncllz der Frau l'galde statt, welche
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als Gnlalbee an ihre schöneren und jugendlicheren Tage die E r-
innening wachrief. — Im Saale Ployel fand vorige Woche eine
practischc Demonstration der Helmholtz'seben Theorie statt, wo-
bei die Schwingungen der Töne mittelst GasfUmmohcn anschau-
lich gemacht wurden. Ferner wurden an den reinen Quiotcn*
Stimmungen einer Geige nachgewiesen, dass der Ton k als Quarte
zum leeren K und als Sexte mm leeren D modifleirt werden
müsse. — Wenn nicht die deutschen GesangachOre in Paria wl-
ren, so würde es kaum wabrzuuehmen sein, dass hier ein deut-
sches Element existirt. Aber Dank den Chören Teutonia, Lieder-
tafel, Germania und Coneordia, welche den löblichen Entschluss
fassten, sich unter dem Titel „Deutscher Sängerbund" zu ver-
einen, und in einem gemeinschaftlich veranstalteten Feste Im
Salle Dourlane die Gesangs-Ehre Deutschlands für Paria retteten.
Die unter Hugo Wittmann's Leitung zur Aufführung gelangten
Chöre von Franz Abt, Wagner, Speidel, Fischer, verbunden mit
InatrumentalvortrAgen der Herren Fissot (Piano-Conoert in G-
moil von Mendelssohn) und Deiaborde, Lamouraux und
Laserre (Triple-Concert von Beethoven, für Piano, Violine und
Cello) erzeugten mindestens für die Dauer dieses Abends einen
innigen Bund zwischen den Deutschen und Franzosen.
A. v. Cz.
Pefersburg, den 31. Deceinber 1SÖ8.
Frau Lucca ist im Ganzen nur dreimal aufgetreten, zwei«
mal in der Zerline und einmal in der „Afrikanerin". Eine
abermalige Unpässlichkeit liess die Gefeierte längere Zeit das
Zimmer hüten. Frau Lucca wird am 0. Januar Petersburg
verlassen, am 11. in Berlin einlrefTen, bis zu ihrer Abreise
von Petersburg aber noch dreimal singen, da die Künstlerin
abermals hergeatellt ist. Die Gerüchte, dass ihre Stimmo ge-
litten, sind ganz ungegründcl. Die Stimme ist lieblicher und
ausgiebiger denn jo und Berlin wird nichts an seinem Lieb-
ling vermissen. Unser Winter ist ganz ausnahmsweise um
diese Zeit de« Jahres, wo die höchsten Kältegrade zu herrschen
pflegen, ein leider so milder und an Regen so reicher, dass
für die Schlittenbahn zu fürchten war, die sich nur so eben
mit Hülfe von 2 bis 3 Graden Kälte Ober Nacht, erhält. Pe-
tersburg hat gar nicht seine Physiognomie, lebt gar nicht das
ihm eigentümliche Leben, wenn es einer Kälte voo beiläufig
10 Graden mit mehreren Füssen Schnee im Herzen des Win-
ter* entbehrt, die Communicationen sich erschweren, die Zu-
fuhren aufhören und eine allgemeine Unzufriedenheit über der
Stadt lagert. Seil 35 Jahren erinnere ich mich nicht, um
diese Zeil des Jahres, ein ao anhaltendes Thauwelter erlebt
zu haben, dessen Andauer gesundheiisgelährlich werden müsste.
Die Intendanz machte den Versuch, während der letzten
Unpässlichkeit von Frau Lucca, di« Zerline durch Signora
Tre belli- Bel lini, die Afrikaner»! durch Signora Fricci
singen zu la&sen. Es geschah, weil die respectiven Opern nun
einmal schlagfertig daslande». Die kolossale, alternde Signora
Fricci fiel durch und erregte Lächeln, um nicht mehr zu sa-
gen; die geschickte Trebeili-BetUni geftcl, stellte aber dennoch,
heraus, dass die Zerline, wo überall diese Partie von Frau
Lucca gesungen worden, nicht der Leistung der Letzteren
ebenbürtig, zu geben Ul. Ish gestehe, es halte etwas Wider-
wärtiges in der Zerline, eine andere Künstlerin zu erblicken,
wo Frau Lucca noch unter uns weilte.
Signore Mario findet, wie im vorigen Winter, Opposition.
Man erkennt in ihm wohl den trefflichen Sänger; eine com-
psete Gruppe im Publikum, die ihn nicht in der Erinnerung
hört, findet aber, dass seine Stimme zu sehr gelitten bat und
zischt, während die zahlreichen Anhänger des Künstlers, applau-
diren, bravo und da capo rufen. Ueberhaupt sind die Vorstel-
lungen an der ttalilnischen Oper äusserst stürmische und be-
wegte. Nur Fron Lucca findet einstimmigen Beifall, vereinigt
alle Parlheien in die Be wunderung ihrer genialen Leistungen.
Mario geniesst eine sehr hohe Gage, er ist die bevorzugte
Person. Für so viel Geld will nun die jüngere Generation im
Publikum auch eine junge Stimme haben; sie will, was man ihr
nicht bieten kann, und nicht was sie besitzt, einen Tenor, des-
sen Styl und Schule gar nicht« zu wünschen Übrig lassen,
dessen Stimme aber allerdings nicht immer ausreichend ist.
Nur Mario, nicht Calzolari, nicht Stagnio, nicht Graziaoi, erin-
nert au jenen Höhepunkt des Begriffs „Sänger", den ein Ru-
bin! bei uns, und selbst noch in allen Tagen, eionahm. Näch-
stens wird nun Signora Patli die «weite Hälfte der Saison er-
öffnen, die bis jetzt durch das hartnäckige Unwohlsein von
Frau Lucca, zu allgemeinem und der Künstlerin Leidwesen, ge-
lähmt war.
Uosere Italiänische Oper ist eine grosse Kriegsmaschine,
die manche wohllhölige Folge Ausaert. Die Philharmonische
Gesellschaft, eine deutsche Verbindung zur Unterstützung von
Musiker- Wiltwen und Waisen, giebt alljährlich, mit Hülfe der
Italiäner, ein Concert, das im Saal des Add« (Dworänskoje
Sobranie) an vierlausend Menschen versammelt und Modecon-
cerl ist, in dem man Bekanntschaft mit den Ilaliänern macht,
wenn man nicht abonnirt ist, und wie so oft der Fall, nicht
im Stande ist, sich einen Platz zu erobern. Frau Lucca war
leider auch an diesem Concert verhindert, Thcil zu nehmen,
sie, die im vorigen Winler so oft und so aufopfernd für wohl-
thitige Zwecke wirkte.
Der Saal des Adels, der schönste und grösste in Europa,
ist zu zwei Concerlen von Aoton Rubinslein benutzt worden.
Man muss sich in die Zeilen von Liszt zurück versetzen, um
einem so grossen Andrang des Publikums zu begegnen. Die
Einnahme eines solchen Concertes übersteigt dreitausend Tha
ler , eine Summe, die, glaube ich, nicht in Deutschland durch
ein Morgenconcerl zu erachwingen sein dürfte. Drei Stunde»
vor dem Anfang nahm man schon Platz auf den Chören des
Saales, die nur I Rubel Eintritt kosteten, im Saal waren die
Preise 3 Rubel für numerirle, 2 Rubel für unnuroerirle Plätze.
Kein Platz blieb frei. Der Saal halte noch grösser sein kön-
nen! — Und das war nicht in der Coocertsaison , sondern
während der Geld und Zeit absorbironden Opern-Saisoo. Des
Beifalls und Triumphs war kein Ende. Die Leistung eine vol-
lendete; die Programme waren mustergültig. Beethoven, Mo-
zart, Händel fanden Vertretung lieben modernen Meistern.
Zu unserer Freude verbreitet sich die Nachricht: Herr Carl
Tausig werde in deu grossen Fasten nach Petersburg kommen.
Herr Tausig ist der einzige Pianist ersten Ranges, den Peters-
burg noch nicht kennt. Man kann nur einem höchstem Er-
folge bei Herrn Tausig vorauseehen. W. — z.
Feuilleton.
Ein Kleeblatt.
Eine Skizze.
Es war ein wundervoller Tag des Jahres 1738, als drei Männer
auf der grossen Strasse vou Sachsen nach Böhmen rüstig vor-
wärts schritten. Noch nicht lange war die Sonne hinter den
bewaldeten Höhen emporgertiegen; der frische Morgenbauch um-
spielte noch die Wipfel der Bäume, und doch fuhren die Wan-
derer ab und zu mit dem Sacktuche nach der Stirn, um den
reichlich perlenden Schweiss «harnischen. Und was der Mor-
gen versprach, das hielt der Tag. Kein Wölkchen schwamm
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in dein mattblauen Himmelsgewölbe, ungehindert brannten die
glübendeu Sonnenstrahlen hernieder, Büsche und Blumen liesseu
ermattet die Köpfe bAngen, und unter der Hitze schien selbst
die ganze Luft am fernen Horizonte ln leise zitternder, flimmern-
der Bewcguug zu sein. Jeder noch so magere Schalten war
eine Woblthat, und als die Strasse die drei schmachtenden
Wanderer endlich in einen prAchtigen Wald führte, da athmoten
sie wie neugeboren auf, wie auf Kommando flogen die Hüte in
die Höhe, und ein jauchzender Jodler schallte in dAs Dickicht
hinein und rief das Echo wach. Undurchdringlich auch für die
glühendsten Sonnenstrahlen sehlangen sich dio dicht belaubten
Zweige riesiger Buchen ineinander, und der erquickende, frische
Waldduft, die nach der Glühhitze da draussen doppelt angenehme
Kühle luden dringend zur Rast ein. Es bedurfte denn auch nur
einer leisen Andeutung des Aeiteren, der so ungefähr vierzig
Jahre zAhleo mochte, um die beiden bedeutend jüngeren Ge-
fährten, seitwArts auf ein höchst einladendes PIAtzchen unter
einer nichtigen Buche zu dirigiren.
Wer nur einigermaassen einen Blick für Menschen und mensch-
liehe Verhältnisse besass, der erkannte in den Dreien sofort die
wandernden Künstler, namentlich in den Jüngeren, denen das
reiche Haupthaar frei und fcasellos um Stirn und Nacken wehte.
Der Altere, schon in den Jahren des reifen Verstandes, hatte sich
freilich mehr den Verhältnissen gefügt, Frisur und Puder liAtten
das ihrige gethan, ihn glatt und'kurfähig erscheinen zu lassen,
aber das Feuer seiner Augcti, die Lebendigkeit der Bewegungen
und der Sprache, verrielben nichts weniger als den Pedanten,
und als die drei Männer nach ziemlich langer Ruhe weitorzogen
und muntere Liedlein anstimmten, war gerade er es, der
immer neue Weisen Anzugeben und dieselben mit so kunstvollen
Schnörkeln zu verzieren wusste, dass oftmals das ausgelassenste
GelAchter der Gefährten den fröhlichen Gesang unterbrach. Wer
noch daran zweifelte, dass nur ein Musiker diese tollen, dabei
aber durchaus kunstgerechten Schnörkel erfinden konnte, der
hatte sich noch am Abende desselben Tages ganz sicher davon
überzeugen können.
Unter der broitAstigen, ungeheuren Linde eines nicht unbe-
deutenden Dorfes, schon auT böhmischer Seite, saasen eine
Menge Menschen beisammen. Fuhrwerke aller Art füllten das
Gehöfte des Dorfwirthes und waren auch noch in der Dorfstrasse
Abgefahren, und die Insassen, welche zur Neige des Tages
müde, matt und von der Hitze erschöpft hier augekommen waren
sassen nun einzeln oder gruppenweis, wie cs sich gerade gefügt
hatte, auf den ln aller Eile hergestellten primitiven BAnken um-
her. Aller Herrn Unterthancn, schienen hier vertreten zu sein,
und der Wirth, der sonst oft tagelang nicht einet) einzigen Rei-
senden zu beherbergen hatte, wusste gar nicht, wo er heut’ alle
HAnde hernehinen sollte, um nur alle die fremden Herrschaften
bedienen zu können. Alles fragte nach Prag, Alles wollte nach
Prag, und der Wirth, der seihst lange Zeit in Prag gewesen
war, gab Allen die gcwüuschte Auskunft. Die GesprAche drehten
sich nur um dieses gemeinsame Ziel und um das bevorstehende
grosse Ereignis daselbst, dem die Reisenden sAinmtlich zu-
strebten, und der Wirth meinte schmunzelnd zu einigen Beksnn-
teil, welche neugierig das ungewohnte Treiben in ihrem sonst
so stillen Dorfe angaRten, er wollte, dass Kaiser Karl sich alte
Jahre ein paar Mal zum böhmischen Könige krönen lassen
möchte, — denn das war das grosse Ereignias, welches in deu
nächsten Tagen in Prag stattfinden sollte, und zu welchem die
umfassendsten Vorbereitungen schon seit lAngerer Zeit getroffen
wurden.
Aus dem Walde herauslretond. hatten auch unsere drei
lustigeu Wanderer das Dorf vor sieb, und obwohl die Sonne
noch nicht uutergcgangeu war, beschlossen sie doch, in so
fröhlicher Gesellschaft zu verweilen, anstatt noch weiter zu
ziehen, denn auch sie steuerten demselben Ziele zu. Mit ge-
nauer Noth fanden sie noch ein PIAtzchen und horchten hoch
aur, als plötzlich musikalische KlAnge an ihr Ohr schlugen.
Einige böhmische Musikanlou, die auch wohl in Prag mit guteoi
Verdienst irgendwo unterzukommen hofften, waren angelaagt
und benutzten die gute Gelegenheit, hier unter den vielen
vornehmen Herrschaften eine kleino Ernte zu halten, es
mochte in ihrem SAekel leer aussehen. Zwei Geigen, ein
Hautbois und eine Laute Hessen in nicht so üblem Zusammen-
spiel so mancherlei damals beliebte und bekannte Weisen und
auch böhmische Volkslieder hören, mul die Erwartung der Mu-
sikanten in Hinsicht dur guten Ernte wurde auch nicht betrogen.
Viele IrAlen /u ihnen und umstanden sie, und ein Jeder trug
sein Scherflein gerne bei. Auch die drei Reisegefährten hatten
aufmerksam zugehört, sicli mancherlei Bemerkungen zu machen
gehabt, und der sammelude Lautcnspielcr war nicht wenig ver-
blüfft. als der Aeltesle ihm fächelnd einen blanken Dukaten zu-
sleckte, meinend, das sei für sie allo Drei. Stotternd wollte der
UcberrAschte eine Erwiederung hervorbringen, doch der Frouide
schnitt ihm das Wort ah, indem er Um bat, ihm dafür einmal
dio Laute zu reichen, da er mit einem solchen Dinge auch ein
wenig umzugehen wisse. Neugierig guckten schon die NAehsl-
slehendeo, als der Manu das Instrument in die Hand nahin und
stimmte; als er aber mit vollen Griffeu ein kurzes Vorspiel be-
gann und in die eben gehörte Volksweise überging, da erkannte
Jeder, dass Meisterfinger der seltensten Art die Sailen ertönen
liossen. Lautlose Stille begann sich Über die vorher so lebhafte
Gesellschaft zu verbreiten, AUe umstanden deu Spielenden, auf
die BAnke stiegen sie, um den Manu zu sehen. Der aber sass
da, als ob die Umgebung gar nicht für ihn existirv, seiu grosses,
schwärmendes Auge hing an dem glühenden Abendhimmol,
während seine Fiuger wie unbewusst bald in rauschenden Läu-
fern und Akkorden durch die Sailen stürmten, bald in einfach
röhrenden Melodicen darüber hinhauchten, und als der Künstler
endete, als die letzten Töne leise hinsterbend wie ein Hauch
dahinzitterteo, da hatte sich manch’ schönes Auge mit Thrinen
gefüllt und hing mit Bewunderung an den ausdrucksvollen,
leuchtenden Zügen des Fremdlings. Mit scheuer Ehrfurcht aber
standen die böhmischen Musikanten vor ihm, der Lautenist wagte
kaum sein Instrument, in dem er solche Töne wohl nie vet>
mulhete, zu berühren, und selbst die eigenen Gefährten wsren
verstummt und keines Wortes mächtig. Als aber erst leise, als
sei cs eine Entweihung der feierlichen Stille, ein Zeichen des
Beifalls sieh hören iiess, das bald brausend zum Sturme anwuebs,
da brach der Bann, und der Jüngste der Gefährten fiel dem
Meister um den Hais und rief begeistert: Sylvio, Ihr seid doch
der erste Künstler der Welt, so habe ich Euch selbst auf Eurem
kunstvollen Instrumente noch nie spielen gehört Sanft fächelnd
aber drängte ihn Sylvio von sich und wies nur schweigend mit
der Hand nach dem verglühenden Abendrothe.
Wer waren die Drei? wer vor allen war der seltene Künst-
ler? Niemand kannte ihn, und als am nächsten Morgen die
Herrschaften nach einander aufbrachen, wareu nach dem Zeug-
nisse des Wirtbes die drei fremden Gesellen längst in den Mor-
gen hiosusgepilgcrt- < (Schluss folgt.)
Journal-Revue.
Die Allg. Mus.-Ztg. schliesst den Cryssnder’schen Artikel
„Pietro della V'alle". — Neue Zeilschr. f. Musik: Zum neuen Jahr«,
Correspondenzen. — Die Signale bringen in No. 1 bis 4 eine
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Fortsetzung des Musik -Adressbuches (Wien) und New- Yorker
Brief«. — Die Südd. Musikztg.: Reeensionen und Correspondenzen.
Dio Revue et Gazette musicale bringt eine Revue über das
verflossene Jahr 68. — Der Meoeslrel setzt die Biographie Schu-
mann'» fori.
Nachrichten.
Berit». Soeben erschien im Verlag von W. Müller hier eine
sehr anerkennenswerthe Brochure über Gervluus IJAndel und
Shakespeare von C. H. Bitter. Wir werden bei Gelegenheit der
Besprechung desGervintuaschenBuchcs auf dieselbe zurüokkomtned.
Bremen. 4. Privatconcert: Sinfonie eroica von Beethoven,
Ario aus „Cost fan lulle“ von Mozart (FrAuiein Murjahn), Fan-
tasie Op. Io von Schubert— Liszt (Herr Barthj, Vorspiel zu „Kö-
nig Manfred“ von Reinecke, Rhapsodie espaguole von Liszl elc.
Breslan. Dio beiden letzten von Herrn Dr. D amros eh
arrangirten Concerto für Kammer- und fBr Ürehester-Musik er-
hielten besonders Interesse durch zwei GAste, den Piauialen Herrn
Herrmann Scholtz und Frau Franziska WOerst aus Berlin.
Der Erstgenannte erwarb sich als tüchtiger Pianist und guter
Musiker im Vortrage verschiedener Liszt'scher Compositionen,
des Schubertschen B-dur-Trios und eines Clavierconcerles eige-
ner CoiuposUion verdient* Anerkennung. Frau Wüerat exeet-
Urte namenüich Im Vorträge von Liedern und Gesfingen mannig-
faltigster Art. WAhreud lliller’s „Wallfahrt nach Kewlaer 44 , Schu-
manu's „Mit Myrlhen und Rosen“ und Gretchcns Gebet aus ftad-
ziwills „Faust“ die Zuhörer tieT bewegte, wusste dio Sfiugeria
in heiteren Liedern von Julius ScbAfler, Reinecke, Dorn und
WOerst aller Herzen zu gewinnen. Bei den VorlrAgen dieser
Künstlerin wirkt ein Ensemble vorzüglicher Eigenschaften, von
denen sonst schon eine einzige geuflgt um Anerkennung zu ge-
winnen. Vor allem aber sind es die meisterhaften, stets den
Worten der Dichluug entsprechenden Ausdrucksouancen, die
Frau Wilurst in die erste Reihe der LiedersAugerinneu stellen.
Herr Musikdirector Dr Sch Äffer führte die ClavierbcgleituDg
in ausgezeichneter Weise aus. — Im nächsten Orcbestervereins-
Concert wird Tausig spielen.
Dresden. Die Sie Abeadunterhallung des FrAuiein Wieck
und des Herrn v. Wasielewski Tand am 19. Decetnber Math
Zu Gehör kamen von Seiten der Coocerlgeber Mozart s Sonate
in A-dur für Piano und Violine und eine Violinsonate von Tartini,
bearbeitet von Wasielewsky. Die Ausführung war eine künstle-
rische. Fr. Bellingratb-Wagner sang eine Arie aus Mendels-
sohn'» „Elias“ und Lieder von Schumann und Kirchner mH
schöner Stimme und trefflich nunncirtem Vortrag. Das Violon-
cell-Solo „Souvenir de Spas“ von Servais wurde zwar von
Herrn Melzdorf mit glänzender Bravour wiedergegeben, passte
aber wegen seiner ausgesprochenen Virtuoseu-Tendcnz wenig
in den Rahmen des Conceits.
Leipzig. Das 11. Gewandhauscoucert bot an Orchesterwer-
ken Mozart’s Jupiter-Sinfonie und die Ouvertüre zu „Iphigenie in
Aulls“ von Gluck in fast tadelloser Ausführung. Frau Kuders-
dorff aus London sang die Scene „Ariadne auf Naxos“ von
Haydn, sowie ein Schlummerlied mit Begleitung von Pisnoforte,
Violen und Violoncelli von Randegger und erwies sich als ein«
immer noch respectablo Sängerin, allerdings mehr in Bezug auf
Vortrag ala Stimmmittel, welch' letztere schon bedeutend ahge-
nommen haben. Der vorzügliche Violinist Herr Wilhclmy ver-
setzte das Publikum durch seine eminente, unfehlbare VirtuosItAt
geradezu in Staunen. Die JPi6cen x .vcJche_ er vortrug, warcu der,
erste Satz aus dem Rubinstein'schen Violinconcert und Ernste
Othello-Fantasie.
Löwen borg. Im letzten Hof-Coneerte spielte FrAuiein Meh-
lig mit grossem Erfolge und erntete vielen Beifall.
Magdeburg. Concert des Tonkünstler-Vereins : Sonate für
Piano und Violine von Gade, Sonate für Piano iu 4 Händen von
Markull, Forellenquintett von Schubert eto. — 6. Concert im Lo-
genhause: 8te Sinfonie in C-moll von Spohr, Ouvertüre No. 3
C-dur zu „Leonore“ von Beethoven, Violin- uud Gesangsoli. —
Auber's „Erster Glückstag 41 ist vor einigen Tagen zum ersten
Male hier in Scene gegangea lind hat einen sehr erfreulichen
Erfolg gehabt. Die Magdeburgische Ztg. sagt u. A. darüber:
„Wir erinnern uns seil Jahren keiner komischen Oper, deren
Gesammlphysiognomie uns so durchweg freundlich und beiter
angesprochen hätte; vielleicht zum letztenmale lächelt uns aus
nicht wenigen Nummern der Partitur die Muse des Tondichters
mit dem vollen frischen Liebreize seiner schönsten Jugendjabre
an. Ist uns auch im Harmonischen und Modulalorisehon kaum
ein einziger Zug begegnet, mit dem wir nicht bereits aus Auber's
Alteren Partituren vertraut waren, so entfaltete sich doch im Me-
lodischen und in der Fassung der verschiedenen Solo- und En-
semblenummern oll ein Fluss, eine Lebendigkeit, eine Anmuth
uud Zierlichkeit, in einzelnen Zügen so warme EmpHndung und
so gemüthvolle Vertiefung, dass man doch eine solche Frische
der Fantasie uud des Herzens kaum genug bewundern kann.
Den Gegenstand, der tm Textbuch verarbeitet ist, finden wir ganz
im Style der guten französischen Oper, spsunend, witzig und
kurzweilig“. Die Aufführung war eine sehr gelungene und die
Aufnahme Seitens des Publikums eine wanne.
Mannheim. Dritte Musikalische Acadeniie: Ouvertüre zu
„Euryanthc“ von Weber, Violin- Concert von Beethoven 1. Salz
(Herr Coucertmeisler „Heckmann), Romanze und Cavatioe aus
„Euryanthe“, Präludium und Fuge für Violine von Bach und 7tc
Symphonic (A-dur) vou Beethoven. — Zweite Kammermusik-Auf-
führung der Herren Naret-Koning etc.: Quartett in B-dur vou
Mozart, Trio iu Cis-moll vou Deuror und Quartett in Es-dur
No. 12 von Beethoven.
Nürnberg. Ottenbachs „Grossberzogin von Gerolstein“ hat
bei ihrer ersten hiesigen Aufführung sehr gefallen.
Prag. Das Concert zum Besten des Prager Armeuinstituts
(es müsste eigentlich heissen „zum Nachtheile“, da der Besuch
so spirlich war, dass nicht einmal die Tageskosten clngingen)
bol u. A.: Mozart'* Jupiter-Sinfonie, Ouvertüre zu „\nacreon“ von
Cherubim, Chor aus „Antigone“ und Violinconcert vou Mendels-
sohn.
Wien. Die nichsten Hollen Niamann's werden sein: Jo-
sef in M6huls gleichnamiger Oper, der Achilles fn Gluck'a „Iphi-
genie“, Lohengrin iu Wagner's Oper und Max in Weber's „Frei-
schütz“.
— Das „Florentiner Quartett 44 wird in der 8ten Hfilfte dieses
Monats hier Eintreffen uud eine Reibe von Soireen geben* — Aiu
24. Decbr. fand im Hofoperntheater die Leseprobe von Käss-
mayer's Oper „Das Landhaus von Meudon“ im Beiseln des Com-
ponislen und Dichters statt; in derselben sind beschAliigt die Da-
men Gindele. und Rabatinsky und die IImtou Hrabanck,
Mayerhofer;, Rokitansky und Walter. Dieselbe geht iu der
2ten Hälfte dieses Monats iu Scene. — Die Besserung in dem Be-
finden des Bassisten Dr. Schmid ist eine so erfreuliche, dass
der Künstler schon im Laufe des nächsten Monats seine Thltig-
keit am Operntheater wieder wird aufnehmen können.
— In Hellmcsherger's letzter Quartett-Production kam ein
neues Oclelt von GrAdcner Sohn zur Aufführung, welches jedoch
wenig S^mpathieen erwecken konnte. Der sonst begabte Com-
ponist geht in diesem Werke darauf hinaus, originell sein zu wol-
len — ohne es zu sein. FrAuiein Geissler und Herr Riedl spiel-
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len Baeh’s Concert in C-moll für 2 (.laviere technisch fertig, je*
doch fehlte der geistige Anedruck. Des Schutnann’sch« Quartett
wurde ganz vorzüglich wiedergegebeu and erregte lauten Beifall.
Paria. 3. Coucert der Soci4l6 de« concert* : C-moll -Sinfonie
und Fragmente au« „Prometheus“ von Beethoven, Finale aus
„Loreley 44 von Mendeleaohn, Chor von Cheruhini und 29. Sinfo-
nie von Haydn. — lätes Concert populaira: Sinfonie (La Reine)
von Haydn, Ouvertüre zur „schönen Melusine“ von Mendelssohn,
türkischer Marsch von Mozart, 4. Clavicreoacert von LitollT (Th.
Kitteri und G*n»M-5iofonie von Beethoven.
Rlraasburg. Aubor’s „Meter Glüekstag“ ist auch »af hiesi-
ger Bühne mit grossem Erfolg gegeben worden.
RrChsel. Adeline Pattl hat hier mH ihren Leistangen in
„Lucia“, „Barbier“ und „Faust“ reo Gounod, grossartige Trium-
phe gefeiert — B rase In hat in Brugea gespielt und durch die
treffliche Wiedergabe von eigenen Compositionen and Werken
Chopin’», Liszt’s und Handels reichen Beifall errangen.
LBttleh. Erstes Conaervatoriumsconeert; Frühlings-Sinfonie
von HHler, Sinfonie von Haydn, Ouvertüre zur „Belagerung“ von
Rossini, Scene und Arte aus der „Afrikanenn“, Violincoucert von
Bruch etc.
Rotterdam. Die Gesellschaft zur „Beförderung der Ton-
kunst“ hat am 17. Deetmber ihr SHes Concert gegeben. Bcson-
dern Beifall erhielt der Violinist Wilhelaiy, der in dem Vorträge
des 1. Satzes des Rubinstein'sehen Violiuconcert und der OlheUo-
Kaota&ie eine allen Schwierigkeiten spottende Technik entfaltete.
Von den Or ehestere schon des Abends ist Beethoven's Ouvertüre
Op. 11b, sowie dessen 2te Symphonie (D-dur) zu erwähnen.
— Die letzten zur Aufführung gelangten Werke an der hie-
sigen deutschen Oper waren „Lohrngria“ und „Undine“.
Utrecht. 1. Concert des „Collegium Mustcum Ultrajectura“ :
Suite von Ralf, 1. Satz des Rshinstein'achea Viol in concert cs,
Ouvertüren zu „Coriolan“ von Beethoven und „Meeressliiie von
Mendelssohn.
MfW-Verk. Im Concert zum Besten der Htnteriaaseflen des
Kritikers Remack spielte man nach Ottenbachs „Lieschen und
FrRzchen“ Beethoven s Eroica. (Eine Acht amerikanische Zusam-
menstellung.) — Die Philharmonische Goaeltschaft hat ln ihrem
jüngst stattgehabten Concerte die Beethoven’sche Sinfonie eroica,
Ouvertüre zu „Hamlet 1 * von Gade und Berlioz' Sinfonie fanta-
stique vorgeführt. — Von sonstigen Concerten ist noch da* des
Wer lebenden Comp* nisten Fr. L. Ritter ZU erwfihnon, der 4i«e
Symphonie, eine Ouvertore und einen Psalm eigener Compoeltton,
letzteren von W’erth, zur Aufführung brachte.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Nova-Sendung No. 1.
von
ED. BOTE & G.BOCK
( 1 Beck), Königl. Hol-Musikhanrilung in
Berlin und Posen. Thlr.Sy .
Auber, D. F. F. Der erste Glüekstag, komische Oper
in 3 Acten.
No. 1. Melodie. Indra, unser Gott . . — 7*
. ibis. Madrigal für Baryten. Wer beneidet nicht
das Heil . - - 7|
- 8*i». Romanze für Han ton. Hab’ und Out ward
mir entrissen — 15
- 4 . Arietta. Hinan« mit dea Tag s Beginn . b . 18*
• 9. Melodie. Horch, die Nacht durchlönt . . » - 7J
- 10. Lied. Susann’, lass ein Wörtchen dir sagen . — 12)
. *4. Brindisi. Geniesset, Freunde, rasch .... — 10
- 15W*. Notturno. 0 Nach!, hab du Erbarmen . . — 10
-186 m. Lied für Baryton. Den Namen, dem entblühle — 5
. 19. Cantabile. Nicht um zu hassen, schuf Gott . — 7J
Apittds, ©. Op. 2. EehoMJuadrüle für Orchester . . t 20
Op. 80. Arion-RbtinlAnder für Pianoforle . . . — 7|
Canradi, A. Op. 110. Singvögel ehe®, Polka - Mazurka.
Wagner, Fr. Op. 64. Sachsen-Lieder, Marsch I. Oreh. 2 —
Gang'l, J. Op. 231. Sylveatertrüume f. Pianoforto und
Violine “ 15
Derselbe lür Pianoforte uud Flöte “15
— — Derselbe für Pianoforte zu 2 Händen — 15
— — Op.232. Im Traum. Polka-Mazurka. ReinsdorfT, O.
Op. 96. Galopp für Orchester 1 25
Hause, C. Op. 47. Glückliche Stunden. Charakteristi-
sch« Sitte ke för Pianoforte.
No. 1. Impromptu . . - - . — l»i
. 2. Idylle - 13*
, 8. Valse mclodiqoe » — 17 4
lleinadorff, C. Op. W'ally. Galopp für Pianoforte . — 7*
— — Op, 96. Toni-Polka. Wagner, fr. Op. 65. Dres-
dener Cewerbevereioa-Marsch für Orchester .... 1 25
_ — Op. 9t. Toni-Polka für Pianoforte — 7|
Tkir. Sr-
ffeinsdorff, <3. Op. 99, Sorgenbrecher ■ Galopp L Pfte. — 7*
Op. 103. Gretaiieu- Polka, Apltina, C. Op. 31.
Arion-RheinlAnder for Orchester 1 20
üermann, E. Op. 32. Neueste leicht fassliche Berliner
Zltherschule . . . < . . * 1 22)
Hundt. A. Op. 15. La lautern«, PoJkn-MaZourka. Helna-
dorlT, «. Op. 99. Sorgenbrecher-Galopp f. Orchester 1 22*
Lange, G. Op. 51. Minnelied. Melodie für Pianoforte . — 12*
Leeoq, Ch. Thwblumo, Buffo- Oper in 8 Acten. Pot-
pourri, arr. von F. Brissler ...... ... — 17*
Rcdern. Graf W. v. Hymne des norddeutschen Bundes
für Chor und Orchester. Partitur — 10
Dieselbe für eine Singstunme — 7*
Scbttnburg, tt. Op. 64. Le petit Savoyard. PiFce me-
lodique pour Piano . . — 12{
9 kuher*ky F. %. Op. 17. Studien für die Orgel. HÄ. II — 20
Trrbde, O Op 121. An Rose, Lied von Carsehmann,
Tran.scriptiou Ittr das Pianoforte . . # * * — 17*
W Berat, R. Op. 50. Variationen über ein Origionlthema
für Orchester. Partitur . iJ ........ -j - 15
Dieselben. Orcheeterstimnien ........ 8 —
Dieselben. Arrangement für Pianoforte zu 4 Hdn. — 15
Coilecüon des ocucrea ciaaaiquea et moderne».
Beethoven, L. v. Marti* All« turea für Pianoforte tu
4 11 finden, arrangirt von il. Ulrich 1* Bg,
Ouvertüre zu „Coriolan“ f. Pianoforte zu 4 HAu-
deu, arr, von II. Ulrich 4
Ouvertüre zu „Leonore“ III. f. Pianoforte zu vier
HAnden, arr. von H. Ulrich .......... 7) -
Op. 6& VI. Sinfonie für Pianoforte zu 4 HAnden,
arr von F. Brissler 17 -
d*. Op. 98. VIII. Sinfonie f. Pianoforte zu 4 HAnden,
arr. von F. Ed. Wilsing . . . . . . . . . . . 13* -
Haydn, J. Streich-Quartett«. Op. 64. No. 4 5. 6. arr.
für Pianoforto und Violine von A. Grünwald. Heft VII. 19 -
— — Serenade, arr. pour Chaot et Plano. . . . . 4 1* - .
Richards, Brialey. Op. 5. C'eat une fillc charmante,
que j’Aime. Romance p. Piano 3
Schubert, Fr. Op. 94. Moments muslcals. Cplt. . . f>
V.rlwt von Id. B.U * B. B..k IE. »mH. Kflnlgl. Hofa.m.Mi.ocllmig in Beriin, S ir. 33t. und U. ä. Linden No. 8 7.
ßruek ro« C. f. Schmidt in Bert», linier «Ua Uadoa So. ».
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XXIII. Jahrgang M 2.
Von Ji*§«r Ztiiun^ tracltainl wO^iienllirh
«ine Nunimer.
13. Januar 1869.
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Zu beziehen durch:
WIEN- Spina. H*slmjrr
PARIS. Hrandua, Rur Rkkeliea.
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Preis der einzelnen Nummer b Sgr.
Jährlich 3 Thlr.
r “ ' Jährlich l T
Inserlionspreis Tür die ZeÜc 1} Sg
I janrucQ s mir. i . p . .
Halbjährlich I Thlr. 25 Sgr. »
Inhalt. Ein Brief von M. Haujifmanu. milxrlhrilt von Uuatav Engel. — Berlin, Revue. — Corrrspondemen aua Pani« v
Keoilleton: Ein Klerbl*l< i> chlort). — Jo«f«al*Rrvoe. — .Nartirirhten. — loterelr.
Ein BrieT von Moritz Hanptmann,
milgetheilt t*on (»tittaü Engei.
Nachdem ich bereits bald nach dem Erscheinen von
Hauptmann's epochemachendem Werke „Die Natur der
Harmonik und Metrik“ dasselbe in den Grenzboten ausführ-
lich besprochen halle, gab mir das Werk von Helmholtz
„Die Lehre von den Tonern p find ungen“ noch einmal Gele-
genheit, darauf zurückzukommen. Ich brachte das letztere
im Sommer 1863 in der Vossischen Zeitung zur Anzeige,
verglich dabei die Principien von Helmholtz mit denen
Hauptmann’s und kam zu dem Resultat, dass beide sehr
wohl neben einander bestehen könnten, ja dass sie in einer
vollständigen Theorie der .Musik zu vereinigen seien. An
Hauptmann, mit dem' ich persönlich nicht bekannt war —
ich lernte ihn erst zwei Jahre später bei einem flüchtigen
Besuche in Leipzig kennen — übersandte ich meinen Arti-
kel mit einem die Sache noch näher erläuternden Briefe,
von dem ich keine Abschrift zurückbehntten habe, und er-
hielt darauf eine Antwort von ihm, die ich der Oeffentlich-
keit übergebe, nicht nur weil sie die näheren Freunde und
Verehrer Hauptmann's interessiren wird, sondern weil sie
überhaupt bedeutungsvoll ist. Der Brief lautet folgender-
maßen :
Leipzig, den 3. October 1863.
Lieber verehrter Herr Engel!
Es hat immer als Schuld auf mir gelegen, dass ich
Ihren inhaltreichon und gegen mich so wohlwollenden Brief
so lange unbeant woriet gelassen habe. Wenn noch so
viele anzuführende Abhaltungen genannt werden könnten,
so ist das im Ganzen immer keine Entschuldigung für
sechswöchentliches Nichtbeantwortcn eines Briefes, der
wohlmeinend zu uns spricht und uns Freude gemacht hat.
Ihre Besprechung meines Buches über Harmonik und Me-
trik, in den Grenzboten, habe ich damals gelesen; es ist
aber zu lange her, als dass mir noch Alles im Gedächt-
nis« wäre, was sie enthielt; ich werde das Blatt mir aber
wieder zu verschaffen suchen. Den Helmholtz haben Sie
sehr gründlich studirt, weit verständiger als ich, und haben
sehr klar darüber gesprochen, neben seinen Anschauungen
auch die mehligen, in Bezug auf Musiktheorie, als eine Be-
trachtung der anderen Seite, nicht verworfen. Das ist mir
sehr werth. Ich glaube auch, dass beide neben einander
bestehen können — weniger, dass sie zu verbinden sind,
da sie in ganz differenten Sphären sich bewegen, entschie-
den andere Ausgangspunkte haben, als indem jede eine
andere Seile derselben Sache zur Betrachtung ziehet und
als Hauptsache ausführt. Bei Helmholtz kommt die Defi-
nition des Verständigen in der Musik nicht zur Klarheit.
Bei mir ist von der physiologischen Wahrnehmung der
Klangwelt kaum die Rede. Ich wurde bald nach dem Er-
scheinen des Helinholtz'schen Buches aufgefordert, für die
hiesige musikalische Zeitung eine Besprechung desselben
zu unternehmen. Das ging von Otto Jahn aus, und ich
schrieb diesem über die Sache. Dieser Brief ist jetzt selbst
in die Zeitung gekommen; allerdings nicht ohne meine Zu-
stimmung, aber nichts weniger als auf mein Anregen, und
ich hätte meine Zustimmung vielleicht nicht geben sollen,
da der Brief gar zu wenig für öffentliche Bekanntmachung
abgc fasst ist, und das eigenthümlich Werlhvolle im Helm-
holtz'schen Werke, das ich hochschätze, gar nicht einmal
zur Sprache, viel weniger zur Anerkennung kommt: da
eigentlich nur von der Verschiedenheit seiner Anschauun-
gen von denen in meiner Harmonik die Rede ist. Auch
erfährt man von beiden aus dem Briefe eigentlich Nichts,
weil die Kenntniss der beiden Bücher vorausgesetzt wird.
Ich schicke Ihnen aber die Zeitungsnummer dennoch zu,
betrachten Sie den Brief, wie es auch zu Jahn war, als
eine Privatmittheilung Über Dinge, die uns schon bekannt
sind. Was ich ira Briefe als allgemein zu bedauern an-
führe, dass meine Darlegungen über das principielle Wesen
des Tonverständnisscs undeutlich oder missdeutlich geblie-
ben, muss ich natürlich jedem Einzelnen gegenüber, der
eingehend herantritt an meine Anschauungsweise, ain aller-
meisten bedauern. Es ist hier, wie bei den Parafinlampen,
2
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wo die eigentlich leuchtende Flamme Ober dem Docht
schwebt, mit diesem keinen materiellen Zusammenhang hat
— denn ich möchte alle Zahlen, wiewohl sie bei mir schon
auf 2, 3 und 4, und in diesen wenigen wieder auf 1 , 2
und 2 als 1 reducirt sind, noch weggedacht und nur Ein-
heit, Gegensatz und geeinten Gegensatz betrachtet haben,
so dass von 3 und 4 als Zahl schon die Bede sein kann, wie
das Dreifache in metrischer Beziehung auch nicht vot kommt,
sondern nur die Gliederung des noch doppelt Gedeuteten
im Zweifachen: \ — ! — mit dem Dissonanzmoment
im mittleren Gliede, in der Musik die Quint, ohne desshalb
dies Intervall iin gewöhnlichen Musiksinn zur Dissonanz zu
machen. Man möchte Oberhaupt aber öfter herauslreten
aus dem speciell Musikalischen, um leichter einen Stand«
punkt zu gewinnen, dieses in seiner Natur zu betrachten,
denn die Natur des Musikalischen hat doch nicht eben eine
besondere Logik, ein betonderes Verständnis*; es ist des
allgemeine auf die Klangwelt gerichtet. Die Metrik ver-
ständigt mir die Harmonik, und diese die Metrik; dieselben
Verstdodnissmomenle kommen in dem einen und andern Gegen-
stände wieder vor, und wie das Gleichnis oder das Sprichwort
ein Charakteristisches betont, so erklärt es oft besser als
es aus der Sache selbst geschehen kann. Wenn ich eine
rothe Kugel vor mir habe, kann ich an ihr das Bolh-sein
und das Bundsein gesondert in's Auge fassen. Botli-sein
und rund-sein bilden aber keinen Gegensatz, das sind ein-
ander fremde Dinge. Der Gegensatz kann nur da eintrelen,
wo dasselbe Eine als Anderes sich entgegengesetzt ^ wird ,
wie in dem vorstehenden dreizeitigen Metrum —
wo dasselbe mittlere Glied als anderes sieb selbst entgegen-
gesetzt ist. So würde die rothe Kugel, an welcher das
rotli-sein und rund-sein einander noch nichts angchl, erst
einen Gegensatz in sich Anden lassen, wenn wir das rothe
Rundsein dem runden Rolhsein gegenOberslellen, das ist
dasselbe Ding in sich entgegengesetzter Bestimmung. Das
ist aber noch nicht das concrete wirkliche Ding, dieses be-
sieht erst nach Aufhebung der Trennung des als verschie-
den Gesetzten. Das unmittelbare Gante ist Oclav, in seinem
Unterschiede ist es Quint, in dem concrelen Beisammensein
des Unterschiedenen ist cs Terz oder .Wirklichkeit. Ich
nenne das erste Moment Octav. Der Grundion zu dieser Oclav
ist das Ding selbst, dessen Begriff als unmittelbare Ganz-
heit die Octav ist. So kann der Klang einer tönenden
Luftsäule nie die Ganzheit der Säule produciren, denn es
muss erst ein gegen einander sich Verhaltendes da sein
(ein Knoten), wenn Klang entstehen soll. Wenn der tief-
ste Hornton aus dem Ganzen des Materials käme, also I wäre,
so müsste der nächste 2, die Octav sein; er ist aber 3,
die Quint, mithin ist 1 nicht dagewesen. Das erst Erschei-
nende ist die Octav. Ich habe das in einem Aufsätze in
Chrysander's Jahrbüchern, iin Artikel Klang, besprochen,
der Ihnen vielleicht einmal zu Gesiebt kommt. Nächst die-
sem Aufsatze Ober Klang enthalten die Jahrbücher noch ei-
nen andern Ober Temperatur, den Sie vielleicht gelegentlich
auch einmal ansehen. Nochmals bitte ich Sie uni Entschul-
digung für mein ungebührlich langes Niclitnntworlen und
würde mich sehr freuen, von Ihnen selbst zu hören, dass
Sie mir darum nicht bös sind. Mit den angelegentlichsten
Empfehlungen und GrQssen Ihr ganz ergebenster
Hnuptmann.
leb habe diesem Brief nur noch Weniges liinzuzufügen.
Ueber die Art und Weise, wio ich mir die Vereinigung
der llnuptmaiirrschen und Helmhollz’sclien Principien dachte,
giebl folgende Stelle meines Artikels Aufschluss. „Ob die
Hdmholtz'sche Lehre die alte (in« thematische), wenigstens
iri der ihr von Hauplmann gegebenen Umbildung, umstössl?
Wir glauben es nicht. Es scheint uns vielmehr, als ob die
eine die andere ergänzt, als ob jede von beiden eine und
dieselbe Suche nur von verschiedenen Gesichtspunkten aus
beleuchtete. Die eine sucht die Dreiklangsmtervalle durch
sieb selbst als die richtigen zu erweisen, die andeie dadurch,
dass sie die einzig mögliche Bedingung eines physisch un-
gestörten Zusammenhanges sind. Wenn hier der seltene
Fall vorliegl, dass die physisch« und metaphysische Methode
zu demselben Resultat geführt haben, so ist das doch kein
Grund, die eine von beiden zu verwerfen. Nicht dies allein,
nicht jenes allein Kt das wahre Geheimnis* der Musik, son-
dern erst in Beidern zusammen haben wir das Ganze. Der
Hauptmann'.scheri Theorie fehlte eine Erklärung, wie das
Ohr es anfängt, die Quinte und Terz in ihrer geistigen Be-
deutung zu verstehen. Diese Erklärung giebt Helmholtz
durch das physisch zwingende Mittel der Schwebungen,
die bald auf diese bald ouf jene Weise entstehen, immer
aber in realistischer Weise sich fühlbar machen. Der
HelmholtsScben Theorie fehlt, trotz der erstaunenswürdigen
Consequenz des Baues, das innerlich geistige Band; denn
der Keim des Ganzen bleibt an Stelle des viel geistigeren
Zahlen Verhältnis ses die blosse Differenz und als Wir-
kung derselben d e physische Ermüdung durch ein stetes
Nachlassen und Wiederaufflammen des Ton reize*. Bei
Helmholtz ist der Klang selbst in seiner physischen Wir-
kung, in seiner Formation und Fortgestallung der Mittel-
punkt der Musik lehre; bei Hnuptmann der BegrifT und ah
Symbol desselben die Dreiklangs- Verhältnisse. Bei Helm-
hollz werden die Grundlagen der Musik aus den empirischen
Zuthelen des klingenden Tons erwiesen, bei Hnuptmann
aus sich selbst heraus. Jenes ist wahrscheinlich das sub-
jektiv Wirksamere, dieses das ohjecliv und begrifflich Rich-
tigere. Auch wenn es keine Ober- und Coinbinalionslöne
uflbo, würden die harmonischen Verhältnisse in der von
Hauptmann nngedanteten Weise geordnet werden müssen;
aber es würde vielleicht das Mittel fehlen, um sie dem
sinnlichen Ohre aufzuzwinge»“. Ich bin später noch ein-
mal ausführlicher auf denselben Gegenstand zurückgekom-
men, in einer Abhandlung, die 1867 in einer philosophischen
Zeitschrift: der Gedanke (herausg**g«ben von Miclielet
und Bergmann) abgedruckt war. Auch diese Abhandlung
übersendete ich Hauplmnnn, aber leider zu spät; sie wird
gerade an seinem Todestage in Leipzig eingetrofTen sein.
Ich versuchte hierbei eine Umbildung des ilauplmnnri'schen
Beweises für den Dreiklang, die ich Übrigens bereits in mei-
uer oben erwähnten Greozbolen-Krilik angehahnt hatte.
Es wäre mir lieb, wenn ouch Musiker davon Notiz
nehmen möchten. Der Ueberteugung, dass Hauptmann
den richtigen Weg zur Erkenntnis? des inneren musikalischen
Organismus «»geschlagen, bin ich bis heule treu geblieben ;
für die bestimmtere Anwendung der rein theoretischen Ge-
setze auf die empirische Welt der Klänge sind aber die
Helmhollz'schen Untersuchungen durchgreifend. Was Spä-
tere versucht haben, über Hnuptmann und Helmboltz hin-
aus, in noch subtileren Erklärungen, scheint mir willkürlich
und mnasslos; Leistungon von solcher Grösse sind nicht sn
schnell zu überbieten.
Berlin.
/fee« e.
(Königl. Opernhaus.) Herr Carl Eckert, der neuenga-
girle Kapellmeister, versiebt seit dem 1. Januar sein Amt.
Uns wurde am 5. zum ersten Male die Gelegenheit ge-
boten, Herrn Eckert Verdi'* „Troubadour“ dirigiren zu sehen
und wir berichten mit Freude, dass seine Art und Weise
den besten Eindruck auf uns gemacht hat. Herr Eckert
besitzt Verständnis! des Gesanges, sowohl was die melo-
dische Breite, als was die Technik anbelangt. Aus dieser
n
Eigenschaft ergeben «ich die wohllhueodsten Resultate. Das
Orchester spielte so dis erd, dass es den Singenden mög-
lich wurde, Cantilenen mit halber Stimme zu geben und
trotzdem die grossen Räume des Opernhauses genügend zu
durchdringeo. Selbst in den SteUen, wo das Orchester die
Melodie führt, wie z. B. io der Erzählung der Azucena im
zweiten Act, wurde unbeschadet der sorgfältigen Nuanciruog
hei fortwährendem Tremolo das angenehme Piano nictil aufge-
geben. Herr Eckert gehört jedenfalls zu den befAhigslen
Dirigenten; diese gute Meinung wurde durch seine Leitung
der „Hugenotten“ am 8. bestätigt; er dirigirte ebenso ruhig
ab umsichtig. Wir hoQeu, dass er unserer Kgl. Oper ein fieissiger und
sorgsamer Kapellmeister, zugleich aber ein Förderer der Operncora-
positiuo nach allen Richtungen hin sein werde. Itn Uebrigen
haben wir wenig zu berichten. Herr Alexis, vom Düsseldor-
fer Theater, welcher im „Troubadour“ den Luon sang, zeigte
6ich weder durch Klangschönheit, noch durch genügendes Vo-
lumen der Stimme hiesigen Anforderungen gewachsen. In den
„Hugenotten“ sang Frl. Meissner vom Theater zn Cassel
die Königin mit ansprechender Stimme aber ungleicher Tech-
nik; sie brachte die Parthie ganz gut durch, ohne ihr indessen
den uöth'gen Glanz verleihen zu können. Herr Wachtel war,
wie immer ein gesanglich brillanter Raoul, welchem die Herren
Salo mon, Fricke, Schatfganz, wie die Damen Vaggen-
bub er und Börner wacker zur Seile standen.
Uebfr das zweite Concerl, welches der Tonkünsller-Verein
am 8. d. veranstaltete, lässt sich nicht so Günstiges sagen,
als Ober das erste. Diesmal trat ein umgekehrtes VeihAllni&s
hervor: die technischen Leistungen waren besser als die Com-
positionen , welche trotz ihrer Bezeichnung „Concurrenz-Com-
Positionen“ schwerlich anderen Concurrenz machen werden.
Die zwei gemischten Quartette von Mnnnstädt traten in keiner
Weise aus der Üblichen Modemusik heraus. Die Sonnte voo
Ed. Rohde, von Herrn Dr. A (sieben sehr brillant vorgetragen,
ist in ihrer Fassung gut abgerundet und verr&ih eine kunstge-
Qbte Hand, doch ist die Erflnduog nicht bedeutend g<nug, um
durch vier Sitze hindurch die Aufmerksamkeit tu fesseln. Ein
namenloses Terzelt für Frauenstimmen voo H. Tapport war
durch seine absolute Abwesenheit jeglichen Anhnltepunktra in
BelrefT des Gedichtes gänzlich unverständlich. Herr Tapperl,
als eifriger ÖfTenllicher Verlheidigrr der Programminu»ik be-
kannt, erfüllt bei dieser eigenen Compositum nicht einmal
die allergewöhnlichsten Ansprüche, welche man aii eine Gesang-
compositum machen muss, dass man nämlich vveiss, um was
es sich handelt. So kreuzen sic li Theorie und Praxis oft in
einem Kopfe. Das Sextett für 2 Clarmetten, 2 Hörner und
2 Fagotte (kurioser Eiulnil) von H. L Holtmann, gab durch
dia Wahl der Instrumente dein Zuhörer so viel Ifirherliche
KlrtQgefTek'e zu hören, und stand dadurch mit der ernsl gehalte-
nen Composition in so jähem Abstande, dass man die Compo-
silion selbst nur wenig beurthrilen konnte, und das Wenige
war nicht der Art, dass es so fesselte, um die »ft komischen
Klangfarben der Instrumente, — welche selbst in der besten
Ausführung nicht zu umgehen sind — vergessen zu machen.
Das bedeutendste Werk, welches die erste musikalische Soiree
des zweiten Cyclus der Berliner Symphonie-Kapelle unter Lei-
tung des Herrn Professor Stern am 9. d. M. brachte, war
R. Schumann'» Rheinische Symphonie in Es-dur, aus 5 Sätzen
bestehend. Sie ist angeblich die dritte, gehört aber tliafaflch-
licli der letzten Periode Schumauu's an, als er sich bleibend in
Düsseldorf niedergelassen batte. Weniger durch melodische
Erfindung, als durch ausserordentliche Gestaltungskraft zeichnet
dieselbe sich aus und zwar vorzugsweise in den ersten drei
Sitzen, wihrend der lelzte, der fünfte, mehr loichl hingewor-
fen, als sorgsam ausgearbeitet erscheint. Dagegen reiht der-
selbe, seinem ganzen Charakter nach, sich den ersten drei
Sätzen sehr wohl au und bildet mit ihnen ein Ganzes. Von
dem vierten Satze, der zu dem entschieden ausgeprägten Cha-
rakter frischer Lebenskraft ein kirchlich-religiöses Element hin-
zubringt, lässt sich nun einmal nicht in Abrede stellen, dass
die Symphonie als Ganzes durch denselben nicht gewonnen,
der einheitliche Organismus derselben vielmehr durch diesen
fremdartigen Salz, wie vortrefflich er auch an und für sich ist,
entschieden gelitten bat. Die Ausführung des Werks durch die
Kapelle unter Leitung des Herrn Professor Stern war eine vor-
zügliche. Dieselbe Anerkennung gebührt der Kapelle für die
gelungene Ausführung der höchst schwierigen Begleitung
des Violinconcerta von Max Bruch, welches Herr Con-
eerlmeisler Fleischhauer vortrug. Unsre allerdings nicht
geringen Erwartungen, die wir von einem neuen Ton-
werke des durch seine „Frithjofsage“, aein „Salamis“
und andere Werke rühmlich*! bekannten Componislen heg-
ten, wurden nicht ganz erfüllt; nur dem dritten Satze (Fi-
nale! legen wir wegeu seines frischen, lebendigen Charakters
und seiner Klarheit in der Formbehandlung, einen Werth bei;
die beiden ersten Sitze (Vorspiel und Adagio) leiden an un-
klarer Verschwommenheit und scheinen zu verrathen, dass der
Componist mit der Geige nicht hinreichend vertraut ist, um stets
sich dessen bewusst zu sein, was er derselben zurauthen kann.
Ausser diesem Concerte trug Herr Fleischhauer eino Sonato
von Tarlini vor. Das Publikum nahm beide Leisluugcn bei-
fällig auf. — Von Gesangspiecen hörten wir in recht gelun-
gener Ausführung und mit einer, besonders in der höheren
Lage, wenn sie nicht angestrengt wird, anmulhig klingenden
Stimme, durch Fifiulein Elise A v4 -Lall erna n t vorlragen:
1) die Arie der Jessonda „als in mitternächl’ger Stunde“ aus
Spohr’s gleichnamiger Oper, 2) „Mondnacht“ von R. Schumann
und 3) „Grelchrn am Spinnrad“ von Fr. Schubert. Endlich
wurde zu Anfänge der Soireo unter Leitung des Componislen
Herrn Rudorff eine bisher mehl gehörte Ouvertüre zu „Otto
der Schütz“ gegeben, welche, wenngleich nicht durch reiche
und originale Erfindung ausgezeichnet, doch um ihrer gewand-
ten Formbehandlung und ihres efleclvollen Charakters willen
den ihr gezollten Beifall wohl verdiente.
Das Programm der fQnften Sinfonie-Soiree der Königl.
Kapelle bot ausschliesslich nur illero Werke, ji-doch in inte-
ressanter Zusammenstellung, als 1 ) Ouvertüre zur Weihe des
Hauses (Op. 124) von Beethoven, 2) die schon im vorigen
Winter aufgelührten zwei Sitze aus der unvollendeten Sinfonie
H-moll von Franz Schuberf. welche auch heule mit gesteigertem
Beifall aufgenommen wurden, 3) Ouvertüre zu „Faust“ von
Spohr, 4) Sinfonie A-dur von Mendelssohn und 5) Ouvertüre
zu „Egmont“ von Beethoven. Simmtliche Werke wurden
von der Königl. Kapelle in vorzüglichster Vollendung ausgeführl.
Eine besondere Bedeutung erhielt der Abend dadurch, dass
der Dirigent der Sinfonie-Soiröen, Herr Oberkapellmeister Tau-
be rt, welcher, wie bekannt, nach seinem am 1. Januar er-
folgten Austritt aus der Königlichen Oper die Oirection der
Hofcoocerte und der Sinfonie-Soireen bcibehnlten, io Bezug
auf Letzteres bei seinem Erscheinen am Dirigirpull vom Publi-
kum mit allgemeiner freudiger Acclamalion empfangen wurde.
d. R.
2 *
Correapondenzen.
Paris, 9. Januar.
Die allzu überspannten Erwartungen, die man dem ersten
Auftreten der jungen Amerikanerin, Fräulein Minna Hauck, als
Amina in der „Sonnambula“ im TMMra Italien entgegentrug,
batten, wie dies gewöhnlich geschieht, ihre natürliche Rescliou
im Gefolge. — Zumeist trägt in solchen Fällen der betreffende
Künstler die geringste Schuld daran, sondern nur die allzu eifri-
gen Freunde desselben, welche den Enthusiasmus des Publikums im
Vorhinein zu reguliren suchen, wie man etwa eine Ihr aufzieht.
Was Wunder, wenn dann bei allzu rascher Handhabe die Kette
reiset. — Fräulein Hauck hat alle Anlagen, eine grosse Künstle-
rin zu werden, doch gegenwärtig trägt sie noch allzusehr den
Einfluss der genossenen, allerdings tüchtigen Schule, und ist
sie noch allzu jugcudlich, um der Anforderung auf selbststän-
dige künstlerische Orginalität, auf tieferes, eigentümliches Er-
fassen der von ihr reproduc-irten Aufgaben, vollends genügen zu
kennen. Auch scheint ihr Organ für die leidenschaftlichen Ac-
cente für jetzt noch nicht ergiebig genug, und ist ihre Vortrags-
weise mehr glatt, als dramatisch-uuancirt, mehr Concert-, als
Bübncngemäss. Ihr Geschmack in der Caulilene, und ihre Agi-
lität in den Coloraturstellen verfehlte iudess nicht ihr lebhaften
Beifall einzutragen, insbesondere nach dem Rondo • Finale.
Wahrscheinlich haben Befangenheit und der Mangel einer vorher-
zugehenden Orchesterprobe dem ersten Auftreten der Künstlerin
Eintrag gethan, und steht von den ferneren Debüts noch in
stimmlicher Hinsicht eine günstigere Disposition zu erwarten. —
Einen grossen ungetheilten Erfolg erwarb sich am selben Abende
der Tenor Nicolini. — Im ThAAtre lyrique bildet Adam's neu-
einstudirter „Brasseur de Preston“ die Hauptauziehungskraft des
Momentes. Demnächst dehulirt daselbst die auch in Berlin be-
kannte Sängerin Fräulein Orgeni als Violett«- — Offenbach's
neue Oper „Vert-verl“ wird In der Opera comique erst gegen
Mitte Februar in Scene gehen. — Frau Gueymard, aus
Madrid zurückgekehrl, trat vorigen Sonulag in der Opera ab
Königin in Ambroise Thomas' „Hamlet“ wieder auf, und fand
in der von ihr creirten Rolle die frühere grosse Anerkennung. —
Das dritte Concert des Conservatoire enthielt als erste Nummer
Beethoven's C-moll-Sympbonie uud als letzte Haydn'a 29. Sym-
phonie in G-dur — eine etwas seltsame Zusammenstellung, denn
gewöhnlich beginnt man Concertprogramme mit Haydn und en-
det mit Beethoven — nach den Gesetzen der Steigerung. Oder
wollte man den schweren Stein zuerst wegwälzen? Die Mittel-
nummern bildeten der Chor aus „Blanche de Provence“ von
Cherubini, ein Fragroeut des Ballets „Prometheus“ von Beetho-
ven, das erste Finale aus Mendelssobn's „Loreley“, das Solo ge-
sungen von Fräulein Marie Roubaud, mit Correctheit, doch
geringem dramatischem Applomb. — Das 12. Concert populairr,
unter der Leitung Pasdeloup's, begann mit Haydn'a Symphonie
„la reine“ und schloss in logischerer Weise, als das Conserva-
toire • Concert, mit Beethoven's C-moll-Sy raphonie. Somit zwei
Mal die C-inoll-Symphonie an einem Sonntag • Nachmittag. Und
da solleu die Pariser nicht classiscb gebildet werden. Ausser
der öfter gehörten Ouvertüre zur „schönen Melusine“ von Men-
delssohn, und dem türkischen Marsch von Mozart, enthielt das
Programm noch ein Clavier-Concert (No. 4) von Lilolff, welche
etwas phantastische Composilion von Herrn Theodor Ritter mit
der an diesem ausgezeichneten Pianisten oft gerühmten Klarheit
wiedergegeben wurde. — Die Privat-SoirAen, welche allwöchent-
lich einen grösseren Kreis von Künstlern und Kunstfreunden
um sich versammeln, sind im vollen Gange Die namhafteren
derselben sind die von dem Violoncellisten Lebuc und dem
Contrabassislen GouffA veranstalteten, allwo neben den Wer-
ken der classischen Meister, auch neue Musik, wie die mehr
melodiösen, als tief-concipirten Kammermusik-Compositionen von
Ad Ulanc (Quartette, Quintette, Septette) zur Aufführung gelan-
gen. Auch die Sonaten Haenel von Cronenthal's für Piano-
forte, welche das Moderne und das Classisclie in sich zu verei-
nen streben, fanden daselbst wiederholt gelungene Interpretation,
von tüchtigen Pianisten, wie Lointier. — Ueherdies Meten die
regelmässig eröffneten Salons der Marquise von Hericourt, einer
der kunstverständigsten Damen von Parts, den besseren Kunst-
vorträgen Gelegenheit, in Beziehung der Geschmacksbildung der
vielfach vorgeschrittenen neueren Pariser Generation, gegenüber
der flachen Salonmusik, auch in diesen Kreisen eine kunslwür-
dige Thäligkeit zu entfalten. A. v. Cz.
Pest, 9. Januar.
Mit dem Wiedercrvvacben unserer politischen Existenz ist
auch auf dem Gebiete der Kunst ein regeres, rührigeres Leben
eingelreten. So sind ausser den schon früher bestandenen 4
Liedertafeln, worunter die Ofener als die tüchtigste bezeichnet
werden muss, eine „philharmonische Gesellschaft“, aus dem Or-
chester des Nalionaltheaters bestehend, und eine „Gesellschaft
der Musikfreunde“, ein Verein der tüchtigsten Dilettanten, neu
ins Leben getreten. Letztere und die Ofener Liedertafel verfü-
gen auch Ober ein hübsches Contingent weiblicher Gesangskräfle,
deren Leistungsfähigkeit sich schon zu wiederholten Malen be-
währt hat. Dass es auch an Quartettvereinen nicht mangelt,
braucht wohl nicht erst constatirt zu werden. Sie ersehen dem-
nach aus der flüchtigen Revue über die Kunstkräfte unserer
Stadt, dass man in Bezug auf Reproduction sowohl qualitativ
wie quantitativ au das Grösste und Schwierigste, was das Schema
der Kunstwerke aammtlicher grossen Meister aufzuweisen hat,
sich wagen dürfte. Dass dies noch nicht oder nur in sehr
schüchterner Weise bisher geschehen, findet seinen Grund ciues-
theils in dem Mangel an Selbstvertrauen, andererseits aber auch
zumeist darin, dass die maassgebenden Persönlichkeiten, die so-
genannten Spitzen der Körperschaften jener energischen Initiative
entbehren, die kein Hinderniss scheut, vor keinem wie immer
gearteten Hemnmiss zurückscbreckt. Auch muss man dem hie-
sigen Publikum den nur zu gerechtfertigten Vorwurf machen,
dass es bisher sein Interesse für derartige und auch andere hei-
mische 1‘nternehmungen nur so lange wahrte, als cs der Reiz
der Neuheit und — die Mode zuliessen. Hoffen wir, dass mit
dem AufhOrcn des politischen Provisoriums auch der Geschmack
und Sion lür's bessere und Gediegenere in Permanenz bleiben
w erden. — Von den in der diesjährigen Saison stattgehabten Con-
certen will Ich nur die hervorragenderen verzeichnen: Den Reigen
eröffnete Herr Edmund Singer, K. Würtemberg'scher Concert-
meisler, dessen künstlerischer und materieller Erfolg gleich be-
deutend waren. Ihm folgte Laub mit seinem in Wien ronstituir-
teo Quartett, dass sich aber keines besonderen SuccAs zu er-
freuen hatte. Frau Clara Schumann bleibt nun einmal das
enfant chvrie nicht nur aller Schuiuanoinner, sondern auch aämmt-
lieber Pianisten und Pianistinnen, die hier zu zu hunderten ge-
zählt werden können. Die von ihr gegebenen 2 Coucerte boten
viel Genussreiches. Das Quartett Hellmesberger aus Wien,
vor einigen Monaten erst rekrutirt, muss aus diesem Grunde eben
auf den Ruf eines makellosen, überraschenden Ensemblespiels
einstweilen noch verzichten, erst nach mehrjährigem Zusammeo-
spiel lässt sich das gewisse „Ein Herz, ein Schlag“ Im Quartett
erreichen. Nichtsdestoweniger fanden seine 3 Soireen sehr vielen
Anklang. Von Orcheaterconcerten sind die drei philharmonischen
und das der „Gesellschaft der Musikfreunde“ zu erwähnen; er-
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giere unter Leitung des Kapellmeisters Frans Erkel, Componi-
sten des „Hunyady 44 , letzteres dirigirt vom Professor Carl Thern.
Ueber die Programme und die Aufführung dieser Productionen,
so wie über das Cehahron der hiesigen Kritik im Allgemeinen
erhalten Sie nächstens einen ausführlichen, eingehenden Bericht.
Egeria.
Feuilleton.
Ein Kleeblatt.
Eine Skizze.
(Schis««.)
Prag selbst wimmelte von Menschen. Die Krönung Kaiser
Karls VI. zum Könige von Böhmen hatte sie zu Tausenden von
nah und fern herbeigelockt. Ein Fest drängte das Andere; eines
der grossartigsten aber war die Aufführung der Oper „Constanze
e Fortezza“ von dem berühmten Johann Joseph Fux, Oberkapell-
meistcr des Kaisers in Wien. Wer von Musikern die Reise nur
irgend hatte machen können, war gegenwärtig, war es doch schon
allein der Reise werth, die weltberühmte Kaiserliche Kapelle ein*
mal zu hören. Und nun gar erst die Oper des berühmteu Ober*
kapellmeisters dieser seltenen KQustlerverelnigung, und noch
dazu in einer Riesenaufführung! Die Wohnung des Vicecapcll*
meistere Antonio Caldara, der die Leitung des Ganzen über*
uommen hatte, wurde fast nicht leer von sich Meldenden, die
alle theils die Oper sehen, theils mitwirkeu wollten. Das Sehen
war ein schweres Ding; der Zudraug der hohen und höchsten
Herrschaften war so gewaltig, dass alle Plätze schon lange, lange
vergeben waren. Da die Aufführung aber im Freien abgehalten
werden sollto und sowohl Chöre als Instrumente unverbältniss-
massig verstärkt werden mussten, so wurde die Mitwirkung nach
genügender Legitimation für gute Leistung meist bestens accep-
tirt; sollten doch nicht weniger als 300 Sänger und 300 Inslru*
mentisten zur Verwendung kommen.
Auch unsere drei Unbekannten hatten sich mit Mühe und
Noth nach Capellmcisler Caldara'a Wohnung durcbgefuuden.
Der Aelteste gab dem aufwartenden Diener seinen Namen, Syl-
vius Leopold Weiss aus Dresden in Begleitung zweier Künstler
wünsche dem Herrn Kapellmeister seine Aufwartung zu machen.
Der Diener aber war nicht wenig erstaunt, statt des verdriesslichen
Gesichtes, mit welchem sein Herr die fortwährenden Meldungen
in letzter Zeit schon aufgenommen, denselben plötzlich aufsprin-
gen und ihn verwundert anstarren zu sehen. Er musste noch
einmal die Meldung wiederholen und seine Verwunderung er*
reichte den höchsten Grad, als Caldara ihn eilig bei Seite schob
auf die Thür zuslürzte, mit einem förmlichen Gejauchzt die drei
Fremden in‘e Zimmer zog und den Aelle&ten in seine Arme
schloss. Der Künstler war niemand Geringeres, als der berühmte
Lautenist der Dresdener Kapelle, Sylvius Leopold Weiss,
der dein Kapellmeister Caldara als der grösste Lautenspieler
Enropa'a mehr als zu gut bekannt war, und dass nun seine
beiden Gefährten, die er als Johann Joachim Qnanz und
Carl Heinrich Graun vorstellte, gleichfalls in den herzlichen
Empfang eingeschlossen wurden, verstand sich von selbst
Weiss und seine Freunde wurden in den Künsllerkreisen über*
all mit der grössesten Freude und Zuvorkommenheit aurge-
nommen, und sie brauchten sich um ihr ferneres Verbleiben in
Prag keine Sorge zu machen, andere Leute machten sich ein
Vergnügen daraus, diese Sorge für sie zu übernehmen.
Die Aufführung der Oper „Constanze e Fortezza 44 fand in
der angegebenen Grossartigkeit statt Bei derselben hatte Weiss
auf die besondere Bitte Caldara's die Theorbo übernommen, und
da sich seine Gefährten nicht von ihm trennen mochten, so
waren auch sie unter die Mitwirkenden eingereiht werden, und
zwar Quanz als Oboebläser und Graun als Violoncellist Fest-
tage waren es, namentlich för die jungen Männer, obwohl sie
die glänzendsten Zeiten der Dresdener Oper mitgemacht und be-
reits hinter sich hatten, Festtage der schönsten Art, die sic hier
in Prag durchlebten, Aufführungen der mannigfachsten Art wur-
den veraustallet, Bekanntschaften über Bekanntschaften ange-
knöpfl. Der grösste Gewinn für sie war aber die innige Ge-
meinschalt, in die sie unter einander sich einlebten, und die
zu einem Freundschaffsbunde für’s ganze Leben führte.
Weiss, igeb. 1684 zu Breslau), schon in das ruhigere Aller
eingetreten, blieb in Dresden, wo er eine grosse Anzahl von
Schülern heranbildete, bei Hofe und im Volke äusserst beliebt
war und sich in dieser Beliebtheit auch bis zu seinem Tode
— den 10. October 1760 — zu erhalten wusste. Alle Stimmen
der Zeitgenossen sind unerschöpflich in seinem Lobe, nament-
lich entzückte der Reiz seines seelenvollen Vortrags und wurde
die Kunst des linprovisirens, die er in ungewöhnlichem Maasse
besessen, bewundert.
Seine beiden jungen Freunde mussten sich aber ihre Sporen
erst noch verdienen. Quanz, (geh. 30. Januar 1607 zu Ober-
scheden bei Göttingen), war seit 1717 als Oboist bei der Königl.
polnischen Kapelle in Dresden angestellt, wendete sieh aber un-
ter Buflardin's Leitung privatim der Flöte zu und übte sich auch
in der Composilion. Nach jener Prager Reise ging er nach
Italien, genoss in Rom den conlrapunctischen Unterricht Gaspa-
rini's und wandte sich 1735 nach Neapel. Hier fand er durch
llasso Eingang bei A. Scarlatli, blieb bis zum folgenden Früh-
jahr und ging daun über Rom und Venedig, wo er Leonardo da
Vinci, Porpora und Vivaldi kennen lernte, nach Paris und Lon-
don. 1737 nach Dresdeo zurückgekehrt, wurde er als Flötist
mit 3(10 Thlr. Gehalt bei der Kapelle angestellt. Schon 1738
lernte er den Kronprinzen Friedrich von Preussen bei Gelegen-
heit einer Reise im Gefolge des Königs von Polen nach Berlin
kennen, und obgleich er das Anerbieten der Königin von Preussen
mit 800 Thlr. Gehalt in preussische Dienste zu treten, ausschla-
geu musste, weil ihr Gemahl gegen eine solche Anstellung war,
so erhielt er doch die Erlaubniss alle zwei Jahre nach Berlin
reisen und den Kronprinzen im Flötenspiel unterrichten zu dür-
fen. Auf seine Bitte bewilligte man ihm übrigens in Dresden
1733 auch ein Gehalt von 800 Thlr. Bei diesen Lehrreisen nach
Berlin mag er seinen erlauchten Schüler wohl auf seinen Freund
Graun aufmerksam gemacht haben. Dieser war im Jahre 1725
auf die Empfehlung des Hofpoeten Ulrich von König von Dresden
als Opernsänger (hoher Tenor) nach Braunschweig gegangen,
wo er sich jedoch durch sein ausgezeichnetes Composilionata-
lent sehr bald zum Vice-Kapellmeisler aufgeschwungen hatte
und bei seinen Herzogen sehr beliebt war. Von diesen erbat
sich Kronprinz Friedrich den Sänger Graun und so kam er —
damals 34 Jahre alt — schon 1735 nach Rheinsberg. Nach dem
Regierungsantritte Friedrichs musste er eiue Reise nach llalieu
machen, um eine italienische Säugergesellscbaft für Berlin zu-
sammen zu bringen und wurde nach seiner Zunlckkunff mit
3000 Thaler Gehalt zum Kapellmeister ernannt Quanz siedelte
erst 1741 mit gleichem Gehalte für immer nach Berlin Über, wo
er den Unterricht des Königs zu leiten halte.', der ihm jede sei-
ner Compositioncn noch besonders hnnorirte und für jede von
ihm gelieferte Flöte — welche Instrumente Quanz seit 1739
selbstständig baute — 100 Ducateu zahlte. Quanz hatte auch
des Königs Kammer • Concerte zu arraugiren, brauchte aber im
Orchester nicht milzuwirken.
Dass beide Künstler bis an ihren Tod die Günstlinge und
Freunde des grossen Königs gewesen sind, ist ja allbekannt; er
jogle
musste sber beldo Doch vor sich abschclden sehen, da Graun
schon am 8. August 1759 plötzlich starb und Quaaz ihm am
12. Juli 1773 in das Jenseits uachfolgte. W. Lackowitz.
Journal-Revue.
Die Leipi. Allg. Mus.-Z(g. enthalt eine Apologie Anton Ru-
binstein's und Reeenaionen. — Die Neue Zeitsohr. f. Mus., Signale
und Südd. Mus.-Ztg. sind uns nicht zugegangen.
Die franiösisohen Zeitungen bieten nichts Erhebliches.
Nachrichten.
Berlin. Herrn Kapellmeister Dorn Ist von Sr. Majestät dem
Könige der Rothe Adlerorden dritter Klasse mit der.Schleife ver-
liehen worden. Ferner hat ihm das Solopersonal der Hofoper
am Neujabrslago einen prachtvollen silbernen Pokal mit einer
Adresae zugeben lassen.
— Der Musikmeister Herr F. W. Voigt im 1. Garde-Regiment
zu Fuss in Potsdam ist zum Königl. Muaikdirector ernannt worden.
— Dem Königl. Kammersänger Herrn Wachtel ist, bei
Gelegenheit seines letzten Gastspiels in Weimar, von dem Gross-
herzog das Ritterkreuz II. Klasse des Grossh. SAchs. Hausordens
vom weissen Falken verliehen worden.
— Am 9. d. fand das 100. Concert der Dilse'schen Kapelle
in dieser Saison statt, welches durch sein Interessantes Programm
besondere Zugkraft ausObte. Die Ausführung war wie immer
eine mustergültige. — Die Concerte des Herrn Bilse erfreuen sich
der grössten Beliebtheit beim Publikum und fast in jedem der-
selben ist der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt In den
Sinfonieconcerten ist Herr Muaikdirector Bilse eifrig bemüht, dem
Publikum die neuesten Erscheinungen gediegener Richtung vor-
zufübreo, so hörten wir u. A. Rubinstein's Charakterbild „Iwan“,
die Variationen von Wüeret, Featouverture von Ulrich und die
Suiten von RsfT und Lacbner.
Braansehweig Sechstes Abonneraent-Concert des Vereins
für Concertmusik unter Mitwirkung des Herrn Wilhelmj:
Ouvertüre zu den „Abenceragcn“ von Cherubini, Violinconcert
von Rubinstein, Notturno aus dem „Sommernacbstraum“ von Men-
delssobn-Bartholdy, Fantasie über „Othello“ von Ernst und Sin-
fonie C-dur von Schubert.
Breme«. Herr Heinrich Barth hat im letzten Privatconcert
allgemeine Anerkennung geerntet. — Io der soeben staltgefuode-
nen Jacobsohu'sehen Quartettsoirie kam u. A. ein neues Lach-
ner'sches Trio sowie das Scbumanuscbe A-dur-Quartett gelungen
zur Aufführung.
— Conradi's komische Oper „Das schönste Mädchen im
SIAdlehen“ geht nAchsten Freitag am hiesigen Stadttheater in
Scene. — 2tc Soirie für Kammermusik der Herren Engel,
Cabiiius etc.: Trio« G-dur (Op. 1 No. 2) von Beethoven und
C-moll |0p. 66) von Mendelssohn und Quintett von Schumann.
Brest««. Am 14. d. wird Anton Rubinetein sein drittes
Concert und zwar mit Orchester geben. — Die 7te Soir4e
des Vereins für Kammermusik bot unter Mitwirkung von
Tau6ig folgendes Programm: Quartett (D-dur) von Beetho-
ven, Präludium, Fuge und Allegro von Bach, Toccata von Schu-
mann, ClavierquarteU (G-moll) von Brahms und Claviersoli von
Chopin und Liszt. — 7. Concert des Orchestervereins unter Mit-
wirkung des Herrn Tausig: Sinfonie (Es*dur) von Haydn, Cla-
vier-Concert (A-moll) von Schumann, 2 SAtze aus Schubert s
H-moll-Sinfonie, Ouvertüre zum „Freischütz“ uud Claviersoli.
Cassel. Dritte Soir6e für Kammermusik des Herrn Conceii-
meisler Wipplinge r: Quartett (B-dur) von Mozart, Polonaise
Op. 22 von Chopin, Serenade von Haydn und Pianoforte-Quarteti
von Sohumano.
Cleve. Herr Muaikdirector Fiedler hat Haydns „Schöpfung“
in gelungener Weise Aufgeführt.
CAI«. Die am 22. Decemher stattgehabte Soirte der Herren
Japha, Seias etc. brachte 2 Quartette in B-dur von Mozart und
Es*dur von Cherubini, die Beethoven'sche Violinsonate Op. SO
No. 1 (G-dur) und Clavierstücke von Seiss. — 6. Görzenich-Con-
cert unter Mitwirkung der Herren Gernsheim und Lübeck:
Ouvertüre zu „Aladin“ von Horoemann, Clavierconcert (neu) von
Gernsheim, Arie und Chor aus „Samson“ von Händel, Concert-
stück uud Adagio für Violoncell von Lübeck, „0 weint um sie“
von Hilier und 2te Symphonie (D-dur) von Beethoven.
Dortmund. Der laufende Monat brachte uns zwei Auffüh-
rungen des hiesigen Musikvcrcius, die aIs in jeder Beziehung
gelungen bezeichnet werden können. Die erste, am 17., bot
folgendes Programm: Siufonie No. 8 von Beethoven, Arie für So-
pran aus „Figaro's Hochzeit“ von Mozart, Conccrtatück für Vio-
line von Bazzini, Concert-Ouverturc von A. Horn, 2 MAnnerquar-
tette von Beschnitt und Wilhelm und Trlple-Coucert von Beetho-
ven. Herr Concertmeister Heckmann aus Leipzig hatte die
Violin-Soli übernommen und documenlirte sieb »(,$ vortrefflicher
Künstler. Mehr uoeh als durch deu brillanten Vortrag von Baz-
zini’s Conccrtstüok, errang er sich in Beethoven's Triple-Conccrt,
in welchem er von zwei hieaigcu Künstlern, den Musikdirektoren
Geisenkirchen (Violoncelli und Klemann (Pisuofurtel ausge-
zeichnet secundirt wurde, den ungetbcilten Beifall des Publikums.
Am 30. December fand die Aufführung von HAndel's „Messias“
statt Die Cböro gingen prAcis, schwungvoll und gut nüancirt.
Die Soli, von denen das für Sopran von der ConcertsAngerin
Fräulein IdaUannemann aus Elberfeld übernommen war, wAh-
rend die übrigeu von hiesigen Dilettanten ausgeführt wurden,
fanden die volle Anerkennung des Publikums. B.
Dresden. Mit grossen Erwartungen siebt man R. Wagner s
neuestem Werke „Die Meistersinger von Nürnberg“ entgegen, dessen
Erscheinen auf der Kgl. Uofbübne in der letzten Hälfte d. M. er-
folgen wird. Fast das ganze Sänger-Personal des Hoftheaters
ist in dieser Oper beschAftigt, und werden dessen Kräfte schon
jetzt durch die Probeu stark in Anspruch genommen, so dass
diese Vorbereitungen nicht ohne Einfluss auf das laufende Opern-
repertoir bleiben können. Die Hauplparthien der „Meistersinger“
sind in den Händen der Herren Mitterwurzcr (Hans Sachs),
Scaria (Pognerl, Labatt (Walther von Stolzingcn), Degele
(Beckmesser; und der Frau Otto- Alvslebeben (Evchent. Für
die Partbie des David ist an Stelle des leider erkrankten Herrn
Rudolph Herr Schlosse r von München zu einem längeren
Gastspiel engagirt worden.
Elberfeld. 1. Soiree für Kammermusik: Trio D-moll (Op. 63)
von Schumann, Kreutzer-Sonate von Beethoven und D-moll-Trio
too Mendelssohn. — 4t es Abonnemeots-Concert unter Mitwirkung
des Herrn Tausig und des Fräulein Strauss: Concert-Ouvertura
von Rietz, Clavier-Concert (A-molli von Schumann, Arie aus
•«Oberon“ von Weber, Lieder uud Claviersoli, 7te Sinfonie (A-dur)
von Beethoven und Finale aus „Loreley“ von Mendelssohn.
Erlangen. Concert der Pianistin Fräulein Heiutz und der
Hofopernsängerin Frau Spohr-Fichtner: italienisches Concert
von Bach, Sonate Op. 109 von Beethoven, Arie aus der „Zauber-
flöte“ von Mozart, Etüde« symphoniques von Schumann, Hoch-
zeitsmarsch und Elfenreigen von Mendelssohn Liszt — etc.
Esslingen. Am 18. December brachte der hiesige Oratorien-
verein Schumann'* Cantate: Der Rose Pilgerfahrt zur Aufführung.
Vor allem Ist die erwünschte Wahrnehmung zu coostatiren, dass
der Sängerchor seit Jahresfrist wieder numerisch gewachsen ist,
15
was darauf biazuweisen scheint, dass der Verein mehr und mehr
Anklang und Anerkennung iu hiesiger Stadt findet. Diesen Er-
folg verdient er denn auch in vollem Maasse, denn er hat seine
Aufgabe, die Pflege gediegener Musik auf dem Gebiete des Ora-
toriums und der Cantate, stets rühmlich«! gelost, indem er nicht
bloss die Meisterwerke der klassischen Periode, sondern auch
die hervorragendsten Products neuerer und neuester Tonmeister
vorfdhrte. Die Ausführung des obeugenannten Werkes war eine
woblgelungene und dürfte hier der Platz sein Herrn Professor
Fink den durch die treffliche Einstudirung verdienten Dank
auszuspreebeu.
Hamborn. Soiree für Kammermusik des Herrn Miller:
Clavier-Quartett von Schumann, Cello-Sonate von Reinecke und
Quintett von Schubert, Op. 114 (A-dur). — Viertes philharmoni-
sches Privat-Concert: Ouvcrluro zu „Geuovefa" von Schumanu,
3tes Concert für Violoncello von Goltermann (Herr Lübeck).
Arie aus „Joconde“ von Isouard (Herr Stock hausen) Fantasie
für Violoncello von Servais, Lieder von Franz Schubert uud
vierte Symphonie (B-duri von Beethoven.
Königsberg. Rubinstein hat noch ein viertes Concert ge-
ben müssen, worin er u. A. sein B-dur-Trio spielte.
Leipzig. Im 12. Gewandhaus-Concerto spielte Herr Brüll
aus Wien ein Claviercouccrt eigener Composition, welches, im
noblen Style gehalten, ein günstiges Zeugnis» für seines Autors
musikalische Begabung ausstelllc. Herr Brüll zeigte sich sowohl
im Vortrage desselben als wie auch in Stücken von Mendelssohn
und Schubert als gewandter Pianist. Frau Rudersdorff sang
Sceue und Arie von RAndcgger und Arie aus .Julius Cäsar“ von
Handel. Haydn's Es-dur-Sinfouie sowie Ouvertüre und Enlr’act
zu,, Manfred“ von Reinecke wurden vom Orchester vorzüglich wie-
dergegeben.
Magdeburg. Der Verein für geistlichen und weltlichen
Cborgesang wird in seinem am 17. d. slallfuidendcu Concerte
Loewe's Oratorium „Die Siebenschläfer“ zur Aufführung brin-
gen. — Im 5. Concert in der Harmonie laaseu sich als Solisten
Frau Rudersdorff aus London und Herr Conccrtmeister de
Swcrt aus Berlin hören. Die Orchesterwerke des Abends sind:
Beethoven'» C-moll-Sinfonie und die Ouvertüre zum „Oberon“.
— In der Oper ist FTotow'a „Indra“ neu einstudirt mit Beifall
gegeben worden.
Stuttgart. Das unter dem Protectorat Seiner Majestät des
Königs stehende Conservatorium für Musik hat im vergangenen
Herbste, gegenüber einem Abgang von 43 Zöglingen, 165 neu
aufgenommen. Die Anstalt, welche zu Anfang des Winterseme-
sters 1867—68 370 Zöglinge batte, zählt deren nun im ersten
Winterquartal 1868 — 69 460, und zwar 129 Schiller uud 331
Schülerinnen. Der Unterricht wird während dieses Winterseme-
sters in wöchentlich 506 Stunden durch 22 Lehrer ertheilt.
— 1. und 2. Concert des Florentiner Quarlettvercins: Quar-
tette in D-moll Op. 74. von Spohr, Es-dur No. 4 von Mozart,
C-dur Op. 59 N’o. 3 und Cis-moll Op. 131 von Beethoven, D-dur
von Haydn uud Pianoforte-Quintelt von Schumann.
TiUit. Am 6. d. fand hier das lange erwartete Concert
Rubinstein’s mit vollständigem Erfolge statt.
Wien. Im Hofoperothealer fanden während des abgelaufc-
nen Jahres 1868 200 Opern* und 83 Balletvorstellungen statt. An
NovitAten kamen zwei neue Opern: „Romeo und Julie“ und „Mi-
gnon“ sowie zwei Ballete zur Aufführung. Die «tätige fundeoen
Opern- Auffahrungen vertheilen sich auf die Componisten: Gou-
nod 40, Meyerbeer 39, Verdi 21, Mozart 19, Donizetti 15,
Rossini 11, Thomas 10, F'lotow 8, Weber 8, Halevy 7, Auber
6, Beethoven 4, Bellini 4, Wagner 4, Boieldieu 2, Adam 1,
Gluck 1.
— Herr Dr. Schmid ist vollständig wieder hergestollt und
empfing bei seinem Auftreten als Marcel in den „Hugenotten“
vom Publikum zahlreiche Beweise seiner Beliebtheit.
— Der Sohn des bekannten Pianisten Bocklet gab
am 3. d, ein Concert und trug in demselben Beethoven s Sonate
Op. 90, die Schubert'sche Sonate Op. 147, Chopin's H-moll-
Scherzo (Op. 20), VariAtioneo für die linke Hand von Dreyschock
und eigene Clavierstücke vor. Die Leistungen traten manche«
Gelungene.
Brüssel. 5tes Concert populaire: Reformationssinfonie von
Mendelssohn, Violinconccrt von Bruch, sinfonische Fragmente
von Radoux und die Ouvertüren zu „Leonore“ von Beethoven und
„Entführung“ von Mozart.
Lüttich. Daa zweite Conservaloriums-Concert fludet am 16.
d. mit folgendem Programm statt: Ouvertüre von Raduux, 2 Sätze
aus der li-moll-Sinfonie von Schubert, Pianoforte-Concert von
Liszt lind die Musik zum „Sommernachtstraum“ von Mendelssohn.
Amsterdam. Schumann’» Faustmusik, welche unlängst bei
ihrer Aufführung in Rotterdam so grossen Erfolg hatto, wird nun
auch hier zu Gehör gebracht werden, und zwar unter Mit-
wirkung von Julius Stockhausen.
Gravenhagen. Die Gesellschaft der „Tonkunst“ gab unter
Nicolai'« Leitung am 9. Dccember ihr 27. Concert mit folgen-
dem Programm: Suite (D-dur) von S. Bach, Symphonie io F>-dur
von Haydn, Sonate für zwei Clavicre von Mozart (Herr und Frau
Jaell), Clavierconcert in Es-dur von Beethoven, Nocturne und
Scherzo aus dem „Sommernachtstraum“ von Mendelssohn, Im-
promptu für zwei Clavicre von Heinecke und Ltszt's „Prälude«“.
Mailand. Die Saison der Scala ist am 36. Dccember v. J. mit
Verdi's „Dou Carlos“ in glänzender Welse eröffnet worden.
London, 9. Januar. Die zweito Serie der immer grössere
Beachtung geniessenden Monday-Popular-Concerts wurde am ver-
gangenen Montag durch das Wiederauftreten des Violin-Virtüo-
sen Joachim auf das glänzendste eröffnet. Kia verehrter Lieb-
ling de« Londoner Publikums wurde er hei seinem Erscheinen
und nach seinem Spiel mit Beifall überschüttet. — Ihm würdig
zur Seite stand die Pianistin Madame Arabella Goddard, die
Punch treffeud und anerkennend ..tkt lady of tke Kejr»" (die Be-
herrscherin der Tasten) nennt. Das Programm brachte u. A.
Mozart's Quartett in C No. 6, Haydn « Quartett Op. 64 N’o. ö, Bee-
thoven"» Sonate Op. 96 für Violine und Piano und Schubert'«
Ciavier-Sonate Op. 53, — deren Ausführung in diesen Händen
niciits zu wünschen übrig lies«. — Das zweite am nächsten
Montag stalllindcnde Concert wird unter Mitwirkung dieser
beiden Künstler Chcrubiui's Quartett No. 1, Mozart’s Quar-
tett N’o 9 und Beethoven« Grand Trio Op. 97 bringen. — Das
neue Genre von regelmässig wiedcrkchrenden Concerten — diu
London-Ballad-Concerts — gewinnen immer mehr Boden und
bringen einzig in ihrer Art die älteren und neueren Gesänge
englischer Componisten vor ein grössere« Publikum, — es sind
darunter viele Piecen guter Musik, die eine noch weitere Verbreitung
verdienten. — Im Crystall-Pala«t bleibt die Weihnachts-Pantomime
noch immer an der Tagesordnung, und schweigt daher die clas-
sische Mnsik iu diesen herrlichen Concerträumcn bis auf Weite-
res. — Die Einführung der Pariser Stimmung wird in diesem
Frühjahr in cioigeu Concerten versucht werden, um dann allge-
meine Anwendung zu finden. II— t.
— Wie die Orchestra meldet, beabsichtigt Herr Ella in
Kurzem die Memoiren Rosslni's herauszugeben. Aus Herrn Ella’ «
langjähriger Bekanntschaft mit dem verstorbenen Maestro zu
achliessen, dürften die Memoiren höchst interessante Facta ent-
halten.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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Baltimore, 17. November 1868.
An die vereürlichen Gesangvereine
Deutschlands.
In den Tagen vom 10. bis 15. Juli 1869 wird der „Nordöst-
liche Sängerbund von Amerika“ sein grosses, alle zwei Jahro
wiederkehrendes, allgemeines Sftngerfest in der Stadt Baltimore
abhallen. Der Fest-Ausschuss hat alle in seinen Kränen stehende
und den Lokalverliältnisseu angemessene Vorkehrungen getrof-
fen, dieses Fest zu ciuem grossen, internationalen Gesangsfeste
zu gestalten, und ladet deshalb die Gesangvereine Deutschlands
freundlichst ein, sich entweder in corpore, oder wenigstens mit
«iuem ein- oder mehrfachen Quartett activ zu betheiligen. Ver-
eine, die sich zur Theilnahme enlschlicssen, sind höflich*! er-
sucht, ihre Anmeldungen wenigstens bis zum 1. April 1869, mit
Angabe der Namen der Theilnelimcr, an den Fest-Ausschuss zu
richten, damit derselbe die erforderlichen Vorkehrungen treffen
kann. Dass ihnen ein herzlicher Fmpfaiig und volle Gastfreund-
schaft während der Dauer des Festes zugesichert ist, versieht
sich von selbst. Ebenso wird der Fest-Ausschuss auch mit dem.
mit Baltimore in directcr Verbindung stehenden, Norddeutschen
Lloyd ein Ucbcreiukommen für bedeutend reducirto Iler- und
llinrahrlspreise zu treffen suchen. Welch' einen erhebenden
Eindruck würde cs machen, wenn Gesangvereine aus unncrem
liebeu deutschen Vaterlande das Ilaupf-Conccrl durch Liedcr-Vor-
träge zierten, und dadurch den Beweis liefern, dass selbst des
Üceans Fluten heut zu Tage kein Hinderniss mehr sind, um auch
in ferneu Welllheilcn dem deutschen Liede und deutscher Sitte
unsere Verehrung darzubringen, um so mehr als selbst eine
grosse Anzahl einflussreicher Amerikaner mit freudiger Bereit-
willigkeit unsrer Einladung culgegenkommt, durch thAligen An-
theil, namentlich Mitwirkung im Oratorium Messias, unser Fest
zu einem internationalen zu gestalten.
Im Aufträge des Fest- Ausschusses:
Henry Vrca. Corr. Secr. €J. P. Meinbacb, PrAs.
Verlag von Breitkopf dt Hirtel io Leipzig.
Lieder mit Pianofortebegleitung
von
mmft
Op. 2. Schilflieder von Nie. Lenau . . . . 15 Ngr.
„ 8. 6 Gesänge 25 „
„ 8. 6 Gesäuge 20 „
„ 38. 6 Lieder von II. Heine 25 „
„ 39. 6 Lieder ♦ 25 „
„ 41. 6 Gesänge 22$ „
) Verlag von B. Bebr’s Buchhandlung (E. Bock) |
% Berlin, 27 Unter den Linden. £
ä — 2
* Die Tonkunst in der Culturgeschiclite «
g von
Emil Naumann.
I* Der lste Halbband erscheint Ende Januar, der 2t e und
S 3te im Laufe dieses Jahres, der Schluss im Frühjahr 1870.
* Der ausführliche Prospect wird der nächsten Nummer i
3 dieser Zeituug beiliegon.
Der von der Unterzeichneten Verlagshandlung ausgeschrie-
bene Concurs für dcu besten Text zu einer deutschen komischen
Oper bat so grosso Theilnahme gefunden, dass es unmöglich
geworden ist, den anfangs bestimmten Termin (1. Januar 1869)
für die Preisverthcilung festzuhal|cn. Den sfimmtlichen Mitbe-
werbern sind wir zu aufrichtigem Dank verpflichtet, müssen sie
aber gleichzeitig um Nachsicht bitten, wenn die Entscheidung
noch um einige Wochen verzögert wird.
Ed. Bote dt G. Bock
(E. BOCK) KOnigl. Hofmusikhandtung.
Demnächst erscheinen in unserem Verlage mit Eigentumsrecht:
Neue Compositionen
Op. "70.
Album de danses populaires pour Piano.
1. Lesghinka. (Caucase.) 2. Czardas. (Hongrie.)
3. Taranlelle. ( llalie.) 4. Valse. (Allemagne.)
5. Mazurka. (Pologne.) Ö. Houskaja i Trepak. (Russie.)
Op. 80 .
Iwan IV.
Musikalisches Charakterbild für Orchester. Partitur, Orchesterstimmen,
4hdg. Arrangement.
ED. BOTE & G. BOCK
(E. BOCK)
Königliche Hof-Musikhandlting in Berlin
und Posen.
Verlag von Ed. Bote ft 6. Bock fL Beek), KOnigl. Hofmusikbandlung in Berlin, Französische Str. 33*. und U. d. Linden No. 27.
Prunk von F. S-hmldl in Berlin, Unter den Linden No. SO.
Herbei eine Beilage des ■oslk&llen-YerUgs von Conrad Glaser in Schlensiogeo-
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XXIII. Jahrgang M 3.
diwcr Ztrtaag era«b«iat w<ub«nttiob
gin« N'mair.
Zu beziehen durch;
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tanz Brmiltti.
: fiicbciitn.
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ntdHOLM. A. Luarfgulrt.
NEUE
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BARCELONA. Andrea Vldal.
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werden unter der Adresse: Redaktion
der Neuen Berliner Musikzeitung durch
die Verlagshflodlung derselben:
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Preis de» Abonnements.
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ttalbj&Qrllcb 3 Thlr. I hend in einen« Ximirha -
run es- S chein im Betrage von 5 oder 3 Thlr.
Ladcnpreia zur unumschränkten Wahl aus
dem IHtisik-Verlngu von Bd. Bol« & ft. Bock?
Jährlich 3 Thlr. i . _ _ .
Halbjährlich 1 Thlr. 25 Ser. 1 phnp ™ > “«
Insertionspreis für die Zeile 14 Sgr.
Inhalt- Kutigefaaal» Lch:e Tom Triller, mtilkb*» fPr Sopranatimma von H. Dorn — Hwtiilunni. — Berlin. Revue,
xnideaten aot Catn n.d P«»,
Kurzgefasste Lehre vom Triller, zunächst för Sopranstimme.
Der Triller (tr. tr~~~) ist eine mnsiknlische Figur,
welche dadurch entsteht: dass der Hnuptton, auf welchem
getrillert werden soll, mit dem «uf zunächst höherer No-
tenstufe liegenden Hülfston, und zwar in der Entfernung:
eines (ianitons oder eines grossen llnlhlons. gleichmflssig
rasch abwechaclL
(c — cii, auf gleicher Notenstufe liegend, bilden das In -
tervall eines kleinen Hntbtones; c — des auf benachbarten
Notenstufen liegend, bilden das Intervall eines grossen
Halblones. Ans der Zusmnmensetzung eines kleinen Halb -
tones und eines grossen Halbtones: cei» — eis d, oder um -
gekehrt eines grossen Halbtones und eines kleinen Halb-
ton « : C du — dg d, entstellt das Intervall eine; Ganz -
tones: c — d.J
Der Tri ller fluf e kann also mit dem Ganzton d t oder mit
dem grossen Hnlbton des gebildet werden.
Zum Schluss des Trillers erscheint gewöhnlich noch
der aogenannie Nachschlag, durch einmalige
halh
c dei
jC h C.
des auf zunächst tieferer Nolenstufe liegenden Tones,
iwar wieder in der Entfernung eines Ganilones oder eines
grossen Hnlbtones Der Nachscldag des Trillers «uf c kann
Mio mit dem Uamlon 0, oder mit dem grossen llalblon /I
gebildet werden.
Demgemäss sind vier in ihren wesentlichen Besland -
Iheilen verschiedene Triller mif c möglich, welche nus fol -
genden Tonen rusmnmengesettt werden :
.• _ halb
Da nun auf Einem Ton vier verschiedene Triller aus-
führbar sind, so könnte die Frage entstehn, welche von
diesen vier Arten jedesmal die passende wäre. Hier gilt
als Hegel: dass man wir Ausffihrung des Trillers nur der
Tonart leitereigene Töne benutzt; sollen lciterfremdo
Töne gebraucht werden, so sind diese vor und hinter dar
BSÜpjpoie durch kleinere Noten, oder Ober und unter dem
Trillerzeichen durch Versetzungszeichen (ff b ff) ausdrücklich
h^rner k t. \ V O rde jtjsp i q e inem Stück aus C-dnr dar TriT
ler auf c mit dem Hülfston des und dem Nnchschlag b ver -
langt, so wäre die Bezeichnung:
tr~~.
tr * — h
EEÖ5
odfr j än
und würde in einem Stück aus As-dur der Triller auf e mit
dem Hülfcton d und dem Nnchschlag h verlangt, so wäre
die bezeichnung:
L
ganz
c d
e b c.
Mli.a'jjq
oder
gflnz
_£ (L
ganz
Q h 9.
halb
c dt»
halb
Eine gleichraässig rnscho Abwechslung der beiden Tril-
lertflne wird dadurch erreicht, dass jede Trillcrflbung genau
im Takt, im langsamen Zeitmaass und mit demselben
Accent ausiulDhren ist.
(Dies gilt nicht bloss fiir die Singslimme, sondern Ihr
jedes Instrument.)
Es sind aber, dem Accent nach, vier verschiedene
TriPer möglich:
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K. Accent uuf dem Hauplton, d. 1». der tiefere Ton auf dein
guten Tnkttlieil, also der höhere auf dem schlechten:
1H
II. Accent auf dem Hülfstou, d. h. der höhere Ton auf
dem guten Taktheil, also der tiefere auf dem schlechten:
111. Accent abwechselnd auf dem tieferen Hauplton und
dem höheren Hülfston:
-s=r
IV. Accent abwechselnd auf dem höheren Hülfston und
dein tieferen Hauplton:
Erwägt man nun, dass jeder der schon früher ange-
zeigten vier Tiiller (c de b — edeh — c des c b —
c des c h } den vorstehenden Accenten nach abermals vier-
facher Ausführung fähig ist, so könnte man überhaupt auf
Einem Ton: Vier mal Vier d. Ii. Sechszehn verschiedene
Triller ausföhren. Zur Erlernung eines guten Trillers sind
jedoch nur die Uebungen mit dem oberen Ganzlon und
dem unteren Ilnlbtou erforderlich, also die vier letzten Bei-
spiele I, II, III, IV.
Diese werden anfangs mit einem Accord begleitet, in
welchem beide Trillerlöne harmonische Beslandlhcile sind
— am natürlichsten also mildem Ü omina nt -Sex t- Accord
auf dem Hfilfston — um durch öflern Anschlag der Be-
gleitung (anfangs in Achteln} immer wieder beide Töne
in’s Gehör rufen zu können:
Später erst versuche rnan den Triller mit solchen
Accorden zu begleiten, in welchen nur der Hauplton har-
monisch enthalten, der Hülfston aber leitereigen ist; also
für den Triller auf c (c d c h c) die Dreiklänge von C-dur,
C-moll, A-moll und F-dur. Die frühere Achtelbegleitung
beschränke sich dann allmälig auf Viertel und Halbe, bis
zuletzt der Accord nur einmal angeschlagen zu werden braucht.
Die Trillerübungen für die Soprans! imme beginnen,
wie vorgeschrieben, auf dein zweigestrichenen c und steigeu
dann immer einen halben Ton höher bis g
Erst wenn in der Ausführung des Trillers No. I (Ac-
cent auf dem tieferen Hauplton) eine gewisse Sicherheit
erlangt ist, schreite man zu dem Triller No. II und dann
wieder zu III und IV, womit nach und nach die Ausdeh-
nung des Trillers auf anderthalb, zwei und mehrere Tacte,
so wie eine immer rascher werdende — aber stets noch
tactmässig nuszuführende — Bewegung verbunden werden
muss» bis der eigentliche Trillerschiag erreicht ist, bei
welchem das Ohr die Zahl der einzelnen Taclglieder nicht
mehr zu unterscheiden vermag.
Nach erlangter Festigkeit und Fertigkeit in diesen
Gebungen werden andre Arten und Abarten des Trillers,
wie sie in allen Gesaugscliulen zu finden sind und meist
nur in verschiedenen Vor- und Nachschlägen bestehn, keine
Schwierigkeit inehr bieten; eben so wenig die damit ver-
bundenen Doppelschläge und Mordenten, oder die Prall-
triller, Trillerketten u s. w. sowohl in höherer als in tie-
ferer Lage.
Nachstehend zwei Beispiele, wie der Triller iin Zu-
sammenhang geübt werden soll.
Händel.
Dass ih • re Mis • sc-that vcr-gc - • - hen int.
Mozart, tr
e • - wig dein, e wig dein.
Auch die Mischung mehrerer Arten muss geübt wer-
den, wobei die langsame der raschen vorangehen soll. Z. B.
11. Dorn.
Recens Ionen.
Emmerich, Hob. 3 Lieder für eine Singstimme Op. 31.
F. Schubert!) in Hamburg.
— — Zwölf Gesänge für eine Singstimme Op. 37. H. 1.2.
Ebendaselbst.
Die Lieder bekunden ein sehr achtbares Talent, dem
vielleicht nur eine gewandter« Handhabung drr Form zu
wünschen wäre. Das zweite Heft des Op 37 ist besonders
reich an sehr interessanten und melodiösen Liedern, aus
denen wir das „Schlaf nur ein“, dann „Geheimniss“ und
„Schlummerlied“ hervorheben. Schumann’« Einfluss ist un-
verkennbar, aber es liegt in den Liedern doch mehr als
Nachahmung. Wie wir hörten, ist der Componist Offizier
in der preussischen Armee, die bekanntlich viele ganz nus-
gezeichnete Kenner und Dilettanten zAhlt.
Döring, G. Dreissig slavische Melodieen aus dem löten
und 17ten Jahrhundert mit vierstimmigem Tonsnlze ver-
sehen und nach den Quellen herausgegeben. Deutsche
Texlübersetzung von H. Nilschronnn.
Die Hernusgnbe von dreissig Melodieen ist jedenfalls
»in sehr nchtenswerlhcr Beitrag zum Studium des Kirchen-
gesanges. Der geehrte Herausgeber meint, die Urheber und
die Entsteh ungszeit der Melodieen zu erforschen, sei ein ver-
gebliches Bemühen. Uns dünkt bei genauer Prüfung dürfte
sich vielleicht her« ussl eilen, dass manche dieser Melodieen eine
corrumpirte Wiedergabe alter Choräle ist; bei den Sfidsla-
ven findet man häufig alte Choräle sowohl aus der ersten
Zeit christlicher Gesänge, sowie vom Uten Jahrhundert ab,
die nur in den eigentümlichen slnvischen Wendungen einen
andern Charakter angenommen haben; hieraus lässt sich
jedoch keine Folgerung für die oben bezeichnete Publikation
ziehen; wir wollen nur eine unmaassgebliche Meinung an-
deuten. Die Harmonisalion scheint uns nicht überall glück-
lich gewählt. Doch wird das Werkelten gewiss von den
Kreisen, an die es gewendet ist, nicht ohne Antheil em-
pfangen «erden. H. Ehrlich.
F. Liszt. Les Adieu.x, reverie sur un tnolif de l'opera de
Ch. Gounod: „Romeo et Julielle* 4 . Berlin. Ed. Bote
<V G. Bock.
Ein Clnvierspieler, der eben nicht gerade einer par
excellence ist, pflegt gewöhnlich bei dem Namen Franz Liszt
ziirflckznschrecken; diesmal aber hat der berühmte Virtuose
der Virtuosen sich augenscheinlich buchstäblich von dem
Salze leiten lassen: In der Beschränkung zeigt sich der
Meister. Wir befinden uns deshalb in der angenehmen
Lage, das Liszl’sche Opus allen Freunden eines guten
Clavierspiels empfehlen zu können. Einige Liszfsche Eigen-
tümlichkeiten in der Hnrmonisirung nimmt man gern in den
Kauf, da sich das Tonstück bei nicht schwerer Ausführ-
barkeit als effectvoll und klangreich erweist.
W. Lackowitz.
Berlin.
Revue.
(Königl Opernhaus.) In Mozart’« „Zauberflöte“ am 15.
sang Herr Wachtel zum ersten Male den Tamino. Die Par-
thie mit ihren breiten Canlilenen sagt dem stimmlich so wun-
derbar begabten Sänger ausserordentlich zu; selbst die hochlie-
genden Stellen fanden bei dein herrlichen Organ die wohlklin-
gendste Ausführung. In Betreff der Auffassung hätten wir al-
lerdings das Bestreben, jede dedamatorische Nüaaco hervorlre-
ten zu lassen, vermindert gewünscht; es wurde vielfach aus
dem begeisterten Jüngling ein kalter reflectirender Mann.
Selbstverständlich erwarb sieb Herr Wachtel nach allen ir-
gend auffallenden Momenten, nach den Arien ganz besonders,
glänzende Anerkennung. Die Königin der Nacht wurde diesmal
voo Frau Röske-Lundh, einer uns von andern Bühnen her
bekannten Sängerin, gesungen; in technischer Hinsicht war
nichts auszuselzen, Läufe und Slaccatos gelangen ganz wohl;
leider entbehrt die Stimme schon des klanglichen Reizes; der
trockene Ton lässt uns kalt. Frau Röske-Lundh wurde
nach beiden Arien durch Beifall ausgezeichnet. Fräulein Grün
als Pamina, die Herren Fricke und Krause als Sarastro und
Papagmo waren, wie immer, wackere Verlreter ihrer Partliieen.
— In den „Hugenotten“ am 17. — mit Herrn Wachtel als
Rnoul und der in letzter Nummer dieses Blattes besproche-
nen Besetzung — gab Frau Balas-BognAr, vom Theater in
Hannover, die Parlhie der Königin. Frau Ualas-BognAr
hatte sich bereits vor einiger Zeit als Gast der Gunst unseres
Publikums zu erfreuen; die wohlklingende Stimme wie die in
nicht gewöhnlichem Grade entwickelte Technik kamen auch
der heutigen Parlhie sehr zu Statten und verschafften der Lei-
stung im zweiten Act reichen Beifall — Die übrigen Vorstel-
lungen der Woche waren: am 11. „Postillon von Lonjumeau“
mit Herrn \V achtel und Fräulein Grün; am 12. „Margarethe“
mit Frau Voggonhu ber; am 13. „Slrndella“ mit Herrn
Wachtel und Fräulein Grün; am 14. „Der Maurer“. — Frau
Lucca ist aus Petersburg zurück gekehrt und wird in dieser
Woche wieder auftrele». — Das Verschwinden des Fräulein
Sessi hot zu einer Erklärung des Herrn Alexnndcr (Vater
des Fräulein Sessi) geführt, welcher eine Entgegnung der In-
tendanz folgte. Inzwischen sieht fest, dass Fräulein Sessi
sich eigenmächtig den Urlaub genommen hat und nicht wieder
eingetroffen ist. Wie wir hören, hat die Intendanz bereits die
nöthigen Arrangements zum Ersatz der Sängerin getroffen.
Im Friedrich WillielmstAdtisclicii Theater wurde am 13.
zum ersten Male gegeben: „Theeblume“, Opern- Burleske in
3 Aden von Duru und Chivot, deutsch von E. Dohm, Musik
von Charles Lecocq und (and — wie wir vorweg bemerken
wollen — denselben glanzenden Erfolg wie in Paris, wo das
heitere Werkchen bereits über hundert Vorstellungen erlebte.
Dos Libretto, in welchem der Scbiffakoch Pastinak (auf der
deutschen Bundes -Corvette „Medusa“) in einer chinesischen
Hafenstadt gezwungen wird, obgleich er schon verheiratet ist,
und sein reizendes und resolutes Weibchen mit sich führt, die
Tochter (Theeblume) des Mandarinen Fa-Sching zu heiraten,
schliesslich aber seine chinesischen Gegner mit Hülfe eines
Korbes Champagner überrumpelt, ist überaus unterhaltend und
pikant und hat durch die Bearbeitung Dohm's das für unser
Publikum wünschenswerte Pfeffer und Salz erhalten, so dass
die drei Acte sich rasch und in steter Spannung abwickelo.
Io Herrn Lecocq tritt uns ein entschieden begabter Componist
entgegen: seine Feder ist gewandt, zeichnet kurz und pikant,
•eine Melodieen fassen sich leicht nur, trotzdem sio das Feld
des Graziösen nie verlassen, Couplets wie Ensembles haben das
richtige Maass und sind gleich wirksam; dabei zeigt sich Me-
lodik wie Instrumentation anspruchslos — das Ganze erscheint
wie ein klarer, heiterfliesaender Bach. Wollten wir die einzel-
nen Nummern anführeu, welche Beifall erhielten, wir müssten
sie alle nennen; ganz besonders aber zündeten im ersten Act
Pastiuak’s Couplets und dos Duellino des Mandarinen und
seines Hauptmanns; im zweiten Ad: Schin-Yonga Couplets
„Ich bin aus dem Lande Japan“ und Portiunca*« Couplets mit
dem Refrain „Wir könnten ganz den Mann entbehren, wenn
man nur erst — was Bess'res hält*' 4 , letztere stürmisch da capo
verlangt; im letzten Act: das reizende Duett zwischeo Pastinak
und Porliunea, in welchem der Koch seiner Frau die Erleb-
nisse der Hochzeilsoacht (mit der Maodarineo-Tochter) berich-
ten muss; schliesslich das Champagner-Lied, ein so anregendes
Stück voll melodiösem und rylhmischem Reiz, dass das Publi-
kum im Beifall nicht eher nacfiliess, bis das Ensemble voll-
ständig wiederholt worden war. Zu den eben angeführten Fac-
toren, welche allein hinreichend erscheinen, um einen günstigen
Erfolg zu sichern, kommt hier spccietl eine vortreffliche Dar-
stellung, durch vielfache Proben so geübt, dass die erste Auf-
führung iu seltenster Weise rund und exacl ablief; eine reizende
neue Ausstattung, in geschmackvollen Requisiten und Decoralio-
oen bestellend, zweckmässige Scenerie, geschickte musikalische
3 *
20
Führung. Alle Darsteller thaten mit Lust und Gelingen ihre
Schuldigkeit. Herr Neu mann war ein hochkomischer Man-
darin, der das Publikum nicht aus dem Lachen kommen lies»;
sein Hauptmann Herr Mathias sccundirto ihm bestens. Herr
Adolfi als Pastinak spielte und sang lebendig und mit bester
Laune. Die kecke Portiunca halte in FrBulein Koch eino
Vertreterin, deren reisende Erscheinung ebenso wie ihr wohl-
lautender Gesang und ihr humoristisch pointirter Vortrag für
sie einoahmen und Fräulein Preuss fand sich mit der Thee-
blume nach besten Kräften ab. Chor und Orchester gaben
ebenfalls nur zum Lobe Anlass. Wir haben oben schon er-
wähnt, dass der Erfolg der günstigste war. Beifall und Her-
vorrufe gab es in Fülle. Jedenfalls wird „Thecblume“ eine bia
jetzt nicht tu berechnende Zahl von Wiederholungen erleben;
seit dem 13. wurde die Burleske allabendlich bei vollem Hause
und behaglichster Stimmung des Auditoriums wiederholt. Der
so begehrte Operetlen-Genre hat in „Theeblume“ eine wirk-
liche Bereicherung erhallen; es ist nicht zu bezweifeln, dass
die Burleske in kürzester Zeit auf allen Bühnen, welche den
Genre cullivircn^ heimisch sein wird.
Die sechste Sinfoniesoiree der Königlichen Kapelle brachte,
wio die (Qnfle, nur Altere Werke, als Sinfonie C-dur voo
Haydn, die schon mehrmals beiffllhg mitgenommene Lustspiel-
Ouverture von Rietz, ferner Ouvertüre zu „Oberon“ und Sinfo-
nio Eroica von Beethoven. Die Ausführung sfimmllicher Werke
liesa kaum etwas zu wünschen übrig; besonders gelang dem
Herrn Kammermusiker Schutike 1 die ominöse, schwere Horn-
stelle im Scherzo der Sinfonie Eroica. Ihre Majestät die Köni-
gin beehrte dio Sinfonie mit ihrer Gegenwart.
Am 16. d. M. fand durch den Stern' sehen Gesangverein
im Saale der Singncadcmie die AulTührung des „Paradies und
Peri“ von R. Schumann statt. Es gehört dieses Werk un-
zweifelhaft zu dem Vorzüglichsten, was Schumann geschrieben.
Der Componisl hat sich ganz in den Geist der zarten, unend-
lich lieblichen, aus Thomas Moore's Lalla Rook entnommenen
morgenlBndischrn Dichtung versenkt und ihr einen musikali-
schen Ausdruck zu geben verstnoden, der jenem morgenländi-
sehen Geiste auf das glücklichste in den wesentlichsten Theilen
entspricht. Je weniger aber gerade darum das Werk als Ora-
torium oder Cantalo in dem gewöhnlichen Sinne Angesehen
werden kann, um so mehr wfiro zu wünschen, dass auf dieser
von dem Componisten eröffnelen Bahn wahrhaft befähigte
Tondichter fortschreiten müchlen. Freilich gehören dazu auch
geeignete Dichtungen, wie dio vorliegende, wenngleich dieselbe
nicht von mancherlei Mängeln frei ist, und sich namentlich
im landschaftlich descriptiven Thcil öfters in zu grosser Breite
ergeht, wie in der Scene: „jetzt »snk des Abends gnldner
Schein“ etc. etc. wodurch eine gewisse Monotonie in der
musikalischen Behandlung nicht hat vermieden werdrn können.
Aus diesem Grunde vermag trotz einzelner sehr schönen und
werthvollen Sätze wio z. B. des Chors „0 heil'ge ThrBneo in-
niger Reue“ der dritte Theil den Eindruck nicht mehr zu stei-
gern; auch findet sich hier manches, was vielleicht schwer in
der musikalischen Auffassung zu rechtfertigen sein dürite; wir
meinen den zu schroffen Gebergang von dem Zustande des
inulhloseo Verzagens au dem Gelingen des Werkes in den
Worten der Pcri „weh' mir, ich fühl’ ihn schwinden den hohen
Muth“ den der Componist als ein Hinschwinden aller Körper-
und Geisteskraft höchst bezeichnend geschildert, zu dem Aus-
druck höchster Lebendigkeit und Zuversicht in deu Worten
„doch will ich nicht rulin“ etc. etc.; eben so erscheint uns der
immer wiederkelireode Ausdruck des Jubels der Peri in den
Worten: „Freud’, ewige Freude, mein Werk ist gethan“ eie.
etc. zu weltlich und grell, als dass er sich mit dem Gegenstand,
um den es Sich handelt, die Wiedergewinnung des Paradieses,
vertrüge. Derartige einzelne Mängel verschwinden aber gegen
die grosso Menge wahrhaft schöner und höchst wirkungsreicher
Soli sowohl als Chöre. Unter den letztem zeichnen wir be-
sonders folgende aus: „doch seine Ströme sind jetzt rnth",
„Gazna lebe, der mächtige Fürst“, „hervor aus den Wassern
geschwind“, „schmücket die Stufen zu Allah** Throns“ und das
Quarlell : „denn in der ThrBn* ist Zeubermacht“. Dieae En-
sembles mussten um so mflehtiger wirken, als die Ausführung
eine so vorzügliche war, wie wir sie von dem Stero'achen
Vereine gewöhnt sind, insbesondre verdienen die Präciston und
das Piano z. E. in dem Chore: „o heil'ge Thrlnen inniger
Reue“ hervorgehobeo zu werden. — Die Soloparthieen, voo
den Damen Bellingrath - Wagner aus Dresden (Peri),
Franziska Wüerst (Engel) und den Königlichen DomsBngern
den Herren Otto (Tenor) und Schmok (Bariton und Bass)
übernommen, Hessen in der Ausführung nur selten etwas zu
wünschen übrig. Frau Bellingrath- Wagner gebietet Über die
reichsten Stimmmittel sowohl was Umfang, Kraft und KUng
anlangt; sie singt die ganze Parthie mit voller Seele und muss
dnher den Hörer hinreissen und es dürfte sich kaum an ihrem
Vortrag etwas ausstcllen lassen, es sei denn, dass es ihr nicht
immer gelang in den leidenschnfllichslen Momenten ihre grosse
Stimme in den höchsten Tönen von einer gewissen Schärte
frei zu halten. — Herr Professor Stern leitete da» Ganze mit
derselben Kraft und Einsicht, die wir so oft an ihm zu rüh-
men haben; und wusste dadurch auch das Orchester und den
Chor, trotz der wahrlich nicht geringen Schwierigkeiten, seinen
Intentionen dienstbar zu machen. d. R.
C o r r e « p o n d e n z e n.
— M- — Cöln, 16. Januar.
Es hat Ihren Berichterstatter nicht wenig gefreut, in dem
praclischcn Neujahrsgrusse dieser Zeitung einige Ideen ausge-
sprochen zu sehen, welche sich ihm seit Beginn seiner musi-
kalisch-literarischen Thöligkeit immer und immer wieder auf-
gedrängt haben. Kein Einsichtiger kann es verkennen, dass
für Kunst und Künstler nur dann eine gedeihliche Entwickelung
möglich ist , wenn sie sich auf den gesunden Boden des Vol-
kes stellen, in dem gebildeten Mittelstände das weile Gebiet
erkrnnnen, welches sie antubatien haben, zu dessen Verede-
lung und zu ihrem eigenen Frommen, ^lier dürfen sie voll
kräftiger Theilnahme, lebhafter Empfänglichkeit und frischen
Sinnes für das wahrhaft Gute und Schöne versichert sein. Nur
muss man von diesem Publikum nicht verlangen, dass es seine
Lieblinge vergolde. Aber eben dieser Schritt aus dem goldenen
Zeitalter in*» silberne ist es, dessen Nothwendigkeit unsere Vir-
tuosen sich so schwer eingestehen wollen, und so selten wir
sie noch immer lieber in unfruchtbarer Bemühung die Grossen
dieser Erde umlagern, als sich den einmal gegebenen Verhält-
nissen fügen. Es ist in Cöln den renommirlesten Künstlern
der Gegenwart zur Unmöglichkeit geworden, für ihre Privetcon-
ccrte zu den gewöhnlichen hoben Preisen ein irgendwie ausrei-
chendes Auditorium zusammenzubriogen, während es an aus-
gedehnten nnd statllirhen Localen nicht fehlt, in welchen sie
bei bescheideneren Anforderungen an die Casse der Geladenen
Achtung, Anerkennung und reichlichen künstlerischen wie ma-
teriellen Erfolg Anden würden. Wir haben nie verfehlt, reisen-
den Künstlern in dieser Beziehung unseren wohlgemeinten
Rath zu ertheilen, aber die Macht der Tradition und missverstandenes
Ehrgefühl, das die Schätzung des Künstlers von der Höhe des Ein-
21
trittzgeldes bedingt glaubt, liesaen uns nur io seltenen FAllen
Gehör finden. Und so kommt es, dass wir auch in diesem
Jehre wohl von verunglückten Versuchen, aber von keinem ein«
sigen wirklich su Stande gebrachten künstlerischen Privat-Un-
temehmen berichten können. — Besser verstehen es unsere
Mlnnergesang- Vereine sich in die neue Zeit iu schicken, und
ihre nicht gerade seltenen Concerle erfreuen sich regelmässig
eines reichlichen Zuspruchs. Vor Allem ist es der allberühmte
Cölner Mlnnergesang- Verein, der noch immer das höchste An-
sehen geniessl und die grösste Amiehungskraft ausObt, wie
noch neulich das im Gerlrudenhofe der Gebrüder Mosler ver-
anstaltete Concert bewiesen hat, in welchem das von den Her-
ren Gernsheim, Japha und Rendsburg ausgefOhrte Triple-
Concerl von Beethoven mit verdientem Beifalle entgegengenom-
men ward. Freilich will es uns fast bedünken, als ob der
Verein su bequem auf aeinco Lorbeern ruhe und es scheint
eines energischen ZussrnmenrafTens tu bedürfen, soll er nicht
an Prftcifion und Sauberkeit der Ausführung von einigen jün-
geren Vereinen, die doch bei ihm in die Schule gegangen sind,
überholt werden. Einer derselben ist der „Cölner Sängerbund“,
dessen Stamm aus abtrünnigen Mitgliedern dea obigen Vereines
besteht. Dis Ursachen der Spaltung waren mehr socialer als
künstlerischer Art, dass aber die unvermeidliche Rivalität von
besonderen Erfolgen begleitet gewesen sei, hat die am 12. De-
cetnber von diesem Vereine im Gürzenich veranstaltete Auffüh-
rung nicht bewiesen. Bei dieser Gelegenheit bewies sich Hit-
ler durch den Vortrag des Andante und Rondo aus der Sonate
in D-dur für 2 Flügel von Mozart wiederum als einen der vorzüg-
lichsten Interpreten der Clavier-Compohilionen jenes Meisters.
Gernsheim wnr sein Partner. Die zweite Soiree für Kammer-
musik brnchlo Mozart'* Streichquartett io B-dur No. -9 und ein
Cherubinische» in Es-dur io schöner Ausführung. Die voraus-
geschickte Sonate in G-dur von Beelhoven, Op. 30, halte wohl
bei der geringen Zahl dieser Soirten einem bedeutenderen
Werke dieser Art Platz machen dürfen, wurde aber von den
Herren Japha und Seiss in trefflichster Weise executirl.
Letzterer fand mit den aus dem Monuscript gespielten Clavier-
stücken eigener Composiliou (Op. 7) freundliche Anerkennung. Das
bedeutendste musikalische Ereignis» war aber jedenfalls die im
fünften Gürzenich-Concert veranstaltete Aufführung der Haydn •
sehen „Schöpfung“. Durch sie ist ein langjähriger, heisser
Wunsch aller Musikfreunde befriedigt worden, und das einzige
Werk hat, nachdem es lange geruht und in seiner TolalilAt
der jüngeren Generation fast entfremdet war, einen fast bei-
spiellosen Erfolg errungen. Ein mächtiger Hebel seiner Wir-
kung war allerdings die in allen Theilen wohlgelungene Auffüh-
rung. Namentlich hat sich unser recht zahlreicher Concerlchor
— der Sopran allein zahlt Ober 120 Stimmen — durch seine
unerwartet guten Leistungen wieder einigermsassen rehabililirt;
die Begeisterung und Freude an der schönen Aufgabe half ihm
offenbar Ober manche nicht zu verkennende Schwache und den
Mangel gründlicher Vorbereitung hinweg. Die Soloparthieen
waren den Herren Max StA ge mann au» Hannover und Vogl, Te-
noristen vom Hol thealerinMünchen, und der Frau Minna P e a c h k a -
Leutner aus Leipzig übertragen. Dem Vertreter der Bass«
parthie fr hlle zur Vollendung nichts als die mächtige Fülle der
tiefen Töne, w Ahrend das vollkrlflige und gesunde Organ des
Münchener SAngers noch sehr den bildenden Einfluss der Schule
vermissen lies». Ganz vorzüglich waren dagegen die Leistun-
gen der leipziger Sängerin; das durch unverwüstliche Kraft
und blendende Fülle ausgezeichnete Organ ist den huchgespann-
testen Anforderungen der Technik vollkommen gewachsen und
die bestimmte, fast männliche Energie ihres Ausdrucks, die
klare und entschiedene Selbstständigkeit ihrer Auffassung ga-
ben ihrer künstterischen Physiognomie ein ganz entschiedenes
Gspräge, das salbst denjenigen impooiren musste, welche die
Grossartigkeit und Eigenart dieser Erscheinung nicht ganz zu
fassen vermochten.
Paris, den 16. Januar.
Der Minister des Kaiserlichen Hauses hat auf Ansuchen des
Comitts der Soclttt des compositeurs de musiquo den Termin
dea musikalischen Concurses für den preisgekrönten Operntext
„La Coupe du roi de ThulA“ (verfasst nach Goethes Gedicht)
vom 30. April d. J. auf den 1. September verlängert. — Offen-
baeh bat fOr seine noch unvollendete Oper „Vcrt-vert“, zu deren
Ausarbeitung sich der populäre Maestro aus dem unruhigen
Treiben der Hauptstadt in die jetzt so idyllischen Gefilde von
Versailles verfügte, von dem Pariser Musikverleger Heu 90,000
Francs erhallen. Bezeichnend hierbei iat, dass nur der erste Aet
dieses zur Aufführung in der Opera comique bestimmten Werkes
beendet. — Im ThtAIre lyrique, das, bellAufig gesagt, neuerdings
einem gelinden Fallit cnlgegenstcucrn würde, wenn es nicht an
dem SeineprAfecten Hausmann eine mächtige Stutze fände, fand
gestern iu Gegenwart der Oberintendantur der schönen Künste
und der Jury-Mitglieder des Instituts die erste Aufführung der
grossen Scene „Daniel“ statt, mittelst welcher der Conservatoirist
Herr Wintzweilcr im vorigen Jahre den grossen Preis von
Rom mit Herrn Kambutoau (heilte. Die Aufführung von Seiten
der Herren Massy, Giraudet und der Frau Gilbert war eine
sehr gerundete, der Erfolg des Werkes seihst ein aufmunternder.
Dem KrAulein Wcrlheimber, welche eine Scene aus Vnccai’s
„Romto ul Julietle“ sang, wurde für ihren poetisch empfundenen
Vortrag eine besondere Ovation dargebrncht. — Während die Di-
recliou der Optra Bedenken trägt, dem Tenor des ThtAtro its-
lien, Herrn Nicolini, welchen sie für sich gewinnen wollte,
dio als monatliche Gage von demselben geforderten lf'.OOO Francs
zuzugestchen, hat eine englisch-amerikanische Geldmacbl dem
Tenor der Optra comique, Herrn Capoul, 130,000 Francs Mo-
nalsgage angeboten. Ob sich wohl letzterer dies bedenken wird?
Wenn jetzt schon ein Tenor täglich 1000 Franken kostet — die
Tage der Heiserkeit und des Nichtsingens mit eingerechnet —
was wird, in progressivem Verhältnis» ein solcher erst nach
zehn Jahren kosten? Wahrlieh, eine ernstliche Reaetion könnte
bei diesen fabelhaft überspannten Gagenforderungen der Sänger
und Sängerinnen gar nicht schaden; namentlich wenn man dabei
das schreiende MissvcrhAltniss der Gagen der Orcheslermilgtie-
der und der Choristen mH in Anschlag bringt. — Die junge SAn-
gerin FrAulein Mimik- Hauck, mit welcher leider zuviel ameri-
kanischer Schwindel getrieben wurde, konnte auch bei ihrem
zweiten Debüt als Sonnambula die allzuhoch und unnatürlich
überspannten Erwartungen nicht befriedigen, lud so rAcht sich
jede Uobcrtreihung und bringt Nachtheile selbst dort, wo wirk-
liches Kunsltalcnt vorhanden ist. - Nächsten Dienstag wird gleich-
falls im Thentre italicn die blonde kroatisch-wienerische Nachti-
gall FrAulein Irma vonMurska in ihrer Haupt-Force- und
Solo-Rolle in „Lucia" zum ersten Male debütiren. Bekanntlich
halte die Künstlerin vor Jahren bei ihren' ersten Coocertdehüts
in Paris kein besonderes Glück Hoffentlich wird sich dieselbe
jetzt rvhabilitiren. — Dio Fantsisiea Pari sinn »es bereiten für nAch-
sten Dienstag, den 19. d. die erste Aufführung von Ricci's neuer
Oper „One Folie A Rome", mit Frau Marinion in der Haupt-
rolle vor. Wir halten Gelegenheit, das Werk gestern in der Ge-
neralprobe zu hören, und dürfen einzelnen Nummern, ao nament-
lich indem humorspntd elnden ersten und zweiten Acte, Erfolg Vorher-
sagen. Die Oper scheint uns in vielen Punkten werthvoller als
22
„Crispino t ln Comare“ — namentlich ist in instrumentaler Hin-
sicht ein Fortschritt nicht zu verkennen. Die Hauptrolle der Frau
Marimou ist überreichlich bedacht und entledigt sich die ge-
nannte Künstlerin ihrer dankbaren Aufgabo in der virtuosesten
Weise. Neben den Damen Decroix, Peraini und den Herren
Sotto, Araandeux, welche sich ihrer Aufgaben mit mehr oder
minder Geschick entledigen, sei in der Tenor-Hauptrolle des jun-
gen Säugers Herrn Leopold Ketten gedacht, der mit musikalisch
sicherer Auffassung jenen Geschmack und Adel des Vortragca zu
verbinden weiss, der sich bei der Schreimanier vieler anderer
Tenöre nicht findet. Zu dieser gerundeten Aufführung gesellt
sich der Glanz neuer Üecoratiouen und Coslüme. — lieber die
ueuo Oper „Piccollno“ (Musik von Madame de Grandval), welche
kürzlich im Theätre italien zur Aufführung gelangte, ist nur so-
viel zu sagen, dass einzelne Nummern von den vielen Freunden
der begabten Dilettantin lebhaft applaudirt wurden — dass aber
die vielen Aoklüngo an Meister aller Stylgattungen, namentlich an
italienische, mehr Nachahmungsgobe und Fleins, als Originalität
verrathen. v. Cz.
Journal-Revue.
Die Allem. Musikztg. bespricht Brahms’ „deutsches Requiem“.
— Die N. Ztachr. f. M. ist uns nicht zugegangen. — Die Signale
bringen diesmal vier Nummern aur einmal. No. 5 enthält einen
Aufsatz von L. Köhler über Anton Ruhinstein; 6: Fortsetzung des
Musik- Adressbuches (Wien); 7: TonkOnstler der Gegenwart: Carl
Eckert; 8: Musik-Adressbuch (Wien); ferner bietet diese Nummer
eine Notiz über Carl Eckcrt's neues Cello-Conccrt, in welcher
dasselbe als ein hoch bedeutendes Werk von grossen Schönhei-
ten bezeichnet ist, das in kurzer Zeit die Ruude durch alle Con-
certsääle machen wird. Die genannte Composition erscheint dem-
nächst in unserem Verlage. — Südd. Musikztg.: Schluss des
Lackowilz'achen Artikels: Ein fürstlicher Musiker.
Die Revue et Gazette Musicalc bespricht Bergsou s: „Nouvelles
Etudes caractäristiques“ in anerkeunenswerther Weise.
Nachrichten.
Berlin. Der Herzoglich Braunschweigische Hofkapellmeister
Franz Abt verweilte einige Tage hier.
Braonachwelg. Zweite Soiree für Kammermusik der Her-
ren Blumenst engel etc.: Trio in B-dur von Schubert, Lieder
von Schubert und Lenz, zwei Stücke aus den MArchenbildern
von Schumann und Pianoforte-Quartctt D-moll von Mendelssohn.
Bremen. Conradi's komische Oper „Das schönste MAdchen“
ist hier io Scene gegangen und bat einen, trotz der nicht durch-
weg gelungenen Ausführung, guten Erfolg gehabt, so dass die-
selbe auch sicher auf derSommerbübne wieder erscheinen wird. Die
Handlung ist spannend, die Musik unterhaltend, und wenn auch
nur selten originell, doch nie gemeinplAtzich und gewöhnlich;
einige Nummern sind sehr gelungen.
— 6. Privat-Concert: 2te Sinfonie C - dur von Schumann,
Scene und Arie aus „Faust“ von Spohr (Fräulein Strauss),
Iler Satz des Rubinsleinschen Violineoncerts tHerr Wilhelmj),
Ouvertüre zu „Waldmeisters Braulfahrt“ von Gernsheim, Othello-
Fantasie von Ernst, Ouvertüre zu „Euryanlhe“ von Weber etc.
Brealan. Rubinslein bat in seinem 3ten Concerte, wie
zu erwarten war, grossartige Erfolge gehabt Er eoncertirt
gegenwärtig in den Stfldten Neisse, Kaltowitz und Brieg. — Herr
Tausig hat im 7. Orchestcrvereins-Concert einen glänzenden
Sieg errungen. Er spielte mit vollendeter Meisterschaft Sehu-
mann's A-mull-Concert, Clavierstücke von Chopin und Schubert
und riss das Publikum zu so enthusiastischen Beifallsbezeugun-
gen hin, dass er sich veranlasst fühlte, noch eine Liszt'sche Tran-
scription eines Schubert'schen Müllerliedes zuzugebea.
Carlsrube. Wagncr’s „Meistersinger“ sollen am 21. d. hier
zur Aufführuug gelangen.
L'öln. Das neue üernsheim’sche Claviercoucert fand im
6. Gürzenicb-Concert eine äusserst günstige Aufnahme. Jeder
der drei Sätze wurde applaudirt und der Cumponist am Schluss
bervorgerufen. Derselbe bat zunächst die technische Seite seiner
Aufgabe in einer durch weg glücklichen Weise gelöst ; au Ts In lügst e mit
den Klangfarben des Orchesters verbunden, tritt die Klavierpartble
mit ihrem eigentbümlichcn Charakter, ihrer Schärfe und glänzen-
den Beweglichkeit dem Instruuientalchor in durchaus selbststän-
diger Weise entgegen; ohne ihre Eigenart oder ihre Ansprüche
auf freie Entwicklung atifzugeben, siud beide Factoreu auf's glück-
lichste zu einer höheren Einheit verbunden. Besonders ist diea
im Sten Tbeile der Fall, der auch durch PrAguanz der Themen
und auinuthige Wendungen der Modulationen die beiden übrigen
überragt; während der ersto Satz sich durch geistvolle themati-
sche Arbeit und trefflioho Steigerung empfiehlt. Der am wenig-
sten bedeutende Thcil ist der langsame Mitlelsatz.
Dresden Die soeben misgegebene liebursichl der Thätig-
keit des hiesigen Hoftheaters während des verflossenen Jahres
weist nach, dass 347 Vorstellungen staltfauden. Auf dem Ge-
biete der Oper gingen zum ersten Male in Scene: Holsteins
„Haideschacht“ und „Der Maskenball“ von Verdi. Neu cinslu-
dirt kamen zu Gehör: Gluck's „Alceste“, Mozart 's „Entführung“,
„Haus Helling“ von Marschner und „Orpheus“ von Gluck.
Frankfurt a. II. Auf dem hiesigen Sladtlheater wurde
Schuberts „Häuslicher Krieg 4 ' in neuer Einstudirung gegeben
uud fand freundliche Aufnahme. — 2les Coucert des philhar-
monischen Vereins: Symphonie G-dur von Haydn, Arie von Rossi,
Violinconccrt von Bazzini (Herr Heek mann), Ouvertüre „Nach-
klänge an Ossian“ von Gade, Concert-Ouverture (neu) von Dietz
etc. — lste Kammermusik - Soirie der Herren W'alleuslein,
llecrmaun und Müller: Trio iu B-dur (Op. 97) von Beethoven,
Phantasie für Pianoforte und Violine von Schubert und Phanta-
siestückc für Piauoforte, Violine und Cello (Op. 88) von Schu-
mann. — 7tes Museums-Coucert: Sinfouie in G-dur von Haydn,
Ouvertüre zum „Alchymist“ von Spohr, Balletmuslk zu „Rosa-
munde“ von Schubert, Arie aus „Fidelio“ und Tripieconcert von
Beethoven etc. — Coucert des Orchestervereins: C-inoll-Sinfbuie
von Haydn, Ouvertüre zu „Lodolska“ von Cherubim, Arie aus
Rossinis Barbier „Una voce“ (Fräulein U brich), Andante für
Cello von Romberg eto.
Hamborg. Sie Quartett-Unterhaltung der Herren Lee, Böie
etc.: Quartette von Langhans (F-dur), Es-dur von Cherubiui uud
F-dur von Mozart. — Soiree für Kammermusik des Fräulein
Martin: Kreutzer-Sonate von Beethoven, Sonate für zwei Claviere
D-dur von Mozart, Quintett Es-dur von Schumann und Clavier-
soli von Hiller und Bargiel.
Hannover. Im ersten Concert des hiesigen Domchors ka-
men Compositionen von Bach, Eccard, Calvisius, Homilius, Men-
delssohn und Roaenmflller zur Aufführung. — Fünftes Abonne-
ments - Coucert der Königl. Kapelle unter Mitwirkung der Herren
Stockhauaen und Barth: Ouvertüre No. 1 zu „Leonore“ von
Beethoven, Fantasie C-dur für Pianoforte mit Orchester von Schu-
bert-Liszt, Arie aus „Joconde“ von Isouard, Clavier-Soli von
Chopin und Alkan, Lieder von Schubert und Sinfonie No. 1 B-dur
von Schumann.
Leipzig. Im 13. Gewandbausconcert trat als Solist Herr
de Ahna auf und erwies sich i® Vortrage des 1. Satzes von
Joachim's ungarischem Concert sowie einer Romanze von Bee-
thoven als geschmackvoller Spieler von musikalischem Verstand
OOQi
23
nies. Diese Eigenschaften machten sich namentlich in der zwei-
ten Piftce gellend, während Herr de Ahna den collossalen Anfor-
derungen des JoAchim’schen Concertes tbeilweise noch nicht ganz
gewachsen erschien. Das Finale des ersten Actes aus Weber's
„Euryanthe“ mit Frau Peschka-Leutner, FrAulein Börs und
Herrn Ehrke als Solisten erfuhr eine wohlgelungene Wiedergabe.
Namentlich war es wiederum Fr. Peschka-Leutner, welche durch
den Wohllaut ihrer Stimme uud vortrefflichen Vortrag, auf's
Neue in genanntem Werke sowie in Beethoveifs Scene und Arie
„Ah perfldo“ entzückte. Cherubim » Ouvertüre zu den „Abeuce*
ragen 44 eröffnete das Conccrt, während Beethoven’s C-moll-Sinfo-
nie in würdiger Ausführung den Schluss bildete. — Erste Abend-
Unterhaltung für Kammermusik: Clarlnetlen-Quintelt von Mozart,
Pianoforte-Ouintett von Beethoven und Octett (Op. 166) von Schu-
bert. — 46. Kammermusik-Unterhaltung des Riedcl sclien Vereins:
C-dur-btreichquartelt von Mozart, Violoncello-Stücke von S. Bach,
Lieder von Schubert und Schumann und A-moll-StrelchqnarteU
von Schumann.
Magdeburg, ‘dies Concert der „Vereinigung 44 : Sinfonie C-moll
von Spohr, Capriccio H-moll von Mendelssohn, Ouvertüre „Die
Najaden“ von liennet, Enlr‘-Act aus Oper „König Manfred 44 von
Keinecke, Schlummerlied von Schumann, Ouvertüre „Vestalin“
vou Sponlini etc.
— Im Concert in der Loge zum Besten der Anueu kamen:
„Acis und Galatea“ von HAndel und Mozart s Jupitersinfonie zur
Aufführung. — Herr Coocertmelster de Swert hat im letzten
Harmoniecoucert grosse Triumphe gefeiert. Alle seine glAuzen-
den Eigenschaften traten in eiuem Concertstücke von Servais,
einem Andaote von Molique, der Arle von Bach aus der D-dur-
Suite und einer Mazurka eigener Composition hervor und elcc-
trisirten das zahlreich versammelte Publikum zu rauschendem
Beifall. -
München Die erste Aufführung von Gluck's „Iphigenie in
Aulis“ nach Rieh. Wagner*« Bearbeitung erregte wahre Sensa-
tion. Die Damen Stehle und Diez, die Herren Kindermann
und Vogl, sowie die Decorationen. Meisterwerke der Herren
Quaglio und Doll, wurden vom vollen Hause mit stürmischem
Bcifalle ausgezeichnet.
— In den beiden hiesigen Königlichen Theatern fanden
im vergangenen Jahre 289 Vorstellungen statt, auf die sich 1170pern
vertheilen. Im Gebiete der Oper kamen 6 NovilAlen zur Auffüh-
rung. Von diesen waren es nur „Der erste Glückstag 44 von Au-
her, Gluck's „Armide“ und Wagner*« „Meistersinger 44 , welche
sich einen Platz im Bepertoir behaupten konnten. Neu einstu-
dirt waren 13 Opern.
— Richard Wagner soll die Composition des 3teu Theiles
seiner Nibelungen „Jung Sigfried“ vollendet haben.
— Frl. Gung'l hat nun als Senla in Waguer's „Fliegendem
HollAnder 44 mit dem glücklichsten Erfolge debütirt
Pest. Vor einigen Tagen wurde Adclburg’s Oper „Zrinyi“
im Nationaltheatcr vor überfülltem Hause zum fünften Male mit
vielem Erfolge aufgeführt.
Potsdam. 8 . Soiree des Herrn Barth: Varialions serieuses
von Mendelssohn, Sonate D-moll von Tartini, Polonaise für Vio-
line von Laub, Nocturne von Chopin, Walzer von Rubinstein etc.
Hehwerin. Herr von Wolzogcn, der Inteudant des hie-
sigen iloftbeaters beabsichtigt zu Mozart's bevorstehendem Ge-
burtstage (27. d.) eine Aufführung des „Don Juan“ auf dem Hof-
theater zu veranstalten, zu der er die Directoren, Regisseure und
Kapellmeister aller deutschen Bühnen einladet. Es handelt sich
bei diesem Unternehmen um eine durchgreifende Reform der
bisher in Deutschland üblichen Darstellung der genannten Oper.
Weimar. Am 12. d. traf Franz Liszt zu einem längeren
Besuche, der bis Monat April dauern wird, hier ein. Unser
kunstsinniger Grossherzog hat dem grossen Meister eine glAn-
zend eingerichtete Wohnung zur Verfügung gestellt, in welcher
er eiuen prachtvollen von Herrn Bechstein aus Berlin gesandteu
Flügel vorfand.
Wien. Die Philharmoniker und die Gesellschaft der Musik-
freunde bringen ihre üblichen Concerte, ohne dass übrigens die
Resultate imponirten. Herr Dessoff. der allzu rubige Dirigent,
hat in dem Feuergeist Herbock einen gefährlichen Collegen. —
Esser lieferte eine neue Symphonie in H-moll, sehr schön
in den Details, weniger mächtig in den Grundsfiulen der
Motive. — Unser lustiger K Assmayr führte eine traurige Ouver-
türe auf, ohne Titel; ein Schalk hezeichncte sie als die zu „Viel
LArmen um Nichts 41 . — Ferdinand Laub erntete diescsmal we-
niger Lorbeerlaub; die Stimmung war kühler. — Auch bei Hell-
m es berge r kann man sich wieder ansiedeln; zu dem kommen-
den „Florentiner Quartett 44 schon heute kein Platz mehr.
— Im Horoperntheater Durchfall der alten Grisar'schcu
Operette „Gute Nacht Herr Pantalon' 4 ; ebenso dcB neuaufgeputz-
ten Balletchcns „Die Marketenderin“.
— Unsere kleine herzige Piauistin Gabriele JoAl Tand iiu
Leipziger Gewandhause und in Prag glänzende Aufnahme. Papa
Moscheies sehvvArmte.
— Herr v. Wurzbach liess eben in Wien ein Mozartbuch
erscheinen, das sich im Bunde zu Jahn uud Kochel würdig an-
reiht. Ein grösseres Lob Hesse sich wohl kaum kürzer fassen.
— Die Zither kommt bei uns wieder zu Ehren. Umlauf,
ein wahrer Virtuose auf diesem Instrumente, electrisirte seine
Hörer. Nach gar so mancher falschen Sentimentalität auch ein
Labsal I
— Auswärtige Componisten wie Kirchner, Joachim Kaff,
Gernsheim u. A., linden hier Terrain. Zeichen der Zeit. Hell-
mesberger thut hierbei viel zur Sache.
— Neben FrAulein Ehnn uud Frau Will erobert sich in der
Oper FrAulein Giudele Platz um Platz. Sie ist eben so jung als
hübsch und talentvoll. Ihr Bepertoir ist z. B. Julie, Selica, Fi-
des u. s. w neben Naney, Frau Fluth, Benjamin u. a. w.
— Offenbach hat init der „Perichole“, die vorige Woche itn
Theater an der Wien in Scene gegangen und seitdem mit dem
grössten Beifall täglich wiederholt worden ist, eiuen neuen Sieg
errungen, der allerdings auch mit auf Rechnung der durch-
wegs vortrefflichen Darstellung zu setzen ist Bietet auch
Musik und Libretto nicht durchweg Originelles, so ist doch
das Ganze bis auf einige textliche LAngen des ersten Actes
vou anmuthender Heiterkeit, uud vor allem unterhaltend.
An die musikalische Ausarbeitung hat Offenhach diesmal sicht-
lich Sorgfalt verwendet, gleich der erst« Chor ist frisch gemacht,
die Lieder z. U. haben instrumentale Feinheiten aufzuweisen,
die von den bekannten Offcnbach'schen Effecten abweichen,
das Couplet von den Weibern endlich ist sehr lustig. Weniger
wollte dio in Paris so beliebte Briefarie gefallen. Herrn Albin
Swoboda gebührt die Palme des Abends, wir haben ihn schon
sehr lange nicht so bei Laune und Stimme gefunden, es war
eine Freude zuzuseheu und zuzuhören, das Publikum vergalt es
ihm auch in der ausgiebigsten Weise. Nicht in allem sind wir
mit FrAulein Geistinger einverstanden, doch schien sie sehr
gut dispouirt Mit verdientem Lohe sei Herr Jäger genannt, er
verstand es, ohne sich vorzudrAngen, die Aufmerksamkeit und
die Lacher zu fesseln. Friese, der Vicekönig, ist immer zu
viel Friese, als dass er jede neue Figur neu gestaltete und für Ab-
wechselung sorge, was bisweilen auch von Herrn Rott gilt
Einst udirt ist die Novität mit grossem Fleisse, Herr Gen6o (zu-
gleich Verdeutscber der Oper) dirigirte mit Geschick und feiner
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Nuancirung. Offenbach kann auch in dieser Beziehung zufrie-
den sein.
— Am 17. d. bestand das neue Opernhaus eine wichtige
Probe; es wurde zum ersten Male in demselben eine volle Or-
chesterprobe abgehalten. Sämmtliche Stimmerten, Sopran, Tenor
und BaBs, erklangen in Begleitung von Streich- und Blechinstru-
menten; im Parterre halte sich ein Areopag von Sachverständi-
gen eingeftinden, um die Akustik des Hauses zu prüfen. Zuerst
sang Herr Hrabanek eine Arie aus dem „Nachtlager“, dann
Frau Will eine aus „Robert“ und endlich Herr Weiter die
Bildnissarie aus der „Zauberflöte“. Die Stimmen klangen voll,
hell und rein und füllten vollständig den grossen Raum. — Am
Theater an der Wien sind die Operetten „Theeblume“ von Lccocq
und „Die Schrecken des Krieges“ von Coste in Vorbereitung.
Lusern. Auf dem hiesigen Theater ist eine komische Oper
„Die Touristen“ von StaufTer mit grossem Beifall aufgeführt
worden.
Amsterdam. Die Aufführung von Scbumann's Faustmusik
mit Stockhausen wird am 90. d. stattflnden. — Goltermann con-
cerlirt gegenwärtig in Holland. — Im Februar wird der Violinist
Strauss und für Monat März Brahms erwartet.
Itotlerdam. Die deutsche Oper brachte die „Lucia“, „Mar-
tha“, „Faust“ von Gounod und die „Hugenotten“. Frau Kainz-
P r a u s e sang in den letztgenannten 3 Opern und erzielte eine durch-
schlagende Wirkung. — Das 3te Concert der „Eruditio musica“
gewann durch die Mitwirkung der Frau Clara Schumann be-
sonderes Interesse. Die Künstlerin spielte das graeiöse Beetho-
ven’sche C-moll-Concerl, Arabeske ihres Gatten und Impromptu
(Op. 142 No. 4| von Schubert in ganz wunderbarer Weise. Frau
Kainz-Prsuse sang Arien aus „Alcestc“ und „Oberon“ und Mül-
ler-Lieder von Schubert sehr anerkennenswert!]. Das Orchester
bot uuter Bnrgiefs sicherer Leitung Mondelssohn's Reformations-
Sinfonie und die Ouvertüren zur „Braut von Messina“ von Schu-
mann und „Euryantho" von Weber.
Brüssel. Extra-Coneert populaire: Concert-Ouverture (A-dur)
von Rietz, Adagio aus der Suite von Raff, Scherzo aus der 9ten
Sinfonie von Beethoven, Fantasie für Pianoforte und Orchester
von Schubert- Liszt (Herr Brass ini, 25 Variationen von Tau-
bert, Ouvertüre zum „Tannhflusec“ von Mozart und Claviersoli.
— Herr Hof- Kapellmeister v. Bit low wird im nächsten Concert
der „Association desArtiatesMusieieos“ spielen und zwar mit keiner
geringeren Leistung debutiren als dem Vortrsg der CUvierconeerte
in Es • dur und G • dur von Beethoven an einem Abende. Am
2. Februar gedenkt der berühmte Pianist ein eigenes Concert zu
geben, in welchem er Clavierwerke der bedeutendsten Meister
aosführen wird. Der Saal der Philharmonie erweist sieh schon
jetzt als zu klein, um die Bewunderer des Künstlers alle zu fassen.
Paris. 13. Concert populaire: Ouvertüre zu „Fidelio“ von
Beethoven, 4te Sinfonie (B-durt von Gade, Andante von Haydn,
Polonaise aus „Struensee“ von Meyerbeer, Marsch aus „Lohen-
grin“ von Wagner und Ouvertüre zum „Freischütz“. — 14. Con-
cert populaire: Schiller- Marsch von Meyerbeer, Ouvertüre, Scherzo
und Finale von Schumann, Andante und Menuett von Mozart,
Horn-Concert von Weber und C-dur-SInlonio von Beethoven.
London. Nach der „Orchestra“ beabsichtigt Fräulein Nils-
son während des kommenden Sommers hier 2 Concert« zu ge-
ben, di« aber die einzigen sein dürften, in denen sie während
der Saison singen wird. Die neulich gemeldete Bewegung, in
den englischen Orchestern die Pariser Stimmung einzuführen,
ist bereits soweit gediehen, dass in dem nächsten Concerte der
Choral-Society, io welchem Haydn s „Schöpfung“ zur Aufführung
kommt, die französische Stimmung zur Anwendung gelangen soll.
Törin. Die Theatersteuer wird Veranlassung zur Schlies-
sung vieler kleiner Bühnen werden, da sie dieselbe nicht zu er-
schwingen vermögen. Die Mailänder Scala ist jährlich mit
13,000, das Turiner Königliche Theater mit 7500 und die Pergola
zu Florenz mit 2,500 Frcs. besteuert.
Petersburg. Adelina Patti ist zu ihrem Gastspiele hier
ein getroffen.
Vloscau. Im ersten Concerte der russischen Musikgesellschaft
spielte Cossmann das neue Eckert'sche Violoucell-Concert mit
vielem Erfolg. Dasselbe dürfte wohl unstreitig das bedeutendste
der existirenden Cello-Concerto sein. Im 3ten Concert kam Ru-
binstein's neues Orchesterwerk „Iwan der Schreckliche“ sowie
Bruch's Violioconcert zur Aufführung.
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Inhalt. Berat and Aaatiildung von W. LarknwiU. — Bwlin, Revq«. — Ci»rr**pundenien aaa l)r«ad»n and Pari«.
Journal-Revne. — Nae4irtrM«n. — Inaerale.
Beruf und Ausübung.
Von
W. Lackowitz.
„Viele sind berufen, aber Wenige auserwählet!* 4
Mehr deni> achtzehnhundert Jahre sind in das Meer
der Ewigkeit geflossen, seit die geweihten Lippen des Wei-
sesten dieses Wort ausgesprochen hahon, und der gewaltige
Zeitraum hat dem Worte nichts von seiner Wahrheit, von
seiner immer und Oberall zutreffenden Wahrheit nehmen
können. Reiche sind zusnmmengebrochen, Völker unterge-
gangen, das Wort hat Alles Oberdauert und findet heut
noch wie jemals seine Anwendung auf alle Verhältnisse des
menschlichen Lebens.
Nirgends aber trifft seine Wahrheit mehr zu als im
Reiche der Kunst und zwar auch hier in allen ihren Zwei-
gen. Viele sind berufen, aber Wenige auserwählet! So
mancher Rerliner Stubenmaler erinnert sich heut mit einem
gewissen Stolze daran, wie er mit Eduard Hildebrandt zu-
sammen in der Lehre gewesen ist, weiss zu erzählen, dass
derselbe hierher nach Berlin so armselig wie jeder andere
GehOlfe seiner Kunst (?| „zugereist** gekommen ist Beide
fühlten sie als Knaben und Jünglinge den Beruf zur Kunst
in sich; der Eine ist aber heul noch der unbekannte Hand-
werker wie tausend andere auch, während der Andere als
der weltberühmte — Professor Eduard Hildebrandt, als der
geniale Maler, jüngst zur allgemeinen Trauer der Künstler-
welt der Kunst durch den Tod entrissen worden ist. So
mag auch mancher Musiker sich noch sehr wohl erinnern,
wie er mit diesem oder jenem jetzt berühmten Meister der
Töne vor Jahren gemeinschaftlich zur Lehrstunde pilgerte
oder iro Orchester Stuhl an Stuhl sass, er vielleicht sogar
schon bei der ersten Violine, während jener noch froh war,
höchst bescheiden bei der zweiten untergekommen zu sein.
Und er sitzt heut noch nach wie vor im Orchester, streicht
Abend für Abend seine erste Geige zum Glase Bier oder
zum Tanze; jener aber schwingt irgendwo den Kapellmeister-
stab, oder zieht als europäische Berühmtheit von Land zu
Land, die Zeitungen verkünden schon im Voraus die Ankunft
des unvergleichlichen Virtuosen, und die Eintrittskarten zu
seinen Concerten steigen wie Börsenpapiere.
Das ist nun aber einmal nicht anders, denn Viele sind
berufen, aber nur Wenige auserwählet! Das will, auf unsere
Kunst angewendet, ungefähr sagen: Nur Wenige bringen es
dahin, Künstler im wahren Sinne des Wortes zu sein. Nur
Wenige erreichen die Höhe, auf welcher die Kunst, die
eigentlich echte, wahre Kunst, um ihrer selbst willen thälig
ist, dadurch aber zum eigentlichen Spiegelbilde des Lebens
wird und zu einer Versöhnung des Lebens mit den die
Menschheit bewegenden sittlichen Ideen gelangen lässt.
Denn die Kunst soll das Leben durchdringen und das Leben
die Kunst, eins soll in dem andern Aufgehen; die Kunst
soll das Leben verschönern und veredeln, aber nicht für
einen vorübergehenden Moment, sondern für immer, ein-
für allemal. Das ist die hohe Aufgabe der Kunst im All-
gemeinen, und daher ist das Wagner’scho Princip, nach
welchem in Zukunft alle Künste organisch Zusammenwirken
sollen, um diesen hehren Zweck zu erreichen, im Grunde
genommen durchaus anzuerkennen. Die einzelnen Kuost-
zweige werden damit aber keineswegs aufhören, als Son-
derkünste ihre eigenen Wege zu geben, und es werden nach
wie vor in jeder einzelnen AuserwAhlte erstehen, welche
ihren Kunstgenossen als Sterne erster Grösse voranleuchten.
Auserwählte, welche die Höhe erreichen, auf der sie fessel-
frei — nicht fessellos — sich zur vollkommenen Freiheit
durchgerungen.
Der Weg zu dieser Höhe ist nicht verschlossen, er ist
frei und steht Jedem offen. Tausende glauben sich berufen
und drängen sich hierzu, wie die Wallfahrer zuin kreuxsu-
ge; sie alle können ihn finden, es stehen Führer genug be-
reit, sie können ihn finden und wandeln, Niemand hindert
sie daran. Wer vou ihnen zu den Wenigen gehört, die
ihn unbeirrt von allem, was da rechts und links davon ab-
führt, bis zur Höhe verfolgen, das ist eine andere Frage.
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Der Montblanc ist ein hoher Berg, Viele haben verwicht,
ihn zu ersteigen, Wenige haben es durchgeführt. Und
doch ist seine Besteigung insofern noch weniger riskant, da
die Führer mitgeheri, jeden gefährlichen Sprung vormnehen,
und schliesslich bis zur Spitze mitklettem, oder aber — die
Besiegung der sich cntgegenstellenden Schwierigkeiten für
unmöglich erklären und einfach umkehren. Bei dem andern
Montblanc ist es etwas bedenklicher, denn die Führer geben
nicht mit. Sie kennen zwar den Weg auch sehr genau,
der zur Höhe führt, kennen alle seine Hindernisse, seine
Klippen und Abgründe, sehr wohl, zeigen das Alles dem
Reisenden und geben ihm auch die üblichen und wirksamen
Mittel an, siegreich darüber hinweg zu kommen, — aber
sie gehen nicht mit, das Gehen, Steigen, Klettern, Springen
ist des Reisenden eigen« Sache. Der Führer bat ihm wohl
Alpenstock, Steigeisen und Alles, was zur Ersteigung die-
ses Montblanc gehört, gezeigt, bat ihm gelehrt, wie und
wo er dieselben anzuwenden habe; aber nun gehe hin und
wende an, gehe, steige, klettere, springe, versuche dir dein
Heil. Da heisst es denn Muth, Geduld, Ausdauer haben,
onverrückt das Ziel im Auge behalten, denn kaum ist
eine Klippe glücklich passirt, so steht schon wieder eine
neue riesengross da.
Gar dornenvoll ist der Weg, den der Kunsljünger zu
wandeln hat. Und hat er nun endlich Alles besiegt, hat
er das Dichterwort: „Es wächst der Mensch mit seinen
grösseren Zwecken!“ an sich selbst zur Wahrheit werden
lassen, was dann? Er siebt auf der Spitze des Montblanc,
um die Sonne, die Sonne des Glücks, in grossartiger Ma-
jestät auch für sieb aufgeheu zu sehen, und — — vielleicht
sieht er nicht einmal die Sonne, nicht einmal einen einzigen
Sonnenblick; kalter Nebel hüllt Alles io seine Dunstschleier,
trostlos blickt das Auge io die graue Unendlichkeit. Ja
wahrlich, selbst da heissl’s noch: Ausharren! Die Nebel
wallen auf und nieder, aber endlich, endlich muss denn doch
einmal die Sonne kommen!
Darum tapfer voran! Zu den weuigen Auser wählten
kannst gerade Du gehören, der Du diese graue Nebelper-
spektive vor Deinem inneren Auge heraufbeschwörst.
„Es wachst der Mensch mit seinen grössem Zwecken!“
„Und dräut der Winter noch so sehr,
Es muss doch Frühling werden!“
Die Zahl derer ist wahrlich nicht klein, welche zaghaft
vor dieser N rbel perspective in sich selbst zusammensinken.
allen Mulh, alle Hoffnung auf ein fröhliches Gelingen ver-
lieren und am Fusse vielleicht der letzten Klippe noch ab-
biegen vom steil aufwärts führenden Wege und einbiegen in
einen betretenen, bequemen Seilenpfnd. Erleichtert atlimen
sie auf, sic sehen sich da in zahlreicher Gesellschaft und
bedauern nur, dass sie es nicht gemacht haben wie Viele
von diesen, dass sia nicht längst tu ernten begonnen von
dem, was sie ausgesäet. Denn da sind Einige, die nicht
ein Dritttheil von dem ihngen ausgesäet hoben, und sie
stehen dennoch und heimsen ein, sie haben sich den rich-
tigen Boden für ihr Saatkorn ausgesucht und schneiden reichlich.
Da giebt es Andere — und ihre Zahl ist auch nicht
klein — die nicht zurückschrecken würden vor den Schwie-
rigkeiten, denen die Kraft zur Ueberwindung derselben voll-
kommen ionewohnl; aber auch sie treten ein in die vielbe-
tretenen Seitenpfade, nachdem sie kaum den steilen Weg
begonnen hatten. Nicht Abspannung, nicht Ueb«rdruss an
dem Kampfe der Mitstreiter lässt sie aufatbmn» in dieser
glatten Seitenslrasse, im Gegentheil, sie fühlen Bich bewegt,
gedrückt in dieser Atmosphäre und hollen den Blick sehn-
süchtig rückwärts gewendet nach der Höhe, an drrrn Fusse
sie gestanden. Aber in immer weitere Fern»* entschwindet
sie ihnen, die kleinen Leiden des menschlichen Lebens
zwingen sie, auszuharren, und die Erwerbsnolh lässt sie
kaum dazu kommen, auch nur den Blick noch schweifen
zu lassen nach der Höhe, wo die Kunst wohnt. Mit blu-
tendem Herzen sehen sie auf diejenigen, deren Verhältnisse
ihnen ein stetes Vorwärissclireiten auf der rechten Bahn
zur Kunst möglich machen, mit innerlichem Grimm blicken
sie um sich auf die stattliche Zahl ihrer jetzigen Genossen,
unter denen sie nicht wenige kennen, denen es nie eingefal-
len ist, sich um Kunst und Künstler zu kümmern, die von
einem Tage tum andern taglöhnern, und mit denen sie
sich nun dennoch in eine Kategorie stellen lassen müssen.
Aber was. hilft*»? Viele sind berufen und nur Wenige
auserwählet. Mannichfach sind ohne Zweifel die äusseren
und inneren Umstände, welche Viele in eine Bahn drängen,
in die 6ie nicht hineingehören, in eine Bahn, wo sie ihren
eigentlichen Beruf schliesslich ganz und gar aus den Augen
verlieren. Ueberwiegend ist die Noth des Erwerbes, die
Sorge um das tägliche Brot die treibende Kraft. Sie ma-
chen den angehenden Virtuosen, den talentvollen Cornpo-
silionsschüler, den hoffnungsvollen Sänger etc. etc. zum
Musiklehrer. Musiklehrer ist der UniverselbcgrilT, der alles
Mögliche und Unmögliche in sich fasst, der grosse Mantel,
der Tüchtiges und Uutüchliges gleichmässig deckt, der Ge-
neralnenner, iri den all« anderen Nenner aufgehen. Und
doch ist Musiklehrer der Titel für einen Faktor, auf den
zum allergrössten Theile das ruht, was das Leben von der
Kunst fordert, für einen Faktor, der in erster Reihe dafür
wirken kann und soll, dass die Kunst ihren hohen Zweck
für das Leben erreiche.
Musik ist der Zweig der Kunst, welcher dem Meoschen
zu allermeist, auf den verschiedensten Wegen in den man-
nigfachsten Verhältnissen entgegentritl. Sie ist desshalb vor
allen andern Schweslerküosten dazu berufen, den Menschen
Ober den Staub und Dunst der täglichen Hetzjagd um die
liebe Existenz empor zu heben, eine Verschönerung und
Veredelung des prosaischen Alltagslebens wirklich zur That
werden lassen. Sie ist die Kunst, welche den Menschen
unmittelbar und am gewaltigsten in seinem tiefsten Innern
packt, welche selbst die höchste Freude, den tiefsten
Schmerz noch zum Ausdruck zu bringen vermag, wozu
selbst das sonst so mächtige Wort sich zu armselig er-
weist. Willig räumen ihr auch die meisten Menschen die-
sen ausserordentlichen Vorzug vor den übrigen Künsten
ein, und Viele, die das nicht möchten, können sich den-
noch dem Eindrücke nicht entziehen, ihr eigenes Gefühl
straft ihren Verstand und Ihr Wort Lügen.
Die Musik ist die populärste der Künste; sie ist nicht
ein Vorrecht der Höfe oder der sogenannten höheren Stände
der Gesellschaft, sie ist Allgemeingut und ist von jeher in
allen Ständen mit Vorliebe gepflegt worden. Auch der
gewöhnliche Mann will Theil haben an den vollkommenen
Genüssen, welche die Musik zu bieten im Stande ist, er
ist daher bestrebt, sieb selbst oder doch seinen Kindern
die dazu nöthige Einsicht und Bildung zu verschaffen und
or bringt willig seine, vielleicht nicht unbedeutenden Opfer
dafür. Ja, wollten wir diese von allen Seiten dargebrnch-
ten Opfer summiren, so würden wir verschiedene Millionen
zusammenzählen müssen, welche jährlich für diese Zwecke
verausgabt werden. In allen Kreisen, mit Ausnahme der
untersten, wird Musik getrieben, gelernt und gelehrt. Nicht
ein mit besonderem Talente dafür begabtes Kind wird un-
terrichtet, sondern die ganze Nachkommenschaft des Hauses
hat Stunden, in mancher Familie drei, vier Sprösslinge.
So ist’s allenthalben, nicht nur in Residenzen und grösseren
Städten.
Der Musiklehrer ist daher ohne Zweifel ein wichtiger
Faktor im Leben des Kindes unserer Zeit, er ist der Ver-
mittler zwischen Kunst und Leben, der Münzmeister, wenn
ich so sagen darf, welcher die gediegenen Gold- und Sil-
berbarren der hehren, dem gewöhnlichen Sinne unfassbaren
27
Kunst io handliche, cureirende Geldstücke umprägen und
das edle Metall auf diese Weise in das Leben bringen soll,
dass eins nicht ohne das andere bestehen kann.
Man beachte ferner den ungeheuren Aufwand von Zeit,
der durch diese Bestrebungen entsteht. Mau berechne durch*
sclinilllich für jeden Schüler nur eine Uebungsstunde täglich,
— soll einigermaassen Erkleckliches geleistet werden, so
ist das viel zu wenig, so sind mindestens zwei Stunden
erforderlich — die er von seiuer Arbeitszeit auf das Mu-
siklreiben verwenden muss, so macht das auf einen Zeit-
raum von fünf lehren c. berechnet, sohon ein recht bedeu-
tendes Stück des jugendlichen Lebens aus. Man muliipli-
cire diese Summe noch mit der Schülerzahl, uud es kom-
men sch windlichl hohe Zidern zum Vorschein. Es sind
das aber durchaus keine Wahrscheinlichkeitsberechnungen,
keine imaginären Grössen, sondern Thalsachen, die. da hier
Alles möglichst niedrig gegriffen worden ist, hinter der
Wirklichkeit sogar noch bedeutend Zurückbleiben.
(Schluss folgt.)
Berlin.
Revue.
(Köoigl. Opernhaus.) Die verflossene Woche gestaltete
sich als eine für die Opern * Aufführungen ziemlich stille; nur
an drei Abenden wurden Opern gegeben. Allerdings ist zu
berücksichtigen, dass die Intendanz diesen Winter mit unver-
schuldeten Calnmiläten zu kämpfen hat: Frau Lucca’s Gast-
spiel in Petersburg, Herr Bet* erkrankt {Beide »ollen jedoch
in Höchster Zeit wieder suftreten), Frau Harriers- W ippern
zur Herstellung ihrer Gesundheit (Wiedererlangung ihrer Stimme)
beurlaubt, Fräulein Seasi plötzlich verschwunden, da darf die
Noth im Bepertoir wie der Mangel an Novitäten wohl zu er-
klären sein- Am 10. sang in Donizetti’s „Lucia“ neben Herrn
Wachtel als Edgsrdo Frau Balas-Bognar die Lucia, eine
Parthie, in welcher sie — wie bei ihrem früheren Gastspiel —
auch diesmal durch volubileu colueirten Gesang wie durch dra-
matisches Leben im Vorträge rech! gefiel. Die Parthie des
Astiion sang Herr Schsffganz durchaus befriedigend. Dass
Herr Wachtel reichen Beifall erntete, ist selbstverständlich. —
Am 22. fand in den Bäumen des Kömgl. Opernhauses der er-
ste Subscriplioosball statt. Das bekannte glänzende Arrange-
ment der Localitäten, die Anwesenheit des Königlichen Hofes
(S. Majestät der König verweilte bis gegen 2 Uhr) wie die zahl-
reichste Betheiligung des Publikums liessen das Fest wiederum
als eines der auserlesensten erscheinen. — Am 23. „Fidelio“
mit Frau Voggenhuber als Leonore. Am 24. „Robert der
Teufel“ mfi Frau Balas-Bognar als Dabella, welche iin
zweiten und im vierten Act alle Anerkennung faDd, deren sich
ebentalls Fräul. Grün als Alice wie die Herren Woworsky,
Fricke, Krüger als Robert, Bertram, Raimbaul zu er-
freuen hatten.
Im Friedrich- Wilhelmstädtischen Theater wurde unausge-
setzt die Opern- Burleske „Theeblume“ mit der gefälligen und
pikanten Musik des Herrn Lecocq gegeben. Der Abend des
21. — Benefiz des Herrn Neumann — halle wiederum das
Haus gefüllt und brachte dem beliebten Komiker, welcher den
alten MandsrincQ iu so Oberaus drastischer und wirksamer
Weise giebt, stürmischen Empfang bei seinem Erscheinen wie
sonstige Zeichen der allgemeinsten Zufriedenheit. Das Ensem-
ble, von den Herren Neuraanii, Adolfi, Mathias sowie
den Damen Koch und Preuss gebildet, war wieder ein ebenso
pricises wie anregendes und erheiterndes.
Die am löten d. M. in dem Soale der Singacademie von
dem Kotzolt'schen Gesangvereine gegebene 2te Soiree reihte
sich der ersten in jeder Hinsicht würdig an. Der eben so ein-
sichts- als geschmackvolle Dirigent weiss nicht bloss was er
mit seinem Vereine erstrebt, sondern es isl auch entschieden
das Richtige, nämlich sinnige Aulfassung des Choriiedes und
bis in die Details fein oüancirte Ausführung und, was von nicht
geringer Wichtigkeit, er besitzt alle diejenigen Mittel, die dazu
erforderlich sind, den Chor sichern Schrittes diesem Ziele immer
näher zu bringen. Es erscheint daher nur »ehr natürlich, wenn
die Theilnahme des Publikums, wie sich das in diesem Winter un-
zweifelhaft herausstellt, an diesen Soirien unausgesetzt wächst.
Unter den diesmal zur Aufführung gebrachten Chorlicdern heben
wir als das entschieden vorzüglichste das alldeutsche Lied:
„ach Gott, wem soll ich klagen“ als eine echte Gesnngsperle
hervor, und neben demselben das originelle, aus lebendiger Em-
pfindung hervorgegaogene und geistvoll gearbeitete Vierling’sche
Lied „Sommer ist es", sowie das tiefempfundene „Schön Roth-
raut“ von R. Schumann mit seinem unvergleichlich schönen
Refrain: „schweig stille, mein Herz, schweig still“. Die Uebri-
gen: „Vilanella“ von Donati, „der Greis“ von Haydn, „im Walde“
und „auf dem See“ von Mendelssohn erschienen anziehend, ins-
besondre auch „das HnidenrösJein “ von Schumann, während
„Wandrers Nachtlied“ von Otto Jahn nur durch KhmgefTecte
zu wirken vermochte. — Von Sologesängen trug der Königliche
Hnfopernsänger Herr Woworsky sehr ansprechend vor: „Se-
renade“ von Haydn, „Des Goldschmieds Töchterlein“ von
G. Löwe, „der Hidalgo“ von Schumann und vor diesem „ich
waodre nicht“ von demselben Componisten. Uns erschien das
letzte im Vortrage als das gelungenste. — Fräulein Franziska
Friese südlich erntete mit dem von ihr auf der Violine vor-
getragenen „Andante und Scherzo“ von David, wegen ihrer
grossen Fertigkeit und Präcision, sowie wegen des gefühlvollen
Vortrags, den wohlverdienten allgemeinen Beifall.
Der 2te Cyclus der mit Hecht beliebten Quarlett-Soirien
der' Herren de Ahna, Espenhahn, G. Richter und
Dr Bruns wurde am 20. d. M. im Arnim’&chen Saale in
würdigster Weise und unter zahlreicher Beteiligung eröffnet.
Haydn’s geniales Quartett nu» D - dur (Cah. 10. No. 1)
wurde in allen einzelnen Thcilcn mit eben so viel Kraft
und Feuer als feiner Nüanciruog ausgeführt und erntete
wie stets, den allgemeinsten Beifall. Wir erhielten bei
demselben auf’s Neue den Eindruck, dass die trefflichen Quar-
tellisten am glücklichsten in der künstlerischen Ausführung der
Werke Haydn*» sich erweisen; vergeblich würden wir hier ir-
gend etwas zu rügen versuchen; auch die Instrumente haben
gerade in den Haydn*schen Quartetten eine grössere Tonfülle
und einen Zusammenklang, der in Betreff der gleichmfissigen
Stücke nichts zu wünschen übrig lässt. — Das Schumnnn’sche
Quartett, F-dur, Op. 41 No. 2 schloss sich an jenes an und
machte es dem Hörer recht fühlbar, welch’ ein Unterschied
zwischen dem grübelnden, unausgesetzt reflectirenden Schu-
mann isl, der es auch iu diesem Werke au Härteu in der Har-
monie nicht fehlen lässt, und dem in dem Reichlhura der Her-
roonieen harmlos und heiler »ich bewegenden Altmeister. Die
Ausführung dieses Quartetts, so wie des den Schluss bildenden
Beelhoven’schen Op. 59 No. 2 E-motl war eine io den wesent-
lichen Theilen gelungene. Insbesondre verdient im zweiten Satze,
Molto adagio, der Vortrag der, ohne concertant zu sein, das
Adagio beherrschenden ersten Geige als vorzüglich hervorgetio-
ben zu werden; denn durch ihn kam der Ausdruck getrösteten
Schmerzes, wie ihn dieser Salt wahrer Gefühls-Declamatinn
alhmef, zur vollsten Geltung. — Der präcise Anfang und die
ganz kunen Pausen können nur dankend anerkannt werden.
Herr Fabian Hehfeld gab nrn 23. Januar sein alljähriges Con-
4 *
28
cert uod konnte eich einer zahlreichen Zuhörerschaft erfreuen.
Sein Programm bot „ jedem das Seine“ und wir müssen ge-
stehen, dass es mit Geschicklichkeit und guter Berechnung
zusammen gestellt wer. Das Concert für Violine und Orchester
von M. Bruch wurde vom Coricerlgeber ganz vortrefflich vor-
getragen. Das ferner aufgelQhrte Concert für 4 Solo-Violinen und
Orchester von L Maurer, wor trotz seines Alters doch eine
Novilftt. Die Composition ist so anmuthig und weiss die
Klangfarben der 4 Violinen, von den Herren de Ahne, Spohr
Hel Irnich und dem Concertgebcr ganz vorzüglich vorgetrageo,
sc interessant zu verwerten, dass man, bei guter Laune, aich
ganz vortrefflich daran amüsiren kann, wenn auch jeder höhere
künstlerische Anspruch zurücktrelen muss. Freu Herrenbur-
ger-Tuczek, welche die Gesangsnumroern übernommen hatte,
war sehr gut bei Stimme und riss durch ihren Vortrag, wie
durch die musikalische Sicherheit den Zuhörerkreis zu leiden-
schaftlichen Beifallsbezeugungen hin.
Herr Fr. Bendel trat am 21. d. M. im Saale der Sing-
akademie, leider vor einem weniger zahlreichen Zuliörerkreise,
als alleiniger Concerlgeber auf. Das Programm war reichhaltig
und interessant zusammengestellt und reihten sich die Meister
mehrerer Jahrhunderte aneinander. Eine Sonate von Srnrlatti
begann den Beigen, Bach's italienisches Concert und Beethoven*»
E-dur-Sonate, Op. 109 folgten ihr; überall trat Herrn BendcPs
enorme Technik und seine geistreiche Auffassung hervor. Das
Chopin'sche Nocturne in G, mehrere Compnsilioneu des Herrn
Bendel, von denen besonders eine Barcarole sehr gefiel, und
eine Rhapsodie von Liszt vertraten die Neuzeit.
Bei Gelegenheit einer Sitzung des Berliner Geachichtsver-
cin% am 24. d. M. im Königlichen Schauspielhause, fanden
Aufführungen der Königl. Theater - Insfrumenlalschule unter
Leitung des Königl. Conccrtmeisler Herrn II. Ries statt. Der
General-Intendant der Königl. Schauspielo hatte bereitwillig
das Königliche Schauspielhaus für diesen Zweck dargeboten,
da es galt durch eine Vorlesung den grössten Mimen Berlins,
Ludwig Devrienl, zu feiern. Dies geschah unter gespanntester
Theilnabme der Zuhörer durch eine sehr gelungene Lebens-
skizze des grossen Künstlers von Carl Gerold, welche der Geh.
Hofrath Herr Schneider lebendig und anziehend vortrug. —
Interessant war es von den sehr lüchligen Leistungen der Kgl.
Thealer-Iustrumentiilschule Kennlniss zu nehmen, eines Instituts,
das nicht blos für die Königl. Kapelle von Wichtigkeit ist,
welche sich durch dasselbe ihre besten künftigen Mitglie-
der heranbildel, sondern auch für andere Privatorchester, die
aus den Zöglingen dieses Instituts sich ergänzen. — Im Jahre
1823 unter Sponlini durch Moeser gegründet, wurde das In-
stitut durch den zeitigen General-Intendanten 1851 renrganisirl,
und dem gegenwärtigen Leiter übertragen. Mit welcher sorg-
samen Treue und feinem Musiksinne derselbe das Institut lei-
tet, davon geben die vorgeführlen Proben den unzweideutigsten
Beweis. Es darf daher nicht wuudern, wenn seit 1851 das
Institut 350 Schüler aufgenommen und gegenwärtig 52 das-
selbe besuchen. Vornehmlich dazu bestimmt, für das Orchester-
spiel die Zöglinge auszubdden, erhalten sie zugleich Gelegen-
heit Solop&cen mit Orchester zu spielen. Wöchentlich werden
6 Stunden im Violin-, im Quartett- und Orchesterspiel unent-
geltich ertheilt. Die besten Mitglieder des Instituts werden nach
einer Concurrenz vor der Musikdireclion des Kgl. Theaters als
Mitglieder der Kapelle angestelll, und es gereicht den Bestre-
bungen dieser Theater-Instrumentalschule wahrlich tu nicht ge-
ringem Lobe, dass der grösste Theil der jetzigen Kapellmilglieder
aus derselben hervorgegengen ist. — Die diesmal vorgetrsge-
nen Stücke waren: 1) von der zweiten Violin-Klssse: Studien
von Fiorillo und Kayser von 10 Eleven, Adagio und Finale
von H. Ries von 8 Eleven; 2t von der ersten Violin - Klasse:
Caprice (Es-moll) von Rode von ö Eleven, Allegro aus einem
Quartett von Dont von 16 Eleven in 4facher Besetzung vorge-
tragen; 3) Quartett Adagio von Dont von 4 Cellisten, Jaco-
bowski, Coper, Manecke und Koenig ausgeführt. Vom
ganzen Orchester wurde zu Anfänge die Ouvertüre zu „il Re
pastore“ von Friedrich d. Gr., zum Schlüsse der erste Satz aus
Beelhoveu’s D-dur-Symphonie (No. 2/ ausgaführt; unmittelbar
nach dem Vortrage in sinnigem Anschluss aber an dsn dahin-
geschiedenen grossen Künstler der erste Theil aus der „Mercia
funebre“ in Beethoven*» „Eroica“. In allen diesen Stücken
offenbarte sich nicht geringe Fertigkeit, Sicherheit, Prflcision
und ein sehr erfreuliches geistvolles Auffassen, die Frucht des
von einem so erfahrenen Lehrer empfangenen Unterrichtes.
Am 24. d. M. gab Herr Concertmeister Julius Stnhlknecht
im Saale der Singakadrmie unter Leitung des Herrn Musikdi-
rektor WO er st ein Concert vor einem zahlreich versammelten
Publikum. Der Concertgeber trug mit der an ihm bekannten
Virtuosität ein Concert für das Cello von Goltennann, eine
Fantasie quasi Variationen über ein Schwedisches Volkslied und
auf Begehren das „Ave Maria“ von Franz Schubert und die Me-
ditation von Gnuood nach dem Bach*schen Präludium für Cello
und Pedalharfe, letztere von Herrn Louis Grimm gespielt, vor.
Von Frau Leoutine Trunk hörten wir die Arie aus dem „Frei-
schütz“ „einst träumte meiner sePgen Base" etc. etc. und zwei
Lieder: „am Meere“ von Fr. Schubert tmd „Das Vöglein im
Tannenwalde.“ Die Singerin verbindet mit lebendigem Vor-
trage eine klangvolle Stimme; ihre Gesangstechnik ist vorzüg-
lich. Ausser ihr zeichneto sich Frau Franziska W Gerat durch
würdevollen Vortrag der HindePschen Arie aus „Ezio“ „caro
padre“ und durch gemQthliche und humoristische Auffassung
zweier Lieder „Rückblick“ voo B. Sigismund und „durch den
Wald“ von Reiniek von ihrem Gatten mit Begleitung des Cello’s
gesetzt, aus. — Herr H. Schwantzer spielte das C. M. v.
Weber’sche Concert stück mit Orchester; die Uebertreibung der
Tempi lies» es zu einer abgerundeten Ausführung nicht kom-
men. — Eine Ouvertüre von dem Bruder des Concertgebers,
Adolph Slahlknecht zu: „Hero und Leander“, ansprechend,
wenn gleich mit zu viel aufgewendetem Blech, eröffnete das
Concert. — d. R.
Correapoiidenzeii.
Dresden, im Januar.
In den letzten Wochen geh cs hier fast kein anderes Tages-
gespräch als die bevorstehende Aufführung der Wagner’scheu
„Meistersinger“, eine Erscheinung, die, weil sie eben so selten
ist, die ganze Grösse dieses Ereignisses am besten bekundete.
Sicher ist es eine recht erfreuliche Thatsache zu gehen, wie ein Publi-
kum im Grossen und Ganzen eine so warme Theilnabme zeigt
und solchen Erscheinungen auf dem Gebiete der Kunst ein so
reges Interesse entgegen bringt. Am 21. d. ging denn endlich
dieses viel besprochene Werk Richard Wagner*« „Die Meistersin-
ger“ vor einem überfüllten, festlich gestimmten Hause in Scene
und erwarb sich einen derartig durchschlagenden Erfolg, wie er
mir selbst bei der ersten Aufführung einer Oper noch nicht vor-
gekommen ist. Ich bemerke Ihnen ausdrücklich, dass die Ent-
gegennahme von Seiten der Anwesenden eine begeisterte, voll-
ständig opposilionslose war, die selbst die kühnsten Erwartungen
Obertroffen haben möchte Unzweifelhaft hat Wagner auf diesem
von ihm zum ersten Male betretenen Gebiete der komischen Oper
ein Werk gegeben, welches zu dem Besten zu zählen ist, was
dieser Künstler überhaupt geschaffen. Die Volkstümlichkeit des
Stoffes, welchen er mit meisterhafter Kenntnis« zu bearbeiten ver-
stand, würde allein schon hinreichend sein, einen Wiederhall in
unserm Volksleben zu finden und ich glaube anoehmen zu dar-
Ten, dass diese Oper sich bald tim gewissen Sinnet einer grosse-
ren Popularität zu erfreuen haben wird. Bei einzelnen Schwächen
ist die Dichtung an und Tür sich ein Meisterwerk, sie ist echt
deutsch empfunden, d. h. aus einer liefen Keunlniss unseres
deutschen Volkslebens hervorgegangen uud hat Steilen aufzuwei-
sen. wie sie herrlicher und poetischer nicht gedacht werden kön-
nen. Der Dichtung selbst steht das Orchester ziemlich losgelöst
gegenüber und nur in einigen Scenen kommt es zu einer innigen
Verschmelzung mit den Singstimmen. Das Orchester geht seinen
Weg scheinbar allein, auch die Singstimmen scheinen ihren
Weg allein zu wandeln, und doch ist der geistige Zusammen-
hang beider für den aufmerksamen Beobachter von überraschen-
der Einheit Die Orchestration zeigt Wagners eminentes Talent
einmal wieder in seiner ganzen Fülle, neu und Überraschend
Oller von gesundem Humor Überschäumend. Im Gauzen leidet
die Oper jedoch entschieden au Längen , namentlich gilt dies vom ersten
Acte. Nach der poetischen Kircheusceno, welche die Einleitung
bildet, sind die Auseinandersetzungen des David zu lang und
ermüdend, wie überhaupt der ganze Act etwas foreirt Gedehntes
hat. Auch die Wechselreden der Meistersinger kommen zu kei-
ner rechten Wirkung; die Instrumentation ist für den MAnnerge-
sang zu dick und deckend, ein Fehler, den Wagner nur zu oft
zu seinem Naehtheil begeht. Ebenso ist der Schluss der
Oper etwas über die Gebühr in die LAnge gezogen, wodurch
derselbe an Äusserer Wirkung etwas verliert. Ganz besonders
rissen zu lautem Beifall hin: die Betrachtungen des Sachs im
zweiten Acte, das StAndchen des Beckmesser, und im dritten
Acte fast sämmtliche Scenen. Die Äussere Archileclur dieses
letzten Actes ist in der Thal ein Meisterstück, und wollte man
hier Wagner der Berechnung zeihen, wie dies geschehen ist, so
konnte man ein Gleiches ao anderen längst anerkannten Meister-
werken mit Leichtigkeit nachwcisen. Meiner Ansicht nach kann
die Gewalt solcher logischen, also auch berechtigten Entwicke-
lung nur mit Bewunderung erfüllen. Was die Verhöhnung der
Alteren Meister anbetrifl), so haben wir davon nichts entdecken
können, vielmehr glauben wir, dass sich die Wagner’sche Satyre
nur gegen diejenigen wendet, die, ihre eigene Zeit nicht begrei-
fend, nur in der Vergangenheit leben und in deren Anschauun-
gen für die Gegenwart gewinnbringend zu wirken glauben. Die
Ausführung der Oper war fast durchweg eine vortreffliche, na-
mentlich gilt dies vou dem Orchester unter Kietz' s Leitung,
der sich seiner Aufgabe mit aller Energie und Hingabe unterzo-
gen hatte. Von den Mitwirkenden zeichnete sich besonders Herr
Mittcrwurzer als Sachs aus, der diesen ehrenfesteu Charakter
meisterlich zur Darstellung brachte. Herr Degele (Beckmesser)
gab sich sehr viel Mühe, doch fehlte ea seiner Auffassung an
SchArfe der Zeichnung. Frau Alvs leben bringt der Eva zu
wenig GefQhlswArme entgegen, spielte aber sonst befriedigend.
Gleiches lAsst sich von dem Herrn Labst t (Walther) berichten.
Dieser SAnger hat noch zu sehr mit den Eigeulhümlichkeiten der
deutschen Sprache zu kAmpfen, als dass er sich fessellos bewegen
könnte, doch lässt sich für die Folge Besseres erwarten. Herr
Schlosser aus München als David, wie Frl. Weber (Magdalena)
wurden ihren Aufgaben in höchst befriedigender Webe gerecht
Der deeorative Theil der Oper zeichnete sieh ganz besonders
aus und ist den Betreffenden auch alle Anerkennung zu Theil
geworden. Die Costumirung war dagegen ziemlich acbAbig, und
befand sich mit der bekannten Kleiderprachtliebe des 1 fiten Jahr-
hunderts in crassem Widerspruch, desgleichen zu den sehr ho-
hen Einlaasprelsen. Voraussichtlich wird diese Oper Ifingere Zeit
das Repertoir beherrschen. — Einige Tage vorher gab Anton
Rubiustein ein Conc-ert und zwar vor ausverkauftem Saale. Wenn
cs sich von selbst versteht, dass ein Künstler seines gleichen
nur das Vorzüglichste bieten kann, so vermögen wir doch nicht
mit allen VortrAgen uns einverstauden zu erklären. Der Vortrag der
Ouvertüre zu „Egmont“ von Beethoven erscheint uns nicht glück-
lich gewAhlt; eiu Werk der Art zur Anschauung zu bringen, dafür
reichen die Mittel eines Flügols nioht aus. Den grössten Erfolg er-
zielten scino eigenen Composilioncn, namentlich die Romanze und
die Tarantelle, ebenso die Sonate in F-mollvon Beethoven (Op. 57).
— lieber sonstige Ereignisse später. A. F.
Paris, 23. Januar 1869.
Die Opera, welche sich seit Wochen und Monden in dem
stabilen Repertoir-Cirkel von „Hugenotten“, „Hamlet“, „Trouvtre“,
„Jüdin“ und „Afrikanerin“ gefallt, hatte endlich zur Abwechslung
ihr kleines Ereigniss. ln der vor zwei Tagen slattgchAbtcn „Hu-
genotten* Vorstellung“ wurde die junge Sängerin, FrAul. Hisson,
weicher, wie wir erwähnten, vor einiger Zeit ein Brief der Dl-
rection die lange eiostudirte Parthie der Valentine hinweg de-
crelirte, durch das plötzliche Unwohlsein des Fräulein Sass,
der mehr stimmhegabten als poetisch gestalteten Valentine, ver-
anlasst, plötzlich an deren Stelle einzutreten, uud die nngefoch-
tene Parthie zu singeu. Wenn in den crslcreti Acten eine er-
klärliche Befangenheit dem Vortrag Abbruch that, so halte doch
der reichlich gespendete aufmunternde Beifall zur Folge, dass
Fräulein Hisson im vierten Acte glänzend reiissirte, und somit
die Optra in der poetischen Erscheinung, und in dem vom Ju-
gendfeuer geleiteten Talente derjungen Künstlerin eine neue Valentine
gefunden. In der That werden die „Hugenotten“ morgen mit
Fräulein Hisson und Frau Miolan-Carvatho in den Haupt-
rollen zur Wiederholung gelangen. — Das erste Auftreten des
Fräulein Murskn als Lucia im ThtAtre italien ging nicht ohne
Opposition ab. Wenn sic die Raketen ihrer hohen Sopranstimme
steigen liess, da leuchtete sie, wie immer, jedoch ohne zu zün-
den. Man fand ihre Verzierungen meist geschmacklos, den Vor-
trag der Cantilenen nicht streng musikalisch genug, und ihre,
nur in der Höhe brillircnde Stimme, eines wirklichen Empfin-
dungsausdruokes wenig fähig. Bei allem dem erntete Fräulein
Murska vielen Beifall, wozu, neben ihrer Leichtigkeit im Vor-
träge, auch die schöuen blonden Haare, weniger die unvermeid-
liche Schminke, und, wie die Pariser Kritik sehr boshaft bemerkt,
ihre zahlreichen Freunde beigetragen haben. — Zum Mitdireclor
Leuvcn's in der Opera comique, wurde, nachdem der bisherige
Associt, Herr Ritt, heute austritt, vom Ministerium der dramati-
sche Schriftsteller Herr Du Loole ernannt — Im Thtälre lyrique
wird nächsten Sonntag Mozarts „Don Juan“ zur Aufführung ge-
langen. — Man spricht von dem Eintreffen Richard Wagucr's in
Paris, um die in den nächsten Tagen im obigen Theater begin-
nenden Proben zu seiner Oper „Rienzi“ zu leiten. — Die erste
Aufführung von Ricci's neuer Oper „Une folle a Rome“ in den
Fantaisies parisiennes, ist wegen Unpässlichkeit der FrauMari-
raoii auf nächsten Dienstag verschoben worden. Herr Marti-
net, der Director dieser Bühne, auf welcher sich fortwäh-
rend Grisar's ursprünglich in der Optra comique aufgeführte
Operette „Gill ravisseur“ mit Glück behauptet, wird mit
Ricci's Oper den Versuch machen, die Claque aufzu heben.
Es zeugt dies entweder von einer grossen Zuversicht in den Er-
folg des Werkes, oder aber in den gebesserten Sinu der Pariser,
wonach eudlich die Zeit gekommen, einen widrigen Missbrauch
aufzuhehen. Es steht nur zu befürchten, dass die abgesetzle
Claque nunmehr eine Clique bildet und alle ohne sie in Scene
30
gesetzte Werke anszischl. Wenigstens haben wiederholte Ver-
suche, die Ctaque aufzuheben, die Directoren, bei den Gepflogen-
heiten des hiesigen Publikums, wieder genöthigt, dieselbe im In-
teresse der Künstler, welche ohne Applaus nicht leben können,
wieder einzuführen. — Die zweite Holle, in welcher die Ameri-
kanerin F'räulein Hauck im Theätre Halten debutirte, war die
Rosine in Rossini’s „Barbier 4 *. Der Erfolg war diesmal bei dem
jugendfriseben Naturell der Künstlerin weitaus glücklicher. —
Die Boufles parisiennes haben mit der neuen Operette „L'Ecos-
sais de Chatou 44 , Text von Gilles, Musik von Leo Dclibcs, der
Lachlust der Pariser neuen Stoff zugeführt. Die Musik concurrirt
an Frische und Lebendigkeit mit Offenbacb. — Mehrere Nummern
wurden wiederholt, so u. a. das von allen Personen gesungeue
und getanzte Ronde ccosssise. Die Operette macht seil einer
Woche fortwährend volle Häuser. Hierzu die Novität „Gandolfo 44
von Chivot und Duru, Musik von Lccocq. wobei die alte Ge-
schichte eines betrogenen, aber endlich doch wieder zufriedenen
Ehemannes mit situaliousgemässer Musik illuslrirt wird. — Der
Violinist Herr Scherek, welcher in mehreren Soiräcn seine effect-
vollen Transcriplionen und Composiliunen vortrug, wird von den
daselbst geernteten Erfolgen angeregt, demnächst im Saale Pleyel
ein eigeues Concert zu veranstalten. Der junge Künstler cuitivirt
das Genre Si\ori‘s mit hervorragendstem Talente. — Das morgige
Conccrt populaire bringt eudlich einige Abwechslung in sein bis-
her so stereotypes und ausgenutztes Programm. Wir entdecken
eine noch nicht gebürte Hay du sche Symphonie (No. 43), Wag-
ner's Rienzi-Ouverture uud das Violiu- Concert E- dur von Vieux-
temps.vorgetrsgen von dem neuen Solo- Violinisten desTheätre Iyrique,
dem jungen Belgier Herrn Mau hin. Für die weiteren Conccrte ist die
Violinistin Frau Norman - Neruda neuerdings engagirt worden. —
Der Teuorist Roger hat in seiner Wohnung so eben einen G e-
sangs-Cursiis für deutschen, frauzüsischen und italienischen
dramatischen Bühnen- Vortrag eröffnet. Das in dieser Beziehung
so erfolgreiche mehrjährige Wirken des berühmten Tenoristen
Duprez scheint den ueuernnnnten Gesangsprofessor des Conser-
vatorium nicht ruhen zu lassen. — Das Quartett Maurin, Col-
blain, Mas und Demunck kündet für deu 3. Februar int Saale
Pleyel den Beginn seiner Kammermusiksoireen an, in welchen die
letzten Quartette Beethoven*» zur Aufführung gelangen. Ausser-
dem wird Krau v. Malleville uud Herr Saint-Saüns mitwirken.
Sonst ist nichts Namhaftes auf musikalischem Gebiete zu be-
richten. A. v. Cz.
Jonrnnl-Itevue.
Die Allgein. Musik-Ztg. enthält einen Aufsatz „König Stephan",
ein Opern- Pasticcio, aus Beethovens Musik zusammengesetzt,
und schliesst die Besprechung von Brahms „deutschem Requiem".
— Die Neue Ztsch. f. Musik bespricht La Mara's „musikalische
Studirnköpfe". — Signale No. 9 und 10 bieten unter der Rubrik
„Tonkünstler der Gegenwart" elue Biographie Haus von Bülow's,
sowie ferner einen Artikel „Die Musik in Cartsruhe". — Südd.
Musikzlg. : „Eine Ausfahrt nach Volksweisen". — Die Revue cl
Gazette musieale enthält einen interessanten Auszug aus Fätis’
„Histoire generale de la musique", deren 1. Band am 15. Fe-
bruar erscheinen soll.
Nachrichten.
Berlin Wir machen unsere Leser aut das eben erschienene
erste Monatsheft für Musikgeschichte, herausgegebeu von der Ge-
sellschaft für Musikforschung, aufmerksam, welches für den Fach-
mann, wie Musikliebhaber des Neuen und Interessanten In reicher
fülle bietet. Eine Doppelbiographie über die beiden Georg För-
ster (XVI. Jahrh.), welche bisher miteinander verwechselt worden
sind, Aktenstücke über Hans Leo Hasler und zwei bibliographische
Beschreibungen seltener Werke bilden deo Inhalt Die Zeit-
schrift erscheint in Berlin bei Trautwein uud ist durch jede
Buchhandlung für den massigen Abouncmentspreis von 3 Tha-
lern zu beziehen.
— Das am 21. d. Mts. staltgehabte Hof- Concert unter Lei-
tung des Herrn Ober - Kapellmeisters Taubert bol folgen-
des Programm: Ouvertüre zu „Leooore“ von Beethoven, Arie
aus „Stabst mater“ von Rossini (Herr Wachtel), Orchestersalz
aus der „Afrikanerin“ von Meyerbeer, Finale aus „Armide 1 * von
Gluck (Frau Vuggenbuber), Ouvertüre zum „Sturm" von Tau-
bert Bachuschor aus „Antigone" von Mendelssohn (die Herren
Krüger, Woworsky, Salomou, Fricke und der Männerchor)
und Duett aus „Teil" von Rossini (H. II. Wachtel und Salomou).
— Das erste der diesjährigen Monstreconcerte des Herrn
Bllse fand am 23. d. im Coucerthause mit einer auf huodert
Personen verstärkten Kapelle statt. Aus dem Programm ist her-
vorzuheben: Sinfonie pastorale von Beethoven, Variationen von
Wüerst, Sylpheulanz von Berlioz und Ouvertüre „Meeresstille und
giücklicho Fahrt" von Mendelssohu. Die vorzüglichen Leistun-
gen der Kapelle sind schon so hinreichend bekanut dass es
überflüssig erscheint dieselben ausführlicher zu besprechen, uur
so viel sei erwähnt, dass durch die Verstärkung des Orchesters,
dasselbe noch von imposanterer Wirkung war, während doch
auch die Ausführung der feineren Nuaucen nichts zu wüuschen
übrig liess.
Härmen. 5t es Abonnements • Concert: Ouvertüre zu „Eg-
monl" von Beethoveu, Arie aus „Oberon" von Weber i Fräulein
Straus s), Clavierconcert von Gernsheim (vorgetragen vom Com-
ponisten», der 137. Psalm von E. F. Richter, Lieder und Sinfonie
C-dur von Schubert.
Ilrauiiftchweig. Ttes Abonnement - Concert des Vereins für
Concertmusik unter Mitwirkung des Herrn Wilhclmj: Trio Op.
£8 von Schumann, Ciaconoe für Violine von S. Bach, Ballade
für Pinnoforte von Keinecke, Räverie von Vieuxtemps, Fantasie
über ungarische Weisen von Ernst etc.
— Anton Ru bin st ein hat eich nun auch bei uns hören
lassen und zwar mit einem Erfolge, der an die Zeilen Liszt's
und Paganini's erinnert. Die Leistungen des berühmten Künst-
lers wurden vom überfüllten Saale mit rauschendem Beifalle
aufgenommen.
Bremen. Ile Soiräe für Kammermusik der Herreu Jacob-
sohn und Genossen: Trio E-dur von Mozart, Romanze von Fritze,
Elegie von Ernst und Trio G-moll von Marschner.
Breslau Öles Concert des Orchestervereins unter Mitwir-
kung des Fräulein Friese: Sinfonie in C-dur mit der Fuge von
Mozart, Violin-Concert in A-moll von Viotti, Rakoezy-Marsch von
Berlioz, Andante und Scherzo von David und Ouvertüre zu deu
„Abcnccragen" von Cherubini.
Bonn. 4le Solräe für Kammermusik der Herreu Japha,
Königs löw etc.: Kaiser-Quartett in C-dur von Haydn, Quartette
in D-moll von Schubert und E-moll (Op. 59. No. 2) von Beethoveu.
CasNel. Concert des Violinisten Miska Hauser: Sonate in
G-moll von Tsrfini, Compositiouen von Hauser, Lieder von Tau-
bert etc.
CobleitE. 5tes Abonuemcnt • Concert, unter Directiou des
Herrn Musikdireelor Hasen clever: Ouvertüre „Meeresstille und
glückliche F'ahrt“ von Mendelssohn, Alt-Arie mit Chor aus „Sam-
son“ von llludel, Clavierconcert in C-moll und 4tu Sinfouie (U-
dur) von Beethoven.
Cftii». Ttes GOrzeniohconcert: Ouvertüre No. 3 zu „Leouore"
von Beethoven, Arie aus „Figaro's Hochzeit" (Frau Baiäs-
kjO
31
Bognär), Violinconcert in A • moil von Rode (Frau Norm*a-
Neruda), Arie von Verdi, Jagdehor aus „Der Sieg der Zeit**
von HAndel, Adagio und Rondo au* dem Violinconcert in Es-dur
von Vieuxtemps, Ungariache Volkslieder und Ouvertüre, Scherzo
und Finale von Schumann.
Dresden. Das 4te Abonnementconcert der KOnigl. Kapelle
fand unter Leitung des Herrn Kapellmeister Krebs statt und bot
an Novitäten die Bruch’sche Ks-dur-Sinfonie sowie Gernsheims
Ouvertüre zu „Waldmeisters Brautfahrt**. Erster« machte in ihrer
Totalitit einen gOnstigen Eindruck, letztere erwies sich als gut
gearbeitetes, aber sichtlich unter Mendelssohn’schem Einfluss
stehendes Werk. Die weiteren Nummern des Abends waren
Ouvertüre zu „Cantemire* 4 von Fesca und Sinfonie G-dur No. 6
von Haydn. — Am 9. d. gab Herr Müller, Mitglied der KOnigl.
Kapelle, ein Concert, in welchem er sieh ln dem Vortrage von
Compositionen von Violti, Bach und David als tüchtiger Violin-
spieler erwies. Frau Hcinze unterslOtzte das Concert durch die
gelungene Wiedergabe des Mendelsaohn'schen G-nioll-Coucertes.
Düsseldorf. Herr Musikdirector Tausch führte am 14. d.
Mendelssohns „Paulus** ln recht gelungener Weise auf. — Mey-
erbeer's „Afrikanerin 1 * ist nun bereits 6 Mal mit grossem Erfolge
gegeben worden.
Häslingen- lu letzter Zeit wurde den Bewohnern hiesiger
Stadt ein interessanter Genuss zu Theil. Der Orgelbauer Bles-
sing hat nämlich die von der Stadt Tübingen bestellte grosse
Orgel vollendet und zur allgemeinen Besichtigung in seiner gros-
sen OrgelbauwerkstAlto aufgestcllt. Am 10. Januar hatte sich
nun daselbst ein zahlreiches Publikum versammelt, da der als
virtuoser Orgelspieler renommirte Professor F I u k zugesagt hstle,
die Orgel zu probiren. Er wusste in einem freiphantasirendeo,
meisterhaften Vortrag die ZuhOrer Ober eine halbe Stunde lang
zu fesseln und brachte hierbei alle Register im Einzelnen durch
charakteristische Tonsfilze zur Geltung, bis er endlich mit vollem
Werk in einer gewaltigen Choralfuge abscbloss. Doppelt inte-
ressant wurde die Production dadurch, dass ein zweiter Orgel-
virtuos, ein zur Kenntnissnahmc von Orgelwerken auf den Con-
tinent gesandter EngiAnder, Organist Broughton aus Leeds sich
dabei cingefuuden halte, der eiue grosse Bsch'sehe Fuge spielte,
seine Meisterschaft in der Technik zeigte, und an dem Orgelwerk
ein lebhaftes Interesse nahm. Am Nachmittag fand vor einer zahl-
reichen Zuhörerschaft gleichsam ein Wettkampf zwischen beiden
Orgelvirluosen statt, indem Broughton eine Orgelsonate von Men-
delssohn und eine Composition von Spohr, und darauf Professor
Fink seine pompöse Orgelsonate (Op. G) in solch' meisterhafter
Weise Aufführte, dass der sonst einsilbige EngiAnder zu lauter
Anerkennung der Composition und des Spiels sieh bewogen fand.
Hamburg. Im zweiten Abonnomenl-Conccrt des Cäcilien-
verein gelangte HAndel’s „Josua“ zur Aufführung. - 2tc Soiree
für Kammermusik des Herrn R Niem nun: Trio Op. G3 von
Schumann, Pianoforte - Sonate Op. 68 von Chopin und Clavier-
Quartett Op. 43 von Kiel.
— Niemals haben wir in einem hiesigen Musiksaale so en-
thusiastische Kundgebungen des Entzückens und so stürmische
Zeichen der Dankbarkeit erlebt, wie am letzten philharmonischen
Abende, wo Herr Anion Rubinstein mit Beethovens 5. Clavier-
concert und dann mit Schumann's „Carneval“ auftral. Das Audi-
torium konnte sich nicht genugthun in dem AppUusc, den es
diesen Vorträgen mit unermüdlichen HAnden spendete, das Or-
chester begleitete die Herv orrufe, auf welche Herr Rubinstein im-
mer wieder auf dem Podium erscheinen musste, mit jubelnden
Fanfaren und dennoch war man im Saale wie erschrocken in
seinem Erstauueii, als Herr Rubinstein, nach dem anstrengenden
Vortrage der zahlreichen Sehumaun'scben Nummern, in diesen
rauschenden Huldigungen nur ein immer dringender hervorbre-
chendes Daeapo- Verlangen zu erblicken schien, auf das er sieh
ruhig noch einmal an den Bechstein'schen Flügel begab, um ein
Mcndelssobn’sohes Lied ohne Worte und seine Transcription des
Beethoven’schen türkischen Marsches hinzuzufügen. Den zweiten
Theil des Concerts bildete Bruch's neue Sinfonie in Es-dur. Sie
wollte dem Publikum für s Erste nicht sonderlich munden und
auch uns erschien sie nach den plastischen Gebilden des Rubinstein'-
sehen Spiels reicher an Phrasen als an Gedanken. — 1. Soiree
für Konimermusik der Herren Kleinuiichel, Schradick etc.:
Ouartett Op. 26 (G-moll) von Brahms, Sonate mit Violine Op. 19
von Rubinstein, B-dur-Trio von Beethoven etc.
Leipzig. Im 14. GewandliAuscoucert trat Frlulain Cornelia
Seherbel aus Breslau als Sängerin und auch Clavierspiclerin
zugleich auf und wusste sieh dureb den Vortrag von Beethoven'a
Clavierconccrt in Es-dur, der Scene und Arie aus „Orpheus**:
„Du, die ich heiss geliebt** und zweier Lieder von Rubinstein
und Gollermann allgemeine Anerkennung zu erringen. Die Or-
chesterleistungcn: Ouvertüre zur „Vestalin“ von Spontioi und
„Genoveva“ von Schumann sowie Gades reizende Sinfonie ln
B-dur, erfuhren eine treffliche Ausführung.
Magdeburg. Drittes Abonnement -Concert: Sinfonie triomphale
von Ulrich, 3te Concert-Sinfonie für Pfte. von Litolff, Ouvertüre zu
„Lodoiska“ von Cberubini, Türkischer Marsch und Etüde von
Rubinstein, Ouvertüre zu „Olympia" von Spontini etc. — Der
Kirchengesangvcrein wird unter Rebling's Leitung Mendels-
sohn's „Lobgesang** zur Aufführung bringen.
Mannheim. Dritte Kammermusik-Aufführung der Herren
Narel - Koning, Kündin ger etc., unter Mitwirkung des Herrn
und Frau Jaell: Quartett in G-moll No. 74 von llaydu, Sonate
für 2 Claviere von Mozart, Clavier-Quartett von Schumann und
Impromptu für 2 Claviere über Scbumaun’s Manfred von Reinecke
Posen. Die hiesigen musikalischen Zustände haben durch
die Verdienste unseres Theaterdlreclors Herrn Sch wem er einen
büchst erfreulichen Aufschwuug genommen. Wir besizen seit
dem Herbste ein Opern -Ensemble, welches künstlerischen An-
sprüchen in jeder Weise genügt und der deutschen und polnischen
Einwohnerschaft einen willkommenen Yereinigungspuokt bietet.
Durch das EngAgemeut einer tüchtigen eignen Theater-Kapelle,
eines ausreichenden Chors haben die Aufführungen die solide
Basis erhalten, deren sie früher entbehrten. Das Solo-Personal
zAIilt vortreffliche KrAlte, von denen wir die ColoratursAngerin
FrAuIeiu Therese Müller, die jugendliche Sängerin Fräulein
Schönfeld, den Tenor Herrn v. Illenberger und den Bassisten
Herr Egli mit besonderem Lobe nennen. Das hervorragendste
Verdienst um die sehr correcleu Opern-AuffÜhrungen gebührt dem
Kapellmeister Herrn Bossenberger. Im Allgemeinen hat die
hiesige Bühne unter der gegenwärtigen Leitung eine geachtete
Stellung erworben und es verdient einer besonderen Anerken-
nung, dass Herr Director Schwemer der deutschen Kunst hier die
gebührende Geltung zu schaffen vermochte.
Potsdam. Drittes Abonnement-Concert des Herrn Musikdi-
reclor Voigt: Sinfonie B-dur von Haydn, Arie aus „Semele** von
HAndel, Violoncell -Concert von Steffeus, Ouvertüre zu „der schö-
nen Melusine“ von Mendelssohn, Arie für Violoncello von Stra-
della etc:
Stuttgart. Aufführung des Vereins für klassische Kirchen-
musik: Choral von PrAtorius, Motette von Palestrina, Rlcercare
für Orgel von Steigleder, ToccAla (F-dur) für Orgel von Speth,
Cantate „Ich halte viel BekOmnierniss“ von S. Bach, Toccata und
Fuge für Orgel von Eberlin, Passionsgesang von Haydn, Benedic-
tus von Cherubini, Hymne für Sopran von Mendelsaohn und Fuge
über den Namen „Bach** |Qp. 60 No. 6; von Schumann.
32
Wien. Das akademische Concert wird drei Novitäten bieten,
nAmlich „Die Schlacht bei Lepanto“ von Sucher, „Schön Ellen* 4
von Bruch und eine Composltion von Brahms. — Am 16. d. ha*
ben die Florentiner ihre Quartettabende eröffnet und reiche künst-
lerische wie pecuniilre Erfolge geerntet. Die Räume des Saales
konnten kaum die Besucher fassen, der Beifall war ein enthusias-
tischer. Zum Vortrage gelangten Quartette von Spohr, Mozart
und Beethoven. — Herr Gustav Lewy ist zum K. K. Hof- Musi-
kalienhändler ernannt worden.
— Am 1. Februar wird die Leeocq'sehe OperettcnnovitAt
„Theeblume* 4 , welche bereits in Paria und Berlin mit glänzendstem
Erfolge gegeben wurde, im Theater an der Wien zur ersten Auf-
führung gelangen.
Torgao. Herr Dr. Taube rt wird in seinem nächsten Con-
certe folgende Werke vorführen: „Zigeunerleben“ von Schumann,
„0 weint um sie** von lliller und „Christus 4 * von Mendelssohn.
BrQaacl. Das 2te Concert dea Conservatoriums fand am 24.
d. statt. Das Programm bestand u. A. aus Mozart's D-dur-Sinfo-
nie, dem Allegretto der 8teu Sinfonie sowie der Pastoral-Siofo-
nie von Beethoven. — Brass in hat am 13. d in Verviers mit
grossem Beifall gespielt.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
An die Herren Klavierlehrer.
Ein sehr grosser Tbeil der sich mit Anfängern befassenden
Klavierlehrer benutzt seit einigen Jahren die „Klavierunterrichts-
briefe'* von A. Heimes (Leipzig, C. A. Händel, Cursus 1—5) als
Leitfaden beim Unterricht und hat sich hierbei, wie auf das Be-
stimmteste nacbgowicaen werden kann, Folgendes herausgeslellt:
1 | Haben die in diesem Werke enthaltenen UebungsslQcke
wegen ihrer ZwcckmAssigkeit nicht nur den Beifall aller Mualk-
verstindigen erhalten, sondern werden dieselben von den Schü-
lern auch viel lieber als alles Andere gespielt.
2) erhalten die Schüler durch den auf logischen GrundaAtzen
beruhenden ganz eigenthüinlichen Lehrgang (weil eins aus dem
Andern entwickelt und das ganze ToogebAudo gleichsam aufge-
baut wird) eine von Grund aus gediegene musikalische Bildung
und bewegen sich nach Absolvirung der 5 Curse io sAmmtlichcn
24 Tonarten und ihren mannigfaltigen harmonischen Wendungen
mit gleicher Leichtigkeit, weil jede einzelne Tonart in den ent-
sprechenden Stücken gleiche Berücksichtigung gefunden hat;
3) hat der Schüler in dem, mit dem technischen Theile eng
verbundenen theoretischen Texte, stets einen Anhaltspunkt, durch
den er wAhrend des Lehrers Abwesenheit vor gedankenlosem
Einüben bewahrt wird;
4) wird dem Lehrer durch alles dieses das Unterrichten be-
deutend erleichtert, mithin seine Arbeitskraft vermehrt uud die
Vcrwerthung seiner Zeit erhöht;
5) hat sich bei allen Klavierlehrern, die nach dieser Lehr-
methode unterrichten, berausgestelll, dass die Zahl ihrer Schüler
stets zugenommen bat, weil die ln leichter Weise bei einem
Schüler erzielten Erfolge ihnen sehr bald neue Schüler ver-
schafft haben und bei dem strengstufenmAssigen Lehrgänge selbst
minder begabte Schüler zu erfreulichen Resultaten gelangen
konnten ;
6) ist es vielen Lehrern hierdurch möglich geworden, meh-
rere Schüler in einer Stunde zu unterrichten, wie die Einführung
des Werkes beim Conservatorium in Stettin und mehreren Pri-
vat-Musik-lnstitulen beweist;
7) sind unter den nach Tausenden zu zAhleoden Klavierleh-
rern, welche nach diesem Werke unterrichten, nicht nur solche
vertreten, welche auf einer mitllern Stufe musikalischer Bildung
stehen, sondern in ebenso grosser Anzahl auch solche, welche
die höchste Stufe einnehmen, denn jeder intelligente Musiklehrer
weiss, dass durch gutes Unterrichtsmaterial die eigenen Leistun-
gen stets noch erhöht werden;
8) ist durch den Umstand, dass das Werk durch Verein-
fachung des Klavierunterrichts eine Verallgemeinerung desselben
in gediegener Weise und eine Sicherstellung der Erfolge erzielt
hat, nicht nur das Interesse aller Musiklehrer, sondern auch aller
Musikhandlungen gefördert worden, denn nur durch die Ver-
besserung dea Elemenlar-Klavierunterrichts wAcbst die Zahl des
musikalischen Publikums. —
Da die Kiavierunlerrichtsbriefe bereits in siebenter Auflage
eisehienen und daher in allen Theilen Deutschlands sehr stark
verbreitet sind, so ist die Unterzeichnete Expedition in der Lage,
Jedem der Herren Klavierlehrer, welcher seine Adresse unter
Kreuzband einaendet, die Namen derjenigen Collegen in seiner
uAchsteo Nachbarschaft mittheilen zu können, welche das Werk
hei ihren Schülern eingeführt haben und obige Anssagea besti-
tlgen werde». Ausserdem kann Jedem der Prospect franco Über-
aandt werden, welcher mehr als 500 Beurtheilungen von Musik-
und von Scbiil-Zeilungen sowie Aussprüche von KunstautoritAten
wie Reinecke, Bischoff, Lux, Zopff, Brassin, Thern und andern
FachiiiAnoern enthält. Das Werk ist sowohl vollständig als in
einzelnen Heften (1—5) dureh alte Buch- uud Musikhaudluugen,
sowie gegen Nachnahme (Cursus I zu 1 Thaler, Cursus H— V zu
je 1} Thaler) von der Unterzeichneten Expedition zu beziehen
und stets vorrfithig in folgenden Musikbandlungen: Bote & Bock
in Berlio, Meyer in Königsberg, Haitianer in Breslau, lleiorlchs-
bofen in Magdeburg, Meser in Dresden, PrAger & Meier in Bre-
men, Cranz in Hamburg, Weinholtz in Braunschweig, Henkel in
Frankfurt, v. Kittlitz - Schott in Mainz, Touger in Cöln, Wessely
in Wien, Zuinsteeg in Stuttgart, Aibl in München, Zickel in New-
York. Alle Anfragen e. sind zu richten an:
Die Expedition der KUvieronterrichtsbriefe
in Wiesbaden.
Freitag , den 29. Januar i&69.
SOIKfiE
dfs Königlichen Domchnrs
im Ss&le der Sing-Akademie.
Anfang 7 Uhr.
1) Hymnus Palestrioa.
2) Offertorium für 2 Tenöre und Bass .... Martini.
3) Miserirordias No. 2 (2chörlg) Daraste.
4) Chaconne für die Violine Vital!.
vorgetragen von Frlulein FranzUka Friss«.
5) Motette (2cbörig) Johaat Crlstoph Bach.
6) Arie aus Davidde penitente Mozart.
vorgetragen von Herrn Oll«
7| Motette |2chörig) I. Bach.
8) a. Arie. b. Loure S. Bach.
vorgetragen von FrAutein Franziska Friese.
9) a. Graduate für MAnnerstimmen Spohr.
b. Geistliches Lied für 2 Soprane und Alt . . Haoptmaeo.
10) Psalm 43 Mendelssohn.
Billeta zu nummerirten Plätzen, Saal und Loge A 1 Thlr.,
Baleon 20 Sgr. sind io der Hof-Musikhaodlung von Rd. B«te
& G. Bock, Französische Strasse 33E, zu haben.
Verlag von Ed. Bote k ff. lock (E. Book), Königl. Hofmusikhandlung in Berlio, Französische Str. 33e. und U. d. Linden No. 27.
Orwk »*« C. f. SUtmidl ii Beriia. Unter dn UndM Na. tt
Anbei eine Beilage, betreffend R. Naornann „Tonkunst In der Cnltnrgeschlebte“. Verlag von B. Behr's Buchhandlung (E. Bock)
in Derlin.
3gl (
XXIII. Jahrgang M 5.
Von diaaar Zwlaa« rrailMaal w<kti«atliob
•in» Nomw.
3. Februar 1869.
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WIM- tifhi*. Haidiiiger.
PlBlS Brands« <V Dnfonr.
LOT POW. No* «Ito. Ewer dl Co Daiatid A Co.
It. PfTZRSBUBO- M. B«rt>«rf
rrOCXBOL* A. L«ui<,ai«t
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Warsobau. u»b«ihn«r >v w#n
AMSTERDAM. StyffirA'itht Barhh»adla*|
MAILAND- J. Bieordr. W. Lue*«.
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gegröndet von
unter Mitwirkung theoretischer
Gustav Bork
und practischer Musiker.
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Preis der einzelnen Nummer 5 Sgr.
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B&lbjihrlich 3 Thlr. ( hend in einem Zusiche-
rungs-Schein im Betrage von 5 oder 3 Thlr.
Ladenpreis zur nnumschrAnktcn Wahl nun
dem Musik-Verlage von Ed. Bote & 6 Bock.
Jährlich 3 Thlr. i h p _ gmU
in Berlin, Unter den Linden 27, erbeten.il Balbjährllch l Thlr. %% Sgr. •
|| Insertiousprds für die Zeile 1} Sgr.
Briefe and Pakete
werden unter der Adresse: RedAction
der Neuen Berliner Musikzeitung durch I
die Verlagshandlung derselben:
Ed. Bote 4 6. Bock
Inhalt.
Berel an4 Auaftbang von W. LactowiU (-Viilwa«)- — B«*Wbv Rwm. — C*rte* po«d**ix«m an« Pari*. Peiarabar* and Wie«.
Journal-Bavo«. — 1
Bernf and Aasttbang.
Fan
W. Lackoicitz.
(Schlips.*
Das prosaische Alltagsleben verlangt ein Gegengewicht,
wenn der Mensch nicht ganz darin versinken, nicht ver-
knöchern, nicht zur lodten Maschine herabsinken will. Er
findet dieses Gegengewicht von allen Künsten nur in der
Musik und bringt diu grossen Opfer an Geld und Zeit gern
uud willig. Natürlich kann er dafür auch eine dem ent-
sprechende Gegenleistung verlangen, kann wenigstens ver-
langen, dass ihm dargereicht werde, was er suche. Der
Verständige sieht daher in dem Musiklehrer wirklich den
Vermittler zwischen Leben und Kunst, den Mnnn, der ihn
einführen soll in den geheimnisvollen Tempel, der ihn ein-
weihen soll in die geheimnissvolle Sprache, die dort gespro-
chen wird, damit er endlich ohne Vermittlung dieses Drit-
ten alles verstehen lerne und selbst dahin flüchten kann,
wenn die Wogen des Lebens ihn ganz zu verschlingen
drohen.
Wird ihm, was er sucht?
In vielen Fällen müssen wir diese Frage leider mit
einem entschiedenen: Nein! beantworten. Der Aufwand
an Geld und Zeit bringt ihm keinen Schatz fflr’s Leben
in’s Haus, der mit jenem in Verhällniss stände; Musikbil-
dung in hinreichender Quantität und Qualität wird ihm
nicht, und die Erfahrung zeigt leider, dass Viele, wir möch-
ten sagen die Meisten, erlahmen und den ganzen Kram an
den Nagel hängen, wenn die Zeit des Unterrichts aufgehört
hat. Man komme hier nicht mit Ueberbfirdung von Arbeit,
Berufsgeschflften u. s. w. — wo der Unterricht das wirk-
lich angestrebt hat, was er bezwecken soll, wo er den
Keim tnr Musikbildung gepflanzt hat, da hat der Schüler
so viel Interesse gewonnen, dass nichts ihn abhalten kann,
selbstständig vorwärts zu schreiten, selbstständig mit befrie-
digendem Erfolge für sicli selbst und auch für Andere.
Man komme hier ferner nicht mit der beliebten Flos-
kel: die Leute wollen es gerade so und nicht onders. Es
ist richtig, wer so'm Kind in irgend einem Fache unterrich-
ten lässt, will vor allen Dingen Erfolg sehen, er will für
sein Geld eine Leistung sehen, und je eher das geschieht,
desto lieber ist's ihm, für desto geschickter hält er den
Lehrmeister, ln der Musik ist’s ebenso, loh meine aber,
dass die Leute doch wohl selten sein dürften, die so be-
schränkten Geistes sind, dass sie nicht einsehen sollten, es
gehöre zur Erlernung einer Kunst ein anderer Zeitraum
als zur Einprägung einer mechanischen Fertigkeit, die also
auch den Musiklehrer nicht mit anderem Manss6tabo mes-
sen sollten, als beispielsweise den Schreiblehrer. Leute,
die durchaus nichts von Musik verstehen, denken freilich,
dass wer weise was für ein Resultat erreicht ist, wenn ihr
Kind irgend eine bodenlose Kiingelei unter Seufzern und
Thränen in dio kleinen Finger gebrocht hat uud die lieben
Basen und Vettern in staunende Bewunderung versetzt,
während der Sachkenner bei nur einem flüchtigen Blick
auf das arme Wesen sich ontsetzt fragen muss, wie lange
es gebraucht hat, um ohno die elementarsten Dinge, als
Handhaltung, Fingerbewegung und wie diese weiter heissen,
das tu ermöglichen» Empört wendet er den Blick von
solchem gewissenlosen Treiben, und leider, leider ist die
Zahl derer nicht klein, die rein auf solcher Gewissenlosig-
keit ihr „ Geschäft “ gegründet haben, die sich ihre Leute
genau ansehen und ihre Unterweisung nach dem jedesma-
ligen W r unsche. wohl gor nach der Verschiedenheit des
ihnen gezahlten Honorars bemessen. Neben diesen Gewis-
senlosen läuft auf dieser breiten Bahn aber auch eine canzo
Reihe unfähiger Menschen, die von den geforderten Dingen
selbst nichts wissen, und dennoch als Musiklehrer sich
geriren und wohl gar viel „zu thun“ haben. Musiklchrer
ist der Genrrallilel, hinter den sich Alles bergen lässt.
Wer in irgend einem Fache Unterricht erlheilen will,
muss die Qualification dazu in der Tasche haben, er muss
5
34
nnch weisen können, dass er die nöthigen Studien gemacht
hat, dass er die erforderliche Lehrgeschicklichkeit
besitxt, kurt, dass er tum Lehrer berufen und befähigt ist.
Vom Musiklehrer fordert das Niemand. Wer irgend ein
Instrument kullivirt hat, der gerirt sich eo ipso auch als
Lehrer desselben, und bliebe es nur dabei, so ginge es
vielleicht noch. Da giebt es aber noch ein« Menge von
Leuten, die neben dein ihrigen, auch noch auf twei, drei
anderen Instrumenten unterrichten, von denen sie nichts
weiter wissen, als wie die Töne darauf hervorgebracht
werden. Solcher Klavierlehrer haben wir hier in dem gro-
ssen Berlin eine gar grosse Menge: 12 legons pour un dcu.
Gewiss, warum denn nicht. Ihre Schüler werden nicht
mit Fingerübungen und Tonleitern geplagt, und das ist
den Elltern vielleicht ganz recht und den Schülern noch
mehr: sie sollen ja nicht Virtuosen werden, sondern
nur eine Wenigkeit spielen können, damit sie doch auch
bei Mnma's Theegesellschaft recht bald etwas vortra-
gen können. Sie spielen das Gebet einer Jungfrau und
Aehnliches mit herzbrechender Gewandtheit; in welcher
Tonart das aber steht, ist ihnen unbekannt, der Herr Leh-
rer hat es ihnen vielleicht mal gesagt, eher nie verlangt,
dass sie das auch selbst wissen sollen. Giebt sich dieser
Herr aber einmal den Anstrich, als habe er in einem Schü-
ler ein Talent entdeckt, aus dem er etwas machen wolle,
so steht man in grösster Gefahr, Lachkrämpfe zu bekommen.
Lassen wir indess diese NeuntÖdter der Musikbildung.
Sie sind leider auf den untersten Seitenpfaden, welche von
dem steilen Wege zur Kuoslhöho abzweigen, die überwie-
gende Majorität; der Schaden, den sie stiften, ist unbere-
chenbar, ihre Versündigungen an der Musikbildung im Volke
sind so gross, dass es eines grossen Baumes bedürfte, um
dies Treiben ordentlich zu beleuchten. Wenden wir uns
schliesslich lieber noch einmal zu den höher gelegenen
Seitenpfaden, wo so Mancher ein Unterkommen gesucht
und gefunden hat, der schon ein bedeutendes Stück jener
steilen Höhe emporgeklommen, aber durch irgend eine der
vielen äusseren oder inneren Ursachen von der rechten
Strasse abgedrängl worden war.
Den Titel eines Musiklehrers trägt auch von ihnen
so mancher mit ebenso geringer Berechtigung. Eiserne Noth-
wendigkeit zwingt so manchen zum Slundengcben, der nur
mit innerem Grimme diesen seinen Verpflichtungen nach-
kommt. Er fühlt sich zu etwas Besserem berufen und
muss die Zeit, die Kraft an etwas setzen, daB ihm im In-
nersten widerstrebt. Er knirscht in diesen Banden, es fehlt
ihm aber der Mulh, etwas dagegen zu Ihun, es kommt
kaum oder nicht einmal zu dem Versuche, sie abzuschölleln.
Die Sache wird schliesslich zur Gewohnheit; Abspannung
und Mattigkeit, daneben noch etwas zu unternehmen, das
noch anderer Seite hin weiterführt, nehmen mehr und mehr
überhand und gehen endlich in völlige Apathie über. Der
Arme trägt dann seinen Groll beständig mit sich herum,
hadert mit seinem widerstrebenden Schicksale, wie er es
nenut, und sucht die Schuld dieses seines verfehlten
Daseins Überall — nur nioht in sich selbst. Hier liegt
aber der Fehler. Die Hindernisse, welche die äusse-
ren Exislenzbedürfnisse seinem eigentlichen Berufe berge-
hoch entgegenthürmen, machen kurzsichtig. Er sieht
nicht, wie die Missstimmung über eine ihm nicht zusagende
Thätigkeil allgemach wächst, sich mehr und mehr ausdehnt
und einen dichten Schleier vor seinen Blick legt, wie sie
schliesslich alle guten und aufstrebenden Ideen abtödtet,
so dass nichts übrig bleibt, als eine grämliche, verdrossene,
verbissene ArbeiUmaschiene. die im Lektionenerlheilen eine
Herabwürdigung, eine Entehrung des in ihr schlummernden
Künstlers erblickt.
Ist denn aber das Stundengehen wirklich so etwas
Schlimmes, so etwas Niedriges, dass sich diese jungen
Künstler — und ich kenne recht wackere dieser Art —
dadurch erniedrigt, gewissermassen entehrt fühlen könnten?
Ich glaube doch nicht. Ich behaupte vielmehr, dass zum
Unterrichten erst recht ein innerer Beruf gehöre, dass dieser
Beruf auch in der Musik etwas Hohes, Heiliges sei, und
dass jeder, der diesen Beruf nicht in sieh spürt, seine
Hände davon lassen möge. Unterrichten heisst belehren
und erziehen zu gleioher Zeit, vor allen Dingen durch ei-
genes gutes Beispiel. Nun denke man sich aber einen
Lehrer, dem die Verdrossenheit auf der Stirn geschrieben
sieht und doch von seinem Zöglinge das gerade Gegenihei!
verlangen muss, wenn etwas erreicht werden soll. Ist das
nicht eine schwere Versündigung an den Zöglingen ? Kann
ein Schüler in solchem Falle mit der nöthigen Pietät und
dem Vertrauen zu seinem Lehrer aufblicken, die doch die
einzige natürliche Grundlage eines solchen Verhältnisses
sind? Gewiss nicht.
Daher noch einmal: Prüfet Euch selbst! Und wohlaD:
Müsst Ihr der leiblichen Existenz wegen zur Thätigkeil
de6 Musiklehrers greifen, so (liut es nicht mit Seufzen
und Klagen, nicht mit Grimm und Groll im Herzen, lasst
vor allen Dingen diese Euch nicht zusagende Thätigkeil.
für die Ihr keinen Beruf in Euch fühlt, Eurer nicht Herr
werden, dass Euch die Lust zu anderer Arbeit vergeht, die
Lust zum Vorwärtsschreiten auf der Bahn zur Kunsthöhe.
Mehret auf diese Weise nicht die Zahl der verfehlten
Existenzen, die leider schon gross genug ist in der Welt.
Mögen auch die Nebel auf- und oiederwallen, mögen Eure
Blicke sich auch zeitweilig trostlos in die graue Unendlich-
keit verlieren: Nur muthig ausharren! Mit festem Willen
das Ziel iin Auge behalten:
„Und dräut der Winter noch so sehr,
. Es muss doch Frühling werden!* 4
Berlin.
Rer u e.
(König). Opernhaus.) ln Rossini*« „Teil" trat am 28.
der beliebte Baritoo Herr Betz nach mehrwöchentlicher Krank-
heit wieder auf und wurde freundlich willkommen geheissen.
Seine von ungeschwächter Stimmkraft zeugende Leistung des
Teil, wie die brillante Durchführung de« Arnold durch Herrn
Wachtel und der Mathilde durch Fräulein Grün riefen den
lebhaftesten Beifall hervor. — Die übrigen Vorstellungen der
Woche waren am. 25. „Troubadour“ mit Herrn Wachtel;
als Mnnrico; am 27. „Oberon"; am 29. „Feensee"; am 31.
„Templer und „Jüdin".
Im Friedrich- Wilhelmslidtischen Theater wurden die Vor-
stellungen der beliebten Opern - Burleske „Theeblume“ —
durch Krankheit des Fräulein Koch einige Tage ausgeaetzt —
wieder aulgenommen und fauden bei dem zahlreich versam-
meltet! Publikum den gewohnten Beifall.
Die Soiröe des Königl. Domchors (and am 29. v. Mts.
bei nur mässig gefülltem Saale statt. Wir bedauern dies
um so mehr, da das Programm, wie immer. Vorzügliches dar-
bol, die Ausführung der einzelnen Piecen der vielfach erprob-
ten Tüchtigkeit des Chores vollkommen entsprach und eine
etwa abnehmende Theilnahrae ein betrübendes Zeugnis« dafür
sein würde, dass es in einer Stadt wie Berlin, an einer aus-
reichenden Zahl von echten Musikfreunden fehle, die derartige
Leistungen, wie sie anderwärts nicht zu hören sind, zu wür-
digen wissen, ln würdiger Weise wurde die Reihe der Chor-
gelänge mit einem Hymnus von Pelästrine (1529 — 94) eröff-
net, der, im hohen Grade charakteristisch, uns erkennen liess,
wie des frommen Sängers jubelnde Freude selbst stets eine
echt maassvolle ist. Der sichere, feine Einsatz der Discan-
tisten verdiente alle Anerkennung. Ein 2chÖriges Misericor-
dias von Durante (1693—1755), erschien seines tiefgefühlvol-
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len Charakters wegen sehr entsprechend. Etwas mehr den Geist
einer späteren Zeit athmeod, war das Offertorium für 2 Tenöre
und Baas von Martini (1700— 1786», wenn auch nicht ohne
Schönheiten. Der vorzugsweise auf dem contrapuoktischen
Gebiete sich bewegende gelehrte Componist iiesa sich nicht
verkennen. Das Geschlecht der Bach war in 2 Gesängen
vertreten, einer sehr gehaltvollen 2chörigen Motette von Job.
Christ. Bach (1643—1703) und der ebenfalls 2chörigen, zu
den vorzüglichsten gehörenden Motetten von Sebastian Bach
(1082—1750) „Der Geist hilft unserer Schwachheit aut'*, die
mit dem Choral „Lass, freudiger Geist, voll Vertrauen“, erhe-
bend schliefst, ln allen liess dio Ausführung nichts zu wün-
schen übrig. Von modernen Compooisten hörten wir ein
weihevolles Graduale von Spohr, für Männerstimmen, ein sin-
niges, höchst einfaches Lied für 2 Soprane und Alt von M.
Hauptmano, und Mendelssohu’a auf Intonation des Solo uud
dem Reaponsum des Chors beruhenden, ergreifenden 43. Psalm.
— Dazwischen sang Herr Domsänger Otto, in gewohnter
vorzüglicher Vortragsweise, die bekannte Tenor-Arie aus Mo-
zart*s „Davidda peoilante“; Fräulein Franziska Friese aber
trug eine Chaconne von Yitali, sowie eine unendlich melodiöse
Arie von tiefem Gefühl und eine Loure von S. Bach vor. In
alton drei Stücken bewährte die junge KOnstteriu ihre anerkannte
Meisterschaft.
Die zweite Soiree des zweiten Cyclus der Berliner Sym-
phonie-Kapelle, unter Leitung des Herrn Professor Stern,
fand am 30. Januar statt, eröffnet mit Beethoven’* A-dur-
Symphonie (No. 7), gab sie ein neues Zcugniss von der Lei-
stungsfähigkeit dieser Kapelle. Das durchgängige, von einem
Geiste getragene Zusammenspicl, welches sich in der feinsten
NQnncirung, in richtiger Abwägung der Kraft in den einzelnen
Instrumenten, in dem energischen Wirken der Celli und Con-
trnbAsse, in der vollkommensten Präcision der Blasinstrumente
kund gab, zeigte wie die dein Dirigenleu eigene geniale Auf-
fassung sieb allen .Mitwirkenden milgelhrill. Daher wurde
dos in Wahrheit so schwierige Werk selbst im ersten und
letzten Satze vollkommen durchsichtig und klar vorgetra-
gen und machte dm entschiedensten Eindruck. — Daran
reihte sich Geibel’s Gedicht: „Gute Nacht“ für Tenor-
solo, Chor und Orchester, componirt von Schlottmarin. Die
Auffassung des Cumponisten im Allgemeinen neunen wir eine
glückliche, die Strophen jedesmal durch einen Sololenor, den
Refrain aber „Schlafet in Ruh“ etc., durch den Chor, ab-
wechselnd Frauen- und .Männerchor, vortragen zu lassen. Auch
erschienen uns die Snloslruphen meistens melodiös und den
Gedanken des Textes entsprechend. Dagegen waren auch sie
zutn Therl in der Melodirluhrung ohne Noth gesucht, und in
der vierten, ^ei den Worten „Do schweigen auch die
Schmerzen“, vermochte uns das zu hervorlreteode Haschen
nach Effekt nicht zuzusagen. Die Ausführung der Solo-
parthie, durch Herrn Domsänger Otto, sowie der Chöre war
vorzüglich. — Den Schluss bildete die Musik zu Weber’s
„Precioea“ mit dem für solche Aufführungen bestimmten ver-
bindenden Text, welcher von Herrn Dr. Schwarz und Fräu-
lein Meineber vorgelragen wurde. Das Publikum nahm die
in jeder Beziehung gelungene Ausführung mit grossem Beifall
auf, ja, von dem Liede der Preciosa, das aus der Entfernung
vorgelragen wurde, musste eiue Slrophe sogar wiederholt
werden Dennoch bleibt es für uns fraglich, ob derartige Auf-
führungen einer Musik, die auf das Innigste mit der scenischen
Darstellung verwebt, ja von dieser unzertrennlich, weil für
sie auf das Entschiedenste berechnet ist, für den Concertsau!
sich eignen, besonders wenn das Werk von der Bühne nicht
verschwunden oder wie Beethoven's „Ruinen von Athen“ auf
derselben nie heimisch geworden ist. d. R.
CorreapondeiiEPn.
Paris, 30. Januar.
Nachdem die diesjährigen Pariser Orchester • Concerto im
Cirque Napoleon wie auch im Conservatoire, bisher so wenig In-
teressantes und Neues geboten, so halten wir uns für entschul-
digt, wenn wir deu ausgenutzten Programmen derselben weniger
Aufmerksamkeit widmen, dafür aber an hervorragender Stelle
eines sogennunten „Virtuoseu-Concertes“ gedenken, welches vo-
rigen Montag von der hiesigen Sociele italienne im Saale Herz
zu wohltbAtigen Zwecken veranstaltet ward. Doch was für ein
Virtuosen - Concert! Künstler, die man um schweres Gold nicht
mehr hören kann. So die Gräfin Pepoii, d. h. die berühmte
Alboui, die kaum minder ausgezeichnete Sängerin Madame
Conneau, die Gemahlin des französischen Senators, und den
Kunstveteran Salvator Tamburin!, Vater des bekannten
Sänger - Paares. Wir brauchen wohl kaum zu erwähnen, dass,
seitdem die Alboni in der Trinitats - Kirche gelegentlich der Ob-
sequien Rossini'« durch den Zauber ihrer unvergleichlichen Alt-
stimme und ihres hinreissenden Vortrages wieder die allgemeine
Aufmerksamkeit auf sich lenkte, die Plätze zu diesem Woblthä-
tigkeits-Concerte so gesucht waren, wie irgend ein Haupttreffer.
Eine uns bekauute kunstliebende Dame, welche bei der italieni-
schen Gesandschalt sowohl wie auch bei uIIlmi Mitgliedern der
Societä italienne vergeblich eine grosse Summe für ein Uillet
anhot, liegt seit acht Tagen krank darüber, dass sie sich diesen
Genuss versagen musste. Unter der Mitwirkung der Alboni
würden gar viele Concerle gesunden, die jetzt selbst krank dar-
nieder liegen. Welch eiu Triumph ihr neuerdings bereitet ward,
ist tnir schwer zu beschreiben Der schon iin vorhinein reich-
lich mit Blumen geschmückte Sani Herz hat wobt ]uorli selten
.*o viele und so kostbare Bouquets auf seinem Concert • Podium
prangen sehen, als diejenigen, welche den Damen Alboni und
Couneau gespendet wurden. Die Enthusiasten geben sich der
Hoffnung hin, dass die Alboni wieder demnächst Cur das Theätre
Italien gewonnen werde, — denn, so lautet ihr Itaisoiiiieuienl,
sie war nie schöner, nie stimmbegabler und nie gewaltiger im
Vorträge, als eben jetzt. Sie dürfe daher ihr Pfund nicht ver-
graben. Wir wollen sehen, ob diese kühnen Hoffnungen in Er-
füllung gehen, zweifeln jedoch vorläufig darau. Tamhurini saug
wie ein Künstler aus guter alter Schule, die leider immer selte-
ner werden und deren Tradition in Paris Duprez und Roger in
ihren Gosangsscliulen aufrecht zu erhalten streben. Der Baritou
Deilc-Scdic und der Kammerpianist des Königs von Italien
Perelli (heilten sich in den Rest der reichen Ueifallsspemlen.
Die Einnahme betrug 15,000 Francs uud wird dazu verwendet,
die erwerblosen Italiener in Paris zu unterstützen, oder auch den
kleinen, in den Strassen musicirenden Savoyarden die Rückkehr
in ihre Heimath zu erleichtern. — Im Theätre lyrique ging diese
Woche .Mozarts „Don Juan“ in Scene, — nach der orche-
stralen Seite hin ziemlich vollendet — mit den Interpreten der
Gesangsparthieen jedoch Hesse sich rechten. Die reine
Intonation und der auspruchlose Vortrag, die Mozart in seinen
keuschen Schöpfungen, wo keine Note zuviel, erheischt,
scheint unseren modernen Sängern abhanden gekommen zu sein.
— Pasdeloup bezieht Tür seine Directionsführung des ThWtre
lyrique von einer Socilte einen fixen Gehalt von monatlich
zweitausend Francs. Diese Annehmlichkeit für den Director
abgerechnet — stehen die Besuchs-Actien in diesem Theater
fortwährend schief — (man sah sich bereits gcuöthigt, ein Abon-
nement zu dem herabgesetzten Preise von 30 Francs per Monat
für einen Sitzplatz zu eröffnen) und soll es in der Absicht einer
neuen englischen Gesellschaft liegen, dieses Institut sowohl wie
5 *
auch das am »eiben Platte befindliche Theätre de Chatclet dem-
nächst tu Unternehmungen für »ich zu pachten. — Ricci'« neue
Oper „Une folie A Korne“, welche gegenwärtig auch in St Peters-
burg einstudirt wird, geht, nach wiederholten Verzögerungen,
endlich heute in den Fantaisies Parieiennes in Scene; wir
werden darauf ausführlicher zurückkommen, und haben uns wie-
derholt gehörte Generalproben in der Ueberzeugung bestärkt, dass
die Musik dieser Oper den wertvolleren Schöpfungen der Neu-
zeit beizuzählen sei. Ohne fehl zu gehen, glauben wir dem
Werko einen bedeutenden Erfolg für heute Abend Vorhersagen
tu können*). — Der Pianiat-Compositeur D. Magnus, welcher be-
kanntlich aur den Ausstellungen von Paris und Havre mit grossem
Erfolge amerikanische und französische Piano forte spielte, veran-
staltete diese Woche im Saale Pleyel eine glänzend besuchte
SoirAe und fanden daselbst dessen neue Clavier-Compositionen:
Marche Tzigane, Scherzo Ronde de nuit u. A. einen bedeutenden
Erfolg. Mil gleichem Beifall wurden auch die Werke von Gounod
„Chanson de Printcmps", und von V. Masse: Chanson de la Mule
de Pedro aufgenommen. Herr Magnus, welcher zu den bedeu-
tendsten Clavierlehrern von Paris zählt, hat sich durch diese seine
regelmässig wiederkehrenden Soireen bereits vielfache Verdienste
um die Kunst erworben — und ist zugleich einer der fleissigsten
und gesuchtesten hiesigen Coniponisten für sein Instrument. —
Die letzte Mittwochs-Matinee bei Gouffi war eine der glänzend-
sten. Wir hörten daselbst ausser einem gut interpretirten Quin-
tett von Onslow, und einem effectvollen neuen Slreichtrio des
begabten Pariser Componisten Blanc, eine neue Clavier-Sonate
(No. 13) „Safisfaclion*' von H. v. Cronenthal, mit meisterhaft mu-
sikalischer Auffassung vorgetragen von Frau v. La hruy Öre-
Bon har dy. — Zwei Pariser lyrische Theater haben wieder Fallite
gemacht: die Menus plaisirs und das Theätre de l’Athönöe, letz-
teres bekannt durch die Erfolge, welche daselbst die Operetten
„Eleur de ThA“ und „Ilorreura de la guerre“ ernteten. Man
spricht davon, dass Herr Dircctor Martinet von den Fantaisies-
Parisienne« demnächst dabin übersiedeln werde. Die Freiheit in
Frankreich, und wäre es auch nur die Theater-Freibeit, scheint
hierseihst keinen günstigen Boden mehrzu finden. A. v. Cs.
Petersburg, den 26. Januar.
Das Patti-Fieber kann wohl nicht stärker werden. Neu-
lich ging jemand so lange in den Corridors des grossen Thea-
ters, das unser Opernhaus ist, mit einem Hunderlrubel-
Zattel, den er in der Luit bewegte uod ausbot, umher, bis
ein Anderer jemand ihm seinen Pialz, der 5 Rubel gekoste!,
Qberliess. Ein Anderer machte die Reihen der zweiten Logen
durch, und es gelang ihm für 200 Rubel, die lusassen einer
Nummer, die 12 Rubel gekostet, zu entfernen. Wenn Signora
Palti nicht singt, so überlassen die Abonnenten aller Plätze
gern ihre Rechte tu dem richtigen Preise, oder ihren guten
Bekannten gratis. .Man hört in Gesellschaften sagen: „wollen
Sie Dicht den Faust hören? Volpini singt die Margarethe,
ich schenke Ihnen mit Vergnügen mein Billet“. Die Antwort
ist verneinend. In der Thal ist auffallend, dass man nach der
typischen Meisterleislung von Frau Lucca in der Margarethe
diese Parthie einer Persönlichkeit anverlraut, die kaum die
Puppe der Rolle in einer Weihnnchtsbude nbgäbe. Die Preise
der Plätze sind nothwendig hoch, abor nicht übertrieben, und
im Ganten nicht höher denn in Poris und in London. Die
Lehnstühle (Sperrsitze) wechseln von 8 bis 2 Rubel in der
*) Beim Schlüsse dieser Nummer erhalten wir einen nach
der Aufführung Abgesandten Bericht, welcher den erwarteten Er-
folg bestätigt. Mangel an Hautu nöthigt uns denselben erst in
nächster Nummer zum Abdruck zu bringen, sowie die eingegan-
genen Correspoudenzon aus Brerncu und Jena. d. Red.
letzten, 22s len Reihe; die Logen, vom ersten Range (20 RM.)
über die ßel-ötage (25), den 2ten Rang (12) bis zum 5ten
und höher hinauf, in correspondirender Abstufung. Das Haus
ist nusabonnirt; die Kasse damit annullirt Bis jetzt ist
Adelioa Patt» als Amina und Rosina, zweimal wöchent-
lich, aufgetreten. Viermal wird gespielt und io vier Abonne-
ments zerfallen die Vorstellungen. Ein Abonnement, eine Ge-
sellschaft, eine Parthei für sich, ist immer unzufrieden die
Primadonna assolutA nicht gehört zu haben, und be-
greiflich kann diese nicht immer die Tour eiohalten; dadurch
entstand z. B. Unzufriedenheit gegen Frau Lucca im 4ien
Abonnement, woran die grosse deutsche Künstlerin nicht die
geringste Schuld trug. Signora Palti's Gesundheit ist, bis
jetzt, den vier Kathegorien gerecht geworden, wobei sie das
schönste Wioterwetier mit nur einigen Graden Kälte, unter-
stützt. Man flog mit Ungeheuern Uebertreibungen gegen die
Pariser Reputation, bei uns maassgebend, an. Die Künstlerin
wurde am Bahnhof von der Italienischen Opemlruppe empfan-
gen, dio ihr Blumen in den Schnee sireule, was nie vorge-
kommen war. Der Inhaber des Gaslhofes, den Signora Patti
bestellt, schickte ihr einen „vergoldeten Wegen" entgegen.
Dieser, wohlbekannt, pflegt zu Russischen Vermählungen theuer
gemiethet zu werden, um mit Ostenlation das Ehepaar in die
Kirche zu transportireo. Andere behaupten, der Wagen sei ein
Erbstück in der Familie des ungewöhnlich reichen Gastwirlbes,
S. Woronin; jedenfalls hätte derselbe als eine Staatskutsche
in einem Ballet fungireo können, in dem etwa Ludwig XIV.
seinen Einzug in seine gute Stadt Paris gehalten hätte. An-
deren Tages schenkte eine Gesellschaft der Künstlerin einen
Pelz im Werth von acht tausend Rubeln! was nie da ge-
wesen. Im Theater wird die Sängerin mit Blumen überschüt-
tet, und bleibt der Beifall stereotyp derselbe. Jedes Abonne-
ment feiert, so zu sAgen, sich selbst dabei. Es ist, wie
vier geschlossene Gesellschaften, wo eine es der andern zuvor-
thun will. Das ist der Schlüssel, uod nicht eingehender Kunst-
Enthusiasmus eines etwa besonders musikalischen Publikums.
Es ist Vergnügen, Behagen an sich selbst — und nn der
einmal zu feiernden Erscheinung. Unsere höchste Gesellschaft
wetteifert ihrerseits, der Sängerin entgegen zu kommen, dio
auch gesellschaftlich Triumphe feiert. Signora Palti ist durch
ihre Ehe mit dem Marquis de Caux Marquisin Caux. Die
französische Gesandtschaft gab der Landsmänuin eine SoirAe,
wo die Künstlerin der ganzen weiblichen haute volee bekaont
wurde. Diese höchste Gesellschaft ist nie exclusiv geweseo
und auch ohne den aristokratischen Titel der Künstlerin wäre
dieselbe gefeiert worden. Unser Theaterpublikum, nicht von
der Presse geleitet, geläutert, bestimmt, hat mehr Wohlwollen
als UrtheiL Eis unterscheidet nicht. Es folgt dem Ruf, der
Mode, dem ersten Eiudruck. Es will und kann nicht unter-
scheiden, wss in einer Lucca Gottes Gabe, Mitgift des Genius,
bei einer Patti Errungenschaft der Schule, des Mechanismus
ausmacht; was dramatischer Typus in der Lucca -Margarethe,
Valentine, Afrikanerin, was in der Patti- Amina, Rosina Scha-
blone, bis zum Phänomenalen gesteigerte Concert-Virluositfit
ist; was Zweck, was Mittel; was Geist, was Instru-
ment ist. Gewiss übertrifft Adelina’ Palti alles Dsgeweseno
in der Colornlur, io der stels gleich sicheren Beherrschung
ihrer Mittel. Ihr ansprechender aber etwas dünner Soprano
fogato, reicht vom tiefen h bis zum f der Köoigin der Nacht.
Dieses Register grössten Umfangs, ist ganz temperirf, gleich
vollgültig, obgleich wir dem hohon Register den Vorzug in der
Klangausgiebigkeit geben. Die Concert- und Virtuosen- Herr-
lichkeit einer weiblichen Stimme ist einmal in der Höhe zu
37
Hause, und der Wohlklang dieser Region in Signora Palti
hervorragend. Phänomenal ist die spielende Leichtigkeit, niil
der die Singerin Schwierigkeiten in den coraplicirtesten Figu-
ren und riskirtesten Cadenzen, weniger bewilligt als beseitigt,
als ob sie gar nicht da wären. ln dieser Beziehung steht die
Signora einzig da. Keine Spur von Anstrengung, was doch
selbst bei einer Soulag merkbar blieb. Die Pattiaingt, wie
der Vogel singt, der in des Baumes Zweigen wohnt; es ist
aber auch eben auf einem gewissen Standpunkte ein Vo-
gelgesang, etwas abstracl als Leistung gellendes, nicht als
blossra Kunsteleraeot io das Leben des Geistes Aufgehendea.
Von vollendeter Schönheit sind die Triller und Trillerkeüen:
langsam beginnend bis zu undenklicher Schnelligkeit, je nach
dem Charakter der tonsleo Situation, gesteigert und durch die
adequaten Nochschläge abgerundet. Varianten der Vocallexle
sind unzählige, wohl zu viele; insn findet nicht immer den
Faden des Motivs unter diesen Arabesken, Blumeu- und Frucht-
gewinden, unter diesem Notenregen, der den Gesang zur blos-
sen Dienerin der concerlanten Leistung macht. Das ganze
Wesen der K Qualle rin ist der meszo carattere, der den Con-
certantismua am besten verträgt. Lucia und Linde, die
Gazza ladra und die Puriteni, Nordstern und Ploermel sind die
eigentlichsten Gebiete der Sängerin. Ob die Zerline? wer-
den wir ebwarten und beküodele es guten Geschmack, wenn
die Künstlerin diese unvergleichliche Leistung von Frau Luc ca
oicht übernähme. Suum cuique — man ist nie Alles. Der
Vortrag der Caotilene, wo es zu eioer solchen kommt, ist mu-
sikalisch tadellos. Ansprechend. Kein Tremoliren, kein Tact-
schwanken, keine Unart irgend eioer Art. Der eleganteste Ge-
schmack, die beste italienische Schule stehen glänzend vor
uns da. Die Leistung ist stereotyp abgemessen dieselbe, die
Seele allein aber spricht Polyhymnia aus! Lucca, Palti —
der Norden, der SQdenl — Es ist der Dualismus dieser
Begriffe, der alte Kampf des Sinnes, des Geistes, der Welfen
und Ghibellineo! — Welch* ein Gesicht Beethoven wohl zu
einer so geschulten Nachtigell gemacht hätte, wie Signora
Patli? und selbst der Schöpfer der „Hugenotten“, des gros-
seo lyrisch-dramatischen Gedichts der Neuzeit? — R ossini, sagte
von der Patli nach dem „Barbier von Sevilla“: „vortrefflich,
nur kenne ich nicht den Verfasser der Musik!“ ln
Varianten und Ausschmückungen der Vocallexle geht die
Künstlerin zu weil; womit sie sich selbst als Gesangs vir tu o-
sio, abgesehen von jeder gegebenen Rolle, bezeichnet. Den
Missbrauch der einer Prima Donna (nicht Sängerin) in Va-
rianten und mehr jenseits als diesseits der Alpeo zugeslande-
nen Freiheit, bat Rossini auch noch mit folgenden Worten
gekennzeichnet. Herr Strekosch, der Mann der Schwester
von Adelina Palti, fabricirt diese Varianten seiner berühmten
Schwägerin. Nach der Rosina um sein Urtheil befragt, war
die Antwort des kaustischen Componislen des „Wilhelm Teil“:
„Oh, admirable, maia Irop Slrakoschchonnö!“
Adelina Palti ist keine dramatis persona, keine drama-
tische Sängerin, keine Malibrao, keine Viardot, keine Lucca. Keine
Thrfine der Webmulh, keine Thräna der Freude entlockt sie
dem Zuhörer; der die Erscheinung ohne nachhaltigen Eindruck
verlässt. Ihr Spiel lässt kühl an, ateigerl sieb selten zu einer
höheren Temperatur, die ihr keine innerliche Nolhwendigkeit
ist. Das Aeussere der Erscheinung ist von einem recht ge-
winnenden weil ganz anspruchslosen W r esen, das hioreichtc,
der Künstlerin Erfolge zu sichern. Die Erscheinung von Frau
Lucca iat eine viel prägnantere, Geist wie Sinn tiefer ergrei-
fende, dauerhafter an sich fesselnde, die Manifestation einer
an sich Geltung habenden h Choren Natur. Vergleiche, in
denen sich die vier Abonnemente ergehen, sollten ausgeschlos-
sen sein. Was man sagen könnte, wäre etwa, dass Nord und
Süd weit auseinanderliegen, dass vielleicht der Norden des
Südens mehr bedarf als der Süden des Nordens, die Begriffe
indess sich pooderiren. — In der Musiklectioo im „Barbier“
singt Signora Patli stereotyp zwei abscheuliche Stücke, den
für sie dazu von Auber componirten „Eclat de rire“ und eine
spanische Romanze, in der Kutscherschreie Vorkommen,
wie sie etwa Pferde animiren, ein menschliches Ohr aber nur
mit einem heiligen Gräuel erfüllen können! — Im „Eclat de
rire“ wird das Lachen (!j recht täuschend imitrirt, geht die
Stimme mit der Klarinette unisono, so dass man getäuscht
wird, wer von beiden lacht. Das ist der ganze Humor da-
von. Was hat das mit Musik zu tbun? Das ist die vollstän-
digste Däcadence der Kunst, das ist Entartung dea Ge-
schmacks, das ist das „Kunststück“ nicht die Kunst. Der
Totsleindruck der Signora Patli ist Oberhaupt und wesentlich
ein unerquicklicher; es ist, Als ob man eioer Spieldose zuge-
hört, einem nie dagewesenen Mechanismus gelauscht, einem
Vioünspiel auf besonders dünnen Sailen, das damit besondere
Schwierigkeiten Überwindet, und nur in der Abrundung und
Unfehlbarkeit zeigt sieb eigentlich eine Künstlerin ersten Ran-
ges dabei. Signora Palti erhält für jede Vorstellung sechs
tausend Franken. Man ist zu glauben versucht, dass das
Ganze ihrer Leistung zu monoton-stereotyp, zu rein mechanisch
ist, um sich lange am ersten Platz in der Gunst von Massen
zu erhalten. Die wohl geschulte Pariserin, die Aristokratin,
kehrt die Künstlerin io ihren kurz angelasseneo, dennoch ver-
bindlichen Verbeugungen gegen das Publikum heraus. Sie hat
die Einfachheit der Südländerin, die der Apathie sehr nahe
kommt, sie hat nicht das durchgeistigte Wesen von Frau
Lucca, das, nachdem ein bevorzugtes Aeussere die Sinue be-
strickt, den Zauber im Geiste fortsetzt, was auf der Bühne
Allea ist Signora Palti ist immer nur eine verkleidete Cou-
certsängerin in Kunststückchen. Ist das Feuerwerk io Noten
und Nütcheo verpufft, so fragt man sich: also das war es?
nicht mehr? Unter diesem Eindruck Verliese ich jedesmal daa
Haus, in dem die Viardot, die Grisi, in dem Frau Lucca
Herz und Geist erwärmten. W. — z.
Wiener Maeikreminiicenxen.
Zun Urin*. — Niemand. — Daa Florentiner Quartett. — Mu»e. de VaUeletle. —
Witkain Speidel. — ConeertmaMtw Grttn. — Frau Schumann und Nadiwucha
am Piano. — Ida Heeder. — Promotion« -Symphonie Haydn'*.
Der letzte Jänner klopft bei mir an die Thür, alter Freund!
und ich soll mit meiner ersten musikalischen Monats-Corres-
pondeoz zu Ihnen nach Berlin I? Man präsentirt sich denn
doch bei solchem Anlass gern zum ersten Male mit über-
raschend-wichtigen Depeschen; nun, die letzten Wochen boten
eben nichts des hervorragend Neuen und ich knüpfe daher
lieber heute zu Anfang an Ihre Leser und Sie selbst mit
bester Erinnerung grüssend an; gehörten wir uns doch mit
den „musikalischen Reminiscenzen aus Wien“ vor mehreren
Jahren durch mehrere Jahre in diesen Blättern tu. So lassen
Sie uns denn wechselseitig die abgerissene Brücke des Ver-
kehrs in gutem kritischen Glauben und Vertrauen wieder auf-
baueo. Grüss Gott! klingt von den Ufern herüber, da sind
wir! wir begegnen uns in der Mitte.
Zuerst muss ich ihnen von Ihrem Niemann berichten,
den sie in Berlin freilich besser kennen, als wir selbst. Wir
sahen ihn leider nur erst in vior Opern: „TannhSuser“, „Pro-
phet“, Mehuls „Joseph“ und zuletzt in „Lohengrin“. Des
Aparten kann Ich gerade Ihrem Leserkreis gegenüber, Ober
den vielgenannten Herrn nicht sagen. Es handelt sich auch
nur um eine Feststellung seiner hiesigen Resultate. Der ener-
gische Heldentenor hatte hier anfänglich mit einiger Opposi-
tion zu kämpfen, auf dem Theater, zum Theil auch in der
Presse. Einige Blätter ersten Ranges stehen Obrigens noch
immer in Harnisch gegen Nieroann. Seioe schroffe Form,
sein Bariton-Tenor, ein gewisses allgemein-fremdartiges Colo-
rit verstimmte hin und wieder gegen den Gast. Furchtlos und
treu seinen Tendenzen ging jedoch Niemann auf die Opposi-
tion los und drängte sie aus seiner Nähe. Das ist factiscli.
Die Tenöre müssen nun einmal in der Regel rasch und viel
Steuer an die Muller-Nnlur zahlen. So bQsste denn auch un-
ser Gast ein gut Stück Metall ein. Das Organ, von Hause
aus wenig geschmeidig, wird zuweilen gewaltsam zum Dienst
gezwungen; es gebricht an der Höhe. Dafür aber besitzt
Herr Niemnim auch worthvolle künstlerische Gaben ; wir sahen
manchmal einen vorzüglichen Schauspieler in ihm; er bringt
in guter Disposition Sceuen, die dem ersten Mimen Kränze
brächten; seine Dcclnmntion, die Aussprache sind meist cor-
recl und immer deutlich. Eins in's Andere, er ist ein Künst-
ler von Geist und Studium. In wie fern er Einem oder dem
Andern stimmlich-sympathisch, im epischen oder lyrischen Theile,
ob er mehr Barde oder mehr Troubadour das sind eben
Fragen tflr vereinzelte Beantwortung, die hier zu weit führen
würde. Niemann bewährt thntsüchlich hier eine sehr grosso
Anziehungskraft; das Haus ist jedesmal bis auf das letzte
Plätzchen nusverkauft; ja, die Unterhändler verkaufen hier im
letzten Augenblicke die sonst 2 11. 40 kr. ö. \V, kostenden
Sperrsitze, wohl auch mit 8 fl. bis 10 fl. das SIQck. Soll
ich zum Schluss meinen persönlichen Eindruck seiner Gast-
rollen schildern, so bemerke ich Ihnen, dass der MehuFschc
Joseph mir seine liebste, der Lohengrin seine schwächste Par
thie scheint! —
Unter Jubelrufen aller wahren Kunstfreunde sind die Flo-
rentiner — aus dem Vorjahr hier bereits höchst beliebt —
bei uns eingezogen. Es ist Ihnen bekannt, dass die vier Her-
ren vor vier Jahren sich in Floreuz zusammen fanden, um
dort die deutsche Musik in Quartetten zu predigen; dass sie
grossen Erfolg hallen und seither unter Beibehaltung der
Firma; „Florentiner Quartett-Verein des Jean Becker", Kunst-
reisen unternehmen. Jean Becker, als Solospieler früher in
Deulschland besten Rufes, ist hier die erste Geige, Enrico
Masi die zweite, Luigi Chioatri die Viola, Friedrich Hilpert das
Cello. Was sage ich: erster oder zweiter? — alle Vier sind
sie erste Kräfte. Es ist ein unvergleichliches Kleeblatt, aber
hier die vier Blätter an einem Stiele. Ich versichere Sie,
dass ein Qunrlcll solcher Art bei uns bisher nicht gehurt
wurde. Die Leute treten in don Saal, sie räuspern sich nicht,
sie stimmen nicht erst ihre Instrumente, keine Koketterie nach
rechts und links, wie zuweilen andernorts vorkömmt — sie
setzen sich und heben an und der Vierklang ertönt in golde-
ner eingussiger Reinheit. Die Blume Wiens strömt zu diesen
Conccrten, die anbei auch sehr lucrativ sind. Aber die Becker
saftelu auch um Mitternacht und reiten schnell. So wunder-
sam ihre geistige Thfiligkeil, so geflügelt sind auch ihre Fahr-
ten. Jetzt umkreisen sie von Wien aus die grösseren Städte
des Reiches und im Februar gehen sie zum ersten Male nach
Paris. Wir sind überzeugt, dass sie dort ein zweites Wien
lioden werden.
Paris sandte uns übrigens so eben auch eine Künstlerin
und die Musiker von der Seine sind bei uns seltene Gäste.
Madame de Vattelelte, Prof, der Harfe am Kaiserlichen Con-
servatorium in Paris, gab eia Concert, im Gonflict mit einem
carnevnlstollen Abend, sehr schwach besucht. Wir haben sie
mit grossem Vergnügen gehört, als geschmackvolle Coocertan-
tio und weit ausgebildete Musikerin. Ein paar IrUckene pro-
blematische Lorbeer - Zeilungsblätlehen jedoch sind magere
Beute. — Dagegen fand hier der Professor des Stuttgarter
Musikinslituts, Wilhelm Speidel, in Hellmesbergers Quartett
viele laute Ehren. Er trug sein neues Trio in F-moU mit
Hellmesbcrger und Popper (dem Stellvertreter Röver’s io
der Gruppe) vor; ein Werk edler Gattung, trefflich in der
Gomposition, von gezügeller Fantasie, aber etwas zu breit
Der Cotnpooist wurzelt allerdings in der älteren Schulo, ist
aber im rechten Verhältnis» von den berauschenden Düften der
Neu-Romantiker nicht fremd geblieben. Ich melde Ihnen übri-
gens zu meiner grossen Genugthuung, dass meinem an anderer
Stelle unermüdlich ausgesprochenen Verlangen nach Einfüh-
rung jüngerer fremder Künstler und Ausführung sogenannter
ausländischer Verlegsarlikel immer mehr Rechnung getragen
wird. Sogar die cooservativen Philharmoniker bringen jetzt
zuweilen eio solches Orchesterslück; Hellineaberger Ihut red-
lich das Seine, auch Herbeck; und so kommt denn doch
manche dankbare Bekanntschaft zu Stande. Hellmesbcrger
erhielt mittlerweile einen Gollegen als zweiten Concertineister
im Hofoperntheater zur Seite, Herrn Grün, der in Hannover
und Weimar seine Sporen geholt. Grün producirle sich jüngst
dem Publikum in Mendelssohn’* E-moll-Goncert als lieblicher,
zierlicher Geiger von unladelhafter Technik, der aber mehr
Mark des Tons inwohnen sollte.
Auffällig rührt uod regt es sich heuer am Flügel. Ober-
priesterin Schumann bewegt sich auch in Goncerten zwi-
schen hier und anderen Orten, die gewohnten Huldigungen
und bedeutende Honorare in dassischer Ruhe enlgegeoneh-
mend; eine Van da de Junosza, „Pianistin aus Polen", ist
hier ; tlofpian istir» Sophie M e n I e r aus Müochen spielt morgen; auch
die Mengo kleineres Geflügel schlägt die Flügel. Unsere viel-
verheissendo jüngste Fräulein Gabriele Joöl röstet zu Con-
certen, was wir auch von Fräulein v. Asten wünschen; da
sind die Damen A uaspitz-Kolfir, M. Geister, F. Lnzrl-
h er gor, Olga Florian u. s. w. ältere und jüngere, stärkere
und schwächere Flügel; bemerkenswert!), dass der grösste
Theil des pianistischcu Nachwuchses aus dem schönen Ge-
schlecht kommt. Eben dieser Tage machte auch ein einjähri-
ges Mädchen, Ido Heeger von sich reden; sie ist eine Schü-
lerin des A. Kremser, eines originellen Kopfes, von dem
bei Haslinger mehrere Compositionen für das Pianoforte er-
schienen. Die kleine Heeger hatte das Glück, vor unserer
kleinen lieblichen Erzherzogin Gisela in den Kaiserlichen Apar-
tements zu spielen. Erzherzogin Gisela beschäftigt sich viel
am Piano, und hat in dem Organisten Pius Richter einen
vortrefflichen Mentor, während die Kaiserliche Mutter der Phys-
harmonika zuneigt. Die kleine Heeger, das Kind eines hiesi-
gen Gemeindeschullehrers, fand bei Hole günstigste Aufnahme
und es ist wohl möglich, dass der eine Abeud für alle Zukunft
des Kindes entschied.
Liebster! all die bunten Bilderchen, die ich Ihnen jetzt
vorgeführl, verdrängten beinahe das köstlichste Ereignisa dieses
Monats bei mir, ich bringe tum Schluss das Beste; ich kann
Ihnen nicht sattsam des Gaudiums — ja, das ist das rechte
Wort dafür — erzählen, womit wir hier bei den Philharmonikern
die Sinfonie io G, welche Haydn im Jahre 1791 in Oxford bei
Gelegenheit seiner Promotion zum Doctor der Tonkunst zur
Aufführung gebracht, vernahmen. Ein ganzes Doctor-Hutma-
gatin für eine solche Symphonie! Wer schreibt sie? — Es war
39
her die erste Auffahrung. — Wir waren von ungeheuerer
Heiterkeit, ganz vom Pendel Io*, wie man bei Ihnen sagt.
Kennen Sie diese Symphonie in Berlin? — Ueber Monats-
frist auf Wiedersehn! Carillon.
Journal-Ilevue.
Die Allgem. Mus.-Ztg. enthält einen Aufsatz Uber die nach*
eomponirten Scenen zu „Don Juan“. — Neue Ztsch. f. Musik:
Reflexionen am Klavier (Louis Marehand) von Köhler, Bespre-
chung von Ambros* Musikgeschichte 3. Band. — Die Signale
setzen das Musik-Adressbuch (Wien) fort. — Sfldd. Musikzeitung:
Eine Ausfarth nach Volksweisen.
Die Revue et Gazette musioale setzt den Auszug von Fetts*
„Histoire generale de la tuusique“ fort.
Nachrichten.
Berlin. Herrn Professor Julius Stern ist vom Grosshorzog
von Baden das Ritterkreuz 2ter Classe des Ordens vom ZAhrin-
ger Löwen verliehen worden.
Bremen. 7. Privatconcert : 2t e Sinfonie in C-dur von Schu-
mann, Arie aus „Titas“ von Mozart, Violin-Conccrt in A-moll von
Rode (Frau Normann-Neruda), Vorspiel zu „Lohengrin“ von
W'agner, Ouvertüre zu „Euryanlhe“ von Weber etc.
Breslau. 8. Soiree des Vereins fQr Kammermusik unter
Mitwirkung der Fräuleins Scherhel: Quartett in A-moll von
Schumann, Quintett (G-moll) von Mozart, Duette von Rubinstein
und Gabussi und Lieder von Beetbovon.
Cassel. Orgel - Concert vom Organist Eberhardt: Praelu-
dium und Fuge (G-moll) von Bach, Salve regina von Hauptmann,
Arie von Stradella, Praeludium und Fuge (G-dur) von Mendels-
sohn, Ave Maria von Chcrubini, Fantasie far Orgel von Beh-
rens etc. — 4tcs Abonnement - Concert des Königl. Theater -Or-
chesters: Ouvertüre zu „Aladin“ von Hornemann, Concert fQr
Violine (A-moll) von Rode (Frau Normann-Neruda), Adagio
und Rondo aus dem Violinconcert (E-dur) von Vieuxtemps, B-
dur-Sj niphonie von Schumann etc.
Cftln. Concert der Musikalischen Gesellschaft: Sinfonie (B-
dur) von Haydn, die Goudelfahrer von Schubert, W T Achterlied von
Gerosheim etc.
Cölhen. Concert des Gesangvereins: Ouvertüre zu „Vinela"
von Wüerst, Concertarie, Sinfonie eroica und Variationen aus
dem A-dur-Quartett von Beethoven, Lieder aus der „Dichterliebe“
von Schumaun etc.
Dresden. Unser vorzüglicher lyrischer Tenor Herr Schild
soll von Herrn Dr. Laube für das Leipziger Theater gewonnen
sein. Falls sich diese Nachricht bestätigt, würde unsere Oper
durch den Abgang des genannten Künstlers einen grossen Ver-
lust erleiden.
Düsseldorf. Das nächste niederrheinische Musikfest, welches
zu Pfingsten hier in der grossen städtischen Tonhalle gefeiert
wird, bringt am 1 Tage das Oratorium ir Josua“ von HAndel und
am 2ten Tage eine Cantate von Bach, 2 Thelle aus den „Jahres-
zeiten“ von Haydn und den „Lobgesang“ von Mendelssohn zur
Aufführung.
Elberfeld. Concert des Sing- Vereins: Ouvertüre von Bee-
thoveu, Arie aus „Paulus“ für Bass, „Oslermorgen“ von HUler,
„Die Glocke“ von Homberg etc. — Concert de« Instrumental-Ver-
eins : Ouvertüre zu „Coriolan“ von Beethoven, Clavierconcert von
Hummel, Ouvertüre zu „Lodoiska“ von Cherubini und Sinfonie
(A-dur) von Mendelssohn.
Frankfurt a. M. Am 2. d. kam HAndel's „Belsazar 44 durch
den Cäcilienverein zur Aufführung. Die Soli sangen die Damen
Burenne, Oppenheimer und ThoraA, sowie die Herren
Dr. Gunz und Schulze. — Der hiesige Lladerjtran* bat den
Beschluss gefasst, einen Preis von 350 fl. für den besten Text zu
einer 2- oder Bactigeu komischen Oper auszusetzen. Die Conour-
renz-Arbeiten sind an den Prisideoteu des Vereins Herrn C.
Adel mann mit Motto versehen, spätestens bis zum 16. Mai d. J.
einzusenden. Der von den Preisrichtern als nächstbester bezeich-
net© Text wird mit 150 fl. honorirL Das Preisrichteramt haben
die Herren Benedlx in Leipzig, Scholz in Wiesbaden und der
musikalische Director des Liederkranzes Herr Geliert übernom-
men. — Conoert des Herrn J. Sachs: Es-dur-Trio von Hummel,
Sonate für Pianoforle Op. 10 No. 2 und Kreutzer-Sonate von
Beethoven. Arie für Tenor aus den „Meistersingern“ (HerrNaeb-
baur), Arie aus „Heillog 41 etc.
Halberstadt. Ein durch Herrn Professor Götze aus Leip-
zig hiersei bst veranstaltetes Concert gab uns Gelegenheit, Herrn
HofopernsAugur Schild aus Dresden, sowie die Concertsingerin
Fräulein Martini und die Pianistin Frfluiein Schilling aus
Leipzig kennen zu lernen. Das Programm war ein sehr gewähl-
tes und enthielt die Namen 8, Bach, Franz, Schubert, Schu-
mann, Rubinstein, Chopin u. A. Den Glanzpunkt des Abends
bildete das spanisch« Liederspiel von Schumann; diese herr-
liche, charakteristische Composition wurde ganz trefflich ausge-
führt und mit lebhaftem Beifall angenommen. •
Hamburg. 4te Quartett • Unterhaltung der Herren Lee,
Böie etc.: Quartette in G-dur von Beethoven und A • moll von
Schumann und Quintett G-moll von Mozart.
Hannover. Sechstes Abonnements-Concert unter Mitwirkung
des Herrn Rubinstein: Suite für Orchester von S. Bach, 4tes
Clavier-Concert von Rubinstein, Arie aus „Semiramia“ von Ros-
sini, Claviersoli und 4te Sinfonie (B-dur) von Beethoven. — Am
2. d. glänzendes Concert von Anton Rubinstein.
— Nach Ucbernsbme des Holtheaters auf die Kronkasse ist
der bisher eommissarisch mit der Leitung dieser Kunstsnstalt be-
auftragt gewesene Freiherr von Bronsart zum Intendanten er-
nannt worden.
Leipzig. Im löten Gewandhaus • Concert kam eine neue
Sinfonie von Raff (Op. 140 in C-dur No. 2) unter Directiou des
Componisten mit grossem Erfolg zur Aufführung. Dieselbe ist
trefflich gearbeitet und enthält, meisterhaft iuslrumentirt, bedeu-
tende Gedanken. Der Componist wurde am Schluss hervorge-
rufeu. Herr Röntgen, der in Folge der wohl unheilbaren
Krankheit des Herrn Dreyschock in dessen Stelle als zweiter
Concerliueisler eingetreten Ist, bewährte in dem Vortrag von
Beethoven's Violin-Concert seine vorzüglichen Eigen schalten und
errang sich lebhaften Beifall. Fräulein Scherbel wusste Indem
Ständchen für Altsolo und Frauenchor, in welchem sie das Solo
übernommen batte, sowie in 2 Liedern von Reinecke und Men-
delssohn ihre klangvolle Stimme zur Geltung zu bringen. Cbe-
rubini's Schlummercbor aus „Blanche de Proveuce“, sowie die
Ouvertüre zu „Meeresstille“ und „Freischütz“ waren die weiteren
Nummern des Abends. — Concert des Pauliner - Gesangvereins:
Ouvertüre zu „Coriolan 44 von Beethoven, Chöre fQr Männerstim-
men von Schumann, Reinecke und Mendelssohn, „Harald, der
Barde“ für Soli, MAuncrchor und Orchester von Ed. Kruizsch-
mer etc. — 7. Concert der Euterpe: Künstlerfestzug von Liszt,
1. Sinfonie von Rubinstein, E-moll-Concert von Chopin (Fräulein
Marie Krebs) 23. Psalm von Schubert und Clavieraoli von Rubin-
stein und Liszt. — 8. Concert der „Euterpe“: Symphonie C-dur
von Schubert, Arie auB „Robert 44 (Fräulein Clara Schubert),
Orgel-Fantasie fQr Harfe von Thomas (HerrTombo) und Lieder
und Harfensoli.
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Leipzig. Am 87. Januar beging die hiesige berühmte Vertagt-
handlung Breit kopf & HArtel die l eier ihres löOjihrigen Bestehens.
Itflagdebnrg. 6. Abonnements-Coneert {Mozarts Geburtstags-
feier): Sinfonie in G-moll, „Addio“, Clavier-Concert in Es-dur
und Ouvertore rar „Entführung“ von Mozart etc. — Bubinetein
hat hier ein Coneert gegeben, welches, ausserordentlich zahlreich
besucht, ihm reiche Lorbeeren eintrug.
— 6. Coneert im Logenhause (Erinnerung an Mendelssohn'»
60. Geburtstag): Sinfonie in A-moll und Violinconeert (Herr Con-
crrtmetster Heckmann) von Mendelssohn, Entr'oct und Ouver-
türe ra „König Manfred“ von Beineckc.
tf finchen. Das Vorspiel zu Richard Wagoer's „Nibelungen“,
welches sich das „Rheingold“ betitelt, soll, einem Befehl des Kö-
nigs zufolge, hn kommenden Herbste hier in Scene geben.
Posen. Coneert des Violinisten Soigalsky: Ouvertüre zu
„Leonore** No. 3, Violineoocert von Mendelssohn, Miiitaircpocert
(I- Satz) von Lipiaski, Violineoncerte von Beethoven (1. Satz) und
von David (9. und 3. Satz) und A-moU-Sinfoni« von Mendelssohn*
— Demnächst wird Tausig hier ein Coneert gebeu.
Trier. Langert’a „Fabier* 4 werden im Laufe der nächsten
Wochen hier rar Aufführung gelangen,
— Bei der Seltenheit gediegener Coneert - Musik wurden
die hiesigen Musikfreunde durch ein Coneert des Musik- Vereins,
weiches eine Fülle seltener Genüsse bot, doppelt erfreut. Die
Ouvertüre wurde von dem F-moli-Conccrt von C. M. v. Weber,
welches Herr Capeilmeister Langert ausführte, iu glücklichster
Weise gebildet. Was im Spiel des Herrn Langert sofort glAniend
hervortritt, das ist der grosse, klare Ton, welchen sein sicherer,
elastischer Anschlag dem Instrumente ra entlocken weiss. Mit
demselben verbindet er eine brillante Technik und eine durch-
wegs edle Auffassung. Herr Kapellmeister Langert trug im Laufe
des Abends noch Berceuse und Seberzo in B-moil von Chopin
vor, in welchen beiden Stücken er sich ebenfalls den reichen
Dank der Zuhörer erwarb. Der vocale Theil des Cooeerts be-
stand aus 2 Duetten von Mendelssohn und einer Arie aus „Figaro**,
sodann aus zwei Chören, dem „Ave verum** von Mozart und „Flucht
der h. Familie nach Egypten** von Bruch Beide Chöre wurden
sicher und corrcct, sowie hinlAngiich nuancirt ausgeführt. Die
beliebte Es -dur- Symphonie von Mozart schloss, auf würdigste
Weise executirt, den genussreichen Abend.
Weimar. Zur Feier des Geburtstages der Prinzessin Marie
fand am 80. Januar eiu Hofconcert statt, in dem auoh Liszt
mitwirkte.
Wien. Coneert des philharmonischen Vereins am 91. v. M.:
Ouvertüre zu „Euryanthe“ von Weber, Clavierconcert von Liszt
(FrtuWii, Meuter), Sinfonie in D-moll von Volkmann etc. —
Robert Volk mann Ist hier eingetrofleu um der Aufführung sei-
ner D-moll-Sinronie im philharmonischen Coneert« beizu wohnen.
Pari». Die Unterhandlungen mit Kossinl's Witlwe betreffs
Verlag von Breitkopf 4t Ilfirtel in Leipzig.
Fr. C h o p 1 n ’ s Werke
für das Pianofort«
In uener eleganter Oetav-Aasgabe.
Hieben Bünde, rotb eartonnirt.
Walter . . 1 Thlr. - Ngr.
Polonaisen * 1 „ 1& ••
Notturnos * ... - 1 „ 10 „
Mazurkas . . 1 „ IS •>
Balladen, Berceuse. Barcarole 1 „ 10 n
Preludcs, Scherzos, Impromptus 2 „ — „
Sonaten, Allegro, Phantasie, Variationen, Rondo 2
der Uebertraguog der Asche des grossen Maestro nach Italien
sind ginzlich gescheitert Der Gemoinderath von Florenz ver-
langte die unbedingte Uebergabe von Rossini s Ueberresten, um
dieselben sofort in Santa Crooe zu bestatten, wofür er der
Witlwe ihre eigene spAtere Beisetzung daselbst versprach. Fran
Rossini aber erklärte, sieb in keiner Weise von der Asche ihres
Gemahls trennen und ebensowenig sich nach Italien begeben zu
wollen. Sie soll beschlossen haben, das Grab des verewigten
Meisters selb»! mit einem bescheidenen Leichenstetne zu zieren.
Parts. 5. Coneert des Conservatoriums: A-moll- Sinfonie von
Mendelssohn, religiöser Marsch aus „Lohengrin** vonWagner,
E-dur-Sinfonie von Mozart, Cello -Coneert von Romberg etc.
HrÜMKfl. Herrn Louis Brassin ist vom Herzog von Cobsrg
der ernestinhehe Hausorden verlieben worden.
Venedig. Frau Blume-Santer hat als Recba in Uatavy's
, Jüdin" mit grossem Beifall debötirt.
London, 23. Januar. Eine von allen Theilen der musikali-
schen Welt angenommene Bewegung Über die Herabsetzung des
Diapasons hat in den letzten Wochen zu einer Fluth von Vor-
schlägen, Ansichten, Urtli eilen In sAmmÜicheu Zeitungen Londons
geführt, die ganze BAude füllen könnten und die schliesslich fast
alle darauf hinaus liefen, den Ksmmerton horabzusetzen und den
In Frankreich und Deutschland anerkannten auch hier einzufüh-
ren. — Es hat bereits die Aufführung von Haydn’s Schöpfung
am vergangenen Mittwoch von der National-Choral-Society mit
erniedrigter Stimmung stattgefunden und einen entschiede-
nen Anklang gehabt; — es haben sich ferner die ersten Solisten
zusammen gethan, um in 6 verschiedenen Aufführungen in St.
James Hall, unter Leitung des Herrn Barab und uuter Mitwir-
kung seines grossen SAnger-Chors, Oratorien von Mendelssohn,
Hindel und Haydn iu der Coutinental-Stimmung zu versuchen.
— Die Monday-Popular-Conccrts rufen noch immer dss reichste
Interesse hervor; die Mitwirkung Joaohim'» übt fortdauernd die
stärkste Zugkraft aus. — Die Sounabends-Concerte im Crystall-
Palast haben wieder begonnen und bringeu wie früher unter
der tüchtigen Leitung Mann s gute klassische Musik in loben»-
werther Ausführung vor einem zahlreichen feinen Auditorium.
Bradford, 26. Januar. Die Kammer-Musik-SoirAon des Herrn
G. Wolff verschaffen uns die besten musikalischen Genüsse. Sein
gestriges Coneert brachte unter Anderen Haydn's Trio mit dem
Ungarischen Finale und ein eigenes Trio in D-moll (No. 2), beides in
vortrefflicher Ausführung. Herr Wolff hat sich hier als guter
Pianist bekannt gemacht und durch die Vorführung seiner eige-
nen Composilion, auch bewiesen, dass er ein elassisch gebilde-
ter Musiker ist.
Cairo. Kontski giebt hier Concerie und enthusiasmirt
durch sein „Bcvell du liou* 4 .
Unter Verantwortlichkeit von K. Bock.
Im Verlage der Dürr’schen Buchhandlung in Leipzig ist er-
schienen und durch alio UuchhAitdiungen zu beziehen:
Adclph Bernhard Marx’
Verhältnis»
ZU
Felix Mendelssolin-BarthoMy
in Bezug auf Eduard Devrient's Darstellung
berichtigt
von
Ttiorea© Marx:.
Brochirt. Preis 6 Ngr.
Verlag von Ed. Bäte k 6. Bock fE. Bockt, Königl. Ilofmusikhandlung in Berlin, Französische Str. 33r. und U. d. Linden No. 27.
Dntok von C. F S-bmirtt io ö«rlio. Unltr d*t> («uuito No. W
10. Februi
XXIII. Jahrgang m 6.
¥•■ dic«tr Zeiltt*|| er*Aeiat w<kln«llick
eine Summer.
Zti beziehen durch:
VH!. Spina-
PAUS. BrenZu« A Dato«*.
L0KD0W. Navfllo. Ewer A Co Hammon«! A Co.
St PETEAMURG M Bernard
STOCKHOLM, a. Lu»*,bM.
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BARCELONA. a>Im VM.I.
WARSCHAU. hMb«. Wolf.
ASSTERDA« Seyffardl’acha Buchhaadlau,
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und practischcr Musiker.
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U. d. Linden No. 47, Posen, Wilhelmstr. No.41,
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lu Berlin, Unter den Liuden 47, erbeten.
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Halbjährlich 3 Thlr. i hentl in einem Ztisicbe-
ruiigS'Scheiu im Betrage von 5 oder 3 Thlr.
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dem Musik-Verlage von Ed. Bote ft 8. Bock.
Jährlich 3 Thlr.
Halbjährlich I Thlr. 25 Sgr. <
lusortionsprcis für die Zeile 1 ^ Sgr.
ohne Prämie.
Inhalt. ÜMMtiBionca. — Berlin, Keine. — i:®rre«p*»ad*nM.ii au« llf-wn, Jea« und Paria.
Jonrnal-Revue. — Narfcrirhian. — Inaerale.
■ Feuilleton: Au« meinen Leben. —
Recensionen.
Victor Sieg. Compositions pour Piano. Op. 1. Irois
Impromptus. Op. 2. Tarantelle. Op. 3. Caprice*Valse.
Leipzig, E. VV. Frilssch.
Der Componivt mag unter sorgfältiger musikalischer
Pflege riufgew ochsen sein, seine Zeit, wie es einem redlichen
Kunsijflnger geziemt, nftllüch auf Studien verwendet haben.
Jedenfalls war s**in Hnuplaugenmerk auf die Errungenschaf-
ten der modernen guten Clavierliteralur in Technik, Melodik
und Harmonik gerichtet. Alle Reize, welche diesen Errun-
genschaften eigen, kennt er und hat sie in sich aufgenom-
men, und so ausgerüstet, mit diesem Passe- partout, schickt
er seine drei ersten Hefte in die weite Welt. Wie wird
diese sich dazu verhallen? Aus Erfahrung weiss man, dass
sieben Achtel der rousicirenden Dilettanten einen unbekann-
ten Namen, ein Opus 1 unangeaehen bei Seite legen, dass
nur ein kleiner unegoistischer Bruchlheil von Fachmännern
solche Erstlingswerke mit Interesse betrachtet. Bringt er
sie nber auch zu Gehör? Empfiehlt er sie? Ermuntert er
den jungen Componislen? Davon ist nicht die Rede. Da
steht er mit seinen zehn Bogen, von denen jeder einzelne
flehentlichst bittet: „spielt mich — ich habe hier mein
Bestes gegeben “. Aber unerbittlich geht die opuseinsknlte
Welt vorüber — der barmherzige Samariter lebt nicht mehr.
Das ist das Schicksal, dem auch unser in Rede stehender
Componist, vielleicht voller Illusionen, entgegen sehen muss.
An uns indessen soll es nicht fehlen, diese mit Talent und
Fleiss gearbeiteten Compositionen gern und laut zu nennen.
So heben wir unter den Impromptus besonders das zweite
melodisch und harmonisch reizvolle in Gis-moll hervor und
das drille, ein brillantes schwungvolles Allegro in F-dur,
das einen Iflchligen und zugleich feinen Spieler erfordert.
Das erste, Allegretto in As-dur, obwohl es manche Einzel-
schönheilen enthält, leidet an einer gewissen Erzwungenheit,
so dass das Originale darin mehr gewaltsam als bewälti-
gend auftritt. Einfacher, aber auch trockener ist die Ca-
price-Valse, die in ihren Accenten mehr einer Mazourka
als einem Walzer gleicht. Die Tarantelle fliessl munter
dahin, fesselt Spieler und Hörer. Was schliesslich sämmt-
liche Compositionen auszeichnet, ist die Gewissenhaftigkeit,
eine anerkennbare Vornehmheit, mit der der Verfasser jeder
Annäheruog eines Gemeinplatzes ausweicht. Dieses geflis-
sentliche Ausweichen, Auch einer leicht möglichen Reminis-
cenz, wird wohl bei einer späteren freieren Feder fortfallen
und dadurch die Conception etwas Runderes, weniger Ecki-
ges erhalten. Dem Componisten liegt der Adel so im
Blut, dass er eine extravagante Ausschreitung noch jonor
Seite schwerlich zu fürchten hat.
Wir freuen uns, ihm bald wieder zu begegnen.
H. Krigar.
Tliicriol, F. Trio f F-moU \ für Pianoforte. Violine und
Violonceli. Op. 14. Leipzig, E. W. Fritzsch.
Das Werk bietet in Anlago und Durchführung sehr
vielo schöne und effoctvollc Zöge und zeichnet sich nament-
lich die Durchführung durch rapiden Schwung und Fluss
aus. Allerdings trägt hierzu der leidenschaftliche Charakter
des ersten, dritten und letzten Satzes sehr viel hoi. Es ist
fühlbar, wie der Componist einen tüchtigen Anlauf genom-
men um etwas Gutes zu schaffen und er erreicht auch
grossentheils sein vorgestecktes Ziel. Nur in Bezug auf
die thematische Erfindung Anden wir uns nicht ganz befrie-
digt. So beginnt z. B. der erste Satz mit einem rythmisch
markirten und auch wohl eigentümlichen Thema, jedoch
dünkt uns dasselbe, trotz dem der Componist in der Verar-
beitung desselben viel künstlerisch technische Fertigkeit
zeigt, doch im Ganzen etwas ungelenk, namentlich aber
nicht hinlänglich für melodische Bildungen geeignet zu sein;
da ausserdem das zweite Thema in sich nicht bedeutend
genug ist. um im Verfolg des Stückes hierfür scharf genug
gegensätzlich zu wirken, so erscheint das wirklich melodi-
sche Element etwas zu sehr in den Hintergrund gedrängt,
was wir ebenfalls im letzten Satz wiederfinden. Wenn wir
auch zugeben müssen, dass die ohgenannlen drei Sätze
(sämmtlich in Moll) sich durchweg in luguherpassionirtem
Charakter bewegen, so scliliesst dies unseres Bedünkens
6
42
nicht aus. dass nicht auch zuweilen etwas mehr melodische
Lichtpunkte zu markirtor Geltung kommen könnten. Die
Hauptmomente, wo dies wirklich der Fall ist, bilden das
Adagio und das Trio des Scherzo. Ersteres ein nicht zu
langes, in Romnnzonform gehaltenes Stück führt ein recht
anziehendes melodiöses Thema, (fast an schottisches Lied
erinnernd} welches sich in einfacher Weise mit gemüthlichom
Melodiereiz geltend macht. Wir halten dieses Stück für
das gelungenste des Werkes. Dass in den übrigen Sätzen
der inodulatorische Theil mitunter eine etwas grosso Hollo
spielt, können wir nicht tadeln, da der bereits erwähnte
leidenschaftliche Charakter derselben ein zeitweiliges sich
gehen lassen damit wohl rechtfertigen kann. Diese unsere
specietlen Bemerkungen sollen aber dem Verdienste des
Werkes im Allgemeinen keinon Eintrag thun, und weisen
wir demselben mit Rocht eino ehrenwert he Stelle in der
Litteratur der Kammermusik ein.
C. Böhmer.
Berlin.
Revue.
(Königl. Opernhaus*} Am 2. ward endlich dem Publikum
die Freude, seinen beinahe ein Vierteljahr lang entbehrten Lieb-
ling, Frau Pauline Lucca, wieder begrOsseri zu können. Die
(redliche Künstlerin (rat eis Zerline in „Don Juan“ auf und
zeigte sehr bald, dass ihre reichen Slimm-Mitlel von dem nor-
dischen Klima unversehrt geblieben. Das bis auf deu letzten
Platz gefüllte Haus empfing Frau Lucca mit stürmischem Bei-
fall und Blumen und ruhte nicht, bis die zweite Arie wiederholt
worden war. In der übrigen, oft besprochenen Besetzung —
mit Frau Voggenhuber als Anna, den Herren Betz, Krause,
Krüger, Fricke als Don Juan, Leporello, Octavio, Comthur
— war Fräulein Brandt als Elvira neu; die üeissige Sänge-
rin kämpfte vergeblich mit ihrer Altstimme gegen die ihr un-
bequeme Sopran-Lage an. — Am 3. war „Weisse Dame“ mit Herrn
Wachtel. Am 4. im Schauspielhause: „Phfidra“ vom Prinzen
Georg mit Taubert’s Musik. Am 6. bei brechend vollem Hause
„Fra Diavolo“ mit Frau Lucca und Herrn Wachtel. Haben
wir über die Zerline der Frau Lucca an dieser Stelle öfter
und ausführlich berichtet und ist der frischen humoristischen
Ausführung in Gesang und Spiel der grösste Erfolg sicher, so
schulden wir doch dem Fra Diavolo des Hrn. W achtel, welchen
wir längere Zeit nicht gehört, einige Worte. Wir wüssten
keinen Tenor, welcher in gesanglicher Hinsicht die Parlhie so
volubil und glanzvoll wiedergäbe, wie Herr Wachtel und
wir gestehen gern, dass uns in dieser Opern-Galtung — Cha-
pelou, George Brown, Diavolo — welche sich dem hoch Dra-
matischen wie dem tief Lyrischen Fern hält, der Künstler am
bedeutendsten erscheint; hier vermissen wir kaum etwas, hier
imponirt er durch seine wunderbaren Mittel und entzück! durch
die reizende Leichtigkeit des Gesäuges. Es würde uns zu weitlüh-
reo, wollten wir die ganze Parthit), wie Herr Wachtel sie
singt, delailliren; wir erinnern jedoch besonders au das von deu
Herren Teuorislen als undankbare Nummer bezeichnte Ständ-
chen im zweiten Act; Herr Wachtel singt es so reizend, dass
ein wahrhalter Beifalls-Orkan durch das Haus dröhnte und eine
Repetition die unausbleibliche Folgo sein musste. — Am 7. war
„Wasserträger“.
Im Friedrich- Wilhelinstfidlischen Theater bildeten die Ope-
retten „Thoebluuie“, „Rei*e nach China“ abwechselnd mit Of-
fenbach’s „Blaubart“ und „Helena“ das Repertoir.
Die am 5. d. M. von Herrn Heinrich Barth in Verbindung
mit den Herren Concerlmeisleru de Ahna und de Swerl
gegebene zweite Soiräe für Kammermusik war nur schwach
besucht. Es ist dies zwar eine betrübende, aber «doch leicht
erklärliche Erscheinung bei der Anzahl von Orchesierconcerten,
die mit ihren mehr dem Geschmack der Massen huldigenden
Programmen einer bescheidenen Soiräe für Kammermusik,
welche einen ernstem gediegenem Musiksinn fordert, nur zu
laicht gefährliche Concurrenz machen. Die Auswahl der vor-
getragenen Piecen war eben so glücklich, als die Ausführung
im Wesentlichen gelungen. Schumann'* Clavierlrio Op. 63
D-moll eröfToete die Reihe in würdiger Weise, weun gleich
bei dem Vorränge, den die Geige in demselben hat, namentlich
dem Pianisten wenig Gelegenheit gegeben war, sich be-
sonders geltend zu machen. Das Scherzo errang vielen
Beifall. Zu den werthvollsten Werken auf dem Gebiete der
Kammermusik gehört unstreitig Kiel’s Sonate für Piano und
Crllo Op. 52, welche, in allen Theilen gediegen, bei der vor-
züglichen Ausführung, die lebhafteste Anerkennung gewinnen
musste. Den Schluss bildete Beethoven** Trio Op. 70 No. 1
in D-dur. Während wir in dem ersten Satze eioe schärfere
Accentuiruug des Themas gewünscht hätten, gelang das Largo
assai e espressivo in Ü-moli vorzüglich, und machte bei dem
schönen Klange des Flügeie bei den 64 theiligen Sextolen,
welche pianissimo und leggieremento, der Intention des Com-
ponisten gemäss vorgetrageo wurden, eiuen überraschenden
Eindruck. Der Schlusssatz mit seinem kurzen, origioelien
Thema, das überall durchblickt, war in seiaem unaufhaltsamen
Forteilen nach der zweiten Fermate sehr wirkungsvoll. d. R.
CorrespondenzFD.
Bremen, im Januar 1860.
Kurz nach Weihnachten veranstaltete die Singakademie
unter Hein Uialer ein Dom-Concert, in welchem Chorsätze älte-
rer und neuerer Meister mit Solovorträgen Tür Gesang und
Instrumente in interessanter Weise obwechselten. Die Chorge-
säoge: „Adorninus te Christo“ von Paleslrina, „Ave Maria“
von Arcadcit, „Freut euch, ihr lieben Christen“ von Leonhard
Schröter, „0 Freude über Freud“ von J. Eccnrd, sämmtlich
a capella vorgetrageu, waren von angemessener Wirkung und
erlengten besonders durch die fast dominirende Fülle der Te-
nor- und Bassstimmen ein gesättigtes Colorit, wie es dem Cha-
rakter dieser Compositionen io günstiger Weise entspricht, ln
Mendelssohn*« »stimmiger Hymne: „Ave Maria“ wie auch io
dem Chor aus Händel'* „Joaua“: „Soll ich auf Mamre's Frucht-
gcüld“ erwies sich die zu Hülfe genommene Orgelbegleitung
keineswegs vorlheilhafl; was ausserdem Zuverlässigkeit der
Inlouatioo und Frische des Vortrags anbelrifTl, so bat die
Singakademie anderweitig schon Besseres geleistet. Die Soli
waren durch verschiedene Mitglieder der Singakademie vertre-
ten, welche theils durch aoerkennonswerthen Vortrag, theils
durch ausgezeichnete Stimmmittel interessirten. Arie aus
Häudel's „Messias“: „Tröstet Zion“, Preghiera von Reinthaler:
„Madre di virtute“ (Gedicht von Dante}, verschiedene Sätze
aus Rossini** „Stabat mater“, unter denen wir als eine durch-
aus vorzügliche Leistung das Vocal-Quartelt „Quantlo corpus
morietur“ in der Ausführung a capella und nicht minder der
höchst wirkungsvoll vorgetragenen bekannten Tenor-Arie: „Cu-
jus auimani gementem“, mit Vergnügen gedenken. Die Lor-
beeren des Abends trug jedoch unbestritten Herr Concerlmei-
sler Jacobsohn, unser hiesiger Violinvirtuose mit seinen
Vortrögen: Adagio von J. Seb. Bach und „Abendlied“ von
R. Schumann, davon. Letzteres ist durch oftmalige Vorfüh-
rung innerhalb der letzten Jahre fast populär geworden, wir
hörten es noch unlängst von Joachim und dennoch wusste
43
ihm Herr Jacobsohn einen neuen frischen Heiz in durchaus
selbstständiger Auffassung zu verleihen, wie es nicht minder
dem begabten Künstler gelang, das an J. S. Bach’s Faclur
ooch immer nicht gewöhnte Publikum för diese keineswegs
leicht erfasaliche Coraposilion dennoch in Wahrheit zu erwär-
men. Schließlich gedenken wir ooch des Orgelpriludiums, in
welchem Musikdirector Reinthaler die bekannte W’eihnachla-
melodie „Vom Himmel hoch“ in gewohnter Weise geschickt
cootrapunktisch behandelte, und durch entsprechende Regislri-
rung iu einem ebenso anmulhigen als stimmungsvollen Ton*
bilde zu gestalten wusste — Im 5teo Privatconcert, dessen
Schwerpunkt Beethoven'» „Eroica“ bildete, hatten wir das
Vergnügen, nebst Herrn Heinrich Barth aus Berlin, auch un-
sere aus der Zeit ihrer früheren Anwesenheit noch io bestem
Andenken stehende Landsmännin, Fräulein Murjahn vom
Grossherzoglichcn Holtheater zu Schwerin wieder zu hören,
und uns von den namhaften Fortschritten in der künstlerischen
Verwendung ihrer vorzüglichen Stimmmittel zu Überzeugen,
welche die noch junge Künstlerin in der Zwischenzeit gemacht.
(Soprnn - Arie aus „Co»i fan tutle“, Cavatiue aus Rossini'»
„Barbier“, Mozart» „Ein Veilchen auf der Wiese stand“). —
Herr Heinrich Barth aus Berlin erwarb »ich durch sein
fein abgerundetes Klavierspiel auf Grundlage eioer bedeutenden
Technik reichlichen Beifall, der um so ehrender für ihn ist,
als der geschAizle Gast unter Verzicht auf landläufige Bravour*
sülze sich mehr die Vorführung weniger bekannter Sachen zur
Aufgabe gestellt halte. ( Schubert'» Phantasie Op. 15 über
desselben Gompouisten bekanntes Lied: „Der Wanderer“, von
Franz Liszt mit Orchesterbegleituog versehen, Notturno von
Chopin Op. 62 und Walzer von Rubinstein.) An Orchester*
sitzen kamen ausser der Beethoven'schen Symphonie noch
Reinecke’s Vorspiel zum 5. Acte der Oper „Köuig Manfred“
und Rossini'» Teil-Ouverture zur Aufrührung. Dia concerlmäs-
sige Vorführung kleinerer symphonischer Sitze aus Opern ist
seit Rieh. Wagner mehr und mehr in Aufnahme gekommen;
ob Roinecke's Manfred- Vorspiel für diesen Zweck das biorei-
chende Interesse bietet, erscheint uns, nach einmaligem Anhöreo
ohne Commentar immerhin fraglich, doch sieht noch in dieser
Saison die Aufführung der genannten Oper hervor. — Das 6te
Privatconcert unter Mitwirkuug des Frl. Strauss aus Basel,
erlitt durch das Ausbleiben des Violinvirtuosen Herrn Wilhelmy
io seinem Programm eine nicht unbedeutende Störung, verlief
jedoch abgesehen davon io gewohnter anregender Weise. Den
Glanzpunkt des Abends bildete Fr. Schubert'» C-dur-Symphonie
io vorzüglicher Aufführung. Gernsheim's neue Ouvertüre:
„Waldmeisters Brautfahrt“ ist ein recht anrnuthiges Idyll voll
Frühlingsslitnmung, doch bleibt der spocfetle Zusammenhang
mit der bekannten Dichtung von Otto Roquette noch besonders
aachzuweisen. Frfiulein Strauss besitzt eine schöne Sopran-
stimme, welche besonders nach der Höhe zu vorzüglich aus-
gebildet ist; ihre simmtlicheu Vorträge wurden mit reichem
Beifall aufgenommen. H. K.
Jena, 22. Januar.
Das vierte academischo Coocert am 5. d. M. brachte die
»eit einer Reihe von Jahren hier nicht mehr cur Aufführung
gekommene Pastoralsymphonie von Beethoven wohlgeiungen wie-
der iura Vorschein. — Stradelln’s Kirchenarie: „Set miei sos-
piri, oh Dio!“ eignete sich nicht eben für den Concertaaal,
»bschon sie von Herrn Albert Goldberg, aus Braunschweig,
mit recht klangvoller Baritoostimine und gutem Ausdruck wie-
dergegeben wurde. Zu wenig belebt erschien dessen Vortrag
der freilich nicht sehr durchschlagenden Gesnngspiöce: „Pause“
voo Schubert, während der des bekannten Schumano'scbeo
„Wanderliedes“ gelungener hervortrat. — ber frühere Weima-
rische, jetzt Stuttgarter Concertmeisier, Herr Edmund Singer,
zeigte voo neuem alle seine lobenswerthen virtuosen Eigen-
schaften: bedeutende technische Fertigkeit, Sicherheit und Ge-
wandtheit, eleganten, glatten Ton. Er trug das einschmei-
chelnde Mendelssohn’sche Concert für Violine und Orchester
40p. 64) vor. Der letzte vorzüglich gelungene Satz, gelang
auch dem Spieler zumeist. Ferner hörten wir noch voo ihm
ein brav gearbeitetes, cantilenenhaft gehaltenes Stück von Raff
und schliesslich ein Impromptu von ihm selber componirt, das
er sich sehr glänzend zurecht gelegt hatte. — Die beiden
Eolr’acls aus Cherubim’» „Medea“, die, wie die ganze gross-
artige Oper unseren neueren Componiaten, ein musikalisch-
dramatisches Vorbild erster Art zu bieten geeignet sind, auch
ganz brav zu Gehör gebracht wurden, schienen so gut wio
ganz unverstanden zu bleiben. — In der Mendelssohn’schen
so genannten Reformations-Symphonie (Op. 107, nachgelasse-
nes Werk, componirt 1S30), die im 5. Concerto, am 15. Ja-
uuar, sehr correct und tüchtig executirl wurde, tritt offenbar
weit mehr Männlichkeit, Kraft und Feuer hervor, als io vielen
anderen Werken des Meisters. Der zweite genial angelegte
und ausgeführte, io frischem Rhythmus fortschreitende Satz,
Allegro vivace, hat ungemein viel Gefälliges und Anheimelndes.
Dio künstlerisch vortrefflich interpretirte und originell-vielseifig
verwendete Luther-Melodie, tritt im weiteren Verlaufe der Sätze
bedeutsam uod interessant hervor. — Als ein Stück von fieis-
sigster und gründlichster Durcharbeitung , unverkennbar
mehrfach an Wagner erinnernd, allein noch ohne recht
festen geschlossenen Styl, macht sich das „symphonische
Pbantasiebild“, wie der Componist es bezeichnet, von F. Thie-
riot, betitelt: „Loch Loinood“ (Schottischer See) kenntlich.
„Namen nennen dich nicht!“ Indess ist viel Romantik, manche
liebliche, frisch duftende Blülhe naiver musikalischer Poesie,
mehr noch schottisch wilde, groteske Natur darin vertreten.
Dass dergleichen musikalische Landschaftsmalern (die äusserste
Grenze der Programmmusik) noch weit mehr Bedenkliches hat,
ab die Matthisson'scho und verwandte mikrologische dichteri-
sche Natur - Detailmalerei, dürfte sich schwerlich verkennen
lassen. Nach so manchen Erscheinungen, die heutzutage in
beregtem Genre nufgetaucht sind, liegt die Befürchtung nicht
allzu fern, dass man noch dahin gerathe, ganz ähnlich wie
Albe, von Gatter in der Dichtkunst es versuchen wollte, auch
in der Musik zu schildern, wie „der Rinder schwere Gierde
den geblümten Klee im Kauen doppelt schmeckt“. Bei fort-
gesetzten Studien wird es dem talentvollen Componisten ohne
Zweifel gelingen, seinen Gebilden das Gepräga innerer Ueber-
eiüslimmung aufzudrücken. Als eine der besten Gaben des
Abends verdient Schubert’» prächtiges, vom akademischen Ge-
sangverein sicher und belebt gesungenes Lied: „Nachthelle“,
für Tenorsolo und Mfinoerchor, bezeichnet zu werden. — Der
für Herrn de Swert gewonnene Kammermusikus Joseph Ser-
vais, eothusiasmirte die zahlreiche Versammlung durch seinen
Vortrag zweier höchst dankbarer, melodischer Piecen seines
berühmten Vaters, uod zwar: Concertstück und Fantasie über
jene weltbekannte Romanze von Caraffa „Oh enra memoria“,
welche Rode durch seine beliebten, von der Sonntag, ArlAt
u. A. für ihre Stimmen znrechlgelegteo Violin - Variationen,
verherrlicht hat. Der ooch sehr junge Servais hat sich be-
reits auf eine bedeutende Stufe der Kunst emporgeschwuogen
und kann mit vollem Hecht schon jetzt zu den besten seiner
Collegen gezählt werden. Voller, seelischer Ton, geschmack-
voller, gebildeter Vortrag und ungemeine Fertigkeit zeichnen
6 *
iOgl
den Künstler aus, der über ein ganz vorzügliches Instrument, ein
kostbares Erbstück seines Vaters, zu verfügen hat. — Walther
von Goelhe's zwei Lieder am Clavier: „Die Nonne“ und „Der
Ritt zum Liebchen“ (slnvischa Bilder von S. Kapper) — das
zweite vornehmlich glücklich getroffen, nur dass eines der ori-
ginellsten, reizendsten Motive darin tu schnell verlassen wird
— wurde von einem Mitglied« des akademischen Gesangvereins,
dem Studenten der Theologie Baasermann mit sonorer Bari-
tonstimme, die bei weiterer Ausbildung sich noch kräftiger her-
vorheben wird, und mit tiefem Gefühl, so wie vortrefflicher
Nüancirung gesungen, Eigenschaften , die auch an dem »ehr
nnimirten Publikum nicht ohne Anerkennung vorübergingen. —
Das Rossini'sche Duett: „Die Seemänner 44 f„li marinari") für
Tenor und Bass mit Clavierbegleitung (aus den Soirdes musr-
eale») , von dem Studenten der Philologie Brandatfiter, des-
sen anmuthiger Tenor bereits in der Schubert'schen „Nacht-
hdle“ vortheilhafl hervorgetreten war, würdig voeget ragen,
ward durchaus beifällig aufgenommen. — Audi diese« Jahr
bringt uns einen kleinen Cydus von Kemmermusik-Soirien
weicnarischer Künstler. Die erste ihrer Vorführungen fand am
geetrigen Tag« statt. Die Künstler gaben uns zunächst das
Beethoven'sche Quartett Op. 18 No. 6, B-dur, und suletst Schu-
mann’» Quartett für Pianoforte, Violine, Viola und Cello Op. 4?
Es-dur; dem Geist und inneres, von Satz zu Satz sich steigern-
des Leben nicht abzusprechen ist, nur dass dieses mehrfach
allzu stürmisch vordrAngend sich ausspricht, wie überhaupt der
Arbeit die klassische Ruhe noch abgeht. Die Executirung bei-
der Werke liess nicht leicht etwas tu wünschen übrig. Man
fühlte überall das gründliche Eingedrungenaein der wackeren
Künstler in den Sinn einer jeden dieser Kunslschöpfungen her-
aus, eben so, dass die zwei neu hinzugelrelenen Kräfte, die
Herren Frei borg undServais, sich bereits trefflich»» einge-
spielt haben. Kapellmeister Lassen (Ohrte im Schumann'schen
Quartett die Pianoforte - Parlhie vorzüglich au». Zwischen
beiden genannten Dorbietuogen fand seinen Platz der Schubert'»
sehe lyrisch-elegische Liedercyclus : „Wiolerreiso", deren ver*
schiedene Stationen: Gute Nacht, Lindenbaum, die Post, der
Wegweiser, dos Wirlhshaus etc. — von Herrn v. Wilde
mit jener unübertrefflichen, ergreifenden, individuellen Wahr-
heit, mit überzeugendstem Ausdruck und mit jener poetischen
Gemüthsinnigkeit und Vollendung vorgeführl wurden, wie wir
sie an ihm, dem vom Achten Genius der Kunst durchdrungenen
Singer, gewohnt sind. Dr. M. M.
Paris, 81. Januar.
Nachschrift. Die gestern stattgehabte erste Aufführung
von Frederick Ricci's neuen Oper „Uno folle A Rome* 4 in den
Fantaisies-Parlalennes hatte einen ausserordentlichen Erfolg. Das
von Wilder verfasste Sujet ist keineswegs ein Meisterwerk, hat
jedoch den Vorzug, in Vergleich zu manchen neuen komischen
Opern, nicht zu trivial zu sein. Es handelt sieh einfach darum
einen beirathslustigen Alten, welcher nach einer reichen, römi-
schen Dame ködert, durch drei Acte hindurch gründlich an der
Nase berumzufübreu, in welche« Geschäft sich die joviale Rö-
merin nicht minder, wie ihr Geliebter, und ibre Hausgenossen
theilen. Wenn FamilienmOtter bei neuen komischen Opern be-
sorgt fragen, ob sie auch ihre Tochter ln*a Theater führen kön-
nen, so darf man wenigstens für diesmal denselben die Versi-
cherung geben, dAsa es nicht allzugefSbrlich sei. Trotz der Ein-
fachheit ist das Sujet gleichwohl sehr unterhaltend — Der
Schwerpunkt des Erfolges beruhte jedoch auf der Musik Ricci’s
und auf der ausgezeichneten Aufführung. Eine Anzahl von Num-
mern wurde stürmisch zur Wiederholung verlangt, so u. A. das
Quartett-Finale des zweiten Actes, der von Frau Marimon ge-
sungene brillante Valse im 2ten Acte, und das Ensemble mit
Chor ebendaselbst, dessen einschneidende Rhythmik geradezu
von fanatischer Wirkung war. Das ausv erkaufte, von glänzender
Societe besuchte Haus spendete ununterbrochenen Beifall. Bicci
sucht in seiner Oper den Wohllaut italienischer Melodik mit den
Fortschritten moderner deutscher inslruinentationskunst, und der
rhythmischen französischen Lebendigkeit in meistentheila gelun-
gener Weise zu vereinbaren. Einige leicht zu beseitigende Län-
gen im 2ten Acte abgerechnet, spielt sich die Musik frisch ab,
ist frei von Ueberladung, und trägt das Gepräge einer feinen
komischen Oper, im glücklichen Coutraate zu darin enthaltenen
lyrischen und pathetischen Stellen. So ist die Tenor-Cavatina im
lsten Acte, von Herrn Leopold Ketten mit reinstem musikali-
schen Geschmack, und edler Empfindung vorgetragen, ein klei-
nes Meisterwerk. Zu dem war der Italiener wohl darauf bedacht,
dankbare Gesaogsparthieo zu schaffen und findet jeder der Mit-
wirkenden Gelegenheit, sich einen entsprechenden Theil von
Beifall zu vindiciren. Der Löwen-Aotheil ist jedoch in der Rolle
der Laurence der krau Marimon zugew lesen, einer echten,
vollendeten Künntlerin, die mit ihrer unvergleichlichen Virtuosität
den reinsten Kunstgeechmsck verbindet Nach Frau Miolan-
Carvalho dürfte sich gegenwärtig keine bessere Sängerin in
Paris finden, als Frau Marimon. Der gestrige Abend war für sie
ein ununterbrochener Triumph. Alle Ehre gebührt auch dem
Debüt des jungen Tenors Herrn Leopold Ketten, welcher die
schwierige Parlhie des Maurice, sowohl nach der Seite des Gesangs
als de» Spiels mit vieler Kunslifitelligenz beherrschte. Die Parlhie des
Don Paciflque fand in dem Bassisten Herrn Soto einen beru
fenen Vertreter, wie auch der Bariton Herr Arsandaiix als
Fabian, und die Damen Decrolz und Persini in der Rolle
der Nerise und Elvire zum Geaammlerfolge redlich beitrugen.
Das Orchester unter des kunsteifrigen Kapellmeister Constan-
tia Leitung, war wesentlich verstärkt und hielt sich sehr tüch-
tig. Mit dieser Aufführung ist das kleine Theater der Fantsiaies-
Parisiennea in die Reihe der hervorragendsten Opem-Iustitirte
von Paria eiogetreten, und wünschen wir dem tüchtigen Director
Ausdauer auf diesem Wege. A. r. Cz.
Paris, den 6. Februar.
Der ausserordentliche Succes, welchen Ried'a „Une folle i
Home“ erntet, veranlasst uns, nochmals auf dieses W erk zurück-
zukommen. Der Glücksstern des Herrn Martine!, Director des
kleinen Theaters „Fantaiaies-Parisiennes 4 * wollte, dass Herr Ru-
gier, der Director des ThtAtre Italien, diese ihm zuerst nti ge-
botene Oper zurßekwics. Es waren hierbei weniger künstlerische
als persönliche Motive maassgebeod. Fm so kleiner die Voraus-
sicht Bagier's, desto grosser war der Eifer Martinefs, die Oper
auf das Würdigste in Scene zu setzen. Es handelt sieh hier
in der Tbat um ein Werk, das berufen ist, eine dauernde und
ehrenvolle Stelle einzunehmen, — das originell in der Erfindung,
charakteristisch und edel im Ausdrucke ist. Die Direction der
„Fantaiaiea-Parisiennes* 1 sieht sich veranlasst, schon in deu näch-
sten Tagen, um Raum für die ZustrOmenden zu Unden, in das
grossere, durch ein Fallit freigewordene Athcneu-Theater zu über-
siedeln. Der zweite Act wurde zweckmAasig gekürzt — und ge-
seilt sieh somit würdig zu dem durchwegs interessanten ersten
Acte und zu dem noch effectvolleren und höchst friaehen dritten
Acte. Dieselben Nummern werden wie bei der ersten Vorstel-
lung allabendlich wiederholt, und ist die Ausführung von Seiten
der Damen Marimon und Peraini und der Herren Ketten und
Soto fortwährend musterhaft Paris findet plötzlich in Fraia
Marimon einen Stern erster Grösse. — in der Optra beginnet»
45
eben die Orebeaterprobeu zu Gounod's „Faust“, der Anfangs
Mftn in Scene geben wird. — Das Thäätre lyriqoe brachte
nach einigen ziemlich initlelroüs&lgen Wiederholungen des „Don
inan“ Verdi's „Y'ioietta' 4 mit Fräulein Orgeni «i« Gast. Die vo-
luminöse sympathische Stimme, die virtuose Art der Ton-Em»-
sion und das lebhafte Spiel der Künstlerin bildeten die Factoren
eines ehrenvollen Erfolges. Noch ist zu erwähnen Herr Lut* —
über die weitere Besetzung der Oper werfen wir den Schleier christ-
licher Liebe. Warum man den an dieser Bühue engagirtea ausge-
zeichneten Tenor Herrn Maas y so wenlgoder garnieht beschäftigt, ist
uns ein ttäthsei. Man führt Mittelmässigkeiten vor, und lässt wahre
und grosse Talente feiern. — Der Impresssrio Strakoacb hat
die hinterlasseoe kleine Messe Hossiul's von der Wittwe um den
Preis von 100,000 Francs an sich gekauft Das Original-Manu-
acript bleibt im Besitz der W'iUwe. Herr Uli mann ist mit dem
Aufträge nach Italien ahgereist, diese Messe daselbst zur ersten
Aufführung zu bringeu. — Für den l.Mfirz ist im Saale Pleyel die
erste Kammermusik-Soiree des berühmten Florentiner Quartetts
Jean Becker annoncirt. — Indessen haben die Herren La raou-
reux, Colbain, Ad um und Ribaud den gelungenen Versuch
gemacht, nach Art der Concerts populaires, Quartctt-Soiräen zu
bedeutend herabgesetzten Eintrittspreisen zu veranstalten. Einen
sehr schönen Erfolg halte hierbei ein Quartett in D-moll von dem
bisher viel zu wenig beachteten Prager Componislen W. II. Veit,
das sich unter den vielen zerfahrenen Werken der Neuzeit durch
Styl, innere Ordnung und logischen Ausbau wohlthuend bemerk-
bar macht. Der Pianist H. Fi sso t spielte ein Scherzo in B-moli von
Chopin, ferner mit den Herren Lamoureux und Ribaud Men-
delssohn^ C-inoll- Trio. Beethoveu's Quartett in Es gab den aus-
gezeichneten Qualitäten des ersten Violinisten Gelegenheit, sich
hervorzuthun. — Im morgigen Concert populaire Pasdeloup's spielt
die Violinistin Normnnn-Ncruda, deren grosse Erfolge von
der vorigen Saisou hier noch in bester Erinnerung 5ind, Vieux-
temps Fantasia appassionat«. — Im sechsten Con&ervatoire-Con-
cert fanden der Doppelchor Meyerbeer'» ohue Accouipagnemeut
■y „Adieu aux jeuue* Mariäs“, ferner der Marohe rdiigieuse aus
* Wagners „Lohengrin“ vorzügliche Aufnahme. Letztgenante
Compoaition wurde wiederholt. — In einem der letzten Concerts
populaires, welche sich in diesem Jahre nicht sehr rührig zei-
gen, wurde Beethoven'« üte (Chor-) Symphonie wieder ohne letz-
ten Satz und ohne Chor aufgefübrt. Wir haben schon öfter als
einen Mangel dieser Coucerte, darauf hingewiesen, dass das
gesangliche Element hierbei gar nicht vertreten ist, und das wäre
uneerer Ansicht nach gerade das populärste Element für ein Con-
cert populaire. — ln dieser Hinsicht sind die Conservaloire-Con-
cerle weit liberaler. Wofür giebl es denn deutsche Gesangsver-
eine in Paris? A. v. Cz.
waren mir daher die Mozart'schen Melodieen so gelfiullg, wie da-
bei einem zehnjährigen musikalischen Knaben, der kein Wunder-
kind sein sollte, vielleicht selten gefunden wird. Aber mein Ohr
war es nicht allein, welches durch die Opernvcrstelhingen in
Anspruch genommen wurde; bewusster sis jenee verfolgte mein
Auge jede Regung und Bewegung nicht etwa der Personen auf
der Bühne, sondern einer einzigen Person ausserhalb derselben
— meine ganze Aufmerksamkeit war gerichtet auf den Dirigen-
ten, Mtislkdirector Präger, denselben, welcher später unter Küst-
ner die Leipziger Oper auf einen Höhepunkt brachte, den sie bis
heute noch nicht wieder erreicht hat. Die Persönlichkeit dieses
Mannes, wenn er im Puh stend, hatte für mich etwas Kesselndes,
was ich bei den andern Königsborger Dirigenten, die mir damals
bekannt waren (Rial und Streber), durchaus vermisste.
Als kh im Herbst 1823, neunzehn Jahr alt, nach Berlin kam,
tauchten bei dem Anblick Spontini’s die Erinnerungen meiner Kna-
benzeit wieder auf. Schneider** und Seidels Tactirung war
spurlos au mir vorübergegaogen ; aber der Componist der „Vesta-
lin“ lenkte mein Auge wieder wie damals von dem Jenseits des
Souffleurkastens zu dem Diesseits. Das waren, wenn mein Ge-
dächtnis mich nicht betrog, dieselben energischen prAcisen bei-
nahe eckigen und doch graziösen Conturen des rechten Armes
und seiner die Baltuta schwingenden Hand, dieselbe gebieterische
Haltung der ganzen wie in Bronze gegossenen Figur, derselbe
feurige durchdringeude Blick, welcher bald rechts, bald links hin
den einzelnen traf, ohne auch nur einen Moment die majestätische
Ruhe des olympischen Hauptes zu stören .... mir schien der
ganze Unterschied eben nur darin zu bestehn, dass dort der un-
bekannte Heinrich Präger, hier der weitberübmte Gasparo Spon-
tini, dort ein schülerhaftes städtisches Orchester, hier eine mei-
sterliche Königliche Kapelle in Activität waren. Aber wenn ich
schon als Knabe alle in die Augen springenden Aeusserlicbkeiten
eines mir zusagenden Dirigenten gemerkt und sie in meinen kin-
dischen Spielen nachzuahmen versucht hatte, um wie viel ge-
spannter musste jetzt meine Aufmerksamkeit einem Menne zuge-
wendet sein, der so unbestrittenen Ruf als musikalischer Feldherr
besass wie der Königlich Preußische General-Musikdirector, und
wie viel lernbegieriger musste ieh zu erbaseben suchen, wee
überhaupt nicht diesem allein erb- und eigenthünilich sein durfte,
zumal mir beim Abschied von Königsberg mein alter Onkel, der
durch Wort und That auch in weiteren Kreisen bekannte
J. F. Dorn, gesagt hatte: „wenn du die Jurisprudenz einmal mit
der Tonkunst vertauschen solltest, so resignire darauf künftig zu
den berühmten Componislen gezählt zu werden; dagegen glaube
[ch fest, dass in dir kein unbedeutendes Kapellmeistertalent steckt
— und das ist auch etwas werth 4 *.
Nur zu früh musste ich die Erfahrung machen, dass unsre
ersten Ideale oft nur schöne Täuschungen sind. Meine jugend-
liche Schwärmerei für Spontinl als Dirigenten nahm in dem
Maasse ab als mein musikalisches Urlbeü reifer wurde. Nur
unter gewissen glücklichen Umständen, die selteu so vereinigt
angetroffen werden konnten, wie hier in Berlin, war Sponlini ein Di-
rigent ersten Ranges. Seine eignen Opern gingen allerdings wie am
Sehnürchen; es war darin ein Ensemble, eine harmonische Ver-
schmelzung der Vokal- und Instrumentalpartbieen, und eine gei-
stige Belebung jedes einzelnen Theilee, Eigenschaften, die das
Publikum regelmässig zum Enthusiasmus binrissen; aber unter
welchen Verhältnissen waren solche Aufführungen ermöglicht
worden? Die Zahl der Quartett- und Orchesterproben zu einer
von Spontinl zum erstenmal geleiteten Oper war gradezu Legion:
jed es einzelne Mitglied der Kapelle und des Chors wusste bei
der ersten Darstellung bereits die ganze Oper auswendig, denn
nach all' den vorletzten, letzten und allerletzten „rtpiätiMu” war
F * o I I I e t o n.
Aas meinem Leiten.
(Erinnerung an Spontinl)
1 .
Vor länger als einem halbeu Jahrhundert halte meine liebe
Vaterstadt Königsberg das Glück einen anständigen Thespiskarren
in besitzen; denn dortiger Theaterdirector war damals der Kai-
serlich Russische Elatsrnth und Generalconsul v. Kotzebue, und
die Namen Feddersen und Schwarz im Schauspiel, Julius Miller
und Mosewius ln der Oper hatten dem Musentempel am Pregel
auch westwärts von der Weichsel einen ehrenvollen Ruf ver-
schafft. Wie ich von meiner Mutter zum Besuch der sonntägli-
chen Predigt SDgehalten wurde, so sorgte mein Vater dafür, dass
ich keine klassische Oper versäumte, und in frühester Jugend
Dii
46
eine erste Darstellung doch nur mit inebrercu vornngegangenen
Generalproben (natürlich im Costüm} selbstverständlich, Spon-
tini's Adlerauge schwebte über der Voratellung wie der Geist
Gottes über den Wassern; aber er hätte nicht nöthig gehabt bei
neu eintretendem Tempo das Zcilmass zu takliren, denn das
kannte jeder der Mitsingenden und Mitspielendeu so genau wie
er selber; ob er herauf- oder heruntorachlug, das war ganz einer-
lei — man wusste schon, was er wollte, wenn er auch statt
herauf zu schlagen berunlerscblug (oder umgekehrt), was oft,
sehr oft geschah. Ein Keeitativ nach Spontini's Taktatock richtig
zu begleiten, wäre jedem andern Orchester ausser der von ihm
gemaassregelten KduigL Pr. Kapelle unmöglich gewesen. Um
dies Kapitel mit Einem Wort abzufertigen: der General-Musikdi-
reclor Spontini zur Zeit der gräflich BrOblschen Intendanz führte
seine eignen Opern dem Berliner Publikum in einer Weise vor,
wie sie wahrscheinlich nirgends wieder zu Gehör gebracht wer-
den können. Der grosse Tonmeister batte Zeit und Mittel Alles
so vorzubereiten, dass die zwei- bis dreihundert mit wirkenden
Personen des Abends nur nngetippt zu werdeu brauchten, um
ihre Aufgaben in vollendeter Weise zu lOsen. Der scheinbare
Vorwurf, den ich dem Verstorbenen gemacht, ist keine Verun-
glimpfung seines Künstlerruhmes. Friedrich Wilhelm III. fand
in Spontini, dessen Olympia er in Paris gehört hatte, den
Mann, weichen er suchte und brauchte; eine Persönlichkeit, die
Achtung gebietend oft Furcht einfldssend war, und einen napoleo-
niseben Starrsinn, der alle Hindernisse zu überwinden wusste,
wenn es galt seine grossen Opern vollendet und glänzend aus-
zurühren. Ob dieser Mann, der nie von der Pike auf gedient,
gleichzeitig auch die Werke anderer Tonkünstler mit geringeren
Vorbereitungen hätte iu's Leben rufen können — das war ganz
gleichgültig, weil es gar nicht zu seinem Beruf gehörte. No«
omma pouvmut omtt.
Aber wie meine Idolatrie des Sponlini'schen Taktstockes da-
hitischwand, in höherem Grade wucha meine Verehrung für den
dramatischen Componisten. Vestalin, Cortez, Nurwahal und
Olympia waren mir bei meinem Abgänge von Berlin 1888 eben
so geläufig wie ich schon fünf Jahre früher Mozart s Opern Tast
auswendig wusste; und Alcldor mit Agnes von Hohenstaufen
(damals nur der erste Act) entgingen dem Schicksal bei mir ein-
gespeichert zu werdeu bloss desshalb, weil kein Clavierauszug
von ihnen exlstirte. Bei meinen Intimeren musikalischen Freun-
den wollten aber Versuche zu Gunsten Spontini's Proseliten zu
machen nicht recht gelingen, und um so heftiger stürzte ich mich
auf einem mir zufällig bekannt gewordenen Dilettanten, den Lieut-
nant F. C. v. Lossau vom Garde Dragoner-Rogiment, mit dem
ich bei der Gräfin Bülow von Dennewitz zusammeagetroffen war,
wo wir unsre Gefühle der Bewunderung für den Schöpfer so
vieler grossen Opern auslauschtea. Aber acht als ich die glän-
zende Libelle in der Nähe betrachtete, fand ich „ein traurig
dunkles Blau 14 ; denn der Lieutnant, der iin Sommer 1885 für das
Königstädler Theater Musik zu einem Melodram (die Schleich-
händler) geschrieben hatte, entpuppte sich sehr bald als ein
Spontinianer, welchen nur das militaJrische Element mit seinem
markirten Rhythmus und der entsprechenden Instrumentation ge-
fesselt hatte. Allerdings grosse Vorzüge, aber doch nur in Ver-
bindung mit andern viel wichtigeren Momenten, die mein neuer
Alliirter ganz übersah, weil sie nicht so iu's Auge springend
waren. Irre ich mich denn darin .... . aber was mir neben
dem consequenten Festhalten musikalischer Charaktere schon
damals eine gar nicht hoch genug zu schätzende Eigenschaft
Spontini's erschien und was ich noch heutigen Tages dafür an-
erkenne, das ist: der breite Strom seiner Melodieen. wie er über-
haupt nach Mozart nur allzusciten gefunden wird. Hiermit soll
nicht gesagt sein dass die Quelle, aus welcher jener Melodieen-
atrom entsprang, eben ao reich sprudelte wie bei Mozart und bei
eloigen wenigen Bevorzugten; die Spoutini'scben Melodieen je-
doch, selbst wenn sie minder eigentümlich waren, hielten sieh
immer von jeder Zerstückelung frei und bildeten eia geschlosse-
nes Ganzes, dem man nirgend das Zusammengekittete ansah und an-
hörte, weil ea ja . eben in Einem Guss entstanden war. Eine
Melodie binzuschreiben wie wir aie namentlich in deutschen sogar
mit Recht renommirten Opern häufig antreffen (zwei bis vier ge-
sauglich schöne Taclo, dann aber irgend ein chromatisches Ge-
winsel oder melismatisches Gezerre von wieder einigen Takten
um rasch jene ersten wiederholen zu können) hätte das Spontini
jemals fertig bekommen? Aber eine Melodie auszuströmen wie
Amazili's Arie im Cortez:
Das ist für viele andre sonst sehr aobtungswerthe Tondich-
ter von jeher unmöglich gewesen. Man kann jenen Vorwurf,
welchen Ich der Melodik deutscher Operncomponistcu machte,
anch zu weit ausdehnen; und im Sommer 1843 als ich eines
Tages zu Leipzig mit Nicolai und Lortzing in Auerbach's Keller
beim kühlen Weine sass, raisonnirle der W'iencr Kapellmeister
so heftig auf dio Unbehülftichkeit unsrer lieben Landsleute, dass
Ihm sein Leipziger College ganz empört fragte ob er Agathens
Arie vielleicht in folgender Weise componirt wünacbe:
Keinenfalls bitte Nicolai seine in diesem Punkt überspannten
Forderungen bei Spontini unbefriedigt gefunden; gleichviel ob
Hass oder Liebe, ob Rache oder Versöhnung — Spontini’s Melo-
dieen waren immer gekennzeichnet duroh einen grandiosen An-
strich von Noblesse, die nur mit vollen Händen reichte ohne sieh
auf kleinere Abschlagszahlungen einzulassen. Das war es haupt-
sächlich, was mich zu einem glühenden Anhänger des grossen
Meisters machte. (Fortsetzung folgt)
Journal-Revue.
Die Allgem. Musik-Ztg. bringt einen Bericht über die Schwe-
riner Aufführung des „Don Juan“ und enthält einen beachtens-
werth an Artikel über „Moden im Musikstich“ von B. Gugler. — Die Neue
Zeitschr f. M. enthält eine Besprechung der Aufführung von
Wagner's „Meistersingern“ in Dessau. — Die Signale besprechen
Kroll's Bibliothek älterer und neuerer Claviermusik Heft 1 bis 8.
Die französischen Zeitungen enthalten Locales.
Nachrichten.
Berlin. Herr Carl Tausig wird sich Ende Februar behufs
einer Concertreisc naoli Schlesien begeben.
— Herr Musikdirector Bilse hatte die Ehre, mit seiner Ka-
pelle auf dem neulich stattgehabteo Hofbnlle zu spielen. Es
wurde ihm bei dieser Gelegenheit dio Auszeichnung zu Theil,
1. 1. Majestäten vorgestellt zu werden. Allerhöchst welche ihm Ihre
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besondere Zufriedenheit zu erkennen gehen. — Das zweite Mon-
slre-Concert de« Herrn Musikdirector Bilse bot ln gewohnter
vorzüglicher Ausführung u. A. Beethoven'* C-moJI-Siufonie und
Leonoren-Öuverlure No. 3 sowie die Freischütz-Ouvcrture.
Barmen. Bencflzconcert des Herrn Musikdirector Krause:
Clavierquartett von Schumann, Hymne für Soprauaoto und Chor
von Mendelssohn, Streichtrio von Beethoven, Clavier • Sonate in
C-dur von Weber etc.
Bonn. Vocal- und instromentaieoncert des Mänuergesaug-
vereina „Concordia“: Ouvertüre „Nachklänge“ von Gade, Slur-
mesmythe von Lachner, Musik zu „Antigone* 4 von Mendelssohn.
— Aubcr’s „erster Glückstag“ Ist hier mit lebhaftem In*
teresse aufgenommen worden.
Carlarabe. Die erste Aufführung von Wagner’s „Meister-
singern“, welche am 29. Januar etattfioden sollte, musste wegen
plötzlicher Erkrankung des Herrn Brandes verschoben werden.
Casael. Nach der soeben von der Kgl. Intendanz veröffent-
lichten statistischen Uebcrslcht Ober ihre Thltigkeit im verflosse-
nen Jahre, kamen 44 verschiedene Opern in 109 Vorstellungen
zur Aufführung. Novitäten davon waren: Mcyerbeer’s „Afrikane-
rn“ und „Lohengrin“ von Wagner. — In nächster Zeit werden
„Cosi (an tutte“ von Mozart und „Cortez“ von Spontini • nach
zwölfjähriger Buhe in Scene geben.
Coblcnz. Ctes Abonnements - Concert des Musik • Instituts:
Symphonie in £s-dur von Bruch, „Ave regina“ für Chor und Or-
chester von D'Ester, Ouvertüren zu „Joseph“ von Mehul und
„Leonore“ No. 3 von Beethoven etc.
C'OId. 3te Soirte für Kammermusik der Herren Japha,
Königslöw etc.: Quartett in G - dur von Haydn, Clavier - Trio
Op. 70 No. 1 (D - dur) und Streichquartett Op. 127 (Es- dur) von
Beethoven. — 3te Abendunterhaltung des Cölner Mannergesang-
vereins und der philharmonischen Gesellschaft: Concert • Ouver-
türe in Es-dur und Chor von Tausch, Clavierconcert in Es-dur
von Weber, As-dur- Polonaise von Chopin etc.
Dessau. Wagucr's „Meistersinger“ haben bei ihrer ersten
Aufführung auch hier einen bedeutenden Erfolg errungen.
Düsseldorf. 6. Concert des Allg. Musikvereins: Sinfonie
in C-dur von Beethoven, Violinconcert von Bruch, Psalmen von
Maroello, Sinlonie In C-dur von Mozart etc.
Elberfeld. Concert des Singvereins: Ouvertüre zu „Egmont“
von Beethoven, „Ostcrmorgeu“ von lliller, Musik zur „Glocke“
von Homberg etc.
Frankfurt a. M. Die hiesige Mozart-Stiftung, welche die
Unturetülzuug musikalischer Talente zum Zweck ihrer Ausbil-
dung in der Composilionslehre bezweckt, beabsichtigt, ein Sti-
pendium zu vergebeu.
Döttingen. 3. academ. Concert: Ouvertüre zu „Coriolan“
lind Sinfonie in C-dur von Beethoven, Cello-Conccrt von Golter-
mann etc.
Hamburg. Sechstes Philharmonisches Concert: Symphonie
B-dur von Haydn, Concert für Streichorchester von S. Bach,
uud C-dur-Sinfonie von Schubert. — Im 2ten Abouuement-Con-
cert der Singacademie wurde zur Feier von Mendelssohn*«
60. Geburtstag des Meisters „Elias“ zur Aufführung gebracht.
Hannover. Siebentes Ahounements-Concert der Köuiglichen
Kapelle unter Mitwirkung des Herrn Dr. II. von BQ low: Ouver-
türe zu „Aladdfn“ von Hornemann, 3tes Clavierconcert, Prälu-
dium und Fuge, Barcarole No. 4, Nocturne uud Walzer As-dur
(lo Bai No. 4) von Hubinstein, Sinfonie C-dur von Schubert etc.
Königsberg. Der Neue Gesangverein hat Schumann’s „Pa-
radies und Peri“ in einer Allerdings nicht tadellosen Ausführung
zu Gehör gebracht.
l.elpzig. 16. Gewaudbaus-Coucert: Ouvertüre zum „Alchy-
mist“ von Spohr, A-moIl-Sinfooie von Mendelssohn, Arien aus
der „Schöpfung** von Haydn und den „Musketieren“ von Halivy
(Fräuleio St rauss), Clavierconcert in G-dur von Beethoven und
Claviersoli (Fräulein Dittricb). — Zweite Abendunterbaltung
für Kammermusik (2. Cyclus): Quartette von Mendelssohn in Es-dur
(Op. 44 No. 3) und Beeethoven E-moll (Op. 69 No. 2) und Quintett
von Scbumaun.
Oppeln. Herr Musikdirector Kothe hat llsydn’s „Jahres-
zeiten“ in wohlgelungener Weise aufgeführt.
Posen. Concert des Violinisten Herrn Friemann: Ouver-
türe zum „Somraeruachtstraum“ von Mendelssohn, Violinconcert
No. 13 von Kreutzer, Romanze in G-dur von Beethoven etc.
Schwerin. Der Intendant des hiesigen Hoflheaters hat
am 27. Januar eine loscenirung des „Don Juan“ nach ganz
neuen Grundsätzen durchgerührt, ähnlich wie Kugler, Viol und
Berlioz dieselbe im Siune hatte. Diese Bemühungen richteten
sich theils auf correcte Wiedergabe der einzelnen Musiknum-
mern, vorzüglich in ihrem scenischen Zusammenhänge unterein-
ander, theils auf die Herstellung einer dem italienischen Original
so treu als möglich sich anschmiegenden und doch auch zu ei-
gener künstlerischer Geltung kommenden deutschen Uebersetziuig,
sowie auf Aenderungen in der Inscenirung, welche alle theatra-
lischen HüKsmiüel der modernen Bühnentechnik verwertlien soll-
ten. In ähnlichem Sinne fand auf dem Schweriner HoftheMer
an genanntem Tage diese nach allen Selten revidirte Auffüh-
rung mit durchschlagendem Erfolg statt.
Wien. Herr Niemann schliesst sein Gastspiel am 21. d.
und wird dasselbe im Sommer fortsetzen, indem ein erneuertes
Gastspiel, welches im neuen Opernhsuse stallflnden wird, mit
diesem Künstler abgeschlossen ist. — Im Carltheater ist Offen-
bach's „Chateau a Toto** in Scene gegangen und hat ausseror-
dentlich gefallen. Der Besuch und die Theiluahmo des Publi-
kums haben sich nach jeder Vorstellung gesteigert
— ln der 4ten Soiree des Florentiner Quartettvereins kam
ein Quartett iu Es-dur von V. Lachner zur Aufführuug, welches
sich aber weder durch Ertludung noch Arbeit auszeichuete. Da-
für erzieltem die trefflichen Künstler mit dem Vorträge der Quar-
tette in A-moll von Beethoven und G-dur von Haydn reichen Bei-
fall. In der 5. Soiree ist ein Trio von Roseuhaiu in Aussicht
gestellt
Brüssel. Bülow hat iiu 2ten Concerle der „Association
des arlistesMusiciens“ die Beethoven‘schen Clavierconcerte in G-dur
und Es-dur gespielt und einen grossartigen Erfolg davon getragen. Sein
drei Tage später stattgebabtes Concert brachte ihm ebenfalls reiche
Lorbeeren ein. — Zu berichtigen ist, dass an Brassin nicht der
Orden des Herzogs von Coburg, wie gemeldet wurde, sondern
der Falkenorden vom Grossherzog von Weimar verlieben worden
ist — 6. Coucert populmre 4te Sinfonie von Beethoven, Violin-
concert desselben Meisters i Herr Strsuss) Fragmente aus Lacli-
ner's 3. Suite, Chacouue von Bach etc. — Rubiusteiu wird dem-
nächst hier eintreflen und sich am 14. zum ersten Male in dieser
Saison in einem von Samuel organisirten Concert hören lassen.
Amsterdam. Im letzten Concerte der Studenten spielte
Brassiu das Mendeissohn'sche G-moll- Concert, die Wanderer-
Fantasie von Schubert-Liszt und Chopiu'sche und eigeueClaviersoli;
er errang sich durch seiue künstlerische Wiedergabe der genannten
Werke die allgemeinste Anerkennung. Erwähnenswerih von den
in diesem Concert aiifgeführtcu Couipositionen ist Schumqnu's
D-moll-Siufouie und die Egmont-Ouverture von Beethoven.
Moskau. Fräulein Artöt wirr] sich mit dem Bariloiilsteii
Herrn Padilla verheiratlien.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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Novasendnng No. I
VOD
B. Sehott’s Höhnen in Mainz.
TWr. 8gr.
Bath, J. 9. Auagewihlte Composit. eingerichtet v. E.
Pauer. No. 5. Zwei Meuuctte and ßourreo f. Violine — 10
Beyer, Ferd. Repertoire Op. 36 No. 109 „Die Meister*
ginger von Nürnberg“ — 12)
— — Bouquets de Melod. Op. 42 No. 88 „Die Meister-
singer von Nürnberg“ 17|
Clprianl, II. Crlspino et la Comnre, Quadrille ... — 10
Ketlerer, E. Le Crociato de Meyerbeer, Souv. raelod.
Op. 236 — 17)
— — Beatrie« di Tenda, Souvenirs m61od. Op. 237 . . — 17)
Hammel, J. Nouveau Repertoire des Pianistes, More.
faciies.
No. 1. Dachauer, Lee Adieux — 15
No. 2. Rei saiger, Romance — 124
No. 3. Ever&erts, La Tire-lire — 15
No. 4. Duprxto, Uns Promenade — 12|
No. 5. M&rcbesi, Sara, Merasca — 12)
No. C. Biller, Le Deserteur ......... — 12}
Schubert, C. Lex Filles du Rhin, Valse allem. Op. 340 — 15
— — Le Roman d’une Fleur, Valse. Op. 841 . ♦ . . — 12)
Le Retour des Hirondelles, Polka-Mat. Op. 845 . — 7)
Stiehl, H. Nocturne elegiaque et Scherio. Op. 69 . . — 17)
BurgmQller, Fr. Valse de salon sur „Mignon“ 4 4 m. —20
Valses de salon s. „Les Dragons de V.“ 4 4 mains — 20
Lachner, Fr. Saite No. 5 in 5 SAtzen. Op. 185 4 4 m. 2 2)
Oberthür, Ch. Oberon, Grand Duo brill. p. Harpe et
Piano. Op. 141 1 12)
Hermen, A. Les Succks du jeune Violinisle, 20 Mor-
ceaux graduös pour Vlolon avec Piano. Op. 95.
No. 3. Donlzettl, L’Elisire d'amore — 17)
No. 4. Mozart, Les Noees de Figaro — 17)
No. 5. Bel Uni, Le Pirate —17)
No. 6. Air, Le Carneval de Venise — 17)
No. 7. Bellial, I Capuletti — 17)
No. 8. Rosslai, L'ltaJinna — 174
No. 9. Rossini, La Cenerentola — 17)
No. 10. Adam, Cant, de NoAI — 17)
Beethoven. Quatuors pour 2 Violona, Alto et Violoncello
(N. E.) PartiL en 6°, Llv. 12 bi*. 17 , , , a 17) u. — 25
Paque, G, 12 Mdlodies de F. Schubert, transerite6 p.
Violoncello et Plano, Suites 1 bis i 4 — 20
Briccialdf, G. Fantaisio sur Guill. Teil pour Flüte av. P.
Op. 107 15
2 Fantaisiea aur Don Carlos de Verdi pour Flöte
av. Piano. Op. 121 S. 1. 2 4—25
Foix, n 6 Excrcices artistiqes pour la Flüte. Op. 21 1 —
Pot-Pourri valaque pour Flüte av. Piano. Op. 22 1 —
Keler-Bela. Tanzlust-Walzer. Op. 82 Tür Orchester . 2 22)
Ra IT, J. Symphonie No. 2 (C-dur) für gross. Orch.. Op.
140. Partitur 4 27)
Ardlti, L. Kellog-Valse pour Chant av. P., (L'Aurora
No. 2601 - 15
Galt ermann, G. Liebesfrühling, Lied für Ten. od. Sop.
mit P. Op. 56 — 10
— — do. do. do. mit Cello — 15
Lachner, Fr. AndieNachtfür 4 Männerstimmen. Op. 186
No. 2 - 15
Wagner, R. Lyrische Stücke aus „Die Meistersinger v. N.
No. 1—11. 11«*. 12. 12«*. 13. 14. . . 4 5, 7), 10 u. — 124
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Op. 10. Impromptu pour le Piano. 17) Ngr.
Franx, Robert. Op. 86. Lieder für eine Singst, mit Begl. des
Pfte. Einzel-Ausgabe. No. 18. Frühling 7) Ngr. No. 19. Der
Schmetterling ist in die Rose verliebt, No. 90. Cbilde Harold.
No. 21. Sag mirl, No 22. Güldne Sternlein schauen nieder,
No. 23. ln der Fremde 4 5 Ngr.
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drei Acten. Für das Pianoforte allein. 15 Ngr.
Kleffel, Arno. Op. 12. Lenz and Liebe. Eine Liederreibe für
eine Singotimtne mit Begleitung des Pianoforte. Heft 1. 26 Ngr.
•No. 1. War’ ich der gold’ne Sonnenschein.
• 2. Und würdest nie die Hand du falten.
- 3. Ist der Frühling über Nacht.
• 4. Liebesahnung. Wissen es die blauen Blumen.
- 5. Ich will meine Seele tauchen.
• 6. MorgenstAndchen. Steh’ auf und öffne das Fenster
schnell.
Heft 2. 25 Ngr.
No. 7. LiebesandachL Das Vöglein sang vom grünen Baum.
• 8. Stille Liebe. Was weinst du, mein Blümlein.
• 9. Abendlandschaft. Der Hirt blAsst seine Weise.
- 10. Uebesbolsehaft. Wolken, die ihr nach Osten eilt.
• 11. Lied im Volkston. Wie aber soll ich dir erwiedern.
- 12. Das ist der Dank für jene Ueder.
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Concerten. No. 7. Zu Beethoven’s Concert No. 1. C-dur. (Zum
letzten Satze.) 7) Ngr.
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markts-Fest zu Plundersweilern“, f. d. Pfte. zu 4 Hdn. 25 Ngr.
Op. 98. Drei Sonatinen für das Pfte. Heft 1—8 a 20 Ngr.
Sehnbert. Franz. Op. 89. Lieder und (resaage. Neue revidirte
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Ed. Bote dz U. Bock, K. Hofmusikhandlung in Berlin.
Verlag von Ed. Bote 4 6. Bock iE. Book), Königl. Hofmusikhandlung in Berlin, Französische Sir. 33#. und U. d. Linden No. 27.
Druck von C. V. Sihmidt io Berlin. Unter den Linden No. SO.
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XXIII. Jahrgang M 7.
Vi-b ditttr ZtilB»;; fnrlinnl «ilc lirullifli
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17. Februar 1860.
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London und Part*. — Feuilleton: Aas meinem Leben. II. — Journal- Revue. — Naehrieblrn. — Inserat-.
lieber die. Bedeutung der Theorie für die Composition in der modernen Tonkunst.
Von Otto Tieräch.
Der Werth der Musiktheorie ist im Allgemeinen eben
so sicher über jeden Zweifel erhaben, wie der Werth der
Wissenschaft überhaupt. Viele praktische Musiker jedoch,
und unter ihnen besonders die Komponisten, tragen eine
offenbare Missachtung gegen jede wissenschaftliche Unter-
suchung auf ihrem Gebiete zur Schau, und sie stimmen hierin
mit den Praktikern überhaupt überein. Ihnen lässt sich
eine Werthschätzung wissenschaftlicher Untersuchungen meist
nur dadurch nbzvvingeii, dass man ihnen nach weist, wie
dieselben praktische Vortheile bieten, ohne irgend lästig oder
gefährlich zu werden. Das aber nachzuweisen, ist hier
meine Absicht, und ich werde hierbei namentlich die Ein-
Wirkung berücksichtigen, welche die Theorie auf Hörer und
Beurtheiler von Kompositionen ausüben kann und soll.
Nach meiner Ansicht hat die Theorie in dieser Hinsicht
zwei Aufgaben, welche auf anderem Wege gar nicht in ge-
nügendem Manssc zu läsen sind :
sie hat das Publikum, auf welches doch jeder Componist
rechnet
1 . durch bessere musikalische Bildung für die Auffassung
neuer Tonschöpfungen befähigter, und
2. in Beurlheilung von Coinpositionen bescheidener
zu machen.
Das erste muss sie erreichen, wenn sie einen Weg
auffmdet für planmässigo Entwickelung des musikalischen
Verständnisses, — das zweite dagegen gelingt ihr, wenn
sie nachzu weisen im Stande ist, dass auch der gebildete
Musiker in Beurtheilung von Tonsätzen leicht irren kann.
Der Nachweis für die Erreichbarkeit des ersten Zieles
ist schon von manchem Theoretiker versucht, obgleich wohl
noch niemals auf dem von mir eingeschlagenen Wege. Wenn
icli aber der Theorie die zweite Aufgabe zumuthe, so wird
das Manchem paradox erscheinen; ferner ist cs auch gar
nicht ungefährlich, den Beweis für diese Behauptung zu füh-
ren, und wenn er noch so vollkommen gelänge: es ist aber
diese Ansicht eine Konsequenz aus meinen Arbeiten auf dem
Gebiete der Musiktheorie, und ich glaube daher einer Pflicht
zu folgen, wenn ich sie so weil als möglich verbreite.
Zwar vermag ich meine Behauptungen nur in Beziehung
auf das tonische Element in der Musik zu erhärten, da die-
ses das Gebiet ist, auf welchem sich meine theoretischen
Arbeiten bis jetzt mit einigem Erfolge bewegt haben, und
auf dem ich zur Erleichterung des letzten entscheidenden
Schrittes vielleicht mit beitragen durfte; aber es ist das
auch vollkommen ausreichend, da die entsprechenden Schlösse
auf die andern Gebiete des Tonreiches leicht und untrüg-
lich sind.
Soll die Theorie für Entwickelung des musikalischen
Verständnisses einen Plan entwerfen, welcher den Weg zu
höherer musikalischer Bildung möglichst abkürzt, so müsste
sie zuvor bestimmte Gesetze nufgefunden haben, auf denen
einfache und vollkommen urnfnssendo Systeme sich aul1>aueii
lassen. Wenn solche Gesetze bis jetzt noch nicht nachge-
wiesen waren, so soll das Nachfolgende davon zu überzeu-
gen suchen, dass der Theorio die gestellte Aufgabe dennoch
nicht unlösbar ist. Man wolle mir dazu gestatten, über eine
eigene Arbeit einige Mittheilungen machen zu dürfen.
Nach längeren Versuchen und unter Benutzung der
neuesten Forschungen auf dem Gebiete der Akustik und der
Musiktheorie ist es mir gelungen, die Verbindung von Tö-
nen zu Accorden und Melodieen, den Unterschied zwischen
Consonanz und Dissonanz, die Verbindung von Accorden zu
harmonischen und modulatorischen Wendungen, das Wesen
der Tonart und der Tonschlüsse etc. auf Verbindungen von
nur drei Grundintervallen*) zurückzufOhren, welche Intervalle
•| Die Theorie Hauptmnnn's, wie er sie in seiner „Harmonik
und Metrik" dargelegt h«t, geht von denselben Voraussetzun-
gen aus und müsste eigentlich zu derselben Schlussfolgerung
fuhren; das dort nicdergclcgtc System stimmt aber dennoch mit
dem nteinigen nur iiuascrlieh und in Einzelheiten überein. Die
Idee, „Helmholtz's und Hauptmaiin s Ansichten zu vereinigen"
(die, beiläufig bemerkt, so naheliegend, gewöhnlich und natürlich
war, dass mit mir und vor inir vielleicht noch Hunderte darauf
7
(es sind Oclov, Quint und grosse Terz) in jedem Klange in
derselben Weise enthalten sind, wie die Grundfarben im
weissen Lichte. In meinem vor Kurzem erschienenen Werke
„ System und Methode der Harmonielehre gegründet auf
fremde und eigene Beobachtungen mit besonderer Berück-
sichtigung der neuesten physikalisch-physiologischen Unter-
suchungen über Toneinpfindungcn“*), habe ich diese Theorie
niedergelegt und zur Entwertung eines Lehrganges für den
Unterricht in der Harmonie verwerthet. — Es lassen sich
auf diesem Wege nicht nur alle bis jetzt von den Theore-
tikern unangefochtenen Fälle leicht erklären, solidem cs
werden auch alle die Fälle als berechtigt nachgewie-
sen, welche die Theoretiker häufig bestritten, aber auch die
besten Praktiker immer und immer wieder augewendet ha-
ben, — ja selbst für die gefährlichsten (?) Neuerungen
Wagner's etc. hat das System trotz seiner Einfachheit noch
vollkommen Platz.
Diese Theorie führt zu der Hypothese, dass der mensch-
liche Geist nur durch Benutzung der drei Grundintervallo
zur ßeurtheilung alles dessen fähig ist, was sich in der
Musik auf den Unterschied in der Tonhübe gründet, ohne
dass indessen diese Grundmaasse und dio Art ihrer Ver-
wendung zur bewussten Wahrnehmung zu gelangen brauchen.
Dio Inlervallcombinalioncn nun, welche tur Erklärung
verschiedener Fälle nöthig werden, sind sehr verschiedener
Art, theils einfachere, thrils complicirlere. Je zusammen-
gesetzter aber die zur Erklärung einer Accordbildung, einer
Ton- oder Accordfolge nöthigo Intervallverbindung ist, desto
schwieriger muss nach der obigen Hypothese die Auffassung
des betreffenden Falles für den menschlichen tieisl sein.
Und wirklich stimmen diese Speculationen ganz auffallend
überein mit den Thalsnchen, wie sie theils allgemein aner-
kannt sind, theils von einzelnen Musikern und von mir selbst
beobachtet wurden.
Bei Kenntniss des Gesetzes kann man die verschiede-
nen Fälle nach dem Grade der Schwierigkeit ihres Ver-
ständnisses genau anorduen, und somit muss sich ein Plan
entwerfen lassen, die Auffassungsfähigkeit für das Tonische
in der Musik von der einfachen Anlage aus in methodischer
Weise zu entwickeln. Es wird aber dann möglich sein,
nach dieser Seite hin in kürzerer Zeit einen Grad musika-
lischer Bildung zu erreichen, zu welchem man ohne diese
Theorie entweder gar nicht oder doch erst in viel längerer
Zeit gelangen könnte, da sonst bei der Auswahl zu hören-
der oder zu spielender Toosätze Alles dem Zufall oder be-
sten Falls dem immerhin leicht irrenden Gefühle eines guten
Lehrers überlassen bleiben muss. Erscheinungen, welche
dieses vollkommen bestätigen, habe ich an mir selbst zu
beobachten Gelegenheit gehabt. Nach meiner praktischen
Musikbildung war ich wesentlich für altclnssische Kirchen-
musik interessirt, und konnte ich noch bis vor wenigen
Jahren selbst den letzten Sonaten Beethoven*« und ähnli-
chen Composilioneri keinen rechten Geschmack abgewinnen,
namentlich in Bezug auf das Melodische und Harmonische
in ihnen. Häufiges Vor führen der verschiedensten Wendun-
gen behufs Anstellung von Beobachtungen erschloss mir,
gekommen sind, ohue dass ein Plagiat vorliegt) war der Anfang
meiner Bestrebungen. Somit hat allerdings Haupttnann meine
lintersiictkimgen mit veranlasst und bedeutend unterstützt, nur
bin ich zu andern Resultaten gelangt als er. Hauptmann will die
„drei Intervalle nicht als blosae Tonintervalle, sondern in ihrer
ganz allgemeinen Wesenheit gefasst haben“, d. h. als philosophi-
sche Begriffe-, der Hauptzweck' seines Werkes ist die Einführung
der Methode der llegc'lschen Philosophie in die Musikwissen-
schaft. In meinem Werke tat nur von „wirklichen Ton In-
tervallen“ die Itcdu. Die llegel sche Dialeclik hat an sich mei-
nen Beifall nur in beschränktem Maasse; ihre Auwendung aber
auf die Musiktheorie sagt mir durchaus nicht zu, obgleich ich
das (ictatvullo des llauptinann’schen Versuchs vollkommen
anerkenne.
*i Leipzig, Breitkopf & Härtel. 1868.
fast wider meinen Willen, das Verständnis und damit Auch
das Interesse für die „Neueren", und zwar geschahen
diese Schritte in der Geschmacksenlwickelung bei mir so
bemerkbar schnell, dass sie mir auffallen mussten. Ganz
ähnliche Erfolge habe ich durch planmässtge Entwicklung
des Musikversländnisses bei Schülern erzielt, und vielleicht
ist dio Gelegenheit nicht allzu fern, dieses durch ThaUachen
öffentlich beweisen zu können. Uebrigens dürfte sich Je-
der durch uoterrichilichen Gebrauch meines hier schon ge-
nannten Werkcheus von der Wahrheit des hier Dargelegten
selbst überzeugen können; denn die dort gestellten Aufga-
ben, namentlich so weit sio Uebungen am Instrumente be-
treffen, sind auf Gehörbildung wesentlich mit berechnet.
Bis jetzt wurde meist angenommen, dass man zum Ver-
ständnisse jedes Musikstücks befähigt sei, sobald man über-
haupt einige Musik gehört und getrieben habe; höchstens
suchte man die nicht zu leugnenden Verschiedenheiten im
Verständnisse und demnach auch im Geschntacke durch den
verschiedenen Inhalt der Touslücke zu erklären. Man hielt
es daher für unnölhig, eine planmässige Ausbildung des
sinnlichen (?) Musikversländnisses anzuslreben; nur mit
feiner Beobachtungsgabe ausgezeichnete Lehrer berücksich-
tigten bei der Wahl der zu übenden Musikstücke dieses Mo-
ment, gewöhnlich waren die rein technischen Schwierigkei-
ten der Man^sstah für die Beurtheilung der unlerrichtlicheu
Bedeutung eines Tonsolzes. Nichts ist daher natürlicher,
als dass in vielen Fällen die Erreichung eines Verständnis-
ses für minder einfache Tongebilde vereitelt wurde. Gerade
dio vorzüglichsten Componisten verloren durch diesen Fehler
des Musikunterrichts nicht wenige, im andern Falle vielleicht
enthusiastische, Verehrer, jo es erwuchsen ihnen aus den-
selben fast eben so viele Gegner und Feinde, — denn auch
auf musikalischem Gebiete paart sich mit Ignoranz gern
die Intoleranz. Eine bessere Vorbildung des grösseren mu-
sikalischen Publikums dürfte also nach zwei Seiten hin für
die Componisten nützlich und wünschenswert!) sein.
Das Milgelheilte beweist nicht nur die Zweckmässigkeit
einer besseren Geschmacksbildung und die Nothwendigkeit
für das Verlassen der bisherigen Praxis, sondern es lässt
auch erkennen — wenn auch nur mit Beziehung auf das
Auffassen des melodischen und harmonischen Zusammen-
hanges in einem Tonsatze, — dass der Theorie in der Thal
der Nachweiss eines richtigen Weges zur sicheren Erzielung
besserer musikalischer Bildung möglich ist. — Diener prak-
tische Nutzen der Theorie dürfte einleuchten, um so mehr,
als er auch aus andern, bereits bekannten Gründen wohl
nur selten angezweifdl wird.
Schwieriger ist es, was ja die zweite Aufgabe der
Theorie sein sollte, nachzu weisen, dass die Gründe, auf
welche absprechende Urtheile sich zu stützen pflegen, fasl
ausnahmslos nur suhjecliv-bnrechligt und nicht allgemein-
gültig sind. Wir müssen uns auch hierbei aus angeführten
Gründen auf die Betrachtung des tonischen Elementes
beschränken. (Schluss folgt.)
Berlin.
Revue.
(Königl. Opernhaus.) In verflossener Woche wurden fol-
gende Vorstellungen im Königl. Opernhause gegeben: an) 0.
„Postillon von Lonjumeau" mit Herrn Wachtel und Fräulein
Grün (welche sich am II. hier mit Herrn Logiu von Sadler
aus Petersburg verheirathet hat, uns demnächst verlässt und
für nächsten Winter am Stadttheator in Nürnberg engagirt tat);
am 10. statt „Figaro's Hochzeit“ wegen Erkrankung des Fräu-
lein Murjahn vom Schweriner Hoflheater, welche als Susanne
gasliren sollte, „Don Juan“ mit Frau Lucca; am 12. „Teil“
mit Herrn Wachtel; am 13. „Lustige Weiber von Windsor**
51
mit Frau Lucca; am 14. „StraBdla“ mH Herrn Wachtel.
Ausserdem war am 8. „Soramernachtstraum“ mit Mendels-
sohn^ Musik.
Im Friedrich-Wilhelmstftdtischen Theater fand in neuer
Besetzung „Herr und Madame Denis“, eine der reitendsten
Operetten OfTenbach's die frühere beifällige Aufnahme. Die
Dauien Lina Mayr als Kammermädchen, Koch und Preuss
als Lucile und Gaston sowie Herr Leseinaky als Sergeant
sangen und spielten mit Lust und Laune und erwarben sich
vielfach Anerkennung.
Die am 7. d. für einen wohlthätigen Zweck im AminT-
schen Saale veranstaltete musikalische Matinee wurde mit ei-
nem Clavicr-Trio (F-dur Op. 32) von Tnubert eröffnet. Die
Composition, welche besonders in den ersten drei Sölten uns
tusagte, ist in einem Styl geschrieben, welchen wir den noblen
musikalischen Gesellschaftstou nennen möchten; sic athuiet
allerdings die Salonalmospböre, aber die im besseren Sinne,
die geistvolle, olt von Parlüms, aber echten, durchwehte*
Hinsichtlich der Consequent thematischer Arbeit , pointirter
Motive Anden wir eine Different, wenn wir die Kammermusik-
werke Beethoven’s und der seiner Weise in Bezug auf Con-
ception und Ausführung sich anschliessenden Tonsolzer be-
trachten, begegnen aber angenehmer Melodik, Natürlichkeit und
Feinheit in dem Gebrauch der Harmonie, sowie sehr geschick-
ter, wohlklingender Behandlung der Instrumente. Das Trio
gelangte durch die Herren Oberkapellmeisler Tau hört, Kam-
mermusiker Rehfeld und Zürn zur musterhaften Vorführung.
Herr Tauberl improvisirtc ausserdem in geistreicher Weise über
Themen aus dein „Don Juan“; Herr Rehfeld spielte eine Bar-
carole von Spohr und das Abendlied von Schumann, Herr
Zürn ein Adagio von Romberg. Fräulein Meineber, eine
Schülerin dea Professor Stern, sang eine Arie aus Meyerbeer’s
„Prophet“, „Ungeduld“ von Schubert und das Trinklied aus
der „Lucrelia“ von Donitelli mit sehr wohlklingender, ergiebi-
ger Stimme und stylvollem Vortrag. Die nngeteigle Declama-
lion fiel aus.
Das erste Coocert des zweiten Cyclus der Monlagscon-
certe des Herrn Blu inner fand am 8. d. statt. Der grössere
Theil des Programmes wurde durch das Schubert'sclie B-dur-
Trio und Kiel'sche A-moll-Qunrlelt ausgefülit. Composition
und Ausführung (Herreu Concerlmeister de Ah na, Dr. Bruns
Blumner und Kammertnustkus Richter) sind bekannt. —
Ausserdem spielte Herr Blumner drei von ihm geschickt über-
tragene Menuette von Schubert, Mozart und Haydn in saube-
rer, ordentlicher Weise. Wir haben gegen die Pi&cen nichts
eintuwenden, glauben aber bei aller Pielöt in Bezug auf die
Namen der drei betreffenden Meister, dass sehr viele Werke
der bedeutenden Tonsetzer der oachclassischen Periode und
maoehe Schöpfungen von tüchtigen lebenden Compunisten,
grössere Berechtigung für eine Vorführung haben. — Frau
Röske - Lund aus Stockholm, welche im Januar als
Köuigiu der Nacht in Moznrt's „Znuberflöte“ gastirte,
sang die grosse Arie aus Verdi'* „Ernani“ io italieni-
eher und drei schwedische Lieder in schwedischer und
deutscher Sprache. Frau Lund verfügt über ein nicht sehr
wohlklingendes doch ausreichend starkes Organ mit sehr ergie-
biger Höhe. Die Intonation i9t rein, die Coloratur sauber, aber
etwas 8chwerföllig, der Vortrag virtuos im bessern Sinne. Die
Singeno erwarb sich lebhaften Beifall.
Die am 13. d. vor einem aehr zahlreichen Publikum gege-
bene 3te Soiröe des 2teo Cyclus der Berliner Symphonie- Ka-
pelle unter Leitung dea Herrn Prof. Stern war besonders
interessant durch die Neuigkeiten, welche sie darbot. Eine
Symphonie in Es-dur von Max Bruch, dessen Name in neuester
Zeit durch tüchtige Leistungen auf dem Gebiete der Vocal- und
Instrumentalmusik einen guten Klang gewonnen hat, eröffnet« die
Reihe in würdiger Weise. Erschien euch der letzte Satz,
Allegro guerriero, am wenigsten gehaltvoll, so sind doch die
übrigen nicht ohne Werlh; vorzüglichen Beifall erhielt mit
Recht das Scherzo, wegen seiner Originalität in dem ersten
Theile, während das Trio aehr an Mendelssohn erinnerte. Ausser
dieser im Ganzen gelungen ausgeführten Symphonie waren
neu die beiden den Schluss bildenden Ballelslücke aus „Rosa-
munde“ von Fr. Schubert; ihre Anmuth und Grazie sicherte
ihnen einen günstigen Erfolg. Von Solovorlrlgen hörten wir
Beethovens 3les (C-moll) Concert für Pianoforte (Op. 37) von
Fröulein Alma Holländer gespielt. Das vortreffliche Werk,
eine Instrumentnldictilung, in der die Verwendung der Orche-
slcrkräfle im Verhällniss zum Pianoforte eine lür die Zeit seines
Erscheinens durchaus neue war, nämlich eine Individualisiruog
der einzelnen Instrumento bei durchaus freiem Gebrauche der-
selben, wurde von Fräulein Holländer musterhaft ausgeführt
durch sehr gebundenen, ausdrucksvollen Vortrag bei ungemei-
ner Fertigkeit und Sicherheit. Gleicher Beifall ward auch einer
zweiten von ihr vorgelragenen Polonaise in Ei von Liszt, ob-
gleich uoserer Ansicht ihr zu dieser die energische Kraft des
Anschlags und das scharfe , selbst grelle Hervorheben des Ein-
zelnen fehlte, wie es die virtuosen Compositionen Liszt's einmal
erfordern. — Endlich sang Frl. Amelie Zink eisen eioe Arie
aus den „Puritanern“ von Bellini, mit sehr gewandter Coloratur
und leicht in den höchsten Lagen ansprechender, klangreichen
Stimme. Die beiden Lieder von derselben gesungen, „es weiss
und rilh' es doch keiner“ von Mendelssohn und „nach Sevilla“
von Dessauer wurden nicht minder als jene Arie beifällig auf-
genommen. <1. R.
Correspondenzen.
Cöln, 7. Februar.
— M. — Das Geräusch der Carnevals - Belustigungen klingt
seltsam und verwirrend in die stille Behausung Ihres Berichter-
statters hinein. Fs ist ein wildes, verworrenes Treiben und
Drängen und der herrliche Sonnenschein, die laue Luft scheint
alle BlOtlien der Narrheit zum vollen Flor gebracht zu haben.
Filter solchen Disharmonien, die nur einem kräftigen Ripienisten
und Mitwirkenden erträglich sein können, ist es eine missliche
Sache, die stillen Geister harmonischer Stunden eitireo zu wol-
len. Namentlich wenn diese, wie diesmal, von einigen unheim-
lichen Kobolden begleitet sind, die in den Programmen und ln
den Köpfen der Concertbesucher gespukt habeu. Durchaus an-
genehme Findrücke habeu wir vom sechsten und siebenten Abon-
nementsconcert nicht heimgetragen. Und doch können wir den
Aufführungen selbst, nur einen Theil der Schuld heimessen.
Vom künstlerischen Standpunkte gesehen, war die Auswahl der
Programme mit einzelnen Ausnahmen passend und wohlüber-
legt, die Aufführung selbst mit noch weniger Ausnahmen dem
hohen Standpunkte dieses Instituts durchaus entsprechend. Aber
es scheint ein Geist des Widerspruchs in s Publikum gefahren
zu sein, der sieb an Einzelnbeiten bängt und seine negirende
Tendenz auf das Ganze ausdehnt, der von einzelnen Tonange-
bern und Wortführern unterhalten, in der grossen Menge ein
hundertfaches F.clio findet. So weit wir den Grund dieser Miss-
stimmung haben erforschen können, scheint sie auf der Unzu-
länglichkeit oder der zu grossen Seltenheit der Vorträge des
Concertchores zu beruhen, uud in diesem Punkte hat man so
ganz Unrecht nicht. Die Vernachlässigung, welcher dieser ehe-
7 *
joole
52
drin so glänzende, wichtige Faktor unserer Aufführungen erfahrt,
rächt sich auf vielfache Art, durch Sterilität der Programme,
übermässiges Herantiehen von Solisten, was immer mit allerlei
Inconvenlenzen verbunden ist, und durch UebersAttiguog dos
Publikums mit allerlei Confekt, das den Magen verdirbt und ihn
widerwillig inacht auch gegen gesunde Kost. Kein Wunder
wenn die Leute nachher das Kind mit dem Bade ausschütten
und liehen dein Geringeren auch das Treffliche und Gute miss*
achten. Und gewiss ist es bei der anerkannten Frische der
rheinischen Stimmen, der zahlreichen Besetzung und relativen
Tüchtigkeit des Chors nicht Hecht, dass Werke, wie die grossen
Messen von Beethoven und Bach, gänzlich vom Repcrtuir ver-
schwunden sind Das schlicsst freilich nicht aus, dass diu Lei-
stungen des Chors noch immer vcrhAltnisswAssig tüchtig sind;
aber man hat doch den Eindruck, als oh er seit mehreren Jah-
ren von seinem .Standpunkte nicht weiter gekommen sei — und
nicht Fortsehreiten heisst Zurückbleiben. — Das sechste Abou-
tiemcntscoucert machte den neuen Componi6ten ein sehr ver-
bindliches Compliment. Eine „Märchen-Ouvertüre“, „A ladin“ von
Hornemann - wer kennt ihn? — ein Clavierconcert von Gerns-
heim, „(), weint um sie“ für bolo, Chor und Orchester von 1 erd.
Hitler und zwei Concertslilcke für Violoncell von Herrn L. Lü-
beck — das Alles nn einem Abend, nun noch von einer HAn-
del'schen Arie mit Chor und der zweiten Sinfonie Beethoven's
begleitet, war schon eine starke Zumuthung für ein Publikum,
das am liebsten die alten bequemen Pfade wandelt. Das Horne-
mann'sche Werk welss uns LAngsihekauntes in neuer Art und
mit gew innender Frische zu crzAlilen; unpractisch aber und aus-
serdem unkünsliciisch ist die Einsrhiehung der cif Tacte Harfen-
solo, welche mil je zwei Thalern zu bezahlen man seihst im
Gürzenich Ausland nahm. Es ist ein rein Äusserer Effekt, weder
hinlAnglich motivirt, noch zu gehöriger Verwendung gebracht.
Die tiernslieim'ache Coniposition fand, vom Autor seihst vorge-
trageu, einen recht giAnzeudeti Empfang. Es ist keins jener Pa-
radepferde der VirluOsitAt, wie sie jetzt von unseren Künstlern
in der Freiheit dressirt und von Stadt zu Stadt dem Publikum
vorgeritten werden, dem Componisteu haben offenbar die besten
Vorbilder dieser Gattung vorgesehwebl, und er scheint zuvör-
derst das Technische seiner Aufgabe uiit glücklichem Erfolg ge-
löst zu haben; thematische Arbeit, Inslrumeutirung, Ausgleichung
der Clavier- uud der Orehesterparlhie sind wohl gelungen; ob
das W’erk innere Lebensfähigkeit besitzt, darüber würden Zeit
und Künstler entscheiden müssen, welche Zusehen mögen, ob
die technischen Schwierigkeiten mit dem musikalischen Inhalte
im richtigen Verhältnisse stehen. Herrn Lübeck'* solides Spiel
wäre fast an der Inhaltiosigkcii seiner Vorträge gescheitert, uud
es wäre hohe Zeit, dass der Sospitnior der Cellisten endlich
einmal erschiene. Im Vorträge der iiändei'schen Arie gab FrAu-
leiu Buren ne aus Cassel, Schülerin des hicsigeu Couservato-
riums, eine ausgezeichnete, milde und volle Alt- und Mezzo-
stimme zu erkennen, zeigte aber nebenbei auch, dass sie den
schülerhaften Standpunkt kaum noch mit eiuein Fusse verlassen
halte. Die treffliche und schwungvolle Aufführung der Beetho-
veti’scben Sinfonie war die Krone des Abends. Von competeu-
ter Seite ward uns versichert, dass sie die einige Wochen vor-
her erfolgte Leipziger Aufführung weit hinter sieh zurückgelassen
luibe. Das siebente Concert brachte als seine werthvollste
Spende die Ouvertüre, Scherzo und Finale von R. Schumann.
Dass dies zum eisten Male geschah, hätte der Zettel wohl bes-
ser verschwiegen. Dass es aber wenigstens nicht das letzte
Mal gewesen sei, dürfen wir wohl um so eher hoffen, als die
Aufführung nicht in allen Theilon exart, die Aufnahme aber eine
durchaus glänzende war. Ausserdem prAseutirte sich Frau v. Bai -
läs-Bognitr mit der Arie Rosinoben's aus dem „Barbier“: „Krag
ich mein beklommen Herz“ und einer Verdi'schen aus der „Tra-
viata“ — dicht neben dem HAndel'schen Jagdcbor aus „Der Sieg
der Zeit und der Wahrheit“. Diese Wahl und einige ungewohn-
te Aeusaerliehkeiten des Auftretens befremdeten das Publikum
In einer Welse, dass es fast vurgass die liebliche Fülle uod
Frische der Stimme, die Fertigkeit der Coloratur und die dra-
matische Bestimmtheit des Ausdrucks anzuerkenueu. Dagegen
machte das Violinspiel von Frau Wilma Normnn-Neruda ganz
den hinreissenden und unvergesslichen Eindruck eines voll-
koinnfaneu und abgerundeten Kunstwerkes; Technik, Auffassung
und Ausdruck — alles ehemnässig vollendet und schön uud zu
einem, das Geuiülh mit Macht ergreifendem Totnleiudruck ver-
schmolzen. Man möchte sich versucht fütileu, sie eiuen weibli-
chen Joachim zu nennen. Eine schwungvolle Aufführung der
Lcouorcn-Üuverture No. 3 leitete das Concert ein; aber war es
recht, das Trompetenslgnal aus dem Orchester heraushlosen zu
lassen, statt von einer entfernteren Stelle? Wir wissen nicht, wie
mau s anderswo hei Concert- Aufführungen damit zu hallen pflegt.—
Das nächste Concert wird das grosse Requiem von J. lirahms
bringen, hoffentlich in einer so guten Aufführung, dass wir uns
daraus ein Uriheil über seinen Gehalt und seine Wirkung zu
bilden iui Stande sind.
London, 13. Februar.
Wir sind vom Regen in die Traufe gekommen, früher wa-
ren wir so glücklich einen Kammerton zu haben — ein ziem-
lich hoher zwar, aber unser einziger — jetzt haben wir deren
drei mindestens und dadurch Verwirruug, Ungeuauigkeiteo, die
ao leicht nicht zu ebnen sein werden. Iri den Concerlcn der
Sacred-IIarmonic-Sociely wird in der allen Stimmung <A=910)
fleissig fori gesungen, in den ueuen „Oratono Concerls“ unter
Leitung des Herrn Baruby ist der französische Diapason
(A^870) eiogelührt und eudlich bei der National-Choral-Society
ist die Stimmung eine noch liefere geworden. — Es wird sich
jetzt recht zeigen, iu wie weit der Ruf englischer Energie be-
währt bleibt, denn iu diesem Chaos können wir doch nicht
lorUebeu. — Wir sind jetzt auf der Höhe der Concert-Saison
angtrlangl, die Wahl des Anzuhörenden macht Qual genug, lim
so grösser sind öfters die Genüsse. Den Monday-Pupular-Con-
certs reihen sich würdevoll die Saturday-Popular-Concerts an.
Wenn Kräfte wie Frau Schumann, Frau Arabella Goddnrd
auf dem Piano und Herr Joachim uod Hm Sainton mit
der Geige wetteifern uud dazu nur die Hessischeste Musik un-
serer alten Meister aus wählen, da muss selbst der Anspruch-
vollste seine Befriedigung Buden, Es würde zu weit führen,
hier ein Verzeichnis» aammtlicher m letzter Zeit uns vorgeführ-
teu Meisterstücke zu geben: Beethoven, Mendelssohn, Mozart,
Haydn, Schubert, Bach, Schumann, dies waren die Manien, die
•ich in abwechselnder Folge fast auf jedem Programme befan-
den; erwähnen wollen wir nur die hier zum ersten Male er-
folgte Aufführung des Bach'schen Concerls für 2 Violinen (Joa-
chim und Sainton) mil doppelter Quartett-Begleitung- — Mit
HAndeFs „Jophtha“ wurden die Oratorio-Concerts eröffnet; nur
das geübteste Ohr würde die veränderte Stimmung herausge-
hört haben, — wenn nicht eigens das Programm auf den
„Diapason normal“ hingewiesen hätte. Die Aufführung, die
um deswegen von besonderer Bedeutung, weil der Urheber der
ganzcu Beweguug über die Stimmung, Sims Ree ves, die Te-
nor-Parthie übernommen, gelang vollständig; Herr Barnbv lei-
tete das Ganze, Chöre und Orchester zählten 350 Personen und eine
eigons erbaute, auf den Pariser Kammerton eingerichtete, Orgel
kam gelegen li ich zu guter Wirkung. — Die Sonnabends-Con-
VjC
53
cert« im Crystalt-Palast fahren fori io gediegener Weise sich
den anderen elastischen Genüssen der Hauptstadt an die Seile
tu stellen. Einer besonderen Erwähnung werlh erscheint uns
die Wieder-Aufftischung von Händel'» CaecHien-Ode. — Von
den anderen 1001 Coneerlen, denen man hier ausgesetzt ist.
erlassen Sie mir die Beschreibung; — auch heben dieselben für
Ihr Publikum wenig Interesse. — Mau spricht von einem Be-
such Gungl's iu nächster Saison mit seinem Orchester und
rneu verspricht sich viel davon. — Zum Schluss will ich noch
eine mir soeben sugehendo Miltheiluog aufügen, die Ihren Ka-
pellmeister Carl Eckert betrifft. Dessen Concertstück für
Cello (noch Manuscript) hat Pialti am 8. d. tu Liverpool in
dem PhiUiarmonic-Sociely’s-Concert vorgetrageo und damit Or-
chester wie Auditorium rnlhusiasmirt. Es wird besonders her-
vorgehoben, dass das verdienstvolle Werk sich durch Origina-
lität und Frische iu ullen Theilen, wie auch durch geschickte
Instrumentation auszeichncl und das Solo-Iuslrument sur vollen
Geltung kommen lässt. H— I.
Paris, 18. Februar.
Der Fasching ist vorüber, dio eigentliche Conccrlsaison be-
ginnt. Die TOne des Pariser falschen Strauss (den, bcilfiuUg
gesagt, viele hier Tür den rechten halten, und den Wiener für
den falschen) siud verstummt, die Ballsäle des Hütet de Viilo und
der Opera siud geschlossen, und die Claviersnions Offnen sieh,
um die zustrOiuenden Künstler, denen nichts, als ein zuatröraen-
des Publikum mangelt, in sich atirzuuehmeu. Da ist unser Pari-
ser St rau ss mit seiner geringereu Kirnst auf besseren Wegen; er
ist llofballmusikdirector, Proprietär eines ehemaligen kaiserlichen
Lustschlosses iu Vichy, Grundbesitzer in Algier, und hat Mittel
genug, seine Walzer und Polka — durch Andere coinponireii zu
lassen. Der Mann versteht sich auf das Geschäft, im letzten
Operu-Maskenhall gab er eine neue Polka, betitelt „Horreurs de
In guerre" zum Besten, wobei er sein stark besetztes Orchester
noch durch 200 Choristen verstärkte, ferner eine andere Polka:
„Les Chasses imperiales 4 * mit der zarten Zugabe von *10 Trompe-
tern. Der Effect war erschütternd. Herr Pseudo-Slrnuss ist aber
Auch sanfterer Empfindungen fähig; so bereitete er dem auf dem
letzten HOIel-de-Ville-Balle anwesenden Couiponislen Auber, an
welchem Abend der jugendliche Greis seinen in derselbe!! Mitter-
nacht (31. Januar— 1. Februar) beginnenden 87sten Geburtstag
durch eiu Tänzchen feiern zu müssen glaubte, die Uebcrraschung,
durch sein Orchester Quadrillen aufführeu zu lassen, welebe aus
Motiven Auber'scher Opern, wie „Die .Stumme", „Gott und Baya-
dere“, „Erster Glückstag** gebildet wareu. Und so haben die
Glückstage uud Glückenächte Auber’s kein Ende. — Man sieht daraus,
dass Auber, welcher wieder eine neue Oper, und keine Messe
componirt, noch lange nicht an'a Sterben deukt, und er diese
letzte schlechte menschlich« Gewohuheit dem heimgegangenen
ttossini noch lange nicht verzeihen wird. — Apropos Messe und
Rossini sei hier erwähnt, dass Strakosch, welcher die hinterlas-
«en« kleine Messe Rossini'» um einen fabelhaften Preis ankaufte,
dieses Werk demnächst im Theätre italien zur Aufführung bringen
wird. Die Gontre-Alt-Parthie wird Frau Al hont singen. Herr
Bagier, der Director dieses Theater, soll der Aufführung von
Trauer-Mcsaeu auf seiner Bühne jetzt um so geneigter »ein, als
er sich Ricci'» Oper „Une folie ä Rome** uuklugerweise entgehen Hess.—
Aach Tamberlik, der prächtige Tenor, welcher sich von an-
deren Tenoristen dadurch unterscheidet, dass er auoli , singt* 4 ,
nahm diese Woche vom Theätre italien Abschied. Bleibt nur
noch die launige Murska mit den auffallend blenden Haaren,
in welche sie den Schmuck ihrer Gesangs - Fiorituren windet.
Fräulein Murska macht sich übrigens hier, wie allenthalben, auch
ausser der Bühne bemerkbar — sie scheint, ln einer neueu An-
wandlung von Laune, nunmehr die Männer zu verachten und
zMgt aich auf dem Boulevard italien stets In Begleitung eines
mächtig grossen Neufundländer Hundes. Vielleicht geschieht
dies nur, um damit die ihr nicht sehr wohlwollenden Pariser
Musik - Recensenten zu schrecken. Uebrigens singt sie abwech-
selnd Lucia und Lucia, und wird demnächst wieder in „Lucia**
auftreteu. — Das Theätre Iyriquo unterhält sich fortwährend mit
Reprisen alter Opern — Publikum und die Componislcn neuer
Operu sind begreiflicherweise nicht sehr hiervon entzückt. Der
Director Pasdcloup scheint ebeu die eigentliche und ursprüngli-
che Bestimmung dieser subvenlionirten Scene ausser Auge ver-
loren zu haben. Die erste Novität — für Deutschland und den
Componisteu selbst ebenfalls ciuc Antiquität — dürfte Wagner's
„Hienzi“ sein, in welchem die begabte Künstlerin, Frl.Slerubcrg,
die Hauptrolle singen wird. — In der Opera comique sind die
Orchesterprobeil zu Offeubach's neuer Oper „Vcrt-vert“ so weit
fortgeschritten, dass man der ersten Aufführung Ende d. entge-
gen sieht Ebenso wird Gounoda „Faust“ mit Fräulein Nilsson
und Fa uro zu einer baldigen Wicder-VerjOngiing in der Opern
vorbereitet. Sein Znubermanlel verspricht diesmal glänzender
zu werden, als im allen Theätre Iyriquo. — Die Fantaisies Pari-
siennes hielten am vorigen Donnerstag im eleganten Athcnec-
Theälru mit Ricci'a „Uno folie ä Rome“ ihren Einzug — uud e«
war darüber ein Jubel nicht bloss unter den Römern, d. h. den
offiziellen Claqui&teu, sondern im ganzen Publikum. Als das
Werk eines Italieners mag dies« Oper, von einem ausseruationa-
ien Standpunkte bcurtheilt, seine .Schwächen haben, aber cs hat
dafür so viele Vorzüge, so viele bühoeukundige uud musikalisch
berechtigte Eigenschaften, dass wir dem anhaltenden grossen
Erfolg von Herzen zustiiumen. Herr Martinct hat das Athener
von dem Eigenthümer Herrn ßischoflsheim auf 15 Jahre gepach-
tet. — Die Einnahme der Pariser Theater im vorigen Monat be-
trug über zwei Millionen Francs; die der 5 Üpern-MaskenbäJJt-
allein 155,000 Francs. — Die Pasdcloup • Concertc folgen dem
Beispiele des Pasdeloup-Theaters, immerfort ein Programm zu-
sammengesetzt aus ollgehOrten Stücken. Das inorgige enthält
genau den Abdruck eines Programms von vorigem Jahre: Bec-
thoven's D-dur-Symphonie, Arie von Gounod, Schumann’s Man-
fred- Ouvertüre, Meudelssohn’a Violio-Concerl mit Frau Normann-
Neruda und die Uerlioz • Weber'sohc Aufforderung zum Tanze.
Wir erlauben uns eine Aufforderung zu einer energischeren
Kuustthätigkeit heizufügeu, welche letztere wir doch in frühe-
ren Zeiten an Herrn Pasdcloup, wo er uoch nicht Director de«
Theätre iyrique gewesen, gewohnt waren. A. v Cz.
Feuilleton.
Aus meinem Leben.
(Erinnerung an Spontini.)
11 .
Und nun sullte ich den Componisten der Vestalin persön-
lich kennen lernen, ich sollte mit ihm im engsten Kreise zu-
sammen sein. Ach! wie langsam verstrichen mir „die Jahres-
aeden “ am 10. April 1826 im Berliner Opernhause, und zwi-
schen Sommer und Herbst spielte Hummel noch sein Rondo
brillant in A-dur. Endlich war das Conccrt zu Ende und ich
eilte auf den Gensdarmen-Markt in das gastliche Haus des
Justizrsth Schulz. Seine Frau hatte so eben noch Haydn's
Han neben gesungen und erwartete mm die Herren Spontini
und Hummel zum Souper. Damals gehörte ich schon zu den
stehendea Artikeln des Hauses, weil ich seit Jahr und Tag
Correpetitor der vortrefflichen Künstlerin war; ausser mir be-
Google
54
fanden »ich in der Gesellschaft zwei jüngere Freundinnen der
Familie; feroer ein königlicher Stallmeister, dessen Namen ich
vergessen habe, der aber bei Schule wöchentlich ein paar Mal
sur Bostonparlhie erscheinen musste und der, was bei Gelegen*
heiten sehr wichtig war, vortrefflich französisch parlirie; end-
lich eine zu jener Zeit allbekannte Persönlichkeit, ein höchst
geistvoller und vielseitig gebildeter Mann, der uur leider —
trotzdem er der Schwager eines Ministers war — dem Spiri-
tuosen allzusehr huldigte, Baron v. L. An diesem Abend hatte
er sich aber zusAmmengenommen und bildete das verbindend
belebende Gement für die vorhandenen heterogenen Gesell-
scbafisstoffe; Josephioens Bruder, ein LieblingsschÜler Louis
Borger’s, der vortreffliche Clavierlehrer Kililschki erschien un-
eingeladen jedoch immer willkommen. Die Tafelrunde bot
viel Interessantes dar. Der Cunlrast zweier Männer wie Spon-
tini und Hummel, in deren Mille die feurige Wirt hin »as-s, gab
vollauf zu beobachten; und meiue beiden hübschen Nachbarin-
nen begriffen gar nicht warum ich ganz gegen sonstige Ge-
wohnheit die Dbhche Courmacherei unterlass. Das „mutier
laceat in eedesia“ könnte man auch auf den juvenis ausdeh-
nen; es wäre mehr als unbescheideu gewesen hätte ich sol-
chen Männern gegenüber anderes gethan als Sehen und Hören.
Und es gab allein schon viel zu sehn; denn der preussische
und der weimaraner Kapellmeister bildeten die entschiedensten
Gegensätze. Sponlini war gekommen in demselben feinen
Coslüin, welche» er während der Direclion des Oratoriums
getragen — söninitliche vier Orden in LebeusgrOsse — weisse
Binde mit den historischen hohen Vatermördern — die kunstvoll
toupirte Frisur noch so frisch wie drei Sluudeu vorher, wahr-
scheinlich also im Theater nach der Vorstellung neu in Scene
gesetzt — dann die durchweg aristokratische toumure, ein
freundliches fast ironisches Lächeln um den zierlichen Mund,
und die gewähltesten Ausdrücke in halbleiser Sprache eines
kauin männlich zu nennenden Organs ..... man glaubte bei
ihm nur autichambriren zu dürfen! Und nun dagegen Hummel,
der seinen ganzen Concertstaat sofort als unnützen Plunder
abgelegt halte — das Haupt mit einem schwarzen SauiinU
käppchen bedeckt — immer laut sprechend im abgeblassteu
öatreicbischen Dialekt und mit beiden Armen heftig gestikuli-
rend — dazu noch schlechte Witze mit obligaten Zweideutig-
keiten , welche Sponlini nicht verstehn konnte und die anwe-
senden Damen nicht verstehn wollten, worüber der immer
ausgelassener werdende Autor eine helle beinahe unanständige
Lache aufschlug ihn glaubte man nur antichnmbrireo
lassen zu dürfen! Und doch wie grosse Künstler waren beide;
mao muss die Leute eben nehmen wie sie sind und nicht
verlängert dass derselbe Beruf immer auch dieselben Sitten und
Gewohnheiten mit sich bringe, denn es ist gut, dass nicht allen
Bäumen gleiche Binde gewachten sei.
Unser Abendmahl war sehr opulent und begann gleich mit
Hummersalat, der Veranlassung zu einem erheiternden qui pro
quo gab. Sponlini asa davon mit vielem Behagen und (war
es wirklich Unwissenheit oder Zerstreutheit oder Galanterie ge-
gen den Wirlb) kure — er fragte, was deno das eigentlich für
ein Leckerbissen sei. Der gute Justizrath Schulz, welcher in
seinem corpu* Juri* vortrefflich bewandert war, dagegen mit
dem französischen vocabulaire auf etwas gespanntem Fusae
stand, konnte wohl nicht gleich auf homard kommen und ver-
wandelte den exquisiten Hummer rasch in eioen simplen Krebs;
da sich aber der Ausdruck eerevieee auch nicht einstellen wollte,
so machte er kurzen Prozess und gab als guter Lateiner einen
aalade de ehancre von sich, wes denn Hummel und den Barou
bestimmten, jeder in seiner Weise, die nöthige Interpretation
hinzuzufOgen. Di« halb französisch, halb deutsch geführte
Unterhaltung drehte sich zunächst um die statt gefundene Auf-
führung der „Jahreszeiten* 4 , welche wohl nicht allgemein be-
friedigend gewesen, und kam dann vom Oratorium auf die
Oper. Hier war es, wo der bis dahin schweigsame Sponlini
redselig wurde und in einer mir damals vollendet erscheinen-
den Weise die künstlerischen Erfordernisse musikalisch-drama-
tischer Werke auseinand ersetzte. Als er geendet, ergriff Schulz
das Glas, hinzufügend : „und einen solchen Mann, der all* diese
Bedingungen in seinen Compositiouen erfüllt hat, besitzen wir
in unsrer Mitte; so trinken wir denn auf das Wohl des Herrn
Sponlini' 4 . Nein, entgegnete dieser rasch, nur Einer hat das
wirklich vermocht, Mozart, und zu dessen Andenken erheben
wir uns. Alle standen tumulluarisch auf, der alte Hummel
aber zog sein Käppchen und eilte herzlich auf den Collagen zu;
es war doch eiu hübscher Moment. An diesem Abend sprach
auch Sponlini ein grosses Wort gelassen aus, was schon Tags
darauf in der Stadt circulirte. Frau Schulz erzählte nämlich,
dass ihr achtjähriges Töchterchan Hedwig ff 1845) Talent zur
Musik vcrriclhe, und das führte den Meister auf seine eigne
Jugendzeit, wobei er sich denn des Ausdrucks bediente „me*
puren!* qui me voulaient faire arckevique“. Ein andrer hätte
gesagt, dass ihn die Eltern zum geistlichen Stande bestimmen
wollten; aber ein Mann wie Sponlini musste schon in der
Wiege zum Erzbischof designirt sein. Ex unpue leonem!
(Fortsetzung folgt.)
Journal-Revue.
Nr. 2 der Monatshelle für Musikgeschichte enthält den Dehn‘-
schan Katalog der in der Königl. ftitterncndeniie zu Liegnilz
bellndlichen Musikalieu. — Die Allg. Musikztg. bringt eine „Mu-
sikalische Psychologie" vou Krüger. — Die Neue Ztsehr. f. Musik
bietet einen Aufsatz über Friedrich RoehlÜz (geb. 12. Februar
1769). — Signale: Musik iu Cassel, die „Meistersinger 44 in Carls-
ruhe. — SQdd. Musikztg.: Fortsctzg. der „Ausfahrt nach Volks-
weisen".
Die Hcvue et Gazette musicale und der Menestrel setzen
ihre Auszüge aus Fetis „Hisloire generale de la musique 44 'und
Schumann'* Biographie fort.
Wachrichte u.
Bonn, 5te Soiree für Kammermusik: Quartett in C-dur von
Mozart. Sextett in G-dur von Brahms und Quintett Op. 4 in Es-dur
von Beethoven.
Bremen. 8 . Privat-Concert: Suite in Canooform von Grimm,
Sceue und Arie „Ah Perüdo“ von Beethoven, 3tes Cello-Concert
von Gottermann, 7te Sinfonie (A-dur) von Beethoven ete. — Sie
Quartett-Soiree der Herren Jacob sohn etc: Quartett in D-dur
von Haydn, Kreutzer-Sonate von Beethoven und Quartett von
Manns.
Brealau. 9. Couvert des Orchestervereins: Toccata in F-dur
von S. Bach, Concert für Violine und Viola von Mozart, Walleo-
stein's Lager von Rhciuberger und Eroica von Beethoven.
C'nrlsrnhe. Die „Meistersinger 44 von Wagner haben auch
hiesigeaorta ihren Einzug siegreich gehalten.
('•asel. Vierte Soirte für Kammermusik des Hern Conoert-
mcister Wipplinger: Kaiser-Quartett von Haydn, Quartett G-dur
(Op. 82) von Spohr uod Quintett in G-moll von Mozart.
l'hemnltz. 2. Abonnement-Concert: Vorspiel zu den „Mei-
stersingern 44 von Wagner, Suite von Grimm, Ouvertüre zu „Teil* 4
von Rossini ete.
C'Alo. 8. GQrzenich-Concert: Ouvertüre zum „Wasserträger"
55
von Cherubim, Violinconcert von Mendelssohn, 4 SAtze aus
Brahms' „deutschem Requiem* 4 und Es-dur-Sinfonie von Bruch.
— Concert der philharmonischen Gesellschaft: Sinfonie vou Gede,
Septett von Beethoven und Ouvertüre zu „Ruy Blas“ von Men-
delssohn.
Bresben Das 5. Abonnement - Concert der Königl. Kapelle
bot: Suite in H-moll von S. Bach, die Sinfonieu in C-moll von
Spohr und B-dur von Gade und Concert-Ouverture von Rietz. —
21 e Aufführung des Orcheslcrvereins: Goncertarie von Mendels-
sohn, Sinfonie No. 11 (B-riurl von Mozart, Ouvertüre zu „La föte
du village voisln“ etc.
Frankfurt a. fl. 9. Museums-Concert: Sinronie No. 2 (C-dur)
von Schumann, Clavierconcert in D-moll von Mozart, Ouvertüre
Op. 124. von Beethoven etc.
Hamburg. 19. Privataufführung der Academie Dr. Gnrvens:
121. Psalm von Gaebler, Stabst mater von Rossini, Schön Ellen
von Bruch etc.
Leipzig. Am 6 d. starb nach langem Leiden Herr Coneert-
meister Raymund Dreyschock.
— Am 26. d. gelangt HAndel's „Israel“ durch den RiedeP-
aehen Verein zur Aufführum:. — Concert zum Besten dea Orche-
ster - Pensionsfonds: Balletmusik zu „Rosamunde“ von Schubert»
Ouvertüre zu „Der Haideschacht“ von Holstein, „Wallensteins
Lagert* von Rheinberger, Arieu vou Spohr und Meyerbeer (Krau
Peachka-Loutner), Concert für 2 C laviere von Mozart (Herr
Kapellmeister Reinccko und F'rAuleiu Dittrich) und Claviersoli.
— 46stc Kammermusik -Unterhaltung des Riede l'achen Vereins:
D - dur - Quartett von Haydn, Gesang - Duette in Canonform vou
ilenschel, E - mol! - Quartett von Beethoven, Lieder von Schubert
und Franz und Variationen für Streichquartett von Schubert. —
9te» Concert der „Euterpe**: Chaconne von Gluck, Arie aus dem
„Nachtlager** von Kreutzer, Oxford - Sinfonie von Haydn, Ouver-
türe zu „F.gmont“ von Beethoven etc.
— 45#te Au Rührung des Dilettanten - Orchester - Vereins :
Symphonie (Nr. 1) in C-dur von Beethoven, Recit. und Arie aus
„Figaro“ von Mozart, Serenade von Haydn, Lieder von Mendels-
sohn und Kirchner uud Ouvertüre zu „Iphigenie** von Gluck.
.Heins. Concert des „Vereins für Kunst und Literatur 4 *: Trio
in B-dur (Op. 97) von Beethoven, Haideknabe und Schöu Hedwig
von Schumann, Faust-Walzer von Liszt, Elegie von Ernst etc.
Manchen. Concert der Pianistin Fernande«: Trio C-moll
vou Beethoven, Impromptu und Nocturne von Chopin, der llaide-
knahe von Schumann, (Claviorparthie von Herrn von Bülow aus-
geführt) Rondo von Weber etc.
Pest. Im Nalioualtheater war am BO. v. M. eine interessante
Jubilar-Opernvorslellung. Der Gründer der ungarischen Natio-
nal - Oper, Erkcl, erlebte in der 177. Vorstellung seines „Hu*
nyadi Laaslo“ die silberne Hochzeit mit der schönsten Spende
seiner Muse. Selbstverständlich war der Applaus ein ununter-
brochener.
Posen. 1. Sinfonie-Soiree des Herrn Appold: iste Suite
von Ladiner, Ouvertüre zur „Zauberflöte** von Mozart und A-moll-
Sinfonie von Mendelssohn.
Schwerin. 3. Abounementsconeert: 4. Suite von Ladiner,
Scene aus „Iphigenie“ von Gluck (Herr Hill), Violinconcert von
Rubinstein (Herr Wilhelmj), „der arme Peter** von Schumann etc.
*ondereftinuaett. Concert für das in Eisenach zu errich-
tende Bach-Denkmal: Suite' in D-dur, Pastorale aus dem „Weih-
nechtaoratorium 4 *, Passacaglia und Violinconcert vou S. Bach,
Srhlusschor aus der „FrUhjofsage“ von Bruch, Seenen aus Mo-
zart’s „Idomeneo“ und vierte Sinfonie D-moll von Schumann.
Stattgart. Soirte des Herrn Stock hausen: Trio in
D-dur (Op. 70 Nr. 1) von Beethoven, Recit und Arie sus „Ezio“
von HAndel, Violoncello-Soli von Popper, Arie aua „Joconde“ von
isouard, Rondo (H-moll) für Piano und Violine von Schubert und
Lieder von Schubert und Schumann.
Wrisir. Rii bin sie In hat am 8. d. unsere Stadt durch
sein meisterhaftes Spiel In nicht geringe Aufregung gebracht.
Es wurden ihm die enthusiastischsten Ovationen dargebracht.
Wien. Bei der Kaiserin fand dieser Tage ein Concert un-
ter Leitung des Herrn Kapellmeisters Herb eck statt, in dem
FrAulein Ehua uud die Herren Walter, Epstein, Lewy und
Zamara mitwirkten.
— Lecocq's „Theeblume“ ist auf dem Theater „an der Wien“
mit durchgreifendem Flrfolge zur Aufführung gelangt. Bietet die
Musik auch nicht gerade Originelles, so ist sie doch so pikant
uud reizvoll, dass das Werk sicher für lange Zeit das Repertoir
beherrschen wird. Die Ausführung Seitens der Herren Swo-
boda, Rott, Friese, sowie der Damen Fischer und F'inali,
war eiue durchwegs geJuugene, die Stimmung des Publikums
eine sehr animirte. Die inzwischen stattgehahten Wiederholun-
gen ergaben die günstigsten Resultate. — Concert des Herrn
Grün: Quintett in B-dur (Op. 87) von Mendelssohn, Suite für
Clavier und Violine von Goldinark, Chaconne von Bach, Rondo
von Mendelssohl) etc.
— Das nAchste (3.) GesellschafU-Concert wird am 21. Fe-
bruar stotlßnden. — Zu dem ain 7. März statltiudcnden Concerte
wird liiller auf Einladung dea Vereins hierher kommen, da
eiue Composition von ihm zur Aufführung gelangt. Dass auch
Liszt kommen werde, um der Aufführung der „heiligen Elisabeth**
beizuwehnen, bestätigt sich; dagegen hat er selbst crklArt, sich
nicht Als Dirigent bclbeiligen zu wollen. — Das Florentiner
Quartett hat am 10. d. den Cyclus seiner Soireen mit Volkmann's
G-dur-Quartett, Beethovens Clavier-Trio in Es-dur und Schubert’«
herrlichem D-moll-Quartetl unter enormem Beifall beschlossen.
Antwerpen. Brassin hat hier in der „Societe royale
d'Harmonie“ gespielt und sich als vorzüglichen Pianisten geltend
gemacht. Er trug Beethoven s E-dur-Sonate Op. 109, die chro-
matische Fantasie von Bach und Mücke von Schubert, Schu-
mann, Chopin und Mendelssohn vor. — Benoit'a Oratorium „Die
Schelde“ wird am 22. d zur Aufführung gelangen.
Paria. Die erste Aufführung der nachgelassenen Messe von
Rossini wird demnächst in der Kais, italienischen Oper statl-
flndeu. Die Soli werden die Dameu Alboni und Krauss sowie
die Herren Nicolini uud Agnesi singen Die Herren BranduR
und Dufour haben das Verlagsrecht dieses Werkes erworben,
dessen Clavierausztig am Tage der Aufführung ausuegehen wer-
den wird.
Petersburg. Moniuszko's „Halka“ sollte hier in russischer
l'ebersetzung zur Aufführung kommen; alles war bereit und die
Zeitungen sprachen mit vieler Anerkennung von dem slaviscben
Maestro, als plötzlich ein Wink, wohl von maassgebender Stelle,
die Aufführuug der in Musik wie Action „polnischen’* Oper ein-
zustelleu veranlasse.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Aufruf
an die Verehrer des grossen Tondichters Johann Sebastian Bach,
zur F!rrichtung eines Standbildes von Erz für denselben in seiner
Geburtsstadt Eisenach durch directe Beiträge, l'eberwcisung vou
Einnahmen aus Concerlcu etc. beizusleuero. Möge der tiefe Sinn
des deutschen Volkes für die Tonkunst auch hier sieb bewähren,
wo es gilt, dem Andenken Eine* der edelsteu Jünger dieser Kunst
eine Ehrenschuld der Nation abzulragen. Zusendungen und Geld-
beilrAge, über welche letztere öffentlich Rechnung abgelegt wer-
den wird, bittet man an den gcKchansführenden Ausschuss des
Comites für Errichtung des Bachdenkmals zu Eisenach zu
adressiren.
Eisenach im Januar 1869.
Das Orta-lonilte Kircbrnratb Stier, Voraitxender.
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5tt
Nova-Sendung Xo. 2.
VOM
ED.BOTE & G.BOCK
|K. Bock). König!. Hof-Miisikbaudluug io
Berlin und Posen. ThtrSgr.
Apiliue, r. Op. 32. Dornröschen-Rheinländer, Wagner,
Fr. Op. 67. Trompetinen-Polka, für Orchester ... 2 —
Drrsod. Op. 16. No. 1. Ein Blick, ein Kues f. Bariton — 71
- 2. Vertrau* auf Gott für Sopran — 7)
— — Op. 16. No. 1. Gut’ Nacht, schlaf wohl f. Meixo-
Sopran — 7)
- 2. 0, schönes Thal, für Sopran . . — 7)
Op. 17. No. 1. Abschied, für Sopran — 7)
- 2. Endloser Traum, f. Mezzo-Sopran — 10
- 3. Erste Liehe, für Mezzo-Sopran . — 7)
— — Op. 18. No. 1. Nun die Schatten dunkeln. i
- 2. Hält' ich Blume dich gefunden, > — 12|
- 3. Antwort. 1
tiermain, O. Op. 8. Germanica-Quadritle für Orchester 1 26
— — Dieselbe für Planof. — 10
GungT. J. Op. 230. Tafelrunde, Walter für Pianoforle
und Violine — 20
Derselbe für Pianoforte und Flöte — 20
— — Op. 233. Wanderlust, Marsch f. Pfle zu 4 Hdu. . — 7)
Op. 236. Salut ä Gentve, Polka-Mazourka f. Pfte. — 7j
Hartwig. Op. 28. Defilir-Marsch über Aubcr's „Der er-
ste Glückstag“, für Pianoforte zu 2 Händen .... — 10
Hanse, f>. Op. 49 Liebestraum, Romanze f. Pianof. . — 10
Op. 54. Weihnacht8-ld)llen, für Pianoforte ... — 15
HrlnsdorfT, Ci Op. 100. Bivouaefreuden, Marsch. Apl-
tias, C., Schweizermühlen-Polka, für Orchester ... 1 20
— — Op. 100. Bivouaefreuden, Marsch f. Pfle. . . . — 7|
Kelrr-Ilrla Op. 83. Am schönen Rhein gedenk* ich
Dein, Walzer lür Pianoforte — 15
Lange, G. Op. 52. Einsame Tbränen, Nocturne f. Pfte. — 12)
Lecocq, Cb. „Theehlume“, Buffo-Oper in 8 Acten. Kla-
vierauszug mit deutsch und franz. Text . . . . n. 2 —
Potpourri aus ders. Oper für Pianof. zu 4 Hdn. . 1 —
.Meyer beer, G. Indischer Marsch aus der Oper „Die
Afrikanerin'*, für Pianoforte zu S Händen 1 25
Naumann. Dr. K. Wahlsprüche Sr. Maj. des Königs
Friedrich Wilhelm IV , für gemischten Chor .... — 16
Radeeke, I). Op 33. 2tes Trio für Pianoforte, Violine
und Violoncello 3 25
Redern, W. Graf von Hymne des norddeutschen Bun-
des, Partitur für Chor a capclla - - — 2)
Reiniann, Th. Op. 1. Herzenswünsche, Walzer f- Pfte. — 15
Schönburg, H. Op. 63. Das Maieufest, Charakterstück
für Pianotorte — 15
— — 0p. 66. Jugendfreudeo, Heft I — 10
Stranss. Quadrille über Motive aus „Thecblnme“ von
Ch. Lecocq, für Pianoforte .... — 10
Swert, Jules de. Op. 5 Ballade pour le Violoncello
avec accompagment de piano — 15
Wagner, Fr. Op. 66. Herzliebchen - Polka, Hartw ig,
Gast., Op. 28, Deflllr-Marsch für Orchester .... 2 —
— — Op 68. Cohurger Polka, für Pianof. .... — 74
_ — Op. 69. Garde Cavallcrie-Galopp, für Pianof. . . — 7)
Weitzmann C\ F. Valse noble I. pour le Pianof. . . — 20
— — Valse noble fl do. do. 20
— — Valse noble III. do. do. — 22)
Collection de» oeutres clasair/uea et modernes.
Beethoven. Neue Liebe, neues Lehen ..... 2 Bgn.
Ouvertüre „König Stephan“, Arrg. Tür Pfte. zu 4
Händen von H. Ulrich 5) -
Op. 8. Serenade, Arrg. für Pianof. zu 4 Händen
von H. Ulrich 91 •
Haydn, Jos. Streichquartette für Violine und Piano,
eingerichtet von A. Grüowald. Op. 11, lieft X . . 20) -
do. do. Op. 11, Heft XI . . 20) -
Schobert, Fr. Op. 27. Grandes Marches heroiques . 5 -
Op. 51. 3 Marche« militaires 5 -
Op. 106. Fantaisie 6) •
Op. 121. 2 Marchea earaetäriatiquea 6 -
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Mühlburg (Baden).
Musikalien -Nova No. 20.
aus dem Verlage von
PltAEGER & MEIER in Bremen.
TKhr. Sgr,
Blnmenthal, J. Kleine Potpourris aus beliebten Opern
für Violioe und Piano
No. 13. Die Stumme von Portici, von Auber . . . —16
• 16. Die Hugenotten, von Meyerbeer .... — 15
— — Aehrcnlese. Vierzig der beliebtesten Volks- und
Opern-Melodicen für Violine, oder Flöte, oder Cello mit
Pianoforte, oder zum Solovortrag.
Hft.1.11. ä 10 Sgr. Hfl. III. 15 Sgr. Hft. IV. 22) Sgr.
Doppler, J. Deutsche Perlen. Transcriptionen in Fan-
tasieform für Piano.
No. 9. Der Himmel im Thale, von Marschner . . — 12)
- 10. W’aldvögtein, von F. Lnchner — 12)
Franke, II. Op. 91. Abondglockenklänge. Clavieratück — 12)
Fritze, W. Op. Ui. Romanze für Violine und Piano. — 16
Greekl, Mazln» Op. 16. CapricoieUo für Violine (oder
Cello) und Piano — 17)
Henstl. C. Op. 15. 6 kleine Charakterstücke f. Piano.
Heft 1. Marsch, Nocturne, Ländler. ...... — 12)
• 2. Ballade, Idylle, Romanze — 12)
Hoffiuann. Fl. Snmmluug beliebter Tänze f. Pianoforte.
No. 36. Tyrolicnne aus „Pariser Lehen'* v. Offenbach — 5
- 37. Polka aus derselben Oper — 7)
- 38. Loreley-Marsch (im Trio das Loreley-Lied) — 5
Lanner«, Julius. Op. 16. Neue« Leben. Lied für eine
Stimme mit Piano. Ausgabe für Alt oder Bass ... — 12)
Patbe, €’. Kd. Op. 186. Der Kinderbail, 4 leichte Ron-
dos io Tau z form für Piano.
Heft 1. Polonaise- und Polka-Rondo — 16
Schaber!, F. L. 0p. 67. Musikalischer Hausscbatz.
Potpourris für Pianoforte in Fantasieform.
No. 14. Slradclla, von Flotow — 15
- 16. Die Hugenotten, von Meyerheer .... — 15
Weidt, II. Op. 84. Wie könnt* ich leben ohne Dich.
Lied für Sopran oder Tenor mit Piano — 7|
Wille, G. H. Op. 6. Fünf Lieder f. Sopr. oder Tenor
No. 2. Vom wilden Röschen. No. 4. Lenz überall k — 6
Neuer Verlag von Breltkopf dr Hirtel in Leipzig.
Marx, A. B., allgemeine Musiklehre.
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Henning. Violoncello-Schule. 22) Sgr.
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Schubert. Clarinelt-Schule. 22) Sgr.
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Slrnth. Flölenschule. 22) Sgr.
Widmaun. Generalbass- Hebungen. 22) Sgr.
— — Harmonielehre. 15 Sgr.
Verlug von Ed Bot, * 6- Bock iE. Bocki, KOnlgi. Ilofmusiktnodlung In Berlin. FrnnlOslsche Sir. 33». und V. d. Linden No. 27.
0mc4 *«•« 0. ¥ ■ S*hmidt im 0«Hin. Unter den Linden Ne. 10.
Hierbei eine Beilage von B. Scbutt's Söhneo lo Mainz.
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Will. Jahrgang M 8.
Vn 4i«#«r ZuIbbr »r*«l»*»ot »ftchetiihch
24. Februar 1869.
Zu beziehen durch:
VUI- SptM», ÜMiinir.
PARIS. Brand»« d i Dufo«r.
LOIDOV. Novolio, Ewn di Co H«in«ioad <V Co-
lt. PETERSBÜHfl M Ber na, 4.
ST 9 CEB 0 LM. A. Lood<jul*L
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mw-iou. |
BARCELONA. Anilreo Vidal.
WARSCHAU- 6i>bnbiir Ai Wolir.
AMSTERDAM. SeyflWnlt'«th« Borhhradlaig.
MAILAND. J Rirordi. F. Low*.
BERLINER MUSIKZEITIIG
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der Neuen Berliner Musikzeitun; durch
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Halbjährlich 3 Thlr. > hend in einem Zusiche-
rungs-Schein im Betrage von 5 oder 3 Thlr.
I Ladenpreis zur unumschränkten Wahl aus
dem Musik-Verlage von Ed. Bote & f. Bock.
Jährlich 3 Thlr. , . n . .
B&lfej&hrllch I Thlr. 25 Sgr. I obn ' Priil “‘ F '
Insertionsproifl für di« Zeile 1^ Sgr.
Inhalt. Ueber die Bedeutung der Theorie fOr die Compo«iti«n i« der modernen Tonkusat, von 0. Tiemh (Setitnaa). — Berlin. Herne. — Correapondcnx aaa
Pari«. — Barinbdgaag «ad *nr Nachricht — Journal-Rerae. — NaebrtrWen. — Inaerale.
Ueber die Bedeutung der Theorie für die Composition in der modernen Tonkunst.
Von Otto Tier och.
(Schluss.*!
Auf allen Gebieten der intellektuellen Welt war iu ir-
gend einer Zeit die Praxis der Theorie weit vorauageeilt.
Schon vor Jahrtausenden bestimmten die Seeleute den Lauf
ihrer Schiffe nach dem Stande der Gestirne, und doch konnte
vor dem Bekannt werden der Newton’schen Gravitationstheo-
rie die Bewegung der Weltkörper durchaus nicht vollkom-
men erklärt werden. Gans Ähnlich ist es augenblicklich in
der Musik. Die Componisten sind bereits vor längerer Zeit
zum Gebrauche von Ton- und Aocord verbind ungen gelangt,
welche die Theorie noch jetzt nicht zu erklären vermag.
Eifrige Anhänger der Theorie klagen daher Ober einen Ver-
fall der Kunst, und zwar häufig gerade in Beziehung auf
Kunstwerke ersten Banges; enthusiastische Verehrer dieser
dagegen fürchteu von einer wissenschaftlichen Betrachtung
eines solchen Kunstwerks eine Schädigung desselben, und
sie wollen von der Theorie Oberhaupt nichts wissen.
Minder excentrische und vorurtneÜsfreiere Kenner such-
ten zwar ganz richtig die Erklärung für diesen Gegensatz in
den Meinungen der beiden extremen Partheien in der zufäl-
ligen Unzulänglichkeit der musikalischen Theorie; aber sie
glaubten meist, sich damit helfen zu können, dass sie bald
eine subjective Berechtigung zu Ungesetzlichkeiten für ge-
wisse Personen gestaltet wissen wollten, bald das Ohr als
einzigen und untrüglichen Richter hinstellten, ohne jedoch
die Gesetze darlegen zu können, nach denen derselbe ur-
theilen sollte. — Bei der ersteren Ansicht konnten sich
natürlich nur ganz schwache Köpfe beruhigt finden, die kei-
nen Begriff von dem Wesen eines Naturgesetzes hatten und
daher das Sinnlose des Geschwätzes von subjectiv berech-
tigten Abnormitäten nicht einsalien.
Die zweite Ansicht hatte ihre grosse Bedeutung, so
lange es galt, auch minder kräftige Naturen unter den Com-
*1 Dieser Artikel ist von hier ah ein Auszug aus des Verfas-
sers demoAchst erscheinendem Werke Ober »Gehörbildung“.
ponisten aus den Fesseln zu befreien, mittelst deren die alte
Theorie alle Originalität zu ersticken drohte. Ein positives
Resultat konnte ihre Annahme nicht ergeben, da an Stelle
einer FroiheH unter dem Gesetz, Gesetzlosigkeit und Willkür
proelamirt wurden. Sie gab zwar jedem Componisten die
Freiheit, zu schreiben wie und was er wollte; gleichzeitig
aber war auch jeder Handwerker berechtigt, seine nach der
Schablone gefertigten Dutzeoderzeugnisse für echte Kunst-
werk« zu halten, und ausserdem wurde der meist wenig
rücksichtsvollen Kritik derjenigen Thor und Thür geöffnet,
deren Urtheil sich nur auf die Voraussetzung gründet, dass
alles ihnen Unklare überhaupt unerklärbar sei.
Am meisten gewannen dabei noch die Kritiker, da ih-
nen ihre Arbeit sehr bequem gemacht wurde; für die Com-
ponisten war diese Befreiung aus den Kesseln der Theorie
bei der Erwerbung von Anerkennung mehr hinderlich als
fördernd. Sie wurden zwar frei, gleichseitig aber wurden
sie auch für vogelfrei erklärt, — und wenn die Kritik ge-
rade die Heroen unter ihnen nicht gesteinigt hat, so hat es
ihr doch in vielen Fällen an gutem Willon dazu wahrlich
nicht gefehiL Mag hier nur, um durch Anführung von
näher liegenden Beispielen nicht persönlich zu verletzen, an
di« Urtheile Forkel’s Obor Beethoven erinnert werden, de-
nen Fr. Brendel in seiner „Geschichte der Musik“ das wenig
schmeichelhafte Prädikat „bornirt“ zuerkennt, die aber gleich-
wohl zu ihrer Zeit von Vielen für maassgebend gehalten wurden.
Auch die Einschränkung der Berechtigung zu einer
maaBsgebenden Kritik auf das „musikalisch gebildete Ohr“
hatte keinen Nutzen; denn es durfte jeder, der einige Musik
gehört hatte, sich ein musikalisch gebildetes Ohr vindiciren,
ohne dass ihm dieses mit Gründen unumstösslichcr Natur
bestritten werden konnte. Gleichwohl hält inan diese An-
sicht noch jetzt fest, theils weil sie eine sehr bequeme ist,
theils weil man eben noch nichts Besseres kennt ; denn noch
war bis jetzt nichts gefunden, wodurch die Unzuverlässigkeit
8
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des Gehörs positiv erwiesen und zugleich etwas ad seine
Stelle gesetzt wurde, was als Maassstab bei Beurtlieilung von
Coropositionen verwendet werden könnte.
Allerdings wiesen schon einfache Thatsachen, die sich
jedem aufdrängen mussten, der sich nicht absichtlich gegen
sie verschloss, das Urlhcil Auch des musikalisch gebildeten
Ohres als durchaus unzuverlässig und trOglich nach. Nie-
mand wird Wagner und Listt musikalisches Gehör obspre-
chen wollen, und dennoch schreiben dieselben Manches, wa§
andern Obren, die man keineswegs ungebildet nennen würde,
Ansloss erregt. Die Ansicht, als suchten diese Componi-
sten aus OrigioalitAtssucht absichtlich Uebelklingandea her-
aus, ist sicher zu albern und abgeschmackt, als dass sie
auch nur den geringsten Glauben verdiente. Sonach uriheilt
das musikalisch gebildete Ohr in demselben Falle ganz ent-
gegengesetzt, ohne dass sich entscheiden lässt, welches Ur-
theil richtig sei.
So lange jedoch den Kritikern nicht direkt bewiesen
wird, dass das Ohr an sich nicht maassgebend sein kann
bei ßeurtheilung des Klanggepräges in einem Tonst ücke, so
lange werden sie die ihnen bequeme Begründung ihres Ur-
theils feslhalten. Die grosse Menge aber steht aus Liebe
zur Bequemlichkeit immer auf Seile der für sie richtenden
Kritiker. Wir werden daher noch täglich sehen können,
wie Kämpfe selbst der bedeutendsten Componisten gegen
eine missgünstige Kritik nicht selten tum unverdienten Nach-
tbeile der enteren ausscblagen, so lange die letztere ihre
Uriheile nur durch ihr Gefallen oder Missfallen an den kri-
liairlen Tousälzen zu motiviren hat.
In dem Folgenden werde ich mich bemühen, auf Grund
meiner Theorie nachzuweisen, dass es auch unter Musi-
kern und Kritikern von Fach oft lediglich von dem Bil-
dui gsslandpunkte des Urtheilenden abhängt, ob ein TonSatr
in seinem Klatigcharacler. in seinen melodischen, harmoni-
schen und modulntorischen Wendungen, ihm zusagt oder
nicht. Dabei wird sich ergeben, dass zwar Alles, was ir-
gend einem musikalisch gebildeten Hörer gefällt, gut und
richtig, nicht aber auch umgekehrt Alles, was irgend « iuem
Obre missfällt, darum unrichtig und schlecht sein müsse.
An der Hand dieser Auslassungen würde dann durch einen
einfachen Schluss meine Behauptung, dass die Theorie auch
Auf andern Gebieten der Tonkunst das Unzulängliche in der
jetzt gültigen Kritik dnrzulegen im Stande sei, direkt be-
gründen. Wenn ich mich auf meine Theorie stütze, so
kann ich natürlich hier nicht den Beweis für die Richtigkeit
derselben liefern, sondern muss mich auf mein bereits ge-
nanntes Werk beziehen; die Einfachheit der Erklärung all-
bekannter Thatsachen und einige bereits angeführte positive:
Erfahrungen sind die alleinigen Beweisgründe, auf welche
ich mich hier beschränken muss. Aber die hier dargelegteu
Ansichten sind jedenfalls auch ohne dies zu wichtig und
neu, als dass sie ohne gründliche Widerlegung hei Seite
gelegt werden könnten, selbst wenn sie in Form von unbe-
gründeten Hypothesen aiiflrAlen.
Durch Jen in vor. No. mitgetheilten Schlusssatz, in wel-
chem meine Theorie gipfelt, wird das Auffassen des melo-
dischen, harmonischen und modulnlorischen Zusammenhan-
ges zwischen den Tönen eines Musikstückes auf eine Tbü-
tigkeit des Menschengeistes zurückgeführl. Darnach muss
der Goisl eines verständnissfähigen Hörers im Stande sein;
1. die Grundmaasse (drei Intervalle) nbmessen, und
2. die durch ihre Verbindung hergestellten Tonhöhenbe*
ziehungen in ihre Einzelnbeziehungen zerlegen zu können.
Die Anlagen zu beiden Fähigkeiten sind nach meiner
Ueberzeugung bei jedem vollsinnigeu Menschen vorhanden,
und zwar ursprünglich nur die Anlagen, die entwickelungs-
fähig, aber auch entwickelungsbedürftig sind. Unser Ton-
sinn lässt sich also nach zwei Seilen entwickeln, nämlich;
1. die Grundmaasse immer genauer und sicherer
abmessen, 2. immer zusammengesetztere Tonhö-
henbeziehungen in ihre Einzelbeziehungen zerlä-"
gen zu lernen.
Dass die erste Anlage, deren Entwickelung nach mei-
ner Bezeichnung ein feines oder gutes Gehör erwirbt,
einer Ausbildung wirklich fähig und bedürftig sei, ist wohl
nur selten geleugnet worden, — auch hat man immer das
beste Mittel hierzu, das häufige Anhören von rein ausge-
führter Musik, gekannt und geschätzt. Wichtiger für meine
specielle Absicht ist daher die Betrachtung der zweileo
Seite unserer Musikanlage.
Die Intervallverbindungen, welche zur Erklärung ver-
schiedener Fälle nach meiner Theorie nöthig werden, sind,
wie bereits erwähnt, theils einfacher, theils complicirter.
Die Zerlegung zusammengesetzterer Beziehungen in ihre
Einzeibeziehungen ist schwerer als die Auflösung einfache'
rer Beziehungen: gelangt daher der menschliche Geist wirk-
lich nur durch die Benutzung der drei Gnrndrntervafle tirm
Verständnisse aller Tonhöhenbeziehungen, so muss die Auf-
fassung und das Verständnis* für Ton-' flind Aceordfolgen
etc., zu deren Erklärung sehr zusammengesetzte Verbindun-
gen der Grundinlervalle nöthig werden, einen hohen Grad
von Gewandtheit des Geistes für die Auflösung solch* zu-
sammengesetzter Beziehungen beanspruchen. Diese grössere
Gewand) heit kann nur durch grössere Uebung der betref-
fenden Kraft erzielt werden, und ich bezeichne daher diese
Fertigkeit des Geistes mit dem Ausdrucke gebildetes
Gehör. .»
Verschiedene Accord formen, verschiedene melodische,
harmonische und modulalorische Wendungen erfordern nach
dieser Auffassung zu ihrem Verständnisse sehr verschiedene.
Grade musikalischer Bildung. Die Auffassungskraft durch-
läuft also bezüglich des Ionischen Elements in der Musik
verschiedene Stadien der Entwickelung, in der gesammten
Menschheit sowohl als beim einzelnen Individuum. In der
Thal lässt sich bei verschiedenen Componisten und oft auch
für verschiedene Perioden eines und desselben Componisten
ein wesentlicher Unterschied io» Gebrauche leichter oder
schwerer verständlicher Wendungen und Accordbildungen
nach weisen, ja ich wage es auszusprechen, dass nach mei-
oer Ueberzeugung der Unterschied der musikalischen Style
und Schreibweisen zum grossen Theile hierauf mit beruht,
obgleich ich den Beweis für diese Behauptung erst in einem
umfassenderen Werke führen kann.
Beide Fälligkeiten, — das feine Gehör, welches die
Ahweichungen von der reinen Intonation erkennt, — und
das gebildete Gehör, welches den tonischen Zusammenhang
auch in schwierigen Accordbildungen und Modulationen auf-
fassen kann, — sind natürlich hei jedem Musikalischgehil-
delen gleichzeitig in bestimmten Graden vorhanden, und
beide werden durch das Anhöreri von rein ausgeführten gu-
ten Tonsätzen immer mehr und mehr entwickelt, aber je
nach der Wahl der gehörten Tonsätze ist bald die eine,
bald die andere hervortretender ausgebildet. Personen,
welche Gelegenheit haben, rein angeführte Musik oft zu
hören, können die Feinheit ihres Gehörs bis zu einer über-
raschenden Schärfe entwickeln; sie werden aber, wenn die
gehörten Musikstücke nur einfache Accorde und leicht fass-
liche melodische, harmonische und modulntorische Wen-
dungen benutzen (wie dieses namentlich in der dem grösse-
ren Publikum zugänglichen Tanz- und leichteren Salonmu-
sik der Fall ist), hinsichtlich der nnderseitigen Ausbildung
ihres musikalischen Gehörs auf einem Standpunkte stehen
bleiben, der ihnen das Verständnis?» mancher Wendungen
und Accordformen in minder einfachen Tonsätzen unmöglich
macht. Aehnlich mag es wohl auch in Bezug auf das
rhythmische und auf andere Elemente sich verhalten. Der
Inhalt ober eines Tonstücks ist einem Hörer, der nicht ein-
mal die äussere Form zu fassen vermag, natürlich unzti-
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gdoglieh. Inhalts- und zu^amaienhangstose Tonverbindungen
können des Ästhetische Wohlgefallen eines musikalisch ge-
bildeten Hörers nicht erregen, sondern müssen einen unan-
genehmen Eindruck auf ihn machen. Mindestens aber müs-
sen die dem Hörer nicht geläufigen Wendungen ihrer schein-
baren Seltsamkeit wegen eine andere Wirkung ausöben, als
sie der Componi'l beabsiehtigt hat, und hieraus entspringt
tum Theil das Mnassloae in der Form, das romantische
Wesen, das narkotische und nervenerregende Element etc.,
welches wirklich bahnbrechenden Tonschöpfunget» von den
betreffenden Seiten immer zugeschrieben worden ist. Da
nun die Ursache dazu immer in den betreffenden Composi-
tiooen und nicht in dem Mangel an eigener Bildung gesucht
wird, so verschliessen sich Viele gfinzlich gegen solche
schwerversländliche Musik, und sie tragen ihren Widerwil-
len gegen dieselbe oft sogar mit besonderem Stolze zur
Schau. Derartige Mustkkenncr sind trotz ihres feinen
Gehöres nur sehr einseitige und namentlich für neue Er-
scheinungen sehr missgünstig gestimmte Beurlhriler. Viele
sonst sehr ausgezeichnete Dirigenten namentlich solcher
Sängerchöre, die sich ausschliesslich mit der allen Kirchen-
musik oder nur mit dem Volksliede beschäftigen, stellen
sich offen auf diesen Standpunkt, und jeder von ihnen hat
natürlich eine grosse Anzahl urtheilsloser Nachbeter hinter
sich. — Eben so einseitig aber wird Oberhaupt Jeder, der
nur einem einzelnen unter den Heroen seinen Culius weiht,
gleichviel, ob dieser Einzelne Palestrina oder Wagner
heisse. — Eine solche einseitige Geschmacksrichtung ist an
sich unschädlich und persönlich keinem Menschen Obel zu
nehmen, auch wenn derselbe absichtlich diesen Standpunkt
festhielte; anders eher ist es, wenn ein Anhänger dieser
orthodoxen Richtung als Dirigent, als nusführender Künstler
oder als Kritiker auf ein grosses Publikum tu wirken be-
rufen ist. An so hervorragenden Stellen sollte man doch
mit der Fällung seines Unheils über Tonschöpfungen, be-
sonders wenn fflr dieselben bereits gewichtige Stimmen ge-
sprochen haben, so lange zurflckhallen, bis man sich in
Bescheidenheit und mit gehörigem Ernste gefragt hat , ob
der Grund des Missfallens nicht etwa in der unzureichen-
den eigenen Musikbildung zu suchen sei, und bis man diese
Frage mit Entschiedenheit hat verneinen können. Wäre
dieses immer erkannt und von den maassgebenden Musikern
und Kritikern sowie von dem Publikum gehörig gewürdigt
worden, so hätte sicher mancher von unseren bedeutendsten
Tonsetzern viel früher Anerkennung erlangt. Das Publikum
hätte dann nicht so vertrauensselig auf das suhjeclive Meinen
eineseintelnen Menschen geschworen, sondern würde ver-
suchthaben, sich selbst zu einem Uri heile heranzubilden. Diri-
genten und ausfflhrende Künstler hätten sich wohl Schwer-
in!) ihrer Mehrzahl nach gegen neue Erscheinungen so lange
als möglich feindlich oder doch ziemlich gleichgültig verhal-
ten, sondern sie hätten gewiss ihre Thätigkeit in noch höherem
Grade als Bildungsmitlel aufge fasst und aU'geübl, als es ge-
schehen ist. Viele Kritiker wären sicher toleranter oder
doch minder schroff gewesen, und sie hätten sich dadurch
manche Inconsequenzen erspart, die auch einigen der acht-
barsten unter ihnen in einer „Blumenlese aus der Kri-
tik der letzten zwanzig Jahre** leicht nnchgewiesen
werden könnten. Aber aurh mencher Anhänger der mo-
dernen Musik würde sein Verhallen gegen die „Alten“ we-
sentlich modificiri haben; denn Palestrina und Baoli z. B.
fordern zu ihrer Wflrdigung etwas mehr als die Stellung
auf deo historischen Standpunkt; sie verlangen ebenfalls
Studium und längere Beschäftigung mit ihren Werken. Im
Qbrigen aber bedingt ja die leichtere oder schwerere Fass-
barkeit der äusseren Form den ästhetischen Werth oder
Unwertb eines Kunstwerks eben so wenig, als z. B. der
einfachere Styl Göllie unter Klopslock stellt.
Waa hier in Bezug auf das tonische Element in der
Musik nachgewiesen wurde, dürfte der Theorie auch auf
andern Gebieten nachzuweisen nicht unmöglich sein. Es
ist dieses aber sicher der einzige Weg, die Componisten
von der Anmanssung engherziger und wenig gebildeter Be-
urtheiler gänzlich zu befreien und ihnen ein wirklich ur-
teilsfähiges Publikum zu schaffen. Das Vorurteil, wel-
ches Componisten wie alle Praktiker in Beziehung auf die
Theorie hegen, und das Göthe’s bekannter Ausspruch so
oft legalisiren musste, wird 6ich sofort als ein unberechtig-
tes erweisen, sobald nur erst fflr alle TheiJe des Tonreiches
eine richtige Theorie gefunden sein wird. Damit dieses aber
möglichst bald geschehe, dazu bedarf die Theorie der An-
erkennung und thäligen Unterstützung namentlich auch der
Componisten, und um die Erwerbung derselben war es mir
hier wesentlich zu thun.
Berlin.
H e v u e.
( Königl. Opernhaus.) In Aubcris „Stumme von Portici*'
und in Halävy'a „Jüdin" gastirte am 10. und 19. HerrFeren-
czy vom Hamburger Stadtthcater als Masnniello und Eleazar.
Allerdings bedarf unsere Oper, nachdem e9 feststeht, dass Herr
Wachtel nächste Saison nicht bei uns singen wird und Herr
Niemann uns nur für einige Monate engchört, einiger Tenöre,
welche den Herren Woworsky und Kr Oger die nicht geringe
Last des Repertoire tragen helfen. Wir zweifeln, da9 der heu-
tige Gast in dieser Nolh ein« Rollung sein werde. Herr Fe-
renezy war vor sechs Jahren (io den ersten Wintermonaten
1802) bereits Mitglied unsrer Oper; er besas9 eine der schön-
sten Stimmen, deren wir uns zu erinnern vermögen, sonor,
edel, sympathisch mit kraftvoller Höhe. Denooch verstand der
Sänger nicht, diese glänzenden Eigenschaften gellend zu ma-
chen; er war — das alte Elend und ewig bleibt ea neu —
ohne musikalische Elementerkenntnisse wie ohne spezielle Ge-
sangsbildung zur Bühn« gegangen, sein Vortrag blieb stets
unsicher, einzelne zufällig gelungene Stellen konnten für den
Mangel an richtiger Deklamation, ruhiger Pbrasirung, gehöriger
Oekooomie des Athems, Charakteristik, nicht entschädigen und
trotz der in so seltener Weise schönen Stimm-Mitte! blieb als
Eindruck solcher Leistungen stets nur das lebhafteste Bedau-
ern darüber, dass hier wieder einmal eine so reiche Begabung
verloren gehen müsse. IJas ist denn auch leider eingelroffeo.
Das, was Herr Farenczy von seiner Stimme heute noch
besitzt, ist nicht im Stande, fflr ihn einzunehmen; die Stimme
hat keinen Glanz, keinen Timbre mehr; trotz aller Anstrengung
lagert sich über den Gesang Müdigkeit und Mattigkeit, die
kein wohlthuendes Gefühl aufknmmen lassen. Die grösste
Mühe verursachten der Stimme die SteKen, welche absolut
kein Forciren vertragen, wie s. B. das Schlummerlied; hier
wurde denn auch, trotzdem das Stück um einen ganzen Ton
tiefer transponirt und um die ganze Wiederholung des zweiten
Theil» gekürzt war, der Ton ein unsäglich gedrückter. Im
Gegensatz hierzu gab Herr Ferencxy in den beiden Finales
des ersten und zweiten Actes der „Jüdin" an vielen Stellen
Oulrirtes und gewaltsam Unschönes. Die Darstellung des
Masnniello wie des Eleazar hielten sich io achablonenartrg
Afusserlichem ; besonder« erschien der drastische Eleazar
farblos. Leider secundirte Herrn Ferenczy in den erwähn-
ten Kraftproben auch Frau Voggenhuber als Becha, wel-
che selbst in der Romanze des 2. Acts „Er kehrt zurück**
keine Missigung ihres perpetuellen Forte für nölhig erachtete.
In der Auber’schen Oper hatte auch Fräulein Börner als Prin-
zessin keinen günstigen Abend; die erate Arie kam durch
8 *
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misslungene verwischte Läufe und Figuren, durch Gedächtnis*-
fehler zu keiner Geltung. Hecht lobenewerth war Herr Fricke
als Pietro wie als Cardinal, ebenso Fräulein Selling als Fe*
nclla. Die sonstigen Vorstellungen der Woche waren am 15.
„Freischütz“; am 17. „Webee Dame“ und a«i 21. „Troube-
stouP\ beide Opern mit Herrn Wachtel.
Das Kroll'iche Etablissement, welche« uns während der
Sommersaiaon so gelungene Opemvorstellungen bietet, feierte
am 15. sein fOnf und zwanzigjähriges Bestehen. S. M. der
König wie der Hof beehrten dio Featvorstellting durch ihre
Gegenwart; der brechend volle Saal bot durch dio glänzenden
Uniformen und Toiletten eineu prächtigen Anblick. Nach dem
Marsch aus dem „SommeruachUlraum“ folgte ein Festspiel von
A. Reich, in welchem der Entstehung wie der allgemeinen
Beliebtheit des Etablissements in ernster und humoristischer
Weise gedacht werden. Nach einer' ebenso melodiösen als
wirksam inslrumentirten Hymne vom Grafen Redern beschloss
die hundertste Vorstellung der Posse „Spilldte in Paria“ den
Abend. Herr Dir. Engel halte den reichen Ertrag des Abends
mit I- unserer trefflichen Feuerwehr, mit £ zweien Beamten
dre Lokals, welche seit Beginn desselben fungiren, zukom-
men lassen. Möge Herrn Engel' s Thäligkeit, Intelligenz wie
sein rnildlhätiger Sinti noch lange dem KroU'schen Etablisse-
ment erhallen bleiben.
Am 16. d. M. brachte der Hollftuder'sche Gesangverein
im AroNn'schen Saale „Der Rose Pilgerfahrt“ von Robert Schu-
mann zur Aufführung. Der Saal war gedrängt voll; Beweis
genug, wie gross das Interesse des Publikums an Geseoges-
auffOhrungeji ist, auch wenn diese, wie hier, nur am Pianoforte
stnltündeo und wie Schumann immer mehr an Terrain unter
den Musikfreunden gewinnt. Dazu kommt, dass die verenge-
gaogene, fast in jeder Beziehung vortreffliche Aufführung von
„Acre und Galathea“ von Händel durch denselben Verein dio
Erwartung auf dia diesmalige Aufführung nebl wenig gesteigert
halt«. Können wir nun auch, abgesehen vnn der gleich tüchti-
gen Begleitung de* Dirigenten, die diesmalige Leistung der
vorangegangeueri nicht gleichatellrn, namentlich was die Solo-
parlhieen im Sopran und Alt anlangt, so wollen wir gerne
manches, das uns beim Sopran in Tooreinheit und beim AU in
der Auffassung nicht genügte, zum grössern Theile auf Rech-
nung der in der Composition vorliegenden nicht geringen Schwie-
rigkeiten stellen. Diese trägt nämlich alle Eigenschaften Scliu-
maon's, seine Vorzüge und Schwächeu, an sich und letztere* tre-
ten um so mehr hervor, als die alleinige Piauoforlebegteitung
allen Zauber vermissen lässt, den Schumann durch seine In-
strumentation ausübt, und durch welche er so manche gesuchte
und Ihciiweise auch verunglückte Melodieföhruog verdeckt.
Denn an dieser fehlt es gerade io der Partbie der Rose so we-
nig, als dieselbe zugleich reich an den schönsten musikalischen
Momenten ist, wie schwer e» auch immer bleibt, dieser Par-
thie bei ihrem durchgehend elegischen Charakter das Inte-
resse dauernd zu erhalten. Den grössten Reiz in dieser Schu-
mann'ücben Tondichtung üben mit Recht dio köstlichen, auch
in der Aufführung höchst gelungenen Chöre aus; vor allem die
Elfenchöre, für die Schumann's Genius so ganz geeignet war;
sodann der Waldchor: „bist du im Wald gewandelt“ und „was
klingen denn dia Hörner“, endlich das Solo für Sopran und
All: „ei Mühle, liebe Mühle“, ln allen diesen gab sich das
reiche Talent Schumann's für echte Charakteristik kund. Die
Soli wurden im Sopran von Frau Holländer, Fräul. v. F •-
cius, Frau Pauly, im Alt von Fräulein Baumanu, im Tenor
von Herrn Domsänger Geyor, im Bass von Herrn Putsch
mit Einsicht und Versländniss vorgetragen.
Die 2te Quartett- Soiree (II. Cyclus) der Herren Concert-
meister de Ahna, Espenhahn, Richter und Dr. Brune
am 18. d. M. kn Aroim'scheu Saale war in jeder Beziehung
eine vorzügliche zu neonen. Wir danken es den Künstlern,
dass sie dieselbe, zum ersten Male io diesem Winter, mit ei-
nem Quartett (B-dor — No. 0 der Partitur) von Mezart eröff-
nten um so mehr, als das gewählte eine wahr« Perle der
Quarlettmusik ist und die Ausführung nichts zu wünschen übrig
liess. Bei «Iler Einfachheit der Anlage ist des Ganze vom Gei-
ste der Anmnth durchweht, während zugleich das Larghetto
eine reiche Tiefe des edelsten Gefühls erschlieast und die Me-
nuett durch liebliche Nsivelät in den erstell Theilen, sowie das
Triu durch sinnige Behandlung sich ausseichnen. Io diesem
Werke vereinigte sich bei den Künstlern die vollkommne Gleich-
iiiässigkeit der Tonstärke der einzelnen Instrumente, mit durch-
gängiger Präcision und glücklicher Auffassung. Das darauf fol-
gende Quartett von Mendelssohn tOp. 44 No. 1), jedenfalls das
vorzüglichste unter den 3 Nummern dieses Opus, wurde eben
so wie das vorangegangene Mozar fache bei frischer, lebendiger
Ausführung sehr beifällig aufgenommen. Den Schluss bildete
das unvergleichlich© Beethovcn'sche Quartett in B-dur fOp. 130).
Der erste Satz bietet der Ausführung besondere Schwierigkeiten
in dem steten Tempowechsel und in der Nothwendigkeil die
Figur dee Allegro ganz präcie und deutlich herauszuslelten und
euch bei den spätem oft ganz kurzen Aukläugen sie jedesmal
bestimmt in jedem Instrument hörbar su machen. Die Aus-
führung war ungeachtet dessen eine meist gelungene. Dagegen
bezeichnen wir als durchweg vorzüglich gespielt des höchst hu-
moristische Presto $ nlla Breve, B-moll, abwechselnd mit | B-
dur, so wie das Andante coo moto { Des-dur. In diesem in
Variationenform gehaltenen Salze begegnen wir bei nicht zu
verkenneudetn phantastischen Charakter einer unnachahmlichen
Zartheit, mit der wieder das Allegro assei, aila danza tedesca,
G-dur die lieblichste Verherrlichung des Tanzes wunderbar
contrnstirt. Die eigctilhümliche Betonung, sowie die stete Ab-
wechselung von Piano und Forle verleihen demselben einen be-
sonderen Reiz. Noch einmal wird dem tiefen Lebensernsl Raum
gegeben in der köstlichen Cnvatine, Adagio molto espresstao,
Es-dur der schmerzlichste Ausdruck ist es, den hier dio Er-
innerung an die dahingeschwundenen Jugendideole findet. Den
Schluss bildet dann zur heitern Lust am Leben zurückkehreod
das Filiale, (Allegro f B-dur) den Hörer io vollster Befriedi-
gung entlassend. Auch diese letzten Sätze bewiesen, welche
Sorgfalt die Künstler auf die Ausführung verwendet hatten.
Des 2. Abonnements-Concort dee Frauen-Vereins der Go-
stav- Adolf-Stiftung fand am 20. d. M. unter Leitung des Herrn
Kapellmeister Scholz slnlt. Den Anfang bildete: „im Freien“,
Cout er (stück für Orchester in Form einer Ouvertüre von Herrn
Scholz, den Schluss die Egmonl-Ouverlüre von Beethoven, beide
von der Berliner Symphonie-Kapelle in gewohnter Tüchligkeit
ausgeführt. Dos ConcerUlück, dem es nicht an einzelnen an-
mulhigen Motiven fehlt, entbehrt doch zu sehr der Abrundung
und des einheitlichen Organismus, um «ine bestimmte Stimmung
hervnrzurofen. Die Insirumeotalion ist oft recht glücklich. Die
Übrigen PJöoen des Programms waren Solostflcke, meist mit
Orchcsterbeglritung. Zunächst trug Herr von Saldern eb
Violincopcert von S. Bach fA-moll) geschmackvoll, bnd wenn
auch nicht mit grossem, doch mit edlem Tone und reiner fo-
tonalion ypr. Mit Herrn Scholz spielte Herr v. Saldern noch
2 Romanzen voo Schumann und Kiel. Fräulein AmäUeZinl;-
eisen sang 2 Arien; in der aus Moiert’e „Figaro“ „endlich
naht sich die Stunde“ sowie io der aus Rosaiol's „Barrbier“:
„Una voce poco foT koooten wir die in der letzten Zeit öfter
anerkannten Vorlüge ihres Gesanges, leichte Coloratur, Rein-
heit der Intonation und einen im Ganzen von Geschmack und
Verständnis zeugenden Vortrag nur wiederßnden ; wir vermtM-
teo aber auch diesmal, wie früher, die eigentliche Seele, das
unmittelbar und unwiderstehlich zum Herzen Dringende, na-
mentlich bei Mozart. Fr Aulein Alma Holländer trug ausser
2 Chopin'scben Piecen (Etüde Cis-moll und Walzer (Op. 42
As-dur) das 4te Pianoforte-Concert von Beelhoveu in G-dur vor.
In Beireif ihres Spiels im Allgemeinen beziehen wir uns auf
frOher Gesagtes; was die Auffassung der Tempi anlangt, so
wiir dieselbe in einzelnen Sitzen, so z. B im ersten Satze,
entschieden vergriffen; derselbe erhielt durch das tu langsame
Tempo etwas Schleppendes, der letzte entbehrte bei aller per-
lenden Coloratur doch derjenigen leichten Anmuth, durch wel-
che er Alles unwillkürlich hinreissl. Beiden Damen wurden
reiche Beifallsspendeu zu Theil.
Am 21. d. gab Herr Ehrlich, der zu unserem grossen
Bedauern zu selten mit seinem ausserordentlichen Talent in
die Oeffeollichkeil IHM, im SaAle der SingAcademie ein Concerl,
welches von einem auserlesenen gebildeten Publikum besucht
war. Das Programm bot eine Auswahl ebenso interessanter
wie schwieriger Werke und wurden sHmmtliche Nummern
vom Concerlgeber ausgeführt. Beethovens gewaltige Sonate
in B-dur (Op. 106) eröffnet« den Abend. Dlo Anforderungen,
welche dieses Werk sowohl naeh technischer wie geistiger
Seite bin an den Vortragenden stellt, sind so eminenter Art,
dass nur wenige Pianisten im Stande sind, denselben vollstän-
dig gerecht zu werden. Herr Ehrlich trug die Monate mit mu-
sterhafter Klarheit, feiner Phrasirung und tiefem in das Werk
eingedrungenen Verständnis» vor und war es in dem Adagio
sein durchgeistigtes inniges Spiel, welches ihm die allgemeine
Anerkennung gewann, so zeigte er im letzten Satze eine sehr
bedeutende sichere Technik. Die Sonate (H-dur, drei Sätze:
Allegro commodo, Inlermezzo, Allegro vivace, Tema con Varia-
tion!) von B. Scholz erfreute «ich, von Herrn Ehrlich in eben
so verständniss- als empfindungsvoller Weise ausgeführl, einer
günstigen Aufnahme. Dieselbe offenbart in der dis Variationen
abschliessenden Fuge wie in dem DurchfOhrungsabschnitt des
ersten Allegro Wohlgelungenes, namentlich wa9 musikalische
Artreil betrifft. Der Hauptgedanke des ersten Satzes wirkt
anregend und frisch. Besonderes Interesse nahm die Humo-
reske Op. 20 von Schumann in Anspruch. Der Vortrag des
von Acht Schuniann’schcm Geiste durchwehten Stückes war
eine der glänzendsten Leistungen, die wir je gehört. Wir er-
wähnen nur die Abschnitte: „Innere Stimme, einfach und zart,
mit einigem Pompe“, weicht! reizvoller wohl schwerlich wieder-
gegeben werden können. Zwei Ptöcen von Chopin: Impromptu
in Fls-dur und Scherzo in B-moll vervollständigten das Pro*
griimm. Das Pnhtfkum zeichnete Herrn Ehriich mit vielem
Beifall und Hervorruf aus. 1 d. R.
Correapon den*.
Pari», 90. Februar.
Da* PuMihwn der Cooeerls popolnires hat sieh vorigen Sonn-
tag wieder einmal eine jener aufregenden l'pberrasehungcn be-
reitet, die in dten diesjährigen Programmen dieser Coneerte selbst
nicht zu (Inden sind. Es unterhielt weh, gelegentlich der Auf-
führung der Schumann'schen „Manfred“-Ouverture, mit Applaus
tmd Zischen eine in diesen Räumen durch WagneFsrtfeWerko
sdit einiger Zelt eingebürgerte Gewohnheit. Während mau sich
dnreh Gomiod's „Air de bauet 4 * und durch das von Frau Nor-
mano-Neruda an und für sich meisterhaft, doch stellenweise
allzu sentimental, vorgetragene Mendelsaohn’sch« Vtofin-Concert
enthusiasmiren Hess, glaubte ein Theil des Auditoriums dem
Schumann'schen Werke eine traditionelle Opposition bereiten zu
sollen. Diejenigen, welche keinen Geschmack und Verständnis
für diese oder jene Compoaition hegen, sollten doch so viel
Bildungsgrad besitzen, um einem achtunggebietenden und ern-
sten, ticfpoetischen Werke gegenüber, deren Schumann, trotz
späterer geistiger Abirrung, doch stets geschaffen, wenigstens ein
Anständiges Stillschweigen einzubalten. Glücklicherweise sind
einzelne Tumultanten für den Culturgrad eines Publikums nicht
maassgebend, und so können wir denn berichten, dass der gleich
Wagner, in Paris vielfach angefeindete Schumann, sich in den
musikalischen Salons und seihst in den Concerten mittelst seiner
wundervollen Lieder und seiner Claviereomposttioneu, hier immer
mehr und mehr einbürgert. So wurde u. A. am vorigen Don-
nerstag in dem von den sehr talentvollen Geschwistern Wald-
teufel abgehalteneu Conccrt Schumann'« „Pltie“, für Gesang,
Piano, Violoncetl und Orgel, mit Enthusiasmus aufgenommeu.
Ohne im musikalischen Geschmack Einseitigkeit zu beurkunden,
muss man doch dem tiefpoetischen Schumann vor vielen Com-
ponisten der Neuzeit, Verbreitung und Anerkennung wünschen,
namentlich io einer von den leichten Genüssen des Lebens und
▼en den oberflächlich sinnlichen Eindrücken so sehr in Anspruch
genommenen Weltstadt wie Paris. — Gounod ist von seiner Pil-
gerfahrt nach Rom hierher zurtickgekehrt, um die letzten Proben
seines mit den Soenen der Walpurgisnacht neu bereicherten
„Faust“ in der Opära zu überwachen. — Rubinstein wird in die-
ser Saison nicht kommen; dagegen haben Alfred iaäl und seine
Gemahlin, geborene Trautmann, für den 11. März im Saal Erard
ein Conccrt augekündigt. — Der Violinvirtuose Wilbelmj ist
hier ein getroffen und Sivori bereitet sieh vor nächster Tage
naeh Constnnlinopcl abzureisen. Letzterer Virtuose, welcher zur
Zeit der Anwesenheit Joaehim's in Paris, hier nicht den gewohn-
ten Beifall fand, ist seither nicht mehr zu bestimmen, hier öffent-
lich aufzutreteu, und zieht es vor, sich fortan von den Orientalen
und llalbbarbaren bewundern zu lassen. In deu von dem be-
rühmten Courabassisten Bottesini veranstalteten Mittwochs-
Privnt-Soireen, hörten wir mehrere neue Streichquartette Botte-
siui’s, — welche einen in den Schulen verschiedener Linder gebil-
deten Musiker bekunden, und eflfectvoll gehalten sind, — in der
Ausgezeichneten Ausführung der Herren Sivori, Max Soherek,
Bottesini (Alto) und Albert (Violoncelli. Auch das B e et hören Wie
E-moll-Quartctt wurde von diesem seltenen Künstlerverein zum
Besten gegeben. Ausserdem spielte Sivori eine ihm gewidmete
hinlcrlassene Vloliu - Composition Rossini’s „Hommage a Paga-
nini“ zum ersten Male. Das romabzenartige Stück ist dadurch
originell — dass es keinerlei Pagaiiini’sche Schwierigkeiten ent-
hält Ein belgisches Blatt brachte neulich Ober Sivori die Be-
hauptung, dass er als Erbe eines Pagsnini'schen Geheim-
nisses, um seinen schönen vollen Gessngslon zu erzielen,
«Ich eigene Saiten aus hierzu eigens präparirlen Katzeudärmen
bereite. Das Geheimniss besteht einfach darin, dass Sivori bei
Gesangssteflen die untere Octav mit einem zweiten Finger ge-
wöhnlich mitgreltt und dadurch eine verstärkte Vibration erzeugt.
— In der letzten Soiree der Marquise v. II 6ri Court lernten wir
eine junge seböno Polin, Frau Michiehwicz, als ausgezeich-
nete Pianistin, namentlich im Vorträge Chopin'sclier Compositio-
nen, kennen. In eben so national • charakteristischer Als künst-
lerischer Auffassung spielte sie auch eine neue Mazourka, betitelt
Niezspominajka (Vergissmeinnicht) von dem begabten jungen
Componislcu Srherek. — In der Freitags - Soiree einer unserer
besten Cfavier - Lehrerinnen, der Frau Couturier, spielte die
Genannte, im Verein mit den Herren Czek6, Salvador (einem
hervorragenden orientalischen Musikforscher, der lange Zeit in
62
Algier lebte) and , einem tüchtigen Cello • Dilettanten, ein neues
Clavicr - Quartett von L. Blanc. Compoailion und Ausführung,
welch’ letztere iin schwierigsten Theil der classiscb - gebildeten
Pianistin zukam, erzielten stürmischen Beifall, und weisen wir
wiederholt auf diu dankbaren und auch musikalisch interessant
gehaltenen Kammermusik-Werke des obgenannten Pariser Com-
ponisten hin. Nicht minder Erfolg wurde der von Frau Coutu-
rier und Herrn Czekö vorgetragenen F-dur-Sonate Beethoven'«
zu Theil. — Vom Conservatoirc wurde für den nächsten Grand
prix de Home ein Preis von 500 Francs, und eine goldene Me-
daille dem Verfasser des Textes zu einerCantate ausgeschrieben, wel-
che nurdrei Peraonenen'haltcndarfifiirSopran.Tenorund Bariton).—
Im Thiilre lyrique macht ein schwedisches Gesangs • Quartett
Aufsehen, welches nordische Nationallieder in den Opern-Zwischen-
Acten vorträgt. Dasselbe ist zur Mode geworden und macht
die Runde durch die hervorragendsten Salons von Paris. Mit
Hülfe der Salons dürfte es vielleicht möglich sein, dass noch
Schumann und Wagner Mode werden — anders schwerlich.
A. v. Cz.
Berichtigung und xor Nachricht.
Zur Correepondenz aus Jens in No. 6 d. Zig. haben wir einige
Auslassungen und Druckfehler zu berichtigen: Rossini's „Li ma-
rinari“ wurde von den Herren Brandstätcr und Bassermann
vorgetragen, Schubert'» „Nacblheile“ kam mit Edm. Singur'a Or-
chesterbegleitung zum Vortrag und ferner iat zu lesen Albr.
v. Haller (statt Galler), Heerde (st. Gierde) und Herr v. Milde
(st Wilde). — Aus Mangel an Raum müssen die Correspooden-
zeo aus Cöln, Dresden, Jena, St. Petersburg und die Fortsetzung
des Feuilletons: „Aus meiuem Leben“ für eine der näch-
sten Nummern bleiben. Aus dieser Veranlassung ersuchen
unsere geschätzten Herren Correspondenten, ihre Berichte mög-
lichst kurz zu fassen; es ist dies das geeignetste Mittel, einem
unliebsamen Aufschub des Abdrucks vorzubeugen. d. R.
Journal. Revue.
Die Allg. Musikztg. bespricht Reinecke ’s Ausgabe der Joh.
Seb. Bach'schen Klavierwerke. — Die Neue Zeitscbr. f. Musik
schliesst die Besprechung der Dresdner Aufführung von Wag-
ner’e „Meistersingern“. — Südd. Musikztg.: Ausfahrt nach Volks-
weisen. — Die französischen Zeitungen enthalten meist Locales.
Nachrichten.
Berlin. Dem KOnigl. Kapellmeister Herrn Dorn Ist das Prä-
dicat „Professor“ verliehen worden.
— Zwei Schüler der „Tausig’schen Schule des höheren
Clavierspiels“ hier, die Herren Joeeffy und Haif haben nach
vollendeten Studien auf ihren ersten, soeben unternommenen
KunstrelseD, der erstere ln Wien und Pest, der zweite in Holland,
glänzenden Erfolg gehabt.
— Concert des Bach-Verereins unter Leitung des Herrn
Musikdirector Rust: Chor und Solo ans dem 18. Psalm von
Fesca, Arie aus „Paulus“ von Mendelssohn, „Die Allmacht“ von
Schubert «Frau Jachmann-Wagner), Chor aus der A-dur-
Messe voo Bach, Abend lied von Rust, Recitativ und Duett für
Sopran und Alt von S. Bach etc.
Barmen. 6. Abonnementsconcert unter Mitwirkung de« Herrn
Kapellmeister Hiller und der Frau Belllngrath-Wagnar: Ou-
vertüre zu „Faniska“ von Cherubini, Arie aus „Figaro“ und Cla-
vlerconcert in D-moil von Mozart, Orchester-Fantasie von Hit-
ler (Novität), Finale aus „Loreley 44 von Mendelssohn etc.
Bremen 8 . Concert zum Besten der Musiker-Wittwen- und
Unterstitlzuugskasse: C-moll-Sinfonie und Clavierconcert in Es
dur von Beethoven, Ouvertüre zu „Meeresstille“ von Mendels-
sohn, „Salamis“ von Gernsheim, Gesangsquintette von Hiller und
Möhring etc. — 3. Trio-Soiree der Herren Engel, BOttger und
Cabisius: Trio in B-dur von Mozart, Pianoforte-Quartelt tll-moll)
von Mendelssohn und Quintett in A-dur von Schubert. Weshalb
diese Concerte den Titel Trio-Soirden führen, ist aus genanntem
Programme, nach dein nur Ein Trio zur Aufführung kam, nicht
gut ersichtlich. — 8. Privatconcert: A - dur - Symphonie und
Scene und Arie „Ah perlido“ von Beethoven (letztere von Fräulein
v. Baillods ohne jeden Erfolg gesungen), Suite in Canonform
von Grimm etc.
Carlsruhe. Die Proben zu den „Meistersingern“ beliefen
sich naoh amtlichen Angaben ifuf: 45 Clavierproben für die So-
loparthieen vom 15. September. GO Unterrichtsproben für den
Chor, vom 28. September an, 3 Uebuogen mit Chor und Solo-
parthieen, 5 Proben für die Streichinstrumente, 4 Proben für die
Blesiustrumente, 4 Gesammt-Orchesterproben, 4 Gesammt-Muaik-
proben, 4 Proben für die Insceneaetzung, 12 Generalproben, so-
mit 161 im Ganzen, Decorations- und Beleuchtungsproben nicht
gerechnet.
Crcfcld. 4. Abonnements • Concert des Singvereins unter
Direction des Herrn Max Bruch: Ouvertüre zur „ZauberQöte“,
„Rorate coeli“ für gemichteu Chor und Orchester (neu) und Es-
dur-Stnfouie von Bruch, Requiem für Mignon von Schumann etc.
Cdln. Das hiesige Stadttheater ist am 16. d. total nieder-
gebrannt. — Vocal- und Instrumental-Concert zum Besten des Thea-
ter-Orchesters und Chor«: Ouvertüre zu „Euryanthe“ von Weber,
Chor aus dem „deutschen Requiem“ von Brahms, C-moll-Sinfo-
nie von Beethoven, Ouvertüre und Introduction zu „Teil“ von
Rossini etc. — Am 24. d. wird Rubinstein sein hiesiges Concert
geben.
Dresdeo. In der 2teu Trio • Soiree des Herrn Rollfuss
erregte u. A. ein neues ClAvierquartett des talentvollen Pianisten
Bla ss mann lebhaftes Interesse.
Elberfeld. Concert des Herrn Domsänger Otto aus Ber-
lin: Trio in Es -dur von Hummel, Cavatioe aus „Paulus“ von
Mendelssohn, Lieder von Schubert, Schumann und Mendelssohn
etc. — Im 5ten Abonnement - Concerte kam Händel’s „Samson“
zu Gehör. Die Soli sangen die Damen Bellingrath-Wagn er
und Assmann sowie die Herren Otto und Bietzacher. —
Am 26. spielt Rubinstein hier.
Gotha. Die einactige Bial'sohe Operette „Der Herr von Pa-
pilion“ wird demnächst hier in Scene gehen. Die sehr gefällige
Musik soll durch einen äusserst wirksamen Text unterstützt sein.
Hamborg. 3. Soiree für Kammermusik des Herrn Nla-
mann: Trio Es-dur, Op. 1 No. 1 von Beethoven, Sonate für Pianoforte
und Violine D-moll Op. 121 von Schumann, Novelietten Op. 29
voo Gade und Trio F-dur Op. 15 von Rubinstein. — 1. Privat-
aufführung des Tonkünstlervereins: Pisnoforte - Quintett Op. 107
von Reff, Arie aus „Figaro" von Mozart, Andante mit Variationen
für 2 Pianoforte von Deprosae, ^stimmige Fraueuchöre von Blum-
ner und Stern, Trio vou GrSdener, Serenade für 5 Celli, Contra-
bass und Pauken von Scbwencke et«. — 7. philharmonisches
Concert: Concert (G - moll) für Streichorchester, zwei obligate
Violinen und obligates Violoncell von Händel, Musik zu „Prome-
theus“ von Beethoven und zweite Symphonie (C-dur) Op. 61 von
Schumann.
Hannover. Das Concert für bülfsbedürftige Angehörige des
Königlichen Theaters brachte Händel’s „Judas Maccabius". Die
Soli wurden von den Dameu Kuhn, Freu n dt, Mayer und
den Herren Dr. Gunz und Uletzaoher vorgetragen.
Hirachberg. Jean Vogt s Oratorium „Die Auferweckung das
D
63
Lazarus“ wird hier einsludirt, um dtmuächsl zur Aufführung zu
gelangen. *)!«,' 1 .i J / J : 1 1/
Königsberg. ln den nächsten Tageu kommt eine ueue
komische Oper von Dullo „Der iiauptmann von Stralsund 4 ' hier
zur Aufführung. Der CoiupooUt soll nicht ohne Talent sein,
— Goucert der Philharmonie: Ouvertüren „Im Hochland*'
von Gade und „Wal lenste in“ vou Pebst, Sinfonie von Volk-
mann, Clavierconcert von Weber, Septett von Beethoven etc.
Lina. Gounod's „Romeo und Julie“ ist hier in Seene ge-
gangen.
Leipzig. Im 17. Gewaudbausconcerte kamen als Novitäten
Bruchs „Schön Ellen“ sowie das deutsche Requiem von Brahms
zur Aufführung. Ersteres Werk fand wegen seiner volkstümlichen
Haltung sowie Frische der Melodieen Anklang, während das letz*
tere, trotz einiger bedeutenden Züge, sich wenig Sympathien
zu erwecken vermochte. Gade's Ouvertüre Jim Hochlaud“ uud
die maurerische Trauermusik vou Mozart bildeten die weiteren
Bestandteile des Conccrts. .
Magdeburg. Im letzten Abonnements • Concerte im Logen-
hause liess sich Frau Wüerst aus Berlin hören. Durch ihren
selbstständigtu, tiergefühlteu Vortrag der Orpheus -Arie „Ach ich
habe sie verloren“, in der ihre schöne, nach der edelsten Rich-
tung bin ausgebildete Stimme zu voller Geltung kam, bereitete,
sie einen selteueu, reinen Kunstgenuss. Sowohl diese Arie als
auch drei in geistreicher Auffassung von ihr gesungenen Lieder
von Schumann, Wüerst und Dorn fanden die empfänglichsten
Herzen. Der Wunsch, die treffliche Sängerin bald wieder zu
hören, war ein allgemeiner. Im selben Concerte kam eine sehr
geschickte Ucbertragung der Bcethoven’schen G - tuoll • Sonate
(Op. 10 No. 1) für Orchester von Menzel mit Erfolg zur Auffüh-
rung. — Auber's „Erster Glückstag 41 hält sich fortdauernd auf
dem Kepertuir uud findet stets die günstigste Aufnahme.
— Siebentes Ahonnamentsconcert der Harmonie: Sinfonie in
D-dur vou Beethoven, Arie aus der „Entführung“ von Mo-
i«rt, Violiu-Coucert No. 9 in D-atoil von Spobr (Herr Concert-
mei&ter Laut er hach), Müllerlleder von Schubert, Ouvertüre zu
„Albalia“ von Mendelssohn etc. — Im achten Harmonie-Concert
wird der berühmte Cellist Herr Grützinucher spielen. Die Or-
chcstersschen des Concert* sind: Beeiliuveu’s „Lroica“ und Ou-
verture zu „Anacrcon“ von Cherubim.
7 Mannheil* L Musikal. AcadiOih (Äivfrtpro nm „fleim-
kehr“ von Memlelssohu, Arie von Spofir (Frau Sophie Diez),
Violiuconccrt von Bruch, Lieder von Schubert uud zw^it^ Sym-
phonie (D-dur) von Beethoven.
Mühlhausen I. Th. Noph sind nicht volle zwei Jahre ver-
flossen,, seitdem hierorts ein „Allgemeiner Musikverein“ sich bil-
dete, und schoo darf derselbe — Dank vor Allem der tüchtigen
Leitung des König!. Musikdirectors Herrn G. Schreiber — auf
gor manche anerkennenswerthe Production mit Befriedigung zu-
rück blicken. Insbesondere gilt dies von der am 4. d. stetige-
habten Aufführung der „Schöpfung“. Die Chöre zunächst anlan-
geud, so licsseo dieselben kaum nach irgeud einer Seile hin zu
wünschen übrig. Die Soli befanden sich in den Häuden von
Fräulein Ottilie Stete feldl von hier, sowie der Herren Otto
vom Königlichen Domchor aus Berlin und Eileräs,vom Herzog-
lichen lloflheater zu Gotha. Eratere, Ihrer vorzüglichen Leistun-
gen halber schon längst der Liebling der Vaterstadt, fühlte sich
sichtlich gebobeu durch die Mitwirkung der genannten Herren,
die ihre Parthien mustergültig ausführten. Das Orchester endlich
trag durch sein wackeres Spiel nicht unwesentlich zum Gelingen
des Ganzen bei. — th.
Peel. Dem ungarischen Nalioualtheater ist eine Kaiserliche
Subvention von 60,000 fl angewiesen worden.
Stettin, Am 10; d., beend eie da* hiesige Quartettverein von
Gebr. Wild, Reiasner, Krabbe und P. Wild seinen diesjäh-
rigen Cyclue» Da» Programm enthielt . ein Quartett • von Haydn
(D-nioU), ein Quintett von Schubert (C-dur Op. 163) und eineRo*-
manze für Cello mit obligater Quartettbegleitung von August
Todt, welche W'erke durchweg beifallewürdig vorgetragen wurden.
Stuttgart. Fünfte Soiräo für Kammermusik der Herreu
Goltermann, Singet ete. unter Mitwirkung dea Herrn Stoek-
haueen: Suite in D-moll Op. 16 für Piano und Violoncello von
Saint-Saöns, Sonate in G-dur für Violine und Clavlcr von Ledalr,
Liederkreis von Beethoven, Trio In B-dur (Op. 99) von Schubert
und Lieder von Brahms.
Trier. Langer!» grosse Oper „Die Fabier“ ging hier am
19. Februar mH glänzendem Erfolge in Scene. Fast jeder Num-
mer folgte rauschender Beifall, der geniale Compoolst wurde
zweimal gerufen. Aehnllcher Beifall wurde den Hauptdarstellern,
die Vorzügliches leisteten, zu Tlieil. Das bedeutende Werk wird
uns voraussichtlich noch In öfteren Wiederholungen vorge-
führt werden.
Weimar. Wagner’* „Meistersinger“ werden erst gegen Ende
der Saison in Scene gehen. In Aussicht sind ferner an Novitäten
eine neue Oper voq Lasscu sowie eine Operette vou Frau Viar-
dot-Garcia genommen.
Würibunr. Offenbach’s „Blaubart“ fand tun 13. d. hier eine
sehr beifällige Aufnahme,
Zürich, ö. Abounements-Concert der allgemeinen Musikge-
sellschaft: Ouvertüre zur „schönen Melusine“ von Mendelssohn,
Arle aus „Fidelio“ von Beethoven, 9. Violincoocert von Spohr,
Ballade und Polonaise von Vteuxtemps, 4te Symphonie (B-dur)
von Beethoven etc.
Paris. Carlotta Patti, der Pianist Theodor Ritter, Mar-
chetti und der Violinist Sarasate haben sich zu einer Con-
certreise Tür diu Moldau und Walachei vereinigt. Die Künstler
gedenken, ihre Concertlour bis nach Conslantinopel event, bis
Cairo auszudehncu.
Brüssel. Auber’s „Erster Glückstag“ ist in Houen mit gün-
stigster Aufnahme in Scene gegangen.
— Rubinstein ist im Extra- Concert populsire aufgetreten
und durch sein unvergleichliches Spiel der Held des Tages ge-
worden. Seine Aufnahme war eine enthusiastische. Am 18 d.
spielte er in der „Societi royale“. Dieses Concert bot folgendes
Programm: Streichquartett vou Mozart, Clavier- und Streichquar-
tett von Rübiustein und Carueval von Sch uman n. Sein erstes
eigenes Concert findet am 29. statt,
Amsterdam. Am 21. Januar führte Herr Heinze Gou-
□od’s Oratorium „Tot»ia**\ sowie den Mcodelssohn’schen „Lohge-
sang“ auf.
— Der vorzügliche Geiger Ludwig Straus concertirt ge-
genwärtig in den bedeutendsten Städten Hollands mit grossem
Erfolge. — Am 30. Januar führte die „Gesellschaft zur Beförde-
rung der Tonkunst“ Srhumnnn’s Scenen aus „Faust“ in treff-
licher Ausführung vor.
Rotterdam. Das Concert der „Gesellschaft zur Beförderung der
Tonkunst“ brachte: Actus IragicusvonS. Bach und Requiem io C-moll
von Cfaerubini. — • im 4leu Concert der „Eruditio niuaira“ spielte
Herr Goltermann Eckert’* neues Cello - Concert mit grossem
Erfolg. Das treffliche Werk machte den günstigsten Eindruck.
Am seihen Abende zeigte sich Stock hausen als wahrer Mel-
stcrsängcr. — Die 3te Kammermusik • Soiree unseres tüchtigen
Organisten Lange jr. hot: Trio Op. 11 von Beethoven, Violin-
sonate von Veracini, Hammerclavier- Sonate Op. 106 von Beetho-
ven uud F-dur-Strei chquartitt von Schumann .
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le Piano. 1 Thlr.
Stücke, Lyrisch», für Violoneell und Pianofort« zum Gebrauch
für Concert und Selon.
No. 6. Bach, Jeh. Sah. Adagio. 7* Ngr.
• 7. Bändel Allegro moderato. 10 Ngr.
8. Leclalr. Largo. 7} Ngr.
Soeben erschienen bei mir:
mmm
för gemischten Chor
von
ZU Suooo.
I Op. 7. )
1) Wenn ich nur Dich habe, Psalm 73, V. 85, 26.
2) Wie lieblich sind Deine Wohnungen, Psalm 84, V. 2, 3, 5,
für 4slm. Cbor und Solostimmen.
3) Jerusalem, für 5stm. Chor und Soll Partitur 15 Sgr.,
Stimmen 15 Sgr. Wllh. Müller.
Berlin, Oranienstr. 165a.
la meinem Vertage erschien so eben:
Flacher , O Op. 24. Blau Aeiigelein. Lied für 1 Singstimme
mit Begleitung des Pfle., für Alt oder Bass 5 Sgr., für Sopran
oder Tenor 5 Sgr.
öp. 25. Neuer Frühling. Lied fttr eine Singstimme mit
Pianofortohegi. 5 Sgr.
Beide Lieder zeichnen eich durch leicht spiel- und singbare
Melodieeu ganz besonders aus, und dürften eine sehr willkommene
Novität der Lleder-Lileralur sein.
Jauer, Januar 1869. Herrn. Ntckelnaana.
Firma: H. Hiersemenzel’s ßuchhdlg.
Verlag von Robert Forberg in Leipzig.
Novasendung Ko. 1. 1869.
BIHetrr, A. Op. 86. Drei leichte Lieder für gemischten Chor.
Partitur und Stimmen No. 1-3 a 74—10 Ngr.
— — Op. 27. Drei Lieder für vierstimmigen Mfinnergeaang.
Partitur und Stimmen No. 1—8 i 7J Ngr.
— — Op. 28. Drei Lieder f. vierstimmigen Minnergeseng. Par-
titur und Stimmen No. 1-3 4 7|— 10 Ngr.
Op. 29. Drei Lieder für gemischten Chor. Partitur und
Stimmen No. 1—3 4 7| Ngr.
Op. 30. Drei Lieder von Hoflmauu von Fallersleben, für
eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. No. 1—3 4
6 Ngr.
Op. 81. Der wandernde Musikant, v. J. v. Eiebendorff,
für eine Tenoratiiume mit Begleitung des Pianof. 7| Ngr.
Op. 32. Drei Lieder für eine Singstimme mit Begleitung
des Pianof No. 1-3 4 5 Ngr.
G»»£e, K 0p. 184. Leiden eines Componlaten. Soloscene für
Tenor oder Bariton mit Begleitung des Pianof. 221 Ngr.
Op. 185. Eiu Rückschritts - Verein. Humoristisches Duett
für Tenor (od. Bariton) und Bass, mit Begl. des Pfle. 22| Ngr.
— - Op. 188. Böse Zungen. Komische« Duett f. zwei Sopran-
atimmen (od. Sopran und Alt) mit Begl. des Pfle. 25 Ngr.
Gotthard, J. P. Op. 61. Sammlung von Gesingen für ver-
schiedene Stimmen mit Begleitung des PlaDoforte. No. 1—7
4 5-7J Ngr.
Gumberf, F. 0p. 103. Recitativ und Arioso. (Einlage des Küh-
leborn zu Lortzing's „Undine“) für Alt oder Bariton mit Be-
gleitung des Pianof. Neue Ausgabe. 10 Ngr.
für Sopran oder Tenor mit Begl. des Pfle. 10 Ngr.
H Iller, Fcrd. Stündchen. Albumblatt für das Piaooforte. Dritte
Ausgabe. 16 Ngr.
Krag, R. Op. 250. Etuden-Sebuie für das Pianoforte. Hell 1.
20 Ngr.
Nenmann. Op. 3. Mein Himmel auf der Erde. Gedicht von
H. Pfeil, für eine Bassstimme mH Begleitung des Pfle. ß Ngr.
für Tenor mit Begleitung des Pianoforte. 5 Ngr.
SchAnborg, Hilmar. Op. 67. Les Adieux. Piece caracteristique
pour Piano. 15 Ngr.
— — • Op. 68. Im Waidesgrün. Idylle für das Pfle. 15 Ngr.
Op. 69. Ein Sommermorgen. Tonstück f. d. Pfle. 15 Ngr.
Op. 70. Der Wanderer. Saloostück f. das Pfle. 15 Ngr.
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Erledigt nur Copialien, Tranepos., Arrangements, Instrumen-
tal, sowie Uoberdruek. Anwendung einer neuen abgekürz-
ten Schreibweise, vorl. für Partituren; erprobt an Ballade für
Orchester von E. Rudorff, Hans Helling von Marschner, Gisell«
von Adam. Uugo Kohoaana io Cöln, Thurnmarkt 15«.
Donnerstag, den 25 Februar 1889.
Qetsffidjes Concert
des
Könlgll olien Domolior»
in der Hof- und Domkirche.
Anfang 7 Uhr.
1. Praeludium für die Orgel I. Bach,
vorgetragen von dem Urganisten Herrn Haupt.
9. Christo eleison Da raste.
3. Chor für Männerstimmen lastlo teilt.
4. Cruciftxus pistimmigj LoUI.
5. Adagio in E für Violoneell und Orgel S. Bach.
vorgetragen von dem König). Conoertmeistcr Herrn Julius
Htahlkiieebt und dem Organisten Herrn Haupt.
6. Motette Melchior Frnnck.
7. Kircheo-Arie „Sei ntiei sospiri“ Blradetla.
vorgetragen von FrAuiein Maria H «tu eher
8. Motette Joh. Ohrlitoph Bach.
9. Choral 8. Bach.
10, Adagio religioso für Violoneell und Orgel . . Suhlknecht,
vorgetragen von den Herren Stablknerht und Hnapt.
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WQerst, B. Drei loiohto Motetten fflr gemischten Chor.
Op. 48. Berlin, T. Trautwein.
Der Componist hat sich in diesen Motetten die nicht
leichte Aufgabe gestellt, kirchliche Musik in ein populäres
Gewand zu kleiden, und dort, wo gewöhnlich strenger oder
doch contrapunktischer Styl gesucht wird, Einfaches und
leicht Fassliches zu bieten; und er hat die Aufgabe glück-
lich gclöset. Die Stimmung der Texte ist namentlich io der
ersten und vorzüglich in der dritten Motette recht gut wie-
dergegeben, und die letztbezeichne te verdient alle Anempfeh-
lung und Verbreitung. Das Technische, Harmonik, Stimm-
führung, Berechnung der Klangwirkung etc. Ist ibei Wflerst
selbstverständlich! ausgezeichnet. H. Ehrlich.
(Sriktiniacher, L. Concert (No. 1, D-moll) für Violon-
cello mit Orchester, Quartett oder Piano. Op. 6. Leip-
zig, Friedr. Hofmeister.
Der rühmliehst bekannte Violoncellvirtuose documentirt
sich in diesem Werke auch als tüchtiger Componist für sein
Instrument. Das vorliegende Concert, in Concertinofonn,
giebt im ersten Solo ein gemessenes ernstes Stück, welches
dem Spieler Gelegenheit bietet, wirksamen Ton und gedie-
gene Technik zu entfalten; im zweiten ein amnuthig melo-
diöses Andante (A-dur| und im dritten ein charakteristisches
Rondo (D durl, welches in Bezug auf Brillanz den Culmi-
nationspunkt der Werkes giebt. Nachstdem dass das ganze
Werk als Concertslfick eine höchst dankbare Aufgabe für
den Concertisten bildet, ist aber auch noch sehr lobenswert!»
zu erwähnen, dass dasselbe auch musikalisch sehr anerken-
nenswert ist und, so viel uns der blosse Clavierauszug be-
lehrt, auch in dieser Hinsicht gerechten Erwartungen entspricht.
Lee, 8. Die ersten Schrille des Violoncellspieles, 50 leichte
Stücke, lste Position in fortschreitender Ordnung, mit
einem 2ten Violoncello ad libitum. Op. 101. Hamburg,
Aug. Cranz.
ln den meisten grösseren und umfangreicheren Schulen
für Streichinstrumente (besonders für die ersten Studien!
fehlt es gewöhnlich an hinreichender Anzahl practischer
l'ebungsstficke, d. h. solcher, die nicht bloss trockene Figu-
renühungen sind, sondern auch dem Schüler in Bezug auf
melodischen Vortrag Verständnis geben. Was wir hier
finden, ist dem Zweck entsprechend, um für zeitweilige Be-
nutzung in grösseren Schulen intervallirt zu werden, weshalb
wir alle Lehrer des Violoncellspieles ganz besonders auf dies
Werkdun aufmerksam machen können. C. Böhmer.
Deurer, E, Op. 4. Trio pour Piano, Violon et Violon-
cello. Leipzig, R‘. Seitz.*
Diesem Werke kann ich wenig Geschmack abgewin-
nen. Der thematische Gefüllt ist unbedeutend, die Form
ohne rechte Festigkeit und Bestimmtheit. Der Hauptfehler
des Ganzen aber besteht in einer maass- und schrankenlosen
Modulation. Das heimathliche Gefühl der Tonica empfinde
ich fast allein während der Anfänge und Schlüsse, alles
Uebrige ist in einen aus sämmtliohen Tonarten zusammen-
gerührtenBrci getaucht, der, wenigstens für mich, ungooiessbar.
Eine Ausnahme macht jedoch der Hauptsatz des Scherzo, der
wirklich hübsch erfunden, knapp in Form und Modulation
gehalten und wirkungsvoll ausgeffihrt ist. Im Finale stört
die grosse Aehnlichkeit des zweiten Themas mit dem aus
dem letzten Satze von Schuberts C-dur-Sinfonie, eine Aehn-
lichkeit, welche durch die Schuberfsche, vom Verfasser
Seite 50 adoplirte Engführung noch frappanter hervorlritt.
Vioüno.
Pianoforte.
I
66
Violino.
Pianoforio.
Die ausserordentliche Schwierigkeit, welche die unprac-
tische Behandlung der Streichinstrumente einer guten Aus-
führung entgegenstellt, möchte nicht geeignet sein, den Er-
folg dieses Werkes zu erleichtern, das fast nach keiner
Richtung hin dasjenige künstlerische Ebenmaass und die klare
Darlegung wahrhaft bedeutenden Inhaltes bietet, durch
welche eine Composition erst ein Anrecht auf den Titel
eines Kunstwerkes erhält. Richard Wnerst.
Berlin.
H e v u e.
(Königl. Opernhaus.) In Gouuod'a „Margarethe“ trat em
22. Fräulein Trume! vom Theater in Graz io der Titelrolle
auf. Fräulein Treru&l, wie aus Spiel und Bewegungen er-
sichtlich, erst kurze Zeit bei der BQhne, zeigte uns trotz erklär-
licher Befangenheit eine frische, sympathische Stimme und dra-
matisch gefärbten, empfundenen Vortrag, so dass sie das Publi-
kum schnell für sich einnahm. Wenn die Debütantin in lech-
nischcr Hinsicht zu wOoscheo liess, so wollen wir daraus oicht
den Schluss des Nicht-Könneos ziehen, sondern andere Leistun-
gen abwarten, io denen die Sängerin Ober ihre Fähigkeiten frei
zu disponiren vermag ; ebenso werden sich später erst Umfang
und Ausdauer der Stimme beurlheilen lassen. Die Herren
Woworsky, Solomon, Schaff ganz und die Damen Brandt
und Gay unterstützten in gewohnter Weise. — Als Johann im
„Prophet“ verabschiedete sich am 23. Herr Ferenczy, ohne
mehr als io den früheren Partliieen zu reüssiren. Bühnonsäoger,
welche gesanglich nicht Ausreichendes gelernt haben und denen
im dramatischen Vortrage wie im Spiel Intelligenz mangelt, stehen
und fallen mit ihren Stimm-Miltelu; da sie von innen heraus
nichts zu geben im Stande sind, muss eben Alles vom
Aeusserlichen kommen; so lange nun die Mittel frisch und
kräftig sind und sich den anstrengendsten Forderungen gewach-
sen zeigen, werdeo solche Sänger auch eine Wirkung ausüben,
des Publikum hört unbefangen zu und hat keine Ahnung von
der physischen Anspannung de» Vortragenden; mit dem Schwin-
den der Stimme fällt dann Alles zusammen wie ein Kartenhaus,
der Zauber ist gewichen, Alles klingt malt und farblos, die
ganze Erscheinung wird uninteressant. — Am 24. sang Herr
Wachtel zum letzten Male seinen oflbewunderlen Postillon.
Das ganz volle Haus überhäufte deu Sänger mit Beifall. Möchte
sich das Gerücht, dass Herr Wachtel in nächster Saison unse-
rer Kgl. Oper abtrünnig werden wolle, nicht bestätigen; das
Publikum wird ihn stets willkommen heissen und will ihn um
so w eniger verlieren , als er grade diesmal während der zwei
Monate seines Hiersein» so wunderbar bei Stimme war. W ach-
tel bleibt ein stimmliches Phänomen, dass sich so bald nicht
wiederholen dürfte. — Für den „Rienzi“ musste am 26. wegen
Heiserkeit der Frau Grün der „Freischütz“ aushelfen. Herr
Niemann, unser beliebter Heldentenor, trat, von seinem Wie-
ner Gastspiel zurückgekehrt, als Max wieder auf und wurde in
freundlichster Weise begrüsst. Am 27. war „Templer und Jü-
din, am 28. „Prophet“ mit Herrn Niemann als Johann.
Das 7te Monlagsconcerl des Herrn Blumner am 22. d.
bol ein besonderes Interesse dadurch dar, dass die Ausführung
aämmtlicher Pi&cen von dem seit Jahren als ausgezeichnet an-
erkannten MOller'schen Quartett übernommen worden war. An
Stella des Herrn Auer, welcher im vorigen Jahre den ersten
Violinpart übernommen, hat sich jetzt den drei Gebrüdern
Müller Herr Schiewer als erster Geiger an geschlossen. Die
Vorzüge des Spiels der Gebrüder Müller, insbesondre drs Cel-
listen und Bratschisten, sind zu allgemein anerkannt, als dass
sie noch im Einzelnen besonders herauszuheben wären. Dage-
gen müssen wir in BelrefT des Herrn Schiewer erwähnen, dass
derselbe ein tüchtiger Geiger von markigem Tone und meist
edlem Ausdrurke ist, wenn gleich die Reinheit des Tones zu-
weilen manches zu wünschen übrig lässt, wie in dom Beetho-
venschen Quartett. Von Solosscheu trug derselbe ein Bach’-
sches Präludium in G-moll und eine Romanze von Beethoven in
G-dur vor; das Quartett aber brachte einen Haydn (G-dur) sehr
tüchtig ausgeführl, sodann ein Grave mislico von P. Haensel,
in dem die Künstler in einem Pianissimo bis zum Verschwin-
den excellirlen, sowie eine wenig bedeutende Menuello ä Pes-
pagnole von Baillot. Den Schluss bildete Beethoven’s C-dur-
Quartett, Op. 59, No. 3. Das Zusammenspie! in beiden Quar-
tetten war vortrefflich, auch die feineren Nuanciruogen des
Piano und Forle gelangen vorzüglich und wir wurden unwill-
kürlich in die Zeit zurückversetzt, da die ättern Gebrüder Müller
mit diesem Quartett zuerst die Zuhörer entzückten. Hinsichtlich
der Tempi in diesem Quartett wollen wir nicht unbemerkt lassen,
dass der zweite und vierte Satz uns etwas zu schnell, der erste
dagegen ein wenig zu langsam genommen erschien.
Das am 25. d. M. in der Hof- und Domkirche gegebene
geistliche Concert des Königl. Domchors halle eine so zahl-
reiche Menge von Zuhörern versammelt, das» in den untern
Räumen der Kirche kein Platz und in den obern nur wenige
unbesetzt waren. Es liegt darin der sicherste Beweis, dass die
Theilnahme an den Domcborconcerten nichts weniger, ala eine
geringe ist, und höchstens nur bei demjenigen Theile des Pu-
blikums etwas abgennmmen hat, welches nur zu häufig Ver-
anlassung hat, Conccrte in der Singakademie zu hören. Möge
daher der Domchor nur dergleichen Aufführungen in der dazu
akustisch im hohen Grade geeigneten Domkirche öfter geben,
(gehört doch die von ihm vorgetragene Musik vorzugsweise in
die Kirche!) und möge derselbe den für die Kirche wenig sich
eignenden Unterschied des Preises der Plätzo aufhehen; es wird
sich dann zeigen, wie zahlreiche Schaaren derer, die nicht bloss
musikalisch künstlerischen Genuss, sondern wahrhafte Erhebung
ihres Gemüthes suchen, dieseu Aufführungen Zuströmen werden.
In dieser Weise aber anregend tu wirken, io Sonderheit auf
die grosse Menge Erbauung Suchender, das kano nur die
eines solchen Chores würdige Aufgabe sein. Die Ausführung
der Chursätze war die gewohnte vorzügliche uud mustergültige,
sowohl im Zusemmenklange aller Stimmen, als auch in reiner
und sicherer lotonalion der einzelnen frei cinlrcleuden Stimmen
und der mit besondrer Sorgfalt ausgeführlen Pianissiraos. Die
aufgeführlen Chorsät ze waren: ausser einem kräftigen Chor für
Männerstimmen von Mastiolelli, klangvoll gesetzt, Durante’e
tiefinniges „Christ* eleison“, Lolli’« unübertroffenes Grimmiges
„CruciGxus“, die bereits einmal aufgeführte sehr sinnige Motette
von Melchior Frank ( 1580-1639), der schon die starren Tradi-
tionen der Vorzeit durchbrechend im empßndungs vollen Aus-
drucke uns näher steht als seine Zeitgenossen; sodann die
sehr tüchtige Motette voo J. C. Bach, „Der Gerechte“ etc. etc.
Der unvergleichlich harmonisirte Choral von S. Bach „wenn
ich einmal soll scheiden“, sowie 0. NicolaPs Chor: „die Strafe
67
liegt auf ihm“ und tum Schlüsse das jedesmal die tiefste Be*
wegung heivorrufende „Ave verum“ von Motart. — Ausser
diesen Chorsälzen, hörten wir Stradella's Kirchennrie „sei miei
sospin“ von Fräulein Mein eher mit klangreicher Stimme
und wOrdigero, tiefempfundenem Ausdruck vorgetragen. Herr
Concerlmeister Stahlknechl trug in vortrefflicher Ausführung
ein Adagio für Cello und Orgel von S. Bach mit Herrn Orga-
nisten Haupt, sowie ein Adagio seiner Compositum mit dem-
selben vor; Herr Haupt dagegen erüffnete das Concert in der
ihm eignen meisterhaften Weise mit einem Präludium von S. Bach.
Die 4te Soiree der Berliner Sinfonie- Kapelle am 28. Fe-
bruar brachte als wichtigstes StOck des Programms eine Wie-
derholung der neunten Symphonie mit Chören von Beelhoveo,
welche vor Neujahr sehr glücklich ausgeführt worden war.
Wir halten solche Wiederholung immer für misslich; denn der
Chor und das Orchester pflegen nach eioer entschieden gelungenen
Aufführung sich sicher tu fühlen, es werden nicht mehr genug
Proben gemacht und gewöhnlich tritt unter deo Solisten irgend
welche Störuog ein. So war es auch diesmal; statt der er-
krankten Fräulein Malvina Strahl hatte Fräulein Avö La He-
mmt t die Sopraoparthie übernommen, für Herrn Hof-Opern-
sänger Krause war Herr Jul. Schmock cingetrelen; die
Aufführung selbst hatte dadurch nicht gewonnen. Eröffnet
wurde das Concert mit Gluck’s Ouvertüre tur „Iphigenie in
Autis“, nach Richard Wagoer’s Bearbeitung. Fräulein Avö
Lallement trug dann Mendelssohn’s Arie „Höre Israel“ aus dem
Elias, besonders in dem zweiten, mehr dramatisch lebendigem
Theile, recht gelungen vor. Darauf folgte die Scene der Furie
des Hasses, mit Soli, Chören und Furicntänteo aus Gluck’s
„Armida“, bei welcher Fräulein Meineber die Parlhie der Furie
des Hasses und Fräuteio Avo Lallement die der Armide über-
nommen. Wir hallen die Aufführung dieser Scene für den
Goncertsaal nicht geeignet, sie muss ohne be&ondern Ein-
druck bleiben. Für Fräulein Meineber, die im getragenen Ge-
sänge so vorzügliches leistet, war die leidenschaftlich drama-
tische Parthie der Furie nicht günstig.
Herr Concerlmeister Alex. Ritter aus WOrsburg führte sich
am Sonntage, bei Gelegenheit seiner ersten Malinöe für Kam-
mermusik als Violinspieler und Componiat ein. Die Zusammen-
stellung des Programmen bol nur neuere Werke, uod das Publikum
brachte den Compoaitionen sowie den Ausübenden ein lebhaftes
Interesse entgegen. Von dem Streichquartette von Raff | Op.
137 No. 4 io A-molH siod besonders die beiden Mittelsätse
von Wirkung, während die anderen beiden Theile vielleicht
erat durch ein vollendeteres Enaemblespiel su besserer Geltung
gelangen würden. Das Trio von Brahms (Op. 40) für Piano-
forte, Violine uod Horn, gehört tu seinen besten Compositiooeo
und ist weit einheitlicher uod klarer als das frühere in H-dur
Die sehr schwere Klaviefparthie im Trio sowie das Accompag-
nement der Gesäogo wurde von Fräulein Conslanse Heinrich
io gant vorzüglicher Weise ausgeführt. Frsu Jachmann-
Wagoer trug die Ballade „Archibald Douglas“ von Löwe und
einige Lieder von Liest und Schubert mit Meisterschaft vor.
Von den mitwirkenden Herren ist noch besonders Herr Kam-
mermusiker Zürn uod Herr Hernist Richter anerkennend tu
erwähnen. d. R.
CorrespondeoxeD.
Cöln, 90. Februar.
— M.— Die furchtbare Cstsatrophe, welche Ober unser
Stadttheater am 16. d. M. hereingebrochen Ist, beschäftigt noch
Immer die Gemüther, und die feierliche Bestattung der von Einem
Sarge umschlossenen Gebeine der unglücklichen Cassierer-Familie
hat einen düsteren Schalten über das sonet so lebensfrohe Cöln
geworfen. Noch immer stehen dichte Schaaren Neugieriger vor
den öden Mauern des weitläufigen Gebäudes, die nun bereits
zum zweiten Mal von den rauchenden Trümmern der bunten
Zauberwelt, die ale umschlossen, erfüllt sind. Ob das neu zu
errichtende Gebäude wiederum auf der verhängnisvollen Stelle
erstehen soll, — wie viele Zeit verQieaaen wird, bis ein neues Hsus
dem geistigen Bedürfnisse nach Bühnengenüssen wieder Gelegen-
heit zur Befriedigung gewähren wird, das sind Fragen, die bei
der schleppenden Art, mit der man solche Dinge hier zu behan-
delt! pflegt und den beengten und schwierigen Locaiverhältniasen
schwerlich mit einiger Bestimmtheit beantworten kann. Der
Schaden, den der Direktor sowohl wie die einzelnen Mitglieder
erlitten haben, ist unermesslich, ja für Erstereu geradezu ver-
nichtend. Da es der Wachsamkeit unserer Feuerwehr erst daun
gelang, den Brand zu entdecken, als derselbe bereits das ganze
Gebäude ergriffen hatte — es war gegeu ö Uhr Morgens — so
ist sämmtliches Inventar, alle durch fünfzehnjährige Anschaffun-
gen erworbenen Dekorationen, darunter ganz neue zur „Zauber-
flöte“, „Loreley“ von Bruch, „Mignon“ von Thomas etc. etc.,
Coatumes für den für's nächste Jahr vorgesehenen „Hamlet“,
die Garderoben sämmttichcr Bühnenmitglieder, kostbare Instru-
mente, 3000 Thaler in Baar, ein Haub des verheerenden Elemen-
tes geworden, ln zwei Stunden hatten die Klammen das Werk
der Zerstörung vollendet und auch neun Menschenleben vernich-
tet Uebrigens hat der mildherzige Sinn unserer Landsleute sich
bemüht, die ärgsten Wunden möglichst zu heilen und schon am
Tage nach dem Brande war es durch freiwillige Beiträge dem
Direktor ermöglicht worden, sämmtliche Monats-Gagen auszuzah-
len. Zahlreiche Wohlthätigkeits-Coocerte, darunter eins von HU
ler im Gürzenich veranstaltet, stellen weitere milde Beiträge in
Aussicht. — Dass das sm selben Tage stattflndende achte Gür-
zenich-Concert unter solchen Eindrücken leiden musste, war
vorauazuaehen. Weder die hartgetroffenen Musiker noch das
Publikum war einer rechten Coneertstimmung fähig. Zur Auf-
führung kamen ausser der Ouvertüre zum „Wasserträger“ von
Cberubioi und dem von Herrn Kapellmeister G. Jap ha mit gros-
ser Meisterschaft vorgetragenen Violin-Concerte von Mendelssohn
vier Sätze aus dem „Deutschen Requiem“ von J. Brahms und
eine neue Sinfonie von Max Bruch. Das erster« Werk braehte
die Ausübenden, Orchester sowohl als Chor, iu eine recht fatale
Lage, indem das mH der Eigentümlichkeit des Werkes nicht
vertraute Publikum an vielen Steilen Fehler und Verstösse wit-
terte, wo es sieb bloss an Sonderlichkeiten des Componisten
hätte halten müssen. Absolut musikalisch schön ist das Werk
nicht, und der peinliche Eindruck, den manche melodischen
Gänge und besonders manche trsnscendeute Orchestercombins-
Uonen machten, vibrirt noch immer In unseren Gehörnerven
mit unangenehmer Nachwirkung fort Aber das Ganze macht
doch den bewältigenden Eindruck eines erhabenen Gedankens,
eines aufs Höchste gerichteten, dem Idealen rückhaltlos zuge-
wendeten Wollens, und selbst unser, durchaus nicht einem mu-
sikalischen Nazarenerthum ergebenes Publikum, schien von der
imponirenden Grösse des Werkes ergriffen zu sein. Ob das
Werk in seiner Geflammtheil den Intentionen des Verfassers nach
überhaupt darstellbar sei, wissen wir nicht, da schon gegen Eode
des dritten Satzes unser sonst so frischer Chor vollkommen ab-
gesungen war; ob es in seinen sieben Theilen ein durch richtige
Contraste spannendes Ganze bildet, können wir noch weniger
entscheideo, da wir selbst bei den vorgeführten vier Sätzen:
„Selig sind, die da Leid tragen“, „Denn alles Fleisch es ist wie
Gras“, „Wie lieblich sind deine Wohnungen“, „Denn wir haben
9 ’
$8
hier keine bleibende Steil“ ausser Stande sind, eie ihrem Total*
eiudrucko nach in bestimmte psychologische Kategorien einiu-
reihen. Eise trübe, ernste Stimmung scheint über alle Sitae
ihren grauen Schatten geworfen an haben, und es ist gewiss
charakteristisch für die Beurtheilung der Begabung Brahma', dass
er da, wo er sieb in den strengsten Formen bewegt, wie mH
der Schlussfoge des 6. Tbella, seine Arbeit vom verhiltniaamiaaig
grösstem Erfolge begleitet sieht. Und auch das ist gewiss he*
zeichnend, dass da, wo er aich einmal gehen lässt, wie am Ende
dieses Tbeiles und eiue ungekünstelte, natürlich fliessende Melo-
die bringt, aus dieser uns gauz und gor das Antlitz Mendelssohns
sntgegenh lickt; es ist die Stelle „denn du hast alle Dinge er*
schaffen“. Ob übrigens manches Frappante und Widerhaarige
das Recht des Daseins in sich trägt, darüber wäre cs voreilig,
auch nach zwei* oder dreimaligen Hören entscheiden zu wollen,
aber entschiedene Fehler sind die durchweg matten und kraftlo-
sen Schlüsse, vielleicht auch manobo, allerdings leicht zu besei-
tigende Längen. Dem orchestralen Tbeile fehlte leider die ad
libitum gestellte Orgel; solche hat mau allerdings nicht überalb
aber wo, wie im Gürzenich, eiue solche ist, sollte man sie nicht
weglaseen. Die obligate Harfenparibie verschwand bei der ein*
fache» Besetzung vollständig. Wenn das Werk von Brahms, der
beim hieaigeu Publikum durch eiue vor mehreren Jahren von
ihm persönlich geleitete „Suite“ in einigen Misseredit gekommen
war, eine im Ganzen günstig zu nennende Aufnahme fand, so
contraslirte damit der dem ueueu Werke unseres Laudsmanuea,
trotz seiner eigenen Leitung bereitete Empfang in einer recht
auffälligen Weise. Wir köunen uns nicht überzeugen, dass der
gute Klang, den Bruch s Name nun bereits seit Langem in der
nuisikalischeu Welt bat, durch dieses Werk erheblich gewinne*
kauu. Wenn man dem Gruudsatz „noblcsao oblige“ nicht auf
diesem Gebiete seine Berechtigung abspreeben will, so glauben
wir, dass ein Tonselzer alle Ursache hat, den Gehalt seiner
musikalisch*» Gedanken sorgsam zu prüfen, bevor er sie zum
Ausbau des Höchsten , was die Instrumentalmusik, und nach
unserer Ansicht die Musik überhaupt, aufweist, zu verwenden
unternimmt, ln diesem Werke nun scheinen Form und Inhalt
Schwierigkeit der Ausführung und musikalischer Gehall keines*
wegs im richtigen Verhältnisse zu stehen, und ohne die Ge-
schicklichkeit der technischen Arbeit, die anziehende Eigenthöm-
lichkeit des Scherzos und die stellenweise sehr schöne Verwen-
dung der Klsngfarben zu verkennen, glauben wir niobt, daae
diese neue Sinfonie eine hervorragende Stellung in der Reihe
der grossen Meisterwerke dieser Gattung beanspruchen dürfe.
Dresden, im Februar.
Die Yorrohrviug der „Meistersinger“, über die ich Urnen
letzthin Bericht erstattete, bat durch Unwohlsein des Herrn
Mitleryvurzer und Beurlaubung der Frau Atvsleber» ein«
längere Unterbrechung erfahren , auch verlautet noch nicht*
Bestimmtes darüber, wann diese Kunstpause ihren Abschluss
Boden wird. Für Herrn Millerwurzer soll Herr Scaria den
Haus Sachs bereits studiren und für den schon wieder
abgereisteu Herrn Schlosser soll Herr de Marchion eisfreie*.
Jedenfalls werdeo dies« Aenderungen der Darstellung der Oper
wenig zum Vortheil gereicheu und ich bin nun herzlich froh,
die ersten vortrefflichen Aufführungen genussen zu haben. —
Herr Schild verlässt nun wirklich unsere Bühne uud geht nach
Leipzig. Diese neue Entlassung eines IQr uns augenblicklich
unersetzbaren Sängers, bietet zu den ernstesten Betrachtungen
Veranlassung. Unsere Oper kommt von Jahr zu Jahr mehr
herunter; es werden gute Sänger engsgirt, insu bezahlt sie
anständig, lässt sie wieder gehen, ohne dass sie viel aufgetre-
teo sind und begnügt sich mit viel geringem Talenten. Dass
unter solchen Verhältnissen auch die Vorführungen der Kunst-
werke leiden müssen, ist leicht ersichtlich, doch gestatten Sie
mir ein näheres Eingehen auf diese unerquicklichen Verhält-
nisse bis nächsten Sommer zu verschieben und mich für heute
sn Nothwendigeres zu hellen. — Zunächst war es ein Conceit
des Herrn Baumfelder, was meine Aufmerksamkeit in Anspruch
nahm, weniger in Betracht der Leistungen des Coneertgebers
eis vielmehr der kräftigen Unterstützung, die derselbe durch die
Herren Jules de äwert und Schild erhielt. Letzterer trug iu
seiner vortrefflichen Gesangsweise eine Arie aus „Cosi Fan tulte“
von Mozart und zwei Lieder des Goncerlgebsrs vor und wusste
sich nilseilige Anerkennung zu verschaffen, während uns Herr
de Swert mit dein Vortrage eines Concerts von Molique und
einem Solo von Bach erfreute. Dieser ausgezeichnete Cellist
hat hierdurch bei wiederholtem Auftreten den Buf, der ihm hin-
sichtlich ssiner bedeutenden Fähigkeiten vnrausging, vollständig
gerechtfertigt und es war in der That eine Erquickung, auch
einmal einem Vertreter dieses Instruments zu begegnen, der aich
von jener krankhaften Gefühlsschwelgerei freigehallen, wozu
Cetlovirtuosen durch den eigentümlich schwermütigen Cha-
rakter des Instruments nur au leicht verleitet werden. Den Com-
Positionen des Herrn Baumfelder, womit das Programm mehr
als überreich gespickt war, habe ich keinen Geschmack Abge-
winnen können. Die Ouvertüre zu „Deborah“ setzt fast einen
30jährigen Schief voraus, ao wenig entspricht sie in gedanklicher
und instrumentaler Seile den Anforderungen der Neuzeit, soauchdas
Concert für Pinnoforte, das die alltäglichsten Phrasen enthält. —
Dio letzte Triosoiräe der Herren Hollfus, Seelmann und
Bürchl brachte ein Trio fC-dur) von Haydn, Sonate (Op. 78| für
Clavier und Violine von J.Raff und Trio (Op. 70 No. 1) von Beethu-
ven. Unterstützt wurde das Concert von Fräulein E. Wigand
aus Leipzig, die durch die sympathische Wiedergabe einiger
Lieder von Mendelssohn, Schubert und Schumnun reichen Bei-
fall erntete. Das meiste Interesse nahm für diesen Abend dio
KflfTscho Sonate in Anspruch, die, wenn ich nicht irre, hier
zum ersten Mal öffentlich zu Gehör gebracht wurde. Jedenfalls
ist dieses Werk RafTs eines seiner bedeutendsten Erzeug-
nisse. Was bei Haff noch besonders in Anschlag gebracht
werden muss, ist dio bawuoderoswerthe Logik seines Gedan-
kenganges, eine Eigenschaft, di« gerade den meisten der neuern
Werke abgeht. Das vorliegende Werk ist durchsirhtig und
klar und wirs eine Ausstellung zu machen, so wäre es die,
dass sich der Componist zuweilen io das Opernmlssigs verliert,
wie z.U. im zweiten üalzedie gesteigerte Wiederholung des Themas.
Der dritte Salt steht nicht ganz auf dem Höhepunkt der übrigen.
Die Entgegenn elini« des Werks war von Beiten des Publikums
ein® sehr beifallsr«iche, wie auch dis Ausführung durch die
Herren Soelrnaun und RoLlfusa alle Anerkennung verdiente.
Noch ein weiteres Coocsrt von Freu Bel lingralh- W agoer
und Herrn Wasielewsky unter Mitwirkung des Herro Karl
Hai necke aus Leipzig gestatten Sie mir zu erwähnen. Erster*
wiederholte auf Verlangen Meodtlasofin’s Arie aus dem Elms
„Höca Israel“ und sang ira weitern Verlauf noch Lwdvr von
Weber, Schubert, Reiset ke und Schumann. Dia vortreffliche
Stimme dieser Dame wie der versiäuduissvnlle Vortrag fanden
wie gewöhnlich vielen Beifall. In der tieferen Stimmlage wäre eine
etwas deutlichere Aussprache zu wünschen. Herr Wasielewsky
brachte ferner Compnaitionen von Veracini und Nardini zu
Gehör, aber doch nicht lebensvoll genug, um einen lieferen
Eindruck damit zu erzielen. Dasselbe gilt aucli von den drei
FanUsiealQcken(Op.73> von Schumann, die er nnl Herrn Remecka
zusammen vorlrug. Herr Kapellmeister Reiuecke erwirbt sich
fit
Supplement zu No. 9 der Neuen Berliner Musikzeitung.
hier immer mehr Freunde, indessen hei euch sein Spiel in den
leisten Jahren mehr nn Ausdruck und Leidenschaftlichkeit ge-
wonoen , als es früher der Fall wer. Sein Vorfrag des Bach*
sehen Klavierconcerls (D-moll) mil Quinlettbegleitung wie der
Mendelssohn'schen Sonate (Op. 6 ) erwarb sich alle Ausxeich-
nuog der Zuhörer. — Ueber unsere Symphonieconcerle, die
Lauterbach'schen Quarlellsoircen etc. berichte ich Ihnen später.
A. F.
Jena, 20. Februar.
In der zweiten Kammermusik- Soiree (3. Februar! brachten
die Herren Kömpel, Freiberg, Walbrül und Servals
aus Weimar das jugendfrische, prächtige Haydn’scbe Quartett
Op. 64, No. I, D-dur als erfreuliche und erquickende (Jabo dar,
ganz im Geist und Charakter der scheinen Cmnposition pro<Ju-
cirt. Herr v. Milde sang mit gewohnter Meisterschaft eine
Reihe Heine-Schumann'scher Lieder, deren sentimental-sehwer-
mülhiger Physiognomie öfter, mehr als gut ist, dec lamatorische
Züge emverleibt sind. An einigen Stellen überwuchert dos
Accompagnement die Singalimme fast allzusehr. Das Drahro'-
sehe Quartett lOp. 26, A-dur) fflr Pianoforto, Violine, Bratsche
und Cello darf als eine sehr achtbare, gründliche, mit mancher-
lei ansprechenden Ideen ausgeslallele Arbeit gelten; nur tritt
Sturm und Drang, Kämpfen, Ringen und Suchen, dem nicht
durchgängig das Finden sich bequemen will, vielfach zu sicht-
bar pridominireod hervor. Der geistig freieste Theil des Gän-
sen ist wohl das Scherzo. Herr Kapellmeister Lassen ver-
trat die etwas bevorzugte Clavierparlliie, und de9 nicht leichte
Opus gelang allseitig vollkommen. — Mit einer Fülle ausge-
suchter, interessantester Musik beschenkte uns das sechste «en-
demische Coocert am 17. d. M. Gedacht sei zuerst des Wag-
oer'schen Vorspiels zu den „Meistersingern“. Auch aus dem
Zusammenhang« mit dem Ganzen gerissen spricht das Werk ein
mächtig Wort. Wie man auch über Wagner’« künstlerische lolentio-
nen und Strebungen denken und urtheilen möge, immer wird men,
will man sich unbefangen verhalten und der Wahrheit die Ehra
geben, xugesteheo müssen, dass man hier einer eigen-, vielleicht
einzigartigen Production gegenüber sich befindet, einem in
höchstem Grade wahren und treuen musikalischen Charakter*
Zeithilde, kern-deutsch, wie die Kunst es nicht leicht sprechender,
bezeichnender und genialer aufgestellt hat, in seiner Natürlich-
keit, setoer Urnaivelät imposant und grandios, breit und gross
angelegt, farbenvnli ausgemslt, zugleich jedoch auf das Her-
voriretendsta und Schärfste individuelisirt, ein Bild sicherster
und festester Umgrenzung, dazu mit starker Meisterhand in den
angemessensten Rahmen eingefügt. — Die Aufnahme, die es
fand? Nun, kühl genügt — Ebenfalls neu für uns waren ei-
nige Scenen aus Berlioz* Fantastischer Sinfonie für Orchester:
„Romeo et Julielle“ (Abtheil. II), nämlich: Romeo scul —
Tristesse — Köln chez Capulet — Programmmtisik, aber gute,
edelste, sinn- und geistreich, nicht überschreitend die Schran-
ken des äslhetisch-Erlnublen und sich Ziemenden, Zartheit,
Seele, Innigkeit atbmend, und andererseits kraftsprühend, fort-
reissend und eteclrisirend. Der letzte Satz lässt französischen
feurigen Geist aber auch französisches Musikgepräge nicht ver-
kennen. AU Meister der Instrumentation , der eingehendsten,
durchgebildetsten, mehrfach nur zu borechneteo, weist Berlins
auch hier entschieden sich au». Als dritte und letzte Novität
that sich der Marach dev Kreuzritter aus Liszt'» „Legende der
hethgeu Elisabeth'* hervor, den würdigen Beschluss des reichen
diesmalige» Conceriiuhaftea bildend und Irbhaften Auktang fin-
dend. Eben so originell in der Anlage und io der gewichtigen
GedankenfOtwung, als cctosequant hi der überaus abgerundeten
und einheitlichen, bemessenen ForUchreituog, erregt das klar
und leicht, melodisch, erost*feierlicb uud hinwiederum leicht
bewegt ainbergeheoda Stück unwillkürlich die Theiluahme, wozu
der Umstand kommt, dass ea als populär im besten Woriver-
stände sich geltend macht, so tief und gründlich die Arbeit auch,
die es verrAUi. — Nur durch Herbeiziahung und bereitwillige
Unterstützung eiues zahlreichen Conlingents aus der Weimari*
sehen Hofkapell« halte sich die in jedem Betrachte ausgezeich-
nete, hochgelungene Vorführung der drei vorgenannten Werke,
eben so die der bekannten SchumaDo'scheo Genoveva-Ouverlure,
die den Anfang machte, ermöglichen lassen. Das gleichfalls
mitwirkende Eingreifen dieser Künstler kam denn auch der
Schubert sehen, von Fr. Liszt sinfonisch meisterhaft bearbeiteten
Fantasie für Pianoforto C-dur, (Op. 15) zu statten. Die vor der
so mancher ihrer Kunstcolleginnen kräftige Hand des Fräulein
Sophie D Ulrich aus Prag, verbunden mit schulgemäsaor Ap-
plicatur, bewältigte die vielen wuchtigen, energischen Stellen
sehr wacker und erfreulich, führte sie auch mit derselben Frische
und Ausdauer bis zu Ende; überhaupt auch halte die Künslle-
rin den Geist des (redlichen Werkes wohl aufgefasst und be-
wies, dass sie seiner Bedeutung sich bewusst war. Einzelnes
Andere hätte wohl eine noch grössere Delicntesse der Behand-
lung und durchsichtigere Kenntlichmachung und Nüancirung
erheischt. Dio kleineren Salonalücke, die sie noch spielte, so:
ein Presto von Schumann ( nachgelassenes Werk), Impromptu
von Chopin, Tarantella von St. Heller etc. gelangen ihr aufs
Beste uach Ausdruck, Grazie und technischer Wiedergabe, und
erntete sie auch dafür reichlichsten Beifall. — Franz Liszt,
ausdrücklich von Weimar herübergrkommeu, wohnt» dem Con-
certo vorn Anfang bis zum Ende bei, und wurde ihm nach dem
Schluss des Ganzen ein lebhaftes instrumentales Hoch gebracht.
Sein» ehrende Anwesenheit trug sicher ein Namhaftes dazu bei,
die ausübenden Künstler um au mehr zu animiren.
Dr. M. M.
Paris, 27. Februar,
Vorigen Snmstag und Mittwoch fand in Gegenwart des aus
Rom zurOckgekehrton Componisten Gounod in der Opära Probe
von dessen neu in Scene gellenden „Faust“ alatt. Die erste Auf-
führung wird Anrouge März atattfinden und theiten sich in die
Hauptrollen die Fräuleins NiUsou (Margarethe) nnd Mauduit
(Siebet) und di« Herren Faure (Mephisto) und Colin (Fanal).
Die Musik zu der neuen Walpurgls-Ballel-Seene ist von mächti-
ger Wirkung und zählt zu den besten Schöpfungen de» Compo-
nisten. Einen poetischen Eindruck gewährt ferner die Vision»-
sceue Margarethens von sechs Harfen ioi Orchester begleitet Un-
poetisch und schreiend klingt jedoch die Orgel in der Kirchen-
scenc Fla gab einmal, vor vielen Jahren, eine Zeit, wo die Op6ra
gar keine Orgel halte. Da aollte eine der IMeyerbeer’schen Opern
zur Aufführung gelangen. Der damalige Director wollte sieb
durchaus nicht zur Anschaffung einer Orgel bequemen, bis Mey-
erbeer kurzen Process machte und der 0p6ra eine solche im An-
kaufspreise von 30,000 Franks schenkte. Jetzt, wo die Orgel alt
und beinahe unbrauchbar, wartet wohl die Direetion in ihrer
ökonomischen Weisheit »»«der, bip Ihr irgend ein Meyerbe«r
kommt. Wir zweifeln nicht, dass es der schreienden und dissoniren-
den Orgel gelingen wird, die Gewissensbisse Margarethens InderKir-
cbensceuo recht dramatisch zu veranschaulichen, — hoffen jedoch zu-
gleich, dass diese Töne auch den DirectorenderOpära bald ebenso un-
erträglich werde» mögen, wie dem Publikum. — Endlich tat deu
Dircctoren det lyrischen Theater, welehe in der letzten Zei t in
Paria Fallitc machten, ein Messias erschienet». Ein Publizist, der
augenscheinlich in dem GUtiben lebt, dass er mit seioMn Geiste
I
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noch nioht Fallit« geworden, veröffentlicht eben eine Broschüre,
betitelt: „Von der Kunst, die Directoren vom Fellite zu befreien
und ihnen eine jährliche Einnahme von 36,000 Francs zu sichern".
Dass doch die weisen Rathechläge immer zu spät kommen!
— Auch die Journale suchen sich ihre Existenz zu sichern, —
wie es eben geht, nämlich „mit Kunst". So veranstaltete letzter
Tage das Journal „Paria" seinen Abonnenten im ThAätre italien einen
Fest-Abend, bei welchem in den Hauptstücken von den Damen
Nilsson, Murska, der italienischen Sängerin Carolina Fernl
und dem aus Petersburg berühmten Bassisten Violett! mit mehr
oder minder leidenschaftlicher Glut gesungen und in den Zwl-
seben-Acten Gefrornes verabreicht wurde. Und da zerbricht man
sich in Deutschland noch die Köpfe über das „Kunstwerk der
Zukunft". Die Zukunftsmusik lebt bereits in Paris in der anzie-
heodsten Gestalt: Musik, Zeitungs-Literatur und Gastronomie im
innigsten Blind! Und statt Broschüren und Bücher, weiche an-
derswo den Werth dieser Musik ausposaunen, (liegen hier „Velo-
cipedcu“ über die Boulevards mit deu Annoncen solcher Abonnen*
ten-Fest- Vorstellungen. Nun werden doch gewiss die Abonnenten
fest halten I — Die erste Aufführung der Rossini'scheit hinterlas-
eenen „Messe" findet morgen Sonntag im ThAätre italien mit den
Damen Alboni und Krause und den Herren Ni eolini undAg-
nesi statt. Orchester und Chöre slud für diesen Anlass bedeu-
tend verstärkt — eben so auch die Eintrittspreise. Bis gestern
waren über 30,000 Franca für Billets vorgemerkt. Aus einem
Briefe Meyerbeer’s vom Jahre 1864, geschrieben an Jupiter Ros-
sini nach erster Anhörung dieser Messe im Privatkreise, ist das
Entzücken des Erstgenannten zu ersehen, und ist der Wunsch
beigerügt: Rossini möge hundert Jahre leben um noch mehrere
sofrher „göttlichen Werke“ zu schaffen. — Dieser Brief wArd von
Rossini dem Pariser Musik-Verleger Leon Escudier zum Geschenk
gemacht. Die Aufführung der Messe morgen im ThAätre italien
ist zugleich die 78sle Geburtstagsfeier Rossini s. — Die berühmte
Sängerin La Crange wird von ihren weiten Kunstwauderungen
demnächst nach Paris zurückkehren, um hier eine Gesangsschule
zu gründen. — ■ Der junge Violinist Franz Ries aus Berlin,
welcher im vorigen Jahro im Pariser Conscrvatoire den
ersten Preis erhielt, veranstaltet heule im Saale Pleyel ein
Concert, unter Mitwirkung von Camille Saint-Saöns, wo-
bei der Concertgcber ein neues Streichquartett in B-dur
seiner Composition zur Aufführung bringt; ferner drei
seiner bei Flaxsland erschienenen „Mclodieen" und einige neue
Violinsoli. Wagner s religiöser Marsch aus Lohengrin" im Ar-
rangement von Saint-SaCns für Violine, Piano und Orgel, fungirt
ebenfalls auf diesem interessanten Programme. — Das morgige
Concert populaire bringt endlich etwas Neues: „Souvenir de
Rome", eine symphonische Fantasie von Georges Bizct mit fol-
genden Theilen: 1 ) Eine Jagd im Walde von Ostie, 2) eine Pro-
zession, 3| Carneval zu Rom. — Das TheAtre lyrique gab diese
Woche eine Art Revue seiner bisher unter Pasdeloup's neuer Lei-
tung zur Aufführung gebrachten allen Opern — für jeden Tag
eine andere Oper. Die Probeu zu Wagner's „Rienzi“ sind ziem-
lich vorgeschritten, — Wagner selbst jedoch wird desshalb
keinen Schrill nach Paris machen. Sonntag findet im selben
Theater eine Reprise von Adam's „La Poup4e de Nuremberg"
statt, verbunden mit einer einecligen Novität „En prisoo", Musik
von Guiraud. — Die erste Aufführung von Offenbach’s „Vert-
vert" in der OpAra comiquo wird ln der nächsten Woche elett-
fiadeu. Das Sujet ist vielleicht nicht neu, denn schon im Jahre
1832 wurde mit Fräulein Dejszet im Palais royal ein gleichna-
miges Vaudeville in 8 Acten von Leuven und Forges zur Auf-
führung gebracht — Im Salle des Conferences veranstaltet mor-
gen das„Comile des intArAts orphAoniqu es" eine interessante Auf-
führung hier noch nicht gehörter Mozart'scber Compositioos-
Fragmentc, Vocal- und InstrumentalpiAcen, welche der Meister
in dem Zeiträume 1761—84 schuf, u. a. zwei Lieder, als dis ein-
zigen, welche Mozart in französischer Sprache componlrt und
eine Arie aus dessen unedirter Oper „Milhridate“. — Der jüngst
verstorbene Arthur von Kalkbrenner hat der Pariser „SocietA des
a rüste s musiciens" eine Summe von 125,000 Francs als Legat ver-
macht. — Endlich soll Paria auch einen Concertsaal erhalten.
Moritz Strakosch hat sich an die Spitze einer Gesellschaft mit
einem zu aubscribirenden Capital von 5 Millionen gestellt, um
einen grossartigen Concerlsaal zu bauen, welcher 5000 Personen
zu fassen vermag. Ueber die Hälfte des erforderlich ea Capitals
soll bereits gezeichnet sein. — Das letzte Conservatoire-Concart
brachte Beetboven's lange nicht gehörte Coriolan-Ouverture un-
ter stürmischem Beifall, ferner Beetboven's D - dur • Symphonie,
Chor aus „Paulus" von Mendelssohn, und den dritten Theil der
„Jahreszeiten" von Haydn, die Soli der letzteren meisterhaft ge-
sungen von Fräulein Merimon und den Herren Aeherd und
Gailbard. — Die am 1. März stattfindeude Kammermusik-Pro-
duction der Florentiner enthält Hsydn's Quartett in G-moli, Schu-
bert® Quartett in A-moll und Beetboven's Quartett Op. 132. —
A. v. Cz.
St Petersburg, 17. Februar.
Auf den Gebieten dieser Blätter bemerkenswerthe Erschei-
nungen, seit meioem letzten Berichte, waren zwei grosse Ita-
lienische Concertc, und drei recht bedeutsame der Russischen
musikalischen Gesellschaft, die Fortsetzungen der Patli-Erfolge.
Italienische Coucerte nennt man schlechtweg, in Petersburg, Con-
certo, ln denen die Italienische Operntruppe» und dann immer
zu wohlthätigen Zwecken agirt Sie slud musikaliseh wenig in-
teressant, aber cs ist ein wunderbarer, immer neuer Anblick,
vier- bis fünftausend Menschen in elegantester Morgen-Toilette,
in einem der schönsten Säle der Welt, im Seele des Petersbur-
ger Adels (Dworänskoje Subraniej, erwartungsvoll dasitzen zu se-
hen, eis handele es sich um die Wehen eines Berges, aus dem
doch immer nur das Mäuschen einer Nummer des Italienischen
Opern-Repertoirs hervorgeht I Einem Publikum dieser Art, das,
so zu sagen, mit und in eich, eine ganze grosse Stadt in den Concert-
saal trägt, kanu mau nur in Petersburg begegnen, nicht im
Westen Europas. Der Saal, in dem der Adel seine LaudtAge ab-
hält, würde denSasI der BcrlinerSingakademie wohl drei Mal fassen.
Denken Sie sich eine Arena in der Höhe einer Kirche (durch drei
EtAgenl von 40 Korintbischeu Säulen in bleudend spiegelndem
Stucco umgränzt, die an ihrer ÜABis eine Gallerie von der Breite
eines Strassendurchgangea, über ihren Kapilälern eine Gallerie mit
Sitzen bieten. Auf 9 Stufen steigt man von den SAulen in den
Saal hinab, der 2 reservirte Logen zeigt, die Kaiserliche, und ihr
gegenüber die Diplomatische, von der höheren Gesellschaft Ge-
suchte. Denken sie sich im Luftraum 6 Riesen-kronleuchler in
Krystal! mit Stearinliebten, nicht vou Bronce mit Gasflammen, in
2 Etagen übereinander und, zwischen jedem Säulenpaare schwe-
bend, Kronleuchter von immer noch grossen Dimensionen, — so
heben Sie ein Licbtmeer, wie Sie keinem ähnlichen begegnen
können I — Hier tagt die Musikalische Gesellschaft, die sich als
Russische betont, obgleich jede in Russland bestehende eine
Russische wäre. Man soll aber bei Leibe nicht an deutsches
Element mehr denken, obgleich dasselbe im Orchester , in den
vorgetragenen Compositionen vorherrscht und noch lange vor-
herrschen muss. Hier spielte Liszt allein, ohne Begleitung; hier
werden wir hoffentlich in den diesjährigen Fasten Herrn lausig
auf einer, eeiuer Leistungen würdigen Bühn« zu hören bekom-
men, — Das erste italienische Concert galt der philharmonischen.
doreh und dureh deutschen Musik Verbindung, ihren Wittwen
und Waisen; das 2te den Armenachuien de« Fraueuvereins; dH»
armen Italiener, Franzosen, Studenten werden folgen. Die Pau-
achaleinnabme ist 5000 Rubel Reingewinn; das Doppelte ergab
das Frauenvereinconcert, wo die Preise höher gegriffen waren;
4 Tage vor dem Concert wurden alle BUIete ala verkauft ange-
kOndigt. Schon die Wagenburg, die eich bei diesen Gelegen*
beiten zeigt, ist ohne Beispiel in Europa; hat doch hier jede Fami-
lie ihre Equipage, kommt doch Niemand in einer Droschke, wie
io Berlin. Da zählt man bis 1500 Wagen; das DeQlä dauert 1}
Stunden beim Ausgange, in der bewundernswürdigsten, durch
Gensd’armen zu Pferde, geleiteten Ordnung. Die Wagen werden,
wie Artillerie-Parks, zu 10, zu 20, in Intervallen aufgestellt. —
Der Eindruck eines Italienischen Concerts ist der eines musika-
lischen Jahrmarkts. Man hört wenig, aus der Ferne wie Mee-
resbrausen vom Gestade; man sieht sich, man spricht sich —
man ist dagewesen, das ist Hauptsache. Es ist Fortsetzung der
Oper, Italienisches Dejeuner; fängt an um 2 Uhr, endet gegen
5 Uhr! als Tbeilnehmer nennt der Zettel: die Damen Patti, Fried,
Voipini, Trebelli, Galli — die Herren Mario, Calzolari, Stanio,
Neri-Baraldi, Graziani, Steller, Gassier, Meo, Angelini, Bagagiolo,
Zuehini. Das sagt Alles; was sie singen ist gleicbgillig. Da wer-
den 16 Nummern in rascher Folge beseitigt: von Donizelti, Verdi,
Yradier (La Juanita), Mercadanle, Abt (Melodie Patrie), Meyerbeer
(Nordstern), Donizetli, Rossini (Siabet, Duett: Patti, Trebelli, bravo 1)
Mozart (Don Juan), Alary (Polka), noch einmal Meyerbeer (Dioo-
rab, Patti), Ricci (Crispino), Auber — im Ganzen 16 Nummern.
Billets zu 10, 7, 5, 3 und 2 Rubel, je nachdem man Platz nimmt
auf dem Jahrmarkt. Zu 3 Eingängen füllt, zu 3 Ausgängen leert
der Saal sich, mau käme sonst in die Nacht hinein, und hätte
noch nicht zu Mittag gespeist! — Abends sind wieder alle Thea-
ter, in 3 Zungen, Ausverkauf). — So leben wir alle Tage, singt
der Dichter. Die Componisten habe ich nach ihrer Folge auf
dem Zettel, ausgeschrieben. Die erste Nummer war die Fidelio-
Ouverture. Was Beethoven für ein Gesicht gemacht hätte:
sein Instrumental - Werk zu dem Sing - Sang? Was machen
sie da? was ist es? was geht hier vor? wozu meiue Ouver-
türe? Was hat dio verbrochen? Lasst mich schlafen. — —
Signora Patti hat es doch nicht lassen können, nach Frau Lucca
die Zerline zu verbalhorniaireu. Auch Mozart hätte sagen kön-
nen: „Bravo, bravissimo — von wem ist das? ich kenne den
Componisten nicht I“ — Der Banquier Baron Stieglitz vereinigte
die Italieniache Truppe zu einer Soirte musicale in dem herrli-
chen, in ein Lichtmeer getauchten Saale seines Hauses. Aber
Signora Patti war ‘durch Conlrakt gebunden, nicht zu singen,
sonst sang die ganze oben registrirte Piejade. Es war ein Abend,
wie man ihn nur bei Hofe, und zwar nur in Petersburg, erleben
kenn. Es ist der Geschmack bis in’s kleinste Detail der Aus-
stattung; es ist die totale Abwesenheit jeder Ostentation, jeder
Ueberhebung. Es ist die Petersburger Einfaohhcit im Empfangen
von Gästen, die Niemanden nur daran denken lässt, wieviel Tau-
sende ein solcher Abend kostet. Ritter Vianesi accompagnirte
am Piano; er dirigirt den „Don Juan“ ohne Partitur, er ist ein
Haiiano voller Courage und Tüchtigkeit Er liebt den Don Juan,
dieser bedankt sich hei ihm; er lernte ihn auswendig. Der Diri-
gent der Russischen Musikgcsellschaft, S. Ralakireff, dirigirt
Alles ohne Partitur, so dass man nicht erfährt, was er liebt:
Beethoven, Mozart, Schumann, Liszt — Alles auswendig, das Re-
quiem, die 9te Symphonie — Alles. Auch seine Landsleute die
Symphonisten Borodin, Rimaki-Koraakoff. Ea ist erstaunlich, zur
Sache gehört ee nicht Was dazu Ritter Vianesi sagen möchte?
Der weiss es nicht. Italiener kehren nur bei sich ein; die gehen
in keine Symphonien! Man sieht sie nur in der Oper. Man hört
sie sagen: „ei sta bene in Pietroburgo“ und man glaubt’s ihnen.
In einem Monat fallen sie, wie die Heuschrecken, in Paris ein,
dann in London, und das Endresultat ist die allbekannte Villa sut
margine del Lago di Cotno! Gar nicht schlecht gewählt Was
hat das mit Musik zu thun! Mit Frau Lucca veredelte sich unser
Repertoir, das wird heruntergestimmt, und der Kammerton ist
der mezzo caratlere; ist Rosine, Arnina, Linda; sporadisch kommt
Zerline. — Nicolai Rubinstein war hier, der Bruder des be-
rühmten Anton Rubinstein. Er gab in der Musikal. Gesellschaft
daa A-dur-Concert von Liszt, das in D-moll von LKolff. Er hat
eine grosse Technik aber gar keinen charme; wie Rossini von
der 9ien Symphonie sagte wo man nicht den charme zu suchen
hat bei m Pianisten ist das aber anders. Das Musterprogramm
eines gauzen Abends war die Eroica, das Requiem. Die Vocal
Parthieen waren ungenügend. Das 6te Concert (ca sind ihrer im
Ganzen 10) brachte die vierte Symphonie von Schumann (D-moll),
die nicht ansprechen wollte, dio anderen sind uns lieber, den
Nacbtzug und den Mephiatopbelea-Walzer von Liszt, nach
Faust von Lenau. Der Walzer wurde da capo gerufen. L. Auer
Professor am Conservalorium, dessen Frucht die Gesellschaft-
interpretirte meisterhaft die Violinconcerte von Max Bruch und
Mendelssohn. Nicht nur vom Publikum, vom Orchester empfing
Herr Auer wohlverdienten Beifall. Herr Auer überwand die
Schwierigkeiten in Bruch mit stoischer Ruhe und Sicherheit; mit
Innigkeit und tief brennender Intention gab er das Reoitativ, das
Andante ; mit glänzendster Virtuosität und dem nöthigen brio
die herrliche Composition von Mendelssohn, der von allen
Violinconrerten wohl der Vorzug gebührt. Das Beetboven'sche
leidet an Längen der früher beliebten Durchführungen, de-
ren sich Mendelssohn mit Glück und Geschick entschlägt, um un-
milteibar zu packen. — Herr Auer und Herr Davidoff kündigen
Quartetlabende an, unterstützt von den Herren Pikkel und
Weikroann: Mozart, Beethoven, Mendeisson, Schumann. Be-
denken Sie dass unsere Coucert-Saison erst mit den grossen
Fasten kommt, so ist, was wir bereits in Conoerten leisten, eine
stärkere Anticipation, als die der Tonica auf der Dominante an
der Geisterhröcke der Ueberleitung des Scherzos ln das Finale
in der C-moll-Symphonie. Petersburg setzt nicht hinzu „von
Beethoven“ und vielleicht ist das sein bester musikalischer Aus-
druck im grossen Ganzen seines Musiklebens. W. — z.
Weimar, Mitte Februar.
Würden Sie, geehrter Herr Redacleur, gegenwärtig die laueren
Räume unserer Hofbübne betreten, so dürften Sie dieselben kaum wie-
dererkennen, denn seit dem Beginne dieser Saison erfreuen wir
uns einer gänzlich neuen, iuneren Einrichtung unseres Hofthea-
ters, die an Geschmack und Bequemlichkeit nichts zu wünschen
übrig lässt. Das Verdienst dieser zeltgemässen Reform gehört
unserem bauverständigen, intelligenten Grossherzoge Carl Alexan-
der und dem gegenwärtigen begabten Dirigenten der Hofbühne,
Kammerherrn v. Loäu nebst dem Grossherzogi. Baurathe Bor-
mann. Einen prächtigen Effect macht auch das neuerdings erst fer-
tig gewordene Plafoudgemälde von dem Historienmaler J. Mar-
schall, worauf neben der Vimaria alle diejenigen Dichter und
Künstler (Shakespeare, Göthe, Schiller, Hebbel; Gluck, Mozart,
Weber, Liszt und Wagner) wirkungsvoll gruppirt sind, welche
sich uamhaftea Verdienst um unsere eiost so berühmte Kunst*
anstatt erworben haben. — Aber nicht nur in dieser Beziehung
ist das Alte neu geworden, sondern auch in anderer Beziehung
ist manches anders und — hoffentlich besser geworden. So ver-
dient in erster Linie die Ernennung der bisherigen Musikdirecto-
ren Lassen und Stör zu Hofkapellmeistern erwähnt zu
werden. Ersterem ist die alleinige Leitung der Hofopera und
Letzterem die DireoÜou der Coucwte im Theater (4— 6» übertra-
gen worden ; die apecielien Hofeonccrte dirlgirt indes« nach wie
vor. Lassen. Leber die Motive zu dieser gewichtigen Verän-
derung sind wir jedenfalls später io der Lage, interessante Streif-
lichter fallen zu lassen. Für kleinere Musikwerke: Operetten,
Possen etc. ist Carl Götze bestimmt worden, neben welcher
ThAtigkeU er auch das Amt eines Correpetitors mit Talent ver-
siebt. Bei diesen erfreulichen Standcaorhöhungan bitten wir frei-
lich gewünscht, dass such dem bisherigen Dirigenten der Entre-
aet's etc., kemmennusikua E. Sachse, welcher dieses Amt seit
15 -10 Jahren, soviel wir wissen, unentgeld lieb in vorzüglicher
Weise bekleidet, wenigstens der Charakter als „Musikdirektor“ ab-
getanen wäre. Ks wäre dies nach unserem Dafürhalten nur eiu
Act der Gerechtigkeit gewesen. So würden wir auch an Stelle
unseres vortrefflichen, humanen und geistvollen luleudeuleu ei-
nige verdiente Mitglieder der llofkapelle, die unter Franz Liszt
manche heisse Orchesterscblacbt schlagen halfen, so z. B. die
Herren Weisson boru, .Mechoidt I. und II., Kiel, und einige
Andere, endlich in die Kategorie der Kammermusiker aufrücken
lassen. Der ausgezeichnete Flötist, Kammermusik us Winkler,
ist verdieutermanssen Kammervirtuos geworden; an Stelle des
von uus geschiedenen Violoncellisten J. de Swert ist der junge
Servaia aus Brüssel «ingerückt, soviel wie wir bis jetzt beur-
theilen können, eine recht glückliche Acquisitum, von der wir
nur wüuschen. dass sic nicht sobald wieder verloren gehe, wie der
Vorgenannte. Luser einst unter Liszt so tapferes und todesmulbi-
gea, berühmtes llornquartclt bat durch das Ausscheiden des ersten
Hornisten Kauimermusikus Klemm, welcher pensionirt worden
ist, eineu fühlbaren Stoas erlitten, der umsomehr zu bedauern
isl, als auch die Herren Wissler und Kiel I. über keine mehr
so „lactfeste" Gesundheit disponircu können, als dies früher der
Fall war. — In dem nbgelaufcuen Jahre war nur eine neue Oper,
Thomas* „Mignon“, Ober die Breiter gegangen; neu einsludirt wa-
ren 8 Mücke (Auher's „Domino“, „Don Juau“, „Lohen grin“,
— mit dem diu gegeuwArtigo Saison eröffnet wurde — „Norma“,
„Die Hochzeit des Figaro“, „Drr Postillon“ von Adam, „Die Sta-
tue“ von Beyer, „Oberon“ von Weber, in der Bearbeituug von
Gnssmann. Auf Engagement in der Oper gastirten I ran Barnay-
Kreutzer aus Leipzig, Friulein Stiebe r aus München, Herr
Erl aus Basel, Herr Schleich aus Stettin, Herr llartniaun
aus München, Herr Becker aus Mannheim. Die Herren Erl und
Becker bewiesen sich im Allgemeinen sowohl, und insbesondere
auch für unsere Bühne als ungenügend. AU Gäste erschienen
Fräulein Heisa (welche später engagirl wurde!, Theodor Wach-
tel zweimal (leider war Bef. durch ein MissverslAndniss verhin-
dert, riieseu ausserordentlichen Künstler zu hören) Fräulein Mal-
linger aus München, FrAulciu Spohr aus Coburg, llma von
Murska, FrAulein Schrötter aus Borliu, Harr Fischer-Ach-
ten, Frau Peschka-Lcutuer aus Leipzig. Frau Baruay befrie-
digt Ins jetzt namentlich durch ihr ausgezeichnetes dramatisches
Spiel, wodurch sie für die nicht mehr jugendfrische Stimme ci-
uigennnassen entschädigt. Fräulein Stieher hat es noch nicht
gelingen wollen, sich in der Gunst des hiesigen Publikums fest-
zusetzen, was dem neuen Tenoristen Schleich 'weit aber ge-
lungen ist. Der neue Bassist Stengel gehörte leider nur kurze
Zeit unserer Bühne an, da er durch eine bedauerliche Krankheit
bald, leider wohl für immer, unsere Bühne verlassen musste.
Stimmlich sehr begabt, war er dennoch nur wenig musikalisch
sicher lind licss die nothwendig« Spielrouline sehr vermissen. —
Die grosseu Schwierigkeiten von Wagner s „Meistersingern“ ha-
ben wohl unsere Opcroleituog veranlasst, dieses epochemachende
Werk, welches zur Verherrlichung des Geburtstages unserer
Frau Grossherzogin (8. April) ursprünglich bestimmt war, zurück -
tulegen, hoffentlich nicht für immer. Zu genanntem Hoffeste soll
Lassen s Operette „Dar Gefangene“ und ein drauialisobes 0p«*-
culum von Frau Viardot-Garcia zur Darstellung kommen.
(Schluss folgt,)
Wiener MosikreminisceBien.
if.
Ende Februar.
KSaainayer's „Land U m» iii Mtu4cm‘ - — Niemand'» Äbs«tiir4 im Wien. — Ab-
schied da» Fierrntuter (Ju*rtHI« — Friul Minier. — SMoakbsusejs und Brsheie.
— Lisil. — Mendelssohn*» Kefurinati iii«-Sy<ii|ili*nie. — Vom llufopernlbeater
•ad kleiner« Coacert«.
Ein paar Jahre haben wir warten müssen, hie ela «odlieh
nach vielen Hindernissen in Seen« ging, die neue deutsche, ko-
mische Oper „Das Landhaus in Meudon“. Wird ihr eioe glrleha
Z-ildauer hrsrhieden «tio, ehr eie uns für Imoirr vrrlocro eeiu
wird? Ea Ir bl in unserer Mitte ein froher, lustiger Tunküuellrr,
Mitglied drs Iloruperutbealcrs. beliebt in drr Gesellschaft, Herr
Moniz KAssmayer, der manchrs frische Lied componirle.
Dieses Textbuch schrieb Mo*enihsl narh F. Souhö’s cioactigrm
Lustspiel; „Ein Landhaus zu vrrmieth*n*’. Was für rin Sing-
spiel in einem Aet genügt hätte, verlor sich Inder In dem wrlt
eusgsspaunleo Raum zweier Acte und KAstmay-r erhielt wahr-
lich kein lustiges Libretto. Kässmayer arbeitete darauf los, das
Werk wurde fertig, ging sechs Mal io Prag Über die Bühne, um
dann hier von der Murskn (als Sophie) den Wieurru vorge-
lehrt zu werden. Plötzlich wollte sie nicht — Sie kriiueo ja
dirse lauueuhafte Thealerprinzes» — die Oper wurde Wieder
bin- und hergrl-gt — abermals monallangr Intervalle, wieder-
holt angeflagle erst« Vorstellungen — — der «rmn Compoolst
muss Hölbnqualrn erlitten heben! endlich am 10. Februar brach
Ihr Geburtstag an. Die erste Aufführung, getragen von «rhr
wohlmeinenden Kreisen, ging «ehr gut von Stallen; der Ompo*
mst wurde wiederholt gerufen, und träumte gewiss die Nacht
se«iige Traum« von Unsterblichkeit und Taotiömeu. Der Rausch
dauerte nur kurz« Frist — bald stellte es sich heraus, dass die
Flamme des erstell Abends nur eine gemalte war, das grosse,
unbefangen« Publikum (•lieb kühl, noch zwei Vorstellungen folg-
ten und das arme Landhaus Bildet keine Liebhaber mehr.
Nirht, als ob die Musik allerliebster Stücke entbehrte, sie hat
maurh« kielte Melodie; nicht, als ob Sie etwa ganz ohne Schick
gemacht wäre: aber das eigentliche komische Element fehlt; der
originellen Pnrihten sind Wenige; lange lyrische Andante ver-
schleppen das, was hier Handlung heisst; hi« und da tritt aurh
Schwerfälligkeit der musikalische« Bewegung «in, auch die In*
fttrumrutatiun stärkt zuwnleu iu einer rasselnden Rüstung; die
Op«r konnte sich für di« Läogr nicht ballen, trotzdem sie über-
raschend gut gegeben wurde. Der Maun, dem eiu erster Ver-
such mit einer komischen Oper gelänge, müsste auf einen gol-
denen Schild gehoben werden. Darum kein allzu strenges Ge-
richt. — Nur h ein paar Wolle Ober die Aufführung. Das sehr
frostige Fräulein Kahatinsky — die gegenwärtige Supplentin
der Murskn — hat sehr hübsche K-hlgebiuflgkeit und wurde von
der Umgebung, die sich mit Leib und Seele für Freund Käse-
mayer verbunden, fortgrrissea. Sie war sogar lebhaft im Spiel
uud wie immer «ehr geschmackvoll in der Ersrhnnuog. Fräu-
lein Gl ude Je gab die ebargirle Brigitte ungemein drollig und
mit natürlichem Humor. Prächtig gab Herr Rokitansky den
Altet). Die Coloralur seines Baases ist von grosser Reinheit,
Weichheit, die Stimme von einem Wohllaut, wie es solcher
Bässe Wenige glebt tu deutschen Landen. Frisch, wia ein Bru-
der Studio, bewrgte sich unser sonst sehr behäbige Tenor Wal-
ler und Herr Mayerhofer Meibt In der Komik wenig schuldig.
Auch if-rr Camp« bewährt« sieh für die komische Oper sehr
verwendbar. •— So lat denn wieder dk» Hoffnung nach einer
gvteo. haltbaren neuen komischen Oper geschwunden. Damit
wir«» wir w Räude. Laidsr haben wir iu Urulsrhlaad keine
«igauiliehe Pflanzschula für dies«« G«nc«, wi« in Psrm dta Dpkrs
comiquo ist; leider wichst in Deutschland der musikalische Hu-
73
ooor dicht, leider elod wir tu (»lehrt. — Ihr Nlemaon kehrte
Ihnen wieder zurück mit „goldenen Aebren“ und Blumen bela-
den. Er nahm im „Tenohiueer" Abschied, mH welcher Rolle
»t gekommen ued neunzehn Darstellungen vieleeiliger Art, be-
zeichnen »eine Spur, Daa» er io ceiorn neuesten Perthien. Faust
uod Achill«» io „Ipbigiotr", interessante Einzrlnbeiten bot, wie*
»cd Sie wohl »ue eigener Anschauung. Im Gaoiro raueste Ibra
aber Gounod’s lyrische Musik peiolich lalleii. Herr Nlemann
wird im Juni wtederkommeu; möge er uos dann «io neues Re»
pertoir miibriogeo. In letzter Stunde lies# eich der SflDger noch
als leterpret Scbumann’seher Lieder vernehmen. — leb schicke
Iheen voraus, dass das Florentiner Quartett Absthled nahm. Heit
Mansche »gedenken balle kein Quartett a«eh nur annAberungs«
w*ls»o Erfolg. Der grosse Redouleisaal war bis auf das letzte
Piftizchrn gefüllt; die l>f ehest errAume sAmmliicb mit CerclesiUan
besAet. Das ErtrAgulss floss dem Unterstötzuogsfond dea Jour*
nniislen und Schnftstellervrreios „Concordia“ zu; das Bruitoer*
IrAgnUs betrug 3142 fl, der Reinertrag nach Abzug der Kosten
2198 fl. Becker und di« Seinen spielten, und nach jedem
Stöck folgte ein gewittrrAbollrher Sturm voa Beifall. Das Pu*
blikum war aus Rand und Band. Noch dröhnt daa Gelömmel
hi meinem Obrl Herr Niemann, der io dem Concerto mitwirkte,
erhielt auch seinen Aotbsll. — Eben ersebiro auch «Id Lieder*
aloger bei uos. der IrelTlicbe Slockbaueta. Er gab mit
Brahms, der ein markiges, Irisches Lied kelhrachle (was des
Mannes Seite sonst keineswegs) ein Coocrrl und bewegte das
sehr sahireiche Publikum durch die schöne Innigkeit, die poeti-
sche Auffassung, durch den Adel seiner VortrAge. Brahma, ob*
wohl noch Immer nicht von einer gewissen orhulosm Zerflos-
senheit befreit, erschien uns heuer deno doch etwas energischer.
Hein schönes Lied „Von ewiger Liebe"' wiegt gar viele seiner
farcirteo, selbstquälerische» Compoaitionen auf. Aber auchFrlu-
l**o 8ophi« Me nt er, Köolgl. Baierische Hofpianistin , »peeiell
Schülerin BOlow's, betheiltgle lieh an dem Abschied der Klo*
rsutlner. Wir baiton sie bereits einmal hei den Philharmonikern
im Llszt'scbeu Clavlsreoneert gehört und wir erinnern uns
nicht, dass je eiuo Künstlerin am Piano ao raacb unser Publi-
kum erobert bitte. Nach dem Vortrag der Nummer brauste es
damals loa mit Dounergelös, sechs Mal musste sie erscheinen;
halte mau sie mit EotzOckeu gehört, mochte man sieh auch
nicht satt schäum au dem schönen und interessanten MAdcheo.
Re steckt das Blut Liszt’s und der Seinen in diesem Holdkinde,
«ine Tochter des verstorbenen Cellisten Manier Io Mönchen.
Sie Ist rasch uod feurig wis dar (Milz und zflodet mit jedem
To«. Wir verehre« Frau Schumann, bewundern ihre Auffassung,
besonders Beethoven’#, wir wissen, dass sie selbst, die Gattin,
ein goldener Schlüssel zu Schumann: aber was des könstleri*
scheu Jugeoddrsog, die eleclrisobe Tongewall betrifft, stellen
wir FrAulein Meuter nicht minder hoob. FrAulelu Meuter gab
auch ihr eigenes Coneert mit grösstem Erfolg; Bluutenrrgen im
Musikvereiossaal ist sonst nicht üblich; FrAulelu Sophie aber
trug ihrer der Menge heim. Da ich eingangs von L'Sit sprach,
so Iheile ieb Ihnen mit grosser Genugtuung mH, dass sich die
hier seit Langem Aber Liszt'* Compositlonro lagernden Wolken
bedeutend liebten; da« Coneert, das FriuMa Mcoter spielt*, ge*
Üel such als Object sehr; die von den Philharmonikern aafge«
führten Orehvetrr Priludes von Liszt, machten sogar Furore und
es wird der Hoffnung Raum gegeben werden könuea, nach und
nach aueb die wetteren rymphunierben Dichtungen des genlaleu
Ungar» hier zu hören, di« bei ibrm (weun man will) fragmen*
tariarb-apbortelisrbru Schönheiten doch sicherlich Xebninal mehr
Wiegen, als so raanrhe aschfarben* Kapdlmeieterarbriten, die
man hie uod da aus LocalptetAI auftiacht. — Dl« Coocertflulh
dea Februar scheint dermal noch immer im Steigrn; Ich hab»
Möbe, Ihnen naeh meinem Raum das Geeignete hrrauszufischto.
Freudig erwähne ich tunArhet des dritten Gesellenbaftscoaeerts,
das haute unser Harbeck — als Dirigent, der Meudrissobn
Wiens — mit einer Kapiulneulgkeit versah. Es ist die sog«-
nannte Refotmaiioussymphouie, die Mendelssohn 1830 schrieb
und dis erst aus dem Nachlass de« MeiaUrs an's Lieht trat.
Sic kam bei uns zur ersten Aufführung, nachdem sie, dem V»r-
nehme« naeh, weder bei Ihnen, noch io Leipzig sonderlich ge*
wirkt, bis erscheint uns als ein groMca, lolgrrlchlig In einan-
der verbundenes Ganzes: „durch Nacht zum Licht“, „Ein' fest*
Burg ist unser Gott“, (nach der Originalton«) Ist die Basis; die
Choralmelodie reiaal Allee mit sieb fort. Es ist der juoge Men-
delssohn, kaum zwanzig Jnhr* alt — aber ss ist Mendelssohn
mit seinem Fleisch uud Blut. Das Scherzo io B musste wieder-
holt werden; die Aufnahme des Werks fm Ganzen War eine
wahrhaft tiefgehende. Als neu für Wien brachte una Herheek
auch ei« Violtocoueert in E von Sebastian Bach. Erstaunlich
ist die Mannigfaltigkeit und Menge io de« Bach’acbeo Fundgru-
ben. Nicht leicht finden sich so viel Derbheit und Schönheit
io Einem gepaart wie im srtslen Theil des Cooeerts, dessen
Adagio dagegen von ganz sigentbOmlicber, bezaubernder Wir-
kung. Die Begleitung der BAsse ergreift lu der tiefsten Tiefe.
Hellmesbcrger spielte das Coneert nicht ohne einige Unruhe,
er hatte vollauf damit zu Ibuo, aber er ging, wie immer, aus
dem Kampf aufrecht hervor. — Der neue zweite Concertmcister
am Hofopernlbeater, J. M. Gr da, gab auch eia selbatvtAodiges
Coneert. Eine feine, aber kleioe Violine, aber iramerbta am
Platze. — Daa Gesobwislerpaar Hugo und Helene Uesrraaier
sus Wöriemherg — Violine und Harfe — spielten einmal mit
ebrenwerthem Erfolg, aber vor leeren BAokeo. Der anwesende
König von Hannover, einer der emsigsten Coneert- Besucher und
besonders bei streng clsssischeo Stöcken, mit vollster HAndege*
weit Beifall spendend, achwArmt für die Harfe und lieas seiner
Stimmung freien Lauf. — Endlich liess sich auch ein Herr Ra-
phat-l Joseffy aus Pressburg, Schüler Tsusig's, hören. Er rast«
wie der Wirbelwind Ober die Klavi«rsaiteo, terhoiscb merkwür-
dig ausgebtldet, aber ohue musikalische Intelligenz. Er spielte
in Böseodorfer'a Salon auf den herrlichen Clsviereo mH wahr-
haft verwegenen, tolldreisten HAndeo, zum Erstaunen uod Ent-
setzen zugleich der Anwesenden. . Au« den oeusstru Bewe-
gungen des Hofoperntheater bemerk« ich Ihnen, dass daa neue
Haus am 15. Mai eröffnet werdeu soll uod zwar mit Gluck’*
„Armida", deren Titvlparibie Frau Marie Will zugewieaeo wurde.
Diese Frau, wobl ohne Zweifel der schöne!« hohe Sopran, den
es jetzt giebl, die Besitzerin der herrlichen roseorotheo Stimme,
gewinnt an immer grösseren Kreisen von Enthusiasten and Ist
zur ersleu Zugkraft unserer Bühne geworden. Sie gehört erst
•eit drei Jahren der Böhne an und hatte mit schweren Hinder-
nissen tu kAmpfro, bis sie 1« die dramatische ThAtigkeit ein*
trat. Ihr Herr Waahtel fand lodes9 einen Nachfolger ziemlich
ebenbürtigen Stimmcalibers io dem hier eogagirlen ersten Te-
nor Herrn Möller (früher io Kaaaell. Herr Möller bringt das
B uod C mH grosser Sicherheit, hat dabei dasselbe Holz wie
Meister Wachtel im Leibe, aber mehr Poesie im Vortrag. — End-
lich wurde auch uoeh ein neues Eogageraaut mit einem jungen
Basso vom landschafilicheo Theater in Gratz abgeschlossen,
Herrn Hablawili, der schon in def ersten Scene des „Figaro"
als Gast sogleich die Wiener für sich gewonnen hatte. Bin
sehr Junger Mann, sehr agil und nett, dem der Schalk aus den
Aug«c sieht; wohl möglich ein zukünftiger pikanter Buffo. Di«
Aoffiag« »precbcB dafür. Und somit wAre loh dem musikali-
schen Februar ao ziemlich gerecht geworden; die Wonnen er-
drückten una acbiarl Möge uns der MArz leichter sein,
Carillon.
Journal. Hevue.
Die Allg. Muaik-Ztg. bringt einen Aufsatz „HAndel uml die
So hule". — Die Neue Zisch, f. M. beginnt «inen Artikel „Das
dramatische Element in der Muaik“ von R. Beofcy. — Die Signale
setzen ihr Musik-Adressbuch (Wien) fort — Südd. Mskz.: Schluss
der „Ausfahrt nach Volksweisen".
Die Revue et Gazette musicale enthält einen sehr iesenswer-
tben Aufsatz von Arthur Pougin Ober: Rossini.
74
Nachrichten.
Berlin. DerElementar-Gesaagunterrioht (Bedeutung ; Aufgabe
ihre Begründung und Lösung), mit besonderer Berücksichtigung
der ein-, zwei- und mehrklassigen Volksschule verfasst und den
Lehrern und Seminaristen gewidmet von F. W. Sering, (31© ver-
mehrte und verbesserte Auflage ) und: „Erstes Noteobuch“ für
die Hand der Schüler (erschienen bei C Bertelsmaun in Güters-
loh) — sind von den Königlichen Regierungen zu Magdeburg und
Merseburg, erstem Schrift den Lehrern und letztere zur Benutzung
in der Hand des Schülers, empfohlen worden. Dieselben Schrif-
ten wurden bereits früher vom Königlichen Schul-Collegiuni in
Magdeburg den Seminarien zur Unterweisung der Seminaristen
in der Methodik des Gesangunterriohts und zur Benutzung in deu
Seminarschuteu empfohlen
Barmen. Am 19. d. wird Bach*« Matth Aus- Passion hier zur
Aufführung gelangen.
Brnuuscbwcig. ßtes Abouueinentconcert dos Vereins für
Coneertmusik : Nonett Op. 31 von Spohr, Pianoforte-Quintetl von
Schumann, Lieder von Sehumaun, .Marsebuer und Grftdeoer und
Claviersoli von Mendelssohn, Chopin, Schlegel und Scariatti.
Breslaa. 10. Orchestervereinsconcert unter Mitwirkung von
Frau Bellingrath-Waguer: Sinfonie in Es-dur von Bruch,
Arie „Oceau“ aus „Oberon“ von Weber, Balletmusik aus „Rosa-
munde“ von Schubert, Ouvertüre zu „König Stephan“ von Bee-
thoven etc. — Am 13. d. wird die Singacademie zum Besten des
zu errichtenden Bach-Denkmals Bach s Matthäus-Passion auffüh-
reu. — Geistliches Coneert in der Bernhardin • Kirche: Hymne
für Sopran von Mendelssohn, Trio für Orgel von Hesse, Dstim-
miger Chor von Cebrian, Cantate „Christ ist erstanden“ von
Berthold etc.
Carlsrntie. 6. Aboanementconcert: Ouvertüre zu „Coriolan“
von Beethoven, Clavierconcert in A - mol! von Schumann und
Coneert für 2 Claviere von Bach (Herr und Frau Ja eilt und
Sinfonie in Es-dur von Bruch etc.
Cöln. Grosses Vocal • und Instrumental • Coneert: Trauer-
marsch aus der „Eroica“ und Ouvertüre zu „Egmont“ von Bee-
thoven, Es-dur-Clavier-Coneert von Weber, Polonaise in Ea-dur
von Chopin, Römischer Trhimpbgesaug von Bruch, Wächteriied
von Gernsheim etc. — 9. Gürzenich - Coneert: Violioconcert von
Beethoven (Herr Strauss), „Agnus dei“ für Chor und Orchester
von Chembini, Concertstück von Weber, Abschiedslied für Chor
von Schumann und „Eroica“ von Beethoven.
Darmsladt. Am hiesigen Hoftheater ist eine neue Oper
„Otto der Schütz“ von Netz in Scene gegangen.
Frankfurt a. H. Wagner’s „Fliegender Hollinder“ ist am
24. Februar neu einstudirt auf dem hiesigen Stadltheater in Scene
gegangen, hat aber keinen warmen Beifall erzielen können. —
Das 9. Museumsconcert brachte von Orcheslerstäcken Schumann s
geniale 2te Sinfonie in C-dur und Beethoven s Ouvertüre in C-dur
(Op. 124) in gelungener Ausführung. Herr Rosenhain aus Pa-
ris trug mR vieler Delicatease das D-moll-Concert, mit der wun-
derlieblichen Romanze, von Mozart, sowie 8 Clavierstücke eigener
Composltion vor, während unser tüchtiger Violoncellist Müller das
Larghetto aus dem ClarlneUenqiiiotett von Mozart und eine Taran-
tella von Rossini spielte. Friul. Lutz, eine Tochter des geschätz-
ten hiesigen Pianisten und Lehrers, sang eine Arle aus „Figaro“,
sowie ein Lied von Kücken mit anmuthiger Stimme und anspre-
chendem Vortrage. — Im darauf folgenden 10. Coneert kamen
Grimm’s Suite in Canonform und Ouvertüre zu „Aladin“ von
Hornemann, beides Novitäten, mit Erfolg zu Gehör. Fräulein
Hauffe aus Leipzig spielte Beethoven’s G-dur-Concert und Schu-
mann's hochpoetischen Carueval und gewann sich vielen Beifall.
Herr Pirk, Tenorist vom Hoftbeater zu Hannover, erfreute durch
den gelungenen Vortrag einer Arie aus „Josef“ und dreier Lie-
der von Schubert. — Am 15. Februar brachte der Rü hl’ sehe
Gesangverein das Oratorium „Kain“ von Max Zenger zu Gehör.
Dasselbe leidet an Mangel der Styleioheit, enthält aber unver-
kennbare Spuren von TalenL — Herr Miska Hauser hat am 16.
ein Coneert gegeben, in welchem er neben Tartini's Sonate ei-
gene Composiiionen, darunter auch die unvermeidliche Vogel-
Caprice, vortrug.
Halle. Das 4le und letzte Abonuamenls-Coucert fand unter
Mitwirkung des Herrn Kapellmeisters Rein ecke uad der Fratz
Wüerat aus Berlin statt. Erstgenannter spielte sein Claviercon-
cert in Fis - moll und zwei Clavierstücke von Schumann in tief
empfundener, zum Herzen sprechender Weise. Frau Wüerst be-
währte in dem Vortrag der Händel'achen Ezio-Aric sowie Liedern
von Franz und Wüerst den bedeutenden Ruf, der ihr als hervorra-
gende Sängerin vorauaging, in vollstem Maasse. Sympathischer
StimmklAng sowie treffliche Auffassung und Vortragsweise er-
rangen der Künstlerin elueu allgemeinen Erfolg.
Hamburg. Orgel - Coneert des Fräulein Volkmann: Toc-
cata und Fuge von S. Bach, Arie aus dem „Messias“ von Häu-
del, Präludium und Fuge (E-moll), Toccata (D-moll) und 2 An-
dante für Cello und Orgel von S. Bach etc. — 2te Solräc für
Kammermusik der Herren Kleinmichel etc.: Trio Op. 1 F-dur
von Graedener (Sohn), Sonate mit Cello (Op. 45) B-dur von Meu-
delssohn, Trio Op. 80 F - dur von Schumanu und Trio No. 1
G - dur von Haydn. — Soiree musicole der Pianistin Fräulein
Marstrand: Trio in Es-dur von Schubert, Sonate A - moll für
Pianoforto und Violine von Schumann, Claviersoli von Bach,
Beethoven, Field und Weber und Stücke für Cello von Lübeck
und Vieuxtempa.
— Coneert des Herrn Mehrkens: Pianoforte - Quintett
G-moll, Op. 7 von Grädener, Trio in F-<lur, Op. 42 von Gade
und Claviersoli von Raff, Berens, Liszt und Heller.
Homburg. Sinfonie • Soiree im Kursaale: Ouvertüre „Die
4 Menschenalter“ von Lachner, 1. Finale aus „Don Juan“ von Mo-
zart, „Am Meer“ von Schubert und 8te Sinfonie von Beethoven.
Leipzig. 3te Abendunterhaltung für Kammermusik: Quar-
tett No. 1 Es-dur von Cherubim, Trio Op. 100 Es-dur von Schu-
bert und Quartett Op. 130 B-dur von Beethoven. — lOtea Con-
cert der „Euterpe“: Scenen aus „Lobengrin“ von Wagner (Vor-
spiel und erste Scene des 3. Actes, zweite Scene des 2. Actes,
Finale des 1. Actesi und Sinfonia eroica von Beethoven.
Magdeburg. Im 8. letzten Coneert im Logenhause wird
den gesanglichen Theil Fräulein Eggelin g ausführen, während
das Viollnsolo Herr Concertmeister Beck übernommen hat. Die
Orohestersachen werden Beelhoteo’a Pastoralsinfonie und die
Ouvertüre zu den „Lustigen Weibern“ von Nicolai sein. '
Potsdam. Das 5te Abonnement-Concert unseres strebsamen
Musikderectors Voigt bot in wohlgelungener Executirung die
A- dur -Symphonie von Mendelssohn und Gade's Ouvertüre Im
Hochland. Die Sängerin Fräulein Av6 Lalle ma nt und der Har-
fenvirtuos Herr Pönitz unterstützten das Coneert in wirksa-
mer Weise.
Regenaburg. Am 23. Februar fand die Aufführung des
Meodvlssohu’acheo „Paulus“ durch den hiesigen Üratorieoverein
stall. Sehr rühmliches leisteten die Sollslro (Freu Denzinger.
Studiosus Meyer), besonders aber der Cher, der offenbar mit
viel Sorgfalt von dem Dirlgeoleo Nolar Berukisu eingeübt war.
Der Verein erfüllt also «einen Zweck, die hiesigen Chorkräfte zu
heben und Ihnen würdig* Aufgaben zu bleieo. Ob sieh wohl
euch anderwärts die Erfahrung zeigt, dass ein Chor, der oor mit
Begleitung zu singen gewohnt Ist, unter dh Mitlelmässigkeil her-
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•blinkt, sobald er ohne Begleitung Bingen toll? Selbst bei Piaoo-
fortebegleltuog zeigt der Chor oft bedenkliche Schwankungen, die
wir den Verhältnissen eine* puren Dileltsolenvereioes. der viel
zu wenige Proben abbäll, zur Last Irgro. Tritt jedoch dae Or-
chester hinzu, so gewahren wir eine erfreuliche Kraft, die aus
der grosseren Sicherheit stammt. Zwei ttaoptgebrechen halte die
Aufführung. Die Begleitung der Soll durch das Orchester war
roh und ohne alle Sorgfalt Im Grossen und Ganzen. So war die
Begleitung von No. 7 „Jerusalem“ nicht mezza/orie, dszu schleppend.
Die schOoe Nummer kam Io keiner Welse zur Geltung. Durch
das Immerwährend« Forte des Orchesters verloren aelbstveratäod-
lieb auch die krAfllgen Chöre — eine Steigerung wurde nehezu
unmöglich. Dieaes Gebrechen iat veranlasst durch die Stellung
des Orchesters zu seinem Dirigenten. Es giebt hier keine städti-
sehe Kapelle, keine fixen Bezüge. Oboen, Fagotte etc. sind nur
mit Notb aufzulreibcn. Will der Dirigent Ansprüche machen, so
thut man nicht mehr mit, das Instrument muss weggelaaaen
werden. Höhere Rücksichten kennen nur wenige. Nun ist das
ledisorete Begleiten bei Mendelssohn meist noch erlrAgliob. Al-
lein aul’s grellste störte es in Scbumanu'a , Paradies und Perl“.
Die Chöre, hier die beste Leistung, sind darin nicht zahlreich;
die Soli wurden erdrückt. Sobnmann’s Werk ist stArker instru*
mrntirt, als dar ,, Paulus“, wenigstens iu den Soli. Das zweite
Hsuptgebrerbeo waren die vergriffenen Tempi; fest die UAlfle der
Soll und Chöre (die Recitative ausgenommen) waren verschleppt,
am Ärgsten No. 12.. Ich darf ohne (Jebertreibuog behaupten, dass
das Tempo noch einmal so schnell bitte genommen werden sollen.
Daaa die Arie dadurch gar nicht mehr den dem Text entspre-
chenden Ausdruck erhielt, braucht keiner Bemerkung. Aebulich
war es mit dem Duelto No. 31, Chor No. 29. Dafür ward
No. 35 „Seid uns goldig“ übereilt. Die ausserordentlichen Be-
mühungen des Dirigenten Inmitten ungünstiger Verhältnisse, das
Werk zu Stande zu bringen, erkennen wir denkbar an. Aber
der Gedanke drängt «leb auf, ea möchte eben nicht die gante
Last auf Eine Sebuller geladen werden. Die Einriebtung man-
cher Gesangvereine, die nebro ihrem Direetor sogenannte Chor-
meisler haben, dürfte eich sehr empfehlen. Der Dirigent kenn
daon immer mit frieeherer Kraft lo’a Zeug gehen. — Möchte
man überzeugt sein, dass diese Bemerkungen nur dazu dienen
sollen, den Verein auf jene hohe Stufe zu führen, die ihm grös-
sere Anerkennung, Tbeiloabme und Unterstützung verschaffen wird.
Salzburg. Die neue komische Oper des Herrn Dr. Bach
„Die Liebesprobe“ ist am 18. Februar mit einer iui Gauzen günsti-
gen Aufnahme zur ersten Aufführung gekommen.
Stettin. Zweite Abendunlerbaltung des Conservaloriuma der
Musik: Quartett von Haydn, „Ich barrete des Herrn“, DueU von
Mendelssohn, Trios von Mozart und Mcndelsohn.
Trier. Die erete Vorstellung der Oper des Herrn A. Langer!
„DU Fabier“ hat hier Enthusiasmus erregt. Es war kein gewöhn-
licher Beifell, ea war Begeisterung, die sieh von Aet zu Ael stei-
gerte: kurz uatb der Vorstvlluog wie noch Tage lang nachher
batten wir reichliche Gelegenheit, bei Zuhörern aus dm verschie-
densten Gesellschaftsklassen, mit grosser und geringer Kunetken-
Barschaft begabt, jenen Enthusiasmus rege zu sehn. Alle ellnim-
len io dem einen Puukle Oberain: es ist dies kaioe gewöhnliche
Musik, eie ergreift, sie erschüttert, als bat une einen ganz eigen-
tbOmiicbeo Genuss gewährt. Wir sieben nicht an, uns diesem
Urtbeile sozuscbliesseo, und bekennen gern: dies ist die Musik
der Leidenschaft, das tiefste Herz ergreifend, aus tiefstem Innern
quellend, eine durchaus urwüchsige Musik. Die Aufführung war
lür unsere VerhAllnisse meisterhaft. Alle Darsteller waren eicht-
lieb von der Grösse des Werkes zur Anspannung all' ihrer KrAfte
hingerissen und) die Vertreter der Hauptpartbien könnten ao ei-
ner Hofbühne kaum Oberlroffen werden. Es waren die Herren
Habn (Cooeul), Bleck (Marcus), Werrenrath (Icillue), die Da-
men FrAultio Conrad! (Kabis) und Fräulein JAger (Quintne).
„Die Fahler“ werden leben, wie alles Grosse und Schöne forlle-
hro wird. Mannigfach sind die Hindernisse und MQhsale, welche
einem jungen, zumal deutschen OperncompooisUo enlgegeoge-
Ibürmt werden. Missgunst, Neid, Gleichgültigkeit, Maogel an Ver-
slündniss, Kleinlichkeit, all' dieses muss überwunden Werden.
Aber das Gute bricht sieb trotz alledem Bahn, und so aiud wir
überzeugt, dass „Die Fabier“ in wenigen Jahrm den Ihnen ge-
bflbreodeo, hervorragenden Platz auf den Bühnen Deutschlands,
zu welchem schon so viele minder verdienstvolle Werke gelangt,
einnehrueo werden. Sia bieten eine im edelsten Sinne deutsche
gute Musik, und das Tbeatrrpublikuiu von Trier darf stolz darauf
sein, in erster Reibe dm Werth derselben anerkannt zu haben.
Der Schöpfer aber möge rüstig mH dem ibo auexeicboeodeo
Fielest* forterbeiteo, der Beifall des Publikums wird ibo tragen
und Ober manche kleinlichen Nergeleien und oberflächlich ab-
sprechende Urtheilc wird ibo das Selbstbewusstsein des echten
Genies hiowegbebeo. (Trierleche Zeitung.)
Wien. Herr Franz Doppler hat soeben eine neue 4actlge
Oper „Judith“, Text von Mosenthal, vollendet
Antwerpen. Benoit's Oratorium „Die Schelde“ Ist nun atu
28. Februar mit grossartigem Erfolg zur Aufführung gelangt. Sein
Name ist durch dieses Werk denen der bedeutendsten Componiaten
dieses Genres beigasellt. Die zweite Aufführung findet demnAcbat
in Brüssel statt.
Brüssel- Hub instein hat in weiteren drei Coneerten seine
zahlreichen Verehrer enthusiasmirt Die hiesigen Blätter ergehen
sich iu den überschwenglichsten Berichten Ober seine eminenten
Leistungen. — Im 7ten Concert populaire wird eich der Geiger
Wilhelmj hören lassen.
Lüttich. Rubin stein hat unsere Stadt mit seiner Gegen-
wart beglückt und ein Concert gegeben, dessen Programm eine
Violonccll-Sonate eigener Composition, den Caruvval von Schu-
mann, eine Sonate von Beethoven und Clavier-Soli von Chopin,
Liszt und Mendelssohn entbieit. Dass der unvergleichliche Künst-
ler sehr gefeiert wurde, dürfte als selbstverständlich erscheinen
und somit sind wir jeder weiteren Kritik seiner Leistungen ent-
hoben.
Genna. Hier bat ein interessantes historisches Concert statt«
gefunden, in welchem Compositionen von Grtgoire, Palestrina,
SlradelJa, Salvator Rosa, Corelli, Scarlatti, Clari, Buooomini, Ga-
steldt, Clementi. Lotli, Clmarosa und Martini zur Aufführung kamen.
Warschau. Tauaig wird hier (seiner Geburtsstadt) in die-
sem Monat mehrere Concerte geben.
Petersburg. Alexander Dreysohock ist bedenklich er-
krankt und hat sich zur Herstellung seiner Gesundheit nach Ve-
nedig begeben.
Consfantlnopel. „Der Prophet“ von Meyerbeer wurde im
Theater Kaouu mit eclataotcm Erfolge geg eben.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Beachtenewerthe Orchester-Soi ilttteu]
Rheinberger, Jom. Op. 10. W allenatein. Sinfonisches Ton-
gemAlde f. Orchester Part. 5 Thlr netto. — Urcbealer&timxnea
*4 Thlr. — Clavierauszug zu 4 Händen 3} TbJr.
— — Daraus der 3. balz „Walleualein's Lager. Part. I Thlr.
netto. — Orchestiininen 21 Tblr. — Clavierauszug zu 4 Händen
26 Ngr.
Bvewdsen. Jolian, S. Op. 4. Sinfonie (D-duri f. Orchester.
Part. 5 Thlr. — Orchesterstimmen 7 Thlr. — Clavierauszug zu
4 Händen 2j Thlr.
Thleriot, f>rd. Op. 13. Loch Lomond. Sinfonisches Fanta-
siebild f. Orchester. Part 1) Thlr. — Orchesterstimmen 3 Thlr.
— Clavierauszug zu 4 Händen 1 Thlr.
Verlag v. E. W. trilzsch in Leipzig.
76
HflY&sendang No. 2
VOp
B. Schotte §öhn«D in Mainz.
TMr. Sfr
Beyer, Ff rd, ChaDts patr. No. 62. Hitnno Natiouai de
1h Republiea Uruguay . . B
Kelterer, E. SerAnnde de Wekerlin, transcr. et var.
Op. 238 — 15
Ballone, Caprice mllitaire, Op. 242 — 15
— — Bluetle, Op. 245 — 15
Leybach, J. HereulAuum da David, Fant, brill. Op. 112 — 20
Marche brillante, Caprice Op. 113 . ... . . —.16
Raviaa, II La douleur, Peiisee expressive, Op. 67 . . — 15
Schmidt. Oscar. 2»* Nocturne, Op. 18 — 12$
Nocturne, Op. 19 — 12|
— — Berceuse, Op. 20 No. 2 — * 10
Scbols, Beruh. Sonate Op. 28 1 —
Schubert, C. Royal-Potsdam, Galop, Op. 339 .... — 7}
— — Les Chasseurs Tyrollens, (Juadr. Op. 342 .... — 10
— — La Jeuuesse Allemande, (Juadr. Op. 843 .... — 10
— — La Dause des Cloebeltes, Polka, Op. 344 . — 7$
Streabbog, I, Celcbres Tyroliennes et Styrienne«, transer.
et variies No. 1—6 4 — 7$
BafT, J. Symphonie (No. II C-durl 4 4 ms., Op. 140 2 22)
Stiehl, H. 6 petites morceaux 4 4 ms., Op. 57 . . . — 20
Ooldmark, Carl. Suite pour Piano et Violou, Op. 11 . 2 2)
Kelterer, E. und Hermann, A, Duos conccrtants sur
des uperas de Verdi pour Piano et Violou.
No. 1. Rigoietto — No. 2. II Trovalore . . . . A 1 —
Scholz, Herab. Souato für Piano und Violine mit Va-
riationen Ober ein deutsches Volkslied, Op. 20 . . . 15
— — 2 Sonaten f. Violoncello u. Piano, 0p. 19 No. 1.2 4 1 22$
Dancla, Cb. Valso de Concert p. Vln. irr. Po. Op. 121 1 —
Leonard, H. Den Jüan, Fant p. Vln. av. Po. Op. 29 1 12$
Dito * „ „ ar. Orcb. Op. 29 2 12)
11 Trovatore, Fant de Sal. p. Vln. av. Piano . . 1 —
— — Ernani, Fant, de SaL p. Via. av. Piauo .... 1 —
Lacbner, Franz Suite Na 5 in fünf SAlzen für grosses
Orchester. 0p. 136. Partitur in 8. 4 5
Orchesterstimmen 6 17$
Soeben erschien in Paris und ist bei uns vorrfthig:
nachgelassenes Werk
HESSE SOLENHELLE.
Clavier- Auszug mit Text.
Fr. 4 , Thlr. notto.
mm a & mvz
(E BOCK)
Königliche MoMdnaikhandtuug in Berlin und Posen.
In meinem Verlage erschien so eben:
Flacher. O. Op. 24. Bla» Astigelem. Lied für 1 Singntlmme
mit Begleitung des Pfta , für Alt oder Bass 5 Sgr., für Sopran
oder Tenor 5 Sgr.
Op. 25. Neuer Frühling. Lied für eine Singstimme mit
Pianofortebegl. 5 Sgr.
Beide Lieder zeichnen sich durch leicht spiel- und singbare
Melodieen ganz besonders aus, und dOrfleo eine sehr willkommene
NovitiU der Lieder-Lileralur sein.
lauer, Januar 1869 Herrn. Nickelmann.
Firma: H. Hierseuu’iizcl» Buchhdig.
Norititen-Lisle No. I.
Empfehlenswerthe Musikalien
publicirt von
JUL. SCHUBERT!! «fc Co.
Leipzig and New-York, n*-
Bach. Job. Beb. Aufgewühlte Pianoforte-Werke. Sect. 8.
24 Fugeu (wohltemperirtes Glasier). Stufenweise ge-
ordnet, mit FiugersAtz und Vortragsbezeichaung nebst
Anleitung zum richtigen Studium, redigirt von Louis
Köhler. 2te Auflage .... 6 1 10
Blumeotbal, J. Op. 13. Lea Vacaneea. RAerAations
pour Amateurs, Composilious originales, elegantes et
non difliciles pour Piano. No. 7. 2eme Nocturne. No. 8.
VaUe-TyroKenne. No. 9. Rondioo elegant. Nouvelle
Edition. CorrigAe et doigtee par K. Klauser . . . 4 —10
BOlc II. 0p. 20. Goldküfer und Blüuielein. Lied für
Sopran oder Tenor mit Pianoforte (mit deutschem und
englischem Text — 7$
Doiznaer, J. J. F. 12 Duettinos für Flöte und Piano-
forte. Cah 2. Krebs, Liebchen über Alle«. Schubert,
Lob der TbrAucn. Krebs, Au Adelheid — 22$
Field, John. 12 Nocturnes. Neue Pracht-Edition, revi-
dirt von Liszt und K. Klauser. No. 1. Es-dur. No. 2,
C-molJ a — 7$
Hnuner, H. 0p. 37. Vier Lieder ohne Worte (Roman-
ces sans parolesi für Cornet ä Piston und Pianbforte.
No. 1. Ahnung (Pressentiment). No. 2. Mfihrchen (Fable».
No. 8. Einsamkeit (Soliludej. No. 4. Andacht iPIAtA) . 1 —
Krug, D. Op. 36. Seeha Lieder von C. AL von Weber
transcribirt für Pianoforte. Neue revidirte u. mit Fin-
gersatz versehene Ausgabe v. K Klauser. No. 3. Krlegerlied — 7$
No. 4. Liebeslied — 5
Liaxt, Fran$. Valse-luipromptu pour Piaoo. Edition fa-
cilite. Nouvelle Edition — 10
Mayer, Charles. Trois grandes Caprices pour Piano.
No. 2. Op. 86. Nouvelle Edition, rAvue, corrigAe et
doigtäe par K. Klauser — 20
Meyer, Leopold de. Op. 184. Chant et Danses des Co-
saques. Paraphrase de Concert pour Piano .... — 15
MoxarC, W. A. Op. 108. Grand Quintelto pour Flüle,
deux Violons, Alto et Violonoelle. Neue Edition ... 1 10
Raff, Joachim. Op. 138. Qoatuor No. 5 in G-dur (Ar
2 Violinen, Bratsche und VioJonceli; in Partitur ... 1 15
— — Dasselbe in Stimmen 2 20
Schmitt, Jac. Op. 248 u. 249. Aeht kleine instructive
Sonatinen für Pianoforte. Neue revidirte, mit Finger-
satz versehene Ausgabe von K. Klauser. No. 3 in C-dur.
No. 4 ln F-dur. No. 5 io G-dur 4 — 7$
Schumann, Hob. 0p. 68. Jugend- Album. 43 kleine
Clavieretücke, bearbeitet f. Pfte. u. Viola. Heft 5 u. 6 4 — 90
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Will. Jahrgang M 10 .
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1 «. Marz 1869 .
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Inhalt. Rfwniion». — Barlm,
Revue. — Correa|Min<l«ttt( an* Pari«. — Feuilleton* Au« meinem Leben < Erinnern ng an -Npnnlini). III.
— JuorneMlevue. — NaehfieMoo. — inaerate.
1 v H f c e n
.
GOtz, llermiaon. Drei leichte Stücke für Piaooforte
und Violine (erste Lage). Op. 2. Leipzig, Breitkopf
& Härtel.
Da es die Absicht des Komponisten war, mit diesen
drei Stücken etwas Instruclives zu schalten, so ist es um
so verdienstlicher, dass es ihm gleichzeitig gelungen, auch
musikalisch Bedeutungsvolles und künstlerisch Interessantes
zu produciren. Her Schulzweck ist in allen drei Stücken
gleich gut erreicht, nicht aber stehen dieselben auf gleicher
künstlerischer Stufe Die mindeste Bedeutung erkennen
wir der etwas trockenen Romanze zu. Der Marsch dage-
gen ist hübsch erfunden und voller Lehen. Ganz allerliebst
wirkt das Rondo; hier zeigt der Verfasser das boneidens-
werthe Talent, mit den einfachsten Mitteln Feines, Gewähl-
tes und doch Natürliches zu bieten. Die Spieler aber weiss
er, ohne von ihnen irgendwie bedeutende Technik zu bean-
spruchen, in die angenehme Lage zu versetzen, dass sie
sich in strenger, kunstvoll nusgeschmückter Form zu eige-
nem Nutzen und Frommen, zum Genuss für sich und die
Hörer bewegen.
Ililler, Ferdinand. Zwei kleine Duette für Alt oder
Mezzosopran und Bass oder Bariton mit Begleitung des
Pianoforte. Op. 132. Leipzig, R. Seilz. »
Die vorliegenden Duette sind in glücklicher Stunde
geschrieben und werden sich, abgesehen von ihrem amnu-
t Ingen Inhalte, sowohl durch die leichte Ausführbarkeit als
durch die Wahl der seilen vereinten tieferen Stimmen ge-
wiss viele Freunde gewinnen. Sie sind sangbar und dank-
bar für die Stimmen geschrieben und die Klavierbegleitung
ist zwar ein inlegrirender Theil der Composition, aber sie
überwuchert nirgendwo das vocate Kleinen*. In B^ztig auf
positive Erfindung steht das er*te Duett „Morgenwande-
rung“ dem zweiten „Zwiegespräch“ nach; dafür ist es aber
reicher an eigentlicher Gesangswirkung der beiden Stimmen,
während das andere eigentlich ein Wechselgesang genannt
zi' werden verdient, io welchem sicli nur iuu Schluss die
a I o n e n.
duettirenden Stimmen zusainiuenfügen. Die Textzeilo, in
der es heisst : „Da Ist der Wald so kirchenstill“ hat in dem
Duett „Morgenwandemng“ auf das Kolorit desselben be-
stimmend eingewirkt. Wir empfangen heim Hören dessel-
ben den Eindruck andachtsvoller Gottesverehrung in freier
Natur. Diese Empfindung gipfelt in dem Mittelsatze: „Da
zieht die Andacht wie ein Hauch durch alle Sinnen leise“.
Hier wirkt das unisono vorl redlich uud die sich daran
schliesseode canonische Führung der Singstimmen erinnert
in angemessener Weise an den dor Kirche entstammenden
strengeren Styl. Im zweiten Stücke waltet ein feiner Hu-
mor. Mädchen und Jüngling lassen neckische uud derbe
Scherzworte herüber und hinüber liegen. Wir höreo ei-
gentlich nur mehrere Verse eines einfachen Liedes, dessen
Vorder- und Nachsatz die weibliche und männliche Stimme
abwechselnd vortragon. Das Ganze schläesst mit einer kur-
zen. aber wirkungsvollen Codificirung. Das anspruchslose,
aber darum nicht minder ansprechende Werkchen ist den
Freunden des Ensemblegesanges warm zu empfehlen.
Richard W ü erst.
Thoma, R. Zwei leicht ausführbare Kirchenstücke für
gemischten Chor mit Begleitung von kleinem Orchester
oder Orgel. Op. 19. Breslau, C. F. Hionlzsch,
Die klare und einfache Schreibweise in beiden Stücken
stellt der Ausführung gar keine Hindernisse entgegen. Die
SingMiinmen, homophone, einfache Cltöre, sind leicht ein-
tusliidireii, und das Orchester (in No. 1. „Ich weiss. mein
Golt, dass all* mein Thun“: Quartett, 2 Hörner, 2 Clari-
nelten, Flöte; in No. 2. Psalm 66. „Jauchzet Gott, alle
Lande“: Quartett, 2 Hörner, 2 Klarinetten, 2 Trompeten.
re«p. Posaune und Pauken ad lib.) ist auch unschwer su
besetzen. Obgleich nicht in dein sogenannten strengkirch-
liclien Style geschrieben, sind die beiden Arbeiten doch bei
weitern vielen schablonenraässig conirapuuktirten Messen
vorzuziehen; wir empfehlen sie xu fleissiger Benutzung.
V 10
78
Thoma, R. To Deucn für Soli, Chor und Orchester.
Op. 18. Clavierauszug. Breslau, C. F. Hienlzsch.
Ein grösseres, der schon in den beiden vorstehenden
kleineren Arbeiten dargelegten ernsten Richtung des Com*
ponisten entsprechendes Opus. Ein Chor, B-dur, Moderato,
eröffnet das Werk einfach und würdevoll; zweimal kehrt
nach kräftigeren Zwischensätzen, welche die Allmacht Got-
tes preisen, der Einleitungssalz: „Wir danken dir, Gott“
wieder. Die zweite Wiederholung im pp leitet über in ein
kurzes, sehr wirkungsvolles Quartett a capella, Adagio
„Fallt nieder in den Staub und betet an!“ Der Chor fällt,
Vivace, Es-dur: „Sein ist die Kraft!“ wieder ein, wech-
selt dann mit den Frieden verkündenden Soli ab, geht als
Doppelchor, B-dur, in ein kraftvolles Maestoso: „Froh-
lockend beten wir dich an!“ über, bis endlich beide Chöre
wieder vereinigt mit dem: „Herr Gott, dich loben wir!“
das Werk ernst und mit voller Kraft zum Schluss führen.
So weit eine solche Coinposilion sich nach dem Klavidrauszuge
beurtheilen lässt, müssen wir uns cino vortreffliche Wirkung
von ihr versprechen, die sich auch recht wohl bei anderen
Festtagsgelegenheiten erproben Hesse. Für diesen Zweck
ist auch an einigen Stellen ein abgeänderter zweiter Text
mit untergelegt. W. Laekowitz.
Rerlin.
H e p u e.
(König!. Opernhaus.) In der „Zauberflöte“ gab am 1.
Fräulein Tremmel die Pnmine als zweite Rolle und befestigte
den günstigen Eindruck ihrer Margarethe. Die heutige Parlhie
erlangt grössere Krall in der hohen Lage und die Sängerin
war überall im Stande den Anforderungen zu genügen; selbst
ein hohes C (io der Cadenz der G-uioll-Arie) sicher eingesetzt
und getragen kleug schön. Der sympathische Ton wie der
gut phrnsirte Vortrag bedürfen nur einer Modiflcatiou des Vo^>
cals E, welcher in den Endsylbeo etwas zu offen und gedehnt
gegeben wird. Fräulein Tremmel fand sehr lebhaften Beifall
und wurde engagirt; jedenfalls gewinnen wir mit ihr eine ta-
lentvolle, zu schönen Hoffnungen berechtigende Novize. Frau
Röske-Lund sang wiederum die Königin der Nacht. Der
wenig edle Ton der Sängerin widerstrebt dem Charakter der
Aufgabe; der technische Theil wurde gut geleistet, allerdings
mit Veränderungen; so wurde in der ersten Arie statt des Stac-
cato-Ganges B, D, F nur B, C, D gesungen, die zweite Arie
ganz nach C Iranspouirt. Recht lobeaswertlt ist der Tamino
des Herrn Krüger, namentlich die Bildniss-Arie. Der Sänger
aolUe aber in dem Passus „Ihr holden Knaben saget an“ u. s. w.
die von Mozart gewünschten Vorschläge bei den Worten „an“
und „kauu“ nicht eigenmächtig fortlassen, die Phrase klingt
dadurch recht nüchtern. Die Herren Fricke und Krause als
Sarastro und Papagcno verdienen alle Anerkennung. — Am 2.
war „Rienzi“ mit Herrn Niemann. — Aid 5. debutirte Fräu-
lein Rad ecke vom Sladühealcr in Cöln als Prinzessin von
Navarra in Boieldieu's liebenswürdiger Oper „Johann von Pa-
ris“. Die Stimme des Fräulein Radecke ist ein hoher So-
pran von lieblichem Klange aber geringer Kralt, dem Vortrag
wäre noch mehr Empfindung zu wünschen. Bevor wir uns ein-
gehender Ober die Sängerin aussprechen, wollen wir erst fer-
nere Parlhicen von ihr gehört haben. Die sonstige Aufführung von
Seiten der Herren W oworsky (Johann), Uetz (Seneschall),
B o s l ( W irth ) und der Damen Grün (Olivier) und H o r i n a ( Lorezza)
war eine recht zufriedenstellende. Die Sencschall-Arie ist eine mu-
sterhafte Leistung des Herrn Betz; dieser Klang, diese Weich-
heit und Gleichheit in dem bedeutenden Umfange
dürfte nicht leicht bei einem Bariion gefunden werden — Am
7. war „Margarethe^ mit Fräulein Tremmel, welche auf dem
Zettel bereits unter den engagirten Mitgliedern atand.
Im Friedrich-Wilhelmalädtischen Theater hatten sich am
4. um die Mittagsstunde auf Einladung des Herrn Commission»-
rath Deichnmnn Vertreter der Presse and Kuosl-Notabilitäteri,
wie Herr General-Intendant von Hülsen, eingefunden. Fräu-
lein Elise Üeichmann, die Tochter des Direktors, welche in
diesem Winter zum ersten Male in Cöln engagirt war und als
Coloralursängerin grossen Beifall gefunden hatte, gab in See«
nen aus „Barbier von Sevilla“ (Arie und Duett mit Figaro —
Herr Leezinskyi wie in der Arie der Madelaine aus „Postil-
lon von Lonjumeau“ sehr erfreuliche Proben ihres Talents.
Die nicht grosse aber doch angeoehmo und ausgiebige Stimme
müsste gewiss noch an Intensität gewinnen , wenn der Ton
mehr im Vordergründe des Mundes concentrirt würde. In sel-
tener Weise (ritt uns aber die natürliche Uegabung für die
Cnloralur entgegen; Läufe, Triller, namentlich aber Stnccatoa in
Arpeggien wurden mit Kreit, Verve und musikalisch correct
ausgeführt. Bei Fleiss und richtigem Geschmack wird Fräulein
Deichmann gewiss eine bedeutende Coloralursängerin werden.
Das eingeladene Publikum bezeigte durch den lebhaftesten Bei-
fall seine grosse Zufriedenheit. — Als Eurydice in Offenbach’s
„Orpheus“ hat Fräulein Renoro, früher ein gern gesehenes
Mitglied dieser Bühne und jetzt wieder engagirt, beifällig
debutirt.
Die am ö. d. M. durch den Stern 'sehen Gesangverein im
Saale der Singacadeoiie veranstaltete Aufführung der hohen
Messe (H-moll) von J. S. Bach ist in jeder Hinsicht eine be-
deutsame zu nennen. Gegenüber dem strengen Ernst, welcher
durch das ganze Werk hindurchgeht und eine eigentlich sinn-
liche Wirkung nicht gestattet, gegenüber den nur zu grossen
Schwierigkeiten, die die Ausführenden, sowohl Sänger als Inslru-
mentislen, zu überwinden haben, erscheint das Wagniss solcher
Aufführung als ein sichrer Gradmesser dessen, was ein solcher
Verein zu leisten vermag, so wie der Empfänglichkeit des Pu-
blikums für so durchaus ernste Musik. In beider Hinsicht war
der Erfolg ein im höchsten Grade befriedigender. Der ge-
schätzte Dirigent halle die wirkungsvolle Instrumentations-Be-
arbeitung von C. Müller, Director des Cäcilienvereins in Frank-
furt e. M., benutzt; Singer und Orchester waren von ihm in
das Verständnis« des in seiner Art einzig dastehenden Werkes
eingeführt und für dasselbe begeistert worden. So konnte es
denn nicht fehlen, dass bei zweckmässiger Auslassung mehrerer
Arien und Duette die vortreffliche Aufführung das Interesse der
Zuhörer bi« zum Schlüsse auf's Wärmste regeerhiclt. Die theil weise
wenig dankbaren Arien, welche zur Aufführung kamen, waren viel-
fach bewährten Kräften, der Frau Franziska Wflerat, Fräulein
Hei necke und Herrn Hofopernsänger Krause anvertraut und
wurden in würdigster Weise vorgetragen. So finden wir denn
gerne in dieser innerhalb weniger Jahren wiederholten Aufführung
die Bürgschaft, dass neben der zu vollständiger Anerkennung durch-
gedrungenen Matthäus-Passion auch dieses ebenbürtige Seilen-
slück des grössten evangelischen Kirchencomponisten als bei
uns eingebürgert angesehen werden dürfe. Haben wir es doch
hier nicht mit einem für den katholischen Cultus bestimmten
Werke zu thun; für diesen wäre es schon seines übergrossen
Umfangs wegen unbrauchbar; nein, es ist der echt lutherische
Bach, der von dem katholischen Cultus absehend, in einer Reihe
von Jahren dieses Werk aus frühereu und späteren Thailen zu
einem Ganzen zusaroroenfügt, um an ihm die Grösse und Herr-
lichkeit des Christenthurns in Tönen darzustellen, wie er io
seinen beiden Passionen die Grösse und unvergleichliche Hoheit
de» Erlösers auf unnachahmliche Weise turn musikalischen
Ausdruck gebracht hat. Ohne mehr genau angeben tu können,
wann das Werk in der Zusammenstellung, in der wir es jetst
besitzen, vollendet worden, wissen wir nur so viel: das Kyrie
und Gloria, die Nummern 1—1 1* umfassend, überreichte Bach
als kleine Messe, wie sie auch im protestantischen Gottesdienste
unter Luther’» Zustimmung üblich war, seinem Könige' Kurfür-
sten im Jahre 1733, als dieser den Polnischen Köoig9throu be-
stiegen batte. Aber auch schon iu dieser kleioen Messe war
nicht Alles neu; das „gratiaa“ (No. 6j, welches auch io der
hohen Messe sich im Schlusschor „dona nobis“ noch ein Ms!
vorßodet, war aus der von ihm zur Leipziger Rathswahl im
Jahre 1731 verfassten Cantate; das „qui tollis“ dagegen aus
der Cantate: „schauet doch und sehet“ herübergenommen, eio
Verfahren, das bei Bach wnhrtich seinen Grund nicht hatte im
Mangel an Ideen, sondern das in damaliger und späterer Zeit
nicht ungewöhnlich war, und das Händel, Gluck und Mozart
sich ebenfalls erlaubten. Wann die drei andern Theile, dos
Credo, Offertorium und der Canon (Nummer 12—25» hiozugekom-
men, ist ungewiss; jedenfalls sind sie einzeln nach und nach
entstanden. Aber auch in diese zweite Hälfte nahm Bach ei-
nige schon früher geschriebene Sätze auf, so das „cruciftxus*
aus der Cantate: „Weinen und Klagen“, das „Osann a“ aus der
„Cantate gratulationis in adveutum regia“ im Jahre 1734, das
„Agnua dei“ aus der Cantate: „lobet Gott in seinen Reichen“.
Von dem „dona nobis“ ist schon oben geredet worden. Bei
einer solchen Entstehung erscheint die nicht bloss hier, sondern
auch an andern Orteo übliche Auslassung mehrerer Nummern
bei der grossen Ausdehnung des Werkes um so mehr gerecht-
fertigt, als es sich hier weniger darum handelt, ein aus einem
Gusse, aus einer bestimmten Stimmung hervorgegangenes, in-
ueriieh einheitliches Werk tu geniessen, als vielmehr den ein-
zelnen Sätzen in ihrer unvergleichlichen Wirkung sich hiogeben.
Das am 5. d von Prl. Minus Üblich im Concertsaale des
Hölet de Rome gegebene Concert bot uns Gelegenheit, diese
talentvolle Piaoistin, welche aus der trefflicheo Schule des Herrn
Professor Kullak hervorgegangeu ist, kennen zu lernen.
Fräulein Üblich hat einen sympathischen Anschlag, ihre Tech-
nik iat bedeutend und sicher entwickelt; besonders rühmend zu
erwähnen aber ist ihr versländuissvolier poetischer Vortrag, der
sich ganz besonders io Schumann’» schwieriger C-dur Phanta-
sie Op. 17 geltend machte. Im Verein mit den Herren Hell-
mich und Rohne spielte Fräulein llhlicb Schumann’s 2tet
Trio in F-dur sowie ferner noch Claviersoli von Kullak nnd
Liszt Fräulein Lessing unterstützte des Concert durch die
Wiedergabe zweier Arien von Mozart und Rossini. d. R.
Correspondeni.
. Paris, 6. März.
Wenn es einmal eine Zelt gab, wo man in der Kirche Thea-
termusik machte, d. h. Opern -Arien sang, so sind wir dagegen
jetzt dahin gelangt, im Theater — Kirchenmusik zu hören. Di-
rector Strakoseh und der von ihm angekauften Messe Rossini s,
öffneten sich vorigen Sonntag Abends die Räume des Theätre
itnlien, um die Bekenner aller Confessionen, selbst Ungläubige,
zur „Messe“ einzuladen. Die Alboni war Hohepriesterio, und
Fräulein Krause, und die Herren Nicolini und Angnesi bil-
deten die Admioiatrantea. Der Messtext selbst, d. i. die Musik
Kosstni’s, war dieasmal nicht im unverständlichen gelehrten La-
tein, sondern in jener allgemeinen Weltsprache, die unmittelbar
das Innerste berührt, und deren Eindrock man sich gerne ge-
langen giebt, wenn der Redner — Rossini heisst. Das hier zum
ersten Male öffentlich gehörte Werk, welches der hoimgegangene
Meister aus seiuer langen Ruhezeit der Nachwelt hinterlassen,
hätte verdient schon viel früher das Liebt der Welt zu erblicken ;
mau hätte den divino Maestro daun vielleicht weniger irdischer
Genusssucht beschuldigt. Rossini hat diese Messe in dreissig
Tageu niedergeschrieben, was gerade nicht zu verwundern, wenn
inan bedenkt, dass er den „Barbier“ in 14 Tageu componirte.
Die Werke der Inapiration entstehen überhaupt rasch, wie Mi-
nerva aus der Stirne Jupiters. Und wahrlieh diese Composition
ist nicht mühselig gemacht: nicht aus den Fingerspitzen geso-
geu — Zeugnis» hierfür bietet die begeisterte Aufnahme, bietet
die Hingerissenbeit durch die Molodieen - Zauber - Formeln den
Meisters. Mag aein, dass die Messe vielen zu weltlich erscheint,
dass Manche dies und jenes kirchlicher und gelehrter gewünscht
hätten — doch Rossiui hat den Stein der Weisen darin zu üu-
den gewusst, dass er mit seiner Gelehrsamkeit nicht allzu viel
zu prunken nöthig hatte, da ihm eben die Erfindungsgabe zur
Seite stand; dass er in der Klarheit der Formen, in der Logik
der Ideen, in der Durchsichtigkeit der Harmonien, in wohlge-
gliederter rhythmischer Anordnung weit wesentlichere Elemente
erblickte, als man neuester Zeit zugestchen will. Ala die werth-
vollsten Theile erschienen in erster Aufführung das Kyrie, das
CruciUxus im Credo, das Sanctus und das Agnu*. Das Duo für
Soprau und Alt in F-inoll: „qui tollis peccata mundi“, ist von
so schwungvoller melodischer Steigerung, wie irgend eine be-
rühmte dramatische Scene. Das fugirte „Con sanoto spirito“
ist einer der Genieblitze des Meisters, wo sieh das Wissen und
die lospiration zur grössten äusseren Wirkung vereinen. Lei-
der, dass die hierbei wirkenden Chöre sehr unsicher in ihren
Einsätzen waren — wie überhaupt die musikalische Directions-
Führung dieser Messe, in Bezug auf Ensemble und Nuancen,
nicht zu den Musterhaften gehörte. Der Dirigent, Herr Skocz-
dopol, obwohl aus Prag gebürtig, ist in seiner Praxis doch all-
zusehr — Italiener. Die Ehre der Aufführung gebührte den Da-
men Alboni und Krauss. Der Tenor Nicolini war weniger
kirchen-taetfesL Die Alboni, welche per Aufführung 3600 Francs
erhält, (die Messe gelangt noch zwei Mal zur Wiederholung),
wusste ihr wunderbares Altorgan durch echt künstlerische Bil-
dung zu conserviren, und leibt der Correctheit ihres Vortrags
die Schwingen echter tiefgreifender Empfindung. Kein Wun-
der, dass ihr das Publikum zujauchzte, und beinahe das ao Hel-
lene Auftreten dieser Künstlerin mit dem grossartigen Erfolg der
Messe selbst identißzirte. — Ein anderer Hochgenuas wurde den
Parisern durch das erste Auftreten des berühmten Florentiner
Quartetts Jean Becker’a zu Theii. Der sehr akustische Salle
Erard vereinte vorigen Montag die Elite des musikalischen Pu-
blikums — darunter die Violinisten Vieuxtemps, Leonard, Si-
vori, Alard ii. A„ welche der unerreichten Meisterschaft dieses
Zusanimenspiels laute Bewunderung zollten. Es ist eigentlich
nicht passend, von den einzelnen Künstlern dieses Quartetts zu
sprechen, da alle vier eiuen einzigen und ganzen Mann vorstel-
len, und das Kunstwerk seihst somit in reinster idealischer
Schönheit hervortritt — gleichwohl können wir es uns nicht ver-
sagen der so edlen, maassvollen, künstlerisch geläuterten und
wo es der Ausdruck erheischt, so sehwuughAft beseelten ersten
Violine Jean Becker ’s zu gedenken; ferner des Violoncells Frö-
däric, Hilpert 's, des zweiten Deutschen dieser halb italienischen
Gesellschaft, der mit der Viola Chiostri’s an Schönheit und Fülle
des Tones, an Schmelz und Wärme des Vortrags wetteifert.
Die Egalität des Zusammenspiels ist so wunderbar, dass man
oft nicht weiss, ob diese oder jene Gesangsstelle eben von der
Viola, oder vom Violoncell vorgetragen wird, und wo das eine
Instrument aufhört und das andere fortselzL Mit plastischer
10 *
Prägnanz traten namentlich die canooincben Einsfitze in Beetho-
ven'a Quartett Op. 132 hervor — welch* eine Abgrenzung der
Theile, welch* vollendete Schatirung — vier Seelen und ein Ge-
danken, vier Kerzen und ein Schlag! — Die gefeierten Quartet-
tfsten werden noch an zwei Montagen ihre hiesigen Productiouen
fortsetzeu. — Das Concert des jungen Couiponislen und Violi-
nisten Franz Ries halte gläuzenden Erfolg. Dessen Streichquar-
tett in B-dur zeigt bcreita die Klauen des künftigen Löwen: es
ist jugendfrisch, und zumeist originell in der Erfindung — logisch
in der Anordnung, und zeugt von ernsterem, deutschem tiefer
strebendem musikalischen Geiste. Am meisten gefiel der erste
Satz. Mit besonderem Schwünge wurde vom Concertgeber und
den Herren Durand fOrgue) und Laussel (Piano) Saint-Safins'
Arrangement von Wagncr's March» religicusc aus „Lohcngrin"
vorgetragen, und bewfihrle sich das Violiospiel des jungen Ries
auch im Uebrigeu als durchaus classisch-correet und edel. Von
dessen deutsch-innig gehaltenen Licd-Compositionen „sois joyeuse“,
„soir d’hiver“ und „l'ange gardien“, halte das erstgenannte den
meisten Beifall. — Von deu kleinen neuen Viuliu-Compositionen :
Les Adieux, Berceuse und Bourlesqtie, war das letztere das ori-
ginellste. Im Ganzen erhellt, dass Ries — Schumann mit Vor-
liebe sludirlc, was seinem Geschmack nur zur Ehre gereicht.
Wir empfehlen diesen Ihren Landsmann Ihrer vollsten Beachtung,
wenn es irgend ein vielversprechendes Talent giebt, so ist es
dieses. — Der Pianist Titus d’Ernexti gab kürzlich im Salle
Lrard ein gutbesuchtcs Concert. Grosse Technik paart sich hier
mit gediegenem Vortrag. Unter dessen effectvollen Compositio-
nen wollen wir das Andante religioso für Harmonium, Piano
und Violine, und den grossen Galopp „Paris“ besonders hervor-
heVen. — Schul hoff Hess sieh vorigen Sonnabend in dem Sa-
lon von Felix Le Couppey vor einem auserwAhlten Musikkreise
hören. Lc Couppey selbst ist einer der hervorragendsten Kla-
vierlehrer von Paris und Professor am Conservatorium — seine
bei Maho erschienene ausgezeichnete Methode (Klavierschule und
Etüden), so wie seine vielen vorzüglichen Schüler, welche erste
Preise gewonnen, machten seineo Namen allgemein bekannt, und
öffnet sieh regelmässig dessen Salon in den Monaten Januar und
Februar, wo mau nicht allein die besten Künstler, sondern auch
die beste Musik hört, — In den Kirchen St. Etiioue du Mont,
St. Trinite und Notre Dane de Bonne Nouvelle wurde ein „Sa-
lutaris“ des hier lebenden sehr begabten deutschen Componistcn
Richard Dressol zur Aufführung gebracht — und werden auch
demnächst noch andere Pariser Kirchen dieses stimmungsvolle
Werk executircn. Auch in dem Salon der hochgeschätzten
Schrill steiler in Fräulein Bader, wo regelmfissig sehr anregend«
literarische und musikalische Soireen statlfinden, hatte Dressel's
neue Clavicr-Pi$cc „Intermezzo“ grössten Beifall, und werden dem-
nächst auch hiesige deutsche Gesangvereine die charaktervollen
Lieder und Chöre dieses Tondichters ihren Programmen cinver-
leiben, und gelegentlich des am Ende d. M stattfindenden Inau-
guratiousfesles des neucrbnulcii Saales des hiesigen deutschen
llilfsvereins zur Aufführung bringen. — Die erste Vorstellung
von Gounod's „Faust" in der Opera hatte, in Bezug auf die neuen
Decorationen, das Ballet der Walpurgisnacht, den mit 100 Chori-
sten verstärkten Soldatenchor, und der Darstellung des Mephisto
durch Herrn Faure, einen glänzenden Erfolg — im ( eitrigen
blieben manche Erwartungen unbefriedigt. Fräulein Nilssou
sang und spielte die Margarethe gerade so, um der Frau'Car-
valho, welche diese Rolle im Thtälre Ijrique creirt hatte, einen
grossen Erfolg zu bereiten. Fräulein Nilsson sollte über die
nordischen Mandscheiageslalten des Thomassi-hen „Hamlet“
nicht hinausgehen wollen. — Ullmann, welcher nun selbst fin-
det, dass er mit Carlotta Patli — Schwindel getrieben, verlegt
«loh nuu auf etwas Classiscberes: er gebt mit Rosaini’s ..Messe“
nuT Concertreisen — in den Zwischenacten werden Uottesini und
Sivori geigen Auch gut! A. v. Cz.
Feuilleton.
Aas meinem Leben.
(Erinnerung an Spontini.)
. 111 .
Nun konnte es mir nicht mehr fehlen; ich halle mit Ihm
aus Einer SchOesel gegessen, wir hatten beide auf das Anden-
ken Mozart*« gleichzeitig unsre Gläser geleert ... Er musste
meine Oper aufTDhren! „Rosaura“ hiess das Erstlingswerk,
welches von mir gedichtet und romponirt, io einem Akt Ouver-
türe und 0 Nummern enthielt. Mit der pompös eingebundenen
Parlilur unter dem Arm Hess ich mich in Sponlini *9 Wohnung
melden, wurde sehr freundlich empfangen, aber auch ohne
weilere Besprechung Ober das Opus sofort an Graf Bröhl ge-
wiesen, da der General-Musikdirector zur Annahme dramatischer
Arbeiten für das Institut nicht berechtigt sei. Selbst meine
Bitte, die Composilion nur vorläufig zu prOfen, fand kein Ge-
hör, und ich zog also unverrichteter Sache wieder ab. Durch
deu damaligen Hofagenlen, «pfiteren Seehandlungs-Prfisidenten
Bloch war ich schon vor Jahr und Tag dem Herrn Grafen
Brühl empfohlen und in die höchst rangirte Kategorie der Frei-
billets gesetzt worden, welche nämlich den Eintritt behielt,
auch wenn die auf dem Theaterzettel übliche Formel „freie
Entreon sind heute nicht gültig“ noch durch das Einschiebsel
„ohne Ausnahme“ verstärkt worden war. Mein gütiger Gön-
ner gab mir eine abermalige und dringende Empfehlung an den
Intendanten, und mit der pompös eingebundenen Partitur unter
dem Arm liess ich mich io BrQhl's Wohnung melden, wurde
sehr freundlich empfangen und von dem liebenswürdigen Gra-
fen durch das Versprechen erfreut , dass er sich lebhaft für die
Operette inleressiron wolle, sobald die General-Muaikdirection
dieselbe zur Aufführung fähig befunden hätte. Aber was
musste ich damals blutjunger Mensch während der kurzen Zeit
meine« Besuches mit anhöreo! Der Herr Graf maehto gar kein
Geheimniss daraus, dass er mit Spontini auf allergcspaunte-
stem Fusse stand; er beklagte in den härtesten Ausdrücken
dessen exclusive Stellung (scilicet Einheitliche Leitung der mu-
sikalischen Angelegenheiten), behauptete, dass durch diesetbo
uiehl nur die Wirksamkeit der Intendanz, sondern bei der
kleinlichen Eifersucht des französirten Italieners auch das Em-
porblühen deutscher Tonkunst behindert sei und machte schliess-
lich dio Bemerkung: er hoffe, Spontini'« Trostspruch „Fm
aprea F autre* womit er die Durchsicht aller zu beurteilenden
Manuscripie in’s Unbestimmte verschöbe, werde sich durch
seine (des Grafen) Bemühungen für mich zum „wfre“ (also
früher wie der entscheiden. Natürlich wurde auch ich
ni Fun ni Faufre , und gewiss mit vollem Recht. Graf BrüM
halte aber jedenfalls mit Spontini meinetwegen gesprochen,
denn es dauerte nicht lang, so erhielt ich (8. August 1826)
mit der Unterschrift „votrt tre t humble servi/eur Spontini " des-
sen briefliche« Urthcil Ober meine Composilion, Es war also
von »hm gegen sonstige Gewohnheit der officielle Weg verlas-
sen worden und er (heilte mir privatim mit: Gero würde ich
mit Vergnügen jede Gelegenheit ergreifen, Ihnen angenehm
und nützlich zu sein; aber Ihre „Rosaura“ anlangend, kann
das Werk schon wegen der excwiv* faiblette quant au poime
nicht zur Aufführung bei der Königl. Bühne angenommen
werden; und hinsichtlich der Musik, mit Ausnahme von 2 oder
3 kleinen passablen Nummern, tout le rette »ent l'ieoU, F in-
expinenet et lo peu de rrßexion. Das ist mciue Ansicht; aber
sie fällt nur als Fünftel in die Wsgschssle, ich erwarte noch
das Uriheil der vier andern Mitglieder der Musikdirectioo*),
welches ich Ihnen dann später zukommen lassen werde.
•) Schneider, Seidel, C. Blum, v. Liehtenstein.
81
Das war mein zweiter Berührungspunkt mit Spontini; der
drifte wurde etwas handgreiflicher. Am 28. April 1827 fand
die Generalprobe von Mendelssohn'* „Hochzeit des Camacho“
statt. Vorher halte Ich noch mit rfer Sängerin Seniler die Ihlr
darin zugetheilto Rolle am Pianoforte correpetirt und begleitete
sie nun nach dem Scbaospielhauae. Als wir aber die Thüre
io der Charlottenstrasse erreicht hatten, verweigerte mir der
Portier den Eintritt. Weder das Zureden der Primadonna
noch des gleichzeitig mit uns anlangenden Kapellmeisters Schnei*
der kountco die Berufstreue des zweifüssigen Cerberus erschüt-
tern; denn, wie er sagte, sei vom Intendanten ausnahmsweise
der Befehl ertbeill worden, Niemanden den Besuch dieser Ge-
neralprobe zu gestatten. Während wir noch disputirten, kam
Sponfiui dazu. „Was maak Sie ier?“ Ich erzAhlte ihm, was
vorgefallen. „Laass Sie den Erren erein" sagte er zum Por-
tier. Der aber entschuldigte sich mit der für heule empfange-
nen Dienatiostruclion. „Weiss Sie, wer ick bin?“ „Wat werd*
ich Ihnen nich keoneo, Herr General-Musikdrekfer; aber der
Herr Schtffl haben befohlen . . .'* Nun riss Spontiui die Ge-
duld; er fasste mich (wörtlich zu nehmen!) hinten beim Rock-
kragen und schleuderte mich mit einem wölbenden ,, patter,
montieur, patter!" durch die halb geöffnete Thüre die Treppe
hinauf. (Sciliccl: Einheitliche Leitung der musikalischen An-
gelegenheiten.)
Früher schon, ehe ich noch die Ebro halte, Spontini per-
sönlich kennen zu lernen, war ich mit A. B- Marx vertraut
geworden. Dieser predigte damals in der von ihm 1824 ge-
gründeten, bei Schlesinger erscheinenden Musikzeitung den Ber-
linern das Evangelium Spontini. Es that Noth, dass ein so
geistreicher, unterrichteter und gcwaudler Schriftsteller in die
Fusslapfen des schon 1822 verstorbenen Kainmergerichlsrallies
Holtmann (Verfassers der Fantasiestücke) tralj denn der elas-
tische Zopf unserer feineren exclusiven Kunstwelt wollte selbst
in der Olympia nichts anderes als ein wüstes Conglomcrat
von Blechmusik, decorativem Pomp, Ballelspringorei, Costüm-
praclil, NVafTcngcrAusch und Elephantenbeinen erkennen. Zwar
strömte das grosso Publikum massenhaft herbei, aber die Kri-
tik stand schmollend von weitem. Der für Spontini kAmpfende
Dr. Kuhn, Redacteur des „Freimüthigen“, war eine zu wenig
geachtete Persönlichkeit, um Einfluss haben zu könuen; und
als der in seinen künstlerischen Ansichten noch vereinzelt ge-
bliebene Hoffmanu das Zeitliche gesegnet, da übernahm Marx
die Rolle eines Bannerträgers für Spontini. und in fast über-
schwenglicher Weise setzte er dem Publikum nllwöcheullich
die Grösse seiner tSpontini’a) Schöpfungen auseinander. Der
jetzt gleiclilalls verstorbene Division»- Auditeur Nicolai*), ein
Hausfreund des General- Musik directors, stand dem Redacteur
der Muaikzeituiig kräftig zur Seile; und nach und nach fanden
sich immer neue, nicht bloss dtirrli sinnliche, Pracht bestochene
AnhAngcr der nach „Vestalin** und „Cortez“ von demselben
Autor gelieferten Welke. Spontini war nicht unempfindlich
gegen diese rastlosen und mit Erfolg gekrönten Bemühungen
des für ihn enragirlen Kritikers, und am 7. Mai 1825 brachte
das Hofopernlhealer als Novität: „Je*j und BAleli**, Singspiel
in einem Act von Gölhe und A. B. Marx. Es wurde natürlich
rasch hintereinander einmal gcgejuiiwwnd damit war die Freude
vorbei. W'elcho Ursachen die bis dahin intimen Beziehungen
zwischen Spontini und Marx erkalten Hessen, habe ich nie er-
fahren können. Marx sagte mir aber eines Tages unaufgefor-
dert, es sei nun doch wohl an der Zeit, für Spontuu's Arbei-
ten einen strengeren künstlerischen Maassslab auzulegen, denn
•) Vertaner des Koman's „Der Cantor von Fichtcoliagen“
und einer IteisebeRchreibuug durch Italien.
bis dahin habe das musikalische Publikum überhaupt nur auf-
merksam gemacht werden müssen, dass die „Olympia“ auch
ohne ihre 24 Trompeten dramatische Factoren in sich berge,
jetzt aber etc. etc. So kamen denn nach und nach einige
unangenehme Fühler in der Berliner Musikzeitung zum Vor-
schein: Dehn, Rellstab, Marx selber, am schlimmsten aber
ein intimer Freund Mendelssohn'e, der Dr. W. Franck, mit ei-
nem fanatisch-wilden Artikel über „Ferdinand Cortez“ im
Juni 1826. Als „Agnes von Hohenstaufen“ (nur der erst*
Act) im Mai 1827 gegeben war, erfolgte ein entschiedener
Bruch, indem Marx diesen Torso so Rellstab zur Recension
übergab, welcher darüber eine vernichtende Kritik in No. 23,
26 der genannten Zeitschrift loaliegs. Bia dahin war
ich fleissiger Mitarbeiter der Zeitung gewesen uud hatte unter
der Chiffre 4. eine Menge Beurteilungen gedruckter Compo-
sitionen geliefert; von dramatischen Werken jedoch hatto ich
nur die tragische Oper Dido meines Lehrers Bernhard Klein recen-
sirt, und mich weiter nicht auf diesem Felde umhergetummelt.
Jetzt aber, als Rellalab’s Misshandlung der „ Agnes von Ho-
henstaufen“ zum Vorschein kam, hielt ich ea an der Zeit die-
sem Uuwescn entgegen zu treten, und das um so eifriger, je
mehr ich Gelegenheit gehabt halte in Spontini nicht blos den
Componisten, sondern Oberhaupt den feinfühleudeu Künstler
kennen und schützen zu lernen. Möge hier nur Ein Beispiel
angeführt werden. Es war in der Thenterprobe zum „Don
Juan**; Spontini leitete diu Oper -7 wenn ich nicht irre —
zum ersten Mal; mindestens schienen die Bemerkungen, welch«
er dem engagirten Solopersonal machte, für dasselbe durchaus
neu und überraschend. Nie werde ich den Eindruck vergessen,
den es auf mich machte, als der Dirigent im ersten Finale an
der nachfolgenden Stelle Hall gebot und (halb französisch,
halb deutsch) den SAngern erklärte, „dass in den Takten
die Achtel nicht in der gewohnten Weise als Viertel gesungen
werden dürften; denn wenn auch die einzelnen Noten des in
natürlicher Folg« gebrochenen Dur-Dreiklangs den bestimmten
Entschluss zur Bestrafung des Uösewichts anzeigten, »o müsse
eben durch die abgestossene Achlelbewegung zugleich die
Furcht vor dem Gbermüthigcu Feinde ausgcdrückl werden“.
Jahn und Lobe exislirleti damals noch nicht, und von seinem
Lehrer Cimarosa wird Spontini die geistige Durchdringung
Muiartischer Partitur wohl auch nicht erlernt haben; so vindi*
cirle icli ihm denn Alles, was er in Ausführung derselben an-
ordnete und verbesserte, als sein alleiniges Eigenlhum und
schwärmte noch inniger für ihn. — Aber ich halle auch aus-
serdem einen Grund, der mich antra b, öffentlich meine der
Rellstab'schfn entgegengesetzte Ansicht zu vertreten. In Spon-
aint's nächster Umgehung hielt sich damals ein Musiker Na-
mens Berger auf, welcher so eine Art Aumiariuensis vorstellte,
und der für den General-Musikdireclor allerlei kleine musikali-
sche Auilrige besorgte. Dieser halte mich schon mehrmals
gefragt, ob ich denn nicht bei der in Bezug auf Spontini ver-
änderten Richtung der Berliner Musikzeitung aus der Zahl der
Mitarbeiter scheiden würde. Dazu war aber gar keine Ver-
anlassung gewesen, weil Marx mich noch nie im Ausdruck
meiner Ansichten beschränkt halte. Jetzt schien mir die Gele-
genheit willkommen dem von mir verehrten Meister einen
Beweis meiner unveränderten Gesinnungen zu geben.
Aber ehe ich dies Kapitel fortaetze, muss ich die geehrten
Leser, namentlich die jüngeren, daran erinnern: dass sothane
Hmioria anno Domini 1827 — also vor 42 Jahren — passirt
8*
ist; dass Berlin damals noch nicht Weltstadt war; dass wir
ausser der Vossischen und Spener'schen keine polili sehe Zei-
tung besessen; dass Eisenbahnen, Dampfschiffe, Maschinenbau,
Schwurgerichte u. dgl. höchst befremdende Begriffe waren;
dass demnach Ober gewisse Gegenstände nicht verhandelt wer«
den konnte, so wie Ober gewisse andre öffentlich nicht ver-
handelt werden durfte; dass also die Theater incl. Concerto
oder Kunst im Allgemeinen dem gruaaeu Publikum nicht bloa
wie noch heute, die liebste, sondern streng geuorameo die ein-
zige Unterhaltung lieferten. Daraus erklärt sich auch, wie su
jener Zeit io Berlin drei belletristische Zeitschriften oder Jour-
nale (FreimQthige, Gesellschafter, Schnellpost) exisliren konn-
ten, während wir jetzt nach dieser Richtung hin kein einziges
Exemplar besitzen, dafür aber das Zehnfache au politischen
und sonstigen Fachzeitungen. Diese Bemerkung musste ich
einschalten, um nicht in den Verdacht zu kommen, dass ich
an uud für sich unbedeutenden Vorfällen eine Wichtigkeit bei-
legte, die sie nach jetzigem Maassstabe nie gehabt hätten.
Damals aber machte die Sache förmlich Autsehn — uud so
fahre ich denn in meiner Erzählung fort.
Kaum war der zweite Artikel Rellstab's Ober „Agnes von
Hohenstaufen“ erschienen, so eilte ich zu Marx, um mich zu
vergewissern, dass er eine Antikritik auch wirklich in die mus.
Zeitung aufnehmen wOrde. Nachdem ich diese Zusicherung
erhalten, begab ich mich zu Spontini, um mir für eine detail-
lirle Beweieiührung die Partitur der Oper zu erbilteo; ich wurde
aber nicht Aiigenommeu und merkte schon im Vorzimmer an
den Mienen des Kammerdieners, dass ich hier keine peraona
grata wäre. So musste ich mich denn ohne speciell musika-
lisches Material an die Arbeit machen, die mir durch RellstAirs
höchst weillAudigen Bericht und durch mein gutes musikali-
sches Gedächtnis wesentlich erleichtert wurde. Zu seinem
am 27. Juni erschienenen dritten und letzten Artikel fügte H.
eine Nachschrift, welche mit den Worten begann: „Während
ich dies schreibe, erfahre ich, dass man widerlegend gegen
diese Beurlheiluog autlreten werde; dies kann mir nur erfreu-
lich sein, da ich höre dass ein junger Künstler, dem musika-
lische Einsicht gewiss nicht abzusprechen ist, die Widerlegung
meiner Ansichten übernommen habe. Daher kann ich nicht
umhin Ober Tendenz und Sinn meines Aufsatzes einige Worte
hinsusufügen“. Und zu meiner Antikritik, welche gleichfalls
durch drei Nummern ging, schrieb ich noch ein Schlusswort,
welches als» beginnt: „Somit endet HerrRellstnb seine Recen-
sion über ein Werk, das er in einem Grade misslungen
nennt, wie wir noch kein Beispiel haben; eine Phrase,
di« jetzt, nachdem sein ganzer Aufsatz bestritten und in Nichts
zerfallen ist, mit dem grössten Recht auf iho selber angewen-
det werden könnte **. Brauchte man weiter ein Wort der Kri-
tik oder Antikritik gelesen zu haben, um sich überzeugt zu
hatten, dass beide Kämpfer im Gefühl ihres guten Rechts auf
einander losgegangen waren? Anders aber dachte man im en-
geren Spootini’achen Kreise. Sponlini selbst, der deutschen
Sprache nicht mächtig genug, um Wahres von Falschem unter-
scheiden zu können, sog begierig die Ansicht seiner nächsten
Umgebung ein, welche es für unmöglich hielt, dass Marx ohne
weitere Bemerkungen einen solchen Angriff wie den meinigen
auf einen seiner Ältesten und bewAhrtesien Mitarbeiter gestaltet
haben würde, wenn er nicht das ganze für ein Scheingefecht ,
ja die Antikritik für eine Persiflage des vertheidigteu Werkes
gehalten hüte. Am 10. Juli also erschien gleichzeitig in dar
Vossischen und Spener’schen Zeitung ein Artikel, welcher mit
EnlrOstung und Entschiedenheit diese letztere Ansicht aussprach.
Sofort schrieb ich an Sponlini und bat ihn, mich darüber zu
beruhigen, als wenn auch Er solche Gedanken hegte, wie sie
jener Artikel enthielt. Die Antwort erfolgte umgehend: „mein
Herr! nachdem ich davon unterrichtet war, dass Sie eine Ant-
wort vorbereiteten auf die Kritik des Herrn R. (der verabscheut«
Name war nur mit Punkten angedeutet), glaubte ich davon
abstehn zu müssen, Sie bei mir zu empfangen, als Sie so
gütig waren sich daselbst vorzustellen, indem ich nicht im
geringsten weder Ihre Meinung noch Ihre Schriften beeinflussen
wollte. Jetzt haben Sie an mich geschrieben, um meine An-
sichten Ober die Ihrigen keorien zu lernen. Da ich nicht ver-
sucht halte, Ihre Meinung kennen zu lernen oder zu beeinflus-
sen, warum drängen Sie mich Ihnen die meinige zu enthüllen?
Wie ich durchaus keinen Aolheii an der Redaktion Ihrer An-
tikritik halte, eben so vollständig fremd bin ich dem Artikel
in der Vossischeu und Spener'schen Zeitung vom 10. c. uud
Sie dürfen daher uichl einen Augenblick argwöhnen, dass die-
ser Artikel meine Gedaukeu enthielte. Poici Monsieur taut ee
que je croia devot r en reponae ä votre lettre , « Ut poli teste et
au* aentimenta cTeatime que Voua minapircs. 8p." Diesen
Brief steckte ich ruhig ein, da ich weiter nichts Ihun konnte,
als meine Rechtfertigung im Allgemeinen der Zeit und der
bessern Einsicht aller Versündigen zu überlassen. Aber man
wird aus diesem Einen Beispiel erkennen, in welchen Händen
Sponlini war, und welchen Einfluss befangene Rathgeber auf
ihn Ausübten.
Mitte März 1826 verlies« ich Berlin und sah Spontini erst
im September 1820 wieder. Als ich im August desselben
Jahres von Königsberg nach Leipzig durch Berlin gereist war,
halte ich als Königlich Sächsischer Musikdirektor dem Preussi-
schen Herrn Collegen meine Aufwartung gemacht, ihn aber
leider nicht zu Hause getroffen; doch sagte mir sein damaliges
Faclotum, Herr Dr. Soberuheim (?), dass Sponlini jetzt sehr
wohl wisse , in * welcher lächerlichen Täuschung er sich vor
zwei Jahren befunden. Und so war es wirklich; denn io Leip-
zig im September 1829 fand ich eines Tages SponUni'a Karte
in meiner Wohnung, Ich suchte ihn, der eben vom Musikfest
in Halle zurückgekehrt war, sofort in seinem Hotel auf, und
er bat mich ihm als Führer im TheatergebAude und Ge-
wandbause zu dienen. Von früheren Verhältnissen war gar
oiehl die Rede; er sprach dagegen sehr viel von den jüngst
erlebten Triumphen und Festivitäten, ohne damals schon wis-
sen zu können, dass der arme UniversitAts- Musikdirektor Naue,
welcher aus Eitelkeit dieses sogenannte thüringisch-sächsische
Musikfesl in Scene gesetzt halle, dabei sein halbes Vermögen
einbüssen würde. — Die Lokalililen unsres Leipziger Theaters,
namentlich aber des darin befindlichen Musikzimmers, fand
Spontini abschreckend, und bei dem Anblick des Dur auf 6
erste Violinen und 2 Contrabisse berechneten Orchesterraumes
schauderte er förmlich zusammen. „ Grandioao " war bei ihm
kein epitheton Oman • — es war sein Lebeoselement. 11 /aut
braver , Madame! sagt« er zu der Sängerin Seidler, als diese
zarlo Persönlichkeit für die erkrankte Schulz zu Königs Ge-
burtstag die Vestalin übernehmen musste und in der General-
probe ohnmächtig zusnmmenslürzte. 11 /aut braver; und solche
Ansprache verfehlte ihre Wirkung nicht. — » Als ich nach Auf-
lösung des Königlichen Theaters in Leipzig (Ostern 1632) ihm
in Berlin uosero dortigen ersten Bassisten Pögner vors teilte
mit der Bitte, den Mann, welcher ein sehr musikalisch-gebilde-
ter Sänger mit mächtiger Stimme war, möglichst su berück-
sichtigen, Uess er sich von demselben nicht einmal in seinem
Zimmer etwas vortragen, weil er doch schon von Natur für
die Oberpriester mindestens anderthalb Kopf oder Fuss zu
niedrig geralheo sei, und es dann doppelt schmerzen würde, ihn
83
■I« guten Sänger vergeblich kennen gelernt zu heben! Bei
Spoolini musste eich alles auf imposante Verhältnisse turOck-
führen lassen, wenn es Beachtung Duden sollte.
\ Fortsetzung folgt)
Jourual-Reviae.
Die Allgetn. Musik zig. enthält einen Aufsatz „lieber R. Wag*
oer's Behandlung einer Gluck'schen Oper ( Iphigenie in Aulis)“-
— Die Neue Zisch, f. Musik scbliesst den Artikel „Das dramati*
sehe Element in der Musik — Signale: Musik-Adressbuch
(Wien ) und New-Yorker Brief. — Die Südd Musikztg. bespricht
neue Vokalmusik.
Die französischen Zeitungen enthalten Besprechungen der
ersten und zweiten Aufführung von RoMini's Messe.
Nachrichten.
Berlin Zu dem am 4. März bei Ihrer Majestät der Königin
stattgehabten Hofconcertc hatten der Kammersänger Herr Albert
Niemann und der erste Violoncellist der Dresdener Hofkapelle,
Herr Friedrich Grützmacher, Einladungen zur Mitwirkung
erhalten.
— Der Königl. Musikdirector Herr Rob. Radecke ist zum
Königl. Kapellmeister au der Oper ernannt worden.
— Nach einer soeben eingetroffenen Depesche ist Hector
Bert io i seinen Leiden erlegen.
— Frau Lucea ist am Montag aus Tübingen zurückgekebrt
und fühlt »ich von ihrer Knr so befriedigt, dass sie selbst verlangt
hat, als Selika bereits am Sonnabend wieder aufzutreten.
Augsburg. Concert - Soiree zu milden Zwecken von Herrn F
Hof-Kapellmeister Dr. v. B iilow : 8te Sonate Op. 49 D-moll von
Weber, italienische* Concert, chromatische Fantasie und Fuge,
Sarabande, Passcpied, Bourrer und Gavotte von S. Bach,
„Der Haidcknabe“ von Schumann, Präludium und Fuge, 4te Bar-
earole, Notturno und Valse von Rubinstciu, Berceuse von Cho-
pin, „Venezia e Napoli“ und Leonore von Liszt und Sonate ap-
passionata von Beethoven.
Cassel. des Abonnement-Concert des Königlichen Theater-
Orclioters unter Mitwirkung des Herrn Rubinstein: Ouvertüre
zum „Berggeist“ von Spohr, 4les Clavier- Concert |G*dur) von
Beelhoveu, Lieder von Rubinstein, 2 Sätze der Symphonie (II-
moll) von Schubert und Clavier- Concert No. 4 (D-moll) von Ru-
binstein.
Dnrmatadt. 3tes Concert der Grossherzoiri. Holmusik: 4te
Sinfonie iu B-dur von Beethoven, lster Satz des Cello-Conecrtes
von Molique (Herr Krumbholtz), Clavier - Concert von Weber,
Ouvertüre zu „Faust“ von Spohr etc.
Dresden. Das de Abonnemeut-Concert der König). Kapelle
brachte die Ouvertüren zu „König Manfred" von Reinecke und
„Die Waldnymphe“ von Bennct und die Sinfonien Es • dur von
Mozart und C-rooll von Beethoven.
Hamburg. Soiröe für Kammermusik des Herrn Heine:
Pfle.- Quartett iu Es-dur von Schumann, Fautasie iu C-dur Op. 15
von Schubert, Andante und Filiale aus dem Violin * Concert von
Mendelssohn, Impromptu über Schumaun's „Manfred“ für 2 Cla-
viere von Reinecke, Polonaise in As-dur von Chopin und Polka
aus „Le bal“ von Rubinstein etc. — Hles Philharmonisches Con-
cert: Ouvertüre zur „Dame Kobold“ von Heinecke, Recitat. und
Arie aus „Jessouda“ von Spohr (Fräul. Ave-Lallemant», Ge-
seugsscene für Flöte von Spobr, Lieder von Schumann und Men-
delssohn und Musik zu „Egmont“ vou Beethoven.
Leipzig. Da« 18te Gewandhaus • Concert hot Beethoven’«
Pastorat • Symphonie, welche seil mehreren Jahren hier uicht zu
Gehör gekommen war. Die Ausführung derselben sowie der
Lustapiel-Ouverture von Rietz war eine ganz vorzügliche. Fräul.
Nanitz sang eine Arie aus „Titus“ vou Mozart sowie den herr-
lichen Lieder-Cyclus „F'rauenHebe und Leben“ (letzteren vbn Herrn
Kapellmeister Rein ecke vortrefflich begleitet) mit verständnis-
vollem Vortrag, der allerdings hin und wieder von Theater- Ma-
nieren beeinträchtigt wird. Die Violinvorträge: Concert No. 7 iu
E-moll von Spohr und F-dur-Roraaoze von Beethoven erfuhren
von Herrn Concertmeister De ecke aus Carlsruhe eine grossen-
tbeils gelungene Wiedergabe.
Meiningen Herrn Leopold Grütimaeher, erstem Violon-
cellisten der hiesigen Herzogi. Hofkapeilc, wurde vom Herzoge
Erna! von Sachsen-Coburg-Gotha die Verdienst-Medaille für Kunst
und Wissenschaft verliehen.
MOnthen. lste Concert - Soiree der König). Musikschule:
Concert für 2 Clavierc io C-mo)l, chromatische Fautasie und Fuge
uud Sarabande, Passcpied, Gavolle und Uourree und Violin -So- j
nate von S. Bach und Septett Op. 74 von Hummel. — Ste Soiree '
der Königl. Voealkapelle: Motette von Palestriua, CruciUxus von
Lotti, Motette von S. Bach, 3 deutsche Volkslieder von Brahms,
2 geistliche Lieder von Beethoven, 2 Madrigale von Morley etc.
— lates Abonnemeut-Concert der musikalischen Academie: Ou-
vertüre zur „Braut von Messina“ von Schumann, Clavier-Conecrt
von Henselt (Hr. v. BO low), Ouvertüre zu „Ali Balm“ von Che-
rubim, Fantasie über ungarische Nationalweisen von Liszt und
Sinfonie in C-dur vou Schubert
Oldenburg. Im hiesigen Kapell-Concert hat Dietrich s neue
Sinfonie sehr gefallen.
Pest. Die Uerreu Theru, welche sich bekanntlich durch
ihr vortreffliches Zusammenspiel auf 2 Clavieren auszeichuen,
haben am 24. F ebruar hier ein Concert gegeben. Das Programm
wies u. A. folgeude Pi&cen auf: Sonate Op. 106 B-dur von Bee-
thoven, Vorspiel zu „König Manfred“ von Reinecke, An die Nacht
von Volkmnnn und Mazeppa von Liszt
Prag. Fräulein Krebs hat im ersten diesjährigen Couser-
vatoriums - Concert© durch ihre vollendeten Leistungen Sensation
erregt. Die Künstlerin spielte Beethoven'* Es-dur - Concert, die
Don Juan-F'anlssie von Liszt uud auf stürmischen Hervorruf noch
Seeling'a Loreley. Das interessante Programm enthielt ausserdem:
Passacaglia von S. Bach linslrum. von Esser), Concerto grosso
von Corelli, Sinfonie von Mozart und Frauenchor aus „Blanche
de Provence“ vou Cherubini. — Wagners „Meistersinger“ sind
vom hiesigen deutscheu Theater zur Aufführung angeuommen
worden.
Wien. Hiller ist hier eingetroffen und Liszt’a Ankunft
wird am 24. d. erwartet. — Letztes Gesellschaft« -Concert: Con-
cert - Ouvertüre vou Ruhinsteiu, Clavier - Concert in Es - dur von
Beethoven (Fräui. M en ter) und „Die Nacht“ für Soli, Chor und
Orchester von Hiller.
Paria. Die französischen Zeitungen enthalten sämmtlich
ausführliche Berichte über die lste uud 2te Aufführung der Ros-
siiii'srheu Messe, die mit Begeisterung von dem das Theater ita-
lien bis auf den letzleu Platz füllende Publikum aufgenommen
wurde. Die Messe wird demnächst in Brüssel uud einigen an-
dern belgischen Städten zur Aufführung gelangen. Gleichzeitig
trifft man auch Vorbereitungen in Marseille, Lyon und St. FUieone.
UrOftNel, Im letzten Concert populaire bat Wilhelm j grosse
Triumphe gefeiert Im nächsten Concert wird Frau Norman-
Neruda Auftreten und Mendelssohn’* Violineoncert sowie die
F'antasie appassionala ven Vieuxtemps spielen. Das Orchester
führt daa Vorspiel zu „Lohengrin“ von Wagner, Marsch von
Lassen und Reform ations-Sinfonie von Mend elssohn aus.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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Baltimore 17. November 1868.
in die Terehrlicben Gesingvereiae Deutschland!!
lo den Tagen vom 10. bis 15. Juli 1869 wird der Nordöst-
liche Sängerbund vou Amerika aeiu grosses, alle zwei Jahre
wiederkehrendes, allgemeines Sängerftst in der Stadt Baltimore
abhaltou. Der Fest-Ausschuss bat alle ln »einen Kräften ste-
hende und den Lokal VerhAltoissen angemessene Vorkehrungen
getroffen, dieses Fest zu einem grossen, internationalen Gesangs-
feste zu gestalten, nnd ladet deshalb die Gesangvereine Deutsch-
lands freundliche! ein, »ich entweder in corpore, oder wenigsten»
mit einem ein- oder mehrfachen Quartett aktiv zu betheiligen.
Vereise , die sich zur Theilnahtne entschlossen, sind höfliche
ersucht, ihre Anmeldungen wenigstens bia zum 1. April 1869,
mit Angabe der Namen der Theiinehmer au deu FobI- A usschuss
zu richten, damit derselbe die erforderlichen Vorkehrungen treffen
kann. Dass ihnen ein herzlicher Emprang und volle Gastfreund-
schaft während der Dauer de» Festes zugesichert ist, versteht
sich von selbst. Ebenso wird der Fest-Ausschuss auch mit dem,
mit Baltimore in direeter Verbindung stehenden, Norddeutschen
LJoyd ein Uebereinkommen für bedeutend reduclrte Her- und
lltnfahrtspreise zu treffeu suchen. Welch' einen erhebenden Ein-
druck würde es machen, wenn Gesangvereine aus unserem lie-
ben deutschen Vaterland« das Hauptconcert durch Lieder-VortrAge
zierten, uud dadurch der Beweis liefern, dass selbst des Oeesos
Flulben heut' zu Tage keiu lliuderniss mehr siud, um auch io
fernen Welttheilen dem deutschen Liede und deutscher Sitte un-
sere Verehrung darzubringen, um so mehr als selbst eine grosse
Anzahl einflussreicher Amerikaner mit freudiger Bereitwilligkeit
unsrer Einladung eul gegen kommt, durch thitigen Antheil nament-
lich Mitwirkung im Oratorium „Messias 14 unser Fest zu einem in-
ternationalen zu gestalten.
Im Aufträge des Fest-Ausschusses:
Henry Veen, Corr. Secr. G. P. Stelnbnch. Praes.
Ein für alle Zeit uuvergAngliches Studienwerk lsten Ranges.
fiöjjlfr'a rlnffifdir IfadjMjnlf für ^'iimißra
ist jetzt in 8 Abtheilungen vollstAndig erschienen und jede einzeln
mit Beigabe der Studieu-Auleitung und Biographie, zu beigesetz-
tem Preise, zu haben.
Trainer, 30 ausgewAhlte Etüden 1 Thlr. 8 Ngr., Tlementi, Gra-
dus ad Parnassum in 24 Etüden 1 Thlr. 12 Ngr., I). Scarlatli,
12 Fugen und Sonaten 1 Thlr., Händel, 15 Präludien und Va-
riationen 1 Thlr., Händel, 12 ausgewAhlte Fugen 1 Ihlr-,
J. 8. Rach, 21 Präludien und Inventionen 1 Thlr, i. H. Vach,
16 Sinfonien, Phantasie- und Concert-SIQcke 1 Thlr., J. N Bach
Wohltemperirte8 Clavler, 24 Fugen 1 Thlr. 10 Ngr.
Zur Notiz: jede Studie ist von L. Köhler geunu revldirt,
von den bisherigen Unrichtigkeiten gereinigt, mit genaustem
Fingersätze versehen uud mit einer Anweisung zum Studium
begleitet.
Dem deutscheu Text gegenüber steht die englische Ueber-
Setzung.
Bei Abnahme der 8 Abteilungen wird ausser den 9 Text-
hefteu des Köhler'scheu Leitfadens zum Gebrauch der Hoch-
schule ferner als Prämie gegeben dessen
1) Anleitung zum Gebrauch der Bach'schen Clavier-Werke heim
Unterricht, und
2) Populäre Erläuterung und Anleitung der Fuge und des Con-
trapunktes.
J. Hchuberth & Co., Leipzig und New York.
.Haeiker aus den besten Kapellen-, Quartett und gute Bläser,
empßehlt den Herren Direetoren das „Anstellung» -Bureau" von
C. Kindler in Breslau.
Verlag von 8reltkopf * Härtel in Leipzig.
Max Braob’s Gompositioneo.
Op. 3. Jabll&U-Amea für Sopran-Solo, Chor und Orchester. Par-
titur 15 Ngr., Orcbesterstiminan 22J Ngr., Klavierauszug 15 Ngr.,
Singstimmen 7] Ngr.
Op. 4. Drei Daette für Sopran und Alt mit BegL des Pfte. 1 Thlr.
Op. 5. Trio für Pianoforte, Violine und VioloncelL 2 Thlr. 16 Ngr.
Op. 7. Sechs Gesinge für eine Singstiminc mit Begleitung des
Pianoforte. 1 Thlr. 5 Ngr.
Op. 8. Die Birkaa and die Erlen. Gedicht für Sopran-Solo, Chor
und Orchester. Partitur 2 Thlr., Orchesterstimmen 2 Thlr., Kla-
vierauszug 25 Ngr, Singstimmen 20 Ngr.
Op 9. üaartett für 2 Violinen, Bratsche u.Violoncetl. 9 Thlr. 10 Ngr.
Op. 10. Quartett ■#. t. E-dur für 2 Violinen, Bratsche und Vio-
loncell. 2 Thlr. 20 Ngr.
Op. 11. FanUtsla für zwei Klaviere. 1 Thlr. 10 Ngr.
Op. 12. Sechs Klavierstück«- 25 Ngr.
Op. 13. Hymnus für eine Singstimme mH Bgl. des Pianof. 15 Ngr.
Op. 14. lwel Klavierstiloke. 1. Romanze. U. Phantasiestück. 25 Ngr.
Op. 15. Tier Lieder für eine Singstlminc mit Begleitung des Piano-
forte. 26 Ngr.
Verlag von F. Weasely vormals H. F. Müller'» Wwe. in Wien
£. S. »MMß.
Zehn Lieder für eine Singstimme mit Pianoforte. No. 1. Wid-
mung — 8 Ngr. No. 2. An Olivia — 8 Ngr. No. 8. Das Wald-
weib — 8 Ngr. No 4. Die Begegnung — 8 Ngr. No. 6. Trost
— 6 Ngr. No. C. Intermezzo — 5 Ngr. No. 7. Der treue Bote
— 8 Ngr. No. 8. Leonliue — 6 Ngr. No. 9. Lied von Petöfy
— 10 Ngr. No. 10. An den Mond — 10 Ngr.
Dieselben in einem Hefte — 1 Thlr. 10 Ngr.
In meinem Verlage erschien so eben:
Flacher, O. Op. 24. Blau Aeugelein. Lied für 1 Singstimme
mit Begleitung des Pfte., für Alt oder Bass 5 Sgr., für Sopran
oder Tenor 5 Sgr.
Op. 25. Neuer Frühling. Lied für eine Singstimmo mit
Pianofortebegl. 6 Sgr.
Beide Lieder zeichnen sich durch leicht spiel- und singbare
Melodieen ganz besonders aus, und dürften eine sehr willkommene
Novität der Lieder-Literatur sein.
Jauer, Januar 1869. Ilrrm. Nlrkelmann
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Soeben erschien in iinsertn Verlage:
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XXIII. Jahrgang M 11.
Zu belieben durch:
WIEN- Spill«. Hanliiigtr.
PARIS. Brandt!« A Dufoor.
LORBS«. Norelb). Et*** Ar C« Binnoad Ar Co.
St. PETERSBURG \L B*rnar4.
STOCKHOLM A. Lund<|ui«l.
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tt, flftrz 1869
WKW TORR ) *• Sebif«#r
■ BW IUBB. j Jordeail A Marlen*
BARCELONA Andre* Vidal.
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Preis der einzelnen Nummer ft Sgr. 1 !l Insertionspreis (Vir die Zelle 1} Sgr.
Inhalt. Karrnaion. - Berlin. Ri-vn«. — Correftponileiurn *aa Pari-* und Weimar (Schtii»») — Journal ftera*. — N*rl.nrlil«n.
Ziiiii t'onrurrenz • Aussebrelben fflr Operntexte.
R e c e n » i o n.
Richard Wagner, das Judenthum in der Musik. Neue
Auflage mit einem Vorworte und Nachsatze versehen.
Leipzig 1869, J. J. Weber.
Wir hohen dies« Schrift, die schon vor 18 Jahren als
Aufsatz in der „neuen Zeitschrift für Musik 1 erschienen war,
bisher nicht gekannt und es erschien uus niemals iioUi wen-
dig sie zu lesen. Kannten wir doch andere Hauptschriften
des Autors „Das Kunstwerk der Zukunft“ „Oper und Drama“,
und war es uns doch so leicht, zu beinessen was die ob-
benannte Schrift enthalten möge: altbekannte Wahrheiten
in das Gewand höchst geistreicher Wendungen gehüllt, die
so geschickt drapirt sind, dass nur das geübte Auge die
falsche Richtung erkennt; neue überraschende Thesen, im
apokalyptischen Tone jener Revelationen vorgebraclit, die
nur unbedingtes Glauben und kein Denken zulassen, Klagen
über den Luxus und luxuriöse Forderungen für die volks-
tümliche Kunst, Zurückseufzen nach einer Reinheit der
Gefühle, die von jeher nur im Ideale existirt hat, Predigten
über den Kunstverderb in der Musik, wie sie vor Jahrtau-
senden in den Komödien des Pherekrates und Schriften
Ammonius* (Piutarch's Lehrer) gepredigt worden sind, mit-
unter politische Ausfälle, ultrademokrn tische Sätze, wie sie
noch schärfer und geistreicher in den Schriften von de Maistre,
Burke, Gern, Lassalle und einer Masse von Schriftstellern
zu finden sind, die nach dem Nlchterreichen ihres Freiheits-
Ideals in Hofämtem uud Hofkreisen oder im sybaritischen
Wohlleben und in den Armen schöner Frauen Entschädigung
fanden für die nicht erreichbare Freiheit und für die schnö-
den Anforderungen jener dummen Philister, die da glauben,
dass geistiger Adel zu sittlichem Streben, zum Bekämpfen mate-
riell.' r und luxuriöser Neigungen verpflichte. Wir hatten
also keine Kenntniss der Schrift und lasen überhaupt nur
mehr die dramatischen Erzeugnisse Wagners.
Nim tritt dieser plötzlich mit einer neuen Auflage der
laogstvergessenen Schrift hervor, erweitert sie durch aller-
hand Zuthateu, er nimmt ein besonderes Interesse für sie in
Anspruch und widmet sie einer hochgestellten Dome, die
durch ihre Beziehungen zu vielen Künstlern in der Musik-
weit bekannt ist; den Verfasser dieser Besprechung hätte
Alles das, aufrichlig gestanden, doch nicht bewogen, sich
damit zu befassen, aber der Verleger dieser Zeitung kannte
ihn als den eifrigsten Verehrer des Coroponisten Wagners
unter all’ seinen Mitarbeitern, er wandte sich an ihn, weil
seiner Meinung noch die Zeitung ihren Lesern gegenüber
die Broschüre nicht ignorir.m sollte, und so ging er denn
an dio Arbeit.
Und sie amüsirle ihn; und er fand nach Durchles ung
der Schrift und nach Vergleichung dessen, was Wagner
darin sagt, mit dem was er thut, dass Wagner ein Muster
des Juden ist, den er so wüthend bekämpft. Wir werden
dies am Schlüsse genau darlegen, jetzt wollen wir die ein-
zelnen Phrasen beleuchten.
Zuerst tritt der apodiktisch ausgesprochene Grundsatz
hervor, dass sich im Volke eine innerlichste Abneigung ge-
gen jüdisches Wesen kundgiebt; dann, dass die Unmöglich-
keit auf Grundlage derjenigen Stufe, auf welche jetzt die
Entwicklung der Künste gelangt ist, ohne gänzliche Verän-
derung dieser Grundlage Natürliches, Not h wendiges und
wahrhaft Schönes weder zu bilden, „den Juden auch den
öffentlichen Kimstgeschmack unserer Zeit*) in die geschäf-
tigen Finger gebracht hat“. Dann fährt Wagner fort: „Was
den Herrn der römischen und mittelalterlichen Welt der
leibeigene Mensch an Plack und Jammer gezinst hat, das
setzt heut zu Tage der Jude in Geld um; wer merkt cs den
unschuldigen Pnpierchen an, dass das Blut zahlloser Ge-
schlechter an ihnen klebt? Was die Heroen der Kunst dem
Dämbn zweier unseliger Jahrtausende mit unerhörter
Lust lind Leben verzehrender Anstrengung abrangen, das
salzt heule der Jude in Kunslwaarenwechsel um; wer sieht
es den manierfteheri Knnststüekchen an, dass sie mit dem
heiligen Nothschweinse iweier Jahrtausende geleimt sind ?“
Wes den ersten Salz von der Volksnbneigtvng betrifft, hätte
Wagner, wenn er die Geschichte kennt oder kennen wollte,
eingestehen müssen, dass eine solche nie im Volke besten-
*) Also noch den Erfolg des Lohengrio, de« TannhAuser etc.
11
Digitizet
86
den hat, dass dessen Hass und Wuth nur von oben her
durch Gewalthaber, Pfaffen, spanische Inquisition, Geissler,
christlich germanische Schriftsteller und Neo - Aestheliker
ange&lacheJl worden ist; aber die Inquisitoren und Geissler
predigten doch gegen die Juden, weil deren Vorfahren
Christum gekreuzigt heben, sie haben wenigstens tief in*
n erst «a religiöses Motiv des Hasses der im Evangelium ge-
botenen Liebe gesetzt; die ästhetischen und socialen Gross-
inquisitoren sprechen im Namen der „Sittlichkeit“ und der
„Kunst“, als deren Apostel sie sich vorstelien! — Was die
anderen gleich einem hohlen polirlen Kessel prächtig
schimmernden und laut tönenden Sätze beirißt, vom „Blut
zahlloser Geschlechter 1 „kunstfeindlichen Dämon zweier un-
seliger Jahrtausende“, so könnte der pAler Brunner in
Wien oder ein «Mecklenburgischer Landedelmann sie nicht
besser erfunden haben. Man könnte nach jenen Sätzen
einen Augenblick vermulhen, dass der kunstfeindliche Dä-
mon erst gewichen sei, seitdem die Juden sich mit Musik
befassen, doch gleich auf derselben Seite spricht Wagner
wieder von einem jetzigen Dämon des Judeuthums. der
aus dein Felde geschlagen werden müsste.
Wir ffihlen weder Beruf noch Lust, auf alle sonder-
baren einzelnen Phrasen einzugehen, in welchen Wagner
das jüdische Wesen beschreibt — nur bei seinem Verglei-
che des Judenthums mit andern Volkstümlichkeiten müs-
sen wir einen Moment verweilen. Er giebt eine ursprüng-
liche einstige Reinheit der jüdischen Goltesfeier zu, die jetzt
der Verzerrung gewichen ist — und meint dann: „Wer hat
nicht Gelegenheit gehabt, von der Fratze des gottesdienstli-
chen Gesanges in einer eigentlichen Volkssynagoge sich zu
überzeugen? wer ist nicht von der widerwärtigsten Empfin-
dung, gemischt von Grauenhafligkeit und Lächerlichkeit, er-
gi (Ten worden beim Anhören jenes Sinne und Geist ver-
wirrenden Gegurgels, Gejodels und Geplappers, das keine
absichtliche Carricalur widerlicher darzustellen vermag, als
es sich hier mit vollem, naiven Ernste darbietet? 1 Wir
möchten Wagner fragen, ob er schon eine katholische Pro-
cession am Frohnleichnamslage gesehen, an dem Tage, wo
das heiligste Mysterium gefeiert wird, ob er die 500 Kio-
der alle Minute die Phrase hat papageyenarlig wiederholen
hören: Gegrüsst seist Du, Maria, Du bist gebenedeil unter
den Weibern und gebenedeil ist die Frucht Deines Leibes,“
Wenn ihm dies als eine Quelle wahrhaft religiösen Volks-
sinnrs erschienen sein wird, aus dem der christliche Com-
ponist schöpfen kann, aus dem ein Mozarl'sches oder
Haydn'sches „Ave“ entstehen konnte, so mag er vollkommen
Recht haben, dass ein jüdischer Componist schon dess we-
gen reinen künstlerischen Gestalten» unfähig ist, weil er
nur aus dem Synagogendienste ihm „verständliche“
volkstümliche Motive für seine Kunst schöpfen kann.
Sehr pikant ist der Nachweis Wagner*», wie „Heine
sich zun» Dichter log und dafür seine gedichteten Lügen
von unsern Componisteo in Musik gesetzt erhielt*'. Es müs-
sen doch sonderbare Lügen gewesen seio, an denen sich
Schubert und Schumann zu ihren schönsten Liedern be-
geisterten — oder ist Wahrheit der Empfindung erst erkenn-
bar, seitdem Wagner darüber geschrieben hat? Noch putzi-
ger ist der Passus, worin er, von Börne sprechend, meint,
der Jude könne „seine Erlösung nur mit auch unserer Er-
lösung zu wahren Menschen“ finden. Diese den Evange-
lien entnommene Tonart der Frömmigkeit und Entsagung,
des Aufgebens aller Eitelkeit und Genusssucht klingt doch gar
zu eigenlhümiich aus dem Munde mancher Leulel Mag sich
jeder Künstler sein Privatleben einrichten, wie’* ihm con-
venirt, nur ein Unfähiger oder Böswilliger wird die künstle-
rischen Leistungen mit Rücksicht auf jenes beurtheilen;
aber Moralpredigten soll jeder nicht gauz Auserwählte (also
selbst, der sich geistig berufen fühlte) vermeiden: Kalzen-
jammeriaden über die sündige, luxuriöse Welt, Klageo Ober
die Steigerung der künstlichen Bedürfnisse, solche „auf ver-
goldeten Tischen und weichen Teppichen geschriebene Bu-
colica“ wie sie Balzac bezeichnet, giebt es schon über genug.
Wie Wagner sich Heine und Börne für seine Zwecke
zurechllegl, so verfährt er auch gegenüber Mendelssohn und
Meyerbeer; dein Erstem kennt er reichste specifischö Ta-
lentfßlle, feinste mannigfaltigste Bildung, gesteigertstes zar-
test empfindendes Ehrgefühl zu; aber es konnte demselben
„doch nicht gelingen, auch nur einziges Mal die tiefe, Herz
und Seele ergreifende Wirkung auf uns hervorzubringen,
welche wir von der Kunst erwarten“; unter Herz und Seele
kann hier doch nur die Wagner 1 * und seiner Anhänger ver-
standen werden, denn wenn auch Mendelssohn vielleicht
nicht die höchste Stufe einnimmt, die manche seiner Ver-
ehrer für ihn beanspruchen, so hat er doch Vieles geschaf-
fen was ihm gehört, und solcher Menschen „Herz und
Seele“ ergriff, denen selbst Wagner diese Eigenschaften zu-
gestehen würde. Anders stellt er sich Meyerüeer gegen-
über. Er bezeichnet ihn als den Vertreter des jüdischen
Geschmacks der Theaterbesucher. „Das Publikum unserer
heutigen Operolheater“ sagt er. „ist seit längerer Zeit nach
und nach ziemlich von den Allforderungen abgebrachl wor-
den, welche nicht etwa an das dramatische Kunstwerk aelbst.
sondern überhaupt ari Werke des guten Geschmacks zu
stellen sind 11 . Die Leute, deduciri er weiter, gehen in’s
Theater aus Langeweile, und diese Langeweile kann niobt
durch Kunstgenüsse geheilt, sondern nur durch eine andre
Form der Langeweile über sich getäuscht werden. Diese
Täuschung hat Meyerbeer am besten verstanden. Das Richtige
oder Unrichtige des Unheils über die künstlerische Leistung
Meyerbeer’s zu prüfen, ist hier nicht der Ort, da Wagner gar
nicht von dessen Befähigung spricht — in Bezug auf die
jüdische Tendenz wollen wir hier zwei andere Schrift-
steller Allführen, welche über das Publikum ebenso urtliei-
len wie Wagner: „Die Theater'*, sagt der Eine, „sind jetzt in
Barbarei versunken, und die «Musik des vulgären grossen
Publikums ist zu einer liefen Stufe des Verderbnisse» her-
abgesunken“: ein Anderer sagt: „die Musik hat sich verei-
nigt mit einer Art der Poesie, wie sie dem Gebiete der
Venus vulgivoga entspricht, und beherrscht nun die sinnlo-
sen und bethörten Theater, indem sie gleich einem Tyran-
nen die Musik sich unlerthan gemacht hat“. Wer sind nun
diese Anhänger Wogner’s? Der Erste ist Aristoxenus von
Tnrenl, der 340 Jahre vor Christus gelebt hat, der Andre
ist Ammoniua, Piutarch’s Lehrer. — Das „Judentbum in der
Musik“ hat also existirt, bevor noch irgend ein Jude com-
ponirl halt
Nachdem Wagner seine Schrift, wie sie vor 18 Jahren
erschienen, ganz wiederholt, wendet er sioh in einem Nach-
worte wieder an Frau v. Muohanoff, und beweist ihr, dass
alle Angriffe, die gegen seine Musik gerichtet worden, ein-
zig und allein auf den von Juden durch seine Schrift
angeregten Hass zurückzuführen sind, ja dass selbst sein
„grösster Freund und Für-Streiter“ Liszt als Compooist nur
wegen dieser Schrift angefeindet wurde; Wagner sagt wört-
lich: „Ich versichere Sie: Auch was Liszt widerfuhr, rührt
von der Wirkung jenes Artikels über das „Judenllitim in
der Musik“ her.“
Alle die vielberüchtigten .Jüdischen Kniffe“ von denen
so viel gesprochen wird, die aber Niemand darzulegen ver-
mochte, sind niohts gegen diesen Wagner'schen christlichen
Kniff. Also wenn er die Schrift nicht geschrieben hätte,
würden seine Schriften, seine Opern, selbst Liszt 1 * Com Po-
sitionen bei weitem nicht so hart angegriffen wor-
den sein? Männer wie Otto Jahr», Julian Schmidt, Ber-
lioz, welche über die Musik Wagner’* die härtesten
( von uns bekämpften | Urtbeile gefällt haben , sind
eigentlich nur von den Judeo aufgeheizt worden, sonst wä-
ren eie viel milder tu Werke gegangen? Diesem Kniffe ist nur
87
noch ein Ähnlicher, ebenfalls von Wagner gebrauchter an die Seile
eu stellen. Wie sich in Schumann’* „Entwicklung als
Componist der Einfluss jüdischen Wesens recht ersichtlich
nach weisen lässt“. Vergleichen Sie (Frau von Muchanoff
wird hier als Richterin angerufen) den Robert Schumann
der ersten, und den der zweiten Hälfte seines Schaffens;
dort plastischer Geslnltungslrieb, hier Verflossen in schwül-
stige FlAche bis zur geheimnisvoll sich ausnehmenden
Seichtigkeit. „Schumann’» erste Compositionen datiren 1830,
seioe letzten 1853. also nehmen sie einen Zeitraum von
23 Jahren ein**; wir betrachten nur ein Drittheil, die letzten
8 Jahre: da finden wir das Finale den Clavierconcer-
tes, drei Trios, die Musik zu „Manfred“, spanisches
Liederspiel, spanische Liebeslieder, die Symphonie
in Es - dur. Wenn Wagner von Schumann’s Verläug-
nung früherer Freunde und dessen Unterjochung durch die
Juden spricht, so escamotirt er mit grosser Geschicklich-
keit die Motive Schumann’s, der ein Feind von allen nicht
rein künstlerischen Hebeln, und ein streng sittlicher Mensch
war; und dass die Unklarheit mancher Compositionen be-
reits der Schatten der herannahenden furchtbaren Geisles-
nacht war, das ignorirt Wagner, um den christlichen
Kniff gegen die Juden ja nicht abzuscliwAchen.
Wir haben zu Anfang der Besprechung gesagt, Wag-
ner sei ein Muster der Juden, die er bekämpft; wir
glauben, die hier angeführten Frohen werden dies schon
durch sich selbst erwiesen haben. Denn wenn man unter
„moderner Jude“ ira schlechten Sinne des Wortes einen
Menschen bezeichnet, der aus kleinem Kapital grosse
Zinsen zieht, aus einer geistreichen Bemerkung ein
System schmiedet, die Wahrheit zu verdecken sucht unter
witzigen Pointen, der übermüthig und aufbegehrlich im
Glücke, jede Verfolgung und Angriff den Philistern und ih-
rem Neide zuschreibt, und mit seinem Unglück prunkt, der
zwar sehr demagogisch thut, aber am liebsten mit gros-
sen Herren und Damen verkehrt, der weltschmerzlich re-
flectirt und luxuriös lebt, erscheint da nicht Wagner gerade
in der Schrift gegen die Juden als «in Prototyp der „mo-
dernen Vrrjüder?“ Noch am Schlüsse seiner Darlegungen
für Frau von .Muchanoff zeigt er, wie er aus lauter Sucht
gegen die Juden zu zeugen, seine besten Freunde compro-
inittirle. Er erzAhit uns eine „rührende Erfahrung“ aus
seinem Verkehre mit Juden. „Ein offenbar sehr begabter,
wirklich talent- und geistvoller Schriftsteller, welcher in
das eigentümlichste deutsche Volksleben wie eingewachsen
erscheint“ (Bravissimo! wenn er nur nicht componirt, dann
kann der Jud* Alles !| ein grosser Verehrer der Texte zu
„Ring der Nibelungen“ und „Trislan und Isolde“, wurde
von Freunden des Dichters aufgefordert, seine Meinung
öffentlich auszusprechen. „Dies war ihm nicht möglich“,
sagt Wagner in gesperrter Schrift; und warum? weil er
sich nicht getraute „einen vom Stamme GeAchleten in Schulz
zu nehmen; das muss den Juden als geradezu todeswürdi-
ges Verbrechen erscheinen!“ Das nennt Wagner eine rüh-
rende Erfahrung!! ! Giebt es eine lächerlichere? Hätte jener
vielbelobte, nicht genannte Schriftsteller Courage oder Wahr-
heitsliebe besessen, so würde er erstens tu Wagner gesagt
haben, dass die meisten Juden sich um seine Schreiberei
nicht kümmern und zu den eifrigsten Besuchern des „Lo-
hengrin“ und „Tannhäuser“ gehören, und zweitens würde
er durch die That gerade gezeigt haben, dass es eben nur ein sehr
bequemer Vorwand ist, aus Furcht vor den Juden nicht für
Wagner zu schreiben. Der Verfasser dieser Besprechung
ist für Wagner eingestanden gegen die Münchner Verleum-
dungen, gegen die Angriffe Jahri’s, in einer Weise, die der
verstorbene Brendel — gewiss ein competenler und ach-
tungswürdiger Zeuge — zu wiederholten Malen in der „Neuen
Zeitschrift für Musik“ (und in Privatbriefen an den Verfas-
ser) anerkannt hat. In seinem Artikel „die deutsche ko-
mische“ Oper hat er laut und entsohieden die hohen „nicht
genug anerkannten“ Verdienste Wagner's um die deutsche
Oper gepriesen, und den „Meistersingern“, deren Composition
noch nioht veröffentlicht war, nur nach nach ihrem
Texte den hohen Erfolg verkündet. Das war hier in
Berlin, wo er als Concertgeber 60 oft öffentlich wirkt,
gerade kein leichtes Unternehmen; hat er sich nun
vor den Juden und der von „ihnen beeinflussten Kri-
tik“ gefürchtet? Gerade so wenig als er sich jetzt vor
den Wagnerianern und ihrer christlichen Polemik fürchtet,
und da er sich nun ein für allemal auf eine solche nicht
einlassen will, möge hier das Glaubensbekenntnis stehen, das
er in derselben Angelegenheit einem Freunde geschrieben*):
Verhasst ist mir jene Ästhetische Sittenpolizei, die oft das
Gute und das Grosse vermengt, die Hypokrisie in der
Kunst, die Beschützerin jener Impotenz, die sich hinter dem
Tugendgesetz verkriecht, und die bei Beurtheilung von Kuast-
leitungeu gar oft eine Masse von Dingen des Privatlebens
hineinziehl, die in keinem directen Zusammenhänge zu je-
nen stehen. Mannhaft habe ich sie bekämpft und werde
sie weiter bekämpfen. Aber ebenso verhasst ist mir die
Hypokrisie des Cynismus, der alle Thorheilen und
Excentricitäten, die tausend Meilen entfernt sind vom
Kunslleberi, mit einem inneren künstlerischen Drange
identifiziren will und im Handumdrehen dio Angriffe auf
Excentricitäl als auf die Kunslleistung gerichtet, einen An-
griff auf die Kunslleistung als nicht dieser, sondern der
excentrischen Persönlichkeit geltend, darstelll. Der bedeu-
tende Künstler kämpft mit Theten, nicht mit Worten.
Hat Kant die Gegner seiner Philosophie als Juden bezeich-
net? Hat Kaulbach die Angriffe auf seine Gemälde mit der
Feder beantwortet? Beethoven kannte dio wegwerfenden
Urtheile Zelter’* Ober seine 7te Symphonie. Er antwortete
— mit der achten und neunten. Das geziemt dem bedeu-
tenden Geist. Aber wenn Einer in die Welt schreit: Wenn
Ihr nicht so verderbt wäret, würdet Ihr mich als den ein-
zig Wahren erkennen, so ist das eine Lächerlichkeit; und
wenn nun gar Wogrier noch sagt: hätte ich nicht das Ju-
denthum geschrieben, so würde meine sonstige Theorie,
meine Opern keine heftigen Angriffe erfahren haben, selbst
Liszt würde unangefochten bleiben, so ist das eine der
komischesten Fastenpredigten, die je in die Welt gesetzt
wurden. H. Ehrlich.
Berlin.
Revue.
(König). Opernhaus.) Nachdem am 9. „Prophet“ mit Herrn
Niemann, am 10. „Fliegende Holländer“ io den oft bespro-
chenen Besetzungen gewesen, trat am 13. nach längerer Pause
Frau Lucca, die sich in Tübingen bei Professor Bruns einer
leichten Mandel - Operation unterzogen hatte, als Srlika io der
„Afrikanern)“ auf. Selbstverständlich hatte dieses Ereignis*,
ferner die Besetzung dea Vasco durch Herrn Niemann, des
Nelusko durch Herrn Betz das Haus bis auf den letzten Platz
gefüllt; schon Tage vorher waren alle Bidets vergriffen, einzelne
wurden zu sehr hohen Preisen erstanden. Die Aufführung er-
gab das gewohnte glänzende Resultat für das Werk wie für
die genannten Interpreten. Neben diesen halle Fräulein Ra-
decke, welche als Gastroll« die Ines sang, einen doppelt
schweren Stand; doppelt, weil die Technik der jungen, mit an-
genehmer Stimme begabten Sängerin, noch keine so brillante
ist, um oach dieser Seite hin das Publikum für sich zu ge-
winnen. Fräulein RAdecke gab indessen In Gesang und Spiel
*) Dr. Rodenberg, Redafcteur des „Salon" hat den Verfasser
dringend ersucht, auch ihm Einiges Alter die Broschüre zu schrei-
ben. Die oben citirten Worte siud der Sobluss seines Artikels
für den „Salon".
II
88
ganz Zufriedenstellendes — Atu 14. war „Zauberflöte" in der
jüngst besprochenen Besetzung mit Frau Röske-Lund als
Königin der Nacht; Friulein Ra decke, welche die Parainn
ab letite Rolle sang, fand hier einen für sie günstigeren Boden
als in frühereii Aufgaben und erwarb sich, obgleich mehr edler
Ausdruck im Ton su wünschen blieb, mehrfachen Beifall.
Im Friedrich- Wilhelmsfädliacheo Theater kam am 10. eine
neue eiuactige Operette „Nach Mekka!'* von Nessl, Musik von
Zaylz zur Aufführung. Beide Herren haben zur Flulh der
Operelteo-Literalur schon manches Schürflem beigetragen, die
bekannte Faclur verleugnet »ich auch diesmal nicht. Das Li*
bretto ist ohne besonderes luteresse. Dia Musik des Herrn
Zaytz bietet, wie die früheren Arbeiten des Gomponisten, das
Recept : Verdi, üffonbaeh, huppe; Alles klingt gefällig,
ohne dass uns eine Nummer durch eine Spur von Eigcnlhöro-
lichkeil aulfiele. Dergleichen Musik spannt schliesslich ab und
mau (ragt: „Wozu der Lärm“. Die Aufführung durch die Da*
men Reoom und Preusa, wie durch die Herren Adolfi,
Matthias und Leszinsky, ebenso die hübsche Sceniruog,
verdienen alle Anerkennung.
Am 11 ti. M. gab Fräulein Alwine Ohm im Saale der
Singakademie ein Concert, von dem wir in Verlegenheit sind
zu sagen, welche Absicht sie dabei gehabt haben könne. Der
spärlich besetzte Saal liess nämlich der Sängerin keine Aus-
sicht auf finanziellen Ertrag, die Leistungen aber sowohl der
Concertgaberio, ab des Hofpianisten Herrn Carl Schulz waren
von der Art, dass das an ganz andere Leistungen gewöhnte
Berliner Concert -Publik um in keiner Weise durch dieselben
befriedigt werden könnt«. Die Coucertgeberin saug eins Arie
au« „Sappho“ von Paciui und 3 Lieder von Schubert, Riccius
und Dessauer. Ausgerüstet mit einer tiefen, kräftigen Altstimme,
welche, wenn sie nicht angestrengt wird, io den tiefen Lagen
sogar klangvoll su nennen, entbehrt sie aller schulgerechlen
Behandlung derselben; ihre Coloralur »st gani mangelhaft, der
Ton in der Höhe schneidend und nicht selten unrein, ihre Aus*
spreche ganz undeutlich. Ebenso wenig Reiz hatte für uns
das Piaoufortespiel des Hofpianisten Schulz in den von ihm
vorgetragenen Solopiecen: Polonaise Cis-moll von Chopin,
Rigolet (o • Paraphrase von Ijszt, Berceuse von ihm selber und
Tannhäuser-Marsch von Liszt. Abgesehen von der unfertigen
Technik, dem marklosen Anschläge, sowie der Unklarheit im
Vortrage des Einzelnen, vermissten wir in der Auffassung der
Liszl’acheo und Chopiii 'sehen Stöcke ganz deu Geist, aus dem
sie hervorgegangen und den d«r Vortragende wiedergeben muss.
Rühmliche Anerkennung verdient die von Herrn Cooccrtmeieter
de Alma vorgatragene Violinaonate von F. W. Rust, an wie
die von Herrn Poeuitz auf der Harfe gespielt« Fantasie.
— Das Quartett (E»-dur Op. 10J von Baelhoven für Piano und
Streichinstrumente, mit dem das Coucert begann, ist beiläufig
bemerkt nur ein Arrangement des uusprfloglichen Quintetts für
Piano, Oboa, Clarinelt, Horn uud Fagott, in welcher Form es
bei weitem effektvoller ist.
hu dritten Guaiav-Adolph-Concert am 12. d. kam Schu-
manns hier Belten aufgeführles „Spanisches Liederspiel“ zu
G^hör. Die ächt charakteristische Anlage dieses herrlichen
Werkes sowie die Feinheit und Eigentümlichkeit der Melo-
dieeu verleihen der Compoeition einen Zauber, der auf deu Zu-
hörer unwiderstehlich einwirkt. Die Ausführung Seitens der
Herren Otto uud Putsch und der Deinen Holländer und
Baum war grossentheils gelungen, die Begleitung des Herrn
Alexia Holländer am Clavier eine vorzüglich«. Ala dia
ausserdem hervorragendste Leistung des Abends iat die Wie-
dergabe der Pyledea-Arie aus Gluck'» „ Iphigenie “ durch Herrn
Otto su bezeichnen, dia »ich in jeder Hinsicht als vollendet
erwies. Oer Pianist Herr v. d. Tann spielte eine Fuge aus
dem „wohltempecirten Clavier“ von Baeh, ein Nocluroe von
Chopin und eine Liszl'sche Rhapsodie. Sein Anschlag ist weich
und angenehm, der Vorlrag musikalisch belebt und die Technik
eine durchgebildele. Die erstan beiden Stücke gelangen ihm
denn auch ganz gut, während die Liszt'sche Composition mehr
Kraft uud Prägnanz erfordert.
Am 13. d. M. beschloss die Berliner Symphonie-Kapelle
den zweiten diesjährigen Cyclus ihrer musikalischen Soireen.
Das Programm bot zunächst eine „Preisouverlure von W. Claue-
sen zu „Othello“ von dem jungen Coroponisten, einem früheren
Schüler des Stern'sehen Conaervatoriums , seihst dingte!,
welche mit Recht allgemeinen Beifall fand. Sie ist gross an-
gelegt, aber in der Form klar uud übersichtlich; insbesondere
hervorzuhebeu sind die ernste, auf den Gegenstand würdig vor-
bereitende Inlroduction, das energische, leidenschaftliche Haupt-
thema, so wie der dein Sujet durchaus angemessene Schluss.
Die Inslrumentiruug ist geschickt, weun gleich zuweilen etwas
nach Effekt haschend. Herr J. de Graan trug Spohf's
Gesangsceoe und Beethoven 1 » Romanze ( F - dur ) auf der
Geige unter dem lebhaftesten Beifall vor. Sein Ton ist nicht
gross, sber seelen voll, seine Kunstfertigkeit bedeutend, seine
Intonation fast immer rein. Der Künstler eignet sich eulschie-
den für die Cantilene und den elegischen Vorlrag. An Ge-
sangesvorträgen bot uns Fräuleiu Elise Ke tschau Recitstiv
und Arie mit obligatem Klavier und Orchester von Mozart und
2 Lieder, Liebeslreu von Brahms und FrQhiiugslied von Men-
delssohn. Die Künstlerin verrälh in Allem, wa9 sie siugl eine
tüchtige Schule, das Recilativ In der Mozart'srheu Arie wurde
mit vielem Verständnis» uud durchaus würdig vorgelrageu; die
Stimme scheint aber in der mittleren uud liefen Lage für einen
solchen Saal nicht stark genug. Voo Orciieatersachea hör-
ten wir noch: die in kurzer Zeit allgemein beliebt gewor-
denen „Variationen über ein Oftginalthema“ von R. Wüerst
in trefflichster Ausführung, welche stürmischen Beifell er-
rangen und Mendelssohn'» Symphonie (A-dur). Das Werk,
erst nach dem Tode des Compooisten veröffentlicht, verdankt
seinen Ursprung dem Aufenthalte des Meisters in Italien, und
gehört daher einer früheren Periode an. Der spätem Sympho-
nie (A-moll) vermögen wir sic nicht gleiclizustellen. Sie alh-
met durchgehend heitere Lebensfreude, die sogar in drin letzten
Salze« Saltarello benannt, bis zur Weise eines italienischen
Volkstanzes sich steigert. Insofern ist eie zwar au« einem
Gusse, voll Lichl, aber auch eben darum in einem gewiesen
Maasse monoton, und man wird unwillkürlich, namentlich bei
den vielen Wiederholungen einzelner Motive im ersten Satze,
genöthigl, neben dem heitern Lichte auch einige trübe Schalten
herbei zu wünschen. Die Ausführung war eine der Berliner
Symphonie-Kapelle würdige.
Das am 14. d. M. in dem Saale der Singakademie gege-
bene Coucert des Herrn Jean Vogl war besonders dadurch
interessant, dass der Concertgeber nur eigene Composiltonen
zur Aufführung brachte. Wenn jüngere Talente oft nur au
früh ausschließlich mit derartigen eigenen Schöpfungen auflre-
teo , an erscheint das in mehrfacher Rücksicht nicht empfeh-
lungawerth. Dem reiferen Künstler, der selbst hier Lehrer am
Stern'sehen Conservatorium zur Ausbildung junger Talente mil-
wirkt, der schon als Componist mit einem Oratorium „Lazarus“
hervorgetrelen, wird um so weniger daraus ein Vorwurf ge-
macht werden können , wenn er so manpichfnltige und so
interessante Gaben darzubieten vermag. Das war aber im ho-
hen Grade hier der Fall. Die vorgaführten Warke waren dem
69
Gebiete der Kammermusik, des strengeo koolrs pünktlichen Sly I«
und dem der Salimmutik enlnommen und erwarben sich die
allgemeinele Anerkennung. In allen offenbarte eich Reichthum
der Erfindung und sichere Beherrschung der Form; die Motive
erschienen melodiös und abgerundet, bildeten untereinander
glückliche Gegensätze und ihre thematische Durcharbeitung im
Trio f. Piano, Violine und Violoncello C-moll Op 25, sowie
im Streichquintett A-nmll Op. 5ö blieb überall durchsichtig und
klar. Insbesondere heben wir da« von dem Herrn Oncerlmeteier
de Ahna, den Herren Espetihahn, Richter 1 u. 2 und Dr.
Br uns vorzüglich ausgeführto Streichquintett als eine bedeut-
same Erscheinung aul diesem Gebiete hervor; alle Sätze des-
selben sind anziehend und werthvoil; das Scherzo aber reihet
Bich dein Besten au, was in neuester Zeit erschienen. In dem
Trio Op. 25, trat Iflr uns nur der Pianist zu sehr hervor, in
den Passagen des ersten Salzes und besonders auch im 2ten
Satze, in der Art, wie das Piano zwischen den einzelnen Va-
riationen das Thema allein wiederholt. Von den öalonpiöcen
zeichnen wir besonders des Nocturne (Fis-dur Op. 10 No. I)
und die ßarcarole (A*-dur Op. 35) als sehr oomulhig aus. Als
tüchtigen ContrapuakÜsien bewährte sich Herrn Jeau Vogt io
dem Prlludium und Fuge < G-moll Op. 20 No. 3) so wie in
den beiden Fugen ihr 2 Piaoofurtes, von Herrn Dr. Franek
und dem Guncertgeber vorgel ragen, von denen wir besonders
die erste in G-dur ata die wertbvollere hervorhebea.
Am 15. hielt Herr Professor Eck ardt im norddeutschen Hole ei-
nen Vortrag über Robert Schumann und di« juugdeutsclte Schule
io der Musik. Anknüpieod an die grossen Ton- Heroen vor
demselben, die er mit den Dicht ecu ihrer Zeit verglich (Haydn-
Wieland, Moaarl-Gölhe, Beethoven-Schiller ) bewies er aus
dem ganzen Entwicklungsgänge und dem Wirken Schumanns,
wie er aut den Dichtern und Maiern seiner Periode in innigem,
geistigen Zusammenhänge »lebe. Der Vortrag war reich an
geiebeichoo, anregenden Bemerkungen über allgemeine Kunst-
tragen, schwacher in den Darlegungen der spezifischen musi-
kalischen Th&tigkeit Schumann». Die Zuhörer folgten nul
gespannter Aufmerksamkeit uud bezeugten ihr« Zufriedenheit
durch lauten Beifall. d. R.
Correapoudeitcen.
Paria, 18. März.
Wir sind in der Triuitate-Kircbe. In der Mitte dsa imposan-
ten Neubaues erbebt sieh ein hoher Katafalk, umgeben von
brennenden Wachslichtern, auf dem schwarzeu Grunde der gol-
dene Buchstabe B. Noch ist die Kirche beinahe leer. Da tritt
in den reservlrten Hanm zuerst ein Greis von über achtzig Jah-
ren und nimmt seinen Platz dicht hinter dem Katafalk. Ea ist
Au her — der Nestor der französischen Couipouieteu. Der sonst
jugendfrische Greis ist diesmal vom Schmerze gebeugt, als konnte
er nicht begreifen, dose sich der Tod sogar an die „Unsterblichen* 4
wage, und als fohlte er setbsl bereits die drohende Hand de*-
selben. Vor Kurzem erst Rossini und jetzt Hector Berlioz. —
Durch das nunmehr sich Öffnende Riesenthor sehreilet ein feier-
licher Zug, eine Compagnie der Pariser Natioualgarde vor»«;
Alles, was Paris au musikalischen und literarischen Namen auf-
zuweilen bat, ist in diesem Zuge vertreten, selbst jene, welche
auf Berlioz ehedem Stein« geworfen, finden plötzlich, im Ange-
sicht der Bahre mit dem Immortellen-Krauze, dass der darin
Ruhende zu der frantOeiseben „Gloire“ doch Manches beigetra-
gen. Nur noch wenige Jahre Geduld, und man wird sogar in
Paris die Berlioz'scbe Musik unter jubelndem Zuruf spielen, wenn
erst Jedermann versichert sein wird, dass der Mann, welcher
sieb unterstanden, origineller und getetreieher zu sein als viele An-
dere, und auch die kritiache Feder führte, wirklich todt ist! 0
Menschengeschlecht, wie viel origineller sind noch deine Gepflo-
genheiten! — Doch stören wir den feteriieb-emsten Moment
nicht durch solche Reflexionen. Von der Höbe des Chorea, «II-
wo das Orchester der OpOra unter Ha in Ts Leitung Platz ge-
nommen, ertönen die ernsten KlAnge des Marsches aua „Alceste"
von Gluck, eiuea von Berlioz vorzugsweise geliebten Tonst ticke»;
ein von Litolff für Militairmusik romponirter Trauermarseh; ein
feierlich pompöses Musikstück von ergreifender Wirkung, ertönt
jetzt von der Höhe des Offertoriums, ln trefflicher Ausführung
von der Kapelle der Natioualgarde das „Lacrimosa“ aus Mozart'* „Re-
quiem**, ferner ein TlieH ans dem „Requiem* 4 von Berlioz und ein
noch unedirtee Vocalquartett desselben folgen, als prophetische
Erfüllung eines der letzten Worte des Meisters: »Jetzt sterbe ich,
jetzt wird man mich spielen“. War es doch am vorigen Mon-
tag, einige Minuten nach dem Tod« diese« Kunst-Märtyrers, wo
einer der Direetorcn der Opära mit einer telegraphischen Depe-
sche aus Moskau in das Sterbezimmer trat, welche Depesche den
immensen Erfolg von Berlioz* „Trojaner 4 * (welche Oper iu Pari«
durchtielli iu der alten Czaerenstadt «gnallairte. — Am Fried-
höfe Montmartre, wo Baron Taylor und die Herren Fröderlc und
Ambrowe Thomas ergreifende Abschiedsreden hielten, wurde der
berühmte BerHoz'ache Trauermarsch über die Juli -Opfer gespielt,
alsNaohrufdem Opfer so vielerSchkksaiaschlfige, worunter der jüngst
erfolgte Tod seines dreissigjAhrigen Sohne«, Kapitäns in Afrika,
nicht einer der geringsten war. — — Morgeu gelangt in den Con-
certs populaire* ein Bruehtheil aus Berlioz* „Romeo und Julia“
zur Aufführung — wir prophezeien diesmal den vollständigsten
Succös! — Am 88. d. gelangt Mendelssohn*« Oratorium „Paulus“
im Salle Herz zur ersten Aufführung in Paris — Dank dem
Kunstsinn des jungen Dirigenten Hourgeult - Ducoudray ,
welcher einen neuen Chor-Verein hierfür orgoolsirte und sich
bereits um die Verbreitung classiecher Musik in Frankreich Dank er-
warb. — im zweiten Quartett der Florentiner wurde Mendela-
eobn’s Quartett in C, ein Adagio von Rubinstein, Haydn's Sere-
nade, ein Presto (Suite Op. 46) von Hartog und Schumann'*
Quartett Op. 41 No. 2 zu Gehör gebracht. Trotz der vollendeten
Aufführung konnte sich Schumann'* Werk keines durchgreifen-
den Erfolges erfreuen. Der französische Geist widerstrebt nun ein-
mal dem tiefeinnigen, grübelnden, rhapsodischen Wesen dieses deut-
schen Meisters, dessen Lieder und kleinere ConipoMtionen sieh
hier rascher Bahn brechen dürften — Besseren Erfolg hatte
das Clavierquartelt Schumann’* in dem ehevorgestern im Saite
Krard veranstalteteu Conoert Jaell’s — welcher eminente Pia-
nist auch eine Sonate Raff* mit Löonard zu Gehör brachte. —
Die Meine Rossini'*, welche gestern im ThOAtre Italien zum drit-
ten Male unter grösstem Erfolg aufgeföhrt wurde und noch zwei-
mal hier zu Gehör gebracht werden wird, geht demnächst in
französische und belgische Provinzstädte auf Kunstroissa; die
Alboni ist hierfür per Gonoert mit 4000 Franc« von Strako«eh
engagiri. — in der üpöra comique wurde diese Woche Offen-
baeh’s neue Oper „Vert-vert 44 zum ersten Male aufgetührt. Die
Oper halte in alten Theilen, wo Offenbaoh dem von ihm so mei-
sterhaft vertretenen Genre der Operettenmusik treu bleibt, einen
ausgezeichneten Erfolg. Eine Fülle frischer, pikanter Melodien
zeichnet eueh diene« Werk aus. Das Sujet, von früheren Auf-
führungen im- Palais Royal hinlänglich bekannt, und von den
jetzigen Bearbeitern beinahe treu beibehatten, leidet an einigen
Längen; die sentimentale Seite scheint nun einmal die schwä-
chere Partbte des Oflenbaeh 'sehen Talentes zu sein, und geben
wir der liebenswürdigen Schalkhaftigkeit des Componiaten den
Vorzug vor Aeinen seriösen Bestrebungen. Die Herren Cap out
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(Veri-vert), Bassist Gaillard und Fröulein Cieo brillirteo In der
Darstellung; mehrere Nummern, das Sopran-Couplet de« ersten Ac-
tes: „Non, Vert-vert n’est plus enfant“; Im zweiten Act die leb-
haften Soldaten-Sceneu, zwei Tenor-AHen, ein komisches Alleluja
und das Final-Enaemble; Im dritten ein Liebea-Duo und ein Sep-
tett wurden lebhaft applaudirt. Ob der Suceis ein anhsltender
sein werde? Seitdem man in dem allzu moralischen Washing-
ton es Tflr moraifOrdernd fand — Offen bach's „Schöne Helena“
zu verbieten — glauben wir erat vollständig an den guten Stern
OfTenbach's. — Der hiesige deutsche Hülfsverciu uod die deut-
schen Liedervereine sind endlich im Besitze eines groasartigen
Versammlungslocales. Ea ist dies der ueuerbaute Saal in der
Faubourg SL Martin, nahe der Porte St Martin, genannt „zur
Harmonie“, welcher am Ostersonntag mit einem grossen Wohl-
thätigkeils-Concert, Fest-Bankett und Ball iuaugurirt werden wird.
Von den Concertmitwirkenden nennen wir, ausser den hiesigen
hervorragenderen Gesangsvereinen, die Instrumcnlalisleu Geschwi-
ster Waldteufel, die Pianistin Labruytre, den Violinist Czcke
und den russischen Kammerflötisten Charles. Der neue Con-
certsaal enthält Raum für 1500 Personen. — Das letzte Conser-
vatoire-Conccrt brachte Schumann's B-dur - Symphonie , Frag-
mente aus Beethoven*« „Fideiio“, worunter der Gerangencn-Chor
und die von Fräulein Kraus« meisterhaft gesungene grosse
Arie, Weber*« Freischütz - Ouvertüre und das zweite Finale aus
Spontini’s „Vestalin“ — eines der interessantesten und mit gröss-
tem Beifall angenommenen Programme dieser Saison. — Bizet’a
neue symphonische Phantasie „Souvenir de Rome“ (vorigen Sonn-
tag zum ersten Male aufgefübrt in den Concerts populaires) ent-
hält zu viele Souvenirs an — andere Componisten, als dass eie
originell sein könnte. Zu lohen ist die geschickte Mache und
das Orchester - ColoriL Der erste Gesangsvorlrag in diesen
Concerten (Fräulein Schröder sang eine Melodie von Reissiger
und eine Mazurka von Chopin) war nicht sonderlich erhebend.
Für so weite Räume gehört eine mächtigere Stimme und auch
eine classiechere Wahl der Gesangsvorträge. A. v. Cz.
Weimar, Mitte Februar.
(Schluss.)
Trotzdem uns ein besonderer Kapellmeister für die Coneerte
gewählt wurde, der also hinlänglich Müsse hätte aiustergiltlge
Programme aufzustellen und auazuführen, so war doch im ersten
Vierteljahre dieser Saison blutwenig desfallsige Regsamkeit zu
bemerken; wenn nicht der unermüdliche Prof. Müller-Hartung
zwei Kirchenconcerte veranstaltet hätte, die in Bezug auf Qualität
und Quantität nichts zu wönsehen Übrig Hessen. Das erste, zum
Besten der Töpferstiftung, brachte Orgelcomposilionen dea be-
rühmten Altmeisters v. Müller-Hariung’s, in recht befriedigender
Weise Ausgeführt von den Schülern des Gefeierten. Der Kir-
ehenchor exeeotirle Motetten von Paiestrina, Goudimel, Liszt (ein
von kirchlicher Anmutb durchwehtes einfachreizendes Ave maria
stella) und Bsch's prachtvolle Sstimmige Motette: „Fürchte dich
nicht“ — ohne Mitwirkung der Singakademie — Hauptmann und
Mendelssohn. Leider war diese Aufführung nur wenig beauebt.
Besser war dies der Fall mit der folgenden Gabe zum Besten
der Ueberscbwemraten in der Schweiz. Das Programm lautete :
„Jauchzet dem Herrn“ von Mendelssohn, Arie aus der Schöpfung :
„Nun beut die Flur“ (gea. Frl. Anna Strauss), Adagio (E-dur)
von S. Bach und Aboodlied von R. Schumann für Violine u. Or-
gel (Coneertmeister Kömpel), Benedictus (Maouscripl) von Liszt,
Präludium und Fuge in D-dur von S. Bach (Organiat Gottsehaig),
2 geistliche Lieder von Frank (Frau Dr. Merian-Genast), An-
dante für Violoncello von Mozart (Herr Hofmusikus Servais),
Duett und Chor aus dem Lobgesang. Frl. Anna Strauss erwarb
•kh mit ihrer wohlgesohulten und aumuthigeo Sopranstlmme
schnell ein grosses Publikum, Kömpel exeellirte durch sein fein-
sinnige« Violinspiel und Servais brachte das schöne Mozart'sehe
Stück sehr gut zur Geltung, Frau Merlan sang die beiden Lieder
mit feinstem Verständnis« und die Leistungen des Kirchenohors
gipfelten ln dem Liszt'schen Maouscripl werke, dem Vernehmen
nach einer Vocalmease entnommen, die bei Kahnt in Leipzig dem-
nächst veröffentlicht werden wird. Leider scheint der geistvolle
Dirigent der Singacademie hinsichtlich des Orchesters absichtlich
labmgelegt zu werden, denn trotz des fleissigateu Studiums ist
es ihm noch nicht vergönnt gewesen, eine eborisebe Aufführung
mit Orchester zu Stande zu bringen. Trotzdem lässt sich diese
befähigte und energische Kraft nicht irre machen, sondern berei-
tet rüstig eine Aufführung der Bach'schen MaUbfiuspassion — für
unser Thüringen die erste — mit Hilfe der Singacademie zu Jena
und dra Kirclieocbors zu Erfurt in bester Weise vor, wozu noch
eine Aufführung von Liszt’s „Elisabeth“ gekommen wäre, wenn
der betreffende Meister dieselbe sofort genehmigt hätte. Das erste
unserer Kspellconcerte war „sehon“ den 15. December und brachte
die oft gehörten Piicen: Kuryanthcn-Ouverturc und Beethoven's
8. Symphonie; die RlAviervortröge (G-dur-Coneert von Beethoven
und ungarische Rhapsodie von Liszt) waren in den Händeu des
Fräulein Mehlig. Das 1. Abonnementsconcert nahm einen ent-
schiedenen Anlauf zum Fortschrittlichen mit Liszt's Bergsympbo-
nic, die im Ganzen befriedigend ausgeführt und sehr achtungs-
voll aufgenotumen wurde. Die 1. l.eonorenouverture machte uur
wenig Eindruck, dagegen eulhusiasmirteu diu Herren E. He me»
nyi aus Pest durch den Vortrag der Bach'schen Chaconne für
Violine und einiger Werke von Chopin, und Scari« aus Dresden,
welcher Arie aus der „Sehöpfung“ und Lieder von Liszt, Schu-
mann und Eckert sehr gelungen mit seiner prachtvollen Bass-
stimme ausfübrte, das Publikum in nieht gewöhnlicher Webe.
L’m die durch Liszl's Werk begangen« „zukünftlerische Sünde“
wieder abzubüssen, wurde im zweiten derartigen Coneert schnell
die Haydn'sche an und für sieb schöne B-dur-Symphonie herbei-
geholt und ziemlich philiströs wiedergegeben, welcher triste
Eindruck einigermaassau durch Kömpels treffliche Wiedergabe des
Brueh'schen Violinconeerts paralysirt wurde. Während wir
Tausig nur in einem Hofeoneerte, wo er mit Beethoven’« Es-
dur-Concert und Liszl's Don Juan-Fantasle exeellirte, bewundern
durften, gab Anton Rubinstein am 8. Februar ein sehr besuch-
tes Coneert io unserer Erholung und erwarb damit reiche Lor-
beeren. Der seltene Künstler gipfelte seine grossartigen Leistun-
gen in seinem 4. Coneert, in Chopin'« As-dur-Polonaise, der
Beethoven'schen C-moil-Sonate (Op. 111) und im Schumaunachen
Carneval Dass in diesem Coneert Liszt durch seioe Gegenwart
„dem Erben seines Spiels“ eine seiteue Folie gab, brauchen wir
wohl kaum zu bemerken. Derselbe wird voraussichtlich bis zum
20. März hier domioiliren und wird selbstverständlich von unse-
rem Hofe, sowie auch in allen andern Kreisen mit höchster Aus-
zeichnung behandelt, die er als Mensch und Künstler so sehr
verdient Dass der liebenswürdige Meister ausserordentlich in
Anspruch genommen wird, Hess sich wohl erwarten. Sehon
Boden sieh Damen und Herren ein, die er nolens volens, weiter
bringen soll, schon hat er seine einst so berühmten musikalischen
Matiueeen wieder eingerichtet, wo die engeren Freunde des Mei-
sters seinem einzigen Spiele lauseheo dürfen, schon bat er den
ehemals so berühmten Neuweimar-Verein, reeonstKuirt, worin er
durch Geist, Witz und Begeisterung für alles Schöne und Gute
als Präsident thront, schon schmeichelte mau sich, den vielgeliebten
Künstler wieder für immer zu besitzen — aber wir sind in der
traurigen Lage diese lllusaion zerstören zu müssen. y
»I
Journal-Revue.
Die Allgem. Musikzeitung beginnt einen Aufsatz aber Hän-
del’* Orgelconcerte. — Die Neue Zeitschrift f. M. entbAlt eia Ge-
denkblatt „Frans Liszt in Weimar“. — Die Signale bieten Fort*
Setzung des Wiener Adressbuches sowie eine historische Skizze
Köbler’s . Jenseits und Diesseits Wagner“. —* Südd. Musikztg :
„Ein Concertmeister des vorigen Jahrhunderts* 4 von Lackowitz.
Die französischen Zeitungen bringen die ausführliche Biogra-
phie Berlioz' und begeisterte Nachrufe sn denselben.
N n c h r I c ti t e n.
Berlin. Dis drei letzten, uuter Leitung des Ober - Kapell-
meisters Taubert im Palais Ihrer Königlichen Majestäten statt-
gcfundenen musikalischen Aheud-L'nterhaltungen boten folgendes
Programm: I. Am 35. Februar: 1) Cavatiue aus Rossini’* «Teil“
— Herr Wachtel. 2) Waldvöglein, Lied von F. Lachoer mit
Ceilobegleituog — Frau von Voggen huher, Herr Stahlknecht.
3| Freie Fantasie Ober Motive aus „Don Juan“ — Herr Taubert
4| Romanze aus Auber’s „Fra Diavolo“ und StAodchen von Abt
— Herr Wachtel. 11. Am 4. März: 1| Adagio für Violooeell von
Mozart — Herr Fr. GrOtzmacher. 2) «Der Knab’ im Walde“,
Ballade von Geibel und Taubert — Herr Nie mann. 8) Taran-
tella für Violooeell von Lindner — Herr GrOtzmacher. 4)
Frühlingslied von Gounod und der Hidalgo von Schumann —
Herr Niemann: 111. Am 11. MArz: 1) Romanze fQr Violine von
Beelhoven — Herr De Ahna. 2j Duettioo aus Gounod’s „Ro-
meo und Julie“ — Frau Lucea, Herr Woworsky. 3) Zwiege-
sang, Lied uiil Violinhegleilung von Uradsky — die Herren Wo-
worsky und De Ahna. 4) Cavaline aus Meyerbeer's „Afrika-
ncrin — Frau Lucca. — Jedem Coneerte folgte eine Vorstellung
der französischen Schauspieler.
— Richard Waguer's „Meistersinger“ sind zur Aufführung
an der hiesigen Köuigl. Dübne bestimmt. Herr Beiz soll den
Hans Sachs, Herr Nie mann den Ritter Sloltzing singen.
— Dem am 12. d. von Herrn Musikdireclor Bilse zu wohl-
Ihiiligen Zwecken veranstalteten Coneerte wurde eine besondere
Auszeichnung durch den Besuch II. MM. des Königs und der Kö-
nigin sowie des gesammten Hofes zu Theil. Die Leistungen der
Kapelle, welche wie immer, ganz vorzügliche waren, nahm das
zahlreich tersammello Publikum mit gewohntem Beifall auf.
— Am 14. d. fand im Victoriatheater ein grosses Monstre-
Concert unter der abwechselnden Directiou der Herren Kapell-
meister Eckert, Professor Stern und Musikdireclor Lewan-
dowsky statt. Das Rirsen-Orchester zählte nicht weniger als
500 Musiker und war der Gesammteindruck, namentlich von
denjeuigen Compositiouen, welche keine In’s Detail gebende feine
Ausführung verlangen, ein imposanter. Besonderen Reiz gewähr-
ten die Violinen durch die wunderbare Macht ihres Klanges,
während die BAsse weniger zur Wirkung kamen. Von den Bla-
seinstrumeulen erzielte namentlich die vervielfachte Besetzung
des Horns sehr schöne Klangeffecte. Das Zusammenspiel war,
wenn man besonders die wenigen Proben berücksichtigt, ein
recht sicheres und machte sich namentlich in der Ouvertüre zu
„Ruy-Blaa“ und „Oberon“ bemerkbar. Die Beelhoven’sche C-moll-
Sinfonie war eine noch zu hohe Aufgabe für dieses erste Zusam-
menwirken und dürfte wohl überhaupt sich für eiue Masscupro-
duetion weniger eignen. Noch zur Aufführung gelangten die
Ouvertüre zu „Rienzi“ von Wagner und Uaydn’s Serenade. Die
Räume des Theaters waren slmmBieh gefüitt und das Publikum
spendete reichen Beifall.
Breslau Fräulein Deich mann ist als Isabella in „Robert
der Teufel“ mit durchgreifendem Erfolge aufgetreten. — Das
11. Coneert des Ofcheslervereios fand am 16. d. unter Mit-
wirkung des Herrn Ludwig Straus mit folgendem Pro-
gramm statt; Ouvertüre zu „Egmont 44 von Beethoven, Violineon-
cert ln D-moll von Molique, Ouvertüre zu „Aladdin“ von Horne-
roann, Adagio und Rondo von Vieuxtemps und lste Sinfonie (B-
durl von Schumann. — Der Mannergesangverein „Orpheus 1 * führte
in seinem am 15. d. stattgehabten Coneerte u. A. Bruche Scenen
aus der „FriUyofeage“ auf.
C§ln. Am 13. d. führte der Gesangverein „Concordia“ un-
ter Leitung des Herrn Musikdireclor Brambach Haydn s „Schö-
pfung“ auf.
Elberfeld. Coneert dea Instrumental- Vereins; Coneert-Ou-
vertnro von Fr. Lachner. Cl aviercoocort in Es-<lur und Muaik zu
„Prometheus 44 von Beethoveu. — 2. Soiree für Kammermusik:
Trios in Es-dur Op. 1 von Beethoven, F-dur Op. 80 von Schu-
mann und Es-dur Op. 100 von Schubert.
Frankfurt a. M. 2te Kammermusik-Soiree der Herren Wal-
lensteio, Heermann und Müller: Trios in B-dur von Schu-
bert und D-dur (Op. 70 No. 1) von Beethoven und Variationen
(Qr 2 Claviere von Schumann. — Die 3te Kammermusik-
Soirte der Herren Wallenstein, Heermann und Müller
brachte Mendelaaobn's D • moll - Trio, Cello - Sonate Op. 69 von
Beethoven und B-dur-Trio von Hubinsteiu.
— Am 7. <L fand das 2te Coneert des Cla vier-Titanen Ru-
bi ns te in statt, in welchem derselbe grossartige Triumphe feierte
Aus dem Programm sind besonders hervorzubeben: Trios in B-dur
Op. 97 von Beethoven und C - moll von Mendelssohn und 2le
Violin-Sonate (A-molJ) von Rubinstein.
— 3. Coneert des Philharmonischen Vereins: Ouvertüre zu
„Idomeneo“ von Mozart, 3. Cello- Coneert von Goltermann, 2te
Symphonie io D-dur von Beelhoveu etc.
Gotha, ilofconcert am 6. d.: „Die Auferstehung 4 *, Orato-
rium von lleiuze und Bcethoven’s Musik zu den „Ruinen von
Athen“ mit dem neuen Texte von Heye.
Königsberg Die rühmlich*! bekannte ConcertsAngerin
FrAuleiu Götze hat am 10. d. ein Coneert mit ehrendstem Er-
folge gegeben Das Programm euthieit unter Anderen den Schu-
manu'schen Liedercyclua „Dichterliebe“.
Leipzig. Im 19. Gewandhausconcert zeigte sich Herr Ka-
pellmeister Reinecke durch deu Vortrag des Mozart’soheu C la-
vier coneert es wieder als unvergleichlicher Mozartspieler, im
Vereine mit Herrn Landgraf spielte er noch ausserdem die
Fanlasiestücke für Clavier und Clarinette von Schumann in
ebenfalls vorzüglicher Weise. Desselben Meisters 4te Sinfonie
in D-moll, Spohr’a „Weihe der Töne" und die Oberon -Ouvertüre
wurden vom Orchester excellent executirt. — 4te (letzte) Abend-
Unterhaltung für Kammermusik: Sonate für Pianoforte (Es-dur)
von Hsydn, Coneert für 2 Prinzipal-Violinen, mit Begleitung von
2 Violinen, Viola uud Basa von Seb. Bach, Violin-Souate Op. 30
No. 3 iG*dur) von Beethoven und Divertimento (No. 1 D-dur) von
Mozart. — Coneert zum Besten der hiesigen Armen : Coneertslück
für Flöte, Oboe, Clarinette, Fagott und Horn mit Orchester
von Rietz, Cavaline von Roaaiui (Fräulein Strausa), Gesangs-
scene von Spohr (Herr de Graan), Der Hirt auf dem Felsen,
Lied mit obligater Clarinette von Schubert, 5te Suite von Lach-
ner, Violin-Solo und Lieder. — 46. Aufführung des Dilettanten-
Orchester- Vereins: Symphonie G-dur No. 6 von Haydn, Larghetto
aus dent D-dur-Quintett von Mozart, Ouvertüre zu den lustigen
Weibern“ von Nicolai etc.
ttngdefcwr*. ln dem am 10 d von Herrn Mühling gege-
benen Coneerte wurde uns der Genuas zu TheU, die vorzügliche
Sängerin Frau WO erst aus Berlin wieder zu hören, welche in
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LiedervortrÄgen von Schubert, Schumann, Gridener und Wüerat
das Publikum entbasiasinirte. Die anderen Nummern des Pro-
gramme waren Sinfonie io A-dur von Beethoven, 4t es Violincon-
ccrt von Vieuxtemps (Herr Conoertmeister Heck mann), „Das
Liebesmehl der Apostel 14 und die TaonhAuser- Ouvertüre von
Wagner. — Coocert des TonkünsUervereioa: Quartett in G-dur
von Haydn, Septett von Beethoven und Lieder von Schumann.
— Zweites Sinfonie-Conoert zum Besten des Orchester-Pension«-
Fonds: Oxford-Sinfonie von Haydn, Clarinettenconcert von Mozart
und Lobgeaeng von MendeUsohn.
— Am 17. wird Sontheim zu einem Gastspiele hier ein-
(reifen. Er wird in 5 Vorstellungen aultreten und zwar iu den
Opern „Jüdin, Postillon, Hugenotten, Stumme und Troubadour“.
Vlains. Der Violinvirtuoa Mise« Maua er ooncertirt gegen -
w Art lg hier und hat in aeinem ersten Conccrt natürlich wieder
die unvermeidliche Vogel-Caprice zum besten gegeben.
Stuttgart. Wagner s „Lohengrin* 4 ist nun endlich am 7. d.
hier mit grossem Erfolg in Scene gegangen. Die Ausführung
war eine sehr würdige.
Weimar. Abbd Dr. Franz Liazt wird uns zum 20. d. M.
wieder verlassen. Er begteht sieh Ober Altenburg, Leipzig und
Wien nach Rom zurück. Zu Beethoven s huudertjAhrigem Ge-
burtstage, welcher in Weimar von Selten de» Allgemeinen deut-
schen Musikvereins in großartiger Weise gefeiert werden soll,
gedenkt der berühmte Meister wieder hier zu sein, und zu dem
Zweeke wird er eine grosse Cantate demnächst in Angriff neh-
men, die bei dem projeefirten Feste zur Aufführung kommen
wird. — Professor Dr. Ludwig (Sohl in weiteren Kreisen bekannt,
hielt vier beiftllig aufgenommene musikalische Vorlesungen Ober
Haydn, Mozart, Beethoven und Wagner.
Warschau. Das am 14. Februar von Herrn Wien iawsk i
gegebene Concert hatte einen sehr grossen Erfolg. Von be-
sonderem Interesse war des Concertgebers grosse VioKnsooaU in
D-moil. Die Aufnahme dieses Werkes, welches trefflich gearbei-
tet ist und schöne Gedanken enthalt, war eine ausserordentlich
günstige. Die übrigen Vorlrige des Herrn Wieniawski waren
Nocturno (No. 4 A-dur) von Field, Valso-Caprice A-dur von Schu-
bert - Liszt, Tarantelle von Rubinstein, Polonaise (No. 2) von
Liszt, Aufschwung von Schumann, im Verein mit einer Dilettantin
Chopin's Rondo filr 2 Claviere. In sAitimtlichen Piöcen zeigte sich
der Concertgeber als durchgebildeter Pianist, der sowohl nach
technischer wie geistiger Seite hin Treflliohes leistet — Die Oper
bot am 12. Februar Auber's „Fra Diavolo“ mit FrAulein \rlöt
als Zerline. Die Ausführung war eine wohlgelungene. Deui-
nAohst soll Gounod’a „Romeo und Julie“ in Scene gehen. Die
Titelrolle singt FrAulein ArtöL — Das Conservatorium unter Lei-
tung des Herrn Kontski hat nun wieder seine ThAtigkeit begon-
nen. Die Concertc sind zahlreich — und schlecht.
Antwerpen. Rubinstein hat sich hier mit grossem Erfolge
hören lassen. — Der vortreffliche Geiger Ludwig Streu ss hat
in der „Societe royale d’Harmonie“ Beethoven s Violinconcert und
Stücke von Spohr und Ernst unter allgemeiner Anerkennung vor-
getragen.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Zain Concarrrni-Anwchrrlbrn för Operntexte.
Die von der HoT-Musikhandlung Ed. Bote tu G. Book ausgeschriebene Concurrenz für Operntexte, an welche sich
eine Concurrenz für die Composilion der mit den ersten Preisen gekrönten Arbeiten ansehliessen sollte, hat zu nachstehendem
Ergebniss geführt.
Von den zur Preisbewegung eingesandten 50 Operntexten hatte kein Text die für eine Praemiirung nothwendige Anzahl
von Stimmen erhalten, In Folge dessen fanden sich die Unterzeichneten veranlasst, behufs Consolldirung der Stimmen, diejenigen
10 Texte, welchen die meisten Stimmen zugefallen waren, auf eine engere Wahl zu bringen und bei diesem Scrutinium haben auch
nur zwei Texte diejenige Stimnienzahl erreichen können, welche evontueli für den dritten Preis berechtigen sollte. Diese beiden
Texte tragen die Titel :
„Der Wlderspfi listigen Zihmang“ und „Braneas, der TrZnmer“.
Die Oeffbung der begleitenden Couverts ergsb als Autor für das erstere Werk
Herrn Ludwig Creliuger, Ober-Regisseur am StAdttheater in Mainz,
und für das andere
Herrn Leopold Günther, Regisseur am Grossherzogl. Hoftheater zu Schwerin.
Herr Bock hat jedem dieser beiden Texte den Betrag des dritten Preises von je 20 Frledrichsd'or zur Dispositlou ge-
stellt, unter der Bedingung, dass ihm die ausschliessliche Verfügung über diese Texte und das Recht zu den ihm ootbwendig er-
scheinenden Abänderungen derselben', verbleibe.
SAmmlliche Preisrichter stimmen jedoch darin überein, dass keiner der beiden Texte soviel Garantie für eine erfolgreiche
Composition bietet, dass man rathen könnte, dieselben einer Concurrenz für die Herren Componisten zu Grunde zu legen Damit
rehlt die Basis für ein Preisausschreiben auf Composition, und die wohlgemeinte Absicht erscheint nach dieser Richtung bin als
gescheitert.
Herr Bock glaubt sich der Ansicht der Herren Preisrichter fügen zu müssen, und nimmt somit, da ihm ein genügender
Operntext dazu fehlt, die in Aussicht gestellte PreisAusschreibung auf die Composition einer komischen Oper zurück.
Berlin, Cöln, Dresden, München und Schwerin, Mitte MArz 1869.
v. Rülow. Heinrich Dorn. J. Hein. Uiller. Baron v. Perfall. Gustav zu Putlitz.
Julius Rietz. Wilbelui Taubert. A. v. Wiliterfeld A. Freiherr v. Wolzogen.
Im Anschluss an die obige Mittheilung ersuche« wir die geehrten Herren Einsender der Operntexte, aolche untar An-
gabe von Titel und Motto baldgeftlllgst von una surüekverlangen zu wollen.
Berlin, deo 15. MArz 1869.
Ed. Bote 6 G. Bock (E. Bock)
Königliche Hof-Musikhandtung.
Verlag von Id. Bote & 6. Beek (L Book), Königl. Hofmusikhandlung in Berlin, französische Sir. 33*. und U. d. Linden No. 27.
nrHr.lt *08 C. r. Schmidt in Berlin. l T nt»e den Clinton Ne. Jfl
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XXIII. Jahrgang .* 12.
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St- PETERSBURG M Brrn.rt)
STOCKHOLM. A. Lur,d<|uUc
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BARCELONA. VM.I.
Warschau. Ufbrdmtr «v waitr.
AMSTERDAM. Scyfbr<)lV*h«i BodihaadluBK-
MAILIND- J. Rirordi. 9 . I.o <■ ca
BERLINER
gegründet voll
unter Mitwirkung theoretischer
(iuNlav Bock
und practischer Musiker.
B»trllu»Kn nrbmrn «» | Briefe and p >|l( , e
in Berlin: R. Bote ä G. Book, kranzös.Str.8S*. j
U. d. Linden No. *7. Posen. Wilheimalr. No.‘ t werden unler der Adresee: Kedsctioo
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den In* und Auslandes. I Ed. Bote & G. Bock
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Preis der einzelnen Nummer 5 Sgr.
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Halbjährlich 3 Thlr. i hend in einem Zusiche-
rungs-Schein im Betrage von 5 oder o Thlr.
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dem Musik-Verlage von Ed. Bote & G. Bock.
5 Jährlich 3 Thlr.
Halbjährlich l Thlr. 25 Sgr.
Insertionspreia Tür die Zeile 1} Sgr^
ohne Prämie.
Inhalt. Bfrlio» t- — #•»*>■« Af*«e. — <:orre*p«mdeiii#n aa* Bremen. BrfNstl. CSln, Dnodcn. Paria and Pritrabarq. —
Journal Revae. — Nidirirhlia. — Inserat«.
Berlioz f.
Am achten Miln i*t Berlioz gestorben; in ihm hat ei-
ner der edelsten (leister unserer Musik* Epoche die irdische
Heimath verlassen, einer der schwerst geprüften, dessen
ganzes Lehen ein Kampf war für eine UeberaeugiiDg,
die nicht einmal die HolThung auf Anerkennung in wei-
teren Kreisen nähren durfte, denn was er leistete,
was er Anstrebte, war von vorneherein durch seine
Nntur in eine Richtung getrieben, wo nur der spezi-
fische Musiker dauernde Anregung und Belehrung suchen,
konnte, aber das gebildetste und vorurthoilsfreiste Publikum
nur momentane Anerkennung zollte, ohne jenen nachhaltigen
Aut heil, den seine Compositionen eben nur bei tieferem
Verständnisse und Studium erzeugten. Er war eine durch
und durch musikalisch aristokratische Natur; er verschmähte
das Vulgäre bis zu einein Grade, dass er manchmal selbst das
Einfache, Natürliche übersah. Dieser letzte Fehler ist thcil-
weise aus seiner Nationalität herzuleiten. aus der Stellung, in
welcher der französische Künstler sich dem französischen Pu-
blikum gegenüber von dem Augenblicke an befindet, als er
seinem Gescbmacke nicht dienen will. Es giebt keine Mög-
lichkeit der Vermittlung zwischen einem französischen Künst-
ler, der etwas rein Subjcctivcs bietet, und dem französischen
Publikum. Der Deutsche ist immer geneigt, zu prüfen, was
der Künstler will, und erst nach der Prüfung entscheidet er,
in wie weit er sich dem Kunstwerke nähern will, oder
nicht; er ist auch geeigneter, sich mit den Gebilden der
Phantasie zu befreunden, selbst wenn dieselben ihm in un-
gewöhnlichster Form entgegen treten. Anders der Fran-
zose. Dieser verlangt vor Allem, dass der Künstler sich ihm
ntisupasscu suche; er will vor Allem scharfe Plastik und
Bythmik; wo diese vorhanden ist, lässt er sich schon etwas
Absonderlichkeit gefallen, dagegen verhält er sich dem
Schönsten gegenüber spröde und abwehrend, wenn es
ihm nicht prägnant*' Formen bietet. Daher konnte auch
die erste Symphonie fanta.sliqiie Berlioz' das Interesse
erregen, während dass eine seiner schönsten Schöpfun-
gen, das Adagio in Romeo et Julielte“, nur in
Deutschland einige Anerkennung fand. Dazu kommt uoch,
dass „französisches 1 ' Pubbkum soviel heisst als: die Pariser,
dass also ein Misslangen in Paris für ganz Frankreich ent-
scheidend ist, dagegen das Uri heil der deutschen Städte ein so
ziemlich unabhängiges, jn fast geographisch entgegengesetztes
ist; das Missfallen eines bedeutenden Werkes in Leipzig ist
fast eine günstige Chance in Dresden; wenn die Berliner
ein Werk zurück weisen, so kann der Autor darauf rechnen,
dass die Wiener sich alle erdenkliche Mühe geben werden.
Schönheiten herausziifinden. Der französische Künstler,
dessen Erzeugnisse dem Pariser Publikum nicht mun-
den, und der nicht geneigt ist, denselben seine Werke
mundgerecht zuzubereiten, ist viel vereinsamter ah der be-
deutende Deutsche, der doch immer irgend ein Plätzchen
der Anerkennung finden wird. Die Folge davon ist , dass
der Franzose gerade das aushildel, was dem Publikum an
seinen Werken missfällt, weil er es als den edleren Theil
seiner künstlerischen Individualität zu betrachten verleitet
wird*); hätte Berlioz in Deutschland gelebt, er hätte doch
vielleicht Manches ander» componirt, als gerade in seiner
französischen Verein.samtheit ; und es ist ein merkwürdiger
Zug seines Lebens, fast einem Fnlum vergleichbar, dass er,
der deutsche Tonkunst sludirl und erfasst halte, wie kein
Ausländer vor ihm. der deutschen Spreche uie, auch nur
in geringem Grade, mächtig werden konnte!
Berlioz betrachtete die Popularität als nur durch niedrige
Mittel erreichbar, und vergnss, wie es Grenzen giebt, welche
nicht bloss der wechselnde Geschmack des Publikums zieht, son-
dern auch (und zwar im höherrn Grade) die Selbsterkennt-
nis» des Künstlers, die Prüfung, wie weit das von ihm Gedachte
mit dem, was er geleistet, iin Einklang siebt, mit den gebo-
tenen Mitteln erreichbar isl. Berlioz bat sehr oft seinen
Compositionen eine Ausdehnung gegeben, und in ihnen so
*) In den bildenden Künsten ist «Ins anders; in diesen haben
die französischen Romantiker auf den theatralischen (wir nagen
nicht dramatischen) Sinn des Publikums überwältigend zu wir-
ken verstanden.
12
n
verschiedenartigste Momente iur Geltung gebracht, das» der
aufmerksamste und freundlichst gestimmte Hörer nicht mehr
eia einzelne großartige Schönheiten zu erfassen vermochte.
Kr lies» eine solche Masse von Bildern an dem inoern
Auge vorüberziehen, dass dessen Blick zuletzt ganz ver-
wirrt wurde und das Ganze in einen Nebel zerfloss, wie
jene unendlichen Fernsichten auf hohen Bergen, die von
naheliegenden weniger hohen reizend erscheinen, aber ge-
rade von jenen aus nicht mehr fassbai *ind; der Führer sagt
uns: „Schl, dort liegt ein grossarliger Felsen" oder „das
schöne Thal“ — der Gegenstand ist auch vorhanden, aber
das physische Auge reicht nicht hin, der Nebel umhüllt ihn.
Berlioz hat auch inseinen Werken Schwierigkeiten auf Scliwie *
rigkeilen dermassen gehäuft, dass der künstlerische Loh», der
reine Genuss, in keinem Verhältnisse mehr stand zu der Mühe
der Ausführung, des Verständnisses. l)er wahre Verehrer der
grossarligen Natur wird gerne steile, ja unwegsame Gebirge er-
steigen, um von ihrem Gipfel den Blick in das unemlhehe My-
sterium der Alpen und Gletscher zu versenken; aber er wird
dort, wo der Weg auf eine Höhe durch Thäler führt, nicht
den über Gletscher nehmen, wenn diese ihm nicht
ganz besondere Schönheiten bieten, bloss aus dem
Grunde, weil es schwerer und viel weniger gewöhnlich ist.
sich für jeden Schritt erst die Stufe im Eise hauen zu
müssen. Berlioz verlangt oft von uns, dass wir zu sei-
nen Höhen nur über den allerschlimrosten schwierigsten
Pfaden gelangen. War es zu verwundern, wenn manche
aufrichtige Verehrer (geschweige denn die bequemen Natur-
freunde. die nach dem Grindelwald-Gletscher nur im Wa-
gen fahren) vor dem Wege zurflckschreckten?
Wir haben hier absichtlich die Schwäohen und Fehl-
griffe des Mannes nicht verschwiegen, für den wir eine so
hohe Verehrung hegen; sie wurden weil überragt von den
herrlichen Eigenschaften, die ihm einen- dauernden Platz
in der Kunstgeschichte sichern, von der gross« rti gen Con-
ception. der oft überwältigenden Kraft seiner Ryihmen, von
der tiefen Empfindung, welche selbst durch die verworren-
sten seiner Tondichtungen zieht, von der unerreichten Kunst
der orchestralen Klangfärbung. Wie und was er als Kri-
tiker gewirkt, das zu besprechen scheint uns hier nicht an-
gezeigt; diese Zeilen sind nur dem Componisten geweiht,
der nach so vielen Kämpfen und Kränkungen, bei gar we-
nigen Momenten der Entschädigung, nunmehr von irdischer
Prüfung tu höherer Läuterung gerufen worden ist.
H. Ehrlich.
Berlin.
Herum.
(König). Opernhaus.; Üat Reperlotr der verflossenen Woche
brachte zwei Mal, am 15. und 21. „Joseph in Egypten“ mit
Herrn Niernann; die in ihrer Art wirklich grandiose Leistung,
gehobeu durch eine bei einem Sänger gar selten auzutreffende
Behandlung des Dialogs wie durch das einfache, tief ergreifende
Spiel, findet mit Recht noch immer zahlreiche Bewunderer. Die
Herren Fr icke und Betz als Jacob uod Simeon so wie Frau
GrOn als Benjamin bilden die anderen hervortrelenden Spitzen
des Ensembles Am 17. war „Fra Diavolo“ mit Frau Lucca
und Herrn Niernann; am 18. „Robert der Teufel" mit den
Damen Urün und Röske-Luud als Alice und Isabella; am
JO. „Rienzi" mit Herrn Niemann. Am 20. „Fideliu" mit
Herrn Lederer vom Magdeburger Stadttheater als Florestau.
Wir würden niemals einem Singer ratheo, sich mit dieser ebenso
schwierigen als weoig dankbaren Parthie bei einem fremden
Publikum einzufOhren ; vermag er die an überaus unbequem
hoch liegende Arie nicht tadellos — das heisst mit der nöihigen
Ausdauer in der hohen Lege uod zugleich volubil — vor zu Ire-
gen, dann bieten die folgenden Nummern keine hervortretende
Gelegenheit, sich in der Meinung der Zuhörer zu rehabiiitiren.
Auch Herr Lederer musste darunter leiden. Sein« ganz ange-
nehme Stimme, deren hübscher Timbre etwas durch Gaumen-
Ansatz leidet, war den Anstrengungen der Arie nicht ganz
gewachsen, so dass am Schluss die sonst lobenswerthe rein»
Intonation des Sängers bedenklich schwankte. Im Urbrigen
wollen wir unser Uriheil Ober den Gast erat dann endgültig
abgeben, nachdem wir ihn in einer gesanglich günstigeren Par-
Ihie gehört heben. Die Leonore der Frau Vnggenhuber hat
un» diesmal ebenso wenig als früher zugesagt. Wir sind ge-
wiss geneigt, dem Singer in der modernen Oper die mügbeh-
»len Freiheiten — das hebst, wenn sie mit Geschmack be-
nutzt werden — zu gestalten; Beethoven’» Musik bedingt aber
eine correcte Ausführung, hier muss die Gesangsnote zu dem
begleitenden Accord fallen. Der Gesang der Frau Voggen-
huber wimmelt vou Ungenauheilen , von fehlerhaften Accenten
und Athemholen; wir könnten allem einen umfangreichen Ar-
tikel in Betreff der MAngel schreiben, welche Freu Voggen-
huber in der Arie bietet. Die Sängerin thite am besten, die
von Hause aus jedenfalls zu flüchtig sludirte Parthie gründlich
umzulernen, um so mehr ab auch ihr Spiel nichts von der
Hoheit des unsäglichsten Schmerzes hat, sondern mit seinem
äusseriiehen materiellen Wesen viel eher an die Charaktere der
französischen Schauer-Melodramen erinnert Sehr lobenswerth
waren die Herren Krause und Salomo n als Rocco lind Pi-
zsrro und auch die Ausführung des herrlichen Chors der Ge-
fangenen verdient alle Anerkennung. Herr Kapellmeister Eckert
dirigirte die Oper umsichtig.
Die letzte der diesjährigen Kotzolt'schen musikalischen
Soireen fand am 16. d. M. im Saale der Singacademie uuter
sehr zahlreicher Betheiligung statt. Die Auswahl des Vorgetra-
genen war fast durchgängig eine glückliohe, die Ausführung al-
ler Piäcen aber eine vorzügliche zu nennen. Unter den Chor-
liedern heben wir ab vorzüglich hervor: Das Madrigal von John
Dowland (1597;, das Chorlied l&stimmig) von Georg Mylius (16001,
höchst originell und ansprechend, das östimroige Abendlied von
Adolph Heichel und das Chorlied von M. Hauptmann „An der
Kirche wohnt der Priester“. Das östimmige Chorlied von Max
Fleischer „An den Mond“ dürfte bei seiner gänzlichen Formlo-
sigkeit in dem niiltlern Theile besser forlgebliebeu sein. Eben
so wenig vermochtet! wir aus demselben Grunde trotz des vor-
züglichen Vortrags des Herrn Adolph Geyer den beiden Liedern
von Johaunes Brahms irgend welchen Geschmack abzugewin-
neu. Unter den Solovortrigen des Fräulein Alma Holländer:
Präludium und Fuge von Mendelssohn, Nocturne und Ballade
von Chopin, welche mit Eleganz und Sauberkeit ausgeülhrt wur-
den, hebeu wir besonders das der Fuge vorangehende Mendeb-
sohn'sche Präludium hervor, in welchem die Künstlerin sich
durch eine markige Ausführung der Melodie in der Mittellagv
auszeichnete. Die allgemeine Theilnahme, die diesen Soi-
reen für Chorgesang geworden, lässt wobt den Wunsch ge-
rechtfertigt erscheinen, dass in der Auswahl von Chortiedern
der mit feinem, geläuterten Geschmack begabte Leiter, dem ephe-
meren Modegeschmack keine Coneessiooeo machen und dafür
wo möglich noch mehr filtere werlhvolle Chorlieder vorfOhren
möge, mit denen ja nur auf diesem Wege die Bekanntschaft des
Publikums vermittelt werden kann. Das Institut wird auf solche
Weise zugleich am sichersten zur Veredlung des musikalischen
Geschmacks heilragen.
95
Am 16. d. gab Herr Gesaoglebrer Seyffart unter Mitwir-
kung seiner Schüler eine musikalische Soiree. Wir freuen uns,
darüber nur Gutes berichten su können. Oie weaenllichen
Fortschritte derselben Schüler, die im verflossenen Jahre sich
büren liessen, sind hinsichts der Toobilduog und bewussten
Vortrags so auffallend, dass wir wiederum von der groasen
Bedeutsamkeit der Lehrfihigkeit im Kuuslgeaange dea Herrn
Seyffart wie von seiner vollen, aufrichtigen Hingebung an seinen
Beruf Überzeugt wurden.
Die von Herrn Professor Dr. Th. Kullak am 18. d. M.
un Saale der Singakademie veranstaltete musikalische Auffüh-
rung Seitens der Schüler seiner „neuen Akademie der Ton-
kunst 41 war in nicht geringem Grade interessant. Das Institut
zählt 357 Schüler, von denen 172 der Akademie, einschliesslich
des Seminars und der Orchesterklasse , 185 aber der Elemen-
tar*, Klavier* uod Violioschule an^ehüreo. Erwägen wir nun,
dass nach dem milgetheillen Programm 17 Lehrer im Piano-
fortespiel und nur Einer auf der Geige, Einer auf dem Cello
und Einer auf der Orgel Unterricht erlheilen, dass aber, jedenfalls
nur aus mangelnder Theilnahme, Alle übrigen lostrumsnte gar
nicht vertreten sind, so bestätigt eich hier aul’s Neue, in wel-
chem M nasse das Piano forte heut' die übrigen Instrumente ver-
drängt, und wie wenig Aussicht leider dalür vorlumdro isl, dass
die früher au segeusreich für die Belebuug eines von aller Ei-
telkeit freien, echt musikalischen Geistes wirkenden Instrumen-
tal-Vereine von Dilettanten, wie wüoscheoswerlli dies auch er-
scheine, je wieder su neuem Leben erstehen dürften. Wenrf
dagegen der Sologesang von nicht wenigen mit Erfolg cullivirt
wird, wie dies aus der Zahl von 4 Lehrern sich schlieesen
lässt, so kann, je mehr üas Institut eine gediegene Ausbildung
in demselben auslrebl, dies nur als etwas sehr Erfreuliches er-
scheinen, um der gerade auf diesem Gebiete immer allgemeiner
werdende Verflachung entgegen su arbeiten. Als eiu beson-
ders günstiges Zeichen aber von dem ernsten Geiste, dem das
Institut huldigt, müssen die vorgeführten Composilionen einiger
Schüler angesehen werden, unter denen sogar die eine, An-
dante quasi Allegretto für Piano uod Orchester von einer Schü-
lerin, Fräulein Agatha Bäcker aus Chrisliania herrührt. Diese
junge Norwegerin, welche sich ganz der Kunst zu widmen ge-
denkt, zeichnete sich durch des von ihr componirte Andante
quasi Allegretto aus, welches von einer unverkennbaren Origi-
nalität in den Themeo, so wie von einer leichten Formengestal-
tung und geschickten Inslrumentirung Zeugniss gab; sodann
als Pianistin durch den vollendeten Vortrag der von ihr coro-
pontrten Piece, als auch einer Rhapsodie hoogroise von Liszt uod
der von demselben für Piano und Orchester arraogirten „Polo
naise 14 von C. M. v. Weber. Io allen errang sie durch einen
elastischen Anschlag wie Krall und Zartheit im Ausdruck den
allgemeinsten Beifall. Als Componisten (raten sodann in viel-
versprechender Weise die Herren Xaver und Philipp Schar-
wen kn aus Berlin auf, jener mit einer gelungenen, nur an
Mendelssohn erinnernden, ansprechenden Ouvertüre, dieser mit
einem schwungvollen und zugleich von liefer Empfludung zeu-
genden Scherzo für Orchester, welches er selber dirigirle. Das
von Herrn Xaver Scharweiika ausserdem vorgetragene Concert
von Liszt (Es-dur) gab demselben Gelegenheit, den hohen
Grad von technischer Ausbildung im Pianofortespiel an den
Tag zu legen, zu welchem er bereits gediehen ist. Hinter die-
sen Leistungen trat die des Herrn Bischof, welcher den ersten
Salz aus Beethoven's Es - dur • Concert vorlrug, etwas zurück,
obgleich auch sie im Allgemeinen nicht geringe Anerkennung
verdient. — Die Gesangsproben waren jenen Leistungen in der
Composition und auf dem Pianoforte nicht auf gleiche Höhe zu
stellen. Fräulein Ave Lallemaot war behindert, die ange-
küodigle Arie von Beothoven „ah perßdo“ vorzutragen; für sie
trat Fräulein Gutjahr mit einer Arie aus dem „Orpheus“ von
Gluck „ach ich habe“ etc. ein; sie gehört der Anstalt erst eeit
kürzerer Zeit an; jedenfalls stellt ihr Vortrag bei weiterer Aus-
bildung ihrer aogsoehmeo Altstimme Tüchtiges in Aussicht.
Ob des auch von Fräulein Rentzel aus Köuigsberg der Fall
sein dürlte, lässt sich bei der unverkennbar grossen Befangen-
heit, mit der sie die Arie der Zerline aus Mozart’a „Don Juan“
„wenn du fein fromm bist 44 sang, nicht bestimmen. — Die
Produclionen auf der Geige waren denen auf dem Piauo auch
nicht ebenbürtig. Herr Herfort aus Berlin vermochte in dem
Larghetto aus dem V ioliuconcert von Beethoven die bedeutenden
Schwierigkeiten nicht immer glücklich su überwinden; auch
lies» er es zuweilen an Reinheit des Toues fehlen; die Herren
Ritter aus Schwerin und Meyer aus Berlin endlich zeigten
wohl ernsten Fleiss, standen aber der Auffassung des von ihnen
vorgelragenen Concerti für 2 Violinen von J. S. Bach im Gei-
ste dos Meisters, so wie einer künstlerisch vollendeten Ausfüh-
rung noch zu fern. — Wie in früheren Jahren hst auch in
diesem Herr G. Engel, als Lehrer dea Gesanges bei der
neuen Akademie, dem Einladungsprogrnmm eiue dankenswert!)«
Abhandlung über „den Gesang im Hause, im Concert und auf
der Bühne“ vorausgesendet. Sie enthält, wie bei der reichen
Erfahrung des Verfassers und seiner umfassenden Kenntnis* aut
diesem Gebiete nur zu erwarten war, unter strenger Sonderung
der drei genannten Gesengesgebiete, treffende Wahrheiten,
welche, namentlich was den Gesang iin Hause und im Concert«
betrifft, nicht genug beherzigt werden können. Oie Auffassung
des Wesens des Bühnerigesange» ist eben so geistvoll als
eindringend.
Am 19ten d. M. beschlossen die Herren Concerlmeisler
de Ahne, F. Espenhshn, G. Richter und Dr. Bruns unter
Mitwirkung des Herrn L Espen bahn den zweiten Cyclus
ihrer Quartett-Soireen vor einem sehr zahlreichen Publikum
und zu allgemeinster Befriedigung aller Musiksrcunde. Das
Programm bot zunächst ein durchaus frisches Quartett von
Haydn (G-dur, Cah. 12 No. 1), in welchem die Präcision und
energische Kraft des Vortrages in dem Allegro con brio, die
humoristische Auffassung des Scherzo bei grosser Gewendheit
und Leichtigkeit, so wie der seelenvolle Ausdruck des sehr
zarten Cantabile sostenulo nichts su wünschen übrig Hessen.
Würdig reihte sich diesem das sogenannte Harfenquartett Bee-
thoven's (Es-dur Op. 74) an. Je mehr uns vor zwri Jahren
der in allen Beziehungen vollendete Vortrag dieses Tonwerkes
durch dos Italiener ■ Quartett dea Herrn J. Becker entzückte,
um so mehr freuen wir uns, ea aussprechen su dürfen, da**
unsre einheimischen Künstler den fremden nicht nachstenden.
Ueberall begegneten wir der dem Werke vollkommen entspre-
chenden Auffassung, sowie einer bis auf die feinsten Details
sich erstreckenden sein gelungenen Ausführung. Den Schluss
bildete Fr. Schubert’« um seines Reichlhums au zarten Mein-
dieeu und der durchsichtigen fasslichen Form willen sehr beliebte*
grosses Quintett Op. 163 <C-dur). Auch liier wussten diu Künstler
nicht bloss dem Feuer des Componisten, sondern auch seinen
zartesten Intentiousn io dem Adagio vollkommen gerecht zu
werden und dem Musikfreunde einen höchst daokenswerthen
Genuss zu bereiten. Mögen die verdienten Künstler in d*<m
Bewusstsein, die edelste, reinste Musikgattung hier ausschliess-
lich zu vertreten, den Lohn für ihre echt künstlerischen Be-
strebungen finden.
Am 20. gab Tausig ein Concert io der Singakademie.
Wir haben in diesen Blättern schon öfter Gelegenheit gehabt,
12 *
9f>
unser Uriheil Ober diesen in seiner AH unerreichbaren Künst-
ler auszusprecheti, und wir können nur sagen, er war wieder ganz
er selbai — wie immer. Mit einer ausserordentlichen Erschei-
nung, wie dieser, su rechten, ob dieser oder jener Theil der
Hftndei'schen Suite mehr Gravität oder weniger schnelles Tempo
verlangt, ob in deu Variationen von Beethoven mehr charak-
teristische Färbungen angebracht werden konnten, haften wir
selbst für so inopportun, dass wir solche Punkte hier nur be-
rühren, um su teigen, dass wir im Nothfslle ebenso gut kri-
tisireu können, wie alle Andern, aber lieber eine grosse Er-
scheinung so nehmen wie sie ist, mit all’ ihrem Glanze und
ihren Schattenseiten. Nicht umhin köuneu wir, zu erwähnen,
dass Tausig einen der grössten Effekte durch deu Vortrag der
Rubinstein’schen Barcarole errang, die er ganz im Gegensätze
zu dem Componisten, ausserordentlich zart und aerenadenartig
vortrug, während doser sie mit einer behaglichen Nonchalance
lustig auf den Tonwellen herumschaukelnd, und keck accentuirt
spielt. Den Schluss des Concerts (Carneval von Schumann
uud Tarantel!« von Liszt) konnten wir tu unserem grossen
Bedauern nicht hören, dennoch dürfen wir wohl behaupten,
dass in dein letzten Oberaus schwierigen Stücke Tausig sieh
am glänzendsten gezeigt hat.
Am 21. d. M. fand die 2le der vou Herrn Bitter zum
Beaten des Krauen-Lnzarelh-Vereins gegebenen Matineen statt.
Der Künstler »piclto unterstützt von den Herren Kammermusi-
kern Schrocder, Schulz und Rohne ein Streichquartett von
Franz Ries ( Op. 5 D-moll ) uud ein Trio in B-moll für Piauo,
Violine uud Cello von R. Volkinnuri unter Mitwirkung der
Herren Heinrich Barth und Rohne. Erat eres litt in der
Vt iikuug durch die Ausführung, welche die Reinheit des To-
nes sehr oft vermissen lies»; das Werk selbst zeigt unver-
kennbares Taleut uud ist tüchtig gearbeitet. Letzteres, wenn-
gleich iij seinen ersten Sätzen von sehr düsterm Charakter, war
geistreich und mochte grosso Wirkung. Den tiefsten Eindruck riefen
die Gesaugeavorfröge der Kgl. Kammersängerin Kr. Jachinanu-
NVaguer hervor, welche das Gebet der Elisabeth aus dem „Tanuhlu-
ser“ aeeleovotl, sowie 3 Lieder „Der Asra“ von Rubuisteiu, „Wan-
drers Nachtlied** von Liszt und „Rückblick“ von Schubert nicht
minder schön vortrug. Herr Heinrich B irth spielte ausser dem Cla-
vier-Trio noch „Variation» aerieuses“ von MendcLauhu ernst
uud würdig bei grosser Präcisiou, wenn gleich sich uiclit leug-
nen lässt, dass, trotz der in diesen Variationen »ich Itudetiden
gediegenen Arbeit, das Ganze etwas monotone» hatte. d.K.
Correspoudenseu.
Kremen, 4. März.
Unter den grösseren Coneerten der laufenden Saison nimmt
das 2. Concert, zum Bcsteu der Musiker - Wittwenkasse, sowohl
nach seinem fast zu reichhaltigen Programm, als auch seiner ab-
gerundeten Ausführung zu Folge, einen der ereteu Plätze ein,
und verdienen ausser dem stets braven Orchester die unterstützen-
den Künstler und Dilettanteu ganz besonderen Dank. Fräulein
SchrOtter von hiesiger Bühne, welche sich durch ihre jugeud-
lieh klangvolle boprauslimine schnell die Gunst des Publikums
erworben hat, erntete für ihre Arie aus „Figaro s Hochzeit“ stür-
mischen Beifall; Herr D. Engel, einer unserer vorzüglichsten
KlavierkOnstler, leistete in Beethoven's Es-dur-Coocert in Auffassung
wie in der Technik Vorzügliches, und der Männerchor, vorzugs-
weise durch Mitglieder der Singakademie vertreten, war durch-
gehend» von vortrefflicher Wirkung. An symphonischen Sätzen
kamen Beethoven'» C-moll und Mendclssohu's Ouvertüre „Meeres-
stille und glückliche Fahrt“ zur Aufführung. In den Männer,
quarietten und Ensemble-Sätzen waren die Compontsten F. Hitler,
C. Reiothaler, F. Möhring, Fischer und Gernsheim durch recht
ansprechende, meist schon öfters bewährte Tonsitze bestens
vertreten. Hilter: „Abschied" and „Lebenslust“ aus den Quin-
tetten für Sopran-, Solo und Minnerchor, Reinthaler: „Nähe der Ge-
liebten“ und „Altdeutscher Schlaebtgesang“, Letzterer mit nach-
träglich hinzugefügter Orchestcrbegleilung ; 0. Gernbeim's hier
noch nicht gehörte Cantate „Salamis“ wurden beifällig aufgenom-
men — Im 7. Priratroncert erlangte R. Schumann s Symphonie
No. t in C - dur, zu Folge ihrer ausserordentlich abgerundeten
Vorführung, bedeutenden Erfolg. Fräulein Schlömann, eine
geborene Urcmerin, debütirte in den bekannten Alt • Arien aus
„Titus“ und Rossini's „Taucred“ mit sichtlicher Befangenheit,
fand jedoch eine nufmunternde Aufnahme; weniger nachsichts-
voll war jedoch im 8. Privatconcerl das Publikum gegen die
Sopransäogerin Fräulein Anna Bailllodz aus Breslau, gleich-
falls eine Schülerin der Madame Viardot-Garcia, welche sich mit
Beethoven's Arie „Ah perfldo“ keineswegs günstig einführte.
Bedeutende Erfolge erzielte dagegen Freu Normanu-Neruda,
(Concert für Violine in A-moll von Rode und Adagio und Rondo
von Vieuxtemps.) Mit ehrendem Erfolge gastirte ausserdem Herr
Jul. Cabiaiua, Königl. Violoncellist aus Stuttgart. (Concert von
Goltermann in H-moll, Lied von Huber und ungarische Rhapso-
die von Feri Kletzer.) Unter den Novitäten der letzten Privat-
concerte haben wir noch mit besonderem Vergnügen J O. Grimm's
Suite in Cauonform für Streichorchester in 4 Sätzen als eine
höchst interessante Arbeit von zugleich vortheilhafter Wirkuug beson-
ders hervorzubeben. — Das Schicksal unserer Oper ist im Ganzen
kein günstiges; bei dem Mangel einer ersten dramatischen Sän-
gerin, können selbstverständlich auch die vorhandenen sonst
höchst schätzbaren Kräfte nicht zur vollen Geltung gelnugen.
Einen uin so erwünschteren Umschwung gewährt augenblicklich
das Gastspiel der Frau Fabri-Mulder aus Frank rurt a. M., wel-
ches dieselbe mit Verdis „Heruani“ eröffnet«, und bisher mit
gleichmassig bedeutendem Erfolge auch iu den namhaften Opein
vou Mozart und Meyerbeer durchgerührt hat. Herr Beroard,
unser anscheinend unverwüstlicher erster Tenor, hat sich jedoch
bei dieser Gelegenheit aus allzugrosser Bereitwilligkeit schliesa-
iieli noch eine ernstlichelndisposition zugezogen, welche den bishe-
rigen Nothstand leicht noch empfindlicher machen dürfte. II. K.
Brüssel, deu 17. März 1800.
q Die heurige Musiksaisuu nahet ihrem Ende und hat trotz
ungünstiger, allgemeiner, politischer Verhältnisse, ja selbst trotz
der noch jüagst örtlich verheerenden Krankheit, die ihre Opler
gerade den Ständen, welche die Concert- und OpernsAla zu
füllen pflegen, abforderte, viel Interessantes uud Gutes gebo-
ten. Allerdings hat nur das Concert sich aus dein drohenden
Schiffbrucha geretltH, während die Oper unter dem Drucke
der äusseren und inneren Verhältnisse, zu welchen letzteren
mangelhaftes Repertoir und noch mangelhaftere Ausführung
zählen, vor leeren Bänken ihr sieches Dasein fristet. Uud un-
ter den Coneerten waren es wiederum nur die Concerts po-
puläre» des Herrn Samuel, welche die Ungunst der Zeit zu
überwinden irn Stande waren, und in ihnen allein fast gipfelte der
musikalische Genuss des scheid, nden Winters. Aber dies Resultat
ifct nicht ein zufähges, sondern durch sorgfältige Berücksich-
tigung der Zeilforderungen und durch unermüdliches Streben
nach dem Bessern und Besten erreichtes uud wohl verdientes.
Denn nicht nur führt uns Herr Samuel die älteren klassischen
Werke und die neueren besseren Compositiouen, welcher Rich-
tung sie auch angehören mögen, vor, nicht nur liefert jede
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Supplement zu No. 12 der Neuen Berliner Musikzeitun
vL
Auffahrung den vollgültigen Beweis der (Ochtigmp Schulung
seiner Capelle, die in der The! Vortreffliches leistet, sondern
ihm verdanken wir auch» dasa die grössten Künstler der
seit auf ihren Wanderungen nach und von den WelDlädteo
Paris und Loodqn dem im Eisenbahnnetze stiefmütterlich be-
handelten, weit abseits gelegenen Brüssel ihren Besuch abstat-
(an. S 9 hörten wir denn ip den leisten Monaten in den RAu-
men des Thedlre du Cirqua Rubinstein, Wilhelm j und
api vergangenen Sonntag in dem Schlysa-Goncerte die Na-
ru da- Norman. Ueber Rubinstein speciell berichten zu wollen,
hieese überall Gesagtes wiederholen, dann im Triumph-Zug
durchreist er Europa und Bier wie überall kaoo die Kfitik nur
in Cäsar's etolzes Siebes- Bulletin susammanstimmen : veni, vidi,
vici. Rubinslein hat durch aeiue magisch« Anziehungskraft
inmitten einer veratimmten und kranken Stadl fünf Mal, zuletzt
in einem eigenen Cuocerie das Publikum, tit erma wtrbo t ge-
zwungen, der Nolh und Angst zu vergessen, and Trost zq
suchen bei der göttlichen Trösterin „Musik 4 *. Er hat bei sei-
nem diesjährigen Aufenthalt vielfach eigene ComposiUonen zu
Gehör gebracht, und oameolhch hat sein „Uceau“ befriedigen-
des Erstaunen erweckt. Wir saften hier und vorzugsweise an
•einem letzten Concert- Abend Viele bedenklich den Kopf schüt-
teln, seit Jahren vertraute und liebgewordene Auffasaungswei-
sen wurden unsanft erschüttert, die stürmisch dahin brausen-
den Tempi stempelten den ruhigen, bewussten Genuss zum
unbewussten Rausche, und man klagte hierüber vielleicht nicht
mit Unrecht. Aber in dflmooisch-QberwJItigender Kraft, wie
sie eben nur dem Genie eigen ist, reisst er uns im kühnen
Fluge seiner Phantasie mit sich fort. — In W'ilhelrnj lern-
ten wir eine ausserordentlich begabte musikalische Natur ken-
nen, die aber mit Verkennung des wahren Zweckes aller
Musik io Ueber Windung unübersteiglich scheinender Schwie-
rigkeiten seine Aufgabe und seine Befriedigung sucht. Diese
Aufgabe nun erfüllt er in erstaunlichem Matisse, aber klein,
wi« sie selbst, ist auch ihre Wirkung auf den Hörer. Io einer
Paganini'scheri und Ernst’acheu Cproposition erweckte er eben
nur trotz meisterhafter Technik und schönen Tone« „Erstaunen“.
Im Gegensätze zu seinem Vorgänger bietet Wdhehny das Bild
der iussersten Ruhe, aber oicht jener antik-plastischen, mit
welcher manche Künstler heule nachahmand coquetlireu, son-
dern der phlegmatisch-modernen, welche im lügenhaften Wi-
derspruche zur jugendlichen Erscheiouog des Künstlers zwie-
fach unangenehm berührte. Dagegen gab uns seine Col-
legin, Madame Neruda • Norman, die das alte Wort
,,/ni« coromat oput “ ein vergangenen Sonntage glän-
zend bewährte, den musikalischen Vollgenuss zurück. Das
Violinconcert von Mendelssohn und die Fantasia appassio-
nnta von Vieuxlemps wurden uns auf der Geige nicht gespielt,
nein, gesungen, und wir bekennen, nie eine innigere Lyrik des
Tqoes gehört zu haben. Madame Norman-Neruda vereint
weibliche Grazie mit männlicher Kraft, Versl&ndniss mit Begei-
sterung, und _#o kamen jene herrlichen Musikstücke zu ihrer
vollendetsten Darstellung. Ein Beifallssturm, wie wir jhq hier
nur bei Rubinstein gewohnt sind, belohnte die Künstlerin und
wir stimmen freudig in den allgemeinen Ruf des Wiedersehens
ein. — Aber auch abgesehen von diesen öffentlichen Erschei-
nungen halten wir Gelegenheit, in Privet-Girkeln ausgezeich-
neten Künstlern zu begegnen, welche aber der Unguast dar
Zeit nicht zu trotzen und aulzutreten wagten. So müasfji
wir namentlich eines jungen Künstlers aus Paris, Fabiaoi,
gedenken, der auf der undankbar erscheinenden Harfe seio
Auditorium zum innigsten Danke zu verpflichten verstand.
Herr Fabiani bat das Verdienst, sein Instrument io den ihm
angewiesenen Grenzen, die aber nicht, wie allgemein ange-
Opwraen, beschrift und eng, sondern eben er .eigentümlich«
*ind,,#u behapdela und den -reichsten Effekt zu erzeuget*. £r
hat aeioen Besuch zum nächsten Winter eu gesagt. — Dieser ra-
trospectiven Revue, die auch die letzte sein sollte, will ich nur
noch eiee kurze prospektive hinzufügen: ,fir werden nach ein
Coocert du Gonaervatpirr, das naben den SmnueTschen Cuu-
certs populairas sich eipes aucoes d’estime, der obendrein noch
auf patriotischer Grundlage liegt, erfreut, bören, das die aps
Petersburg mit Gold pod Lorbeeren gekrönte heimkehrende
Patti und achliaaslich eine Wiederholung der hierorts Orato-
rium genannten '„Schelde“ von Pierre Benoil in Ausaicht
stellt. Dies dürRe nach hergebrachter Künalluraille meinem
letzten Bericht nach einen allerletzten folgen lassep.
Cölo. 12- März,
— 1 M.— Es lässt sich picht verkennen, dass unsere Göf-
zenich-Concerle, seitdem sie im fünften, der Aufführung der
„Schöpfung 44 , ihre Mittagshöhe überschritten haben, in Bezug
•uf gewählte Zusammenstellung der Programme, alfeeitiges Ge-
lingen der Aufführung uod einschlagenden Erfolg beim Publi-
kum ein allmähliches Decrescendo haben merken lassen. Das
neunte Coocert brachte an der Spitze die neue Ouvertüre „Otto
der Schütz 44 von unserem Professor Ernst Rudorff, welche
mil Ausnahme der Einleitung etwa keiner besonders glücklichen
Inspiration entsprungen tat und nur einen mässjgen Erfolg er-
rang. Höhere Verdienste erwirbt sich der strebsame Professor
jedenfalls auf dem praktischen Gebiete der Musik; der von ihm
gegründete und geleitete Bach-Verein könnte durch die liebe-
volle Sorgfalt und die gewissenhafte Treue, mit welcher in ihm
eia kleiner Kreis von Künstlern und gebildeten Dilettanten den
Gultus des alten Sebastian sowie älterer italienischen Gomponisten
betreibt, manchen Vereinen zum Muster dienen, wenn nicht ein
ziemlich engherziger Geist der Absonderung die wunderlichsten
Vorurtheile in den Weg (egte. — Unser gleichfalls sehr
rühriger Professor Seiss hat sich in letzter Zeit als ge-
diegener Piaoist in eminenter Weise bervorgethan ; sein
Vortrag des Weber'echen Clovier - Conccrlfs io F - moll
fand, von einem das Orchester beinahe überstrahlenden Stein-
way'schen Flügel unterstützt, rauschenden Beifall. Schlagfertige
Technik und verständnisvolle Auffassung sind die Vorzüge sei-
ne# Spieles, das besonders in letzterer Zeit einen gewissen un-
gestümen, herbei] Zug glücklich abgelegt hat. Grösse und blü-
hende Fülle des Tones und gewinnende Lieblichkeit des Ausdrucks
standen auch dem Londoner Concerlmeistar L Straus s bei
der Wiedergabe des Beetboveo’schen Violin-Cpqcertes zur Seite,
und eine gewisse sQsslicbe Maniriertheit schwächten wenigstens
seinen Erfolg beim grossen Publikum nicht. Für die diesmal
verunglückten Chorlpstuogeo, ein ziemlich unbedeuleoilea „Agnus
Dei“ von Cherubini und das Schumann’ache „Abschiedlied 44 bot
die treffliche Ausführung der dritten Sinfonie von Beethoven
eine# annehmbaren Ersatz. Wir halten wiederum Gelegenheit
die geniale Sicherheit zu bewundern, mit der Hiller den ge-
waltigen Orcheaterslrom in den richtigen rhythmischen Fluss
tu zwingen versteht. — Die dritte und viert# Soiräe für .Kam-
mermusik brachte wiederum recht gewählte Programme und
saubere Ausführung, ohne sich deshalb ein breiteres Terrain
unter dem Publikum erobern zu können. Es wird einer ganz
besonderen Anregung bedürfen, um die allgemeine Aufmerksam-
keit in höherem Grade auf dieseo edelsten Zweig der Kunst
hiqzuknken. Sollleo die Herrn Florentiner nicht einmal Lust
bekommen , ibr Glück io Cöln zu versuchen? Bel dem europä-
ischen Ruhme, den sie auf ihren Kunstreisen bereits erworben,
dürfte sich ihoro «in günstiger Empfang fast mil Sicherheit
Voraussagen lassen. Jedenfalls wird, um eines Ähnlichen Falles
zu gedenken, A. Rubinstein Ursache haben, mit seinem diesma-
ligen Erfolge zufrieden zu sein. Sein am 24. Februar im Ca-
sino-Saale veranstaltetes, von ihm ganz allein ausgefOhrtes
Concert eleklrisirte die zahlreiche Zuhörerschaft in hohem Maasse,
namentlich Iralen im ersten Theile ein Rondo von Ph. Em.
Bach, eine HändoPache Gigue u. dergt. mit plastischer Schön-
heit und vollendetem Ausdruck hervor, wÄhrend in der C-moil-
Sonate von Beethoven Op. 111 eine eigenthOmliche, auch vor
zwei Jahren bemerkte Abweichung vom kritisch fest gestellten
Text das laugsamc Tempo der Variationen, in dem Schumann-*
sehen Caroevnl aber vielfache rhythmische Uebereilungen den
reinen Eindruck trübten. — Eine recht daokenswerthe Anregung
auf eioem, hier leider wenig beachteten Gebiete gaben die in
der hiesigen Garnisonkirche veranstalteten Orgelconcerte von
P. Do et sch, der mit dem Gedanken umgeht, am Rheine eine
eigene Orgelschule zu gründen. Eine allseitig sichere Beherr-
schung des grossartigeo Instrumentes Hessen den bescheidenen
KQostier namentlich in der G-moll-Fuge von Bach einen kaum
zu erwartenden Beifall erringen, während eingelegte Solostücke
namentlich fOr Posaune und Violoncello eine angenehme Ab-
wechslung und Mannigfaltigkeit gewährten.
Dresden im Mtrz.
Ich will heute zufOrdmt mein Ihnen jöogst gegebenes
Versprechen erfüllen und Ober die Coocerte der Königlichen
Kapelle und die von Lauterbach und Genossen Bericht erstatten.
ErStere, 6 au der Zahl, linden wie bekannt unter der abwech-
selnden Leitung der Hofkapellmeister Rietz und Krebs statt
und nehmen unter der Anzahl von Concerlen mit Recht die
erste Stelle ein. Sie sind auch die einzigen Concerle, die m
Wirklichkeit einen reinen ungetrübten künstlerischen Genuss
gewShrso und wenn irgend eine Ausstellung tu machen wäre,
so könnte sich solche nur auf die leider sehr beschrfinkte An-
zahl derselben beziehen. Die Kapelle vereinigt in sich die
ausgezeichnetsten und tüchtigsten Kräfte und dürfte was Ein-
heitlichkeit der Darstellung, intelligente Auffassung bei wunder-
barem Äuasern Wuhlklang wenige Rivalen zur Seile haben.
Auch die Programme sind im Durchschnitt vortrefflich zusam-
mengestellt, und könnten, hauptsächlich der verhiltnissmlseig
grossen Zahl neuer Werke wegen, manchem Inslilut zum
Muster dienen. Im Laufe des Winters wurden zur Aufführung
gebrachl: Beelhoven 4 Mel, Haydn 2, Mozart 1, Bach I, We-
ber 1 , Cherubini 1 , Spohr I , Fesca 1 , Mendelssohn 2, Schu-
mann I, Gade 1, Rietz 1, St. Bennet 1, und zum ersten Male
Werke lebender Componisten: „Rudorff Ouvertüre zn „Otto der
Schütz“, Lachner Suite No. 4, Gernsheim Ouvertüre zu „Wald-
meisters Braulfahrt“, Bruch Sinfonie inEs-dur, Reinecke Ouvertüre
zu „Manfred“. Von diesen letztgenannten Werken war es die
Sinfonie von Bruch , die sich des entschiedensten Erfolges zu
erfreuen hatte. Obwohl dieselbe eines höheren drainaltschen
Gefühlsiohaltes entbehrt, bietet sie doch ein so frisch empfun-
denes Stimmungsbild, dass sie den Hörer schnell für sich ge-
winnt. Das Scherzo verfehlte auch hier seine ZOndkraft nicht,
doch konnte dem Verlangen einer Wiederholung des bedeuten-
den Kraftaufwandes wegen, nicht entsprochen werden. Der
dritte Satz ist etwas aphoristisch gchalteo, fällt gegen den vor-
hergehenden etwas ab uod kann wohl nur als Uebergang zum
letzten Salz betrachtet werden. Die Suite von Lachner steht
nicht auf der Höhe seiner früheren Erzeugnisse, sie ist weniger
inleressant durch den Inhalt, als vielmehr durch die geschickte
Mache, mit wetchsr der Componist wenigstens eine äussertiche
Wirkung erzioU. Meiner Ansicht bleibt die Rückkehr zur Suite
immer ein Rückschritt in der Kunst selbst, kann derselbe An-
spruch auf Anerkennung erheben? RudorlFs Opus hat eine ganz
hübsche melodische Erfindung aufzuweisen, doch fehlt es ihm
so Gegensätzlichkeit der Gedanken uod namentlich Steigerung
derselben. Die Ouvertüre zu „Manfred“ von Reinecke hei sich
hier wenig Freunde erworben, ebenso die noch schwächere Ou-
vertüre von Gernsheim. — Die Herren Lauterbach, Hüll weck,
Göring und Grützmacher haben ihre Soiröen ebenfalls tum
Abschluss gebracht, diese verdienen neben den eben besproch-
nen Coocerten jedenfalls die meiste Beachtung. Dia vorletzte
Soiröe brachte uns Beethoven, Quartett Op. 18 No. 3 Schu-
mann, Clavierqusrletl Op. 47 und Schubert, Quartett D-motl
Op. poslh. In der SchumancPechen Compositioo hatte Frau
Sara Heinze den Clavierpart übernommen. Diese Dame helfe
durch ihre Betheiligung an den Aufführungen genannter Herren
hier eine heftige Opposition erregt, die in keiner Hinsicht zu
billigen war. Ich kann eine Abwechselung nur gut heissen,
denn ob es wirklich erquicklich ist, drei Streichquartette au
einem Abend hintereinander zu hören, darüber mag ein Jeder
seine Nerven befragen. Frau Heinze entledigte sich ihrer Auf-
gabe mit Saoberkeit, doch fehlt es ihren Vorträgen nn Natür-
lichkeit, sie haben etwas Gesuchtes und Forcirtes, ihr Spiel
entwickelt sich nicht genug aus innerer GefQhisthliigkeit, vieles
erscheint nur Ausserlich gemacht. Näher darauf einzugeheo,
fehlt es mir jetzt an Raum, den Sie mir so karg zugemessen
haben, es findet sich vielleicht im nächsten Winter Gelegenheit
dazu. Im Durchschnitt gingen die gesammten Vorträge vor-
trefflich, desgleichen die der letzten Soiree, welche uns ein
Quartett von Rubinstein Op. 17, Quintett von Mozart G-moll
und ein Trio von Beethoven Op. 9 G-dur brachte. Hauptsäch-
lich kam letzteres mit möglichster Vollendung zur Aoschauung
und brachte den Künstlern viel Anerkennung. Dem Rubinslein'-
sehen Quartett fehlt es an Einheitlichkeit des Styls und der
Gedanken, doch hat es schöne Momente und zwar vorzugsweisa
im zweiten und dritten Satz. Herr Fr. Bendel aus Berlin
erfreute uns noch durch ein Concert und so scheinen denn die
Concerle im Hötel da Saxe ihren Abschluss in würdiger Weise
gefunden tu haben. Seine Vorträge erstreckten sich auf Werke
älterer und neuerer Meister, wie auf eigne Composilionen. Herr
Bendel gebietet über eine sehr bedeutende Technik, Fantavie-
reichthum und Gefühlswärme besitzt der Künstler m reichem
Maasse, doch kamen dieselben io der Sonate von Beethoven
Op. 109 weniger zum Durchbruch. — Im Holtheater wurde We-
bers „Euryanthe“ neu einstudirt gegeben. Der orchestrale Theil
ging vortrefflich, während die Darstellung sehr viel zu wün-
schen übrig Hess. A. F.
Paris, 30. MArz.
Im Concert populaire des vorigen Sonntag spielte der Vio-
linist August Wlfhelmj den ersten Salz des Pagaoini'schen D-
dur - Concertes. Der 23jährige Künstler, ein Schüler Ferdinand
David'« in Leipzig, welcher sich schon vor zwei Jahren in den
Pariser Concerts populaire« hören Hess, erfreute sieh diesmal ei-
nes entschiedenen Erfolges. Einige Zeitungsstimmen gehen so
weit, Ihn den ersten Violinisten der Epoche zu nennen, als hätte
man geradezu die Erinnerung an Joachim verloren. Doch die
technische Fertigkeit allein, und wäre sie auch eine so ausseror-
dentliche, wie sie Wilhelmj unstreitbar besitzt, macht noch nicht
den grossen Künstler. Dazu bedarf es auch der Originalität,
selbstständiger charakttuiMischer Auffassung, und eiues geläuter-
ten Kuustgescbmacks- Jetzt, wo die Zeit des absoluten Virtuo-
senthums vorüber, darf mau von dem ausübenden Künstler wohl
09
hauptsächlich verlangen, dass er «in Interpret der guten und
besten Musik eei — und, mit Hiutcnansetzuag der eigenes Persön-
lichkeit, uur dem Werke »eibat, das er tu inlerpretireo unternimmt,
den Ehrenplatz einräume. Die Wahl des für eine epochemachende
VirtUüsen-SpeciaHlAt berechneten Paganiui'achen Violio-Conccrtea,
schien uns nicht die glücklichste xu sein; dazu vermissten wir in der
Ausrübruug den dämonischen Ausdruck, das Feuer, und den hu-
moristischen Esprit des Pagaoini’achen Spiels, das Colorit des
Gemäldes; dagegen fanden wir die untadelbafte Zeichnung, eine
Technik, rein wie Gold, eine Ruhe, die »ich in den waghalsig-
sten Schwierigkeiten nur so spielend ergeht, als wäre das Alles
ebener Boden. In dieser Beziehung wird es vielleicht Niemand
Wilhelm/ in dem Vortrage des Paganini'schen Conoeries zuvorw
thun. Die Decimen- und Octavcn-Gänge, und die Plageolets er-
schienen, wie alles Uebrlge, in der tadellosesten Reinheit; und
die stoische Ruhe, mit welcher dies geschieht, ist bewunderns-
wert!), eine vortreffliche Eigenschaft für daa Pessagen-Spiel, was
aber den Künstler nicht zu hindern brauchte, io die Gesangs*
steilen mehr Wärme hineinzulegeu. Clesaiscbe Ruhe in Verbin-
dung mit dem Feuer des poetischen Ausdruckes — nur darin
vermögen wir das Ideal des Vlolinspiela xu erblicken. Und die-
ser Verbindung wird man auch nicht entbehret) können, wenn
es eich selbst um den Vortrag echt classieeher Musikstücke, und
nicht nur um ein Paganini'aehes Bravourstück hsndeit. Die
Kunst soll uns eben durch die Schwingen der Begeisterung der
Nüchternheit des praktischen Alltaglebens entrücken und wo das
Technische allzu sehr in den Vordergrund tritt, da muss nothwen-
diger Weise die spirituelle und poetische Seite leiden. Dem aus-
gezeichneten Talente des jungen Künstlers glaubten wir obige
Betrachtungen schuldig zu sein, um so mehr, da demselben noeb
eine weite Zukunft bevorsieht — In dem selbigen Coucerte hör-
ten wir Beelhoven's allbekannte Pastorat-Symphonie mit etwas
allzu ländlichem Tempo, und stellenweise schläfriger Ausführung.
Gade'e Ouvertüre zu „Hamlet*' schien uns etwas von der Gedan-
kenblässe angekränkelt; das sonst verdienstvolle Werk leidet
unter dem Eindrücke der Monotonie. Bei Gade's Musik wird
der Hörer immer wieder in den kühlen Norden und in die Irin*
inerische Unendlichkeit des Weltmeeres versetzt. H. Beriioz’
zweiter Theil aus der Symphonie „Romäo et Julielte“ (Romeo
allein, Traurigkeit, Fest bei Capulet) fand im frischen Andenken
de« in voriger Woche erfolgten Todes de« Componislen, eine
weit bessere Aufnahme, als je zuvor; nur gab es wioder Stim-
men, welche den schön begonnenen, allzu kurzathmlgen Melo-
dieen eine weitere Ausführung und der Orchestration mehr Mode-
ration gewünscht hätten. Da« Publikum gleicht einmal so man-
chen Weibern, bei denen es nothwendig wäre, dass man, selbst
uach ihrem Tode, die „Zungen** noch separat todlschlage. Pas-
deloup jedoch, der unternehmend wackere Dirigent, lässt sieh
durch solchen Leumund nicht beirren, und wird im nächsten
Concert wieder „Beriioz** aufführen. Recht so! — Als eine in-
teressante Hinterlassenschaft von Beriioz dürfen dessen Memoi-
ren bezeichnet werden, deren vollendete Drucklegung der geist-
reiche Autor in den letzten Tagen seinen Lebens selbst überwachte,
— Hossini's Messe batte auch bei der vorgestern erfolgten fünf*
tan Aufführung im ThäAlre Italien den gleich grossen Erfolg.
Ein Agent von Strakosch bereitet deren Aufführung nunmehr in
Wien bevor. — Das Florentiner Quartett gab Donnerstag seine
dritte und letzte Production im Salle Erard, mH Beethoven, Schu-
bert, Haydn. Dia Künstler, welche hier mehr Ruhm als Geld
ernteten, werden tm Herbste zu einem längeren Aufenthalte hier
bar zurückkebren. — Unter die beaebtenswerthercu Pianisten-
Concert* zählt daa kürzlich staugehabte Jabres-Concert W. Krü-
ge r’s, welcher Schumann s A-moU-€oncert, ferner von eigenen
Compo&tlionen: Airs bohtmiens, Cbaoson-Ballade und eine spani-
sche Serenade zum Vortrag brachte. — Als eine allen Pianisten
sehr empfcblenawertbe neue Publicetion erwähnen wir „De
Peaaeignement du Piano** von Felix Le Couppey, Professor am
Conservalorinm, worin der errabrunga- und büdungsreiohe Autor
jungen Lehrern die wertvollsten Rathschläge bietet. So wohl
die Art, den Mechanismus zu bilden, wie der progressive Fort-
schritt und die Wahl der Toastüeke, insbesondere aber die Claa-
siker de« Pianoforte, fanden in den Andeutungen und Commen-
taren Le Couppey s ihren sein Material mit Einsicht und Ge-
schmack beherrschenden Meister. Der Verfasser begnügt sieh
nicht allein den einzig richtigen Weg der Unterrichtsmethode
mit didactiseber Klarheit anzugeben, sondern bemüht sich auch
die eingewurzelten Erb- und Uebelstände des landläufigen Un-
terrichts auszuroUen. Möge dem hochverdienten Professor letz-
tere Sieiphui-Arbeit gelingen. — Das für Ostersonntag ursprüng-
lich bestimmte Eröffnungsfest des neuen deutschen Harmonie-
Concertsaales, ist auf Sonntag den 4. April verschoben worden.
A. v. Cz.
St. Petersburg, den 16. März.
Seit gestern begannen die grossen Fasten, die bis Ostern
dauern. Signora Pa lli sang zum letzten Male in der „Son-
oambula“ am Sonntage den 14. Min, der die Carneval woche
abschliesal. Da die BtlleU einen Tag früher ausgegeben wer-
den, so hatte eich bereits in der Nacht vom Freitag auf Sonn*
abend ein Haute gegen Mitternacht an der Kasseothür grup-
pirt, in Erwartung von deren Eröffnung am Morgen um 9 Uhr.
Obgleich di« Polizei Vorkehrungen getroffen, wurde dennoch
der Kellner eines Hötela ohnmächtig aus dem Gedränge nach
Hause getragen. Zu ihrem Beneßz hatte Signora Palti „Don
Pasquale" gewählt. Die Parlhie der Norioa in dieser Oper
pa&st so rechl für den trockenen aber blendenden Gesang der
Signora. Ihr wurden Bouquets von nie dagewesener Grösse,
von der Grösse eines runden Tisches, an dem 6 Personen
Platz nehmen mögen, überreicht; dazu regnete es buchstäb-
lich au« den Seifenlogen Blumen und Kränze, deren Werth
in dieser Jahreszeit nicht zu hoch auf 4000 Rubel geschätzt
wird. Ein rein weggeworfenea Geld! Ueberreicht wurden der
Signora ein Paar Ohrgehänge und eine Broche io Gestalt ei-
nes Schmetterlings; die Angaben des Werth es schwanken von
12,000 bis 40,000 Rbl. Das ist Samarkand! das ist 1001 Nacht!
Dieser Verschwendung ohne Grund und Zweck von einzelnen
Gruppen im Publikum, die gerade nicht viel von Kunst ver-
stehen, und nicht zwischen Kunslmittel und Kunstzweck
zu unterscheiden vermögen, sollte aber ein schlagendes De-
menti gegeben werden, ln der Oper von Glinka „Das Lebeu
für den Zner“ wurde, in der Russischen Oper cum ersten
Mal, der Sängerin Lawrowski durch den Orchesterdirector erst
ein Bouquet, dann, ein Armband überreicht. Fräulein La-
wrowaki verweigerte die Annahme des Armbandes und erklärte:
man gebe es den Armen; cs widerspreche ihrem Gefühl,
ein Geschenk anzunehmen. Auffallend war, das« das Publikum
diese« Getübi der Frauenwürde verkannte, die Künstlerin käl-
ter empfing, weil sie einmal unserer Sill« nicht uachgegeben !
Möge dennoch die Lectioo, die Fräulein Lawrowski dem Pu-
blikum gegeben, daa grossse Summen an begüterte Italiene-
rinnen wegwirft, ihre Früchte tragen! Unter den Musikern iit
nur eine Meinung Ober Sigoora Palti: loajoure charmante, ja*
man interenante. Man könnt« auch sagen: elfe e$t la premiire
dam ton gtnrt, War« ton genre'-nitt pas te prtmier. Io der
Zerlio« im „Don Juan“ verunstaltet« Signora Patti wenigstens
nicht den Text durch die gewohnten abscheulichen Varianten
100
und Zolhalen. Di« Pnlti-Zwliae war gegen di« Lueoa-Zerline
was «in geschulter Vogel gegen eine denfeoode und lohlend«
Künstlerin ist. Signora Patti macht viele Noten, sie sagt aber
nichts damit. Zveisctno einer Virioesin und Ktoatfetin ist denn
doch noch ein Unterschied. Wie eine äeiltftnzerin sieh in ei-
ner Tagliooi, tu einer Tänzerin ersten Range», vwblU, so ver-
hüt »ich Signora Patti xu der Idee, dw man sich voo einer
SiDgerin ersten Ranges zu machen hererhUgt ist Ihre Haupt -
Pas auf der Leiter ihrer Stimme sind der meno ceratterr, sind
kleine leichte Parlhien, die erst Herr Strakeech zu schwierig«*
macht. „Elisire d’araore“, „Don Paaquale“, „Linde“, „Lucia“,
diese Opern sind das Element der Signora; die Roiina im
„Barbier von SevUla“ ist so roacerlant gehalten, dass dieselbe
ihr auch noch passt, wenn auch schon weniger; die Amina in
der „Nachtwandlerin“ rat ihr auch noch zugänglich, wer »•
dessso Freu Viardot als Amina gehört, wird voa Frau
Patti wenig erbaut sein. Wir würden Frau PatU einer Geige
mit besonders dünnen Saiten vergleichen, auf der man Altes
machen hört, was nur irgend möglich ist. Wae hat Musik
damit xu thun? Natürlich ist Signora Patti auf die künftige
Saison engagirl und wird dann der ganxe Schwindel, mit Hau-
ten von Geld für ßillela und Blumen wieder anfaogen. Ein
russisches Journal meinte, dass um Verbreitung der höheren
Gartenkunst in unseren Klima, die Signora sich von allen Sän-
gerinnen das grösste Verdienst erworben hat.
Die von den Herren Auer, Davidoff, Weikmann
und Plkkei gegebenen Quarleltabende brachten die Quartette
von Mosart ua F-dur, von Beethoven in Ea { Harfen quartett)
und in Gis-nioll, von R. Schumann in A-moll, von Mendels-
sohn in Es, außerdem dae Divertimento von Moiarl für Quar-
tett, Conlrabaes und 2 Hörner, Pianofortetrios von Schubert und
LitotfT, Soli von Bach für Violine, für Violoncello, eine Violin-
sonate von Ledair aue dem 18teo Jahrhundert, respedive von
Herren Auer und Davidoff inlerpretirt. Die Pianoforleperthien
wurden von den Herren bündiger und Leachetitiki vertre-
ten. Herr Auer xeigte sich gleich ebenbürtig in der Wieder-
gabe der verschied eneten Meister und verdiente sich ungelheil-
ten Beifall durch sein kräftiges, eingehendes, durch Quartelt-
geist inspirirtee Spiel. Herr Davidoff ist als einer der besten
Violoncellvirtuosen bekannt und hat im Quartett nicht seines
gleichen, dasselbe lAsst sich von der Viola des Herrn Weikmann
und der trefflichen xweilen Violine des Herrn Pikkel sagen.
Noch der ersten Kasienwnche rasen 2, 3 mal ff glich wAhrend
4 Wochen die Concerto von In- und Ausländern. Dann ist
Alles aus, der Winter vorüber aber noch nie ein Sommer er-
schienen. W. v. — x.
Journal-Revue.
Die Atlg. Muaikztg. enlhfilt die Forts, des Aufsatzes über HBadeTa
Orgelconcerte. — Die Neue Zettsohr. f. Mos. beginnt einen Arti-
kel über MQller's BroschOre „Wagner’s Meistersinger". — Signete :
Nekrolog von Bertloz — Heller und seine neuesten Clariercom-
Positionen. — Die Südd. Muaikztg. ist uns nicht xugekommen.
— Die Monatshefte für Musikgeschichte bringen den Schluss der
Biographie Georg Forster’s mH einer musikalischen Beilage.
Die französischen Zeitungen enthalten Fortsetzungen und
Locales.
Nachrichten.
Berlin. Herrn Orgnnlzt Haupt tat das PrAdtoat als Protee-
sor verliehen worden.
N Breul 0 ■ Am 10. d. lies» sich ein Minder Pianist, Herr
Ernst Richte r, hören, deeaan Leistungen recht Anerkenne«-
werthes boten Dae Programm war ein iatereaaantea und ent-
hielt ausser der Beetboveifeeben Sonate appeeeionata Clavieretücke
von Chopin, Schumann und Raff. Frau Gottwald uutarsHHite
da« Coaoert durch den treffliehen Vortrag draier Lieder von
Schubert und Sohnmann.
11. Soiree des Vereins Mr Kammermusik: Quartette iu
Ea-dur von MeodeUaohn und D-moll von Schubert, Lieder von
Chopin and Schumann und Duelte vou Reinecke, Mendelssohn
and GabusaL
Dresden. Herr Fried, Grütrmacher, 1. Violoncellist der
Dresdener Hofkapelle, ist von der ettehrwürdigen Königliehen
Akademie der Tonkunst zu Stockholm, in Anerkennung seiner
ausgezeichnetem und ruhmvollen künstlerischen ThAtigkett, zum
Ehrenmitglieds erwAhlt worden.
Elberfeld. Coorert des Barmer „Vereinsfürclassische Kirchen-
musik": Chöre von Kocard.Paiestrina, Händel, Baob u. Mendelssohn.
Königsberg 1. Pr. Die muaikaUsche Aeadetnie führt wie
alljährlich am Charfreitag Grauu's „Tod Jesu" auf. — 4tes Con-
eerl des „Neuen Gesangvereins“ unter Leitung des Muslkdir.
Hemma: Christnaeht von Hiller, „Salve Regina“ von Hamm«,
Trio Op. 11 von Beethoven uud mehrstimmige Gesänge von Rei-
seeke, Schumann, Miller und Sobolewski. — 5tes Conoert des
„Neuen Gesangverein»“: „Tenebrae factae annl“ vou M. Haydn,
160. Psalm von Hamms, Passionslied aus „Echo Hymnodiae
eoelestis" (1675t und „Christus am Oelbergs" voo Beethoven. —
T a u b lg ' b lstee Concert hat den erwarteten grossart igen Erfol g gehabt
nnd dis Zuhörerschaft zu grossem Enthusiasmus aufgeregt. Das Pro-
gramm enthielt folgende Werke: Bach's Präludium, Fuge und
Allegro, Allegro von Searlatti, Nocturne ln A-dur von Fidd, G-
moit-Ballade vou Chopin, Miütairmaraeh von Schubert, Carneval
von Schnmaon und Don Juan-Fantasie von Liszt.
Leipzig. Das 20. und letzte Gewandhaus - Concert enthielt
lediglich Couipokltionen von Beethoven und zwar das Kyrie,
Gloria, Sanctus und Benedictus ans der G-dur- Messe und die
nennte Sinfonie. Die Ausführung war namentlich Seitens de«
Orchesters eine ganz vorzügliche. Von den Solisten ist Herr
Rebliog < Tenor ) hervorzu beben. Die Stimmen des Fräulein
St r alias (Sopran) und Ehrke (Baes) reiebten lür die anstren-
genden Anforderungen der Parthien nicht immer au«. Fräulein
Borde (Alt» trat jodoeb zum Ensemble wirksam hinzu.
Magdeburg. Am Charfreitag führt der Kirchen • Gesangver-
ein, unter Lailuog des Herrn Musikdirector Rehling, Händeis
„Messias“ auf. Die Soli sind in den Händen der Damen Borde
und Reelam sowie der Herren Rebling und Krause. — Am
28. d. gab das Herzog! Kammerquartett Gebr. Sohröder aus
Ballenstedt eine Solrde, in welcher Quartette von Beethoven und
Haydn zur Aufführung gelangten.
Mannheim. „Die Meistersinger“ sind am 6. d. mit bedeu-
tendem Erfolge hier in Seene gegangen.
— München. Der Ho {Opernsänger Nachbaur hat das Anstel-
lungsdeeret als Königi. Bayerischer Kammersänger erhalten. —
Im Ilten Museums - Coaeert wurde Schumanns Manfred - Musik
und die Eroica von Baethoven xur Aufführung gebracht. —
Wohithätigkeits - Conoert am 9. d. unter Mitwirkung der Damen
Mallingar, Meinte und der Herren Vogl nad Scholtz: Gros-
ses Trio in B-dur Op. 97 von Beethoven, Violin-Concert in A-moll
ven Molique, Schottische Lieder von Beethoven, Variationen fir
2 CI «viere von Schumann, Rhapsodie voo Liact etc.
— tte Kamaiermosik - Soirde: Violin - Sonate io C - mell
von BaOh, Trio in D-moli von Maodetesohn, Vralinritanate in D-
dur von Raff und Trio io B-dur von Schubert.
Pomp. 3te Sinfonie-Soiree: Sinfonie D-dur No. t von Bee-
thoven, Variationen von W Gerat und Reformation» - Sinfonie von
Mendelssohn.
Potsdam. Das 6sle Abonnements-Concerl bot ein ganz be-
sonderes Interesse durch die Mitwirkung der trefflichen Violin-
Virtuosin Franzieca Friese, welche von ihrem vorjAbrigen Auf-
treten her uns in vortbuilhaftaatcr Weise bekannt war. Die Lei-
stungen der jungen Künstlerin erwiesen sich auch diesmal als
ganz bedeutend und fand dieselbe mit ihren VortrAgen eine bei
uoserem sonst so kühlen Publikum selten warme Aufnahme.
Der Königl. DomsAngcr Herr Prehn, welcher als angenehmes
Intermezzo die Trubn'sche Ballade „Schloss Boncourt“ und Lie-
der von Kirchner uud Dcsaaucr sang, erntete vermöge seiner
klangvollen Stimme und des wohlgcbildcten Vortrages Anerken-
nung. Das ürohester spielte Wuersts frisch pulsirende, graziöse
Preis-Sinfonie sowie das Vorspiel zu „König Manfred" von Hei-
nccke und Beethoven s Egmoul-Üuvertnre exact und schwungvoll.
Herr Musikdir. Voigt hat sieh um das hiesige Musikleben durch
diese Concerte, welche zu deu besten hier statt findenden zAhten,
unbedingte Verdienste erworben und hoffen wir, dass das musika-
lische Publikum auch iu komuiender Saison dieselben uach Ge-
bühr würdigt.
Ilontork Der Nestor unter den Tonkünslieru unseres Lan-
des, der auch in weiteren Kreisen bekannte uud geschätzte Or-
ganist an der hiesigen bl. Jacobi-kirche, A. L. E. Trutachel,
ist in dem seltenen Alter von 81) Jahren sauft entschlafen Ge-
boren am 27. Juli 1787 in Grifluau in Thüringen entwickelte sich
sein musikalisches Taleut früh und schnell. Die Kunst verlor
in dem Entschlafenen einen ihrer begeistertsten Diener.
Schwerin. Am 9. d. fand zum Besten des Hof-Theater-
Pensiousfonds eine Aufführung des Mendelssohu'schen „Pau-
lus“ statt.
.Stettin. Das Programm, welches der Musik-Verein für sein
zweites Concert uufgcstellt halte, war ein so vielseitiges und ge-
diegenes und bot durch Namen, wie diejenigen der ConcertsAn-
gcriu Frau IloIJiiuder-Becky aus Berlin und der Kammersän-
gerin Fräulein Götxo aus Dresden, so viel des Interessanten,
dass ein ungewöhnlich zahlreiches Publikum den Couccrtsaal
füllte. Das Hauptwerk des Abends war ein „blabat Mater 4 ' des
Dirigenten, Herrn Musikdirector Dr. Lorenz. Das Werk, wel-
ches nicht allein durch Formvollendung und Einheitlichkeit des
Ausdrucks, durch seine feine Conlrapunktik und meisterhafte
Behandlung von Chor und Orchester, sondern auch durch Tiefe
der Auffassung uud reiche fesselnde Krüuduug sich glanzend
licrvorthut, errang bei vorzüglicher Aufführung einen durchschla-
genden Erfolg. Die Solopartbie im „Slabnt" vertrat Frau Hol-
länder in echt künstlerischer Weise. Nicht minder vollendet gab
die genannte SAugcriu Mendelssohn s Arie sus „Elias“: „Höre
Israel“. Auch FrAulviu Götze fesselte durch den Vortrag der 4
ersten Lieder aus Schumanns Dicht erhebt* und der Ballade „Bel-
sazar“, doch gelungener noch wollte uns die Wiedergabe der
Ueelbuvcuechen Cavatine „In questa tomba" erscheinen. Ausser
der „lphigeuia" • Ouvertüre brachte das Concert zum Schluss
Beethoven s Fantasie für Solo-Piano, Chor und Orchester, worin
Herr Dr. Krause den Klavierpart in vorzüglicher Weise vertrat
Stralsund. 2les Concert der Herren btahlknecht, Grimm,
Spohr uud Brat fisch: Trio von Mendelssohn, Morceau de Su-
lun von Vicuxlemps, Stücke für Cello von btahlknecht, Variatio-
nen aus der Kreutzer-Sonate vou Beethoven etc.
Stuttgart Sechste Ksmmeriuusiksoiräe der Herren Gol-
lermann, Singer etc.: Quarielt in A-dur (Op. 18) von Beetho-
ven, Trio (Op. 34) von Speidel und Quintett in G-moll von Mozart.
— Am 17. d. Patti-Concert: Programm ganz unbedeutend.
um —
Basel. Am 28. Februar kam hier Brahm's „deutsches Re-
quiem" xur Aufführung.
London, 6. MArz. Statt zweier concurrirenden italienischen Opern
in der Saison, wie seil langen Jsbren, nur Eine aus den Elementen bei-
der zusammengesetzte Oper — das ist jetzt das Tagesgespräch, w elches
nach alleu möglichen Seiten hin ventilirt wird. Man fürchtet,
und wohl nicht mit Unrecht, dass durch das Fehlen der Con-
curreni eine Erschlaffung der Anstrengungen eintreleu wird und
man beklagt allgemein den Rücktritt dos Kapellmeisters Costa,
der deo Tacktstock in die alleiuigen Hände Arditi's, des frühe-
ren Dirigenten der Her Majcsty’s Opera, übergeben hat. Ande-
rerseits aber hofft man, durch das Zusammeuspiel aller musika-
lischen Grossen, die früher gegeneinander gewetleifert, auf muster-
hafte, selten gehörte Vorstellungen. Lucea, Patti, Tietjens,
Nilsson, Trebelli u. 8. w., u. 8 w,, — wer kann dagegen
ankämpfen. . Wir werden ja sehen und Ihnen zur Zeit
Weiteres berichten. — Die Bewegung in Betreff der Herabsetzung
des Kammertons ist noch immer in der Schwebe; es fehlt ein
einheitliches Vorgehen und so lange wir dies vermissen, bleibt
für uns nichts übrig als so lange zu warten, bis der Zufall ein-
mal diesen gordischen Knoten gelöst. — Von deu Monday Po-
pular-Conccita können wir oft Gesagtes nur wiederholen; die
Aufführungen, die durch die Mitwirkung der Frau Clara Schu-
mann jetzt wieder eine erneute Anzugskraft erhielten, siud mu-
sterhaft; dasselbe gilt von den Sonnabends-Concerten im Cry-
stall-Palast. — Von all’ deu vielen andereu musikalischen Con-
oerien wollen wir hier nur des ersten Couccries der Scbubert-
Gesellscbaft erwähnen, welches u. A. Schuberts Trio (Op. 100)
und Rondeau brillant (Op. 70) — letzteres zum ersteu Male in
England — brachte. Ein Schüler des Herrn Joachim, Herr
Ludwig, zeichnete sich durch sein gelungenes Spiel aus. II— t.
— Herrn Costa ist vom König von Wfirtcmbcrg der Kö-
nlgl. Fricdrichsorden verliehen worden, als Zeichen seiner Be-
wunderung für das Oratorium „Eli".
Florenz. Der hiesige Quartetlverciu hat einen Cyclus von
Concerten eröffnet, dessen erstes Programm Beethovens D-dur-
Sinfonie, Weher's Clavierconcert und Aufforderung zum Tanz etc.
aufwies.
Mailand. Die erste Aufführung von Verdl's „F’orxa dcl
destine" auf der Scala war Veranlassung zu einer enthusiasti-
schen Ovation für den anwesenden Componisten. Der Jubel und
Beifallssturm des versammelten Publikums brach gleich uach der
Ouvertüre los, verstummte etwas im ersteu Ad, um während des
folgenden desto lauler zu erschallen. Verdi wurde mehr als
20mal gerufen. Die Aus führen deu leisteten siimmllich, durch diu
Feier des Tages angeregt, das Beste, wo» sie vermochten. — Auf
eiuem Privattheater wurde OUenbachs „Grossberzogin" mit gros-
sem Ucirall aufgefuhrt.
— Programm des 2. Concert» des hiesigen QiiarteUvereins:
Quartett iu C-moll vou Uoccherini, 3tea Trio von Hubinsteiu und
Quartett aus Op. 69 von Beethoven. — Rossini'« Messe solennelle wird
zuerst in Bologna, dann in Mailand und Turin aufgeführt werden.
Neapel. „Johanna II. von Neapel", Oper von Pctrella wurde
hier im Teatro .San Carlo mit gutem Erfolge zum ersten Male
aufgefuhrt
Amsterdam. Sles Concert der „Felix inuriti»": 7te Sinfonie
(F-durl von Gade, Arie aus „Herakles" von Häudel, Violiu-Cou-
ceit (C-dur) von Rode, Ouvertüre zu „Genoveva" von Schumann
und „Oberon“ von Weber, Teufels • Sonate von Tartiai etc. —
Das Eintreffen von Brahms wird hier erwartet.
Warschau. Tausig hat hier zwei Concerte gegeben und
durch seine immense Virtuosität grossen Eiudruck hervorgebracht
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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102
Vertag von Hob. Farberg in Leipzig.
Novasendung X». 2. 1869.
Krag, D Op. 19t>. Kosenknospen. Leichte Toristücke
über beliebte Themas ohne Oclavenspannungen und
mit Fingersatzbezeichnung für das Pianoforte.
No. 43. Esser. Abschied. „Ade, du lieber Tannen»
wald“ —10
No. 44. KSckea, Maurisches Stindohen. „Ich will
vor deiner Thür« steh n ‘ — 10
No. 46. Reiaaiger, Der Zigeunerbubc im Norden.
„Fern im Süd' daa schöne Spanien ... — 10
No. 40. Eckert, Tausendschön. „Au eines Büch-
leins Rande — 10
No 47. Taohert, Wiegenlied. „Schlaf ein in guter
Ruh“ - 10
No. 48. Wagner. Bleib' bei mir. „Wie die BlQmlein
draussen zittern*' — 10
No. 40. Schumann, Wanderlied. „Wohlauf noch
getrunken“ * — 10
No. 60. Marschner. Der Himmel im Thale. „Der
Himmel da oben“ . . — 10
Salter, €1. Op. 100. Der Wnldstrom. Charakterstück
für daa Piauoforle — 15
— Op. 102. FantaUie für Pianoforte, 2 Violinen, Viola
und Violoncello. Neue corrccle Ausgabe 1 S7J
— Op. 103. Ouvertüre zu Göthe's „Jery und BAtely“ für
das Pianoforte 124
— Op. 104. Sonate fttr das Pianoforte t E-dur) . . , . 1 —
— Op. 106. Divertissement für Pianoforte, Violiue und
Violoncello 1 17)
— Op. 106. Divertissement für Pianoforte, 2 Flügelhör»
ner, Alt-Horn uud Bar) ton Neue correcte Ausgabe . 1 1?|
— Op. 107. Souate für das Pianoforte (G-molJ) ... 1 224
— Op. 109. Sextett lür 2 Violinen, Viola, 2 Violoucello
und Fagott . . . 2 15
— Op. 111. Appaseionato Erster Concertwalzer. (A-moll|
für das Pianoforte . — 10
— Op. 113. Pianissimo. /weiter Concertwalzer. (Ges-
dur) für das Pianoforte — 10
— Op. 114. Capriccioso. Dritter Concertwalzer. (H-mnlli
für das Pianoforte .... — 10
— Op. 117. Poötico. Vierter Concertwalzer. (E-dur) für
daa Pianoforte — 10
— Op. 118. Sechs Balladen für daa Pianoforte:
No. 1. Lorele) (11-durl — 10
No. 2. Undine. (A-dur) — 124
No. 3. Blocksberg-Scene — 12|
No. 4. Aus Polen i
No. 5. Ein Traum j — 124
No. 6. Zur Weihnachtszeit (E-dur) )
— Op 120. Marsch - Vorspiel zum zweiten Acte von
Shakespeare s Sturm, für Pianoforte •— ?J
— Op. 124. OrchesterklAnge. Fünf Stücke für zwei Pia-
noforte 1 15
— Op. 126. Eirentraum. Dichtung für Pianoforte . . — 15
— Op. 127. Nacht am Meer Dichtung für Piauoforte . — 15
— Op. 123. Titanias Abendzug. Dichtung für Piauoforte — 15
— Op. 129. Souvenir de Donizetti. Grande Fantaisie
pour Piano ... 1 —
— Op. 131. Amoroso. Fünfter Concertwalzer für Piano-
forte — 10
— Op. 147. Saltarcllo pour Piano — 16
— Op. 157. Sonate für Pianoforte (Edur) 1 74
— Op. 158. Sechs grosse Studien für Pianoforte:
No. 1 C»dur. No. 2 Cis»moll. No. 3 D»dur. No. 4
Es-moll. No. 6 E-dur. No. 6 Ea-moll .... 4 10 — 20
— Op. 162. Seehs Studien für Pianoforte:
No. 1 B-molL No. 2 Ea-dur. No. 3 E-dur. No. 4
Dcs-dur. No. 5 F-dur. No. 6 . . . . A 74 — 15
Hehneldcr, Dr. Friedrich. Op. 96. Gethsemane uud
Golgatha. Charfreitags-Oratorium. Text von W\ Schu-
ber! Clavtar-Auszug. Neue Ausgabe 2 15
Vagei, B. Sonate (A-uioll) für das Pianoforte ..... 1 —
Verlag von .4. II. Payni* in Leipzig
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Aussprüche von berühmten Künstlern.
Herr Dr. Th. Kullak, Kgl. Professor und Director der Aoademic
der Tonkunst in Berlin.
Da ich Gelegenheit hatte, Ihre Finger- und Handgelenk-Gym-
nastik von meinen Schülern anwenden zu lassen, so kann ich
mit voller Uebcrzeuguog aussprechen, dass es nichts Einfache-
res und Praktischeres, nichts Vorzüglichere» für Entwickelung
von Muskelkraft, Gelenkigkeit und KlasticitAt geben kanu, als die
von Ihnen gebotenen Mittel. Die Resultate haben mich in der
That überrascht. Indem somit mein Dank nicht eine leere Höf-
licbkeitsaprache, sondern aufrichtig und mit voller Anerkennung
Ihres Verdienstes von mir abgeplattet wird, .spreche ieh gleich-
zeitig den Wunsch au», dass es Ihnen belieben möge, eine An-
zahl Exemplare bei irgend einem der hiesigen Musikhändler zu
deponiren, um Musikbefiissene io den Stand zu setzen, sich die
gedruckte Anleitung zu kaufen. Ich werde meinerseits Vlies auf-
wenden, uin für die Verbreitung Sorge zu tragen.
Herr Kgl. Goheimralb Dr. Behrend in Berlin.
Es gereicht mir zum besonderen Vergmlgeo, Ihnen zugleich
im Nameu der von mir prAsidirlun hiesigen Gesellschaft für Heil-
kunde den verbindlichsten Dank für Ihren interessanten Vortrag
über Finger- uud Handgelenk-Gymnastik auszudrücken. Es un-
terliegt wohl keinem Zweifel, dass der Gegenstand sowohl für
technische und pädogogisehc, als auch für Heilzwecke von gros-
ser Beachtung ist. Für die beiden ersten Zwecke füllt „Ihre Me-
thode eine bisher obwaltende Lücke unzweifelhall“ aus. In Be-
treff der Heilzwecke werden Sie sich bei Ihren wiederholten Be-
suchen de» in meinem gymnastisch - orthopädischen Institute
befindlichen Kuraaais überzeugt haben, dass ich bei Verkrümmun-
gen der Finger und Hand, bediugt durch Rheunratbismus, LAh-
mungen, wie bei Scbreibekrampf, neben den übrigen Hilfsmitteln
der Kunst, auch eine specialisirte Gymnastik der betreffenden
Theile auwende, und ich werde mich freuen, wenn auch ihre
Bemühungen dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der Aerzte auf
die l'ehungen der Finger und der Haudmuskeln mehr und mehr
zu lenken und ihren Werth zur Geltung zu briugen. W'enn auch
die Heilgymnastik im wahren und richtigen Sinne des Worte«
nur von Aerzten selbst eine rationelle Anwendung linden kann,
so bleibt doch auch schon die technische Vervoilkommung und
Verbreitung, wie Sie aie speeiell für die genannten Theile ange-
angestrebl haben, eine anerkeuuenswerthe Sache.
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Op. 62. Rondo brillant. Es-dur 9 Ngr.
Op. 65. Aafforlernng »nn Tan» 9 Ngr.
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forte -Arrangement der Beetboven'scben Sinfonien weltbekannt
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ersten Heftes 6 Sgr.t
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KD. BOTE & G.BOCK.
|K. Kock). Königl. Hof-Mufclkhandlüiic in
Berlin uod Püscü.
Thlr 8fr,
AhMint, Kd. Op: 70. Pfttrtast« aber Motiv« der Oper
„Dt* schön« Helena* für Pianoforte . . . . . — &>
Apitia«, C\ Op. 87. Sc hwtriz ermüh len* Polka f. Pfte. . — 7J
Au brr, D. F. K „Der erste Glockstag“. Potpourri für
Pianoforle zu 4 H ft ml eo arr, v. F. Brisaler .... I —
Billrina. frerea. Op. 77. L« premier Jour de bonheur
Fanlnisic pour Piano . * 1 —
Conrad! , A. Op. 111. Offenbnehiana. Potpourri
Ober Offen bach'aclio Melodien f. Pfte. tu 4 II ft öden 1 —
Uoni. A Op. 34. Chants artibes pour Piano
No. 1 - 7}
• 2 - 7J
- 8 , f i . i - Id
— — Op. 85. Fantasia, Melodie arabe pour Piano . . —
i>re>*rho«k. A. Op. 143. Deux Impromptus p. le Piano.
No. I. I.' Adieu — 10
- 2. Le revoir — 12$
Fckert, V. Op. 26. Concert fQr das Violoncello mit
Begleitung des Pianoforte 120
Ehrlich, II. La Charmeuse, VaJse pour Chaät d'aprüs
des motifs de Stanss (ptrei .
Frier, II Cliquot-Galopp aus „Theeblume“ von Lecocq,
und Mlebaella, U Op. 97. Matrosen-Potka filr Orch.
(■ung’l . Jo«. Op. 281. Sytve&tertrfiume. Walser für
Pianoforte zu 4 Händen
— — Op. 234. Sunavg«n<ffeu«rfclAi)£c, Walter f. Orch,
— — 235. Salut ä GeuAvc, Polka-Mazurka. Wagner,
Fr. Op 63. Dresdener Grosse Garten-Polka f. Orch.
Ilauar, r. Op. 55. Nachllhau. Capricietto för Pfte. .
Iizrnplitr, Arthur, Graf. Claudia-Polka für Pianoforte
Krlgnr, H. Op. 30. Kyrip för Doppdchor (• capclla)
Land rock, Gl Op. 3. Polka de Salou pour le Piano
Laoge, G. Op. 50. Serena, Polka brillante p. Piano .
— — Up, 53, Valse de Concert pour Pinoo ...
Michaeli*, O, Op. 97. Matrosen- Polka für Piauofortc
OfTcnbach, J. Die Grossherzogin von Gerolstein.
No. lb. Lied des General Bumm
• ti. Degenlied
• 10b. llondo .
• 19. Legende vom Glas
- 20. Klagelied
— - Totos .Schloss, Budo -Oper io 8 Acten CJavior-
Auszug zu 2 Händen ohne Text
Schlentlier, \V. 6 Lieder für 1 Singslimme mit Begl.
des Piauofortc
— — Op. 74. Souvenir de BrAme, Vals« pour le piano
— — Up. 96. Valse de concert pour Chanl et piano
scliönburg. II. Op. 66. Auf der Haide, Idylle f. Pfte.
.Straus« (Paris). Die schöne Helena, Quadrille für Pia-
noforte ZU 4 Händen
— — Blaubart, Quadrille Ihr Piaabforte
Wagner, Fr. Trampetincn-Polka für Pianoforte . . .
Wehe. II. Op. 9. Zwei Lieder für eine Singslimme
uirtT PfanofoVlo * '•* 4
No. 1 Wenn HAnecben weint ........
- 2. Adr, du Hkibea Waldcagrün
Wicniawnkf, Jo». Op. 21. Sonate p. t*iano u. Violon
- 20
1 20
— 20
2 —
2 12i
- 12*
- 5
- 171
- n
- IS!
- 15
- ?i
- 10
- 71
- 15
- 10
- 10
2 -
- 224
~ '*
8 224
Collection des oeucrea classiquea. et modernes .
Beethoven. Marcia alla turca aus den Ruinen von Athen
fQr Pianoforte zu 2 Minden 1 Bg.
— — Zwei Romanzen ftr (ViaKoe. und PiaqoforU-, arr.
von H. Ulrich.
Op. 40. G-dur ^ . 24 -
- 50. F-dur . . 3 -
— - Op. 69. Sonate för Pianoforte und Violoncello
oder Violine 12 •
— — 0p. 96. Sonate für Pianoforte und Violioe ... 9 -
Dp. 1Q24 No. L SoMto f., Pianoforte , und Vidi 00 •
cello oder Violine |C-dtH7 • T . ? * . . ' 64 •
— — 0p, 102. No. 2 Sonate f. Pianoforte und Violon-
cello oder Violine (D-dur) P4 '
Haydn. Jos. Streich -Quartette für Violine und Piano
eingerichtet von Ad. Grünwald. 0p. II. Heft IX-
(Op. 74 Np. 1, 2. 3.) { j , . . . . , , . . . . 21 -
Dito. Heft XII. (Up. 77 No. 1. 2) 18 -
Mozart. W. A. Op. 47. Sonate in C-moll f. Pfte. . . 4 -
Hossini, «. Ouvertüre zu „.Taucred“ f- Pfte. zu 4 Hdu. 2) •
Schubert, Fr. Up. 90. Deux Impromptus pour Piano.
No, 1 . 3 -
- 2 ... 3 -
Verdi, fl. Don Carlos, Potpourri f. Pianoforte zu 2 Ildn. 6 -
Neue Musikalieu
aua dem Verlage von
UrrHliopf «S Härtel in Leipzig.
Beethoven, I,. v. Op. 60. Sjmphenie No. 4. B-dur. Arrang.
für 2 Pfte. zu 8 Ildn. von Aug. Horn. 3 Thlr. 10 Ngr.
Franz, Robert. Op. 41. 6 Gesänge für eine Singst mit Begl.
des Pfte. Ejnzel-Ausgabe.
$i<X.30. leis« zieht durch mein Gamftth. 6 Ngr. \
• 31. Ach wie komm’ ich da hinüber? 5 Ngr. ,
- 82. Wohl waren ea Tage der Sonne. 5 Ngr.
- 33. Stille Lieb«. In dem frischen grünen Walde. 5 Ngr.
- 34. Lehre. Mutter, zum Bienelein. 5 Ngr.
• 35. Du grüue Rast im Haine. 7| Ngr.
Grlcg, Fd. Op. 13. Sonate für Pfte. u. Violine. 1 Thlr. 25 Ngr.
Mendelssohn llnrllioldy, Felix. Op. 90. Symphonie No. 4.
A - dur. Arrg. (Ar Pianoforte und Violine von F. Hermann.
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Mozart, W A. Requiem für Chor und Orchester. Vollständig.
Klaviernuszug. 3. Grün kart. 36 Ngr.
Nicolai, W. F. O. Adagio aus der Sonate 0«p. 4 ftJr Violonce!! 1
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gabe. Sechster Band. 25 Lieder verschiedener Dichter- Ein-
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tiefere Stimme eingerichtet. Vierter Band 30 Lieder verseht« -
deaer Dichter. Roth kart. 1 Thlr, 10 Ngr.
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pour Violon et Piano par R. Schaah. 1 Thlr. 10 Ngr.
Stöcke, Lyrische, für Violoncell und Pianofurtu zürn Gebrauch
Tür Concert und Salon.
No. 5. Biber, Gavotte, 10 Ngr
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- 11. Larghetto. Autor nnbekanal. 15 Ngr.
Weber, C. M. v Aufgewühlte Lieder för ein« Stngalimme mit
Begl. des Pfte. Neue revid. Ausgabe. 8. Roth kart. 18 Ngr.
Wryirinatm Moritz,. Op. 11. 2 Balladen von H. Heine Für
eine Tenor-Stimme mit Begl. des Pianof. 15 Ngr.
No. 1, Es war ein alter König. No. 2. Der Asra.
Wulff, «wal. 0p. 3. 3 Stücke f. Violoncell u Pfte. 25 Ngr.
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Up. 6. Scheherazade. Rövcrie pour le Piaao. 10 Ngr.
Verlag von Ed. Bote ö 6. Boek fE. Book), Königl. Hofmusikhandlung in Berlin, Französische Sir. 33«. und U. d. Lindau No. 97.
Druck von C. P. 3jhmidl ia Berlin, (Jalw des Liodea No. 341
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XXIII. Jahrgang M 13.
Vm 4mmt Zi<h c reell aim I
um Ntaair.
CA
31. März 1869.
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’Cy.JlW-TOM.
Zu beziehet! durch:
VIEH. üpia*. Hiilm|(«r
PARIS. Brandut Ä Öufoar.
LONDON. Novell«. Ewtr Ga Bwaaioad dl Ca.
3t. PETER3B0BG. M. B*rn«r4.
STOCKHOLM A. I.unilqui»!.
NEUE
0. -Schirmer
_. . . Jordan* Äf Mwlrn*
'BARCELONA. Andre. Vidal.
WARSCHAU. (irbellinrr Ai Walff.
AM3TER0&I. SajrlT.rdi'.ch« Hachh.Ddlaog,
Mailand, j. niMio. t. Lmu.
BERLINER MUSIKZEITIIG
gegründet von
unter Mitwirkung theoretischer
Gustav Bock
und practischer Musiker.
BMlellnnpri nehmen na
in Berlin; E. Bote & 6. Back, Kranzös.Str.ÄSe,
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Inhalt. RKMiiciu. — Berlin, Rcrne. — Corrrnpondenirn an. Jena und Paria. - Feuilleton: Au* oveinem Leb«u. (Erinnerung an Spontiai. IV)
Jaiml Rani. — KaeAntkUn — In». rate
ReeiniloDPn.
Orgelmasik.
tiebhnrdi, L. E. Op. 12. Theoretisch-praktische Orgel-
schule in Uebungen nebst Anweisung. Zweite Auflage,
erste Abtheilung. Brieg. F. Gebhardi.
Die Einleitung handelt von der Geschichte der Orgel,
ihrer Struktur und Erhaltung, von Registrinmg und Orgel-
begleitung. Da dies Alles den geringen Raum von nur 6 Folio-
Seiten umfasst, so musste Manches in seiner Behandlung et-
was zu skizzenhaft wegkommen. Es wurde daher der Un-
terricht vor Allem das Capital Ober „Struktur der Orgel**
weiter auszufüliren haben, bei welcher Gelegenheit denn auch
die alle irrige und hier wieder aufgewärmte Bezeichnung
von „ganzer, halber und Viertels-Orgel 44 zu beseitigen wäre.
Was nun die practischen Uebungen anlnngt, so möchten
wir Seite 1—31 und Seite 40 — 43 für überflüssig erklären.
Hier wird nämlich der Schüler in das elementare Gebiet der
Musik eingeführt und mit Noten, Tact- und Tonarten, Ver-
zierungen u. s. w. bekannt gemacht. Allein ein erfolgrei-
cher Unterricht im Urgelspiel kann erst da beginnen, wo
eine gewisse Sicherheit im Qavierspiel bereits vorhanden ist j
diese zu erzielen, sind aber jene 3 1 Seiten nicht ausreichend.
Das Werk durfte also vielleicht von Seite 32 ab als eigent-
liche ürgelschule, und zwar als äusserst zweckmässige, zu
benutzen sein. Der Verfasser giebt hier zunächst zwei- und drei-
stimmige Sätze und Choräle, welche mit dem Manualspiel ver-
traut machen. Es folgen sehr praktische Pedalsludien, vierstim-
mige Sätze, kleine Choralvorspiele mit den betreffenden Cho-
rälen (vierstimmig harmouisirt und meist mit Signaturen ver-
sehen!, Choralüguratiouen, Fantasien und Fugen. So führt
der Autor mit methodischer Consequenz vom Leichten zum
Schweren und der Vorwurf, dass er in dem Uebungsstoff
nur eigne Composiüonen bietet, muss verstummen, da das
Gebotene durchweg von künstlerischer Bedeutung ist. In
dieser Hinsicht hat, ausser den umfangreicheren Tonstücken,
namentlich die letzte Nummer (Fuge Über BACH) unsern
ganten Beifall.
Wir halten das Werk, was sich im Uebrigen durch
säubern Stich und Druck empßehlt, für wohlgeeignet zur
‘Einführung in Präparanden Anstalten und Seminare.
Br»»ig. Moritz Op. 8ä. Ein und zwanzig kurze Vor-
spiele zu Predigtliedem. Breslau, F. E. C. Leuckart.
Diese 21 Präludien bilden wahrscheinlich den quasi
Anhang zu einem Choralbuche desselben Autors (vielleicht
Op. Bo?); denn jedes Stück ist mit einem Hinweis auf eine
Nummer der „Melodiensammlung** versehen. Dass diese
Sammlung indessen hinsichtlich der Nummern umfangreicher
als das vorliegende Opus ist, erhellt schon aus der dem
ersten Vorspiel b^igegebenen Bemerkung: „zu No. Öl der
Melodieensammlung**. Aber auch ohne Hülfe des Nachschla-
gens in dieser „Sammlung** wird es dem melodieenkundigen
Organisten leicht werden, zu erkennen, für welche Choräle
das Prftludienbuch bestimmt ist Es enthält dasselbe theils
Choral ligurntionen, in denen oft nur eine Zeile der Melodie
als cantut firmus auflrilt, theils Tonstücke, die in freier
Weise den Choral oder einen Theil desselben andeuten.
Wohlklang. Fluss und edle Haltung lässt sich sämmtlichen
Vorspielen nachrühmen, und werden dieselben, da sie nur
mässige Technik beanspruchen, namentlich den weniger ge-
übten Organisten willkommen sein.
Broaig, Moritz. Op. 32. Orgelbuch, enthaltend eine
Modulationslheorie mit Beispeien, sowie kleinere und
grössere Orgelstücke. Breslau, ebendaselbst.
Dieses aus 8 Heften bestehende Werk giebt in jedem
derselben zunächst eine systematisch geordnete Anzahl von
.Modulationsplänen nebst Anleitnng dazu. In dieser Be-
ziehung mag das Orgelbuch för den Selbstunterricht von
Nutzen sein. Ausserdem enthält dasselbe eine ansehnliche
Auswahl von kleinen Präludien, FugheUen und PosUudiea,
s&minllich nur geringer Schwierigkeit und von entschieden
musikalischem Wert he, so dass die Verbreitung, deren sich
das Werk erfreut, eine berechtigte ist. E. Roh de.
Die
3d by Google
13
106
<
Berlin.
tt e v u #.
(Königl Opernhaus.) Am 22. — Geburtstag S. M. des
Königs — Fastprolog von Fr. Adami, hierauf „ Oberon". Atn
23. „Ho<;hz«i( das Figaro" mit Frau Lucca als Cherubim und
Frluleio Meissner vom Thealar zu Cassel, welche, wie vor
kurzer Zeit als Königin in „Hugenotten", diesmal als Susanne
aushelfen musste. Einer wirklichen Kritik entliehen sich diese
Gastspiele, welche eben nur momentan eine Lücke nustufOllen
haben; es genügt der Bericht, dass die junge hübsche und
stimmbegabte Singerin freundliche Aufnahme fand. — Im
„Freischütz" sang Herr Lederer, vom Magdeburger Theater,
als zweite Auftrittsparlhie den Max Wenn wir im Allgemein
nen das, was wir in der letzten Nummer dieses Blattes Ober
den Floristen des Gastes sagten, nur bestfitigeo können, so
müssen wir doch auch bekennen, dass die heutige Leistung
die ganze Anffingerschalt des Singers unerbittlich aufdeckte.
Vor allen Dingen mochte Herr Lederer wohl selbst einseheu,
dass »eine Stimme lür grosse Räume zu wenig ausgiebig ist; in
Folge dessen forcirte er den Ton, und trotzdem verschwand die
Stimme im ersten Ensemble fast ganz; die Arie zeigte neben
dem fortwährenden Ringen nach krältigem Ausdruck, welches
zur Monolie des Vortrags tülirle, die Attribute der Anfänger-
schafl: Unruhe und Beschleunigung des Tempo. Eine kleine
zarte Stimme muss, wenn sie iu grösseren Räumen wirken
will, den Ton auszuspinneo verstehen; sie muss für das man*
gelndc Markige des Tons ruhige Breite, Volubililät und ge-
schmackvoll nuancirlen Vortrag bieten. Wir erinnern uns einer
Arzahl italienischer Tenoristen (wir neunen nur Giuglini und
Labocelta), welche bei kleinen Stimmmitteln nur vermöge
der genannten Eigenschaften so Treffliches zu leisten vermoch-
ten. Möge Herr Lederer danach trachten, »ich durch Fleiss
jene Eigenschaften zu erwerben, seine angenehme Stimme ist
es wohl wrrth. — Am 25., 26., 27. waren die Königl. Thea-
ter des Osterfestes wegen geschlossen. Am 28. wurde „Rienzi"
mit Herrn Niemann gegeben.
Am 23. d. M. fand im Arnim'scheu Saale die öffentliche
Prüfung der Schüler des „Cooservalorium der Musik" stall,
und lieferte aufs Neue den Beweis, dass dieses Institut mit
seinen bewährten Lehrkräften unter der tüchtigen Leitung des
Herrn Professor 8 lern stets im Wachsen begriffen ist — so-
wohl in Betreff der Anzahl der Schüler, als auch in Betreff
der Resultate, welche daselbst erzielt werden. Hätte das Pro-
gramm nicht besagt, dass sämmlliche Ausrührende Schüler
wären, so hätte man dieses den Kunstleistungen de» Abends
nach, wohl sicherlich nicht vermulhet, einzelne Ausnahmen
vielleicht abgerechnet. Den ersten Preis, sowohl in der C«»ra-
poailiuu wie im CJavierspiel, errang jedenfalls Herr Mann*
städt aus Hagen. Es wurde ein erster Salz einer Sinfonie
von ihm aufgetührt, welche reich an melodischen Schönheiten,
und auch recht geschickt inalrumentirl war. Als Pianist über-
wand er glücklich die zahlreichen technischen Schwierigkeiten,
welche der erste Satz dra F-moll-Concertes von llensclt dar-
bietet, und das Einzige, was man vielleicht noeb hätte wün-
schen können, wäre hin und wieder eine grössere Weichheit
im Anschläge gewesen. Herr Herr manu aus Premlau trug
den ersten Satz eines Claviercoocerte» eigener Compositioo
vor, und dokumentär! e sich damit als tüchtigen Claviurspieler
und Componist. Beide Genannten sind Schüler der Herreo
Professor Kiel (in der Compositioo) und Ehrlich (im Cla-
vierspiel), weiche sicher auf solche Erfolge slolt sein können.
Die Variationen Ober Mozart'» Ja ci da rem la raano" von
Chopin, gespielt von Herrn Lasawitz aus Hirschberg (Schü-
ler von Herrn Ehrlich), sowie der zweite und dritte Salz
des Violinconce ries von Mendelssohn, gespielt voo dem jugend-
lichen Sam Franko aus New - Orleans. (Schüler des Herrn
Concerlmeister de Ahns), erschienen doch noch als etwas zu
schwierige Aufgaben für die Ausfülireoden. Letzterer indessen
verspricht Grosses für die Zukunft, und kann auch jetzt schon
Erstaunenswertes leisten. Von den vielen GesaogssehO-
lerinnen nennen wir zunächst Fräulein Meineber, aus der
Klasse des Herrn Professor Slern; dieselbe ist bereits öffent-
lich und mit vielem Eifolge aufgetreten. Sie sang Arie und
Duett eua dem „Troubadour" von Verdi und deklamirte später
noch mit wohlklingender Stimme den „Taucher" von Schiller.
|ln der Deklamation ist Fräulein Meineber Schülerin des Herrn
Regisseur Berndal). Fräulein Kempner aus Premlau über-
raschte allgemein durch die seltene Leichtigkeit, mit welcher
sie die Colornluren der Arie aus „Setniramis“ von Rossmi,
ausführte, und errang sich damit grossen wohlverdienten Bei-
fall. Fräuleio Schmidt, mit einer wundervollen Altstimme
begebt, seng mit vielem Verständnisse die Arie au» „Semele"
voo Händel, und Fräulein Falkner, ein Sopran, der an Mild«*
dea Toua seines Gleichen sucht, trug zwei Lieder von Eckert
und Schubert vor. Die drei letztgenannten Damen, sowie noch
Fräulein Bernstein, und Fräulein Wulff aus Cöln, sind Schü-
lerinnen des Fräulein Jenny Meyer, uud legten ein glänzendes
Zeugnis» über die Tüchtigkeit der Lehrerin ab. Zum Schlüsse
saug die Chorklasse dea Herrn Professor Slern noch ein Lied
„Frau Kukuk" von Hiller, welches hauptsächlich durch die
feine NGancirung den meisten Effect machte. Zu bemerken
ist noch, dass das Orchester, die Berliner Sinfonie • Kapelle,
theilweise von zwei Schülern des Conservaforiums geleitet
wurde: von dem bereits erwähnten Herrn Mannelädt und
voo Herrn 0. Dorn (Sohn des Professor Dorn aus Berlin).
Beide jugendlichen Dirigenten lösten ihre Aufgabe mit grosser
Sicherheit d. R.
Korrespondenzen.
Jena, 10. März.
Mit dem siebenten »endemischen Concerte schloss die dies-
malige Saison ab. Nachträglich wird, und zwar Ende Aprils,
der academische Gesangverein noch einen Sangesabeud veran-
stalten, der eingetener verschiedener Hindernisse wegen bis dahin
hat aufgeseboben werden möescu. — Ein sehr geballvolles Pro-
gramm, ähnlich dein vorigen, kennzeichne tc genanntes letztes
Conccrt, das am 1. d. M. MaUfaud und von Sr. Königl. Hoheit
dem Grnssherzng von Weimar mit seiner Gegenwart beehrt wurde,
wie denn auch Franz Liszt sich wiederum mit liebevoller Theil-
nähme eingefunden hatte. Weber'» Ouvertüre ‘zu „Euryanthe“,
vom Orchester, zu welchem abermals von Weimar her bedeutende
Kräfte herbeigezogen worden waren, mit grosser Correclheit und
scbwuugvoll gespielt, eröffuet« den Abeud. Es folgte: Arie der
Elisabeth aus „Tannhäuser", von Frau Baruay, Grossherzogi
HofoperuaäogerUi aus Weimar, mit tiefem Gefühl und bezeich-
netstem Ausdruck gesungen, wie denn auch die vorzügliche Künst-
lerin kurz darauf drei Lieder am Klavier, und zwar Liszt's: „In
Liebealust“, ein Gesangstück voll herzansprechenden Reizes und
zartester Färbung, dann Lassen’a: „Mit deinen blauen Augen* 4
und: „Vöglein, wohin so schnell“, beide voll Lebens, Grazie und
Naivetit, aur das befriedigenste zu Gehör brachte. Die musika-
lisch grOndlich geschulte und geschmackvoll gebildete, dazu mit
seelenvoliem Organ begabte Sängerin, an welcher die Weiraariscbe
Oper eines seiner vorzüglichsten, auch im dramatischen Spiel
107
exeellirenden Mitglieder besitzt, wer aus Allem beraasiufühlen,
wm eie vcurfährte. Die Stuttgarter llofpianistin Frt. Mehlig, die
wir dee öfteren schon hörten, spielte Liszt's schwieriges,
Es-dur- Concert gewandt und sicher, elegant und perlenrein.
Das mit Herrn Lassen vorgetragene Andante and Varia»
tionen fOr zwei Pianoforte von Schumann sprach gteicbialls
an. Laasen s D-dur-Sinfonle, ein sehr braves, klar gedachtes und
mit grosser Sorgfalt durchgearbeitetes Opus wurde von dem Or-
chester eben so exaet und nach allen Seiten bin gelungen wie-
dergegeben, wie Franz Liszt's, zu Ehren des Meisters und zur
vollen Befriedigung des freudig erregten Publikums wiederhoher
Marsch, aus: „Die heil. Elisabeth“, den wir bereits im vorigen
Conecrte hörten. Der Beifall, den die Zuhörerschaft dieser her-
vorstehenden Gabe schenkte, war ein fast noch enthusiastischerer
als das vorige Mal. Die dein Componlsten damit dargebrachtc
laute Huldigung blieb von Seiten desselben nicht ohne dankende
Anerkennung. — Noch sei des Concertes gedacht, das am SW.
vor. M. der hiesige bürgerliche Gesangverein unter Direction sei-
nes verdienstvollen, energischen Vorstehers, des Lehrers Stiebritz
im Saale des Hötels „zum deutschen Hause“ veranstaltet hat.
Leider sah Referent sieh abgehalten, demselben beizu wohnen,
kann daher im Allgemeinen und übersichtlich nur die Gesangsstücke
namhaft machen, die, nach dem Urtheile kunstverständiger Freunde,
in befriedigender Wehte zum Vortrag kamen. Im ersten Theile:
Lieder für MAnnerchor: „Hoffnung“ und „Abendfeier“ von Be-
schnitt und Abt; „Fröhlingslied“ und „Die Wasserrose“ von Gada*
zwei Lieder am Clavler: „Kornblumen* und „Rheinaehnaucht“ von
Wlllmers und W T . Tschircb; Mendelsaohn’s „Im Walde“ und Haupt-
mann's „FrOblingsliebe“ für gemischten Chor, sowie Storchs
„SAngermarsch“ für MAnnerchor. Der zweite Theil brachte Ju-
lius Becker's werthvolle Composition: „Columbus“, dramatische
Dichtung mit gemischten Chören und Orchesterhegteitung. — Die
dritte und letzte KaintnonnusiksoirAe der Weimarischen Künstler
führte in gewohnter tüchtiger Weise vor: Spohr’s warmemprun-
denes, graziöses Trio in G-moll (Op. 142), an Haydn's Art erin-
nernd. Liszt's schönes Grussiied: „Du bist wie eine Blume**;
Bnbinstein's ebenfalls gar gelungene „Waldhexe“; P. Viardot's
„GArtner“, so wie drei frische und gemüthlich« Lassen'scbe Lie-
der: „Der gefangene Admiral“, „Das Vaterland“ und „Der Hidalgo“
denen der vom Auditorium stark bestürmte Singer noch Schu-
bert'.«: „Ich schuitt es gern in alle Rinden ein“ hlnzufügte, be-
fanden sich hei Herrn Milde in den besten H Anden. Nicht minder
ein Mozart’sches Larghetto für Cello, welches Herr Servais mit
ausserordentlich tiefem Gefühl vortrug. Den Beschluss bildete
Beethoven’« Kreulzersonate, durch die Herren Köm p ei und Las-
seu ausgeführt. Namentlich erwies des Enteren Spiel sich durch
und durch als ein wahres „aur den Saiten singen“. Die Darbie-
tung des wonnigen Werkes durfte als ein wahrer Geistes- uod
Herzenshochgenusa gelten, und war ein würdiges vorläufiges
Abschiedstied. Dr. M. M.
Paris, »7. MArx
Die Osterwoche zeichnete sich durch eine Fülle interessanter
Aufführungen aus. Das TbAAtre italien brachte das „Stabst mater“
und die sechste und siebente Aufführung der Messe von Rossini.
— Das Concert spirituel der Tuilcrien, wo die Damen in schwarzer
Trauertollclte erscheinen mussten, enthielt Rossini’* „Slabat malcr“
und Cherubini’a „Quando corpus“. — Das gestrige tCharfreitags-)
Concert spirituel im Cirque Napoleon enthielt: Weber’s Oberon-
Ouveclure, „Ave Maria“ von Cherubini, Marcbe funtbre aus der
Symphonie heroique von Beethoven, den zweiten Theil aus
„L’Enfance du Christ“ von Berlioz, die Hymne von llaydu und
Rossini'« „Stabst mater“: dazu Violinpiücsn: Othello-Fantasie von
Ernst und -Air von S. Bach, vorgelragen von Wilhelmjj. — Am
seihen Tage hielt Herr Eivart im Salle de Conference einen
Vortrag über die drei Stabet von Paleslrina, Pergoleae und Roe-
sin», in Verbindung mit einem Concert spirituel. — Im Cirque im-
pAratrice fand ein Festconcert der Choral- uod Instrumental-Vereine
von Paria unter Mitwirkuug der namhaftesten Künstler statt. — Unter
diesen Vorführungen giebt uns Pasdeloup’a Concert spirituel im
Cirque Napoleon den meisten Stoff zu Betracbtungeu. Das Pro-
gramm hatte das Verdienst, einige weniger gehörte werthvolle
Nummern zu enthalten. Die Mitwirkung der Solostimmen und
gemischten Chöre im „Slabat ntster“ war ferner eine dankens-
werthe Bereicherung dieser Concerta populaires. Es scheint in-
dess, als ob der vielbeschäftigte Dirigent nioht Zeit genug fände,
auf die Orcbesterauancen die nölhige Sorgfalt zu verwenden.
Wir finden nur piano- und forte-Effeete, — die Mittelsohattirun-
gen, namentlich das llervortreten der einzelnen Solo-Instrumente
und das Unterordnen der Begleitung lassen viel zu wünschen
Obrig. Dieser Uebelstand machte sich namentlich in der Weber'-
sohen Oberon-Onverture und im Marcbe funAbre Beethoven'.« be-
merkbar, und wo die Solo-Blasinstrumente, namentlich die Oboe
von den begleitenden Stimmen erdrückt wurde. Auch das Tempo
war viel zu schleppend. Um den Geist der Auffassung deutscher
Meisterwerke isl es eine eigene Sache, — und da dürfen denn
so manche Dirigenten nnd Orchester in Deutschland es nicht
nöthig haben, mit allzugrosser Bewunderung auf Paris zu blieken.
Cherubini's „Ave Maria“, gesungen von FrAulein Rattu. wurde
zu stark begleitet, wie auch die einer Orchester-Suite entnommene
Air de Violon von Bach. Einen schönen Erfolg hat der zweite
Tbeil aus „L’eofauce du Christ“ von Berlioz; die fugirte Ouver-
türe und der Chor der Hirten sind reich sn poetischer und in-
strumentaler Wirkung; der letzte Satz: „Repo.« de la Sainte Fa-
milie“ litt durch die Indisposition dea Tenoristen Bosquin. Im
„Stabst mal er“ hörten wir den Tenor Massy, welcher durch die
Gewalt seines Organs zu lautem Beifall hinriss, indem er die al-
lerdings nicht im Kirohenstyl gehaltene Rosaini’sche Arie allzu
italieuisch-operomAssig vortrug. FrAulein Wert heim ber besitzt
eine prachtvolle Altstimme, welche in der Tiefe imponirt, in der
Höhe jedoch nicht ausgeglichen erscheint Ihre Arie und ihr
Duo mit FrAulein Battu, einer gut geschulten Künstlerin, erntete
stürmischen Beifall. Am slylgerechlesten hielt sich noch der
Bass Herr Bon neh Ae im „Pro peccalis“. Der Violinist Wilhelm j
hat uns aufrichtig — nicht entzückt Was nützt eine noch ao
vollendete reine Technik, wenn damit nicht der Geist der Auf-
fassung, die Inspiration musikalischer Empfindung Hand in Haud
geht. Wir haben in dieser Hinsioht Erust's Othello-Fantasie noch
nie lederner und nüchterner vortragtu gehört, wenn auch selten
oder nie reiner. Das Phlegma in der Musik ist ein Ding zum
Desperatmachen, — und um so trauriger bei einem Künstler,
der sonst das „Zeug“ dazu hat Diese sonstigen Qualitäten tru-
gen Herrn Wilhelntj auch diesmal wiederholte Hervorrufe ein.
— Eine aehr verdienstvolle Aufführung bot das Concert der von
Bourgault-Duooudray hier kürzlich gegründeten und geleite-
ten Cboralgeselischaft. Dieser junge begabte Componist, welcher
den ersten Preis von Rom erhielt, ist unablässig bemüht, gute
Musik zu verbreiten. Er zuerst brachte in Paris das Orato-
rium HAndels „La Passion“ ln diesem Concert zur Auffüh-
rung, ein Werk, das trotz dcu wiederholten Aufführungen in
England im separaten Abdruck noch nicht erschienen, und nur
in der Leipziger Gesamint-Auagabc der Werke HAndel's ent-
halten. Es war kein geringes Unternehmen, dieses charakter-
volle, so ganz im evangelischen Glauben wurzelnde, einfach-
erhabene Werk dem Geiste der Franzosen zugänglich zu machen
Dank der gelungenen Aufführung, unterstützt von dem Orchester
13 *
108
da r Oper* und den SAngern Herren Roger (Evangelist«), Pon-
aard (Jesus), Bollaert (Pilatus), dein Bassisten ßouchy, Und
den Sängerinnen Berthe-Bandorall und Gay ant-Charii und
der Altistin Fräulein Zeis*, spendete das dan Saal Hers füllende
Auditorium reichsten Beifall. Was uns bei dieser Aufführung al-
lein unangenehm berührte, dae war die Alto-Ceatratenatimar« des
Herrn Bollaert — eine Remlnlscenz vergangener Zeiten. Der TV
nor Roger findet non im Oratorium jenen Wirkungskreis, der ihn
■•och nach »einer glorreichen Opern laufbahn und neben seinem
Wirken als Professor längere Triumphe vertiefest. Die Parthfe
lag trefflich in den nunmehrigen Grenzen eeiner Stimme, und
entledigte er sich der Aufgabe mit Geschmack und Empfindung.
Neben Ihm feierte Fräulein Zeis« den grössten Erfolg, im Oratorium
sowohl, wie io einer der MaKbran gewidmeten ArU von BerioL
Ueberdiesa wurden die Chöre ohne Accompagnement „Bort-
jewr moa coeur“ von Roland de Lssaus, und aio alter Chor
eine« unbekannten Autors „Belle qui tiens ina vie“ mit fei-
rter Nnaocirung und stimnischem Erfolg zu Gehör gebracht.
Auch der Fiosl-Chor ans der MOller-CaoUit« J. b. Bach s gab la-
bendes Zeugnis« für das erfolgreiche Wirken dieses jungen
Cbor-Vereiiw, worin das schöne Geschlecht es den Bassstimmen
der Minner zuvorthut. Warum sotttan die Frauen nicht auch
hier die erste Stimme behaupten. Wia wir vernahmen, wird der
treffliche für die echte Kunst begeisterte Dirigent, Herr Bourgault-
Ducoudray, dar Reihe nach hier noch nicht gehörte Chöre
und Oratorien -Werke zur Aufführung bringen. — Wagner s „Riaazi“
gelangt nächsten Dienstag im Thäälre lyrkjue zur ersten Reprä-
sentation. Der Director des Tbeätre ilalienue, Begier, und Harr
btrakosch haben ein Ediet arlasnen, worin sie die Aufführun-
gen einzelner Theile der Koaaini'schen „Messe“ sowohl in den
Kirchen, als auch (siel) in den Privathäueeru verbieten. Wer also
den Clarier-Auezog der Messe kauft, muss erst bei obigen Herren
um Erlaubnis» fragen, ob er selben zu Hause auch spielen darf.
0, über die Kunsttyranncn! Das Florentiner-Quartett wird im Saal
Erard demnächst die vierte Production veraastalten. — Ottenbach*«
neueste Operette „Diva“, in den Bouffes-Parieiennes mit Fräulein
Schneider aufgefohrt, ist nicht das gOttüchate, was dieser be-
liebte Meister und seine wackeren Librettisten geschrieben.
A. v. Ct.
Feuilleton,
iss meinem Leben.
(Erinnerung an äpontinl.l
IV.
Zu Pfingsten 1847 (23. und 24. Mail sollte das 20* tc Nie*
der rheinische .Musikfest in Cöln gefeiert werden. Schon drei
Jahre vorher hatte ich als städtischer Kapellmeister daulhst
das 26*te dirigirt; und trotz des Hindri’schen „Jepbtha u , der
MozerTschen Jupiter-Sinfonie und der Bealhoven’schen Miss*
sotemnis, welche bei dieser Gelegenheit io Deutschland zum
ersten Male vollständig auf^eiührt wurde, trotz eine» Chores
von 417 und eines Orthesters von 157 Personen, hotte doch
da* Oniiie nur mit grosser Mühe nachlrfiglteb durch musika»
liache Extratouren die finanziellen UebeDiände (nmnisr: Deficit!
auagegliclien. K» war die „schwere Nolh der Zeit**, welche
vor lauter politischer Aufregung das Publikum nicht mehr ui
sorgloser Mehrausgabe und ruhigem Genuss kommen lies«.
„Wir werfen in einen Becher die Namen aller Hämfet'acheo
Oratorien, und in den andern die Nummern der Neun Beet ho-
ven "sehen Sinfonieen; dann wird aus jedem Becher Ein Looa
gezogen — und daa ist unser Programm, das unter allen Um*
ständen Zustimmung findet und Einnahme schafft“. So lau-
te 1s die aha Parole in fintieren Jahren, u®d na er wia» »ich
bia dabin immer ebenso glück bringend, als wenn ausnahms-
weise Rias, Klein, Spohr oder Mendelssohn am Pfingstfest#
ihre eigenen Werke Vorfahrten. Aber jetzt bedurfte es neuer
HeiamilteJ und als im Januar 1847 die Muaikfest-Coinil^-Siltun*
gen eröffnet wurden, war es die allgemeine Ansicht, dass nur
etwas ganz Besonderes noch im Stands sein könnte, der poli-
tischen Gährung, welche in der Rheinprovinz bereits einen be-
denklichen Charakter angenommen hatte-, für die Dauer einer
Woche Makler zu werden. Aber worin sollte dies Reizmittel
bestehn? Solisten ersten Ranges, welche in Cöln nicht schon
sattsam gehört worden waren, existieten kaum, nachdem die
Liod und die Viardot abgesclmebeo hatten und darauf die
Lutzer-Diegabtedt für Deutschland überspannte Forderungen
machte und auch wohl machen musst«, wenn sie nicht dem
Muaikfesl zu Liebe ihren einträglichen Siegeslauf iu Englaod
unterbrechen wollte; von neuen und renominirteo Werken war
aber effectiv Nichts vorhanden .... so wurde denn der Vor-
schlag gemacht, als schwer« Batterie die Persönlichkeit eines
berühmten Compeoisten m's Gefecht zu führen; und weil deren
zwei offenbar mehr ziehen würden, als Einer, so ging das Co*
mitö au dis Erschaffung solchen Dioskurenpaares, welches Ari-
sto-, Demo-, wo möglich auch Ochlo-kratia in lichten Haufen
nach dem Gürzenich treiben «dito. Ueber die Wahl des Ei-
neu bestand kein Zweifel; zum vorjährigen Musikfest war
Georg Onslow von seinem Landgut Ciermont Ferra nd in Aa-
chen eingelroffen und hatte durch sein liebenswürdiges Wesen
»ehr rasch die Herzen der Rheinischen Musikfreunde gewon-
nen; aber auch er war von der ceremomelosen, fast cordieleo
Aufnahme, die er dort fand, so angenehm berührt, dass er den
vcretcMgien Comitea [Aachen, Cöln, Düsseldorf) eine Rheinische
Sinfonie zu cnmponirsn versprach, weiche denn auch im Laufe
des Jahres an unsere musikalische Gesellschaft in Cöln ein»
geschickt wurde. Sie enthielt als2ten Satz das bekannte Andantino
E-dur J-Tact aus seiner ersten vierhändigen Sonate — das
Filiale schilderte ein Ungewiller auf dem Rhein — das Ganse
war etwas schwächlich. Dennoch wurde der alle fidele Herr
mit Acclamation als einer der beiden projeclirten Nolhhelfer
angenommen lind 2 ur persönlichen Leitung seiner rheinischen
Sinfonie eingeladen. — Grössere Debatten entstanden über sei-
nen zu formirenden Zwilling. Wer sollte es sein? Richard
Wagner halte zwar schon soint drei bestell Werke, 1842 den
fliegenden Holländer*), 1843 Rieozi, 1845 Taooliäuser geliefert,
aber noch nicht verklärt durch des Strahlenglauz der Dresde-
ner Barrikaden gedachte man seiner nur als eines kühnen
Wilderers aut dem Gebiet der dramatischen Muse; mein lieber
Schüler Robert Schumann, zu jene# Zeit auf der Höhe seiner
künstirrlaufbahn, war anerkannt ein so unfähiger Dirigent, dass
von ihm keine Rode sein durfte; und ein anderer deutscher
Componiet wurde erst 20 Jahre später von dem (jetzt verstor-
benen) Professor Bischoff für den grössten Mann seines Jahr-
hunderts erklärt, kouote also damals noch nicht berücksichtigt
werden; was aber sonst im Valerlande an Celrbritllen vor-
handen war, erschien entweder für Cöln bereits abgenutzt
oder noch immer nicht celebrilätisch genug, um de» Schatz-
meisters Säckel tu füllen, um so mehr, da wir uns doch ge-
stehn mussten, dass Onslow ei^ecillich nur für den feineren
Musikkenner, nicht für das grössere Publikum berechnet war.
So hass sich denn vurnusschu, dass mein Lieblings wünsch,
Spoutiui nach 15 Jahren in veränderter Lebensstellung und ge-
*) Der fliegende Holländer war zuerst von Spohr in Kassel
«ufgeführt worden; ihm folgte (22. Mal 1843» die Rigaer Oper
unter meiner Dlrection, als das zweite deutsche Theater, welche«
ihm bereitwillig die Wage bahrte.
,gle
rsiftercm Alter wieder begrünen tu können, leicht erfüllt wer-
deo dürfte. AU ich daher den hierauf bezüglichen Vorschlag
machte, erhob sich durchaus kein Widerspruch, deuo Niemand
UUigoete, dass die Erscheinung eine» so hervorragenden Mau-
nee, der noch obeneiu durch »ein barte« Schicksal doppelt io-
tereaairsn musste, das« «in« solche Erscheinung allgemein«
Thetlnthm« erwecken würde. Aber uuo euUtnuden Zweifel,
in welcher Weise der Meiater grade am Pfingstfest als Com-
ponist xu iotroduciren sei. Siofooieen, geistliche Canteteu oder
gar Oratorien extelirteo von ihm Dicht; man war also auf die
gross« Oper angewiesen, und das mochte dem oder jenem be-
denklich »ein. todess weun e» sonst heisst „in der Noth lernt
man baten", so hiesa es diasmal „in der Noth verlernt man
beten"; und ich denke, gegen deu heiligen Geist der Kuuat
wurde nicht gesündigt, als man den iweiteo Act der Olympia
für das HaupUtück des Programms am xweilen Tage be-
stimmte. Demgemäss erging die Einladung nach Paris.
Aber nun begann die Schaerereil Spoutini säumte zwar
nicht, sein Jawort xu geben, doch mit dein alleinigen iweiteo
Acte der Olympia wer ihm nicht gedient; er wünschte auch
die Ouvertüre und aus dem ersten und dritten Act «luxeloe
näher bexeichneie Nummern, scilicel alle mit Ausnahme der
Ballefmusik. Davon konnte natürlich keine Bede sein, oder
man hätte Händel, Weber, Mendelssohn und Onslow vom Pro-
gramm streichen müssen. W r ährend das Comite ihm die brief-
liche Coocession machte, vor dem xweilen Act die Ouvertüre
exectitiren xu lassen, kam schon sein zweites Schreiben, worin
der Wunsch ausgedrOckt war, S. Mnj. den König xum Feste
einxuladen und denselben mit dem Volksgesang Borussia und
dem Triumphmarsch xu empfangen. Das arme Cimüte suchte
nach den schonendsten Ausdrücken, um xwei Körbe auf ein-
mal nusxutheilen; denn war schon die exclusive Berücksichti-
gung eines wenn such noch so bedeutenden Komponisten un-
möglich, so erschien unter den damaligen Zeittimsländen eine
Einladung an Friedrich Wilhelm IV. xu solcher Vergnügungs-
tour nach dem Bhein noch unmöglicher. Aber Spnntiui liess
die Herren gar nicht xur Besinnung kommen. Denn gleich
darauf erhielt das Coftiitö den driften Brief, worin sich der be-
rühmte TonseUer als den einstmaligen Unterhändler »wischen
der Krone Preusseo und dem päpstliche» Stuhle vorskllta.
Zum Beweis ährte er „unter dem Siegel de 1 howeeur et du
eilenee'* <17 Com ite- Mitglieder!) die erste Hälfte eines la leinr-
ech*' o Schreibens, welche« er xur Zeit der Cölner erzbischöf-
lichen Wirren an den Papst erlassen habe; und desshslb wäre
es wohl nicht unangemessen, deo König bei m Pfingstfest auch
noch mit dem „Dumme, snlvum fac regem" iu begrüsseo,
welches er (Spootiui) 1840 xum Andenken der Versöhnung
zwischen Staat und Kirche componirl habe. Die Antwort lau-
tete kurz Uiui bündig „man könu« leider das Programm nicht
mehr ändern; auch wäre es unmöglich, binnen weniger Wo-
chen so viel Orchesierstimmeu copireo su lassen; was aber
die Einladung an Se. Maj. beträfe, as verbiete sich dessen An-
wesenheit iu Cöio durch die geuenwdrtigefi Sitzungen des
Landtages iu Berlin von selbsr." Umgehend erklärte nun Spou-
tini, zur allgemeinen Verwunderung, dnss er gleich noch unse-
rer ersten Aufforderung bereits den König um die Gnade ge-
beten habe, das Musikfosl mit Seiner Gegenwart xu bmhr*o.
Darauf beschloss mau, nicht mehr ufllnell zu antworten, son-
dern aokuüpfead an eine für mich schmeichelhafte Aeuss-ruug
Spoutioi's tu seinem früheren Brief« *) t wurde ich v«raiii«sst,
*) Stomritmr D., bie s iniud dom ma moniere partiealiira da
tradier *# de dertger U» gr ander maeeet soll das Dt mtne nimm fac
regem iustrmneutiren.
ihn von den bavorstebendsn Herrlichkeiten möglichst apeciell
in Krönte) iss su satxen, damit er über die xwaosig schon an-
gsinrUelea Co u Ire bisse alle« Ander» im Stich liess«. m* Der
nächste Pariser Brief, ata Antwort auf meinen ausführlichen
Vorbericht vom 28. April, war dstirl deu I. Mai und unter-
schrieben „votre eervante C. Spaniern, comteeee de St. Andren“.
Sie meldete mir darin, dass ihr Gemahl sich mit dem „Insti-
tut" nach den Tuillerien habe begeben müssen, um dem König
L. Philipp zum Geburtstags xu gratulireo; das« er aber, um
keinen Augenblick xu verzögern, sie beauftragt habe, das Co-
tnile xu bitten, sich von Berlin die geschriebene Partitur dar
Olympia, „Iu eeule abaaimment ex acte 11 , xu verschaffen, da er
aus gestochsoen Noten nicht dirigireo könne; gleicherweise
von dorther auch den Volksgeaaug und den Triomphmaracb.
So musste deuu alsu die Gattiu nochmals eins bereite ab-
gelhaue Sache in Anregung bringen; doch konnte weiter
keine Rücksicht darauf genommen werden. Wir ersahen aber
aus der ganzen Verhandlung, welch eu Warth Spoulioi darauf
legi«, mit dem von ihm gekränkten Monarchen wieder persön-
lich xusammensutreffen, und ich werde in meinem Schlusearti-
kel nochmals darauf xurOckkommen. — Am 11. Mai achrieb er
selbst an mich und fragte no, ob das Comite auch Einkdun-
geu au eiuig« Schriftsteller habe ergeheo lassen „um Europa
Rechenschaft von dem Cölner Festival zu geben". Er bittet
•ine solche an ,/ excellentueime Air. GatHy" nach Paria zu
adressireo, der mit Vergnügen kommen würde, in dar sichern
Voraussetzung, „de Irourer ln bae uh lit et untreu*'. Er selbst
kündigt »»me Ankunft für deu 18. Mai ati uod wünscht noch
au demselben Tage ,A* je ne »er am pae brit e du voyage** eine
Probe mit den Solisteu am Piano zu machen. Uoter demset-
Ueu Datum erhielt ich vier Stunden später von Medamo Sp.
einen Brief, worin sie für die von Herrn Comincrzieoralh D.
ihrem Galten augebotene Wohnung iu deaseu Hause dankt,
weit nichl nur sie, wie immer, den Maos auf Reisen begleiten
würde, sondern dieemal auch ihr Bruder Ererd nebst Frau.
Cousine und zwei Duntesliken; dagegen bittet die Familie um
Bestellung eines passenden Logis in rioem Gaslhofe ersten
Ranges mit Aussicht auf den schönen Rhein, „dune « la quelle
neue lenone beaueoup" und später nochmals „Mr. Sp. timt
abeolument a la vue du Rhen“. Ea wurde Alles ertültt, was
gewünscht war: Partitur und Orcheelerstimmeo aus Berlin ver-
schrieben, der Xeoophon aus Paris eiugeladeii und das Quartier
io Cölo bereit gehalten.
So nahten die Festtage heran und Spontrni traf pünktlich
am 18. Mai bei ans em. Ich fand ihn sehr verändert und xu-
satnaiengefallen. Früher wollte ich darauf schwören, dass,
weun er im Civilrork auf dar Parade erschienen wäre, eile
Gefreiten nod Feldwebel mditairixh salutirt hätten, weit sie ihn
für einen verkleideten General halten mussten. Davon konnte
nicht mehr die Rede seio. Haltung uod Gang waren gebückt
und geknickt, deou die Berliner Üataslruphe hatte ihn iu sehr
angegriffen; nur das Auge sprühte auch immer Flammen, uod
der wildeste Paukenschläger wäre verstummt, wenn ihn mitten
im rasende« Wirbel ein drohender Blick dieses Auge« getroffen
bitte. — Da Alles bereit« seit Wochen sorgsam einsludirt war,
sw hatten wir nur eine Bohiprebe am Piano und twei vollstän-
dige KiiNeaibleprobru mit Orchester an gesetzt. Es zeigte sich
«her schon in der Probe mit dem Sulopersonal (Fräulein Emma
Babnigg, j**te* Fra« Dr. .Wampe in Wien — Frdolem Sophie
Sehhie«, jetzt Wittum Guhran in Hamborg — Herr Ernsf Koch,
Fürsll. Sonderst». Kammersänger und Geeanglehrer iii Köln —
KauteMMu Mir »ul Domonl Fierf — Herr Thelen, später Hof-
•petnsönger iu Braun* cfcwei fff), das« Speoliui schwerlich noch
im Stande «ein würde, ein Total von 786 Peraoneo (Chor Ö22,
Orchester 104, darunter 64 Geiger, 24 VkdnncelKslen und 20
Gontrabasatelen) als Dirigent tusammenzuhallen. Cr mochte
zwar noch von der Reis« angestrengt sein} aber dass er »ich io
seiner eignen Partitur nicht mehr zurecht Huden konnte, machte
auf mich, der iho in seiner BtOUienseit gekannt, einen recht
wehruüthigen Eindruck. Am sichersten bewegte er lieh auf dem
Terrain, wenn er den Miiwirkenden ihre darzustellenden
Charaktere exponirle; dann war er noch immer wie
früher (und wie es jeder tüchtige Operndirigent »ein
müsste) dramatischer Vorleser und Singer, der zugleich die
Kuoat der Mimik besass und sich nicht genirte, eie gehörigen
Orts ansuwonden. Die eben aus dem Pariser Conservetoire
xurOckgekahflo Babnigg, io deren Adern Theaterblut floss, fand
es daher ganz nätörlich, als Spontioi ihr begreiflich machte,
dass Ameoaia-Olympia ein kindlich-schüchternes Wesen sei,
die einer so königlichen Erscheinung wie Statira gegenüber
kaum zu athmen wage; dazo stellte er den General-Musikdi-
rector bei Seite, machte sich ganz klein, uud das Köpfchen
seitwärts gedreht, sagte er mit der Miene jungfräulichster Un-
schuld im gebrochene» Deutsch: ich bin ja so ein arme Kind,
ich weiss ja nicht, wer mein Mutt ist u. s. w. Aber Sophie
Schloss, die mit ihrer wunderbar schönen Stimme und Gesangskuost
doch immer wieder in den kälteren Oratorieoslyl zu verfallen
drohte, sie fuhr enlselzt empor, als er sich ihr gegenüber rie-
senhaft auszudehnsn suchte und die Augeo weit aufriss „denn
Sie sei» die Frau von dem gross Alexandre, und jeist sein Sie
dem Mord auf die Spur und verfluch den Caeaandre, wed Gr
ia gewees der Mörd“. Mit den Männern gab» nicht viel zu
verhandeln ; Ernst Koch , früher schon auf dem Theater hei-
misch, hielt sich daher freier im Vortrag als die beiden Kam-
mersängerinnen; der treffliche Michael Oüniont hätte jeden Au-
genblick mit Erfolg die Bühne betreten können, und Thelen
brachte zum Hierophanten nicht bloss die mächtige Stimme,
sondern auch ein für Spootioi selbst im Concert wobllbuende*
Längenmass mit. Nach diraer ersten nur sweislOndigen Probe
war aber der damals 63jährige Maun so erschöpft, dass wir
ihn vom Orchester (die kleine Versammlung halle auf dem
Gürzenich alallgefunden) herabführen mussten in den Saal, wo
er sich an der Seile seiner, liebenswürdigen, um ihn särtlich
besorgten Gemahlin erst lange Zeit erholte, ehe er den Rück-
weg au trete» konnte. Für die nächste grosse Probe hatte mich
Spontini gebeten, eine halbe Stunde vorher mit ihm auf der
Orchester-Estrade das Üirigenlenpult zu „ examiner Ks stellte
sich denn heraus, dass keines von allen vorräthigen Pulten
seinen Ansprüchen genügte; Bauart, Format, Ständer, Schieber,
Beleucht uugsapparat — altes an solcher Holtmasehine Erdenk-
liche sollte geändert werden, eben so der Tritt u. s. w. Na-
türlich notirte der mit uns anwesende Herr H. als Mitglied der
betreffenden Abtheilung des Cf»mil6s alle diese Wünsche, um
sie möglichst rasch realisiren zu lassen. Aber die Sache un-
terblieb. Denn nachdem Spontini dem gesammlen Personal
vorgestellt uud von demselben mit Jubelruf empfangen worden,
und nachdem er die Ouverlur«, welche zu seiner grossen Zu-
friedenheit gespielt war, dirigirt hatte . . . trat er vom Pult
zurück, übergab mir den Tactstock und erklärte, dass ihn vor-
aussichtlich seine Kräfte bei fortgesetzter Leitung so zahlrei-
chen Personals verlassen würden; er fügte noch einige freund-
liche Bemerkungen über seinen Nachfolger hinzu, und nahm
daun Platz zwischen den briilco Soiosdngerinaen. Diese Posi-
tion hielt er auch während der Aufführung inne, und verlies»
sie nur nach jeder mit eolhusiaslischem Beifall aufgp»orom«»H?n
Nummer, um durch Verbeugungen dem Publikum seine« Dank
nuszudrücken. Der immente Erfolg, den sein Meisterwerk bei
dieser Gelegenheit fand, hatte ihn sichtlich gehoben und ge-
stärkt; und wenn er auch weibisch zaghaft und zitternd —
zum grossen Gaudium Onslow's — im Nachen ssss, als wir
«ach Qberstandenem Fest auf einer Luslparthie in Rolandseck
den Rhein befuhren, ao machte er doch mit vielem Behagen
alle für die hohen Gäste arrangirien Vergnügungen mit, und
verslieg sich in Schloss Brühl sogar zu einer halb humoristi-
schen Tischrede. — Bei'tn Abschied übergab er mir vier Exem-
plare der ihm zu Ehren bei Gelegenheit des Hallenser Musik-
festes (1829| geprägten und mit seinem Brustbilds geschmückten
Medaille, und twar „teile qui ett diatmete" (galvanisch vergol-
det! für mich und die drei andern „an nom de $on emitii , de
aa gratitvde et de ea eonfratemiU'' für die Directoren des Festi-
vals, für dio musikalische Gesellschaft (in welcher die Orche-
sfer-Vorproben stattgefunden heften) und für die Uederlafel,
welche ihn zu ihrem Ehrenmitglied ernannt hafte. Daa hiezu
gehörige Schreiben begann mil den Worten „O Voua, tri e . . , . .
Kape/meieter de la tri» fametue hutoriqur ville de Coloffne 41 . er-
goss eich dann in Lobeserhebungen über Leitung und Gesammt-
leistung, und schloss „Leben sie wohl, alle meine Herren, und
vergessen sie nie Ihr gehorsamer, herzlicher und tont devuui
Spontini“. (Schluss folgt,)
Journal-Revue.
Die Allg. Mueikztg schliesst den Aufsatz „Leber Händel»
Orgel * Concerte". — Neue Zeitschr. f. Mus.: Schluss der Bespre-
chung der Müller'achen Broschüre „Die Meistersinger“, Kritik über
ZopITs „Grundzüge einer Theorie der Oper“. — Die Signale bie-
ten eine Uebersicht Ober die in der Saison 1868— 69 ataltgebab-
ten Leipziger Gewandhaus - Concerte. — Srtdd. Musikzlg. : Ein
Concerlmeistcr des vorigen Jahrhunderts.
Der Mencstrel enthält einen höchst anerkennenden Aufsatz
über den soeben erschienenen ersten Baud von Hätte* „Histoire
generale de la musique“.
Nachrichten.
Berlin. Herrn Hofkirehenmusikdirector Dr. Emil Naumann
tet das Prädicat „Professor“ verliehen worden.
— ln der Charwoche fanden 4 geistliche Concerte statt.
Die Singacademie brachte am Palmsonntag Baeh’s Matthäus-
Passion, Herr Professor Schneider am 24. Gratin's „Tod
Jesu“, am Chsrfrettag endlich führte der Sehnöpfsehe Gesang-
verein sowie auoh die Singacademie das letzterwähnte Werk auf.
— Am 27. d. fand in der Garnisonkirche ein Concert zum
Vortheil des Johauuisstitt unter Directton des Herrn Kapellmeister
Radecke und Mitwirkung der Damen Frau Jachtnann und
Fräulein Kotzolt, des Herrn v. Saldern sowie des Kotzolt-
sehen Gesangvereins statt. Das Programm war ein sehr reich-
haltiges, die Ausführung eine wohlgelungene.
— Am 17. d. wurde das zwanzigjährige Bestehen des
Kotzolt’schen Gesangvereins durch ein Festmahl im Arnim-
sehen Saal gefeiert, an dem sich ausser den Mitgliedern anoh
viele Freunde desselben bethelligtcn. Schon am Abend vorher
wurde Herr Muslkdirector Kotzolt durch ein Ständchen über-
rascht, das ihm die männlichen Mitglieder seines Vereins brach-
ten; noch mehr steigerten sich die Ueberraschungen am Tage
der Feier selbst. Zu lebenden Bildern, die auf das Geschmack-
vollste gestellt waren, saug der Verein unter Leitung des Herrn
Musikdir. v. Hertz borg und des Herrn Schwantzer mehrere
seiner schönsten Lieder; dann begann das Souper, das in dar
heitersteii und gemOlhiichsten Weise verlief.
111
C'MseL Concert de« Königl. Theaterorchestera: Crucifixu«
von Lotti, Passacaglia von S. Bach (instrumentirt von Esser)
und Requiem von Mozart.
Cölt». Concert de« Bacbvoreiu unter Leitung dea Herrn
Professor Rudorff: Präludium in C * moll für Orgel, Cantate:
„Harr, gehe nicht iu’s Gericht“ und Arie „Erbarme Dich“ hur
der Math Aue- Passion von Bach, Crucillxus von Lotti, Arie „Ich
weis*“ au« dem Oratorium „Messias“ von HAndel und Cantate
„Gottes Zeit“ von Bach.
Düsseldorf. Da« zu Pfingsten hier slaUündende Niederrbei-
nische Musik fest bringt am «rsteu Tage HAndel's „Joaua“, atn
zweiten Magnificat von Bach, Frühling und Herbst aus den .Jah-
reszeiten“ von Haydn und Lobgesang von Mendelssohn. Am
dritten Tage findet da« Künstlerfest mit Sololeiatungen statt. Als
Solisten werden mitwirken die Damen Soll an«, Joachim und
die Herreu Joachim, Vogl und Searia. - — — • "
Hamburg. Me Quartett - Unterhaltung der Herren Lee und
Böie etc.: Quartette R-dur von Haydn, Es-dur von Mendelssohn
und Cis-moll von Beethoven. — Achtes Abonnementconeert der
Singacademie: Cantate „Bleibe bei uua“ von S. Bach uud Brahms*
„deutsches Requiem“.
Leipzig. Am Charfreitag fand die alljAhrige Aufführung der
Barh'schen Matthäus-Passion unter der Leitung des Herrn Kapell-
meisler Reinecke statt. Die Ausführung war eine wohlgelun-
gene, (len erhabenen Intentionen de« Componistcn gerechte.
Von deu Solisten: die Damen Flinsch (Sopran) und Hüfner-
Harken (Alt) sowie die Herreo Schild (Tenor) und Bebr
(Basal zeichneten sich namentlich die beiden letzteren durch
ihren vollendet künstlerischen Vortrag aus. Noch zu erwäb-
nen ist das vorzfigliche Spiel des Herrn Coneertmeister David
in der von obligater Violine begleiteten Sopran-Arie.
Vtalnz. Der Grossherzogi. Comroerzienrath und Bürgermei-
ster hiesiger Stadt Herr Franz Schott, Chef der Musikalien-
Verlagshandlung B. Schott s Sühne, ist vom Künig von Baicrn
durch die Verleihung des Ritterkreuzes I. Klasse des Verdienstor-
dens vom heiligen Michael ausgezeichnet worden.
pu«r Manchen. Zweites Abonnement- Concert der musikalischen
Akademie: Eine Faust-Ouverlure von Wagner, Scene und Arie „Ah
perfldo“ von Beethoven, Ouvertüre über „Ein" feste Burg“ von Raff,
Lieder von Schubert, Triumph marsch aus „Julius Cäsar* 4 von Bülow
und Sinfonie C-dur mit der Schlussfuge von Mozart — 3. Kammer-
mnsik-Solriie der Königlichen Musikschule: Trio Op. 11, B-dur
vou Beethoven, Italienisches Concert von Bach (Herr v. Bülow),
Sonate für Clavier und Violine in K-dur von Bach, Duo für Cia-
vier und Clarinette Op. 4# von Weber, Trio Op. 7, C-iuoll von
Sahr — Vierte Soiree der Königlichen Vokalkapelle: „Stabat Ma-
ter“ von Palestrina, Adoramus von Roaelii, Ave Maria von Area-
deft, „Vom Leiden Christi“ von Eecard, Arie aus „Josua“ von
HAndel, Motetto von Bach, AHengliscbes Madrigal vou Ward, Zwei
altdeutsche Lieder von Meyland und PrAtorius, „Gott in der Na-
tur“ von Schubert, drei Romanzen von Schumann und Hymne
für Sopransolo von Mendelssohn.
Prag. 3les Concert des Conservaloriums unter Mitwirkung
des Harfenvirtuoscn Oberthür: Symphonie iu Es-dur vou Bruch,
Finale aus „Der häusliche Krieg“ von Schubert, Concertino für
Harfe vou OberthQr, Präludium und Fuge für Streichorchester von
Mozart, Soli Tür Harre von Obertbür und Ouvertüre „Aladdin“ von
llornemann. Herr OberthQr erzielte mit seinen virtuosen Vorträ-
gen reichen Beifall.
Hegensberg. Am 12. Mlrz fand hier die Aufführung des
„Weltgerichts“ von Friedrich Schneider statt. Mit Recht hat 0.
Gumprcchl gesagt: „Wie gross der Fortschritt ist, der sich im
„Paulus“ von Mendelssohn vollzogen, springt recht io die Augen,
vergleicht man nur das Mendelssohn'sche Oratorium mit dein
„Weltgericht“, das bei aller Tüchtigkeit des Satzes nirgends üb«r
eine sehr beschrankte, echt spiessbürgerliobe Sphäre religiösen
Denkens hinauakomm!“. Das gilt vom Texte wie von der Musik.
Zweireit man noch im ersten und zweiten TheUe, so glaubt man
um so fester daran im dritten. Zwar gaben das Soloquartett
„Doch die auf ihn vertrauen“ tp. 14 der Partitur), ja die meisten
Sologesänge des ersten und zweiten Tbeiles (z. B. „Leicht ist
das Grsb den Frommen“) Belege genug; dagegen sind manche
Chöre, wenn auch nicht geuial, doch so urkriftlg, dass mau
Freude daran haben kann. Allein int driüeu Thcile sinkt dem
denkenden Hörer der Mulb, an Scbneider'a Unsterblichkeit zu
glauben. Schon das Duett in No. 17 (p. 192), besondere aber
No. 29 und 24, stehen so armselig iu Terzen und Sexten, sind
so leer an tieferen Gedanken, ja an tüchtiger Arbeit, dass sie
trivial werden; -Geige. Flöte, Clarinette coneertiren dabei, als
wenn es sich um eine süddeutsche Messe handelte. Wir sind
so sehr gewohnt, das Oratorium als religiöse Musik aufzufassen.
dass der gemiUhvolle Ländler No. 25 uns anwidart. Schneider
scheint dabei an die zehntausend Jungfrauen der St. Ursula, die
etwa ihre Freude in „Hopsasa“ los lassen, und an die kräftigen
Bilder der Bibel gedacht zu haben. Einige wenige Stellen machen
eine Ausnahme, z. B. in No. 23. Da der Text der Chöre, nur
den Sinn in den beiden ersten Theilen vielfach entfallenen wie-
derholt, so wird auch der Componist müde; die Schlussfuge
entschädigt nicht. Der dritte Theil zählt 14 Nummern, die bei-
den ersten zusammen sechszehn. Trotzdem missbillige ich die
Aufführung des Oratoriums nicht Es hat etwas Volksthümliehes,
einen derb realistischen Zug, wie Papa Haydn, und wenn Fr
Schneider auch nur sein Nachtreter ist so muss man doeh wün-
schen, da« Publikum möchte nicht mit schlechterer Kost genährt
werden. Weit über das bei uns Gewöhnliche uud Gebräuchliche
hinaus erhebt sich Schueider uud das rechtfertigt die Aufführung
des „Weltgerichts“. Die Aufführuug unter Direction des Herrn
Dom-Organisten war gelungen, besonders die Chöre, die in den
hiesigen Studienscminarien eine ausgiebige Stütze finden. Die
Soli Hessen aämmtlich zu wünschen übrig, wenn sie auch nicht
gerade den Eindruck störten. Am besten sang Fräulein Stöhr
die kleine Partbic der Eva. Früher hielt man Ein Oratorium
jährlich für genug; heuer haben wir zwei; ein Fingerzeig, das«
bei gutem Willen Aller hier mehr möglich ist, als man bis-
her glaubte.
Basel. 10. Abonnementconeert: Suite No. 5 yon_ Lacbner.
Cello-Concert von Schumann (Herr de Swert), Ouvertüre zu
„Medea“ von Cherubim, Arie und 2 Gavotten Tür Cello von S. Bach.
Juhelouverture vou Weber etc.
Pari«. Auber's „Erster Glückslag“ hat im verflossenen Jahre
an der komischen Oper lOti Aufführungen erlebt.
— In einer seiner Privatsoireen hat Vieuxtemps eine Fanta-
sie über „Faust'- eigener Compoaition gespielt und damit atOr-
miseheu Beifall hervorgerufen. Das brillsnte und dankbare Stück
wird der Componist der trefflichen Violinspielerin Fran Norman-
Neruda zueignen. Vieuxtempa beabsichtigt, sich nach Amerika
zu begeben, um dort zu coneertiren.
Venedig. „Don Carlos“ von Verdi wird mit dem grössten
Elfer einstudirt, so dass die erste Aufführung binnen Kurzem
zu erwarten ist.
Petersburg. In dem Verlage von Jotti ist ein vorzügliches
Unterrichtswerk erschienen: „Methode clementaire de musiqut
et de Piano“ von Brasseur und Joltl. Adolph Henselt hat da«
Verdienst desselben durch ein sehr anerkennendes Schreiben
an den Verleger gewürdigt
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Dfftmetlf*. lteyetbcer's „Afrikaneri» 44 QM hier eine eftlos«
«als Zugkraft aus, Zu jeder Aufführung dieser Oper ist ein un-
geheurer Andrang, der Beifall des Auditoriums stets ein enthu-
siastischer.
Brüssel. 3. Goucert des Conservatoriums: Ital. Sinfonie von
Mendelssohn, Flöteneoneert von FAtls, Ouvertüre tu „Anaereon“
von Chenibinl ete.
Antwerpen. Gounori's „Königin von Saba** ist hier am
TfrAAtr« royal in Scene gegangen, vermochte aber keinen Erfolg
m erringen.
Lüttich. Auber’a „Erster Glftekstag 44 ist am 15. d. unter all-
gemein günstiger Aufnahme in Scene gegangen.
Amsterdam. Concert der Felix meritis: Symphonie pasto-
rale von Beethoven, Coneert-Arie von Hol, Claviereon cert in
^jEg-dur von LisgU.Fria lein M en ter) etc.
Novaseadong No. 3
von
B. Schott'« Söhnen in Mainz.
Tktr 8fr.
Brunner, C. T. 3 kleine TonatQcke Ober Motive der
Oper „Die Meistersinger von Nürnberg 44 . Op. 490.
Heft 1 bis 3 % 4 — 18J
Bölow, H. von. Quintett aus „Die Meistersinger von
Nürnberg“. Paraphr. —
Kelterer, E. „Uü Ballo in M.**, Fantaisie br)H., Op. 841 — 20
Schubert. C. Les Confldences, Valses, Op. 846 . . , — 10
— — La belle Bavaroiae, Valae, Op. 347 -—10
Wagner, R. „Die Meisters, v. Nürnberg", Vorspiel . . — 16
WollT, Ed. 3»* Impromptu — 22 1
Beyer, F, Revue melodique a 4 mein», Op. 112.
No. 56. „Die Meistersinger von Nürnberg 44 . . — 17|
Herz, H. La Favorite, Fantaisie brilL, Op. 182 4 4 ms. — 25
Gregolr, J. tfc Leonard, H. „Die Meisters, v. N. 44 , Duo
pour Piano u. Violon, (86. Livre de Duos) .... 1 —
Kelterer, E. 4 Hermann, A. Duos concertans sur
des opäras de Verdi pour Piano et Violon. No. 8.
„II Trovatore 44 . No. 4. „II* Ballo in M.“ .... 4 1 —
Greg o Ir, J. e4 Serval», F. „La Traviata 44 , Duo pour
Piano et Vio. (21. Livre de Duos) 1 —
Hcbols, B. Trio in E-moli für Piano, Violine u. Cello,
Op. 26 2 12*
ObtflhOr, Cb. Martha, Fant p. Harpe et Pfte., Op. 56 — 25
Eugenia, Etüde caract p. Harpe, Op. 92 ... — 20
Golfermaun, O Hymne de l'op. Medee de Cberubini,
pour Violon et Cello avec Piano et Orgue-Mel. ... 1 —
— — Walther s Lied aus „Die Meistersinger von Nürn-
berg“, f. Cello mit Harmonium oder Piano .... — 10
Eaeer, H. 6 Lieder f. 1 Singst mit Piano, Op. 77 , . 1 —
U ILIrr, ¥ FrOhiiogsnacht für 4 Solostimmen.
(Sop., Alt, Ten., u. Bassi mit Orch. Op. 180, Partitur 1 5
Orchesterstimmen 2 24
Clavierausmg und Singst 1 5
Lach per, Frans Ave Maria für eine Altstimme mit 2
Violen, 2 Gellen und Coutrabaae od. Orgel, Op. 138 . — 15
naa*i«ger, Ed. 8 Lieder für Minnerchor — 80
Speidel, W. 5 Lieder f. Sop., AH, Ten. u. Bass, Op. 29 — 224
Vllegb, C. C. A. de, Tantum ergo f. Sopran, Alt, Te-
nor und Bass mit Orgel — 10
Kretschmer, Edm. Messe 4 3 voix d'hommes avec
Orgue (lateinisch) 224
Loebmann, Jos. „ „ „ 2 24
Cborop, .Y „ „ * 2 21
Wagner, R. „Die Meistersinger von Nürnberg“, Oper
in 3 Acten, Clavierauezug zu 3 HAnden . . . . n. 6 274
Rotterdam. In der Oper wurden „Figaro’« Hochzeit, Frei*
sehülz, Fidelk» und Lohengritf 4 gegeben, letztere Oper In be-
friedigender Weise, wie früher. — Das letzte Concert der „Ero-
dilio Musica 44 fand am 11. unter Mitwirkung der Pianistin Friul.
M ente r statt, welche «Ich elwer sehr ehrenvollen Aufnahme zu
erfreuen hatte. Die junge Künstlerin spielte Beethoven'« Es-dur-
Concert und Stücke von Chopin und Rubinstein vorzüglich. Da«
Orchester führte Cherubini’s Anacreon-Otrverture und die C-moll-
Sinfonie von Beethoven aus. — Unser thfltiger Organist, Herr
Lange jr. hat am 4. d. seine letzte Kammermusik-SotrAe gege-
ben. Das Programm enthielt Quartett io D - dur von Mozart,
Kreutzer-Sonate von Beethoven, 9te» Trio m G-moll von Schu-
manu und Concert für 2 Claviere in C-moll von Bach.
Uoter Verantwortlichkeit von E. Book.
Verlag von A. II. Payne in Leipzig.
J aoLLSon’«
Finger- und Handgelenk-Gymnastik.
Zar Aoablldang and Stärkung der Muskeln, für mssikaliache. se*
wie für technische und medlcinische Zwacke.
Bll 33 Abbildauge n.
Eleg. broschirt, Pr. 15 Sgr.
Aussprüche von berühmtes Künstlern.
Herr Dr. Th. Kullak, Kgl. Professor und Director der Academie
der Tonkunst in Berlin.
Da ich Gelegenheit hatte, Ihre Finger- und Handgelenk-Gym-
nastik von meinen Schülern anwenden zu lassen, so kann ich
mit voller Ueberzeugung aussprechen, dass es niohls Einfache-
res und Praktischeres, nichts Vorzüglicheres für Entwickelung
von Muskelkraft, Gelenkigkeit utod EUsticiUt geben kann, als die
von Ihnen gebotenen Mittel. Die Resultate haben mich iu der
Thal überrascht. Indem somit mein Daok nicht eine leere Hüf-
lichkeitssprache, sondern aufrichtig und mit voller AnerkeonuDg
Ihres Verdienstes von mir abgestattet wird, spreche ich gleich-
zeitig den Wunsch aus, das« es Ihnen belieben möge, eine An-
zahl Exemplare bei irgend einem der hiesigen MusikhAndler zu
deponiren, um Musikbeflissene in den Stand zu aetzen, sieb die
gedruckte Anleitung zu kaufen. Ich werde meinerseits Alles auf-
wenden. um für die Verbreitung Sorge zu tragen.
Herr Kgl Geheimrath Dr. Be h read in Berlin.
Es gereicht mir zum besonderen Vergnügen, Ihnen zugleich
Im Namen der von mir prAsidirten hiesigen Gesellschaft für Heil-
kunde den verbindlichsten Dank für Ihren interessanten Vortrag
Ober Finger- und Handgelenk-Gymnastik auszudrücken. Es un-
terliegt wohl keinem Zweifel, dass der Gegenstand sowohl für
technische und pSdogogische, als auch für Heilzwecke von gros-
ser Beachtung ist. Für die beiden ersten Zwecke füllt „Ihre Me-
thode eine bisher obwaltende Lücke unzweifelhaft** aus. In Be-
treff dev Heilzwecke werden Sie sich bei Ihren wiederboHen Be-
suchen des in meinem gymnastisch - orthopädischen Institute
beftndlicheu Kuraaals überzeugt haben, dass ich bei Verkrümmun-
gen der Finger und Baud, bedingt durch Rheumalhiamus, Läh-
mungen, wie bei Schreibekrampf, neben den übrigen Hilfsmitteln
der Kunst, auch eine speeialisirte Gymnastik der betreffenden
Theilo anwende, und ich werde mich freuen, wenn auch ihre
Bemühungen dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der Aerzte auf
die Hebungen der Finger und der Handmuakeln mehr und mehr
zu lenken und ihren Werth xnr Geltung zu bringen. Wenn auch
die Heilgymnastik im wahren und richtigen Sinne de» Wortes
nur von Aerzlen selbst eine rationelle Anwendung Huden kann,
so bleibt doch auch schon die technische Vervollkommung und
Verbreitung, wie Sie sie speeieil für die genannten Tbeile ange-
angestrebt haben, eine anerkennenswerte Sache.
Zu beziehen durch jede Buch-, Kunst- und Musikalienhandlg.
Vorlag von Eä. Bote ä 6. Bock (1. Book), Königl. Hufmaaikhandlung in BerKn, Französische Str. 33*. und U. d. Linden No. 27.
Druck res C. P. S.-hmidl in Berlin. Unter den Unrfen Na. IC
Will. Jahrgang M 14.
V«ib di»*»r Z* 4 b*% triebein I wiVrhentlieil
«in« Nonntr.
7. April 1869.
Zu beziehen durch:
WIM. Spin.. R»li.(.r
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BERLINER MUSIKZEITIJNG
Hegründel von
unter Mitwirkung theoretisclier
Gustav Bork
und practischer Musiker.
BeMlellanaen nehmen an
iu Berlin: L Bote & G. Bock, Fr«ozÜs.Str.33e,
U. d. Linden No. 27, Posen, Wllhelmstr. No. 21,
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werden unter der Adresse: Redaction
der Neuen Berliner Musikzeitung durch
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dem Musik-Verlnge von Ed. Bote dt 8. Book.
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Inhalt. Hu
. — Barlin. Revue. — Correapo mimten an* Cola. Pari» und Wien. - FrqilMo«: Ana meinem Lebe« (Erinnerung an Spontiui. V ) vo«
IL Don (Sehloaa) — Jeurnal-Havtaa. - Naefarirfatas. -
Recension.
Widtunnn. Benedict. GrundiOge der rousikaliachenKlmig-
lehre. Für Musiklehrer, Schüler und jeden gebildeten
Musikfreund leicht fasslich dargeslellt Leipzig, 1868.
C. Merseburger.
Die musikalische Klnnglehre ist ein Feld, welches von
den Musikireibenden io der Regel gnr nicht oder doch nur
in sehr beschränktem Maasse berücksichtigt wird. Es ist
keine Frage, dass diesen, wie allen physikalischen Versu-
chen, die sich aur zum Theil langwierige und schwer aus*
zuföhrende Experimente gründen, eine gewisse Vorliebe ent-
gegengebracht werden muss. Dessen ungeachtet isl aber
die hohe Wichtigkeit der Akustik unbestreitbar überall an-
erkannt und die neueren Theoretiker haben daher auch
billigerweise mehr und mehr darauf Rücksicht genommen.
Es ist den Musikern und Musik treibenden aber kaum tu
verdenken, wenn sie sich im Allgemeinen durch die Trocken-
heit. welche den akustischen Lehrbüchern inoewohnt, ab-
schrecken lassen. Diese Trockenheit ist freilich in Folge
der Eigentliümliclikeit des Gegenstandes nur schwer zu um-
gehen. um so schwerer, weil die Untersuchungen oft gar
zu sehr in's Weitschichlige und rein Abstracto sich verlie-
ren, aber sie macht den Gegenstand eben wenig anziehend.
Die Weilschichtigkeit der speciellen Lehrbücher nuPs be-
scheidenste Maasse reducirt zu haben, ist in sofern ein
grosser Vorzug d»s vorliegenden kleinen Buches (168 Seilen
klein-Oclavj, als der Verfasser dabei keineswegs d*r Ver-
ständlichkeit und Klarheit Abbruch geihan hat. Er hat es
trefflich verstanden, das Wichtige und Nothwendige aus den
einschlagendt-n Gebieten nuszu wählen und es in sehr fass-
licher und klarer Weise darzu-tellen. Er hat durchaus
nicht die Absicht, etwas Neues zu bieten, sondern er will
nur AH« diewigen, welche sich dafür interessiren — eigent-
lich ioUressiren müssen — in die musikalische Klanglehre
emführvn. und wir glauben sicher, dass sein Büchlein ge-
eignet isl, auch Lust um weiteren Emgelien in die Sache
zu erwecken. Die Gruppirung dea Inhaltes in vier Theile:
Physiologisches (Ohr und Stimme); Physikalisches
(Schall, Klang, Resonanz und Consonanz, Klangfarbe, Schwe-
bungen und Combinationstöne, Wohlklaug); Mathemati-
sches (Intervalle, System und Leiter, Stimmung, Accorde,
Actordfolge und Stimmführung, Klangdauer) und Aast he-
tische* — zeugt von dem vollen Verständnis;» der Sache
und hat es auch ermöglicht, den trockenen Lehrton, der bei
rein mathematischer und physikalischer Anschauung des
Gegenstandes fast unvermeidlich ist, zu umgehen. Der Lehrer
wird bekannt mit den verschiedenen Ansichten, denen zu den
verschiedenen Zeiten vorwiegend gehuldigt wurde; der Ver-
fasser hat mit grosser Belesenheit die Literatur des Feldes
von M. J. Adlunga Anleitung zur musikalischen Gelahrtheit
vom Jahre 1758 bis auf Hmiptmann und Helmholtz aus
jüngster Zeit zu Reihe gezogen, den Ex'rat herausgezogen
und in seiner angcstreblen Weise tact voll und anschmilioh
verarbeitet. Was von Vielen gewiss dankend anerkannt
werden wird, ist hauptsächlich der Umstand, dass er eich
überall der grössten Einfachheit bedeisMgt, selbst in dem
mathematischen Theil« alle nur dem Eingeweihten verständ-
liche Sachen wie algebraische Formeln u. dgl. vermieden hat.
Da heut' zu Tage eine klare Einsicht in die musikali-
sche Klanglehre fast unumgänglich nolliwendig geworden
ist, um die Theorie der Tonkunst mit Erfolg betreiben zu
können, so ist das kleine Ruch allen Musikern und Musik-
freunden als eine vortreffliche Vorstufe zu einem weiteren
Studium angelegentlichst tu empfehlen.
W. Lackowilz.
Berlin.
Revue.
(KOnigl. Opernhaus.) Die Opern- Vorstellungen der verflos-
senen Woche waren: am 20. März Troubadour" mit Frau
Lueca; am 31. „Lucreiia Borgia* 4 ; am 2. April „Don Juan 4 *
mit Frau Lueca ah Zerline und Frau Röske-Lund, welrhe
fOr die erkrankte Frau Voggenhuber die Parlhie der Donna
Anna plötzlich und ohne Probe übernahm und «ehr verdienst-
14
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14
voll ausführte; am 4. „Fra Diavolo“ mit, Frau Luc ca uod
Herrn Nie mann. — Am 30. März ging das mit Spannung er*
wartete neue Zauber-Ballet „Fanlasca“ in 4 Aden von Taglioni,
Musik von Hertel in Scene und hatte den günstigsten Erfolg.
Die Tendern dieses Blattes gestattet uns ein näheres Eingehen
auf das Ballet selbst nicht und so mögen eich unsere Leser
damit beguögen, wenn wir ihnen berichten, dass „Fantaaca**
ein komisches Zauberspiel ist, mit Phantasie und Geschmack
zusammen gestellt, der leitenden Idee (Sieg des Lichtes Ober die
Finsterniss, des Guten Ober das Böse) nicht eolbehrend, aus-
gerüstet mit dem wunderbaren Apparat an meisterhaften Deco-
rationen (Professor Gropiua), staunen» werthen Masrhinerieen
(Herr Daubner) und prachtvollen CuslOmen. Wir haben es
an dieser Stelle nur mit der Musik zu Ihun und dürfen Herrn
Hof-Cnmpooisten Hertel, dem langjährigen talentvollen Beglei-
ter der Tagl ioni'schen Schöpfungen, unser uneingeschränk-
te* Lob aussprechen; seine diesmalige Composition erscheint
frisch und pikant, in den heiteren Scenen nicht ohne glückliche
humoristische Pointen, alle Nummern aber sind so melodiös,
dass wir den hervortretenden Motiven gewiss bald in Mditär-Mlr-
sehen, Quadrillen uod Potpourris wieder begegnen werden. Dass
die Ausführung des neuen Zauber-Ballets allseitig eine bis in’s
kleinste Detail exacte und überrascheude war, dafür bürgt der
Ruf unsrer Holbühne, deren Leistungen auf diesem Felde ge-
wiss nicht zu übertrefTen sind.
Das Friedrich- Wilhelmslädlischo Theater gab am 1. April
,,Die schöne Magrllone“, Opern-Burleske in 4 Acten, nach dem
Französischen des Cremieux und Träfe u von E. Dohm,
Musik von Offenbach. Das Werk, 1861 unter dem Titel
„Genofeva von Brabant“ hier aufgeführt, erfuhr seitdem in Pa-
ri» eine vollständige Uebernrheilung, und so ist denn die ,,Ma-
gellone“ die Genofeva in neuer und vielfach vermehrter Auf-
lage. Wir es aber mit Umarbeitungen zu gehen pflegt, dass
nämlich manche neue Zulhal ihren Zweck erreicht, manche
aber das Frühere nicht ersetzt, so auch hier. In Paris hat die
Scene der beiden Gensd'ormen (hier Polizisten) Aufsehen ge-
macht, hier weniger, ohne dass wir im Stande wären, Gründe
dafür nnzugeben. Im Ganzen allerdings erscheint die Sage von
der Genofeva zur travestirten Behandlung nicht recht geeignet
und die Autoren haben, um komische Scenen zu liefern, oft zu
Mitteln greifen müssen , welche nicht bei jedem Publikum der
Billigung gewiss sind. Offen bnch’s Musik deckt mit ihrem
Talent, ihren pikanten Themen oft glücklich die Schwächen des
Stückes und gewiss nur einer »o eigenthümlicheu Begabung
war es möglich, dem Ganzen den Mantel des Ansprechenden,
Gefälligen umzuhängeu. Wir (Inden sogar Motive, wie z. B.
Siegfried’» „lat es wirklich neues Leben oder nur Lenzeslust“
u. ». w,, welches durch seine Natürlichkeit und unwidersteh-
liche Verve auflälll und eine andre Stelle verdiente, um sich zu
erhalten. Ebenso sind andere Nummern, wie das Terzett zwi-
schen Drogen, Genofeva und Brigitte im 2. Act überaus an-
muthig, das Finale dieses Acts mit dem gleich in's Ohr fallen-
den Marsch, der Auftritt der beiden Polizisten, das Terzett zwi-
schen diesen und Genofeva. die rytbmisch so bestechende Fa-
randole , das Tyruler Lied, der Jagdehor, alles Zeugnisse von des
Componisten Talmi und Geschick, die im Publikum stets Wie-
derhol und grossen Aoklang finden. Die Aufführung ging prä-
cis. Jeder (hat mit Lust und Humor seine Schuldigkeit ; das
Publikum erkannte das gerno an und zeichnete die Damen Lina
Mayr (Drogau), Renom(Genoleva), KochundPrauas, die Her-
ren Adnlfi (Siegfried), Ne u in a u n (Bürgermeister), Lessinsky
iGolo), Luttmannund M a I h ias(Polizis!cn)durch vielfachen Bei-
lall aus. Die Burleske wurde seit dem 1. April allabendlich wiederholt.
Das von Herrn Leonhard Emil Bach arn laten d. M im
Saale der Singacademie gegebene Concert war nicht geeignet,
ein lebendiges Interesse zu erwecken. Das Beethoveo’ache Quin
tuor für Piano und Blasinstrumente (Op. 16) von Herrn Bach
unter Begleitung der Herren Ebel, Richter, Beding und
Mein her g vorgetrageo, gab demselben keine Gelegenheit als
Pianist besonders hervorzulreteo-, dazu kam, dass der Anschlag
desselben hie und da etwas hart erschien; die Blasinstrumente
waren nicht genügend geübt, um eine Leistung aus eioain
Gusse darzubieten. Eben so erschien uns in dem Chopiu’schcu
Scherzo, H-moll, die Auffassung nicht ganz dem Tonstück ent-
sprechend. Sonst bewies sich in dieser Piece, sowie in den
deux Chansonettes, Op. 92, von Kullak und der Rhapsodie Hoo-
groise (Fis-moll) Herr Bach als tüchtiger Techniker. Herr Con*
certmeister de Ahna trug eine io letzter Zeit mehrfach gehörte
Arie von S. Bach, so wie eine sehr ernst gehaltene Sonate für
Violine von Händel würdig uod »eelenvoll vor. Stall Frau
Franzika Schulz anng Fräulein Euimy Hauschleck die be-
kannte Arie aus Mozarts Titus „parto“ mit Feuer und Aus-
druck. Wir bedauern um so mehr, dass die Klarinettparthie
durch das Pianoforle ersetzt wurde, da die Pianoforlebegleitung
in dieser Piäcc ganz ungenügend erschien. Ausserdem hörten
wir von ihr zwei Lieder von R. Schumann.
Am 3len d. M. gab der Rudolph Radecke’sche Gesang-
verein im Saale der Singacademie zum Besten dea unter dem
Allerhöchsten Protektorat Ihrer Majestät der Königin Augusts
stehenden Lazareth-Vereins ein Concert. Die Helheiligung war
von Seilen des Publikums die zahlreichste, die Ausführung der
einzelnen Piecen eine vorzügliche, der allgemeine Beifall ein da-
her vollkommen gerechl/erligler. Herr Ober-Kapellmeister Tau-
ber! eröffnet? das Concert mit seiner Ouvertüre zu Shakes-
peare’s „Sturm“, welche von der Berliner Symphonie-Kapelle feu-
rig und präcis ausgeführl wurde. — Ein MozarFsches Concert
für 2 Claviem mit Orchesterbegleilung wurde vor» Herrn Ober-
Kapellmeister Tauber! und dem Königl. Musikdirector Herrn
Robert Rad ecke vortrefflich ausgeführt. — Den Schluss bil-
dete Beethoven'» Missa in C, lür Chor, Soli und Orchester.
Die Soli waten von der Königl. Hofopernsängerin Fräulein
Börner, Fräulein R. Baum, dem Königl. Domsinger Herrn
Preiss und Herrn Putsch übernommen und verdienten io den
nnmuthigen Soloquartetten, insbesondere in dem „qui Udlis“
und dem „benediclus“ mit Chor den ihnen am Schluss reich-
lich gespendeten Beifall, durch reine Intonation, sauber« Aus-
führung und ausdrucksvollen Vortrag. Insbesondere zeichnete
sich Fräulein Börner durch vollendeten Vortrag aus. Für die
Wahl dieses Beelhoven’sehen Werkes, das, wie sehr es oft
nuch von den exclusiven Verehrern des Beethoven in der letz-
ten Periode, also der grossen Missa solemuis, als misslungen
angefochleii worden i»t. da, wo es so wie hier zur Aufführung
gebracht wird, des entschiedensten wohllhuendaten Eindruck»
gewiss ist, verdienen die Unternehmer des Concerts den Dank
des Publikums. d. R.
Correspon (lenzen.
Cöln, 20. März.
— M.— Das zehnte und letzte Ahonoementsconoert hat
manche künstlerischen Fehltritte seiner Vorgänger wieder gut
gemacht. Dasselbe brachte Händel'.* „Messias“ vou Mozart und
Hiller zurecht gelegt und vollständig aufgefübrt mit Ausnahme
von sieben Nummern, welche auch beim letzten Musikfeste aua-
Relen. Dass man in einzelnen Punkten von der Mozartflohen
Redaction abwich und z. B. das Lied „Erwacht zu Liedern der
15
Wounc“ dem Sopran übertrug, war von guter Wirkung. Den
Schiuaacbor des ersten Theüs wird man, namentlich bei stark
besetztem Orchester, am besten ausschliesslich dem Chor Ober-
lassen; das Soloquartetl klingt hier iu dünn; es ist dies hier
noch nöthiger, als bei dem Chore „Denn ea ist uns ein Kind
geboren“. Die Ausrührung bewies abermals, dass die den Söh-
nen und Töchtern des Rheinlandcs eingewurzelte Liebe tum Ge-
sänge selbst Über technische Schwachen deu Sieg davon zu
tragen vermag. Der Geist des grossen Tondichters erfüllte die
Milwlrkeuden mit Muth und Begeisterung und so ging Alles ganz
vortrefflich, namentlich leuchtete das „Halleluja“ mit einer Macht
und breiten Tonfülle empor. Die Vertreterin der Altparthle, Frau
Collin-Tobiach muss undisponirt gewesen sein; dass sie aber
ihrem tiefen Register jenen hässlichen, unweiblichen Charakter
zu geben sich bemüht, ist ein Ästhetischer Verfloss; dagegen
war die Leistung des FrAuleia Strauss eine durchaus musika-
lisch schöne; in ihrer milden und vollen Stimme besitzt diese
Künstlerin ein Capital, dem sie nur uoeb eine bestimmtere In-
dividuaiisirung des Ausdrucks geben muss. Die Herren Vogl
und Hiil (heilten sich in die Palme des Abends, Freierer durch
seine schöne Tenorstimme, der Schweriner Opernsänger durch
die vollkommene Herrschaft, welche er über sein grosse« voca-
liaches Material sich verschafft hat. — Von den vielen Wohlthfi-
ligkeils-Concerten, welche der Nothstand unseres Theaterpersonals
hervorgerufen hat, waren die bedeutendsten die von Hiller und
Gernsheim sowie vom hiesigen Mäouergesaugvereiu veranstalte-
ten. Hiller bat unstreitig eine grosse Gabe populäre Auffüh-
rungen zu arrangiren, seine Programme sind mit Geist und Ge*
scbmack zuRammengestellt; sein durch die Vorrühruug der 5len
Heethoven'schen Sinfonie interessantes Concert, hatte den weit-
aus grössten künstlerischen und materiellen Ertrag. Zu der voo
Gernsheim veranstalteten Aufführung hatten sich sAmmtliche sin-
genden Vereine Cölns zusammen geachaart. Ein Ereignias in
diesem Concerte war die erste öffentliche Vorführung der nun-
mehr vollendeten Orgel. Sie ist von Ibach in Barmen erbaut,
hat drei Claviaturen und Ober dreissig Register. Kapellmeister
F. Lux aus Mainz spielte mit grosser Virtuosität, ohne jedoch
mit seiner Phantasie über „0 sanctissimn“ und selbst einer Bsch'-
*chen Fuge sonderlichen Erfolg zu erzielen. In der Beethoven’-
schen Phantasie für Piauoforle, Chor und Orchester, wurde die
Clavierstimme von einem Schüler des Cooservatoriums, Herrn
Carl Hey mann, mit grosser Technik vorgetragen. — Unsere
Kammermusiker fahren fort wenig Zuhörern viel Gutes zu bie-
ten. F.ine Novität war das zweite Sextett G - dur, Op. 30, von
J. Brahms. Es gilt fast von allen Brahms'schen Werken, dass
sie den Ausführenden mehr Freude machen, als den Hörern.
Man lauschte aufmerksam, wunderte sich über das banale Motiv
im Scherzo, applaudirle zum Schluss und freute aicb — in Bee-
tboven's Ea-dur-Quartetl Op. 4, aicb von den nusgestandeoeo
Mühen des Aufpassena erholen zu köunen. Ein Musikschüler,
Herr Rampelmann und ein tüchtiger junger Dilettant, Herr
Vagedes wirkten mit, jener an der Violine, dieser am Cello.
Paris, 3. April.
Adellna Pstti, welche kürzlich das seltsame Naturwunder
bewirkte, dass sieh ein russischer Eiskoloss in einen südlichen
Vulkan verwandelte, ist nun mehr in Paris eingetroffen, um den
Petersburgern Zeit zu gönueu, sieb geistig zu erholen. Den Pa-
risern erschien sic vorgestern wieder im ThAätre Italien als „Tra-
viata“. Im ersten Act war es, als ob der kühle Hauch des Nordens
auf ihrem Vorträge lagerte — allmählig aber wich diese Almos-
phAre. mau fand die Kälte weniger empfindlich — und spendete
der Flöten • Virtuosin, pardon: der Sängerin, den altgewohnten
stürmischen Beifall mit obligaten Kränzen, Hervorrufen u. s. w.
Es giebt gewisse Krankheiten, die ansteckend wirken, und so
scheint auch der Pstti - Enthusiasmus eine erbliche Krankheit zu
aein. Nur bat sie uoeb nicht den gefährlichen Grad erreicht,
wie io Russland. — Man muss jedoch der Künstlerin die Ge-
rechtigkeit wiederfahren lassen, dass sie sich seit einiger Zeit
bemüht, ihren Gestaltungen mehr dramatisches Leben einzuhau-
chen, obwohl ihre Individualität sich entschieden dem mehr
blendenden als erwärmenden Coloraturgesaoge zuneigt. — Wag-
ner's „Rienzi“ gelangt nächsten Dienstag im ThAätre lyrique in
folgender Rollenvertheilung zur ersten Aufführung: Die Herren
Moutjauze iRienzi), Lutz (Oniinti, Maasy (Boroneelli), Gl-
raudet (Colonna), die Damen Borghäse (Adriano), Sternberg
(Irene i als Debüt. In dem weiblichen Tanz-Divertissement wird
Fräulein Zinn Märante mitwlrkeo. Die Chöre sind auf 120
Individuen verstärkt, ausserdem 200 Figuranten; und, wie ver-
sichert wird, prachtvolle Decorationeu mit getreuen Ansichten
des alteo Rom. Herr Pasdeloup lässt es somit an nichts feh-
len, um die Franzosen an die Musik Waguer's vergessen zu
machen. Nach lautgewordenen Stimmen, welche aus den Gene-
ralproben schwatzen, dürfte dieses Werk Wagner’s, welches der
Autor zur Vergangenheitsmusik zählt, in der That berufen sein,
den Misserfolgen des Tannbäuser ein Pßffsterchen aufzudrücken.
— Das Florentiner Quartett ist diese Woche nach Nautes abge-
reist, um dort, im Verein mit dem Schwedischen Säoger - Quar-
tett, im Reoaissance • Theator vier Productiooen zu gebeo, uud
wird am 12. April im Saale Erard in Paris eine Abschiedssoiree
veranstalten. — Vorigen Montag veranstaltete Frau Viardol-
Gar eia ein prachtvolles Concert, wobei der Altmeister Tambu-
rin! und die Rossini - Sängerin Alboni mitwirkten. Der Saal
füllte sich mit Celebritäten und mit Bewohnern der aristokrati-
schen Vorstadt St. Germain. — Vieuxtemps iiess sich nach
langer Zeit wieder hier öffentlich im Jahres - Concert der Taub-
stummen und Blinden hören und erzielte durch seine Ballade-
Polonaise einen Theil der früheren grandiosen Wirkung. — Si-
vori ist glücklich deu italienischen Mcsa - Reise • Verlockungen
Ullmann's eutkommen, und wird im .Verein mit der SAogenu
Hauek, der Pianistin Carreno und dem Flötisten T re nka
nächster Tage eine Kunstreise nach Holland antreteo. — Die zwei
letzten Vorführungen der Rossini'scben Messe imTbeäte Italien brach-
ten eine RAcelte von 30,000 Frc*. — Dem „Slabal niAter“ dieses Mei-
sters wurde in diesem Jahre eine besoudere Auszeichnung zu Theil ;
es wurde während der Charwoche zum mindesten an zwölf ver-
schiedenen Orten von Paris — in den meisten Kirchen, und Con-
certs spirituell zu Gehör gebracht; im Hotel de Villa, welche
Concerte ebenfalls Pasdeloup dirigirt, mit den Damen Bat tu und
Werthoimber und den Herren Nicolini, BonnehAe und
Bosquin, ausserdem das Septuor aus den „Trojanern“ von Ber-
lioz; in der Sehlosskapelle ausser den Haupttheilen das Stabst,
diverse Fragmente von Mozart, Chenibini, Pergolese, Haydn,
Saccbini und ein „Virgo Virginum“ von Auber; im Conserva-
toi re ebenfalls Rossini's „Stabst“ mit FrAulein Nils so n, ausser-
dem die Hebriden-Ouveriure von Mendclssohu, der Chor ohne
Accompagueinent: Pater noster von Meyerbeer, und eine von
FrAulein Nilsson gesungene Arie aus „Judas Maccabäus“ von
Händel, die eine enthusiastische Aufnahme fand. Im Cirque de
rimpAralrire bot die Association der SociAtes choratea von Paria -n .
mit mehr gutem Willen als Können Chöre von Amhroise Tho-
mas und FAlicien David und das Gebet Moses. Das Orchester
unter Direct ion des Herrn Psulua spielte das Finale aus Beetho-
ven'* Symphonie in C und den „Carneval von Rom“ von Ber-
lioz. Wie wir vorausgesehn, erscheint jetzt nach dem Tode von
Berlioz, dessen Name in einer Woche viel öfter auf den Pariser Program -
14 *
iogle
116
inen, als sonst io Jahren. — Nach den musikalisch«! Busstagen
der Cbarwocb« nahmen such wieder die Soireen ihre unermüd-
liche Thitigkeit auf. Zn den berühmtesten von Paria zählen die
der ausgezeichneten ehemalige« Coneartaängerin und jetzige«
Gesangstehrerin Frau Gaveau-Sabatier. Die von ihren Schü-
lern und Schülerinnen gesungenen Chöre aus meist classiscbcn
Werken ragen durch feine Nüanciiung hervor. Die Gesangsoli
gelangen in trefflichster Weise zur Auflührung durch Frau Cia-
veau-Sabalier seihst und von den jetzt hier gesuchten Concert-
Säugern, dem Baritonisten Hermann -Lcou und dem ausgezeieh-
netea Tenor Lcvy. Auch andere hervorragende Künstler, wie
dar Harfen -Virtuose Godefroy, der Violinist Sarasate, der
Chanaonctlcn-Sfingci Bcrtelier und der Dichter-Sänger Na-
dnud bilden die regelmässige Zierde dieses Muster-Salons.
V - Cz.
Wiener Insikreminit«enxen.
in.
Ende Mürz.
limSrl'i _A'i» und — tiaek'a JohauftMptMMitt-Maaik. — Heller'» _Kaet*--
— Hrrlio». — Judfollium ui der .Munk — Braeh'a _Srkö» Ktlen". — „K.nnldo"
von Braltun. — Fr ft o lein Uo«bkoli*Falconi. — Kleinere Concerto. —
tlrrr nabnam, — «ie Ander- AcaSrmie.
Was uns der Februar gebracht? fragen Sie! vor Allem
muss ich Ihnen zwei Allere Werke nennen, davon das erste
der gegenwärtigen Generation so gut wie neu gilt. Ich meine
das Schiff rspiel von Handel: „Aci* und Galatea“. Wir Alle
bewundern die Gewalt und Krall des Meisters, das dramatische
Element in seinen Oratorien; Handels Pastorale aber blieben
in Deutschland so ziemlich unbekannt, dass aber dem Com-
pnnislen solche Lieblichkeit, Zartheit, solche lyrische Anmulh
mit beinahe modernem Colorit, zu Gebote stehen, habe ich für
meine Person erst aus diesem seinem Werk entnommen. Han-
del schrieb dies Schiferspiel zu Csnnons, 1720 in England,
wo auch heute zu Tage diese Musik Doch populär und in ver-
schiedenen Auilagen verbreitet ist. Io Deutschland weiss mau
von ihr durch Aufführungen wohl niehls; die Breilkopfsclien
Handel-Ausgaben enthalten allerdings das Werk im Stich.
Uns Wienern stand das Pastnral doppelt nahe, weil es 1788
hier zum ersten Male zur Aufführung kam, und zwar unter ganz
besonderen Umstanden. Baron v. Swielrn, ein Händel-Enthu-
siaal, Veranlasst? Mozarten, das HAndcl'bche Pastoral nach dcoi
damaligen Geschmack etwas reicher zu instrumentiren; Baron
v. (mieten, als HolbiblinlheksprAfect, brschte diese Musik in
solcher Gestalt im Hofbibliolhckssanle zur Aufführung, ein paar
Wiederholungen inPrivalhAusern folgten damals und seitdem ruhte
diese ausserordentlich anmulbige Musik — von 1 788 bis 1869 — bis
der Chormeisler der Wieucr Singacademie, Rudolf Wein-
wurm den glücklichen Griff (hat und das Werk (6. März)
hier wieder zu Gehür brachte. Der Inhalt des Buches lässt
»•eh in zwei Worte fassen. Die Nymphe Galatea liebt den
Hirten Ach». Ein Ungethüm, Polyphem, entbrennt für die
Schöne nicht minder, wird aber verschmäht und lodlot aus
Rache den Nebenbuhler mit einem FeUblock. Galatea ver-
wandelt den Todten in ewiger Liebe in einen krystallnen Berg-
quell und spiegelt sich in ihm, wenn er ins Meer strömt. Ein
Flüsschen, das in das Meer ffieast, heisst noch beule in Siri-
lieu Acis und hiit die aus Theocrit stammende Idylle fest. Es
ist ganz irrig, als stammte der Text von John Hughes, er ge-
hört John Gay. — Die Musik zerfallt io zwei Abteilungen und
besteht aus Soli, Duett, Trio lind Chören; die Ausführung er-
fordert keine besonderen KrAfte und ist das Werk bei dem
kleineo Umfang leichter wiederzugeben nis sonst eines der um-
fangreiche« Products Händel'«. Hier wurde die eiufacbe Cla*
Vierbegleitung angewandt, da aber der Beifall ein so intensiver
war, und die Schönheiten in Melodie und Charakteristik be-
zauberten, so findet demnächst die Wiederholung des Paatorals
in der Mozart'schen Behandlung statt. Hervorragende KrAfte
io der Poduclion waren Fräulein Anna Schmidt I er (Galatea),
eine dultigo poetische SAngerio, für die Partbie wie geschaffen,
dann der Cyclnp Dr. Kraus (Bassist), eiu Mann, von dein
mau bieher nie etwas vernommen, der «her in Stimme, Stimm-
bildung, und wahrhaft gutem Muth bis zur Ueberraschung der
Hörer durchschlug und so entschieden gefiel, dass er rasch
tum gesuchten Manne geworden. Der Tenor Herr S ch Oh-
ne r trägt ungemein edel vor; leider aber ist sei« Organ dem
völligen Versiegen nahe.
Wir kommen auf das zweite altere Toowerk zu sprechen,
das in seinen Dimensionen und durch die Pracht und Macht
der Mittel bei Ausführung natürlich mehr iraponirte. Es ist
auch kein weliliches idyllisches Spiel, sondern ein erhabenes
musikalisch-religiöses Trauerspiel, die Passioosmustk nach dem
Evangelisten Johannes von Bach. Wir habe« die erste Auf-
führung hier im Jnhre 1864 erlebt, und auch di« hiesige zweite am
Chardieustag unter Herb ec k's genialer Leitung brachte eine tiefe
Wirkung hervor. Die beiden Solisten fall' ihre guten Seiten in hohen
Ehreul Fräulein Magnns und Herr Stockhausen entbehren
des siuniicben Sümmreizes und wirken nur durch ihre musika-
lische Intelligenz. Herr Waller wäre m seiner Tenorparthie
kaum zu ersetzen, und allgemein überraschle unsere Altistin
Fräulein Giudele durch den sinnigen, tief empfundenen Vor-
trag ihrer Ahe.
Nun ich der beiden grossen Todten gedacht, kommt eine
Reihe Lebender in Betracht, darunter ich zunächst des Seniors
und Matadors Ferdinand Hiller gedenken muss. Wir halten
überhaupt in der laufenden Woche der musikalischen Novilä-
tau ungewöhnlich viele. Aus Cöln nun war Ferdinand Hiller
erschienen, mit seiner Hymne „Die Nacht“ , einem sehr breit-
spurige« Text von Harlmann; der Componisl dirigirle das durch
die Analogie des Textes, durch die vielen Allocutiooen und Re-
fiexioaen io demselben etwas einförmige Work mit guten» aber
keineswegs züodt-udem Erfolge. Man achtel hier wie aussen
die gewählte geistreiche Weise des Compnnisteu , wenn ihr
auch das Speeiflsche, die individuelle Bedeutung, Originalität
nichl im reichster» Maassc ionewohnl. Hiller war seit 42 Jah-
ren nicht in Wien gewesen, damals in keiner freundlichen
Stimmung; er wird dagegen der gastlichen Aufnahme von heue r
immerhin freundlich gedenken, da man e« nicht daran fehlen
liess, den geehrten Gast auch aussserhulb des Cimrrrt anales
mit Aufmerksamkeiten zu bedenke«. Sehr artig war unser
musikalischer Kunsloiäcen und selbst trefflicher Sänger Ban-
quier Nicolo Dumba, der zu Hilkr's Ehren unter Zuziehung
beinahe aller lonlicheu Wiener kuoalnntabilitit«« ein in allen
Beziehungen trefflich gewürztes Mahl veranslnllele. Herr Hiller.
der übrigens noch in der Eigenschaft ah Schriftsteller thälig,
und der auch als Pianist — in jünger« Jahre« eine Celebri-
läl — noch heut© vorzüglich, verweilte in Wir« längere Zeit
und hatte die Güte, im Salon Streicher (dem Ältesten und ge-
wiegtesten unserer ClavierfabrikaotenJ eine« Privatkrei» zu ver-
sammeln, der aber wohl «ach Hunderten zählte, in welchem
Hiller sich auf einem Prachtflügel über zwei Stunden lang von
6 bia 8 Uhr Abends, in ausschliesslich eigenen Compositione«
vernehmen liess. Bei meiner Trau! das Spiel des Herrn Hilter
ziehn wir noch heute gar manchem unserer modernen Clavier-
tilanen vor. Da fällt keine Note unter den Tisch, will sagen,
unter ’s Clamr, hier sind Kraft, Anrouth und vollkommene Co»
reclbeit beisammen.
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117
Im acadcroischen Gesangs verein-Concerte kam endlich wie-
der einmal Max Bruch in Anklitng, im besten Sinne des Wor-
tes, denn st ine Ordieslerbelladc „Schön Ellen“ gefiel ausneh-
mend. Das Gedicht ist klar aufgefassl, in Melodie und Rhyth-
mus chnra kkmtisrh wiedergegeben; der Cnmponist erzAhlt in
stetem Fluss, feurig und in trefflichster Orcheslration. Ganx
ausnehmend eifert reich ist die Stelle: „Die Ompbella kom-
men“. Die beiden Soli, durch Frau Marie Will und Herrn
v. Btgnin gegeben, sind scharf aus einander gehalten, das
Ganze von malerischer Schönheit.
Das Ge gentheil dessen erathten wir ein neues Product dea
Herrn Johannes Brahms, das der „Schön Ellen" folgte, und
das rationeller Weise bereits im Vorjahr der Männergesang-
verein dem Componislen verbindlich» t aber unbenutzt zurück-
gestellt halte. Es ist eine Canfnle „Rinaldo", Text von Göthe,
för Solo, Chor und Orchester. Die hier Oberhaupt erste Auf-
führung machte wohl «ul Niemanden weder einen erhebenden
noch erfreulichen Eindruck. Es ist ruit Ausnahme weniger
natürlich hi» fließet de r Stellen ein stetes Streben und Ringen
uach Unerhörtem, Erstaunlichem, ein mysteriöses Vermummen
io harmonischen ExcentrilAten, um xu verbergen, dass dem
Componislen die Seele, d. i. Melodie, fehlt, und wenn sich eine
hier verspüren liess, so gehörte sie Frant Schubert. Der „Ri-
naldo“ ist eigentlich nur eine dramatische Scene, seine Ritter
finden ihn auf der Zaubtrtnsel in den Netzen Armtdas und ent-
führen ihn derselben. Welche sinnliche Gluth t bäte hier Noth
welcher brennenden Farben bedOrfte die Musik, uin diese buh-
lerischen und dann wieder mannhaft bekämpften Situationen
aoszumalen. Herr Brahms konnte sich kein für ihn undankba-
reres Thema wAhlen als dies. — Herr Waller opferte sich
in dieser Tenorparthie den ihm nicht selten von Componisten
zugemulhclen Halspeinlichkeiten-, man nahm das langgestreckte
Werk in Ergebung hin, vollgewiss, dass es in Wien nie wie-
der klingen wird. Dagegen erlreute sich Herr Brahms —
der Pianist — im Verbände mit Stock hausen — dem Sin-
ger — einer regen Theilnahme in den drei Concerten. Herr
Brahms hatte seine guten Tage auf dem Piano. Stockhau-
sen blieb der alte Sangineisler — die Stimme bis auf wenig
T öoe ist verblüht, der Umfang nur noch beschrankt.
Der schwer« Verlust, den dio ganze musikalische Welt
erlitten, der Tod von Hector Berlioz, wurde auch hier schmerzlich
empfunden. Berlioz war in jeder Beziehung ein vornehmer,
origineller Geist, dessen eigentliche Würdigung gewiss nicht
un verloren bleiben wird. — Die Philharmoniker beeilten -ich
io ihrem Concert am 14. MArz eine Art Todtrnfeier för Berlioz
zu veranlassen, indem sie seinen Pilgrrmar*ch aus der Harald-
Symphonie dem bereits fertigen Programm cinschaltelen, wo-
bei ihnen das beinahe Unglaubliche passirlp, dass sie den
Todestag *K Mlrt) auf ihrem Zettel auf den 9. MArz verlegten.
Io demselben Concert fand die Faust-Ouverture von Wagner
sehr lebhafte, günstige Aufnahme; sie macht sich auch durch
eine ungewöhnliche Uebersichtlichkeil bemerkbarer für das
grössere Publikum, um so mehr, da »Ich Jeder im Hause sei-
\ neu „Faust" wohl oder Obel inlerprelirt. Die eben erschie-
nene, in Ihren BIAIIem mit eben so viel Sachkenntnis» als fei-
nem Tact besprochene Broschur* des Herrn Wagner: „Das
/Judenthum in der Musik“ erregte hier Ekel, besonders die Grab-
i sehAudung eines so reinen und edlen Geistes wie Mendelssolm-
[ ] Barthold). Man wAre ollen Ernstes versucht, zu glauben, dass
diesem neuesten Judenfresser die gesunden Sinne abhanden
gekommen.
Somit hAtten wir das Wesentlichste aus dem Kreis von
Goncert-Corporaliunen angedeulet und treten nun in den wei-
ten Kreis individueller Erscheinungen, wie sie die heurige Sai-
son in beinahe unheimlichem Maasse hervorbrachte. Der Name
f Sophie Menler hielt vor Allem Alles in Athern, diese Pianistio
Eroberte sich das Wiener Publikum mit ein paar Handbewe-
guogen und war immer Magnet, wo sie sich zeigte. Von
ihrer Kunatfahrt aus Holland eben zurückgekehrt, rüstet sie
zn neuen Concerten.
Mit überraschenden Resultaten trat die ehemalige Coburg-
»cle HofsAngerin FrAulein Bochkolz-Folcoui vor da» Pu-
blikum, indem sie ihre Schülerinnen einer öffentlichen Production
unterzog. Es geht hier eine allgemeine Klage durch die Resi-
denz, wie jämmerlich es gerade hier Betreff der Gesaogslehre
besieht sei. Wir haben hier zwar keinen Mangel an Lehrern
und Lehrerinnen — aber die Früchte! cf!.* Früchte! diese
Lückenbüsser von Sängerinnen in den kleinerea Concerten
sind denn doch meist erbarmungswürdig kläglich. Nach den
Resultaten, die FrAulein Uochkolz-Falcoui nach lingcrer Pause
darthat, ist ihr und ihren Elevinnen wahrlich zu gratuliren.
Die jungen Damen ohne Ausnahme haben eine reine Intona-
tion, die wir manchem unserer grossseo Operisten wünschten;
es ist guter Ansatz, gute Vorbildung, guter Geschmack vor-
handen. — Frau M archesi, dio gegenwärtig hier auch Gesang
docirl, wird, wie wir vernehmen, denmAcb.it auch ihrerseits
mit ihrer Behüte vor das Publikum treten.
Unter den üblichen J«hresconcertanten ragt immer der
Virtuose J. Dubetz hervor, der vortrefflich die entthronte Kö-
nigin der Instrument*', die Harfe, liegt und pflegt und sehr
hübsche Couipositiooen schreibt. Die Violinistin Charlotte
Dekner, eine geborne Ungarin (aus Lugos), bei Ihnen noch
bekannter als bei urin, wirkte bei Dubetz mit und bereitet ihr
eigenes Concert vor. Der geehrte Harfcnkünsller thAte übri-
gem wohl, aus seiuer bescheidnen Position in Wien heraus-
zulrelen und durch Kunstreisen sein schönes Talent des wei-
tereu zu docunienliren.
Ein ebenfalls günstiges Resultat batte das Concert des
Ignatz Brüll, in der Doppeleigenschaft als Pianist und Com-
ponist. Herr Brüll glAnzte vor einigen Jahren als sogenanntes
musikalisches Wunderkind — eine bedenkliche Bezeichnung;
heule ist er ein blühender junger Maun, mit Talent begabt,
das er voll sittlichen Ernslos cultivirt. Das Concert hatte das
Holtiienter-Orchesler mit Dessoff an der Spitze zur Seile,
eine sehr kostspielige Beigabe; aber dieser Tonkünsller ist in
der glücklichen Lage, »ich auch in das rechte Licht stellen zu
können. Sein neues Clavirrconcert fand entschieden günstige
Aufnahme; Brüll lirfrrte mit dieser Compositiou ein geistrei-
ches und anmutiges Werk zugleich, das sich weiteren Kri-
sen empfehle» lässt. Aut die Beiwetke in den einzelnen Con-
certeii können wir bei der Masse des Materials unmöglich ein-
geben und erwAhnen auch drsshalb der nachstehenden Concer-
laufen nur nominell überhaupt; wie des Carl Berxnn, eines
wenig hervorragenden Violinisten (früher Mitglied des Opern-
Orchesters), der Pianistin Emma Bernhard (die im Salon
Ehrbar drei Abonnements-Concerte gab), ein recht hübsches
Talent; des FrAulein Lenpnldine Pfuhl, die es sogAr bereits
zu vier Concerten brachte und die auch ihr Publikum hat; end-
lich des FrAulein Wilhelmine Czermak, Pianistin aus Prag,
die mit grösseren Ansprüchen hervortrat, aber kein besonderes
Resultat erreichen konnte u. s. w. u. s. w.
Aus der Hofoper nichts des Erheblichen. Nahe ein Dutzend
Gastspiele ist angesagt. Bisher lieas sich nur Herr R Obs am
aus Cöln blicken. Er missfiel nicht, aber er behauptete das
Feld nicht entschieden. Er hat eine derbe, nicht umfangreiche
Bassstimme, viel Leben im Spiel und manche Proviazialunartea.
)gle
118
Der Herr hat ihn mil solcher Leibesfülle gesegnet, dass er so*
gnr nls FallstalT keines Wamstes aus der Garderobe bedarf.
Elf trat nur zweimal auf und verlor sich dann spurlos. Unter
des Hofopernkapellmeisters Pr och Leiluug fand (23. März) die
sogenannte Bürgerspitalfond-Acadainie statt, in welcher die
12jährige Laura Kahr er auf dem Piano Sensation erregte.
Es wurde anbei allerlei gespielt und gesungen, durch Fräulein
v. Rabatinsky, Fräulein Gindele u. s. w. Herr Prodi sc-
cumpngnirlc. — lui letzten Augenblicke des Briefschlusses melde
ich Ihnen noch von der eben slallgehabten „Ander-Acadmie“*).
Die vielen Freunde des bei uns unvergesslichen Künstlers fass-
ten den Entschluss, demselben ein seiner würdiges Grabdenk-
mal zu widmen. Ander schläft auf dem Melzbinsdorfer Fried-
hofe; und das Grabmal soll ein Marmor mit prachtvollcu Me-
daillon geformt und von Herrn Forst! ausgelührt werden.
Ander war aber in unserem Publikum wie ein Kind eingelebt
und es wurde daher der Wunsch allgemein, die Kosten für
das Denkmal aus dem Publikum selbst hervorgehen zu lassen.
Die Arademie wurde denn auch Sonntag um die Mittagsstunde
im Hofoperotheater abgehallen unter Mitwirkung aller Mitglie-
der der Hofoper; das Rossini'sche „Staber malet“ brachte meh-
rere derselben in IhAtige Verwendung; die Uebrigen wirkten in
Chören und Gruppen mit, denen sich auch mehrere der hier
lebenden Künstler, die früher mit Ander gemeinschaftlich ge-
wirkt, und seither aus dem Verbände aiisgest-hieden. Anschlos-
sen. Ein vom Schwager Ander'« Herrn Ranzoni verfasster
Prolog — von Lewinsky gesprochen — erölfnete die Feier;
das Slabat folgte, von den Operisten sehr gut ausgeführt. Mo-
se nt ha I hatte den Epilog vortrefflich gedichtet, den Frau Zer-
line G »ibi Non dedamirte. Hatte Ranzoni Anders Vorzüge
nls Mensch geschildert, so sprach Frau Gabillon — nls Muse
mit dem Lorbeerkranz — dem Mimen ihr „Unvergesslich“ zu.
Ein allegorisches Tableau, inmitten Ander'» Büste, bildete den
Sthluse- Das Tableau war ( eigentümlich genug) nur voo
SololAnzeriunen und Solotänzern des Hofopernlheaters zusam-
»mengestelll. Die Academie lieferte bei vollem Hause einen
glänzenden Erlös zu dem beabsichtigten Zwecke, ungeachtet
die Preise sehr hoch gestellt waren, die Loge kostete 25 Fl„
der Sperrsitz 10 Fl. ö. W.
Wien zeigte heule wieder einmal einem geschiedenen
Kunst-Liebling seine alte gemütbliche Physiognomie in voller Pietät.
Carillon.
Feuilleton.
Ans meinem Leben.
* (Erinnerung an Spontini.)
V. (Schluss.)
Als ich im Herbst 1849 an Nicolai'a Stelle nach Berlin
berufen worden war, aelzt« ich Spontini davon in Kenntniss.
Sein von chaieau de la Muette datirles Antwortschreiben war
unterzeichnet : Spontini comte de Sant’ Andrea, directevr gene-
ral de la mueique, et premier maitre de chapdle de Sa Majeati
le Rot de Pruue. Ea ist das letzte Lebenszeichen, welches
ich von ihm erhallen habe. Bald darauf reiste er bei immer
zunehmender Taubheit nach dem wärmeren Klima Italiens,
und starb dort in der Nähe seiner Vaterstadt Jesi, ain 14. Ja-
nuar 1851 — Der Gram über das erfahrene Leid halle ihn
frühzeitiger geschwächt, als es sonst bei einer so kräftigen
•) Ander (eigentlich Anderlt wurde 10 August 1819 in Lie-
bitz, Cbaslfluer Kreises io Böhmen geboren. Sein letztes Auftre-
ten fällt, so wir dem Geber der Daten folgen, auf den 19. £>ep-
tember 18*14 unter bereits höchst betrüblichen Umständen. Sein
trauriges, wenn nicht tragtarlies Ende erfolgte am 11. Dezember
1884 in der böhmischen Knltvv asserbeiJ anstatt in Wartenberg.
Constitution der Fall gewesen wäre. Denn wenn es für jeden
Künstler nicht andern als schmerzhaft sein kann, eine ehren-
volle Stellung unverschuldet einzubüssen, um wie viel drücken-
der muss der Verlust auf demjenigen lasten, welcher sielt nicht
verhehlen darf ihn durch eigene Schuld herbeigeführt zu ha-
ben! Und doch möchte ich nicht ohne weiteres Spontini ver-
dammt sehn. Der erste Grund tu all* den jahrelangen ver-
steckten wie ofTenen DilTerenzeu zwischen ihro und seinem
Vorgesetzten war gelegt, als man 1820 das Königliche Theater in
Berlin mit einem Generalmusikdirector beschenkte, der in Allem ,
was sich auf das Musikalische des Theaters bezog,
unumschränkte Herrschaft ausüben sollte.*) Eine
dadurch beabsichtigte „einheitliche Leitung“ der Opernaogele-
genheiten musste eo ip«o zu ewigen Häkeleien zwischen dem
General-Intendanten und dem Generalmusikdirector Veranlassung
geben, um so mehr wenn Letzterer einen so stolzen herrsch-
süchtigen Charakter besass wie Spontini. Aber dieser stolze,
herrschsüctige Mann — und das ist der zweite Milderungs-
grund seines Vergehens — war niemals selbstständig. Er
liess sich leiten; oll, und zum Guten, durch die liebenswürdige
kluge Frau Spontini — öfters aber noch, und sum Schlimmen,
durch Hausfreunde und appendieea, in deren Auswahl er nicht
vorsichtig genug war. Nun kam noch dazu seine und seiner
Frauen Unkenntnis» der deutschen Sprache; und so geschah
es denn dass er sich 1841 zu der unheilvollen Erklärung io
der Zeitung für di* elegsnto Welt hinreissen liess. „wenn in
dem vorliegenden Streite zwischen dem Intendnnten und zwischen
ihm die Entscheidung zu seinem (Spontini's) Nuchlheil Ausfal-
len sollte, so wäre dadurch die Unterschrift und dAs geheiligte
Wort zweier Preusstscher Könige cornpromitlirt“. In Folge des
hierüber entstandenen öffentlichen Skandals musste Spontini
seine Stellung quittiren. Friedrich Wilh«lm aber rächte sich
wahrhaft Königlich; denn der schuldige Goaeralrousikdirecior
vertauschte nur seinen Wohoort, blieb übrigens im Besitz
aller contractlichen BeneOzien, und wurde noch durch huldvolle
Kabinetsschreiben und neue Ordensverleihungen ausgezeichnet.
Aber gerade das war für ihn der Todessloss; eine ungnädige
Entlassung würde seinen Trotz hervorgerufen und ihn selbst
in Spannkraft erhallen haben — diese grossmüthige Behand-
lung hingegen erweckte und hielt in ihm wach das Gefühl der
Reue, welches ihn auch nicht wieder verlioss. Wie heftige
Anstrengungen Spontini machte, um nochmals mit seinem
königlichen Herrn in persönliche Berührung zu kommen, habe
ich bereits erzählt; aber zum Beweis mit welchen Empfindun-
gen er auch gelegentlich dieses grossmüthigen Fürsten gedachte,
cilire kh noch aus seinem Dankschreiben an mich (Köln,
25. Mai 1847) jene Stelle, die sich auf die Hallenser Medaille
bezieht, mit welcher damals für ihn das Doclordiplom verbun-
den wurde : le glorieux dipldme — au mow reoiri du hon Rot —
de doeteur en muaique, a Coecaaion du trea eclatant featival,
conaacri « la eilebration de ce grand wt onarque adori. Und in
seinem letzten Briefe an mkh (12. October 1849) bittet er,
dass ich sein „ oeuore “ Domine aalvum /ac regem in Berlin auf-
führen möchte, wo möglich en priaence de Sa Majeati le Rot,
en C Honneur duquelje Tai compoaie dana toute rexpanaion de
mon dme. So hat Spontini denn im Innern gebüsst und ge-
sühnt, was er einst im jähen Eiter verbrochen.
Am 15. Oclober 1851 (dem Todesjahr des Meisters) wurde
mir endlich ein lang gehegter Wunsch erfüllt; ich halte die
Freude sein grösstes Werk, die Oper „Olympia“** ), neu einst udirt
*) Diese Worte habe ich absichtlich aus dem Berliner Ton-
künstler-Lexikon von Ledebur entnommen.
**) „Olympia“ war am 14 Mai 1831 io Berlin zum ersten Mal,
und seit dem 39. Juni 1834 nicht wieder gegeben worden.
119
am Bettiner Hnftheater in einer vortrefflichen Darstellung lei*
ten zu können. Die kunstverständige Wiltwe des Componislen,
welche von Pari* herObergekommen war, erschöpfte »ich in
Lobeserhebungen gegen alle Milwirkenden, die Damen Köster
und Wagner, die Herren Pfister, Salomon und Zachieache.
Mir aber hatte aie eine besondere Ueberraachung bereitet,
welche ohne ihr Zuthun noch überraschender wurde; und mit
der Erzählung diese« Vorfalls will ich die vorliegenden Skizzen
beschließen. Nämlich; am 25. April 185S (am Sonntag Ju-
bilate) wurde ich durch eioen Besuch des Herrn Kamroerge-
richlsratb Gottheimer erfreut, welcher sich mir als Erbschafts-
Regulator des 1857 verstorbenen Commerzienrath Ezechiel
prAsentirte. Als solcher halle er den Mobiliarnachlass zur
Versteigerung gebracht, und eben als ein Mahagoni-Sekretsir
dem Meistbietenden zugeschlagen werden sollte, entdeckte man
io demselben eine verborgene Schicblade, in welcher sich eine
grössere Papierrolle befand, versiegelt mit dem Gräflich Au-
drea'schen Wappen und von der Hand der Madame Spontini
verseht» mit der Aufschrift: MMiwr Ucnri Dom ä tierlin.
Herr Gottheimer übergab mir als dem rechtmässigen Eigenthü-
mer diese Rolle; ich öffnete sie und (and darin den Tactstuck
Spühlini's, welchen — wie es sich erst spAter herausatellte —
Mailome Spontini von Paria aus, gleich nach ihrer Rückkehr
1851, dem Commerzienrath Ezechiel für mich zugeschickt hatte.
Dieser aber, ein enthusiastischer Verehrer Spontini'a und in
früherer Zeit .dessen Hausfreund und Charge ifajfairts, hotte
sich von dem Iheurcn Andenken nicht trennen wollen; so er-
hielt ich die für „Olympia“ zugedachte Belohnung sieben Jahr
später. Am 23 Oiiober 1861 dirigirte ich zum ersten Male
die neu einstudirte „Nurmahal“*), und bei dieser Veranlassung
und in Gegenwart der abermals anwesenden Mad. Spontini
benutzte ich itir zu Ehren die baUuta des verstorbenen Gatten zur
Tactirung drr Ouvertüre. Weiler hätten, wie ich ea vorher
gewusst, meine Kräfte nicht ausgereicht; denn der lange, dicke
und wuchtige Ebenholzstock, dessen plumper Griff und Spitze
von massivem Elfenbein ist, musste den Arm eines jeden darao
nicht gewöhnten nach den ersten Schwingungen ermüden.
Man darf um die Rüstung des Achill streiten, ohne sie im
Kumpf anlegen zu können! Heinrich Dorn.
Journal-Revue.
Allgeni. Musikzeituug: Weltliche und geistliche Gelegenheit«-
gesAöge von J. H. Schein. — Die Neue Zeitschr. f. Mus. beginnt
erneu interessanten Artikel Ober Berlioz von Jt. Pohl. — Die
Signale setzen ihr Musik-Adreasbuch (Wien) fort. — Die Monats-
hefte für Musikgeschichte enthalten eineu Aufsatz: „Die ältesten
Erzeugnisse der deutschen Tonkunst“, sowie deu Auszug eines
Briefes Wilhelm Husts über seineu Aufenthalt in Wien |1808|.
— Die Südd. Musikztg. setzt den Nekrolog von Berlioz fort.
Die französischen Zeitungen enthalten nur Locales.
Nachrichten.
Berlin Au« New -York ist uns der Jahresberieht des Secre-
tairs des Gesangvereins „Deutscher Llcdsrkrauz“ in New-York
(L. Steiger) zugegangen, aus welchem wir mit Genugtuung ent-
nehmen, dass deutscher Gesang und deutsche Musik sich bedeu-
tender Pflege in Amerika, sowie auch steigender Anerkennung
und Theilnahme seitens der Amerikaner erfreuen. Der Verein be-
steht seit 22 Jahren, und zihlt jetzt 1012 ordentliche Mitglieder.
*) „Nurmahal“ war am 27. Mai 1822 in Berlin zum ersten
Mal, und seit dem 4. Mai 1887 nicht wieder gegeben worden.
worunter 80 active, obwohl das Eintrittsgeld neuerdings auf
50 Dollara und der jährliche Beitrag auf 24 Dollars erhöht
worden ist.
— Am Sonntag den 4ten d. M. fand im Opernhause, wie
alljährlich eine Matinäe zum Besten des Chorpereonals unter
Mitwirkung der ersten Krifte unserer Bühne statt. Aua den ver-
schiedenen Vorträgen heben wir besondere die der Herren Betz
und Niemann hervor, welche Lieder von Schubert und Schumann
mit seelenvoller Auflassung zu Gehör brachten. Frau Lucea,
Grün und Fräulein Brandt sangen Lieder von modernen Com-
ponisteu, Frau Grün erwiederte den Dacapo-Huf des Publikums
nach dem Lied vou Abt; „Kuckuk, wie alt?“ mit Dorn's „Mäd-
chen an den Mond“. Unter Leltuug des Kapellmeister Eckert
spielte die Accessisten-Kapelle die Ouvertüre zur „Belagerung von
Corinth“ und die Herren Bendel und Hehfeld erfreuten durch
treffliche Solovurträge auf dem Clavier und der Violine.
Baden-Baden. Das Programm für die diesjährige mit dem
1. Mai beginnende Saison ist soeben aus Paris eingetroffen. Es
bringt für den Monat Mai: Kammerconccrte in den neuen Salons
mit den Damen Carvalho, Viardot, Norman - Ncruda, Escudicr-
Kastner, Battu, Schröder etc., den Herren Delle - Scdie, Sivori.
Sarrasnte, Verger, Heermann etc. Juui: ebenso; Juli: Die Bouffes
Parisiens mit dem vollständigen Pariser Personal und 2 extra
fDr Baden componirten Operetten von Offenbach. August: Th6ä-
tre rra»$ais; September: Gounod’s „Faust 44 und Thomas* „Mig-
non“ mit Fräulein Nilswon : David « „Columbus"; italienische
Opern mit den Damen Sax. Carvalho, A. Paüi, Monbelli und den
Herren Wachlei, Ddle-Sedie und Sonlbeim. Man versichert, die
Saison werde, was das Arrangement betrifft, die von 68, bi«
jetzt die glänzendste, übet treffen.
ßranusrhweig. Der durch seine populären Männerquartette
in weiten Kreisen bekannte Componist und frühere Braunschwei-
gische llofkapellmeister Albert Methfessel ist am 28. März,
85 Jahre alt, zu Gandersheim gestorben.
Breslau. Der Tenorist Herr Nachba ur aus München ist
hier angekommen, nu auf der hiesigen BObne einige Gastrollen
zu geben. Er wird u. A als Haoul, Arnold und George Brown
auftreten. — Das 12. Orchestervereinsconcert fand am 6. d. unter
Mitwirkung des Herrn Stockhauacu statt. Das Programm ent-
hielt folgende Werke: Ouvertüre zu „Iphigenie in Aulls“ von
Gluck, Arle von S. Bach. Pilgermarsch aus der Harold-Sinfonie
von Berlioz, Arie aus „Susanne 44 von Händel, Lieder von Schu-
bert und die Pastoral-Sinfonie vou Beethoven. — In der 12ten
Soiree für Kammermusik sang Herr Stockhausen den Liederkreis
vou Beethoven und Lieder vou Schubert und Schumaun. Ausserdem
kamen 2 Streichquartette vou Beethoven und Schumann zu Gehör.
I)D«seldorf. Concert des Cölner Mannergesangvereins:
(Juarlette von Schubert, Hietz, Weber, Mendelssohn etc. — Die
Leituug des 46. Nicderrh. Musikfestes haben die Herren Kapell-
meister Kietz uud Musikdireclor Tauseh übernommen.
Esslingen. Der Oratorien verein führte am 12. März Händel s
„Samson“ auf.
Frankfurt n. 41. Der Cäcilienverein bat am 26. März unter Lei-
tuug des Herrn Musikdirector Müller Bach s Matthäus • Passion
in vorzüglicher Weise aufgeführt. Unter den Solisten zeichnete
sich abermals Herr Otto aus Berlin aus, der sich wieder
du ich die glückliche Ausführung der schwierigen Parthie de«
Evangelisten, als eine wesentliche Stütze uratorischcr Musik
bewährte.
— Soiree der Pianistin Fräulein Louise Hauff«: Trio«
in D - moll vou Schumann und Es • dur von Schubert, Cla-
viereoli von Baeh, Chopin, Schumann etc. — Die 4te Kammer-
musik-Soiree der Herren Wallenstein, Heermann und Mül*
Digitizec
120
ler bot: Noveletten von Gade, Violinsonate Op. 12 No. 3 von Bee-
thoven und Hümmel s Septett io D-moll. — 12. Muscumsconeert :
Ouvertüre zum „Sommernaehlsiraum“ von Mendelssohn, C-dur-
Sinfouie mit der Fuge von Mozart, 11. Violinconcert von Spohr,
Chaconne von Bach, Arie aus „Figaro“ und 6 Lieder aus Soltu-
mann's „Dichlerliebe“ (Fräulein Ubrieh) ete.
Hamburg. Soiree des Herrn Rubi oste in: Sonate Op. 109
(K-dur) von Beethoven, Ballade (G-molli und Nocturne (C-moll)
von Chopin, Romanze (D-moll) von Schumann und Compositio-
n en von Mozart, Searlatti, ilAudcl, Mendelssohn und Rubinstein.
— Der König!. Domchor aus Berlin hat hier zwei Coacerte ge-
geben. Das erste enthielt Compositionen von Paleatrina, Maslio-
letli, Lotti, Franck, S. Bach, Ch. Bach, Mozart und Mendelssohn.
Das zweite bot Werko von Haydn, Mendelssohn, Schröter, Bee-
thoven, Meyerbeer, Schubert und Schumann.
Königsberg. Matiaeo der Musik - Academie: Kreutzersonate
von Beethoven, Lieder von Wdcrst und Kürst Radziwill und D-molI-
Prio von Mendelssohn.
Leipzig. Am 29. März starb plötzlich der bieaigo Musikalieu-
verlagshändler C. F. W. Siegel. — Thomas’ „Hamlet 0 bat bieai-
genorls seine erste Auffahrung in Deutschland erlebt. Einen be-
sonderen Erfolg errang der 4te AcL — Die Singacademie führte
am 2. d. Schumann’s „Paradies und Peri° auf.
Mannheim. 5. musikalische Academie: Ouvertüre zu „Corlo-
lan“ von Beethoven, Lieder für Sopran von Schumann, CUvier-
concert in G-dur von Beetboveu (Herr D eurer), vierstimmige
Gesinge von Brahms, Präludium und Fuge in E-moll von Men-
delssohu, Phantasiestock von Deurer und Ocean-Sinfonie von
Rubiusteiu.
y — München Zweite Kammermusik -Soirie der Königlichen
Musikschule: Violinsonate in C-moll von Bach, Trio Op. 49
* D-moll von Mendelssohn, 3. Violinsonate in A-dur Op. 128 von
Kaff und Trio Op. 99 B-dur von Schubert. — Extra-Concert der
musikalischen Academie: Ouvertüre „Meerestiile und glückliche
von Mendelssohn, Arie aus „Cosi fan lutie“ von Mozart
(Herr Nachbau r), Adelaide von Beethoven, Ouvertüre zu „Ge-
uovefa“ von Schumann und 5. Suite v on Lac h ner. VUvtfci'*
— Wahrend der heurigen Ferien des HoRheaters beabsich-
tigt mau eine andere Legung der Bühne, ebenso alle Neuerungen
am BühneDmccbauismus einzuführen, der in seinem gegenwärti-
gen Stand den jetziger) Anforderungen nicht mehr genügt. Ais
erste Vorstellung im renovirten Theater ist die Aufführung des
„Rheingold“ von Wagner projeoürt.
Wien. Herr L. A. Z a 1 1 o er , der geschätzte Herausgeber der „Blat-
ter für Theater, Musik und Kunst“ ist zum Geoeral-Secretair der Gesell-
schaft der Musikfreunde und das Couservatoriums der Musik er-
nannt worden. Da ihm seine neue Stellung in Folge der Zeit-
Anforderuugen nicht gestattet, sich mit der Redaction weiterhin
zu beschäftigen, so wird Herr Ludwig Oppenheimer dieselbe
von jetzt ab übernehmen.
Pari«. Vieuxtemps hat sich nach London begehen, um
dort zu ooncertiren.
Venedig. Am 1. d. ist hier der treffliohu Clavierapielar Herr
Alexander Drey schock au der galoppirenden Schwindsucht
gestorben.
Antwerpen. Der Cerole artistique hat am 24. März sein drit-
tes Couccrt gegeben, welches die Saison beschloss. Es wurden
in demselhcu Fragmente aus Mendelssohn'» „Christus“, „Stabst
rnater“ und Weihoachtsgesaog von Gouood und 2 Sätze einer
Haydn'scben Symphonie zur Aufführung gebracht.
Bergen. Der Pianist Haberbier, bekannt durch seine treff-
lieben Clavier-Etuden, ist am 12. d. hier während eines von ihm
veranstalteten Concertes gestorben. Er führte die erste Piäee noch
mit vieler Bravour aus, wurde aber inmitten der 2teu Nummer
plötzlich vom Schlage gerührt. •
Riga. Franz Abt hat hier ein Concert gegeben, in dem er
natürlich nur seine eigenen Compositionen vorführte.
Boston. Mau bereitet hier eine grosse Monstrc-Aufführung
vor, welche im Juni d. J. stattßndeo soll. Das Orchester wird
1000 Mitwirkende zählen, der Chor aus 10,000 Sängern bestehen.
Die luetruiuentAtion soll durch eine Artillerie-Batterie verstärkt
werdeu. Schliesslich kommt noch die National-Hymne „Heil Colum-
bia“ zur Aufführung von 90,000 Kindern gesungen. Es ist ge-
wiss nicht der Fehler der Organisatoren dieser Festlichkeiten,
wenn das Concert nicht den nöthigen Lärm hervorbriagt.
Algier Meyerbaer's „Afrikanerin“ hat nun auch Mer ihren
Einzug und zwar in glänzendster Weise gehalten.
Unter Verantwortlichkeit von K. Bock.
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und speciell der dortigen deutschen Singer.
Soeben ist erschienen:
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an OoSm — Journal-Rerue. — NuAritkn — loaerale. 7
ReceDsloB«n.
hnxelHherft , E. $. Zehn Lieder für eine Singatimme
mit Pianoforte. Wien, F. Wessely.
Volkmann. Roh. Op. 5G. Zwei Lieder für Mezzoso-
pran mit Clavier- und CeHo- Begleitung. Pest. G.Heckennst.
Die Lieder von Engelsberg führen meistens mit Unrecht
diesen Namen; es sind vielmehr mit wenigen Ausnehmer)
Gesänge, welche der mir bisher unbekannte Coraponist zu
ganz absonderlichen Texten geschrieben hat. Oie Wahl der.
meiner Ueberzeugung nadh. für die Composition ungeeigne-
ten Dichtungen musste natürlich uachtheilig auf die Musik
ein wirken, welche derartige tiefsinnige Baisoonements sich
nur schwer, in den meisleu Fällen gnr nicht zu assimiliren
vermag. Dennoch lässt das ziemlich umfangreiche Werk
ein mit tüchtigen musikalischen Kenntnissen gepaartes Ta-
lent erkennen, welches allerdings mehr Befähigung für cha-
rakteristische Wiedergabe der Text worte als für melodische
Erfindung verräth. Zu Uebereehwänglichkeiten. namentlich
in harmonischer Beziehung, lässt sich der Autor freilich
wohl häufig durch die Dichtung fortreisseii, indessen be-
weist anderseits auch wieder, dass er natürlich, aomuthig
uud allgemein verständlich sich auszudrücken vermag. Nach
dieser Seite hin (ritt die Begabung des Verfassers am vor-
teilhaftesten in dem Gesänge, „Der treue Bote“ betitelt,
hervor. Dürfte ich diesen und den „an Olivia“ als alleini-
gen Maassslrib für die Beurteilung aus dem vorliegenden
Opus herausnehmen, so würde meine Anerkennung eine warme
und ziemlich uneingeschränkte sein.
Wenn mich das Engelsberg'sche Werk trotz mannigfa-
cher Bedenken doch theilweifi* sympathisch anzog. so erfül-
len mich die beiden Volk mann’ selten Lieder mit den eul-
gegengeaetzten Empfindungen, ln ihnen wird Alltägliches
ohne Anmut und musikalischen Fluss mifgelischt, und ge-
suchte Wendungen, wie sie namentlich die vom Piu IcdIo
beginnende Schlussführung des zweiten Liedes darbietet, tre-
ten nur um so befremdender hervor und verhindern auch
diejenige Wirkung, die das Banale auf gewisse Hörer nus-
zuüben pflegt. Zum Beweise aber, was für poetische Er-
zeugnisse mitunter zur Composition gewählt werden, gebe
ich in Nachstehendem den vermutlich einem österreichi-
schen Kinderfreunde entnommenen Text wieder.
mein
An all' der Andacht haben.“
Der Hirtenkuab’ am Alpensee
Inmitten seiner Heerd« vn all' der Andacht haban.“
Spricht auf den Knie'u das ABC »Doch, Knabe, soll das Beten sein ?
Mit betender Geberde. Du lallst ja nur Buchstabeul“
„ . . . von Coni}H>Bj5trn »o brtoat.l
Ihm naht der Pfarrer ungesehn : „Ich weis« nicht, wie ich beten soll,
..Mas. Kind soll das bedeuten »“ Da bring' ich meine Sachen i?»
5° H f[ r ' '? h i ar . *” f ■ ll * n Hat > » Dem Heb.. Gott, d.rweiasia wohl
Zu* Abendandacht lauten. Drens ein Gebet an machen.“
Mao denke sich diese Anecdote mit obligalem Violon-
eell vorgetragen: Richard Wiierst.
Berlin.
Revue.
(König!. Opernheu».) Fräulein Mallinger vom Hollhee-
ter in Mönchen trat am 6. eia Elsa in „Lohengrin“ und am
9. als Norme auf. Der Sängerin ging — obgleich sie erst
wenige Jahre der Böhne angehört — ein bedeulender Ruf voraus,
die Zeitnngen berichteten von den ausserordentlichen Bedingungen,
welche von Ihr in Hinsicht eines Engagements in Oresden,
spater in Berlin gestellt worden; kein Wunder, dass die Er-
wartungen des Publikums hoch gespannt waren. Ein gani
gefülltes Haus erwartete die nuftretende Elsa. Fräulein Mal-
tingar nahm gleich in den ersten Scenen durch die anmuthige
Gestalt, die sprechenden Augen, durch sympathische Stimme
mit echtem Soprnnklang für sieh ein; die oft etwas nach der
Tietc schwebende Intonation mochte Befangenheit sein. Der
erslc gute Eindruck erhöhte sich im Verlauf der Vorstellung.
Zu den gennnnten VnrsOgeo gesellte sich ein verständiger und
wsrm empfundener Vorlrag, ein belebtes, durchdachtes Spiel.
Die Stimme füllte die grossen Räume genügend, tieas aber den
Sachverständigen wohl herauefühlcn, dass ihr für grosse dra-
melische Effekte, filr deo Ausdruck der höchsten Leidenschaft,
15
122
für das dämonisch» Element der Tragik nicht die erforder-
liche Kraft verliehen sein würde. Die Parthie der EUa macht
indessen keine denrtigeu Ansprüche; ausserdem war dieselbe
hier nur durch Frau Harriere- W ippern gegeben, welche
mehr durch den »Oasen Wohllaut ihre» Organa und durch Vo-
lubihiat de» Gesänge» ala durch dramatische» Talent wirkte.
Fräulein Mallinger reuaairte in Folge dessen vollkommen mit
der Perlbie; rauschender Beilall und vielfache Hervorrufe spra-
chen die hüchste Anerkennung de» Auditorium» aus. Einen
ungleich schwereren Stand halle Friuleiu Mallinger bei der
Ausführung der Norraa. Die vielen trefflichen italienischen
Sängerinnen abgerechnet, hatten an dieser Stelle Sophie Löwe
tkürtlich al» Grilln Lichtensleiu gestorben) und Jenny Lind
als Norm» Triumphe gefeiert; viele uusrer beliebtesten Sänge-
rinnen waren an den mannigfachen Forderungen der Parthie
gescheitert — wir haben davon in diesen Blättern oll aus-
führlich gesprochen und wir müssen Friuleiu Mallinger
ebenfalls »u den Singerinnen slhleo, welche — wenigsten»
für jetsl — der Norm» weder im Gesänge noch in der Dar-
stellung gewachsen »iud. Der jungfräulich elegische Klang der
Stimme, welcher uns als Elsa so anmuthete, musale der dl-
monisch leidenschaftlichen Priealerin hinderlich werden; dem
Tone ist das Element de» Grossartigen vertagt und so wurde
in allen Scenen der höchsten Aufreguog das Bild ein kleinli-
ches, es bildete nicht mehr den Mittelpunkt des Interesses, es
erschien verwiacht, uralt. Hand in Hand mit dieser Zeichnung
ging die äussere Repräsentation, die Darstellerin schien selbst
su spüren, wie die Wellen über sie hinweggingen; da» oft
sichtbare Aulraffen der Energie seigte nur su sehr den Streiter,
welcher sich seiner Ohnmacht bewusst wird. Die beiden Fi-
nale», die Scene, io welcher Norm» die Kinder lödten will,
Hessen das deutlich erkennen. Sollen wir nun von der Tech-
nik de» Gesanglichen reden, ao müssen wir bekenneo, dass sie
uns als eine ungleiche erschien. Die lotonalion war auch
heule — selbst während der ersten Scene, die uns die Sän-
gerin noch iu voller Kraft seigte — öfter eine tu liefe; beim
Kecitaliv störte uns das monotone Portament in den abschlies-
senden sweisyibigen Endworlen. Recht genicl fanden wir die
Oekonomie des Athem», was allerdings in Bellini's Cantilcnen
schärfer hervortrelen musste als io Wagner'» kursathmigen
Declnmationen; so «. B. musste Fräulein Me Hing er (in der
Casts diva M ) bei dem Gange, welcher nach den vier hohen A
vom hohen B hinunlerlOhrl — vou allen kunstgebildeten Sän-
gerinnen in einem Athem gesungen — vier Mal Athem
schöpfen, wodurch der Fluss der Melodie unendlich litt. Diese
geringe Athemkralt wiederholte sich in allen Sceoeo und musle
durch die übermässige Anstrengung sur Ermüdung de» Organa
(Dhren; im ersten Finale (hier Schluss de» »weilen Acts) Hess
denn auch Fräulein Mallinger den ganten Satt in G - moll
(welchen sie in höchster Wuth dem Sever hinschleudertl fort,
begann gleich den Schluss in G - dur und überliess die Moll-
Slelle dem Sever und der Adalgisa. Rund und corrccl er-
schien der Triller, die Coloraturen entbehrten jedoch öfter des
Flüssigen; von den Vereitrungen wurde eine Slncenlo- Variante
bei der Wiederholung des Allegro der ersten Arie ebenso
wohlklingend als hübsch nttancirl gegeben und da die Variante
neu und geschmackvoll war, wolleo wir aie — wie wir daa
früher bei ähnlichen Fällen gtlhan — unseren singenden Le-
serinnen aufseichnen; sie lautet :
$
Das Publikum nahm Obrigtnfl auch die Norme des Friulein
Mallinger freundlich auf und es fehlle keineswegs an allen
Zeichen der Anerkennung. Nichtsdestoweniger wird die Sän-
gerin ihre Lorbeeren auf ander» Felde aU auf dem der gros-
aoo dramatischen Aufgaben suchen müssen. Ihre nächsten
Parlhieeu werden Susanne (Hochseil des Figaro) und Prinies-
aio von Navarra aein; wir aind überzeugt, dasa aie da auf
günstigerem Boden sich befinden muss. Von unaerm heimi-
schen Personal nennen wir io „Lohengrin“ mit gewohnter Aus-
zeichnung die Herren Niemann (Lohengrin), Betz (Telra-
mond) und Fricke (König); ihnen stand auch FrÄuletn Brand
ala Orlrud ganz wacker zur Seite, obgleich die fleiaaige SSnge-
rin die schwierige Parlhie noch nicht ganz zu bewältigen wusste.
In „Norme“ trat Frau Grün ala Adalgisa sehr vorlheilhaft
hervor; das frische kräftige Organ, der volle Ton behaupteten
sich mehr als siegreich — ganz besonders in dem grossen
Duett des dritten Actes — neben der schwächeren Norme.
Auch die Herren Woworaky und Fricke ala Sever und Oroviat
leisteten Lobenswertes. — Die übrigen Vorstellungen der
Woche waren am 7. „Lustige Weiber von Windsor“ mit Frau
Lucca und am 10. bei übervollem Hause „Afrikanerin“ mit
Frau Lucca. den Herren Niemann und Betz. Das neue
Ballet „Faotasca“ mit der gefilligen pikanten Musik des Hem»
Hertel wurde ebenfalls bei vollem Hause mehrere Male gegeben.
Im Friedrich* Wilhelmafidlischsn Theete» wurden Offen-
bach’s „Schöne Magellone“ und „Pariser Leben“ mil ge-
wohntem Beifalle wiederholt.
Die siebente Siulouie- Soiree der Königlichen Kapelle (die
erste vom 2len Cydus) fand nach sehr langer Pause am 11.
d. M. und zwar nicht als Soiree, sondern als Matinee statt,
da sowohl die Repertoirverhöltnisse der letzten zwei Monate
als auch diejenigen diesea Monats keine Aussicht auf die nötiger»
drei Abende zuliessen. Wenngleich das Comile bemüht werden
abendlichen Charakter dieser Coocerte dadurch aufrecht tu er-
halten, dass der Saal voJUt&ndig Verfinstert und demnach in
gewohnter Weise beleuchtet war, so stehet doch zu erwarten,
ob dem Auditorium diese Verinderung such für möglicher
Weise einmal wieder einlretendo Fülle durchweg genehm sein
dürfte, obschoo diesmal die Beteiligung nicht gerioger war als
sonst. Das Programm der Matinee gab zuerst ein hier noch
nicht gehörtes, interessantes Werk: Sinfonie C-dur von Raff.
Soweit einmaliges Hören uriheilen lösst, bietet das Werk in»
Einzelnen manches Schöne, ist an sich lebendig und schwung-
haft durchgeführt, nur scheint es sich io Bezug auf Erfindung
nicht ungewöhnlich auszuzeichnen, besonders was den ersten
Salz betrifft, ln der Benutzung des Materials zeigt siel» der
Compohist höchst gewandt, nur ist in der Instrumentirung oit
su viel geschehen, so dass Irolz der sorgsamen Ausführung
manche Einzeluheiten nicht zur rechten Geltung kommen. Be-
sonders io dem an sich sehr melodiös und warm empfundenen
Andante macht sich dies noch durch mitunter zu drückende Har-
roouieunterlege um so mehr bemerkbar, als Oberhaupt das
ganze Stück durch etwas zu grosse Lange io seiner Wirkuog
verliert. Nichtsdestoweniger hallen wir dasselbe, so wie das
sehr lebendige Scherzo für die besten Sötte des Werkes. Der
letite Satz ist wohl chsrakleristisch und schwungvoll gehalten,
leidet aber ebenfalls sehr an zu grosser InstrumenlalfQlle.
Die Aufnahme des Werkes war ziemlich beifällig und dürfte
sich bei einer Wiederholung wohl noch lebhafter zeigen. AU
123
zweite Nummer hörten wir das Adagio aus Mozarl's Clarinet-
teoqutntelt in vollendeter Ausführung, wobei besonders der
sinnige, zarte Vortrag der ClarineUeoparthie durch Herrn Kam«
mermueikus Pohl hervorzuheben ist. Dia übrigen beiden Num-
mern waren Cherubim’* Ouvertüre zu „Aoacreon“ und Beetho-
vou's Sinfonie B-dur in sehr exacter, lebendiger Execution.
Am Sonnabend den 9. hielt Herr Professor Eckardt ei-
nen Vortrag über die Juden in der Kunst des Alterthums,
worin er den Nachweis führte, dass die jüdischen Dichter die
ersten waren, welche das Wort und den Gesang aufs Innig-
ste verbunden haben, und dass unter allen Völkern des Alterthums
die Juden der Tonkunst die höchste Ausbildung und Entwick-
lung gegeben haben und dass sie jetzt durch Mendelssohn und
Meyerbeer eine hohe Stufe einnehmen. Der Vortrag war reich
an geistreichen Bemerkungen und an historischen Commenla*
reu. — Inwieweit die Auslegung der Mythe von Samsoo zu-
lässig ist, kann hier nicht erörtert werden — sonderbarer
Weise ist der trojanische Krieg mit seiner Helena (die als Se-
lene dargesteilt wird) voo Philologen der Neuzeit euch eus
den Gestirnen hergeleitet worden. d. B.
Correnpondenxen.
Cöln, I. April.
— M. — Wir erwähnten unlängst des von Herrn Profes-
sor Rudorff gegründeten und geleiteten Bach- Vereins. Den
unliebsamen Urlheileo, welche die durch denselben verursachte
Vermehrung der an sieh nicht geriogsn Zahl singender Vereine
hervorgerufen hat, wird kein Unbefangener beipdicblen können.
Nicht die Zahl dieser Vereine, aoodern der eie erfüllende Geist
ist es, welcher jene Zersplitterung der hiesigen musikalischen
Kräfte verschuldet, durch die der Chor unserer GQrzenich-Cou-
certe unter des Niveau seiner Aufgabe gesunken ist. Dass es
aber i*ine durchaus künstlerische Gesinnung ist, welche den
Bach-Verein und seinen Dirigenten eclüllt, davon hat das Con-
cert einen Beweis geliefert, durch welche der Abend des Char-
freitags eine recht erhebende Weihe erhielt. Aelmliche Auf-
führungen landen früher alljährlich in unserem Dome stall ;
nachdem aber nach dem missverstandenen „Mulier laceat in
ecclesia“ unsere Sängerinnen und die glänzende Pracht der
Instrumentalmusik aus den Hallen desselben verbauot sind,
ruhten sie eine Weile gänzlich und erlebten erst drei Tage
vor Ostern 18Ö9 eine recht glänzende Auferstehung io der
Psntaleonskirche. Den Schwerpunkt der Aufführung bildeten
zwei Cantaten des alten Bach: ,,Herr, gehe nicht in's Gericht
mit deinem Knecht“ und „Golles Zeit ist di« allerbeste Zeit“.
Die Sorgfalt, mit welcher die schwierigen Chöre eiogeöbt, er-
raog ^uen glänzenden Triumph; Präcisioo, Sicherheit und
feine NOancirung Übten io dem enge begrenzten Raume eine
imposante Wirkung aus, leider mussten wir aber auch die Erfah-
rung machen, dass gute Teoorstimmeo immer seltener werden,
guter Ansatz und Tonbildung aber fast gar nicht mehr antu-
treffen sind. Io den Solopsrlhien glänzte vor Allem Fräulein
Anna Strauss. Eine treffliche Altistin war Fräulein Jenoy
Nietheo, welche das Bach’eche „Erbarme dich“, von dem
herrlichen Violinspie! des Herrn v. Königslöw begleitet, mit
grosser Wärme und Innigkeit sang. Auch das sechsstimmige
„Crudftxus“ von Lotli und ein von Musikdirectnr Breunuog
aus Aachen meisterhaft gespieltes Präludium in C - moll von
J. S. Bach, trugen o»cht wenig zu der Weihe des Abends
bei. Der Verein wird nächstens diese Aufführung in der Uni-
versität# • Kirche zu Bonn wiederholen. — Die dramatische
Gesaogtschule des Herrn Kammersänger Koch gab in einer
musikalischen Soiree Zeugnis* von dem Fleisse und der Ge-
schicklichkeit des Lehrers, minder von dem Talente der Schü-
ler, dennoch war das Resultat im Ganzen ein ungemein gün-
stiges. Herr Koch versteht nicht nur Stimmen zu bilden, wie auch
Geist und Feuer in den Vortrag zu bringen. Dis interessanta-
ste Erscheinung war wohl Fräulein Hünermund, welcher
man, falls sie dramatisches Talent besitzt, eine glückliche Büh-
nenlaufbahn Vorhersagen möchte. Ein Herr Eigenbertz
überraschte durch eine besonders kräftige und sonore Bariton-
stimme; unser Tenorist Peels entfaltete sein kräftiges und
gesuodes Organ und bewies, wie rastloser Fleiss manche in
der Natur liegenden Hindernisse beseitigt. Künstlerisches In-
teresse erregten die Cellovoriräge des Fräuleio Lulu Wan-
dersieb aua Gotha. Sie behandelt ihr Instrument ebenso
graeiös wie maiaterhaft, ihr Ton ist gross und voll und ihre
Technik äusserat solid uod sicher. Das zahlreich versammelte
Publikum zollte ihr alürmische Anerkennung-
Dresden. im April.
Während in anderen Städten die Charwoche im Durchschallte
die besten Erzeugnisse der Kirchenhtersturrausik zur würdigeo
Aufführung bringt, bleibt unser Dresden in dieser Hinsicht,
wie in vielen anderen Dingen, zurück. Der Palmsonntag er-
laubt hier gewöhnlich eine grössere Choraufführung im Thea-
ter, für welche diesmal Hsydo’s Schöpfung und sts Zugabe
Beethoven'* Symphonie No. 8 ausersehen worden war. Sie
werden diese Zusammenstellung etwa» seltsam finden und ich
würde mich Ihrer Meinung anschliessen, wenn sich meioe Natur
nicht bereits an dergleichen Seltsamkeiten, denen man hier so
häufig begegnet, gewöhnt hätte. Das Theater bleibt io der
slilten Woche gänzlich geschlossen, es wäre mitiiio ausreichend
Zeit vorhauden eine würdige Aufführung irgeod eines grossen
Kirchenwerks zu veranstalten; aber es fehlt hier an Thstkrsfl,
um die vorhandenen Mittel zu concentriren. Den Sonnabend
vor dem Ostersonntag wird in der katholischen Kirche gegen
Abend die Auferstehung gefeiert, bei welcher Gelegenheit auch
ein sehr wirksames „Tadeum“ von Hasse zu Gehör gelangt.
Der Hof hat für diesen Tag eine sogenannte Benefiz-Prozession
uod wenn Sie sehen könnten, wie bei dieser Gelegenheit di«
Slrasseojuogen auf die Altarrampen steigen und Männer und
Weiber die Betstühle erklettern, um den Hof zu sehen, wie
dabei denn noch Alles hin uod her läuft, sl* ob es sich um
eioe profane Schaustellung handelte, so würden Sie mir ge-
wiss beislimmeo wenn ich Ihnen versichere, dass hier weder
von einer Erbauung noch von einem Genuss der Musik die
Rede sein kann, noch dass eins vou beiden gesucht wird. —
Im Theater fand eine Vorstellung der „Afrikaoerin“ statt, die
auch hier eine stete Anziehungskraft ausübt. Herr Schaff -
ganz, ein Ihnen bereits bekannter Künstler, hat hier gastirt
und obgleich seine Präsentation keineswegs von besonderem
Erfolge begleitet war, hat sie dennoch zu einem Engagement
geführt. Für einen ersten Tenor war Herr La halt nuserse-
hen, derselbe hat aber weder die stimmlichen noch persönli-
chen Mittel dafür aufzuweiseo. Diese weisen ihn entschieden
auf das Fach der lyrischen Teoöre, und es ist wirklich nicht
zu begreifen, wie man diesen Herrn für die Heldenrollen enga-
giren konnte. — Meine Hoffnung, dasa die Coocerle durch
Herrn Bendel zum Abschluss gelangt wären, hat aich nicht
erfüllt. Zunächst wAr es ein Concerl der hiesigen Liedertafel
unter der Direction des Herrn F. Reichel. Bruchs Compo-
ailion „Salamis“, „Der blinde König“ von Hering, „Nordmlo-
nerlied“ von BrOckler waren die hauptsächlichsten Werke, die
zu Gehör kamen. Bruch'« Werk ist als ein vorzügliches be-
15 *
124
kiinnt, doch kam es hier nicht markig und entschieden genüg
zur Vorführung. Eine recht empfehlenewerthe Composilion ist
die von Brückler. Dieselbe, für Doppelcbor im modern polyphonen
Styl tör Mfinnorgesnng recht durchsichtig gehalten, ist auch io
Bezug auf Stimmung gut getroffen. ln der Form ist sie jedoch
etwas su breit, was lieh bei Mätinergesang doppelt fühlbar
macht. Nach Ostern besuchte uns auch noch Herr Julius
Stockhausen und gab einige Arien und Lieder tum Besten.
Das Concert war sehr besucht und der Künstler wurde viel-
fach ausgezeichnet. Die beste Leistung dieses Abends war die
Arie aus Susanne von Hiridel. Unterstützt wurde der Concert-
geber von Friulein Anna Schloss und dem Herrn Kammer-
musikus Kaya er. Herr Kayaer trug ein Clarinetten-Concert
voll J. Riet* vor uud fand sich vortrefflich damit ab. Wir ha-
ben Hoffnung hier auch endlich einen grössere Concertsaal
zu erhalten, eine Nolhwendigkeit, die sich immer fühlbarer tuscht.
A. F.
London, 12. April.
Lange habe ich Sie auf Nachrichten warten lassen, aber
was nützten ungenaue Berichte, die heute wahr und morgen zu
widerrufen wären. — ■ Erst hiess ea: nur eine Italienisch« Oper,
dann hieas es wieder mit aller Bestimmtheit: zwei eoncurrirende
Opern — ja man sprach sogar von dreien — bis endlich jetzt
es feststeht, dass die beiden vereinigten Kräfte von Her Majestys
und Covent-Garden-Opern eine Gesellschaft bilden und ihre Vor-
stellungen bereits begonnen haben — eine Coneurrenz ihnen
aber doch durch eine dritte Gesellschaft, die noch im Werden
begriffen ist und sieh zu ihren Aufführungen das Lyceum-Thea-
ter ausersehen hat, erstehen wird. — Verdi s „Rigolelto“ war
zur ersten Vorstellung der Royat-ltatian-Opera ausersehen; in
rascher Folge kamen sodann Fidctio, Nonna, Trovatore, Linda
di Chamounix und Hugenotten, die nächste Woche verspricht
„Dinorah“ und „Wilhelm Teil“ ausser den Wiederholungen. —
Eine Kritik über die Vorstellungen kann wenig Interesse für Sie
haben, es wird genügen, wenn ich in kurzen Worten Ihnen
Facta melde. Dahin gehört zun Achat, dass anaser Arditi ein
hier, und auch wohl dort noch, unbekannter Signor Li Calsi
als Kapellmeister fungirt, und gerade bei der ersten Aufführung
des „Rlgoletto“ keine besondere Befähigung für den so schwe-
ren Posten an den Tag legte. MHe. Vaneini, die im vorigen
Jahre hier mit ihrer schonen Sopran - Stimme viele Verehrer ge-
funden, sang die Gilda, Signor Mongini den Herzog undunser
Santloy, wie die Engländer mH Stolz sagen, den Rlgoletto.
Fidelio fand in Fräulein Titjens eine Vertretung, wie sie besser
nicht gedacht werden kann, ihr zur Seite standen Mr. Santley
als Don Pizarro, Mlle. Sinico als Marccllina, Signor Foii als
Hoceo, Mr. Ly all als Jocquino. Ein neuer Tenor, Signor Bnl-
tcriui, bewies aIs Florestan, dass er eine schOne, volle, sogar
gewaltige Stimme besitzt, die er aber seines Schreiens halber
nicht zur vollen Gcltuug bringen konnte. Die Besetzung des „Trova*
tore** war folgende: Leonore — Mlle. Titjens, Azucena —
Mlle. Scalchi, Mannen — Signor Mongini, Ferrando — Signor
Fol, di Luna — Mr. Santley. Die Vorstellung wurde mH gros-
sem Enthusiasmus aufgenommeu uud ausser dem Miserere auch
Saolley'e „II balen“ und Mongini's „Ah bi, ben mio“ da capo ver-
langt und auch gesungen. — MHe. Iltna de Murska trat in
dieser Saison als Linda zuerst auf und wurde lebhaft willkom-
men ge heisse u; mit ihr halten Naud in als Carlo, Signor Ciam-
pi als Marchese, Signor Bagagio Io als Prefetto ihre Antritts-
Parthien. — Ich werde fortfabren Ihnen über den Gang der Vor-
stellungen in dieser Weise zu berichten und kann schliesslich
noch hinzuftlgen, dass die lliuderniaae, welche Mlle. Nilsson
von ihrem bieaigen Engagement zurücktreten Hessen, weggeräuwit
sind, so dass wir die schwedische Nachtigall in dieser Saison
nicht entbehren werden. H— t.
Paris, den 9. April
Dte Dienstag im Tbeätre lyrique staugehabte erste Aufführung
von Wagners „Rienzi M , der Jugend-Arbeit den Meisters, dessen
Name biarcleht, um den Eris-Apfel zwischen die Partheien zu
werfen, scheint in der Pariser Presse den alten Kampf zwischen
den Gluckisten und Piecinisten erneuern zu wollen. Da giebt es
Blätter, wie die „Llbeiti“, welche Wagner Ober Alles erheben,
— andere, wie der „Figaro“ und „Ophiion nationale“, welche
ihn nicht tief genug in den Koth ziehen können. Die Wahrheit
dürfte auch hier in der Milte zu suchen sein. Ob „Rienzi“ Er-
folg hatte? Es war eine jener unruhigen ersten Aufführungen,
wie sie iu Paris gang und gäbe sind, der eigentliche Erfolg ent-
scheidet sich erst nach der zweiten und dritten — oder besser
noch später, wenn die Gasse Geschäfte macht. Die erste Auf-
führung des „Rienzi“, den grossen ZndrAOg des Publikum« und
die Läuge <um zwölf Uhr begann erst der vierte Act) hlnzugcreoh-
net, hatte die Physiognomie interessanterer ersten Vorstellungen
— die Ciaque war tüchtig bei der Haud, die Opponenten, worun-
ter eiu grosser Theil des „zahlenden“ Publikums, wenn man von
einem solchen bei einer Pariser „Premiäre“ überhaupt sprechen
darf — waren mit ihren Versuchen in der Minderheit Nur in
den Zwischenacten, weiche zu lange dauerten, gab es wieder
Scandal — wo die Gallerien den Dirigenten Pandeloup im rhyth-
mischen Chore hervorriefeo. Sonst aber war dies eine friedliche
Assemblee gegen den berühmten Tannhänser-Tumult in der Op$r»
— wo man nur einen Pfeifer-Kampf und keinen „SAogerkarapf“
zu hören bekam. Wir glauben demgemäss für „Rienzi“ auf ei-
nen Succts schliescn zu dürfen. — Wagner selbst hält bekannt-
lich — trotz seiner sonstigen Selbstüberhebung — nicht allzu
grosse Stücke auf dUM seine Jugend-Oper, indem sich die ei-
genthümliche Richtung dieses Tondichters erst im „fliegenden
Holländer*, in „TannhAnser“, „Lobengrin“, „Tristan und Isolde“ und
den „Meistersingern“ entwickelt Der Mangel au Selbstständigkeit und
Charakter ist demnach daa Hauptkennzeichen der Oper „Rienzi“.
Neben dem geschmähten Judenthum Meyerbeer's u. A. finden
wir darin auch Anklängo an Weber und an die allermateriellaten Sei-
ten von Verdi und der Italiener. Die vielen Marschrythmen and
die Massen der Chöre und der Orchester-Blasinstrumente erzeu-
gen eher einen betäubenden und niederschmetternden als erhe-
benden Eindruck. Es wird den menschlichen Nerven zuviel zo-
gemuthet, und der Genuss An den einzelnen in der Oper vorhan-
denen wirklich grossartigen Schönheiten paralyslrt. Das Acrgsle
bot in dieser Hinsicht der dritte AcL Sehr beifällig wurde die
herrlich beginnende, doch gegen Ende sich etwas verflachende
Onvertiirc aurgenommeu. Die Strophen des Friedensholen, von
FrAulein Priolat gesungen, erhielten die Ehre eines Wiederho-
lung-Hufes. Das Septett-Finale des zweiten Actes und die Perle
der Oper, das Gebet Rienzi's, so wie dessen vorausgegangene
„Quand la trompettc nur« sonne“ und „0 peuple libre, o peuple
roi“ meisterhaft inte rpretirt von Herrn Montjauzc, wurden stür-
misch applaudirL Jedenfalls waren diese Stellen der reinere
Ausdruck der poetisch-dramatischen Eigenthünilichkeit Wagner s.
— Nächst der reichen, in den Räumen des ThAAtre lyrique in
diesem Maasse noch nie erlebten Ausstattung, dem Glanz der Co-
stüme, dem von FrAulein Zina-Merante producirien Tanz-Di-
vertissement, den bedeutend verstärkten Chor- und Orchester*
kräften <300 Personen waren beinahe ohne Unterlass auf der
Scene beschäftigt) und der sorgfAitigen Aufführung ist cs wohl
auch das Interesse des historischen Stoffes, welches über viele
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Schwächen, oder besser gesagt, „SUIrken 44 der Musik hinweg se-
hen Heuen. Die Franzosen werden sich nie und nimmer
in die lyrisch-romantischen Gebiete eines deutschen Ssgonstüffcs
wie Tannhlussr, Lohengrin u. a. w. vertieren können, wogegen
ein historischer Opernatoff, zumal bei dieser poetischen Zeitrich-
tung, noeh auf dem Felde der grossen Oper eine Zukunft ha». —
Die gestern stnttgebabte zweite Aufführung „Rieozi’s“ bestätigt
unsere nach dar ersten Re prfi sentalion aufgeslellte Vermutbung,
dass die Oper Erfolg haben werde — bank auch der Abwesen-
heit Richard Wagner's, welcher sieb früher hier durch das Drein-
mengen seiner Persönlichkeit, durch seine Ausfälle über Alles,
was nicht „Wagner 44 heisst, über Judenthum und — Cbristcnthum
in der Musik — sehr Vieles verdarb und psrtheiische l'rtheile
selbst Ober das an sich Treffliche in seinem Kunstwirken waeh-
rief. — Das letzte diesjlbrige Coucert popuiaira brachte: Hoch-
zeilsmarsch und Cher aus „Lohengrin* 4 , ein Frsgmeut einer un-
edirteo Symphonie von Alfred Hoimea, Mendelssohn s A-moll-
Symphonie, Beethoven s Musik zu „Ruinen von Athen 44 und eineu
Chor aus dem lülen Jahrhundert und Serenade von Gouvy. —
In dem neuerbauten deutschen Central-Vwraammlungs-Local« der
Herren Donizcau 4 Co. „Zur Harmonie 44 fand vorigen Sonntag
zur Eröffnung ein Wohhhätlgkslts-Concert statt mit musikalisch
sehr befriedigendem Resultat. Eine neuere, in verschiedenen
Concerten dieser Saison gewürdigte Erscheinung, das deutsche
Vocal-Quartett der Herren Kühn, Heuling, Audräe und Wie-
gand, erntete durch verschiedene Vorträge von Pressei, Silcher,
namentlich durch eine Tyrolienn« von Carl Majer stürmischen
Beifall, desgleichen auch Herr Wiegand durch eine Bass -Arie
aus „Figsro's Hochzeit 44 von Mozart. Eine feingebildete, ausge-
zeichnete Pianistin, Frau Labrnyere, spielte mitCzekä (welch'
letzterer Violinist such durch Solo-Vortrftge : Ernste Elegie, Tar-
tini's Teufeletriller den seltensten Erfolg errang) Beethoven'*
C • moll • Sonate und ein anmuthiges, chsraetcr irdische* neues
Stück „La Source 44 von Haenel von Cronenthal. Erwähnen wir
noch der ausgezeichneten Lied- und Arien-Vorträge der Frltüein
Staudt und Lieder und des deutschen Chores „Germania* 4 ,
weiche in dem sehr akustisch gebauten neuen grossen Saale,
wo wir oft noch dem deutschen Gesänge zu begegnen hoffen,
entsprechende Lorbeeren pflückten. A. v. Cz.
Feuilleton.
Ein Brief ?on Felix Mendelssebn-Barthold;
an
G-ootlxo.
Von mehreren Seiten ist der Wunsch ausgesprochen,
dass die Briefe Mendelssohn s, weiche er auf seiner grossen
Reise durch Deutschland, Halten, die Schweis und Frankreich
in den Jahren 1830 bla 1832 in jugendlicher Pietät sn Goethe
richtete, den Weg in die Oeffeotlichkeit Boden möchten. Der
nachstehende Brief, nach der Rückkehr aus Italien in Luzern
an Goethe am 28. August 1831 geschrieben, darf daher als er-
ste charakteristische Probe jener verborgen gebliebenen Jugend-
briefe ein allgemeines Interesse beanspruchen, obwohl er nor
in , einer gewissen Unvnllsländigkeit milgelheilt werden kaun.
In der Gestalt nämlich, in dar uns diese Blätter ganz zufällig
in die Hände fielen, ist ihnen weder der Name des Briefstel-
lers, noch der des Adressaten, noch auch das Datum des Ta-
ges beigegeben. Oer Ursprung der Blätter führt «her ziemlich
direct auf Goethe zurück. So war es keio Wunder, dass un-
willkürlich der Name Mendelssohn lebendig wurde, als uns
darin die aus den RcisebHefeo bekennte Cnmbination der Na-
men Engelherg — Sebastian Bach — Wilhelm Teil
unter' dem Datum Lusern, August 1831 entgegen trat Das
Datum des 28. ergiebl sich klar dadurch, dass der Brief an ei-
nem Feier- und Festtage geschrieben ist, der 28ate aber der
einzige Sonntag war, den Mendelsaoho io Luzern tu brachte.
Dabei bemerken wir, dass der 24ste, den men uach dem Brteie
aus Engelberg von diesem Tage ( Reise briefe 1, 266) für einen
Sonntag beiten könnte, auf einen Mittwoch fiel und dass die
dort beschriebene gottesdienstliche Feier dem heiligen Bartho-
lomäus galt. Am Donncrsiog den 25aten ging Mendelssohn
von Engelberg nach Luzern, sah dort am Freitag Weigls
Schweizerfamilie (Üevrirnl. Erinnerungen S. 130) und schrieb
am folgenden Tage die Briefe an Devrieat fdaa. S. 122) und
an Taubert (Reisebr. I, 267), in wetcheo dabar von der Auf-
führung des Teil in Luzern, welcher Mendelssohn am folgen-
den Sonntage beigewohnt haben muss, noch nicht die Rede ist.
obwohl er das in Engelberg gelesene Stück in enthusiastischer
Weise erwähnt. Der nachstehende Brief ist an diesem Sonn-
tage geschrieben, der Schluss noch am Abend oach dem Schau-
spiel. Der Montag der 2flate beschloss dann den Luzernei
Aufenthalt. Es ist anzunehmen, dass der vorliegende der ein-
zige Brief ist, welchen Mcodelssohn aus der Schweiz an Goe-
the gerichtet hat. Die von Goethe veranlasst© Vervielfältigung
desselben, welche uns allein die Miübeilung ermöglicht hat.
zeigt, dass er den darin enthaltenen Schilderungen der wolkeo-
bruchartigen Regengüsse und der Teil-Aufführung einen beson-
deren Werlh beilegte. Die Psrallelstellen unter dem Text sol-
len darauf aufmerksam machen, wie streng sachlich und wahr-
heilsgetreu Mendelssohn bei dieaen Schilderungen verfuhr. Der
Ton tat Goethe gegenüber zwar um ein Wernges gehaltener
aber nicht weniger friach als in den Reiscbricfen, wenn auch
die ganz subjectiven Züge fehlen, welche jenen so grosse Ao-
mulh verleihen.
Berlin, den 6. Februar 1869. von Looper.
Luzern, (deo 28sten) August 1831.
De ich Ihnen von allen Hauptpunkten meiner Reise Bericht
erstellen soll*), so darf ich denn freilich die Schweiz nicht aus-
lassen, die von jeher mein Li'eblmgsland gewesen ist. Die
Zeil, wo »eh jetzt so ganz allein zu Fuss io den Bergen um-
hergeatreift bin, ohne Jemaod zu kennen, ohne an etwas zu
denken, als an des, was ich in jedem Augenblicke Neue* Herr
liebes aah, die ist mir wohl unvergesslich.
Ich kam aus dem Lande des heitern Hinttueis und der
Wärme; die Schweiz hat sich denn freilich gleich anders au-
gekündigt, ich hatte Regen, Sturm und Nebel, musste mich
sogar auf den Bergen oft beschneien*) lassen. Aber ich weis»
nicht, wie es kam, dass mir sogar das behagte, und wenn sich
aus den W r olken zuweilen ein paar schwarze Felsbömer erhoben oder
ein ganzes Land im Sonnenschein mitten aus dem Nebel auftauohle* j .
das ist wohl auch etwas Prächtiges. So habe ich denn durch
allen Sturm mich nicht abhalten lassen, herumzusteigen, sovie
ich konnto; der Führer wollte zuweilen nicht mit, ich habe oft
gar nichts gesehen, aber ich habe es doch versucht, und kam
dann einmal ein schöner Tag 4 ), so war die Freude doppelt.
Mir ist, als bekäme ich hier noch mehr Respekt vor der Natur
und sei ihr noch näher gegenüber als anderswo; das Land und
die Leute hängen hier aber auch ganz allein von ihr ab.
Sie werden von den Furchtbaren Ueberschwemmun^en und
Wolkenbrüchen wissen, die im Berner Oberlaode gewüthet ha-
•) Reisebriefo I, S. 13. „dann sagte er (Goethe) mir, Ich solle
ihm zuweilen schreiben.
*) Ebeod. S. 253. Auf dem Faulhorn den 16., und S. 207
in Hospital den 19. August.
•) ebend. S. 254.
*) z. B. der 19te.
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ben ; ich war gerade um die Zeit dort und da war e» schauer*
lieh tu sehen, wie AHes, wes von Menschen herröhrle, sogar
das Festeste, ao leicht und augenblicklich verschwunden war,
spurlos, als wenn es nie dage wesen: Strassen, Brücken, Wie*
sen und Häuser; nach drei Tagen war Alles in der Natur wie-
der still und freundlich, als sei nichts geschehen und die Men-
schen fingen wieder an, ihre serstörten Arbeiten herzustellen,
so gut es anging.
Ich befand mich gerade damals allein, ohne Führer, unter-
wegs am Thuoer See*). Nun hab’ ich seit dem Tage, wo Sie
mir von Ihren Beobachtungen über Wetter und Wolken erzähl-
ten*), ein eigenes Interesse dafür bekommen und mehr darauf
gemerkt, wie es oben zugehl; da konnte ich denn genau selten,
wie sich das Unwetter nach und nach bildete. Es hatten sich
zwei Tage lang Wolken gesammelt, und endlich atn 7 len Abends
brach ein starkes Gewitter los, das, die ganze Nacht durch,
mit fortwährendem Regen anhielt; am Morgen war es aber, als
wenn nicht Regen, sondern Wolken heruntergekommen wären.
Auch ich hatte so tief niemals die Wolken liegen gesehen 7 );
sie hatten sich weit und breit um den Fuss der Berge in’s
Thal hineingelagerl, ganz weis» und dick, und der Himmel drü-
ber war voll schwarzem Nebel. Es regnete eine Zeitlang nicht,
bis die Wolken unten atißngen steh zu bewegen und hin und
her zu ziehen; da dauerte das Regnen wieder den ganzen Tag
und die ganze Nacht, aber den dritten Morgen am Uten*; hat-
ten sich nun erst die eigentlichen Massen gesammelt, aus Wol-
ken und Nebeldun&t, und die ganze Breite des Horizonts und
der Himmel waren davon eingenommen. Wie man sonst Ge-
witter auf heiterm Himmel Aufziehen sieht, so thOrmle sich hier
ein Wolkenheer Gbec’s andere und zog Ober's Land von der
Ebene in Nordwesten in die südöstlichen Berge hinein. Man
konnte das gegenöberstehende Ufer des Sees durchaus nicht
erkennen*); in den Zwischenräumen , während eine Wolken-
schicht vorüber war, regnete es nicht, und fing dann aus der
nächsten in einem Moment und mit unbeschreiblicher Wutli an.
Nun standen alle Fusswege voll Wasser, Quellen liefen euf den
Strassen hin und her, die bergströme rasten toll; sie waren
ganz dunkelbraun'*), es »ah aus, als spränge im Flussbelle
lauter dunkle Erde über einander und wälze sich io den Ses;
men konnte weithin die schwarzen Streifen im heilen See noch
unterscheiden. Die kleineren Brücken waren alle gleich am
Morgen schon mit fortgenommen, an den grösseren steinernen
wurden die Pfeiler und Bögen eingerissen, ein Waldstrom brachte
Hausgerälh und Möbel") mit in den See, ohne dass men
noch wusste, wo die Häuser zerstört waren. Als ich an deo
folgenden Tagen, wo da» Regnen aufhörie, in'* Lauterbrunner
Thal kam, ao war der breite Fahrweg spurlos verschwunden,
ein Geröll von Steinen, Sand und hohen Felsblöcken 1 *) über-
deckte eine Viertelmeile weil die Stelle, wo er gegangen sein
soll. Dasselbe Unheil war an dem Tage fast im ganzen Land,
auf dem Gotthard, in Unterwalden, Glarus u. s. w. Da war es
») Ebenda I., S. 238 ff.
*) Goethe'» Interesse für Wetterbeobachtungen ist bekannt;
*. Werke lio 40 Bdn.) Bd. 40, S. 353 uod Bd. 14, S. 214.
Y ) Reiseb. I , 234. Wimmis, den 8. „Seit vier Stunden fällt
das Wetter so gerade herunter, als würden die Wolken ausge-
nuetscht“ und S. 237: Die Regenwolken „hingen heut ao tief in
den Thälern, wie ich es nie geeebn hatte“.
•) Ebenda S. 238.
*) Ebenda S. 239: „Es war durchaus nichts zu seheu; kein
Berg — selten die Linien des gegenüberliegenden Ufers“
*•) S. 239 uuteo.
") S. 244. „Es ist Nachricht da, dass die Kaodcr eine Menge
Hausgeräth und Möbel herbeigetragen hat, man weias noch nicht
woher**.
"I S. 247. a. a. 0. 13. Aug. „Wo vor sechs Tagen die
schönste Fahrstrasse war. Ist jetzt ein wüstes Felsengewirr.“
deno zuweilen schwer durchzukommen, man musste oft über
die Berge, weil im Thal das Wasser kamen Platz liess, aber
auf den Bergen war es dafür um desto schöner.
Die letzte Woche noch habe ich io einem Unlerwaldner
Kloster, Engelberg") zugebrachl, mehrere tausend Fürs Ober
dem Meere, io der grössten Einsamkeit, wo ich eine hübsche
Orgel und freundliche Mönche fand. Sie hatten niemals von
Sebastian Bach gehört, da kam ea ihnen ganz curios vor, eis
ich ein Pear von seinen Fugen spielte; es gefiel ihnen aber
doch, ich musste etn Festtag") den Organiatendienat versehen .
dio Messe begleiten und die Responsorien machen ; es war da»
erste Mel, dass ich wieder eine ordentliche Orgel unter die
Hände bekam; denn in Italien hebe ich keine in erträglichem
Zustande gefunden. Noch dazu hatten die Mönche eine hübsche
Bibliothek; Politik, Fremde uod Zeitungen kommen da in’a Thal
gor oicht hin, »o habe ich eine frohe Zeit dort zugebracht.
Auch das Wetter hat sich aufgeklärt und namentlich heut ist
ea, als wolle die Nalur den Tag feiern uod sich freuen. E*
ist der heiterste blau« Himmel, die Berge haben sich mit den
hellsten Farben geschmückt, die Landschall sieht festtäglich
und froh aus, als ob sie wüssten, was es für ein Feiertag ") sei.
Eben komme ich aus dem Theater, dem einzigen in der
ganzen Schweiz, wo sie Wilhelm Teil vonSchiller gaben; da jetzt
nämlich die Tagessatzung hier ist, so weichen die Schweizer
von ihrer Gewohnheit ab, lieber gat kein Theater zu haben
als ein schlechtes. Und weil es das einzige im Lande ist, er-
lauben Sie mir ein Paar Worte Ober die vaterländische Vor-
stellung zu sagen. Zehn Leute sind etwa in der ganzen Truppe
vorhanden uod die Bühne so gross und hoch wie ein mäsai-
ges Cabinet; sie wollten aber doch gern die grossen Volks-
scenoo geben. Da stellten denn zwei in spilzeo Hüten Gess-
ler’s Heer vor, zwei Andere mit runden Hüten die Schweizer
Landleute, alle Nebenpersonen kamen gar nicht vor. Was sie
Wichtiges (sie.) zu sprechen batten, liessen sie ohne Umstände
weg und fuhren ruhig io den nächsten Worten ihrer Rolle
fort, ohne allen Zusammenhang, wodurch zuweilen komische
Sachen eutataudeu. Einige Schauspieler hatten nur deo Sinn
auswendig gelernt und brachten den augenblicklich in eigene
Verse; der Ausrufer des Gessler schlug sich beim ersten Trom-
melschlag die Trommel vom Knopfloch los, dass sie auf die
Erde fiel und konnte sie nicht wieder festmachen, zur grossen
Freude des freiheilliebenden Publikums, das den Scleven des
Tyranuen sehr auslschle, und bei alledem war des Stück oicht
todl zu machen, und brachte seine Wirkung hervor. Wenn
die wohlbekannten Namen und Plätze, die man den Tag zuvor
gesehn halte, vorkamen, da waren sie alle selig, stiessen ein-
ander an, und zeigten auf den pappenen See, den sie in der
Natur viel besser sehn könnten, wenn eie aus dem Hause
traten. Am meisten Vergnügen machte aber der Gessler, weil
er sich sehr ungezogen betrug und grimmig schrie und wü-
thete; er sah aus wie ein betrunkener Handwerker, mit seinem
verworrenen Bart, der rothen Nase und der schiefen Mütze;
das ganze Ding war sehr arkadisch und ursprünglich, wie die
Kindheit des Schauspiels.
Jonrnal-Hevcte.
Die Allg. Mus.-Ztg. beginnt einen Aufsatz „Zur Theorie der
Musik** von Rieachbieter und bespricht Brahms' nr e LiederbefU
Op. 46 bis 49 uod dessen ungarische Tänze. — Die N. Ztach.
f. Musik enthält eine anerkennende Besprechung der Rossini'-
••) S. 260. Engelberg, d. 23. Aug,
") Bartholomäus, den 24. S. 266 und 267 ebenda.
*•) Goethe 's letzter Geburtstag.
>°g
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sehen Messe eolenoelle. — Di* Signal« netzen ihr Musikadres*-
buch (Wien) fort. — Südd. Muaikztg. : Scblus« des Lackowitz’-
sehen Aufsatzes „Ein Concertoieister des vorigen Jahrhundert».
Die französischen Zeitungen enthalten Besprechungen des
Wagoer'aeheo „Rlenzi“.
Nachrichten.
Berlin. Das Concert zum Besteu der Diakonissen • Anstalt
iu Kaiserswerth fand am 11. d. in dem grossen Saale der Börse
statt und hatte ein äussersl zahlreiches, sehr gewähltes Publikum
versammelt. I. 1. Majestäten der König und die Königin sowie
viele Mitglieder des Königl. Hauses beehrten dasselbe ebenfalls
mit ihrem Besuche. Di« grossartigen Räume, welche glänzend
erleuchtet waren, machten im Vereine mit der eleganten Ver-
sammlung einen imposanten Eindruck. Das Concert wurde von
2 Infanterie - Musikcorps unter Wieprecht’s DirecUoo, 4 Männer-
gesangvereineu, den Dameo Röske-Lund und Jacbmann so-
wie den Herren Niemann, Fricke, Tausig und Hoch vor-
trefflich ansgefttbrt.
Bremen. J. S. Bachs „Matthäus- Passion“ erlebte am Charfreitag
durch die Singacademie unter C- Reinthalcr in der hiesigen
Domkirche die yerte Aufführung und gelangte durch das prä-
eise Zusammenwirken der vorhandenen namhaften, theila ausge-
zeichneten Kräfte zu vorzüglicher Wirkung, welche leider durch
die übermässig lange (fast 3stündige) Dauer der AulFöhruug iu
etwas beeinträchtigt wurde, ln den Soli waren Frätil. Sobröt-
t'er von hiesiger Oper (Sopran) und Fräulein Schreck aus Bonn
(Altj, Herr C, Hill vom GrossberzogUchen Theater zu Schwerin
und Herr W r ölte re vom Groeeherzoglkhen Theater zu Braun-
schweig durchgehend!» brav, und boten, weuu sie auch nicht die
Erinneiungt-n der früheren Aufführungen mit ,JuL Stockhauaen
und dem Teuoristen Sehneider verwischen konnten, doch immer
eine reiche Fülle glänzender Momente Nicht minder leisteten
Chor und Orchester in Klangfülle und Präcision Vorzügliches.
Wenn wir schliesslich noch des ungemein störenden allgemeinen
Aufbruches im Publikum beim Beginn des herrlichen Schluss-
cbors rügend gedenken, so war derselbe diesmal wohl mehr,
als sonst bei ähnlichen Gelegenheiten durch die übertriebene
Ausdehnung des Coneertabends gerechtfertigt, berührte aber ge-
rade an diesem Orte um so unangenehmer. — An grösseren
Concertaufführungen sieben ausser dem letzten Privsteoncert
nur noch das zweite Abonnementsconcert des Domebors und
die Aufführung von Homberg'» „Glocke“ und Löwe's „Hochzeit
der Thetis 4 * durch den Geaangchor der Hauptscbulebe vor. H. K.
Hamburg. 2te Trio-SolrAe des Herrn G. Schubart: Trio
Op. II B-dur von Beethoven, Duett für 2 Planoforte Op. 195 von
HiUer, Cello-Sonate Op. 5H(D*dur) von Mendelssobu-Bartboldy, Hom-
mage a Händel für 2 Pianoforte von Mocbeles und Trio in Es-
dur von Haydn. — Geistliches Concert des Cäeilien- Vereins: Or-
gel-Präludium und Fuge von Bach, Psalm „Wie der Hirsch schreiet“
von Paleslrina, Duett von CAldsra, Marienlied von Praetorius,
Sanctus von Bortniansky, 43. Psalm von Mendelssohu, Vocalmesse
für Solostimmen und Chor von Hauptmann etc. — 8le Soiree für
Kammermusik der Herren Klelnmiehel, Schradieck und
Gowa: Trio in E-dur von Mozart, Horn-Sonate Op. 17 F-dur von Bee-
thoven, Fantasiestöcke (Op. 8$) von Schumann, Adagio für Horn
von Lübeck und Trio (Op. 99) B-dur von Schubert. — Neuntes
philharmonisches Privat - Concert: Onverture zur „Vestalin“ von
Spootini, Scene und Arie aus „Iphigema in Aulis“ von Gluck
(Hr. Kammersänger H i II), Violin-Concert (Op. 26) von Bruch (Herr
Joachim), Lieder von Schumann und Grädener, Präludium von
Bach und Sonate von Händel und 7le Symphonie (A - dur) von
Beethoven. — SoirAe des Pianisten Birgfeld: C lavier - Quartett
von Beethoven, Romanze für Violine von Beethoven (Herr Con-
eerfmeisler David), Trio iu vpa Mendelssohn etc. ^
Lelpalg. Herrn Kapellmeister ftetaecke ist von* Herzog
von Meiningen der Siebs. Ernestiniscbe Hausorden verlieben worden.
— Die D. A- Z. sagt zum Schluss« ihres Referats über die
Thomas'sche Oper „Hamlet“: Fragen wir nun nach dem Erfolge
der Oper, e© müssen wir gestehen, dass die Aufnahme seitens
des Publikums als eine ziemlieh laue zu bezeichnen ist Ausser
dem vierten Act fanden nur einzelne Scenen Beifall, besonders
die in welchen Frau Peschka-Leutner beschäftigt war. Den-
noch wird die Oper ai« Zug- und KasscuaiQek für die Messe ihre
Schuldigkeit thuo. Jeder Fremde wird die noch auf keinem
deutschen Theater gegebene Oper einmal sehen wollen, und die
prächtigen Decorationeu, die Aufzüge, bei denen ein grosser Theil
des Schauspielpersonals in glänzenden Costümeu erscheint, sowie
die geschmackvoll arranglrten Tänze, worin das Künsllerpaar Ca*
s ati besonders excellirt — alles das wird seinen Eindruck nicht
verfehlen. Für musikalisch Gebildete wird die Oper manches
Anziehende bieten. Den vierten Ael wird man immer wieder
gern hören, da er für die iheifweise Monotonie der übrigen ent-
schädigt, deren trüber Stimmung a ler dinge der Gegensatz frisch
und kräftig wirkender Momente fehlt.
Weimar. Zur Geburtstagsfeier der Grossherzogin von Wei-
mar kamen hier zwei neue Operetten zur Aufführung. Die Musik
der erateren einactigen, „Der Gefangene“ von Lassen, giebt einen
deutlichen Beweis von der Tüchtigkeit des Compouisten, der in
der Behandlung der Singstimmeu und in der Instrumentation Treff-
liches leistet. Von den einzelnen Nummern der Operette zeich-
nen sich der erste Chor, eine Romanze für Tenor und «in Duett
durch gefällige Form aus. Im Ganzen jedoch leidet das Werk
an zu grosser Monotonie , die Stimmung der sümmllichen Num-
mern ist mit Ausnahme der eingefluchienen Tänze ohne Ab-
wechselung düster, und dürfte dieser Umstand, sowie das wenig
Interesse erregende Sujet einer Verbreitung des Werkes im Wege
sein. — Auch der zweiten Novität des Abends, einer zwciacUgen
Oper „Der letzte Zauberer“, Musik von Frau Pauline Viardot-
Garcia, ist «in Bühnenerfolg nicht vortuszusagen. Trotz vieler
hübscher und feiner Melodie«», welch« die geistreiche Componistin
io dieser Arbeit angebracht bat, fehlt es dem Werke durchaus
an dramatischem Effect, so dass es sich mehr Freunde in den
Salons als auf der Bühne erwerben dürfte.
% W ien. Der treffliche Musikforseher Dr. Heinrich KreissJe
von Hellboro, welcher sich namentlich durch seine Schubert-
Biographie allgemein bekannt gemacht hat, ist am 6. d. gestorben
BrflMtei. Das Concert der „Aa&ociation des artistes musi-
ciens“ fand am 6. d. statt und brachte einige neue Werke.
Ea waren dies ein Chor „Die Verbannten“ von Gevaert, welcher
sehr beifällig ausgezeichnet wurde, ein Chor „CharfreitAg“ vou
Gounod und der „Sabath“ von Hanssens. — Am 17 wird Bras-
sin io dem Saale der Philharmonischen Gesellschaft ein Concert
geben. — Wagner’« Broschüre „Das Judenthum in der Musik“
macht hier ungeheures Aufsehn. Es ist von derselben schon
eine französische Ueberseliung bei Gebr. Schott erschienen. —
Rossini'« nachgelassenes Werk „Messe solcunelle“ ist im ThAälre
Royal de la Monnsie zur Aufführung gelangt und hat aussordent-
lich gefallen. Besonderen Beifall erzielten das „Saluteris“ und
„Sanctus“, weiche beide Sätze wiederholt werden mussten. Die
Ausführung der Chöre war eine tadellose, die Soli in den besten
Händen: die Damen Aiboni und Franchioo und die Herren
Warot und Jamel.
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21 . April 18 M^
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Der Verfasser dieses interessanten Werkes hat sich
schon durch seine Biographie Johann Sebastian Bach's sehr
vorteilhaft in die deutsche Musiklitteratur eingeführt; indem
er auch das Leben der Sühne des grossen Cantors nach
authentischen Quellen beschrieb, hat er sich ein Anrecht auf
den Dank selbst Jener erworben, die vielleicht eine andere
künstlerische Anordnung und Vorbereitung des Stoffes wünsch-
ten. Es war allerdings ausserordentlich schwer, diesen Bio-
graphien eine künstlerisch abgerundete Form zu geben;
denn einerseits ist das rein musikalische Material ein so reich-
haltiges, dass bei der Benutzung Weitschweifigkeiten kaum
zu vermeiden waren, und das Sichten nach eigener Aus-
wahl, mit dem Wunsche alles Bedeutende oder bedeutend
Erscheinende zur öffentlichen Kenntniss zu bringen, schwer
vereinbar sein musste; anderseits scheinen die Lücken im
biographischen Materiale leider unausfüllbar zu sein, wo-
durch die Gestaltung des Ganzen nothwendigerweise beein-
trächtigt wird. Gegenüber solchen Schwierigkeiten, deren
BewAltigung — vielleicht — nur von dem geübtesten
Fachmann« verlangt werden kann, hat die Kritik mit
Anerkennung der Liebe und Sorgfalt zu gedenken, mit wel-
chen der Verfasser die über alle Welt zerstreuten Lebens-
Notizen und den musikalischen Nachlass der Söhno Bach’s
zusaenmengetragen, gesammelt und in einen Rahmen gebracht
hat, um dein Leser ein anschauliches Bild von den Männern
zu bieten, die, abgesehen davon, dass sie die Nachkommen und
Schüler des grössten Tonmeisters waren, auch als Indivi-
duen hoher Aufmerksamkeit wohl würdig sind. Es gab ja
eine Zeit, in welcher Philipp EmanuePs Ruf in der musika-
lischen Welt fast den Namen seines Vaters vergessen machte;
und Friedemnnr» Lehen zeigt die vicllawht einzige Erschei-
nung in der Kunstgeschichte, wie dorselbe Mann als Künst-
ler die strengste klassische Richtung vertritt, die schwierig-
ste Form mit unwandelbarem Festhalten an dem Gesetze
handhabt, dagegen als Mensch das zerfahrenste Vagabun-
den-Leben führt, wie es nur j« die ausschweifendste Phan-
tasie hyperromaDtischer Schule ausdenken konnte!
Die Biographie Ph. EmanuePs enthält neben manchen
Data über dessen Jugendjahre und Studien auch viele inte-
ressante Aufschlüsse über die musikalischen Verhältnisse am
Hofe des grossen Königs, Friedrich’» II. Allerdings sind
hier Lücken fühlbar; wir wagen nicht zu entscheiden, ob
genau« Studium der musikalischen Zeitschriften Leipzigs
und Hamburgs aus jener Zeit, sowie selbst der damals al-
lerdings spärlich erschienenen Tngeshlätter nicht etwas mehr
Aufschlüsse über das Misik - Leben Berlins im Allge-
meinen gefunden hülle; wie dem sei, zu bedauern bleibt
es, dass solche Aufschlüsse eben nicht geboten sind, oder
zu bieten waren*). Was nun die Analysen der Composi-
tionen betrifft, so ist ein sorgfältiges Studium anzuer-
kennen; und sie werden gewiss auch anregend wirken, und
manches bisher unbekannte oder unbeachtete Werk der Auf-
merksamkeit der Musiker und Musikfreunde näher bringen.
Die Biographien der drei Brüder Fmanuel, des | Bücke-
burgerl Johann Cristoph Friedrich Bach, des Londoner Jo-
hann Christian Bach, endlich Wilhelm Friedemann’s sind
bedeutend kürzer, aber sehr Anthai! erregend, und als Er-
zählung jedenfalls gedrängter und daher wirkungsvoller als
die erstgenannte, in welcher die Musikanalysen oft den Fa-
den des Biographischen trennen. Sie sind ein sehr schätz-
barer Beitrag und werden als solcher auch von dem Theile
des lesenden Publikums gewürdigt werden, das, wenn auch
nicht streng wissenschaftlich-musikalisch gebildet, doch gern
Belehrung sucht. Die Ausstattung ist eine ausgezeichnete. Wir
wünschen dem Werke allgemeine Verbreitung. H. Ehrlich.
•) Das Buch enthält z. B. «ine höchst originelle Zuschrift der
Prinzessin Amalie ad den Componist Schulz, worin sie sieh eine
Dedicfltion förmlich verbittet; wie sie Aber eine Widmung von
Pb. Em. Bach Angenommen hat, dnrüber ist keine Andeutung
vorhanden.
16
130
Hamann, Bruno. Fünf Lieder für Alt oder Barylon mit
Begleitung des Pianoforte. Op. 12. Cassel, C. Luckhnrdt.
DHring, Carl Heinrich. Sechs Dichtungen von Adolf
ßölfger für eine Singstimme mit Begleitung des Piano-
forte. Op. 9. Leipzig, C. A. Klemm.
Voh einem Liede verlange ich vor allen Dingen eine
klar ausgeprägte, dem Texte entsprechende Melodie. Diese
Melodie soll bei Slrophenliedern durch die Wiederholung,
bei durchcomponirten im zweiten Theile dem Hörer wie-
der vorgeführt werden. Diese Bedingungen erfüllen die
Lieder Rnmenn's nicht. Die melodische Erfindung darin
ist phrasenhaft, und eine Wiederkehr des Themas findet
nur in Na 4 „Herbslnaehl“, aber auch hier nur an-
deutungsweise statt. Ich verlange ferner von der Beglei-
tung, dass sie in selbstständiger Weise den Gesang unter-
stütze. Bei Hamann erscheint dagegen der Clevierpart
dankbarer «I« der Geaangapart. In No.- 4 iel er überdies
mit so ungeheuerlichen harmonischen Vorkommnissen ge-
sättigt, dass der Spieler oft falsch zu greifen glaubt, wo
er nur den Intentionen des Componisten folgt Eine ge-
wisse Befriedigung gewährte mir nur No. 2 „Die Wasser-
lilie“ durrh ihre Natürlichkeit, wenn gleich das Ganze
mehr einer sentimentalen aber wohlklingenden Improvisation
als einem Liede gleicht, ln diesem Gesänge spielt übri-
gens, wie es überall sein sollte, die menschliche Stimme
ausnahmsweise die Hauptrolle, wenn auch nicht eine sol-
che, die eingehende vocale Studien verrälh.
Um vieles günstiger gestaltet sich mein Urtheil den
Döring 'sehen (Kompositionen gegenüber. In ihnen be-
gegnet man Überall prägnanter Melodik, gesanglicher Be-
handlung der Stimme und wohlthuender Natürlichkeit. Man
empfindet überdies gewissermaassen ein heimathliohes Ge-
fühl, durch roei6t wiederholte Vorführung des Themas. Und
wie man da gern verweilt, wo man dies heimathliche Ge-
fühl empfindet, so weilt man auch gern bei den Döring-
sehen Liedern. Allzu sehr freilich schmachtet der begabte
Coroponist noch in den Fesseln Mendrlssohuischer Melo-
dik und Harmonik. Dagegen sollte er die Begleitungs-
weise dieses Meisters sich anzueigneu suchen und nicht,
wie in den vorliegenden Liedern, das Accompagnement
überwuchern lassen Wenn dos Clavier, meist in der
Verdoppelung, den Gesang reproducirt, so erscheint die
Singstimme fast überflüssig; jedenfalls aber wird sie im
Vortrage gehemmt. So könnte man beispielsweise bei
No. 2 „Mit einer Bose“ die Singstimme ganz fortUsseo;
man hätte denn ein Lied ohne Worte im Style der Men-
delBSohnischen. Trotz dieser Ausstellungen heile ich je-
doch Döring's Op. 9 für ein vielversprechendes Zeugnis»
eines entwickelungsfähigen Talentes. Richard W Gerat.
Berlin.
Revue.
i Königliches Opernhaus.) Fräulein Mall io gor geh als
drille Gastrolle am 10. die Prmzesaio voo Navarra in Boiel-
dieu’e „Johann von Paris“, eine Leistung, die wir io Hinsicht
auf deo Ruf und die grossen Ansprüche der Sängerin als
•ine io jeder Beziehung unbedeutende bezeichneo müssen.
Die Parthie besteht nur aus wenigen Nummern, fordert keinen
Kraft-Aufwand, bewegt sich durchweg in leichter, graziöser
Melodik; von einer Sängerin, welche mit dieser Parthie als
Gast vor eio Berliner Publikum tritt, muss mindestens eine
technisch-befriedigende Ausführung verlangt werden. Fräulein
Msllinger liess nach allen Richtungen hin viel zu wünschen.
An keinem Gastspiel- Abende der Singerin fanden wir die In-
tonation mangelhafter; das aehr oft wiederkehrende hohe A
war stets viel zu tief. Die am Ende der Arie vom Compo-
nisten absichtlich geschriebene Zusammenstellung des tiefen D
mit dem hohen G, des tiefen Cis mit dem hohen A wurde voo
der Sängerin dahin abgelnderi, dass sie die beiden liefen Töne
in der höheren Octave seng. Eben so wenig hervorstechend
wia ;4ie Arie w»r der Troubadour- Vers; ein hübscher runder
Triller und ein zweimaliges hohes D war das Bemerteoswerlhe
des Abends. Dos Spiel des Fräulein Msllinger zeigte nir-
gends die Prinzessin, das ewige Hin- und Herwiegen des Ober-
körpers hatte etwas kleinbürgerlich Affectirlea. Das Publikum
schien erstaunt über die geringe Leistung. Die übrige Besetzung
haben wir erat kürzlich besprochen. Es genügt daher, wenn
wir der meisterhaft gesungenen Seneschali-Arie des Herrn
Bels und dar hübschen Ausführung des Pagen durch Frau
Grün gedenken. — Am J3. war „Fidelio“; am 14. „Prophet 4 *
mit Herrn Niemann; am 17. „Rienzi“ mit Herrn Niemann.
— Am 18. gab Fräulein Mallinger als vierte Gastrolle die
Susanne in Mozart's „Hochzeit des Figaro“. Das ganz volle
Sonntagshaus wurde vor Beginn der Vorstellung durch den
Regisseur Herrn Hein benachrichtigt, dass Fräul. Mallinger
indisponirl, dass sie indessen die Vorstellung nicht slöreo wolle
und deshalb um Nachsicht ersuche. Die Besorgniss war, wie
wir gern anerkennen, durchaus unbegründet. Frt. Mallinger
erschien stimmlich vortrefflich dtsponirt und entwickelte den ent-
sprechenden Humor. Die Susanne derSängerin hat uns ausserordent-
lich gefallen, und können wir die Leistung als eine in jeder Hinsicht
sehr bedeutende bezeichnen. Frl. Mallinger sang reio und an-
genehm. In gleicherweise hat uns das beredt« Spiel zugesagt, die
Künstlerin bewegte sich mit dramatischer Lebendigkeit gemäss
dem Charakter der Rolle. Fräulein Mallinger fand vielfachen
gerechten Beifall und Hervorruf. Dem Cherubim der Frau
Luc ca haben wir schon oft Lob geipendet — beide Arien
mussten auf stürmisches Verlangen repetirt werden. Frau von
Voggenhuber sang die Gräfin; wenn man erwägt, das« die
Parthie der Gesaugsweise jener Sängerin gar wenig zusagt, so
dürfen wir anerkennen, dass Frau von Voggenhuber sich
mit der Aufgabe ganz leidlich abfsnd. Die übrige Besetzung
der Oper war die gewohnte mit deu Herren Salomon,
Krause, Bost, Koaer, Barth und Fräuleiu Gey als Graf,
Figaro, Barlolo, Basilio, Antonio uod Marzellioe.
Am 12. d. (and das vierte und letzte Coocert des Gustav-
Adolph • Vereins statt. Dasselbe war von ganz besonderem
Interesse durch die Mitwirkung des Herrn Joachim, wel-
cher sich zum ersten Male , seitdem er zu den Bürgern
unserer Stadt gehört, hier hören liess. Herr Joachim spielte
eine Sonate von Händel in A - dur — ein Werk von grosser
Schöoheit, das sich durch Frische der Themen und Fluss des
Satzes auszeichnet — Barcarole und Scherzo vou Spohr und
das Abendhed von Schumann. Die unvergleichlichen Leistun-
gen des berühmleu Künstlers sind so bekannt, dass es über-
flüssig erscheinen dürfte, über dieselben nochmals ausführlicher
zu berichten. Erwähnen wollen wir nur, dass das Publikum
sämmtlichen Vorträgen stürmischen Beifall zollte uod somit
Herrn Joachim deu Beweis gab, wie viele Freunde und Be-
wunderer seines Spieles er hier zähle. Frau J achmnnn-
Wagner sang das Gehet der Elisabeth aus „Tannhiuser“
und die Löwe'sche Ballade „Archibald Douglas“ uod erraug
besonders mit der vorzüglichen Wiedergabe der letzten Piece
lebhaften Beifall. Fräulein Strahl trug die Ermahnung der
Elsa an Ortrud aus „Lohengrin" uod zwei Lieder von Liezl
und Mendelssohn vor. Herr Musikdireclor A. Dorn spielte
Beethoven's D-moll-Sooate uod „Variatioos särieuses“ eigener
(Komposition in gelungener Weise. Die letzteren enthalten in
131
abgerundeter Form interessante harmonische Combinationen
und zeichnen sich durch Gefälligkeit und Wohlklang aus.
Die drille uod leiste Matinee für neuere Kammermusik
des Herrn A. Ritter fand am 14, d. unter Mitwirkung der
Frau Jachmaon und der Herren Barth» Schuis und Rohne
alatl. Von Eneemble-S lücken wurden di« Kiel'sche Cello-So-
nate in A-moll sowie das Clavierquartett in Es-dur ( Op. 47 )
exact xur Aufführung gebracht. Von den Gesangsvorträgen
der Frau Jachmann müssen wir besonders dreier Lieder von
Frans Ries gedenken, welche sich durch eropfundeoe Auffassung
der Texte und schöne Melodik vorlheilhaft aus der Fluth der
Tageaerscheinungen hervorheben. d. R.
Correspondeni.
Paria, 17. April.
Die Cooservatoire-Coneerte, die bekanntlich das Geheimnis«
einiger weniger Privilegirten bilden, die seit altersgrauen Zeiten
sich Zutritt in die engen RAume des sogenannten grossen Con-
certsaales des Conservatoriums zu verschaffen wussten, sind bei
der Zahl dreizehu angelangt, und brachten vorigen Sonntag Bee-
thoven's B-dur-Symphonie, den Doppelchor aus Mendelssohn *s
„Oedipus in Kolonos“, Haydn'a Hymne, Scene und Arie „Ah per-
tido ! “ von Beethoven, gesungen von Frau Gueymard.
Webers „Oberon“ - Ouvertüre und einen Paalin von Marcello.
Ausführliche Berichte versparen wir uns für die Zelt, wo ein
neuer Concertsaal in Paris vielleicht die Direction dieser „coo-
servativen“ Coocerte veranlassen wird, aus ihrer Abgeschieden-
heit herauszutreten. Indessen flüchten wir zu Pasdeloup’a
letztem Concert populaire, welches mit der Symphonie - NovitAt
.Shakespeare“ von Holmes ein Werk brachte, das durch seine
melancholische Grundatimmung, noch mehr aber durch die glat-
ten, wenn auch grössten Theils edlen Motive vielfach an Men-
delssohn und Gade erinnert. Der Erfolg war desshalb nicht
sehr brillant, obwohl hier die Arbeit eines gebildeten und ernstem
Musikers geboten wird. — Bei Wagner s Hochzeitsmarsch und
Chor aus „Lohengrin“ wieder „Beifall und Zischen“, das ist ein-
mal in Paris nicht zu Andern, und sollte auch die Oper „Rienzi“
noch mit viel mehr Pomp aageküodigt und in die Scene gesetzt
erscheinen, als es in der That geschieht Der Name „Wagner“
prangt nun an allen Ecken und Enden von Paris, die Zeitungen
schimpfen , ein Tbeil des Publikums thut das Gleiche, aber was
thut's: das ThAAtre lyrique, welches schon die achte Aufführung
des „Kienzl" ankündigt, macht brillante Geschäfte, ln der That,
der Skandal ist heutzutage die allerbeste Reclame — vielleicht
scheint es Waguer mit seinen „Judenbroscbüren“ darauf äugele gt
zu haben. — ln der OpAra nahm Frau Carval ho nach ihrer
Urlaubarelse wieder von der Parthie der Margarethe in den „Hu-
genotten“ unter enthusiastischen Ovationen Besitz; neben ihr
behauptete sich mit Ehren Frlulein Hisson als Valentine. Der
Zudrang zu Gounod'a „Faust“ mit FrAulein Nilsson undFaure
ist fortwAhrond ausserordentlich. „Die Königin von Cypern“ von
HalAvy soll demnächst daselbst wieder in die Scene gehen. —
Im ThAAtre Italien sang Adeline Patti, seit ihrer Rückkehr aus
Petersburg, unter Ausstellung der daselbst von russischen Götzen-
dienern, welche es jedenfalls nicht mit der „Göttin der Vernunft“
zu halten scheinen, empfangenen SchmuckgegeoslAoden , nach
Traviata und Sonnambula, letzthin den Barbier und erzielte durch
die Gesangs • Einlage „la Calesera“ und eines Bolero „I Batavi“
von .Madame TarbA de Sablons das besondere Wohlgefallen der
anwesenden Ex- Königin von Spanien. Nach dem Schluss der
Saison Ende d. MonatR werden im Mai noch einige Aufführun-
gen der Roaaini'achen „Messe“ folgen, im Theater sowohl wie
auch in Kirchen undConeertaAlen, in und um Paris. Mit dem berühm-
ten Tragöden Rosst, und einer jungen Rivalin derRistorl,
FrAulein Carilini, wird gleichfalls im ThAAtre Italien sodann
Michael Beer's „Struensee“ mit Musik von Meyerheer in die Scene
gehen. Für nächste Saison sind der Tenor Fraschlni und der
Bariton BonnehAe bereits engagirt, und wird Director B agier
sein Persona] vermehren, um auch Uebcraetzungen französischer
Opern in sein bis jetzt ausschliesslich italienisches Repertoir auf-
nehmen zu können. — In der Opera comique soll demnächst
Gounod’a „Romeo und Julia“ in die Scene gehen. Offeobach’s
„Vert-Vert" erzielt daselbst eine Durchschnitts-Einnahme von je
6000 Francs. — Ricci's „Folie A Rome“ ist im ThAAtre de l’AthA*
nAe bei der vierzigsten Vorstellung angelangt, — gleich grosser
Andrang, gleich grosser Erfolg für FrAulein .Marimon. — An
die Stelle des verstorbenen Berlioz ist Wekerlin zum Biblio-
thekar des Kaiserlichen Couservatoriums ernanut worden. — Am*
broise Thomas hat soeben eine Cantate „La nuit du Sabbat“,
Poesie von Chouquet, componirt. — Eine neue hier erschienene
Publikation von Bourdeau enthält Compositionen unbekannter
Meister aus dem 16. bis 19. Jahrhundert, so zwei Motetten von
de la Lande (1684), zwei von Compa (1703) und ein Offertorium
von Bochsa (1807) In dem Concert einer talentvollen jungen
Pianistin, FrAulein Murer, liess sich der junge Belgier, Herr
L. v. Waefelghem, Mitglied der Opera, auf der Allo und der
Violine hören, und bewährte sich auf beiden Instrumenten als
ein Meister, der durch Reinheit dos Vortrages und Adel der Auf-
fassung Hervorragendes lebtet. A. v. Cz.
Feuilleton.
Lisxt’s „heilige Elisabeth“.
In der Geschichte der Wiener Concerte wird die Auffüh-
rung der „Legende von der heiligen Elisabeth“ von Franz Liszt
ihren denkwürdigen Platz behaupten. Der bisher unerreichte
Pianist feierte hier mit diesem Ton werk auch als Componist
einen Triumph, wie er dem genialen Mann in dieser zweiten
Eigenschaft noch nie zu Theil geworden. Es sei hier nicht
die Rede von dem, was Liszt bisher als Tondichter geboten
und was d'rum und d’ran hing: freuen wir uns heute ganz
uod gar des ausserordentlich glücklichen Wurfes, den der Mei-
ster mit diesem Werke gethan. Wir lernten in dieser jüng-
sten Schöpfung Liszt’» zugleich sein bedeutendstem, zumeist
geklärtes und ah Schönheiten überströmendes Werk kennen.
Wir halten uns nicht an die Bezeichnung „Oratorium“, obwohl
wir sogleich beifügeo, dass Liszt auch dem religiösen Element
gerecht wurde; ein Oratorium im üblichen Worlgebrauch tat
die „Elbabeth“ nicht; Liszt erweiterte die alle Form und trat
aus ihr heraus, wie es Wagner that in der Oper, uod vindi-
cirte ihr neue Rechte. Das eben ist der Griffel des Genies,
dass er neue Bahnen beschreibt, die später zum Gesetze werden .
Otto Roqueüe lieferte dem Componistert mit vielem Geschick
den Text, der in gutem Wechsel durchgängig musikalische
Situationen und leicht singbare Verse bringt. Die Form ist
durchaus dramatisch, wodurch das Leben io der Dichtung und
Musik ungemein erhöht wird. Der Dichter führt uns in ab-
geschlossenen und doch leicht zusammenhtogendea Bildern die
heilige Elisabeth von der Wiege bis zum Sarge vor. Wir
schauen das Wunder, wie sich die Krank ensp eise der Barmher-
zigen io Rosen verwandelt, als der Gatte ihr schmollt, dass
sie allein Öde Waldespfade gehe ; wir sehen Elisabeth’s Glück,
dann ihren Abschied vom Gallen, der an der Spitze der Kreuz-
fahrer autziehl, wir vernehmen seinen Tod; wir schauen die
Verstnssuog Elisabeth's durch ihre herrschsüchtige Schwieger-
16 *
(
132
mutter, wir »eben die fromme Dulderin alerbeo und zu deQ
Seligen eingeben.
Eine unbeschreiblich zarte Einteilung, wahrhaft seraphi-
sche Klinge taubem uns tu Begum des Oratoriums gewisaer-
masteu im verklärenden Lichte das Bild der Heiligen vor die
Seele. Dann tritt die Wirklichkeit vor uns hin und der Com-
poniat belebt des Dichters Worte mit seinen Tönen. — Das
Werk terfilll in zwei Haupltheile. Wir skiztiren die einzd-
iieo Nummern etwas näher. 1. Die Aokunfl Elisabeth'* auf
der Wartburg. Hier war ea der Chor der Kinder, „Fröhliche
Spiele“, der das Signal tum ersten Ausbruch dea Jubels gab.
Die Nummer 2 löhrt uns Ludwig, seiner Gemahlin Elisabeth
im Walde begegnend, vor und schildert da» eigentliche Rosen-
wunder. Diesen Scenen, die an Duft und Anmulh sich uber-
bieteo, folgt der Chor der Kreusriüer (No. 3), die in das P<*1«
mtnland liehen, wo des Erlösers Kreut stand, und die ihr
Christenschwert dem heiligen Kriege widmen. Der Landgraf
ist an ihrer Spitze, die Gatten nehmen zärtlichen Abschied,
sie der schmerzlichen Gewissheit, den Geliebten nie wieder tu
sehen. Der prächtige Marsch der Kreuzfahrer zieht uns mit
fort auf ihreu frommen Wegen. In No. 4 vernehmen wir die
Botschaft von Ludwig'« Tod. Seine grausame Mutter Sophie
reiset die Zügel der Herrschaft an »ich und ver»tösat Elisabeth,
die Herrin mit ihren Kindern, aus ihrem Eigen. Vergebens
ist alles Flehen. Bei Slurm und Weiter muss sie hülfloe hin-
aus. Welch' erschütternde Momente! W'ai des Schönen io
Tönen, besonders in der Parlhie Elisabeth'» hier auaklingt,
empfnod da» gante Haus mit wahrer Weihe. Io No. 5 nimmt
Elisabeth Abschied von allem Irdischen; die Armen segnen sie
|in wundervollem Chor und Einzelstimmen); Elisabeth ver-
scheidet, der Chor der Engel tönt. Im sechsten Abschnitte
bestatten sie die heilige Dulderin: „sie die SchÜtterin uns Al-
len, die wir in Leid und Trübsal walleo“. Der allgemeine
Kirchenchor: „Tu pro nobia, maler pia“ — hallt und „Amen!
Amen!“ schliesst pomphaft erbaulich das Werk. So viel oder
so wenig über den Inhalt; wir haben hier nur andeuten kön-
nen. Dass Franz Liszt in der Instrumentation das Höchste
leistet und Jetat, wo sich die Augen Heclor Berlioz’ schlossen,
geradezu der Einzige seiner Art ist, bedarf keiner weilereo
Erörterung.
Das gewaltige Tongemälde giebt summarisch den Beweis
der grossen Conception, mit welcher Liest »einen Gegenstand
erfasste und ihn in seinem ganzen Umfang fealhielt; er wurde
nicht bloss den einzelnen Theilen, er wurde dem Ganzen ge-
recht. Hier Anden wir nichts fragmentarisches, es ist ein
Guss im Werk. Io der Musik zu „Elisabeth“ giebt sich fer-
ner der Componist Oberhaupt ruhiger und geklärt; die Stürme
der Jugendjahre sind verbrausl; die früher oft 60 arg verküm-
merte Melodie tritt in ihre Rechte und ergieast sich hier oft
in voller, sonniger Breite; wir selbst aiod der Liszt’schen Art
und Weise durch Schumann und Wagner, die mittlerweile
zum Theil bei uns eingebürgert, näher gerückt; wir haben uns
verstehen gelernt, Geber und Nehmer, und das um so leichter,
wenn wie dieses Mal die Interpretation des Welkes so voll-
kommenen Orgaoen aoverlraut war und ein Herbeck an der
Spitze der ausgesuchtesten Kräfte der Residenz stand und alle
mit vollster Hingebung das eine Ziel anstreblen und es auch
erreichten. Wir unterlassen nicht, des Nachdrücklichsten Herrn
Herbeck für seine ausserordentlichen Bemühungen zu danken.
Er wurde zum Schluss nach Liszt drei Mal hervorgestörmt
and »eio Name lönte gefeiert voo allen Lippen. — Die mit-
wirkendeo Solisten Fräulein Ebnn und Gindele sangen vor-
züglich. Bei Frl. Ehno ist eine grössere Vertrautheit mit die«
9 en Aufgaben bekannt; nicht so bei Fräulein Gindele, die erat
beuer in die Oratnriumkreise eintrat uud sich auf das Glän-
zendste bewährte. Herr v. Bignlo freut »ich bereits seit län-
gerem des KQnsUerrulitnes und der neuenldeckfe Bassist Herr
Dr. Krause tritt ihm geschickt zur Seite, lieber den Chor
und das Orchester unter Herbeck's Commaodn Ist jedes Lob
von Ueberfluss. — Tl« «r* nächsten Sonntag eine Wiederho-
lung der „Elisabeth“ stallfindet, so wird die» Werk auch hier
in Wien dem grösseren Publikum näher gerückt werden, was
uns im Interesse der Kunst aufrichtig höchst liebwerlh.
Blicken wir noch einmal auf den glücklichen Meistert
Liszt empfand heut die volle Wonne eines unbedingten, durch
nichts getrübten Sieges auf dem Felde componistischer Ehren
hier in Wien, der musikalischen Weltstadt voö ausserordentli-
cher Tragweite, wo Nummer auf Nummer seines Oratoriums
zu Ovationen benützt wurde, um eine Extaae hervorzurufen,
die, um begriffen zu werden, geschaut und gehört sein will.
Das ganze musikalische Wien in seinen ersten und besten
Vertretern war anwesend, unsere höchste aristokralisch-iutelti-
geote Welt; ein Strom rückhaltatoaer, entfesselter Begeisterung
brauste durch die Räume. — Liszt musste während der Auf-
führung aber und aber vorlrelen und wie oft, das hat wohl
Niemand oachgezähtt. Man sah dem genialen Mauu bei all'
der Erschütterung aber denn doch da» beseligende Gefühl end-
licher Ruhmeasälliguug an; Lisi! strahlte von dankbarer De-
mulh und befriedigtem Künstlerslolze!
Der Tag seines ersten vollkommenen Sieges in Wien als
Componist wird ihm unvergesslich »ein: der vierte ApriL
(Wiener Jbendpott.)
Aub eines alten Meisters Jngendxeit.
Von
Jo*(if Seiler.
Der weiland Würtembergische Kammermusikus und später
Kaiserliche Ralh Johann Friedrich Daube gab im Jahr 1736
eine auf die drei Accorde S * • gegründete General bassichre
heraus, der eine Anzahl anderer theoretischer uod practischer
Werke und endlich im Jahr 1798 eine „Anleitung zum Selbst-
unterricht in der musikalischen Composibou“ nachfolgte. Gleich
jenes erste Werk wurde — vielleicht Arger als es verdient
halle — von Marpurg unter der Maske eines obskuren Ber-
liner Doctors Gemmel unbarmherzig heruotergenssen , woriu
ihm später der Kantor Sonnenkalb nachiolgte. Beide wandten
rigide Dolchstiche wie künstlichste Spiegelfechterei, einzelne
fressende Gifllropfen wie ganze Fluten kaustischer Lauge an,
um die arme Generalbass-Schule todtzumachen- Das Buch hätte
eia solches Aufgebot geharnischter Gelehrsamkeit und witzeln-
der Spitzfindigkeit gar nicht nölhig gehabt Es wäre an seinen
eignen vagen, halbwahren, mit der grössten Unklarheit und
Verworrenheit dargelegten Argumenten viel eher zu Gruode
gegangen als ea jene famosen Kritiker nun gestatteten, die alle
Well erat recht auf den Qbeiberathenen Kaiserlichen General-
bassisten aufmerksam machten. Dieser war eio eroslhalter,
kluger Mann. Er erwiderte auf die giftigen Satyren Marpurg’a
und Sotmenkalbs kein W ort, hegte uod pflegte aber im Stillen
seine sonderbaren Grundsätze und Meinungen unbekümmert fori,
wie sein 1774 zu Wien in 4* gedruckter „Musikalischer Dilet-
tant“, seine Abhandlung „über den musikalischen Ausdruck
der Leidenschaften“, vor allem aber die Eingangs erwähnte
„Anleitung“ erweisen. Zur selben Zeit mit der Abhandlung
über die Leidenschaften waren zu Nürnberg „6 Senates p. ta
Lut dana le gout moderne Op. 1“ erschienen, voo denen jede
weitere Nachricht fehlt — was eben keiu Unglück. In der
133
„Ableitung“ jedoch findet sich manches handwerksmlssigprac-
Usche, welches noch heute seinen ungeschlachten Werth hat.
So das Ober Zergliederung des Thetna's, Ober junge Bässe,
Ober Anlage der Partitur. Ober den Titel Virtuos, Ober den
udIiodus etc. Gesagte. „Und sollte auch — bemerkt Gerbet
im Neuen Lexicoo — „die Bearbeitung aller dieser Materien
Im Werke selbst der Erwartung des Lesera nicht entsprechen
— so macht doch die Auffindung und Anordnung aller dieser
wirklich zur Composilion gehörigen Ideen und Hüllsmittel der
Einsicht und dem Scharfsinn« des Verfesaers Ehre Gerber
hat wohl das BOchlein nicht selbst gelesen, sonst würde er
hiozugerOgt haben, das» neben dem Brauchbaren ued Fördert»*
eben viel Ungehöriges, Schwankendes, Unrichtiges gar 15,
16, 17 des ersten, f. 1 des «weilen Thetis ond weitaus das
meiste was Ober „Ausweichung** gesagt wird) beihergeht, wel-
ches dm Werth des Guten, ja Vortrefflichen, durch seioa fatale
Nachbarschaft verdunkelt. Man muss die Perlen unter der
* Spreu oft höchst mühsam herausteseo. Das ist nun nicht Je-
dermanns Sache. Wer sich aber der Möhe nicht verdriessew
lässt, der findet manches Merkwürdige, manches Seltsame, man-
ches historisch Werfhrotle, was er unter diesem wüsten Geröll*
nicht gesucht hätte. Unter andern solchen „Prrleu" bringt
der gute mit Unrecht so tiergeschmähte Daube eh) williges
Besserst charakteristisches Histöreheo aus der Jugendzeit eines
alten, einst hochgefsierten Meisters. Die Anekdote könnte inan
von Mozart erzählen, dem sie etwa in seinem sechszehnten
Jahre zu Salzburg, München, oder sonst wo im heiligen Römi-
schen Reich leutachef Nation, passirt wäre. So aber ist eie
dem alten Johann Joseph Fux, Kaiserlichem ObsrkapeMmeistar
passirt — in seiner Jugend, wie gesagt. Sie ist deshalb um
desto interessanter, weil voo der Lebens- und Bildungsge-
schichte dieses würdigen Künstlers und Lehrers wenig oder
nichts brkannt ist. Als einat Matthesoo, der den wackem
Mann vorher tlcheriieh zu marhen gesucht batte, die Biogra-
phie desselben för seine „Ehrenpforte verlangt« und zuletzt in
seinem bekannten nichts weuiger als höflichen Tone pochend
forderte, antwortete der alte Mann, der gar nicht zu begreifen
vermochte, wie ein Hsmburgiecher Musikus Doch etwas zu
seinem des Kaiserlichen Hofkepollmeisters glänzenden, wohler-
worbenen Ruhme hinxuthon könne, in stolzer Bescheidenheit:
„Ich kundte wOfl vortheilhaltiges ftir mich, von meinen Auf-
khommen, underschiedtlichen dienst Verrichtungen Übersohrei-
ben, wso es nit wider die modeati währe, selbsten meine elo-
gia hervortust reichen, indessen s*y mir genung, dass ich wirdig
geschätzt worden, Kaiser Caroli VI. erster Kapeltmaister zu
seyn**. — Uod dabei verblieb es zur grossen Verlegenheit aller
künftigen Biographen und Musikhistoriker, Mattheson mochte
raisonoiren so viel er wollte Gerade in die Zeit seines Auf-
kommens aber fällt das Geschichlehe», welches Daube erzählt
und welches ich eben deshalb charakteristisch und besonders
interessant genannt habe.
Fnx war in seiner Jugend Kapellmeister in Diensten eines
ungarischen Bischofs (leider glebt Daube dessen Namen oieht
an). Bei diesem hörte der Kaiser (Leopold) einmal eino so-
lenne Messe, die ihm sehr wohl gefiel. Bei Tafel fragte der
Kaiser nach dem Componialen. Fux wurde herbei gerufen.
Der Kaiser lobte ihn sehr und lies« wo* Abschrift der Partitur
anfertigeo, welche er mit nach Wien nahm. Die Messe w urde
dort von der Kaiserlichen Kapelle f meist Italienern) au (geführt,
aber suf die «fendeale Art von der Well — sonder Kraft
und Ausdruck. Die Kapelle nämlich, die damals eino der besten
in Europa war, sah echeefsOthtig auf deo deutschen Anfänger,
wie die welschen Knstrate© den doch aehon rühmlich bekann-
ten Fux titulirteo, und da musete seine Messe Fiasoe machen.
Das Werk wurde so scMlfrig hergeleiert, dass •*, obschon
keine einzige Note unter di« Bank fiel, dem gaoaen Hofe lang-
weilig vorkatn. Dem kunstsinnigen Kaiser, der selbst Compo-
niet war »od sieb mit Entzücken der herrlichen Wirkung er-
innerte, die die Mesee In der kietoen Kapelle des Bischoßb
hervor gebracht hatte, wollte ein solcher Misserfolg ganz uner-
klärlich scheinen. Aber was war zu fhun? Vou der Messe
des mn seine Ehre betrogeaen Fux war nie wieder die Rede!
Ueber Jahr uod Tag kam der Kaiser, bti Gelegenheit einer
Jagd, wieder zum Bisehuff und hörte dort noch eine achöoer*
Messe. Während der Taiel wurde Fux abermals gerufen, be-
lobt und beschenkt und zugleich wieder eine Abschritt der
neuen Partitur bestellt. Als drr Meister diese ablieferte, bat
er sich aus, dass bei einer etwaigen Aufführung vorläufig sei-
nes Namens nicht gedacht, vielmehr irgend «in Name auf „um,
es» oder etta** auf das THelbistt gesetzt würde. So geschah
aa, Die Masse wurde ata das Werk eines welschen Maestro
(der aber in der Wirklichkeit gar nicht existirtel eu (geführt,
und fand so — mit der fernsten Accuralesse uod mit hinge-
hendstem Enthusiasmus zu Gehör gebracht, rauschenden Boi-
fall. Nach der Messe versicherten gar einige Kepellisteo, früher
unter diesem Maestro — m gedient zu haben, er sei einer
dev beeten in Raiten und eie würden es für ihr grösstes Glück
schätzen, noch einmal unter drr Leitung eines solchen Meisters
zu stehen. „Das GlOck soll euch zu Theil werden“, sagte
Leopold und — berief Fux zu seinem Hofkapellmeieter, worü-
ber sich manche jener vorlautes Herrchen bas« mögen geärgert
haben. So weil schheart Daube seinen Bericht — so weit
gehen Voruriheil und Kabale.
Aber Voruriheil uod Kabale schadeten dem nunmehr wohl-
begründetes Rohm« des Kaiserlichen Hnlkapellmthlers fortan
nicht mehr. Er hat vielmehr stetig zugeoouunao bis an »ein
spätes Ende, weiches 40 Jahr« nachher erst erfolgte, nachdem
Fox drei Kaisern gedient halte, welch« ihn mit Ehrenbezeugun-
gen und Reichthum Oberhäuften. Das Jahr seines Tode« ist
nicht genau bekannt. 1732 war er noch am Leben, während
sein Geburtsjahr um 1659 amunehmen ist. Seine Missa ca-
nonica ond sein hoch berühmter Gradus ad parnaaaum sind
noch beute in hoben Ehren.
Journal-Revue.
Die AJJg. Muaik • ltg. setzt den Rieachbieter'scben Artikel
„Zur Theorie der Musik“ fort und enthält weiter den Nekrolog
A. L E. Trutachel's. — Die Neue Ztschr. fl M. beginnt einen
Aufsatz „Musikalische Poesie • Objecte“ und bringt eineu Bericht
über die erste Wiener Aufführung der „heiligen Elisabeth“ von
Liazt. — Signale; Erste Mauptprtifung au» Cooservatorium der
Musik zu Leipzig. — Die SOdd. Musikztg. bespricht das zweite
Heft der Cborlieder von W. Speidel.
Die Revue des Deux Monde» enthält eineu ieeenswertheo
Aufsatz über „Da» musikaliache Drama uod Richard Wagoer**.
Es werden in demselben Betrachtungen über Wagner s Schriften:
de« Kunstwerk der Zukunft, Kunst uod Revolution, 3 Operndich-
tungen, Oper uod Drama sowie über die erste Aufführung der
„Meistersinger“ in München und deu Clavierauszug dieser Oper
angestellt.
Nachrichten.
Berit«. Am 15. starb hier der Directer de« Ktalgl. Institute
für Kirchenmusik Herr A. W. Bach.
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134
Berlin. Von Herrn Kapellm. Dr. Schletterer in Augsburg
wird ein grosses Werk vorbereitet, dessen erster Bend io Kurzem
erscheinen soll. Eis ist eine Geschichte der geistlichen Dichtung
und der kirchlichen Tonkunst io ihrem Zusammenhänge mit der
politischen nnd socialen Entwicklung, insbesondere des deutschen
Volkes. Das Werk soll sowohl eine umfassende Darstellung der
Liederdichtung von der frohesten bis zur neuesten Zeit, wie auch
eins vollständige Musikgeschichte der kirchlichen Tonkuust bie-
ten. Der erste Band enthalt die Geschichte der geistlichen Dich-
tung im ersten Jahrtausend der christlichen Kirche, also dis syri-
sche, griechische, lateinische und die älteste deutsche Poesie und
Kunst Die aqdern 8 Bande umfassen den Zeitraum bis zur Re-
formation und das 16te bis 19te Jahrhundert
— Am 17. d. fand das letzte Monstre-Concert des Herrn Mu-
sikdirector Bilse statt. Dasselbe war sehr zahlreich besucht
und bot u. A. in vorzüglicher Ausführung die ersten drei Sätze
der Beethoven’seben 9t en Sinfonie, die Ouvertüren zu „Atbalia“
von Mendelssohn und „Fidollo“ von Beethoven, Largo in Fis-dur
von Heydn und das Vorspiel zu „Loreley* 4 von Bruch. Herr
Bilse wird uns nun am 1. Mai verlassen, um sich während der
Sommersaiaon mit seiner Kapelle nach Warschau zu begeben.
Am 1. Oetober d. J. beginnt dann im Goocerthause wieder seine
hiesige ThAtigkeit, welche sich vermöge der trefflieben Leistun-
gen der Kapelle in verflossener Saison der allgemeinsten Aner-
kennung zu erfreuen hatte.
— ln der am 15. d. staltgehablen Soiree im KönigL Palais
vertraten unter Leitung des Herrn Oberkapellmeister Tauber!
Fräulein Mallinger und Herr Betz den musikalischen Tbeil.
Annabnrg. Der Herr Kriegaminister von Boon sorgt nicht
nur für ein tüehtig geschultes Heer, sondern auch für die He-
bung der Militnir- Musik. In dem König!. Militair-Knaben-Erzie-
hungs-lostitot zu Scbloss-Annsburg werden stets 50 Zögling« auf
allen Instrumenten mehrere Jahre unterrichtet, und es kommen
nicht nur Märsche mit vollstlndiger Besetzung, sondern auch
Ouvertüren mit Streich- und andern Instrumenten zur Ausführung.
Einen neuen Beweis der Fürsorge, welche dem Musikunterrichte
zugewendet wird, gab der Herr Kriegaminister, iudem er den
Künigl. Musik-Direotor Sering beauftragte, genannten Unterricht
zu revidiren und seine Methode für den Massenunlerricht zur Ein-
führung zu bringen.
Bremen. Wachtel errang sich hier bei Gelegenheit seines
Gastspiels die allgemeinen Sympathien. Derselbe (rat in den
Hugenotten, Troubadour, Postillon und Stradella auf.
Breslau. Beneflzconcert des Tbeaterkassirer's Mehr: Ouver-
türe zu „Medea** von Cherubini, Es-dur-Concert von Liszt (Pia-
nist Seidel), C-moll-Slnfonie von Beethoven etc. — Der Tenorist
Nschbaur hat mit seinen Leistungen einen glAnzenden Erfolg
davon getragen. — Der treffliche MAonergesaogverein „Breslauer
Sängerbund** gab am 14. d. ein Concert, in welchem er Quartette
von Beinecke, Bruch, Schubert, Mendelssohn, Silcber und Gretry
in vorzüglicher Weise zu Gehör brachte. Herr Torrige gewaun
sich in der Wiedergabe zweier Lieder durch seine schöne Te-
norstimme verdiente Anerkennung. Zur Aufführung kamen
ferner noch Schuniann's graeiöse Fantasiestücke Op. 73 für Cello
und Pianoforte, in abgerundetem Ensemble von den Herren Leh-
nert und Phllipsen vorgetragen. — Herr Organist Freude n-
borg ist am 18. d. gestorben. Derselbe hat interessante Memoi-
ren hiiiterlasceD, welche im Druck erscheinen werden.
Carlerohe. 6. Abonnements-Coneert: A-dur-Siufonic von
Beethoven und Schumann’* Maolred-Musik.
Caasel. Fünfte Kammermusik - Soiree des Herrn Concert-
meister Wipplinger: Quartette Es • dur und A-dur von Mozart
und Quintett in C-dur von Beethoven.
Cassel. Concert des hiesigen Gesangvereins unter Directiou
des Herrn Musikdir. Heinpel: „Verleih uns Frieden“ von Men-
delssohn, Arie aus dem Oratorium „der Fall Babylons'* von Spohr,
2. Violoncell-Coucert von Goltermann, Duett aus der „Schöpfung**
von Haydn, Liederkreis von Beethoven und „Erlkönigs Tochter**
von Gade.
Coburg. Herr CepeUmeister A. Laogert ist hier wieder
eiugetroffeo und beabsichtigt seinen Sommeraufenthalt hiesigenorta
zu nehmen.
Darmstadt. Mailiart's beliebte komische Oper „Das Glöck-
chen des Eremiten** ist am 11. d. hier zur ersten Aufführung ge-
langt und hat »ehr gefallen.
Dresden. Concert des Orchester- Vereins: Sinfonie in G-dnr
von Mozart (Vater), Ouvertüre im italienischen Styl von Schubact,
concertireode Sinfonie von Haydn, Horn • Concert von Mozart
und Jubel-Ouverture von Kalliwoda.
Düsseldorf. Bei dem zu Püngsten hier slMttiudeoden Nie-
derrbeinUcheu Musikfeste wird ausser den von diesen Blättern
schon genannten Künstlern such Herr Friedrich Grützmacher
aus Dresden betheiligt sein und — als interessante Novität für hiesige
Stadt — das Violooeell-Coneert von R. Schumann zur Vorführung
bringen.
Klberfetd. Soiree des Gesangvereins: Hymne für Sopran
von Mendelssohn, Ballade von Chopin und „der Rose Pilgerfahrt“
von Schumann.
Frankfurt a. M. Der Rühl’sche Gesangverein hat mit der
Aufführung der „Jahreszeiten** seiner ThAtigkeit in der abgeiau-
feneo Coneertaaison einen würdigen Abschluss gegeben. Die
Exeeulion war eine im Ganzen wohl gelungene; wollte man Aus-
stellungen machen, so hätte man vielleicht im Jagdchor mehr
Feuer wünschen können. Von den Solisten zeichnete sich na-
mentlich Fräulein Straues aus Hasel durch verstAndnissvollea,
innigen Vortrag aus.
Hamborg. 6to Quartett - Unterhaltung der Herren Lee und
Böie: Septett von Beethoven, Quartett in D-dur vou llaydu und
Octett in F-dur von Schubert.
Hannover. 8. Abonnementsconcert der Königl. Kapelle:
Ouvertüre zu „Aladin** von Uornemann, Chor der Schnitter und
Chor der Winzer aus Liszt ' k Prometheus**, „Schön Ellen" von
Brach und Sinfonie eroic» von Beethoven.
Königsberg. Das 6. Concert des „Neuen Gesangvereins**
ündet den 21 d. statt uad bringt lieydQ's „Schöpfung** mit Herrn
Fischer-Achten und Herrn Wild.
Lcipglg. Es ist hier einTonkÜnstler-Verein in's Leben getreten,
welcher den Zweck verfolgt, unbekannte, namentlich neue, so-
wohl gedruckte wie ungedruokte Composltionen zu Gehör zu
bringen. Er soll den lebenden Couipouisteu Gelegenheit zur Auf-
führuug ihrer Werke innerhalb des Vereins, und den aich für
die Entwicklung der Tonkunst loteressirenden einen anregenden
und angenehmen Verkehr bieten. Der Vorstand des Vereins be-
steht aus den Hemm Kapellmeister Reinecke, v. Radepki,
Dr. Zopff, Dr. Abraham, Trefftz und Fritzsoh. Die erste
Aufführung faud am 81. März statt, und enthielt das Programm:
„Chrialoacht", Cantate für Frauenstimmen von Triest, Clavier-
quintett in D-dur von ThierioL, 2 Choriied er von Rheinberger
Violin-Sonate Op. 18 (G-moll) von Grieg und „An die Musik**
von Grimm. Dem Unternehmen ist ein recht glückliches Gedei-
hen zu wüoscben.
— Die Prüfungen des Cooservaloriums der Musik haben
am 8. d. ihren Anfang genommen und im Clavier- und Vlolin-
spiel recht tüchtige Leistungen erkennen lassen. Im Clavierspiel
errangen die Herren Uodorowaki und Goldstein (Moscheies
G-moU-Concert) den meisten Erfolg, während Herr Meyer mit
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dem Vortrige der Spohr’seheo Geaangsscene den Vefcel abi
schoss. Weniger reussirte FrAulein Troplowitz (Arie von Wo-
zart mit obligater Violine), welche den gesanglichen Thell vertrat,
indem bei ihr die Spuren der Anliegerin noch zu deutlich her-
vortraten.
Magdeburg. Concert des Vereins für geistlichen und welt-
liehen Cborgesang: Vorspiel der Oper „König Georg“ von Ehr-
lieh, les Contrasles Ihr 2 Pfte. von Moscheies, die erste Walpur-
gisnacht von Mendelssohn etc.
MAnater. Am 11. A kam in der HUfta-Kirche zu St. Mauritx
ein Offertorium (fünfslimmig a capella) des Organisten Josel Sei-
ler „Tu es Potraa“ zur Aufführung, welches «einer schönen Form
wegen allgemein ansprach.
Pest. Man erwartet das Eintreffen Liszt* gegen Ende dieses
Monats. Bei Gelegenheit seines hiesigen Aufenthaltes werden
mehrere Composilionen von ihm znr Aufführung kommen, u. A
die Krönungsmesse, der 136. Psalm, die geharnischten Lieder und
zwei symphonische Dichtungen „Hungaria“ und „Dante“.
Halsbarg Dem Vernehmen nach hatte sich Herr Mozarteums-
direclor Dr. Bach bereits vor lftugererZeitan Liszt wegen Aufführung«-
bewilliguog der „heiligen Elisabeth“ für Salzburg gewendet, und
dieselbe dieser Tage in anerkennendster Welse für's Mozarteum
zugesichert erhalten.
Schwerin. Am 9. d. ist hier Auber's „erster Glückstag“ in
Scene gegangen und hat eine sehr günstige Aufnahme gefunden.
Die zweite Aufführung, welche zwei Tage spAter am 11. statt-
fabd, war ebenfalls von durchgreifendem Erfolge begleitet.
Stuttgart Zweiunddrelssigste Aufführung des Sing-Vereins:
Sonate in Cis-moll von Beethoven, Mlrjam's Siegesgesang von
Schubert und Chöre von Mendelssohn, Schumann, Speidel, Stark,
Mayer etc.
— Siebente Soiree für Kammermusik der Herren Golter- 1
mann, Pruekoer, Singer und Speidel: Cello-Sonate B-dur
(Op. 46) von Mendelssohn, Violinsoli von Beethoven und S. Bach,
Clavirrsoli von Chopin upri Liszt, Cellosoll von Schubert und
Mozart und Pianoforte-Quintett io Ea-dur von Beethoven.
Wien. Herr Ballelmeister Taglion i aus Berlin int hier
eiogetroffen, um sein Ballet „Sardanapal“, weiches hier zur Auf-
führung kommt, in Scene zu setzen. — Am 19. d. gebt Maasö'a
komische Oper „Galathee“ im Theater an der Wien in Scene. — Offen-
bach's „Insel von Tulipatan“ wird in dienen Tagen emCarltheater zur
Aufführung gelangen. — In dem Befinden des Herrn Kapellmeister Es-
ser ist endlich eine entschiedene Besserung eingetreten. Herr Esser
wird das Zimmer bald verlassen können. — Liezt hat sich am
15*- d. nach Hegeosburg zu einem Concert begehen, welches Herr
v. Bülow daseihst zum Besten des Pcterspfeouigs veranstaltete.
— Zweimal ist nun Liszt's Oratorium „Die heilige Elisabeth“ hier
zur Aufführung gelangt, und da« zweite Mal war weder der An-
drang noch der Beifall geringer — eher umgekehrt
Wiesbaden. Die seit dem Tode den Herrn v. Bequignoesll
erledigte Stelle eines Intendanten der hiesigen Königlichen
Schauspiele, ist jetzt durch Herrn von Ledebur definitiv besetzt
worden.
AotMterdam. Am 1. und 8. d. fanden zwei Concerte der
Harmonie-Gesellschaft statt Das erste enthielt folgendes Pro-
gramm: Sinfonie in Es-dur (Op. 28» von Bruch, Octett von Men-
delssohn, Faust-Ouverture von Wagner etc. Das zweite Concert
bot: 7te Sinfonie (A-dur) von Beethoven, Violiusonate von Rust,
C-moll-Concert für 2 Piaooforte von S. Bach, Ouvertüren zum
„Sommernachtstraum“ von Mendelssohn und „W’asaertrAger“ von
Cberubini, und Hommage ä Handel von Moscheies. — Am 16.
liesa sieb die vielbesprochene amerikanische SAngerin FrAulein
Hauck in einem von ihr veranstalteteu Concerte hören, in dem
sie von Sivori und der Pianistin Csrreno unterstützt wurde.
Die genannte Dame ist im Besitz sehr schöner Stimmmittel, hat
aber noch bedeutend viel hiosichtUch dler. Technik upd des Vor-
trages zu lernen, so dass das Prfidicat einer Künstlerin ersten
Ranges, welches ihr von Amerika vorausging, sich für jetzt als
nicht gerechtfertigt erwies. Sivori spielte ganz trefflich, wAhrend
FrAulein Carreno bei tadelloser technischer Ausführung ohne
WArnie und Empfindung vortrug.
London, deu IG. April. Von den vielen bedeutenden Mu-
sikern, die sich in unserer Stadt niedergelassen und Eng-
land als ihr Vaterland adoptirt haben, hat keiner eine besser
verdiente Auszeichnung erreicht und eine tiefere und grössere
Achtung sowohl unter seinen Berufsgenossen, als auch im Pu-
blikum sich erworben als der italienische Meister Costa, der durch Ih-
rer Majestät Gnade sm vergangenen Mittwoch zum Ritter geschla-
gen worden ist. Seine Künster-Laufbahn in unserem Lande ist
ein Muster und oin Zeugnis« von solchen Eigenschaften, die nichl
immer bei grossen Talenten gefunden werden, welch« aber in
allen Gegenden und allen Lebensstellungen Erfolg verdienen und
die nirgends mehr als gerade in unserem practischen Lande ge-
eignet sind, denselben zu erzwingen. Sir Michael Cosla kam
nach London von Neapel, wir wissen nicht genau vor wie viel
Jahren, als Tenorist, er besass jedoch nur eine schwache, cffect-
lose Stimme. Wie sich der Neapolitanische Tcnorino zum Ka-
pellmeister von Her Majesty's Theater und nachher zum Direclor,
Componisten und Kapellmeister der Hoyal Italien Opera und zum
Haupt - Begleiter bei den Hof-Concerten beraufgesohwungen, und
wie sich der Componiet von Gelegenheit« - Operetten und vou
rauschender Ballet-Musik im alten Opernhause zum Schöpfer von
bedeutenden Oratorien und zum bewahrten Chef der Saered Har-
monie Society und der HAndel-Feste entfaltet, das würde ein in-
teressantes Capitel der Biographie für die Feder eines Autor»
von „Sclf-Ilelp“ bilden, als die Geschichte eines jener grossen
Helden der Arbeit und betriebsamen Capitallsten, welche mit dem
s pr fleh wörtlichen Schubkarren und einem Tbaler in der Tasche an-
gefangen haben. — Handel'« „Messias" lat in der Chnrwoche
nicht weuiger als viermal zu Gehör gebracht worden. — Vieux-
temps ist hier eingetroffen und hat sich bereits in St James'
Hall hören lassen; er ist von beiden Philharmonischen Gesell-
schaften engagiri worden. — Die Concerte der neu gebildeten
Philharmonischen Gesellschaft haben am 14. d. begonnen. Ausser
Vieuxtemps werden in denselben Madame Goddard und FrAu-
lein v. Murska Auftreten. — Heute kommt Mendelssohn’« „Elias“
zur Aufführung. H— t.
Florenz. Der Quartettvereiu hat ausser dem bereit« erwähn-
ten noch 2 Concerte gegeben, iu denen klassische Werke für
grosses Orchester zur Aufführung kamen. Der Erfolg dieser Con-
certe ist ein Oberaus günstiger zn nennen.
C'openbagen. Anton Rubinstein hat am 2. d. sein erstes
Concert in Anwesenheit des Königs und der Königin gegeben.
Der Bei/all war ein ganz enormer.
— Der König von DAncmark hat Herrn Anton Rubinstein
das Ritterkreuz des Danebrogordens verliehen.
Boston. In dem in den Tagen vom 15. bis 17. Juni hier
statlilndenden Monstre-Festivnl wird u. A. Beethoven s 9. Sinfonie
mit Chören zur Aufführung gebracht werden.
Baenoo-Ayre». Mozart'» „Don Juan“ ging am 1. Februar
in uoserer Stadt mm ersten Male mit grossem Erfolge in Scene
Die Oper ist seitdem Bmal wiederholt worden. Der Dirigent
Hr. Fumi hat sieh durch die tüchtige Kinstudirung des Meister-
werkes besonderes Verdienst erworben.
(Inter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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13 «
Nene Musikalien
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No. 6. Grosse» Quartett in D-inoli. Op. postii. . . . 1 | Thlr.
No. 6. Grosses Quartett io G-dur. Op. 161 . . , . 1| Thlr.
No. 7. Grosses Quintett in C-dur. Op. 163 . . . . 1J Thlr.
No. 8. Grosses Octett in F-dur. Op. 166 1| Thlr.
(Die kleinen Quartette in Es, E und B (No. 2—4) beQudco
sich im Stich.)
Ein tüchtiger Opern - Kapellmeister, der in gleicher
Eigenschaß bereits an mehreren Bühnen thätig toar und
sich durch Opern - Compositionen vorlheilhaß bekannt ge-
macht hat, sucht eine Stelle als Kapellmeister an einem
grösseren Theater. Oe/. Offerten nimmt die Hofmusik-
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und ist dieselbe in Stand gesetzt jedwede nähere Auskunft
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224.
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226.
Pandekten, Walzer.
227.
PlaudermAulehen, Polka.
228.
Der kleine Trompeter, Polka.
229.
Corpsballtloze, Walzer.
280.
Tafelrunde, Walzer.
281.
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232.
Las Traum, Polka- Mazurka.
333.
Wanderlust, Marsch.
234.
SunnwendfeuerklAoge, Walzer.
235.
Salut k Gentve, Polka-Mazurka.
336.
Les Adieux. Walzer.
337.
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Keler-Bela. Op. 77. Berliner Kinder, Walzer.
— Op. 82. Am schonen Rhein gedenk ich dein, Walser.
Leulner, A. Op. 56. Pomona-Galopp.
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Wagner, Fr. Op. 66. Herzliebchea, Polka.
— Op. 67. Trompetinen. Polka.
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G. Bock
Ed. Bote dt
(E. BOCK), Königlich# Hof* Musikhandlung in Berlin und Posen.
Verlag von Ed. Bote h 6. Bock (L Book), Künigl. Hofmusikhandlung in Berlin, Französische Sir. 83«. und U. d. Linden No. 37.
Dr««4c to« C. W. S-hwii.Ji in Halii. U«l«r den Lhiin !•», SO-
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Will. Jahrgang M 17.
Vm iiNir Zeitung crachwal wflrbeotlieli
•tM N»«*»er.
28. April 1869.
Zu belieben durch:
Will. Spin«- Haslinger.
PARIS. Brand»» 61 Dnfour.
L01D01- Nnvallo. Ew«r 6i Co Htmaood & Co.
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Die alterirten Accorde.
Von Otto Tier ach.
Wenn man dieses Kapitel in den Werken der meisten
Harmoniker alter und neuester Zeit kennen lernt, so kann
man sich Ruho und Ernst, die beide zu wissenschaftlichen
Untersuchungen unbedingt erforderlich sind, kaum erhalten,
obwohl die Thatsache, die ernstesten Bestrebungen ehren-
werther Männer komisch finden zu müssen, sicher betrü-
bend genug ist. Die Versuche, dieses ,, harmonische Gesin-
del“ zu cinssiflcireo, um jedem Individuum einen Pass für
seine Wanderschaft in der Tonwelt in die Hand geben zu
können, erinnern aber auch vielfach allzustark an die Käm-
pfe eines bekannten Ritters und seines ebenso bekannten
Knappen. Kaum glaubte man mit ihnen fertig zu sein, so
traten Dutzende von neuen Gesellen dieser Arl in den Weg.
deren Signalement noch nicht entworfen war, und Adam
Riese könnte leicht berechnen, dass man auf dem einge-
schlagenen Wege nicht zu Ende kommen dürfte. Mit der
Quadratur des Cirkels und mit Herstellung eines Perpetuum
mobile dürfen sich nur noch Laien beschäftigen, und selbst
denen wird von den Fachleuten im günstigsten Falle ein
mitleidiges Achselzucken zu Theil, wenn man ihre Bestre-
bungen beurtheilt. ln der Musikwissenschaft dagegen giebt
es noch immer „Theoretiker“ und „Musikgelehrte“, die mit
ähnlichen Untersuchungen Ruhm uni) Ehre erworben zu kön-
nen glauben. Zu diesen unfruchtbaren Unternehmungen
gehört vor allen Dingen auch der Versuch, die sogenannten
alterirten Accorde in der allen Theorie unterzubriogen.
In meinem vor kurzer Zeit erschienenen theoretischen
Werke *1 habe ich die alterirten Accorde gar nicht behan-
delt. Der aufmerksame Leser muss aus den Principien, auf
welche ich mein System gründe, sofort erkennen, was ich
von diesen Gebilden halte; übrigens fürchtete ich auch, bei
Behandlung dioser Frage in einen Ton zu fallen, der einem
•; System und Methode der Harmonielehre, gegründet auf
fremde uud eigene Beobachtungen mit besonderer Berücksichti-
gung der ueueslen physikalisch-physiologischen Untersuchungen
ober Touempünduugen. Leipzig, Breitkopf & Härtel. 18i>8.
ernsten Werke nicht anstehen möchte. Hier dürfte schon
eher der Ort sein, derartige Bestrebungen in treffender
Weise zu charakterisiren; denn geschehen muss dieses, um
die weitere Vergeudung von Zeit und Mühe zu verhindern,
die diese Frage bereits veranlasst hat.
Die Klasse der alterirten Accorde konnte nur entstehen,
als der blühende Unsinn von „zufälligen“ Erhöhungen und
Erniedrigungen noch gedankenlos nachgebelet wurde und
unter dein betreffenden Publikum nur gläubige, wenig skep-
tische Hörer fand. Ihre Annahme hatte damals eine ge-
wisse Berechtigung, und sie hat sogar auch einigen Nutzeu
gestiftet, so lange die Zahl der Grundharmonien und Stamrn-
accorde noch unzureichend war, und die möglichen Fort-
schreitungen von einem Accorde zu einem andern nach der
Engherzigkeit eingebildeten Begelkraras sich nur auf einige
wenige Falle beschränken sollten. Das Gerede von ihnen
hat aber bei dem jetzigen Stande der Theorie, und dem
entsprechend auch nach meinem theoretischen Werke, allen
Boden verloren, und dient nur noch dazu, die Unklarheit zu
vermehren, die in musikalischen Fragen ohnehin leider noch
allzu gross ist. Der Beweis hierfür, hofTe ich, soll mir
nicht allzu schwer werden.
Nach meiner Ueberzeugung sind die Harmoniker der
alten Schule durch folgende Dinge, die in ihre Systeme nicht
passen wollten, zur Annahme der alterirten Accorde geführt
worden. Sie fassten erstlich Zusammenhänge accordisch
auf, die nur durch die Einwirkung des Melodieprincipes zu
erklären waren; zweitens hatten sie Accorde zu erklären,
die sich auf keinen der anerkannten Staramaccorde, deren
Zahl eben noch unzureichend war, zurückführen liessen;
drittens liessen sie sich durch Zufälligkeiten, die durch den
Gebrauch einer bequemen aber eben nur aus reio mechani-
schen Gründen von dem Componislen acceptirlen Schreib-
weise entstanden, zur Aufstellung scheinbar ganz neuer
Accordgebilde verleiten.
17
138
r «
. i •
Die erste Art der sogenannten alterirlen Accorde wird
wobt mir noch selten zu den Accorden gezählt, und wir
brauchen gegen dieselben hier nicht zu Felde zu ziehen.
Jn meinem „System 4 * finden sie sich in meinem Werke auf
Seite 285 unter dem Namen „Zufällige Dissonanzen 44 aulgeführt.
Um die zweite Art aus der Masse der übrigen nuszu-
scheiden, muss ich etwas auf den Accordbegrin und auf
die Arten der Accorde eingchen. Nach meiner Auffassung
ist ein Accord ein Zusaramenklnng von mindestens drei
nach ihrer Tonhöhe wesentlich verschiedenen Tönen, deren
gegenseitige Klang Beziehung an sich verständlich ist. Die
Verständlichkeit dieser Beziehung wird nur dadurch vermit-
telt, dass die Tonhöhen unter sich in Verhältnissen stehen,
die sich auf eine Verbindung der drei Grundintervullo: Oc-
tav, reine Quint und grosse Terz zurückfflhren lassen. Im
wesentlichen stimmt dieses mit den Anschauungen Moritz
llnuplmann’s überein, nur dass der letztere es streng genom-
men nur auf die eonsonanlen Accorde mizuwenden weiss.
Es kann nun hierbei nur darauf ankommen, was das Ohr
hören kann» und nicht darauf, welche Stellung auf dem
Notensysleme die Zeichen für die erklingenden Töne zufäl-
lig einnehmen. Wenn also in einem Dreiklange der eine
oder der andere Ton „zufällig“ einen halben Ton erhöht
oder verlieft wird, so entsteht eben ein anderer Accord, der
zufällig richtig und gut klingen kann, aber immerhin wesent-
lich anders klingt, als der Accord, aus wolchem er hervor-
gegangen sein soll und mit dessen schriftlichem Bilde das
seinigo vielleicht Aehnlichkcit hat. Niemand wird ein Pfef-
ferkorn für eine Bosine essen, wenn auch beide sich in dem-
selben Kuchen linden und einander ähnlich sehen sollten.
Ebenso wenig *wird dem Ohre der C-durdreiklang wie ein
Quintsextaccord klingen, wenn er zufällig als „hi*-Jes-g ,t
nolirt wäre.
Die Möglichkeiten für Grundinlervall-Verbindungeo, die
bis jetzt wesentliche Verwendung fanden, siod nach meiner
Theorie in folgenden Grundharmonien enthalten:
I. Coiisounnzeii.
Dur- und M oll- Dreiklang.
II. Dissonanzen:
1. Yorhnltsdissonanzen.
a. und b.
2. Dominantdissonanzen,
a. und b.
3. Nebendissonanz.
Aua diesen 7 Grundformen ergeben sich alle Stamm-
formen und abgeleiteten Formen der consonirenden und
dissonirenden Dreiklänge, der Septimenaccorde etc. Unter
diesen finden sich folgende, die man sonst meist zu den
alterirlen Accorden zu rechnen pflegt:
1. der übermässige Dreiklang: (as-c-e);
2. der verminderte Dreiklang: (h-d-f);
3. der Dreiklang mit grosser Terz und verminderter
Quinte: (g- h- des ) , als übermässiger Quartsextenaccord
(des-g-h);
4 . der Dreiklang mit verminderter Quint und vermin-
derter Terz: [h-dea-f\, als übermässiger Terzsexten accord :
(dea-f-h);
5. der sogenannte alter irte Septimenoccord mit grosser
Terz, verminderter Quinte und kleiner Septime (g-h-des-f),
als übermässiger Terzquartsextenaccord (dea-f-g-h).
Dadurch, dass zu einem dissonanten Accorde ein neuer
Ton tritt, welcher zu irgend einem der vorhandenen Töne
im Verhältnisse der Quint oder Terz steht, entstehen neu«
Formen, die man zum grössten Theile zu den alterirlen
Accorden zu rechnen pflegt. Es verliert durch den Zutritt
eines solchen Tones der Zusammenhang den Accordcharak
ter nicht, und seine Dissonanzwirkung wird weder aufge-
hoben noch qualitativ geändert; nur eine quantitative Aende
rung (und zwar eine Verstärkung) der Dissonanzwirkung
kann allenfalls die Folge sein. In meinem „System und
Methode“ nenne ich die so entstehenden Dissonanten „lieber
vollständige dissonante Accorde“ (Siehe S. 141. IT.). Diese
„übervollständigen Formen“ sind von den Formen, di« ih-
rer Bildung tu Grunde liegen, nicht wesentlich verschieden,
und werden daher auch ganz auf dieselbe Weise verwer-
tet und behandelt wie diese. So kann z. B. der soge-
nannte doppelt - alterirte Dreiklang des-g-h-dia aus dem
Übermässigen Quartsexlaccord des-g-h entstehen, indem die
höhere Terz (dis) zu h tritt, und er schreitet daher auch
meist, wie der übermässige Quartsextaccord, nach dem C-
dur-Dreiklange fort. Die sogenannten alterirlen Septimen-
accorde g-h-dis-f und h-dis-f-as entstehen aus den unvoll-
ständigen Dominaniseplimenaccorden f-g-h und f-as-h, wenn
die höhere Terz dis zu dem Tone h tritt:
*) Bob. Schumann, „Die Lotosblume“.
Rieh. Wagner, „TannhSuser“ (111. 3b
Auf ähnliche Weise entstehen die Seplimenaocorde
h-des-f-as und h-des-J-a
aus dem Übermässigen Terzsextenaccorde
des-f-h,
indem entweder die höhere Quint (as) zu des. oder die
höhere Terz (a) zu f tritt. Ganz dasselbe gilt über die
Entstehung der sogenannten alterirlen Nonenacoorde
g- h-des-f-as und g-h-des-f-a
aus dem übermässigen Terzquartsextenaccorde
des-fg-h.
*) Diese Beispiele sind absichtlich W. l äppert s „Musikali-
schen Studien (Berlin 1868.) entnommen. Der Verfasser dieses
Werkes fühlt sich nämlich verpflichtet, „Der Verlassenen, Ver-
kannten, und Verstossenen (uflmlich der alterirten Accorde i sich
anzunehmen'*. Er hat leider und namentlich im Bezug auf diese
alterirten Accorde trotz seines löblichen Bestrebens, dem alten
Schlendrian in der Musikwissenschaft entgegenzutreten, selbst
noch manches Zöpflein zu tragen.
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139
Hiermit sind alle Fülle erschöpft, in welchen unter den
jetzt sogenannten allerirten Accorden wirklich neue Accord-
forraen Vorkommen. Es bedarf also zu ihrer Erklärung
nicht der sinn* und gedankenlosen Annahme „zufälliger*
Erhöhung und Erniedrigung irgend eines Tones in einem
vorhandenen Aocorde. (Schluss folgt.)
Recenaion.
Arthur Pougin, Oe ia litierature rousicnle en France.
Exlrait de In Revue Contemporaino (livrais. du 15. Mai
1867). Paris 1867. Alfr. ikelmer et Co. et Liepmanns-
sohn und Dufour. 8. 39 S.
Der Verfasser beschränkt sich darauf eine kurze Ueber-
aicht über die seil etwa 1811 erschienenen musikliterarischeo
Werke in einem flüssig geschriebenen Essai tu geben; er
hält sich dabei nicht an chronologische Ordnung, nicht an
die Aufzählung der Werke eines Schriftstellers, sondern
führt uns auf dem weiten französisch literarischen Felde
umher und erzählt uns dabei etwas von Oiesero, etwas vou
Jenem. Uns Deutschen kommt das zwar wenig wissenschaft-
lich vor, wir möchten gern von manchem Buche, was uns
fremd geblieben ist, mehr wissen, als wie zwei, drei Worte
des Titels, doch gewährt des Büchlein trotzdem immerhin
eine kleine Stütze, um sich in der musikalisch französischen
Literatur zu orienlireo.
Herr Pougin setzt die eigentlich sich rege entwickelnde
musikliterarische Thätigkeit in Frankreich erst in das Jahr
1820, in welchem Jahre Herr Csslil-Blaze seine musikali-
schen Feuilleton-Artikel im Journal des Debets begann.
Ihm folgte 1827 H**rr Fütis mit der Gründung der ersten
illusikzeitung in Paris „Revue musicale“. Einige früheren
Versuche — 1764 von Mathon de la Cour und 1802 von
Cocatrix — waren eben nur schwache Versuche eine „Zeit-
schrift für Musik** zu gründen und haben es auch nicht
weiter als bis auf einen Jahrgang gebracht. An die beiden
obgenannten Schriftsteller, welche der musikalischen Litera-
tur einen so bedeutenden Aufschwung gaben, schlossen sich
bald andre an, von denen die bedeutendsten Choron, La
Fege, Coossemaker, Rottee de Toulmon, ßerlioz,
Perne, Lambilotte, P. Jumilhac u. a. waren. Bei
diesem nur kurzen Abriss lässt sieh keine Paralelle mit
der deutschen Musikliteratur ziehen, welche uns freilich,
nach dem vorliegenden Buche zu urtheilen, weit umfangrei-
cher. wenn auch nicht bedeutender erscheint, denn wir
Deutschen haben noch keine Biographie universelle, wie die
von Herrn Felis aufzu weisen; unser bestes Werk in diesem
Fache sind immer noch Gerber's beide Lexica. weiche zwar
in Betreff der deutschen Componisten von Herrn Felis fast
wörtlich benutzt worden, doch in allen anderen Artikeln
mit den umfangreichen Forschungen des Herrn Fötis gar nicht
zu vergleichen sind. Rob. Eilner.
Berlin.
Mt e r u e.
(Köoigl. Opernhaus.) Fräulein Mailing er gab, nachdem
sie »rn 20. die Elsa im „Lobeogrin“ mit gleich günstigem Er-
folge wie am ersten Abend« wiederholt, am 22. die Agetbe im
„Freischütz“ als letzt« Gastrolle. Eignen sich Stimme und
Vortragsweise der Sängerin »ehr wohl für die Parthie, so dass
Viele* gelang, so fanden wir doch auch wieder mancherlei Un-
vollkommenes und Tadelnswerthes, wie in der grossen Arie die
unreine Intonation während der ganzen ersten Hälfte, die vielen
uumntivirlen Portamente, welche den Vortrag so monoton wer-
den lassen (wir meinen das Zusammengehen der Worte: ihn
gestehn; Hand zu gehen; wohl lacht; sie glübn; aufzuziehn
u. s. w.); das Zerreissen des Wortes Schaoreo in Scha—areo
mit neuem Alhero nach der ersten Sylbe und Einsatz auf a,
nur um nach dem Mordent nacli QU noch Athem für die For-
mate auf Fit tu gewinnen; im Allegro der Arie dio verwisch-
ten Sechszehntheil-Figuren. Da* nicht zahlreich versammelte
Publikum nahm die Sängerin mit lebhaften) Beifall auf. — Wie
wir hören, ist Frl. Mn Hin «er nicht engagiri worden. — Am 23.
war auf allerhöchsten Befehl: 2. Act von „Joseph io Egypten“
mit Herrn Niemaou; 3. Act von „Margarethe“ rat Fräulein
Treroel; 2. Act von „Tauohäuser“ mit Frau Grün, Herrn
Niem an n, Herrn Betz.
Im Friedrich-Wilhelroslädtischen Theater hat eine eioactige
Operette „Die Somnambulen“ von Betty Young, mit Musik von
Herrn von Zayls allgesprochen. Leider ist das Libretto wieder
recht dürftig; Herr von Zaytz hat mit melodiösem Geschick ein
paar recht gefällige Nummern geliefert, welche von den Da-
men Koch und Re n um volubil eusgeführt wurden. — Fräulein
Lina Mayr erntete in ihrer Benefiz-Vorstellung — sie gab zum
225. Male ihre reizende liandschuhmacherin io „Pariser Leben“
— Geld, Ehren und Blumen in Massen. S. M. der Kößig bo-
ebrle die Vorstelluug mit seiner Gegenwart.
Dia achte Sinfoniesoiräo der Königlichen Kapelle bot in
ihrem Programm nur Alter«, öfter gehörte Werke, und zwar:
Ouvertüre zu „Genoveva“ von R. Schumann, Siofouie G-moil
von Mozart, Hochlands-Ouvertüre von Gade und Sinfonie C-moll
von Beethoven. Sowohl die Ouvertüren, als auch beide Sin-
fonieen fanden, durch vortreffliche Ausführung unterstützt, ge-
wohnte, sehr beifällige Anerkennung. , d. R.
€orr«B|>on4ensen.
Bremen, 23. April 1869.
H. — Durch den Schülerchor der Hauptschule unter Herrn
Kurth** Leitung gelangte am 14. d. M. in dem fast überfüll-
ten grossen Saale der Union R o m b e r g * s „Lied von der Glocke“
und C. Lowe's Festcanlate Op. 120 „Die Hochzeit der Thetis“
nach der Schillcr’schen Uebersetzung der Euripideischen „Iphi-
genie in Aulia“ zur Aufführung. Der ungemein starke SAnger-
chor von circa 180 Knaben und 50 Erwachsenen, wozu in
der Löwe'schen Cantate noch etwa 40 Sängerinnen des Dom-
chors kamen, gewährte mit dem stark besetzten Orchester einen
in diesen Räumen durchaus ungewohnten Anblick von eigen-
tümlichem Interesse. Die Aufführung ging fast über Erwarten
sicher und glatt von statten und zeugte vou fleissiger und um-
sichtiger Vorbereitung, wie nicht minder von ernster Hingabe
sämmtltcher Ausführeoden im entscheidenden Augenblicke. Zur
Uebernahme der Solopartien hatten sich Fräulein Mathildo
Sclilömann (und einige bewährte Dilettanten freundlich bereit
finden lassen und ernteten datr im Verlauf des Abends man-
nigfachen Beifall, ganz besonders die erstgenannte Dame, welche
ausserdem Mozart'» Arie aus „Figaro's Hochzeit“: „Heitge
Quelle** mit künstlerisch abgerundetem Vortrage sehr anspre-
chend zu Gehör brachte. Emcs ausserordentlichen Erfolges
hatte sich Löwe's „Hochzeit der Thetis“ als gänzlich unbekannte
17 *
140
Novität zu erfreuen; die leichten, fall lanzarligen Rhythmen
der meisten Sätze im Gegensatz« zu den breit und groasnrtig
HDgeieglen Abschnitten: „Heil dir, hohe Nereide" und Duell:
„ Apoll, der aus der Ferne", — der freilich ebenso schwierige
als reizvolle Frauenchor: „Fuoftig Schwestern der Göttlichen"
und nicht minder der unmittelbar darauf folgende gerluschvolle
Einzug der Centauren: „Grüne Kronen io dem Haar" — die
durchgehend» anmulhigen, theilweise pikanten Melodieeo, ge-
hoben durch eine höchst wirksame Instrumentation runden das
Ganze zu einem festlich heileren Tonbilde ab, das io dem wohl-
thueuden Ebenmaass seiner Formen bis auf den letzten Augen-
blick zu fesseln vermag. — Am 20sten veranstalte der Dom-
chor in hergebrachter Weise sein FrOhjahrscoocerl unter Mit-
wirkung des Musik direct or R e i n t h a I e r , Concertmeister Th. B ö 1 1 -
jer, Friulein M. Schlömann und einer der OefTenllichkeit
seit Jahren leider entzogenen Sopransingerio, welche sich um
die früheren Aufführungen Bremens sehr verdient gemacht, und
auch diesmal gelegentlich eines Wiederbesuchs ihrer Vaterstadt
durch ihre grossen Stimmmittel io Mendelssohn’*: „Höre Is-
rael des Herrn Stimme" und Beethoven’a: „Die Himmel rüh-
men des Ewigen Ehre" imponirend wirkte. Friulein Schlömann,
welche unter diesen Verhlltoissen mit ihren Vortrigen: „Kir-
chenarie" von Slradella und „Lascia ch'io piaoga" von Kin-
del einen schweren Standpunkt hatte, wusste sich dennoch
durch die nnerkennenswerthe Accuratesse ihre« Vortrags wie
durch den sympathischen Klang ihrer jugendlichen Meizoso-
pranstimme die gebührende Geltung zu verschaffen und fand
nicht minder Anerkennung. In seinem Violioaolo „Andante re-
ligioso" von Jos. Botl bewlhrte sich Herr Concertmeister
Th. Böttjer wie immer und wie euch noch kürzlich in der
Bach'schen Matthfiuspassion, ets ein Künstler von feinem Ver-
ständnis» und ruhig sicherer Beherrschung seines Instruments.
Reinlhaler improvisirle auf der Orgel den Sclilusschor aus der
kürzlich gehörten Malthluspassion und erwarb sich dadurch
den Dank aller Freunde dieses schönen W’erkes, das von Auf-
führung zu AulTOhrung immer mehr Boden gewinnt. An vor-
züglichen ChoNltzen durch den Domchor verdienen besonders
hervorgehoben zu werden: „Io den Armen dein" ösliromig von
Melch. Frank , „Ehre sei Goll in der Höhe" Stimmig von Men-
delssohn, „Da Jesus an dem Kreuze stund" Östimmig von
Joh. Eccard, „Herr, der du mir des Leben" 4stimmig a capclla
von J. Haydn und Hymne von Mendelssohn: „Hör’ mein Bit-
ten" mit Begleitung der Orgel.
Paris, 24. April.
Montag beschloss das Florentiner Quartet t sein erstes Pariser
Debüt im Salle Erard. Es' dauert lange bis in Paris Irgend eine
namhafle Erscheinung In'a Publikum dringt; — um die Berühmt-
heiten des Auslandes bekümmert man sich nur wenig, indem
man immer und wieder nur Paris als von der Vorsehung dazu
ausersehen hält, Kuust-Renorami zu verleihen. So war auch
das Florentiner Quartett Jean Decker's hier gänzlich unbekannt,
die ersten Soireen enthielten zumeist nur — Freikarten und auch
die Presse ignorirte vornehm oder egoistisch den seltenen Künst-
ler-Verein. Die vierte und letzte Soiree jedoch schien bereits
Früchte zu bringen — der Saal war etwas mehr gefüllt, — und
wird daa Wiederauftreten des Quartetts in nächstem Herbst ge-
wiss von durchgreifenderem Erfolge sein. Die Florentiner spiel-
ten zum Abschied Mozart s Quartett in C No. 6, Mendelssohn's
Es-dur-Quarteü mit der Canzonetla, ein Adagio von Rosenhaitr,
das Presto von Hartog und dessen Ü-moll-Suite und Haydn’s
Serenade. — Fanden wir hier in der Ausführung Kraft, Schwung
und Einheit — ein wirkliches Ensemble — so sind dagegen die
hier eingebürgerten Quartette der Herren Alard, Maurin, La-
moureux zumeist nur Solo-Quartette, d. h.wo sich ein oder
zwei hervorragendere Inatrumentaliaten unter Begleitung von zwei,
drei anderen Streich- Instrumenten produciren Das solideste der-
selben, am wenigsten der französischen Coquettarie im Vortrage
ergebene, wenn auch nicht durchweg davon freie ist des Quartett
des Herrn Lamoureux. — Maurin brachte die letzten Quar-
tette Beetboven’a — wirkliche Novitäten für Paris bot jedoch
nur Lamoureux, so ein Quartett in A-dur von Brahms, ein Quar-
tett von Veit, ein Trio von Albert L'bote, ein Quartett in C-moll
von Hubinsiein, Schumann*« Pfte.-Quartett in Es Op. 47, ein Sextett
von Brahms, ln denselben Soireen ragte der Pianist Delaborde
durch Vorträge von Mozartschen, Beethoven sehen und Sebu-
mann'schen Werken hervor. Lamoureux selbst ist einer der
stylgerechtesten Violinisten und zeichnet sich vor der gezierten,
kälteren Vortragsweise sonstiger französischer Violinisten durch
etwas mehr Schwung aas. Es ist Immerhin be merk ens werth,
dass iu Paris drei, vier Quartett vereine wirken, welche es sich zur
Aufgabe stellen, classiscbe Musik, und selbst die noch kürzlich
verpönten Neu-Romantiker und sogar die Zukünftler zu cultivi-
ren; ein Zeiehen, dass die Kunst hier fruchtbaren Boden findet,
wenn nur die rechten Gärtner kommen. — Die Messe Rossini's,
welche eben auch in Belgien grosse Erfolge feiert und demnächst
such im ThAAlre de ('Orient zu Madrid mit Lagrua, Tatuber-
11 k und Gassier zur Aufführung gelangt uud das Pariser Th6i-
tre Italien uoeb fortwährend füllt, wird am 30. d. M. io der Tri-
nitate-Kirohe mit der Alboni, und den Chören und dem Orche-
ster des TheAlre Italien exccutirt werden. Ob und wie tbeuer
skh die Herren Bagier und Strakosch den Eintritt in die
Kirche bezahlen lassen werden, darüber schweigt noch die Fama.—
Zum Benefiz der Peneiooa- Kasse der „Opera* 4 fand letzte Woohe
eine brillante Vorstellung von Gounod’s „Faust 4 * vor der Abreise
des Fräulein Nilsson nach London statt Die Proben zur Re-
prise von Mcyerbeer’s „Prophet“ haben daselbst begonnen. Di-
rector Perrin hat mit Verdi einen Contract bezüglich der Auf-
führung von dessen „Forza del destino" und einer neuen Oper
abgeschlossen. Ausserdem soll Fräulein Stoltz vom Scala-Thea-
Ur in Mailand für die Pariser „Oplra 44 gewonnen sein. Mit Wag-
ner's „Rienzi“ bat das T heitre iyrique Pasdeloups einen glänzenden
Knssen-Fang geihan. Die Fürstin Metternich wohnte kürzlich dem
Werke diese« ihres Tannhäuser -Protegfa triumphirend bei. Bei
Adstu s „Sourd“ im Tbäätre de l’Athenäe tFantalsies - Pa-
risienne*) scheint sich indes» gestern die kunstliebende Dame
weit besser - amOsirt zu haben. Die „Freiheiten* 4 sind hier
weniger iu der Musik als vielmehr Im „ Texte 44 enthalten.
Wir halten die Aufführung dieser sonst sehr witzigen und
launigen Operette in Deutschland für geradezu unmöglich. —
Die Concerie wollen noch immer nicht enden. Zum Besten
schwedischer Nothleidenden findet Dienstag im Saal Herz
das Concert des Fräulein Nilsson statt. — Im Saal Grande
Orient bei tropischer Atmosphäre eiu glänzend besuchtes Con-
cert der Sängerin Staudt mH Liedern von Schubert, Mendelssohn,
Schumaun und mit schwungvollen Vorträgen des Violinisteu
A. Czekl und des Pianisten Carl Majer «nicht zu verwechseln
mit dem Pianisten Carl Mayer!, welch* letzterer eine brillante
neue Concert - Paraphrase des Lutherischen Chorals von Bonne-
witz zum Vorträge brachte und stürmischen Beifall erntete. — Das
neue Central-Casino der Deutschen „zur Harmonie“ giebt morgen
eine zweite grosse musikalische Matinee und scheint sich an der
Fortsetzung derselben durch die Sommermonate nicht abschrecken
lassen zu wollen. — ludessen sind bereits die Vorbereitungen zu
den eigentlichen Pariser Sommer - Concerten, zu den Concertau
Besselitvre's in den Champs-Elysstee getroffen und werden
141
die«« Iben am laten Mai mit Wagner’» Rienzi-Ouverture eröffnet
Nun dort in freien, weiten, unbegrenzten, luftigen RBumen lassen
wir un« der „Posaunen Donnerwetter und der Trompeten hell
Geschmetter 1 * weit lieber gefallen. Der Muaik der Freiheit ge-
bühren freiere Rlntne und das Zukunfts-Theater Wagner's dürfte
dereinst ln Paria — das Marsfeld sein. A. v. Cz.
Feuilleton.
Alte Fortsehrittsminner.
1. Constanzo F esta.
Es hat tu allen Zeilen Menschen gegeben, welche sich
mit dem Geiste ihrer Zeit nicht haben einverstanden erküren
können, welche versucht haben, die ihnen von eben dem Zeit*
geiate angelegten Fesseln abzuwerfen. Mancher that das mit
GIQck und ward dann ela Reformator geprieeeu, erlangte Ruhm,
Ehre, Ansehen, Vermögen etc. Wem sein Unlernehmen aber
nicht glückte, gegen den erhob sich natürlich eile Welt, und
das „steinigel ihn!“ war da» Loos des Ketzere. Oll genug
freilich bat sich gezeigt, dass der Ketzer seine Ideen nur zu
früh in die Welt geschleudert batte, und wahrend er selbst
daran zu Grunde gehen musste, glimmte der angefacht o Funke
im Stillen weiter, frass um sich, und ein Anderer halte dann
vielleicht nach hundert Jahren oder noch länger das Glück,
denselben zur Flamme anzufachen und den bis dahin Angebe-
teten Götzen zu stürzen.
So im Leben, so in der Kunst; alle Entwickelung baeirt
auf dem Fortschrill. Epoche reiht »ich an Epoche, nicht wie
eine endlose Ketle, bei welcher eio Ring an dem andern hängt
und jeder beliebig losgelöst werden kann, »o dass der Rest
immer noch eine Kette, wenn auch eine kürzere, bildet. Son-
dern wie ein in’» Waseer geworfener Stein eine ringförmige
Welle erzeugt, um welche sich in jedem Momente eiue grössere
legi, eine immer die Basis der folgenden bildend, gewisaer-
meseen ihren ganzen Inhalt io »ich aufnehraend, »o ist eiue
Kunstepoche die Nachfolgerin der andern. Jede iat eio Aus-
gangspunkt für «he folgende, eine Slufe, über welch« diese
sich aulbaut, ohne die sie nicht denkbar iat. Von ihrem Hö-
henpunkte geht sie allgemach abwärts; fremde Elemente mischen
■ich ein, — sie artet aus. Nun zeigen sich Versuche, andere
Bahnen oiniuschlagen, und das sind eben jene Erscheinungen,
die entweder als Reformatoren gepriesen oder ab Ketzer ver-
dammt werden, je nachdem. Erat tauchen diese Versuche
schüchtern und einzeln auf, unbewusst oder obue den Mulh,
gegeD da» Bestehende Front zu machen. Ja, der kühne Neue-
rer schrickt wohl gar vor eeinem eigenen Versuche zurück
und lenkt schleunigst wieder io di« ausgetretene Bahn der
Alltäglichkeit zurück. Aber die Gegner der euzgearteten be-
stehenden Richtuog mehren eich, die oppositionellen Versuche
werden häufiger und kühner, bia endlich — um mit Frau»
Liezt zu reden — „ein überragende® Genie ersteht, ein sprü-
hender Flammengei»!, berufen, eine doppelte Krone von Feuer
und Gold zu tragen“, der dann den allen Tempel abbrichl,
die wirklichen und desehalb unvergänglichen Errungenschaften
seiner Vorgänger dem Fundamente einführt und darauf nun
mit kühner Haod ein neues Bauwerk nufrkhlet
Coastanzo Feeta gehört nicht zu diesen kühnen Forl-
schnttsmännem, welche alle Brücken hinler sich abbrechen
und mit Siegesgewisebeit des Banner einer neuen Aera vor-
austragen. Er gehört auch nicht zu denjenigen, welche, wie
weiland der edle Ritter von la Manch» gegen Windmühlen,
gegen eine übermächtige Zeitalrömung vorzeitig ankämpfen
und sich dabei die Stirn zerschellen. Denn er lebte io einer
Periode, welche, bereits auf dem Wege de» Verfalles, allerdings
Raum bol für etwas Bessere«. Die erste Hälfte des XVI. Jahr-
hunderts war vollständig »ungefüllt von der Niederländischen
Tonschule. Wie zu gewissen Zetten eio tüchtiger Tanzlehrer
nur gehonter Franzose, ein ausgezeichneter Singer nur Italie-
ner sein konnte, »o war damals der Begriff eine« Tonkünetlere
fast Identisch mit dem eines Niederländers, eie waren die Lehr-
meister der Tonkunst für ganz Europa. Es iat hier weder der
Ort noch die Gelegenheit, etwas Näheres darüber mitzutheilen.
Wir müssen uns damit begnügen, in möglichster Kürze einen
Umriss von dem in den musikalischen Zoständra eiogerisseoen
Unwesen zu zeichnen, um die Möglichkeit und Noth wendigkeit
von reformatorischeo Bestrebungen zu sehen.
Der Überwiegende Theil der niederländischen Tonschute
verfiel nech und nach vollständig den coolrapunkfischen Grü-
beleien. W’eon in einer Composilion die abstrectesten Com-
binationen, Fugen, Räthselcanona eie. sich vorfauden, dann
war sie schön und der Erfinder ein „göttlicher“ Coroponist.
Um die Worte kümmerte sich Niemand. Am meisten artete
dieser Missbrauch der Kunst in den Worten der heiligen Li-
turgie aus. Man verstand nirgends mehr eine Sylbe, und wenn
hi« und da einmal ein Wort deutlich hervor trat, so blieb doch
gewiss der Sion verborgen, da die musikalischen Kunststücke
alles Uebrige erdrückten. Man ging auf diesem Irrwege noch
einen Schritt weiter, indem z. B. eine Stimme als Fundament
ein Thema aus der Gregorianischen Melodie das Ave Marin
sang, während die andern Stimmen gleichseitig das Kyrie,
Gloria und Credo dazu ertönen lie«sen. Das Nonplusultra der
Art lieferte Jasquin de Grös, welcher unter andern ein Musik-
stück geschrieben hat, das gant über eine Gregorianische Me-
lodie gebaut war, aber dergestalt, dass eine Stimme das Ave
Regina coelorum, die andern des Regina coeli, die dritte das
Alme redemptoris maler, die vierte das Inviolsta sang; eine
Erfindung, die zu damaliger Zeit die höchste Bewunderung
erregte und bald vielfache Nachahmung fand. — Ja, man
schrieb zu Anfsnge einer Nummer nur die Anfangsworte des
Textes hin und öberltess es völlig dem Sänger, nach Gutdün-
ken und bestem Ermessen unter die weitern Noten seiner
Stimme die Textworte zu legen.
Die ßacho halte aber noch eine andere, viel tiefere Schat-
tenseite. Schon in den Jahrhunderten vorher war die Sitte
eingerissen, zu dem cantus flrmus Contrapunkte zu exlempori-
ren. Da die Sänger zugleich auch Tonaelzer, gut geschulte
Musiker waren, welche die Kunalregeln wohl inne hatten, so
mag das bei einfachen Sachen immerhin erträglich gewesen
sein. Wie aber sehr frühe schon dieser extemporirte Contra-
punkt aussrlele, gehl aus einem Dccret hervor, welches schon
Papst Johann XXH. von Avignon aus (1322) erlieas, worin er
denselben nachdrücklich verbot und nur an hohen Festlagen
die einfachste Art desselben gestaltete. Trotz aller päpstlichen
Verbote aber erhielt sich der extemporirte Cootrspunkt m vol-
ler Blülhe, und im XVI. Jahrhundert überstieg er factisch alle
Grenzen der Mässigung und Bescheidenheit; man begnügte sich
nicht, nur den gewöhnlichen langsamen Gesang so so vertie-
ren, sondern setzte selbst auch in der Figural-Musik nach Gutdünken
Melodie auf Melodie, was natürlich ein fürchterliches Congto-
meral ergeben musste. — Nun denke man sich, dass hierzu
endlich noch Instrumenle (roten, deren Spieler natürlich in der-
selben Weise wirthschnfteteo. Es kam so weit, dass man es nicht
mehr für nöthig hielt, den Spielern ihr« Parlhi« aufzuachrei-
ben; ein einziges Exemplar der HauptstiiiMHe derjenigen Com-
poeiiion, weiche man aufführen wollte, war hinreichend, und
Spieler und Singer trieben nua ihr Unwesen. Wären der Be-
142
woisv nicht so viele, men würde dergleichen Tollheiten ger
nicht für möglich beiten. •
Da*» da von einem Verständnisse oder auch nur von ei*
nein Wohlklaoge nidit die Hede sein konnte, braucht nicht
erat bewiesen su werden, und es ist ganz erklärlich, wenn ein
Zeitgenosse schreibt: „Die heutigen Musiker setzen ihre ganze
Seligkeit darein, den Sänger an die Fuge su bioden, und dass zur
nämlichen Zeit, während einer das Sanctus sagt, ein anderer
das Sabaolt», wieder ein anderer das Gloria tue mit einigem
Heulen, Brüllen, Gurgeln dermassen schreiet, dass aie säuiinl*
lieh eher Katzen im Monate Januar, als Maiblumen gleicher»
möchten' 1 . — Noch stärker antwortete ein Cardinal dem Papste
Nikolaus V. auf die Frage, wie ihm Musik und Sänger der
päpstlichen Kapelle gefallen hätten: „Mir däuchl, ich höre eine
Heerde Schweine, die mit aller Gewalt grunzen, ohne einen
arlikulirleo Laut oder ein Wort hervortubringen“.
Der Retter aus dieser Noth war bekanntlich Palestrioa.
Er war es, der unbeirrt von allen Gegnern mit genialem Sinne
eine Armierung berbeilObrte und eine neue Aera schuf. Kei*
neu wegs waren seine neuen Wege über eigene Erfindungen,
sondern wie jedem grossen Reformator Vorläufer voraufgingen,
so auch ihm. Hie und da lauchta ein Componist auf, welcher
sich frei su halten suchte von den unerquicklichen Künsteleien;
aber die Zeit war noch nicht gekommen, dass Jemand mit Er*
folg gegen den Strom schwimmen konnte, dass Unwesen musste
erst einen Höhepunkt erreichen, dass es sich iu seiner ganzen
Nichtigkeit zeigen konnte. Diese Zeit kam irrt Laufe der er*
steil Hällle des XVI. Jahrhunderts, und die AuQOge, welche
Constanzo Fesla nahm, waren durchaus am Orte.
Als der junge Palestrioa (1540; nach Rom kam, w ar Fesla —
damals schon ein alter Mann, — fast der einzige inländische Ton*
kOnslter, und merkwürdiger Weise musst« es gerade diearr
Italiener sein, welcher Werke schuf, auf denen der nachfol-
gende grosse Reformstor weilerbauro konnte. Der einfache
Styl» welchen Festa cullivirte, gab ihm Gelegenheit zu man*
eher bedeutenden Composiliou. Mehrere seiner Motetten, wie
auch sein berühmtes Te Deuro, sind von Würde und Schön*
heit; sowohl italienische Schriftsteller, wie auch Burney sind
voll seines Lobes. Er hatte daher wohl das Zeug, aber nicht
die Kraft zu einem Reformator, mitten im Fluge erlghaite sein
Genius, wie sein Te Deum am augenfälligsten zeigt. Es wird
noch jetzt bei der Papstwalil und bei der Uebergabe des Hu*
tea an neu creirle Cardinile gesungen, wie auch am Froho*
leichuamstagf, wenn die Prozession in die Vatikanische Haupt*
kirche eintrill. Aber schon seit der Mitte des vorigen Jahr-
hunderts ist es zur Hallte reducirt worden, denn die edle
Grossarligkeit der Composition ermattet bald und verliert sich
gegen das Ende hin ganz, so dass man vorn Tu ergo ab eine
andere Composition eintreten lässt. So zahlreich seine Com*
Positionen io Rom auch noch im Manuscriple vorhanden sind,
so exislirt doch nicht eine einzige gross durchgeführle von ihm ;
in allen zeigt sich daher, dass er wohl immer das Bestreben
hatte, das als recht erkannte Neue einzulühren, aber es
fehlte ihm die Energie, daran festzuhalten, es fehlte ihm der
Muth und die Ausdauer des Reformators, die Fesseln zu spren-
gen, welche der Phantasie *o gewaltige Hindernisse bereiteten.
Niemand kann zween Herren dienen, er kann nicht auf einer
Seile mit dem Alten brechen wollen und auf der andern mit
ihm fortwährend liebäugeln und ihm Concessiooeo machen .
In seinen refortnalorischen Anläufen hiulerliess Fesla aber
seinem grossen Nachfolger ein Kapital, das nicht hoch genug
zu veranschlagen ist. Ala Palestrioa sein Amt als Kapellmei-
ster an der Laleranenaischen Hauptkirche antrat (1555|, warf
er sich mit allem Eifer auf das Studium der Werke von Con-
stanao Festa, dis so ganz abwichen von dem, was er bis da-
hin als Schüler der Niederländischen Touschule gelernt und
getrieben hatte. Das öffnete ihm die Augen für dis Vorzüge
der Niederländer, noch mehr aber für ihre Mängel und Schwächen
und nachdem er einmal dAs Rechte erkannt halte, konnte ihn
nichts mehr abhalten, auf diesem begonnenen Wege fortzu-
schreiten, unbeirrt um alles Geschrei der Gegner, die nicht
vom Allen lassen mochten und konnten.
Constanzo Fesla erlebte den Triumph der Musik, die ihu
wie unbewusst in geweihten Stunden ergriffen hälfe, nicht
mehr, denn er starb schon am 10 April 1545 und liegt begra-
ben in der Kirche Sl. Marin in Trnnsponlino.
(Wird fortgesetzt)
Journal - Hevue.
Die Altgem. Musikztg. beginnt einen Aufsatz Ober: Arnold
Schlick jun„ Organist in Heidelberg. — Die N. ZUchr. f. Mus.
enthält einen Artikel „Zur Versöhnung“, welcher mit Bezug auf
Bich. Wagner's so heftig angegriffene Broschüre „Das Judenlhum
in der Musik“ geschrieben ist und schliesst ferner die Abhand-
lung „Musikalische Poesie-Objecte“. — Die Signale besprechen die
zweite HauptprQfung am Conservatorium der Musik zu Leipzig.
— Die SQdd. Musikztg. bringt Kritiken über den ersten Band von
Ambros’ „Geschichte der Musik“ und Richard Wagner’s „Oper
und Drama“.
Die französischen Zeitungen enthalten nur Locales.
Nachrichten.
Berlin. Am 23. d. veranstaltete die Pianistin Fräui. Plit t
ein Coocert ln der Dreifaltigkeitskirebe zum Besten der Armen-
pflege. Es kamen bei dieser Gelegenheit eine Ostercantate sowie
mehrere Chöre von der Composition der Coocertgeberin zu Ge-
hör, welche sieh durch tüchtige Arbeit auszeichneten. Frau
Röske-Lund sang in wohlgelungener Weise die Sopran * Arie
„Höre Israel“ aus „Elias“, sowie eine Arie mit obligater Oboe
von Nicolai. In letzterer, sowie in einer Piöoe von Hauser zeigte
sich Herr Lund als ein Oboebllser ersten Ranges, dar einen
wundervollen Ton mit vollständiger technischer Beherrschung
seines Instrumentes verbindet. Eine Arie „Al pecoator“ von
Gabryel, vorgelragen von Fräulein Baumann, vervollständigte
das Programm.
Brealan. Coneert des Bohu'scheu Gesangvereins: 2 Zigeu-
nere höre aus „Precioaa“ von Weber, Orgelsoii von Rinck und
S. Bach, gemischte Chöre von Mendelssohn, AlUchottische Na-
tional - Lieder oud „Dornröschen“, Märchen von Bobn. — Herr
Kapellmeister Börner führte in seinem letzten Sinfouie-Go nee rt
eine neue Sinfonie (C-dur) des talentvollen jungen Componiatan
W. Claussen auf. — Fräulein Artöt gastiri gegenwärtig mit »ehr
bedeutendem Erfolge hier.
roll». Coneert der „musikalischen Gesellschaft“ : Ouvertüre
von Mozart, Sinfonie in A - dur von Mendelssohn und Es - dur-
Concert von Beethoven. — Coneert der „Philharmonischen Ge-
sellschaft“: 1. Sinfonie von Spohr und Ouvertüre zu „Leonora“
von Beethoven. — Herr Kapellmeister Hilter wird seine hiesige
Stellung aufgeben und uns verlassen. Es ist dies ein schwerer
Verlust für unsere musikalischen Zustände.
Darmrtadt. 4. Coneert zum Besten des Witlwen- und Wai-
seufonds: Sinfonie in G-dur von Haydn, Concorte för Violoncello
von Goltermann und Servals, Reformationssinfonie von Mendels-
sohn etc.
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143
Esslingen. Nachdem der hiesige Oratorienverein vor einigen
Wochen die zwei ersten Theile des Oratoriums „Samson“ von
Händel zur Darstellung gebracht, führte er uns am 16. d. dasselbe
auch mit dem dritten Theile vor. Der Verein und dessen Direk-
tor Herr Prot Fink hatten sich eine ziemlich schwere Aufgabe
gestellt Das Oratorium „Samson“, welches, heil Au llg gesagt,
in etwa anderthalb Monaten entstanden, ist so ziemlich das um-
fangreichste Werk von llAudel und in einzelnen Chören und
Soloparthien wirklich schwer ausfahrbar. Die meisten Chöre z.
B. erfordern, wenn sie wirken sollen, einen Kraftaufwand, wie
ihn ein kleinerer Verein, den kein Orchester unterstützt, kaum
zu bieten vermag. L'ud auch die Soloparthien. insbesondere die
des JMicab, als die umfangreichste, machen bedeutende stimm-
liche Ansprüche. Die Lösung dieser Aufgabe von Seilen des
Oratorieiiverciös verdient alle Anerkennung. Die Chöre wurden
sehr prAcis, zum Theil mit überraschender Tonfülle ausgeführt,
und die Soli waren in bewährten iliinden. Mil Hecht darf mau
diese Aufführung als eine der besten bezeichnen. — Blicken wir
nun noch kurz auf die ThAtigkeit des Vereins im \crilosaeueu
Halbjahr, so linden wir, dass derselbe durch Vorführung von
„Der Hose Pilgerfahrt“ und „Samson“ sich seiner gedoppelten
Aufgabe, die weltiiehe und Kirchliche Cantate abwechselnd zur
Darstellung zu bringen, in ausgezeichneter Weise erledigt hat.
Hamburg. Privat- Aufführung des 1868er Musikvereins: Mo-
tette von Haydn, Pfte.-Coucert in D-iuoll von Mendelssohn, „Trost in
Tönen“ von Brambach, Finale aas „Loreley“ von Mendelssohn etc.—
Privat -Aufführung des Urchester-Vereins: Ouvertüre „Im Hoch-
land“ von Gilde, Arie aus „Figaro"» Hochzeit“ und Sinfonie in
D-dur von Mozart, Sinfonie in D-dur von Beethoven, Ouvertüre
zu „Teil“ von Rossini etc. — Prival-Soiree des FrAulein Glück-
selig: Trio in Es-dur von Haydn, Sonate für Pianoforte und Vio-
line A-dur von S. Bach, Impromptus, Op. 142. B-dur und F-moll
von Schubert und Pianoforte-Quartett Op. 8. ll-moll von Men-
delssohn. — Concert des Herrn Musikdirector Armbrust: Magni-
ficat von Durante, Pianoforte-Quartett von Schumann und „Die
Jahreszeiten“ für gemischten Chor mit Pianoforte von Gurlitt
Innsbruck. 4. Concert des Musikvereius: Eroica von Bee-
thoven, Scherzo uud Ouvertüre aus dem „Sonunernacbtstraum“
von Mendelssohn, 2 Quintette aus „Cosi fan tulte“ und Adagio
für Horn von Mozart. Tn ?
Kiel. Am 20. April starb hierselbst an wiederholten Schlag-
anffillen der berühmte Balladen- und Oralorien-Componist, der
Königliche Musikdirector, Pr, CarILoewe in seinem 73. Lebens-
jahre. Seinen letzten W’illeu hat er dadurch kund gegeben, dass
man nach seinem Tode sein llcrz in der Orgel der St. Jaeobi-
Kirche zu Stettin, der er als Organist beinahe 50 Jahre vorge-
standen hat, aufbewahre.
I.eipsig. ln der zweiten Hauptprürung des Conservatorlums
der Musik zeichneten sich die Herren Ersfeld tVioliucoucert
in D - moll, 1. Satz von Spobr) Paepke (Andante und Houdo
niRse aus dem 2. Concert von Beriot) und Sc heuermann
tPianofortecoucert in Es-dur 2. und 8. Satz von Beethoven! vortheilbaft
durch ihre Leistungen aus. *
Mainz. Scliluss-Concert des „Vereius für Kunst und Litera-
tur 44 : Andante und Allegro aus Spohr’s Sonate in Es • dur für
Harfe und Violine, Arie aus der „Schöpfung“ für Sopran, Rondo
eapriccioao von Mendelssohn etc.
Potsdam. Das am 22. d. M. stattgehabte Concert der phil-
harmonischen Gesellschaft beschloss in würdiger Weise die Sai-
son. FrAulein Brüsewitz, eine junge begabte Singerin, sang
die Arie der Agathe aus dem „Freischütz“, sowie Lieder von
Ferd. Spobr und Bennmann. Der Kammeiftusikua Spohr, einer un-
serer trefflichsten Violinspieler, spielte Bazzini's Concert in D-dur.
2. Morceau de Salon von Vieuxtemps und ein Scherzo capriccioso
von A. Böhmer. Letzteres Stück (neu! ist originell, sehr brillant
und gab dem Spieler Gelegenheit seine Virtuosität im gMuzcnd-
sten Lieht zu zeigen: dasselbe erfreute sich höchst beifälliger
Aufnahme. Das Orchester unter F. Wendel» bewährtet Lbt- 1
tung gab die Sinfonie (No. 7) G-dur von Haydn und die Ouver-
türe zu „Titus 44 in lebendiger PrAcision.
Wien. Herr Dr. Franz v. Dingelstedt ist soeben zum ar-
tistischen Director des Hofoperntheaters ernannt und Herr A. Wolf
in gleicher Eigenschaft für das llufburgtheater angestellt worden.
— Offen hach wird hier erwartet, uin die Proben zu
seiner Operette „Tulipatan“ zu leiten. — Franz Liszt hat ein von
der Gesammtdirection der Gesellschaft der Musikfreunde Unter-
zeichnete» Sehreiben erhalten, welches folgendemiaassen lautet:
Hochgeehrter Herr! Die enthusiastische Anerkennung, welche das
gesammte musikalische Wien Ihrem epochemachenden Tonwerke
„Die Legende von der heiligen Elisabeth“ bei den wiederholten
vou der Gesellschaft der Musikfreunde veranstalteten Aufführun-
gen am 4. und 11. d. M. wie aus einem Herzen und Sinne dar-
gebracht hat, gewährt der unterzeichucteu Direction eine um so
vollständigere Befriedigung, als sic es aussprecheti darf, dass die
Gesellschaft, die sie zu reprAsentiren die Ehre bat uud welche
mit den Schicksalen Ihrer heute sieggckröuteu Compomstenlauf-
bahn stets auf da» Innigste verbunden war, als das vermittelnde
Organ Ihrer bewunderten Schöpfung berechtigt sei, an diesem
durchgreifenden Erfolge den innigsten Antbeil zu nehmen. Die
Dircclion preist sich glücklich, dass es ihr, Dauk Ihrer „Elisa-
beth“ gegönnt war, Ihre diesjährige Concert-Campagne in so
glänzender Weier zu beschlossen und sie wird auch weiter ihren
Stolz darin setzen, der Dolmetsch der Werke eines Tonsetzurs
zu sein, dessen Namen die Musikgeschichte auf demselben Blatte
verzeichnet, auf welchem die Namen der Tonheroen Oesterreichs
prangen.
Zürich. Concert des Pianisten NAgeli: Ouvertüre zu „Pau-
lus“ von Mendelssohn, Psalm 23 vou Stadler, Allegro von Men-
delssohn, Rondo brillant Op. 109 von Hummel, Variationen von
Reinecke, Sonate in A-moll von Krebs, Fuge in D von Kirnber-
•ger eto.
Venedig. Frau Blume-Santer wird nach Beendigung ihres
hiesigen Engagements wieder nach Deutschland zurückkehreo um
Gastspiele zu geben.
Rotterdam Am 6. d. brachte die Gesellschaft „zur Beför-
derung der Tonkunst“ unter Bargiel’s Leitung Haydn's „Jahres-
zeiten“ zur Aufführung. Die Soli waren in den Händen des
FrAulein Straus s und der Herren Dr. Gunz und Bietzacher.
Brüssel. Concert des Pianisten L. Brassio: Trio in D-dur
von Beethoven, Symphonische Etüden vou Schumann, Sonate
in Cls - moll von Beethoven, Violiu - Sonate von ßaoh und
Clavier-Soli von Brasain, Kiel und Liszt — Rossini’» Messe hst
bei ihrer zweiten Aufführung denselben bedeutenden Erfolg wie
in der ersten gehabt
— ■ Das Couservatorium hat am 18. »ein 4tes Concert gege-
ben. Es kamen in demselben zu Gehör: eine Haydn'sche Sinfo-
nie, Fragmente aus einer Siufonie von Gregoir, 2 Entr’act» aus
der Struensee-Musik von Meyerbeer, Arie ans „Armide“ vou Gluck,
Violin-Roinauze in F-dur von Beethoven und 8. Violinconcert
von Rode.
London. Vieuxterups wird seinen hiesigen Aufenthalt bis
Ende Monat Mai verlängern. Der berühmte Virtuos hat eine 3ac-
tige Oper begonnen, welche ihrer baldigen Beendigung ent-
gegengeht
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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144
Ifevutndsiig Ra. 4
von
B. Schott’s Söhnen in Mainz.
nir.iyr
Divermy, J. B. La Gueillette, 6 Fleurs rnelodiques,
Op. 287. No. 1. Air Italien. No. 2. Norme. No. 3.
Le Berbier de S. No. 4. Andante de Haydn. No. 5.
La Gazza ladra. No. 6. La Somnambule .... ä — 7}
Le Vallon, Fantalaie, Op. 291 ........ — 12|
Romsnce celAbre de Martin, Op. 292 — 15
Kelterer, R. Vieille ChanBon du leune Temps, MAI.
Op. 248 - 15
— — Armonie, Melodie, Op. 844 — 17J
— — La PArichole, Fantaisie de Salon, Op. 250 ... — 17$
Raff, J. Valse-impromptu 4 ia Tyrolienne >-15
Rav Im, H. Bacchanale, Moreeau de geure, Op. 38 . . — 17 j
Streabbog, L. Le DAtilö, Marche militaire — 7$
Lee Moineaux, Polka — 5
Wallemteln, A. Nouv. Danses. No. 170. Polonaise •
sympath., Op. 208 — 7J
No. 171, Lea Virtuoses, Polka, Op. 209 . . . . — 7|
- 172. La Solitude, Varsov, Op. 210 . ... — 7$
Ascher, J. Andante de Sal. aur Lncie d. L Op. 27, 4
4 maluft — 90
— — Souvenir dea Alpes, Chaot d. Montag». Op. 64 . — 17$
Kelterer «Jr Darand. Marche »olenetle pour Piano et
0rgue~M4lod — 25
Merkel, Gaal. 36 kurze und leichte Präludien f. Orgel.
Op. 47 — 12J
— — 25 leichte u. kurze Choralvorspiele f. Orgel. Op. 48 — 12)
Herman, A. Les Sucres du Jeuue Vlolinlste, 20 Mor-
oeaux gradues p. Violon et Piano, 2»*. Serie, Op. 95.
No. 11. La Chasse du Jeune Henri. No. 12. Otello.
No. 13. La Straniera. No. 14. La Gazza Ladra.
No. 15. Oberon 4 — 17^
Leonard, H. Airs Bohemiens et Styriens, Fanlaisie de
Salon pour Violon avee Piano — 25
Wlehti, G. 6 petita Morceaux de Salon p. Violon avec
Piano, Op. 75 No. 1, Doa Carlos, No. 2, L'Africaine 4 — 22)
Felis, F. J. 3 hm- Quintelto p. 2 Violons, 2 Altos und
Violoncello Partitur 1 12}
Stimmen 2 22$
Lax, Frledr. Ave Maria v. Schubert f. gr. Orch., Part. — 15
Stimmen 1 12$
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XXIII. Jahrgang Jk 18.
Vau diM«r Zeitnag «nrhcint wfcl* mlicl»
«4*4 Nu«m«r.
5. Mai 1869.
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lobalt. 1)1« aJlerirtan Aceorde. 0. Tiarach (Sehluaa). — Baalin. Revue. — Correapoadeiuen idi Pari« und Wiea. — Journal- Revue. —
Necfiri rillen. — Ina« rat«.
Oie alterirten Accorde.
Von Otto Tleraeh.
(Schluss.)
Die in unserem ersten Artikel angeführten Dissonanzen
sind eher bei weitem nur der kleinste Theil der als alterirle
Accordo bezeichneten Zusammenhänge. Eh giebl im Ge-
genlheil noch ein zahlloses Heer von solchen, die auf dem
Papiere ungeheuer wild nussehen, dagegen ihrem Klange
nach, sowohl allein als auch in Verbindung mit anderen,
sehr «ahm sind. „So wisst, dass ich der Plump, der Schrei-
ner bin. kein böser Löw\ noch eines Löwen Weib!“ rufen
sie dem Hörer tu. Aber viele Theoretiker glauben ihnen
bei Leibo nicht. — es ginge ihnen ja ein so schönes Feld
zu heroischen Kämpfen gegen Windmühlen fl (Igel verloren,
— und in der Thal sehen sie ja auch oft ein Stück von
des Löwen Fell an diesen Gesellen. Die Kühnsten waff-
nen sich daher mit dem Schwerdte des Geistes, gegen die
Unholde zu kämpfen auf Tod und Leben, denn Furcht kennen
sie nicht, sie sind ja auch keine Kinder mehr! Hier einige Bei-
spiele, die schon manchen Harmoniker ausser Athem brachten :
Mozart, Jupiter-Sinfonie. Gounod, Kaust (Einleitung).
Im ersten Beispiele erscheint der Dismollquartsexlec-
cord, im zweiten der Asmollquartsextaccord, im dritten der
Dominantseptiraeuflccord von Des-dur, im vierten der soge-
nannte Seplimenaccord dor siebenten Stufe in Fis-dur als
aiterirler Accord. Sie sind entstanden, theils weil der
Componist der Kürze der Darstellung wegen und zur Er-
leichterung des Notenlesens für den Spieler diese Notation
der andern vorzog, theils weil eben dieser bequemeren
Schreibweise zu Gefallen die alte Regel gilt, bei Holbtoo-
schritten sich aufwärts der Kreuze, abwärts der B zu be-
dienen, theils auch dadurch, dass angeblich unerlaubte har-
monische Fortschreilungen scheinbar vermieden wer Jen sollten.
Im Bezug auf die dritte Bedingung habe ich mioli be-
müht, festzustellen, welche Forischreitungen von einem Dur-
und einem Molidreiklango aus erlaubt sind (ich werde die
Resultate dieser Untersuchungen in meinem baldigst erschei-
nenden Werke über „Gehörbildung“ veröffentlichen) und die
zur Erklärung dieser Fälle nölhigen Forlschreiiungen kom-
men auch bei den forroglatteslen Componislcn vor, sind also
„erlaubt“. Die Entstehung dieser sogenannten alterirten
Accorde beruht demnach auf reinen Zufälligkeiten und kann
dnher von einer harmonischen Bedeutung derselben nicht die
Rede sein. Man sieht dieses auch leicht ein, wenn man
diese Fälle auf andere Ton9tufen transponirt. Das Bei-
spiel 1 würde Mozart von ge* und von e ausgehend schwer-
lich wie bei a, sondern sicher wie bei b nolirt haben.
Dasselbe kesse sich auch für die anderen Beispiele nnchweisen.
146
< ■ t
b.
Es kann allerdings im uiebrslimmigeo Gesang oder
beim QuertetDpielcn etc. Vorkommen, dass bei vollkommen
reiner Inlonation dor Melodie jeder Einzelstimme Zosam-
menklünge entstehen würden, die ihrem Klange nach nicht
mit denen übereinstimmen, mit welchen sie, auf dem Cla-
vier angeschlagen, identisch sind; aber auf ganz dieselbe
Weise entstehen auch solche ZusamnienklAtige, die trotz
ihrer Notation als einfache consonirende Accordu, von die-
sen verschieden sind. Diese Zusammenklänge erscheinen
aber nicht als neue Accordformen, sondern sie machen den
Eindruck unreiner Consonanzen, deren Uebelklang nur durch
eine gegenseitige Accomodalion der einzelnen Stimmen er-
zielt werden kann und muas*J.
Die weitere Besprechung und Erklärung der sogenann-
ten alterirleo Accorde der letzten Art ist also vollkommen
nutzlos und daher überflüssig. Sollte man indessen das
Bestreben, sie zu classißciren, aus diesem Grunde noch nicht
aufgeben wollen, so dürfte mau sich doch vielleicht diese
nutzlose Mühe ersparen, wenn man einsähe, dass diese Ab-
sicht vollkommen unausführbar ist. Das mag noch zum
Schluss naehge wiesen werden.
Der einfache vierstimmige E-dur-Accord lässt sich auf
72 — 6=66fache Weise als alterirler Accord notiren, wenn
man auch nur einfache Versetzungszeichen anwenden will.
Bei fünf, sechs und mehr Stimmen steigt die Zahl der
Möglichkeiten noch viel höher, und sie würde bei Anwen-
dung doppelter und mehrfacher Kreuze und B nochmals
bedeutend gesteigert werdeo. Dasselbe gilt von jedem an-
deren Accorde, und zwar bei den Septimen- Nonen- etc.
Accordcn io noch bei weitem grösseren Umfange als hei
den Dreiklängen. Dass dieses der Unendlichkeit nahe kommt
wird jeder einsehen, der die Unzahl der möglichen vollstän-
digen, unvollständigen und übervollsländigen Accordformen
kennt.
Der Artikel über die olterirten Accorde wird da-
her hoffentlich in den Theorien bald in Wegfall kommen,
zum Leidwesen vielleicht manches Musik- Archäologen, je-
doch sicher zur Freude der Harmooie-Lehrenden und Ler-
nenden und zum Vorlbeil der Kunst.
Berlin.
Revue.
(KGoigl. Opernhaus.) Io Donizetli's „Favorite" gab Frau
Luc ca am 26. April zum ersten Male die Parthie der Leonore.
Donizetli’s Oper gehört zu den Werken, welche sich niemals
der Beliebtheit beim Publikum zu erlreueo hallen, die jedoch
von Zeit zu Zeit immer wieder auf dem Repertoir erscheine»,
weil bedeutende Sänger und Sängerinnen sich mit besonderer
Liebe der Hauplparlhien aonehmen. Wir finden die Wahl bei
der Tenorperthie begreiflich; Fernando ist eine mindestens in-
teressante Figur, die trotz der Unwahrsctieinhchkeit und des
Zweideutigen in der Situation unsre volle Theilnahme findet.
Der Componist hat die Parlbie, so reich er konnte, ausgestat-
tet und die Romanze des letzten Actes hat Popularität erlangt.
Die wunderbare Leistung Roger’s, voll Kraft und dramati-
schem Schwung im dritten Finale, zu ThrSnen röhrend im
letzten Act, wird Jedem, der sie geseheo, unvergesslich blei-
ben; Fernando war Roger's großartigste Parthie, »in Mei*
•) Siehe des VerL „Syst u. Math.- S. 857 ff
alerstück Auch di« Parthie des Königs wird von Bari ton ist en
mit Vorliebe gewählt — wahrscheinlich wegen der allerdings
dankbaren Cantilene „Sei uuo voll Dank für so viel hebe« \
Liebe". Wenig begreiflich ist uns die loclinalion für die Par-
thie der Leooore; sie tritt ao Interesse weit zurOck, der Cha-
rakter sagt uns Dicht zu — ihm hauptsächlich ist ee zuzu-
schreiben, dass die ganze Handlung dem deutschen Publikum
stets fremdartig blieb. Was nun Frau Lucca, die im Ganten
wenig Neues studirl und mit den Parlhien sehr wählerisch
verfährt, für die Parthie der Leonore stimmte, vermögen wir
nicht tu eniräthseln. Zu dem Abstossenden des Charakters
kommt noch, dass der Componist die Parthie für einen tiefen
Mezzo-Sopran schrieb, dass durchweg Töne der lieferen Mit-
tellage verlangt werden und hohe Töne nur für die besonde-
ren Effecte eintreleu. So schön und sonor bei Frau Lucca
nun auch jene Töne vom liefen C bis zur Sechste A klingen,
ao sind es doch immer Töne des Soprans und werden nur
ausnahmsweise verwendet twir erinnern an das Larghetto D-
dur des Duell mit Marcel io „Hugenotteo") von grosser Wir-
kung sein; sie schwächen sich jedoch bei fortdauerndem Ge-
brauch ab und haben achliesalich nicht die erforderliche Kraft,
wie wir dies im Duett mit dem Bariton wahrnehmen mussten.
Die bekannte Arie des dritten Actea war nach der Höhe trane-
ponirt, das Andante von C nach Es, das Allegro — ohne Wie-
derholung gegeben — von K nach F. Es ist bekannte Sache,
dass Transpositiouen nach höheren Tonlagen sehr selten ohne
Nachlheil lür das Musikstück geschehen, wer hat die Erfah-
rung nicht z. B. bei Schuberts „Wanderer" gemacht? Auch
die Transposition jener Arie brachte die Composition um den
grössten Theil der Wirkuog. Nur im leisten Acte gelangte
Frau Lucca zur Entfaltung ihres dramatischen wie gesangli-
chen Talents, hier gab die Künstlerin denn auch Treffliches,
oft Ergreifendes. Dass es dem Liebling des Publikums nicht
an Beifall und Hervorrufen fehlte, ist selbstverständlich. Herr
Betz sang die oben erwähnte Cantilene so empfunden, dass
dass er stürmisch gerufeu wurde. Herr Woworsky als Fer-
nando gab sich in Gesang und Spiel grosse Mühe, die Psrtbie
übersteigt aber seine Stimmmittel. Wir dürfen das Be/erst
aber nicht schliesscn, ohne mit uneingeschränktem Lobe den
Dirigenten Herrn Eckert zu nennen; es geschah von ihm
wahrhaft Künstlerisches, um der Musik zu möglichster Wir-
kung zu verhelfen. Die übrigen Vorstellungen der Woche
waren am 27. „Taonhöuser " mit Herrn Niemann und
Frau Grün; am 28. „Afrikanerin" mit Frau Lucca, den
Herren Nieniaon und Betz; die beiden Herren traten vor
ihrem Urlaube zum letzten Maie auf.
Im Friedrich - Wilhelmstädtischeo Theater wurde am 28.
zum ersten Male aufgeführt: „Der Regimentszauberer 41 , komi-
sche Operetle in 1 Act nach dem Französischen des Clarrvtlle,
Musik von J. Offenbach und errang einen ausserordentlichen
Erfolg. Das kleine Werk gehört tu denen, die der uner-
schöpfliche Componist für den Badeort Ems lieferte, er wird
io ihm von besonderem Glücke unterstützt. Das Libretto^
ohne besondere Ansprüche zu machen, bt durchweg unterhal-
tend und von natürlicher Komik und giebt dem Talent des
Compnniateo die beste Gelegenheit zu einer Reihe der gefällig-
sten, liebenswürdigsten Nummern. Von ganz besonderer Wir-
kung — und den besten Inspirationen Offenbaeh's berzuzibleo,
ist dss Quintett „Hier riecht'a nach TrOffiln", von unwider-
stehlichem Humor und das Ensemble beim Schlafengehen. Das
Publikum nahm die Operette in günstigster Weise auf, und
zeichnete sämmtliche Nummern durch grossen, die beiden namhaft
gemachten durch stürmischen Beifall aus. Der „Regimentstauberer"
147
wird wie „Urlaub nach Zapfenstreich“ zahlreiche Wiederho-
lungen erleben. Die Auffahrung wer eine ebenso präcise
und fleissige nie wirksame; die Ensembles gingen vortrefflich.
Die Dirnen Renom und Koch, die Herren Adolfi, Ma-
thias, Leszinsky spielten uud saugen mit Laune und Vo-
lubilitfit und erhielten das Publikum in der heitersten Stimmung,
so dass sie oft Pausen machen mussten , um sich durch den
Beifall hindurch verständlich machen zu können. Der „Regi-
men («tauberer “ wird jeder BQbne, welche in ihrem Personal
die erforderlichen Kräfte zur Besetzung findet, eine willkommene
Reperloir-Bereicherung sein.
Die neunte Sinfonie-Soiräe der Königl. Kapelle, die letzte
der diesmaligen Saison, bot ein aus filteren Werken bestehen-
des, interessantes Programm. Die erste Nummer desselben
wart Mozart's Quartett-Fuge, von sfimmilichen Streichinstrumen-
ten in sehr würdiger und exacter Weise ausgeführt. Hieran schloss
sich Mendelssoho’s Musik zum „Sommeroflchtstraum", ah: I) Ou-
vertüre, 2) Scherzo, 3) Allegro appassionala, 4j Notturno, 5)
Hochzeitsmarsch in vorzüglicher Wiedergabe. Don Schluss
bildete Bcethuven's Sinfonie D*dur, ebenfalls in allen Theilen
vortrefflich execulirt. Blicken wir aur das zurück, was in den
neun Soireen dieser Saison geboten wurde, so finden wir drei
Novitäten, welche überhaupt in Beriiu noch nicht aufgefOhrt
waren, und zwar: 1) Sinfonie D-moll von Robert Volkmann,
2) zweite Sinfonie C-dur von J. Raff, 3) zweite Sinfonie D-
ruoll von Onslow. Ferner wurden in den Sinfonien zum er-
sten Male vorgeführt: I) zweite Sinfonie C - dur von Robert
Schumann, 2) Sinfonie C-dur von Haydn, 3) Adagio aus dem
Clerinelleoquiulett von Mozart, 4) Adagio und Fuge C-moll
von Mozart. Ausserdem wurden nächst den älteren Werken
folgende neuere wiederholl: Hiller, Concerl-Ouverture, Taubcrl,
Variationen für Orchester, Gade, Hochlands- und Ossian • Ou-
vertüre, Schubert, zwei Sätze aus der unvollendeten Sinfonie
H-moll, Rietz, Luslspiel-Ouverture, R. Schumann, Ouvertüre
zu „Genoveva 4 *. Was die künstlerischen Leistungen der Ausfüh-
renden betrifft, so behaupteten an jedem der neun Abende der
wackere Dirigent, aowie die K. Kapelle ihren alten bewährten
Ruf, so dass die Theilnahme des Publikums eine unverändert
lebendige blieb. Es wäre aber im Interesse beider Theile
höchst wünschenswert!), wenn die dienstlichen Verhältnisse
sich künftig für die Sinfonie - Soireen etwas günstiger gestal-
ten möchten, so dass dieselben regelmässiger statt ffiodeo,
nicht monatelange Pausen, wie diesmal zwischen dem ersten
und zweiten Cyclus, vorkämen, oder gar wieder zu den Aus-
kunflsmitteln der Matinee gegriffen werden müsste. Hoffen
wir dieseo Wunsch im nächsten Winter erfüllt zu sehen.
Am 27. April fand im Arnim'schen Saale des dritte Concert
des Hollfinderschen Gesang-Vereins statt. Das sehr glücklich
gewählte Programm, sowie die sorgsame, fast in allen Bezie-
hungen treffliche Ausführung koonten nur die verdienteste An-
erkennung zur Folge haben. Franz Schubert und Rob. Schu-
mann waren es, von denen köstliche Gesnngeswerke dar geboten
wurden und zwar von Schubert: ein Chor „Des Tages Weihe".
Einfache, aber durchaus dem Texte entsprechende, echt religiöso
Melodie in Solo und Chor abwechselnd, und auf edler, unge-
suchter Harmonie dahin schwebend, übte in ihrem rein mensch-
lichen Charakter einen wundersamen Reiz aus. Daran reihten
sich, von Herrn Domsfinger Otto trefflich vorgetrageu, drei
Lieder desselben Componisteu: „Nachlslflck", „Der Abendstern"
und „ßlumeubrief", unter denen wir besonders das erste als
vorzüglich gelungen hervorheben. Endlich wurde von demsel-
ben Cornponisten „ Miriam’« Siegsgesang " für Sopransolo und
Chor vorgeführt. Die Composition , theilweiso an Händel erin-
nernd, athmet grossarlige Kraft und ist io einzelnen Stellen,
was den malerisch musikalischen Ausdruck anlangt, s. B. bei
den Worten: „tauchst du auf, Pharao? 44 unübertrefflich. An
dem lief nachhaltigen Eindrücke, den dieses Werk hervorrief,
hat nicht geringen Antheii der Vortrag der Frau Hollinder,
in der Sopransolo-Perlhie. Von dem Geiste der Tondichtung ,
innerlich durchdrungen, gab die geschfiizte Sängerin sowohl
was feine Auffassung als saubere Ausführung anlangt die
reichsten Beweise einer nicht geringen Meisterschaft. Die
Chöre wurden unter der Begleitung des Herrn Holländer sehr
präcis ausgeführl; nur zuweilen hätten wir einen entschiede-
neren, energischeren Ausdruck gewünscht. — Eme voo Herrn
de Graan, an Stelle des angekündigten Spohr'scheo Adagio,
mit Ausdruck gespielte „Romanze 44 von Beethoven trennte die
Gesangspiecen, deren nun noch zwei von R. Schumann folgten:
„Spanisches Liederspiel 4 * von Frau Holländer , Fri. Kath.Bsum,
Herrn Otto und Herrn Putsch vorgelragcn, und der Chor:
„Zigeunerleben". Bei dem ersteren war die Beselzung dieselbe,
als in dem vorletzten Gustav- Adolph-Concert; wir beziehen uns
daher auf das dort Gesagte. Der Chor wurde frisch und le-
bendig gesungen; beide Schuuiann'schen Werke ernteten den
allgemeinsten Beifall.
Die 3te Soiree des Fräulein Alma Holländer fand am
30. April im Conccrtsaale dea Hötel de Rome statt. Die Lei-
stungen der Concertgeberio waren sowohl im grossen B-dur-
Trio von Beethoven, welches aio mit den Herren de Alma
und Dr. Bruns vorlrug, wie auch in den Soloatürken: „Des
Abends 4 * von Schumann, „Der Hirteuknabe 4 * von Franz Kullak
und „Varialions serieuses 41 von Mendelssohn ganz vorzügliche.
Im Trio trat die Clavierparthie etwas zu sehr hervor, was
leicht zu vermeiden gewesen wäre, wenn mau den Flügel nicht
ganz geöffnet hätte. Io dem dankbaren Kuilak’schen Stücke
machte sich dio brillante Technik der Künstlerin in voriheil-
haflaster Weise gelteod. Schumanns herrliche Variationen für
2 Claviere, zu deren Ausführung sich die Concertgeberiu mit
Frfiul. Bäcker vereinigte, errangen durch das treffliche Zu-
sammen piel besonders grossen Beifall. Fräulein Baum unter-
stützte das Concert durch Gesangsvorträge. d. R.
Correspondenseii.
Paris, 1. Mai.
Nachdem sowohl die Concerts populaires, wie auch die Con-
servatoire-Concerte ihre diesjährigen Produotionen geschlossen,
so sei, zur Nachlese dieser Saison, noch einiger hervorragenderer
Virtuoaen-Concerto gedacht. Unter den letzteren ragte das kürz-
lich im Saale Erard slatigehabtc Jahres-Concert des Hornisten
Vivier, wie immer, hervor. Das Publikum rekrutirte sich aus
den höchsten Ständen der Residenz, und der Künstler wusste
dem aristokratischen Geschmacke durch die Wahl seines Pro-
grammes zu genügen. Er brachte möglichst kurze Piöcen zum
Vorträge, eine Eigenschaft, deren sich leider nicht viele Concert-
geber rühmen können. Wie viel langgestreckte Opern-Phanta-
sieen muss nicht — in so vielen Concerten — der Hörer erdul-
den, um Fingerübungen, statt Musik, zu geoiessen. Vivier spielte
eine neue Transcription der Serenade von Schubert, ein Adagio
mit langgehaltenen Tönen, eiu Menuet fantastique und seine
neueste Composition „Rapelle toi" (nach Alfred de Müsset) für Sing-
stimme und Horn. Der Vortrag des Künstlers wirkt weniger durch
seine Virtuosität in rapiden Tonfolgen, als vielmehr — und hier
gerade einzig und unübertroffen io seiner Art — durch die Ton -
nuancen im getragenen Spiele. Der Uebergang von den gestopf-
ten zu den offenen Tönen ist so künstlerisch vermittelt, dass
18 *
L.OOQ
148
kaum die Scheidegrenze zu ermitteln; sein Portaraento ist der
Kunst des Sängers abgelauscht, sein Alhem scheint von unend-
lieber Länge. Man kann die Kunet des Ausdrucks, des freien
Vortrages nicht weiter treiben, und mit einfacheren Mitteln nicht
grossere Wirkungen erzielen. Weiche Gewalt in der plastischen
Schönheit einzelner Melodie-Töne liege, das beweist Vivier, dessen
Horn weniger berufen scheint, die Mauern vou Jericho einzubla-
sen, als vielmehr, wie das Zauberhorn (iberou'a, sich zartere
Herzen zu erobern. In selbem Coucerte spielte Frau Tardieu
de Malle ville das Allegro aus dem C-moll-Concerte von Bee-
thoven, eine Gavotte von Martini und ein Chaconne von Haen-
del ; Frau Cueymard und die Herreu äforäre und Castel-
mary sangen ein Credo für drei Stimmen, componirt vom Priuz
Caradja; der Tenor Lävy sang in obhenanutcr Composition VI-
viera, und eine Arie Ober den 43. Psalm von Hartog; Alles unter
stürmischem Beifall. — ln den Salons des Grand Hötel fand ein
WoblthAtigkeitsfeat unter dem Patronat der Prinzessin Beauvau
statt, das sich nicht allein durch den Glanz der theiinehmenden
Gesell schalt, sondern auch durch die dabei verlelcuen Künstler-
namen auszeichnete. Die Perle dieser Soiree — (der Eintritts-
preis war 20 Francs) bildete die Marquise de Caux (Adeline Pattit,
welche die Schattentanz • Arie aus Meyerbeer’s „Wallfahrt nach
Ploermel“ und „Die letzte Rose“ aus „Martha“ dazu benutzte,
um das Auditorium in ein gelindes Delirium zu versetzen. Dies-
mal herrschte wirklich afrikanische Temperatur, oder vielmehr die
gebiroerweichende Hitze einea — Petersburger Hoftheaters. Wenn
dies auch nur immer den — Armen zu Liebe geschehen würde.
Die übrigen Mitwirkenden Fräulein Battu und die Herreu Tarn-
burini und Capoul sangen zum Glück vorher, um noch ihren
Tticil in den Grenzen verharrenden Beifalles einzuernten. Die
Aufstellung von Sicherheits-Aerzten in Concerten dürfte bald ein
Menachlichkeits • Gebot werden. — Fräulein Nilsson ist nach
London abgereist; dadurch kam vorgestern endlich Frau Mio-
I an- Carval ho in den Wiederbesitz der von ihr im TheAlro
lyrique creirten Rolle: Margarethe in Gouuod’s „Faust“. Der vor-
gestrige Abend in der Optra war für letztere Künstlerin ein Fest
— für Fräulein Nilsson dagegen, welche als Ophelia in Ambroise
Thomas' „Hamlet“ jedenfalls mehr an ihrem Platze ist — wahr-
scheinlich nicht die erfreulichste Botschaft, wenn überhaupt
noch das Rivalenthum zwischen grossen Künstlerinnen exi-
sUren sollte. Doch wir nehmen an, dass diese kleinliche
Gepflogenheit uur noch an dem Hoftheater zu Liliput besteht. —
Der Director des Theätre lyrique Herr Pasdeloup, hat allen
seinen Mitgliedern für Ende Mai gekündet. Vor Thorschluss
wird indess noch Boulanger’s neue Oper „Don Quichotte“ zur
Aufführung gelangen. Die finanziellen Verhältnisse dieses Thea-
ters scheineu noch immer nicht die glänzendsten zu sein, —
und die Ausstaltungskosten des „Rienzi“, wenn nicht eine fremde
Macht dabei intervenirt, scheinen zur Verbesserung derselben,
trotz des Erfolges der Oper, nur wenig beizutragen. Habent mo
/«/a libtU* ! — Alteruireud mit Wagner'» „Rienzi“ | derselbe bat
Rom von der Tyrannei, und die Pariser von ihren Wagner-' Vor-
urteilen bereits zum dreizehnten Male befreien wollen) wird
Mozarts „Don Juan“ aufgeführt Es glebt Leute, welche das
Paradoxon sich zu Schulden kommen lassen, letzteren Liebes-
ritter für „keuscher“ zu halten, als W’agner-Rienzi's Fanfaren-
Musik. Dafür war aber auch Mozart ein viel bescheidenerer
Künstler, — wenn auch trotzdem kein „Lump“, wie Göthe von
bescheidenen Leuten behauptet. Nur traurig dabei, dass der
göttliche Mozart von unsern hypergenialen Neuerem viel zu
lumpeninässig behandelt wird. A. v. Cz.
Wiener Musikreminiscenxen.
IV. Ende April.
t-iMl'n »*«* 4«r htiUgeu EUabrih". — Hwiüii'i M?m« •olmnrUa.—
Kleinere Cofirerte. — Herr Hur»k mit U Clar Irren — Celli«) Pari Klt-der —
HofopemUieater: Krau Friedrich Malern« und Krinletn Helene Uaaarn.
Die Tage des Lisil-Jubels, an welchen man 1842 den
unerrekhten Pianisten bei Ihnen mit nie dageweaonetn Pompe
celebrirle, haben nunmehr auch bei uns ihr SeilenslQck gefun-
den, io dem Liszt-Jubel 18(10 für den genialen Magyaren als
Componislcn, in einem Jubel, wie ihn die Wiener Concert-Anmi-
len bisher noch nicht verzeichnet hatten. Liszt erkämpfte sich
spät — mit 5ft Jahren — den ersten, aber glorreichsten Sieg
bei uns; sein sogenanntes Oratorium (eigentlich aber: roman-
tisches Tongemälde) „Die Legende von der heiligeo Elisabeth“
brachte hier eine Wirkung hervor, eine Feier des bei der Pro-
duction anwesenden Tondichters, wie wir eine ähnliche per-
sönlich nicht erlrbl f — Ihr Blalt brachte bereits über die
erste am 4. April erfolgte Aufführung einen näher eingehenden
enthusiastischen Bericht; ich füge hinzu, dass auf wirklich
stürmisches Verlangen des Publikums eine zweite Aufführung
erfolgen musste (am II. April), die ein wo möglich noch glän-
zender potenzirles Resultat hatte. Ihr Bericht enthält die Skizze
über Text und Musik des Werke»; in der That, ich füge nur
| bei, dass diese „Elisabeth“ meines Dafürhaltens das glänzendste
f Tonwerk der Neuzeit sei, in Erfindung der Meloilioen, der Ori-
ginalität der Harmonie, dem bestrickenden Reis der Instru-
mentation und der streng durchgeführlen Charakteristik sowie der
klaren Uebersichllirhkeit in der Gesnmmtconceplioa. Liszt wurde
in diesem Werke eiu ganz Anderer; wenn auch nicht im leser-
lichen Leben, fand dort der neue Abbe io Rom die ruhige
Kuustanscbnuung; das schäumende Gischt seioer Fantasie wurde
zom Kristell — der Cnropouist Liszt erstand uns in Wien erst
mit dem vierten ApriL — Hinzuselxen aber muss ich Ihnen,
dass zur Aufführung ausserordentliche Kräfte nöthig; nur die
völligste Hingabe der Künstler macht das Erkennen des erha-
benen Werkes möglich; hier war es wieder Herbek, der
mit den Seinen des Ausserordentliche leistete. Die weiblichen
Solisten Fräuleio Ehnn und Fräulein Gindele (Elisabeth und
Sophie) und die Herreo von Bignio und Kraus» rangen um
dem Preis. Chor und Orchester wirkten vollendet — es war
eine PrachtaufführuDg in allen Theileu!
Sie fragen vielleicht, wie sich der merkwürdige Mann jetzt
io seinen reiferen Jahren äusserticli anschickl? er ist noch
immer die ungebeugte, elastische Persönlichkeit von grosser
Lebhaftigkeit; mit dem scharf geschnittenen Profile, dem Löwen-
kopfe und der jetzt grau gewordenen Löwenmähne, die rundum
gerade geschnitten, wio einst in seinen JugemJjahren, bis auf
den Nacken abfällt. Um seinen Mund spielt ooch immer der
freundliche, wohlwollende Zug, den ein bischen sarcastisches
Lächeln noch lebhafter macht, seine Augen bewahren wie sonst
das Licht und die Wärme der grosser) Herzensgüte und der
weltlichen Lebensfroudigkoit. Seine Rede, nicht immer ver-
ständlich wegen des raschen Tempos der Mitlheilung, fliegst
förmlich Ober die Lippen. Mau dachte »ich bei uns, Frenz
Liszt werde den Abbe herauskehren. Trüge er nicht an Stelle
des Halstuches das kleine, mit den weisaen Streifen versehene
Abzeichen katholischer Geistlichen, da» Coltare, kein Mensch
ahnte io ihm den jetzigen Stand. Sein Anzug ist ein weuig
moderner, lang herabrcicheoder schwarztucheuer Leibrock, sind
lange Pantalons und »chwarze Weste, mit schwarzen), breit-
kräinpigem Pflanzerhut. Inmitten der Weste glänzt die per-
manente rolbe Ordensroselle; Liszt hat drei Dutseod Decora-
tionen und sogar Oesterreichs eisernen Kronenorden! — Eigenthüm-
149
lieh bleibt es jedenfalls, dass Uszt am Abend seine« Lebens
thatsAchlich dort anlangte, wohin es ihn seither gedrAng». Wir
tesen in alten Biographieen des Künstlers, dass in ihm, dem
JÖngling, zeitweise mAchtig der Hang zum gei«tlichen Stande
ausbrach, der nur wieder durch die vielen Stürme seiner ro-
mantischen und artistischen Weltfahrten verdrBngt wurde. —
Sein musikalischer Triumph war diesmal, wie gesagt, ein un-
bedingt glorreicher, durch nichts verkümmerter, ein — die Wahr-
heit kurz zu sagen — hier in Wien noch nicht Vorgekommener!
— Dass übrigens die hohe Gesellschaft such den Chevalier
Liszt auf den HAnden trug, erklärt sich bei der persönlichen
Liebenswürdigkeit des Mannes von selbst. Im Augenblick
weilt Liszt in Pest, und wohnt mehreren seiner Symphonie- Auf-
führungen bei. Dann zieht er wieder nach Bom, mH der letz-
ten Feile für sein neuestes Werk im Sinne. Er hat ein grosses
Opus in der Mappe; dass er jetzt, nach der „Elisabeth* 4 , vorsich-
tig damit hervorrücken will, glaube ich ihm gerne. —
Ich knüpfe an die Rückfahrt Liszt's in die heilige Sladt
die Millbeilung, das den Meister ein Scnlare begleitet, der heut'
oder morgen als Liszt der Zweite seinen Weltgang machen
dürfte. Liszt traf in eioem jungen Dresdener, dem Sohn eines
dortigen K. Kammermusikers, in dem vierzehnjährigen Georg
Leitert ein solchea Cla viertele nt, dass er sich des Jünglings
sogleich annahtn und ihn weiter sorgfältig»! unterweist. Hier
in Wien spielte Leiterl vor den Augen seines grossmOlhigen
Meisters zweimal im Saloo Streicher mit einem tiefgehenden
Erfolge. Sein« poesievolle Auffassung, die fabelhafte Technik,
das merkwürdige Gedächtnis* erregten bei den Kunstfreunden
laute Bewunderung. Und weis« Goltl wir genossen heuer
der Clsvieriinge die erstickende Hülle und Fülle! Leiterl spielte
zweiclnvierich auch mit FrAulein Sophie M enter und hielt
sie im Schach! Damit bitte ich mich zu Genüge ausgesprochen.
Die wanderlustige Mentrr ging mittlerweile wieder nach Holland;
ein kühnes Mfidchen, das ao ganz allein ihre W'ege durch alle
Welt nimmt I
Sie werden mir zugestehen, dass wir in Wien in musika-
lischen Dingen tüchtig vorausgehen. So hat uns denn die
Wiener Singacadrmie auch bereits mH der Rossim'schen
„Messe eolennelle“, wenn auch nor theilweise, bekannt gemacht.
Dass hier von einem strengen Kirchenstyl keine Rede, weis«
jeder Fachmann; aber es fehlt auch die melodische Farbenpracht,
wie wir sie im „Stnbat inater*' schauen; die Geschichte der
lucrirftveii Verauctionirung der Messe durch MeUter Strskoach
und seine Gesellen ist Ihneo noch bekannter, wie uns; was noch
specrell die Bemühung der Wiener Singakademie betrifR, die
aus den 14 Nummern der Messe auszugsweise sechs Nummern
brachte (mit Clavier- und Harmooiumbegleitung), so melde ich
Ihuen, dass der Erfolg der Production ein bescheidener War,
und dass wenn Herr Slrakosch an den Ufern der schönen,
blauen Donau mit dieser Messe landen sollte, er an unsern
Ufern stranden dürfte. Ich lobe mir dagegen di« Ausgabe der
Messe, die unser gemeinschaftlicher, unversiegtirh liebenswür-
diger Freund Herr Brandus in Paris veranlasst«, und bin über-
zeugt, dass ihm seine Opfer eingebracht werden! —
Klagte irh Ihnen bereits im letzten Monatsberichte Ober
die Unmasse der bedrohlichen musikalischen Freuden, die uns
bisher zugeschanzl worden: im April war es noch Ärgert Es
wird geradetu unmöglich, alle die Namen und Coocerle zu
catslogisrrcn, die »ich ab und zu vordringten und ich darf
nur wirklhh Berechtigten oder Curiositlleo Raum zur Be-
sprechung lassen, sonst zwinge ich Sie zur Erweiterung Ihrer
Zeitung durch eine Separatbletibeilage. In den ersten April
schickte uns der wackere nunmehr geweeene Redakteur Zell-
ner mit seinem ersten historischen Concert, schon aus Vor-
jahren glänzender Erinnerung. Zellner wurde seither Geoeral-
secrelir im Conservatorium bei uns; möge er die Macht, zu
lösen und zu binden, bestens gebrauchen: Zellner führte dies-
mal formverwandte Tonwerke früherer Jahrhunderte aus Frank-
reich, Italien und Deutschland vor, in Chor, Instrumentalem,
Lied und Orgel und bol eine sehr interessante Vogelperspec-
tive. Zellner benützte das zweite seiner für seine Person sonst
sehr lucraliven Concerto dazu, deo Opfern der mH dem
SchifT« Radetzky Untergegangenen eia SchArfleia beizutrageu.
Bravo! Es war eine reiche Gebe!
Helene Magnus, Julius Stockhausen und Johannes
Brahms concert iren ab und zu. Alle Drei sind unseren Le-
sern zur Genüge bekannt. Storkhausen's Liedervortrag wird
immer noch erfreulich bleiben, selbst wenn die Stimme volleods
verloren geht. Uebrigens i«t es damit ooch nicht so arg; die
Mittellage hat noch immerhin ganz erkleckliche beent x rrstea
aufzu weisen; in höhere Regionen darf sich S. freilich nicht
mehr versteigen, da gebricht es denn gar zu auffällig; aber
seine Aussprache und dns Eindringen in den Geist des Gedich-
tes ! da merkt oian denn gleich, dass nicht lediglich ein trock-
net Musikus, sondern dass ein Mann von allgemeiner Bildung
überhaupt vor uns steht. „Herr Rrahtn's hat seine guten und
seine schlimmen Tage auf dem Piano, er überträgt seine per-
sönlichen Stimmungen auf die Tasten, und so kommt es, das«
er manchmal ganz energisch ein^reif! und hinwieder ganz zer-
flossen vorgehl. Sehr vom Uebel ist bei dem Herrn der oft
ganz ungehörige Gebrauch, besser Missbrauch der DAmpfung,
wodurch die TonbiKter iu einander verschwimmen. Im letzten
mH Stockhausen gemeinschaftlich gegebenen Goncerte trat die-
ser Uebelsland besonders hervor. Herrn Brahm's Vortrag litt
am Mangel vou Klarheit und Energie.*' — Ich cilire diese
Stelle sus der Aufzeichnung meines Stellvertreters, da mich
persönlich Unwohlsein behinderte, dem Concerte beisu wohnen.
Die Violinistin Charlotte Deckner, eine recht talentvolle
TohkGnstlerin, fährt auch in dieser Siedhilze zu concerliren
fort. Ferner ein FrAulein Eugenie Kl ekler, Schülerin des
Herrn Julius Epstein, der auch heuer sein übliches Jahres-
concert gab, aber allzu conaeqiienl an etwas allzu geübten
Formen hAngt und wenig die Tendenzen und Forderungen
der Neuzeit fördert. — Da ist weiter FrAulein Caroline Pr uck-
ner, eine Schwärmerin für Gesang und sonst recht ehren-
wrrlhe musikalische Dame, da ist FrAulein Marie SoffA, wie-
der eine Pianistin, ebenfalls aus Epslein's Provenienz
hilf Himmel, es nAhme kein Ende, wollte man das ABC regietri-
reo!! Da hatte denn neulich ein specuialiver Kopf, ein Böhme,
Namens Horak, die praktische Idee, seine K. K. coocessio-
nirte Klavierschule in aller Welt Mund zu bringen, indem er
im grossen Rrdoutensaafä ein WohlthAtigkeilsconcert ankün-
digle, in welchem unter Andern der Schubrrl'sche Marsch (G-moll)
von fünzig Schülern, auf fünfundzwanzig Klavieren, also gleich-
zeitig humJerthAndig autgelührt werden sollte. Solches geschah
auch wirklich am 18. April und sehr zufriedenstellend. Horak's
Schule, für den Mittelstand berechnet, gewann damit neue
Zugkraft — doch sei auch anbei bemerkt, dass Horsk ein ge-
wissenhafter Lehrer ist und dass Niemand bei ihm Gefahr
laufen wird, Zeit und Geld erfolglos tu vertieren. Diese Kla-
vier-Monstre-Concerle waren in den dreisaiger Jahren bei uos
in Urbung, doch hat es Carl Czerny, unzeres Erionems, nie
über sechszehn Klaviere gebracht.
Nunmehr empfangen Sie Kunde Ober einen originellen
Kautz, Herrn Gelbsten Feri Kielt er, einen Ungar. Sein
Nnme ist ziemlich bekannt io Deutschland, noch mehr draussen
150
io fremden Welllheilen, wo er, eio Seilenslück su Miska Hau-
ser, concerlirle. Herr Kletxer gab nun eio Concert mit fnbulös
erhöhten Preisen und seine Verbindungen brachten den kleinen
Redoulensaal voU. — Kletxer hat einen unleugbar schönen Tun,
aber keine bravouröse Technik und kein Tactgefülil. Herbek
dirigirte im Concert das Orchester, und, musste nach
dem Mittelsais den Tactirstab niederlegen; es war unmöglich,
den Cellistco in Ordnuog su halten, der ein langgestrecktes,
fadenscheiniges Lindner'sches Concert abspielte. — Sie ersehen,
unter Herbek, ein unerhörter Scandal. Oer beste Mann seiner
Art muss au solchem Mittel greifen! — Was thut nun Herr
Kletxer? er giebt ein zweites Concert im Musikvereinssnale mit
Clavierbegleitung und fügt dem Programm eine „Separat-Bei-
lage“ im Druck hinzu, die abfälligen Receosioneo über sein
erstes Concert enthaltend! Es gnb einen merkwürdigen Specla*
kel; eine gemischte Gesellschaft, wie inan sie liier nie geschaul,
belebte die Galerieeo — die Billeteure mussten die Leute an
die ihnen wildfremden Plätze führen. Herr Klelztr ver-
stand es, sich seine Pappenheimer zu gruppiren, die denn auch
Ifirmten, was sie konnten ; Herr Kletxer ging strahlend mil Ap-
plaus hervor. — Die Journalistik hatte formell die Parlhie ver-
loren . . . Höchst indiscret war es, dass Herr Kletxer fürstli-
che Namen in seine „Beilage“ einbezog, um auf ihre Autoritit
hin darzuthun, dass er ein grosser Cellist sei. Sn halte er
auch zu veranstalten gewusst, dass der musikfrcundlicha
König von Hannover sich auf ein Viertelstündchen irn Cercle
des Saales einfaodl — Kein Blatt erniedrigte sich, euf Herrn
Kletzer's sonderbare Demonstration zu repliciren. Man lacht all-
gemein über den Mann! — Noch etwas bei uns „Niedagewese-
nes !“ Ein Unicom in unserer Concert geschichte bildet das Con-
cort vom 28. April, das im kleinen Redoutensaale — gar nicht
statlfand. Grosse Anschlagezettel kündigten ein Ereigniss an ;
ein Herr Heinrich Paulos („Holdentenor“ nannte er sich im
Programm) und Herr Karl Bayer („seriöser Bass“) wollten
sich bei uns vernehmen lassen zu wohlthätigen Zwecken („Ue-
berzahlungen werden an der Kasso besonders abquitirtt“). Acht
und zwanzig Musiker — mit grünen Graliskarten — halten sich
cingefunden — sonst Niemand mehr — man wartet dreivierlei
Stunden, eodlich erscheint ein schwarz befrackter Herr und
kündigte nun zerknirscht an, dass wegen Mangel an Theil-
nahme das Concert nicht statlftnden könne. — Solches ist ge-
schehen bei uns in Wien und es ist nur verwunderlich, wie
der Redouten-Saal, sonst nicht leicht zu erlangen, zu diesem tra-
gikomischen Experiment um die Mittagsstunde hergegeben wer-
den konnte?! — — Und somit genug von den Einzelheiten
aus den Concerten und eilen wir einen Augenblick in die „Hof-
oper“! OfTenbach ist zwar schon hier, aber seine Operette
„Tulipatan“ im Carlthealer erst io Vorbereitung.
Eine neue dramatische Singerin, zwar hier vom Carlthea-
ter aus bekannt, trat im Hofopernthrtler in neuer Sphäre auf.
Sie ging von Jaques OlTenbach zu Meyerbeer und Beethoven
Ober. Mit entschiedenem Glück. Es ist Frau Amalie Frie-
drich-Malerna; sie besitzt ein prächtiges Organ, Energie,
eine gute musikalische Fundninentnlbildung und natürlichen
Geschmack. Ich glaube, dass sie Irotz ihrer 28 Jahre Car«
riäre machen und eine Singergrösse werden wird. Sie sang
die Selica, die Amalie in „Baltnacht“ und — Leono re
in „Fidelio“. Die drei ersten Gastrollen auf einer grossen
OpernbOhne! Sie erstaunen Ober das Wagniss? Es gelang!
Frau Melerna hat ihren rechten Weg gefunden und ich sig-
nnlisire Ihnen eine mlchtige, gesund«*, üppige Stimme, die jetzt
der letzten Schulung eulgegeogehl. Wie wir hören, ist die
Dame, eine mächtige Gestalt, mit südlichen Gluthaugen, bereits
in den Verband der Holoper aufgenoramen. — Die zweite
neue Erscheinung für uns bildete das Fräulein Helene Hau-
sen, vom Mannheimer Hoftheater, die als Selica, Fides und
Azucena gastirte. Dieselbe ist eine im Allgemeinen recht
schltzbsre Sängerin, deren Mittel freilich für eine Bühne ersten
Ranges nicht zureichen. — Bestimmten Vernehmen nach wird
das schöne Opernhaus am IS. Mai eröffnet werden. Es ist
bis zur Stunde nicht entschieden mil welcher Oper. Dia Jour-
nalistik ruft: „Zauberflöte“ und diesem Rufe schlossen auch
wir uns an. Wir legen Nachdruck auf die vaterliodische deut-
sche Oper! — Habe die Ehret Carillon.
Nachschrift. Am Sonntag den 2- d. fand die erste Probe un neuen
Opera hause statt, zu welch er our„gelndenrPersoneu“ Einlass fanden.
Doch war das grqase Gebäude Oberfüllt von allen Schichten
der Gesellschaft, Kaiserlichen und Königlichen Häuptern, Gross-
Würdenträgern, Finanzgrössen, geistigen Capacitäten und einem
Blumenflor der schönen Welt — bis zum wackern, schlichten
WerkmAoo. — Es ging Ein RuT der Ueberraschung durch die
Meuge, so geblendet war man von dem grossen imponiranden
Raum, von der Höhe der Galerien, der Pracht und Herrlichkeit
in der Ausschmückung, mit der nicht gespart wurde, um das
Auge zu blenden. Auch die Beleuchtung erzielte ausserordent-
lichen Effect; eine wahre Tageshelle erfüllte die Räume; be-
sonders die Pinfondbeleuchtung durch eine Menge Sooncnbren-
ncr brachte eine überraschende Wirkung hervor. Die Hausfsrben
sind weiss in Gold. Aul die sonstigen Zierrathen, Fresken, Me-
daillons u. s. w. einzugehen, erlaubt jetzt Raum und Zeit
nicht. Die Hauptfrage blieb natürlich die, wie es sich mit der
Akustik im Hause verhalte, wie die Musik klänge. Man hatte
zu diesem Zwecke Meyerbeer's Nordstero-Ouverlure gewählt,
die in allen Stadien in und auf der Bühne zu solcher Probe
sehr geeignet ist. Ferner wurde der dritte Act von ,, Merlha“
aufgeführt, schliesslich ein Ballelfragment. Es stellte sich
nunmehr heraus — die FachcommissioD studirts die Wirkun-
gen an verschiedenen Plätzen — dass die Stimmet) von der
Bühoe herab vortrefflich klingen, nicht so das Orchester, das
su tief liegt und um kein Kleines wird erhöht werden müssen.
Wir hoffeo und wünschen, dass dem Uebelslarvde damit abge-
holfen werde und dass der Grund nicht tiefer oder verborgen
liege. Auf der Bübne erwiesen sich besonders wirksam die
Soprane und Tenöre. Der Gegenstand über die Akustik im
Hause lässt sich nicht so leichthin besprechen und wird gewiss
noch Anlass zu mannigfaltiger Wahrnehmung uud Studien ge-
ben. — Von verschiedenen kleinen Unebenheiten, dass die Einla.
dungskarieu auf 7 Uhr lauleien und der erste Bogenstrich im Or-
chester um halb 8 Uhr erfolgte, dass die Gäste io beinahe
Balltoilette erschienen waren und die Beschäftigten auf der
Bühne nicht im Costüm, sondern in den üblichen Hausklei-
dern, was sich bis auf das männliche Balletpersonal erstreckte
u. s. w.; von dergleichen wollen wir nur beiher Notiz nehmen;
fehlte doch zum Schluss auch der Humor nicht; denn auch
dieser neue Kunsttempel hat bereits seine obligate Theater-
katze, die sich denn schon heule sogar in’a Ballet mischte uud
possiriieh dem Herrn v. Dingelstedt zur Verfügung stellte. —
Ueber die eigentliche Eröffnung des Hauses gehen noch immer
verschiedene Versionen. Gestern galt als bestimmt, dass sie
erst nach den Pflrigstfeiertagen erfolgen werde, vielleicht am
23. H. M. „Don Juan“ ist die Eröffnungsoper, die io wech-
selnder Besetzung am ersten und zweiten Abend in Scene gehl.
Heute Beck und die Teil heim, morgen Bignio und die
Ehnn (Zerliue). Frau Will und Frau Molerna mit Wal-
ter sind bleibend. Weshalb Schmidt den Leporello — eio«
Marterarbeit für den gediegenen ernsten Mann — uod der rüh-
rigere, jüngere Rokitansky den Gouverneur erhielt, wissen
wir nicht. — So stehen die Sachen im Augenblick; wer weiss,
wie morgen ! 4 C.
151
Journal-Revue.
Die Allgem. Musik • Ztg schllesat den Artikel Ober „Arnold
Schlick jun“, sowie die Rieschbieter'sche Abhandlung „Zur
Theorie der Musik* 4 . — Die Neue Zeitschrift für Musik enthfllt
eine Besprechung vom zweiten Jahrgang des „Allgemeinen Deut-
schen Musikvereins-Almanacbs 44 . — Die Signale bringen einen
Aufsatz Ober „Albert Methfessel“. — SOdd. Musikzeitung: Be-
sprechung von Rochlitz’ Schriften „fOr Freunde der Tonkunst,
8le Auflage 44 und Weltengere Lehrbuch der Geigen- und Bogen-
uiarherkunst. — Die französischen Musikzeitungen enthalten nur
Locales.
Nachrichten.
Berlin. Das Coucert zum Besten der nothleidenden Juden
io Russland fand am 25. April in der neuen Synagoge unter Leitung
des Herrn Professor Stern und Mitwirkung der Deinen Jach-
mann, Röske - Lund und der Herren Niemann, Betz,
Fr icke, Scbwantzer und de Swert statt und bot ein reichea
Programm in vorzüglicher Ausführung.
— Fräulein Sessi ist, nachdem sie die atipulirte Conven*
tionalslrafa von 2000 Tbalern erlegt bat, von der Königl. Gene-
ral-Intendanz aus ihren hiesigen contractlichen Verpflichtungen
entlassen worden.
— Am 1. fand hei Gelegenheit der 50jAhrigen Jubiläumsfeier
des verdienten Chordirectors Elsner, welcher zuerst am Kö-
nigstldtiachen Theater thällg, seit 1830 der Königl. Oper ange-
hört, ein Diner im llölel du Nord statt, an welchem sich der
Herr General - Intendant, die Regisseure, Herr Kapellmeister Ra-
decke und die hervorragendsten Sänger und Sängerinnen bethei-
ligt halten. Die Feier verlief in heiterer und zwangloser Welse
und wurde durch Gesänge des Theaterchors verschönt
Breslau, Durch den Tod des Organisten Freudenberg
ist die Ober-Organietenstelle an der hiesigen Kiisabethkirche va-
cant geworden. Dieselbe ist mit einem jährlichen Einkommen
von 500 Tbalern verbunden. — in der zum Besten des Orchester-
Pensionsfonds im hiesigen Theater atattfindenden Vorstellung kam
Gade s „Erlkönigs Tochter 44 zur Aufführung.
Erfurt. Das letzte Concert des hiesigen Musikvereins fand
am 17. April statt und beschloss die Saison in würdiger Weise.
Wir hatten in demselben Gelegenheit, Herrn Hof- Kapellmeister
Bott aus Hannover zu höreo, welcher sieb als ein Achter Geiger
deutscher Schule, fern allem inhaltlosen Nebenwerke so mancher
fremden Meister, erwies.
Hamburg. Herr Otto Goldaohmidt wird Anfang Mai sein
Oratorium „Ruth 41 aufrühren; die Solisten siod Frau Lind-Gold-
schmidt, Frau Joachim, die Herren Wolters und Keller.
Lelpslg. Dem Dichter Herrn Müller v. d. Werra sind aus
dem Nachlasse eines berühmten Tonsctzcra, der ein intimer
Freund Mozart's, Beethoven'a und Schuberts war, höchst werth-
volle Autographen zum Verkaufe anvertraut worden. Dieselben
bilden voilstAndige, von den Autoren (Compon leiten) eigenhändig
geschriebene Werke, und zwar von Mozart ein kleines Streich-
quartett, von Beethoven einige Planoforte-Pifccen und von Franz
Schubert mehrere seiner schönsten Lieder, z. B. „Die Forelle 44 ,
und zwar, wes diese PiAcen um ao werthvoller macht, mit Ab-
weichungen von den bekannten Ausgaben und mit Randbemer-
kungen, sowie Widmung Auch ein noch ungedrucktes (nicht
edirtesi Lied uach Worteu der heiligen Schrift von Franz Schu-
bert findet sich unter diesem kostbaren musikalischen Schatz.
Verehrer genannter Tonmeister, weiche eines oder das audere
Autograph erwerben wollen, mögen sich an Herrn Müller wen-
den. — Der „Allgemeine Deutsche Musikverein 44 wird seinen Mu-
sikerlag am 11. und 12. Juli diesea Jahres hier abhalteu. Der-
selbe soll ausser einigen geschäftlichen Verbandlaugen und Mit-
theilungen, rnuaik - pädagogischen Vorträgen und Diskussionen,
eine Kammermusikaufführung und ein Orgelconcert umfassen,
ausserdem wird am Vorabend, also am 10. Juli, eine Aufführung
des Riedel'schen Vereins atatlflndeo, zu welcher die Mitglieder
des Allgemeinen Deutschen Musikvereins freien Zutritt haben.
— Die 3te Hauplprüfung am Conscrvatorium der Musik er-
gab ein weniger günstiges Resultat als die beiden früheren. Den
meisten Erfolg trug wieder die Klasse der Violinspieler davon.
Neunensweithe Vorträge waren Violinconcert in E • dur 2.
und 3. Satz von David (Herr Kornfeld), Violiuconcert 1. Satz
von Mendelssohn tHerr Jacobson) und Andante uud Scherzo
von David (Herr Troll). "
• "- München- Concert des Violinisten B. Walter: Erster Satz
aus dem Concertant für 2 Violinen Op. 48 von Spohr, Piraten-
Fantasie von Ernst, Lieder von Schubert etc. — lsle Quartett-
SoirAe des Königl. Concertmeisters J. Walter: Violinsonate von
Rust, Quartette in D-moll 4 Op. 76) von Haydn und A-moll Op. 29
vou Schubert. 2te Quartett-Soiree: Quartett in Es-dur No. 31 von
Haydn, Quintett in C-moll Op. 121 von LAchner und Quartett ln
B-dur (Op. 18 No. 6) von Beethoven. — 5te Kammermusik- Soir Ae
der König). Musikschule: Trio Op. 9 D-dur von W Üllner, Suite
für Violouccll mit ClAvier G * dur uud Sonate mit Violine No. 5
F-moll von Bach, Varialiona sArieuses uud Capriccio Op. 5 Fis-
moll von Mendelssohn, Trio Op. 70 No. 1 D-dur von Beethoven.
Ausführendo waren die Herren v. Bülow, Abel, Werner und
Schoitz.
Salzburg. In dem am 20. d. stattgehabten Mozarteums-Con-
certo kam eine Symphonie concertante (Triple-Conecrt in einem
Satze) für Violine, Viola und Cello mitOrcheslerbegleitung von Mozart
zum ersten Male zu Gehör, auf welches sich als eine Relique das
Hauptinteresse des Abends concentrirte. Herr Musikdirector 0. Bach
hatte nämlich die handschriftliche Skizze Mozart's dieses Triple-
Concertes aus den Fesseln eines unverdienten Archivschlafes ge-
löst und getreu im Style des grossen Tonmeisters ausgeführt,
instrumentirt und mit einer grossen Sstimmigen Cadenz versehen,
ln dieser Gestalt dürfte das Concertstück, das aich besonder»
durch Grazie und Anmuth der duftigen Motive auszeichnet, bald
seiuen Weg in alle deutschen Concert-Programme finden.
Strasburg. 6tes Conscrvatoriums - Concert: Sinfonie No. 1
t B-dur) von Schumann, Ouvertüre „DimJtri Donskoi“ von Rubin-
stein, Reitermarach von Schubert etc.
Weimar. 4. Coucert der llofkapclie: Suite von Grimm,
Larghetto für Oboe von Mozart, C-dur-Siufouie von Schubert etc.
Amsterdam. Die Gellschaft „Cäcilie“ gab am 15. April ein
Extra-Concert. Das Programm enthielt die Ouvertüre zu „Ana-
crcon 44 von Cherubini, die 7te Sinfonie (A - dur) von Beethoven
und die Musik zum „Somuicruachtstraum 44 von Mendelssohn. —
Das letzte Concert der „Felix meritis 44 hatte eine besondere An-
ziehungskraft durch das Auftreten de s Fräulein M en ter. Die
sehr begabte Pianistin spielte zwei Liszt ache Werke (Concert in ^
Es-dur und Paraphrase über den „Sommernacbtstraum 4 *) ganz ^
vollendet und errang sich einen stürmischen Beifall. — Die Ge-
sellschaft „zur Beförderung der Tonkunst 44 hat am 24. April unter
Vcrhulst'a Leitung die „Jahreszeiten 44 von Uaydn in tadelloser
Weise zur Aufführung gebracht Solisten waren Frau Ruders-
dorff und die Herren Schild und Bietzacher.
LOtlkh. Rossini s Messe ist hier zweimal unter lebhaftem
Beifalle zur Aufführung gelangt
— Litolff hat hier zwei Concerte gegeben, von denen das
erste sehr schwach besucht war. Das zweite Concerte erzielte
in Folge billigerer Preise einen günstigeren Kasaenerfolg.
jogle
xj V»
152
«raven haften. Concerte der Diligentia: Siofoaie in Es-dur
von Bruch, Eroica von Beethoven, H-moll-Sinfonie von Schubert
und Ouvertüren zu „Leonore“ von Beethoven und „Oberon 14 und
„Euryaothe“ von Weber.
Rotterdam. Die letzten Vorstellungen der deutschen Oper
brachten Mozart’s „Figaro 44 , „Don Juan" und „Zauberflßle“ sowie
Flotow's „Martha 44 .
London. Herr Kapellmeister Reineoke bat sich
hier wiederholt hören lassen und sowohl als Pianist wie
auch als Componlst reiche Ehren davongetragen. — Das
erste Concert der Neuen Philharmonischen Gesellschaft hat
nun stattgefunden. Das Programm war aus nachstehenden
Werken zusammengesetzt: Ouvertüre zu „Faniaca“ von Cherubini,
Eroica von Beethoven, Marsch von Mendelssohn, Clarinetten-
ConeertvonMolique, A-moll-Concert von Hummel i Mad.Godd a rdj
und Arie aus „Lucia 44 und ungarische Lieder (Prl. v. Murska).
Dirigent der Concerte ist Dr. Wylde. — Am 24. April hatte
Manns im Cristallpalasto sein Üeneßz-Coacert. Es kamen u. A.
zu Gehör Schuberts H-moll-Sinfonie, die neue Ballet-Einlage von
Gounod's „Kaust“, Ballet aus der „Hochzeit des Gamacho“ von
Meudelssohn und die Ouvertüren zu „Leonore 44 von Beethoven
und „Manfred“ von Schumann. — Am 1. d. nehmen die Cristall-
Palast - Concerte wieder ihren Anfang. Es wird bei dieser Gele-
genheit eiue grossartige Gedächtnisfeier Rosaini's stattftnden.
Das Orchester soll nicht weniger als 8000 Milwirkende zählen;
die Leitung hat Costa übernommen. Zur Aufführung gelangen
nur KossinPsehe Compositionen und zwar das Slabat, das Gebet
aus „Moses", Chor aus der „Belagerung“ und die Ouvertüren zu
„Semiramia“, „Gazzn Ladra" und „Teil 44 . Die Dircction dieser
Concerte stellt für die Monate Juni und Juli 8 grosse Händel*
Aufführungen in Aussicht. — Der Pianist Herr Wienia wski aus
Warschau ist angekommen und annoncirt ebenfalls für den 7. d.
ein Concert unter Mitwirkung der Sängerin Fräulein Götze und
der Herren Palt i uud Vieuxtemps. — Fräulein Nilsson wird
sich zum ersten Male am 4. d. in „Lucia" hören lassen. Adclina
Patti tritt am G. d. in der „Somuambula 44 auf. — Vieuxtemps
hat in Manchester seine ueue brillante Fantasie über Gounod's
„Faust 44 mit eoormcu Sucres gespielt
— Schon kurz nach der Verschmelzung der beiden italieni-
schen Opern verlautete, dass die Impressarios derselben sich nicht
einmal der ersten Saison ohne Concurreuz erfreuen sollten und
jetzt ist die neue Gesellschaft mit ihrem Projecte zu Tage getre-
ten. Die Saison der „Neuen italienischen Oper 41 wird am 3. Mai
iin Lyceum-Theater beginnen und allabendlich bis Anfang Augus t
fortgeführt werden. Die Concurrenz droht eine für die Herren
Mapleson und Gye gefährliche zu werden, da das Personal der
Oper zum grossen Theil aus tüchtigen und bei dem hiesigen
Publikum beliebten Kräften besteht: wir ncuuou die Damen Ricci,
Rose, Heraee, Fervanti, Volpini, Kraus, Demeric-Lab-
lache uud Trebelli-Rettini und die Herren Bettini, Gar-
doni uud Gassier. Der als Componist und Pianist bekannte
Signor Mattei wird die Dircction des Orchesters übernehmen,
welches zum grossen Theil aus dem ehemaligen Orchestcrperso-
nal von Her Majesty's Theater besteht. Zwei andere Punkte des
Programms wird das Publikum gewiss mit Freuden begrüssen,
dass uämlich die Preise für alle Plätze auch Leuten von beschei-
deneren Mitteln, als die bisherigen Opern besucher, das Anhören
einer guten Oper ermöglichen und dass die strenge Etiquette iu
Bezug aur Frack und weisse Halsbinde au 2 Wochentagen eiuer
milderen Diseiplin Platz machen soll.
Petersburg. Herr Professor Promberger bat ein histori-
sches Concert gegeben, dessen Programm ComposHtooen für Ge-
sang, Violine und Clavier aus der Zeit von 1100 bis auf S. Bach
und Händel umfasste. Dm Unternehmen war vom glücklichsten
Erfolge begleitet.
Warschau. Der talentvolle Pianist und Componist Za-
rzycki hat hier ein Concert gegeben, in welchem er im Vortrage
von Reinecke's Fis-meU-Concert und Compoaitioaeu von Schu-
mann, Liszt, Bach und Chopin wiederum Proban seiner Kunst-
(erschall ablegte.
Baltimore. Der hiesige Liederkraaz gab am 29. März seine
dritte musikalische Soiree. Zur Aufführung kamen „Am Meeres-
atrand“ von Otto und Mendelssohn'» „Walpurgisnacht".
Unter Verantwortlichkeit von E. Book.
DMtjantgca Herren Musiklehrer, welche meine Claviernnter-
rtchtsbrlere bei ihren Schülern als Leitfaden eingefübrt haben,
(gleichviel ob dieselben von mir direct oder durch die Musik -
haudlungeu bezöget! wurden), werden für den Fall sie etwa im
Laufe dieses Sommers eine Reise nach dem Rheine unternehmen
sollten, hiermit freundlichstvon mir eingeladen, mich hier inWiesbaden
(Eckhaus der Rhein- und Sc h wa Ibach ersfrasse) zu besuchen, indem
es mir stets zum Vergnügen gereichen wird, denselben ihren hie-
sigen Aufenthalt angenehm zu mache«.
Wiesbaden. Aloyg llenuett.
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altes und sehr gut erhaltenes Instrument von kräftigem und ed-
lem Ton, ist in Stettin für 40 Friedrichsd’or zu verkaufen. Dazu
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— Joornal-Rtme. — Nacli/ifhten. — Inaarala.
t C. E. H. Atbarti.
R e c e n « i o n.
Riet», Franz. Up. 5. Quartett (Dinoll) Tür Streichinstru-
mente. Bielefeld, H. Sulzer.
Uie Quartett- Literatur der neueren Zeit hat unstreitig
eine nicht geringe Anzahl sehr bedeutender Werke aufzu-
weisen: trotzdem begegnen wir auf den Concertprograinmen
nur selten einem neuen Quartett, wahrend Cla vier- Trios.
Quartetten und Quintetten (voü denselben Coinpouistenl viel
leichter den Weg in unsere Concertsäle finden. Woran liegt
das? Zuverlässig daran, dass unsere neueren Coinponisten
alle die Behandlung des Klaviers ganz vortrefflich verstehen,
die der Streichinstrumente aber zu wenig, um im reinen
Quartettstyl immer practicahel . oder wie es der Musikant
nennt: ..dankbar*' ffir’s Instrument zu bleiben. — Vorlie-
gendes Quartett ist nicht von einem Clavierspieler, sondern
von einem Violinisten verfasst und besitzt alle damit ver-
bundenen practischen Vorzüge im reichsten Maasse. Doch
sind es nicht diese Vorzüge, oder wenigstens nur zum ge-
ringen Theil, denen wir den Eindruck der ungetrübtesten
Freude verdanken, den wir beim Hören und Spielen des
Werkes empfangen, vielmehr zeigt sich der Autor nun über
diesen Standpunkt hinaus als Componist von wirklichem
inneren Beruf. Seine F-rßndung ist immer poetisch reiz-
voll, wenn auch nicht durch frappante Neuheit captivirend,
und lässt es durch deu durchweg edlen Gefühlsinhalt, den
er seinen Sätzen zu geben weiss, niemals zu einer gewöhn-
licheren Wendung oder zu einer trockenen Phrase kommen,
sondern bleibt immer der treue Dolmetscher einer musika-
lisch fein empfindenden Seele. Frappant erscheint uns aber
an dem Coinponisten eines Op. 5 die wirklich ungewöhn-
liche Fertigkeit in der Behandlung des Formellen — Der
erste Satz: Allegro poco agitato beginnt in trüber, etwas
grüblerischer und nervös erregter Stimmung:
Aus trübem Sinnen und Suchen steigert sich die Stim-
mung bis zu schmerzvollster Heftigkeit, da tritt wie sehn-
süchtig fragend das zweite Motiv auf:
und nachdem die grübelnde Figur der zweiten Geige llstes
Glied des Hauptmotivs) auch von den andern Instrumenten
übernommen und weitergefülirt worden ist, glauben wir eine
tröstende Antwort auf die sehnsüchtig gestellte Frage zu
vernehmen:
Viol. I.
Viol. II.
Viola.
Cello.
19
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154
und in dem trostvoll heiteren F-dur schiiesst nun Auch der
erste Satzthcil. Nun folgt eine sehr interessante Durchfiih-
rungsparthie, in der sich der (Komponist als äusserst ge-
wandter Gontrapunktiat zeigt. Dieser Thcil bildet bis zur
Wiederkehr des Hauptmotivs eine glanzvolle Steigerung von
der ..dankbarsten“ Wirkung für feurige Spieler. Nach der
Wiederkehr des Anfanges wird nach D-dur Ghergeleitet und
hier tritt nun das zweite Thema nebst seiner freudigen
Beantwortung in dem llmiptton nur. in welchem der Satz
auch nun in freudig verklärtem Dur schlicsst.
Der zweite Satz: Scherzo molto vivace im Sechsvier*
tel-Tact hat uns ebenfalls sehr gefallen. Charakteristisch in
den Motiven, höchst fein in der Arbeit, bietet er den Spie-
lern eine sehr lohnende und interessante Aufgabe.
Der dritte Satz ist ein schönes, tiefempfundenes Ada-
gio, in grosser Form mit glücklichster Gestaltungsgabe
durchgcführl. Erst nach einigen zwanzig Tacten coasolidirt
sich die musikalische Empfindung zu einem fcstgegliederten
Thema, welches seines höchst innigen Ausdruckes wegen
hier ebenfalls angeführt sein mag:
Gegen den Schluss dos Salzes tritt es mit besonders guter
Wirkung, von der Bratsche gespielt, auf, während die erste
Violine in einem reizenden Contrapunkl darüber fnntasirt.
Wir sind überzeugt, dass dieses Adagio überall, wo es ent-
sprechend ausgeführt wird, eine liefere Wirkung auf die
Hörerschaft ausüben wird.
Der letzte Salz bietet ein Allegro molto appassionala.
Hier der Anfang:
Dies Motiv ist gewiss besonders glücklich erfunden, denn
neben dem Vorzug einer höchst charakteristischen Physio-
gnomie hat es noch den Vorzug, dass seine interessanten
rhythmischen Glieder sich besonders zur thematischen Durch-
arbeitung sehr eignen. In der Durchführungsparthie des
zweiten Theiles giebt uns nun der Componist auch ein con-
trapunktisch nicht ungepfeffertes Fugato, dessen grösster
Werth uns aber darin zu liegen scheint, dass es sich nicht
nur interessant liest, sondern sich noch interessanter an-
hört. Der fest gegliederte und dabei sehr Messende Perio-
denkau giebt dem Salze einen, wir möchten sagen, stürmen-
den Schwung, den wir sonst so oft an letzteu Sätzen ver-
missen. — Und somit sei denn dieses Quartett ollen Streich-
instruinentisten auf das Wärmste empfohlen. A. Bitter.
Berlin.
li r c u ff.
( Konigl. Opernhaus.) Ain 3. nnhm auch Frau Lucca
als Zerhnc in „l)nn Juan“ Abschied fOr diese Saison. Die
beliebte Künstlerin halte keinen glücklichen Abend; sie war
sn mdisponirl, dass das volle Haus durch Plakate um Nach-
sicht ersucht werden musste. Frau Lucca halte während der
verflossenen Saison oft mit Heiserkeiten zu kämpfen; wie wir
hören, tritt sie, auf ärztliche Atteste gestützt, ihr Engagement
in London gar nicht an, sondern begiebt sich zur Kur und
Erholung nach verschiedenen Badeorten. In „Don Juan“ sang
Herr Lederer den Octavio ganz befriedigend. Zwei Baritoni-
sten gastirten im Laufe der Woche; Herr No llel vom Schwe-
riner Hoflhenter als Graf Luna io „Troubadour“, Herr Reich-
mann vom Theater zu Olmütz als Valentin in „Margarethe“.
Beide Sänger haben frische und klangvolle Stimmen, jedoch
für die grossen Baume des Opernhauses nicht ausreichend;
auch der Vortrag zeigte sich bei beiden Herren nicht genügend
gebildet. Im „Troubadour“ debulirh- Herr Ferenczy als
Manrico- Wir haben vor wenigen Wochen bei Gelegenheit
des Gastspiels des Herrn Ferenczy eingehender Ober seine
Stimme und Gesangsmanier gesprochen; wir begreifen voll-
kommen, dass die Intendanz Herrn Ferenczy engagirte, da
er vor der Hand immerhin noch Stiinm-Mittel genug besitzt, um
grössere Parthieen durchführen zu können. Eine detaillirta
Besprechung vertragen seine Leistungen nicht; das wurde uns
wieder klar, als wir den Sänger am 9. in den beiden ersten
Acten der „Hugenotten“ hörten; während im ersten Acte die
Roinanzo ganz gut gelang, trat im Duett des zweiten Actes,
ganz besonders aber in dem MAnnerquartett des Kiuale die
vollständige, musikalische Unsicherheit des Sängers unerbittlich
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155
hervor, so dass von Takt und Intonation wenig mehr zu spüren
war. Als Königin gaslirte Fräulein Mareck, die frühere Opo-
reltenslngerin des Wiener Caritheatere, welche vor einigen
Jahren mit Frau Grobeeker im Fried.- WdhelmstAdt. Theater
in den Operetten der Herren Offenbach, Suppe, Zayts
sehr beifällig aufgetrelen war. Fräulein Mareck ist jedenfalls
sehr fleissig gewesen, ihre Colnratur zeigte sich eorrect, ge*
schmackvoll und hat die nölhige Verve. Leider ist aus den
wahrscheinlich zu sehr beschleunigten Studien dia Stimme
nicht unbeschädigt hervorgegangen , die Töne vom F an auf*
wärt* sind scharf und spitz, ein Umstand, welcher durch das
in Italien und Frankreich übliche Tremuliren noch mehr hervor*
tritt; dieselben Töne klingen im Piano, ohne Anspannung der
Stimme, weich und angenehm. FrAulein Mareck fand für
die volubil gesungenen und routinirl gespielten Scenen des
zweiten Actes lebhnften Beifall.
Im Friedrich- Wilhelms! Adtischen Theater erwarb sich, wie
wir voraussaglc-n, Olfenbach*» reizende Operette „Der Regi-
nicntszauberor“ iu mehreren Wiederholungen zahlreiche Freunde.
— Iu des Compnnish'ii „Schöne Heleun“ debulirte FrAulein
von Rigöno vom Stadllheater iu Magdeburg tnil bestem Er-
folge. FrAulein von Higono besitzt neben ihrer Jugend und
einer schönen Persönlichkeit eine wohlklingende Stimme und
musikalisch gebildeten Vortrag. Die Darstellung zeigte sich
sehr decent und doch überall wirksam. Fernere Porlhieen wer-
den darlhun müssen, ob FrAulein von Higeno noch nach der
humoristischen Seite gleich begabt erscheint. Die Debütantin
fand eine sehr günstige Aufnahme. Herr Schulz, vom Wnll-
ner-Thealer, welcher am 3. bereits als Kister witz in dem Lie*
derspiel „Kunst geliebt zu werden*' und als Jupiter in Offeu-
bnch's „Orpheus" beifällig debuhrt hatte, gab als Calchas eine
drastische Charge und (rat auch in den lCnsembles durch seine
klangvolle Stimme vorlheilhafl hervor.
Am 8. Mai Innd im Concerlhiiuse zum Uisteii der Kinder-
gärten im Thiergarten* Bezirk ein Concert unter Leitung des Hro.
Prof. Stern statt, in welchem Herr und Frau Joachim
neben der Symphonie-Kapelle allem wirkten. Das ganze Pro-
gramm bestand aus Heethoven’schen Cuinposilionen. War
schon der Name Herrn Joachim** genügend, um dem Unter-
nehmen den bedeutendsten Erfolg zu sichern, so musste der
Umstand, dass Frau Joachim zum ersten Male in Berlin öffent-
lieh sang, den Autheil des Publikums nui's Höchste erregen,
und noch nie hat um solche vorgerückte Jahreszeit ein Concert
einen derartigen Zuspruch erlangt; der grosse Saal fasste kaum
die Zahl der Zuhörer. Frau Joachim sang „Wonne der Weh*
mutli" und „Mignon", dann zwei schottische Lieder. Ihre herr-
liche Stimme, der durch und durch innige, von allen Aeusser*
lichkeiteri freie Vor trag, welcher so reiht den sch wermüthigon Cha-
rakter jener herrlichen Lieder wiedergab, liessen diese Gesangs-
leistungen auf einer Stufe erscheinen, auf welcher sie, einen
eignen Platz einnehmend, keinen Vergleich zulassen; sie sind
etwas für sich und durch sich; es wird wohl jetzt keine Sin*
gerin im Coucertsnal diese Lieder mit dieser Wirkung — und
zwar mit der reinst künstlerischen — vnrlragen, und solchen En-
thusiasmus eines grossen gemischten Publikums Hervorrufe».
(Jeher die Leistungen Joachims — der die beiden Romainen
in F und G und das Violinconcert vortrug — weitläufig Bericht zu
erstatten, dünkt uns vollkommen überflüssig — die musikalische
Welt weiss, was sie an ihm hat. Die Kapelle spielte unter
Sieru's meisterhafter Führung die Egmont* Ouvertüre und die
achte Symphonie mit ausgezeichneter Sicherheit und FArbung.
Der Frau v. Ma ren hol t z- B 0 lo w gebührt ganz besonders
das Verdienst des Zustandekommens dieses Concerts, indem
sie die von allen Seiten auf's dankbarste anerkannte Mit-
wirkung von Herrn und Frau Joachim, sowie des Herrn Musik-
direclors Professor Stern vermittelte. Den zur Begleitung der
Gesangspitaen benutzten Flügel halle Herr Hof-Pianoforte-Fabri-
kant Bech stein mit anerkennenswerther Bereitwilligkeit zur
Verfügung gestellt. d. R.
Correspoiidenzon.
Dresden, im Mai.
Da ich die monatliche ßerichlorstallung erst Mille der ver-
flossenen Saison für Ihre geschätzte Zeitung Übernommen habe,
so erlauben Sie mir wohl noch nachtrAglich zweier grösserer
Werke zu gedenken, die zu Anfang des Winters hier zur Auf-
führung gelangten. Es waren diene; „Gideon**, Oratorium
nach dem „Buche der Richter“ der heiligen Schrift von Ludwig
Mcinardus uud dio Oper „Der Haideschncht“ von Franz von
Holstein. Dass din schwankenden religiösen Verhältnisse un-
serer Zeit auf dos Schaffen im Gebiete der Kirchenmusik nicht
ohne Einfluss geblieben sind uod bleiben konnten, Ist eine
ganz natürliche Erscheinung. Das Unhaltbare veralteter An-
schauungen für unsere Zeit, der Streit der schroffsten Gegen-
sätze, das Dogma uud die Wissenschaft not ihren erbitterten
Kämpfen, haben im Volke selbst dio feste Basis religiöser
Ueberzeugung erschüttert, wenngleich sich auch eine gewisse
Sehnsucht nach einer neuen festen Grundlage nicht verkennen
lässt. Die herrlichen Kirchenrnusikwerke unserer älteren Mei-
ster wurzeln in den festen über jeden Zweifel erhabenen Glau-
ben, sie haben den bestimmt ausgeprägten Charakter ihrer
Zeit; die Rirchcnwcrke unserer modernen Komponisten spiegeln
die unsere wieder. Unsere Zeit hat keinen ihr eigenlhümlidien
Kirchcumusikslyl, «Ins moderne Orat«>rium fusst (heil» m den
Erzeugnissen vergangener Jahrhunderte, theils in der heutigen
weltlichen Musik. Eine solche Vermischung der Stylarten
macht in der Thal einen höchst unerquicklichen Eindruck, doch
muss es anerkannt werden, dass sich in unserer Zeit eben
noch Cornponisteo Anden, die, trotzdem sie auf ein wärmeres
Entgegenkommen von Seiten des Volks kaum rechnen können,
diesen Zweig der Kunst hegen und pflegen. Dos nun Ausge-
sprochene wird Ihnen meine Ansicht über das Meinardussche
Werk so ziemlich enthüllt haben. Der Komponist ist am glück-
lichsten, sobald er sich au Allere .Meister anlehnt und hier hat
er einige Nummern geschaffen, denen eine gewisse Stimmung
und Charakter nicht abzusprcchen sind, wie z. B. die Chöre
des Volks: „Herr, der du tilgst die Missethat“ oder „Gross
sind des Allmächtigen Wunder“. Die thematische Arbeit ist
zumeist klar und durchsichtig und der Aufbau nicht ohne Stei-
gerung. Chören, wie z. B. der, welcher den zweiten Theil eröff-
net: „Heil dir Gideon**, fehlt es aber an überzeugender Kraft
und vor allen Dingen Würde. DieMittpl, welche derComponisl hier
zur Verwendung bringt, um eino Wirkung zu erreichen (wieder über-
mässige Gebrauch der Becken), machen geradezu einen ver-
letzenden Eindruck. Dem Schlusschor des Werks wäre ein
breiterer und gewaltigerer Aufbau sehr zu statten gekommen.
Die Nummern der Solisten sind dem Componisten im Allge-
meinen mehr gelungen uud will ich hier das Duett der midia-
nilischvn Schildwächter: „Die dunkle Nacht, die Feindin Baals"
besonders hervorheben. Die Instrumentation ist im Durch-
schnitt zu bombastisch, mehr für den Styl der Oper als den
des Oratoriums geeignet. Die Aufführung liess damals recht
viel zu wünschen übrig, indessen ist davon viel auf Rechnung
der localen Verhältnisse zu schreiben. — Die Oper von Hol-
stein ist hier zwei Mal gegeben worden und scheint damit ad
Ift*
Die
156
acta gelegt worden zu sein. Jedenfalls hätte des Werk ein
günstigeres Schicksal verdient, denn wenn es Auch nicht dar*
nach Angethan ist, dem Verfasser zu einer Berühmtheit zu ver-
helfen, so ist es doch besser als man gewöhnlich mit dem Aus-
druck „recht w Acker“ zu bezeichnen pflegt. Der Stoff der
Dichtung ist von dem Componislen einer allen schwedischen
bergoiannssage entlehnt und mit einigen hinzugofügten, theil-
weise freilich auch schon sehr verbrauchten Motiven, von dem-
selben vermengt worden, lu» Durchschnitt ist die Dichtung
in ziemlich starken Farben abgetragen, doch ist sie nicht ohue
Geschick gearbeitet und hat recht glückliche Momente mifzu-
weisen. Vieles ist zu breil Angelegt, vieles überflüssig, wie
z. B. das Stückchen FarmlienpAdagogik im letzten Act, wo der
Vater seinen ungehorsamen Sohn prügeln will. W'ie die Dich-
tung, die sich bei allen Mängeln dennoch über das Niveau
des Gewöhnlichen erhebt, so bekundet auch der musikalische
Theil der Oper eine entschiedene Begabung des Dichlercom-
ponislen. Was ich hauptsächlich vermisste, ist jener grosse
Zug, der für die Operncomponisteu eine nolhwendige Bedingung
ist ; die kleinen Formen, in die sich der Componist so oft ver-
liert, verfehlen von der Bühne aus ihre Wirkung, wenngleich
sic an sich als ganz gute Musikstücke gelten dürfen. Aus
diesem Uebelstande entspringt nun eine gewisse Monotonie,
die gefährlichste Klippe für Bühtienwerke. Stellen, wo der
Componist freier aus sich hernusgeht, wo er mit grösseren
Strichen zeichnet, besitzen eine entschiedene Zündkraft und
liefern den Beweis für das Können desselben genugsam. Ucbcr-
haupt verrätli die Oper fast durchweg ein tieferes Studium des
dramatischen Gesanges, Kenutniss der Bühne und ein ziemlich
reifes Vertrautsein mit den Geheimnissen der Orchestration,
nur ßudet letztere ihre Verwendung oft in zu massiger Weise
und erdrückt so zu sagen manche zartere Nummer. Aeusser-
liche Effecte hat auch dieser Componist nicht verschmäht, wie
z. B. der Kirchengängerchor mit Glockenbegleitung, der-
gleichen Absichten wirken sehr verstimmend. Das Werk des
Herrn von Holstein fand seiner Zeit eine sehr günstige Auf-
nahme und dem anwesenden (Komponisten wurde auch alle
wohlverdiente Auszeichnung zu Theil. Mit der Ausführung
seines Werkes wird derselbe gewisslich zufrieden gewesen
sein, sie war in jeder Hinsicht anerkennenswerlh. Auswärtigen
bühnen sei diese Oper angelegentlichst empfohlen. — Unsere
Oper wird neuerdings von vielen Gastspielen frequentirt. Herr
Dr. Gunz und Fräulein Mnreck haben sich mit wenig Erfolg
wieder zurückgezogen. Herr Mittorwurzcr ist endlich
genesen und betrat als Teil wieder die Bühne. Hoffentlich
bekommen wir nun auch die Fortsetzung der unterbrochenen
Meistersingeraufführungen. A. F.
Paris, 8. Mai.
Das den Franzosen cigciilhüinliclic Genre, die Opera houffb,
fand wieder in zwei Novitäten eine entsprechend glückliche Il-
lustration. Die eine derselben „La Cour du roi Petaud' 4 , in drei
Acten, Text von Jaime und Gille, Musik von Leo Delibes, ward
aufgeffihrt im Variätös - Theater. Wenn man von den l’nwahr-
scbeinlichkeitcii und den Längen der Handlung Absicht, so darr
der Musik von Delibes die Anerkennung gezollt werden, dass
sie, wenn auch nicht durch scharf ausgeprägten Charakter, so
doch durch Eleganz und Frische, und sorgfältigere Instrumenta*
tion sich auszeichnel. Die zahlreichen Chöre der Oper zeugen
ebenfalls von besserem musikalischen Streben. Von den Solo-
Nummern, welche den grössten Erfolg erzielten, heben wir die
CAntitene Leo's hinter der Statue des Liebesgottes Amor hervor
und fand diese Verkleidungs-Rolle in Fräulein Zulma-Bouffar
eine charmante Repräsentantin. — - Die zweite Novität, ausgeführt
im Thöätre des Folie* dramaliques, Ist betitelt „Le petit Faust 44 ,
Text von Cremienx und Jaime junior, Musik von Hervö, ebenfalls
in drei Acten. In dieser neuen Faust- Parodie ist Faust ciu alter
Schulmeister, in dessen Gasse sich Knaben und Mädchen ge-
meinschaftlich befinden. Valentin, der Kriegsknecht, vertraut, vor
seinem Auszug nach dem Kriege, seine Schwester Margarethe
diesem Schulunterrichte an. Das zur Kokette umgewandelte
Gretrben hat nun nichts eiligeres zu thun, als der ganzeu Schule
die Köpfe zu verdrehen und dann davon zu laufen. Schulmei-
ster Faust, durch die Gnade des Mephisto mittlerweile jung ge-
worden, läuft seiner Schülerin nach, lindct diese in der Closerie
„Vergissmeinnicht“, tödtel das brüderliche Hinderniss, den Valentin,
und entführt Margarethe in einem gemeinen Fiacrc. vber das
Gespenst Valentin’« folgt dem Verbrecherpaarc bis in’s hochzeit-
liche Schlafgemach, und führt sie von da direct in die Hölle.
Diese im Dialoge amüsante Parodie, wurde von Herve mit einer
Musik ausgestattet, die weder unpassende Gelehrsamkeit, noch
allzu grosse Gemeinplätze zum Besten giebt. Er ist hiermit of-
fenbar auf besserem W ege, als manche seiner Collegeu, und als
er selbst, z. B. in Chilperic und in l’Oeil crevi vordem gewesen.
Die zumeist glücklich erfundenen Motive und Melodieen zeugeu
in ihrer Anwendung von musikalischen Kenntnissen. Eine glück-
liche Anwendung conlrapunktischer Studien findet sich in der
Parodie der Kirmess - Chöre, welche zur Wiederholung verlangt
wurde. Auch Goethe s Lied vom „grossen Floh" findet sich hier
mit Humor in Musik gesetzt, ebenso wirkte Mephisto ’s Lied vou
den „vier Jahreszeiten“. Die Darstellenden: die Fräuleins Van-
Ghcll (Mephisto), Blanche d’Antigny (Margarethe und die Her-
ren Hervä (Faust) und Milhcr (Valeutin) standen aur der Höhe
ihrer parodistischen Aufgaben. — Das von Fräulein Nilsson
vor ihrer Ahreise nach London iui Jialle Herz veranstaltete Wohl*
thätigkcils - Concert, bei welchem der Künstlerin die seltensten
Ovationen dargebrachl wurden, trug de» schwedischen Nothlei-
deiideu eine Hecettc von 10,000 Frcs. eiu. — Adeline Patti sang
zu ihrem Absrhieds-Benetiz Bruchstücke aus Semirnmide, Tra-
viata und Lucia, und in einer darauf folgenden ausserordentli-
chen Repräsentation, mit Palermi, das Duo aus Gouuod's „Ro-
meo und Julia 44 in italienischer Sprache. Die Künstlerin, deren
nächstes Reiseziel London ist, wurde von Bagier für die nächste
Pariser Saison auf zwei und einen halben Monat wiedergewonnen;
die Petersburger haben jedoch den Vorzug, sic werden sich an
der Marquise vier Monate lang cchauftlmt können. — Mit dem
italienischen Tragöden Hossi kam gestern vor nicht 'sehr be-
suchtem Hause im ThcAtre italien Michael Beer’s „Struensoc 44
zur Aufführung. Hossi war meisterhaft, dagegen misshandelte
das Orchester Meycrbeer's Musik. Im neuen grossen Saale
des deutschen Central - Casinos landen zwei Concert • Matineen
statt, welche der hier sehr geschätzte Violinist A. Czekä veran-
staltete, als eine Art Versuch, nach dem Vorbild der Orchester-
Concerto im Cirque Napoleon, auch die übrige bessert* Concert-
Musik zu popularisiren und durch niedriger gestellte Eintrittspreise
zugänglicher zu machen. Die Verbindung mit den hier wirken-
den Choral-Gesellschaften erwies sich als eine sehr glückliche, lu
deu Solo-Vorträgen traten hervor die junge dramatische Sänge-
rin Fräulein Lieder (aus Wien), der man eine glänzende Zu-
kunft prognosticiren darr, die feurig-beseelten Violln - Vorträge
Czeke’s, das elegante und feine ClAvierspiel der jungen Polin,
Frmi Anna v. Michuiewicz, welche eine reizende Mazourka
von Scherek und die stylvolle Sonata appassionata von Haenel
von Cronenthal produeirtc. — In einer Soiree der Baronin B.
hörten wir einen jungen deutschen Pianisten und Componisteu,
Herrn Beck, der durch Kraft des Ausdrucks, sich von dem
oogle
57
meist correcten, aber ziemlich saftlosen Clavlerspiel französischer
Künstler vorteilhaft unterschied. — Ein audercr Deutscher,
geschAtzt als Pianist, und seit vielen Jahren wegen seiner frucht-
bringenden ThAtigkeit als Professor in Paris, Hr. W. Krüger, gab
mit seinen Eleven im Saale Erard seine dritte diessjAhrige En-
semble-Musik-Production, mit einem vorwiegend aus classischen
Meistern gewählten Programm. Das Hesultat war ein glAnzendes,
und können wir das Vorgehen Krüger 's, seine Pianist en-Eleven
in dem classischen Ensemblespiel zu bilden, nicht genug aner-
kennen, um so mehr, als gerade diese so wichtige Seite des
Clavier- Unterrichts in Paris im Allgemeinen arg vernachlAssigt
wird. A. v. Cz
Berichtigung.
Durch eiligen Satz haben sich in unserem letzten Wiener
Bericht folgende Errata elngeschlicben. Es muss heissen: „Liszt
erklmpfte steh spät — mit 58 Jahren“ — anstatt „mit 56 Jah-
ren“. Kerner ist in der Nachschrift zu lesen: „die erste Probe
im neuen Opernhause fand am Samstag den 1. d. statt“,
F e a i i I t t ii a.
Ritter Sigismund Neukomm.
Von
€. E. H. Alberti.
Wenn wir e* unternehmen, das Andonkoo an einen Mann
aufzufrischen, der, fast vergessen, eben so oigcnlhOmlich als
Mensch wie bedeutend als schöpferischer Komponist war, so
holen wir damit nur eine VersAumniss nach, welches »ich zur
Zeit seines Todes vor zehn Jahren die meisten deutschen mu-
sikalischen Zeitungen darum zu Schulden kommen liesseu, weil
er es zu ernst mit seiner Kunst meinte, um der Mode des Ta-
ges zu huldigen und seine vielfachen Reisen mit roncertgebcn
auszubeuten. Fern von seinem deutschen Vaterlande gestor-
ben, nahm man in demselben von ihm und seinem Tode kaum
Notiz, und doch verdienen wenige mehr als er, dass ihr An-
denken von denjenigen Musikfreunden wenigstens bewahrt werde,
welche sich der PielAt gegen diejenigen Tonselcer nicht zu
enlachlagen vermögen, welche, unbeirrt von den Erfolgen der
romantischen und der Zukunftsmusik, oder gar des ausarlenden
Virtuosentum», io den Fusstapfrn eines Haydn und Mozart
unwandelbar bis an ihr Ende sich bewegten.
Zu diesen gehört Sigismund Neitkorom. Kr erblickte das
Licht der Welt nach Einigen am 10. Juli, nach Anderen, ins-
besondere nach Felis, der mit ihm viele Jahre hindurch in Pa-
ris sehr befreundet war, am 10. April 1778 zu Salzburg, dem
Orte, an welchem Michael Haydn bis an seinen Tod wirkte
und wo ein Mozart seine früheste Kindheit verlebt und von
seinem Kurfürstlichen Herrn so manche l'nbill noch zu einer
Zeit erfahren hatte, als sein Hui bereits die musikalisciie Welt
erfüllte. Von seinem Vater, dem ersten Professor an der Nor-
tnalachule seiner Vaterstadt, einem Manne von allgemeiner,
aber auch umfassender Bildung, erhielt er eine treffliche Er-
ziehung, insbesondere auch was seine sittliche Charakter-
bildung betraf; in der Musik dagegen und zwar in der Lehre
von der Composition, war und blieb, so langt er in Salzburg
weilte, Michael Haydn sein Lehrer, nachdem er vorher vom
sechsten Jahre an von Weissauer unterrichtet und von diesem
früh« zur Vertrautheit out fast allen Saiten- und Blasinstru-
menten geführt worden war. So konnte es geschehen, dass
er in einem Aller von fünfzehn Jahren bereits Univerailitsorga-
nist in Salzburg wurde, und dass Michael Haydo, der sieh
nach den dem Knaben einwohnenden Gaben und den gewalti-
gen Fortschritten, welche er unter ihm machte, mit Recht
nicht wenig von ihm versprach, ihn öfters seine Stelle als er-
ster Hoforgani&t vertreten Hess. Schon damals zeigte sich bei
ihm ein entschiedener Drang zum eigenen Schäften nicht bloss
auf dem Gebiete der geistlichen, sondern auch der weltlichen,
ja selbst der dramatischen Musik, die sich, durch Mozart von
den beengenden Fesseln der italienischen opera seria losge-
macht, nun zu freierem Fluge im deutschen Geiste tu erheben
begann. Diese seine bekannt gewordenen ersten dramatischen Com-
posilioneo waren der Grund, dass er im achtzehnten Jahre als Cor-
rcpetilor der Oper beim Hoftheater io Salzburg angestcllt, da-
durch aber nunmehr erst zu dem Entschlüsse geführt wurde,
sich ganz der Musik zu widmen. Jemehr er aber bei seinem
ernsten Sinne sich der grossen Anforderungen bewusst wurde,
welche die Kunsl an ihn stellte, sobald er sie zu seinem Le-
benäberufc wShlte, uin so weniger konnte er in jener Stelle
lange bleiben. Ueber Salzburg hinaus reichte ja sein Blick
noch nicht und doch galt Wien durch das, was der leider nur
zu früh dahingegangene Liebling der Tonkunst, Mozart, ge*
schäften, durch den rastlos wirkenden Vater Haydn, und das
neu aufgehende Gestirn, Beelhoven, für die .Metropole der Mu-
sik. Dahin zog es ihn unwiderstehlich. Der einsichtsvolle
Vater bot gern die Mittel um seinem Sohne den Weg zu einer
höhern Ausbildung zu bahnen und so sehen wir unsern Neu-
komm, zwanzig Jahre all, seine feste Anstellung aufgeben und
aul's Ungewisse nach Wien pilgern um dort zu den Füssen
des von ihm hochverehrten Joseph Haydn noch einmal als
Schüler sich zu setzen. Es bedurfte kaum des Empfehlungs-
schreiben des Bruders uni ihm den Zugang zu dem vielbe-
schAftigten Meister tu bahnen, der nur noch höchst selten
Schüler zum Unterricht annahni. Durch seine Leistungen war
der bescheidene Jüngling am besten empfohlen; wie sehr er
aber dessen würdig war, nicht bloss als Künstler, sondern
auch als Mensch, da» bewies das innige Verhältnis», welches
zwischen Lehrer und Schüler »ich sehr bald bildete und ohne
irgend welche Störung sechs Jahre hindurch forldauerte, wah-
rend welcher Zeit ihn Haydn wie seinen Sohn behandelte.
Mochte jenem doch sein Herz sagen, dass er an diesem sich
einen wahrhaft geistesverwandten Sohn heranzöge. Mit froher
Zuversicht, wenn auch nicht ohne Schmerz konnte daher Haydn
im Jahre 1804 »eitlen Schüler entlassen, als dieser einem Rufe
nach Petersburg als Kapellmeister und Director der deutschen
Oper folgte. Eine Laufbahn voll Anerkennung eröffnet e sich
ihm hier, freilich aber nur für kurze Zeit; denn der unver-
mutete Tod seines geliebten Vaters warf dm in schwerer Krank-
heit so darnieder, dass er, der wohl fühlte, er könne seinen
Pflicht en nicht so genügen, wie er es nach seiner Gewissen-
haftigkeit von sich selber forderte, sich genötigt sah diese
einträgliche Stellung nufzugt-ben und »ich nur musikalischen
Arbeiten hinzugeben. So viele Anerkennung erwarben diese
aber dem in*s Privatleben Zurückgekehrtcn, dass er 1807 zum Mit-
gliede der Akademie der Musik zu Stockholm lind 1808 zum Mdgliede
der philharmonischen Gesellschaft in Petersburg gewühlt wurde.
Und doch hatte er bis dahin noch keines seiner Werke durch
den Druck veröffentlicht; seine Bescheidenheit liess dies nicht
zu; erst seinem hochverehrten Meister Haydn gelang es im
Jahre 1808, diese zu überwinden. Um diese Zeit war es, das»
Neukomm, der, trotzdem dass er von dem Schauplätze de»
unmittelbaren Wirkens für die Oper als Kapellmeister und Di*
rector zurückgetreten war, doch unausgesetzt eine besondere
Vorliebe für dieselbe in »ich bewahrt hatte, sich entschloss,
nach Paris zu gehen, um dort die dramatische Musik eingehen*
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158
der zu sludiren. Die Bekanntschaft mit einer Prinzess de Vau-
deruout bahnte ihm den Weg zu dem Forsten Talleyrmid.
Uussek, der damals gefeierte Pianist, Kapellmeister des Für-
sten, war bedenklich erkrankt und nach seinem bald erfolgten
Tode rückte Neiikoinin in dessen Stelle ein, freilich in der selt-
samsten Weise. Nicht an dem gediegenen CnmponisUu oder
an dem in geistreichen, hinrcissen'len Ptiaulasiecn sich ergehen-
den Clavierspieler halle der Fürst (iefallen gefunden. Dieser
liebte die Musik so gar nicht, dass sein Mahre de chapelle bei
ihm ein reiner Luxusartikel war. Stets in diplomatische Com-
biriaüoneu verlieft, verlangte er nie eine Note von ihm zu hö-
ren. Der Mensch war es, der den Fürsten nach d«*r mit ihm
gemachten Bekanntschaft sehr bald anzog. Indem er ihn als
Glied seiner Familie zu gewinnen wünschte, legte er seine
Werlhschatzuug an den Tag lüi das hochgebildete Verständnis*
und die Menscheu- und Sachkenntuiss, welche Neukomm schon
damals in den Stand setzten, Talh-yrand’s Meinung zu ver-
stehen, über welchen Gegenstand er auch seine Betrachtungen
anstellte. Dabei verstand er es, in der glücklichsten Lage den
grössten Theil seiner Zeit ganz der Kunst zu widmen, seine
Unabhängigkeit dem Fürsten gegenüber, wenn auch stets in
der mildesten Form zu wahren, ein charakteristischer Zug, der
ihm sein ganzes Leben eigen blieb. Im Jahre 1814 begleitete
er Talleyrand auf den Kongress nach Wien und hier war cs,
wo er zürn Gedächtnis« Ludwigs XVI. sein damals mit giosscm
Beifall angenommenes Requiem in der Slephantkirche rnit 301)
Sängern nuffQlirte, in Folge dessen er den Orden der Ehrenle-
gion erhielt. Als nach seiner Rückkehr nach Paris die Herzo-
gin von Diuo es merken liess, dass sie darauf Anspruch marhe,
er solle den regelmässigen Musikunterricht ihrer Kinder übernehmen,
eine seinem Charakter durchaus widersprechende, mecha-
nische Tätigkeit, hob er in zartester Form sein VcriiAllniaa
zum Fürsten auf und begleitete den Herzog von Luxemburg auf
dessen Wunsch im Jahre 1816 nach Rio Janeiro. Nur kurze
Zeit verging hier, da wurde er in Anerkennung seiner Leistun-
gen Kapellmeister des Königs Don Pedro mit einem grossen
Gehalte. Als aber nach vier Jahren, in denen er sich der an-
genohmsten Stellung erfreute, durch die inzwischen ausgebro-
chene Revolution die Finaiizverhältnisse des Dou Pedro nicht
wenig erschüttert waren, widerstrebte es seinem Anstandsge-
fühle, länger in seiner Stellung zu bleiben. Freiwillig legte er
sie nieder und ging nach Paris zurück, welches er als seine
zweite Heimath betrachtete. (Schluss folgt.)
Journal-Revue.
Die Allgein. Musik-Zlg. enthält den ersten Artikel über den
italienischen Musikverlag um 1700. — Die Neue Zisch, für Musik
bietet einen Aufsatz „Die Popularität in der Kunst“. — Signale:
4te Hauptprüfuiig am Leipziger Conservatorium der Musik —
Die Südd. Musikzeitung beginnt eine Betrachtung Ober „Albert
Niemann' 4 .
Die Revue et Gazette rouslcale bietet eine Abhandlung „die
Uebersetzer Shakespeare'» in die Musik“.
Nachrichten.
Berlin. Ihre Majestät die Königin hat der Kammersängerin
und Hofechatispielerin Krau Jachraaun-Wagncr eine Vase mit
folgendem huldreichen Schreiben übersandt : „Ich kann nicht um-
hin, Ihnen Meine aufrichtige Freude darüber auszudrücken, Sie
Überall dort zu finden, wo es gilt, ein gutes Werk zu unterstützen
und ihnen Meinerseits den Dank darzubringen, den Ihnen Alle
schulden. Empfangen Sie zugleich das beifolgende Andenken
als Zeichen meiner Anerkennung. Berlin, den 27. April 1*09. — .
tgez ) August« 44 .
Bielefeld. Das dritte Kavensherger Musikfesl (ludet hier am
16. und 17. d unter Direction des Herrn Munikdirector Hahn
und Mitwirkung der Damen Frau Hahn und Danuemnno, so-
wie der Herren Dr. Gunz und Uletzacber statt. Am ersteu
Tag gelangt Mendelssohn'» „Paulus“ zur Aufführung. Das 2t e
Concert am darauf folgenden Tage enthält nachstehendes Programm :
Ouvertüre zum „Freischütz“ von Weber, 5tes Clavicr-Concert in
Es-dur von Beethoven, Arie aus der „Schöpfung“ von Haydn,
„0 Isis und Oairis“, von Mozart, 2 Lieder von Mozart und
Beethoven, Lieder von Schumann und Schubert, „Wer hat
dich du schöner Wald“ vou Mendelssohn und C-moll-Sym-
phonie von Beethoven.
l'arl»rutir, 5 Mal. Auch liier hat die Concertsnisou allge-
mach ihr Ende erreicht. Der Cäcilienverein liess noch im April
zwei höchst anziehende Aufrührungen rasch aufeinander folgen.
Am 12. brachte er, ausser der Itosauiuudeii-Ouvcrture von
Fr. Schubert und dem Scbumannschen „Zigeunerleben“ mit
der trefflichen Instrumentation unseres verstorbenen Kapellmeisters
Strauss, die „Kreuzfahrer 44 von Niels W.Gade, ein ebenso interessantes
als noch wenig bekanntes Werk, welches schon bei seiner ersten
AufTühruug im vorangegangenen Winter grossen Beifall gefunden
hatte mul in Folge dieser ganz musterhaften Wiederholung
in der Gunst des Publikums sieh nur noch mehr befestigte.
Am 19. schon folgte die AufTühruug von „Der Rose Pilger*
fahrt“ von Schumann. Bei diesem wie hei dem früheren Concerto
wetteiferten die Solistcu mit dem prächtig sicheren Chor und
unserer bewährten Hofkapelle, um ein hervorragendes Ganze zu
gestalten. Unter jenen sind besonders zu erwähnen: Frau Braun-
h o f e r , Sopran , Frau L u d w i g - M e d n 1 ausHeidelberg, ein sehr klang*
voller, dabei weieher Alt, sowie die Herren Brulliot und K Ür-
ner. In erster Liuic jedoch gebührt Ehre dem Gründer und
Leiter des Instituts, Herrn Musikdirektor Gieline, dessen rast-
losem Kunsteifer es gelungen ist, Leistungen zu ermöglichen, die
in so seltener Weise technische Pröcision mit geistigem Schwuuge
zu verbinden pflegen. — Noch aeimirerlaubt, einer trefflichen Auffüh-
rung des Brahms'schen Requiems von beiten des philharmonischen
Vereins zu gedenken, welches Werk, hier wie allerw arts, eben so begei-
sterte Bewunderer fand, als anderseits ablehnende Stimmen da-
gegen verlauteten. Später hierüber Ausführlicheres zu berichten,
behalte ich mir vor. — &.
Ca«Ntl 7tes Aboniiemcuta-Concert der Königlichen Theater-
Kapelle: Concertouverture von Geliert, Violinconcert No. 10 C-
dur von Rode (Herr Hofkapellmeister Rargheer), Recilativ und
Arie aus den „Jahreszeiten 44 von Haydn (Dr. Kriiekl), Fantasie
über irländische Lieder von Spohr, Lieder von Schumann und fite
Symphonie (C-molh von Beethoven.
Hamburg. Am 5. d. kam unter Otto Goldschmidt's Lei-
tung dessen Oratorium „Hulh“ zur Aufführung. Die Solisten
waren die Damen Liud-Goldsrhmidt und Joachim und die
Herren Wagner und Keller.
Magdeburg. Bei der 50jährigen Jubiläums-Feier der hiesi-
gen höheren Gewerbe- und Handelsschule kam durch den Chor
der Schule, unter Leitung des Herrn Lehrer Glas berge r nebst
Anderem, auch Löwe's Oratorium „Die Erweckung des Lazarus 44
und der hundertste Psalm von Glasberger zur Aufführung.
YVnrmbrunn. Jean Y'ogt’s Oratorium „Die Auferweckung
des Lazarus“ ist hier unter Leitung des Herrn Csntors Ebert
zur Aufführung gelangt und hat einen bedeutenden Eindruck auf
die Zuhörer gemacht.
ZQrieb, Ende April 1869. Der „Gemischte Chor Zürich“ veranstal-
tete am Cbarfreilage eine AufTühruug des „Deutschen Requiem“
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(59
vod Joh. Brahms. Brahms' Name ist in letzter Zeit viel genannt;
wer sich irgend in eingehenderer Weise mit der Tonkunst be-
schönigt, dem wird dieser Coroponist ein mehr als vorüberge-
hendes Interesse abuölhigen. Das „deutsche Requiem* 4 ist nun
ganz geeignet, die ungemeine Vorliebe, mit der man hier alleu
Brahmsschco Compositionen eotgegenkommt, zu rechtrertlgen,
wenn wir auch weit entfernt sind, die Aosieht einiger hiesigen
Kunst-Enthusiasten zu theilen, die da behaupten, dass seit Bach
Nichts geschrieben sei, was dem Requiem nur eiuigcrmassen zu
vergleichen wäre, und die schlankweg in demselben den Ab-
schluss der Musik und die Grenze dessen, was möglicherweise
geleistet werden kann, erblicken. Mit allen Hülfsmittelu moder-
ner Instruuienlirung ausgestattet, mit allen Feinheiten der neue-
ren Harmonik in Bezug auf StimmenfOhrung und thematische
Durcharbeitung bedacht, ist das Urahins'sche Werk gleichwohl
nicht frei von MAngeln. Es sind dies namentlich harmonische
und rhythmische Härten sowie melodische Gesuchtheiten. —
Diese mit Recht zu rügendeu Einzelheiten verschwinden jedoch
unter der Fülle der kostbarsten Gedanken, der prachtvollsten
■Harmoniefolgen und wunderbar-schönen, contrapunktiachen Ver-
schlingungen. — Was die Aufführung seihst hetrilR, so ist das
Internehmen an sich schon ein Verdienst, welches die kleinen
Mängel der Reproduclion nicht schmälern können, Um gerecht
zu sein, müssen wir gestehen, dass es kaum möglich ist, mit den
geringen Krftfleri, die Zürich bietet, mehr zu leisten, als gesche-
hen ist. — Die Palme geführt Herrn Kapellmeister Hegar für
seine unermüdliche Tätigkeit und sein rastloses Bestreben, das
Requiem mit den geringen Hülfsmittelu doch würdig zur Geltung
zu bringen. Dies ist ihm geluugen! Meisterhaftes leistete das
Orchester. Die Chöre waren bis auf Einzelheiten gut und Hes-
sen den auf das Einstudiren verwendeten grossen Fleiss erken-
nen Die Soloparthien, in den Händen von FrAuleiu Menne r
und Herrn Musikdirector Attenhofer, wurden iui Allgemeinen
gut auageführt K.
Antwerpen. Die hiesige Muslkgesellschafl hat die Saison
mit einem brillanten Concerto beschlossen, in welchem „Der
Sturm" von Haydn, Introductioii zum Bleu Act aus „Lohengrin“
von Wagner und Mendelssohu's Lohgesang in schwungvoller
Weise zur Aufführung kamen
Middelburg. Das Programm des Bien Musikfestes, welches
am 3. und 4. Juni hiesigenorls statttiuden wird ist folgendes:
1. Tag: „Elias" von Mendelssohn; II. Tag: 4lc Sinfonie |B-dur|
\on Beethoven, Ouvertüre zu „Eurynnthe** von Weber, „Loreley“
von liillcr, „Heilige Nacht** von Gade und die dritte Ablheilung
der „Schöpfung“ von Haydn.
Pari«. Anton Hu hin st ein ist hier eingetroffeu.
— Der berühmte Operateur N ela ton führte am ver-
gangenen Dienstag irüh die Operation au Madauic Patti'a Kopf
mit volistAndigein Erfolg aus. Die Geschwulst wurde mit Geschick
entfernt, ohne dass man Chloroform zur Anwendung brachte,
gegen deren Gebrauch die Patientin sich übrigens entschieden
verwahrt hatte. Nach einigen Tagen der Zurückgezogenheit in
ihrer Wohnung ist Madame Patti jetzt gänzlich wiederhergestellt
und gedenkt ihre Londoner Bewunderer bereits durch Amin«
am 11. d. zu entzücken.
Stockholm. Anton Rubinsteiu bat liier 4 Couecrte gege-
ben, von denen zwei, wegen des colossalen Zudrange«,
im groasen Königlichen Theater, welches vollständig ausver-
kauft war, stalttindcn mussten. Der Beifall war ein ausseror-
dentlicher. Der König von Schweden hat den selleuen Künstler
durch Verleihung des Wasa - Ordens geehrt, während ihm die
Königin die Medaille für Kunst und Wissenschaft, am blauen
Bande zu tragen, zuatellen lies«. Von hier aus concertirte Ru-
binstein zweimal in Gothenburg und einmal in I psala mit grös-
slem Erfolge.
Warschau. Moniuszko hat soeben eine neue Oper be-
endigt, welche den THel „Der Paria“ führt.
Ncw-York, 11. April. Das Programm des am 4. April ab-
gehaltenen letzten Sympbonie-Conoertea des Herrn Thomas war
folgendes: Fest-Ouverture von Volkmann, 114. Tsalm „Als Israel
aua Aegypten kam“ von Mendelssohn, Phantasie für Piano obli-
gato und Orchester und Clavicrsoli von Singer, „Prometheus“
von Liszt und Symphonie pastorale von Beethoven. Die Fest-
Ouverture von Volkmann ist mit grossem VerstAndniss gearbei-
tet, wen auch mitunter die Themas in einer etwas schroffen
Weise abgebrochen sind; wie dagegen der Componist dazu kommt,
dieses Werk Fest-Ouverture zu betiteln, weiss ich nicht. In
eine festliche Stiinmuug versetzte mich die Compositiou nicht,
wenn auch das Marschthema des letzten Matzes In der Hinsicht
nicht ohne Wirkuug war. Die Ausführung war gut. Leber die
Interpretation des Meudelssohn'schen Psalms will ich lieber
schweigen, denn die Meudelssohu-l'uion ward ihrer Aufgabe durch-
aus nicht gerecht. Herr Singer ist, seiner Phantasie uacli zu ur-
thcilen, entschieden Schumannianer, ohne indes« in Bezug auf
Gedankenreicbtbum uud prägnanten Ausdruck seinem Vorbilde
int Entferntesten nahe zu kommen. Den Mangel erquickender
uud erfreuender Gedanken sucht er durch GegensAtze des Aus-
drucks zu verbergen, ohne dass ihm dies immer gelingt. Die
Instrumentation ist durchgängig recht verstAndig und wirksam.
Jedenfalls ist Herr Singer ein bedeutender Componist und ich
bedauere sehr, dass er nicht öfter Gelcgeuheil giebt, ihn bei der
Aufführung wirklich guter classiscber Compositionen zu begrüs-
sen. Liszt« Prometheus konnte uns nicht besonders ansprechen;
das Orchester hat stellenweise dazu beigetragen, das unklare
Werk noch unklarer zu machen. Den Schluss bildete ßeetho-
vcn’s Symphonie pastorale. Die Ausführung der beiden ersten
Sätze war gut, während das Scherzo mittelmAssig gespielt wurde;
auch der letzte Satz liess Manches zu wünschen übrig. — Die
zweite historische Soiree der Mme. Raymond Ritter uud des
Herrn S. B. Mills fand an demselben Tage mit der Thomas scheu
Sinfonie-Soiree statt. Die Idee historische Conccrte zu geben,
in welchen filtere und neuere Werke von verschiedenen Meistern
in chronologischer Reihenfolge dem Publikum vorgeführt werden,
ist eine glückliche und sollte vom Publikum mit Dank aufgeuom-
men werden. Zwei dieser Soireen fanden in dem kleineren
Saale der Herren Stcinwny statt und müssen als im höchsten
Grade interessant und belehrend bezeichnet werden. — ■ Fräulein
Henriette Markstein, die seit ihrem ersten Coneerte im Herbst
ihre Studien unter der Leitung des als Lehrer sehr tüchtigen
Pianisten Inten mit Fleiss und Au&daufir fortgesetzt hatte, trat in
einem eigeuen Concerto auf. Was ich schon nach dem ersten
Coneerte an ihrem Vortrage auszusetzen hatte, ist auch jetzt noch
gültig: mit der mechanischen Ausbildung hat die geistige nicht
Schritt gehalten; die künstlerische Auffassung, die Erfassung des
Geistes der Compositionen, fohlt der jungen Dame auch heule
noch und erst dadurch, dass sie sich dieselbe aneignel, und das
ist viel mühsamer, als Läufe und Triller elegant und glatt zu
spielen, darf sie auf den Namen eiucr Künstlerin Anspruch ma-
chen. Indem ich meinen Bericht heule schliesse, (heile ich Ihnen
noch mit, dass Herr Julius Schuherth, Besitzer der Musik-
verlagshandluug Schuherth Al Co., am 19. März sein öOjfihriges
Geschäftsjubiläuin feierte. St.
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■ itMÜn, Rfvil«. — CorreapondcNtrn an» London. Pari« und Posen — Peailletoa: Hitler Sigiamanil N« ikoas
<1 K R. AlberU (NVhlo*s>. — Journal-Revue. — NarhrtrMen. — laaarata.
Eckert, Carl. Concert IBr Violoncello mit Orchester oder
Pianoforte. Op. 26. Berlin, Ed. Bole & G. Bock.
Schon vor der hier vorliegenden Herausgabe hat da«
erat im vorigen Sommer componirte Werk bereits einen eh-
renvollen Einzug in die üeflTenllichkeit gehalten, indem es
mehrfach, in Petersburg, Baden-Baden, Brüssel etc., von den
rehoiniDirlestcn Violoncellisten mit so grossem Beifall execu-
tirl wurde, dass ein dauernder Erfolg nicht zu bezweifeln
ist, was wir nach genauer Durchsicht des Werkes ebenfalls
constaliren xu können glauben. Es kommt öfters vor, dass,
wenn namhafte Componisten , sei es aus eigener Veranlas-
sung oder auf specielle Wünsche, Goncertslücke für ihnen
fremde, besonders Saiteninstrumente schreiben, der virtuose
Theil in die zweite Linie, der sinfonische dagegen in die
erste tritt. Ein gules Concert6tück soll aber Beides verei-
nigen und grade hierin finden wir das Hauptverdienst des
Werkes, welches in Anlage und Ausführung das richtige
Moass hält. Der Componist hat es verstanden, dem Spie-
ler nicht nur ein brillantes, in allen Theilen lohnendes
ConcertslQck ohne Hypermodemilfiten von Virtuosenkünsle-
leien zu geben, sondern demselben auch den Stempel edler
künstlerischer Würde aufzudrücken, ohne nach irgend wel-
cher Seite hin in modisch-prätentiösen Charakter zu ver-
fallen. Das melodische und harmonische Elemeut ist
Oberall durchdacht vertreten und dieoroheslraJe Ausschmückung
mit Geschick und Geschmack behandelt, so dass wir allen
Ansprüchen überall vollständig Rechnung getragen sehen.
Besonders zu erwähnen ist. dass der ComponUt einen, .in
neueren Violoncellcompositionen häufig vorkommenden Feh-
ler, nämlich allzuvieles Bewegen in den höheren und höch-
sten Lagen, so dass man oft mehr Viola zu hören
glaubt, sehr geschickt vermeidet und dagegen vor-
zugsweise in den Canlilenen die schöne sonore
Toawirkung in den Miltei- und lieferen Lagen des Instru-
mentes xu votier Geltung bringt. Die Form dos Werkes
ist die des Concertino und besteht aus einem ernst gehal-
tenen Allegro moderato D-moil, dem sich ein sehr melo-
diös empfundenes Andante B-dur ansohliesst, welches wie-
der durch ein originelles, lebhaftes Scherzo unterbrochen
w|rd; diesem folgt wieder ein Theil des Andante, womit
Jer letzte, sehr lebendig und frisch gehaltene Salz: Rondo
n !a Cosaqoe D-dur ühergeführt wird, dessen Tempo ober,
um den rythmisoh scharf ausgeprägten Charakter nicht zu
stören, nicht zu schnell genommen werden darf. Alle
Violoncellvirluosen mögen das Werk in besondere Affec-
lion nehmen und dadurch dem Componistou für seine werth*
volle Gabe Dank wissen. Die Ausstellung Seitens der
Verlagshandlung ist sauber und lobeoswerlh. C. Böhmer.
%
Dr. Ludwig; Ritter von KAetiel. Die kaiserliche Hof-
.Musikkapelle in Wien voo 1543 bis 1867 nach urkund-
lichen Forschungen. Wien, 1869. Beck*sche Universi-
täts-Buchhandlung ( Alfr. Hölder), in gr. 8, 160 Seiten.
(I Thlr. 10 Sgr.j .
Schon war das Vernichtungsurlhcil der Einstampfung
über die kaiserl. Hofzahlmeisteramls- Rechnungen von 1543 —
1714 ausgesprochen, als noch zu rechter Zeit die für die
Musikgeschichte und Biographie unersetzlichen Nachweise
von dem ersten Kustos an der k. k. Hofbibliothek, Herrn
Regierungsrath Dr. Ernst Birk gerettet wurden und wir
durch die Mühe und Sorgfalt des Herrn von Köchel in den
Besitz eines ganz kostbaren Materials gelangt sind. Leider
hat sich der Herr Verfasser ablialten lassen, die früheren
Jahrgänge ihrer Unvollständigkeit halber nicht mit aufzuneh*
men. Wir schliessen hier gleich oine Bitte an den Herrn
Verfasser an, diese Fragmente den „Monatsheften Tür Musik-
geschichte“ zum Abdrucke übergeben zu wollen, denn wie
leicht können dieselben abermals in Gefahr kommen ver-
nichtet zu werden
Herr von Köchel hat das reiche Material auf sehr über-
sichtliche Weise geordnet und zusnmmengestellt. Auf eine
allgemeine Einleitung über die kaiserl. Hofrausik-Kapelle und
die Besprechung der einzelnen Aemter <35 Seit.) folgt die
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162
überaus wichtige statistisch geordnete Aufzählung der seit
1543 — 1867 daselbst Angestellten Kapellmitgliedor. Hieran
schlicssen sich einige biographische Notizen, welche das
vorher luitgetheilte Material (heil weis verwerthen; zwei an-
dere Beilagen bringen 1) Nachrichten Ober die Besoldung
uud die Amtstätigkeit der Mitglieder, 2| den Abdruck von
„Kilian Reinhardts Vormerkbuch von 1727“. Der Gewinn,
welchen specicll die biographische Forschung durch diese
Ausgrabung erhält, lasst sich so schnell gar nicht übersehen,
denn das Namensregister zählt über 1000 Musiker auf. Ich
greife nur Einiges heraus, was mir augenblicklich am näch-
sten liegt. — Des Petrus Iu aneil ns (Pietro Giovanellil
grosses Sammelwerk „Novus thesaurus musicus libri V.“ von
1568 gab bisher für ganz unbekannte aber dort vertretene
Autoren den Anballepunkt, dass sich dieselben wohl um
diese Zeit in kaiserlichen Diensten befunden haben, da man
es bei anderen bekannten Componisten (ausser einigen wo-
lligen) bestimmt nachweisen konnte. Unter den 31 daselbst
vertretenen Komponisten trifft es auch nach Vergleichung
mit den Hofzahlraeisl warnte - Rechnungen bei fünfzehn zu,
während man die anderen vergeblich sucht. Diese funf-
zeliu sind:
Michael des Buissons (in den Rechnungen Buysenus geschrieben),
Jacobus de Broucko ( „ Prugg » j»
Johann Gnstilelti,
.loan de Chnynee ( Cnine ,, I,
Joan de Cleve iBIeuis).
llenricus de la Court,
Wilhelm Formclis (Formellis),
Antonius Gallus,
Christian Holländer, 1559—1564 als Capellsinger mit
12 Jl. rh. verzeichnet, während ihn sein Freund Johann
Puhler von Schwandorff in den „Newen Teutschen Geist!,
vnd Welll. Liedlein“ von 1570 „weiland Componist Kai-
ser Ferdinand I.“ nennt. Wer hat nun Recht? Uebri-
gens sind nach v. Köcliel p. 16 erst von 1696 ab wirk-
lich bestalte Komponisten nachzuweisen.
Ivan Louis (Luis oder Huys),
Adanius de Ponte,
Jacob Regnart,
Simon de Roy, als Notist 1566 und 67 verzeichnet,
Lambert de Sainne (Sayve),
Jacob Vaet.
Die anderen in den Rechnungen nicht aufzufindenden
Komponisten verl heilen sich folgendermaassen :
Autoren deren Biographie gänzlich unbekannt ist:
Deslins, Duc, Portu, Spcilier, Treliou, Verdier,
Zapfolius.
Autoren von denen man bisher sicher angenommen
hat, dass sic am kaiserlichen Hofe angeslellt gewesen sind
und in den Verzeichnissen fehlen:
Deiss, Josquin des Pres, Mahu, Premier, Utondalor.
Autoren welche unseres Wissens nicht am ksl. Hofe
angestellt waren, von loanelli aber vielleicht ihrer allgemei-
nen Beliebtheit halber aufgenommen worden sind oder sich
besuchsweise zu der Zeit in Wien aufgehalten haben, wie
wir es z. B. von Lassus wissen:
Andr. Gabriel!, Oriandus Lassus, Andr. Pevernage,
Jacob Wert
Wir sehen nur aus dein einen Beispiele, wie viel uns
des Materiales noch fehlt und wie sehr wir der noch vor-
handenen wiener Fragmente bedürfen, um nur einigermaasson
die Stellung der damals beliebtesten Komponisten kennen
zu lernen.
Herr von Küchel hat sich für die mühevolle und der
Musikforschung so nothweudige Arbeit den Dank oller
Gleichst rebenden in reichem Maasse erworben.
Bob. Eitner.
La Nara, musikalische Studienköpfe. Leipzig, 1868 Ver-
lag von Herrn Weissbach.
Mit geschickter Hand hat der Verfasser diejenigen
Musiker hei nusgegriffen, welche gerade jetzt zumeist die
Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Carl Maria von Weher.
Franz Schubert, Felix Mendelssohn-Barlholdy, Robert Schu-
mann, Fredrric Chopin, Franz Liszt und Richard Wagner.
Die vorliegenden sieben Charakterbilder sind ohne Frage
reizende Pastellbilder, mit wärmster Liebe entworfen und
mit ganzer Hingabe ausgeführt. Es fehlt ihnen aber jenes
kräftige, markige Colorit, welches auf den ersten Blick fes-
selt uud die Aufmerksamkeit gleichsam herausfordert. Erst
bei /längerem Verweilen, bei genauerem Sichversenken in den
Gegenstand der Darstellung entdeckt man die vielen feinen
und bis in ’s geringste mit gleicher Sorgsamkeit ausgemalten
Details. Dann erst entsteht eine wohltuende Wirkung,
erzeugt die daraus hervorslrahlende Wärme wieder Wärme
und wir lesen mit Vergnügen das einzelne Lebensbild zu
Ende. Ausdrücklich bitte ich hier zu betonen das einzelne
Lebensbild, denn ich rathe dem Leser, in seiner Lecture eine
Pause hinter jedem Sludienkopf ja nicht zu verabsäumen:
die ausserordentliche Gleichartigkeit in der Behandlung aller
wirkt sonst monoton, und das Interesse dürfte damit leicht
schwinden. Mil eigenthOinlicher Zartheit — oder sage ich
Zagheit? — ist alles vermieden, was an die rauhere Aus-
senseite der dnrgestellten Persönlichkeiten, an ihre Ecken
und Kanten erinnern könnte, und diese wenn auch liebevolle,
so doch einseitige Anschauungsweise hat dem Verfasser bei
jeder einzelnen die Feder geführt. Das führt unwillkürlich
auf die Vermutung, dass wir es hinter dem Pseudonym
mit einer Verfasserin zu thun haben.
Dem sei indes*, wie ihm wolle, auf jeden Fall ist das
Büchlein eine sehr nchtungswerlhe Erscheinung. Der flüs-
sige Styl, die glatte, theilweis pikante Dorstellungsweise
eignen sich so ganz zur Empfehlung an ein grösseres Pu-
blikum, für welches es offenbar geschrieben ist. Wenn auch
im Hinblick auT diesen Zweck eigentlich fachmässige Be-
trachtungen unterbleiben mussten, so hat es der Verfasser
doch vortrefflich verstanden, so viel davon in seine Dar-
stellung hinein zu weben, als nölhig ist, um seine Arbeit
über das Niveau der landläufigen schöngeistigen Kunslred-
nerei zu erheben. Die Namen der portraitirlen Künstler
sind Jedermann geläufig, jedes Concertprogrnmm trägt sie,
auf jedem Clavierpulte prangen sie, und es dürfte wohl
schon Mancher darnach Verlangen getragen haben, auf eine
möglichst bequeme Weis» mit deren Persönlichkeiten näher
bekannt tu werden. Der Verfasser hat sich auch keine
weitere Aufgabe gestellt, als diesem Verlangen Rechnung zu
tragen. Diese Eigenschaft unterscheidet das vorliegende
Werkelten auch sehr vorteilhaft von jenen anderen, die für
Fachleute und Laien bestimmt sind und trotz ihrer
grossen Prätension weder Fisch noch Vogel, weder dem
einen noch dem andern Genügendes bieten. Und wenn wir
schliesslich noch berücksichtigen, dass über einzelne der
Persönlichkeiten, z. B. über Frederic Chopin, das Material
auch für den Fachmann nur schwer zu beschaffen ist, so
dürften La Mara’s Studienköpfe nicht nur dem grossen
musiktreibende n uud musikliebenden Publikum, sondern auch
manchem Künstler von Beruf eine willkommene Gabe sein.
W. Lackowitz.
Berlin.
Revue.
(Königl- Opernhaus.) In Meyerbeer's „Robert der Teufel“
debutirle am 13. d. M. Fräulein G/ossi (recte Grossmuck) aus
Wien am Wiener Hofoperntheater als Isabelle. Wie man uns
sagte, hat Fräulein Grossi bisher am Wiener Hofopernthealer
163
nur ganz kleine Parlhieen gesungen und sich hier tum ersten
Male in einer grösseren Aufgabe versucht. Jedenfalls war das
Auftreten io eiuer so schwierigen Parthie, welche an die Tech*
oik wie an den dramatischen Vortrag bedeutende Forderungen
stelll» ein verfrühtes. Fräulein Grossi bringt allerdings neben
einer sehr empfehlenden Persönlichkeit einen gut klingenden,
hellen, hohen Sopran (wir hörten das hohe Df und eine ent*
schieden« Begabung für den Coloraturgesaug als nicht tu un-
terschfilteride Gaben mit; für die Entwickeluag ist jedoch noch
nicht genügendes geschehen. Die Intonation — vielleicht Folge
grosser Befangenheit — war durchweg tu hoch, alles Colorirte
klang naturalistisch; der Triller io dieser dürftigen Weise kann
oicht vor die OefTenUichkeit Ireten; der Vortrag seigte die voll*
kooimeost» Kille; weder von decloinatorisciiem Verständnis« noch
von der geringsten Empfindung war eine Spur wahrzu nehmen,
ln Summa: Aus Frfiulein Grosai kann eine Goloratursäogerin
werden, wenn sie bei einem guten Lehrer sehr fleissig studirt.
Loser Publikum speodete aufmunteruden Beifall. Herr Lede-
rer sang den Baiuibaut ganz befriedigend. Frau Grün als
Alice, die Herren Woworsky und Fr icke als Robert und
Bertram fanden die gewohnte Anerkennung. — Am II. war
„Zauberflote“ mit Frau Röskc-Lund als Königin der Nacht.
Am 16. „Freischütz**. Das Ballet „Fantasca“ mit Herlel's an-
sprechender Musik hält sich dauernd auf dom Repertoir.
Im Friedrich- Wilhelmstldtischen Theater findet Offenbach'a
,, Regimentszaubrer 1 * noch immer grossen Beifall. Io des Com*
ponisten „Blaubart** gab FrAulem von Rig6uo die Boulotte
mit bestem Erfolge; ganz besonders kam der gesangliche Theil
der Parthie zu hcrvorlrotender Geltung. — Eine kleine Novilit
„Ein grosser DaoiencafTce**, musikalisches Genrebild von Gra-
be u- Hoffman u, fand freundliche Aufnahme; sie ist wohl
mehr für gesellschaftliche Erheiterung als für bOhnliche Wir-
kung berechnet, da es ihr zur sceiiischen Darstellung doch zu
sehr an Handlung gebricht; der Effect der schnatternden Caf-
(eetrinkerinnen (es treteu uur Damen auf) stumpft sich bald ab.
Der Coiupouisl, durch seine „500,000 Teufel** und manches ge-
fällige Lied wohlbekannt, hat auch hier eine angenehme, sang-
bare Musik geschrieben; besonders gefiel das Introductions-Ter*
zett und ein einfaches empfundenes Lied, welches, von Fräulein
Koch sehr sauber vorgelragen, auf Verlangen wiederholt Wer-
ften musste. Unter den Darstellenden macht •n sich noch Frau
Neumau n und Fräulein Amm Schramm bemerkbar.
Von den musikalischen Bestrebungen der anderen Bühnen
bemerken wir noch: Im Victoria-Theater ein (üiifactiges Cha*
racterbild von Görlitz „Die Tochter des Virtuosen“, zu wel-
chem August Conradi wieder eine sehr ansprechende Musik
geliefert hat, welche sich iu den von der Soubrette Fräulein
Lö Iller lebendig und ausdrucksvoll vorgetragenen Liedern
grossen Beifall erwarb. — Im WoltersdorlT-Theater ist «in cin-
actigcs Liederspiel von Görlitz, Musik von Michaelis sehr
beilällig gegeben worden. Die melodiösen Nummern landen
durch die Soubretten Fräuleins Hntthey und Wegncr eine
hübsche Ausführung.
Herr E. E. Tauberl, der Sohn eines Predigers in Pom-
mern, trat am Sonutage, den 10. Mai, im Saale des englischen
Hauses vor einem geladenen Publikum zum ersten Male als
Componist auf. Als Schüler Friedr. Kiel’a zeigte Herr Tauberl,
da«« er sich die Vorzüge seine« Lehrer« in Conlrapiiiiklik und
Harmonie sowie in über raschend ei; Modulationen m einem nicht
ungewöhnlichen Grade zu eigen gemacht hat. Sein Salz klingt
gut, oft sogar überraschend schön und fea*ell den Kunstver-
ständigen durch eine fast übergrosse Abwechselung. Wenn
wir hiermit die Vorzüge des Cornponisten hervorgehoben ha-
ben, so müssen wir dagegen io die andere Wagschale ein
schweres Gegengewicht legen und das heisst: dem Cornponisten
geht fast gönzlich die melodische Erfindungsgabe ab, und be-
giebt er sich einmal, gegen sein Naturell, auf die Wiedergabe
einer melodisch elegischen Stimmung, so erhallen wir z. B. im
Larghetto des Streichquartettes folgende Cnntilene (wir müssen
hinzufügen, dass wir die Melodie hier nur nach einmaligem
Hören niederschreiben und vielleicht in Kleinigkeiten abweichen! :
Diese trivial hausbackene Melodie steht zu dem Uebrigen fein
Zugespitzten und rsfßnirt HerausgegrÜbelteu wie ein Bauer zu
einer vornehmen Gesellschaft. Die beiden Lieder zeigten die
Schwäche de« Componisteu am deutlichsten, auch das Trio für
Pianoforte, Violine und Violoncello litt sichtlich darunter, wo-
gegen das Streichquartett dem Couipooisten mehr Gelegenheit
bot, seine lüchlig gebildete coutraponklhche Kunstfertigkeit zu
verwertheri, und wir ihm darin unsere Anerkennung gern kund
Ihuo. Möge der Componist sein Augenmerk mehr auf die me-
lodische Erfindung richten und sich z. B. die Skizzenbücher
von Beethoven zum Studium nehmen, so wird sich nacii und
nach das Verhältnis« umkehren und die Kontrapunktik nebst
Harmonie und Modulation nur zur Folie «einer musikalischen
Gedanken dienen. d. R.
€ o r r n § p o ii <1 e n z f n.
London, lö. Mai 1869.
Eine neue Saison konnte wobt im Crystall-Palast nicht wür-
diger, schöner eröffnet werden, als durch die Rossini-Feier, welche
ähnlich der weltberühmten Handel-Feste am 1. Mai stattgehabt.
Ein Orchester und ein Männer* und Dameii-Clior von zusammen
8000 Ausrahreiiden — wo trifft man Gleiches, als gerade hier in
diesem für Monstre-Coueerte geschaffenen Raume. Von einem
Krankenlager emporgerafft, hat Sir M. Costa noch im letzten Mo-
ment die Leitung de« Ganzen übernommen und wenn die lauge
Gewohnheit öffentlicher Gunst ihn gegen Brifalhhezeuguugen
nicht stumpf gemacht, so muss ihm das stürmische Willkom-
men, welches ihm die auf einige 2ü,0U0 sich versammelt haben-
den Zuhörer enlgegenbrachtcu, für sein Leben erinnerlich bleiben.
— Die Zusammenstellung des Programms verdient scheues Lob.
es brachte das Vorzüglichste des Vorzüglichen au« des Maestros
Werken mul zwar: das Stabat-Matcr, die Ouvcrtiireu zu „Scniira-
mis**, „Diebische Elster“ und „Teil“, Solo und Chor aus der
„Belagerung von Corioth“, Chor aus „Moses“. Die Aufführung
gereichte den Ausführendeu sowohl ah dem Leiter zur Ehre,
die Ouvertüren wurden, in Anbetracht der grossen Zahl der Mit-
wirkeudeu, meisterhaft ausgeführt — Die italienische Oper —
das lieht die Königliche und grosse (Iper — brachte in letzter
Zeit unter anderem Bemerkenswerthen Rossinis „Toll“ mit Signor
Mongiui ah Arnold und Signor Graziaui ah Teil, dann zum
ersten Auftreten des Fräulein Nilssoii Donizelli's „Lucia**. Ein
wohlverdienter Empfang bewillkommnetc die junge talentvolle
Sängerin, die cs in so kurzer Zeit verstanden hat, sich zum
Liebling des hiesigen Publikum.« nulziischwiiigon. Wir könncu
nur gestehen, das« das Jahr der Abwesenheit dem Fräulein Nils-
son zu weiterem Vortheil gereicht ist; sie besitzt eine seilen,
sichere Intonation und weiss die (JualiliU ihrer Stimme in
Mezza • voce - Passagen auf das Beste lieraiiszukchreii. Ihr zwei-
tes Debüt als Lady Harriet in Flolow's „Martha*' war ein neuer
20 *
164
Triumph; das seit Jahren hier nicht gehörte Werk gewann
durch die Darstellung besonderes Interesse. — Die „Neue* 4
italienische Oper — dos heisst die Concurrenz- oder kleine
Oper im lyeeum • Theater — hat kein Glück; Donizetti’s „Lie-
bestrank“ bildete den Eröflhungs - Abend mit Mlle. Rose II er-
see als Adina und Signor Gordoni als Nemorino. Gegen die
Aufführung war nichts einzuwenden und die Aussichten für einen
günstigen Verlauf der Saison gerechtfertigt — doch schon die
beiden angezeigteii nArhsteu Vorstellungen mussten unterbleiben,
da Signora Volpini unpässlich wurde — diese Unterbrechung
ist dem Unternehmen ungünstig geworden. — Einer deutschen
Kammersängerin, Valeeca v. Facius, die in verschiedenen öf-
fentlichen Concerlcn mit Glück gesungen hat, ist die Ehre zu
Theit geworden iiu einem Hofeoncert im Buckingham-Palast utit-
zuwirkeu, im Vereine mit den Damen Nilsson utulMurska, von
der italienischen Oper und der beliebten englischen Concertsän-
gerin Miss Edith W'yunc, sowie der Herren Gardoni und
Santley. Das Solo des Fräulein von Faciua beatarid aus Schu-
berts „Morgenständchen“, ausserdem sang sie im Quartett des
Sanctus aus Rossini's „Messe solennelle“. — Antou Rubinstein
wird am 17. MaI erwartet zu einem kurzen Aufenthalt nur; er
will am 2. Juni bereits wieder nach Russland zurückkehren. —
Mr. Charles Halle und Mmc. Arabella Goddard haben ihre
Ptnnoforle - Matineen Angezeigt, Erstcrer neun, Letztere drei. —
Für musikalische Genüsse ist gesorgt, und wenn nur die Auzeige
slmmtlicber Concerte hier kurz gegeben würde, so fehlte es an
Raum für Ihre sousligeu werthvolleren Berichte. H— t.
Paria, 14. Mal
Die Opern-Novitäl dieser Woche: Boulauger's „Don Quichotte“,
aufgeführt Am Dienstag im Theätre lyrique hatte keinen durch-
greifenden Erfolg. Einige Nummern ausgenommen, welche wo-
uiger von origineller Erfindungskraft als vielmehr vou der landes-
üblichen leicht melodischen Unterhaltungsgabe des Componislen
Zeugnis« gaben, und die somit einen .Succ&s du Jour errangen, wird
das Interesse des Hörers nur wenig gefesselt, wenn auch nicht, wie
bei prätentiöseren Werken durch unnölhigen Ballast abgespannt.
Hierzu kommt, dass die Arrangeure des berühmten Ccrvantes'schen
Romanos gerade die weniger theatralischen Situationen berausgrir-
fen, und uns dafür Scenen entgehen Hessen, die ihres Bühneu-
Effectes sicherer gewesen wären In der Darstellung war der
Don Quichotte des Herrn Giraudet ein allzu trauriger Ritter;
eine gelungene Charge hot der Herr Meillet mit seiuem Sancho
Pausa, nur hätten wir zu seinem trefflichen Spiel etwas mehr
Stimme gewüuscht. Ausgezeichnet im Gesänge war dagegen
Fräulein Priola als Herzogin, welche junge Dame, noch Con-
servatoire-Schülerin, durch wiederholte glückliche Bübuenver-
suclie ihr Talent ausser Zweifel stellte, unter dem weiblichen
Personal des Theätre lyrique gftuzeud, wozu es diesmal gerade
keiues Sternes erster Grösse bedurfte. — Der lyrische Tenor
Bosquet wurde dieser Tage durch Director Per rin für die
Op^ra engagirt — eine amtfiudige doch nicht brillante Kraft, Ver-
lust und Gewinnst auf beiden Seiten nicht allzu gross. — Wag-
ner's „Rienzi“, dieser Tage bereits zum achtzehnten Male aufge-
führt, bildete letzter Tage zu den revolutionären Tumulten am
CltAtelet-Plalze einen treffenden Peudaut, und Director Paede-
loup erwies sich durch diese Vorführung als ein Mann der Zeit,
und der „Wahl**. I ebrigens dient „Rienzi“ nur dazu, dem in
nächster Saison (die am 1. September beginnt) zur Aufführung
bestimmten ,,L« bengrin*’ den Weg zu ebnen. Ob der friedliche
Schwaucurilter dasselbe Glück habeu werde, ist noch stark zu
bezweifeln. — im Theätre ilalien wird ausnahmsweise uoch im-
mer forlgespielt. Schauspiel, Oper und — Rossini’s Messe, nun
Alles zu ermässigten Preisen. Fräulein Krauss hatte ebenao
wie Adeline Patti (die von der Königin von Spanien kürzlich
ein kostbares Armband erhielt) ihr Absehiedaheneftz — mit ge-
ringerem Benefize. Die hier mehr als vordem in Wien geschätzte
Künstlerin wird in nächster Saison wieder in der italienischen
Oper wirken — Rossini’« hier zehnmal au (geführte Messe geht
nun mit Strakosch auf grössere Reisen in die Provinzstädte und
in’s Ausland. In nächster Woche wird dieses zum Conoert- und
Theaterstück verwandelte Werk mit den Damen Alboni und
Krauss und den Herren Palermi und Steller in Baden-Baden
gegen ein Honorar von 80,000 Francs zur Aufführung kommen.
— Die Alboni erhält fi)r zwei Monate ihrer Mitwirkung auf die-
sen Reisen 150,000 Francs. — Als wahrscheinlicher Nachfolger
auf dem durch den Tod Berlioz’ verwaisten Institutssilze wird
Prinz Poniatowaky, der Componist verschiedener italienischer
Opern, bezeichnet. Candidaten sind ferner Fälicien David, Mail-
lart und V. Masse. — Baron Taylor, der sich durch wohlthätigc
Acte um die Künstler verdient macht, ist zur SenatorswArde er-
hoben worden — In der Opera comique Tand vorgestern eine
gelungene Reprise von Haldvy’s „Jaguarita“ statt. In Vorberei-
tung sind: „La petite Fädelte** nach Georges Sand von Michel
Carrd, Musik von Semet und „Paul und Virglnie“ von Massä.
In obiger Reprise der durch Charakteristik und farbenreiehe In-
strumentation hervorragenden Oper Halevy's zeichnete sich Fräu-
lein Cabel aus und dürfte das seit 14 Jahren hier nicht gehörte
Werk in gegenwärtiger Besetzung sich längere Zeit auf dem Re-
pertoir erhalten. — in Ricci’s „Folie ä Rome“ hatte hei der vor-
gestrigen 54sten Vorstellung neben Fräulein Marimon der junge
Tenor Leopold Ketten einen ausgezeichneten Erfolg, und ge-
winnt dieser talentvolle und musikalische Sänger mit jeder Vor-
stellung an künstlerischer Verve und bildet jederzeit eine der
Hauptzierden der musterhaften Gesammt-Aufffthrung dieser in-
teressanten komischen Oper. — An die Stelle der Concerte sind
nunmehr die musikalischen Matinäon getreten, welche hervor-
ragende Professoren mit ihren Eleven veranstalten. So gab vo-
rigen Sonntag im Salon Kriegclstein der ausgezeichnete Piauist-
Compositeur Bonewitz neuerdings Probe von seinem gediege-
nen Lehr • Talente, indem die Productiouen der Eleven, beste-
hend in Compositionen von Schumann, Weher, Händel, Liszt,
Beethoven, Mendelssohn, Mozart, Bonewitz u. s. w. durch Gor-
reclheit und Ausdruck so mancher Concert-Vorfübrung den Rang
abgewonneu. l'eberdies hat sich dieser thätige Künstler durch
seine alljährlichen Kammermusik - Productiouen allhier besonde-
res Verdienst erworben und seinen Ruf auf der soliden Basis
deutscher Musik gegründet. A. v. Cz.
Pose n, Mai.
B- r. — Nach Abschluss der diesjährigen Saison dürfte es
vielleicht angemessen sein, wenn in Ihrer Zeitung auch einmal
wieder eine Stimme aus unsrer Provinz sich hören lässt, um
von dem musikalischen Leben und Treiben der Stadt Posen einen
kurzen Bericht zu erstatten. Obenan stehen die Aufführungen
der Üpernbühne unter Leitung des Herrn Direktor Schw einer.
Demselben war es nach manchen im Amfang der Saison miss-
glückten Versuchen gelungen, einen Sängcrkreis um sich zu
vereinen, der in allen Fächern mit guten Krillen ausgestatlet,
Genüsse geboten bat, wie man sie selten auf einer Provinzial-
hüline antreflun kann. Das Hepertoir war reichhaltig, und wenn
auch den Werken Meyerbeer's ein überwiegender Vorrang ein-
geräumt war, so fehlten doch Mozart'» Opern nicht und ebenso
wenig die Namen W r agner, Weber, Nicolai, Lortzing, Aubcr,
Halevy, Mcbul, Gounod, Rossini, Verdi u. A. Ja das Gastspiel
des hochbetagten Tichatachek ermöglichte sogar eine Autfüli-
165
rung des „Lohengrto“. Soll ich ltm«o Aber diesen Singer noch
Rühmendes erzählen? Seine Leistungen sind gewiss bekannt
genug! Nur das Eine kann ich nicht verschweigen, dass,
obwohl der Jahre viele nun bereits auf ihm ruhen, er im-
mer noch in UDgescbwäehter Kraft dasteht und im volleu Besitz
seiner imposanten Stimme geblieben ist. Auch eine Wiederholung
des „Tasnbäuser“ Tand mH Tichatscbek statt, so dass uns Gele-
genheit wurde, den vorzüglichsten Dsrstelier von Wagner scheu
Rollen in seinen beiden Hauptparthieen zu bewundern. — Sie
sehen also, dass uns Vieles geboten ist, und ich kann versichern,
dass es auch in guten Aufführungen geschah. Die bedeutend-
sten Gesangskräfte unsrer Oper waren die Singerinneu Fräulein
Therese Müller, Fräulein Schonfeld und Frau Egli und vou
deu Slngern die Herren von Illenberger, Winterberg, Egli
und tiermany. Diese und andere Singer standen uuter Herrn
Capellmeisler Bossenbcrger, der Ihnen vom Wallnert bester
bekannt »ein wird; mH sicherem Geschick bat er seine Aufgabe
durchgeführt, namentlich seinem unausgesetzten Fleisse ist es zuzu-
schreiben, dass ein so gewaltiges Repertoir, wie cs auf hiesiger Bühne
war, bewältigt werden konnte. Das Orchester, specleil für das
Theater engagirt, hatte in Concertmeister Winzer einen vortreff-
lichen Führer und Vorgeiger. — Das übrige musikalische Öffent-
liche Leben bestand in regelmässig wieder kehrenden Sy inphouie-
concerten der Kapelle des 6. Infanterie-Regiments unter Leitung
des Musikmeister Appold. Neben den klassischen Werken der
drei Altmeister wurde auch der neuereu Zeit Rechnung getragen,
und besonders haben die Abert'sche Symphonie „Columbus“,
mehr aber noch die Lachner'schc Suite No. 1 sich einen blei-
benden Platz im hiesigen Concertsaal erworben. Daneben horten
wir die sehr interessanten Orchester Variationen von W fl erst; auch
Mendelssohn s hinlerlassene Trompelenouverture und Reforma-
tion ‘-•»ymphonie, letztere ohne nachhaltigen Erfolg. — Der hiesige
Gesangverein unter Leitung dos Hm. Clemens Schoen braehte im
Laufe des Winters in zwei Aufführungen Handels „Messias“ und
Mendelssohn's Hymne für Sopran und Chor und 42 Psalm. — Lei-
der hat dieser Verein nur über wenige, freilich tüchtige Kräfte zu ge-
bieten, da der hier ln verschiedenen Beziehungen hervortretende An-
tagonismus der kirchlichen und natioualeu Partheien iu letzter
Zeit sich auch auf dem Kunstgebiete breit macht. Um so mehr
ist anzuerkenneo, das« Herr Schoen mit diesen wenigen Kräften
so Vorzügliches zu leisten im Stande ist, wie wir es hier gehört
haben. Auch das verdient der Erwähnung, dAss die Soloparthieen
stets von Vercinsmitgliederu besetzt werden, und ist uns da schon
oft Gelegenheit geboten worden, manche tüchtige Schülerin des
Herrn Schoen kennen zu lernen. Die übrigen musikalischen
Vereine (eio Drchcatervercin, ein allgemeiner Mannergesangverein)
traten auch mehrmals an die Oeffentlichkcit. — Von auswärtigen
Virtuosen besuchten uns ausser den Violinvirtuosen polnischer
Nationalität Görski, Scigalski und Frieninn, von denen der
Letzte n)s ein höchst gediegener Geiger bei Laien und Musikern
volle Anerkennung gefunden hat, nicht Geringere als Anton Ru-
binstein und Carl Tausig; jener gab zwei Concerto, dieser eins.
Wie überall war auch hier die musikalische Welt in zwei Lager
getbeilt, In Bewunderung und Bevorzugung dieser beiden Cla-
viertitaneo. Doch ein Mreiteu darüber rührt zu keinem endgül-
tigen Resultat; und wenn GOthe sagt: „Die Deutschen sulicu
zufrieden sein, dass sie zwei solche Kerle wie Schiller und mich
haben“, so lautet für uns Provinzialsten die Anwendung davon:
„wir Posencr sollen froh sein, dass wir zwei solche Künstler wie
Rubinstein und Tausig gehört haben“. Beide haben selbstver-
ständlich vor Ausverkauflen Sälen gespielt Nach ihnen machte
noch Ihr Laudsmaon Herr Sigmund Blumner uns einen Besuch,
aber ohne Erfolg. Wenn uns die Residenz Coucertspieler schickt,
dann wollen wir auoh wirkliche Virtuosen haben, nicht aber
CIs vierspieler, wie wir sie schon in unsrer Stadt zahlreich selbst
besitzen. Di« Beigabe der Frau Wer nicke- Bridge mau aus
London war in Blumner's Cooeart eine wahre Erquickung; die
Sängerin hat sich hier zahlreiche Freunde erworben. Und damit
für heut genug.
Feuilleton.
Ritter Sigismund Henkomm.
Von
C. £. H. Alberti.
(SekleM.)
Mit Freuden nahm ihn Talleyrand aufs Neue iu sein Haus
auf, und Neu komm vermochte hier, frei vou jeder äuisern
Amlaverpflichtung, ganz seinem Drange zum musikalischen
Schaffen auf den verschiedensten Gebiete» »ich hinzugebeu.
Nur durch eine seit dem Jahre 1825 seiner »ich kemfichtigrudc
Lust am Reisen wurde dieser Schaffensdrang periodisch unter-
barchen, ln diesem Jahre nämlich machte er die erst« Reise
nach Hallen. Welche liefen Eindrücke er auf dieser, wie auf
alle» spätem Reisen empfing, wie viele Anregung auf dem
Gebiete der Musik, davon geben seine regelmässig geführten
Tngebücher, welche hoffentlich sein Neffe in der von ihm her-
auszugebenden Biographie seines Onkels verarbeiten wird, ein
Zeugnis». Aber auch die interessantesten Bekanntschaften
knüplte er hier an und in allen kreisen, io die er Zugang
suchte, ward er nicht bloss freundlich Aufgenommen, sondern
er bildete bald ein unabtrennbares Glied der Familie, und sein
Scheiden Hess in aller diesen Kreisen eine nicht wieder auisu-
'füllende Lücke zurück. So schildert ihn uns in seinen Tage-
büchern der Minister - Resident Bunseo, bei dem er auf dem
Kapitol damals längere Zeit und später besonders auch auf
dem Hubel bei Bern im Jahre 1840 eio lieber Hausgenosse
geworden war. Nicht genug weies er zu rühmen, wie seine
ganze Eigentümlichkeit, sein richtiges Uriheil, seine Lauter-
keit und Aufrichtigkeit, sein hoher moralischer Werlh endlich
in Verbindung mit angeborenem Witz und Humor di« ver-
schiedenartigsten Charaktere in den verschiedensten Lebena-
aleilungen für ihn eingenommen, für ihn, der ihnen nichts zu
geben hatte, als seine aus seinem tiefsten Innern io seinen
Phsotasieu strömende Musik und seine reine Sympathie, mit
der er aut Alles eingiug, was es in Gefühlen und Verhältnissen
Reelles gab. Sehr bezeichnend bemerkt Buosen von ihm:
„Neukomm muss mit mehr Sinnen und Fähigkeit der Auffas-
sung begabt sein, als Andere Sterbliche; diese wendet er mit
vollendeter Geschicklichkeit an, um denen, welche er liebl,
Vergnügen zu machen und Schmerz zu ersparen; und auch
die, welche er nicht liebt, oder gegen di« er Abneigung hat,
beleidigt er nie. Keine Kalte, die zwischen Gläsern umher*
spaziert, ohne sie anzurühreii, «der Auch nur eine Vibrirung
hervorzurufen, hat ihn jemals in dem Talent flberlroffen, unter
allen Arten widerstreitender Charaktere seinen eigenen Weg
zu finden, ohne irgend Jemandem seinen Platz zu verrücken,
oder den Rahmen der Gesellschaft zu verschieben“. Daher
war es lür diejenigen, welche ihn einmal gekannt hallen, un-
möglich bloss ein Gefühl des tiernhabens zu empfinden; es
war ein wirkliches Bedürfnis« nach seiner Gesellschaft, welches
sie erfahren hallen, und ein Bewusstsein, dass sein Platz von
keinem andern auagefüllt werden konnte. Dabei aber stand
seine wohlwollende Naturanlage, so wie seine Fähigkeit zu
starker Zuneigung in einem eigenthümlichen Kontraste mit sei-
ner Fähigkeit zu berechnen, die nie überholen wurde. Nie
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166
(hat «r irgend etwas ausser dem, was er beabsichtigte und
nie lies» er sich überraschen. — Noch andre Widersprüche
in seinem Wesen Hessen sich nachweiaen, die dennoch seiner
Liebenswürdigkeit nichts nahmen, vielmehr ihn nur tu einer
tim so merkwürdigeren Erscheinung machten. Auf einen dieser
tief in sein Wesen eingreifenden Widersprüche, der die schmerz-
lichste Theilnahme für ihn erwecken musste, werden wir am
Schlüsse kommen.
Ausser Italien besuchte er zunächst Schottland und ver-
weilte länger bei dem gastfreien und Musik liebenden Walter
Scott in Abbotsford, als ein der Familie buld unschätzbarer
Hausgenosse. An der Seite Talleyrand’s, bei dem er bis zum
Jahre 1S<30 blieb, ging er um diese Zeit nach London, wo er
geehrt und seinem Werthe nach gewürdigt, bis zum Jahre
1836 blieb. Inzwischen machte er 1832 eine Reise nach Ber-
li i und (Ohrte hier zweimal sein Oratorium: „Das Gesetz des
alten Testaments“ auf. Seil dem Jahre 1836 lebte er wieder
in Paris, wie früher unausgesetzt Ihfitig iin Cotuponiren. Von
hier au» machte er in demselben Jahre eine Reise nach Mainz,
um dort bei der Einweihung des Gutteuberg-Üenkmala, und im
Jahre 1840 nach seiner Vaterstadt Salzburg, um hier bei der
Einweihung des Mozart-Denkmals thätig zu sein. Dazwischen
fällt noch ein Airsflug nach Algier, tu dom seine unwidersteh-
liche Reiselust ihn drängte. Ja es stand sogar fest, dass er
noch einmal die westliche Hemisphäre, und zwar diesmal den
nördlichen Thcil derselben, die Unionsstaalen besuchen wollte;
die Vorbereitungen waren bereits getroffen, da erfasste ihn im
Jahre 1846 eine Augenkrankheit, in Folge derer er ganz er-
blindete. Eine glückliche Operation in Manchester im Jahre
1848 gab ihm das Augenlicht zurück. Dadurch wurde es
ihm möglich im Jahre 1851 noch eine Reise nach dem Orient
tu machen, und zwar in einem Alter von 73 Jahren. Seitdem
schwand ihm das Augenlicht aufs Neue; die Mahnung an den
nahen Tod, der ihn den 3. April 1858 im fast vollendeten
Achtzigsten Jahre ereilte, war ihm keine willkommene, er selbst
sprach nie von demselben. Denn nur das war der schmerz-
liche Widerspruch in seinem Wesen: bei aller seiner sittlichen
Chnraktertüchtigkeil, bei seinem reichen Wohlwollen, bei sei-
nem in den Phanlasieen sich Versenken in die W'elt der Ahnun-
gen der Seele, von dem Unendlichen, war ihm jeder Glaube
an Gott und an ein Jenseits versagt und er selbst für die Trö-
stungen der Religion ganz unzugänglich, während er doch —
S'Hsam genug! — am liebsten sich in der Gesellschafl derer
bewegte, (wir erinnern nur an Hunaeri selbst und seine Familie),
welchen gerade aus dieser irinern Quelle glmibwnsvoller Ge*
wi— -heit von einem Jenseits der reichste Trost zuströmte.
Während Kunst und Natur, die reinsten Offenbarungen des
Ewigen, ihm die höchste Freude verursachten, und der weib-
liche, sowie der Kindeacharaktar (die Blüthe und Quintessenz
der Schöpfung) sein vornehmstes Studium und sein besonderer
Genuss waren, konnte er für den Schöpfer selbst keim-n Platz
finden. Freilich gelang es nur Wenigen in diese dunkle Tiefe
seines Gemüt hs hincinztiachniien ; denn er vermied es grund-
sätzlich »ich darüber auszusprerheii und besonders die entge-
genstelipnden Anschauungen seiner Freunde zu verletzen. Ilm
selber aber machte diese trostlose Leer« seines Innern oft
recht nnulücklich, weil die scharfe Empfindsamkeit seiner Ge-
fühle für ihn zur Qual werden musste, da keine Wunde, die
sein Herz empfing, je heilen konnte. So erzählt Bimsen von
ihm: „eines Abends, als er 9pät uns verlies«, nachdem er sich
durch Phanlasimj aut seinem Lieblingsinslrumente in tiefe
Melancholie hineingearbeitel hatte, gebrauchte er als Antwort
auf eine Bemerkung, welche über Träume gemacht worden
war, die Worte Hamlet'»: „was in dem Todesschlaf für Träume
kommen, wenn wir die irdische Hülle abgeslreift!“ leb ant-
wortete auf diese Frage: Daon, meine ich, erwachen wir von
allen Träumen; aber Neukomm stimmte nicht bei, sondern
entfernte sich kopfschüttelnd und stumm“.
Wie zahlreich die von ihm verfassten (Kompositionen sind,
beweist der von ihm mit grosser Genauigkeit geführte thema-
tische Katalog derselben. Danach halte er bis zum Jahre
1836 schon 524 Werke für den Gesang und 219 für Instru-
mente geschrieben. Die Mehrzahl derselben ist ungedruckt
geblieben; von den gedruckten sind die meisten in England
und Frankreich, verhlllnissmässig nur wenige in Deutschland er-
schienen. Während er in den meisten Gattungen seiner musi-
kalischen (Kompositionen sich in den Fusstapfen Haydn 1 » und
Mozart’s bewegte, ist er durch seine grossen Phantasien für
grosses Orchester der Schöpfer einer eignen Musik gattung ge-
worden und es früge sich, ob nicht manche derselben noch
heule verdienten dem Publikum in Deutschland vorgeführt zu
werden, das ja von seinem, von Haydn su hochgestellten,
kunstbegabten Sohne fast gar nichts kennt.
Nach Kategorien geordnet finden sich unter »einen Wer-
ken: 1) aus dem Bereiche der religiösen Musik: 7 Oratorien,
darunter „Das Gesetz des alten Testament»“, „Christi Aufer-
stehung“ und „Christi Himmelfahrt“, I Requiem, 1 gehaltvolles
Slabat maler, 15 Messen, 5 Tedeum», 5 Cantaten, darunter
„Der Ostermorgen von Tiedge und Circe", grosse Chöre und
Psalmen für eine und mehrere Stimmen; 2) aus dem Gebiete
der dramatischen Musik: 10 Opern, unter denen eine „Alexan-
der“, und deklamatorische Musik zu den Chören in Schiller’s
„Braut von Messina“; 3) der Concertmusik gehören an: Chöre,
Trios, Duos und Gesänge; 4) der Instrumentalmusik dagegen:
7 grosse elegante Phantasien für grosse» Orchester, Quintette,
Quartette für Pianoforle, Streich- und Blasinstrumente, insbe-
sondere Clarinette und Oboe.
Nach dem Urtheil« der Kenner, insbesondere auch dem
Felis*, sind Ncukomm's Composilionen alle gründlich und ge-
diegen; aber dem Modeslreben entgegen hallen sie sich an
diejenigen Meister, die ihm ausschliesslich Vorbild waren und
blieben, und es dürft* wohl darin ein Grund zu suchen sein,
warum ein s» eminent Iruclilbarer (Komponist bei entschiede-
nem Talent doch von dem grossem Publikum so unbeachtet
bleiben konnte.
Jonrnal.Rrvttf.
Die Allgemeine Musik-Zeitung beginnt einen Aufsatz „Pro-
gramme zu (Konzerten". — Die Neue Zeitschrift für Musik ent-
hält eincu Tappert'sehen Artikel „Wandernde Melodieen“. — Sig-
nale „New-Yorker Brief“. — Die Süddeutsche .Musik-Zeitung
schließt die lletraditung über „Niemanu".
Die französischen Musik-Zeitungen enthalten Unerhebliche.«.
\ o c li r i c I) t e n.
Hrrlin. Die Ferien für die Köuigl. Oper wie für das Schau-
spiel beginnt' u am 12. Juni, die für das Ballet einige Tage später
Am 15. August werden die Köuigl. Theater wieder eröffnet. Herr
General-Intendant von Hülsen wird in den ersten Tagen des
kommenden Monats seine Urlaubs reise antreten.
— An Stelle de» verstorbenen Professors A. W. Bach ist
Herr Professor Haupt zum üirector des Kirchenmusik-Institut*
ernannt worden.
Baden-Baden Die erste Aufführung der Hossini'schen Messe
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1Ö7
solennelle ist vom 15. <1. nur den 20. verschöbe« worden; eine
Repetition derselben ist auf den 22. angeaelzt.
Brettln«. FrAulein Lina Mayr, die graziöse kleine Hand-
scbuhmacberio, hat hier durch ihre in dcrThat einzigen Leistun-
gen eine besonders beifällige Aufnahme gefunden.
Dresden. Herr Friedrich Grützmacher ist vom Köuig von
Dänemark durch Verleihung des Danebrog-Ordena ausgezeich-
net worden.
DOaaeldorf. Das ausfQhrliche Programm des vom 16. bis
16. d. hier stattUudenden 46. N i eder rh einis c hen Musik fe st ist
folgendes: 1. Tag: „Josua“ von HAndel und 7te Sinfonie
in A-dur von Beethoven; II. Tag: Ouvertüre zu „Euryanlhe“ von
Weber, MagniBcat von S. Bach, Ister und 3ter Tbeil aus den
„Jahreszeiten“ von Haydn und Lobgesang-Cantate von Mendels-
sohn; III. Tag: Ouvertüre zu „Anacreon“ von Cherubim, Arie
für Sopran aus „Elias“ von Mendelssohn (Frau Bellingralh-
Wagner), Violinconcert von Beethoven (Herr Joachim), Reci-
taliv und Arie aus „Iphigenie in Aulis“ von Gluck (Herr Hill),
Lieder von Schubert und Brahma (Frau Joachim), Chor aus
den „Jahreszeiten“ von Haydn, Ouvertüre zu „Egmont“ von Bee-
thoven, Arie aus der „Zauberflöte“ von Mozart, Violoncello-Con-
cert von Schumann (Herr Grötzmacher), Scene und Arie aus
„Freischütz“ von Weber (Frau Soltaus), Barcarole und Scherzo
von Spobr (Herr Joachim) und Bass - Arie und Chöre aus
„Josiia“ von Händel. Die Zahl der Mitwirkendon beläuft sich
auf 854. Davon kommen auf den Sopran 220, auf den AU 185,
Teuor 123 und auf den Bass 192 Personen. Das Orchester be-
steht aus 50 Violinen, 19 Violen, 19 Violoncellos, 13 Contrabis-
sen, 4 Flöten, 4 Oboen, 4 Clarinetten, 4 Fagotten, 6 Hörnern, 4
Trompeten, 4 Posaunen, 1 Tuba, 1 Pauke, 1 Triangel.
Ilambor«. Die Hamburger Nachrichten schreiben über
Goidschmidt's Oratorium „Hutb“, welches am 5. .Mai hier zur
AufTührung kam, folgendes: Das Werk tritt den Schöpfungen
Mendelssohn'» auf dem Gebiete des Oratoriums nicht unwürdig
zur Seile, es zeichnet sich durch die Frisehe und Inuigkeit des
Gefühls und dadurch aus, dass ein natürlicher Fluss in uuer-
mattet mannigfaltiger Bewegung durch das Ganze strömt. Nicht
nur dass die Ausarbeitung der Form nach edel ist, sie hat auch
einen edlen Gedanken - Inhalt tu liefern, und der rauschende
Beifall, womit das Pastoral-Oratorium aiifgenommen ward, sowie
die stürmischen länger anhaltenden Applauso, welche einzelne
Nummern hervorriefen, war ein vom Orchester wie von den Rin-
gern gleich wohlverdienter.
— Herr Organist Armbrust, Direclor der Bach-Gesell-
schaft, ist in der Nacht vom 9. auf den 10. d. in Folge eines
Scblaganfslles gestorben.
— Concert der Pianistin Krone: Clavier-Quartetl Op. 47
von Schumann, Phantasie C-moll von S. Bach, Variationen Op. 52
von Heinecke, Vioiin • Sonate Op. 30 No. 3 (G-dur) von
Beethoven und Berceuse und Polonaise Op 22 von Chopin. —
Lieder -Conert des CAellien- Vereins: 43. Psalm von Mendels-
sohn, 23. Psalm von Schubert und gemischte Quartette von
Dowland, Ctausseu, Schumann, Hauptmaun. Kreutzer etc.
Königsberg Kircheu-Concert in der tragheimischen Kirche;
Composilionen für Fauen- und gemischte Chöre, Soli und Orgel
von S. Bach, Ecrard, Mendelssohn, Brahms, Schubert, II Hier etc.
— Die musikalische Akademie hat unter Leituug ihres Dirigen-
ten Lau dien Mendelssohu's „Küss“ zu Gehör gebracht. Die
Ausführung war eine besonders gelungene, namentlich zeichnete
sich Herr Hofopernsinger D eg eie aus Dresden durch seine
empfundene Wiedergabe der Parthie des Elias aus.
Lelpilg. Der akademische Gesangverein „Arion“ feierte in
den Tagen von« 10. bis 12. hier sein SOjRhriges Stiftungsfest.
Daa bei dieser Gelegenheit stattftndende Kirchenconcert bot Werke
von Richter, PalAslrina, Liszt, Volkmann, Hauptmaon, Jadaasobu,
Verbulst, Müller eto.
München. Herr Nachbaur bat vom Könige vou Wörtern-
berg die grosse goldene Medaille mit Ordensband der Würiem-
bergischeu Krone erhallen.
Wien. OfTenbach's neue Operette „Tulipalan“ steigt fortwAh-
reud in der Gunst des Publikums und erzielt glinzende Casseu-
Einnahmen.
Wiesbaden. Unter den für die Saison engagirten Künstlern
nennt man die Damen Lucca, Malliuger, Pescbka - Laut-
uer, Therese Liebe, Kormau-Neruda, Monhelli, Schif-
fer und die Herren Betz, _W a lter , Wilhelmy und de Vroye.
Paris. Die Rosainische Messe ist am 29. April in New-York
mit grossem Beifalle zur Aufführung gekommen. — FrAulein
Artöt wird Ende dieses Monats hier eintreffen, um den diesjäh-
rigen Sommeraufenthalt in ihrer Villa in Ville-d'Avray zu nehmen
Im Monat September wird die Hochzeit der Künstlerin mit Herrn
Padilla slattBudeu. — Offenbach ist von neioer Heise nach
Deutschland und Italien eingetroffen. — T halbe rg weilt gegen-
wirtig hier. — An Stelle von Hector Bei l io z in der musi-
kalischen Section des Institut de France ist FöKcien David ge-
treten.
Mailand. An der vou Verdi vorgeachlageuen Composition
eines Requiems zum Gedächtnis» Rossini's betheiligten sich ausser
Verdi die Componisten BAzzini, Roucheron, Buzzola, Cagnoni,
Cocria, Gasperi, Mabellini, Nini, Pedrotti, Petrella, Platania und
Ricci. Mercadaote hat aus Gesundheitsrücksichten seine Mitar-
beilschalt abgelehut.
New-York, den 24. April. Die Saison gebt nun zu Ende
und die Stunde ist nicht mehr fern wo wir die Rubrik „Oper
und Concert“ auf lAngcre Zeit ganz suspendiren können. Die
Philharmoniker gaben am 11. April ihr 5les Concert, ohne in
demselben hervorragende Leistungen zu bieten. Der Pianist
Richard lloffmann spielte Mendelssohn'» D-moll-Concert zum
wer weis« wievielten Male und Madame GAZzaniga sang zwei
Arien in wenig gelungener Weise. Die Orchesterleistungeu wa-
ren das Bestgeholene des Abends. Dieselben bestanden aus
Becthoven's erster Sinfonie in C-dur, Liszt's „Idealen“ und der
Faust-Ouverture von Wagner. — Die 3te und letzte historische
Soiree der Madame Ray mond- Ritter und des Herrn Mills
fand am 17. in Stciuway • Hall statt. Das Programm enthielt
Compositionen der modernen deutschen Schule in vorzüglicher
Ausführung. — Die Coneerl-Gesellsebafl des Madame Parepa-
Roaa hat am 21. In Steinway-Hall eiu grosses Concert gegeben
und am darauf folgenden Tage in Verbindung mit der Mendels-
sohn-Union, und demThouiAB'acheu Orchester Haydn’» „Schöpfung“
zur Aufführung gebracht. Die Leitung war in den HAuden des
Herrn Theodor Thomas — Das alljährliche Concert des Celliatcu
Berguer Tand am 20. statt. Ein Mendelssohn'scbcs Trio sowie
ein Quartett von Bcethoveu waren die Glanznummern des Concertos.
— Herr Bussine yor ga b eine historiaehe Soiree, in der er sich
als tüchtiger Pianist zeigte und den Wunsch rege machte, dass ei
doch nicht so selten in die Oeffenllichkeit treten möge. Der Concert-
geber wurde durch Herrn Kopta unterstützt, welcher Tariinis
Teufelssonate trefflich vorlrug. — Heute Abend ist zum Besten des
deutschen Hospital eiu grosses Concert, in welchem der Lieder*
kranz Mendelssohn s „Walpurgisnacht“ singen wird. St.
Baltimore. Auf dem nächsten Sänger feste kommt Händel s
„Messias“ zur Aufführung und haben bereits die Proben dazu
begonnen.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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Folgender Aufruf, dem wir den besten Erfolg wünschen, geht
uns mit der Bitte um Aufnahme zu:
Aufruf an Deutschlands Hänger.
Die Kunde von dem Tode Albert Methfessel's, des Alt-
meisters der deutschen Liederkuost, hat das Herz eines jeden
deutschen Säugers mit tiefer Trauer erfüllf Seine irdische Hölle
liegt versenkt Auf dem Friedhöfe zu Hrckeubeek; einsam und
flchrauekloa ist die Stätte. Lassen Sie uns das Andenken eines
solchen Mannes auch durch ein Äusseres Zeichen ehren, lassen
Sie uus sein Andenken auch für diu Nachwelt ehrend bewahren,
indem wir als deutsche Säuger durch Darbringung von Liebes-
gaben ein dem Dabingcscbiedenen würdiges Grab-Denkmal er-
richten.
Wir hoffeu mit Zuversicht, die deutschen Gesangvereine alle
werden mit Begeisterung unsere Bitte aufnehmen und zur Erfül-
lung derselben in ihren Kreisen naeb Kräften beitragen. Wir er-
klären uns bereit, Beiträge zu diesem Zwecke bis Ende October
e. entgegeuzunehmen und bitten, dieselben an den niilunturzeich-
neten Louis Heine, Secretitr der Liedertafel in Braunsohweig ge-
fälligst einsendun zu wollen.
Lieber die gesandten Liebesgaben werden wir öffentlich Re-
chenschaft ablegen und ersuchen noch schliesslich alle deutschen
Zeitungen, durch Abdruck dieses Aufrufs unserm Streben förder-
lich zu sein. Braunschweig, im Mai 1869.
Das t omltiv
Franz Abi. E. V. T Brassen. Loals Heine. Ferd. Meyer,
f. Münster. L. Schmidt. L. Schween. J. TeUgmana-
ß. Wagner. H. Werner.
Zur AnnAhmo von Beiträgen erklären uns bereit und werdeu
über die eingvgangenea Gaben in d. Bl quittiren E. B. 2 Thlr.
Berlin, den 19. Mai 1869. Ed. Bote & D. Baclc.
Musikalien -Nova No. 21.
aus dem Verlage von
PRAEGER & MEIER in Bremen.
Tktr Sfr
Bebr, Frans. Op. 142. „Schon eine frühe Lerche.“
Walzerlied für eine Siogstimme, mit Pianoforte ... — 15
Blumenthal, J. Kleine Potpourris aus beliebten
Opern, für Violine mit Pianoforte.
No. 18. Czaar und Zimmermann, von Lortzing . . — 15
No. 19. Die Zauberflöte, von Mozart — 15
No. 20. Das Nachtlager, von Kreutzer ..... — 15
Brvnner, €. T. Op. 478. 12 kleine Rondos über
beliebte Volkslieder, für Pianoforte. Complel ... 1 —
— Dieselben einzeln: No. 1—12 a — 5
Burg»! aller, K. Abendklänge, beliebte Tonstücke
für Zither. 6 Hefte 4 — 5
Dornhccktcr, H. Op. 9. Grande Polonaise pour
le Piano, 4 4 mains — 16
Friedrich, Ferd. Op. 201. Fanfare militaire pour
le Piano # . ... — 16
Fritze, W. Op. 11. Drei Clavierstücke.
No. 1. Tarantelle - 12|
No. 2. Romanze — 10
No. 8. Walzer — 124
Greckl, Max. Up. 14. Chaut lyrique, pour Violon
(ou Violoncello) et Piano — 17}
Hane kam. W. Op. 1. Deux Vaißes-Impromp tus,
pour Piano. No. 1. Cis-moli. No. 2. As-dur . .4 — 10
Heinrich, Alfred. 0p. 1. Vier Lieder für eine Sing-
stimme — 16
nenne*, A. 0p. 49. Fortschritte-Polka-Mazurka
für Piano. 2te Auflage — 10
Kerling, 9. Frühliugs-Begrüssung, Lied für eine
Singstimme mit Pianoforte — 5
— Dasselbe fftr Alt — 5
Schubert , Franz. 12 vierhAndige Märsche (Op. TUSgr,
27, 40, 51| Netto 1 -
— Op. 27. Trols Marches bdroiques, 4 4 mains. Netto — 10
— Zw eiliäudige Gompositioneu, arrangirt zu vier
Händen, von J. F. C. Dietrich.
Op. 18. Walzer und Kco.ssaisen .
Heft 1. 224 Sgr. Heft II. 17| Sgr.
Op. 49. Galopp und Ecossaben — 10
— Vierhändige Compositionen, arrangirt zu zwei
Händen, von I. F. C. Dietrich.
Op. 61. Sechs Poloaaiseu. Holt 1 und 2 ... 4 — 124
— Op. 121. Deux Marches characterbtiques — 20
Tauber!, W. Op. 155. Vier Gesänge, für Sopran
oder Tenor. No. 1. Der fröhliche Mann — 10
No. 2. Giiuse . — 124
No. 3. Frübtingsjubel — 124
No. 4. Maientag 12|
Tcracbak, A. 0p. 84. Sechs Lieder ohne Worte,
för Violine u. Pianufortc. 2 Hefte 4 20 1 10
— Dieselben für Cello und Pianoforte. 2 Hefte 4 20 . 1 10
Tonleiter für Pianoforte, nebst Schluss- Cndeozen ... — 6
Walzer eines Wahnsinnigen, für Pianoforte — 5
Znm Concurrem-Ansschrelben fUr
Operntexte.
Unserer Aufforderung vom 15. März o. an die Einsender der
Operntexle, solche baldgefitlligst unter Angabe von Titel und
Motto von uns zurückverlnngen zu wollen, ist nicht allseitig ent-
sprochen worden. Indem wir diese Aufforderung und Bitte wie-
derholen, benachrichtigen wir hierdurch die Einsender, deren
Molto nachstehend aufgeffthrt ist, dass falb bis zum 1. Juni eine
Abforderiyig jener Texte nicht erfolgt ist, wir darin die Abeioht
ausgesprochen finden werden, durch Oeffhung der Begleibeouverta
die Absender zu ermitteln und an deren Adresse die Rücksen-
dung zu bewerkstelligen.
Berlin, den 15 Mai 1869.
Ed. Bote d €«. Bock (E. Bock).
Ne. 2. D. N. Z. L.
- 6. Der allein besitzt die Musen,
Der sie trägt im warmen Busen,
Dem Vandalen sind sie Stein.
• 8. Ich schrieb dies Buch mit Drang dazu.
Nun fehlt noch Saug und Klang dazu.
- 9. ?
• 16. Individualität des Beobachteten führt
allein zur Naturwalirheit.
• 21. Es ist ein Tand und wird so hingetändelt.
• 22. Das wahrhaft Heitere beruht auf dem ernsten Grund des
ewig Wahren.
• 28. Mundua vult decipi.
- 28. Sine im et studio.
- 89. Den Dichter hemme Tadel nicht noch Lob im Schwung,
Die Blume reift im Sonnenschein und Sturm zur Frucht.
• 43. Deutscher Wein und deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten guten klangt
• 46. Herr Componist,
Ich habe meine Pflicht gethan, thun Sie die Ihre.
: - 47. Greift nur hinein in s volle Menschenleben
Ein Jeder lebt'*, nicht Vielen ist's bekannt
Und wo Ilir's packt, da int es interessant.
- 52. Ich sei, gewährt mir die Bitte,
Zum Mindesten doch noch der Dritte.
• 55. hinge wem GesAng gesehen
lu dem deutschen Dichterwald ’
Das ist Freude, das ist Leben
W'enn's von allen Zweigen schallt.
Verlag von Ed. Bote 6 6. Bock (E. Book), Königl. Ilofmusikhandlung in Berlin, Französisch* Sir. 83«. und U. d. Lin den No. 97.
Prack *n«i 6. F. Schmidt in Rerlta. Uitfer den Linden Kt. 14
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Von lütMr ZfilanK erncküinl *4nkM(l(ll
ein? Nummer.
Will. Jahrgang 21.
Zu beziehen durch:
WIEN. Spin*.
PARIS. Brand«! & liirfour.
LONDON. .Vovelln, Ewer di Co lUiDBi'iiid Ar Co.
St. PETERSBURG M. Bernard,
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2«. Mai IStfe
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Jährlich 5 Thlr, j ■MMudl[<Primi», hwla*
Halbjährlich 3 Thlr. * hend in einem Zu.<Hche-
rungg-Seliein im Betrage von 5 oder 3 Thlr,
Ladenpreis zur unumschränkten Wahl aus
dem Muaik-Vedaee von Ed. Rote & Ö. Bock.
Jährlich 3 Thlr.
| in Berlin, Unter de« Lmdeii 27, erbeten.!! Hilhjihrlirh l Thlr. 25 Sgr.» > ^ ,n ^ r '* m ‘ LV
I 1 Insertionspreis für die Zeile 1t Sgr.
Inhalt. Rafcnaion. — lirrlin, K*vae. — Onrr«»|ioi»<l*i»i?a an« Üässeliiorf, Lwido« und Pari». — KemMrton- Um o?u? K. K. Uparnlta«» in Wien.
— Journal* Rem«. — Naehri>’Men. — loa'rate.
B e c e n » 1 o n.
C«. Cü. CüprvinuH.
Hüiidet und Shakespeare. Zur Aesthetik der Tonkunst Leipzig, 1868, Wilh. Engelmann. 8. XIV u. 496 S.
i Besprochen von Rebert Eitner.J
Dass der Deutsche seine berühmten Männer, wenn nie
sich irgend eines Missgriffes schuldig machen, nicht allzu
zart behandelt, ist eine bekennte Thnlsuche. dass aber die
musikalische Well so jegliche Rücksicht und Achtung gegen
einen hochgeehrten Mann vergiss!, wird sowohl den Herrn
Verfasser, als seine ihn dazu treibenden lebendigen .Motive
emigermaassen überrascht haben. Der Vorwurf für Hän-
del eine tanze zu brechen und ihm in Deutschland eine
gleiche Stätte zu bereiten, wie sie Rach bereits gefunden
hat wird gewiss von jedem Musiker, welcher nicht nur den
Tagesdienst versieht, mit Freuden aufgenommen werden,
jedoch den bereits durch künstliche Zucht lieb gewonnenen
Seb. Bach durch ein gewaltsames Oclroyiren (ländel's
verdrängen und zurücksetzen zu wollen, ist ein verkehrtes
Verfahren. Wir wollen nicht den Ruf: Hier Bach! Hier
Händel! sondern: Bach und Händel! Trotz dem inusik-
liebendcu Sinne der Deutschen und der ganz enormen Quan-
tität nn Musik, welche täglich verbraucht wird, steht doch
das Verhältnis« zwischen der Pflege der guten, ernsten zu
der oberflächlichen Salon -Musik wie 1 : 1000; ziehen wir
aber erst die Fliege der allen Musik in Betracht, so fallt
nur ein ganz kleiner Brucbtbeil für sie ab; soll nun dieser
Bruclitheil auch noch durch künstliche Untergrabung gotheilt
werden, wie soll dann die Pflege der alten Musik gedeihen?
Die Händel’sclie Musik müsste eigentlich beim grossen
Publikum einen weil lebhafteren Eindruck hervorrufen wie
die Bach'seho. denn Händel ist melodiöser und dramatischer,
und es bedürfte gewiss nur einiger thntsachlicli eifrigen und
vermögenden Anhänger Händel’scher Musik, um in jeder
grösseren Stadt Deutschlands ähnliche Gesangvereine zu
gründen, wie es zur Pflege der Bach’schen Musik bereits
geschehen ist. Wir wissen nicht, ob solche Versuche schon
gemacht worden sind, würden uns aber gar nicht wundern,
wenn sie beim deutschen Publikum wenig Anklang fänden,
denn die Vielseitigkeit, Tiefe und Innigkeit Bach'scher Musik
ist in Händel doch nicht wieder zu linden. Ein Musiker darf
kein Spekulant sein, und es zeugt nur tun so mehr für
Händel« grosses Genie, dass er bei aller Spekulation, mit
seiner Musik Geschäfte zu machen, dieselbe auf einer solchen
Höhe erhalten hot. Zieht man einen Vergleich zwischen
dem äusseren Verlauf des Lebens dieser beiden Heroen, so
weks man ganz genau, warum der Eine dein Deutschen
näher liegt und ihn mehr fesselt wie der Andere.
Doch gehen wir jetzt zu dem vorliegenden Ruche selbst
über — dio äussere Bekanntschaft desselben setze ich vor-
aus, und wem es noch fremd sein sollte, der versäume nicht
sich die köstlichen Perlen selbst heraus zu lesen — und
betrachten eine Seite desselben etwas genauer, welche in
den bisher erschienenen Kritiken fast übersehen worden ist.
Die Einleitung | Seite 3 — 6| behandelt in einer ganz
meisterhaften Weise das jetzt sehr beliebte Thema der
Programm-Musik, und wir müssen Herrn G. in dieser kleinen
Abhandlung unsere ganze Bewunderung zollen, nicht nur in
Betreff der Einfachheit und Klarheit der Darstellung, son-
dern besonders wegen seines liefen Eindringens in das ursprüng-
liche Wesen der Musik, welches von vielen jetzigen lauten
Wortführern in der musikalischen Aesthetik völlig verkannt
wird. Wollte doch letzthin ein moderner Aesthelikcr iu der
„Neuen Zeitschrift für Musik“ uns beweisen, dass die Pro-
gramm-Musik desshalt» ihre völlige Berechtigung habe, weil
sich seit Olims Zeiten von den berühmtesten Meistern Ton-
stücke vorfinden, welche irgendwie der Programm -Musik
huldigen. Das heisst doch wahrlich die schwachen Seiten
eines Meisters zum Gesetze erheben. — Ich kann mich hier
einer Bemerkung nicht enthalten: Wann hat Mozart Pro-
gramm-Musik gemacht? Wenn er die Musik zur niedem
Komik herabzwang (siebe das Sextett: Ein musikalischer
Spassl, doch sonst niemals, und Mozart kann, Kraft seines
eminenten und naturwüchsigen Genies, wie ein ewiges Natur-
gesetz für alle Zeiten in musikalischen Slreitobjecteu als
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maasfigebeod betrachtet werden. Diesem jammervollen Zu-
stande der heutigen musikalischen Aesthelik macht Gorvinus
mit einem Worte ein Ende und das heisst: „Der Ton ist
der Gegenstand der Nach bilduog für die Tonkunst“.
G. ist sich sehr wohl bewusst, was er mit diesem kur-
zen Satze sagt und fahrt fort: „Man erwartet, statt einer
wortreichen Phrase wie sie in der musikalischen Aesthelik
üblich sind, eine einsilbige Phrase zu hören?* 4 Diese einsei
tige Phrase enthalt in Wahrheit das ganze Grundgesetz der
Tonkunst, und wer kein Slockgläubiger der Programm-Musik
ist, dem müssen die Augen aufgehon, welches Feld der
Musik von Natur angewiesen ist. G. giebt hierauf eine
ästhetische Abhandlung über die ganze geschichtliche Ent-
wicklung der Tonkunst von den frühesten Zeilen von der
griechischen Musik ah. bis zum Anfänge des neunzehnten
Jahrhunderts und man könnte dieselbe für das Vollkom-
menste und Vortrefflichste in Betreff der Darstellung weise
halten, wenn sich der Herr Verfasser nicht überall verleiten
Hesse, den ganzen Gang der Musikenlwicklung so zu sagen
durch die Hündelbrille zu betrachten und sich nebenbei die
Aufgabe gestellt hätte, die Instrumentalmusik in Grund zu
bohren. Bei der geistreichen, lebendigen und ergreifenden
Darsteilungsweise des Herrn Verfassers könnte das Buch in
der Hand musikliebender Dilettanten in der That der In-
strumentalmusik gefährlich werden, wenn die Ausfälle gegen
die geliebtesten und geachtesten Koryphäen der Instrumen-
talmusik, wie z. B. Beethoven, nicht zu derb und verachtend
wären, so dass es selbst dem unbewusstesten Dilettanten
auffallen und die Absicht des Herrn Verfassers: nur allein
seinen Händel dadurch um so höher stellen zu können, zu
deutlich vcrrathen muss.
So steht z. B. dem Herrn Verfasser die griechische
IM: dk dessliall) so hoch und erhaben da, — obgleich
sich Niemand eine Vorstellung von derselben machen kann
und uns auch nicht eine Note überliefert worden ist —
weil sie die Gesnngsinusik, das reeiürande Wort über die
Inslrumcnlalitmsik gestellt haben soll. Die initteralter-
liehe Mu-ik erfährt dagegen eine harte Abfertigung, warum?
Weil sie nur Musik machte und das Wort ganz lind gar
unberücksichtigt gelassen haben soll. — Die vielen herrli-
chen allen weltlichen Lieder sind dem Herrn Verfasser wohl
nicht bekannt? Sie würden ihm wohl die Augen öffnen,
dass Händel seine Melodik nicht aus der Erde gestampft
hat. — Kontrapunkt und Harmonie scheinen dem Herrn
Verfasser unangenehme Zugaben zur musikalischen Darstel-
lung zu sein, weil sie beide dazu beitragen das Wort zu ver-
dunkeln, dass aber ein Kunstwerk erst durch die richtige
Verwendung von Melodie, Kontrapunktik und Harmonie und
durch eine innige Verschmelzung dieser drei Elemente Le-
bensfähigkeit erhält, hat der Herr Verfasser wohl nicht in
Betracht gezogen.
Händel zeigt uns in seinen Werken überall, dass er
diese drei Hestandthcilo der Musik sehr wohl zu schätzen
wusste lind wenn ihm die Muse günstig war, sie zur höch-
sten Vollkommenheit vereinigte: doch auch ihm ergiog es
wie allen Sterblichen: der Born der Melodie versiegte, das
Musikstück musste durchaus fertig gemacht werden und in
dom Drange der Entstände griff er zum stets aushelfenden
Mittel: Die Kontrapunktik musste die Lücke füllen. Der
Kunstverständige bewundert hierbei die Kunstfertigkeit und
der Laie hört gelaugweilt ein ihm unverständliches Stimmen-
gewirr.
Es bleibt uns übrigens unerklärlich, wie ein Verehrer
Hflndcl's, welcher sich in der That mit allen seinen Ton-
werken innig vertraut gemacht haben soll, einen so einsei-
tigen Standpunkt einnehmen kann, wie der Herr Verfasser
in seinem Buche dokumentirt. Händel bat in jeder Branche
der Musiklileratur. wie Gesang-, Orchester- und Kammer-
musik Grosses geleistet und verlangt vorn Zuhörer einen
so bedeutenden Grad musikalischer Vorbildung, dass wir das
Hervorheben der Gesangsmusik vor den Instrumentalwerket),
ja sogar das völlige Negiren der Letzteren, gar nicht in
Einklang mit einer so hohen Verehrung der Iländel'schen
Musik bringen können. Es ist nicht unsere Aufgabe auf die
etwaigen leitenden Beweggründe, welches doch nur ein
Vermuthen sein könnte, näher einzugehen, wir können aber
nicht umhin unser lebhaftes Bedauern auszusprecheit. dass
sich der Herr Verfasser in seinen Meinungsäusserungen so-
weit von der allgemeinen Ansicht entfernt hat, dass hei ei-
nem völligen Aufgehen in seinen Ansichten von unserer
ganzen Musik nichts übrig bliebe, als die Sage von der
griechischen Musik und Händel's Gesangs werke. All* die
herrlichen Aussprüche und die tiefe kenntniss der geschicht-
lichen Entwickelung der Musik werden uns immer während
getrübt durch scharfe und schroffe Seitenhiebe auf die mu-
sikalischen Leistungen, welche in seinen Augen keine Gnade
linden. Dennoch ist das Werk zur Kenntniss einer Klasse
Künstler und Dilettanten, welche nicht unbedeutende Na-
men unter sich zählt und als Heaktion gegen das jetzige
Musiktroiben von hoher Bedeutung und Künstler wie Laien
werden sich die Saamenkörrier aus dem Buche herauslesen
und zum Besten der Kunst verwerthen, wenn auch nicht
ausschliesslich in dem Sinne, wie es der Herr Verfas-
ser wünscht.
Herlin.
H e r «f e.
(konigl. Opernhaus.) Al» Lady Harriei in Flotow’s „Martha 4 *
trat am 21. Fräulein Grossi zum zweiten Mal« auf. Die junge
Sängerin zeigte diesmal wenig Befangenheit und gab den Ton
in natürlicher Stärke; — wir erblicken gute Anlagen für den
colnrirten Gesang, mögen diese durch richtige» Studium und
Fbiss zu wOnschenswcrlhem Resultate I Ohren. Auffallend jedoch
war der Mangel an Ausdruck und Einpfinduui;; ob dem Fräu-
lein dieae Seite theatralischen Talents überhaupt abgeht? Die
Zukuntt wird es lehren! Da» spärlich versammelte Publikum
spendete der Debütantin wie den Herren Ferenczy und Sa-
lniuon und Fräulein Gey freundlichen Beifall. — • Am 10. wurde
für die hier tagende Allgemeine Deutsche Lehrer- Versammlung
Weber*» „Oberon 4 * gegeben. — Am 22. fand mit Genehmigung
S. M. des Königs eine Vorstellung zum Besten der durch den
Uraud der beiden Kölner Theater Geschädigten statt. Das Re*
perloir bestand au» 1. Borussia, von Sponlini, vorgetragen von
dem gesammten Personal der Königl. Oper. 2. Scenisclier Pro-
log von Fr. Adauii, gesprochen von Frau Jach manu und
Herrn Bern dal. .3. „Das erste Mittagessen 44 , Lustspiel von
Görlitz, dargestellt von .Mitgliedern des Friedr.- W'ilhelmstädt.
Theaters. 4. „Adelaide“, Genrebild von Hugo Müller, darge-
hlellt von Mitgliedern des Walluer-Theaters. (Das Beethoven’-
*che Lied gesuogen von Herrn Ferenczy.} 5- Das Ballet:
„Der Geburtstag“. — Am. 23. war „Czanr und Zimmermann“.
Im Friedrich- Wilhelraslädtischen Theater wurde am 22 zum
ersten Male aufgeführt : „Toto“, burleske Operette in 3. Acten
von Meilhac und Halevy, Musik von J. Offen hach und
fand eine so ausserordentlich günstige Aufnahme, dass das
Reperloir wohl für längere Zeit in wüusclieuswerthester Weise
versorgt sein möchte. Das Libretto ist einlach: Zwei adlige
Häuser in Fehde, deren Kinder sieb lieben, erinnern an „Romeo
und Julia 4 *; der männliche Sprössling der einen Familie, Toto,
welcher seiu Vermögen durchgebracht hat bis auf ein Schloss, das im
zweiten Act verauctiomrt wird, erinnert auch an den George Brown
in „Die weiase Dame 44 . Dennoch aber siud diese Reminiscen-
zen gar keine unangenehm berührenden, da um diese Vorgänge
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eioe Menge der verschiedenartigsten drastischen Charaktere
uruppirk sind, die einen durchweg freundlichen cnleidosropischen
Kindruck hervorbringen. Wir haben noch seilen in einem ko-
mischen Bühnenstück so viel dankbare Aufgaben gefunden, jede
Parthie hat ihre wirkungsvollen Seenen, welche des Beifalls gewiss
sein dürfen. Der Hauplrciz der Operette aber besteht wieder
in Offenbach's zündender Musik, die sich in einzelnen Num-
mern, namentlich in dem volkstümlich gehaltenen Lied-Duett
mit Chor ,, Rondelinmi , Rodelinette“ mr gewinnendsten Lieb*
ichkeit erbebt, so dass trotz mehrerer Strophen das Publikum
die Wiederholung stürmisch verlangte. Kine gleiche IC.li ro wie-
derfuhr dem Couplet - Duett im 2. Act mit dem Refrain „Die
Liebe macht Alle gleich“, durch bezügliche Verse auf Tages-
ereignisse noch pikanter gemacht, und dem Couplet der Katha-
rina un 3. Act. Jedoch nicht die genannten Stücke allein haben
überaus gefallen, wir konnten noch viele namhaft machen, be-
gnügen uns jedoch mit der Hinweisung auf Toto'* Lird „So
oder so“, dessen Refrain bald populär werden wird und auf die
ausgelassene fröhliche Sarabande und berichten on blue, dass
der Beihill säitiniilichcn Musikstücken in reichstem Maasse zu
Theil ward. Die Aufführung, trelllich und wohlgefällig »cenirt,
drastisch wirksam in den Einzel-Leistungen, von seltenster Prft-
cision in den Ensembles, gehörte zu den besten, die «vir an
dieser Bühne überhaupt erlebt; sie zeigte neben dem rühmens-
werthesten Fleiss und der Hingabe aller Bel heiligten, über
welch’ stattliche Zahl von talenlvnllen Krätten der Genre hier
zu verfügen hat. Wir würden bei so prächtigem Zusammen-
wirken ungern hl sein, wollten wir unser uneingeschränkte» Lob
nach irgend einer Seite vorwiegend spenden, da sich allp Mil-
wirkende um den Erfolg in gleicher Weise verdient gemacht
haben und io gleicher Weise vom Publikum ausgezeichnet
wurden. Wir nennen deshalb nur die Namen Fräulein R eiiom
iTolnt, Fräulein von Kigepo ( Katharina ), Fräulein Koch
I Jeanne), Fräulein Htlvarl ( Yicomiesse de Farandole ), Herr
Neumann |Dar alte Baron Crecy-Crecy), Herr Adolf i (Pilou),
der als Benefiziant mit Beifall und Hlumenspeoden begrünst
wurde, Herr Mathias (Haoul), Herr Schulz (Massepain) —
sie alle wurden nach allen grösseren Seenen oftmals hervor-
gerufeo. Sicher wird „Toto“ in der bunten Unterhaltung an
komischem Spiel und angenehmer Musik lange Z'-it die grösste
Anziehungskraft aosübeu, der Erfolg dürfte unter Oflenbach's
Werken als einer «Irr glänzendsten zu verzeichnen »ein. ( j ^
CorreiipoitilciiirB.
Düsseldorf, 90. Mai.
Das Niederrheinische Musik lest hat iu den Tagen vom
16., 17. und 18. Mai hier iu der städtischen Tonhalle
staltgelnnden. Der erste Tag war dem Oratorium und der Sym-
phonie gewidmet; zur Auffahrung gelangten „Josua“ von Händel
und die 7le .Symphonie in A-dur von Beethoven. Der einfache,
aber geschmackvoll decorirte Saal war iu allen seinen
Räumen mit Zuhörern gefüllt. Auf der Solistenhühne be-
merkte man die Damen Frau Joachim aus Berlin, Frau Sol-
taus aus Cassel, Fräulein Nagel aus Cöln, sowie die Herren
Vogl aus München und Hill aus Schwerin. Nachdem sich auch
fürstliche Personen nebst Gefolge eiugefunden halten, trat Herr
Kapellmeister Rietz au das Directionspult , woselbst er mit Ap-
plaus und Orcheatertuach begrüsst wurde. Hierauf nahm die
Aufführung des „Josua“ ihren Anfang. Dieselbe war im Ganzen
eine des erhabenen Werkes durchaus würdige. Die groasarligen
sich zu immer grösserer Wirkung steigernden Ghöre wurden
unter der sichern, genialen Leitung des I)re»duer Meisters zur
vollsten Geltung gebracht und mit Begeisterung aiifgenommen.
Einen besonderen Beifallssturm erzielte der Triuiuphgesang „Sehl
der Sieger naht, tönt Drommeten. Cymbelii schallt“, so dass der-
selbe aut allgemeinstes Verlangen wiederholt werden musste.
Von den Solisten trug unstreitig Frau Joachim (Olhnieli die
Palme des Abends davon. Diese Künstlerin dürfte, was Orato-
riengesang anlangt, wohl einzig dastehen. Herrlicher, sympathi-
scher Klang der Stimme, tief durchdachter Vortrag und eine si-
chere Beherrschung der Gesangstecltuik sind hei ihr vereinigt
und verleihen ihrer Leistling den Stempel der Meisterschaft.
Nächst ihr waren es die Herren Hill und Vogl, welche recht
wackere Leistungen hüten. Bei Frau Sol (ans machte sich der
Mangel des richtigen Verständnisses für die so schwierige Par-
thie der „Achsah“ geltend. Die Dame mag eine schAtzenswerlhe
Opernsängcrin sein, den Anforderungen aber, welche das Orato-
'rium und speciell die von ihr vorgetragene Parthie stellt, ist sie
\ Dicht gew achsen ! Das Orchester trug ebenfalls zum Gelingen
der Aufführung sein gutes Scherflein hei und wusste in dein
Vorträge der sich anschliessenden A - dur - Sinfonie von Beetho-
ven den ganzen Mclodieen • Zauber zu entfallen, weichen der
grosse Compouist in seiu herrliches Tongemäldc gelegt hat.
— Der zweite Festtag brachte unter der Leitung des Herrn Mu-
sikdiredor Tausch in der ersten Ahtheilung Weher*« Euryart-
Iben-Ouverture, Magniticnt von S. Bach und zwei Thalia aus den
% Jahreszeiten“: Frühling uud Herbst; diu Direct ton der zweiten
Abtheihing „l.ohgesang“ von .Mendelssohn hatte wiederum Herr
Kapellmeister Rietz übernommen. Während der erste Tag ein
so glücklicher zu neuneil war, schien über dem zweiten ein Ln-
glückssteni zu schweben. Das Publikum kam in keine recht behag-
liche .Stimmung. Es mochte dazu auch die eigenthümliche Zu-
sammenstellung des Programms beigetragen bähen: Von der
Weber'schen Romantik zu dem ernsten, poliphonen Style Bachs,
von da wieder zu der lieblichen, idyllischen Muse Haydns
und endlich zu Mendelssohn*« tief religiöser Musik. Dazu kam
noch, dass das Orchester bereits die Ouvertüre zu „Kuryanthe“
begonnen halte, ehe sich noch die Zuhörer sämuitlirh versam-
melt, und dass iu Folge dieser Störung fortwährend die Wir-
kung der Musik unterbrochen wurde. Die Aufführung des
„Magnifical“ war keine sehr gelungene, auch litt dieselbe darunter,
dass die Soloparthicen nicht zur Geltuug kamen. Es machte sich
bei diesem so schwierigen Werke der .Mangel mehrerer Proben sicht-
lieh fuhlliar. Selbst Fr. Joachim vermochte mit ihrer Arie „Esu-
rieules implcvil“ keinen durchgreifenden Erfolg zu erzielen. Da-
gegen w urden Haydn s „Jahreszeiten“ ganz vorzüglich aufgeführt.
Die Soloparlhieeu waren in den lländcu der Herren Hill uud
Vogl und der Frau Soltnus Iu Mendelssohns „Lobgesang“
zeichnete sich Frau Beilingrath- Wagner, welch« das So-
pransolo übernommen hatte, durch ihren vcrständnissvollen,
acht musikalischen Vortrag aus. — Der 3le Festtag war, wie es
schon seit Jahren hergebracht ist, dein „KOnsller-Coiicert“ Vor-
behalten, und bot derselbe reichlichen Ersatz für dasjenige, was
am Tage vorher verunglückt war. Das Concert wurde mit Che-
rubini's Anakreon- Ouvertüre ciiigelcitet, die eine schwungvolle
Aufführung seitens des Orchesters erfuhr. Herr Vogl sang hier-
auf die Arie aus Weber*« „Euryanlhe“ — Wehen mir Lüfte Kuh’
— und erntete lebhaften Beifall. Dem Dacapo-Rufe konnte vom
Sänger nicht entsprochen werden, da er sich sofort nach seinem
Vorträge auT die Rückreise nach Müuchen begehen musste. Hier-
auf trat der Geigerkönig Joachim vor das Publikum, welches ihn
begeistert empßug und nicht eher ruhte, bis das Orchester ihm
einen Ehreutusch gebracht hatte. Wie Herr Joachim das Beetho-
ven’sche Concert spielt, ist weltbekannt, es durfte demnach «Iso
nur zu erwähnen «ein, dass der Beifall der Zuhörer kaum ein
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Ende nehmen wollt«. Herr Hill haUe nach einer solchen Mei-
sterleistung einen schweren Stand; dadurch das« er mit der Scene
und Arie des Agamemnon aus Gluck'« „Iphigeuia in Aulis“ aber
trotzdem sich einen ehrenden Applaus errang, bewies er seine
Ktiu&tler&chaft in vollstem Maasse. Frau Joachim trug nun
2 Lieder von Brahms und Schubert vollendet vor und gab auf
allaeitiges Verlangen Schumann'* „Ich grolle nicht“ zu. Ein Chor
aus den „Jahreszeiten“ beschloss die erste Abtheilung. Die
zweite beganu mit Beethoven s Kgmont-Öuvcrlure. Sodann sang
Frau Be 1 1 in grath- Wagner die Sopran-Arie „Höre Israel“ aus
dem „Elias“ und später 2 Lieder von Schumann und HUter. Sie
erzielte damit eineu nachhaltigen Eindruck und gelang es auch
Fr. Soltau« in dem Vortrage der Sehlumnierarie aus dem „Frei-
schütz“ mehr wie am ersten Tage zu reuasiren. /wischen den Gesän-
gen der beiden Damen spielte Hr. G rOtzmacher das Sehumann'-
«che Cello-f.onrert, ohne damit eine glückliche Wahl getröden zu
haben. Dass der bedeutende Künstler mit Beifall belohnt wurde,
versteht sich \on seihst. Hieran schlossen sieh nun noch Joa-
chim'« Vorträge: Scherzo und Barcarole von Spolir, welche ihm
wieder einen doppelten Hervorrur einhrachtcn. Den würdigen
Schluss bildeten einige Chöre mit der vorangegangenen Dankaric
Calehs aus „Josua", letztere von Herrn Hill weihevoll ge-
sungen. E— .
London, 22. Mai 18Ö9.
Endlich, endlich die erste Aufführung von Rossini'« „Messe
solenneile“ f Es war aber auch Zeit für uns, nachdem Paris
mindestens schon lOWiederholungen erlebt und andere Hauptstädte,
z. B. Brüssel und New-York wie auch Florenz, uns voraus
waren. Um so inehr erwartelcu wir hier einen ungeheuren
Andrang — doch in Wahrheit ging der Verkauf der Billets
nicht sehr rasch vorwärts und als am letzten Millworh Signor
Arditi den Tactstnck erhob, war St. James Hall zwar gut
besetzt, aber es blieb doch noch Platz genug lür das Publikum frei.
— Sollten die hiesigen Musikfreunde vielleicht , die über die
Schneckenreise der Messe von Poris bis hierher nur im Stillen
sich beklagten, durch ihre Abwesenheit einen Tadel über die Ver-
spätung haben missprechei] wollen'? — Nun, um so schlimmer
für sie, eines seltenen Genusses verlustig gegangen zu sein. —
Das Aufführungsrecht hatte Mr. Gye, der Co-director der ita-
lienischen Oper, erworben und daher auch seine ihm zur Dis-
position stehenden Kräfte in'« Feld geschickt. Kapelle und
Chor stammten von der Royal Ilalian Opera, Covont-Garden,
ebenso wie die Solisten: Milt*. Tietjens, Mlle. Scalchi,
Signor Mongini, und Mr. Santley. Do nun die Mitwirken-
den sich alle heimisch fühlten , so durfte man mit Recht auf
eine tadellose priieisc Aufführung rechnen — und wenige Un-
ebenheiten nicht beachtend, können wir nur mit vollem Lobe
über das uns Dargebotene sprechen — aber ein Umstand, der
«war eilig geebnet wurde, bitte, wenn mit mehr Umsicht und
Ruhe ausgefOhrt, uns das Gelülil des Unheimischen gar nicht
aulkommen lassen. Es ergab sich nämlich, dass die Stim-
mung der Orgel mit der des Orchesters nicht glvichmAssig w ar, und es
blieb nichts übrig, als einen Theil des Instrumentes zu dieser
Höhe hinauf zu bringen. Von den 14 Nummern der Messe
erlangten die Fuge „Cum sanclo spintu”, das „Credo“ mit
dem Solo für Sopran „Crucilixus“ dun grössten Beifall, das
oralere wurde da capo verlangt und gegeben, ebenso das „Sanctus“.
Der Erfolg war im Allgemeinen ein glänzender und wohl ver-
dienter; das Publikum gab ein einstimmiges günstige» Irtheil
ab und wird die Kritiken wohl verstummen machen, die dem
Werke Musik zwar nicht absprechen, iiuu aber „heilige” Stim-
mung nicht einräumen. So geschah es auch mit Rossini«
„Stöhnt ruater“! — Io der Roval Halian Oper war das erste
Auftreten der Mme. Patti in dieser Saison am vergangenen
Sonnabend ein ereignis&voller Abend; das zahlreich versammelte
Publikum jauchzte dem Liebling entgegen, als sie nls Amina in
der „Nachtwandlerin“ sich zeigte; es war ein Applaus ebenso
herzlich und enthusiastisch nls einstimmig. Als vor acht Jahren
um ungefähr dieselbe Zeit Miss Adelinn Patti in derselben Rolle
zuerst vor das Londoner Publikum trat, herrschte lautlose Stille,
denn wer kannte die junge Sängerin damals auf dem Continent;
weuigt* Arien genügten schon, die Zuhörer zu entzücken und
eine Hoffnung zu erwecken, in dieser damals jungen, 17jährigen
Sängerin eine zweite Jenny Lind sich entfalten zu sehen. Diese
Hoffnung ist zuin grössten Theile realisirt worden, Adelinn Palti
hat hier und überall, wo sie gesungen, einen an die schwedische
Nachtigall erinnernden Erfolg gehabt. — Ihre Stimme hat sich,
wenn möglich, noch gebessert und ihr Spiel an Herzlichkeit,
Empfindung sicherlich gewonnen; — ihr würdig zur Seile «lan-
den Signor Mongini als Elviuo, Signor Bagagio Io als Graf
Rudolf. — Die Einnahme des Abends «oll 1600 Pfund Sterling
(ca. 11, (KM) Thalerl betrageo haben — Neu in der letzten
Woche war Mlle. Nüsson'« Violetla in der „Traviata“ und
Meyerbecr’s „Robert der Teufel“ mit MUes. Tietjens und
llma di Murska als Alice und Isabella; ausserdem brachte
die Oper noch: „Don Juan“ und „Don Pasquale“, „Lucia“ und
dcu „Barbier von Sevilla“. — Die Opern-Saison kann füglich
als auf ihrem Gipfel angelangt betrachtet werden und obgleich
wir das Forlbleiben Her Mme. Lucca aufrichtig zu bedauern
haben, müssen wir doch mit dem vier-sternigen Kleeblatt —
Tiefjen«, llma di Murska, Nilsson und Patti — ganz zufrieden
sein — und wer wagt da zu widersprechen? H — I.
Paria, den 22. Mai 1969.
Mit Ende diese« Monats tritt ein grosser Theil der PariserThea-
ter in die gewohnten Sommerferieu. Das TheAtre Italien schloss
vorige Woche mit der Oper „Rigoletto“, nach einigen Vorstellun-
gen d«s Meyerbeer'scben „Struensee“. — D«s Theatrc lyrique ver-
heilst zur Wiedereröffnung am ersten September eine neue Oper
Gounod's: „Le« deux reine*“ und verspricht ausserdem Wagner'*
„Lohciigrin“ und eine neue Oper von FJotow. — Für das Athenee,
w elches am 15. Juni srhliesst, hat Ricci, angeregt von dem Erfolg
seiner „Folie ä Rome“, eine neue Oper zur Wiedereröffnung be-
reit, und wollen auch F'lotow und Grisar dem vermehrten Per-
sonale iicud Werke bieten. — Die Kouffcs parisienne« reisen den
Sommer über nach Raden - Baden, um alldort Offcubaclfs neue-
stes Produkt „La Princesse de Trebizonde“ zur ersten Aufführung
zu bringen. — Halcvy's „Jaguarila“ erhält «ich. Dank auch, lie-
hen der wcrthvollcn Musik, der noch immer ausgezeichneten
Darstellung des F'räulcin Ca bei, auf der Höhe eines aus-
gezeichneten Erfolges, obwohl das Werk nicht eigentlich
in die SpecialitAt der Opera comiquc gehört. Die Herren
Achard, Barre und Bataille sind die übrigen Hauptpfeiler
dieser ausgezeichneten Interpretation. — Die letzte Reprise des
„Faust“ in der Opera mit F'rau Carval ho und Herrn Faure hat
13,000 Francs Bereite erzielt. — Frfiul. Sasa, welche wieder in
den „Hugenotten“ Triumphe feierte, wird demnächst in Baden-
Baden Trovatore lind Ballo in maschera singen, und damit ihre
beabsichtigte italienische Carrierc beginnen, zu welcher sie Di-
rector Bagicr ermuntert hatte. Der Gehalt der Adeline Patti
lässt auch diese Sängerin, die anderswo ihren Platz mit Fahren
behauptet, nicht ruhen, lind ist die italienische Sprache ihr
„klangvoller“ als die französische. — Ebenfalls in der Opera wird
Meyerbeer's „Prophet“ zur Reprise in den nächsten Tagen
vorbereitet. — Die berühmten Pianisten Rubinstein und
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T ha Iber g sind in Paris eingetroffen. Ersterer verfügte sich
auf einige Zeit nach Londou und St. Petersburg und wird im
Winter wieder hierher zurückkehren. — Pianist Bitter unter-
nimmt mit einer Kunst-Compagnie demnAcbst eine Concertreise
nach Amerika. — Die Wittw« Rossini's hat an den Musikver-
leger Miohotte die Oeuvres posthumes ihres Gatten um einen
sehr hohen Preis, man sagt 150,000 Francs, verkauft, welche nun
sehr bald der Oelfentlichkeit übergeben werden sollen. Dies als
Avis alten Sängern, Pianisten, selbst Violiui&ten und Hornisten. —
Das durch ein Fallit frei gewordene Chatelet - Theater, das
gegenwärtige Ideal aller Kinder und Liebhaber von Fee-
rieen , bat zum neuen Direktor, Herrn Nestor Roque-
plan, den früheren Direktor der Opöra, der Optra Comique
und des Variett-Thelters. — Das uuu ergreifende Drama Sardou's
„Patrie 41 , entlehnt der Märtyrer-Geschichte der Niederlanden, wel-
ches bereits an 70 Mal die weiteu RAume des Porte-Saint-Martin-
Thealere füllte, wird vou Verdi in Musik gesetzt. Das Drama
entb< hoch dramatische bcenen Tür die Oper — die auch wür-
dig eine« Meyerbear uud llalevy und der Instrumentation Wagners.
— Dies das Wichtigere — obwohl vielen Frauen in Paris es für
das Wichtigste gilt, dass der kleine Knebelbart des Tenoristen
Capoul — welcher für Ottenbachs „Vert-vert“ zum Opfer lallen
musste, nun bei dem cingelretenen Urlaub des Künstlers bald
wieder gross genug wachsen werde, um diesen „schönsten“ aller
Singer wieder das frühere Interesse zu verleihen. Vergebenes
Holten I denn Capoul wird auch in den ProvinzstAdten als Vert-
vert dobutiren, und da muss eine seiner Hauptzierdeu, der Kne-
belbari, wieder daraut Grausamer Olfenbachl Unglücklicher, um
das Entzücken der Dameu rasirter Tenor 1 — A. v. Cz.
Feuilleton.
Das neue K. K. Opernhaus in Wien.
Das neue K. K. Opernhaus, dessen Bauplan den beiden
Architekten van der NOlt und von Siccardsburg mit der Aller-
höchsten Enl&chlicssung vom 28. Ociober 18(11 zur Ausführung
genehmigt wurde, gilt in seiner Hauplanlage als eine freie
Schöpfung der genannten Künstler, als Original, wihrend die
Form des Zuschauerraumes an die Theater Scala in Mailaod
und Carlo Felice in Genua erinnert, au die sogenannte Eifortn.
Der Styl, wenn auch nicht ganz rein gehalten, ist im Allge-
meinen jener der französischen Renaissance, überhaupt derje-
nige, welcher den beiden .Meistern vor ollem zusagle. Simmt-
liche Entwürfe und PIAne stammen von denselben, wobei van
der Nüll den derorativen, Siccard von Siccardsburg den construc-
liven Theil sowie die Anlage des ganzen Gebinde» übernom-
men hatte. Wir erinnere bei diesem Anlasse daran, dass die
ausserordentlich Gültigen Minner den völligen Abschluss ihres
Werkes nicht erlebten; der erste starb am 5. April 18ft8, der
zweite am 1J. Juni desselben Jahres.
Der Zuschauerraum ist gegen die Ringatrasse, der Bühnen-
raum und die hinter demselben befindlichen Decornlionsmaga-
zine sind gegen das alte Opernhaus angelegt; zu beiden Seiten
des Dühnenrauoies und längs der Bühne helinden sich die Au-
klcidezunmer IQr die kOmitler, wobei da» System durchgeführt
wurde, das» gegen die Kärnlnerstrassr die Herren und gegen
die Operiign*se die Damen der Oper und des Ballets unterge-
brach! sind. In dem \ orderen Quortracle gegen die Opern -
ga&se ist die Anfahrt uud das reich ausgeslattele Stiegenhaus
lür die Kaiserliche Loge, au der entsprechend gegenüberliegen-
den Seite gegen die kftrntnerstrassc bin dagegen die Anfahrt
und das Stiegenhaus lür die erzhenogliche Loge situirl. Die
zwei rückwärtigen Quertrncie dienen als Eingang für das Büh-
nenpersonal. — * Das ganze Haus hat eine Lange von 62° 3‘ 6"
und eine Breite von 51 4 0* 0" und der Bsu desselben wurde
nach Abtragung des alten und neuen Kärnlnerthores und nach
Planirung der Augustinerbastei an der Stella dieser letzteren
und des neuen KÄrnlnertbores sowie des ehemaligen Stadtgra-
bens aufgeführt. Die sehr geräumigen Souterrains, welche
sich unter dem ganzen Hause befinden, dienen theils zu Büh-
neniwecken, anderentheils lür die Anlage der Beheizung und
Ventilation. Da die Bühne um zwei Klaftern Über dem Ring-
strassennivenu angelegt iat, so bat der Raum uoter der Bühne
eine Tiefe von sechs Klaftern, dagegen unter den übrigen Theilen
des Hauses eine Tiefe von vier Klaftern. Von der Ringstrasse bis zum
Hauptgesims des hohen Aufbaues misst das Haus 14* 1* ft"
und bis zum First 20* 4* 0". — Dss Theater ist nach Thun-
lichkeit feuersicher cooslruirl, daher das Dach aus Eisen her-
gestellt und von der Bühne und dem Zuschauerraume durch
eine nuf eisernen Traversen ruhende Ziegelgewfdbdecke isolirt;
ebenso ist der Dachboden von dem Ztischatierraume durch
eine solide Feuermaucr getrennt. — Die Bühne selbst ist von
feuersicher gewölbten Gingen nach ihrer Lloge, Breite und
Höhe von den NebenlocnlitSten getrennt, in welchen sich die
Brandlöschvorrichtungen befinden. Unter dem Dach« zwischen
der Vorder- und der Hinterbühne befinden sich fünf Wasserreser-
voirs von Eisenblech, welche ein Quantum von 4870 Kubik-
fuss Wasser für Zwecke der Bühne, und zwei Ähnliche Reser-
voirs unter dem Dache des Zuschauerraums, welche ein Quan-
tum von 2000 Kubikfuss Wasser für den Zu9chauerraum
vorrAthig enl halten. Das W’osser zur Speisung dieser Reser-
voirs wird mittelst einer Dampfpumpe aus einem gerAumigen
Brunnen im Souterrain hinaufgeschafft. — Die Heizung iiu
Hause geschieht mit wenigen Ausnahmen durch heissen Dampf.
Der Dampf selbst wird in sechs grossen Kesseln erzeugt und
hat die Aufgabe, das Haus im Winter zu heizen; dann sind
vorhanden eine 12pferdekrA!iige Dampfmaschine für die Ventila-
tion UDd eine zweite, 5pferdekrAftige Dampfmaschine für den
Betrieb der Bühnenmaschinen und um die Speisung der Was-
serreservoirs in Betrieb zu setzen. — Die nach einem ganz
neuen System angelegte Vcntilationseiiirichtung ist nach den
Entwürfen und Angaben des Professors Dr. Böhm und der
grosse dsbei in Verwendung gebrachte Ventilator, welcher die
Aufgabe hat, das Haus namentlich zur Sommerszeit mit frischer
Luit zu versehen, nach den Angaben des Professors Beyer. —
Die Beleuchtung des ganzen Hauses geschieht durch Gas und
wird mittelst 4000 Flammen erwirkt. Auch auf diesem Felde
sind wesentliche Neuerungen und Verbesserungen zur Anwen-
dung gekommen, da man principicll im Zuschauerraume sAmrnt-
lirlie Gasflammen mit Abzugröhren versah, wodurch die Hitze
und die unverbrennbaren Gase aus dem Raumo entfernt wer-
den. Das Proscenium wird durch ein System von Gasflammen,
welche verdeckt in der Decke des Zuschauorrniimcs angebracht
sind, die Bfihnenrampe nach dem Lecnque'schen System be-
leuchtet. Zur Beleuchtung des Zusciimierraums ist übrigens
eine Brflstuogsbeleuchtung angebracht und an der Decke sind
lü Sonnenbrenner mit je 35 Flammen, endlich ein Gaslustrc
mit 1(10 Flammen eingerichtet. — Zur Bequemlichkeit des Pu-
blikums ist die Einrichtung getroffen, dass für die Logen und
für jede Gulerie eigene Foyers vorgedacht sind, um sich in
den Zwischenaden ergehen und Erfrischungen nehmen zu können.
Das Theater besitzt eine Loge sammt einer Privatloge für
S. Maj. den Kaiser, eine Loge für die Erzherzoge, eine Fest-
loge, welche gewöhnlich für die Suite des Allerhöchsten Hofes
bestimmt ist; eine Loge für den Oberslhoftneisler, zwei Logen
für die Künstler des Theaters und nebst diesen 02 Logen für
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174
das Publikum, ferner sind zwei Galerien för Sperrsilxe, Frei-
sitze und Slehpublikum eiogerichlet. Da* Parterre ist in zwei
Theile eingetbeilt; in dem ersten befinden sich Sperrsitze allein
und in dem zweiten Sperrsitze und ein entsprechender Baum
für Slehpublikum. Numerisch stellt »ich die Zahl der Sperr-
sitze folgeodermassen heraus : es befinden sich deren im Par-
quet 352, im Parterre 80, in den oberen Stockwerken 246,
überdies sind in der dritten Galerie 131 Frenitze und in der
vierten Galerie 320. — ■ Oer Fassuogaraum des ganzen Thea-
ters betrügt Über 2600 Menschen. — Oas Foyer wurde' benützt
zur Verherrlichung unserer vorzüglichsten Operncompositenre.
deren Büsten über den ThOren angebracht sind und wozu
Meister Schwind Sirenen nun den vorzüglichsten der von ihnen
cnraponirleri Opern malte. Von Schubert sind „Oer häusliche
Krieg' 4 , von Gluck „Armida", von Mozart die „Zaubernöle",
von Beethoven „Fidebo“, von Dittersdorf „Apotheker und Doc-
tor", von Meyerbeer „Die Hugenotten", von Weber „Der Frei-
schütz", von Rossini „Oer Barbier von Sevilla", von Cherubim
„Der Wasserträger", von Boieldiau „Die weisae Frau", von
Marsebner „Hans Meiling", von Sponlini „Die Vestalin" und
von Spohr „Jessunda" vertreten; Überdies beÜnden sich in den
beiden au das Foyer anstosaenden Buffets die Büsten der Com-
positcure Auber, Wagner. Üonizetti und Bellini. Ein pikante-
res viii-ä-vis lies» sich wohl beim Zuckerbäcker kaum finden
nl* hier durch Zufall mit Auber und Wagner. Im Foyer sind
zwei Votivtafelu angebracht; die eine enthält: Begonnen im
Jahre 1861. vollendet ‘im Jahre 1868; die andere besagt: Er-
baut vou den Architekten Eduard van der Nüll und August
Siccard von Siccardsburg. — Die sieben Statuen |die sieben
freien Künste) von Joseph Gasser im grossen St legen bau st*
wurden neuesten» au («es teilt; auch sind die Medaillons van der
Nülls und Siccardsburgs, vorläufig nur aus Gips, eingesetzt. —
Der Zuschaiierraum ist weis» in Gold decorirt und die Logen -
Vorhänge sowie die Tapeten sind in rothem Seidenstoff ausge-
führt. — Der erste Angriff dps Baues begann am 16. Decem-
ber 1861; »in 4. März 1862 wurde der erste Stein gesetzt,
am 20. Mai 1863 der Grundstein gelegt; vollendet endlich
wurd>‘ das Werk am 15. Mai 1860, dessen Kosten, mit Aiih-
schloss »Iler inneren bühnlichen Ausstattung, als da sind Deco-
rationen, Costüme u. s. w„ sieb aut nahe sechs Millionen belaufen -
Schliesslich sei noch bemerkt, dass das mächtige, impo-
sante Gebäude, im Innern mit seinen 5 Etagen, nach aussen
mit wechselnder Höhe der Stockwerke (je uarh dem Zwecke
der Bauten), auf seiuen beiden Flnnkentheileii mit Arcaden ge-
schmückt ist, in welchen Reiben von verra<elliet><n Verkaufs««»
wölben angebracht sind. Sonst befinden sich im K. K. Opern-
haus« auch noch die Wohnung für den K. K.Hofoperndirector nebst
Kanzleien und Bibliotheken etc. etc., auch drei Mnlcrsitle, die
Depotkaininern, di« CnchirwcrksläU«. die Behausung für den
lnspeclor und noch sechs Wohnungen für HausoDicianten.
(K. Wiener-Zeitung.)
Journal-Revue.
Die Allgemeine Musik-Ztg. netzt den Artikel „Programme zu
Concerten“ fort. — Die Neue Ztsclift. für Musik bespricht Ra-
malin’* Monographie „Bach und Händel". — Die Signale enthal-
ten die Lebersctzuug einer Kritik aus der Revue et Gazette rau-
sicale Ober Coucttaut's Werk „La Musique, len Musicieua" etc.,
in welcher besonders die verdienstvollen Leistungen Kästner’«
eingehend gewürdigt werden. — Südd. Musik-Ztg.: Besprechung
von Franz Müller s Broschüre über Wagner’« „Meistersinger".
Die Revue et Gazette musioale bringt den 4ten Artikel Ober
„Das Komische in der Musik".
Nachrichten.
Baden-Baden. Am 20. d. wurde hier, zum 1. Male vollständig in
Deutschland, die Rossini'sche Festmesse und zwar mit dem glän-
zendsten Erfolge aufgeföhrt und wird am 22. wiederholt werden.
— Am 29. d. M. ist grosses Orchester • Concert unter Mit-
wirkung der Sängerinnen Fräulein Arnold und Schmidt,
der Pianistin Staps und des Violinisten Heurmann. In der
ersten Hälfte des Juni linden 8 Soireen de« Florentiner Quartett-
vereins statt. Die Kammer-Coucerte sind auf den 19. und 26.
Juni und 3. Juli festgesetzt. Es werden in denselben mit wirken
die Daiiieii: von Vilhorst, Krebs (Piano), Bloch, Norman-
Neruda (Violine). Kastner-Kscudier (Piano), Schröder,
Carreno und Dreyfiia (Orgel), die Herren: Verger, Pagans,
de Vroye (Flöte). Lefort, Hasselmann, Jourdan, Lasserre.
Am 7. Juli beginnen die Operetten- Aufführungen des vollständi-
gen Personals der Bouffes- Parisiena.
Bielefeld. Das 3t« Ravensberger Musikfest ist recht gut
ausgefallen. Der erste Tag br»rh|p Mendelssohn s „Paulus" in
einer wohlgelungeiien Aufführung. Solisten (Fräulein Da n ne-
in au n und die Herren Dr. Gunz und Bletzaeber), Chöre uud
Orchester wetteiferten mit einander, sich in ihren Leistungen
vomilhun. Das Concert des 2. Festtages brachte Manchem viel-
leicht zu viel; doch sind diese Concorte anderer Musikfest« noch
weiter ausgesponnen Bedenkt man die grossArtigere Anlage,
wie sie ein Musikfest mit sieh bringt, so wird man die Sitte län-
gerer Programme auch nicht ungerechtfertigt Huden. — Freischütz-
Ouvertüre und C • oioll - Symphonie von Beethoven dürfte auch
mancher unserer gereiften Musikfreunde noch nicht viel besser
gehört haben. Näcbstdem war die beste Leistung Beethoven’»
Es-dur-Coneert, vortrefflich von Frau flertha Hahn gespielt. Die
Pianistin spielte ausserdem Jaäll's glänzenden Faustwalzer, mit
dem sie ebenfalls rauschenden Beifall erntete. Der Gesang fand
in Fräulein Hanne mann seine Vertretung. Sie trug die Adler-
Arie aus der „Schöpfung" lind Lieder von Mozart, Beethoven,
Schumann und Schubert ganz vorzüglich vor. — Endlich aber
wurde das Programm noch gefüllt durch 3 Männur-Chöre, vou
denen besonders „Ö Isis" und Mendelssohn'* „Wald" (mit Be-
gleitung von 4 Hörnern und Posaunen) grossen Anklang fanden.
Sechste und letzte SoirAe für Kammermusik des
Herrn Coucertmrfster Wippliuger: Quartett in Ks-dur (Op. 44)
von Mendelssohn, Trio in E-moli von Haydn und Sextett (C-dur
Op. 140) von Spohr.
Detmold. Hier ist eine naciige Oper „Esmeralda" vou Frie-
drich Müller mit Erfolg in Scene gegangen.
Merseburg. Arn 16. Mai fand im hiesigen Dom das 15. der
alljährlich am 3. PHngsItagc von Herrn Musikdirektor Engel
veranstalteten grossen Voeal- und Orgelconoerte statt. Die Mit-
wirkung des Leipziger Chorgesaugvereins „Ossian“, batte dem-
selben ein besondere» Interesse gegeben und sind die Leistungen
des Vereins in den von ihm gebotenen Vorträgen: Vater Unser
von Liszt, Weihnachts-Cantate von Triest und drei a capella Gesän-
gen von Hauptmaim, MendeUsohn und Engel durchweg als sehr
gelungen zu bezeichnen. Vou den Solisten sind in erster Reihe
die Herren Organisten Höpiter, Papier nnd Reuhke zu neunen,
welche durch ihre treffliche Wiedergabe von Werken von Schu-
mann, Mozart, Bach und Merkel wesentlich zum Gelingen de»
Conrertes beitrugen. Die Damen Stürmer und Krienitz san-
gen Arie aus der „Schöpfung" von Haydn, 2 altdeutsche Lieder
vou Franck und Duett au» Rossini s Stahat mater". Endlich er-
wies sich noch Herr Herold aus Paris als ein ungewöhnlich be-
fähigter Violinspieler, aus dem bei weiterem Studium dereinst
ein sehr bedeutender Künstler werden kann. Der noch junge
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175
Mann spielte Spobr’s Gesangsscene und Beethoven's F-dur- Ro-
manze mit glanzvoller Virtuosität und auch bereits ernplindungs-
vollem Ausdruck.
“ r lIQurheu. 6. (letzte) Kamniermusiksoiree der Kgl. Musik*
schule: Clavier-Quartelt von Schumann, Violinennate No. 6 iu
G*dur vou Bach, lilaviersuite in E-moll von RaflT (Herr v. Bülow)
und Clavierquintett vou SchiiniAuu (die Clavierparthie von FrAu-
lein Heintz ausgerührt).
Prag. Der Verein zur Beförderung der Toukuust beabsich-
tigt, sich ein eigenes VcreinsgebAude für seine Zwecke (Con-
servatorium und ConccrtJocalitälen) zu schallen.
Schwerin. Die soeben Ausgegebene Liebersicht der im Gross-
herzogl.Hoflhealer vom 1. Octoberl8Ö8bis2.Mail869 gegebenen Vor-
stellungen ergiebt die Zahl von 125. I u diesen 126Vorstellungen kamen
48 Opern, 6 Operettcu, 27 Gesaugsposseu, 2uial Ballet zu Gehör.
4. Abonnements-Concerto wurden im Coucert-Sanle gegeben, unter
Mitwirkung des Pianisten Hubinstein, des Violiuisteu August
Wilhelmj und der Pianistin Ein um Wieck. 2 Goueerte zum
Bestell des Iloftheater-Peusionsfoiids (hiervon 1 vom Schweriner
Gesangverein), unter Mitwirkung des Fräulein von Bailliodz
aus Breslau; 1 Concert (auf der Buhne) von Rubinslein; ausser-
dem einmal Violiu-Coucertvorträgc in Zwischenacten vou Herrn
Hermann Hilter. Zum ersten Male kamen zu Gehör Auber's
„Erster Glückstag“ „Rübezahl“ von Couradi und „Ein grosser
Dameucnffee“ vou Graben-Hoffmanu.
— Das am 1. d. hier staltgehabte Coocert des Schweriner
Gesangvereius hot Gade's „Kreuzfahrer“ , Beethoven's Musik
zu den „Ruinen von Athen“ (Text von Hciyet und „Schüu-Kllcu“
von Bruch.
Wien. Herr Hofoperntheater-Dlrector Dr. v. Dingelstedt
hat den Ordeu der eisernen Krone 3. Classe erhalten. — Am
Hof-Opernlheater wurde auf Veranlassung des Direktors von
Dingelstedt Herr Kapellmeister Jahn aus Wiesbaden als Ka-
pellmeister «ngagirt. — Zur Eröffnung des neuen Opernhauses
sollen nachstehende Auszeichnungen verlieben werden: Frau
Witt und Fräulein Elinn werden Kammersängerinnen, Kapell-
meister Esser, UofopernsAnger Beck, Drnxler und W alter
erhalten das Bitterkreuz des Franz-Josef-Urdens. Ober-Regisseur
ijehoher und Maschinist Dreilieb das goldene Verdienstkreuz,
die Kapellmeister Proch und Dussoff Gehaltszulage und Re-
gisseur tele in er Gratilicatiou von 1000 fl iu Silber.
W irn. Im Nachlasse des verstorbenen llolmusikalieuliändlers
Herrn Cerl Haslinger befanden sich zwei Originalporträts
(Büste mul Kupferstich) von Haydn und Beethoven. Diese wur-
den nun auf Veranlassung hiesiger Kunstfreunde durch llerberth
photographisch vervielfältigt. Hsvdifs Büste — Brustbild iu
Wachs bossirt von Thaller, im Original etwa 8“ hoch — dürfte
anfangs dieses Jahrhunderts geschaffen sein; in einer Art ein
Lnikuui, welchem durch den l instand, dass die Gewandung der
Büste aus von Ha) du selbst getragenen Kleidungsstücken und
deren llaarlour aus seinem eigenen Haupthaar ahstammen, ein
besonderes lutercsse verleihen wird. Beethoven in ganzer Figur,
kolorirter Kupferstich (Original, 14“ hoch 9$ breit), nach einer
Zeichnung (etwa um 1H05) von Buchhorn, zeigt den Heros der
Töne in voller ManncskralL Dieser Kupferstich ist (wie auch
aus der Widmung zu entnehmen» nie in den eigentlichen Han-
del gekommen und zur Zeit nur uoch selten bei Kunstfreunden
aus jener Periode sporadisch Anzutreffen. Von jeder dieser bei-
den Raritäten lies« die H aslinger'sche Verlagshandlung drei
verschiedene Edizioueu (Folio, Cabinetsform, Visitkartenform)
anfertigen, welche der Beachtung der Musik- und Kunstwelt sich
nicht unwertb zeigen dürften.
Brüssel. Ein Bestandteil der demnächst hier stattlindeudeu
nationalen Festlichkeiten soll auch ein grosses Musikfest tnaoh
Art der iu Deutschland und England abgebaltenen) bilden. Die
Dauer desselben ist aur 3 Tage festgesetzt; am ersten kommen
Werke wie „Messias“, von Händel, A-dur-Sinfonie von Beetho-
ven, etc. daran; der zweite ist den Erzeugnissen national-belgi-
scher Compouisteu und der dritte Tag den Producirungen eben
solcher Sänger und Instrumental-Virtuosen gewidmet. Als Haupt-
dirigent wird teainuel fungiren und die Vorbereitungen zur gau-
zen Festlichkeit sind bereits im Gange.
ttotterdam. Das grosse Festival, welches die Gesellschaft
„zur Beförderung der Tonkunst“ veranstaltet, wird in den Tagen
vom 25. bis 26. Juni stattllnden. Die CoueertsAngerin Madame
Lcmmeus Sherrington wird die votkommenden Soli singen. —
An der hiesigen deutschen Oper »iud iu der verflossenen Saison
nicht weniger als 22 ganze Opern und 3 Opernfragmcnte
zur Aufführung gelangt. Die meisten Vorstellungen erlebten
Bruch'» „Loreley“ Omni, „Undine“, „Hdelio“, „Don Juan“, „Lo-
hengrin“ und „Alrikanerin“ je 5mal, ZauberflOte“, „Faust“ (Gou-
nodi und „Martha“ je 4mal.
Leiden. 9. Concert der „Semper Crescendo“: 2t« Sinfonie
in D-dur von Beethoven, Conccrtstück von Weber, Ouvertüren zu
„Anacrcou“ vou Cherubiui und „Felsenmühle“ vou Heissiger etc.
— 10. Concert: Ouvertüre zur „W'aldnvmphu“ von Benelt, Ada-
• > o
gio und Allegro aus dem 22. Violinconcert von Viotti, D-nioll- 7
Conceit für Pianoforte von Mendelssohn, Ouvertüre zu „Oberon“ etc
Neapel. Hier ist eine neue Oper „Alba d'ora“ von Battista
mit sehr grossem Erfolge gegeben worden. Mau spricht vou
derselben as einem ausserordentlichen bedeutenden Werke.
Wie dem auch sei, das Factum ist, dass Battista nicht weniger
als 20 Male bei der ersten Vorstellung gerufen wurde.
Canatatt. Am 10. d. starb hier der ausgezeichnete Violin-
spieler und Componist Bernhard Molique. Geboren am 7. Oc-
tober 1803 zu Nürnberg, war er lange Jahre eiue Zierde der
Stuttgarter Hofkapelle, und zwar 1826—1849 als Hofmusikdirec-
lor und zweiter Director der Oper. 1849 siedelte er nach Lon-
don uber, wo er die Stelle als Präsident des Couscrvatoriuins
einoahm. Seit mehreren Jahren lebte er hier.
New -York, den 7. Mai. Mr. Seymour, Kritiker der New-
Yorker Times, ist am 2. d in einem Alter von 39 J Jahren ge-
storben. Mit ihm ist einer jener immer seltner werdenden Kri-
tiker, welche gründliches Wissen mit strenger Unpartheiiichkeit
verbiudeu, zu Grabe gegangen. — Rossini's Messe ist vou den
Herren Strnkoseh und Maretzek in einer Weise zur Auffüh-
luug gebracht worden, gegen die eigentlich alle hiesigen Vereh-
rer Rossinischer Musik Protest hätten t-i »legen müssen. Die
Solisten waren völlig ungenügend, der Chor erwies sich als viel
zu schwach, während hingegen das Orchester zu stark besetzt
w ar und den kleinen Sängerchor bisw eilen gänzlich ubertönte. Dazu
dirigirte Herr Maretzek mit wenig Sicherheit. Wenn trotzdem
das Werk einen durchgreifenden Erfolg hatte, so spricht die»
eben für die Bedeutung desselben. — Morgen lindet iu der Aca-
demy of Miisic das sechste und letzte Concert der philharmoni-
schen Gesellschaft statt. Mendelssohn'» A-dur-Sinfonie, Gluck s
Ouvertüre zu „Iphigeuia in Aulis“ und die Schuniann'sche Musik
zu „Manfred“ stehen auf dem Programme, den vokalen Theii des
letzteren Werkes hat der deutsche Liederkranz übernommen. St.
Cairo. Unsere Stadt scheint sich zum Eldorado für die
Sänger entwickeln zu wollen. So ging jetzt wieder Herrn Wach-
tel die Einladung zu einem Gast - Engagement nach hier zu, für
welches ihm die euorme Summe vou 200,000 Frcs für 3 monat-
liche ThAligkeit garautirt werden soll.
Inter Verantwortlichkeit vou E. Bock.
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Empfehlenswerthe Musi kalien
für
ZU ZWEI
aus dem Vertag« von
ED. BOTE 6a G. BOCK ie. bocki
Berlin und Posen.
PIANOFORTE
HÄNDEN
Tfalr-S^r.
Abt. fr. Op. 230. II Sogno. Lucca-Wolzer. Arr. . — 15
Andre, J. B. Harsch der Grazien ... .... — 7}
Bazin, I'. Die Heise nach China. Klavier-Auszug in
Form eines Potpourri — 20
Bendel, Franz. Op. 110. „Erlunerungsblfitter“. Abschied
von der Geliebten — 1*1
Vor der Schlacht — 15
Die Heimkehr —
Coiupl. in 1 Heft 1 1&
— Op. 116. No. 1. Serenade tyrolienne — 20
— Op. 116. No. 2. Bacchanale. Galop — 17}
— Op. 117. Sakontala. Valse — 22}
— Le Rom ineil de Julietle. Improvisation Ober Gönn cd 's
Oper: „Itoineo und Julie“ — 17}
Bial, B. Potpourri a. d. Posse „Die Mottenburger“ . . — 20
Boot». J. v. Op. 63. La Fontana. Impromptu ... — 15
— üp. 61. Grand Capriccio 1 —
— Op. 65. Impromptu expressiyo — 15
— Op. 74. 4 |WC Impromptu — 25
— Op. 75. 5"“ Impromptu — 20
— Op. 82. Le Desir. Impromptu —15
Bremstet. K. Op. 80. Souvenir de Pologne. 2 Mazourkns — 20
Bülow, H., H. de. Souvenir de l’Opera: l'u ballo ln
Mäschern de Verdi 1 —
Dobrzynski. J. T. Op. 4S. Resignation — 15
— Op. 59. Fant, sur des themes de l'Opera „Don Juan“ 1 5
Dorn, Alex. Marche du Manceuillicr de lOpera „L’Afri-
* 1^
Dressei. B. Op. 5. Trois Romances sans paroles. No. I — 12}
No. II et No. III .... ä — 10
— Op. 11. DetlX F antaisies-Polkas pour Piano. No.l. C-dur — 10
M 2.As-dur — 15
Brey schock. A. Op. 143. 2 Impromptus.
No. 1, L'adieu — 10
- 2. Le revoir . — 12}
Thlr Sgr.
Kgghard. Idle*. Op. 184. La Valse des Fautöiues . — 12}
— Op. 185, Feuilles des Hose« — 17}
— Op. 186. 2. Melodie*.
No. 1. Loin de toi . . . . • — 12)
Nb. 2. Adieu — 12}
Franke, II. Op. 16. Zum Vorspieleu. 20 klciue charak-
teristische Tonbilder in sehr leichter Spielart. Heft I— IV a — 15
— Op 17. Au hord de la Fontaine. Mnrceau caracte-
ristique — 15
Gungl, Jos. Op. 10. Gr, mililairisches Marsch-Potpourri — 15
— Op. 47. Die preußische Parade Marsch-Potpourri. . — 25
— Op. 64. Reminiscences inusicalea. Potpourri ... — 25
— Op. 68. Signale für die uiusikal. Welt. Potpourri 1 —
— Op. 74. Melodische Skizzen. Potpourri 1 10
— Op. 85. Neuigkeit skrAmcr Potpourri 1 —
— Op. 150. Italienische Lieder. Marsch-Potpourri , . — 20
— Op. 153. „Aus der Mappe eines wauderndeu Musi-
kanten. Gr. Potpourri 1 —
— Op. 225. Tonmosaik Potpourri 1 —
Kelterer, K. Op. 228. Le premier jour de bonheur.
Opira de Auber. Romance, Chanson, Gigue. .... — 22}
Kiel, Fr. Op. 18. 10 PianofortcstOcke.
Heft L PrAludimn. — Scherzo. — Duetto. — Andante — 20
- II. Hongroise. — Scherzo. — Melodie .... — 20
- III. Uallade. — Lied. — Hymne — 20
— Op. 21. Nachklänge. 3 Pianofortcatttckc — 15
Köhler, Louis. Op. 89. 6 Rondinos für den Clavier-
l'nterricht in stufen weiser Folge mit Fingersatz. 2 Hefte ä — 20
— Op. 146. Kleine Studien im gef. Vorfrage für jugend-
liche Clavierapielcr, bestehend in freibearheitelcu Volks-
melodieu. 2 Hefte A — 27}
— Coniplet in 1 Heft 1 20
(Schluss folgt.1
ln unserem Verlage erschien soeben mil vollständigem Eigenlliuinsrecht:
TOTO
Burleske Oper in drei Acten
von
J. OFFKf BACH.
Vollständiger ('lavier •Auszug zu 2 Händen, Preis 2 Thlr. Potpourri lilr Pianoforte zu zwei
Händen. Preis 12% SgT. Straus», Quadrille. Preis 10 Sgr. Andere Arrangements unter der Presse.
(E. BOCK)
Königliche Hof-Musikhandlung. Berlin und Posen.
Verl.« von Ed. Bot, 4 6. Bock iE. Bocki, Kflnlgl. Hofratl«ilih«ndlim!? in Berlin, KrumOsische Str. 33». und U. d. Linden No.37.
•f'jek *ni» f ~ F. Schmidt in Heriia. l’nler den Lindau >o, 3 fl
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2. Juni 1869
Will. Jahrgang M ZZ.
Zu bezieb«n durch:
Will. 8p4n*. Haftbarer.
PARIS. Rrtadu« dl Dufoar-
LONDON. Novtllo. Ewer di Co iUn»mo»4 A Co-
lt PETERSBURG M Btrn.rJ
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Von önmt Z+itunj; rradNtol wtrto»tlieb
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Preii des Abonnements.
Jährlich 5 Thlr. t mit Musik-PrAmie. beste-
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Insertionspreis für die Zeile 1} Sgr.
Inhalt Racanaionaci. - Berlin, Rmm«. - OrreaiModmt aua Paria. — FauillMon Zar Rrianrrung an Carl LOw* von Dr. Eduard Kriu‘f
Ein Britf ÜUo Nicolai’« an aaiaan Valrr. — Jouraal- He» ur. — NaobnrMaa. — laarrato.
Nuht), Fr. Di« Könige in Israel, Oratorium für Solostim-
men, Chor und Orchester. Vollständiger Clavierauszug
vom Componisten. Leipzig. Breilkopf dt Härtel.
Das erscheinen eines Oratoriums in un&ern Tage« er-
weckt von vornherein hei der vorherrschenden musikalischon
Strömung unserer Zeit nicht ungerechtfertigte Bedenken. Bei
dem vorliegenden Werke treten aber noch so manche be-
sondere hinzu. Mit einer Ilias post Homerum haben wir
es hier zu thun; denn der Gegenstand ist im Wesentlichen
derselbe, den Händel in seinem „Saul“ bearbeitet hat. Was
hat denn, fragen wir unwillkürlich, den Componisten bewo-
gen, diesen Gegenstand zu wählen und dadurch zu einer
Vergleichung mit dem grossen Schöpfer des Oratoriums
herauszufordern? Mag immerhin der „Saul“ nicht Händel's
vorzüglichstes Werk auf diesem Gebiete sein; es uthmet
dennoch einen echt heroischen Charakter: es ist in seinen
Hecitativen meisterhaft und. sehen wir von der zu grossen
.Menge von Arien ab. in den wichtigsten Momenten in einem
wahrhaft musikalischen Lapidarstyl geschrieben. Von der
ergreifendsten Wirkung ist die mit grosser Besonnenheit
ganz recitutivisch gehaltene Scene bei der Hexe von Endor.
sowie Samuels Erscheinung; und was die musikalische
Charakteristik der einzelnen Personen, insbesondere der stol-
zen Merob und der demüthig hingehenden Sila, der beiden
Töchter Sauls, anlangt, so ist dieselbe nicht minder glück-
lich, als die Motivirung des innigen Freundschaftsverhält-
nisses zwischen David und Jonathan, das hei Letzterem m
der Verehrung des von Gott begnadeten jungen Helden sei-
nen Grund hat. Dem gegenüber vermissen wir in der
neuen Textbearbeitung gar vieles Wesentliche und begegnen
dagegen so manchem ganz Verfehlten. Zu dem Fehlenden
gehört der Mangel an jeder Motivirung der Freundschaft
zwischen David und Jonathan, sowie aller eigentlichen
Charakteristik; während wir als verfehlt bezeichnen müssen,
dass in No. 3 der Chor der Frauen Michals, der Gattin
Davids, und der Krieger des Letztem den Saul bereits als
einen von Gott Verstossenen bezeichnet und dein David
huldigt; denn nach dem kurzen Hecitativ Davids (No. 4)
ist dies nicht bloss unmotivirt, sondern es muss David ohne
Noth schaden. Da aber obendrein nach jenen wenigen re-
i'itativischen Worten Davids (No. 4i ein neuer Chor (No. 5.
D-moll || eintritt, welcher der murrenden Stimme des Volks
über Saul Ausdruck zu geben bestimmt ist, so entsteht hier,
hei wesentlich ähnlicher Situation, eine den Eindruck noth
wendig abschwächende Monotonie. Sodann erscheint gänz-
lich verfehlt, dass Jonathan und Michal den Saul zur Hexe
begleiten und letztere, sowie der heraufheschworcne Samuel
nachher an der Handlung fortwährend Tlieil nehmen, ja mit
beiden für Saul beten. Zwar sind auf diese Weise einige
Ensembles, um die es dem Componisten besonders zu thun
gewesen zu sein scheint, gewonnen ; (2ter Tlieil No. 2 und
9| abef der Preis, um den dies geschehen, ist denn doch
zu theuor; deun es Ist auf solche Weise alle alt teste men t-
lich religiöse Anschauungsweise gänzlich verletzt — Dage-
gen ist als ein Gewinn dieser Text Bearbeitung nnzusehn,
dass nach dem Tode Sauls der Kampf zwischen David und
den Philistern ausführlich geschildert wird, sowie der Sieg
Davids und seine Verherrlichung durch das Volk.
Zu diesen Bedenken in Betreff der Wahl des Gegen-
standes und der Textbearbeitung im Besondern treten noch
diejenigen hinzu, welche den Componisten selbst betreffen.
Er ist uns wenigstens bisher unbekannt geblieben; eine
Opus-Zahl ist bei dem vorliegenden W’erke nicht angegeben,
und von demselben liegt uns nur ein Clavierauszug vor;
wir sind also nicht im Stande, über die Instrumentation im
Detail zu urtheilen, ausser wo, wie in No. 2 des ersten
Thoils, die llarfenbegleitung sich als unzweifelhaft heraus-
stellt. Da drängt sich uns wieder die Frage auf: welche
vorbereitenden Studien haben den Componisten zur Abfas-
sung eines Oratoriums befähigt. Denn mit einem solchen
Werke, das jedenfalls zu den schwierigsten gehört, fängt
doch Niemand an; es kann immer nur die reife, späte
Frucht sehr ernster, anhaltender Studien sein, 9oll es nicht
als eine schülerhafte Arbeit erscheinen; es wäre denn, dass
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wir hier einer dem Haupte des Zeus mit einem Schlage
entsprungenen Minerva begegneten, wofür indess das vorlie-
gende Werk den Beweis nicht im Entferntesten liefert. —
Sollen wir nun zunächst über das Werk iin Allgemeinen
unser L'rtheil aussprechen, so erscheint cs uns mindestens
als ein verfrühtes; es fehlt demselben ein einheitlicher Styl;
während es sich an einzelnen Stellen im einfachen Orato-
rienstyl zu halten sucht, tritt au andern z. B. im 2ten Theil
No. •}. ein ganz moderner Geist hervor, und der Componist
hat nicht Anstand genommen uns Motive namentlich für
heroische Chöre vorzuführen, die im Oratorium keinen Platz
linden sollten, weil sie viel zu profanen Charakters sind.
Dessenungeachtet fehlt es nicht au einzelnen ansprechenden
Stücken, die gewiss von Wirkung sind. W ir zählen hierher
zunächst David's Arie mit Chor unter Begleitung von Harfen.
iNu. 2 As-dur. «, Adagio I. Aber auch hier schon tritt
ausser entschiedener Anlehnung an Mendelssohn eine ge-
wisse Einförmigkeit der Anlage hervor, insofein David den
leisten Psalm in Absätzen vorträgt, die der Chor jedesmal
anfnimmt. Fenier erscheint ausdrucksvoll der Chur No. ü
tn-raoll }|, freilich nur mit Ausnahme des matten und tri-
vialen Mitte tsatxee in F-dur, der an Liedertafelmusik erinnert.
Endlich gehört im ersten Theilc noch unter die werthvollen
Musikstücke das Duett zwischen Michal und David. (No. 6.
Andante, B-dur Freilich würde dasselbe als Gebet um
Himmelsfrieden für ^nul erst dann au dieser Stelle mo-
livirt erscheinen, wenn an Stelle des verfehlten Chores No 3
eine Schilderung der wechselnden Stimmung Saul’s gegeben
wäre, die ihn bis zur Verfolgung des unschuldigen Sängers
fortreisst. Doch ist das Duett an sich von da an, wo die
Stimmen zusanimentreten iG-moll| musikalisch interessant.
Theils imitatorisch, theils in Sexten- und rerzengängen fort*
sei reitend ist es sehr figurirt und inuthet den Sängern
nicht wenig zu. da der Vortrag sehr zart und weich
gehalten werden muss — Es ist dann aber auch des Ein-
drucks gewiss, was von dem ersten ’l hema (B-dur), mit
dessen Wiederholung für beide Stimmen das Ganze scliliesst.
und welches zu sehr an Bekanntes erinnert, nicht gesagt
werden kann. Aus dem zweiten Thcile liehen wir das
Quintett, die Heschwörungsscene (No. 2 Moderato j, anfangs
F-dur, später F*molh hervor. Auch dieses enthält einige
wirksame Stellen im Ensemble; aber es fehlt, nach den
schon oben gegebenen Andeutungen durch das Hinzulreleu
Micha ls und Jonathans und dadurch, dass .^amuel und die
Hexe sich am Gebete der Kinder SauPs für ihn betheiligen,
ganz der geisterhafte, gespenstische Charakter, welchen diese
Scene haben müsste. Ausserdem leidet dies Duett an
mehreren Stellen tS. 76, 78, 79i an höchst gesuchter De-
klamation, wie dies auch in SauPs Arie (No. 1 des ersten
Theils) S. 2 und 3 der Fall ist; denn hier wird trotz der
mitgehenden getragenen Begleitung die Melodie der Sing-
stimme bei den Worten „Fin-ger“, „?>chtiieichelkläiigcü“ u. A.
durch Pausen ohne allen Grund und gegen allen guten
Geschmack zerrissen. Das ganze Quintett macht den Ein-
druck, als habe es sich hier um ein möglichst ellektvolles
Ensemble gehandelt. Zn den besten Stücken gehört noch
im zweiten Theile der Chor mit Quartett-Solo (No. 8 Alle-
gro. G-moll E), eine tüchtige Arbeit, bei der nur in dem
vom Pianissimo bis zum Fortissimo anschwellenden und
nach v\ iederholten Fortissimo im Pianissimo schlicssenden
„Ruf um Rache“ das Gesuchte und Pointirte zu sehr her-
vortritt. Eben so ist David's Arie mit l’raucnchor (wo
kommt der letztere her?) No. 9 (Adagio G-moll J), die
Klage um die gefallenen Helden, zart und tief empfunden.
Das Finale, Chor und Soli, die Verherrlichung David's und
ein Lobgesang David's, Michal's und des Volks (No. 10
Allegretto, A-dur |) ist zu breit angelegt und wird durch
die mehrfach eintretenden, von Soli unterbrochenen, fugir-
ten Sätze ermüdend, während es, bedeutend zusammen -
gezogen, recht wirksam sein würde.
Den übrigen Musikstücken können wir keinen Werth
beimessen; theils ist es die Einförmigkeit einer mehrfach
wiederkehrenden, gleichen Anlage, (das Alterniren des Chors
mit der Solostimme), theils ein unverkennbarer Mangel an
Erfindung, theils endlich ein öfteres Verfehlen des Charak-
ters der Oratorienmusik, das den Componislen triviale The-
men aus dem Bereich der Liedertafel musik wählen lässt,
was wir hier auszustellen haben. Sodann sind die Recita-
tive für ein heroisches Oratorium viel zu wenig zu ihrem
Rechte gekommen, während die Chöre, oft bedeutungslos
und meist homophon gehalten, das Werk überwuchern und
nur von ganz kurzen Recilativstellen und wenigen Soli un-
terbrochen sind. Es finden sich nämlich unter den zwan*
zig Nummern, aus denen das Werk bestellt, zehn Chöre
Von den wenigen Arien sind einige unsres Erachtens in
ihrem Charakter unrichtig aufgefasst. Dahin gehören die
erste Ane Saul’s (No. 2 des ersten Theils) und sein letzter
Schlachlgesang (No. 3 des zweiten Theils), welche beide
ganz sentimental gehalten sind; so wie die ganz an moderne
Musik ä la Wagner streifende Scene; „Michal auf dem
Schlachtfelde“ (No. 5 des zweiten Theils).
Möge der Componist aii Händel recht ernste Studien
machen, möge er in den Geist Mendelssohn'* im „Paulus“,
„Elias“ und einigen seiner Psalmen recht tief eindringen und
ihn in sich aufnehmen, ohne ein Nachahmer desselben zu
werden: — und wir wollen nicht daran zweifeln, dass es
ihm künftig gelingen werde. Tüchtiges auf einem Felde zu
leisten, auf welchem heutzutage nur das Beste eine Zukunft,
d. h eine Aussicht auf ein mehr als ephemeres Dasein hot.
C. E. R. Alber ti.
Ninwratil, Curl. Op. 4. Variationen über ein norwegi-
sches Volkslied für Pianoforle. Pest, Rözsavölgyi & Comp.
Die vorliegenden Variationen sind ein ernstes, durch-
dachtes Werk, das sowohl dem Spieler, wie dem Musiker
Interesse abgewinnt. Der etwas herbe Charakter des ein-
fachen, zwölftacligen Themas ist auch den Variationen auf-
geprägt, so dass selbst diejenigen, welche einen freudigeren
Ton anschlagen, wie No. 5, 6 und 10, sich nicht völlig
der Grundslimmung des Ganzen zu entziehen vermögen.
Diese Herbigkeit ist sogar auf den Claviersatz übergegangen,
dessen Wirkung das Ohr nicht immer wohllhuend berührt.
Nur ein Techniker ersten Ranges dürfte sich übrigens an
die Ausführung dieses Werkes wagen, so ausserordentliche
Schwierigkeiten bietet es dar, und es will mir scheinen,
als ob der möglicherweise durch dasselbe zu erzielende
Eflect nicht im richtigen Verhältnis* stehen könnte, zu der
für die Ausführung unbedingt nöthigen Kunstfertigkeit und
zu der dabei aufgewendeten Mühe. Dem verständnisvollen
Musiker bietet Nawratil manches Anregende durch kunstvolle
Umschreibung, HariDomsation und Uebertragung des Thema»
in verschiedene Tactarlen, auch fehlt es nicht an zahlrei-
chen Beweisen seiner contrapunclischen Gewandtheit; leider
nur gebricht es dem Werke an Anmutli und sinnlichem
Reiz, und dieser Mangel wird im Verein mit der schweren
Ausführbarkeit der Variationen es vermulhlioh verhindern,
dass sie sich einen ausgedehnteren Kreis von Freunden
gewinnen. Am schwächsten ist die der letzten Variationen
angefügte Codifizirung; sie gestaltet keinen Schluss auf die
Fähigkeit des Autors eine grössere Form ebenso gewandt
und geistvoll zu behandeln, als er eine kleinere mannigfach
zu umschreiben und zu verändern versteht.
Richard Wüerst.
Berlin.
Revue.
( König I. Opernhaus.) Am 25. Meyerbeer'!» „Hugenotten“
mit drei weiblichen Gästen. Fräulein Stöger vom Lemberger
Theater , welche die Parthie der Valentine gab, besitzt nicht
179
ganz die Sliram-Miltel für des erste, dramatische Gesangs-Fach;
die Stimme bl aur im Umfange der Octave A wohlklingend
und ausgiebig, die weitere Höhe spitz, die Tiefe so schwach,
dass einzelne Stellen wie z. B. das Larghetto des Duetts mit
Marcel ganz wirkungslos blieben. Dem ungleichen, oft eot»
schieden toanierirleo Vorträge (wie t. B. der berühmten Effect-
stelle „ Bin ein Mfidchen u. s. w. " ) nach zu achliessen , ist
Fräulein Stöger noch nicht sehr lange bei der Bühne ; so
zeigten sich auch — vielleicht in Folge von Befangenheit —
Unsicherheiten, deren eine im vierten Acte (Frl. Stöger ver-
lies» zu früh die Scene) dem Ensemble grosse Verlegenheit berei-
tete. Frl. Stöger gab übrigens auch manches Gelungene und
fand dafür Anerkennung. Frl. Deoay, vom Stadltheater in
Stettin, welche die Parlhie der Margarelhe saog, befriedigte
durch volubilen, meist recht geschmackvollen Vortrag; Liufa
und Cadeozen gelangen ganz wohl. Leider mangelt der Stimme
die Noblesse; der bei gewöhnlicher Tongebung scharfe Klang
ist nur im Piano von Beiz. Fräulein Grossi als Page sah
»ehr hübsch aus und sang ganz annehmbar, Gang und Bewe-
gungen zeigten freilich die Uugewohnheit im Tragen des mfiuu-
liehen CoatOms. Die drei Sängerinnen fanden den Beifall des
allerdings nicht sehr besuchten Hauses. Die übrige Besetzung
war die früher besprochene durch die Herren Ferenczy,
Fricke, Salomo»; Herr Krause als Nevers zeigte trotz
seiner Jahre, dass er, was die Behandlung der Stimme anbe-
langt, jüngeren Slogern noch immer tum Vorbilde dienen
kann. — Am 28. war „Fidelio“.
Im Friedrieh-Wilhelrastfldtischen Theater hat sich, wie wir
voraussngten, Offenbach’s „Toto“ als ein ausserordentlicher
Erfolg herausgesldlL Die Opern-Burleska wurde seit dem
Abende der erstea Darstellung tüchtig wiederholt; das stets
volle Haus amüsirte sich vortrefflich und überhäufte.dia sfimiut-
lichen Mitwirkenden mit Beifall und Hervorrufen. „Toto“ dürfte
auch für alle SommerbOhnen, die über des erforderliche Perso-
nal verfügen, ein Kassen-Magnet ersten Banges sein. Die Zahl
der hiesigen Wiederholungen ist noch gar nicht abzuseben.
d. B.
Correapondeni.
Paria, 29. Mai.
Der Wonnemonat mit seinen regnerischen Tagen geht nun
zu Ende, und mit ihm schwinden auch die Freuden und Leiden
der Theater- und Coucertsaison. Ebensowenig als der Monat
Mai das Lob verdient, das ihm die Dichter verschwenderisch
spenden, so wenig gerechtfertigt sind auch die Erwartungen,
welche Concerlgeber in die Pariser Saison stellen. Die pecu-
mären Erfolge sind in der Regel gleich Null — zumeist auch
unter Null, selbst ein Rubinstein konnte es bei seinem Weltruf
nur auf die Concertkosten bringen, und was das künstlerische
Renommee betrifft, so (heilen sich London, Petersburg, Berlin,
Wien, Leipzig u. A. bereits in die Pariser Prärogative, Künst-
ler-Lorbeeren zu spenden — nur mit dem Unterschiede, dass es iu
London, Petersburg etc. bei den Lorbeeren allein nicht sein Bewenden
hat. — In dieser Weltstadt, wo so vielerlei Unterhaltungen und Ge-
uüssc geboten werden und wo die reineren und edleren Kunstgaben
der Orchester- und Quartett-Musik nur noch durch dAs Mittel nieder-
gestellter Eintrittspreise gedeihen können, bat der einzelne Künst-
ler einen sehr schweren Stand, und gehören die Coucert- Unter-
nehmungen solcher mehr und mehr zu den theuersten Passioneo.
Dazu dürften auch bald, nach den Vorbildern der Herren Ella,
Costa, Arditi in London, englische Monslre-Concerte hier einge-
führt werden, und ist der Bau eines Concertsaales für 5000-0000
Personen schon zum Thell gesichert, in der Association liegt
das zukünftige Hell der Kunst und der Künstler, und beklagen
wir auch gar nicht das Verschwinden des Virtuosenlhums und
seiner oft aufdringlichen und ungeaie89baren Gaben. — Während
die grösseren Concertsäle bereits säinmtlieh geschlossen, finden
wir in einzelnen Salons von Kunstfreunden noch Nachzügler
aus der Coneertaaison. Die Pariser Soirien zeichnen sich nicht
minder durch das darin künstlerisch Gebotene, als vielmehr
noch durch die daran theilnehmenden Persönlichkeiten aus. So
ftüden wir in den Soireen der kunstsinnigen Marquise v. ii An-
co u rt Celebriläten aus den aristo kretischen Ständen desFaubourg
St. Germain, wie auch der Kunst und Literatur. Die hier seit
kurzem residirende chinesische Gesandtschaft entbot zur letzten
Mittwochs-Soiree der Genannten den ersten Gesandtschaftssecre-
tair Herrn de Champs de Creuzä, zu dem Zwecke die da-
selbst zu Gehör gebrachte Traduction chinesischer Musik von
Haenel von Cronentbal näher kennen zu lernen, und in gleicher
Welse, wie die französische Regierung diese Traduction durch
die grosse goldene Medaille belohnte, dem Autor dieser ersten
gelungenen Traduction eine besondere kaiserlich chinesische Aus-
zeichnung zu verleiben. — In den Theatern ist durch die Uriaubs-
reisen und die Sommerferien mehr oder minder Stillstand singe-
treten. Die Opera comique bereitet »ich vor einige Werke von
Gounod zur Aufführung zu bringen. Io der Opära hält Fräulein
Sass als Afrikaner!» ihre letzten Repräsentationen, und wird
die Künstlerin bestimmt mit 1. Octoher d. J. zur italienischen
Oper übertreten. — Das Athene« hat für nächste Saison in Herrn
Jourdan, früher an der Opera comique, einen neueu lyrischen
Tenor gewonnen. Das Theätre Jyrique schliesst Montag auf drei
Monate, und wird es definitiv in nächster Saison mit Wagner »
„Lohengrin“ versuchen. — Die Commission der dramatischen Au-
toren, macht Wagner und seinen französischen Traductoren des
„Kieozi“ die vom Thäätre lyrique für die Oper „Hienzi“ gezahl-
ten 10 Procente streitig, einen grossen Theil zum Benefiz ihrer
Hilfakasse in Auspruch nehmend, da angeblich nicht französischen
Componisten gegenüber solche Reserven bestehen. Die Angele-
genheit wird im Prozesswege auagetragen werden. Also Prozess
über die Musik, über die Dichtung und jetzt auch noeh über
die Tantiemen, — Wagner - Prozess und kein Endet — In den
Concerts Besseliävre in den Champs Elyssees ist dieser Tage
eine neue Concert - Ouvertüre von Richard Dressel zur Auffüh-
rung, die durch gewandte Form, Fluss und Frische von dem be-
täubenden Gewirre der modernen Ouvertüren wohllhätig abatichl ,
und dem jungen Autor den lebhaftesten Beifall eintrug.
A. v. Cz.
Feuilleton.
Zar Erinncrang an Carl L5we.
Von Dr. Eduard Kraute.
Als vor einigen Wochen die Trauerkunde zu uns gelaugte,
dass der deutsche Balladensänger Carl Löwe, seiner eigentli-
chen Heimalh, wenigstens dein Orla fern, der in mehr denn
einer Hinsicht sein Heiioathsort genannt werden muss, sein
müdes Haupt zum ewigen Schlummer geneigt habe, da fehlte
es oicht an Kundgebungen mannigfacher Arl, aus denen innige
Verehrung und daukbare Ermoeruog in offenster Weise sich
aussprach. Mail könnte wohl sagen und gewiss iu den Ver-
hältnissen den Erklärungsgrund dafür linden, dass der wirkli-
chen Trauer über den Verlust des Menschen und Componisten
schon damals fast unbewusst von der Mehrzahl Genüge ge-
schehen sei, als Löwe Stettin, fast schon gebrochen an
Geist und Körper, verlieas, dass sein KünsUerleben schon da-
21 *
^by Google
mals nls ein in sich abgeschlossenes mit Recht betrachtet
wurde, das fOr neue Hoffnungen der KOnatlerwelt keinen Raum,
kaum eine Wahrscheinlichkeil mehr tu bieten, dafür aber
durch den reichen Besitz zu entschüdigen vermochte, welchen
es uns hinterlicss. Wenn der herbe und schwere Verlust,
den die Tonkunst durch den so frühen Tod Franz Schuberfe
erlitten, sich in treffender Weise in jeoer Grabschrifl aussprach:
„Die Tunkunst begrub hier einen reichen Besitz, aber noch
»chönere Hoffnungen“, so können wir von Löwe, der auf ein
langes und thalenreichos Leben zutückblicken durfte, vielmehr
mit einer gewissen Befriedigung sagen, dass er die schönen
Hoffnungen in hohem Grade erfüllt habe, dass die Tonkunst
nicht diese wie bei Schubert trauernd begraben, sondern sich
wohl genügen lassen darf an den Schützen, an dem reichen,
nnvergüuglichen Besitz, den weder dort noch hier der Leichen*
stein deckt, sondern der unter uns fortlebt und forlleben wird,
aus uoversieglichem Borne seino Labe spendend.
Johann Carl Gottfried Löwe wurde im Jahre 1705 aiu 30.
November zu Löbejün, unweit Halle, geboren. Von seinem
Vater, dein Gantor daselbst, erhielt er den ersten wissenschaft-
lichen und musikalischen Unterricht und sehr bald und schnell
vermochte schon im frühesten Alter das erwachende Talent
des Knaben sich zu entwickeln, so dass er, nach seinen eige*
neo Worten, Clavicr und Orgel spielte, vom Blatt sang, ohna
die ersten Elemente euch nur mit irgend welcher Anstrengung
erlernt zu haben. In den heimathlichen Fluren herurozustreifen,
war des Knaben grösste Freude: hier im Feld und Busch und
auf dar Haide belebte sich seine Einbildungskraft, und bis
in sein hohes Alter blieb ihm der Sinn für NaturschAuheit
erhalten. Auch war ein derartiger, wiederholter Aufenthalt in
der freien Gnltesnatur wohl geeignet, den in dem Knaben
schlummernden Hang zum Phantastisch-romantischen mehr und
mehr auazubilden, da er hüufig mit Jügern, Fischern und Hir-
then ausanmieniraf, von denen er gern allerhand Miihrchen
von Nixen, Kobolden und Wnldgesprnslorn zu erfahren suchte,
die bei dem vorherrschenden Zug Lowe's zum Romantischen,
der auch seine grosse Vorliebe zur Balladencomposition erklärt,
sehr bald im Stande waren, seine ganze Phantasie zu hcschüf-
ligtn. Zehn Jahre alt kam der Knabe auf die Schule nach
Köthen, wo er bald viele Freunde durch sein Talent und seine
l<*lle, frische Knabenstimme sich gewann; später wurde er
Zögling des Gymnasiums des Waisenhauses zu Halle und
wurde dort, um sein musikalisches Talent auszuhildcn, an den
damals berühmten Lehrer Türk empfohlen, der ihn, nachdem
der Knabe mehrere schwere Aufgaben glücklich gelöst hatte,
nufnahm , ihm Unterricht in der Theorie und im Gesänge er-
(heilte. Besonders vorlheilhalt und fördernd wirkte diese Schule
auf Löwe, da Türk ihn auch gleichzeitig praclisch zu bcschüf-
tigeo wusste und ihn Theil nehmen liess an seiner eigenen
Kunslthütigkeit, s. B. an allen den Aufführungen Hessischer
Meisterwerke, in denen der Knabe als Sopranisi mitsang. In-
zwischen hatte Löwe’s Talent doch schon von sich redeo ge*
macht, und es darf daher nicht Wunder nehmen, dass sein
damaliger Gebieter, der König von Westfalen, Hieronymus
Napoleon, ihm eiue jührlicha Unterstützung bewilligte, damit er
sich unter Türk’s Leitung ganz der Musik widmen könne. Löwe
verliess in Folge deasen das Gymnasium und begann die stren*
goren, theoretischen Studien, um sie jedoch sehr bald zu un-
terbrechen, da 1 Hl 3 der König seine Krone verlor und sein
Lehrer Türk ihm durch den Tod entrissen wurde. Löwe kehrte
aut das Gymnasium zurück und lag den Wissenschaften so
andauernd ob, dass er srhon IH|7 die Uriiversitit Halle bezie-
hen konnte, um Theologie zu stodiren. WAbrend seiner drei
Universitütajahre, in welchen L. seine theologischen Studien
mit Erfolg forlselzte, suchte er sich gleichzeitig ioi Clavierspiel
zu vervollkommnen, gab Musikunterricht, nahm an den Auf-
führungen der Singacadeinie, welche damals von Maass und
Naue geleitet wurde, als Tenorist Theil, und wirkte ebenfalls
in einem Privntzirkel thülig mit, in welchem mau, wie es damals
üblich wer, die beliebtesten Opern mit Pianofortebegleitung
zur Aufführung vorbereitete. Im einfachen Soldatenrock —
Löwe diente damals aIs Freiwilliger sein Jahr ab, — trug der
SAnger in diesem Kreise unter lebhaftem Beifall seine ersten
Balladen vor, unter ihnen: „Erlkönig“, „Wallhaide“, „Treu rös-
chen“. und hier war es auch, wo er seine Gattin, die talent-
volle und damals hochgefeierte Julie von Jacob kennen lernte.
In das Jahr 18 IQ — 20 fAlll eine Reise Lowe’s nach Dresden,
die wichtig genug für ihn wurde, weil sie den Grund legte zu
einer dauernden Freundst ha II, welche ihn mit dem damals auf
der Höhe seines Ruine» stehenden Carl M. v. Weber verband.
Von nicht geringerer Wichtigkeit ferner wurde für den Couipo*
nisten eine Reise nach W'cimar und Jena zu Ende des Jahres
1820, denn hier wurde er mit Göthe und dem damals berühmten
Clavierspieler Hummel bekannt. Besonder» bei Göthe war es,
wo Löwe, der dem Dichterfürsten ein« Sammlung von ihm
cnmponirter Lieder widmete, eine herzliche Aufnahme fand.
In dem Leben unseres Meisters trat nun bald jener Wende-
punkt ein, der ihn seine theologische Laufbahn beachliessen und
fortan bis an sein Lebensende seine gesammte Thfiligkeit der
Musik tuwenden lassen sollte. Wir sehen Löwe dem an ihn
ergangenen Ruf nach Stettin als Cantor und Organist an St.
Jncobi und Lehrer am Gymnasium folgen, an jenen Ort, der
nun sein Heiiriallisort lind der Boden für die musikalische und
künstlerische Entwickelung des Componislen werden sollte.
Hier nun begann die eigentliche musikalische BerufsthAligkeit
Lowes und die für die Kunstgeschichte bedeutungsvolle Periode
schöpferischer Production. Schon im uAchsten Jahre wurde er
bereits zum Musikdireclor an St. Jacobi, am Gymnasium und
ain Schullehrer-Seminar mit weseulhcher Verbesserung des
Gehalts befördert, l'm die Förderung des musikalisch-geistigen
Lebens unserer Stadt und um die practische GesnngapQeg"
insbesondere vermochte Löwe in seinem umfangreichen Wir-
kungskreise besonders nach Grüudung eines städtischen Ge-
sangvereins sich in hohem Grade verdient zu machen. Ausser
der Gründung dieses Vereins gebührt Löwe das Verdienst, in
Stettin zuerst grosse Orchester-Concerte arrnngirt zu haben,
von denen gewöhn Ich im Laufe des Winters zwei stnttfanden
und deren Programm sich (heil* au» den Hessischen Orchester-
werken, vor allen den Symphonien Beethoven’», Mozart'» u. A.
die hier zum ersten Male dem Publitiin vorgeführt wurden,
iheils aus SolovortrAgen, d. h. Clavierconcerten, von ihm selbst
vorgelragen, theil» grösseren Gesangsnummero zusammensetzte.
Unterstützt wurde er in diesen Coueerlen auch durch den Vio-
linisten. damaligen Musikdirector Liebert, sowie durch seine
als Coloratursflngcrin geschützte Gattin. Auch aus seinen grös-
s ereu Ccunpnailinnen, wie aus der Oper „Malak und Adhel“.
gelangten Bruchstücke in diesen Concerten zur Aufführung,
wührend er seine Oratorien, besonders „Des Heilands letzte
Stunden“, „Huss“, „Die sieben Schläfer“, „Die eherne Schlange“,
in besonderen Kirchenconcerten zu Gehör brachte. Nach dem
Tode Lieberl’s, dem tüchtigen Vorarbeiter Löwe’s, wo es galt
grössere Symphonien mit seiner vorzüglich geschulten Kapelle
i m Voraus einzustudiren, und io Folge ungünstiger, theil» po-
litischer Einflüsse des Jahres 1848 hatten diese Concerto in-
dessen bald ihre Blüthezeit durchlebt, bis sie durch unsern
Mitbürger, den Kapellmeister C. Kossmaly, wieder in’s Lehen
181
gerufen wurden, unler dessen sachkundiger Plreclton sie äugen-
blitklich einen wesentlichen Beslandtheil des musikalischen Le-
bens Stettins bilden. Werfen wir nach diesen kurzen
Andeutungen Ober die Thätigkeit Lowe’s zu seiner Zeit, die wir
der schilsenswerlhen Bereitwilligkeit eines sachkundigen Ge-
währsmannes verdanken, einen Blick auf den Menschen Löwe,
auf das Wesen seines Charakters, so wird ihm im Anschluss
an obige Mitteilungen noch besonders jene persönliche Lie-
benswürdigkeit nsrhgerühiut, mit der er die Herren aller derer
su gewinnen wusste, die in irgend welche Berührung mit ihm
kamen und Gelegenheit hatten, mit ihm im engeren Freundes-
kreise zusammen zu sein. Hingehende Offenheit, edle Selbst-
verleugnung nicht minder, wie die reinste, von allem Gemeinen
unberührte Kindlichkeit des Gemüts sind als die hervorragen-
den Eigenschaften seines Charakters zu nennen, ln gleicher
Weise natürlich und offen offenbarte er in seinen Gesprochen
eine liefe Kenntnis* seiner Kunst, eine lebendige Phantasie und
ein poetisches Gemüt, das sich in treffenden Vergleichen, Bil-
dern und Darstellungen aussprarh, deren Reichthum und Inhalt
Bewunderung erregte. In seinen Gesprochen, die von einge-
hender Sachkenntnis» zeigten, blickte oft ein gewisser Humor'
durch, der ihm fast unbewusst entsprudelle. Üie sich selbst
gefällige, anmaasende Mittclmässigkeit und Trivialität in der
Kunst fand an ihm einen strengen und schonungslosen Rich-
ter, dem ernsten Streben liess er eine milde und anerkennende
Beurteilung und Aufmunterung widerfahren, ausgezeichneten
Künstlern kam er in liebenswürdiger Weise und mit offener,
warmer Anerkennung entgegen.
Die Herausgabe mehrerer seiner Werke machte Lowe’s
Namen inzwischen in kurzer Zeit mehr und mehr bekannt und
fast schien es, als sollte kein Schallen die jugendlich frische
und unermüdliche Thätigkeit des jungen Musikers trüben. Al-
lein auch dieses Menschenleben war, wenn auch reich an son-
nigem Glanz, so doch auch nicht arm an tiefem Schatten, der
auch zeitweise den rüstigen Flug seiner Phantasie zu hemmen
vermochte, obwohl im Allgemeinen zu den beneidenswerthon
Gaben, welche Löwe besass, jener fast unantastbare und uner-
schütterliche Quietismus des Geuiüths gehörte, der ihn, wie
treffend gesagt worden ist, über so manche Misere des Lebens
sorglos sich hinweglächeln lies». Wurde auch durch den Tod
seiner Gattin ira Jahre 1823 sein häusliches Glück auf die
traurigale Weise zerstört, so sollte es an der Seile seiner
zweiten Gattin, der als Malerin und Sängerin ausgezeichneten
Auguste Lange aus Königsberg indessen bald für ihn wieder
aufblOhen. Fast einförmig und ohne beinerkcnswrrthe
Unterbrechungen und Erlebnisse floss sein ferneres Le-
ben, in dem er, wie schon gesagt, eine rastlose Thätigkeit
nach jeder Seile hin entwickelte, dahin: nur dann und wann
machte er einen Ausflug, grössteutheil* um irgend eines seiner
grösseren Werke aulzulüliren. In Folge eines Schlaganfalles,
der ihn vor mehreren Jahren hier traf und der sein körperli-
ches und geistiges Leben leider unverkennbar zu bedrohen
schien, wurde er mehr und mehr in dem Entschluss bestärkt,
seiner bisherigen Bertifslhätigkeil za entsagen, und so geschah
es , dass Löwe vor zwei Jahren seine Heimalhssladt Stettin
verliesa, um in Kiel, woselbst zwei seiner Töchter inzwischen
verheimthet waren, den Rest seine» scheidenden und durch
den SchlaganTeH fast schon gebrochenen Lebens inmitten seiner
Familie zu be&chliessen. Am Dienstag, den 20. April dieses
Jahres, kurz vor Ablauf seines 73. Lebensjahres, legte der
Meister sein Haupt zur ewigen Ruhe nieder.
«Schluss folgt!
Ein Brief Otto Rlcol&i's an seinen Vater.*)
Berlin, den 13. Juni 32.
Geliebter Vater!
leb bin nunmehr überzeugt, — Da hast gewiss meinen
letzten Brief nicht bekommen, denn wie könntest Du mich an
lange ohne Antwort lassen 71 Oder bist Du krank? oder wo»
fehlt Dir? auch nicht einmal zu meinem Geburtstage hast Du
mir geschrieben! — Vor ungefähr acht Wochen schrieb ich
su Dich zuerst, und brachte Simon den Brief zur Besor-
gung. — Vierzehn Tage darauf, also ungefähr vor sechs Wo-
chen, ging ich einmal bei ihm vorbei und erkundigte mich tu-
gleich, ob vielleicht aus Posen von Dir etwas da sei. Da er-
fuhr ich denn su meinem Leidwesen, dass der vor vierzehn
Tagen abgegebene Brief noch gar nicht abgegangen sei. Nun
schrieb ich noch einen und fügte diesen dem ersten zu. Das
war der letzte, den ich an Dich schrieb, und der ausser eini-
gen wichtigen Nachrichten auch mein nicht Obel getroffenes
Bild enthielt. Ich würde glauben, dass der nachlässige Simon
auch diesen Brief noch nicht Abgeschickt hätte, wenn ich uicht
da gewesen wäre, und man auf meine Nachfragen mich versichert
hätte, erseibereüsaiiUichabgegAngeii. Nun wünsche ich zu wwnen,
ob Du in Besitz dieses Briefes gekommen bist? Fast zweifle ich,
da Do nicht antwortest! Sollte er vielleicht in Posen bei Si-
mon liegen und das Abgeben an Dich vernachlässigt worden
aeio? — Der Brief enthielt vorzugsweise viererlei 1) die Nach-
richt wegen Deiner Sachen vom Insclgebäude, 2) die Nachricht
von der unverehelichten Bangel aus Königsberg, 3) eine Em-
pfehlung an die ür. Koset, geb. v. Golzheim, 4) mein Bild
Ich bitte Dich nur inständig und dringendst, nicht länger
tu zögern, sondern mit nächster Post mir zu antworten. —
Ich hatte schon immer auf Deinen Brief gewartet, und nun in
der letzten Zeit bildete ich mir ein, zu meinem Geburtslage
würdest Du gewiss schreiben, darum wollte ich noch bis da-
hin warten, nun Du aber auch an diesem Tage nicht geschrie-
ben hast, so muss ich schon diesen Mahnbrief ao Dich erge-
hen lassen, den ich nicht durch Simon, sondern direct durch
die Post an Dich absende, damit ich gewiss sein kann, dass
er ia Deine Hände kommt.
Seit länger ah vier Wochen bin ich ganz und gar mit
meinem Te Deum fertig, selbst mit dem Klavier-Auszuge des-
selben. — Wie gern möchte ich mir die Freude machen, Dir
den Clavierauszug oder eine Partitur zu schicken, wenn ich nur
mit Bestimmtheit wüsste. Du würdest es durchspielen und mir
mit umgehender Post wieder schicken; dann dürfte ich es nicht
länger als acht Tage entbehren. Aber kann ich mich darauf
verlassen? Wünschest Du also das Werk zu sehen, so gieb
mir das Versprechen, es nur acht Tage zu behalten, und dann
will ich Dir die Partitur schicken. — Der König hat die Auf-
führung desselben in der Gamisonkirche erlaubt, und ich werde
es im Herbst auflühren. da der Sommer nicht geeignet dazu
ist. — Wie gern möchte ich diesen Sommer wieder reisen,
und auf dem Lande sein, allein ich habe diesmal keine Gele-
genheit dazu. — Wenn ich nur noch Concert spielen könnte,
aber ich habe alle Fertigkeit im Klavierspielen verloren. —
Durch den Tod Zelter's habe ich auch viel verloren, da ich
besonders in der letzten Zeit sehr gut mit ihm stand. — Dies
Jahr war reich an Todesfällen! Zeller hatte Freitags von 12
bis 2 immer Musik bei sich, wo mit Quartett-Begleitung Sa-
chen gewöhnlich von Bach gemacht wurden. In der letzten
*) Das Original dieses Briefes bfündil «ich in meinen» Be-
sitze und dürfte dessen Veröffentlichung von Interesse för die
geehrten Leser dieser Zeitung sein. H. Krigar.
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182
Freilagsmusik, di« er mitmachte, wurde mein Te Deura ge-
lungen, — »um nächsten Freilag wurde eine Wiederholung
desselben bestimmt, aber Zeller legte eich, um nicht wieder
aufzustehen! — Er hat Ober das Werk uoch Ausführliches und
viel mit mir gesprochen. Sponlioi, der die Partitur geseheo
hat, hat mir ein sehr artiges Billel geschrieben. — Die Wahl
des neuen Directors in der Singacademie macht ungeheure De-
batten! ein Minister Wechsel macht nicht so viel Kopfzerbre-
chens. Es sind die bedeutendsten und unbedeutendsten Leute
in Vorschlag gebracht. Wenn ich nur zehn Jahre Atter wäre!
Uoch nein!! Wenn ich lieber zehn Jahr jünger wäre! da ich
doch einmal tum Director noch zn jung bin. — Gesund bin
ich, Gott sei Dank, immer gewesen I — Schreibe mir um-
gehend, ich bitte Dich herzlich!! Ich habe in diesen
Tagen ein Lied componirt, wozu Du mir einmal den Text ge -
schickt hast. Es ist überachrieben: „Freude in Ehren“, atle-
mannisches Gedicht von J. P. Hebel. Darin kommt vor :
„singl'a Thierii nit in Hurst und R a st, der Engel nit im
Steroe-Glast?“ Bitte, schreibe mir doch, wm die unterstri-
chenen Worte bedeuten.
Nun habe ich noch eine Bitte. — Seit längerer Zeit be-
schäftige ich mich damit, Volkslieder zu sammeln. Ich will
dieselben bearbeiten und herausgebeo. Kannst Du mir nicht
einige wirkliche polnische Volkslieder schicken, mit Worlea
(aber die Ueberaetzung dabei) und Melodie? — Oder auch an*
dere, als polnische, wenn Du welche wissen solltest. — Aber
wirkliche Volkslieder, d. h. solche, die das Volk singt. —
Ich habe schon viele recht hübsche und ächte; die meisten
arrangire ich für vier Singslimroen ohne Begleitung — Es ist
mehrere« Neue von mir herausgekommen.
Ich wohne jetzt Leiptigenlr. No. 15. — Lebe wohl, lebe
wohl, zu aller Stund! Viel hunderttausendmal! Nur sehreibe mir
Deinem Otto.
Joarnal-Ktevue.
Die AUgem. Musik-Ztg. enthält die Fortsetzung des Artikels
„Programme zu Coneerten“. — Neue Ztschrifl f. Musik: Richard
Wagner s „Judeuthum in der Musik“ und Dr. Hanslick's Kritik
desselben. — Die Signale setzen ihr Musik-Adressbuch (Wien)
Fort. — Södd. Musikztg. Schluss der Besprechung der Müller'schen
Broschüre „Die Meistersinger von Nürnberg". —
Die Französischen Ztgo. bieten meist Locales.
Nachrichten.
Berlin. Herr Prof. Dr. Tb. kullak ist von Sr. Majestät dem
Könige durch Verleihung des Kronenordens 3. Klasse ausgezeich-
net wordeu.
— Der in der ersten Gesellschaft Berlins wohlbekannte
Urban 'sehe Gesangverein veranstaltete am 35sten d. in den
Nachmittag- und Abendstunden ein durchweg gelungenes und
allseitig interessirendes Liederrest in Sacrow hei Potsdam. Mit
Ausnahme eines kurzen Hagelschauers accompagnirte eine wahr-
haft herzerquickende Frühlingsluft die Mclodieeu der bis zu vir-
tuoser Feinheit ausgeröhrten gemischten Quartette, die vou der
zahlreichen Zuhörerschaft mit lautem Beifall aufgenommen wur-
den. Das Programm bestand aus vierstimmigen Gesängen von
N. Gade, Julius Schliffe r, Hermann Krigar, Aug. Reissmann. Ro-
bert Eitner und dem Dirigenten des Vereins.
Baden-Baden. Die 3le AufFührung der Kossini'seben Messe
war von einem noeh grösseren Erfolg begleitet wie die erste.
Brealan. Offenbart»’» „Grossherzogiu von Gerolstein“ hat
hier mit FrAulein Lina Mayr in der Titelrolle ihren siegreichen
Einzug gehalten.
l'arlsrnbe. Herr Hofkapellmelster Levy hat vom Grossher-
zog von Baden das Ritterkreuz des Ordens vom ZAhringer Lö-
wen erbalten. Diese Auszeichnung ist ihm zu Theil geworden,
unmittelbar nachdem Herr Carl Levy den Ruf nach Wien abge-
lebnt hat.
Casael. Herr von Carlsbausen, bisher provisorisch als
Intendant am hiesigen König). Hoftheater tbAtig, ist nun definitiv
Für gleiche Eigenschaft ernannt worden.
Frankfurt a. H. FrAulein Stella ist hier als Lucia und
Margarethe (Hugeootteu) aufgetreleu und hat sich mit beiden ge-
nannten Rollen ein Reuommäe begründet, das bald an deu ersten
deutschen Bühnen einen Wiederball linden wird. Sie gilt bei uns,
seitdem sie die Lucia gesungen, als eine vollendete SAngerin des
Acbt-italienisehen Ge&angstyles, und man konnte an diesem Abend
von vielen Seiten hören, dass wir seit Jahren, d. h. seil der An-
wesenheit der beiden Marchisios, nichts gehört haben, was der
hohen Gesangsbildung des Fräulein Stella gleichkomtne. Als
Lucia trat vorzugsweise die seelische Seite ihrer Kunstbiidung
heraus, als Prinzessin in den Hugenotten vorzugsweise die orga-
nisch-techoische Vollendung. FrAuleiu Stella bewAhrte sich also
nach beiden Richtungen als Coloratur-SAngerin par excellence,
gerade mit so viel volubiler und sympathischer Stimme begabt
als nöthig ist um in ciassiscbeo und in modernen Opernpaiihien
sieh als Talent ersten Ranges Geltung zu verschaffen, zumal
wenn ihre gelstdurchdrungeue, lebensvolle Spielweisc dazu kommt.
Ihre Leistungen wurden mit enthusiastischem Jubel aufgenommen.
Hamburg. Herr Director Ernst, der Frühere Leiter des
Cölner Theaters, hat die Directioo des hiesigen Sladtlheatera über-
nommen.
— Hier ;soll eine Gedenktafel Für Felix Mendelssohn-Bar-
tboldy an dessen Geburtshause, Grosse Micbaelisstr. 14, Ecke
der Brunnenstr. angebracht werden. Dieselbe ist vom Bildhauer
G. A. Roth in cararischem Marmor ausgeFilhrt und enthalt in
der Mitte ein nach Rielschel von H. Schultz ln Bronze gegosse-
nes Mcdaillonbild des gefeierten Componisten. Die Inschrift lau-
tet: „Felix Mendelssohn-B.. geboren in diesem Hause am 3. Fe-
bruar 1809. Die Tafel ist von Musikfreunden gestiftet“.
— Am 24. Mai ist die HAndel-Statue an der St. Nicolai-
Kirche Aurgestclll worden. Die talentvolle Arbeit ist aus dem
Atelier des hiesigen Bildhauers Ne über hervorgegangen.
München. Im Hoftbeater ist am 28. Mai Rheinbergers ro-
mantische Oper „Die sieben Raben“ zum ersten Male zur Auffüh-
rung gelangt. Der Erfolg der Novität war ein günstiger, so dass
man derselben wohl eiuc längere Repertoir-Dauer prophezeien kann.
Mainz. Auf deu Dächern der hiesigen Stadt Mainz hat man
einen neuen Wachtel entdeckt. Der „Rhein. Courier“ berich-
tet darüber: Bekanntlich bewegte sieb der alle Wachtel in Sei-
nen unmusikalischen Jabreu nicht in gleicher Luftböbe mit sei-
nen übrigen Mitmenschen, sondern er pflegte in erhöhter Stellung
auch den Aether einer höheren Luftschicht eiozualhmeu. Aehu-
iiob verhAlt es sich mit dem eben erwähnten neuen Wachtel,
dem die Gunst des Schicksals noch dazu den Namen Walther
verlieben hat. Nur überragt seine Stellung den Kutscberbock vou
Wachtel noch um mehrere Pferdelängen, denn er ist seines Zei-
chens Dachdecker. IJehrigens ist seine Stimme eine so pracht-
volle und iu jeder Beziehung vielversprechende, dass sein Ent-
decker, Kapellmeister Lux, nach den mit ihm vorgenommeneu
Prüfungen sich sofort für seine musikalische Ausbildung verwen-
det bat. Diese wird nun io der Stimmeo-Erziehungs-Anstalt des
Kammersängers Koch in Köln erfolgen, und hat eine in Wies-
baden teilende sehr reiche und der Kunst sehr zugeneigte Dame
die Mittel hierzu für die ersten beiden Jahre auf Liix' Veranlas-
sung zur Verfügung gestellt. — Es ist dies der dritte Mainzer Te-
183
noriat, der von Lux der musikalischen Welt überliefert wurde
und durch dessen Bemühungen zur Ausbildung gelaugte, denn
W'alther's Vorginger waren: Riese, Tenorist am Breslauer Stadt*
theairr, und der am ganzen Rheine durch seine sympathische
Stimme bekannte Oratoriensinger Ruff.
Mühlhausen I. Th. In dem letzten Concert des „Allgemeinen
Musik Vereins“ kam eine neue Sjmpbonie des Hrn. Musikdireetor
Schreiber zur Aufführung, welche sich sowohl durch Erlln*
duug, sowie auch durch schöne Instrumentation als ein beach*
tenawerthes Werk erwies.
Pest. Herr Director Gundy macht wiederholte Anstrengun-
gen, die italienische KönsllergesellschaR nach Beendigung ihrer
Stagione im National • Theater auf 6—8 Vorstellungen für das
deutscheThcater zu gewinuen; der Director Herr Salvi hat je-
doch jetzt entschiede» abgclehnt. Es schweben nun, wie man
aus sicherer Quelle vernimmt, Unterhandlungen für den näeh-
sten Frühling, indem Herr Gundy die Monate Mlrz und April dem
Herrn Salvi zur Disposition stellen will.
Stettin. Gedfichtniss-Feier für Carl Löwe im Conservatoriuro
der Musik: Hymne von Mendelssohn, Abendlied von Keineeke,
Choral von S. Bach und Compositiouen von Kunze und Löwe.
W ien. Das Neue Horoperntheater ist am 85. Mai mit Mo-
zart'a „Don Juau“ in gllnzendster Welse eröffnet worden. (Eine
ausführliche Beschreibung davon wird unser nächster Wiener
Bericht enthalteui.
Cenf. Die Gesellschaft für Kirchenmusik hat Rossini s Messe
\cr einem Zuhörerkreise von 2000 Personen zur ersten Auffüh-
rung gebracht. Die Aufnahme des Werkes war eiue enthusiastische.
Paria. Die jährliche General-Versammlung der „Association
de» Artisles Musieiens“ hat am 27. Mai im grossen C.onservato-
riums-Saale unter dem Vorsitz des Herrn Baron Taylor stattge-
fuifcden. Der Bericht Über das verflossene Jahr und den gegen-
wä rügen Stand der Gesellschaft wurde, wie gewöhnlich, mit
regem Interesse aufgenommen. Hierauf zeigte Herr Baron Taylor
unter anderen wichtigen Mittheilungen an, dass Herr Mocquard
bereit wäre, der Vereinskasse die von dem verstorbenen Kalk*
Brenner legirte Summe von 120,000 Francs auszuzablen, und
dass die Gesellschaft, Dank dieser Grossniülhigkeif, eine Rente
von 45,000 Fraucs mehr geuiesae. Es ist wohl kaum nöthig zu
erw Ahnen, dass diese Nachricht mit grosser Freude von der
Versammlung begrüsst wurde. Gleichzeitig erwähnte Taylor
noch des Geschenkt*» der verwiltw. Frau Eacudier-Kaatner; fer-
ner kam zur Sprache, dass Fräulein Nilssoa versprochen habe,
eiuer Theil der sich bei ihrem Benefiz ergehenden Einnahme
der Hilfskasse des Vereins zu Oberweisen. Endlich wurdru die
neuen Comil6 • Wahlen vorgenommeu. Gewählt wurden auf 5
Jahre die llerrcti Bei, Jeaucourl, Rely, Gevafrl, Batiste, Quanti-
net, Steenmanu, Charles Thomas, Reine, Pickäert, Marie und
Clodomir; Herr Mangin auf 3 Jahre. Die ausgesetzte Pension
von 300 Francs erhielt Herr Tilmant, früherer Orcheslerdirigcnt
an der Opera comique.
— Das grosse MuBikfest der „Sociätts cborales“ in Rheima
ist vorüber. Den Preis erhielt die „Societe des choeurs“ aus Gent
mit „La nuit du Sabbat“ von A. Thomas. Die Vereine vom Nor-
den und W'csten Hessen die der anderen Gegenden weil hinter
sich zurück. Der Festjubel hat übrigens etwas Gutes gehabt,
nämlich bei Herrn Bazin die Idee wachgerufen , in der Stadt
Rheims ein Conservatoriuro zu gründen.
Mailand. Die Scala hat mit der Aufführung von Donizelli's
„Favoritin“ die Saison beschlossen uud feiert nun bis Aufaug
December.
Stockholm. Lecoq's „Theeblume“ kommt hier zur Auffüh-
rung.
t'openbagen. Der Componiat N W. Gade errang jüngst
aus Anlass der erstmaligen Aufführung seines grossen Concert-
stückes „Kalanus“, dramatisches Gedicht in drei Abteilungen,
für Soli, Chor und Orchester, einen glänzenden Erfolg. Das
Werk Ist von wirklicher Schönheit und Originalität Der Text
eignet sich zur Entwicklung musikalischer Gedanken. Kalanus.
ein indischer Weiser, hält den im Triumph einherzieheuden Ale-
xander Tür die Offenbarung eines Gottes und preist ihn; als er
aber erfährt, das» in seinem Gefolge Brand und Elend ist, sieht
er seinen Irrthum ein und sucht den Tod auf dem Scheiterhau-
fen. Die Chöre, sowohl der Inder als der Griechen, der Gegen-
satz zwischen Morgenland und Abendland, zwischen Frömmigkeit
und Sioneaiust, ist musikalisch mit den charakteristischsten Far-
ben gemalt Gade hat seinen übrigen Werken durch den „Kalo-
nus“ ein neues ausgezeichnetes hinzugefügt.
Petersbarg. Die Kaiserliche Theaterdireelion ladet zur Sub-
scription für die nächste Saison der italienischen Oper ein. Die-
selbe wird vom 3. November bis zum 6. Februar dauern. Enga-
girt siud Adeliua Patti, Fried, Volpiui, Perelli, TrebeIH,
und Lucca; die Herren Calzolari, Mario, Graziani, Steller
ete. — Herr Kapellmeister Selfriz aus Löwenberg wird hierein
Concert geben. — Am 1. Mai feierte die russische Musikgesell-
sehaft den Jahrestag 10jährigen Bestehens.
Warschau. Unserem berühmten Landsmann Chopin wird
hier ein Monument errichtet werden. Graf Berg und Fürst Orloff
haben für diesen Zweck eine öffentliche Subscriplion in's Werk
gesetzt. Die Ausführung des Denkmales ist dem Schwiegersohue
des Violoncellisten Servais, Cyprian Godobski, übertragen worden.
New-York, 15. Mai. Das sechste (letzte) philharmonische
Concert kann wohl als das gelungenste der Saison bezeichnet
werden. Das Orchester spielte Gluck s majestätische Ouvertüre
zu „Iphigenia in Aulis“ und Weher’s romantische Oberon-Ouver-
ture mit seltener Vollkommenheit. HerrJarvis, Pianist aus Phi-
ladelphia, dem ein grosser RuT voranging, trug Beelhoven's
G-dur-Concert in geistvoller Weise vor; etwas mehr Kraft und
Feuer wäre bisweilen zu wünschen gewesen. Das Hauptinteresse
des Concerto concentrirte sich auf Schumann’s grossartige Man-
fred-Musik , weiehe sowohl Seitens des Orchesters wie auch des
„Liederkranzes“ eine treffliche Interpretation fand. Der Eindruck
dieses tief angelegten Werkes war ein nachhaltiger. — Zu Ehren
des veiriorbeneo Kritikers Seymour wird ein Couccrt gegeben
werden, an welchem sich die bedeutendsten Künstler hiesiger
Stadt betheiligen werden. St—.
Baltimore. Die Entscheidung des Preisgerichts für die zum
elften Allgemeinen Sängerfesl eingesnndten 68 Preiscomposilionen
erfolgte am 5. Mai indem die versiegelten Couverte, die Namen
der Compooisten cuthaltend, in Gegenwart der hiesigen Preis-
richter, des Bundesvorstands und des Musik • Comiie eröffnet
wurden. Den ersten Preis von Doll. 100 Gold wurde der Com-
positum zuerkannt, die das Molto trägt: „Das letzte Lied dem
Vaterland Componist ist Herr Herrn. Franke, Cantor an der
Marien Kirche uud Gesanglehrer zu Crosseu an der Oder. Den
2. Preis von Doll. 50 Gold erhielt die Coinposition mit dem Motto:
„Vom Nord zum Süd, vom Ost zum West erschalle des Herrn
Lied in tausend Zungen“, von Herrn I. C. Metzger, Kapellmeister
und Dirigent in Wien, coniponirt. Der Reihe nach den erstge-
nannten am nächsten stehend wurden folgende Composilioneo
befunden: Theodor BerthoJd, königl. aächs. Hoforgauisl iu Dres-
den; Ernst Wilh. Sturm, Mitglied des kgl. sfichs. Hofthealers In
Dresden; V. E. Becker in Würzburg: Wilh. Tschirch, Kapell-
meister in Gera.
Unter Verantwortlichkeit von K. Bock.
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184
Nova-Sendung No. 4.
von
ED. BOTE & G. BOCK
|E. Bock). Königl. Hof-Mnsikhandlung.
TUr.fi«?.
Arnim, v. Gebet und Motette für gern. Chor. Partitur — &
A«l>er, D. F. E. Der erste Glückslag, Potpourri zu 4 Hdo. 1 —
Biel, B. Op. 48. Toni-Polka Tor Pianoforte . . . . — 7|
Böhmer, A. Op. 7. Caprice hongrots, Mo ree au de Sa-
lon pour le violon . . — 20
C'onradi, A. Op. 59. Musikalische Reis« durch Europa,
Potpourri arrg. zu 4 Hindun 15
Dreesel, R Op. 19. Le Üäpart, Caprice pour Piano . — 17|
Edel, H. Festgesang und Abendglöcklein für 4stimmg.
Minnerchor. Partitur und Stimmen — 90
Goldberg, A, Op. 4, 0 frage nicht, Lied för 1 Singst — 7$
Gnng'l, J. Op. 230. Tafelrunde, Walzer f. Pianoforte
zu 2 Händen — 15
— — Derselbe zu 4 Hindeo — 20
— — Op. 234. Sunnwendfeuerklänge, Walzer für Pia-
noforte zu 2 Händen — 16
— — Op. 230. Lee Adicux, W'alzcr für Orchester . . 2 20
— — Derselbe für Pianoforte zu 2 Händen 15
Op. 241. Gedenke mein, Polka -Mazurka. Leut-
ner, Alb. Op. G2. Dresden Galopp 2 —
Kl einer , W. Op. 103. 2 Lieder (im Volkston! für eine
Singstirome mit Begleitung des Piannforte.
No. 1. Es war so still im dunkeln Hain . ... — 10
- 2. Hat Alles dich verlassen — 7$
Bertel. P. Fantasca, Ballet von P. Taglioni.
Op. 94. Potpourri 1 —
- 95. AtuazoBcnmarsch — 7$
• 96. Persischer Marsch — 7$
- 97. Walzer — 15
• 98. Quadrille — 10
• 99. Amazonen-Galopp — 7)
Keler - Beta. Op. 85. Am schönen Rhein gedenk' ich
dein, Walzer Tür Orchester 8 12$
Derselbe für Pianoforte zu 4 Händen —20
l.eulner. A. Op. 61. Prinzess-Quadrille für Orcheater 1 20
Muck, J, Op. 26. 2 SalonstOcke för Violoncello mit
Pianoforte-Begleitung.
No. 1. Elegie — 12)
• 2. Allegro appassionato — 25
OfTenbach, J. Perichole, Opera bouffe en deux acten.
Clavierauszug zu 2 Händen 2 —
— — Potpourri aus derselben Oper f. Pfte. zu 2 Händen — 17$
— — Toto, Burleske in 3 Acten, Potpourri für Piano-
forte zu 2 Händen — 12$
Haderte. R. Op. 84. Festmarsrh f. gr. Orchest. Part. 2 —
Bering, F. W. Op. 61. Die Stimme der Tliräne fQr
Orgel, Violine und Doppel-Quartett — 20
— — Op. 62. Psalm 97 für .Männerstimmen (Cbor und
Solo-Quartett) und Orgel — 12)
Hingelee, J. B. Op. 115. Don Carlos, Fantaisie pour
le Violon avcc accpt. de Piano 1 —
Straus«. Ptriehole, gründe Vatse pour Piano .... — 10
Perichole, Quadrille pour Piano — 10
Voigt, F. W. Fantasie Ober das deutsche Volkslied
„In einem kohlen Grunde da geht ein Mfthlenrad H för
Orchester 1 20
— — Dieselbe fflr Pianoforte zu 2 Händen — 12$
Collection de* oettcres cla**ique* ei moderne*.
Beethoven, L. v Die Ruinen von Athen, Arrangement
fQr Piauoforte zu 4 Händen von H. Ulrich.
Ouvertüre 4 Bg.
Chor der Derwische 3 -
— — Marcia all« turca 1 | -
Festmarsch 3 .
Marcia alla turca f. Pianoforte zu 2 Händen . . 1 -
Schobert. Fr. Quatre Impromptus p. le Piano. Op. 142
No. 1 4 -
- 21 $.
- 3 2$ -
- 43 >
Nova-Sendung No. 5.
von
B. Schotts Söhnen in Mainz.
Glinka, h. Caprice brillant en forme d'Ouverture sur „La
Iota Aragonesa“, Iranscr. par M. Balakirew .... 1 —
Keler-Bela. 8t. Quentin-Marsch, Op. 37 . .... — 5
Kctterer, E. Grande Fantaisie sur „Les Huguenots"
Op- *51 —2*1
KrOger, W. Doux Penser, Melodie allemande, Op. 155 — 12$
Lasaen, E. Les Maitres ebaoteura de N. (Die Meisters.
von N.l Traoacript. de Salon cn 2 Suite« . a 15 und — 20
Leybacb, J. Fantaisie brill. sur „Astorga“ de J. Abart
Op. 116 — 22J
RecreaL caract. Op. 118. No. 4. Tyrolienne ... — 15
St. Quentin-Marsch de Ktler Bel«, Op. 126 ... — 17$
Rommel, J. Intermezzo de la 2»« Suite Op. 115 de F.
Lachner Igj
Smith, S. La Favorite, Fantaisie brillante, Op. 71 . . — 20
Btreabbog, L. 8 petiles Fant, sur „La Dame blanche 14
eu 2 Suite« ä — 10
Wagner, R. Die Meistersinger vou Nürnberg. Einlei-
tung zum dritten Act “7$
Wnllersteio, A. Nouvelles Dauses.
No. 173. Galop de Berne, Op. 211 — 7$
- 174. La Capricieuse, Polka-Mazourka, Op. 212 — 7)
• 175. La Corbeille de Fleura, Schottisch, Op. 218 — 7$
WolfT, Ed. Apotheose, Marche religieuse, Op. 290 . . — 12)
Keler Bel«. St Quentin-Marsch, Op. 37 ä 4 mains . . — 7$
Gregoir, J und Servals F. Luisa Miller de Verdi pour
Piano et Violoncello (22e. Livre de Duos) 1 12$
Goltrrnaana, G. Walther s Lied aus der Oper „Die Mei-
stersinger von Nürnberg“ für Violine mit Piano ... — 10
Oerman. A. Les Succös du jeuuo Violoniste, 20 Mor-
ceaux grsdues pour Violon avec Piano, Op. 95.
No 16. Beatrice di T. — No. 17. Fant, espagnole ä — 17|
• 18. Le Banz des Vaches — 17$
- 19. Molse — No. 20. Airs russes .... ä — 20
Hpohr, L. Adagio für Fagott und Piano — 17$
Helnefctter. W. Ouvertüre zu Macbeth, Tragödie von
Shakespeare, für gr. Orchester. Partitur in 8vo. . . 2 2$
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9. Juni 181)9.
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BERLINER JIESIKZEITIM
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unter Mitwirkung theoretischer
(ünstAV Kork
und practischer Musiker.
BcNlcIlunKen nehmen an
in Berlin: E- Bote 4 6. Bock, Frenx08.Str.33e,
11. d. Linden No. 27, Posen, Wilhelmstr. No. 21,
Stettin, KOnigsstrasee No. 8 und alle
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des In- und Auslandes.
Preis der einzelnen Nummer 5 Sgr.
Briefe und Pakete
werden unter der Adresse: Redaction
der Neuen Berliner Musikxcitung durch
die Verlagshnndlung derselben:
Ed. Bote 4 G. Bock
| in Berlin, Unter den Linden 27. erbeten.
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Jährlich 5 Thlr. i mit Musik-PrAmie, beste-
Halbjährlich 3 Thlr. t hend in einem Zusiche-
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1 dem MusUt*V«rlag« Vl "> Ed. Bote 4 G Bock
I, Jährlich 3 Tklr. i „u,,,,
P Halbjährlich I Thlr. 25 Sgr. ’ P #
, Insertionspreis für die Zeile 1} Sgr.
Inhalt. Reoeaaion. - Berlin. R««». — Oorr**p<»«4«>»ii ««• Pari» und Wiaa — FeoilMou Zar Brinneruag an Carl U)w« ran Dr. Eduard
Kran»« (Schlau). — Journal-Itrvnr. — NarlirirMan — Inarrale.
R e e f>
Qnrar Comettaiit. La Musique, les Musiciens et les
Instruments de Musique chez les differents peuples du
mondc. Paris, chez Michel LAvy frei*«».
Die Uebersetzung eines Artikels aus der „Revue et Ga-
zette musicale“ Ober das obigo GomettanFsche Werk leiten
„die Signale“ wie nachstehend ein und heben dabei insbe-
sondere auch die grossen Verdienste hervor, welche sich
Georg kastrier tun die Musik erworben hat.
„Das vor einiger Zeit unter obigem Titel erschienene
Buch hat in der Pariser Presse verschiedene mit Recht
günstige Besprechungen hervorgerufen. Eine davon in der
„Revue et Gazette musicale“ befindlich und von Ein. Mn-
thieu de Monier unterzeichnet — wollen wir hier reprodu-
eiren, einmal des Buches selbst wegen, dann und besonders
aber auch wegen einer eingehendem Würdigung, die Georg
kastner zu Theil wird — einem Musikgelehrten, der in
Deutschland bei weitem noch nicht so bekannt ist. als er
es zu sein verdiente.“
Wir schlossen uns dem Gesagten in vollster Leberein-
stimmung an und lassen nun den Theil des Aufsatzes folgen,
in dem namentlich Knslner's als Künstler wie als Mensch
in ausführlicher Weise gedacht wird. —
Gometlnnts Werk wird als Quelle immer wichtig bleiben.
Interessantes, solides und gut geordnetes Material bietet es
namentlich den künftigen Geschichtschreibern jener majestä-
tischen. socialen, artistischen und industriellen Synthese,
welche vor zwei Jahreu die Aufmerksamkeit und Aufmun-
terung, dann den Eifer und die Bewunderung der höchsten
zeitgenössischen Intelligenzen an sich fesselte. Unter diesen
Intelligenzen stand ein Mann in erster Reihe, den die ganze
Kunst weit beweint hat und den sie sobald nicht vergessen
wird. Wir meinen Georg Kastner. Mit welcher freudigen
Begeisterung begrüssle er die Morgenrölhe der friedlichen
Epopöe des Marsfeldcs von 1867! Mit welchem Enthusias-
mus folgte er ihrer Entwicklung! Und war es nicht mitten
in den Arbeiten des Comites für musikalische Execution.
D 0 I O II.
dass ihn der Tod überraschte? Herr Oscar Gomettant hat
an seinen langjährigen Freund eine Schuld der Dankbarkeit
und einen Tribut des aufrichtigsten Bedauerns abgetragen,
ludern er sein Buch dem Andenken des theuren Dahinge-
schiedenen widmete, wie ihm auch die Schilderung und
Würdigung desselben nach Person und Wirken meist treff-
lich gelungen ist.
„Georg Kastner getiel sich einigermaassen darin, dem
Renommee, welches gewohnheilsmössiger und kleinlicher ist,
als man denkt und gern auch von den universellsten Gei-
stern ein Concenlriren auf eine bestimmte Specialität verlangt,
ein Schnippchen zu schlagen. Er war Alles, was er sein
konnte, ohne andere Sorge, als die Approbation erleuchteter
und aufgeklärter Menschen zu verdienen und sich selber
genug zu thun. Er wusste wohl, da9s. indem er die Auf-
merksamkeit auf die so verschiedenen Productionen seines
Geistes lenkte und somit theilte. er auch die Bewunderung
zersplitterte; aber er wusste auch, dass er auf diese Weise
die Summe seiner Verdienste vermehrte“. Nachdem Herr
Gomettant an die bedeutendsten musikalischen, oder besser :
Compositions - Werke Kästner s — „La Prise de Missolon*
ghi“, „La Reine des Sarmates“, „Gustave Wasa“. „La Ma-
schera“, „Beatrice“, „Le dernier roi de Juda“ etc. — erin-
nert hat, fährt er folgendermassen fort: „In dieser langen
Reihe von Productionen war schon eine ganze arbeitsvolle
Küustler-Exislenz enthalten: aber Kastner strebte nach ande-
ren und neuen Erfolgen und bahnte sich einen neuen Weg
durch die Kunstgeschichte, Philosophie, Archäologie. Aes-
thetik. Literatur und Poesie — ein Weg, der schliesslich
immer in seine Lieblingskunst — die Musik — einmündete “
Das Alles ist sehr gut und richtig gesagt und kennzeichnet
Kästners Geistesarbeit ganz treffend. Aber der Mensch?
Der Mensch, den Herr Gomettant so lange und so gut ge-
kannt hat, kommt etwas kümmerlich weg, wenn weiter
Nichts gesagt wird, als: „Kastner war nach der Seite des
materiellen Besitzes hin glücklich gestellt, glücklicher aber
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noch nach der des Herzens hin; halle er doch als Lebens-
gefährtin eine Frau, die, trotzdem sie alle Reize einer Welt-
dame besass, sich doch ohne Murren in das Studirzimmer
ihres Mannes vergrub und ihm den SecretBir ersetzte.“
Diese Hingebung einer Frau hohem Schlages halte
ihren Grund nicht nur im Pflichtgefühl, oder selbst im Ge-
fühle dessen, was ihr Mann werth war, sondern ganz be-
sonders in den moralischen Eigenschaften, die dieser besass.
Darauf hätte müssen von Herrn Comettant der HAupiaccent
gelegt werden, und dass er es nur oberflächlich berührt
hat, ist billig zu bedauern.
Kästner war wesentlich loyal und gut und sein Cha-
rakter bei aller festen Männlichkeit doch nicht unnöthig
starr und unbeugsam. Sein Humor ging bis zur Lustigkeit
und Munterkeit und war trotz etlicher gallischer Zugespitzt-
heit doch niemals ohne Gutmütigkeit. Das Studium der
Wissenschaften, welches nichts Anderes als das oft schmerz-
liche des Menschen ist, hatte ihn weder zum Zweifler ge-
macht, noch zur Arroganz oder pedantischen Misanthropie
verleitet. Glücklich war er, wenn er bei seinen Studien
und Untersuchungen einen neuen Erzgang entdeckte, sollte
dieser auch schon angefangene Arbeiten durchkreuzen.
Ueberhaupt war arbeiten für Kästner das höchste Vergnü-
gen; jeden Tag stand er mit der Morgendämmerung auf,
denn er hielt es mit Malherbe, der ja sagte: „Das schönste
Vergnügen der Tage liegt in ihren Morgen“, und er liebte
das Leben zu sehr, als dass er die Zeit — der Stoff, aus
dem ja doch das Leben gewoben ist — hätte vertrö-
deln sollen.
Und dann nach gethaner Arbeit, in den Stunden der
Vertraulichkeit und Müsse, wie liebenswürdig war da Kast-
ner*8 Umgang! In Strasburg musste man ihn so sehen, um
ihn lieb zu gewinnen und sich ihm anzusch Hessen. Für
diesen Arbeiter, diesen die Zurückgezogenheit liebenden Wei-
sen, hatten die alten Räume seines grossen Hauses in der
Strasse Nuee - Bleue zu Strassburg mehr Anziehendes als
das correcte kleine Hotel der Rue Boursauit in Paris. Fern
vom Gewßhle letzterer Stadt, dort unten, mit dem dunkeln
Vorhang der Schwarz waldberge und der gewellten Kette
der Vogesen zum Horizonte, bei allen und treuen Freunden,
ruhte sein Geist aus und nahm eine bezaubernde Liebens-
würdigkeit an. Kästner ist immer und überall Elsässer ge-
blieben und sein Geburtsland wird ihm immer seinen Platz
an weisen zwischen Schoepflin, dessen fruchtbare Gelehr-
samkeit und Arbeitsliebe er ebenfalls besass und zwischen
Andrieux, dem er sich durch seine etwas mit Schlauheit
gemischte ßonhomie. seine offene Rede und würdige Sim-
plicität näherte.
Man wird nun wohl den Einfluss begreifen, den die
allgemeine Ausstellung auf diesen thäligen und edeln Geist
nusübte. Kästner nahm eins der beschwerlichsten Coroite-
Mandate der zehnten Klasse an und er war sicherlich nicht
Derjenige, welcher die Last sich zu erleichtern suchte. Ohne
zu zögern oder zu zaudern lud er sich, reichlich beschäftigt
wie er ohnedies war, diesen Zuwachs von Ermüdung auf.
Die musikalische Ausstellung fand in seinem Wissen und
seiner Erfahrung eine der festesten Stützen. Als Juri-Mit-
glied streng und doch zugleich wohlwollend, als Richter
von erleuchteter Unparteilichkeit, hatte seine Thätigkeit bei
den Comroissionsarbeilen etwas förmlich Fieberhafles, Beun-
ruhigende«. „Nehmen Sie sich in Acht“, sagte eines Tages
ein Bekannter zu ihm, „auf die Weise, wie Sie es treiben,
bringen Sie sich um“. Und in der That, es geschah so.
Wahrend des Wettspielens der MiIitairmusikcorp6 von einem
Uebetheflnden betroffen, wollte er doch Aushalten und seinen
Ehrenposten nicht verlassen, trotzdem der IndustriepalAst
einem von einer unbarmherzigen Gewittersonne und von einem
Gedränge von etwa 40,000 Menschen geheizten Hochofen
glich. Herr Comettant erwähnt dieses Factum nicht, trotz-
dem er Zeuge davon war. Er beschränkt sich darauf zu
schreiben: „Einige Tage der Krankheit, der Bewusstlosigkeit
und es blieb von dieser kräftigen Organisation Nichts übrig
als seine Schriften*), welche von der Zeit Nichts zu fürch-
ten haben.“
Madame Kästner, von ihrem Herzen und ihren musi-
kalischen und literarischen Kenntnissen geleitet, hat über
den Druck der berühmten Manuscripte ihres Mannes ver-
fügt. Gänzlich vollendet hat er hinterlassen: die grossen
Opern „Le demier Roi de Juda“ und „Beatrice“, zwei ko-
mische Opern (eine davon auf einen Text von Scribei, eine
Cantate alsacienne, mehrere Ouvertüren für grosses Orche-
ster, Männerchöre, Lieder, Märsche für MUitairmusik, ein
Werk über die Marseillaise, ein anderes musiktheoretisches
etc. etc.
Unvollendet hinlwlässt Georg Kästner: eine dreiactige
Oper, ein Buch über die Zigeuner, die musikalische Ency-
clopädie, an der er seit langen Jahren arbeitete, eine Bio-
graphie Meyerbeer’s, vorbereitende Arbeiten zu einer neuen
Auflage seines Manuel de musique militaire etc.
I)erlin.
Revue.
t König!. Opernhaus.) Am 31. Mai sang Frl. Stöger als
zweit«; Gastrolle die Leoriore in „Troubadour“; der Erfolg war
auch diesmal nur ein gelheilter, da die Leistung aus Gelunge-
nem und Verfehltem zusammengesetzt wer; als das Schwächste
der Parthie müssen wir die erste Arie — und doch liegt io
ihrer Ausführung der Geleitschein für den ganzen Abend —
■ufOhren. Auch heule machte sich das Klanglose der tieferen
Töoe recht fühlbar. Dagegen verhelf die Vorstellung eioem
anderen Gaste zu einem vollständigen Siege; für den erkranktee
Herrn Bels trat plötzlich, ohne Probe, der Bariton Hm Schel-
per vom Bremer Theater als Graf Luna ein und gefiel so sehr,
dass die luleodeoz ihn von 1. Mai 1870 ab engagirt hat.
Herr Sehe Iper ist im Beeilt einer angenehmen, klangvollen
Stimm», singt volubil und sein Vortrag zeigt warme EmpBo-
düng und dramatisches Leben; er musste auf stürmisches Ver-
langen das Larghetto der Arie wiederholea. Als Azucena half
Fräulein Hör Ina recht lobenswert!) aus und erwarb sich ver-
dienten Beifall. — Am 1. Juni war „Martha“ mit Fräulein
Grosei, welche nun ebenfalls engagirl ist; am 24. „Die Jüdin“
mit den Damen Voggenhuber und Börner ued dea Herren
Ferencty, Fricke, Lederer; am 6. „Zauberflöfa“ mit Fräu-
lein Deoay, welche die Königin der Nacht mit anerkennens-
werther Technik sang, stimmlich jedoch ein für den Mutter-
schmerz su wenig edles Material bot. Sie erhielt nach deo
Arien lebhaften Beifall.
Im Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater erhält sich Offen-
bach's „Toto“ als wahrhaftes Zugstück. Die Burleske wurde
•eit ihrer ersten Aufführung (22. Mai) liglich vor vollem Hause
und begleitet von der fröhlichsten Stimmung und dem Beifall
des Publikums gegeben.
Im Kroll’achen Etablissement hat mM dem 1. Juni die
dreimonatliche Opern- Saison begonnen. Die bisherigen Vor-
stellungen: „Troubadour“, „Freischütz“, „Weiase Dame“,
„Martha“, zeigten, dass Herr Direktor Engel auch tür diese
Saison ein zahlreiches und den hier zu stellenden Ansprüchen
ganz genügendes Personal engagirl hei. Soprane sind die
Fräuleins Harry, Höfiar, Eichhorn, Kropp, Alt: Fräulein
*) Diese Schriften sind: Manuel genärale de musique mill-
talre; Las Danses des Moria; Lea Chaule du la Vie; Chaots de
l'armäe fraopaise; La Harpe d'Eote et la Musique cosmique; Les
Voix de Pens; les Siränea; Parämiologie musicale de la langue
franpaise.
1*7
Grobmann, Tenöre: dt« Herren Bernard, G«ist, Winkel-
mann (BufTuI; von den aufgelretenen drei Baritonialen Frie-
denberg, Vierling, Zottmayr gefiel der Letztere durch
markige Stimme und dramatischen Vortrag am metsten; Bast:
Herr Hieol, Buffo: Herr Schöo. Die (Qchtige Kapelle findet
wieder m Herrn MQller, dem Sohne des bekannten Wiener
Dirigenten Adolf MQller, einen umsichtigen Führer. Bei
günstigem Wetter ist das Etablissement , welches für ein ver-
hJltniasmissig geringes Eintrittsgeld (ein Viertel Thaler) dem
Publikum wirklich ausserordentlich viel bietet, stets überaus
zahlreich besucht. d. R.
Correspondeni.
Paria, 16. Juni.
In der Opera comique fand vorgestern die einactlge Novität
„La fontaine de Berny“ von Alberte Seeon d und Micha! Carrä,
Musik von Nibelie, eine sehr freundliche Aufnahme. Der Dootor
Troncbin bedient sich dieser Quelle, woraus er selbst nur un-
freiwillig trinkt, um alle Weil zu curiren, und feiert seinen glück-
lichsten Erfolg in eiuem Liebespaare. Der Quell der Worte
sprudelt von Witz und zeitgetnisseo Einfällen — und die Musik,
eine etwas zu prätentiös gedehnte Ouvertüre abgerechnet, ist
gleichfalls klar und leicht fliessend, wie Wasser, in dem lustige
Forellen ihre Scherze treiben. Nach dsr Tiefe brauchen wir dabei
um so weniger tu suchen, da solche Quellen in der Hegel keinen
tiefem Grund haben. Die beiden Quartetts, eine Consultstion
und ein Rendezvous, sind voll scenischer Wirkung. Herr Cou*
derc als Doctor und Fräulein Moisset, und Herr Potel ragten
im Spiele und Gesänge hervor. — Vor einigen Tagen fand die
Leseprobe von Auber's neuester Oper „Röve d'mour“ statt; die
Koliea vertheilen sieb unter die Herren Capoul, Gaillard,
Goudere, Saint-Foy und Kran Girard. lieber die Besetzung
der andern zwei Damenroilen ist der im Punkte des schonen
Geschlechtes so bewanderte 87jährige Liebcstrlumer noch nicht
einig, obwohl es demselben als Conservatoire « Director nicht an
Bekanntschaften aus dem schonen und schönsten Geschlecht«
fehlt. Nach FrAul. Marie Roze dürften sich jedoch vergebens die
Blicke wenden, dt dieser Morgenstern des Auber'schen „Ersten
Glück stages“ jetzt anderwärtig sngagirt ist. — An der Opära oo-
mique werden nun such Gounodsche Opern zur Aufführung
vorbereitet: Mireille, Romeo et Juliette, Phileraon et Bauois, le
Medeeiu malgrä lul. — Das Tbsätre lyrique schloss am Al. Mai
mit der 36. Vorstellung von Wagners „Rieozi“. Diese Rienzi-
Auffübruogen gaben ein Total-Erträgnisa von 61,570 Francs. —
Laut Beschluss der teilten Versammlung dar „Sodete des au-
teurs dramatiquea“ erhält Wagner als Ausländer von dea 10
Procent Tantiemen keinen Antheil, weil auch französische Opera
im Auslände ohne Autoren-GebObren aufgeführt werden. Dage-
gen erhalten die Armen (droit des pauvres) nach wie vor 11 Pro«
cent. Und so sind und bleiben die Componisten die — Aller«
ärmsten. Zum Glück, dasa Wagner einen königlichen Trost für
sich hat — Dem Vorwurf, aus dem Tbäätre lyriqus ein Wag-
ner-Theater gemacht zu haben, sucht Direotor Paadelonp durch
Aufzählung der unter seiner bisherigen achtmonatlichen Di-
reotiousführuug in Scene gesetzten französischen Opern tu ent-
gegnen. Diese Opera sind ,,L« Val d'Andorre“ von Halävy, „Le
Brasseur de Preston“ von Adam, „La Poupäe de Nuremberg“
von demselben, „Les Bägayements d’araour“ von Grisar, „Ma
Taute dort“ von Gaspari, „En prison“ von Gulraud und „Don
Quichotte“ von Boulanger (dis beiden letzteren neu). Gegen
diese sieben Franzosen uur zwei deutsche Componisten: Gluck
mit „Iphigenie in Tauris“ und Wagner mit „Ricnxl“. Paadeloup
replicirt ferner: io den Zeiten des Freihandels wäre e« seltsam,
fremde Componisten nussohliessen zu wollen, da doch auch
französische Componisten im AuBlande aufgeführt würden. Al-
lerdings ein treffendes Argument für die Eitelkeit der Franzosen,
uad allzuwahr, da die französischen Autoren in Deutschland so-
gar die Majorität bilden. — Die Sängerin Fräulein Schröder
wurde für das Tbäätre lyrique neuerdings engagirt. — In der
Opära ist Gounod’s „Faust** die HauptzugkrafL Faure (Mephisto»
wurde in einer der letzten Vorstellungen in der Fecbtsceue au
der Hand leicht verwundet, in Folge dea allzu lebhaften Spiels
seines Gegners. Einige Blätter wollten daraus ein Duell entste-
hen lassen, es ist aber nicht# an der Sache, und der Könatler
Faure, den soeben auch Director Per rin mit dem Geschenk
einer Dose im Werthe von 10,000 Francs auszeichnete, bedarf
solcher Reclame nicht. — Fräulein Hisson sang als Margarethe
Probe und scheint von der Direction auserlesen, mit der meister-
haften Leistung der Miolan-Carvelho in dieser Parthie zu al-
terniren, eine Auszeichnung, die zumeist ihren jugendlichen Rei-
zen zukommt. — Der letzte Figaro brachte aus der Feder des
Direetorg der Pariser Opära, Herrn Perrin, einen langen Artikel
über die Eröffnung der neuen Oper in Wien, worin derselbe die
langsamen Fortschritte der neuen Pariser Oper bedauert — in-
dem deren Vollendung in s Unabsehbar« hinausgesehoben wird,
und neben der archltectouischen Beschreibung dum künstleri-
schen Werthe der Wiener Oper alle Anerkennung zollt, so das«
die Pariser Oper sich befleissigen müsse, mit derselben gleichen
Schritt zu halten. In Bezug der Hepertolr • Verhältnisse mag der
galant« Franzose gewiss Recht haben. A. v. Cs.
Wiener Maslkreminiacenxen.
V. Ende Mai.
Eröffnung o«u«a K. K. Hofoptrnbaonea. — Ol« unllanlkhen Ordcaatrerleih««-
g*n. — TtoMralMcfa« Natitea. — Ctrtotta PaHi - StadMUeti-AaaAeiiii«. — der
b*tk uad Klalaar. — L-npoId » S«B«l(llk*tr.
Der Wiener darf nunmehr sagen: „Wir haben das schönst«
Opernhaus, weit und breit, in aller Welt; wo giebts ein pracht-
volleres und glänzenderes?“ — und In der Thal: Grösse, Fassung*-
raum, Gold, Marmor, Fresken, ein Meer von Liebt, vollendete
Ventilation u. s. w. und die — neuesten* zu gutem Resultat ge-
brachte Akustik, sie stempeln das eolosaale Gebäude zu einem
musikalisch -architeotouiscben Unicum der Neuzeit! — Hätte man
weniger auf Oeconomi« gesehen, bei den vorhandenen Räumen
eine Etage weniger gezogen, und hätte man die Logen dadurch
breiter und lichter gehalten: der Wünsche wären wenig übrig!
Die bei der ersten Probe laut gewordenen Befürchtungen über
ungenügende Akustik scheinen dermal ganz beseitigt; Stimmen
und Orchester klingen gut. Ob gerade an allen Plätzen kann der
Einzelne nicht gleich präcis bestimmen. Ein mehr oder minder
hat in allen Häusern seine Anwendung, doch herrscht bet uns
fast allgemeine Zufriedenheit. Das früher zu tief gelegene Orche-
ster wurde später um 13 Zoll gehoben, da es sich jedoch nicht
bewährte, von dieser Höhe um 6 ZoU zurückgesetzt, und nun
thut es seine Schuldigkeit Ferner wurden di« Orchestermitglie-
d«r, deren Zahl 84, um 40 Individuen vermehrt (ick setze bei,
dass eine gewiss« Anzahl regelmässig alternirti — und endlich
erhielten di« damals noch leeren Räume io den Höhen der Bühne
die Füllung mit Decorationen u. s. w., wodurch viel Schallzer-
streuuug vermieden wurde.
Die ersteo drei Vorstellungen im ueuen Hause waren Mo-
zart'« „Don Juan“. Bis auf weiteres wird abwechselnd im alten
wie im neuen Hause gespielt werden. Ein woblthätiger Zweck
gab Anlass, die Preise für die erateu drei Voralclluagen auf die
höchst* hier dagewesene llöh« zu stellen. Am ersten Abend
23 *
kostete die Loge offlcicll 100 fl., der Parquetsitz, je nach den der
BQhne näheren Plätzen, 25 (I. und 20 fl., der im Parterre 10 fl.
u. a. w.; für die zwei weitem Abende sankeu die Preise. Die
ungeheuren Räume des Hauses waren das erste .Mal trotzdem
überfüllt. Alles, was da hat Namen und Geld, in allen Farben,
wollte bei dem ersten Abend gegenwärtig sein. Die herrlichen
Räume umschlosen die prunkcndste Gesellschaft und der Anblick
war in der That berauschend schön. Ohne persönlichen Augen*
schein haben Sie keine Vorstellung von der Innern Pracht des
Hauses, verehrter Freund! Sie blicken wie in eine Feerie aus
„Tausend und eine Nacht “1
Herr v. Dingelstedt licss au allen drei Abenden seinen
„Prolog'* vo ränge heu. Der Inhalt ist ungefähr: Oesterreich ist
die erste Macht im Heiche der Musik, das Land bat die grössten
Tonmeister her vorgchracht. seid Eurer Ahnen würdig und pflegt
die heilige Mueica auch fürder in Harmonie mit allen Euren Na*
tionalitäten! Ein entsprechendes Tableau, gebildet von allen
freien Bühnenmitgliedern in den National-Costümen, etwas Esser'*
sehe Musik nnd die Nationalhyuiue, machten den Schluss. Das
Publikum brachte der anwesenden Kaiserlichen Majestät wahrhaft
herzliche Ovationen dar und der Kaiser dankte sichtlich bewegt.
Die nachgefolglc „Don Juau"-Vorstellung — mit Beck, Dust*
manu. Will, Walter, Teilheim, Mayerhofer, Rokitansky
und Schmid — war in deu meisten Theileo vorzüglich, iu der
scenischen uud Kleider*Ausstattupg sehr geluugen. Die Decora-
lionen von Brioschi fauden sogar stürmischen Beifall. Interes-
sant wird es für Ihre Leser sein, zu hören, dass der „Don Juan*'
des nächsten Abends mit ganz anderer Besetzung gegeben wurde.
Dingelstedt ist in der beneideuswerthen Lage, den „Don Juau"
mit doppelten Kfäftcu auf die Bühne zu stellen. Die- zweite Be-
setzung ist: Biguio, Friedrich-M aterna, Müller, Ehnn
’Zerline), Hrabünek: die weiteren Künstler wechseln l'nd da
sind noch bedeutende Kräfte nicht im Treffen, z. B. der plötzlich
heiser gewordene Draxler. Es fanden bei der ersten Vorstel-
lung viele Hervorrulüngen statt und das Ganze ging geregelt, ohne
die mindeste Störung; au einem ersteu Abend gewiss eine be-
nierkenswerthe Erscheinung. Auch der zweite und dritte Abend
halten schöne, weun auch nicht übervolle Häuser.
An die Vollendung des neuen Opernhauses knüpfte die kai-
serliche Huld eine grosse Reihe von Ordcnsauszeichnungen und
Verleihungen anderer titularen Ehren. Der Titel eines K K Kam-
mersänger* z. B. gehört in Oesterreich zu den Seltenheiten; die
Damen Wilt (die slimmprächtlge Gemahlin des bei dem Baue
vielverdienten logenieur Wilt» und Fräulein Ehnn (kaum zwei
Jahre an unserer Bühne) erhielten das ersehnte Titelchen: K K.
Kammersängerin. Dem Herrn von Dingelstedt ist nunmehr
zu unsäglichem Verdruss seiner Legion zählenden Gegner durch
die „eiserne Krone" der erbliche österreichische Riltcrstand offen.
Der Herr Obristhormeister und der Minister des Innern hatten
wohlwollend gesorgt, dass aus allen heim Baue helheilten Aem-
lern Decorirte hervorgingen: endlich erhielten auch die Industriel-
len und Gewerbeleute vielfache Verdicnslzeichen. Die Sänger
Walter, Beck und Draxler schmückt das Ritterkreuz des
Kranz Josef-Ordens. — Da giebt's denn allerdings hie und da
verdriessliche Stimmung; man bringt dies und das auf die Wage.
Man ist auch der Meinung, dass manche unserer Herren Sänger
recht gut bezahlt sind: des Einen Stimme z. B. mit 16,000 fl,
und mit Berücksichtigung jeder Bequemlichkeit dazu. Ausseror-
dentliche Verdienste aber haben überdies einige der Herren
nicht aurztiwciscn. Manche derselben schenkten auch nie ihre
Mitwirkung einem wohlthätigeu oder patriotischen Acte, sie ha-
ben nie im Unglück eine fremde Thrflne durch Sang und Klang
trocknen geholfen. Man sagt wohl auch, dass manchmal des
Einen wegen die Andern aueh was „kriegen müssen**! Und wie
das sehon kömmt I . . .
Zu Ihrer jüngsthin gebrachten Beschreibung des neuen Opern-
hauses bemerke ich ibneu als Curiosum, dass in den zwei Büf-
fets nebeu dem Foyer ebenfalls je zwei Büsten unterbracht sind,
die iu gleicher Höbe an den Mauern einander gegenüber sich
anblicken. Rechts linden Sie io dem einen Buffet Douizetli und
Belliui — beim Zuckerbäcker! In dem linken Cabiaet Auber und
Wagneri Wagner blickt ergrimmt! Gewiss das pikanteste
(Atr-a-lAU- beim — Zuckerbäcker.
Die Novitäten-Ausbeute des Mai beschränkt sich auf wenige
Vorkommnisse. In der grossen Oper des Neuen nichts; bedauer-
lich lediglich, dass man den ersten Tänzer, Herrn Calor i (auch
als Coreograph von Bedeutung) — vor der Hand nach Warschau
ziehen lässt und an seine Stelle einen Herrn Am mal uro, al-
lerdings einen gewandten Tänzer, aber ohne Mimik und Poesie
(aus Neapel), engagirte. Als dritte Ausbilfssängerin wurde ein
Frfiulciu — mit 50 fl. monatlich, und eine sehr taleutvolie junge
Täuzerin, Fräulein Lyra, die ausnehmend geftel, mit 400 fl
jährlich angenommen. Die Uekonomic zieht recht hübsche,
weisse Selaverei! Wie schade dagegen um das schöne Geld, das
an die müssigsteu unfruchtbarsten Gastspiele heuer vergeudet
wurde; ein trostloser Tenor, aus Dessau kam er meiner Erinne-
rung nach, erhielt sogar 1200 fl., damit er nur nach dem oralen
entsetzlichen Gekrächze sieh heimwärts trolle; dagegen sind viele
unserer Operisten gar nicht in Tbäligkeit gezogen. Es giebt So-
listen, die seit 2—3 Jahren keine neue Rolle gelernt; da wird
denn manche Klinge rostig! Nur in fortwährender Bewegung
uud Thäligkeit liegt Gesundheit, die des Individuums, wie eines
Instituts! Als eine artige Erscheinung für die nächste Zeit wird
eine neue Oper des Herrn von Ftotow aogekündigl, komischer
Natur: „Die Musikanten**. Herr von Flotow verweilt auf seiner
Villa in Reiehenau und ial an der Vollendung des Werks. — Als
neu für uns sollen aueh Verdi's „Don Carlos** und „Hamlet" von
Thomas au die Reihe kommen. — lieber die günstigen Erfolge
der neuesten Offenbach’schen Operetten hatten Sic bereits von
auderer Seite Nachricht. Ihr alles Ballet „Sardanapal“ geht
dieser Tage als Novität bei uns in Scene !l
Ein Seufzer dringt aus meiner Brust; ich blicke zu einem
sehr verblassten Stern am Knnsthimmel empor. Fräulein Car-
lolla Patti strich mit einem einzigen Concerto an uns vorüber.
Sie hat iu ihrer Brust das Spielwerk einer Uhr; der Mechanismus
ist für kurze Zeit auiuaaut; aber von einem TimNre der Stimme
ist keine Rede, von Seele, Gemfith, keine Spur: die Arme wird
quasi automatisch hinausgeschoben, wickelt ihro drei alten Me-
lodien und Schnurrpfeifereien regungslos ab (natürlich auch das
widerlich gegrinste Lachlied) und ihre Sendung für den Abend
ist vorüber. Das Theater an der Wien, darin sie sang, mochte
kaum halb gefüllt sein; dergleichen verfängt so leicht zweimal
nicht; die Tollheit vor 1865, als Carlotta zum ersten Mal kam,
war ruhiger Anschauung über das Spielzeug gewirben, Carlotta
ging diesmal und kehrt wohl nicht mehr wieder. Ullmann, die
Fleisch gewordene Reciame, fehlt ihr dermal zum leherflus* und
so war die Münzerndte eine kümmerliche.
Wir wollen aber nach dem Ober die Carlotta Patti Gesagten
nicht hinausgehen über die zwei Begleiter der Dame, den Vio-
linisten Herrn v. Sarasate, einen unbekannten Spanier, und
Herrn Ritter, einen Deutschen, der durch eine Reihe miltel-
mässiger Composilionen sich ziemlich unrühmlich gemacht; der
Erste, ein sehr sinniger, sangreicher Violinist, der Zweite, ein
accurater, energischer Pianist. Beide verdienen alle Anerkennung
für ihre Leistungen und sie werden sie wohl auf ihren Künst-
lerwegen an jeder intelligenten Stelle Andeo. — Ein paar Worte
189
will ich auch «agen Ober die „Studenleo-Acadenne“, die im Hof-
opcrnlbeater am Sterbetage Schiller'» statlfand uud deren Erträg-
ittss dem Wiener Schillerdeulunalsfond zugeführt wurde. Wohl
spielten die feurigen Teufelsjungen des Wiener Conservatoriuma
unter Hetlmesberger die Tell-Ouverlure, dass es Lust und Leben
gab; wohl (bat der academische Gesangverein rühmlich das
Seine .... aber die Herren Studenten mit der Rütli-Scene und
„Wallensteins Lager“!! Dergleichen BlOssen sollten sich die
Herren Studenten denn doch uicht geben. Die Männer der Wis-
senschaft — wenn auch noch Jünger — mögen sich vor Allem
hüteu lächerlich zu erscheinen. Das war uiobt einmal anstän-
dige Dilettaoterei. — Die edlen Herrn Academiker führten dem
Fond einen schönen Geldbeitrag zu und damit sei weiter Friede
mit ihnen!
Von dem Coucert des Cellisten Kletzer, bei welchem der
Orchester dirigent Herbeck den Stsb nieder legte, wegen Schwan-
kungen bedenklicher Art zwischen dem Solisteu und dem Or-
chester, schrieb ich Ihnen io» letzten Briefe. Die Affaire führte
nunmehr zu einem ernsten Conflicle, einem Prozesse, der beim
La ndesgericble anhängig ist. Ich bemerke vorerst, dass bei der-
gleichen Conccrlcu die Houoriruug des Orchesters mit 200 fl.
die des Dirigenten mit 100 fl. eine so ziemlich übliche. Was
thut nun Herr Kletzer? er zahlt das Orchester, aber nicht deo
Kapellmeister; Kletzer sagt, Harbeck that nicht die bedungene
Schuldigkeit und brach in seiner Function, dem Dirigiren, ab —
hat somit auf Honorar keineu Anspruch. Und llerbeck sagt,
wo nichts zu dirigiren war, gab's auch weilcr kein Dirigiren I
Die Sache sieht sieh possirlich an, hat aber immerhin ein juri-
disches Interesse. Der Process wird Anfang Juni ausgetrsgen
werden. Dass Herheck einer-der ersteu Orcheslerdirigenlcn der
tiegenwart ist, weiss alle W elt. Dass Kletzer keinen Tact halten
könne, ist durch eine Reihe Atteste erhärtet. Warten wir nun-
mehr das Resultat abt Am Eude erleben wir noch ein Uello-Con-
cert vor dem Richter!
Ich erfülle heute noch eine Pflicht der Pietät, wem» ich Ih-
nen von dem öüjäbrigeu Jubiläum erzähle, dass Dr. Leopold von
Sonnleithner (der Oheim des Kaiserlich österreichischen Resi-
denten Hyppolit von Sonnleithner in Rio) als Advocat gefeiert
Wir haben es hier aur musikalischem Boden nicht mit dem Manne
der Jurisprudenz zu thun, wohl aber mit dem musikalischen Hi-
storiker und Kenner tonkünstleriacher Angelegenheiten. Herr
v. Sonnleithner, durch lange Zeit Mitdirecjur am hiesigen Con-
servatorium gewesen, auch selbst praetiseber Musiker und Com-
ponist, besitzt eine aus seinen frühesten Jahren datirende bis auf
den heutigen Tag Tort gefohlte „Geschichte der Wiener Oper und
Concerte“, die einzig in ihrer Art, einzig in ihrem Interesse für
Wien. Der verehrte Herr pflegt des Manuscripts wie seines Aug-
apfels, dabei mit einer ZcHaufoplerung bereit, seiu Material allen
Suchenden mit eigener Feder zuzuführen, wie wohl kein Zweiter
seiner Art und seiner Jahre. Jahn bat gar manche werthvolle
Aufzeiehnung in seinem „Mozart“ von Sonnleithner, und wer in
Wien was Derartiges sucht, der pocht gewiss nicht vergelten*
bei diesem allgemein geehrten Maon an. Bei Gelegenheit seines
juridischen Jubiläums nun richtete die Direction der „Gesellschaft
der Musikfreunde“ an Herrn von Sonnleithner eine solenne
Adresse und das musikalisch intelligente Wien freute sich des
festlichen Tages. Mil Recht heisst es in der Adresse, dass es
kaum einen zweiten Mann gäbe, der mit der Geschichte der Wie-
ner Musik und ihrer Heroen enger und bedeutungsvoller verbun-
den wäre als dieser. Es sei hier auch nach der Miltheiluug der
„Blätter für Musik“ angeführt, dass uuter Andern Herr v. Sonn-
leithner es war, der Franz Schubert gewissermsassen In die Oef-
fentlichkeit entführte. Der Musikalienhändler Anton Diabelli wagte
es nicht, die Verlagskosten für das Op. 1 Schuberts, deo „Erl-
könig“ zu (ragen. Schubert war damals ein unbekanntes armes
Schulmeistertem, und Sonnleithner garantirte Herrn Diabelli die
materielle Ausgabe! Jedenfalls erhält dieses Curiosum den Na-
men des ansonst gswiss ehrenwertheo Anton Diabelli in freilich
etwas komischer Erinnerung, wenn längst seine „Landmessen“,
deren er nicht wenige schrieb, in Staub und Asche verflogen
sein werden. — Dieser .Stumpfsinn Diabelli'* erinnert unwillkür-
lich an eineu Akt des Tobias Haslinger, der, als Schumann seine
ersten Composition in die Welt schickte, aus damaligem öster-
reichischen Respekt für eine ausländische gefürchtete Zeitung
(Schumann redigirte die Zeitschrift für Musik) auch ehrenhalber
ein Heft Lieder Robert'« verlegte. Tobias hatte sein Honorar ge-
zahlt, stach die Lieder, da sie aber nicht gleich hrühheisa vom
Lager gingen, wie damals etwa die Walzer des alten Strauss, so
betrachtete er die vorrölhigen Kupferplalten als nutzlos vergeu-
det uud — schmolz sie ein. Es war dies der Liedrrkreia (von
Eiclieudorff) in demselben Schumauii'a vielleicht allerschönste
Perlen: Die Mondnacht, FrQhlinganacht u s w. Seitdem sind
diese Lieder aus dem Verlage Haslingers freilich in den der gan-
zen Welt Obergegangeo. — Ach! diese Musikalitn- Verleger! Sie,
liebster Freund, natürlich ausgenommen ... Carillon.
Nachschrift. Ehen komme ich aus dem neuen Opernbause,
das von dem elegantesten und glänzendsten Besuche strotzt. Wer
da konnte, war heule (BO. Mail ausgezogen, um Gounod's „Ro-
meo und Julie“ und — den VicekOnig von Egypten zu schauen.
Die Vorstellung ging sehr gut zusammeu, die Fürstlichkeiten ap-
plaudirteu eigenhändig. Der Vicckönig, ein Mann um die Vierzig
herum, gefiel dem Publikum sehr; ein Kopf voll Charakteristik.
Energie und dabei edlem Wohlwollen. Auch seine Frauen wa-
ren im Hause und sein feistes Söhnlein, wenu ich uicht irre, de«
Namens Ibrahim Pascha, 10—12 Jahre all. Das zahlreiche Ge-
folge machte sich nicht uur durch seine rothen Kopfbedeckun-
gen bemerkbar, sondern durch die energischen intelligenten Phy-
siognomien. Der Vicekönig bat sich hier von Seilen unserer Ma-
jeatät sichtlich besonderer Aufmerksamkeit zu erfreuen, d. Ob.
F e n i I I e t o n.
Zar Erinnerung an Carl L5we.
Von Dt. Eduard Kraute.
(Schluss.)
Wenn wir nach diesen flüchtigen Umrissen, die nichts
anderes als eine kurze biographische Skizze sein sollen, das
ganze Lehen des Cnmponisten überschauen, so dürfen wir wohl
sagen, dass er in dem, was er grscliafTen , uns den edelsten
und besten Tlieil seines ganzen Wesens hinteriassen. Mao
könnte sagen, dass dem Meister ein langes ruhig dahiufliessen-
des Dasein die reichste Gelegenheit geboten, seine kumitgc-
schiclitliche Mission, als welche wir im Besondern die Balladeo-
Compnsition bezeichnen möchten, in umfangreichem Masse zu
erinllen. Waa das einfache deutsche Lied dem schöpferischen
Geist Franz Schubert'.* verdankt, indem es sich hier daralelll
als ein zu völliger Harmonie gelangtes Kunstwerk, in dein
Form und Inhalt sich auf das Innigste durchdringen, und in
welchem die ganze Mannigfaltigkeit der Form und des Inhaltes
selbst, fast erschöpft, nach allen Seilen durchmessen zu sein
scheint — - kaum etwas Geringeres verdankt die Ballade der
phantaaievollen 8«lb>Uchi)p(erischen Thäligkeil Löwe*». Mao
hat Löwe deshalb bezeichnend den norddeutschen Schubert
genannt. Auch hier scheint Form und Inhalt zu völliger Har-
monie gelangt: Wort und Too, dem Gefühl bi» in die entfern-
testen Nuancen individueller Eigenart zu folgen bereit, vollenden
Google
eine künstlerische Darstellung und Ausprägung des Inbelis, die
den ganzen Reichthum der geheimnissvollen Menachennatur
olTenbart und enthüllt. Mit nicht geringerem Recht nennt man
Löwe deshalb ebenfalls einen geborenen Balladenconip«ni«teo,
sowohl wegen der ausserordentlichen Anzahl von Werken, die
dieser Gattung angeboren, als auch wegen der seltenen Bega-
bung und Leichtigkeit, mit der er es verstand, die oR entge-
genstehende Sprödigkeit des Textes zu Qberwinden, die eigent-
liche und wahre Haupt- und Grundbaslimmung des Gedichts
herauszubeben und in ein farbenprächtiges, reich geschmücktes
Gewand zu höllon. An charakteristischer Schärfe. Sicherheit
des Entwurfs und Bestimmtheit der Zeichnung, an Mannigfal-
tigkeit und Wahrheit des Ausdrucksvermögens, an poetischem
Reichthum des GemQlbs steht Löwe als Baliadencompnnisl bis
jelxt unerreicht da. Seinem echten, in fast alle Zeilen und
Ulnder sich hinwagenden Dichtersinn war cs ein Leichles, die
wie gesagt oft spröden Texte in neuen originellen Formen
darzustellen, wobei er übrigens keine Gelegenheit versäumt,
in pikanten Zügen gewisse Tonmalereien zu verwenden und
sie mit den feinsten Details bis in die lelzlen Spitzen der
Schatlirung auszustatten Hierfür stünden fast in jeder Ballade
eine Menge von Beispielen zu Gebote, wenn es Oberhaupt der
Zweck dieser Zeilen wäre, den Galalog der Löwe’scben Balladen
und Werke einzeln kritisch zu beleuchten. Wie aber, durch
ein derartiges Streben nach möglichster Breite und Tiefe des
Ausdrucks bedingt, die Behandlung des Claviera oft etwas
Oberladen und gekünstelt erscheint und man auch manche
Sprödigkeiten io den Harmoniefolgen, manche sogenannte
archaistische Formen, die augenblicklich dem Zweck des Com-
ponisten dienten, hinnehföeo muss, so erscheinen auch die
Anforderungen, welche Löwe ao die Stimme, deren Umfang
und Ausgiebigkeit, oft auch Ausdauer mit wenigen Ausnahmen
steht, von nicht geringer Bedeutung und können vielleicht mit
einen Erklärungsgrund dafür abgeben, dass doch — einige
Balladen ausgenommen — der eigentliche Schatz, welchen der
Componist uns hm (er lassen, kaum zur Hilft« von einem grö-
sseren Tbeil des Publikums gekannt und genossen ist. Be-
sonders nach zwei Richluogen hin erscheint Oberhaupt die
specielle ThAtigkeit Löwe*» auf dem Gebiet der Balladencom-
position voo fast durchgreifender Bedeutung, wie von glück-
lichstem Erfolge gekrönt, einmal da, wo es sich um die ro-
mantische Färbung, und jenes sogenannte nordische Cnloril
handelt, bei welchem Kobolde, Elfen, Hexen den unentbehrli-
chen Hintergrund b Iden, wie^in den Balladen „Der Erlkönig"»
„Held Harald", „Der Todlentanz", „Elvershöh“, „Odtn'a Mee-
resritt" u. s. w.; zweitens da, wo er den Volkston io »einer
ganzen Innerlichkeit ankiingen lässt und jene innigen Weisen
Ober seine Lippen strömen, die unmittelbar den lebendigsten
Nachhall in deo Herzen der Empfangenden zu erwecken ver-
mögen. Dies gilt besonders von den Balladen „Der Wirthio
Töchterlein", „Graf Eberhard'» Weissdorn", „Fridericus Rex",
„Archibald Douglas", „Heinrich der Vogler“ u. s. w. Nicht
minder übrigens sieh! dem Componisten eine reiche Scala von
Tönen zu Gebote, wo sein Mund von bitterer Klage, tiefem
aber leidenschaftalnaen Schmerz, duldender Entsagung Ober-
strömt. Für das Hot-hdra malische, lür das sogenannte Incarnal
der Leidenschaft zeigt sich dagegen sein Ausdrucksvermögen
nicht in gleichem Masse bereit.
Auch auf andern Gebieten bekundete unser Meister eine
reich* schöpferische ThAtigkeit. Wenn auch hier die Indivi-
dualität des Componisten sich nicht in gleichem Masse unge-
bunden, frisch und unmittelbar wie in seinen Balladen darbie-
lel, so treffen wir doch auch auf dem Gebiet der Claviertnuaik.
der Oratorien und mehrstimmigen Vocalsachen manches Bedeu-
tende, Originelle und io der Form Meisterhafte an. Am we-
nigsten bedeutend erscheint »eine ThAtigkeit auf dem Gebiete
der Oper: vielleicht erklärlich aus dem Umstande, dass Löwe
der Bühne eigentlich »lets fern stand und er sich dem We*en
dieser Gattung weder durch Beruf noch Studium zu nähern
versuchte*!. Im Uebrigen giebt es bei der fast wuchernden Fülle
der Production und der Leichtigkeit, mit welcher Löwe sehrieb,
kaum irgend eine Kunslform von der Symphonie herab bis
tum einfachsten Walter, welche der Componist nicht gehegt,
und der er nicht wenigstens irn Vorbeigehen eineu Grus» tu-
gesandt hätte. Erschienen sind von ihm ungelähr 140 Werke,
von denen manche sogar mehrere Nummern enthalten, darunter
(Inden wir mehrsiimmige geistliche und weltliche Vocal werke,
Duetten, Motetten, Psalmen für Männerstimmen, für gemischten
Chor, Streichquartette, Trios, Pianoforiecompositionen, t. B. die
Zigemtersonale, Frühlmgssonale, Alpenfanlasie, biblische Bilder,
Sonaten tu 2 und 4 Händen; die Oratorien : Zerstörung Jerusa-
lems, Siebenschläfer, Gutenberg, Johann Hus*, Festzeiten, ehern«
Schlange, Apostel von Philipp?, Polos voo Atella; di« Op«r:
die drei Wünsche. Gross ist ferner die Zahl der noch vor-
handenen ungedrucklen Composilioneo s. ö. die Opern: „Dl«
Alpenhütte", „Rudolph der deutsche Herr", ,,Malek Adhel",
Chöre und Zwischenacto zu Raupach'a dramatischer Fanlasi«
„Des Märchen im Traum“, zu dessen Tragödie Themislo, Fest-
cantaten und zwei Symphonieen in D und E-moH, endlich ein«
treffliche Cantate, die er zum 100jährigen Stiftungsfest der Loge
„zu den drei Zirkeln" coroponirte. Ueber den Kunst werth aller
dieser Werke ein kritisches Urlheü zu fälleo , müssen wir uni
für den beschränkten Raum dieser Zeilen versagen: gross genug
und bedeutend ist der Reichthum dessen , was uns der Coon-
ponisl In ««inen Balladen — und wir zählen sie zu unver-
gänglichen BesitzsIOcken unserer kÜMlleri»chen Habe — hio-
terlassen hat. Sie sind das Monument von Erz und Stern,
das der Meister io der Kunstgeschichte nicht minder wie in
den Herzen der Menschen sich errichtet hat, und wohl werden
sie, das ureigne Wesen ihres Schöpfers treu wiedarspiegelnd,
bis in ferne Zeiten hinaus die Empfangenden sur Freude, An-
dacht und Rührung zu stimmen vermögen. Wie Franz Scho-
bert der echte und unübertreffliche Lieder sänger unsere« deut-
schen Volkes, wie kein Anderer neben ihm, geworden, so
möchten wir C«rl Löwe den unübertroffenen Balladeosänger
des deutschen Volkes nennen. Io vielen Zügen auf dem Ge-
biete der Balladen compoaition seinem Vurgioger Zumsleeg
Ähnlich, doch ungleich beredter, poesie- und geistvoller io Mi-
ner künstlerischen ThAtigkeit, hat Löwe ebenso manches vom
dassischen Wesen an sich und theilt mit Schubert wi« mit
den andern klassischen Meistern vor allem jene ungekOnstelte
uod ungetrübte NaivetAl des Schaffens, jens klare, durchsichtige
Gliederung der Gebilde, die treffend bezeichnet sogenannle
„Leichtigkeit und Freiheit von allem Erdend ruck". Ebeoso
wie bei Franz Schubert ist es vorzugsweise das romantische
Gebiet, das dem Naturell des Componisten eoUpricbl und dem
seine Muse »ich zuneigt; aus ihm. wi« aus seinem Heiligt hum,
aus seinem eigentlichen Elemente sind seine schönsten und
erhabensten Klänge emporgestiegen, im Allgemeinen iodesseo
ungleich mehr zum Mysticismus entwickelt wie bei jenem.
Auch bei Löwe wie bei Schubert ist es mehr die Welt inniger
und tiefer, als grosser und leidenschaftlicher Empfinduog. io
der di« Werke Boden und Heimath finden Während indessen
*| Wir werden in nächster Nummer einen Aufsatz über eine
Loewe’sche Oper „Rmmy" bringet), nach welchem Löwe jedoch
auch auf diesem Felde Bedeutendes geleistet hat. d. Hed.
101
bei Löwe und des neueren Liedercomponisten mehr des Streben
nach Durchdringung von Form und lohalt in poiotirler, oll
selbstbewusster Charakteristik und Tonmalerei, in harmonischer,
rhythmischer uud declamatorischer Mannigfaltigkeit des Auf-
drucke eich offenbfltt, ist es doch bei Schubert hauptaächlich
jeotr unerschöpfliche Reichthum an Melodiean, ja unbegrenzt«
melodische Gestaltungskraft, die gleich einem nicht enden wol-
lenden Tonsegen ihre Blüthen und Fröchte in last verschwen-
derischer Pracht verschenkte. Nichtsdestoweniger gehört auch
Löwe tu jenen Sängern, denen sich die Geheimnisse ihrer
Kunst möhelot und bereitwillig erschlossen und in zwanglosen
Tonweisen offenbarten. Unbekümmert um äussere Vorlheile,
Ruhm, Glau« des Erdenlebens, kann man auch vou ihm sageo,
dass er sang, weil er eben liege» musste, weil ihm Gesang
gegeben uud ee ihn rastlos drängte, den ganten Reichthum
innerer Empfindung io Tönen tu offenbaren. Allerdings darf
es trotzdem nicht verschwiegen bleiben, dass Löwe’s Produc*
Üonsvermögen sich nicht frei zu machen wusste von einer ge-
wissen Einseitigkeit, die zunächst bedingt durch ein völliges
Versunkenem in das eigene subjective musikalische Leben,
leider nur alltubeld seine Blicke von der Gegenwart ablenkte,
diese und ihre künstlerischen Erzeugnisse ihn bald fast gänzlich
vergessen liess und ihm die Fähigkeit raubte, in irgend ein
Verhältnis« zu den Künstlern und Kunsterzeugnissen der Ge-
genwart zu treten. Aul diese Welse musste such begreiflicher-
weise der Zusammenhang sich lockern, der ihn und seine
Werke mit der Gegenwart verbaud. Während die Musik un-
serer Tage leider allzu häufig in eine gewisse speculstive Rich-
tung verteilt, während die Reflexion und Abstrecliou von der
eigentlich natürlichen Musik uni mehr und mehr zu eulferoen
droht, finden wir indessen noch in Löwe das Bild einer poeti-
schen Seele, die sich in Musik und durch die Musik zwanglos
ausspricht, deren künstlerische Thätigkeit Resultate eines innereu
Dranges, einer naiven , gläubigen Begeisterung wer, die sich
ihres hohen Zieles bewusst, selten Gefahr lief, das Ziel zu
verfehlen.
Haben wir zu Anfang von einer sogenannten cutturhislort-
achen Mission gesprochen, di« Löwe als Balladencompouist zu
erfüllen berufen war, so dürfen wir endlich an dieser Stelle es
nicht unterlassen, seinen W r erken eine gewisse ethische und
sittliche Bedeutung zuztierkenneo. Gegenüber dem geschmack-
losen Treiben einer vom giftigen Hauch des Materialismus be-
rührten Zeitströmung, der die Musik uusererTage zum grossen
Theil eis Spiegelbild dient, enthält die Musik Lowe's noch ein
gutes Stück frischen Lebens der echten Kunst, eröffnet seine
Kunst einen weiten Blick in geistige Höhen und Tiefen, wirkt
sie reinigend und läuternd auf die Empfangenden und befreit
sie gleichsam von dem Druck, der alles Irdische belastet. Kön-
nen wir aber so werlhvolle Eigenschaften, deren höchste Stei-
gerung ebeu den unbeschreiblichen Werth der klassischen Musik
bezeichnet, der keuschen Muse Löwe’s nechrühmen, dann dür-
fen wir doch auch vou Schätzen sprechen, die der entschlafene
Meister den nachfolgendrn Generationen als Erblheil hinlerlas-
sen, dann erfüllen wir doch eben nur eine unabweibliche Pflicht
der Pietät und der Dankbarkeit, wenn wir nicht verabsäumen,
dem Namen und den Werken Löwe’s eine Stätte bleibeuden
Andenkens, dankbarer Erinnerung und inniger Verehrung in
uosero Herzen zu bereiten-
Journal-Revue.
Ailgm. Mueik-Ztg: Programme zu Concerten. II. Allgemeine
Bemerkungen. — Die Neue Ztech f. Musik bringt einen Artikel
„Zur Conccrtreformfrage" von Drönewolf. — Die Signale enthal-
ten einen Bericht über die Eröffnung des neuen Opernhauses in Wien.
— Die Monatshefte für Musikgeschichte bringen in No. 5 und 6
Arnold Schlick s Spiegel der Orgelmacber und Organisten von 1611.
Getreuer Abdruck eines bisher gänzlich unbekannten Werkes,
welches für die Musikgeschichte von grösstem Werthe Ist. —
Die SOdd. Musik- Ztg. enthält die Uebersetzung einer Kritik Ober
Comettsnt's „La Muaique, les musicicus etc.“
Die franz. Zeitungen enthalten meist Fortsetzungen.
Nachrichten.
Berlin. Anton Bubinstein verweilte auf seiner Durchreise
nach Petersburg einige Tage in unserer Stadt. Dem grossen
Künstler wurde vom Kaiser vou Russland der Wladimir-Orden
verlieben. Das Telegramm seiner Gattin, welehea die MiUhei-
lung dieser Auszeichnung enthielt, traf ihn hier.
Baden-Baden. Die 8 Soireen des Florentiner Quartett-Ver-
eins finden am 5., 8. und 18. d. hier statt und bieten nachstehen-
des Programm: 1. Quartette ln A-moll von Schubert, Es-dur vou
Mendeisaohu und F-moll von Beethoven. II. Quartette in A-dur
von Mozart, E-moll von Volkmann uud D-moll von Schubert
1U. Serenade von Beethoven, F-dur-Quartelt von Schumann und
Cis-moll-Quartett von Beethoven.
— Am 29. Mai kam Rossini'* „Stabat rnater“ zur Auffüh-
rung mit den Damen Krause und Rosello und den Herren
Steller, Palermi und ZimellL Fräulein Krause gefällt ganz
ausserordentlich uod wird als ein Stern erster Grösse gefeiert
Die Künstlerin blieb in Wien während ihres dortigen Aufenthal-
tes ganz unbeachtet, ging daun nach Paris und von hier aus er-
laugte sie ihren jetzigen bedeutenden Ruf.
Brfkna. Di« jüngste Reprise der „Afrikanerin“ am hiesigen
Stadtthealer mit neuer Besetzung der llauptpartbien war vielleicht
die beete Aufführung der Oper, welche bisher hier stattge runden.
Fräulein Ernestine Lassner sang die Selica, Herr Ulbrich den
Nelusco. Fräulein Lassner, erst seit wenigen Mouaten bei der
Bühne, ist eine Schülerin des Gesangsmeisters Läufer iu Wien,
und setzt hier ihre Studien unter Leitung des Kapellmeisters
Carlberg fort. Sie bringt di« glänzendsten Requisiten für die
Bühne mit, eine jugendlich frische Erscheinung, prächtige Ge-
stalt und ein, namentlich in der höheren Lag« — mächtiges
Organ. Was specieil ihre Selica «abelrifft, so gestalteten sich
der 2te und 4te Act zu wahren Triumphen für die junge Kunst-
novize. Es wird den weiteren Studien der jungen Künstlerin
sicherlich gelingen, den Oefereu Miltellönen die sorgsamste Auf-
merksamkeit zu schenken, uod dann darf sie auch in Wien, wo
sie im September am neuen Operntheater gastireo wird, auf einen
grossen Erfolg rechnen. Herr tilbrieh, eigentlich durch den
weichen Timbre seines Organs auf lyrische Barilouperthien an-
gewiesen, hat dennoch als Nelusko allgemein angesprochen,
ja, man darf sagen, er war nach Beek hier der Ein-
zige, der in dieser Rolle das Publikum zu erwärmen wusste.
Die Höhe des jungen Sängers ist bis zum A hinauf von einer
erstaunlichen Reinheit und Sicherheit, und der Klang des Organs
verliert niemals seine sympathische Färbung. Die Aufführung
des Meyerbeer »eben Werkes im Allgemeinen war eine zufrieden-
stellende, soweit man eben in der Provinz an Ensembles An-
sprüche zu Rlellen berechtigt UL r.—
Ems. Die Concerto nehmen jetzt ihren Anfang. Ea werden
sich u. A. in denselben folgende Künstler hören lassen: Frau
Liobtmay (Sängerin!, Herr Philippi (Bariton), Rehfeld |Vk>li-
nist) und Slahlkuecht i Cellist). Von Offenbsoh's Operetten kom-
men io dieser Saison drei zur Aufführung und zwar „Bon soir,
Monsieur Pantalon“, „Der Ehemann vor der Thür 44 und „Urlaub
nach Zapfenstreich“.
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München. Die Königl. HolHieaterintendaiiz macht bckannl,
da, am 28. Juni da» Königl. Hof- und N.tion.llbenter wegen
Umbau der Bühne geschlossen wird, von welchem Tage an zu-
gleich die Ferien für das Schauspiel und die Oper beginnen. Am
12. Juli laufenden Jahres werden die Vorstellungen des Schau-
spiels und am 86. Juli laufenden Jahrs* jene der Oper im Königl.
Residenzlheater wieder aufBenommeu und bis zu der seinerzeit
bekannt zu gebenden Wiedereröffnung dea König!. Hof- und Natio-
naltheatcrs fortgesetzt.
Mailand. Die Scala wird nächste Saison eine Subvention
von 120,000 Freu, erhalten. Kör die beendigte Saison hatte mau
die Summe von 160,000 Free. genehmigt, die Rechnungen der Unter-
„Inner ergehen aber dennoch cio Minna von 78,000 Francs. Dieses
verhindert jedoch die Impressri Brunello und Bonola nicht,
sich jede» Jahr um dla Wlederorncuerung ihres Conlractca zu
bemühen. Man fragt sich unwillkürlich, worin eigentlich diese»
Geheimnis* besteht
Brüser! Wahrend des nächsten Winters wird hier eioe
stahilo Italienische Oper sein. Director derselben ist Herr Cou-
Inn. - Samuel hat in Mnn» ein Coocert populoire gegebcu. in
dem u. And. zur Aufführung kamen: Ouvertüre zn „Ilamlef von
Stadtreld, Adagletlo und Scherzo aus der C-dur-Suile von Rair.
Springtanz von Borgiel, Featmorach von Lnaaen und Ouvcrtura zu
„Tannhäuser“ von Wagner
Paria. Die filr den Concurs um den „Prix de Roiue" be-
stimmte Cantate föhrt den Titel „Franziska von Rlmini“ und ist
von George« Chazol verfasst. F.» werden sich folgende Herren
an der Concurrenz bethelligen: Tandou, J legier, Fouqne,
Serpetle und Pilo. Der splltealc Termin der Ablieferung der
Manuecripte ist der 18. Juni. Die Bekanntmachung de« Siegers
erfolgt am 5. Juli.
London Rubiustein war vergangene Woche hier anwe-
send und ist in einem Concerto aufgetreten. Der berühmte Künstler
spielte das Mendeisaohn'schc D-moll-Trio, Im Vereine mitVieux-
temps Beethoven’« Kreutzer-Sonate, ferner die Appasalonata vou
Beethoven und noch einige kleinere Stücke. Die Aufnahme Sei-
tens des Publikums war natürlich eine enthusiastische-
— Joseph Wlenlawakl feiert hier ungewöhnliche Trium-
phe. Er spielte unter wärmster Aufnahme im 4. Coneerte der
„Neuen Philharmonischen ©esellsclialt“ und im 2ten des Kristall-
Palastes. Am 16. Juni wird er eine Matinee geben.
New -York Wallaces Oper „Lurline“ wird noch immer in
der „Academy of Music“ gegeben, das lutcresse de* Publikums
ist aber nur ein achwache« und in Folge dessen der Besuch ein
■nissiger. Das seit Jahren ausposauote Werk hat den Anforde-
rungen der Kenner und Kunstfreunde nicht entsprochen; wenn-
gleich sich nicht leugnen lässt, dass die Oper schöne Melodieen
euthftH, so macht sich doch in der ganzen Anlage eine grosse
Monotonie bemerkbar, die namentlich in den Soli ermüdend wirkt.
Boston, ln der Mitte dieses Monats wird hier ein fünftägiges
sogenanntes Friedens-, Jubel- und Musikfest stattUnden. Dasselbe
beginnt am Dienstag den 15 d. Der Prisident der Vor. Staaten,
seine Minister, die Mitglieder des Congresses, die Gouverneure slmmt-
lieher Staaten und ondere Würdenträger sind eingelsdeu und werden
sich einfinden, um dem Feste das Lustre eines wirklichen Natio-
nal Test es zu verleihen. Mittags um 12 Uhr wird das Fest an dem
genannten Tage mit Gebet und Bewillkommnungareden eröffnet
werden. Dann folgt die vou 20,000 Schulkindern und 1000 Mu-
sikern ausgeführte amerikanische Nationalhymne „Mail Columbia“,
in deren letzten Vera die Glocken der Stadt, Gewehr- und Kano-
nenfeuer mit einstimmen werden. Der Fest-Dirigent wird ver-
mittelst eines Telegraphen von seinem Pulte aus den Glöcknern
und Kanonieren das Zeiehen mm Einfallen geben. Die Natiooal-
lieder von England, Frankreich, Russlaod, Preusaen, Oesterreich
uud andern Lindern sollen an diesem Nacffknittag in Ihnlicher
Weise zur Aufführung gelangen. Der zweite Tag, 16. Juni, bringt
folgendes Programm: Ouvertüre „Eine feste Burg »st unser Gott 4 ,
von Nicolai, „Ehre sei Gott**; „die Ehre des Herrn“ aus „Messias“ von
Illodel, „Er wachet über Israel“ aus „Elias“ von Mendelssohn,
„Seht, er kommt, mit Preis gekrönt“ aus .Judas Maccablus“ von
Hltidel, Sinfonie C-dur von Schubert, 2 Chöre aus der „Schö-
pfung“ von Haydn. (Chor von 20,000 Stimmen und Orchester
von 1000 Instrumenten). Dritter Tag, den 17. Juni, Jahrestag der
Schlacht bei Bunker Hill; Amerikanische Hymne von Keller, Ou-
vertüre „Fra Diavolo“ von Auber. i50 Trompeter blasen das
Trompetensolo; das wird wohl die nöthige Wirkung tbunl!) Am-
boss-Chor aus „Trovalore" von Verdi, (Grosser Chor, 1000 Musi-
ker, 100 Ambosse, mehrere Tnmbourcorps, Artilleriefeuer, Glocken
etc.), Union * Pacific * Eisenbahn - Galopp, Grosser 1 riedensmarseh
(für das Fest compoolrt). 4 Tag, den IS, Juni: Chor aus „Pau-
lus“ von Mendelssohn, Sinfonie No. 5. C-moll von Beethoven, Chöre
aus der „Schöpfung“ von Haydn und „F.lias“ von Mendclssoho,
„Erwacht ihr Schilfer“ aus „Paulus“ von Mendelssohn, Gebet aus
„Moses“ und Innainatus aus „Stabat Maler“ vou Rossini, Gloria
aus der 12ten Messe von Mozart und Hallelujah aus „Mes-
sias“ von IIAndel. Das Programm für deu 5. Tag ist noch nicht
restgestellt. Die Leitung dos musikalischen Theiles wurde Herrn
Karl Zerrahn auvertraut und bitte wohl kaum in fähigere Hlnde
gelegt werden können. Die Concerto linden in einer Mammuth-
Halle statt, die fünfzigtausend Personen zu fassen im Stande sein
wird und zur Zeit im Bau begriffen ist.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Interessante Photographien.
Louis van Beethoven.
Nach einem color. Kupferstich iZeichnung von Buchhorn),
in ganzer Figur, um 1805 herausgegeben von Fr. Jflgel.
Jos. llaydn.
Nach einer uni I80U von Thailer modcllirlen Büate. Brual-
bild auf Postament.
Cabinet-Format pro Exemplar 10 Sgr.
Visite-Format „ „ 8 -
Verlag von Carl Haslinger qm. Tobias in Wien.
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Consonanzcn und Dissonanzen, z
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gr. 8®. brasch. 29$ Bog. Preis 2 Thlr. ^
[ Diese ebenso pikanten als interessanten Collcc taneen des *
f Wohlbekannten“ werden allen seinen Verehrern wte über- u
k baupt allen Musikfreunden eine willkommene Gabe sein. Die J
i Mehrzahl dieser Aufsltze erschien s. Z anonym tn verseilte- J
| denen Zeitschriften zerstreut und erhält nun. da ihr Autor ^
5 das Vislr fallen lässt, eine erhöhte Bedeutung.
Verleg von Id. Bot* A S. Book ll. »oekl. Köüigl. Hofmuaikhaudlung in Berlin. Franzöeiaeha Sir- 33a. undU. d. Linden No 87.
hrurk »oo 0. P. S'hmidl io Merlin, Uitfr» drn Lind« N« 1*
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Will. Jahrgang M £4.
V«hi iii*»r Zcitanft t-r»rh«ml wivlmnllieli
da« Nanmtr
16. Juni 1869.
Zu beziehen durch:
WIES- Spina. Haslinger.
PiKU- Brandua «V Pefour.
LORDOS. Novell«. Bwer dl Go Hamaaoad »V Go.
Sl PETEESBDRG M. Bernard.
STOCKHOLM A. LaidqaiiL
MW-TOBK.
NEUE
| ti. Schirmer
. • j Jorden* df Merten«.
BARGELOH*. Andrea Vidal
WARSCHAU. (jebethnrr «V WollT
AMSTERDAM. NeyffardiVche Buntiltaadltiag.
MAILAHD J Rieordl. 9 . Lucea.
BERLINER MUSIKZEITIM
gegründet voll
unter Mitwirkung theoretischer
Gustav Hook
und practischer Musiker.
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in Berlin: E. Bote & 6. Bock, Kranxös.Str.SUr,
U, d. linden No. 87, Posen, Wilhelnntr.No.il, | »«'den unl«r der Adresse: Redurtion
SteIHn, Kfliiigsslrasse No. 8 oml »llc | der Neuen Berliner Musik*«« im* dtirth
Pool- Anstalten, Buch- und Musikhandlnmien li di« Verlagslundlung derselben:
des ln- und Auslandes. II Ed. Bote k G. Bock
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in Berlin. Unter den Linden 27, erbeten. J, Halbjährlich l Thlr. 25 Sgr.
Insertionspms für die Zeile
ohne Pröniie.
>4 Sgr.
Inhalt.
Herenaionen. — Berlin. Revue. — Gorr*«poiida«iien aaa l>re*dcq and Pari«. — Feuilleton : Kaae Oper von Pr. G. Löwe vob H. Karlli
„Alice arhun dageweaaa“ roa W. LadtewiU- — Journal- Rerue. — ftartirirblan. — Inetral«.
R
Die Schule de« kntfiolforbeii Organisten. Theore-
tisch-praktische Orgelschule von H. Oberhoffer, Professor
der Musik in Luxemburg und Milglied der Akademie für
Musik „SL Cacilia“ in Rom. Op. 30. Trier, 1869,
Fr. Linti. — I. Theil.
Vorstehendes Work, welches einem wirklichen Bedürf-
nisse abhilft, verdient die wärmste Empfehlung. Die ganze
Stellung des katholischen Organisten, die Ansprüche J die in
dieser seiner Stellung täglich an ihn gemacht werden müs-
sen, beide sind so eigenlhümlicher Arl, dass er sich in den
bekannten Orgelschulen und Sammelwerken, welche zumeist
für den Gottesdienst anderer Confcssionen bestimmt und
berechnet sind, durchaus nicht den Rath und die Hülfe
zu linden versprochen kann, deren er täglich und stündlich
bedarf. Das ist es denn auch, was den Verfasser zur Her-
ausgabe seiner Orgelschule veranlasste und aus diesem Ge-
sichtspunkte ist es zu oehmeti, was er in der Vorrede sagt :
„Das ober“ (nämlich die l>ei gedruckten 4slimmigen Cho-
ralbüchern alle Augenblick notli wendig werdende Transpo-
sition) „ist keine so ganz leichte Sache. Viel leichter aber
ist es. den Choral in jeder beliebigen Tonhöhe zu beglei-
ten. wenn der Organist nur die Melodie“ iin den alten Kir-
chen- Schlüsseln un i -Noten) „vor sich hat. und er sich die
Fertigkeit erworben hat, denselben in der verschiedenartig-
sten Weise zu harmonisiren. wozu natürlich eine gründliche
Kennltiiss des Chorals und der alten kirchenlonartcn erfor-
derlich ist“. Ferner: „Er“ ider katholische Organist) „muss
ausser der genannten Fertigkeit iu der Choralbegleitung auch
noch die Fähigkeit besitzen, rasch und auf dem kürzesten
Wege in diu entferntesten Tonarten Ausweichen zu können,
und kleine Vor- und Zwischenspiele, deren er in Masse
bedarf, zu e.xtcraporisiren: sonst taugt er zu einem katholi-
schen Organisten nicht 14
Zu einer solchen Fertigkeit und Fähigkeit heranzubilden.
ist der Zweck der vorliegenden Orgelschule und soviel dieser
erste Theil beurtheilen lässt, hat ihn der Verfasser, der
seihst als tüchtiger Organist rühmlichst anerkannt ist, auf
eine compendiöse und doch gründliche Art und Weise er-
reicht. Eine flüchtige Angabe des Inhalts mag dies zeigen.
Erster Abschnitt: Uebungen zur Erlernung
des Fingersatzes. Enthält: 2-, 3- und 4-slimmige Ue-
bungen vom ganz Leichten zum Schwereren | Terzen. Sexten -
und Octavengängei 35 Nummern, unter denen sich ausser
den eigenen Compositionen des Verfassers Sätzchen von
Job. Seb. Bach. A. G. Ritter, Rinck, Bern. Metten-
leiter u. A. befinden.
Zweiter Abschnitt I in 12 $.$.) Harmonielehre,
Generalbasssch rift, Modulation. Ganz gedrängt, wie
es hier nicht anders möglich, für den nächsten Zweck
aber schon hinreichend. Der Verfasser zählt die Intervalle
noch bis zur Duodezi me und vurwerthet sie pructisch bis
zur Dezime. Auf weiteres Studium anderer Werke, wie
der „Harmonielehre“ des Verfassers, wird der Schüler hin-
gewiesen. Die dem g. „Generalhassschrifl“ beigegeheneil
12 Uebungsbeispiele sind fast ohne Ausnahme von Widmapn.
Dritter Abschnitt: Die Kirchentonar ten. Von
Pag. 32 bis 90 ausführlich und gründlich genug hehandell. Die
Beispiele säininllich dem Römischen Lantus entnommen. Sind
wir hier nicht überall mit den Ansichten des Verfassers einver-
standen, so bleiben dennoch natürlich die letzteren in ihrem
vollen Werthe bestehen. Der Verfasser seihst wird uns
sogleich verstehen, wenn wir hier offen bekennen, dass wir
zu denen gehören, welche die Orgelbegleitung beim Röra
Lhoral nicht durchgehend billigen. Gründe pro und
contra hier abzu wägen, würde viel zu weit führen und nur
Unlust erregen*). Den Schluss dieses Abschnittes bilden
*1 Wohin di© beständige Orgelhegleilung alles Chorals —
die unbedingt zu verwerfen — filhrt, geht u. a. aus der Anmer-
kung hervor, mit welcher der Verfasser pag. 7» die von ihm mit
einem Orgelbass mir Ast. Ausfüllung durch den Schälen verse-
hene im tonus IV. thypophrygischi stehende Antiphon: ..In odo.
rrm unguentomm irmrum-' begleitet: „Einer alten und vielverbrei-
teten Tradition zufolge singt man in dieser Antiphon hei den
24
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194
15 „kleine Vorspiele in den Kirchentonarten“ von Oberhoffer,
J. G. Herzog und L. Schneider — denen dann noch eine
ganze Reihe ähnlicher Sätze in Dur und Moll von Meister.
Wedemann, Rinck, Bnilunig, R. Führer, Freyer, Gebhardi,
Töpfer. Weudt u. v. A. angefügt ist. Alles praktisch und gut.
Vierter Abschnitt: Das Pedalspiel von pag. 91 bis
zuin Schlüsse des Bandes. Gut und gründlich, mit zahl-
reichen Uebungsbeispiden von Engel, Rinck, Strube, Krebs
und dem Verfasser selbst.
Ein zweiter I heil, welcher das Werk beschließen soll,
steht in Aussicht. Derselbe wird gtössere Orgelsachen
bringen. Dürften wir den Verfasser bitten, so möchten wir
ihn recht sehr ersuchen, bei Auswahl dieser Orgelstücke
doch vor allen» auch die bedeutendsten katholischen Com-
ponisten — namentlich die allem bewährten — welche in
diesem ersten Theil fast ganz ignorirl sind, berücksichtigen
zu wollen. Wir dürfen an die Namen Frescobaldi, Muffet,
Pasterwitz, Le Bcgue, Mozart, Michael Haydn, Joh. Emst
Eberlin, Vogler. P. Martini, Valotti, Ambr. Rieder. Vanhall,
Albrechtsberger und so viele Audere nur erinnern, um der
völligen Beistimmung des Verfassers gewiss zu sein.
Ist es wahr, dass der katholische Organist nur selten
Gelegenheit findet, grössere Orgelsachen vorzutragen, so soll
er — wenn sich ihm denn einmal diese Gelegen-
heit bietet — dieselbe ergreifen und seine Fertigkeit wie
seinen Geschmack zeigen können. Und dazu bieten die zum
Theil noch ungedruckten, zun» Theil mit Unrecht in Ver-
gessenheit gerathenen Werke der obengenannten Meister
hinreichenden Stoff. Dass hiermit die längst anerkannten
Koriphäen des Orgelspiels: Bach, Händel, Krebs, Vier-
ling, Umbreit etc. bis auf Joh. Schneider, Adolf Hesse
und noch Neuere herab nicht ausgeschlossen sein sollen,
bedarf wohl kaum erst der Versicherung. — In der Vor-
rede sagt der Verfasser noch: „Eine besonders grosse tech-
nische Fertigkeit auf der Orgel wird von dem katholischen
Organisten nicht gefordert**. Den Grund, warum diese Fer-
tigkeit nicht gefordert werden kann, verschweigt er.
Wir wollen ihn hier andeuten. Dr. G. C. Grosheim erzählt
in seinen» Buche: Fragmente aus der Geschichte der
Musik, dass einst in einer Kirche der Refugies fran^ais der
Prediger die Gemeinde zu gewissen Zeiten orniahnt habe:
„ dtopporter l'argent pour lurganiste .'*' — Aehnlich ist die
Lage der meisten katholischen Organisten noch heute! —
Sapicnli satis. — Schliesslich empfehlen »vir Herrn über-
hoffer's Orgelschule nochmals auPs Beste, ihr fleissiger Ge-
brauch wird ohne Zweifel nach dem Wunsche des Verfassers
dazu beitragen, „das so sehr darniederliegende Orgelspiel der
katholischen Organisten zu heben“. — Oie Ausstattung ist
gut, der Preis von 2 Tblr. 10 Sgr. für beide Theile, welche
nicht getrennt werden, massig genug. Josef Seiler.
Stiehl, Heinrich Aquarellen. Zehn leichte vierhändig©
Ginvierslücke. Op. 56, Heft 1 und 2. Berlin und Po-
sen, Ed. Bote & G. Bock.
Kleine Tonbilder, so recht aus der Praxis für die Praxis
geschrieben. An leichteren vierliämligen Ginvierstücken ha-
ben wir wahrlich keinen OebrrfliiM, und wenn wir den
musikalisch-pädagogischen Gesichl-punkt im Auge bt-hallen,
so muss eine solche Spende des Dankes der Pianoforleleh-
rer sicher sein. Die Aquarellen machen keinen Anspruch
auf besondere Originalität, sind aber geschickt und leicht
erfunden und mit Rücksicht auf möglichst gleiche Verlhei-
lung der zu erzielenden pmcliscben Fertigkeit für beide
Hände sowohl wie für beide Spieler gearbeitet, so dass
der Schüler abwechselnd bald die Oberstimme bald die Un-
durch eiu Sternchen bezeichne ten Stellen fit statt/“. — Das haben
die Organisten verschuldet mit ihren» ewigen Eigeusiuu: „Anders
als an (mit Anwendung der Diese) lässt sich das nicht begleiten!“
Musste es denn alter begleitet werden?
terslimmo ausiuführan haben würde. Die kleinen Tonstücke
hinterlassen einen äusaerst wobllhuenden Eindruck und sind
für die entsprechende ünterrichtsslufe recht sehr tu em-
Fehlen. W. I.nckowils.
Rerlln.
Herum.
(Königl. Opernhaua.j Die letzte Woche vor dem Beginn
der Ferien brachte noch Hie beiden Opern „PreischOti“ und
„Tarinhäuser 11 . In erslerer Oper waren die Damen Hörner
(welche tum Hamburger Stadtlhealer gehl) und Grnssi als
Agathe und Aenncben, die Herren Wnworaky und Fricke
als Mai und Caspar beschäftigt. Dia Vorstellung des „Tann-
häuser“ überraschte uns zunächst durch eine veränderte Auf-
Stellung des Orchesters, und iwar in der Arl, wie sie am Wie-
ner Hofnpernlheater seil langen Jahren eiugelührt ist. Das Pult
des Dirigenten befindet sieh jetlt in der Milte dee Orchesters
und so rrhöhl, dass der Dirigironde überall bequem gesehen
werden kann; diesem gegenüber zunächst der Bühne sind die
Conlrabässe aufgeeteUl und ao verlheill, dass sie das Or-
chester beherrschen- Wir vermögen nicht zu beurfheden, in
wirferu die neue Einrichtung preclischer ist als die frühere;
wahrscheinlich hat sie eich jedoch in süddeutschen Theatern
bewährt. Nur will uns bedünken, dass die im Hintergründe
der Bühne Wirkenden (besonder» Chormassen oder ein BOhnen-
Orchester) den Dirigenten schwer sehen werden, wenn dieser nicht
stehend lactiren will, wes wieder den hinter ihm ira Perquet
Sitzenden die Auesicht behindern würde. Doch die Zukunft
wird ja hier entscheiden. Nach dieser Abschweifung gehen wir
zur Oper seihst über und gestehen vor allen Dingen gern, dass
wir noch seilen die Ouvertüre so vollendet austühren hurten,
als dieses Msl; das schwere Stück wurde mit slaunenswerlhrr
PricisKin gegeben, Saiten- und Blase-Instrumente wetteiferten
in Ausdruck und Klarheit. Von dcu Singenden verdient Frau
Grün, welche eis Elissbelh leider cum leisten Male vor ihrem
Abgänge vor uns erschien, eine besondere Erwähnung. Frau
Grün hat von allen den Sängerinnen, wetctie seit Jahren hier
gaslirlen, hei weitem die schönsten, frischesten Stimmmittel
und wir befürworteten damals, als Frau Grün zuerst hier auf-
Irat, aul's Wärmste ihr Engagement. Dasselbe erfolgte und
hat sich Ȋhrend der ganzen Dauer desselben in basier Weise
bewährt. Haben wir die seltene Frische und Schönheit der
Stimme echou hervorgehoben, so bleiben nicht minder zu rüh-
men der Fleiss und die stete Schlagfestigkeit der Sängerin, die
fast nie eine Vorstellung störte. Das Heprrtoir, welches Fcau
Grün hier vertrat, isteio ebenso reichhaltiges als vielseitiges und
wir nennen mit besonderem l.obe: Psmina tZauberflöte), Elvira
iDon Juan), Elisabeth (Tannhäuser), Fehia | in Laugerfs „Fabier* 1 ,
eine Rolle, welche Frau Grün hier selbstständig schul), Ben-
jaroin (Joseph), Alice iRuberl), Page (Hugenotten), Gabriele
I Nachtlager), Madetaine (Postillon), Leonore (Stradella), Carlo
Broschi, Adalgisa (Norme), Olivier I Johann von Paris), AmeiilytCor-
tez) u. a. w. u. s. w. In alten diesen Aufgaben erwarb sich
brau Grün den Beifall des Publikums, die Zustimung der Kri-
tik, und die Künstlerin darf bei einstmaliger Wiederkehr des
freundlichsten Empfanges gewiss sein, wie ihr denn der Beifall
und die Bluuienspandru bei ihrem Abschiede zeigten, dass sie
zu den beliebten Mitgliedern der Königl. Oper gerechnet werde
Als Wolfram trat Herr Schclpor auf und erntete durch seine
besonders m der Mittellage klangvolle und sonore Stimme wie
durch wohl nttencirten Vortrag allgemeine Anerkennung. Dass
Herr Schelper vom Mai nächsten Jahres engagirt ist, haben
wir schon berichtet. Dem Tennhiuser des Herrn Ferenczy
195
fehlt« es in Mark und Charakteristik, da» Ganze war ver-
schwömmen und weichlich und erinnerte gar oft an die Aus-
drucksweise des Elenzar. Tüchtig wie immer war Herr Fr icke
als Landgraf. Die Naivelät des Hirtenknaben streifte hart an
das Komische. — Die verflossene Saison hatte viel mit stören-
den Zufflllen tu kämpfen j wünschen wir der kommenden mehr
Glück und Glanzt
im Friedrich- Wilhelinalidtischen Theater wurde ohne Un-
terbrechung OfTenbach’s „Tuto“ bei zahlreichem Besuch und
grossem Beifall gegeben.
Die Kroll’eche Oper brachte neben Wiederholungen der , .Mar-
tha“ mit Fräulein Kropp in der Tilelparthie, welche sich be-
reits iu früherem Gastspiel an der Köuigl. Oper als tüchtige
ColoralursAngerin bewährte, „Nnnna“ mit den höchst lobens-
werthen Leistungen des Fräulein Harry als Norm», Fräulein
Höfler als Adalgisa und des Herrn Bernard als Sever; ferner
Lorliing's „Waffenschmied“ und „Ctaar und Zimmerrnano“.
In beiden Opern halle der beliebte Buffo Herr Schön den be-
sten Erlolg als Stadinger und van Bell, ebenso Herr Zott-
mayr als Ctaar Feier. d. R.
Uorregpondffizen.
Dresden, Monat Juni 1869.
Das Schauspiel der Köuigl. Bühne hat seit einigen Wochen
gefeiert und zwar als Entschädigung für die übermässigen An-
strengungen, die es während der Proben tu den „Meistersingern“
im vergangenen Winter zu ertragen batte. Ob nun das Öpernper-
sonal ebenfalls einen Urlaub erhalten wird, darüber verlautet noch
nichts, doch würde mau es wohl nicht mohr als recht und billig
finden können, wenn es geschähe. Gegenwärtig gastirt hier der
Tenorist Lederer von Darmstadl. Das Urtheil ist demselben
im Allgemeinen günstig gestimmt, doch wird nicht verhehlt, dass
er noch Vieles zu lernen bähe, um den Anforderungen einer Hof-
bühne zu genügen, ln dieser Hinsicht lässt sich freilich auch
manche Ausstellung bei schou länger hier weilenden Mitgliedern
der Oper macheu, aber es wird gerade deshalb doppelt nothwen-
dig sein, bei neuen Engagements grössere Anforderungen zu stel-
len, soll unsere Oper auf einer ihrer grossen Vergangenheit wür-
digen Stufe erhalten bleiben. Eine grössere Anzahl vou Gast-
spielen, namentlich von Tenoristen steht noch in Aussiebt;
möchte es der Direction doch endlich gelingen, die sehr fühl-
bare Lücke eines guten Heldentenors glücklich auszufüllen. —
„Die Meistersinger“ sind uuu wieder in Scene gegangen und ma-
chen volle Häuser. Die Besetzung war tbeilweise neu. Die Par-
tbic des Hans Sachs war von dem Herrn Schaffganz übernom-
men, der David i9l nuo in den Händen des Herrn de March ion
und für den Herrn Eichberger (Kotbner) trat Herr Köhler
ein. Die erstgenannten Herren gaffen sich höchst anerkennens-
wurtbe Mühe ihren schwierigen Aufgaben künstlerisch gerecht zu
werden, doch werden sie schwerlich die Leistungen eines Miller-
wurzer und Schlosser vergessen machen. Dass man den Herrn
Köhler, der eine herrlich wohlklingende Bassstimme besitzt und
eine sehr angenehme Erscheinung damit verbindet, mit dem Part
des Kotbner betraute, gereicht hauptsächlich dem ersten Act tu
grossem Vortheil. Hinsichtlich der Inscenirung könnte der mit-
ternächtige Spektakel eine andere Auffassung erhalteu. Dass das
ganze Volk von Raufbolden um diese Stunde, wo ea doch schon
gerAumc Zeit in den Betten gelegen, plötzlich im vollständigen
Tagescostüm erscheint, ist eiue doch etwas gar zu starke Anfor-
derung au die Wahrscheinlichkeit, auch lässt man sich dadurch
die eigentliche vom Dichter jedenfalls vorausgesebene komische
Wirkung dieser Sceue vollständig entgehen. Sonst ging die
Oper wie früher, vortrefflich und wurde vom Publikum mit
viel Beifall begrüsst. — AdolT Jensen, der im vergange-
nen Jahre zu uns übersiedelte, wird, wie ich gehört, Dres-
den tum Herbst wieder verlassen, was ich aufrichtig bedaure,
zumal ihn gesundheitliche Rücksichten dazu nöthigen sollen. Im
Laufe der letzten Wochen ist von diesem Componistcn auch wie-
der ein Heft Lieder bei Louis Hoffarth hier erschienen, auf die ich
hiermit alle Freunde des Gesanges besonders aufmerksam machen
will. Die Gedichte, denen die Compositiou ihr Entstehen verdankt,
sind von 0 Roquette. Jedenfalls gehörcu diese Lieder Jensen's
mit zu den duftigsten Blütben unserer Gesangsliteratur und sind
wohl auch uustreitig das beste Erzeugnis dieses Coraponisten.
Sie finden vielleicht Gelegenheit, dieses Opus einer ausführlichen
Besprechung unterziehen zu lassen. A. F.
Paris, II. Juni 1869.
Die Concerte in den Sälen sind verstummt. Desto lebhafter
wird auf den Boulevards musicirt, wo die Marseillaise seit meh-
reren Abenden die Prinzipalnummer bildet. Zu diesem Chore
der Pariser Gamins gesellt sich als Acrompagnement das Klirren
eingeschlagener Fensterscheiben, das Getöse umgestürzter Kioske,
Pfeiffen, Ausrufen, Faustschläge der Sergents de Ville, Trommel-
wirbeln der Tamboure u. s. w. ; während in der Opera die „Hu-
genotten“ und die Schrecken der Bartholomäusnacht über die
Bretter schritten, bieten die Pariser Boulevards annähernde dra-
matische Emotionen, und die Pariser Flaneurs beeilen »ich, bei
diesen Gratis-Vorstellungen möglichst recht zahlreich zu erschei-
nen. Möge diese Strassenoper nicht noch mehr in Dissonanzen
ausarten und keinen tragischen Ausgang haben. — Die Feinde
Wagners werden zw r ar nicht unterlassen zu behaupten, die all-
zuhäuftgen Aufführungen des „Rienzi“ im Theätre lyrique wären
an all* diesen jetzigen Charivari'« Schuld, doch wir halten dafür,
der revolutionäre, niezurriedene Geist Rienzi - Wagner*» sei den
Franzosen schon längst nahe genug verwandt, als dass sie auf
solche Allarm-Trompeten zu warten nöthig hätten. Um die Auf-
regung zu dämpfen, dazu dürfte die versprochene Aufführung
von „Loheugrin" den hcisshlOligen Franzosen ein probates Mit-
tel sein. — Es heisst, Pasdeloup, welchem das ThAAtre lyrique
bis jetzt keine Goldgrube gewesen, wolle sich der W'eiterführung
desselben im nächsten Herbste entziehen, — doch glauben wir,
bei dessen bekanntem W r agner-Enthusiasmus, an das Gcgentheil,
und wäre der Rücktritt Pasdrloup's nur zu bedauern, da das
ThAAtre lyrique, wenn auch keine grossartigen Kunstkräfte, so
doch ein künstlerisch ziemlich befriedigendes Repertoir unter
seiner Leitung aufzuweisen vermag. — Denn was soll man zur
grossen OpAra sagen, wo jahraus, jahrein vier bis sechs Opern
über die Sceue gehen I Seit Monaten ist auf deren Afftcheu
nichts anderes zu entdecken, als: „Afrikanerin“, „Hugenotten“,
„Faust“ und „Hamlet“. Freilich ist dies auch nur in Pa-
ris möglich, wo manche Theater 300—400 nach einander folgen-
den Abenden ein und dasselbe Stück vorführen, und auf ein
stets neues Publikum rechnen können. Die grosse OpAra sollte
jedoch nicht in den Fusstapfrn anderer Theater gehen, welche
mehr speculative Zwecke verfolgen, und um ihr Dasein zu käm-
pfen haben. Wie wenig rosig dieselbe gebettet, beweist, dass
gegenwärtig IS Theater bereits Sommerferien halten. — Im Va-
riAlA-Thealer gelangt Lecocq's Opera bouffe „Fleur de ThA“ zur
Aufführung, die im vorigen Jahre im Theätre de 1’AthAnee bereits
grossen chinesischen Erfolg hatte. — In der Opera comique Oben
die Reprisen von „Mignon“ und „Jaguarita“ ihre Anziehungskraft,
im Verein in it der neuen Operette „La Fontaine de Berny“.
Fräulein Priola, die aicb in den Rienzi-Vorslellungeu zuerst
bemerkbar machte, ist für dieses Institut neu engagirt, und wird
24 *
106
in Aubcr's neuer Oper „Röve d'araour“ Auftreten. — Dur zweite
Pariser Offenbach, Herve, hat seine jüngste Faust-Parodie „Petit
Kaufet“ parodirl, und nennt diese Parodien-Parodie: „Faust-Passe-
menlierl“ Da wird nun Mephistos Wunsch erfüllt: der Teufel
kann sieb selber holen! — Für die diessjäbrigeu Cciuserwiloire-
Coueourse sind folgende Musikstücke bestimmt: für die Violin-
Masse: Viotli's A-moll-Concert, Tür die männliche Pianisteuklasse:
Allegro de Concert von Chopin Op. 4tf, für die weibliche Klasse:
-lies Concert von Ries und Res Coocert von Kalkbreuuer. — Es
hat sich hier ein geheimer Verein gebildet — den wir Jetzt
schon denuueireu wollen, da er in nächster Saisou Öffentlich zu
werden den Zweck hat. Erschrecken hie nicht, der Verein hat
keiuc autidyuastisehcn Absichten, und wurzelt auch nicht in der
demagogischen Bcwcguug dea Tages — er hält regelmässige Zu-
sammenkünfte iu der Villen-W uhnung des Pianisten uiidCompo-
nislcn Bon e witz in Montmartre, und will weiter nichts, als gute
Musik verbreiten. In den bisherigen Matineen, an deuen sich
ausser dem genannten renommirten Künstler, auch die Pianisten
Carl Major und Stier, die Violiuisteu A. Czcke und Wein-
st et teil und der SäugerWiegand durch Aufführungen hetheillgten,
wurden Compositionen von Beethoven, Mozart, Mendelssohn, Volk-
mann, Bachs so selten gehörte Sonaten für Piano und Violine, und
Novitäten von Bouewitz: Concertparaphraso über Luther’« Choral
sowie über die Btaraellaiae uudhouate für Violine, produzirt, und bil-
den dieselben die Vorbereitung zu einer Reihe von populären Kam-
mermusik -Concerten, welche im Saale Pleyel slallUndeu werden.
Wenn mau bedenkt, dass auch Pasdeloup mit seinem Orchester
des jeuues artistes klein begonnen und jetzt den Cirque Napoleon
occupirt, so darf man au die Zukunft dieses Unternehmens —
zum Heile der den unbemittelteren Klassen bis jetzt hier noch
immer unzugänglichen Kammermusik — ebenfalls rosige Hoff-
nungen knüpfen. A. v. Cz.
1’ e u 1 I I e t o n.
Eine Oper von Dr. G. Loewe.
Unter den Manuscripten des Dr. C. Loewe , meines hoch-
verehrten Lehrers, Roden sich 4 Opern: „Emmy, Malekndhet,
Rudolf der deutsche Herr und Neckereien“. Es möchte fast
unerklärlich erscheinen, dass bis jetzt auch nicht eine derselben
zur Aufführuug gelaugt ist, da doch dor grosse Meister in seinen
Balladen und Oratorien eine solche Fülle dramatischer Begabung
verbunden mit Leichtigkeit der Erfindung und Gewandheit der
Formenbeherrschuug uaehgewieseu hatte, dass seine zahlreichen
Verehrer gewiss mit Spannung der Aufführung einer Oper
oulgegcngesehen hälteu , um so mehr, da sich bereit» in den
dramatischen Momenten der Oratorien der Uebergaug zur welt-
lichen Musik in ihren ausgedehnteren Formen hinreichend ver-
mittelt Rudel.
Wer jedoch Gelegenheit hatte, Loewe iu seinem ernsten
Wirkungskreise, dmi praclischen Thenlerleben und dessen
mannigfachen lutriguen fast ganz entfremdet, zu beobachteo,
oder sich Ober die liebenswürdige Sorglosigkeit zu wundern,
mit welcher er seine zahlreichen Compositionen (nicht selten
ohne Qpusznhl) aus den Händen gab, ohne jemals für ihre
weitere Verbreitung ein Uebrigea zu thun, der wird bei einiger
Kenntniss unseres heutigen musikalischen Treibens überhaupt,
wie »peciell unserer jetzigen Bühnenverhältuisse zugeben müs-
feen, dass dies nicht der Weg ist, um grösseren Werken, und
seieu dieselben auch noch so werthvoll, den gewünschten
Eingang zu verschaffen.
Während mir aus der Zeit meiner Anwesenheit in Stettin
von der Oper „Malekadhol“ (Dichtung von Caroline Pichler,
geh. Greiner) nur einige Nummern erinnerlich sind, wie diesel-
ben unter Loewe*» persönlicher Leitung »m Cuncertsaale vor-
geführt wurden, ( vor andern unvergesslich eine grosse Tenor-
arie des Maurenheldeu , der in den Trümmern eines verfallene«
Klosters seine Geliebte erwartet J so ermöglichte mir später
die Güto des Compomstcn durch Ueberlässuag der Partitur
zu „Emmy“ eine vollständige Einsicht dieses grossnrligeo und
genialen Werkes, nur das, nebenbei bemerkt, der alte Meister
einen ganz besonderen Werth legte.
Der Text, dem bekannten Romane „Kenilworth“ von
Waller Scott entlehnt, ist von Baron Lichlenstein mit vielem
Geschick bühnengerecht bearbeitet.
Während die HnuplRguren des Romans im Ganzen origi-
nalgetreu wiedergegeben werden durften, (Königin Elisabeth,
Lord Leicesier, Emmy Robsarl, Waruey und Tressilian, welcher
Letztere in der Oper als Ritter Edmund vorgeführl wird,) sind
an passenden Stellen Chöre von Reisigen, Jägern etc. wir-
kungsvoll eingeschaltet; ausserdem wird der an und für sich
krasse Schluss des Romans (Emmy stürzt aul Veranstaltung
des schurkischen Warney jählings in einen Abgrund J durch
daa Eingreifen hülfreicher Elfen, deren Erscheinen schon gegen
den Anfang der Handlung geschickt vorbereitet worden, in
wohllhuender Weise wesentlich gemildert.
Wenn wir auch heut’ zu Tage durch die abscheulichen
Texle Verth’» u. a. au ganz andere haarsträubende Sachen
gewöhn! sind; so muss man immerhin den wenn auch kühnen
Griff Loewe’» anerkennend billigen, durch welchen er auf Grund
seines niemals verläugneten feinen ästhetischen Gefühls der
triuuiphirendeii Bosheit die schützenden Kräfte der Mährchen-
well entgegensetzt, um dadurch wenigstens einen versöhnenden
Abschluss herbeizufühnn, wie andererseits heitere, selbst ko-
mische Episoden mnssvoli als nothwendige Höhepunkte für die
durchweg elegische Handlung »ehr geschickt em geflochten sind.
(Der Wirlh zum gespornten Hahn und sein Eulenkluhb, der
poetische Burgwart etc.)
Rechnet man zu der musikalisch ebenso charakteristisch
öl» nobel ausgeführten Zeichnung der HnuplRguren noch das
Hinsulreleii büchst ansprechender und wirkungsvoller Chöre,
im 2. Akte unterstützt durch glänzende Aufzüge und Bollets
bei Gelegenheit der Emplaugefesllichkeileti auf Kenilworth, wie
W. Scott sie in seinem Roman so trefflich schildert; überblickt
men die geschmackvolle Anlage des Orchesters, das sich vom
einfachen Streichquartett bi» zum vollen Umfange Spmitini'scher
Instrumentation steigert, so liesse sich diesem Werke wohl
mit Sicherheil ein bedeutender Erfolg Voraussagen, sobald das-
selbe nur sorgfältig vorbereitet und mit tüchtigen Kräften aus-
gaslallet, aus seiner jahrelangen Verborgenheit einmal an’s
Licht gefördert würde. Möchte doch vor allen eine unserer
reich dotirtoo HofbÜhneo die Lösung dieser Aufgabe als eioe
Ehrenschuld an einen unserer grössten deutschen Meister Ober-
nehmen. H * Kurth.
Alles schon dagewesen!
Alles schon dagewesen! sagt der Rabbi Ben Akiba. Ich
müsste lügen, wenn ich behaupten wollte, dass ich wüsste,
wann, wie und unter welchen Umsländen dieser weise Hebräer
gelebt hei. Da ihm aber dieser Ausspruch regelmässig zuge-
schrieben wird, so hat König Salomo seine Modification: Nichts
Neues unter der Sonne! wohl von ihm entlehnt; der weise
Rabbi müsste darnach also noch vor König Salomo gelebt ha-
ben. Ein respectabler Zeitraum ist seitdem über die Erde und
ihre Menschenkinder dahmgerauschl, und noch immer führt Je-
dermann daa Wort im Munde, der Rabbi ist unsterblich ge-
197
worden durch dieses einzige Wort. Glücklicher Rabbi! Uns
ermeu Sterblichen der Gegenwert wird die Unsterblichkeit sau-
rer gemacht; lebte doch selbst König Salomo noch in dem
glücklichen Zeitalter, in welchem er Citate machen konnte,
ohoe die Quelle augeben zu müssen.
Alles schon ilagewesenl Das Wort passt heute noch auf
fast jede Lage des Lebens, und es dürfte selten etwas gesche-
heu. von dem man sagen könnte, es sei wirklich etwas Neues.
Da schlägt man in unsern Tagen die Hände zusammen, wenn
man liest und hört von den colossalcn Summen, welche einer
kehltertigen, schwarzäugigen Signora — es kann übrigens auch
eine blonde Tochter des kalten Skandinaviens sein — geboten
werden, falls sie die Gnade haben will, hier oder da einen
Cyklua von Vorstellungen atizunehmen. .Man staunt, wie sie
trotz dem noch eine Menge anderer schwer oder gar nicht zu
erfüllender Bedingungen daranknüpfl oder den ganzen Handel
lachend suasrhlAgt, weil sie auf eine aodere Weise viel mehr
Geld zusammenschlagen kann.
Es ist nber auch das nichts Neues; Alles schon dagewc-
sen, wie wir uns sogleich an einem Beispiele aus dem vorigen
Jahrhundert Überzeugen wollen, wobei wir uns nur vergegen-
wärtigen müssen, dass das Geld damals einen anderen Werth
halle, als jetzt.
Da kam im Jahre 1 7 80 eine Madame To di aus Paris nach
Berlin, eine berühmte SAngerin, die auch sofort die Ehre halte,
vor dem kunstsinnigen grossen Friedrich in Potsdam singen zu
dürfen. Sr. Majestät Geschmack war indesa ein ganz beson-
derer ; über Hasse und Graun ging ihm nichts, ausser diesen
beiden mochte er nichts und die neuen welschen Arien der
Madame Tod« waren ihm nur eine „musique de cnbarel“
und fanden durchaus keine Gnade vor seinen Augen. Da ihm
dio Sängerin als solche aber gefiel, so sandle er ihr einige
Arien der beiden für ihn einzig existirenden Compontslen und
gab ihr vierzehn Tage Zeit, dieselben zu studiren. — Vierzehn
Tage! Die Satlellestigkeit vieler unserer heutigen Sänger und
Sängerinnen scheint also auch nichts Neues unter der Sonne
zu seiu.
Madame Todi sang nach vierzehn Tagen abermals und ge-
fiel nun besser. Der König bol ihr ein Gehalt von 2000 Tha-
lern, eine für die damalige Zeit hübsche Summe für eine Dame.
Madame wusste aber, dass ihre Vorgängerin, die Mara, noch
um die Hälfte höher bezahlt worden war, und sie machte dem-
nach ihre Gegenansprüche, verlangte ebensoviel und stellte
ausserdem noch die Bedingung, dass ihr Maun eine Anstellung
im Orchester finden müsse. — Wem fällt dabei nicht sofort
lebhaft eine junge Sängerin unserer Tage ein, die ausser den
hübschen runden Summen für sich gleichfalls immer eine Au-
steilung für noch Jemand fordert? — Luigia Todi forderte es,
denn der Morn waren diese Bedingungen erfüllt worden. Der
grosse Friedrich hatte aber gar trübe Erfahrungen mit Madame
Mara und ihrem Herrn Gemahlc gemacht und bezeigte keine
Lust, diese Erfahrungen zum zweiten Male zu machen; er ver-
warf daher die Forderungen der neuen Sängerin und diese
reiste ab.
Das versprochene Gehalt von 2000 Thalero war indess
•ehr verlockend, nirgend konnte sie ein gleiches Unterkommen
finden, und im Jahre 1782 erbot sie sich aus freien Stücken,
für dieses Honorar in den Verband der Berliner Bühne zu tre-
ten, falls ihr zugestanden würde, dass sie in Potsdam wohnen
könnte. Darauf ging der König ein, und Madame Todi, die
berühmte Conlrallistio, kam. Gross und anstrengend ist ihr
Dienst wohl nicht gewesen, sie scheint nur eine sehr be-
schränkte Anzahl voo Rollen inne gehabt zu haben — also
auch nichts Neues! — dessen ungeachtet war sie nicht gewillt,
sich darüber hinaus die geringste Unbequemlichkeit aufiegen zu
lassen. Der greise Monarch hatte sie mehrmals nach Berlin
befohlen, und zwar früher, als die Proben es erheischten; dar-
auf hin forderte die Signora sofort eine namhafte Zulage. Der
König seinerseits halle aber keineswegs Lust, sich von einer
Sängerin Vorschriften machen zu lassen, und er gab ihr dafür
den Abschied.
Madame Todi war frei und ging nach — Russland. Nichts
Neues unter der Sonnt* ! Russland, das heutige Eldorado aller
SAoger und Sängerinnen, wo man die hohe Gage als Nadel-
geld gleichgültig iu die Tasche stecken und die zehnmal rei-
cheren Geschenke als eigentlichen Haupterwerb betrachten
kann. Ja, Russland ist das Land, dessen Bewohner die Kunst
noch bt-zahlen können, wo die Kunst nicht nach Brod geht,
sondern nur nach fürstlichen Reichthümcrn. Alle anderen Län-
der sind dagegen nur öde Steppen, höchstens iu brauchen, um
in itmen die noihwendigen Erholungsreisen und Erholungsgast-
spiele machen zu können. Madame Todi ging also nach Russ-
land und erhielt für ihre Proberolle, Armida von Sarti, von der
Kaiserin — einen kostbaren Hrillantsrhmuck.
Der preussisrhe Thronfolger halte dio Sängerin indessen
nicht vergessen. Als Friedrich Wilhelm II. zur Regierung ge-
kommen war, lies* er ihr Engagementsanträge machen. Sie
forderte nun natürlich anders: 4000 Thaler Gehall, ausserdem
Hofwohnung, freie Tafel, eigene Equipage etc. etc. Der König
bewilligte das geforderte runde Gehalt auf drei Jahre, und die
Sängerin musste wohl selbst auf nicht mehr gerechnet und
ihre Forderungen deshalb so darüber hinaus gestellt haben,
denn sie ging darauf ein und betrachtete sich von Anfang De-
zember des Jahres 1786 an als für Berlin engagirt. Mil ihrer
Abreise aber beeilte sio sich keineswegs, sondern sie blieb
noch volle sechs Monate hindurch ruhig in Petersburg in Thä-
ligkeit, erwarb dort noch viel Geld und noch mehr Geschenk«
und brauchte zu ihrer endlich doch angrlretetien Reise noch
weitere volle drei Monat«, so dass sie im September 1787
wirklich in Berlin eintraf. Niehls desto weniger erhielt sie
für diese neun Monate auf Reisen ihr volles Gehalt ausgezahlt.
Dass sie in Berlin sehr oft heiser war, ist nicht zu verwundern;
sie war eigentlich Altistin, konnte die hohen Töne nur durch
künstlich« Mittel erlangen, und gerade in der KarnovaUzeil,
wo sie viel zu singen hatte, war kein sonderlicher Verfass aui
sie. Indess ertrug der König alle ihre Capriceri mit grosser
Rücksicht und bewahrte ihr fortdauernd sein« Huld.
So gingen die drei Jahre zu Ende uud mit ihnen der Con-
tract. Da forderte Madame Todi die Summe von — 6000 Tha-
lern oder ihren Abschied. Aber auch eine königliche Geduld
muss endlich einmal abreissen, und Friedrich Wilhelm ertheilte
ihr den Abschied, indem er ihr sarkastisch schrieb, dass sie
bei ihrem Alter — sic war 1748 geboren, also über 40 Jahre
alt — uoch oft von so hohen G* hnltsanträgen möge Gebrauch
machen köunen. Nun, was in Berlin nicht ist, das kaun ja
wo anders sein; Madame Todi machte nun Gastreiaen io Ita-
lien, Frankreich, Holland und England uud wurde namentlich
in Paris und London ausserordentlich gefeiert. In Paris gab
sie zu einem förmlichen Fanatismus Veranlassung, man nannte
sie nur die „Sängerin der Nation“.
So sieht man, dass schon vor Jahrtausenden ein weiser
Manu mit einem Worte den Kernpunkt auch in dieser Sache
getroffen: Alles schon dagewesen! oder: Nichts Neues unter
der Sonne! wie weiland König Salomo das Wort des weisen
Rabbi umformte, — er hätte sonst am Ende doch die Quelle
nngebeu müssen. W. Lackowiti.
y Google
108
Journal-Revue.
Die Allgm. Musikzlg. enthält Briefe von Ph. E. Bach und G.
M, Telemann — Die N. Ztschr. f. Mus. bespricht Kiel's neueste
Kammermuskkwerke Op. 50, 51 uuil 52 in sehr anerkennender
Weise. — Die Signale setzen ihr Adressbuch (Wien) fort. —
Sfidd. Musikzeitung: Schluss des Artikels Ober Comettant's „La
musique, les inusiciena** etc.
Die Revue et Gazette musicale enthält einen loscnswerthen
Aufsatz über Hector Berlioz.
Nachrichten.
Berlin. Dem Kgl. Musikdirector Herrn Professor Julius Steru
ist von Sr. Majestät dem König der Kroneuordeu 3. Klasse vor*
liehen worden. — Herrn Concertmeister Joachim, Mitglied der
musikalischen Section des Senats der Acadeuiie der Künste
hiuraelbst und zum Dirigenten der bei derselben zu errichtenden
Schule für Instrumentalmusik ernannt, ist das Prädikat Professor
beigelegt worden. — Der General • Intendaut der Königlichen
Schauspiele, Herr von Hülsen. Ist nach Carlabad abgercist
— Herr Theodor Wachtel erlässt im Theater - Moniteur
folgende Anzeige: Meineu verehrten Freunden und Bekann-
ten sage ich den tiefgefühltesten Dank für die liebevolle
Tbeilnahme. welche sie mir auf Grund der Zeitungsnachricht
von meinem wegen verspielter 60,000 fl. und verlorener Stimme
verübten Selbstmordversuche in so hohem Maasse gezollt haben.
Recht sehr freut es mich, zur Reruhigung derselben mittheilen
zu können, dass jene Zeitungsnotiz, die als Reclame zu lächer-
lich, als Bosheit zu dumm ist, ihre Entstellung irgend einem
Spassvogel zu verdanken hat. Ich habe weder Geld- noch
Stiinmverlust zu beklagen und lebe hier mit meiner Familie auf
der Villa Wachtel recht vergnügt und angenehm.
— Der talentvolle Pianist Herr Eugen Leuohtenberp ist
am 12. d. im Alter von 27 Jahren gestorben.
Baden- Harten. Die ersten beiden Concerte des Florentiner
Quartett-Vereins halten einen glänzenden Erfolg und es ist nicht
zu bezweifeln, dass auch das Ute einen gleichen haben werde. —
Die hierauf folgenden Musikgeuüsse bestehen in 3 musikalischen
Soireen, die am 19. und 26. d M. und 3. Juli slatlflnden. In der
ersten wirken die Herren Vergor, Pagans und do Vroye und
Fräulein Marie Krebs mit — Das Eintreffen von Frau Lucca
wird erwartet; dieselbe beabsichtigt, die Parthie der Mignon bei
Frau Viardot-Garcia zu studiren.
Bonn. Die Säcularfeicr des Geburtstages vou L. van Bee-
thoven, welche für den Sommer 1870 beabsichtigt wird, beschäf-
tigte die Vertreter unserer Stadt in ihrer letzten Sitzung auf das
lebhafteste. Ein Antrag des Vorstandes unseres Beethoven-Ver-
eins, den grossen Hof des Univeraitälsgcbäudes zum Festlocale
herzustellen, wurde fast einstimmig zum Beschlüsse erhoben.
Der Universitätaarchitekt Haurath Dickhoff wird einen Plan anfer-
tigen, um darauf hier die Erlaubniss der Universilälsbehörden
einzuholen. In dienern Raume lassen sich Sitzplätze für 3000
Zuhörer beschaffen, da ohne Zweifel die musikalische Welt von
Nah und Fern sich bei einem Feste von solcher Bedeutung auf
das zahlreichste betbeiligen wird.
('Hin. Ferdinand Hi II er wird wahrscheinlich, wenigstens
nach Berichten der Cölnischen Zeitung zu schliessen, hier blei-
ben. Eine Deputation von Musikfreunden und Künstlern hat sich
zu ihm begeben, um demselben eine mit zahlreichen Unterschrif-
ten versehene Adresse zu überreichen, io welcher der lebhafteste
Wunsch ausgesprochen war, derselbe möge auch jioch ferner-
hin dem musikalischen Institute der Stadt Cöln seine so lange
Zeit hindurch rühmlichst bewährten Kräfte leihen.
Wer« Herr Kapellmeister W. Tsehirch wird Mitte d. M.
nach Amerika reisen, um an dem in den Tagen von 10 — 15 Juli
in Baltimore stattündenden grossen Slngerfeate Theil zu nehmen.
Bei dieser Gelegenheit wird eine preisgekrönte Compositum
Tachirch’s zu Gehör gebracht werden.
Halle. Die Singakademie hat am 26. v. M. eine Soiree ge-
geben, in der u. A. Heinecke’s „Schlaflied der Zwerge“, Sextett
aus „Figaro“ von Mozart, Lieder von Franz, Mendelssohn und
Jensen zu Gehör gebracht wurden.
Leipzig Für deu 11. und 12. Juli d. J. hat der „Allgemeine
Deutsche Musikverein“ einen in Leipzig abzuhaltenden Musiker-
Tag ausgeschrieben, auf dem (analog den deutschen Schriftsteller-,
Lehrer-, Juristen-, und Handels-Tagen) diejenigen Zeitfragen,
welche sich gegenwärtig auf dem betreffenden Gebiete als die
gewichtigsten oder reformbedürftigsten in den Vordergrund dräu-
gen, möglichst gründlich diakutirt werden sollen. Der in No. 20.
der „Neuen Zeitschrift für Musik“ enthaltenen Einladung zufolge
können sich an diesen Verhandlungen (welche hoffentlich zu
praktischen Vorschlägen oder Petitionen an den Reichstag führen)
nicht nur die Mitglieder gedachten Vereins, sondern auch Freunde
dieses Instituts und der zu besprechenden Gegenstände aktiv
oder passiv betheiligen, sobald sie sich behufs unentgeltlicher
Erlangung einer Legitimationsknrte — mit Empfehlung eines
Vereinsmitgliedes — an die geschäftsfohrende Sektion zu Händen
des Herrn Professor Riedel, Lindenstr. 6 in Leipzig wenden.
Auch werden alle Mitglieder und Freunde der Sache cingeladen,
im Interesse des Unternehmens und ihrer eigenen Persou ihre
Betheiligiing möglichst bald unaufgefordert anzuzeigen —
Verschiedene wichtige, musikpädogogische und sociale Gesichts-
punkte sind bereits zur Diskuliriing beantragt worden, nämlich
einerseits das bei dem Musik-Unterricht in Fröbel-Wiscneder'scbeu
Kindergärten zu berücksichtigende System und die entsprechende
Aufnahme der Musik als Unterrichlsgegenstand in den Elementar-
schulen: anderseits gründliche Reform des slimmenruinirenden
Gesanguuterrichts in den höhern Schulen; ferner die pekuniäre
Lage der deutschen Concertinatitute, Musik- und Gesangvereine
wie der ausübenden Musiker, die schädliche Rückwirkung dieser
Lage auf die Pflege der Kunst und die geeignetesten Mittel zur
Abhülfe. Es handelt sich daher, wie schou aus diesen kurzen
Andeutungen hervorgeht, beim Leipziger Musikertag keineswegs
um Parteitagen, sondern vielmehr um wichtige praktische
Ziele, welche Jeden in gleichem Grade interessiren müssen.
Weiter zu stellende Thesen, eingehend molivirt, so wie etwa
beabsichtigte mündliche Vorträge (in leserlichem Conccpte aus-
geführt) sind baldmöglichst ebenfalls an die obige Adresse ein-
zusenden. Von musikalischen Veranstaltungen soll den Theil-
nehmern ein Orgelconccrt und eine Kammermusikauffübrung mit
vorzugsweise interessanten Programmen geboten werden. Am
Vorabend (ludet eine Aufführung des Riedel'schen Vereins statt.
— Herr Musikalienhändler 0. F. Kali nt hat vom Grosa-
herzoge vou Weimar die goldene Civil • Verdienst - Medaille er-
halten. — Dem hiesigen Kapellmeister. Herrn Wilhelm Mühl*
dorfer, ist vom Herzog von Coburg di« Verdienst - Medaille für
Kunst und Wissenschaft am Bande verliehen worden.
Mainz. Das letzte Concert des „Philharmonischen Vereins“
fand am 30. Mai statt uud bot u. A.: Sinfonie in D-dur und
Clavier-Quartelt in Es-dur von Beethoven und Ouvertüre zu „Huys
Blas“ von Mendelssohn.
München. Den Schluss der Vorstellungen vor den Ferien soll
„Tristan uud Isolde“ bilden.
Peat. Der Cello-Virtuose, Herr Feri Kletzer, in dessen in
Wieu gegebenem Concerto bekanntlich Herbeck den Dirigenten-
stab niederlegen musste, da es unmöglich war, Solospicler und
Digitized t
109
Orchester zusammenzuhalten, hat nun auch hier das Uindner-
sche Concert gespielt, aber durch seinen völligen Mangel an
Tact eine fast Ähnliche Wirkung erzielt. Interessant war die Be*
merkung auf den Eintrittskarten, „um Beweise zu geben von
dem erlangteu hohen Grade kOnstlerischer Fertigkeit*'. Von Er-
folg konnte natürlich unter diesen Umstünden auch nicht entfernt
die Hede sein.
Stuttgart. Schiller-Fest des Stuttgarter Liederkrauz : Cantate
von Klicken, Morgengrusa von Kreutzer, 3 Frühlingslieder von
Speidel, die Macht des Gesanges von Faisst etc. — bte Soiree für
Kammermusik der Herren Goltermnnn, Pruckner, Singer
und Speidel: Clavier-Quartt.lt iu G-moli von Mozart, Violin-So-
uate (Dido abandonnAei von Tarlinf, „Hommage ä IIAndcl“ für
8 Pianoforte von Moscheies, Clavier- Quintett in H-moll von Aline
Hundt etc.
— Hier wurde in verOoaaener Woche eine neue Oper „Elsa",
Text von PasquA, Musik von Felix HocbstAtter, gegeben. Die
Oper bat ihre Glanzseite in der Instrumentation und spielt in
Europa und Amerika.
Weimar Herr Schild, früher am Hofoperntheater io Dres-
den engagirt, ist für ein 5monatiiches Gastspiel am hiesigen Hof-
theater gewonnen
Paria. Pasdvloup, Director des ThAAtre lyrique hat nach
einer der letzten Vorstellungen von„Hienzi" als Andenken von Seiten
des Componisten dem SAnger Moutjauze eiucn mit Diamanten
besetzten Smaragdring übergeben.
London, 10. Juni. Alles Interesse für die Oper concentrirt
sich auf die beiden Sterne: Adeline Patti und Nilsson. Die
Erstere hat sich übrigens noch einer allgemeineren Beliebtheit wie
die schwedische Nachtigall zu erfreuen. Namentlich war es ihre
Leistung als Zerlinc ln „Don Juan", welche ihr selbst die streng-
sten Kritiker zu Freunden machte. FrAulein Nilsson excellirte
am meisten in der Rolle der Margarethe tFausti. Die englischen
Zeitungen schrieben darüber: FrAulein Nilsson ist in der Wieder-
gabe der Margarethe von keiner anderen SAngerin übertroffen
worden; gleich möchten ihr wenige stehen. — Die interesaante-
steu musikalischen Aufführungen sind die Cristall-Pallast-Con-
certc. In denselben wirken ganz vorzügliche Orchester* und Chor-
krJtrte und die Solisten sind die ausgezeichnetsten, weiche man eben
finden kann. Im Sten Concerl tretender Pianist Hr. Wieniawaki
und die Sängerin FrAulein Karen-Holmsen auf. Beide erfreu-
ten sich einer sehr günstigen Aufnahme. — Die „Neue Philhar-
monische Gesellschaft“ reussiit mit ihrem Unternehmen und hat
bereits 3 Concerle vom Stapel laufen lassen. Im ersten spielte
Madame Arabella Goddard Hummcl's A-moll-Concert. Im 2len
waren Jaell nebst Frau die ZugkrAlte; freierer trug ein lliller'-
sehea Concert und im Vereine mit seiuer Gattin ein Bach'schea
2clavierigcs Conceit vor. Der 8|e Abend brachte Beethoven’.*»
gigantisches Kiesen werk: die iHe Sinfonie mit Chören; (Solisten:
diu Dnmen Uemmeus-Sberrington und Elton und die Her-
ren Verno n- Righby und Thomas), ferner das 2te Clavier-
concert von Meudelssuhu und eine Cantate für Soli, Chor und
Orchester von Barnett, betitelt „The aucicnt Mariner". — Unter den
uuzöhlichen anderen Concerten sind die 2 Matineen des Herrn
Wioniawski hervorzuheben. Dieser Künstler hat ungemein
gefallen und seine Ueistungen sind in der That auch höchst be-
merkenswerth. Unterstützt wurde Herr Wieniawaki durch die
treffliche LiedcrsAngerin FrAulein Auguste Götze und die Herren
Ludwig Straus, Vieux temps und Piatti. Von den vorge-
fübrtcn Werken sind zu erw Ahnen: Cello-Sonate von Hubinstein,
C-moli - Trio von Mendelssohn, Kreutzer-Sonate von Beethoven,
sowie Compositioncn von Wieniawaki, von denen namentlich die
Fragmente aus der Violiusonale Op. 24 in D-ntoll von der Bega-
bung des Compooisten Zeugnisa ablegten. — Arabella Goddard
hat die erste ihrer 3 „Recitals" gegeben. Das Programm wies
Werke von Duasek, Hiller, Hummel, Moacheles, Benett, Albrechts-
berger, HAndel, Mendelssohn, Wölfll, St ei beit, Field und Chopin
auf. — Halles Pianoforte-Recitals waren ebenfalls den classischen
Clavier - Compositioncn gewidmet. — Die SocietA chorale St.
Philipe hat nicht weniger als 12 SoirAen staltUndeo lassen. —
Diese kleine AufzAhlung wird wohl genügen, Ihnen einen an-
nähernden Begriff von der hiesigen musikalischen SüudQulh zu
geben. Nächstens mehrl H— t.
Amsterdam. Am 13. Mai gab der Kirchenchor „Excelsior",
unter Leitung des Herrn Musikdirector G. A. Heinz«, ein Gon-
cert, iu dem Werke von Bortnianaky, HAndel, Haoplmann, Bach,
Mendelssohn und Neithardt zur Aufführung gelangten.
Rotterdam. Der durch seine trefflichen Leistungen rühm-
lichst bekannte Organist, Herr Lange jun., gab am 21. Mai ein
Orgelcoucert mit folgendem interessanten Programm: Präludium
von Caldara, Sonate No. 2 in G-moll von Merkel, Präludium und
Fuge in C-moll von ä. Bach, Psalm von Marcello, Fantasie in
G-dur von S. Bach und Fuge über den Namen BAch aus Op. GO
von Schumann. Die vorzüglichen Eigenschaften des Herrn
Lange machten sich in dem Vortrage der genanten Werke wie-
derum geltend und verschafften ibui allgemeine warme Aner-
kennung.
Komorn. Der hiesige Frauenverein gab am 26. Mai ein Con-
oert unter Mitwirkung des Pianist-Componislen Herrn ßeiiczay
aus Wien, welcher durch seine gelungenen Leistungen besonders
beifällige Aufnahme fand. Derselbe spielte ausser eigenen Com-
Positionen Mendelssohn's G-moll -Concert, Saltarello von Heller
und Sturnmiarsch in E-moll von Liszt.
Copenhagen. Wagner's „Rieuzi" soll hier zur Aufführung
kommen.
Middelburg, 4. Juni. Das io dieser Woche hier gefeierte
achte SeelAndisebe Musikfest zeigte, wie auch auf unserer auge-
schwcmmlcn Scholle musikalisches Streben immer mehr erwacht
und kunstgerecht« Ausbildung, rapide Fortschritte macht. Das
Fest erreichte seinen Glanzpunkt mit dem am Donnerstag zu
Gehör gebrachten Mendelssohn 'sehen Oratorium „Elias". Chor
uud Orchester gaben unter der tüchtigen Leitung ihres Dirigenten
Herrn Kirwald Beweise guten Studiums. SAmmtliche Solisten
waren ihren Aufgaben gewachsen, vor Allen aber feierte Frau
Co II in -To hi sch, Contrallistiu aus Amsterdam, deren sym-
pathische Stimme wie für Oratorien geschaffen ist, mit den beiden
Nummern „Ich wollte sie wohl erlösen" und „Sei stille dem
Herrn" wahre Triumphe. FrAuleiu Wei ringer, Sopranistin aus
Rotterdam, bewies sich als eine sehr geschulte Sängerin. Herr
Dekkers, Baryt ou aus Herzogeobusch: Prächtige Stimme, reine
Intonation, gute Schule. Die Auffassung blieb oft hinter den be-
deutenden Mitteln zurück. Herr Göbhels: Tenor, gut, leider
etwas erkältet, wodurch die Stimme nicht zu voller Geltung kam.
Im Publikum grosser Enthusiasmus. — Der zweite Abend brachte:
4lc Sinfonie ton Beethoven, Ouvertüre zu „Euryanihe" von Weber;
fernec liiller's „Loreley", worin das Sopransolo von Fräulein
Wei ringer vortrefflich gesungen wurde. Dann folgte: „Die hei-
lige Nacht" von Gade, Altsolo mit Chor. Das Solo trug Frau
Collin • Tohisch sehr schön vor. Chor uud Orchester hielten
sich tapfer. Einen würdigen Schluss bildete der letzte Thcil der
„Schöpfung" von Haydn. FrAulein Weiringer und Herr Dekkers
sangen das Duett vorzüglich; Herr Göbbels war am zwoiteu
Abende auch besser disponirt. Das ganze Fest ist als ein sehr
gelungenes zu betrachten.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
ijtjzed by
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200
Verlag von Roll. Forbcrg in Leipzig.
Nora-Sendung No. 3. 1869.
Beyer, Victor. Die Rose. Romanze aus „Zemire und Azor“ von
L. Spohr, für da« Pianoforte frei übertragen. 12) Ngr.
Cramer, Heinrich. Op. 1G7. Sechs leichte Tonstücke über Mo*
tive aus beliebten Opern für das Pianoforte.
No. 1. Gluck, Iphigenie in Aulls. Chor „Welch' ein Reiz,
welche Majestät“. 10 Ngr.
. 2. Mozart. Zauberflöte. Arie „Der Vogelfänger bin ich
ja“. 10 Ngr.
• 3. Winter, Das unterbrochene Opferfest. „Kind, willst
du ruhig schlafen“. 10 Ngr.
- 4. Cherubim, Wasserträger. Arie „Ja segne, Gottheit,
mein Bestreben“. 10 Ngr.
. 5. Weigl. Schweizerfamilie. Ariotte „Wenn sie mioh
nur von weitem sieht“. 10 Ngr.
- 6. Rossini, Tanered Cavaline „Nach sovieleu Leiden**.
10 Ngr.
Genre, Richard. Op. 190. Zwei humoristische Vorträge f eine
Singstimme mit Begleitung den Pianoforte.
No 1. Der Dieuslmann No. 87. 12} Ngr.
• 2. Der israelitische Congress. 17) Ngr.
Grimm, Carl. Op. 20. Zwei Melodien für Violoncello mit Be-
gleitung des Pianoforte.
No. 1. Haydu, Arie „Mit Würd* und Hoheit aiigelhau“. 15 Ngr.
- 2. Stradella: Arip „PietA signore“. 15 Ngr.
Jenseu. Adolf. Op. 37. Impromptu für Pianoforte. 15 Ngr.
— — Op. 38 Zwei Notturnos f. Pianoforte. No. 1. 2 ä 12) Ngr.
Krug D. Op. 250. Etndcn-Schulc f. das Pianoftc. Ilft. 2 20 Ngr.
K unter, €\ Op. 150. Die beiden Stadträtbe. Humoristisches
Duett für Baritonstimmen. 22) Ngr.
Swert, Juten de. Op. 11. Trois Moreeaux caracteristiques pour
Violoncello et Piano.
No. 1. Aux Champs de Ylenünck. 20 Ngr.
- 2. La Chapelle abnndonnAe. 10 Ngr.
• 3. Ce qu'oii entend sur la Montagne. 27) Ngr.
— — Op. 18. Souvenir. Melodie pour Violoncello avec accotn-
pagnrmenl de Piano. 17) Ngr.
Storch. Emaooel. Op. 4. „In den Augen Heg! etc.“ Gedicht v.
J. Ehcrius, für eine Singstimme mit Begl. des Pianoforte. 7) Ngr.
Op. 5. Eine Jungfrau, Gedicht von Vogel v. Glarus, für eine
Singstimme mit Begleitung des Pianoforte. 5 Ngr.
Weber-Album Zwölf Stücke für Pianoforte nach den beliebte-
sten Liedern von C. M. v. Weber, eingerichtet von Rob. Schaub.
Haft 1. 2 i 12) Ngr.
Anfraf an afttnmtlichc Musiker Deutschland*» zur Bildung
ein«« allgemeinen deutschen Musiker-Verein**.
Zweck: a. Hebung der Tonkunst durch Verbesserung der ma-
teriellen Lage der Musiker;
h. Gründung von Kranken-, Sterbe- und Peosiouskaa-
sen im Anschluss an den Centralverein in Berlin.
Seit zwei Jahren besteht in Berlin zu den genannten Zwecken
ein Musikverein, welcher jetzt 500 Mitglieder zählt.
Die namhaftesten Musiker und Künstler, die llcrrcii llofka-
pellmeister Eckert, Professor Stern, die Königlichen Musik-
direktoren Lewandowski und Bilse, sowie sämmlliclie Mil i-
tairdirektoren , die Herren Mefnbcrg, Sero, Dannenfelze r.
Ferse, Albrecbt, Selchow, Lücke etc. gehören dem Verein
als Mitglieder an.
Der Verein hat in der kurzen Zeit seines Bestehens seine
Lebensfähigkeit glänzend bewiesen; er hat über 300 Thlr. für
Unterstützungen seiner Kranken verausgabt und besitzt einen
Fonds von mehr als 1500 Thlr. Ausserdem hat er €00 Thlr.
filr die Pensionskasse, €00 Thlr. zur Gründung eines Vereins-
hauses und 500 Thlr. zur Beschallung von Musiksiien, Pulten
etc. för Veranstaltungen von Monstre-Concerten reservirt.
Die Zahlen beweisen, dass die Musiker die Miltel besitzen
durch ihre eigene Kraft eine Verbesserung ihrer traurigen, ma-
teriellen Lage zu erwirken.
Seit Jahren ist das Ziel fast aller Zweige der Handwerker
dahin gerichtet eine Lohnerhöhung zu erreichen. Nur die Mu-
siker, welche vermöge ihres künstlerischen Berufes zunächst das
Recht beanspruchen sollten ein menschenw ürdiges Dasein zu leben,
sind seit 30 Jahren durch Zusammenhanglosigkeit, Mangel an
Einsicht und Verständnis ihrer reichen Mittel, durch gegensei-
tiges llernbd rücken der Gagen und täglichen Verdienste, mehr
und mehr materiell zurOckgekommen. Sie haben sich durch
Spekulanten ausbeuten lassen, und während diese in kurzer
Zeit bedeutende Capilalien erwarben, kounten die Musiker es
nicht dahin bringen, bei den bescheidensten Ansprüchen leben
zu können. Das Einkommen reichte kaum hin, um ein Dasein
mit Weih und Kindern armselig zu fristen.
Musiker Deutschlands! ist ein solches Lehen ein genügender
Ersatz für eure Hingebung und Begeisterung an die heilige
Kunst? sind das die Früchte eures Fleisses und der unsäglichen
Mühen?
Die hestcu Musiker haben bereits zu Hunderten Europa ver-
lasaeu, um sich in einem anderen Erdlbeil eine hessere Existenz
zu gründen. \
Die Vereine in Leipzig, Dresden, Hamburg, Lübeck und
Berlin sind wohl geeignet, manchem Uebel helfend entgegenzu-
treten; aber der seit 30 Jahren zerstörte und unterwuhlte Boden
kann nur dauernd fruchtbar gemacht werden, wenn alle Musiker
Deutschland* von der Ueberzeugung durchdrungen sind, dass
gemeinsame Bestrebungen nur durch ein festes coltcgialisches
Zusammenhalten aller zu einem gedeihlichen Ziele führen.
Der Vorstand des Vereins zur l'ntcrstOlzung Berliner Musi-
ker in Krankheitsfällen fordert sämmtlicbe Musiker Deutschlands,
besonders die in grösseren Städten hierdurch dringend auf, so-
fort zusammenzutreten, um Vereine zu den im Eiugange ange-
gebenen Zwecken zu gründen. Wo bereits Vereine bestehen,
werden die Vorstände höflich ersucht, mit dem Berliner Verein
behufs Verständigung und gemeinsamen Handelns in Verbindung
treten zu wollen.
Der Unterzeichnete Vorstand ist geru bereit, jedem Vereine
von ausserhalb die eingehendste Auskunft zu gehen und unsere
Statuten, die von den Behörden als Muster anerkannt sind, zur
Einsicht und Kenntuissnahme zu übersenden
Briefe erbittet der Vorstand unter Beifügung von 5 Sgr. in
Postmarken zur Deckung der Kosten an folgende Adresse franco:
An den Vorstand des Vereins zur Unterstützung Berliner
Musiker in Krankheitsfällen z. II. des Königlichen Musikdirektors
Herrn L. Lewandowski. Neue Röuigstr. 13.
NB. Die geehrten Redactionen sämmtlicher Zeitungen Deutsch-
lands werden dringend ersucht, diesen Aufruf, der die Förderung
eines allgemeinen grossen Zieles anstrebt, durch Ihre Zeitungen
verbreiten zu wollen. Berlin, Im Juni 18€9.
ri f- iri f irt : rtl nC Pt»pQP i »€lfl i
*' Allen Musikfreunden empfehlen wir das soeben erschienene Buch:
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Inhalt. I, r. Beethoven •!• bahnhrerhetadar (»min* auf dem Uebiete der Symphonie von C. K. R. Alberli — Berlin, He» ue. — • :orT#*)ieaiimtri» «ge Milden
und Paria — Feuilleton- „UrReuuMt»“ voo W. Lackowiti — JoumabRarue. — Naeiiriehlen. — Inaerale.
Ludwig van Beethoven als balinhreeliender Genius auf dem Gebiete der Symphonie.
Von C. E.
Wenn irgend ein Compound, so bietet Beethoven in
Hoinen Schöpfungen uns die anziehende Erscheinung eines
unausgesetzten Forlschreitens dar, welches von einer bewuss-
ten Idee getragen und bestimmt ist. Bei seinem durch frühzei-
tiges Gehörleidon fast notli wendig gewordenen sich von der Well
Fernhalten ist er weniger, als die meisten Componisten vor
ihm, von den Einflüssen der ausser» Welt in seinen Leistungen
abhängig. Dazu kommt seine schon frühe unverkennbare
Neigung zum speculativen Denken, welche ihn nicht blos
zum Denken über die Kunst hinfuhrt, sondern ihn in so
manchen schon seiner frühem Werke eine Vermählung des
(ieduukens mit der Musik anstreben lasst*) Die Kunst
ist ihm im wahrsten Sinne des Wortes etwas Heiliges, eine
Offenbarung des Göttlichen in der Form des schönen Klan-
ges: ihre Eingebungen, wie er sie zu erfahren sich bewusst
ist, sind ihm eine Offenbarung des göttlichen Geistes, be-
stimmt, zur Veredlung der Menschheit nicht minder heizu-
tragen, als die Resultate der Denker auf dem Gebiete der
Wissenschaft. Daraus ergiebt sich der heilige Ernst. mit
dem er an sein künstlerisches Schaden, wenigstens in der
hei weitem grössten Mehrheit seiner Werke herangeht:
daraus die durch ernstes Nachdenken über die Congrucnz
der Idee und der derselben zu gehenden Form unwillkür-
lich gebotene, unausgesetzte Feile; daraus endlich das in
verschiedenen Musikgat tungen. wenn auch nicht nach der
Zeit bestimmt festzustellende, so doch in einer gewissen
*) Zinn Beweise das* «lies schon in der frühesten Zeit der Fall
wai, tm wie dafür zugleich, dass seine Musik auch in dem ZuhOrer
wenn nicht dieselben, so doch ganzverwandte Vorstellungen hervor-
rief. welche der Componisl beabsichtigt hatte, diene die Mitlheilung
seines Freundes Kurauda : als Beethoven sein bekanntes Streichquar-
tett K-dur (Op. 18. No. 1) eompouirt hatte, spielte er dem Freunde das
herrliche Adagio fD-moll ji vor und fragte ihn darauf, wa* er
sich dabei gedacht habe. K» hat mir, war die Antwort, den Ab-
schied zweier Liebenden geschildert. Wohl, eutgegnete Beetho-
ven. ich habe mir dabei die Scene im Grabgewölbe aus „Romeo
und Julie“ gedacht.
I. A/berti
Stufenfolge unverkennbar sich darstellende unausgesetzte
Forlsrhreiteii zu einem höchsten, klar erfassten Ziele hin.
das wir vergebens bei irgend einem andern Componisten in
dem Maasse suchen möchten. Wer hat grösser von seiner
Musik gedacht, als Beethoven, wenn er nusruft : ..Wem sich
ineine Musik verständlich macht, der muss frei werden von
all' dem Elend, womit die Andern sich schleppen 1 '; von
wem liegen uns zahlreichere Variantenhefle vor mit einem
meilleur u. s. w.! Was aber das unausgesetzte, von einer
bewussten Idee getragene Fortschreiten zu einem klar er-
kannte!) Ziele betrifft, so ist dies gerade dasjenige, wodurch
er der Nachwelt bis jetzt ein unerreichtes Vorbild geworden
ist. Er hat damit die Bahn geöffnet, auf welcher wir die
Besten unserer Tage ihm nacheifem sehen, ohne bisher ihn
überlroffen. ja kaum einmal erreicht zu haben.
Seine Welt ist vorzugsweise die Instrumentalmusik.
Daher sehen wir ihn in den ersten Jahren mit 3 Trios und
12 Sonaten für das Pianoforle hervortreten, an die sich
sehr bald 2 Quintette und 6 Quartette für Streichinstru-
mente. ein Sextuor für Streich- und Blas* Instrumente, zwei
Clavierconcerte und di«; erste Symphonie anreihen. Das ist
die Arbeit der ersten sechs Jahre seit seinem Öffentlichen
Auftreten; aber der ursprüngliche Glavierspieler arbeitet sich
schon in diesen Werken zuin Gomponisten für das Orche-
ster empor, in welchem er später allein das ihm nur voll-
kommen genügende Ausdnicksinittel für die innere Welt sei-
ner Gedanken und Empfindungen findet. Und schon bei
diesem ersten, gleichsam dem Probelauf in der Arena mu-
sikalischen Schaffens, welche entschiedenen Beweise jenes
Rmporstrebens zu einem bisher von keinem erfassten Ziele
bieten sich uns hier. Mag er zuerst von Haydn-Mozart -
scher Form ausgelven in einzelnen Sonaten, wie weit geht
«r bereits in «ien meisten jener Werke über jene Form
hinaus. Wie frei weiss er das Pianoforte mehr und mehr
zu behandeln, welchen Adel ihm aufzudrückcn durch das
polyphone Gepräge, das er ihm giebt. und durch welches
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manche dieser Sonaten ohne Schwierigkeit in ein Quartett
mit durchaus selbstständigen Stimmen umgewandelt werden
könnte. Auf dieser Höhe erst, wo das Glavier selbst eine
musikalische Totalität repräseolirt , genügt es ihm und er
schreitet nun unausgesetzt fort, es in freiester Weise zum
Ausdruck der tiefsten Empfindungen, der gewaltigsten Lei-
denschaften, ja selbst dramatischer Vorgänge zu benutzen,
welche, geistvoll aufgefasst und vorgetragen, jeden nur
einigerroaassen empfänglichen Hörer unwiderstehlich zur Be-
wunderung hinreisseil, nicht blos über die Tiefe des sich
hier kundgebenden Geistes, sondern auch darüber, zu wel-
cher Höhe seelischen Ausdrucks er dies Instrument zu er-
heben gewusst.
Was von den Sonaten mit oder ohne Begleitung gilt,
da» findet sich nicht minder in den Quartellen ausgeprägt.
Wie engumrahmt auch die ersten sechs Quartette (Op. 18|
erscheinen, so dass man sie nicht selten die kleinen genannt,
gewahren wir in ihnen nicht bereits die ausgesprochensten
Anläufe zu einer breiteren Entfaltung der bisher traditionel-
len Form (cf. Op. 18 No. 1 Adagio), zu einem Hinausgehn
über dieselbe in freierer Form-Gestaltung? (Op. 18 No. 6.
la malinconia). Wo wäre in früheren Quartetten dem
Rhythmus ein solches Feld eröffnet, wie hier in den durch
Beethoven erst geschaffenen Scherzis? (Op. 18 No. 6).
Und welch* ein Schritt ist von diesen ersten Quartetten zu
den Russischen (Op. 50), sowie zu dem unvergleichlichen
Harfenquartett |Op. 74) mit seinem lief schmerzlichen Ada-
gio und dem kecien echt humoristisch übermülhigen Presto,
sowie den von zartester Lieblichkeit durchwehten Variatio-
nen, die endlich in den tollsten Jubel auslaufeo. Welch’
ein Schritt bis zu dem tiefernsten Op. 05, mit welchem die
zweite Reihe der Streichquartette abschliessl? Und von da
zu der letzten Reihe Op. 127, 130. 131, 132, 135. Ist es
blos Erweiterung der Form, grössere Mannichfaltigkeit io
der rhythmischen Behandlung, was diese Tonschöpfungen
von den frühem unterscheidet, sind e» nicht Tongemälde
seiner innersten Zustände, seiner Seelenkämpfe, seiner tief-
sten Schmerzen und seiner über sie siegenden, himmelhoch
jauchzenden Lust? Sehen wir mit (jiesen spätem Werken
nicht überall den Gedanken auf das Innigste vermählt, so
dass wir erst dann, wenn wir demselben nachzugehn, ihn
uos, wenn auch nur in unsrer Weise, klar zu legen vermö-
gen, den Vollgenuss des Werkes in seiner ganzen geistigen
Tiefe gewinnen?
Am wenigsten vermag man aber einen gleichen Fort-
schritt in seinen acht Symphonien verkennen. Man kann
sie mit Grund, der in ihnen liegenden Abstufung nach, ein-
tbeilen io traditionelle der Form, zu welchen No. 1 und 2
gehören, und in freie (No. 3 — 8) in welchen sich der
Sieg des Idealen über das Reale mehr und mehr vollendet,
der Gedanke die Herrschaft gewinnt über die durch die
Techuik gebotenen Mittel. Den Schlussstein bildet aber
erst die neunte, die zugleich das Ziel bezeichnet, zu dem
Beethoven unausgesetzt mit seiner Instrumentalmusik hinan-
gestrebt, nämlich die Vermählung des Instrumentalen mit
dem Vocalen. — ln der ersten (Op. 21; 1790) bewegt er
sieb noch ganz in Ilaydn-Mozart'scher Form, nur dass auch
hier schon der originelle, wiederholt anselzende Aofang des
letzten Satzes, der vom Adagio sich tum Allegro molto e
vivace nach dom endlich gewonnenen Thema steigert, sich
eben so wesentlich von allem bisher Dagewesenen unter-
scheidet, wie der Anfang der Introduclion zum ersten Satz
mit dem Dominant-Septimen-Accord, etwas bis dahin Un-
erhörtem! Die zweite (Op. 36; 1800), zwar noch im We-
sentlichen io derselben Form sich bewegend, entfaltet sich
schon entschieden in einer grössero Breite, als das Werk
jugendlicher Kraft des sich fühlenden Geuius. So erstau-
nenswerth aber dies Kunstwerk erscheint in der Anwendung
technischer Mittel auf der Basis reicher Erfindung in allen
Sätzen, und tiefsten Gefühls io dem an zarter Lieblichkeit
unübertroffenen Larghetto, einem Zwiegespräch zweier in
inniger Liebe unendlioh seligen Herzen; dennoch sehen wir
noch nicht die Idee zum vollen Siege über die Form hin-
durchdringen; die Einkleidung ist noch im Wesentlichen die
Haydn-Mozart'8che, während die lutroduction mit ihren
Schauern sich scliou über dieselbe erhebt, die Behandlung
der Menuett als Scherzo als neue Form dasieht und der
f-Tact für den Mitlelsaiz langsamer Bewegung ebenfalls
von dem bisherigen abweicht. Endlich sehen wir in dem
unaufhaltsam fortstürmenden Finale bereits einen dem Be-
stehenden. das ihn mit seinen Fesseln tu hemmen droht,
sich entgegenstellenden Trotz, der, schon echt dramatisch
gestaltet, um jeden Preis seine Freiheit sich zu erringen
entschlossen ist. Hier ist die Brücke schon geschlagen zur
Eroica, Op. 55.
Mit ihr (1802 — 4) eröffnet sich uns eine neue
Well. Hier handelt es sielt nicht mehr um Einielnhei-
ten, die bis dahin nicht dagewesen, wie der Gebrauch
der Episode, in welcher Fetis selbst eine neue musikalische
Macht sah; das ganze Werk ist ein von allen bisherigen
vollkommen abweichendes, ein lnstrumentalepos, in dem die
ganze Persönlichkeit Beethoven's ihren Ausdruck findet.
Mit diesem Werke eröffnet sich nach Marx jvergl. s. Werk
über Beethoven) eine neue Kunstepoche; es ist abschlies-
send für das Gebiet dieser Kunst, denn es ist dasjenige
Werk, in welchem die Tonkuusl selbstständig zuerst aus
dem Spiel des Gestalten» und der unbestimmten Regungen
und Gefühle heraustritt in dio Sphäre des helleren und be-
stimmteren klaren Bewusstseins. Mochte Napoleon in sei-
nem ersten unaufheltsamen Siegesläufe dem Componisten
die erste Veranlassung zu diesem Instrumentalepos gegeben ha-
ben; nicht auf ihn ist es in dem grossartigen Werke abgeselin,
sondern auf jeden wahrhaften Helden, jeden grossen Menschen,
der mit aufopferndem Heldenmuthe eine grosse Idee vertritt.
Welch' ein lebendig anschauliches Bild des beginnenden und
immer mehr sich verwickelnden Kampfes bietet uns der
erste Satz überhaupt und besonders in seinem zweiten
Theiie, der ausserordenl liehst en thematischen Verarbeitung,
von der die Literatur der Symphonie zu sagen weiss. Un-
endliche, tiefe Trauer ist es dann, die in dem zweiten Satze
den gefallenen Helden, die nach der Schlacht auf dem
Schlachtfelde aufgesucht werden, als Opfer dargebracht
wird. Aber wie erschütternd der Schmerz um sie, — in
dem zweiten Satze, (maggiore) C-dur, geht der Hoffnungs-
stern ihrer Verklärung den Trauernden auf und mit ihm
die Gewissheit de» Wiedersehens. Gar wohl verträgt sich
damit in der Heldenbrust der in den forlissimo-Schlägen
auf C sich kund gebende Entschluss dem Schicksal auch
fernerhin zu widerstehn, den Kampf mit demselben auftn-
nehmen, wie ihn uns der folgende Satz in der Form einer
Tripelfuge vorführt, nach welchem nur noch das gänzliche
Ermatten und Ersterben der zom Tode Getroffenen das Ge-
mälde abzu&chliessen vermag. — Stellt uns der erste Satz
den Helden in seinem Kampfe und in seinem Siege dar.
mahnt uns der zweite Satt an den Tribut, den auch er
dem Tode darbringen muss, so sehnt sich das Gemüth
nunmehr nach dem, was auf solchen Kampf, soll er nicht
ein vergeblicher sein, folgen, was mit so schmerzlichen
Opfern erkauft sein muss und das ist der Friede. Ihn
malt uns io der ersten fröhlichen Zurüslung der
sieggekrönten Krieger zur Rückkehr in die Heimath
das Scherzo; die den Heimkehreoden aber veranstal-
tete festliche Sieges- und Friedeosfeier das einfach
anhebeode, aber breit sieb auseinander legende Finale, wel-
ches die mannigfachsten Stimmungen ausdrückt, wie sie bei
der Heimkehr der siegreichen Helden sich kundgeben. Das
Scherzo selbst ist eine der originellster) Schöpfungen Bee-
thoven'«, mit seiner absoluten Einheit io lauter pp. puoe-
203
tirten Vieridoofen, die nur an bestimmter Stelle tunflehst
von der Oboe unterbrochen werden, gleich als ob die Me-
lodie eines bekannten Volksliedes die Krieger mitten in ih-*
reu unermödeten Zurüsluugen zum Heimtuge wohlthuend
aobeimelte, bis dass im Trio das 3stimmige Horosolo er-
tönt, als Signal für den nahen Aufbruch, tu dem die letz-
ten Zurüstuogen in der Wiederaufnahme der ersten Theile
des Scherzo getroffen werden. Ein lebendigeres Bild von
einem unausgesetzten Drängen und Treiben bei leisem Ge-
flüster von Heimathswonne ist wohl nie in Tönen gemalt
worden. — Und nun das Finale! Das durch das Scherzo
lange genug in Es-dur festgehaltene Ohr sollte für den letz-
ten Sale ein neues Interesse an dieser Tonart gewinnen,
daher der einleitende feurige Gang in G-moll bis auf das
tiefste b, von dem aus nunmehr in imposanten Söhli-
gen des bis zur höchsten Höhe ansteigenden Dominant-
acoordea auf b in der Fermate die Brücke zum Thema ge-
schlagen wird. Zu welchem Thema aber? Zu dem ein-
fachsten scheinbar, im unisono und pizzioato gegebenen, das
aber in der That nicht das Thema selbst, sondern nur de«*
Grundbass des erst, nachdem dieser Grundbass in zweien
Variationen contrapunktisch meisterhaft behandelt ist, im
72sten Tacte auftretenden Themas ist. Wer erkennt nach-
dem in den ersten 71 Tactwn die Rückkehrenden aus der
Ferne feierlich nahend dargestellt worden, beim volleo Ein*
tritte des Themas (Tact 72) nicht den Ausdruck der Freude,
die dos nun bevorstehende Wiedersehn hervorruft, welche aber
durch den Schmerz der Erinnerung an so manche, die nicht
wiederkehren, getrübt in dem Seileosatze (C-moll Tact 1 18 ff.)
dargestellt wird, bis dass, nachdem die Freude über den
Schmerz gesiegt, diese zu vollem Jubel sich steigert in dem
Marsche, der, sempre forte, das Einziehen der Sieger dar-
stellt. Hiernach giebt es nur noch den Ausdruck der man-
nichfaltig nüancirlen Stimmungen in dem Wiederbesilz der
so lange Entbehrten, bis dieser Jubel sich in dem Presto
auf die höehste Höhe hebt und mit dem Eindruck der voll-
sten Befriedigung für den Hörer schliesst. — Ein solcher
Fortschritt, wie ihn Beethoven in der Eroica gemacht, war
in Wahrheit abschliessend; er konnte iro Bereich der rei-
nen Instrumentalmusik nicht überboten, sondern es konnte
nur auf dem so erkämpften Gebiete in mannichfaltigster
W f eiae fortgeschaffen werden. Dafür zeugen Beethoven's
Symphonien No. 4—8, dafür die mehr oder weniger glück-
lichen Schöpfungen späterer Componisten, eines Mendels-
sohn, Schubert, Schumanrt und Gade.
(Fortsetzung folgt!
Berlin.
Revue.
Da die Königliche Oper ihre Pforten bis zum 11. August
geschlossen, im Friedrich-Wilhelmsslldtischen Theater Offen-
bach’s „Toto“ noch immer das Repertoir beherrscht, so dass
schon 28 Vorstellungen der Burleske ohne Unterbrechung atatt-
fandeo, bietet uns nur die Oper im KrolPschen Etablissement
Stoff zu einem Berichte. Die verflossene Woche brachte aus-
ser Repeliliooen schon vorgeführler Werke: Lucia von Lam-
raermoor, Barbier von Sevilla, Don Juan. In „Lucia“ wie in
der Mozart'schen Oper wirkte besonders Fraulein Harry sehr
lobenswerth, ihre Lucia wie ihre Donna Anna gaben wiederum
Zeugnis» von dem dramatischen Talent, wie von der correkten
musikalischen Behandlung; beide Parthieen fanden grossen
Beifall. In „Lucia“ wer auch Herr Rernaard (Edgärd) sehr
brav, während Herr Vieri io g den Asthon zu pedantisch trocken
hinstellte. In Rossini'» „Barbier 41 gab Fräulein Kropp als Ro-
sine erfreuliche Proben ihrer Gesangsfertigkelt. Herr Schön
war ein charakteristischer Bartolo. ln „Don Joan“ trat die
markig« Stimme des Herrn Zottmayr in der Titelparlbie vor-
theflhaft hervor; er sowohl wie alle Mit wirkende (Fräulein
Harry haben wir schon genannt), Fräulein Höfler und Frin-
lein Eichhorn als Elvira und Zorline, die Herren Schön und
Geist als Leporello und Octavio erwarben sich laute Anerken-
nung. Der Besuch des Opern-Unlernehmens ist fortwährend
ein sehr lebhafter, Sonntags aber erscheint das Etablissement
regelmässig so überfüllt, dass kaum im Garten, geschweige denn
im Saal ein Plätzchen zu haben ist. d. R.
Corregpondeniea.
London, 19. Juni 1869.
Nächstens mehr! — so biees ea in voriger Woche und wir
fürchten, dass auch heute derselbe Hefrafn eich am Schlüsse dieser
Notiz wird eintlnden müssen, denn man kommt ja jetzt vor
lauter Musik-Hören and Gemessen gar nicht recht zur Würdigung
derselben. — Doch zur Sache. Von den unzähligen Concerten
der Woche sind hervorzuheben: die Soiräe masioale der Mmc.
Tb. Leupold, in welcher die Concertgeberin Schubert’» Im-
promptu in B-dur, eine Henselt'sche Rhapsodie und eine Heller' -
sehe Tarantelle woblgelungeii vortrug. Auch spielte sie, mit dem
Componisten, Oberthür'* Duo ihr Harfe und Piano über Themen
ans den „Hugenotten“ and brachte mehrere ihrer Gesangssehü-
lerinnca vor das Publikum, die ihr alle Ehre machten. — Dann
wäre zu erwähnen: das jährliche Concert der Mme. Berger-
Laaoelles and des Herrn F. Berger. Erstere rechtfertigte ihren
guten Ruf als Sängerin, letzterer bewies als Pianist und Compo-
nist eine tüchtige Schule. — Mme. Norman-Neruda und Herr
Vieuxtemps veranstalteten ein Conoert, in der Art der Monday-
Popular-Concerte, welches wohl mehr Beachtung, als ea hier ge-
funden, verdient hätte; wenn auch nicht die Zahl der Zuhörenden
imponirt hat, ao war es doch die auserlesenste Gesellschaft, an
deren Spitze die Prinzessin von Wales sich einfand. Das Pro-
gramm brachte: Beethoven » Trio in G-mOll (Op. 9 No. 1), dann
die Kreutzer-Sonate und Mendelssohn'» Quartett in D-dnr (Op. 44
No. 1). Signor Piatti war der Dritte im Bunde für Beethoven’s
Trio, — was für ein Kleeblatt, welch' ein seltener Genuss. —
Die Krentzer-Sonate wurde von Mme. Neruda und Herrn Char-
les Halle ausgeführt und im Quartett gesellte sieh Mr. Zer-
bini hinzu. Mlle. Regan gab durch ihre Gesangs- Vorträge eine
angenehme Zugabe — im Ganzen ist dieses Concert bis jetzt
wohl die Perle sämmtlicher Anderer zu nennen. — Das Concert
de« Pianisten F. H. Co wen gewann grosses Interesse durch das
Mitwirken der Damen Tietjeos, Scalchi, Sinico, der Schwe-
stern Doria, der Herren Mo ngini, Foli, Saotley — deren Mit-
wirkung allein genügt hätte, das Concert Ober das Niveau des
Alltäglichen zu heben. Die cigeuen Compnsitionen des Concert-
gebers waren es hauptsächlich jedoch, die dem Conoerte Bedeu-
tung verschafften. Ausser zwei neuen Salonstückeu hörten wir
ein noch ungedrucktes Quartett ftlr Plano, Violine, Bratsche und
Cello, welches ungemein ansprach und dem Ruf des Componi-
sten zur Ehre gereichen wird. Dieses Werk wird die Runde
durch den Continent wohl machen. — Wir wollen das Concert
des Herrn 1. Blumenthal nicht unerwähnt lassen, des guten
Zweckes halber, für welchen ea veranstaltet war und weil Kräfte
wie die Damen Monbelli, Trehelli, Dolby und die Herren
Bättin i und Ganz mitwirkten. — Und was steht uns nun noch
Alles bevor von Concertgenüsscni? — Zuerst die beiden Mon-
stre-Matinäen der Herren Benedict und Kuhä, eigens für eng-
lische Magen berechnet und tausend andere Matinäen. Soiräen,
Recitals ete. etc., dAS ertrage wem’s gefällt! — Ueber die Oper,
und vornehmlich über Thomas’ „Hamlet“, der am 29. d. Mts. in
25 *
204
Scene gehen wird und für dessen Aufführung ausser den vor-
züglichsten Kräften »Ile Hände der Garderobiers, Maschinisten,
Decorationsmalcr etc. etc. aufgeboteo siud — hören Sie — uicli-
»len* mehr. H— t.
Paris, 19. Juui IS69.
Die Gratia-Vorstellungen, die vorige Woche auf den btraaseu
vou Paris abgespielt wurden und welche den Besuch der Thea-
ter beeinträchtigten, sind uuu. Dank den Chargeu der Polizisten
und Cavallernten, vorüber, doch auch die wohlhabenderen Pa-
riser und die Engländer, welche uui diese Jahreszeit Paris durch-
wandern, sind fortgezogen. Bleibt nur noch das — schlechte
Wetter, welches den Besuch der Garten-Coucertr, zur Verzwei-
flung aller Ktablisaemeuts-Directoren in den Champs Elysees, im
Bois de Boulogne (l're Calelanj, im Bois de Viuceones u. a. w.
in grausameier Weise verhindert. — Begeistert vou dem Nicht-
Erfolge der diesjährigen Beesselievre'scheu üoucerte, die, beiläu-
fig gesagt, noch nie ein so gutes und reichhaltige* Programm
aufwieaen als eben heuer, wird iu nächster Nähe ein neues Cou-
eert-Local unter dem Titel „Concert-Elysees“ erbaut, das — noch
vor der Eröffnung fallit zu werden verspricht. — Jetzt, wo die
Theater und Concerte todt sind, ist es cousequcut, dass auch die
Corupouisten sterben. — Gestern wurde Albert Griaar, der Com-
ponist graziöser, melodischer und spiritueller komischer Opern,
wie: La fülle, Gille ravisaeur, Mousieur Pantnlou, Les Porcherons,
Leau mcrveilleuae, Joaillter de St. James, Amours du diable u.s.w.,
die zum grossen TheiJe dem Hepertoir der Opera comique und
des TheAtre de I' Athene« ein verleibt waren, zur Erde bestattet.
W ie Haimund, der Dichter und Schöpfer komischer Volkscha-
raktere in Wien, so fühlte sich auch Grisar in den letzten Jah-
ren seine« Lcbeus beständig unglücklich. Er verschied in trau-
riger Abgeschiedenheit in Asnieres im Bisten Jahre als eine neue
Illustration des Wortes: „Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst.
Saint Georges hielt am Friedhof Montmartre demselben einen
ergreifenden Nachruf, und die Chöre der Opera comique sangen
ein „De profuudis“. Grisar biuterlässt fünf vollständig beendete
komische Opern und eine Anzahl kleinerer Musikstücke. — Am
seihen Tage wurde die Multer des berühmten Bariton der Opera,
Faure, beerdigt. Die Leichenfeier fand iu Chalou statt, und
hetheiligteu sich daran die meisten Mitglieder der Opera: der
Thor derselben exeeutirte eine Messe von Niedenreyer, der Te-
norist Grisy spielte die Orgel uud sang, und der Bariton Carou
saug ein „Piu Jesu“ von der Composition Faure"». Darauf wurde
der Leichnam der Mutter F'aurc's auf den Friedhof Montmartre
überführt. — Die Hollen Faure’» in der Opera wurden diese
Woche vou Castelmary Übernommen. — Zu Ehreu des Vice-
königs vou Egyplcu land vor zwei Tagen eiu Tuilericn-Coucert
statt, in welchem Frau Carvalbo und die Herren Bouuehoe
und Saint-Foy mitwirkteu. Gouuodsche Arien bildeten einen
Hauptbestandteil des Programm, nachdem die Kaiserin selbst
im Verein mit einer ihrer Cousineu im eugsteu Privatkreise mit
Vorliebe Gounod singen soll. Kaiser Nero war in solch musika-
lischen Dingen weniger bescheiden. Ein Gluck für die Zuhörer,
dass das Concertiren der Imperatoren jetzt ausser Mode gekom-
men, — die Völker haben auch ohuedem schon genug. — F^inc
neue Landplage ist im Entstehen. Nachdem bereits alle Häuser
vom Erdgeschoss bis zum sechsten Stock mit Clavieren über-
füllt sind, nachdem die Strassen von den Tremolos der italieni-
schen Orgeln erzitlern, sollte man meinen, dass wenigstens die
Eiseubahnzüge sicher genug seien, um solchen musikalischen
Attaquen zu entfliehen. Mit nichlen. Kaum glaubt man sich in
einem solchen Waggon, der uns bereits zwanzig Meilen von den
Häusern und Strassen der Hauptstadt in rasender Schnelligkeit
entführte, io einiger Ruhe uud Sicherheit zu wiegen, da erhebt
sich aus oiedriger Trubeugestalt eine unglückselige neuere Er-
ündung, das „Harmonieflöte“ uud es ertönt innerhalb des Berei-
ches seiner zwei bis drei Octaven im nasalen Jamuierlone: „Ha,
welche Lust, Soldat zu sein“. Welche Lust solche Reisen ge-
währen, diese Schilderung möge mir der geneigte Leser erlassen.
— Morgen Sonntag flndet im Salle Grand Orient die Jahres-Ge-
ueral-Versaminlung der Autoren, Compouisten und Musik- Verleger
statt. — Grosse musikalische Coucursc werden am 25. Juli in
Beaune (Cöte d'orl uud am 29. August in Clermont-Ferrand statt-
linden; der letztere wobei Bazin, George Hainl, Marmoutel, Thi-
bault, Laurent de Hille u. A. die Jury bilden, verspricht beson-
ders brillant zu werden. — Aul der Insel Daumesnil, nächst
Paris, finden allsountäglich grosse Orchester-Concerte mit 25 Cen-
times Entree statt. Die populären Concerte Pasdeloups sind so-
mit überpopularisirt. Nachdem hierbei zwölf Nummern zur Auf-
führung kommen, so kostet z. B. die TclI-Ouverture tiugcfäht
jwei Centime.* Arme Componislen! A. v. Cz.
Feuilleton.
Gegensätze.
Es ist interessant, tu beobachten, auf weichem Punkte die
Kunst an ein und demselben Orte zu verschiedenen Zeiten ge-
standen hat, namentlich interessant, wenn sich ein ausseror-
dentlicher Unterschied herausstellt für Zeitpunkte, die gar nicht
so weit von einander entfernt liegen. Kein Ort bietet ein so
frappantes Beispiel eines solchen Gegensalzes als Stuttgart,
das bis zum heutigen Tage mehr als irgend eine aridere Stadl
Deutschlands vou dem allgemeinen musikalischen Treiben iso-
lirl gestanden hat, selbst zu Zeiten einer Glanxepoche der mu-
sikalischen Kunst daselbst.
Wenn Leopold Mozart nachdrücklich die Bedeutung der
Orchesterspicler gegenüber den Solospielern betont, wenn er
ausdrücklich schreibt: „Schlechte Accompagnisten giebl es
f rey lieh genug; gute hingegen sehr wenig: denn heut zu Tage
will alles Solo spielen. Wie aber ein Orchester aussiehet,
welches aus lauter Solospielern bpslehel, das lasse ich jene
Herren Componislen beantworten, die ihre Musiken dabey auf-
geführt haben“ — so hat er mit diesem Hinweis auf ein au>
lauter Solospielern bestehendes Orchester kein anderes im
Sinne, als das Stuttgarter. Mit Bezug auf die Schwierigkeit,
eiu so zusammengesetztes Orchester zu beherrschen, mag er
Hecht haben, und es fehlt nicht an Zeugnissen, welche seine
Ansicht darüber bestätigen. „Jeder bildete einen eigenen Kreis“,
sagt Schubart fgt-sammelle Schriften), „und die Anschmiegung
an ein System war ihm unerträglich. Daher gab es nlt im
lauten Vorträge Verzierungen, die nicht in» Ganze gehörten
Ein Orchester, mit Virtuosen bcselzl, ist eine Well von Köni-
gen, die keine Herrschen haben. — Ein Virtuos ist sehr schwer
in die Ufer des Bipienisten zu zwingen, er will immer aus-
Ireteu und selbst wogen“.
Dennoch gab es eine Zeit, wo dieses Virtuosenorchesler
Ausgezeichnetes geleistet haben muss; das war die Zeit, in
welcher Jomclli demselben Vorstand, denn derselbe Schubert
sagt, dass der Geist der Musik gross und himmelerhebend ge-
wesen und so ausgedrückt worden sei, als wäre Gedanke, Odem,
Strich. Schlag, Empfiudung — eins, als wäre jeder Tookünst-
ler ein Nerv von Jomeili. Das war die Zeit von 1758 bi»
1705. Dass unter solcher Leitung und bei dem Einflüsse Jo-
melii's, dem unumschränkte Herrschaft über seine Untergebenen
zusland, dte italienische Tookunst in Stuttgart die herrschende
war, versteht sich von seihst. Zahlreiche und tüchtige italieni-
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205
•ehe Sänger und Sängerinnen zierten die Bühne, und unter den
Orchestermitgliedern finden wir sogar Namen wie Nardmi, den
bedeutendsten und Lieblingsschüler Tartini's, und Lolly, den
ausgezeichneten Geiger uod schlechten Componislen, der wohl
so ziemlich als der erste der eigentlich blossen virtuosen Rich-
tung auf seinem Instrument genannt zu werden verdient. Den-
noch aber nahm man weder io Wien noch in Berlin, weder
io Dresden noch m Mannheim, noch sonst wo Notiz von dem,
was Joiuelli in Stuttgart trieb. Stuttgart war auch in dieser
Glanzperiode seiner musikalischen Zustande vollständig isotirt
in dem übrigen Deutschland. Weder Jomelli noch einer der
daselbst wirkenden Künstler erlangte irgend welchen Einfluss
auf die weitere Entwickelung der Musik in unserm Vaterlnnde;
eineattieils mochte die verbällmsamisaige Kürze dieser Periode die
Schuld deren tragen, anderntbeils aber regte sich auf den ver-
schiedenen Gebieten io Deutschland bereits deutsche Kunst uod
deutsche Selbstständigkeit.
Jomelli war aber gauz der Mann dazu, ein solches Or-
chester zusammen zu halten, er verstand es, dasselbe zu einer-
lei Empfindung zu beieben, jedes Glied desselben an seine Ideen
zu fesseln, überall Ordnung und eine fast unglaubliche Pünkt-
lichkeit zu erholten, so dass Gerber seinem Berichte darüber zu-
fügen konnte: „wie er mit dem Adlerblicke seines feurigen
Auges alles nach seinem Willen zu regiereu im Stande war,
kaou mau kaum glauben, wenn man nicht Augenzeuge davon
wai“. Freilich verstand er in Sachen der Kunst keinen Spass
und besät» s eine seltene Energie und Geistesgegenwart, scheute
auch eine gelegentliche Rücksichtslosigkeit durchaus nicht,
wenn es galt, verderblichem Wesen zu steuern und seine An-
sichten von der Kunst nachdrücklich zu betonen. Der nach-
mals, namentlich io London so berühmt gewordene Giardini
wuastedavooeiu Liedchen zu singen. Er war als gaoz junger Mensch
nach Neapel gekommen und (and dort Aufnahme im Orchester
des S. Carlo-Tbealer». Seine Neigung zu künstlichen Verzie-
rungen halle derart Oberhand genommen, dass er auf dem
besten Wege war, ganz in eine unleidliche Manier zu verfallen,
als ihn Jomelli auf eine höchst drastische Weise davon heilte.
Weil Nichlkenner diesen Verbrämungen ihren UDgetheiiten Bei-
lall zollten, so nahm es sich der junge Manu heraus, such ei-
nes Abends in der Oper in deai Ritornell einer Arie solche
Schnörkel nach seioer Meinung auf höchst kunstvolle Weise
aozubringen, um den Beifall des Maestro zu erringen. Statt
des erwarteten Beifalls klatschte aber urplötzlich eine fürchter-
liche Ohrteige auf dis Waugo des jungen Künstlers nieder,
und er hat später wiederholt bekannt, dass er nie eine bessere
Lectiou von einem grossen Meister empfangen habe. Händel
verfuhr in einem ähnlichen Falle zwar weniger drastisch, aber
auch in seiner gewohnten, zu Zeiten keine Umstände kennen-
den Manier. Als der berühmte Dubourg sich in einer Auffüh-
rung auch einmal in eine schier unendliche Cadonz verlor und
nach langem Umhcrachweiren endlich wieder eiulenkle, rief ihm
Händel laut und sarkastisch zu: Willkommen zu Hause, Herr
Dubourg!
Die Kunst kanu des Schutzes uichl entbehren. Ao ein-
flussreicher Stelle muss eine gewisse Liebe dafür wohnen, wenn
aie gedeihen soll und das wird daun nicht uur einen Einfluss
auf ,d»e Künstler uod deren Productivitäl, sondern auch auf die
Menge, also auf die Aufnahme der Products nusüben. Man
mag den brillanten Zeiten des Herzogs Carl nachsagen, was
man will, jedenfalls sieht fest, das« er viel für seine Liebha-
bereien gethan hat. Dass ihm die Musik nur Modesache, nicht
Bedürfniss war, dass bei seinen Unternehmungen nur die Be-
friedigung »einer augenblicklichen Leidenschaften, nur die mög-
lichste Realisirung «einer wechselnden Phantasie massgebend
war, das thut nichts zur Sache. Indem er aber auf Schein.
Repräsentation, Effect arbeitete, bedurfte er besonders der Künst-
ler, und indem er nur den niederen Zweck im Auge hatte,
musste er doch die höheren Zwecke befördern.
So ungefähr charakterisirt Goethe diese Periode, fand aber
doch, ata er im Jahre 1797 Stuttgart besuchte, noch immer
sehr bedeutende Vorliebe für die damals hier cullivirte italie-
nische Musikrichtuog, ein Beweis dafür, wie sehr etwas im
Publikum haften bleibt, das einmal solid und tüchtig gepflanzt
worden ist. Und Solidität uod Tüchtigkeit kann man der
Wirksamkeit einea Jomelli und seiner KÜnsflerkapelle gewiss nicht
absprechen.
Die Zeiten aber ändern sich, und die Zeilverhältnisse von
1 797 waren am wenigsten dazu angelhao, Künste und was
mit ihnen Zusammenhänge sorgsam zu pflegen. Die Blicke
der Deutschen waren damals mit banger Besorgniss nach dem
Rheine und nach dem, was jenseits geschah, gerichtet, und
diese gewaltigen Bewegungen absorbirten Isst jedwede Aufmerk-
samkeit. Am Stuttgarter Hofe war aber ausserdem eine gänz-
lich andere Richtung eiugetreten, eine Richtung, welche die
Kuust geradezu mit Füssen trat. Halte schon Goethe zu Ende
des Jahrhunderts constalirt, dass sich das Alte zwar noch im-
mer erhallen, aber nicht ab ein lebendiges, fortschreitendes,
sondern als ein stillsteheodes, abnehmendes Institut, halle er
ferner dargethan, dass leider die verhängnissachweren Zeil-
umstände den Oberen als eine Art von Rechtfertigung dienten,
„dass mau die Künste, die mit Wenigem hier zu erhalten und
zu beleben wären, nach und Dach ganz sinketi und verklinget»
lässt“ — so entrollt uns Spohr nur zehn Jahre später ein ge-
radezu abschreckendes Bild der Verkommenheit.
Louis Spohr kam 1B07 mit aeiner Gattin nach Stuttgart,
um sich dort wo möglich bei Hofe hören zu lassen. Er erfuhr
aber, dass die Hofcoocerte nicht» anderes seien, als Unterhal-
tungsmusik zum Kartenspielen, welchem die hohen Herrschaf-
ten mit Eifer oblageo. Natürlich erklärte er, dass er unter
solchen Umständen auf seinen Wunsch gern uod willig ver-
zichte. Da das Verlangen, den berühmten Violinisten zu hö-
reo, indessen doch ziemlich rege war, so erhielt er die Zusi-
cherung, dass das Kartenspiel während 9eioer Productionen
eingestellt werden würde, und mit dieser Zusicherung verblieb
es denn beim Hofeoncerle. Lassen wir uns den Verlauf des-
selben indessen von dam Gewährsmann« selber erzählen.
„Nachdem der Hof an den Spieltischen Platz genommen
halte, begann das Concert mit einer Ouvertüre, auf welche
eine Arie folgte. Während dem liefen die Bedienten geräusch-
voll hin und her, um Erfrischungen anzubieten, und die Kar-
lenspieler riefen ihr „ich apiele, ich passe“ so laut, dass man
voo der Musik und dem Gesänge nichts Zusammenhängendes
hören konule. Doch nun kam der Hofmarschall zu mir, um
anzukündigen, dass ich mich bereit halten solle. Zugleich be-
nachrichtigte er den König, dass die Vorträge der Fremdeo be-
ginnen würden. Alsbald erhöh sich dieser lind mit ihm alle
Uebrigen. Die Bedienten sefslen vor deto Orchester zwei
Stuhlreihen, auf welche sich der Hof niedetliess. Unserem
Spiele wurde in Stille und mit grosser Theilnahmc zugehört ;
doch wagte Niemand ein Zeichen des Beifalls laut werden zu
lassen, da der König nicht damit voran ging. Seine Theilnahmc
an den Vorträgen zeigte sich nur am Schlüsse derselben durch
ein gnädiges Kopfnicken, und kaum waren sie vorüber, so eilte
Altes wieder zu den Spieltischen, und der frühere Lärin begann
von Neuem .... So wie der König »ein Spiel geendet hatte
und den Stuhl rückte, wurde das Concert mitten in einer Arie
206
der Mad. Giaff abgebrochen, so daaa ihr die lebten Töne einer
Cadenz förmlich im Halse stecken blieben. Die Musiker, nn
solche« Vandalismus schon gewöhnt, packten ruhig ihre In-
strumente in den Kasten; ich aber war im Innersten empört
über eine solche Entwürdigung der Kunst“.
Ja, Entwürdigung und Vandalismus sind die emsigen Bo-
teichnungeo für ein solches Kunst treiben; die Kunst wird da-
bei mit F Oasen getreten, die Künstler aber müssen su Grunde
gehen, wenn sie nicht die Krall haben, derartige Fesseln tu
sprengen- Schreiendere Gegensätze dürften sich aber innerhalb
sine« noch nicht vollendeten Semisiculums nicht leicht irgend
wo anders euiüoden lassen. Lts.
Journal - Revue.
Ule Allgem. Mostk-Ztg. bringt den Schluss der Briefe K. Ph.
E. Bech's und G. M. Telemnnn 's und enthält weiter eine sehr
ausführliche Verurtheilung der Rnmaun'sehen Monographie „Bach
imd Händel". — Die Nene Zeitschr. f. M. bietet Recensionen. —
Signale: Musikadressbuch (Wien). — Die Südd. Mus.-Ztg. enthalt
einen Aufsatz über „Henri Dumont“.
Die Revue et Gazette musicale Hisst den 2ten Artikel über
Hector Berlioz folgen.
Nachrichten.
Berlin. Der xum Direktor der akademischen Musikschule
für ausübende Musik der hiesigen Kunst-Akademie berufene Pro-
fessor Herr Joachim soll in dieser Stellung ein Gehalt von 8000
Thslern beziehen. Derselbe halte früher einen »ehr vorteilhaften
Ruf in eine Ähnliche Stellung zu Brüssel abgelehnt. — Der K.
Concertmeister a. D. Leopold Ganz, einer der durch ihre musi-
kalischen Leistungen und Quartett-Soiröcn bekannten Brüder, ist
am 14. d. in Folge eines Gehlrnachiages gestorben.
Breslau. Friulein Artöt, die nur für 6 Gastrollen engsgirt
war, ist au nioht weniger als 25 Abeuden aufgetreten. Dies
spricht wohl besser als jede Lobeserhebung für die vorzüglichen
Leistungen der berühmten GesaugskünsUerin.
Düsseldorf. Das 4esie hier stattgehabte Niederrheinische
Muaikfest hat nach Abzug aller Kosten einen Ueberscbuas von
4000 Thlr. ergeben. Davon soll die eiue Hälfte dem Fond des all-
gemeinen Musikvereins, die andere dem Fond der Verwaltung der
städtischen Tonhalle zuDiessen.
Hamborg. Am 13. d. wurde die Gedenktafel für Mendels-
sohn an dessen Geburtshaus« in feierlicher Weise enthüllt.
Leipzig. Die Tagesordnung des auf den 11. und 12. Juli
d. J. ausgeschriebenen Musikertages zu Leipzig ist vorläufig fol-
geudermassen festgertelit: 1. Sonnabend den 10. Juli, Abends
halb 3 Uhr in der Thomaskirche Aufführung des Riedel'achcn
Vereins, zu welcher der Letztere die zum Musikertage anwesen-
den Tonküustler als llörergAste freundlichst einladet. Programm.
Erster Theil: Werke von Giovauni Gabriel« und dessen Schüler
Heinr. Schütz. Zweiter Theil: Werke von E. F. Richter, I. Brahma,
Liszt, Volkmann u. A. 2. Sonntag den 11. Juli, a) Vormittags
halb 11 Uhr im grossen Saale des Gewandhauses: Kammermu-
sik-Concsrt, veranstaltet vom Allgemeinen Deutschen Musikver-
eis. Das Programm enthält u. A. Werke von A. Blamuin,
I. Raff, F. DrAsecke, Liazt, Rubinsteiu, Rh einbe rger, b) Nachmit-
tags 5 Uhr musikpädagogisebe Verhandlungen. e| Abends 6 Ubr
in der Nieolaikirehe grosses Orgelconeert, veraustaltet vom All-
gemeinen Detilacheu Muaikverein. Das Programm euthllt Com-
Positionen von I. S. Bach, Jul. Reubke, Schumann, Liszt und
Müller-Hartung, ausserdem loetrumentaliolovortrAge und Sologe-
sänge. 3. Montag den 12. Juli, a) Vormittags 9 Uhr geschäftliche
Verhandlungen des Musikvereins, b) Vormittags 10—12 Uhr
Fortsetzung der musikpAdagogisahen Verhandlungen und VortrAge.
e) Nachmittags 3—5 Uhr: VortrAge und Diskussionen über die
aoeiale Lage von Musik-Corporationen .
Manchen. Herr v. Bülojw hatte, veranlasst durch die nicht
unbedeutende Störung seiner Gesundheit, weiche durch anhaltende
Ueberanstrengung in seiuem Doppelamt als Ho fkapell meiste r und
Direktor der Königl. Musikschule herbeigeführt wurde, seine Ent-
lassung erbeten, um durch die wahrscheinlich für lange Zeit ar-
forderliche Ruhe und Erholung, welche er im Ausland zu ündeu
hoffte, die Folgen seiner Ueberanstrengung zu beseitigen.
Der König wird jedooh die erbetene Entlassung nicht anneh-
meu. Herr von Bülow soll vielmehr in einer für ihn höchst
schmeichelhaften Weise aulgefordert worden »ein, einen iAUgeren
Urlaub zur Stärkung seiner Gesundheit aiuutreten und ihm der
lebhafteste Wunsch des Königs ausgedrückt sein, seine ausge-
zeichnete Kraft der Oper und der Königliches Musikschule ln
Mönchen zu erhalten- Herr von Bülow dürfte diesem Wunsche
des Königs Folge leisten, nach Aufführung der Oper „Tristan und
Isolde“ seine Badereise antreten, jedoch Ende Juli wieder in
Müneheu cintreffen, um die Proben der Wagner’schen Oper:
„Das Rheingold“ sofort in Angriff zu nehmen. Bölow's gestei-
gertes, nervöses Leiden soll zum nicht geringen Theil in dem pas-
siven Widerstande seinen Grund haben, welchen mehrere SAnger
und Orchestermitglieder unausgesetzt seinen künstlerischen In-
tentionen entgegensetzen. — Am 13. d. Vormittags um 10 Ubr fand
die Lohengrin-Vorsteilnug, welche für den König allein gegeben
wurde, statt. Das Haus war prAchtig beleuchtet und die Orchester-
mitglieder mussten in Fraek und weisser Kravntte erscheinen.
Die Vorstellung dauerte bis halb drei Ubr Nachmittags. Ara 22.
d. M. wird „Tristan und Isolde“ in Ähnlicher Weise und eben-
falls unter alleiniger Anwesenheit des Königs gegeben werden.- '
J Prug Dr.B. Mit besonderer Befriedigung sehen wir, was unsere
Oper betrifft, auf die letzten Wochen zurück. Das war wieder
einmal ein reges Leben und Weben. Genösse — schon lang
entbehrt — wurden uns da in schöner Auswahl geboten, und
mau sieht es der jetzigen Direetkm unserer Bühne deutlich
an, wie sehr sie nuu bestrebt ist, Versäumtes nachzuholen.
Lückenhaftes auszu füllen und die hiesige Oper wieder zu einer
solchen heranzubilden, die keiner der bedeutenderen Deutsch-
lands uaehzustehen brauche, was um so mehr Anerkennung ver-
dient, da die unserer Direktion zn Gebote stehenden Mittet kei-
neswegs der Art sind, um wirklich eminente Kräfte unserer Oper
zuzuführeu und festhatten zu können. Den Fest-Reigen begann
Herr Robinson, der seit seinem ersten Auftreten im hiesigen
Theater sich eines fortdauernden Beifalls erfreut. In den ersten
Tagen dieses Monates trat FrAuleln Adele Löwe vom Nürnberger
Stadttheater als Valentine in Meyerbeer’s „Hugenotten“ auf und
rechtfertigte vollkommen die Erwartungen, die man von der
künstlerisch begabten Darstellerin der „Margaretha“ und „Recha“
hegen durfte. Reiche ätimmmittel, Correkthett und Sicher-
heit des Vortrages sicherten dem FrAnlein Löwe auch an diesem
Abend dea ungeteiltesten Beifall des Publikums. — In der Rei-
henfolge nimmt die nächste Stelle „Don Juan“ ein, wo Herr Ro-
binson wiederholt und mit grossem Beifallc den Titelhelden
gab. und wo wir auch Gelegenheit hatten, in FrAulein Dillner
als Zeriine — die für unsere Oper bereits gewonnen ist — eine
schAtzeuswerthe Sängerin kennen zn lernen. Auch Herr Hart-
man n tDon Ottavio) au Stelle des Herrn Vecko verdient da her-
vorgehoben zu werden. Io „Fidello“ war es wieder FrAulein
Löwe, die nun klar und deutlich bewies, dass sie auch den
schwierigsten Anforderungen zu entsprechen im Stande ist, die
durch ihren glanzenden Erfolg als dramatische Sängerin, durch
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ihr schöne« Geberden- und Mienenspiel rauschenden Beifall sich
erwarb. Unter den Milwirkenden thaten eich besonders hervor
die Herren Sieb r (Roeco), Vecko (Floreslan), E ghardt (Pizarro).
Das Ganze wurde in a um uthlgcr Weise durch die mehrstimmigen ^
Gesinge besonder« in dem Gefaugcnenchor und durch die vor-
treffliche Leistung des Orchesters gehoben. — In „Zarapfl“ bril-
lirte w ieder Herr Robinson, welchem diese Rolle Gelegenheit gab,
sein klangvolles Organ entfalten zu können. Die Herren Hart-
mann (Alfonso de Monza) Eghardt (Daniel Capuzzi) Eichen-
wald (Dandola) und Frau Perechon (Rilta) zeichneten sich an
diesem Abend besonders aus. Aucb trat Herr Chandon —
an Stelle des Herrn Siehr — iu der „Jüdin“ auf, doch
ohne besonderen Erfolg. Noch ist der Aufführung Richard Wag-
ner’s „Tanohäuser“ unter der tüchtigeu Leitung de« Herrn Rap-
poldi, Erwähnung zu thuu. Fräulein Löwe gab die Elisabeth
mit gewohntem Erfolge, nicht minder erfreuten sich die Herren
Hart mann | Walter v. d. Vogelweide), Eghardt (RHterolf) gros-
sen Beifalls. Herr Chandon (Landgraf) iu seiner zweiten Gast-
rolle konnte auch dieses Mal nicht entschieden durchgreifen.
Salzburg. Am lb. d. ging eine neue Oper des Baroua
Emst Tschiderer, betitelt „Paquita“ iu Scene. Die Aufnahme des
auspreebenden Werkes war eine beifällige.
Stettin. Am 14. d. M. Abends 7 Uhr fand iu der St. Jacobi-
Kirche — gemäss einem letzten Wunsche des Verewigtet! — die
Beisetzung des Herzens unseres in Kiel verstorbenen, langjährigen
Mitbürgers Musikdirector Dr. Carl Loowe statt. Die Feier, in
einem kleinem Krebe von Verwandten und Freunden begangen,
wurde, wie die N. Stet. Ztg. meldet, während das iu einer Sand-
steinurue befindliche Herz tu einer Pfeilernische oberhalb der
Orgel eingemauert und durch eine schwarze Mamortafet mit gol-
dener Inschrift verschlossen ward, mit einem Cboralgesang ein-
geleitet, worauf Herr Prediger Sohiffmaun die Weihrede hielt
und der Nicolai-kirehenchor zum Schluss den Gesang: „Wie sie
ao aauft ruh’n“ vortrug.
Wien, 16. Juni. Herr Nie manu wollte bekanntlich sein
unterbrochenes Gastspiel gegen Ende dieses Monats fortsetzen.
Inzwischen hat er den Wunsch , von dieser Verpflichtung eutho-
ben zu werden, hierher gelangen lassen. Unter gewissen Bediu-
Ktingen dürfte diesem Wunsche willfahrt werden.
— Taglioni's Ballet „Sardanapal“, Musik von Hertel, ist nun
hier zur Aufführung gelaugt und hat einen glänzenden Erfolg
davongetrageu. Die Ausstattung war eine prächtige. Herr Ta-
glion i wurdo nach simmtlichen grossen Scenen gerufen. Die
Hertel sehe Musik, die sehr melodiös und mit vielem Geschick den
Situationen angepasst ist, hat sehr gefallen.
Paris. Die amerikanische Concert-Tour der Chnrlotta Patt i
wird unter Beihülfe des Pianisten Ritter und des Violinisten
Ichin-Prum« am 1. October in Scene gesetzt werden. Ichin-
Pruine tritt am 1. Januar aus und für ihn bis auf weitere 3 Mo-
nate der Violinist Sarasate ein.
London. Die beiden ersten Vorstellungen der Offeubach'-
aohen „La Grande-Duchesse de Gerolstein“ mit der Schneider
uod Dupuia haben eine Eionahme von 15,000 Frc«. ergeben.
Herr Raphael Felix, der Unterneil mer, schwelgt ob dieses
Erfolges in Seligkeit. Vor der zweiten Vorstellung fand im Thea-
ter eine Gasexplosion statt, die indess ohne weitere Folgen blieb;
doch erschreckte die Detonation die gerade beim Ankleiden be-
findlichen Darsteller masculini und feminin! generis so »ehr, das«
sie halb koatümirt auf die Strasse liefen und erst auf dringende
Vorstellungen des Impreasario zorückkehrten.
Mailand. Die Messe, welche zum Ehrcn-Gedächtnisse Ros-
sini’* von italienischen Meistern compouirt wird, soll 13 Nummern
enthalten und darf die Aufführung derselben nicht mehr als 1(
Stunde in Ansprach nehmen. Die Reihenfolge der Nummern ist
wie nachstehend, projectirt. 1. „Requiem aeternam“ (Lento und
Choral) von Buzzola; 3. „Dies irae“ (Allegro maestoso und Chor)
von Bszzini; Z. „Tuba minim' 1 (Maestoso, Bariton • Solo und Chor)
von Pedrotti; L „Quid sum unser" (Larghetto, Duett für Sopran
und All), von Cagnoni; 5. „ Record are“ (Andantino, Quartett für
Sopran, Alt, Bariton und Bass) von Ricci; 6. „Ingemisco“, (Largo
für Tenor) von Nlnl; 7. „Couiutatis“ (Allegro für Basa, Solo und
Chor) von Boucheron; 8. „Lacrymoaa“ (Andante und Allegro)
von Coccla; 9. „Domine Jesu“ (Moderato, Chor uud Soli) von
Gaspari; 10. „Sanctus“ (Maestoso, Chor) von PlRtania; 11. „Agnus
dei“, (Andante mit Alt-Solo) von Petrella; 13. „Lux aeterna“ (Mo-
derato mit Chor und Sopran-Solo) von Mabellini; 13. „Libera me“
(Moderato mit Chor und Sopransolo, Allegro uud fugirtes Finale)
von Verdi- Die von den Verfassern eigenhändig geschriebenen
Compositioneu müssen bis lb. September eingereicht sein.
Pesaro. Der hiesige Stadtralh trifft für die kommenden
August stattfindenden musikalischen Feste, zu Ehren unseres
Bürgers Hossini's, die umfassendsten Vorbereitungen. Alle mu-
sikalischen Kotabilititen sind geladen. Bla jetzt sind von folgen-
den Künstlern Zusagen eingegangeu: die Schwestern Marcbisio.
Friulein Stolz, die Tenoiisten Apponi, Montauaro, Grsziani; die
Baritonisten Franz Graziauo, Cotogni. Scaria; die Bassisten An-
gelini, Vecchi und Mariani.
Brüssel Das grosse Musikfest, welches bei Gelegenheit
des grossen National-Festivals hier staltliudet, wird drei Tage
daueru. Der erste Tag wird Weber's Euryanthen-OuverUire und duu
„Messias“ von Händel bringen. Der zweite Tag ist hauptsächlich
den belgischen Componisten gewidmet und bietet Ouvertüre von Las-
sen, Sinfonie von Fitis, Chor von Soubre, Te Deum von Uehoit und
Beethovens 7. Sinfonie in A-dur. Am dritten Tag Qodet das So-
Haten-Conceri statt. Henri Vieuxtempe ist der einzige Instrumen-
tal-Virtuos, welcher mitwirkeu wird, die anderen Vortragenden
sind sämmtiieh Sänger. Man ist mit den Damen Saas und Ar-
löt und den Herren Everardl und Agnesi betreffs ihrer Be-
theiligung iu Unterhandlung. Die Leitung der Chöre ist Herrn
Warnots übertragen.
Petersburg. Die nächste Saison der russischen Oper wird
au Neuigkeiten Saloman’s „Rose der Karpathen“ und eine vier-
actige Oper „Die Macht des Teufels“ von Stroff bringen.
Riff* Sontheim hat hier mit einem 10 Abende umfassen-
den Gastspiel die hübsche Einnahme von 4000 Rubeln erzielt
New- York. Der „Deutsche Liederkranz“ hat dem Gründer
des Wiener MfiuncrgcsaDg- Vereins, Dr. August Schmidt, mit
einem freundlichen Anerkcuuuugsschreiheu zugleich das goldene
Säugerzeichen des Vereins (einen Kranz mit den blau eiuAillirteu
Initialen L. K. in Form einer Broche dsrgestellt) übersendet.
— Ganz uuvermutliet bat die deutsche Oper im Stadtthealer die
Reihe ihrer Vorstellungen wieder mit Flotow's „Martha“ eröffnet An
der Spitze derselben als Unternehmer stellen die Herren H im-
mer und Lotti, welche Ober ein tüchtiges Personal verfügen.
Nur wäre eine Verstärkung des Orchesters uud Chores tu wün-
schen, da dieselben, obgleich aus guten Kräften bestehend, doch
nicht Alles zur vollen Geltung bringen kounten. Dirigent ist Herr
Bergmann. Gounod’s „Kaust“ und Weber's „Freischütz“ waren
die weiteren Opern -Aufführungen in meistentheirs befriedigender
Wiedergabe. — Kretschmer'* Messe kam am Corpus-Cbrlsti-Feate
in der St Paulskircbe zum ersten Male in Amerika und zwar mit
enlaohiedenem Erfolge zu Gehör. Die Composition ist bekannt-
lich diejenige, welche bei dem Preisausschreiben der Musikver-
lagshandlung Schott’« fräree in Brüssel den ersten Preis errang.
Unter Verantwortlichkeit von E. Boek.
L.OO
ö l
208
Empfehlenswerthe Musikalien
IFI.AJSrOIF’OIR.TIE ZTJ ZWEI
aus dem Verlage von
BOTE &k G. BOCK |E. BOCKl
Berlin und Posen.
(Schilifts.)
Lange, ü Op. 8. „Le? «loche? du Mariage aux lan-
terncs“, de J. OlTenbaoh. Etüde caracter
,Len trois GrAces“, Mazourka de Concert
„Lamentation d une jeune tille“, RAvcric
La belle Inconnue, graude Polka . . .
Grand caprice A la Valse
Catiserie intime .
Glöckchen-Mazurka
Farewell, Meditation
La Reine du Bai, Mazurka
Friere ä la Maduuue, Melodie ....
FAte militaire, grand Galop
Le retour du soldat, gr. Marche triomphale
Sehnsucht? klänge, melod. Tonstück . .
La Cascade, Morceau de Concert . . .
Treues Gedenken, Melodie
Reigen itu Grünen, Tanz-Idylle ....
Die Libelle, Idylle
Wanda, Mazurka brillante
JAgerfahrt, Clavierst
Perles et Diamant«, Valse brillante . . .
Dolorosa, MAditation
Treue Liebe, Melodie
Zephirine. Mazurka brillante
Edelweift», Idylle
Le Retour du Priolemp», PiAce caraot. .
Fischerlied
Laugage d'aiuour
Stille Liebe
Au Bivouac, Galop ........
Fleurs laue es
Erinnerung
Serena, Polka brillaute
Minnelied . . . .
Einsame ThrAnen
Ilorteusia-Valsc
Dein Eigen
La Sylphide
_ penlier, Ad. 2 Bagatelle» sur I Africaiue . . a
— 2 Bagatelle? sur Robinson Cruso-i de Oflcnbach a
l.isst, Fr. Valse de l'Opera „Faust“ de Gounod . . .
Illustrations de l'Opera l'Africainc de Meyerbeer.
No. 1. Priere des Matelot«
- 2. Marche Indienne
Hymne au pape
Weihnaohtaiied
— — Les Adieux, RAverie sur un motir de 1'opAra de
Gounod „Romeo et Julia“
Löschhorn A. Op. 86. Wanderlust, ClavierstQck . .
Op. 9.
Op. 10.
Op. 11
Op. 12.
Op. 13.
Op. 14.
Op. 15.
— — Op. 16.
Op 17.
Op. 18.
Op. 19.
Op. 20.
Op. 21.
Op. 22.
Op. 23.
Op. 24.
Op. 25.
Op. 26.
Op. 27.
Op. 28.
Op. 29.
Op. 30.
Op. 31.
Op. 34.
Op. 43.
— — Op. 45.
Op. 46.
Op. 47.
Op. 48.
Op. 49.
Op. 50.
Op. 61.
Op. 62.
Op. 63.
— — Op. 54.
Op. 66.
12*
15
121
12 *
- 17*
- m
Baignon, R. T Scherzo-Valse
Bayer, Ch. Op. 22. Mazourka sentimentale
Op. 263. Mazourka do Concert . . .
— — Op. 254. Toccata brillante
Op. 256. Mignon-Polka
Oeaten, Tb. Op. 326. Gr. marche du Sultan
fhlr
-
- 1*1
. - 40
- 241
. — 16
- 171
—
15
No. 1.
Blumenweihe
—
15
- 2.
Ilaideblümchen
—
—
20
HnhinNtein, A. Op. 14. Le Bai, Fautaiaie en dlx Numeros.
15
No. 1.
lmuatieoee .
—
171
- 2
Polonaise
—
- 3.
Coulredause
—
—
26
- 4
Valse
__
15
. 5.
Intermezzo
20
- 6.
Polka
_
15
- 7.
Polka- Mazourka
* 8.
Mazourka ... ....
—
171
16
16
40
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141
16
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• 10 .
Ofllup
l.e Hlve
45
7*
15
5
45
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N . . - 17*
- 20
— — Op. >16. 3me Concert (G-duri 2 5
— — Barcarolle No. 4 — 16
ttummel, J. Le premier jour de bonheur, opera de Au-
her. Bouquets de melodies en trois suites .... A — 22*
— — Robinson Cruaoö de OfTenhach. Fautaiaie eleg. . — 15
Schulhof!', J. Op. 41. Ballade — 80
Schumann, G. Op. 2, 3 piöees caractAristiquea . . . — 16
— — Op. 3. Grande Fautaiaie sur Lucrezia Borgia, de
Donizetti 1 —
Op. 4. 2 Nocturnes . .. — 15
— Op. 8. 3 Mazurkas —>16
— Op. 9. Impromptu — 10
— Op. 10. 3 MAhrchen . ...... A 17* bis — 20
— Op. 11. Tarantelle — 20
— Op. 12. Valse brillante — 20
Trehdr, I». Op. 99. Du bist wie eine Blume. Lied von
KAcken, für Pianoforte übertragen — 22*
— Op. 100. Der Erlkönig v. F. Schubert, f. Plte. übertr. — 20
— Op. 108. Fantasie über das Preusseulied v. Neithardt — 20
Wleniaw*lti, io*. Op. 3. Valse de Concert .... — 20
— 8 Romanceft saus paroles. Cab. I — 22*
Cah. II - 20
Willuirrs. Und. Op. 99. Slaw. Nationallieder. 1. Pol-
nisch, 2. Polnisch, 3 Russisch. 4. Russisch, 5. Böhmisch
a 20— — 25
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Inhalt. L. v. Beethoven *1» bahnbrechender (ieeina auf dom (iebiete der Symphonie von C. K- R. Albert) (KortaeAannf ). — Ke* eii»n-nen. — Berlin. Revan. —
Correapondent an» Paria. — Feuilleton: Musifcaliarhe Apboriamen von K »mnann. — Juurnal-Hevue. — Nachmbteu. — liuiral*.
Ludwig van Beethoven als bahnbrechender Genius auf dem Gebiete der Symphonie.
Co» C. E fl. Alber».
(Fortsetzung.!
Mit dar 4len Symphonie |ß-dur Op. 00} hot 4>ee*hoveii
eigentlich, wns die Herrschaft der Ideo Ober die Form bo-
trilV) , keinen wesentlichen Fortsclirilt gemocht. Nochdem
er in der Lroico . mächtig ergriffen durch den grossen Ge-
genstand, seiuein Genius den kühnsten Flug gestattet liatle.
war eine Zeit eingetreten, (die Symphonie fällt in dos Jahr
1H06) wo Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung sich
befand und jedes Interesse an staatlichen Dingen geschwun-
den war. An seine Stelle war die romantische Richtung in
«ler Literatur getreten, die nur in einer Gefülilsschwelgerei
sich bewegte und aller schönen Form überraülhig Trotz
bol. Da war es unserm Beethoven, der solcher Verweich-
lichung stets entschieden abhold war. wie wenig er auch
des echt romantischen Geistes entbehrte, ein Bedfirfniss,
eine Probe nicht jener Karrikatur der Romantik, sondern
des echt romantischen Geistes in der Musik, den er jo
schon so vielfältig in Sonaten und Quartetten kundgegeben,
in einer Symphonie darzubieten, welche demunerachtet die
traditionelle Form der Symphonie, wie wir sie in der er-
stem und zweiten von ihm gewahrt sehen, in höchster Vol-
lendung zum Ausdruck bringen sollte. Daher ist das ein-
heitliche Verhältnis der Theile zum Ganzen, das hier in
ausserordentlichster Weis« hervortrit, dasjenige, was diese
vierte von den spätem als charakteristisches Merkmal un-
terscheidet; und man darf mit Grund behaupten, sie sei es
vornehmlich, welche durch vollendete Formschönheit rein
objectiv wirke, während sie zugleich ein Zeugniss giebl, wie
unendlich fruchtbar ßeethoven’s thematischer Styl sich für
den Geist erweise. Um dieser vollendeten Formenschönheit
willen nannte Schumann diese Symphonie die griechisch
schlanke, ein auch uusres Erachtens zutreffender Ausdruck.
Nachdem die Introduction in geheimnisvoll brütender
Weise begonnen und nllmählig erst, die Erwartung wunder-
bar spannend, einen lichtem Charakter angenommen, da
wird es erst mit dem Dominanlenaccord heller Tag und er
bahnt, noch im Allegro vivace 4 Takte lang wiederholt, den
üebergang zu dem prächtigen ersten Satze, in dem Alles
von hellstem Glanze strahlt. Auch das zweilo Thema nlh-
raet wonnige Freude, wenngleich im milderen Charakter und
bildet dadurch einen schönen Gegensatz zu dein laut aulju-
belnden des ersten Themas. Aber wio ist die thematische
Verarbeitung im zweiten Theile eben so durchaus neu. als
unerschöpflich, bis dass allmählich Alles, bis zum pianis-
simo hinsch windend unter rhythmischer Verschiebung und
Wiederholung der Tonleiter des Dominant - Accords
auf Fis zu ersterben scheint, um dann aufs Neue
unter in immer andern Lagen wiederholten Ansätzen der
das Thema einleitenden Figur und unter fortgehendem Pau-
kenwirbel das erste Thema einem Slurme gleich siegreich
herein brechen zu lassen, das nun. einem ruhigen Strome
gleich, prächtig dahin fliesst. den Hörer mit wunderbarer
Begeisterung erfüllend. — Das Adagio steht für uns da als
der Ausdruck einer unendlichen Sehnsucht, die in der
Rückerinnerung an selige Stunden, ob auch nicht ohno so
manchen liefen Schmerz, sich ergeht, und dabei in bese-
ligender Hoffnung reichen Trost findet. Vielleicht hatte
diese Sehnsucht ihren Grund in der getäuschten Hoffnung
darüber, dass das schon im Geiste geschaute Morgenrot!»
der Freiheit nicht angebrochen. Das Adagio seihst ist einer
von denjenigen Sätzen, in welchen der Componist eine ein-
heitliche Stimmung ohne alle Störung trotz nicht geringer
Ausdehnung vollendet schön aussphchl. (in Vergleiche
mit dem Larghetto der zweiten Symphonie, das naiver
gehalten ist. steht dies Adagio auf einem höheren Stand-
punkte, mehr retlectirend da. Wer hat seit Beethoven eiu
gleiches Adagio zu schaffen vermocht! — An dasselbe reiht
sich der dritte Satz, zwar noch Menuett genannt, aber doch
schon in Wahrheit ein Scherzo in der durch Beethoven erst
eingebürgerten Form, ln seinen beiden ersten Theden ist
es voll der Täuschendsten Lust, zu der das Meno- Allegro
26
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210
des Trio in seiner lieblichen Anmulh den glücklichsten Ge*
gensatz bildet. Zum ersten Male wird von Beethoven dies
Trio wiederholt ; eipe Form, die nur su oft später auch ohne
innern Grund nachgeahmt worden ist, gleich als ob durch
solche Nachahmung äusserer Form auch schon der Geist
Beethoven*» sich kund gebe, — Was konnte nun, nach
diesem schon so mannichfaltigen Ausdruck rauschender und
stiller seliger Freude im Scherzo und seinem Trio, noch im
leisten Salze andres gegeben werden, als das Gemälde aus-
gelassener Lust, zu dem sich jene steigert und das einem
Strom« gleich unaufhaltsam in Rondoform dahinfliesst, nur
von dem tarieren melodischen Ausdruck eiuer mehr sinnigeu
Freude im zweiten Thema unterbrochen. Die thematische
Verarbeitung im zweiten Tlieile ist in Wahrheit ein Mei-
sterwerk. —
Wenn irgend eine der ersten acht Symphonieen neben
der Eroica als eine von einer Idee getragen« musikalische
Dichtung erscheint, in der die Persönlichkeit des Compo-
nislen hervorlrill, wie sie von den Fesseln der traditionellen
Form sich losreist, uiu das zum Ausdruck zu bringen, was
sie im tiefsten Innern bewegt, und was eben darum, weil
es ein rein Menschliches ist, zugleich in jedem edleren
empfänglichen Menschen einen Wiederklang findet, so gilt
dies von der fflnften Symphonie in C*moll (Op. 67, Ende
1808). Es ist der Kampf des Menschen gegen das Schick-
sal , das ihn zu überwältigen droht; diesen Kampf nimmt
er aber nicht nur mul Ing auf, sondern seiner sittlichen Kraft
sich bewusst, ist er dessen gewiss, dass er, ob auch äus-
serlich unterliegend, doch innerlich frei, den Sieg Ober das-
selbe davon tragen müsse. So weil haben wir es hier mit
einem rein menschlichen Gegenstände zu thun und je leben-
diger und wahrer derselbe uns hier in TOnen dargestellt
wird, uro so mehr muss jeder fühlen, auch von sei-
nem innern Leben werde hier ein ergreifendes Bild
vorgeführt. Dass dies aber in so hohem Maasse ge-
schehen, dass dies Werk gerade dadurch so unwider-
stehlich, so erschütternd und erhebend zugleich wirkt, das
beruht wohl im Besonderen auf der eigenthOmlichen Stim-
mung, in der der Componist durch sein eignes Schicksal
sich befand und gegen welches ununterbrochen anzukämpfen
er sich durch unabwendbare Nothwendigkeit gezwungen
sah. Stand er doch da seit Jahren schon des köstlichsten
Sinnes mehr und mehr beraubt, den es für den Tondichter
giebt; von der menschlichen Gesellschaft sah er sich auf
solche Weise ausgeschlossen; denn er vermochte es nicht
ihr sein Leid zu enthüllen. Welch« innern Kämpfe waren
damit ihm auferlegt, ihm, der doch so gerne Mensch unter
Menschen gewesen war. Seine Selbstbekenntnisse schildern
uns nur zu treu, wie sehr ihn diese Vereinsamung, verbun-
den mit der Gefahr auch der Wonne des Schaffens, in der
er doch nur zu leben vermochte, beraubt zu werden, dar-
niederbeugte. Wie gross und selbstbewusst erscheint er
hier, wenn er im ersten Salze die Entschlossenheit zum
Streito und den begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen
Kampf schildert, dann im Andante con moto, von diesem
Kampfe ausruhend, im andächtigen Aufblicke zur Gottheit,
im Gebete, wenn auch von schmerzlicher Frage, ob diese Hoff-
nung nicht doch eine vergebliche sei. unterbrochen, Trost und
Muth zum neuen Kampfe sucht; und nun im 3ten Sette,
da der verderbliche Feind sich ihm auf's Neue naht, in
kühnem Muthe und männlichem Trotze mit ihm ringt, bis
dass er endlich im Schlusssätze beim ersten Male schon
des Sieges gewiss wird, ihn aber doch erst nach noch-
maligem Ringen (Tempo primo J ) in Wahrheit erkämpft
und nunmehr in lautem Jubelgesange, herrlicher, als er bis
dahin jemals erklungen, feiert. Wann hat die reine In-
strumentalmusik je ein grossartigeres Gemälde vor uns
aufgerollt l
Hatte aber auch Beethoven diese neue Bahn, auf der
er in der C-moll-Symphonie sich bewegt, schon einmal in
der Eroica beschrillen, wie ist dennoch hier wieder Alles
so durchaus neu und originell, gern« sagten wir bahnbre-
chend, Hesse sich’s nur ihm auf dieser Bahn nachfolgen,
ohne nicht bloss von gleichem unendlichem Schmerze durch-
wühlt, sondern ohne zugleich ein schöpferischer Genius, wie
er, zu sein! Vermögen wir die Einzelheiten herzuzähleu.
durch welche diese Symphonie sich von allen bisherigen
unterscheidet? Der |Tact im ersten Satze, das zweitactige,
dramatisch prägnante erste Thema, welches in unendlicher
Mannichfaltigkeit gestalt«!, überall im ganzen Salze durch-
blickt, selbst im Bass als Nachahmung des Hauptgedankens
(von Tact 63 an) mit dem zweiten Thema verflochten, was
bis dahin nie geschehen war; ferner die frappante Art und
Weise, wie im Andante, nach dem Auftreten des zarten
Themas in As-dur der pomphafte Satz aus C-dur, wie von
einer Ahnung eingegeben, eintrilt, der bereits an das trium-
phireode Thema des letzten Satzes anklingt und so diesen
Salz mit dem letzten organisch verbindet; endlich das uner-
wartete Eintreten des Themas in dein tiefschmerzlichen
As-inoll; das alles sind charakteristisch« Züge für den
Genius, der, unbekümmert um bisherige Traditionen in der
Form, auch hier überall neu erscheint; der niemals sich
wieder derselben Mittel bedient, sondern die gewählten nur
darum anwendet, weil sie nur hier ihm die geeignetsten
erschienen, zum Ausdrucke dessen, was er aussprechen wollte.
Und was sollten wir sagen zu dem charakteristischen
höchst originellen Scherzo, zu den eigenen Modulatio-
nen in demselben, zu dem sich stets erweiternden
Thema, das den unheilvollen Feind aus der Tiefe heran-
schleichend und sein Opfer umstrickend darstellt? Was zu
dem bis dahin nie dagewesenen, mehrmaligen Anfängen der
Bässe im zweiten Theile, das die unheimlichsten Gefühle
erweckt? Was endlich zu der hier auch zum ersten Male
einlretenden Verbindung des Scherzo mit dem letzten Satze,
dem Siegeshyinnus, was doch wieder für den darzustellenden
Kampf und Sieg so nalurgemäs9, ja so allein denkbar war?
Nur nachzugehen vermögen wir hier den Spuren des Ge-
nius, der durchdrungen von der ihn belebenden Idee mit
sicherin Tacte das Richtige trifft, dasjenige, was, nachdem
es einmal ausgesprochen ist, keiner Rechtfertigung mehr
bedarf, wie wenig auch jemals ein Andrer vorher darauf
gekommen.
In einem gewissen Gegensatz zur C • rooll • Symphonie
steht, was ihren Charakter im Allgemeinen solang!,
die an demselben Tage mit jener, am 22. Dezember
1808, von Beethoven selbst zuerst aufgeführte sechste
Symphonie (Op. 68), die er selbst Pastorale nennt. Und
doch haben beide etwas Wesentliches, worin sie bei aller
sonstigen scheinbaren Unähnlichkeit übereinstimineu. ln
beiden schliesst nämlich uns der Tondichter sein Inneres
auf, nur unter den verschiedensten Eindrücken. Während
er in jener uns seine inneren Kämpfe vorführf, lässt er uns
hier in seine Naturliebe blicken und in die heitern Stim-
mungen, welche die Natur in ihren mannigfachen Erschei-
nungen in ihm weckte, so oft er dem unbefriedigenden,
lärmenden Treiben der Stadt entfloh, um ihr, seiner Freun-
din, sich in die Arme zu werfen und an ihrem Busen für
seine tiefsten innern Schmerzen Trost und Heilung zu
suchen. Darum bezeichnete er sein Werk selbst, trotz der
Ueberschriftcn, die er den Scenen gegeben, ursprünglich mit
den Worten: „mehr Ausdruck der Empfindung, als Ma-
lerei“, also die lelztore nicht ganz von sich abweisend,
wenigstens in so weit nicht, als sie zum Ausdruck der
Empfindung unerlässlich erscheint. Nicht will er Aeusser-
liches malen, sondern die in ihm lebende Idee zum Aus*
druck bringen; daher ist für ihn das Aeusserliche nur in
sofern von Bedeutung, als die Idee in ihm erscheint. Durfte
er fürchten, auf solche Weise in Widerspruch zu gerathen
211
mit »einen Spötteleien Ober Haydn’sche Malereien, wenn er
uns hier ein Tongemälde vorführt, dessen bestimmter Inhalt
das Leben in der Natur, das Landleben in seinen charek-
teristischen Momenten ist? Und steht somit dies Werk nicht
im Wesentlichen auf demselben künstlerischen Standpunkte,
wie die C-moll-Symphonie? In dieser empfängt er den An*
trieb zum Schaffen von den ihm auferiegton . schweren in-
nern Kämpfen. Und was ist das Resultat? Gin grosaartiges
Gemälde des Kampfes gegen sein Schicksal. Hier ist es
die Natur, die, unerschöpflich in ihren Eindrücken, ihn zum
Schaffen bestimmt. Und was erhallen wir? An der Hand
des Bildes, welches er vom Landleben entwirft, einen Ein
blick in seine Seele, der uns inne werden lässt, was er der
Rückkehr in den Schooss des Naturlebens zu danken hat.
Konnte er aber diese in ihm hervorgerufenen Stimmungen,
da er sie doch eben nur der Natur, dem Leben auf dem
Lande dankte, anders darstellen, als indem er uns auf dem
Grund und Boden ganz heimisch werden liess. welchem sie
entsprossen ? So erscheinen die vor uns aufgerollten Tableaus
vollkommen gerechtfertigt. Was aber den genialen Ton-
dichter bezeichnet, ist die Lebens wahr hei t . die er ihnen
einzuhauclien weiss, und in der er nicht minder, als in der
Eroicn und C-moll* Symphonie, sich als der echte Meister
bewährt, (n dieser Beziehung verdient im ersten Salze
hervorgehoben zu werden der durchaus naive, von allem
Sentirnalen freie Charakter der Themen, die ruhige Ent-
wickelung. die dem ganzen Satze eigen ist, die hewundems-
werlhe Oekonomie in der Verwendung der örchestermittel
bei der reichsten und saubersten Farbengebung im Einzel-
nen ; sodann das dramatisch Anschauliche der auf das Land
allmählig in immer grösserer Zahl Hinströmenden und der
Art, wie sie dort zum erquickenden Genüsse sich einrichten,
bis Alle zum Wohlgefühle des Daseins gelangen, das dann
in den mannichfechsten Zügen den wahrsten Ausdruck fin-
det. Ja, es sind heilere Empfindungen, die bei der An-
kunft auf dem Lande in jedem unverdorbenen Herzen, das
nach seinen idyllischen Freuden sich sehnt, erwachen. —
An dieses Bild mehr allgemeinen Charakters reiht sich das
nächste „Scene am Bach“ benannt. In behaglichster Breite
entfaltet sich dieses Andante con moto. Und warum nicht?
Man geniesst ja hier endlich einmal wieder jener seligen
Müsse, die nichts weniger als Müssiggang ist. Unendlich
mannichfaltig sind die Erscheinungen, die sich hier dnrbieten
und für die empfängliche Seele stets eben so neu, als
beseeligend und erfrischend erweisen. Welche Empfindungen
erweckt das ruhige Hmgleilcn des kühlen Baches der wohl*
timende Schatten der Bäume im tiefen Wäldes-Grunde hei
drückender Mittagsschwüle, vor welcher derselbe den er-
quickenden Schutz bietet; wie lauschen wir da auf den
Gesang der gefiederten Sänger, die in den mannichfachsten
Weisen, bald kühn aufsteigend, wie die trillernde Lerche,
bald in sehnsüchtiger Klage, wie die sich im Dickicht ver-
bergende Nachtigall, ihr wonniges Lebensgefühl kund geben.
Welche Erinnerungen erwachen da in uns an unsre glück-
liche Kindheit, da wir mit diesen unschuldigen Sängern noch
ein harmlos seliges Leben führten, jeden derselben an seinem
Tone erkannten, sie in ihren NeRtem belauschten und nus
diesem Zauberkreise, den die Natur um uns geschlungen,
uns nicht loszumachen vermochten. Wo würden diese
Empfindungen der Wonne, der Sehnsucht in unB mehr er-
weckt, als in diesem herrlichen Tongemälde, das die
keseeiigte Natur uns darstelt, in unendlicher Einfalt, aber
gerade darum in bezauberndem Reize. — Das Landleben
hat aber nicht bloss eine elegische, es hat auch seine le-
bensfrohe Seite; in kecker Laune und ausgelassenem Ueber-
muth giebt es daher im „lustigen Zusammensein“ beim
Tanze sich kund; die Natur aber enthüllt uns nicht nur
immer neue Bilder zartester Anmuth und heitern Frohsinns,
sondern ihre Stimme ertönt auch mächtig dröhnend in den
ausgelassenen Jubel hinein und lässt den sorglosen Menschen
ihre Allgewalt fühlen, unter der er bebend im Gefühle sei-
ner Ohnmacht sich beugt, bis dass sie ihm wieder tröstend
ihr freundlich Anlilz zuwendet. Das ist der Gegenstand der
drei letzten Sceneo. Vergeblich ist es, die meisterhaften
Züge alle hervorheben zu wollen, die in der ersten „lustiges
Zusammensein der Landleute“ hervortreten. Oft mochte
Beethoven auf seinen ländlichen Spaziergängen, wenn sie
ihn vorüberführten an einer zum geschmückten Tanzplalt
umgewnndelten Tenne, solchen Burlesken begegnet sein uud
sich ihnen behaglich hingegeben haben. Mögen wir auf den
heitern Charakter der beiden ersten Theile des Allegro, auf
die immer höher steigende Lustigkeit des Trio achten, die
bereits den Tanz, aber noch in gemässigter Weise, darstellt,
bis sie im JTact die Wogen ausgelassenen, aber echt bäu-
rischen Frohseins höher steigen lässt und dann nach der
Wiederholung des bis zum Presto gesteigerten ersten The-
mas alle Schranken durchbricht, oder mögen wir achten auf
den stets wechselnden Rhythmus, so wie auf den eben so
charakteristischen Gebrauch der Instrumente, überall sehen
wir ein niederländisches Genrebild in Tönen vor uns von
gewaltiger Meisterschaft. Und wahrlich, es bedurfte
der Uebcrschrift nicht; denn wer es hört, der kann nichts
andres dabei empfinden, als die harmlose, ungezügelte Lust
der im Tanze um Alle Fesseln irgend welcher lästigen Sitte
unbekümmerten Landleiite. — Um so gewaltiger wirkt daher
durch den Conlrast der nunmehr hereinbrechende Donner
und Sturm, dem der Regen unter dem Geheul des Windes
in Tropfen herabfallend vorangeht. Hier schleudert zum
ersten Male die Pauke den Donnerkeil, hier tritt zum ersten
Male die Piccoloflöte als Sturmvogel ein. Und dAbei doch welche
Oekonomie der Mittel! Aber eben darum auch welche Wir-
kung! Unausgesetzt ist die Steigerung dieser Gewilterscene.
die in den chromatischen Gängen ihren Höhepunkt erreicht,
wo diese dann vom lOflten Tacle ab allmählig nachla&sen.
Die beklemmte Brust alhmel wieder freier auf. Die Gewitter-
schlftge lassen nach, der Sturm legt sich, und nachdem die
in Angst Zerstreuen unter dem allmählig wieder hell und klar
iverdenden Himmel sich wieder gesammelt, da ertönt die Schal-
mei, die Entfernten herbeirufend. Aber nicht mehr ausgelassenen
Jubel giebt es, ist es doch, als hätte man sich seiner zu
schämen; wohl aber sind es dankbar frohe Gefühle, zu
denen sich alle gestimmt fühlen, nachdem die drohende
Gefahr vorüber. — Ein köstliches Gegenstück zur C-moll-
Symphonie hat Beethoven in der Pastorale geschafTen.
aus dieser wie aus jener tritt der Mensch entgegen,
der uns sein Inneres aufschliesst. wie es unter den verschie-
densten Stimmungen sich kund giebt. Der Künstler aber
ist in beiden der Gleiche, denn die in ihm lebende Idee ist
es. der er frei von don Fesseln überkommner Form Aus-
druck giebt, ein Ausdruck, wie er für jede dieser Stim-
mungen nicht adäquater gedacht werden kann.
(Fortsetzung folgt.)
Hecension.
Volkmann, Robert Sonatine für das Clavier zu vier
Händen. Op. 57. Pest, G. Heckenest.
Das vorliegende Werk besteht aus einem ersten Alle-
grosatz in zweitheiliger Sonatenform (ohne Mittelsatz), ei-
nem kurzen, zum Schlusssätze überleitenden Larghetto und
aus einem Rondo mit zwei liedförmigen Zwischensätzen. Die
Themen sind oirgend eigentümlich oder von besonderer
Prägnanz. Die Verarbeitung derselben bleibt überall ober-
flächlich und bietet nirgend tieferes Interesse durch Feinheit
der Combination oder kunstvolle contrapunk tische Führung.
Am lobenswertesten erscheint mir die fliessende Schreib-
art und die leichte Ausführbarkeit dieser Sonatine. Ohne
den Titel derselben gelesen zu haben, hätte ich übrigens
26 *
212
nimmermehr auf Volkmann als auf den Autor geschlossen.
Das StQck ist so entsetzlich zahm, theilweis sogar zopfig,
dass ich fast annehmen möchte, der Componist habe eini-
gen jungen Freunden oder Freundinnen zu Liebe sich diese
vierhändige Sonatine aus dem Aermel geschüttelt, ohne da-
bei an erwachsene Freunde oder an kritische Kunstgenüs-
sen zu denken. Jugendlichen Pianisten, die gern zu Zweien
tnusiciren, sei daher die vorliegende Sonatine als Uebuug
im vom Blatt Spielen empfohlen.
ltiedel, Carl. Al! hoh ini.se he Gesänge für gemischten
Chor, lieft I: Zwei Hussitengesänge und Morgenlied. Heft 11 :
Drei VVeilinnchtslieder. Leipzig, E. W. Fritzsch.
Bei jeder Herausgabe alter, verschollener Kompositionen
sollte meiner Ansicht nach als leitendes Princip die Rück-
sicht auf die künstlerische Bedeutung solcher Werke für
unsere Zeit massgebend sein. Das blosse Hervorholen
und Ansliclilziehen alter .Musik, mag sie selbst ihrer Zeit
trefflich entsprochen und gedient haben, ohne Beobachtung
dieser Rücksicht, hat nur einen bedingten, antiquarischen
Werth. Von diesem Standpunkt aus kann ich die Heraus-
gabe des ersten Heftes der Altbähmischen Gesänge ’ 4 nicht
besonders verdienstlich finden. Zwar ist die einem allen
Kantional entlehnte Harmonie und StimmfTlhrung des Gesan-
ges der „Kalixtiner 4 * 211 dem im zweiten Tenor liegenden
Kantus firmus kunsl- und stvlvoll, aber das Ganze macht
einen fremdartigen Eindruck, der weder zu unserem Herzen
noch zu unseren Sinnen spricht. Noch minder werthvol!
erscheinen mir die melodisch- trivialen von Leopold Zwomatz
lind Karl Riedel homophon gesetzten beiden folgenden Ge-
sänge. Ich vermag darin nur misgegrahene Kuriositäten zu
erblicken, für die es schwer halten möchte, ein Publikum
zu finden. Ungleich bedeutender sind die drei von Riedel
arrangirten Weihnachtslieder 44 . Namentlich ist das zweite
derselben, trotzdem es eigentlich nur zwei sich wiederholende
melodische Phrasen enthält, von grossem Reiz. Sehr hübsch
hat der Herausgeber in der Bearbeitung der verschiedenen
Strophen Engel und Hirten charaklerisirt. Während zuerst
Soprane und All die Hirten herbeirufen, „das liebliche Kind-
lein zu schauen 44 , sprechen darauf die Hirten in gemischtem
Khor den Entschluss aus, dem himmlischen Rufe zu folgen
und zu verkünden, was sie „in Bethlehems Stall” erblicken
werden. Endlich vereinigen sich Engelchöre mit den Hirten
und singen die „frohe Botschaft” vereint mit dom „Ehre sei
Gott 44 . Hier ist der echte, edle Volkston angeschlagen,
wirkungsvoll sind die vocalen Mittel verwendet, die Text-
worte sprechen von dein schönsten Feste der Klirislcuheit
und zu jedem fühlenden Herzen. Richard W fi er st.
Ilrrlin.
Revue.
Die eingelretrne nasskalte Witterung war den 111 der Stadt
befindlichen Theatern von entschiedenem Nutzen. So machte
das Friedrich-Wilhelmslidlische Theater, welches der vielen
Fremden wegen neben Offcnbach’s noch immer zugkräftigem
,,Tolo“ auch abwechselnd des Contpcmisleii: „Schöne Helena 4 ',
„Blaubart“, „negimeulBzaubcrer“vorführte, bedeutendeEinnahmen.
— DasRepertoir der KroHacheu Oper, welches, da alle Tag« Opern
gegeben werden, viele Wiederholungen beliebterWarkeoder beson-
ders gelungener Aufführungen bringt, hatte l>oiiizetli > «„Beliaar 4, aU
neu etudiri aufzuweiaen. Die Oper iat bei den Dilettanten eine
recht beliebte, viele Nummern werden von ihnen gern gesungen
und dA keine andere Bühne das Werk giebt, findet die Auffüh-
rung auf der Kroll'schen Bühne siete Theilnahme. Wenn
wir den Gesang dee Herrn Vierling für die Forderungen,
welche der Componist an den Vertreter seines Behsnr stellt.
freilich als nicht gauz ausreichend zu bezeichnen vermögen,
de es ihm an Schmelz und Volobilitfll wie an den ergreifenden
Accenten (wie sie einst Schober, Pischek, Obcrhoffer
zu bieten hatten) gebricht, so siud doch Fräulein Harry für
ihre dramatisch durchgeführte Antonina, Fräulein Höf I er für
die kindlich rührende Irene und Herr Bernard für den beson-
ders in der Arie „ZiUre Byzantia 41 feurig gegebenen Alamir
des Lobes würdig. Khor und Orchester (täglich beschäftigt)
sowie Sceuorie und Costüme verdienen gleichfalls Anerkennung.
d. R.
C 11 r r e 8 |i 0 11 d e n 1.
Paris, 36. Juni 1669.
Die Optra hat ihre liebe Noth mit dem „Propheten“. Der
Geist Meyerheer’s scheint über den Proben zu wallen, deun die
vorgestrige Generalprobe war ungenügend, und es wurden noch
zwei weitere Proben beschlossen. Nebenbei gab es auch eine
Greve unter den Hornisten des Orchesters, die sich weigerten,
eine aus einem Original • Mamiscriptc Meyerbeer's neu hervorge-
suchte Hornstelle zu blAsen, angeblich weil dieselbe «ehr un-
dankbar, für die betreffenden Instrumente schlecht notirt und
überdies noch nie und nirgend executirt worden sei. Der ar-
tistische Directur der Opera, Gevaert, vertrat jedoch energisch
den Geist Meyerbeer's, und rief: „L'auteur le demande!“ — so
wurde deuu die odiöse Horuslelle dennoch geblasen. Au der
Stelle der früher üblichen sechs Chorknaben (iu der Kir-
chenscenei werden nun deren dreissig singen, wirkliche
echte Chorknaben, sAimntlich den Pariser Acht katholischen
Kirchen zur Verherrlichung des Sectircrs Johann von Ley-
den entlehnt. Auch diese bestanden nicht die Probe, nicht weil
sie etwa iu künstlerischer Inschuld ailzuraisch gesungen hät-
ten, sondern weil der Verein so vieler unreifer Knabenstimmen
nicht den gehofften Total - Kffcct ergab. Ja, wären dies dreissig
junge Mädchen, welche Verherrlichung des „Propheteu”, welch
ein Gaudium für die Mormoneu des Jockey - Clubs! Doch auch
dafür ist gesorgt, denn das Ballet der Schlittschuhläuferinnen —
Alles uur in der Generalprobe — faud mit solcher Leichtigkeit
und Kühnheit statt, dass voraussichtlich so mancher Pall sich
ereignen dürfte, — denn auf den» Eise soll mau nicht tanzen.
Villa ret war ein Prophet, der für die erste Vorstellung nicht
allzuviel prophezeite. Diu erste Vorstellung dürfte nächsten
Montag alattfindeu. Vom Propheten insplrirl schienen uns
für diese feierliche Reprise nur die Damen Gucymard und
Mauduil — neben oberwähnten Balloriuen — Von sieben Werken,
welche die Concours-Commission des Theätre lyrique beurtheilte,
werde die einactige komische Oper eines bis jetzt hier uur durch
Pianororte .Compoeitionen bekannten Musikers, Jnle» Philipot,
zur Aufführung angenommen. Dieselbe betitelt sieb „Le MAgni-
flqne“, Text nach Bocaccio, von Jules Barbier. Eine grosse Oper,
welche Alfred de Mussel’s „La Coupe et los Livres“ zum Gegen-
stände hat, hält die Commission in jetziger Gestalt für unaus-
führbar, empfiehlt aber diese „remarquable Partition“ dennoch —
iiAch den nothwendigen Kürzungen und Veränderungen, zur Auf-
führung auf den grossen lyrischen Bühnen Frankreichs. — In der
Opera coiniqne bereitet man Gounod's „Romeo et Juliette“ und „Mi-
reiUe“ vor, und wird daselbst die in der Optra engagirte
Miolan -Carvalho in ihrer nächsten Ferienzeit gastiren, — da
doch keine bessere Juliette zu finden ist. — Pasdeloup ist auf
Entdeckungsreisen nach Deutschland ausgezogen , vor seiner Ab-
reise hörte er sich jedoch noch ein neues, fünfaktiges Opern-
Manuscript von Jonciäres an, das er zur Aufführung im Herbste
acceptirte. — Das interessante einactige Repertoirstück des Theätre-
Fran^ais , betitelt „Le Chef d neuvre inconnu“ von G. Lafont,
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213
wird vom Kapellmeister des Athener- Theaters, Constantiu, io
Musik gesetzt. — Lccocq, der musikalische Autor der jetzt im
Varidtä-TheAtre mit grossem Beifall au (geführten Burleske „Fleur
de thä M , hat eine neue Operette „Le Rajah de Mysore" componirt,
die zur Wiedereröffnung der Bouffes Parisieones im September
aufgeführt werden wird. — Die Direktoren der hiesigen Theater
haben gemeinschaftlich wegen definitiver Aufhebung der auf ihnen
lastenden „Droit des pauvres“ — 11 Procent von jeder Brutto-Ein-
nähme — als einer der Hauptfactoren so mancher Fallit*, —
beim Ministerium Schritte gethan. Es tet gegründete Hoffnung
vorhanden, dass wenigstens in dieser Hinsicht eine wesentliche
Modiflcatiou einlretcn werde. Denn, wenn man bedenkt, wie
viele neue Arme durch rin einzige» Fallit geschaffen werden und
wie die KOustler in so vielen FAlfen Armer sind als jene andern
Armeu, die in der Hegel von den ihnen zu gesprochenen Droits
überdies nicht viel gemessen, so wird man der Aufhebung dieser
kuuHlsteuer nur beipflichten können. Auch die Concerte dürften
von dieser Last befreit werden, denn die Freikarten, — und aus
solchen bestehen hier die meisten Concerte — können doch nicht
zu den Einnahmen gczAhlt werden , und wo nichts ist, da hat
der Kaiser das Hecht verloren. .Man musste denn die Eitelkeit
Mancher, Concerte zu geben, bestrafen wollen — doch da« thun
die Concerl-Krfolge schon selber: zum zweiten Mal versucht es
in Paris sobald Keiner mehrl A. v. Cz.
Feuilleton.
Musikalische Aphorismen,
l.
Zu den Wundern des Mo za r Fachen „Don Juan" gehört
es, dass immer nur bedingungsweise von Hauptpnrlhien dartu
die Hede sein kann. Je nachdem die Elvira, die Donna AnnA
oder die Zerline von einer bedeutenderen Künstlerin gegeben
wird, erscheint bald die Eine bald die Andere als die hervorra-
gendere. Ein Künstler wie Tichatscheck, singe den Ollavio,
oder ein Lnblache den Masello, und diese sonst scheinbar so-
cundAren Parthien werden sich zu Hauptparlhien gesielten, di«
alle übrigen verdunkeln.
Man sage nicht, dasa die* bei jedem Werke der Fall sei,
in welchem eine zweite Partie an einem grossen Künstler ihren
Darsteller findet. Erstens ist es noch gar nicht vorgeknemnen,
dass grosae Singer in anderen Werken als „Don Juan" und
allenfalls noch „Figaro" und der „Zaubrrflöte" solche secundirs
Parthien übernommen hlllen, was doch schon an und IQr sich
für unsere Behauptung betreffs „Don Juan" streitet. Vollzieht
man nun gor dasselbe Experiment im Geiste bei anderen und
vortrefflichen Opern, indem man sich z. B. Kuno und Aeonche»
im „Freischütz", oder Marieliioe, Jaquino und Rocco im „Fi-
delio" an Künstler ersten Ranges übertragen denkt, so wird
die Abnormität eines solchen Verfahrens io die Augen fallen.
Den schlagendsten Beweis für unser« Anschauung liefert aber
Mozart selbst, und zwar in der Partitur seines Meisterwerks.
Nicht mir, dass Masetto, ZerÜne und Ollavio, ebenso wis di«
auderen Personen der Oper: Donoa Anna, Donna Elvira, Üoo
Juan und Leporello ganz vollkommen gleichmlssig mit je zwei
Arien oder Soloslücken, eins in jedem Akte, ansgeslattet sind,
wir finden dieselben, was weit bedeutsamer ist, auch in den
grossen Eosemblestücken, dem ersten Finale und dem Sextett,
gleichmlssig selbstständig und hervortretend entwickelt und
durebgeführt. (Jod wenn der Comthur auch nicht mit Solo-
stücken nusgestattet und ihm die der Notenishl nach kleinste
Parlhie zugewiesen ist, so wird doch gerade ihm gegenüber
wohl am wenigsten abzuleugnen sein, dass er eine Hauptperlhie
umfasst, die, ebenso wie der seinem Ausserlichen Auftreten
nach Ihnlich sparsam ausgestattete Geist im Hamlet, einen
Darsteller ersten Ranges fordert, um zu ihrer voHsteo Wirkung
zu gelangen.
Wir können alles Gesagte daher in die Worte zusammen-
fassen: „Don Juan" ist eine Oper, m der es nur Hsuptparthien
giebl, welche, wenn es einmal gelinge, sie alle acht mit Künstlern
von seltenster Begabung zu besetzen, erst das Idealbild, das
vor Mozarl’s Seele stand, zur Wahrheit werden lassen würden.
Eine vor einer Reihe von Jahren in Paris veranstaltete Musfer-
auffQhrung des „Don Juan", von der uns Frau Pauline Viardot-
Gartia erzählte, in welcher sie selber dio Donna Anna, Lablache
den Leporello, die Alboui, so viel wir uns erinnern, die Elvira
gab, wlhrend die anderen Rollen, wenn auch nicht so unver-
gleichlichen, so doch immerhin noch bedeutenden Talenten auver-
traut waren, muss etwas jenem Idealbilde Annähernd«.*» geboten
haben. n
Als Christoph Gluck, vor beinahe einem Jahrhundert, die Welt
mit seinem immer wachsenden Ruhm erfüllte, ging eine merk-
würdige Geistesumwandlung in »hm vor. Zwai feierte ihn, den
deutschen Meister, Italien so hoch, wie es nur jemals einen
der eigenen Sühne geleiert, der grosse Künstler selber aber
begAnu, obgleich bereits im spfiteren Mannesalfer stehend, mit
sich unzufrieden zu werdeu. Es lüstete ihn nicht mehr nach
dem Beifalle einer schwankenden Menge und eines vergängli-
chen Zeitgeschmackes, er wollte Ewiges, Unvergängliches schaffen,
er wollte mit einem Worte, den höchsten Anforderungen seines
eigenen künstlerischen Gewissens von ouu an genügen. Io
„Orpheus" sehen wir den Uebergang tu jener neuen Periode
seines Schaffens. Alcesle verwirklicht bereits das Ideal der ly-
rischen Trlgödic, wie es vor seiocr Seel« stand. Doch tritt,
uns darin noch eine gewisse herbe und spröde Grösse, ähnlich
wie wir sie in den Alteren plastischen Bildwerken der Griechen finden,
entgegen. Erst in Iphigenien Anden wir diese Grösse mit mil-
der, himmlischer Schönheit und dem Reize der süssesten, be-
zauberndsten Melodie gepaart. Wie Oberirdisch gross und ge-
waltigerscheint Klytemmestra, die zürnende Mutter, wie hoheitsvoll
selbst in den Momenten höchsten Affekts; wie jungfräulich und
zart rührend dagegen ihre Tochter Iphigenie. Einen ähnlichen
Gegensatz bilden auf Seiten der Männer Agamemnon, io dessen
Brust das grausame Gebot der Göttin, die eigene Tochter zu
opfern, mit der klagenden Stimme der Natur uro das geliebte
Kind, erschütternd kämpfen, und Achilles, der liebende Heiden-
jüngling, der die Geliebte mit Gefahr des eigenen Lebens tu
verth eidigen entschlossen ist.
Als „Iphigenie" zum ersten Mole in Paris gegeben ward,
nahm sie das, an Vergängliches und Oberflächliches gewöhnte
Publikum ziemlich gleichgültig auf. „Iphigenie ent tombie" sagte
Gluck zu seinem Freunde Rousseau. „Elle e»t tombte du ciel ••
antwortete dieser dem Meister voller Entzücken.
III.
Eine jede neue Aufführung d«r grossen Matthäus-Passion
unseres Sebastian Bach ateigert die Empfindung, dass es im
Felde der gesainmten speciAsch-proteetantischen oder evangelisch-
kirchlichen Kunstentwicklung seines Gleichen nicht hat. Und
dennoch ist diese Musik keine eigentliche Kirchenmusik in jenem
strengen Sinne, der alles Leidenschaftliche und individuell Cha-
rakteristische verbannt, und an seiner Stelle die heilige Ruhe
der allem Irdischen entrückten Andacht und des Über Raum
und Zeit in unveränderlicher Glorie thronenden Göttlichen fordert.
Bach’» ,, Matthäus-Passion" achlieaet sich im Gegeolheil »o »ehr
dem alten geistlichen Drsme, dem Mysterium an, dass dieselbe,
in ähnlicher Weise wie die noch heul« existirendeo berühmten
oosle
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*214
Aromergauer Paasionsspiele, auf zwei Bühnen, deren eine die
Gemeinde mit dem Choral, sowie einzelne, ebenfalls als Gemein-
deglieder gedachte Personen mit den der Betrachtung gewid-
meten Arien und dem erzählenden Evangelisten, deren andere
aber die handelnden Peraouen und Chöre zu füllen hätten, »ich
trefflich würde darstellen lassen. Gerade durch den Gegensatz
des einerseits bis auf die äussersle Spitze wilder Leidenschaft
getriebenen dramatischen Lebens der Juden-Cböre od£r der
trefflicheo Charakteristik des Kaiphas, des Pilatus, der Magd,
die Petrus überführt, des Petrus selber und vor allem der hoch-
erhabenen Gestalt des Heilandes, mit den andererseits so streng
kirchlich gehaltenen Chorälen oder jenen der schmerzlichsten
Betrachtung gewidmeten Chören und Arien, wozu noch, als
drittes wunderbares Element, die in ihrer erhabenen Buhe er-
schütternd wirkende Erzählung des Evangelisten kommt, macht
Bach*s „Matthäus-Passion“ einen so überwältigenden Eindruck
und steht sie auch so ganz vereinzelt bezüglich ihrer Kunst-
form und Gliederung in der Welt der Kuosterscheinungen da.
Sie löset sich darum eben nur mit sich selber vergleichen und
aus sich selber heraus empfinden und verstehen, und wird dem-
jenigen, der dies nicht vermag, für immer hieroglyphiacli bleiben.
Emil Nauruann.
Journal-Revue.
Die Allgein. Musik ztg. bringt einen Bericht „Beethoven’» lite-
rarische Todtenfeier in Wien“ nach einer Beilage der „Wiener
Theaterzeitung" von 1827. — Die Neue Zeitacbr. f. Musik beginnt
einen Aufsatz „Gesetze und poetische Licenzen in der Harmonik
und Melodik der Neuzeit“. — Die Signale besprechen die fünfte
Hauplprüfung des Leipziger Conservatoriums der Musik. — Die
Süddeutsche Musikztg. enthält einen Nekrolog Aug. Wllh. Bachs,
Revue et Gazette musicale: 3ter Artikel Aber Rerlioz.
Nachrichten.
Berlin. Am 15. d. feierte der Stern ‘sehe Gesangverein sein
alljährliehes Liederfest in Treptow. In Abwesenheit des Herrn
Professor Stern hatte Herr Musikdirector Wüerst die Leitung
übernommen und kamen unter seiner bewährten Direction die
Gesänge zur vollsten Wirkung. Aus dem Programm sind beson-
ders inittheileDswertb : Seelentrost von Wüerst, Frische Fahrt von
Ehlert, Vögleins Frage von Schlottroann , 0 Winter, schlimmer
Winter von Mendelssohn, Volkslied nach einem Tanz aus Dale-
karlien bearbeitet von Steru, Ihr Matten lebt wohl von Tauberl
und dem rothen Röslein gleicht mein Lieb’ von Schumann.
— In der Sing-Akademie machte am 22. Juni Herr Direetor
Professor Grell die Mittheilung, dass am vergangenen Sonntage
dem Componisten Graun in seiner Vaterstadt WahrenbrQek bei
Torgau au der sächsischen Grenze ein Denkmal, bestehend in
einer ehernen Büste vom Professor Hagen, gesetzt worden ist
Gern hätte Professor Grell Namens der Sing-Acadcmie wie auch
für seine eigene Person dem berühmten Meister in der Gesangs-
musik, weicher sowohl in der Oper und im Drama gleichwie im
Kircheustyl zu Haus war und überall den Concertgesang floriren
Hess, die schuldige Hochachtung durch seine Gegenwart bei der
Enthüllung des Denkmals bewiesen, der Arzt hatte ihm aber
wegen einer Unpässlichkeit die Reise verboten. Der Herr Geoe-
ral von Webern theiltc hierauf mit, dass er die Sing-Academie
vertreten habe, dass ungeachtet des ununterbrochenen Regens
alle Gesangvereine der Umgegend mit ihren Fahnen, sowie die
Behörden und die ganze Bevölkerung an der Feierlichkeit Theil
genommen habe, und diese zu einem wahren Volksfeste gewor-
den sei.
Baden-Baden Madame Baldi bat hier ein Concert gegeben
und sich in dem Vortrage mehrerer Arien als treffliche Sängerin
erwiesen. — Die 1. Soiree musieale ist glänzend ausgefallen und
erregte namentlich Frl. Marie Krebs dureh ihre, aber in der Thal
auch vollendeten, Leistungen uicht geringe Sensation Näcbstdem
war es der Flötist Herr de Vroye und die ColoralursAngerin
Fräulein von Wi Ihorst, welche besondere Erwähnung verdie-
nen. Ein spanischer Tenorist Herr Pagans sang — spanisch
und sagte dem deutschen Geschmack in keiner Weise zu.
Breslau. Soiree des Thorna scheu Gcsnng- Vereins: „Das
Mädchen von Kola“ von Reiuthaler, zwei Chorlieder von Haupt-
maun, Duett aus „Genovefa“ von Schumann, Bluraeitgrusa von
Curschmauu, Etüde in A-moll von Chopin und Vnlse-Capricc von
Raff (Herr Seidel), Chorlieder von Seidel und Schumann, Finale
aus dem „Nachtlager“ von Kreutzer etc.
DOsseldorr. Der Couiponist Herr Julius Tausch ist zuui
KOuigl. Musikdirector eruaont worden.
Elbing. Am 20. d. starb plötzlich, t>9 Jahre alt, der Königl.
Musikdirector Herr Döring, der zu den flüssigsten und kenot-
nissreichsten Musikforachern Deutschlands gehörte. Döring
arbeitete langsam aber unermüdlich, er scheute nicht langwierige
Forschungen, weite Reisen, schwierige Untersuchungen, um das
Gebiet der Musik-Kunde in bestimmten SpecialilAlen zu bereichern.
Die schönen Früchte seiner Thätigkeit; seine Choralkuude, der
Anfang einer Geschichte der Musik in Preussen, verschiedene
Monographieen und besondere Abhandlungen sind von com*
petenteu Fachgenossen als wesentliche Bereicherungen der
musikalischen Literatur anerkaunt worden; sein Nachlass enthält
noch eine Menge fleissig gesammeltes, zur selbstständigen Ver-
werfung geordnetes Material.
Ems. .Stephan Heller ist hier zur Kur eingetroffcn.
Königsberg. Frflul. Orgeui gastirt hier mit grossem Beifall.
Leipgig. Die 5t e Hauplprüfung des Conservatoriums der
Musik war speciell der Vorführung von Compositiouen der Schü-
ler desselben gewidmet. Mit den besten Leistungen producirten
sich die Herren Gramann aus Lübeck und Steinbach aus
Grilnsfeld. Ersterer mit einer Ouvertüre für Orchester „Die Nord-
see“, letzterer mit dum ersten Satz eines PiauofortequarleUes.
-*«c_ .TI ü neben. Es wird auf das Bestimmteste milgetheilt, dass
die Aufrührung von Richard Wagner s „Rheingold" am 27. August
d. J. statlllnden werde. Bei näherer Bekanntschaft mit der Musik
dieses Werkes kann man deu musikalischen Theil, zumal nach
den viel schwierigen! „Meistersingern“, nicht für unausführbar
ballen. Wohl aber wiederstaud bisher der accuiscbe Theil, d. h.
die Maschinerie, allen Vorschlägen der Maschinisten. Zu Beginn
des Sujets haben die 8 Rheintöchter: Flosshilde, Woglinda und
Weiieguude in der Tiefe des Rheins bei „aumulhig schwimmen-
der" Bewegung zu singen und sich mit dem Nibelungen Alberich
zu necken und zu haschen. Es soll nun durch sinnreiche Coo-
stmclionen den Sängerinnen diese etwas ungewohnte Thätigkeit
völlig leicht gemacht sein und damit Qele jedes Bedenken gegen
die Schwierigkeit weg. Im Uebrigeu bieten aiob der Dekoration»-
kunst im „Rheingold" die dankbarsten, phantasiereiebsten Auf-
gaben: „In der Tiefe des Rhein", „freie Gegend auf Bergeshöhen"
und „die unterirdischen Klüfte des Nihelhaines“ mit „Wotau'e
Feuerzauber“.
Wien. Der Kaiser hat dem ersten Concertmeister an hiesiger
Oper, dem trefflichen Geiger Joseph Heilmesberger, das Ritter-
kreuz des Franz- Joseph-Ordens verliehen, was um so mehr Sen-
sation erregt, als man in musikalischen Kreisen es übel ver-
merkte, dass dieser Künstler bei Anlass der Eröffnung des neuen
Opernhauses ohne jede Auszeichnung ausging.
— Im Aufträge der Genernl-intendanz geht der Oekonomie-
215
und Kawendirector des Hofburgtheater» Herr Knapp oach Pari»,
um die Einrichtungen der dortigen grossen Oper im Interesse
des hiesigen Horoperntheaters zu studireo. Die Ferien werden
zu zahlreichen Nachbesserungen im Opernbause, zu kleineren und
grosseren Reformen, welche »ich nach den Erfahrungen iu der
zurückgelegten Betriebszeit empfehlen und zu Vorbereitungen für
die neue Saison verwendet werden. Unter den letzteren stehen
vor allem die „Zauberflöte“ und „Armida“ auf der Tagesordnung
und auch for „Die Meistersinger“ sollen die ersten Einleitungen
getroffen werden.
Wiesbaden. Das 1. kursaal-Coneert hat am 25. d. slaltge-
runden. Es Hessen sich in demselben Frau Norm an-Neruda,
Friulein Scbeffer und die Pianistin Johnsou-Gräver hören.
— Herr Betz ßgurirte zwar auf dem Programm, war aber ver-
hindert, an dem Concerto I heil zu nehmen, da er in der am
selben Tage iu München stattündenden General- Probe der „Mel-
atersiuger“ die Parthie des Hans Sachs slngL Der Probe sowie
der Aufführung am 27. d. wohnt nur der Köuig vou Bayern bei
| u d eD folgenden 5 Concerten werden sich hören lassen:
II. Coucert: FrAuleiu Montbelli, Herr Gtnevois, Herr uud
Frau Ja eil und FrAuleiu Liebe. IIL Coucert: Madame Pesch-
ka-Leutner, FrAuleiu Clara Poppe (Piano) und die Herren
Tenorist Möller, Wilbelmj und ObertbQr. IV. Coneert:
Friulein Artöt und die Herren Waltor, Batta uud Wieniawski
(Piano). 5. Coucert: Madame Lucca und die Herren Schild,
Vieuxtemps und Louis Brassin.
Paria. Herr Lion Esc u die r, der Verleger der Verdi'scben
Opern, hat vom König von Portugal den Christus-Orden erhalten.
— Nach einer vom Jounal „Le Peuple“ gegebenen Statistik
besitzt Europa 1,480 Theater. Dieselben vertheilen sich folgen-
dermaßen: Frankreich 337, Italien 298, Spanien 168, England 159,
Oesterreich 15«, Deutschland 191, (davon kommen auf Preussen
76), Russland 34, Belgieu 34, Holland 23; der Rest vertheilt aicb
auf die anderen Linder.
London. Vieuxtemps ist wieder nach Paris zurückgekebrt.
— Am 22. d. ging Thomas' „Hamlet“ in Covent-Garden in
Scene uud hat FrAuleiu Mlsson als Ophelia grosse Triumphe
gefeiert.
Florcos. Koutski hat hier ein Coneert gegeben und mit
seinem unvermeidlichen „Reveil du lion“ einen grossen Enthu-
siasmus bervorgerufen.
— Der berühmte Violinspieler Bazzini scheint seine V'ir-
tuusculaufbahn ginzlich aufgegeben zu haben und sich nur der
Composition widmen zu wollen. GegenwirÜg arbeitet er au dem
„Dies irae“ für die Messe zum Andenken Rosaini's. Eine Ouver-
türe „Saul“ wird demnächst der Verleger Guidi veröffentlichen,
ln Brescia bat Bazzini eine Coocertgescllschaft gegründet, welche
120 sclive und 600 Inactive Mitglieder zählt. David s „Wüste“
kommt in nächster Zeit zur Aufführung-
Mailand. Im Tbeatro Ri ist eine neue Oper „Goretta“ von
einem noch uubekanuten Componisten Germano zur Aufführung
gelaugt und wurde mit Beifall ausgenommen. Die Kritik Ausaert
sioh über das Werk in anerkennender Weise.
— Rossini'» „Graf Ory“ ist uach einer Pause von 36 Jahren
wieder Im Theater Carcauo gegeben worden und bat einen glän-
zenden Erfolg erzielt. — In Turin bat diese Oper ebenfalls die
beifälligste Aufnahme gefunden.
Hum. Liazt bat »ein Oratorium „Christus“ sowie ein 3tea
Claviercoocert soeben beeudet. Er gedenkt im August In Mün-
chen zur Vorstellung von Wagner’» „Rheingold“ mit seinem
Schüler Leiter! eiozutreffeu.
ftpa Die Administration der Bäder trifft für die Saison die
umfassendsten Vorbereitungen. So sind u. A. für drei Conoerle
die bedeutendsten Künstler gewonnen. Man nennt die Namen
Agneai, de Swcrt, Jacll, Vieuxtemps uud Madame Battu.
Das erste der Coucerte findet am 12. Juli statt.
Zürich. Die erste Serie der Abonnementscoocerte umfasst
6 Abende, die folgende Programme bieten: I. (13. JunL) Ouver-
türe „Meeresstille“ von Mendelssohn, „Meeresstille und glückliche
Fahrt“ für Chor und Orchester von Beethoven und „Erlkönigs
Tochter“ von Gade. II. (18. JunL) Lustapiel-Ouverture von Rietz,
Arie aus „Figaro'» Hochzeit“ von Mozart (Herr Lissmann), Ada-
gio und Rondo für Violoncell von Davidoff (Herr Hegar), zwei
Duette für Alt und Baritoo von Schumann und Brahms und Sym-
phonie „Jupiter“ von Mozart. 111. (25. Juni.) Ouvertüre in C-dur
Op. 124 von Beethoven. MAnnerchöre, Clavier-Couoert in G-moll
von Mendelssohn und Ouvertüre, Scherzo uud Finale, von Schu-
mann. IV. (2. Juli.) Ouvertüre zur „Braut von Messina“ von Schu-
mann, Arie, Furientanz und Reigen seliger Geister aus „Or-
pheus“ vou Gluck. Lieder von Schumann uud Serenade für kieinea
Orchester von Brahms. V. (9. Juli.) Ouvertüre zu „Euryanlhe“
von Weber, Coneert für Violoncelle vou Eckert (Hr. de Swcrt),
Deutsche Tänze für Orchester von Bargiel, Coucertstück für das
Violoncell compoDirt und vorgetragen vou Herrn de Swcrt und
Symphonie in Es - dur von Haydn. VI. (16. Juli.) Ouvertüre zu
„Medea“ vonCherubini, Gesangsscene vonSpohr, Präludium in E-dur
für Orchester von Bach und Pastoral-SymphonJe von Beethoven.
Stockholm. Herr Professor H. Be re ns, dessen Oper „Ri-
cardo“ kürzlich hier mit grossem Beifalle zur Aufführung kam,
ist vom Könige von Schweden zum Ritter des Wasaorden» er-
nannt worden.
Amsterdam. In den Tagen vom 18.— 20. Juni wird das
nächste niederländische National-Sängerfeat stattfinden. Ea wer-
den »ich daran circa 1000 Sänger betheiligen. Die Direction
haben die Herren Hol und Wetrens übernommen.
Rotterdam. Herr Lange jun. gab am 4. und 11. d. zwei
Orgelconcerte, in denen er wiederum seine Meisterschaft als Or-
gelspieler bethätigte.
New-York, den 12. Juni 1869. Die deutsche Oper hat nach
den 3 erfolgreichen Vorstellungen, die vergangene Woche statt-
gehabl, ihre ThAtigkeit wieder eingestellt. Die Unternehmer
H immer und Lotli haben jedoch beschlossen, während de»
Sommers Subscriptioueu für eine Saiaou von circa 20 Vorstellun-
gen im nBchslou Herbst zu sammeln. Falls die Subscriptiooen
reussiren, so werden die Unternehmer einige frische Kräfte von
Europa kommen lassen. — Herr Theodor Wachtel soll, wie
wir erfahren, die Absicht haben, im kommenden Herbst die Ver-
einigten Staaten zu besuchen. — In Sleinway Hall findet heute
Nachmittag das Coneert zum Andenken an den verstorbenen
Kritiker Seymour statt. Das Coneert verspricht einen ganz
ausacrgewöbnlichen Kunstgenuss. Theodor Thomas mit seinem
Orchester, Bergmann, AnschQtz, Oie Bull, Mills und die
Damen Parepa-Rosc und Kellogg wirken u. A. mit. St —
r Boston. Die Vorbereitungen zum grosseu Friedeuafeste.
Peace-Festival, das am Donnerstag, den 17. d. M., beginnt und
fünf Tage dauern wird, sind vollendet. Da» Orchester, welches
tägliche Proben Abhält, besteht aus 1100 Musikern; die ersten
und zweiten Violinen sind in der Zahl von 300, die Celli und
Contrabässe in mehr ale 100 vertreten. Die jetzt vollständig or-
ganisirten Chöre, welche 102 musikalische Vereine aus den ver-
schiedenen Staaten repräsentiren, zählen mehr als 10,000 Sänger.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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Am I. Juli werden nachstehende in unserem Verlage mit vollständigem Kigenthumsrecht erschie-
nenen Werke ausgegeben:
RUBINSTEIN, A. Op. 79. Iwan IV. (Der Grausame).
Musikalisches Charakterbild für grosses Orchester. Partitur 2 Tlilr. 10 Sgr.
Arrangement für Pianofnrle zu 4 Händen vun II. Ulrich. Pr. 1 Tlilr. 25 Sgr.
Op. 82- Album (1p danses populaiivs des differentes nations.
No. I. I.esghinka (Caucasc). Pr. 20 Sgr. No. 2. Czardas (Hongrie). Pr. 17'/, Sgr.
No. 3. Tarantellc (Italic). Pr. 22'4 Sgr. No. 4. Mazurka (Pologne). Pr. 17V, Sgr.
No. 5. Yalse (Alleinagne). Pr. 20 Sgr. No. 0. Rouskaja i Trepak (Russie). Pr. 17'/, Sgr.
Unter der Presse von demselben Coiuponisten: III Lieder aus dem Englischen, Fran/.ftsisclieu
und Italienischen für I Singstimme mit Begleitung des Pianofurte, Op. 83, in 3 Helten.
Berlin, den 30. Juni 1809. E<|. Bote A «. Bock (E Bock)
Kfinigl. Ilormusikbnndlimg.
Neue Musikalien
iui Vc ringe von
ürritk»i»f A Hörtel in Leipzig.
Beethoven. L. v. Up. 92. Symphonie No. 7 A-dur, für das Piano*
forte zu 4 Händen mit Begleitung von Violine und Yioloncdl
bearbeitet von Carl Bure hard. 3 Tlilr. 22) Ngr.
— * Sonaten fdr Pianoforle und Violine. Arrang. für Pianoforte
und Violoncell von Friedrich Grützmacher. No. .1 Gt-dur.
Op. 12 No. 8 . 1 Thlr. 124 Ngr.
Cheriibtoi. I>. Oavertaren für das Pianoforte zu 4 Münden. No.
1 bis 9. Hoth kartounirt. 2 Thlr.
Drlesckner, C. <4. Der Clavierlehrer oder Anweisung zijdi Cla-
vierspiel. Nach uaturge müssen Grundsätzen und in methodischer
Stufenfolge bearbeitet. Neue wohlfeile Ausgabe. 1 Thlr.
I'iaaol, Henri. Op. 3. 12 Frtflodes pour Piano. l.Thlr. 5 Ngr.
— Op. 4. Trois Morceaux. No. 1 Nocturne. No. 2 Bnutade.
No. 3 RAvcrie pour Piano. 22 \ Ngr.
— Op. 5. Adagio et Presto pour Piano. 25 Ngr.
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No. 1 bis 5. Roth kartonnirt. 1 Thlr.
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Vollständiger Clavierauszug vom ComponJsteu. 5 Thlr.
— Ouvertüre zu derselben Oper iu Partitur. 1 Thlr. 15 Ngr.
Krug, D. Op. 247. La Belle Espagaole. Fragment de Salou
pour Piano. 15 Ngr.
— Op. 248. Am Stillen Meer. Romanze 1. das Piauotörte. 15. Ngr.
— Op. 240. In sternheller Nacht. Notturno f. das Pfle. 16. Ngr.
Lieblinge, untere. Die schönsten Melodien für das Pfte. mit
einem Vorworte von Carl Rein ecke. Erstes Heft. 1. Thlr.
Marek, L. Op. 10. Scherso pour le Piano 1 Thlr.
Nicmann, Ä. Op. 11. Impromptu für das Pianoforte. 17| Ngr.
Niest. Fr. Op. 12. Gilop di Bravora f. das Pianofurte. 174 Ngr.
— Op. 13. La Mliaacolie. Püce caractdrislique pour le Piano.
15 Ngr.
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Op. 26. Le Barbier de Söville 1 10
- 33. Norma — 25
- 45. Duo coucertant 15
- 106. Faust de Gounod 1 —
- 107. La Traviata 1 _
- 109. La Hüte enchantta 1 —
- 110. L'Africaine 1 10
- 114. Mignon 1 _
- 115. Don Carlos 1 _
• 116. Le premier jour de bonheur 1 —
Swert, Jules de. Op. 5. Ballade pour le Violouoelle
avec Piano — 15
— — Impromptu de F. Schubert Op. 90 (G*dur) pour Vio-
loncello avec Piano — 17 J
Vlardot. Pauline. 6 Morceaux pour Violon et Piano.
Cahier 1 , 1 —
2 1 124
Wit-niawHkf. J. Op. 24. Sonate pour Piano et Violon 3 224
WHImers. R Op. 94. Sonate pour Piano et Violon . 2 22)
Ed. Bote «S t« Book (E. BOCK)
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Verlag von Ed. Bote ä 6 . Bock (E. Book), Königl. Hofmusikhandlung in Berlin. Französische Str. 33e. und U. d. Linden No. 27.
UrurA tu« C- F. Sjhmiill in Berlin. Oator ürn Undrn No, SA
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XXIII. Jahrgang M 27,
Von dinaar Zaittrog erscheint wftrhcntlich
•Ine Nummer-
7. Juli 1869,
Zu beziehen durch:
W1KV. Spina. BMlinfter.
PARIS. Hruidu« <V Dufour.
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Jährlich 3 Thlr. I . D . .
B.tbjährllcti I Tblr. »5 Sgr. I ot "' < ' Prän >" ! -
Inserlionspreis fiir die Zeile 1} Sgr.
Inhalt. L. r. Beethorrrt ata balinbrrrh»nd*r Brntua aof dem flfbieie der Syoiphtwiie ron C. E R. Alberti (Fortaetannj). - R»ren*ionen. -
Oirrmpandenzcn aaa Paria und Wien. — Feuilleton: Mu-ikali*die Aphorismen tob E. Naumann. — Jouraai-Revue. — Nadir:. hie« -
Rarlin. Reeue. -
binarst«.
Ludwig van Beethoven als bahnbrechender Genius auf dem Gebiete der Symphonie.
Von C, E. R. Alberti.
(Fortsetzung.)
Eine fast fünfjährige Pause war fftr unsern Beethoven
in «einem symplwnischen Schaffen eingetreten. Der kräftige,
für politische Freiheit damals begeisterte Republikaner hatte
seine FreiheiLssymphonie geschaffen. Der überrnüthigen Form-
losigkeit der Romantiker hatte er mit einer Symphonie Trotz
geboten, die mehr als jede andere den Namen einer roman-
tischen verdient. Aber innerhalb der nicht willkührlicheo
sondern innerlich noth wendigen Form hatte er mit der luch-
sten Freiheit sich in ihr bewegt und darin die hoho Beson-
nenheit an den Tag gelegt, welche von dem wahren Genie
unzertrennlich ist.
Endlich hatte der Mensch Beethoven sein Inneres uns
enthüllt, sein schmerzliches Ringen und Kämpfen in der
C-molI-Syniphonie und seine reine Freude am Naturgenuss
in der Pastorale. Es bedurfte nunmehr eines besondem
Antriebs für ih» zum Schaffen auf diesem Gebiete. Denn
es war ilun ein heiliges, er durfte es nicht entweihen durch
blosses längst hinter ihm liegendes Tonspiel nach Art gewöhn-
licher Tonsetzer, ohne dass eine Idee in ihm lebte, der er
Ausdruck zu geben sich gedrungen fühlte; ebeu so wenig
vermochte er es, einem und demselben Gegenstände mehr
als einmal sich zuzuwenden. Einen solchen Impuls gaben
ihm nun die Ereignisse der Jahre 1812 und 1813, die
Befreiung des deutschen Vaterlandes von dem eisernen Joche
des bis dahin unüberwindlich erschienenen Eroberers. Da
fühlte sich sein Geist mächtig erhoben; die schönsten Hoff-
nungen schienen erfüllt, das Morgenroth der Freiheit war
angebrochen. Konnte er da stumm bleiben? Aus dieser
Stimmung ging im Jahre 1813 die siebente Symphonie
tl)p. 92) in A-dur hervor, und wie wenig er auch ein Für-
stendienor war. er widmete das 4h«ndige Arrangement der-
selben der Kaiserin von Russland, damit unzweideutig es
aussprechend, wie er gar wohl wisse, wie viel das nunmehr
freie Deutschland Russland schuldig sei, insbesondere aber
der hochherzigen Frau, welche auf Stein's Seite stehend.
so viel zum Umschwung der Dinge beigetragen batte. Nach
diwwm Andeutungen dürfte unsere Auffassung der der A-dnr-
Syinphonie zu Grunde liegenden Idee wenigstens nicht ganz
unberechtigt erschauten. wie wenig sie auch auf allgemeine
Zustimmung hoffen darf. Während über die den Sympho-
nieen 3 — 6 zu Grunde liegenden Ideen kaum eine wesent-
liche Verschiedenheit in der Auffassung statt linde!, ist dies
bei der 7ten um so mehr der Fall, ja es haben einige
Ausleger sogar darauf verzichtet, eine einheitliche Grundidee
in dem ganzen Werke zu linden, obue damit im Entfernte-
sten dem grossen Werthe dieser Tonschöpfuug Eintrag thun
zu wollen. Das ist es aber gerade, was wir nicht vermögen.
Nachdem sich Beethoven einmal seil der Eroica von den
traditionellen Fesseln der Form frei gemacht und dem Idealen
den Sieg über das Reale, dem Gedanken die Herrschaft über
die durch die Technik dargehotenen Mittel errungen , da
erscheint es uns unmöglich, dass er in der Symphonie diesen
Weg jemals wieder verlassen habe. Wäre es doch ein
Rückschritt und würde er doch sieb selbst am wenigsten
mehr auf diesem Wege genügt haben. In dieser Symphonie
aber eine zweite Pastorale, wenn gleich in anderer Art zu
finden, vermögen wir eben sowenig, da dieser Auffassung
der Charakter des ganzen Werkes zu sehr entgegen sieht,
abgesehen davon, dass es dem Wesen Beethovens wider-
spricht, ein und denselben Gegenstand zweimal zu bearbeiten.
Ein Bild des Mittelalters mit maurerisoheiii Charakter darin
zu sehen, wie Marx es will, eine Darstellung der ritterlichen
Kämpfe der christlichen Ritter unter einem Cid gegen die
Mauren, will uns auch nicht gelingen, würde es doch ohne
grosse Künsteleien in der Auslegung nicht gut geschehn
können. Wir fühlen aber auch keine Nöthigung, einen die-
ser Woge einzuschlagen, wenn wir an der Veranlassung fest
halten, an den Ideen, welche die Zeit, in welcher das Werk
entstand, bewegten. Von Begeisterung für die errungene
Freiheit war damals jeder erfüllt, mochte er auch noch so
27
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wenig mit Politik sich beschäftigt und höchstens unter dem
knechtischen Joche nur geseufzt haben. Wie vielmehr
Beethoven, in dem die frühere Begeisterung für Volksfrei*
heit nicht erloschen war, der, wie wenig er auch äusserlich
der Welt nngehörte, doch bekanntlich an jedem Tage beim
Mittagscssen die politischen Zeitungen eifrigst studirte und
an den Weltbegebenheiten auf das lebendigste, wenn auch
nur innerlich, sich betheiligte. Gelingt es nun von diesem
Gesichtspunkte aus für das Werk sowohl im Ganzen, als
in seinen einzelnen Theilen eine Auffassung zu finden, die
vor dem unbefangen prüfenden Urtheile mindestens eben so
berechtigt erscheint, als jede andere bisher versuchte, so
dürfte dieselbe wenigstens das Recht der Duldung für sich
in Anspruch zu nehmen haben. Wir begegnen einer solchen
aber bei Serof. einem russischen musikalischen Kritiker und
Componisten, der dieselbe im Pantheon, 1852 Märzlieft, ver-
öffentlicht hat und (heilen sie daher im Auszuge mit einigen
Modifikationen im Einzelnen mit: „ Poco sostenuto u . Zu einer, von
Zuschauern gefüil len Platt form, wo dieParade vor demMona rchen
staltzulinden hat, strömen dichtgedrängt die glänzenden Trup-
pen herauf. Die Pfeifer, (Hoboön Tact 23 u. folg.) lassen
eine Marsch weise ertönen, die durch die ganze stolze Intro-
duction geht. Vivace Idealisirte Marschrhylbmen in fort-
gesetzten punktirten Achlelgruppen, welche die Entzückun-
gen des Sieges der zum Kampfe Ausziehenden anticipireo,
eine Stimmung, die deijenigen der damals zum ersehnten
Freiheitskriege Ausziehenden nicht fremd war, wie jeder,
der die Begeisterung, die in jener Zeit Alt und Jung, selbst
die Frauen ergriffen, noch mit erlebt hat, weiss. In dem
von Bläsern (HoboG, Klannett, Hom, Fagott! ein- wie aus -
gelAuteten Allegretto || A-moll) erkennen wir das aus der
Feme allmählig in die Scene zum Abmarsch in die Schlacht
verrückende Aufgebot der Tnippen. Von der Musik an der
Spitze des Zuges ist, wie immer bei tMusik in der Feme,
anfänglich nur der Bass zu unterscheiden. Die Gestaltung
gewinnt an Körper, je näher sie kommt.
In dem Gegenmotiv (A-dur| der Ausdruck der W f eh-
muth des Abschieds von den scheidenden Kriegern. Das
weibliche Element, wie es hier nicht fehlen durfte. Voll-
ständig erklingt der Auszugsmarsch auf dem fortissimo in A-
raoll Tact 211 ff. nach dem fugato, das den Höhepunkt des
Trennungsschmerzes bezeichnet. Darnach noch einmal der
den Scheidenden nachgesandle Wehmuthsruf der Zurück-
bleibenden in der Wiederholung des Gegenmotivs in A-dur
(Tact 221 ff.l und das Bild zerfiiesst vor unsem Augen,
wie es entstand, mehr und mehr abnehmend, unter nur noch
«meinen abgebrochenen Klängen, im einem lang gezogenen
Ton dor in der Feme verschwindenden Bläser. — Das Presto
(J F-dur| schildert einen Rasttag der Ausgezogenen im Dorf,
dessen Bewohner die Gäste mit Tanz bewirthen. Dass die
Soldaten den Tanz mitmachen, sagt der marschartige dritte
Theil (Presto meno assai O-dur.) — Allegro con brio |f A-
dur) Rückkehr der Truppen zur Heimath im vollen Jubel
über die orrungenen Siege. Es geht so hoch her, dass man
den geschlagenen Schlachten selbst beizuwohnen glaubt 4 *. —
So konnte Beethoven, der bereits in der Eroica einen Hel-
den verherrlicht, und kurz vorher in der Schlacht von Vittoria,
die er gleichzeitig mit dieser A-dur-Symphonie am 12. December
1813 wiederholt aufffihrte, ein rein militairisches Schlacht- und
Siegesgemälde gegeben, von anderm Gesichtspunkte aus er-
gänzend seine Begeisterung für die nun wirklich errungeen
Freiheit musikalisch darlegen, welche Darstellung nur die
Freude athmete und den Jubel, der alle Herzen damals erfüllte.
Möge immerhin auch diese Auffassung irren, wie so
manche andre, die es versuchte, den Spuren des schaffenden
Geistes nachzugehn, — welch' ein gewaltiger Fortschritt ist
jedenfalls in dieser Symphonie von Beethoven gemacht in
der freien Behandlung der traditionellen Form, über welche
die Idee hier mehr noch, als in irgend einer der frühem.
zur absolut«) Herrschaft gelangt ist, trotz dem, dass jeder
der einzelnen Sätze ein vollkommen abgeschlossenes einheit-
liches Bild uns vorführt. Um Einzelnes von dem unendlich
vielen, io dem der Componist eben so originell, als uner-
schöpflich neu sich zeigt, hervorzuheben, machen wir nur
aufmerksam auf die 2 Tacto Pausen am Schlüsse des ersten
Theils, um vom fortissimo in’s piano des Anfangs zurück-
zugehn, sowie auf die Wiederholung derselben, um den
Uebergang zu der thematischen Durchführung des zweiten
Theils zu bahnen. Diese thematische Durchführung ist aber
die kühnste und grossartigste, der wir bis dahin in Beetho-
ven's Symphonieen begegnet sind; sie bezeichnet den Rie-
senfortschritt, den er seit seiner Pastorale in stiller Gedan-
kenarbeit gemacht und erscheint um so bewunderungswerther,
als gerade die leichte puuktirte Achtelßgur so wenig zu einer
solchen geeignet erschien. Unerschöpflich reich ist hier die
Erfindung in ewig neuer Umgestaltung, Verbindung der
Themen und unausgesetzter Steigerung bis zum grossartigsten
Jubel, sowie absolut die Herrschaft über den Stoff. Wie
wenig dieser kühne, nur dem genialsten Künstler mögliche
Bau in seiner bis dahin unerhörten Erweiterung dem Zu-
hörer sofort fasslich erscheint, so muss das W erk einen Jeden
unwillkürlich hinreissen. Um so leichter ansprechend er-
scheint das in seiner Gliederung so meisterhafte und selbst
in seiner contrapunktischen Durchführung so durchsichtige
Allegretto, das zugleich einen wahrhaft plastischen Charakter
an sich trägt. Das wiederholte Ansteigen von der tiefsten
Tiefe bis in die höchste Höhe und vom pianissimo bis rum
jortissimo , unterbrochen von dem zarten Mittelsatz und dem
nach der Wiederkehr des ersten Themas eintretenden Fugato,
— wie malerisch erscheint es uud wie unvergleichlich das
allmahlige Verseil winden, das nur einzelne Töne abgebrochen
hören lässt, bis dass auch diese aufhören und derselbe
Quarlsextaccord in langgezogenem Bläsertone den Satz schliesst,
wie er denselben, die Erwartung spannend, eröffnete. Hier
ist allem das Siegel des Genius aufgedrückt, der nicht bloss
ewig neu ist, sondern auch rastlos von der ihm bewegenden
Idee getragen zum Höchsten hinanstrebt, ln dem Presto
heben wir hervor, wie trotz dem, allen Theilen einwohnen-
den, tanzartigen Charakter, doch so scharf der Unterschied
hervortritt zwischen den beiden ersten Theilen und dem Trio.
In jenen herrschen die Staccato - Viertelnoten vor und be-
zeichnen den Tanzjubel der ausgelassenen Volksjugend. In
den lang ausgebaltenen Noten des Trio ist der ernstere
Charakter der au dem Tanze sich betheiligenden Krieger
plastisch schön ausgedrückt.
Eben so bezeichnend schön sind die Uebergange in das
Trio und aus demselben in das Presto; dort geschieht der
Uebergang auf einem, vier Tncte lang in allen Lagen aus-
gehaltenen, unisono auf a; hier werden durch ein allmähliges
mehr und mehr Abnehmen der dem Thema des Trio ent-
lehnten Figur, die vom Tanzplatz Abtretenden unverkennbar
vorgeführt, wie sie den bereits wartenden Landleuten Platz
machen. Endlich ist höchst charakteristisch der Schluss,
der nachdem das Presto fortissimo zu Ende gellt, noch ein-
mal den Anfang des meno Presto piano, dolce vorbringt,
um dann presto mit Unisono - Noten und dem Dorainant-
Accorde in den Dreiklang überstürzend zu endigen. — Der letzte
Satz, Allegro con brio $, ist in Wahrheit „eine Orgie“, wie
Habeneck in Paris dem Orchester zurief, als ihm nach mehr-
fachen Proben der Schlüssel für die Auffassung des Ton-
stücks geworden. Welch ein jubelndes Stürmen und Drän-
gen! Wie trotzig der Mittelsatz im 2ten Theil, wie charak-
terisch für dieses Drängen neben dem auf* und abwogenden
Motiv die auf die schlechten Tactlhoile fallenden Forte-
Schläge, die schon von vornherein im ersten Thema als
Sforzando's auf dem 3ten und 4ten Achtel in den verschie-
denen Instrumenten dem ganzen Satze ein höchst originelles
Gepräge geben. Derselbe Charakter unaufhaltsamen Fort-
219
stürinens ist auch in der beispiellosen Verarbeitung auf
wechselnden Orgel punkten zu finden, wo das Hin* und Her*
schwanken der Massen geschildert Ist. In diesem Jubel
soldatischen Obermuths stürmt der Satz bis zum Ende fort
und lasst den «Hörer nun erst wieder frei aufathmen vor
all der gezügelten Lust, die hier an ihm vorüber ging.
(Schluss folgt)
Hecenaionen.
Emil Krause. Studien zur Bildung des Anschlags und
Gefühls für das Pianoforte. Op. 25. Hamburg. Fritz
Schuberth. 8 Nrn. 1 Thlr.
Herr Krause hat sieb bereits durch die Veröffentlichung
mehrerer Compositionen einen guten Namen erworben und
ein ernstes Streben nicht nur als praktischer Musiker, son-
dern auch für die wissenschaftliche Seile der Musik gezeigt.
Vorliegende Etüden sind für Fortgeschrittenere, welche un-
gefähr nach Cremer angewendet werden können, bestimmt.
Herr Krause hat das technische Material sehr geschickt
mit der melodischen SliinmenfOhrung verbunden und da-
durch nicht allein für die praktische Ausbildung der Hand
Sorge getragen, sondern auch die Studien des Vortrages
berücksichtigt, so dass die Etüden mit Recht den Dilettan-
ten zu empfehlen sind, welche sich, zu ihrem eigenen Scha-
den, so leicht durch das trockene Gewand der meisten Stu-
dien nbschrecken lassen. R. Ei In er.
Hamann, L. Bach und Händel. Eine Monographie.
Vorträge, gehalten an der Rnmnnn-Volkmann’schen Mu-
sikschule in Nürnberg im Winter 1866. Leipzig, 1869.
Herrn. Weissbach. «
Der Gedanke, den Schülern einer Musikschule das
Verständnis* dessen, was sie zu lernen haben, durch ge-
eignete Vorträge zu vermitteln, ist »war kein neuer, aber
gewiss ein recht guter. Es giebt eine Menge Musikinsti-
tute, an denen von dergleichen Dingen nicht die Rede ist.
Da werden die Meister aller Zeiten und Nationen eifrigst
tractirt; über ihre Stellung zu einander, zur Musik- und
Culturgeschichte aber verliert kein Mensch ein Wort. Das
hält man nicht für uöthig und doch fordert die Welt vom
Musiker heut’ zu Tage in erster Linie den gebildeten Men-
schen, namentlich den in der Wissenschaft und Geschichte
seiner Kunst wohlerfahrenen Künstler, und in zweiter erst
den pracliscben Musiker. Die Ramann-Voikmann'sche An-
stalt ist daher nach dem Titelblatte eine von den wenigen
rühmlichen Ausnahmen, und das ist gewiss sehr löblich.
Ref. ist auch fest davon überzeugt, dass die Hörer man-
nichfachen Gewinn aus diesen Vorträgen schöpfen werden,
da die Vortragende — nach dem Vorliegenden zu schlies-
sen — es gewiss versieht, durch glänzend klingende Ge-
danken und Wendungen einen Hörerkreis zu fesseln. Der-
gleichen Wendungen machen ober geschrieben auf einen
Leserkreis einen gänzlich anderen Eindruck.
„J. $. Bach beschliesst die Epoche dar Kirchenmusik,
seine Werke sind die goldene Kuppel ihres Domra, welche
dem Wanderer zurufl; Vollendet!" — „Bach’s Werke sind
die Apotheose des Dogma'«, die Händel'« der erste Pau-
kenschlag einer unbeschränkten Geisleswell". — ..Bach und
Händel! Ihre Nomen klingen an unser« Geist wie ossinn-
sche Heldengedichte". — „Verwachsen zu einem Doppel-
seitig, welcher den Geistesgehslt vieljährigen Ringens und
Gestallens auf dem Gebiete der Tonkunst in sich aufge-
noromen. werden ihre Werke hineintönen in alle Zukunft!"
— Das sind Ansprüche, die sich wohl nach etwas aohö-
ren, im Grunde aher nichts als hochtönende Phrasen sind,
die nur auf „empfindsame Leser" einen bestechenden Ein-
fluss ausüben können, und dergleichen De- und Exclamaüo-
nen sind eine ganz erkleckliche Menge in dem Werkchen.
Das Büchlein (heilt seinen Stoff in drei Absobnitte,
entsprechend dreien Vorträgen. Der erste Vortrag |S. 3 —
41) führt das Leben Bach'* und Händel'* in einer nicht
uninteressanten Parallele vorüber, ohne dass gerade etwas
Neues geboten würde. In dein zweiten Vortrage (S. 45 —
66) sollen zum vollständigen Erfassen der Bedeutung bei-
der Meister die musikalischen Formen in ihrem geschicht-
lichen und psychologischen Verhältnis* zur Kunst und zur
Glaubensidee betrachtet werden. Die Verfasserin sagt:
„Es sind das (die musikalischen Formen nämlich) die
Cullusformen der christlichen Kirche. Aber diese
Cullusformen gehen nicht neben derselben einher, sie sind
nicht ein golden Gewand zu fesseln die Sinne, nicht süss-
tönende Harmonien um die Gemüther zu stimmen zu an-
dachtsvollem Genuss, sie sind vielmehr der aus dem Gemüth
herausblühende Kern religiösen Glaubenslebens, welcher
sich enthüllt in verklärtester Sprache". — Das ist doch
wohl Phrase in schönster Blüthe. Nach einander werden
nun die Motette, der Gemeindegesaug, die Cantate, die Pas-
siou, die Messe und zum Schlüsse als eine Art von An-
hängsel das Oratorium betrachtet, dem letzteren aber eine
so unglückliche Stellung angewiesen, dass es nicht Fi*ch,
nicht Vogel, eigentlich eine höchst unklare Existenz M.
Im Allgemeinen ist auch hier nichts Neues geboten, es
müsste denn das sein, dass die Verfasserin die kirchlichen
Musikformen zu wirklichen Cultusformen der christlichen
Kirche erhebt. Desto mehr schiefe Anschauungen kommen
darin vor, mit denen sich der Musikhistoriker im wesentli-
chen nicht einverstanden erklären kann. Der drille Vortrag
endlich (S. 69 —87) liefert eine Charakteristik Bach'* und
Hfindel's, gleichsam eine Fortsetzung der Paralelle des er-
sten Vortrags.
Der zweite Vortrag ist weitaus der schwächste; der
erste und dritte sind nicht uninteressant geschrieben, abge-
sehen von der hezeichneten Phraseologie, die in eine solche
Art von Darstellung durchaus nicht hinein gehört, am al-
lerwenigsten aher, wenn ein Opusculum von kaum 80 klei-
nen Seiten mit solcher Prätension Auftritt, dass es sich auf
dem Titelblalte selbst eine Monographie nennt. Daraus
geht hervor, dass die Verfasserin keine Ahnung davon hat,
was eine Monographie eigentlich ist; es scheint ihr nur um
eio Titelwort mehr zu thun gewesen zu sein, das nun aber
hier auch nur als reine Phrase erscheint. Wenn sie aber
mit solchen Begriffen so um sich wirft, muss sie sich schon
gefallen lassen, dass man ihr Büchlein auch daraufhin
ansieht und es dann leider sehr enttäuscht schliessen muss.
Dem Ref. wäre ein angenehmerer Eindruck geworden,
wenn die Verfasserin statt der mächtig tönenden Gedanken
ihre Sorgfalt der „Vorbemerkung" hätte mehr zu gut kom-
men lassen. Die Recensenten haben nun einmal die fatale Ge-
wohnheit, zu ihrer besseren Orientirung in der Regel auch die
Vorreden zu studireo, und die hier mitgegebeoe ist nichts
weniger nU Vertrauen zu der „Monographie" erweckend.
Da liest mAn z. B.: „Diese Vorlesungen (auf dem Titel-
blatte waren es Vorträge) halten zunächst die Absicht, den
Meistern Bach und Händel das Verständnis* mei-
nes Publikums zu vermitteln." Also das Verstand-
niss de* Ramann’schen Publikums soll den Meistern Bach
und Händel vermittelt werden. Nicht übel! nachdem die
alten Herren schon über hundert Jahre im Grabe ruhen;
die Vermittlerin hätte samml ihrem Publikum doch hübsch
hundert Jahre früher kommen sollen. — Ferner soll „der
reichhaltige Stoff .... auf die Grundelemente
ihrer Wesenheit beschränkt werden. Abgesehen
von dem famosen Deutsch dürften die Grundelemente der
Wesenheit dieses Stoffes doch wohl auf dem Baume von
kaum 80 kleinen Seiten schwer zu zeichnen sein, wenn die Ver-
fasserin auch hinzufügt: „Es musste darum auch manches
von Andern bereits Gesagtes aufgenommen werden, um
27 *
220
verbunden mit den Resultaten eigener Betrachtung diese tu
ergänzen“. Von diesen eigenen Resultaten hat Bef. sehr
wenig entdecken können, es mOssten denn die angeführten
Tiraden oder die Standeserhöhung der kirchlichen Musik-
formen zu Cullusformen der christlichen Kirche sein. Und
wer sind die Andern, von denen Manches (?) hinzugezogen
werden musste?(!j Es sind C. H. Bitter (Bach), Fr. Chry-
sander (Händel), Brendel (Geschichte dar Musik) und Vi-
scher (Aeslhetik); also sind im Ganzen nur vier der neue-
ren literarischen Erscheinungen als „Quellen 4 ' genannt.
Wenn'Ref. auch seine aufrichtige Freude darüber aus-
spricht, dass in dem Ramalin- Volk mann’schen Institute ein
so rühriges und nachnhmungswerthes Streben herrscht, den
Schülern durch dergleichen Vorträge ein möglichst allseiti-
ges Verständnis* ihrer Kunst zu vermitteln, so ist er doch
weit entfernt davon, der sofortigen Veröffentlichung solcher
Vorträge das Wort zu reden; er ist beim besten Willen
nicht im Stande gewesen, die genügst« Veranlassung dazu
in dem Büchlein (ja Büchlein! trotz der „Monographie")
zu entdecken — au conlroire! Ref. glaubt aber der Ver-
fasserin schon auf einem himmelweit besseren Wege be-
gegnet zu sein und würde sich freuen, den im Allgemeinen
nicht angenehmen Eindruck dieser „Monographie“ recht
bald wieder durch etwas Besseres verwischt zu sehen.
W. Lackowitz.
Berlin.
/I e c u e.
Das Friedrich-Wilhelmstidtiache Theater, in Vorführung
von Novitäten wahrhall unermüdlich, brarhle am 2. Juli aber-
mals zwei musikalische Werkchen, welche günstige Aufnahme
fnr den. Nennen wir das bedeutendere — obgleich es die Vor-
stellung beschloss — zuerst; es ist eine einactige komische
Operette „Cartouche“. Herr Fellechoer, der Autor des Li-
bretto hat entschieden Geschick für den Genre* die kleioe Fabel,
io welcher der berüchtigte Spitzbube Cartouche iu Person agirl,
iat ganz unterhaltend, knapp gefasst und bietet dem Compooi-
ste d zur Ausbreitung hinreichende Gelegenheit. Oer Compooial,
Herr Heinrich Hofmann, früherer Schüler der Kullak'sehen
„Akademie der Tonkunst“, welcher zum ersten Male vor das
Theaterpublikum tritt, zeigt Talent und Fleiss; er schreibt me-
lodisch und sangbar, seine Instrument iruug ist gewählt und
nicht ohne feine Einzelheiten. Freilich besitzt Herr Hofmaon
auch noch die Fehler fast aller beginnenden BQhnen-Componi-
sten; er giebt hauptsächlich stets zu viel, die Kactur fast aller
Stücke dehnt sich sehr bald so sehr aus, dass sie schwer den
Schluss findet. Diesem Uebelstande ist jedoch bereits nach
der ersten Vorstellung abgehoben worden und das hübsche
Werk erscheint jetzt in gefälliger Abrundung. An ansprechen-
den Nummern ist keio Mangel und sie fanden denu auch die
lebhafteste Anerkennung, so dass schliesslich auch der Compo-
nist gerufen wurde. Fräulein von Rigäno, die sieh jedoch
vor zu tiefer Intonation zu hüten hat, Fräulein Koch, die Her-
ren Adolfi, Leszinsky, Schulz, Chor und Orchester gaben
durchweg Lobenswertes. Herr Hofmann hat in erfreulicher
Weise seine Karle abgegeben, wir hoffen ihn bald wieder zu
begrüssen. — Ein Liederspiel „Mignon“ von Mylius, Musik von
Bial ist mager im Libretto, so mager, dass der Titel in keiner
Weise gerechtfertigt erscheint. Herr Bial hat einige recht
melodiöse Nummern geliefert, die Anklang fanden und so das
Stückchen Über Wasser hielten. Fräulein Koch, die Herren
Mathias und Schulz sangen und spielten wirksam. — Of-
fenbach’s „Grossherzogin von Gerolstein 4 * errang, neu einstudirt,
den früheren Erfolg. Fräulein von Rigeoo wusste der Titel-
parthie ein ebenso natürliches als drastisches Relief zu verlei-
hen; der General Bum fand in Herrn Schulz einen stimmbe-
gabten und charakteristischen Darsteller; die Herren Adolfi und
Malhies wie Fräulein Koch lösten ihre Aufgaben in gewohn-
ter trefflicher Weise. — Durch den Urlaub des Fräulein Renom
mussten die Vorstellungen der Burleske „Toto“ — nachdem sie
34 Male bei vollem Hause gegeben war — unterbrochen wer-
den. Nach der Rückkehr der Sängerin dürfte die Burleske von
Neuem ihre Anziehungskraft bewähren. d. R.
Correspond enz.
Paris, 3. Juli.
Die Reprise des Meyerbeer’achen „Propheten“ fand vorigen
Montag io der Optra statt, und hatte im Ganzen einen glücklichen
Erfolg. Das Ensemble des Orchesters, der Chore und der Schlitt-
schuhläufer, — wie Allen, was im Bereiche der Dekorateure und
der Regisseure liegt, und zur mise en scene gebürt — zeugte
von grosser Pietät gegen den Meister, der dieses Werk vor 20
Jahren geschaffen. Die reichen Kräfte der Optra vereinten sich
zur gigantischen Wirkung. Die partie fälble der Vorstellung tag
in dem IlauptreprAscntanteu. Der Johann von Leyden des Herrn
Villa rot, war eine an sich corrcte, doch kalte, unpoetische,
von dem Phlegma desSpiessbdrgerthum's gelähmte Darstellung. Diese
ehrsame Rathsherrengeslalt staod im grellen Wiederspruche zu dem
von dem Geiste der Schwärmerei durchdrungenen Propheten.
Ueberdies hat die Stimme des Herrn Villaret weder intensive
Kraft noch Schönheit, mit einem gutturalen Beigeschmack. Sein
Vortrag ist farblos, und mahnt allzusehr an das Handwerksmäs-
sige, womit im Allgemeinen in Frankreich die musikalische Kunst
betrieben wird. Diese Musikarbeiter, mOgen sie Instrumentalisten
oder Sänger heissen, suchen mit ihrem „Metier“ nur recht viel
Geld zu verdienen, — wenn auch Poesie, Ausdruck, Inspiration
dabei verloren gehen. Dies der allgemeine Eindruck selbst der,
um die klassische Musik sonst so verdienstlichen Concerts-Popu-
laires, dies der Eindruck aus vielen Concerten der Pianisten und
Violinisten, und der meisten hiesigen Gesangs- Vorführungen.
Zum Teufel ist der Spiritus, das Phlegma ist geblieben. Bei die-
ser Propbeten-Reprise begab sich Überdies als traurige Gewissheit,
dass die Pariser grosse Oper keinen ersteu Tenor bat. Ein Ander,
ein Niemana, ein Wachtel, ein Sontheim, das sind hier
zur Stuudo unbekannte Erscheinungen, — wenn auch früher,
iu der Blüthezeit Meyerbeer's, es io dieser Richtung besser be-
stellt war. — Die Fides, in welcher Parthie sich ehedem dio
Viardot auszeichnete, fand in Frau Gueyinard nur zum Theil
eine gelungene Interpretation. Vornehmlich in der Kirchenscene
machte sich der Mangel an Kraft ihres Orgaues nach der Tiefe
hin bemerkbar. Mit mehr dramatischer Verve, doch etwas zu
grell abstehend, kamen die höheren Parthie-Theile zur Geltung.
Deui Fräulein Mauduit (Bertha) wäre mehr Moderation zu wün-
schen. Sohreien heisst nicht singen. — ln der Opära comique
stellen mehrere Novitäten bevor, eine komische Oper von Maülart,
die Oper „Paul et Virginie“ von Maas* und eine Oper von Mermet,
dem Autor des „Roland“. Dieselbe betitelt sich „Jeanne d'Arc“,
und wird Anfangs des nächsten Jahres in Scene geben. — Fili-
cien David componirt zur Eröffnung der neuen Academie impe-
riale de Musique eine Oper, betitelt „Les nuptires d'Eleusis“. Da
die Eröffnung der neuen Opöra noch selbst ein Mysterium ist, so
wollen wir vorläufig zugestehen, dass der Titel glücklich gewählt
erscheint Möge es uns nur nicht dann ergehen, wie dem Jüng-
ling vor dem verschleierten Bilde von Sais, wo mit dem Auf-
decken des Schleiers auch seines Lebens Heiterkeit dahin war.
— Der Sänger Monjauze, Tenor des Theätre lyrique, und be-
kannt durch seinen Heroismus, womit er fünf und zwanzig Mal
221
deo Rienri reprfisentirte , hatte das Unglück, sich den Arm zu
brechen. Mau hofR jedoch dessen gründliche Heilung bis zu
den nächsten Rienzl-Sehisehten. — Dass sich Sänger mit Wagner
den Hals gebrochen, ist schon öfter vorgekommen. A, v. Cx.
Vieser Mysikreminiscenien.
VI.
Ende Juni.
„Sardaoapal“ (Ballet von Tagfini). — Alte* und Neues Opernhaus. - PrZuleln
PsumgaHner und Prtatefo LOsrher- - Herr Pochh and Herr Pirk. — Soromsrtle.
dartefel. - Friuieia Bens«. — Proieta Uerbeck-KlHtcr.
Die getanzte Apotheose der Wollust — mit dem Theater-
oamen „Sardanapal“ — grosses Ballet von Paul Tagliotii
— beherrscht denn auch bei uns die Residenz uud Umgebun-
gen. — Sie keunen das Ballet , da es Berliner Herkunft, des
genauen und mit Ihnen wohl auch die meisten Ihrer Leser!
Ich darf mir also die Erzählung der Handlung des Werke» er-
sparen. „Sardanapal“ als Ballet ist im Stoff nicht interessant.
Das choreographische, poetische und gcwisserinaasseu dramati-
sche Interesse ist mit dem ersten und Ihrilweise zweiten Act
so sehr absorbirt, dass die zweite Hälfte als reiner Ballast hiii-
geoommen werden muss. Aber es giebl hier so viel zu schauen
in Farben, Gewändern, Decorationen, Massenbewegungen ....
dass wohl die Meisten hinziehen, um an die hundert springenden
Balltriuen zu schauen. Die Oberpriesterin dieser Baccha-
nalien Fräulein Wilhelmiue Salvioni weiss, wie keine Zweite,
was ihres Berufs und Mattel die Favorilsclaviu Myrrha mit deo
brennendsten Farben aus. Dass eio so gewandter Meister aei-
uea Faches, Hr. Taghoni, auch noch dermal, bei ao ziemlicher
Erschöpfung der Ballelzugkrfille, immerhin Verschiedenes, was den
Reiz der Neuheit besitzt, beibringl, muss anerkannt werden; dahin
gehört z. B. die Orgie dans de» tcAarpe» au rtfitl dt» lumieretu.». w.
Das Ballet „Sardanapal“ hat, um das Resultat zu pröcisiren,
am eraten Abende durch das sinnliche Blendwerk, durch die
ungeheueren Massenbewegungen, durch die verschwenderische
Pracht der Ausstattung, durch den ganzen scenischen Aparat
überrascht, und bis die Neugierde Wiens gespeist, bis die Masse
hunderttausender von Fremdem befriedigt — da mag es der
Wiederholungen die Dutzende geben und in so fern ist dem
jüngsten Opus des berühmten Meisters eioe längere Lebensdauer
zuzusprecheu. Einen nachhaltigen Effect für die Länge, w ie ihn
z. B. desselben Tagliooi vortreffliche ,, Snlanelln “ , „Flick uud
Flock“ hier behaupten, möchte ich dem assyrischen König
Sordanapal kaum zumuthen. Dermal ist jede Wiederholung
dreimal die Woche bei gepresst vollem Hause vor sich gegan-
gen. Dia Billetagiotage treibt ihre kecksten Sprösslinge, die
Besucher kommet! aus den Provinzen heran und Herr Taglioni
freut sich des Sieges und wohl auch des ganz anständigen Ho-
norars, wie es wohl mancher Ukhligo Poel sein Lebelang in
Deutschland nicht einetrich!
Vorsichtig und leise Obersiedelt nunmehr die Oper aus dem
altem in das neue Haus; mail muss sagen, mit Glück uud Ge-
schick. Die Vorstellungen finden abwechselnd hier wie dort
statt. Nebst dem „Don Jüan“ kam bisher „Die Stumme von
Portici", „Romeo und Julie“, „Fidelio“ und allerjüngstens
„Wilhelm Teil“ an die Reihe. Man muss deu decoraliven und
auch zum Theil den CoslÜm-Ausstatlungen Anerkennung ange-
deihen lassen; es ist in Allem ein Reichthum, eine Pracht, die
das kaiserliche Institut würdig reprösentirt. Mit dem 15. Juli
beginnen die Hofoperntheaterferien, die bis Ende August dauern.
Da soll denn noch Manches und Vieles im neuen Hause gebes-
sert werden, dem wir das beste Gelingen anwünschen.
Vier Theatergftste hab’ ich heule zur Kenntnis» zu bringen,
die sieh mit mehr und weniger Glück in unseren Hofopern be-
wegen. Den Reigen mit den Damen beginnend, nenne ich zu-
nächst Fräulein Pa umgart ner vom Darmstädter Hoftheater.
Die junge Dame, eine geborne Gmundnerin, die Tochter des
dortigen Ober-Landesgerichls-Ralhs Paumgartner erhielt ihre musi-
kalische Ausbildung im Wiener Cooeervatorium, dann bei Frl. B o c h -
kolz-Falconi, Hrn. Dessoff und Pauiine Gare ia. Wie man
sieht, etwas bunte Elemente. Frl. Paumgertner bat an ihrer heimi-
schen Bühne eine recht hübsche Stellung und sie ist auch eine
fähige, begabte Sängerin. Aber für das tragische Fach und
vor allem für die Wiener Dimensionen eignet sich das sehnlich-
liehe, zierliche Mädchen weniger. Sie hat eiu weiches, bieg-
sames, sympathisches Organ und würde eis Gretcheo mehr
reussirt haben, gäbe sie sich einer gewissen larmoyanten Manier
weniger hin. Trotz unserer Ehim, die, voll Feuer und entschie-
denem Temperament, fand mdess Fräulein Paumgartner im
Publikum wohlwollende Aufnahme.
Der zweite Gast ist ein Wiener Kind, Fräulein Maria Lö-
scher, dis einige Zeit in Lemberg sich versuchte (hauptsäch-
lich als Herzogin von Gerolstein) und die in der abgelaufenen
Coocertaaison hier uud dort mit Liedervorträgen sich dem Wie-
ner Publikum vorstellle. Die Resultate der Lieder waren damals
durchaus nicht glänzend; wohl aber erkannte man durchweg
die schönen natürlichen Stimmittel des Fräuleins, die freilich
bisher nur wild gewachsen. Inzwischen hstle das junge hübsche
Mädchen — anbei gesagt, von beinahe zu herausfordernder, üppiger
Erscheinung — sich umgethan iu sanglichen Studien und hat
so manches beseitigt und manches nngebahnt, was für ihr«
Carri&re von Belang! Frl. Löscher genoss der Vergünstigung, m
unserer Hofoper als Siebei eich versuchen zu dürfen, und das
Experiment missglückte nicht Es war ein sehr degngirter Sie-
bei und wir haben Hoffnung Tür das junge Mädchen, dessen
Stimme, wie gesagt, von edlem Timbre und von gesunder Farbe.
Sie geniesst guter Lehruutbrwcisuug und wir untorslQizeo gern
ihren guten Muth.
Zwei HerreD gaslirten ferner, ein Doctor der Philosophie
und Mitglied des Darmstädter Hoflheater Hans Pockh, ein
Basso profundo. Auch ein Oesterreicher, Musiknntensoho aus
Rötz (dem berühmten Weinbauorte); der zweite, von Berchtes-
gaden Herr Pirk, bescheidener Tenor aus Hannover, wo er
Herrn Guns zuweilen vertrat. Herr Pirk trat zweimal auf und
ist bereits bei uns engagirl für zweite und dritte Parthieen. Er
ist solcher Steilung gewachsen, von guter musikalischer Bildung
und erwarb sich rasch die Zustimmung unseres Publikums.
Energie im Spiel ist leider seine Sache nicht. Herr Pockh,
ein Baas von stärkstem Caliber, er besitzt das Contra (hat na-
türliches Talent, dabei Jugend, eine gewisse naturwüchsige
Freudigkeit für semen aus freier Slimmung ergriffenen Stand;
endlich hat er Humor. In manchen Richtungen fehlt es ihm
jedoch an dem gewissen ordnenden Bewusstsein und dem edlen
Maas» in den Dingen, was zunächst gute Beispiele herbeiführen
können. Seine beste Rolle war Fallslaff, schwächer der Rocco,
nrn schwächsten endlich Marcell. Eine arge Heiterkeit
slörle seine Leistung in den „Hugenotten“. Das Gastspiel des
Herrn Pockh war auf drei Abende berechnet, findet aber noch
eine Verlängerung; es heisst, man wolle den Gast hier feslhal-
len, nun seine Stimme ist jung und frisch und bildungsfähig.
Wir könnten den Mann hier brauchen. — Ich kehre noch einmal
auf das Theater zurück. Wie zuerst der „Don Juan“ bei uns
in doppelter Besetzung gegeben wurde, ao neuesten» der „Teil“.
Am ersten Abend: Herr v. Bignio, Müller, Fräulein v. Ra-
batiusky, — am zweiten: Beek, Walter, Dustman. Für
beide Linien Enthusiasten! — Nicht verschweigen mag ich aber
auch die Vorstellung des „Freischütz“, unbedingt die schlech-
teste, die das Werk hier je erlebt. Es wer ein b ähnliches
Aergerniss; man hatte lauter Kräfte »weiter und dritter Claase
Ausgesucht; darunter auch den harmlosen, neu engagirten Pirk,
der den Max singen musste!!! Der Gast Fräulein Paumgartner
(Agathe) litt uoler der Umgebung empfindlich und war zum
lleberflusa selbst indisponirt. . .
Die Concerte abgeschlossenen Calibers, der orchestralen
Leistungen, verstummten im Juni, wie es denn jetzt mählig und
mählig stille wird in Sang und Klang, de»s sich erfreut die
heuer halb todt geheizte Kritik. Anmuthige Lebenszeichen ge*
ben bei uns nun mehr die Singvereine, die Sommerliedertefeln;
der akademische Gesangverein beging erst neulich in den Lo-
caliläten der Gartenbaugesellscheft ein sehr amQsAntes Abend*
fest. Der Chormeiater Herr Dr. Kyrie h und Herr Engels-
berg, der humoristische Komponist (recte Dr. und wirklicher
Ministerin! - Sectionsratli Sch An), ernteten abermals vielen
Beifall mit ihren Choren und Liedern. Bei Schwender in
Hielzing gnb's ein Gutenbergfest, dabei au die 30 geladenen Ge*
sangvereine. Viel Anklang landen die cunverlirlcn Staatstinze
von Suppe unter Prof. Stoiber's Leitung.
Ein sehr interessanter Flüchtling weilt in unsern Mauern,
FrAulein Benza, vielbesprochenen Namens, durch ihre Flucht*
affaire nach Mailand in aller Welt bekannt, lange in undurch-
dringliches Dunkel gehüllt, dann plötzlich au italienischen
Opernliimmel meteorisch aufstrnhlend, scheint denn doch wie-
der Wien sich zuneigen zu wollen. Ich habe sie geschaut
und gesprochen, die kleine, kurze, dralle, sehr appetitliche Un-
garin, sie und ihren Herrn Papa, früher BassbufTo in Pest,
danu Gastwirth in Ofen; ein gewandtes, kluges Männchen,
hinter blauer Brillo hervorlugend mit den verschmitzten Augen.
Vater und Tochter sind im Moment in Baden zum Kurgebrauch,
vielleicht aber bei der notorischen Gesundheit beider, behufs Ab-
wickelung der Pactirungen, wegen einem Arrangement der
Differenzen, der Pönalien, wegen Wiederpladrung. FrAulein
Benza hat hier ausserordentliche Sympathien und betritt sie bei
uns die Bretter, ist alles verziehen und vergessen. Hat das
FrAulein aber auch eine herrliche Stimme, eioe elastische«
kröfiige Natur, wie erschloss sich gerade zur Stunde der Flueht
ihr dramatisches Talent. Wir plaidiren auf das Entschiedenste
für FrAulein Benza!
Nachschrift. Ich kann es mir nicht versagen, Ihnen noch
mit ein paer Worten von dem seltenen Erfolg zu melden, den
FrAulein Leonore Hahn, vom Hamburger Theater kommend,
eine geborene Wienerin, ah Gounod'sclie Margarethe gestern
am 2. Juli erreichte. So hübsch, so schöner Mezzosopran,
sanglich so wohl gebildet, hat das FrAulein drei Eigenschaf-
ten, die ihr eine glänzende Zukunft bereiten dürften. FrAuleio
Hahn soll, wie verlautet, hier in Engagement treten; das gib«
ernste Concurrenz für manche unserer Künstlerinnen. FrAulein
Hahn gehört der Böhne kaum zwei Jahre an; ihre Gastrolle
spricht darum in der Thal für eine ganz ausnehmende künst-
lerische Eignung!
Der io meinen früheren Episteln zur Sprache gebrachte
gerichtliche Streithandei zwischen Hrn. Hofkapellmeisler Her-
beck uud dem Cellisten Ferri Kletzer, wegen unterbroche-
ner Orchesterdirection des Enteren in Folge Tacthaltensun-
fihigkeit des Zweiten, wurde bisher noch nicht ausgekocht.
Man ist sehr gespannt, ob Kletzer dem Dirigenten Herbeck die
100 11. Honorar als Dirigent zahlen müssen wird, oder nicht?
seiner Zeit die Resultate. Carillon.
Feuilleton.
Musikalische Aphorismen.
IV.
Wenn im Paulus voo Mendelssohn die erste Begeisterung
der Jugend sich spiegelt, so ist der Elias der höchste künstlerische
Ausdruck des reifen Maonesalters des Tondichters. Paulus ist,
in Uebereinstimmung hiermit, wie es der Jugend eigen ist, voo
einer mehr subjecliven Empfindung getragen. Der Künstler
stellt in der Wandlung des Saulus aus dem glaubeoseifrigen
Israeliten in den gottbegeislerlen Christen ein Drama jener io-
neren Welt dar, das Jeder in der eigenen Brust erlebt. Der
Elias dagegen ist durch und durch nbjectiv. Die Gestalten de«
gewaltigen Propheten selber, der Königin, der Wittwe, des
Knaben, nicht weniger die Volksgruppen der Israeliten und der
AnhAnger der Baalspriester, treten mit wahrhaft plastischer
Deutlichkeit aus dem grossen Bilde hervor, das der Tondichter
vor unseren Augen entstehen lässt. Sehr schön ist auch der
Gegensatz zwischen dieser realen und der in die Geschicke der
Menschen eingreifenden überirdischen Welt gehalten. So dra-
matisch und energisch Scenen, wie die zwischen der Königin,
dem Volke und Elias, oder die gross» Feuer- und Wasserscene
am Schlüsse des ersten Theils gehalten sind, so verklärt und
überirdisch heben sich dagegen Nummern wie das Doppel-
Quartett der Engel oder der drei Engelstimmen in dem reiten-
den a caprfta Terzett ab.
V.
Wenn wir unter den Händel’schen Oratorien eines als die
Krone aller bezeichnen sollten, so wäre es „Israel in Aegypten“, das
auch bezüglich streng gebundener Stimmführung und klassisch
begrenzter künstlerischer Form, mit denen es Händel aus einer
gewissen genialen Grossarligkeit nicht immer so genau nimmt, obeo
an steht. In keinem anderen seiner Werke liegt der Schwer-
punkt in so völlig überwiegender Weise in den Chören, die
zum grösseren Theil achtstimmig geschrieben sind. Wir nennen
darunter als die gewaltigsten Chor No. 2: „Und es seufzte Israel
schwer“, No. 6: „Er sprach das Wort und es kam von Fliegeo
ein Heer“, No. 7: „Feu’r mit dem Hagel fiel herab“, No. 15:
„Das Ross und den Reiter hat er gestürzt io das Meer“ u. s. w.
Unerreicht ist die ebenso sehr innerliche wie iuaserliche musi-
kalische Malerei in den ChöreD: „Da ward dicke Finsternis«
in dem ganzen Land“ und „Dia Fluth stand aufrecht Mauern
gleich“, oder: „Er schlug jeden Erstling Aegypteos“. — In
der ergreifenden musikalischen Schilderung der Majestät, Gewalt
und Grösse des Oceaos, der hier bald wie ein Abbild der Unendlich-
keit des Ewigen, bald wie der furchtbare Diener seiner Allmacht
vom Tondichter aufgefasst und dargestellt wird, empfinden wir
zugleich, dass unserem grossen Landsmann«, als einem lang-
jährigen Bewohner der angelsächsischen Insel, die Wunder und
Wirkungen der See aus eigener Anschauung und eigenen Erleb-
nissen bekannt und vertraut geworden E. Naumann.
Journal-Revue.
Die Monatshefte für Musikgeschichte 7. und 8. nind Ausscrst
interessant; sie enthalten die „Tabulaturen etlicher lobgesang
und liedleio ufT die orgeln und lauten“ von Arnold Schlick dein
Jüngeren, welche Herr B. Eitner in moderner Notation nebst
Einleitung herausgegebeu bat. — Ailgem. Musikztg.: Wilhelm v.
Humboldt über die Bedeutung der Tonkunst und ihre Pflege
durch den Staat. — Die Neue Ztachft f. Musik schliesst den Ar-
tikel „Gesetze und poetische Licenzen" etc. — Die Signale setzen
I
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223
ihr Musikadressbuch (Wien) fort — Die Süddeutsche Muaikztg.
bespricht u. A. Ramaun’a Monographie „Bach und HAndel“. —
Die französischen Ztgen. enthalten nur Locales.
Nachrichten.
Berlin. Se. Majestät der König hat Herrn Musikdirektor
B. Bilse den Kronen-Orden 3. Klasse verliehen.
— ln der kommenden Woche wird der Kapellmeister de«
Königl. SAchs. Garde-Reiterregiments, Herr Friedr. Wagner aus
Dresden, dessen Concerte auf der Brflhl'schen Terrasse grosse
Anziehungskraft ausQben, mit seinem Corps hier eine Reihe von
Concerteu geben. Wagner selbst ist Virtuos auf der Trompetine,
er besitzt auf diesem kleinen Instrument eine meisterhafte Tech-
nik und weisa demselben durch vortrefflich geschulten und
scharfen Ansatz die verschiedensten Klangfirbungco zu entlocken.
Darnstedt. Eine National-Oper „Theodor Körner“ von
Weissheimer, ist definitiv vom hiesigen Hofthealer zur AuffAhrung
angenommen und wird in nächster Saison in glAozender Aus-
stattung in Scene gehen.
Posen. B— r. — Juni. — Die hiesige Sommcropcrnaaison
liees sich Anfangs sehr ungünstig an; das Personal för die Ope-
rette war zum Theil unzureichend und ungenügend, so dass wir
erst nach langem Warten, nachdem die bereits engagirte SAngerin
Fr Aulein Rosa Schaefer, noch ehe sie aufgetreten war, in selbst-
eigener Anerkennung ihres Unvermögens daa Feld ohne Abmel-
dung geräumt hatte, auf der Sommerbühne einer Operette begeg-
net sind. Das Saiaontheater steht wie das Wintertheater unter
Herrn Director Sehwemer'a Leitung. Nachdem die Binder'scbe
TnunbAuser- Parodie über die Bretter gegangen, ward uns die
grosse Freude zu Theil, Ihre mit Recht berühmte Soubrette, FrAulein
Lina Mayr, die wohl nur auf vorübergehende Zeit die Berliner
verlassen bat, als hiesigen Gast zu begrösseu. Ein Gast-
spiel einer so hervorragenden Residenzsoubrette, die mit ihren
Coltegen auf das Exacleste eingespielt, und gewöhnt ist, dass die-
selben jeder neuen Nuancirung folgen, hat in der Provinz sein
Missliches. Die heimischen Mitglieder können sich nur mit Mühe
in die Manieren de« Gaale« hineinflnden, daiu kommen viele
Proben, welche unmuthig machen, und was da weiter noch fdr
Unannehmlichkeiten mitwirken. Trotzdem hat FrAulein Lina Mayr
hier brillant durchgeschlagen. Ihre Darstellung der Gabriele,
schöne Helena und Boulotte brauche ich ihnen nicht zu schildern,
nur erwAbncn will ich, dass sie vor ausverkaufteu Häusern auf-
gelreten und auch hier begeisterte Verehrer und Freunde mit
ihrem Alle« besiegenden Humor gewonnen bat. FrAulein Mayr
ist von hier zu Gastspielen nach Bromberg gereist. — Der Gesang-
verein für kirchliche Musik (Clemens Schoen) bat in diesem Jahre
zum ersten Male den Versuch gemacht, vor Beginn seiner übli-
chen Sommerferien (nach dem Vorbilde Ihres Stern’schen Ge-
sangvereinst eine gemeinschaftliche Partie in'a Freie zu machen,
und batte dazu den sogenannten Vieloriapark gewAblt. Wie in
diesem Sommer nun freilich fast Alles verregnet, so wurde such
hier gegen Abend das Wetter höchst ungünstig, doch hatten sich
die SAnger dadurch nicht allzusehr stören lassen, sondern fuhren
getrost fort, sich und den zahlreich versammelten Zuhörerkreis
durch Gesinge von Mendelssohn, Reinecke und A. zu erfreuen.
Ja selbst die Ouvertüre zur „Zauberflöle“ für Mfinnercbor(l) arran-
girt, wurde zu Gehör gebracht uud rief eine mehr drastische als
künstlerische Wirkung hervor.
Stettin. Dem Kapellmeister C. Kossmaly, der sich um
die Pflege der klassischen Musik in hiesiger Stadt nach dem Vor-
gänge Löwe's und OelschlAger s besondere Verdienste erworben
bst, ist das Prädikat „Königl. Musik-Direktor“ verliehen worden.
Stuttgart. Am 35. Juni führte der Verein für „klassische
Kirchenmusik“ Händel « „Judas Msccabäus“ auf. Die Soli sangen
die Damen Marlow und Marschalk und die Herren Jäger
und Schütky.
Weimar. Vergangene Woche wurde unsern Musikfreunden
der seltene Genuss einer Aufführung der Bach'schen MatthAus-
Paasion zu Theil, welche zum Besten des in Eisenach zu errich-
tenden Bach-Denkmals vom Direktor der hiesigen Singakademie,
Herrn Prof. M Oller-Hartuug, veranstaltet worden war. Die
Voeal-Soli batten rObmlichst bekannte GesangskrARe: die Herren
Wolters, v. Milde, FrAulein Schmidt, Frau v. Milde etc. über-
nommen. Die Chöre waren aus den vereinigten Kräften der
Singacademie, des weimarischen Kirchenchors und de« Jena'schen
Akademischen Gesangvereins gebildet Die Orgelpartbie spielte
Herr Musikdirektor Dr. Naumaun aus Jena. Die Geaauinitsuf-
Führung von Herrn Prof. Müller-Hartung, mit Kraft und Umsicht
dirigirt, und von den verschiedenen Kräften exsct und wirksam
zu Gehör gebracht Hess nur wenig zu wünseben übrig, so dass
die erhabene Schönheit dieses oratoriseben Meisterwerks, dem
alle Räume der ziemlich grossen Kirche dicht erfüllenden Audi-
toriums, zum vollen Bewusstsein kommen konnte. Die Auffüh-
rung wurde am Tage nachher in Jena zum gleichen patriotisebeu
Zweck (J. S. Bach war bekanntlich io Eisenach geboren uud
längere Zeit Hoforganist in Weimar) wiederholt uud soll auch
dort allgemeine Theiluabme gefunden haben. Der Reinertrag der
weimarischen Aufführung allein betrug circa 400 Tblr.
Wien. Mit „Sardauapal“ ist in 7 Vorstellungen eine Einnahme
von beinahe 38,000 fl. erzielt worden. In der nächsten Zeit kom-
men von Balletten des Herrn Taglioni in Bologna und Venedig
„Leonida“, in Mailand „Morgauo“ und „Don Parasol“, in Triest
„Don Parasol“ und „Sardanapal“, zur Aufführung. Ausserdem
unterhandelt Herr Taglioni soeben auch mit der grossen Oper in
Paris wegen der Insceneeetzung eines neuen Balletes.
London , 3. Juli. Das interessanteste Concert der Saison wsr
unstreitig das von der Königin zu Ehren des Vice-Köuigs von
Egypten befohlene, welches im Buckingham-Palast stattfand. Die
Namen der MHwirkeoden konnten keine berühmteren sein. Ich
erwähne von ihnen die Damen Nilsson, Patti, Trebelli, Mou-
belli und die Herren Bettini und Santley. Chor und Or-
chester, 160 Ausführeude, hatte man aus der italienischen Oper,
der Philharmonischen Gesellschaft und der Gesellschaft für Kir-
chenmusik rekrutirt. Das Programm war ein ganz unbedeuten-
de«. - Die 2te dem Vicekönig gegebene musikalische Aufführung
fand am 29. Juni im Cristallpallaste statt. Es war ein Monstra-
Concert, bei welchem über 3000 Musiker wirkten und über 30,000
Beeucher anwesend waren. — Joseph Ascher, der bekaonte
Saloncomponiat, iat im Alter von 39 Jahren hier gestorben.
— Benedict s stattgehabtes Concert batte einen glänzenden Erfolg.
Es dauerte nicht lAnger als 5j Stunde. An der Ausführung des
Riesen-Programms hatten sich sämmtliche künstlerische Gelehrt-
täten Londons beiheiligt. Ueber die vorgeführten Stücke ist we-
nig zu sagen; die Fragmente einer Vlolio-Sonsle von Benedict,
welche der Autor mit Frau Norinan-Neruda spielte, erwiesen
sieb als gut gearbeitete Musikstücke. H— t.
Rotterdam. Das Musikfest der Gesellschaft „Zur Beförde-
rung der Tonkunst“ hat am 35. und 96. Juni stattgefunden. Am
ersten Tag kam HAndel's „Samson“ zur Aufführung. Die Aus-
führung war eine ganz vortreffliche. Die Soli, in dea Hin-
deu der Damen Lemmene-Sherrington und Schreck sowie
der Herren Dr. Guns und Hill, gelaugten zur vollsten Geltung.
Der zweite Tag wurde eröffnet mit Mendelssohn s Pauius-Ouverture,
welcher desselben Meisters Fragmente dea unvollendeten Orato-
rium« „Christus“ folgten; letztere kamen hier zum ersten Male
224
xu Gehör. Fräulein Schreck seng Handels schöne Arie „Heilig,
heilig** mit versländnissvoller Auffassung und schöner Stimme;
nur die Ausführung der Triller Hess zu wünschen übrig. Das
Beelhoven'sche Violinconccrt fand in Herrn Ludwig Straus ei-
nen trefflichen Interpreten« der vom Orchester brav unterstützt,
das herrliche Werk vorzüglich wiedergab. Frau Lemmeoa und
Herr Dr. Gunz sangen ferner Arien von Bach und Gluck. Die
düster, leidenschaftlich gehaltene Ouvertüre zu „Medoa“ von BargieJ
schloss die erste Ablheilung. Diez weite begann mit einer Fest-Compo-
sition fürSoliund Chor (zur Enthüllung von Voudel'sStaudbild in Am-
sterdam geschrieben) von Verhütet Das Werk, unter Direction dea
Componteten schwungvoll aus ge fuhrt, wurde warm aufgenommen.
In unserem Verlage ist soeben erschiene» :
A. W. Vottscliali('* Repertorium tftr Orgel, Her-
uioniutn oder Pedal-Flügel. Bearbeitet unter Revision und mit
Beiträgen von
Franz Liszt.
Heft 1. Harb. J. 8. a) Einleitung und Fuge a. d.
Motette: „Ich hatte viel Bekünimerniss“, h) An-
dante „Aus tiefer Noth“, übertragen v. F. Liszt
Heft 2. Barh, J. 9. a) Präludium, bj Thema uud
Variatiou, c) Adagio aus eiuer Violinsonale, dl
Präludium und Fuge, ej Oriandus Lsssus, Regina
coeli
Heit 3. Beethoven, L. van. Andante aus der C-
moll-Sinfonie *
Heft 4. Beethoven, L. van. a) Largo aus der So-
nate Op. S, No. 2, b) „Bitten“, geistliches Lied aus
Op. 32, o) Andante und Variationen aus Op. 109
Heft ö. Chopin, Fr. a) TrAuermarseh aus Op. 36,
b) Prälude No. 4, aus Op. 28, c) Prälude No. 9,
aus Op. 28, dt Prälude No. 20, aus Op. 28, e) Not-
turno No. 3, aus Op. 16 ♦
Heft 6. Händel, O. F. Hallclujah! Schluss-Chor
aus dem Messias „10 Ngr.
Heft 7. Liszt, Frans. Eiuleitung, Fuge und Mag-
nificat a. d. Symphonie zu Dante's Divina Comedia „ 17) Ngr.
Heft 8. Liszt, Frans, a) Andante religioso, bj F.
.HendeliMOhn-Barlholdy, Andante (Der Abend-
segen) „10 Ngr.
Heft 9. Mozart, W. A. a) Einleitung, b) Andante
aus der F-moll-Fantasie 124 Ngr.
lieft 10. Raff, Joachim, a) Winterruhe, b) Canon,
ci Gelübde, d) Fern, aus Op. 66 124 Ngr.
Heft 11. Bcbubert, Fraos. a) Litanei atn Feste aller
Seelen, b| Geistliches Lied: Vom Mitleiden Mariä,
e) Geistliches Lied: Das Marienbild „74 Ngr.
lieft 12. Weber, C. Jl. v. luga. Hummel, IV.
Fughetta und Andante. Npobr, L. Einleitung
und Schluss-Chor „20 Ngr.
Leipzig & New-York. J. Schuberlb A Ca.
In unserm Verlage erscheint nächstens mit Eigenthumarecht :
Fflnlte grosse Sonate
für Pianoforte und Violine
von
mmm mtv*
Op. 145.
J. Schubert h 4 * Co.
Leipzig A New-York.
Es folgten nun noch .Solovorträge der Herren Lange, Sike-
meier, Hill, Straus, sowie der Frau Lemmene. Ein Chor
aus „Samson“ beschloss das schöne Fest. Die Solisten wurden
mit lebhaftem Beifall» ausgezeichnet, nicht minder die Herren
Verhulst und Bargiel. Letztoren, der die Leitung des Festes
übernommeu und in so verdienstlicher Weise durchgefübrt hatte,
überschüttete man mit einem wahren Blumeuregen.
Petersburg. Rossini's Messe solenuelle wird hier von Herrn
Vianesi nächsten Winter zur Aufführung gebracht werden.
Merelli hat das Aufführungs-Recht dieses Werkes für Warschau
und Moskau erworben.
Unter Verantwortlichkeit vou E. Bock.
Euipfelilcnswertlie Coniposilionen aus dein Verlage
von B<l. Bote & Bock (K. Bork» in Berlin
für das Pianoforte zu 4 Münden.
TMr. S,,.
Anher. 0. F. E. Ouvertüre „Der erste GlOokstag . . — 20
Bitte. B. Op. 20. Schlesische Lieder — 15
— Op. 28. Die Fürstensteiner, Walzer-Tongemäide . , 15
Brunner, C. T. Op. 465. 3 Sonatinen im leichten io-
»tructiven Styl. No. 1. G, No. 2 F, No. 3 D . . ä —15
— Op. 470. Duo über Motive der Afrikancriu .... — 25
C'oorndi, A. Op. 59. Musikalische Reise durch Eu-
ropa 1 —
— Op. 111. Offcnbachiana 1 —
Dobrzynakl, J. P. Op. 48. Resignation * 17|
Dorn. H. Op. 97. Erinnerung an der Königin Wein-
berg. Thema und Variationen 1 —
Dornherkter, R. Op. 8. Impromptu en forme de Ma-
zourka . 17)
Ganz, W Grand Duo sur 1' Opera GuUlaume Teil de
Rossini . . 1 10
Gounod, C. Faust, Oper, volteh Clavierauszug ... 9 —
Gnngl, Josef SämmtlicheTAnze ä 74— — 20
Lhzt, Fr. Valse de l’opära Faust ........ 16
LAsebhora, A. Op. 86. 15 vierhändg. Clavierstücke.
Heft 1-3 ...... A — 15
Meyerbeer, G. Die Afrikanerin. Oper.
Clavierauszug .... 10 —
Ouvertüre — 15
ladiecher Marach 15
Religiöser Marsch — 17)
8 Potpourris A 1 —
OfTenhnrh. J. Potpourri aus Pariser Leben .... — 27)
— Potpourri aus der Grossherzogin von Gerolstein . . — 25
Rummel, J. Robinson Crtisoä, de 1. Offenbach. Duo A
quatre niains — 20
Rnbinateln, A. Ouvertüre zu DimHri Donskoi ... 1 10
— Contredause aus Le bal. Op. 14 ....... . 15
— Valse do. 1
— Polka do. — 90
— Galop do. — 25
— Op, 79. Iwan der Grausame, musikal. Charakterbild 2 —
Sehlnttmann, L. Ouvertüre zu „Romeo und Julie“ . . — 25
Stiehl, H. Op. 56. Aquarellen, Heft 1 — 20
Heft 2 — 224
Taubert. W r . Op. 146. Geburtstags-Marsch . ... — 27|
— Op. 166. Sieges* und Festmarsch — 90
Ulrich, II. Op. 6. Sinfonie in H-raoll 2 10
WAertit, Richard. Op. 50. Variationen über ein Origi-
thema — 15
— Ein Mährchen, Phantasieslüok, arr . 1 12)
Pr. 20 Ngr.
„ 25 Ngr.
„ 15 Ngr.
„ 174 Ngr.
Vertag von 14. Bote h 6. Bock (1. Beek), Königl. Hofmusikhandlung in Berlin, Französische Str. 33«. und l'. d. Linden No. 27.
t'rock r*» C. K. Berits. Unter den Unden No JO
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XXIII. Jahrgang M 28.
Vihi dieser mcbiial »OrlwiMlieh
eine Nummer.
14. Juli 18(19.
Zu beziehen durch r
WlfcH. S^lu. llMlin|[«r, (
PARIS. Brandue «fc Dufour.
10KD01I. 1»v eil», Ewer Ar Co »V Co
St PETERSBURG M MuAiM
STOCKHOLM- vi.., m,«i
NEUE
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nzw-iun». t JofdeBf ^ M -r i rni
BARCELONA, Andrea Videl
Warschau, utt>*thn*r «v wottr.
AMSTERDAM. S*jrthr<it’»ohe BuchliandUing
Mailand, j. Rioor<u. ?. lh«u.
BERLINER MlSIKZEITLMi
gegriind«! von
unter Mitwirkung theoretischer
(jitstnv Hock
und practisehcr Musiker.
Hf'siülluiicrn nehmen nn j* Briefe nncl 1'nketr Preis de«* Abonnement«.
in Berlin: E. Bote 4 G. Bock. FraniÖ8.Str.33e,L Jährlich 5 Tblr. i mit Musik-Prämie, bnate-
U. <1. Linden No. 27, Posen, Willielmslr. No. 21 J werden unter der Adresse: Itedaction Halbjährlich 3 Thlr. ’hend In einem Zusiche-
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Ed Bote 4 S. Sock lührlich 1 Thlr. i h ' „ . .
i Berlin. Unter dun Linden 27, erbctw.J® 1 ^^®* 1 * 25 Sgr. 1 11 r nm '
des lu- und Auslandes.
preis der einzelnen Nummer 5 Sgr.
losertionaprois für die Zeile 1} Sgr.
Inhalt.
i ImhiiUrcrlirinl-r U'iiiu» *nf dem tiebirlc der Sym]iliof»i- von I'. K |{ Albern (Srbttl.Nk — Hnrntmn. — It.rli-'i Rrwna.
t!orre»|nindeinen «an Parin and SleUin. — JourimrKrvup. — Nacbrirhlciv. — lii.cratc.
Ludwig van Beethoven als bahnbrechender Genius auf dem Gebiete der Symphonie.
Von C. K H. Athrrtt.
(Schluss.) ‘ . /. v. .i
Wir ' haben Heu Ursprung Her siebenten Symphonie
in Her Hie ganze damalige Zeit beherrschenden Stimmung
patriotischer Begeisterung gefunden. Eine ähnliche Veran-
lassung für Hie achlo Symphonie (F-dur, Op. 03) zu er-
kennen. wie W. v. Lenz will, der sie sogar ihrer Enlsleh-
iing nach als ein Jahr früher geschrieben Ansieht, sie mit
der Schlachtsymphonie Op. 01 und mit der siebenten. Op. 02
als eine militairische Trilogie bezeichne!, und daher auch in
der achten nur Bilder von Hof-Festen und kriegerischen
Spielen findet, vermögen wir qSchl. Uns erscheint diese
Auffassung bei manchem einzelnen Treffenden zu Künstlich,
abgesehen davon, dass Beelhoven's Weise, hei der doch
wohl sicherlich spfilcr fallenden Entstehung des Werkes,
(nach Man ist sie 1815 vollendet, nach andern sogar
1816. obgleich W. v. Lenz behauptet, sie sei mit der
ersten am 27. März 1814 aufgefDhrt}. solchem längeren
Verweilen in jener durch die Zeitereignisse der nächsten
Jahre nur zu bald gänzlich veränderten Stimmung (der
Jubel über die erträumte Freiheit war schnell ver-
stummt !| entschieden widerstrebt haben dürfte. Eben
go wenig Vermögen wir mit Marx diese achte
Symphonie als mit der vierlet^ (B-dur) auf das
innigste verschwistert anznSehn. Niir darin soll nach ihm
die ochte von der viorlcn sich unterscheiden, dass die Ver-
finsterung, ans Her die vierte hervorgegnogen und die har-
ten Kämpfe ihr erspart sind. Marx findet daher in ihr
lautere freudige Liebe. Glückseligkeit, übermüthig aufrau-
schend, bald firöhlirh uud leichtsinnig dahin tanzend in
janchzender Lust. 1 Sehen wir auch davon ab. ob solche
Stimmung in diesem Tonwerko einen Ungetrübten Ausdruck
gefunden, was wir nicht znzugeslehen vermögen : — soviel
Vvird doch jeder zugeben, .eine derartige Stimmung würde
ii) jeher Zeit in Beethoven schwer nachzuweisen und
auch zu ' erklären sein. Durch setp Immer zunehmendes
Gohörleiden, durch seine schmerzlichen Erfahrungen an sei-
nem Neffen, durch den Undank seines Bruders, durch die
schmerzliche Kränkung wegen des ihm vom Gerichte in
»einem Prozess verweigerten Adels, durch Mangel an An-
erkennung von Seiten des großen Publikums, bei welchem
Bnssini in dieser Zeit anfängt, alle andern musikalischen
Gestirne zu verdunkeln, endlich durch seinen immer zuneh-
menden Argwohn gegen fasl Jeden, der in seiner Nähe
weilt, ist seine Stimmung eine fast ganz umdüslerle. Mochte
er auch kurz vorher, durch die gehoffte Befreiung des Va-
terlandes zur patriotischen Begeisterung gestimmt, und über
diese Alles vergessend, die prachtvolle A-dur-Syraphonie
geschaffen haben: wo sollte ihm jene innere Glückseligkeit,
jene lautere Freudigkeit als dauernde Stimmung des Gemü-
Ihes Herkommen, nm ihr in der achten Symphonie einen
reinen, ureignen, durch keine äussere Veranlassung hervor-
gerufenen Ausdruck zu gehen? Für uns giebt es für Bee-
thoven in dieser Zeit, wo keine äussere Motive ihn zuni
Schaffen eines symphonischen Werkes bestimmten, nach
dein er Hie früheren uns gegeben, und in ihnen die seinem
Geiste vorschwebende Idee immer vollkommener zu verwirk-
lichen gestrebt hat, zunächst nur eine Stimmung, aus der
heraus er ein solches Werk zu schaffen vermag, und das
i»t die d»*s Humors. Diese Stimmung ist ihm, dem gros-
sen Geiste, seinem Schicksale gegenüber allein noch mög-
lich, so lange er nicht zur höchsten Höbe idealer Begei-
ferung in allumfassender Well- und Menschenliebe und
daher in organischer Vermeidung des Instrumentalen mit
d :rn Vocalen »ich erhebt, wie sie ihm zwar stets vorge-
»cliwebl, wie er aber ihr erst in der letzten Symphonie
einen grossarligen Ausdruck verleiht. Der Humor aber
giebt als besonder# Weltanschauung vorzugsweise in der
Aufhebung der Gegensätze sich kund, er ist es, der das
scheinbar Kleinste mit der zartesten Liebe umfasst, weil
vor ihm das unendlich Kleinste ebenso berechtigt erscheint,
als das unendlich Grosse; ja weil er in dein unendlich
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22«
Kleinsten du» unendlich Grösste sieh» milschuut; er ist es,
der auch zugleich in dem scheinbar Grössten stets die Un-
vollkommenheit klar durchschaut. So charakterisirt er sich,
so weit er musikalisch zuoi Ausdruck zu gelangen vermag,
einerseits iu der feinsten Detnilmalerei. andererseits weil die
Gegensätze für ihn verschwinden, als ein Ueberspririgen von
einer Stimmung in die andre, ohne bei irgend einer anhal-
tend tu verweilen; ai» ein AnhJufen der Kontraste, endlich
als jenes Lächeln in Thränen. oder als jenes Weinen im
Lachen. Beethoven halle schon in seinen früheren Sym-
phonien von diesem Humor an einzelnen Stellen Proben
gegeben, aber in keiner derselben holte er die ganze Welt
des Humors zur Darstellung gebracht. Dies war «eine Auf-
gabe für die achte Symphonie; dies vermochte allein noch
seiner Stimmung in dieser Zeit volle Befriedigung zu ge-
währen. Freilich war es nach einer zwiefachen Seite
hin möglich. Ein unter solchen harten Schicksnlsscblägen
ohne innern sittlichen Halt dahiuschwankender Charakter
hätte nur zu der Darstellung des „Bizarren“, wo nicht Ver-
zerrten in der Verbitterung seines Gemüths sich bingezogen
gefühlt , und das Resultat wäre die Darstellung der Nacht-
seite de» Humors gewesen, ohne versöhnende Erhebung,
wie in der humoristischen Literatur bei dein eine Zeit laug
gefeierten E. T. A. H offmann. Beethoven dagegen, der
edle, durch und durch sittliche Charakter, der von glühen-
der Liebe für die Menschheit Erfüllte, der Aufopferungsfähige
konnte, wie sehr ihn die Welt verkannte, wie tiefe Schmer-
«mtrihm bereitete, nie äüThören Ine^tfiTieben. oh er
sie auch tief unter sich sah. Weil er sich in seinem Stre-
ben hoch, über sie erhoben sah. darum verschwand uu vor
ihm ihre für ihn nichtigen Gegensätze, darum bewahrte er
sich stets ein Herz auch für dos Kleinste in der' Well und
vermochte es alle Enlzweiung des Innern zu überwinden,
jedes Weh der Erde medirzuköiuplYu und zur Versöhnung
mit sich selbst hindurchzudringen. So ist es denn nur die
Lichtseite des Humors, der wir in der achten Symphonie
begegnen. Mag es auch, insbesondre im letzten Salze ein-
zelne. schneidende Dissonanzen und grelle Harmoniecn ge-
ben, wie sic ja der Brust dessen entstammen mussten, der
den Schmerz des Lehms in seiner ganzen Grösse erfahren
halte, sie sind nur vorübergehend, das heitre Element des
Humors, freilich ein andres, nls das der heitern Naivität,
steht in dieser Tonschöpfung überall im Vordergründe, er-
füllt sie fast ausschliesslich und macht sie zu einer der
liebenswürdigsten, die wir ihm zu danken haben. — We-
nige Andeutungen zur Charakteristik des in den einzelnen
Sätzen un 1 ' Dargeholenen und ihres Verhältnisses unter ein-
ander mögen genügen. Der erste (Allegro vivace e con brio %
\ F-durJ und letzte Salz ( Allegro vivace j alla Breve F-durJ
bilden die Umrahmung der beiden andern, sie geben uns
ein höchst manniclif.tches Bild des Humors im Allgemeinen.
Wir gewahren beim Beginne seine Grundstimtnung, dann im
Verlaufe, wie er alle Seilen »eines Innern zur Darstellung
bringt, bald üüermüthige Laune, bald sehnsüchtiges Verlan-
gen, oder jauchzenden Jubel, bis dass er sich wieder ganz
in sich zurückziehl. Oder es ist die schlagendste Zeich-
nung der Conlraste, oder die höchste ihyihiuischc Kunst,
in der er sich als unwiderstehlich hineinreissend bewährt.
Wie wenig es dabei an tiefem Weh fehlt, oder an herben
Kämpfen, — die Freiheit des Gemüths rettet sich aus ihnen
stets wieder zur unverwüstlichen Heiterkeit. In diesem all-
gemeinen Rahmen des Humors, wie ihn der erste und letzte
Satz uus bieten, sehen wir nun im 2. Satze (Allegro Scher -
zando | B-dur^ den Humor in der Fülle seiner Naivelat,
seiner znrten Freude, wie er, unbekümmert um die schril-
lenden Dissonanzen des Lebens, »ich derselben ungelheilt
hingieht und — wenn auch nur auf kurze Momente, also
vorübergehend — ganz in ihr aufgehl. Es möchte schwer
sein zu sagen, wag in diesem, uach Schindler aus einem
unscheinbaren, für Mälzel iroprovisirten Canon hervorgegan-
genen Aüegretto, das eiuem duftigen Mährchen gleich',
von grösserem Reize ist. die einem Feenreigen gleichende
scherzend« Melodie, (daher das Scherzend«» hinzugesetil,)
oder die wunderbare Behandlung der Instrumente in d«-r
Begleitung. Der dritte Salz endlich [Tempo di minuetlo }
F-dur), ein echter Teoiers in Tönfn, zeigt uoa in den ersten
Theilen in dem breiten Aufstrich, mit dem er beginnt, ein
Paar liebende Naturmenschen in ihrer ungeschminkten
Lust zu denen unserro Beethoven bei seioem Aufenthalte
auf dem Lande so manches Liebespaar in Üorfschenken
bei ländlichen Festen gesessen haben mochte, während in
dem Trio mehr da« Sehnen und Verlangen einer edleren
Liebe einen schönen Ausdruck gefunden. Dürfte doch
kaum der Schluss des Trios an Innigkeit seines Gleichen
haben.
Auch an unzähligen Einzelnheiten, die in ihrer Bedeu-
tung erst dem liefern Eingehn in die Tonschöpfung sich
erschliesseo, fehlt es nicht zur Bestätigung der Ansicht,
das» wir es hier mit dem vollendeten Ausdruck des Humor»
zu thun haben. Dahin gehört, um nur einige hervorzuhe-
ben, im ersteu Satze das Eintreten des Gegenmotivs (Tuet
45 ) in der normalen Tonart C-dur nach erst voraufgegan-
gener Modulation in D-dur und insbesondre erst nach dem
hier zum ersten Male vorkommenden Ritardando des
ganzen Orchesters. Sodann in dem auf dem Motiv
durchgeführteri .Mittelsatz die Rückkehr in’s Motiv in
den Rassen. '(Beides Boden wir später in’ ~iler“ neunten
Symphonie wieder.) Endlich der Schluss des ersten Satzes,
gleichsam in Frage uud Antwort zwischen -den Saileuinslru-
menten (pizzicato zolaj und deo Bläsern mit der Pauke
als Bass, immer leiser verhallend, bi» in den beiden letzten
Takten alle Saiteninstrumente unisono, col-arco , piatiissimo
mit dem einlakligen ÄJoliv schlossen . Wo wäre früher je
ein solcher Schluss eines ersten Symplioniesnlzes vorgekom-
men! Nur der Humor vermochte ihn zu erfinden. — Die-
ser Stimmung vollkommen entsprechend ist der zweite Satz
als Allegro scherzando im J Takt aufgefasst. Ob wir
auch einem Allegrctto in derselben Tartart in der A-dur-
Symphonie begegnen, ihm fehlt der nicht blos für den Vor-
trag charakteristische Zusatz ., scher zando *' und mit Recht;
denn die durch jenen Satz nuszud rückende Situation verbot
einen solchen; hier haben wir es mit dem. dem Humor
allein möglichen, Ausdruck einer leicht und artig dahinspie-
lenden Freude zu thun. Ein wie in den frühem Sympho-
nien, der zweiten, vierten, fünften und sechsten, sich finden-
der, breit »ich ergi«»sender. tiefer, wenn auch noch so man-
nigfaltig nüsneirter Erguss de» Gefühl» aber wäre hier nicht
an seiner Stelle gewesen, der Humor kennt ihn nicht. Er
kann nur anmulhig sich gehen lassen iu harmloser Freude,
aber auch dAS nur auf Augenblicke; daher die vollkommen
motivirte, hier allein gewahrte Kürze; der ganze Salz ent-
hält nur 81 Takle. Nicht minder im Einklänge damit ist
das liebliche Gemenge von gestrichenem und harfenartigem
Geigenklang und der köstliche, neckisch aushallende Schluss.
— Den echt humoristischen Charakter des dritten Satze»
(Tempo di minuetto J F-dur) finden wir, neben dem schon
hervorgehobeneu meisterhaften Conlrasl zwischen den bei-
den ersten Theih-n und dem Trio, in der genialen Behand-
lung der Instrumente. Dieser sechsmalige, vom schlechten
Takttheile anhebende, Sforzalo- Sloss auf jeder Viertelnote
zu Anfang, wie launig und naturwabr bezeichnend ist er im Ge-
gensatz zu der dann so lieblich legato auftretenden Melodie!
Anmulhig führen denn Hörner und Schallmeien den Reigeo;
in ausgelassenem Uebermuthe ertönen die hochgellenden F-
Hörner, neben der üppigen Clerinelle; endlich die Solotrom-
pete und die Solohörner im Trio, wie im Wettstreit mit
den in Arprggieu verwendeten Violoncelli, das Alles giebt
uns ein. ob auch wieder im engsten Rahmen eingeschlosse-
227
nes, wunderbares BIM des mannichfaltigsten, vergnüglichsten
Lebens, eines fast wirren Durcheinanders ungezügelten
Frohsinn«. — In dem vierten Satze ( AUegro vivace $ aUa
breve F-dur ) entfallet nun der Humor noch einmal eile
Seiten seines Innern in den kühnsten Gegensätzen und in
der übennOthigsteii Laune. Aus einer befremdenden Trio-
lenfigur im jnanzjrjimo entwickelt sich (Tacl 5 — 10) die ein-
schjnoichdndsie Tunfigur als eigentliches Motiv. Wie in
verstohlener Lust beginnend, steigert sich die Stimmung zum
ungebündigten Jubel, ln diesen wird selbst die Pauke
hineingezogen, welche liier in dem. nach dem Gegenmotiv
euftretendan, Mittelsatt zum ersten Male in der Octave ge-
stimmt, ein tritt, und unausgesetzt von F zu /'geworfen,
die Brücke aus den Mittelsatz in den Anfang bildet. Fs
geschieht dies pianitttimo, etwas bis dahin Unerhörtes; er-
scheint sie doch hier gleichsam zum SoloiiiMrumenl erho-
hoben, wie im ersten Salz der Contrabass. Von welcher
Wirkung aber ist mitten in jenem lauten Jubel das von
allen Saiten- und Blaseinslrumenteu durch alfe Octnven in
höchster Stärke plötzlich schrillend hineiutönend» Ci* (Takt
178). das plötzlich Alles stocken macht, um dann nicht
nach D hinüberzuführen, sondern ohne alle weitere Vorbe-
reitung. wte jeder Erwartung spottend, den Hauptsatz wie-
der in F-dur ein! re len und in unablässigem Jortisrimo fort-
brausen tu lassen. Wenn irgendwo in der reinen Instru-
mentalmusik, so haben wir hier das Wesen des Humors,
höchster Lust und höchsten Schmerzes in schärfstem Neben-
einander. Und, aus der kühnsten Vermischung von Rhyth-
men, Sextolen, Trioten, Vierteln, erhebt sich sorglos, wie
sie alle verspottend, die Melodie. Endlich nach einer Fer-
mate (Takt 282), tritt ein neues Thema auf. reich modu-
lirl, und geht in den Anfang zurück, worauf dann ein gross-
artig gearbeiteter Anhang das Ganze schliesst. — Nach
allem Diesem j und wie vieles Einzelne Hesse sich noch
bervorheben), bedarf es wohl kaum noch dessen, dass wir
auf das, als Contrapunkt in den Bässen verwendete Geg*n-
motiv in der Tonika (Takt 83 ff. vor dem Schluss) so wie
auf den dreizehn Takte wiederholten Accord von F-dur
mit ausgelassener Quinte, als genialen Schwank, hinweisen,
dem die ersten Geigen alle dreizehn Schlusstakte hindurch
im virrgestricheneu « zujauchzen. um auch hier den ent-
schieden humoristischen Charakter des Werkes bestätigt zu
ßnden. zugleich aber den gewaltigen Fortschritt darzulegeo,
den Beethoven in Betreff der erweiterten Behandlung der
symphonischen Formen, so wie der genialen und neuen
Anwendung der Instrumentation, der in ihm lebenden Idee
entsprechend und ausgerüstet mit unerschöpflicher Gründung,
auch in dieser achten Symphonie gemacht hat. welche trotz
ihres innern Reichtliums, des äussern Umfangs wegen, von
so Manchen seltsamer Weise zu den kleinen Symphonien
des Meisters gezahlt worden ist.
Mit ihr war ein Abschluss gewonnen. Die zweite
Gruppe, die der von der traditionellen Form freien Sympho-
nien. in welchen er den Sieg des Idealen über das Reale
mehr und mehr vollendete, hatte für ihn in diesen sechs
Symphonien, der dritten bis Achten, den seinem schöpferi-
schen Geiste zum Bedürfnis» gewordenen Ausdruck gefunden.
Nur noch das Letzte blieb ihm übrig, das Ziel, das seiner
Seele lange vorgeschwebt, zu dem er sogar einen unmittel-
bar vorbereitenden Schrill in der Fantasie mit Chor (Op. 80)
bereits gethnn, nämlich die organische Verbindung des In-
strumentalen mit dem Vocalen. In der neunten Symphonie
mit Chor hat er diesen letzten Schritt zu seinem idealen
Ziele gelben. In wie weit es ihm mit derselben gelungen,
dieses Ziel zu erreichen oder wenigstens es als so bedeut-
sam dorzustellen . dass er andere Geistesverwandte zur
Nachfolge auf diesem von ihm zuerst betretenem Wege
begeistern möchte, das möge einem nächsten Artikel nach-
zuweisen überlassen bleiben.
Heeensionen.
Nmiitinnri, Emil Die Tonkunst in der Culturgeschichte.
Erster Rand, erste Hälfte. Berlin, ß Belir's Buchhandlung.
Der Verfasser des sehr umfangreichen Werkes hat
sich die hohe Aufgabe gestellt, den Zusammenhang der
Entwicklung der Tonkunst mit jener der Künste im All-
gemeinen und somit der Cultur darzustellen und . nach -
zu weisen, wie das ganze Kunstleben in seinen verschie-
denartigsten äusserlichen Kundgebungen, in der dichten-
den, der bildenden und der tönenden Kunst auf gewissen
unwandelbaren, überall in gleicherweise in tassgehenden Grund-
gesetzen beruhe, dass also der Tonkfmstler, dort wo er den
Eingehungen des Augenblicks gehorcht, doch (gleich allen
andern Künstlern) „sich in Bahnen bewegt, die ihm durch
den Einlhiss eines seit Jahrtausenden in Wirksamkeit getretenen,
und die gesarnmtc. Geistes- Entwicklung beherrschenden Grund-
gesetzes. so und nicht anders zu wandeln, im voraus be-
stimmt waren“, dass also ganze Schulen, die einzelnen grossen
Persönlichkeiten, vor Allem aber das Kunstwerk selbst, wie
ein Nnlurerzeugtiiss, d. Ii. nach unwandelbaren Gesetzen
hervorgebrachl, zu betrachten sind, nur mit dem Unterschiede,
dass die Natur, welche die Kunstwerke hervorgebracht hat.
höherer Art ist, als die unbewusste: die Nnlur des mensch-
lichen Geistes.
Es wäre also hier gegenflher den Künsten die Lö-
sung eines Problemes versucht, die Hegel gegenüber der
Philosophie unternommen hat alle geistigen Entwicke-
lungen und philosophischen Systeme aur den voraus be-
stimmten Gang eines ganz einheitlichen Denkprozesses und
dessen einzelne Perioden zurückztiführen. und es dürfte
in der Kunst ebenso schwer fallen — wo nicht unmöglich
sein — das Ineinander von Freiheit und Notliwendigkeit so
scharf zu trennen und auseinander zu legen, dass jedes für
sich erkannt werden könne. In der Kunst vermag die For-
schung nur ganz und gar aposteriorisch zu verfahren, sie kommt
viel später als jede Erscheinung; sie sucht die Gesetze
derselben zu erklären, kann den Zusammenhang gewisser
Hervorhringungen mit den Zeitideen und andern Impulsen
darlegen — und daher auch gewisse Richtungen als Corrclat
der ganzen Zeilslrömung erscheinen lassen. Ob sie weiter
zu gehen vermag, kann angesichts eines Werkes, das eben
den Schritt weiter als seine Hauptaufgabe bezeichnet, so
lange nicht bejaht oder verneint werden, als das Werk nicht
vollendet vorliegt. Hier ist nur vor Allem die Pflicht zu er-
füllen, das viele Anregende und Bedeutende, das schon die
vorliegende erste Hälfte des ersten Randes bietet, anzuer-
kennen. Jede Seite giebl Zeugnis» von umfassenden Studien,
von vielseitigem Erwägen und Durchdenken. Der Anfang
des ersten Buches stellt in lebhafter und anschaulicher Weise
den Zusammenhang der Musik mit den andern Künsten dar.
Was darin über die Dichtkunst gesagt wird, scheint nicht
ganz richtig. Der Verfasser meint, es könnte die Krage
aufgeworfen worden, ob sie denn eine Kunst sei wie die
andern, weil sie „weder wie die andern Künste, ein zu ihrer
Ausübung unentbehrliches und daher erst zu lernendes Hand-
werk, noch eine ausschliesslich auf sie bezügliche Wissen-
schaft besitzt, wie z. B. die Musik in ihrer Theorie“ und
weil sie auch keine Forderungen des Staates oder des Lehens
befriedigt, wie die Musik beim Goltesd ienst, der Bau der Kir-
che als Schutz der versammelten Gläubigen gegen Wind
und Weller , und dass er den Beweis liefert) werde,
wie die Dichtkunst „deimingeachlet ebeuso eine wirk-
liche Kunst sei** wie alle anderen. Der Beweis ist nicht
nothwendig. Ein wahrer Dichter muss sehr viel Handwerk
des Versmaasses und Baues lernen, und die Wissenschaft,
die er sich aneignen muss, geht weit hinaus über eine
blosse specielle Theorie. Allerdings gehört zum Dichten
mancher Markt waare ebenso wenig Vers -Kenntniss und ebenso
28 *
-2S»
wenig Studium de» Geschichte d#r Pltiiowphic und der Ge-
schichte, als Theorie der Musik zur Composition mancher
Tonstücke gehört — «her gegenüber diesen beiden ProduOitiUüi»
hört der HegrifT eiu*r Kunstlewtung »uf. >V«s die Forde-
rungen des Staats und des Lebens betrifft, so kmui die
praktische Nützlichkeilsfrage nicht in Betracht kommen;
Göllie Iml seinen „Faust 4 ' ein Drama genannt, aber nicht
einmal an die praktische Ausführung auf dem Theater ge-
dacht." Es liesse sich beweisen, dass aus der Dichtkunst
erst die andern Künste licrvorgegangen sind. dass, bevor sie
den Sinn der Menschen veredelt hatte, alles was Architektur
u. s. w. leitete, rohe Versuche oder ungeheuerliche auf die
Gullur wenig wirkende Schöpfungen waren. Erst nachdem
der Dichter die Göller und die Tluilcn der Helden besungen
halle, wurden ihnen Statuen und Tempel gebaut. Aus den
Cnpiteln |. firuppining der Künste als Rnum und Zeit fül'
lende, II. (iruppirung bezüglich ihres Verschiedenen .Materia-
les. III. bezüglich ihres- Verhältnisses zur Nafur, IV. bezüg-
lich ihres Aller«, V. bezüglich ihrer grossmöglichen Eman-
zipation der einen von der andern, isl besonders das Ille
hervorzulieben, weil es den Gegenstand erschöpfend und in
mancher Hinsicht endgillig behandelt.
In dem Abschnitte „die Kunst in ihrer Einheit'* zeigt
der Verfasser, wie die einzelnen Künste denselben Grund-
gesetzen gehorchen in Bezug auf die Entstehung und For-
mung des Kunstwerks | „elementare Grundbedingung" I- in
Bezug auf die Schönheitsgesetze „Symmetrie, Gontrast, Stei-
gerung. Einheitlichkeit und Theilmig der einzelnen Momente
(„goldener Schnitt“ nennt sie der Verfasser), in ihren Aus-
deanuugsrortiiei) , endlieh in ihren Slylformen Als ,,Facil w
seiner verschiedennrligcn Darlegungen bezeichnet er: dass
die in der Musik vorhandenen Kunslformen sich auch in
der Poesie. Architektur. Sculptur. Malerei wiederfmden , in
Namen lind iu Bedingungen des äussern Auftretens verschie-
den, aber im Wesen gleichartig; dass Kunstformcn daher
nichts Wiltkührliches, sondern das Erzeugnis« des natürli-
chen Wachslluims der Künsle sind; dass die Slylformen in
ihrer Verschiedenheit den Künsten gemeinsam sind. Er
spricht seine l’ebcrzeugung dahin aus. dass die Krkennlniss
der Identität der Gesetze aller Künsle nicht ohne bedeutsame
Folgen für das gesummte künstlerische Schaffen bleiben
könne, dass die Künstler mitunter in der fremden fconsl
das Correetiv für die Verirrungen der eigenen zu linden ver-
mögen oder in den Fallen, wo die eigenen nicht mehr aus-
reichen, sich durch die in den fremden gemachten be-
lehren, mul dass die Kunstgebiete einander ergänzen
werden. Wenn wir auch non glauben, dass die geistreichen
und gebildeten Künstler jetzt in der Mehrzahl die Identität
gewisser Kunstgesetze bereits anerkannt haben . dass auch
die Erkenutniss überhaupt mir vielleicht als vor Irrtliümer
wahrend, ober nicht als die Kraft der Erzeugung stärkend zu
wirken vermag; so müssen wir doch die Darstellung jener
Gesetze, die genaue Anleitung zu jener F>kenutniss, wie sie
der Verfasser in seinem Buche entwickelt, als eine sehr an-
regende und Dank verdienende bezeichnen.
II. Ehrlich.
Berlin.
H e » u e.
Im Friedrich- WiH»elm»fll<itisc*ien Theater hftlt sich die Ope-
rette „Cartoorhe“ von Fellecbnor und llofronnn, nachdem
zweckmässig« Kürzungen in den Ensembles vnrgenoinmeo wor-
den, mit Glück auf dem H- pcrloir; sie ist bereits IQnl Mal mit
bestem Erfolge wiederholt worden. Der junge Compouist, des-
sen nicht gewöhnliche Begabung an freundliche Anerkennung (and,
wird nun treffliche Gelegenheit haben, praclwche Nludieu über
die musikalische Wirksamkeit aut der Bühne tu machen; er
wird sich überzeugen, dass Theater und Coneerlsaal verschie-
dene Anforderungen iu Betreff der Ausarbeiluog stellen, dass
Uii Theater knappe Fora um) Cancaolration der Euseoiblea;
vor allen Dingen aber melodischer Beiz uud Inugbsre Motive
die Grundlagen des Erfolgn* — und Erfolg ist ja achflesslich
der Zweck jede« tür die Oeffentlicbicit bestimmten Werkes --i
bilden. Wir Zweifeln keinen Augenblick daran, dass Herr
Hof mann zu den Berufenen zu zählen sei; der junge Könst-
ler wird seinen Weg schon machen — In der „Schönen Ga-
lalhee . gaslirte Fräulein Slevogt, ein früher beliebtes Mitglied
dieser Bühne uud zeigte in der Tiletparthio, dass ihr Gesang
noch au Valubilität, ihr Spiel au charakteristischer Lebendig-
keit gewuiiticn hat. Ute talentvolle Sfiugirin fand beifällig«»
Aufnahme.
Die Oper im Kroü’»ch«n Etablissement brachte neben Wie-
derholungen von: Don Juan, Troubadour, Nouna, Waffen-
schmied, Lucia von Lammeriuunr auch die alljährlich gern ge-
hörte Lortzmg’sche „Undine^* und iuuj ersten Male Verdi"*»
„Violella“ (Traviatn). Letzteres Werk fordert eine in Gesang
und Spiel virtuos« Vertreterin der Violella, Fräulein Kropp
gab eine recht erfreuliche Leistung. In „(Jüdin«“ fanden be-
sonders wieder die beiden komischen Charaktere des Haus uud
Veit, durch die Herren Schön und \V in k eltnan n darge* teilt,
ein dankbares Publikum. d. A.
t o r r f H p (Mid e II I e II.
Paria, 10. Juli.
Paris erlebt« letzterer Tage das seilen« Schauspiel eine» spa-
nischen Conceites uud »panischer Theater -Vorstellungen, dies
Alle» Dank dem hiesigen Aufenthalte der ehemaligen Königin von
Spanien oder vielmehr Dank den daran geknöpften Hoffnungen,
wenn auch dieselben, wie es bei Versprechungen hoher Herrschaf-
ten so manchmal der Fall, sich nicht erfüllten, und namentlich
das Dehnt der »panischen Theatertruppe, für welche im Atbenee-
Theater zur Heimreise drei Wohlthiltighcils-Aeadciiiieen nbgebal-
ten werden mussten, kläglich scheiterte. Glücklicher war das
üoncert, veranstaltet im Salle llen von M. U. Murphy, .Stall-
meister uud Kammvrherr des Prinzen von Asturien, nebenbei
Lompooist und Bibliophile, summa summanun: spanischer Kunst-
dilettant, welcher demnächst hier ein Werk unter dem Titel „An-
nales de 1’HiMoire musicale en Kspagne“ herausgeben wird. Als
eine 1 Art Vorannonce hiefor sollte obiges Condert dienen, dessen
historischer Theil eine klein« Collection alt-panischer Corapnsi-
tioueu enthielt, beifügend eine Auswahl eigener Coniposiliouen
des Coucertgeber*. Diesmal haben wir cs glücklicherweise mit
dem Wirken eine» berufenen Dilettanten zu Üiiiti. Di« Zusam-
uieustelluiig zeugt« vou Geschmack, von Verstand niss. Die vor-
geliihrten luslrumenlalstücke, geschrieben für die Vibuela, einem
sechsfältigem Instrumente, «lammten zumeist aus dem »echszehu-
teil Jahrhundert. Die damalige Notation Tür diese« ZupMuatru-
ment begnügte sich, die Stellen der Finger darauf anzudeuten,
hinniffigend einige Zeichen ffir Tact und Rhythmus. Zn Gehör
gebracht wurden auf dem die Vihueta remplaciienden Clavier
zwei etwas incl/iucholiscljc, uiadriualartig« Stücke, genannt Villau-
cioos: „Al aiuur ijuiero veucer“ von Luys Milan, uud „Duelute de
uii, seuaora" von Juan Vazguez, ferner drei kleinere Piecen
und eine Romane« viejo von Luys Milan, welche deu frischen
Volks tun dieser in der Muaik bisher so wenig gekannten, doch
cigunthfj milchen und des Studiums werlheu Nationalität athmeu.
Der Pianist Laviguar trug diese Stücke auf einem Pracht-Instru-
mente vou Andreas Rukers vor, abwechnelnri mit dem ebenfalls
luxuriös ausgeatatteten Weltausstellungs-Instrumente der Fabrik
Herz, — zu Ehren der anwesenden Königin vou Spanien und
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ihrer Familie bitront neuerdings ausgestellt. Die bieraul folgen-
den Caiu Positionen von MorpJhy . bestehend io einer Sonate für
CI« vier und Violine, einer Serenade und spanischen Melodie, be-
wiesen, das» der Concertgeber Mozarts Kanälen nicht minder
aludiri bähe, alt die Volkslieder seines Landes, obwohl uns die
Sonaten form in walcba er letztere zu kleideu suchte, als weniger
glücklich .gewühlt erschien. Die vop Coujas gesungene ob er-
wähnte Serenade wurde dreimal zur Wiederholung verlangt —
In den Wohlthäligkeils-VoreteUungen im Athene« zu Gunsten der
hier von der königlichen Protection verlassenen spanischen Schau-
spielertruppe saug Hoger ein Lied von Niedermaycr, „Le !ac M ,
unter grösstem Beifall,. Auch der treffliche Cellist Seligmann
spielte, und sangen mit Ähnlichem Erfolge die Damen Bloch und
Devoycd und der Tenor Leopold ketten. Künstler aus dem
The A4 re fraufais alternirlcii ferner mit Intermezzos der spanischen
Gesellschaft. Einen Erfolg hatten jedoch diese Spanier vor der
nicht au wesenden Königin voraus: sie kehren uun wieder in ihr
Land zurück. — Dir englische t ompouist Balfe betiudet sieh
gegenwärtig in Paria, um die Vorbereitungen zur Aufführung sei-
ner Oper „Die Zigeunerin“ im TheAlre lyrique zu leiten. Diese
Oper, welche bereits die Itnnde durch die W r clt machte, wurde
seltsamerweise im Paris noch nie auigefübrt. Dafür soll sie jetzt
mit um so grösserer Feierlichkeit in Scene gehen, und wird
duriu die einige Zeit dem Uühneoleben abhanden gekommene
hübsche Sängerin, FrAulein Marie Hoze, früher au der Opera
comique, wieder Auftreten. — ln der Op Ara wird die Aufführung
von Unzart'* „Hochzeit des Figaro“ vorbereitet — um zugleich
damit eine Glanzparlhie der Frau Garvalho io neuen Cours zu
bringen. — Fauns betritt nach einmoiiatlkhem Urlaub wieder
am 1. August die Bühne der Opera. - Capoul trat in der Opera
comique als Mergy in „PrA aux Clercs“ wieder auf. — Die Con-
cours« im Gonsarvatoire haben ihren Anfang genommen. — Den
Ehrenpreis Tür den letzthin stattgehabten Concours in Nemours
erhielt die GhorgesclJschaR „Eufaut» de *t, Denis“. — Für die
nächste Goncertsaison sicht mau aut Uoatinuntheit dem Eintreffen
Liszt » und Tauaig’s entgegen. A. W Cz.
4 ' . ;i Stettin, Juli 18«9.
lu der mit dem Eintritt der, schönen Jahresseil begonnenen
längeren Kunstpause erscheint vielleicht ein kurzer, fluchtiger
Rückblick auf die künstlerischen Resultate de* vergangenen Win-
ters aus der erste u See- und Handelsstadt Prcusseue. aus wel-
cher seit vorigem Sommer in der Neuen Berliner Muaikzeitung
nichts mehr verlautet hat, nicht unangemessen, vielleicht selbst gar
willkommen. Auch verdienen dieErsrheinungm und Leistungen der
verflossenen Saison, weuu aie auch niefatgerade die W elt ausden An-
geln gehoben haben, doch eben so wenig, ganz klang* und sang-
Jo« zum Orkus hinab zu siukeu. Wie bereits seit längerer Zeit,
buseichocte auch vorigen Herbst die in der Mitte September er*
folgt« Wiedereröffnung der Hubu« den Bvgiuu der theatra-
lischen und musikalischen Saison; nur dass dabei von der eben-
falls schon Jshie lang befolgten Gewohnheit abgewichen, und
dem Scbauspi«! vor der Oper der Vorhin eiqgerAumt worden
war. Diese Veränderung hat sich später als vorbedeutend für den
künstlerischen Vorrang erwiesen, dm diesmal im Gauzcn die
Leistungen des Schauspielpersonnls vor deneu der OprrnkrAUe
behauptet lirdien und der deun auch nicht verfehlt hat. auf die
besondere Begünstigung und den gesteigerten Besuch der Vor-
stellungen der tlassischeu Dramen einen «rhcblicheu Einfluss zu
äusaern. Dass darum die Oper keineswegs — weder vou der
Direction noch vom Publikum — vernachlässigt worden ist, be-
weist how.otii die Meng« »Is die Qualität der sfaUgehalften Vor-
stellungen, unter denen sich nicht nur dla gangbaren Opern Mo-
zart'«, Beethoven«, Webers, Meycrbeer's, Nicolais, Lortziug't,
Adam'«, Auber's, Roasiiii's, Bellmi», Donizetli's. Verdi'» upd An-
derer, sondern auch seltener zu Gehör gebracht« Werke, .wie
Marschuer's „Templer“ und „Vampyr 44 und Spobur« „Jessonda"
befanden. Letztere erlebte mehrere stark besuchte Vorstellungen,
die sie neben dem bleibenden Werth der Musik wohl auch der
gediegeueu Ausführung verdankte, welche ihr vou Seüeu der Dar-
steller der Hauptrollen. Fräulein Barn (Jessouda), Fräulein De-
uay lAuuuilif. Herr UollA (Nadorii, Herr Brandes (Tristan)
und Harr Bayg iDaudau} widerfuhr. — AI« Vorläufer der
Eröffnung der eigentlichen Concertsaison vou 1868—69 ist
zunächst eines unter Mitwirkung des Jacob! -Kirchenchors und
seines Dirigenten, Herrn Dr. A. Lorenz vou der kirohensänge-
rin FrAuleiu A. Born ho Id t aus Kopenhagen io der Jacobikirche
gegebenen geistlichen Coucerts zu gedenken, dessen Eindruck
Uu Ganzen die günstigen Erwartungen bestätigte, welche die zu-
nächst aus der Heiiuath der Goncerlgeberin, aber auch aus nam-
baüen deutschen, schottischen und holländischen Städten hierher
gelangten Berichte von ihren Leistungen hervorgerufen hatten,
ln der That zeigte die Stimme, ein Mezzosopran vou ansehnlichem
Umfange, nicht gewöhnliche krall und Fülle, während die Ver-
wendung derselben in der corrccteu Ausführung und discreteu
Benutzung des Portauiculo, wie in der wirksamen Behandlung
des meua di voce die geschulte und gebildete Sängerin verrielh,
was namentlich bei der Hüudd'sclien Arie; .Jiuly, lioly“ und
zwei kleineren Stücken „Abcudlicd“ von Heyso und „Die Tochter
Jephtha'«“, (Gedicht von Byron) von Kossmaiy, der Fall war. Au*
dererseifa that freilich der Manuel an erforderlicher Deutlichkeit
der Aussprache und dass Fräulein Bornholdt, uicbt hinreichend
vertraut mit den akustischen Verhältnissen der Jacobi- Kirche,
mehrfach die Stimme überhol, dem harmonischen Eindruck des
Vortrags einigen Abbruch. — Erst mit den in der ersten Hallt«
Octobcr erfolgten zwei Quartetfooirecu der Gebrüder Müller
mochte sich der Musikfreund als iu bester Form ntdiat ia rn
der .musikalischen Saison versetzt betrachten. Leider waren die-
selben nicht so besucht, als nach dem hohen Werth der Leistup-
geu de« berühmten Quartetts zu erwarten umt zu wünschen war,
was theiis der für Stettin w bald erfolgten Wiederkehr der ge-
DAnoten, erst jin März d J. hier mehrfach aul'gelretcuen Künstler,
tbeil« aber auch dem Umstand« zugeschriebeu werden dürfte,
dass der wiederholte Wechsel der Besetzung der ersten Geige,
für welche diesmal Herr Schiever,, ein Schüler von Joachim,
eingelretea war, das Publikum mit Zweifel und Misstrauen er*
füllt halte, die sich freilich durch die Leistungen des genannten
sehr belobten und warui empfohlenen jungen Virtuosen als völ-
lig ungerechtfertigt erwiesen — Ende October fand das erste der
alljährlich von dein Kapellmeister C. kos« in aly veranstalteten sechs
Symphouie-Goueertc statt, deren Programme von dem Bestreben zeug-
ten, d«s interessante mit dem Gediegenen zu verbindet) und den An-
sprüchen an Abwechselung und ManigfaMigkcit mich Möglichkeit zu
geuügen. — Anfang Decemher gal* der Stettiner Musikverein unter
LeitungsciueaDirigeuten Herrn Dr. Lureuz das erste der drei alljähr-
lich von ihm veranstalteten Goncert«. Eröffnet wurde dasselbe
vqn einem Salve rogiua für Chor von C. Knsainaly, welchem der
Referent der „Neuen Stettiner Zeitung“ ernste und weihevolle
Stimmung, klare und melodisch fließende Form uud gewandte
DurehlÜhruog merkantile. Dem genannten Kirchen stuck schloss
sich das ebenfalls hier zum ersten Mal zur Aufführung gelangte
„Requiem für Miguou“ von |k Schumanu au. welchem Gade’s
Compoaition „Erlkönigs Tochter“ folgte. Nicht allein das Schu-
mawTsche Werk, sondern auch die Gade'srhe Ballade gelaugten
durch eiue würdige und nach Möglichkeit abgerundete Ausfüh-
rung mehr oder weniger zu der beabsichtigten Wirkung, zu wel-
230
eher die tüchtigen Leistungen der Solisten, Aber auch des aus
der bewahrten Orlin'schen Kapelle bestehenden Orchesters,
dem ausserdem in dem Vorspiel zu R. Wagners „Meistersin-
gern“ eine schwierige, aber glücklich geloste Aufgehe zugefallcn
war, das Ihrige redlich beitrugen. Das zweite Concert des Ver-
eins erfolgte erst Anfangs März 18t>9, unter Mitwirkung der Sän-
gerinnen Frau Holländer-Bceky und Fräulein Götze, und
brachte ausser der Sopran-Arie |H - moll» aus „Elias“ von Men-
delssohn und der Cavaline: „ln questa tomba oscura“ von
Beethoven, welcher sich noch Lieder: „Dichterliebe“ und die
Ballade „Belsazar“ von R. Schumann, sowie Gltirk's Ouvertüre
zu „Iphigenie in Aulis“ ahschlossen, ein Stahat von der Com-
position des Dirigenten des Vereins, Herrn Dr. A. Lorenz. Un-
verkennbar unter dem Eindruck der ComposRiouen des Requiems
von Cherubinl und Kiel entstanden, bekundete dasselbe dadurch
zunächst ein auf die höchsten Ziele der Kunst gerichtetes Stre-
ben, welches tlieils in der sicheren Beherrschung der Form,
fheils In der Facfur, wie auch in einzelnen, ansprechenden Zü-
gen eigenthflmllcher Emptindung, sich als bereits von glückli-
chem Erfolge begleitet erwies. Die Leisluugen der genannten
Sängerinnen im Vorträge geistlicher Musik und des Lieds sind
so bekannt und auch in dieser Zeitung wiederholt nach Gebühr
anerkannt, dass hier nur erübrigt zu berichten, dass dieselben
auch diesmal in hohem Grade befriedigten und anspracben. Den
würdigen Schluss des Concert» bildete Beethoven’s Fantasie Tür
Piano, Soli, Chor und Orchester, bei deren Aufführung sich Herr
Dr. Krause durch Ucbernahtne der mit Verstflndniss und gros-
ser Sicherheit und Fertigkeit vorgetragenen Clavierparihic beihei-
ligt hatte Das dritte und letzte Concert des Vereins fand bereits
itn April unter ausserordentlich zahlreicher Betheiligung des Pu-
blikum statt, zu welchem starken Zuspruch wohl nicht weniger
die Wahl der seit längerer Zeit hier nicht mehr aufgeführten
llnydn'schen „Schöpfung“ als die Mitwirkung auswärtiger be-
währter Gcsangskräfte (der Frau Hollflndcr-Becky und der
Königl. Domsänger Herren Gfeyer und Schmock) beigetragen
haben dürfte. Trotz der anstrengenden Uehcrnahine der beiden
sonst meist verschieden besetzten Sopranpartliieen des Oratoriums
verieugneten sich die künstlerischen Vorzüge der genannten Sän-
gerin auch diesmal nicht, sondern traten besonders iu der Auf-
fassung und Ausführung der beiden Arien in B und F hervor.
Dass „der Vortrag“ nicht allein „des Redners“ sondern auch des
Sängers „Glück macht“, dafür lieferte den beredtesten Beweis
die Leistung des Herrn Geyer (Urieli, in welcher namentlich das
grosse, dcu Souneu- und Moudaufgang schildernde Rccitativ, so
wie die ganz iu Anmuth und Lieblichkeit getauchte Arie „Mit
Würd' und Hoheit angethan“ als Musterstücke sinniger Auffas-
sung und sorgfältiger, bis in die kleinsten Einzelnheiteu sich er-
streckender Ausarbeitung erschienen. Als der würdige Dritte iin
Bunde erwies sich Herr Schmock. — Was nun Concerte
auswärtiger renommirter Künstler betrifft, so bat sich in
der verflossenen Saison ganz besonders des Himmels reich-
ster Clavforaeegen über über unsere gute Stadt ergossen.
Wenn von Zeit zu Zeil immer wieder behauptet und von san-
guinischen Kunstfreunden gläubig nnchgebctet wird: dass die
Zeit des Vimiosenthums vorüber und die Welt der Virtuosen
müde sei, so brauchte man. um sich von der gAiizlirheti Haltlo-
sigkeit dieser Behauptung zu überzeugen, sich nur in der Lage
zu hefluden, in den von A. Hiiliinstein und C. Tausig gegebenen
Coneerlen als Zuhörer ex oflleio, di« eminenten Leistungen dieser
beiden Künstler, im buchstäblich brechend vollgepfropften Casi-
nosaale, eingekeilt In fürchterliche Enge, sich vorführen
lassen zu müssen. Ein so massenhafter Zuspruch beweist
wohl zur Genüge, dass das Interesse für die ausübende Kunst
und ihre Vertreter keineswegs im Abtiehmen begriffen; dass der
Weizen der Virtuosen nicht mir ab-, sondern vielleicht noch Die
so Üppig wie gegenwärtig geblüht hat. Und das ist ganz recht und in der
Ordnung; denn zur Knnst gehört ganz gewiss auch die Kunstfertigkeit;
wer aber auf diesem Gebiet eine so hohe Stufe erreicht hat, der
hat eben so unbestritten die gerechtesten Ansprüche, Theilnahme
und Anerkennung in einem so ausserordentlichen Grade zu An-
den, wie sic den genannten beiden Virtuosen ersten Ranges hier
in der Thal zu Thell geworden sind. Nach dem Furore und
der Sensation, die dieselben im wahren Sinne des Worts hier
erregt, dürften sie gar wohl kühnen, planierenden Nachzüglern
irt prophetischem Geiste warnend zurufen: „Aprös notis le de-
luge!“ — was denn auch aii dem, von dem Pianisten Herrn
S. Bl um n er aus Berlin in Vereinigung mit der ConcerlsAn-
gerin Frau Emma Wcrnicke-Bridgeman gegebenen Con-
cert dem Sinne nach wirklich In Erfüllung ging, das den
Unternehmern , wie Figaro singt, nnr „molto onore, poco
oontante “ eintrug und bei dessen geringem Ertrag aller-
dings weniger von Fluth als von Ebbe die Rede Bein
konnte. — Noch Anspruch auf Erwähnung hat ein von Mitgliedern
des Berliner Domchors in der Jacnhikirche veranstaltetes geistli-
ches Concert, dessen Programm sich nur auf Composjtionen für
Männerstimmen beschränkte. Dadurch war die Gelegenheit be-
nommen, den genannten Söngervercin in seiner Vollstäudigkei,
kennen zu lernen; dennoch war der Besuch ein sehr zahlreicher
als so wohl die durch ihre Leistungen rühmlich*! bekannten
und bewährten Concerlgeher, wie da* gediegene, fast aus lauter
Glauz nummern des Dotnchor • Repertoirs zusammengesetzte Pro-
gramm, nicht verfehlt halten, vereint ihre Anziehungskraft aus-
zuüben. C. K.
Joarnnl-Itevuc.
Die Allgemeine Zeitung bringt einen Aufsatz „Bemerkungen
über den melodischen Gebrauch der Intervalle“ von Bellermann.
— Die Neue Zeitschrift f. Musik bietet einen Artikel „Zur Be-
gründung einer logischen Ideenfolge in Beethoveu’s 33 Verände-
rungen über einen Dialielli'schen Walzer“; weiter enthält sie Re-
oenaionen, darunter eine sehr anerkennende Kritik über Wüerat's
Orohester- Variationen. — Südd. Musikztg: „Die Akustik des neuen
Opernhauses iu Wien“ von Marche*!.
Die französischen Zeitungen enthalten nichts besonders Mit-
tbellungs wertlies.
Nachrichten.
Berlin. Der Vorstand der „Berliner Sängerschaft 41 batte vergan-
genen Donnerstag die Vertreter der hiesigen Gesangvereine zu einer
Conferenz eingeladen, in welcher über eine würdige Feier zum An-
denken an Albetl Methfessei lind zugleich über einen geeig-
neten Beitrag zu dem für diesen beliebten Volkslieder-Componisteu
von der Sängerschaft in Brauu«ehweig angeregten Denkmal be-
rathen und beschlossen werden sollte. Von den etwa 60 hiesi-
gen Gesangvereinen waren in der Versammlung nnr IH vertreten,
weil die übrigen in der gleichzeitig abgehallenen General- Probe
für die zum Sonntag in Neustadt-Elierswakle und Cottbus ange-
aelzteii Gesangsfesten beschäftigt waren. Die Initiative der Berli-
ner Sängerschaft zu einer Methfesselfeier. wurde von allen Seiten
freudig begraset, und der Vorschlag soiten* der sfimmtlieberi
hiesigen Gesangsvereinc, ein öffentliches Concert zu veranstalten,
dessen Ueberschuss zu einem Standhilde für Methfessei oder zu
einer Methfesselstiftung behufs Förderung des deutschen Volks-
liedes zu verwenden wäre, dankbar aeeeptirt. Nach längerer
Debatte Uber das Wie der Ausführung eiuigte inan sieh sehliess
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lieh dahin, zum Schluss der Sommersaison. Kode September oder
Anfang Ortober, ein Concert im Concerthause abzuhalten und setzte
zur Besorgung der Vorarbeiten eine Commision nieder. Die Be-
stimmung des zu erhoffenden l'eberschusse aus dem Coueert
ob zu einem Standbilds oder zu einer Stillung, blieb einer Ver-
sammlung aller an dem Concert sich hetheiligenden Gesangver-
eine vorbehalteu.
— Herr Kr. Wagner aus Dresden bat mit seinem Musikcborps
am Montag sein erstes Concert hier gegeben und mit seinen
Leistungen nicht geringes Aufsehen erregt. Di* Accurateeae und
feine Nüaucirung, mit der seine Kapelle die fOr Blaseinstrumcnte
schwierigsiei) Stücke verträgt, gieht Zeugnis» von der Tüchtigkeit
des Dirigenten. Wagner s eigene Virtuosität auf der Trompetine
ist durchaus bedeutend. Die Fertigkeit, mit der er auf diesem
Instrument die schwierigsten Cadruzen, LAtifo und Triller aus-
rührt, der silberhelle und doch starke Ton, deu er auf demselben
hervorbringt, müssen die höchste Bewunderung erregen. Auch
als Componist verschiedener melodiöser Tfiuzc und Lieder lernten
wir Wagner kennen. Das zahlreich anwesende Publikum (au
3000 Personen) belohnte sAromlliche Leistungen mit stürmischem
Beifall.
Hoden-Baden Am 10. d. fand das 3le Kuraaal-Coucert statt,
in dem sieh besonders KrAulein Schröder auszeichuetc und
dir allgemeinste Anerkennung errang. — Die Houflcs parisicus
haben ihre Vorstellungen mit Offenbach s „Hegimentsiauberer“,
„Lieschen und Fritzeben" und „Monsieur Choufleury“ eröffnet
und einen grossen Succl's erzielt. Das Programm der nächsten
Woche bilden u. A. die OOenbach'schcu Werke: „Hochzeit bei
der Laterne“, „Fortunio“, „Tulipatan" und Hotow's „Wiltwe
Grapin“.
Breslau Am 12. d. veranstaltete der Breslauer äAngerbuud
unter Leitung des Herrn II. Lichucr ein Concert. in dem tu A.
zwei neue Coinpositioneu des letztgenannten zur Aufführung ka-
meu: „Der deutsche Baum“ und „Wanderlied“.
— Des kürzlich verstorbenen Ober- Organisten Freuden-
borg 's Meinoireu werden in einigen Wochen die Presse verlas-
sen. Dieselben sind von dem SanilAlsrathe Herrn Dr. Viol revi-
dirt und bearbeitet lind führen den Titel „C. G. Frcudenberg's
Erinnerungen aus dem Leben eines alten Organisten“. Den Ver-
lag hat die Buch- und Musikhandluug von K. E. C. Leuckart hier
übernommen.
C re uznarii , Im letzten Kursaal-Concert wollen V i e u x t e m p s *
Madame Bald! und Heu und Frau Jaell mit.
— — München Der König lies» nach Aufführung von Wagner*» „Tri-
stan und Isolde“ derDireclioti sowie dein biiuger- und Orchesirrperso-
nale seiue vollste .Anerkennung auaaprechm : ausserdem erhielt Herr
Vogl eine Busennadel und Fr. Vogl ein Bracelet. — Am 27. beschloss
die Hofbühne ihre Vorstellungen vor Beginn der Ferien mit
Wagner s „Meistersinger von Nürnberg“. Die Aufführung des
Werkes, hei welcher die erneute Mitwirkung des Herrn Betz
(Hans Sachsi ein erhöhtes Interesse hot, muss als eine nahezu
vollendete bezeichnet werden, seihst wenn man den höcheteu
Massstab Anlegen wollte. Die Direktion war iu den Händen des
Herrn Musikdirektor Hiebt er.
— Herr Hofkapellmeisler v. Bol uw soll sich nun detiniliv
entschlossen haben, seiue Stellung hier aufzugebet» und beab-
sichtigen, demnächst seinen Aufenthalt iu Wiesbaden zu uehmen.
Prag. Herr Dr. Schund, welcher mit ausserorordentliehem
Beifalls hier gaatirl, hat besonders als Berttam in Meyerbecr's
„Robert“ den nachhaHigsten Eindruck gemacht.
Stuttgart. Aufführung de« Sing-Vereina: FrühUngsbotschaft
\ou Gade, mehrstimmige Gesänge von Schütky, Stark, Tod,
Schubert. Fr. L achner , W Speidel, Silcher etc.
Zürich. Für die Composition der Preisgediobte „Sieges-
feier der Freiheit“ von Heinrich Weber und „Grandson 1476“,
Cantate von K. Oye| • Delafontaine, bat das Ccntralcomite des
eidgenössisches SAfigerverdnes ein Preisausschreiben unter
folgenden Bestimmungen eröffnet: 1. Die GeaammtchOre aind
in einfacher Tonform, in leicht ausführbarer, volkstümlicher
Fassung zu halten, wobei das volle Orchester verwendet werden
darf. Die schwierigeren Tonformen dagegen sind den Halbchören
und Soli zuzutheilen. 2. Die vorzüglichsten Werke sollen auf
Vorschlag eines hierfür zu erneunemlen Preisgerichts mit Preisen
gekrönt werden. Das Eigenthum auch der gekrönten Werke
bleibt deu Componieten. Der eidgenössische SAugervere.il» macht
nur den Vorbehalt einer ersten Aufführung, wofür der Abdruck
in das Festhefl beansprucht wird. 3. Die Conipositionen sind,
mit einem Motto versehen und von einem verschlossenen Zettel
begleitet, der dasselbe Motto tiAgt und den Namen des Comp«
nisten enthält, an deu PrAsidenten des Centralcomite's Herrn Pro-
fessor Kr. Lang in Solothurn einzusenden. Termin zur Eingabe
bis 30. September 1869. Compouisten, die allenfalls Abänderung
der Dichtuug wünschen, mögen sieb deshalb an die betreffenden
dichter wenden.
F reihum (in der Schweiz). Am 4. Juli starb hier der auch
in weiteren Kreisen bekannte Organist Vogt.
Paris. Gegenüber den fAlachen Gerüchten, die über die pe-
cuuiAre Lage von Hoger io Umlauf gesetzt werden, sei bemerk«,
dass derselbe als Professor am Couservaloriuui mehr als 20f0 Pres
monatlich bezieht. Ausserdem ist er Besitzer einen Landhauses,
das ihm einen jährlichen Miethseitrag von 25,000 Kr cs. liefert.
Hieraus ergieht sich, dass der Künstler durchaus nicht eiiiem
hemitleideiiswerthcu Geschick verfallen lat.
Bukarest. Herr Hofkapellmcister Prof. Jul. Sulza r, welcher
im verfloaaeuen Jahre vom hiesigen Kultus-Ministerium den Auf-
trag anuahin, eine Nationaloper zu roinponiren, hat soeben durch
l’eberreiehung seines hier vollendeten Sactigen Werkes „Michel
le Blase“ dem Wunsche entsprochen. Das Ministerinin hat Stl-
zer's Oper, der man eine Ausserst glänzende musikalische Be-
handluug uachrühml, angekauft und die Verfügung getroffen,
dass dieses rrstc nationale Musikwerk zur kommenden italieni-
schen Opernsaison brillant ausgestattet zur Aufführung gelange
Jassy. Vergangenen Monat starb der Direelor dea hiesigen
Conaervatorhims, Franz Caudella, im Altar von 57 Jahreu.
New- York. Frl. Nilssou ist von Herrn M. Fiok für 110
in Amerika zii gebende Vorstellungen gewonnen. Dafür erhält
sie die Kleinigkeit von 600,000 Frei. ; ausserdem vergütet der Un-
ternehmer noch sflmmtliche Reise- und ifötelkosteu für FrAulein
Nilsson und zwei Peraoneu.
— Die Concerte, die am 12. Juni zum Andenken an
(.bar len B. Seymour in Steinway Hall gegeben wurdeu. waren
«usserordeutlich gut besucht. Der Zweck der Concetle ist da-
durch erfüllt worden; die Leistungen waren »ehr ungleichmäßige
und die Zusammenstellung der Programme gerade keine beson-
dere. — Ad demselben Abend fand die erste Aheuduuterhakung
des Gesangvereins „Arton“ iu Bernel’s Terrace Garden statt. Das
Orchester trug unter Bcrgmanii's Leitung mehrere ge wählte t>r-
ehestcrpiecen vor; der Verein sang Veit’« „König von Thule",
„Volkslied“ von Abt und die Schlachthynine aus Wagner ‘s „Rienri“.
Gauz vorzüglich wurde übrigens das Veit'sche Lied gesungen
Berlchligang.
ln dem Leit -Artikel „Beethoven als bahnbrechender Ge-
nius eie.“ enthalten in No. 27, muss es pag. 219, Spalte 1. Zeile 6
von oben heissen: „ungezügelten“ statt „gezügelten.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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‘233
Neue lusikalien
Üm V Bringe voto
JUL. SU11BERTII A Co.
in
Leip7.fR und New- York.
TUr. Ngr.
Um-.ti, J. S. Premier Prelude in C pour Pinno. Kditiou
soignetiseraent rcvue, corrigee ef doigiee par K. Klauser — 8
Beethoven, I. v. fl Märsche fDr (Jas Pianoforte Aber*
tragen von K. Klmiser. Marsch a. Fidel Io. Türkischer
Morsch «. (I. Ruinen von Alben. Marach aus Egmont.
Siege»- Marsch a. König Stephan. Triumph-Marsch zu
ii. Trauerspiel Tirpega- Trauermamch aus d. Sonnte
Op. 26 erleichtert ..„—12
- Op. 15. Largo du premter Concert pour piano. Edi-
jLion soigneosement revue, corrigAe et doigtee par K.
Klauser — 6
Hlmiienllial, J>. Op. 13. Lea Vacaiucs. RAcrAntioiiB p.
Amateurs, Cbniposilions originales, elegantes et non
diffioilcs p. Piano. No. 10. Promenade. 3«»« Noc-
lurnc. No. 11. Dernier Plaisir, 2*™* Rondo. No. 12.
Marche de la Rentree. Nouvclle Edition. Corrigee et
doigtee par K. Klauser . ^ 4 — 10
Brandete. Er. BandUen»/,ug. Maraeh-Capriee f. PianoL —15
Ooiaauer, J J. I'. 12 Duetlinos für Flöte und Fiaoof.
Cali. 3. Schubert, Ave Maria. Mendelssohn - Barth.,
Auf Flügeln, Kreta, Die lleimath — 20
£>u**ek, J. Ir. Op. 62 La Consoialiou pour Piano.
Edition aoigueiisemenl revue, corrigee et doigtee par
K. Klauaer . . . — 9
Fleld, John. 12 Nocturnes. Neue Pracht*Edilion, revi>
dirt v. Liszt und K. Klauser. No. 3. As-dur 7| Ngr.
No. 4. A-dnr — 10
Goldbeck, Roh. Op 70. 20 Präludien für daa Clavier
iu kurzen Etüden besonders für Ci« sseit-Utiicr rieht u.
fortgeschrittene Pianisten T SS
Cottec halgte Repertorium für Orgel, Harmonium oder
Pedal-Flügel. Bearbeitet unter Revision und mit Bei-
trägen von Franz Liszt. Heft 1. Bach, i. S., a| Ein-
leitung und Fuge a. d. Motette: Jcb hatte viel Bekam-
nierniss", b) Andante „Aua tiefer Nolh“, übertragen
von Fr. Liszt — 20
— Heft 2. Bach, J. S , ni Präludium, hl Thema uud Va-
riation, o) Adagio aus einer Violinaonale, d) Präludium
und Fuge 26
Hauser, *1. OP- 37. 4 Lieder ohne Worte (Romanefe
saus paroiea) für Alto - Viola uud Pianoforte. No. 1.
Ahnung (Prcsscnliment). No. 2. MAbrcheo (Fable).
No. 3. Einsamkeit (Solitude). No. 4. Andacht iPiAte) 1 —
Bummel, J N. Op. 74. Grosses Septett in D - inoil.
Edition als Quintett für Pianoforte, Violine, Viola,
Cello und Contrabass oder 2tes Cello. Neue revidirte
Ausgabe von Franz Liszt 3 15
Köhler, Lunte. Op 157. 12 kleine Etüden f. Ctavier-
Sehüter zur Anbahnung der Geläufigkeit Nachfolge
zu den leichtesten Etüden. Op. 161 ✓ . — 20
Kontsky, A. de. Op. 115, Keveil du Lion pour Piano
siuipliÜBu. EdiUou soigneusemeat rävue, corrigee et
doigtee par K. Klauser , — $
Krug. D. Op. 36. 6 Lieder von C. M. v. Weber trau-
scrihirt für Pianoforte. Neue revidirte und mit Finger-
satz versehene Ausgabe von K. Klauser. No. 5. Liltzow's
wilde Jagd. No. 6. Einsam hin ich i — 7$
Wason, William. Op. 24. RAverie poAtlque pour Plano — 15
Mayer, €'ari Op. 106. Myrtften. 12 kleine ClaVler-
atücke. Neue revidirte und mit Fingersatz versehene
TJUrNfr.
Ausgabe von K. Klauser. No. 6., Studie « 7| Ngr. .
No 7. Tyroliennc A 5 Ngr. No. 3. Scherzino k 5 Ngr.
No. 9. Le hon vieux Temps, Valse A — 7J
Mozart. W. A. Fantasie und Sonate für Pianoforte.
Neue wohlfeile Prachtausgabe, revidirt und mit Finger-
satz versehen von K. Klauser V. . s ‘. . . . — • !fi
— Rodo in A-tnoll f. Pianoforle. Neue wohlfeile Pracbt-
auagabo. revidirt «uwi mit Fingeteatz vernehmt von Ki
Klauser ... . . «. . . .-i . .»*>:— 7|
l*icr»on, II. II. # Op. 73. 2 MAouerchöre. Der Fiaobe-
rin Wiegenlied und Beruhigung. Part uud Stimmen — 224
Schmitt, Jac. Op. 325. Musikalisches Sdiat/kästlcia.
133 beliebte Opern- lind Volksmelodien, Lieder, Tanz-
weisen, M Arsche etc. im leichten Style arrangirt und
progressiv geordnet für Violine mit Piauo, lieft 1 . . — 15
Srhuberf, Franz. Op. 137. 8 Sonatinen für Pianoforte
und Violine. Nene revidirte mit Fingersatz und Bogen-
strich versehene Ausgabe von Fr. Hermartn. No. 1 , i-'15
ftrhuuiAiin, Robert. Op. 6«. Jugend-Album. 43 kteioe
Clavierptückc, bearbeitet für Pianoforte .und Violon cell.
Heft 5 uud 6 a 20
Ringer, Otto. Op. 3. Grosses Duo (in äonatenform)
in einem Satze für Violina und Pianoforte 16
Riecher, II. Op 31. 3 geistliche Gesänge. Psalm 23,
Vater Unser, Gebet. Für gemischtes) Chor. Parfilur
und Stimmen 1 _
Ssemelenyl, B. Op. 30. Geschichten für meine Toch-
ter, No. 1. Im Grünen. No. 2. Folg« mir. No. 3.
Fliehe nicht. No. 4 Scherziuo. No.’ 6. Tanz und
Schalmei. (Gavotte.) No. 6. Ave Maria. Für Pianof. — J74
Volrkmar. W. Br. Op. 215. Conccrt-Fautaste D-moll
filr Orgel ... _ ltf
Nova-Sendung \o. 6.
von
B. Wchotts Söhnen in Mainz.
jlVtfr 5fr.
fiernsheim. Frtedr. Rortiarice, Op. 15 — 171
— — Variationen, 0«. 18 .......... . Ri
Uodelroid. F La R osc des Moulagnea, Op. 1&0 , , — 124
Les Plainte» d'Ophelie, Op. 151 . — 15
— — Lea Palineurs de Hartem, Op. 162 ...... — 16
Hamm. J. Val. VAlocipAde-Marscb (Kisa. Bade-S. No. 86» — 6
Kelterer, E. Chanson napoLiluiue, Op. 243 12|
Viens au bord de la Mer, traqscr. et v. Ou, 24Ö — 15
Chaot Klegiaqne, Op. 252 . . . . J — 12J
Leybarh, J. Molse de Rossini, Fanlaisie brill. Op. 117 — 20
Recreat. caract. Op. 118. No. 5. Dause des Natsde* -r 15
— — - 6. I Purilani . 7 . — 17|
Neu mann, E Galop dc Champagne fChantp.-Gal.l Op. 126 — 10
8»Ub, H. la Souge d uue nüil d EtA (Ein Sommer-.
naehtslrnum) de Mendelssohn, Paraphrase de ConcerL
Op. 76 - 20
— -r- Moments joyeux, Morcoau de balon, Ov. 77 . . . — 171
— - Li- C rep 11 scuJe, Andante, Op. 79 _ I84
— — F&te ihnnifiAtrc, Maicitii brillante, Op. Sh ... — 171
— — Cnrn' ü genlil, Fant-Elddc puiir Inmain gancbesetite — 12|
Lach ner, Fr. Varia Bo neu, Op. 138 « 4 «nates , . . 1 «—
Auber. Ouvsrt. de I 0p. Le Serum nt, pour 3 Pianos 1 174
Rnvitia, II Souvenir 36 Rulflls, graüö Duo pour 2 Pia-
nos. *lp. irl bis ... 16
Kttterer, E üc Herrn an. A- Duos concertants sur das
Operas de Verdi nour Piano et Violon. No. 5. Simoo
Boce. — No. B Emani h 1 —
Stnuctcc. J .11 Fant, sur W G. Tell M * p Vln. av P. Op„lt7 ■ 1 fc
— — Bigotetto, Faul. p. VioJoa ayec Pinnu, 0p. 11? . . — 25
Wirhll. U. 6 petits MorAeaftk de Salon pour Violon nvec
Piano. Op. 75. No. 5. Lobentmn. — No. I G IHI & — 22}
Mcerta, L. J. Lg Miriintemg da PArgbgt tDer Meohauis-
miia dm- Boieiilitlirungt, 12 Klud«« pour Vmlon cj)
2 Suite v 1 1 . 7 .. r '.‘ .^r — $0
Grimm, C. ..Aupres d'mi Saute". RoUMnoe de J’OpAra
Otello, tranaor. pour MoloncflJe «vee Pmuu 1.71
Unbel«. « Cnprtee pour la Clarinette . . . — 15
- ‘6 Etttdes pour I« CtariltHt« . . . . ’ . . _
Verlag von Ed. Bote 4 6. Bock Jl. Book), Köoigl. Hofmusik haodtung in Berlin. Französische Str. 33«, uud U, d. Llndon No. 27.
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Will. Jahrgang M 29 .
Von di«««r ZaAaag «r»eh«inl wfehMlIiab
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21 . Juli 1869 .
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- Berlin, Revn». — Corrcapondeoua an« Lcipiig, Paria and Prag. — Peailldoa- Maaikaliaehc Apborimnrn VI — Journal-Rtrae. -
NarAiri'tilan. — Inner»«».
Scholx. Beruh Zwei Sonaten für Piano und Cello.
Op. 19. Mainz. B. Schot Cs Söhne.
— — Sonate für Violine und Piano. Op. 20. Ebendas.
Vierhändige Walzer für Piano. Op. 24. 2 Hefte.
Bremen. A. F. Cranz.
Trio für Piano, Violine und Cello. Op. 20. Mainz,
B. Schott 1 » Söhne.
Sonate für Piano. Op. 28. Ebendaselbst.
Der Autor hat sich dein Berliner Publikum durch eine
Reihe grösserer Instrumental* und Vocnl-Compositioneii,
durch ein Clavierconcert, Clavierquintntt, ein Requiem, na-
mentlich ober durch eine Sinfonie vor l heilhaft bekannt ge-
macht. Seine Arbeiten tragen durchweg den Stempel eines
durchaus würdigen und reinen kunslstrebens an der Stirn,
dem ein vielgewandtes Formtalenl und eine bedeutende
contrapunklische Routine zur Seite stehn. Was ihn wie
Kiel, mit dem er eine gewisse Geistesverwandtschaft besitzt,
besonders chnrakterisirt. ist dos geringe Anlehnen an die-
jenigen beiden Meister, welche — Richard W’agner ganz
aus dem Spiel gelassen — unsere Zeit ganz eigentlich be-
herrschen, Schumann und Mendelssohn. Ebenso unmöglich
wie bei Kiel ist es bei Scholz, ihn einer dieser beiden
Schulen zuzuzählen. während man beispielsweise doch hei
Männern wie Brahms, Joachim (beide Violinconcerte). Ru-
binstein, Bruch, R. Kranz, Bnrgiel und vielen, ja den mei-
sten Anderen unter den jetzt lebenden Compooisten, keinen
Augenblick darüber im Zweifel sein könnte, welchem von
jenen beiden Männern grundverschiedener Richtung sie an-
gehören. ln den vorliegenden Arbeiten spürt man nur den
Einfluss Bach's und Beethoven's, hin und wieder Cherubini's
und Schubert’s. Wenn nun einerseits eine solche Emanci-
pation von dem herrschenden Einfluss der Zeit eiue be-
stimmte Kraft und Eigenart verräth, so ist andrerseits nicht
zu leugnen, dass in ihr auch wieder etwas Räthselhaftes,
um nicht zu sagen, Befremdendes liegt. Auch in der Kunst
kann man vielleicht, wenn schon es gewagt scheint, von ei-
ner „natural telection ", wenn auch nicht der „Arten”, doch
'■er „Individuen” sprechen, von einer naturgemässen Descen-
denz unserer Kunst typen und Kunstideale. oder besser ge-
sagt von einem geheimnisvollen Berührung«- und Entwicke-
lungsgesetz der verschiedenen Kunstepochen urtter einander.
Selbst das Genie ist mehr oder minder an dieses Fortbil-
dungsgesetz gebunden und überspringt selten ungestraft sein
Gebot. Haben wir es doch hei Niels W. Gade. welcher
durch einen sehr starken, frappanten Localton anfänglich
allen Zusammenhang mit den Genien seiner Zeit zu retou-
chiren wusste, erlebt, dass er sich schon in seiner vierten
Sinfonie unverkennbar zu Mendelssohn bekannte.
Es ist hier nicht der Ort, diese Gedanken weiter zu
verfolgen, erklären wollen wir nur, warum die Scholz'schen
Compositionen trotz aller Tüchtigkeit. Noblesse und wahren
Empfindung, die in ihnen steckt, dem Hörer, statt ihn un-
mittelbar zu erwärmen, ein Gefühl von Isolirtheit und ei-
genwilliger Beschränkung verursachen. Vielleicht wurzelt
sein Talent nur anderem Boden, vielleicht und gewiss hat
es seine letzte Wandlung noch nicht erreicht In der Sin-
fonie schwang es sich unseres Ermessens zu freierem Fluge
auf, wobei die ausserordentliche Kenntnis« des Orchesters
freilich erheblichen Vorschub leistete. Am Clavier fühlt
sich seine Natur offenbar weniger tu Hause Der Clavier-
sntz Scholz*s schlicsst sich eng an den Beethoven'schen an,
selten oder nirgends eine Spur von der romantischen Far-
benkunst Chopin's, Schumnnn*s und LiszUs. Nun würde
sich ein Beelhoven'scher (Javiergedanke schlecht mit dem
sinnlichen Schmelz moderner Factur vertragen: wir haben
aber doch keine Beethoven'schen Gedanken mehr, warum sie
also auf Beethoven’sche Art instrumentiren ?
Die beiden Cellosonaten sind sehr geschickt behan-
delte Compositionen, in denen sich eine Haupteigenschaft
des Autors, das Fliessende, nicht leicht in*s Stocken Gera-
tende geltend macht. Nicht dem schärfsten Auge wird
sich irgend eine Cnbeholfenheit oder SchOlerhaftigkeit ent-
29
234
decken, von denen oft unsere grössten Talente nicht frei
zu sprechen sind, aber das Verständige. Fachgemässe tritt
mit Ausnahme zweier Sätze zu sehr an die Stelle der Phan-
tasie. Die Wald der Themen zeigt oft viel Sorglosigkeit,
z. B. im Finale der zweiten Sonate:
Ganz vortrefflich ist der erste Satz der ersten Sonate. Lei-
det er auch etwas an zuviel thematischer Arbeit und con-
trapunktischer Werdelust, so versöhnt er doch durch sein
einschmeichelndes Thema und die noble Haltung, die er im
Ganzen einhält. Kbenso vortrefflich ist das Scherzo der
zweiten, wenn uns unser Gedächtnis** nicht trügt, ursprüng-
lich das Scherzo in der im vorigen Winter hier vorgoführ-
ten Sinfonie. Fs ist ein Stück von fast Hnydn'scher Naive-
tat und zeigt einen zweiten Vorzug >c1k>)z’s, sein frisches
Anpacken und Gestalten. Dagegen können wir dem daran
sich schließenden Adagio, welches schon in der harmoni-
schen F.rlindung des Hauptgedankens eino eigene Ungefäl-
ligkeit und Härte offenbart, keinen Geschmack abgewinnen.
Die Violiu sonate besteht aus drei Sätzen, einem
sich in den üblichen Formen haltenden ersten, in G-dur \.
einem Menuett in Es-dur und Variationen über das Volks-
lied; „Ich hab' die Nacht geträumt“, dem unzweifelhaft ge-
luiigensteu Theil dieser Arbeit. Der erste Satz hat hüb-
sche Einzelheiten und ist nicht ohne Schwung erfunden,
aber er enthalt auch manches Nüchterne und ist. wie uns
dünkt, mehr empfunden als erfunden- So geräth für un-
ser Gefühl die Erfindung gleich Anfangs im 5. Tacle des
Themas in ein unbehagliches Stocken, und der vor der Re-
prise des Motivs durch das Clavier eingescliobeue neunte
Tuet will uns gar nicht in den Sinn. Das Menuett ist
hübsch und die Variationen noch hübscher. Die (Kavier*
ätimmc der sehr kurzen Sonate umfasst nur 17 Seiten.
Die vierhändigen Walzer seien als iminlere, ver-
gnügliche Tanzmusik Spielern von mittlerer Fertigkeit
empfohlen. Die einzelnen Nummern haben, wie das gerade
bei einer Kunstgattung, bei der mehr Stimmung als Kunst
den Ausschlag giebt. natürlich ist. verschiedenen Werth.
(in Trio hat Scholz init glücklichem Instinct statt des
tragischen Kothurns und der tragischen Dimensionen, die
wir uuf diesem Versuchsfelde aller jüngeren Tondichter ge-
wohnt sind, ein überaus heiteres Kunstwerk im knappsten
Rahmen geliefert. Trotz der Gleichheit der Stimmung, wel-
che durch das ganze Werk geht, heben sich die vier Sätze
desselben glücklich genug von einander ab. und wer nicht
gerade mit Ansprüchen an dieses Trio geht, die der Com-
ponist selbst nicht erhoben, wird sich von ihm aufs ange-
nehmste unterhalten finden. Der erste Theil F-moll hält
die übliche zwoitheilige Form ein. Gutklingend, flüssig,
durchsichtig, leicht ausführbar, lässt er nach keiner Seite
etwas zu wünschen übrig. Hieran schließt sich ein Alle-
gretlo, G-dur ein zierliches Dreigespräch von lyrischem
Charakter, welches durch ein Intermezzo G-moll, anfangs
etwas cyklopisch, dann mit Schubert'scher Cantiiene unter-
brochen wird. Mit nachahroenswerther Weisheit ist die
Klippe des Adagios gauz vermieden worden. Auf das Alle-
gretto folgt ein zweisä Uiges Finale, sonderbarer Weise E-
moll ! agitato anhebend und mit langsamerem Tempo E-
dur } AUegro non troppo schliessend. Wir hätten hier
gern statt der zweitheiligen Form mit Reprise eine freiere
Gestaltung gesehen, weil ein Finale seinerNatur nach am
degagirtesten und ungebundensten sein soll. Auch die
besterzogenste Gesellschaft wird im letzten Acte vor dem
Atiseinandergehn ihre Formen loser schürzen, ohne deshalb
an ihrem guten Ton einzubüssen. Diese schickliche Frei-
heit, diese erlaubte Zwanglosigkeit wäre dem in classischer
Strenge aufgewachsenen Componisten hin und wieder mehr
zu wünschen.
Das letzte der zu besprechenden Werke ist eine Kla-
viersonate*|. Gegen den Namen „Sonate“ regt sich in
unserer Zeit ein Vorurlheil, welches aus dem Umstande,
dass die bedeutendsten Claviercomponisten seit Beethoven
mit geringen Ausnahmen keine epochemachenden Werke auf
diesem Gebiete geliefert haben, gerechte Nahrung zieht.
Chopin und Schumann haben Sonaten geschrieben; wer
aber stellte nicht ihre anderen Werke weit über sie! In
der neuesten Zeit sehen wir die antiquarische Grille, zur
„Suite“ zurückzugreifen. Einen Grund hat diese Abwendung
unseres Geschmackes gewiss: es ist aber damit nicht ge-
sagt, dass eine so universelle Form wie die Sonate ein für
alle Mal von der Tagesordnung gestrichen zu werden
braucht. Wer sich damit begnügt, auf einem Gebiet, welches
das Beethoven’sche Genie fast vollständig beherrscht, statt
neue Bahnen zu brechen, die alten mit neuem Herzschlag
zu beseelen, neue Kreise des Empfindens in sie hineinzule-
gen, der gehl gewiss sicherer als derjenige, welcher, ohne
mit dem nöihigen Genie dazu ausgerüstet zu sein, mit seinen
Gedanken Walpurgisnacht treibt, und den fantastischen Be-
senstiel, auf dem er reitet, für ain tiefsinnig ausgehecktas
Produkt seines Formensinnes hält. Scholz gehört nicht zu
dieser Klasse der übernächtigen Musiker, welche die Sonne
am liebsten in ihre Blendlaterne sperren möchten und sich
dann einbilden, es leuchte ein ganz persönliches Licht aus
ihr heraus.
Das Werk, viersätzig, beginnt mit einem Allegro co-
modo, H*dur ] Das Hauptmotiv ist für den Autor cha-
rakteristisch, weil es die naive Frische eines Mannes doku-
roentirl, der in unsern Tagen des Zweifels und der Zerisaen-
heit noch den Mulh der Einfachheit und des Glaubens an
sich hat. Man sehe:
In der Mitte des Satzes tritt ein kleines dreistimmiges Fu-
gato auf. Misslich sind mitunter einige altmodische Figu-
rationen; so der konlrnpiiriktirende Bass zum ersten Thema
S. 3, Z. 4, Lieber Himmel, die Würmer wollen doch auch
leben! Lebhaft und in rein klassischer Form gehalten ist das
Scherzo G-dur }. Einem pikanten und originellen Einfall,
wie dem eigensinnigen E im Trio desselben, begegnete man
gern öfter in den Werken des Componisten, Auf das
Scherzo folgt ein Thema mit Variationen Adagio E-dur J
Herr Ehrlich hat sich das Verdienst erworben, sie vorigen
Winter öffentlich vorzutragen.
235
von tiofer Empfindung und nicht ohne G«ist in den Uro*
Schreibungen, namentlich der dritten Variation. Die Sonate
üchliessl mit einem Fugato, dessen Thema aus dem Adagio
hergeleitet :
Dunkel mag dem Componisten wohl das Finale aus ßee-
thoven's»Op. 101 vorgeschwebt haben, wie man aus ein-
zelnen Wendungen sieht:
aber nur in jenem erlaubten Sinne, in dem wir Allo irgend-
wo wurzeln und nicht frei in der Luft schweben.
Scholz hat Alles, was zu einem tOchiigen Mucker ge-
hört; es fehlt ihm allein die prägnante Physiognomie.
Stände seine Originalität auf der Höhe seiner künstlerischen
Gesinnung, so würden wir von ihm Ausgezeichnetes zu
erwarten haben. Da er jedoch jung, strebsam und voll
Glauben an seinen Beruf ist. so zweifeln wir nicht, dass es
ilun bei etwas massigerer Produktion und kritischerer Aus-
wahl seiner Gedanken beschiede» sein wird, uns noch mit
Werken zu überraschen, welche die hier besprochenen an
Kraft und Eigentümlichkeit weit überragen. Ein mächti-
ger Compositionslrieb. wenn ihm wie hier die Herrschaft
aller Mittel zu Gebote steht, wird immer, selbst wenn er
nicht im letzten und höchsten Sinne originell ist, dem Ge-
nius seiner Zeit den wohlverdienten Tribut »bringen.
L Ehlert.
Bodin, Emilie. ßlag-Oescheo. Gedichte von Claus Groth
für eine Singstinmie mit Begleitung des Pianoforte. Ber-
lin und Posen. Ed. Bote & G. Bock.
Vorliegendes Liederheft zeichnet sich durch ansprechende,
empfundene Melodieen aus. Die Sangbarkeit sowie das leicht
auszuführeiide Clavier- Acconipagnement verspricht dem an-
spruchslosen Werkchen eine allgemeinere Verbreitung.
W. Schäfer.
Grfiduer, Carl G. P. Op. 53. Romanze für die Violine
mit Begleitung von kleiuem Orchester oder Pianoforte.
Hamburg. F. Schuberth.
Es ist ein missliches Ding, für ein Instrument concer-
tirend zu schreiben, weun man dasselbe nicht selbst mit
hinreichender Fertigkeit spielt. Wäre das vorliegende Violin-
stOck wirklich eine Romanze, wie der Titel angieht, so möchte
es auch einem nicht Geige spielenden Componisten wohl
gelingen, dieselbe melodisch wirksam auszuslalten. Da es
sich hier aber um eine für Virtuosenzwecke bestimmte
Gomposilion handelt, die die Benennung Romanze mit Un-
recht führt, tritt durchweg die Unbekanntschaft des Autors
mit der Violintechuik hervor, und verlangt von dem Spieler
die Lösung einer ebenso überaus schwierigen, als undank-
baren Aufgabe. Wenn daher auch im vorliegenden Falle
die Composition an sich würdevoll und keineswegs dem
landläufigen Virtuosenkram beizuzählen ist, so dürfte sie sich
doch kaum einen grossen Kreis von Freunden erwerben, da
sie einerseits nur von ausgezeichneten Virtuosen technisch
vollendet auszuführen ist. anderseits aber diese bei so vieler
aufgewendeter Mühe nicht gern auf denjenigen Lohn ver-
zichten werden, welcher stets nur technisch wirksamen Vorträ-
gen gespendet zu werden pflegt. Richard Wüerst.
Ktorfllo.
Mt e r u e.
Unter den Berliner Bühnen verdient das Friedrich-Wilhelm-
städtische Theafcr eine ganz besondere Anerkennung seines
unermüdlichen Fleiaaes wegen; es vergeht seilen eine Woche,
in welcher dieses Institut keine Novität, sei es im Bereiche der
Operette, sei es im Bereiche des Lustspiels oder der Posse,
brächte; nebenbei cultivirt es ein reiches reststehendes Reper-
toir in diesen Genron, welches von dem ebenso zahlreichen
als talentvollen Personal trefflich nusgeführl wird. So wurde
den zahlreichen Fremden, welche Berlin jetzt besuchen, in ver-
gangener Woche für jeden Tag Abwechslung geboten, sie
konnten: „Die schöne Helena“, „Urlaub nach Zapfenstreich“,
„Die Reise nach China“, „Pariser Laben“ und arn Sonntag
wiederum die längst vermisste Burleske „Toto“ mit dem vorn
Urlaube zurückgekehrten Fräulein Reoom, sehen. Alle diese
Vorstellungen waren denn auch sehr gut besucht und fanden
bei Fremden und Einheimischen den verdienten Beifall. Wir
würden Unrecht tun, wenn wir den Leistungen der Damen
Koch, Neumano, Preuss, Reoom, Rigeuo, Schramm,
wie der Herren Adoifi, Griebel, Mathias, Neumann,
Schulz nicht alles Lob zollten.
Die Oper im Kroll'achen Etablissement brachte Wiederho-
lungen von: „Traviata“, „Don Juan“, „Belisar“, „Freischütz“.
d. R
Correttpundenzen.
Leipzig, 17. Juli 1H69.
Der deutsche Musikertag hat in den Tagen vom 11.
und 12. d. hier stattgefunden. Was nun zunächst die Anträge
und Beratungen au belangt, so wurden dieselben am 11.
Nachmittags Ui Uhr begonnen. Das Direcloriuiu hatte die Lei-
tung der Verhandlungen in HAndeu behalten; das Präsidium er-
hielt Herr Dr. Stern { Dresden); als Vizepräsidenten wählte man
Herrn Dr. Alslebeu ( Berlin. i und Dr. Blas «mann (Dresden).
Hieran schloss sich ein Bericht des Herrn Dr. Zopff Ober die
Entwickelung dos Vereins seit der letzton Versammlung. Herr
Dr. Alslebeu Qberhrachte sodann die Grüsse des Berliner Ton-
künstlervereins und uuu begannen die Beratungen. Der erste
Antrag, von Herrn Dr. Benfcy aus Berlin gestellt, betraf die
Aufnahme der Musik als Luterrichtsgegenatand iu die Elementar-
schulen mit besonderer Berücksichtigung des Kröbel-Wieseneder’-
schen Systems. Nach einer kurzen Debatte wurde dieser Autrag
auf Vorschlag des Herrn Dr. Aisleben an eine zu bildeude Com-
mission verwiesen. Den zweiten Gegenstand der Beratungen
bildete eiu Antrag des Herrn Musikdirector Eugel aus Merse-
burg, welcher eine gründliche Reorganisation des Gesangunter-
riebtea in den höheren Schulen verlangte. Herr Musikdirector
Müller-Hartung aus Weimar begründete dieaen Vorwurf uiid
Herr Musikdirector Lewandowsky aus Berlin stellte noch das
Verlangen, dass aus Rücksicht auf die Kunst wie auf das phiai-
sche Wohl der Schüler, selbe während der Jahre der Mutation
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von der Gesangübuog völlig dispensirt würden. Da jedoch be-
schlossen wurde, den Eogd’schen Antrag euch an eine tu bil-
dende Fachoommieston für spätere Zeit tu Verweises, ao zog
Herr Lewandowaky seinen Antrag zurück. Hierauf wurde die
Sitzung bis zum nflchsten Tage geschlossen. Der erste, der am
zweiteu Tage gestellten Anträge, ging von Herrn Dr. Alsleben
aus, welcher verlangte, dass der Staat der Tonkunst fortan in
gleichem Maassc wie den bildenden Künsten seine Unterstützung
angedeihen lA&gen und dies durch Einsetzung einer Staatsbe-
hörde für Förderung und Ueberwacbong künstlerischer Pflege
der Tonkunst und durch hervorragende kunstfördernde Institutio-
nen belhäligeu möge. Dieser Antrag, sowie die beiden des Herrn Dr.
Zopff aus Leipzig, auf Ernennung einer permanenten Commis-
sion zur Anbahnung von Cartel- und Coneertverbänden zwischen
den deutschen Städten und Concert - Instituten, und des Herrn
Eichberg aus Berlin, betreffend ein Tantiämengesetz für die
öffentliche Aufführung musikalischer Werke nach Art des Fran-
zösischen und mit Hinsicht darauf die Ernennung einer Com-
mission, welche an die deutschen Regierungen und Volksvertre-
tungen eine darauf bezügliche Petition richte, erhielten die allgemeine
Zustimmung. Der letzte vorliegende Antrag war der des Musikdlrec-
tora Lewandowaky aus Berlin: dass das Directnrium des Allge-
meinen Deutschen Musik-Vereins einen Aufruf zur Gründung ei-
nes allgemeinen deutschen Verbandes, sowohl der schaffenden
wie ausübenden Musiker, erlasse, welcher durch Schaffung all-
gemeiner Krankenunterstülzungs-, Alterversorgungs- und Pensums*
Kasseu die Hebung der ausübenden Musiker und Verbesserung
der Lage derselben zum Zwecke haben solle. Der Antragsteller
begründete seinen Antrag durch den Nachweis der misslichen
socialen Lage der ausübenden Musiker und der daraus hervor-
gebenden Hemmung grösserer Entfaltung der Kuual in diesen
Kreisen. Dieser Antrag rief eine kurze, aber ziemlich animirte De-
batte hervor, in Folge deren Herr Lewandowaky sich veranlasst
fand, denselben zurückzuzieheu, worauf Dr. Blass mann den
Antrag zu dem seinigeu machte, mit der Abänderung jedoch,
dass der Aufruf von einer vom Musikertage ad hoc zu ernennen-
den Commission ausgehen solle, welcher Antrag augenommen
wurde. Damit waren die Berathungen beendet und es erfolgte
schliesslich noch die Wahl der verschiedenen Commissionen für
die einzelnen Anträge. - Die während der Tage stattgehabten
musikalischen Aufführungen, leitete am Sonnabend (Vorabend)
ein sehr interessantes Concert des Riederachen Vereins ein, wel-
che« entschieden des gelungenste von allen war; nur wurde des
Guten zu viel geboten uud die Geduld der Zuhörer auf die Probe
gesetzt. Man brachte „Altes“ und „Neues“. Das Alte war ver-
treten durch die Zeitgenossen: Frescohaldi. Gabriel!, den Sebü-
Isr des Letzteren Heinrich Schütz und Bach; das Neue durch
unsern Thomascantor E. F. Richter, Johannes Brahms, Franz Wüll-
uer, G. Rebling, Franz Liszt und Robert Volkmano. Das Concert
war sorgsam vorbereitet, die Ausführung Seitens der Chöre und
Solisten tdie Damen Dreolisel, Martini, Müller, Schmidt
und Schmidts und die Herren Rebling und Henachel)
eine vorzügliche und der Riedei'sche Verein kann auf dies« Auf-
führung mit Recht stolz sein. Am nächsten Tage Morgens fand
zunächst ein Kammermusik-Coneert im Gewandhaus-Saale statt,
welches über 3 Stunden dauerte. Das Programm enthielt 4 Instru-
mental -Eüsetnblesachen, Männergesinge, Einzellieder und Duetten.
Alles neuere oder neueste Werke. Das interessanteste war das
Rheinberger '«che Duo für 3 C laviere, vou den Herren Blassmann
und Rollfusa trefflich wiedergegeben. An Stelle doa D-moll-Quar-
tetta von Raff, welches wegen plötzlicher Erkrankung des Herrn
Hü II weck aus Dresden auafaiien musste, trat eine vierhän-
dige Pianofortesonate von C. v. Radepki, welche hin und
wieder durch feine Züge fesselt. DrAaeckea Ballade für Cello
und Piano konnte trotz dar vorzüglichen Ausführung — die
Herren Grützmaeher und Blassmann — keine Sympathien
erwecken. Hingegen «teilte eich Herr Blassmann durch sein
Clavterquartett in C-4 zur ein günstiges Zeugnis* für seiua Befähi-
gung sj» Coqjponiat a«s. Dm Stück ist voller Leben und Kraft.
Der MAnnergesangverein „Arion“ sang (juartette von Seifriz, Liszt
uud Lassen. Fräulein Schmidt sang zwei Lieder von Du Wou-
lin und Goldmark und Fräulein Martini zwei von Liszt uud
Franz. Einen besonderen Beifall erzielten die Duette für Sopran
und Alt „Die Lotosblume“ und „Lied der Vöglein“ von Rubin-
stein (Fräul. Martini und Gutsachebaunb). — Das grosse Or-
gel concert in der Nieolaikirche dauerte nicht weniger denn
drei Stunden, und man konnte es dem Publikum nicht übel neh-
men, dass ein Theil desselben schon vor Schluss des Concertes
die Kirche verlies«. Ich selbst war verhindert dieses Concert
zu besuchen und gebe Ihnen deshalb nachstehend uur das
Programm, welches folgende Sachen bot: Präludium uud Fuge
(Es-dur) für Orgel von S. Bach (Herr Hof - Kapellmeister
Stade), ferner desaen zweite Sonate für Flöte und bezifferten
Bass (Herr Sourlei und Herr Knieset, 13. Psalm von Clari für
Sopran uod Alt (Fräulein Schmidt und Gutzschebauch),
Orgel-Fuge No. 3 Ober Bach von Schumann (Herr Orgauisl Rein ),
Adagio für Violine von Rietz (Herr Coacertmeister Laute rbaeh).
Sonate von J. Reubke (Herr 0. Reubke), Psalm für Alt von
Faiast (Fräulein Schmidt), Bariton - Arie aus einem Oratorium
von Henschel (Herr Henschel), Fantasie Ober Bach von
Liszt (Herr Organist Fischer) und Orgel-Sonate über „Ein' feste
Burg“ von Müller-Hartung (Herr Müller-Hartung). E— h.
Paris, 17. Juli 1869.
Die Coneurse im Conservatoire, die vor acht Tagen begon-
nen, werden nächste Woche fortgesetzt und enden am 39. d M.
— Diese Woche fanden die Concurse über Harmonie und Fuge,
Clavier-Etude, Arrompagnenieot, Contrabass, Solfeggieo und Harfe
bei verschlossenen Thören statt; die nächstfolgenden über höhere
Clavier- und Gesangs- Vorträge, Violoocell- und Violinspiel, Blas-
instrumente, Darstellungen aus dem Gebiete der Oper, des Trauer-
spiels und der Komödie sind öffentlich. Es gebt zwar auch hier
Manches vor, was besser verschlossen bliebe, doch man ist in
Frankreich nicht gewöhnt, das Licht, und wäre es noch so klein,
unter den Scheffel zu stellen. Der Sieg beim Harfen-Concurs
war nicht allzuschwer Es hatten sich für dieses königliche In-
strument mir zwei Concurreotinnen eingefunden; die Artigkeit
gegen das schöne Geschlecht schien es zu erforden, dass die eine
derselben den ersten, die andere den zweiten Preis erhielt. Diese
zwei Einzigen heissen: Fräulein Grillon und Blot. — Der Con-
cours Etüde du piano hatte 37 Concurrentinnen, welche Kalk-
brennens viertes Concert eben so oft zum Besten gaben. Ein
Glück, dass kein Publikum dabei war. Zehn der Spielerinnen
erhielten erste Medaillen, die meisten übrigen zweite. Man ist
hier sehr freigiebig. Auch haben diese Medaillen offenbar nieht
den Werth der Diamant - Brooben des Vioekönigs von Egypten,
welcher eben deren drei den Opernsängerinnen Carvalho, Bloch
und Marie aus Anlass ihrer Productiooen in den Tuilerien und
in Brüssel übermittelte. Dos erinnert uns an Nestroy's „schlim-
men Buben“, der den Kolatscben dem Denkpfennige vorzog, —
wäre es im Conservatoire nicht auch besaer, statt der allzu vielen
Medaillen, manchmal einen guten Kolatscben zu vertheilen. —
Doch ds ist ja der Grand prix de Rome mit seinen zwsnzigtau-
send Francs Reise - Zulagen; ein fetter Bissen! Ob die also be-
glückten Herren in Rom etwas lernen werden, ist eine Andere
Frage. GewOholich verzehren sie das Geld, und kommen in de-
237
rangirten Verhältnissen wieder zurück, um dann io Pari« wieder
von Vorse anzufanges. Der Glückliche io diesem Jahre war Herr
Taudou, welcher io den beiden vergangenen Jahren schon
Prais-Medeilien für Violinapiel, Harmonie und Fuge erhielt. Die
Preisrichter bei der Beurtheilung der sechs Concurrenten für
den Römerzug, welche die Cantate „Francisco de Rimini" zu com-
pooireo die Aufgabe hatten, waren: Auber, Bizet, BouUnger, Er-
mel, Liznuander, Labarre, Saint- Saäns, Heyer und SemeL —
Nächste Woche beginnen die Proben zu Semel's neuer Oper „La
petite Fadetle* 4 nach dem Romas dar George Sand- — Die ebenfalls
in der Optra comique zur nächsten Aufführung vorbereitete neueste
Oper des unermüdlichen Auber „Räve d'emour" wird mit den
Fräuleins Priolsl, Girsrd und Reine, und den Herren Ca-
poul, Sainte-Foy und Goilhsrd in die Scene gehen. — „Der
Schwanen ritter 44 Richard Wagners scheint im Thtilro lyrique
noch nicht erscheinen zu wolle»; zum Mindesten findet für die
nächste Saison die Aufführung des „Lohengrin 44 nicht statt; an
dessen Stelle der „Fliegende Holländer“. Man gebt ouu conse-
quent in logischer Reihenfolge zu Werke, um die Franzosen für
Wagner heranzuzieben. In voriger Saison der „Ricnzi“, demnächst
der „Fliegende Holländer 44 , dann vielleicht, wenn man kühn genug
ist, gegen das Opära-Andenken zu kämpfen, der „Tannhäuaer“,
und dann erat dürften die Franzosen für den „Lohengrin 14 u. s. w.
reif genug »ein. Mit einiger Ausdauer, und bei dem massenhaf-
ten Zuge der Deutschen nach Paris, dürfte mit der Zeit vielleicht
dieses Wegstück gelingen. — HerrBagier, Director des ThA&tre
Italien, hat die löbliche Absicht, Halävy’a Oper „Guido et Ginevra 44
■ n’s Italienische tu übersetzen und in nächster Saison aufführen
zu lassen Ein glücklicher Anfang, um aus dem ewigen einerlei
des italienischen Opern - Repertoire herauszutreten. In der Optra
findet demnächst zum Debüt des aus dem Tbeälre lyrique bar-
Oberen gagirten Tenor Bosqu in eine Reprise von DooizeUi'a „Fa-
voritin 44 statt — Vieux tem ps ist von «einen Londoner Concert-
Triumphen hierher zurückgekehrt Der grosse Künstler, welcher
mit seiner neuen Faust • Phantasie in England grosse Sensation
erregte, hat aich nun wieder jenem Theile seiner Thätigkeit, wel-
cher die Violin- und Orchester-Literatur eine Anzahl von Meister-
werken verdankt, neuerdings zugeweodel. Auch eine Oper, die
im Privatkreise in Paris mit glänzeudem Erfolg zu Gehör gebracht
wurde, hat derselbe vollendet. — Aus S. Sebastian, in Spanien,
wird uns milgetbeilt, dass im dortigen neu eröffnten Cur-Saale zwei
deutsche Künstler aua Paria, der Violinist Max Scherek (zugleich
Orcbeeter-Dirigenti und der Pianist Carl Beck die grössten Erfolge
ernten. Herrn Scherek wurde in Anerkennung seiner Leistungen
von der Cur-Saal-Direclion ein werthvoUcr Taclirstab als Geschenk
überreicht. Die spanischen Blätter sind voll des Lobes Ober diese
Künstler, wozu sich auch der Violoncellist Mirecki aua Paria
geseilte. Neulich hatten w ir hier ein spanisches Concert, warum sol-
len nicht auch die Pariser iu Spanien Concerte gehen? A. v. Cz.
Prag, 17. Juli 1869.
Während zu einer Zeit die Sonne unbarmherzig auf unsere
Köpfe uiederbrennt, unbekümmert ob wir uuter der versengenden
Hitze ihrer Glutbatrahlen verschmachten , bricht zur andern wie-
der plötzlich eine Kälte über uns burein, die unAer Innerstes zu
erstarren droht. — Wie io der Natur so ergeht es uns gerade mit
uosern Musik- und Gesangsgenüssen. Tief bis in den Frühling
hinein wurden wir von Coucertvn, GeaaogaaoirAen, wie vou einer
SOndfluth fast Überschwemmt, macht- und willenlos wurden wir
da von einer Production in die andere geschleppt, mussten da
viel Schönes aber auch viel Schlechtes hören, amüsirten aber
annuyirteu uns auch oft, jetzt aind wir jedoch so ziemlich
auf dem Trockenen und will sieh unsere hiesige Musik- und Ge-
aapgsdurstige Welt ppr einigermaaapen entschädigen, muss aia
nolens volena — trotz der oft tropischen Hitze — in die Oper
gehen, um so — im Schweisse ihres Angesichtes — ihre Lust
zu befriedigen. In Anbetracht solcher Umstände müssen Sie sieh
daher zufrieden geben , wenn ich jetzt wieder blos Ober unsere
Oper Mitlheilungen mache. — Dass Herr Robinson, während
seines hiesigen Gastspieles aich grossen Beifalls zu erfreuen hatte,
habe ich bereits erwähnt und will nur hipzufügen, dass er mit
Nelueko in der „Afrikanerin 14 dasselbe abschloss. — Fräulein
Loews, die um dieselbe Zeit hier gastirte, gehört von den näch-
sten Ostern ab unserer Oper an und können wir unserer Direk-
tion zu dieser Acquisition GJiick wünschen. Nicht ao günstig
gestalten sieb aber die Hoffnungen für die Besetzung der Baas-
partfaien, denn auch der gegenwärtig hier gastirende Herr E (eb-
be rger aus Rotterdam scheint sich die Gunst des Publikums
und der Kritik nicht erringen zu können. — Einen seltenen Ge-
nuss bereitete uns das Gastspiel des K. K. Kammer- und Hof-
opernsängers Dr. Scbmid der dasselbe als Falstaff' in den „Lu-
stigen Weibern von Windsor 44 eröffhete. War der Beifall und En-
thusiasmus gross, mit welchem der Sänger empfangen wurde,
so steigerte sich derselbe von einer Vorstellung bis zur anderen
zu einer nicht gewöhnlichen Höbe. Als Bertram iu „Robert der
Teufel 44 und als Marcel in den „Hugenotten 44 übertraf er weit aus
die Erwartungen, die man von dem, hier bereits von Trüber ge-
kannten, Künstler gehegt hatte. Sein Saraatro in der „Zauberflöte“
reihte aich in würdiger Weise zu seinen früheren Leistungen.
Gar zu gerne bitten wir diesen Meister noch als Mephisto be-
wundert, aber — sonderbar und merkwürdig genug — soll es uns,
obgleich wir in Fräulein von Dilluer ein gar sohätzenswerthes
Gretchcn haben , dennoch an einer solchen fehlen. Noch
ist des Herrn Betz vom Berlluer Hofoperntheater Erwähnung zu
Ihun, der gestern sein hiesiges Gastspiel mit dem Titelbeldeu in
„Don Juan 44 eröffnet« und wie Sie mit Recht erwarten dürfen,
gleich am «raten Abend den allgemeinsten Beifall sieb erwarb.
Dr. B-r.
Feuilleton.
Musikalische Aphorismen.
VI.
Frans Schubert steht zu Beethoven etwa in demselben
Verhältnisse einea jüngeren Geistesbruders, wie Lord Byron zu
Goethe, wenn auch nur zu dem Goethe der Sturm- und Drang-
periode. Ebensowenig aber, wie sich die Intensität und Fülle
des Goetbe'schen Genius io Lord Byron wiederflndel, oder Byron
sein« atark aubjectiv gefärbte Natur in Goethe’scher Weise zu
bändigen und unuubildeo vermochte, ebensowenig finden wir
in Franz Schubert die Grösse, künstlerische Ruhe und Majestät
Beethoven'« wieder. Er hat mit ihm hauptsächlich einen tief-
leidenschaftlichen Zug, das Sehnen glühender Romantik, und jene
dithyrambische GefühUlrunkenheit gemein, die den grossen Lyriker
kennzeichnet. So sehr Franz Schubert durch derartige Anlagen,
die ihn zum ersten deutschen Liedersäuger empor wachsen lira-
seo, auch hervorragl, so wollop dieselben zum Sinfooikor in
jener hohen Bedeutung, wie wir aie bei Haydn, Mozart und
Beethoven verstehen, doch nicht ausreichen. Dies zeigt aich
in allen Sätzen seiner bekannten C - dur • Sinfonie. Alle über-
schreiten das schöne Mbass und die Grenzen jener klassischen
Kunstformen, die unsere grossen sinfonischen Meister der Sin-
fonie Aufprägten, ln eilen auch kommt die oft grossnrlig an-
gelegte Steigerung und Entwicklung der Motive nicht zu jenem
letzten, künstlerisch bedingten Abschluss, ao deu uos unsere Heroen
gewöhnten. Oft selbst reichert die Themata nicht aua, um die
OOS
238
grouin Absichten, die der Tondichter mit ihaen hat, tu ver-
wirklichen. Aber auch eben nur mit den Heroen verglichen
muss Schubert zurückstehen. Den Sinfonikern der Neuzeit
gegenüber erscheint er nicht nur als der Grösseste, sondern
auch als der Meister, der iwischeo Haydn, Mozart und Beetho-
ven einerseits, und Mendelssohn, Schumann und Gade anderer-
seits verbindend in der Milte steht. Wir könnteu im ersten
Salxc der Schuberfscheo Sinfonie Gade*sche, im zweiten Schu-
maon’sche und Mendelssohn'.sche, und im dritten und vierten
Satce Anklänge an sie alle geradezu herauaheben und kenn-
zeichnen, doch drücken wir uns hier nur umgekehrt aus, da
im Gegentheil Gade, und weil mehr Schumann und Mendels-
sohn, häufig an Schubert erinnern. Schubert war denn auch
der Einzige, an den sich die drei genannten neueren Meister
anlehnen konnten, wenn sie die uns Modernen eigene besondere
Gefühlswelt abermals in sinfonischem Gewände xu ihrem Aus-
druck gelangen lassen wollten. Aber ist denn Schubert mo-
derner als Beihoven? — Widerspricht dem nicht allein schou
das chronologische Verhältnis«, in dem Beide xu einander Ste-
hen? Slarb Schubert doch mir ein Jahr später als Beethoven,
dessen Auflösung itn Jahre 1827 erfolgte. — So sehr ein sol-
ches Factum uns zu widersprechen scheint, so darf doch nicht
vergessen werden, dass Beethoven bereits 1770, Schubert da-
gegen erst 1707 geboren ward. Beethoven halte also fast
schon sein dreißigstes Jahr erreicht, als Schubert erst zu leben
anftng. Auf diesen wirkten folglich schon, als er noch ein Knabe
und dann ein Heranwachsender Jüngling war, die grossen Ar-
beiten Beethoven*« aus dessen letzter Periode, die innerhalb
der Jahr« 1807 und 1827 unter anderen die C-moll-, die A-
dur-, die Pastorat-, die achte, die neunte Sinfonie und die grosso
Messe umfasst. Freilich war cs Schubert nicht gegeben, das,
was sich so riesenhaft in Beethoven ankündigte, noch weiter
eu führen. Und zwar nicht, weil eine Steigerung des Gefühls-
ausdruckes nach dieser Seite hin vielleicht unmöglich ist, son-
dern weil wir wissen, dass Schubert'« Genie ihn zum lyrischen
Ausdruck und zwar in der engeren Bedeutung des Wortes hin-
drängle. Denn auch der Sinfoniker ist Lyriker, der jedoch dem
Liedersänger gegenüber etwa die Stello des Oden- oder Helden-
lieder - Sängers oinnimmt. Auch ein solcher spricht seine ei-
genste persönlichste Gefühlswelt aus, dur Gegenstand aber, der
ihn dazu anregt, ist nicht mehr allein das eigene Ich; es han-
delt sich (Qr ihn uni die Geschicke ganzer Völker und ihrer
Helden, wie in der Ernica, die bekanntlich ursprünglich Napo-
leon hiess, oder die Welt heroischer Empfindungen Oberhaupt,
wie in Beethoven'» C-moll- oder Haydn’s Mitilair-Sinfonie; oder
um Gottes ganze weite herrliche Natur und ihre Spiegelung im
(.eben des Einzelnen wie Aller, wie in der Pastoral-Sinfonie, in
den Adagios der Moznrt'schen G-moll- und C-dur-Siofonie mit
Fuge, wo wir träumend in blaue Bergfernen hioausschauen,
während die Nachtigallen um uns schlagen und das Echo ant-
wortet; oder endlich die Welt des Glaubens, und jene Fragen
an das Schicksal, die das Rlthsel des allgemeinen Daseins der
Dinge lösen sollen, wie in Beethoven*« neunter Sinfonie oder im
Adagio der Sinfonie C-dur No. 6 von Mozart, in dessen Früh-
ling plötzlich ein Requiem hioeinlritt. — Schubert jedoch wandte
sich wieder jener subjectiv beschränkteren EmpQnduogsweise
tu, die den eigentlichen Liedersänger kennzeichnet, und trug
diese auch auf das sinfonische Gebiet hinüber, welchem An<tosse
Schumann und Mendelssohn, die nächst Schubert als die her-
vorragendsten Liedersänger dasteheo, dieser ihrer vorwaltenden
Anlage gemäss um so unwiderstehlicher folgten.
Was nun speciell in der Schubert'scheo C-dur-Siofonie die
Anlehnung an Beethoven betrifft, so ist dieselbe überall zwar
erkennbar, besonders auch in jenen grossen sich immer höher
gipfelnden Steigerungen, die bei Beethoven oft die engen
Schranken des Erden-Daseins sprengen zu wollen scheinen, an
denen der Titane rüttelt; am deutlichsten jedoch zeigt sich Bee-
thoven’s Einwirkung am Schlüsse des zweiten Salzes, der ent-
schieden dem allmählig verklingenden und doch so wunderbar
abbrechenden Schluss des zweiten Satzes der Beethoven’scheo
A-dur Sinfonie nachgebildet ist. Emil Naumann.
Jonrnal-Rcvue.
Die Allgem. Musik- /lg. bespricht H anslick 's „Geschichte des
Concertwesens in Wien“, weiter enthält sie einen Aufsatz vou
Bellermann „Loreuzo Allegri“. — Die Neue Zeitschrift für Musik
bringt viele Recensionen. — Die Signale halten ihre Sommerfe-
rien angetreten. — Die SQdd. Musik ztg. ist uns nicht zugekonuwen.
Die Revue et Gazette musicale berichtet über die Conserva-
toriums-Concourse.
Nachrichten.
Berlin. Die nächste Novität des Fricdrich-Wilhelmstädtiscben
Theaters wird Offenbart)'* einactige Operette „Tulipatan“ sein.
Die HAuptparthien darin sind in den Händen der Damen Ungar,
Koch und Neumann, sowie der Herren Neumann und Schulz.
— Am 7. d. starb nach langen und schweren Leiden Herr Treuge,
eine Reihe von Jahren hindurch ein mit Recht beliebtes Mitglied
des Friedricli-Wilheliiistädtischen Theaters.
— Die Balletvorstelliingen im Kgl. Opernhause werden am
7. August mit ,, Klick und Flock“ wieder beginnen. — Herr Wachtel
hat sich entschlossen deu ihm von den ersten Opern-lJnteroeb-
mern Amerikas zugegangenen glänzenden Anträgen, hinsichtlich
eines Gastspiels, Folge zu leisten und wird sich am 26. August
einschiflen.
— Professor E. Rudorff in Gütn hat die ihm durch Herrn
Joachim angebotene Stelle für den Cla vicr-Unterricht an der
neuen Abtheiiung der Berliner musikalischen Akademie ange-
nommen.
— Richard Wagner's „Meistersinger von Nürnberg“ sind
vou der General-Intendanz nunmehr deünitiv zur Aufführung au-
genommeti, und die erste Aufführung vorläufig für Ende Ortober
oder Mitte November bestimmt worden. Herr Hof-Kapellmeister
Eekert wird das Werk dirigiren, Herr Niem an n den Walther
von Stollzing, Fräulein M allin ge r die Eva, Herr Bost deu
Beckmesser. Fräulein Brandt die Magdalena, Herr Fr icke den
Veit Pogner, Herr Salomo n den Kothner singen.
Mannheim. In diesem Monate haben zwei sehr interessante
Opernvorstellungen stetige runden; die eine am 3. d. brachte
Wagner’s „Meistersinger“ mit Fräulein Mallinger und Herrn
Betz, die andere am 4. d. Wagner's „Lohen grin“. in dem aus-
ser den beiden Genannten noch Herr Nachbaur mitwirkte.
Der Erfolg der vorzüglichen Leistungen der genannten Künstler
war ein durchgreifender.
München. Vor Jahresfrist machten die Pläne, welche der Ar-
chitekt Semper zu einem Opernhaus« für München, das aut den
Isaranlagen den Schluss einer neuen prachtvollen Strasse bilden
sollte, viel von sich reden. Diese eingeschlummerte, wie man
sagte, an dem Kostenpunkte gescheiterte Angelegenheit taucht
neuerdings mit der bestimmten Versicherung auf, dass der König
deu Bau eines an Grossartigkeit dem Wiener Opernhaus entspre-
chendes Theater beabsichtige, das jedoch in seiner technischen
Einrichtung von allen derartigen Kunsttempeln in vielen Dinget),
besonders aber dadurch absteche, dass das Orchester unter dem
Podium, für das Publikum nicht sichtbar, placirt werde. Der
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• 23 «
Plan Semper'« soll diese Neuerung enthalten , bei der man in«
nächst der Illusion des Auditoriums gereeht zu werden bemüht
seheint. Durch ein unter der Verschalung angebrachtes Orchester
wird die Wirkung des Gesanges nicht nur erhöht, sondern auch
die Stimme selbst wesentlich geschont, dadurch aber, dass das
Orchester und der einem „perpetuum mobile“ ähnliche Dirigen-
tenstock dem Publikum nicht mehr sichtbar sind, wird dessen
Illusion Tor die Handlung vollständig erhalten werdeu.
Neastadt- Eberswalde. Am 11. d. feierte, begünstigt von
dem herrlichsten Wetter, der Märkische Sängerbund hierselbst
sein sechzehntes Volksgessngfest unter der Leitung des von der
vorjährigen General - Versammlung für das Jahr 1809 erwählten
Musikdireclors Herrn Hip Tel aus Berlin. Von den 38 Mäuner-
gesangvereiuen, aus denen gegenwärtig der „Märkische Sänger-
bund“ besteht, halten sich etwa 22 mit nahezu 800 Sängern am
heutigen Feste betheiJigt, davon war die Hälfte aus Berlin. Das Fest
wurde mit dem Choral: „Dir, dir, Jebova, will ich siugen!“ er-
öffnet, welchem dann noch die Motette von Bernecker: „Der
Herr ist Köuig“, Sonutagsfeier von Köllner: „Stille ruht die
Erde“ und Bundealied von Becker: „Mächtig schallen Fest-
gesäuge“ von allen Chören gesungen sich auschlosseu. Die
letzten drei Stücke sind eigens zu dem Feste componirt
und dem Märkischen Sängerbund gewidmet. Der zweite Fest-
theil begann mit dein von Sängern und Zuhörern nach der Volks«
melodie: „Wir hatten gebauvt“ gesungenen Festliede: „Willkom-
men, o Stunde“. Daran schloss sich die Festrede durch Herrn Lehrer
Sondermann aus Berlin. Es wurden nun von sAmmtlichen Chö-
ren hintereinander, und nur durch kurze Zwiscben-Pausen un-
terbrochen, gesungen: „Deutscher Liedergrus!»“ von Mücke, „das
Felsenkreuz“ von Kreutzer, „Im Wald“ (aus Precioaa) von W'e-
ber, „Nimm deine schönsten Melodien“ von Abt; „Zecherlied“
von Lackowitz, gleichfalls, sowie such das folgende Lied: „Sän-
gergruss“ von Köllner, eine dankbar aufgenomntene Widmung
zum Feste, „Schottisches Volkslied“ von Mücke; „Lieder gieb
mir, süsse Lieder 44 von Mozart und „Geistes-Freiheit“ von Mücke.
Die Conferenz-Debalten während der Mittagspause hatten sich so
in die Länge gezogen, dass der Beginn des letzten Festtheils an-
statt um 4 l’hr, erst um 5 Uhr erfolgen konnte. Nachdem die-
ser Theil durch das Volkslied: „im Wald und auf der Halde“
von allen Chören gesungen, eingeleitet war, begann der Wettge-
saug einzelner Chöre. Mit den Gesammtliedern: „Lützow's wilde
Jagd“ von Weber und „Wer hat dich du schöner Wald“
von Mendelssohn, schloss hier das Fest, sowie nach vollendetem
Marsche zur Stadt, auf dem Marktplatze mit dem alten Schluss-
rede: „Freunde, seht, der Abend winkt“.
Srbleusineen. Loewe’s „Johannes Huss“ ist hier zur Auf-
führung gelangt.
Stuttgart. Gounod“* Oper „Romeo und Julia“ erschien nach
längerer Zeit wieder auf dem Repertoir. Um den Erfolg dieses
Werkes, das ohne «ine so ganz vorzügliche Ausführung der
Hauptpartbieen auf die Länge kaum geniessbar sein dürfte, mach-
ten sich namentlich Fräulein Klettner und Herr Jäger in den
Titelrollen verdient.
Wien. Die Direction des Hofopernthcaters hat mit Herrn
Rokilausky einen neuen dreijährigen Contrakt abgeschlossen,
nach welchem der Sänger 11,000 Gulden Jahresgage nebst drei
Monaten Urlaub erhält
— Leber die bevorstehende Ernennung des Herrn Hofka«
pellmeister Herbeck zum Beiralh des Hofoperntheaters bringt
die „Oest. Corr.“ folgende Notiz: Die längere Krankheit dea mu-
sikalischen Bciralhes der Direction des Hofopernthcaters, Herrn
Musikdireclors Esser hat den Plan einer Verstärkung der arti-
stischen Leitang des Instituts zur Reife gebracht. Herr Herbeck
ist unter Belassung seiner Stellung als HoTkapellmeister zur
Theilnahme an der Leitung der musikalischen Angelegenheiten
der Hofoper berufen worden, und zwar provisorisch auf die
Dauer eines Jahres. Die näheren Vorschläge über «eine Stallung
und Aufgabe wurden in Beratbungen entworfen, an denen der
General-Intendant Freiherr von Münch, der Director von Din-
gelstedt und Herr Herbeck selbst theilgenommen haben. Die
Angelegenheit liegt nunmehr dem Kaiser zur Beschlussfassung vor
Paris. Herr Perrin wird diesen Herbst in der Opera „Fi-
garo's Hochzeit“ von Mozart in sorgfältigster Einstudirung und
Besetzung der Hollen zur Aufführung bringen. Madam« Carvalbo
ist bestimmt, die Partie des Cherubin, Herr Faure die des
Grafen zu singen. — Fräulein Laura Harris hat vergangene
W r ochc mit Merelli ein Engagement unter sehr glänzenden Be-
dingungen für die Kaiserliche Oper in Moskau, abgeschlossen.
Es ist ferner dem thiitigeu Impressario gelungen, für dieselbe
Oper Fräulein Mumie Hauck zu gewinnen.
Strassburg. Fr. Schwab'* neue Messe, welche neulich in der
Kirche Pierre-Ie-Jeune zur Aufführung gelangte, hatte einen voll-
ständigen Erfolg.
London, 15. Juli. Fräuleiu von Fnoius wird die hiesige
Stadt in dcu nächsten Tagen verlassen, nachdem sie in einer grosseu
Anzahl von Concertcn gesungen hat, darunter zwei grosse Som-
merconcerte im Crystall-Palasi und eine Soiröe der Neuen Phil-
harmonischen Gesellschaft. Die Künstlerin darf sich über die
Aufnahme, die sie gefunden, nicht beklagen, überall wurde ihren
Leistungen der reichste Beifall des Auditoriums zu Theil. Die
Vorträge der Sängerin, welche nur Werke deutscher Komponi-
sten, vornehmlich Lieder von Schubert und Schumann, zu Gehör
brachte, erwiesen sich aber auch in hohem Grade beachtenswert!)
und ist es nur Pflicht der Presse, der Künstlerin diese öffentliche
Anerkennung zu Theil werden zu lassen. Wir hoffen, Fräulein
von Facius in nächster Saison wieder zu begegnen. II— t.
Brüssel. Die Zahl der angemeldeten Sänger, welche sich am
Feslival betheiligcu werden, beträgt jetzt schon über 300. Madame
Lemmeus und Herr Agnesi haben bereits ihre Mitwirkung
bestimmt zugesagt, ebenso Joachim.
Rom. Das Concil, welches sich hier Deccmber d. J. ver-
einigen wird, gedenkt auch Verbesserungen in der Kirchenmusik
vorzunehmen. Es ist zu diesem Behuf« schon jetzt eine Com-
mission zusammengetreten aus den Herren Liszt, Felis und
Sain-d‘Arod bestehend. Dieselben haben bereits Vorlagen
über die Vereinigung der sieben verschiedenen Vortragsweisen
des Choralgesanges in eine allgemein gebräuchliche gemacht.
Jaasy. An Stelle des jüngstverstorhenen Directors am hie-
sigen Conservalorium der Musik, Franz Caiidella, ist der Pia-
nist Grois gewählt worden.
Boston Di« Einnahmen für das abgebaltene Kriedens-Jubi-
läuros-Concert beliefen sich auf nabe an eine Million Dollars,
welche Summe nach Abzug der Kosten noch einen artigen Ueber-
schuss lässt.
Rio-Janriro. Die erste Vorstellung der Offenbachschen Pe-
richole halt hier unter grosseu Beifall stattgefunden.
<’*lro. Die italienische Openigesellschaft während der
Festlichkeiten der Durchstechung des Suczksaals ist complett:
unter den ersten Mitgliedern finden wir die Damen Ida Ben za
(noch nicht entschieden!, Vitali, die Herren Naudin und Boe-
coli oi; Herr Muzzi, Orchesterchef, ist nach Italien gereist, um
dort ein aus 60 Musikern bestehendes Orchester, 40 Choristen
und 26 Choristinnen zu engagiren. Auch ein grosses Ballet wird
sich der Oper anschlieasen.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.'
iy Google
240
Empfehlenswerte Opern im roflst&ndigen Cl*-
vier- Auszüge mit Text aus dem Verlage ron Ed.
Bote d i*. Bock (E. Bock) io Berlin.
Tktr Sfr.
Adam. Giroldo 10 -
Aaber, D. F. E. Der erste GIQcketag d. 4 —
Baxln, F. Die Reise nech Chine n. 4 —
Benedict, J. Die Rose von Erln 9 10
Berlioz, 11 Beatriee und Benedict 5 —
Conradi, A. Das sehdoste Mädchen im Städtchen . n. 2 15
Dorn, O. Der Bolenlfiufer von Pirna 9 —
Die Nibelungen 7 16
Flotow, F. v. Die Groaafuratin 10 —
Indra 10 —
— — Die Wittwe Grapin 2 20
Frans, J. II. Claudine von Villa-Bella 9 15
Gonnod, Cb. Margarethe 10 —
llalevy. Jaguarita 8 16
— — Das Thal von Andorra , .... 12 —
Langer!, A. Die Fabier 12 —
— — Des Singers Fluch 10 —
Lecocq, Ch. Theeblume n. 2 —
Malliari, A. Die Fischer von Catania 7 15
Das Glöckchen des Eremiten 10 —
Meyerbeer, G. Afrikanerin, Auagabe In 4. in 2 Binden 16 —
ln a n. 6 10
Dinorah, Ausgabe io 4, 12 —
in 8. . . n. 5 —
Nicolai, G. Die lustigeu Weiber von Windsor ... 10 —
OfTenbaeb, J. Blaubart n. 4 —
Daphnia und Chloö 3 6
— — Fortunio’s Lied 3 —
— — Ehemann vor der ThÖr 3 —
Genovefh von Brabant 8 10
Die Grossherzogin von Gerolstein n. 4 —
— — Die sohön© Helena n. 4 —
— . — Herr und Madam» Denis 4
— — Das Mldcheo von Elizondo 45
Pariser Leben n. 4 —
Schuhflicker und, Millionair 2 15
Die Seufzerbrrtcke 720
— — Urlaub nach dem Zapfenstreich ..... n. 1 20
OlTenbaeh, J. Venedig in Paria . . . 5 ^
-*■ — Die Verlobung bei der Laterne 3 —
Hedem, Graf, W. v. Christine von Sehweden ... 10 —
Schindel in e U« er, L. Melusine > 9 15
Schmidt. G. La Rtole 10 —
Tanbert, W. Joggeli 8 —
— — Macbeth 10 —
Westmeyer, W. Der Wald bei Hermannstadt . . . 1Ö —
w berat, R. Der Stern von Turan 8 10
— — Vlneta 8 6
Nova-Sendung No. 6 b ^
von
B. Schotts Höhneu in Mainz.
TUr Sgr
Archen» he«u de, J. Fl. Polka des Fauvetles .... — 5
BOaner, F. 1. Nocturno, Op. 1 — 134
L'Helvttienne, gr. Valse brill., Op. 2 — 124
Dietrich, H. Fleurs d'Amitie, 2 Danses de Salon . . — 15
Schmidt, Oscar. Mazurka sentimentale, 0p. 20 No. 1 . — 124
Schmitt, Pb. Der Freischütz, Transcriptiou .... — 20
Wolfart, H Les Brins d'Herbe, 6 pet. Fant. fac. No. 1
bis 6 I — 6
Baethovea. Septuor, Op. 20, arr. 4 4 ms. par Lux . . 1 124
Weber van, C. .M. JubeLOuverture 4 4 ms. .... — 16
Uumukel, J. N. Septett f. Pianoforte, Flöte, Oboe, Horn,
Bratsehe, Violoncello und Contrabass, Op. 74 ... 35
Ltdel, Jos. Cujus Animam du Stabst mater de Rossini,
erränge pour Violon et Piano — 16
Arrhambeau de, J. M. 3 Motels I 3 voix egales avec
Orgue, No. 1 Ecce Panis 7), No. 2 Tota Pulchra 15,
No. 3 Tantum ergo 10 Sgr.
Anbry, G. 6 Melodies pour Cbant avec Piano No. 1
bis 6 I 5 bis — 74
Ladiner. Fr. 6 Lieder für eine Altstimme mit Piano-
fortebegl., Op. 134, einzeln, No. 1 bis 6 . . I 5 bis — 74
l assen, E. 12 Melodies pour Chant avec Piano No. 1
bis 12 . 4 — 6
Beethoven. Septett für Violine, Bratsche, Horn, Clari-
nette, Fagott, Violoneell und Contrabass, Op. 20, Par-
titur netto — 174
W 7 eber von, C. M. Juhcl-Ouverture, Orch.-Part. netto . — 15
^as arA&v&z&ma
pour le
~W~l‘OX^O]7V
avec Aceompagnement de Piano
par
J» i. SIN&ELEE. .
TWr. Sfr. TUr Sfr.
Op. 26. Le Barbier de Sdville. Opera de G. Rossiui . 1 10 Op. 109. La flöte cnchantee. Optra de W. A. Mozart . 1 —
- 83. Norm«. Optra de V. Bellini — 25 - 110. L AIricaine. Optra de G. Meyerbeer .... 1 10
- 45. Duo concertent 15 - 114. Mignon. Optra de A. Thomas 1 —
- 106. Faust. Optra de Ch. Gounod 1 — - 115. Don Carlos. Optra de G. Verdi .... 1 —
- 107. La Traviata. Optra de G. Verdi 1 — • 116. Le premier jour de bonhenr. Optra de D.F.E.Anber — 25
Berlin und Posen.
BdL Boto tb a. Book.
(E. Bockt
Königl. Hof-Muslkhandluug.
Verlag von Ed. Bote k 6. Beek (L Book), Königl. Hofmusikhandlung io Berlin. Französische 9tr. 33c. und U. d. Linden No. 27.
Droek * 0 « C. T. SokauSI io Berlin. Uotnr dm Liodtn No. $0
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I
XXIII. Jahrgang M 30.
Von dieaer Z«iUnc rr*('h«uil «A.-iieailMb
•int Nvtntm.
28. Juli 1869.
Zu beziehen durch:
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Paris. Brandua Ä Oalonr.
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Inhalt. \;ikäadtgung d»et Kiean tiMie« Schrlftch*» v*rorlbcUdtw)fn Krihk von A. von W oliogm. _ 8*Uin, Bmm. ti*rrc*p*a4*n*i
Pan«. — PfailtHiX) • t>i« TrwiwripUofl <br W. Lack 0 will. — Journal-Karne. — NarhrirMe n — Insfral»
Ankündigung einer mein neues Schriftcheu verurteilenden Kritik.
Von A. r. Wolzogen .
Es ist nicht eben Brauch, aber auch nicht ohne Bei-
spiel, dass der Verfasser einer Schrift selbst das Wort über
sie ergreift. Den vorliegenden Fall wird mau ganz unver-
fänglich linden, da ich blas dem Publikum Voraussagen will,
es werde bald von anderer Seite die Belehrung erhalten,
dass mein so eben allsgegebenes Don Junn-Sclirinehe«*)
nichts tauge. Ich darf dies mit Sicherheit erwarten, nach-
dem einstweilen die von mir benutzte Gugler’sche Text-
Uebersetzung, und twar noch vor ihrem Erscheinen
im Buchhandel, in der Musikzeitung „Echo* 1 vom 7. und
14. April d. .1. (No. Id u. 16) für ein seid iraraes Machwerk
erklärt worden ist. Damals lag nur erst das für die Schwe-
riner Aufführung gedruckte Kassentextbucli vor, welches nicht
buchhändlerisch versendet worden, also noch nicht allgemein
zugänglich war. In einem solchen Falle ein herb tadeln-
des Referat zu schreiben, während dem Publikum die Mög-
lichkeit eigener Vergleichung und Prüfung fehlt, ist in der
literarischen Welt sonst nicht Sitte. Indes* wollen wir
darüber hinweggehen
Wenn „der Stil der Mensch“ ist, so kann jener „Echo u -
Artikel von Niemandem herrühren, als von Herrn Geheim-
ralh C. fl. Bitter, welcher bekanntlich vor einigen Jahren
selbst eine Uebersetzung des D 011 Juan-Textes geliefert und
eine die Oper annlysirende „Einleitung“ beigefügt hat**).
Auf diese Autorschaft weisen ausserdem so viele charakte-
ristische Einzelheiten (Anführungen und Auslassunge'n) in be-
stimmtester Weise hin, dass ich keinen Augenblick anstehe,
den Namen zu nennen. Sollte gleichwohl die Bedaction
des „Echo“ erklären können, dass ich irre, dass also Herr
Bitter einen Doppelgänger von noch nicht dagewesener
*) Dod Juan, Auf Grundlage der neuen Text-l'ebersetzuog
vou B. v. Gugler neu seenirt und mit Erläuterungen versehen von
A. v. Wo I zogen. Breslau. Leuckart.
**1 Mozart'« Don Juan und Gluck'» Ipbigeuia io Tau*
r i 8. Ein Versuch neuer Ueberaetiungen von C- H. Bitter. Ber-
lin, Schneider, 18CG.
i
Aehnlichkcil hal, so werde ich (falls die Redactiou die Gfile
hohen will, das die Erklärung enthaltende Blatt mir zu sen-
den) meinen (rrlliiirn öffentlich bekennen und Herrn Bitter
uin Entschuldigung bitten. Für jetzt kann ich an keine
Selbsttäuschung glauben.
Herr Bitter hat in der „Einleitung“ seiues Buches Mei -
nungen ausgesprochen, die ich für falsch halte, und von
denen ich einige in den erläuternden „Anmerkungen“ zu mei •
nur Schrift ausdrücklich als falsch bezeichnen musste. Ferner
hat Hr. Bitter nls„Nachtrag“ zu seiner Don Juan-Uebersetzuog
eine Polemik gegen einen im „Morgenhlatl“ von 1865 er-
schienenen Aufsatz Gugler’s drucken lassen, und gerade die-
ser Aufsatz ist für mich in wesentlichen Punkten bestimmend
gewesen und geblieben. Endlich konnte ich in meinen)
„Vorwort“ bei Aufzählung fremder Vorarbeiten die Bitter* -
sehe nicht übergehen, aber auch nicht verschweigen, dass
und warum sie mir nicht genüge. Gründe genug, um mich
mit Bestimm theil vorausseheu zu lassen, dass meine Arbeit
in Herrn Bitters Augeu mindestens eben so verwert! ich er-
scheinen müsse, wie die Arbeit Gugler’s, und dass mir viel-
leicht ein noch härteres Urtheil gesprochen werden wird,
als jener». Schon der im „Echo“ orfolgte erste Angriff ist
zugleich auch gegen mich gerichtet; denn wenn die von
mir adoptirte Uebersetzung so verfehlt ist, wie Herr Bitter
sic dorstellt, so bin ich indirect einer argen Urtheilslosig-
keit angeklagt. Was der bevorstehende zweite Angriff mir
vorwerfen wird, könnte ich zum Theil dein geneigten Leser
schon jetzt verrathen; ich will aber Herrn Bitter nicht vor-
greifen.
Im Folgenden werde ich weder zur Empfehlung der
neuen Uebersetzung noch zu Gunsteu meiner eigenen Arbeit
ein Wort sagen. Ich werde blos an einigen Beispielen aus
dem „Echo“- Artikel nachweisen, wie Herr Bitter referirt,
damit solche Leser des nächsten Bitter- Artikels, welche sich
nicht Zeit nehmen, mein Schriftchen selbst durchzusehen,
30
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242
wissen mögen, was sie von ftor Verlässig Weil des Referats
zu halten haben.
Der neue Text soll mach Bitter! dem Octavio die
Worte in den Mund legen: „Halt schnell ein, bringt eilig etc.“
Ein Druckfehler kann hier nicht vorliegen, denn die Musik-
heilage zu der betreffenden Nummer des „Echo“ giebt den
nämlichen Unsinn noch einmal. In dem von Herrn Bitter
benützten Schweriner Kassentextbuch steht aber deutlich
gedruckt: „Holt schnell mir etc." In ähnlicher Weise ist
ungefähr die Hälfte der andern Textcitate entstellt, theils
durch falsche Interpunktion, theils durch Veränderung eines
Wortes oder auch durch Ignoriren der im Textbuch zur Her-
vorhebung einer Betonung verwendeten gesperrten Schrift.
— Herr Bitter tadelt, dass hei der bekannten Stelle im
ersten Finale, „viva la libertä" Don Juan „mit dein Chor* 4
die Worte singen solle: „Lust schwing' ihr Banner frei!“
Vom Chor stehtim Textbuch nichts, und Herr Bitter musste
wissen, dass am allerwenigsten Guglcr jenen alten Miss-
brauch empfehlen konnte, gegen den er in seinem Morgen-
blatt-Aufsalz zu Felde gezogen ist*/. — Herr Bitter finde!
Grund zum „Zweifel Ober Verständniss" in der Bemerkung
des Fersonenverzeichnisses: „Donna Elvira, mit Dou Juan
getraut und von ihm verlassen“; er ist indess gütig genug,
die Bemerkung Idos für „eine unschädliche Geschmacklosig-
keit“ zu erklären. Der Tadel trifft mich, der ich das IVr-
sonenverzeichniss redigirl habe; allerdings aber bin ich darin
meinem Freunde Guglcr gefolgt, welcher in der Wochen-
Ausgabe der Allgem. Zeitung (1867, No. *21) nachgewiesen
hat. dass Da Fonte seihst ganz unzweideutig Elviren als
verlassene Gattin Don Jitan's darsteilt, wenn auch dabei
höchst wahrscheinlich nur an eine Scheintrauung zu denken
ist. Der Vorwurf eines Mangels an „Verständniss“ Hesse
sich also zurückgeben. Allein das richtige Verständniss
war gerade Herrn Bitter durch die Musikzeitung. welcher er
seine Verurlheilung der neuen Uebersetzung anverlraut hat,
sehr nahe gelegt, denn das „Echo" hat 1867 (No. 28 ii. 29)
den erwähnten Aufsatz (welcher unter der Ueberschrift : „Die
Handlung im Don Juan" noch andere Fragen bespricht) aus
derWochen- Ausgabe der Allgcn. Zeitung alsbald abgedruckt.**)
In der Kegel pflegt man ein Blatt, in welches man schreibt,
auch zu lesen. — Ein zweiter Funkt, welcher in Herrn
Bitter „Bedenken erregt“ über Verständniss von Seite des
Uebersetzers ist die Art und Weise, in welcher die vorlie-
gende Uebersetzung das Verhällniss der Donna Anna zu
Octavio mit einer gewissen Absichtlichkeit als das eines
zärtlich liebenden Brautpaars darzusteller» bemüht ist. Herr
Ritter sagt, dies sei „der herrschenden allgemeinen Auffas-
sung entgegen“. Wie kann man von „Absichtlichkeit“ re-
den. wo die Uebersetzung einfach und treu dem italieni-
schen Dichter folgt? Herr Bitter freilich hat in der „Ein-
leitung“ zu seinem Buche eine andere, halb durch Hoff*
mnnn. halb durch Ulibischeff i obwohl er gegen Beide
polemisirl! ihm cingegebene Auffassuug zu Tag gebracht,
nach welcher Anna in ihrem Bräutigam einen ihrer Liehe
nicht würdigen Schwächling erblicken soll. Schmeichelt
sich Herr Bitter wirklich, es sei ihm gelungen, durch sein
*i Herrn Bitter kann nicht uubekaunl Kein, wer jenen Aufsatz,
welcher allerdings nur mit B. G. unterzeichnet war, geschrieben hat;
daun erstlieh ist am Schlüsse des Aufsatzes, das Erscheinen einer
neuen Eeberselzung bereits augekündigt und zweitens hat U. Jahn,
Her in der zweiten Auflage seines „Mozart“ öfters auf den Aufsatz
Bezug nimmt, den Verfasser ausdrücklich genannt. — Debrigeus
kommen in dem „Nachtrag“ zu Herrn Bitters Buche, welcher
den Aufsatz angreill, bei Citaten schon ganz die am ,.Ecbo“-Ar-
tlkel gerügten Entstellungen vor; ja einmal geht dort die Ent-
stellung so weit, dass ein von Herrn BUter mit Anführungs-
zeichen wiedergegebener Satz dem ursprünglichen Inhalt dessel-
ben gerade den entgegengesetzten Sinn unterschiebt.
**» Die Hedaction des „Echo“ scheint demnach von der Ur-
tbeilsfthigkeit des Verfassers eine bessere Meinung zu haben als
Herr Bitter.
Buch diese willkürliche, mir ziemlich anstössig verkommende
Auffassung zur „allgemein herrschenden“ gemacht zu haben?
Dem Verfasser des „Echo 14 - Artikels ist wohl nicht zum
Bewusstsein gekommen, dass er sich durch die Mehrzahl sei-
ner Citato selbst geschadet hat. indem bei denjenigen
Citaten, welche unentstellt gegeben sind, gar mancher
Leser sich gefragt haben wird: was soll denn eigentlich
schlecht daran sein? Noch grösseren Schaden — zwar
nicht bei der Mehrzahl der Leser, aber gerade bei den
sachkundigen — hat Herr Biller sich zugefngt durch die
Anführungen, mit denen er „musikalische Incorrectheiten“
der Uebersetzung belegen will. Von allen Vorwürfen, wel-
che man gegen die Uebersetzung ersinnen könnte, ist die-
ser letztere der bodenloseste und unverantwortlichste. Wer
den neuen deutschen Text unter den Noten sieht, wird
sagen müssen, dass noch nie ein Uebersetzer seine Worte
mit grösserer Sorgfalt dein Bau der Melodie angepassl hat.
Als Herr Bitter die dem Rassentextblich entnommenen
Verse den Noten unterlegte, fehlte ihm ein paarmal eine
Silbe. Statt nun den so nahe liegenden. leicht zu erraten-
den Grund zu beachten, lässt er solche Verse als „auffal-
lende Unrichtigkeiten" abdrucken und fügt die Versicherung
bei: „Von solchen Incorrekt heilen steckt das Textbuch
ganz voll“. Die von mir unterstrichenen Worte enthal-
ten schon an sich eine wahrhaft gascogiiische Ueberlreibung.
und wie steht es denn mit den angeblichen Incorrectheiten
selbst? Bekanntlich lliesst hei italienischen Versen der End-
vocal eines 'V orls rnit einem Anfangsvocal dos nächsten
Worts in einen Laut zusammen, den dann auch die Musik
in der Kegel als einsilbigen behandelt: ebenso bekannt
ist aber auch, dass der (Komponist zuweilen (iiu Interesse
der Dcclamalioii) von jener Zusammenziehiing nbsielit und
die Nachbarvocalo für zwei Silben gelten lässt. In einem
solchen Falle erhält der entsprechende deutsche Vers eine
Silbe über das Metrum, und da dies beim Lesen des Text-
buches störend wäre, so sucht ein umsichtiger Uebersetzer
in dem blos für das Lesen bestimmten Druck die über-
zählige Silbe durch eine zulässige Abbreviatur zu beseiti-
gen. Diese Dinge weiss Jeder, der mit italienischer Ge-
sangsmusik vertraut ist; vor allen Andern aber muss
Herr Bitter sie wissen, da er selbst den Don Juan
übersetzt hat. Und sogar wer nichts davon weiss, konnte
z. B. beim Auftreten des Geistes von selbst errathen, dass
Gugler ihn zu den allbekannten Noten singen lässt : „Dir zu
Gaste bin ich geladen, und ich komme nach meinem Worte 44 ,
wo im Textbuch zur Erzielung des richtigen Metrums
„Gast“ und „komm*“ gesetzt ist. Herr Bitter dagegen giebt
die abbrevirte Zeile in der Mnsikbeilage seines Artikels als
warnendes Beispiel, dass der Uebersetzer nicht einmal die
Zahl der Silben mit der Zahl der Noten in Uebereinstim-
uiung zu bringen verstehe. Ganz von derselben Art sind
die übrigen Wamungsbeispicle. Vollends unbegreiflich aber,
und beinahe komisch ist die Silbenstecherei bei Hecitati-
von; sie hat für jeden kundigen Leser des „Echo“-Artike!s
sich selbst gerichtet. Die musikalische (Korrektheit eines
Rccitativs liegt ganz wo anders als wo Herr Bitter sie sucht.*)
Hier muss noch ein auffälliger Umstand zur Sprache
kommen Herr Biller Iheiit in seiner Musikbeilage mit. wie
bei der Sex'ettsteUe: L'ombra oddio dtl genitore piü non
vuo/e il tuo marltr (,. Grabesruhe Uieurer Todlen störi ein
ScbinefSen«Öbermaa$s“) die Wiederholung der vier Ultimi
Sy Iben sich im Gugler'achen Text gestaltet, nämlich: „ein
UebermaasV’*. Dies ist richtig. Woher aber weiss es Herr
Biller, da im Rasseolexlbuch natürlich von Wiederholungen
*1 Zu vergleichen ist in der „Einleitung“ zu Herrn Bitter'*
Buche die Stelle (5. 38), wo er die Heoitative der Viot'soheo
Don Juan • Uebersetzung kritiairt. Ist es glaublich, dass Herr
Bitter die eigentliehe Meinung Viol’a in eo gröblicher Weise
missverstanden hat?
243
flicht» Hiebt ? Hat er es durch eigenen Scharfsinn errat hen?
Dann würde er mit dem zehnten Th eil dieses Scharfsinns
die au hart angefochtenen Abbreviaturen nicht bios als solche
erkannt, sondern auch in mehreren Fällen die dem Gesang
entsprechenden Streckungen (d. h. die ursprüngliche, genau
nach den Melodie-Noten sich richtende Form der bezüglichen
Verszeilen) errnlhen haben. Oder hat Herr Bitter eine der
Schweriner Singstnnmen oder einen der Probe-Abdrücke der
neuen Partitur gesehen? Dann musste er um so sicherer
wissen, dass Alles in bester Ordnung und von jenen soge-
nannten „musikalischen Incorrectheiten“ keine Spur vorhan-
den sei. Die Sache bleibt räthselhaft.
Am Schluss des „Eclio“-Ariikels findet sich nochmals
eine Parallele zu dem Bitler'schen Buche. Der früher er-
wähnte „Nachtrag“ in jenem Buche beginnt: „Als die vor-
stehende UeherseUung des Don Juan-Textes und die ein-
leitenden Bemerkungen zu derselben bereits beendet waren,
kam der oben bezeichnete Aufsatz im Morgenblall zu unserer
Kenntnis» etc.“*) Gerade so wird auch ein Nachtrag tu
dem ..Echo* - Artikel eingeführt mit den Worten: ..Nachdem
Vorstehendes niedergeschrieben war . kam dem Referenten
ein Artikel der Norddeutschen Zeitung über denselben Ge-
genstand zu Gesicht, der in Bezug auf den Gugler’. -teilen
Text eine entgegengesetzte Ansicht vertritt;** und uun
wird natürlich an diesem Artikel gemäkelt und gezupft.
Ich glaube alle in Folge der ersten Schweriner Aufführung
erschienenen Zeitungsberichte zu kennen :**| in den Cilnlen
aus dein letztgenannten Artikel kam mir aber Manches fremd
vor. Ich nahm mir die Mühe, den Artikel wieder nachzu-
lesen. und fand hier abermals jene specifisch Bitter’sche
Referirmethode, welche durch unschuldige Vergesslichkeiten,
durch ganz kleine Verschiebungen, durch ganz zufällige Zu-
sammen Ziehung getrennter Stellen etc, ganz unabsichtlich
dahin gelangt, dass im Handumdrehen das Referat etwas
Anderes sagt oU die Duell**.
Herr Bitter schliesst mit der sehr wahren Bemerkung,
dass „die Kritik in ihrem vollen Recht ist, wenn sie Ar-
beiten, bei denen das Peraoneninteresse vor dem der Sache
weit zurücklriti, nicht auf Treue und Glauben hinuiimnt.
sondern ihrer prüfenden Durchsicht und Erörterung unter-
zieht.*' Nun wohl, zu dieser prüfenden Durchsicht hat
jetzt das Publikum Gelegenheit. Do aber damals, als Herr
Bitter seinen Artikel schrieb, die Gelegenheit |wie schon
Eingangs bemerkt) noch nicht gegeben war, oder doch
nur für die Wenigen, welche 6ich das Schweriner Kassen-
texlbuch verschaffen konnten, so sagt Herr Biller in seiner
Schlussslelle eigentlich mit dürren Worten: „Die Kritik, das
bin ich!** Und noch Eins. Hat Herr Bitter seine Worte
bedacht, als er schrieb, in der vorliegenden Frage müsse
das Per&o nenint eresse zurücktreten? Seine vermeintliche
Kritik ist von einer unbefangenen, parteilosen Prüfung so
weit entfernt, dass es mir äusserst schwer wird, zu glauben,
es sei von seiner Seite kein persönliches Interesse im Spiel.
Ich begreife vollkommen, dass Herr Bitter eine hohe Mei-
nung von seinen eigenen Leistungen hat; der vornehme Ton
*) Nicht einmal Titel und Nhiiicu citirt Herr Bitter richtig,
lu der Aufschrift des „Nachtrag*" steht: Morgenblatt für gebildete
Stande, bekanntlich müsste es „Leser“ heissen. In der „Ein-
leitung“ ist bei Besprechung der Bise hoff* sehen Uebersetzung der
Name beharrlich „Bischof“ geschrieben, vielleicht aus Ver-
wechslung mit dein Wiener Pianisten und Schriftsteller Kischhof.
Das siud Kleinigkeiten, aber charakteristische.
**) Sie lauteten alle iu Bezug auf den neuen Text anerken-
nend; nur hatten einige derselben getadelt, dass der Uebersetzer
keine Rücksicht auf das „gute Alle" genommen habe. Gegen
diesen sunderbaren Tadel nimmt gerade Herr Bitter selbst (zu
Anrang seiaes „Echo**- Artikels) den Uebersetzer iu Schutz, indem
er ganz richtig darthut, warum man das Beibehalten gewisser
alter Schlagworte nicht fordern könne. Die Schutzrede ist sehr
begreiflich, weil sie zugleich Herrn Bitter s eigene Uebersetzung
vertbeidigeu soll, welche sich an Althergebrachtes gleichfalls nicht
gebunden hat.
der Unfehlbarkeit, welcher sowohl in seinem Buche als im
„Echo“- Artikel die Besprechungen fremder Arbeiten durch-
zieht. ist gewiss nicht affeclirt, sondern aus dem angeneh-
men Gefühl der Ueberlegenheil geflossen.*! Ich begreife
ferner, dass es Herrn Bitter unangenehm sein muss, von
mir den Bühnen eine andere Uebersetzuog als die »einige
empfohlen zu sehen. Ich will endlich gern annehroen. Herr
Bitter lebe der Meinung, für die Sache zu kämpfen. Möge
er sich aber über diesen Punkt keiner Täuschung hingeüen!
Möge er mir erlauben, dass ich ihn einlade, aus dem Vor-
wort meiner Schrift zu ersehen, welches Verhalten sich
empfehle, wenn man ohne Verlangen nach eigenem Ruhm
nur der Sache dienen will. Herr Biller scheint durch
Alles, was seiner subjectiven Ansicht entgegen ist, sogleich
so sehr afficirt zu werden, dass ihm der ungetrübte Blick
und die nöthige Ruhe zum Lesen abhanden kommt. Nur
so lässt es sich erklären, dass er das, worüber er referirl,
nicht einmal richtig gelesen hat. wie in schlagender Weise
der „Nachtrag“ zu seinem Buche zeigt. Jedes falsche oder
vererbte Referat hat aber in der Wirkung eine gewisse
Verwandschaft mit Verleumdung, auch wann keine bewusste
Absicht dabei mit unterläuft, sondern blos Unklarheit des
Verständnisses und Nachlässigkeit.
Vielleicht wundert man sich, dass ich über einen vor
ziemlich langer Zeit erschienenen und von vielen Lesern
schon wieder vergessenen Artikel noch so viel schreibe.
Gerade jetzt aber, bei der Herausgabe meiner Schrift, schien
mir der rechte Moment gekommen, auf den Artikel zurück
tu gehen. Ich betrachte, wie schon oben gesagt, den Ar-
tikel als wesentlich gegen mich gerichtet, obwohl (oder viel-
leicht gerade weil) mein Name darin nirgends genannt ist,
so wenig wie der Name Bitter. Nicht gegen meine Person
richtet er seine Spitze, sondern gegen mein Unternehmen,
und für dieses, welches durch den Artikel discreditirt
werden soll, trete ich hier ein. Ausser der Sünde, den
Bitterkeiten Text hiolenangesetzt zu haben, habe ich mir
mit meiner Schrift noch manche andere Sünde aufgeladen.
Von all’ den ueheitnniss vollen Beziehungen, welche nacli
Herrn Riller's Buche in der Handlung der Oper und iu den
Charakteren stecken sollen, nimmt meine Bühnenbearbeitung
keine Notiz, weil ich jene Entdeckungen (die sich obendrein
zum Theil widersprechen! für Hirngespinste Ansehen muss.
Herr Bittur verlangt, eine deutsche Uebersetzung des italie-
nischen Textes müsse poetischer und schwungvoller sein
als dieser selbst;**) ich dagegen würde den Bilter’schen
*) Die .Sicherheit dieses Gefühls scheint in Herrn Bitter den
Gedanken gar nicht Aufkommen zu lassen, es könnte sieh einmal
Jemand die Muhe nehmen, das kritische .Messer ernstlieh au seine
eigene Uebersetzung zu legen. Ich habe mich in diesem Aufsätze
jeder Hinweisung auf die Schwachen der Bitter sehen Uebersetzung
enthalten. Das Mamiscript des „Vorworts“ zu meiner neuen
Schrift enthielt ursprünglich eine kleine Hlumenlese solcher Art.
Dass ich sie wieder unterdrückte und dafür ein paar anerkennende
Worte einflie«sen liess. hat Herr Bitter gerade dem Manne zu
danken, den er uu „Nachtrag“ zu seinem Buche gehofmeistert
hatte uud im „Echo“-Artikel so ungerechterweise angreift. Mein
Freund Gugler sah in Herrn Bitter einen nach gleichem Ziele
Strebenden, den mau des guten Willens wegen zu schouen habe;
Herr Bitter erblickt in Gugler nur den unberufenen Rivalen, den
mau in den Augen des Publikums rechtzeitig id. h noch bevor
das Publikum selbst die Coneurrenz - Arbeit zu Gesicht hekamei
todtzumachen suchen müsse. — Ganzlieh konnte mein Vorwort
freilich auf Proben aus der Bitterkeiten Uebersetzuug nicht ver-
zichten, weil ich solche als Belege brauchte, warum ich diese
Uebersetzung nicht zu acreptiren vermochte. Ich habe mich daun
aber auf sehr wenige beschrankt und diese ganz ungesueht gleich
aus der ersteu Nummer der Oper entnommen.
*•) Herr Bitter sagt, nachdem er die von ihm in Gugler’s
Uebersetzung entdeckten „Unscbönheiten" aufgezählt hat: „Mau
wird dagegen riuwendeu können, dass Viele* durch den Da Pon-
te'schen Text verschuldet sei, da ja doch die Grundlage der deut-
schen Dichtung habe bleiben müssen. Dies vollkommen zugege-
ben, wird man doch nicht umhin können, anzuerkennen, dass
dieser Text durch Mozart’* Musik geadelt, in die Höhe gehoben
30 *
244
Text, welcher (solchem Grundsätze gemisst An lieber*
schwenglichkeit nichts zu wünschen übrig liest, schon um
dieses Stelzengangs willen abgelelint haben, auch wenn ich
sonst gar nichts an ihm Aiiszusetten gefunden hätte; denn
mir gilt Schlichtheit und Anspruchlosigkoit der Verse (wo-
mit poetischer Inhalt keineswegs ausgeschlossen ist} für ein
Heupterforderniss eines guten Opernlexts. der den höheren
Schmuck dem Co mpo nisten zu überlassen hat. ln Summa:
ich habe mich an Da Ponte gehalten und nicht an Herrn
Bitter. Das ist nicht zu verzeihen; die Leser werden es
bald erfahren.
Ich glaube vorausselzen zu dürfen, dass Herr Bitter io
seinem nrich-slen, direct und speciell gegen meine eigene
Arbeit riuftretenden Artikel seinen Namen unterzeichnen und
bei dieser Gelegenheit sich ausdrücklich zii dem „Echo*'-Ar-
tikel bekennen werde. Ob ich auf den erwarteten zweiten
Angriff zu antworten habe, kann ich noch nicht wissen.
Eines aber will ich eventuell versprechen. Wenn nämlich
Herr Bitter genauer zu erfahren wünscht, warum icrh seine
liebersetzung nicht brauchen konnte, so ersuche ich ihn,
mir aus seinem Buche eine beliebige Seite mit vorwiegend
lyrisch-dramatischem Inhalt und eine zweite Seite mit vor-
wiegend recilativischem Inhalt zu bezeichnen, zu dem Zwecke,
dass daran nachgewie&t-n werde, wie oft und wie weit die
Uebersetzung in mehrfacher Beziehung, namentlich aber iu
Rücksicht auf musikalische Deklamation, hinter massigen An-
forderungen zurückbleiht. Nur möchte ich Herrn Bitter zu-
gleich bitten, die beiden Seiten aus denjenigen zu wählen,
die er zu seinen gelungensten zählt, damit nicht meine Zer-
gliederungsarbeit zu gross und für die Leser ermüdend werde.
Berlin.
Revue.
Das Friedrich - Wilhelmstädtische Theater brachte am 21.
abermals eine Novität: „Die Insel Tulipetnn 44 , komische Ope-
rette in 1 Act nach dem Französischen von Emil Pohl, Musik
von Offenbach und mit dem glücklichsten Erfolge. Wir
haben hier vorweg ein Libretto, dessen drastische Figuren,
dessen hochkomische Situationeil so originell sind, dass sie
jedes Publikum unwiderstehlich zur Heiterkeit zwingen müssen.
Cacatois, der Herrscher auf der Insel Tulipatan, hat zu soiuer
Betrübniss bereits zwei Töchter, aber keinen Nachfolger; da«
Missgeschick will es, dass auch das dritte, während der Abwe-
senheit des Fürsten, geborene Kind abermals eine Tochter ist;
die Gattin, den Zorn des wiederkrhrenden Gatte u befürchtend,
enlscliliessl sich zu einer Täuschung, die neugeborene Tochter
wird für einen Knaben nusgegeben und als solcher erzogen. Aehnli-
ches, jedoch in ariderer Weise, ereignete sich in dem Hause
des Seueschalls Romboidnl; dort erzieht die Gattin einen
Sohn, uui ihn der Militairpflicht zu entziehen, um ihn vor den
Stürmen des Lebens zu bewahren und ihn dom zärtlichen Mut-
worden ist, uud dass die Uebersetziirig dem Schwünge folgea
müsse, der dadurch so unverkennbar den ilalicniseheu Worten
gegeben worden ist/* Nun, Herr Hilter seinerseits glaubt dem
Schwünge gefolgt zu sein. Als er aber seinen Text bis zu Mo~
zart » Niveau in die Hohe gehoben hatte, mag ihm der Gedanke
gekommen sein, Mozart sollte doch noch ein wenig höher stehen,
und man müsse also jetzt seine Melodieen etwas cmporsrhrniibeu.
Wenigstens au einer Melodie hat Herr Bitter den Ausbesserungs-
versuch wirklich gemacht, wie die Musikheilage zum „Echo‘‘-Ar*
tikel ausweist. Dort ist nAinlieh der allbekannte Anfang der nach-
rmnpouirteu Elvira-Arie (Mi tradl quttf alma inyra(o) verschönernd
abgcAndert, indem das letzte Viertel des ersten Tafts eine zierli-
che Verscbnörkelung erhalten und dAfür das vielleicht zu weich-
liche Auflösungszeichen verloren hat Der Tact heisst nunmehr
in der Biüer'schen Emeudalion:
terherzen stets nah zu wissen, als Tochter. Beide Viter ken-
nen ihre Kinder nur in der Verkleidung. Indessen verleugn«!
sich die Stimme der Natur nicht. Der Erbprinz Alexis ist zum
Schmerze seines heldenmülhigen Vaters weich und sentimental,
will von männlicher Kraft und Slärka nichts wissen und irrt
seufzend in den Hainen umher. Hennosa, die Tochter des
Seneschalls, ist eine Amazone, die unweiblich und rauh iu
ihrem Wesen, ihre Zeit mit Reiten, Schiesseo u. a. w. verbringt.
Bei einem Besuch des Fürsten kommen sich indessen die beiden
Kinder nahe und uro Gefahren zu verhüten, erfährt Hertnosa
von ihrer Mutter das Geheimnis» ihrer Geschlechtsverwech-
selung. Aber auch Romboidal glaubt seiner Tochter das
Geheimnis» des Hofes verrathen zu müssen; Alexis be-
lauscht diese Enthüllung; beide Kinder haben nichts Ei-
ligeres zu Ihun, als dio ihnen unbequemen Kleider mit denen
ihres wirklichen Geschlechts zu vertauschen. Aus diesen Fac-
toreu und Ingredienzien gestalten sich nun die komischsten
Verlegenheiten in Charakteren und Situationen in der unterhal-
tendsten Weise bis zum Schlüsse. Brauchen wir hinzuzufOgen,
dass Offen bach mit seinem musikalischen wie theatralischen
richtigen Blick uud Geschick diese burlesken Vorgänge in pi-
kantester Weise illuslrirt hat? Die Leser werden uns das ohne
Versicherung glauben. Offenbach will hier — und damit
zeigt er seine grosse Kenntnis» der Bühne — nicht mehr geben,
als das Bedürfnis» zur guten Wirkung des Ganzen erfordert.
Dieses fast bescheidene Redlichen in der Form, diese entsagende
Beschränkung in der musikalischen Ausarbeitung, erhöhten na-
türlich den Reiz, die kleinen Nummern sind nichtsdestoweniger
so melodiös und anrouthig, dass ihnen der gewohnte Beifall
entgegentöut. Selbst da, wo Offen bach in parodistisdier Laune
absichtlich Fremdes bringt, wie in dem Duett Ramboidal’s
mit der Tochter die bekanote Schluss -Stretta der Elenzar- Arie,
geschieht es mit Tact und Geschmack. Die Ausführung war
eine allseitig ebenso talentvolle, als vom besten Getingen be-
gleitete. Herr Ne um arm ist ein ebenso urkomischer Cacatois
als Herr Schulz sein drastischer Seneschall und FrAu Neu-
nte no dessen Gattin. Fräulein Ungar spielte uud sang die
Hermosa vor Ire (flieh; die hart an die Grcnzeu des Erlaubten
streitende Figur wurde in künstlerischer Weise decent und an-
sprechend gehalten uud doch iu wirksamster Weise dargeslellt;
namentlich in deo beiden Duetten machte sich die roulmirte
Sängerin vorlheilhnfl bemerkbar. Fräulein Koch war em lieb-
licher Alexis, ihr Gesang wie immer empfunden und frisch. Die
Genannten wurden mit Beifall reich bedacht und nach ihren
Hauptscenen hervorgerufen. Sceneric und Costüme waren ge-
schmackvoll. Da dio Operette in musikalischer Hinsicht gar
keine grossen Ansprüche macht, so dürfte die „Insel Tulipatan'*
gewiss bald auf allen Bühnen zu Hause sein, auch die kleineren
werden sie besetzen können. Hier aber, in der vorzüglichen
Ausführung, verspricht die Operette ein Kasseomagnet zu wer-
den; die Wiederholungen fanden bei vollem und beifallslustigem
Hause statt.
Die Kroll'sche Oper erfreut sich bei deui anhaltend heiteren
Himmel der regsten Theilnnhme. Das Repertoir wurde durch
Verdi*» „Rigolet Io“, nusgeführt durch Fräulein Kropp und die
Herren ßernard, Vierling, Hienl, vermehrt. Wiederholun-
gen von „Travinla 44 , „Don Juan“, „Wcissc Dame" bildeten di«
übrigen Vorstellungen der Woche. d. R.
Correnpondrnien.
Dresden, iui Juli 1869.
Anfang dieses Jahres brachte Ihre geschützte Zeitschrift einen
interessanten Artikel. „Zum neuen Jahr*' von L. Ehlert, wohn
245
auch vihi den »ogeuaunten populären Symphouieconcerteoujud ihrer
Wichtigkeit in unserem CuHurlekeo Notiz genommen wurde. De
uuu die gegenwärtige musikalische Ebbe mir keine Veranlassung
zu ausführlichen Besprechungen bietet, so gestatten Sk mir Ihnen
eisen kleinen Bericht über unsere hiesige« populären Concerte
zu geben. Heber einen Mangel an öffenliieher Musik, ist wie in
allen grösseren Garnisoustädtcu, auch hier nicht zu klagen und
wir besitzen was diese Militairmuaik apeciell angebt, Chöre, die
*u Tüchtigkeit keine Rivaliliteo zu scheuen haben. Selbstver-
ständlich kann diese Gattung dennoch immer nur die leichtere
Musik pflegen und dient wie überall fast uur dem angenehmen
Zeitvertreib. Diese Concerti sind hier aehr beliebt und werden
hauptsächlich vou Ausländern, namentlich Amerikanern, stark
besucht. Der Amerikaner liebt das Massige, je dicker, je besser,
seelische Vertiefung ist nicht seine Sache und deshalb bleibt er
auch den populairen SyuipboiUeconcerteo mit wenig Ausnahmen
fern. Diese Coucerte werden hier hauptsächlich vou zwei Mu-
sikchöreu vertreten und zwar vom Sladttnusikcbor, unter Puff-
holdts Leitung, und einem Chor, dessen Dirigent gegenwärtig
ein Herr F'ritzsche ist. Dieses letztere hält seiue Abende ge-
wöhnlich auf der Brühl'achtu Terasse und besteht aus ca. SO
Mann. Es lässt in jeder Beziehung sehr viel zu wünschen übrig
und wollte man auch gern, was die rein geistige Iteproduction
der Werke betrifft, einen Flock zurdcksteckcn, so wäre doch ein
gleiches Verlangen an den Hörer, hinsichtlich der Reinheit der
Darstellung (hauptsächlich der Streichinstrumente!, mehr als un-
billig. Im Allgemeinen Huden solche Coucerte von der Kritik
tu wenig Beachtung, es Hesse sich hier Manches bessern und
ich glaube, der gute Wille wäre in diesem Chore gewisslich zu
Undeu. Bei weitem höher steht schon die Capelle unter der
Leitung des Stadtmusikdirektors Puffholdt, es ist dieselbe,
welche sich schon in frühem Zeiten unter HOhnerfdrst's Di-
rektion einen weitern Namen erworben hat. Das Orchester zählt
bei gewöhnlichen Aufführungen ebenfalls nicht mehr als SO Mann,
doch Imdet dann uud wann eine Verstärkung von 10 Mann statt
Im Durchschnitt kann man mit deu Leistungen dieser Capelle
recht zufrieden sein, die Programme sind ziemlich glücklich zu-
sammengesteUt, und haben nicht jenes buntscheckige Ansehen,
das dem Musiker wie dem Musikfreund solche Concerte zumeist
veriewdet Für den Musiker aber erhalten diese Concerte noch
oineu ganz besonderen Werth dadurch, dass dieselben eine wirk-
lich recht erfreuliche Anzahl Werke lebender Componisten zu
Gehör bringen. Dies Verdienst des Dirigenten fordert eine ganz
besondere Anerkennung, zumal wir hier in den theuern Concer-
ten der königl. Capelle der geringen Anzahl dieser Concerte
wegen immer nur sehr dürftig sbgospeist werden können. Mir
liegen eine Anzahl Programme vom verg. Winter vor, hier Huden
sich die Namen: F. Laohner, Wagner, ßerlioz (inzwischen gestorben)
Keioeeke. Vierling, H. Ulrich 2 Mal, R. Wflerst 2 Mal, Kudorff,
Bruch, Abert, Rietz, Hiller, Gade, Benoet, Döring, Hischbieter u.
A. m. Gewiss eine stattliche Anzahl neuer Componisten. Ilätteu
wir noch einen Wunsch aiiszusprcchen , ao wäre es der, dass
auf die künstlerische Auffassung und Ausführung der Com Posi-
tionen noch etwas mehr Sorgfalt zu verwenden wäre. Dieses Or-
chester hat ausserdem noch den Kirchendienat zu versehen, wo-
für der Dirigent desselben den Titel Stadtmusikdirector mit einer
sehr massigen Bestallung erhält. — Von der Königl. Buhne kann
ioh Ihnen nichts Neues melden. Es fanden in letzter Zeit eiue
ganz ausserordentliche Anzahl von Gastspielen statt, unter denen
für die Oper das des Herrn Nach hau r jedenfalls das hervor-
ragendste gewesen ist. — Seit längerer Zeit geht man mit dem
Plane, um ein zweites Theater in der Neustadt (jenseits der Elbe)
zu errichten, di«; Specuhlion suchte sieh desselben /u bemächtigen
und schliesslich wäre dabei sicher nicht viel zum Vorschein ge-
kommen. Einem Gerücht zu Folge soll nun König Johann den
Entschluss gefasst haben, ein solches zweites Theater aus eigeuen
Mitteln zu beschaffen. Darnach soll dieses Theater ein Königli-
ches werden und zwar aussscbjiesslich dam Schauspiele dienen,
während das Theater der Altstadt ausschliesslich iui Besitze der
Oper verbleibe. Es wäre zu wüoscbeu, dass dieses Gerücht zur
Wahrheit würde. A. F.
Paris, 25. Juli 1869.
Während die neue Opera mit langsamer Bedächtigkeit, als
wurde sie in Deutschland und nicht in Paris gebaut, ihrer Voll-
endung entgegenschreilet, prophezeien bereits die Ungeduldigen
deu Zusammensturz der allen. Das Gebäude in der Hue Peletier
wäre morsch und baufällig und würde kein Jahr lang mehr zu-
sammen halten, so heisst es. Natürlich beeilt man sich, dem
gegenüber zu versichern, dass an alle dem nichts wahres — denn
wer würde unter solchen Umständen noch die daselbst slatlHn-
d enden „Propheten**- Vorstellungen besuchen wollen! — und es
dürfte noch einige Zeit vergehn, bis der neue Boulevard Haus-
mann die Reste der alten Opera mvelliren wird. Vom noch äl-
teren Porte St. Martin-Theater hat man schon öfter prophezeit,
dass es Zusammenstürzen werde, und es steht heule noch. Wenn
solche Prophezeiungen nichts helfen, so lässt dann diu aufgeregte
nach Emotionen haschende Phantasie der Pariser prosperirende
Theater mit Pulver unterminiren, — wäre es auch nur, um eine
Zeit lang diu Kassa-Eiunabmen zu vermindern. Da solche Luft-
sprengungen nicht eintreflen, so wird für Ahlichc Effecte hin-
länglich durch die Fallits gesorgt. — Anknüpfend an letzteres
alltägliches Thema sei erwähnt, dass die Carvalbo-Katastrophe
vom TheAtre lyrique endlich zum Abschluss gelangte, indem die
letztgerichtliche Instanz den Rccours Pasdcloup's, welcher sieh
mit der Uebernahme des Theater-Materials zu dem ersttaxirten
Preise nicht einverstanden erklärte, verwarf, und ihn zur Zahlung
von circa 300,000 Francs veranlasale. Demnach wurden die pri-
vilegirteo Gläubiger Carvalho’a (die Musiker, Choristen, Sänger
und Theaterbedienstete) vollständig bezahlt: die Uebrigen erhal-
ten 10 Procent — Filii, der gelehrte Director des Brüsseler Con-
»ervatoire, der seine Unermüdlichkeit in kunslhislorischen Dingen
so eben wieder durch seine neue Histoire generale de la musique
an dm Tag legte, protestiri in einem Schreiben an die Rdvue et
Gazette musicale gegen die Zeitungsnachricht, dass er im Verein
mit Liszt und Sain-d'Arod für das im Decemher d. J. erfolgende
Concil von Rom ein Memoire abgefasst hätte, um die sieben
verschiedenen Notirungsnrten des plain-chant in eine einzige zu
verschmelzen. Er (Fätis) wäre um ein solches Memoire nicht
angegangen worden. Das Manuscript Palest rina’s, welches der
primitiven Kirchen-Nolation am ähnlichsten sein soll, befindet
sieh unter einer halben Million von Anderen Manuscriptcn im Va-
tican vergraben, und das nächste Concil dürfte wohl wichtigere
Lebensfragen zu ordnen liAben, als dasselbe hervorzusuchen. —
Die Sommerhitze hat auch auf die Jury-Mitglieder des Concurse*
der Opera oomique eingewirkl, da sich dieselben, anstatt dieeingegan-
uenen 60 Opernpartituren zu erledigen, nunmehr nach vier und
vierzig Sitzungen in die Bäder zerstreuten. Laut einer Anzeige
des Secrelair Franz Bazln kann das Urtheil demnach erst im
Laufe des Monat October verkündet werden. — Der Tenor Ro-
ger unternahm soeben in Begleitung des Pianisten Ko walaky,
des Gesangkomikers Castel und der Sängerin Fräulein Brü-
nett i eine Kunstreise in französische Provinzstädte. — Die Da-
nien Harris und Minna Hauek, bekannt durch ihr Auftreten
itn italienischen Theater und durch — Strakosch, sind für Mos-
kau engagirt. — Der Amerikaner Max Strakosch. Bruder von Mau-
IQ
246
ric« Strakoarh, lat wieder hier — am Horizonte steigt er auf wie
ein neuer grosser Gesangstern, oder wie ein neues Irrlicht. —
Bei der beabsichtigten Aufführung von Gotmod’s „Romäo et Jo-
liette“ in der Opära eomique wird Capoul gegen eine Gage-Zu-
tage von 10,000 Franc« den Romeo singen. Macht zusammen
mit Concerten eine Jahres-Einnahme vou 80,000 Francs, wovon
60,000 die Opera eomique zahlt. Herr Capoul kann sich somit
als Primadonna hören uud sehen lassen — nach dieser beschei-
denen Gage zu schliessen. Dafür erhalten die Choristen uud Or-
chester-Mitglieder In der Kaiserlichen Opära eomique je 75 Francs
Moualgage mit eiuer Zutage von beinahe täglichen Proben. Das
ist weder komisch noch kaiserlich. — Schiller s „Lied von der
Glocke 4 ' wurde die zweifelhalle Ehre zu Tlieil, von den Herren
Sn i ii t Leon uud Delibes zu einem Ballet verarbeitet zu werden.
Dasselbe wird demnächst zum Debüt einer jungen Tänzerin,
Fräulein Rozachi, i» der Optra aufgeführt. Ob diese Glocke
die Lebendigen des Joekcv-Club rufen, oder sich selbst die Tod-
tenglocke läuten wird? Das soll zu seiuer Zeit, nach vollendetem
Gusse, an die Glocke gehängt werden. A. v. Cz.
r r a I I I i t « n.
Di« Transcription.
Von W, l.nrkowit*.
Wie Faust dem Herrn, so dien! unsere Zeit der Kunst
auch „auf besondere Weise“. Es ist vorzugsweise die Clavier-
musik, welche allenthalben Eingang gefunden hat, auch in
Kreise gedrungen isl, in denen früher weder davon noch von
Musik Oberhaupt die Rede war. Wenn das io einer Beziehung
auch eine höchst erfreuliche Thatsach« genannt werden muss,
so ist andererseits doch nicht zu verkennen, dass diese Ueber-
handnahme des Clavierspirls auch ihre bedenklichen Seilen
hat. Es ist wahr, dass das Clavier in seinen jetzigen vollendeten
Gestalten einer der höchsten Triumphe der Mechanik ist; es
ist aber eben so wahr, dasa kein anderes Musik • Instrument
so setdenloa gemacht, so aller Poesie entkleidet ist, wie
gerade das Clavier. Tausende und aber Tausende wenden sich
Jahr für Jahr als neue Jünger diesem Instrument zu; Tausende
und aber Tausende verlangen Jahr für Jahr neue Nahrung für
dieses ihr MusikbedOrfniss. Ja, „auf besondere Weise“ wird
gerade hier auf diesem Gebiete die Kunst bedient, „auf alle
besonderen Weisen“ könnte man sagen; denn gerade die Cla-
viermusik ist reich an den wunderlichsten Erscheinungen, an
den heterogensten Gegensätzen, fördert die nllerseltsamsteo, in
den offenbarsten Widersprüchen sich schroff gegenüber stehen-
den Alternativen zu Tage. Seltsamer Weise linden aber alle
diese verschiedenartigsten Erscheinungen ihren Weg in's Pu-
blikum; diese musikliteranscben grössten Gegensätze bewegen
sich eben so friedlich auf ihren Bahuen im Publikum neben-
einander hin, wie sie in den Packeten der Leihinstilule nach
dem Alphabete geordnet friedlich neben einander gelagert hat-
ten. Es kann einen denkenden, musikalischen Menschen ein
gelindes Grauen ankorunien, wann er aus demselben Packele
Beethoven und Beyer berauszieht, beide auch eben so friedfer-
tig auf ein und demselben Cla vier pulte aufgeschlagen findet.
Nehmen wir nun gar er»l die in der Ueberschrift genannte
Gattung von ClavierstQcken, so sehen wir die seltsame Er-
scheinung, dass die Einen sie mit wahrer Entrüstung sofort
aus der Hand werfen, die Andern sie aber vorzugsweise tracti-
ren, ja fast gar nichts weiter spielen als Transcriptiooen. Uas
muss seinen Grund haben, und die Erscheinung ist jedenfalls
bedeutsam genug, um sie einmal etwas näher zu beleuchten.
Werfen wir einen Blick auf die groase Summe der Clavierii-
teraturObcrhaupl, so führt uns dieselbe In den Salon. Salonmo-
sik ist leider schon lange die Parole der grössten Mehrzahl der
cla verspielenden Menschheit, trotz dem, das9 die Wörter Sa-
lonrausik, Salonspieler in der Kunst schon lange einen nichts
weniger als reinen Klang haben, trotz dem, dass man mit ih-
nen vom Standpunkte der Kunst aus meist den Nebenbegriff
der Geringschätzung verbindet. Dass diese Geringschätzung io
Bezug auf sehr viele dieser Produkte ihre volle Berechtigung
hat, unterliegt je keinem Zweifel, dass aber das ganze Genre
selbst damit nicht wie das Kind mit dem Bade ausgeschftttet
werden darf, ist eben so ausgemacht.
Nun freilich, „pitees de salon“ haben wir wie Sand am
Meere, der Salon selber fehlt uns aber. Er ist eine vornehm-
lich französische Erfindung, so durchaus mit dem ganzen, leich-
ten Wesen der Franzosen verwachsen, dass wir es vielleicht
für ein Glück ansehen können, dass ihre Nachahmung, die hia
und da in Deutschland wohl versucht worden ist, nie Wurzel
geschlagen hat. Wohl müssen wir zugestehen, dass eine solche
Gesellschaft von geist- und witivolhn Menschen durchaus ge-
eignet ist. Kunst und Künstler ausserordentlich zu fördern, da
sie Manchen geradezu zwingt, sich mit dergleichen Dingen zu
beschäftigen, woran er vorher gar nicht gedacht hat. Ande-
rerseits freilich ist auch nicht zu übersehen, dass von einem
tieferen Eingehen io irgend einen Gegenstand da nicht die Rede
•ein kann, das* also auch selbst das Höchste der Kunst nur
in die Formen gekleidet werden kann, die (ür den Salon pas-
sen. Es ist daher sicherlich ein Glück, dass in Deutschland
nur einzelne Versuche, an vielen Orten aber nicht einmal
diese gemacht worden sind, um den Salon auch bei uns hei-
misch zu machen.
Was aber der Salon in Bezug auf die Musik gewirkt hat,
das isl allerdings auch bei uns zur Geltung gekommen. Wie
sich schliesslich im Salon Alles mehr und mehr auf di« Per-
sönlichkeit, auf Hie einzelne Individualität zuspitzte, so geschah
es aach in musikalischer Hinsicht. Nicht die Tiefe einer Com-
position, nicht der mächtige, bewegende Inhalt eines Tonstücks
konnte hier fesseln; das machte ja Ansprüche an die Zuhörer,
mehr Ansprüche, als es die Natur des Saiona vertrug. So
bildeten sich naturgemäss die oberflächlichen, dafür aber ‘glän-
zenden Seiten der Musik heraus, es entstand das Virtuosen -
thum par excellence, und wir können wohl sagen, dass der
Salon die eigentliche Pflanzstätte und Schule desselben gewe-
sen isl. Allerdings konnte dieses Virtuoseuthum bei uns nicht
im Salon zur Geltung kommen, da ein solcher gar nicht vor-
handen war; in dieser Sache vertrat aber der Concertsaal seine
Stelle mehr als genügend.
Man muss zuweilen wieder die Wörter untersuchen, denn
die Welt kann wegrücken, und die Wörter bleiben stehen,
»agt einmal der geistvolle Lichlenberg. Die Welt kann aber
nicht nur wegrücken, sondern sie schreitet factisch unaufhalt-
sam fort, uud der Mensch kann sich diesem stetigen Fortschritte
nicht entziehen. Die Verhältnisse werden andere, die Anschau-
ungen und Ideeo andere, und dadurch müssen sich na-
türlicher Weise auch die Anforderungen verändern, die an jeden
Einzelnen gemacht werden. Da kann denn auch der Fall ein-
freten, dass ein Begriff im Strome der Zeit derart gedreht, ge-
wendet, gemodelt wird, dass er himmelweit verschieden von
dem isl, was das für ihn gebildete Wort ehedem bezeichnet«.
Der Begriff isl ein anderer geworden, das Wort eber geblie-
ben, und da lässt sich denn die Wahrheit, welche in dem an-
geführten Allsspruche Lichtenberg’s steckt, sehr wohl verfech-
ten; es isl sehr wohl möglich, dass tu dem so gänzlich um-
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gemodelten Begriffe eigentlich auch ein durchaus neues Wort
gebildet werden müsste, da das alte etwas ganz Anderes
bestich net.
Der Ausspruch des geislreicheu Mannes lässt sich aber
mit voller Berechtigung auch gerade auf die in Bode stehende
Cumpositionsgaltung an wenden, und die vielen neuen Gattungs-
namen, welche uns die Salouuiusik unserer Zeit entgegen ge-
bracht hat, sind ein Ausfluss dieses Bedürfnisses nach neuen
Namen für neue Begriffe. Irn Grunde genommen sind sie alle
mit einander xurück su führen auf eilte einzige Art, von der
sie ausgegangen, auf die Fanlaeie.
Die Fantasie ist kein Erzeugnis* neuerer Zeit, denn die
Meister der classischen Periode kannten sie bereits und haben
sie auch cultivirt. Ihnen war die Fantasie aber nichts anders
als eine Form, in welcher sie so recht eigentlich ihr Genie
zeigen konnten, die Fixirung der freien Improvisation, in wel-
cher sich ihre ganze eminente, ich möchte sagen dichterische
Begabung kund gab. Die Kunst der thematischen Arbeit
konnte sich hier frei und fesaello», nicht eingeengt durch die
Rahmen einer bestimmten Miisikform, in ihrer ganzen Hoheit
entfalten, und es gehören daher die Fantasien eioes Mozart
oder Beethoven zu den wundervollsten Tooschöpfungen, an de-
nen sich Geist und Herz erquicken.
Wenn iu dem griechischen Wurte Phantasie — von „sicht-
bar machen" — der Begriff liegt, dass sich iu einem nach ihm
benannten Musikstücke der ganze innere Genius offenbare, so
haben unsere Heroen diese Bedingung erfüllt, bei ihnen ist
diese Form wirklich ein Zeichen der schöpferischen Produc-
tionskraft. Anders die Nachfolger. Die sdbstHchopfarische
Kraft nahm ab, die Kunst der Innerlichkeit trat mehr und mehr
in die Peripherie und begann von der Kunst der Aeusserlich-
keit überflügelt zu werden- Die Improvisation blieb; in Er-
mangelung der „Phantasie" nahm man zu fremdem Kigcrilhume
»eine Zuflucht, man impruvisirte und faotnsirte über beliebte und
bekaunte Themen, und die KQustler suchten ihren Ruhm dario,
dergleichen Fremdes mit eigenen Schnörkeln verbrämt, unter
demselben Titel zu flxiren und dem Publikum aufzuschwarzen.
Der Titel ist geblieben bis auf den heutigen Tag, jede Nova-
Sendung der grösseren Verlagsfirmen zeigt ihn auf, aber die
moderne Bedeutung der Wortes ist eine noch bei weitem an-
dere: Es scheint fast, als ob diese Bedeutung darauf hinaus-
liefe, dass der Verfasser — denn das Wort Componnt dürfte
hier nicht mehr zutreffen — grundsätzlich jede eigene Beihei-
ligung an der Bestreitung der Erflndungskosten aufgebm, dass
er sich grundsätzlich aller Aeusscning der eigenen Fantasie
begeben müsse, wenn er dem Begriffe gerecht werden wolle.
Es passt auf diese moderne Fantasie voll und ganz das Sprich-
wort von dem Pflügen mit fremdem Kalbe. Ja, die moderne
Fantasie ist ein m allen Farben spielendes Prisma, ein bunt-
schilderndes Chamäleon, es fehlt ihr eben nur die Farbe ihres
Verfassers, wahrscheinlich, weil er selbst keine eigene Farbe hat.
(Fortsetzung folgt.)
Journal-Revue.
Die Allgem. Musik-Ztg. setzt die Besprechung des Hanslick-
sehen Buches „Eine Geschichte des Wiener Concertwesens“ fort
— Die Neue Zeitschrift für Musik enthält den Concertbericht
über den ersten deutschen Musikertag. — Süddeutsche Musikzei-
tung: „Goethe's Erlkönig in der Musik" von Laekowitz.
Die Hevue et Gazette musioale beschäftigt sich mit den Con-
servatoriumsprü fungen.
Nachrichten.
Berlin. Se. Maj. der König hat dem Kammermusiker Louis
Grimm, ersten Harfenisten der Königl. Kapelle, das Prädicat Kö-
niglicher Concertmeister zu verleihen geruht.
— Zu der in voriger Nummer enthaltenen Notiz, welche
die Besetzung der Wagner‘schen „Meistersinger 4 * am hiesigen Hof-
opernbause bebaudclte, ist noch hiozuzufügen, dass Herr Betz
den Hans Sachs singen wird.
— Richard Wagner ist von der „Königlichen Akademie
der Künste" zum ordentlichen auswärtigen Mitglied erwählt
worden.
Barmstedt. Die bekannte ConcertsAngcriu Astniiida l r brich,
hat sich mit dem hiesigen Tenoristen Lederer verheirathet.
Leipzig. Das Leipziger Tageblatt schreibt über die lste
Aufführung der Oper „ Mignon“ von Thomas: Die Miss-
erfolge des singenden „Hamlet" haben der Oper „Mignon"
bei deiu Leipziger Publikum keiu besonders günstiges
Prognostiken gestellt. Da die erste Oper des Franzo-
sen Atnbroise Thomas die gehegten Erwartungen getäuscht
hatte, so versprach man sich von der zweiten nicht eben sehr
viel und giug dem nothw endigen Lehel mit Resignation entge-
gen. Von dem schlechten Dialog und sonstigen Verstösseu ab-
gesehen. ist der Goethe'sche Stoff zu einem Conversationsslück
mit obligatem Tanzvergnügen und sentimentaler Schwärmerei
nicht so übel zugesclmitteu und die Goethe’srheu Figuren sind
nicht ohne Geschick angebracht und vereinfacht. In vielen Ver-
flössen zeigt sich übrigens so recht die Leichtfertigkeit der fran-
zösischen Texlzuschneider, die, unbekümmert um die moralische
Haltbarkeit ihrer Crealurcii, mit diesen willkürlich schalten und wal-
ten, wenn sie nur recht bleudende Schlusseffekte erzielen können.
Auch die einzelnen Musiknummern kritisch durcbzumustcru, wäre
ziemlich fruchtlos, da sich kaum eine von der andern durch be-
sonderen Gehalt abhchl, vielmehr das Meiste mehr oder weniger
in die Kategorie der leichten W'aare cehört. Die Aufführung der
Oper war lobenswert!»
— Die Pianofortefabrik der Herren Breitkopf und Härtel fei-
erte aiu 22. d. in festlicher Weise die Vollendung ihres öOOOsten
Instrumentes.
Prag. In den Tagen vom 23. bis 30. d. linden die Conser-
vatoriums-Prüfuiigen hier statt.
Wleahaden. Das 2t e Coucert der Administration fand am
16. d. statt. Wagner's Ouvertüre zum „fliegenden Holländer" er-
öffnete das Concert, ohne sonderlich zu gefallen. Den Löwen-
antheii des Concrrtrs errang sich Herr Ja eil, der Schumann'a
herrliches Clavierconcert prächtig spielte und ausserdem mit sei*
oer Frau Liszt's Coucert pathetique für zwei Ciavicre vortrug.
Eiue Oberaus freundliche Aufnahme fand auch noch die jugend-
liche Violinistin Therese Liehe.
Wien. Coste s Operette „Die Schrecken des Krieges" ist
nach längerer Pause wieder iu das Hepertoir aufgenommen wor-
den und hat einen recht hübschen Erfolg gehabt. — Am 24., 26. und
28. d. Anden die Couservatoriumsprüfüngen statt. — Der Kaiser
hat seine Genehmigung ertheilt. dass der Hofkapellnielster Her-
beck zur Theilnahme an der Leitung der musikalischen Ange-
legenheit des Hofoperiithcater berufen werde.
London, 23. Juli. Am 2. d. kam in Covent-Gardeu zum ersten
Malein dieser Saison Meyerbeer‘s„Dinorah" zur Aufführung. Adeline
Patti sang die Titelrolle auf’s Vollendetste. Die Schattenarie
musste die KQuslJerin wiederholen. Gardoni und Santley san-
gen die Rollen des Corentin und Hoö! in sehr zufriedenstellen-
der Weise. Chor und Orchester lieasen nichts zu wünsohen
übrig. Die Oper faod eine stürmische Aufnahme. —
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248
Tamberlick Ut aie OtUivio in Moiart's „Don Juan** auf-
getreten. Man bewunderte wieder seine schone Stimme und die
erstaunungawArdlge Behandlung derselben. Adeline Palti (Zer-
line) war trefflich ditrponirt und so mussten denn 6—6 Nummern
des unvergänglichen Meisterwerkes repetirt werden. — Die wei-
teren Vorstellungen wAren „Lupia", „Hugeuotten", „Faust" und
Wiederholungen von „Hamlet**, „Dinorah“ und „Don Juan**. —
Die Concerto gehen nun ihrem haldigen Rüde entgegen. Ich er-
wähne Ihnen flüchtig die letztstAllgehalrten bedeutenderen: das
Hte Concert der alten philharmonischen Gesellschaft unter Mitwir-
kung der Frau Goddard, Herrn und Frau Bettini-Trebelii
und dea trefflichen Geigers Straus und das Hte Recital für CU-
viermusik unseres Pianisten Charles Hallt. — Eine neue Con-
certsaison Agrienltural-Hall ist mit HAndel'a „Meesias" eiugeweiht
worden. 2,600 Zuhörer waren bei dieser Feierlichkeit anwesend.
Madame Hnderadorff, die Damen Berry-Graenlng and Sain-
ton-Dolby, sowie ferner diu Herren Vernou-Higby und Tho-
mas waren mit der Ausführung der Soli betraut. H— t.
I nter Verantwortlichkeit von E. Boek.
In unserem Verlage erschien :
Am schonen Rhein, gedenk’ ich dein.
Walzer von
Op. 8 3.
Orcheslerstirnmen 3 Thlr. l'2‘/ ä Sgr. Arrangements fftr Pianoforle zu vier Hunden 20 Sgr.,
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in Partitur und Orchesterstimmen
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Partitur. Stimmen.
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Auher, D. G. F. Ouvertüre zur Oper „Der erste
Glückatag" . . . 1 15 2 22*
Berlioz. II. Ouvertüre zur Oper: „Beatricc und
Benedict" 226
Dorn, H. Ouvertüre zur Oper: „Die Nibelungen** 3 25
Flotow, F. v. Ouvertüre zur Oper: „Indra" . 3 — 2 10
Hatövy, F. Ouvertüre zur Oper: „Das Thal von
Andorra" 3— 3 —
Lange, G. Op. 16. „Farewell!" Meditation 2 10
Op. 17. „Priere a la Madonna", Pi£ce de
Salon 26
— — Op. 18. „Föte mllilaire". Galop de Salon 1 26
— Op. 19. „Le Retour du Soldat". Grande
Marche triumphale 2 17*
Op. 47. Au bivouac, Galop roilitaire . . 2 7*
Langert, .4. Die Fabier, Ouvertüre .... 25
LAsebborn, A. Op. 25. „La belle Amazone“
PiAce caraeteristique** 2 7*
— Op. 86. „Wanderlust“. Pi4ee raracteri-
atlque 2 20
Lotabyr, H. C. „Dea Künstlers Träume" . . 2 20
BalllarL Alme. Ouvertüre zur Oper: „Das
Glöckchen des Eremiten" 1 15 2 20
JMeyerbeer, G. Ouvertüre zur Oper: „Die Wall-
fahrt nach Ploermel " 3 — 4 17J
— Fest-Ouverture im Marschstvl für das Con-
cert zur Eröffnung der engl. Industrie- Ausstel-
lung (1862) couiponirt. (Triumph-Marsch. He-
ligiöser Marsch. Geschwind-Marsch und engl.
Volkslied. ) 8 10 8 15
BOCK < E. BOOK)
n d P o a o u.
Partitur. Stimmen.
TUr. Sgr Thlr Sgr.
Beyerbeer, G. „Die Afrikanerin".
Ouvertüre — 20 2 22*
Religiöser Marsch 2 5
Indischer Marsch 5 17*
FarkeltAnze, f. Streichorchest. No. 1. B-dur 1 20 2 20
No. 2. Es-dur ... 2 — 2 20
No. 8. C-moll ... 3 — 5 -
No. 4. C-dur ... 2 6 4 5
Nicolai, Otto. Ouvertüre zur Oper: „Die lästi-
gen Weiber von Windsor" 8 — 3 —
Dieselbe f. kleines Orchester, v. G. v, Ruf 2 20
Radecke. R. Op. 34. Festmarsch 2 —
Rnbinsleln, Ant. Ouvertüre zur Oper: „Dimitri
Donskoi" . 1 15 3 20
„Iwan IV.“, musikalisches Characlerhild . 2 15
Taubert, W. Op. 36. Ouvertüre zum „Blau-
bart" (D) 1 — 2 —
Op. 80 Symphonie (H-moll) 8 —
— — Op. 188. „Macbeth", Ouvertüre .... 87*
— — Op. 146. Geburtstflgsmarseh 15 8 5
Op. 166. Sieges- und Festmarsch ... 2 15
Ulrich, II. Symphonie (H-moll) 4 - 5 io
Vieuxtcuips. B. Op. 22. „RAverie" fflrÖrchester 1 22*
Voigt, F. W. Fantasie über d. Volkslied: „In
einem kühlen Grunde" 1 20
Wüersf, H. Op. 44. „Ein MAhrchen". Fantasie-
rt««* 2 — 3 22|
— — Op. 50. Variationen über eiu OriginaHhecna 1 25 2 —
Verlag von Ed. Bote A 6. Bock <E. Beek), König!. Hofmuaikhandlung in Berliu. Französische Str. 33*. und U. d. Linden No. 27.
0. K. ö*hmidl in Bnrlin, Unltr den Undnn No. *l>
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Will. Jahrgang M 31.
Vom dieser Zeitu** era*h«int wOehtallieh
•ina KoaiaMr.
4. August 1869.
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■•halt.
Retention. — Barlin, Sevoe. — CorreapoadtniMi an» Paria, Weimar anal Wien. — Keatllrinn- Dia Traaaqriplion »ob W. Larkowka tfortaetiongV ■
Journal- Revne. — Xarhrirhdea — laarrate.
Hefe
/
■*** Rheinberger, Jos. Op. 10. Wallenstein. Symphonisches
Tongerns! de für Orchester. Hart. Leipzig, E. W. Fritzsch.
Rheinbergers Wallenstein ist bereits an einigen Orten
Aufgeführt und beifällig nufgenoinmen worden. Der gewis-
senhafte Kritiker kano sich, Schwächen nnd Vorzfige des
Werkes ehrlich abwägend, diesem beifälligen Urthcil des
Publikums im Ganzen wohl Anschlüssen. Den practiscti-
durcbgebildelen Musiker erkennt man bei dem ersten Blick
in die Partitur, — die Conception ist mit grosser Sicher-
heil entworfen, die Ausarbeitung mit verständiger Sorgfalt
und gründlicher Renntniss des inoderneu Orchestersatzes
unternommen worden. Man merkt dem Componisten an.
dass er nichts so sehr fürchtet, als ein Verrechnen io der
tarobination von OrchesterefTeclen, er wagt nichts zu comb*-
niren, was nicht vor seinem innereu musikalischen Ohr
deutlich erklingt, ehe es niedergeschriebeo wird und diese
Gewissenhaftigkeit verleiht dem Werk eine wohlthuende
Glätte und Klangschönheit. — Ebenso routinirt wie in der
Instrumentation, ist Rheinberger auch in der Bildung der
symphonischen Satzformeln. Wir sagen hier ausdrücklich
Formeln und nicht Formen. Eine Form entsteht nur
einmal durch den geistigen Inhalt, der sie hervorgebracht;
wer sie dann äusserlich nachbildet, d. h. zur Darstellung
seiner Idee nun wieder die in ihr gegebene Proportion und
Gegenüberstellung der Themen nachalimt, bildet nur eine
Formel und bekennt damit, dass er die entsprechende Form
für seine Idee nicht zu finden vermochte. Componisten nun,
welche nicht müde werden, eine viersätzige Symphonie nach
der andern zu componiren, verfolgen notorisch einen ganz
andern Kunstzweck, als unsere Classiker. die sich ihre Form
selbst nach dein zu gebenden Inhalt schufen, während es
.lenen blos darum zu thun ist, musikalische Sätze zu con-
struiren, nach der aus der Form unserer Classiker glück-
lich abstrahirten Formel.
Rheinberger gerät!» in einen Coollikt, denn er will nicht
nur hübsch musiciren, nein, er gehört zu denen, die eine
tiefere Einsicht von Zweck und Wesen der Kunst haben,
d h I o n.
die es drängt, etwas „zu sagen“. — Einen Wallenstein un-
ternimmt er, uns in Gestalt eines symphonischen Tongeinäl-
d** zu dichten. Sehen wir ganz davon ab, ob dieser Stoff
glücklich gewählt ist oder nicht, genug: er fesselte den
Componisten, er begeisterte ihn zu einer umfangreichen
mühevollen Arbeit; an diese Arbeit tritt Rheinberger heran,
ausgerüstet mit den umfangreichsten Kenntnissen der musi-
kalischen Satzkunst, mit einer Gabe der Erlindung, welche
zum grössten Tbeil glücklich genannt werden muss, und hat
nun nicht den künstlerisch ehrlichen Mulh, seiner eignen
Idee auch die eigne Form geben, sondern greift nach der
immer wieder herhallenmüs-enden viersä tagen Symphonie-
formel. die er mit theilweis minutiöser Genauigkeit dem hun-
dertfach existirenderi Vorbilde nachahmt. Heisst das nicht
neuen Wein in alte Schläuche füllen?
Da ist nun die Idee folgendermassen in die viersätzige
Formel gezwängt: I. Satz: Vorspiel. II. Satz: Thekla.
III. Satz: Wallenstein's Lager. IV. Satz: Wallensteins Tod.
Es leuchtet schon aus diesen Ueberschriflen ein, dass sich
die Wallensteinidee nur „mit Ach und Krach“ (wie man in
Süddeutschland SAgt) der Viersätiigkeit fügte. — Der erste
Satz, in der classischcn Symphonie die eigentliche Haupt-
sache, und auch hier dem Umfange noch der Grösste, soll
nur ein Vorspiel sein. Darauf, um loyaler Weise ein Adagio
folgen zu lassen, kommt plötzlich Thekla, eine der Hauptidee
doch sehr fernstehende Figur. Nun muss es ein Scherzo
geben und dafür wird Wallenstein's Lager, mit der Qipuzi-
nerpredigt als Trio, eingeschoben. Dieser Theil ist also
augenscheinlich Schiller uachgedichtet. aber dabei nicht be-
achtet worden, dass Schiller aus aeethetisch sehr triftigen
Gründen im Vorspiel die characteristischen Sceneu des
Lagers giebt um ein Verständnis» der damaligen Sitten und
Gefühlswelt zu bewirken, während wir hier im Vorspiel
schon an die Hauptidee herangetreten sind, um, nachdem
wir eben an ihr ernstes Interesse zu nehmen angefangen,
erst wieder vor ein ander Bild: Thekla, nun im Scherzo
aber ganz abseits geführt zu werden, in Scenen. deren Schil-
31
*250
dming gar keinen aesthelisch zu rechtfertigenden Grund mehr
haben kenn, sobald die Hauptidee einmal berührt war. Nun,
nachdem Alles, was das Vorspiel an tieferer Empfindung in
uns ourcgte, ganz und gar verwischt ist und wir durch das
reizende Scherzo unbändig heiter geworden, kommt das Fi-
nale: Wallenstein's Tod! — Wir haben oft gelesen, dass
bei diesen» oder jenem Werk „die strenge Handhabung der
Form »?l den verschiedenen Sätzen ein einigendes geistiges
Band leihe *. Wir konnten das nie so recht verstehen; hier
verstehen wir aber ganz deutlich, dass der Componist des
Wallenstein der Formel zu Liehe die Einheit der Stim-
mung geradezu in Fetzen zerrcissen liess.
Damit glauben wir genügend motivirt zu haben, wes-
halb die Form dieses „symphonischen Tougoinäldes“ im
Grossen und Ganzen verstanden, total verfehlt ist. — Der spe-
ci lisch musikalische Th eil, zu dem wir uns nun wenden,
wird uns Gelegenheit gehen, die überwiegenden Vorzüge der
Komposition zu berühren.
Der erste Satz: Vorspiel, zeigt uns den Komponisten
als wohlgeschulten Musiker, der sich innerhalb der Grenzen
einer gegebenen Formel mit grösster Leichtigkeit und Un-
gezwungenheit bewegt. In gleicher Tact- und Tonart baut
sich das Allegro con fuoco, D-moll $ -Tact, in stetiger
Weise auf und wird am Schluss© durch ein choralartiges
Maestoso gekrönt. Der Anfang gleich ist von ausgepägter
Charakteristik. Das in den Bläsern eisern festgewurzelte
D , welches den» im Quartett dagegen amlrüngeiiden b, h %
c und ci« festen Stand hält, wäre nicht schwer zu inter-
pretiren, doch werden wir hier, als zwecklos, alle Interpreta-
tionen vermeiden und nur vom specifisch musikalischen Stand-
punkte aus raisonniren. — Das erste Motiv, welches im
weitem Verlauf sich als sehr geeignet zu interessanten
mehrstimmigen Verschränkungen erweist, tritt nach den er-
sten 12 Tncten mit vollem Orchester auf, wird in breiten,
concis geschlossenen Perioden durch die uächstverwondten
Tonarten geführt, um dann über den Sextaccord B-dur nach
A-moll zu gelangen, in dem lins nun das erste Nebcnthema
entgegcntrilt (sieh© Part. Seite 9 letzter Tact). Durchaus
nicht neu und originell, scheint uns doch ein gewisses my-
steriöses Coloril hier glücklich getroffen zu sein. Nachdem
dieses viertaclige Thema wiederholt ist, führt uns ein zweiter
Theil des Themas wieder zu diesem selber zurück und nun
leiten gaugartigo Perioden, die motivisch ans den beiden
bis jetzt nufgetretenen Themen gebildet sind, zu den» zweiten
Nebenthema in F-dur. (Siehe Part Seite 23 vom drittletz-
ten Tact an.) An dies schliosst sich ein gut gesteigerter
Abschluss des ersten Sntztheiles in F-dur und geht durch
Trugschluss nach C-dur, um von hier aus nun die Durchfüh-
rungsparthie zu beginnen, die in jeder Hinsicht ganz vor-
trefflich genannt werden kann. Trotzdem wir auch hier
nirgend auf originelle und ursprüngliche Erfindung stossen,
sondern uns immer mir innerhalb der Grenzen des durch
viele Preccdenzfälle Sanctionirten und „Geblichen“ bewegen,
fesselt uns doch hier der wärmer werdende Schwung und
die lehensfrische Gewandtheit der Mache. Ein neues Motiv
Iritt hier auch noch hinzu (siehe Seite 35 vom 4ten Tact
an), dem der Komponist eine besondere Bedeutung beizu-
legen scheint, da er es am Schluss des Vorspiels und auch
im zwoiten Satz (TheklA) wiederbringt Anfangs zart, bloss
von einer Soloclarinette vorgetragen, wird es bis zu vollster
Kraft gesteigert, bis es dem zweiten Nebenthemn das Feld
räumt. Dies wird im Streichquartelt unter hübschen Nach-
ahmungen durchgeführt, auch einmal mit dem Hauptthema
combinirt (Seite 4'J|. Nachdem auch das erste Nebenthema
sich gezeigt, wird die Durch führungsparthie zu Ende ge-
führt. Im Hafen der Dominante von D glücklich angelangt,
ertönt vom ganzen Quartett unisono das Hauptmotiv (Seite
56). Nach einer Pause antworten die Holzbläser mit zwei
Tactcn von ausgesprochener Banalität. Es ist dies eine
nichtssagende Phrase, die spurlos am Kritiker vorübergehn
könnte, wie dies ohne Zweifel am Hörer geschieht, wenn
nicht augenscheinlich die Absicht darlege, dass damit etwas
gesagt werden solle, — denn eine motivische Ableitung ist
der Phrase nicht zu geben, formell ist die Durchrührungs-
parthie auch abgeschlossen, — nun ober bricht plötzlich
nach einem flitssondeh Satz© das ganz© Orchester ab, eine
noch durch eine Fermate verlängerte Generalpolice lässt
etwas Entscheidendes erwarten — und da erscheint diese
übertrieben nichtssagende Phrase. Und diese Manipulation
noch einmal wiederholt. — — Hier wäre nun der Componist
inhaltlich eigentlich am Ende seines Vorspiels angelangt und
könnte, wäre es ihm nur darum zu thun gewesen, seine
dichterische Idee zur Anschauung zu bringen, füglich gleich
zum Maestoso übergehn, welches den ganzen Satz abschliesst.
Darum ist es ihn» aber eben nicht allein zu thun, sondern
die Formel soll auch beobachtet werden „wie sie im Buche
steht*, daher nun Wiederholung des ganzen ersten Salz-
Iheiles, natürlich mit Versetzung der beideu Nebenthemen
in die Haupttonart. Nachdem so der dritte Satztheil auch
ausgeführt ist, sclilicsst der Componist noch nicht ab, son-
dern lässt das Orchester mit einem grellen verminderten
Septimenaccord ahreissen und leitet nach einer Geueralpause
in einem von mehreren Fermaten unterbrochenen, 28 Tacte
langen poco a poco ritenuto zum letzten Maestoso über.
Wir können hier nicht unterlassen, den Komponisten darauf
aufmerksam zu machen, dass Gewöhnlichkeiten wie die
letzten 8 Tacte dieser U eherlei lung (Seite 85) jetzt nach
gerade bei allen Leuten von Geschmack zu den entschieden
verbotenen Dingen gehören Statt dieser unangenehm oft
dagewesenen 8 Tacte kann ein Componist von Bheinberger's
Fähigkeit auch in unglücklichen Momenten, wo die Erfindung
unbarmherzig ansblcibt, auf rein reflectivem Wege etwas
Anständigeres linden. Wagner leitete das Allegro seiner
Hienzi-Ouverture mit derselben Stelle ein, das sind aber nun
einige dreissig Jahre her, seitdem musste dieselbe Stelle in
unzähligen Werken aller Art herhalten, — aber sio nun im
Jahre 1868 noch einmal bringen, das hätte Herr Rheinber-
ger füglich unterlassen können.
Das nun glänzend auftretende Maestoso in Dur bringt
in den Bläsern jenes chorolartig© Motiv, welchem wir zuerst
in der Durchführungsparthie begegneten; dazu ist den»
Streichquartett eine Figurirung in Achteltriolen gegeben,
welche wohl hätte interessanter contrapunctirt werden kön-
nen. während sie so ganz wie eine Kreutze Esche Violin-Etude
erscheint. — Ein in den Mittelstimmen liegender Orgelpunkt
auf D. der eine geistige Verwandtschaft mit dem ostinaten
D des Anfanges zu haben scheint, schliesst den ersten Salz
feierlich ab.
Die verehrt Bedaclion macht uns soeben darauf auf-
merksam, dass wir unserer Besprechung des Rheinberger’ -
schen Werkes eine für die Raumverhältnisse dieser Blätter
viel zu grosse Ausdehnung gegeben. Wir müssen daher
darauf verzichten, die drei übrigen Sälzc der Symphonie
ebenfalls analytisch zu behandeln und können nur noch
einige gedrängte Bemerkungen hier folgen lassen.
Der zweite Satz: „Thekla“ ist vielleicht der schwächste
in Bezug auf Erfindung, aber musikalisch hübsch gearbeitet
hinterlässt er doch einen gewissen poetisch gehobenen Ein-
druck. Ganz ausnehmend hat uns der dritte Satz: Wallen-
stein’s Lager, mit der Cnpuzinerpretligt als Trio, gefallen.
Hier scheint uns die Gestaltungsgabe des Komponisten ganz
auf der Höhe der Aufgabe zu stehen: die Farben, die er
zu seinem musikalischer» Bilde wählt, sind hier durchweg
mit ganz entschiedener Bogabung getroffen und mit Virtuo-
sität verwendet; in der Capuzinerpredigt wirkt der Humor
des Autors unwiderstehlich.
Der letzte Satz lasst es uns sehr bedauern, dass wir
durch Raumbeschränkung verhindert sind, eine genauer ein-
gehende Kritik zu geben. Bezüglich des Formellen scheint
er uns deu Preis vor deo übrigen zu verdienen. — Trotz-
dem der Autor sich in dieser sehr compüeirten Concoption
ziemlich stark von der Formel emancipirt, verfallt er doch
nie in das Formlose und Verschwommene, sondern zeigt viel-
mehr entschieden ausgebildelen Forrasinn, — und dieser
Formsinn ist eben das* was ihn berechtigen würde, eigne
Form sich zu schoflen, wo er es nun doch schon unternimmt,
eignen Inhalt geben zu wollen. Wir kommen daher zuin
Schlüsse dieses Artikels nochmals zurück auf die Eingangs
desselben ausgeführten Bemerkungen über deu Unterschied
zwischen Form und Formel, und halten dafür, dass inan
nicht eindringlich genug auf den wichtigen Unterschied die-
ser beiden Begriffe binweiseu kann, iu einer Zeit, welche
uns täglich das Schauspiel von Principien-Zftnkereien giebt,
welche einzig und allein aus eben dieser consequent beibe-
liultenen Begriffs Verwechselung hervorgehen.
Das Rheinbcrger'sche Werk sei schliesslich noch allen
(kmeertinsti tuten, die nicht an der jetzt allerwArts gross i-
renden Proben-Scheu leiden, als Ausserst dankbar und nicht
zu schwer bestens empfohlen, den» Componisten selbst ge-
genüber aber der Wunsch ausgesprochen, dass die musika-
lische Welt bald wieder mit einer neuen Arbeit von ihui
beschenkt werden möge. A. Bitter.
liprlin.
U e c u e.
Die verflossene Woche bot dem Referenten nach keiner
Seite hin einen Anknüpfungspunkt für einen kritischen Artikel.
Im Friedrich - WilhelmslAdtischeu Theater wurde allabendlich
Öffenbach’s „Tulipatau“ in Verbindung mit anderen Lustspie-
len und Operetten (unter den letzteren befanden sich auch Of-
fenbncb's „Regimentsiauberer“ und ,, Urlaub nach Zapfenstreich“!
gegeben Die „Insel Tulipatan“ in der trefflichen Darstellung
der Damen Clara Ungar, Koch, Neu mann, wie der Herren
Neumnnn und Schulz gehört zu den gelungensten Stücken
des Genres; die Operette muss jelzt — • gewiss zum Bedauern
der Dircction wie des Publikums — einige Zeit vom Repertuir
verschwinden, da der Urlaub des Naumann* scheu Ehepaar»
die Aufführung unmöglich macht; jedenfalls aber hnt sie später
noch eine lange Reibe von Wiederholungen zu gewärtigen.
Die Oper im KroH'achen Locale, bei dem schönen Wetter
ausserordentlich besucht, gab: „Don Juan“, „Rignlullo“ (2 Mal),
„Strndella“, „Troubadour“. d. R.
Correspondeiizen.
Paris, den 31. Juli 1869.
In der Opera, deren an sieb sehr beschränktes Repertuir fort-
während von Meyerbeer beherrscht wird, debulirte als Raoul iu
den „Hugenotten“ Herr Heia brauche aus der Duprez'achen
Gesangschule. Seiner tbeilweise beifällig flufgenommenen Lei-
stung fehlt noch die künstlerische Selbstständigkeit und Abrun-
dung, und lässt die in der Höhe kräftige Stimme nach dein tie-
feren Register hin die Egalität vermissen. Trotzdem bleibt dies
bei der teuorarmen Zeit eines der beachtenswertheren Debüts
und dürfte der Künstler, welcher die Hilfsmittel einer guten
Schule ziemlich in seiner Gewalt hat, für Proviuzbühncn eine
schälzenswerthe .Requisition sein. Fräulein Sass, die stimmlich
so hervorragende Valentine, scheint sich bereits für ihre Italieni-
sche Carriire durch öfteres Tremoliren vnrbereiten zu wollen.
Ihre Stimme hat dramatische Verve genug, um solcher unmu-
sikalischer Hilfsmittel entbehren zu köuneu. Frau Carval ho
sang die Margarethe mit der an ihr bekannten Kunstvollendung,
ihrem Organe wäre jedoch in der Höbe mehr jugendliche Frische
251
zu wünschen. Der Marcel des Herrn Belval gab viel Stimme,
aber wenig künstlerische Auffassung zum Besten. — Als das
Beste und Vollendetste in der Opira im Allgemeinen sowohl
wie auch speciell in dieser Ilugenotten-Darslelluug müssen wir
das — Ballet bezeichnen. Die Gruppirungen und Solotänze waren
wirklich mustergültig, dagegen mangelte es dem Chor und son-
stigen Ensembles An Feuer und Frische und zuweilen auch an
der nöthigen Reinheit Möglich, dass die tropische Hitze diesmal
lähmend und erschlaffend einwirkle, — doch ist dies nicht der
erste Fall, wo sich Stimmen mit Grund gegen das allzu hand-
werkmflssige und mechanische Kunstgebahren erhoben. Wenn
es der ersten Bühne Europas, wo Meyerbcer's Opern creirt wur-
den, an Inspiration mangelt, wo sollte dieselbe denn noch zu
Anden sein? Seltsam, wenn iu dieser wesentlichen Kunstbedin-
gung die Wiener und Berliner Oper bereits der Pariser den Rang
streitig machen würden, — und dennooh scheint dieses Verhält-
nis in der That eingetreten zu sein. — Indesseu bemüht man
sieb, deui neuen Opers-Gebäude die brillanteste äussere Ausstat-
tung zu verleihen — Zeuguiss dessen die eben an der Fa$adr
enthüllten acht Meter holten Ilronce-Figuren, darstellend die Muse
der Musik und zu ihren Füssen zwei weibliche Heuumme - Ge-
stalten mit deu Trompeten. Wir wünschen, dass diese Symbole
nicht blos an der Ausscnseile verbleiben und bald wieder ihre
innere Begründung linden mögen. — Ein populaires Opcru-Un-
ternehmen unter der Leitung des Herrn Laglaise mit 50 Cen-
times bis 1 Francs Entree, und mit allen erdenklichen grossen
Opera und mit grossen und kleinen KQusÜern, ist die Losung des
Tages. Kur bleibt noch die Frage zu lösen, wie den Saal con-
»truircu, um das Unternehmen möglich und lucrativ zu machen.
Noch ein grösseres Operntheater zu bauen, als das neue, geht aus
materiellen und Akustischen Rücksichten nicht; ein Circus thut es
ebenfalls nicht. Wir rstben dem speculativon Unternehmer das freie
Trocodero an — wo bis jetzt an den Napoleonsfeslen militAirische
Schauspiele aufgeführt wurden — da ist er wenigstens sicher,
am nAcbsteu 15. August, dem grossen hundertjährigen Geburls-
feste Napoleon'», ein grosses und populäres Auditorium zu ünden.
Vielleicht gelangt er dann auch zur IJeberzeuguug, dass sich so
kostspielige Luxusgegenstände wie eine grosse Oper, nicht popu-
larisiren lassen. — B agier bat für die nächste Saison im Th6Atre
Italien Fräulein Mathilde Sessi, eine Enkelin jener berühmten
Marianne Sessi, für welche Mozart die Hauptrolle in seiner „Cie-
menza di Tito“ schrieb, engaglrt. — Im Athene« wird ausser
einer neuen Oper Ricci's auch die in Italien bereits bekannte
Oper Pedrotti's: „Les Masques" zur Aufführung gelangen. — im
Thöätre lyrique wird Felicien David s „La perle du Brasil“ zur
Wiederaufführung kommen. — Die Preisvertbeilung am Conser-
valoire findet am 5. August statt. — Der Clavier-Concurs lieferte
verhältnissmässig die gOusligsten Resultate; ein grosser Theil der
ersten Preise wurde den Eleven des Professor Mathias zuerkanol,
unter welchem ausgezeichneten Meister, einem der hervorragend-
sten Eleven Chopin 's, das Allegro de concert in A-dur von Cho-
pin von Seiten der Concurrenton eine feinpoetisebe und tech-
nisch höchst ausgebildete Interpretation fand. A. v. Cz.
Weimar, Ende Juli 18G9.
Das weitab bedeutendste Ereignis» unserer kleinen musika-
lischen Welt, ja, wenn wir wollen und zwar ohne jegliche Ruhm-
redigkeit, für ganz Thüringen, war die nm 20. und 21. Juni in
Weimar und Jena stattgefundene erstmalige Aufführung von Sei».
Bachs grosser Matlhöuspossion, deren Darstellung unser« Wis-
sen bisher im schönen Thüringen, bekanntlich der Heimnth
des unsterblichen Ohereantors aller Canturen und Organisten,
leider noch nicht ermöglicht worden war. Während Jena unter
31 *
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dem trefflichen Dr. Gille und Dr. Naumann die erste Auffüh-
rung der Johannespassion bewirkte, so blieb es auch genannten
hoehstrebende n Herren im Verein mH dem vortrefflichen Künstler
Prof. Müller-Hartung In Weimar, Vorbehalten daa hohe Riesen-
werk bei uns einzubürgern. Was das für unsere engbegrenzten,
kleinstaatliehen und kleinstädtischen VerhAllnisse bedeuten will,
brauchen wir wohl kaum zu erörtern. Wäre Franz Liszt noch
Iflnger fDr Weimar in seiner ausserordentlich fördersamen Weise
tbätig gewesen, so hatte er sicherlich die Executlrung des gröss-
ten, protestantischen Kirchenwerkea in die Hand genommen, um
so mehr als dieser seHeue Künstler mit den in Jena an der Spitze
der musikalischen Intelligenz stehenden genannten Herren im
freundschaftlichsten Verkehr sland und zum Olleren in eigener
Person in dem kleinen, aber doch hochberilhmten „Saal Athen“
den Taclstock schwang. Ausserdem batte der genannte Meister
bereits einen ganz erklecklichen Anfang mit der elasaischen Ora-
torienliteratur gemacht, indem er z. B. Handels „Messias“ , des-
sen „Samson“ und „Judas MakkabAus“, sowie einige der gross-
artigsten Badi schen Motetten („Ein' feste Burg“), unter Beihilfe
des leider zu früh heimgegangenen Musikdirector Montag, vor
führte. Leider wurde die immense TbAtigkeit eines der selten-
sten KunstphAnomene durch den höchst bedauerlichen HOektritt
von der Leitung unser musikalischen Bestrebungen, wahrschein-
lich für immer*) unterbrochen. — Durch die Gewinnung des
hochbegabten, unermüdlich IhAtigcu Prof. Müller-Hartung
wurde jedoch eine im Liazt'schera Geiste strebende Krall gewon-
nen, zu der sich Weimar in jeder Beziehung gratuliren darf.
Leider bewAhrt sich aber auch hier das Göthe'sche Wort: Sollen
Dich Dohlen nicht umschrein — darfst nicht Knopf auf dem Kirch-
thiirm sein", denn, wie ea uns scheint, sucht man von verschie-
dener Seite her, diesen vorzüglichen Künstler möglichst lahm zu
legen und durch wirklich kleinliche Hemmungen zu beschranken.
Glücklicherweise gehört Müller-Hartung nicht zu den kleinen
Geistern, die sich durch dergleichen unkünstlerischc Bestrebungen
irre machen lassen. Er denkt wahrscheinlich gleich dem grossen
Goethe: „Es bellt der Spitz in unserm Stall und will uds stets
begleiten, doch seiner lauten Stimme Schall beweist nur — dass
wir reiten ff* Und so wünschen wir ihm zu der kübnlich voll-
brachten Thal bezüglich der mannhaften Inangrlffhabmc der
Rach'schen hohen Schöpfung von ganzem Herzen Glück und
sagen Ihm für die gehabten ausserordentlichen Anstrengungen
im Verein mit seinen treuen Jenenser Bundesgenossen den wärm-
sten Dank. Nachdem die W'eimarer und Jeneuser Singakademie,
samml dem Weimarer Kirchenchor (ungefähr durch 250 Stimmen ver-
treten) Bach'# unsterbliche Chöre inne hatten, wurde zur Construi-
rung des Doppelorchesters geschritten. Durch Benutzung der
Grossherzog. Hofkapelle, des Militair- und Stadtorchesters, sowie
vieler anwesenden Dilettanten wurde cs möglich, ein Orchester
von 32 Violinen, 12 Violen, 8 Violoncellen und 8 ContrabAssen
zu coostruiren, das zwar im Ganzcu Einiges zu wünschen übrig
liess, aber doch grossentheils sehr Braves leistete, unterstützt
durch die mAchtig wirkende Weimarer Stadtorgel (Dr. Naumann)
mit ihren grandiosen GrundbAsacn, während die Jenaer Colegien-
orgel sich bei dieser Gelegenheit schier unzureichend erwies.
Die Chöre gingen macht- und prachtvoll, namentlich imponirte
die Weimarer Aufführung durch grossartige Masseneffektc, wel-
che« hei der Jenaer Aufführung, die indes# hinsichtlich der Soli
') Der erwähnte Meister bat zwar ein dauerndes Verwciieu
in dem ihn in vieler Hinsicht liebgewordeuen Weimar nicht für
immer in Abrede gestellt — die im folgenden Jahre hier stattfin-
dend© grossartige Beethovenfeier, dürfte in dieser Beziehung eini-
gen Einfluss auf die desfallsigen Entschließungen Liszt'» ausüben
— aber wir Türchten denn doch, dass er me wieder ganz Her
unsere werden wird.
die vorzüglichere war*), okht der Faf) war, zumal auch di« hier
massgebenden räumlichen VerfiäFtnisae dem Totaleindrucke hin-
derlich waren. Die Soli waren hn Ganzen gut, Im Einzelnen
sogar ausgezeichnet vertreten; in erster Linie verdient ln dieser
Beziehung genannt zu werden: Herr Wolters aus Braunschweig,
welcher die schwierige Parthie des Evangelisten zweimal meister-
haft und was besonders zu rühmen ist, da der Ertrag beider in
Rede stehenden Aufführungen zum Besten de» für Eisenach pro-
jektirteu Bachdenkmals bestimmt war, unentgeltlich — auaführte.
Die erste Darstellung des Jesus durch unsern trefflichen v. Milde
wollte uns niebt in allen Stücken genügen, wogegen die zweite
Aufführung in dieser Beziehung weit Günstigeres bot, was auch von
der Altparlhie (ausgefdhrt durch FrAulein Clara Schmidt aus
Leipzig) gesagt werden muss, da die genannte Dame in Weimar
mit sichtlicher Indisposition zu kAnipfen hatte, so dass die be-
rühmte Arie mit obligater Violine wenigstens das erste Mal in
Wegfall kam. Uneingeschränktes Lob verdient Frau v. Milde
durch ihre wahrhaft vollendete Wiedergabe der Sopranpar'
thie. Ihre vorzügliche Leistung wurde um so daokenswerther
aufgeuommen, als die hocbgeschAtxte Künstlerin durch ihre
von Seiten der früheren OpernieHung erfolgten Pensioni-
rung von dem öffentlichen Auftreten ausgeschlossen war
Auch die Nebenparibien des Petrus, Pilatus und Judas waren
zum Theil recht gut vertreten, am wenigsten genügte indess der
ReprAsentant des Petrus, welcher mit seinen Recitativen nicht
sonderlich umzugehen wusste. Schliesslich müssen wir bemer-
ken, dass die Tbeilnahme des Publikums bei dieser Gelegenheit
sieb als eine für unsere Verhältnisse grossartige zeigte, da die gcriu-
mige Weimarer Stadtkircbe beinahe überfüllt war. — Leber ein
Concort der KircbensAngerio (?) Frau Dötsch und ihres Herrn
Gemahls gestatte man uns zu schweigen. — Um so lieber ver-
weilen wir bei dem letzten Kirchenconcert, welches einige (10)
durchreisende Mitglieder Ihres berühmten Domchors, am 19. Juli
hier gaben. Von Gera, Zeitz, Naumburg etc. kommend, all wo
die viel willkommenen GAste höchlich gefeiert worden waren,
trugen die vortrefflichen SAnger unter Leitung des Herrn F.
Schulz, geistliche MAnncrchöre von Palestrina, Vittoria, Gallus,
PrAtorius, Mastioletti, Neithardt und Rimgenhageu in der oft
schon bewunderten Meisterschaft vor. Auch die Solisten
Geyer, Schmock und Siebert erfreueteu uns durch die gelun-
gene Ausführung mehrerer EiuzelgesAnge von Mendelssohn, HAn-
dcl und Haydn. Des Letzteren Menageriearie aus der „Schöpfung“
(Nun scheint im vollen Glanze, mit dem dazu gehörigen Recitative)
macht sich indess mit Orgelbegleituug in den Händen des Organi-
sten Gottschalg (der ausserdem zwei SolosAtze: PrAludiumund
Fuge in C-moll und Choralbearbeitung von Dr. Töpfer vortrag**)
gar nicht sonderlich, obwohl Herr Siebert den gesanglichen Theil
mit grosser Meisterschaft executirte. Abends sahen die HAume
der Singakademie die Vielgepriesenen mit den Weimarer Musikern:.
Müller -Hartung, Zech, Sülze, Gottschalg, BrAunlich etc
im trauten Verein und auch hier bot sich uns die Gelegenheit, die edle
SAngcrschaar, bezüglich des Vortrag# weltlicher Lieder höchlich
zu bewundern. — Vor Schluss unseres Hoflbeaters hatten wir
noch die Freude, den Tenoristen Schild aus Dresden in der
,,Zauberf!öte*‘, „Lucretia Borgia" und in der „Weissen Dame“ zu
sehen und zu hören. Namentlich Ausgezeichnetes leistete der
anmuthige SAnger als Georg Brown. Glücklicherweise hat unsere
*j Eine unzureichende gefahrdrohende Befestigung des Jenaer
Emporiums für die Mitwirkenden veranlagte eine dreiviertelstün-
dige Pause, welche der Stimmung einigen Eintrag thun musste.
**) Dieser berühmte Altmeister des deutschen Orgelspiels er-
freute die lieben, verehrten Gäste, auf besondern Wunsch, mit
einer seiner wundervollen, genialen Improvisationen über den
Choral: ..Befiehl dn deine Wege“, -
253
intelligente Intendanz den für uns „raren * 4 Vogel wetdgstene zu
«wem fdn (monatlichen Gaetspiel — „eingefangen". Auch ein
anderer angehender Tenorist mit prftebtigen Stimmitteln soll für
unsere Hofoper gewonnen sero. Mit den „Melatcrakngern** ecbeinl
KerT v. Lo«n endlich Ernst machen zu wollen: die CbOre sind
trefflich studirt, so das« die beregte Oper zu Anfang nächster
Saison bei uns Aber die Bretter gehen dürfte. y.
Wiener Insikreminiscenxen.
VII.
Eode Juli 1869.
tklilm 4er H« f opern Miean- — H«tb«ck in Halb» S«r Hflle|)*fBeir*rtloB. — Dl*
jflngBleo Klaia: Frloltin Hafen, Herr Labatt. Fr*ul*ia Laulerbacb. — Preftta*»n
in» CBoaervataniaa und Harr BOacndarfer. — H*b* VrrlagiartikH t»b
G ullbarii. — Saulheim.
Mit der Vorstellung «m 14. d. M. schlossen sich die Pfor-
ten unseres Hofoperntheaters und die Mitglieder desselben er-
freuen »ich lusliger Perien in allen vier Winden bis Ende Au-
gust, holen sich Gold, Lorbtern und eine Menge — Krankhei-
ten, allworauf die Vorstellungen wieder beginnen mit einer
Liste Patienten unten am Theaterzettel. Mittlerweile vollziehen
sich viele PIAne und Theaterreparaturen. Engagements werden
mysteriös betrieben und gewisse Zeitungen erzAhlen ihren Le-
sern heute Coulissenmlrchen in’s Ohr, die morgen widerrufen
werden. Eine erfreuliche Thatsache ergab sich jedoch bereits
in diesem Monsl zu Gunsten unserer Hofoper, ich meine die
Bern« hung des Hofkapellmeialers Johann Herbeck in den
musikalischen Rath der Oper. Sie werden fragen, wie dieser
Herr aus der Hofkapelle zum Theater kam? Herbeck bekleidet
dermal den ersten musikalischen Ehrenposten im Lande in
»einer Eigenschaft als erster Kapellmeister in der Kapelle des
Hofes. FOrst Hohenlohe nun, in seiner Eigenschaft als ober-
ster Chef der Holthealer, ein in musikalischen Dingen bewan-
derter und selbst an der Quelle nippender Herr (er cornponirt
anch|, erkannte mit feinem richtigen Blicke die künstlerische
Bedeutung flerbrck’s auch fOr theatralische Zwecke und seiner
Motion ist es zu danken, dass der Hofkapellrocister Herbeek
herheigerufen wurde und nunmehr auch eine entscheidende
Stimme, vielleicht die entscheidendste, in unserer Oper führen
wird. Dass weder Hrn. v. Dingelstedt, noch seinem Kapellmei-
stortrio Esser, Proch und Des9of nach einem Betreib gelüstete,
oder, dass sie sogar nach einem solchen begehrten, wird man
uns gern glauben; Herberk ist endlich auch keine Puppe. Er
mied klug die Annahme eines Titels; der Kaiser genehmigte
einfach mit Allerh. Entschliessung vom 8. Juli, dass Herbeck zur
Theüoahme an der Leitung der musikalischen Angelegenheiten
des Hofoperntheaters berufen werde; wir sehen dshcr freudig
der neuen Aera entgegen, denn unser Mann versteht sein Fach,
ist sla Dirigent der grössten Massen ein Musterbild und Wien
verdankt ihm sowohl im Chorgesang, wie in orchestraler Aus-
bildung einen Glanz, wie es solchen noch nie früher besessen.
Wir wönscheo dreierlei; Harbeck’* Hand möge in der Wahl
der Novitilen eins glückliche sein; zunlchst bringt er die Weg-
oer'achen „Meistersinger von Nürnberg“. Dass aber aueh
endlich, endlich für die Pflege der komischen Oper etwa» ge-
schehe; man schmachtet nach den heitern Musengaben! Möge
Herr Herbeck ferner auch glücklich sein in der Zulassung der
Gastspiele, die jüngst mannigfach traurige Gestalten uns vor-
geführt und möge er endlich glücklich sein in den Engage-
ment* neuer Krftfte, welche nicht selten snuveratne Willkühr
dictirte. Jüasa Herbeck im Grossen und Ganzen weidlich auf-
ackern muss, dass Subordination und Kunstzucht an die Reihe
treten müssen — einige Individuen gaben hier wohl arges Bei-
spiel — versteht sich von selbst. Getragen von allgemeinem
Vertrauen, em Liebling Wiens, so geht Herbeck an’a Werk.
Die Summe seiner verschiedenen Functionen ist allerdings sehr
gross; mögu **e »emo Kröfle nicht übersteigen!
lieber die Gftate, welche die ersten 14 Tags des Juli bei
une erschienen, bemerke ich Ihnen, dass Frftulein Leonor« Hahn
aus Hamburg Ideren erste» Auftreten als Margarethe meine
letzte Epistel freundtichst bespracht weiter als Selien und Ma-
thilde |im „Teil“) aang; in der Selica mil weniger Glück, eis
Mathilde zunlchst schon dnreli ihre blendende, schöne Erschei-
nung das Publikum gewinnend. Nicht Alles schickt eich für
Alfa und so dürften lyrische Pnrthiecn sich mehr für den Gast
eignen. Eine rmprnvisirle Erscheinung für uns war Hr. Labatt,
vom Hoflhealer in Dresden, der eine» schönen Morgens als Vasco
de Game auf dem Theaterzettel ligurirte. Dia Sache kam so. Die
„Afrikanerin“ musste versprochener Mansaen wegen Frl. Hahn
an die Reihe. Adams wollte gAnz einfach nicht smgen (seine
Entfernung au» dem- Verbände dürfte die Folge sein), Müller'»
Vater war plötzlich verstorben und da war's wohl nicht thun-
lich, dass der Sohn statt zur Bahre auf die Bühne eilte; Wal-
ter war ausser Verpflichtung, gerade dieses Mal zu singen und
begehrte für ausserordentliche Leistungen wahrhaft verwegene
Betrüge .... Herr v. Dingelstedt war also in arger Klemme,
er hört, dass ein Dresdner Tenorist hier in Wien auf Durch-
reise herumspaziert, er greift nach ihm, fasst ihn, Mit ihn sicher
und Labatt muss nun „Ober Nacht“ singen. Wohl oder Übel
im Reiaeanzug. Labatt aingt in Dresden auch Wagncr’sche
Musik und hat einen anstfindigen Ruf für sich. Wir fanden,
dass seine Stimme ohne Farbe und Duft, dass seine Höhe nicht
leichtflüssig, dass er aber Routine besitzt, wenn auch ohne
vornehmen Schliff oder künstlerische Feinheit. Labatt, oiu
Schwede von Geburt, stellt zum lleberfluss im Conflict mH der
„deutschen Sprache“, fand aber eine im Ganzen wohlwollende
Aufnahme sowohl in der „Afrikaoerin“ wie auch als Ranul in
den „Hugenotten** obgleich in letzterer Oper einen allgemeinen
Erfolg zu erzielen ihm nur mit dem Duette des vierten Actes
gelang; ein Retter in der Not h hat immer leichteres Spiel!
Knapp zum Schluss der Saison erschien ein Frflulein
Lauterbach vom Prager Theater in der Rolle der Alice als
Gast. Mit recht artigen Mitteln, mit einer hübschen Schule —
fand das Frftulein die ihrer Leistung entsprechende Aufnahme.
Sie musste übrigens ein unabweisliches Verlangen getragen ha-
ben, in Wien eich hören zu lassen, sonst wöre dieses einmalige
Auftreten nicht wohl zu erklären. Den Schlussstein der Saison
bildete der Rossioi'sche „Teil“ mH Beck an der Spitze.
Beck war ein ganzer Teil, seine prfichlige Stimme übte die
alten Wunder und keine unrichtige Intonation (keine kleine
Schwäche dieser grossen Stimme) — trübte heute seinen Vor-
trag. An Beck ist aber auch nebenbei und vielleicht eben so
»ehr der treffliche Schauspieler zu loben. Dieser Künstler ver-
schmäht es aber auch nicht, hflußg das Burgthenter zu besu-
chen, die guten, allen Muster zu sludrren. Wie selten thun
dies seine Collegen!
Mit dem 28. Juli nahmen die Geaammt-Prüfungssclilusa-
productionen der Zöglinge des Conservatoriums lür das Schul-
jahr 1868 — 1869 ihr Ende im allen Hnuse unter den Tuchlau-
ben; sio dauerten drei Tage und führten den Anwesenden eine
Menge Materiel vor, das mit Befriedigung für das Institut und
seine Leiter aufgenommeo wurde. Die Abschaffung der bisher
öffentlich abgehalteneo Classenprüfungen und an deren Stelle
die Vorführung der Eliten - Schüler aller Fächer und dessen
muss als rationell und zweckmfissig bezeichnet werden. Mit
wahrer Freude werden übrigens Lehrer und Schüler im Publi-
kum vom alten Conservntoriumsgeböude Abschied nehmen; es
gle
254
war ein wahrer Zwinger für die Besucher, die Schult immer
äussersl unpraclische, kurt: ea wird ein wonniger Auszug »ein.
Das oeue Conaervatorium, dessen Eröffnung im October statt-
findet, wird dagegen ein prachtvolle* SeitenstQck io seiner Art
tu unterm neuen Opernhause werden. Die Musikiempel fioriren
bei uns allgemach. Die Theikiahme für das neue Conservaio-
rimti verbreitet sich von deu höchsten Kreisen aus durch alle
Schichten der Gesellschaft und zwar durch die Thal; unter den
Gründern zählen die grössten Namen des Landes. Aber auch
bescheidene Privaten liefern Beweise ihrer fördernden Th eil nähme,
wie solche kaum an anderer Stelle in lebhafterer Weise
tu treffen wäre. So hat neuealens der K. Kammer- und Hof-
clavierfnbrikanl Bösendorfer dem neuen Cooservatoriuiu den
Geaammlbedarf an Clnvieren, unentgeltlich und ohne irgend
welche Entschädigung zu decken, sich verpflichtet. Da in elf
Schulziinmern gelehrt werden wird, und einige derselben wogen
Gesatnmtspiels der Zöglinge mehrere Instrumente enthalten
müssen, so erreicht die Zahl dieser Claviere fünfzehn Stück,
woraus sich die kostbare Bedeutung der Bösendorfer'schen Gabo
von selbst herausstelll. Ab, er Herr Bösendorfer hat sieb dadurch
auch tum Selbstherrscher aller Conservatoire-Clavialur gemacht
und achnitt damit seinen Concurrenlen jede Gelegenheit ab,
wenn aurli nur bescheidenen Theils bei einer ähnlichen Dotation
für das Haus inilwirken zu können.
Ich kann heute nicht umhin, der thfiligen Musikverlags-
handlung des Herrn J. P. Gotthard zu gedenken, die sich seit
kurzer Zeit hier aufgelhan und so eben eine Reihe werlhvoller
Tonstücke publicirle. Gotthard selbst ist als ein feinfühlender,
geschmackvoller Componist bekannt und Alles, was er verlegt,
hat eine gewisse Bürgschaft der Solidität für sich. So oeustens
mehrere Hefte Lieder von Goldmark, improtnptu von Haller
(Op. 125), zwanzig reizende Ländler von Franz Schubert. Auch
der junge Hermann Riedel, dessen Lieder der Hofopernsänger
Walter so zärtlich vorträgt, unternahm hier seine ersten öffent-
lichen Ausflüge und endlich erwähnen wir nachdrücklichst der
zehn Stücke in Tnnzforrn von Gotthard (Op. 58|. Sie siod
Herrn Johannes Brahms zugeeignet.
Eben ist Sontheim aus Lemberg kommend, wo ihm die
Enthusiasten die Pferde aus- und sich selbst angespannt, hier
eingelangt. Ungeachtet seiner ausserordentlichen Erfolge, die
er vorigen Jahres in der Hofoper hier gefeiert, wollte sich an
der allen Stelle heuer keio Gastspiel gestalten; eben so kam
auch Herr Nieroann heuer nicht an die Reihe. Die Gründe
sind uns unbekannt , aber dass man Sontheim allgemein und
ohne Einschränkung hier gerne wieder gehört hätte, darf mit
gutem Grund behauptet werden. So ging denn Sontheim in*s
Carltheater zu Ascher hinüber und wird dort zehnmal singen, als
Lyonei, Nemormo und Postillon. Anschliessen soll sich in einer
gemischten Vorstellung der berühmte vierte Act der „Jüdin“,
in welcher Sontheim als Elcazer wirklich grossartig zu hören,
wie zu sehen ist. Man ist nicht wenig neugierig, diesen wuchtigen
Künstler in den genannten Rollen zu sehen. Zur Seite dem
Gaste sind Fräulein Hönisch aus Dresden, Fräulein Perl aus
Darmstadt, Herr kreci aus Prag und Herr v. Gülpen aus
Leipzig. So brächte uns denn der August eine Spieloper im
Carltheater und wir wollen ihr das beste Gedeihen wünschen!
Die Hitze ist bei uns heuer unerträglich, in den Theatern mit-
unter an die dreissig Grade! Hilf Comus! Carillon.
Feuilleton.
Oie Transcription.
Von W. I.arkowitg.
(FtiMimg.)
Unter diesen GeneralbegrilT der Fantasie gehört nun so
ziemlich alles, was unter den buntscheckigsten Titulaturen zu
uns gekommen ist uod fort und fort noch kommt. Schliesslich
sind sie zur gröesten Mehrzahl nichts anderes, als Zusammen-
stellungen rssp. Verarbeitungen von Musikphraseu, welche an-
deren Gebieten entnommen und für das Clavier übertragen sind:
die meisten dieser Gebilde sind daher nur Uebertraguogen
— Transcriptionen — - wenn sie aueb nicht geradezu die-
sen Titel führen.
Leider nun lehrt die Erfahrung, dass diese Stücke zur grünsten
Mehrzahl Transcriptionen io der schlimmsten, d. h. unschön-
sten Bedeutung des Wortes sind. Zunächst sind sie vollkom-
men inhaltlos und mit dieser Inhaltslosigkeit eine Sünde gegen
den Geschmack, eine Versündigung an dem gesunden Musiksiooe
des Menschen. Ihnen vornehmlich muss die Schuld an der
herrschenden Leichtfertigkeit unsrer heutigen Musiktreiberei auf-
ge bürdet werden, die Schuld an der grenzenlosen Oberflächlich-
keit, iu der mit grösster Hast nach Allem gegriffen, nicht nach
der Qualität, sondern nur nach der Quantität gefragt wird. Die
Formlosigkeit, welche der freien Improvisation immer mehr oder
weniger und zwar naturgemäße nnhnflen wird, ist zur Regel
erhoben, und angesichts der meisten dieser Transcriptionen
quasi Fantasien möchte man Ja und Amen dazu gebeu, wenn
die ganze Gattung ein Monstrum, eiu immer uod ewig unküoat-
Irrisch bleibendes Erzeugnis» genannt wird. Die meisten sind
eine Unform, die man nicht anrühren kann, ohne dem guten
Gesclmaacke einen empfindlichen Stuss zu geben, eine echte
Auiorpha sensitive. „Eigenthuin ist Diebstahl!“ steht auf der
Fahne ihrer Verfertiger geschrieben, und oach diesem ehreo-
werthen Grundsätze wird eben Alles annectirt, was ihnen vor
die Finger kommt; Harpyeu gleich stürzen sie sich über Alles,
beut wird Offenbach verarbeitet, morgen Beethoven, uod ihr
Publikum? — spielt eben Alles, aber nicht heut und morgen
sondern unmittelbar hinter einander „vom Blatte“ herunter.
Die sogenannte grosse Masse ist nicht wählerisch. Eine
blosse Transcription eines Beethovon’schen Liedes kommt ihr
vielleicht sogar etwas tu einfach vor, uod ganz entgegen dem
weisen Dichlerspruche: — „dass ein frommer Christ in Wein
niemalen Wasser giesst“, ist ihr der Beethoveo’sche Feuerwehr
oftmals weil lieber, wenn er mit Czeroy'schem, Charles Voss'-
schein oder noch anderem Wasser verdünnt credenit wird in
Gestalt einer Fantaisie brillante sur des motifs de Fidelio ou C-
moll-Sinfonie de Louis v. Beethoven- Wenn Slrauss oder
Gungl mit ihren Kapellen Weltreisen unternahmen und io Pe-
tersburg »der sonst wo gute Geschäfte gemacht haben, so
schreiben sie aus Dankbarkeit gegen ein Publikum, welches
seine Goldstücke in ihre Tasche (Hessen Hess, eio Souvenir de
Petersburg, d. h. einen Walzer, wie alle ihre anderen Walzer
welche sind. Nun schau« man sich aber einmal die Souvenirs
pour le piano an, die kein Mensch verlangt hat, die gegen kei-
nen Menschen eio DaokbarkeilsgefÜhl ansdrücken sollen, mit
denen der Componist einfach nur dokumentirea zu wollen scheint,
dass er auch io „Naplo“ gewesen, in jenem Lande, wo die
Citroneu blühn, im dunkeln Laub die Goldorangen glühu. Man
kann solchem Souvenir gegenüber nur jedem Menschen drin-
gend ralheo, von der weiten und kostspieligen Reise nach dem
schönen Lande Italien abzustehen, wenn die Erioneruogen
eines Künstlers an dasselbe nicht schöner sind oder sein
können.
Sion und Geschmack? Lächerlich! wer wird heut zu Tage
noch so prüde Anforderungen macheo! Originalität? 0 behüte,
die scheint iu Uebertraguogen möglichst sorgfältig vermieden
werdeu zu müssen, zu entdecken ist nichts davon. Das ist
aber, wie gesagt, wahrscheinlich Absicht, denn dergleichen
Stücke siod js für Clavierkinder — kleine und grosse — be-
255
»limml Ob dieser Vermeidungaprozes» dem Coroponisten (?)
schwer geworden seio mag? Oes ist freilich nicht so sagen;
kurt und gul, wir können nur nach dem urlheilen, was vorlregt,
wir müssen uns mit der Thal, oder richtiger mit dem harmlo-
sen ThUlchen begnügen. (Fortsetzung folgt.)
Journal-Revue.
Die Allgm. Mus. -Zig. und die N. Ztschr. f. Mus. enthalten
beide Fortsetzungen. — Die Süddeutsche Mus.-Ztg. bringt einen
Bericht aus Berlin über Hofaiann's neue eiuactige komische Oper
# , Cartouche ”, iu welchem dem Werke besondere Anerkennung
gezollt wird.
Die französischen Zcituugen enthalten meist Fortsetzungen
und Locales.
Nachrichten.
Merlin. Als Novität im Friedrich-WilhelmstÄdtischen Thea-
tei kommt demnAclist die Operette „Die Schrecken des Krieges“
mit Musik von Costa zur Aufführung.
Baden-Baden Am 1&. Juli fand ein Wohlthfitigkoitsconcert
zum Vortheil der protestanliseheu Kirche statt, iu welchem sieh
zwei Schuleriuuen der Madame Viardol, FrAuiein Fe hr mann
und Brandt, hören liesseu. Die letztere, aus ihrer Thitigkeit
an der Berliner llofoper vortheilhaÜ bekannt, erraug mit der Fi-
des-Arie aus dem „Propheten“ vielen Beifall. — Die Vorstellun-
gen der Bouffes • Parisieus erfreuen sich der Gunst des Publi-
kums in hohem Grade. Offcubach's neue zweiactige Oper „Die
Prinzessin von Trebizonde“ ist nach sorgfältiger Einstudirutig am
31. Juli in Scene gegangen und hat einen grossen Erfolg erzielt.
Bentheim. Am 13. Juli fand hier unter Herrn F'r. Kuhn 's
Leitung das Concert der vereinigten Gesangvereine von Bentheim
und Burgsteiufurt stall. Die Aufführung war die erste Ihrer Art,
und verdient um so mehr einige Worte der Aunerkennung,
als das keineswegs klein angelegte, vielmehr die besten
Meister und Werke aufweisende Programm in allen Theilen treff-
lich executirt wurde. Das Programm enthielt u. A. Mendels-
sohu’s Loreley-Finale und die Musik zu „Preciusa“ von Weber.
Der Dirigent spielte ein Clavierconcert in C-moll eigener Compo-
eition und zeigte sich in diesem wie in mehreren zu GehOr ge-
brachten Gesangswerken als begabter Componist.
Breslau. Am 1. d. ist das hiesige ueue Theater eröffnet
worden.
Krfnrt. Vergangene Woche lat Herr Musikdirector Ketschau
im 71. Lebensjahre gestorbeu. Der Verewigte hat sich um die
hiesigen musikalischen Zustande sehr verdient gemacht.
Freibarg Die Liedertafel feierte am 25. v. M. die Jahresfeier
ihres 25jAbrigen Bestehens. Das Festconcert am lsten Tag brachte
llaydn's „Schöpfung“. Da» Programm des 2tcn Tages wies Men-
delssohn’s „Festgeaaug an die Künstler“, Jubelouverture von
Weber, die Friedenshymne aus „Der Kaiserhof von Palermo“ von
baumgarten und „Velleda“ von Brambach auf.
HlldcNbeim. Am 17. Juli faod hier das diesjAhrige Gesangs-
fest der vereinigten norddeutschen Liedertafeln statt, wobei Ferd.
Hiller’s „Ostara“, Bruch's römischer Triumphgesang und „mein
Herz thu' dich auP‘ von Tange mit stürmischem Beifalle aufge-
nommen wurde.
Bad Kreuznach. Am 22. Juli veranstaltete die Kur-Admini-
stration zum Besten des hiesigen Kapellmeisters Burckhardt
ein Concert, welches sich durch sein gewähltes Programm sowie
die tüchtige Ausführung desselben vortbeilhafl auszeichnete. Wir
heben daraus hervor: Beethoven’» A-dur-Sinfonie. Concertatück
von Weber und Lieder von Schumann.
Memel. Dan Provinzial-SAngerfest hat in den Tagen vom
24—26 Juli hier »tattgefunden und einen günstigen Verlauf gehabt
Warmbronn. Durch die Anwesenheit des Berliner Concert-
meisters Herrn Hubert Bi es, welcher mit seinem Sohne, dem
talentvollen Componislen Franz Ries, zur Kur hier wellte, haben
wir zwei sehr interessante Concerie gehabt, an deren Ausführung
sich ausser den beiden Genannten die Pianistin FrAuiein Heinrich
und die Sängerinnen Raumann und Heinke betheiligten. Die Pro-
grammeder zu Gehör gebrachten Werke wiesen die besten Namen auf,
als : Beethoven, Schumann, Weber, Schubert, Rubinslein, Mau-
rer etc. Besonderen Beifall erregte Herr Franz Ries mit Vieux-
tempn' neuer Faust-Fantasie, welche so ausserordentlich geliel,
dass sie im zweiten Concerte wiederholt werden musste. Auch
die Lieder des Herrn Franz Ries fanden vermöge Ihrer reizvol-
len Melorfieen und poetischen Auffassung der Texte allgemeinen
Anklang.
Wien. Der HofopernsAnger Herr Gustav Walter hat auf der
Durchreise nach Karlsbad in seiner Vaterstadt Bilin ein Concert
zum Besten der Armen veranstaltet Unterstützt durch den Biliner
Gesangverein und eiuige tüchtige locale lustrurnentistcn, trug der
in diesem Genre unübertreffliche Säuger eine Reihe von Liedern
vor, die einen Beifallssturm erregten. — FrAuiein Ben za wurde,
Pester Bl »Mein zufolge, am Katioualtheater zu Pest contractlich
mit 13,000 Fl. Jahresgage auf 15 Jahre |‘?» eugagiri.
Paris. Lccarpentier. hekaunt durch seine Claviercoinpo-
silionrn, ist im 61. Lebensjahre gestorben. — Die Einnahme der
Theater, Concerte etc. belief sich im Monat Juni auf die Summe
von 1,087,116 Frei. — Die Jury des vom TheAlre lyrique ausge-
schriebenen Opem-Concurses hat der Oper „Le MagniUque" von
Pbilippot den Preis zuerkannt.
— FrAuiein Sasa ist nun deUultiv für einen Theil des kom-
menden Winters ad der Scala In Mailand engagirt worden.
Brüssel. Die Entscheidung über die Compoaitioiisconeurse
hat am 23. Juli stattgeftinden. Der erste Preis fiel Herrn J. Vau den
Eede zu, dessen Arbeit eine wirklich sehr talentirte sein soll.
Die Preis-Aufgabe war bekanntlich eine Cantate für Soli, Chor
und Orchester, betitelt , .Faust« letzte Nacht“. — Die Nachrichten
betreffs der Betheiligung des Herrn Joachim und Madame Lcm-
mens-Sherriugton am grossen Festival erweisen sich als ganz
unbegründet.
Venedig. Man geht hier damit um, ein Conservaloriuin
der Musik zu gründen, welchem Institute von der Behörde eine
jährliche Unterstützung von 30,000 Francs zu Theil werden soll.
Spa. Das letzte Concert bol uns Gelegenheit, den Cellisten
Herrn de Swert hören zu können. Derselbe rechtfertigte sei-
nen künstlerischen Ruf auf das Vollkommenste und eroberte sich
durch seinen herrlichen Ton und die vorzüglich entwickelte Tech-
nik die Herzen der Zuhörer im Augenblick.
London, 28. Juli. Am 24. d. ist nun die Saison der Hoyal-
Italian-Opera beschlossen worden. Man gab Rossini'» „Barbier
vou Sevilla“ mit der Patti als Itosine, die denn wieder eioeu
Enthusiasmus bervorrief, der alles Dageweaene zu übertreffeu
schien. — Oberthür's Matinee Bel glänzend aus. Er erntete
sowohl als Virtuos wie als Componist reichen Beifall. — Auch
Kontski hat uns besucht und es sich nicht nehmen lassen, ein
Concert zu gehen. Seine Leistungen in einem Beethoven’schen
Trio, einer Fuge von HAndel und dem Perpetum mobile von
Weber Hessen viel zu wünschen übrig, dagegen zeigte er sich in
dem Vortrage seiner Faust-Fantasie und des unvermeidlichen „Reveil
du lion“ als staunenerregender — Mechaniker. — Das Worcester-mu-
sieal-Festival wird in den Tagen vom 7. bis 10- .September atattünden.
— Am ersten Tag kommt Mendelssohn’* „Ellas“ zu Gehör. Der zweite
Tag bringt Sullivan'a „verlorenen Sohn“ und Fragmente aus >T Ju-
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da# Maccabius“ von HAadel, dar dritte Tug: „Masae Hoieaaelle'*
von Rossini und „Lobgeaang“ von Mendelssohn, der vierte Tag «ad*
lieh den „Messias" von UändeL Kür dieselben Tage eiad ausser-
dem noch SoHaten-Concerte io Aussicht gestellL Mao wird sich
also Ober ta wenig dee Gebotenen nioht beklagen können. Oie her-
vorragendsten Künstler betheiligpu sich an der Ausführung der
Seli. Ca sind dies die Damen .Tietjens, Lemmeua-Sher -
ringtoo und Trebelli und die Herren Siems-Ueeves, Bet-
tini, Vernon-Rlgby und Santlpy. Di« gesammte Leitung der
Aufführungen befindet sich in den Händen des Herrn Oone.
— Das Norfolk und Norwieh musical Festival beginnt am
80. August und dauert bis tum 2. September. Die Direktion
desselben übernimmt Benedict Die Solisten sind dieselben,
welche beim ersterwähnten Festival mitwirken, nur tritt noch
Fräulein Murska hinzu. Das Programm enthält von erwähnens-
werthen Werken: den LobgcAang von Mendelssohn, „Acis und
Galathea“ von Händel, den „Fall Bahylons“ von Spohr. „Messe
soJenodie“ von Rossini, „Dettinger Te Deum" und „Messias“ von
Händel. — Dies ist das Bemerkenswerteste aus der hiesigen mu-
Nova-Sendung No. 5.
ED.BOTE & G.BOCK
}E. B*ek), Könlgl. Hof-Musik hnndluttg.
Thlr.Spr-
Arndt, C. Op. 48. Colosseum-Rheinllnder-Polka . . — 7}
t'onrodf, A. Op. 97. Musikalischer Bilderbogen für Or-
chester 4 —
Dressei, R. Op. 14 No. 1. Jägerlied für Mannerchor — 7}
do. No 2. Trinklied do. . . - 7*
Floegel, F. Leichte 4hAndige Clavierstüeke, Hell I . . — 10
do. do. - II . . — 12}
Gang*!, J. Op. 288. Studenten- Polka. V«lgt, Fr. Stol-
zenfeis-MarscIi für Orcheslar 2 —
Op. 288. Studenten-Pofka für Pianoforte . ... — 7}
Op. 240. Cdvözlet ahazahoz (Gruss an's Vaterland)
Michaelis, G. Op. 96. Adolf-Marsch für Orchester . 2 —
Op. 240. Cdvözlet a'hazähoz (Gruss an's Vater-
land) Czardas für Pianolorte — 7}
241. Gedenke mein. Polka-Mazurka für Pianoforte — 7}
Hering, C. Op. 105. Zwei Motetten für 3 Frauatimmen — 20
IleeraMinn, Kd. Clara-Polka für Pianoforte — 7}
Bertha-Klänge, Walzer für Pianoforte — 10
— — LieUestrAurne, Saluustück für Pianoforte .... — 12)
— — ■ Worte der Liebe für 1 Singstimme und PiAnoforte — 7)
llertel, P.J Galopp aus „Fantaska". I.eulner, Alb. Op. 68.
Capriolen-Polka für Orchester 2 —
Lange, G. Op. 54 Dein Eigen. Melodie für Pianoforte — 13}
Op. 55. La Sylphide. Morccau de Salon . . . — 12)
Leutner, A. Op. 68. Capriolen-Polka für das Pianoforte — 7)
LöarbUom, A. Op. 86. Fünfzehn Clavierstüeke zu 4
Händen (zum Unterricht für Anfänger).
Heft I (im Umfang von 5 Töuen) . — 15
- II — 16
- III — 16
MaJlczewski, C. v. Zwei Gesäuge für 1 Sing »tim me mit
Pianoforte. No. 1. Auf dem See — 10
• 2. Ein Blatt -7)
Hlehaells. G. Op. 96. Adolph-Marsch für Pianoforte . — 7}
Offenbach. J. Der Regimentszauberer. Potpourri für
Pianoforte — 16
Die Insel Tulipatan. Potpourri für Pianoforte . . — 15
Toto-Polka für Pianoforte . — 7)
alkalischen Sündfluth, deren Ende jetzt in nicht zu grosse Ferne
gerückt IsL H— L
Petersburg. Die erste Vorstellung von Offeubach s „Peri-
chole" hat in vergsogsner Woche statlgefundsn und einen gros-
sen Beifall davongetragen.
Montevideo Meyerbeer'a „Afrikaoerin" ist mit enormen
Succta in prachtvoller Ausstattung in Seeuc gegangen. Die Aus-
stattung allein soll einen Kostenaufwand von 11,000 Dollars ver-
ursacht haben.
New-York. Am 20. Juni feierte die Plaooforte-Fabrik der
Herren Steinway & Sons die Feier der Vollendung des 20,000slen
Pianoforte.
— Herr Carl Roaa bat seine Operngesellschaft vollständig
organisirt und wird Anfangs September einen längeren Cyclus
von Vorstellungen im französischen Theater beginnen. Aa der
Spitze der sehr zahlreichen und zum Theil hier vortheilbaft be-
kannten Mitglieder steht Frau Parepa-Rosa als Primadonna.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
TUr.Sgr
Radeeke, R. Feslmarsch för Pianoforte zu 4 Händen . — 20
Rablnwfrin, A. Op. 79. Iwan IV. (Der Grausame). Mu-
sikalisches Charakterbild für grosses Orchester. Partitur 2 16
— — Arrangement für Pianoforte zu 4 Häoden von
H. Ulrieh 2 -
8ch*«burg, M Op. 7L Alpenveilchen. Idylle für Pia-
noforte . , 12|
Heb alz- Schwerin, C. Berceuse IQr das Pianoforte . . — 12}
Singelee, J. B. 0p. 26. Le Barbier de S6viile de Ros-
sini. Duo coocertante pour Piano et Violon .... 1 10
Strann«. Quadrille über Motive aus Offenbach's „Blaubart"
für Orchester 2 —
Quadrille über Motive aus Offenbach’s „Die Insel
Tulipatan" für Orchester 2 —
Dieselbe für Pimoforte — 10
Swnrt, J. de. Impromptu de Fr. Schubert. Trsnacription
pour Violoncello avee aoeomp. de Ptaao — 17}
Taubcrt, W. Op. 166. Sieges- und Feslmarsch für
grosses Orchester. Partitur 215
Op. 166. Derselbe für Pianoforte zu 4 Händen . — 22}
Trelide, G. Op. 138. In dunkler Nacht Lied von
G. Luther. Transcription für Pianoforte — 15
Voigt, Fr. W. Stolzenfels-Marsch für Pianoforte ... — 7}
Wagner, Fr. 0p. 69. Garde-Cavallerie-Galopp. Hein-
dorff, G. Op. 101. Magdalenen-Polka für Orehester 2 10
Collection des oeuvres clnssiques et modernes.
Beetbwven, L. v. Op. 87. Coneert C-moU för Pianoforte. 8| Bgn.
Op. 78. Coneert Ea-dur für Pianoforte .... 11} -
Soeben erschien in unserem Verlage:
MELODIEN-CONCHRESB.
Potpourri
von
Op. 112.
Arrangement fllr Pianoforte zu 2 Händen. Preis I Thlr.
Ed. Bote d « Bock
iE. BOCKi
Königliche Hofmusikhandlung. Berlin und Posen.
Verlag von Ed. Bote k 6. Bock (E-Book), KönigL Hofmusikhandluug in Berlin, Französisch« Str. 88«. und U. d. Linde« No. 27.
von C. V. Schmidt ia Cntrr den Linden No. SO
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XXIII. Jahrgang M 3 2.
Von ZeiUrag er»ci*»nl wftrK»ollieh
«in« Num**r-
11. August 1869.
Zu bezi«hen durch:
VIER. Spin». Hilliigir.
P&11S. Brandua &i Dofuur.
LORDOI. Novello. Ewer A Co Hanaiood Ar Co
St. PETERSBURG M. Btriur«
STOCKHOLM A. Lasdq«>KL
NEUE
nw-nu. I JÄ'tW«..
BARCELONA. Andre* VkUl
VAISGRAQ. üebolhaer .V Wolff
AMSTERDAM SryftMh'icfct BatliHandliing
MAIL AID J Rirordi r Caeea
BERLINER MMKZEITMG
gegrfimlet von
UHter Mitwirkung llieorotischor
(iiislav Bork
und pracüsdier Musiker.
Brxtrllanirn nehmen «□
Briefe und Pakete
in Berlin: E Bol» 4 G B«ck. Frani0a.Str.i6», |
U. 4. U rillen No. 27, Posen, Willietm.tr. No.21. werden unter der Adresse: Rednclion
Stettin, Kdnipistrnsse No. 3 und alle dOT Neuen Berliner MusikMitur.it durch
Poet* Anatnlten, Boeli. und Uusikbondltineen | die Verlngshandlung derselben:
de« In- und Auslandes. Ed. Bote 4 G. Bock
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Jährlich 5 Thtr. , mit Musik-PrAmie, l>eate-
Halbjährlich 3 Thtr. I hend in einem Ziisichc-
rungs-Scliein im Betrage von 5 oder 3 Thlr.
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dem Musik-Verl« g» von Ed Bot« 4 G. Bock.
Uhrllrb 1 Thlr. , ohne p ran , ;c
Preis der einzelnen Nummer ft Sgr.
|t in Berlin. Unter den Linden 27, erbeten. || Halbjährlich I Thtr. 25 Sgr. I
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lab all. Rrp«usian»i». — ErkUruo* «ra Harrn Urb. Ratli C. H. BiM*«. — Bartin. — U'irrmpotidenten aua Baden and Paria. - PcoillHun • Di« Tranacription
von W. Lack twilx tPortaotaang). — Ji.urnal-R«iu» — Na<*lirir|«teii — Brriobtiging. — Inaarat*.
B
n e
Hublnstein, Anton. Op. 79. Iwau IV. |Der Grausame).
Musikalisches Charakterbild für grosses Orchester. Par-
titur. Orchesterstimmen und Clavieraustug zu 4 H Anden.
Berlin, Ed. Bote & G. Bock.
Der musikalische Kritiker hat es bei reineo Instrumen-
talwerken eigentlich nur mit der Musik zu thun, es müsste
denn ein ausführliches Programm denselben beigegebeo sein.
Von der Beuriheilong derartiger Coraposilionen würde der
Unterzeichnete sich jedoch stets fern halten, da sie ihrem
ganzen Wesen nach soinen Anschauungen, wie seiner mu-
sikalischen Empfind ungsweise widerstreben. Rubinsleiu gieht
in dem vorliegenden Orcheslerstücke ein „musikalisches Cha-
rakterbild“. Oer Czaar Iwan IV., mit dem Beinamen „Oer
Schreckliche“, ein höchst begabter Fürst, aber ein blutdür-
stiges Scheusal, ist von ihm dazu gewählt, loh vermag
nicht zu sagen, wie weit es in der Absicht des Componi-
sten lag, den speciellen Ereignissen aus dem Leben dieses
Fürsten in seinem Tonstficke Ausdruck zu geben, da er
selbst keinen Aufschluss darüber erlheilt. Nur mit dem auf
diese oder jene Weise entstandenen Musikstücke habo ich
es hier zu thun. und diesem kann ich, trotz mancher mir
gegen dasselbe aufstossender Bedenken, einen grossen künst-
lerischen Werth nioht absprechen Blicke ich zuvörderst
auf das Technische, so finde ich sowohl in der orchestralen,
als in der formalen und contrapunklischen Factor die Mei-
sterhand. Oie Erfindung ist mannigfaltig, wenn auch nicht
überall eigenartig. Schumann’s „Manfred“ hat beispielsweise
dem Componisten wohl hie und da vorgeschwebt, wie denn
überhaupt Rubinstein*s Schaffen das meiste Gleichartige mit
dem Schumann's hat Freilich erscheint Schumann trotz
manchen kühnen Griffes, den er unternommen, fast zahm
gegen den wilden Steppenreiter Bubinstein, dessen ungezü-
gelte Leidenschaft in seinen Compositionen , wie in seinem
Spiel, oftmals über die Grenze des künstlerisch Schönen
hinausstürmt. Aber wie man Schumann seine Grübeleien
verzeiht, so sieht man Rubinstein seine Measslosigkeit nach.
des vielen Schönen halber, dass Beide bieleu. Rubinstein
kommt mir vor, wie ein „russischer Schumann“. Damit
glaube ich auch das Charakterbild in Rede gekennzeichnet
zu haben Sein Iwan birgt grosse Schönheiten, Schönhei-
ten, wie sie eben nur ein hoch befähigter und gelehrter
Musiker zu Tage zu fördern vermag, doch erscheint mir
vor Allem nicht das richtige Moass inne gehalten. Einer-
seits geht der Ausdruck des Schrecklichen, Wilden und
Grausamen für mein Empfinden an manchen Stallen zu weit,
anderseits entspricht die Breit« des Tonstückes nicht völlig
dem Inhalte. Ich möchte so weit gehen, diesen ganzen
Inhalt, mit Ausnahme weniger abtuschwächender Stellen,
für schön zu erklären, wenn er in concentrirtere Form ge-
bracht würde. Manche Phrasen kehren ermüdend oft wie-
der und büssen dadurch viel von ihrem ursprünglichen Reiz
eiu, wie manche musikalische Grausamkeiten duroh lange
Dauer oder Wiederholung ungünstig wirken. Ueber den
Bau des Stückes, sowie über die Ineinanderfügung verschie-
dener heterogener, jedoch als integrirende Theile des Ganzen
zu betrachtender Sätze vermag ich mit dem Componisten
nicht zu rechten, da seine Absicht in Bezug auf die Schil-
derung besonderer Momente aus dem Leben seines Helden
hier wohl maassgebend gewesen isL Allein das kann ich
mit Bestimmtheit sagen, dass ein strengeres Zusammenfas-
sen des vorhandenen Materials und ein minder fesselloses
Dahinstürmen den FJndruck seines Werkes erhöhen würden.
Indem ich schliesslich des von Hugo Ulrich trefflich einge-
richteten Clavierauszuges gedenke, erwähne ich auch die
würdige und correote Art der Publication, durch welche
ebensowohl, wie durch die Wahl der Composition die Ver-
lagshandlung sich im künstlerischen Interesse thätig er-
wiesen hat.
Thieriot, Ferdinand. Op. 13. Loch Lomond, sym-
phonisches Phantasiebild für Orchester. Partitur. Leip-
zig, E. W. Kritzsch.
Obgleich ich den in den schottischen Bergen gelegenen
32
Loinondsee nicht gesehen habe, so verbindet sich mit sei-
nem Namen, theite durch Walter ScoU's Schilderungen, theUs
durch Reisebeschreibungon hervorgerufen, ein romantisch-
zauberhaftes Bild, welches mir sehr wohl geebnet erscheint,
die Grundstimmung eines Ton Werkes abzugeben in der Weise,
wie die Fingalshöhle für Mendelsohn’s Hebridenouverture.
So wandelt denn Herr Thieriot, wie inan durch den Titd
seines Werkes wohl zu glauben verleitet werden könnte,
keineswegs auf zukünftlichen Wegen, sondern er verfolgt
die durch die Classiker vorgezeichneten Bahnen und fiest
speciell auf Beethoven, ja, um es hier gleich zu erwähnen,
die vier Anfangstacte des einleitenden Adagio weisen mit
der leeren Quinte h ß» ziemlich unverhohlen auf den Beginn
der neunten Sinfonie hin. Irn fahrigen ist mir keine so
directe Erinnerung an bereits Bekanntes aufgefallen. Das
ganze Werk ist formell abgerundet und in gutem Style ge-
schrieben. Der Componist versteht es, aus wenigen Themen
resp. Motiven ein einheitliches Ganzes zu gestalten; sein
„Phantfrsiebild“ zeugt wirklich von Phantasie und verrfith
eine nicht gewöhnliche contrapunktischo, wie orchestrale
GewandÜieit. Die schwache Seite seines W'erkes sind die
Thomcn lind die Harmonik. Den ersteren gebricht es an
Prägnanz, die letztere leidet an Uebermaass. Vom Intro-
ducitonsthetna prägt sich dem Gedächtnis» nur das im ersten
Tacte enthaltene und in das ganze Tonstück verwebte Motiv
ein. Von vortrefflicher Wirkung ist dies namentlich im
IMittelsatz, wo es beim Buchstaben H in den Bässen und
der Bassposaune forti»timo, später bei J zuerst in der Ver-
längerung zu dem Hauplthema des Allegro in den drei Po-
saunen auflritt. Die ersten vier Tacte des Allegrothemas
sind gut erfunden und von wohlthuender Breite in der Har-
monie; alsbald aber reiht sich Unbedeutendes, harmonisch
Ueberbürdetes und Gesuchtes an:
Auch das zweite Allegrothema bösst einen Theil seiner
Wirksamkeit durch vier ganz heterogene mit Harmonie
überladene Tacte ein. Süss und wiegend hebt es auf dem
Orgelpunkt D an:
Die nächsten vier Tacte aber gehören eigentlich gar nicht
dazu; sie sind keine Fortbildung, keine W'eiterent Wickelung
des gegebenen thematischen Stoffes, sondern etwas Fremdes,
willkfihrlich Eingefügtes und findeu auch an keiner Stelle
des Tonstückes irgend welche Verwendung. Ich lasse diese
vier Tacte, die auch als Beispiel für die unruhige und
schwülstige Art der Harmonisation interessant sind, hier folgen :
Nachdem ich so das ganze thematische Material (wenig-
stens das verarbeitete} dargelegt habe, will ich auch die
Benutzung desselben in alter Kürze charncterisiren. Thieriot
verwendet bei seiner Weise der Verarbeitung nirgend die
Polyphonie in strenger Form. Er über- und unterbaut seine
Themen, setzt Gegenstimmen dazu und lässt es an interes-
santen Com bi nationcn nicht fehlen. Fast überall erinnert
er an eines der drei Themen und dies halte ich für eine der
besten Eigenschaften seines Werkes. Das Eängenmaass
der einzelnen Abschoitte uud «las Verhältnis derselben zu
einander erscheint mir im Ganzen als ein richtiges. Nur
im Mittelsatz glaube ich einem Zuviel zwischen den Buch-
staben K und L zu begegnen. Hier findet sich nichts we-
sentlich Neues, der Fluss des Musikstückes stockt, und das
Interesse des Hörers muss dadurch zeitweise erlahmen.
Noben mannigfachen von mir hervorgehobenen Vorzügen
des Thieriot'scheo W'erkes, muss ich jedoch auch der Nei-
gung des Autors gedenken, seine Musik allzufein «tuszu klü-
geln und namentlich in harmonischer Beziehung viel Spin-
tisirtes zu Tage zu fördern. Unter dieser Neigung leidet
die Natürlichkeit und das ist immer ein grosser Uebelstand.
Die Furcht, gewöhnlich und trivial zu werden, beherrscht
freilich jetzt ganze Kreise, und in dieser Besorgniss schreibt
man unnatürlich und gesucht. Aber es ist ein grosser Unter-
schied zwischen Natürlichkeit und Trivialität. Wer wirklich
etwas Gutes zu sagen hat, der sag* es nur rund heraus, ohne
erst viel daran zu putzen. Wer freilich Nichte oder wenig-
stens nichts Gutes Vorbringen kann, der schweige lieber
ganz, denn die geschraubteste Manier und der schwülstigste
Ausdruck bessern da nichts, sie verschlimmern im Gegen-
theil nur das Schlechte, wie das Gute. — So lange die
Harmonie mir nur überladen oder gesucht erscheint, will
und muss ich mich bescheiden, denn in diesem Folie gilt
mehr, als in vielen anderen FöHeu das „de gntübus “. Wo
aber ein geradezu hässlicher Klang entsteht, oder wo mein
musikalisches Ohr nicht mehr im Stande ist, »ich ehi Ver-
ständnis» des Niedergeschriebenen tu verschaffen, da glaube
ich, durch Beispiele unterstützt, pflichtmAssig protestiren zu
müssen. So findet sich in dem Tacte vor B nachstehende
Führung:
Das ei» g klingt hässlich; entweder muss das g aus dem
Accorde ganz und gar entfernt werden, oder es muss unter
ei» liegen. Sehr üble Wirkung machen die Quartenparalle-
len in den äussersten Stimmen drei Tacte vor K
Fl. Ob. CI.
P ^ =§ - ^ =
Bässe.
Folgend» Stelle 12 Tacte *or M ist mir gern imversWndlich :
259
Schliesslich kenn ich nur mein Bedauern darüber ausspre-
chen, dass das vorliegende Werk eines strebsamen befähig-
ten (Komponisten bisher noch keinen Platz auf den Program-
men unserer verschiedenen Sinfonieconcerte gefunden hat.
Dergleichen verdient wenigstens gehört zu werden.
Richard WQerst.
Nohl. Ludwig. Neues Skizzeubuch. Zur Kenntniss der
deutschen, namentlich der Münchner Musik- und Opern-
zustände der Gegenwart. München, M erhoff. S. 464. 1869.
Der Verfasser ist den Musikfreunden al9 fruchtbarer
Ästhetisch-musikalischer Schriftsteller bekannt. Sein „Geist
der Tonkunst'* vom Jahro 1861, aus Vorlesungen entstanden,
enthielt neben mancher auf die Spitze gestellten Parallele
zwischen allgemeiner Welt * Kultur- und Musikgeschichte,
so manches Geistvolle über Haydn, Mozart und Beethoven;
und wenn der Verfasser damals auch die spätesten Werke
Beethoven'*, die der dritten Periode angehörigen, als nach
seinem Standpunkte unbefriedigende und verfehlte bczeich-
nete, er stand doch da als ein phantasiereicher, oft zu be-
redter Anwalt der klassischen Musikperiode. Inzwischen
sind von ihm ausführlichere Werke über Mozart und Bee-
thoven selbst erschienen. Zwar konnte Über beide, nament-
lich über Mozart nach Jahn des Neuen von Bedeutung
eben nicht viel gebracht werden; dennoch waren diese Ar-
beiten des in den letzten Jahren zur akademischen Lehr-
tätigkeit für Geschichte und Aeslhetik der Tonkunst nach
München berufenen Verfassers, der diese Stellung indess
bereits wieder aus Gesundheitsrücksichten aufgegeben, eine
nicht unwillkommene Gabe, die so manchem Musikfreunde
zur Orientirung gute Dienste zu leisten vermochte und wohl
geeignet war ihn mit Begeisterung für die Heroen der Mu-
sik zu erfüllen.
ln der letzten Zeit indess ist Herr L. Nohl durch mas-
senhafte musikalische Feuilletonschreiberei bedeutend her-
abgegangen und der ästhetisch-kritischen Phrase, wie es
uns scheint, rettungslos verfallen. Davon liefert das neue
Skiszenbuch (das ursprüngliche musikalische Skizzenbuch
vom Jahre 1866 ist uns nicht tu Gesicht gekommen | den
schlagendsten Beweis Jedem, der die nicht geringe Geduld
besitzt, wie wir, die 460 Seilen desselben wirklich durch-
zulesen. Wie aber der Verfasser dazu gekommen, die auf
den ersteu 40 Seiten enthaltenen Reisebriefe aus dem Jahre
1862, sodann die Berichte über das Münchener Musikleben
aus den Jahren 1861—1865 (S. 55—175), endlich die
neuen Reisebriefe von 1865 — 1867 (S. 175—235), welche
doch sämmllich veraltet sind, hier aufs Neue und sogar in
verbesserter Auflage, wie er behauptet, wieder abdrucken
zu lasseo, das erklärt sich nur aus der dem ganzen Werke
zu Grunde liegenden Tendenz. Während der Verfasser in
dem Vorworte als Grund dafür hervorhebt, „es habe der
eine oder andere sich’* nicht so schnell zurecht zu legen
gewusst, wie er, der mit so vieler Begeisterung Ober un-
sere klassischen Tonselzer geschrieben, nun mit gleich
warmem Herzen für die neueste Entwickelung der Kunst
eingelreten sei“, bo handelt es sich tatsächlich in dem
Buche nicht um die Lösung solches Rätsels, denn eine
solche ist in demselben nicht gegeben, sondern um die
entschiedenste Propaganda für das Wagner'sche Musikdrama,
in specie für „Die Meistersinger von Nürnberg“, denen al-
lein mehr als der dritte Theil des ganzen Buches gewid-
met ist. Diesem Zwecke müssen die vorausgehenden Ar-
tikel: „Der Münchner Frühling von 1868“, „über das
(Konservatorium der Musik in München“, „über R. Wag-
ner's „fliegenden Holländer“, „über Tristen und holde“,
„über Lohengrin“ und „Rheingold“ dienen, bis der Verfas-
ser denn endlich tu dem eigentlichen Gegenstände kommt,
dem in der Geschichte der dramatischen Musik eine neue
Aera beginnenden Ereignisse der Aufführung der „Meister-
singer von Nürnberg“ auf der Hofbühne in München, ln
Folge nämlich der im Sommer 1868 stattgehabten Auffüh-
rung dieses neuesten Musikdramns, ist der Verfasser über-
zeugt, „dass, wer irgend in seinem Gefühl und Geschmack
noch entwicklungsfähig und nicht blind in blöde Theorien
verrannt ist, zumal im dritten Abschnitt dieser Skizzen sich
wohl zur Betrachtung darüber (?) angeregt finden, d. b.
doch wohl zu der Ueberzeugung hingerührt sehen wird,
dass wir in der Thal vom Neuen in eine grosse Entwicke-
lungsphrase unsrer Kunst eingetreten sind und mit vollen
Segeln (?) auch einer Zukunft entgegengehen, die keiner
Epoche deutscher Kunst nachsteht, aber nicht sowohl ein
Umslossen des guten Alten bedeutet, als ein herrliches Er-
füllen des von ihm unerfüllt gelassenen und ein krdfliges
Entfalten der wirklich fruchtbaren Keime des früheren
Schaffens, aus dem sich vor Allem die Herstellung einer wah-
ren. musikdraraatischen Kunst von selbst (?) ergiebt“. •—
Wir sind zwar nicht im Stande uns nach Lesung des drit-
ten Abschnittes zu solcher Ueberzeugung zu bekennen;
wollen vielmehr ruhig nbwarlon, in wie weit wiederholte
Aufführungen dieses Werkes, die uns ja wohl die nächste
Saison in Berlin bringen wird, uns zu derselben führen
werden. Wir glauben auch nicht, dass ein Mann allein
zur Heraufführimg einer solchen neuen Aera genügt, wenn
gleich er stets den Anfangspunkt derselben bezeichnen wird ;
wir haben aher bis jetzt nach einem ungefähr dreissigjähri-
gen Wirken Wagner’s keinen ihm ebenbürtigen Nachfolger
auf der von ihm für die musikdrnmntische Kunst als Dich-
ter und (Komponist zugleich eingeschlagenen Bahn. Wir
freuen uns, dass die Pietät für die früher von ihm gefeier-
ten Operncomponislen Gluck, Mozart, Beethoven uud We-
ber den Verfasser diese neue Aera nicht durch „ein Um-
stossen des Alten“ bedingt sein lässt, sondern dass sie nur
als ein kräftiges Entfalten der von jenen gelegten fruchtba-
ren Keime ihm erscheint. Endlich wollen wir gerne glau-
ben, dass es mit seinem Bekehrnngseifer für VVagner’s
musikdramatische Kunst Herrn Nohl wahrer Ernst ist. Den-
noch aber sind wir überzeugt, dass der Verfasser jenen
Zweck einer musikalischen Propaganda für Wagner und
seine „Meistersinger von Nürnberg“ besser erreicht haben
würde, wenn er, statt der verächtlichen Ausfälle auf Meyer-
beer, stAtt der schwülstigen, oft an's Unglaubliche streifen-
den Tiraden, in denen er sich bei der Besprechung jedes
Wagnerischen Werkes bewegt, und die nur zu sehr an
Reclame erinnern, stall der minutiösen Herzählung aller
Details hei den durch Herrn von Bülow geleiteten Proben
(der Chor halte ihrer allein 66) zu der „unvergleichlichen“
Aufführung, statt der kleinlichen Zergliederung des Textes,
so wie der Darstellung aller Mitwirkenden, endlich statt
des Wiederabdrucks aller musikalischen Referate Über die
Aufführung bis zum Kladderadatsch herab, wenn er statt
alles dessen wirklich etwas Bestimmtes, klar Fassliches
über die Musik in der Oper gegeben hätte, um daran die
Eigentümlichkeit derselben, das sie von allem bisherigen
Unterscheidende und eine neue Aera bildende erkennen und
mit erwünschter Begeisterung begrüben *u können. —
Das ist aber leider nicht geschehen. Statt dessen stellt
Herr Nohl das Ereigniss jener erslen Aufführung am 21. Juni
1868 zu München mit der fast gleichzeitigen Enthüllung
des Lutherdenkmals in Worms in Parallele, sieht in beiden
32 -
260
eine geigteotfesselnde grosse Thal, mit der ein neues Mor-
gen roth geistigen Schaffens in Wissenschaft und Kunst an-
bricht, «die Thai deB voJ kr wachten Geistes deutscher Nation,
dieses Geiste», der fast ein Jahrtau»« nd lang schlief, oder
doch nur träumend wachte und erst heule freilich
nach einer Periode der Knechtschaft unter einer fremdlän-
dischen Aftercivilisatioo .... aus dein blossen, instinkti-
ven FQhlen rum klar bewusslen Schauen sich erhebt und
ii us blossem idealen Wünschen und Hoffen zu der realen
Kraft eines festen Willens und sichern Ergreifen» sich be-
stimmt gestaltet, die fortan all unser Denken und Handeln
erfüllt und den hohen Bau unseres nationalen Daseins völlig
zu Ende führen wird“. (S. 312 — 313). Und das Alles
durch ein neue» Wagnerisches Musikdrama]! Aber das
Alles genügt dem von einem echten furor divinus hinge-
rissenen ästhetischen Schwärmer Nohl nicht. Auch auf
dein Gebiete der gleichzeitigen politischen Geschichte ist es
nur das Grösste, dem sich diese ewig denkwürdige That der
Aufführung der „Minnesinger“ ebenbürtig anreiht, in diesem
Sinne sagt der Verfasser S. 324: „Und war es etwas an-
ders, als zunächst ein Sieg der Kunst über die Künste (?!)
wie dort (in Worms nämlich) ein Sieg der Religion über
die Confessionen, was in den „Meistersingern“ geschlagen
wurde? War es etwas anderes, als der Sieg des deutschen
Genius, des Genius der innern Wahrheit Ober unechten In-
halt (?), wie über beschränkende unwahre Form? Und war
es nicht auch hier ein deutscher König, der in gleicher
Weise voller Einsicht und mit durchgreifender Energie und
Charakterfestigkeit in echt vaterländischer Gesinnung alle
nur halbdeulschen oder gar gegnerisch fremdländischen Be-
strebungen auf dem Gebiete der Kunst mit einem entschei-
denden Schlage zu Boden schlagen half und dem deutschen
Geiste zu einer seiner eigensten und schönsten Lebensäus-
serungen Bahn brach? War der Sieg, den König Ludwig
von Baiern hier der deutschen Sache, dem Geist und We-
sen des deutschen Volks erkämpfen half, nicht von ähnli-
cher, einschneidender Bedeutung und weitreichender Trag-
weite, wie König WilheJm's heldenhafter Sieg bei König-
grälz? (?!!) War es endlich etwas Andres, als das aus
tiefstem deutschen Herzensgründe stammende DenkgefQhl,
was an jenem 21. Juni nach dem Schluss des zweiten, wie
des dritten Actes der Meistersinger im ganzen Hause auf-
ballte (?), als der erhabene Freund der deutschen Kunst
und ihres jüngsten Meisters in echter Begeisterung uod je-
ner heilig ernsten Schwärmerei, der allein das Gebiet des
Idealen zugänglich ist, nun auch diesen selbst an die Brü-
stung der eigenen Königlichen Loge treten und in lodes-
bleicher Erschütterung des innersten Wesens den hocher-
regten Beifallswogen der Mengo sich dankend enigegenbeu-
geu liess“. (?!!) Difficile est, satyram non scribere. 0 du
dreimal glückliches deutsches Volk! Was fehlt dir nun
noch? Gehe hin und lies Herrn Nohl’s „neues Skitzenbuch“;
wallfahrte zu jeder Aufführung der „Meistersinger von Nürn-
berg“ nach der Isarstadt und hilf die grosse That der gei-
stigen Befreiung des deutschen Volks und seiner nationalen
Einigung auf solche Weise sicher mit vollbringen.
C. E. R. Alberti.
Der Redaction geht eine Erklärung des Herrn Geb.
Rath C. H. Biller zu, welche, dem Wunsche des Verfas-
sers gemäss, wir nachstehend zum Abdruck bringen.
Poeen, den 3. August 1869.
Verehrliehe Redactiont
In Nro. 30 Ihrer Musikzcituug Hude ich einen Aufsatz von
A. von Wolzogen, welcher vorauszuaetzen scheint, dass ich di«
Absicht haben könne, seine neueste Schrift über Don Juan
(Breslau bei Leuckart) einer Kritik zu unterwerfen.
Sie werden mich zu besonderem Danke verpflichten, wenn
Sie in die nächste Nummer Ihrer Zeitung die Erkllruug auf-
nehmen wollen, dass ich ifi keinem Augenblick diese Absicht
gehabt habe, dass mir eine solche Arbeit Oberhaupt durchaus
fern Hegt, u. dass ich eben so wenig geneigt bin, auf die
persönlichen Angriffe zu antworten, welche Hr. v. Wolzogen,
mir sehr unerwarteter Weise, gegen mich in jenem Aufsatze
niedergelegt hat.
In der Hoffnung, der Erfüllung meiner Bitte entgegensehen
zu dürren, verharre ich der verebriioben Redaction
ganz ergebenster
C H. Bitter.
Berlin.
Revue.
Abermals brachte das Friedrich-Wilhelmstädlische Theater
eine musikalische Novität, welche sich, gleichwie in Paris und
Wien, auch hier der freundlichsten Aufnahme zu erfreuen tintte;
am 6. nämlich wurde suru ersten Male dargeatellt: „Die Schrecken
des Kriege»“, komische Operette in zwei Bildern von Gille,
deutsch von Emil Pohl, Musik von Jules Cnste. Das Libretto
schildert mit drastischem und doch nach keiner Seite hin ver-
letzendem Humor das Gebahren zweier Regenten, deren Duodez-
Ländcheo an einander grenzen und die in dem Gefühle ihrer
Wichtigkeit mit der grössten Unbefangenheit das Treiben der
Grossmächte zu copiren streben. Diese Sucht geht bei dem
einen der beiden gestrengen Herren, bei Oskar dem neun und
neunzigsten, so weit, dass er mit seinem Nachbar Dagobert
dem hundert und einzigsten aus den nichtssagendsten Gründen
einen Krieg beginnt, nur um seine neuen Hinterladegewehre,
mit denen das au» wenigen Soldaten bestehende Heer ausgerü-
stet ist, in’s Feld zu führen. Nachdem ihm der Sieg nicht
schwer geworden, da er keinen Wicderatand gefunden, endet
Alles in Freude über die Sognuogen des Friedens. Wie schon
gesagt, bietet das Libretto genug komische Pointen, welche
der deutsche Bearbeiter mit bekanntem Geschick auf näher lie-
gende Vorgänge zu übertragen wusste, so dass „Die Schrecken
des Krieges“ sich eben drollig wirksam eusoahmen. Der Com-
ponist Herr Coslä, bisher bei uns noch unbekannt, hat mit
der Operette so glücklich debütirt, dass wir ihu willkommen
heissen. Die Musik des Herrn Costä seigt nicht allein melo-
dische Begabung und eine leicht gestaltende Feder, aie bewegt
sieh so graziös, dass wir wohl in der Annahme nicht irren,
der Componist werde bald eine grössere feinkomische Oper lie-
fern. Sämmtliche Stücke hallen sich dem Burlesken, Grobkör-
nigen fern; sie erscheinen mit Sorgfalt und einer wohtthuenden
Sauberkeit geschrieben, ähnlich wie Bazi 0*8 „Reise nach
China“, so dass wir gern zuhören. Ganz besonders haben uns
gefallen: im ersten BiUJa die üitroductiou, Dagoberts Couplets,
Adelguudsns Couplets, das Finale; im zweiten Bilde das begin-
nende Ensemble der Frauen, das Duett zwischen Oskar und
Adelgunde und daun Oskar’s Lied, welchem mit Recht die
Ehre des stürmischen Dacapo-Rufes wurde. Die Aufführung
zeigte wieder den Fleis» des talentvollen Personals. Herr Adolfi
als Oskar wie Herr Mathias als dessen Kabinelsralh, Herr
Leszinsky als Dagobert wie Herr Lutlmann als dessen mehr
mit Worten als mit Timten schreckender Kriegsroinister, die
Damen von Rigeno und Reuom als Adelgunde und Mecbthil-
dis, sie Alle leisteten in Gesang und Spiel durchweg Lobenswertes
und Wirksames, so dass das Publicum ihnen nach allen ihren
Sceoon reichen Beilall zu Theil werden lieas. Die Ensembles,
Chöre, Orchester, Sconerie und Costüme verdienen ebenfalls nur
Anerkennung. So dürfte denn auch diese Operette als eine
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willkommen« Bereicherung de« in diesem Genre so ausgedehnten
Repertoire« angesehen werden und sicher eine längere Lebens-
kralt bewähre«. Wir müssen dem Verfahren der Direcliou, die,
«UtU uns Gäste mit abgespielten Stücken vor xulü tuen, lieber
Novitäten giebl, entschieden uosre Zustimmung geben, sie selbst
wie da« Publikum gewinnen dabei.
Üie Oper im Kroll'acbeo Etablissement gab tum ersten
Male Moiait's „Hochzeit des Figaro* 1 . Wer den Eifer uud den
Fleiss kennt, mit weichet) unsere Provipzbühntn dieses io vieler
Hinsicht so schwierige Werk darslellen, dem dOrfte (Or die Aus*
führung auf der Kroli'schen Bühne, wHche io dem unter tüch-
tiger Leitung stehenden Orchester eine schätzbare Basis hat,
nicht bange sein. Sie war in der That eine durchaus zufrie-
denstellende; namentlich zeigte Fräulein Hnrry, wie früher als
Donna Anna, so auch diesmal als Susaune die durchgebildete
Sängerin, welche in Auffassung und Geschmack Mozart*» Musik
trefflich versteht) auch die Damen Höflor und Eichhorn als
GräQo und Cherubim, die Herren Vierling, Hicnl, Schön
als Gral, Figaro, Barlolu leisteten Lobenswerlhes. Das Publi-
kum gab in reichstem Maas»« »eine Zufriedenheit zu erkenuen.
Dess es sich aber zu dem Verlangen nach Repetition mehrerer
Nummern bestimmen lies«, können wir nicht billigen — schon
deshalb nicht, weil das Personal tagtäglich Opern giebt und
manche Mitwirkende oft an aufeinanderfolgenden Tagen beschäf-
tigt sind, ein gebildetes Publikum ihnen also die Ermüdung der
Stimmen ersparen sollte. Zudem werden die beliebten Opern
öfter gegeben, das Publikum hat also für ein verliältnissmässig
geringes Eintrittsgeld hinreichend Gelegenheit, Nummern, die
ihm besonders gefallen haben, wiederholt zu hören. d. R.
Correspoiidonzeii.
baden- Baden, 7. August 18G9.
Ich kann Ibueu heute deu ausserordentlichen Erfolg von
Offenbach's neuer zweiacligen komischen Oper „La Princessc
de Trebizonde“ conslatireu, welches Werk dreimal vor
jedesmal gänzlich überrolltem Hause zur Aulführung kam.
Ottenbach bat aber auch diesen Erfolg in reichem Maasse
verdient; cs scheint, als ob die Periode der musikalischen
und iceniaehen Extravaganzen für ihn vorüber sei uud er sich
dafür einer solideren Ausarbeitung befleissige, ohne dass seine
melodische Erfindungskraft dabei einbüsse. In dem genannten
Werke hat er uun in glücklichster Weise den Styl der komischen
Oper mit dem der BoufTes io Vereinigung zu bringen gewusst.
Die Partitur ist sehr reich an den pikantesten Melodieeu uud über-
•prudelt stellenweise von Humor. Was jedoch aber gauz beson-
ders dem Werke zum Vortheile gereicht, ist, dass viele Nummern
mit wahrer Kmpfiudiing geschrieben sind und dass die Charakte-
ristik der einzelnen Figuren eine recht gelungene. Der Mangel
an Baum verbietet mir, mich ausführlicher über den Inhalt des Li-
brettos auszulnssen, nur so viel will ich Ihnen mittheilen, dass
selbes durch hocbkomische Situationen den Reiz der Musik noch
erhöbt. Ich nenne nun die Nummern der Oper, welche durch
ganz besonderen Beifall ausgezeichnet wurden und musikalisch
auch die besten sind. In erster Reihe steht das Finale des er-
sten Aets, in dem Offen hach — mau staune — sogar einen dop-
pelten Conlrapunkt mit Erfolg anbringt. Hiernach ist das Duett
im ersten Acte zwischen Raphael und Zauctta, als vorzüglich er-
funden zu rrwähuen, ferner das Ronde der Zanetta (stürmisch
da capo verlangt und gesungen), der Marsch der nächtlichen
Runde, gesungen vom Quartett der Pagen und dem Frauenchor
tletzlere in .Soldatentracht). Dieser Chor musste bei jeder Auf-
führung wiederholt werden, ist in der Thal aber auch ganz rei-
zend. Ich hebe noch ein Trinklied uod das originelle Melonen-
Sextett hervor. Die Ausführungen der Ojw waren recht gelun-
gen, namentlich aber die erste, bei welcher Meister Offenbach
selbst den Taststock schwang und Alles unwiderstehlich mit sieb
fort riss. — Ich muss ihnen uun noch über einige Concerte berichten,
welche allgemeineres tu leresae beanspruchen. Es ist d i es zunächst ein e
Soiree, die bei Frau V i a r d o t-G a rc i a , deren achöne ViUa der Sammel-
platz aller während der Saison anwesenden musikalischen Kunst-
uotabilitäten ist, stattfand. Die hervorragendsten hier anwesenden
Künstler waren dazu eingeladen, es befandeu sich darunter die
Herreu Kapellmeister Eckert und Couccrlmeister Stahlknecht
aus Berlin, die Herren Bottesiui uud Läouard aus Paris uud
Johannes Brahma. Ein Trio dca Letzteren fand iu der trefflichen
Ausführung seitens des Componisten uud der Herren Leonard
und Stahlknechtvordem zahlreich versammelten Künstlerkreis grosse
Anerkennung. — Die classischen Orchester-Matineen haben ihren An-
fang genommen. Die erste am 30. Juli brachte unter Könnemann's
Leitung von Inslrumenlalsacheo eine Haydn'sche Sinfonie in G-dur,
Meudelssohu's Huy-Blas-Üuverture, Träumerei von Schumann und
Marsch vou Berlioz in gelungener Execulion. Herr Conci-rtindster
Stnhlkuecht spielte eiue Fantasie • Caprice eigener Compoaitiou,
sowie ein Adagio vou Goltormaun und Abeudlibd von Schumann
unter grossem Beifall. Weniger gluckte es dem Violinisten Du-
puis, dessen Wahl — Fantasie über die Favorite von Alard —
auch in den Rahmen eines classischen Concerte« nicht passte. —
Das grosse Concert am 5. d gab uns Gelegenheit, sieben bedeu-
tende Künstler zu hören. Fräuleiu Battu errang mit ihrer sym-
pathischen Stimme die Gunst des Publikums im Augenblick, auch
Fräulein Schmidt hatte mit ihren Vorträgen Erfolg. Herr
von Milde ist ein gauz vorzüglicher Säuger, der Stockhauseu in
mancher Hinsicht an die Seite gestellt werden kann. Er saug
die Arie des Grafen au« „Figaro“ und 4 Lieder von Lassen.
Leonard ist ein anerkannter Meister, er spielte ein Concert und
„Souvenir de Haydn“, beides eigene Compositionen. Herr Jaäll
spielte im Vereine mit seiner Frau die Schumann schen Variationen
für 2 Claviere, ein hochpoeüaebes Werk. Das Zusammenspiel
beider Künstler war von glänzender Wirkung. Das Hiller'sche
Concert, welches der Künstler ausserdem vortrug, konnte uns
nicht besonders ansprechen und war auch der Erfolg ein beein-
trächtigter, obgleich die Ausführung ebenfalls eine vollendete war.
Als interessantes Intermezzo spielte die Hnrfenvirtuusin Fräulein
Heerinann eiue Concert-Etude von Parish-Alvars, Der Ouver-
türe „L’ätoile de Baden“ vou Botteslni ist noch anerkennend zu
gedenken. —I.
Pari«, 7. August 1860.
Die letzten Conservatoire- Concurse gaben neuerdings Au-
lass zu den «eit einer Reihe von Jahren wiederkehreuden Kla-
gen es stelle das Pariser Conservatoire nicht mehr auf der Höhe
seiner früheren unter Cherubini eingenommenen Rangstufe und
sei in der Decadenz begriffen. Man beschuldigt das jetzige Direc-
toriuni allzu grosser Nachsicht und des Maogels an Energie; mau
beklagt die Leberhäufuiig der einzelnen Klassen durch Schüler,
«o zwar, dass der Einzelne nur etwa zwei Minuteu Unterricht
gemessen könne, gerügt wird ferner auch die Liberalität bei der
Zulassung zu deu (Toncursen, während früher nur die Aus-
erlesensten hierzu berufen wurden, und die Anzahl der
Concurreuten in je einer Klasse auT höchstens 8 bestimmt
war, während niAti jetzt das Vergnügen habe, deren dreissig
ein und dasselbe Stuck vortragen zu hören. Früher wurden
grössere Concerlstücke vollständig gespielt, bereichert mit den
von den Concurrenten selbst componirten Cadenzen — jetzt hört
man nur uiivoilkommt-uc erste Sätze. Die schwaiheu Erfolge
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in dem Concuese der Optra comique und der Optra bezeugen
ferner, dass es den Eleven an Öffentlichen Uebungen fehle und
empfehlen sich allsonntflgliehe Productionen im dazu construir-
ten Cooservatoire-Saal, mit massigem Eintrittspreis. Trotz
alledem sind wieder einige junge KrAfte frisch von den Concur-
sen weg, für verschiedene Bühnen engagirt worden. So wurde
der Bariton Bouhy (welcher zwei erste Preiso im Gesang und
im 0ptra*Concour8 erhielt», ein geborner Belgier und nebenbei
Doctor der Rechte — vermöge seiner hervorragenden QualitAten
für die Opera engagirt Der Directeur des Athenee -Theaters,
Herr Martinet vindicirte sich den Tenor Idrao und FrAulein
Ca illut Ersterer wird iu Klcci's „Crispiuo e la Comare" debu*
tiren. FrAulein Mineur, die eine Scene aus dem Thomas’*
sehen „Songe d’une nuit d ete“ mit weit mehr Geschick und
Temperament als alle ihre Concurentinnen der Opera comique
vortrug, und doch seltsamerweise keinen Preis erhielt, wurde
dafür vom Publikum enthusiastisch ausgezeichnet und nach —
New-Orleans engagirt Die Jury musste sich wegen Nichtbeach-
tung dieser zu einer amerikanischen Grösse berufenen jungen
Dame vom Publikum eine arge Demonstration gefallen lassen —
die Unzufriedenen im Saale reclamirten laut den derselben ver-
weigerten Preia und benahmen sich in so excessiv tuinultirender
Weise, dass die Jury ihre Würde wahrte und, gleich dem Kaiser
der Franzosen, vorläufig der „Erneute nicht wich“. Was wird
erst geschehen, wenn FrAulein Mineur — Majeure wird und sie
die weltbedeutenden Bretter betritt, da jetzt schon, an der Wiege
ihrer Kunsllaufbahn solche Sceuen spielen?— Den ausgesprochensten
dramatischen Gesangsberuf unter den zahlreichen Concurrentin-
neu zeigte indess nur FrAulein Lieder, gebürtig aus Wicu, wel-
che im unsterblichen Duo des vierten Acts der Hugenotteu (mit
oberwfihntem Tenor Herrn Idrao) eine Leidenschaft und künst-
lerische Passion an den Tag legte, die für die Zukunlt viel ver-
heisat. Das talentvolle FrAulein wird jetzt, nach beendeten
Cohservatoire-Studien sich der deutschen Opernbühne widmen
— Avis für Intendanzen, die dramatische SAngerinnen mit der
DiogcneS'Laternc suchen. — In der Violinclssse war es wieder
ein AuslAnder, der den ersten Preis erhielt: Herr Marsik, vor-
maliger Schüler Leonard’» aus Brüssel. Darüber sind natürlich
die InlAuder. deren Fleiss und Talent geringer als ihre Ambition,
nicht erbaut. Den brillantesten Erfolg unter den Concursen
ernteten die Blas-Instrumeotalislcn — in Erinnerung an die ur-
sprüngliche Bestimmung des Pariser Conservatoire, das vom Cou*
vent der Rcvolutionacpoche gegründet ward, um die Kapellen
der Nationalgarde mit Musikern zu versehen. Die Ruh nie ström*
pete ertönte diesmal zu Ehren des Professor Arb an, dessen
Eleven im Cornel A piston sich des ausgezeichneten Mei-
sters würdig zeigten. — Die OpAra halte vor einigen Tagen ein
kleines Fest, indem Faure nach seiuem durch den Tod seiner
Mutter veranlassteil lAugereu Urlaub als Wilhelm Teil wieder
auflrat. Da überdies am 3. August 1H29 „Teil“ in Paris zum
ersten Male sufgeführt ward, so wurde hiermit zugleich dag
40jAhrige Gehurtsfest von Rossini’s Meisterwerk begangen. Faure
wurde mit minutenlangem Applaus empfangen; Frau Carval ho
sang, zum ersten Male in der Opera, die Malbilde uud schien für
diesmal in der Entfaltung ihrer Mittel gehemmt, erst im Duo
stellte sich das electrische Fluidum wieder ein. Herr Colin ist
für den Arnold noch zu sehr AnfAnger. — Director Perrin hat aus
Strassburg einen neuen Tenor roquirirt, welcher jedoch vor sei-
nem Auftreten ebenfalls noch einJahr in dieSchule geschickt wird. Viel-
leicht ein Pendant zu der Tenorgeschicbte vor eiuem Jahre. Ein allzu
theures Vergnügen für schülerhafte Leistungen. — Es scheint im
Rathe von Strakosch beschlossen, dass Capoul die Opera co-
mique verlfisst. Kaum trat das Schoossklod der Pariser Damen
fein glatt rasirt als Vert-vert wieder auf, nach der traurigen, freu*
den losen Zeit seiner Urlaubsreise, — da soll er nun schon
wieder mH dem Frauen- und Capoul • Entführer Strakosch
nach Amerika, gegen einen Schmerzenslohn von eitlen 30,000
Francs per Monat und extra 500 Francs per Abend, nebst*
bei freie Reise und Verköstigung. Alle Welt ist gespannt, wie
diese verführerische Geschichte enden wird. A. v. Cz.
Feuilleton.
Die Traoseriptien.
Von W. Lackewlti.
(Portsetiong.)
Wenden wir unsere» Blick von diesem Gelreihe auf etwa*
Besseres.
Der Erfinder der Transcriptioo ist Franz Liszt, und er
ist auch beinahe Her einzige geblieben, welcher es verstanden
hat, diesem Genre ein Interesse einzuflössen. Er weiss ihr
immer interessante Seiten abzugewinnen, er behandelt sic im-
mer mit Geist. Er weiss durch sein Figurenwerk eine Stirn*
muug zu erzeuget», welche der vou dem Originale erzeugten
möglichst nahe kommt, deuti zu erreichen ist letztere durch
die Uebertragung natürlich niemals. Durch die Kühnheit der
Ausführung hat Liszt gezeigt, dass die Trauscription, wenn sio
sich eben nur als solche gerirl, keineswegs unkOosllerisch ist,
keineswegs als ein blosses Monstrum verbannt werden muss. Eins
aber ist auch den Liszl’schen Transcriptioneu hinderlich ge-
wesen, das ist sein grossartiges Viriuosenthum, welches darin
zum vollsten Ausdruck hat kommen können. Oft übersteigen
die Schwierigkeiten alle Begriffe uud — die Schönheit geht
darüber natürlich verloren. Io mancher» seiner Transcriptioneu,
«. B. in den lllustratioos du Proph&te de ti. Meyerbeer, hat
aber Liszt auch schon selbst gezeigt, wie in solchen Stücken
die Techuik rein als Selbstwerk auftrilt, wio die herbeigezoge*
neo Melodien eigentlich nur den Anlass geben, um die aus-
serordentlichen Fechlerkünste einer wahrhaft grandiosen Vir-
luosillt zu zeigen.
Das aber war es besonders, was seiue Nachfolger ver-
führte, nicht den geistvollen, wahrhaft künstlerischen Ueber-
tragungen ihres Vorbildes nachzugehei»; die roulioirten Virtuosen
gaben eben nur Virtuosen-Transcriptionen. Da kamen Stücke zum
Vorschein, welche geschrieben zu sein schienen, einen Liszt auf die
Probe zu stellen oder aber, um jedem andern Sterblichen das Kla-
vierspiel auf immer gründlich zu verleiden. Schon dos Auge
schreckte zurück: affectuoso, piü affretando, sempre nffrelando,
appassionato, con «ravitA, dolcissimo, leggierissimo, piaogeodo,
precipitato, molto slentandn, piü « sempre slentando e soste-
nulo, sospirando, molto strepitoso, ppp und fff und andere
bekannte und unbekannte Bezeichnungen auf einer Seite mach-
ten schon den Beschaürr rein confuse. Das musste mindestens
eine Schilderung des Weltschmerzes der Menschheit oder des
Weltunterganges sein — o Gott bewahre, bei genauerer Be-
sichtigung entpuppte sich aus den schauerlichen Strichen und
Kreuzen als Skelett des Ganzen ein höchst einfaches, allbekann-
tes Ding — „Als ich auf meiner Bleiche'* oder „An Alexis
send* ich dich“ oder etwa» Aehnliches. Ja, es gab lollo
Christen unter diesen Trnnscripleurs der Liszt* Nachahmer-
Periode.
Der Standpunkt der Technik, in seiner Einseitigkeit erfasst
und ausgebildel, konnte zu keinem anderen Ziele führen, als
welches diese unmittelbaren Nachfolger der bloss virtuosen
Richtung Liszt's schliesslich erreichten. Die Fantasien dieser
Herren sind die traurigsten Producle inmitten des blühenden
Lebens einer beseelten Kunst, Producta der reinen Mechanik ;
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die Techoik arbeitet sieh darin eb wie da» Räderwerk einer
Maschinerie, kein Funke jenes blühenden Leben« leuchtet daraus
hervor. Da« beste, was nach meiner Ansicht Liait geschrie-
ben hat, weil eben das musikalisch Vollendetste und für uns
simple Gegenwfirller Verständlichste, das sind die Transcriptio-
nen Schuberl'scher Lieder. Die gegebene Form der wenigen
musikalischen, einer fast einheitlichen Stimmung in Schubert
entsprungenen Gedanken lässt den lebendigen Odem des klei-
nen Originalkunstwcrks in der Bearbeitung in eine so innige
Verbindung mit der Mechanik treten, dass beide zusammen
ein neues, zwar vom Originale inodißeirtea, aber ihm doch
möglichst entsprechendes Kunstwerk geben. Wo aber eioe
ganze Reitie von Opernmelodien, die doch den allerverschiedenar-
tigsten Gelühlsmomenten entsprungen sind, zu einer Fantasie
verarbeitet werden, da liefert auch Franz Liszt ein musikali-
sches Unding, ein Gerüst, Ober welches das buntschillernde
Gespinnst der luxuriösesten Figuration ausgebreilet ist. Und
seine eifrigsten Nachbeter haben nie etwas anderes geliefert.
Ihre Lieder uhne Worte sind keine Lieder; ihre Etüden ver-
folgen keine instructiven Zwecke; ihre Cnpricen sind nur Aus-
flüsse einer individuellen Capriciositfit; ihre Fleurs, Pensees,
Illustration» u. s. w. sind alle Eins, die Namen sind mamiich-
faltig, die Sache ist stets dieselbe: es sind Tranacriptionen.
Sie häufen Ober ein an sich ziemlich harmloses Material einen
solchen Ballast vou Schwierigkeiten und Extravaganzen, dass
man nichts weiter hcraushört und heraussieht, als die absicht-
liche Uebcrbürdung der Oberroüthigstrn Bravour.
Wer aber so vollkommen Herr ist über die Materie, der
muss nicht auf solche Weise seine edelste Kraft vergeuden,
der muss die Technik nicht um ihrer »eibat willen ausüben,
sondern darnach trachten, dass sie den ohne sie engen Raum
erweitere, um dem Geiste einen grösseren Spielraum tu ver-
schaffen.
Es hat glückliche/ Weise aber auch an solchen Minnern
nicht gefehlt, so Männern, welche dem Künstler Liszl, nicht
dem Virtuosen allein gefolgt sind, welche die künstlerische
Seite dieser neuen Formen in würdiger Weise herauskehrten.
Unter diesen erinnere ich io erster Reihe an Theodor K ullak,
Stephen Heller, Adolph Henne II u. A. Sie haben unsere
Clavieriiteratur mit mancher schöneu Perle bereichert und
sich meist fern gehalten von dem wüsten Ton- und Tasteolärm
der Excellenz- Virtuosen. Sie haben für diesen Kreis theils ganz
neue Formen der Bearbeitung, neue Namen u. a. w. schaffen
helfen, theils schon filtere Formen erweitert, freier ausgebildet
und ihnen einen voo gleichnamigen Composilionen älterer Zeit
abweichenden Charakter gegeben. EU ist uamenllich die „pi£ce
cerecterislique“, welche sie besonders gepflegt haben uud in
deren Rahmen sie den Beweis geliefert haben, dass die Trans-
scriplion und deren verwandte Formen keineswegs blos mon-
ströse, unkünstlerische Gebilde sind. Bei ihnen ist die Technik
nicht der Zweck, sondern nur das Mittel, ein wirklich künst-
lerisches Ziel zu erreichen, denn sio beweisen dabei nicht
minder, dass sie gleichfalls Meister der modernen Technik sind.
Theodor Kullak hat vornehmlich in der Form der „Paraphrase“
— die auch nichts anderes ist als eine neue, erweiterte Form
der Variation — Ausgezeichnetes geleistet. Die geschmackvolle,
pikante Behandlung der zu Gruude liegenden Themata lässt den
Gedanken an eine blos routinirte Virtuosität gar nicht aulkommen;
aie ist der Art, dass das Instrument io seiner grössten Vollen-
dung zur Geltung gebracht werden kann und der Künstler im-
mer Künstler bleibt. (Schluss folgt. )
Journal-Revue.
SAmmtliche Journale enthalten nur Fortsetzungen.
Nachrichten.
Berlin. Herr Anton Rubinateln verweilte auf der Durch-
reise nach Paria eiuige Tage hier. Der berühmte Componiat be-
absichtigt eine grosse Oper für die Opera in Paris zu componirca.
— Bekanntlich tragen sieh die Mitglieder des vom König!.
Musikdireotor Le wando wski ins Leben gerufenen Vereins der
Berliner Musiker-Krariken-Unteratötzungs-Kasse seit längerer Zeit
mit dem Gedanken der Gründung einer allgemeinen deutschen
Musiker-Peasionskasse. Sie glaubten für die Verbreitung dieser
Idee keinen günstigeren Boden Qnden zu können, als den des
am 10. uud 11. d, M. in Leipzig abgehobenen ersten deutschen
Musikertagea. Nach dein in der Vereinssilz u Dg am Dienstag die-
ser Woche erstatteten Beriohte der fünf nach Leipzig entsandt
gewesenen Delegirten hat man jedoch auf dem Musikertage jene
Proposition misstrauisch als socialistische Bestrebung aufgefaast,
so dass die bezüglichen Anträge vor der Beschlussfassung zu-
rückgezogen wurden. Dagegen ist es den Delegirten während
ihrer Anwesenheit gelungen, in Leipzig die Gründung eines Un-
terstützungsvereins nach Berliner Muster zu sichern und ausser-
halb des Dclegirleukrcises Sympathien für das allgemeine deut-
sche Pensions - Unternehmen zu erwecken. — Diesem Be-
richte zufolge beschloss denn die VereinaversammJung ein von
Berlin aus selbstständiges Vorgeben zur Realisation dea Unter-
nehmens uud setzte eine aus den Herren Frese, Thadewaldt,
W alter, Philipp, Bumke und vier anderen Mitgliedern beste-
hende Commission ein, weiche die zum Eutwurf des Statutes für
eiue allgemeine deutsche Musiker-Pensionakasse erforderlichen
Materialien Zusammentragen soll.
— Herr Jean Vogt ist von seiner (^wöchentlichen Reise aus
der Schweiz zurückgckehrt und bereitet sich auf eine Concert-
tournee für die kommende Saison vor.
Esslingen. Am 35. Juli wurde von unserem Oratorienver-
ein unter Mitwirkung der Zöglinge dea SchuUehrer-Seminara ein
Conoert in der Stadtkirche veranstaltet, welches eines starken
Besuches und Beifalls sich zu erfreuen halte. Aus dem gut ge-
wählten und mit erfrischender Mannigfaltigkeit ausgestatteten
Programme heben wir besonders hervor einen Chor mit Orche-
sterbegleitung aus dem Oratorium „Susanns" von Händel, an des-
sen ruhig einherschreitende aber gewaltige HarmouiengAnge sich
der Bacb'sche Choral „Aus tiefer Noth“ iu wirksamem Contraste
anschloss; ferner einen pomphaften Chor mit Orchesterbcgleitung
vou Marcello und die Motette für Mannerchor uud Orgel von Ch.
Fink (Op. 31) von 80 Seminaristeu exakt und geschmackvoll vor-
getragen; dieses letztere wirkungsreiche, echt kirchliche Tonalüok
ist uns Esslingern schon von einem früheren Kirehenconcerte
so bekannt und Heb geworden, uud wir freuten uns, unser gün-
stiges l'rtheil durch eine Kritik Ihrer Zeitung bestätigt gcfuuden
zu haben, in weloher diese Motette zu den besten dieses Genres
in der Neuzeit gezählt wird. — Die Soll de» Concertes bestanden
in dem von unserer bewährten Sopranistin Frau Fi sch lisch
ausgeföbrteu Vortrag eines geistlichen Liedes von M. Frank, in
dem 13. Psalm von Jul. Hieti für Bass und Orgel, einer schwie-
rigen, aber inhaltsvollen und charakteristischen Com position, die
in Herrn Lehrer Eberle eineu tüchtigen Interpreten Tand, und
in dem rührend-frommen Ave Maria voo Franz Schubert, wel-
ches die hochmusikaliscbe Gattin unseres Musikdirectors zum
ausdrucksvollen Vortrag brachte. Ausserdem erfreute uns ein
selten gehöstes, streng kirchlich gehaltenes Duett für zwei So-
prane von Mendelssohn („Wohin habt ihr ihn getragen“), ferner
264
•in mit grossen Klangwirkungen au «gestattetes „Ave Maria" von
F. Liszt (arrangirt für Violinen und Orgelt, und der durch Pro-
fessor Kink meisterhaft durchgeführte Vortrag zweier SAtze aus
der Orgelsonate F-moll von Mendelssohn, welche ebenso schöne
als wirkungsvolle Composition eines tiefen Eindrucks auf die Hö-
rerschaft nicht verfehlte- St-
Halle. Am 29. Juli brachte die hiesige Singakademie II An-
ders „Messias" in einer wohlgelungenen Aufführung zu Gehör.
Leipzig. In einer der letzten Abendunterhaltuogeuj des
TonkOnstler- Vereins kam eine Sonate für Violine und Clavier
von Bürgel zur Aufführung, welche sich als bedeutendes Werk
doeomentirie.
München. Am 96. Juli ist das Königliche Besiden 2 theater
wieder eröffnet w’ordeo.
— Die talentvolle Pianistin Krl. II ei n t z hat sich mit Herrn
Hofopera-Regisseur Hallwachs verheirathet. -**- Auber’s „Glfleks-
tag" ist nach den Ferien wieder gegeben worden und hat allsei-
tig gefallen. — Am 4. d. fand das 5te und letzte PrQftiogsconcert
der K. Musiksehule statt. Die Resultate desselben ergaben ein
Ausserst günstiges Zeugnis* für die Acht künstlerischen Bestre-
bungen der Anstalt.
Wetdenwaag. Die Sammlung für das hier zu errichtende
Glnek-Denkmal nimmt einen regen Fortgang; der bis jetzt ange-
sammelte Fond betrügt 1760 Fl. Von den deutschen Fürsten
spendete hierzu der König von Bayern 400 Fl., der König von
Wartenberg 100 Fl., der König von Sachsen 59 FL, der Gross-
herzog von Hessen 100 FL, der Grossherzog von Mecklenburg-
Schwerin 87 Fl.
Wien. Im Carltheater hat die erste Aufführung — Flotow*«
„Martha" — des komischen Opemcyclns mit Sontheim stattge-
funden. Der berühmte Tenorist hat sich denn auch wieder weid-
lich bervorgethan und w'urde mit Enthusiasmus angenommen.
Leber alles Andere aber, als Kapellmeister, Singer, Chor und Or-
ehester thut man gut, zu schweigen.
Rotterdam. Am Sb. Juli hat sich hier das rühmHeiist be-
kannte schwedische MAenerquartett der Herren Lutte man, Kö-
ster, Ellberg und Ryberg mit ungetbeiltem Erfolg hören las-
sen — Herr Lange jnn. hat ein Interessantes Orgefcon-
cert mit folgendem Programm gegeben: Toccata in F-dnr von
Bach, Sonate in A-dnr von Mendelsson, Präludium und Fuge in
E-motl von Bach, Concert von HAndel und Fantasie und Fuge in
G-moll von Bach.
Haltlmore. Das grosse SAngerfest hat in den Tagen vom
10. bis 15. Juli stattgefuaden, im Ganzen aber, eine gute Auffüh-
rung des „Messias“ ausgenommen, nichts Besonderes zu Tage
gefördert. Was die preisgekrönte Composition des Herrn Franke
„Hymne an den Gesang“ anbetrifft, so war dieselbe, gelinde ge-
sagt, eine Enttiuschung. Wenn das die beste unter den eioge-
sandten 69 ComposHionen war, wie müssen dann die anderen
gewesen sein. Es fehlt dieser Composition von vornherein Ein-
heit des Style* und jeder originelle Zug. Den besten Eindruck
machte noch der in der Art Niels W r . Gade’s gearbeitete mittlere
Satz, der wenigstens den Vorzug einer süssen, einschmeicheln-
den Melodie hat.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Berichtigung.
ln dem Abdruck meiner „Ankündigung einer mein neues
Schriftchen verurteilenden Kritik" (No. 30 d. Bl.i kommen einige
Druckfehler (z. B. Auslassung von Anführungszeichen) vor, die
sieh leicht als solche erkennen lassen. Nnr e i n e n muss ich hier
ausdrücklich berichtigen. Die in der ersten Anmerkung zu S. 943
(rechts) an Herrn Bitter gelegentlich gerügte falsche Schreibung
des Namens „BisehofP 4 lautet „Bisch ho f" fuicht Bischof), was
ich anführe, damit man die Hindeutung auf den andern Namen
„FiaehhoP 4 verstehen könne und mich nicht einer kleinlichen Pe-
danterie zeih«. A. v. Wolzogen.
Empfehlenswerte Opern im vollständigen Cla-
vierauszuge ffir Pianoforte zu ‘2 und 4 Händen von
Ed. Bote & 4S. Bock (E. Bock) in Berlin.
1Ur Sfr
Aaber, Ö. F. B. Der erste Glückstag, A 9 ms. ... 4 —
Bazi n, F. Die Reise nach China A 8 ms 1 10
Flatow, F. v. Die Grossfürstin, A 2 ms 6 —
Indra, A 4 ms 8 —
— — do., A 2 ms 6 —
Die W'iltwe Grapin, a 2 ms — 22$
tiounod, Cb. Margarethe, A 4 ms 9 —
do., A 2 ms. in 4* 6 —
do., A 2 ms. in 8* 1 10
Balevy. Das Thal von Andorra, A 2 ms 6 —
Meyerbeer, ©. Die Afrikanerin, A 4 ms. . .... 10 —
— — do., A 2 ms . 6 15
— — Dinorah, A 4 ms 8 15
— — do., A 2 ms 6 —
Nicolai, U. Die lustigen Weiber von Windsor, A 4 ms. 6 15
do., A 2 ms 3 15
OHenbacb, J. Daphnis und ChloA A 2 ms — 22J
— — Fortunio's Lied, A 2 ms 1 —
— — Ehemann vor der Thür, A 2 ms — 22$
Gcnovefs von Brabant, A 2 ms. — 22^
— *- Die schön« Helena, A 2 ms 2 —
— — Das MAdcben von Elizondo A 2 ms. -»20
Pariser Leben, A 2 ms n. 3 —
t *ir. agr
Offenbar)», J. PArichole, A 2 ms 2 —
Schuhflicker und Millionair, A 2 ms. -—20
— — Toto, A 2 ma 2 —
Urlaub nach dem Zapfenstreich, A 2 ms. . . . , 1 —
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Cberublnl, L. Missa pro defuoctis. Requiem in C-moll
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2 Pianoforte von J. v. Boom ... 35
Dora, H, Ouvertüre zur Oper „Die Nibelungen 4 ' für 2
Pianoforte zu 8 IlSnden arr. v. C Rurchard .... 1 25
tionnod, Cb Soldatenchor aus der Oper „Faust 44 für
2 Pianoforte zu 8 Händen arr. v. F. L. Schubert . . — 25
Meyerbeer, ti Grosser Indischer Marach aus der Oper
„Die Afrikanerin“ für 2 Pianoforte zu 8 HAuden v. C.
Bial 1 25
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Windsor". Arrangement für 2 Pfte. zu 8 Händen . . 1 15
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18. August 1869,
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Inhalt. ftf-upKifhle 4er Tonleitern von *L lutner. - Berlin. Revoe - Correnjondenien ana Pan«. Pr** und Kegenaburg. - Peoitlelon: Ui» Tranacriptio
von W. LaekowiU iSrbluaa). — Joornal-Rerne. — Sarhnrhlerv — tnsrrata.
Geschichte der Tonleitern.
Die theoretische Ausbildung der Tonleitern charakteri-
sirt die musikalische Bildungsstufe eines Volkes, denn sie ist
die Grundlage und der Inbegriff aller musikalischen Aus-
übung. Wir empfinden daher auch überall dort, wo die
Musik nur instinktiv betrieben wird, den Mangel einer gere-
gelten Tonfolge und vernehmen meist nur ein wildes, un-
musikalisches Hcrumspringen auf unvermittelten Intervallen.
Die Gelehrten haben sich zwar auch dort bemüht ein Ton-
system zu erkennen und haben mit Hülfe ihrer eigenen mu-
sikalischen Bildung das eine und andere aufgestellt, doch
die Völkerstämme selbst, denen dasselbe vindicirt wurde,
wissen davon nichts.
Es kann hier nur die Hede von den Tonleitern sein,
welche so zu sagen die Begleiter des Kulturzuges waren,
der bekanntlich seinen Weg von Osten nach Westen
genommen hat, und wir wollen hier auch nur alles das in
Erwähnung bringen, welches uns durch hinterlassene Werke
und beglaubigte lleherreste alter Kultur genau, bekannt ist.
Drei Arten von Tonleitern charakterisiren das Fort-
schreiten der Tonkunst:
Die griechischen Tonleitern,
die Kirchen-Tonnrten und
die 24 Dur- und Moll-Tonleitern.
Der I^aie schüttelt ungläubig den Kopf, wenn er
von griechischer Musik sprechen hört; er kennt und verehrt
zwar die literarischen und bildenden Erzeugnisse alt-griechi-
scher Kultur, doch an ihre musikalischen Leistungen will
er nicht glauben, und doch beweisen die auf uns gekom-
menen theoretisch-musikalischen Schriften und Aussprüche
eines Plato, Aristoxenus. Aristoteles und Anderer,
dass die theoretische Ausbildung ihrer Musik mit der prakti-
schen Ausübung Hand in Hand gegangen sein muss, da
das Erstere ohne das Letztere undenkbar ist und man dop-
pelt berechtigt ist dasselbe als ganz gewiss vorausiusetzen, da
die Theorie erst durch die Praxis hervorgerufen wird. Geber
Kurz und populär dargestclll von
Hob. Eiiner.
die Tonarten der Griechen besonders sind wir ganz genau
unterrichtet — Dank den vortrefflichen Werken Fr. Bel-
lertnann's „Die Tonleitern und Musi knoten der Griechen“,
Berlin 1847 und C. Fortlage's „Das musikalische System
der Griechen“, Leipzig 1847.
Die griechischen Tonleitern sind unseren Moll -Tonlei-
tern sehr ähnlich und der einzige Unterschied beruht bei
ihnen nur in der kleinen Septime. Die tiefste griechische
Tonleiter heisst Hypodorisch und sieht so aus:
Alle anderen werden nach dieser gebildet und lauten nach
ihrer spätesten Lesart:
1. Hypodorisch.
(FmottJ
6. Dorisch.
(BmotlJ
7. Jonisch.
(BmoU)
p=>--
% Hyj>°phrygisch.
ms$m
4. Hypoaeoliach.
(Qu-moUj
5. Hypolydij
(Amoll)
isch.
II Hyperdoriseh od.
Mixolydiach rsi-moUj
12 . Hyperjonisch.
CBmoUj
eflÜrl
1^ H^perphrygisch.
14. Hyperseolisch.
(Fu-moU)
15. Hy perlydisch.
ra-moiij
mz '
26«
Die mittelsten fünf Tonleitern sind die ältesten und die drei
letzten (13- 15) die spätesten, denn erst die Schriftsteller
nach Aristoxenus |354 v. Chr.) erwähnen dieselben. Man
ersieht aus der vorliegenden Tabelle, wie ausgehildet das
musikalische System der Griechen war und wie sie uns nur
wenig nachstanden, sogar ausser dieser diatonischen Ton-
reihe noch eine chromatische und enharmoniache hesaosen.
Doch von dieser reichen Auswahl benützten sie in der
Praxis (wie uns die Theoretiker erzählen! nur sieben Ton-
reihen und zwar die von F, G, A, B, e, d und es und
diese auch nicht in ihrem Tonumfänge von zwei Oktaven,
sondern nur von den Tönen f bis f ab, welches nach un-
serer Tonhöhe etwa von cis—ei » sein würde, also eine
l.age, in welcher Männerstimmen jeglicher Art sich bequem
bewegen können. Miesen Ausschnitt von einer Oktave aus
jeder Tonleiter nannten die Grieehett Oktavgattung, und
die jedesmalige veränderte Lage der beiden Halbtöne gab
das Erkennungszeichen, in welcher Tonleiter man sich befand.
Die sieben Oktavgattungen sahen also folgcndcr-
maasseti aus:
Hypodorisch: f g
Hypophrygisrh : J g
Hypolydisch:
Dorisch:
Phry gisrh-
Lydisch :
h c des es f
b c d es f
fgahcdef
f ges as b c des es /
fgasbgd es f
f JL a b e d t f
f us b 04* du* 4 *
Eine solche weise Beschränkung des Tooiuufangus gaR
natürlich nur für den Gesang, während sich für die Instru-
mente derselbe je nach dem Charakter und der Konstruk-
tion derselben richtete und die alten Schriftsteller auch
hierin von Verbesserungen und Erweiterungen sprechen.
Bis hierher ist der Unterschied zwischen den griechi-
schen und den unsrigen Tonleitern sehr gering, denn auch
wir schreiben jeder Stimme ihren bestimmten Tonumfang zu.
wenn auch nicht mit der Strenge, wie es die Alten gethan
haben; doch wir müssen noch zwei Einrichtungen erwähnen,
welche unser System nicht mehr kennt und zwar betrifft
das eine die Namen der Töne selbst. Die Griechen kannten
nicht die Eintheihmg der Tonleiter in Oktaven und verein-
fachten dadurch die Benennungen ihrer Töne, sondern sie
hatten eine feststehende Reihe von Namen, welche sie jeder
Tonleiter unterlegten und dadurch jedesmal für gleichlautende
Töne andere Namen erhielten. So hiess z. B. der unterste
Ton jeder Tonleiter stets Proslam hanomenos, der zweite
Ton jeder Tonleiter Hy pale, der dritte P.irypate u. s. w.
Dass dies die Erlernung und Bezeichnung der Töne sehr
erschwerte, liegt auf dor Hand, doch die Schwierigkeiten
wurden noch erhöht, indem auch die Notenzeichen für jeden
T on andere waren. Eine andere Eigenthümlichkeit der grie-
chischen Bildung der Tonreihen bestand in der Zusammen-
setzung durch verschiedene Tctrnchordt*. d. h. verschiedene
Quartenarten, welche durch die jedesmal veränderte Lage des
Halbtones unterschieden wurden. Nicht nur die zwei-
oktavige Tonleiter setzten sio auf diese Weise zusammen,
sondern auch ihre Oktavgattungen bestanden aus drei ver-
schiedenen Tetrachorden, und zwar den getrennten Te-
trachorden, d. h. eine in zwei Quarten get heilte Oktave,
z. B. von e — a und A — e, und den verbundenen Tetra-
chorden, in denen der oberste Ton der ersten Quarte
zugleich den untersten Ton der zweiten Quarte bildete,
i. B. ven h—e und e—a. Dadurch nun. dass bei der letz-
teren Art nur sieben Töne verwendet wurden und der achte
Ton übrig blieb, wurden sie noch darin unterschieden, ob
sich der alleiastehende Ton (diazeuktischer Ton) oben oder
unten befand. (Eine ausführliche Darstellung nebst Beispie-
len dieser Lehre findet man in den beiden oben genannten
Werken von Bellermann und Fortlage.)
Diese Lehren und theoretischen Gesetze linden wir bis
in das zweite Jahrhundert nach Christi unverändert beibe-
halten; doch nach der Zeit treten bedeutende Veränderun-
gen ein, und obgleich die mittelalterlichen Schriftsteller be-
haupten. dass sie nur allein dis griechischen Tonarten mit
Ausschluss des chromatischen und enharmonischen Geschlech-
tes haben, so ist doch von alle dem nur die äussere Form
derselben geblieben. Doch wir wollen an den nach und
nach eintretenden Veränderungen selbst in das neue System
der Kirchentonarten übergehen.
ßacchius und Gaudentius, Schriftsteller des zwei-
ten Jahrhunderts n. Chr.*), erklären alle Regeln an der ly-
dischen Scale (D-moll). Freierer sagt unter Anderem, dass
nur in drei Moden (Tonarleul gesungen wird, nämlich in
Dorisch, Phry gisch und Lydisch. Die Lehre von den Te-
trachorden ist bereits verseil wunden und die OkUvgaUun-
gen werden jetzt aus Quart und Quint zusammengesetzt,
und zwar durch die verschiedene Lage des Halbtons eben-
falls in drei Arten der Quart und drei Arten der Quint un-
terschieden. Gaudentius zählt die sieben Oktavgat Uingen
folgendermaasscn auf: Mixolydisch (man fing also von
der höchsten Tonleiter an zu zählen) wird in die erste Art
der Quart und in die erste Art der Quint eingetheill und
geht von llypate hvpaton bis Paramese — also vom zwei-
ten Ton« der T«fMer E*- w o l l bis zur Oktave f,. oder euf
die TonstuferMer Mischen Scale (D-moll) übertragen: von
dem Tone e — e. Lydisch wird in die zweite Art der
Quart und in die zweite Art der Quint eingetheilt und geht
von Parypate hvpaton tote Trite diezeugmenon — also vom
dritten Tone der D-raoll-Tonleiter bis zur Oktave f u. s. f.
Auf diese Weise wurde die phrygische, dorische, hypolydi-
sche, hypophrygische und hypodorische Oktavgattung einge-
tlieilt, nur mit dein Unterschiede, dass die letzten vier Oktav-
gattungen umgekehrt aus Quint imd Quart bestanden. Wir
sehen hier schon ein charakteristisches Zeichen der späte-
ren Kirchentonarten sich entwickeln, indem sich gerade da-
durch die sogenannten Toni in authentisch und plagal
(heilten, und wollen gleich hinzufügen, dass man nicht erst
auf Gregor den Grossen (590-604) zu warten brauchte,
welcher noch alter Sage die plagalen Toni hinzugesetzt ha-
ben soll, denn sie waren, wie wir oben gesehen haben,
schon lange vor ihm im Gebrauche. (Schluss folgt.)
Berlin.
it + t> u e.
Die Künigl. Oper begann am 13. ihre Vorstellungen mit
„Fidelio“, durch die Damen Voggeuhuber, Börner, die
Herren Lederer, Krause, Salomon, Krüger ausgeführl;
am 15. folgte „Oberon“ mH den Herren Woworaky und
Krause, den Damen Voggenhuber und Brandt. Beurlaubt
sind noch Frau Lucca und Herr Betz. Für den pensronirten
Chordirector Herrn Eisler ist Herr Gustav Langer, bisher
in Hanoover, eiogetreien und sludirt bereits die Chöre zu Wag-
ner'a „Meistersingern“. Demnächst werden noch einige Gast-
spiele zur Coinplelirung des Soloper&onab stallfinden: Fräulein
Pau ingart von Mannheim, die Bassisten Herr Behrens von
Stockholm und Herr Reas von Riga. Wie es heisst, soll
auch Frau Harriara- Wippern, nach längerem Aufenthalt
im Säden, hier wieder auftreten.
Im Friedrich-Wilhetmstidtischen Theater ist die gefällige
”1 Ihre Schriften sowie die der folgenden Schriftsteller llodd
man in Meibom's Antiqua« muaicae audores septem Amsteld.
267
OpereMe „Di« Schrecken des Krieges“ mit der anmulhigen
Musik von Coste ein beliebtes Repertoir-StOck geworden; die
NoviUU erwarb sich allabendlich den lebhaftesten Beifall.
Die Oper im KroU'echen Etablissement brachte neben
Wiederholungen von „Figaro’a Hochzeit“, „Traviala" u. s. w.
auch Donisetti 1 » „Linde von Chamouuix" mit der lOchtigen und
durch vielfachen Beifall ausgeteichneteo Leistung des Frlulein
Kropp in der Titelparthie. d. R.
Corr«#»pondens«D.
Paris, 16. August 1869.
Die Atmosphäre ist gesebwiogert mit Napoleons-Friedens*
hymuen. Zu diesem offiziellen Jubel gesellt sich in der Opära
„Faust“, im ThAAlre lyrique „Don Quichotte“. Die Freitheater
von heule sind die populärsten Vorstellungen des ganzen Jahres.
Die Blousenmänner in den Logensitzen der Optra, das ist die
Verwirklichung des jüngsten Pariser Fantastegebildes von einer
Optra populaire. Das hundertjährige Geburtsfest Napoleon*« be-
geisterte (auf Wunsch des General Mellinet) auch den Fürsten Ponia-
towski zu einem neuen Triumph-Marsche, betitelt „Le lentenaire“,
welcher heute von drei Militärkapellen in der Notrc-Dame-Kirche
gespielt wurde. Ob dieser Marsch wohl auch populär werden wird?
Wir halten dafür, dass die Anfrage nach Suez-Kanal-Actien stets eine
weit grossere sein werde, als nach diesem Musikstücke. — Mehr
noch als das heutige grosse Napoleonsfest, als die glückliche Legung
des französischen Cabels nach Amerika und als die bevorstehende
Eröffnung des Suez-Canals, interessirt die Hahitue'a der Optra
die verbürgte Nachricht, dass die grosse Meyerbeer-SAngerin , die
Königin uuter den Afrikanerinnen und Yaleutlnen, FrAulein
Sasa auf weitere vier Jahre für die Optra eugagirt wurde und
dass dieselbe somit dem beabsichtigten italienischen Renegaten-
thume entsagt habe. Eine VerAnderung in dem Embonpoint des
FrAuleins, würde, nach der Meinung Anderer, behufs poetischerer
Gestaltung ihrer Rollen nicht schaden — , doch sehen wir nicht
ein, weshalb hierzu eine Luft • Veränderung nolhwendig. Es ge-
nügt das AnhOren der heutigen Friedens-Cantaten, um eine noch
so starke Constitution io das Gegentheil zu verwandeln. — Nach
Napoleon werden demnAchst die Pariser den Berliner Tenor
Wachtel feiern, welcher von Maurice Strakosch für Amerika
engagirt wurde, und sich auf der Durchreise hier hOren lassen
wird, — wenn diese „Wachtel u -Geschichlc keine „Ente“ ist, wie
es bei der Geschichte mit Capoul der Fall zu sein scheint. —
Während unsere Tenoristen nach Amerika ziehen, kommen die
Sängerinnen von dort zurück. Es giebt nicht allein Europamüde,
sondern auch AmerikamOde, dies beweist die gestrige Wiederauf-
nahme der „Grossberzogio von Gerolstein“ im VariAlä-Theater
mit einer zum heimatlichen Foyer zurückgekebrten jungen Sän-
gerin. — Die Opera-comiquo wird mit Neujahr ihren besten Ko-
miker, Sainte-Foy, verlieren, welchen die russischen Rubel nach
Petersburg locken. Zu den neuengagirten Mitgliedern dieser
Bühne zählt, aus den letzten Conservatoirc-Concursen, FrAulein
Julia Reine, die daselbst den ersten Preis gewann. — Ferdinand
Strakosch bildet hier eine italienische Operngesellschaft für
Reisen in Schweden und Norwegen, mit den Damen Volpini
und Caraeciolo, dem Tenor Leopold Ketten, und als Chef
d’Orchestre den Bruder der Marquise Caux | Adeline Patti i den
Violinisten Carlo Patti. — Für die OpAra steht das Debüt zweier
neuen Tenöre zu erwarten, der Herren Sapin und Genevois
letzterer von dem Strassburger Theater. — Der Tenor Colin,
welcher in der letzten Teil - Vorstellung gesangliche Fortschritte
bekundete, ist stimmlich auf das lyrische Fach angewiesen, und
noch immer sucht die Opera ihren ileldentenor, der Meyerbeer's
und Verdi’s Opern siegreich besteht. — Bei der letzten Prew-Ver-
theffnng im Consenratolre hielt Marschall VaiMant, der Minister
des Kaiserlichen Hauses tmd der schönen Künste, eine Ansprache,
worin er, unter andern Reformen, die EinfQhrang einer Claase
for Vocalisation zum Nutzen der Gesangs-Eleven verhelsst, ao wie
arueh neue und strengere Dispositionen In Betreff der Zulassung
zo den Concurseo. — Ea war hohe Zeit hierzu, denn die Ge-
sangsclasse bewAhrte sieh ln den letztern Jahren als die schwächste
und gab es der Concurrenten Viele, aber darunter nicht viel gute.
Der Minister gedachte ferner Io auszeichnenden Worten der Dabtu-
geschiedenen des letzten Jahres: Rossini, Beriloz, und der Pro-
fessoren BienaimA und Germain Delavigne und des jungen Dioh-
ters Bouilhet. Mit Respect gehe dagegen der Todes-Eugel der
Zeit vorüber an dem mit alten Ruhm und neuen Lorbeeren be-
deckten unermüdlichen Direcfor des Conservatoire (Auberi. —
Die Decoriruug des Gesang-Professors Levasseur, des ehema-
ligen berühmten Bassisten der OpAra, mit dein Ritterkreuz der
Ehren-Legion und ein Concert der Preis-Eleven Fräuleins Mineur,
Reine und Notsag, Herren Bonhy und Bernerd beschloss
diese Feier. A. v. Cz.
Prag, 14. Angust 1869.
In dieser Sommersaison besuchte uns eine Schaar von GA-
sten aus Nah und Fern, die herrliche Genüsse darboten und
sich dadurch tief unserer Erinnerung eingeprflgt haben. Von
den Leistungen des Wiener Hof- nnd Kammersängers Dr.
Schruid habe ich bereits Mittheilung gemacht und will ich
jetzt nur noch hinzufügen, dass dieser Künstler als Mephisto
in Gounod*s „Faust 4 * von uns Abschied nahm, um seinen Platz
einem ehensolch* würdigen Kunstgenossen, dem Berliner Hof-
opemsAoger Herrn Betz, zn überlassen. Herr Betz trat bei
uns zuerst als Don Juan auf und obgleich der Enthusiasmus,
den das Gastspiel von Dr. Sthmiri angeregt, ein bedeutender
war, steigerte sich derselbe doch bei dem de« Herrn Betz zu
einer nicht mehr gewöhnlichen Hohe. Mit einer fast andächtigen
Begeisterung lauschte man dem herrlichen Gesänge dieses Mei-
sters. Reiches Stimmmaterial, musterhafte Vocalisation und eine
seltene dramatische Gestaltungskraft räumen diesem Künstler
unstreitig den ersten Rang unter den jetzt lebenden bedeuten-
deren Baritonistcn Deutschlands ein. Herr Betz trat noch auf
als Wolfram von Esehinbach, Valentin — welche Rolle Herr
Betz aus besonderer Gefälligkeit für Dr. Schmid Abernahm —
Graf Luna, Hans Helling nnd als Teil. Ueber den Erfolg seine«
Gastspiels noch etwas zu erwähnen, ist Bach dem oben Gesag-
ten wohl überffftssig. — Am 81. v. M. schied unsere bisherige
Primadonna Fräulein Brenner von unserer Oper, deren Zierde
sie sch einer Reihe von Jahren gewesen. Gegeben wurde zu
Ihrer Abschiedsvorstellung „Johann von Paris“. Fränleia Bren-
ner — die, wie wir hOren, In’s Privatleben zurflektritt — war
eine bedeutende ColoratursAngerin und wird sich ihre Nachfol-
gerin, FrAulein Hofrichler, Mühe geben müssen sich ao in die
Gunat des Publikums zu setzen, wie dies bei FrAulein Breuner
der Fall war. — Gegenwärtig sind die Wiener ÜAate Frlulein
Fischer und Herr Swoboda die Helden des Tages, die in
einer Reihe von Vorstellungen, besonders Offenbachscher Opern,
sich grosse Theilnahme und was noch mehr ist — stets über-
füllter Häuser zu erfreuen hatten. — Am 83. v. M. begannen die
Jahresprü fangen am hiesigen Conservatorium und vier Elevinnen
machten daselbst ihre Schlussprüfungcn. Das Programm bildeten
die folgenden sechs vom vollen Orchester begleiteten Gesangsnom-
mern: das Blmnenduett, die Arie der Titelheldin aus Spohr's
„Jessonda“, Anna’s Arie aus Marsebner’« „Hans Heiling* 4 , die
Cavatine Rosiuens aus Rosaini'a „Barbier“, die Schattentanznum-
33 *
Dioitized
268
mer Dinorah's und endlich das Duett zwischen Leonore und
Angiolelta aus Abert's „Aatorga“. Die Leistungen waren durch-
wegs befriedigend. Von den vier Elevinuen soll Fräulein Voigt
bereits einen Antrag für die Dresdener Oper erhalten haben. —
Am 94. v. M. batten wir das Jahresconcert des Milit.-Musikver-
eins, welches, von einem herrlichen Wetter begünstigt, in sehr
glänzender Weise verlief; ebenso folgte acht Tage darauf das
Jahresconcert des unter der Leitung des Herrn Nevikluff ste-
henden Mannergesangvereins „Arion“. — Zum Schlüsse nur
noch ein Beispiel von künstlerischer — Launenhaftigkeit. Herr
Robinson, der am 1. August seine Wirksamkeit an unserer
Oper antreten sollte, fand sich aus uicht angegebenen Gründen
bewogen der Tbealerdirection einfach anzuzeigen, dass er im
August in ein Seebad reisen und nach Prag überhaupt uicht zu-
rückkehren wolle. Das Worlbalten scheint also nicht des Künst-
lers Sache zu sein. Dr. B — r.
Begensburg, den 14. August 18Ü9.
Von nicht geringer Wichtigkeit sind die Bestrebungen „des all-
gemeinen deutschen Cäcilien- Vereins“, der am 3. 4. und 5. August
hier die zweite General-Versammlung abgehalteu hat. In seiner
Hauptrede betonte der Gründer und erste Präsident des Ver-
eins, Fr. Witt: „Welchen Einfluss müsste der Verein gewinnen,
wenn es gelänge, in jedem grosseren Orte einen kleinen Cäcilien-
Verein zu grüuden, dessen Mitglieder sich au regelmässigtu Ge-
sangsprohen Allwöchentlich belbeiligtuu , die dadurch zu ernster
Musiktbäligkeit herangezogen würden, denen die Kirchen -Musik
nach den Worten: Kr« urtm er rum gaudium eine heilige Freude
würde“. — ln seiuer Schlussrede kam Witt nochmals auf die „civi*
lisatorische Aufgabe des Vereins“ zurück. Dass diese Ideen uicht
lilos in der Phantasie des Reduers existiren, zeigt die geradezu
colossale Steigerung der Mitgliederzahl seit einem Jahre von 500
auf 9000, dann die ganze Reihe von Musikfesteo, welche von den
verschiedenen Bezirksvereinen abgehaiten worden sind. Glaubte
doch ein Redner, in der DiOzese Trier allein werde es der Ver-
ein auf 1000 Mitglieder bringen. Witt berief sich ausdrücklich
darauf, er wolle endlich einmal die vielen Reden, durch die Kir-
chenmusik sei auf den Kern des eigentlichen Volkes cinzuw irken
und ihm Kunatgeschmack beizubringeu, in die That uuisetzeu. —
Die Generalversammlung begann am 3. mit der Bogrüssuug, bei
welcher Witt einen Rückblick auf das Entstehen des Vereines
warf, Domchordirector Könen aus COln von dem COIner, Schmidt
aus Münster von dem Weslphälischeu Vereine berichtete. Zwei
grosse Mannerchöre von J. Manisch fanden dabei allgemeinen
Beifall. Am 4. August war die erste Morgenproduction: Choral,
Compositionen von Liszt, L. Hoffmann, Wesselack, Meüenleiter,
Greith, Witt» Palestrina und Vittoria wechselten. Um Jll Uhr
begann die erste Öffentliche Sitzung im Rathhaussaale. Zuerst
sprach Dr. Schwarz aus Ellwaugeu über die Wichtigkeit des
Vereines, dann Franz Witt Ober die Mittel zur Hebung der Kir-
cben-Musik. Er bexeichnete zwei: 1) Die Abhaltung von Musik-
festen mit belehrendem Programme, 2) Die Gründung von Ge-
sangsschulen. Nach ihm sprach Kalm aus Biberach (Württemberg!
über die Hindernisse, die dem Vereine entgegonstAndeu. Nach-
mittags 2 Uhr war Production in der alten Kapelle: Werke von
Haaler, Gabrieli, Rinaldo di Mel u. A. Wir machen bei die-
ser Gelegenheit auf die vom Vereine veraulassten Fortsetzungen
der Proake schen Musica divioa, bei Pustet erschienen, aufmerk-
sam; es sind 4 Hefte: 1) Die sehr schOue Missa „Tu es Petrus“
von Palestriua, Ost (2 Soprane, Bariton, Basa, Tenor, AH), die
bisher noch nie gedruckt , nur in einem geschriebenen rö-
mischen Codex enthalten war. 2) Sechs Motetten, darunter
zwei Perlen ersten und höchsten Rauges von Orlandua; die höchst
ausdrucksvollen Themen erregen Staunen, der Schluss des ersten
(Justorum animae) lässt, wie die Aufführung gezeigt bat, eine
prachtvolle Steigerung zu; das zweite gruppirt sich sehr wirksam.
Die Ostermotette von Casciolini erzielte einen Eindnick, der mit
dem Effekte der besten Werke s Her Zeiten wetteifern kann. 3) Fünf
Faiso bordoni von Vigdana und ein Bst. Magniflcat von J. Gabrieli.
4| Vier Litaueien von Orlandua, Cornazzani, Rinaldo di Mel Sämmt-
liebe Compoaitiouen und noch andere dazu kamen zur Aufführung.
Die sog geschlossenen Sitzungen (uur für Mitglieder) übergeben
wir, weil sie bloss geschäftlichen Angelegenheiten gewidmet waren.
Es fanden deren zwei statt. — Der Glanzpunkt des Ganzen war
das Kircbenconcert Abends 6 Uhr in der Kirche zu SL Emmeram.
Das Programm war geschickt zusammengestellt. AuT die herrliche
jubelnde Weihoachtsmotette aus dem 3. Baude der Motetten Pale-
strina’s folgte das Miserere von Orlandus (tbeil weiset, das vom
Dirigeulen Witt fast immer im pianiffün« gehalten wurde mit we-
nigem crtictndo : es war ein ernster mahnender Gesang. Hierauf
dAs an Steigerungen und Effekten reiche „Angelus Domini“ von
Casciolini, das ruhigere „Justorum animae“ von Orlandus, das
8st. „Laudamus“ von Fel. Anerio, der erste Busspsalui von Or-
landus ( theil weise !, der den Jubel wieder dämpfte und endlich
das Credo der Missa „Papae Marcelli“. Der Dirigent hielt sich
durchaus nicht an die Vortragsweise, welche die Vorrede zu diesen
Werkeu angiebt. Am 5. August kam die „Tu es Petrus“ mit drei
grossen Motetten von Suriauo, Orlandus und Giovanelli zur Auf-
rührung unter Direction des Domkapellmcisters Sch re ms. Bei
der darauf folgenden öffentlichen Versammlung sprachen Bischof
Senestrey von HegeDsburg, Domchordirector Köoeu aus Kölu.
Musikdirector Heim aus Hottweil (Württemberg!, Domorgauist
Hermesdorff aus Trier, Dirigent Kaim aus Biberach, der Ver-
einspräsidont Witt und endlich der Weihbischof Dr. Baudri aus
Kölu. Damit schloss die Versammlung. Schreiben verschiedener
Bischöfe, ferner des Herrn Abbe Dr. Fr. Liszt, des heil. Vaters
Pius IX. selbst beglückwünschten die Versammlung. König Lud-
wig 11. von Bayern hatte seine Theilnahme durch ein Geschenk
von 150 Fl., die Stadt durch ein solches von 100 Fl. zu erkennen
gegeben. So möge denn diese Versammlung, zu der mehr als
500 Fremde aus aller Welt, von Siebenbürgen bis zur Ost- und
Nordsee hinauf zusammengeslrömt waren, darunter fast alle Dum-
kapellmeisler Deutschlands, viele Frucht für die Kunst bringen.
Nicht ein Misston war in die Versammlung gefallen; sic zeigte
eine Harmonie, welche, wie die aus den elastischen Ton werkeu
entgegentönende, ungetrübt war. — tt.
Feuilleton.
Die Transeription.
Von W. Lackowitx.
(Schluss.)
Die Zeilen des Virtuoseuthum* par excelUnct, gewisserma-
äsen die Sturm* und Drangpermde der Kraftgemes, ist vorüber,
auch die grössten Virtuosen der Jetztzeit setzen ihren Ruhm
nicht mehr darin, fabelhalte FechterkunsfatQcke mit ihren Fin-
gern anzustellen, sondern darin, das Auditorium durch die Wie-
dergabe des inneren Gehaltes der TonstQcke su fesseln und
fortsureissen.
Damit ist auch die nur für Virtuosen berechnete Literatur
verschwunden, die Tranacriptionen u. ». w., die nur Schwierig-
keit auf Schwierigkeit häuften, sind nicht mehr; aber das Genre
selbst ial damit nicht auagestorben, es wuchert im Gegenlheile
fast mehr denn je. Von der Höhe indesen, auf welche es
schon sein Erfinder Franz Liatl erhoben, auf welche es einige
geistvolle Nachfolger su erhalten gewusst haben, ist es längst
herabgesliegen ; vielleicht hauptsächlich durch die Schuld jener
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rein mechanisch-technischen Kraftgenies. Lieferten Liszt, Kul-
lak, Heller, Henselt bisweilen, wirklich öppig moußireoden Wein,
so lieferten die Kraftgenies nur Zuckerwasaer. Es war aber
doch noch eio Gehalt darin, nimlkh Zucker, d. h. ein Clavier-
spieler, der es ihnen an Fertigkeit gleich that, konnte damit
seine Fertigkeil glänzen lassen. Was liefert aber die Legion
der jeliigeo Traöscriptionen ? Waseer natürlich, aber nur wässri-
ges Wasaer, io welchem gar kein Gehalt mehr ist, des sich
ala ganz ungenießbares, abgestandenes Wasser schon von
weitem durch die widerlichen Bissen kennzeichnet, die daraus
aufsteigen.
„Ja, die Toukunsl ist erschöpft, es ist nichts Neues zu
erfinden übrig geblieben“ sagen die Einen. Das ist Phrase.
Der sprudelnde Born der hehren Kunst ist unerschöpflich, er
ist ewig jung; man muss nur daraus zu schöpfen verstehen,
man muss die richtigen „Schöpfer“ dazu besitzen und antu*
wenden wisaeu.
„Wir können uichl andars“, sagen die Andern. „Wir
können uns dem Eiuflusse des Tages nicht entziehen. Die
jungen Damen und Herren, die Väter und Mutter wollen es
nicht anders, wir dürfen ihnen mit nichts anderem kommen.
Wollten wir es dennoch, so würden wir in vier Wochen unsere
Schüler und damit unser Brod, unsere Existenz verloren haben“.
Hall! das ist etwas anderes. Die Zeit will es, das Publikum
verlangt cs, somit wären die Erzeugnisse also ein BedOrfniss.
Und das sind sie in der Thal. Das musiktreibende Publikum
greift zunächst nach dem, was ihm im Leben zumeist oulge*
gelt tritt. Dass Mozart, Beethoven, Oberhaupt die dassischen
Meister cullivirt werden, ist eine erfreuliche Thatsache. Haben
wir doch unsere vortrefflichen Orcheslerconcefte, in welchen
die Meisterwerke in trefflicher Auslührung zu Gehör gebracht
werden; ist doch jetzt kaum ein Gonccrt denkbar, in welchem
nicht wenigstens eins der Kammer* und Clavierwerke der das*
machen Meister vorgeführt würde. Deren Publikum ist aber
ein ausgewähllea, ein exclusives, und nur in seinen Kreisen
wird daher auch das Verlangen nach classischer Musikspeise
wahrzu nehmen sein.
Der bei weitem grössere Theil des Publikums schöpft aeine
Musiknahrung wo anders her. Oper und Ballet, Burleske und
Posse sind die Hauptlieferanten, und der AbleiluDgsröhren von
diesen Orten in’s Publikum sind so zahlreiche, dass das Gros
der Menge faclisch kaum etwas anderes zu hören bekommt.
Der Geselligkeitstrieb ist ein Grundzug des Menschen, vornehm*
lieh des Deutschen. Wo der Deutsche aber diesem Triebe
huldigt, da erwacht auch sein Musiksion, und er geht am lieb-
sten dahio, wo er nach beiden Richtungen hin zu seiner Rech-
nung kommt. Er lässt sich Musik marhen, um desto ungenirter
plaudern und sein Glas Bier dazu trinken zu können. In den
Belustigungsorten sind die Pausen die schlimmsten Feinde der
Geselligkeit, da tritt gar häufig die Langeweile, welche durch
die Musik glücklich übertüncht wurde, gähnend hervor. Des-
halb werden doppelte und dreifache Orchester aufgestelll ; wenn
der Lärm links schweigt, kenn er rechts losgehen, die Lange-
weile kommt gar nicht zur Besinnung und das Publikum amü-
sirt sich. Oper und Ballet, Burleske und Posse, hier geht
Alles im tollsten Wirbel durcheinander. Es ist aber Musik,
Dooizetti und Verdi, Hertel und Offen bach sind leichter zu be-
halten und nachzupfeifen als Mozart und Beethoven, und was
man gehört, dem trachtet man nach. Dia Selbstausführung
hat aber oft ihre Schwierigkeiten, ist oft unmöglich, da muss
denn das Aller weltsinatrument herhallen, das Ctavier; es muss
der geduldige Vermittler werden, welcher dem musikbeflissonen
Liebhaber sein Verlangen nach dem Gehörten stillt. Es muss
aber auch Leute geben, welche diesem Verlangen entgegenkom-
men, indem sie ihm die Sachen so liefern, dass er sie auf seinem
Claviere spielen kann. Und solche Leute giebl es ja zur Genüge.
Man sehe sich aber diese Arrangements, diese Trans-
criptiooeo an.
Musikstücke, welche ursprünglich nicht für’a CI a vier ge-
schrieben sind, dringen auf die allerverschiedensla Weise in’s
Publikum und bleibsn hier haften. Das Bedürfnis, dieselben
auch auf dem Claviere spielen au können, ist somit ihatsfich-
lieh vorhanden, damit kann also die Berechtigung der Trans-
criplioo nicht weggeleugoet werden. Jene Tranacriptionen
in virtuoser Manier, können hier aber nicht io die Wagschale
geworfen werden; zu dieser Stufe der Technik erhebt sich nur
ein verschwindend kleiner Theil des musiklreibendeo Publikums.
Es jgilt vielmehr den Erzeugnissen „mittlerer Schwierigkeit“
und „leichter Spielart“, und diese sind cs, welche wir noch
schliesslich an dieser Stelle in’s Auge fassen müssen; sie gerade
sind es, von welchen sich die Musiker, namentlich die jungeo
Musiker mit so grosser Verachtung wegweoden. Ich meine
aber, mit Unrecht.
Der unerschöpflich reiche Liederborn, der uii9 Deutschen
flieast, tritt uns auf hunderten von Wegen entgegen, entzündet
so manches musikliebende und musiktreibende Menschenkind,
welchem Gott aber diu Mittel zur eigenen Ausführung versagt
hat. Es kano nicht singen, will dafür aber die Lieder spielen
und greift nach der nächsten Uebertragung für Clavier, die
einer jener Dulzendlnbrikanten, die Gott im Zorn eine Ahnung
von Tonika und Dominante hat bekommen lasaen, gemacht hat.
Liegt nicht in diesem Drang« nach Aneignung einer Perle
unsrer Musikliteratur, wenn auch in andrer als der Original-
form, ein wichtiger Fingerzeig für das, was man den allgemei-
nen Musiksion im deutschen Volke nennt? Ist cs recht, dass
inan diesen Musiksion so verrotten, so kalten Blutes dem bo-
denlosen Abgrunde gänzlicher Musikverkommenheit zusteuern
lässt? Das ist nicht recht; unverantwortlich aber iet es von
denjenigen, iu deren Hand es gelegt ist, diesen Musiksion zu
erziehen und zu leiten, so dass die Kunst ihre Aulgabe au
einem Menschenherzen mehr erfülleo könne.
Transrribirt wird jetzt Alles, Arien und Ensembles, Lie-
der und Chöre. Bei den Produkten dieser rastlosen Thätigkeit
scheint aber der Schwerpunkt, der eigentliche Kernpunkt, dem
Lithographen zuzufaileo, welcher den Titel zu machen hat.
Auf den Inhalt kotumt’s so genau nicht an. Was thut's auch!
Wenn nur die Menge von dum Titel mächtig angezogen wird
und tüchtig kauft: Mundu* vult decipi! ergo ....
Mit Verachtung wenden sich unsere jungen Musiker von
dieser Erscheinung ab. Ich sage noch einmal, sie thun Unrecht,
dass sie dieses Feld, dessen grossen Einfluss auf die ganze
Musiktreiberei unserer Zeit sie selbst gewiss nicht wegleugnan
werden, so ganz und gar unberufenen Händen überlassen.
Was schaffen sie denn selber, und was nützt ihr Schaffen?
Sie schaffen zum großen Theile nichts anderes, nur mit dem
Unterschiede, dass ihre Thätigkeit mit sogenannten Originnl-
raeiodien betrieben wird. Man sehe nur die Titel: da wird die
erste liebe und der erste Kuaa, die erste Unterredung unter
dem Fliederbusch uud Gott weiss, was alles dsrgestelll. Ich
will zugeben, dass es im Characler unsrer Zeit liegt, io allen
Dingen den Mund möglichst voll zu nehmen und immer un
überschwänglichsten Superlativ zu sprechen, wo io Wahrheit
nur ein bescheidenes Positivehen vorhanden ist. Der kreisende
Berg gebiert eio Mäuslein; aber der junge Compooiat sonnt
sich im Glorienscheine »einer That. Wahrlich, wenn man die
Titelblätter der „Immortellea' 4 und drr „Monatsraten“ Umtausche,
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so hum man die beiden Hefte schon genau gekannt haben,
wenn aaan den Tatlach bemerken will, so geiao paest der In-
halt der vertauschten Hefte Zu den vertauschten Titelblättern.
Nun bitte ich aber, mich hier nicht missverstehn tu erei-
len. Es flllt mir nicht ein, damit etwa die jungen Componi-
eten lächerlich machen tu wollen; manche von ihnen wandeln
ja eogar recht ernate Bahnen. Aber ein Vorwurf »et ea atter-
dtogs, den ich ihnen mache, den Vorwurf einer Unterlassungs-
sünde, die sie begehen. Sie sind aum bei weit gröss-
ten Theil« auch practische .Musiklehrer und klagen als
solche fortwährend Ober den bitteren Kampf, den sie mit obige«
Krach ei nun gen zu führen haben, thun aber nicht das geringste,
dass es besser werde. Die Tranacription soll und darf keine
selbstständige Station im Unterrichte werden, denn sie ist selber
nichts künstlerisch Selbstständiges. Sie kann aber eine vor-
trefflich« Dtirchgaogsslufe bilden, zu Weiterem, gif bl ein vor-
treffliches Krhotungamittel ab, kann ein guter Leiluogsdraht
werden, zur Ausbildung des Musiksione« überhaupt. So wie
sie jetzt aber vorliegt und fast nur von eiaigeo unberufenen
Geistern angebaut wird, wäre efe wirklich eine Sünde, sie Ober-
haupt benutzen zu wollen. Diese Aneinanderreihungen von
Melodien in der Hechten mit Guitarrenbegleitung in der Linken,
diese Üutzendfabrikarheiien , au deren Verfertigung sogar Cla-
vierst immer den Beruf zu haben vermeinen, sind allerdings das
Schrecklichste und für den Schüler das Gemeingefährlichste,
was sich denken lässt. Das Publikum aber verlangt sie; die
Schüler wollen sie, die Eltern wollen eie, und der Lehrer muss
eich seufzend fügen und sich beugen vor diesen jammervollen
Machwerken.
Es ist wahrlich Zeit, endlich darauf bedacht zu sein, diesen
widerlichen Kxpectorationen entgegen zu treten, sie mit Energie
abxustreifen , nicht aber dadurch, dass sie verdammt und mit
Verachtung, aber auf Wunsch dennoch immer wieder gespielt,
sondern dadurch, dass bessere an ihre Stelle gesetzt werden.
Wenn sich die vielen talentvollen, jungen Musiker, die doch
meist auch zugleich Musiklehrer sind, entschlossen wollten,
selbst Hand anzulegen und die Traoscription aus dem Wust,
in dem sie befangen ist, heraus zu hebeo, so würde das
der wirksamste Damm sein, gegen die trübe Floth dieser
Erzeugnisse, mit welcher der Markt (Or den täglichen Bedarf
förmlich überschwemmt wird. E» sind immer edle Erzeugnisse,
meist aus dem Gebiete der Gesaogmustk, welche zu diesen
Umformungen benutzt werden, oftmals die kostbarsten Perleo.
Sollte es nicht möglich sein, ihnen etn ähnliches, aber wirklich
künstlerisches Gewand umzuhäogen, ao das« sie dem Bedürf-
nisse, zugleich aber auch dem gegebenen Zwecke entsprächen?
Sind doch unsere bedeutendsten Klavierspieler für virtuose
Zwecke mit so vortrefflichem Beispiele vorangegangen. Freilich
hatten sie nicht erst eine Fluth von Aflcrcrscheinuogen su be-
kämpfen, sondern traten selbstständig damit hervor eis mit *t-
was Neuem, das dem virtuosen Zwecke besser entspräche als
das bisherige. Was ihnen aber für ihre Kreise möglich war,
das muss such für niedrigere, in der Qualität kleinere, in der
Quantität aber bei weitem grössere Kreise möglich sein. Es
gehört nur etwas Selbstüberwindung dazu, und ich meine, der
Gewinn iet dabei immer noch grösser als bei der Composition
Von FUttrt d'amour, Immortelle i He. Ich kann mir nämlich
nicht denken, dass ein junger Künstler im Ernste dergleichen
BtOmeldio für wirkliche und wahrhaftige Thaten nusgeben
wird, sondern glaobe vielmehr, dass er dieselben selbst mir
für die leichten Ausflüsse von äugen Wirklichen Launen uad
Stimmungen hatten und zogestohen wird, dass seine eigentliche
Kraft ernsterem Streben zugewendet ist, seine Zeit anderen
Diogen gekört. Sollte es aber dennoch der Fall sein, dass
ich mich hiermit irr«, so wäre das sehr traurig für den Betref-
fenden, uad mit seioem Berufs zum Künstler sähe es sehr
zweideutig aus.
Journal-Revue.
Die Neue Ztschr. f. M. enthält einen am ersten deutschen
Musikertage in Leipzig gehaltenen Vortrag des Dr. Schueht
„Aesthetlsche Probleme in Bezug auf die Kunstkritik“ und be-
schlicsst den Fucbs'schen Aufsatz „Die Werkstatt des Virtuosen".
— Südd. Musikztg.: Musiktreibon in Amerika.
Die Revue et Gazette musirale bringt einen Auszug aus Fä*
tis' Hlstoire generale de ia muslque „Ober die Saiteninstrumente
der Orientalen“.
Nachrichten.
Aachen. Herr Musikdirector Wenigmann hat im Kurhause
ein beschtenswerthes Concert gegeben, aus dessen Programm
nachstehende Werke hervorzubeben sind: Ouvertüre zur „Dame
Kobold“ von Reinecke und „Leonore“ von Beethoven, Violioeou-
cert von David und Fantasie appassionsts von Vieuxtemps.
Aschaffenharg. Am &. d. feierte der „Msinlbsl-Sflogerbund"
seinen Sängertag.
Baden-Baden, 13. August Die zweite clasaische Matinee
des Kurorchesters fand am ti. d. statt. Das Programm war ein
äusaerst gewähltes und die renommirteo Namen der mitwirken-
den Künstler: Fräulein Marie Wieck aus Dresden und Herr Cosa-
mann aus Moskau stellten eineu hohen Kunstgenuss in Aussicht
Was zunächst die Ausführung der Orchesterwerke — Beethoven
Bte Sinfonie in F-dur, Serenade von Haydn und Weber'a Ouver-
türe zu „Hübezahl“ — anlangt, so war dieselbe eine musterhafte
zu nenneu und Herr Musikdirector Könnemann, welcher die
Direotion des Concertes in Händen batte, verdient unsere vollste
Anerkennung. Das Hauptinteresse des Abends nahm aber Herr
Coasmann ln Anspruch. Dieser vortreffliche Künstler excelllrte
wieder mit demselben Werke, welches er in voriger Saison ge-
spielt hatte, nämlioh dem Eckert'schen Cello-Concerte Diese
Cempositioo, welche schon damals das allgemeinste Aufsehen
erregte, errang auch jetzt wieder durch ihre grossen Schönheiten
einen ganz ausserordentlichen Erfolg. Das Concert ist äusserst
dankbar für den Spieler uad kann den Cello-Virtuosen nicht ge-
nug empfohlen werden. Fräulein Wieck trat zum ersten Male
hier auf und wurde vom Publikum sehr warm angenommen.
Die Künstlerin gebietet über eine sorgfältig entwickelte Technik und
schönen Anschlag und verbindet mit diesen Eigenschaften musi-
kalisches Verständnis. Ihre Vorträge, Chopin s F-moll-Coucert
und SolostOcke von Haesler und Liszt errangen ihr wohlverdien-
ten Beifall. — Am 11. wurdeu hier die Vorstellungen des Grossher-
zogl. Hoftheaters zu Karlsruhe, nach einer Unterbrechung von
zwei Monaten mit Mozarl's „Figaro“ wieder eröffnet. In der Be-
setzung der Oper waren gegen früher keiue wesentlichen Ver-
änderungen eiu getreten. Neu für uns war nur Fräulein Mur-
jabn als Susanne. Die noch jugendliche Sängerin, eine Schü-
lerin der Frau Viardot ist «in vielversprechendes Talent —1.
Kok. Im zweiten Kurhaus -Concert wirkten die Herren
Batta, Lubeok, Vivier und Madame Van den Heuvel-Du-
prez mit. Erstgenannter Künstler wurde von Sr. Majestät dem Kö-
nige von Preuesen mit besonderer Auszeichnung behandelt. Herr
Lübeck trug Beethoven ’s Sonate Op. 29 in Es-dur und eine
Chopiu'sch« Polonaise vor und erwies sich als bedeutender Pianist.
flambnrg. Herr Director Ernst wird das Sladttbeater am
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1. September eröffnen. Erster Kapellmeister ist Herr J. Fischer,
»weiter Musikdirigent und Chordfreetor Herr Metsdorff. Von
dem engaglrieii Ope Impersonale sind iu nennen die Herren Ri*
chard und Vary (Tenor), Theten (Bariton), van G alpen
(Besstiuffb) and die Damen frau LictHaay (1. dranetisehe Sän-
gerin), FrAul. HAnisch (1. ColoratursAngerin), Fröulain Börner
(1. jugendliche dramatische Gesaogsparihien), Frlulein Meineber
(Alt), in VorbercKung sind folgende NcvitAtea: „Romeo und Ju-
te“ von Gounod, „Hamlet“ von Thomas, „Der erste Glückstag“
von Auber, „Der fliegende HollAnder“ von Wagner und „Astorga“
von Abert
Kilo. Der Kölner Mannergesangverein und Kölner Sänger-
bund wird unter Mitwirkung namhafter Künstler am 82. d. ein
grosses Voeal- und InMrumentalconeert zum Besten der im Flauen'-
sehen Grunde verunglückten Bergleute geben.
Kreuznach. Die Herren Oberthür und de Swert heben
hier concertirt und durch ihre künstlerisch bedeutenden Leistun-
gen rekle UJfWre# davcngetrAgcn.
Im Köuigl. HofU»eater beginneu bereit» die Seif
proben zu „Hheingold“. Richard Wagner hat alle Einladungen
und Bitten seiner Freunde, den Proben oder der Aufführung sei-
nes neuesten Werkes beizuwohoe», abgelehni, da er nicht mehr
München besuchen wird. Nichtsdestoweniger schreitet aber aeia
Palais in der Adelguudenstrasse rasch der Vollendung entgegen
und fesselt durch seine Pracht alle Vorübergehenden.
— Man schreibt dem Wiener Fremdeublatt von hier: Die
Angelegenheit des Herrn von Bülow beschäftigt lebhaft alle
musikalischen Kreise. Wie ich bestimmt vernehme, bat der Kö-
nig dem Künstler ein Gehalt von 7000 fl. und eine seinerzeitige
Pension vou 4000 fl. anbieten lasseu, wenn er sich entschlieest,
auf seinem Posten als llofkapellmeisler und artistischer Diroctor
der Musikschule zu bleiben. Herr von Bülow bat diesen Antrag
abgelehut, und man fügt hinzu, er habe das Pensionsaoerblelen
nicht anuehuieu zu können geglaubt, da Franz Lachner nur 2000 fl.
Pension habe. (Ein gewiss edler Zug des Künstlers). Wer be-
rufen sein soll, an Bülow's Stelle den Dirigenleulhron zu bestei-
gen, darüber (heilen sich die Urtheile. Während die Einen den
Hofkapellmeisler Herrn Wüll ner nennen, wird von anderer Seite
versichert., dass Lachner besonders in letzter Zeit an Kraft und
Frische zugenommeu habe. Für alle F&Ue erwartet man, dass
der Musikdirector und Alterego Bülow's, Herr Hans Richter,
dem Institute erhalteu bleibt, denn selten noch wurde von den
Mitgliedern der Oper und des Orchesters einem Dirigenten mit
Einstimmigkeit das Prognostikon einer grossen CarriAre gestellt,
wie diesem jungen Manne.
— Die Schiller der Königl. Musikschule haben beim Jahres-
schluss Herrn von Bülow, als dem technischen Director der-
selben, zum Abschied einen silbernen Kranz überschickt. Der
Fortbestand der Musikschule, welcher von einer beite her in
Zweifel gezogen wurde, soll, anderer Behauptung zu Folge, trotz
des Ausscheidens des Herrn von Bülow, ausser F'rage sein. —
Wie mau hört, will sich Herr von Bülow nach Florenz begeben.
Salzburg. Herr Mozarteums-Director Bach hat soeben eine
grosse Festmesse für Soli, Chor täslimmig) und Orchester mit obli-
ligater concertsnter Orgel in D für den hiesigen Domchor vollendet,
welche demnAchst von denvereinten musikalischen KrAften der Stadt
unter der Leitung des Komponisten zur ersten Aufführung gelan-
gen wird. **• Am 18. d. Uudst das gross« Kaiaer-Conoert des Mo-
zarteums zu Salzburg in der Aula unter Leitung des artistischen
Director« Bach statt, wobei der berühmte Geiger, Herr Professor
Joachim aus Berlin und dessen Gattin milwirkeu werden und
unter Anderem eine Fest-Ouverture von 0. Bach, das grosse llal-
lelujah sus Handel s „Messias“ und Beethoven s 8. Symphonie
Io F-dur zur Aufführung gelangen.
Wien. Das neue Opernhaus wird n*eh den Ferien mit Mo-
zart’a „Zauberflöte“ eröffnet
Wiesbaden. Das 3te Concert der Administration brachte
uns süsser einer jungen noch unbekannten Pianistin FrAulein
Poppe nur Künstler-Namen ersten Ranges als Frau Peschka-
Leutner und die Herren Tenorist Müller, Professor Ober thür
und Wilhelm y. Sentstion erregte Frau peschka-Leutner, ge-
genwärtig wohl die bedeutendste ColoratureAogeri». Dieselbe
sang eine Arie aus der „Zauherflöte“, die bekannten Variationen
von Prooh und zwei Lieder von Mendelssohn und Schubert.
Herr Wilbelmy spielte Rubinsteins Violinconeert, ein geistreiches
Stück, welches ungeheure technische Anforderungen an den Vor-
tragenden stellt, und die HAverie von Vieuxtemps mit der kühn-
sten Sicherheit, so dass man glauben möchte, für diesen Künst-
ler existirten keine Schwierigkeiten mehr. Herr Oberthar aus
London ist ein vorzüglicher Harfenspieler, der ausserdem auch
noch ein ansprechendes Compositionslaleut besitzt. Herr Müller
sang Meyerbeers Romanze aus den „Hugenotten“ und eine Arie
aus „Martha“ von Flotow. Seine schöne Stimme errang die Sym-
pal***‘ Publikums uu «ug«. Dum Fftyjpip Poppe neben
dieseu CoryphAen einen schweren Stand hatte, dürfte leicht er-
klArlkh sein; wenn es ihr aber trotzdem gelang, einen vortheil-
haften Eindruck mit ihren Leistungen — Beethoven Ka-dur-Con-
eert L Satz uud Weber— Liszt Pollacc» in E-dur — hervorzu-
bringen, so eprieht da« gewiss um so mehr für di« toeilbjguog
der jugendlichen Künstlerin.
Belgrad. Das ueuerbaute fürstlich serbische Hof- und Na-
tionalthealer wird definitiv am 15. Octoher d. J. eröffnet werden.
Mailand. Im altem Theater RA ist eine neue Oper „Eine
Novembernacht“ von einem noch jungen Componisleu Namens
Iremoager gegeben worden. Leber da« Werk selbst lat nichts
zu sagen uud nur der Umstand erwAhnepswertb, das» d|c
2dstc neue italienische Oper ist, welche in diesem Jahre das Licht
der Welt erblickte.
Paria. Anton Rubiuateiu war vergangene Woche hierund
ist am Sonnabend wieder nach Petersburg abgereist. Er hat von
Herrn Sauvage da« Libretto einer grosaen Oper erhalten, wel-
ches derselbe auf Wunsch des Direetors Perrin verfasste. Ru-
binstein hofft die Oper bis nAchslen Sommer vollständig beendet
|u haben, sodass das Werk im Winter J87Ü— 71 zur Aufführung
gelangen könnte, -r Die Einnahme der Theater. Conccrte etc. haben
für den Monat Juli die Summe vou 718,018 Frcs. ergeben.
— Jaques Offen baoh feierte am 14. d. seine silberne Hoch-
zeit in Etretat
Warschau. Herr Musikdirector Bilse reussirt hier mit sei-
nen Coneerten ganz ausserordentlich. Dieselben erfreuen sich des
zahlreichste« Besuches vom feinsten Publikum und die Lejahyi-
gen der Kapelle, welche durch ihre Vorzüglichkeit ja allgemein
bekannt sind, werden stets mit reichem Beifaile ausgezeichnet.
Wüerst's interessante Orchester-Variationen sind dureb Bilse's
Vorführung allgemein beliebt geworden; am 16. kommt Rubin-
stein's groaaartiger „Iwan“ zum erste» Male zu Gehör. Vou
Sciteo hiesiger Verehrer wurde Herrn Bilse vergangene Woche
eine kostbare silberne mit Gold ausgelegte Fruchlschale über-
reicht Am 13. d. feierte er seiue silberne Hochzeit. Herr Bilse
gedenkt bis zur ersteu Hüllte des Septembers hier zu verweilen
und hierauf iu Königsberg uud Danzig sg concertiren. Am
1. Octoher beginnen dann in Berlin seine mit Recht so beliebten
Coucerte im Medding’schen prachtvollen Coneerthause.
Guter Verantwortlichkeit von E. Bock.
>y Google
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Im Verlage von E. W. Fritzsoh io Leipzig erscheint Anfang
Oetober d. J. mit Eigentumsrecht :
Die sieben Raben.
Oper in drei Acten von F. Bonn.
Musik von
Jo«. IUieintoor*©r.
Op. 20.
Cl&vler&asiog mit Text
(complet und in einzelnen Nummern).
Instrumental - Vorspiel
(ln Partitur, sowie io zwei- und vierhÄadlgem Clavieraoszug).
Potpourris
(für Piano forte zu 2 und 4 Händen).
Textbnch-
Y orstehende Oper ist am 23. Mai d. J. auf dem Königlichen
Hoftheater zu Manchen zur ersten von glänzendem Erfolg beglei-
teten Anführung gelangt und bereits auch von mehreren ande-
ren Bühnen in Vorbereitung genommen worden.
Bei Herrn. Welaabach ln Leipzig ist erschienen:
Musikalische Stutlienköpfe
von
Ca 311 a r a.
8*. 21 Bogen geheftet 1 Thlr. 24 Sgr.
Inhalt: C. M. v. Weber, Erz. Schubert, F. Mendelssohn - Bar-
tholdy, Bob. Schumann, Fr. Chopin, Frz. Liszt und Rieh. Waguer.
Obiges Werk — daa durchgehende günstig von der Presse beur-
teilt wurde — ist seines glatten und aumulhigeu Styls wegen
besonders dem Damenpublikum zu empfehlen.
Neuer Verlag vou Breilkopf dir II Artel in Leipzig.
Fissot, H. 12 Prdludes pour Piano. Op. 3. Preis 1 Thlr. 5 Ngr.
Treis Morceanx pour Piano. «Nocturne. Boutade.
RAveric.) Op. 4. Preis 22) Ngr.
__ Adagio et Presto pour Pisno. Op. 6. Preis 86 Ngr.
In Fissot tritt ein noch unbekannter talentvoller Compouist
vor das Publikum; seine feinen und interessanten Werke werden
sicherlich Freunde gewinnen.
Neue vierhändige Pianoforte- Compositionen aus
dem Verlage von ED. BOTE & G. BOCK (E. Bock)
in Berlin. Tb , r8gr .
Brunner, C. T. Op. 465. 3 Sonatinen.
No. 1. C-dur “
- 2. F-dur — 15
- 3. D-dur — 16
Floegcl, F Leichte 4hAndige ClavierstOcke im Umfange
von 5 Tönen.
Heft 1 - 10
- 2 - m
l.oeHcbhorn, A. Op. 86. 15 ClavierstOcke.
Heft 1, 2. 3 ä — 15
Hamann. B. Op. 10. 4 Charakterstücke.
No. 1. Marsch — 12)
- 2. Maieufest — 7)
• 3. Auf der Winzerei — 15
- 4. An die Nacht — 1*1
Htlehl. H. Op. 56. Aquarellen. 10 leichte Clavier-
stücke. Heft 1 - — 20
- 2 - m
Soeben erschien io unserem Vertage:
YAIWAI83S
sur „Faust“ do o-ounoa
pour le Violon avec accompagnement de Piano
P* r
HENRI VIEUXTEMPS.
Preis 1 Thlr. 17) Sgr.
Dieses Werk wurde in Paris und Londou vom Componisteu,
Frau Normao-Neruda und anderen bedeutenden Künstlern mit
dem grössten Beifalle gespielt.
Ed. Bote Ä («. Bock
(E. BOCK)
Königliche Hof-Musikhandlung. Berlin und Posen.
Clavier - Compositionen von Gustav la&uge
aus dem Verlage von ED. BOTE 6? G. BOCK ( E.
Bock) in Berlin und Posen.
Sgr
Op. 8. „Les cloches du Mariage aux Lanternea“ de J. Of-
fenbach. Etüde caracteristique 12)
. 9. „Lee trols GrAcos“. Mazurka de Coneert .... 12)
- 10. „Lameulallon d'une jeune fille“, RAverie ..... 12)
- 11. La belle Inconnue. Grande Polka 12)
. 12. Grand caprice ä la Valse ..*-•••••• 1*4
- 18. Causerie intime 12)
- 14. Glöckchen-Mazurka 15
- 15. Farewell! Meditation * . . 15
- 16. La Reine du Bai, Mazurka . . 20
. 17. PriAre a la Madonue, Melodie 12)
. 18. FAte militaire. Grand Galop 17)
- 19. Le retour du Soldat. Gr. Marche triomphale ... 25
• 20. Sehnsuchtsklänge, Melod. Tonstück 15
• 21. La Cascade, Morceau de Coneert 17)
• 22. Treues Gedenken, Melodie 16
- 23. Reigen im Grünen, Tanz-Idylle 17)
- 24. Die Libelle, Idylle 16
. 25. Wanda, Mazurka brillante 16
- 26. Jügerfahrt 20
. 27. Perles et Diamant» 17)
- 28. Dolorosa 12)
- 29. Treue Liebe 12)
. 30. ZAphirine 12 l
- 81. Edelweiss, Idylle * 12)
. 84. Le Retour du Printemps, Piece caractAristique . . 15
- 43. Fiscberlied, Tonstück 12)
- 46. Langage d'amour, Tonatück 12)
- 46. Stille Liebe, Tonstück 16
• 47. Au Bivouac. Grand Galop militaire 22)
• 48. Fleurs fanees, Melodie 12)
- 49. Erinnerung, Melodie 12)
- 50. Sercua. Polka brillante 12)
• 51. Minnelied, Melodie 12)
• 52. Einsame ThrAnen, Nocturne 12}
• 58. Hortensia, Valse de Coneert 16
• 55. La Sylphide, Morceau de Salon 12)
Eine wertbvolle Sammlung von Muaikalien, Manuscripten
und Büchern aus dem Nachlasse des verstorbenen Professor
Bach, ist zum Verkauf gestellt. Der Catalog liegt zur Einsicht
bereit in Berliu. Neanderstrasae 31, 1 Treppe links.
Verlig von la. BoU t g. Boefc H B.oH, Königl- Hofmiulktwidluns in Berlin, fran6»l»ch« Sir. »8«. and U. <1. Linden Wo . »7.
Urm'k *«m» C. F. Schmidt io Berti*. Unter de* Linde* So *>
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Will. Jahrgang M 34.
Von dieser Z*ito»c aradia»! w©cl**ntlieh
eine NuAmer.
23. August 1869.
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FaoilMoo: Muaikaliarba Aplioriaaian *on E. Naomaon. — Joarnal-Hrvae. — .V»<*hn-'M#n — In«. rate.
Geschichte der Tonleitern.
Kurz und populär dargestellt von
n ob. Eitner
iStohJuse i
Ehe ich zur weiteren Erklärung gehe, muss ich dem
Leser noch einen Moment vor das Auge rücken, welchen
er hauptsächlich festhalten muss, um das Folgende richtig
zu verstehen. Die Griechen zählten nämlich ihre zweiokta-
vigen .4 -Scalen von unten nach oben in Sekunden
fortschreitend, während sie die Oktavgattungen umgekehrt,
von der höchsten beginnend nach unten aufzäblten. Sei
es nun, dass die Späteren durch die Vernachlässigung der
zweioktavigen Scalen das eine für das andere hielten, oder
durch eine Verkennung des diatonischen Geschlechtes, unter
welchem man die Vermeidung jedes erhöhten oder ernie-
drigten Tones verstand, nur die hypolydische Scale |A-raoü|
für eine rein diatonische Tonleiter hietteo, kurz, die tntUel-
alterlichen Schriftsteller legten die altgriechische Erklärung
der Oktavgattuugen nur auf die hypolydische Scale an und
verwechselten dabei das Hinaufechreiten der Scalen und
Herabschreiten der Oktavgnttungen, so dass sie zwar die
gleichen IntervallforLschreitungen wie bei denen der grie-
chischen Oktavgatlungen erhielten, dooh die Reihenfolge
derselben in eine verkehrte Ordnung gerieth.
Martianus Capella, im 3. Jahrhundert lebend, naoh
Einigen erst um 475, lat der älteste uns bekannte Schrift-
steller. welcher diesen veränderten Anschauungen Ausdruck
verleiht. Wenn auch seine Erklärungen durch den Mangel
an hinreichenden Beispielen uns nicht völlig über den Stand
der damaligen Tonleitern nufklären, so genügt doch das
Gegebene vollkommen um darin bereits die mittelalterlichen
Toni zu erkennen. Er sagt unter Anderem, jetzt wird meist
nur das diatonische Geschlecht gebraucht und fügt den sie-
ben Oktavgattungen noch eine achte hinsu. Er beginnt
die Erklärung der Oktavgnttungen nicht mehr vom zweiten
Tone Hypate hypaton, sondern vom ersten Tone, dem Proe-
Inmbanomenos und nennt dieselben tonus primus, seeundus,
tertius bis tonus octavus. ßoethius ff 524) giebt die-
ser achten Oktavgattung den Namen Hypermixolydius.
Geber die nächsten drei Jahrhunderte sind wir ganz
ohne Nachricht. Die erste Schrift, wefeho uns wieder auf-
bewahrt worden ist, fällt in das achte Jahrhundert und ge-
hört einem Mönche Flaccius Alcuinus (735 — 804*) an.
Die acht kirohentöne treten hier schon in ihrer ganzen
Eigenart klar und deutlich hervor und werden zum or-
sten Male mit den Namen authentisch und plagal be-
zeichnet, d. h. in vier sogenannte Stammtonleitern und vier
von diesen abgeleiteten, welche eine Quart tiefer stehen, aber
doch ihren Grundton mit der Stammtonleitor gemein haben
eingetheiH. Ihr Unterscheidungszeichen beruht, wie bei den
griechischen Oktavgattungen, io der verschiedenen Lage der
Halbtöne und die Einthoilung in authentisch und plagal in
der Zusammensetzung aus Quint und Quart und Quart und
Quint. Aurelian (0. Jahrhundert) bezeichnet die acht
Toni mit folgenden Namen:
authentus protus, plagis proti,
authentus deuterus, plagis deuteri,
authontus tritus, plagis trili,
authentus tetrardus plagis tetrardl.
oder tetrachus,
Fragen wir uns mm aber, auf welchen Tönen sie die
acht Toni gebildet haben, so müssen wir die Antwort schul-
dig bleiben. Kein einziger dor bisher genannten Scliriflstel*
ler hielt es für nöthig, dies seinen Lesern und Schülern zu
sagen, es war eben so bekannt, dass sie jode nähere Er-
klärung für überflüssig hielten. Erst Notker Balbulus,
ein Mönch zu St. Gallen um 8A0, sagt, dass der 1. und
2. Ton (nämlich der erste authentische mit seinem plaga-
•) Die von jetzt ah Angeführten Schriftsteller und deren
Schriften befinden sieh in Gerbert's Scriptoree eoeleslastiei de
Musiea sacra. Blasianis, 1784. 8 BAnde.
34
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274
len) auf B endigt, der 3. und 4. auf C, der 5. und 6. auf
D und der 7. und 8. auf E. Dieb wären genau dieselben
AnfangstOne der altgriechischen zweioktavigen Tonleitern,
denn verseilt man die vier genannten Töne eine Quart tie-
fer, welches die vier plagalen Töne sein würden, so erhal-
ten wir die Grundtöne F O A B C D E, mit dem Unter-
schiede, dass die griechische siebente Anfangsstufe eg hie«»;
einen solchen Ton hielt das Mittelalter aber für einen in's
chromatische Geschlecht gehörenden und vermied ihn. Gleich
darauf sagt aber Notker: die acht Modi (Toni) steigen vom
untersten bis zum obersten Tone folgendermaassen hinauf:
„tonum, tonum, semitonum, lonum, tonum, semitonum' 1 und
der oberste Ton bildet die Oktave zum untersten*). To-
num heisst der Ganzton und scmitonuin der Halbton. ta-
gen wir diese Intervallenschritte auf eine sogenannte mit-
telalterliche diatonische Tonreibe an, so erhalten wir die
Toustufen:
GAHcde/g
Auf solcho Inkonsequenzen und schwankende Angaben
stossen wir bei den alten Schriftstellern sehr oft, da sie im
festen Glauben sind, dass ihre Toni den griechischen ganz
gleich sind, und daher die Lehrsätze der griechischen
Schriften oft wörtlich abschricben, während ihre praktische
Ausübung bereits eine veränderte Gestalt erhalten hatte.
Ich will hier uur noch ein späteres Beispiel enführen, um
meine Aussage zu erhärten: Bernelinus, ein Franzose aus
dem 1 1 . Jahrhundert, erklärt das diatonische Geschlecht on
der Tonleiter F G A B c d e f bis zuin eingestrichenen /
und bezeichnet die Intervallenschritte mit den schon oben
angeführten Namen tonne und -somit onus, welche aber
die Tonreihe F G As B c des es J etc. ergaben, also die
griechische hypodorische Scale.
Erst bei tlucbald |t 930) finden wir die Anfangs-
töue der acht Toni so bezeichnet, wie sie bis in's 16. Jahr-
hundert im Gebrauche geblieben sind und zwar sind dies:
d, authentus und plagius (subjugalisj protus
e, authentus und plagius deutenis
f authentus und plagius tritus
g, authentus und plagius tetrardus.
Guido von Arezzo <11. Jahrh.) verzeichnet sie noch
deutlicher und sagt:
toous primus, Dorius,
authentus protus:
ton. seeundua, Hypodorius,
plagis proti:
lou. tertius, Phrygius,
authentus deute rus:
tun qunrtua, llypopbrygiua,
plagis deuteri:
ton. quintus, Lydius,
authentus tritus:
ton. sextua, Hypolydius,
plagis triti:
tou. septimus, Mlxolydius,
authentus tetrardus:
ton. octavus, Hypomixolydius, _
plagis tetrardi: defgahed.
Dieses ist das Tonmaterial, mit welchem das sechs-
zelmte Jahrhundert so Grosses und Schönes geschaffen hat.
Wir erkennen hier dieselben Intervallenschritte wieder, wel-
che wir hei den OktAvgAltungen der Griechen gefunden hat-
ten, nur in anderer Ordnung und auf die A -mol! -Tonleiter
übertragen. Sieben verschiedene Tonleitern, durch die tage
der Halbtöne unterschieden, treten uns hier entgegen und
wir linden im touus seztus unsere Dur Tonleiter, im tonus
seeuodus die Moll-Tonleiter und ausserdem noch fünf Ton-
reiiien, welche unsere moderne Musik entbehrt. Doch ehe
wir diesen Verlust beklagen, wollen wir einmal Zusehen,
*) „ad haec souat supremua modua duplum reapeetu milmi“.
d
e
f 9
a
h
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H
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e
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h
c.
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A c
d
e
)
9-
wie die Alten ihre Toni verwerthet haben, denn es treten
an unser Ohr so unmusikalisch klingende Tonreihen, dass
wir einigermaassen verwundert fragen: Kann das wohl je-
mals Jemand schön gefunden haben? Hat man je ohne
den sogenannten Leiteton schliesseu können? Wir wissen
zwar, dass man demselben durch den Kirchenschluss aus
dem Wege gehen kann, doch die Alten werden doch nicht
immer ein und denselben Schluss gemacht haben?
Die endgültige Feststellung der vorliegenden acht Toni
von Musiker und Kirche (denn die Letztere war damals in
der Kunst die höchste Instanz | fiel in eine Zeit, in welcher
sich die mehrstimmige Musik noch in den ersten Versuchen
befand und der einstimmige Gesang von der Kirche als erste
und vorzüglichste Aufgabe der Musik gestellt war. Dieses
schloss die natürliche Folge in sich, dass das damalige Ton-
material dem Künstler (Sänger, Komponist) nur die Mittel
zum melodischen Elemente in die Hand gab. Sobald nun
diese Grenze von den Musikern überschritten wurde, muss-
ten sie naturgerecht auch die Grenzen ihrer theoretischen
Regeln und Grundgesetze überschreiten. Da nun die acht Ton-
reihen nur als Grundlage zum einstimmigen Gesänge dien-
ten, so wurde von dem Augenblicke an, in welchem inan
sich bemühte zur Mehrstimmigkeit zu gelangen, an dem
TongebAudc gerüttelt. Die erste Schranke bot der lydische
Ton dar, denn die Quarte /*— A musste selbst dem härtesten
Ohre missfallen, und dem Wohlklange wurde daher die
Eigenheit der Oktavgattung geopfert und b statt h gesetzt.
Wös dom Mischen Tone erlaubt war. konnte inan natür-
lich auch auf die anderen Töne übertragen, und schon II u c -
...bald setzt ausser bei dem 3. Tone überall neben den Tou
h auch ein jr. Der zweite Angriff gegen die unverletzbare
Tonalität der Kirchentonartea wnr die Erhöhung des Leite-
tones in der Cadenz. Jetzt tritt Gl a re an mit seinem Do-
decachord auf (1547) und erklärt die acht Toni für unzu-
reichend. Er setzt in der Höhe die Töne a, h, e und die
hierzu gehörigen drei plagalen Töne d, e, f hinzu und weist
nach, wie die Komponisten schon längst eine Vermehrung
der Toni angebahnt haben. Die nach ihm folgenden Theo-
retiker nahmen das System Glorean’s bereitwillig auf, Hes-
sen aber die Töne auf A und f wog und so blieben die
Kirchentonarten, auf zwölfe erweitert, bis in die letzte Zeit
ihres Bestehen, nämlich die authentischen:
d e f g a c
und die plagaleu:
.* A H e d e g.
Die Tage der Kirchentonartea waren aber init dem
Aufblühen der weltlichen Musik am Anfänge des sieben-
zehnten Jahrhunderts gezahlt Der strenge und reine Cha-
rakter derselben hatte bereits am Ende des sechszehnten
Jahrhunderts durch das Hervordringen der Chromatik sehr
gelitten und die alten Toni wurden fast nur noch äusseriieh
festgehalten. Einzelne musikalische Autoritäten, wie Seth
Calvisius (f I615|, suchten dieselben durch eine geistvolle
und klare Darstellung zu erhalten, doch der Drang nach
den naturgerecht hervord ringenden einzigen Dur- und Moll-
tonleitern Hess sich nicht mehr auflialten. Sowie das ganze
theoretische Gebäude einen totalen Umbau erlitt, indem die
sich entwickelnde Akkordlehre alles Frühere verdrängte und
die reine Gesangsmusik dem Gemisch von Instrumental- und
Gesangsimiftik weichen musste, die erstere sogar über die
letztere zu herrschen begann, so verblassten auch immer
mehr die Tonreihen, welche dem alten gesangreichen Kon-
trapunkte so ganz eigen und mit ihm innig verwachsen
waren. In der alten Musik gingen die einzelnen Stimmen
eines Musikwerkes so selbstständig neben einander und wa-
ren so innig von der einen Idee durchdrungen; Thoil zu
nehmen an dem kootrapunktischen Aufbaue des Tonsatzes,
dass man den Mangel einer vorherrschenden Tonika, wel-
che keine der alten Tonarten so bestimmt in sieh trägt
275
wie die modernen Tonarten, nicht vermisste, sobald sich
aber die Stimmen um eine concertirende nur begleitend schaar-
ten, und dadurch zur harmonischen Grundlage heran tersan-
ken, sobald trat das Bedörfniss eines tonangebenden Grund-
basses hervor. Die feinen Unterschiede der Kirchentonar-
ten wurden überilQssig und die festen und bestimmten Zöge
der Dur- und Moll-Tonleiter geoflglen den modernen An-
schauungen. Der Rückschritt ging jedoch nicht so schnell
von statten, und es bedurfte über ein Jahrhundert, ehe die
Dur- und Moll-Tonleiter zur herrschenden geworden war.
Die neuen Anschauungen griffen so allmälig um sich und
verdrängten so nach und nach das Alte, dass sich ein gewisser
Zeitpunkt gar nicht angeben lässt, wann das geschehen ist.
So schreibt z. B. Fr. W. Marpurg in seiner kritischen
Einleitung (1759 S. 138): „Die Reduction der zwölf Ton-
arien auf diese zwei, haben wir in der Millo des vorigen
Jahrhunderts, und zwar einem Tonmeister in Frankreich zu
danken, dessen Namen ich vor langer Zeit in einem Buche,
worauf ich mich nicht mehr besinne, gelesen habe. Ich
habe zu der Zeit keine Acht auf diese so merkwürdige
Veränderung gehabt, die den Grund zu einer ganz neuen
Art von Melodie gewisserroaassen gelegt hat 1 *. Doch schon
um 1998 schreibt Andr. Werkmeister in seinen: Die
notb wendigsten Anmerkungen und Regeln, wie der Bassus
continuus wol könne tractiret werden (Aschersleben, 1698)
„Heutigen Tages werden auch nicht mehr alle gebraucht
(nämlich die 12 Modi), die meisten nehmen nur 2 Modis
in einer perfecten und iinperfecten Tirade {Akkord) und
nennen sie dur und raoll ... Man könnte gar wohl in heu-
tiger Composition mit zweien Modis auskommen, wenn das
Klavier temperirt wäre. Man könnte dann auf jeden Cla-
vis einen Modurn setzen in’s dur und in’s moll, und erhielte
dadurch 24 triades harmonicus“. Ara entschiedensten und
wirksamsten kämpft Joh. Mattheson für die Einführung
der Dur- und Moll-Tonleiter und giebt in seinem neu er-
öffueten Orchester (1713) folgende Uebersicht: „Die Italie-
ner und heutigen Componisten gebrauchen jetzt folgonde
acht Toni:
D-moll, O-moll, A-moll . E-moll,
C-dur, F-dur, D-dttr. Q-dur.
Obgleich obenstehende 8 Toni schier die bekanntesten und
vornehmsten sind, so sind doch folgende nicht weniger ge-
bräuchlich und annehmlich:
C-moll, F-moU, H-dur, Dis -dur,
A-dttr, E-dur, H-moli, Fia-moll ,
Wer alle Toni zu kennen begierig ist, muss folgende dazuthun:
H-dur, Fit- dur, Git-moU, B-moll,
Ois-dur, Cit-moll, Ci s -dur, Dismoll .“
Hierauf eifert er gegen diejenigen, welche die Tonar-
ten bis auf 7*2 vermehren wollen, uod sagl: „Diese gehö-
ren nicht unler die Musicos Pratico», sondern Metaphysi-
cos, und haben hier nichts zu thun; denn, warum nicht
lieber aus jedem Schismale einen Ton gemacht, und
nach dem Moll oder Dur verdoppelt, so kämen gar 212
heraus? Sed cui bono? Damit sich Niemand etwas weiss
machen lasse, oder in der Zahl der Toni irre, so ist zu
wissen, dass wir nach jetziger Eintheiluog des Claviers
Inach welchem sich alle andre Instrumente richten) nicht
mehr als 12 differente Toni haben, so eben die 12 Seroi-
tonia der chromatischen Oclave sind, deren jedes durch die
tertias roinores oder majores einmal verändert werden kann,
also, dass die Vorgesetzte 24 herauskommen, und dabei
bleibt e s. M
Recenalon.
( InuHsen. Wilhelm. Op. 2. Fünf Schilflieder. Schwe-
rin, A. Trulschel. •
— — Op. 3. Fünf Lieder für Alt. Ebendaselbst.
Jenaen, Adolf. Op. 35. Sechs Lieder. Dresden, L. Hoffarlh.
Die oben genannten Werke von Claussen und Jensen
wählte ich zu gemeinsamer Beurtheilung aus, weil sie un-
gemein viel Gleichartiges bieten, weil sie gewissermaS9en
Früchte desselben Stammes sind. Während Jensen uns die
reife Frucht dnrreicht, ist Glaussen's Ernte noch nicht ge-
nügend gezeitigt. Beide für das Lied vorzüglich begabte
Componisten wandeln denselben Pfad, nur mit dem Unter-
schied, dass der Eine dem Andern ein gutes Stück Weges
voraus ist. Jensen. wie Claussen haben die Wurzeln ihrer
Liedercompoaition tief io Schubert'» Weise geschlagen, wo-
raus schon hervorgeht, dass wir es hier mit sehr anständiger
Musik zu thun haben. Jensen hat indessen eine Schumann*-
sehe Färbung angenommen, währond Claussen noch einiger-
roassen in Franz’schcn Banden schmachtet. Trotz dieser
sicher nachweisbaren Spuren ihrer Abstammung bieten je-
doch die Lieder beider Componisten auch vielfach Selbst-
ständiges, Eigenes; namentlich prägt sich bei Jensen bereits
eine entschiedene, zum Theil frappante Physiognomie aus.
Unsere beiden Autoren declamiren gut und interpretiren ihre
Texte verständig, oft sogar poetisch. Leider überwuchert
auch bei beiden die Clavierbegleitung; während sie bei
Claussen nicht eben Unbilliges vom Begleiter verlangt, wird
sie bei Jensen mitunter so kraus und schwierig, dass in
diesem Umstande nothwendig ein Heraraniss füj» die weitere
Verbreitung seiner Lieder liegen muss. So schön Jensen
und Claussen mitunter zu singen wissen, sie singen doch
noch nicht schön genug. Bei Liedern ist aber der Gesang
die Hauptsache, und die Lieder sind verloren, mit denen
der Sänger nichts macht. Man verzeiht oder vergisst
wohl ein allzu harmloses Accompagnement, niemals aber
eine unnatürlich geführte Singstimme. Auch in Bezug auf
musikalische Bonbous und sogenannte geistreiche Wendun-
gen hegen unsre beiden Liedersänger gleiche Neigung. Ich
verschmähe dergleichen keineswegs, wo es natürlich und
ungesucht zu Tage tritt, aber die Absicht darf man, wie
hie und da in den vorliegenden Werken nicht merken.
Nachdem ich nun meine Bedenken gegen dies und das gel-
tend gemacht, kann ich mit gutem Gewissen sagen : salvavi
animam meam und die angenehmere Pflicht erfüllen, das
Vorzüglichste aus den angeführten Liedern hervorzuheben.
Unter den Claussen'scheo Schilfliedern ist es vor allen
das zweite „Drüben geht die Sonne scheiden“, welches
einerseits den Anforderungen, die ich an ein gutes Lied
stelle, am meisten entspricht, anderseits aber durch Natür-
lichkeit und Innigkeit hervorragt. Weitaus bedeutender ist
aus Op. 3 das Heine'sche „Herz, mein Herz, sei nicht be-
klommen*. Wenngleich hier der Fall vorliegt, dass zu
Gunsten des schönen Begleitungsmotivs die Singstimme,
zumal in der ersten Hälfte des Liedes, auf die volle Ent-
faltung ihrer melodischen Schwingen verzichtet, so ist das
Ganze doch so stimm ungsreich uod so frei von allen Über-
flüssigen Zuthaten, dass es von bedeutender Wirkung sein
muss. Ich begrüsse mit Freuden in dem Componisten ein
junges, aber vielversprechendes Talent, dein Apollo viel son-
nig helle Stunden bescheren möge, damit er den düsteren
Schleier, den er über seine Gesänge ausgebreitet und kaum
flüchtig gelüftet hat, einmal ganz entferne und zeige, ob or
es auch versteht, heitere Klinge in die schöne Welt hinaus
zu singen. — Jensen grübelt in seinem Op. 35 weniger, als
er sonst zu thun pflegt, dadurch wird er aber mir und ge-
wiss auch vielen Andern nur um so viel lieber. „An der
Linden“ wird viele Freunde uod Freundinnen Anden, wenn
sie nämlich sehr gut Clavier spielen. Schade nur, dass der
Schluss zu kurz, zu unbefriedigend ist. Dagegen »8t der
Miltelsalz „Drunlen im Thal, wo der Waldweg geht“ von
grosser Schönheit, und das „wo durch die Felsen der
Wildbach bricht“ von einer musikalisch decorativen Präg-
nanz, wie man sie selten findet. Die Krone des Heftes aber
34 *
276
ist troli des im Beginn der drillen Strophe slootaodeu
Flusses, „Marg'reth am Thors“. Mir ist, als müsste Jensen
nach Beendigung dieses Liedes ein seliges .^mk" gerufen
heben, denn so gut ist’s ihm noch nicht gelungen; aber wo
er das gefunden, da müsste doch noch mehr dergleichen
seioj? Er grabe nur fleis&ig nach, und ich wünsche, dass
er eine game Ader finden möge. Richard Wöerst.
Berlin.
Revue.
(Königl. Opernhaus). Als Pluroketl in „Martha 44 am 18. und
als Bertram iu „Robert der Teufel 44 am 20. gastirte Herr Rosa
vom Theater zu Riga mit einem im Ganten günstigen Erfolge.
Herr Ress hat eine sonore Bassstimme, die bei massiger Ten-
gebung io der Miüellage recht wohlkliogt; leider geht das Be-
streben dea Sflngera nur nach Hervorkehren dea Wuchtigen,
dasu verbraucht er tu viel Athem, ao dass der Gesang etwas
Scharfkantiges bekommt und das Flüssige und Volubilc in der
Phraairung verloren geht. Vermag Herr Resa seine Gesangs-
manier in den Tönen der Miüellage und der Höhe bis tum F
mit dem Aufgebot all' seiner physischen Kraft durchtuführeo,
so erscheinen die tiefen Töne vom G an um so auffallender
schwach; <^a» liefe F in der Phrase „Ich lache 44 fall Bertram
1. Act) war klanglos, das tiefe Es iu der Phrase „Sinkst Du
in*s Grab 44 (3. Act) wegen seiner knarrenden Körperlosigkeit
fest komisch. Zu loben haben wir die reine Intonation und
das Streben nach Charakteristik im Vortrage; dagegen müsste
die Aussprache da9 rauhe Gaumeoartigo abtulegen suchen.
Alles in Allem ist Herr Bess ein brauchbarer Bassist für Par-
thieeo der modernen Oper, welche keine Kraft in der tiefen
Lage beanspruchen; Rollen wie Mozart’a Saraslro, Figaro,
Osmin, wie DandAU in „Jesanodn“ dürften dieser Stimme kaum
ausführbar sein. In „Martha 44 gab FrAulein Gr ossi die Martha;
der Gesaug erschien mit reinerer Intonation als früher, jedoch
ebeneo Uodioen-erlig empfindungslos. FrAulein Brandt (Nancy)
hat entschieden weniger Talent für den heiteren als für den
tragischen Gesang, deshalb sollte sie das Uebertreibeo in der
Nüancirung unterlassen. Der Lionel dea Herrn Ferenczy gab
in den ersten Acten manches Lokenswerfhe, spfiter trat wieder
Ermattung der Stimme ein. In „Robert’ 4 war Herr Woworsky
als Robert recht brav; die Cadeuz in der Sieilienne, welche
wieder nach dem Thema „Ha, das Gold ist nur Chimire 44 führt,
erscheint aber für den leichtblütigen, lebhaften Charakter viel
tu absichtlich berechnet. Die Alice der Frau Voggeohubtr
bot — wie alle Leistungen dieser Sängerin — Gelungenes und
Verfehltes in bunter Reihe; von dem Graziösen der Romanze
im 3: Act war fast nichts mehr übrig geblieben. Herr Lede-
rer konnte als Baimhaut wohl befriedigen; dem Duett mit
Bertram Hessen sich allerdings noch wirksamere Seiten abge-
winnen — Als Valentin in Gnunod's „Margarethe 11 debutirte
am 22. Herr G ölt ich vom Theater zu Laibach. Der Sfiuger
ist, wie wir höreu, erst kurze Zeit bei der Bühne und bestimmt
hier ein zweites Fach zu bekleiden; er bringt eine frische, an-
genehme, besonders in der Höhe wohikliugeiide Stimme und
eine ansprechende Persönlichkeit mH. Die erklärliche Befan-
genheit wird sich wohl geben und wenn Herr GAttig fleissig
ist, dürfte er mit der Zeit Erfreuliches leisten. In der Parthie
des Valentin Hervortretendes so geben, möchte wohl nur einem
roulinirten SAnger gelingen, für einen Anfänger bietet sie
dazu wenig Gelegenheit. Die übrige Besetzung der Oper
war: FrAulein Tremmel, FrAulein Gey, FrAulein Gr ossi
als Margarethe, Martha, Siebei, die Herren Ferenczy
und Salomon als Faust uod Mephisto. Als statistische Cu-
riositit führen wir ao, dass Abends vorher auf derselben
Bühne GÖlhe’s „Fauat“ gegeben wurde. SAmmtliche Vor-
stellungen wareo sehr gut besucht.
Im Friedricb-Wilhelmstadtischen Theater bestand das Re-
pertoir der Woche aus Cost6*s „Schrecken des Krieges“ und
aus Offenbach’s: „Grossherzogin von Gerolstein 44 , „Schöne He-
lena 44 , „Blaubart 44 , „Urlaub nach Zapfenstreich“, „Rogimenls-
zaubrer“. Nachdem Herr und Frau Neu mann vou ihrem Ur-
laube wiedergekehrt sind, hat auch OlTenbach's „Insel Tulipa-
tan 1, mit dem früheren ßeifalle ihren täglichen Platz auf dem
Theaterzettel eingeuoinmen. Eine kleine Operetten - Novität
„Die Schule der Liebe 44 von Henrion und Braun, Musik von
Maximilian Wolf hat sngesprochen. Der Componist zeigt in
dem Werkelten , welches wohl ein erster Versuch auf bühnli-
chrrn Gebiet ist, melodische Begabung und ein Streben nach
feinerer Charakteristik; er wird, sobald es ihm gelingt, uns
weniger Vorbilder und mehr Eigenthümlichkeil zu geben, gewiss
noch bedeutenderes leisten. Ein Trio hat mit Recht besonders
gefallen. In der Aufführung thateo sich in erster Reihe die
Damen Koch und Renom hervor.
Die Oper im kroll'achen Etablissement gab abwechselnd
die anziehendsten Vorstellungen ihres Repertoire. Die Saison
— anderwärts beginnend — neigt sich hier dem Ende zu.
Hert Bern erd hat bereits als Manrico Abschied genommen
und nahm noch einmal den Beifall des vollen Saals in Empfang.
Trotz de» wenig günstigen Wetters, versammelt sich liier all-
abendlich ein aus Fremden wie Einheimischen bestehendes
zahlreiches Publikum. d. R.
Correnpondenzen.
Dresden, im August 18G9.
Das entselzliehe Unglück, welches sich vor wenig Wochen
In einem Kohlen sehaehte in nAchster Nähe unsrer Stadt ereignete,
hat eine grössere Anzahl WohltbAtigkcitsconcerte zu Tage geför-
dert. Wie gewöhnlich ist es hei den meisten solcher Coucerte
weniger um den eigentlichen Zweck zu thun, vielmehr bietet
letzterer nur eine sehr erwünschte Gelegenheit, sich auch einmal
zeigen zu können oder von sich reden zu machen, kommt nun
schliesslich zu Guusiou der Verunglückten ein leidliches Resultat
zum Vorschein, so mag man jenen Gelegenbeilscoucertgebern
gern ihr Vergnügen leasen, wenn man sieh aber, wie auf der hiesi-
gen Vogelwiese einen lustigen Tag hereitel, um die ThrAuen vou
700 Wittwca und Waisen zu trockueu, so liegt in dieser Art
WoblthAtigkeit gewisslich ciue etwas starke Frivolität. Auf Gräbern
soll man nicht tanzen! Eine Art GedAchtnis&feier fand in wür-
digster Weise iu der hiesigen Frauenkirche zum Besten der Hin-
teriasseneu jener Verunglückten statt und zwar unter gefälliger
Mitwirkung geschätzter Künstler, hiesiger Gesaugvereiue uud der
Köoigl. Kapelle mit Hofkapelimeister Rietz an der Spitze. Herr
Hoforgaoist Merkel eröffn« te das Concert mit einem Präludium
mit Fuge von Sebst. BacIj und entledigte sich seiner Aufgabe
aurs Beste. Dann folgte der Choral desselben Coinponlsten
„Gieb dich zufrieden uud sei stille* 4 und hierauf HAndel's Arie
„Ich weiss, dass mein Erlöser lebt 44 von Frau Kainz-Prause
mit tiefer Empfindung zu Gehör gebracht. Eine ganz vortreffliche
Leistung war deuu ferner die des Herrn Coucerlmeister Lauter-
bach, weicher im Verein mit Herrn Merkel ciu Arioso für Violine
und Orgel von Rietz spielte. Vortrag wie’ Qotgfositioo hinterliessen
einen sichtlich angenehmen Eindruck. Den Schluss des Concerts
bildete das Requiem voo Mozart, in wetehem die Damen A Iva -
leben und Nanitz und die Herren Witt und Bcaria die Soli
übernommen hatten. Am wenigsten genügte erstgenannte Dame,
■d by Goo
277
leh vermisst« jede liefere Empfindung wie eingehenden Verständ-
nis«. Herr Seoria trug wie gewöhnlich etwas zu stark auf und
beeinträchtigte nur allzusehr das Lbeumaca der Ensemble. Die
Chdre gingen im Durcbechuitte recht brav, ebenso that das Or-
chester wie gewöhnlich seine Schuldigkeit — Am Hoflhealer
wurde jüngst ein neuer Tenor, eiu Herr Baehr vom StadUheater
zu Riga engagirt, dagegen wird uns Herr Labalt im nächsten
Jahre verlassen. Derselbe soll, hiesigen Blättern zu Folge, in
W ien ein Engagement mit 15,000 Fl. eingegaogen sein, eine Nach-
richt, die um so mehr Wunder nimmt als Wiener Blätter, wie
noch ihre geschätzte Zeitschrift, das Missfallen jenes Herrn bei
seinem dortigen Gastspiel schlagend genug conslalirt haben. Der
Verlust dieses Herrn wird une hier keine bchmerzen verursachen.—
Insernt vortrefflichen Herru Mitterwurzer soll jüngst bedeutet
worden sein, sieb in Zukunft von der Action zurückzuziehen.
Hierüber ist iu künstliche nden Kreiseu manches erbitterte Wort
gefallen und es ist auch schwer zu begreifen, wie man einen
Mann mit immerhin noch bedeutenden Mitteln so begegnen konnte,
zumal er selbst schon vor Jahren die jugendlicheren Hollen abge-
geben. Von den sämmtiiehen jetzt hier für diese Fächer engagir-
ten Künstlern, ist kein einziger, der uusern Mitterwurzer auch
nur annähernd zu ersetzen im Stande wäre und wenn man den
Herrn Tiehatschek (ein Greis von 66 Jahren i nooh don jugend-
lichen Max mit zitternden Händen und Beinen spieleu lässt, wes-
halb sollte Herr Mitterwurzer nicht deu Sachs, Teil, Teüramuod
etc. spielen können? Dieser Wiedcrsprucb findet hier mit Hecht
bittern Tadel. A. F.
Paria, deu 21. August 1869.
Die Compoaistea der Festcantaten des 15. August, welche
durch offizielle Auszeichnungen bereits ihren Lohn dahin haben,
machen in diesen Gelegenheit» werken gewiss keinen Anspruch
auf Unsterblichkeit Am hervorragendsten war die Cantate der
Opöra, „Le Ceatenaire“ betitelt Text von Alberic Second, Musik
von Adolphe Nibeüe, uud gesungen vou Fräulein Saas und
Herrn Faure. Derselben folgte die Gratis-Vorstcllung der „Hu-
genotten“, wobei von Seiten der die Loge# oceupireoden Blou-
senmäaner den Damen hass und Carvalho, insbesondere aber
Herrn Faure (Nevera) angebundenster Beifall gezollt wurde.
Zudem erfreute sich Meyerbeer« Werk der andächtigsteu Auf-
merksamkeit und des ruhigsten Beuehnieus dieses ungewohnten
Auditoriums, welches seine hunstliebe aueh dadurch oianifeaürt
halte, dass es seit 3 Uhr Morgens bis 1 Uhr Mittags, der Eröff-
nung des Theaters, vor demselben Quai bildete. — Im ThiAtre
fraopais wurde „Le Cliant de Victeire“ von Perauis — i aufgeführt
im Jahre 1806 in der Opdra) — von Eleven de» Gonsenratoire,
bestehend aus 50 jungen Mädchen uud der ChoralgeeellsobaA En-
fants de Paris, iu einer mehr tili da» Auge als für das Ohr ent-
zückenden W eis« vorgetragen. — Boulauger's „Don Quichotte“
iru TbeAtre lyrique vermochte ebensowenig zu festlicher büm-
mung zu begeistern als die Cantate der Herren Desarbre» und
Mangin: „La F4ta de Ja France“. Dafür bereitet uns das TheA-
Ire lyrique «ine andere Ueberrascbung bevor, indem es Director
Pasdeieup gelungen, eine biaber uuedirtu Oper Ualdvy s zu ent-
decket!, die den Titel „Noa“ führt, und zu deren Aufführung die
Familie Halevy'e ihre Einwilligung gegeben. Das wäre allerdings
eine That, die mindesten« den RieoiirVoreteliuugesi, mit welchen
das Tbeätre lyrique am 1. September wieder eröffnet wird, gleich-
käme. «r Auch d«r Oper« stellt eia specielles Kreigniss durch
eine neue Oper Rubinsleins in Aussicht, welche der berühmte
Pianist im Aufträge des Director Perrbi eouipoeiri. .HuWnsteiu
wsr letzterer Tage hier eingetrotfen, um »ich au diesem Behuf©
den vom Sauvsge verfassten Text einzuholen. Di« Oper soll
nächsten Sommer vollendet und im darauf folgenden Winter hier
avfgefübrt werden. — indessen profitirt die Opara von dem Wie*
derauftrelen Faure's in den Reprisen des „Wilhelm Teil“, wel-
cher Künstler nach dem durch daa Hlnecheiden seiner Mutter
versulasHten unfreiwilligen Urlaub, die Sympathien de« Publikums
in möglichst gesteigertem Grade wlederfludet. Faure, der gebil-
detste Sänger der OpAra, hatte die Gewohnheit, seine Io einzel-
nen Seeneu errungenen Erfolge bei jedesmaligem Auftreten durch
Sendboten an seine Mutter zu rapportireo, und ffthlt sich jetzt
durch das gezwungene Aufgaben dieser Gewohnheit während
der Vorstellung um so unglücklicher, Je mehr ihn das Publikum
auszeichnet. W'elch’ ein gewissenhafter Sänger Faure ist, geht
daraus hervor, dass er noch jetzt bei einem greisen Italiener
wöchentlich zweimal Leclioneu nimmt, und nicht früher die Bühne
betritt, bevor dieser zu den neu clnstudirten Rollen seine Appro-
bation giebt. — Die Säneerin Desiree Artöt ist aus Vichy hier
eingetroffen, um in den nächsten Tagen Ihre Vermählung mH
dem Baritonisten Padilla zu feiern. — Die Einnahmen der Thea-
ter von Paris im vorigen Monate betrugen nur 718,000 Francs,
somit eine Verminderung von 300,000 Francs gegen Monat Juni.
— Im Gaitä- Theater ging letzterer Tage eine neue musikalische
Bouffooerie „La Chatte blanche“, Musik vou Jouas, unter Assi-
stenz der Volksliedersängerin Theresa mifpopulärem Erfolge in
Scene. — Eine neue Opera bouffe von Lecocq, dem Autor
der gegenwärtig im Vari4t4-Theatcr wieder aufblühenden „Flcur
de ThA“, die sich „Rajah de Mysore“ betitelt, wird in den Bouf-
fes parisiennes zur Aufführung kommen. — Indessen bat wieder
die „Grossherzogin vou Gerolstein“ in dem unter einem neuen
Director, Herrn Bertrand, stehenden VarlAtA-Theater mit Frau
Zu lma-Bouffar in der Titelrolle, die Oberherrschaft gewon-
nen — dem Meister Offenbach bis zu seiner Wiederkehr im Win-
ter mit neuen Werken die Obergewalt auf dem Gebiete der mu-
sikalischen Bauffonerie sichernd. A. v. Cz.
Feuilleton.
Musikalische Aphorismen.
von B. Naumann.
Haudel schrieb sein Alexanderlest hei einem Bade-Aufenthslt
in Kochen, wohin er sich nach grossen, lieleiuschneideodeo
GemQJbsbewegungen , die er kurz vorher in England durchge-
macht, zur Wiederherstellung seiner erschütterten Gesundheit
zurückgezogen. Sem eigentliches Vaterland sollle ihm somit
nicht uur Heilung von körperlichen Leiden bringen, sondern
ihn auch innerlich befreien, indem es ihm die nöthige Müsse
und Stimmung lieh, sich durch eine groase künstlerische That
von dem Drucke zu erlösen, der bis dahin aui seiner Seele
gelastet, lo der That blieb Händel von jenem Zeitpunkte an
dem Oratorium (reu, das er aus einer der stereotypen uud be-
schränkten Kunstformen damaliger Kirchenmusik zum musika-
lischen Epos erhob uud erweiterte, während er der Oper, die
ihm so viel Schmerzen und vergebliche Kämpfe gekoetet, fortan
den Rücken zuwandte. Man wird begreifen, dass ein Werk,
welches einen so wichtigen Wendepunkt iru Geistesleben des gros-
sen Tondichters bezeichnet, vou keinem untergeordneten Kunst-
werlhe sein könne. Es ist von einer Hoheit des Style, von
einer küps tierischen Objecüvilit in der Darateiluug der «ntge-
gcngeseUlnsien Slmuuuugeu uud einer musikalischen Plastik,
die uns unwillkürlich an Homer mahnt. Namentlich aber
zeichnet ex sich durch einen Melodieenreichlhum und eine Ju-
gendfrizehe au», die *s fast unglaublich erscheinen lässt, dass
Händel bereits das fünfzigste Jahr erreicht halte, als er dies
Werk schrieb, mit dein er die glänzende Reihe seiner Oratorien,
278
wenn auch nicht gerade eröffnet«, so doch ab Arbeiten in
einer neuen, selbe (geschaffenen Gattung der Kunst der Welt
inerst ankündigte.
Das Finale des ersten Aktes von Titus gehört tu den er*
habenden Schöpfungen Mosart’s und der gesarmnteo Tonkunst
und wir können nur erstaunen, wenn wir sehen, wie auch
hier wieder die grössten Wirkungen mit den einfachsten Mitteln
erreicht werden. Es weht uns io diesem wundervollen Ades-
Abschluss die ganze tragische Grösse und Erhabenheit des
klassischen Alterlhums an. Man fragt sich unwillkürlich, ist
das noch derselbe Meister, der, wie er hier die hohe Majestät
und mildeste menschlichste Seito des Römerthums Leben und
Gestell gewinnen lAsft, uns im „Don Juan“ die Glulh, Roman-
tik und den Orangenduft Spaniens athraen und enthüllen löset
oder io Om /an tutii die ganze Laune und spielende Heiter-
keit und Grazie der opera buffa entwickelt, während er im
Figaro beide Elemente noch in ein idealeres Gebiet steigert,
oder uns im Idomeneo die tragische Gewalt des griechischen
Fatums, in der ZauberQöle eine geheimnissvoll und berauschend
in einander verwobene Oberirdische und irdische Wuoderwelt
darstelll, während er uns io der EotfQhrung aus dem Serail
süsse Märchen aus Jem Orient erzählt?! —
Nur einen Namen wissen wir, an den sich eine ebeaso
reiche und mannigfaltige Welt des Schönen knüpft, nur ein
Dichterhaupt, auf das die *Musen io gleich wetteifernder und
verschwenderischer Weise alle ihre Kränze häuften: —
Shakespeare! _
Wir möchten manchen unserer deutschen Musiker, die mit
traditionell gewordener souverainer Verachtung von „Donizelti-
Dudelsack“ reden, anrathen, uns in ihren Arbeiten nur durch
einen kleinen Theil der Fülle von Melodie. Wärme und Innig-
keit zu erfreuen, die sich in seinen besseren Opern vorßndet.
Wir überschätzen Donizetti nicht; wir wissen, dass die meisten
seiner Arbeiten mit ihrer Zeit untergeben werden und keine
einzige darunter den Stempel der Classicität trägt; wir kennen
seinen Mangel an musikalischer Form und Durcharbeitung, seine
Arroulb in der orchestralen Behandlung, seine häufig bis in's
Weinerliche gehende Sentimentalität; aber wir müssen neben
und Über allen diesen Fehlern eio grosse# uod von der Natur
reich ausgestattetes Talent in ihm erkennen, dem es häufig auch
gelingt, den echten charakteristischen Ton zu treffen, uod das,
in solchen glücklichen Fällen, an poetischer Auffassung, inniger
Wörme und verschwenderischem Reichthum der Melodie, sehn
Componisteri gewöhnlichen Schlages abertrifft und versorgen
könnte. Zu den gelungeneren Arbeiten Donizelti's rechnen wir
entschieden die „Favorite“, deren Grundton fast nirgends ein
verfehlter ist. Im letzten Acte finden wir sogar Züge von er-
greifender, dramatischer Charakteristik, und das uralte katholi-
sche Kirchengebet der Mönche, das aus dem Kloster in das
letzte Stöhnen eines in zartester Liehe brechenden weiblichen
Herzens hineintönt, muss jedes musikalisch und poetische em-
pfindende Gemülh erschüttern.
Journal-Revue.
Die Neue Zeitschrift f. Musik enthält einen Bericht über die
Verhandlungen des „Ersten deutschen Muaikertages“ and schliesst
den Sebocht'schen Artikel „Aesthelische Probleme“. — Die All-
gemeine Musik-Zeitung setzt ihre Besprechung des HansHck’seben
„Concertweaene" in umfangreichster Weise fort. ■*- Die Signale
haben sich nach ihren Ferien wieder eingestellt und berichten
Ober die Prüfungaconcerte der Königl. Musikschule in München.
— Die Tonhalle bespricht Wüersls Orchester-Variationen Op. 50
höchst lobend. — Die Süddeutsche Musikzeitung bringt einen
Auszug aus der Fucha'scheo Brochure „Virtuos und Dilettant“.
Die Revue et Gazette musicale beginnt einen beaehtenswerthen
Aufsatz „l.'eber Concuree von dramatisch-musikalischen Werken“.
Nachrichten.
Berlin. Herr Niemann hat einen neuen Contract mit der
Königl. General-Intendantur abgeschlossen, der ihm Pensionsbe-
rechtigung zusichert; ferner ist Herr Krüger für weitere 3 Jahre
für die Hofopernbühne gewonnen worden.
Baden-Baden. 20. August Die 3te classische Matinee unseres
Kur- Orchesters fand an 13. d. statt und lag der Schwerpunkt der
musikalischen Genüsse diesmal in den zur Aufführung gebrachten
Instrumentalwerken. Es waren dies Mendelssohn's A-moll-Siofo-
nie, das Vorspiel zu „Lohengnu“ von Wagner ,und die 8te Leo-
noreo-Ouverture von Beethoven. Die Leistungen des Orchesters
kann ich mit dem Prödieat „meisterlich“ bezeichnen, die Leonoren-
Ouvertüre rief einen wahren Beifallssturm hervor. Herr Balte, ein
Cello-Virtuos ersten Ranges, spielte ein von ihm übertragenes
Schubert'sches Lied und eine eigene Fantasie über die „Afrika-
nerin“ in höchst brillanter Weise. Schade nur, dass die Wahl
der vorgetrageneo Stücke keine befriedigende zu nennen, da na-
mentlich das zweite nur virtuoseo Zwecken huldigt. Beifall hatte
Herr Batta in reichem Maasse. Noch bleibt Fräulein Wülfing-
hof, eine juuge Pianistin, zu erwähnen, der ich den Rath geben
möchte, vor der Hand fleissig weiter zu studiren und das öffent-
liche Auftreten bei Seite zu lassen. — Am 1. September wird das
Benefizooncert des Herrn Peruzzi statt finden, weiches eines der
glänzendsten der Saison zu werden verspricht Es beth eiligen
sieb an der Ausführung desselben die Damen Albooi und
Nllsson sowie die Herren Genevois und Botteslni. —
Zum Schluss noch die Nachricht, dass sieb die talentvolle Piani-
stin Fräulein Julie Schumann, Tochter des berühmten Künst-
lerpaares Robert und Clara Schumann, mit dem Grafen Vittorio
Radicali de Marmorito verlobt hat. —1.
Bonn. Vierte öffentliche Aufführung des Beethoven- Verein:
Ouvertüre zu .Joseph“ von Mdhui. 6. Violln-Concert von Spohr
und Symphonie (Manuscript) von Leonhard Wolff.
Bremen. Herrn Mnsikdirector Reinthaler (st von dem
Könige von Preussen der rothe Adlerorden 4ter Klasse verliehen
worden.
Cöla. Die Mitglieder des durch Herrn Professor Rudorff
geschaffenen Bach-Vereins gaben ihrem scheidenden Dirigenten,
der bekanntlich nach Berlin geht, ein reizendes Abschiedsfest.
Eine von einer Dame künstlerisch aufs vollendetste gezierte
Adresse, sowie ein Prachlband Üaoh'scher Werke wurde Herrn
Rudorff vom Vorstande überreicht und ihm, nach der Ausführung
einiger Bach'schcn Stücke, die Leberraaebuog bereitet, mehrere
seiner neuen Vocalcompositionen zum ersten Male vortragen zu
hören. Ein durch Lieder und Toaste gewürztes höchst lebendiges
Abendmahl, dem sich noch einige Tänze anschlossen, verlängerte das
sinnige Fest bis lief In die Nacht. Eine Anzahl dem Vereine
nicht Angehöriger hatten sich demselben angescblossen , unter
Anderen die Herren Kapellmeister H Iller, Concertmeister v. Kö-
uigslöw und Professor Marohesi. Herr Rudorff wird an die-
sem Abende noch mehr als sonst Gelegenheit gehabt haben, zu
fühlen, wie »ehr man ihn zu würdigeu wusste und wie ungern
man ihn ziehen sieht.
Frankfurt a. H. Endlich »oll auch unserer Stadt der Ge-
nuss zu Theil werden, Rossini'* vielbesprochene und gerühmte
„Messe soleonelle“ su hören. Herr Strakosch hat die Absicht,
>gle
Die
279
selbe in nächster Zeit und zwar unter Mitwirkung der Alboni
hier lurjAufföbrmg zu bringen. letztere erhält dadurch erhöhte
Bedeutung, dass sie der Schwaueng<Uang der vortrefflichen , mit
Recht so gefeierten Künstlerin werden soll. Diese, welche das
für sie geschriebene Werk in Paria und Baden-Baden creirte, hat
sich nämlich nur aus Pietftt für den Componi&ten, ihren grossen
Landsmann, dazu bestimmen lassen, die Vorführung der „Messe“
in den bedeutendsten Stldteu Deutschlands noch durch ihre
Kunstleistung zu verherrlichen und gedenkt dann nach Beendi-
gung dieses Unternehmens sich gänzlich aus der Oeffentlichkeit
surückzu ziehen.
Ilagcn Am 81.,‘ 22. und 23. d. M. findet hier das Gesangs-
fest des MArkisch-Westphäliscben Sängerbundes statt. Die Zahl
der mitwirkenden Sänger betrügt circa 500.
Homburg. Die Diva Patti ist am 7. d. zum ersten Male in
der Saison und zwar als Lucia aufgetreten. Am 10. folgte „Don
Pasquale“ und am 14. die „Sonuambula“. Die Aufnahme der
Künstlerin war natürlich wie immer eine enthusiastische.
Königsberg. In kommender Saison wird hier Rubinstein'a
neue grosse Cantate „Der Tburmbau von Babel“ zur Auffüh-
rung kommen.
Matur. Am 30. Juli feierte Herr Franz Schott, Chef der
Musikverlagshaodlung B. Schutt'» Sühne in Mainz, seine silberne
Hochzeit in festlicher Weise. Der Hofraum des Etablissements,
in vrelehetn die Festlichkeit stattfand, war von den Arbeitern iu
sinniger Weise susgesehmückt und besonders fielen mehrere
Schilder auf, welche die Ziffern der laufenden Verlagsuummeru
der Finna Schott von Jahr« 1044 bis zur Mitte des Jahres 1868
enthüllen. Diesen ^Ziffern gemäss stand die laufende Verlags-
nummer im Jahre 1844 auf 7000 — 1849 auf 10,000 — 1854 auf
13,000 — 1859 auf 15,000 — 1864 auf 18,000 und erreicht« vor
Kurzem, Mitte 1869, mit der Symphonie Op. 79 von Esser die
Ziffer 20,000. — Herr Schott, der schon im Jahre 1861, bei Gele-
genheit seiner 50. Geburtstagsfeier, seinen Arbeitern zur Gründung
eines Pensiouafonds die Summe von 1000 fl. zum Geschenk ge-
macht halte, bewies bei der in Rede stehenden Veranlassung seine
Fürsorge für das W r obl seiner Untergebenen neuerdings und in
glAnzenderer Weise, indem er die erwähnte Penslonscassa durch
eiu abermaliges Geschenk von 4000 fl. bereicherte.
^ München. Bis jetzt haben bereits vier grosse Proben zu der
Wsguer'schen Oper „Das Rheingold“ stetige fanden. Das Orche-
ster ist 119 Personen stark, darunter 10 Harfenspieler. Durch
den Umbau der Bühne und des Orchesters »t aber letzteres so
verändert, dass man vom Parterre aus wahrscheinlich kaum die
Hälfte der Musiker sehen wird. Die erste Aufführung soll am
29. d. erfolgen. Die Frauenrollen werden die Damen Mallinger, 1
Vogl, Dietz, Ritter und Stehle übernehmen. Herr Betz
singt den Wotan, Herr Schelper den Alberich, die anderen
kleineren Parthien sind iu deu Händen der Herren Kindermaun,
Bachmann, Schlosser, Bausewein und Petzer. Dirigent
ist Herr Musikdirector Richter.
— Fräulein Mallinger bat sieh am 16. d. mit Herrn
von Schimmelpfeunig iDürlngafeld) vermählt.
Prag. Zur Husaleier am 4. d. wird das Oratorium „Johan-
nes Huss“ von Carl Lüwe mit grossartiger Besetzung von allen
hiesigen bühmischen Vereinen aufgeführt werden. Da9 herrliche
Werk, welches schon wiederholt hier mit durchgreifendem Er-
folge zu Gehör kam, verdient allen Concert-Iusliluten angelegent-
lichst empfahlen zu werden.
Weimar. Kirchen -Concert der 16. Weimarischen Lehrerver-
sammlung: Fantasie eroic« von Kühmstedt, Bussgebet von
Lassus, »stimmige Motette von Bach, Sonate für Flöte und
Orgel von Händel, die Seeligkeilen von Lisrf, Andante für
Horn und Orgel von Tod, Pater noster von Meyerbeer, Lfturgi-
acher Gesang von Müller-Hartung, Psalm „Richte mich Gott* von 1
Mendelssohn, Lamentation von Tottmann und die Orgelweihe
von Töpfer.
Wiesbaden. Herr Kapellmeister Jahn wird nicht nach Wien
gehen, sondern in seiner bisherigen Steilung verbleiben. /
Utrecht. Herr Musikdirector Hol hat ein interessantes Or-
gelconcert gegeben, in dem Werke von Bach, Gade, Beethoven,
Mendelssohn und Hol zu Gehör kameu.
BrQaael. Die Vorbereitungen zum grossen September-Festi-
val werden mit grossem Eifer betrieben. Das complete Pro-
gramm ist noch nicht ausgegeben, doch kommen von grösseren
Werken bestimmt Beethoven « „Ruinen von Alben* und der Hän-
del'sche „Messias* zur Aufführung.
Paris. Maurice Strakosch hat Adeline Patti vom 1. Sep-
tember 1871, zu welcher Zeit sie ihrer contractllcben Verbindlich-
keiten in Europa enthoben ist, für 8 Monate behufs lOOmaligem
Auftreten in Opern, Oratorien und Concerten In Amerika engagirt
Die Bedingungen aind wirklich fabelhafte. Adeline erhält für jede
Vorstellung nur 10,000 Frcs. Gold, dazu die Reisespesen für sich,
ihren Gemahl und noch 4 Personen. — Offenbaeb’s silbernes
Hochzeitsfeat ist auf seinem Landsitz Etretat ln fröhlichster Weise
gefeiert worden.
— Verdi hat den Ritlertitel des aavoyisoben Civilverdiensk- \
ordens erhalten, welcher einer der ältesten Orden Europas ist. i
Es geschieht jetzt zum ersten Male, dass einem Künstler diese
Auszeichnung zu Theil wird. Der THel ist erblich, euch Ist eine
Pension mit demselben verbunden.
— Herr Wachtal hat die Absicht, nach Amerika au gehen, *
aufgegebeu uud statt dessen mit Herrn Strakoaeh einen Sjäh-
rigen Contract abgeschlossen, demzufolge er zunächst Russland,
England uud Frankreich bereisen wird.
London. Die englische Oper im Kristall-PaUaat hat Wallace's
„Maritana“ unter besonderem Beifalle gegeben.
Madrid. Herrn R obles ist die Conceaeion für die National-
oper gewährt worden mit der Bedmgung, jede Saison wenigstens
90 Vorstellungen zu geben. Die ersten zur Aufführung kommen-
den Opern siud Weber s „Freischütz* und „Die lustigen Weiber
von Windsor“ von Nicolai.
Mailand. Eine neue Oper „I Ru ma ui nelle Gallie“ von Ber-
nnrdi kam, klang, siegte aber nicht, und wird infolge dessen
nicht wieder gesehen werden.
Pcearo. Die grossen musikalischen Feierlichkeiten zu Ehren
des verstorbenen Maestro Rossini linden in den Tagen vom
21 .—25. d. M. stall. Sie beginnen am 21. mit der Aufführung
von Cherabinia Requiem. Am 22. und 28 folgt das Hoasini'ache
„Stabst mster“ und am 25. schliesst die KestJichkeHen ein grosse«
VoaU und instrumental -Concert, in dem nur Compoeitionen de«
verewigten Meisters zu Gehör kommen sollen. Mit der von Verdi
angeregten Compositiou eines Requiems, seitens der bedeutendsten
italienischen Componisten scheint es demnach Wasser geworden
zu sein.
Montevideo. Hier wird gegenwärtig ein prachtvolles Theater ,
gebayt, welche« ganz allein für Offenbach'ache Werke bestimmt
sein soll.
Philadelphia. Herr Kapellmeister Ts c hi rob, aus Gera, wel-
cher hier sehr gefeiert worden ist, hat am 8. d. sein Abschieds-
Concert gegeben und sieb wieder nach Europa eingeschiflt.
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Rheinberger (Jos.). Op. 21. Die Wasserfee, Gedieht von H.
l.in gg , für 4 Stagstimmen oder kleinen gemischten Chor und
Pianoforte. Part und Stimmen. Pr. 1 Thlr.
— Op. 22. 4 GesAnge für eine SingsUmme mit Pianoforte. No. 1.
Am Traunsee. No. 2. Die Nachthluine. No. 3 .Schön-Rohtraut
No. 4. Ingeborg's Klage. Comp!. Pr. 25 Ngr., eia rein 4
10 Ngr.
— Op. 23. Fsntaalestück für Pianofbrte. Pr. 20 Ngr.
— Op. 25. Lockung, Gedicht von i. v. Eiehendorff, für 4 Sing-
stimmen oder kleinen gemischten Chor und Pianoforte. Part,
und Stimmen. Pr. 1 Thlr.
— Op. 27. Sonate für Orgel. Pr. 20 Ngr.
Nvrndnen (Job S ). Op. 6. Quintett für 2 Violinen, 2 Brat-
sollen und Violonoell. Part. Pr. 1 Thlr. 20 Ngr.
Tblrriot (Ford ). Op. 19. Am Traunsee, Gedieht von V. Schef-
fel, für Bariton-Solo und Erauenchor mit Streichorchester
Part, und Stimmen. Pr. 1. Thlr. 15 Ngr.
Nova-Sendung No. 7.
von
B. Schott’» Söhnen in Mainz.
7Wr Sfr.
Ascher, J. GuilLaume Teil. Op. 116 1 —
Damm, Fred. Air russe. Op. 15 10
— — Souvenir du La« d'Eutin, Idylle. Op. 23 . . . . — 12}
— — Fant, sur l’op. Le Premier Jour de Bonheur
d'Auber. Op. 24 .... . — 17}
Duvernoy, J. B. Les Dragons de Villars, Fant Op. 250 — 17}
Beim, H. 5epU4ma Concerto. Op. 807 ä 2 ms. Solo . 1 12)
Kelterer, E. Elodia, Mazurka de Salon. Op. 253 . , — 16
Kobe, W. Carnaval de Naple«, Caprice de Coneert . . — 22$
Leybarh, J. R4rre«tlons caract .Op. 118. No. 7. Norma — 15
Souvenir, Caprice. Op. 190 — 15
Staat», J. Fliegende matter, Humorist. Potp. Op. 70 . — 90
Taubert, Gnlll. 2 petites Fantaisies. Op. 162. No. 1. 2. 4 — 12}
Blllet doux, Impromptu. Op. IGgtü —
Leybarh, J. Pourquoi garder ton coeur, (Giula gentil)
Tranacription k 4 mains. Op. 68 — 22|
Prudent, E. Robert le Diable, Air de gr., 4 4 in» Op. 33—25
WolIT, E. Messe Solennelle de Rossini, Duo brillant 4
4 mains. Op. 294 — 25
Her*. U. Septiimo Coneert avecacc. d’un 2<l- piano. Op. 207 2 2)
Wagner, R. Die Meisters, v. Nürnberg, Vorspiel für 2
Pianoforte 4 8 ms. von A. Deprosse 1 17)
® regelt, J. 4 teonard. II. Die Walküre von R. Wag-
n*r. Duo p. Piano et Vlolon, (84*» Livre de Duos) . 1 —
Marx, H. SeptiAma Coneert p. Piano av. ace. dOrohestrc 4 27}
Nlngel^e, J. B 2"»« Coneeri p. Vioion avec aoc. d'Or-
chestre. Op. 10 3 jgj
W’lehtl, G. 6 petita Morceaux de Salon p. Vln. av. Piano.
Op. 75 No. 5. Euryantbe de Weher 32}
»» *» No. 6. Templer und Jüdin von Marechner — 22}
Godfrey, D. Mabel-Valse p. Cornet i Pistons et Piano — 25
Les Gardes d. I. Reine p. Cornet k Pistons et Pisno — 22}
Tours, Berthold. 2 Lieder für 1 SingsUmme m. Piano.
No. 1. Geständnis« . . . 5
No. 2. Frühtingsliebe g ....... ^ , — 71
Im Verlage der Unterzeichneten erscheint demnächst:
„Hein llerz thne Dich auf“
Lied fürMünnercii o r
von
O. H. Hiange.
Op. 40. Preis Part, und Stimmen 12) Sgr.
Dieser Chor, von den vereinigten Liedertafeln zu Hannover
zum ersten Male auf dem diesjährigen Liederfeste In HUdesheim
vorgelragen, errang sich «inen ausserordentlichen Erfolg, eine
enthusiastische Aufnahme und wird somit allen Mannergesang-
vereinen bestens empfohlen.
Praeger dt Meier in Bremen.
Neuer Verlas* von Breitkopf 4 Härtel in Leipzig.
Unsre Lieblinge. “•
einem Vorworte von Oari Reinecke. Erstes Heft. Elegant bro-
chiri. Preis 1 Thlr.
Diese Sammlung zeichnet sich vor vielen Ähnlichen durch
geschmackvolle Auswahl und Bearbeitung aus, und wird sich aus
solchem Grunde auch vorzüglich empfehlen. Mögen diese „Lieb-
linge“ recht bald wirklich zu den musikalischen Lieblingen der
Jugend zählen.
EaipfehlenswerUip Ciavlercompositionen
zu 2 Händen fttr den Cfavierunterricht
aus dem Verlage von
ED. BOTE 4a G. BOCK <b. bock
Kgl Hof-Musikhandlung. Berlin und Posen.
TUr.Sfr
Brab- Müller, G. 0p. 11. 4 Rondos. No. 1. G-dur . — 7}
No. 2. B-dur . — 7)
No. 3. C-dur . — 10
No. 4. A-dur . — * 10
Cencone, 1. Op. 26. Le langage de» fleura. 12 Mor-
ceaux; tilisque numero . . 4 _ 13}
— Op. 27. Les petites perle«, 8 Bagatellea et Rondolst-
tos; ehaque numero 5 — 10
— Op. 54. Les heures, 10 petites Bagatelle«; ehaque nu-
m * ro
Florgel, F. Melodienkranz. Sammlung beliebter Opern-
Arien in leichter Spielart 1 —
— 96 kleine Tonst Ackc im Umfange einer Quinte auf den
sieben Tonstuien in Dur und Moll 15
Franke, Jl. Op. 16. Zum Vorspielen. 20 kleine charakte-
ristische Tonhilder in sehr leichter Spielart H. 1 bis 4. 4 — 16
Köhler, L. Op. 89. 6 Rondinos. H. 1 und 2 . . 4—20
— Op. 146. Kleine Studien im gefälligen Vortrage für
jugendliche Klavierspieler. Cplt 1 30
Einzeln H. 1. 2 . . . ä — 37}
Schlottmann, L. Op. 22. Jugendspiegel. Kleine Ton*
bilder. No. 1 Der Weihnachtsmann — 7}
No. 2. Ringel-Rosenkranz -^5
No. 3. Graulieh machen 5
No. 4. Fromm und fieissig — 5
No. 6. Ticktack . — . 5
No. 6. Der Nachtwächter — 5
Voas, Cb. Op. 31. 2 Rondinos brillant« . . . , r , T 15
Woblfarth, H. Op. 81. Neue Kinder-Clavlerschule mit
deutschem und französischem Text __
— Op. 82. Schule der Geläufigkeit für die Unterklasse
der Claviersebüler. H. 1 bis 3 . . . , . , . .4 — 20
v erl *s von Ed * «■ •««* KOnigl. Hofmiwihhindlun^ In Berlin. frumSsiich« Str. 33.. und V. d. Linden No. V.
hnK* »00 C. v. äohmidt in Bcrtia. Unl*r dtn Lind.n Ne. 10.
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XXIII. Jahrgang M 35.
Von <Ümh Zeitung ertchtinl wflrb«mlich
ein« Nonaier
1. September 1869.
Zu beziehen durch:
WTO- Spin*. Hanlinger.
PARIS Brandos * l>ufuur.
LOKDOI. Nnvcflo. Kwer & Co Hammood 4 1 Ce.
St. PETERSBORG M Bernard
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■»1URD J. Ricordi. F. Luoea.
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Ed. Bote & G. Aock
in Berlin, Unter den Lindert 27. erbeten, ij Halbjährlich I Thlr. 2S Sgr. I
Inseriionspreig für die Zeile 1} Sgr.
Inball. Ludwig van Bedbovrn «Im itahnbmltendar Qvnia* auf dein Ucbiete d-r S'mpbonie, II. Artikal- di* n*uiitc Syr»ph<in»e von C. 8 H. Alb«rli. —
Keernatoa. — Herlin. — «.orr**|iond«i»i aua Paria. — FenillHaa: Aua rarinr» Leben. L van H. Üuaa. — JtMirfiai-Kevue. —
NaelmcMrn. — lna»rat«
Ludwig van Beethoven als bahnbrechender Genius auf dem Gebiete der Symphonie.
Zweiter Artikel: Die neunte Symphonie. Von C. E. R. Alherti.
Es ist ein wunderbares Gefühl, das uns ergreift , indem
wir an die neunte Symphonie des Meisters lieranlrelen.
Fünfundvierzig Jahre sind vergangen, seit Beethoven sie nach
einer Arbeit von drei Monaten im Februar 1824 vollendete.
Welche jubelnde Aufnahme erfuhr sie bei ihrer ersten Auf-
führung am 7. Mai 1824. Aber wie verstummte der Bei-
fall schon hei der nur einmaligen Wiederholung'. Als sie
aber iin Jahre 1825 bei Schott in Mainz in Partitur er-
schienen war. welche Ijrtheile (wir haben keine Epitheta
für sie!( verlautbarten die anerkannten kritischen Organe
über das Werk! Da hiess es in der A. M. Z. v. J. 1826,
S. 853: „es ist, als ob die Musik auf dem Kopf geben
sollte. Der letzte Satz spielt in den „unglücklichen" Woh-
nungen derer, die vom Himmel gestürzt sind. Es ist als
ob die Geister der Tiefe ein Fest des Hohns über Alles,
was .Menschenfreude heisst, feierten." Und noch i. J. 1828
S. 246 lässt sich dieselbe musikalische Pythia von ihrem
Dreifuss also vernehmen: „eine höchst merkwürdige Ver-
irrung |lf des durch seine gänzliche Gehörlosigkeit unglück-
lich gewordenen, nun erlöseteu Mannes (!|. Wir erkenneu
(wirklich?!! den überkünstlichen Bau (so?!), wir müssen
aber das Ganze mit dem Flecken Luxor vergleichen, der
auf die Trümmer des alten, fabelvoll herrlichen Theben ge-
baut ist. Das Scherzo wäre (!) schön, wenn es nicht durch
seine Lange deu Eindruck zerslörte. Das Uebrige. selbst
das Andante, worin Beethoven sonst (!) so Unübertreffli-
ches zu gehen hatte, nicht ausgenommen, erfüllt uns um-
somehr mit Schmerzen, je mehr wir wissen, wieviel wir
an ihm verlor«« haben." Noch nicht genug! Ein Londoner
Kritiker nennt in der Harmonika, März 1828, das Werk
..eine bizarre Composition; die heissesten Bewunderer Bee-
thovens, wenn sie nur etwas Vernunft besitzen, müssen
bedauern, dass sie zur Oeffentlichkeit gebracht worden ist.
Die Freunde, welche Beethoven gerathen haben, dies ab-
surde Stück herauszugeben, sind gewiss die grausamsten
Feinde seines Rufes.'* —
Aber die Weltgeschichte ist das Weltgericht! Sio hat
auch Ober diese Urtheile, die Engherzigkeit und Unverstand
eingegeben. zu Gericht gesessen! Geschah damit doch nur
dasselbe, was in Betreff der früheren Symphonien {3. 5. 7|
und der Quartette von Op. 59 an geschehet) war, welche
alle ja eben so wenig Gnade vor dem pedantischen Zopf-
wesen der damaligen Kritiker halten linden können, und
die seitdem nicht bloss von der einseitigen Kritik als die
genialsten Schöpfungen anerkannt, sondern ein Gemeingut
und wahrhafte Lieblinge der gebildeten musikalischen Welt
geworden sind, vor deren strahlen dem Lichte, als dein der
Sterne erster Grösse, die übrigen derartigen Schöpfungen
auf diesem Gebiete zum grössten Theile erbleichen mussten.
— Es musste aber auch in der Thal erst eine gewisse
Zeit vorübergehen, ehe das bedeutungsvollste Werk des
genialen Tondichters in seiner ganzen Tiefe und in seinem
wunderbaren Reichtbum so gewürdigt fu werden vermochte,
wie es verdiente. Er selbst musste der Erde erst entrückt
sein. An den seit seinem Tode erschienenen Productionen
der Zeitgenossen und der später auftretondeii Goinponisten
müsste sich, wieviel Schönes sie im Einzelnen auch darbo-
ten, doch erst klar und unwiderleglich zeigen, dass Keiner
derselben ihm ebenbürtig sei, viel weniger noch ihn über-
troffen habe; ja dass sie Alle das Beste, was an ihuen
sich fände, mehr oder weniger ihm, dem grossen, wenn
auch oft schmachvoll genug verkannten Todten zu dankeu
hätten. So musste das Unersetzliche seines Verlustes, das
Gefühl der Verarinuug seit seinom Hingange erst wieder
zu ihm hinführen. An seinen frühem Werken, den Sym-
phonien und Quartetten musste das Verständnis für dieses
letzte, grösaeste Vermächtniss erst heran reifen. Dann erst
konnte es im vollen Glanze seiner Schönheit erscheinen,
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282
nicht bloss als künstlerische Manifestation einer bis dahin
unausgesprochen Idee, die eben so erhaben als wahr er-
scheint; sondern auch sein innerer Bau, der bis dahin als
ein Buch mit sieben Siegeln verschlossen d »gestanden, er-
schien damit als ein durchaus klarer und einfacher, das
Schaffen des Meisters als ein sich seines Zieles klar be-
wusstes und demselben eben so energisch als erfolgreich
zustrebeodes.
Undankbar wäre es, zu verkennen, welch' ein ernstes,
fast imermüdeles Studium unsenn Beethoven seit zwanzig
Jahren zugewendet worden. Wer vermag sic alle herzu-
zählen, die mit wahrer Hingebung demselben sich unterzo-
gen. An ihrer Spitze steht A. B. Marx, der in den ver-
schiedensten Werken nicht bloss vom musikalisch-techni-
schen, sondern von einem echt wissenschaftlich -aestheti-
sehen Standpunkte aus das Verständnis» für ihn, wie für
Bach und Händel eröffnetc. An ihn reihen sich Namen
wie W. v. Lenz, der begeisterte, geniale Beethoven-Inter-
pret und unermüdete Sammler des reichsten historischen
Materials, in seinem Werke „Beethoven, eine Kunstsludie
in 6 Theilen w , Brendel, Ambros, Nohl. Ehlert, Tliayer.
Hector Berlioz, Liszt, SerofT 11 A. Je tiefer diese Alle, je-
der in seiner Weise in den Geist der Schöpfungen Beetho-
ven's eimudringen versuchten, um so inehr wurden sie sich
dessen bewusst, dass es sich hier, insbesondere in seinen
Sonaten, Quartetten und Symphonien, nicht um ein, wean
auch noch so vollendetes Tonspiel handle, wie noch in dan
meisten dieser Werke bei Haydn und Mozart. Auch hei
Beethoven gab es solche Werke in der frühesten Periode,
wenn auch hier schon andere Aufgaben und Zwecke hei
so manchen Arbeiten der frühesten Zeit unverkennbar her-
vortreten. Und auch aus der spätem Zeit haben wir so
m.-.nche gelegentlich, ohne besondere innere Berufung ent-
standene Arbeiten Sie können hier keine Beachtung be-
anspruchen, als vereinzelte, keinem Künstler ganz ersparte.
Upfer, auf dem Altäre der Noth und des Bedürfnisses dar-
gebracht, auf die aber ein Beethoven gewiss am wenigsten
Werth legte. Was dagegen bei ihm als unterscheidend
hervortritt, ist: das ganzo innere Leben des Künstlers spie-
gelte sich in seinen Werken ab; seino innersten Erfahrun-
gen, seine Stimmungen und Kämpfe bot er, das mussten
sie erkennen, in Tönen dar. Seine Werke waren sonach
sittliche Thnten: und nur wer in das innere Leben des so
früh von der Welt sich, nicht ohne tiefen Schmerz, durch
ein unheilvolles Schicksal gezwungen, loslösenden Menschen
zu schauen vermochte, nur wem das Verständnis; für dies
sein inneres sittliches Hingen, für sein daher stammendes
Jubeln und Klagen nicht verschlossen war; nur der ver-
mochte auch ihn zu verstehn, nur dem löste sich das Räth-
sei der Sphynx, an dessen Lösung die Uebrigen, nicht etwa
verzweifelnd in den Abgrund sich stürzten, sondern von dem
sie lieber stolz und selbstgewiss sich abwendeten, als lohne
es eben der Mühe nicht. — Mit diesem unausgesetzten
ernsten Studium, diesem tiefen Eindringen in den Cietst des
grössten Musikheros der neuesten Zeit gestaltete sich aber
auch das Urtheil über die neunte Symphonie immer mehr und
mehr um. Schon im Jahre 1855, bei der seit 1852 erfolgten
fünften Aufrührung des Werkes durch die neue philharmo-
nische Gesellschaft in London (von den früheren Auffüh-
rungen leitete zwei Berlioz und eine Spohr. eine Lindpamt-
ner| bezeichnet der Referent in der Times diese Aufführung
als „ein grosses Ereigniss' 1 und hebt hervor, „diese Sym-
phonie sei aus einem versiegelten Werke des Meisters eine
seiner populärsten (Kompositionen geworden“. Er beglück-
wünscht England um der Thatsachc willen, „dass eine so
hohe Eingebung sich die Gunst der Massen errungen hat“
und bezeichnet dies als „einen Schri't vorwärts, den musi-
kalische Kunst in England machte.“ Nicht anders ist es
in Paris, so wie in Deutschland an allen denjenigen
Orten ergangen, wo wiederholte Aufführungen stattgefunden
haben.
Es konnte aber auch nicht fehlen, dass, je besser man
das Werk kennen lernte, man bei seiner, von allen frühe-
reu Symphonien in vielen Stücken wesentlich abweichenden
Form den richtigen Platz in der Reihe seiner symphoni-
schen Werke für dasselbe zu ermitteln, und so es in den
ganzen historischen Verlauf seines Schaffens organisch, ja
psychologisch einzureiheo bemüht war. Dazu drängte auf
das Entschiedenste Alles; denn jedes dieser grossem sym-
phonischen Werke bezeichnele, das lies» sich ja nicht ver-
keimen, ein bestimmtes Stadium seiner künstlerischen Ent-
wickelung; jedes enthielt einen entschiedenen Fortschritt
in der Roalisirung der ihm von der Symphonie vorschwe-
benden Idee; niemals ward man bei ihm in einem seiner
spätem Werke ein Zurückgehen auf den Standpimkt eines
frühem Werkes gewahr, der ihm vielmehr mit demselben
stets als ein abgethaner erschien; noch weniger durfte man
Angesichts dessen, was man von ihm verstehen gelernt, und
gegenüber dem. in diesem letzten symphonischen Werke
von allem Bisherigen Abweichenden, dem Gedanken an et-
was Willkürliches, oder au einen zufälligen, aber missglück-
ten Versuch Raum geben. — So haben wir im Laufe der
letzten zehn Jahre eine nicht geringe Anzahl sehr geistvol-
ler und gediegener (Kommentare dieser Symphonie erhalten,
die — nach den verschiedenen Standpunkten ihrer Verfas-
ser, je nachdem ihnen mehr daran lag, dio eigentliche
Grundidee des (Komponisten in’» Ucht zu stellen, oder den
Spuren seines Schaffens liebevoll und mit Hingebung im
Einzelnen nnchzugehen, oder der historischen Genesis des
Werkes auf den Grund zu kommen, ja wohl auch dasselbe
mit früher geschaffenen, aber verwandten in Beziehung zu
bringen, — eine reiche Menge des schätzbarsten Materiales
darbieteu. ohne dass darum an eine Erschöpfung des hier-
her gehörigen so leicht schon gedacht werden dürfte. Die
Meisten kommen darin fiberein. der neunten Symphonie ei-
nen höheren Rang vor den übrigen einzuräumen; sie be-
zeichnen sie als den vollkommensten Abschluss seines Schaf-
fens auf diesem Gebiete und linden diesen, wie Marx, in
dem Hinzutreten des Wortes zur Welt der Töne: „da das
mystisch -mythische Leben jener nicht menschlichen Stim-
men, trotz dem. dass er die riesigen Mächte des vollsten,
bewegtesten Orchesters noch einmal riesengewaltig herauf-
beschworen, nicht mehr genüge, sondern nur um so unwi-
derstehlicher zuin Menschen wort hindrängt, und Menschen-
slimine und Menschen wort allein vollenden könne, was je-
nes Stammeln t?l nur versucht und ahnen lässt“. Marx
nennt daher diese Symphonie „die Urkunde über Macht und
Grenze der Instrumentalmusik“ und behauptet. Beethoven
fasse in diesem höchsten künstlerischen Selbstbekenntnis»
alle Resultate seines Lebens zusammen“. I Diese letzte Ansicht
theilen auch wir; wir werden sie aber von einem andern
Gesichtspunkt aus zu motiviren bemüht sein.) Dabei muss es
um so mehr befremden, dass Marx von einem innern Zu-
sammenhänge der ersten drei Sätze mit dem letzten nichts
wissen will, sondern nur von einer, anfangs gar nicht be-
absichtigten. „nur ganz äusserlichen Anknüpfung des Schluss-
chors“ (Marx, Beethoven. 2ter Theil. p. 265-1 So wäre
denn Beethoven nur zufällig zu diesem „künstlerischen
Selbstbekeuntniss“, ohne es eigentlich zu wollen, gekom-
men? Und dieses „zufällige künstlerische Selbstbekenntnis*“,
welches nach Marx geschrieben werden musste, weil es
für Beethoven eine Noth Wendigkeit war, wenn sein Leben
und Schaffen sich harmonisch abrunden und schliessen
sollte“, fiel, „ohne ursprünglich beabsichtigt zu sein“ so
vollendet, aus, dass nach ihm, wie Marx behauptet, eine
zehnte Symphonie unmöglich war, wenn sie nicht blosse,
wenn auch erweiterte Wiederholung des schon Gegebenen
sein sollte. Dem entgegen steht W. v. Lenz. Während er
283
im Wesentlichen die Ansicht von Marx theilt, aber in der
neunten Symphonie das lang angestrebte Ziel des sym-
? honischen Schaffens Beethoven's in der Vermählung des
ocalen mit dem Instrumentalen sieht, für das der Compo-
nist bereits vorbereitende Arbeiten gegeben, das er aber als
bewusste Aufgabe in Andeutungen bereits in den ersten drei
Sätzen findet, die ihn tu dem Monotheinatismus führt, wie
er ihn nach Serof in diesem Werke ausgesprochen glaubt;
so sagt er Thl. I S. 96: „Selbst als Beethoven die Chor-
Symphonie bereits eomponirt hatte, .... verlor sich in
seinem Sinn dieses Opus «tvpendum schon in der zehnten
Symphonie, welche ohne Zweifel dem Symphonien lyl eine
neue Form, einen neuen Gebalt (?! einen erweiterten Um-
fang gegeben und in dem Universo ihr Programm gefunden
hätte.“ Und Thl. 1, S. 199: „Da bei Beethoven kein Rück-
schritt, kein Aufgeben eines seiner Kunst durch ihn erober-
ten neuen Gebietes anzunehmen ist. so hätte er gewiss
diese grosse Fusionsidee in einer zehnten Symphonie
weiter verfolgt und sie dort ihrer ganzen Tragweite nach
zur Geltung gebracht". Im letzten Theile S. 199 dagegen
spricht er 9ehr wahr aus: ..wir sind keineswegs der An-
sicht. dass durch Up. 125 der Symphoniegattung ein Stand-
punkt bezeichnet werde, den sie nioht verlassen darf, ohne
herabzusteigen, dass Beethoven hier eine Form aufstellte,
die er selbst nicht mehr verlassen hätte . . . Die Chor-
symphonie ist ein EinzelfnU, keine Neugestaltung der Gat-
tung in einer inslrumental-vocalen Symphonie mit Beseiti-
gung der rein instiumentnlen.' 1 —
— Möge es denn auch uns vergönnt sein, unsere An-
sicht über die Bedeutung und den hohen Werth des Wer-
kes durch Zusammenfassung aller derjenigen Gesichtspunkte
darzulegen, die unserer Meinung nach nicht unberücksich-
tigt bleiben dürfen, wenn die Würdigung nicht doch eine
mehr oder weniger einseitige sein soll.
Von besonderer Wichtigkeit erscheint uns vor Allem
der Zeitpunkt seiner Entstehung, den wir als einen inner-
lich noth wendigen, ja als den einzig möglichen ansehen.
und dann die verhältnissmässig geringe Zeit, die Beethoven,
ganz seiner sonstigen Gewohnheit zuwider, darauf verwen-
det hat. ln einer absoluten Erdenentrücktheit hatte Bee-
thoven, wie Schindler sagt, mehr als zwei Jahre an der
grossen Messe gearbeitet. Während er das Werk ursprüng-
lich zur Inthronisirung des Erzherzogs Rudolph, seines Schü-
lers, als Erzbischof von Olmülz, bestimmt und daher bereits
ein Jahr früher daran zu arbeiten begonnen hatte, war er
von dem sein tiefstes Inner» mächtig bewegenden Gegen-
stände so gewaltig hingenommen worden, hatte er sieh in
denselben so gänzlich vertieft, daBs er des ursprünglichen
Zwecks gar bald ganz vergass und nur unablässig darnach
rang, den Eindrücken, die seine Seele in der Hingabe an
den Ewigen zu überwältigen drohten, einen würdigen mu-
sikalischen Ausdruck zu geben. Kaum hatte er aber das
Werk vollendet, welches er selbst als sein grösstes und
gelungenstes in diesem Augenblicke bezeichnet», so entstand
auch schon die Chor - Symphonie in drei Monaten. Dies-
mal gönnte der Componist sich nicht, wie sonst nach sei-
nen grossen Werken, eine Zeit der Ruhe, die er höchstens
zur Ausführung kleinerer Arbeiten benutzte, zu welchen er
die Ideen und Motive, während er au dem grossen Werke
schrieb, gewonnen. Unmittelbar ging er an ein zweites,
•beu so gewaltiges, fast eben so umfangreiches Werk.
Soll man da nicht einen innern Zusammenhang zwischen
beiden annehmen? eine genaue Beziehung, in welcher beide
zu einander slehen? Für uns ist sie unzweifelhaft. Sie
liegt aber einmal in dem ethisch-religiösen Charakter bei-
der Werke und sodann in der Stellung, die er dem voca-
len Element neben dem instrumentalen in der Chorsympho-
nie gab. Um dies klar zu machen, müssen wir sorgsa-
mer auf den Gang achten, der» Beethoven'* innere Ent-
wictelung genommen, und wir werden uns überzeugen,
dass er nach der Missa soiemnis noch eines Werkes be-
durfte, das allein den innern nothwendigen Abschluss zu
bezeichnen vermochte, den seine ethisch-religiöse Weltan-
schauung auf eine ihn allein befriedigende Weise gewon-
nen hatte. — (Fortsetzung folgt.)
fftecenelon.
Beethoven, I,. v. Fideiio, Oper in zwei Aden Cla-
vier-Auszug zu vier Händen von Hugo Ulrich. Berlin,
Ed. Bote Ai G. Bock.
Zu den Begriffen, über welche man in unserer Zeit
oftmals zur Tagesordnung übergeht, gehört auch der Begriff
..Hausmusik''. Die guten Zeiten, in welchen Duetten, Trios,
Quartetten, ja sogar ganze Sinfonien zu Dutzenden geschrie-
ben wurden, nur um den Bedarf zu decken, den ein musik-
lustiges uud musiktreibendes Publikum hervorgerufen, sind
allerdings vorüber. Mit Recht kann man aber 9 agen, sie
sind leider! vorüber, denn ein Musikireiben hat dafür
Platz gegriffen, das nichts weniger als geeignet ist, den
Mmiksinn im Volke zu pflegen und einer guten Musik eine
Stütze tu sein. Ein Haschen und Jagen nach den billigeo
Effecten der Tagesrousik, nach dem seichtesten Krame
macht sich Überall gelland, und Pinnoforie und Gesang sind
fast noch die einzigen Zweige, in denen sich unsere Haus-
musik bewegt. Die Instrumentalmusik ist aU solche aus
unseren Familien fast ganz verschwunden. Mit Dank
ha! daher gewiss jeder Einsichtsvolle, für die Kunst wirk-
lich Begeisterte die Concurenzausgaben unserer classiscbeu
Meister begrüsst, die namentlich in letzterer Zeit von ver-
schiedenen Seiten aufgetaucht sind. Sie dürften eher als
alles Andere geeignet sein, jener Fluth einen Damm ent-
gegen zu setzen, Geschmack und Wohlgefallen an ewig-
schöner Musik von neuem tu erwecken und damit auch
Empfänglichkeit für die grösseren, weilergehenden Gestal-
tungen unserer Musikheroen zu begründen.
In wahrhaft würdiger Weise schliesst sich diesen dan-
kenswerthen Bestrebungen einiger unserer ersten Verlagsan-
staltao auch die oben genannte mit einer Edition von vier-
händigen Clovierauszügen an. von denen uns Beelhoven’s
unsterblicher Fideiio vorliegt. Für das ernste Streben nach
Gediegenheit bürgt der Name des Mannes, dem die Bear-
beitung anverlraut worden ist: Hugo Ulrich, auf dem
Gebiete des eigenen Schaffens seit längerer Zeit leider so
schweigsam, hat sich schon seit Jahren als Bearbeiter von
classiachen lostrumentel-Coniposilionen für das Pianoforte
einen bedeutenden Ruf erworben; sein Name ist eine Ge-
währ dafür, dass der Geist der Composition erhallen ge-
blieben ist, so weit er sich bei einer Uebertragung für
Clavier hat feslhalten lassen, dass wir es nicht mit einer
schematischen, nach der Schablone gefertigten Fabrikorbeit
zu thun haben. Jede Nummer des vorliegenden Clovier-
auszuges ist ein Beweis dafür, mit welcher Sorgfalt der
Bearbeiter zu Werke gegangen und wie er dabei bestrebt
gewesen ist, sich möglichst einfach zu halten, um dem clo-
vierspielanden Publikum nicht durch kaum zu überwälti-
gende Schwierigkeiten den Genuss zu verkümmern, sondern
im Gegentheile das Interesse zu wecken und von Nummer
zn Nummer zu steigern. Schon die Ouvertüre zeigt, wie
der Bearbeiter, selbst ein Meister der Instrumentalmusik, es
verstanden hat. Beethoven'sche Orchestermusik für dos Cla-
vier zu übertragen; aus keiner der uns bekannten Bearbei-
tungen dieser E-dur-Ouverture weht uns der Beethoven 'sehe
Geist in solcher Weise entgegen. Wer sich aber einen
rechten Begriff von Hugo Ulrich'» Meisterschaft in der
Kunst der Uebertragung machen will, der nehme das Finale
des ersten Actes zur Hand, und er wird, falls er anders
die Oper in ihrer wirklichen Gestalt kennt, Scene für Scene
35 *
284
vor eeinem geistigen Auge erstehen sehen. Zwar kann
auch die beste Bearbeitung niemals das Werk selbst er-
setzen, wohl aber kann sie anregen zur Lust nach grQnd-
licherer Kennt niss, wohl kann sie die Pforte bilden, durch
welche ein tieferes Eindringen in den geheiligten Tempel
der Kumt möglich ist. Mögen daher namentlich Musikleh-
rer, um das so not h wendige Zusammenspiel zu pflegen, es
sich zur Aufgabe •dienen lassen, zu diesem meisterhaft ge-
arbeiteten CI« vier Auszüge des Fidelio zu greifen; der Gewinn
fOr die musikalische Bildung ihrer Schäfer wird ein bedeu-
tender sein.
Es mag schliesslich noch biuzugefQgt werden, dass in
gleicher Bearbeitung und Austatlung noch erschienen sind:
Mozart’s „Figaro**, „Don Juan'*, „Zouberflöle“ und „Ent-
führung“, wodurch der Verlagshandlung der Dank jides
wehren Musikfreundes gebührt. W. Lackowitz.
Berlin.
Revue.
iKönigl. Opernhaus.) Am 25. gab Herr Hess als drill«
und letzt« Gastrolle den Oroviat in Bellini's „Norme“. Di«
Parihie an sich ist keine besonders hervortretende, aie kauu
nur bei auffalleud schöner Stimme oder wenn sie mit grosser
VolubilitAC in den Cantilenen gesungen wird, zur Bedeutung
gelangen. Seit dem verstorbenen Staudigl, welcher den
Oroviat mit Vorliebe seng und ihn bei Gastrollen gern zur
Auftriltsparthie wählte, haben wir keinen Bassisten wieder ge-
hört, welcher es verstanden hatte, den beiden Scenen den Ef-
fect abzugewinnen, welchen jener Meister hervorzubringen wusste.
Herr Bass, dessen Stimme die Weichheit und dessen Vortrag
der Fluss für die italienische Musik fehlt, vermochte gar kein
Interesse zu erregen; das Gastspiel hat denn auch zu keinem
Engagement geführt. Die Norme der Frau v. Voggenhuber
war uns bei «Derkeonenswerther Lebendigkeit und dramatischer
Kraft doch zu materiell und Ausaerlich; die Gemüthaveils —
und diese fesselt uns bei dem Charakter der Norm« am nteislen
— kam gar nicht zum Ausdruck. In gesanglicher Hinsicht
waren die leidenschaftlichen Momente die gelungensten, wahrend
die Cantilenen an Kurzathmigkeit, die Coloraturen an zu man-
gelhafter Technik laborirten. Der schwächste Theil der Lei-
stung war die „Casta diva“, namentlich das Allegro, dessen
Figuren, trotzdem das Stück um eiuen ganzen Tod nach der
Tiefe traoaponirt war, verunglückten. Mit den unedlen, tiefen
Tönnen, welche Frau v. Voggenhuber besonder» gern vor-
(ührl, können wir uns nicht befreunden. Die Adaigisa des
FrAulein Tremmel war eine noch unfertige und ziemlich farb-
lose Leistung. Herr Woworsky sang den Sever mit Fteiss
und spielte lebendig. Ein dem Künstler nach seiner ersten
Arie zugeworfeoer Lorbeerkranz erinnerte daran, dass an diesem
Tage vor zehn Jahren das erste Debüt des Herrn Woworsky
auf der Königlichen Bühne als Robert in „Robert der
Teufel** stattgebabt. — Am 27. gaslirle als Königin der
Nacht in der „Zauberflöto“ FrAuleiii Schwabe mit zwei«
fei haftein Erfolge. Die Stimme ist jedenfalls für di# Räume
unseres Opernhauses su klein und im Klange zu trocken, di«
Technik bei schatzeoswerlher Fettigkeit doch zu dilettantisch,
ohne die erforderliche Freiheit und Sicherheit. Die übrige Be-
setzung war die oft besprochene durch die Herren Krüger,
Fricke, Krause und FrAulein Tremmel iu den Hauptpar-
thieen- Am 29. „Die Maurer“ mit den Herren Woworsky,
Lederer, Bost als Roger, Leon, ßsptist, den Damen Gross»,
Horina, Gey als Irma, Henriette, Bertrand.
Das Friedrich-' Wilhelmstäd tische Theater gab sein Offen-
b ach- Report oir, namentlich oft „Die Insel Tulipelan“.
w Die Oper im Kroll'acheo Eta bimse ment, deren Saison zu
Ende gehl, brachte neben Wiederholungen beliebter Vorstellun-
gen Kreutzer’« „Nachtlager in Granada*' in loben» wert hör Aus-
führung. d. R.
€orreflpond«nzen.
Paria, 28. August 1869.
ln die achon allzu zahlreiche Legion des Ordens der Eh-
renlegion wurden aus .Anlass des NapoJeonlesles vom 16- Au-
gust neu ernannt: die Herren Emst Boulaoger, Cumpoaiteur
de» in voriger Saison im Tbeötre lyrique aufgeföhrtea „Don Qui-
chotte“ und anderer kleineren komischen Opern; Begier, Director
des italienischen Theaters; Vtrrvoitte, Kirchen-Compomst und
Regens Chori zu St. Roche und Stifter der seil 1862 hier be-
stehenden akademischen Gesellschaft für religiöse Musik (von
demselben ist auch eine Sammlung alter Messen, die bis zum
13ten Jahrhundert reichen, unter dem Titel „Archive* des Ca-
thedrelea“ erschienen); die Herren Möriel und Magnieu,
Directoren der Cottervalorien zu Toulouse und Lille; ferner
die dramatischen Autoren Victonen Sardou uod Henri Meil-
hac und Gustav Lemolne. — Vorigen Samstag (and in» alten
römischen Theater der französischen Provinzsladt Orange unter
Assistenz von zehntausend Zuhörern (das Thater fasst an zwan-
ziglausend) die tAngere Zeit angekflndigle Opern-Vorstellung,
worunter ein Act aus DonisettPs „Favoritin" und mehrere Piö-
cen von Bataille mit günstigstem Erfolge statt. Dem Riesen-
theater wird eine wunderbare Akustik nachgerühmt und zum
Studium allen modernen Archilecien empfohlen, welche bei der
Erbauung von Theatern und ConcertsAlen au Alles Andere, nur
nicht an das Wesentlichste, die Akustik, su denkea scheiueu.
Dis Beleuchtungs-Art mit electrischam Licht wer in diesen
antiken Räumen ebenfalls von magischer Wirkung. Montag
fand eine Wiederholung dieses sslteneu Festes, wobei sich be-
deutende Künstler und ein zahlreiches Publikum aus Paris be-
theiligten, mit gleichem Erfolge statt, und iet hiermit, „fern von
Madrid“, in einem kleinen SIAdtchen den Opernfreunden ein
Theater entdeckt, wie in der Welt kein zweites besteht; es
müssten denn die Monstre-Concert-Arrangeure von Boston die
PrAlension haben, ihre improvisirle Riesen- Halle, welche eben-
falls 20,000 Zuhörer fasste, damit vergleichen zu wollen. —
Diese Woche wurde in Paris Salvator Patti, der Vater der
Sängerin Adeline Patti (Marquise de Caux) zur Erde bestallet,
Di« Künstlerin ist vom September 1871 für Amerika engagirt
und erhielt von M. Strakosch 10,000 Francs zur Repräsen-
tation contractlich zugesichert. Zu dem Behuf wurden 500,000
Francs bei dem Pariser Baokhause Rothschild erlegt. — Eine
hervorragende französische Operogesellschafl wird von hier am
6. October nach New-Orleans abrei&en, mit Director Cala-
bresi an der Spitze. Der in diesen Blättern öfter erwihnte
lyrische Tenor, Leopold Ketten, wurde für dieses Unternehmen
engagirt. Die übrigen Mitglieder besteben au» dem Heldeuleoor
Micheux, dem bekannten Bassisleu der Op4ra Depassio,
dem Barytou Demestre, der dramatischen Sängerin Amol,
der Colorntureängerin Dupoy, der Contra- Altistin Zeiss und
der aus den letzten Conservatoire-Concoursen bekannten talent-
vollen jungen SAngerm Fräulein Mineur — Der Bruder des
nberwähnten Tenor, der ausgezeichnete Pianist Heinrich Ket-
ten wurde als Kapellmeister der italienischen Oper in Conslao-
tinopel für die oichsle Wintersaison engagirt. Derselbe Künst-
ler veranstaltete vor einigen Tageu zwei Concerte in Mailand,
die den glänzendsten Erfolg hatten und demselben die Aus-
zeichnung eintrugen, «um Ehrenmitgliede der ncademischen
— m —
Sechen dp* Mailänder Conservetomim« erimnul zu werden. Die
dreniAtische Sängerin, Doxa Caillag, welche io diesen Coo-
erriet) mit Auszeichnung mstwirkte, ist ebenfalls (Or dir italie-
nische Oper in Coostanlinopei alt erste Säoger m engagirt
worden — eine Nachricht, weit- h« die zahlreichen Freunde dir*
srr Künstlerin iotrrraairea dürfte. — Da» Thcalre lyrique wird
um I. September mit „Rieszi“ eröffnet. Neben der Oper „No4‘\
welche Dirrcloe Paadetoup aur Aufführung io diesem Thea-
ter »cqoirirte, befinden sieb in HalAvy'a Nachlase uoch drei
andere Opern, worunter zwei Jugendarbeiten „Pygmalion“ und
„Lea deux Pavillons“ und sw ei Arbeiten aus den reiferen Jab -
reo: die erwähnte Oper „Noe ou le Deluge“, mit Text von
Samt »Georges und „Vanino d'Oraono“, Text von des Compo-
u Ist en Brudtr Lfcou Halt^y. — Für das TheÄlre Italien sind
u. A. engagirt die Damen Adelioe Palli, Krause, Muraka,
Seaai, Ricci und die Tänzerin Urban. Unter den männli-
chen Mitgliedern linden eich die Namen der vorigen Saison,
mit Ausnahme dea Tenor Tamberlik. A. v. Cs.
Feuilleton.
Ans meinem Leben.
(Eine musikalische Reise und Zwei neue Opern.)
1 .
Int Jahr 1865 am 4. Juni, dem Vorabend des PÜngslfestes,
verliess ich Berlin, von der UeneraMutendentur der K. Schauspiele
beauftragt io Paris einer Vorstellung der „Afrikaaerin“ baixuwob-
nen, um die Oper demnächst hier einzustudiren. Da man mich
in mekuer Zeit nicht beschränkt batte, so machte ich vorher einen
Abstecher nach München, wo Wagners „Tristan und Isolde“,
schon mehrmals an und abgesetxt, endlich iu dieser Pfingstwoclie
wirklich zur Perception kommen sollte. Aber der Liebestrank
war noch immer nicht fertig geworden, und der W'irth meines
Gaslhofa schien zu bezweifeln, ob das Gebräu überhaupt jemals
fertig werden würde. Um mir hierüber Gewissheit zu verschaffen,
suchte Ich den Löwen sogleich in seiner eignen Höhle auf.
Richard Waguer war mir, von früherer Zeit her, persönlich
und genau bekannt. Als Musikdirektor an dem damaligen Söch-
sischeu lloflhcater in Leipzig 1*29— 32, hatte ich di« Bekannt-
schaft des jungen Mannes gemacht, der so eben unter dem Tho-
maner Cantor Weinlig die muaikaiischen Studien begann. Seine
ältere Schwester Rosnlie (später Frau Dr. Marbach) war erste
Liebhaberin an unsrer Bühne, die Jüngere aber im Beattx eines
der reichen und gastfreien ConversalionsbrockbAuser, in welchem
ich auch Zutritt hatte, — so landen sieb mehrfach« Berührungs-
punkte zwischen uns, und ee ist bereits anderswo erzählt, dass
ieh seine erste Ouvertüre im Leipziger Theater auf- und ihn selbst
dadurch in die musikalische Welt eingefübrt habe, nicht ohne
heftigen Widerspruch des Orchesters, weiches, den alten Concerl-
meisler Matthäi an der Spitze, gleich nach der Probe das ganze
Ton werk für Fusion erklärte. Die kleine, im riete v formet
zierlich mit zwei verschiedenen Tinten geschriebene und io drei
Abtheilungeo (für Sailen- llolzblase* und blech -Instrumente) ge-
gliederte Partitur stebt mir noch deutlich vor Augen; sie barg
in sich bereits die Keime all* der grossen Effekte, welche später
die ganze musikalische Welt sufregen sollten, ubna aber 6elbet
irgend einen andern Effekt hervonubringen als den der absolu-
testen Verwunderung. Wagner war damals noch schüchterner
Natur und durchaus nicht anmaasa«nd, so dass er herzlich über
den brillanten Abfall seiner mit allgemeinem Stillsehweigeu auf-
genom menen Jungfernrede mitlachte und das Schicksal der-
selben für gerecht zu halten schien. Wie freudig er sieh später
meiner Intervention und unseres Zusammenseins erinnerte, geht
aus einem seiner Briefe hervor, den er mir im August 1836 von
Königsberg nach Riga sandte und welcher also beginnt: „Hof-
fentlich werden Sie sich wohl noch meiner und zwar mit dem-
selben Wohlwollen entsinnen, das Sie mir früher in so hohem
Grade zuwandtan, und wofür ich mich ihnen noch jetzt zu dem
lebhaftesten und innigsten Danke verpflichtet fühl«. Offenherzig
gestehe iah, dass mich zuweilen bei Ihrem Andenken das Gefühl
recht wcbiuüthig au wandelte, Sie vielleicht nie wieder zu sehn,
als Sie sich in eurer ziemlichen Ferne niederliasseo; und tun so
angenehmer berührt mich jetzt dis Vorstellung, mich um so vie-
le« Ihnen näher zu wissen, ja sogar die Idee gefasst zu haben,
in einem glücklichen Falle ihnen ganz nahe zu kommen“. Hier-
auf erkundigt er sich nach den Verhältnissen das Rigaer Theaters,
an welchem damals Louis Schubert als Kapellmeister fuugirte
(ieh reibst batte die Oper qulttirt und war wohlbaatalltsr städti-
scher Cantor und Kirchenmusikdirektor} und schildert mir daun
saiue bisherige künstlerische Wirksamkeit „ich habe seit zwei
Jahre» die praktische CarriAre in Magdeburg ergriffen und rühme
mich es in diesem Fach so weit gebracht zu traben, dass einige
frühere Leipziger Opernmitglieder mich als Ihren getreuen Schüler
und Naaheiferer erkennen wollten.“ Sein W unach für sich seihet
sowohl als für seine Braut ein Engagement in Riga zu linden,
konnte damals noch nicht erfüllt werden. Aber einige Jahre
später übernahm C. v. Holtet die Leitung der neu tundirten Bültue,
und nachdem dieser hei mir vergeblich Angefragt, ob ich cs nicht
wie Cherubioi machen wolle, von dem die Pariser behaupteten
„er dinire am Altar und soupire zwischen den Coulisaon“ schlug
ieh Richard Wagner zu der erledigten Stellung vor, die er dann
wirklich erhielt. Wir wurden, zumal auch die Fraueu der beiden
uunmebrigen Kunstgenüssen barmonirten, noch genauer mitein-
ander bekannt und haben gemeinschaftlich sehr angenehme Stun-
den in unsrer Häuslichkeit verlebt Mit grossem Interesse sah
ich die ersten Entwürfe zu „Rieuzi“ entstehn und hörte naoh
uud nach die anwachsenden Scenen am Pisooforte. Den Adriano
hatte Wagner für seine Schwägerin Fräulein PJsner bestimmt
welche in diesen Zusammenkünften überhaupt alles frsueustimm-
licbe übernehmen musste; die anwesenden Männer, zu denen
meistens auch der Violoncellist de« Theaterorchester« (der hu-
moristische Carl von Lutzau) gehörte, sangen was sie irgend aus
dem BrouiUon erwischen kouuten — und vor dem Hause in der
Petersburger Vorstadt blieben di« Bartrussen entsetzt stehn, wenn
als spät Abends den Höllenspektakel da oben vernahmen. Denn
das« bei solchem Coneert die Saiten des Flügels wie Spreu vor
dem Winde auaeiuanderflogen, so dass der Componist zuletzt
nur noch ein Dresehflegetühnlichea Holzgerassel vernehmen Uees,
wozu die auf dem Resonanzboden ringsumher liegenden Metall-
schlangen ein anmulhende« Janilscharenmusikgerfiusch executir-
teu — was uns aber angesichts der Partitur gar nicht genirte —
das alias verstand sieh bei einem so handfesten Clsvierspieler wie
R. W. ganz voo selbst! Leider sollte s«iu Aufenthalt in Riga nur
von kurzer Dauer «ein. Gegen ihn als Kapellmeister lag durch-
aus nichts Gravirendes vor; aber seine vorwiegend künstlerische
Natur wusste sich nicht in bürgerliche Verhältnisse zu schicken,
sobald sie durch defref und credü beengt waren. Der arme Hol-
tet hatte schon viel davon auszustehn gehabt, dass »ein Kapell-
meister alle Augenblick von Königsberg, seinem vormaligen
Wohnort, gerichtlich monirt wurde. Als aber Holtei nach dem
Tode seiner Frau (geh. Holzbcchcr) der früheren Stellung bald
überdrüssig wurde, al« der seit 1838 in Riga engagirt« Tenorist
Hoffmann au« Petersburg zu Ostern 1839 die Tfaeaterleituog über-
nahm und durch das ComiU in Kenntnis« gesetzt war, dass nun-
mehr auch Schuld- und WechselkJagen von Rigaischen Handels-
leuten gegen Wagner im Anzug seien, da machte der neue Di-
OOS
286
reetor kurten Prozess und kündigte dein Bedingten , well unter
diesen Umständen an eine geordnete Geschäftsführung nicht mehr
zu denken war. Hoffmann's Vorschlag war nun, dass grade ich
dor Nachfolger meines jüngeren Freundes würde, indem ich eher
wie jeder andre bereit sein müsste etwas für ihn zu thuo, näm-
lich: zwei Monat unentgeltlich zu fuogiren, um jenem die Mittel
tu schaffen, dass er ungefährdet aus Riga herauskflme, Diese
Proposition nahm ich an, und mit Hülfe des Alteren Königsber-
gern wohlbekannten Mäcenas, Abraham Möller, wurde Wagner
sammt Gemahlin bei Nacht und Nebel auf polnischer Ju Umführe
über die Grenie geschafft. Er hat mir meine damalige Hand-
lungsweise sehr übel ausgelegt, ohne tu bedenken, dass nicht
der Eine verstossen wurde weil man den Andern poussiren wollte,
wie das neuerdings irgendwo vorgekomtnen Ist, sondern dass
ein Andrer berangetogen werden musste, weil der Eine oicht län-
ger bleiben konnte. Noch Im Jahr 1854 schrieb er an meinen
Bruder Schindelmeiaser, den er 1881 bei mir in Leiptig kennen
gelernt hatte und mit welchem er fortwAhreud iu freundschaftli-
cher Verbindung geblieben war, dass die Zuknnft seinem „Taoo-
häuser“ für Berlin jetzt noch weniger Aussicht gewähre, seitdem
ich lebenslänglich |l| dort angestellt aei. Nun, ich hake ihn
achon kurt darauf übeneugt, wie eifrig meinerseits Alle« geschah,
die erste Oper der neuen Aera auf unsre Bühne zu bringet; und
was es heisst am Berliner Hoftheater lebenslänglich angestellt
sein, das wird er nun wohl auch begriffen haben! Interessant
war noeh bei der ganten Rigaer Verhandlung, dass die Geistlichen
auf dessfatls geschobene Anfrage, nichts gegen die Verschmelzung
meiner beiden heterogenen Stellungen (an Kirche und Theater |
einzuwenden hatten.
Und solche Vergangenheit in meinen Gedanken nochmals
berührend und mich frei von aller Schuld gegen Wagner fühlend,
schritt ich am Pfingstmontag wohlgemuth durch die menschen-
leeren Strassen München'«, der Pinakothek vorüber nach dem
mir beieichneten Gartenpalais, welches der Dichter -Componist
von seinem königlichen Freunde zum Geschenk erhalteu hatte.
Im Hofraum vor dem zweistöekigeu eleganten Wohnbause schlug
ein aufgeblähter Pfau seinen prAehtigen Schweif; ich liess mich
dadurch nicht irre machen, sondern trat nAher. Der Diener
wollte mich melden, ich bedeutete ihn aber (da ich drinnen Mu-
sik hörte) den Herrn nieht zu stören, ich würde eine Pause ab-
warten um dann als alter Bekannter unangemeldet hcreinznfal-
len. „Das ist Teils Geschoss* 4 dachte ich bei mir. als ich dem
mir unbekannten Toustück lauschte und sofort den Evecutor
wiedererkannte, der vormala allen Rigaern Instrumentenmachern
Tod und Verderben geschworen hatte, dessen verwegene Augriffe
aber hier in München von einem gesunden Bechsteiu mit Erfolg
abgeschlagen wurden. Dies verhinderte natürlich nicht, dass die
üppig daneben stürzemlcu falschen Töne und die abwechselnd
in verminderten oder übermässigen (statt durchweg in reinen)
Octaven einheratolpernden Bassßguren, welche lüfüssig auftreten
sollten, sich desto klangreicher vordrängten. Jetzt verstummte
die Musik und ich öffnete die Thüre. Wagtier stand vom Flügel
auf, erkannte mich sogleich, begrüsste mich in freundlicher W'eise
und stellte mich der Dame vor, die neben ihm gesessen hatte .
es war Frau Coaimn v. BQlow. Ausser ihr befand sich in dar
Gesellschaft ein älterer Engländer, dessen Namen ich vergessen
habe, der aber auch zur Aufführung von Tristan und Isolde nach
MQncheu gekommen war; und ein jüngerer Mann, welcher sich
sofort entfernte, nachdem er mir durch stummes SchQltelu seiner
Löwenmähnen die grösste Hochachtung einzuflössen versucht
hatte. Ich fand Wagner’n nach einem Viertel -Jahrhundert kör-
perlich wenig verändert; die äusseren Manieren waren aber ganz
dieselben geblieben,' und so machte es mir aufrichtig Freude
den berühmt gewordenen Meister fest eben so wiedcrzusehu, wie
ieh ihn als strebenden Kunstjünger verlassen hatte. Auf dem
Pult lag die Partitur vom Tannhäuser; Wagner hatte die erste
Scene im Venusberg rum drittenmal umgearbeitet und sie eo
eben seinem kleinen Auditorium zum Besten gegeben. Dies
führte das Gespräch auf die Darstellung der Oper in Berlin, von
der er nnr Gutes gehört haben wollte, — auf seine Nichte Jo-
hanna und auf deren Vater, seinen älteren Bruder, mit weichem
er selbst in mehr als eiuer Beziehung die grösste Aehnlichkeit
hat Das« ich zur Aufführung von Tristan und Isolde die Wall-
fahrt aogetreteu, konnte ihn hei dem schon seit Wochen gewohn-
ten Andrang fremder Künstler nicht eben überraschen; dagegen
fand er es absonderlich, dass jemand nach Paris reiste um eine
Mey erber r'sche Oper zu hören. Zu der «m Donnerstag 10 Uhr
bevorstehenden Generalprobe der beiden ersten Aote seines neuen
Werkes, dessen dritter Act am Sonnabend uaehfolgen sollte,
sehrieb er mir bereitwillig die Einlasskarte für zwei Personen;
und so verlies« ich ihu nach einem halben Plauderstündchen, um
mich sofort per Extratour gen Salzburg, Berchtesgaden, Ramaau
und Reichenhall zu rüsten, womit ich>e* •tutidani den Dienstag
und Mittwoch auszufüllen beschloss. —
Journal* II evue.
Die Neue Zeitschrift für Musik bringt einen Aufsatz über die
Coocerie der Königlichen Musikschule in München. — Die Allg.
Musikztg. enthält die Fortsetzung der Hansllck'schen „Geschichte
des Wiener Concertweseus“ sowie die Antwort Bellermann'R auf
die Angriffe der Herren Dr. Paul und Reissmann. — Die Signale
berichten über die Jubelfeste in Boston und Baltimore. — Die
Süddeutsche Musikztg. setzt den Abdruck au« der Fucbs'schen
Brochure fort.
Die Revue et Gazette musicale bietet den Sten Artikel „Ober
Concur.se von dramatisch-musikalischen Composilionen.
Nachrichten.
Berlin. Am 20. September begeht der hochverdiente Hof-
opernsäuger Herr Krause sein 25jähriges Jubiläum. — Der rflbm-
Kchst bekannte ßasnbuffo Gustav llölzel hat von der General-
Intendantur die Aufforderung zu einem Gastspiele erhalten, um
in der Zeit vom 1. October d. J. bi« 1. April 1870 in den hier
zur Aufführung kommenden „Meistersingern* 4 die Parthie des
Beckmesser zu singen. Derselbe hat bereits das Engagement
angenommen. — Anton Rubinstein verweilte hier einen Tag
auf der Durchreise nach Blalystock zu seiner Familie. —
Die Berliner .Sinfonie-Kapelle wird unter Leitung des Herrn Pro-
feesors Stern auch in der kommenden Saison wiederum zwölf
Abonnementflconcerte im Saale der Siugacademie unter Mitwir-
kung bedeutender Künstler gehen. Sie fordert zu diesem Zweeke
hervorragende Künstler, denen daran liegt, in diesen Concerten
mitzuwirkeu, auf, sich melden zu wollen.
Baden-Baden, 27. August. Ich kann Ihnen heute nur einen
kurzen Bericht Ober unser musikalisches Leben geben, da in-
zwischen ausser der 4ten classischen Matinee des Kur-Orchesters
nichts Erwähnenswerthes stattgefunden hat. Dieselbe gab Gele-
genheit, den Pianisten Herrn Marc de la Nux kennen zu lernen.
Dass derselbe teehuisch vollendet spielt, rechne ich ihm nieht so
hoch an, denn eine gut entwickelte Technik setzt man heutzutage
als selbstverständlich voraus. Hingegen findet man seltener fei-
neren musikalisches Verständnis* und dies muss ich ganz beson-
ders dem Spiele des Herrn de la Nux naebrühmen. Er gab das
Beethoven sche Es-dur-Concert, bekanntlich keine leiebte Aufgabe,
I Dy t^iOOglt
287
so vollendet wieder, das« er sieh des reichsten Beifalls und
Hervorrufe» in erfreuen hatte. Zwei Solopiecen von Rosenhain
und Chopin gaben ihm zugleich Gelegenheit, sich auch als feiner
Salonspieler zu documentiren. Ich rufe dem Künstler ein von
Herzen kommendes „Auf baldiges Wiedersehen“ nach. Das Or-
chester spielte Mozart'» Jupitersinfonie und die Mendelssohn'sehe
Melnsioen-Ouverture sowie Haydn’s liebliche Serenade. Die Aus-
führung war eiue dem bewAhrten Rufe des Orchesters entspre-
chende. -*!•
Breslau. Die Breslauer Zeitung schreibt: „Herr Muaikdhrector
Bilse ist von einem Augen-Uebel befallen, das, wenn auch unge-
dhrlicb, ihn doch veranlassen dürfte, sich für einige Zeit einer
Kur zu unterwerfen. Da Professor Grife, dessen H Anden Bilse
sich anzuvertrauen beabsichtigt, erst zum October nach Berlin zu-
rückkehrt, so wird erst zu jener Zeit die Kur beginnen künuen.
Düsseldorf Der Quartett- Verein hat am 29. August hier ein
grosses Vocal- und lustrumental-Concert gegeben, in dessem 2ten
Theile Bruchs Frithjofascencn zur Aufführung kamen.
Ilanoover. Wagners „Meistersinger“ sollen in der bevor-
stehenden Saison auch im hiesigen Hoftheater in Scene geheu.
c?HÜuchrn. Das küuigl. Hoftheater ist am 25. August mit
Spohrs „Jessonda“ eröffnet worden.
— Obgleich die Generalprobe von Wagner's „Hheiugold“
an dem dafür bestimmten Tage »tattgclüudcn hat, so muss die-
selbe doch keine ganz befriedigenden Resultate ergeben haben,
da die Augsburger Allgem. Zeitung unter dem 29. August nachste-
hendes milthcilt. „Bezüglich der Oper „Rheingold“ kauu ich
Ihnen versichern, dass nur die entschiedene Weigerung des Herrn
Musikdirector Richter, eines der treuesten AuhAnger Wagner’s,
die Oper, in Anbetracht der lusceuesetzuug derselben, zu dirigi-
ren, den Aufschub veranlasst hat. Herr Richter beharrte auf sei-
ner Weigerung, obgleich der König bestimmten Befehl ertheilt
hatte, dass die Aufführung gestern statlzufimlcn habe. In Folge
dessen hat die Künigl. Hoftheater-Inteudanz Herrn Richter einst-
weilen suspendirt, gleichzeitig aber hat Herr Hoftheater-Inteudant,
Freiherr von Perfall, seine Entlassung überreicht“
Salzburg Das zur Geburtstagsfeier des Kaisers stattgehabte
Mozarteums-Concert halte einen glAnzenden Erfolg und errang
darin das Künstlerpaar Joachim den außerordentlichsten Beifall.
Auch Dr. Bach s Ouvertüre erwies sich als eine tüchtige Arbeit und
die Ausführung der Beethoven'schen "len Sinfonie in F-dur war
eine Musterleiatung. Herr Dr. Bach Ist ein aus» erst strebsamer,
talentvoller Musiker, zu dessen Besitz wir uns nur Glück wün-
»eben kennen; er hat soeben auch die Partitur einer neuen 4sAiii-
gen Sinfonie für Orchester vollendet.
Wien. Die Direction des Hofoperntheater» sucht für die
nAchste Saison einen Heldentenor zu gewinnen, um Operu, wie
,,Die Jüdin“, „Die Stumme“, „Robert“ u. s. w. in vollkommen
würdiger Weise zur Aufführung bringen; gelingt es der Direction
nicht, diesfalls mit einem Künstler lsteu Ranges ein Engagement
abachlicaaen zu können, so wird sie ein lAngeres Gastspiel, wie
etwa seinerzeit mit Niemann, zu vereinbaren suchen.
Wiesbaden. Das vierte Concert der Administration war ein
ebenso glAnzendes, als das vorhergegangene. Das Programm
wies die Namen: ArlOt, Walter, Balte und Wteniawski
auf. FrAulein Artöt sang eine Arie aus „Figaro“, Variationen
von Rode und zwei Mazurkas von Chopin. Es genügt, den aus-
serordentlichen Erfolg zu conststiren, den die gefeierte SAngerin
errang. Herr Walter trug eine Arle aus „Cosi fan tutte“ und
Lieder von Rubinstein und Schumann in empfundener Welse
vor. Herr Wieniawki excellirte namentlich mit einem Ausaerst
e frech ollen Walzer seiner ComposRiou. Herr Balte spielte ei-
gene Compositionen, an denen nicht viel war, die aber, virtuos
vorgetragen, ihre Wirkung nicht verfehlten. Das 5te Concert
findet am 13. September unter Mitwirkung der Frau Lucca und
der Herren Delle-Sedie, Viouxtemps und Louis Brassin
statt, verspricht also demnach hohe Genüsse.
Paria. Eine Leseprobe derneuenOffenbich'scheüOpArabouffe,
Text von Meiibac und Halevy, hat lm T heitre des Varidtes ver-
gangenen Montag stattgefuuden. Der erste Act ist bereits von
Offenbach vollstAndig beendet worden, und bat alch letzterer wieder
nach Etretal begeben, um sich mit der Composition der beiden
anderen Theile zu beschftftigen.
Mailand. Ein italienisches Blatt theilt mit, das« die auch in
Paris viel bekannte und genannte Madame Rattazzi derzeit an
einer Oper arbeitet, für welche sie Text und Musik schreibt.
Sujet und Titel ist „Byron“. Man kann sich der Bemerkung
nicht erwehren, dass das „schöne Geschlecht“ wiederholte Ex-
curse auf da» Gebiet der dramatisebeu Compoaition macht. In
Frankreich zAhlt man schon 3—4 Dameu, welche sich damit
hcschAftigen.
London Herr Mapleson, welcher nun definitiv mit Gye
auseinander ist, hat schon seine Engagements für die Saison
1H7Ü gemacht. Die mitwirkenden! Künstler sind die 'Damen Mls-
son, Volpini, Trcbelli - Bettiui und die Herren Mongiui, Bettini,
Gardom, Verger, Santley, Violetti, Foli, Bosai und Zucchini.
Brüssel. Die Saison 1869—1870 den ThAAtre royal de Ja
Monnaie wird am 5. September eröffnet werden und dauert bis
1. Mai künftigen Jahres. Die Leitung des Theater« hat Herr
Vachot übernommen. Der Componist Singel Ae ist Orehesler-
chef. Die Direetiou wird mehrere Novitftten bringen und von
nachstehenden Werken eine Auswahl treffen: „Lohengrin“ von
Wagner, „l'ne foiie ä Home“ von Ricci, „Mignon“ und „Hamlet“
vou Thomas, „Faust“ (mit der neuen Balleteinlage) von Gouuod,
„Roland A Ronceveaux“ vou Merrnel und „Die Meistersinger
von Nürnberg“ von Wagner. *
— Der „Cercle Symphonique et Dramatique“ benachrichtigt
die belgischen Componisleu, dass er gewillt sei, ohne jede Unko-
sten ihre Werke zu Gehör zu bringen, es seien Opern, Operetten,
oder Orchesterstücke. Diese That verdiente in Deutschland Nach-
ahmung zu finden, wo so mancher talentvolle Componist Berge
vou Orcbeater-Manuscripten in seinem Pulte liegen hat, ohne sie
je anders als vor seinem geistigen Obre vernehmen zu können
Petersburg. Das Directoriuni des Conservatoriums der rus-
sischen Musikgescllschalt hat an Stelle des verstorbenen Clavier-
Professors Alexander Dreyschock Herrn Winterberger be-
rufen. — Die hervorragendsten Künstler, welche in der Saison
1869 — 70 hier auftreten werden, sind: die Damen Patti, Fried,
Volpini, Perelli, Trebelli, Dali' Aneße, sowie die Herren Cslzolari,
Cspponi, Bettini, Mario, Rossi, Graziani, Gasaier, Mario, Steller,
Bagagiolo, Zucchini, Fortuna, Vianeai, Harris und Ferrero. Von
den zur Aufführung gelangenden Opern sind hervorzuhebcu:
Semiramis, Otello, Hugenotten, Afrikanerin und Dinorah.
New -York. Diese Saison werden wir ao glücklich sein, 3
Opern, in denen in 8 verschiedenen Sprachen gesungen wird, zu
besitzen. Die englische Oper eröffnet am 1. September, die fran-
zösische am 11. und die italienische am 16. September.
— > Am 7. October wird in der Brooklyn-Akademie die erste
Vorstellung einer nationalen amerikanischen Oper, betitelt
„Mootla“, von Moore stattftnden. — Der vortreffliche Piamai
Mills ist mit der Composition eines grossen 4tbeiligen Orato-
riums besehAftigt.
Luter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Digitized by Google
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Bekanntmachung.
Am 1. October d. J. wird, in Verbindung mit dar bei der Königlichen Akademie der Künste bereits bestehenden Schule
rar musikalische Coniposilion, eine Hochschule für ausübende Tonkunst eröffnet werden. Dieselbe umfasst eine Abteilung für
Instrumentalmusik und eine Ablbeilung für Vokalmusik.
In der AbtheUuog für Instrumentalmusik werden für die Ausbildung der Violinhden im. SoloapJel zwei Klassen
gebildet, eine für den Vortrag der Werke klassischer Meister (Viotli, Spobr, Bach u. a. m.i und eine zweite, in welcher Schaler
(durch Spohr's Violinsohule und durch die Etüden von Fiorillo, Rode, Kreutzer u. s) zum Eintritt io die ergte Klasse vorbereitet
werden. Den Unterricht in der ersten Klasse übernimmt der Dirigent, Herr Professor Joachim, persönlich. Vorbedingung zur
Aufuabme in dieselbe ist der technisch fehlerfreie Vortrag des 7len Coooerts von Rode. In der zweiten Klasse unterrichtet Herr
Concertmeister de Ah na. Der Dirigent besucht die Klasse. Zur Aufuabme iu dieselbe wird das correcte Spiel der Stau, 5teu und
8teo Kreutzer'scben Uebung verlangt In der Regel sollen nicht mehr als drei Schüler iu einer Stunde unterrichtet werde«, doch
kann der Lehrer auch anderen als den direct heim Unterricht betheiligten Schülern daa ZubOren gestatten.
Den Unterricht auf der Bratsche übernimmt Herr ConeertmeUter d e Ah na. Für den Unterricht, im ViolouceU ist
Herr Wilhelm Müller aus Braunschweig gewonnen.
Die Klasse für Klavierunterricht in der Instrumental- Abtbeil urig leitet Herr Professor Rudorff und unterrichtet da-
selbst. Auch für diese Klassen findet nur die Aufnahme solcher SehOler statt, welche Über die AnfangsgrQudu hinaus sind.
Die auf den Streich - Instrumenten vorgeschrittenen Schüler treteu in ein» Quartettklaase unter unmittelbarer Leitung
des Dirigenten ein.
Für die vorgerückteren Klavierspieler finden gleichfalls Uebungen im Ensemble-Spiel (Sonaten, Trios u. dergl.i mit Hin-
zuziehung von Kräften aus der Qua rtettk lasse und unter persOolicher Leitung des Herrn Professor Rudorff statt. Ausserdem wer-
den von Zeit zu Zeit Öffentliche Kammermusiken, ausgeführi von den Lehrern selbst, arrangirt, zu denen die zur Abtheilung für
Instrumentalmusik gehörenden Schaler freien Zutritt haben.
Sobald eine ausreichende Zahl von Schälern io der Quarlettklasse vorhanden ist, wird die Bildung einer Orchester-
klAaite in Aussicht genommen.
Feber die Abtbcilung für Vokalmusik werden die näheren Bestimmungen demnächst veröffentlicht werden.
Die Schüler beider Abtheilnngen nehmen Theil an dem theoretischen Unterrichte In der Musik in der bestehenden
Schute für musikalische Composttion und haben Zutritt zu den in der Königlichen Akademie stattltndenden Ästhetischen und kunst-
historischen Vorlesungen.
Der volle Cursus für die Theilnehmer ist auf drei Jahre berechnet, doch kann derselbe bei schon weiter vorgeschritte-
nen Eleven abgekürzt werden. Das Honorar betrügt Achtzig Thaler jährlich, und ist in vierteljährlichen Raten praenumerando an die
Kasse des Instituts zu entrichten. Im Falle des Unvermögens und bei hervorragendem Talent kann Ermäßigung oder Erlass des
Honorars eintretan.
Weilar vorgeschrittene Musiker, welche zur Ergänzung ihrer Studien auf ein halbes Jahr an dem Unterrichte In der
Akademie Theil nehmen wollen, können dies, wenn sie 50Th)r. entrichten und sich verpflichten in den Ensembleklassen mitxuwirken.
Meldungen zur Aufnahme In die Musikschule sind bis zum 95. September d. J. unter der Adresse
„An da» C’arntorlam der Königlichen Akademie der Künste“ unter deu Linden No. 4
abzugehen.
Die Aufnahme -Prüfungen erfolgen durch die Dirigenten der Ablheilungeu in der Zeit vom 27. bis 30. September.
Berlin, den 38. August 1869.
Kuratorium der Königliche u Akademie der Künste.
Bei Stmroek in Berlin erschien so eben mit Et
gtnt humsrechl :
Volks-Lied
nach einem Tanz aus Dalekarlien
Ar gemischten Chor
arrangirt von
PnrtUur »4 Hgr. Stimmt» fA ]} Sgr) tt Sgr.
Ferner:
TEIO
fflr Ciavier, Violine und Violoneell
Bei Ad Atube nrauch in Berlin ist erschienen und in allen
Buchhandlungen zu haben:
öypressenzweige
auf trüber geliebter Entschlafener.
Eine Sammlung von Gesängen für Begräbnisse und die allgemeine
Todtenfeier. Für den gemischten Chor hernusgegeben von Ernst
Richter, Kgl. Musikdirector, und Aug. Jakob, Gantor in
CoarAdsdorf.
130 Piecen
Das Werk ist in 9 Lieferungen h 0 Sgr. erschienen, welche
einzeln abgegeben werden Der Preis aller 9 Lieferungen, es-
Minuten in I Band, beträgt jedoch nur 1 Thlr.
Das Berliner Fremd enhlatt sagt darüber: Die reiche
Sammlung zerfällt in 2 Abteilungen, in vierstimmige Arien und
motettenartige Compositionen, die beiderseits leichtere uud schwie-
rigere Piecen enthalten, so dass sie den vorhandenen Gesang»-
krftften angepasat werden können. Ferner zeichnet sich die
Sammlung durch ihre Reichhaltigkeit der Motive ans, so dass
kaum ein~ Verhältnis* der Leicbcnbeststtuog Vorkommen mochte,
wozu der passende Gesang nicht in dem Buche zu finden wäre.
Somit gewährt die mit vielem Fleiß und Sachkenntnis* be-
arbeitete Sammlung ein schätzbares, reiches Material, weiches
Getatlirhm, Kirche nvoratüuden, Gesangvereinen und HcJlu-
lea von großem Nutgen sein wird.
FRIEDRICH KIEL
Op. 94. G-dnr. Preis 2 Thlr. 15 Ngr.
Verlag von Ed. Bote k 6. Boek (E. Bock), Königl. llofmusikhandlung in Berlin, FranzOfÜMto Str. 38«. und ü. 4. Linden No. 87.
üruck *4ia C. F Srhmidl in Rerlio. L’nt«>r den Linden Jfo. Hl
Digitlzed by Google
XXIII. Jahrgang M 36.
Vm di««*r Zuftum erarhoat wfotttOthob
••M Soantr.
8. September 1869.
Zu beiiehen durch:
Will. SpiQ»- HanUngCr.
PARIS Brands« Al Dufoor
LOIDOV. Norallo. R*w ti O* Hmoiond Al C*.
li. PBTERIBDR6. M 8«rMrt
STOCKHOLM A. Lumfqniat.
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BARCELONA A.Jr™ VU.I
WARSOBAU, y.b-ilm.r « WMI
AMSTERDAM .A.jlUrtiVb. g..bkw<llu|.
Mailand J Hirordi F. Lucca.
BERLINER MUSIKZEITIMG
gcgrOndet von
unter Mitwirkung theoretischer
Gustav Bork
und practischer Musiker.
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In Berlin: E Bote & 6. Bock. Fmnz08.Str.S3*,
U. d. Linden No. 27, Posen, Wilbelnistr. No.21.
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des In- und Auslandes.
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II dem Musik-Verlage von Ed. Bote ä 6. Bock.
Ed. Bel, *8. Beck Hbrl.cb 3 Thlr. I oh« FrAnd..
lueertionspreis für die Zeile 1} Sgr.
Inhalt. Ludwig »an 8a*tliov«ii ala bahnbrechender Oeaitta aur d»n» liebial* der Symphonie, IL Artikel die neunte Syi«i|ilii>iii* tu« C E H \ll>*rti (Fortaetiungl
— Berlin. R»«ue — CorreapoBifraica an« Baden-Baden. Pan» und Wien. — FrqtlMon Aua meinem Leben. II »wi fl. Dotti. — Journal- Rn ne.
>aelirWiteo. — inirrate
Ludwig van Beethoven als bahnbrechender Genius auf dem Gebiete der Symphonie.
Zweiter Artikel: Die neunte Symphonie. Von G. E. H. Alberti.
(Fortsetzung.)
Wir finiten in Beethoven von Jugend nn einen
ganzen Menschen, der sich nach der ethisch-re*
igiöseu Seite durch ernste Arbeit an sich selbst
unausgesetzt entwickelt, wenn auch nicht ohne man-
cherlei Einseitigkeit und Schroffheit, die in äusseren l*m-
st finden, (wir erinnern nur nn das ffir ihn oft drückende
Gefühl des Vorrangs eiuer ganzen Klasse der Gesellschaft,
des Adels, so wie au sein frfthe beginnendes und immer
mehr zunehmendes Gohörleidenl ihren Grund hatte. Den
Künstler aber vermögen wir in seiner künstlerischen Rich-
tung bei Beethoven uur aus dem ethisch religiösen Men-
schen zu begreifen. Dennoch, so entschieden auch hei
ihm das Streben nach selbstständiger, sittlicher Charakter-
entwickelung hervortritt, er war auch, wie jeder echle.
grosse Künstler, ein Kind seiner Zeit, ihre Einflüsse blieben
ihm nicht fremde Mag immerhin der Künstler bei seinem
Schaffen aller dieser auf ihn einwirkenden Momente sich
nicht immer klar bewusst sein, dieser Facloren, unter deren
Einfluss sein künstlerisches Schaffen stellt, sie lassen sich
von demjenigen, der mit liebevoller Tlieilnalune seinem
künstlerischen Lebensgnnge nnchgelit und dem das Verständ-
nis» für den sich durch denselben hindurcliziefienden rothen
Faden seines innen) Lebens nicht fehlt, gar wohl erkennen.
Erst dann aber gebt uns der innere Zusammenhang dieses
seines Schaffens selbst in seinen Hauptwerken, erst dann
das mehr als ausserliche Verständnis dieser selbst und
ihre innere Nothwcndigkcit auf. — Der Knabe, in unterge-
ordneten, ausserlich ärmlichen Verhältnissen, aber als Sohn
eines Kapellmusikcrs und Sängers in einer gewissen änssern
Beziehung zur Kirche nufgewnehsen, konnte in ihrer dama-
ligen leeren Aeusserlichkeit keine dauernde Befriedigung (Tir
sein ethisch religiöses Streben finden, ob er auch dem
aussern Kirchendienst als zweiter Organist früh sich hingab.
Dazu kamen bei ihm in jener Zeit die Eindrücke der fran-
zösischen Encyclopädisten. Sie waren es, die auf unheil-
volle Art Kirchenthum und Christeuthum. Kirchenglauhen
und Religiou identificirten. Weil der Kircheuglaube in tod-
ten atetracten Formeln und aussern Gebräuchen erstarrt
war, di* zwar den Zwecken der Hierarchie sehr förderlich
waren, lern denkenden Geiste aber Unmögliches in ihrer
Annahme zumutheten; weil die Kirche trotz ihrer gerühm-
ten Heifigteit in ihren Repräsentanten nn Haupt und Glie-
dern total verderbt war, so war es den Encyclopädisten.
den echter. Schildknappen der Englischen Deisten ein Leich-
tes, das Kind mit dem Bade auszuschütten und mit dem
Kircheuthu'i) zugleich dem Christeuthum den Krieg zu er-
klären. mH dem Aufgebe» der Kirchenlehre zugleich aller
Religion zu entsagen. Bedurfte es doch dazu nur dessen,
dass man die Religion, die vornehmlich und in ihrem tief-
sten Grunde Gefühls- und Herzenssache ist. zu einer Sache
des grübelnden, zersetzenden Verstandes machte. Damit
war dann aber auch alles ernstere ethische Streben zerstört,
die Starkgeisterei jener Zeit konnte in demselben nur eine
Schwachheit sehen. Auch unter diesen Eindrücken be-
wahrte sich Beethoven seinen ernsten sittlich religiösen
Standpunkt. Der Kirche, der Bussern, wenn er ihr jemals
mit seinem Herzen angehangen, wofür aber bestimmtere
Zeugnisse fehlen, stand er frühe schon, trotz seines Kirchen-
dienstes, indifferent gegenüber; den innern, sittlich religiö-
sen Halt, der ja vorzüglich für den Musiker, der die ganze
rache innere Gefühlswelt in Tönen nuszusprechen hat.
von der höchsten Wichtigkeit ist, Hess er sich u-emnls ent-
rissen. — Ein Zcugniss dafür ist sein Brief nn Wegeier
vom 20. Juni 1800, in dem cs in dieser Beziehung heisst:
„Soviel will ich Euch sagen, dass Ihr mich nur recht
gross Wiedersehen ‘werdet; nicht als Künstler sollt Ihr
mich grösser, sondern als Menschen sollt Ihr mich besser,
vollkommener finden; uud ist dann der Wohlstand etwas
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290
besser in unseren Vaterlande, dann soll meine Kunst sich
nur zum Besten der Armen zeigen. 0 glücklicher Augen*
blick! Wie glücklich halte ich mich, dass ich dich herbei'
schaffen, dich selbst schaffen kann“. Ganz damit zusam-
menstiinmend sind folgende Gedanken aus seinem bekann- .
ten Teslamente, datirt Heiligenstadt, den 6. Octoker 1802:
„Gottheii, Du sichest herab auf mein Innere*, Du kennst
es, Du weisst, dass Menschenliebe und Neigung nun Wohl-
thun darin hausen . . . Uir meine Brüder, empfehlt Euren
Kindern Tugend; sie nur allem kann glücklich machen;
ich spreche aus Erfahrung. Die Tugend war es. die mich
seihst im Elende gehoben: ihr danke ich nebst meiner
Kunst, dass ich durch keinen Selbstmord mein Leben en-
digte. . . .*• Nicht minder selbstständig erwies er sich un-
ter den Eindrücken der französischen Revolution. Wohl
war er voll heiligen Unwillens über den Druck des Abso-
lutismus, über die Vorrechte ganzer Klassen der Gesellschaft,
der Geistlichkeit und des Adels, während das Volk geknech-
tet und ausgesogen wurde. Nicht fremde blieb ihm die
Begeisterung für die durch die französische Revolution frei-
lich nur proclamirten Menschenrechte; er schwärmte für
echte bürgerliche Freiheit; er war als Idealist in seinem
Herzen Republikaner. Aber auch hier folgte er nicht der
grossen Masse, die nur das Bestehende Umstürzen und zer-
stören wollte, unbekümmert um das, was auf diesen Trüm-
mern Neues erbaut werden solle. Er wollte Freiheit, aber
sittliche; er war im Herzen Republikaner, weil er überzeugt
war, dass gerade die Republik die tüchtigsten Charaktere
fordere. — Beiden Richtungen musste er, das forderte sein
künstlerischer Genius, aus seiner besondern Stimmung her-
aus, einen musikalischen Ausdruck gehen. Er that es in
der mannichfacbsteo Weise. Nach der religiösen Seite hin
sind es zunächst die noch heute unübertroffenen, die reinste
religiöse Andacht athmeaden „Sechs geistliche Lieder von
Geliert“ aus dem Jahre 1804, in denen der sittlich ernste
Beethoven vor dem Heiligen in Demuth sich beugt, aber
im Aufblick zu ihm zugleich Trost schöpft und zu jubeln-
dem Preise der Herrlichkeit seiner Werke sich erhebt. Wer
sieht nicht hier beide Seiten seines iunem Menschan, den
sittlichen Ernst und die ungotheilte Hingabe an das Gött-
liche! Dann offenbart sich derselbe Geist in seinem Orato-
rium „Christus am Oelberg“ Op. 85, aus dem Jakre 1800,
und in der kleinen Messe in 3 Hymnen, Op. 86, aus dem
Jahre 1807, Was man auch an jenem Oratorium auszu-
selzon haben möge, «Beethoven erkannte selhs: an, sein
Christus sei zu theatralisch gehalten), das Werk ist eine
künstlerische That des sittlich religiösen Menschen! Es ist
der Christus, wie er ihn damals in sich gestalt«!, der hei-
lige Mensch, der um seiner Liehe zu der Menschheit wil-
len leidet, aber durch diese heilige Liehe zum Gottessöhne
sich verklärt. Es ist nicht der Christus, der in der unver-
gleichlichen Passion des lutherisch-orthodoxen Bach nach
dem Matthäus uns entgogentritt. Beethoven s Standpunkt ist
auch hier von jeder confessionellen Beschränkung frei, wenn-
gleich dämm nicht weniger der einer echten lebendigen
Frömmigkeit. Dass er aber mit der Messe in 3 Hymnen,
Op. 86, nicht auf dem kirchlich katholischen Standpunkt
steht, ist längst anerkannt. Ein christlich religiöser ist es
vielmehr auch hier, unabhängig von allem Confessionellen,
den er in diesem Werke einnimmt; es ist die unsichtbare
Kirche, die er hier ihre religiösen Stimmungen rein
menschlich aussprechen lässt: und wenn er dabei au iie
Worte der katholischen Messe sich anlehnt, so ist es eben
nichts mehr als dies; das beweist der Beifall, den er der
bcholt’schcn, nicht Ucbersetzung, sondern Umschreibung
zollte, was uns bei der Geschmacklosigkeit und Trockenheit
der letzten] Wunder nehmen könnte, wüssten wir nicht,
dass Beethoven schon damals es auch bei diesem Werke
nur mit den heiligsten Gefühlen des frommen Herzens, also
». ';(! fühl .ijt //
mit dem zu thun hatte, wovon er wusste, dass es dem
Menschen in Worten auszuspreeben unmöglich ist. Weil
aber ein Hummel, der auch eine Messe geschrieben, diesen
über dem »einigen uuendlich erhabenen Standpunkt nicht,
zu würdigen vermochte, darum konnte er. hei des an die
Schablone ebenfalls gewöhnten Fürsten Esterhazy Aeusse-
rung: „aber lieber Beethoven, wn haben "Sie dein danie-
der gemacht ? 4 * selbstbewusst und vornehm laiheti; der
sittlich ent nistete Künstler aber schied sofort aus der Re-
sidenz des Fürsten. Das Werk dagegen in einfacher reli-
giöser Innigkeit, nicht, wie Marx meint, vom delstischem,
sondern vielmehr vom theistischen, wenn auch nicht ortho-
dox-kirchlichen Standpunkte aus, geschrieben, hat Hümmel s
längst vergessene Messe überlebt und wird immerdar —
trotz der Ansicht von Marx, „dass es in der Gegenwart
kein© Stellnng erworben habe, die dem Namen Beethoven
entspräche, für die Nachwelt aber noch weniger bedeutsam
sei, da diese vielmehr ganz andere Werke von Beethoven
zu erfassen habe“ — ein schönes Zeuguiss dafür bleiben,
wie der grosse Künstler, seinem Genius treu, zu jeder
Zeit gegeben, was und wie es in ihm lebte, mochte auch
demselben das Gepräge nicht fehlen, das auch ihm die Zeit
aufgedrückt, deren Kind ja auch er bei aller innern Frei-
heit und Selbstständigkeit war. In späterer Zeit hat er
Anderes und Grösseres auf diesem Gebiete zu schaffen
gewusst. —
Der für politische, freilich auch immer nur als eine in
ihrem tiefsten Grunde sittliche Freiheit sch’wärrneöffe’ Bee-
thoven — sollte er in jener Zeit weniger 9ich gedrungen
gefühlt haben, auch diese sein ganzes innere so mächtig
beherrschende Stimmung in Tönen für jedes verwandte Ge-
rnüth ausiusprechen? Je weniger er schon als Künstler
überhaupt, und insbesondere durch sein Gehörleid en von
der Aussenwelt geschieden, thalkräftig in das Gelriebe der
Zeit einzugreifen vermochte, um so mehr musste er auf dem
ibin angewiesenen Felde, in seinem Reiche, dem der Töne,
die Geistesschlachten zu schlagen sich gedrungen fühlen,
die der Mitwelt ein Zeugniss geben sollten, dass er ihre
Leiden theilnehmend mitfühle und das Wehen des Geistes
einer anbrechenden bessern Zeit mit heraufzuführen an sei-
nem Tlieile heilig sich godrungen fühle. Aus diesem Geiste
geboren stehen für uns in unnachahmlicher Vollendung da:
seine Rroica, Op. 55, mtsd. J. 1802 - 4. und seine C-m oll -
Symphonie Op. 67, aus d. J. 1808, Über die wir uns in
unsenn ersten Artikel ausgesprochen. Ausser diesen bei-
den symphonischen Werken haben wir auch noch zweier
anderer zu gedenken, die, der dramatischen Musik angehö-
rend. denselben Geist athmen. Es ist der Fidelio (1805 t
und die Musik zum Egmont (181 1|. Jener führt »ins zu
einer Zeit, in der alle heiligsten Menschenrechte mit Füssen
getreten werden, einen edlen politischen Märtyrer vor, den
nur die aufopferndste Frauentreue dem Verderben entzieht,
indem sie auf solche Weise zugleich die Kerker zahllosen,
schmachtenden, unschuldigen, politischen Gefangenen öffnet.
Wer erkennt hier nicht den ganzen Menschen Beethoven,
den idealen Republikaner, der aber die heiligen, sittlichen
Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft, die Familie und
die lebendige Frömmigkeit des Herzens nicht in sanscülot-
tischer Weise verhöhnt, nicht in terroristischer Weise zer-
stört, sondern sie als unantastbare Heiliglhümer gewahrt
wissen will, ja sie als die alleinigen Bürgschaften des Mor-
genrothes einer bessern Zoil verherrlicht. Und weht uns
nicht schon in den Worten des Gouverneurs: ,.es sucht
der Bruder seine Brüder und kann er helfen, hilft er gern“,
die musikalisch unvergleichlich schön wiedergegeben sind,
derselbe erhabene Geist der weltum fassenden Menschen-
und Bruderliebe an, der in der Chorsymphonie als jubelvol-
ler Ausdruck des Triumphes, zu dem die Menschheit, der
Selbstsucht vergessend, gelangen sollte. Alles unwidersteh-
291
lieh zu dem „Seid umschlungen, Millionen 1 ' hinreiaet? —
Noch unmittelbarer spiegelt die Kämpfe der Zeit, das
Sehnen nach dem Abschütteln der lange genug unwürdig
getragenen Fesseln, so wie die, trotz aller scheinbar ver-
geblichen Bestrebungen, unzerstörbare Hoffnung, auf eine
bessere Zeit ab die Musik zuui.Egmont ans d. J. 1811.
Wie lange Jahre lag das Gedicht Gölbe’s da als ein Edel-
stein unserer dramatischen Literatur! Der Dichter, nur zu
wenig an den politischen Kämpfen des Vaterlandes sich
betheiligend, halte es nicht aus den Schmerzen über die
Erniedrigung desselben, nicht aus der patriotischen Hoffnung
seiner etwa nicht fernen Wiedergeburt heraus geboren!
Was zog denn den Cooiponisten Beethoven damals zu
diesem Werke? Nicht dieser stellt bei demselben im Vor-
dergründe. Den Menschen Beethoven, den sittlich ern-
sten Valerlandsfreuod, halle es begeistert, ihm Trost für
so manches Weh seines Innern geboten; da musste auch
der Künstler sich mächtig angezogen fühlen, war ihm
doch die aus der Liebe geborene Freiheit das Ideal, dem
seine ganze Seele ange hörte, wie wenig auch die Welt, die
ihn umgab, für dieses Ideal irgend ein Verständnis hatte.
So gab er uns zu einer Zeit, wo die Macht des Weltbe-
herrschers ihre stolzesten Triumphe feierte, prophetischer
Ahnung voll, vielleicht ohne sieh dieser seihst ganz klar
geworden tu sein, die von keiner andern überlroffene
Egmont Ouvertüre (nur die zum Coriolan sieht ihr eben-
bürtig zur beite!), die prophetisch uns im Geiste vorführt
Alles, was auf dein Gebiete der Geschichte der Völker gar
bald Vorgehen wird; so verstehen wir die lief gedachten
Entr'acts, so die sinnigen musikalischen Paraphrasen in
den Scenen Klärchens, so das schmerzlich ahnungsvolle
glücklich allein ist die Seele, die lieht'*, so ihre musika-
lische Apotheose in ihrer Verklärung zur erlösenden und
völkerbeglückenden Freiheit.
Dürfen wir aber hier die eben erwähnte Coriolan -
Ouvertüre Op. 62, aus dem Jahre 1808 unberücksichtigt
lassen? Sagt A. B. Marx doch von ihr, ohne ihrer Gene-
sis aus dem innom Leben Beethoven’« nachtuforschen, „es
giebt kein Werk, das Beethoven'« männliche und künstle-
rische Energie in engem Baum so voll bewährte, als der
Coriolan". Auch wir treten dieser Ansicht entschieden bei;
es ist dies aber für uns um so bedeutsamer, weil wir diese
Ouvertüre nicht, wie Marx, in zufälliger Veranlassung der
Collin’scheo Tragödie und sogar unabhängig vom Shake-
speare entstanden glauben; (da dürfte ihr denn doch wohl
jene gerühmte „männliche und künstlerische Energie" ge-
fehlt haben!); sondern weil sie für uns ganz eigentlich eis
ein Stück seines inneren Lebens, als des idealen Republi-
kaners, dasteht. Den Helden der französischen Republik,
der an der Spitze seiner siegreichen Heere das Morgen-
roth der Freiheit für die Völker Europas heraufzuführen
verhiesz, hatte die Eroica ursprünglich feiern sollen. Er
hatte sich ihrer unwerlh gezeigt, und Beethoven hatte in
heiligem Unwillen nicht bloss die Widmung vernichtet,
sondern das Werk fast selbst dem Untergänge geweiht.
Sollten ober etwa mit dieser Neugestaltung eines absoluten
Kaiserreichs alle doch so gerechten Hoffnungen der echten
Vaterlandsfreunde vernichtet sein? Oder war der Gedanke
an eine Wiedergeburt des Vaterlandes zur Freiheit nur ein
phantastisches Traumbild? Mit diesen Gedanken musste
ein Beethoven damals innerlich sich auseinander setzen.
Und dazu gab ihm das Erscheinen des Collio'schen Corio-
lan eine zwar erwünschte aber nichts weniger eis ihn be-
stimmende Veranlassung. Er konnte neben dem Plutarch
seinen Shakespeare zu gut, er liebte, ja er verehrte ihn
zu sehr, alt dass Collin’s damals auf dem Reperloir sich
befindendes Werk ihm mehr als eine willkommene Gelegen-
heit dargeboten hätte, mit dem, was seine ganze Seele er-
füllte, vor das Publikum zu treten. Es war das Bekennt-
nis« des für wahre Freiheit begeisterten Vaterlnndsfreuudea,
dass die erste unerlässliche Bedingung zum Bestände sol-
cher Freiheit die selbstlose, hingebende Vaterlandsliebe sei.
Die Selbstsucht, der Stolz auch des hoohbegabteslen Len-
kers derselben weiht das Vaterland stels dem Verderben.
So sehen wir den Coriolan, in tief gekränktem Stolze, sei-
nem Vater lande, das ihn verwiesen, als trotzigen Feind ge-
genOberstehen; und wahrlich die Musik führt ihn uns, in
diesem seinem Zorn Allem, was dem Römer heilig sein
musste. Trotz bietehd, nicht minder bezeichnend im ersten
Motiv vor, als sie im zweiten die flehende Stimme des Va-
terlandes, deren Repräsentanten die Mutter und Gattin des
Heldon sind, au unser Herz unwiderstehlich rührend legt.
Das Ringen beider Prinzips ist hochbedeutend; uud das
endliche Erliegen des Heiden, der der Stimme des ihn um
seine Rettung anfleheuden Vaterlandes, endlich überwunden
Gehör giebt, sowie der damit gegebene Sieg der echten Va-
terlandsliebe, in der Muttor und Göttin, die demselben hier
den Sohn und Gatten in grossherziger bewusster Selbstver-
leugnung zum Opfer bringen, sind das ehrendste Zeugnis«,
welches der Mensch Beethoven nls Politiker sich zu geben
vermochte. (Fortsetzung folgt . )
Berlio.
Hern«.
(Königl. Opernhaus.! Io den „Hugenotten“ gab am 31.
August Frl. Lehmann vom Leipziger Theater die Parthie der
Königin. Dia Stimme, ein frischer hoher Sopran von heller
Klangfarbe, zeigt bedeutende natürliche Anlagen für die Colo-
ralur, die auch ein« bereits sehr erfreuliche Ausbildung erfahreu
haben. Reine Intonation. Cnrrektheit in allen Figuren, Volu-
bililät in den Läufen, wohlthuende musikalische Sicherheit und
.Natürlichkeit in den Cadenxen, die sich bis zu einem sicher
eingesetzten hohen D erstreckten, das sind nicht zu unter-
»chfttzeod« Eigenschaften, die das Publikum zu dem lebhafte-
sten Beifalle animirten und auch uns vollkommen befriedigt
haben würden, wenn es der Stimme nicht an Poesie und sym-
pathischem Beiz, dem Vortrage eicht an Innerlichkeit fehlte.
Oer Eindruck, den wir von dem Gesänge des Fräulein Leh-
mann enpßngen, lässt uns befürchten, dass er eben uur den
Psrthieen der komischen Oper, io welchen die brillante CoJo-
ratur als Hauptzweck erscheint, gewachsen ist, dass er aber
in sogenannten colorirten dramatischen Psrthieen wie Amtoa
(Nachtwandlerin), Lucia, hinter den Anforderungen io Betreff
der Empfindung und der lyriachen Accente Zurückbleiben wird.
Wir sind deshalb auf weitere Leistungen der Sängerin gespannt.
Die übrige Besetzung der Oper mit Frau Voggenhuber und
Fräulein Grösst als Valentine und Page, den Herren Ferenczy,
Fricke, Salonion, Krause als Ranul, Marcel, St. Bris,
Nevers ist erst jüngst von uns besprochen. — Aid 3. Sep-
tember trat Herr Niemann als Johann von Leyden im „Prophet"
wieder auf und wurde in glänzender Weise bewillkommnet.
Auch hier war die Besetzung die öfter erwähnte bi« auf Fräu-
lein Horina, welche als Bertha eins fleissige, wenn such noch
nicht in alleo Theiisn glatte Leistung bot, jedenfalls aber ihre
Vorgängerin Fräulein Börner nicht vermissen liess. — Am
5. war „Fidelio". An den Zwischeotageo fanden Balletvor-
stellungen statt, von denen sich „Fantasca" mit Hertel’s pi-
kanter Musik grosser Theilnahme zu erfreuen hatte.
Im Friedrich-WÜhelmstädtucbeo Theater bildeten such in
verflossener Woche Offen bach’s Werke, besonders oft „Die
Intel Tulipatan“ das Reperloir.
Die Oper im Kroll’schen Etablissement hat mit dem
31. August ihre Vorstellungen beschlossen. Das unter Leitung
des Herrn Kapellmeister Müller so fleissige Personal gab drei
36 *
292
Monate lang täglich Opern und »wer in reicher Abwechse-
lung von Mozart: „Doo Joan“, „Hochzeit des Figaro“; We-
ber; „Freischütz“; Lortsiog: „Undine“, „Czaar und Zimmer-
oiaon“, „Waffenschmied“; Flotow: „Martha“, „Stradella“;
Kreutzer; „Nachtlager“; Boildieu: „Di« weises Dame“ 1 ;
Rossini: „Barbier von Sevilla": Rellioi: „Norma“; Dooi-
setti: „Lucia“, JLucrezia Borgia“, „Beiisar“, „Linda“; Verdi:
„Troubadour“, „Rigoletto“, „Traviata“. — Die Bühne cullivirt
nun wieder hauptsächlich die Posse inil Gesang, zu welchem
Zwecke Herr Director Engel die neu eiten Product« des be-
liebten Wiener Autors Berg erworben hat. Der neu eioalu-
dirten „Probirmamsell“ wird in de« nächsten Tagen „Die Frau
Mama“ folgen.
Im Circus Renz fand aiu 3. d M. eio von den rühmlichat
bekannten hieaigeu MAnoergeseog vereinen Lyra, Melodie und
Cicilia, unter abwechselnder Leitung ihrer Dirigenten: Köoigl.
Muaikdireclor Carl Hennig und der Herren Edwin Schultz und
Ferd. Schulz, unter Mitwirkung des Köuigt. Kammermusikers
Herrn Kos leck, sowie der Sinfonie- Kapelle unter persönlicher
Leitung des Professors Herrn Julius Stern zuin Besten der im
Plauen'sctieo Grunde Verunglückten veranstaltete» Concerl statt.
Von den Gesängen zeichnete sich am meisten das Sstimmige
„Sei getreu“ von Neithardt (Dirigent: Mus.-Dir. Hennig) durch
sorgfältige Nuancirung und WohLklang aus und machte einen
ergreifenden Eindruck. Dem „Thürmerlied“ von Tsubert mit
Orchester (Dirigent: Edwin Schultz) hätten wir im 3ten Verse
bei dem „Hosianna“ grösseren Schwung gewünscht, sonst
klang auch dies, wie die übrigen Gesänge „Frohe Wanders-
mann“ von Mendelssohn, „Sturmbeschwörung“ j Dirigent:
Ferd. Schulz), „Die Himmel rühmeo“ von Beethoven (Dirigent:
Edwin Schultz), „Wo bin ich hcunethfrnh“ von Grell, Hstimang
(Dirigent: C. Hennig) wirkungsvoll und rein. — Bei den vor-
züglich nusge führten Ouvertüren zu „Ruy-Blae“, „Egiuoai“,
„Sturm“ von Tauberl, „Oberon“, „Rienti“ war der Massen-
klang, trotz der Verstärkung der Kapelle, durch dis grossen
Vorhänge, sowie dadurch, dass sich das Orchester zu lief io
den Theaterraum hinein ausdehnte, etwas geschwächt Mit
4— 5mal sich wiederholendem Applaus wurde die meisterhaft
vorgetragene Oberon-Ouverture ausgezeichnet Die Solo - Vor-
träge des (ioroet- Virtuosen Kammer-Musiker Kosleck bewährten
dessen Ruf. Das ganze Coneert machte einen wohltbuenden
Eindruck und war der grosse Circus, der übrigens vom Director
Renz für den wohlthäligeu Zweck uneolgeldlich bewilligt wor-
den, ansehnlich gefOllt. 4 . R.
Corres p o n d e n z e n.
Baden-Baden, den 4- September 1860.
Heute habe ich hinreichend Material zu einem grösseren
Berichte, da die verflossene Woche reich an Genüssen aller
Art war. Zunächst ist es die 3te Vorstellung des Grosoherzogl.
Hoflhenlers von Karlsruhe, welche ich erwähnen will. Dieselbe
fand am 25 August statt und bot Kreutser’s „Nachtlager von
Granada“. Da» Haus war nicht besonder« gut besucht, was
wohl seinen Grund darin haben mag, das» die Kreulzar'tche
Oper trotz ihrer hübschen Metodieen nicht mehr recht io die
Zeit paast. Man verlangt jetzt ebeu mehr ala eine gefällige
Musik, will dramatisches Leben und dieses Maat sieh bei dem
besten Wille® aus dem genannten Werke mehl herausfinden.
Die Ausführung war sine wohlgelungene. Die Hauptparfhie
(Jäger) saug Herr Hauser. Da* schöne, sympathische Organ
sowie ein durchdachter Vortrag zeichnen diesen Künstler vor-
theühaft aus. Auch Fräulein Erber tt und Herr Köroer als
Gabriel# und Gomez nahmen au den Ehren des Abend» Theil.
Dem Dirigenten Herrn Hofkepellmeister Lev« sewic dem Chor
und Orchester gebührt rühmlichste Anerkennung. Diese 3te
Vorsteilung des Cartruher Hoftheaters wird vorläufig die letzte
sein, indem tm September nur die Aufführungen der französi-
schen und italienischen Oper stattfinden werden. — lo der 5tet>
classiachen Malinie des Kurorcheaters lag der Schwerpunkt
wiederum in den Orchesferleistungen. Beethovens A-dur-Sio-
fonie, die Introduktion zum lsleu und dae Finale zum 3ten A«t
ve« Wagners „Tristan und laold«“ und Gluck 1 * Iphigenien-Ou-
verture fanden eine vorzügliche Ausführung. Ein noch sehr jun-
ger Pianist Rad ano, dar höchstens 1! bis 12 Jahre alt ist.
spielt« das Mozartsche Clavier-Cowcert in D-dur technisch ab-
gerundet und fand Beifall. Namentlich errang aber letzteren
die Violinistin Fräulein Tay au x. Dieselbe (rüg die Arpeggien-
Caprice von Vieuxtemps und eine Alard’sche Fantasie mit
Kühnheit und Sicherheit vor. Die Künstlerin wird bei eifrigem
Forlstudiuoi sicher eine sehr bedeutende Virluosio werden. Möge
sie der stürmische Beifall, den sie gefunden, dazu anapornen.
Eine der glänzendsten Opern Vorstellungen, die je auf der
hiesigen Bühne »latlgefunden beben, war die Aufführung von
Gounod'i „Faust“ am 30. August. Die Besetzung war fol-
gende: Fräulein Nilsson (Margsreihe), Herr Faure (Mephi-
sto), Herr Genevois (Faust), Herr Devoyod (Valentin),
Frluiein Duvsl (Siebei), Mademe ßalanquc (Martha). Der
Chor war sehr vollzählig und gul besetzt. Die Leitung der Oper
hatte Herr Bottesioi übernommen. Der Andrang dee Publikums
wer ein noch nie vorgekommener, hunderte von Personen mussten
wegen Mangel an Plätzen zurOckgewiesen werden. 40 Franc«
wurden schliesslich für einen Platz geboten, jedoch wqr es auch
für diesen Preis nicht möglich, ein BUM zu erhalten, da jeder
Besitzer eines solchen sich glücklich schätzte. Ueber die Auf-
führung kann ich mich kurz fassen. Das Hau» erdröhnte von
Beifallsbeseugungen. Fräulein Nilsson erhielt unzählige Bou-
quets und die Hervorruf«, die ihr und den Herren Faure uod
Genevois zu Theil wurden, lassen sich ebenfalls nicht berech-
nen. Es wird allgemein um eine 24a Wiederholung petitionirt
und dürfte dieselbe ein gleiches Resultat ergeben. — Der 1. Sep-
tember brachte uns das Coneert des Herreo Peruzzi. Der
Entritlsprris desselben betrug 26 Frcs., trotzdem war der Saal
völlig gefüllt und ich schätze die Zahl der Anwesenden auf
5 — 600 Personen. Ein gutes Geschäft hat also Herr Peruzzi
auf jedeu Fall gemacht. Die Milwirkendeo waren die Damen
Nilsson undAlbom sowie die Herren Genevois und Botte-
s ini — der Erfolg wie vorauszusehen ein vollständiger. — Heute
wird Thomas 1 „ADgiion“ gegeben, darüber nächstes Mal. —I.
Paria, 4. September 1860
Das ThdAtre lyrique, das in voriger Saison 25 Rieozi- Vor-
stellungen brachte, blieb sich consequent; es eröffnele am
1. September wieder mit derselben Oper Wagner s. An die Stella
des an einem Haqjgelenkbruch erkrankten Tenor Mootjauze
trat diesmal Herr Massy, der ebenfalls den qölhjgen Stimm-
fond besitzt, um es mit deu aufgewühlten Massen der Chöre
und des Orchesters aufiunohmeo , uud überdies« , häufiger, als
es musikalisch gut geheissen werden kann, zu dem Treroo-
lando, als Verslärkungsmittel, seine Zuflucht nahm. Auch die-
ser Tenor verdient für den Heroiemus, mit dem er es unter-
nahm diese anstrengende Perthte zu singen, eine Auszeichnung
von Seilen des im Uebrigen nicht sängerfreundlichen Cnropont-
steo. — Eine Abwechslung zu diesen plötzlich hier eingebür-
gerten Wegner- Vorstellungen wird die eben in Vorbereitung
befindliche neue Oper von Joncieres : „Ny die“ bieten — welche
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Supplement zu No. 36 der Neuen Berliner Musikzeitung.
indessen mehr nach Seite der decorativen Ausstattung bedeu-
tendes verspricht. Die Nydla frird Fräulein Verken. eine
junge Debütantin und SchOlerio von Duprez, die Jone Fräulein
Schröder singen; die Tenorhauptpartbie Hermes wurde Herru
Massy anvertraul. — Dns Auftreten des Fräulein Marie Boxe
wird definitiv für die io Paris zum ersten Male in Scene
gehende Oper Balfe’a „Dia Zigeunerin" aufgespart. Die Beam-
ten des Hotel de ville sotten, wie verlautet, zu diesem Wieder-
auftreteo der längere Zeit der Kunst abhanden gekommenen
Künstlerin von Soitco des kunstfreundlicheo Seinepräfeclen offi-
ziell commandirt werden. Ausser der Oper Halevy’s „No4“,
aus dessen Hinterlassenschaft neu hervorgesucht, und deren
Vollendung Bizet anvertraut wurde, sind noch die ftepriaen
von Ernst Rsyer's „Le stalue", „Don Pasquale" von Doni-
zelti und „Ballo in maschera" von Verdi in Aussicht ge-
stellt. — Die Verheiratung der Sängerin Artöl mit dem Ba-
rytonisteu Padilla finde! am 15. September in Ville d’Avray
nfichst Pari» statt. — Heute wird io Eoghicn zu Gunsten der
in dortigen Thermen verunglückten Arbeiter ein Wohlthätig-
keits-Concert nbgehnlten, wobei Frau Miolan-Carvalho, die
unvermeidlichen Brüder Liouel, der Bariton Faure, der Teuor
Jourdan, der Bassist Depassio und der Violinist Sarasale
mitwirke». — lu demselben beliebten und nahe gelegenen Som-
meraufenthalte der Pariser besteht im dortigen den See begren-
zenden Jardiu des roses ein Orchester -Concert- Unternehmen
nach Art der Concert* des Champs-Elysees. — Die unbeständige
Witterung dieses Sommers thnlen diesen letzteren Concerten
Eintrag; ausserdem halten wir dafür, dass ein gewählteres Pro-
gramm, ausser den ofi^ehörten Opern -Phanlasieen uud allzu
bekannten Ouvertüren und Solostücken, und eine nuancirtere
AufTührung der Zugkraft förderlich sein dürfte. Man versuche
es einmal mit classischen Symphonieen und den Ouvertüren
Beethoven’«, Mendelssohn’® u. A. in angemessener Ausführung,
uud das alte, jetzt abgcblasste Keuomeu dieser Concerta wird
einen neuen Aufschwung gewinnen. — Die Milwirkenden bei
den ersten Vorstellungen im grossen römischen Theatsr zu
Orange waren u. A. FrÄulein Werthoiinber und Bataille uud
Herr Genevois, welche Scencu aus Mehul’s „Joseph und seine
Brüder" und aus „Romeo und Juliette“ von Vnccai sangen.
Eine Cantale von Imbr-rt, betitelt „Les Triomphateurs", für
Chor, Solo und Orchester, mit Schluss-Apotheose, fand ah Ge-
legenheilsstück die entsprechend günstige Aufnahme. Mau
spricht von baldigen Wiederholungen dieser zwei crslen Fest-
Vorstellungen. — Zwei der bedeutendsten Provinzbühnen Bor-
deaux und Nantes sehen sich für die nächste Saison ihrer Opern
beraubt, indem die betrelTendeo Municipalrälhe die ferneren
Subventionen (für das Theater Bordeaux 100,000 Francs, für
Nantes 80,000) verweigern, flalanzier, der renommirte Di-
reclor der Oper und des Ballets von Bordeaux, ist somit va-
cirend geworden und sucht eine Anstellung. Wir empfehlen
demselben die Stadt Cairo, wo der Vicekönig von Egypten
fortwährend seine steuerbelasteten. Unlerthauen mit übermässig
bezahlten Sängerinnen und Tänzerinnen aus Paris beglückt.
Zu dessen besten Kuuslacquisitionen für die nächste Saison
zählt die Sängerin Emma La grün. Cairo ist (licht nur für
die KOosller, sondern auch seit der in Aussicht gestellten Er-
öffnung des Suez-Canals,' für dio Pariser Privatiers von grosser
Anziehungskraft, es ist daher billig, dass die letzteren daselbst
ein französisches Operntheater finden. — An der neuen, noch
nicht vollendeten, grossen Op6ra , zu Paris wurde das erste
Debüt bereits abgehallen. A. v. Cz.
Wiener Muaikreninissenun.
VW.
Ende Augiut 1369.
öontlicin'n G**l*p*H* im (Uritfc«at«r. — Du neue Winter Coaurralorinü.
Sontheim! war die musikalische Parole des August und ich
habe des kritischen Materials io diesem Monat wenig mehr als
diesen merkwürdigen Manu und sein hiesiges Gastspiel, nichts
von Academien, Concerten a dgl., es gab deren im August
keine. Wunder Ober Wunder! die grosse Hofoper hatte wie
jahresü blich, zu Ferien ihre Pforteu mit Ende Juli geschlossen,
um heuer gaoz besonders innen zum Guten oder Schlechten der
Beparaturen vorzunehmen; da kündigt das Carltheater zu Anfang
August Opernvorstcllungen mit Herrn Heinrich Sontheim als Gast
an (bei 30 Graden R6aumur). Freilich darf dieser Sänger von sich
sagen: Freund Ascher, die Oper bin ich! — — deuu, was
neben Herrn Sontheim hier unserm Publikum au singenden
Männlein und Weiblein vorgefQhrt wurde, war denn doch nur,
mit kleiuer Ausnahme, eine Art Draperie für ihn.
Herr v. Dingelstedt wollte oder konnte Herrn Soot-
heim, drr vorigen Jahres in unserer Hofoper ausserordentlichen
Erfolg hatte und die Theaterkassa bis an den Band füllte,
heuer kein Gastspiel eiuräuroen. Alle Unterhandlungen
schlugen fehl, angeblich des neuen Theaterhauses willen,
dss sich aus aich selbst nähren sollt«.
Wir schwatzen keine Geheimnisse aus, wenn wir heuto
einiges über Honorare bemerken, die Ja letzter Zeit oatuhafte
Tenore bei uns bezogen. Sontheim erhielt un vorigen Jahr für
die enteren Vorstellungen je 300 (I., später 400 Q. Niemann
zum weitern 400 fi., danu üQO fl. Heuer möge Erster er es Herrn
v. Dingelstedt danken, dass er diesmal nicht im hohen K. K.
Hoftheater sang, sondern beim Ascher, an der schönen, blauen
Donau in der LeopohMadt. Solche Honorare strich wohl auf
deutschem Boden nicht leicht ein deutscher Künstler ein, wie
unser Heinrich. Ascher sicherte dem Gast unter allen Umstän-
den, ob er Leute heranziehe oder nicht, für den Abend je drei-
hundert Gulden; Irüge aber das Haus dem Direclor mehr ab
das Doppelte, d. i. 000 fl., dann trat die Halbscheidtheilung
ohne Rücksicht auf die Höhe der Cassa ein. Die Eintrittspreise
wurden bedeutend erhöbt uud siehe da, es waron Abende io
der „gemischten Opernwaarenhandlung bei Ascher" dass das
Haus 2000 Q. und darüber trug. Der Herr Direclor also halte
die Elve, die halben Eiuuahmeu an seinen Gaat zu verabfolgen
und Heinrich Sontheim darf sich den August löüV in Wien
als des ergiebigsten loben, indem er emo reine Uaarärnte von
nahe zehntausend Gulden für 12 Abende davoutrug. *|
Und da sage noch Einer, dass die Wiener die Kunst nicht le-
ben lassen.
. Kehren wir nun von dem materiellen Resultate des heu-
rigen Gastspieles Sonlheim’s zum Künstler selbst zurück. Er
trat eigentlich nur in zwei vollständigen Opern auf, io der
Martha (2o»al| und hn Postillon (4hjhI). Waa sonst in den
12 Abenden aufgeführt worde, beslnud aus Bruchstücken des
Sontljehn’scheo Opernreperloirs, wie Wilhelm Teil, Fra Üiavolo,
Stumme von Portici und dsm berühmten vierten Acte des
Eleazar in der Jüdin, einem Toubilde, worjn Sontheim ganz
einzig dasteht. Da» Repertoir des Stuttgarter Sängers zählt
zo den inannigfaWigaten, die ein Tenor haben Kann. Wehrbeh
wenn Einer Vielseitigkeit aufweisl, ist es dieser Künstler. **)
*| Eigentlich nur etlf; da Southeiol das Erträgnis* eines
Abend* — de* rorletataa — ztua Vortheile dm Orchester- imd
Cherpersonelfl widmete. '*
•*) Sontheim'» Upernprogranim, das er sieh uarh beinahe
dreissigjähriger Söngerlauibabn gebildet, besteht mM Hinwegbe-
m
j
t, \
Der nahezu fünfzigjährige schwäbische Gäppinger besitzt such
noch zur Stunde ein volles, kräftiges, gesundes Organ, das er
trotz seiner Fettleibigkeit und dem dadurch erschwerten Athem-
holen glücklich beherrscht Sontheim disponirt über das hohe
ABC mit voller Sicherheit. Die Töne haben in allen Lagen
eine gleichförmige Kraft und Verbindung, die Intonation ist
immer rein; dabei ist Ruhe, künstlerisches Bewusstsein, eine
weise Oeconomie im Vortrag; endlich kommt die erwähnte
ungemeine Mannigfaltigkeit seiner Rollen in Anschlag, und ver-
nimmt man erst, welch* ein liebenswürdiger Caiuerad der Künst-
ler unter seinesgleichen ist, so begreift man die allgemeinen
Sympathien für ihn. — Man war allgemein auf Sontheim in der
Spiel- und in der Conversaliunsoper gespannt — und er lei-
stete in der Thal auch hierin Ueberraschendes. Obenan steht
freilich der Eleazar io der , Jüdin“, den er heuer 5mal bei uds
sang, mit stets aufrechtem Beifall, ja, man darf sagen, mit
immer steigendem Interesse. Fragen Sie mich nun um die
Umgebung des Künstlers, die zusanunenzuschaareo die Üirec-
tion keine geringe Mühe gekostet, so hab' ich Ihnen freilich
des Erfreulichen nicht viel zu melden. Vor Allein muss ich
mit den rühmlichen Ausnahmen hervorrücken, und dies ist zu-
nächst Fräulein Nolalie Hä ui sch, K. Sächsische Hofopern-
säogerin, die mittlerweile aus dem dortigen Verband gelreteo.
Anfangs als Martha und daun als Magdalene (im Postillon) we-
niger disponirt und durch unsere climatischen Verhältnisse be-
hindert, traten die schönen Eigenschallen dieser Sängerin erst
mit dem Vortrage der Semiramis-Cavatine in'» richtige Licht.
Fräulein Häoisch hat eine ungemein elegante und eioe cur-
recte Coloratur und gefiel später entschieden. Im Spiele je-
doch war sie als Martha wie als Madclaine schon anfänglich
ganz vorzüglich; sie ist eine fein besaitete Natur, eine wahre
Zierde für Bühnen kleineren Umfanges. Man singt und spielt
nun aber in Wien, Berlio und Dresden ganz verschiedentlich.
— Das Fräulein Perl, Altistin vom Darmstädler Theater, ist
nicht tu unterschätzen. Sie hat einen mächtigen, aber der
Cultur bedürftigen Contrealt; sie sang die Taocred-Arie ein paar
Male und fand Beifall.
Ein anständiger Sänger war Herr Simon vom ungarischen
Nationaltheater, ein annehmbarer Wilhelm Teil, der zum min-
desten „nichts verdarb“ und sogar zuweilen an deu Stimm-
timbre Soolheitn’s erinnerte. Der Bassist Herr Schilke vom
Stadltheater in Lemberg entbehrt der künstlerischen Pflege; seine
Stimme duftet nach der Biertonno und seine Erscheinung als krebs-
rolher Cardinal in der „Jüdin“ erregte zum öitern ungeheure
Heiterkeit. Das Stimmmaterial wäre so Obel nicht, io Lem-
berg soll Scbilke sogar ein gefeierter Mann sein. Der Bass*
buffo Hans von Gülpen vom Leipziger Theater verschwand
nach kurzem Lebenslauf von der Cerlsbühne, ohne dass man
seinen Abgang schmerzlich verspürt hätte; jedenfalls hat aber
sung von 16 älteren , jetzt meist verschollenen Singspielen aus
narngeuannten Werken, wobei zu bemerken, dass er in vielen
derselben auch zwei Hollen im Laufe der Zeit übernommen und
gesungen: Wasserträger, Othello, Freischütz, Stumme von Por-
bei, Vestalin, Romeo und Julie, Norrna, Zauberflöle, Josef und
seine Brüder, Beiisar, Lucia, Nachtwandlerin, Zampa, weisse Frau,
Don Juan, Barbier, Entführung, Nachtlager, Belagerung von Co-
rinth, Cortez, Maurer und Schlosser, Liebestrank, Lodoiska, Jo-
hauu von Paris, Czaar und Zlmmernisnn, Brauer von Preston,
Aschenbrödel, Tancred, Puritsuer, Robert. Hans Helling, Lucretis,
Adlers Horst, Regimeotslochter, Macbeth, Camilla, Stradells, Jüdin,
die beiden Prinzen, Fra Disvolo, Wildschütz, Schweitzerfamilie,
Ernani, Martha, Prophet, Hugenotten, Krondlamanten, Rigoletto,
Postillon, Favoritin, Wilhelm TsU, Giralda, Nordstern, Königin
von Cypern, Puritaner, Linda, Fidelio, TKua, Zigeunerin, Weiber
von Windsor, Faust, Taanhiuser, Ballnacht, Prinz von Oranien,
Rose von Erin, Graf Ory, Don Sebasliao, Wanda, Traviata, Afri*
ksoerio und den drei Opern Abert's: Enzio, Anna von Lands-
kron und Astorga.
dieser Herr G. eine gewiiae Bühoenrootine. Dss in den Opern-
Fragmenten viel beschäftigt gewesene Fräulein Löscher ge-
hört als Mitglied seit kurzer Zeit dem Carltheater ao. Sie war
als geborne Wienerin die Einzige unserer Heimischen unter
deu recrulirleo fremden Truppen. Man darf sagen, dass Fräu-
lein Löscher trotz aller Anfäogeracbafl den meisten Beifall ne-
ben Sontheim fand, der des Lobes nicht sparie über ihre schöne
Stimme. Ich sagte: „recrutirte Truppen“. Da wir in diesem
Monsl Raum haben für Kurzweiliges und Causerien, so erzähle
ich Ihnen z. B. ein Geschichtcben aus Anlass der Werbungen
im Cailtheater. Schon im Anfang war die Oper beiDahe ge-
fährdet wegen absoluten Mangels eines Plumket für „Martha“.
Ein Herr Kreci aus Prag erschien gar nicht. Ein Königreich
für einen Plumket I Keiner zu linden; der bereits früher angc-
worbene Bassist hatte eben diese Rolle nicht auf seinem Brette.
Da erfährt der eifrige Major domus des Herrn Ascher, Herr
Treumann, (Carl Treumann's Bruder) dass eio Basso in Ba-
den bei Wien kurtrinke, und flugs war er drauasen und brachte
den erschrocken Aufgegriffenen in die Theaterkanzlei. — Wie
ist Ihr Name und wo haben Sie gesungen, mein Herr? trug
Ascher. — Ich heisse Strehle und sang in Ungarn. — Wo?
— Io Raab. — Wo noch? — In Oedenburg, — Sonst nir-
gends? — Nein! — Mensch! wie kaoD ich Sie auf den Zettel
setzen? da ist nur Personal von Hof- oder grossen Theatern!
— Ascher, ein gewendler Maun, besauu sieb nicht lange und
eoischied: Wissen Sie was? wir aeDen Frankfurt auf den Zet-
tel! — Aber, Herr-Direclor, ich war nie in Frankfurt, und wenn
dann ein Frankfurter herkäme! — Thut nichts, thut nichts,
Mfinnckeu, wir setzen Frankfurt schlechthin auf den Zettel.
Kommt nun ein Frankfurter von der Oder, so sind Sie Einer
vom Main, und kommt Einer vom Main, so sind Sie wieder
Einer von der Oder! — - Einverstanden! — Meister Strehle trat
wirklich auf und sein Erfolg sicherte ihm einen rascheo —
Abgang.
Ja, der arme Ascber. Für die „Jüdin“ halte er gar eine
Eudoxia zu suchen. Er fand sie auch in Fräulein A. But-
schek, eine öllonuenförmige, dicke, kleine Gestalt, die aus
Kurzweil gerufen wurde und ein wahrhaft humoristisches Fiasko
erlebte. Sie kam nur einmal und kebrle niemals wieder. So *
hatte denn die Direclion ihr Kreuz und Leid mancherlei; ja so-
gar die Pertituren und Auflagsliromcu der verschiedenen Opern
mussten aus verschiedenen Kronlandsorlen entlehnt werden, da
das Kaiserliche Theater hier nichts herlieh. Doch die Aernte
Aschers war glänzend und der neue Ritter Ascher*) bestand
alle Feuerproben bestens. Der wackere Kapellmeister Franz
v. Suppe verdient übrigens alles Lob, da er die heterogensten
Elemente seinem Orchester und dem Chor beibringen musste.
Beide thaten den Umständen angemessen ihr Bestes , und es
sei dies 'auch billiger Weise anerkannt und manches gräuliche
Gefidel und Gebläse verziehen und vergessen. —
Da» neue Coneervatorium der Musik, mit aller Munißcenz
äussertich und innen ausgestattet, sieht nun mit dem ersten
October seiner Eröffnung entgegen. Im Jahre 1817 in*s Leben
getreten, feiert es 1860 seine Wiedergeburt in gar mancher
Beziehung und wird fortan uoler den Kunst- und Bildungsso-
stslteo unserer Residenz so ziemlich an der Spitze stehen.
Die Thitigkeil des Geoeral-Secrelairs Zelloer für das Conaer-
vatorium ist eine auffallend in’s Auge epringeode; Herr Zelloer
iet aber auch nicht nur ein eminenter practiacher Musiker »ei-
nes Faches, er ist auch ein tüchtiger Theoretiker, ein Kritiker
voll Urtheils vermögen und Wissen für die Tonkunst aller Pe-
*) Herr Ascher erhielt zu vielseitiger freudiger Ueberra*
aehung plötzlich den Franz Josefe -Orden!
rioden und tödlich »t er ein vortrefflicher Stylist, mit seltener
Gewandtheit ausgeslattel. Wir empfehlen d«t Lehrprogramm
de» Convervaloriuma den weitesten Kreisen.
Nachschrift. (31. August.) Mit wahrem Jubel empfan-
gen, von Nummer au Nummer immer stürmischer begrflssL,
mit Blumen und Lorbeerkränzen booibardirt: so nahm Sont-
heim gestern mit der zwölften Opernvorstellung Abschied von
dem Wieuer Publikum, das jede Gelegenheit zu den lebhafte-
sten Ovationen beoutit hatte. — Reich an Ehren und Gold
zieht Sontheim zur Heimath. In seiner Dankrede sagte der
Künstler beiläufig: er sei für all' die ausserordentliche Huld
auf das tiefste gerührt und den Wienern dankbar. Sie möch-
ten ihn daher nicht unbescheiden nennen, wenn er nur noch
Ei neu Wunsch ausspreche, den: bald wiederkommen zu dür-
fen! — Lieber Freund, da hätten Sie erst die Antwort hören
sollen! Carillon.
F I D i I I ( I O D.
Aas meinem Leben.
(Eine musikalische Reise und Zwei neue Opern.)
8 .
Es mögen etwa zehn Jahr her sein; ich wollte an einem
schönen Julisbend in Losebwitz als Zuschauer die nahbevorste-
hende Abfahrt des bampfbooles nach Dresden erwarten; eben
noch mH einem andern Sommergast, dem vierhlndigeo Carl
Burchard, im lebhsfleu Gespräch über sein Arrangement der so
und so vielsten Usydnacben Sinfonie begriffen, streifte an ans
eia Herr vorüber, bei dessen Anblick die Erinnerung längst ver-
gangener Zeiten in mir erwachte. Rasch sandte ich meinen
Sohn hinter ihn her, mit dem Aufträge sieh zu erkundigen ob
sein Name von Könoeritz sei. Er war es; und der groase breit*
sebultrige Mann mH der ungeheuren Adlernase, auf welcher eine
mächtige Brille thronte, mH den freundlich liebelnden Zügen
und den kurzen schneeweissea Haaren, kehrte sofort um, mirh
gleichfalls nach fast SOjähriger Trennung erkennend. Wir hatten
in Leipzig ein volles Triennium gemeinschaftlich durohgemaoht;
v. Könneritz gehörte damals zu dem kleinen Klub der adligen
Studenten, welche bei jeder Theatervorstellung Stehplätze im
ersten Rang inne hatten und von dort aus ihre Beifallsspenden
losliessen. Das ganze Personal der Bühne schätzte diesen Areo-
psgus, weil er unbezahlbar war und die Kosten seines Gerichts-
standes selbsteigen trug. Dszu gehörten die von Carlowits, von
Teubern, von Zeschwitz u. a; Könneritz aber Überragte sie alle
an Leibesgrösse, und fiel um so mehr in die Augen als er zn-
meist neben der Gnomengestalt Carl Herlossobna poallrt war,
weieher als Freischärler sich persöalieh jedes Bravo's entbleit,
allgemein jedoch für den Chef dieser clacq *t noble gelten musste.
Durch ihn, der mir persönlich befreundet, hatte ich sehr bald
die nähere Bekanntschaft jener jungen Männer gemacht, denen
ich — obwohl schon in Amt und Würden — nur wenig «u Jah-
ren überlegen war. Könneritz wurde mein Schüler im Clavier-
spiel und in der Theorie (in letzterer gemeinschaftlich mit Wol-
demar Frege, dem jetzigen Leipziger Professor und Gatten der
einst berühmten Sängerin Livia Gerhardt). Er war eine vorwie-
gend musikalische Natur, blies auch die Clarinette und hat später
seine Studien nicht vernachlässigt, so dass er selbst aus der
Partitur eine Composition zu beurlheilen im Stande war. Da-
mals schloss er sich rasch an mich an und mit Vergnügen er-
innere ich mich noch einer zusammen unternommenen „Reise
auf gemeinschaftliche Kosten“ nach Bad Lauchstädt bei Halle,
wo von der Betbmaon'eehen Gesellschaft „Die Stumme“ aufge-
führt wurde. Wir hatten ein offenes Wägelchen gewiethet und
fidt dcUtet Köuneritz fungirte als mein Rosselenker. Die Lauch-
atädter Oper entsprach aber nicht ungern Erwartungen; deuu
wir waren auf einen sogenannten Ulk vorbereitet, und fandeu
eine Miltelmässigkeit, die nicht schlecht genug war um sich
darüber lustig zu machen, und sieht gut genug um einigen Ge-
nuas zu bieten; wir standen gründliche Langeweile aus, und
entschädigten uns erst nach der Vorstellung durch Zusammensein
mit den Dessauer Kammermusikern, welche im Orchester mitge-
wirkt hatten, Gonzertmeiater Lioduer und Violoncellist Drechslet.
Schwerlich mochte der uacbmalige Appellatious-Gericlitsrath ah-
nen, dass diese Herren die Collegen eines Mannes wären, mit
dessen Tochter sieh in morganatischer Ehe ein Herzog von An-
halt verbeirathen würde, während Könneritz selbst in zweiter
Ehe die Nichte dieses Dessauers zur Gattin erwählte. Als nach
Lüttiehau's Tode 1868 Könneritz Generaldirektor des Dresdner
Hoftheaters wurde, schickte ioh ihm eine photographische Karte
mH einer veraiUzirten Inschrift, welche den Wunsch ausdrüoktc,
dass er in der neuen Carriere eben so gut fahren möge, wie
vor alten Zeiten. Die Antwort lautete: „Bester Herr Kapellmei-
ster! meinen herzlichen Dank für Ihre freundliche Begmssung.
Hätte ich eine Photographie von mir, würde ich Gleiche« mit
Gleichem vergolten und ihnen mein Bild gesendet haben. So
aber kann ieh Sie nur bitten, sich meine Züge zu vergegenwär-
tigen. denselben den freundlichsten Ausdruck zu geben und darin
zu lesen wie sehr sich darüber, dass Sie seiner gedacht haben,
gefreut bat Ihr ehemaliger Schüler von Könneritz“. Es machte
auf mich einen wunderbaren Eindruck als ich im Sommer des-
selben Jahres im Parquet des Dresdner Opernhauses sass, den
Blick nach oben links wendete, und an einer Karyatide des ersten
Ranges stehend den Generaldirektor erblickte, unverändert in der
Heilung wie vor dreissig Jahren als adliger Student im Leipziger
Theater; nur der schneeweiaa© Kopf verrietb den Einfluss der
Zeit! Der arme Könneritz bat trauriges Ende genommen; seine
Geschäftsführung bereitete ihm, wie jedem Theaterdirektor, un-
endliches Aerger — zum Theil aber selbstverschuldet und her-
beigefübrt durch einen gutmüthigen und lebhaften jedoch schwan-
kenden Charakter. Zuletzt wurde noch die Afrikaneriu sein
crcre-cofur .- mit grossen Kosten in Seeoe gesetzt und mit erhöh-
ten Preisen feine für Dresden unerhörte uod unbeliebte Neuerung)
fiel die Darstellung voilatöndig ab; und die« nahm er sich so zu
Herzen, dass er wenige Tage nachher tödtlich vom Schlagfluss
getroffen wurde.
Aber wie kommt Saul unter die Propheten? was hat der
Intendant des Theaters io Dresden mit der Spatzierfabrt eines
Berliner Kapellmeisters von München nach Reichenhall zu thun?
Das hingt so zusammen: Als ich sm Pfingstdienstage 1865 in
das Coupä steigen wollte, fand ich darin bereits einen Mann
sitzen, den ich — wenn ieh ihn nicht erkannt hätte — jedenfalls
gefragt haben würde mit wem mir die Ehre geworden zusammen
zu reisen; es war die Hoheit eines Juplterkopfes Ober dem
Rumpfe eines Epikureers, es war Frans Lacbner, der königlich
bsyrisebe General-Musikdirektor. Auf dem Corridor des Schau-
spielhauses io Dresden war ich ihm durch von KönnerHz vorge-
stellt worden, als wir uns nach dessen Wunsch dort mit andern
deutschen Collegen eingefunden hatten, um einer Aufführung
des Idomeneus in der allen Mozartatimmung beizuwohnen, welche
beinahe einen halben Ton tiefer steht als das Pariser neue Dia-
pason. Könneritz hatte sieh sehr ernstlich für diese damsls
brennende Krage interessirt, sich demzufolge mH akustischen
Untersuchungen beschäftigt, und im Sommer 1868 gleich naoh
Antritt eeines Amts darauf bezügliche Cooferenien in Dresden
veranstaltet, bei welchen die Majorität (auch ich gehörte dazu)
ihre Meinung dahin au«spraoh, dass es für dort unnölhig wäre
306
die Stimmung von der Seme eiotofttbren, weil eie nur zu unbe-
deutend und feai unmerklieli gegen die ao der Eibe drfferirte;
dnss es aber vielleicht wüaschenswerth eei noch tiefer hiasbzu-
gehn, und zu diesem Zweck eine Probeoper shszurohren mit
Benutzung der in der dortigen katholischen Kirehe gebrAuchliohon
Blasinstrumente, welche noch in der »U«n MozertsUmmung stehn.
In Folge dessen brachte Könnerilz den Idomeoeus aufs Repertoir,
und dies Thema wurde denn von Laehner und mir sogleich als
Introduetiou benutzt, aur welche in raschem Wechsel, bis Balzburg
hin, andre musikalische Motive zur angeregtesten Converaation folg-
ten. Laehner sprach sieh über Wagner sehr ausführlich und meiner
Ansicht nach sehr verständig au«, so dass in diesem Punkt keine Diffe-
renz zwischen uns Statt fand. Es ist wunderbar; ao oft ich mit
den mir bekannten Alleren Kapellmeistern zusammengetroffon bin,
habe ich noch nie eine andre Meinung über Wagner vertreten
hören als die, tu welcher ich mich selbst bekenne; da frage Ich
mich denn immer ganz erstaunt: in welchen HAnden ist oder
war die Pflege deutscher Tonkunst? sind MAnner wie Abt, Esser,
Krebs, Franz und Ignaz Laehner, Rietz, G. Sohmldl, Taubert,
weiche sammt und soDders schon Waguerschc Opern mit Sorg-
falt einatudirt und mit gutem Erfolg aufgeftihrt haben (der Ver-
storbenen: Marsohner, Meyerbeer und Reiasiger gar nicht zu ge-
denken* sind sie denn wirklieb alle ao mit Blindheit und Taubheit
geschlagen , dass sie nicht sehn und hören wie nur in Wagner
sich das wahre dramatische Element verkörpert findet, und dass
Alles bis dahin Bestandene bloe Vorbereitung für die in ihm aus-
gebildete Vollkommenheit ist? Dies Capital werde ich nochmals
berühren, wenn wir erst wieder in München sind.
Vor der Hand sitzen wir aber in der Klostersoheiiko (oder
im Kirchenkruge} von Salzburg und lassen uns in nAohster Nähe
Keine« PAre la Chaise eine Flasche „Mozartwein“ vortrefflich
schmecken, im muntern Gespräch mit zwei Inlbschon Bnuorndir-
neu, welche die landesüblichen Kröpfe durch Goldmüasenbehinge
verdeckt hatten; zum Abschied schrieben sie mir ihre Adressen
„Susanne l : nger und FrAnzchen Enger von Bergheim “ in mein
Notizbuch, und mR diesem seltenen Autograph bereichert, verlies«
ich die gastlichen Vorhallen des katholischen Gotteshauses. Die
Reise ging nun nsch Berchtesgaden, woselbst Laehner seinen
ehemaligen Schüler den k. k. Hofkapellraelster Heinrich Esser
besuchen wollte. Natürlich verlebten wir dort den Abend ge«
ineinschnftlich, uns Älterer Zeiten erinnernd. Esser's Bekannt-
schaft hatte ich mitten auf dem Rhein gemacht. Im September
1943 fuhr ich von Mainz mit dem Dampfboot gen Göln, meinen
neuen Bestimmungsort; ich sollte dort au Goar. Kreutzer's Steile
eiotreten. In der rosigsten Laune befand' ich mich damals grade
nicht; ich war ganz allein vorangereist um erst das Terrain zu
reeognoszireu und für das Unterkommen der Familie die nöthi-
gen Arrangements zu treffen. Nach ellfjltirigem Aufenthalt in
Riga, wo ich die schönste Zeit meine« Lebens zugeh rächt, war
ioh der ehrenvollen Berufung gefolgt ohne eigentlich zu wissen
was mir bevorslAnde, da die künftige Existenz zum Theil erst
von dem Erfolge meiner persönlichen Leistungen, tbetls aber aarb
vom Zufall abzuhAageu schien. Colonia gab nemlieh ihrem stAdti-
seben Kapellmeister ein Gehalt von 600 Th alten ; dafür brauchte
er nichts zu thun als noch 900 Thaler einzunehmeu wenn ihn
der Gesangverein, und abermals 300 wenn ihn die Coneert-Go-
selischaft zum Dirigenten erwfibite; ebenso waren 600 Thaler in
Aussicht gestellt wenn der Theater-Unternehmer (damals Spiel-
bergerl ihm das Operndireetorat antrüge. Und darauf hin hatte
leb mit einer überaus Marken Familie das liebe Riga verlasaen I
Freilieh waren mir von dem jetzt verstorbenen damaligen Stadt-
rath, naohherigen Regierungs-PrAatdent, v. Wittgenstein all’ dies*
Möglichkeiten wie unzweifelhaft eintretende Resultate der noch
vorzu nehmenden Maaasregeln brieflieh geschildert worden; aber
je nAhcr der Zeitpunkt meines Domizilwechsels herantrat, desto
besorgter dachte ich an die dennoch möglichen Folgen des abge-
schlossenen Engagements, und bei meiner Durchreise durch
Leipzig wurde ich noch Angstiiohaa gemacht, indem Felix Men-
delssohn, der die Kölner VerhAltnisao genauer kannte, mir nicht
verhehlte, dass ich eisen schwierigen Stand haben würde; aia
wir uns trennten gab er mir eus freiem Antrieb ein Empfehlungs-
schreiben an Franz Weber, des Führer meiner Gegenpartei, um
wie er «ich ausdrückte ..pro wr*f» patit •• für eine freundliche
Aufnahme das selnige boigetragen zu haben. — Jetzt war es
9 Uhr Morgens und schon nach 6 Stunden sollte ich das Wahr-
zeichen von Köln „den Domkrahnen“ erblicken. In sehr unreiner
Stimmung begann ich die Rheinfahrt, und seihst die mir hier zum
erstenmal entgegentretendeu NatursohöQbeiten vermochten meinen
Unmuth nicht zu baoneu, trotz der auf dem Schiffe herrschenden
Fröhlichkeit, von der ioh mich gleich anfangs auf einen Iaolir-
sehemel zurückgezogen hatte. Da plötxlioh in der Nahe von Bin-
gen sammelte sieb auf dem Verdeck eine Schaar von 30 lebhaf-
ten MAnnern; aus einer greesen Kiste wurden Notenbücher her-
vorgeholt, ein langer hagrer Herr stellte sich ordinireud in die
Mitte seiner Reisegefährten, und ich hörte MendeisHohn's damals
neues Lied „wer hat dich, du schöner Wald* 4 , ganz trefflich vor-
getragen. Nach Beendigung das Gesanges trat ioh an einen der
Mitwirkenden heran und bat um Aufschluss; es war die Mainzer
Liedertafel unter ihrem Dirigenten Esser, welche zum belgisch-
deutschen Gonours nach Brüssel eilte. Kaum halte ich dem
Mauna gesagt wer ich sei, ab ich mich plötzlich inmitten der
fidelsten Gesellschaft befand, die mir einen Vorgeschmack bei-
brachte von dem, was rheinisches Leben und rheinische Herz-
lichkeit sei. Esser theil t« mir gleich anfangs mit: wie er direkt
durch Ksohborn, dem bisherigen Kölner Theater- Kapellmeister,
erfahren, daes er von bpieJberger bereits entlassen sei; so war
mir denn schon eine schwere Sorge «bgeuommeu und ioh gab
mich gern io solchem Kreise den Freuden der Geselligkeit hin.
Als ioh in Köln meinen neuen Bekennten Lebewohl sagte, wurde
ich von ihnen — Esser und dem alten ehrwürdigen Schott an der
SpiUo — zum baldigen Besuch io Mainii au (gefordert. Im »Ach-
aten Sommer benutzte ich die Ferien zu einem Ausflug nach der
Bergstrasse, und bei dieser Gelegenheit lernte ich in Mainz die
liebenswürdige Schiffsmannschaft näher kennen, mit der wir
Kölner dann im Jahre 1846 gemeinschaftlich mit den Cohieocar
Vereinen in Coblenz das erste fuederrhwnisoh« LiedoHafeifeat
begingen. 1846 wurde das zweite gefeiert , bei welchem Eduard
Mantius als Gast erschien und durch Keicbardt's „leb sing« Lieb’
und Wein** das ganze Auditorium noch eben so «nthusiaamirte
wie vor 16 Jahren mit demselben Liede auf dein JAgcrhof in
Halle, als Klein, Raissiger und Schneider dort das Musikfest der
vereinigten ElbsUdte dirigirteu. Im August 1847 befand eich Es-
ser nicht mehr in Mainz; sein Nachfolger als Liedertafelmeister
war Ernst Paucr, gleichfalls uiu Lbbliogssohüler Laehner». Da-
mals pasairtc eine Geschichte, die mir io Berchtesgaden wieder
einUel, als die Rede auf Reiehardt und sein deutsche« Vaterland
kam; und nach dar Aufzeichnung dieses Vorfalls will ioh die
Rückkehr zu Tristan und Isolden anlreteo,
Wir aA&san im grossen Cesiaoaaal zu Coblenz; das abend-
liehe Fest wurde diesmal ausgezeichnet durch die Gegenwart des
Oberpräaidentun, des kom man dir an den Generals und der höohst
chargirtan Mililaim und CivilbaAmlen. Unser Programm war
vorher feelgesieift: jede dor drei Liedertafeln hielt einen Solovor-
trag und daou folgte ein gemeinschsftUeher Gesang (summa 4|;
diese Ordnung wiederholte sieh dreimal | summa U} und der
dritte gemewschaftliohe Gesang, zugleich das letzt# ofücieJle Lind«
— w —
aoUU dt» deutsche Vaterland »ein. Die Gesellschaft war sehr
auimirt; die einzeluen Vereine hatlen «ich au geschmackvoller
Auswahl der Numoteru und «fl PrAciaion de« Vortrageir trüber-
bieten gesucht, wir hatteu gut gegessen und noch besser getrun-
ken, der hier immer vorherrschende Humor hatte sich durch die
Abwesenheit fremder Standeapersoneu nicht unterdrücken lassen,
und dem Programm gemAss gab ich als Ältester Liedertafelmeister
bereit» das Zeichen zum Beginn der Schlussnummer. Da ti^at
ein jüngerer Mann , der feurige Advokat Schmitz aus Mainz , als
Redner auf und Improvisirte eine Introduction zum deutschen
Vaterland«, deren sich kein Mitglied der fiussersten Linken zu
schAmep gebraucht hatte; er schloss seinen fulminanten Vortrag
mit den drohenden Worten „dann aber wollen wir sehn, ob d^e
deutschen Fürsten es noch wagen werden sich den berechtigten
Wünschten ihrer Völker feindlich entgegen zu stellen". Wenn
auch erst ein Jahr spfiler 1848 Alles möglich wurde, so schien
doch schon 1847 fast nichts mehr unmöglich; nur das schien
mir, dem Vorsitzenden, unmöglich: eine solche Brandrede, direct
gerichtet gegen die als Gj»te Ungeladenen höchsten Behörden der
Provips, unbeantwortet zu lassen. Inmitten der allgemeinen Auf-
regung, die keineswegs durchweg freudig war, versuchte ich —
auf gut rheinische Art — den Kindruck der Alloculion durch
eineu carnevalistischen Syllabus zu dAmpfen, und in dem Glauben
4|e Ansicht der Majorität zu vertreten erwiderte ich ,,dfpa palür-
lioh jedem Manue seine politische Meinung unbenommen bleiben
müsse; dass die des geehrten Vorredners wahrscheinlich auch
von der Mehrzahl der Anwesenden gebilligt würde; in ErwAgung
aber, dass er dieselbe hier bei eiueqi muaikaliscben Feste vor-
getragen habe, könne ich den Wunsch nicht unterdrücken, dass
bei den nAchsten Kammeraitzuugeu die Herren Abgeordneten
keine Debatten darüber aufwerfen möchten, ob die chromatischen
Waldhörner im Stande wAren die natürlichen zu ersetzen, und ob auf
jenen der Klang der gestopften Töne eben so gut wie auf diesen
hervorzubringen sei. Bis dahin uod noch weiter wollten tfllr uns
alle wie bisher als Brüder Eines Stammes betrachten, denen
deutsche Sprache, deutsche Sitte und deutsche Kunst immerdar
heilig bleiben müsse — und in diesem Sinne fordere ioh die
LiedertAfler auf, das deutsche Vaterland zn intoniren". Es ge-
schah natürlich mit sehr gemischten Empfindungen, und nach
aufgehobener Tafelordnung begannen die lebhaftesten Discussio-
nen über diesen Vorfall, wAbrtcu bis zum Mehlen Morgen, und
fanden erst ihren Abschluss eine Woche spAter in der Kölnischen
Zeitung. So stand die Parthie ä quarante tept: dann kam das
Jahr 48 dazwischen, und seitdem habeu die niederrheinischen
Liedertafeln nicht wieder in Coblenz getagt.
Joarnal-Revae.
Die Neu« Zeitschrift für Musik beginnt ein» Skizze von H.
Stereke Ober J ß Lully. - Die Allgemeine Musik-Zeitung hrlogl
Fortsetzungen. — Die Signale setzeo ihr Mutik • Adressbuch
(Wien) fort. — Die Südd. Muslk-Z'g. schlleest den Abdruck aue
der Fueh »'sahen Broghure. - Die Norddeutsche Musikzpitung ver-
seudrt ihre erate Nummer. Bi belbeillgeo aicb mit BeitrAgjo
die klangvollen Namen Io der Kunstwelt, Herren L. Köhler
in Königsberg und F. W. Mgrkull io Danftig. Herr Mualltdiree-
ior Daring lu Elbing, der gleichfalls als Mtlarbeiler genannt wird,
lat leider inzwischen verstorben. Die Zeitung will namentlich
dem musikalischen Leben io der Provlgz Preuaspo Ihre Aufmerk-
samkeit widmen.
Die Revue st Gazette musicale enthalt deo Sten Artikel voo
FAHs Ober „die Saltealoslrumente der Orientalen".
Nachrichten.
Berlin. Am 5. d. veraoatattete der musikalisch- deelamsto-
rlacbe Verein „Lyra" eine Mstlode unter Mitwirkung hiesiger
Künstler zum Beeten der Im PlaueQ’seben Grunde verunglückten
Bergleute. Des Programm enthielt n. A. die Violinsonate Io D-
moll von Rust sowie die Cis-moll>Senate von Beethoven.
Barhy Kirohen-Coocert unter Mitwirkung der Herren Mn-
aikdirrctor bering uod Organist Palme, sowie des Frlulelu
Scheuerlein: 23 Psalm von Klein, Arl* „Mein gliublg Herz"
voo S. Bach, Orgel-Sonate Io D-moll «on Palme, Orgel-Toccata
von Seriog, Arle „Jerusalem" aue „Paulus" von Mendelssohn uod
97. Psalm vou Seriog.
Creuznacb. Der Piaoiel Wieoia wsk i und Herr de S wert,
der rübmliobal bckanole Cellist, haben hier ein Cnoeert gegeben.
Die Künaller spielten Im Verein die Rubinalein’scbe D-dur-Sooate.
Herr de Swert exoellirte mit seioer Fantasie Ober Gounod’s
„Faust", einer Aueserat brillaoleo und daokbarm Composltion,
während Herr Wlenlawaki seinen Concertwalzer Op. 3 unter
lebhaftem Beifalle vortrug.
O -M Aachen. Die Frankfurter Zeitung eebreibt über die inhl-
birt« Vorstellung des Wagosr'echen ..Rbelogoldes" folgende«:
„Rbelugold", Welches bereits voo seinem Erscheinen Im Volks-
mund den Titel „Rein Blech" führt, bat wieder einmal zu einer
Haupt- und Staateaotioo auf drin wichtigsten Gebiete des politi-
schen Lebens in München, auf dem dee Theaters, Veranlassung
gegeben. Die aolAaslleh der Oper „Rbeingold" hinter und über
den Coullseen schwebenden Wirrnisse faodro Ihren vorläu-
figen Abschluss damit, dass der allgemein geachtete K. Hofthea-
ler* und Hofmusik-Iulendant Frhr. v. Perfall bei dein Könige um
Eothebung von diesen Stellen oaehgeeuebt hat. lieber die Vor-
kommnisse der letzten Tage erfahrt man voo glaubwürdiger Seite
Folgendes: Nach der Hauptprobe der geoeunteo Oper telegrephirt«
eine kleine Zeh! fanatischer Anbeter H. Wagners an diesen nach
Luzern. dass die «ceoisohe Ausstattung eioe des grossen Werkes
unwürdig« sei und letzteres hierdurch leiden würde. ThatsAeb-
lieb vermag indessen keine noch so glAntande Ausstattung die
musikalische Armuth so verdecken und hier lieae man es wahr-
lieb an verschwenderischem Aufwande nicht fehlen; nur waren
wegen der Hast, womit die Oper io Scene getfeo sollte, einzeln»
Deoorstlonen und Comparserien nicht vollstAndig klappend und
vollendet. Auf jenes Telegramm nun erhielt Mosikdirector Rich-
ter voo Wagner die Weiaung „Rbeingold*' nicht zu dirigireo.
Freiherr voo Perfall hatte den allerhöchsten Befehl, die Aufführung
nach Hebung der vorhandenen sceolecbeo Mangel zu veranlassen.
Musikdirektor Richter erkilrle hingegen dem Intendanten, dass
er die Oper nicht dirigireo werde. Hierauf folgte folgerichtig die
Suepmdlrung Richters vom Amt unter Vorbehalt der Königlichen
Genehmigung. Inzwischen soll von Richard Wagner ein Telegramm
ringetf offen sein, worin dieser die Aufführung der Oper für
nAchsten Sonntag unter Rlohters Direntloo verlangt, und hierauf
soll Sieb zuuAchet das vom Frhro. v. Perfall eingerdchle Entlas-
sungsgesuch atütieo. Wie Ich soeben höre, hat die Sospendi*
rung Richters die allerb. Genehmigung erhalte^ und dörftp somit
Frhro. v. PerlalPs Gesuch zur Zufrierfenbeit aller wahren Kunst-
freunde abschlAglirh besebieden sein. „Rheiogold" kommt nun
an einem der nAchsten Tage zur Aufführung, nur wird ea schwer
fallen, einen Capellmeister zu finden, der in so kurzer Zeit «ine
so schwierige Aufgabe auf sieh oehmgo wird. Wie ich höre,
sind Unterhandlungen mit dem Weimar'erben Hofcspellmeleter
Lasseo gescheitert. Dessenungeachtet sind auf deo 1. d. M.
slmmiltcbe Solisten und für den 2. Vormittag Orchester ^tc. zu
Proben für diese Oper zusammenberufeo. Wenn. wie und ob
298
nie Oberhaupt gegeben ' wW, 4leff mrbt bestimme n“.
Hofmusikdlreelor Richter hat lodeea aela Eotleseungsgesuch «ln-
gereicht, welch*« oacb der ..SOdd. Pr/ folgeod«rmaa«*eo lautet:
„leb habe allerdings der Köoigi. Hofthealer-loteodsDi «rklArl:
daa Werk R. Wagners in der mangelhaften loacooiruog. wie
aleb dieselbe bei der Hauptprobe daretrllte, .nicht dirigireo iu
k honen, leb habe aber b*i dieaer Erklärung durchaus al« Be-
vollmächtigter und im ausdrücklichen Auftrag de« Dichter-Com-
poolsteo gebandelt, obendrrlo uotoretOtzt und sogar vrraulaMt
durch «ioe grosse Zsbl der bedeutendsten einheimisoheo und
hier anwesenden fremden MusikcelehfilAlsii» Alle diese atimmten
darin überein: ein Werk, von dem bereits so viel geschrieben
worden iat, daee die Erwartungen des Publikums mit Hecht, aufa
höchste gesteigert sind, könne in soleh* maugelhefirr scenischer
Aufführung vorerst öffentlich nicht «orgeführt werden, ohne den
Ruhm des Werkes selbst und der Münchener HofbObur eul’e
Spiel iu eetieo. Ich hielt also meine Weigerung nicht blos für
gerechtfertigt, sondern auch, wenn ich nicht eine ungeziemende
Missachtung der Kunst sowohl als des Publikums zeigen wollte,
für meine Pflicht. Schliesslich bemerke Ich noch, dass ich selbst
bereits am 21. August aus Ähnlichen Motiven, wie die oben so*
gegebenen, ein Eotiasaungsgesuch einge reicht habe. Haus Richter“.
— Oie A. Abdztg. schreibt: Richard Wagoer ist diesen Mor-
gen aus Luzern hier «iogetroffeo; eine Audienz beim König wird
derselbe kaum erlangen, indem Sr. MajrstAI heute früh vom
Schloss Berg aus, einen Ausflug zu Pferde iu's Hochgebirge für
mebrtÄgige Dauer unternommen bat. Inzwischen cooferirte der
Composileur des „Rbeingolri** mit dem Chef der Kgl. Cabinet»-
«esse, Herrn Hofratb Duflipp, der auch in Theateraogelegenbeiten
das Referat beim Könige föbrt und bemerkte dieerm, dass er
gegen die vom König (Or nSebsteo Sonntag gewünschte Auffüh-
rung des Vorspiels „Rbelngold* trotz aller ihm bekannt gewor-
denen „aceoiscbeo Mängel“ nichts elozuweodeu habe, jedoch
unter der ausdrücklichen Bedingung, dass daa Werk welligstes«
musikalisch zur Geltung komme uod zu diesem Behuf« Richter
io der Eigenschaft eines gasüreodrn Kapellmeisters dasielbe di*
rigire. Die Kgl. Hoftheaterinteodauz und der König sind auf die
Bediugntsse nicht eiogegangeo, R. Wagner ist wieder abgereiat
und die Aufführung der Oper „Rheiogold“ bleibt vorerst aislirt.
— Mit weicher Zuversieht diese Reiee übrigens unternommen
war, mag die Mitlbelluog des Telegramms beweisen, mit dem
Wagner die Meldung des Muaikdirector H. Richter von dessen
Entlassung erwiderte. Dasselbe lautete in kategorischer Passung
„Ich komme uod Du dirigirst!“
Prag. Das von der Wlttwe des verstorbenen Pianisten
Alexander Dreyscbock demselben gesetz'e Denkmal iat aul
dem 2t en Wolechauer Priedhofe aufgestellt. Das mit Blumen
reich geschmückte Grab iat von einem sleiorroen GelAnder um-
geben. hinter welchem sieb das mit NolenblAUern und einer
Lyra gezierte Mouuilirnt erhebt, io dem eine Marmortafel ange-
bracht iat, in der mit goldenen Lettern die Worte „Alexander
Dreyarhoek, geb. den 15. October 1818, geaf. den I. April 1889“
und ein photographisches Portrait des Verstorbenen eiogefügt
sind. Luter dem Portrait befindet «ich ein metsllner Lorbeerkrauz.
Wien. Taglioni trifft io dieseo Tagen hier ein, um „Flick
und Flock“ neu eiozualudiren. Das brillant ausgestatlete Ballet
soll am 4. October im neuen Operubsuee io Scene gebeo.
Wiesbaden. Die junge talentvolle Pianistin FrAuleio Clara
Poppe, welche im 3ten Coucert der Administration «Ins un-
gewöhnliche warme Aufnahme fand. Ist bereits für die oAehste
Saison wieder engagirt worden.
Zürich. Im Juli bst sich hier der Celiovirluos Jules de
Swert hören Issseo. Derselbe spielte zwei Celloconcerte von
Eckert uod Schumann und erzislte einen ausserordentlichen
Erfolg.
Paria. Mao bat Roger, dem früheren Tenoristen der Oper,
die Stell« eines ersten Gesangsprofessore und den Titel ata Mit-
glied des DlrretiooscomllA am Cooservatorium io Bertio, das io
diesem Augeobllck orgsnislrt wird, angeboteo. Roger hat dieses
Aoerbietro abgelebt)!, ebenso wie er die aus St. Petersburg,
Moskau uod Wieo ergangenen Offerten zurückgewfeern hat. um
dem Pariser Cooaervatoire sieb zu widmen. Die drei vou ihm
ln diesem Jahre beim Coocurs vorgestellteu Schüler haben
sAmmtlieh Preise erhalten.
— Der Tenorist Emlllo Naudiu, der zuerst dl« Rolle des
Vasco in der „Afrikanerin“ auaführle. Verweilt gegenwärtig hier
und bereitet sich zur Abreise nach Cairo vor, wo er bet Eröff-
nung des neuen grossen Theaters mltwlikm wird. Mit drr dorti-
gen Theater •Intendanz bst er einen Contract auf fünf Monate
abgeschlossen, der ihm 125,000 Pro. einlrAgt.
— Drr neue Contract drr OpAra mit Fräulein Sasa geht
vom 15. April 1870 bla 15. April 1874. Ende dieses Monats
brgivbt sieh die Küustlerin oacb Baden • Baden, wo sie zweimal
auflreteu wird. Hierauf helbeiligt sie sieb in Brüssel am gros-
sen Festival und im Dccember wird sie in der Scala In der ueueo
Oper des Prinzeu Ponlalowsky „Pierre de Medicis“ debutiren.
Rotterdam Herr S. de Lange gab am 6. August ein Or*
geleonrert mit folgendem Programm: Andante von Haydo. G-dur
Concert von HAndrl. Fuge Op. 60 No. 3 vou Schumann, Arle aus
,, Samson“ von HAodel und Frslmarech von Lange. — Daa Orgel-
eoncerl des Herrn Lltzau bol u. A. folgende interessant« Num-
mern: Canzona von S. Bach. G-moll-Coooert von HAadrl, Abend-
lied von Schumann, D-dur-Suoale von Mendelssohn und PrAludluni
uod Fuge iu C-moll von Hummel.
— Herr Kapellmeister Saar, Director der hiesigen deut-
schen Oper, veröffentlicht soeben die Namen der für die Saison
69—70 eogagirten Künstler, aus welchen hervorzuhebeo sind:
Madame Saar-Ja eger, FrAuleio Sie vogt uod die Herreu Garen
und Dan zemüller. Die erste Vorstellung findet am 1. d. alait.
London. Daa llrmende Element ln der Musik scheint Im-
mer mehr um sich zu greifen zu wollen, den Atlantischen Ocean
hat es bereits überschritten. Im Krystallpalasle soll demnächst
eine Imitation des Bostoner „Friedensjuhlllumi“ stallßoden; zum
wenigsten werden sich 8000 lustrumeotalisten und Vocalisleo an
der Aufführung betbeiiigeo, und zu ihrer Begleitung bleibt «a
nicht einmal bei Ambossen und Glocken, sondern eio« Militair*
abthrilung feuert Kanonenschüsse vermittels ElcetricitAI ab.
— In Norwicb iat aeii einigen Tagen eio grosses Musikfest
im Gange, welches sieb einer zahlreichen Theilnahm« erfreut.
Dae reichhaltig« Programm umfasst u. A. auch di« bioleriassene
Messe Rossini'a und daa noch nicht zur AullObruog gelangte
Oratorium „Hnekiel“ vou Piersnil, welches letztere trotz der gu-
ten Besetzung der Solopartbien (FrAuleio Tiet jene und die Her-
ren Cum in Inge und Santiey) von dm Zuhörern ziemlich kalt
aufgeoommeo und vou der Pres«« ziemlich ungünstig kritieirt
wurde. Charakteristisch ist übrigens ein PostScript, welches die
Times Ihrem letztem Berichte über das Musikfest sobAugt: Herr
Barclay, der keioe Adresse aogiebt, als nur London, uod unseren
musikalischen Berichterstatter In Norwieh dadurch lusultlrl hat,
dass er Ihm einen Brief mit 20 L. io Banknoten zuaehtcki, um
seine Kritik über einige der Aufführungen zu heeioflueseu, wird
aufgefordert, diese Baukooten auf unserer Expedition wieder in
Empfang zu nehmen, wo ai« ihm ausgeblndigt werden sollen,
oaehdrm er sie beschrieben, ihre No. und seine Adresse ange-
geben hat.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Digitized by Google
Im Verlage von F. E. C . Leuckari in Breslau
erschienen:
Franz Schuberts Werke für Kammermusik
för Pianoforte zu vier Händen bearbeitet von Hugo lllrieh u. A.
Herta 1. Vlollu-Quartatta, Violin Quintett und Oetett.
Bisher erschienen: Quartett in A-moll. Op. 29 .... 1 Thlr.
Quartett io D-rnoll. Op. posth. . . 1* -
Quartett io G. Op. 161 1| -
Quintett io C. Op. 163 1* -
Oetett in F. Op. 168 1* *
Herl« II. Duo«. C'lavler-Trloa and Clavier-Qnlntett
Bisher erschienen: Rondeau brillant Op. 70 in H-moll . | Thlr.
Trio No. 1. Op. 99 in B .... 1} •
Quintett (Forellen-) Op. 114 in A . 1$ -
(Wird fortgesetzt.)
Andante eon Variazioni
aus dem grosseu
Quartett in D-moll op. posth.
von
Frau Schubert
aus dem Concert-Progranun de« Florentiner Quartett- Vereins
Jean Becker.
A. För zwei Violinen, Viola und Violoncello .... 15 Sgr.
B. För Piano forte, Violine und Violoncello .... * 20 -
C. För Pianoforte und Violine lOriginalstirame) ... 15 -
D. För Planoforte und Violine (leicht) ....... 15 - \
E. Für Pianoforte allein 10 -
f. Für Pianoforte zu vier Händen . 15 •
Franz Schubert Clavier-Trios
. * ' .Si l.‘ Vfc« ln tt. Op nt,
A. för Pianoforti, VtoAit n. Cello. Part u. ßtlnunen 1* Thlr.
B. Für zwei Pianoforte 2
Pianoforte II. apart 1 •
Rio. 2. Trio In B*. Op. lt>0.
A. FOr Pianoforte , Violine u. Cello. Part. u. Stimmen 1J -
B. För zwei Pianoforte 2| -
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t David (FtL), fDonizetti, Dorn, Fesea, Gläser, Grdtry, Gumbert,
t Herold, Miller, Himmel, Hummel, Kalliwoda, Kittl, Klein, f Kreu-
tzer, f Kücken, | Lindpsintner, -fLortziug, Löwe, Markul], f.Marsch«
ner, Meliul, Mercadanle. Paesiello, IReissiger, | Rossini, | Salieri,
t Schneider, fSpohr, fSponlini, fTsubert, fVerdL Vogler, fWeigi,
t Winter, Zelter A 3 ; Adam upd^Boialdieü, t Bach, f Bee-
thoven, iBerlioz, | Chopin, t^ade, f Gluck, fHalevy, f Händel,
t Haydn, tMendeiasohn-Bartholdy,. tjtayacbeer, t Mozart, fSchu-
bert, tSttymäu», tWebir M NMgr.; t Anbei-, t^lolakv.rGebf.
Lachner (ff., J. u. V. f* S , fL istt, tWagnar i (I
| Beethoven (1. Th. des Lenz’echen Werkes) IO Ngr.
i (f: Hit Portrait.)
Vorstehende Biographien, ursprünglich in anderem Verlags
unter dem Titel „Die Componisteu der neueren Zeit“ erschienet*,
empfehlen sich in ihrer jetzigen bequemeren Bezugsweise und
theilweise niedrigeren Preisstellnog aufs Neue allen Musik-
freunden. .i i . i...M
Verlag von Rob. Forberg in Leipzig.
NoTtieadug No. 4. 1819.
Becker, V. E. Op. 60. Drei Gesänge für vier Männerstimmen^
No. 1—3. Part, und Stimm, k 7| - 15 Ngr.
Op. 62. Sieben Lieder für Sopran, Ah, Tenor und Bass.
No. 1—7. Part und Stimm, ä 7J— 10 Ngr.
Beethoven, L. v. Op. 48. Sechs Lieder för Pianoforte, Harmo-
nium oder Orgel, eingerichtet von Rob. Schaab. 15 Ngr.
Bllletar, A. Op. 33. „ Windstille" und „Mit gutem Fahrwind",
von J. Rodenberg, für Männerchor. Part, und Stimm. 20 Ngr.
Op. 34. Drei Lieder für Männerchor. No. 1 —3. Part uod
Stimm, k 7) -10 Ngr.
Eule, Emil. Op. 11. Kläuge der Nacht (Sons de nult). Romant.
Tonstück för das Pianoforte. Neue vermehrte Ausgabe. 10 Ngr.
Forherg. Friedrich. Op. 15. Fröhlinga-Blumen. SaloustQek für
Pianoforte. 12} Ngr.
Op. 16. Serenade paslorale. Salonstück för Pianoforte.
12* Ngr.
Op .17. Fröblingsgrösse. Salonstück für Pianoforte. 15 Ngr.
tienee, Richard. Op. 202. Musikalische Nutzanwendungen.
Komisches Duett für Tenor und Bass mit Begleitung des Pin-
noforte. 22* Ngr
Hauechtld, C\ Frohsinn. Deölirmarsch für Pianoforte. 5 Ngr.
Krug, D. Op. 196. Roseoknospen. Leichte Tonstöcke über be-
liebte Themas ohne Octavenspannungen för Pianoforte.
No. 51. Reiehard, Du liebes Aug't du lieber Stern. 10 Ngr.
- 52. Mozart, Zauberflöte. „In diesen heil'gen Hatien“.
10 Ngr.
• 53. Schubert. Morgenständcheu „Horch, horch, die
Lerch't 44 10 Ngr.
. 54. Volkslied. „In einem kühlen Grunde". 10 Ngr.
- 56. Weber, Freischütz „Leise, leise, fromme Weis« 14 .
10 Ngr.
• 56. Andreas Hofer’ s Tod. „Zu Mantua in Banden“
10 Ngr.
Op- 269. Opern-Perlen Kleine leichte Fantasien Ober be-
liebte Opernmotive för den Unterricht und mit Fingersatzbe-
zeichnung för das Pianoforte.
No. 1. Auber, Die Stumme von Portici. 10 Ngr.
- 2. Lortzing, Czaar und Zimmermann. 10 Ngr.
- 8. Weber, Oberon. 10 Ngr.
• 4. Gounod, Faust. 10 Ngr.
- 5, Weber, Freischütz. 10 Ngr.
• 6. Mozart, Figaro. 10 Ngr.
Seifert, Richard. Op. 28. Am Maienmorgen. Tonstöck für das
Pianoforte. 12* Ngr.
— — Op. 29. Am Brienzer Giessbach. Idylle für das Pianoforte.
15 Ngr.
Zedller, A. Op. 48. Preis der Liebe! nach Geibel för Männer-
cbor. Partitur und Stimmen. 16 Ngr.
— — Op. 49. Zwei Lieder för vier Männerstimmen.
No. 1. Stillos Glöck. Partitur und Stimmen. 7| Ngr.
• 2. Lustige Brüder! nach Reilstab. Partitur und Stim-
men. 7) Ngr
— — Up. 50. Auf der TurnfabrL Turnermarsch für Minnsrehor.
Partitur und Stimmen. 17* Ngr.
Zillmaan, Th. Op. 14, Der Sesroae Traum. Tonstück für Pia-
noforte. 15 Ngr
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300
Nova-Senttang 4
i, ‘' 1 ■ vbh
EI). BOTE &G. BOCK
<B. Bbck> KOni?l. Htir-*tn«iktl«ndluug.
Thlr. *kt.
Apittas. C. Op. 36. Cavatier^Maröch f. rt». . . ; . ~ 7}
Arndt. Ci Op. 47. Mein uad Dein, Polka* MazwrtLa f, Pfte. — i '34
— Op. 49. Iwt-MarachrC Pfte. ». . . . •. i . . >*- 8}
Wal. R. Op. 4ft. Paula-Polka f. Pfte. . — 7}
Rudi«, E Blag-Oesehen, Gedichte von Claus Groth, für
eine Singstimme mit Begleit, d. Pfte. — 12}
BW>V. !#. roufUrdw'lu Vutkn*ciiM>B U, 1 SUi * imitt AB
Br* eck, I. KJttg« |von ftr Kirburg, b Ti*«!, r Ptte. - SO
Conradl. A. Op. 101. PAIe*M4le, Potpourri f. Orch. 3 7}
— 6p. 113. Meiodieo-Coogress, Potpourri f. Orch. . . 2 2}
— do. do. do. f. Pfte. ... 1 —
Cosie, j. Die Schrecken de» Krieges, Potpourri l Pfte. — 16
Czerkaaki, J. Souvenir de Piotrkowice, Mazur popr
le Pinnoforte. ....... . — 10
Eckert, C. Op. 26. Copcert für Violoncello mit Beglei-
tung des Orchesters 3 22}
Floegel, ¥. Melodienkranz. Sammlung beliebter Opern-
Arien f. Pfte. 1 t-
tiraff, J. L'encbanteresse. Valse brillante p. Piano. — 12}
Gang!, J. Op. 234. SuuowendfeuerklAnge, Walzer f.
Pfte. zu 4 tl Anden { . , , . . r , . — 20
— Derselbe f. Pfte. und Violine —20
— Derselbe f. Pfte. und Flöte . — 20
— Op. 239. Der Bummler. Marsch. Wagner, Fr.
Op. 70. Velocipedeo-Gslopp f. Orch. 2 —
— Op. 239. Der Bummler. Marsch. . . . , . *,* nr -74
llantT, i. Op. 6. Invitation 4 la Mazurka pour Piano . — 7}
Hering. C. Op. 106. Grosse Sonate f. Pfte. und Violine 2 —
Hermann, Ed. Op. 11. Kern von hier, f. 1 Sipgstimme — , 74
— Op. 20. Gedenke mein, f. 1 Singatimme 5
— Op. 34. Erinnerung sd Babelsberg, $alonslück C Pfte. — 124
— Dasselbe f. Zither . «... — 12}
— Op. 36. Kennt ihr mein Lieb? (. 1 Siugsiimme . . — 10
— 2 Lieder ohne Worte, für Zither — 10
— Lieder atu dein Süden. f. Zither — 10
Lencbteuberg, E. Op. 7. König Wilhelms-Marsch, f. Pfte. — 5
NeehanUzhy, A. Op. 12. Drei leichte und elegante
Opern -Fantasien f. Pfte.
No. 1. Hofchzell 'des Figaro von Mozart .... — 10
- 2. Troubadour vou Verdi — 10
• 3. Barbier von Sevilla von Rossini .... — 10
Hamann, B. Op. 10. Vier Charakterstücke für das Pia-
noforte zu 2 Händen.
No. 1. Marsch — 12}
- 2. Msieufest — 7}
- 3. Aur der Winzerei — 16
- 4. An die Nacht — 12 }
HandegKer, A. Sauft »ei dein Schlummer, Lied für
1 Singatimme in. Pfte. — 12«
Heichardl, ©. Op. 20. Norddeutsche Bundeshymne für
lstimui. MAunercbor. Part, und Stimmen — 17}
Rnblnstin, A. Op. 33. Album de daiiscs populaires des
differente» nations pour le Piano. t
No. 1. Lesghinka (Caucase) — 20
- 2. Czardas (Hongrie) 17|
- 8. Tarantella (Italic) _ 22}
. 4. Mazurka (Pologne) — 17}
- 5. Valee (Allemagne) • — 17}
- 6. Russkaya i Trepak (Russi) — 30
8Ml.am*.a. fc. ; f*. ' Jo Andkpic £*l. «IBM Tan-
bilde r für das Piauoforte.
No. I.
* 8 .
■i h <■
'ö’mfaiV
• .1) ■ ••
r>
Pw WeibfiaeWsmauu
Ringel-Roseakranz ■
3, ; Graulich , rpppite^ ( . ;
- 4, Fromm und fleiasig
- 6. Tiktak . .
• 6. Der NachtwAchter .
Schonlepnlkow, H. de. Paraphrase» musleales de po4-
gies aliemandes p. I. Piano 1 20
BeboW-Sch^erln Der tadle Soldat. Ballade . , . . — 12}
Stagelre. J.'B. Op. 33. Norm». Fantaisie pour Vio'lon
avec accompagnemeut de Piano — 36
— Op. 46. Duo concertant pour Piano et Violon ... 15
Strausa (Paris). Quadrille Ober Motive au» Offenbach’s
„Toto“ für Piauoforte ... — 10
— Quadrille Ober Motive aua „Die Schrecken des Krieges“
von Costa, für Pianoforte — 10
— Quadrille „Fleur de th6“ für Orchester , . . . 1 35
Taubert, W. Op. 167. Drei Vogelstimman (Lerche,
Spatz und Fiokt. Terzett . 1 —
Thonet, A. Schelmenstreiche, Polka fra^alse f. Pfte . — 10
— VfergtAsiiWitroMht, Polka-Mazurka för PiaWoforte . ‘i — 10
Vieuxtampa, II. Fantasie sur „Faust“ de Gounod pour
46 Violon avee «ccompt, de Piano . '1 17}
Wagner, Fr. Op. 63. Dresdener Grosse Gartow-Polka
für Pianoforte t 1 ' t . . . 1 ..... 10'
Collection dem oeuvnes classiquea et modernes
Beethoven, L. v. Op. 34. Variationen In’F für Pfte. . 8} Bg.
C o in p o s i I i o n e u
• » * 1 vt*v 1 ' y : 1
Anten Rubinstein
aus dem Verlage von
ED. BOTE dta O. BOCK (B. BOOK)
König). Hofmusikhandlung In Berlin und Posen.
4te Barcarolle in G-dur für Piano
3 Melodie» pour Piano ...
Ouvertüre zur Oper „Dtmttn Üonskoi".
Partitur . .
Orcheslerstimmen % .
Arrangement für Piano ShAudig
w—' ' doi ‘ ’ do. 1 händig . . »■
Op. 14. Le Bai. Faulaieie en dix tiumeroa pour Piano.
No. 1. Iinpatieuce
ii - Roionirise . .
- 3. Cobtredanse
do. Airangetbent 4 4 Wis. . . .
- 4. Vakse . . . . . . , ...... . . ,
do. Arrimgeitient ä 4 m*. {
• 6. Intermezzo
- 6. Polka .
do. Arrangement i 4 ras
• 7. Polka-Mazurka . . #1 , . . % . . .
• 8. Mazurka .
• 9. Galop .......
do. Arrangement 6 4 ms
• 10. Le R6ve ......
Op. 45. 3. Concerto p. le Piano avec aec. de l'Oroheatre
pour Piano seul
Op. 79. Iwan IV. (Der Grausame). Musikalisches Cha-
rakterhild für grosses Orchester. Part
Arrangement für Piauoforte zu 4 Hfinden
von H. Ulrich
Op. 32. Album de Danses populaires pour le piano
No. 1. Leaghlnka (Gaucasu) . . > . \ > , ,
- 8. Czardas (Hpnuriu) .
- 3. Taran tolle (Italic)
- 4. Mazurka (Pologne)
- 5. Valse (Allemagne)
- 6. Husskay a I Trepak (Russiej. .....
- 16
r i
1 16
8 20
- 22 }
1 10
-.‘4
VI'
- 26
1 —
-15
- 15
- 20
- 17}
- 12 }
~ 174
- 25
- 20
2 25
2 5
2 15
3 —
- 80
- 174
- 22 *
— T7j
- n,
- 80
Vertag von Ed. Bot« k 6. Bock iE. Book). Königl. Hofmuaikhandlung in Berlin, Französische Str. 33«. und V. d. Linden No. 27.
Druck ido C. V. S-hmidt io Hcrlia. Unter «»n Linden V*. 90
;oogt
Digitiza
XXIII. Jahrgang M 37,
Von diev*r Zetuoj; «rarlivinl »nVclv«nllieh
•io* Siimnff
15. September 1869,
Zu beziehen durch:
WIEN- Spina. Il*»lin*tr
PARIS. Brandt» At llufaur
LONDON. Novvllo. Ewer Al Cu Hanimunil Ar Co.
St. PETERSBURG \l Ktrn*r<l
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N E U E
BARCELONA. Andrst ViJal
WARSCHAU. Uabvlhaer \ Wolff.
AMSTERDAM S+yffaNl'aehr KunkhaadlMR-
MAILAND. J Ricordi. P Lama.
BERLINER MIJSIKZEITIIG
gegründet vuii
unter Mitwirkung theoretischer
(•iiwt.'iv linck
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in Uerliu: E. Bote 4 6 Bock. FroDx08.Slr.83e«
IJ. d. Linden No. 27, Posen, Wilhelnmrtr. No. 21.
Stettin, KOnigsetresse No. 3 und all«?
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1 in Berlin, Unter den Linden 27, erbeten.' Halbjährlich 1 Thlr. 25 Sgr.
ohne PrAmie.
Inserlionspreis ffir die Zelle 1} Sgr.
Inhalt, l.-idwlc van Beethoven ata bahnbrechender fleniss a«r H*m llvbiet« der ■'ymptwr»»». II. Artikel- dte «i-nnt« Sy*tyh»ni+ von H. f. f. Alb’fti (PortvetmnfV
— I<e ihn. Re» ne — 0>rrr»f.t,»deaien au«. Brei*»*« ond Pari«. — PeuilMon- Aua nu-ineaa Lebe«. HL von H. Dum. — JoaraaLReva« —
Varhrietilen. — Ino rat«
Ludwig van Beethoven als bahnbrechender Genius auf dein Gebiete der Symphonie.
Zweiirr Artikel: Die neunte Symphonie. Von C. E. H. Alberli.
( Fortsetzung, i
l'nlcr solchen Arbeiten war der Jüngling zum Manne
gereift, halte der Tondichter den Höhepunkt »einer künst-
lerischen Entwickelung erstiegen. Der Mensch war. trotz
aller auf ihn einstürmenden widrigen Schicksale (seine im-
mer verstärkte Tauhlieit. der Undank seiner Familie, der
Process wegen des ungernthenen Neffen, die vielfache Ver-
kennung seines künstlerischen Wert lies auch in Wien,
seitdem fast nur Hossini Mode geworden > in seiner ethisch-
religiösen Richtung sich gleich geblieben. Nur mächtiger
no< h war in ihm der Trübsinn geworden: aber um so
mächtiger auch die Sehnsucht nach vollkommener innerer
Befriedigung. Diese konnte er nur in seinem künstleri-
schen Schaffen zu linden hoffen. Und er fand sie für Au-
genblicke; das bewiesen die beiden von frischem («eben, wie
von echtem humoristischen tieiste erfüllten Werke, die sie-
bente und achte Symphonie, die wir kaum uns in dieser
Zeit zu erklären vermögen würden, wüssten wir nicht, mit
welcher lebendigen I heil nähme der trübsinnige Anachoret
den Weltereignissen draussen folgte, und wie gerade der
llmnor als Weltanschauung aus den Gegensätzen und ihrer
Aufhebung seine reichste Nahrung schöpft. So war denn
aus jener lebendigen Thuilnahtne an den Weltbewegungen
des Jahres 1813 die A-dur- Symphonie, aus jener humoristi-
schen Stimmung, die mit naivem Frolisinn aber nicht ver-
wechselt werden darf, die F-dtir-Symplionie im folgenden
Jahre hervorgegangen. über welche beide wir in einem
früheren Artikel unsere Ansicht ausgesprochen haben. —
In diesem symphonischen Schaffen tritt nun in den
nächsten fünf bis seclis Jahren eine Pause ein ; doch haben
wir so manches Werk aus jener Zeit, das una sein sittli-
ches Ringen uud Kämpfen, sein inneres, wenigstens auf Mo-
mente seliges Befriedigtsein, sein tiefes unendliches Sehnen,
und seine heilige Klage unnachahmlich in Tönen nusspricht:
dahin zählen wir das F-moil-Quartett, ’ Op. 95, die G-dur-
Sonate für Piano und Violine, Op. 96. sein prachtvolles
B-dur-Trio. Op. 97. sowie die Sonaten A-dur. Op. 101.
B-dur, Op 106 und die letzten drei, Op. 109. IIOu. III
fE-dur, As-dur und C-molO. Wer fühlt diesen Werken
es nicht an, dass der Künstler in unablässigem innern Rin-
gen begriffen, sich immer mehr in sich einspinnt und nur
aus dom tiefsten Schachte seines Innern die kostbarsten
Schätze den emp dinglichen Hörem bietet, indem er ihnen,
unbekümmert um den Missverstand der Welt, die schmer-
zensreiche Welt seines Sehnen» und Empfindens, unferhro-
ch-n von so manchen köstlichen Lichtblicken, den Momen-
ten seliger, über das Irdische hinausreidiender Lust, er-
schließt Wer hört nicht aus manchen Sätzen die-
ser Werke, aus dem Allegretto ma non troppo | D-dur J
Op. 95 1 aus dem Andante oantabile D-dur \ in dem
gr. Trio Op. 97. aus dem Andante eon Variation»
B-dur } in der Sonate Op. 109. aus dein Moderato can-
tabile. As-dur f. der Sonate Op. 110. endlich aus der
Arietta C-dur * t in der Sonnte Op. 1 1 1 den mächtigen
Zug nach dom Ewigen heraus, in dem der grosso Dulder
allein innere Befriedigung noch findet? Alle diese Arbeiten
sind nicht minder sittliche Thnten, als die früheren Quar-
tette und Symphonien. Sie sind biographische Denksteine
srines innern Lebens. Aber wie schön im Einzelnen, wie
tief empfunden, wie reich an den feinsten harmonischen
Kigenthumlidikeiten. als glänzende Beweise des seit dem
Schwinden seines äiissem Gehörsinns nur um so feineren
und zarteren inneren Tonsinnes. — eine volle innere
Befriedigung hatte der Tondichter bei ihrem Schaffen
wohl jedesmal gehofft aber nie ganz empfunden und darum
vermögen sie auch eine solche dem Hörer nicht zu ge-
währen. t— Wie tief übrigens die in dieser Zeit den Com-
ponisten beherrschenden Stimmungen waren und wie sehr
er für sie nicht Befriedigung in dem blossen Aufheben der
37
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302
Gegensätze, sondern in wahrer innerer Versöhnung suchte,
beweist, dass wir in allen jeneo Werken, wie mannichfache
ja heterogene Stimmungen sie auch abspiegeln, doch kei-
ner Spur des ihm sonst so eignen und am vollendetsten in
der F-dur-Symphonie ausgeprägten Humors begegnen. —
Die Höhe des Mannesalters hat er fiherschrittten ; die Idee
seine» baldigen Hingangs von der Erde, die ihn schon vor
15 Jahren zu seinem testamentarischen Bekenntnis« bewog,
tritt immer näher an ihn heran. Noch ist die Aufgabe
seines künstlerischen Lebens, das mit seinem sittlich reli-
giösen so innig verwachsen war, nicht vollkommen gelöst.
Ahndungen des Jenseits sind in Fülle ihm geworden; sie
sind ihm über jeden Zweifel gewiss und in den seligsten
Stunden schwelgt er in ihnen. Aber es ist immer uur erst
das Jenseits, das ihm Befriedigung vertatest; und doch
muss er auch hier iio Diesseits sie suchen und sie tu
linden gewiss sein, soll er ihrer im Jenseits nicht entbehren,
er, der einst in diesem Sinne ein Fastorale schrieb, weil
er am Busen der Natur den Frieden zu linden geglaubt
hatte.
Wie erwünscht musste ihm da die Ernennung des
Erzherzogs Rudolph, seines Schülers, zum Erzbischöfe von
Olmütz kommen! Unwiderstehlich zog es ihn da zu einer
Missa solemnis hin. Wem hätte es mehr gebührt, die In-
thronisation des verehrten Schülers in heiligen Klängen zu
feiern, als ihm, dem grossen Lehrer desselben, der mit ge-
rechtem Stolze sich dessen bewusst war, dass dieser so
hochgestellte Schüler zu den Wenigeu gehöre, die seinen
ganzen Künstlerwerth zu würdigen verstanden. Und wie
ihn Liebe und Dankbarkeit zunächst an das Werk rufen,
dem er ungetl teilt seine ganze Kraft widmen will, so er-
wacht gar bald in ihm die Ahndung, hier werde ihm die
laug vergeblich gesuchte innere Befriedigung werden; in
der Hingabe seines von Anbetung und Liebe überströmen-
den Herzens an den Ewigen müsse er die bis dahin ent-
behrte innere Versöhnung linden. So geht er an die Ar-
beit. Aber er ist nicht mehr derselbe, der er war. In
Kirchen war er zwar immer selten zu finden gewesen ; sein
Geist hatte lange an der natürlichen Religion des Herzens
und der Gefühle sich genügen lassen zu kennen geglaubt.
Dann gab es für ihn eine Periode philosophischen Heflecti-
rens, ja Grübelns über die höchsten Hinge. Während die-
ser Zeit hing über seinem Arbeitstisch eine in (»las und
Rahmen gefasste theosophisch - speculalive Inschrift, von
alten Tempelmysterien entnommen, folgenden Inhalts: ,,lch
bin, was da ist. leb hin Alles, was ist, was war und was
sein wird; kein sterblicher Mensch hat itieineo Schleier ge-
lüftet. Er ist einzig von ihm selbst und diesem Einzigen
sind Alle ihr Dasein schuldig“. In den letzten Jahren
wurden diese alten Tempel -Inschriften nicht mehr bei Bee-
thoven gesehen; so berichtet W. v. Lenz. Hatte er sich
der Kirche mehr genähert? Genug, die Idee der Missa so-
lemnis zieht ihn mächtig, unwiderstehlich an. ln einer ab-
soluten Erdenentrficktheit arbeitet er unausgesetzt an die-
sem Werke. Aber bei dem unwiderstehlichen Drange, den
ganzen Heichthum seiner von Anbetung überwältigten Seele
auszusprechen, nimmt das Werk Dimensionen an, welche
seine Benutzung für den nächsten Zweck eben so unmög-
lich machen, als er dieses letztem gar bald unter der Ar-
beit vergisst, daher denn das Werk erst zwei Jahre später,
als jene Feier siallhatto, fertig dastand. Es ist hier nicht
unsere Aufgabe, auf dieses Riesenwerk genauer einzugehen.
Noch steht es da, den Meisten unbekannt, von Wenigen
nur verstanden. Auch haben bis jetzt nur Wenige um sein
Verständnis« sich bemüht, obgleich Beethoven es sein
„grösstes und gelungenste»" nannte. Der katholische Cul-
tus konnte es sich nicht aneignen, da es, auf seine Bedürf-
nisse fast gar keine Rücksicht genommen, seiue Beschrän-
kungen in der Form ganz ausser Acht gelassen hatte. Oer
Protestantismus kennt nur Aufführungen von Messen in
geistlichen Concerten, seien sie in der Kirche oder im Con-
certsaal. Und selbst da finden sie meistens nur ein klei-
nes Publikum. Und an wie wenigen Orten hat man sich
bisher an dieses Riesenwerk gewagt, ja auch nur wagen
dürfen! Was nun das Werk sowohl als Ganzes, als auch
in seinen Einzelheiten anlnngl, so hat Treffliches darüber,
ohne die Mängel des Werks zu verkennen. A. B. Marx
|2. Bd. p. 288 fT.) gesagt: „Die Messe ward ihm das Ge-
fass, in dein er Alles, was von Andacht in ihtu längst
heraufwogte, was von Anschauung jener geweihten Glau-
besworte in ihm emporgestiogen war. als ein würdig Opfer
darbringen wollte“ .Mit der vollen Macht seines Gei-
stes und seiner genialen Begabung war Beethoven an das
Werk getreten.“ ,Aber nicht eigne Gläubigkeit t? wa-
rum nicht?! die «einige doch wohl sicherlich, wenn auch
nicht die kirchliche) und nicht Hingebung an den Kirchen
dieust, sondern die ganz freie, schöpferische Phantasie
konnte einzig Heethoven's Messe hervorbringen.“ .... „Er
versetzte sich in die üeele der Andachterfüllleo, er nimmt
ihren Glauben in seine Brust auf. aber er deutet und be-
kennt ihn laut aus seiner Brust. So waltet er des Hoch-
amts, wie ihm gegeben war. ihm, dem Herrscher und
Schöpfer im Reiche der Instrumental weit.“ Für unsern
Zweck genügt es, darauf hinzuweisen, dass das Werk im
Lebenslaufe Beethovens und in der Geschichte der Kunst von
hoher Bedeutung sei, und den innern Zusammenhang dieser
Missa solemnis mit der Chorsymphonie darzuthun. von je-
ner die Brücke zu dieser uns zu schlagen, um dann diese
selbst in ihrem innern Organismus darzustellcn,
Beethoven geht von der Missa solemnis unmittelbar an
die Chorsymphonie ; und so innig ist der Zusammenhang
beider für ihn, dass er auch diese, gewissermassen fort-
fahrend, ergänzend, in derselben Tonart |D-dur|, welche er
für jeno gewählt hatte, schreibt. Zweierlei aber ist es,
dem er in diesem grossen, seinen ganzen innern Menschen
mächtig bewegenden, ihn nicht selten in eine Art von vi-
sionärem Zustande versetzenden Werke in einer nur seinem
grossen Genius möglichen Weise einen musikalischen Aus-
druck gegeben. Einmal war es das ihn selbst sofort über-
wältigende Gefühl der unendlichen Erhabenheit des Ewigen,
diese Stimmung, je mehr er sich ihr ganz hingab. Alles
um sich her ganz vergessend, hob ihn über jede endliche
Form, als eine beengende Schranke, weit hinaus. Dennoch
sollte er auch zweitens die glaubensvolle Anbetung einer
bestimmten Gemeine in heiligen Klängen kund werden
lassen. War doch das ihr bevorstehende, von ihr zu be-
gehende Fest der eigentliche Ausgangspunkt für seine Ar-
beit. Diese Gemeinde aber konnte der eng begrenzten
Formen nicht entrathen zum Ausdruck ihrer eignen An-
dacht sowohl, als zur Vereinigung ihrer gläubigen Herzen
mit dem Ewigen. Sie waren durch den Cullus geheiligt.
Wie war es da anders möglich, als dass er, der von sei-
nem Gegenstände mächtig und unwiderstehlich Hingenom-
mene, dem Werke jene fibergrosse Ausdehnung gab, die
es zum eigentlichen kirchlichen Gebrauche nicht mehr ge-
eignet erscheinen lässt. Nicht minder wichtig ist aber ein
zweites Moment für uns hier, wo es sich um den innern
Zusammenhang zwischen der Missa solemnis und der Chor-
symplionie handelt. Der in einer Art von Exstase arbei-
tende Tondichter befindet sich unter der Arbeit, wie gross
sie ihm auch erscheint, wie mächtig sie ihn auch erhebt,
in einem fortgesetzten innern Zwiespalt, in einem unäbläs-
sigen Ringen lind Kämpfen. Denn nicht bloss ist er sich
dessen bewusst, auch der erhabenste musikalische Ausdruck
dessen er fähig ist, reiche lange nicht hin zutn würdigen
Ausdrucke dessen, was er in Tönen zu schildern bat. son-
dern er fühlt es auch, das Erhabenste, was er zu geben
vermag, behalte durch das Wort des bestimmt formulirlen.
3Ü3
menschlich unzureichenden Bekenntnisses stets etwas Tren-
nendes, da nicht alle Menscheö, nicht einmal alle Christen
sondern nur die Katholischen in ihm sich eins fühlen.
Und doch genügt ihm für sein Werk nur eine Erhebung
zu dem Ewigen, in der jede Trennung aufhört, in der
Alle eins sind. Nur solche schwebt seiner Seele vor.
PArum gipfelt zwar Alles in seiner Mis»a solenmia in dem
Credo; aber ffir ihn nicht in einem dogmatisch fuirten.
sondern in dem Credo des Hrrzens. ja, seines Herzens,
das er allen Zweifeln zum Trotze, mit kühner Entschieden-
heit aussprichl und wiederholt energisch betont. — Den-
noch fühlt er es; sein Credo ist nicht das der gläubigen
grossen Masse, sondern himmelweit von dem ihren ver-
schieden. Und so beschleicht ihn mitten in der Erhebung,
die ihtn die Arbeit in einzelnen Momenten gewährt, das
niederdrfickende Gefühl, das Credo, welches es auch sei,
ist nicht das die ganze Menschheit Einigende; während es
auf der einen Seile einigt, trennt es auf der andern. —
Was aber halte ihn, abgesehen von der ihm willkommenen
ausser n Veranlassung zu diesem Werke hingeführl. als das
Seimen nach einer Verbrüderung mit der ganten Menach-
heii im Geiste? Dieses Sehnen halle das ganze innere,
“chmerzensvolle Lehen des scheinbar trübsinnigen Anncho-
reten jenem rothen Kaden gleich durchzogen; mit unend-
licher Innigkeit halle er die Menschen geliebt; stets halle
er -ihnen sein liebebedörfliges Herz öffnen mögen, ob er
gleich, von seinem unseligen Verhängnis» gezwungen, sie
Ans »erlich zu fliehen schien. Kür dieses Sehnen halte er
nun, den Spaculatiouen des Denker» Valet sagend, zum
demülhigen Glauben zurückkehrend, ja ihm sich den Zwei-
feln zum Trotz, in die Arnve werfend, die vollste Befriedi-
gung zu finden gehofft. — und dennoch wieder vergeb-
lich! Auch dieses Werk gab ihm kein volles Genüge. —
Sollte aber darum diese Idee einer Wellverbrüderuog
der ganzen Menschheil eben auch nur ein leeres Traum-
bild sein? Konnte er, der so heilig ernsl gerungen, anders
als in stummer Verzweiflung von diesem Lehen scheiden,
wenn dieses ihn so um das heiligste seiner Gefühle, um
die unumstößliche Gewissheil seiner seligsten Ahnung
grausam betrogen? — Da wird es unter der Arbeit Licht
vor seinem Geiste! Es giebt noch etwas Höheres, als den
(•tauben 1 Es giebt ein Band, welches allein die ganz»*
Menschheit zu umschlingen vermag, das aber auch in Wahr-
heit um so mehr sie verbindet, je mehr sie sich ihres Ur-
sprungs aus dem erneu Urquell olles Lehens und ihrer er-
habenen Bestimmung bewusst wird. Dies Band ist die
Liebe! Es ist die sittliche Thal, aus der heraus sie das
ganze Lehen gestaltet. Auch sie hat ihre Wurzeln in ei-
nem Credo, aber es ist dies das der heiligen Herzensah-
innig, der seligsten Gewissheit von einem Vater Aller,
von jenem Urquell der ewigen Liebe. In dieser that-
krärtigen Liehe liegt allein unvergänglicher Trost
und unerschöpfliche Erhebung über allen Erden-
schmerz. Sie ist aber nicht nur das allein die
i:anze Well Einigende; sie ist damit zugleich der
ich« unerschöpfliche Quell wahrer, unzerstör-
barer Freude!!
Damit ist das Wort gefunden, das das grosse
Bnthsel des Lebens löst. Es ist das neue Evnnge.
liutti. das die Welt Allein von allem ihrem Jammer zu er-
lösen vermag. Steht es iin Widerspruch mit dem, das von
den Kanzeln und Altären in Wort und Ton mächtig ver-
kündigt wird? Für den Eingeweihten nicht! Ihm ist es
nur die wahre Deutung, die himmlische Verklarung dessel-
ben. Nicht jedem geht sein tiefer and einfacher Sinn auf.
Darum hat es gegeben ein Petnntsehes (Christen! hum der
Indien Salzung, darum ein Kaolinische^ d.r dogmatischen
Dialektik und in ihnen hat es gegeben Streit und Unfrie-
din. Hier ist das neue Evangelium das Johanncische der
selbstlosen Liebesthat. Wo sie ilas Leben gestaltet, dn
hört der Streit der Selbsucht auf. da herrschet Friede; er
ist da» Band, das Alle umschlingt und er ist die uner-
schöpfliche Quelle der Freude, denn in dieser Liebe weiss
sich der schwache Erdenmensch eins mit dem Ewigen! —
Dieses neue Evangelium der Welt, die er so innig
liebt, zu verkündigen, da» ist dem sittlichen ernsten Künst-
ler nunmehr ein unabweisliches Bedürfnis». Sieht er doch
darin allein die Aufgabe seines Lebens erfüllt. Das ist das
Vermächtnis», mit dem er allein innerlich von ihr zu schei-
den vermag. Unter der Arbeit an der Missa solemnis ist
diese» neue Evangelium in seinem himmlischen Strahlen-
lichl ihm (iiilgegangen, dämm von ihr unmittelbar zu die-
sem neuen Werke! Ist es doch kaum ein neues! Hängt
e* doch auf das Innigste mit dem eben vollendeten zusam-
men; ist es doch nur die Ergänzung de» früheren, wird
doch Eines durch das Andre erst richtig gedeutet!
(Schluss folgt.)
Berlin.
/ferne.
(Körtigl. Opernhaus. | In Wagner’s „Tnnnhäuser“ trat am
7. Herr Betz als Wolfram wieder auf; die Pnrthie gehört zu
des Künstler* trefflichsten Leistungen. Herr Betz wie Herr
Niemann fanden den reichsten Beifall. — > Am 8. „Martha“
mit den Herren Ferenczy, Salnmon, den Damen Grossi
und Gey. — Am 10. „Die Jüdin“ mit den Herren Ferenczy,
Fricke, Lederer, den Damen Vnggenhubcr und Grossi.
— Am II. Mehul'a „Joseph in Egypten“ in Verbindung mit
dem Ballet „Das schlecht bewachte Mädchen“. Des sehr be-
setzte Hau» folgte der gemüthvollen Darstellung des Herrn
Niemann mit sichtlicher Theitnahine. Die Besetzung des Si-
meon durch Herrn Wownraky geschah wohl hauptsächlich
aus Beperloir-Rücksichten. Der Fleiss des strebsamen Sängers
verdient alle Anerkennung, sur Wirksamkeit neben dem bei
aller Weichheit doch kräftigen Wesen des Herrn Niemann
fehlte es diesem Simeon an dem nolhwendigen dunklen Colorit,
an Dialektfreiheit der Bede, selbst wenn die Unruhe im Spiel bei
Wiederholungen vermieden würde. Fräul. Hnrina, welche jetzt
mehr beschäftigt wird, gab den Benjamin recht lobenswerth. Herr
Fricke war, wie früher, ein tüchtiger Vertreter des gesanglich
unbequem liegenden Jacob. — Am 12. „Troubadour“ mit den
Herren Ferenczy, Beiz, den Damen Voggenhuber und
Brandt.
Im Frirdrich-Wilheimslädtischen Theater wurden wiederum
Offenbach's „Schöne Heleoa“, „Pariser Leben“ so wie die
noch immer gern gesehene „Insel Tulipatan“ gegeben, d. R.
Corr«epondenzen.
Bremen, II. September ISttV.
Auj 1. d. wurde das Stadttheater mit Beethoven’« „Fidelio“
in würdiger Weise eröffnet. Während die älteren und von letzter
Saison her noch im besten Andenken stehenden Mitglieder, Fräu-
lein Schrölter, die Herren Bernhard, Scbelper, Krolop,
Lemprecht und Manek verdienlerinnnssen freundlich aufge-
nommen wurden, gelang es nicht minder uuserer neueo Pri-
madonna, Fräulein Löwe, den ihr voraufgegangenen Ruf und
die au ihr erstes Auftreten geknüpften Hoffnungen bestens tu
recMterligen ; auch Herr Uuger, der in den ersten Teoorpar-
thieen mit Herrn Uernard «bwechselu soll, machte ata Max
im „Freischütz" einen »ihr günstigen Eindruck, *beu»o Fräu-
lein Jäger, welche bereits im Frühjahre mit gutem Erfolge
debütirt hatte, als Aannchen. Bei überau» stark besetztem
Harne führte sich Herr Schrnid als van Bett in Lorlzing's
* 37*
304
„Czaar und Zimmermann" recht vorteilhaft ein, und fand für
seine humoristische Darstellung, unterstützt von einer, wenn
auch nicht grossen, doch recht ansprechenden Stimme, ein
dankbares Haus. Dank der Geschicklichkeit und dem Eifer
aämmtlicher Milwirkeudeo gelangte die Vorstellung zu einer
Ober Erwarten glücklichen Abrundung, das grosse Sextett des
2ten Acta „Zum Werk, das wir beginnen" musste auf slür-
uiisches Verlangen wiederholt werden; mit seinem Czaarenliede
feierte Herr Schelper im 3ten Acte wahre Triumphe, Fräulein
Jäger und Herr Leruprecht entfalteten einen lebensfrischen Hu*
mnr, Orchester und Chor liessen nichts zu wünschen übrig.
Unsere neue ColuratursAugcrin, Fräulein Mer eck hatte zu ihrem
Debüt „Lucia von Lnmmermuor” erwählt, und fand eine be-
geisterte Aufnahme; nurh in Verdi' a „Troubadour" bewährte
eio sich bei ihrem zweiten Auftreten nls Leounre nach allen
Beziehungen als eine höchst schätzbare Acquisition, während
dagegen Fräulein Hansen als Azucena nicht ganz zur Geltung
gelangen konnte. Wenn somit ein vorläufiger Gesamml über-
blick sämmllicher vorhandenen Kräfte, selbst den verstärkten
und neu generirlen Ctior mit inbegriffen, für die Saison das
Beste erwarten lässt, so habe« die Herren Directoren Heot-
schel und Hösicke, indem sie gelegentlich einer Erhöhung
des AbonnemenUpreiaes aut ganz besondere Anstrengungen
ihrerseits lim wiesen, denn auch besten» Wort gehalten; die
rege Belheiligung des Publikums dagegen, derzufolge samrol*
liehe Abonnements schon lange vor Beginn der Saison vergrif-
fen waren, lässt mit Recht auf einen dauernden Bestand der
neuen gesteigerten Verhältnisse hoffen. H. K.
Paria, II. September 1809.
Die lyrischen Theater von Paris beschäftigten sich in die-
ser Woche vorwiegend mit Generalproben. In der Qpära co-
tnique fanden die Proben tu „Pelite Fadetie" statt, welches
Werk nach dem berühmten Romane der George Sand, zur
Oper neu uuigeachaflen von Semet, mit dem im Jahre 1850
im Variete-Theater aufgeführten gleichnamigen Vaudeville keine
musikalischen Analogien hat. Vorläufig sei berichtet, dass di«
gestrige Generalprobe, die io Anwesenheit nbbenannler Verfas-
ser «lallfaiid, glänzend reuesirie, und »ich insbesondere fünf
neue Dernratioueo bemerkbar machten. Die erste Aufführung
findet nächsten Dienstag statt. — Im Thädtr« lyrique begannen
die Proben zu der neuen Oper von Joncieres, welche anstatt
„Nydia" nunmehr den definitiven Titel „Le dernier jour de
Pomp&ii" angenommen. Auch hier wurdeo die neuen Decora-
tionen gerühmt. — Dem neuesten Vernehmen nach soll der Con-
tract mit Fräulein Marie Rose wieder rückgängig geworden
sein — und dürlte die Künstlerin zur Opera coimque zurück-
kehren. Der Tenor Mnntjauze, welcher nunmehr durch
Masay in der Rolle des Riem» oplermuthig substituöl wird,
ist von seinem Hnndgeteiikbruch soweit herge*.lellt worden,
dass er es neuerdings wagen will, demnächst in „Rienti" die
Gesundheit seiner Kehle auf die Probe zu setzen. — Am Sonn-
tag gelangt im Theatre lyrique David’» „Wüste" zur Aufführung.
— Das Theälre de PAthenee wird nächsten Dienstag mit der
in*s Französische übersetzten Oper der Brüder Ricci, „II Cri-
spinn et la Cornare", unter dem Titel „Le Docteur Crispin" er-
öffnet. Die Generalproben zu dieser aus dem Repertoir der
Italiener bekannten Oper, sowie zu der hier noch nieht gehör-
ten Oper von Pedrolti „Le* Mssques", deren Aufführung da-
selbst zwei Tage später erfolgen wird, fanden in Anwesenheit
der Cnmponislen Friedrich Ricci und Pedrotti statt. Für die
Hauptparthien ist wieder die ausgezeichnete Coloratursängerin
Fräulein Marimon gewonnen. AI* Tenorist fuogirt Herr Jaur-
dan, der bereits eine längere Vergangenheit hinter sich hat.
Dem Directnr dieses Theaters, Marl inet, wurde von Seilen
der Socicte des nuteurs el compositeurs dramaliques. verboten
französische Opern zu spielen, weil derselbe einige extravagante
Forderungen dieser Gesellschaft zurückwiee. Daher jetzt dessen
Rerours zu italieniacheu komischen Opern, mit welchen er dem
Thäätre Italien ebenso in’s Gehege kommt (auch „Folie a Rome"
von Friedrich Ricci mit grösstem Erfolge in voriger Saison
im Theütre de l'Athenöe aufgeführl, war ursprünglich für da»
Th£filre itelien bestimmt) ah früher der Op^ra comique mit
den französischen komischen Opern von Grisar und Adam.
Wenn auch solche künstlerische Concurrenz in keinem Falle
schadet, und das Publikum wie die Kunst dabei gewöhu-
lich gewinnt, so befürchtet man doch hier andererseits eine
Vermischung der bisher streng auseinander gehaltenen Gat-
tungen der verschiedenen hiesigen Theater, um so mehr als
auch der Direclor des Thedtre Italien die Absicht hat, die in*»
Gebiet der Opöra gehörige Oper Halävy’» „Guido et Gioevra"
ins Italienische übersetzen und aufführen zu lassen . und die
Üpöre comique sich mit der Absicht trägt, Gounod's „Romeo
et Julietic" tu ecquiriren. Ein neues Zeichen dafür, dass die
Kunst keinen Separatismus duldet und mehr oder minder Ge-
meingut aller Nationen und Länder ist, und dass die Slylgat-
tungen der französischen , italienischen und deutschen Schule
sich allmählich zu vermengen beginnen. — An die Stelle des
Fräulein Snss, welche die nächste Wintersaison Ober dem
Scalalheater in Mailand angehören wird und erat nach 6 Mo-
naten hieher zurück kehrt, iat gestern in der Rolle der Va-
lentin* ein Fräulein Reboux in der Opära als Debütantin
aufgelreteri. Ihr Erfolg wer ein aufmunlernder, nur trägt
dieselbe noch allzu sehr die Zeichen des kürzlich verlassenen
Cnnservalnriuins en sich, als dass wir uns veranlagst füh-
len sollten, für jetzt näher auf diese» Debüt eiuzugehen. —
Strakosch beginnt irt den nächsten Tagen seine Concerllour
nach den französischen Städten und nach Belgien und Holland
mit „Rossini'» Messe". Sein nächstes Ziel ist Anver», Lille,
Gand, Amiens, Rouen und Havre. Die hierzu «ngagirleu Künst-
ler heissen: die Damen Alboni und Marie ßattu, der Teno-
rist Hohler, der Bassist Tagliafico j bekennt aus London
und Petersburg) und für den instrumentalen Tlieil der Con-
certe: Vieuxternps, Botlesini und die Pianistin Theresa
Coreno, mit Herrn Trenka als Accompagnateur. De» wer-
den echte Messtage für die betreffenden Städte sein.
A. v. C*.
Feuilleton,
ins meinem Leben.
(Eine musikalische Reise uud zwei neue Opern.)
3.
Zur bestimmten Stunde sasa ich am Donnerstag Morgens
im Parquet des Münchner Opernhauses und harrte der Dinge,
die da kommen sollten. Ausser mir hatte sich nur eine kleine
Schaar AuserwAhller eingefiiuden, unter ihnen die Sängerin So-
phie Förster, die Schauspielerin Milterwurzer aus Dresden und
der Compouisl Vierling aus Berliu, der vou Italien beimkehreud
hier die erste busaslation für seine wälaehen Sünden überatehen
musste. Der Eindruck, welchen die mir aus dem Clavieraua-
zuge schon bekannte Oper während dieser Probe auf mich machte,
war kein gilustiger, trotzdem dass dfe Musik jetzt bei der In-
atniroental- Beleuchtung erst in das rechte Licht gestellt wurde.
Einzelne Momente packen; ich läugne z. B. nicht , das» der
Schluss des ersten Aktes gewiss auf jeden, der die vorhergehen-
de
305
den Scenen aufmerksam mitangehört hat, überwältigend wirken
muss. Aber es ist — wie so oft in Wagneris Opern — der Gras-
halm in der Wüste, weleher dem ermatteten Wanderer das dürf-
tige grüne Plätzchen als reitend Üppige Flur erscheinen lässt;
es ist der Cllmax von der langweiligsten Unverständlichkeit bis
tu einem leidlich klaren Gedanken, der uns diesen wie eine
strahlende Sonne nach der rabenschwarzen Nacht hochwillkom-
men macht. Oder sollte das Brautlied im 9. Akt des Lohengrin,
welches immer ein wolilthliligcs Gefühl auf den Hörer nusübt,
sollte cs irgendwie bedeutender sein als hundert andre hübsche
Motive in hundert andern Opern, die man ala gesetzmäßigen Tri-
but hinnimmt, welchen jeder Componist seinem Publikum schul-
det, wenn er von diesem nicht der sterilsten Erfindungsgabe an-
geklagt werden will? Aber nach zwei vollen Stunden musikali-
scher Peinigung schlürfen wir das Tröpfchen Wasser durstig
hinunter, und der ausgetrockuete Gaumen wähnt eine reiche
Nektarqnrlle in sich aufztinehraeu. Abspannender noch als der
1. Akt des Tristau erwies sich mir der zweite; Ihm fehlt die
Steigerung, welch« in jenem die überstandenen Leiden momentan
vergessen lässt; hier dagegen hängt sich Gewicht an Gewieht
und die Wagschaale der Geduld sinkt immer tiefer; zuletzt be-
fand ich mich in dem apathischen Zustande, welchen Eugen Sue
als Seelleber der Schiffbrüchigen beschreibt: ich hätte meinen
Nachbar Vierling anbeissen können, um nur dem gegenwärti-
gen Status quo entrückt zu werden. Indess ist hier noch nicht
der Platz die Wagnersche Opern -Composilion ausführlicher zu
besprechen; Ich werde dies schliesslich in besoudern Capiteln
thun, und mich jetzt nur auf die Schilderung der Statt gefundenen
Probe einlassen. Sie ging, wie wir uns auszudrückcn pflegen,
sehr glatt ab; nur einmal unterbrach Waguer — vom ersten Lo-
geurang au» — das Ensemble, um zu bemerken des» eine Figur
iu den Violinen nicht markirl genng oder ( Ich woiss es jetzt
nicht mehr genau) zu sehr markirt gespielt worden sei; die
hierüber mit dem Orchester gehaltene Conversaliou währte viel
länger als nöthig war, weil der Componist sich, wie allgemein
bekannt ist, sehr gern sprechen hört — leider aber geschieht
dies in jener abmattenden Weise, deren Inhaber von ihren säch-
sischen Landsleuten selber mit dem epitktlon «man» „Schwabbel-
hänschen“ bezeichnet werden fcha nee, nee cha, eha cha, nee
nee, tlc. in infmilum . )
Abgesehn von der Ungeheuerlichkeit der Tondichtung ge-
währte mir schon deren Ausführung das höchste Interesse; den
Preis aber möchte ich dem Dirigenten, Hans v. Bülow, zuerken-
nen. Dieser ausgezeichnete Künstler führte die Kapelle und das
Sängerpersonal mit wahrhaft bewundernswürdiger Sicherheit
durch die Irrgänge der Wagnerischen Partitur, welche zwar vor
ihm auT seinem Pulte lag, welche er aber so vollständig inne
hatte, (die Partitur im Kopf — nicht den Kopf in der Partitur,
wie gewisse Leute) dass er kaum einen Blick hineinwarf, dass
er die Blätter oft erst umdrehle wenn die rechte Zeit und Stelle
lange vorüber war, ja dass er einmal sogar bei nöthig geworde-
ner Hepctilion den einzelnen Instrumenten ihre KiasiUze nach den
rückwärts zu zahlenden Tacten bezeiehnete, ohne darüber die
Partitur um Rath zu fragen. Das nenne ich ein Werk (und wel-
ches Werk!) in «ucc»hi ri tanguiatm aufnehmeu , das heisst ein
musikalisches Gedächtnis»! Die Münchner Kapelle aber, seit Jah-
ren durch Laclmer cingeschiill, spielte natürlich mich unter dem
neuen Dirigenten so meisterhaft, mit einer solchen Reinheit der
Intonation und solcher Feinheit der NQanciruog, das» ich den
Maun beneiden mochte, der diese KünsÜerschaar in’» T reffen
führen durfte. Leber v. Bülow » körperliches Gebahren während
des Dirigirens ist oft absprechend geurtheilt worden, und noch
in neuerer Zeit habe ich eine in München erschienene photogra-
phische Karte gesehn, worauf er in verschiedenen lächerlichen
Stellungen mit dem Taktstock in der Hand abgebildet ist. In
wie fern diese Vorwürfe zutreffend sind weise Ich nicht, dn ich
ihn nie eine Opera-AufTQhrung, nur eine Probe, leiten »ah; für
die Proben aber muss dem Kspellmeister jedwedes Manoeuvre
gestattet sein, welches seiner Meinung nach dazu beitragen kanu
die vorgeschriebenen Intentionen zu verwirklichen — freilich nur
in der Absicht um des Abends bei dem Publikum keinerlei Auf-
merksamkeit mehr zu erregen; denn diesem darr er dann nur
als ein verkörperter .Metronom erscheinen, und zwar in jener
noblen Form und eleganten Einfassung, worin Spontini ein Vor-
bild für alle Diiigenten war. Weicht BOlow von diesem Grundsatz
ab und machl er in seinen Gestikulationen keinen Unterschied
zwischen Morgen und Abend, zwischen Probe und Aufrührung,
dann braucht er freilich für den Spott nicht zu sorgen; aber
seiner Befähigung zum musikalischen Heerführer thut das keinen
Eintrag. — Und nun, wo soll ich Worte hernehmen um mein
Erstaunen auszudrücken über die Leistungen de.« Solosänger-
PersonaLs? Vorläufig aber folgendes: im Spätsommer desselben
Jshres traf ich auf der Brühl scheu Terrasse in Dresden einen
bekannten norddeutschen Tenoristen, weicher seinen Ruf zum
Theil der Darstellung Wagnerischer Rollen verdankt. Er war
eben von München zurückgekehrt und Ich fragte ihn deshalb,
ob er sich nunmehr mit dem Studium des Tristan beschäftigen
würde. Ganz entrüstet antwortete er mir „Muthen Sie mir zu,
eine Bratschenslimme auswendig zu lernen? 14 Gut gebrüllt, Löwe!
und den Nagel auf den Kopf getroffen. Ja! eine Bralscheostimme.
Und eine solche zu memoriren, obenein von diesem Umfang und
von dieser Schwierigkeit - dazu gehört, ausser dem stupenden
Gedächtnis«, ein eiserner Wille und eine grosse Ausdauer Hin-
terher aber mit dem eingespeicherten Material dramatisch wirken
zu wollen und mitunter auch EfTect hervorbriogen zu können —
dazu gehört, ausser der künstlerischen Befähigung, eine unbe-
dingte Hingabe an das Werk und ein naives Vertrauen auf die
lufallibiiität seine» Meister». All' diese seltenen Eigenschaften
fand ich vereinigt in dem Ehepaar Schnorr. Nicht etwa als wenn
die Brangäue Deinet, Freund Kurwenal Mitterwurzer und König
Marke Bausewein minder Vortreffliches geleistet hätten; aber ihre
Parthieen sind weniger umfangreich als die Tristans und Isoldens:
und Kurwenal nähert Eich mitunter sogar dem Schlendrian, wel-
cher, im Don Juan und Fidelio angebahnt, später von Weher, von
Spohr und Marschner ausgebeutet wurde, so dass mir Mitter-
wurzer's Lösung der Aufgabe als die gelungenste erscheinen
konnte, aus obigem Grunde freilich auch als die leichteste. Fräu-
lein Deinet, deren schöne frische Stimme vortheilbaft abstach
gegen Isoldens unsympathisches ermüdetes Organ, muss eiue
durch und durch musikalische Person sein, denn nur als solche
konnte sic ihre sehr schwierige Bralscheustimme (Viola tteonda )
mit so grosser Sicherheit ausführen; eine ganz famose Memorio
produzirte auch König Marke, der den pflichtvergessenen Tristan
in einer Strafpredigt ahkanzell, welche im enggedruckten datier-
auszug volle Acht Seiten — netto 200 Takle langsamen Zeit-
maasses — einnimmt. Aber was ist alles dies gegen die Riesen-
leistungen der beiden Hauptpersonen! Mir erscheint es immer
uoch unbegreiflich wie tuan cs anfitngt sich mit soleher Musik iu
solcher Weise zu ideutiliziren und sic auswendig zu lernen. Dcriu
glaube doeh niemand, dass Wagner im Tristan derselbe geblieben
ist wie er sich uns im Tannhäuser gezeigt hat. Nein! hier liegt
ein vollständiger Bruch mit der Vergangenheit zu Tage, und nur
da» Material, woraus beide Werke augefertigl sind „der Ton" ist
dasselbe geblieben; Aber „die Tonsprache* 1 eine durchweg neue
geworden, eine bis dahin unerhörte. Und so möchte man zwei-
felhaft werden, ob zum Verständnis solcher Schöpfungen eine
)gie
Digitizi
306 '
bevorzugte Organisation des Gehirns und der Gehörsuerven noth*
wendig ist — oder ob es am Ende gar einen Mangel an echt
musikalischem Sinn verräth, der gewisse Personen befähigt das
für schon zu hatten und es schön zu behalten, was unser einem
nur Missbehagen erweckt Dabei entsinne ich mich folgender Ge-
schichte, welche mein Amtsvorgänger iu Riga, der später in Peters-
burg engagirle Kapellmeister Keller, erzählte. Er hatte die grösste
Noth um dem Bassisten Börner (bekannt unter dem Namen Kluck-
hörn er, weil er im Fest der Handwerker exeellirtel die Rollen einzu-
atudiren; der Mann besass eine schöne Stimme, war viel in der
Welt umhergereist und ahmte allerlei Gesangsmanieien nach —
aber er war unmusikalisch gebildet oder musikalisch ungebildet,
kannte weder Takt noch Tonart, und trar uicht eine Note. Kel-
ler warf ihm diesen jammervollen Zustand jeden Augenblick vor.
Da kommt der Robert an die Reihe; Börner soll den Beitram
atudiren und Keller ist aus dem Häuschen Ober die täglich sich
wiederholende Quälerei. Ala nun iu einer Probe das Duett des
3ten Aktes zum erstenmal versucht wird, singt der Kapellmeister
seinem Bertram den gebrochenen verminderten Si-ptimenakkord
in der Trioleuhewcgung vor.
und will darauf resiguirt die ganze Stelle streichen. Börner
jedoch lässt sich die Fermate nicht nehmen, setzt au, und singt
sie zum Erstaunen aller anwesenden Solisten ganz richtig nach
Siehst Du wobt, sagte er dann zu Keller, und da behauptest Du
immer ich wäre nicht musikalisch l Ja lieber Freund, erwiderte
ihm dieser, wenn Du musikalisch wärst, würdest Du das auch
noch lange nicht getroffen haben. — Aber ich will nicht unge-
recht sein, selbst nicht im Scherz; denn Schnorr war dorh eine
musikalische Natur und* eiu Sänger von umfassender musikali-
scher Bildung .... nur Schade dass der geistigen Anstrengung
welche ihm Tristan verursachte, seihst solche Kräfte unterliegen
mussten; er starb wenige Wochen nach der letzten Aufführung
dieser Oper am hitzigen Nervenfieber! So bescheide ich mich
denn lieber vor der Hand dahin, dass mir der sechste Sinn zum
Erfassen des für mich Unerlässlichen versagt ist, und will — wie
der schwarze Ritter — meine Zeit ahwarteu.
Die Probe war zu Finde, und nun wurde ich Zeuge eines
Vorfalls, den ich sonst nicht für möglich gehalleu hätte. Wagner
trat an den Souffleurkasten und sprach von der Hühuc herab
zur Kapelle mit einer vor Rührung fast zitternden Stimme: ..meine
Herren .... Ich weiss nicht wie ich Ihneu danken soll . . . .
denn das kann Ich Sie versichern .... die ganze Probe hat
mich aufs neue überzeugt .... es ist wirklich kaum zu glau-
ben .... und da fehlte auch nichts na, mit einein Wort,
Kinder ihr habt gottvoll gespielt!" Nun sollte man doch meinen,
wenn ein geehrter und geliebter Meister sieh in solcher Weise
an seine Junger wendet, so müssten diese in Entzücken nus-
brechen; denn wer jemals Gelegenheit halte an der Spitze eines
künstlerischen Vereins zu stehn — gleichviel oh Orchester, mu-
sikalische Gesellschaft, Singakademie oder Liedertafel — der
weis« wie leicht es ist den tsprit du arpt zu wecken und durch
ein paar gefällige Worte seihst die kühlste Stimmung in wärme-
res Gefühl zu verwandeln; und um wie viel mehr müsste dies
der F’all sein wenn ein berühmter Feldherr von aufrichtigem
Dank durchdrungen nach schwerem Kampf seine siegreichen
Truppen anredet. Aber ich merkte schon während Wagner oben
stammelte, welche Temperatur unten vorherrschend war Die
Herren im Orchester hörten kaum hin und seidenen vielmehr
ungehalten darüber, dass die vierstündige Probe noch um einige
übermässige Sccuuden verlängert wurde; wer seiueu Hut bereits
aufgesetzt hatte, nahm ihn nun gewiss uicht ab — die Violinist««
packten ihre Geigen in die Kasten — die ClsriueUislen schraubten
ihre Instrumente auseinander — die Flötisten fuhren mit ihrem
Putzer in die Bissröhre hinein — die Posaunisten entledigten
sich der im Blech angesemmelteu Flüssigkeiten — zwei mit dem
Rücken nach der Bühne stehende Herren hatten sich ohrenzi-
seheind eine wichtige Neuigkeit mitzutheUen; und alles dies ge-
schah so offenkundig tnm glue als wenn da oben gar nichts
passirte. Der Erfolg jener Soloscene war mir daher gleich an-
fangs -zweifelhaft; aber dass sie eiu so vollständiges fiatco mache«
würde, hatte ich doch nicht erwartet. Mindestens das deeorum
glaubte ich, würde man retteu und ein kleines Beifallsgemuruiel
loslasseu. Nichts von alledem. Wagner zog ah, als hätte er vor
Steinen gepredigt — kein D«uk, kein Gruss, Nichts! Und so über-
zeugte ich mich denu, dass die Virtuosität, mit welcher die Ka-
pelle ihre schwierige Aufgabe executirt hatte, doppelt hoch an-
zuschlagen sei, da der Eifer lür das Gelingen des Werkes nicht
aus Neigung zu demselben sondern nur aus Pflichtgefühl entsprun-
gen war. Es ist möglich, dass Hie Ansichten in dieseu Münchner
Kreisen jetzt andere geworden sind; damals aber stand das or-
chestrale Thermometer auf dem Gefrierpunkt, und der Standpunkt
des Orchesters sank dadurch nicht in meiner Achtung.
Als ich nach vierstündiger Anstrengung wieder frische Luft
schöpfen konnte, IraT ich draussen vor dem Theatergehäude
einen Rurliner Musiker, Schüler der Ingtruiueiitalklasse, welchen
man für die Tenorposaune verschrieben hatte, weil in München
wunderbarer Weise kein taugliches Subjekt dafür aufzutreibes
gewesen Er gestand mir, dass er uoch heute hei der achte«
Probe niemals wisse ob er richtig oder falseh blase; ich tröstete
ihn damit, dass es bei diese* Musik auf riue Stufe höher oder
tiefer gar nicht ankäme, und dass jedes Intervall, welches ihm
dissonirend und hinterher unaufgelöst erschiene, ein sogenannter
Hsltelon sei. über dessen Berechtigung die Gelehrten zwar noch
nicht einig wären, der aber durch allrrneueste Praxis bereits die
Ebrenbürgerschafi erlangt habe.
Am Abend desselben Tages genoss ich im vorstädtischen
Theater eine Parodie von Tristan und Isolde, unter dem Titel
Trislnnderl uud Süssholde; gränzenloser Unsinn, der obenein
meine patriotischen Gefühle beleidigte, da alle nicht aur Wagner
bezüglichen Pointen nur aus Schimpfreden gegen Preusaen be-
standen Aber die Musik enthielt herrliche Momente; und wenu
das dankbare Vaterland seinem Richard nächster Tage das schul-
dige Standbild errichtet — etwa in der Weise wie die zunächst
dem Museum poslirte Gruppe Wredow's auf der Berliner Schloss-
brücke — dann darf die Victoria, welche den sterbenden Krieger
hiramelau trägt, in der Person von H. Rauchenecker, dem Codi-
pouisteu der Parodie, uicht fehlen; statt der Lorbeerpeitsche aber
gehe mnn ihm eine botiuia in die Hand. Es ist nur der Deut-
lichkeit wegen!
Joornal-Rpvue.
Die Neue Zeitschrift f. Musik scbliessl die btarcke'sche Skizze
über J. B. Lully. — No 9 der Monatshefte enthält einen Aufsatz
von Schubiger „Historische IrrthOmer im Fache der Tonkunst"
und einen Nekrolog des kürzlich in Elbing gestorbenen Mu-
sikdirector G Döring. — Die Allgem. Musik-Ztg. bringt den
ersten Artikel der Noltehoh machen Mittheilurigen „Rethoveniana".
— Die Signale bieten eine Zusammenstellung nach den „Mün-
chener Nachrichten“ Ober die in München anlässlich der Oper
„Itbeiiigold“ atnttgehahten AjTairen. — Mldd. .Musik-Ztg : „Die
musikalischen Instrumente bei den Hebräern“.
Die Revue et Gazelle musicale enthält Fortsetzungen.
Digitized by Google
307
Nachrichten.
Berlin. Der als Piauist und Schrillsteller bewährte Herr
H. Ehrlich beiheiligt sich mit MusikvortrAgco an dem neu
gegründeten Vicloria-Lyceum für Damen, welches am 4. Ortober
seinen f'ursus eröffnen wird. Die Vorlesungen des Herrn Ehrlich
finden stets Montags 12—1 Ehr statt und haben folgendes Pro*
gramrn: .Musiklehre (Rhythmus, Harmonie, Formenlehre! , Kunst-
Übungen, Vortrag uud stufenweise Ausbildung.
— Die l'ulerbaudluugeu der General-Intendantur mit Herrn
Hölzel sollen sich wegen zu hoher Forderungen desselben wie*
der zerschlagen haben. — Der allen Alteren Theaterfreunden unver-
gessliche peiisionirtc König!. Opernsänger Hader ist am Sonn-
abend io Homburg gestorben.
— Die vüu Dr \V. Viol bearbeiteten Memoiren des Organi-
sten Frendenberg sind nun iui Verlage von F. E. G. Leuckart tu
Urea lau erschienen.
Altona. Instrumental* uud Orgel-Concert der Herren Orga-
nist Kl« in p au I uud Violoncellist Wiemau u: Präludium und
Fuge G-dur für Orgel, Adagio in K-inoll und R-dur für Violon-
cello von S. Dach, ChoralprAludium für Orgel von Gurlilt, Largo in
D-tuoll Tür Violoncello von Leclair und PrAl. und Fuge in A-
moll Tür Orgel von Dach etc. *
Dir Irreid. Concert des Herrn P ieuiug unter Mitwirkung
des Herrn Carl Hein ecke: Mücke aus den „Jahreszeiten“ von
Haydn, Coucert für 2 Claviere Ks-dur von Mozart, zwei Lieder
ffir MAnnerchor von Rcinecke, Variationen für Violine van David,
Ouvertüre zur „Heimkehr“ von Mendelssohn, Homanza und Hondo
aus dem K-moll-Concert von Chopin etc.
Breslau. Am 1. October wird hier ein Öles Theater unter
der Oirecliou des Herrn Kruse eröffnet werden.
Caaarl Geistliches Concert des lloforganisten C. Kuudna-
gel: l’rAl. und Fug« für Orgel von S. Bach, Passacaglia für
Orgel von Frescobaldi, geialliche Lieder für Bass von E. Bach,
Sonate für Orgel von Mendelssohn, Orgelsldcke von Liszt, Con-
cert-Fantasie für Orgel von Lux etc.
Dresden. Frau Jauner-Kral! ist bei der k. Geueraldirec*
iiou um Enthebung ihres Cnntracta und Versetzung in den
Pensionsstaud vom 1. December d. J an eingekommen. Ihr
gegenwärtiger Coulract lAuft noch bis 1. Mai 1871. Die SAngerin,
die so lange zu den schönsten Zierden der Hofbühue gehörte,
giehl als Grund zu diesem bchritlc an, ihre Minime habe in Folge
eines Famllieuerelgalwes besonders in der Höhe so sehr gelitteu,
dass sie sich nicht mehr befähigt fühle, ihren künstlerischen
Pflichten uarhzukoinmen. Ungern sehen wir Frau Jauuer-Krall
scheiden, die zu deu leider immer seltener werdenden Sängerin-
nen gehört, welche die Bezeichnung „Künstlerin* 1 in der schönsten
Bedeutung des Wortes verdienen.
Elberfeld. Herr August Langer!, rühmliche! bekannt durch
sein« Oper „Die Fabier 14 , wird in kommender Saison in der Ei-
genschaft als Kapellmeister am hiesigen Madtlheater thälig sein
Frankfurt a. >1. Das von dem hiesigen Liedrrkranz bezüg-
lich «ine» Textes Tür eine komische Oper erlassene Preisaus-
schreiben hat kein günstiges Resultat geliefert. Alle 37 eilige-
schickten Arbeiten sind von dem niedergeselzlen Preisgerichte
des ausgesetzten Preises von 200 Thlr. nicht Tür würdig befunden
und an die nufgegeheiien Adressen mit Dank retournirt worden.
Uuldherc. Dur „Schlesische Verein zur Hebung der evaugel.
Kirchenmusik 44 , der durch die Bemühungen des Cantors Voelkel
von hier aus seinen Anfang genommen, hat sich sehon so aus-
gebreitet. dass er bereits in 26 Bezirken der. Provinz seine ThA-
tigkeil entfalteL Im Bezirk Goldberg werden wir am 13. October
die erste Bezuk^nifführung kirchlicher Musik, und zwar in der
hiesigen evangel. Stadtpfarrkirche haben, wozu ein ausgesuchtes
Programm bereits in allen Bezirksorten eingeübt wird.
Dötlingen. In der Nacbt vom 8. auf den 9. September starb
in hiesiger Stadt, wo er sich seit einigen Wochen zum Besuche
seiner Verwandten aufhielt, der berühmte ArchAolog Professor
Otto Jahn ana Bonn, weithin bekannt durch sein vortreffliches
Buch über Mozart, seine Behandlung interessanter Momente aus
dem Leben und der Poesie Goetbe's, sowie durch sonstige bio-
graphische, kunst- und literaturgeschichlliche Arbeiten.
Hamburg Fest-Aufführung unter Leitung den Herrn Kapell-
meister v. Dcriiuth und Mitwirkung der Frau Penchka-Leut-
ner und des Violinvirtuosen Wilhelm j: Ouvertüre zu „Oberon“
von Weher, Berit, und Arie aus der „Zauberflöle 44 von Mozart.
Violiu-Cooccrt von Paganini, Scene und Arie aus dem „Frei-
schütz“ von Weber, Fantasie über Ungarische Natiooallieder von
Ernst, Beeil, und Arie aus dem „Barbier“ von Ro&siui und Sym-
phonie (C-molll von Beethoven.
I.Awcnberc. Am 3. d. starb anf seinem Schloss Polnisch-
Nettkow im 70. Lebensjahre der Fürst Friedrich Wilhelm von
Hohenzolleru-Hechingen, bekannt als eifriger Förderer and Freund
der Kunst. Seine Löwenberger Kapelle unter Kapellmeister Sei*
friz's Leitung erfreute sieh eines wohl begründeten Rufes und
zeichnete sich das berühmte Institut namentlich dadurch aus,
dass es stets die bedeutenderen Erscheinungen der Neuzeit zu
Gehör brachte. Jetzt, nach dem Tode des Fürsten, tritt allerdings
die frage betreffs Weiterbcstehens der Kapelle heran. Hoffen
wir, dass sic als Andenken an den kunstsinnige» Gründer er-
halten bleibe.
München Herr Musikdirertor Richter ist nach Luzeru zu
Wagner obgereist, wo or einige Tage verbleiben und dann nach
Paris gehen wird. Herr Richter ist von München mit der Versi-
cherung geschieden „dass er auch ohne München sein Glück
machen werde 44 . Bezüglich des Gerüchtes, dass der Solorepetitor
Eberlc, der ebenfalls durch Wagner placirt wurde, das „Rhein-
gold 44 dirigireu und an Richters Stelle Musikdirector würde, ist
mitzuthelien, dass mit dem letzten Wagnerianer an der hiesigen
Hofbühnc aufgerAuint wird, indem Herrn Eherle zum 1. Januar
gekündigt ist. — Die Kosten der Inscenirung der Waguer'schen
Oper „Hheingold“ sollen bereits 60,000 Thlr. betragen.
/j Wien. Der erste Hor-Opernlhealer- Kapellmeister Heinrich
Esser ist aus Reichenball, wo er den Sommer über aus Gesund-
heitsrücksichten verweilte, nach hier zurückgekehrt und hat,
wahrscheinlich aus Anlass der Entwickelung, welche die Dinge
im musikalischen Heirathe des K. K. Ifof-Operntheaters genommen
haben, gutem Vernehmen zufolge um seine Penslonirung uath-
gesuebt.
London. Das Worcester-Feslival ist in glänzendster Weise
verlaufen. Die ersten Künstler wirkten mit und das Programm
war ein Ausserst reiches. Von Oratorien kamen zur Aufführung
Mendelssohn'« „Elias 44 , Rossini s Messe aolenuelle und der hier
nie wegbleibende IIAndel'sche „Messias“, sowia eiu Theii aua „Ju-
das Maccnbius' 4 . Die grösseren Werke ausserdem bildeten Men-
delssohn'.*» Hymne, Walpurgisnacht, mehrere >ccuen aus der
„Zauherflöte“, HarneU’a, .aller Seemann 44 , Beethoven s Violmcon-
tert und fite Sinfonie.
— Das am fi. d statt gehabte Monstre-Iloncert ■ la Boston,
ausgefülirt von 8000 SAngern, einem Doppelorcheatrr uebst obli-
gaten Kauonendouiier, Glockengeläuts und Ambosschören war von
«alle an 40,000 Personen besucht uud vou solchem Erfolge be-
gleitet, dass bereit« eine Wiederholung desselben für den 22. d.
»»gekündigt ist.
Ruttrrdam. Die deutsche Oper hat ihre Vorstellungen mit
Weber s „Frelsehütz“ eröffnet
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308
Brüssel. In d» m Programm der Fr*llicbkeilcu. die anlA««-
lieh der Bdtfteehen UnahhAngigkeils • Erklärung Ende September
hier «InUQndrri. flgurift eine Krie rlenahymu*. deren Muatk von
dem Herzog Eroat von Coburg-Gotha romponirt ist. Der Herzog
verständigte das Ko*l-Cointle, daaa er in Perron der Aulfüluung
«einra Werke« beiwohnen werde.
Antwerpen Das Freigutes der letzten 14 Tage war die
Aufführung des Oratoriums „die Scheide“ von BenoiL Die Aus*
führenden, 400 Personen, brachten das Werk würdig zur Geltung.
Der Erfolg, den dasselbe davoolrug, war ein ungewöhnlicher.
Ostende. Jaell und Vieuxtemps haben im Verein hier und
in Blankenberghe couccrlirt und namentlich mit der Beethoven'-
schen Kreutzer-Sonate das Publikum enlbusiasmirt.
Rom. Am 2. d. starb hier Achille del Nero im 53. Lebens*
jahre; er war ein treOlieher Musiker und eifriger Streiter für
deutsche Musik.
Stockholm. Es hat sich hier ein Comite gebildet, welches
die Herstellung einer grossen Musikhalle beabsichtigt, die
2000 Personen fassen kann. Das Gebäude sn|| im Herbst nlch*
sten Jahres vollendet sein.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Soeben erschien im Verlage von Robert Seitz in
Leipzig
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für Pianoforte
mit Begleitung des Orchesters
compouirt von
Friedr. Gernsheim.
Op. 16.
Mit Orchester: Preis 4 Thlr. 20 Sgr. Kör Pianoforte allein: Preis
1 Thlr. 20 Ngr.
’.tiS'Bil&sij.j i5xb)jJW'M.wr>
Gedicht von Hermann Lingg
£ MAnnorclior u- Orolioator
componirt von
Friedr. Gernsheim.
Op. 17.
Partitur 1 Thlr 20 Ngr. Clavier-Auszug 25 Njir. Orchesterstim-
men 2 Thlr. 15 Ngr. Chorstiinincn a 5 Ngr.
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I die Verlagshandlung von A. II. Payne in Leipzig, welche 1
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[ band besorgt.
Erfurt, im September. Durch den kürzlich erfolgten Tod
des Königl. Musikdirectors Herrn Ketsch au ist die Stelle des
technischen Dirigenten des Erfurter Musik-Vereins vakant gewor-
den. Musiker, welche mit der Leitung eines Orchesters und
einer Gesangsschule vertraut sind, werden gut Ihun, diese Vakanz
nicht aus deu Augen zu lassen und etwaige Anfragen möglichst
bald an Herrn Buchhändler Hugo Neumauu iu Erfurt zu richten,
welcher Auskunft zu ertheileo bereit ist. Wer die Verhältnisse
Erfurts kennt, wird wissen, dass bei der rasch steigenden Eiu*
wohnerzahl die Existenz einen tüchtigen Musikers gesichert ist.
im Verlage von F K. t\ l.enckart. Buch- und .Musikalicu-
Handlung iu Breslau ist soeben erschienen und durch jede llueli-
handlung zu beziehen:
Aus dem Leben eines alten Organisten.
Nach den hinterlnssenen Papieren
Carl fiottlieb Frendenberg’«*.
bearbeitet von Dr. V. Viel. Mit Portrait und Kacsimilc.
15 Bogen Oclav. Elegant geheftet. Preis I Tblr,
Inhalt: Aus der Jugeudzeil. — - Studienzeit in Breslau und
Berlin. — Begründung der Existenz in Bieslau. — Reise nach
lullen, Aufenthalt in Wien, Bestieg bei Beethoven. — Auf der
Wanderschaft durch Steyermark und Italien. Rom Neapel.
Heimreise. — Wiedereröffnung der BerufsthAtigkeit io Breslau.
— Rrautigamsstand. — Berufung als Oher-Organist zu St. Maria
Magdalena. Installationen. Leiden und Freuden im Amte und in
der Ehe. — Musikalisches Leben in Breslau. — Leidei and Frea*
den eloes Organisten. - Fröndenberg io der Gesellschaft and
vor der Behörde, als Lehrer, Componist und Kritiker.
So eben erschien in unserem Verlage:
Drei Vogelstimmen
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Das Werk gehört zu den anmulhigsten Gaben dea Ln diesem
Genre unübertroffenen Componislen und erfreute sich hei der
Ausführung iu einer hiesigen Opernhaus* M/iluiee durch die Da-
men Lucca, Harricrs-Wippern und Grün eines durchgrei-
fend on Erfolges.
Ed. Bot«* «V Ci. Buck (E. Bock)
Kgl. Hofmusikhandlung
Berlin and Posen.
Bekannt m.uliunu
Kür die hiesige Privat-Musikkapelle wird ein
„Kapellmeister“
gesucht, welcher ausser den allgemeinen Eigenschaften eines
Orchester-Dirigenten insbesondere auch die Eigenschaft als Solo-
geiger besitzen muss.
Geeignete Bewerber werden anfgefordert, sich unter Einrei-
chung ihrer Zeugnisse bis zum 1. October d. J. hei uns zu melden.
Demjenigen, welchem wir hicrnkehsl die Leitung der gedach-
ten Kapelle übertragen, sichern wir eine jAhrlicho Subvention
von 300 bis 400 Thlr. zu
Die näheren Bedingungen werden von uns auT Erfordern
abschriftlich uiitgetheilt werden.
üunzlaii, den 9. September 1869.
Der Magistrat.
Voilag von Ed. Bote ft G. Bork fE.flock». Königl. Ilnfmusikhanlhmg in Berlin, Französische Sir, 33». und U. d. Linden No. 27.
r,f »oo r. SAwiii in I(*riib, dr/i l.iud»n No. 30
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XX11I. Jahrgang M 38.
Vm di«*tr Z»*a»R er«rhei«( vAcl»«alli«li
«in« Nuamtr
22. September 186#.
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Jährlich 3 Thlr.
in Berlin, Unter den Linden 27, erbeten, I Halbjährlich I Thlr. 25 Sgr.
ohne PrAmie.
Insertiouspruis für die Zeile 1} Sgr.
Inhalt. Ludwig ran H««Oi»r»n »I* bahnbrechender ll'iuu» auf dein l»abi*tr der Symphonie, II Arlikal: dir neunte Symphonie von C. R H Alb'rii (Fort«<-tiuog|.
— Berlin. Revue — Corrrepondenirn »ne Baden-Raden, Pari* und Prag. — Feuilleton ■ Au« i«ei»*ni Leben. IV. von II. Dora. — Joumat-Hevua. —
N »eh rieht en -- Im.ral»
Ludwig van Beethoven als bahnbrechender Genius auf dem Gebiete der Symphonie.
Zweiter Artikel : Die neunte Symphonie. Von C. E. H. Alberti.
(Fortsetzung.)
In welcher Form aber diese Aufgabe allein gelöst
werden dürfe. dnrOber konnte ein Beethoven nicht zweifel-
haft sein. Din Instrumental weit war seine Heimat; hier
war er der Herrscher, der nicht bloss Ober diese Truppen
io herrschen, sondern der ihnen auch als echter Feldherr
seine Seele einzuhauchen ver-land Aber es galt für ihn
ja Aufhebung der Gegensätze, die die Welt bewegen, Ver-
söhnung derselben. Verschmelzung derselben in einem hö-
heren. Auch in der Tonwell gab es ja einen unausgegli-
chenen Dualismus, das Reich des Instrumentalen und des
Vocalen. Wo gab es für einen Beethoven, der ja in der
Tonwelt die ganze imiere geistige Welt abgespiegell sah,
eine andere Versöhnung der in der Welt mit einander rin-
genden Gegensätze, als in der innigen Vermählung des in-
strumentalen und vocalen Elementes? Nur wenn jenes durch
dieses verklärt, nur wenn es aus seiner dunkeln Welt des
Geffihls und der Atmung hinaufgehohen ward in das reine
Licht des durch das Wort ausgesprochenen Gedankens, nur
wenn so der Mensch das, was in seinem Innern mehr ge-
atmet, als von ihm verstanden lebte, in diesem hohem rei-
nem Lichte verstehen lernt«, nur dann war des grosse
Räthsel gelöst. So erscheiat die organische Ver-
schmelzung des Instrumentalen und Vocalen zu-
nächst als ein« unerlässliche, selbstverständliche
Forderung.
Und die besondere Form, in welcher diese sich gei-
lend machen durfte? Unbewusst, man möchte sagen vor-
ahnend, hatte sich Beethoven schon einmal mit dieser Idee
getragen, -als er seine „Phantasie für das Pianoforte mit
Begleitung des ganzen Orchesters und Chor* in C-nudl.
Op. BO im Jahre 1808 schrieb, und insofern erscheint diese
nacli W. v. Lenz, den wir über das Verhaltniss derselben
zur Chorsymphonie in seinem Werke Th. 4, S. 188 ff. zu
vergleichen bitten, mit Recht als Vorläufer der Chorsym-
phonie, aber freilich auch nur als ein solcher. Keif ausgo-
trageii war diese Idee von ihm damals noch nicht; dafür
spricht auch, dass er in ihr noch das Pianoforte in dem
Eröffnungs-Adagio mit Cadenz als Solo-Instrument auftreten
lfiS't. Anders musste sich die Form für die Idee der an-
gestrebten Verschmelzung beider Tonreiche, als Symbolik
für die Aussöhnung der Gegensätze in der Weit
nunmehr in ihm gestalten. Und war die Symphonie bisher
für ihn diejenige Form gewesen, in der er den inner» Men-
schen. als einen Mikrokosmus mit allen seinen Leiden und
Freuden, mit all' seiuetn Streben und Ringen allein darzu-
stellen vermochte: war diese Kunstform, die vollendetste
und erhabenste in dem Reiche der lustrumentalwelt, dieje-
nige zugleich, in der er unablässig zu immer grösserer Frei-
heit und Vollkommenheit sich erhoben hatte: — was blieb
ihm du anders übrig, als die innige Verschmel-
zung dieser beiden gesonderten Welten in (sym-
phonischer Form?
Er löst diese Aufgabe in dem uns vorliegenden VVorke
mit voller Klarheit in vier Sätzen, welche zwei innig zu-
sammenhängende Hälften bilden. In den ersten dreien,
die den gleichen Sätzen früherer Symphonien zwar im We-
sentlichen ähnlich sind, dennoch aber in Vielem auch von
ihnen abweichen, behandelt er denselben Gegenstand, wie
in den frühem Werken dieser Art. Es ist der Mensch,
dessen iunere Gemütszustände er in Tönen abspiegelt.
Wenn aber manchen jener früheren Werke besondere Ver-
anlassungen zu Grunde Ingen, wir erinnern an die dritte^
fünfte, sechste und siebente Symphonie, und daher der mu-
sikalische Ausdruck hierdurch einen oft subjectiven Cha-
rakter |5le) oder eine besondere Färbung, sei es eine he-
roische (3te) oder eine idyllische (6te), erhielt, so hat er
es hier mit der Menschheit selbst zu thun. Sie erscheint
ihm hier als eine Totalität; der Charakter der Musik in
38
Di
diesen drei ersten Sätzen ist datier mehr ein allgemeiner;
der innere Organismus derselben ein bei weitem einfache-
rer als sonst, wenn gleich die Ausdehnung, die er den Sätzen
giebt, eine viel weitere. — Drei Sphären sind es nun vor-
nehmlich, in welchen das Leben der Menschheit verläuft,
die des thntkräftigen Wirkens, des lebensfrohen
Gcniessens und der Hingabe an das Gefühl, wie
roannichfach auch diese Lebensäusscnmgen nach Individua-
lität und Sinnesart sein mögen. In ihnen sucht die .Mensch-
heit von Anbeginn Befriedigung ihrer tiefsten oft unverstan-
denen Bedürfnisse. Sie sind es auch, welche die Symphonie
auf dem Stnndpunkte, zu dem Beethoven sie erhob, dar-
stellt. Auch in diesem letzten, dem grössten seiner sym-
phonischen Werke vermag er den ersten drei Sätzen ka-
uen andern Inhalt zu geben; aber einen besondem Charakter
erhalten sie durch die Idee, die er ihnen zum Grunde legt;
es ist keine andre, als die, dass auf diesem Wege
die wahre innere Befriedigung nicht gewonnen, dass
so die in der Well herrschenden Gegensätze nicht
aufgehoben, die Versöhnung vergebens erstrebt
wird. Darum führt er uns im ersten Satze in breitester
Ausführung und mannicbfachster Verarbeitung vor: das
energische, fast trotzige Wirken des ganz und nur auf sei-
ner Willenskraft selbstsüchtig ruhenden Menschen, das ihn
selbst aber, trotz alles dessen, was er sich davon versprach,
ewig unbefriedigt lassen muss, weil es unvermeidlich einen
steten Kampf mit den durch seine Selbstsucht hervorgeru-
fenen feindlichen Mächten zur Folge haT — Ganz entspre-
chend diesem ist das Bild, das der zweite Satz vor uns
aufrollt. Ist es möglich, das lebensvolle, kecke, selbst-
süchtige Gemessen wahrer darzustellen als es hier geschieht,
wo Alles im tollsten l'ebermuthe, in wildester, zügelloser
Lu«t unaufhaltsam dahinstürmt? Aber weil es eben die nur
auf sich gestellte Selbstsucht ist, weil ihr för ihr Gemessen
je<Jp höhere Beziehung, jeder höhere Zweck fehlt, weil sie
nur aus einer Lust ruhelos in eine neue sich stürzt, darum
trifft auch sie der Fluch der Nichtbefriedigung, d* r sie end-
lich kopfüber in den Abgrund sich stürzen lässt. — Und
der dritte Satz? Auf unnachahmlich schöne Weise malt er
tms den edleren Menschen, der in der gänzlichen Hingabe
an das Gefühl innere Befriedigung sucht für die schreien-
den Dissonanzen, mit denen die Welt sein Inneres verwun-
det. Aengstlich flieht er sie; er schliesst sich ab von ihr
und sucht in diesem gänzlichen Aufgehen in das Gefühls-
leben, das ihm die feindliche W r elt ja nicht rauben kann,
innere Versöhnung. So köstliche Momente es aber auch
in dieser innern Welt des Gefühls für den edleren Men-
schen geben mag, — wahrhaft zu beglücken vermögen auch
sie nicht. Denn dieses Schwelgen im Gefühl ist ein un-
kräftiges und thatenloses; die Welt versteht es nicht und
verhöhnt es, ja es wird stets eine neue Quelle von innern
Kämpfen und Schmerzen; die Welt steht ihm feindlich ent-
gegen. und nicht mit Unrecht, denn sie fühlt es gar wohl
heraus, auch diesem scheinbar noch so edlen Gefühlsleben
liegt die Selbstsucht zum Grunde. — Nur einen Aus-
weg giebt es aus diesem Labyrinthe; nur eine
Lösung dieses die Welt bewegenden Räthsels.
nur einen Quell, dem Freude, unzerstörbare, auch
in dieser Welt der Kämpfe und Thränen, entströmt, Freude,
die zugleich die Brücke vom Diesseits zuin Jenseits schlägt,
und die durch nichts uns zu raubende Bürgschaft desselben
uns giebt. Es ist d io die W eit umfassende, selbstlose
Liebe; sie, die alle Menschen zu unsem Brüdern macht,
weil sie im Lichte dieser Liebe alle Kinder eines Vaters
sind. Diese Liebe, die sonach auch auf einem
Credo ruht, ist die Quelle der Freude, weil sie,
von aller Selbstsucht geläutert, eine thatkriiftige
allumfassende ist.
Diese Liebe, als das Weltversöhnende, hat
Beethoven in seiner Chorsymphonie verherrli-
chen wollen. Unter der Arbeit an der Missa soleinuis
gestaltete sich ihm der Plan zu derselben unmittelbar wie
eine höltere Eingebung, aber klar und vollständig. Es war
die Minerva, die dem Haupte Jupiters entsprang. Darum
sehen wir ihn in den drei ersten Sätzen in einer mächtiger, als
je geübten Herrschaft Über die Instrumental* eit, in einer
Ausführung, die an Mannichfaitigkeit und Ausdehnung alle
frühem Syinphoniosätzc weit hinter sich surücklässl. Alles
erschöpfen, was er in jedem dieser Sätze für seinen Zweck
brauchte. Dieser Zweck aber, den er von vornherein fest
und bestimmt im Auge hat, ist kein andrer, als zu zeigen,
dass weder selbstsüchtiges, wenn aucti noch so energisches
Wirken, weder ruheloses, an dem Vergänglichen haftendes
Geniessen, noch unkräftiges Gefühlsschwelgen die unzer-
störbare Freude hier schon auf Erden zu sdiaffen vermöge,
die allein dem edleren Menschen wahre Befriedigung, echte
Versöhnung mit allen Widersprüchen des Lebens verleiht. —
Mit einem Gewaltschrei, dem dissouirendeu Accorde zu An-
fänge des vierten Satzes, beginnt er dieseu. Das in die
Bässe gelegte noch wortlose Becitativ ist höchst genial hier
eben so sehr schon die Brücke zu dein durch das Frühere
vorbereiteten I linzul reten des Gesanges, wie es in seiner
mehrfachen Wiederkehr gewissermaasen ein. wenn auch
noch wortloses, doch nicht zu überhörendes Gericht ist.
das über die Unzulänglichkeit des Bisherigen ergeht. Dann
führt er noch einmal, wenn auch nur vorfiberschwebenden
flüchtigen Schatten gleich, die Geister der frühem Sätze, in
ihren Themen angedeutet. vor; jedesmal bannt sie zürnend
das Recitativ hinweg. Da steigen aus der Tiefe geheirn-
lmsroll die Bässe mit einem einfachen Liede unisono em-
por; es erhebt sich zu immer höheren Tonstufen, immer
mächtiger harmonisch anschwellend und Alles in seinen
Strom fortreissend. Noch fehlt dem Liede das Wort.
Aber jedes Herz fühlt es im Voraus, hier sei die Brücke
zur unzerstörbaren Freude geschlagen. Und als der Bass
nun endlich freudenvollere Töne als die bisherigen
anzustimmen auflordert, da fühlen Alle die Centneriast von
ihrem Herzen fallen, das Räthsel ist gelöst. „Freude, Freude 11 ,
das ist der Ruf. in dem der Chor das Sehnen seiner Brust
ausspricht und worauf nun erst der Componist seinem ein-
fachen V’olksgesange den Freudenhymnus Schiller’« unter-
legt, der darum gerade einem Beethoven hier allein das
rechte Wort für das, was er in Tönen nuszusprechen halte,
war, weil er nur eine dithyrambische Verherrlichung der
aus der Bruder- und allgemeinen Menschenliebe gebornen
Freude ist, der darum göttlichen, über alle Schmerzen be-
ruhigenden mit allen Dissonanzen des Lebens aussöhnenden,
der Freude, die den Menschen zu Gott erhebt, mit ihm
eins werden lässt. — So erscheint uns die neunte Sym-
phonie, was ihre Entstehung, die ihr zu Grunde liegende
Idee, die Wichtigkeit der letzteren für das innere Leben
Beethoven*« und den Organismus derselben im Allgemeinen
anlangt.
Sie ist für uns nicht, wie W. v. Lenz sie Bd. 5.
S. 178 bezeichnet „eine Name über das Thema, dass es
der Freuden so wenig, des Kummer» so viel giebt 4 '. Eben
so wenig können wir der Ansicht von A. B. Marx, Bd. 2,
S. 267, beitreten, welcher in ihr „aus dem Element des
Schalles eine Welt beseelter, handelnder Wesen hervorge-
heu lässt, welche das ewige Kampf- und Klagelied sin-
gen, das Leben heisst und den einzigen Trost |?!| finden,
sich unter einander zu lieben. Für uns ist auch nicht, wie
Marx 1. 1. S. 276 will, „erst unter endloser Klage ewiger
Unbefriedigung durch das Reich der Instrumental*
weit“, während des ersten Satzes der Meister zu dem Be-
wusstsein gekommen, dass der Mensch dem Menschen das
Nächste, die Menschenstimme die trauteste, gefühlteste ver-
ständlichste 44 . womit für ihn, wie Marx meint, hier am
311
Kode des ersten S«lies „der Scheidepunkr gegeben sei.
Nach dieser Ansicht wüssten wir in Wahrheit es uns in
keiner Weise zu erklären, wie Beethoven noch zwei Sätze
von solcher Ausdehnung, wie der zweite und dritte in dem
jedenfalls doch fortdmiornden Gefühle der Unbefriedigung
habe schreiben können, wie er nicht vielmehr sofort das
vocflle Element heraufbeschworeu, um sich von jener Unbe-
friedigung zu befreien. Ueberhaupt erscheint uus diese Idee
selbst bei einem Beethoven ganz ungerechtfertigt, bei ihm,
dessen lleimath ganz eigentlich diese (ustrumentnlwelt war
und der nicht bloss das Grösste auf diesem Gebiete gelei-
stet, sondern niemals durch seine Sonaten, Quartette und
Symphonien zu erkennen gegeben, dass diese seine Welt,
die instrumentale, ihn musikalisch nicht befriedige, wäh-
rend sein inneres l’nbefricdigUein ja in seinem harten Schick-
sale, in seiner Stellung zur Welt seinen Grund hatte uud
er gerade für diese Stimmung iiuiercr Unbefriedigtbeit stets
in der Welt der von ihm erst wahrhaft beseelten Instru-
mente Trost suchte und fand. tSchluss folgt.)
Iterlin.
li e p u it,
(König!. Opernhaus.) Das bemerk '‘«»wertheste Ereignis»
d«*r verflossenen Woche wer am 18. das VVi**deiauflre(en der
Frau Luc ca als Zerline in „Don Juan“, selbstverständlich bei
ausverkniiftem Hause lind den glänzendsten Zeichen der Aner-
kennung. Die Künstlerin wird, nachdem sie aut ihren Wunsch
des Petersburger Gastspiel - Cnntracts enthoben worden, deu
ganzen Winter in Berlin bleiben und wie es heisst, auch zwei
neue Parlhieen — zunächst die Angela im „Srhwanen Domina**
— vorfQhren. — Dagegen unterblieb das schon angezeigfe
Erscheinen der Frau Hnrricrs- Wippern (welche sich be-
kanntlich zur Hehabililirung ihrer angegriffenen Stimme längere
Zeit im SOden nuthieltl abermals wegen Indisposition. Die
übrigen Vorstellungen der Woche waren: am 13. „Sommer-
nachlstraum" mit Mendelssohn’* Musik; am 14. „Prophet" mit
Herrn Niemann; am Ui „Maurer"; am 19. „Joseph" mit
Herrn Nie mann.
Im Friedrich-Wilhelmslädli-scheu Theater erschien neu ein-
studirt: Offenbares „Seufzerbröcke" mit dem besten Erfolge.
Die erste Darstellung der Operette hatte noch unter dem im-
mensen Eindrücke des „Orpheus" zu leiden, dessen Originalität
des Genres und freppirendv Frische der musikalischen Illustra-
tion allerdings nicht zu Obertreffen waren. Jetzt nachdem Jahre
vergangen sind, in deuen der fruchtbare und auch allrr Or-
ten beliebte Componiat sich »einen festen Pfalz in der Ge-
schichte der Musik wie des Theaters errungen; jetzt, wo seine
Wirksamkeit eine lleberskht gestattet, ist man gerechter ge-
worden gegen diejenigen seiner Werke, welche zwischen seinen
epochemachenden Operetten entstanden Zu diesen gehört auch
„Oie Senfzerbröcke", jedenfalls eine treffliche Travestie der
Schauer* Romantik Venedig’* und musikalisch mit vielen wirk-
samen Nummern niisgestattet. Dazu kommt, dass die jetzige
Darstellung Ober bei wertem lOrhtigrre Kräfte zu verlogen hat,
als die frühere uud an ist der heut’ um so grössere Erfolg
durchaus mntivirt. Fräulein Koch (welche als Benefiziantin
mit Blomenspenden geehrt wurde) gehört jedenfalls zu den
«timmbegableslen Operetten - Sängerinnen; ihr wohllautender
und technisch volubiter Gesang wie ihn* amnuthige Persönlich-
keit sichern ihr stets di« Gunst des Publikums; sie machte
auch als Catharina den besten Eindruck. Ebenso lobenswert!)
waren die Herren Neumann, Adolfi, Mathias, Schulz,
Lu tt mann, Lessiusky so wie die Damen Ren um und v.
Kigenn. Die Operette darf in so drasl scher Wiedergabe,
unterstützt von hübscher, scenisclier Ausstattung, jedenfalls auf
eine Reih« von Wiederholungen rechnen.
Im Victoria - Thealer hat die Tragödie „Struensee" von
Michael Beer mit Her Meyer beer sehen Musik (bisher tum Mo-
nopol der Königl. Bühn« gehörig und jetzt durch das neue
Geaetz demselben entzogen) grossen Beifall gefunden, namentlich
durch die treffliche Leistung des gaslirenden Herrn Hendrichs
in der Titel rollt*. Der musikalische Thell wurde uoter Leitung
des Herrn Conradi in bester Weise nusgeführt d. R.
€ o r r e n p o n <1 o vi z e n.
Baden-Baden, 14. September 18Ö9.
Thomas’ Oper „Mignon“ ist nun zweimal hier gegeben
worden, und hat Fräulein Nilsson in der Titelrolle grosse
Triumphe gefeiert. Oie Oper selbst bietet wenig Interessantes,
sehr oft sogar Triviales und ich hin überzeugt, das«, wenn die
Parthie der Mignon nicht von einer Künstlerin ersten Ranges
gesungen wird, das W’erk nie einen Erfolg haben kann. — Die
öle klassische Matinee des Kurorchesters am 3. d. bot nur In-
teresse durch die Leistungen des Orchesters, welches Beetho-
vens C-moll-Sinfonie, Tauberfs „Liebeslied" und die F-dur-
Toccata von S. Bach, (Bearbeitung für Orchester von Esser)
trefflich execulirte. Herr Reuchsel, Violoncellist, spielte dio
zwei ersten Sätze des dritten Concertes von Gnllermanii und
erwies sich ats solider, tüchtig gebildeter Künstler. Die ande-
ren Solisten — der Violinist Sausay und die Pianistin Fräu-
lein Paloc - boten nur Untergeordnete». — In der 7ten Ma-
tinee Hessen sich der Pianist Herr Lavignar und der Vio-
linist Sa rasa le hören. Ersterer spielte das Mendelssohn’scho
H-moll-Capriccio und im Vereine mit Herrn Sarasate die Va-
riationen aus der Kreutzer-Sonate von Beethoven. Die Tech-
nik des Herrn Lavignac ist eine vorzüglich entwickelte, dabei
verbinde! der Künstler Geschmack mit Empfindung. Herr Sa-
ra.sflle trug ein Violinrnnccrt von Saint Saöns vor und erwies
sich als Virtuos« von hedeulendem Talent, sowohl was die
technische Seit«, wie geistiges Erfassen der Composilion an-
langt. Seine Leistungen wurden mit vielem Beifall aufgeoum-
men Das Orchester eröffnet© die Matinee mit Mendelssohn’»
schottischer Sinfonie A-mo)l und spielte ausserdem noch di«
Spontinfrche Olympia-Ouvertüre, das Liebesliedchen von Tau-
ber! und das Vorspiel aus „König Manfred" von Reinecke. —
Einen vorzüglichen Genuss bot die Aufführung der DavidVhen
Sinfonie-Ode „die Wüste", die ain 11. zu Gehör gebracht
wurde. Der berühmte Componiat war von Paris ein getroffen,
um die Schluss-Proben und die Aufführung selbst zu leiten.
Die Soluparthien waren von den Herren Fa uro und Gene-
vois und der Madame Mn n belli besetzt. Ihre Majestät die
Königin von Preussen sowie eine Anzahl hoher Gäste beehr-
ten das Concert mit ihrer Gegenwart. Die Versammlung war
eine äusserst glänzende. Die Ausführung lies«, wie im Vor-
aus zu erwarten, nichts zu wünschen übrig und war eine bis
ln die kleinsten Details vollendete. Das Werk ist zu bekannt,
als, dass ich noch eine Analyse desselben zu geben brauchte,
es erfuhr eine «ehr ehrenvoll« Aufnahme, und wurde der Com-
poniat wiederholt stürmisch gerufen. — Schliesslich lasse ich
noch eine Uebersicht der zu erwartenden Genüsse folgen. —
Am 15. beginnt die italienische Oper ihre Vorstellungen mit
Bellini’s „Sonnainbula“, hierauf folgen am 21. „Trnvatore",
25. „Ballo in Moschera", 29. „Traviala". Am lö. ist Con-
cert des Violoncellisten Reuchsel, am 17. und 24. sind zwei
classizche Matineen des Kurorchesters. Am 24. endlich giebt
Adelina Patti ebenfalls noch ein Concert im Verein mit den
Herren Delle-Sedie, ßotlesini und Matlei. —1.
38 *
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312
Paria, 18- Sepieniber 1869.
Die neue komische Oprr „La pelile Fadette", im Laufe
dieser Woche in der Opera comique aufgefülirl, verdankt ihren
Erfolg der Beliebtheit des gleichnamigen Roman» der George
Sand, woraus Herr Michel Carrä den Opern text bildete. An
die Stelle der feinen Detail* und Charakteneiclmung, die da»
Wesen des Romane» bilden, mussten für den Operoiuschaitt
tbeilw eise untergeordnetere Situationen ausgewühll werden, diesteJ-
lenwetsc komi»chen Zwecken entsprechen, deshalb ein minder be-
deutsames künstlerische» Gesaiumtbild gewähren. Die Musik
des Herrn Seroet ist geschickt und gewandt in der Form, ent-
behrt auch nicht der belebenden Triebkraft der Originalität,
doch bekundet sie im Ganzen ein mehr uachahmeodrs als schaffendes
Talent. Einen entschiedeneren Erfolg erwartet die Oper« co-
mique von Auber's neuestem Werke „Räve d’amour", zu wel-
cher in Vorbereitung befindlichen Aufführung die Rollen au
die Herren Capoul, Gnilhard und Saiot-Foy und die
Damen Priolal, üirard und Reine definitiv verlheilt wur-
den. — Heute eröffnet das Athäoee-Theater mit der Oper
„Crispino e la Comare“ unter dem Titel „Docteur Crispin" der
Brüder Ricci. — Im Theätre lyrique fanden neben dem un-
vermeidlichen „Rieozi" Wagm-r’s in dieser Woche mehrere
Aufführungen von Felicien David’» „Wüste" stall. Man wollte
den Hörern nicht zumuthen, an der Eintönigkeit Gefallen zu
finden, desslialb war man bedacht, Chor und Orchester auf
180 Mann zu verstärken, ohne gerade die musikalische Kraft des
Werkes wesentlich verstärkt zu haben. — Di« Aufführung der neuen
Oper von Jonci&res „Le dünner juur de Pompöii" wurde wegen
noch mangelhafter Studien der darin vorwiegend beschädigten
Maschinerien auf nächste Woche verschoben. Was doch die
Maschinerien in den modernen Opern für eine wichtige Rolle
spielen. Wagner’» „Hheingold" kann »ich ebenfalls bei den
Maschinen bedankeu, dass es vorläufig mm ganz zu dem Ele-
mente geworden, io welchem cs spielt, nämlich zu Wasser.
Würden gewisse Componisten lieber weniger Wasser für ihre
Opern machen und dafür mehr Musik, würden sie reines Gold, wie
es sich noch in Mozarl’scheu Werken findet, dem reinen Blech
der neuesten Instrumentation verziehen, und nicht dem mensch-
lichen Ohre mehr zumulhen, als es natürlicher Weise ertra-
gen kann, — daun gäbe es in der Welt manchen Scandal we-
niger. — Das sind die Folgen, wenu inan zu viele — Maschi-
nen m Bewegung setzt, dass sie endlich ganz steck*u bleiben.
— Unter den 43 Componisten, welche sich au der Preisaus-
schreibung der Oper« mit der musikalischen Bearbeitung das
vorgelegten Textes „La Coupe du roi de Thule" betheiligten,
befindet »ich anch eine Dame. Wir sind begierig, ob die er-
wählten Preisrichter, an deren Spitze sich der galante Auber
befindet, hinlänglich galant sein werden, der Dame den Preis
zuzuerkennen. Nachdem unsere neuesten männlichen Compo-
nislen so barbarische Opern schreiben, ist es nur eine na-
türliche Reaclion und eine barmherzige Fügung des Himmels,
dass »ich das zarle Geschlecht endlich erbarmt und der zum
Janilscharenthum ausgeartelen Musik wieder lyrischere Wir-
kungen abzugewinnen sucht. — Wie die Zahl der Kammermusik-
Concerte durch ein neues Unternehmen des Pianisten und Com-
ponisten Bonewitz, welcher eben von einer sehr erfolgreichen
Concerlreise nach der Pfalz hierher zurückkehrte, lür uächste
Saison vermehrt werden soll, eben so werden sich auch die
Orchester-Concerto vervielfältigen, indem der Composileur Li-
tolff als Dirigent eines neugebitdelen Unternehmens erschei-
nen wird, das sich zum Hauptzweck setzt, die Werke leben-
der Componisten mit, alle Slylgattungen umfassender, Liberali-
tät vorzuführen. A. v. Cx.
Prag, 17. September 1869.
Zu Ende vorigen Monates eröffnet« Freu Will vom Wie-
ner Hofoperntheater ihr Gastspiel mit „Norm»“ und hatten wir
Gelegenheit, io dieser Sängerin eine Überraschende Schönheit
des Tones, gepaart mrt vollkommener Klarheit der Phrasirung
sowohl im einfachen als colorirlen Gesänge, zu bewuodern.
Frau Wilt trat noch in den „Hugenotten" (Valentine), „Heroani"
(Elvira) und in dem „Propheten" (Bertha) «ul. Der ihr ge-
spendete Beifall war eiu wohlverdienter und sehr bedeutender. —
Herr Krön aus Riga — beim hiesigen Publikum von seiner frü-
heren Wirksamkeit ais Bassbuffo in ehrenvollem Andenken
siebend — veranstaltete eine Matinee, die ein recht vielseitiges
Programm darbot. Herr Kr£u trug folgende Piecen vor:
„Der todte Soldat" von Michaeli«, „Der Soldat" von llofka-
pellmeister Jahn, „Die drei Reiche der Natur" von Heotschel
und die Registorarie des „Leporello". Fräulein von Dill n er
sang: „TausendscliÖn" von Eckert und „Die Post" von Schu-
bert. Herr Hartinan n brachte Beethoven’s „Adelaide" und
unser trefflicher Kapellmeister Herr Rappol di gab Ȋmmtliche
drei Sätze eines grossen Spohr’echen Violinconcertes zum Besten
und so gestaltete sich das ganze Arrangement zu einem —
sowohl den Concertgeber als das Publikum — befriedigendem.
— Niehl so günstig verlier die von einigen Rechen * u Ehren
der Hussfeier veranstaltet« Aufführung des Oratoriums „Jo-
hannes Huss" von Or. Löwe. — Auf unsere Oper zurückkom-
tuend, habe ich noch mitzutheilen, dass wir uuo auch die so-
genannte Pariser Stimmung haben, doch scheint »ich unser
Opernpersonal nur schwer an diese neue Einrichtung zu ge-
wöhnen. — Gegenwärtig gnslirt hier die Wiener Hofopern-
säugerin Fräulein Ehnn, die am 13. d. M. als Margaretha in
Gounod’s „Faust" zum ersteuroale aultrat und von dem zahl-
reich besuchten Hause init grossem Beifalle ausgezeichnet wurde.
Ihre zweite Gastvorstellung mit der Titelrolle in der „Jüdin"
war eine nicht minder glanzvolle und fährt die junge Sängerin
in ihrer Cacriere so fort wie sie begonnen, so darf sie frohen
Muthes einer Gold- uod Eh renspend enden Zukunft entgegen-
sehen, wozu wir ihr unser herzliches „Glück auf" zurufen.
ür. B-r.
I' , n I I 1 « t o n.
Aas meinem Leben.
(Eine musikalische Reise und zwei neue Opern.)
4.
Und nun nach Paris, wo ich nach 7jAbrigcr Abwesenheit
wieder in'» hotel de Bade auf dem boulevard des Italiens eiu*
rückte. Der gastliche Hof hatte sieh inzwischen — während der
sieben offenbar feiten Jahre — so vergrfls&ert, dass ich erst nach
einigen Tagen von der Milhauagtmossenscbaft des Professors
Gropius und des Oberinspectors Daubner Kuude erhielt. Regis-
seur Hein, welcher gleichfalls von Berlin herübergekommen war
um sich das scenische Arrangement der Afrikanerin anzusebn,
wohnte ganz in der NAbe; und so bildeten damals diese vier
genannten Spree Athener eine compakte Masse, welche allabend-
lich ihre Theaterexcursionen gemeinschaflich ausführten, noch
verstärkt durch Operadirector Salvi aus Wien und den Schau-
spieler v. Stranz aus Dresden, der seineu Chef Herrn von Kön-
neritz als Adjutant begleitet hatte. Durch die Güte des Musikver-
legere Brandus erhielte» wir jederzeit den Bedarf an Eintrittskarten
und brauchten uns weiter um nichts zu kümmern — eine vor-
treffliche Einrichtung, für welche ich nachträglich dem liebens-
würdigen Manne besten Dank sage.
Es tat 7 Uhr 15 Minuten und Heini tritt an s Dirigentenpult
oogle
313
der grossen Oper ( tkddirt impdriti dt Fopdrai. Sein Taklslock bat
mindestens die LAnge eines Violinbogens — lAndlich sittlich —
es siebt nicht hübsch aus, aber es hört sich Alles eben so gut
an als wenn er um die HAlfte kürier gewesen wAre. Am Vor-
mittag hatte ich den Clavierauszug der Afrikanern durcbgeblAtlert
mich über Siget und Text ins Klare zu setzen, und die Musik
desto ungestörter auf mich einwirken zu laaaeu. Man muss vor-
weg in dieser Oper von aJler historischen Wahrheit abstrahireu
und den Namen des Heiden sammt seinen elbuo-geograpbischen
Reflectionen als überflüssig bei Seile schieben. Ein Vasco de Garns
und dessen Richter, die von ihrem Zeitgenossen Christoph Co-
lurnbus fortwährend so sprechen als w&re dieser ein Held, wel-
cher einige Jahrhunderte vor ihnen gelebt — das ist denn doch
selbst für Scribe zu stark; aber warum lernen wir auch in der
Schule so viel Geschichte! Darüber also sehe man hinweg, so
bleibt immer noch eine lyrische Tragödie, die allen tbeatraliacben
ki Arten: Darstellern, SAngern, Regisseur, Maler, Maschinist und
Orchester vollauf Gelegenheit giebt, sieb in einer das Publikum
auspreebendeu Waise geltend zu machen- Der Held des Stückes
ist zwar ein schwankes Rohr; aber sein Abspringen von Inex zu
Selika, von Solikn zu Inez, und wieder hin und zurück zwischen
Liebe und Dankbarkeit, ist mir doch natürlicher vorgekommen
als die Handlungsweise Tarmhiuscrs, der die Holle Venus, die
Jungfrau Maria und die Fürstin Elisabeth in einer unmotivirten
und viel krasseren Weise durcheinander roeiirt; wessbalb auch
Wagner mit Recht in seiner über die eigne Oper veröffentlichten
Denkschrift behauptete, dass eine charaktervolle Darstellung des
Ritters TaunhAuser die grösste und schwierigste Aufgabe wäre,
welche bis dahin einem Sänger gestellt worden. — Die Afrika*
oerln ist jetzt schon zu bekaunl, als dass ich mich einer Analyse
des Textes zu unterziehen brauchte: nur den vortrefflich gezeich-
neten Charakter der Selika möchte ich hervorheben, uud im All-
gemeinen noch bemerken, dass jede Lekdenschart der Seele und
jede Richtung des Gefühls in dieser Oper glanzend vertreten ist,
und dass der Compound also auf das allereigenste Gebiet der
Tonkunst angewiesen war. Der Schiffbruch im dien Akt ist über-
flüssig, ebenso überflüssig als der Schlittschuhlauf und der Son-
nenaufgang im Propheten; aber ist desshalb der Prophet kein
meisterlicher Operntext? Weun Lohengrins Schwan nicht auf
einem Jahrhuuderle später erst cutdeckten Seewege von Indien
nach Holland in die Schelde eiuzöge, hinter sich her eine Was-
aerd roschke, auf welcher stehend der Ritter die kleine Tour um
Afrika herum verübt hat, wenn dieser Schwan nicht wirklich er-
schiene, so Hesse der ganze erste Akt des Lohengrin (von der
Musik ist hier nicht die Redei seine Flügel hAngen. Und wenn
der Maschinist im „Kheingold“ die Flussdckorationen nicht nach
der ausschweifenden Idee des Componisten Herstellen kann, so
ist die Oper für die Bühne unmöglich Wenn aber im Propheten
die Eisbahn und das elektrische Licht aus dem Rteu Akt heraus-
gestrichen würden, so bliebe noch immer ein ergreifendes See-
uarluni. Läppische Aceessorien mit der Hauptsache anialgamiren,
heisst noch nicht ein künstlerisch Ganzes bilden; das wohlge-
gliederte Ganze dagegen mit Lappalien zu verbrAmen, kann dem
gesunden Organismus keinen Schaden zufügen.
Die Psriser Aufführungen (ich habe deren zwei angehört —
angesehn nur die erste, denn das zweitemal saus ich mit dem
Clavierauszug im Hintergrund einer Prosceniunis Loge) waren
ganz vortrefflich; die Kapelle überraschte mich weniger — auch
stand ich noch unter dem Eindruck der virtuosen Leistung des
Münchener Orchesters, welches im Tristan ungleich grössere
Schwierigkeiten zu überwinden hatte als das Pariser in der Afri-
kaneriu Wunderschön sahen die vier nebeneinander postirten
Harfen aus, obwohl ich sie für einen iandindieaugenstreuendeo
Luxusartikel erklären muss. Forte uud Piano wurden von allen
Instrumenten sehr sauber scbatlirt, ohne übertriebene Nüancen
— wie dergleichen MAtzohen von allen untergeordneten Dirigen-
ten vorgesucht werden um sich bei dem prtftmm e* lg+t der
Hörer geltend zu machen; denn die Ausführung dynamischer
Grade Ui nicht nur die allerleichteste Aufgabe, sondern zugleich
auch das blendendste Mittel die fehlenden höheren Eigenschaften
eines Kapellmeisters zu verdecken. Heini, wie gesagt, bedurfte
dessen nicht; sein Aug‘ und Ohr waren überall, um nöthlgenfalls
zu orientiren oder zu rectiQziren — dies bleibt die Hauptsache 1
Das Ensemble liees nichts zu wüuacheo übrig, und die Selika
Saxe «jetzt Sass) die liicz Baitu, Vasko Naudin und Nelusko Fauru
sangen und spielten meisterhaft. Im scenischen Arrrangement
haben wohl alle deutschen Rohnen genau die Pariser mite e» tc&nt
befolgt, und sind nur durch mehr oder minder gelungenen Schiff-
bruch von eiuander abgewicben; was unser Berliner Schiffezim-
merinann nicht wie der DarmatAdter und Leipziger erreichen
konnte, das hat der Regisseur durch die grossartige Grupp iruug
des malerischen Schlusstableau's hunderlfAltig ersetzt. Die Musik
anlangeud, in so fern sie das Sceniscjie beeinflusst, so hatten wir
hier in Berlin zwei Abweichungen vom Original, die ich beide
nicht gut geheissen habe, leider aber uicbt hintertreibeu konnte.
Die Eine im 3ten Akt: Nelusko schlAft auf dem Verdeck, und
sein träges Erwachen und demnächst Erspähen der Situation etc.
ist von Meyerbeer zu einer musikalischen Malerei benutzt worden:
diese geht hier spurlos verloren und das Instrumentalspiel ver-
längert nur unnölbig die Scene, weil Nelusko — sobald sich die
Schiffsmannschaft nach dem Gebet auf ihre Posten begeben bat —
ohne weiteres und ohne vorher sichtbar gewesen zu sein, an
den Hauptmast tritt und nun abwartet bis die jetzt gauz unpas-
sende Musik vorüber ist Die Andre ira -Heu Akt: Wenn in dem
grossen Festzuge die Steigerung daa /ortitiümo erreicht uud gleich-
zeitig die banda auT der Bühne zu der Tanz- und Marschmusik
im Orchester hiuzutrilt, dann (und nicht einen Moment früher)
erscheint Selika, und alles Volk wirft sich auf die Erde. Diese
übrigens ganz selbstverständliche Ausführung ist (ebenso wie die
frühere) in der Partitur genau vorgeschrieben; ich habe sie aber
trotz mehrfacher Beclamation nicht erlangen können, wahrschein-
lich weil damals die einheitliche Leitung der musikalischen An-
gelegenheiten noch nicht begründet war. Jetzt wäre das anders!
Am Tage nach der zweiteu Vorstellung halte ich im Lokal
von Brandus eine Zusammenkunft mit Heini, der mir — eit d eit
der Originalpartitur — sehr interessante Aufschlüsse über das Werk
mittheilte. Man vergesse doch nicht dass Meyerbecr dasselbe
unvollendet oder vielmehr ungesiebtet hinUrlassrn hat; dass Fttis
uud Heini aus den vielfachen Varianten (z. B. Vier verschiedene
Lesarten für zwei Takte) diejenige herauszusucheo hatten, welche
ihneu am meyerbeermAesigsten klang; dass sie über Wiederho-
lungen uud Kürzungen, welche der Verstorbene oft noch wAhrend
der letzten Tbeaterprobe anordnete, in diesem Fall selbatstAndig
schon vor der ersten etwas bestimmtes dispooiren mussten, u. s. w.
— Heini versicherte mich dass die Dechiffrirung der Partitur des
dritten Akts mehr Zeit und Mübe gekostet habe als die der vier
andern Akte zusammengepommen; namentlich iat das Duett zwi-
schen Vasco uud Don Pedro immer wieder von neuem geformt
und umgeformt worden, ohne noch jetzt genügen zu können. Als
ich auf meiner Rückreise den alten Fetis in Brüssel besuchte um
sein Gutachten Ober die von nur für Deutschland intenlionirten
Coupären zu vernehmen, bestAtigte er dass die Aufstellung dieses
Meyerbeer sehen Torso eine Riesenarbeit gew esen sei, was leb
nach Kenntnissnabme der Original Partitur sehr gern glauben will.
Auf den Wunsch des Directora Salvi einigten wir beide uns.
nach der zweiten Vorstellung, in fast dreistündiger Conferenz
314
Ober die gleichmässig für Berlin und Wien anzunehroeiidcn Kür-
zungen der Oper. Bei dieser Gelegenheit lernte ich den musi-
kalisch gebildeten und intelligenten Mann nAher kennen, der
wohl ein besser Loos verdient hätte als ihm zu Theil geworden.
Schon damals machte in den Wiener Blättern ein Vorwurf gegen
ihn die Runde, welchen ich jetzt ebenso wenig verstehe wie
früher „man vermisse in seiner Rcpertoir-Auordnung den reihen
Faden, die Tendenz der Leitung sei nicht erkennbar, cs herrsche
kein Plau in der Folge der Opernvorstellungen“. Lauter Unsinn,
Ästhetisches Geschwätz überspannter Kritiker, die nichts von der
Praxis verstehn. Salvi hat es gemacht wie jeder gute Theater-
lenker es machen muss und nicht anders machen kann: er sorgte
für möglichst bunte Abwechslung. Arinida, Rarbicr. Hon Juan,
Fidelio, Hugenotten, Joseph, l.ohcngrin, Margarethe, Postillon,
Troubadour (Gluck, Rossini. Mozart, Beethoven, Meyerbear, Mehul,
Wagner, Gounod, Adam, Verdi» dazwischen vier Ballets. Nicht
wahr? das ist für 14 Tage ein Repertoir, womit alle Thelle Zu-
frieden sein können, und iioeh dazu alphabetisch geordnet, (A.
B. D. F. H. J. L. M. P. T. | ach wie hübsch! Aber nun wird die
dramatische Sängerin heiser: Armidc, Don Juan, Fidelio, Huge-
notten und Lobengrin fallen also fort, und dafür treten ein: Mau-
rer, Czaar und Zimniermann, Fra Diavolo, Johann von Paria und
Wasserträger. Jetzt ist die ganze Geschichte über den Haufen
geworfen und der Direktor zufrieden wenn er in 14 Tagen statt
7 grosser und 3 kleiner Opern Acht kleine und Zwei grössere
(Margarethe und Troubadour) geben kann. Oder eine Soubrette
hat sich dienstunfähig gemeldet; zum Glück besitzen aber die
Primadonna und der llcldcntenor Riesenkräfte und verarbeiten
statt der angesetzten fönT grossen Opern netto Acht Stück dito.
Wo bleibt nun wieder die Abwechslung und die Geschmacksrich-
tung rscfaijpe Geschmackshildung? Das ist noch nicht genug;
denn nun kommen von oben herab berechtigte und zu berück-
sichtigende Wünsche, oder von unten herauf Eigensinn und Pri-
vatverhältniMtf, die deu mühsam berechneten künstlichen Bau im
Augenblick zerstören. Diese .Schönrednerei über die wöchentlichen
Programme des Theaters ist das mOssigste Raisonnement, welches
gewisse Kritiker loslassen können; die möglichst bunte Abwechs-
lung des Reperloir's liegt im Interesse aller dabei Betheiligten,
lind Salvi war ein viel zu gescheuter Mann als dass er andere
Wege ein geschlagen hätte. Aber gegen Gontrakthruch, Krankhei-
ten oder Todesfälle der Mitglieder kann sich kein Direktor schüt-
zen und mH der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.
Wer an der Spitze eines Kunstiustitules steht, sündigt nur dann
gegen das Publikum, gegen Kunst und Künstler, und gegen sich
selbst — wenn er seine Privatneiguugcu maassgebend werden
lässt, gleichviel ob sich dies in der Bevorzugung einzelner Mit-
glieder seiner Anstalt oder einzelner Autoren i natürlich also auch
In der stiefväterlichen Behandlung anderer) dokumentirt ; dadurch
gerlth das Repertoir leicht in Gefahr einseitig zu weiden, und
die exclusive ClassizitAt ist eben so vcrdammlich als der exclusive
Hoinanlismus; die Verbannung aber des Gounod'scheu Faust —
weil angeblich eilt Frevel gegen Goethe — auf einer Bühne, wo
Rossini'« Teil { Schiller ) und Bellini's Montecchi (Shakespeare i
gegeben werden, gradezu lächerlich. Die zweite Sünde, weiche
der Chef einer solchen Anstalt begehn kanu, ist: wenn er nicht
Alles, was er bringt, in möglichster Volleuduug prlsenliren lässt;
auch die kleinsten Bollen müssen anständig besetzt sein, und
was sich für Wolters Dorftheater sehickt — ist deshalb noch
nicht für Königs Hoftheater passend. Dies alles und andres dazu
itehörige habe ich mit Salvi zum öttern in Paris besprochen; und
da ich die Verhältnisse der Wiener Hofoper sehr wohl kenne, so
wusste ich auch dass der Mann eben so bandelte wie er dachte.
Hat ibn dennoch das Gesebick der meisten KArntbnerthor Thea-
terdirrktoreu ereilt (in noch nicht 90 Jahren gab es deren Vier:
Coro et, Eckert, Salvi, Dingelstedt — dazwischen interrt? num der
Regisseurs und Kapellmeister!» so freue ich mich wenigstens hier
ihm eine Ehrenerklärung gegeben zu haben; und darf dies um
so unbefangener, da ich weder vor noch nach uusrer Pariser
Zusammenkunft jemals mit ihm in Verbindung gestanden. Gleich-
zeitig war es mir aber eine erwünschte Gelegenheit mich allen,
namentlich aber den Lesern der nächsten Kapitel, immer wieder
als einen Kritiker darzustellen, der jede Kunsterscheiuung vor-
zugsweise vom Staudpunkt des Praktischen Musikers beurthcilen
will, ohne dcsshalb andre Auflassungen als unnölhig oder gar
als unmöglich zurück zuweisen.
J <» ii r ii a I - II p v ti e.
Die Neue Zeitschrift für Musik beginnt einen Aufsatz von
Ambros über Franzesco Cavalli. — Die Allgem. Musik-Ztg. setzt
die Mittheiluugcn „Beethovcniana“ fort. — Signale: Musikadresn-
huch (Wien). - Zellner's Blätter Tilr Musik schliossen den Pohl*«
sehen Aufsatz über die „Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.
— SOdd. Musik-Ztg.: Schluss der Musiol'scheu Skizze „Die mu-
sikalischen Instrumente hei den Hebräern''
DerMenerirel beginnt einen Artikel „Musikalische Cunositflteo**.
Nachrichten.
Berlin Der talentvolle Componist Herr Heinrich Stich 1
traf in dieser Woche hier ein. Er begab sich uach einem mehr-
tägigen Aufenthalt nach Wien, wo er beabsichtigt, während der
kommenden Wintersaison sich aufzuhallea.
ßndra-Hnden. Ende des verflossenen Mouats iand hier eine
in ihrer Art gewiss einzige Opermorstellung statt. TurgenieTf's
Schwank: „Le dernier des norciers“, zu dem Frau Viardot eine
höchst geistreiche und anziehende Musik componirt hat, wurde
in dem Thealeraaale der Villa Viardot aufgeführt von der Cora-
ponisiiu, ihreu Schülerinnen und ihrem 14jährigen Sohne. Die
einzige MAnnerrnlle, die des allen Zauberers, gab Turgcniefr
selbst Da er aber nicht singen kann, trug Herr v. Milde aus
Weimar hinter den Coulissen die Arien vor, während TurgeniefT
auf der Bühne jede Sylhe einzeln leise sprach und jede einzelne
Miene und Bewegung vollkommen dramatisch darstellte, ja bei
Rouladen den Muud ofTen hielt und Athern holte, als w'Are er
der Sänger. Eiu komischerer Effekt, der noch dazu ganz neu
war, lässt sich nicht denkeu.
Hrenlnu. Die neue komische Oper „Zietlieo'sche Husaren“
von Bt-rnhard Scholz wird demnächst hier in Scene gehen.
— Am 25. d. wird Herr Kapellmeister Hill er hier ein Con-
cert geben. — Die Orchester- Vereins- Coneerte unter Damrosch’a
Leitung nehmen am 12. October ihren Anfang. In einem dersel-
ben gelangt nubinstein's geulalcs Orchesierstück „Iwan“ zur Auf-
führung.
Cassel. Demnächst findet hier die Aufführung einer neuen
Oper von Schulze: „Die Rosslrappe“ betitelt, durch Schüler und
Schülerinnen des Conservatoriums statt, Das Sujet der Oper ist
wie der Titel besagt, der Harzsage vom Rosstrapp entnommen
und die Heldin der Oper die Prinzessin Brunhilde.
('•bürg. Am 1. October kommt am hiesigen Hofthealer die
in Berlin mit Erfolg gegebene lactige komische Oper „Cartouche“
von Hofmann zur Aufführung.
Darmsladt. Spontini's „Vestalin' ist am 12. d. mit grossem
Pomp neu einstudirt zur Aufführung gelangt
Dresden, 21. September. Das Hoftheater int heute total ab- und
ausgebrannt, nur die nackten Mauern stehen noch. AU Ursache
) 0 £
315
der Entstehung des Feuers, welches wÄbrend der Probe aus-
bracb, wird eia Fehler ia der Gasleitung vermutbet Da« Mu-
seum und die sonstigen, das Theater umgebenden OebAude sind
unversehrt geblieben. Ipt Innern brennen uoch Flammen empor.
Gefahr ist nieht Äiehr vorhanden. *
Karlsruhe. Auber’s „Erbter Gtückstag“ ist hier am Geburts-
tage des Herzogs ata Festeper mit grossem Erfolge zur ersten
Aufführung gekommen.
— Thomas' „Mignon“ ist hier gegeben worden, die Nilsson
sang die Titelrolle. Nur durch die Mitwirkung dieser hochbe-
deutenden Sängerin wurde es möglich, die Oper Über Wasser
zu halten.
Köln. Die Gürzeoich-Coucert« werden am 12. Oclober wie-
der ihren Anfang nehmeu.
Kreninarh. Bei Gelegenheit der fünfzigjährigen Jubel-
feier dee hiesigen Königlichen Gymnasiums wurde die „Antigone“
des Sophokles von SchOlern de« Gymnasiums in griechischer
Sprache, und mit der Musik Meudelssohn's, aufgeführt. Mussten
wir dem Flcisse der Schüler, der Auffassung in der Darstellung,
wie der Regie vollste Anerkennung spendet), so dürfen wir auch
nicht verschweigen, dass der musikalische Theil Manches zu
wünschen übrig Hess; zeugten auch die trefflich einstudirten
Chöre vom Eifer der SAnger, so wurde deren Wirkung mehrmals
durch verfehltes Tempo gestört, namentlich im Andante con moto
(No. 2) sowie im Soloquartetl (Na 4). Im grossen Ganzen war
diese Aufführung der Antigone jedoch eine sehr befriedigende.
Leipzig. Das lste Gewandhausconrert dieser Saison wird
am 7. Octoher stattlinden.
0 Manchen. Die erste Auffahrung der Wagner’scheu Oper
„Das Rheingold“ soll in München neueren Bestimmungen zufolge
den 22. d. unter Wüllner’s Direction stattlinden.
— Richard Wagner hat nun in der A. All« Ztg. das bereits
angekündigte Schreiben über sein VerhAltnfsa zur Hoftheater-In*
tendaoz in Mönchen veröffentlicht. Dasselbe ist ziemlich arrogant
gehalten und langweilig, so dass wir uos den Abdruck ersparen
können.
— Herr von Perfall «olJ dem Könige die Alternative ge-
stellt habeo, den Einfluss Richard Wagner 's für immer gebro-
chen zu sehen, oder ihn zu entlassen. — Frau Malliuger hat sich
am 16. d.imKönigl.Hoflbealer, welches io allen RAumen überfüllt war,
verabschiedet. Reicher Beifall begleitete ihre Leistung, die Blumen
und Lorbeerspenden mögen ihr als Zeichen dienen, dass man hier das
Talent, auch wenn es von seinen Verehrern undankbar sich ab-
wenrief, als solches zu ehren weis«.
Am 8. d. fand die erste Wiederholung von Rheinberger’s
flpor „Die sieben Raben“ statt und erwies sich auch diesmal wie
bei den früheren Aufführungen der dritte Aet als der wirkungs-
vollste.
Rostock. Herr Wilhelm Müller» der vorzügliche Cellist
des berühmten Müller 'sehen Quartetts hat uns uun verlassen und
vorher noch ein Abschiedaconcert gegeben. In demselben kamen
Schumann s Pianofortequartett, der 2te Satz au« der Kreutzer-So-
nate von Beethoven und Variationen au« dem D-moli-Quartett
von Schubert zu Gehör. Herr Müller trug Solostücke von Bach,
Huber und Popper vorzüglich vor und erntete den reichsten Bei-
fall. Nur ungern sieht man den beliebten Künstler von liier
scheiden.
— Se. Königl. Hoheit der Grossherzog von Mecklenburg-
Schwerin hat dein hiesigen Musikalien- und Instrumenteo-HAadler
Ludwig Trutschel den Charakter als Hof-Musikalien und In-
strumenten-HAndler verliehen.
Der SAnger Julius Stockhausen ist von dem
Könige zum Kammervirtuosen ernannt worden. Derselbe wird ■
gleichzeitig die Inspection des Gesangsunterrichts in den Unter-
richtsanstalten des Landes übernehmen.
Wie«. , Der OpernaAngcr Herr lirabanek iat am 17. d.
Abends, als er von einem Besuche nach Hause zurückgekehrt
war, vom Schlage gerührt worden und liegt schwer darnieder. — Es
scheint keine Aussicht vorhanden, dass FrAuleln Ben za sobald
nach hier zurüekkehrt, wurde sie doch soeben für 8 Wintermo-
nate nach Lissabon mit einer Gage von 38.0U0 Frca. engagirt,
wAhrend ihr unmittelbar uacli erfolgtem Abschluss von Madrid
für die 3}mouatiiehe Wintersaison gar eine Gage von 50,000 Frcs.
geboten wurde.
Wienbaden. Das 5. und letzte Coucert der Administration
hat am 18. d. stattgehabt und die Saison würdig beschlossen.
Namentlich waren es Vieux temps und Brassin, welche be-
sonders excellirten. Vieuxtempa spielte zwei eigene Compositio-
nen, Braaain ein Nocturne eigener Compoailion sowie den Kauet-
Walzer von Liszt. Beide eminente Virtuosen landen die beifäl-
ligste Aufnahme. Was Frau Luc ca anlangt, so will es mir
scheinen, als oh ihre Leistungsfähigkeit als CooecrtsAugerin der
als BübnensAngerin nicht gleichkäme. Sie sang zwei Arien aus
dem „Schwarzen Domino“ und der „Afrikaoerin“ und das Veil-
chen von Mozart. Am besten gelang ihr der Vortrag des letzten
Liedes.
Witten. Bei Anlass des 25jAhrigen Stiftungsfestes des hie-
sigen Minnergesangvereinee Anden am 19. und 20. d. zwei musika-
lische Aufführungen statt, In denen u. A. „Meeresstille und glück-
liehe Fahrt“ von Fischer, Altdeutscher Schlachtgesang von Rietz,
und Festgesang an die Künstler von Mendelssohn zur Auffüh-
rung kommen.
Amsterdam- Herr G. Heinz© hat die Compositiou eines
grösseren Gesangs-Werkes vollendet, welches sich „Die heilige
CAcilia“ betitelt. Dasselbe wird in der kommenden Saison hier
zu Gehör gebracht werden.
Pari«. Vergangenen Mittwoch bat die VermAbluog der be-
rühmten SAngecin FrAulein Artöt mit Herrn Padilla inSevre»
stattgefunden. — Bagier hat das Aufführungsrecht der Oper
„Maria Stuart“ von Donizetti für Frankreich erworben und wird
diese Oper in der Wintersnison vorführen.
Rom. Das Theater „Argentina“ wird den 18. d. mit . Ro-
berto di Pieardia" („Robert der Teufel“ von Meyerbeer) eröffnet.
Den Original-Titel der Oper fanden die Herren Censoren anstössig
und tauften denselben deshalb in den obigen um.
Bologna. Das italienische Journal „La fauta“ lässt eine
Neuigkeit los, die doch noch ein wenig unsicher zu sein scheint
Nach derselben würde der linpreasario Scalaberni, Directot
des hiesigen Stadttheater», in der kommenden Winter-Saison eine
uoch unbekannte Oper Rossini’s „Giovanna d’Arco“ zur Auffüh-
rung bringen, welehe schon vor 80 Jahren von dem Maestro
componirt und zu dem Libretto von LAon Pille! . des früheren
Directors der grossen Oper, geschrieben sein soll. — Allerdings
hat schon vor einiger Zeit die Nachricht von dem Vorhandensein
einer solchen Oper umhergespuckt, aber man glaubte, sie sei
nicht vollendet worden.
— Herr. Richard Wagner wird für sein „Rheingold 14 in
unserer Stadt einigennaassen Trost bekommen, man bereitet hier
di« Aufführung des „Lohengrin“ vor. Es ist dies in Italien der
erste Versuch, welchen Wagner's Bewunderer machen. Wenn
dieser Versuch gelingt, so wird die Seala in Mailand entweder
mit dem „Lohengriu“ oder deu „Meistersingern“ folgen.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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316
Soeben erschien im Verlage Robert Settz in
Leipzig:
für Pianoforte und Violoncell
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Ernst Friedrich Riohter.
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men 2 Thlr. _
Bekannt Bin chang.
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„Kapellmeister“
gesucht, welcher ausaer den allgemeinen Eigenschaften eines
Orchester-Dirigenten insbesondere auch die Eigeuscbaft als Solo-
geiger besitzen muss.
Geeignete Bewerber werdeo aufgefordert, sich unter Einrei-
chung ihrer Zeugnisse bis zum 1. October d. J. bei uns zu melden.
Demjenigeu, welchem wir hiernAchst die Leitung der gedach-
ten Kapelle übertragen, sichern wir eine ffthrlicbe Subvention
von 800 bis 400 Thlr. tu.
Die nAheren Bedingungen werden von uns auf Erfordern
abschriftlich mitgelheilt werden.
Bunzlau, den 0. September 1869.
Neues Werk von Louis Köhler.
Soeben erschien im Verlage von Robert Settz in
Leipzig:
ParallcI-Stndien
sau J. B. Oramop»« Btudeu.
Für Piartoforle in allen Vorzeichnungwi
componirt von
mm (soxsam
Eingefübrt im „Conservatorium der Musik“ und in der „Neuen
Akademie für Musik“ in Berlin etc.
Op 160. 2 Hefte h l Thlr.
Diese Studien wurden in besonderer Rücksicht auf die clas-
sisrhen Etüden von J. B. Gramer componirt: ohne mit dem ge-
nannten originalen Werke irgendwie in Vergleich gestellt werden
zu wollen, sollen diese Studien nur Ausserlich mit jenen parallel
laufen. An und für sich völlig selbstständig, sind sie nAmlich
dazu geeignet, eiu« Abwechselung mit dem Studium des (von
keinem Spieler zu umgehendem Gramer sehen Werkes zu gewib-
reu, wie solche von den Schillern gewöhnlich gewünscht wird.
In unserem Verlage erschien:
Reminiseences
de la
Messe solenneile
6. iessm
pour Piano pnr
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2 Suites » 20 Sgr.
ED BOTE «& G. BOCK (E. Bock)
Königl. HoCmusikhnndlung in Berlin und Posen.
Neue Akademie der Tonkunst
in Berlin,
Grosse Friedrichatrasae 94. unweit deu Linden.
Am 4. October beginnt der neue Curaus. Mit der Akademie
stehen ia Verbindung:
a. du Seminar
zur apeciellen Ausbildung von Clavier- und Gesanglehreru und
Lehrerinnen*,
b. die Elementar-Clarier- md Violinschale,
iu der Anfinger vom 7. bis 14. Jahre unter Ofoerieituog des Un-
terzeichneten unterrichtet werden. Das Honorar betrlgt fdr diese
Klasse 8 Thlr monatlich;
e. eio fiesangvereia,
dessen Hauptzweck das Studium von Vokalwerkeu ftlr gemisch-
ten Chor bildet. Zwischen den ehoriseben Labungen werden
jedoch auch InetrumeDtabCompositionen aufgefübrt, und uaraent-
iich wird den Eleven der Akademie Gelegenheit geboten, durch
SolovortrAge sich au ein Auftreten ln grösserem Kreise zu gewöhnen.
Aufgenomnien werden Schüler und Schülerinnen. Auswärtige
finden gute Peosionste in unmittelbarer NAhe der Anstalt.
Ausführliches enthüll das durch die Buch- und Musikhand-
iungeu und durch deu Unterzeichneten zu beziehende Programm.
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Der Magistrat. aprccwumic. * vor-
Verlag von Id Bol. 4 6. lock (Llaak), KOoigl HotauiaikH»ndluM la Barlin, FraniOaiache Sir. »3.. und U. i. Linden Wo . 87.
DriK’k 10m C. K. Saluaidt in Berlia. Unter rf*n Lti» 4 «& N®. SO.
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Will. Jahrgang M 39,
V«a dt»*«r ZtttunR *f»<l»»int w<vti»nüi*b
»me Nummer
29. September 1869,
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Insertionspreis für die Zeile 1} Sgr.
Inhalt. Ludwig van Beethoven *la bahnbrechender Benin* auf dein Bcbiete der Svitiphomc. IL Artikel die neunte Sya^hnaie von CS*«. Alberti (Sablo**}.
— Berlin, Revue — t:ofT»*pond«iu »a« Part». — KenilMunr Au* meinem Lebe«. V. von H. Dora. — Journal-Rem» —
Nachrichten. — tu.» rat
Ludwig van Beethoven als bahnbrechender Genius auf dem Gebiete der Symphonie.
Zweiter Artikel: Die neunte Symphonie. Von C. E. R. Alberti.
(Scblosn.l
Kür uns ist die Cborsytnphonie von vorn herein aus der
klarsten, bestimmtesten Idee, wie wir sie oben entwickelt ha-
ben, hervorgegangen. und zerfällt daher durchaus nicht in zwei
verschiedene Hälften, eine Trauersymphonie (1. bis 3. Theil)
und eine Freudenhymne (4. Theiij. Sie ist zugleich das-
jenige Werk, in welchem Beethoven eine eben so gewal-
tige als ihres bestimmten Zweckes sich bewusste Herrschaft
über das Reich der Töne übt. Wie in jedem seiner grös-
sern symphonischen Werke durchaus originell und neu, ist
er es auch hier in Erfindung und Ausarbeitung. Die ein-
zelnen C.edanken sind weiter ausgeführt als jemals, selbst
von den Nebengedanken gilt dies, und dennoch nichts von
Dehnung oder von einem Nachlassen der Kraft; man sieht,
er, der von der Well iin Geiste Scheidende, hat noch so
viel auf seinem Herzen, das er ihr sagen möchte; daher die
grosse Ausdehnung, unter der doch das Interesse keinen
Augenblick schwindet. Und welche von der bisherigen ab-
weichende Behandlung des Orchesters! Nicht von dem Vor-
herrschen der Massen ist hier mehr die Hede und von
der diesem entsprechenden Wirkung. Statt dessen die geist-
vollste Individuaiisirung der einzelnen Stimmen, von denen
jede selbstständig sich bewegt, als ob sie nur um ihrer
seihst willen da wäre. Und dabei doch dieses Wirken al-
ler zum Ganzen, die vollkommen fest und klar dnrehge-
fuhrte Gestaltung. Energisch ist für uns der erste Satz
durch und durch; übermüthig keck der zweite; unnach-
ahmlich gefühlvoll und weich der dritte; nirgend sehen wir
den iiu Chaos der Töne vergeblich wühlendeu, trübsinnigen
Anachoreten Fine grosse sittliche That ist für uns diese
Symphonie, wie jede der früheren, ja mehr noch als diese,
denn es ist seine letzte auf diesem Gebiete, das Vermächt-
nis, mit dem er von der Welt scheidet, und in dem er ihr
sein ganzes Herz offen darlegt, das Herz, das viel gekämpft
und schwer gerungen, das viel gefragt und viel gezweifelt.
Aber er öffnet es ihr nicht ab ein uoch immer schwan-
kendes und unbefriedigtes, sondern ab ein cur inneren Ge-
wissheit von der weltüberwindendeo Kraft der Bruderliebe,
und donit zur höchsten unzerstörbaren Freude hindurchge-
drungenes. Das ist der Sinn seines: „seid umschlungen,
.Millioner“. Mit dieser Liebe möchte er sie Alte erfüllen,
diese Freude in Allen wecken, damit sie Alle beseligen.
So steht für uns die Chorsymphonie nicht in einem
Gegensätze zur Missa solemnis; sondern sie ist aus ihr her-
vorgegangen, während der Arbeit an derselben im Geiste
ganz geboren, wenn auch noch keine Note von ihr viel-
leicht aufs Papier gebracht wurde; sie ist nicht eine Wider-
legung, niest einmal eine Korrektur derselben, sondern deren
Ergänzung, ja ganz eigentlich Erweiterung. Das Kirchliche,
wie berechtigt an sich, und wie bedeutsam als einigendes
Band für die Gleichgestimmten, wird hier, da es doch auch
immer etwai Trennendes hat und haben muss, zu etwas
Höherem, dem menschlich Religiösen verklärt, das in der
Alle umfassenden. Keinen ausschliessenden Liebeslhat seinen
Ausdruck findet. In ihr liegt die anderwärts vergeblich
gesuchte Versöhnung aller Erdenwidersprüche, in ihr die
Bürgschaft der unzerstörbaren Freude ira Jenseits, weil das
Herz in dieser Liebe ihrer schon im Diesseits gewiss ist.
Nur weniger Worte wird es bedürfen, um unsre Stel-
lung zu der Auffassung von W. v. Lenz, ja unsre Abwei-
chung von derselben genau zu bezeichnen. Für W. v. Lenz
ist die Verschmelzung der beiden Musikgeschlechter, die
Ausgleichung der Dualismen, das Versöhnende selbst. Für
uns ist sie nur das musikalische Darsiellungsmittel, dessen
sich Beethoven bedient um die Idee aussuspreeben, die ihn
zu diesem letzten symphonischen Werke hingeführl. ihn zu
demselben begeistert. W. v. Lenz nennt jene Verschmel-
zung der Musikgeschlechter in dem Mikrokosmus der Sym-
phonie die grosse, von Beethoven eingegangene Ehe, in der
39
318
er (das Instrumentale) sich dem Vokalen, dem ewig Weib-
lichen, vermählt; ihm ist die neunte Symphonie darum ein
Theil der Biographie Beethoven'*; denn sie vor Allem zeige
uns den Menschen iu Beethoven, wie er sein Lebelang sich
nach Glück und Freude nur sehnen dürfen, nun aber in dem
gestifteten Bunde streitender Kräfte den höchsten Ausdruck
seines Lebens erreioht. Wir vermöge« dieser Ansicht nicht
beizutreten. Auch für uns ist die Gliorsymphonie ein Stück
-seines ionern Lebens, ein unvergleichliches Denkmal dessel-
ben; aber nur in sofern aIs der noch io der Missa solemnis
nach der Versöhnung der die Welt beherrschenden Gegen-
sätze sich Sehnende nunmehr durchgedrungen ist zu der,
die Lösung des grossen Wellrathsels allein bietenden, Idee
der Allgemeinen Bruderliebe. Diese Lösung verkündigt er
nun, innerlich beseligt, in Tönen, deren Sinn in seiner ganzen
Tiefe erst das den Gedanken ausdrückende Wort ganz
wieder zugeben vermag. Die Idee ist es sonach, auf di«
es ihm, wie in allen seinen grossem symphonischen Werken,
hier ankommt; aber hier bedurfte er zu ihrem, der ganzen
Welt verständlichen, Ausdruck mehr als des Instrumentalen.
Das Wort, also der Gesang, musste hinzu kommen. Die
ganze Welt Aber sollte ihn verstehen; denn er liebte sie
ja stets; und nicht war es Schmerz und Klage, uicht un-
ausgesetztes Hingen und Kämpfen, was er jetzt ertönen
liess, es war Freude, die er ihr brachte, himmlische un-
zerstörbare Freude, Freude nach der sie sich vergeblich
gesehnt wie er. Diese Freude, die er der Welt in diese:
Chor symphonte brachte, in dem er ihr das Resultat aHe*
seines Ringens darbot, die Versöhnung aller Gegensätze in
der Woll - umfassenden Bruderliebe, sie ist das letzte
Bekenntnis.* des ethisch religiösen Menschen, da*
ßekenntniss, mit dem der Künstler selbst von der
Welt, die er geliebt, freudetrunken scheidet; denn
er schauet die Zukunft von diesem Geiste erfüllt; vor dem
Auge seines Geistes steht die Welt, die nach ihm kommt;
er sieht sie wonnetrunken sich schaaren um das erhabene
Panier, das er, der begeisterte ahnungsvolle Seher, herrli-
chen Sieg verheizend, vor ihr aufgerichlet hat. — Nicht
eine neue Form für die Symphonie ist von Beethoven in
der Chorsymphonie gefunden, sondern die Lösing des
grossen, ihn sein Leben hindurch bewegenden Räthsels und
für diese bedarfle es zum entsprechenden musikalischen
Ausdruck dieser Form. — -
Dass sonach mit der neunten Symphonie ken Vorbild
gegeben sei, dem alle spätem Couiponisten auf desem Ge-
biete nochzufolgen, keine neue Gattung, innerhalb deren sie
sich zu bewegen hätten, wie wir von ihnen mit Hecht ver-
langen, dass sie von der Ilaydti-Mozart'scben traditionellen
Form sich losmochen und die freiere Bahn betreten, die
Beethoven mit der dritten Symphonie eröffnet und auf der
er rastlos und immer ueu bis zur achten iö'lgesdi ritten,
das ergiebt sich au* dem Obigen. Sie ist tui Einzdfnll;
aber wie ein solcher hier durch die dem Werke zu Grunde
liegende Idee gerade diese Form mit Xothwjudigkeit for-
derte, so lassen sich gar wohl auch andre Ideen denken,
deren Ausdruck ähnliche symphonische Werke, in deuen
das vokale mit dem instrumentalen Element sich organisch
verbindet, noth wendig macht. Der Genius wird es dem
echten Künstler sagen; aber auch nur ihru darf er gehor-
chen. Eino Nachahmung der Chorsymphonif, oder ein zur
Mode Worden ähnlicher symphonischer Werke, gleich als
handelte es um eine höhere, vollkommenere Gattung, wür-
den wir für ein Unglück erachten. Beethoven bewies auch
darin seine echte Genialität, dass, ob er gleich mit der
Fantasie mit Chor schon im J. 1808 den ersten Anlauf zu
einem derartigen Werke genommen, er doch erst sechszehn
Jahre später, — nachdem er Oratorien uud Messen für den
Gesang und so viele reinen Instrumonlaiweike, Sonaten.
Quartette und Symphonien, unter diesen die siebente uud
achte geschrieben, — als der Gegenstand, der seine ganze
Seele bewegte, gebieterisch diese Form forderte, diese*,
grossartigste seiner symphonischen Werke schrieb, in dem
er dem ihn lange bewegenden Gedanken einer organischen
Verbindung des Instrumentalen und Vokalen den unver-
gleichlichsten Ausdruck gab. —
Von einem Eingehen auf die musikaÜ6oh technische
Durchführung dieser der neunten Symponie zum Gruudt*
liegenden Idee im Einzelnen, also in jedem der vier Sätze,
sehen wir bei der Ausdehnung, welche diese Arbeit bereit«-
gewonnen, um so eher ab. als bei Merz und W. v. Lenz
des trefflichen darüber gar viel gegeben ist. Wer deren Aus-
führungen liest, wird sieb, ohne in Allein denselben beistim-
men zu dürfen, davon überzeugen müssen, dass in jedem
dieser Sätze der ganze Bau ein klarer und consequent durcli-
geführler ist. Jeder derselben enthält zugleich in Erfindung,
theoretischer Durchführung, cotifrapunktischer Bearbeitung
und lnstrumeutirung die reichsten Schönheiten; nicht minder
in der Harmonie, die, so wie' die Benutzung der seltensten
Klangschönheiten von einer bezaubernden Wirkung ist.
Dabei ist es von nicht geringem Interesse zu sehen, wie
wenig etwa das vokale Element unvorbereitet im vierten
Satze, also ohne dass dieser mit den ersten dreien auch in
dieser Beziehung in einem innern Zusammenhang stünde,
auftritt. Wir glauben vielmehr mit W. v. Lenz mit Grund
es Aussprechen tu dürfen, der Instrumentalstyl io dem gan-
zen Werke sei ein gewissermAASsen neuer, selbst die ersten
drei Sätze - sind* auf den Vokalsatz angelegt, der Styl Ist
auch in ihnen schon ein die beiden Musikgeschlechter ver-
schmelzender. Dafür sprechen die gehäuften ritardando's
und * iempoV; dafür der nicht beiten dramatisch«« Charak-
ter des Style« selbst, dafür das im Sympboniestyl nie dagr-
wesene Instruroentalrecitativ, dafür die im ersten Satz«*
gänziicfi vveggafallene Reprise; dafür die geistvolle Individua-
nsirung der einzelnen Instrumente, wie sie bis dahin in
solcher Vollendung vergeblich gesucht werden dürfte; dafür
vor Allein die ganze Beschaffenheit des dritten Satzes Wer
möchte hier eine vollständige antipbonfsche Satzbildung in
Solo- und Chorstimmen vorkennen, wenn diese auch nur
noch den Instrumenten erst zugetheilt sind. —
Dem Allen gegenüber kann man sehr wohl zugehen,
dass in dem Werke sich einzelne harmonische Härten linden,
obgleich sie meist nicht willkühriich, sondern von dem
Compnnisten absichtlich, als seinem Zweck entsprechend ge-
wählt worden; wie z. B. der zweimalige, die Harmonie
zerreissende, Aufschrei im letzten Satze, zu Anfänge und in
dom Presto vor dem Eintritte des Gesangrecitativs; man
kann zugehen, «fass dies Becitativ selbst in Text und melo-
discher Führung verunglückt ist; man kann die Führung
der Melodie an manchen Stollen, wie in den Worten: „such*
ihn über'm Sternenzelt 1 für gesucht ansehn, es sogar br-
klngen, dass den Sängern in so hoher Stimmlage zu singen
zugemuthet ist, dass die Ausführung entweder unmöglich
wird oder der Charakter der Schönheit nicht mehr zu wah-
ren ist: — alle diese einzelnen Mängel verschwinden vor
der Großartigkeit des Werkes, als eines Ganzen und vor
den unendlich vielen Schönheiten, die jeder Satz im reich-
sten Mnasse darbietet.
Berlin.
ff e e ii e.
I Königl. Opernhaus, t Am 20. waren es fünfundzwanzig
Jahre, dass unser trefflicher Bassist Herr Krause der K Oper
angehört; zur Feier dos Tages wurde Chcrubini'a „Wasserträger“
gegeben, in welcher Oper Herr Krause als Micheli noch heute
eine seiner vorzüglichsten Leistungen bietet Ur. Krause ge-
hört so recht eigentlich der Musikgeschichte Berlins au. Der
Referent lernte ihn bereits vor fast vierzig Jahren kennen. nach*
31Ö
dem Krause so eben das Gymnasium nun grauen Kloster ver-
lassen hatte und Theologie studirie. Die oberen Gesangsklas-
sen jenes Gymnasiums wurden von dem verewigten Professor
Emil Fischer mit ebensovielem Talent als liebevoller Hinge-
bung geleitet; eine besondere Extraklasse f Donnerstags von
5-— 6 Uhr| vereinigte die begabteren Schaler sur Ausführung
grösserer Stücke mit Instrumental- Begleitung; Herr Barue-
witz, unser Karomerroösikec- Veteran, spielte die erste Geige
und dirigirta das Orchester. Hier erechieo Krause aus An-
hänglichkeit für das lustitut wie lör den von Allen geliebten
Lehrer Fischer, so oft seine Zeit es ihm erlaubte, und er-
freute uns durch seine schöne, edle Stimme. Referent, wel-
cher, urio früher auch Krause, von» Professor Fischer priva-
tim im Gesänge unterrichtet wurde und mit den Sopran-Soli
betraut war, hatte in diesen Gesangs-Vereinigungen oft Gele-
genheit, mit Herrn Krause Duette aus Handel’* „Messias,
Judas Maccabius, Josua“ ausiufOhreu. Auch in dem Hause
des verewigten Dr. Rintel, einem Schwiegersohn Zelter's,
traf Relerent mit Herrn Krause wieder zusammen und es war
damals schon ein öffentliches Geheimnis*, dass Krause das
Studium mit der Bühneo-Lautbahn vertauschen werde. Soviel
u^s erinnerlich, debütirte Herr Krause im Kgl. Opernhaus« als
Jacob in Mehui’s „Joseph“ mit grossem Erfolge, nahm jedoch
keine Anstellung an, weil man — wie c« hies* — ihm die
Pnrthie des Snrastro zum Debüt verweigerte, sie jedoch, dem
nun auch verstorbenen Bötticher, welcher aus dem Orchester,
wo er' als Hornist (ungute, auf die Bühne trat bewilligte, und
ging an das llnfthenter tu Braiinschwoig. Die ferneren Enga-
gement* Krause* s waren: Graz, Wien (Holoperntheater) und
München ilJoftheater), von wo Herr von Küstner ihn wie-
derum zur hiesigen köoigl. Oper beriet. Da der Künstler noch
heut' zu den beliebtesten Sängern gehört, dürfen wir uns ein
nähen:« Eingehen auf «eine seltenen Vorzüge ersparen; er ist
nh Vertreter klassischer Musik, ganz besonders aber als Ora-
loneusMuger ein Vorbild, das zu erreichen die Jüngeren bestrebt
sein mögen, vorzüglich in einer Zeit, welche bei Sängern ge-
sanglichen Fluss, Solidität des Vortrags, gründliche musikali-
sche Vorbildung immer mehr vermiesen lässt. — Selbstver-
ständlich wurden Herrn Krause aui Tage seines 25jährigen
Jubiläum* Ehren und Freuden in Fülle ZU Tfieil; Stäudcherwder
Stern'scfien Sinfonie- Kapelle, ein kostbarer Ring voo S. M. dem
Könige, ein silberner Lorheorkranz Seitens der Königlichen
Bühne zeigten dem ebenso trefflichen Künstler als bescheideneu
Menschen, wie «ehr er geschätzt und geliebt werde. Die
Abendvorstellung gab dem Publikum Gelegenheit den Jubilar
durch wiederholte Hervorrufe, durch Blumeuspeuden, und präch-
tige Kränze auszuzcichnen. Möge Herr Krause mich lange
der Kunst, deren wahrhafter Priester er ist, erhalten bleiben. — -
Am 21. trat als Rccha in Halevy’s „Jüdin“ Fräulein Paum-
gart ne r vom Mannheimer Hoftheater auf. Die Sängerin, an-
scheinend auch sehr jung, hat eine frische und wohllautende
Stimme, die aber durch verschiedene Gesangsweise die hohen
Töne dünn und scharf, die tieferen gepresst (mit zu wenig
geöffnetem Munde oder mit dem prachschen Ausdrucke: durch
die Zähne) giebt, dazu kommt ein sehr prononcirtcs Tremolo.
Dagegen haben wir die Intouatiou und das Streben nach leben-
digem Ausdruck zu loben. Letzteres freilich zeigt uns die An-
fängerin, die des Guten oft zuviel thut, so wurde z. B. die Ro-
mauze im 2. Act „Er kommt zurück“ irn Spiel durch Wech-
seln des Platzes, Gestikulationen u. s. w. so sehr überladen,
dass die Einheit der Compositum last verloren ging, lieber-
Haupt reichten die Stimm-Mittel oder richtiger wohl: die Stimm-
kräfte für die in dieser Hinsicht viel beanspruchende Parthie
nicht aus; schon kn Duett und im Final-Terzett des 2. Acts
zeigte sich das entschieden. Fräulein Paumgartoer fand
übrigens eine freundliche Aufnahme. In der sonstigen Besetzung
waren Fräulein Grossi um! Herr Lederer als Prinzessin Ku-
doxia und Prinz Leopold uns neu. Fräulein Grossi entledigte
sich ihrer andankbaren Aufgabe bis auf die stets zu hohe In-
tonation in den Tönen dar höchsten Lage ganz leidlich. Herr
Lederer aber dürfte, wenn er im Forcireti der hohen Töne
so fortfihrt, seine Stimm« nicht lange cooserviren ; wir erinnern
z. B. mir an die Gesaugstelle (E-dur) im Terzett des 2. Actes,
dies« singt der Prinz für sich, der Gang nach dem hohen H
darf also nicht in den »tärksten Brusttönen herausgeschmettert
werden; Herr Krüger pflegte früher diese Stelle in sehr discroter,
ein längeres Studium verralhender Weise zu singen. Sehr
hübsch nüancirl trug Herr Fr icke (Cardinal) seine erste Ca-
vatin« vor. Der Bleazar des Herrn Ferenczy hat wohl an
effecthaschenden Uebertreibuogen. nicht aber an dramatischer
Wahrheit zugenommen; dieses unschöne L’eberbieten der natür-
lichen Kraft muss zu baldigem Ruin der Stimme führen. —
Die ferneren Gastrollen des Fräulein Paumgartner, am 23 die
Margarethe in der Gnunod’schpn Oper und am 20. die Elisabeth
in „Tannhäuser“, bestätigten nur unser erstes Drtheil über du-
Sängerin; die Stimme reicht für die grossen dramatischen Mo-
mente nicht aus, das perpetuelle Tremolo lässt den Ton noch
unbestimmter und weniger intensiv erscheinen. Die Begabung
de« Fräulein Paumgartner für der»* dramatisch gefärbten Vor-
trag ist unverkennbar, doch fehlt ihr lür jetzt noch die Ruhe
in der Gestaltung, die zum Schaffen eines harmonischen Gnu-
zen unabwaisKcfi nolh wendig* ist. Dieser Mangel verführt die
Sängerin zum Zersplittern der Aufgabe in lauter EiuzehiheiUn.
die sogar oft wegen der durchblickemlen Absichtlichkeit nicht
den gewünschten Eindruck machen. Wir haben bei Bespre-
chung der „Jüdin“ solche Momente angeführt, tue liessen «ich
in grosser Zahl nenne n. Selbstverständlich war unter den drei
Gastrollen die Margarethe die annehmbarste; diese allerdank-
bante Parthie, die nach allen Richtungen hin Wirksame* bie-
tet und die — so weit unsere langjährige kritische Praxi*
reich» — noch keine Singerin ohne Anerkennung den Publi-
kum» lies*, «tand auch dem jugendlichen frischen Wesen de»
Fräulein Paumgartoer am besten. Jedenfalls aber steckt
sich die Sängerin für den Augenblick die Ziele zu weit ond es
stellt zu befürchten , dass sio, wail sie gleich das Grösste lei-
sten will, auch am Ende das Kleinere nicht erreicht. — Be-
merkenswert!! war noch der Faust des Herrn Niem «in u, wel-
cher besonders im ersten und. leisten Theii der Aufgabe Treff-
liches bietet. — In „Tannhäuaer“ erwarben sich die Herren
Niemann und Betz den gewohnten reichen Beifall.
Im Friedrich- WUheimsUidtischeo Theater wurde zum Bene-
fiz dos beliebten Komiker.* Herrn Naumann die Operette „Der
Sohauspieldirector“ mit Mozart'* Musik neu einetudirt gegeben ;
an der Ausführung betheiligteo sich die Herren Adolf i, Ma-
thias, Schulz, die Damen Renom und Rigeno recht bei-
fällig. Den Schluss des Abends machte wiederum zur grossen
Erheiterung des vollen Hauses Üffunbach's „Insel Tulipatan“.
Die Königliche Kapelle «rüffnctu diesmal den Reigen der
stehenden Winlerconearte am 25. d. M. mit ihrer ersten Sin-
fonieeoiree. Da» Programm zählte ausnahmsweise eine Num-
mer mehr als gewöhnlich und beganu mit Spontini* pomphaf-
ter Ouvertüre zur „Vestalin“. Al» zweite Nummer wurde eine
neue Sinfonie D-dur von E. Lassen, eines hier noch nicht bekann-
ten Componteteo, weicher als Hofkapellrocisler m Weimar lebt,
eingeführt. So weil uns einmaliges Hören belehrt, gehört das
Werk zu den besseret! dieser Art, welche uns in neuerer Zeit
3B-
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320
bekannt geworden. Wenn auch die Themen an eich nicht mit
grosser Entschiedenheit hervortreten, so ist ihre Benutzung
durchweg sehr anerkenuungswerlh und in allen NQanceu mit
grosser Feinheit geschmackvoll durchgeführt. Nur dürfte darin
hiu und wieder etwas zu viel geschehen sein, denn trotzdem
alle Sitze sich schwungvoll bewegen, so macht sich uu ersten
sowie im Andante iu den Mittelsätzen Öfter eine etwas zu
grosse Ausdehnung iühlbar, welche besonders die Wirkung des
au sich sehr melodiösen Andante erheblich abschwichl. Die
Instrumentation ist meistenlheils sehr wirksam, ohne überladen
zu sein. Von den Sitzen sind der erste, der dritte und der brillante
letzte die hervorragenderen. Das Werk erfreute eich einer sehr
beifälligen Aufnahme und dürfte eine demnichstige Wiederho-
lung wohl tu wünschen sein. Ausserdem hörten wir Beetho-
vens Ouvertüre tu „Coriolau“, ferner Sinfonie Es-dur von Mo-
zart und Gluck's Ouvertüre za „Iphigeaia in Aulis" io vortreff-
licher Ausführung, was um eo anerkennuogswerther ist, als iu
Folge der ungewöhnlich warmeo und schwülen Temperatur de*
Tages die Hitze im Saale einen mehr als ertriglichen Grad er-
reichte. d. R.
Corr««tpoud»ni.
Paris, 25. September 1S6V.
Die neoe Oper von Jonciere«: „La deroirr jour de Pom-
pe«' 4 , nach Bulwer's Roman zum Operutexte verarbeitet von den
Herren Nuitte« und Beaumont, vorigen Dienstag cum ersten
Mals aufgef Ohrt im Theätre lyrtque, fand sine sehr getheilt«
Aufnahme. Oer Mangel iui Zusammenhang im Sujel, wie
auch dis Schwachen der Aufführung, mögen daran zum grossen
Theil die Schuld tragen, dass das Publikum sich Wieder einmal
mehr unter sieb, als über die VorgAnge auf der Bühn« amüsirte.
Zudem dirigirt an Stelle des seit 'mehreren Tagen erkrankten
Direclor Posdeloup dessen Sous-ehef Mangln, der nicht
gehörig hierzu vorbereitet schien. Die versprochenen oeuon
Uecorationco blieben aus, dafür alte bereits gesehene aus „PIm-
lemou" und aus der „ Zauberflöte“. Die Ouvertüre uud eia
Chor der Gladiatoren, ferner ein gut rbytbruisirter Marsch und
ein Duo des FrAuieiu Schröder mit Herrn Massy wurden
beifillig aufgenommeo, uud ward dem Talents des jungen Com-
ponisten der Tribut gezollt leider konnten die folgenden Aete
die Aufmerksamkeit nicht mehr fesseln, uud schienen Publikum
und Darsteller wie aus deu Banden. Die gestrige Wiederho-
lung der Oper fand mit wesentlichem Kürzungen statt, was dem
Werke des strebsamen Componislen, der mit seinem Talente
noch nicht haustuhalten versteht, uud der Baumscheere der
Kritik bedarf, zu eiuigem Vortheil gereichte, wenn such ein
dauernder Erfolg nicht zu erwarten atebt. — Bei diesem Aulass
sei bemerkt, dass Ober dasselbe Sujet Buiwers bereits eine Oper
unter dem Titel „Jone“, Musik von Petrelia, in Italien in
Scene ging. Die Opern „Martyrs“ und „Herculaoum“ (von
Felicien David) behandeln den gleichen Stoff und soeben arbei-
tet Victor Masse an einer neuen Oper Ober dasselbe Sujet
nach trefflichem Zuschnitt der Herren Jules Barbier und Michel
CarrA. — Entschiedeneres Glück hat Seine! 1 » neue Oper „La
petite Fadette 44 , nach dem Roman der George Sand, deren
sechste Aufführung vorgestern in der Opera comique staltiuüo-
den begann, doch durch eio plötzliches Unwohlsein des in
der Rolle des Lsndry beschäftigten Tenor Barre nach der
ersten Scene abgebrochen wurde. Oie Musik zeugt jeden-
falls von den fleissigsten Studien der verschiedensten Meister,
worunter auch Wagner, und macht sich die vielseitige Bildung
des Componislen stellenweise mit grossem Erfolg geltend, —
was aber dem Ganzen fehlt, das ist der Charakter, die Einheit
des Slyls. In der Aufführung ragt Frau Galli-Mariö durch
die Lebhaftigkeit der Auffassung hervor.. Etwas allzusehr den
ökouomtach-knau9eri«cheo Grundsätzen der Administration dieses
Theaters gemfi»» repräseutirlen sich die Chöre; sie waren
mager, die Dameo Überdies hässlich, und der Gesang der —
Monalsgage angemessen. Ea sollte uns gar nicht wundern,
wenn einmal diese geplagten Tagsarbeiter der Operobühnen
Gröve machen, und ebenso, wie die Kohlen-, Stein- und Fa-
briks-Arbeiter höheren Tagslohn verlangen. — Da» kleine Athe-
ne« -Theater, unter Martinet's Leitung, wird bald der Opera-
couiique über den Kopf gewachsen sein: die eben zu den
W'iedereröffuungstageu aulgeführtru komischen Opern „Le docteur
Crispin" von deu Brüderu Ricci und „Les Masques" von Pe-
drolti hatten den glAnzendsleu Erfolg, wozu die sorgfältige
Aufführung wesentlich beitrug. — Es wurdo der höhere Befehl
eflheilt, das Gebäude der neuen Opera bis zuui 15. August,
dem Napoleonstage des nächsten Jahres zu volleodeu, an wel-
chem Tage es eröffnet werden soll. Oie Arbeiten gehen in der
Thal jetzt mit überraschendem Eifer von Statten, uud strahlt
die Ausseoseite bereits tm vollen Glanze ihrer mosaik-artigen
Ornamentik. Oer Rieseu-Pegasus, welcher den höchsten Punkt
sierru soll, wird dieser Tage mit Mascbioenkraft hinaufgezogen.
Uud so aebeiul es denu wirklich, dass der moderne Kunst- uud
l)iebt«*>Peg8sus die Flügel verloren, da er nur mit Hilfe der
Maechinerie io die Höhe kommk — Der Y'iceköuig von Egyp-
ten bat bei Prinz Pouiatowski, deiu Autor verschiedener Opern,
für die Festtage der Suez- Kanal -Einweihung «Ke Composition
eiuer Cantate bestellt, wozu Rugelli m Neapel den Text lieferte.
— Auber, deeseu „Premier jour de booheur" ihm und der
Op6ra comique noch fortwährend GlQckslage bringt, halte auch
einmal einen Uogtückslag — er verlor diese Woche seinen
Lieblingehuud. Wir glauben diesen Todesfall iu dieser musi-
kalische» Zeiloog erwähnen tu müsst* o, da der Hund des gros-
sen Compouisten »ach dem französischen Diapason abgerichtet
war und das a trefflich Aosugeb*n wusste. Wie manch» Säu-
ger giebt es, die das nicht können. A. v. Ce
f m I I I e I o n.
„ • Am meinem Leben.
(Eine musikalische Heise und zwei neue Opern.)
5.
UbS ifS beb« lka«a aur »otb Sie kleioaic Hilft«
»ob den* (tessgt, wu Uh Ibaen sagen nii«i
Aus Lassuig’s .rrBt** 1 »*'' W-. *•
So hatte ich denn binnen acht Tagen die zwei bedeutend-
sten Erscheinungen der damaligen Opernsaison „Tristan uud Isolde"
und „die Afrikanerin' 4 gehört. Betrachten wir nun vergleichs-
weise dies« beiden Werke, so ist zunächst Wagner's und seiner
blinden Verehrer Ausspruch tu beurtbeilen, nach welchem (um
Alles in Allem mit Einem Wort zu sagen) „die Wahrheit des Aus-
drucks“ als neue und erste HichUchuur jeder dramatischen Com-
position von ihm aufgestellt worden sei. Aber genau dasselbe
hat schon Ritter Gluck vor so und soviel Jahren in seiner dedi-
katorischen Vorrede zur Alceste behauptet, damals im Kampf gegen
den tn Paris allmächtigen Piceini und dessen Anhänger — also
vollständig berechtigt, während Wagner gegen Windmühlen kämpft.
Denn, um mit den französischen Componislen anzufangen, von
Lully und Gretri bia Auber und Gounod hinab sind sie nie iu
dem Irrthum befangen gewesen, dass dramatische Musik nur lee-
rer Sinnenkitzel zu sein brauche; was aber Gluck gesagt und
gethan, das ist für seine Pariser Nachfolger in der grossen Oper
nicht verloren gegangen und gipfelte in den Meisterwerken Me-
bul’s, Cherubini's und Spontini’s. Die italienischen Componislen
>°g
321
folgten zwar anfangs, unbekümmert um das wider sie ausgespro-
chene Analhem des deutschen Kitters, dem Beispiel ihrer Altvor-
dern. und der letzte grosse Ausläufer dieser Schule, Rossini, war
nur ein moderner Piecini — bis er sich im Teil zu emancipiren
suchte von seinen früheren, immer gleich talentvollen und doch
oft so sinnlosen Manieren. Unter seinen Nachfolgern blieb der,
meiner Ansicht nach, sehr überschätzte Uellioi zum Theil noch
dem alten Schlendrian getreu; aber sebou Douiietti schwankte,
und vollends der mit Unrecht oft verketzerte Verdi ist bereits
lange auf andern Wegen als die Legion seiner wälscheu Vorgän-
ger. Gegen wen also donnert Wagner eigentlich los? Gegen
die Franzosen, welche „die Wahrheit des Ausdrucks“ durchweg
zu erreichen suchten, ohne dieselben Mittel gebrauchen zu müs-
sen wie der Componlst von Tristan und Isolde? Oder gegen die
Italiener, welche jetzt auch von jener Operusetzkuust abgewichen
sind, deren Repräsentant früher Piccini und zuletzt Rossini war?
Oder gar gegeu die Deutschen ? In diesem Fall möchte ich doch
den Namen clues vaterländischen Compouisten kennen lernen,
der nicht unbedingt die Absicht gehabt hätte, in seinen Opern
„die Wahrheit des Ausdrucks“ Aber jeden andern Effect zu setzen
„Die Wahrheit des Ausdrucks“ ist Aller Ziel gewusen .... aber
freilich besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen Ziel er-
reichcu und Ziel erstreben; selbst weuu gleiche Wege eingeschla-
gen werden, kann ein X** (der Setzer substituire hier nach Be-
lieben den Namen Irgend eines mit sogeuanuter Kapellmeister-
muftik behafteten deutschen Compouisten) kann ein X** «lecken
bleiben, wo ein Wagner trlumphireud vorüberelit. Der Donner-
keil, welchen der jetzt am Luzeruer See thronende Jupütr toiaut
schon vor Jahren schleuderte, war vorzugsweise gegen Einen
gerichtet, uud grade dieser Eine ist derjenige, weicher die Musik
wie e* Mozart Rethen hat für eiDe Allgemeine Sprache erklärte,
und welcher unbekümmert um spezifisch französische, Italienische
oder deutsche Anschauungen mit dem Grundsatz ..»*•»«/« *ut
dem Eklektizismus huldigte, alle Kesseln der Nationalität ab-
streifte und dagegen nur das absolut Menschliche iu Anspruch
nahm: Meyerheer. Hört die Meute raseDl steinigt Ihn! Afrikaue-
rin und Don Juan io Einem Atheml Gemach, gemach, ihr Herreu.
Wie eine dialektfreie Absprache die einzig richtige ist — obwohl
selbst im provinziellen Jargon grosse Gedanken und andrerseits
auch im feinsten Styl die gröbsten Trivialitäten ausgedrückt
werden können — so halte ich in der Musik, vorzugsweise aber
in der dramatischen, die Verschmelzung der nstlonslen Elemente
als die höchste Aufgabe, eine Aufgabe, die bis jetzt nur Mozart
vollständig gelöst bat; von allen Neueren aber ist ihrer Lösung
der verstorbene Meyerbeer am nächsten gekommen. Möge man
in seinen Opern mancherlei Gemeinplätze, verfehlte Anläufe, un-
würdige Conoessioneu, mitunter sogar überspannte Forderungen
an Gesaogskuust, welche bei einem solchen Meister doppelt
achmerzeu — möge man all' diese Fehler heraussuchen
die ungeheuren Erfolge seiner Werke hat er jedoch nicht etwa
dieseu Mängeln (welchen ja trotzdem das grosse Publikum zu-
jauchzte) sonderu dem überwiegenden Vorzüge zu danken, dasa
er in einer allgemein verständlichen kosmopolitischen Tonsprache
redete. Von diesem Gesichtspunkte betrachtet, hört deuu auch
jeder Vergleich zwischen Tristen und Afrikanerin auf.
Aber bei aller Verschiedenheit zweier grossen dramatisch-
niusikallschen Werke werden doch die Ingredienzien der Oper
ewig dieselben bleiben: Handlung. Text, Musik, und iu letzterer:
Melodie, Harmonie, Rhythmus, Formation, Deklamation und In-
strumentation. Prüfen wir uuo wie diese Ingredienzien von dem
Erfinder des Kunstwerks der Zukunft, im Gegensatz zu allen
äbrigen dramatischen Componiaten, hei seinem Tristan benutzt
worden sind.
Da ist also zunächst die Handltisg, die Fabel, das Sujet
Es muss ein interessanter Stoff sein, dessen Hauptmomenten
eine lyrische Natur in wohnt, mit spannender Verwickelung und
naturgemäßer Entwickelung. Diese Forderung hat seit Metasta-
sio, dem ältesten reoommirten Opsrndichter, gewiss ein jeder
Tonselzer au seinen Librettisten gestellt; es ist noch niemals ei-
nem Compouisten in den Sinn gekommen, ein Libretto zu wäh-
len, welches diese ganz selbstverständlichen Bediogungea nach
seiner Ausicht nicht erfüllt hätte. Erfüllt sie nun etwa Wagner
im Tristau? Mir lat noch nie ein langweiligeres Textbuch vorge-
komnieo. Ein Paar, welches sich in stolzer Verachtung von Grund
aus basst, dann aber duroh einen von beiden Seiten unfreiwillig
statt des Todesbechers genommenen Liebastrank in heisser Gluth
zu eiuander entbrennt; ein im rendts -vou» überfallener und an
empfangener Verwuudung darnieder liegender lamentirender Held,
welcher von jenem Phiolenstrohfeuer verzehrt io den Armen der
ihm »aoheilenden gleichfalls sich immer noch mit dem Goldwaa-
scr der Brunst berumschleppenden Geliebten endlich verscheidet,
das Alles mag Tür einen Apothekergehülfen und Cblrurgua sehr
interessant sein uud ihren Appetit reizen ; aber für jeden andern,
der dies ganz unverschuldet sieh entgegeotappelnde Härchen lang-
sam allster bei» sieht, ist es Im böchstou Grade geschmacklos.
Die rasenden Ausbrüche tollsten LlebcsJrahnsinns und höchster
Verzweiflung nicht als seelische Zustände, sondern nur als kör-
perliche durch «Inan Llqueur erwirkte Aufwalluogen drei ewig
lauge Acte hindurch initaosehu müssen — das überschreitet tt-
cfnaow pmicam; und das SOjet.sur Afrikanerin Ist gegeu solchen
Missbrauch aller meoBobltoheu GeTühlo eine reiche Fundgrube
von wahrer Empfindung uud natürlichem Zussmmeuhaüg, trotz
seiner schon im vorigen Capltel gerügten historischen Vcrsehn,
trotz seiner ethnographischen Unklarheiten und überflüssigen Zu-
thal« n.
Der Text zur Afrikanerin — es soll Jetzt nur vou den Wor-
ten die Rede sein — ist sicher keiu poetischen Meisterwerk, und
ich zwdfl« dass Corneille und Racine sich um solche Autorschaft
gestritten haben würden; aber darum brauchte sein wirklicher
Verfasser, der alte Scribe, sioh dessen wahrlich nicht zu schämen.
Denn das Libretto enthält gesunde Gedanken, deren sprachliches
Gewand (man urihelle nicht nach der deutschen Uebersetzung)
für mehr als nur „metrische Prosa mit Endreimen** gelten darf;
es ist durchweg iu natürlieb flieasender Sprache und wobllau-
tendeu Versen geschrieben, und an einigen Stellen, wie z. B. in
der Ballade vom Adamastor, und in Selika's grosser Seblussscene
erheben sich Sinn und Wort zu wirklicher Poesie. — Und nuu
der Text zu Tristan und laolde! Wagner ist clu grosses dichteri-
sches Talent; das soll ihm niemand absprechen. Um jedoeh ein
grosser Dichter zu sein, müsste er auch guten Geschmack und
feines Gefühl heeRteo; diese beiden Eigenschaften vermissen wir
aber schmerzlich in seinen Arbeitern Für Leser, weiche das in
Rede stehende Werk nicht kennen, folgen hier zwei schlagende
Beispiele aus älterer Zeit. Wenn Lord Kockbura im Fra Diavolo
die deutsche Sprache in englischer Welse radebrecht, so will er
doch damit zeigen daß ihm die italienische Sprache schwer fällt,
deuu diese wird ja eben auf deutscher Bühne durch die deutsche
Sprache repriseulJrt ; beginnt er aber dazwischen wirklich italie-
nisch sprechen zu wollen fetr «i riporialt i miei diumantini) so
ist dies ein ergötzlicher Unsinn, über den mau lu der komischeu
Oper lacht. Wenu nun im Rienxi auf deutscher Bühne von An-
fang bis zu Ende deutsch gesungen wird, so repräsentirt natür-
lich dies Deutsch die italienische Sprache; fängt aber der Tribun
plötzlich an wirklich italienisch zu intouiren ($anio ipiriio ««»öftere)
so mag er noch so ritterlich zu Rosa sitzen .... er ist doch
nur ein verkleideter Lord Kockburn, ein Clown, der sprachliche
342
Witze reiBst und obeuein aut den Italien beheu eopafierr uucli
deutsche Beim« macht: Ehre, Heere, Meere, Wehre u. ». w. Das
nenne ich Mangel an gutem Geschmack. Und ebenso: wer im
Tannhäaser die Fürstin Elisabeth ihre langeutbehrle Sängerhalle
hegrOssen lässt mit den Worten „wie jetzt mein Busen hoch sich
hebet, so scheinst auch du mir stolz und hehr* 4 , der sündigt ge-
gen den guten Geschmack und gegen das feine Gefühl. Aber
was Bienzi, was Tannhäuser' der echte Wagner, nicht der Com-
ponisl allein sondern auch der Dichter, zeigt sich erst im Lohengrin,
und mehr noch im Tristau, und weit mehr noch in den Meister-
singern, und am allermeisten im Rheingold u. a. w. lind so
werden wir von einer Stufe der Vollkommenheit zu immer voll-
kummnerrr gehoben. Vor der Hand aber bleiben wir bei Tristan
stehn und fragen ganz erstaunt: ist das Poesie? »st das deutsch?
hat das Überhaupt einen Sinn?
Rlumeulcse aus den» ersten Akt: Befehlen lies« dem Eigen-
holde Furcht der Herrin ich, Isolde. |d. h. ich, Isolde, lasse dem
Starrkopf befehlen er möge vor mir, seiner Herrin, Ehrfurcht
haben. | Ich rufs, Du sag'» und grollten mir tausend Frau Isol-
de»». «mit dem weechen t.) Der Wunde, die ihn plagte, getreu-
lich pflag sie da. (warum denn nicht durchweg in mittelalterli-
cher Sprache? was soll <Jer eine Fetzen ?) So dank' ich Geringes
Deinem Herrn, rieth Dir »ein Dienst Unsitte gegen »«M‘ eigen
Gemahl? Sitte lehrt, wo ich gelebt: zur Brautfabrt der Braut-
werber meide fern die Braut. Aus welcher Sorg ? Fragt die
.Sitte. Da Du so sittsam, mein Herr Tristau, auch einer Sitte
sei nun gemahnt, t Hier endlich blich der Dichter sitzen —
-iha^k-, dass «s nicht in derselben Weise ein Weilchen Tortgeht.
Und solche Wortspielerei muss auch komponirt werden fl Ich
pflng der Wunden dass den Ileilgesundeti rächend schlüge der
Manu, der Isolden ihn abgewnnu. »Den Hcilgesundon , nach der
Analogie von HeilgchQlfen erster Klasse.) Des Schweigen.« Herrin
heisst mich schweigen: fass ich. was sie verschwieg, verschwieg
ich was sie nicht fasst (Wet das fasst verschweig' es nicht
End dazu Musik") Tristau 's Ehre höchste Treu! Tristan s Elend
kühnster Trotz! Trug des Hirzens, Traum dei Ahnung! Ew’ger
Trauer einziger Trost , Vergessen» gut gar Trank, Dich trink'
ich sonder Wauk. (Trockne, Trine, tragischen Trostes trübe
Thraucn etc. Unsterblicher Grünspan aus Angel) s l.ist und
Phlegma.»
Blumunlese au» dem /.wetten Akt: Wie lauge fern! wie fern
so lang 1 - wie weit so uahl so nah wie wuit! 0 Freundesluindin
böse Ferne! träger /eilen zögernde iJinge! 0 Weil' und Nähe,
hart entzweite f holde Nähe, oede Weife! (Dies ist offenbar uach-
„’ebtldef dem rheinischen Caruevalslicde mit dem herrlichen Be-
(rain; hinten vorn wie höher , ja hinten vorn wie höher.) Von
Seite 111. des ülavicrausiug» mit Isoldens Worten „in Frau Min-
ne'» Macht und Schutz bot ich dem Tage Trutz“ beginnt nun um
gar ergötzlich Wortturuei in Schimpf und Ernst zwischen Irialau
und Isolden: Objekt des Streites sind die beide»» Begriffe „Tag
und Nacht“ welche fnlgendermaaBseii verarbeitet werden ;
„Dem Tage, dun» Tage! dem tückischen Tage etc.
Könnt’ ich die Leuchte dein frechen Tage verlöschen etc.
War .« nicht der Tag. der au« ihm log etc.
Der Tag, der Tag. der Dich uingliss etc.
In fohlet» Tages Schein, wie war Isolde mein eie.
Was log der hflse Tag Dir vor?
Der Weltenehre Tagessonne etc.
Was dort in keuscher Nacht dunkel verschlossen wacht.
Von des Tages Schein betroffen lag mir'« da schimmernd offen.
Der Neid, den mir der Tag erweckt etc
0' elt'ler Tagesknecht etc
Den in des Tages falschem Prangen
Im tiefKten Herzen hell ich hasste etc.
Wenn in de» Tages Scheine etc.
Dem Licht des Tage« wollt' ich entflieh t».
Da erdämmertc mild crhab'ner Macht
Im Busen mir die Nacht,
Mein Tag war da vollbracht.
Dass dir von neuem die Nacht versank
Dem einzig am Tode Ing.
Den gab er wieder dem Tagl
Das Wunderreirh der Nacht
Scheucht' es des Tages täuschenden Schein
Doch es rächte sich der verscheuchte Tag;
Was dir gezeigt die dämmernde Naeht,
An des Tagsgestirnes Köuigsuiacht
Musstest du'» übergeben.
0 nun waren wir Naehtgewuihte!
Der tückische Tag etc
Wenn die Nacht den Blick geweiht etc.
Vor des Todes Nacht liebend erschaut etc.
Des Tages Lügen etc.
lu des Tages eitlem Wähnen etc.
Das Schrien hin zur heil'gen Nacht.“
In solchem Gequassel und Gequatsche nudelt sich das Duett von
Seite 111 des Clnvicrauszugs bis Seile 135. Vorläufig idem» die
ganze Scene des Liebespaares dauert vou Seite 105 bis 155, und
wirij nur einmal unterbrochen durch den 32 Takt langen Mahn-
ruf Brangänen«) »rhliesst es mit den schon berühmt gewordenen
SUmtuhuchversun : „Selbst dann hin ich die Welt; Wonuehehrstes
Welicn, Lieheheiiigstes Lehen. Ninwiudererwachens waholo* hold
bewusster Wunsch!“
Bluiiieuk»« au» dciu dritten Akt, uur um zu zeigen wie
Wagner die Sprache in KuiUelreimcii zu misshandeln wagt: Mit
heil erschlossenen Augen muss ich der Nacht cuttauchen. —
Dies furchtbare Sehucu, da» mich sehrt; die» schmach lewde
Brennen, das mich zehrt. — Die Wunde, die sie heilen«!
schloss, riss mit dein Schwerdt siu wieder los. — Lust ohne
Man «seu. freudiges Hasen I — Genug, genug!
Und trotz alledem . . . welche dichterische Krall ruht in die-
sem genialen Manuel welche erhabenen Gedanken fördert er mit-
unter zu Tage, und wie hat er die Sprache iu »einer Gewalt ; J«,
ich möchte behaupten das» einzelne Stellen seiner Opcrndiohtun-
gen, namentlich in der Tetralogie (Rhcingold, Walküre, Siegfried,
Götterdämmerung!, »ich dem Resten aureihen was die deutsche
Literatur aufzuuelseii hat. Aber freilich: nat Sam mizta muht.
Wagners Unglück ist. dass er sich nicht nur für den Dalai Lama
seihst hält (dies allein wäre uoch nicht das schlimmste, deriu ein
Gott kennt seine Schwächen) sondern auch für Dalai Lama s
Oberpricster in Eiuer Pcrsou, und daher jedes seiner Exrremcute
für den Ausfluss seiner göttlichen Eingehung. Was ihm iu den
Sinn und aus der Feder kommt, muss stehn bleiben, «ei es noch
so arg gesündigt wider guten Geschmack und feines Gefühl ( U -
n-ro i eripia manet.'j: die uubegräiiztc Eigenliebe beraubt ihn jedes
Urtheib über «ich selbst, ihn, der eiu so strenges Ertheif über
andre ausübt Scrihe als Poet ist freilich gegen den Biesen Wag-
oer nur ein Zwerg, aber ein proportinnirt gebauter, dessen An-
blick nie abschreckend wirkt: während am Giganten einzelne
Glieder Staunen erregen können, die ganze Figur aber den Ein-
druck de« Ungeschlachten hervorbringen muss
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Journal-Revue.
Die Neue Zeit# ehr. I. Musik schließt den Ambro» sehen Auf-
satz über „Francesco Cavalü“. — Die AUg. Mu.-ikztg. beginnt
eiueu Artikel von Hilter: „Die Coloristen". — Signale; Fortsetzung
des MuKikadrcasbucties (Wien). — Südd. Mmdkitg.: „Eine vier-
stimmige Gcbirgatour“.
Der Meuegtrel bringt die Fortsetzung des Aufsatzes „Musi«'
kalische Curiositäten“.
N a r h r i c h t e n.
Berlin. Die aus Homburg aignalisirte Nachricht vou dem
Tode des ehemals berühmten Tenoristen Hader ist erfreulicher
Weise als unwahr zu bezeichnen.
— Webers „Euryanthc" wird deiuuilchst iu thoil weise neuer
besetz u n g zur Aufführung kommen; die Partbie der Euryanthu ist
Frau Malliugcr, die der Kglauliue Fr). Brandt zugetheilt.
— Herrn Planolörtefaljrikanl K. Westermayer ist VMi
der Jury der Altonaer Ausstellung die grosse goldene Medaille
zuer kennt worden.
— Für die iu diesem Winter slAttfludtuden •> Abonnements-
Coucerte der Sing-Akademie sind folgende 3 Oratorien bestimmt
Löwe „Johann Huss“, Handel „Josua“ uutl Mendelssohn „Paulus“.
— Der Robert H ad ecke sehe Gesangverein wird Jean Vogts
ruhmlichsl bekanntes Oratorium „Die Auferweckung des La/a-
rut“ zur Aufführung bringen und haben die Proben dazu I* reite
begonnen.
Baden-Baden. Die Vermählung von Fräulein Julia Holm*
mann mit dem Grafen Vittoria BadieaJi de Marmorilo hat am
22. d hier »tattgefimden.
Breslau, Goncert am 25. d. von Fenl Hilter (Vorträge
eigener Conipositioncn) unter gütiger Mitwirkung der FrAulcina
Seherbel und des Couccrtuieteters LOstner: Drifte Sonate
Op. 78, Moderne Suite, 1 Studien für Piano uud Violine, Stin ke
«ui« der „Operette ohne Text“, Clavler und Gesaugsoli, sowie
Duette für 2 Fntuciislimuuu.
— Aufführung der Hretdauischnn Singakademie: Actus tragi-
cus vou 8, Harh und He«|iiieni von Mozart.
Drenden Der König von Sachsen hat, iu echt fürstlicher
Munillzenz bestimmt, dass alle Contracte der Mitglieder des Hof-
theaters in voller Kraft bleiben, uud die vollen Gagen uaeh wie
vor gezahlt werden. Das Personal ist vorläufig auf 2 Mortale
beurlaubt, der Han eines interimstheaters soll sofort begiuneu,
ausserdem aber auch die Raume des jetzigen Ntsumller 'sehen
Theaters für Vorstelluuguu eingerichtet werden.
— Durch den Brand des KOuigl Huf-Theater« sind schwere
Verluste herheigefflhrt worden. Bei der rasenden Schnelligkeit,
nid welcher da« furchtbar« Klemmt um sieh griff und Altes, was
das herrliche an architeetonisrhem Sdinmrke und andern Kttnst-
und Sammelst hätzco in sieh barg, verzehrte: bei der Ulutb,
welche in kurzer Zeit die Brandstätte für Jedermann unnahbar
machte, ist au ein eigentliches Ketten und Bergen von Gegen-
ständen kaum zu denken gewesen. Glücklicherweise befanden
«ich die Bibliothek und das Musikalieuarchiv, sowie Decorntioncu
und Garderobe nicht im Thealtrgt-haude. bis auf wenige Stücke
sind Rollen und Noten vom l (Hergänge bewahrt geblieben. Was
aber an Materialien und kunstachätzeu iu iinurm reichhaltigen
Musciitcnipel enthalten war. ist auch Allen vernichtat und der
Gcsniniutverlu*! wird wohl nicht zu hoch auf (ine Million veran-
schlagt. Die zum Tagesgebrauchc gehörigen musikalischen In-
strumente der Ktinigl. Kapelle hefandeu sich, da zum Abend eine
Opernvorstcllung angeselzt war, glücklicherweise bei eit.« im Or-
chester uud aiud, wie wir hören, unter hüliroichef Mitwirkung
einiger Mitglieder der Köcugl. Kapelle fest sAoimUich gerettet
worden: »ino Anzahl anderer lustrumente aber, die sich in der
lasirumculenkamiuer befanden, namentlich einige Hörner uud
Contrnbfts&e, unter letzteren ein altilalienischer dreisaitiger vou
vorzüglicher Dualität, wurden leider ein Raub der Flammen.
logen. Couccrt von Hugo Dauhect: Serenade Op. 8 von
Beethoven, Impromptu Op. 112 Nu. 3 vou Schubert, 15. Psalm
von MercelJo. Lieder von Schumauu uud Rubin stein, Variationen
für Clavier uud Cello von Mendelsnohn, Polonaise für Piano und
Violoncello Op. 3 von Chopiu etc.
Homburg. Die Saison der italienischen Oper ist aiu 21. d.
geschlossen worden.
Leipzig. Zwei Erscheinungen, welohe besondere» Interesse
erregen, sind im, Verlage von C. f. Kaimt hier erschienen. La ist
dies eine Missa choralis von Liszt und ein Clavier-Trio von Speidel
— In 1 . Gowandhaueeoueeri wird sieh Frau Normuu-Ne-
ruda. die berühmte Violinspielerin, hörea lassen. Für das 2t»-
Concert ist der treffliche Cellovirtuos Herr Jules de Swert ge-
wonnen, welcher zwei Cello-Concvte von Schumaun und Eckert
vortragen wird. Der Künstler hat hier seit mehr« r< n Jahren nicht
gespielt, und ist mau bei dem grossen Rufe, der .fetzt Herrn de
Swert voran gehl. begierig, ihn tu höreu. — An Stelle des Herrn
Ja d ««Polin, der die diesjährige Directlou der Euterpe-Concerto
Abgelehnt hat, tritt Herr Volklnud aus Sondcrshauseu. Letzterer
w ar bis jetzt fürstlicher Muslk-Dlrector in Souderahauseu uud ist
ein guter Clavicrspielcr. — Die Herren MiJitairkapellmeisler Saro
und Hossberg concertiren mit ihrcu KapcUeii hier und erfreuen
sich ihre Coucerte eines recht zahlreichen Bettuches.
— Wagner s „Hienzi“ ist am 15 d. hier mit Beifall in tSeeiie
gegangen.
r ) Mönchen. Die Neue Fr. Presw schreibt über die' am 22. d.
statt gehabte erste Aufführung von Wagner’» „Rheiugold“ folgen-
des: Eben komme ich von der ersten Aufrührung der Oper „Das
Rhein gold“ vou R. Wagner. Der König hatte derselben vom Alt*
lauge bis Ende altgewohnt. Für seiuen Math, die Oper trotz de»
Widerstreben» Wagner s gehen zu lassen, wurde er b«i «einem
Eintritt iu die Loge mit stürmischem Beifall empfangen; dadurch
war es zugleich unmöglich, dass »ich das Publikum wahrend
der Vorstellung über die einzelnen Serenen au »sprach, weil hei
uns noch immer da» alberne Ccrnmoniel Geltung hat, da«», wenn
eiue Majestät oder dergleichen empfangen wird, der Kunst jede
Beifnllshezeiigung vorenthnllen bleibt. Erst am Schlüsse der
Oper, wo «ich der König auffallend rasch au« dem Hause ent-
fernte, war es dem Publikum möglich, zu Worte zu kouiimu.
Die Maschinerien hatten regelrecht uud uutadelhaft ihre Dienste
geleistet, uichta halle versagt, weder eine Verwandlung noch der
vidhesprocheuc Regenbogen, auf welchem die Götter HAch Wal-
halla wandern, die Sänger und da« Orchester hatten ihre Pffinht
gethau, Hofkapelhneiater Wöllner, dem die Dirertion der Oper
anvertraut war. halle die ihm übertragene schwierige Aufgabe,
die iu den Männerparthien fast völlig neu besetzte Oper binnen
H Tagen zur Aufführung reif zu machen, mit Ehren gelöst, also
Grund genug, dass, nachdem der Vorhang sich gesenkt hatte,
ein Theil de» Publikums zu applaudiren begann; ein anderer
widerstrebte zwar, doch der erste siegte, uud so traten denn die
Säuger gerufen vor den Vorhang. Al» die» geschehen, war dei
Begeisterung genug getiiau, und .Vlies strömte aus dem überfüll-
ten Theater- Das war der Erfolg der ersten Aufführung des
„Rheiugold“. Ara Kreiteg und Sonntag soll die Oper wiederholt
werden.
Nürnberg. Frau Grün ist hier zum ersten .Malt im „Robert“
*1« Alice aufgetrelen uud hat einen durchgreifenden Erfolg gehabt
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324
Salzburg Da« am 23. d. stattgehabte Mozarteuma-Concert
bot folgendes Programm: Vorspiel zu den „Meistersingern“ von
Wagner, Rituale aus „Rosamunde“ von Schubert, Ciaviereoocert
(E-moll) von Chopin (FrAuleln v. Christoffj und Walpurgisnacht
von Mendelssohn.
Brfiaael. Das Programm dea grossen Festival, welches am
28. 29. und 30. d. stattfindet, ist nun definitiv folgendes: 1. Tag:
7. Sinfonie in A'dur von Beethoven und „Messias“ von HAndel.
2. Tag: Coneert-Ouverture von F4tis, Ave verum von Soubre,
Musik zu den „Ruinen von Athen“ von Beethoven und „Lucifer 44 ,
Oratorium von Benoit. 3. Tag: Ouvertüre zu „Genoveva“ von
Schumann, Arie und Scene mit Chor aus „Orpheus“ von Gluck
(Frftulein Wertheimberl, 4. Violiuconcert und Ballade und
Polonaise von Vieuxtempa (Herr Vieuxtenips), Arie aus „Oedl-
pus“ von Sacchini, Fragmente aus der 5. Sinfonie von Samuel,
Arie aus „Freischütz“ (Madame Saas), Friedenshymne vom Herzog
von Coburg, Festouverture von Lassen, 2. Ciaviereoocert von
Dupont, Arie aus Gounod's „Faust“ (Madame Saast und Halleluja
aus dem „Messias“ von HAndel. — Der Pianist Wieniawski
wird sich nächsten Monat iui „Cercle artistique“ hören Isssen.
Rotterdam Die deutsche Oper hat nach dem „Freischütz“
die Opern „Faust* 4 , „Martha“ und „Don Juan“ gegeben. Orchester
und Chor Uesseu viel zu wünschen übrig, dazu vergriff Herr
Sabr oft die Tempi, so dass man im ganzen nicht sonderlich
erbaut war.
Petersburg. Am 1. d. wurde die russische Oper mit Glinka a
„Leben für den Czaar“ eröffnet. — Eine Aufführung des „Faust 44
von Gounod in russischer Sprache wird am Marien -Theater vor-
bereitet — Die italienische Oper wird am 1. November ihre Sai-
son beginneu. Für Frau Lucca sollen die Schwestern Marchi-
sio engagirt sein.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Nova-Sendung No. 7.
von
UD. BOTE & G. BOCK
| K. Bork). KOnigl. Hof-Musikbandlung.
Berlin und Posen. rblr. Sgr.
Apitlns, C. Op. 36. In Liebchens Arm. Polka f. Pfte. — 7)
— Op. 37. Der Zeitgeist. Walzer f. Pfte — 12)
Arndt, C. Op. 50. Schlittenfahrt. Polka f. Pfte ... - 7*
Flügel, F. 26 kleine Tonstücke für d. Pianoforte im
Umfang einer Quinte auf den 7 Tonstufen —15
Frults dea Opera** Collection des Potpourris pour
Piano et Violon ou Flüte.
— No. 12. Offenbach, J. Die achöue Helena f. Viol. u.
Piano — 15
— Dasselbe für Flöte u. (Piano — 15
— No. 13. Offsaback, J. Die Groseherzogin von Gerol-
stein für Viol. u. Piano — 20
— Dasselbe für Flöte u. Piano — 20
— No. 14, Offenbach, J. Blaubart f. Viol u. Piano . . — 20
— Dasselbe für Flöte u. Piano — 20
— No. 15, Offanbach, J. Pariser Lehen f. Viol. u. Plano — 22}
— Dasselbe für Flöte u. Piano — 22}
Graff, J. Valentine. Mazurka äfoganto pour Piano . . — 17}
Helnadorff, G. Op. 101. Magdalenen-Polka f. Pfte. . . - 7J
— Op. 103. Gretchen-Polka f. Pfte — 7|
— Op. 104. Rheinländer - Polka. Arndt, C. Üp. 47.
Mein und Dein. Polka-Mazurka f. Orch 1 224
— Op. 104. Agnea-RbeinlAnder-Polka f. Pfte — 7|
üennig, C. Op. 73. Die Engel der Mensehen für eine
Alt* oder Baritonstimme — 5
— Op. 74. Das Mutterherx für eine Sopran- oder Tenor-
Stimme — 6
Hermann, Ed Op. 12. Eieouoren-Polka f. Pfte. . . — 7}
— Op. 35. Schlesische Lieder von Bilae für zwei Zithern
übertragen — 25
Hompesch, «. F. Op. 4. Cavallerie-Marscb für Piano-
forte zu 4 HAnden — 12J
Kielrzewakl, A. Knthi-Polka f. Pfte — 7J
Robbe. H. Op. 10. Drei Lieder f. 1 Siugatimme . . — 7)
Laaer. A. B. v. Zwei Lieder f. 1 Singstimme
No 1. Mit dir zu sein — 5
• 2. Einst und jetzt — 5
— ClArchens Lieder: Freudvoll und leidvoll I __
» Die Trommel gerührt f
I.cufncr. A. Op. 61. Princesse-Quadrille f. Pfte. ... — 10
— Op. 62. Oreaden-Galopp f. Pfte — 7)
Thlr Sgr.
Mayer, E. Op. 29. Sonate iD-molh für Piaooforle und
Violine 2 5
Offenbart), J. Die Grosaberzogin von Gerolstein. Buffo -
Oper in 4 Acten. Klavier-Auszug zu 2 HAnden ... 2 —
Pfeffer, C. Abendläuten, f. 1 Siugslimine — 7}
Polesynski, B. Mazourka champAtre pour Piano . — 10
Rolke, A. 0 wo in thrAneureicher Nacht. Lied für
1 Singstimme — 7|
— Wie, wie hab' ich dich so lieb. Lied f. 1 Singstimme — ?)
Rommel, J. Duo pour Piano a quatre inams aur PAri-
chole (VOffenbach — 20
— Remtniscences de ia Messe solennelle de Rossini pour
Piano. S I. . . — 90
— do. do. do. Sw II. . . — 20
Behlotlmana, L. Op. 23. Ouvertüre zu „Walleustein’a
Lager 44 für Pianoforte zu 4 HAnden 1 2)
Sering, F. W-, Op. 63. MorgeustiUe für 2 Singstimmen
mit Pianoforte-Begleitung — 12}
— Op. 64. Am Waldteich für 2 Singstimmen mit Piano-
forte-Begleltung — 15
ftlngelee, J. B. Op. 116. Le premier Jour de bonlietir.
OpAra de Auber. Fantasie pour le violon avec aoeom-
pagnemeut de Piano — 25
Vlgny. L v. Vier Mazurkas für Pianoforte. No. 1 . . — 10
— do. do. - 2 . . — 10
— do. do. • 8 . . — 7|
— do. do. - 4 . , — 10
Wkniawskl, Jos. Op. 14. 8 Komances «ans parolea
pour le piano. Cab. 1 .—25
— do. do. * 2 - 25
WOernf, H. Op. 53. Intermezzo für Streichinstrumente.
Arraog. f. Pfte. zu 4 HAnden — 10
— Op. 54. Symphonie (D-mollf. Partitur . . . . n. 2 —
Collection des oeurres classiques et modernes.
Beethoven. L. v. Streich-Quartette für Violine and Piano
eingerichtet von A. Grünwald Op. 13.
No. L Op. 18. No. 1, (F-dtirr 13) Bgn.
• 4. Op. 18. No. 4. (C-moilt 10
- 6. Op. 18. No. 6. (B-durj .... 10
- 7. Op. 59. No. 1. (F-dur) 17}
• 8. Op. 59. No. 2. (E-molh 14}
- 9. Op. 59. No. 3. (C-dur) 14)
• 10. Op. 74. iE§-dur) 13}
Hummel. J. N. Op. 85. Concert A-moil f. das Pfte. 12|
— Op. 107, Bagatelle« pour Piano 10
— Op. 120. La Galante, Rondeau agreable et brillant
pour Piano 3
Verlag von Ed. Bote 6 6. Bock <E.8ock), König!. Hofmusikhandlung in Berlin, Französische Str. 88a. und U. d. Linden No. 27.
Druck »i»o C. P. fc -hti idl ia 8-rtia L’alrr drn Lind»r No SO
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Von di«»«r Zfil'in* «fuchti»» will lirutlicb
»ms Nuinnier
6. October 1869,
XXIII. Jahrgang m 40.
Zu beziehen, durch:
WIEK- Sjiina. lljmlinger.
Paris. firkndu« iV Uufoor.
10 ID 0 I. .VovkIUi, Kwer & Co H*ana»i>d \ C«.
St PETERSBURG M H»rn«r4
STOCKHOLM A. Lumiquikt
N E U E
MC V. TORR I **• *«hi ruM,r -
il&W-IUIUV. j .»„„len, Marteit«.
BARCELONA. Andre« Vitjal.
WARSCHAU. U(b«*bo«r ,V Wollt.
AMSTERDAM S*]fff*rdt'»«he Butlih»rnlluB*
1A1UID. J Ricordi F Lne«i.
BERLINER
gegründet von
unter Mitwirkung tlieoretisdier
Onstav Bork
und practisclicr Musiker.
Rfntfllanien nehmen m»
io Berlin; E Bote 4 6. Book. FrnnzBs.Slr.S9e,
U. d. Linden Nr». 37, Posen, Wilbelmstr. No. 31 ,
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de.« In- und Auslandes.
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werden unter der Adresse; Rcdaclion
der Neuen Berlioer Musikzeitung durch
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Preis der einzelnen Nummer 5 Sgr.
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{jährlich 5 Thlr. . mit Musik-Prämie, beste-
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Inhalt. - B»rlin, Anw — C*rr*«|Mli 4 eaieo «>i« Brrttien, Oread«« und Pari*. - feniUtlut»: Attn Mftn'in Lebrn. Vf. «na II. Um. -
Jntjri.ul-Ii^va'. — \»r|iftr|i‘pti. — fn-ora!e
R e c « n § i o n.
£vend»en, Johann S. Op. 4. Sinfonie |D-durl filr
Orchester. Partitur. Leipzig. E. W. Fritzsch.
Das vorliegende Werk ist eine überaus fleissige Ar-
beit, der«» Anfertigung dem Verfasser gewiss manches Kopf-
zerbrechen. manche mühevolle Stunde gekoslet hat. Aber
gerade dies ausserordentlich überlegte, ausgeklügelte We-
set», das überall zu Tage tritt, sowohl in der Themen- und
Melodiebildung, als in der Polyphonie, in den conlrapunkti-
schen wie in den instrumentalen Combinalionen, hemmt bei
dem Autor den freien Aufschwung der Idee, hei dein Hörer
die Empfänglichkeit für das Gebotene, Dem Letzteren tritt
soviel Verslandcsnrbeit entgegen, dass er kaum zu unbefan-
genem Genüsse gelangen kann. Dazu gesellen sich zwei
Uebelslände: die Schwäche der Themen und das (Jeher-
maass des Gebotenen. Das Hauptlhema des ersten Salzes
ist wohl das beste der Sinfonie, erinnert aber allzu sehr
an Schubert*» C- du r- Sinfonie; das zweite:
: i * I e,c -
n/ *“
ist eigentlich nur eine Phrase, der weder melodischer Reiz
noch contrepimklische Verwendbarkeit inne wohnt. Die er-
sten vier Tacle des Andanles heben viel versprechend an:
verlieren sich dann aber in allerhand barocke Melismen mit
curioser Harmonie verbrämt. Die zweite Melodie entbehrt
Tür mein Gefühl aller Prägnanz; sie lautet;
Mit solchem Material lässt sich schwer etwas Gutes schaf-
fen. Das erste Tinallhema beginnt wiederum nicht Obel,
schweift jedoch vom fünften Tacte an in so absonderlicher
Weise ah. dass das Gedflchlniss des Hörers sich vorgeblich
ahmüht, es fest zu finiten :
Alto lMO>,
*
Das zweite Thema ist mir ganz unbegreiflich in seinem
hArmonischim Zusammenhang« :
Das Allegretto scherzando zeigt sich zwar in seinem ersten
Thema wenig sclbslslondig, bietet mit demselben aber tüch-
tiges Material für die Verarbeitung:
ete.
Das zweite Motiv ist origineller und dabei auch charaktervoll:
40
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326
Hier ist es dem Componislen gelungen, einen wenn mich
etwas zu weit ausgesponncnen doch im (Jebrigcn vortreff-
lichen Satz zu schreiben. Der Hau dieses Stückes ist höchst
kunstvoll und so zu sagen eine canonische Fundgrube, wie
denn überhaupt in der Hand des Verfassers Alles sich ca-
uonisch gestaltet. Solche Kunstfertigkeit ist. zumal wenn
sie mit dem Beize des Woblklanges gepaart sich zeigt, ge-
wiss ein grosser Vorzug. Wenn nur von diesen guten
polyphonen Dingen nicht zu viel geboten würde. In dem
erwähnten Allegrelto wciss Herr Svendsen am besten Maass
zu halten. Jedenfalls fesselt er das Interesse des Hörers
bis zum Schlüsse des eigenthümlichen Stückes und beweist
dadurch, dass er das an den andern Sätzen Getadelte auch
vermeiden kann. Ich bin um so mehr der Meinung, dass
Herr Svendsen in der Folge mehr Empfundenes und Maass-
volleres bieten wird, als die Opuszahl 4 auf dem Titel sei-
ner Sinfonie auf eiuen noch jugendlichen, entwickelungsfä-
higen Musiker schliessen lässt. Für ein Opus 4 aber ist
die Svendsen’scbe Sinfonie nach gewissen Seilen bin merk-
würdig fertig; die Polyphonie, ('.ombination und wenn auch
nicht immer schöne, doch gewandte und durchdachte Be-
handlung des Orchesters verratlien weit eher einen alten
grübelnden Meister, als einen Kunstjflnger. Nun es führen
der Wege viele zum Ziel. Herr Svendsen besitzt, was An-
dere sich erst viel später zu eigen machen. Möge er das,
womit Andere beginnen: wohlgegliederte natürliche Melo-
dik und Harmonik und knappen, fliessenden Satz, sich iin-
eigueti, dann werden sich seine ('ompositionen uneinge-
schränktere Anerkennung gewinnen, als ich seiner Sinfonie
zu zollen vermochte. Um dem Verfasser aber verständlich
zu sein, wenn ich von natürlicher Harmonik spreche,
gehe ich noch ein Beispiel aus dem ersten Salz der Sin-
fonie. welches für mein Gefühl unnatürlich, daher auch
unschön in der Harmonio ist. Fs findet sich auf Seite 8
der Partitur, später transponirt auf Seite 40 und lautet
folgonderinaasseu :
Richard W fl erst.
fleriin.
Hern e.
(Königl. Opernhaus.) Die verflossene Woche bol des In-
teressanten genug. Nachdem am 28. September der stets gern
gesehene „Fra Diavolo“ mit Frau Lucca und Herrn Nie-
mann seine Honneurs gemacht, fand Tags darauf das erste
Wiederauftreteo der Frau Harr iers- VV ippern als Agathe
im „Freischütz" statt. Das volle Haus begrünst? die Künstle-
rin in der herzlichsten Weise mit minutenlang anhaltendem
Beifall, während Bouquets von wunderbarer Schönheit und un-
gewöhnlichen Dimensionen die Bühne bedeckten. Selten —
das gestehen wir gprne ein — war eine so glänzende Ovation
auch zugleich ein» so vollkommen verdiente. Hat doch Frau
Harr iers ihre Laufbahn hier begonnen und dem Publikum
durch ihre prächtige Stimme und durch unausgesetzten Fleiss
stets Anlass zur Zufriedenheit gegeben; und war es doch in
Folge ihrer Pflichttreue, «lass — indem sie nach überstande-
nem Anfalle von Diphteritis zu früh sang — die Stimme lei-
dend wurde und einen längeren Aufenthalt im Süden nölhig
machte. Es war denn auch ein banger Augenblick, als der
Beifall endlich schwieg und das Duett mit Aenochen begann.
Frau Ha Triers erschien auch jetzt noch als Reconvalescentin;
sic vermied es, die Stimme anzuapannen, die hohen Töne wur-
den mit grosser Vorsicht eingesetzt; so klang die Mittellage
etwas körperlos, der Höhe fehlte der frühere Glanz; im Piano
erkannte mau den süssen Wohllaut, wenn auch noch nicht
ganz die Weichheit wieder. Es wäre unmöglich, von der er-
sten Leistung einer Stimme, die anderthalb Jahre lang pausiren
musste , Schlüsse auf ferneres Wirken zu ziehen; sicher war
die innere Bewegung der Sängerin eioe mächtige und auf Ton
und Vortrag ein wirkende. Wir wünschen der Künstlerin eine
baldige vollständige Genesung. — Am 30. zur Geburtstagsfeier
I. M der Königin — nach einem Prologe von Auguste Kurs,
gesprochen von Herrn Berndal — ueu einstudirt Gluck’s „Ar-
mide". Seit 1863, dem Abschiede der Frau Köster, hatte das
Werk geruht; der diesmaligen Aufnahme nach zu schliessen,
dürfte es während der Saison manche Wiederholung erleben.
Das ist ein überaus erfreuliches Ergebniss, da bei dem Mangel
an wirksamen Opero-Novitlten die Gluck'schen Opern, als am
wenigsten gekannt, die Wiederbelebung am meisten verdienen.
Neben den musikalischen Schönheiten, die in dem tief ergrei-
fenden Finale des dritten Actes ihren Höhepunkt fludon, bietet
„Armide" von allen Gluck'schen Werken auch die meiste thea-
tralische Abwechslung in der Hondlung wie in den verschie-
denen Stimmungen, um auch auf das grosse Publikum die
iiötbige Anziehungskraft auszuüben. Die Aufführung war eine
ebenso sorgfältig vorbereitete als überwiegend gute. Die mu-
sikalische Leitung des Herrn Kapellmeister Eckert, die schön
ausgestatlete Scenerie des Herrn Hein, Orchester und Chöre
verdienen zunächst das grösste Lob. Die Armide der Frau
Voggcnhuber überlraf bei weitem unsere Erwartungen;
fehlt ihr auch vorweg der Styl, die erhabene Plastik für diese
Gattung von Charakteren, so besitzt sie doch mehr als viele
andere Sängerinnen die kraftvollen Mittel zur Durchführung;
und der sichtlich verwandte Fleiss, wie das Streben sich soviel
ab möglich von den zugespitzlen Accenten der modernen gros-
sen Oper fern zu halten, sind gewiss zu schätzen. Die Sän-
gerin bol sogar Einzelheiten, welche das Schablonenhafte der
Oberflächlichkeit abgeslrrilt hatten und von Innerlichkeit Zeug-
nis ablegten, — Der Rinald des Herrn Nie mann erinnerte
in der Gestaltung gar sehr an seinen Achill in der „Iphigenie“;
wie dieser war auch jener imposant aber doch zu moderni-
sirl; im Ganzen aber eine hoch interessante, durch Ritterlich-
keit fesselnde Figur. Gesanglich gelangen ihm natürlich die
kräftigen Zöge besser als die lyrischen Momente; in den letz-
teren bedient sich Herr Niem nun für die unbequem hoch lie-
genden Strlleu eines nicht jederzeit wohlklingenden Falsetts.
Dass das Publikum eine besonders schwungvoll vorgelragene
Stelle im Introductions-Duelt des zweiten Actes da capo ver-
langte (ein Verlangen, welchem der Sänger nachknin) zeigte
doch, wie wenig das Auditorium das Wesen der Gluck'schen
Compositiousweise, welche die Oper von dem Flitter werk der
Virtuosität und seinen Wirkungen zu reinigen strebte, zu wür-
digen versieht. Wir würden der General-Intendanz zu Dank
verpflichtet sein, wenn sie ein für alle Mal den Sängern Abends
die Repelitiouen untersagte und dies dem Publikum bekannt
machte. Sehr brav waren Fräulein Brandt als Furie der»
Hasses, die Fräulein Hör ins und Tremmel als Begleiterin-
nen Armidens, die Herren Betz (Hydracl), Salomon (Aronl|,
Lederer (Arlemidor), Krause (Ubald), Krüger (dänischer
Ritter). Dagegen vermochte Fräulein Grosai (Najade und
Digitiza
y Google
327
Lucinde) sich wenig in den Vortrag Gluck’scher Musik zu lin-
den, des klang Alles — abgesehen von der oft unreinen Into-
nalion — so lecthineiciseig unbedeutend. Das Publikum lies«
es an lebhaftem Beifall und Hervorruf fOr die Darsteller nicht
fehlen. — Den Schluss der Woche bildete ein 2. Auber’s gra-
zulsoa Werk „Der schwarte Domino", in welchem Frau Luc ca
zum ersten Male die Angeln gab und einen glänzenden Erfolg
errang Wir haben es Afters ausgesprochen, dass unserer An-
sicht nach die Stimme der Künstlerin , deren dunkler sonorer
Timbre für die tragischen Accente wie geschaffen erscheint,
sich dem leichten Tonspiel der komischen Oper nicht ganz füg-
sam zeigen will, dass das Ton- Volumen zu gehaltvoll ist für
die leicht hingeworfene Coloratur. Die Parlhio der Angela ist
überwiegend lyrisch-sentimental und dieser Umstand war der
Gesangs weise unserer Künstlerin überaus günstig ; gerade die
Momente, in welchen die Stimme durch getragene Cantilenen
wirken kann, wie im 1. Act das Couplet b»;i dem schlafenden
Massarcna, der Anfang des folgenden Duetts, ganz besonders
aber die reizende Stelle vor dem Abgang im 2 Aclo brachten
den grössten Effect hervor und der Künstlerin rauschenden
Beifall. Dass das Castngneltun - Couplet stürmisch zur Repeti-
tion verlangt wurde, ist bei der Popularität des Stückes fast
selbstverständlich. Somit hat Frau Luccs eine neue Parthie
gewonnen, deren Wiederholungen das Haus nicht weniger fül-
len werden als jene tragischen Parlhieu «— Selika, Valentine —
welche die Künstlerin auf der Höhe ihres Talents erblicken
lassen. Das Ensemble der Auber’schen Oper durch die Herren
Krüger, welcher namentlich seine Romanze im 2- Act sehr
volubil und empfunden sang. Woworsky, Bost, Salomo n
und die Damen Gross i und Gey war lebendig und aospre-
rhend. — Am 3. wurde „Armide“ wiederholt. d. R.
C o r r e t« |» o ii «1 e ii z e n.
Bremen. Ende September 1809.
Das alljährlich am Dank-, Buss- und Beilage in der Doni-
kirche stattßndende Conccrt des Domchors erfreute sich euch
diesmal eines zahlreichen Besuches und nahm in seinen man-
nigfaltigen Vorträgen einen befriedigenden Verlauf. Die Iheil-
weise recht schwierigen Chorsätze ohne Begleitung wurden si-
cher und klangvoll, meist mit wohlangebrachler Schattirung
ansgeführt und gewährten in ihrer zweckmässigen Aufrinander-
folge eine erwünschte Abwechselung. (Choral: „Nun lasst uns
gehn und treten." „Agrius Dei" für Männerstimmen von B.
Klein, „Miserieordins Domini No. 1" von Franteska Durante,
Psalm 91. „Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzet“ von
fiiacomo Meyerbeer, (erste Hälfte) „Herr, wenn ich nur Dich
habe" von J- Mich. Bach, „Beati morluis" für Männerstimmen
von F. Mendelssohn - Bartholdy, „Lobt Gott den Herrn“ von
Andr. Romberg und als ein höchst wirkungsvoller Schluasatz
F. Mendelssohn*« Bslimmige „Ehr® sei Gott in der Höhe (Mu-
siea sacra Band 7). Nebst der Passacaglia von J. Seb. Bach,
welche von Herrn Musikdirector Rein Ihn ler auf der Orgel
meisterhaft wiedergegeben wurde, gewährten die dem Pro-
gramm eingefügten Solovorlrlge der Herren Franz Krolop
und Jul. Cabisius in ihrer Vorzüglichkeit einen gesteigerten
Genuss. Während Herr J. Cabisius in zwei Cellovorträgen
(Romanze von F. Mendelssohn und Andante von G. Goller-
mann) sich als längst bewährter Meister auf seinem Instru-
mente vortheilhaft in Erinnerung brachte, erzielt® Herr Fr.
krolop, der mit Recht gefeierte Bassist unserer Oper, in Rein-
thalcr’s stimmungsvollem Liede: „Komm Trost der Well“
durch wohldurchdachlen edlen Vortrag und seine imposanten
Stimmmittel einen ausserordentlichen Erfolg. — Abends zuvor
veranstaltete der Organist Biermann wie gewöhnlich in der
St. Ansgarii- Kirche eine musikalische Vesper in verschiedenen
Solovor trägen für Instrumente und Gesang, welche durch einige
unserer vorzüglichsten hiesigen Künstler , Herrn Rakemann
(Clarmette), Herrn Musikdirector Zech (Flöte), Herrn Wein-
gardt (Cello) und Herrn Thateo (Posaune), bestens unter-
stützt wurde, wi® nicht minder in den Gcsangnummern durch
Fräulein Schrot ter von hiesiger Oper und namhafte Dilet-
tanten — Die kurz nach Beginn der Saison eiugeführte .tie-
fere Orchesterslimmung fand zuerst in DonizeUi'a „Regiments
loch ler“ Anwendung. H. Kurth.
Dresden im Monat September 1809.
Der Ihnen jüngst gemeldete Conflicl der Hoftheatcr-Ioten-
danz mit dem Herrn Miller würze r hat dahin seine äussere
Erledigung gefunden, dass man diesem Sänger für die Zukunft
nur noch 5 Rollen überlassen will. Unter diesen Rollen sind
indessen nur der Almaviva und Piziarro nennenswert!), und da
erstercr Jugend und letzterer einen grossen Fond von Stirnm-
tnalerial beansprucht, so will es mich bedüukeu . als ob diese
Art von Beschränkung des genialen Künstlers doch eine etwas
seltsame Basis zur Ursache haben muss. Hätten wir hier
wirklich schon genügenden Ersatz gefunden, so wäre dieses
Verfahren wenigstens lusserlich gerechtfertigt, aber unser®
jüugern Kräfte heüuden sich noch all zu sehr im Stadium der
Entwicklung und um so mehr ist also Grund genug vorhan-
den gerade ihnen ein würdiges Vorbild so lange als möglich
zu erhalten. Io vergangener Woche trat nun Herr Mitterwur-
zer zum letzten Male in der Rolle des fliegenden Holländers
auf, eine Leistung, die gewisslich so leicht keinen bessern Ver-
treter finden dürfte. Das Haus war bis auf den letzten Platz
gefüllt, die Auszeichnung des Künstlers von Seiten des Publi-
kums eine der allgemeinen Verehrung entsprechende. Dies»*
Rolle geht nun auf den Herrn Degclo über. Dass uns auch
Frau Jauner-Kral! für die hiesige Bühne verloren geht, haben
Sie bereits gemeldet und damit entschwindet uns abermals
eine Kraft, die in unserer Zeit sehr schwer zu ersetzen ist. —
Unsere Böhne schafft nun wieder mit eignen Kräften, die vielen
Gastspiel® haben im August ihren Abschluss gefunden. — Neu
einstudirt kam noch jüngst Gluck's „Armida“ zur Aufführung.
Meyerbeer’s „Hugenotten“ uingen ebenfalls wieder über din
Bühne und die „Meistersinger“ machen Dach wie vor voll®
Häuser. Nächster Tage findet noch ein Kirchenconrert »lat
und zwar unter Leitung des Hoforganisten Bert hold zum Besten
der Verunglückten im Plauen'schen Grund. — Einer Ihrer
werlhen Milarbeiter brachte in einem Artikel jüngst die Bemer-
kung, dass sich der Sänger Schnorr von Karolsfeld in Folge
der Aufführung der Oper „Tristan und Isolde“ vor mehreren
Jahren und der dabei gehabten übermässigen Anstrengungen
ein Nervenlleber zugezogen habe und daran gestorben sei. Ich
kann Ihnen die Versicherung geben, dass Schnorr’« Krankheit
(Gelenkrheumatismus) von einer Erkältung herrührte, welcher
der Künstler, der ohnedies an Fettsucht litt, keine entsprechend®
Lebenskraft cnlgegenzuselr.cn vermochte. A. F.
Paris, 2. Octnbcr 1809.
Der Direclnr des Theätre lyrique, Pasdeloup, von seinem
Unwohlsein wieder bergest eilt, invilirte gestern die Vertreter der
Pariser Presse in einem besonderen Schreiben zur fünften Vor-
stellung der Oper „Le dernier jour de Pompeii" von Jnncieres,
da die erste derselben unter „ beklagenswerlheu Umständen“
stattgefunden habe. Es ist nicht zu verkennen, dass die Oper
durch die mittlerweile vollzogenen Kürzungen gewonnen, wenn
40 *
328
mich (Jas Unlogische des Opern texte». und insbesondere der
entstellte Charakter der Hauptperson „Nydia" dadurch nicht
besser geworden. Üer Componist, der schon durch eine frü-
here Oper „Sardanapale“ zu guten Hoffnungen Anlass gegeben,
hat dieselben nur tuin Theile in der Ouvertüre, im ersten Act
und im zweiten Finale des neuen Werkes gerechtfertigt. Der
vocale Theil dieser Oper ist dem orchestralen überlegen, in
welch’ letzterem Fülle und Klarheit mangeln. Obwohl die dies-
malige Aufführung der des ersten Abends an Abrundung und
Ensemble überlegen, so war doch die persünlicho Leitung Pas-
deloup’s nicht im Stande, das Abhandensein hervorragender
erster Kutislkrälle, insbesondere in deu weiblichen Parlhieen,
zu ersetzen. — In drin kleinen Theater Houffes-Parisiens, das
keinen andern Anspruch erhebt, als zu unterhalten, und in wel-
chem auch Offenbach es nicht verschmähte, Erfolge zu ernten,
bevor er sich zur „Op6ra comique'* erhöhte, — ging die cin-
aclige Novität „Le Rnjah de Mysore“, Text von Chivot und Duru,
Musik von Lecocq, mit Erfolg in Scene: die Schaudermord-
geschiclite von Panlin, die jetzt alle Gemüther beschäftigt, hat
demnach dem Pariser Humor noch lange nicht den Garaus ge-
geben. Der Rajah von Mysore will, wie so Viele, die „Un-
sterblichkeit“. Er bedient sich dazu des weniger seltsamen als
unzuverlässigen Mittels, seinem „Doctor“ diese Sorge zu über-
lassen. Der Verlegenheit diese.» Doclors hilft die Schwieger-
mutter des Rajah ab, welche demselben einen Schlaltrunk über-
reichen lässt. Der Rajah Iräumt sich 18 Jahre älter, mit so
schlimmen Veränderungen in seiner weiblichen Umgebung, dass
er beim Erwachen gerne auf die Unsterblichkeit verzichtet.
Die Musik zu dieser launigen Handlung floss aus der leichten
und graziösen Feder Lecocq’s, des glücklichen Autors der
Chineserie „Fleur dt« the"; selbe ist der letzteren vollkommen
ebenbürtig. — Vorgestern brannte das Hippodrom ab. Es ist
dies der 18le Pariser Thenlerbraod seit hundert Jahren. Die
Opera brannte zweimal ab, in den Jahren 1763 und 1781; daa
Odeon ebenfalls zweimal und das TheAtre Italien im Jahre 1838.
— Die 42 Concurrenlen des Preises di r Op6ra für die Compo-
situm des Textes „La Coupe du roi da Thule“, deren Termin
heule zu Ende ging, haben mit absoluter Stimmenmehrheit
folgende Jury-Mitglieder gewällt: die Herren Bazin, Boulanger,
Duprato, Gevaerl, Maillart, Victor Masse, Sainl-Satos und
Semet. Emil Perriri, der Dirrctor der Opera, wird dieser Jury
präsidiren. — Gestern fand im eleganten und seit vorigem Jahr
neu restaurirten Saale „Valenlino*' die diesjährige glänzende
Eröffnungsfeier der Conceriu unter Professor Ar bau ’s Direc-
lion statt. Das Orchester vereint einen Theil der besten Künst-
ler und bietet unter Arban's feuriger und kunstbegeisterter Lei-
tung Ausgezeichnetes. Die prachtvolle Execulion der Halevy'scheo
Ouvertüre zu Charles VI. wurde gestern mit Enthusiasmus
aufgenommen. Ebenso Arban's Phantasie«!! über „Faust“ und
„Moses**, wobei der treffliche Männerchor „Enfants de Lutere“
in energischer Weise eingriff. Die Arclamalionen erreichten
ihren Gipfel, als Arban auf dein Cornet i piston seine Variationen
Ober das Malbornugli-Licd vnrtrug und auf .stürmisches Verlan-
gen wiederholte. Kein Wunder, wenn die geräumigen Säle
des Valenlino für diese Produr tionen zu klein zu werden schei-
nen und sich die Hörer zu den hier gebotenen Genüssen drin-
gen. — Die Oper „La pelile Fadelle“, dereo Eigenthumsrecht
die V'erlagshandlung Brandus el Dufour erworben, erfreut »ich
in der Opera cnmique eines anhaltend grossem Erfolge». —
Heute wird das Theilr« italien mit Verdi’s „Trnvatore“ eröffnet;
die Damen Krauss und Morensi und die Herren Fraschini
und Uonnriieo (heilen sich in den Haupt parlhieen. Einem
öffentlichen Schreiben Bagier’s zu Folge werden den Abonnenten
auch separate Musikproductionen mit Chor und Orchester im
Laufe der italienischen Saison geboten werden. — Pasdeloup
ist «eit heule in Folge eines Falle» neuerdings erkrankt, wo-
durch die bereits für den 17. d. M. angekündigten Concerls
populaires eine Verzögerung erleiden dürften. — Daa neue
Orchester-Unternehmen, mit Litolff als Dirigenten, »oll Ende
OcJnber au Sonntag- Abenden in der Op6ra seinen Beginn mit
musikalischen Novitäten inauguriren. A. v. Cz.
Feuilleton.
Aus meinem Leben.
(Eine musikalische Reise und zwei ueue Opern. I
6 .
Endlich di« Musik einer Oper anlangend, so ist dabei zu
unterscheiden:
1. Die Melodie. Selbst Wagner'» begeisterte Verehrer ge-
steheu, dass in seineu Opern Melodieen solcher Art, wie wir sie
durch Mozart kennen gelernt habeu, nur sehr schwach vertreten
sind; und um auf Tristan und Afrikanerin zuröckzukommeo, so
würde eben im allgemeinen Sinne von einem Vergleich zwischen
der Melodiearmuth des einen und dem Melodiereichthum des
andern Werke» ganz abstrahiri werden müssen. „Aber W'agner
will gar nicht — so sagen seine Anhänger — diesen Melodiestrom
durch seine Opern führen; er verschmäht es mit melodischen
Könnten das Ohr des Hörers zu fesseln mul zu erfreuen; ihm
winkt ein höheres Ziel: die unendliche Melodie, die fortlaufende
Tonsprachc“. Diese aber gestattet bekanntlich keine gefällige
Phrase, keinen voraussichtlichen Abschnitt, keinen fasslichen
Rhythmus, keine erleichternde Wiederholung, keine natürliche
Modulation u. s. w. Zugegeben dass solch' trostlose Theorie sich
im Tristan zur abschreckendsten Praxis gestaltet hat, so möchte
ich doch denjenigen entgegentreten , welche nun meinen dass
Wagner sich zu seiner Theorie bekenne, weil er überhaupt keine
Melodie iu schaffen im Stande wäre. Im Gegentheil! Wie ich
einerseits einem Künstler, der deu Pilgerchor und den Einzugs-
marsch im Tannhauser geschrieben hat, unbedingt die Fähigkeit
zusprechen muss überhaupt edle Melodieen (denn von dem Ge-
dudle sogenannter leichter Opern soll hier nicht die Rede sein)
er linden zu könoeu, so ist mir andrerseits grade diese grundsätz-
liche Enthaltung von jeglichem melodischen Schmuck, wie ihn
Meyerbeer in strotzender Fülle aufzuweisen hat (wie er aber auch
in keiner Nummer des Becthoven'seben Fidelio fehlt» die ehren-
werthe Seite von Wagners Hugelieuerlichkeite ... Er will — wenn
er es auch nicht immer vermag - sein für das richtige erkannte
Prinzip durchsetzen; diese raube Tugend macht mich nicht stutzen,
wie es wohl der Fall wäre wenn ich glauben müsste das Ge-
lübde der Keuschheit entspränge aus Impotenz; aber seine ei-
serne Stetigkeit an diesem Prinzip festzubalten, wünschte ich
einer besseren Sache zugewendet. Wie gesagt, im Tristan schrumpft
alles, was man mit dem Ausdruck Melodie bezeichnen könnte,
zu einem «mim«« zusnmmeu; und es lassen sieh gradetu Stellen
nachweisen, wo Wagner drauf und dran war in eiue wirkliche
Melodie zu verfallen, wo er sich aber noch zu rechter f?) Zeit
an seiu Prinzip erinnerte und durch einen Quersprung dem me-
lodischen Ansatz die Bahn versperrte. Im Tannhäuser hat er
mitunter noch aus voller Brust gesuugen, im Lobengrin schou
seltner — aber im Tristan fast gar nicht mehr; hier ist alles Ge-
sangliche, Melismatische, Melodiöse ängstlich vermieden, und wo
einmal dergleichen auftaucht z. B. in der wunderbar schönen Phrase
)Ogle
320
liui Original get dar. absonderlicher Weise jedoch mit der Vor-
Zeichnung von oa dar !) da möchte man 's eher für einen b»U«n
d'ettai halten oder für daa Tönnchen, welches der kluge Schiffer
dem drohenden Walllisch Publikum zum Spielen hinwirft um
das Ungeheuer von der Vernichtung des Fahrzeuges abzuhalten.
— Im Allgemeinen ist bei der Beurtheiluug Wagnerischer Melo-
diecu nicht zu vergessen was er selbst leider so oft vergisst:
dass nicht jedes cantabile, liesshalb weil es melodiös ist, zugleich
ein für die menschliche .Stimme passender Satz zu sein braucht;
die richtige Eintheilung des Athemholens um der Sprache und
dem Gesang Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ist Tür Wagner
eine terra incagnita. Aber diese Auseinandersetzung würde zu
weit führen — ich werde den Punkt bei den» Capitel Deklama-
tion nochmals berühren müsseu; vor der Hand spreche ich nur
meiue I Jeherzeugung aus, dass die Kunst des Gesanges ein Ge-
biet ist. welches Meyerbeer sorgsam gepflegt hat, welches Wag-
ner dagegen grausam verwüstet. Um dies an einem recht be-
kannten Beispiel zu beweisen, citire ich Tannhflusers Hymuc ad
V nur em ;
Dir tö - ne Lob!
Die Melodie beginnt mit dem Eingestrichenen d und schwiugt
sich daun durch den flguiirten Dreiklang von unten hinauf zur
Dezime. Dies konnte auf verschiedene Art geschehn:
Von all* dieseu Möglichkeiten hat Wagner die unsangbarste ge-
wühlt, und vollends incantabile wird die Stelle bei der Wieder-
holung:
Die Won - nen süss.
So etwas lässt sich sehr gut spielen, aber sehr schlecht singen,
und um dies zu beurtheilen braucht inan weder Componist noch
Gesaoglehrer zu sein — das fühlt jeder routinirte Chorist heraus.
— Ein harter Vorwurf, den wir Wagner*» Melodieeu zum Tbeil
machen müssen, ist die Unwahrheit, der Mangel an Ueberein-
slimmung des Gesanges mit dem Charakter der Singenden grade
da, wo diese nicht Figuren sind über deren Ausdrucksweise die
Fantasie des Componisten entscheidet, sondern wo uns Erschei-
nungen entgcgeutrelcn, dereu wahres oder unwahres Wesen je-
der Hörer im ersten Moment beurtheilen kann. Man sehe sich
i. B. das Lied des Hirtenknaben im TaunhAiiser an. Ist das Na-
tur? ein Hirtenknabe, der in g dar anfAngl und sich sofort nach
h dar mit fünf Kreuzen versteigt, um gleich darauf wieder in
c dar zu sein l Oder welcher Seemann lund wAre er seihst ein
Irl Ander aus der Fabelzeit Tristan*») singt vom Mast herunter ein
Lied an die ferne irische Maid folgendertuaasscn:
Es ist möglich dass ein oder der andre Takt einem nationalen
Gesänge entlehnt sef* aber für die Gesammlausgabe ist dieses
Lied eine Unmöglichkeit. In Ähnlicher unnatürlicher Weise prA-
ludirl der Hirt im Sten Akt des Tristan:
Das blfist allenfalls ein Virtuose ersten Ranges, wenn er vor dem
Concert sein Instrumeut in allen Lagen prüfen will, alter kein
Hirt auT der weilen Erde hat jemals solche wahnsinnige Fanta-
sie gehabt. Wie ganz anders benimmt sich der SchAferknabe in
der Introduction zum Propheten von Meyerbeer; das ist Wahr-
heit, wAhrend sich dort die krasse 'Lüge breit macht! Viel ver-
nünftiger zieht sich Wagner hei einer Ähnlichen Veranlassung in
den Meistersingern aus der uffaire. denn der im zweiten Finale
auftreteude Nachtwächter erfüllt wirklich luod beinahe zu reali-
stisch» seine Aufgabe. Künstlerischer hat aber Meyerbeer schon
30 Jahr früher dieselbe Figur in den Hugenotten vorgeführt, ohne
erst durch einen Schusterjungen über „die graue Hornlut-Weise“
inslruirt worden zu sein.
2. Die Harmonie. Ein Ruhm soll Wagner'n unbenommen
bleiben, der nemlich, dass «r im raschen Wechsel der Akkorde,
in der Anticipation und Retardation einzelner Töne und ganzer
Tongruppen, in der AufeinanderhAufung unvermittelter Auswei-
chungen, in der Kühnheit der Modulation, aber auch in der Ent-
stellung einfacher bekannter UebergAnge durch Vorhalte und
durchgehende Noten, alle seitherigen Componisten hinter sich
gelassen hat. In Meyerbeer's »Ammtlichen Werken sind diese ge-
nannten Eigenschaften nicht in solchem Maass vorhanden wie sie
in einem einzigen Akt des Tristan leider anzutreffen sind. Ich
sage „leider“ weil ich sothanent Gebahren keine Berechtigung
zuerketmen darT; di« überwiegende Mehrzahl all solcher harmo-
nischen oder vielmehr unharmonischen Combinalionen ist auf
dem Papier entstanden; das ist nicht das Resultat glAnzruder
Improvisation, es ist das Residuum nächtlicher Sludirlampe, das
ganze Gewebe künstlich aber nicht künstlerisch zusammengefügt,
bald hier bald dort aufgeputzt und ausgeflickt. Wenn ich mir
ein grösseres Werk irgend welches Componisten vergegenwärtige,
so kann ich mir sehr wohl vorsteilen dass er dasselbe ganz uder
theilweise hätte improvisiren und mutati» matandit niederschreihen
können, lind die freien Fantasieen Hummel« und Mendelssohns
ider beiden bis jetzt unerreichten Improvisatoren des löten Jahr-
hundertsi durften ohne weiteres mit der allergeringsten retoucke
als der Meister würdige Schöpfungen gedruckt werden; ebenso
hat der wahrlich nicht hausbackene Carl Löwe Balladen impro-
visirt, die dreist mit seinen besten öffentlich erschienenen rivali-
siren mochten. Dagegen kann ich mir nicht vorstellen dass
Wagner im Stande sei auch nur 32 Takte seines Tristan in sol-
cher Weise zu spielen wie sie dastehn, ehe er sie hingeschrie-
ben und überarbeitet hat. Wo in der Wagner'scheu Harmonik
dies oder jenes wirklich gross genannt werden darf — (denn es
wäre ja Unsinn meine Behauptuug auf jeden Takt auszudehnein
— da würde es in viel höherem Grade anerkannt werden müs-
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— :m —
een, wenn c» l&olirter vorkäme; aber in einer Gesellschaft, welche
nur aus einem Gemisch von kräftigen DickhAuchen, von wasser-
süchtig aurgeiaufenen Patienten und von voluminös wattirten
Personen besteht, erkennt mau zuletzt gar nicht mehr wer ge-
Kund oder krank ist, oder wer von Natur oder durch Kunst seine
Wohlbeleibtheil zur Schau trügt. Es ist ganz gleich ob uns ein
Alt Italiener mit rortwühreuden DreiklAngen und Sextakkordcu,
oder eiu Jung Deutscher mit lauter verminderten Septimen und
Noueuakkorden unterhalten will .... die Ermüdung des Hörers
ist die unausbleibliche Folge jene» ewigen Einerlei wie dieses
steten Wechsels; nur dass der frühere Meister seine Entschuldi-
gung in dem damals beschrankten Terrain findet, wahrend grade
die Unermessliohkeit des gegenwärtigen Gebiets zur schwersten
Anklage gegen den spütercu aufforderl. — Diesem Abschnitt Bei-
spiele aus Tristan hinzuzufügen, schlage ich den Clavier Auszug
auf, um nochmals zu suchen. Aber suchen? Nein! auf jeder
Seite linden sie sich dutzendweise, uud so füllt mir eben in die
Augen pag. 174:
und pag 175: (was dazu gesungen wird, ist natürlich für diese
Harmonie ganz gleichgültig)
Das ist die „höhere Katzenmusik“ wie Freund Hieronymus sagt:
sie kann entstehn wenn ein schlechter Clavierspicler statt der
Obertasten die unteren greift oder umgekehrt — aber aie kann
auch entstehn wenn ein vielleicht an und für sich vernünf-
tiges Stück durch allerlei mühsam auf dem Papier ausgelüf-
lelte Kakophonieen zum Unvernünftigen ungestaltet wird. Wo-
hin ich auch blicke, linde ich nur auf's ueiie bestätigt dass
die ganze Oper eine .Musterkarte von harmonischen Ungeheuer-
lichkeiten ist; und wenn jede derselben ein Goldklumpen wäre
(wie die Achten Wagnerianer behaupten) so IrifTt den Componisteu
der gerechte Vorwurf unser musikalisches Gehör durch edles
Metall ertödtet zu habeu. Meinetwegen soll ein Tadel darin liegen,
wenn ich behaupte dass Meyerbeer in der Afrikanerin mit Einem
Dukaten Ross und Heiter zu ilberziehn wusste; aber diese glän-
zende Gestalt erweckt mir Wohlbehagen, während ich dort vor
Indigestion uud Langeweile umkomme. Nur gegen den Einwurt
will ich mich verwahreu als wenn mein Uriheil über Wagner's
Ausschweifungen irgendwie dadurch motivirt sei weil der Com-
pouist des Tristan so oft gegen die Regeln der Schule sündigt;
er sündigt dagegen, nicht weil sie ihm unbekannt sind sondern
weil er seine Uebcrtretungsfllle für schön Badet; und ich ver-
damme diese UehertretungsfAlle, nicht weil aie gegen die Regeln
der Schule aündlgen sondern weil ich aie für unschön finde.
Btt modut in rebm , tunt eerti deniqae finet — aber die Wagner'-
sehen Finessen gehn denn doch darüber hinaus. Die mitunter
barocken EinfAlle oder die stelleuweis bizarren Ausdrücke im Jean
Paul und Beethoven gemahnen mich an einen Solllag aus heitrer
Luft wenn wir im Anschauen giossartiger Naturschönheilen ver-
sunken sind: da» Ensemble wird dadurch nicht gestört, vielmehr
unser Interesse noch erhöht; aber „geistreich sein wollen um
jeden Preis“ wie Rogumil Golx und Wagner, das kann auch den
Geduldigsten in einen Zustand versetzen als stände er von Mor-
gen bis Abend unter Wolkenhrnchen im unaufhörlichen tiewilter-
slurni mit obligatem Blitz und Donner. Und hat Wagner nöthig
auf solche Art geistreich zu erscheinen? Hat er nicht Beweise
genug gegeben, dass seine schöpferische Krall dieser widerlichen
Parforceloureu nicht bedarf? — Als ich noch auf der Sekunda
des h'ridericianttm in Königsberg sass, hatten wir Unterricht bei
dem Philologen Friedrich Eberi") Unsre freien lateiniseheu Auf-
sätze erhielten von ihm nur dann das Aecessit, wenn in jeder
Zeile mindestens zwei leporet Unguat augebracht waren; das Exer-
citium sollte aussehn wie ein gespeckter Hase, notabene wenig
Hase aber viel Speck. ..Tantam abeit ut nt” durfte in keiner Ar-
beit fehlen ..rem ac» tangere •• musste auch Vorkommen ctc. etc.
Aber ich weiss nicht ob ich mit diesem Gleichnis* den Nagel
auf den Kopf getroffen habe .... ich will einen Gelehrten fragen I
J o u r 11 « I - n e v u e.
Die Neue Zeitschrift für Musik enthalt einen Aufsatz „Psy-
chologische Charakteristik im kirchlichen Orgelspiel“ sowie Re-
censioneu. — Die Allgern. Musikztg. setzt den Artikel „Die Colo-
risteu“ fort. — Diu Signale enthalten einen Bericht aus der Feder
R. Pohl's über das „Rheingold“. — Die Monatshefte für Musik-
geschichte bringen einen nachgelassenen Aufsatz von Doering
„Die Musik in Preusseu im 18ten Jahrhundert“. — Die Revue et
Gazette musicale giebl eineUeberaicbt über die Berichte der verschie-
densten Journale betreffend Semet's Oper „La petite Fädelte“, i»
welchen dieselbe als bemerkenswerthes Werk anerkannt wird.
.\ n e h r i <• h ( e n.
Berlin. Herr Muaikdirector Alexander Dorn ist als Lehrer
des Pianofortespiels an der „Hochschule für ausübende Tonkunst“
angestellt worden. Die Eröffnung des Instituts fand am 4. d. statt.
— Herr Musikdirektor B. Bilse ist nun mit seiner Ka-
pelle zurückgekehrt und hat am 1. d. seine Concerto im Cou-
cert hause in glänzendster Weise vor übervollem Saale eröffnet.
Stürmischer Beifall empfing den ausgezeichneten Dirigenten bei
seinem Erscheinen am Direclionspulte, gewiss eiu Beweis filr die
Beliebtheit seiner Person und Leistungen. Am 2. fand das erste
Sinfonie • Coucert statt, welches ein flusserst interessantes Pro-
gramm in vorzüglicher Ausführung bot. Wir hörten u A. die
Variationen ans dem D • moll - Quartett und die 2 Sätze aus der
unvollendeten H • moll • Sinfonie von Schubert und Rubinstein s
bedeutendste Orcheslerwerkc: Iwan IV. und erster Satz aus der
Occnn-Sinfonie. Besonderes Interesse erregt auch das Programm
des heutigen (6.d.| Sinfonie-Conoerts, in dem von hervorragenden
Werken Schumann's C-dur-Sinfonie und Hiibinsleiii's „Faust“ zu
Gehör kommeu.
•) Dr. Johann Jacohy, ausser mir der einzige, welcher noch
von deu sieben anuo 1822 zur Universität dimittirten Coabiturien-
len das Licht der Sonne schaut, wird sich dessen entsinnen!
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331
— Herr Musikdirector Küster wird am 25. d. einen Cyclus
von populaircu Vorträgen Ober Bildung und Begründung eines
musikalischen Uriheils beginnen. Beispiele aus der Volksmusik
und den Werken classischer Meister werden diese nicht allein
erläutern, sondern ihnen auch da« Trockene und Lehrhafte neh-
men, das sich bei der Behandlung eines solchen Gegenstandes
sonst gar leicht einstellt. Der Ertrag ist zur Unterstützung be-
dürftiger Schüler desFriedrich-WerderschenGymnasiums bestimmt.
— Der treffliche Kritiker und Componist Carl Banck aus
Dresden verweilte einige Tage hier.
— Das Engagement der Krau von Voggenhuber für das
Pesler Theater hat sich, in Folge zu hoher Forderungen Seitens
der Dame, zerschlagen.
— Herr Hofuhrmacher Felsing hier hat ein grosses Or-
cheatrion ausgestellt, welche? in ganz getreuer Weise eine Anzahl
von Orchester- Plöreii, darunter die Ouvertüren zu Teil, Oberon
und zur Stummen, vortrügt Der Klang des Instrumentes bat viel
Aehulichkeit mit dem der Militairmusik und ist der Totaleflect
ein wirklich überraschender. Der Preis, 3500 fhlr., ist, wenn
mim die sehr mühevolle Anfertigung und elegante Ausstattung in
Anschlag bringt, kein zu hoher.
Breslau. Der hiesige I) am r osr h 'sehe „Verein für Kam-
mermusik" beginnt am 17. d. seine ThAtigkeil mit der lsten Soi-
ree.— Die Seholz’sche Oper „Zietheu'scho Husaren", welche binnen
kurzem hier zur Aufführung gelangt, wird in den Soloparthieeo
durch die Damen FrAulein v. Carina, Frau Ü u rnont-Su v nn uy
und FrAulein De ich manu und die Herren Biese, Simons,
Freny und Kruis besetzt werden. — Der hiesige „Verein für
classische Musik", dessen Wichtigkeit für unser musikalisches
Leben nicht zu unterschAtzen ist, hat sciue Versammlungen am
2. d. begonnen. — Hiller hat noch einen 2ten musikalischen
Abend veranstaltet, der den ersten durch zwcckmAssige Kürze
und Mannigfaltigkeit dos Programms übertraf. Es kamen nur
Hiller'scbe Compositionen zur Aufführuug und zwar Clsviersoli,
Gesangsoli, mehrstimmige GcsAnge, sowie das neue dritte Clavier-
quartetl, von dem sich der erste und letzte Satz nuszeichnen.
Coburg, 2 October. Die einactige komische Oper „Cartouche* 4
von dem jungen Berliner Componislen Heinrich IJormann, die bei
ihrer Aufführung im Friedrich • WilhelmstAdtischen Theater sich
eines durchschlagenden Erfolges zu erfreuen hatte, ist auch bei
ihrer gestrigen Darstellung im hiesigen Hoftheater mit ungeteil-
tem Beifall aufgenommen worden. Die Parthieen der Oper be-
fanden sich in den Händen der Damen Gerl (Constancep und
Krüger iMarietle), sowie der Herren Weis« (Chamberyt, Eilera
(Cartouchej und Heer jun. tMortiguy) und wurden silmmtlich
tüchtig, zum Theil glänzend dargeslellL Auch dio Chöre gingen
trefflich, und die Ausstattung liesa an Eleganz nichts zu wünschen
übrig. Dem anwesenden Componislen sprach Be. Hoheit der
Herzog seine warme Anerkennung des io der Oper bekundeten
viel verheisAenden Talents aus.
< ölii. Vocal- und lnslrumental-Concert des Kölner Männer-
Gesangvcreius: Hymne für Quartett, Chor und Orchester von
Schubert, A-dtir-Sonalc mit Violine von Mozart, Lied der Stidte
von Bruch. Wanderlied von Mendelssohn etc. — In diesem Mo-
nate wird Slrakosch hier die Kossini'sche Mess« mit der Al-
b on i vorfithren. — T ausig concertirt hier im Laufe des Novembers.
C'öllien. Conceri des Gesangvereins unter Mitwirkung der
CoucertsAngerin Frl. Selma Kemp Der aus Berlin: Ouvertüre zu
„Iphigenie" von Gluck, Arie aus den „Puritanern" von Beilini, Sin-
fonie in B-dur von Beethoven, Ouvertüre Nr. 8 zu „Leonorc" von
Beethoven, Arie aus „Cenerentola" von Rossini und Lieder von
Taubert und Dessauer.
Frankfurt a. M. Am neuen 2ten Theater ist der tüchtige
Pianist M. Wallenstein in der Eigenschaft als Kapellmeister
engagirt worden Bei Gelegenheit der Eröffnung des Theaters
kam eine Ouvertüre desselben unter Beifall zu Gehör.
Königsberg;. Herr Musikdireclor Bilse bat hier mit seiner
Kapelle mit dem ausserordentlicbsten Erfolge coucertirL Er brachte
in seinen Coucerten u. A. die reizenden Orchester-Variationen von
Wüerst, sowie das geniale Charakterbild „Iwan" von Huhinstciii
zu Gehör, die vom Publikum eine lebhafte Aufnahme fanden.
Leipzig Der Ki edel 'sehe Verein bereitet eine Aufführung
des hiesigenorts lAngere Zeit nicht gehörten „Paulus" von Men-
delssohn vor.
£ Manchen. Das „Rheiugold“ ist am 23 September zum drit-
ten Male gegeben worden, der Zudrang des Publikums war übri-
gens schon im Abnehmern
— Die Besetzung des Orchesters für Wagners „Hhciugold"
war eine gauz ungewöhnlich starke. Es bestand aus 18 abge-
stimnileu Ambossen ( ! I, IG 1. Geigen, IG 2ten Geigen, 12 Violen,
12 Celli, 8 ContrahAssen, 2 Harfen, 3 Flöten, 1 Piccolo, 3 Oboen
1 englisches Horn, 3 Clarinetten, 1 Bassclarinelte, 3 Fagotten,
8 Hörner, 3 Trompeten, 1 Basstrompete, 3 Posaunen, 1 Contra*
baasposaune, 1 Contrabasstuba, 1 Paar Pauken, Triangel, Becken
und Tamtam. Es waren sonach 120 Instrumente in TliAligkeit.
Die tüchtigen Kralle unserer trefflich besetzten Oper wirkten in
hervorragender Weise uilt, die Dekorationen und Maschinen leiste-
ten das Höchste, was sich in dieser Richtung leisten lies»; auf,
hinter und über der Bühne brannten 3000 Gasflammen, und was
war der Erfolg so ausserordentlicher Anstrengungen ?
— Unter den Musikern, welche die meiste Aussicht haben
sollen, an Bülnw's und Bichter's Stelle Hofkapellmeister zu wer-
den, nennt man den Dirigenten der Hofkapclle Herrn Wüllner und
den Componislen Max Zeuger. — Weber’» „Oberon“ wird neu
einstudirt und in vollständig neuer, feenhafter Ausstattung aiu
2ten October Fest-Sonntag gegeben.
— Die musikalische Academie führte im Vereine mit der
Königl. Vocal - Kapelle am 28. September llaydu's „Schöpfung"
auf. Die Soli waren in Händen der Frau Diez, sowie der Her-
ren Vogl, Kindermann lind Rausewein.
//Posen. Coucert der Frau Wernicke-Bridgeman: C-moll*
Sonate mit Violine von Beethoven, Arie aus der „Favorite" von
Donizetti, Lieder von Mozart und Haydn etc.
Stratauod. W’ohlthAtigkeits - Concert der Herren Fuchs,
Riem en Schneider und Schmidt: Ouveriurc, Ster Zwischenact
und chinesischer Marsch zu „Turandot" von Riemenschneider,
2 Nocturnes und Impromptu vou Chopin, Sonate Dp. 10 No. 2
von Beethoven, Toccata und Fuge in D-moll von Tausig und
Vorspiel zu den „Meistersingern" von Wagner. Biemenschneider’s
Compositionen fanden allgemeinen Beifall und wAre es zu wünschen,
dass der begabte Componist auch ausserhalb bekannt würde.
— Am 1. d. hat auch unser neuer Organist Carl Fuchs
eine Soiree für Ciaviermusik gegeben und sieh als sehr gu-
ter Clavierapieler gcrirt. Das Programm wies die Namen Hie-
menschneider, Beethoven, Bürgel, Liszt, Chopin, Hubinsteiu und
Wagner auf Interessante Novitäten waren Bürgels Ballscenen,
aus denen der Concertgcber vier Nummern spielte: Hubinstein's
reizende G-dur-Barcnrolc verfehlte auch diesmal ihre zündende
Wirkung nicht.
Wien. Wagner'» „Meistersinger" werden bei ihrer hier
bevorstehenden Aufführung folgendermaassen besetzt: Eva Fräu-
lein Ebun, Walter von Stollzing, Herr Walter, Hans Bachs,
Herr Beck, David, Herr Pirk und Beckmesser, Herr Campe.
— Die Operette „Der Däumling" ist am 2. d. hier am
Theater an der Wien in Scene gegangen und hat gelindes Fiasco
gemacht. Dass ein Däumling keinen grossen Erfolg babeu kann,
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liegt so ziemlich auf der Haud und die Librettisten wie der Com-
pouist haben sich hierin streng an die Tendenz des MArehens
gehalten.
— Der hiesige MAunergesangvercin hielt am 2. d. seine
General • Versammlung. Der Verein zAhlt 45 Ehren*, 53G unter*
stützende uud 243 ausübende Mitglieder; unter den letzteren 55
erste Teuöre, 52 2le Tenöre. 72 erste und 64 2te RAsse. An Fonds
besitzt der Verein 3500 Fl.
Hasel. Am 2. d. führte Herr Musikdirertor Reiter mit dem
hiesigen Gesangverein HAndel's Oratorium „Belsaznr“ auf.
Drflssel. Louis Brassin ist von seinem Aufenthalte in
Deutschland zurückgekehrt uud wird im Laufe dieses Monats
seine Thätigkeit sowohl als Lehrer wie als ausübender Pianist
aufnehmeu. — Die Berichte über die ersten zwei Tage des Festi-
vals, sind kurzgefasst folgenden Inhalts. 1. Tag: „Messias“, die
Chöre vorzüglich ansgeführt; A-dur- Sinfonie von Beethoven,
sehr befriedigend wiedergegebeu. 2. Tag: Ouvertüre von Felis,
sehr interessautes Werk, die Kxecutiou etwas malt; „Ave verum“
von Soubre, vorzügliche, nuancenreiche Ausführung; „Ruinen von
Athen“ von Beethoveu, leidlich executirt; „Sabbath“ von Haus-
sen. 1 ., das Werk ist sehr lang und mühsam erfunden, der Erfolg
demnach ein unbefriedigender; „Lucifer“ von Beuoit, erzielte in
sehr guter Wiedergabe einen grossen Erfolg.
London. Die N|i I a s o n wird diesen Winter noch in 4 gros-
sen Concerten, welche in Exester Hall stattRnden werden, singeu.
Am 5. October giebt es zur Abwechslung den — „Messias“, den 20.
October „Die Schöpfung“, den 7. December Mendelssohns Lob*
gesang und am 15. December ein grosses Potpourri aus Oratorien,
Opern und Concerlslücken zusammengesetzt.
— Die Monday Populär Concerts werden am 8. November
wieder ihren Anfang nehmen; Frau Norman n-Neruda spielt
in den Streichquartetten die Violine primo.
— Eine Wiederholung des Monstrc-Fcstivals hat in Gegeo*
wart einer ungeheuren Menschenmasse slaltgefonden. Die Wir-
kung der .Massen effecte war wieder eine enorme.
New-York. Ferdinand Palino, der Gründer des ersten hie-
sigen italienischen Opernhauses, isl am 5. d. gestorben.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Von Herrn Dr. Th. Kollak, Kün. Prof, uud Director
[ der Academie der Tonkunst in Berlin,
1^* angelegentlichst empfohlen:
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pfehlen wir der Heachtnng der Herren Dirigenten
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RuMnatcln, A. Op. 79. Iwan IV. (Der Grausame). Mu-
sikalisches Charakterbild.
Partitur 2 15
(Orchestcrstimmcu uuter der Presse.)
Hrhloftinann, I. Op. 18. Ouvertüre zu Shakespeare*«
„Romeo uud Julie“.
Partitur . 1 17J
Orchcsterstimmen 3 121
WÖer*l. H. Op. 50 Variationen Ober ein origiualthema.
Partitur .15
Orcheslerstiinnieii 2 —
— — Op. 03. Intermezzo fur Streichinstrumente.
Partitur — 15
— — Op. 54. Symphonie in D*moll.
Partitur .... ...... netto 2 —
(Orchesterstimmrn zu den beiden letzten W erken uuter der Presse.!
Berlin, d. 29. September 1869.
Kd. Bote di Ci. Bock (E. Bock).
Nova-Sendung No. 8.
II. Seliott’8 Höhnen in Mainz.
Ummer, II. Potpourris No. 175 „Das Rheingold“ v.
Wagner . —15
(■odrfroid. F. Medit. s. la Messe solennelle de Rossini.
Op. 139 — 17|
— Souvenir de Rai, Caprice — 12}
liodfrey, l> Christine, Vnlse * — 16
Jaell. A. 2 Transcript. aus „Die Meisters, v. N., Op. 137.
No. 1. Wallher's W'erbeges. — No. 2. W f alther‘s Preis-
lied A 16 u. - 17*
Kelterer, E. SuccAs-Polka, Op. 254 12*
— Messe solennelle de Rossini, Transcript Op. 260
No. 1. 2 A 12* u. — 15
l.nndrock, O L’Oiseau de Paradis (Paradies -Vogel)
Op. 16. Valse — 12*
l.eybach. J. Richard roc*ur de lioo, Fant, brill. Op. 119 — 20
Novllxky. T. Une PeusAe fugitive, Morceau de sal Op. 5 — 12*
— Scherzo capriecioso, More, de conc. Op. 9 . . . . — 80
Hinab. A. JuhilAums-Marsch, Op. 71 — 5
Cramer, H Potpourris No. 84. OrphAc de Gluck, « 4 ms. —25
— No. 86. Lc Postillon d. L., d'Adam » 4 ms. ... — 25
Beyer, Ferd. L’Alliance, Faul, hrillanlcs, A 6 rnaius
Op. 149 No. 5. Robert le D. — No. 6. Robin des B ä — 22*
Auber. Onvert. Fra Diavolo, A 4 mains pour le Piano,
Violon et Vlolqnccllc 112*
Hnssini. Ouverl. Teil. A 4 mains pour le Piano, Violon
et Violoucelle I | 7 j
Beethoven. Sinfonies No. 1 (Op. 21 1 arr. pour Piano,
Violon, Hftle et Violonrelle 2 2J
YottflsonpofT. S. Prinre. Petit Conle d’Enfant. Esquise
music. p. Vln. av. Po., Op. 34 22*
— Fantaisie s. des alrs russcg par Servals, transcr. p. Vln.
av. Po., Op. 35 ..... 16
Neumanti, Ed. Heloise • Polka (Op. 1I2 i et Gnlop de
Champagne, pour gr. ou pclit Orch. (Op. 126) ... 1 12*
Taubert W. 6 Mailieder f. gemischten Chor, Op. 163 1 12}
— 3 Ralladt*ii aus der Kinderw'elt für eine Sirigslimttie mit
Pftcbgl. Op. 164 No. 1. 2. i2te Folge No. 1162 bis 1164)
A 7|, 10 u. — 15
l.yre rraiifaise No. 1154. Pell&ert, A. de La le^on
d'incoiistance — 10
Verlag von Ed. Bote 4 6. Bock (£. Bockt, Königl. Hofmusikhandlung in Berlin, Französische Str. 33e. und U. d. Linden No. 27.
hrnnJk »uw |>*. *»*b»v»dl ta IS-rfit». llntrr Am Uoiipn N«. SO
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Will. Jahrgang M 41.
Vau «lieacr Z«->lqn" tr-'lmni wfcbeallieb
Mtr
13. Oclober 1869.
Zu beziehen durch:
WB*, s^na. ffa*liu|(cr.
FAIU. Hr»n<Ju* kV Dutwr.
LONDON- NovflUi. Ew»r di Co llamamnd »V Co.
St. PETERSBURG M Btrnard
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MAILAND J. Rirwrdl. F. Luoca.
BERLINER MIIS1KZEITHG
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Inhalt. Krecoaiooco.
Berlin, R»r« — <:orr*»|t«i»deiu«a •»* Faria and Wiaa. — FeatlMoa: Ana mrinrm (.eben. VII. von H. Dnra.
Jaomal-Rrrue. — Naatiriahlrn — ln*«ral«.
R e € e n b I o n e ii.
Mehner, II. Op. 25. Zwei Lieder für vier MAnnerstim-
men. Breslau. C, F. Htentzsch.
Volkmnnn. R. Op. 58. Zwei Lieder für MAnnerstiinmen.
Pest. G. Heckennst
Hamann, B. Op. 3. Vier (Jeder für MAnnerquartett.
Cassel. C. Luckhardt.
H. Lichner's beide Lieder: Ritters Abschied (Weh,
dass wir scheiden müssen) von G. Kinkel und Kriegslied
lUnd wenn uns Niehls mehr übrig blieb) von G. Herwegh—
ballen sich auf dem Boden des unschwer Austuführenden
und gut Klingenden. Die ('.omposilionen geben den Aus-
druck der Gedichte, die in ihrer Stimmung diametral entge-
gengesetzt sind. trefTend wieder; jede ist in ihrer Art gut
gelungen und muss namentlich die zweite, von einem gros-
sen Chore gesungen, einen mächtigen Eindruck machen.
In kleinerem Kreise hat Referent beide Lieder au&führen
lassen und kann versichern, dass dieselben von den SAn-
gern mit wahrer Lust gesungen und als gute Acquisition in
ihr Repertoir anfgenommen worden sind.
Zur gelungenen Ausführung der beiden Lieder von
Rob. Volkmann — Gedichte von Ulrich von l.iehten-
stein und Emamiel Geihel — gehören aber tüchtig geschulte
und musikfeste Sänger. Die künstlichen Modulationen, durch
den Text nicht einmal bedingt, sind für unsere MAnnerge-
sangvereine, wie sie dermalen zur grössten Mehrzahl be-
schaffen sind, nicht geeignet und wir meinen, der Corapo-
nist sollte doch vor allen Dingen darnach slreben, dass er
nicht für einen kleinen exclusiven Kreis schafft, sondern
dass er immer hübsch das Volk im Auge behAlt. Der Mfln-
nergesnng ist nun einmal ein Musikzweig, den das Volk für
sieh ganz besonders auserkoren hat. und die ThAtigkeit.
welche die Componisten in neuerer Zeit gerade dein Män-
nergesange zu wenden, ist im Ganzen mit hoher Freude zu
liegrüssen. Mögen sie aber Zweck und Ziel dieser Musik-
gattung nicht aus dem Auge verlieren und zunächst Com-
Positionen schaffen, welche in der Ausführbarkeit mindestens
keine grösseren Schwierigkeiten bereiten, als jene unselige
Fluth von Liedern, die so lange Jahre hindurch die MAn-
nergesangvereine vollständig beherrschten und in theilweise
berechtigten Misskredit gebracht haben. Gelegentlich möch-
ten wir den Componisten recht dringend ans Herz legen,
doch auch auf die Wahl der Texte eine etwas grössere
Sorgfalt zu verwenden. Unsere Lyrik bietet noch eine so
unendliche Fülle schöner Blüthen, dass es wahrlich unnö-
thig ist, auf einen Ulrich von Lichteoslein zurückzugehen
und einen Text zu componiren, der, wie der Leser selbst
urt heilen möge, in seiner Antiquität doch mindestens ko-
misch wirkt :
In dem lOftesOssen Maien,
wann der Wald sein Kleid erneut,
da beginnt sich hold zu zweien,
was sieh nur der Liehe freut,
und ist mit einander froh,
das ist recht, die Zeit will so. etc
Alles, was recht ist t da wAre aber doch wohl ein Dichter
zu finden gewesen, dar diese Stimmung in einer unserer
Zeit gemAssen und nAher liegenden Weise ausgedrückt hat.
Bruno Rainann zeigt in seinen vier Compositionen
zu Gedichten von Ferd. Freiligrath. J. v. Fichendorff. Guido
Gftrres und Fr. Oscr zwar ein wackeres Streben, dem MAn-
nergesang eine Bereicherung zuzuführen, aber er hat im
Ganzen den richtigen Ton noch nicht getroffen. Es fehlt
ihm vor allen Dingen die objective Ruhe, welche bei dem
gleichartigen Colorit der Männerstimmen so durchaus notli-
wendig ist. wenn dieselben einen der Kunst würdigen Ein-
druck machen sollen. Der blosse Klang thnt's nicht: das
neue Stadium, in welches diese Musikgattung getreten ist,
verlangt mehr; auch sie will jetzt kunstmAssig gegliederten
Rau. welchem No. 3 dieses Opus atn nächsten kommt,
%>. 1 am fernsten steht. Trotzdem berechtigen diese Lie-
der zu guten Hoffnungen auch auf diesem Felde.
W. Lackowilz
41
334
Berlin.
ft e v m «.
(Königl. Opernhaus.) Am 5. fand io dieser Saison die
erste Aufführung von Meyerbeer s „Afrikaoerin“ statt; das über-
vnlle Haus bewies, dass das leiste Werk des Meisters mich für
lange Zeit seine ungeschwächte Anziehungskraft bewahren
wird. Das treffliche Ensemble der Frau Luc ca mit den Her-
ren Nie mann und Bett erregte wie immer die stürmische
Anerkennung des Publikums. FrAulein Grossi als Ine» bot
eine ganz ffeissige Leistung, verrauchte jedoch im Finale des
2. Acts die Parlhie nicht zu der vom Componisten beabsich-
tigten Wirkung zu bringen. — Am 7. Wiederholung von Gluck’s
„Armide“ bei vollem Hause; der gesteigerte Erfolg zeigt, dass
die Werke Gluck’» bei guter Darstellung auch dem Verstand-
niss der grossen Masse näher zu führen sind. Am 8. „Schwarze
Dnmino“ mit Frau Lucca. Am 9. debutlrle Frau Matlin-
ger ah Elsa io „Loheogrin“. Die Sängerin hatte sich auch
bei ihrem Gastspiel im Frühjahr mit dieser Parlhie hier eioge-
lübrt und günstige Hoffnungen erregt, die freilich durch ihre
späteren Leistungen nicht immer erfüllt wurden. Wir wollen
wünschen, dass Frau Malliuger während ihrer hiesigen Wirk-
samkeit in der Wahl der Parlhie» glücklicher sein möge; als
Elsa fand sie wiederum alle Anerkennung, wenn Auch nicht
ohue Opposition. Die Ehren d«s Abende t heilt« *ie mit Friu-
lein Brandt und den Herren Niemann und Bels.
Im Friedrich- Wilhelmstädtischen Theater wurde Offcnbach’s
reizende Operette „Fortunio's Lied“ neu einetudirt gegeben.
Das liebenswürdige Wcrkchen — zu jenen Erallingsarbeiten
gehörend, welche dem Componisten so schnell das Publikum
gewannen — hatte auch diesmal den besten Erfolg, wozu die
runde Aufführung der Damen Renom, Rigcno und der Her-
ren Neumnnn und Mathias das ihrige beitrug. — Auch
ein eioactiges Liederspiel „Hofsänger“ nach dem Französischen
von A. v. Winterfeld, mit Musik des fleissigen Conradi, wurde
vom Publikum iu günstigster Weise aufgeuomnien; den musi-
knlisclien Theil verlratou Fräulein Koch uod Herr Schulz
sehr lobenswert!».
Durch die am 1. Oclober in Kralt getreteue neue Gewerbe-
ordnung, welche auch den Theater-Unternehmern vollkommene
Freiheit gewährt, hat Berlin abermals fünf neue Theater erhal-
ten. Sonach Anden tägliche Vorstellungen io folgenden Thea-
tern statt: 1. König). Opernhaus, 2. König!. Schauspielhaus,
3. Friedrich- Wilhelmslädtischea Theater, 4. Wallner- Theater,
5- Victoria-Theater. 6. Woltersdorff-Theater, 7. Kroll’» Etablis-
sement, 8. Vorslädliaches Theater, 9. Varietes, 10. Walhalla,
11. Salon royal, 12 Belle« Alliance, 13. Bundeshalle, 14. Alca-
zar. Die letzteren sechs bieten neben den theatralischen Un-
terhaltungen (Liederspiele, Possen, Lustspiele) auch Concerl,
Gesangs-Vorträge und gymnastische Produclionen. Im Alcazar
soll auch die grössere Operette cullivirt werden.
Herr Rafael Josefi, ein Schüler Tausig’s, gab siu 6. d.
im Arninrschen Saal rio Concerl. Das Programm desselben,
welche» ausser der chromatischen Fantasie und Fuge voo S.
Bach nur kleinere Stücke von R. Schumann, Chopin und Liszt
aufzuweisen hatte, litt wegen der zu grossen Anzahl kurzer
Musikstücke an Monotonie, die um so fühlbarer wurde, als
der Concerlgeber bei einer fast vollendeten, untadelhaden Tech-
nik (mit Ausnahme des Trillers), lind bei einer grossen
Ruhe und sicheren Beherrschung des Inalruments (wodurch es
ihm eher ermöglicht, sein« geistige Thätigkeit mehr der Auffas-
sung des Tonstücks zuzuoenden) selbst einer gewissen Einför-
migkeit im Vortrag verfiel, da er den 'Zuhörer eine richtige
dynamische Abstufung vermissen liesa. Durch das Bewusst-
sein, dem Instrument ein schönes pianiasirao entlocken zu kön-
nen, lässt sich Herr JoseA zu einer zu häufigen Anwendung
desselben verleiten, die an Manier streift. Als Perlen, hinsicht-
lich der Ausführung müssen wir die beiden Stücke „Traumes-
wirren“ von Schumann und di« F-moll-Etude von Chopin so-
wie die Fuge von Bach, welche mit grosser Ruhe und Klar-
heit wiedergegeben wurde, bezeichnen; dagegen wünschten wir
die Einleitung zur Fuge io großartigerem Styl und mit weoi-
ger Anwendung des Pedals. — Bei seiner Jugend hat Herr
JoseA ein grosses Feld, das des Virtuosen, schon errungen,
jetzt bleibt ihm freilich noch das grössere, das des Musikers,
zu erobern übrig. Fräulein Seltne Kemp »er, eioe Schülerin
des Fräulein Jenny Meyer, vervollständigte das Programm durch
zwei Arieo von Rossini. Die Stimme der talentvollen, jungen
Dame ist zwar nicht gross aber frisch, leicht ansprechend und
besonders im Piano sehr angenehm; die Coloraluren, mit de-
nen beide Arien reichlich versehen, wurden Aiessend, sauber
und mit lobeuswerther Ruhe ausgeführt, ao dass die Gesammt-
leistuog einen sehr wohllhut-nden Eindruck hervorbraclite.
d. R.
Corretipondenzen.
Paris, 9. Oclober 1869
Auf Anregung zweier hiesiger deutschen Gesangsvereine:
Sängerbund und Turn-Verein, fand vorige Woche im Saale des
Elysee Montmartre eine Huuiboldt-Feier statt, wobei ausser der
mit Beifall aufgenommenen Festrede von Dr. Meyer die mu-
sikalische Kunst reichen Anlheil nahm. Das deutsche Lied
von Kalliwoda, der Feslgesang ao die Küosller von Mendels-
sohn, der Chor aus Mozart’» Zauber flöte: ,,0 leis, o Osiris“
und der Malrosenchor aus Wagner'* „fliegendem HolUtoder“,
das waren die Vorträge, die von dem eifrigen Streben obbe-
nauoler Vereine Zeugnis» gaben. Zu bedauern hierbei ist,
dass sich zu dieser Humboldlfeier nicht die deutschen Gesang-
vereine, deren 6 — 8 hier bestehen, gemeinschaftlich belheihg-
len, und dass zu diesem Feste des grössten deutschen Gelehr-
ten, und des grössten Kosmopoliten, gerade der vorzüglichste
hiesige Gesangverein, der von Ehmant geleitete „Liederkranz“
fehlte. Die Deutschen scheinen in der Fremde eben so wenig
als in der Heimath einig werden zu wollen, wenn picht eine
forc« majeur zu Hülle kommt. Und eine solche moralische
höhere Kraft wie die Humboldtfeier hätte bessere Resultate
verdient, wenn wir uns auch vorläufig mit den gebotenen, als
einem Versuch der Einigung der Deutscheu m Paris, beschei-
den wollen. — Die Proben zu deu Concerl» populaires haben
heut«* begonnen uud werden diese Concerte, da Pasdtdoup von
seinem neulichen Unwohlsein wieder hergestelll, denn doch
vom 17. d. M- an allen Sonntagen stattßnden. — Anfangs Novem-
ber wird das neue Cuncert-Unternehmen (jeden Sonntag Abend
in der Opera) unter Li toi ff ’s musikalischer üireetion inaugu-
rirt werden. — Ein drittes Concert-Unternehraeu, eine Mischung
von Orchester-, Instrumental-Soli-, Gesang-Soli-, Chor- uod
poetischen und prosaischen Vorträgen, wurde von der hiesigen
Limite <itt Ctmiommateurt in Anregung gebracht und sollen
•ämmtliche sich an der Executioii dieser sogenannteu „Concerl»
cooperalifa“ »ich betheiligenden Künstler, Poeten, Autoren, bis
zu jedem einzelnen Mitglied« der Gesangverein« mit entspre-
chenden Proceiil-Antheihn honorirt werden. Eine Jury von
12 Mitgliedern, worunter 8 Männer und 4 Frauen, und —
Wahlzeltei, welche an das zu den Concursen zugdasseoe
gleichfalls gemischte Publikum vertheilt werden, sollen Ober die
Aufnahme der Künstler und der Novitäten entscheiden, — Alles
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nach den Printipien de* Suffrage universel und der — Frauen-
Emnncipalion. Der Plan ist zu neu und zu originell, als das*
er in Paria nicht einige Chancen des Gelingens hfllle. Man
hofft ebenfalls schon im November mit diesen Concerts roope-
ratifs beginnen su können, und wenn dieses io zahlreichen Cir-
culaireo bereits verbreitete Ansinnen der „Ligue des Conaom-
mateurs“ reussirt, dann wünschen wir nur die nöthigen KrÄfte,
um alle diese ongedrohlen GenQsae „consumiren“ su können. —
Der Tenor Wachtel, heisst es, sei in Paris eiugetroffon. Bis
jetzt gab er jedoch noch keine Lebenszeichen. Wenn sich nur
nicht die Pariser vergebliih auf dessen Knall-Effecte im „Po-
stillon de Lonjumeau“ freuen. — Im südlichen Frankreich und in
Spamen reist eine falsche Ullroann-Compagoie, welche sich be-
rühmte Künstlernamen beilegt, worunter auch Vieuxtemps.
Letzterer veröffentlicht eben in einem Schreiben an den „Figaro“
mehrere Fälle, wo sein Name schon von ludustrirriltcrn miss-
braucht wurde, in Russland, in Holland, uud einen in einer
kleinen Provinzsladt Frankreichs, wo er bei den guten Leuten
unendliche Mühe hatte, »ich als den echten Vieuxtemps zu le-
gitimiri-n, indem sie den vor 8 Tagen daseihst hausenden fal-
schen fortwährend für den echten nahmen, welcher zwar nicht
Violine spielt«*, aber desto mehr Appetit und Dural hatte. —
In der OpAra comiquc wird eifrig io den Proben zu Auber's
neuer Oper „RAves d'smour“ fortgeschritten. — Die Erfolge der
neuen Oper „Petite Fädelte’* von Semel steigern »icl» von Vor-
stellung zu Vorstellung und sind die Urlheile der französischen
Blätter, die sich in der Revue et Gazette mosicale zusammen-
gestellt finden, im Allgemeinen sehr günstig. Die Kräfte der
OpAra comique, die Damen Galli- Marie, öelia, Revilly und
(•ui llot und die Herren Barre, üailhard und Potel finden darin
eine ausgezeichnete Verwendung. Wir werden auf den musi-
kalischen Tbed noch des Näheren zurückkommei». — Gestern trat
im ThöAlre italieo Adeline Pa Mi als „Lucia“ wieder auf. —
Fräulein Schneider vom Varietees-Theater wurde vom Di-
rector Raphael Felix für hundert Vorstellungen in England zur
nächsten Saison mit 200,000 Franc» engagirt. Von den
2000 Franca - Schneider- Abenden bis zu den 10,000 Francs-
Patti-Abenden ist also nur noch ein W'eg von 8000 Franca
znrückzulegen. Mil Hilfe der amerikanischen Impresari« wer-
den vielleicht noch mehrere Sängerinnen dahin kommen, bis
sie endlich — wahrscheinlich — alle zusammen Fallit machen.
A. v. Cz.
Wiener Hosikreminiscenxen.
IX. Ende September l&fiQ.
Ui* Z*ul*Hl0O und die Oerorelionen »»i> H»IRn«nr>. — Freu Will aU Königin
d-r Narbt. — Innere Tenorliltn. — Union. — Herbert, und Wagner — Die
iMwrn Pegaaaagrnppen. — Warum da« OperngebSude keine Uhr hat.’
Unsere heurige Herbstsaisou in der Oper wurde mit dein
Wiener Liebling, der hier gebornen „Zauberflöte“ eröffnet und
Reittier ist es eioe Art Pilgerfahrt zum Besudle des Werkes,
»o massenhaft ist der Zudrang aus Nah und Fern. Man darf
aber auch sagen, dass Mozart*» „Zauberflüte** wohl noch nie-
mals eine solche decorative und CoslQin- Ausstattung erlebt hat;
nachdem auf das Blendwerk „Sardanapal“ eine Unsumme ge-
spendet worden, fand denn auch diese deutsche Oper ihre pie-
tätvolle Bühnen-Einkleidung. Vor Allem muss ich der Drco-
rationen erwähnen von Josef Hnffmann, die bei d*r ersten
Aufführung ein derartiges Furore erregten, dass der Künstler
beinahe nach jeder einzelnen vor dem Publikum erscheinen
musste, und es sind der Decoratiunen nicht weniger als drei-
zehn. Herr Hoffmann, ein tüchtiger Oelmaier, hatte sich bis-
her noch nie für die Bühne versucht; nach tüchtigen Vorstu-
dien fasste er den Plan, die „Zauberflöte“ zu illustriren ; er
versenkte sich in die Mysterien well des altägyptischen Cullus
— in welchem sich das Libretto bewegt — und nahm sich
die alte Wiege der Cultur: das Niithal mit seinen Riesenpflan-
zeu und Pyramiden, Felsengräbern und Poteclen, Wandmale-
reien und Hieroglyphen u. s. w. zum Vorwurf. Es dürfte wohl
das erste Vorkommen sein, dass ein genau eingehendes Pro-
gramm von Decorationen in eioer Oper angegeben wurde, wie
die« Herr Hoffmaon für die seinen (hat, und in welchem er
die Motive seines Unternehmens besprach, und die Quellen.
Hoffmann fand in den einschlägigen Bildwerken des Materiales
die Menge und verstand es, dasselbe vortrefflich su verarbei-
ten. Vielleicht dürfte er hier und da zu sehr in's Detail ge-
gangen sein; wir erhalten z. B. besonders in botanischer Be-
ziehung beinahe ganze Herbarien aus Aegypten auf der Lein-
wand. Der Künstler hatte viel Zeit und Geld auf seine Arbeit,
dio sich durch ausserordentlich« Nnturtreue und Farbenpracht
auszeichnel, verwendet, aber der Sieg wurde der seine und
die jetzt nach ihm kommen, haben mit ihren Decorationen bösen
Stand, wie man an der neuen Scenirung des „Troubadour“ ge-
aehn, zu welchem der K. K. Hoftheatermaler Theodor Jachi-
mowics die Decorationen geliefert. Der alte, verdiente Künst-
ler ist von der Zeit überflügelt, und so „solid und wacker'* seine
Arbeit, er muss es dermal hinnehmen, dass seine Decorationen
„geinnller Jammer** genannt wurden. Auf Hoffmann, der seine
Decorationen, zur Schonung der rechten, zum grössten Theile
mit der linken Hand gemalt, blicken jetzt die tausend Augen;
bei den zahlreichen (bis jetzt öl Wiederholungen der „Zauber-
flöt*“ in diesem Monate hielt sich das Entzücken immer gleich
und warm Wir fügen bei, das» die prachtvollen, historisch
treuen CostOme der Oper ebenfalls nach Angabe des Herrn
Hnffmann verfertigt wurden. Indes» noch ein zweiter Umstand
hatte bei dieser Oper ein ganz eigentümliches Interesse. Frau
Marie Will hat unsere» Wissens die schönste hohe Sopran*
»limine der neuesten Zeit, vnn einer Frische lind Anmuth. dass
man die Stimme mit Recht „rosenroth“ heisst. Die entschlos-
sene Frau lies» »ich herbei, die Königin der Nacht zu singen,
eine Parthie, in welcher der darin legitimen Königin Fräulein
von Rabatinsky zuweilen passirle zu „kiksen“ und leise
desavouirt zu werden. Und Frau Wilt, die si-lbstveratiudlich
die tiefer liegenden Theile der Arien unvergleichlich dramati-
scher als Fräulein von Rabatinsky singt, schlug auch in den
Schwindelhöhen rein durch, die erste Arie im Original, die
zweite um einen ganzen Ton transponirt. Uns aber fiel doch
ein Stein vom Herzen, als das Experiment vorüber war, da»
gewagte. Seither wiederholte Frau Wilt dasselbe und e»
wurde ihr und uns völlig sicher. Wie verlautet, habe Frau
Wilt, um die Aufführung der „Zauberflöle“ nicht noch länger
hinauszuschieben und da Fräulein von Rabatinsky auf Urlaub
weilte, diese heikele Aufgabe übernommen. Dio übrige Be-
setzung ist Ihren verehrten Lesern bekannt; die Oper hat übri-
gens durch unsere einheimischen Kräfte beinahe eine doppelte
Besetzung, wohl auch zum Vortheile einzelner Parthieen, wie
sich denn z. B. ein Fräulein Hops als Papagena geradezu
störend erwies, im Reden wie im Singen; da war denn die
kleine Teilheini, der seit ihrem Besuche in Paris die Flügel
gewachsen scheinen, ein köstlicher Ersatz. Ueberhaupt gedei-
hen an unserer Oper die Sängerinnen dritter (eigentlich gar
keiner) Klasse wenig, mau will einzelne dem Publikum auf-
dräng* , n, muss cs aber im lelzteu Augenblick doch bleiben
lassen, wie neulich in „Lucreha Borgia“ ein Fräulein Back ns
den Orsino singen sollte, aber dann doch lim eilf Uhr — frei-
lich ziemlich spät — von der Probe wegberulen und der ge-
wöhnliche charmante Orsino des nämlichen Mittags vom Lande
hereingeholt werden musste!
41
33f>
Die Thlligkeit der Direction brachte im September Debet
der „Zauber Qöle" auch noch eine, die erste Verdrehe Oper
in’s Haus, den „Troubadour“ mit Fräulein Hahn nlt Leonort*.
Die schüue, junge Dam« wurde in den Verband unserer Böhne
aufgenommen, vermochte aber das Publikum des weitern uicht
tu erwArmen. Eine sonderbare Zumuthung an diese lyrische
Sängerin war ca, nach einer Will als Leonore zu flguriren.
Möge Fräulein Hahn vor ihren Freunden gut beralhen sein!
So glOcklich ihre erste Bolle Margarethe, durch ihre eigene
daför so günstige IodividunlitAt war, so wenig verstand sich
die Dame auf einen weiteren Fortschritt. Es ist, als hAtle das
FrAulein mit ihrer ersten Gastrolle, die eigentlich ihr Engage-
ment begründete, ihr Pulver verschossen, denn es glückte wei-
ter nicht mit der Selica, der Mathilde und der Leonore. Auch
scheint das Wiener Klima nicht ohne Einfluss auf ihr Organ
geblieben zu sein, vielleicht nur im Vorübergehen. Nun, wir
wollen aut die Früchte aus diesem Engagement ruhig warten.
— Sohr gerundet war die letzte Reprise der „Stummen von
Porlici“, eine Oper, die durch ihre meisterlich vorgetragenen
Chöre und das wahrhaft (iberschAunieud - lebhafte Ballet hier
einen ersten Bang eionunmt. Deu Ma.sanit-Ilo sang Herr Adams,
dessen von mir früher erwAhnte Differenzen mit der Direction
ausgeglichen sind und der unser vorzüglichster Spieltenor bleibt,
wAhrend Müller durch die aumuthige süsse Stimme und den
leichten Anschlag der hohen Töne unserer Tenorslimmcn beste
ist. Bei seiner Jugend darf inan auch noch aut eine weitere
künstlerische Schulung rechnen. Mit Recht zahlt Herr Müller
zu den Lieblingen des Publikums, und sein Name aut dem
Zettel sieht auch an der Cassa. Herrn Walter’* Tugenden,
ela des Seniors unserer Tenöre, haben ihre Würdigung (Angst
erhallen Das# als „Stumme von Porlici“ Hie MailAnderin Sal-
vioni fortwährend electrisirl, ist eine unlAugbare Thatsache,
mögen noch immer einige graue Anhänger der Claudius Cou-
qui proleslireii. Die ehrwürdige Ballettänzerin Couqui, welche
•Jen Schreiber dieses knapp vor ihrem Abgang allen Ernstes
versicherte, eben das neunundzwanzigste Jahr überschritten
zu haben, widmete uns Jahre lang ihre vorzüglichen Kräfte;
Dank ihr; aber das Ballet darf kein stehendes Wasser sein;
das Ballet will nun einmal unerbittlich Wechsel und Jugend.
Sehr bedauerlich aber für das Ballet ist der Abgang des Herrn
Calori, von dem auch die vielen graziösen Pas de deux finit
der Couqui) herrührten Ein Herr Ammaturn, ein derber
Geselle, trat oder sprang an Calori’s Stelle, der so eben am
Theater zu Warschau als Balleldirector diu überwiegend glän-
zendere und lucrativere Stelle fand. Wir wollen auch liier ab-
warten, was der Wechsel bringen wird. 0 diese RalhschlQsse
sind dermal unertorschlich. — Der neueste Versuch, FrAulein
Lauterbau m — in Darmstadt wenig erquicklichen Anden-
kens — in eine dritte Gastrolle (Margarethe) cinzu-chtmig-
g«‘ln, scheiterte ati der Probe; FrAulein L. zog wieder in
ihr neues Engagement nach Brünn. Da* Publikum ist bei uns
einem ersten Gastspiel gegenüber sehr nachsichtig, zuwartend,
aber man darf nicht ein drittes Mal kommen und nicht zu weit
über die Gräme seiner KrBfte schreiten.
Hofkapellmeistcr Herbeck kam eben von Nachfrage und
Werbung um den allerhöchsten Willen Richard Wagucr’s aus
Luzern zurück. Es gilt ja die Sceoirurig der „Meistersinger“.
Die Unterhandlungen wurden in aller Sülle gepflogen, was von
richtigem Tacl des Bevollmächtigten zeugt; wie verlautet, tiat
sich Wagner ganz und gar in die Wünsche Hrrbeck's ergeben.
Der Appetit nach der Oper verringerte sich jedoch bei den
Wienern um kein Geringes, seitdem unsere kritischen Heerfüh-
rer aus der BaieruhaupUtadl heimgekchrl und über das neueste
Opus „Rheingold“ sich verbreiteten, Ober diese wahrhaft Irost-
loso musikalische Steppe, bnsirt auf die unsinnigsten scenischen
PrAteiisionen, von welchen die alten Götter der Muaica nie ge-
träumt und die nun die musikalischen Don Quixote dem er-
staunten Volke für Genialitäten aufbinden wollen. Herbeck soll
mit den „Meistersingern“ sein Directions-Meislerslück liefern und
wir wünschen dem eminenten Dirigenten sein Glück aus dem
Concertsaal auch für die Bühne. Dass Esser seine Pension
nachgesucht, ist richtig; es blieb ihm wohl nichts anders übrig;
er nimmt die Erinnerung an sich selbst mit, wie doch wan-
delbar die menschlichen Geschicke sind. Kaum, dass zwei Jahr
um, war es eben Hofkaprllmerster Heinrich Esser, der au Seite
Dingelstedt zum musikalischen Mitdirector und ad latus mit
allerhöchster Entschliessung ernannt wurde. Esser war in Rei-
ch cnhall zur Stärkung seiner Gesundheit; möge er, wenn er
Irei geworden, doppelt thAtig seinem schönen Talent leben.
Deutschland hat nicht gar viele der Esser aufzuweisen. Im
Augenblicke verweilt Esser auf höhere Weisung zur Inspeclion
der Theaterruiuei) in Dresden, vielleicht bringt das für uns Ge-
winn, aber, um Gott! nur nicht den Sciiweden Labatt, den
Tenor von der traurigen Gestalt!
Die beiden Pegasusgruppen, welche man so eben unserm
neuen Opernhause aufsclzte, erregen ungeheure Heiterkeit;
einstimmig verlacht man dieselben und der Votkswilz ergeht
sich in den spassigsten Varianten. Oie Presse kann zum gros-
sen Theile nicht umhin, in Prosa und iri Versen dieselben zu
celebriren. Eine nfflcielle Erklärung der Broncegebilde ist uns
leider noch nicht zugekommen; wie verlnulet, soll inan aber
an maassgebender Stelle damit umgehen, diese L'nzipr herah-
zutliun, die drr plastischen Kunst in Wien allen Credit raubt.
In meinem nächsten Schreiben erhalten Sie Details über diese
Gebilde. — Und weiter sagen und tragen die Leute, warum
das ungeheuere Theaterhaus nicht innen oder auch aussen
eine Uhr an der Front trage, in diesem Stadt theile. wo man
recht eigentlich in Verlegenheit nach einem Zeitmesser ist und
wo ein Regulator zur wahreu Wohlthat würde, wie man denn
überhaupt Palläste, öffentliche Anstalten ij. s. w. mit Uhren
schmückt. Da kann ich den Fragern Antwort geben! Ich er-
hielt sie von einem bei dem Baue einflussreichen Manne. Die
Frage ob Uhr ob nicht, kam allerdings in Betracht, aber man
entschied sich tür „Nein!“ — Erstens: sind die Wiener unru-
hig, des Hausmeisters willen , wenn es „auf Zehn“ geht (die
Sperrst unde), und zweitens: die Direction wolle sich rocht auf
die Finger sehen lassen, w«-un man zu spät anfängt, oder
weno’s in den laugen Zwisrheriacten nicht rasch vorwärts geht
und dann gar zu spät au« wird. — Nach diesen zwei merk-
würdigen Gründen wäre noch eia dritter wohl überflüssig.
Carillon.
F m I I I e I « n.
Aus meinem Leben.
(Eine musikalische Reise und zwei neue Opern.)
7 .
Zu deu Hauptbestandteilen der Opernmusik gehört nächst
Melodie und Harmonie:
H. Dur Rhythmus. Gegen die allgemein gültigen Gesetze
der Rhythmik versföset natürlich ein so routinirter Componist
wie Wagner nur §o oft es ihm beliebt — und es beliebt ihm
leider sehr oft. Wenn ich also behaupte dass diese Seite in
seinen Tondichtungen vielleicht die allersrhwHchste bildet, so
kann nicht vom Mangel an Kenutniss, sondern nur von der Kr-
ün dun« und Hem zweckmässigen Gebrauch neuer Rhythmen oder
Google
337
Oberhaupt von der Nicht Existenz eines Rhythmus die Hede sein.
Das bekannte französische Lied ..ah «>■# dir eit jt Mama*’- be-
wegt sich von Anfang bis Ende in folgendem rhythmischen
Rahmen:
-j — J — J—l—0— 0--j — 0— 0 - 4 — a>- -| — 0—0—L—J—0-I 1 -
und die beliebte Cnvntine „ich war als ich erwachte" in folgendem:
Beide Musikstücke bieten uns einen uutadrlhafl angelegten und
richtig durchgeführten Rhythmus, und dennoch wflre derselbe für
den Werth einer Composilion kaum in Betracht zu ziehen, wenn
nicht der Ausdruck des Textes ein solch ermüdendes Klippklapp
bediugte. Die meisten Natiounllauzuielodieen und Lieder ver-
schwinden in Hinsicht auf origiuell und scharr ausgeprägte Rhyth-
men gegen die der Spanier uud Uugarn, obwohl die aller übrigen
Völker gleichfalls wohlgebaute Rhythmen aufzuweisen haben. In
diesem Sinne also, wie iu dem häutig mangelhaften oder nicht
erkennbaren rhythmischen Aufbau betrachte ich die Rhythmik in
Wagner s Opern für ein untergeordnetes Element. Als allgemein
bekannte Beispiele vergleichen wir die beiden FealmArsche aus
dem Propheten und dem TannhAuser. Letzteren stelle ich im
Grossen uud Ganzen hedeuteud höher wie den andern, aber in
Bezug auf Rhythmus bleibt er weit hinter jenem zurück; in dem
ungleich längeren TannhAusermarsch kommt keine Taktgruppe
vor, welche nicht schon unzAhligemal in andern Aufzugsmusiken
abgehaspell worden wäre. Dagegen beginnt der Propbeteiuuarscb
sofort mit eiuciu frischen uud glücklich erfundenen olaktigen
rhythmischen Motiv
dessen Reiz der Neuheit sogar die schwächere melodische Struc-
lur zu verdecken im Stande ist. Eine wahre Fundgrube von
noch uieht dagewesenen und charakteristischen Rhythmen hat
Meyerbeer aufgethan in der Introduction des vierten Aktes der
Afrikanerin; und in all' seinen Opern (nicht etwa bloss iu deren
Tänzen und MArscheu, welche hier nur beispielsweise citirt wur-
den» treffen wir überraschende uud dabei schöne Rhythmen an.
Möglich dass die Spekulation sich an ihrer Creining betheiligte
.... aber wir wollen zufriedeu sein dass sie Oberhaupt existiren
und durch ihr Dasein wohlthAtig wirken. Dem entgegen tritt nun
bei Tristan und Isolde der Mangel an ConcinnitAt in erhöhtem
Grade auT; der Rhythmus schliessl sich fortlaulend der sogenann-
ten unendlichen Melodie an, kommt also auch mit wenigen Aus-
nahmen nie zum rechten Abschluss; er wechselt auch bei gleicli-
Mciheudcr Taklnrt unaufhörlich, so dass er vollständig seine ur-
sprüngliche Bedeutung „Ebenmaass“ verliert, uud nur ein wirres
Durcheinander von kurzen und langen Noten, von Arsis uud
Thesis, CAsur und Ligatur, von rezilativischen Sätzen bildet. Doch
damit nicht zufrieden, muss nun an einigen Stellen noch ein
ganz willkührlichcr Taktwechsel eintreteu, der sich, aller Eurhyth-
ntie Hohn sprechend, pag. 226 und 227 innerhalb 76 Takte fol-
gendermaassen prAseulirl: -j- j j 4 TTTTT
jj_ i i *a A A. ± ± ± J _i JL * JL
4 T 4 4 4 4 4 4 4 4 4* 4 4 4 4 4
— -|- t Heil'ge Urduung, segensreiche! Wer'* sieht, glaubt es
kaum. Als wenn sieh das alles nicht eben so gut in einer ein-
zigen Taktart ausdrücken Hesse! Solche gauz uumotivirten Extra-
vaganzen in den Wagnerschen Opern, und namentlich im Tristan,
sind es „wo die gesunde Vernunft aufhört und das Hostocker
Stadtreeht anfAngt
4. Die Formation. Wann man Wagner'n de« Vorwurf
macht, dass er in «einem Tristan gegen alle übHehen Opernfor-
men verstoßen habe, so sind seine Anhänger rasch mit der Ge-
genrede bei der Hand, dass ein Mann wie Wagner nicht nach
der aReo Schablone zu arbeiten verdammt, sondern neue Formen
zu schaffen berufen sei. Zunächst möchte ich constatiren das«
gewisse Leute, denen doch auch einiges Talent zuerkannt werden
muss, Leute wie Mozart und Beethoven, es nicht unter ihrer
Würde gehalten haben in Ähnlichen Fällen „nach der Schablone"
zu arbeiten. Mozart's Jupitersinfonie und Ueethoven's Neunte
(mit Ausnahme des letzten Satzes, der vielmehr eine freie Fanta-
sie für Instrumental- und Vokalmusik ist) sind genau nach der-
jenigen Form eingerichtet, welche schon Haydn, und zwar im
Anschluss an seine schwachen Vorgänger, lür diese Gattung der
Composilion festgestellt hatte; Mozait und Beethoven natürlich
aber in fortschreitend erweiterten Dimeusionea. Dasselbe gilt
für ihre und Andrer Produkte auf dem Gebiet der Kammermusik,
(juartette, Quintette u. s. w. Lind wer Msrtini's eota rum kennt,
wird mir beistimmen dass selbst der kunstvolle Hau der ausge-
dehnten Finale n in Figaro s Hochzeit und in oori fan teile sich
auf die — allerdings viel einfachere — Coostruetion der grösse-
ren Eusemhle's in (euer allen Oper zurüekführen lässt. Auch die
sflmmtlichcn Nummern In Beethoven’* Fidelio sind wieder in er-
kennbarer Weise den Modellen nachgeahmt, welche Mozart nach
Maassgabe der ihm überkommenen Vorbilder geschaffen halle
Meyerbeer' s dramatische Werke, an l'mfeng zwar die der genann-
ten Meister überragend, hallen sich doch in der Form ihrer ein-
zelnen SW*e Abermals an die schon früher übliche Weise dra-
matische Tonstürke hinzustellen. Und wo wir auch in irgend
welcher Oper irgend welches Compouisten eine Nummer linden,
deren Gestaltung sieh nicht direct anlehnt an ein vorher schon
existirende« Munter, da wird sie sicherlich in einer neuen Form
dargebolen, welche als solche erkennbar ist uud nachgeahmt
werden könnte, selbst wenn sie nicht uAchahmungswürdig wäre
Von solchen Formen aber ist im Tristan nicht mehr die Rede
HAU sioh Wagner des alten Zuschnittes entwachsen, den er im
TannbAuser noch bona flde für mehrere grosse SAtze beibehalteu
hat, und will er uns dagegen mit neuen Formen bereichern, so
müssen sie eben erkennbar sein und nachahmungsfähig d. h. sie
müssen nachgeahmt werden können, So bietet uns uuter andern
die TannhAuser Ouvertüre ein Beispiel neuer, wenu auch nicht
besserer, Form als die Ouvertüren der Alleren Meister. Wir können
darin vier verschiedene Themata uuteracbeideo, wir wissen genau
Anfang und Ende derselben zu bestimmen, wir verfolgen den
Wechsel ihrer Tonarten u. s. w. Allen dies wie gesagt in andrer
Ordnung denn ehedem, aber immer doch in erkennbarer und
nacliahmungsfähiger wenn auch keineswegs in nachabmuiigawür-
diger Anordnung. Nicht solcher gegliederten Disposition begeg-
nen wir im Tristan. Denn wie die sogenannte unendliche Melodie
schon der Rhythmik Fesseln aulegt (oder dieselbe vielmehr ent-
fesselt und verwildert) eben so macht sie die Anlage "und Vollen-
dung schöner Können gauz unmöglich. Daneben verführt das
missverstandene Prinzip „die Wahrheit des Ausdrucks zur vollen
Geltung zu bringen" den Komponisten auch in Bezug Auf dir
Formation zu den empörendsten Ungerechtigkeiten. Im zweiten
Akt des Tristan stehen zum Schlusa gleichzeitig folgende Personen
auf der Bühne: das Liebespaar Tristan und Isolde — die Freundin
BrnngAne, welche vergeblich gewarnt hat — der Schildknappe
Kurwenal, welcher die Ankunft des Königs meldete — endlich
König Marke selbst, der das tHe a tiie überrascht, in Begleitung
des Verrflthcrs Melot und umgehen von einem Chor der Hofleute
in JAgertracht. Nun sollte man glauben: diese Masse slimmbe-
gabter Opcrislen würde, zumal in solcher Situation, ein grosser-
OOQ
338
tiges Final« iotoniren. Aber nein! jeder siugt eineu Solosatz
herunter, der Chor lat ganz stumm, und damit fallt der Vorhang;
wahrscheinlich weil ea gegen die Wahrheit des Ausdruck» wAre
mehrere Personen in verschiedenen Stimmungen gleichzeitig singen
zu lassen. Solche Aufgabe gut durchzuführeu ist freilich eine
Kunst, und Wagner will nur die Natur wiedergeben; dann dürften
aber auch Tristan und Isolde in ihren ewig langeu Duetten nie
zusammen singen, und zuletzt dürfte in der Oper gar nicht mehr
gesungen werden, denn vernünftige Menschen, die miteinander
verhandeln, sprechen wohl — aber sie singen nicht, lind zu
diesem Extrem müsste sich endlich das Kunstwerk der Zukunft
hinauf* oder hioabsebrauben lassen, wenn die Tristsn’schen Grund-
sitze mit aller Cousequeuz durchgefuhrt würden. Wagner'» Ver-
höhnung der hergebrachten Form ist allerdings neu; aber wird
sie denn durch eine andre Form ersetzt? Oder kann Verschwom-
menheit und Aufgeduusensein jemals für schön gelten? Solches
aber ist die Ausserliche Erscheinung des inneren musikalischen
Kernes im Tristan, und — gleichviel ob süss oder sauer — wir
kommen nie zu dessen Genuss, weil er uns nicht io anmutbiger
Form dargereiebt wird, sondern weil wir uus von seiner gallert-
artigen Mülle mit Widerwillen abwenden müssen. Zu seinem
Glück hat Wagner in den Meistersingern schon wieder einen
Rückschritt gemacht . . . hier aber soll nur von Tristan die Hede
sein. — Nun wird man zugeetehn dass ein in grossartigen Di-
mensionen angelegter Hau zwar gegen alle Gesetze der Architek-
tonik, der Symmetrie, der Schönheit , selbst der Nützlichkeit ver-
flossen, dagegen aber gleichzeitig ausgc führt werden kanu mit
der feinsten Sauberkeit in den Ornamenten. Dergleichen musi-
kalische Ornamente, die wir auch als zur Formation gehörend
betrachten, sind entweder thematischer (in der Verarbeitung des
Themas) oder rein gesanglicher Natur. Was Wagner. in dieser
letzten Hinsicht leistet, davon ist schon im Kapitel „Melodie“ die
Hede gewesen, und ieb komme tub tiulo „Deklamation“ noch-
mals darauf zurück. Die thematische Durchführung aber wird
im Tristan entweder übertrieben, oder häufiger ganz bei Seite
gesetzt, wie es die unendliche fortlaufende Melodie verlangt. Einen
glAnzenden Beleg für meine erste Behauptung liefert der Clavier-
Auszug psg. 107 wo nachstehende Figur
in 50 Takten durch 84 Wiederholungen zu Tode gehetzt wird,
wenn sie sich nicht etwa in der Partitur, welche loh jetzt nicht
hei der IfAnd habe, noch Öfters repetirt Wo wir auch hinhlicken,
überall und nach jeder Richtung Anden wir Exccssc, nirgends
Oekonomie; und auf vorliegende spezielle Betrachtung äuge wen-
det: die Formlosigkeit zur Form erhoben.
Joarnal-Kevue.
Die Neue Zeitschrift f. M. bespricht Liszt'* „Missa choralls“
und hebt dieselbe als ein bedeutendes Werk hervor. — Signale :
II Bericht über das „Rheineold“ von R. Pohl. — Allem. .Musik ztu :
Schluss der „Colorisleu“ von Ritter.
Die französischen Zeitungen enthalten mir Locales.
Nachrichten.
Berlin. Herr Professor Joachim, Direclor der König!. Hoch-
schule der Tonkunst, wird im Verein mit deu Herren ächiever t
de Ahua und Wilh. Müller, ebenfalls Lehrender Anstalt, vier
Quartett-Soireen im Saale der Singacademie geben, welche hoch-
künstlerische Genüsse in Aussicht stellen. Die Besetzung der
lustrumentc ist folgende: lste Violine (Herr Director Joachim!,
Site Violine (Herr Schiever), Viola (Herr de Ahne), Cello (Herr
Müller). Die erste Soiree Undet noch im Laufe dieses Monats
statt und kommen in derselben Quartette von Haydn, Mozart und
Beethoven zu Gehör. Die 2te bietet Mendelssohn, Schubert,
Schumann; die dritte 3 Quartette von Beethoven (aus den drei
Perioden Beethoven’»); für das 4te C.oncert Ist das Programm
noch nicht festgestelit. Der Abonnements-Preis für die 4 Con-
certe stellt sich folgeudermaassen : Saal 5 Thlr., Vorssal 3 Tblr.,
Balkon 1 Thlr. 10 Sgr.
— Herr Franz Bendel wird in dieser Saison 3 Schumann-
Soireen veranstalten. Nach dem soeben allsgegebenen Programm
Werden wir die 2 Clavier-Sonaten in Fis-moll und G-raoll, 2 Trios,
den Carneval, die Etüde« symphoniques und kleinere Clavierstücke
hören. Ausserdem vervollstAndigen noch Lieder und Gesänge
des Meisters das Programm. Wir machen das Publikum auf
diese interessanten Concerte ganz besonders aufmerksam.
— Anton Rubi ns t ein beginnt seiue Concert-Touniee in
Deutschland erst im Januar künftigen Jahres Er begieht sich io
den Tagen vom 15. bis 20. erwähnten Monats nach Wien, woselbst
er sein neue», dort zur Aufführung kommendes, Werk „Der
Thiirmhau zu Babel“ selbst dirjgircu wird. Der Künstler tritt
diesmal das letzte Mal als Pianist in die Orffeullichkeit und beab-
sichtigt seiue Coucert-Reise nur auf höchstens 6 Wochen auszu-
dehnen. Eine neue Fantasie für Clavier und Orchester hat Ru-
binstein eigens für diese Kunstreise geschrieben
— Die Monstre-Matinie am 10. d., welche in den vereinig-
ten Bäumen i Winter- lind SoinmerbQhiitfi des Victoria-Theaters
stattfaud, hatte leider ein nicht so zahlreiches Publikum, wie zu
erwarten sIaihI. versammelt. Das Programm enthielt nachstehende
Werke: Beethoven, Sinfonie in A-dur, Polonaise aus „Strueusee“
von Meyerheer und die Ouvertüren zu Zauberflötc, Athslia und
Euryanthe Wenngleich die Räumlichkeiten immer gewisse Mln-
gel bedingen, die Nöten erschienen z. B. vom Wintertheater aus zu
scharr, die ContrsbAsse drangen dagegen nicht genug durch, »o
ergab doch die Gesammlwirkimg einen ganz imposanten Ein-
druck, namentlich in den Ouvertüren zu Athalia und Euryanthe.
Herr Kapellmeister Eckert verdient für seine vortreffliche Di-
reclion und gewiss mühevolle Einstudirung den Allgemeinsten
Dank. Möge das musikiiebeude Publikum Berlins dem zweiten
dieser Concerte (dasselbe findet in den ersten Tagen de» Deceni-
her statt) mehr Interesse schenken, wie es diesmal der Fall war
und somit auch den guten Zweck des Unternehmens fördern helfen.
— Unter der Leitung des Herrn H. .Mohr hat sich ein Coo-
eertverein für Vokalmusik gegründet, der es sich zur Aufgabe
gestellt bat, in diesem Wintersemester einen Cyclua von Coocer-
ten im Aruim’scheti Saale zu veranstalten, in weichen namentlich
seltener gehörte Werke in Cantaten form dem Publikum vorgeführt
werden sollen, in Aussicht sind genommen: F.rlkönigs Tochter
von N, Gode, Wasserneck von Wfierst, Schön Ellen von M. Bruch,
der Taucher von Schubert. Bedeutende musikalische CapacitAten
haben ihre Mitwirkung zugesagt. Das erste Concrt findet am
Sonntag, den 17. d. M , stall.
— Gnde's neueste Komposition „Beim Sonnenuntergang“;
Concertstück für gemischten Chor und Orchester erscheint dem-
nächst im Verlage von Fr. Kistner in Leipzig.
— Herrn Balletmeister Taglioni wurden Seitens der Ma-
jeslAlen König von Pretissen und Kaiser von Oesterreich der rolhe
Adlerorden und das Ritterkreuz des Franz Josephordcus verlieben.
— Herr Kapellmeister Ludwig Norman u aus Stockholm
hielt »ich auT der Durchreise mit seiner Gattin, der berühmten
Violinistin, hier einige Tage auT.
— Im Anfang des Monats November kommt bei Stargardt
eine Sammlung (700 Nummern) höchst interessanter musikali-
scher und hymnologiscber Bücher, Manuscripte und Autograpbcn
339
xur Versteigerung. Des eben suagegebetie Verzeichnis« enthält
auch viele Kostbarkeiten aus dem Nachlasse de« verstorbenen
Muaikdlrcotors A. W. Bach, ein eigenhändiges Mannscript Frie-
drich des Grossen, ein Flötensolo von 14 Seilen, Originale von
Haydn, Kirnberger, Liszt, Mendelssohn - Bartholdy, Reinhardt,
Sponttni, Zeller, — Briefe von Berger, llalevy, Himmel, Haydn,
Marschner, Meyerbeer, Pagaoini, Spohr u. A.
Baden- lladen, den 1. October 18G9. Die Saison gebt nun
mit «ohneilen Schritten ihrem Ende zu und werden meine heuti-
gen Zeilen wohl den Schlussbericht Ober dieselbe bilden. Dafür
kaun ich aber mit Genugthuung sageu, dass der Schluss ein
wOrdiger war, indem namentlich die 8te classische Matinee un-
aerea Kurorchester« ein vortreffliches Programm in vorzüglichster
Ausführung aufwics Beethoven, Weber, Mendelaaohn und Schu-
mann waren die Componisten, deren Werke wir hörten. Und
zwar von Beethoven nichts Geringeres als die „Eroica M , in eioer
seilen vollendeten Wiedergabe. Schumann’« Maufred • Ouvertüre,
die 2te Orchesternummer des Abends, ist ein würdiges Seiten*
stück zu der Beethoven’aclieu Composition. Sie int meiner Mei-
nung naeh neben der 3ten Leonoren-Ouveriure von Beethoven
die grösste Ouvertüre, die je geschrieben, ihre Wirkung war
eine ergreifende. Fräuleiu Peschei, eine Schülerin der Frau
Clara Schumann, spielte das Weher'sche ConeertstQck sehr
graeiös und fein und erntete auch rühmliche Anerkennung. Ein
Herr White aus Paris trug das Mendelssohn sehe Violiucoucert
mit schönem Tone und durchgvbildeter Technik vor, daa Publi-
kum zollte seiner künstlerischen Leistung allseitigeu Beifall.
— In der neunten und letzten Matinee staudeu die Orchestervor-
träge bedeutend über denen der Solisten. Es werden uns ge-
boten die Pastoral-Siofonie von Beethoven, Gavotte aus der D-dur-
Suite von S. Bach und die Ouvertüre „Der Römische Carneval**
von Berlioz. Die letzte PiAce ist durch ihre Schwierigkeiten
ein Prüfstein für das Orchester, ich freue mich aber, eonsta-
tireo zu köunen, dass die Aufführung völlig den Intentionen
des Componisten entsprach. Ueber die Solisten ist nicht viel zu
sagen, Herr Ben-Tayoux, Pianist, gab nur eigeue Compositionen
zum Besten, welche sonst wohin passen als in diese classiachen
Concerte und die Violinistin Fräulein Gaste II an spielte da« 7te
Beriet sehe Conceri, eine Composition, die in der Jetztzeit eine
ziemlich isolirte Stellung einnimmt; dazu wurde der Vortrag
durch stellenweise unreine Intonation beeinflusst. — An demsel-
ben Abende gab Adelina Pntti ein Concert, welches, nach erhal-
tenen Mittheilungen, der „Diva 14 Geld und Ehren in Hülle und
Fülle eintrug. Das Programm war natürlich ein untergeordnetes,
die Versammlung eine sehr glänzende. — Die Italienische Oper
bat 4 Vorstellungen gegeben, in denen „Ballo in Maschera“, Son-
nambula“, „Tr ovalere und Traviata“ in Scene gingen. Adelina war
die Sonne, um die sich in diesen Aulrührungen alles drehte. —I.
CarUmbe. Erstes Abonnements-Conceri des Hof-Orchesters
unter Mitwirkung der Frau Clara Schumann: Ouvertüre zur
„schönen Melusine“ von Mendelssohn, 4les Clavier-Concert von
Beethoven, „Liebeslieder 4 * Walzer für vier Siugstiinmen und Kla-
vier zu vier Händen von Brahms i Manuscripli. 3 Clavierstücke
und 4te Sinfonie in D-moll von Schumann.
('oblens. Concert de« Cärilien-Vereins: .Symphonie in D-dur
von Ha>dn, Arie aus „Milraue“ von Rossi, Clavier-Concert in
A-moll von Schumann. Kntr’act aus „Rosamunde“ von Schubert,
Ouvertüre zu „Figaro« Hochzeit 44 von Mozart etc.
('Athen. Concert de« neuen Musik- Vereins: Ouvertüre zum
„Soniniernachtslraum'* von Mendelssohn, Arie aus „Oberon“ von
Weber, Concert für 9 Violinen von Spohr, Ouvertüre „Nachklänge**
von Gade, Reveric von Vieuxtemp« etc.
Onrnisladt. Concert des Florentiner Quartetts: Quartette in
A-dur von Mozart, In F-dur von Herfaeck und Es-dur t Harfen-
quartett) von Beethoven.
Dresden. Am 9. d. veranstaltete die Generaldireetion eine
Aufführung de« «..Messias* 4 .
Erfurt. Am 7. October eröffnet« der Erfurter Musikrerein
die Reihe der diesjährigen Winterconcerte In unserer Stadt.
Die Aufgabe der Direction war Herrn Mertel aus Bremen zu-
gefallen, wie wir hören, einem der Bewerber um die neu zu
besetzende Stelle eine« Dirigenten gedachten Verein«. Herr Mer-
tel wusste diese Aufgabe in ganz ausgezeichneter Weise zu lösen.
Die Aufführung der Mendelsaohn’schen Hebriden Ouvertüre sowohl,
als der zweiten Beethoven'sehen Symphonie zeugte von ebenso
kunstverständiger als energischer Leitung und zugleich von einer
glücklichen Gabe de« Umgangs mit den zur Ausführung berufenen
Kräften. Das Orchester bemühte sich auch «einerseits sichtlich,
eine möglichst gelungene Leistung zu bieten, so dass in der Thal
der Vortrag der Orchesternummeru ein sehr befriedigender ge-
nannt zu werden verdient Zugleich erweckte Herr Mertel als
Clavierspieler in dem Concertalüek von Weher und mehreren
kleinen, gut gewählten Salonstücken durch Auffassung und Aus-
führung das lebhafte luteresse des Publikums. Gewiss ist die
Ueberzeugung allgemein, dass es ein grosser Gewinn für unsere
gcsaminten musikalischen Verhältnisse sein würde, wenn es ge-
lingen sollte, diese thatkräftige Persönlichkeit an Erfurt zu fesseln.
Herr Scaria aus Dresden, einem Theil des hiesigen Publikums
schon durch sciu Auftreten in Weimar im vorigen Winter und
in neuester Zeit rülimlichst bekannt, riss durch seine prachtvolle
Bassstimme zu ungetheiltem Beifalle hin.
Frankfurt a. M. Fräulein Stella hat sich der Gunst des
Publikums in vollstem Maasse zu erfreuen. So errang sie neu-
lich als Martha iu Flotow's gleichnamiger Oper sowohl durch
Gesang wie Spiel grosse Triumphe.
(•otha Ara 1. d. gab der hiesige Dilettanten- Orchester- Ver-
ein seine llte Vereinssufführung. Von den zu Gehör gebrachten
Werken sind erwähnenswert eine Ouvertüre von Carl, Tripie-
Concert von Beethoven und Ouvertüre zu „Figaro“ von Mozart.
Die Ausführung sämmtlichet Compositionen war eine in jeder
Beziehung befriedigende und correcte zu uenneo.
Leipzig. So Ist denn nun die diesjährige Saison mit dem
1. Gewandhausconcerte am 7. d. eröffnet worden. Deo Beginn
desselben machte Mendelssohn'« charakteristische Ouvertüre „Mee-
resstille und glückliche Fahrt* 4 . Es schien, was die Aufführung
derselben anlangt, als oh unser vorzügliches Orchester noch
nicht so ganz bei der Sache gewesen wäre, denn wir haben
diese Composition schon mit mehr Schwung vortragen hören,
als diesmal; unter Mendelssohn'« Direction war sie ja
geradezu eine unübertreffliche Meisterleistung. Doch bewährte
die Wiedergabe der den zweiten Theil des Concerte« bildenden
„Eroica“ von Beethoven den Weltruf des Orchesters, indem das
grandiose Werk in allen Theilen vorzüglich zur Geltung gebracht
wurde. Für Frau Normann-Neruds, welche ursprünglich au die-
sem Abende spielen sollte, trat Herr Kapellmeister Reiuecke
ein. Derselbe, bei seinen) Erscheinen mit lebhaften Acclaoiatio-
neu empfangen, trug sein Clavierconccrt in Fis-inoll, eine distin-
guirte, fein melodische Composition, in prächtiger Weise vor und
erntete reichen Beifall. Den Sologesaug vertrat die dänische
Hofopernsängerin Frau Josephine Zink („O Deus, ego amo te‘ 4
von Cherubim und Beeil, und Cavaline aus der „Donna del
Lago* 4 von Rossini). Die Dame ist im Besitze von seilen schö-
nen Stimmmitteln und einer vollendeten Coloralurfcrtigkcit,
welch' letztere sich in der Rossini'scheu Arie besonders vortheil-
haft geltend machte. — Als originellen Fall muss ich Ihnen noch
eine Erklärung der hiesigen Opernsängerin Fräulein Zimmer-
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di n d n gegen unser» Kritiker Dr. Paul iniltbcilen. Derselbe
halle durch «eine Beurtheilung der Leistungen der betreffenden
Dame deren höchstes Missfallen erregt, so das« sich dieselbe in
den Leipziger Nachrichten wie folgt, auslfiiwt. „Dem Herrn He*
censeoten des Leipziger Tageblattes. Da ieh nicht das Vergnü-
gen habe, genanuten Herrn persönlich zu kennen, so erlaube
ich mir in Folge der Kecensiou vom 25. v. M. Ober „Rienzi“ zu
erwiedern, dass ich nie von den, wie sieh Hecensent ausdrückt,
wiederholten Mängeln meiner Gesangsmethode lassen werde, da
ich sie vortrefflich Uade und sich wenige Sängerinnen einer so
vorzüglichen Schule, wie der der Madame Viardol-Garci« erfreuen
können. Emmy Zimmermaoo, Operusängerin." Wenn die Künst-
lerin in dieser Weise fortfthrt, die wohlmeinende Stimme der
Kritik zu beachten, so dürfte es mit ihrer Zukunft doch etwas
unaicher aussehen B — .
«=**— tlnnnhrlm Goncert des -Violinisten B. Walter: Concert
militaire von Lipinsky, Lieder von Schubert, Mendelssohn und
Liszt, Variationen von David, Ballade und Polonaise von Vieux-
temps etc. — Concert des Florentiner Quartett- Vereins: Quartette
von Mozart, llerbeck und Beethoven.
Posen. 2. Concert der Frau Wernick e-Bridgeman,:
Kreutzer-Sonate von Beethoven, Recit. und Arie aus „Artnida dis-
pietata von Handel, Lieder von Mendelssohn, Schubert und Schu-
mann, Polonaise in Cis-moll von Chopin ete.
Weimar. Herr Kapellmeister Stör bringt in den Coucertcn
dcrllofkapelle das Rubiustein'sche Charakterbild „Iwan“ zu Gehör.
Wien. In den philharmonischen Concerten dieser Saison
gelangt Rubinsteins neues Orcheslerwerk„lwan IV." zur Aufführung.
— Kürzlich kam hier Westmeyer’a Kaiser- Ouvertüre zum
2ten Male zur Aufführung. Die Wirkung dieses pompösen Ton-
stückes war auch diesmal eine ungewöhnliche.
Madrid Auf dem hiesigen Theater Arderius ist Offbnbach's
„Genoveva" mit grossem Sucees gegeben worden.
BrAaael. Wieniawaki*» Concert bringt folgendes Programm :
Nocturne, Etüde und Ballade von Chopin, Sonate util Cello von
Bubiosteio, Concert walzer Op. 3 und Homance snas paroles von
Wieniawski und 2te Rhapsodie von LiszL
— Die preisgekrönte Cantate „Die letzte Nacht Fauste" von
van Eden ist vergangene Woehe hier unter der Leitang des jun-
gen Coropouistcn zur Aufführung gekommen. Das Werk erwies
sich als hervorragend sowohl nach Seiten der Erilnrliing wie
Faotur.
( opt aha Kr n Der sohwedisohe Componist Herr Edvard
Grieg hat am 9. d. hier eiu Concert gegeben, in dem er eine
Reihe seiner interessanten Compositiouen vorführte. Es waren
dies die 2le Sonate mit Violine in G*dur (Op. 13), nordische
Volkstänze für Clsvier, ein Clavierconcert in A-moll (Op. 16), von
Herrn Neupert gespielt, eine Dichtung „von Richard Nordraaks
Tode" für Orchester und eiu und roebratimmige Lieder. In
sämwllichen Werken bekundete Herr Grieg sein bemerkenswert
thes Compoaiiionstalent — Heise s Oper „Die Tochter des Pascha"
ist hier mit vielem Erfolg in Scene gegangen.
Warftchaa. Folgende 4 Opern werden in dieser Saison hier
zur Aufführung gelangen: „Blaubart" von Offenbaeh, „Theeblume"
von Lecoeq. „Erster Glückstag" von Auber und die neue grosse
Oper Moniuszko'a, „Der Paria" betitelt
New-York, den 4. September. Ein Herr Wertbeimer macht
in den TagesblAtlern bekannt, dass er eine grosse, clsssiscbe
deutsche Oper für Amerika angeworben habe und hier im taufe
des Winters grosse, elaasische, deutsche Opernvorstellungen geben
wird. Herr Carl Anschatz ist ab Dirigent für das Unternehmen
gewonnen. — Die grosse, cbsaische französische Oper, die be-
reits Milte September in der Academy of Music ihre erste Vor-
stellung gelten sollte, scheint sich in Wohlgefallen aufgelöst zu
haben. Der Vice-Hülfs-Unterageot, den angeblich der Unterneh-
mer nach New-York gesehiokt hatte, iat unsichtbar geworden. —
Die englische Opera gesellschaft der Mute Parepa-Rosa wird be-
stimmt heute über acht Tage im französischen Theater ihre Sai-
son eröffnen. St.
Unter Verantwortlichkeit von K. Bock.
Im Verlage von H. II. Bftle in Altona er-
schien mit vollständigem Eigenthumsrecht und ist
durch alle Buch- und Miisikhandlungen zu beziehen:
Sgr.
Garlitt, Cornelius. Op. 36. Aus der Kinderwelt Heft 1.
7 kleine Tonstücke.
Inhalt: ll Das artige Kind und der kleine Raufbold. 2)
Zinnsoldatenmarsch. 8) Puppen W iegenlied. 4) Ringel-
tanz. 5) im Garten. 6) Weihnacht. 7| Abendgebet 12j
— Op. 37. Erinnerung au Italien. No. 1. Notturno ... 10
— Op. 38. Au» der Kinderwelt. H. 2. 6 kleine Tonstücke.
Inhalt: 1) Lustige Gesellschaft. 2t Das kranke Brüder-
chen. 3) Das Lied von Widewidewil. 4| Trübe Stunde.
5) PiippentAnzchcn. G) Der kühne Reiter . . 12)
— Op. 39. Erinnerung »ii Italien. No. 2 Notturno. Ara
Comosec .... 10
Bekanntmachung.
Die Stelle eines Director» des hiesigeu städtischen Musik-In-
«tituts ist erledigt und neu za besetzen. Das jährliche Einkom-
men des Musikdirectors beträgt 462 Thlr., und Undet ausserdem
jährlich eiu Concert zum Vortheil des Directors statt. Die Lei-
stungen desselben haben aich im Wesentlichen auf die Ausb il*
duug eines gemischten Chores und auf die Leitung von zehn
Wiuterconrerten zu erstrecken. Anmeldungen zu dieser Stelle
wolle man unlcr Beifügung der Qualiffcations-Zeugnisse bis zum
1. November c. sn unsern Intendanten Herrn Dr. Lenz dahier
gelangen lassen, welcher aueh jede nähere Auskunft zu erthei-
Ua gern bereit ist.
Co bleu i, den 6. October 1369.
Der VoretUnd de« nunlk-Jnalllute.
Ein tüchtiger Zinnstecher (Nolenstecher ) findet dauernde
Beschäftigung bei Aacenrr dr Co., «6 Newgate Street, London.
Näheres auf frankirte Anfragen.
Soeben erschien in unserem Verlage:
2 te Sonate (E-dur)
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Op. 15. Preis 1 Thlr.
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Ed. Bote d <«’ Bock (E. Bock)
K. Hofmusikhandlung. Berlin u. Poscu.
Verlag von Ed. Bote 4 6. Bock (E. Bock), Königl. Ilofmiisikhandlimg in Berlin. Französische Str. 33r. und (i. d. Linden No. 27.
(IrarL Mm C. K. S'hmldl in N-rlhi. Unlcr den Linden No. I»
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XXIII. Jahrgang 42.
V»n diecer Zeitim*; OT l M l rt wttebmilicb
eiM Summer.
20. Oclober 1800.
7 . u beziehen durch:
WIBH. Spina.
Paris. Hnniu« «v oufeur.
LONDON. .Novell», Cwar 4 Co llainmiHid A Co
St PETERSBURG M. Bernard.
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BARCELONA Andrea V.dal
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BERLINER MISIKZEITIVI.
gegründet von
unter Mitwirkung theoretischer
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und practischer Musiker.
RrintellunKen nrhmrn an
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Poet- Anstalten, Buch- und .WusikhandlungMi
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dem Musik-Verlage von Ed. Bote 4 6. Bock.
Ed. Bote 4 S. Bock Jährlich 3 Thlr.
in Berlin, Unter den Linden 27, erbeten. ' Halbjährlich l Thlr. 25 Sgr.
j! Insertionspreis für di« Zeile 1| Sgr.
Inhalt. Krr«it«ionan.
ttrrhn. OrraapnndriiieD a«» Pan« und Pr**. -
Journal-Hrm*. — N’arhri»hl»r
FanllMna: Am
— luwale.
i'inein Lrbrn VII|_ von H. Dirn. —
Recen§ionpn.
Unzart'* Requiem. Zum bessern Verständnis* bei Auf-
führungen mH einer neuen Uehersetzuag von Albert
fl nh n. Bielefeld, R. Sulzer. I80H. DB S.
Eine kleine, dankenswcrthe Schrill, welche ursprüng-
lich in kürzerer Form hei Gelegenheit einer Aufführung
des „Requiem“ durch den Herforder Musikverein enLstnnden,
nunmehr in erweiterter Bearbeitung allen denen dnrgeboten
wird, welche sich für das Werk überhaupt inleressireu und
in ilns Verslnndniss seines innern Organismus sowie seiner
unendlich reichen Schünheilen einzudriugon dns Bedürfnis*
haben. In dieser Beziehung ist besonders der für den Druck
hinzugeffjgte Nachtrag, der bei weitem grösste Theil dos
Werkes von S. 37 — 96, zu empfehlen. In demselben ver-
breitet sich der Verfasser über die verschiedenen Ausgaben
dos „Requiem“, über MorarUs Handschrift, Andre’s Partitur,
Sfissmnyr s \ nt heil an dem Werke, und es finden sich hier
schätzbare Bemerkungen, als Resultate sorgsamster Ver-
gleichung der Breilkopf & HärteTschen Partitur init den
Original - .Manuscripten der K. K. IJofbibliolbek zu Wien.
Besonders wichtig für den musikalisch gebildeten Dilettan-
ten. der sich von dem reichen Gehalte des Werkes nichts
entgehen lassen möchte, ist die formelle Zergliederung der
einzelnen Tonslücke. Der Verfasser zerlegt hier zunächst
die Musik in denselben in ihre Elemente, so daRR der Kunst-
freund sich ihrer vollständig bewusst zu werden vermag.
Nach diesem analytischen Verfahren wird zum syntheti-
schen übergegangen, in dem die Details nach der Con-
strnction ztisammengefasst werden. .So erscheint der mu-
sikalische Organismus jedes Satzes klar und ist leicht zu
übersehen.
Dass ein solches Verfahren, an Werken der klassischen
Kirchen- und Oralorienmttsik von den Leitern der grösseren
Vereine für dieselbe öfter in Ausübung gebrecht, eben so
viel zur Erweckung eines bewussten Interesses an den ein-
zuübenden Werken, als zum verständnisvollen Vortrage
derselben beitragen müsse, liegt auf der Hand, abgesehen
davon dass unsere Zeit nur zu wenig geneigt ist, sich an
einer unbestimmten Gefühlsanrognng durch solche AuflTih -
nmgen genügen zu lassen. In möglichst gedrängter Form
dürfte sich daher dns von de n Verfasser beobachtete Verfahren
empfehlen, wobei denn das, was er S. 12 — .14 und S. 67 — N9
gegeben, verbunden werden müsste. Die von dem Verfasser
hinzugerügte neue Uebersetzung des Textes verdient bei
den grossen Schwierigkeiten, denen eine solche unterliegt,
wenn sie möglichst treu und doch auch poetisch schön sein
soll, alle Anerkennung. In derselben ist die dreizeilige ge-
reimte Strophe meist mit Glück festgehalten, wenn man
gleich Manches darin anders wünschen möchte, und ein
Unterlegen dieses deutschen Textes unter die Musik mit
nicht genügen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte.
C. E. R. Alberti.
Bruch, Um. Op. 27. Frithjof auf seines Vaters Grab-
hügel. Coucertscene für Baritonsolo, Frauenchor und
Orchester. Breslau, F. E. G. Leuckart.
Für das vorliegende Werk werden concerlirende Bari-
tonislen dem Gomponistcn dankbarer sein, als das Conccrt-
publiktim. Aeusserst gesanglich und wirksam für die Solo-
stimme geschrieben, entbehrt diese Scene doch des rechten
Interesses. Dies aber liegt wohl im Text, der ebensowenig
das Publikum zu fesseln vermag, als er den Componistcn
zu begeistern und dadurch zu wahrhaft bedeutsamem Schaf-
fen zu treiben vermochte. Die nordische Mythologie stell!
uns elieuso fern, als die griechische nahe. Im antiken
Olymp fühlt sich jeder Gebildete heimisch. Der nordische
Göltcrsitz, Walhalla, ist uns fremd und langweilig. Dem
entsprechend wirken auch die nordischen Heldensagen auf
uns. Wir können allenfalls einmal ahslrahirend uns hin-
einverseUen, aber unser Empfinden bleibt kühl dabei. Wenu
Frithjof die Manen seines Vaters anruft, ihm zu verkünden,
wie er Gott Baldur versöhnen könne, wenn darauf die ..hehren
Schicksnlsfraueo“ das Wort ergreifen und Frithjof Versöh-
42
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342
nuog verheisseu, wenn w den von ihm selbst zerstörten
Tempel wieder nufbaute. so interessirt oder rührt das keine
Menschenseele Selbst die Phantasie wird durch dergleichen
nicht angeregt. Ist doch der Componiät selbst an dem
spröden Stoffe gescheitert. Er bietet gute, wenn auch
etwas ergrübelte Musik, allein er singt nicht so recht von
Herzen zu Honen. Der Born der Melodie tliesst ihm
spärlich und es bleibt im Grunde nur hohles, deklamatori-
sches Pathos und eine melancholische Klangfarbe, die den
Höhrer eher bedrückt als erfreut. Dem Chor ist eine wenig
umfangreiche, aber immerhin, namentlich in dem ersten
Unisono, wirksame Bolle zugefallen, während das geschickt
und sorgfältig behandelte Orchester gewissermaßen die mu-
sikalische Dekoration bildet, ohne sich jedoch zu wirklicher,
selbstständiger Bedeutung aufzuschwingen. Es würde dem
begabten Componisten zum Heile gereichen, wenn er nicht
allein den Vater Fritbjors, sondern auch den Sohn nebst
der ganzen frostigen Göttergesellschaft des Nordens in Buhe
Hesse und sein Talent anderen, dankbareren Aufgaben zu-
w endete.
Eyken, G. J. van. Acht vierhändige Clavierstücke.
Op. 12. Amsterdam, Roothaan & Co,
Diese Clavierstücke scheinen für jugendliche Spieler
berechnet zu sein, da einerseits die technischen Schwierig-
keiten durchweg sehr gering, anderseits Form und Inhalt
sehr einfacher Natur sind. Dies verhindert indess nicht die
künstlerische Bedeutung dieses Werkes, welches bei aller
Einfachheit doch einerseits glücklich erfundene Themen,
gerundete, wenn auch kleine Formen und manche harmo-
nische Feinheiten bietet. Freilich stehen die verschiedenen
Stücke nicht auf gleicher Kunststufe} mitunter fallen auch
die Zwischensätze gegen den Hauptsatz ab. Dennoch er-
wirbt sich das Werk unsere Anerkennung, die wir beson-
ders warm der „Trüber Tag 1 * betitelten No 4 zu wenden.
Hier ist der canonisch erfundene Hauptsatz ebenso cha-
rakteristisch als das lebhaft bewegte Intermezzo. Beide
vereint lassen ein Stimmungsbild erscheinen, wie es mit so
geringen Mitteln in gleich künstlerischer Vollendung nicht
häufig und nicht Vielen gelingt- Wenn wir dagegen den
„Cavallerie-Marsch 44 No. 3 betrachten, so möchten wir ihn
für ein dem Vater des „trüben Tages“ untergeschobenes
Kind halteu. Schliesslich erheben wir noch Bedenken
gegen die Bezeichnung von No. 7 „Unter der Veranda“,
die wohl in „Auf der Veranda“ umzuwandeln sein möchte.
Wolff, Gustav. Drei Charackterslücke für das Pianoforte
zu vier Händen. Op. 4. Breilkopf dt Härtel in Leipzig.
Die weise Beschränkung, welche sich van Eyken in
seinen Clavierstücken nufer legt hat, findet sich in den
WolfPschen leider nicht. Sie sind ziemlich schwierig und
treten bei weitem pretensiöser auf, ah es der Inhalt recht-
fertigt. Dazu gesellt sich in No. 1 und 3 eine gewisse
äußerliche Wildheit in Harmonie und Rhythmus, die etwas
knabenhaftes an sich trägt. No. 2 ist gehaltvoller und
erfreut durch einschmeichelnde Melodik. Wir verkennen
nicht mannigfache Zeichen von Talent und Beweise absol-
virler Studien, wünschten jedoch, dass der Verfasser bei
späteren Productionen weniger auf Aeusserlichkeiten, dafür
aber mehr auf Vertiefung des Inhalts bedacht sein möge.
Richard Wflerst.
Berlin.
H e v u e.
(Königl. Opernhaus.) In Webers „Euryanthe“ gab am
13. Frau Mailing er die Titrlparthie als zweites Debüt.
Was das Stimm- Material der Sängerin anbelangt, so bleibt —
wie wir das bei dem Gastspiel der Frau Mallioger im Früh-
jahr ausführlich inotivirten — mancherlei zu wünschen. Der
Ton, im Piano voll Beiz und seelischem Wesen, vertiert io
der Anspannung an Körper und klingt oft stumpf , die Energie,
welche die Sängerin einsetit, um des Uebel zu überwinden,
wird durch Kurzathniigkeil paralyairl; ausserdem erreichen
dann die höheren Töne f wir erinnern nur an das Fis und A
im ersten Finale) nicht die nothwendige Bein heit, sie sind
stets su tief Dagegen haben wir der Sängerin das volle Ver-
ständoiss der Perlhie, musikalisch wie dramatisch, usehzurüh-
men und, verbunden mit unleugbarem böhnlicheu Talent,
giobt sie Momente von grosser Wirksamkeit, besonders da,
wo es sich nicht um das Malen grosser Leidenschaftlichkeit,
sondern mehr um den Ausdruck der Innigkeit oder der schmerz-
lichen Empfindung handelt. Könule'Frau Mellinger die per-
peluelle Beweglichkeit des Oberkörpers unterdrücken, f beglei-
tete sie doch selbst die Auflritts-Bowaoze „ Glöcklern im Thi-
lo“ mit unausgesetztem Hin- und Herwiegen I) wir bitten
an ihrem Spiele nichts auuusetzen. Vermeiden muss die
Sängerin Ungehöriges, das freilich durch den zu kurzem Athem
entsteht; wir haben schon früher bsi der Ausführung der gros-
sen Agalheu-Arie im „Freischütz“ eine solche Stelle namhaft
gemacht} auch diesmal bei dem Schluss der Homanze „Glörk-
lein im Thal»“ arraogirte sich Frau Malliriger die Worte in
der nicht zu rechtfertigenden Weise:
Das Publikum nahm die Leistung der Frau Mailing er
mit Beifall und Hervorruf auf. Grosse» Lob verdient
Fräulein Brandt für die treffliche Ausführung der so
überaus schwierigen Parthie der Eglantine. Wir erinnern
uus kaum, die Parthie, welche einen so unnatürlichen Umfang
der Stimme beansprucht, so tadellos correkt gehört zu haben;
der Hervorruf nach den beiden Arien im I. Act war ein in
jeder Hinsicht verdienter. Die Herren Woworsky und
Krause als Adolar und Lysiart gaben wie früher höchst Ver-
dienstliches. Die übrigen Vorstellungen der Woche waren am 11.
und am 17. „Fra Dievolo“ mit Fr. Lucca und Hr. Niemann;
am 12- „Die Jüdin“; am 14. „Schwarze Domino“; am 15.
„Armide“, in welcher Oper wegen Erkrankung des Hrn. Balz
der pensionirle Herr Zschiesche die früher von ihm gesun-
gene Parthie des Hydraot schnell übernahm und sie mit der
grössten Sicherheit durchführte, wofür ihm nächst dem freund-
lichster! Empfang stürmischer Beifall gespendet wurde. Am
16. „Norme“ mit Frau Mallinger; die Leistung ergab trotz der
besseren Disposition der Stimme kein günstigeres Resultat als
im Frühjahr; zu dergleichen hochdramatischen Charakteren
fehlt es der Sängerin sowohl an Stimmkraft wie an dem nö-
thigeo Athem. d. R.
CorreopoDdensen.
Paria, den 16. Oclober 1869.
Dia Coocerts populairea im Cirque Napoleon beginnen
morgen ihren neunten Jahrgang mit folgendem Programm:
Ouvertüre zu „Athalia“ von Mendelssohn, Divertissemento (Ada-
gio) von Mozart, C-moll-Sinfonie von Beethoven, Gavotte vo o
L»chpe£ und Weber’® Oberoo-Ouverture. Es scheint, dass die
Last, welche sich Pasdeloup durch die gleichzeitige Leitung
des Thäätre lyrique aufgehürdet, lähmend auf dessen Concerle
wirke. Einem oo dit zufolge wird Carval ho, der fallit ge-
wordene lyrische Direclor, wieder den Schauplatz seiner frü-
heren Thätigkeit betieteo, nachdem Pasdeloup der melancholi-
oogle
343
acheo materiell«!) Resultate dieser Bühne Überdrüssig ge worden sein
soll. Gewiss ist, dass W ngoer's „Rieuzi“ seit mehreren Wochen vom
Repertoir verschwunden, und dafür die Oper „Le deroier jour de
Pompäji“ von Jonci&res aufgeführt wird. Zu dem ominösen Titel
dieser Oper noch Aufführungen von FölicieoDavid’s „Wüste" und
„Christoph Columbus“, erscheint, als wollte man in der Wüste
der Misserfolge mittelst eines Christoph Coluoibu» die rettende
Oase entdecken. — Das neue von uns bereits erwähnte Orche-
ster-Unternehmen unter Henry Lilolff’s Directioo wird den
Namen „Sociäte des Concerts de l'Opera" führen, da diese
Concerle an Sountag-Abenden je alle 14 Tag» in der grossen
Oper statlfioden und am 31. d. M. beginnen werden. Der
IJireclor-Eiitrepreneur dieser neuen Gesellschaft ist der hiesige
Musik-Verleger Ch. J. Gambogi dt Cie. Der Uirector der Opöra,
Per rin, hat somit daran kamen iuilialiven Antheil, wie von
mehreren Blättern behauptet wurde, und ist auch das Orchester
der Opera als Körperschaft daran gar nicht betheiligt. LitollT
und Gambogi haben ein eigenes, ganz neues Orchester,
80 — 100 Mann stark, engagirl , zumeist aus deutschen Künst-
lern und Preis-Zöglingen des Cousen aluriums bestehend. Die
Proben beginnen am 20 d. M. Da» Programm wird um festen
fr'uss zu Tossen, vorerst die solide Basis der Classiker annehmen,
und dann erst allmählig zu den Novitäten übergehen. — Die Re-
prise von Dmiizetti's „Favoritin" findet heute in der Opern
statt. — Vorigen Mittwoch lud Frau George Sand alle bei der
Aufführung der nach ihrem Romane gearbeiteten Oper „La pe-
tilc Fädelte“, Musik von Semet, in der Opera cmnique betei-
ligten Künstler, sowie die Directoren des Theaters zu einem
grossen Bankett bei Brebant ein, wobei ausser den Toasten
von FrAu Galli- Mariä und den Herren Barre, Gailhard
und Semet musikalische Vorträge gehalten wurden. — Die Oper
„Peiite Fädelte“, die sich nunmehr eines so entschiedenen Er-
folges erfreut, ist jedenfalls ein stimmungsvolles, der scenischen
Wirkung Rechnung tragendes, anständiges und interessantes
Werk. Wenn dasselbe auch nicht mit nussergewühnheher Ori-
ginalität prunkt, so kennzeichnet sich doch überall der gute
Musiker, der insbesondere in der Tonmalerei, wie in der nächt-
lichen Scene der Einleitung, der Fast»c«ne und in den vielen
ländlichen Schäfer-Arien in seiner Sphäre ist. Bei dieser Nach-
ahmung französischer Hirlenlieder war es allerdings nicht zu
vermeiden, dass die häufige Wiederkehr der Molltonarten, der
zweitheiUgen Tacl-Arten, die wiederholte Anwendung gewisser
Inslrumentatious-Effecte der Oboe, der Piccienti und der Sour-
ihnen eine gewisse Monotonie erzeugt — doch sind diese Effecte
fast überall gelungen und siluationsgemäss, und bezeichnen
wir insbesondere die Glocken-Nachalunung in einem Moderalo-
Satzo des zweiten Actes, wo die Seiten-Instrumenle in Verbin-
dung mit Fagotten und Hörnern sich zu einer naturgetreuen
reisenden Wirkung einen. Das etwas Vaudevilleartigo der Ro-
mause des dritten Actes, wird durch die Instrumentation ver-
edelt. Hervorragende Nummern sind die beiden Duos zwischen
F anc hon und Landry (Frau Gelli-Mari£ und Barr£) und
„La Chanson du joli bois“, welches letztere in der Regel stür-
misch zur Wiederholung verlangt wird. Die alle Grossmutter
findet sich musikalisch überall gut charAkterisirl. Wir gratu-
liren der FirmA Brandus 4 Dufour sowie Ihnen zur Acquisition
eines Werkes, das sich als einer der seit längerer Zeit bedeut-
samsten Noviläteu-Erfolge der Opera comique bewährt.
A. v. Cz.
Prag, 15. October 18Ö9.
Mit der Wiener Hofopernsängeriu Fräulein Ehno ist die
reichbewegte Saison der Gastspiel* an unserer Oper abgeschlos-
sen. Fräulein Ehnn saug ausser der Margarethe in Gounod's
„Faust", in welcher Rolle sie sich hier eingeführt hatte, noch
die Selika in der „Afrikanerin“, Recha in der „Jüdin“, Cheru-
bim io „ Figaro's Hochzeit 4 ' und Mignon in der gleichnamigen
Oper von Ambroise Thomas. Leber den Erfolg des Gastspiels
dieser interessanten Sängerin sei hier nur so viel bemerkt, dass
sie fast jede bedeutendere Gesanganummer auf stürmisches
Verlangen des Publikums wiederholen, ausserdem aber in zwei
ihrer Glanzrollen, und zwar als Margarethe und Mignon zum
wiederholten Male Auftreten musste. Besonders in der Rolle der
Mignon hat das Fräulein einen Enthusiasmus, eine Begeisterung
wach^eruf n, wie dies nur eine Gnlli-Mnri6, für die eigentlich
die Titelrolle concipirl wurde, erzielt haben konnte. Zum Be-
nefize unseres verdienstvollen BassbufTo Herrn Eghardt wurde
Gouuod» „Faust“ gegeben und in liebenswürdiger Collegialität
sang Fräulein Ehnn eben bei dieser Gelegenheit die Murgarethe
zum zweiten Mate. Herr Eghardt, der zum erstenmal als
Mephisto nultrat, konnte sich jetzt abermals überzeugen, wel-
cher Beliebtheit er sich beim hiesigen Publikum zu erfreuen
habe. — Unsere Directioo »rheiut es sich jetzt zur Aufgabe ge-
stellt zu Imben, eine Zeit lang ältere — wenn auch nicht unbe-
kannte — Werke vorzuführen urnl nach dem Sprüchworte:
Wo selten der Gast emgekehrl, dort ist er noch hocligr’-hrt —
gelang ihr dies Experiment vollkommen. Auber's „Des Teufels
Antheil“ mit der numuthigen Leistung des Fräulein v. Diltncr
(Farinvlli) und Kitil’s „Franzosen vor Nizza“, wo Herr Vacko
den Goisippe und Herr Eghardt den Sormnno sang und
endlich Aber!’» „Asforga" — zürn liiiefire de* Herrn Hassel
— wo Fräulein v. Dillner wieder als Angioletla und Herr Vecko
in der Titelrolle brtllirlen, machten d«n jeweiligen \bend zu einem
genussvollen und wurde diesen Vorstellungen mit solchem In-
teresse beigewohnt, als hätte es lauter Novitäten gegolten. —
Heule feiert das Pilsener deutsche Theater sein Einweihungsfest,
zu welchem unser gesAmmtes Opernpersonal seine Mitwirkung
zugesichert und die Erlaubnis» hierzu auch vom Böhmischen
Landesaosschuss erhalten hatte. — Zorn Schlüsse will ich noch
eines Begegnis*es Erwähnung thun, welches in den Th’-ater-
kreisen hier viel böses Blut macht. Director Wirsing lies«,
um den Klagen des Publikums der Zwisrhenactsmusik wegen
gerecht zu werden, einige der neuesten und beliebtesten Wei-
sen, darunter auch einige Tanzcompositionen, kommen und
übergab dieselben dem Orchester, mit der Eröffnung nun die-
selben zu executiren, doch die Musiker widersetzten sich dem
und erklärten rundweg, dies in keiuem Fall« thun zu wollen.
Auch eine Art Sinke ! B— r.
F ( a I I I e t o n.
- Aas meinem Leben.
(Eine musikalische Reise und zwei neue Opern.l
8 .
Zu den Hauptbestandtheilen der Operumusik gehört nächst
Melodie, Harmonie, Rhythmus und Formation
5. Die Deklamation. Wer die einzelnen Sy Iben io einer
Rede genau nach den Gesetzen der Prosodie behandelt, und wer
zugleich deo Sinn derselben durch die erforderlichen Accente auf
einzelnen Worten heraushebt , dem wird man schwerlich den
Vorwurf machen können, dass er falsch deklamire Erheben sieb
nun diese Worlaccente zu einer bestimmten Tonhöhe und findet
sich die metrische Behandlung aller Sylben in eine bestimmte
Taktart eingerahmt — mit einem Wort: wird die Sprache unter
diesen Bedingungen zum Gesang, so ist dabei gewiss auch die
musikalische Deklamation eine richtige geworden; und ich will
42*
DOg
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gern uigeben dass Wagner in solcher Hinsicht niemals gefehlt hat.
Aber das Richtige allein ist dcsshalb noch nicht das Schöne,
und die Deklamation darf nur mit der melodischen Behandlung
des Textes Hand in Hand gehn; weil aber dies Moment in Wag-
ner's Opern immer mehr und mehr verschwindet, desshalb kann
ich seine an und für sich richtige Deklamation unmöglich so
hoch auseblagen als es die Verehrer dieser dramatischen Werke
thun. Es ist schon unter dem Artikel „Melodie“ darauf hinge*
wiesen, welch' geringeu Werth Wagner auf dieselbe legt, indem
er sie (trotz seiner evidenten Befähigung selbst hierin Grosses
leisleu zu können) auf sträfliche W eise vernachlässigt. Auch die
prägnanteste Deklamation kann nie den Mangel an schönem Ge-
sang ersetzen; wie sich aber beide sehr wohl vereinigen lassen,
das hat uns zunächst wieder der Compouist der Afrikanerin in
dieser wie in allen seiuen Opern gezeigt. Die richtige Deklama-
tion, verschönt durch das melodische Efeuienl, ist freilich filr
den Franzosen — und als solchen müssen wir doch Meyerbeer
liier betrachten, weil er seine Texte in französischer Sprache
komponirtc — eine hei weitem leichtere Sache als Tür den Deut-
schen, indem jeucr durchaus keine zarte Rücksicht auf Prosodie
zu nehmen hat; sein Dichter ist nur gehalteu die gehörige Anzahl
Sy Iben iu den Vers zu bringen, er braucht sie bloss zu uumeri-
ren, nicht sie zu pouderireu; ob ein zweisylbiges Wort als Spon-
deus als Jambus als Trochäus oder als Pyrrhichius behandelt
wird, ob es den Accent vorn oder hiuten oder gar nicht hat,
das gilt dem Franzosen für Deklamation wie für Gesang ganz
einerlei, und kein französischer Tonsetzer — auch Gluck nicht
— hat hierin eine Aeiideruug gegen den Geist der Sprache her-
vorzubringcu versucht.
Fob* la ri ■ com nai* • tei de « »o • b!e por^lraUI
ist dem französischen Poeten uud Componisteu erlaubt. Aber
gleichviel ob ein oder das andere FMement in der musikalischen
Deklamation noch besonders berücksichtigt werden müsse oder
nicht — selbst der für das Deklamatorische in der Oper bahn*
brechende Kitter Gluck hat dabei doch die Melodie niemals stief-
vftterlirh behandelt; und sein Meisterwerk, die Iphigenia auf Tau-
ris, ist eben so vollendet im Ausdruck deklamatorischer Momente
wie es zugleich ein Füllhorn entzückender Mclodiuen bietet. Dass
er die melismstisclie Ornamentik verschmähte z. B. alle Coloratur
verbannte, geschah aus zweierlei Gniuden: hauptsächlich weil er
sieh schroff dem Piccinischeu Unwesen eutgegenstellen , daun
aber auch weil er in der Behandlung antiker Stoffe das moderne
Kiemen! nicht geltend machen wollte. Dagegen hat er iu der
romantischen Armide die SOssigkeit melismalischer Touketteu
nicht abgewiesen. Meyerheer fand in seinen Operulexten gar
keine Veranlassung irgend eine beite der musikalischen Kunst
aiifzugcben, und er hat uns dann vollauf Gelegenheit geboten
die Anwendung aller erlaubten llQlfcmiltcl zu bewundern. Für
Wagner aber existirt die musikalische Ornamentik mir im Orche-
ster; seiue Säuger bringen es nicht weiter als bis zur Figur des
Doppelschlags, mit welcher noch im Tannhäuser förmlich Ver-
schwendung getrieben wird; später verliert sich auch das Zei-
chen 90 , uud im Tristan werden die vier dazu gehörigen Noten
nur einigemal ausgeschrieben, alles übrige ist unendliche Melodie
und uncudlich t rocke iie Deklamation. Richtig? Jal Schön? Nein!
— Im Park zu Revoredo steht ein Tempel der Harmonie, in wel-
chem neben andern Heroen der Tonkunst auch Gluck's Bild auf-
gestellt ist, mit der Inschrift: »a wodw mutten verbo nplittimio fa-
ciendi» cieritsimui „der Ausgezeichnetste im Anpassen der Musik
auf das Wort“. So ist» recht, und so soll die musikalische De-
klamation sein. Aber bei Wagner lautet der Spruch umgekehrt:
n verbit modo nmiico aplittimit facienda clariutmut d. h. er passt
die Worte der Musik an; und auf solche Art kann man leicht
sein zur eroiea geschriebenes Programm für Sofo- und Choratkn-
meu der ganzen Bcethovenschen Sinfonie unterlegen mit durch-
weg richtiger Deklamation, aber ohne eine Spur von musikali-
scher geschweige melodischer Erfindung zu verrathen!
6 Die Instrumentation. Hierin ist Wagner ein Meister
ersten Ranges, und er kann dabei seiue Meisterschaft um so
glänzender entwickeln, je unabhängiger von allen übrigen Facto-
ren dramatischer Musik die Kunst der Instrumentirung dasteht,
so dass sie wenig oder gar nicht berührt wird von den Mängeln,
welche sich iu der Melodik, Harmonik, Rhythmik, Formation und
Deklamation hin und wieder nachweisen Hessen. Seine Gegner
machen ihm zum Vorwurf, dass er zu stark instrumentire und
die Schwierigkeiten auf die Spitze treibe. Aber welcher neuere
Compouist Ihul das nicht? selbst Meyerbccr, so schön er auch
das Vocalc behandelt hat, ist leider nur zu oft in denselben Feh-
ler geratheu. Die menschlichen Gehörorgane scheinen w'iiklich
mit der Zeit kräftiger geworden zu sein, und dulden jetzt ruhig,
wogegen sie sich ehedem empört haben würden. Schade iiur,
dass nicht auch die Lungen der Sänger iu demselben Verhältnis»
gewachsen sind! Dafür haben aber deren Gagenetals zugenom-
meu, und weuu die Kehlen frühzeitiger den Dienst versagen, so
können sich ihre Inhaber auf die eroperten Landgüter zurück-
ziehen; denn so über (oder unten menschliche Naturen wie Nic-
mann’s finden sich selten, und noch seltner sind die Southeim's
uud Wachtel’», welche bei Abschluss ihrer Contrakle diejenigen
Werke vorschreiben, in denen sie nicht zu singen Willens sind.
Und andrerseits — wozu wäre denn die Virtuosität auf allen
Touweikzeugen so unendlich gestiegen, wenn die Componisteu
nicht auch für das Orchester davon Gebrauch machen wollten?
Die idyllischen Zeilen, da eine Oper wie Don Juan mit zwei
Hörnern und zwei Trompeten geschrieben und Violino priino nicht
über die dritto Position gesetzt wurde, können nicht (und sollen
auch gar nicht) w iederkehren. Als ich anno 1857 zum erstenmal
im Elbdorf Loschwitz uhersoruuierte, spielte sonntäglich eine Geige
mit abwechselnder Unterstützung von Flöte uud Clarinelte die
Tanzmusik Tür die Bauern; heule aber nach 12 Jahren wenn ich
an der Schenke vorübergehe, höre ich gar keine Violinen meh r
sondern ein rechtschaffener Gornet-a-PistÖner oder Klappentrom-
peter führt die Melodie von A bis Z. Und da verlangt mau es
«olle im Theater Alles hübsch douse zugehn, und das Orchester
müsse nur eine 10 bis 12zeilige Partitur executireu, damit wir
ja recht bald wieder klassisch werden! Was in der Kunst auf
natürlichem Woge entwickelt vorgeschritten ist , darf nie und
nimmer zurückgedräugt werden; eine Umkehr in der Instrumen-
tation Ist nicht mehr möglich, am allerwenigsten für die grosse
Oper. Derjenige Compomst aber wird die meisten Stimmen für
sich haben, welcher bei solchem Reichthum der Mittel den am
wenigsten verschwenderischen Gebrauch davon macht. Hüten
wir uns also Wagner n besonders vorzuwerfen was im Allge-
meinen jedem neueren Componisteu („weh Dir, dass Du ein
Enkel bist!“) nachgesagt werden muss. Seine Instrumentirung
ist überraschend neu, immer charakteristisch, immer effektvoll;
und selbst ältere Meister, wie Verdi und Meyerbeer, haben es
nicht verschmäht einige seiuer geistvollen Combiiiationca nach-
zuahiuen. Die Kühnheit, mit welcher Wagner die Orcbesterfar-
ben mischt, erinnert lebhaft an da» verwegeue Colorit Hildebraod-
scher Bilder; eie verleitet ihu mitunter zu Ausschweifungen, dooh
sie versöhnt auch wieder durch ihre grogsartigen Wirkungen.
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345
Journal-Revue.
Die Neue Zeitschrift f. Musik bespricht Dr. v. Oettingen's
„Harmoniesystem in dualer Entwickelung“. — Die Allg. Musik-
Ztg. cnthilt No. 8 der Mlttbeilungen „Beelhovenlana“ von Notte-
bohtn. — Die Signale, bringen die Artikel No. 8 und 4 ober das
„Rheingold“ von R. Pohl. — Die Süddeutsche Muslkztg. enthalt
Fortsetzungen. — Eine neue Musik * Zeitung „Lyra“, Blätter für
Militair- und Civil-Musiker, erscheint seit dem 1. Oclober io Gör*
lllz. Nach dem in No. 1 ausgesprochenen Vorwort der Re-
dnction soll dl© Zeitschrift zunächst für dasjenige musikali-
sche Publikum, das im unausgesetzten praktischen Musikdienst
Ihfitig ist, bestimmt sein, wie auch ferner die langjährigen Er-
fahrungen praktischer Musiker durch diese Blätter zum Gemein-
gut gemacht werden sollen. Wir können das neue Unternehmen
nur angelegentlichst empfehlen.
Die französischen Zeitungen enthalten nichts besonders Er-
wlhnenswerthea.
K n « li r i c I) t e n.
Berlin. Die Zellner'schen Blätter für Theater, Musik und Kunst
schreiben: „Ein für die Kunstgeschichte interessanter musikalischer
Fund ist kürzlich von dem Domorganisten Ritter in Magdeburg ge-
macht worden. Derselbe besteht in eiuem im Jahre 1512 zu Mainz
bei Peter Schöffer gedruckten Hefte Orgelcomposilionen von dem
Heidelberger Organisten Adolfus Schlick sen“ Wir fühlen
uus veranlasst, hiergegen Mehrere» einiuwenden; l| heisst der
Organist Aruold Schlick, 2) ist das Huch schon sehr lange be-
kannt und zwar in 2 Exemplaren, welche auf der Königl. Ber-
liner Bibliothek und der Leipziger Stadtbibliothek liegen, 3) ist
das Werk seit fast einem halben Jahre in moderner Notenschrift
Jedem zugänglich gemacht, da es die „Gesellschaft für Musikfor-
schung“ in ihrem 7. und 8. Hefte veröffentlicht hat. Wir ersuchen
die geehrte Redaction der Zellner'schen Blätter dies gefälligst be-
richtigen zu wollen.
— Frau Luc ca wird nicht, wie anfangs bestimmt war, in
Gounod'a „Romeo und Julie“ die weibliche Hauptparlie singen,
sondern statt ihrer Frau Malllnger diese Rolle übernehmen.
Dagegen soll Aussicht sein, dass im Laufe der Saison „Mignon“
mit Krau Luc ca als Vertreterin der Titelrolle und vielleicht auch
Hopfer's Oper „KrithjoP 4 in Scene gehen wird.
— Von dem talentvollen Componisteu Coustantio Hürgal
sind soeben zwei neue W'erke — eine Sonate für Clavier und
Violine (Op. 14) und eine Clnviersonate (Op IS# — erschienen,
welche besonderes Interesse in Anspruch nehmen durften. Eine aus-
führliche Besprechung genannter Compositionen iu diesen Blät-
tert! wird in kurzer Zeit erfolgen.
— Georg Vierling's Sinfonie in Odor ist soeben im Drucke
erschienen und bereits in mehreren Städten wie Breslau, Dessau,
Oldenburg und Detmold zur Aufführung angenommen.
Aselierslebeiv Am 18. Oftober wurde hier in der St. Ste-
phanikirche in Verbindung mit den Gesangvereinen von Halber-
atadt und Quedlinburg unter der bewährten Leitung des Mueik-
direclor K nutze die „Schöpfung“ von J. Haydn gelungen auf-
geführt. Die Soli hatten übernommen Fräulein Mummenthey und
Herr Lorenz aus Magdeburg, Herr Schön aus Merseburg.
Augsburg. Am 16 d. gab Herr Carl Wallen reit er hier
ein Conccrt, in dem er den ganzeu Lieder-Cyklus „Die schöne
Müllerin“ von Schubert vertrug. Den Prolog und Epilog sowie
die nicht componirten Gedichte sprach ein Fräulein Hüttner.
Baden- Hede n. Vergangene Woche hat mit den noch hier
weifenden bedeutenden Künstlerkräften die Badedirection ein
Coneert gegeben, welches exquisite Genitale bot. Die Aufzählung
der Nameo Stoekhauaen, Sivori, Bottesini und Madame
Carvalho enthebt uns einer weiteren Kritik.
Barmen im 1. Abonnenten ta-Concert am 16. d. kam Scliu-
maun's „Paradies und Perl“ tu Gehör. Die Soli waren in den
beeten Händen, nämlich denen der Damen Belliagrath-W r agner
und Assmann und der Herren Otto und HenseheL
Breslau. 1. Soiree ries Vereins für Kammermusik unter
Mitwirkung des Fräulein Auguste Götze und des Componisten
Bernh. Scholz: Quartett in F-dur von Beethoven, Trio in G-dur
von Haydn, Quintett für Clavier und Streichinstrumente vou Scholz,
Lieder vou Sehumann und S. Bach. — Erstes Coneert des Breslauer
Orchester - Vereins: Ouvertüre zu „Oberou“ von Weber, Violin-
Concerl von Bruch |Herr Beaekirsky), Iwau der Grausame
von Hubinsleio, Coneert- Polonaise für Violine von Besekirsky und
B-dur-Sinlonie von Beethoven.
Darmstadt. Am 25. Juli d. J. starb hier der grossh. hessische
Kammermusikus Ferdinand Pohl im 89 Lebensjahre. Er war aus
Krcibitz in Böhmen gebürtig, wo sein Vater sich mit dem Bau von
Glasharmonlcas beschäftigte. tDlsbacz erwähnt seiner irrtbümlich
auch unter dem Namen Hohle; siehe dessen Künstlerlexion Bd. 1|.
Pohl hatte sich frühzeitig im Harmonicaspiel ausgebildet, hatte
bei Naumann in Dresden Composition stiidirt und auf seinen
Reisen in Deutschland, Polen, Russland, Schweden mit vielem
Beifall concertirt. In Berlin lebte er sechs Jahre <1810—1816!,
jedes Jahr eigene Concerte gebend, deren die Leipz. Allg. Mus.-
Ztg. häutig erwähnt. Auf seiner letzten Reise dem Rhein eutlaug,
durch die Schweiz, Italien und zurück über Stuttgart und Darm-
stadl, wurde er am letzteren Orte im J. 1818 als Mitglied der
Hofkapullo angcstellt, aber schon 1880 krankheitshalber pensio-
nirt. lieber »ein Spiel schreibt ein Münchener Correapondenl an
die Leipz. Allg. Mua.-Ztg, im J. 1809: Sein Spiel ist zusammen-
hängend, harmonisch und wenn er auch diesmal nicht jene
Schwierigkeiten ausführtc, welche die nun verewigte Kirch-
gessner gewöhnlich hören Hess; so glauben wir doch, dass seine
Manier und Behandlungsweise dem Instrumente mehr angemes-
sen sei.“ Mil ihm starb wohl der letzte Virtuose auf der nun
fast vergessenen GlAsharmoaica.
Dresden. I. Abonnenient-Concert der Generaldirection der
Königl. musikal. Kapelle nnd des Hofthealers: Ouvertüre zu „Ge-
noveva“ von Schumann, Arie von Händel, Violineoocert von Bee-
thoven (Herr Coneertmeister Lauterbach!, Arie aus „Titus“ von
Mozart, Variationen von Rode und C-dur-Sinfouie mit der Fuge
von Mozart. — 1. Kammermusik-Soiree der Herreu Lauter-
bach, Grützmacher etc.: Quartette in B-dur von Haydn und
in E-moll Op. 69 Nr. 2 von Beethoveu und Sextett von Brahma.
— Coneert den Fräulein Mary Krebs: Italienisches Coneert vou
Bach, Carneval von Schumann, Stücke für Cello von L. Grütz-
macher. Claviersoli von Beethoven, Hameau, Rubinstein, Seeling.
Jadassobn, Mendelssohn, Chopin, Moschele«, ScarlaMi, Raff, Liszt
und Lieder von Schubert, Krebs und Schumann.
Elbing. Einen herheu Verlust werdeo unsere Musikkreiae
durch den Fortgang des Herrn Hake mann erleiden, der Milte
nächsten Monats Elbing verlässt, um als Hofkapellmeister in Sou-
dershauseu, neben M. Bruch, einen neuen Wirkungskreis anzu-
treten. Es ist sehr zu bedauern, das« die Verhältnisse es nicht
ermöglicht haben, dienen schätzbaren Künstler dauernd an iinsera
Ort zu fesseln.
Elberfeld. Der (Komponist Herr August Langer! hat nun
seine ThAligkeit als Kapellmeister an der hiesigen Oper begonnen.
Es ist gewiss eine sehr schwierige Aufgabe, mit einer neu en-
gagirlen Operngesellschaft gleich in den ersten vierzehn Tagen
eine Reib« von zum Theil sehr bedeutenden Opern so einzuetu-
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34Ö
dir«», dass die Leistungen einen befriedigenden, ja zum grössten
Tbeit sehr vortheilbaften Eindruck machen. Herr Kapellmeister
La tigert hat dies zu Wege gebracht; er hat io die vorhandenen
gesanglichen und instrumentalen Kräfte die nölhige Organisation
zu bringen und sieb in energischer Weise die Handhabe zu schaf-
fen gewusst, von welcher aus eiue erspriesslicfae Thltigkeit der
Oper entfaltet werden kann. Wir können uns zu der Gewinnung
des Herrn Lsngert nur Glück wünschen.
Frankfurt a. M. Im ersten Museums - Concert trat Herr
W'ilhelmj, unstreitig ein Geiger allerersten Hanges nach Seiten
der Technik hin, auf und trat; das lste Coneert von Paganini und die
Othello-Fantasie von Ernst vor. Sein Erfolg w ar beim Publikum natür-
lieh auch ein ausserordentlicher, die Kritik kann aich aber mit Herrn
Wilhelmj's künstlerischen Grundsätzen nicht einverstanden erklä-
ren. Seit circa einem Jahre spielt Herr Wilhelmj nämlich gerade
4 Stücke (Rubinslein Violin-Concerl, Othello-Fantasie und Unga-
rische Lieder von Ernst uud lsles Coneert von Paganinii. Es will
aber unserer Ansicht nach deren automatische Wiedergabe, und
«ine solche muss es ja schliesslich werden, wenig küusllerisches
Gefühl bekunden. Man sieht es dem Künstler selbst an, wie er
sich bei seinen Vorträgen langweilt und nur darnach trachtet,
die Stücke möglichst bald herunter gespielt zu haben, um in ei-
nem anderen Coneerte dasselbe Maooeuvre zu wiederholen.
Wäre Wilhelmj ein geringer Begabter, so erschiene es unuöthig,
ein W r ort darüber zu verlieren. So aber, mit dem hervorragendsten
Geiger-Genie von der Natur verschwenderisch ausgestaltet, muss
ein derartiges Gehahren auf das Strengste gerügt werden. Möge
Herr Wilhelmj die Zeit der Jugend nicht so ungenützt vorüber
gehen lassen und im Dienste der wahren Kunst, dem Ideale
nachatrebeo, welches bis jetzt allein sein Meister Joachim errun-
gen bat. Der reiche Lohn wird gewiss nicht ausbleiben.
Gotha 12. Aufführung des Dilettanten-Orchester- Vereins:
Symphonie in B-dur von Gade, Concertino für Fagott von Weber,
Alt-Arie aus „Elias“ von Mendelssohn, Serenade von Haydn, Ou-
vertüre zu „Egmonl“ von Beethoven elc.
Köln. Erstes Gürzenich-Concert: Symphonie No. 1 io C-dur
von Beethoven, Frilhjof auf seines Vaters Grabhügel von Bruch
(Herr Stockbausen), Clavierconcert in D-moll von Mozart tHerr
Kapellmeister Hillerl, Hecitat. und Arie aus „Tasso“ von Doni-
zetti, Ouvertüre zu „Demetrius“ und Claviersoli vou Hiiler,
Lieder von Schubert und Schumann und der 98. Psalm von Men-
delssohn. — In dem Coneert der Musikalischen Gesellschaft am
16. d. trat der Pianist Herr liatzeuberger auf und spielte Bee-
thoven's Es-dur-Conrert und die Fis-dur-Rhapsodie von Liszt
(zum wievielten Male?» Die Orchesterpiöce des Abends war Men-
delssohn^ A-dur-Sinfonie, ausserdem liess sieh das vorzügliche
schwedische Männerquartett hören, dessen Leistungen sehr bei-
fällig aafgenommen wurden. — Tausig wird am (».November hier
ein Coneert geben, dessen eben veröffentlichtes Programm seltene
Kunstgenüsse in Aussicht stellt. Der Claviertitan spielt u. A.
Schumann'» Krdsieriana, die C-dur-Sonste Op. 53 von Beethoven,
Etüden uud Mazurkas von Chopin und eine Rhapsodie von Liszt.
Königsberg. Der Violinvirtuos Herr Beseklrsky aus Mos-
kau gab am 15. d. hier ein Coneert im Theater, das leider nicht
so besuobt war, wie es die Leistungen dieses vorzüglichen Gei-
gers verdienten. — Die Oper hat Nicolo-Isouard's „Aschenbrödel“
mit glücklichstem Erfolge neu eiustudirt gebracht und damit den
Beweis geliefert, dass das reizende Werk doch noch nicht soti-
quirt isl.
Leipzig Das zweite Gewandbausconcert am 14. d. gab uns
Gelegenheit, die musikalische Bekanntschaft Ihres Cello-Virtuosen
per excellence, des Herrn Jules de Swert zu machen. Nicht
viele Spieler wageu sich au die fast unüberwindlich scheinenden
Schwierigkeiten des Schumanuseheu Violonceli - Concertes in
A • mol), welches noch dazu als uudaukbares Werk verpönt ist
Letzteres möchte ich jedoch nach dem Vortrag des Herrn du Swert
als höchstens Iheilweis« für den ersten Satz gelten lassen; der
zweite Salz enthält herrliche Blüthen des Schumaon'scben Genius
nud das Finale ist mindestens sehr interessant. Es gehört aber
«beu ein Meister des Instruments dazu, der den Gedanken an ihm
verursachte Schwierigkeiten uicht aufVouimeu lässt und als sol-
cher gerirte sich der genannt« Herr iin wahrsten Siuue des Wor-
tes. loh kann Ihneu nur wiederholen, was Sie ja selbst schon
wissen; der Ton ist in der Cantilene von überraschender Zart-
heit uud voller Gesang, das Figurenwerk vollendet ausgearbeitet,
somit der Totalcindruek ein vollendeter. Herr de Swert trug
an Stelle des neuen Eckert scheu Concertstückes, aus welchem
Grunde die Aeuderung eiutrat, ist mir unbekannt, noch eiue Arie
und Gavotte vou S. Dach iu ausgezeichneter Weise vor, und
wurde vom Publikum mit reichen Beifallsspeudeo überschüttet.
Hoffentlich lässt er uus in Bälde seinen Besuch wieder zu Tiieil
werden. Frau Zink, von ihren Leistungen im vorigen Couccrte
vorthrilhaft bekannt, sang diesmal eine Arie aus der „Favoritin“
von Douizetti. die wir ihr gern geschenkt hätten, uud die sich
neben Schumann und Bach sehr unglücklich ausnahm. Die Lie-
dervorträge — originelle schwedische (Kompositionen vou Lind-
blad und Josepbson — wie auch die Wiedergabe der erwähnten
Arie waren jedoch so wohl gelungen, dass man ihr die Schwäche
mit fader italienischer Opernmusik glänzen zu wolleu, nachscheu
kann. Unser Orchester bedeckte sich au dem Abende gleichfalls mit
Ruhm. Weber's glänzende „Euryauthen“-Ouvcrlure und die himm-
lisch - lange C-dur-Sinfonie von Schubert wurden mit solcher
Energie und Schwung gespielt, dass es schien, als oh der Gebt
der (Komponisten unter den Musikern weile uud sie mit Uegeiatc-
ruug erfülle. In Summa: es war ein Coneert, welches nur den
Wunsch übrig lässt: es möchten ihm recht viele ähnliche folgen, -s.
Liegnifs Coneert der Siugakademie: Ave verum vou Mo-
zart, Adoramus von Palestrina , Ave Maria von Arcadelt, Motette
von Hauptmann, Agous Dei von Mozart, Ave Maria von Liszt,
100. Psalm von Fritze elc.
Nürnberg. Coneert des Cellisten Diem: Cello-Sonate vou
Assioli, Romanze für Cello in G-dur von Beethoven, Lieder von
Schumauu, Tarantella von Goltermanun, H-moll - Coneert von
Servals etc.
Stettin. Geistliches Coucert des Herrn Todt: Orgel-Toccata
und Fuge in C-dur von Bach, Quartett vou Kreutzer, Andante
religioso von Donizetti, Orgel -Sonate in B-dur von Mendelssohn.
Quartett von Todt etc.
Stralsund. Coneert von Arthur Hensel: Trio Op. 34 von
Kiel, Sonate Op. 81 von Beethoven, Claviersoli von Chopin, Rsff,
Liszt und Tausig.
Weimar. Der Musikalienhändler Herr Robert Soitz aus
Leipzig hat hiesigenorts eine Filiale errichtet.
Wien. Die Gesellschaft der Musikfreunde gedenkt ihre Säle
am 3. Januar zu eröffnen, und zwar mit einer Schlusssteinlegung,
welche von Sr. Majestät dem Kaiser vorgenommen werden dürfte,
worauf die Coneerte in raschem Tempo aufeinanderfolgen.
Das Programm des Eröffoungsconcertes werden die Wiener
Tonmeister bestreiten, und zwar Beethoven mit der Egmonl-
Ouvertüre und der Eroica-Symphonie, Mozart mit dem Ave verum,
Schubert mH seinem hübschen Chore: „Der Friede sei mit Euch“
und Haydo mit den Variationen aus dem Kaiserquartett, die von al-
len Saiteninstrumenten ausgeführt, einen bedeutenden Eindruck er-
warten lassen. Für die darauffolgenden Coneerte aind in Aus-
sicht genommen: Liszt: Faustsymphonie (neu); Weber: Cantate
(neu); Mendelssohn: Reformations-Symphonie und „Elias"; Schu-
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mann: „Paradies und Peri“; Berliox: „Die Kindheit Christi“; Ru-
biostein: Clavierphautaaie (oeu) und „Der Thurmbau zu Babel“
geistliche Oper (neu).
— Der musikalische Leiter des Hofoperntbealers, Herr Hof-
Kapellmeister Herbeck, hat am 16. d. zum ersten Male eine
Oper dirigirt Leider musste es gerade jene „Mignon“ sein, die
ala eine klassische Parodie der Göthe'schen Dichtung gelten kann.
Aber Leute vou Geist verleugnen sich nie und Herbeck wusste
selbst aus diesem musikalischen Rauch Flammen iu liehen.
Kurzum, die Vorstellung war so gerundet und lebensvoll, dass
die Oper „Mignon“, die man musikalisch nie stark genug ver-
dammen kann, vielen Beilall erregte, der aber sehr oft speciell
Herrn Herbeck’s ausgezeichneter Leitung galt.
WOrsbarg, lO.Oclober. Gestern fand das erste Co ncert der hie-
sigen Liedertafel unter der Leitung des Herrn Do mchor-Kapell meistere
S. Brandt statt. Den vooalcn Theil des Programms bildeten die Chöre
„Meeresstille und glückliche Fahrt 44 von C. L. Fischer, ferner SVolks-
lieder „Wunderbar i»t mir geachehn“ von M. Hauptmann und „Wo-
hin mit der Freud’“ von Silcher und der Siegeageaaug von Abt
Der instrumentale Theil bestand aus der sogenannten Trompe-
t en-Ouverture von Meudelssoltu, Orchester-Variationen von R.
Wüerst und das Vorspiel aus der Oper „Manfred“ von Reinecke.
Namentlich gefielen die Variationen von Wüerst. An Solostücken
hörten wir das Paganioi’sche Violin-Concert und Fantaisie-Ca-
price von Vieuxtemps, beide vorgetragen von dem hoffnungs-
vollen Künstler Herrn Carl Hamm. Herr Hamm ist ein Schüler
des Leipziger Conservatoriums und hat in den letzten zwei
Jahren seine Studien bei Ferd. Laub in Moskau gemacht. Beide
Piecen, in welchen sich der junge Künstler als bedeutender Vir-
tuos documentirtc, fanden grossen Beifall und steht dem jungen
Manuc eine grosse Zukunft bevor.
Part«. Frau Artöt-Padilla hat uns verlassen und sieb mit
ihrem Gemahl nach Petersburg begeben, allwo sie wahrend der
Dauer eines Monats am italienischen Theater singen wird. Nach
Ablauf dieser Zelt begiebt sich die Künstlerin nach Moskau, um
in ihr Engagement bei Merelli einzutreten. — Madame Sasa ist
nun nach Florenz gereist, um dort am 35. d. io den „Hugenot-
ten“ zu singen. Ihr hiesiges erstes Wiederauftreten ist für den
1. April io der „Afrikauerin“ in Aussicht gestellt. — Der glück-
liche Erfolg der Aufführung von David’» „Wüste“ im TheAtre
lyrique hat Herrn Pasdeloup bestimmt, Davids „Columbus“ fol-
gen zu lassen, welches Werk von 300 Mitwirkenden (Chor und
Orchester) ausgeführt wurde.
London. Fräulein Nilsson feiert jetzt Triumphe Ober
Triumphe als Oratoriensängerin. Seit den Tagen der Novello
und Lind hat hier noch nie wieder eine Sängerin auf diesem
Gebiet Ähnlichen Erfolg erruogen, ja man möchte fast behaupten,
dass die Künstlerin ihre berühmten Vorgängerinnen übertrifft.
Ihr Vortrag der Sopraoparthie in „Messias“ war wirklich unver-
gleichlich und rief den ausserordenllichsten Enthusiasmus hervor.
Unter diesen UmstAuden wird dem 3teo Auftreten des FrAulein
Nilsson in Haydn s „Schöpfung 44 mit grösstem Interesse entgegen-
gesehen. - Die Concerte im Cristall-Pallast haben unter Direction
des Herrn Manns nun auch wieder begonnen. Im ersten Concert
kamen u. A Beethoven's 2te Sinfonie, die 8 Entr’actes aus „Ro-
aamunde“ von Schubert und die Ouvertüren zum „Freischütz“ und
„Sommernacht8traum 4 • zu Gehör. Das 2te Concert bot Mendels-
sohu’s Reformations-Sinfonie, eine Ouvertüre von Schubert und
die Ouvertüre zu „Giralda“ von Adam. Unser vorzüglicher Cla-
vierspieler Charles Hall 6 beiheiligte sich mit ClaviervortrAgen. —
In Exeter Hall gelangt nAchstens das Goldschmidt'sche Orato-
rium „Ruth“ unter Mitwirkung der Gattin des Componisten zur
Aufführung. — Costa ist mit der Compositiou einer komischen
dreiactigen Oper beschAftigt, betitelt „Richard von Saxhoru-
Gotha“. H-t.
Petersburg. Die hiesige Philharmonische Gesellschaft beab-
sichtigt in der bevorstehenden Concertsaison nach einem von
Professor J. Promberger entworfenen Plane drei grosse
historische Concerte zu veranstalten, in denen die gesammte
Musikgeschichte in ihren wichtigsten Phasen und Entwicke-
lungs-Momenten zur übersichtlichen Darstellung gelangen soll.
Das erste Concert umfasst die Zeiten vom St. Gregoriani-
schen Kirchengesang an bis auf Bach und Hlndel; das zweite
ist den grossen deutschen Reformatoren Gluck, Haydn, Mozart
nnd Beethoven gewidmet; das dritte endlich reprAsentirt die ro-
mantische Epoche mit Beethoven (aus seiner dritten Periode) und
C. M v. Weber an der Spitze, Schubert, Rossini, Mendelssohn,
Meyerbeer, Berlioz, Schumann, Glinka als Gründer der russischen
Nationaloper und Richard Wagner am Ausgange. Belheiligeu
werden sich an diesen Aufführungen nicht nur die Philharmoni-
sche Gesellschaft mit ihren imposanten orchestralen Kräften,
sondern auch sAmmlliehe Geaangvereiue Petersburgs, und ist
auch für einen Theil der Sologesänge Herr J. Stockhausen
eugagirt Professor Promberger hat schon im vorigen Jahre zwei
solche Concerte mit ausserordentlichem Erfolge gegeben und ist
demnach als der Gründer dieser historischen Concerte in der
russischen Metropole zu betrachten.
1lo«kau. ln dieser Saison werden zwei neue russische
Opern in Scene gehen, es sind dies „Die Bewohner Niachni-
Nowgorods“ von Naprawnik und „Undine“ von Tschaikowsky.
New- York, den 35. September. An allen Ecken und Enden
giebt es jetzt Opernvorstellungen Die englische, die deutsche
und die französische Oper coucurriren miteinander um die Palme,
und da sie eigentlich alle Drei ziemlich schlecht sind, so ist
zur Zeit sehr fraglich, welche den Preis davou tragen wird. — Die
französische Operntruppe, von der wir bis jetzt nur die „Jüdin“
zu hören Gelegenheit halten, hat zwar nicht ganz Fiasco gemacht,
aber einen besonders grossen Erfolg hat sie mit diesem Meister-
werke gerade auch nicht erzielt Die SAoger und SAngeriooeo
dieser Gesellschaft waren an dem Eröffnungsabend nicht nur be-
fangen, und das hätte man zur Noth noch entschuldigen kön-
nen, sondern sie bewiesen sogleich, dass die grosse historische
und romantische französische Oper io der That sehr klein sei,
d. h. aus den sehr miltelmAasigen Kräften französischer Bühnen
dritten und vierten Ranges zusammengesetzt ist. — Die deutsche
Oper hat im Stadttheater mehrere Vorstellungen gegeben und
damit bewiesen, dass sie nicht viel besser als ihr Ruf ist. Die
Gesellschaft, die unter der Direction des Herrn H. Grau steht,
hat die Absieht den sonnigen Süden, wo ja bekanntlich der Lor-
beer wild wächst, heimzusucheu. Wir wünschen ihr Erfolg und
glückliche Reise. — In der englischen Oper war das einzige Er-
eignis» von Bedeutung das Dehut des Friulein Rose Hersee,
die sich als Amins in Bellini's „Nachtwandlerin“ dem New-Yor-
ker Publikum vorstellte. Sie versteht zu singen und machte mit
einigen Arien wirklich Furore. — Die eigentliche Concertsaison
hat noch uicht begonnen, wenn auch Fräulein Carlotta Patti
heule bereits ihr erstes Concert in Steinway Hall vom Stapel
lassen wird. Die Familie Franko, bestehend aus fünf Kindern,
hat in Steinway Hall ein Concert gegeben und wird demselben
morgen eines im Stadltbeater folgen lassen. St
Unter Verantwortlichkeit von E. Bork.
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348
Verla« ree f'. fi. C. I.eackart le Brcilta.
3dj jjottr oitl Mümmtmiss.
Oantnto
von
Johann Sebastian Dach.
bearbeitet von
Rohrrt Franz.
Partitur . . . .
Orchesterstimmen
Clavierauszug.
Chorstimmen
( A. Grosse Ausgabe in 4 .
i B. Handausgabe in 8. . .
. . 4 Thlr.
. 4* Thlr.
netto 2 Thlr.
netto 15 Sgr.
I Thlr.
Hieraus eioielu im Clavierauszuge :
1. Arie: „Seufzer, ThrAneu" für Sopran . . . . netto 5 Sgr.
2- Recit. ii. Arie: „Büche von gesalznen ZAhren"!'. Ten. netto 6 Sgr.
8. Beeil, u. Duett: „Komm, mein Jesu" f. Sopran u. Bass 20 Sgr.
4. Arie: „Erfreue dich Seele, erfreue dich Herze“ f. Teu. netto 6 Sgr.
Ausser der Matthaeus-Passion dürfte unter den unsterblichen
Compositionen Sebastian Bacb's keine eine Ähnliche Popularität
und allgenieine Verbreitung zu erlangen geeigneter sein, als oben
angtfzclgte Cantate. Ule Erhabenheit der Tonsprache darin Ist
gleichwie in der Matthäus-Passion gepaart mit einer so merkwürdig
ohje-etlveo Fasslichkeit und Eindringlichkeit, dass sic seihst di«
mit Bach's hehrem Geiste noch wenig Vrrtrauten au Ts Tiefst«
berührt, erschüttert und erhebt
Durch K. Franz' treffliche Bearbeitung und das Vorhanden-
sein des gestimmten Stimmapparates sind die bisher der Aufrüh-
rung dieses Werkes eutgegeustehenden Schwierigkeiten beseitigt.
Neue Musikaliru
für das Pianoforte,
ßnumfelder (Fr ). Op. 178. Ich hab' im Traum geweinet,
von Maria Künig. iranscripliuu 12)
Seifert. (Bich.). Op 22. Frühling überall! 15
— — Op. 24. No. 1. Erster Gruss. No. 2. Abschied . ä 12)
— — Op. 25. Eiu Veilclienstrauss. Salonstück 12)
— — Op. 27. Drei Blumenlieder. No, I. Hyazinthe. No. 2.
Camelie. No. 8. Az« len «10
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Conrcrten. No. 8. zu Weber'« Coucert, Es-dur. lü Ngr.
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gement für Piauoforte und Violine 1 Thlr. 15 Ngr.
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Pianoforte. 22) Ngr.
No. 1. Kein' schön're Zeit auf Erden ist.
No. 2. Kematen und '•cheidtn So oft sie kam.
No. 3. In dieser Stunde denkt sie meiu.
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No. 1. bitte Weil' auf mir, du dunkles Auge.
No. 2. Nebel Du trüber Nebel hüllest mir.
No. 3. Im Frühling. Im bunten ßliirucnkleulc.
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Re in ecke. Neue wohlfeile Ausgabe. 25 Ngr.
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fere Stimme eingerichtet. Sechster Band. 25 Lieder verschie-
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Will. Jahrgang M 43.
V(in <ü«*er Z«i|m>x *t«. Usint *«-hrtisUeti
«ine Nummer
27. October 1869.
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Journal'Rrvar. — SwtiliHilfn, — ln<iril«
»-inen» Leben. IX
H e c e n
Bemerke. €. Op. 100. Zehn Gesänge für drei weibliche
Stimmen mit Begleitung des Pinnoforle in canonisetmr^
Weise componirt. Leipzig. R. Settz.
Wenn in unserer Zeit, wo von gewisser Seite Fessel -
und Schrankenlosigkeit als Evangelium gepredigt wird, ein
befähigter Künstler sich selbst hetnmendere Fesseln anlegt
und engere Schranken zieht als sonst üblich, so erfreut
dieser ernste Sinn. Oie Anerkennung, welche wir so stren-
ger Regel unterworfenem Schoflen zollen, wird aber eine
um vieles höhere, sobald ein derartiges Werk ausser dem
conlrapunkliscben auch rein musikalisches Interesse, poeti-
schen Inhalt uud sinnlichen Wohlklang bietet, wenn mit
einem Wort sich als dos Resultat so ernster Bestrebungen
nicht ein Kunststück, sondern ein Kunstwerk ergiebt.
Keinecke’s zehn Terzette klingen vortrefflich und lassen zum
überwiegenden Theilo den canomschen Hemmschuh nicht
empfinden. Und dies ist eigentlich das grösste Lob. wel-
ches wir ihnen zu spenden vermögen; denn für uns steht das con-
trapunktische Interesse in zweiter Reihe, weil wir zuerst nach
guter Musik fragen und diese hat Reinecke trotz allen Canoni-
rens meist gemacht. Freilich findet sich darin wenig oder gar
nichts Neues Eigenartiges in der Erfindung, aber fast Alles
ist hübsch, wohlklingend und überall zeigt sich der Com*
ponist in disUnguirler Haltung. In sehr vortheilhafter Weise
tritt in diesem Werke Reinecke s Kunstfertigkeit iu der Be-
handlung der canonischen Form hervor. Er führt uns Ca-
nons in den verschiedensten Intervallen, zweistimmig mit
freier Stimme, dreistimmig, in der Gegenbewegung, mit ripo-
stirender Clavierbegloilung. ja einmal sogar in der Vergrfls-
serung vor. Dies letzte Vergnügen hätte sich der Com-
ponist indessen sparen sollen, denn dabei ist nichts Ge-
sclieidles herausgekommen, kann auch nie etwas Gescheidtes
heruuskommen. Der Laie, welcher No. 3 mit der vergrös-
>«?rten Ripostn iin Clavierbnss hört, wird verwundert den
Kopf schütteln über das verzwickte (iebahren des Basses
und die daraus resullirende curiose Modulation, ohne sich
jedoch träumen zu lassen, wie viel Mühe und Fleiss gerade
I o n
n.
auf dies kleine canonische Ungethfim verwendet sind. Für
diejenigen Leser, die den einst so hoch goschätzten cano-
nischen Künsteleien nicht näher getreten sind, erlaube ich
mir die Anlage eines schwindelerregenden Canons von
Klengel hierherzuselzen :
l'sr—y- ■* — !
1 f «f ,: v»
i
* _______
9
Die Proposla liegt in der Mittelstimme; die Oberstimme
ripostirt in der Verkürzung, der Boss in der Verlängerung.
Und so geht es drei Seiten lang fort. Nun frage ich. ob
da trotz allem Wissen und Können noch von eigentlicher
Composition in geistigem und nicht Mos in mathemathi-
schem Sinne die Rede sein kann? Gewiss ebensowenig, als
rann von einem in den polnischen Bock Gespannten je sa-
gen kann, er tanze graeiös. Die canonischen Bande, wel-
che sich unser Componist in den übrigen Gesängen ange-
legt hat. sind so viel weniger hindernd, dass sie immer
noch eine relativ freie und künstlerische Bewegung gestat-
ten. Von dies- r Möglichkeit hat Reinecke in vollem Mansse
Gebrauch gemacht und in einzelnen Nummern höchst Wirk-
sames und Bedeutend«** geleistet. Von besonderer Bedeu-
tung ist namentlich No. 7. woselbst die erste und dritte
Stimme einen Canon in der Octave in fiusserst gedrängter
Folge ausführen, wahrend die zweite darauf mit der Ripo
sta in der Gegenbewegung einsclzt. Hier vereinigen sich
Kunststück und Kunstwerk zu einem doppelt werthvol-
leo Ganzen. Wahrend in diesem Stücke tiefer Emst und
43
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350
ungewöhnlich düstere Färbung herrschen, zeichnen sich
die werth vollen Nummern 2. 6, 8 und 10 durch heiteres
Tonspiel und leicht beschwingtes Wesen aus, eignen sich
somit, wohl vorzugsweise für grössere Auditorien. Wenn-
gleich die Ausführung derartig polyphon gehaltener Gesänge
mit grösseren Schwierigkeiten verknüpft ist, als die in ho-
mophonem Style verfassten, so gewähren sie schliesslich
den Ausführenden auch mehr Befriedigung durch Leberwin-
dung der vorhandenen Schwierigkeiten, und eine lehrreiche
l'ebung. Ich vermag das wohlausgestattete Werk denjeni-
gen Kreisen zu empfehlen, in denen ernste Musik cultivirt
wird. Richard Wüerst.
Thivriot, Ferdinand. Natur- und Lebensbilder, Clavier-
st ficke. Op. 17. Erste Serie, lieft 1 und 2. Öp. 18.
Zweite Serie, Heft I und 2. Leipzig, E. W. Kritisch.
Die vorliegenden vier Hefte enthalten jedes zwei Pie-
cen. Vornngedruckt ist jeder derselben das poetische
Thema, das ihr zum Grunde liegen soll. Denn inehr als
ein soll dürfte es in Wahrheit nicht sein. Nicht, dass
wir verlangten, auch ohne dies Thema vorher kennen ge-
lernt zi. haben, müssten wir heraushören, was der Com-
ponist darzustellen beabsichtigte; nein, auch nachdem wir
es gelesen, ist es uns in den meisten Fällen sehr schwer
geworden, in dern musikalischen Ausdruck nur etwas dem
angegebenen Thema Entsprechendes zu fluden; fast über-
all haben wir den Eindruck des Gesuchten und mühsam
Gemachten erhallen. Das ist aber auch um so weniger
zu verwundern, wenn Themata gewählt werden wie fol-
gendes (2tc Serie, lsles Heft, No. 1):
Iiii muntern Trabe trage mich.
Mein Hössleiu, io die Ferne;
Denn langsam und geduldig gehn.
Und Andre ruhig vor uiis sehn.
Das thun wir zwei nicht gerne.
Hier ist es, während das erste Motiv allenfalls zur Darstel-
lung solchen muntern Trabes geeignet erscheinen möchte,
dem (Komponisten obendrein noch begegnet, dass das zweite
Motiv, ganz getragen gehalten, im vollen Widerspruch mit
dein Thema, ein „langsam und geduldig gehn'" ziemlich
charakteristisch nusdrückt. Oder ein Thema wie folgen-
des (2te Serie, 2tes Heft, No. 1|:
Erst mürrisch und wild,
.Daun traurig und mild —
Haid Klagen, bald Streiten,
Sind'* Launen, sind'* Leiden?
Eignet sich denn dergleichen in Wahrheit zur musikalischen
Behandlung? Wir zweifeln stark daran und der Verfasser
streitet für uns. Denn was hat er gegeben? Einen nichts
weniger als charakteristischen Hauptsatz (£ Tacl, Es-dur,
Allegro ma non troppo), wenn man nicht etwa das leere
und gehaltlose, sogar in Rhythmus und Harmonie Unschöne
charakteristisch nennen will. An ihn reihet sich ein mehr
als Cantilene gehaltener Miltelnalz, der aber leider auch
nicht frei von Härten ist und dann kehrt der Hauptsatz in
weiterer Ausführung wieder, um in Wahrheit erst wenn
er mit seinen rhythmischen und harmonischen Unschön-
heilen ein Ende genommen, den Zuhörer wieder aufathmen
zu lassen. So erscheint auch das Thema |I. Serie. 1. llft.No.2).
Ohne Lieb' und Freud’
Gestern wie heut —
Neun' keine Seele mein.
Hin überall allein!
uns in der musikalischen Bearbeitung verunglückt. Dage-
gen heben wir als ziemlich gelungen 1. Serie, 1. lieft,
No. I G-dur; I. Serie, 2. Heft, No. 1 D-dur, hervor. —
Mendelssohn ist in seinen Liedern ohne Worte das Vor-
bild für gar Viele geworden, die sich in solchen Tonbil-
dern versucht haben; dass man ihm mit Glück auch nur
nachgeahmt habe, (denn der originelle Coroponist wird,
auch wenn er solche, von einem andern Meister zuerst er-
öffnet* Bahn betritt, auf ihr sich in seiner Originalität be-
währen) das dürfte überhaupt nicht von Vielen gerühmt
werden können. Oh von dem Verfasser obiger ..Natur-
lind Lebensbilder" es in Wahrheit gilt« ist uns mehr als
fraglich. C. E. R. Alborti.
Dreyschock , Alexandre. Deux Impromptus pour le
Piano. Op. 143 No. I. L* Adieu; No. 2. Le Revoir.
Berlin, Ed. Bote & G. Bock.
Keine blossen Paradestücke, sondern zwei gemülhvolle
(wohl die letzteu?) Arbeiten des jüngst verstorbenen
(Komponisten. Das innig empfundene Thema von No. 1
ist in der einfachsten Weise durchgeführt, ohne alle
Schwierigkeit, ohne gesuchte Affeclation. No. 2 ist ein
brillantes, in Polonnisenforrn gehaltenes Tonstück, welches
auch dom Spielor Gelegenheit giebt, die Technik glänzen
zu lassen.
Friedeiithnl, Louis. Droi Charakterstücke für das Pia-
noforte. Op. 6. Leipzig, Breitkopf & Härtel.
Dieses Heft, obgleich erst ein Opus (5, bietet mancherlei
Gutes. Die Themen sind, was der Titel verspricht, cha-
rakteristisch erfunden, und verschmähend alles äusserlich
Saluumässige, wendet der Autor wirkli- Iie thematische Ar-
beit auf, um seine Themen interessant durchzuarbeiten.
Darin kann man aber auch leicht zu viel thun. und ist dann
der Schritt aus dem Langen zum Langweiligen ein überaus
kleiner. In No. 3, H-dur, $. vereinigen sich Vorzügen und
Schwächen ganz besonders. Dessen ungeachtet über glau-
ben wir aus diesen Kleinigkeiten ein niiht zu verkennendes
Talent horniisblicken zu sehen, dem wir hiermit ein Wort
der Ermunterung und zum Vorwärtsstrehen auf der Bahn
des Guten mitgegeben haben wollen.
Ludn. August. Drei Salonstücke in Rondoform für Pia-
noforte. Op. 10. No. 1. Walzer; No. 2. Mazurka;
No. 3. Walzer. Cassel, C. Luckhardt.
— Fantasie für Pianoforte. Op. 12. Ebendaselbst.
Salonstücke in des Wortes verwegenster Bedeutung,
deren Hauptzweck die Widmung gewesen zu sein scheint.
Op. 10 bietet weder einen charakteristischen Walzer, noch
eine charakteristische Mazurka; die Titel könnten eben
so wohl umgekehrt gegeben sein, da No. I viel eher eine
Mazurka als ein Walzer ist. Die drei Stücke klingen
ganz gut. sind auch ziemlich claviergeschickt gemacht, und
wer sich daran genügen lassen will, dern mögen sie im-
merhin empfohlen sein.
Die Fantasie Op. 12 erweckt uns keine bessere Idee
von dem (Komponisten. Wenn die musikalische Fantasie
nichts anderes heisst, als formloses Aneinanderreihen der
heterogensten Motive, dann hat der Autor sein Möglichstes
gethnn. Der .Musiker «her wird dieser trivialen Mollmelo-
die. die stellen weis noch obenein sehr nach Allerweltsgut
schmeckt, schwerlich Geschmack abgewinnen. Noch weni-
ger aber wird ihn die später um dieselbe Melodie tierzie-
hende (Klavierklingelei fesseln, namentlich da, wo der Bass
anfnngt. in möglichst ungeschickter Weise sein Wesen zu
treiben. Was die Einleitung und die Einschiebsel von piü
Allegro und Marcia ausdrücken sollen, haben wir uns ver-
geblich zu enträthseln bemüht. Oder steht der Autor auf
dem Standpunkte, dass die Musik absolut nichts ausdrücken
soll, dass sie nur ein leeres Gespiel mit Tönen ist? Dann
mag er das Rechte getroffen haben. W. Lackowitz.
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351
Berlin.
H e e u e.
(Königl. Opernhaus.) Das Repertoir der verflossenen
Woche brachte, wenn auch nichts besonders zu Besprechen-
des, doch Vorstellungen von allgemeinem Interesse Ara lt).
„Euryanlho“ in der neulich angeführten Besetzung; am 20.
„Schwarze Domino“ Matt des durch Unpässlichkeit des Herrn
Krause ausgefallenen „Don Juan“) mit Frau Lutea, deren
bis jetzt unausgesetzte Thäligkeit dem Publikum besonders er-
wünscht ist; am 22. und 24. „Lohen grin“. Da alle diese Auf-
führungen gern gesehene und daher auch sehr besuchte sind,
gewinnt das Personal die nothweudige Zeit zum Neueinstudi-
ren Allerer Werke wie zur Vorbereitung von Novitäten. Wie
wir hären, wird zunächst Sponlini's „Vestalin“, welche längere
Zeit geruht, mit Herrn Nie mann als Licinius, den l tarnen
Voggenhuber und Brandt als Julia und Oberprieaterin in
Scene gehen; dann auch Nicolai** beliebte „Lustige Weiber“,
welche durch den Abgang mehrerer Mitglieder eine Neuhrsetnmg
erfordern.
Das Friedrich-WilheltnslAdlisehe Theater gab am 21. zum
ersten Male „Die Schäfer", komische Oper in 3 Ablheilungen
von Creniieux und Gille, Musik voo Offenbach. Es liegt in
den Verhältnissen tinserer Bühnen, dass wir die Erzeugnisse
des productiven Coinponish-i) nicht in der Reihenf.dg., wie sie
entstanden sind, zu hären bekommen. Während eine hiesige
Direction den grossen Erfolg eine»« Werkes in vielen Wieder-
holungen auszubeulen gezwungen ist, hört man schon von
den Erfolgen neuer Werke; die deutschen Bearbeitungen erfor-
dern Zeit; das vorhandene Personal ist gleichfalls maassgebend
für die Scenirting einer neueren, für das Aufschüben einer
Alteren Operette. So kam es, das» „die Schäfer“, vor etwa
fünf Jahren in Paris von anhaltender AUraetioo, Uns erst jetzt
vorgeföhrt worden sind. Es war gewiss eine ganz glückliche
Idee der Autoren, die ländliche Liebe der verschiedenen Zeit-
alter zu draroalisiren. Trotzdem nun von den drei Abhei-
lungen: die Idylle, Renaissance, Auf dem Lande, jede ein ab-
geschlossenes, für sich bestehendes Bild giebt, sind doch sAmmt-
liche drei Bilder wieder dadurch einheitlich vrrbunden, dass
di« Liehesleute wohl in den Charakteren ihrer Zeit, nicht aber
in ihren Persönlichkeiten wechseln, womit also die Idee dos
Ganzen: Pyramus und Thisbe werden (wenn auch durch die
Zeit im Wesen verändert) ewig leben, verkörpert erscheint.
Ausserdem ist in der Figur des Eros — die natürlich auch
andere Gestalten annirnml — ein Zusammenhang der verschie-
denen Zeitalter sehr geschickt herbeigeführt. Während wir
nun im ersten Bilde das erste Beispiel einer wahren, trotz dem
Widerspruche der Eltern unbezwmglirhen Liebe erblicken, die
mir im Tode ihre Vereinigung findet — ein gewiss rührendes
Schauspiel, da* nur an dieser Stelle dem Publikum etwas
neu und unerwartet vorkommt — Irill schon im zweiten Bilde
der Humor wieder in seine Rechte, indem er uns die Renais-
sance-Zeit mit ihrer Unnatur, welche ebenso die parfümirte
Sentimentalität und Liederlichkeit an die Stelle der wahren
Empfindung setzt, wie parfümirte Blumen an die Stelle der na-
türlichen, schildert. Die dritte Abheilung — für das heutige
Publikum wohl die verständlichste — zeigt uns die Landleute
tinserer Zeit mH ihren derben materiellen Charakteren. Alle
drei Bilder sind mit wenigen aber scharfen Strichen hingewor-
fen und reich an kleinen komischen und kennzeichnenden Zü-
gen, so dass das unterhaltende Element nicht unterbrochen
wird. Und Offenbach'* Musik? Sollen wir abermals wieder-
holen, was alle Welt weiss? dass sieh das Talent de* belieb-
ten Componisten weder in den gefälligen Rhythmen uoch in
der Charakteristik der Figuren aus den verschiedensten Zeiten
verleugnet? Während wir in der zweiten und dritten Abhei-
lung den Offenbach, wie ihn das Publikum kennt und liebge-
wonnen hat, wiederßnden, hat er für uns im ersten Bilde ganz
besonderes Interesse erregt. Der Introduclinns-Chor, das Quin-
tett, vor Allem aber die Scene des sterbenden Liebespaare»
geben Zeugnis» von der ungewöhnlichen Begabung Offen -
bach's und werden ihre Wirkung nirgend» verfehlen. Selbst-
verständlich haben wir in den folgenden Abheilungen eine
Reihe von Musikstücken zu nennen, welche die gewohute An-
erkennung iri Beifall und Dacapo» errangen, wie das Tick-tack-
Duett, Lieder der verschiedenartigsten Färbung wie das reizende
des Jeaooct „Der Hans der liebt des Nachbar» Grete“, das
Trio vor dem Schlüsse. Die Aufführung, von der Direcliou in
Dec-oratiooen und Costümen geschmackvoll nusgc»lallet und
trefflich sceoift, giebt un* nur zum uneingeschränkten Lobe
Anlass; musikalisch wie bühnlich bleibt nicht» zu wünschen.
Wenn wir unter den Darstellenden Fräulein Ungar |Kros)
zuerst nennen, uo geschieht es nicht allein ihrer ansprechenden
Leistung wegen, sondern auch, weil die Vorstellung zu ihrem
Benefiz »laufend und dem vollen Hau*» Gelegenheit gab, der
beliebten Künstlerin aufs Naue seine Sympalliieeu kund zu
thun. Fräulein Ungar, freumllichst empfangen, wurde irn
Verlauf des Abends vielfach ausgezeichnet. Das Liebespaar
fand in Fräulein Koch und Herrn Adolfi vorzügliche Vertre-
ter, die durch Gesang und Spiel zu gerechtestem Beiiall ani-
mirleu. Von den übrigen Personen nennen wir noch init ver-
dientem Lobe: im ersten Bilde Herrn Leszinsky als Tempel-
höler, im zweiten Herrn und Frau Neu mann als Marquis und
Marquise, Herrn Lutlmann als Amtmann, im dritten Herrn
Schulz als Ofkonom, Herrn Mathias und Fräulein von Ri-
geoo in ihren wirksamen bäurischen Charakteren. Chöre und
Orchester unterstützten lebendig und präci» da» Ensemble. Die
Vorstellung wurde bisher allabendlich wiederholt und wird vor-
aussichtlich längere Zeit das Repertoir beherrschen.
Im Victoria-Theater wurde Goethes „Egniont“ mit Bee-
thoven'» Musik gegeben. — Da* neu erstandene Theater
Alcaznr brachte Weber» „Freischütz" zur Auffülirüng.
Am 17. October begann der Mo lir 'sehe Concert verein den
Cyclus seiner Soireen im zahlreich besetzten Arnim sehen Saale.
Ausser dem Kernpunkt: Erlkönig* Tochter von Gado , einem
hier schon öfter au (geführten und besprochenen Werke, hörten
wir von dem Chor noch 2 Lieder von 0. Tiehseu und Taubert.
Wir wollen gegen die Damen des Chor» gähnt sein und ihre
Leistungen nicht nach der Vorführung de» ersten dieser Lieder
sondern nach der des grösseren Werkes von Gadc, welches im
Ganzen correct und sorgfältig schaftirt ausgeführt wurde, beur-
teilen. — Fräulein Luise Voss trug Recilahv und Arie aus
„Rinaldo“ von Händel mit schöner, vollor Stimme, guter Ton-
bildung und reiner Intonation (mit Ausnahme des e, welches
im fort* stet* zu hoch war) vor. Bei diesen Vorzügen besitzt
aber die Dame in ihrer Gesangsweise noch einige Fehler, die
oft recht störend wirken; dahin rechnen wir das unbestimmte
Erfassen des Tones, ein Uebermas» im Portament, eine zu we-
nig prononcirte Aussprache und das gewaltsame Herausdrängen
der tiefen Töue, freilich ein wohlfeiles Mittel, den Beifall nicht
muaikaliscn gebildeter Zuhörer herauszufordern , dessen sich
selbst Gesangsgrössen ersten Ranges atizuwenden nicht scheuen.
Frau A. Worgilzkn »ang zwei Lieder von Mohr und 0. Eich-
berg, von welchen besonders das letztere ansprach und von
der Sängerin freilich nur mit dünner, spitzer Stimme, aber
musikalisch sicher lind mit frischer Auffassung wiedergegeben
43 *
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352
wurde. Beide Damen linden im Verein mit Herrn Schmuck,
der neine Pnrtie »ehr gut durchführt«, auch die Soli in der
Cantate von Gade, sowie Herr Eichberg die schwierige und
anstrengende Pianoforle-Begleitung, für deren Ausführung wir
derokelbeu noch besonder» danken, übernommen. — Der Leister«
trug ausserdem mit Herrn Rehfeld die D*moll-Snnate für
Piano uud Violine vun Kiel, diu wir von beiden Herren schon
üller gehört, Herr Rehfeld eine nur zu lang ausgeapnrinerie
Fantasie von W itmiawsky mit schönem Ton und sicherer Tech*
nik vor, welch» Leistungen da» dankbare Publikum mit grossem
Beifall aufnahm.
Die 2t» Siofonieaoiree der Kör.igl. Kap.-Il« brachte als
erste Nummer Rubinsteli)*« musikalisches Charakterbild ,,lwati
IV.** (Der Grausame). No. 32 dieser Blatter enthält Ober diese
Couiposiliori eine eingehende Kritik von Herrn Rieh. Wüerst,
in welcher einerseits ihr hoher künstlerischer Werth aner-
kannt, andererseits aber auch die vom Componislen gewählte
Vorlage: den Charakter eines grausamen Tyrannen musikalisch
wiederzugeben, — nicht glOrklich genannt wird. Wir schlossen
uns dieser Beurlheilung aus voller Ueberzeugung an und verweisen
unsere geehrten Leser auf die genannte Recension. Die übri-
gen an dem Abend« nusgefOhrlen Werke — Sinfonie in A-nioll
von Mendelssohu, Ouvertüre zum ..Freischütz" und die 8te
Sinfonie in F - dur von Beethoven — kamen m sorgfältiger
Execuliruug zur Geltung. d. R.
Correnpo ii (lenzen.
Dresden im Octobr-r 1869.
Wie voraus zu sehen war, wird uns dieser Winter als
Entschädigung für den Mangel der Oper und des Schauspiels
eine grösser« Anzahl von Concerten bringen, ja aller Wahr-
scheinlichkeit nach eine zu grosse. Für das Theater wird vor-
läufig eine Halle aus Breitem errichtet, das eigentliche Interims*
IheaU-r wird erst später fertig werden, d. h. wenn es überhaupt
noch dazu kommt. Da nun jene Halle erst in einigen Wochen
vollendet sein wird, solche wohl auch nur eine verhälloissmässig
geringe Anzahl von Personen lassen dürfte, so entspringen aus
diesem Umstande natürlich sehr verlockende Aussichten (ür
concerlgebende Künstler. Ich werde mich darauf beschränken,
Ihnen nur das Allernolhwetidigsle zu berichten und so muss
ich zunächst noch eines grossen Monstreconcertes , ausgeführt
von 150 hiesigen Cmlmusikern, gedenken. Meine Erwartungen
waren tür jenen Abend nicht »ehr hoch gespannt und um so
besser, da*» dieselben üb»r'r«>ITen wurden. Sämiiilliche Num-
mern, darunter die Freischütz-Ouvertllro und Beethoven’* C-uioll-
äinlonie, kamen unter Leitung der Herren Pul (hol dt und
Kritische mit Wärme und Pränston zu Gehör und nur ein
.Missstaud machte sich zuweilen sehr bemerkbar — der geringe
Wohlklnng der Instrumente. Diesem L'ebetstaoda wird akh
iiuu schwerlich abhelf* n lassen, doch sei einem ferneren Unter-
nehmen, wie dieses Mal, der beste Erfolg gewünscht. — Von
Seiten der Hohntendanz wurde in unserer herrlichen Frauen-
kirche Hände!’« Messias unter Mitwirkung der Kömgl. Kapelle,
dem Thealerchor und der Singakademie, der Damen Beding-
rath- Wagner und Nauilz und der Herreu Schaffganz,
Eichberger und Otto aus Berlin vorgelührt. Oie Gtiöea er-
wiesen sich als zu schwach, gingen aber sonst gut, das Or-
chester war vortrefflich. Frau Bellingroth lies» an jenem Abend
die Reinheit des Vortrag« vermissen, Herrn Eichberger’s näselnde
Stimme eignet sich nicht für das Oratorium, wie auch der sonst
treffliche Sänger Herr Otto nicht besonders disponirt zu seiu
schien. Von diesen Mängeln nun abgesehen, konnte man mit
der Aufführung iui Allgemeinen sonst recht zufrieden sein Herr
Holkapellmeister Krebs batte die Leitung übernommen. —
Die Soireen der Herren Concerlmeisler Lauterbach, Grütx-
inacher, Güliring und Hüllweck wurden am 18. d. M.
vor eine in reich gefüllten Saale eröffnet. Die vorge führten
Werke waren: Haydn Quartett in B-dur (Original?/, Beethoven
Quartett E-moll Op. 59 No. 2 und Brahms Sextett Tür 2 Vio-
linen, 2 Violen und 2 Celli Op. 18. Letzteres hatte nach sei-
nem Vorgänger einen »ehr schwierigen Stand, lies» «eine
Schwächen nur desto klarer aii’s Licht treten und iui Interesse
des Compunislen wäre es jedenfalls gewesen, wenn man »ein
Werk vor dem Beethoven'« gemocht hätte. Brahms hat sich
eines weiteren Hufes al» üoinpunist zu erfreuen, doch möchte
die Begründung desselben schwerlich wohl seiDeu früheren
Werken zu entnehmen sein. Dieses Sextett entbehrt vor allen
Dingen eines leitenden Gedankens, wodurch all« äussere wie
innere Einheit verloren geht; sein zweiter Fehler ist der Mangel
an Originalität, der »ich namentlich im ersten und letzten Satz
recht fühlbar macht. Mit Vorführung seines Werkes hätte der
Componisl wohl zufrieden sein können, sie war vortrefflich,
doch gelang es genannten Herren, nur dem zweiten Satz ein«
Geltung zu verachfllfen. Erwähnen will ich noch, dass Bertho-
ven’s Op. 59 in wirklich musterhafter Ausführung zu Gehör
gebracht wurde. In dieser Woche veranstaltete Fräulein Marie-
Krebs ein Coucert in Gemeinschaft anderer Künstler. Da
mir für jenen Abend kein Billel zukam, so kann ich Ihnen
selbstverständlich auch keinen Aufschluss über den Verlauf des-
selben geben. A. F.
Paris, 23. Oclober 1809
Der mit der Wiederaufnahme von Douizettr» „Favoritin" in
der Opera, zum Debüt de» aus dem TheAtre lyrique herüber etign-
yirlen Tenor Bus quin erzielte Erfolg, darf mit demjeni-
gen, der in derselben Oper liier»«lb»f iid Jahre 1840 erreicht
wurde, uur annähernd in Vergleich gestellt werden Man
könnte diese Reprise sogar eher einem Misserfolge vergleichen,
da sowohl diu Musik durch die in den letzteren Jahren genos-
sene schwere Kost Meyerbeer'scher, Halevy'scher, Gounod'-
scher, Thouias’schcr und Anderer Opern, an dein ursprünglich
daran geknüpften harmonischen . instrumentalen uud dramati-
schen Interesse eingebüsst und auch die Aufführung der frühe-
ren durch Madame Stoltz und die Herren Duprez und Barrhoi-
tlut weit nnchsland. Herrn Bo» quin fehlt zürn Fernando vor
Allem die dramatische Verve des Organ», ohne welche Sccnt-n
wie das Zerbrechen des Schwertes vor dein Könige, spurlos
vorütiergehru und somit gerade der Höhepunkt der Handlung
benachtheiligt wird. Lyrische Momente, wie die Anfangs-Cava-
line und im Final-Duo gelaugeu dein .Singer besser — gleich-
wohl dürfte kaum anzunehineu sein, dass Herr Bosqum zum
Favorit-Tenor der Opern avancirsn werde. — Der Favorit-Säu-
ger dieser Buhne ist und bleibt der Bariton Faure, welcher
in der Pnrthic des Königs Alphouse den Lichtpunkt der Dar-
stellung bildete. Frau Gueyniaril als Leoriore errang nur
eiuou Thetl-Erfolg, da sich das Organ dieser Küusllerin als zu
wenig umfangreich und in der Altlage nicht sonor genug er-
wies. Das eingelegte spanische Tanz-Divertimento wollte auch
nicht recht zünden, — obwohl sonst gerade das Ballet die
stärkste Seite der Opern ist. — Krau Adclioa Patti wird im
italienischen Theater vor ihrer Abreise nach Petersburg nur
noch einige Male auflreten. Ihr gegenwärtiger Hauplerfolg ist
die SchattenUm-Arie von Meyerbeer, welche »ic als Einlage
im Rossini'schen „ftarhier“ singt, -i- In der Opera comique
hatte das Drbut des Fräulein Daniele in „Galalhee" «men
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353
»chönen Erfolg Die Stimme der Derne ist sonor und modu-
lalinnsfAhig, ihr Vortrag , obwohl anfänglich etwas befangen,
tteigcrle sich im Verlaufe der Darstellung tum künstlerischen
Ausdruck; dntu kommt noch ein empfehlendes Aeussere. —
Im Thedtre lyrique wird heute der seit längerer Zeit erkrankte
Tenor Monjnuxe in Halevy’a „Val d’An dorre“ wieder auf-
Izeten. Der „Rienti“, in welchem Monjauze excellirte, ist
auffallender Weise seit mehreren Wochen vom Repertoir dieser
Bühne verachwuinleu. — Int Thedtre Italien wird nach Abreise
der P«Ui Beethoven’» „Fidabo“ mit Fräulein Kraus» m der
Tilrlrolle nulgtfuhrl werden. Die Herren Nicolin i, Ciompi,
Agnesi und Palermi theiien sich in die Obrigen Rollen. Zu
dieser italienischen Uebmusihung kommt noch, das» in dem*
selben Theater Schumann*» Cantate „Paradies und Peri“ zur
ersten Pariser Anfführunu gelangen wird. Schumann und Bee-
thoven bei den Italienern! die Wett geht ans den Fugen! K»
wird uns mehl mehr wunder ri? wenn demnächst auch daselbst
Sebastian Bnclt zur Aufführung gelangt, woraut wir uns bei
den lür diese Saison von Uirector Uagier nngekürideteu Coo-
cerlrii allen Enste» gefasst machen dürfen. — Die Ordusier-
Cnomfo in der Opera mit I.itolfT werden kaum vor dem zwei-
ten Sonntag des Monats November beginnen. E» sind für
diese» neue Unternehmen vorläufig 100 Musiker engagirt. Pa-
riser Chorgesellsrhalhn werden »ich in grosser Anzahl au den
Ausführungen von Meislerw« rken, wie der neunten Symphonie
Beethoven*» belheiligen. — Indessen macht Pasdeioup in »ei-
nen Concerls populaircs de» Cirque Napoleon wenig Anstren-
gungen, die lierannahrnde Concurrenz zu pnralysiren. Da» erste
Conccrt am vorigen Sonntag war in der Ausführung ziemlich
matt und farblos, was namentlich von Beethoven*» C-moll-
Symphonie gilt. Zur Wiederholung verlangt wurde Lachuer’s
Gas ulte, wie Oberhaupt solche spirituelle Naschwerke, dein
Geschmack der Franzosen am besten zu munden scheinen und
im Allgemeinen besser interpretirl werden. A. v. Cz.
Feuilleton.
Aus meinem Leben.
t Eine musikalische Heise und zwei neue Opern. )
9 .
Ehe ich diese Skizzen schliesse, möchte ich noch mein L’rlheil
über Wagner, weleher ja doch der llauptgegcriKtand der Bespre-
chung geworden kurz zusaiiimenfassen. Er ist, wie mir der alte
Mosewiua schon vor Jahren sehrieh „ein tna sei generu”, ein iu
der Kunst weit — sowohl durch seine musikalischen Werke") wie
durch die noch nie dageweseue AH Tür dieselben Propaganda
und Keclame**) zu machen — einzig dastehendes Phänomen;
»her er ist nicht wofür er sich hält, er ist kein Reformator.
Seine Opern können begeisterte Anhänger aber keine glücklichen
Nachahmer linden, sie können keine Schule begründen weil sie
auf unnatürlicher Basis beruhn; und unnatürlich ist diese Basis
weil sie das llmiptelement des musikalischen Drama’», den Ge-
sani:, als Nebensache behandelt. Von 1849 bi» 1H»‘>9 sind der
Königlichen Bühne in Berliu circa hundert neue Opern zur Durch-
sicht rttp. Annahme zuge*chickl worden: über jedes einzelne
Werk mussten die Kapellmeister ihr schriftliches (irtheil abgebeo,
und nur hei einer einzigen von diesen hundert Compositionen
fühlte ich mich veranlasst hinzuzufügen „Wagner bat viel zu ver-
antworten“; an allen übrigen war die neue Aera spurlos vorüber-
*1 Seine kunslpbilosopliisrhen und politischen Aufsätze ver-
weise ich iu das Gebiet, wo „Schwabbelh Ansehen“ König ist.
'*1 Das Münchner Ope rupersonal fähit neuerdings per Extra-
ztig nach l.uzern, um dort Proben vom Rheingold ab Inhalten!
gegangen. Ein Reformator aber, der nach 25jähriger öffentlicher
Wirksamkeit immer noch allein dasteht ohne für die Praxi»
Prosclyten gemacht zu haben, kann nur sich aber nicht andre
reformiren — und ist also keiu Reformator. Das» Wagner selber
an seine Mission glaubt, will ich nicht bestreiten; anders aber
verhält c» sich, wie ich aus mehrfacher Erfahrung weis», mit
einem grossen Theil »einer miisizircuden und kritisireudeu Ver-
ehrer. Diese sind anfangs, von der Neuheit der Erscheinung ge-
blendet, für ihn uud mit ihm ins Feuer gegangen-, hinterher, zu
ruhigem Bewusstsein gekommen, schAml man sich den faux pat
einzugestehn und rennt nun weiter mit — durch Dick und Düuu.
Die alten Autoren erzählen uns das» hei den Römern Priester
und Wahrsager, wenn sie sich auf dem Forum begegneten, da»
Gesicht mit den Falten der Toga verhüllten, um ihr gegenseitige»
Hohnlächeln über die Dummheit des von ibuen getäuschten Pö-
bels nicht öffentlich sehn zu lassen
lind nun zum fröhlichen Ende. Es ist fast unmöglich im
Jahr 1S69 den Namen Wagner auszusprechen, ohne zugleich
seiner jüngsten Kundgebung „Das Juilcnthum in der Musik“ Er-
wähnung zu thiin. Wie diese Schrift eine wahre Flulh von Ibcil-
weise sogar ausführlichen Entgegnungen hervorrufen konnte, be-
greife ich nicht. Wanu W agner behauptet „Die Juden sind zu-
folge ihrer nationalen Begabung und Eigentümlichkeit nicht
fähig w allt halt künstlet ische Naturen zu sein“ w enn er, •ibgc&ehn
von jedem andern Gebiet der Kunst und Wissenschaft, diese Be-
hauptung auch für die Tonkunst gelten lässt — trotzdem in dem
zweiten ßrittheil unseres Jahrhunderts grade die bedeutendsten
Repräsentanten der Kirchen- uud Kammermusik, der grossen
Oper und des komischen Singspiel» israelitischer Abkunft waren:
Mendelssohn, .Meyerbeer und Offenbach") — so habcu wir nie-
drige htsubgc horne btegegen gar nichts einzuwenden, weil Wag-
uer's Staudpunkl eiu so unendlich hoher ist, das» die drei Ge-
nannten t und um wie viel mehr alle ihre minder bevorzugten
Glaubensgenossen! aus seiner Vogelperspeclive uur wie Sehatten-
hiidchen vorüherschwebeu. So gut cs Leute gicht die an Meyer-
beer andächtig hiuaufblicken, und wieder andre die sirh mit
ihm auf gleicher Stufe dünken, so kann es auch Leute geben, die
verächtlich auf ihn hcrabsehu; cs kommt ja immer nur darauf
an, welche Forderungen mau überhaupt an ein Talent stelll, um
es als solches anzuerkenueu. Bi» dahiu sehen wir also an Wag-
uer'u nur — wie so oft — die niaasslose Eitelkeit und da» stolze
Selbstbewusstsein eigner Ritseugrösse, was dem ruhigen Beob-
achter spasshaft erscheint. Behauptet er aber schliesslich dass
die Juden ihn verfolgen, dann sage ich ganz einfach: wenn künf-
tig bei Aufführung W’agner scher Opern an der Theaterkasse jeder
Eintritt Suchende zugleich »ein Tautzeiiguisss vorlegen müsste,
ohne welches ihm kein Entree gewährt würde, so dürfte Richard
sehr bald an den magern Tantiemen erfahren was es heisst hei
gewissen Vorstellungen das Publikum nach Abstammung und
Glauben sortiren wollen. Hier hört aller Carneval auf, und die
Gehirnerweichung des Maestro beginnt. Wagner von den Juden
verfolgt — dies ist der höhere Biödsiun; uud vor fadiereu Aus-
brüchen desselben möge ein gütige» Geschick den reichhegahteu
Künstler bewahren!
Dresden, 24. August 1W>9. Heinrich Dorn.
J o ii r n a I - I) e v u e.
Die Neue Zeitschrift für Musik beginnt den Abdruck des
Nuhl’srhen Vortrages über „Richard Wagner" und enthält weiter
*) Wie? auch Offenbach? Ja, gauz gewiss! Denn Ganymed
wird nicht gleich zum Thersiles, wenn er, statt Nektar zu kre-
denzen, mitunter im tollen Lebermuih .Stymphalisches .Sumpfwas-
ser schöpft.
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354
Recensiouen. — Die Signale bieten den 5ten Artikel Pohl s Ober
das „Rheingold". — Allg. Musikitg.: Beelhoveniana VIII. (Schluss).
Die Revue et Gazette rausicalo bringt den 4ten Aufsatz von
Hli« „Ober die Saiteninstrumente der Orientalen“.
W a <• li r i c h t e n.
Berlin. Der vorzügliche Geiger Herr G. Besekirsky aus Mos-
kau ist hier eingetroffeii uud wird am 30. d. in der ersten Soiree
der Berliner Sinfonie-Kapelle ein Violinconcert eigener Composi-
tion vortragen.
— Von Fr. Kiel siud soeben zwei Streichquartette (Op. 53
No. 1 A-inoil, No. 2 Es-dur) ersrhienen.
— Dem Königlichen Concertmeistrr und Violoucell-Virtuo-
sen Herrn Jules de S wert ist von dem Impressariu Strackoseh
ein Concertengagemeut nach Amerika auf die Datier eines Jahres
für die Stimme von 50,000 F raues offerirt worden, doch ist e»
der General-Intendanz gelungen, den bedeutenden Künstler un-
serer Hufkapelle zu erhalten.
Altenhurg. Erstes Aborinemeut-Goucert: C-moll-Symphonie
von Beethoven, Berit, und Arie aus der „Entführung“ von Mozart
(FrAulein Gerl), Clavier-Concert in D-dur von Mozart (Herr Ka-
pellmeister Reinocke), Arie aus „Robert“ von Meyerbeer, Entr'act
aus ...Manfred“ von Heinecke, Mailied von Meyerbeer und Cla-
vieraoli.
Barby. Musik-Aufführung im Seminar: „Stimme der ThrAne“
für Violinenchor und Orgel von Sering, Psalm 121 von Mendels-
sohn, Weihnachtalicd von Liszt, C-dur-Sonate vou Beethoven,
Psalm 97 vou Sering, Römischer Triumphgesang von Bruch etc.
Hrnunsrhwrlg 1. Concert des Vereins für Concertmusik *
Ouvertüre zu „Euryanthe“ von Weber, Rccit. und Arle aus „La
douua del lago“ von Rossini, Suite in Canon-Form von Grimm,
Lieder von Schumann und Sinfonie eroica von Ueethovcu.
— Das Concert zum Vortheile des Pensionsfonds für Wilt-
weu und Waisen der Hof - Kapell - Mitglieder brachte in exacler
Ausführung Spohr'a Sinfonie „Die Weihe der Töne“. Als Solist
fungirte an dem Abende der treffliche Clavierspieler Franz Hendel,
welcher Weber'* Com-ertstürk, sowie eiuc Heihe kleinerer Cla-
vierpifaen spielte. Ganz besonderen Beifalle* hatte sich eine
reizende Transcription BcndePs Über Mozart s Don Juan • Arie
„Wenn Du fein fromm bist“ zu erfreuen, welche stürmisch da capo
verlangt wurde.
Brestao. Zweites Concert des Orchestervereins unter Mitwir-
kung der Krau Joachim: Sinfonie in C-dur vou Schumann, Arie aus
„Theodora“ von HAndel, Ouvertüren zu „Fidelin“ von Beethoven und
„Athslia“ von Mendelssohn, weltliche Cantate von Marcelin uud Lie-
der von Schumann und Brahms. — Die Singarademie führt am 2. d.
Schumann's ,, Paradies und Peri“ auf
Carlftrube Erste Kammermusik - Soiree unter Mitwirkung
des Herrn Brahms: Quartett in B-dur von Haydn. Clavier-Qnin-
telt in (F-moll Op. 34 j von Brahms und Quartett in C-inoll (Op.
18 No. 4t von Beethoven.
Cassel. Erste Soiree für Kammermusik des Herrn Wipp-
liuger: Quartette in G-dur vou Haydn, D-dur von Mozart und
B-dur (Op. 18 No. 6i von Beethoven
— 1. Abounements-Concerl des Köuigl. Theater-Orchesters:
Ouvertüre zu den „Abenreragen“ von Chcrubini, Clavier-Concert
(D-dur) von Mozart (Herr Kapellmeister Reinecke), „Die Pric-
stcrin der Isis zu Rom“ von Bruch (Frau Zottmayr), Entr'-Akt
aus „Manfred“ vou Rciuecke, Claviersoli von Reinecke uud Schu-
mann, Lieder von Schubert, Franz und Hiller und „Die Jahres-
zeiten" von Spohr.
Cöln. 2tes Gürzenich-Coucert : Ouvertüre uud Entr'act zu
„Manfred“ von Rrinecke, Chor aus „Blanche de Provence“ von
Chcrubini, Frühlingsbolschaft von Gade, Sinfonie in C-dur von
Schubert, Violinconcert von Rubinstein und Othello-Fantasie von
Ernst (Herr Wilhelmj). — Concert der Philharmonischen Ge-
sellschaft: Haydn Siufonie, Concert für Violine von Spohr, Ou-
vertüre von Mendelssohn. — Concert der Musikgesellschaft: A-dur-
Sinfonie von Beethoven, Solo für Contrabass und Ouvertüre zu den
„Aheuceragen“ von Chcrubini.
Danzig. Die Violin - Virtuosin FrAulein Frauzisca Friese
hat im Vereine mit Herrn Musikdirector Markull und der SAn-
gerin Baum hier zwei Concerto gegeben und sieh mit ihren Vor-
IrAgeu als sehr talentvolle Künstlerin documentirt.
Darmstadt Am 7 November feiert das neuerhaute Grossh.
Hoitheatcr sein 50jAhriges JuhilAum. Die Hof- Theater -Direktion
hat »ich die Aufgabe gestelUt, diese Feier uAchslhin am 7 ,JS.
lind 9. November in würdigster Welse durch drei I estvorstellungen
zu begehen, welche zugleich «ffe Leistungsfähigkeit der gegen-
wArtigen KuustkrAlte und Kunstmittrl darlegen sollen, Zur Auf-
führung am 7. ist Spontini's „Ferdinand Cortez“ bestimmt, die-
selbe Oper, mit welcher die Vorstellungen im neuen KuiisttempeJ
vor 50 Jahren begannen. Der zweite Abend gehört dem Drama
und seinem unsterblichen Meister Schiller. Der dritte Abend
endlich soll durch Aufführung der Oper „Jessonda“ von Spohr
vertreten werden.
Dresden. 2tes Abonnement - Concert der Generaldircction :
Ouvertüre zu „Olympia“ von Spoutini, Concertstück für 4 Wald-
hörner von Hobler, Recit. und Arie aus „Iphigenia in Tauris“ von
Gluck, (Frau Bürde-Ney), Violonccll-Concert E-moll von Grütz-
ntacher, Hecit. und Arie aus „Titus“ von Mozart und Sinfonie
eroica von Beethoven
Elberfeld Am 28. d. führte der hiesige Siugvcrrin Spohr'*
Oratorium „Die letzten Dinge“ auf.
Frankfurt a. 8. Offen hach’* lustige „Grossherzogin vou
Gerolstein“ ist hier mit FrAulein Schubert in der Titelrolle und
Herrn Swoboda als Frilz eingezogen und hat durch ihre unwi-
derstehliche Komik selbst die strengsten Kritiker siegreich gefan-
gen genommen. Mehrere Wiederholungen haben bereits staft-
gefunden.
— 2tes Museuinsconcert: Ouvertüre zu „Faust“ von Spohr,
Zigeunerleben von Schumann, Finale aus „Loreley“ von Men-
delssohn und 9te Sinfonie von Beethoven.
Königsberg. Concert des Pianisten Henuig: Kreutzer-So-
nate von Beethoven, Larghetto von Heoselt, Nocturne von Cho-
pin, Trio in D-iuoll von Schumann etc.
Leipzig, den 23. Ocluber. Das gestrige 3. Gewaudhauscou-
cert brachte uns wieder einen geru gesehenen Gast aus Ihrer
Hauptstadt, nämlich: Frau Amalie Joachim. Die in ihrer Art
einzige Künstlerin wurde gleich hei ihrem Erscheinen im Con-
certsaal mit lebhaftem Applaus empfangen und eleklrisirle das
Publikum durch ihre vollendeten Vorträge zu rauschenden Bei-
fallsbczeugungen. Sie sang als erste Nummer eine ueue Scene
mit Orcheslerliegleituiig vou Max Bruch, „Die Priesterin der Isis
zu Rom“ betitelt. Bruch hat seit einiger Zeit mit seinen neueren
Compositiouen nicht viel Glück gemacht; die Sinfonie in Es-dur,
das Violiuconcert, die naclicompouirte Scene zu „Frilhjof“ sowie
endlich das heute in Rede stehende Werk bekunden sämmtlich
keinen günstigen Fortschritt des Compouisten und die Kritik hat
dies auch bereits wiederholt ausgesprochen. Mir scheiot es, als
ob Bruch zu viel schriebe und bei seinen Schöpfungen zu wenig
Selbstkritik ausübte. Die von Frau Joachim vorgelragene Scene
wirkt in Folge zu grosser Ausdehnung der Form monoton und
vermochte deshalb selbst hei der vorzüglichen Wiedergabe keinen
besondern Eindruck zu erzielen. Ausserdem sang die erwAhnte
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Künstlerin noch ein stimmungsvolles Lied „Von ewiger Liebe"
von Brahms sowie das reizend-naive Lied „Soldatenbraut" von
Schumann, letzteres in so vorzüglicher Weise, dass auf allge-
meinstes Verlangen eine Wiederholuug nöthig wurde Die Vio-
linspieleriunen Fräulein Bertha und Eminy Hamilton aus Edin-
burgh Hessen sich in einem Adagio und Rondo aus dem Doppel-
Cnncert in H-moll von Spohr und in Variationen für 2 Violinen
von Kalliwoda hören und erraugcu durch exactea Zusammenspiel,
sympathischen Ton uud elegante Technik einen anständigen
Erfolg. Die Ouvertüre zu „Auacreon" eröffnet« das Concert, die
C-dur-Siufonie von Schumann bildete den 2ten Theil. Das letz-
tere herrliche Werk fand eine seiner würdige Aufführung;
namentlich war es wieder das tief empfundene Adagio, welches
durch seine Zauberlöne die Herzen der Zuhörer unwiderstehlich
ergriff. — Am 86. d. beginnt die Euterpe im alten Theater die
Reihe ihrer zu gehenden Concerte unter Herrn Musikdirector
Volkland’* Leitung. Bargiels Prometheua-Ouvertur« und Schu-
mauu's D-moH-Siufouie sind die Orcheslerleislungen des Abends.
Die liebenswürdige Pianistin Fräulein Mary Krebs Ubernimiut die
Clav irr- (u. A. Rubinstein's D-moll-Coneert» und Herr Scaria
aus Dresden die GesangsvortrAge. Das Concert verspricht dem-
nach sehr genussreich zu werden. — Am Schlüsse noch die
Mittheilung, dass Herr Capelhueisler Reinecke eiue begleitende
Musik zu Schiller'» „Teil" cmnponirt hat, welche hei der näch-
steii Vorstellung dieses Schauspiels zum ersten Male zur Auffüh-
rung gelangen wird. — *•
t.Qbrek Vergangene Woche haben die Qiiartetlsoircen des
Herrn Hermann brgonuen und uns einen seltenen Genuss be-
reitet, indem sieh Herr Franz Bendel aus Herliu in der ersten
derselben hören liess. Beethoven s grosses B-dur-Trio (Op. 97)
sowie Clavierstücku von Pcrgolesc, hcarlatti und Liszt wurden
von dem Künstler vorzüglich vorgetragen, so dass die lebhafteste
Anerkennung seinen Leistungen zu Theil wurde.
Magdeburg. Erstes Concert im Logenhause: Sinfonie in
B-dur von Ha) rin, Arie aus „Titus" von Mozart, siebentes Violin-
Concert von bpohr (Herr Jeau Bott), Lieder von Schutuauu, An-
dante und Capriccio von Bott und Ouvertüre zu „Ruy Blaa“ von
Mendelssohn. — Soiree des Tonkünstler- Vereins: Quartett in
D-dur von Mendelssohn, Arie aus ..Orpheus" von Gluck, Trio in
Es-riur von Schubert und Lieder von Schubert und Mendelssohn.
Prag. Als früher, doch nicht verfrühter Frühlingsbote der
bevorstehenden f.oiicertaaison erschien am 3. d. auf den Breitem
des böhmischen Landestheaters Herr Besekirsky, Mitglied der
Kaiser). Hofkapelle in Moskau. Diesem Violinisten ging nicht
nur aus seiner lleimalh, auch aus England, Frankreich und
Deutschland ein bereits bedeutender Ruf voran, und dass dieser
nicht getrugt halte, bewies der seinen Leistungen auch hier zu
Theil gewordene glänzende Erfolg zur Genüge Herr Besekirsky
erfreute sieh mehrmaliger stürmischer Beifallsbezeugungen und
Hervorrufe. Hohes Interesse flösste die erste Nummer seines
Programms, ein dreisätziges Concert eigener Cnmposilion, ein.
Das Tonslück durchweht ein durchaus nobler Geist, distluguirte
Intention und jeuer poetische llaueh, der der modernen Richtung
alles musikalischen Schaffens entspricht. Als Virtuosen zeichnet
Herrn Besekirsky ein zwar nicht gewaltiger, aber sympathischer,
weicher Ton höchster Innigkeit au» und die enormen Schwierigkeiten
wurden durchaus siegreich und scheinbar spielend überwunden.
Ausser diesem Concerte spielte Herr Besekirsky gleich erfolgreich
noch eine poetische Mazurka eigener Composition und ein Salon-
stück „Slavik" von Aliabieff.
Rostock. Die hiesige Singakademie studirt den „Messias"
von Händel ein. welches Werk zur Aufführung für das late Con-
cert bestimmt ist. — Erste Kammermuaik - Soiräe der Herren
Karl Müller, Bühring und Weiss: Trio (G-dur| von Haydn,
Concert für Violine von Bruch, Etudes symphoniques und Stück
im Volkston von Schumann und Violinsonate lA-moll) von Ru-
hinstein.
Stuttgart. Concert der Pianistin Fräulein Mehlig: Grosses
Trio in B-dur Op. 97 von Beethoveu, Hexarneron für 2 Pfte. von
Liazt, Claviersoli von Chopin, Schumann, Rach und Liszt etc. —
1. Concert des Florentiner Quartett-Vereins: (Quartett in A-dur
von Mozart, in F-dur, Op. 9 No. 2 von Herbeck und Harfenquartelt
von Beethoven. — 2. Concert: Quartette in B-dur von .Mozart,
in F-dur von Schumann und in E-moll von Beethoven.
Wien. Das Quartett Grün beginnt am 11. November mit
folgendem Programm: Haydn: Quartett in D*dur, Goldmark: Suite
für Clavier und Violine, Beethoven: Quartett in F-dur (Op. 59).
Das Engagement des Herrn v. La ball mit dem Hofoperntheater ist
nunmehr definitiv abgeschlossen worden; der Sänger ist auf drei
Jahre mit einer Gage von 15,000 Fl. jährlich engagirt worden. —
Ausser dem „Prophet" und Oluek's „Arinide** sollen in der näch-
sten Zeit der „Freischütz", „Taiiuhäuser" und „Iphigenie" zur
Aufführung gelangen. Die „Afrikanerin" geht, sobald der Stapel-
lauf des Dreimasters von der Schiffswerfte des neuen Hauses
erfolgen kann, in Scene. Auch der „Fliegende Holländer" ist
noch heuer in Aussicht genommen und von den „Meistersingern"
hält ilorkapellmeister Herbeck sehr fleissig die Proben ab.
Lecco. Pelrella's neue Oper „Die Verlobten", Text nach
dem gleichnamigen Romane von Manzoiii, wird hier ihre erste
Vorstellung erleben. Die Autoren haben selbst unsere Stadt, als
dem Orte wo sich die Handlung zuträgt, zur ersten Aufführung
bestimmt.
Paria. Herr Saint-Saäns wird diesen Winter eine Coli-
cert-Reise nach Deutschland unternehmen. — Offen bach s „Trehi-
zonde“ soll am 20. November in Scene geben. — Die Einnahmen
der Theater, Concerte etc. ergaben für den Monat September die
Summe von 1,519,616 Frcs.
Krh-»el Der mit dem Preise gekrönte Componist J. vnnEcri e ii
hat von seiner Vaterstadt Geni eine goldene Medaille erhalten als
Zeichen der Anerkennung seiner künstlerischen Leistungen.
London. Wir haben Grund anzuuehmen, dass die nächste
Saison 2 oder sogar 3 italienische Opern mit 2 mehr oder weni-
ger anzichuiigskräfligiMi Gesellschaften bringen wird. Es ist, wie
wir hören, ein Factum, dass Herr Gye da» neu aufgebaute Her
Majestys Theater gepachtet hat, aber es ist noch nicht fealgestellt,
ob er und sein Coiupagnon Herr Mapleson ihre Vorstellungen
zwischen Covenl-Gardeu Theater und dem neuen Hau» in llay-
market theileu weiden. Wenn man dem Gerüchte Glauben schen-
ken darf, so ist beabsichtigt. Her Majestys Theater ausschliesslich
für die gross« Oper zu reservireu. — Es ist jedoch kein Zweifel,
dass unter Direclon des Herrn George Wood im Durylauelheater
eine italienische Operngesellschaft ihre Vorstellungen geben wird.
— Für die Zukunft ist eine permanente englische Oper in
Aussicht gestellt, nachdem die im Cristall-Pall.ist stattgehahleii
Opern-Vorsleliuugen ein »o günstiges Resultat ergeben haben. —
Die Monday Populär Concert» werden ihren 12ten Jahrgang am
£. November beginnen und sich bis zum 14. Mär 2 erstrecken.
Das 1. Programm enthält u. A. Mendelssohn D * dur- Quartett
Op. 44 No. 1, Mozart B-dur-Violinsonate, Beethoven Claviersonate
Op. 22 und Haydn Quartett. H— t.
Petersburg. Henry Wieniawsky hat seinen Contrart mit
der Directinn der Kaiser!- Oper auf mehrere Jahre erneuert. —
Die erste Nummer des neuen Musik-Journal „la Saison musicale"
ist soeben ausgegehen.
Enter Verantwortlichkeit von K. Hock.
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35 «
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Violoncill* avec Piano . .
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Piano - 15
Falbe, C. Ed. Op. 83. Helle liumetir. Valae-Impromptu
pour Piauo — 15
Op. 159. L’etoile favorable. PoAine inusical pour
Piano — 12}
Zenger, Max. Op. 10. Drei Lieder im schwäbischen
Volkston für Meszo- Sopran, mit Begleitung von Violine,
Viokmcell und Piano — 20
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Op. 24. No. 1. Erster Grus«. No, 2. Abschied . ä 12$
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Reclt. und Arie „Bai I ist sie mein, die Holde“. Pr. 10 Ngr.
Terzett „Segne, Gott, den Bund der Treue“. Pr. 7$ Ngr.
Marach. Pr. 7$ Ngr.
Scene u. Arie im Kerker „Fis war ein schöner Traum“. Pr. 15 Ngr.
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Jouraal-Hrfttr. — tMilirhlta. — hi-.rala
Recenelonen.
Cärndener. Cnrl G. P. Concor! für Pinnoforte und Or-
chester. Op. 20. Hamburg, A. Cranz.
— — Variationen Ober ein Originaltheoia för Pinnoforte.
Op. 51. Ebendaselbst.
Ein neues Claviereoncert ist iu unseren Tagen eine
grosse Seltenheit; und das ist natürlich. Win die Sym-
phonie, die Sonate, gehört auch das Concert tu den gros-
sen Formen der Instrumentalmusik, vor welchen unsere Zeit,
in ihrer künstlerischen Produktion nur zum Genrehafteu
befähigt, eine Scheu empfindet, welche durch die überwäl-
tigenden Werke der Klassiker, wie durch die vergeblichen
Versuche so vieler Epigonen nur genährt wird. So natür-
lich dies Gefühl der Zurückhaltung auch ist, so wäre es
doch zu beklagen, wenn die Componisten dabei boharrten
und im Bewusstsein ihrer im Vergleiche mit jenen Meistern
schwachen Kraft und in der Voraussicht mangelhaften oder
doch goringen Erfolges bei dem kunstverständigen Publikum
sich der Resignation ergäben. Jedes redliche Streben. sich
dem kleiulichen Zuge zu entziehe^, sei freudig begrübst,
rnog es sich grndezii als Nachahmung an dio grossen Vor-
bilder knüpfen oder Neues unternehmen; nur so wird sich
allmählig ein Fortschritt anbahnen. In diesem Sinne ist
mich das vorliegende Klnvierconcert von Grädener dankbar
aufzunehmen. welches in seiner ganzen Anlage sowie in
mancher Einzelnheit jenen auf das Grosse gerichteten Sinn
bekundet. HeeUiovenVher Form ähnlich gebildet, besteht
es aus drei Sätzen, I. Allegro con brio J A-moll, 2. Grave
| E-dur (mit einem Zwischensatz Tempo di mareia I Cis-
mollt. welche« durch eine Cadenz überleitet in 3. Rondo
Allegro molto $ A-moll. Am bedeutendsten erscheint das
erste Thema des ersten Satzes und alles auf diesem Ge-
baute; ©s gesund, einfach und prägnant, genau so, wie
es der Grösse des erstrebten Stils angemessen. Da4 zweite
in C-dur will dazu nicht passen, weder in seinem ersten
Auftreten im Orchester, wo es durch die in jedem vierten
Takte sich wiederfiolenden weiblichen Endungen monoton
wird, noch in seiner zweiten Gestalt,, wo es vorn Clavier
in*s Weichliche, stark an Mendelssohn Erinnernde verändert
gebracht wird. — Eine ttädenz führt in den Schlusssatz
Stretta. — Der zweito Satz ist offenbar nach Anlage und
Erfindung der schwächste; sein Haupt thema ist unbedeutend
und fast gewöhnlich zu neunen, anstatt einer breiten Melo-
die nur achtmalige Wiederholung desselben rhythmischen
Motivs. Seine Unfruchtbarkeit hat wohl die Einschaltung
eines Zwischensatzes itompo di ranrcial veranlasst, welcher
ein lebhaftes Zwiegespräch zwischen Orchester und Clavier
darstellt 'die uns vorliegende Clnvierstimme giebt leider
nicht genfjgenden UeberblickL jeglichen Zusammenhang aber
mit dem vorangehendem Grave vermissen lässt. Nach
diesem Zwischensatz wird das erste Thema wieder ausge-
nommen; eine kurze Reininiscenz an das tempo di mareia
und eine gleichfalls kurze Cadenz leiten in das Rondo Ober,
welches, mit kräftigen, charakteristischen Themen ausge-
stattet. den fliessenddon, gorundetsten Theil des Werkes
bildet. — Die Stellung des Orchesters zum Clavier ist, so-
weit es sich beim Mangel der Partitur erkennen lässt, eine
selbstständige; es tritt zur rechten Zeit und am rechten
Orte in den Vordergrund. — Es bleibt noch übrig. Über
die Behandlung des Claviers zu berichten, ein Punkt, von
welchem schliesslich der Erfolg eines derartigen Werks
abhöngt. — Und in dieser Beziehung bietet das vorliegende
Concert leider viele Angriffspunkte: die Mehrzahl det Pas-
sagen enthalten enorme Schwierigkeiten ohne entsprechende
Wirkung. Man hat das Gefühl, als hätte der Componist
überall die Absicht gehabt, „schwer“ zu schreiben und den
Herren Virtuosen zu thun zu geben; aber sie werden
schwerlich darauf eingahen, wenn sie auf den Lohn schöner
Klangwirkung verzichten sollen. Andre aber als Virtuosen
werden, wenn sie bis Seite 7 gelangt sind und sich an den
ganz unmotivirten Sprüngen der begleitenden linken Hand
abgomüht haben, wahrscheinlich zu woiterem Studium zu
schüchtern sein. Die folgenden Seiten enthalten nur immer
grössere und dabei wirkungslose Schwierigkeiten (S. 18 und 12
44
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358
seien besonders erwähnt); und so ist es auch im zweiten
Satz. Eine gute Ausnahme macht nur der letzte Satz; die
Seiten 40 und 48 abgerechnet ist er der leichteste und
brillanteste zugleich. — Wir wünschen dem Grädener'schen
Clavierconcert um seines oben von uns gekennzeichneten
ernsten Sinnes und seiner durchaus gediegenen Hichtung
willen Aufführung und Verbreitung; sollte es dazu nicht in
dem erwünschten Masse kommen, so möge der Componist
den Grund vor Allem in der ungünstigen Behandlung des
Claviers suchen.
Gleich dem Concert enthalten auch die Variationen
über ein Originalthema desselben Verfassers unstreitig
viel Bedeutsames und Interessantes. Das Thema, aus zwei
Theilen bestehend, ist aus einem kräftigen und für mannig-
faltige Behandlung ergiebigen Motiv gebildet. Leider hat
diese Ergiebigkeit den Componisten dazu verleitet, schon
im Thema des Guten zu Viel zu thun, und das hat zur
Folge, dass es nicht mit der Prägnanz und Deutlichkeit
auftritt, welche für ein Thema unerlässliche erste Bedingung
ist. Ausserdem bilden im zweiten Ttieile die Takte 5 — 8
einen unfruchtbaren chromatischen Gang, unter welchom
denn auch einzelne der Variationen zu leiden haben, ln
guter Abwechslung folgen die Variationen 1 — 4, sämmllieh
fliessend in Rhythmus und Harmonie (bis auf diu harmoni-
schen Absonderlichkeiten im ersten Theilschlusse der 3. Vnr.jj
der canonischen No. 2 sei besonders anerkennend gedacht.
Dagegen ist die Monotonie der ohne die Wiederholungen
30 Takte lang hinkriechenden, orgelpunktarligen und gradezu
schlecht klingenden Basstriolen kaum zu ertragen; dazu hat
die rechte Hand Accordgriffe ganz unerschwinglicher Art,
wie sie nur Ausnahmshänden möglich sind. Variation 6
beginnt wieder prägnanter, wird aber durch die Triolen-
figuren bald wieder abgeschwächt. Variation 7 bringt wie-
derum die ermüdenden Triolen als Begleitung; die höchst
übelklingenden Terzengänge am Schlüsse konnten vermieden
werden. Variation 8 erfrischt endlich durch seine kurzen
Rhythmen; auch Variation 9 hat gesunden Fluss, leider
aber wieder Terzenläufe beider Hände, zu deren Aufführung
ein Spezialist gehört. Variation 10 ist ein würdiges Largo,
in welchem zum ersten Male der Gesang etwas lur Gel-
tung kommt. Eine kleine Cadenz leitet nach Variation 11
über, eine Fuge, welche aus der Gegenbewegung de? Thema-
Motivs gebildet, zwar wiederum mit einer Häufung von
technischen Schwierigkeiten, aber doch in fliessendem Zuge
dem Ganzen als Finale dient. — Bei diesem Werke wie bei
dem vorher besprochenen kann nicht genug beklagt werden,
dass der Componist auf die Ausführbarkeit und den Wohl-
klang so wenig Rücksicht nimmt; was hilft alle gediegene
musikalische Gesinnung, alle Sorgfalt der Arbeit, wenn das
Werk der Ausführung solche Mühen bietet, Mühen, die
eben durch schöne wohltbuende Wirkung nicht belohnt
werden. Möchte der Componist sich doch darin an die
Vorbilder der Klassiker der Clavierliteratur halten, erst dann
wird seinen Erzeugnissen der ihrem innern Werthe entspre-
chende Beifall zu Theil werden. Alexis Hollaender.
Berlin.
Her v e.
(Königl. Opernhaus.» Nicolai’» „Lustige Weiber von
Windsor“ gehören seit Jahren zu deo beliebten Werken des
Repertoire und fehlen in keiner Saison. Frau Lucca giebt aJs
Frau Flulh eine ihrer vollendetsten Leistungen; Gesaug und
Spiel haben jene drastische Lebendigkeit, die in Verbindung
mit dem degagirten Humor von unwiderstehlicher Wirkung
§eiQ müssen, lat die Künstlerin noch obenein so brillaul dis-
ponirt wie io der Vorstellung am 29., so erklärt sich leicht
der stürmische Beifall des Publikums. Die Herren Betz, Solo-
mon, Bost als Herr Flulh, Herr Reich und Fallstaff, Frl. Gey
als Frau Reich waren in gewohnter Weise trefflich; ihnen
schlossen sich die Herren Lederer und Krüger als Fenton
und Spärlich bestens au. AU Anna debulirte Frl. von Asten,
zeigte aber einen so hohen Grad von Befangenheit, dass wir
mit dem besten Willen kein Uriheil abzugeben im Stande sind;
die Töne blieben der Sängerin fast in der Kehle stecken, die
Intonation wurdo schwankend, der Vortrag unsicher. Das Pu-
blikum verhielt sich passiv; auch wir können nichts Anderes
thun; erst dann, wenn Frl. von Asten die nölhige Ruhe und
Fassung gewonnen hat, wird es möglich sein, den Fond der
Stimme wie die gesaughehe Begabung zu erkennen. Die
übrigen Vorstellungen der Woche waren: am 25, ..Fidelio* 4 ;
am 26. „Troubadour 44 mit Fr. Lucca; am 28. „Armide 44 mit
Hro. Schaffganz von Dresden, welcher für Hro. Krause
als Ubald eintrat; am 30. „Prophet 44 mit Hrn. Nieiuann als
Johann, Hrn. Schaffganz als Überthnl; am 31. „Die Jüdin“.
Das Friedrich-Wilhelmstädtische Theater wiederholte an
den meisten Abenden der Woche Offeubach’s „Schäfer 44
mit bestem Erfolge.
Die diesjährigen musikalischen Soireen der Berliner
Symphonie • Kapelle unter der Leitung des Herrn Prof.
Stern haben am 30. v. M. im Saale der Singakademie ihren
ersten Cydus vor einem sehr zahlreichen Publikum begonnen.
Wie sich dadurch das unausgesetzt lebendige Interesse der
Musikfreunde an diesen Aufführungen kund giebt, so hat der
Dirigent durch das der erstell Soiröo zu Gründe gelegten Pro-
gramm von vorn herein den Beweis geführt, dass er es als
seine Aufgabe betrachtet die ihm zu Gebote stehenden reichen
musikalischen Kräfte vorzugsweise auch dazu zu benutzen, die
vorzüglichsten modernen Werke der Tonkunst vorzuführeu und
so die Bekanntschaft mit denselben sowohl, als das Verständ-
nis» derselben zu vermitteln. Vollkommen mit einem solchen
Verfahren einverstanden, hoffen wir, dass darunter die grossen
symphonischen Tondichtungen unserer klassischen Meister,
insbesondre des grössten Heros unter ihnen, Beethoven, nicht
darunter zu leiden, oder sich Ober Vernachlässigung werden
zu beklagen haben. In dieser Beziehung wollen wir sogleich
bemerken, dass uns die in dem zweiten Theile der diesmaligen
Soiree zur Aufführung gebrachte Musik Beethoven'« zum „Eg-
mont“ keinen Ersatz für eine seiner Symphonien hat gewghreo
können, wiewohl die Deklamation der .MoseDgcil’schcn Dichtung
durch Herrn Berndal vorzüglich, der Gesang der beideo Lie-
der, von Fräulein Falkner, einer SchOlerio des Dirigenten,
allen Anforderungen entsprechend war und das Orchester tüch-
tiges leistete. Denn abgesehen davon, dass diese Musik bei
grossen Vorzügen im Einzelnen, doch auch an so maoehen
Mängeln leidet, die darin ihren Grund haben, dass der Meister
seit dem Falle seiner Leonore, sich von der Bühne zu sehr
abgeweodet halte, Mängel, die selbst bei der Aufführung auf
der Bühne nicht leicht unbemerkt bleiben können: so erachten
wir eine Aufführung dieser Musik im Concertsaal für eiue Stadt
wia Berlin, in der die Göthe'sche Dichtung mit derselben in
jedem Wiutcr öfter auf das Repertoir gebracht wird, nicht für
ganz gerechtfertigt. — Nach der wirkungsvollen Ouvertüre
R. Schumann’» zur „Genoveva“, deren saubere und im
Allegro feurige, energische Ausführung die allgemeine An-
erkennung sich erwsrb , und mit der die Soiräe eröffnet
ward, trug Herr Besekirsky aus Moskau ein von ihm com-
ponirtes V ioliuconcert vor. Der Künstler, dem, wiewohl
bisher hier noch unbekannt, doch ein bedeutender Ruf vor-
angegangen war, rechtfertigte denselben sowohl durch die Com-
Position als dereo Vortrag in jeder Art. Die Composilion ist
359
klar, messvoll und dabei doch reich ao aiiiiehenden Themen,
die io ihrer Bearbeitung auf eine UDgeauchte Weise glücklich
benutzt sind. Was nun das Spiel des Künstlers aolnngt so
erwähnen wir vor allen Dingen den schönen symphatischeo
Ton, der in der Canlilene innig empfunden ist. Die Techoik
ist eine vorzüglich entwickelte , namentlich gilt dies io Bezug
auf das Octavenspie! und das Staccato. Möge der Künstler
es als ein ehrendes Zeichen anseben, dass der Beifall seinen,
von aller EfTecthascherei femgehaltenen, reinen Kunalleistungeo
Seitens des Publikums mit jedem Satze in gesteigertem Masse
zu Theil ward und mit einem wohlverdienten Hervorruf schloss.
— Für die Aufführung der Balletmusik von Bubinstein zur
Oper „Feramors“ aind wir dem Herrn Dirigenten aufrichtig
dankbar; sie bewAhrl den originellen, schöpferischen Geist Ru»
biostein's. Und wenn auch der Bajaderenlanz (No. 3), den Zu-
stand der Verzückung darstellend, nach unserer Ueberzeugutig
keinen besonderen Werth hat, abgesehen davon, dass er aö
Bekanntes bei Betboven (Ruinen von Athen) und Weber (Oberon)
erinnert, so sind doch die rraten beiden Piecen, ( Bajaderenlanz
und Lichlertanz) im echt orientaliachen Geiste gehalten, unend-
lich duftig und anmuthig.
Am 31. October Abends begann der neue Quarteliverein
Joachim, Schiever, de Ahna und Müller seine VortrAge
unter grösster Theilnahme des Publikums und mit dem glAu-
zendstrn Erfolge. Der Leser wird sich nicht wundern, wenn
wir nicht von Joachim besonders sprechen, sondern von den
Leistungen des ganzen KOnstlcrvereins; Ober den GeigerfOrateo
ist io diesen wie in allen BlAltern soviel gesagt worden, dass
wir oicht Eulen oech Athen tragen, andererseits auch nicht
UeberschwAnglkhes öberbieten und nur das Eine dankend her-
vorheben wollen, dass nur seine Initiative und Leitung solch*
ein Quartett bilden konnte. Von aeineu trefflichen Mitstreitern
in dem neuen olympischen Spiele war uns Herr Wilhelm Mül-
ler schon aus früherer Zeit als ausgezeichneter Cellist bekannt,
als der würdigste Vertreter seiner im Qunrlettspiet altberühm-
ten Familie. Neu waren uns dagegen Herr Schiever (zweite
Geige), der ganz Ausgezeichnetes leistete, und Herr de Ahna
ab Viola-Spieler; er, den wir bisher nur ab den selbstslAndi-
gen Führer gekannt haben, verachmilite es nicht, unter dem
Grösseren zu dienen und mit Aufopferung jeder Selbstsucht
seinen Theil tum Gelingen des Genzen beizutragen; ihm gebührt
bester Dank im Namen der Kunst. Das Programm bestand
aus dem F-dur-Quartelt von Haydn (No. 64 der Ries'achen
Ausgabe), dem D-moll-Quarlell von Mozart und dem C-dur-
Quartett Beethoven'*. Dem Musiker standen alle VortrAge auf
gleicher Höhe der edlen Auffassung, der Wiedergabe, der
Empfludung ohne jeden Beigeschmack von Empfindsamkeit,
wenn auch dem Schreiber dieser Zeilen das ßeethoven’scho
Adagio am tiefsten in's Herz drang. Das, wie Eingangs schon
erwähnt, sehr zahlreich versammelte Publikum zeigte sich bei
dem liebenswürdigen, lAndlerartigen Scherzo-Trio Mozarfs am
meisten enlhuaiasmirt, und verlangte die Wiederholung mit
stürmischen Applauseo. d. R.
€orre§p»ndeni«n.
Paria, 30. Oetober 1869.
Zu keiner Epoche hatte Parb eine soloha Anzahl von groB-
aeo Orchester-Concert-Untemebmungen aufzu weisen, ab in der
beginnenden Saison. Ausser den »eit zwei Sonntagen in Aclivi-
tAI getretenen Coneerls populairs im Cirque NapolAon stehen in
nAobster Aussicht: dir SociAte-Concerts der Opera, unter Litolff'a
Leitung, welche am 7. Novbr. beginnen, mit 190 Executanten
(Cbor und Orchester); ein gleichfalls ganz neues Unternehmen
des Tanz-Compomsten und Dirigenten Metra, betitelt Concerts
de la musique populaire, mit angeblich 200 Executanten, von
morgeu an alle Sonntag um 1 Uhr im Saale Elysöe Montmartre;
eine weitere Reihe populArer Orchester-Concerto des Directors
der Conoertg des Champs ElysAes, welche ihren Wintersitz im
ThAAlre du Prlnce impArial aufschlagen werden; Coneert im
ThAAtre Italien, mit Schumann'a „Paradies und Peri“ zur Eröff-
nung und die altberühmten Conservatoires-Cuncerte, in den klein-
sten und uiizugAnglichaten aller RAumliohkeiten. Wo in der
Welt darf sich, unter solchen Auspicien, die Musik eines grosseren
Flores rühmen? Dazu dann noch die hunderte von kleineren
Concerten der Virtuosen; ferner die unzähligen Privat-Soireeu, in
denen die Musik oft so trefflich zum Deckmantel der Nichtigkeit
der Conversation nützt, — oder, umgekehrt, in denen sie auch
hAuQg das Aufkeimen guter Gedanken verhindert. Jedenfalls
ein sonderbares Vergnügen, 10—15 mittelmAssig gespielte Clavier-
8tücke nach einander auhören zu müssen , — wie es so häufig
in den SoirAen , wo such, wie es in Einladungsschreiben lautet,
„etwas .Musik gemacht wird“, der Fall ist — Bei einer der letz-
ten Reprisen der „Favoritin* 4 in der Opera ereignete es sich, dass
Faure, die HauptanziehnugskraR dieser Darstellung, seine Mit-
wirkung im letzten Momente wegen plötzlichem Unwohlsein Ab-
sagen lies», — worauf ein in diesen Räumen unerhörter Tumult
entstand. Alles rief nach Faure. und ein Theil des Auditoriums
nahm an der Kasse das Eintrittsgeld wieder. Die Zurückge-
bliebenen Hessen es sich bei dem remplaeirenden SAnger, Herrn
Devoyed, nicht gereuen, da derselbe sein Möglichstes (bat. —
Ein Tenor, der „es nicht nötbig hat 44 , Herr Cop pel aus Bordeaux,
im Besitze von 25,000 Francs Renten, liess sich im ThAAtre ly-
rique als Herzog in „Rigoletto 44 hören. Die Renten bilden das
Wohlklingendste in diesem jungen Singer, dam es an einem ge-
wissen Beifall nicht fehlte, der indeas vielleicht besser daran
thite, zu seiner paterna cura zurückzukehren. — Die craton Reprä-
sentationen der Patti trugen dem ThAAtre Italien eine Durch-
schnitb-Eiunahinu von je 13,000 Francs. Seit einer Woche ist
indes« die Künstleriu durch ein anhaltendes Habübel am Auftre-
ten verhindert, und es dürfte damit die Abschiedsvorstellung vor
ihrer in einigen Tagen erfolgenden Abreise nach Petersburg in
die Brüche gehen. - Dem Compouisten der „Petita fadette 44
Herrn Semet, wurde aua Anlass der in der OpAra comique ge-
ernteten Erfolge von Frau Georges Sand die Aufforderung zu
Theil, auch einen anderen ihrer Romane „Gabriela 44 , an dessen
theatralischem Zuschnitt die Verfasserin so eben arbeitet, in
Musik zu setzen. — Das Eintreffen von Franz Liszt wird im Mo-
nate December hier erwartet. Indessen bringt Paadeloup im
morgigen dritten Cohcert populaire zum ersten Mal eine Liazt’-
sche Composition, dessen symphonische Dichtung „PrAludea“ zur
Aufführung. Auf demselben Programme sind als Hauptnummeru
enthalten die Symphonie in A-dur von Beethoven und in C-dur
von Mozart. — Heut morgen faud in der OpAra die erste Probe
zu den daselbst am 7. Novbr. beginnenden Conoerten, unter Li»
lollf's Direction statt. Dieselbe lässt auf einen sehr günstigen
Erfolg scblieasen. Beethoven’» 9le Symphonie mit Chören, Faust’a
Verdammnis« von Berlioz, ferner das Scherzo aus der ersten
Symphonie von Gounod, das Adagio aus der zweiten uud zwei
Frauenchöre aus der „Königin von Saba 44 von Gounod, letztere
Werke unter des Componisten persönlicher Leitung, bilden das
bis jetzt festgestellte Programm diese» Eröffnungs-Coneertes. —
Die Eintrittspreise aind die gewöhnlichen der Opern-Vorstetlungen;
den Abonnenten jedoeh (mindestens für 4 Coucerte unter den
annoncirten 14» sind die Preise um das Drittbeil ermAssigt.
A. v. Cz.
44 *
360
Wiener Mnsikreminiscenien
X. Ende Ort ober 186#.
flrrbnk’» ¥Äkt4i*tr Bnlritt in di* HotoperMtUVg. — Mienen — Ffcrk und Klont.
- Pr* Diarolo und Herr Labatt. - Or. Kr»«»«. — Krau von VatteMle. —
Die Kegaanagrupptii von Ptl*.
Oer neue musikrtli»che Oberleder Hn Hofupitnlheater, Jo-
hann Herbeck, eröffnet« am 17. October seine pmctisrbe
und factiache Thfltigkeil an demselben mit der Wiederaufnahme
der Oper ,, Mignon“ von Thomas, die hier vorigen Jahres turn
ersten .Male in Scene gegangen war. Diese Oper, eine Wahl
des nunmehr ausser DireclionatliAligkeit gesellten Kapellmei-
ster» Heinrich Esser und von diesem hochgehalten, war das
mletst einstudirtc Werk des vielverdieuten Mannes, und Her-
beck erwies dem Scheidenden, ob bewusst, ob unbewusst, «ine
besondere Ehre, indem er in des Vorgängers Fusstnpfrn traL
Dass die Oper unter der neuen Leitung noch prAciser eu&ain-
menklappte, als wie früher, erklären wir gerne; eine junge, fri-
sche Kraft greift überall drastischer ein, auch war der Begleitung
im Orchester aufmerksamste Sorge getragen, indem euiii grossen
Theile das Piano bei uns abhaudeu gekommen zu sein scheint,
und hier die erostlichste Einwirkung nüthig ist. Der Wiener
Liebling wurdo bei seinem Eintritt in's Orchester uni lang an-
dauerndem Willkomm begrOsst, musste wiederholt danken und
erfuhr im Laute de» Abends vielfache, seinem l)irertioiisg*nie
gellende Ovationen. Die Oper war gfiiau so besetsl wie im
vorigen Jahre mit FrAulcin Ehnn als Mignon an der Spitze,
die vort redlich spielte und sang und die eigentlich in Wien die
Beliebtheit dieses Tonwerkes begründete. Phtlioe ist hier Fräu-
lein v. Rabatinsky, mit der gläsernen Stimme, Herr Wal-
ter der Wilhelm Meister, Beck der LoÜiario und Mayerho-
fer der Jarno. Die Oper ging iiu (sauten nach den vorhan-
denen Kräften von allen Betheiligten mit sichtlicher Liebe
getragen, in Scene und hat eiue bleibende SlAlte hier gefun-
den. Dass Herr Beck bei aller Pracht und Herrlichkeit seiner
Stimme abermals des Ottern und hartnäckig lauge dndomrle,
können wir uni so weniger unbemerkt lassen als dieser Um-
stand bet diesem von uns sonst io jeder Beziehung hoebgebal-
tenen SAoger und vortreü1ichen Schauspieler beinahe von al-
len Setten schweigeod, beinahe wie selbstverständlich, hinge-
nommen wird.
Meister Taglioni hat seither bei uns abermals einen
neuen Triumph erlebt, mit der neuen Sceairung von „Flick
und Flock“ (vom 4. October Es war aber auch vou deiu
sehr vorsichtigeil Autor alles nur denkbare Aufgeboten worden,
uni dem hier sehr beliebten Ballet die höchste Vollendung in
der Ausführung zu sichern; der Reiz der Neuheit war ja schon
längst abgestreifL Das ganze Personal war auf der Bühne
und im Orchester fortwährend io Proben so gehetzt und ermü-
det worden, dass nahezu sich Widerataud erhob. Die letzt«
Beleucht ungsprobe l. B. währte bis nahe Margens und Alls«
war auf den Beinen mit Taglioni an der SpiUe. DieSnlvioui,
Jakscb, Stadelmey er und Maulhner, die Herren Price,
und Froppart wurden mit Beifall überschüttet, Decorateur
und Coslflme nicht minder, die Ensemble schlugen ein, dass
es wetterte. Alle» wurde gerufen, aber wer beinahe gar nicht
von der Bühne verschwand, war eben der heule dreüoal glück-
liche Meister Taglioni, den bei dem kleinsten Anlass die betref-
fenden Tänzer auf die Bühne zogen und wobei es eu Reveren-
zen in allen Farben nicht fehlte. Für die Bühne iet nunmehr
„Flick und Flock“ ein neuer Maguet geworden und der Wiener
kann aul drei merkwürdige Schaustücke hin weisen: auf eben
dies komische Ballet, auf „SArdanapal' < und die „Zauberflöte“,
wie sie wohl icu Augenblick kein deutsches Theater seiueci
Besuchern vorzulühren im Stande wäre. Nun soll das alte
Ballet Tagbom's »»Die Insel der Liebe“ daran; ob wohl noch
eine Steigerung des sinnlichen Reizes möglich? — Ich führe
noch an, dass dia sAmmtlichen neuen Decorahonen von Burk-
bart sind, fast durchgängig viuiarnl. Pikant iür den Abend
war es, dass sich unter den Wandeidaeoratiooeu des zweiten
Acte# Liste befand und der Held von Lima in einer Parterre-
loge anwesend war; dos Publikum macht« ihn beim Vor über-
ziehen »eines Heldemchauplatze« zum Gegeusland« stummer,
ehrerbietiger Ovation. Ihre Berliner Leser wird aber ioteresai-
reri, dass S. M. der Kaiser vou Oesterreich Herrn Taglioni
zum Zeichen der Allerhöchstan Zufriedenheit mit a«in«a Kunst-
leistungen mit dem Ritterkreuz de» Franz Joaet-Ordens begna-
dete und da»» ihm der GenMal-lntaadaot Baruti vou Münch
die Decoraliou an dem Abend dieser Vorstellung übergab.
Am 27. d. M. wurdo Wien durch die Aufführung der ko-
mischen Oper im neuen Hause und durch das Engagement ei-
nes neuen Tenoristen überrascht. Auber’s reizender „Fra D»-
vnlo“ ging in Scene und Herr Labatt feierte darin seine An-
trittsrolle. \\ ic das gekommen, wer weis» es? Seine 2 Juli-
Gastspiele — Vasen de Gacna und Raoul — hatten wahrlich
nicht zu Gunsten des Herrn gesprochen, den inan damals als
hier zulAllig anwesenden Spaziergänger und für Adams, der
Opposition gegen die Dircclion machte, einspnngend, freundli-
cher hinnahm und eben so nachsichtig gehen lies». Nun, dem
Sänger kam der Dresdener Theaterbrand sehr zu Gute; auf
höhere Weisung musste Esser nach Üreadeu und den Mann
so zu sagen noch aus den Kohleu holen. Labalt ist hier Iür
drei Jahre engagirt mit einem Jahrcagehalt von fünfzehn-
t a u s an d Gulden. Dieser ganz willkürliche Art cineN Einzel-
nen wurde in der Spitze der Theater- Verwaltung missliebig
bemerkt, aber geschehen ist geschehen. Nun sollte der „Fra
Dtavolo“ den koatbaren Singvogel dem Publikum zu Freud*
und Gunst vorführen, es geschah dies aber nur unvollständig.
Labatt war mir in dieser Rolle noch am annehmbarsten, aber
(Or diesen Preis und an dieser Stelle ist er etwas zu prrliüs.
Seine Stimmmittel sind eben nicht bedeotaud, oder bestechenden
Wohllaute», im Spiel sind Mängel aller Art und der deutschen
Sprache ist der SAnger als gebormr Schwede nicht vollkom-
men Herr. W r o also die Bedeutung de» Manne» hegt, muss
sich wohl später lieraussteken. Die hohe Gage Lohnt Fs erregt
schon jetzt böses Blut unter den Collagen; wo hinaus wird
jetzt z. B Fräulein Etinu steuern, die nur 10,000 fl. bezieht?!
— Die übrigen Rollen des „Fra Diavolo“ waren im Ganzen
gut besetzt, herkömmlich; kokbtirg — Mnyerhofer (ein mit
englischen Dingen vertrauter Säuger); Zcrline — Teil heim
{heule sehr wenig disponirt); eminente Banditen: Lay und
Campe; neu da» Fräulein Gindel« ah Pamela, trefflich in
Maske, Spiel und Gesang; und von hölzerner Erhabenheit der
Aoahilhlenor Pirk als Lorenzo. — Die Oper sog nicht so ah
man bei ihrer eingewurzelten Beliebtheit annehmon konnte; die
Besetzung hatte geringen Antheil daran. Man sagt auch dass
die Spteloper in dem riesigen Hause keine Stätte finden könne;
das Gesprochene verhalle. Da müsste man gar viele ernste
Opern classischen Ranges des Dialogs wegen Ober Bord wer-
fen. Wir erinnern, das», ah das neue Haus eröffnet wurde,
eine Menge Leute nuch in der grossen Oper manche Stimmen
nicht gohört haben wollten, und jetzt? die Dinge haben sieb
geglättet uud ich für meine Person, vom Parquel bis zur Dach-
höhe im Hause umhorchend, habe überall Verständnis» gefun-
den. Io der Spieloper wird überdies das Orchester wieder fein
säuberlich und discret begleiten lernen müssen — während jetat
zumeist ein barbarisches Gepauke herrscht und manche bän-
ger ganz nach italienischem Muster mehr brüllen als singen —
m
hoffen wir das Best». — — Noch eine» aus unser« grossen
Op«. Sie fand noch ein neues Mitglied aus heimischem Kreise,
den Dr. med. Kraus» aus Wien als Bassisten. Eine schöne,
sehr cullivirte Stimm« mit beinahe italienischer Geschmeidigkeit.
Dieser Mann ist natürlich unter den allerbescheideoHteo Bedin-
gungen engagirt.
Nun tauchen auch »«hon die Coucerle auf. Zunächst
Quartette: Becker, Hellmesbcrger, Grün; bis *ur Stunde sind
öö Coucerle in Sicht. Das erst« der heurigen Saison giog sin
26. October glücklich, will sagen, ging wenig glücklich an uns
vorüber. Die Professorin der Harfe am Conservalorium su
Paris, Frau v. Valteiette, veranstaltete es zum Vorllieile
der hü Plfluen’schen Grunde verunglückten Bergleute, wie der
Zettel meldete: unter Patronage S. E. des Grafen von BeusL
Diese Patronage trug leider keine Früchte. Ein sehr inissig
versammeltes Publikum lies» die Masse Nummern duldsam
über sich ergehen, es war eben keine rechte Wahl und kein
rochles Maas», von Allem etwas und des frisch Packenden
laicht». Die Menge der Mitwirkendeii auf Clavier, Physhar-
iiiouikfl, Violine, in Declauialion und Gesang, (hui es nicht.
Dass Frau v. V. eine vorzügliche Hnrlenspielenn, wiederholen
wir in diesen Blättern recht gerne.
Ich versprach Ihnen, verehrter Freund, in meinem jüngsten
Brief einig» Details Ober die so viel verlästerten 2 Pegasusgrup-
peri auf dem neuen Operiihmis. Hier sind sie aus bisher noch
nicht publicirten Quellen. Die Onginalzeu Inningen sind von
dem Maler Gart Schwemmiitger, Bildhauer und Professor an
der Aradcmie der bildenden Künste. Herr Pilz niodellirle und
führte sie aus. Die beiden Gruppen, aus Kaimoenimlall in
der Fürst Solm'sthen Fabrik gegossen, haben ein Gewicht von
378 Cenliier, einen Realwerth von 22,680 (I. und betrugen die
Gesammt-HerslellungvkoMen 45,092 fl., davon aut die Modelle aus
Gyps und Lehm entfallen 11,105 fl., di© Guss kosten 5000 fl., die
Aufstellung 5000 fl. und Conslruction und Verkleidung 1227 fl.
— Welch* ungeheure Summe hinnusgcworfeijen Geldes uud
welche Masse in Metall gegosseuen ßlüdsiuues! Carillon.
Journal-Revue.
Die Neue Zeitschrift für Musik enthält einen Artikel über deu
den deutschen „Cäcilienverein“. — AUgem. Musikzlg.: Beetho-
veninna IX. — Die Tonhalle bringt eine sehr lobende Besprechung
des Hubinstcinachcu Iwan IV. — Die Signale setzen das Musik-
adreashuch (Wien) fort
Die frauz. Zeitungen enthalten nichts Erhebliches.
Nachrichten.
Berlin. Ein interessanter Fund ist ueulich in der Stadtbi-
bliothek in Genf gemacht worden, welche von musikalischer
Seite aus bisher noch ganz unberücksichtigt gebliehen war. Die
französischen Psalmen-Melodien wurden seit jeher abwechselnd
Guitlaume Franc oder Goudimel zugesrhricbeir, dass der
Letztere an der Erfindung derselben keinen Antheil hat, ist bereits
erwiesen, aber dem ersteren Autor konnte man nicht auf die
Spur kommen, bis vor kurzem Herr Hob. Eitner das Guillauine
Frano*«che Melodienbuch in der Genfer Stadthibliolhek gefunden
hat und sich daraus Dach weisen lässt, dass Franc zwar um 1566
«inen Theil neuer Melodien hierzu couiponirt hat, keineswegs
nber der Coroponist der Ältesten Melodien ist, welche neben sei-
nen Melodien ebenfalls aulgenommen sind und bereits in das
Jahr 1542 fallen. Nähere Details über das buch findet man im
10. Monatshefte für Musikgeschichte.
Aarbeo. Erstes Abonnements- Co ueert: Ouvertüre zur „schö-
nen Melusine“ von Mendelssohn, „Herr, auf dich“ von Händel,
Violin-Coueert von Huhiuetein (Herr Wilhelm jt, zwei französische
V olkslieder für vierstimmigen Chor, Othello-Fantasie von Ernst, Air
von S. Bach und 5te Symphonie in C-moll von Beethoven.
Augsburg. Der unvergleichliche Florentiner Quartett- Verein
bat hier concertirt und durch seine Leistungen viei l.ebeil in
uuserer musikalischen Weit hervorgerufen. Quartette von Mozart,
Beethoven, Haydn, Schubert, Schumann uud Herbeck bildeten das
gewiss interessante Programm.
Breslau. Am 15. d. führt Herr Cantor Thoma den Men-
delssohu sehen „Paulus“ auf.
t öln. Coucert des Colner Mannergesangverein und der
Philharmonischen Gesellschaft: Sinfonie in Ea-dur von Haydn,
Matrosenlicd von Tauber!, bpuhr's 9. Violüiconcert, Terzett und *•
Clior aus Weber’s „Euryauthe“, die Nacht von Schubert etc. —
i. Soiree für Kammermusik: Slruichijuiutett von Meuduls&ohu,
Quartett Op. 41 No. 2 in F-dur von Mendelssohn und Trio Op 97
in B-dur von Beethoven. — Demnächst ist die Aufrührung des
Kubinsteiu'&cheu Charakterbildes „Iwan IV.“ in einem der Gürze-
uich-Concerte zu erwarten.
Detmold. Abounemeutscoucert der llofkspelle: Grosses Duo
in C-dur von F. Schubert, iitslruiueutirt von Joachim, Ouvertüre
zu einem ScbÜler'scheu Trauerspiel von Schutz-Schwerin, E-nioIl-
Concert von Chopin, Lieder, vorgetragen von FrAuleiu Stein-
hagen.
Dresden. Drittes Ahonnumeut-Concrrt der Generaldirection:
Ouvertüre „Somnicrnachlslraum“ von Mendelssohn, Hecitativ
und Arie aus ,.Cosi lau lulle“ von Mozart, Piauofurte-Concert
A-nioll von Schumann (Frau II ein zei, Romanze aus „Zeiuire uud
Azor“ von Spolir und 4te Sinfonie li-dur vou Beethoven. — Erste
musikalische Akademie der Herren II ritsch, Müller und
Fitzenhagen: Trio Op. 70, No. 1 (D-riurj vou Beethoven, Vio-
lin-Sonale Op. 106 (A-moll) vou Schuuiaun uud Trio No. 3 <C-dur)
vou Haydn. — Erste Quartett - Akademie der Herren Medefind,
Acker n an n etc.: Quartett« G-dur von Haydn, A-dur von Mo-
zart und C-inoll Op. 18 No. 4 vou Beethoven.
— Am 26. October starb hier in hohem Alter Frau Luigia
Sandrini, einst eine Zierde der italienischen Oper, der sie seit
dem Jahr* 1808 angehörte. Geboren im Jahre 1782, wurde sie
in Messina für den Gesang ausgebildet, kam, mit Schönheit uud
Virtuosität im Gesang ausgerüstet, nach Bologna und 1802 als
Primadouua nach Prag, von hier 1808 nach Dresden, wo ihr
grosses Talent hei liebenswürdiger Persönlichkeit sie bald zum
Liebling des Hofes und des Publikums machte. In spfitcren Jah-
ren wirkte sie in der deutschen Oper mit, bis sie 1832 als Kö-
niglich sächsische Kammersängerin pensioairt wurde.
Frankfurt a. O. Der hiesige „Liederkranz“ führt am 8. d
zum Besten der Mozart - Stiftung die „Antigone“ des Sophokles
mit Meudelssohns Musik auf.
— 1. Quartett-Soiree der Herren He ermann. Mutier etc:
D • dur • Quartett von Haydn, Clavierqusrtett von Beethoveu und
Quartett Op. 161 in G-dur vou Schubert. — 2. Museums-Concert:
Ouvertüre zu „Faust“ von Spobr, 9te Sinfonie von Beethoven.
Finale aus „Loreley“ von Mendelssohn, Arie von Mozart und
„Zigeunerleben“ von Schumann.
Hamburg, lsle Soiree des Herrn Scbradieck: Trio in
Ks*dur, Op. 70 No. 2 vou Beethoven, Pril- und Fuge von Bach,
Arien von Scarlatti und Lotti, trifte du diable vou Tartiui und
Fantasie für Piano und Violine C-dur, Op. 169 von Schubert
— 1. November. „Le premier jour de bouheur“. das jüngst« Ton-
werk des Seniors der musikalischen Welt, mit welchem der jetzt
«öjahrige Auber vor zwei Jahren Paris überraschte, kain am
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362
Donnerstag als „Der erste Glückstag 44 zum ersten Mal Im Stadt-
theater zur Auffahrung. Und es war nicht nur ein sogenannter
„succes d'cstinie“, aondern ein wirklich glanzender Erfolg,
den die Oper des greisen Veteranen davontrug. Auch diesem
spfttgeboruen Kinde seiner Muse sind noch unverkennbar
die Ztlge der leiebteu und gefälligen Grazie aufgedrückt,
welche dom Componisten des „Maurer und Schlosser „Fra
Diavolo“, „Schwarzer Domino“ u. s. w. schon vor beinahe
einem halben Jahrhundert einen so hervorragenden Platz in dem
Opernrepertoir aller Bühnen der civilisirteu Well eroberten.
Kaum merkbar ist die Abnahme der schöpferischen Krad und
nur au einigen Stellen kliugen Rertiinisceuzen an frühere Werke
durch. Dabei ist das der Musik zu Grunde gelegte Libretto ein
sehr munteres und hübsches uud leistet vor Allem auch den in
unseren Tagen bis zum L’ehermaasse gesteigerten Anforderungen
an prächtiger secnischer Ausstattung in ausgiebiger Weise Ge-
nüge. Von den Nummern der Oper, welche sieh besonders durch
Originalität und reizvolle Melodik auszeichneu, sind zu erwähnen:
das Lied der Djelma „Indra unser Herr“, die hübsche Romanze
Gaston's „Hab und Gut“, die Melodie der Djelma „Horeb durch
die Schalten 44 |eiu Ausserst fein gemachtes Stückj, das Duett „o Se-
ligkeit“ zwischen Gaston und Helene, und das Lied der Helene „Su-
sann*, lass ein Wörtchen“. Von einer magischen Wirkung aber
ist der Kntr'art uud Frauenchor des 3len Actes, welcher einen aus-
scrordenlliehen Effert hervorbringt. Den Mitgliedern der Oper, welche
bei dieser ersten Aufführung betheiligt waren, gereicht dieselbe
sehr zur Ehre. Herr Vary tGastonl und Fräulein dänisch
(Helene) wurden für das fleissige .Studium, welches sie ihren Rollen
gewidmet hatten und durch die gewandte Sicherheit ihres musi-
kalischen Vortrags bekundeten, au nicht weuigen Stellen mit dem
lauten Iteifalt des Hauses belohnt und verdienen hier in erster
Linie genannt zu werden. Die Partie der Djelma hatte dagegen
an FrAiileiu Me ine her eine Vertreterin erhalten, deren jugend-
liches Talent derselben eine eben so gefällige wie iu gesanglicher
Hinsicht tüchtige Ausführung verlieh, während das komische
Element in der Figur des Sir John Litllepool von Hern Höfel
mit gleichem Erfolg hervorgehobeu wurde. „Der erste Glüeks-
tag“ hat sich hiermit auch für die Oper des Stadttheaters allem
Anschein nach von glücklicher Vorbedeutung erwieset,, und wir
glauben nicht zu irrenj, wenn wir dem neueu Werke in einer
Zeit, die eben nicht reich ist an bedeutenden musikalischen No-
vitäten, eine dauernde Stelle in dem Repertoir versprechen. —
Am gestrigen Sonutag fand die 2te Vorstellung statt, welche eben
solch* günstige Resultate wie die erste ergab. Weitere Auffüh-
rungen sind für Morgen, Mittwoch und Freitag dieser Woche
bestimmt. — L
Königsberg, Der Neue Gesangsverein beginnt am 3. d. die
Reihe seiner Concerte mit einer Mendelssohn-Feier. Zur Auffüh-
rung gelangen folgende Werke des Meisters: Ouvertüre zu „Ruy-
Blas“, 42. Psalm, Viollnconcerl und die „Walpurgisnacht 44 . —
Das 1. Concert Degele - Josephi - Lauterbach Itndct am 4 statt:
Kreutzersonate von Beethoven, Arie aus „Susanne 44 von Händel.
Geaangsnccne von Spohr, HAvcrie und Polonaise von Lauterbach etc.
I.riptig, 29. Octoher. Herr Muaikdirector Volkland, Di-
rigent der Kuterpc-Concerte, hat sieh mit den» am 9ti. Octoher
unter seiner Leitung stattgefundenen laten Euterpe-Coucerte recht
vortheilhaft bei uns eingefftbrt. Die Orchestersaehen — Ouvertüre zu
„Prometheus“ von ßargiel und Ü-moll-Siufonic von Sch um nun
— waren sorgfältig eiostudirt und die Ausführung derselben liess,
einige kleine Mängel, die sich so leicht einsteilen können, abge-
rechnet. nichts zu wünschen übrig, leh glaube, die Euterpe
kann sich zu dieser Arquisition nur Glück wünschen Fräulein
Mary Krebs hatte sich ein grosse« Ziel gesteckt, nämlich das
4te Clavjer-Concert in D-moll von Rubinsteio, ein Stück voll oo-
lossaler Schwierigkeiten. Der Vortrag der schönen Composition
gelang ihr aber recht wohl, und wenn man annimmt, dass cs
zarte Damenlinger waren, welche dieses von dem Claviertitan
eigens für sich geschriebene Werk ausfübrlen, so muss man der
Künstlerin volle Anerkennung zollen. Ausserdem trug Fräulein
Krebs noch 5 kleinere Claviersoli in gewinn cudater Weise vor;
ein stürmischer Beifall lohnte ihre Leistungen Herr Scaria
vom Hoftheater zu Dresden ist ein tüchtiger Sänger, mit schönen
Stimmmitteln ausgerüstet. Sein emptindungvoller Gesang »nachte
sich iu der sehr anstrengenden Arie des Lyeiart aus Weber*»
„Euryanlhe 44 sowie in Liedern von Gounod und Hartmaon vor-
teilhaft geltend. — Eine anerkannte Meisterleistuug des Gewand-
hausorchesters ist die Ausführung der grossartigsten aller Ouver-
türen. nämlich der 3ten Beelhoven’schen zur „Leonore“. Dieselbe
eröffnete das 4 Concert und erregte wieder eine gewaltige Sensation.
Herr Albert Dietrich, ein Schüler Hob. Schumann*«, dchötirte
mit einer neuen Sinfonie in D-moll, deren Leitung er selbst
übernommen halte. Diese Touschöpftiug giebt, obgleich auf
Sc-Iiumanu'schcm Grund und Hoden aufgebaut, nichtsdestoweniger
ein rühmliches Zeugnis« von dem Talent und den Bestrebungen
des Componisten. Namentlich ist die Factur des Werkes eine
sehr glatte, die Themen gewählt und frisch erfunden. Die Auf-
nahme Seitens des Auditoriums, welche sich in zweimaligem
Hervorrufe des Autors Ausserte. muss Herrn Dietrich aber auch
die l Je her zeugung von der Anerkennung seines schönen Talentes
gewährt haben. Die Solovorträge waren diesmal weniger befrie-
digend. Sowohl die Pianistin Fräulein Fichtner aus Wien
lEs-dur-Concert von Beethoven und Clavierslücke von Chopin
und Rtihinaleiüi wie auch Fräulein Steffan aus Strasshurg
(Arien von Händel und Halevy) haben noch nicht jenen Grad der
Kfmstlerschaft erreicht, der allein befähigt, sich in unseren be-
rühmten Cnncerten hören zu lassen. Weun ich auch glaube,
dass beide Damen nach fleissigen fortgesetzten Studien dereinst
dazu befähigt werden können, so muss ich doch für jetzt noch
gegen eiu Auftreten derselben protestiren. — Heute ist dio lato
Kammcrmusik-Soiräe der Herren David, Röntgen. Hermann
und He gar, in der Herr Kapellmeister Reinecke als Pianist
mitwirkt. Das Programm enthält das D-inoll-Cnnccrt für Violine
und Streichquartett von 8. Bach (z. 1. Male), Quartett in G-dur
von Haydn, Fantasie und Fuge für Piauoforte von Mozart und
Trio Op. 70 No. 2 von Beethoven. — Von der Oper lässt sich
nicht viel ßemerkenswerlhes mittheilen. Wagner s „Hienzi“ hat
viele Vorstellungen erlebt. — Frau Pescbka-Leutner ist nun
wieder hergestellt; das Auftreten dieser beliebten Sängerin ist
für nächsten Dienstag in Donizetti’a neu einstudirtein „Don Pas-
quale“ angesagt — s.
Magdeburg Erstes Ilarinonie-Conccrt: Symphonie in B-dur
von Beethoven. Arie aus „Die Musketiere der Königin“ van Ha-
lävy, Pfte.-Concerl in H-moll von Hummel, Lieder von Schumann
und Kirchner, Ouvertüre zu den „Hebriden“ von Mendelssohn etc.
— Die hiesige Siugacademie führte am 1. d. Händel*.« „Ju-
da« Maccahäus“ auf.
tl Uneben. Concert des Florentiner Quartettvereins: Quartette
von Mozart, Herbeck und Beethoven.
NcIhhc. Concert des Herrn Joseffi: Variation.« aerieuses
von Mendelssohn uud Clavierslüeke von Schumann, Schubert,
Chopin uud Liszt.
l’tMten. Geistliches Concert des Organisten Herrn Hennig:
Ouvertüre zum „Messias“ von Händel, Psalm Tür Sstimmigen Chor
von Mendelssohn, Präludium und Fuge A-moll für Orgel „Gottes
Zeit“ Cantate von Bach etc.
Prenztau. Herr E. Flügel, ein von Bülow ausgebildeter
363
trefflicher Pianist und Musiker, veranstaltet bieraelbst unter Mit-
wirkung Berliner Künstler, der Herren Japsen und Looper,
3 Soireen für Kammermusik. Das Hauptboatreben des Unterneh-
mers ist darauf gerichtet, durch Wahl eines gediegenen Program-
me» den besseren Geschmack zu fördern, ln der ersten Soirie
am 22. October brachte Herr Flügel die Sonaten für Piano und
Cello, Op. 69 von Beethoven und Op. 68 von Mendelssohn in ge-
lungener Ausführung zur Geltung. Sein Partner Herr Loeper,
Solovioloncellist der Berliner Sinfonie- Kapelle, trug durch sein
gediegenes Spiel wesentlich zum Gelingen des trefflichen Unter-
nehmens bei.
Rostock. Krste Sinfonie - Soiree des Herrn Musikdirector
Karl Müller: Faust- Ouvertüre von Wagner, Concert für 3 Violi-
nen, 3 Bratschen, 3 Violoncelli und Conlrabass von Bach, Sinfo-
nie (E-molli von K. Müller, 3ta Leouoren-Ouverlure von Beetho-
ven, Concert für Streichorchester von Handel etc. — Krste
Kammermusik-Soiree des Herrn Studemund: Sonate pastorale
von Beethoven, Andante aus dem Violiu-Concert von Mendelssohn,
Adagio für Violoncello von Mozart und Es-dur-Trio von Schubert
Schwerin. Erstes Abonnements - Concert: Ouvertüre zu
,,Mmifrrd“ von Heiuecke, „Priesleriu der Isis in Rum“ von Bruch,
9tes Viulinconccrt von Spohr iHcrr Lau terb ach), zwei Liede r
von F. Lachner , Polonaise für Violine von Laulerbach und Sinfo-
nie crolca von Beethoven.
Stuttgart. 1. Abonnement - Concert: Ouvertüre zum „Was-
serträger“ von Cherubim, Scenen aus „Orpheus“ von Gluck,
4tc Sinfonie A-dur von Mendelssohn. Ausserdem spielte Herr
Katzenberger, der Abwechselung wegen, wieder einmal das
lange nicht gehörte Ks-dur-Concert von Beethoven sowie die
Liszt'sche Fis-dur-Khapsodie.
Wien. Die philharmonischen Coucerte, welche am 14. und
28. November, 12. und 26. Deremher, 16. und 30. Januar, 13.
und 18. Februar und 6. Mftrz 1870 staltlindrn werden, bringen
folgende grössere Tonwerke zur Aufführung: Symphonien No. 6
und No. 7 von Beethoven, Ouvertüre zu „Benvenuto Cellini“ (neu) von
Herlioz, Seren ade in D-dur (2. A ufführung in Wi en) v on Brahms,
Symphonie in Es (neu) von Bruch, Ouvertüre zu „Auacrcon“ von
Cberubini, Symphonie No. 4 von Gade, Symphonie in B-dur von
Haydn, Suite No. 6 (neu) von Lachuer , Orpheus (neu) von Liszt,
Ouvertüre zu „Buy Blas“ und „Hebriden“ vonjMendelssohn, Sym-
phonie in G-moll und Symphonie concertante von Mozart, Ouver-
türe zu „Dame Kobold“ von Reinecke, Symphonie „Ocean“ und
„Iwan IV “ (neu) von Hubinslein, Ouvertüre, Scherzo und Finale
und Symphonie No. 4 von Schumann.
Wismar. Die musikalischen Dilettantenvercine unserer Stadt,
die sich um die Pflege und das Verständnis* guter, gediegener
Musik hierorts seit Jahrcu ein grosses Verdienst erworben haben,
begannen ihre diesjährigen Vorführungen mit einem am 25. d.
veranstalteten Coneerte des unter Leitung des Herrn Orgauisten
Finekc stehenden „Musikalischen Vereins“. Das zahlreich an-
wesende Publikum folgte dem Programm mit Interesse. Dieses
bestand aus den 2 letzten Sätzen von Mozart's Clavierconcerl in
D-dur, dem Clavierconcerl in F-dur von Moscheies und Scbu-
niann's „Zigeunerleben“ und „Spanischen Liebesliedern“.
Basel. Concert zum Besten des Orcbesterpeusiousfoiid*:
„Verleib uns Frieden“ von Mendelssohn. „Adagio und Variationen“
aus dem Septett von Beethoven, „Salve Regina“ von Hauptmann
uud „Sinfonie“ in Es-dur von Bruch.
— Erstes Abounements • Concert: Ouvertüre zum „Was-
serträger“ von Cberubini, Recit und Arie von Mozart, 9. Violin-
C oncert von Spohr, Ouvertüre zu „Otto der Schütz“ von Rudorff,
Lieder von Weher und Taubert und vierte Siufonie in B-dur
(Op. 60) von Beethoven.
Krüssel. Herr Hans Richter, bekannt durch die Wagner-
Rheingold-Affaire, ist nun hier ala Kapellmeister am Theälre de
la Mo minie engagirt worden und soeben cingetroffen. Seine
erste That wird die Einsludirung des Wagnerschcu „Lohengrin“
sein, welche Oper sobald als möglich zur Aufführung kommen soll.
— Das Concert des Herrn Wicninwski hat im „Cercle nrtistique
et litteraire“ vergangene Woche vor einem zahlreich versammelten
Publikum slaltgefunden. Die vorzüglichen Leistungen wurden mit
grossem Beifalle aufgeuommen; von den eigenen Compositionen
des Herrn Wieniawski geüelen namentlich 2 empfundene Lieder
ohne Worte, im Mendelssobn'&chen Genre gehalten. Das Con-
cert hot übrigens des Guten etwas zu viel, da es nicht weuiger
wie 2y .Stunden Zeit in Anspruch nahm.
London. In der nächsten Saison wird das Eintreffen von Frau
Viardot-Garcia erwartet, welche im Covent-Garden-Theater in
einer Reihe von Vorstellungen aullreten wird, ln Mozart's „Fi-
garo“ wird die gefeierte Künstlerin das erste Mal singen.
— Fräulein Seasi ist von» Dircclor Gye für die italienische
Opernsaisou im Covent-Garden-Theater mit 10,000 Frcs. Monalgnge
(?) engagirt worden. Herr Gye wohnte dem Debüt der Dame als
„Lucia“ in Brüssel bei und wurde der betreffende Cuntrakl noch
am Abend der Vorstellung unterzeichnet.
Florenz. Herr von Bülow ist nun eingetroffen, um seinen
bleibeuden Aufenthalt hier zu nehmen.
I.erco. Petrella's Oper „I promessi sposi“ ist nun in Scene
gegangen und hat dem Componisten Ehren in Hülle und fülle
eingehracht; er wurde nicht weniger als 30 Male gerufen.
Amsterdam. Die Kammermusik-Soireen werden demnächst
ihren Anfang nehmen. Das Streichquartett wird durch die Her-
ren XVirth, Kunze, Meerloo und Eberle besetzt werden. Aus-
serdem haben die Herren Bargiel, Lange jr. uud Sikeincier
ihre Mitwirkung zugesagt. — Die „Eruditio musirale“ hat für ihre
Im Monate Januar staltündenden Coneerte die vorzüglichen Künst-
ler Jules de Swert (Violoncello) und G. Besekirsky (Violine)
engagirt.
Stockholm. Soiree des Herrn Asger Hammerik: 4ter Theil
des Musikdrama „Toove", Fragmente aus der Oper „Hialmar
und Iugeborg“ und Triinuphmnrsrh. Sämmlliche Compositioucu
von Herrn Hammerik.
Vloakau. Fräulein Mlnnie Ha uck ist nun in der italienischen
Oper in „Lucia“ und „Margarethe“ aufgetreteu und hat im Allge-
meinen auch gefallen. Dass natürlich aber ein Vergleich mit Frau
Artöt nicht im Entferntesten zulässig ist, liegt wohl auf der Hand.
New-York, 8. October. Nicht nur die Bewohner der kunst-
sinnigen vierzehnten Strasse nebst Umgegend, sondern ganz
New-York uud Umgegend ist in eine schreckliche Aufregung ge-
rathen, als Maretzek's Entschluss, am 1. November mit einer
italienischen Operngescllachaft vor das Publikum zu treten, bekannt
wurde. Maretzek hält übrigens mit den Namen der Glücklichen,
die diesmal von ihm angeführt werden sollen, sehr hinter dem
berge. Mit was für einer Oper und mit „Wem“ Herr Maretzek
wieder in die Schlaehtlinic elurüeken wird, das ist ihm zur Zeit
wohl selbst noch unklar. — Die englische Oper hat sich in’s Land,
zuerst nach Philadelphia, begehen, und die französische grosse
historische und romantische Oper ist, wie wohl kaum anders zu
erwarten war, glücklich fertig geworden. — Die Patti hat noch
einige Coneerte in Sleinway Hall heruntergeleiert und Herr
Strakosch hat dabei uxcellentc Geschäfte gemacht. — Sonst
hat sich in der ganzen New-Yorker Kunstwelt nichts von Bedeu-
tung ereignet, so dass ich Sie bis auf weitere Genüsse vertrösten
muss. St—.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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.164
lm Verläße von 4d Stake tirnitrh in Borlto ist soeben er-
schienen und in «Heu Buch- und Muultnlienhnndliingon tu li.hen :
Th. Dratb, Musiktheorie,
enthaltend: Elementar-, Harmonie- und Formenlehre
in kuragefassteii Erläuterungen, Regeln. Noten-
beispleleii und l‘ebuiiR*aiif*abeu. — 22 Bogen in
Lexicouforuinl. — I Thlr. 2^4 Sgr.
Dieses neue Buch des durch sein« ««deren Werke lu wetten
Kreieti'ii rühmlich»! hekaunleii Verfassers giebt die gesaranUc
Elemcnlarlehre: Tonik. Illiytiuik, ttelodik und Dynamik nebst
2 Auhäugeu über Zeichen und Kürzungen der Tonschrift und
über italienische Auh»praclir. Es behandelt nach der vollstän-
digen Accordik ausführlich die Lehre von der Modulation. den
Chornl-Zwigfbenspielen, den rbttral-, Voral- und In-trunien-
lalsatr. der Kirrhrntonarten aller homophonen, polyphonen und
gemischten Kunstformen. Die Musiktheorie wird demnach ein
guter Hatligeber sein für alle Frunde kirchlicher und weltli-
cher Musik, hlr Theoretiker und Praktiker, für Präparandeu
und **minari»teo. Oer Preia ist gegen andere Harmonielehren
ein sehr geringer.
Neue Composition
von
Max Bruch.
Bruch, Max. Op. 87. Frithjof anf seines Vaters Grab-
hügel. Coueert-Sceue für Bariton-Solo, Frauenchor
und Orchester. Text aus Esias Tegner’s Frilhjor-Sage
Partitur netto 2J Thlr. Clavier- Auszug 1 Thlr. Or-
ehesterstimmeu .3 Thlr. Choralimmen lä 2) Sgr.»
74 Sgr.
Früher erschienen: Maxllrucb. Op. 23. Frithjof. Sechs ScetiM aus
der Frithjof-Sagc von Esaias Tegnär für MAnnerohor, Solostim-
men und Orchester. Partitur 74 Thlr. netto, ('.lavier- Auszug
24 Thlr., OrchestersUnuueu 8 Thlr., Chorstimmcn 20 Sgr., Solo-
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Freitag, den 5. November 1860.
des
Königlichen Damchora
in der Hof- and Dom-Kirche.
Anfang 7 Ubr.
1 1 Fuge in Es-dur Back
vorgetragen von Herrn Professor Hanpt.
2) Kyrie (Marcellus-Messe, 6stimmig) .... Falentrloa.
3) Chor für Männerstimmen Tlttoria.
4» GnioMmu (»stimmig» Lolli.
5» Choral „Valet will ich Dir gehen“, für die
Orgel Seb Bach.
vorgetrageu von Herrn Professor Haupt.
6) Motette (Sopran, 2 Alt, Tenor und Bass» . . Fraak.
7) Arie aus der „Schöpfung“ von Hajdo, vorge-
trageu von Fräulein Antonie kofzolt.
8» Motette (2ch6rigi . Seb- Back.
9i Duett aus dem ..Lobgesang“ von Mendelssohn,
vorgetragen von Fräulein Antonie Kotzolt
und Herrn Adolf Meyer,
10» Offertorium Michael Haydn.
11» Chor (»sliramig);> Mendelssohn.
Nuuimerirle Plätze: io den Logen « 1 Thlr., Untere Raum
20 Sgr., Obere Raum 15 Sgr., Seiten-Schiff 10 Sgr., aiod in der
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(iruck •«« 0. F » liin'H 1a rfsrue. Ualer dtn Lmdaa No. M
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10. November 1809.
XXIII. Jahrgang M 45.
Vh di**»r Zcttoi^f «ra?4>ejnl
eia* Numoir
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: ohne PrAmie.
Insertionspreis fflr die Zeile 1} Sgr.
Inhalt
R«aan»k>»'4i — Barli». Revoa — r.orr**p©o4«*«*n au* Pari« and Palartborg.
Journal-Revue. - NaahhrMca — laaeral«
Becen» Ionen.
Rheinberger. Jon. Toccatina für Pianoforte. Op. 19.
Leipzig, E. W. Fritzsch.
— Ftntasiaslück Hlr Pianoforte. Qju23. Ebendaselbst .
Fi*««*ot, Henri. 12 Pröludes pour Piano. Op. 3. Leip-
zig, Breitkopf dt II Artel.
Trois morcemix pour Piano. Op. 4. Ebend.
Adagio et Presto pour Piano. Op. 5. Ebend.
Barnekow, C. Humoresker for Pianoforte for fire Haea-
der. Op. 3. Kopenhagen, G. C. Lose.
Rbeinberger's Toocatina Op. 19 ist ein swar nicht
durch OrigirialitAl hervorstechendes, jedoch »ehr fl i essendes
und wohlklingendes ClavieislQck, dein Instrumente entwach-
sen, nicht der Berechnung, welches als angenehme Studie
oder auch als geeignetes Präludium wohl empfohlen werden
darf. — Einen andern Massslab der BeurtheiJung bean-
sprucht desselben Autors Fanlasiestück Op. 23, es soll
eine Illustration zu folgender Poesie Jul. Hatnmer's geben:
„Hoch geht die See, mit ihr mein Herz, es löst sich das
Weh, das bange Weh’ und der schwüle, der drückende
Schmerz!“ Es ist dies offenbar «in reicher, gerade das
musikalische Empfinden und Gestalten anregender Stoff;
und er ist von dem Componisten ganz in der rechten Weise
erfasst worden. So Mancher hätte zwei SAU» geschrieben,
und in dem einen die wogende See, das stürmende Herz,
in dem andern das sich lösende Weh zu schildern ver-
sucht; Rheinberger lässt beide Momente sich durchdrungen.
Während bei jener Art der Gestaltung sich ein Programm
abgespielt hätte, haben wir es hier mit einem sich ent-
wickelnden seelischen Vorgang zu thun. Diese Auffassung
führte zugleich zu einer festen Form, durch welche das
Ganze Klarheit erhielt. Die Molive sind breit und von
nicht zu verkennendem Charakter; den» zweiten Thema
fehlt es zwar au Tiefe und Innigkeit, aber gleichwohl wirkt
es durch seine Behandlung im Zusammenhang ganz zweck-
entsprechend. Die Ausführung verlangt keine Virtuosität,
jedoch jedenfalls einen tüchtigen und dramatischer Wie-
dergabe gewachsenen Spialer; solchen sei es hiermit auch
empfehlen.
■^on den vorliegenden ClaviercompoMlionen von Henri
FisboI haben uns die 12 Präludes Op. 3 am meisten zu-
gesagt; es sind kurze Stücke mannigfaltigen Charakters,
welche ungemein ao die Weise Steffen Heller'» erinnern:
kurz», frische und wohlklingende Molive, denen zur Ent-
wicklung nicht Zeit gelassen wird, die man, nachdem sie
sich zwei Seiten lang wiederholt haben, eben genug gehört
hat, die aber bis dahin auch ganz angenehm unterhielten.
Eme Ausnahme machen No. 3. ein wahrhaft tristes Stück
von unbegreiflicher Monotonie, No. 9 durch eme gewiss©
Plumpheit in Rhythmus und Harmonie, No. 12 durch die
eedlose Wiederholung einer Beweguog und dürftigen melo-
dischen GebalL Die übrigen Stücke, welche auch in Be-
treff ihrer Ausführung dieselben Ansprüche machen, welche
die leichteren St. Heller’schen erheben, seien namentlich
für den Unterricht sum Gebrauche an geeigneter Stelle em-
pfohlen. — Das Adagio und Presto Op. 5 desselben Com-
ponislen, das seiner ganzen Art nach ebenso gut unter
den Präludes seine Stelle gefunden hätte, hat die oben bei
den No. 3. 9 und 12 gemachten Ausstellungen in noch
erhöhtem Masse auf sich anzuwenden, während desselben
Verfassers Trois morcemix (Nocturne, ßoulade, Rtverie)
Op. 4 die gefälligen Eigenschaften besitzen, die wir oben
von diesem Componisten aufzähllen. Eine ganz besondere
Anerkennung verdient die Ausstattung, Seileos der Verlags-
handlung. Wann werden Nolenköpfe von dieser Grösse
allgemein werden?
ßarnekow's vierhändige Humoresken Op. 3
bilden zu den eben besprochenen Clavierstücken einen star-
ken Gegensatz; sie verhallen sich zu denselben wie deutsche
Gemüt lihchkcit zum französischen Wesen. Ein überaus
wolilthuende» behagliches Gefühl ergreift den Spieler schon
bei den ersten Takten; es klingt wie deutsche Hausmusik,
und bei diesem Eindruck Uleibl es, auch wann Eioselutiei-
45
fKV Mi
36 «
7 ;
ten hier und dA die Harmonie stören. Der Componist liat
namentlich in No. 2 und 3 tu Viel gebracht ; es schien ihm
darum zu thun, in diesen Humoresken möglichst viele Ein-
fälle seiner gesunden musikalischen Laune tu geben, wah-
rend es doch auf die mögliche! vielseitige Gestaltung einer ,
Idee mikam. Hoffentlich wird der Componist bei späteren
Arbeiten mehr Mose darin hatten und' dadurch auch den
Spieler ein angenehm eres I,oo* bereiten^ der in diesea Hu-
moresken auf zu viele Kleinigkeiten hingewieaen, sich nicht
dem vollen Behagen hingeben kann. Indessen, so bedeu-
tend sind die Anforderungen nicht, dass wir nicht die Stücke
allen Liebhabern dieser Gattung empfehlen und ihres Bei-
falls nicht sicher sein sollten. ^ ,AI«xis { HollÄender.
WQerat, Rieb. Op. 47. Drei Clavierstficke zu vier Händen.
Magdeburg, Hcinrichshofeti^cha Musikhandlung.
Der Componist, rühmliche! bekannt, bietet in dem, was
er der Oeffenliichkeit übergicbi, stets - Interessantes. Das
gilt auch von den „dnei Glavierätucken“, welche gegenüber
so manchen gehaltlosen Salonpfäcen, den Dilettanten, welche
ohne zu grosse Schwierigkeiten, Gehaltvolles und Charakte-
ristisches tu spielen wünschen, fine willkommene Gabe sein
werden. Dos erste Stück „Ballade“ (B-dur) ist anmulhig
melodiös und entspricht in seinen einzelnen Sätzen dem
Charakter einer Ballade gar wohl, wenngleich es uns oicht
gelingen will, in den Verlauf des von ihr in Tönen Erzähl-
leo. deoJtHten Satz | AHegrdlo wvactJ -Gaduc— |t-euizura»hei».
— ^ No. 2. Scherzo, II-iuoil, Allegrello vivace } empfiehlt
sich durch seinen frischen muntern Charakter; mehl minder
No. 3.~ FatwJaogcr, Allegro nrodernto. A-rnoll Dem in
echt spanischem Charakter gehaltenen ersten Satz» sielten
die beiden folgenden F-dur und C-dur in ihrer graeiösen
Lieblichkeit glücklich zur Saite; nur ist uns das Motiv des
ersten (F-dur) nicht neu erschienen. C. E. B. Alberti.
r Berlin.
Revue.
(Königl. Opernhaus.) Ein erster Ihealrafischer Veriuch
im König!. Opernhause ist jedenfalls eio musikalisches Ereignisa;
eine Stimme sofort im Kreise von ausgezeichneten -md routi-
nirlen Gesengskräfteo zu prüfen, scheint gewagt; da* Wagnis«
ist aber zu rechtfertigen, sobald sich ein Stimm- Material dar-
bietet, welches eine reiche theatralische Zukunft verheilst. Wir
vermögen nicht, bei Fräulein Schwa rtz aus Hamburg, welche
am b. als Gräfin in „Hochzeit des Ftgero“ debutirte, ein
solche» Material herauszufinden. Oie Stimme zeigt den Cha-
rakter des Mezzo-Soprans, ohne jedoch in den tieferen Tönen
der Mittellage (von F bis C abwärts) das sonst jenen Stimmen
eigene Volumen zu besitzen. Die Octeve vom K klingt ange-
nehm, dagegen haben die höheren Töne vom F bis zum A
wenig Edles, sie werden mehr herausgeslossen und bekommen
einen schrillenden Timbre. Haben wir hiermit das Material Sig-
nal iairt, so können wir auch der Ausbdduug nicht allzuviel
des Lobeoiwertheo nachrühmen. Zuvörderst liegt der Ton —
das unbedingt Nolhwendigo bei allem Singen — nicht vorn
im Munde, sondern lief in der Kehle, wodurch er oft etwas
Dickes, Gaumeoartiges bekommt und sich schwerfällig verwen-
det. Die Vocalisation ist perpeluell eine dunkle, Fräulein
Sch war Iz singt „Gotte* 4 statt „Galle“. Für alles übrige
Mangelhafte in der Technik wollen wir die erklärliche Befan-
genheit gelten laseen. Nicht unerwähnt aber darf bleiben,
dass das Tempo des Andante — besonders in der zweiten
Arie — viel zu langsam genommen wurde; dadurch erschöpfte
sich der Athen der Sängerin so »ehr, dass die Stimme beim
Schlüsse der Arie die Kraft vollständig verloren hatte. Es ist
ein alter Fehler der Anfänger, zu glauben, das« eio langsames
Tempo leichter vorzutragen sei als ein lebhafteres; während
unbedingt das Schwerste im Vortrage das Adagio ist; es er-
fordert dtee freie Disposition des Tanes wie de« Athen», die J
sich erst nach Jahren des Studiums erlangen lässt. Das Beete
an der Leistung der Debütantin war die AufiriUs-Arie „Hedge
Duelle“, welche mit aufinunterndcm Beifall bedacht wurde;
alles Folgende trüg mehr odsF minder den Stempel des Unfer-
tigen. Fräulein Seewärts, übrigens mit vortbeilhaftem
Aeussern ausgeslattef, hat jedenfalls viel zu früh die Bühne
betretet); sie bedurfte der Schule, unsrer Meinung nach, noch
mindestens anderthalb Jahre. Die Vorstellung im Uebrigen
war eioe sehr gelungene; Herr Kapellmeister Eckert leitete
sie mit gewohnter Umsicht; unserem Gefühle oacb waren aber
maoehe Tempi (wie die Ouvertüre, die Anfangs-Nummern des
Finale im zweiten Act) doch tu lebendig; es wurde den Sin-
genden oft nicht möglich, Worte und Figuren correct zu geben.
Frau Lucca, Frau Mallinger als Page und Susanne, die
Herren Salomon und Krause als Graf und Figaro faoden
reichsieo Beifall; ihnen schlossen sieb die Herren Bost, Krü-
ger, Barth, Witt, Fräulein Gay als Bartolu, Basilio, An-
tonio, Gericht spFrson, Marzellin v zu einem präzisen Ensemble
bestens an. Das Haus war ausverkauft; Cherubim'« Romanze
wie das Brief- Duett wurden, wie fast immer, da capo verlangt.
Die sonstigen Vorstellungen der Woche waren am 1. „Afrika—
nerin“ mit Frau Lucea, den Herren Niemao n und Betz;
am 3. „Armide“; am 6. „Tannhäuser" mit Herrn N i e manu.
Am 7. sang in der „Zauberflöte“ Fräulein Rutland vom
Theater zu Frankfurt am Main die Königin der Nacht. Wir
haben es uns in unsrer kritischen Praxis zum Gesell gemacht,
keine Sängerin nach dieser Parlhie zu beurlheilen, weil sie
durchaus keinen Massslab giebt. Das Glücken der hohen Stac-
catos bedingt noch keine gute, das Missglücken noch keine
schlechte Sängerin. Fräulein Rutland sang beide Arien traos-
ponirt, jedoch fertig und mit gutem Erfolge. Nach weiteren
Leistungen werden wir auf die Sängerin ausführlicher zurück-
kommen.
Am 5. d. M. fand in der Hof- und Domkirche ein geistli-
ches Concert des Königl. Domchors statt. Die Theitnahme an
demselben war eine zahlreiche, die Ausführung bewährte auf»
Neue den woMbegründeten Ruf des Instituts. Ausser zweien
Orgelpiecen, Fuge in Es-dur und Choral: Valet will ich Dir
geben, von Herrn Professor Haupt in gewohnter meisterhafter
Weise vorgetragen, wurden zwei Solopiecen: Arie aus der
„Schöpfung 44 von Haydn „Nun beut die Flur“ und Duett aus
dem „Lobgesaug“ von Mendelssohn vor ge tragen; Fräulein An-
tonie Kot sott hatte die Sopran-, Herr Adolf Geyer die
Teoorparthie übernommen. Beide leisteten Tüchtiges, nur wer
bei Fräulein Kolxolt die Intonation zuweilen nicht ganz rein.
In der Registrirung der Begleitung der Arien bewies sich Herr
Haupt als Meister. — Unter den Chnrsätien, die doch dem
Coocerte den Hauptreis verliehen, ragte diesmal ausser dem
erhabenen Kyrie aus der Marcellus-Messe Paleslriua's, ftstimmig,
der Chor für Männerstimmen von Viltoria (1580) hervor; an
sich hinreissend durch die Tiefe des io ihm sich kund gebenden
innigen, wahrhaft andachtsvollen Gefühls, wirkte derselbe noch
ganz besonders durch den vorzüglichen Vortrag und das un-
nachahmliche bis tum leisesten piano gehende perdtndori.
Würdig standen diesen Meisterwerken zur Seite das öfter ge-
hörte Setiramige Crucifixus von Lotti (1607 — 1740), die 2chÖ-
rige Motette voo Seb. Bach, so wie die schon mehr den Ueber-
gang zum Modernen in der Stimmführung bildende Motette von
Franck. Den Schluss bildeten ein zum ersten Male eufgeführ-
367
te« Ü(T«rtoriun> von Mich. Haydn, io des Meisters bekannter
einfacher Weise, und der Batimmige Chor voo Mendelssohn
„Denn er bst seioeo Engeln befohlen“.
Aiu 6. d. M. hatte der Stern’selie Gesangverein im Saale
der Siugacadeinie io gewohnter Weise unter der Mitwirkung
der Berliner Symphonie-Kapelle die jährliche Gedächtnisfeier
für Mendelssohn-Barlholdy veranstaltet. Von dem verstorbe-
nen Meister kamen in derselben tur Aufführung die „Athalia“-
Ouvertüre, und „Die erste Walpurgisnacht von Göthe“ für
Solo, Chor und Orchester. Dazwischen wurde das „Deltingfer
Te deum“ voo Händel mit der Mandelssohn'schen Inslrumeuta-
tion gegeben. Wir ehren die in dieser Gedächtnisfeier »ich
kundgebende Pietäl; die Auswahl dar Piecen machte indes» auf uns
nicht ganz den einer sulchen Feier entsprechenden Eindruck, wenn
gleich ihre Ausführung vou Seiten des Chors, so wie der Ka-
pelle die rühmlichste Anerkennung verdient Unseres Erach-
tens dürfte ein Verein, wie der Stern’sche, für solche Feier
nur die beiden vorzüglichsten Werke Mendelssohns, den „Pau-
los“ und „Elias“ wählen, und nicht besorgen, dass eine Wie-
derholung dieser beiden Meisterwerke alle zwei Jahre nicht
stets die lebendigste Theilnahme finden würde. Das „Detlioger
Ta deum“ ermüdet durch eine gewisse Monotonie des lauten
Jubels, die durch die verstärkte Anwendung der Trompeten
nach Mendelssohn'* Instrumentation nur noch gesteigert wird.
Die zwei obendrein recht schwierigen und in nur zu viel Colo-
raturen sich bewegenden Basssoli, können keinen Ersatz bieten,
ln dem Händel'schen „Te deum“ wurden die Soli von Herro
Schmock, in der ersten „Walpurgisnacht“ dagegen von Frau
Auguste Leo, Herrn Adolf Geyer und Herrn Schmock
vorgetragen.
Am 8. d. führte sich das gesamtste Lehrpersonal der
„KgL Hochschule (Or ausübende Tonkunst“ dem Publikum in ei-
uem Concerte für mildthälige Zwecke vor, in welchem auch Frau
Joachim und der Königliche Domchor milwirkten. Letzterer
begann das Concert mit dem „Ave verum“ Mozart'» , worauf
Meister Joachim und die Mitglieder seines Quartetts die wun-
derbaren Streichquartett-Variationen Schubert'* in unvergleich-
licher Weise vortrugen. Frau Joachim sang eine Cantate
von Marceiio und in einer späteren Nummer „An die Leier 41
und den „Lindeobaum“ von Schubert. Io der Cantate entfal-
tete sie den ganzen Zauber ihrer herrlichen Stimme und ihres
edlen, durchgeistigten und von jeder äusserlicheo Zulhat freien
Vortrags — und dennoch wirkte sie io dem Recitaliv-Mitlel-
satze so mächtig und so zündend, wie nur irgend eine drama-
tische Sängerin mit allem Apparate zu wirken vermöchte; wir
betoneu gerade diese wunderbare Leistung am meisten, weil
die Cantate nicht wie die Lieder Schubert'», das Publikum un-
mittelbar fesselt, und auch bei weniger vollendeter Ausführung
■ich als dankbares Coocertstück erweiset, sondern weil sie nur
durch eine Leistung wie die der Frau Joachim zur Geltung
und Wirkuog gelangen kann. Joachim spielte das Adagio aus dem 9.
Concert vonSpohr — sapienli sätest. DasCruciflxus vou Lolli, das
der Domchor als No. 4 sang, ist für unsspecivil mehr contrapuok lisch
interessant, als eigentlich schön; in der Ausführung traten manch-
mal rhythmische Schwankungen zwischen schweren und leich-
ten Tscttheilen hervor. Herr Professor Rudorff spielte Schu-
manu's Quintett mit den Herren Joachim, Schiever,
de Ahna und Müller, und bewährte sich als trefflicher Mu-
siker. Das Concert war überaus zahlreich besucht; Se. Maje-
stät der König beehrte dasselbe bis zu Ende mit Höchst Sei-
ner Gegenwart. d. R.
Correspondenzen.
Paris, 6. November 1809.
Das Theätre Italien hat vorgestern zum letzten Auftreten
der Adeline Patti vor deren heule erfolgenden Abreise nach
Petersburg, die höchste Einnahme erzielt, die sich daselbst
reahsireo lässt, nämlich 20,588 Francs. Dia abgöttisch gefeierte
Sängerin, welche in den ersten Acten aus „Crispino“ und
„La Traviata“ und io der Wahnsinnstcene aus „Lucia 41 auf-
trat, wurde mehr appleudiri und üftar gerufen, als sich Sinne
im Hause gesund erhalten mochten. Ein Zuhörer, dem noch
hinlängliche Geisteskraft übrig blieb, um sich mit arithmetischen
Aufgaben zu beschäftigen, versichert uns, nicht weniger als
48 Kränze gezählt zu haben, welche io Eioer Scene die
Künstlerin umflogen. Wenn es da nicht lebensgefährlich ist,
eioe gefeierte Sängerin zu sein, dann giebt es überhaupt keine
Gefahr mehr. Wir sind begierig, ob auch daselbst dem
Werke Beethoven'* „Fidelio“, wozu dieser Tage die Proben
begonnen, eine ähnliche Auszeichnung zu Theil werden wird.
Doch was ist ein grosser Componiat gegen eine grosse Sänge-
rin! der eine hungert nach Tantiemen und wird gewöhnlich
erst nach seinem Tode lebendig, während die Andere bei Gold
und Btumenregeo frühzeitig begraben zu werden droht. So
huldigt man auch der Tugend nur langsam, während der Schön-
heit, welche blendet, Alles sogleich zu Füssen sinkt. — Heute
Mittag (and auf der Bühne der 0p4ra die Generalprobe zu
den morgen Sonntag beginnenden neuern „Coneerla de l'Opera“
unter Li toi ff’ s Leitung statt. Das interessante Programm
lautet in seiner Vollständigkeit: Erster Theil: 1. Ouvertüre zu
„Les Girnndins" von UtolfT, 2. a| Menuett des fallet», b) Valse,
<) Marche hoogroise aus „Damoation de Faust“ von Berlioz.
3. Adagio aus der zweiten Sytnpbooie und Scherzo aus der
ersten Symphonie von Gounod, 4. zwei Chöre aus der Oper
„Reine de Saba“ von Gouuod, dirigirt vom Compooisten. Die
zweite Abtheilung füllt Beethoven'» neunte Symphonie mit
Chören. Nach dem eben empfangenen Eindruck zu urtheileo,
ist für morgen ein vollständiger Erfolg zu progoosticiren. Die
Riesen-Aufgabe der neunten Symphonie wurde mit drei Proben
bewältigt und dies von einem neugebildeten , au» einander
fremden Elementen organisirleu Orchester. Die Stärke dessel-
ben beträgt über 100 Mann, worunter 12 Cootrabfisse, 12 Celli,
14 Altos und 40 Violinen. Die geistige Kraft jedoch, welche
dieser Masse den belebenden Prometheusfunken verleiht, ist
LitollT selbst, dessen begeisterter Feuereifer, gepaart mit voller
Kunsleiosicht (die manchen anderen Dirigenten, die als solche
ein wenig gerechtfertigtes Renommee gemessen , su wünschen
wäret eine Bürgschaft des Erfolges bildet. Io der That ent-
behrte Paris schon lange eines solchen Dirigenten, der fern
von allem Geschält»- und Handwerksmäßigen, durch und durch
von seiner künstlerischen Aufgabe allein beseelt ist. LitollTs
Ouvertüre „Les Girondins“ wurde in der Generalprobe voo
»ämtnl liehen Anwesenden, namentlich den mil wirkenden Künst-
lern, mit minutenlangem Beifallsstürme auf genommen. Fein in
den Details und schwungvoll in den Eoseinbles, war auch die
loterprelation der übrigen Werke. — Wir wüuscheu dem glück-
lich eingeleitelen Unternehmen, das uns die mannigfaltigsten
Genüsse io einem von der eleganten Welt besuchten ersten
Theater von Paris verheisst, das beste Gedeihen. — Der Dircclion
der Opöra überreicht demnächst Mer mel, der Autor des „Ruland
de Ronceveaux“, eine neue Oper, betitelt „Jeaone d’Arc“. — Im
Concurs der Opera comique, zue Compositino des Opernatuffes
„Le Klorentiu“ voo Samt Georges, wurde diese Woche ent-
schieden; den Preis gewann Lenepveu, ein früher schon mit
45 *
368
dem Preis« von Rom belohnter Coinponist — Das TheÄlre
lyrique fährt fort — keine Anziehungskraft zu übeo.— Desto
anziehender gestatt«» sich di« Vorstellungen im kleinen Alhe-
noe-Theeter, wo insbesondere „Lea Mavques“ von Pedrotti en
vogue sind. — Das morgige 4te Concevt populatre im Cirque
Napoleon macht wieder keine Anstrengungen um den herauf-
ziehenden Sturm der LüoMTscben „Concerti de POpera“ zu
beschwören. Es bringt eia ausgcnOltiei Prograimn: Mendds-
aohn A-mull-Sympbonie, Andante von Haydn, Coriolao-Ouver-
von Beethoven, Suite (Op. 101 > von Raff und Fragmente aus
dem Septett von Bbelhoven. Die symphonische Dichtung „Pro-
Indes“ von Liszt, welche itu vorigen dritten Concor t zur erste«
Aufführung gelangte, fand eine freundlichere Aufnahme, als
man sonst den neuen deutschen Musikern hier aogedeiheii Hisst.
Ais sich jedoch Wiederholungrufe erheben, wurde wieder eoer-
gisch proteatirt. Diese Liszt’sche muaikaliscbe Interpretation der
Lamartine'achen poetischen Meditation enthalt allerdings einige
Längeu, die unserer Ansicht nach, den Erfolg abschwächen, —
um so mehr, als der Kern der musikalischen Bedanken nicht
im Verhältnisse zu dem aufgowandten Glanz der äusseren Mit-
tel steht. Da Liszt selbst demnächst hier erwartet wird, so
dürfte dies eine Gelegenheit sein, die Pariser mit noch anderen
»einer Werke bekannt zu machen, um endlich alle zu weit
gehenden Vorurtheilo zu verbannen. A. v. Cz.
St. Petersburg, den 26. Ootober I8t>9.
Die Hellenische Oper wird am 4. November eröffnet wer-
den. Das Personal ist folgendes: erste Damen: Adelina Palti,
Frkci, Volpini, Trebelli, Geschwister Marehisio (von der italie-
nischen Oper in Moskau); erste Teiiöre: Calzulari, Cappnni,
Bettini, Mario; zweite Teoöre: Rossi, Paltrinieri; erste Harytone:
Graziani, Gassfor (ein ilalienisirter Franzose), Meo, Steller;
Bassisten: Bagagiolo, Futlunn, Rom; „Prmto basso buffo asso-
luto“: Signore Zucchini; Orchesterdirector: Ritter Vianesi. —
Die russische musikalische Gesellschaft wird zehn Symphoaie-
Concerte unter Leitung der Herren Naprawnik und Ferdi-
nand Hiller geben, denen die üblichen Ouartelt- Abende be-
reits voraufgegangen sind. Von diesen berichte ich. Peters-
burg halte die Freude, Herrn Heinrich Wenjawski wiederum
als Soloviolinisten zu begrüssen. Der gross« Künstler ist ein
viHjfibriger Liebling unseres grossen Publikums sowohl, wie des
so viel enger gezogenen Kreiaes der Musiker von Fath, ob-
wohl gewöhnlich in den beiden Lagern die Reurtheitung eine
verschiedene zu sein pflegt. Im Solo wie in der Quartettinter-
pretation hat Herr Wenjawski immer einen Ausnahmsplalt be-
hauptet. Bei der Kühnheit seiner Bogcnführang, bei dem Feuer
und „entrain“, die ihn kennzeichnen, schadet »eine, ihm wie
angeborene Eleganz und Dislinrtion keineswegs der Tiefe sei-
ne» Verständnisse« der Meister des Qfrartctts. Nicht nur Bee-
thoven gab uns der Künstler io überraschender Vollendung;
er wusste eben so richtig, eben so reizend Haydn, Mozart,
Mendelssohn zu durchdringen. Zu keiner Zeit hat Petersburg
ein so vollkommenes Zuaammenspiel besessen. Die Herren
Dawydoff (Violoncelli, Weickmann (Alto), Pickel <2te
Violine) lassen j«de Intention za ihrer Geltung kommen, ihre
Stimmen gehen aut in dem Geist des Ganzen der Tondichtung;
wo ein Hervortreten aus dem gefeiten Bunde der Vierzahl am
Platz ist (wir sagen nicht: Solo) da weiaa man nicht, wem
man den Vorzug geben soll, so vollkommen sind Intonation,
Styl, Vorlrag, Ausdruck der drei Künstler vertreten. Wir hör-
ten von Haydn: B-dur, Op. 76; von Mozart: G-dur (das erste
Quartett); das posthume Quintett von Mendelssohn; die drei
dem Grafen Rasumowski, russischem Botschafter in Wien, dem
Freuode und Mäcen BeefhovWs gewidmeten, schlechtweg di«
Rasumowski’acheo genannten Quartette. Oieee sind eine Ge-
legeoheitadichlung; sie galten einst den Quartett-Abenden beim
russischen Botschafter; sie galten russischen Nalionnlmotiven,
die der Graf Beethoven an die Hand gab und dieser im Finale
dea ersten (F-dur), im Scherzo de« »weiten (E-mott) verwer-
thete, die Übrigen Sätze sind Beethoven’scbe Spekulation der
freien musikalischen Idee, mit rein geistiger Beziehung anf eine
ausserhalb der Idee liegende Verenlaasung. Die Aufgabe wurde
mh einem Genie gelöst, das der Veranlassung längst vergessen
liees ! Wie die Kunst eines Beethoven das Endliche (gegebe-
nen Thema*) dem Unendlichen (der Musikidee) verbindet —
da» zeigen die Hasumowski'scheo Quartette. Sie potenziren
das Verhältnis der 6 ersten Quartette Op. 18 zur Idee, die
wohl durch ein Streichquartett zum Ausdruck kommen, sich
aber deshalb noch nicht durch die demselben eingewohnte«
Traditionen beherrschen lassen wHI. Nicht räumlich, nicht
spezifisch, nicht nach Marktgewichten schätzen sich Ideen, sind
die Rauumowskrschen Quartette (Op. 56) gegen die ersten
(Op. 18) nbzuwägen, aber der Ausgangspunkt der Idee lässt
sich bestimmen. Dieser ist in Op. 59 ein erweiterter, weit
die Idee nach Nothwendigkeilen de* Geistes, nicht nach ver-
jährtem Gewohnheitsrecht, von 4 Streichinstrumenten angetrant
wird. Nicht im Sprunge wird in Kunst und Wissenschaft eine
Geisleskluft überschritten, sie wird allmählig ausgefüllt, damit
der unaufhaltsame Weg dea Geistes sein Recht behalte. An
der Füllung der Kluft beschränkter Rücksichten auf beschränkt«
Instrumentisten, welche das Haydo-Mozart’sche Quartett von
der freien Musikidee trennte, arbeiteten die Beethoveo*schen
ersten, Op. 18. Diese grosse Arbeit verwerthen die Quartette
Op. 59. Das für den Coroponisten erhebende Gefüllt, über die
Materie gesiegt, die Materie noch in den Schranken der 4st»m-
migen Satzbildung im Quartett, der Idee unterworfen zu haben;
das Bewusstsein de« Geniessenden, diesen Gedanken «u durct»-
drtngeu, das ist das unversiegliche Interesse in Op. 59, da*
ist ihr „Unsterblrdhaa* 4 . Jeder Beobachter hat sich Beethoven
selbst zu vollbringen, die Ideenverbindungen mit diesem Den-
ker in Musikzeirhen sind unendlich gegeben. Kein Mater, sagt
Leasing, kann einen edleren Kopf zeichnen als seinen eigenen.
Diese Worte sind nur der Ausdruck des dem Menschen inne-
wohnenden „Rechtes an der eigenen Persönlichkeit*. Mit die-
sem Rechte „an »ich** giebl uns Beethoven Op. 59, ohne »ich
zu kümmern, wie sein Kopf »ich gegen den Kopf von Haydn
und Mozart dabei ausoehme. Die Raaumowski’sehe Trias be-
ruht ihrem grösseren und wichtigeren Theite nach auf einer
dem Geist, dem Charakter russischer Melodik asaimilirten freien
Erlindung. Dies ist das speculatrve Moment der Beurtheilung.
Die Frage, ob, was und wieviel da* Ohr dabei geniesse (I),
langirt gar nicht die Schätzung. Beethoven hören, ist über-
all ein uneigent lieber Ausdruck; «eine Bekanntschaft machen,
•in schon besserer; das Richtige: an seiner Hand ein höheres
Leben betreten, höhere Gerstesbeziehungen eingehen als der
Katester der Europäischen Gesellschaft bietet! So »t gleich
das Scherzo des F-dur-Qunrletls Op. 59 erue Ballade mit Fühl*
fiden slavischen Liederlebens, ein „Namenloses“. Der Beetho-
ven-Phantasus hielt das Luft- und Lkhlkiod zur Taufe, »eich«
neta seinen Pass: Allegretto vivace e sempre (j» sempre!)
seberieodo. Die Muse des Herrn Wenjawski, slaviscb-sar-
ma tischen Zügen de« Geiste«, in der Art des verklärten Cho-
pin, verschwistert, war besonders dazu angelban, das Ver-
ständnis des nur von Wenigen richtig gewürdigten Juwels zu
erschlossen. Für die sum Clavier declamirte Violin-Romaose
in F von Beethoven wurde Herr Wenjawski viermal stürmisch
3g Ie
3«9
gerufen, eine wohl verdient« Ovation. Wir bewunderten seine
bescheidene und doch so bewusste Exposition des Themas, die
Virliio«i lüt in der Darstellung der beflügelten Figuren. Wir hörten die
nicht zu überschätzende Compocition (in Beethoven's Kosmos nur ein
Honoell!) noch von Baillot, gestehen aber gern ein, dass die
alten historischen Zeiten des „Gross- Violinspich»“ durch unsere
Zeiten, durch einen Vertreter derselben wie Herr Wenjawslty
weit übeifltgell werden, obgleich' wir, eil, das AHe, das Histo-
risch« schon liebet»! — Nur an zwei bedeutsamen Punkten der
fiasumowsktVthen Quartette (Stellen (!), Passagen giebt es
nicht) schien nna die Interpretation des Künstlers nicht dem
„Inhalt“ Rechnung zu tragen, im zweiten Theil des ersten AI*
legro (F*dur), wo die erste Violine von Stufe zu Stufe (Taste
*o Tastet ihren Himmel stürmt und gewissermaassen alle Pia-
nisten der Erde gleich mitgeboren werden; im zweiten Theil
dea ersten Allegro (C*dur|, wo der einstimmige, immer Ifiuger
et. h. hier nur immer zärtlicher werdende Gang der ersten Vio-
line Vor seiner Einmündung ui den llauptslrom (Motiv) rubsto
als ein Pegasus, aufgeräumt sein will. Hier „guckt“ ein phan-
tastisch Kind über die Einfriedigungen von Tnct, Tempo —
der ganzen Welt dazu! — Herr Wenjawsky faolasirte an deu
bereichneten Punkten nicht; er hielt sich streng an Tact und
Tempo. Oie Ausnahme krältigt die Regel, kann nicht verboten
sein. Nicht immer empfängt die Seele „Visiten“, hörten wir
Humboldt sagen. Herr Wenjawsky mag jene Empfängnisse »n
den Ourchlührthcilen anders versieben; wir sprechen von un-
seren» Gefühl aus langer eingelebier Gewohnheit des Geistes.
Wir rHcblen in den Rasumowskrscheo Quartetten: Baillot
fder sie nicht verstehen konnte!, Lipioski, Ernst, Vieuxtemps.
Io vieler Beziehung sprach uns Herr Wenjawski mehr an, zu-
mal er Feuer und Brio hat, wie kaum ein sweiter. Joachim
haben wir in Russland noch nicht kennen gelernt. Eleganz
und wahre geläuterte Dislinrtion ist auch in Beelhovt-ii am
Platz. Dies gilt vou dem Zauber, den Herr Wenjawsky Ober
das Andante im C-dur-Qoartelt Op. 51!, in subjeclivem Fühlen,
zu verbreiten wusste. Sagen wir von diesem Salze: er ist
eine im Geiste slavischen Seelenlebens empfangene Nänie. Der
Komponist erfindet sich ein Russland. Auf die Höhe idealer
Gestaltung hebt er „mögliche“ Typeu fremdländischen Geistes
und Fühlens. Durch Machtvollkommenheit des Genies wird
hier Realität national, wie die Nadnweaaische Todlenklage von
Schiller, ein nationales Kriterium »deali-irt, schafft. Io dam
b« Bodenart igeo Ton dieses Andante legt sich wie ein Müreheo-
duft Ober das Ganze, ein Intermezzo, wie es auch in Beetho-
ven ohne Beispiel ist. Die Intermesio der letzten 5 Quartette
aind Kinder eine« anderen Boden«, eines anderen Klimas der
Phantasie. Die Fuge im C-dur- Quart eil setzt sich eine Krone
aufs Haupt. Sie kam uns nie so glänzend zu Gesicht; es
waren „deutsche Hiebe“ wie der Dichter im „Fiasko“ aagt!
gewaltig wirkten die wie in Metall gegossenen Eintritte der
Herren Dawydoff, Weickmann, Pickel mit Herrn Wen-
jewaki «um Feldherrn, ln diesem Finale-Feuerwerk, in die-
ser Mischform von strengem und freiem Styl siegle eiu Held
auf der Geige, siegten 4 Streiter über eine ihrer würdige Auf-
gabe! — Man hat behauptet, Beethoven habe in contrepunkti-
sehen Formen sieht die flüssige Gewandtheit Mozart'*. Leicht
ist zwar die Arbeit Mozart'# im strengen Styl, aber auch sie*
reolyp dieselbe. Tausendfältig ist sie bei Beethoven, der auch
noch den ArbeitsstofT durch die Idee, die ihm io wohnt, die er
>ur Geltung bringen will, beseelt, ln dem erweiterten Fokus
von Op. 59 bol sich der Welt ein Bild, auf das dio alten Vor*
Stellungen, dis Haydn-MozarFschso Sternkarten, nicht mehr
P«as4«n. W. —
Journal-Revue.
Die Neue Zettscbr. f. M. enthält eine sehr eingehende und
lobende Besprechung des 1. Bandes von Emil Naumaon's „Ton-
kunst in der Culiurgesclüchte“ und den Schluss des Nobl'schen
Vortrages Aber ß. Wagner. — Die Allgem. Musik-Ztg. reforirt
über Zachariae's grösseres Werk „Das Kunstpedsl au Clavier-
Instrumenten“.— Die Signale sowie die Südd. Musik-Ztg. bespre-
chen Hanslick's „Geschichte des Wiener Concertweseus“.
Der Menestrel enthalt eine lesenswerthe Skizze über Albert
Grisar.
Nachrichten.
Berlin. Rubiustein’s Charakterstück „Iwan IV.“ ist nun in
dieser Saison bereita 'inisl in deu Bilse'schen Concerten zur Auf-
führung gelangt und hat stets das lebhafteste Interesse des Pu-
blikums erregt Die Ausführung Seitens der Kapelle ist aber
auch eine mustergültige und verdient Herr Musikdircclor Bilse
den wärmsten Dank für seine Bestrebungen um das erwähnte
geniale Werk.
— Die erste Schumann - Soiree dea Herrn Franz Bendel
findet am 30. d. unter Mitwirkung der vorzüglichen Liedersäuge-
rin Frau Franziska Wüerst statt. Das Programm cuUiAlt vou
grösseren Werken des Meisters die grosse Fis-moll-bonate und
den „Carueval“.
Barmen. 2. Ahonneroeulsconcert: Co ncert - Ouvertüre in
A-dur von Biel*, Violin-Conoert von Mendelssohn, 4 Sätze aus
dem deutschen Requiem vou Brahms und „Eroica“ von Beethoven.
Bielefeld. Am 31. Oetober fand das 4, Abonnements-Coucert
des Musik-Vereins unter Mitwirkung des Herrn Frauz Ries statt
Das Programm enthielt folgende Werke : Salve Regina vou Haupt -
«nann, Variationen für Violine von Corelli, Duetten für Sopran
und Alt uud 3 Stücke für Violine und Clavier von Frauz Ries,
Lieder von Schubert uud Löwe und Fantasie von Vieuxtemps.
Sowohl der Compositionen wie des Spiels des Herrn Ries ist
rühmlichste Erwähnung zu thuu.
Braunscbwelg. Concert des Herrn Carl Tausig: Sonst«
Op. 53 von Beethoven, Kreisleriaua von Schumann und Stücke
von Bach, Mendelssohn, Chopin, Weber uud Liszt
Bremen, November 1WJ9. Der neue Coocertsaal dea Künst-
lervereius wurde am 7. November durch eiue angemessene Ein-
wtlhungsfeier der Ordentlich keil übergeben; den musikalischen
Theil dcrselbeu bildeten Beethoven's Fest-Ouverture „zur Weihe
des Hauses“ uud J. Ilaydu’s „Schöpfung“ »Theil 1 u. 2! durch
die Singacademi« unter Mitwirkung der Frau Woltemas und
des Herrn Dr. Bletzacber vom Hoftheater zu Hannover. Die
neuen Räume überraschten durch Grossartigkeit uud architecto-
nisches Ebeumass, uud bewährten sich nicht minder durch eine
vorzügliche Klangwirkung. Es wäre somit. Dank deu unermüd-
lichen Bestrebungen Reiulbaier's und der aufopfernden Bereit-
willigkeit von Seiteo dea Küostlervereins wie des kunstsinnigen
Publikums überhaupt für sämmtiicho grösseren Musikaufführun-
gen, endlich ein allen Ansprüchen genügendes Local hergeslellt,
freilich nach der Intention des genialen Erbauers Wilhelm Mül-
ler nur erst als einzelner Theil eines grossartigen Bauwerke«,
welches sieb im Verlaufe der Zeit enger und enger mH der Dom-
kirehe verbinden soll, um alles das in sieh zu vereinigen, was
durch vereinte Kräfte Edles und Schöoes zu pflegen bestimmt
ist, ein würdiges Gegenstück zu unserer prachtvollen neuen Börse,
dem Tempel des Nützlichen. — Die Privateoncerte werden erst am
11. November ihren Anfang nehmen. — Die Singseadenzie bereitet
für ihr erstes Abonneznents-Concerl Mendelssohn s „Elias“ vor. H.K.
370
Breelan. An Stelle des verstorbenen Qberorga nisten Freu-
denberg an St. Elisabeth ist der Königl. Mneikdirector Adolf Fi«
»eher aus Frankfurt a. 0. berufen worden und wird derselbe
am 1. April k. Jahres sein neues Amt antrelen.
— Zweite Soirde des Vereins für Kammermusik: Quartett
in Es-dur von Mozart, „König Heinrich“ von Löwe, Romanze
für Violine von Damrosch, Lieder von Mendelssohn und Quar-
tett in B-dur von Haydn.
— Der hiesige Männergesangvcrein „Orpheus 1 * wird Mitte
dieses Monats Bruch's „Frithjof-Sceuen“ sowie Vieriing's „Zur
Weinlese“ in einem Coucerte aufTühren. — Das 3. Orchester-
vereins-Concert hat unter Mitwirkung des Herrn Fr. Grütz ma-
ch er am 9. d. stetige runden. Das Programm war folgendes:
Oxford-Sinfonie von Haydn, Cello-Concert von Lindtier, Ouver-
türe zu „Sacuntala“ von Goldmark, Fantasie für Cello von Grütz-
mncher und Ouvertüre zu „Lodoiska“ von Cherübini.
C'arlsrnhe. Erstes Concert des Cäcilien-Verelna: Sonate für
Clavier und Violine (Es-dur! von Beethoven, Lieder von Schubert
und Lieder für gemischten Chor von Maier, Stündchen für Alt-
stimme und vierstimmigen Frauenchor von Schubert, Soli und
Chöre (3. Theil) aus „Saul“ von Hftndel.
Coburg. Hofmann's 1 selige komische Oper „Cartouche“ bat
bei ihren Wiederholungen einen gleich günstigen Erfolg wie in der
ersten Vorstellung gefunden. — „Der Herr von Papillon“ Operette
in einem Act von Rud. Bial, gelangt Ende dieses Monet zur er-
sten AufTührung. Das fein • komische Libretto soll durch eine
sehr wirkungsvolle Musik unterstützt werden.
Danzig. Io der letzten Notiz über die Coocerte der Fr&uleio
Baum und Friese ist irrthümlich vergessen worden, der Lei-
stungeu der erstgenannten Dame Erwähnung zu tbun, die sich
ebenfalls rühmliche! ausgezeichnet hat.
Darm»tadt- Concert des Herrn Pianisten Seheuermann:
Clavierquartett von Mozart, Arie aus „Samson“ von Händel, Va-
riationen für 9 Claviere von Schumaun, Präludium und Fuge von
Mendelssohn, Cano n für 2 Pianoforte von Rheinberg er, Clavler-
stücke vou Deurer und Scheuermann etc. —
— Durch die philharmonischen Concerte ist unser musika-
lisches Publikum in den Stand genetzt, sich mit deo grösseren
Tonwerken der klassischen Periode bekannt zu machen uud sich
ein Urtheil über ein jedes derselben bilden zu können. Die
C-moll-Symphouie vou Beethoven bildete den Haupttheil des ge-
strigen philharmonischen Concertes. Nicht genug gerühmt wer-
den kann es, dass diese Sinfonie von unserer Hofmusik in einer
Weise vorgeführt wurde, die dem Zuhörer gestattete, sich in vol-
lem Masse dem Genüsse dieses erhabenen Tonwerkes hinzuge-
ben und sind die Leistungen unserer Kapelle um so höher an-
zuschlagen, als dieselbe seit einiger Zeit, in Folge der Fealvor-
steilungen, nach jeder Richtung hin in Anspruch genommen ist.
Die Aufführung der Symphonie gereicht sowohl dem Dirigenten
der Hofmusik Herrn Neswadba, wie ihren einzelnen Mitgliedern
aufs Neue zur Ehre Ein besouderes Intresse hatte das Concert
noch dadurch, dass in demselben sich ein reiehhegabler Violinist
Herr Wilbelmy, hören Hess. Die Zuhörer nahmen das Spiel
des Herrn Wilbelmy sehr günstig auf und zeichneten deuselbeu
vielfach durch Beifallsbezeugungen aus. Frau Jaide erfreute
uns besonders durch den Vortrag des SchuberCscheu Liedes:
„Am Meere“ und endlich bildete die Mendelssohn’eche Hebriden-
Ouvertüre den Beschluss dieses genussreichen Coneert-Abends.
Dresden. Concert des Horm Fr. Gnltzmacher: Ouvertüre
„Namensfeier“ von Beethoven, Concert für Violoncell von Sohu-
mann, „Ave Maria“ von Cherübini, Pianoforte-Conoert Es-dur von
Liszt, (Fräulein Krebs), Serena de fü r vier Violoncelli von Lachnef,
Soloatücke für Clavier von Mendelssohn, Chopin und Raff etc.—
4. Abonnemeut • Concert der Generaldirection: Suite No. 9 von
Lachoer, Arie „Ah perfldo“ von Beethoveu, Concertino für Po-
saune von David, Arie „Höre Israel“ von Mendelssohn und Sin-
fonie in G-dur von Haydn.
Elberfeld. Concert der Sängerin Fräulein Ass mann unter
Mitwirkung des Herrn Jui. Stockhausen: Arien aus „Titus“
von Mozart uud „Tasao“ von Donizetli, Duelle von Brahms, Hit-
ler und Schumann, Lieder von Schubert und Schumann etc. —
Im I. Abounemeuls-Concerte kamen Schumann's Sceneu aus
„faust“ zur Aufführung. Die Hauptsoli waren in den Händen
der Damen Aaamanu und Lissä sowie der Herren Otto und
Stock hausen. — Das schwedische Sängerquartett hat hier
unter grossem Beifalle coucertirt.
Frankfurt a. KL 3. Museumscoucert unter Mitwirkung des
Herrn Stägemann: 4. Sinfonie in D-moll von Schumann, Arie
des Lysiart aus „Eiiryaotbe“, Ciavier-Coucert in G-moll von Men-
delssohn, H-moli-Sinfouie von Schubert, 2. Luuuoren-Ouverture
von Beethoveu etc. — Concerl des Herrn Musikdireetor Ella-
nun: Trio in C-tnoll vou Mendelssohn, Serenade von Beetho-
ven, Elegie von Ernst, „Erlkönig“ von Schubert etc.
Grtlfenbagen. Geistliches Concert des Herrn Organisten
Todt: Concert für Orgel von Fr. Bach, Andante roligioao von Doni-
zelti, Elegia für Cither mit Orgel von Darr (Eine höchst origi-
nelle Zusammenstellung! Hymne vou Berner, Orgelsonate in D-
moll von Eyken etc.
Gotha. Der hier lebende Componist A. Deprosse hat ein
neues Oratorium „Die Salbung Davids“ vollendet, welches in
Kürze im Verlage von Breitkopf ät Härtel in Leipzig erscheint.
Nach Aussage Sachverständiger soll das Werk Bedeutendes ent-
halten.
Halle, &. November: Erstes Abonncmeota-Concert unter Mit-
wirkung von Fräulein Steffan aus Strassburg und des Herrn Be-
sek i rsky ausMoscau: Ouvertüre zu„Lodoiska“vooCberubini, Con-
cert für Violine von Besekirsky, Arie aus „Acia und Galathea“ von Hän-
del, Adagio von Bach und Teurelssonate von Tartini für Violine,
Lieder von Rubinstein und Reinecke und Sinfonie in F • dur
(Op. 93 1 von Beethoven. Dieses Concert maehte einen ganz ei-
genthümliehen Eindruck; mau hätte glauben müssen nach Lon-
don und zwar in ein Morgenconcert daselbst versetzt zu sein —
bekanntlich sind die Morgenconcerte io London meist nur von
Damen besucht (da eben die Männer um diese Zeit ihren Ge-
schäften nach zugehen pflegen) nur hie und ds bemerkt man ein
männliches Wesen mit loekigen oder gar struppigen Haaren, das
sofort deo Künstler verräth, — sonstige verdächtige Physiog-
nomien gehören den Vertretern der Presse an. — Nun so be-
stand unser Publikum des ersten Abouaementacoucerts nur aus
Damen, höchstens hätte man 30 Herren zusammenzählen kön-
nen, die allerdings ihre Pflicht und Schuldigkeit gegenüber den
ausgezeichneten Solo-Leistungen des vorzüglichen Geigeo-Virtuo-
sen Besekirsky durch einstimmiges Applsudiren bekundeten —
wogegen die Damen ihre zarten Händchen nicht erhoben, son-
dern freundliehst zunickten, als hätten sie damit ihre Zufrieden-
heit kund gehen wollen. Die Leistungen seitens des Orchesters
waren befriedigende, nainenUieh wenn man bedeukt, welche
Schwierigkeiten hier die Proben verursachen, die knapp auf die
Minute berechnet werden müssen, — darum auch Anerkennung
dem Streben des Herrn Musikdireetor Vorelzsob. — z.
Hamharg. Erstes philharmonisches Privat - Concert: Ouver-
türe zu „Lodoiska“ von Cherübini. Arie aus „Don Juan“ (Fron
Waither-Strauss), Pianoforte • Concert (H-moll) von Hummel
(Fräulein Marstrandi, Arie aus „Die Musketiere“ von llalevy
und Symphonie Eroica von Beethoven. — Soiree muaieale von
Marie Wieck: Sonate in Es-dur Op. 97 von Beethoven, Violin *
,OOgI
371
Sonate tn D-tuoll vbn Rust, Carncval von Schumann, Lieder von
Kirchner und Schumann, Walter Cis - moll und Ballade As-dur
von Chopin, Gigue von Haealcr, Impromptu io Ea-dur von Schy-
berd and - vdn Lisik * t 7 1 M i
Königsberg. Meywbeer’a „Afrikaoerin“ wird demnächst hier
zum ersten Male in Scene gehen. >
Leipzig, 5. November. Die AbendunterbaiMingen für Kam*
mermusik haben am 80. v. M. ihren Anfang genommen. Die
Herren Concertmeister David (Violine primo), Concertmeiater
Röntgen (Violine Hi, Hermann (Viola) und II e g » r (Cello) sind
die vorzüglichen Vertreter des Streichquartetts, während Herr
Kapellmeister Reiuecke sieb gewöhnlich an der Ausführung der
Clavierparthien betheiligl. Das Programm enthielt die besten
Namen: Bach, Haydn, Mozart und Beethoven. Von ersterem ge*
langte ein Concerl für Violine und Streichquartett in D-moll,
In dieser Slimmenbesetzung von David neu bearbeitet, mit
grossem Erfolge zur Aufführung. Das Werk ist ein bedeu*
tendes und hat durch die Moderuisirung David » entschieden ge-
wonnen. Daii Haydn sthe Quartett Op. 64 No. 4 in G-dur machte
durch den dem Componislen eigenen Humor und durch die vol-
lendete Interpretation den Ifehctft&ürdrgsten Eindruck. Herr Ka-
poilmelster Re in ecke spielte Solo die Fantasie und Fuge in
C*dur, sowie iiu Verein mit deu Herren David und Ile gar das
herrliche B dur-Trio Op. 87 von Beethoven. Dfe Wiedergabe
dieser Pieren war in allen Beziehungen eine treffliche und gebührt
jedem der Herren Ausführendeu der beste Dank, namentlich aber
Herrn Concertmeister David für »eine unermüdliche ThAtig jfe.it.
Robert Schumann sagt in seinen „gesammelten Sohrilten“ bei
Gelegenheit eines Concert-Referates über ihn „Der Himmel erhalle
uns dieseri Concertmeister“. Seitdem ist eine lauge Reihe von
Jahren vergangen, Herrn David'» Meisterschaft aber unverändert
dieselbe gebliebeo, so dass ich heute Schumann’s Ausspruch unr
wiederholen kauu. — Das 5. Gewandt) aus-Coneert am 1 d.
brachte zur GcdfichlnUsfeier Mendelssohn’« dessen Musik zu
„Atbalia“. Es ist dies eines seiuer schönsten Werke und hatte
die Directiou, um dasselbe möglichst vollendet zu Gehör bringen
zu können, die Damen Frau Peschka-Leutner und FrAuleins
Lehmann und Borre, afimmtlich Mitglieder der hiesigen Oper,
für die Soloparthieen gewonnen. Dazu gesellte sich nun ooeh
unser Gew audbausebor- und Orchester, welche ihre besten Kräfte
einsetzten, um dem Werke gerecht zu werden, so dass das To-
tal-Hesultal eine exquisite Aufführung ergab. Mozart’s formell
abgerundete, ewig schöne G-moll-Sinfonie bildete den ersten
TheU in ausgezeichneter Exeeuliruug. — In der Oper ist Frau
Peachka-Leutuer als Constanze in Mozarts „Entführung“
nach ihrer Krankheit zum ersten Maie wieder aufgetreten und
hat aiil's Neue ihren zahlreichen Verehrern Beweise von ihrer
vollgültigsten KOnstlerscbaft gegeben. — Am 9. d. ist das 2tc
Euterpe-Concert, in welchem der strebsame Concertmeister dieses
Institutes, Herr Heckmaun, sowie die Operusfingcnu Fräulein
Z im ro ermann Auftreten werden. — s.
Tiagdeborg Am 4 . d. Soiräe des Tonkünstler • Vereins:
Schubert D-moll-Quartrlt, Haydn: Kaiser-Quartett und Beethoven:
C-nioll- Quartett — 1. Concerl der Gesellschaft „Vereinigung“:
Sinfonie in B-dur von Beethoven, Scene und Arie „Teil“ von
Nicolai (Herr Putsch), Pianoforte-Concert in Es*dur von Weher,
Ouvertüre zu „Lodoiska“ von Cherubiui, Lieder von Schubert,
Clavierstücke von Chopin und Liazt und Ouvertüre zu „Alhalia“
von Meudelssohn.
VI fi neben L Ahonnementsconcert der muaikalischen Aka-
demie unter Mitwirkung des Fräulein Virginie Gung’l: Ouvertüre
zur „Melusine“ vou Mendelssohn, Arie aus „Catharina Cornaro“
von Lachner, Maurerisebe Trauermuaik von Mozart, Lieder von
.Rhe inberger und Schumann, Fr übitngsbotachaft von Gade und
Eroica-SJnfunlc von Beethoven. T-O } _ , 5? 31-"^
— Man sprich! jetzt davon, dass Herr Kapellmeister Levi
aua Carisruhe als musikalischer Leiter der Hofoper augeatellt
werden soll.
Rudolstadt. Concert der Fürstlichen JJofltapelle: Ouvertüre
zu „Nachtlager von Granada“ von Kreutzer, Fantasie appas&ionata
von Vieuxtempe, Hochzeitsmarsch aus dem „Sommernachtslraum“
Finale aus Weher’s „Freischütz“ und Symphonie in C-dur (mit
der Fuge) von Mozart.
Wien. Der Cootyonist und Pianist Heinrich Stiehl ist hier
eingetroffen und wird in diesen Tagen ein Concert geben, in
dem mehrere seiuer Kammermusik - Werke (Trios uud Quartette)
zur Aufführung gelangen. Vom König von Schweden ist dem
verdienstvollen Künstler soeben die goldene Medaille (Ür Kunst
uud Wissenschaft verlieben worden.
Wiesbaden. Tausig giebt am 11. d. hier ein Concert mit
folgeudem Programm: Fantasie C-dur von Schubert, Toccata von
Schumann, Suite iu G-moll vou HAudei, 39 Variationeu von Bee-
thoven und Stücke von Chopin, Liszt und Tausig.
Brüssel. Herr Louis Brassin ist als Professor den Cla vier-
spiele «iu Con senatorin ni der Musik «in getreten. — Am 91. d.
beginnen die Samtieracheu Concerts popniaires. Im ersten der-
selben wird der Pianist Jos. Wieniawski spielen.
London, 4 Ortober. Vergangenen Montag haben die Vorstellun-
gen der englischen Oper im neu eingerichteten Cristall - Palasl-
Thcaler ihren Anfang genommen. Man gab Balfe’s „Rose vou
Castilieu“, ein ziemlich schwächliches Werk, welches aber trotz-
dem gefiel. Der neue Saal ist wehr schön reslaurirt: die Zahl
der Besucher belief sich auf 15,000 Personen. — Am 17. gelaugt
Goldschmidt's Oratorium „Ruth“ io Exeter Hall mit Madame Lind
und Herrn Santiey unter Direotion des Componislen zur Auf-
f ührung. Ich werde ihnen «einer Zeit Über den Erfolg des Wer-
kes bericblen. — Chapell bat soeben die Ankündigung erlassen,
dass die Monday populär Coucerts am 8 . d. beginnen. Für
den ersten C)clus ist Frau Normanu-Neruda gewonnen, im
2ten Cyclii» tritt, wie gewöhnlich, Herr Joachim als Vertreter
der ersten Violine ein. Herr Halle uud die Damen Clara Schu-
mann, Madame Goddard und Fräulein Skiwa sind für die
ClavierzortrAge engagirt worden. — Ala CuriosilAt lat noch eines
Harfenspiel-VVeUkampfea zu erwähnen, der am 14. October in
Glanover slaltgefunden hat. Das Preis-Object w-ar eine wertb-
volle Harfe. H— t
Pari*. Nach einem Telegramm, welches Madame Sass an
ihre Familie betreffs ihres Debüts in Pergola (Hugeuotten) rich-
tete, hat sie einen eclatanten Erfolg erzielt. Nach dem Duo mit
Marcel wurde sie 4mal, nach dem mit Raoui Grnal gerufen.
— Schumann’» D-moll-Siufonie (No. 4) bat in dem zweiten
der Pasdeloup'schen Concerts populaires einen lebhaften Beifall
errungen. — Sivori weilt gegen wArtig hier.
Petersburg. Die Erfolge der aus Berlin gekommenen Schau-
spielerin Lina Mayr namentlich in den Offenhacbiaden sind au
gross, dass rin höherer Beamter der Regie, Herr von Hubert
eine von entschiedenem Talent zeugendende Lina-Mayr-Polka ge-
schrieben hat, die mit dem Portrait der Künstlerin geziert, soeben
ausgegeben wurde. — Herr Balakireff ist mit der Organisation
eines Cyclus von 6 Abonnemeuts-Coucerten beschäftigt, in wel-
cheu die Musik zum „Sommernacktstraum“ von Mendelssohn,
und Liszt*« „Elisabeth“ zu Gehör gebracht werden aollen. —
Am 17. October ist hier der seiner Zeit berühmte Balietcompo-
uist Cäsar Pugni gestorben.
l uter Verantwortlichkeit von E. Bock.
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372
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der Tonkunst in Berlin.
Da ich Gelegenheit batte, Ihre Finger- und HaudgeJeuk-Gym-
nastik von meinen Schülern au wenden zu lassen, so kann ich
mit voller Ueberzeuguug aussprechen, dass es nichts Einfacheres
und Praktischeres, nichts Vorzüglicheres für Entwickelung von
Muskelkraft, Gelenkigkeit und Elastioitftt geben kann, als die von
Ihnen gebotenen Mittel. Die Resultate haben mich in der Thal
überrascht Indem somit meiu Dank nicht eins leere Höflichkeit*-
spräche, sondern aufrichtig und mit voller Anerkennung ihres
Verdienstes von mir ausgestattet wird, spreche ich gleichzeitig
dea Wunsch aus, dass es Ihnen belieben möge, eine Anzahl
Exemplare bei irgend einem der hiesigen Musikhfcodler zu depo-
nireo, um MusikbeOisseue in den Stand zu setzen, sioh die ge-
druckte Anleitung zu kaufen. Ich werde meinerseits Alles auf-
weudeu, um für die Verbreitung Sorge zu tragen.
Herr Kön. Geheimrath Dr. Berend in Berlin.
Es gereicht mir zum besonderen Vergnügen, lhuen zugleich
im Namen der vou mir prSsidirten hiesigen Gesellschaft für Heil-
kunde den verbindlichsten Dank für Ihren interessanten Vortrag
über Finger- und Handgelenk-Gymnastik auszudrQcken. Es un-
terliegt wohl keinem Zweifel, das« der Gegenstand sowohl ftlr
technische und pädagogisch«, als auch für Heilzwecke von gros-
ser Beachtung ist Für die beiden ersten Zwecke füllt Ihre
Methode eine bisher ob walten de Lücke unzweifelhaft aus.
In Betreff der Heilzwecke werdeu Sie sich bei Ihren wiederholten
Besuchen des in meinem gymnastisch-orthopädischen Institute
befindlichen Kursaals überzeugt habeu, dass ich bei Verkrüm-
mungen der Finger und Hand, bedingt durch Rheumathismus,
Lähmungen, wie bei Schreibekrampf, neben den übrigen Hilfs-
mitteln der Kunst, auch eine specialisirto Gymnastik der betreffen-
den Theile an wende, und ich werde mich freuen, wenn auch
Ihre Bemühungen dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der Aerzte
auf di« Hebungen der Finger und der Haudmuskeln mehr und
mehr zu lenken und ihren Werth zur Geltung zu bringen. Wenn
auch die Heilgymnastik iui wahren und richtigen Sinne des Wor-
tes nur von Aerzteu eine rationelle Anwendung finden kann, so
bleibt doch auch schon die technische Vervollkommnung und
Verbreitung, wie Sie sie speciell für die genannten Theile ange-
strebt haben, eine anerkennenswerthe Sache.
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Journal Revur. — Nachrichten. — r,n«rertrej>eHoriu«i.
Recension.
llrahtiN, J. Ein deutsches Requiem nach Worten der
heiligen Schrift für Soli, Chor und Orchester. Op. 45.
Leipzig und Winterthur, J. Rieter Biedermann.
Wir müssen unsere Besprechung mit einem Geständ-
nisse einleiten: Dass wir für Brahms Compositionen eine
gewisse Vorliehe hegen, und so viel als möglich beitrageil
wollen, die Aufmerksamkeit des Publikums auf dieselben zu
lenkeu. Wir wollen dabei nicht manche ihrer Mängel über-
sehen und ignoriren: die UeberschwänglichkeiL das Zerfliea-
sen einzelner Phrasen, das Grübeln in Harmonien, die hie
und da inneren Zusammenhang, organische Entwicklung
vermissen lassen, die grosse Ausdehnung der Form — und
wir werden im Verlaufe dieser Besprechung den Pflichten
strenger Kritik bei jeder Gelegenheit nach kommen; aber
wir wollen auch nicht versäumen, die Vorzüge hervorzuho-
ben, durch welche Brahms neben Kirchner*) uns vor allen
andern jüngeren Goraponisten lieb und werth geworden : die
Ursprünglichkeit seiner musikalischen Ideen, die edle Hal-
tung seiner melodischen Phrasen, der durch fast alle seine
Compositionen wehende Hauch tiefen Gemüthes. Von all*
diesen Vorzügen giebt das Requiem reichlich Zeugniss, und
wir stehen nicht an es den besten Schöpfungen der Neuzeit
gieichzustellen . ja ihm einen Platz als MeisterschOpfung
anzuweisen; es ist eine aus dem Innersten hervorgegangene
Tondichtung, voll origineller charakteristischer Ideen, und
fast durchwegs meisterhafter Ausführungen. Gleich der
Anfang der ersten Nummer:
Violen
Oracr
. cm' 1 * t, _ . JiJ
| t das Ganze eine 8** tiefer zu spielen
*1 Der leider seine bedeutende Kraft bisher noch nicht auf
grossere Schöpfungen verwendet hat.
versetzt ganz iu die feierliche Stimmung des Textes: „Selig
sind, die da Leid tragen, deun sie solleu getröstet werden“,
die sich dann in dem zweiten Satze „die mit Thräoeu säen,
werden mit Freuden ernten“, zum schönsten Pathos erhebt.
Ueberhaupt gehört dies Stück zu den in Erfindung und
Ausführung vollendetsten des Workes. und ist wohl geeig*
net. den Beurtheiler günstig zu stimmen. Die zweite Num-
mer ist ein geniales Tongebilde voll der interessantesten
Momente; es scheint uns aber, als ob die Schönheiten
dieses Stückes zuerst mehr dem Leser in der Partitur
(nach der wir urtheilenl als dem Hörer, olso mehr dem
Auge als dem Ohre fasslioh sein dürften. Der Passus
„Denn alles Fleisch es ist wie Gras“ mit der Figur
Piccolo, Flöteu, Oboen. Clarlnetten
und üAuuntliche Slreichiustrumenle
l.o g „m. ■ • • • « b ! - r b ••
ist zwar höchst originell und charakteristisch, aber die Wie-
derholung nach der Bchönen Stelle „seid nur geduldig lie-
ben Brüder“ mit dem eigenthümlichen Orgelpunkte auf f
dürfte wohl abspannend wirken; auch meinen wir, dass die
überreiche Instrumentation, so interessant sie der Beschauende
finden mag, dem Hörenden manchen Hauptgedanken ver-
decken und unklar lassen muss. Das Finale dieser Nummer
beginnt mit einem ganz pompösen, wahrhaft imposanten Satze:
„Die Erlöseten des Herrn werden wiederkommen“, der uns
leider nicht genug ausgeführt ist, uro zur vollen Geltung
46
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374
in gelangen, indem gleich nach dem Chor, der das zuerst von
den Bassstimmen vorgeführte Motiv wiederholt hat, eine
Phrase .»Freude wird Ober* etc. cintritt, in der nur die Hörner
und Trompeten den Anfangs- Rhythmus des eben erwähnten
Motivs f J f J * j durchklingen lassen; nach 14
Takten erscheint wieder ein neues, sehr wirksames Thema.
das aber sofort einer andern Phrase weicht, dann wieder
auftaucht, bis dann gegen zum Schlüsse wieder ein Orgel-
punkt von ‘10 Takten eint ritt, wo Pauken und Celli sich
Ober dem Grundton Contra B in der l igur —
9
bewegen. Jede der hier angedeuteten Stellen ist einzeln
genommen interessant, ja manche ist klanglich schön. Hass
sie als Ganzes die Wirkung hervorbringen, welche eine the-
matische Durchführung erzielt hätte, bezweifeln wir; ob sie
hei der Aufführung nicht einen zu flüchtigen, verwirrenden
Eindruck hinterlassen, können wir nicht bestimmen, da wir
nur nach der Partitur urtheilen — glauben aber, dass wenu
schon der, welcher das ganze Tonstück vor sich sieht und
studiron kann, den eurhyliuischen Bau vermisst, der Zuhö-
rer, an dem die Töne vorüberziehen, trotz der einzelnen
bedeutenden Schönheiten, keinen klaren Eindruck von diesem
Tonstücke empfangen wird. Für den Anfang der 4len Num-
mer „Herr lehre mich' 4 gestehen wir unsere Vorliebe ein.
obwohl wir zugehen, dass er geeignet ist, bei vielen Musi-
kern und klassisch gesinnten I«aien Bedenken zu erregen;
uns scheint die Stimmung sehr glücklich getroffen, der
Text wirksam dcklomirt und der Milteisatz (1 lackt) voll
schöner Empfindung. Dagegen ist es uns nicht begreiflich,
dass Brahms den schönen fugirlen Schlusssatz wieder über
einem Orgelpunkl der Bässe, Tuba. Bassposaune. Fagotten und
Pauken, durch 36 Takte schreiten lässt ; ein derartiges nun in
drei Nummern sich wiederholendes harmonisches Kunststück
muss zuletzt ermüdend wirken. No. 4 „Wie lieblich sind
deine Wohnungen 44 ist ein Kabinetstück in Schönheit der
Erfindung und meisterhafter Factur; die Stelle „mein Leib*
und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott“ ist den
schönsten Inspirationen Schumamfs vergleichbar. Die öte
Nummer mit ihrem etwas Mendelssohnartigen Eingang
Langnam.
ist ein schöner Wechselgesang zwischen Sopransolo und
dem Chor, voll instrumentaler und harmonischer Feinheiten;
nur die fast an Chopin erinnernde Stelle
Ich
erschien uns (obwohl sie au f dem Cln vier ganz gut klingt), die über
dem ganzen Tonvtück schwebenden Stimmung beeinträchti-
gend. Gegenüber der Nummer 6 befinden wir uns in der
i'lff
eigentümlichen Lage, dass wir trotz der vielen Schönhei-
ten, welche dieses Tonstück enthält, uns in die ganz dra-
matische Behandlung des Textes nicht hineinfinden können,
in die eigentümliche wenn auch höchst interessante orche-
strale Begleitung der Worte „wir werden nicht alle ent-
schlafen 44 in die chromatischen Fortschreitungen bei den
Worleo „zur Zeit der letzten Posaune 44 . Auoh der Sieg
über den Tod erscheint in dem Chore nicht wie der Sieg
des Glaubens, sondern wie hoher Aufschwung, in drama-
tisch-erregter Musik wirksam dargestellt. Wir sind weit
entfernt damit, einen Tadel gegen Brahms aussprechen zu
wollen — wir wollen nur andeulen, wie es in unserer Zeit
mit der Wahl und Auffassung rein kirchlicher Texte be-
schaffen ist : je höher der Componist steht , um desto be-
deutsamer wird der Widerspruch zwischen dem subjecliven
Glauben und jener kirchlichen Gläubigkeit hervorlreten,
welche in der Kunst gewisse traditionelle Formen fordert
wie in der äussern Religionsübung. Die geläuterte Erkennt-
nis» unsrer Tage steht durchaus nicht im Widerspruche
zur Wahrung und Entfaltung schönster edelster Gefühle,
zur tiefsten dichterischen Sehnsucht, zur Schwärmerei, zur
Ahnung des Höchsten, selbst zu der Frömmigkeit, die Gölhe
so wnuderherrtich scltilderl:
ln unseres Busens Riirie wogt ein Streben
Sich einem Reinem, höhern Unbekannten
Aus Dankbarkeit freiwillig hinzugeben
Entrathselnd sich dem ewig Ungenannten
Wir heissen’s Tromm sein! --
Diese Erkenolniss sieht auch in der Kunst der Entfaltung
herrlichster Blülheti begeisterter Weihe nicht entgegen —
aber sie hat mit dem Dogmatischen nichts zu schaffen;
jene passive Ruhe, jenes Versenken in Unbegreifliches, rein
Traditionelles, oder das gläubig - naive Preisen desselben,
das ist nicht ihre Sache und wo sie solchen Anforderungen
gegenüber tritt, da bewegt sie sich auf einem fremdartigen
Boden, und nimmt zu Aushilfsmilteln ihre Zuflucht, tu einer
zugespiliten Symbolik in den bildenden Künsten (wenn sie
sich nicht zu trockener Nachahmung alter Formen bequem!)
oder zu einer Mischung von Modernem und Antikem . die
eben immer nur eine Mischung bleibt, wenn auch eine noch
so geistreich angelegte und ausgeführte. Unsere Zeit ist eine
nach allen Seiten hin prüfende; selbst der letzte Oratorien-Ton-
dichter, Mendelssohn, legt sich seinen Stoff zurecht, refleclirt
Über die Characteristik, und setzt seine Anschauung der
Tradition vor; wenn er an seinen Freund Schubring über
den Text zum „Elias“ schreibt: „Ich hatte mir eigentlich
beim Elias einen durch und durch Propheten gedacht, wie
wir ihn heutzutage wieder brauchen könnten,
stark, eifrig, auch wohl bös und zornig und finster, im Ge-
gensätze zu Hofgesindel und Volksgesindel, und fast
im Gegensatz zur ganzen Welt, und doch getragen wie von
Engelsflügeln 4 *, so steht er weit mehr auf dem Boden der cul-
tur-histor ischen alsder kirchlichen Auslegung — und auch Renan,
der französische, viel angefochtene Ausleger des neuen Testa-
ments, würde den Propheten Elias nicht viel anders beurtheiit
haben, als Mendelssohn. Dieser schöpfte auch immer seine
schönste Begeisterung aus jenen Texten, die sich nicht an Sätze
des Dogma lehnen, aus denen vielmehr der Gottesglaube
hervorquilll, den Anschauung der Natur und inneres Be-
dürfnis, die Sehnsucht nach einem Höheren, nicht Endlichen
in jedem Besseren erzeugen; und würde die Abschweifung
nicht zu weit führen, und uns vom eigentlichen Zweck die-
ser Besprechung ganz abienken, wir wollten hier den
Beweis bieten, dass Mendelssohn, der so christliche
Tondichter, am mächtigsten wirk!, wo er den Monotheis-
mus in Tönen verherrlicht; wir werden später einmal die-
sem Gegenstände eingehendere Betrachtung widmen, und
kehren nun zu Brahms zurück. Die bisher besprochene
No. 6 endet mit einem fugirlen Satze: „Herr, du bist
375
würdig“, dessen schönes Thema vielleicht in »(engerer Be-
hnndlung, unter der Hand eines Meistere wie Brahms, noch
grossarliger wirken konnte. Würdig und feierlich be-
schliesst das leiste Tonslück |No. 7| das Werk, und der
Zwischensatz „sie ruhen von ihrer Arbeit“, ist erfüllt voo
jener mysteriösen Weihe musikalischer Gedanken, die nur
dem Auserwähllen gewährt ist.
So schliesseo wir mit dem aufrichtigen Wunsche, dass
die hochbedeutende Tondichtung bald die ihr gebührende
Verbreitung im deutschen Publikum gefunden haben möge,
und dass sie in Berlin, das sich ja immer mehr als Central-
punkt entwickelt, bald zur Aufführung gelange. Denn die
Begeisterung für das Ciassische erweiset sich nur dann als
wahr, wenn das Neue Gute mit warmer Liebe empfangen
wird. In den bildenden Künsten erfreut sich jedes empor*
tauchende Talent der Beachtung und Aufmunterung; mögen
die L'rtheile Ober ein bedeutendes Bild auch verschieden«
artig lauten, dem Maler bringt seine Arbeit Ehre und Lohn;
in «Jer Literatur sehen wir dramatische Werke, die nur eini-
ger inassen geschickt gemacht sind, über alle Bühnen wandeln, und
ein Roman, der des Lese-Publikums Interesse erregt, eröffnet
seinem Autor eine günstige Laufbahn. — Aber wie lange
muss selbst ein begabtester Componist warten, bis seine Werke
Ober den engsten Kreis dringen, trotz aller Anerken-
nung der Künstler? Die Kritik ist leider nur zu oft auf der
Seite der Zuhörer, die am Hergebrachten, Legitimirlen fest-
halten. und die eine Sünde an den grossen Tondichtern zu
begehen glauben, wenn sie einem Neuen Aufmerksamkeit
schenken. Wie lange noch soll dieser Irrthum wAhren; wie
lange noch soll er unterstützt werden? H. Ehrlich.
Berlin.
/freue.
(Künigl. Opernhaus.) Der unwiderlegtichste Beweis für
die Wirksamkeit wie für die Beliebtheit einer Oper wird stets
der bleiben, wenn Sänger und Sängerinnen (gute wie mittel-
massige) in derselben dankbare Aufgaben erblicken. Bei Gou-
nixTs „Margarethe“ hat sich das evident herousgeslelll. Am 9.
wurde die grosse Zahl der Margarethen wiederum vermehrt.
Frau Mailing er gab sie hier zum ersten Male und mit deru
günstigsten Erfolge. Wir haben es an dieser Stelle schon
öfter dargethan. wie die ausserordentliche Annehmlichkeit für die
prnctische Ausführung der Parthie darin besteht, dass jede
Sängerin nach einer Seite hin das ihrer Individualität Zusagende
voründet, so dass seihst das Mangelhalte in einigen Sceneu
durch Gelungenes in anderen aufgewogen wird und die ganze
Leistung schliesslich doch einen vorthcilhaflen Gesammt-Ein-
druck hinleriüsst. Frau Mallinger bot überwiegend Gutes.
Der Vortrag wie das Spiel der Sängerin haben dramatisches
Lehen und Wärme; nach beiden Richtungen hin thut Frau
Mallinger nur oft zu viel, so dass der Vortrag überladen,
das Spiel forcirt erscheint. So litt die Schmuck-Arie, brillant
begonnen, iru Verlaufe durch zu ausgedehnte Ritanlandos, so
dass das Walzer-Tempo oft ganz verwischt wurde, während
das Spiel Nuancen zeigte, die eher für die Spiegelscene der
Zerline (Fra Dinvoto) gepasst haben würden. Frau Mallin-
ger fand grossen Beifall und öftere Hervorrufe. Dessgleichen
Herr Nie mann, dessen Faust eine anziehende und charakter-
volle Leistung genannt werden muss. Die Herren Salomou
und Betz als Mephisto und Valentin, die Damen Brandt und
Gey als Siebei und Martha behaupteten wieder ihre Plätze mit
allen Ehren Das Haus war ganz gefüllt. — Am 8. war „Don
Juan“ mit Frau Lucca und Herrn BetZ; am II. „Antigone“
mit Meodelssohn's Musik. Am 12. „Stern von Turan“ mit
Frau Lucca und Herrn Niemann; das Werk wie die treff-
lichen Leistungen der Genannten errangen sich wiederum die
reichste Anerkennung. Es bleibt schwer begreiflich, dass die
Oper des Herrn Wüerst, seit mehreren Saisons auf dem Re-
pertoir unserer Hofliühne und bei der verwaltenden Anmith an
Novitäten, noch auf keiner zweiten Bühne Eingang gefunden
hat. Eine so ungerechte Hartnäckigkeit der Theater- Vorstände
muss deutsche Künstler entmuthigen. — Am 14. Wiederholung
der „Margarethe“ in der oben angeführten Besetzung und —
Sonntag — überfülltem Hause.
Das Friedrich- Wilhelmstädtische Theater brachte zum Be-
nefiz des beliebten Tenors Herrn Adolfi mn 12. wiederum
zwei neue einactige Operetten, diesmal von hier noch unbe-
kannten Coinponiaten. „Der Vetter auf Besuch“ ein sehr harm-
loses Libretto, zeigte uns die entschiedene musikalische Bega-
bung des Herrn Kremp else t zer. Kapellmei ster am Stadtthea-
ter zu Görlitz. Gewandt in der Form, natürlich in den Ute-
men, sauber instninienlirt, halte die Musik, die nur noch zu
hörbar in Weber und Mendelssohn die Vorbilder verräth, den
besten Erfolg. Die Herren Mathias und Schulz wie die
Damen Renoin und Rigeno sangen und spielten das an-
sprechende Werk — das allerdings in seinen angeführteren
Formen schon eine komische Oper ist — fleissig und wirksam.
Der talentvolle Componist wird uns gewiss öfter Gelegenheit
zur Besprechung geben. Die andere Operette „Die keusche
Diana“ von Braun, Musik von Müllöcker ist ein unbedeuten-
des Product mit ebenso wenig Handlung als Humor; etwas
pamdirtc Mythologie, voila tont! Die Musik ist nicht besser als
der Text. Fräulein Koch als Diana und Herr Adolfi als
Apollo warn» die Träger der Novität, doch konnte es ihnen
nur selten gelingen, das Publikum zum Beifall zu animiren.
Während in Berlin die kleinen Theater wie Pilze entstehen,
wird in nächster Zeit eine neue stabile Opembüline seine Pfor-
ten öffnen. Herr Nowark, bisher Director des Magdeburger
Theaters, hat die Räume des Liebhabcrthealers Thalia gepach-
tet, lässt sie in möglichster Eile aiisbnuen und gedenkt seine
Oper im nächsten Monat beginnen zu lassen. Wie wir hören,
sollen die beiden ersten Vorstellungen „Troubadour“ und
„Fidelio“ sein.
Die dritte Sinfoniesoiree der K. Kapelle begann mit Ciie-
rubini’s kräftiger, lebendiger Ouvertüre zu den „Abenceragan“.
Hierauf folgte B'-elhoven's poetisches Clavier-Concert G-dur, vom
Kapellmeister Tauber! in so höchst sinnreicher, vortrefflicher
Weise vorgelragen, dass dem Künstler der wohlverdiente leb-
hafteste Beifall sowie Hervorruf lohnte. Die dritte Nummer
war Rob. Schumann*« Ouvertüre zu „Manfred“, ein Werk,
welches jetzt nach mehrfachen Wiederholungen die Anerken-
nung findet, welche seinen grossen Schönheiten gebührt. Deo
Schluss des Abends bildete Moiart’s grosse Sinfonie C-dur in
sehr exacter, schwungvoller Aiislührung.
Am 12. November Abends 7 Uhr fand in der Garnisonkirche
das geistliche Concert zum Besten der Jonas-Stiftung, unter Lei-
tung des König!. Musikdirectors Herrn Radecke statt und liAlte
die Mitwirkung solcher bedeutenden Kräfte wie des Herrn Pro-
fessor Joachim nebst Frau, des Herrn Concertmeister de Abu a
des Herrn Müller lind des Kot zoll’ sehen Gesangvereins, eiu
zahlreiches Publikum daselbst versammelt Herr Musikdireclor
Radecke spielte nicht Allein zwei Fugen (von Bach und von Schu-
mann| auf der Orgel, sondern AccompAgnirte auch, mit Ausnahme
des Chorgesanges sämmtlicbe übrigen Musiknummero, und führte
sowohl Soli wie Begleitung mit gewohnter Meisterschaft aus.
Ob bei der Begleitung die Registrirung der Orgel nicht möglicher-
weise allzu schwach gewesen ist, kann auch leicht ein Urtheil
sein, welches auf akustischer Täuschung beruht, jedenfalls aber
46 *
le
37tt
g«h es Flitze iu der Kirche, von welchen aus man von der Be-
gleitung nur ein wirres Gesumme hörte, während doch die Töne
der Geige klar und deutlieb hervortralen. Frau Joachim sang
eine Bach'scbe Arie mit obligater Violine („Erbarme Dich' 4 ) und
die Hände Ische Messias- Arie „Ich weise dass inein Erlöser lebt“;
beide wurde« von ihr vollendet vorgetragen und war besonders
die letztere von gewaltiger Wirkung. Herr Joachim spielte ein
Adagio von Tartini und das AhendJied von Schumann, ausserdem
noch mit Herrn de Ahna zusammen ein Adagio von Bach für
zwei Violinen. Ueber Herrn Joachim'« Spiel noch etwas sagen
zu wollen, ist wohl überflüssig, aber um auch Herrn de Ahna
gerecht zu seiu, sei dieses letzte Duo uoch besonders als ein Glauz-
punkl des gauzeu Abende erwähnt. Herr Müller spielte die Kir-
chen-Arie von Stradella (Tür Cello übertragen) und bewährte
sich als tüchtiger Meister auf diesem Instrumente. Der Kotzolt'-
sehe Gesangverein sang drei Nummern: Choral von Eccard, Ave
verum vou Mozart und Salvum lac regem von Löwe. Nur in
dem Choral traten die Teuöre hin und wieder ohne besondern
Grund zu sehr hervor, während sonst durchweg der Vortrag ein
gauz vollendeter zu nenneu war. Die Nüancirungen, hauptsäch-
lich nach dem piano zu, gelangen auch sehr gut — aber bis zum
kräftigen Torte gelangte der Chor eigentlich nie, ein Uebelstaud,
der auf die Grösse der Kirche zurückzuführeu ist und der auch
nur im „Salvum fac regem“ so recht an's Licht kam.
Die zweite Soiräe der Berliner Sinfonie-Kapelle erlitt in ihrem
Programm insofern eine Aenderung, als die Vorträge des Piani-
sten Herrn Mehrkens aus Hamburg, der plötzlich erkrankt,
ausfieleu; es blieb also dem Auditorium dieser Concerle nur uoch
eine Novität, die Sängerin Miss Austin aus Wisconsin, welche
ausser der Romanze aus „Robert“ noch Lieder von Beethoven
und R. Schumann vorlrug. Eine jugendliche, amnuthige Erschei-
nung mit einer frischen, vollen und umfangreichen Sopraustimuie,
erfreute sie sich einer sehr freundlichen Aufnahme und Anerken-
nung Seitens der Zuhörer, die sich bis zum ehrenvollen ller-
vorrur am Schluss des Schumaun'schen Liedes steigerte. Wenn
wir auch im Allgemeinen dem Unheil des Publikums beitreteo,
so müssen wir doch gestehn, dass die Stimme der Miss
Austin, hei allen ihren Vorzügen, doch wenig sympathisch
auf uns gewirkt bat; vielleicht liegt dies in einer gewissen
Schärfe und Sprödigkeit und in dem harten Ansatz des Tones.
Sobald Miss Austin ihr Material ökonomischer behandelt, ver-
liert dasselbe an Schärfe, es wird weicher, angenehmer. Hoffent-
lich wird uns noch öfter die Gelegenheit geboten, die junge Dame
in dieser Saison zu hören und unser Urtheil Über ihre Leistun-
gen tiefer begründen zu können. — Die übrigen Nummern des
Programms bc&taudeu aus der H - nioll - Sinfonie (2 Sätze) von
Schubert, der Ouvertüre „Zur Weihe des Hauses“ von Beethoven
und der Serenade Op. 11 von Brahms. Letztere enthält jeden-
falls viele interessante Züge, aber auch mancherlei des Wilden
und Ungeklärten; ausserdem hegcguel unser Ohr vielen Anklän-
gen an Beethoven, besonders au dessen Pastoral-Sinfouie. Von
den sechs Sätzeu der Serenade verdient das Menuetto seines
originellen Inhalts uud seiner pikanten Instrumentation wegen
hervorgehoben zu werden; nächst diesem zeichnet sich das
zweite Scherzo durch wohllhuende Frische und gedrängte Form
aus, wohingegen die übrigen vier Sätze, besonders das Adagio,
an zu grossen Längen leiden. Die Ausführung dieser Werke,
unter der umsichtigen Leitung des Herrn Professor Stern, war
vortrefflich. «j. r (
Correopoudcnien.
Paria, 13. November 1 809.
„Nun naht das Ende der Welt“ — so äusserte sich ein
hiesiger namhafter Componiat, der in den melatjcholischen Local-
tönen de» Orients, in der monotonen Poesie der Wüste und
uoter den Trümmern Herkulanum’s seine Lorbeeren pflückte, —
als er vorigen Sonntag das erste „Concert de l'Opi ri 41 gehört,
weiche Litolff, Gounod, Berlins, und die 9. Symphonie Beethoven’»
enthielt, und als ihm mitgctheilt wurde, dass die nächsten
Concerle Schumann, Liszt, Meyerbeer, und noch andere
neuere musikalische W eilst firmer verheissen. Möge sich der
Sänger der Wüste und des Altcrlhums beruhigen. Die nun
hochwogende, revolutionäre, musikalische Flulh wird bald wie-
der in ein geregelte» Belt zurückkehren, nachdem sie dazu ge-
dient, Bewegung io die drohende Stagnation zu bringen, —
und fürchten wir von derselben eben §o wenig aohnltende
Gefahr, als von den gegenwärtigen Wahlreden ultra-democra-
tischer Candidateu. Je excentrischer dieselben sich geberden,
desto rascher werden aie sich io der eigenen Flamme verzeh-
ren. lfm auf das erste Opera-Concert, unter LitoltTs Direction,
zurücksukommen, ist vor Allem ein sehr günstiger Erfolg zu
constatiren. Bei dem Umstande, dass bei diesem seit kaum
acht Tagen oeugebddelen Orchester, weder Künstler des sta-
bilen Orchesters der Opera, noch Mitglieder der Conservatoire-
uud Pasdeloup • Concerle, (deren Statuten die Mitwirkung bei
einer anderen Sociölö verbieten) betheiligt waren, und dieses
Orchester so zu sagen aus allen Windrosen zusaminenrekrutirt
wurde, so muss man über das in so kurier Zeit Gebotene nur
staunen. Es ist dieser Erfolg nicht minder ein Beweis für die
Tüchtigkeit des Dirigenten als für den Reichthum an ausüben-
den Kräften in Paris. Gleich die erste Nummer, LitoltTs Ouver-
türe zu Griepenkerl's Drama „Die Girondisten 41 , wurde mit
Enthusiasmus aufgenommen. Die darin mit genialen Meisler-
griff verwebten Tacle der „Marsellaise 44 übten im pracht-
voll iiistruimntirteu Finale eine electrische Wirkung. Diese
Ouvertüre ist berufen gegenwärtig in Frankreich Etlal zu
machen uud wurde sie dieser Tage wiederholt auch vou Ar-
bflh's (redlichem Orchester im Salle Valentinn mit Ähnlichem
Succes aufgeführt. Die hierauf folgenden Berlioz'schen Inslru-
nienlalsätze aus „Faust'« Verdammnis*“, bewiesen gleichfalls,
dass sich die Zeiten in Frankreich Andern; der hier sonst bei
Lebzeiten beinahe verketzerte Berlioz wurde nun mit Enthusi-
asmus begrüsst Von den drei Piecen „Menuet des feu-follets“,
„Valse de» Sylphe*“ uud „Marche hongroisc“, gelangte die
erstere zur Wiederholung; und sollen, auf Verlangen, diesel-
ben im zweiten Concerle am 23. d. M. wieder aufgeführt wer-
den. Jedenfalls ein Act arierkenoenswerther , künstlerischer
Pietät, die LilolfT hiermit seinem verstorbenen Freunde zu Thefl
werden lässt. Für zwei der folgenden Nummern übernahm
Gounod den Dirigentenslab, dessen vorgeführte Compositionen
(Frauen - Chöre aus Reine de Saba uud Adagio und Menuett
aus zwei seiner Symplmnienl trotz ihres melodischen Gehalts,
und ihres inneren logischen Baues, sich doch zu bescheiden
gegen die in den vorhergehenden Nummern gehörten Instru-
mental-Effecte ausnnhmeu. Ein wertvolleres, mit vielem Beifall
aufgenommencs Stück ist Gounod'» Adagio aus dessen zweiter
Symphonie. Dass der belivbto Autor des „Faust 44 vom zahl-
reichen und eleganten Publikum der Opera sehr freundlich em-
pfangen wurde, ist wohl selbstverständlich. — Die llauptnum-
mer des Concerts, Beethoven 1 « neunte Symphonie, ist bei ihrer
anderthalbstündigen Dauer berufen, einen Abend allein zu fül-
len, denn man darf dem menschlichen Gehöre nicht zu viel
nufbürderi, — sie bildete den vornehmsten Probierstein diese»
neuen Orchesters, das sich nach kaum drei, vier Probeu an diese
Riese naufgabe wagte, und solche grossenllieil», wenige der unsicher n
Einsätze abgerechnet, mit Meisterschaft bewältigte. Die im
GooqIc
377
Finalsatze durch das Quartett der Solosänger eingeführten, io
der Partitur nicht enthaltenen Dissonanzen, — Hessen allein
dae Bedenken erwachen , dass maß vielleicht zu rasch a» die
Gxaculion eioer der schwierigsten Aufgaben der Tonkunst
schritt. Wenn jedoch damit bewiesen werden sollte, wes guter
WHIe, gehaart mit Kunsttalenl tu leisten vermögen, so iat dies
im Ganzen auf*« Glänzendste gelungen, und gratuliren wie zu
der ersten Lebensbethätigung dieses Unternehmens. Demnächst
werden Liszt und Wagner eintrefTen, um in diesen Coocerten
ihre Werke persönlich zu dirigiren. Da man in Frankreich
den persönlichen Muth liebt, so ist es möglich, dass Wagner,
in derselben Opera, wo vor Jahren sein „Tantihfluser“ so un-
gastlich oiedergezischt wurde, nun etwa bei der DirecJioa sei-
ner Tannhfiuser - Ouvertüre donnernden Beifall ernten wird.
Jedenfalls werden sich die Pariser drängen, diesem interessan-
ten Debüt benuwohoen. — Im ThWlre italien hatte das gestern
statigehabte erste Auftreten des Fräulein Sees i als Nachtwand-
lerin einen ausserordentlichen Erfolg. — Frflulein Marie Rose,
die vor einem Jahre von der Opera comique geschiedene Künst-
lerin, soll demnächst in der Opörs als Margarethe in Gouood's
„Faust“ debutiren. A. v. Cz.
Stettin, den I. November 1869.
Während sonst gewöhnlich der Anfang der Wintersaiso«
ein wahres Füllhorn an musikalischen Gaben Ober uns aus-
luschütten pflegte, können wir in diesem Jahre nur von mehr
oder weniger spärlichen Anfängen unseres Kunslleb'ii« berich-
ten. Was zunächst. a uiu mit dem Theater zu beginoeo, die
Zusammensetzung unserer neuen Oper betrifft, so gewährt
diese weder einen beglückenden Besitz noch eine berechtigte
Hoffnung für die Zukuufl. Schoo der Umstand, dass alljähr-
lich ein (aat ganz neues Personal Zusammentritt, ist einer ge-
deihlichen Entwickelung unserer Oper im höchsten Grade hin-
derlich und kann deshalb von ciuem guten Ensemble bei una
erat nach Monaten die Rede sein. Anders wäre es, wenn es
der Direction am Herzen lAge, die wirklichen guten Kräfte,
wie sie doch auch bei uns jede Saison bringt, dauernd zu er-
halten: für den grösseren Aufwand an Mitteln würde der
künstlerische und auch materielle Erfolg reichlich entschädigen.
AU erste dramatische Sängerin hat sich Fräulein Marie For-
ma neck io kurzer Zeit die volle Gunst und den Beifall des
Publikums zu erwerben vermocht. Die Sängerin besitzt eine
jugendlich frische, kräftig gewachsene, ausgiebige und klang-
volle Soprsnstimme und bringt zur dramatischen Behandlung
künstlerisches Verständnis* und wählerische Auffassung, wo-
für besonders ihre Leistungen als Jüdin, Agathe, Valentine U- a. m.
erfreuliche Beweise lieferten. Auch für das Colnraturfach ist
io Fräulein Holland eine tüchtig geschulte und routiuirte
Söngeria, deren Stimme zwar den holden Lenz schon hinter
sich hat, gewonnen worden. Die neu engagirten Tenoristen
machen gewöhnlich bei uns gleich zu Anfang Fiasco: hier
haben wir es zunächst nur mit Experimenten zu Ihuu. Das
Publikum übte Lynchjustiz und machte riesshalb schon nach
kurzer Zeit das fernere Auftreten des ersten Heldentenors
Herrn Fekete unmöglich. Für diesen ist Herr Gräfe uberg
eingetreten, und werden wir später Ober ihn berichten. Herr
Stieb er hat trotz seiner grossen Jugend und Befangenheit,
doch einige Hoffnungen zu erwecken vermocht. Unter den
Bassisten haben wir besonders in Herrn Bagg einen tüchtigen
Repräsentanten. Din C.horleistungen, dieser ständigen Misero
fast aller ProvintialbQhnen, sind auch bei uns dasjenige, worüber
des Sängers Höflichkeit schweigen muss: vielleicht bringt uns
die spätere Saison Besseres: Bis jetzt zeigte sich der Chor eigent-
lich nur in „seiner Sünden MaienblQlhe“. Auch dem Orchester
unter Direction des Herrn A. Müller ist noch mancher Fortschritt
zu wOoscheo. Aus einer gewissen bedrückenden Stabilität de«
Repertoirs dürfte uns übrigens die nächste Zeit erretten: denn
man studirt Wagner 's „Lohengrin" und (horribile dictu !| „Die
Nürnberger Meistersinger 11 neu ein. Von auswärtigen Gästen
war bis jetzt Niemand erschienen. — Anfang Oclober hatte
der Liedercomponist Graben -Hoffman n einen Cydus von
drei Vorlegungen: „über die Musik als wesentlichen Factor zur
Erziehung und Bildung des Menschen 1 ' nngekündigt. Die vor-
wiegend compilatnrbche und unselbstständige Behandlung,
welche der Vortragende dem Stoff angedeihen liess, konnte
nicht verfehlen, den geringen Grad wissenschaftlicher Befähi-
gung und den Mangel an ernster künstlerischer Sclbsterkennlniss
schonungslos aufzudecken. — Die Concertsaison wurde durch
das erste der sechs Abonnement sioncerte des Königlichen Mu-
sikdircclors Herrn C. Kos sinn ly, welches am 22. Oclober im
Casinosaale stattfand, eröffnet. Ueber den Verlauf und die
Ausführung der einzelnen Nummern des Cunmts, dem wir
beizuwohnen verhindert waren, wurde uns Oberwiegeud Gün-
stiges berichtet, worunter besonders des Vortrages der H-moll-
Symphonie (Torsnj von Schubert und der C-moll- Symphonie
von Beethoven lobend gedacht wurde. — Unter andern Con«
certen ist noch ein geialliches in der Jacobikirche, gegeben
von Herrn Musikdirector Lorenz, und ein Wohlthäligkeils-
concert, gegeben von der tüchtigen Kapelle des Herrn Kapell-
meister Orlin im Casinos aale, zu erwähnen. — Der städtische
Gesangverein des Herrn Dr. Lorenz, der sich einer stetigen
Zunahm« und gedeihlichen Pflege erfreut, bereitet die Auffüh-
rung des „Elias“ von Mendelssohn für Anfang Deceinber vor.
Das hiesige Conservatoriuin der Musik veranstaltete am 23. Octo-
ber eine Abendunterhaltung seiner Zöglinge in der Aula des
Gymnasiums, die sich eiues zahlreichen Besuches zu erfreuen
hatte. Die Mehrzahl der Leistungen, besonders die instrumen-
talen Vorträge fanden beim Publikum beifällige Auf-
nahme. Die Frequenz der Anstalt ist bis jetzt immer
noch gestiegen: ein Beweis, wie sehr die Gründung eines
Musikinsliluts, das übrigens wie des hiesige auch Anfänger
aufoimml, dem allgemeinen Bedürfnis« entsprochen. Wir wer-
den seiner Zeit über die weiteren Fortschritte der Anstalt zu
berichten haben. Dr. K.
Weimar, Aof. November.
Gestatten Sie mir zuuächst, verehrter Freund, Ihnen von
einigen erfolgreichen Veränderungen m unserem „musikalischen
Weimar“ Notiz zu geben. In dieser Beziehung ist zunächst
zu vermelden, das der hochverdiente Professor Müller-Hartung,
der durch seine hervorragende Aufführung der Matthäus-
Passion glänzend bewiesen hat, wie sehr er es werth ist, ein
entscheidendes Wort in unserer gegenwärtigen Musikent-
Wickelung milzusprechen, Hofkapellmeister geworden ist. Als
solcher het er mit dem ersten Kapellmeister Ed. Lassen
die musikalische Leitung der Hofoper zu (heilen und die Con-
certo der Singakademie, die leider in der vorigen Saison ohne
die Schuld ihres vortrefflichen Begründers und Leiters sislirt
blieben, alleinig zu lenken. In dieser Beziehung gedenken wir
zu hören: ListPt heilig« Elisabeth, die vollständig einstudirt
ist, Händel'» Cäcilienode und Judas Maccabäus, sowie Schu-
mnnn's Faust-Musik und das „deutsche Requiem“ von Johann
Brahms. Infolge der neuen Charge Müller-Hnrlungs ist seine
einflussreiche Stellung als Klavierlehrer am Grossh. Sophien-
slifl an den trefflichen Pianisten Louis Jungmann, Dr. Töp-
fer’a und ( Dr. Liszt*« Schüler, Obergegangen. Den Gesangsunter-
30g
378
rieht am Gymnasium leitet neuerdings eia Mehliger Schüler
Müller-Hartung s, Herr Gymnasiallehrer Thiene. Bezüglich des
hochbetagten Altmeisters de« deutschen Orgelspiels und genia-
len Begründers des wissenschaftlichen Orgelbaues, Dr. Töpfer,
habe ich *u bemerken, dass derselbe gegenwärtig ernstlich er-
krankt ist. Io Folge dessen hat er sein Amt provisorisch
seinem Schüler, A. W. Gollschalg übertragen. —
In Betreff der Hofoper kann ich Ihnen nur recht Erfreu-
liches mittheilen. Bekanntlich war dieses unter Lisit hervorra-
gende Institut, unter Dingelstedt'« Leitung so ziemlich herab -
gekommen, so dass es der ganzen Anstrengung unseres ge-
genwfirtigen, ausgezeichneten Intendanten, Kammerherrn von
LoAn, bedurfte, um aus der misslichen „Sackgasse“ lierauaiu-
kominen. Gegenwärtig darf sich unsere Hofoper einer lieralich
beoeideuswerlhen Blüthe erfreuen, da das Personal derselben
ein für unsere Stadt wirklich seltenes ist. Neben dem emsigen
F. v- Milde — diesem Muster eines vorzüglichen Baritomaten
— haben wir als lyrischen Tenor, den trefflichen Jos. Schild,
und als Heldenlenor wird der viel versprechende, neu engagirte
und mit Glück debulireode Singer Herr Hesselbach jeden-
falls Herrn Maffert, dessen Fleiaa und guten Willen wir
durchaus nicht iro mindesten zu nahe treten wollen, bald ver-
dunkeln. Unsere Primadonua, Fräulein Anna Be iss, erbeut
»ich wieder der vollkommenen Sympathie des Publikums, wel-
ches letztere auch ihre aomulhige und begabte Collegin Fräu-
lein Radecke, sehr freundlich aufgenommeo hat. Auch Frau
Barnay hat, trotz ihrer nicht gerade glänzenden Stimmmittel,
seit der vorigen Saison ziemlich gewonnen, und erzielte na-
mentlich als Orlrud — Rollen wie Elisabeth im „Taonhäuser“
mag sie indes» unterwegs lassen — Norma etc. recht gute
Erfolge. Als grandioser Bass florirt gegenwärtig Herr Scaria
vom Dresdener Hoflheater bei uns und enlhusiasmirt unser mit-
unter ziemlich steriles Publikum. Vortreffliches leistete dieser
hochbegabte Künstler als: Mephisto im „Faust“, als Falstaff
io den „lustigen Weibern“ (diese feine komische Oper war
wohl ohne Uebertreibung, eine wahre Mustervorslellung zu
nennen), als Sarastro in der „Zauberflöle“, als Jakob in M6-
hul’s gleichnamiger Oper, als Bramahne in der „Afrikanerio“,
als Landgraf im „Taonhäuser“; als Caspar im „Freischütz“
trug er indess etwas zu stark auf, — auch io der Beschrän-
kung zeigt »ich der Meister. — Ausserdem hörten wir noch
in meistens sehr befriedigenden Darstellungen: „Lucretia Bor-
gia“, „Lucia von Lamermoor“, „Die weisse Darae“ (worin
Herr Schild als Georg Brown excellirte) und „Die Entführung
aus dem Serail“. Zum 28. sind Wagner’s „Meistersinger aufs
Repertoir gesetzt.
Das erste Aboonemeutsconcert (3. November) unter Stör
brachte: Meodelssohn's Ouvertüre „Meeresstille“ und Beethoven'a
„Eroica“, die wir nun zum soundso vielten Male gehört habeo. Es
ist ganz gut — aber auch sehr bequem für den Dirigenten
und die Kapelle — wenn man Classiechea immer und immer wieder
hört, aber es ist auch Ehrenpflicht so manches Andere, was
man noch nicht gehört hat, kennen zu lernen, wenn es in
aller Beziehung «chtungswerth oder gar hervorragend ist. Wa-
rum t.B. Hr. Kapellmeister Stör Rubinstein's geniales Charakterbild
„Iwan" wieder abgeselzl hat, ist uns nicht gut begreiflich —
wohl aber sehr bedauerlich. Als Solisten hörten wir unsern
vortrefflichen Kömpel io dem 7. Viohuconcerl von Spohr
excelleolissiroe uod Herrn Scaria in Recitativ und Arie aus
„Euryanthe“, und in Liedern von Harlmann und Gounod.
r-
Journal-Revue.
Die Neue Zeitechr. f. Musik enthält einen Nachruf an den
Fürsten von Hohenzollern-Hechingen. — Die Allgm. Musik-Ztg.
setzt die Beethoveniana fort — Die Signale bringen einen Aufsatz
über N. W. Gade sowie eineu New- Yorker Brief. — SOdd. Mu-
sik-Ztg.: Fortaetzung der Besprechung von Hanslick’s „Concert-
wesen“. — Der Meneatrel bringt Artikel 2 und 3 der Skizze Über
„Grisar“. ^
Nachrichten.
Merlin. Soebm ist im Selheiverlage des Verfassers, Herrn
Eduard Zaoharl* in Frsakfort a. M , sin Werk ..Vollständige
Konsipedal-Sahule oder das Kuoslpedal an Klavierioairumeoten“
erschienen, da*, weon dessen Inhalt sich für die Praxis als vor-
tbeilhaft erweist, ein« Revolution im Claviersplel bervorrufen
wird. Herr Zaeharil hat nämlieb ein neues Clavl«r-Pedal erfun-
den, welebca io seineo Wirkungen das jetzt gebräuchlich« voll-
ständig in den Schallen stellen soll. Wir werden demnächst
eingebeuder darauf zurückkomnten.
— Unser bewährter Mitarbeiter, der Kapellmeister ood Pro-
fessor der Musik Herr Heinrich Dorn, feiert« am 14. d. seinen
Ö5. Geburtstag. Möge der verdienstvoll« Küosiler oooh recht oft
die Wiederholoug dieser Feier begehen.
Bremen. Vergangene Woohe ging hier Auber’s „Erster
Glöekatag“ tnil ausserordentlichem Erfolge in Scene. Fräulein
Marek und Herr Geist sangen die Parthijm der Helene und des
Gaston ganz vorzüglich und ernteten reichen Beifall.
Brealnu. Haydo'a köstlichste aller Sinfonien, die sogenannte
Oxford-Sinfonie, welche er bekannllich auf Veranlassung der Ver-
leihung dei Doctorbotee geschrieben, eröffnet« das Sie Coneert
des Orchestervereine. Sowohl dieses Werk, wie die weiteren
Orebratrfnummern des Absuds: die Ouv*rluren zu „Lodolske**
von Cberubinl und „Sakuntala“ von Goldmark wurdet» unter der
verdienstvollen Leitung des Herrn Dr. Damroseh vortrefflich
extciitirl. Der Soliei des Coucerlrs war der Violoncellist Herr
Fr G rüt zinse her aus Dresden. Derselbe trog Schumson’s A-moll-
Cooeerl, sowie eko« lediglich auf die Technik berechne»# Fantasie
eigener ComposHion vor. Leidrr schien der Künstler nicht he-
aouders gut di*ponirl tu sein, da hin uod wieder die Intonation
oiehi reio zu neuoeu war. Ea traten aber dennoch so ftele Vor-
züge seines Spieles hervor, dass sich einige Cellisten bätteo darin
theilen köoueo und ea wäre für jeden noch genug übrig ge-
blieben.
loblenz. Für die erledigt« Stelle eines Musikdireclors am
hiesigen Musik-Institut hatten sich nlcbl weniger denn 50 Bewer-
ber gemeldet und fiel die Wahl des Vorstände» mit Stimmen-
mehrh«lt auf Herrn Mueikdtreetor Mazkoweky aus Schaffhaosen.
Danzig Fräulein Marie Haupt, tlo«* Schülerin des Herrn
Professor M a n li ua io Berlin, hat am 10. d. hier Ihren ersten theatrali-
schen Versuch io Bellioi'a „Norma" mit recht glücklichem Ge-
liog«h gemacht. Herr Muaikdirrclor Markutl schreibt in der
Dauziger Zeitung folgende» darüber: „bräulein Haupt besitzt den
Vorzug einer vorlrelllicheo Schul«-, die Stimme spricht leicht an
und Ist von achöner Biegsamkeit. Mil Vergnügen nahmen wir
in der weichen Tonbehandlung und in der fliessenden Colorafur
Feinheiten wahr, wie man eie nicht immer auf der Bühne anlrlfft“.
Darmstadt. Herr Robert Hcbeuermann hat am 3 d. in
einem von ihm veranstalteten Concerte sieb dem hiesigeo Publi-
kum als tüchtiger Pianist vorgeföhrt. Ruhe uod Besonnenheit
betOgliob der rbytmischeo Ausführung, verbunden mH einer cor-
reotrn gut gebildeten Technik, einem elsstiiehen und vollen An-
Googl
379
schlag keoozeiehnen nein Spiel und lieaaen Mozart'« G-moll-
Quartett tur vollen Geltung kommen. Wir haben die angenehme
Wahrnehmung gemacht, dass in deo nianolchfaltlgfb Stücken,
welche der Coooerlgrber tur Ausführung brachte, die intelligente
Auffassung und dae Eindringen in deu Geist d«a au reproducl-
rend« u Toowerkea ein Hauptmoment bildete, welche« su bedeuten*
den Erwartungen für die Zukunft berechtigt. Die virtuoa« Seite
kam hierbei durchaua nicht xu kurz, aondero trat um ao mehr
hervor iu dem Scbumann'acbeu Duo für 2 Plaooforle, worin daa
zweite durch Herrn Deurer trefflich vertreten war, aowie in dem
PrAiudium und der Fuge (E-moll) von Mendrleaobn. Etnatimmi*
ger Beifall dee zahlreichen, den Concertaaal faat überfüllenden
Publikum» lohnte die trefflichen Lelstuugm des atrebaamen
Künstlers.
— Daa GroaahrrzoglU he Hofthealer beging atu 7., 8. und
9. d. durch drei Featvoratrlluogen die Feier aeines lüiifiigjfibrlgrn
Beatehma. Dieaelbe Oper, m>l der re vor 50 Jahren eröffnet
wurde, Spoutini'a „Ferdinand Cortez", ging am 7. In einer Ober*
au» prachtvollen Ausstattung und in der gewohnten ausgezeich-
neten Iiiuaikaliacbeu Vorbereitung durch Herrn Holkapellroeiater
Meawadba in Scene. — Der Groeaberzog bat aua Veranlaaaung
dieaes Tage» den langjAhrigm, verdienten Direclor d«a hiesigen
Holtheatera, Herrn Teacher, suin Geheimen Hoirath ernannt.
Am 8. ging Sebiller’e „Demetrius". am dritten Fest tag Spobr's
„Jesaoo'la“ io Scene.
Hamburg. Herr Hofkapellmeiater Franz Abt hat am 10.
hier eiu Concert gegeben. Seine gauze Mitwirkung beatand da-
rin, daa» u. A. einige seiner Campoaitioneo zur Aufführung ge-
bracht wurden.
— Auber'a „Erster Glückatag“ ist nun bereits Ornat hier
gegeben worden und hat aiob der Erfolg, bei auaverkaufteu Hlu-
aern, «Irts auf gleicher Höbe erhalten. Es lAael aieh d«mnaeh
nun mit Beati mmiheit «nurbrntn, daa« daa feio-komieche Werk
dauernd Rrpertoir-Oper bleiben wird.
Knrlarahe. Die durch alle Zeitungen gebende Nachricht
von dem Abgänge unteres vortrefflichen Holkape llmeisters Herrn
Levi nach München bewahrheitet aieb glücklicher Weise nicht,
sondern derselbe bleibt unterer HofbObne nach wie vor erhalten.
Königsberg. Daa Sie Orgele - Lauterbacb • Joaephi • Coooart
bAtte vorige Worbe bald nicht etaltQoden könnm. Der Piaoiat
Joaephi erklArle nlmlich kurt vor Beginn deaaelben, wegen aua
pekuniArrtn AuJaaae unter deo Coooerlgebern aoagrbrochener
Differenzen und, wie man glaubt, durch dreiste Hetzereien sog.
KuoalmAceoe bealArkl, nicht apieleu zu wollen. Ea musste desa*
halb dia Polizei augerufen werden, welche Herrn Joaephi bedeu-
tete, data er seinen Verpflichtungen gegen daa bereits versam-
melte Publikum narhkocamen müsse, was derselbe denn auch
tba>. (Ij Herr Joaephi hat sich nun von «einen Collrgeo getrennt.
— Daa Ereignis» der dieajAbrigen Campagne des Stadllbee-
tera tat die Aufführung der „ Afrikaoerin“ von Mryerheer. Man
hat der hiesigeo Dlreclion vielfach den Vorwurf gemacht, dass
dieselbe den Köoigab* rgerii das posthume Werk dea berühmten
CoraponisieD ao lange vorenthielt, aber wie es «Ich jetzt heraus-
stellt, hat aie welalicb gehandelt, indem die in den beiden letzten
Jahren hier eogagirt gewesenen Künstler keine Garantien boten,
dies« Oper zur vollsten Geltung zu bringen Erat iu diesem Jahre
gelang ea der Direction, einen Künatlerkreis zu gewinnen, wel-
cher ein sicheres Gebogen progoosticireo lleaa. Und so war es
auch. — Der Kapellmeister Hlllmaoo atudirte die Oper mit
allem Fleier** und der grössten Sorgfalt ein uod leitete daa Ganze
mit künstlerischer Ruhe und Sicherheit. Dl« Mies en ec&ac dra
Herrn Oberregiaseura Wagener war eine ganz ausgezeichnete,
Ausstattung ao Dakoratiooeo, Costa tuen feiuaitlk-h neu), Requi-
siten etr. sie. wahrhaft grossartig. Die Ausführung von Selten
des Opern-Peraonals erwies sich In allen Theilen wohl gelungen.
Die Dlreclion bst dia Parthie der Sellka doppelt besetzt, indem
FrAulcl» von Pöllmlz wi» FiAulvin Budiachowsky io der-
selben alterniren. Gelang ea Eraterer namentlich durch das
Spiel tu excelliren. ao war es hei letzterer Dame die gesaaglichr
Ausführung, welche hervorzuhe!*en ist. Vorzüglich war die Wie-
dergabe der Roll« des Neluiko durch Herrn Brand ea; Herr
A liegt: «eng den Vaaco mit einem im Ganzen glückliehen Er-
folg*-. - Herrn Geb. -Rath Woltersdorff gebührt für die ao vor-
treffliche Vorführung des grossen Werkes der beste Dank; das
Publikum hat ihm denselben schon dadurch gezollt, dass es sieh
hri sliumllicheu ttattgebabten Vorsteiluogen so zahlreich eiufaod,
dass kein Platz im Hause leer bli«b. Die Aufnahme d«-r Oper
seitens des Publikums war eulbuaiaatiacb.
Leipzig, 13. Novrmber. Am 9. d. gab die „Euterpe" ihr
2les Concert mit einem Im Ganzeu ebenfalls günstigen Resultate.
Zurrst ist des Herrn Concrrimeieler Hcekmanu rühmlichat Er-
wAhnuug zu thun, der das Vleuxtemps'acbe 4te Violmconcert und
Bflch'a Chaconne vorlrug. Die Leistungen des genannten Herrn
sind jetzt mit dem PrAdinnte „ersten Ranges" su bezeichnen, da
sowohl die Ttcbnlk aul der erforderlichen Höhe »lebt, wie auch
der Vortrag alrb als musikalisch durchdacht erweist FrAulem
Zlmm ermann von der hiesigen Oper Ist eine mit prAcbtigen
Stimmmitteln begabte SAngerio, bei der ea aber leider mit der
Ausbildung derselben noch sehr im Argen liegt, so dass sich
von einem Kunstgenuss noch nicht reden lAsat. Sie sang Bee-
thovens Scene und Ari« „Ab perfldo" sowie Lieder von Schu-
mann und Vogl, vermochte aber höchstens durch daa letztere
derselben zu befriedigen. Das Orobcater leistete io Spoo-
tinl’a Olympia- Ouvarture und Bcelboveo'a B-dur-Siofonie Ver-
dienstliches. — Das letzte Gewaodhaue-Coocert bot Genüsse aus-
erlesenster Art; die Parole deaaelben waren di« Namen: Con-
certmeister David und Frau Peaebka-Leutoer. Ueber Beide
habe ich Ihnen Io meinen Berichten schon so viel Rühmliches
mitgetheilt, dass ich heule in Verlegenheit nach neueo Attributen
bin. Ich nenn« deeshalh nur die vorgetrageneu Sachen —
Violin Concert tn A-moll von Violti, Andante und Scherzo ca-
priccioso von David, Coocertarie „Ma, che vi feca" von Mo-
zart und Cavetine aua „Taocred" von Rossini — mtl dem Bemerken,
dass die hohe Könatlerachaft der Genannten wieder im hellsten
Licht« gllnzte. Das Orchester führt« di« Ouvertur« zu „Iphigenie
In Aulia" und Beethoven» A-dur-Slnfonl« In gewohnter schwung-
voller Weise aua. — a.
Magdeburg. Herr Musikdirektor Rebling bringt diesen
Winter Wöeral'a D-moll- Sinfonie zu Gehör. — Der hiesige
Klrcbengesangverrin unter Leitung von Herrn RebÜDg wird
im Laufe dea Wlolers folgende Werke zur Aufführung bringen:
„Ein dauleobea Requiem" von Brahms, die „ Fauetmueik" von
Schumann, die „Jahreszeiten“ von Haydn, die „Ruinen von Alben"
von Beethoven uod die „Johanneapaasion" von Bach; erat*res am
Todtenfeate. den 21. d., und letzteres am Charfraitage 1870.
MAnHieai. Der Tenorist Herr Bachmano, welcher seil
seinem Engagement an uoeerer Hofbdhne fast immer von Hals-
leiden ergriffen war. bat, wie verlautet, ein Jahr Urlaub erhalteo
uod gehl zur Herelelluog «einer Gesundheit nach Italien. — In
authentischen musikalischen Kreisen spricht man seit einigen
Tagen einzig nur von eiorm jungen Tenor, dessen herrliche
Stimme in elDem Privalzirkrl jüngst Aufsehen erregte. Dar junge
Maoo, Herr Salzberger, lat Provisor iu eioer hiesiger) Apotheke
uod wurden seine seltenen Mittel von drm Gesangsprofesaor
Herrn Herger io einem Cooeerte dea akad. Gesangverein« er-
kannt. Herr Herger wird die weitere Ausbildung dea Provisor-
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Tenoristen übernehmen und toll derselbe deimidebt in einer Mn-
tinee des philharmonischen Vereins singen, so dass man sieh such
io der Oeffmtliehkeit von seiner Stimmbegnbung Oheneugeo kann.
Posen. Das aui 80. v. M. io der hiesigen schön erleuchteten
Paulikirehe stattgehAbte Geistliche Concert verdient in mehrfacher
Beziehung einer besonderen Erwähnung. Zunächst muss die
gesammte Ausführung unter der vortrefflichen Leitung des Orga-
nisten der Kirche, Hrn.C. Mennig jr. nie durchaus gelungen bezeich-
net werden. Der Chor insbesondere war in allen einzelnen
Stücken von trefflichem Klange, voll von den edelsten Nünnciruu-
geu, goldreiner Intonation und — was anderen grösseren Chor-
masseu gewöhnlich mangelt, von deutlicher und klarer Aussprache
und sicherer Declaruatiou. Diese Vorzüge sind um so mehr anzuerken-
nen. als die Personen, welche bei den Musiken in der PAiilikirehe tliAl ig
sind, sich erst seit einigen Monaten zu diesem Zwecke zusam-
mengerunden haben. Demnächst verdient die Ziisainmenslelluug
des Programms gerühmt zu werden. Zwei Psalmen von Men-
delssohn und das „Ave verum“ von Mozart wechselten mit Solo*
sAtzen aus dem „Paulus“ und „Elias“, so wie mit Seb. Bach'»
grosser C-moll-Fuge und einem Orgeltrio desselben Meisters ab.
Das Hauptstück des Abends war aber Seb. Bach's herrliche Cau*
täte: Gottes Zeit. Es ist wohl das erste Mal, dass eine der Cau-
talen dieses grossen Tonsetzers hier öffentlich gesungen worden
st. Es gehört immer einem für Bach'sche Musik nicht vorbereiteten
Publikum gegenüber Kühnheit mit einer gewissen Resignation
verbunden dazu, ein solches Wagnlss zu unternehmen. Der
überwältigende Ernst dieser Tonstücke, ihre strenge Schreibart
und der kirchliche exegetische Geist, der sie beherrscht, erfordern
ein tieferes Eingehen in die Musik, als bei einem, wenn auch
gebildeten und musikalisch empfänglichen Concert-Publikum der
Regel nach erwartet werden darf. Und doch muss einmal der
Anfang gemacht werden. Die Ausführung war durchaus gelun-
gen. Chor und Soli gaben sich ihr mit voller Seele und mit
sichtbarem Verständnis* hin. Dank sei dem wackeren Dirigen-
ten und allen Milwlrkendeti — r.
Stuttgart. Erste Soirte für Kammermusik der Herren Pruck-
ner, Singer und Speidel: Violin-Sonate in G-dur Op. 96 von
Beethoven, Chaconne für Violine von S Bach, Clavicrstücke von
Henselt und Chopin, Variationen für Cello uud Clavier von Men-
delssohn und Trio in G-ntoll Op. 110 von Schumann.
Alexandrien. Ain 21. Ortober wurde hier die Oper mit
einer glänzenden Voisirllung von M* yerbeer*a„Afrikan*'la a ' eröffnet.
Rio de Janeiro Lecoq's hochkomische Bouffo-Oper „Thee-
blunic“ ist hier enthusiastisch aufgenommen worden.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Berlin.
13. November. 21 » musikalische
Soiree der Berliner Sinfonie-
Kapelle unter Leitung d llrn.
Prot. Stern. Serenade D - dur
eon Brahma. Hutname a. Ro
berl** von Meyerbeer ( Mi**
.Austin iai Winooiuin). 2
Sitte «an der H-moll-Sinfoiiie
von .Schubert 2 Geolog*.
Mignon ». Beethoven, Walde*-
ge*prlrb »• n Si hum* cm i.Mi»«
Aualm). Ouvertüre tu r „Weibe
de« liauaeo" von Beethoven.
20. |. Scliumenn-Soirte von V.
Bendel unter Mitwirkung von
Freu Pranttaks Wflerst. So-
nnte FiamolJ (Ptormlen und
Eu»ehi«»)- 2 Lieder: ») „Kr
der Uerriichale von Allen**, b)
„Oer arme Peter*. CUvier*
•türke e Romani* Pie-dur.
b, Aufschwung. * Warum?
d. Novellrtle in E 2 Lieder
* Unter Myrtben und Ruaen.
b. Ich grolle nicht, (.‘arnaval.
21. latea Coneaet der NinRaende-
mie Chor au» „Bleib bei un«”
vnn S B*rh. „Uoltra Zeh ial
dia ejlerbefcte Zeit“ *. S. Harb
Henuiem von Motart
28. Oonoert von Xaver Kehar-
weaika. Ouvertüre (Sr Orchester
von Scharwrnka. Pfte.-Concert
A-moll von Sehuinann Sehen»
H tu "II von Chopin. (Maren-
Etüde vnn Kulleii Prael. and
Page Ktuoll vnn Mendelssohn.
Pfle. Conrert E»-dar v. LUit
AagBborg.
1. November- Conrert von Carl
Kammrrtander, nntar .Mitwir-
kung d>r Opernslng Frau
Uain - Srhnaidlmt'rr und de«
Herrn Wallenreiter. M* Suite,
j von _E£._L*rbn»r. Bevit «I I
* und Arie für Sopran aua
„Dia Vi. In ii ^ ' von Haydn,
(gee. v. Krau Hain • Sebnaiotin-
ger) 2 Lieder fflr Bariton von
Kainratriander. (gaa von Hm.
Wallenreiter). „SaUmia“ fOr
Minner. Ii.jr und Ofrbreler vom
B ruch. Concert-Uuverlure von
Ricta.
Brauoschweig.
9. Novbr. 2. Abonn.-Coacert de«
Vetetna für Conrert-Muaik un-
ter Mitwirkung der Pianistin
Prlul Hauff» aua Lriptig, der
Bi>r«pern*lngerm Frau v. ü»
Us-Bognar aua llannorar, des
C o n c e i
Herrn Siufonie-Direclora Bin-
menatengel und de« llrn. Kam-
mermuaikua Kindermann Tno
D moll Op 8J ron Sch imann,
Arie a. d. Oper -TraviaU" vun
Verdi. Clavler»oli. Gavotte v.
Bach Trannveawirren v. dehn-
mann. Seherin R-inoll v Cho-
pin Variationen für Gesang v.
Kode. Sonata für Pianof und
Violine c. -mull Op. SO No 2
von Be«4b«ven.
Gas sei.
12- November. 2ta Soiree für
Kainmermunik dea Herrn C.
Wipplinger. Quartett G • dur
Op 145 von Spotir. Krault er
Sonate Op. 47 von Beethoven.
Quarletl Ea-dur Op 12 von
Mendelssohn
Danzig.
12. November CaiKart der Mar-
ren Orgele , Lautcrberh. Jo-
aejtbi. Kreutier-Sonat«, Op. 47.
vam BeethawML Reell, u Arle
aus „Susanne“ von Hlndel.
Seaang»ae«*n« von Spotir. Cfa-
viarsoti. a) Client polunaie v.
Chopin. b) Tranmeswirren
ron Sebumann r) Tarantella
von Llaat 2 Lieder von Srhu
mann, a) SabOne Wiege mrioar
Leiden“, bl „Irh grolle nicht“.
Abecidlied V Sr hu na an ii Con-
eertnolonaiae von Leuterbeob
Lieder von Sebnhert. a) „Dar
Lindenbanin“, bi .Auf d»m
Plaaae“. e) JVindebeu“.
15. Concert der Piaaiatin Marie
Wieek «nd der Mngerin Theo-
dora Schmidt Sonata Ka-dur
Op. 77 vnn Beethoven, Arie:
„Adi iah liebte“ aua „ttelmoale
i -und Conotani»* vnn Muiart
1 Camev»! von Sahumann Lie-
der PrtHilingannrfat vnn Srhu-
mann. Frau Nacbligall v. Tau-
ben. Valae Cis-*noll Op. A4 und
Battada An - dur von Chopin
Bolem v, Verdi. Claviernoli a.
«igu» v linealer, b. Impromptu
Ra-dur v. Schubert c. Valte-
Caprire nach Schubert No. 8
vou Lasst.
Göttinnen
II. November. I. akndamiaehe«
Concert untar Mitwirkung der
K. Hofopern* Pegolain Garthe
aua Hannover Vierte Sinfonie
(H-dur) von Beethoven. Reait.
und Arie aua ..Figaro*« Hoch-
rt-Repert
Mil“ von Motart (Prl. Garthe).
era.tr« Pianoforla-Cnncert iC-
dur) von Beethoven (Herr Wal-
kerUog). Andante a. d Op»r
„Di* Afrikanern!“ von Meyer-
beer (Prlulein Garthe). Ouver-
türe au da« „Hebriden- vnn
MendeU-ohn Drei Li»der:
*) „Am Wege hat die Rnn« ge*
blohr von Hill*, bj „Wo ein
treue« H»rxe in Liebe vergeht"
und c) „l»h «chmti* en gern in
alle Binden ein* von Schu-
bert (Friutai« Garthe).
Hamburg
9. November, late Ouartett-Un
terbaltnng. auvgeführt von de«
Herren P. Htihorotb.A-Sebmahl,
R. Kayaer. L. Lr« u. J Haie.
Quartett von Haydn (G-dur)
Op 77. No. 2. Quartett von
Revthoven (A-molD, Op. IR,
Quintett von Motart (C-dur).
12- November Ente« Abounn-
ment-Conrert dra CJteilienver-
ein». „Die Jahreateitrn** vun
lleydn. Sotiaten: Pr*u Waller-
Strauaa aua Raarl, Herr W..|.
Irr» aua Braunaehweig, Herr
Srkulte.
Ulptlg.
1k November. Zweite« Conoert
de« Muaikvereina „Eulrrpe“.
Oovtetnre au „Olympia“ *o«
Spmitini Coneeri • Arie (Ah!
perfldo) von Baethoven. v«rg.
von Frln'viu Zimmermann.
Mitglied de« Stadtlhealeru tu
Leimig. Conrert (N.* 4) fOr
Violine von Vienstemp«, T org
von Herrn Conrertiw R lle>»k.
mann in I^iptig Lieder fOr
Sopran ( Prlulein Zimmer-
mann)- Cbanonne fflr Vn>lm-
Kolo von .1. S Barh (Herr
Coneertm Herkmann). Sinfo-
nie <No. 4) B-dor v Heelhu.e»,
11. November. Seoh«tea Gewand-
liaua - Conrert. On vertu*« tu
„Iphigenie in Auliv“ v Gluck
Concerl-Aeir von Motaei, ge«
von Prau Pe*rhka - Leutner.
Cnnrert fOr Violine (A-molll
von Vlotli. vargetragen von
Hrern Cuneertm. P. David.
Cavalin« au« „Tanreed" von
Roasini, ge« v. Frau Pe*nhka.
Leu leer Andante u Keberto
eaprireinao fhr Violine rompo-
nlrt uud vorg. von Heer« Con-
eerlfl». David Sinfonie (No 7
A-dnr) von Beethoven.
o r I n in
13. 2. K •inmermuaik im Saale
d*H SreiadkiDMi. Milwir-
kende di« Herren Coneorlm.
ROntgen und David. Hrrmann
und Urgar. Quartett (C-dur)
v Motart Lacglieito.Corrrnle u .
Sarabande für Violuneeü v. 8.
Bach, Quartett (Ea-dar) Op. 74
v«n ReelhnvMi. Cuueert für
Streirhorrbrater , 2 nbligal»
Violinen und obligate« Vivlon-
rail (G-mnll) ron HRadeL
14 Concert de« Vineentiu«-Var-
eina ( Bewirkende : Frau Dr.
Pr«rhka - l>atnrr. Frl Borr4.
Prlulein Fichtner, Frau Ru-
dolph und die Herren Groaa,
Haubold, Hegar und Gumpert)
Trio (C moll) vnn Heetlioven.
Arie ..Q. Itör* mein Fleh'nl“
au» „samaon“ vun lllndrl, 2
Cbaraklerstdek* für Viulonoell
von Rufer 2 Duette fflr Sopran
und Ah. a) „WehmiHh“. b)
Jm Mai" »on Thterfelder. So-
lo«iaeke fflr Pianufurte. „I)ea
Abends“ von .Schumann. P u lo-
naive (Aa-dur) von Chopin. 2
Lieder mit Pianoforle a) „Dar
Doppelgänger“ von Schubert,
b) . Die Nachtigall »aa« km
Laub- von Paul. Nueturne fflr
Horn und Harfe w-ii Oberthflr.
19. Concert de« Riedel’aelien
Vereina. Aufführung von Men-
delaaubn’s Orrtorluui „Paulus“
mit den Sutlalan- Frliqlciiia
Ziminermnna u. Martini, Her-
ren Schild und Degrle.
■ »gd.karg
3. November 2te« Conoert im
l-ogenhan»e. Ma^ffa 4)|
- Ka-dut-iutU. kV Lach ii er fNeu). |
Arie aua der llper „Figaro" v.
Mutart, ge*, von FrkuDin A-
Stcir.ii au» Weimar 2 Lirder.
a) „Am Bache“ vnn l,«ng. b)
. FrÜlilingagMfeZnge' v. Krant
(Frlul. A.Steffm ). Enlr’ Act
a. d. Oper -JLflnig Manfred“
von Rrinerke. Lieder, a) ,.Per-
»•«ehet Lied“ von Hnbmatein.
b) „Du tlebliebe« Thal“ von
Hemeeke (Prkul. Steffen). Ouv.
tnr Oper „Leonnre“ von Bee-
thoven.
Hänchen.
13. November, lale Soirbe d Kgl.
Voralkapelle: Motette .Viliinmig
von Laaiiu. 2 4M CliAre : a) „ti
bene Jeau", b) „CUnalua f*c-
tu« r»r von Palastrroa. Duett
fflr Sopran und Alt mit Org«l-
begleituog vnn Clarl. „Maria
wallt tum Heiligthum*'. flslim-
mig von Eoeard. Adagio fflr
Vt,|one»ll und Orgel voo J. S.
Baeh Zwei altenglUche Ma-
drigale von Morley und We*l-
kea Motett» ..FOrvble dich
nicht ' von J. Bach Zwei |>-
der fflr Sopran von Händel u.
Gluck (Freu Dien Dm vier-
•timraige Lieder, a) „Frühling«-
heb»“ von tlauptmaon. b) „Die
W'iiaaerroae 1 * von Gade. e)
„Maien lied“ von Hauptin an u.
Geaang *u» „FiagaJ“ v. Uaaian
von Brahma. Paalm „Rirhte
mich nicht“ von Mcndetatohn.
StollgArL.
9. November. 2te* Abonnement -
Cunccrt unter Leituog d. Huf-
kapellm Carl Doppler: Con- i
oerl-OureriuM Ra tir v. Lad- f
I painlner. Arie aua d . Of •d«*-
«und«'' v Spohr (Herr Bertram |.
Violmeoli. a) Romania (P-dur)
v. tteelbnv»n b) AHegm de Con-
cert iD-dur) von Paganini (Br.
liofeoueertm E Singer) Lie-
der. al „Suleika“ v. Mcndolt-
aohn. b) . Die Norlitigalh voo
AlabiefT (Pmu Marlow) Stn-
fonie No. 4 B dur (Op. 8b) v.
Beethoven.
B&flbl.
II. November Om Abonne-
ment« • Cnnceet unter Mitwir-
kung dea Herrn Carl Wallen-
reiter au» London und der
Pianistin Prlul. |e Heau aua
CarLrobe: Sinfonie in C-moll
von llaydu. Arie deo l.yeiart
aua d. Oper „Kuryanthe“ von
Weber. Pfle. -Concert Ii - moll
von Mrnd-Uaoliii- Arie a d Op.
„La Cleinmta di Tito“ von
Leo. Clavteratflak«. Norturo«
Dp. 9 Na. I «on Chopin. Lucia-
Fantasie v Llatt, Lieder, a Ra
blinkt dar lltau von llubin-
etain. b Dein Angeaicht von
Schumann r. Die Poet v. Kenn-
bert Duverture t. Op „Der
Alchy an*t“ von Spohr.
Paria.
II. .V Conrert popnlalre: Ga vor-
tar« tu „Trlt- von RoaaiaL
Emir« von Beethoven. Dover-
Iura tu „KAnig Loar“ von Ber-
liog (I .Auffblirung) Larghetto
an* dem Clariiinlenaoinaitt v.
Motart. R»iig4«er M iraili aua
„l^obengrm- Ton Wagner.
Verlag voo Ed. Bote dt 6. Bock (E. Bock), Königl. Hofinutikhain1lnn< iu Berlin. KrttnzOsisetie Sir. 33e. und U. d. Linden No. 27.
Druck von C. P. Sshmidt m Bettln. Unter den Lindoo Na. 30
XXIII. Jahrgang M 47,
24. November 1809
Von dieser Zeriuojc erecheiol «Ochtntlioh
nnt Nummer.
Zu beziehen durch:
Will. Spiee. Haslinger.
PAIUS- Brandes it Deiner.
L01D0I. Noeallo. Eemr 4 Ce Hamniood <V Co.
It. PETERSBURG M Brrnard.
STOCKIOLI. A. Lendquiel.
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-,l i
NEUE
nv-nu. | Lffr«.*..
BARGELOH A. Aiidrta VMal
WARSCHAU. «rbrtkntr « WolS
AMSTERDAM. SeyCardl’aohe BücMuq4Iu«i(c.
9A1LAHD. J. Rieordi. F. Luooa
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U. d. Linden No. 27. Posen, Wllhelmatr. No. 21,
Stettin, Königsstrnoee No. 3 und alle
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des In- und Auslandes.
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der Neuen Berliner Musikzeitung durrh
die Verlagshandlung derselben:
Ed. Bote 4 0. Bock
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Jährlich 5 Thlr. i mit Musik-PrAmie, beste-
Halbjährlich 3 Thlr. ‘ hend in einem Zusirhe-
runics-Scliehi im Betrage von 5 oder 3 Thlr.
Ladenpreis zur unuinschrAnkteu Wahl aus
dem Musik-Verlage von Ed Bete 4 G. Bock
Jährlich 3 Thlr.
^ in Berlin, Unter den Linden 27, erbeten. | H«.lbjihrllch I Thtr. 25 Sgr. 1 t * ,,u Prämie.
Insertionspreis für die Zeile lf Sgr.
Inhalt. RrrMiaiae. — Berlin. Re««» — Corr**p«*0«fli»n »na Dreadaa. Paria. P*4er*burg und Prag.
Juumal-Hevua. — .Narhnrbten. — CnnreHrepeHoriniB. — Inaarale.
Ilanafick, Eduard. Geschichte des Concertwesens in
Wien. Wien 1869. Wifh. Braumöller, in gr. 8. VII
und 438 S.
Der Herr Verfasser begegnet uns hier zum ersten Male
als musikalischer Geschichtsschreiber. Als Aestheliker und
musikalischer Kritiker ist er nah und fern wohlbekannt und
seiner Feder haben wir manchen trefflichen Aufsatt zu ver-
danken. Wien hat von jeher musiknlischerseits. sowohl
durch »«'ine Gomponisten und Theoretiker als praktisch
musikalischen Leistungen Anspruch auf Beachtung erheben
können, so dass das vorliegende Werk als erstes, welches
die musikalischen Leistungen, wenn auch nur der spAteren
Zeit, geschichtlich behandelt von grossem Interesse sein muss.
In dem Vorworte rechtfertigt sich der Herr Verfasser,
warum er seine Geschichte erst io der Mitte des achtzehn-
ten Jahrhunderts beginnt und die frühere Zeit unbeachtet
gelassen hat: „Dass die Mitlheilungen über die Anfänge
unseres Gegenstandes nicht weiter zurückreichen, erklärt
sich einmal aus der Dürftigkeit der Quellen, sodann aus
dem modernen Ursprung des Concertwesens. welches erst
bei seiner vorgeschrittenen Entwicklung des Instrumental-
spiels möglich und mit den Composiliooen Bach’s und
Haydn’s wirklich wurde. Das siebzehnte Jahrhundert kannte
Concerle eigen' lieh nur in der Form von Tafelmusik, ln
der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts hatte man
Concerte, aber noch kein Concertwesen“.
Das Werk zerfällt in vier Bücher und soll nach den
jedesmaligen Uebersch ritten den Zeitraum von 1750 — 1868
umfassen. In der That beginnt es aber erst mit dem Jahre
1771, so dass man über die ersten zwanzig Jahre dieser
Zeit nichts erfährt und nicht recht einsieht, warum der
Herr Verfasser das Jahr 1750 als Beginn seiner Darstellung
hinstellt. — Die Wiener Tonkünstler-Societät, welche sich
im Jahre 1771 bildete und von 1772 ab jährlich vier Con-
certo gab, beginnt den Beigen des Wiener Concertwesens.
Sie beistand lediglich aus Fachiuu&ikera und hatte sich durch
umständlich ausgearbeitete, engherzig und philisterhaft ab-
gefassto Statuten dermaassen verbarrikadirl, dass selbst ein
Haydn und später auch Mozart theils für die Ehre
dankten der Gesellschaft beizutreten, theils nicht für wür-
dig gehalten wurden, in dieselbe mitgenommen zu werden.
Ihre Leistlingen müssen übrigens auf schwachen Füssen
gestanden haben, wenn uns Herr Hanslick mittheilt, dass
der Kern dieser neuen Tonkünstlergesellschaft von den Mit-
gliedern der Kais. Hofkapelle gebildet wurde, dieselbe aber
(wie Seite 8 zu lesen ist» im Jahre 1772 nur aus 20,
grüsstentheils invaliden Mitgliedern bestanden hat. Noch
sei auf derselben Seite (Anmerkg. II eines Irrthumes ge-
dacht. welcher auch anderswo schon begangen worden ist.
Herr Hanslick theitt dort mit, dass erst im Jahre 1696 die
Stelle eines Hof - Compositors am Wiener Hofe geschaffen
wurde, das ist nicht ganz richtig, denn schon Christian
Holländer war Componist des Kaisers Ferdinand, wie
man 1570 auf dem Titel dor ..Neuen teutschen Geistlichen
und Weltlichen Liedlein“ lesen kann. Ob der Posten viel-
leicht eine Zeit lang nicht besetzt gewesen ist kann ich
augenblicklich nicht nachweisen. Das Köchel'srhe Ver-
zeichniss, aus welchem Herr Hanslick diese Notiz entnahm,
scheint doch zu lückenhaft zu sein, als dass es durchweg
als maassgebend betrachtet werden kann. Geber die Leis-
tungen der Societät, und den Eindruck, welchen dieselben
auf das Publikum ausgeübt haben, kann uns der Herr Ver-
fasser nichts mittheilen, nur die Programme bis zum Jahre
1801 sind mitgetheilt. — Das folgende Kapilel betrifft die
fürstlichen Privatkapellen; das dritte Kapitel beginnt mit
einer Uebersicht der Concerteinrichtungen anderer deutschen
Städte, wie Leipzig, Berlin, Göttingen, Stettin, München.
Dresden, Hamburg, Heilbronn, Bremen u. a. doch beschränkt
sich auch hier das Mitgetheilte nur auf wenige Zeilen. Das
vierte Kapitel betrifft die Dilettanten und Dilettanten - Con-
certe, deren letztere der Verfasser nur zwei anführt: Das
Liebhaber- Conoert (1781 — 1807) in der Mehlgrube mit Es-
sen und Trinken, welches im Sommer nach dem Augarten
47
382
verlegt wurde und das Cavalier - Conoert 1 1807). Das Er-
stere erhalt durch Moiart's Mitwirkung eine höhere Be-
deutung. Reisende Künstler, Concert - Einrichtungen und
Musik - Handel im vorigen Jahrhundert ist der Inhalt des
folgenden Abschnittes. Auch hier finden wir eine flüs-
sig geschriebene, unterhaltende U ebersicht über das
Wesen der damaligen Concertirenden, der alten Con-
certeinrichtungen. über den Notendruck und den .Musikhan-
del und erhalten über diesen Abschnitt im darauf folgen-
den Kapitel eine mehr in das Einzelne gehende Be-
handlung. Das zweite Buch behandelt den Abschnitt von
1800 — 1830. Der Gesellschaft der Musikfreunde werden
allein 30 Seiten gewidmet und ist dieser Abschnitt wirklich
erschöpfend behandelt. Wir werden nun in gleicher Weise,
wie in dem ersten Buche, durch die verschiedenen Concert-
produktionen in oben genannter Zeit geführt und wiederho-
len, dass wir hier von der Darstellung in jeder Weise
befriedigt werden. Ein gleiches Lob verdient das 3te und
4te Buch, von denen das erste von 1830 — 1848 und das
letzte von 1848 — 1868 reicht. Das Kapitel Ober Beethoven
und Schubert und manches andere sind mit grosser Ge-
schicklichkeit behandelt und in ihrer Art kleine Meisterstücke;
mit besonderer Vorliebe vertieft sich aber der Herr Verfas-
ser in die Verhältnisse der Gesellschaft der Musikfreunde
und widmet ihr in jeder Hinsicht eine grosse Aufmerksam-
keit, so dass er die Wirksamkeit der Gesellschaft gleichsam
in die Mitte des musikalischen Lebens Wiens setzt und an
ihr wie an einem Thermometer das jeweilige Fallen und
Steigen des musikalischen Interesse der Wiener misst.
Fassen wir noch einmal das ganze Buch in’s Auge, so
können wir die geschichtliche Bedeutung desselben in Be-
treff einer umfassenden Quellenerforschung nicht hoch an-
schlagen, doch in kulturhistorischer und formeller Hinsicht
reiht es sich den besten Werken an und zeigt uns Herrn
Hanslick wieder als geistreichen und gewandten Schrift-
steller. E. B.
Berlin.
N e v u e.
(König). Opernhaus.) Der zweite theatralische Versuch
des Fräulein Schwarte aus Hamburg — am 18. als Agathe
hu „Freischütz“ — bestätigte vollkommen Alles, was wir ia
Betreff der SUtnm-Millel nach dem ersten Auftreten gesagt.
Der Mezxo-Soprao des Fräulein Schwartz erreicht alle Töne
über der Oclave des F nur mit Anstrengung und durch Vor-
halte, »o dass die Durchführung einer grösseren dramatischen
Parthie — wann sie überhaupt möglich sein wird — nur mit
dem grössten Aufgebot aller physischen Krall erfolgen kann, eine
Procedur, die meist in nicht langer Zeit den Ruin der Stimme
herbeiführt. Ob die Stimme des Fräulein Schwerts die Er-
weiterung des Organs nach der Höhe Überhaupt aushäll, bleibt
dahingestellt. Was nun speciell die heutige Parthie betrifft,
so haben wir jedenfalls die reine Intonation und das bei einer
Anfängerin seltene Bewusstsein, die Sicherheit im Gesäuge wie
im Spiel zu loben. Fräulein Schwert i scheint die Mängel
ihrer Stimme, die Grenzen ihrer Fähigkeiten sehr wohl zu ken-
nen; sie verfuhr mit grosser Umsicht und Ruhe; nach hoch-
liegenden Noten, die die Kraft und den Athem besonders in
Anspruch nahmen , (rat regelmässig ein schonendes Piano sin.
Bekam durch dieses Verfahren die grosse Arie allerdings durch-
weg etwas Ungleiches, so wurde doch di« Durchföbrung über-
haupt möglich. Technisch mangelhaft erschien das Allegro,
wir haben selten die Figuren so «Korrekt gehört. Die zweite
Arie — für jeden Sopran von den beiden Arien die leichtere
— bot dem Mezzo-Soprsn des Fräulein Schwerts in dem
hohen As eine Schwierigkeit, die nicht überwunden wurde;
der Ton, mit lang hinaufgezogenem Vorhalt genommen, er-
reichte erst im dritten Achtel die richtige Höhe uod musste
beide Male abgekürzt werden. Die Debütantin wurde Qbrigena durch
Beifall freundlich aufgemuntert. Dem Aennchen des Friuleiu
Grossi wäre mehr dramatisches Leben zu wünschen. Herrn
Ferenciy liegt di« Parthie des Max tum grossen Thetl zu
tief; das Tactiren mit den Händen in dem Terzett des zweiten
Acts zeigte jene musikalische Unsicherheit, welche di« bühn-
liehe Wirkung fast aufhebt. Der Caspar dea Herrn Fr icke
bot mauches Lobenswert he: im Ganzen fehlt ea ihm jedoch
an urwüchsigem, markigem Wesen, wie an der brillanten ge-
sanglichen Ausführung, durch welche *. B. der verewigte Stau-
digl — der bekanntlich ein wenig befähigter Darsteller war —
die Parthie zu eioer überaus hervorragenden zu machen wusste
— Die übrigen Vorstellungen der Woche waren: am 15. „Obe-
ron“ mit den Damen Voggenhuber und Horina als Rezta
und Fatime, den Herreu Woworaky und Krause als Hüon
und Scherasmin; am 17. „Lohengrin“ mit Herrn Niemaou
und Frau Mallinger; am 19. „Schwarze Domino“ mit Frau
Lucca; am 21. „Arroide“ mit Herrn Niemann. Die nächste
Novität wird Gounod’s „Romeo und Julie“ sein; die Titetparlhieen
sind durch Herrn Ferencty und Frau Mallinger besetzt.
Das Friedrich- Wilhelmslädtische Theater ist nach dem ge-
ringen Erfolge der jüngsten Operetten zu dem Oflenbsch-Re-
pertoir zurückgekehrt und gab des Maestro „Schöne Helens“ und
„Pariser Leben“; letztere« noch immer das zugkräftigste Stück
dieser Bühne.
Herr Professor L. Ecksrdt behandelte am Freitag ein
auch für die Leser unserer Zeitung höchst interessantes Thema :
Gluck und die Reform der Oper. Als Einleitung gab der Vor-
tragrnde eine Charakteristik der Oper von Gluck, erwähnte zu-
nächst der ersten Versuche , die am Schlüsse de« siebzehnten
Jahrhunderts mit der Neubelebung der griechischen Tragödin
zu Florenz gemacht wurden, deren Resultat einerseits die Ein-
führung der Melodie (in weiterer Entwicklung die Arien) al>
Herrscherin, anderseits das Recitaliv war. So stellten sich also
gleich im Anfang Ton uod Wort als feindliche Brüder gegen-
über. Italien, welches sich frühzeitig auf die Seite der alles
Andere beherrschenden Melodie stellte, erhielt sich dadurch ei-
nen Einfluss auf die Oper, der sich such Ober Italien hinaus
besonders auf Deutschland ausdehnte, nachdem eine deutsche
Oper iD Hamburg, welche biblische Stoffe behandelte, nur von
kurzer Datier gewesen. Nur Frankreich bewahrte sich «ine
gewiss« Selbstständigkeit. Aus dem Charakter des Volkes, das
von Thaleodurst beseelt, wie aus den socialen und politischen
Verhältnissen jener Zeit entwickelt sich naturgemäss das Drama;
es tritt also hier die musikalische Deelsmation, der Rhythmus,
in den Vordergrund. Diese beiden Elemente, das italienische
und französische, zu vereinigen, war die Aufgabe, welch«»
Gluck, 1714 geboren, der lange io den Banden der italienischen
Oper gefangen gehallen, sich stellte, und die er auch löste,
sobald er sich von seinem früheren Librettodichter Metaslasio
trennte. Die Reform der Oper beginnt daher mit seinem Or-
pheus 1704. Die mannigfaltigen Einflüsse (wie der Häodet's in
London) wurden vom Herrn Professor Eckardt nach Gebühr
gewürdigt und wohl beachtet. Nach verschiedenen Rückfällen
in die früher innegehsftene Bahn wurde durch „Alceste“ 1768
die italienische Oper von neuem mit vielem Erfolg bekämpft.
Dennoch war Deutschland dazumal noch nicht fähig, Gluck zr>
verstehen; es gab Oberhaupt nur «io« Bühne in der Welt und
nur eio Publikum, wo eine höhere, geistigere Auffassung des
musikalischen Dramas möglich sein konnte: in Paris, wo Lullt
und Raines u unserem Gluck tapfer vorgearbeitet batten Durch
m
die Vermittlung seiner früheren Schülerin Marie AulomeUe
wurde es ihm ermöglicht, 1774 eeioe Iphigenie io Aulis in der
Pariser Oper auftufQhreu. Der Erfolg war ein glloieoder, um
*e heftiger der leiste Kampf der Italiener, auf deren Seile Lud-
wig XVI. slaod. Piccioi wurde Gluck gegenüber gestellt; voo
den geistreichstes Männern wurde der Federkrieg geführt; stets
war der Erfolg ,fftr Gluck. Noch in demselben Jahre führte
er seioen Orpheus, 1776 seine Alceste, 1778 seine Iphigeoie
io Tauris mit gleichem Erfolg auf. 1779 folgte noch Echo
uod Narziss. Es war die letste Oper des 66jihrigen Greises,
der eich nach Ruhe sehnend nach Wien zurückkehrte, wo er
am 17. Novainber 1787 aeio Ihateoreicbea Lehen beschloss.
Herr Professor Eckardt wurde für die meisterhafte Lösung
seiner Aufgabe durch den lebhaftesten Beifall des gewählten
Auditoriums ausgezeichnet.
Das erste diesjährige Abonnemenla-Concert des Frauen -
Vereins für die Gustav Adolph -Stiftung fand am 18. d. in dem
vollständig besetzten Saale der Singacadamie unter Leitung
dee Herrn Musikdirektor Alex. Dorn statt. Von den für die-
seo Abbild gewonnenen künstlerischen Krille» wollen wir zu-
olchst zweier jungen Sängerinnen gedenken/, von denen die
erste, Frftulein Doniges aus Breslau, sich des uogetheillesten,
wirtmlen Beifalls mit Recht tu erfreuen hatte; ihre angenehme
Persönlichkeit wie ihr natürlich naives Auftraten schien schon
das Publikum für dieselbe einzunehmen, der liebliche Klaog
ihrer zwar kleines, jedoch für den Concertaaa! ausreichenden
Stimme, die Oberaus saubere Technik, wie ihr reizender Vor*
trag verschafften ihr nach der Arie „Di piecer“ aus der „die-
bischen Elster** von Rossini einen glanzenden Erfolg. Eine
ebenso vortreffliche Leistung war der Vortrag das russischen
Lie-des „die Nachtigall** von Alabieff, in welchem Fräulein D.
besonders ihre Coloraturfertigkeit teigen konnte. Für des wun-
derbar schöne Lied „Willst du dein Herz mir schenken'* von
S. Bach scheint uns aber Frflulein D. weder die richtige Klaog-
färbe noch die richtige Auffassung zu besitzen, so dass der
Erfolg, den die junge Künstlerin auch mit diesem Liede erzielte,
jedenfalls mehr dein Coraponisleo xusurechnen ist. — Der zwei-
ten Sängerio, welche uos das Coocert vorführte, einem Frflu-
lein Schwadike, glauben wir den grössten Gefallen zu er-
weisen, wenn wir über ihre Leistungen ein Stillschweigen be-
obachten. Um so mehr haben wir uns aber mit den Leistun-
gen der Königl. SAchs. Kammer virtuos io FrAuleiu Marie Krebs
tu beschäftigen. Ihr Programm vertrat alle Riclitungeo der
Ciavieriiteratur, zunächst die Sooete appassioaate von Beelho-
ven. ln diesem Werke beoachlhailigte eine gewisse Schwäche
der rechten Haud die Wirkung der feurigen, energischen Pas-
sagen des ersten und letzten Satzee. Der allzu häufige Ge-
brauch des Pedals verstärkt leider nicht den Ton sondern er-
zeugt nur eioe Undeutlichkeit der Passagen. Io der Auffassung
halten wir die beiden Ausseren Sätze schwungvoller uml mar-
kiger gewünscht, die häuQgen ritardandoa stören den Fluss der
leidenschaftlichen Tonschöpfung; im Mittelsalz erzielte Friuleio
K. durch die gleichiuässige Anwendung der Verschiebung io
der Reprise der Variationen eine Monotonie, die sie wahr-
scheinlich dadurch hat vermeiden wollen. Am besten gelang
der jungen Künstlerin die „Loreley" voo Seeling uod das Prä-
ludium mit der Fuge m Des-dur (Original Cis-durj von S. Bach.
Dia Tarauteila von Liszt bedarf einer gewaltigen auch das feu-
rigste Presiissimo nicht fOrchleudeo Clavierfaust, weshalb diene
Aufgabe DamenliAudeu wohl überhaupt nicht gestellt ist. Die
Zartheit und Leichtigkeit ihres Anschlags, die Sauberkeit in
der Ausführung perlender Passagen und ihr graziöser
Vortrag werdeo dem Friuleio Krebs immer den Beifall
des Publikums sichern, wie ee auch an diesem Abend
der Fall WAr. — Herr Kammermusikus Reh fei d unter-
stützte das Concert durch die künstlerische Ausführung der be-
kannten Violio-Sonate von Rust, eines Adsgio von S. Bach und
einer Bsrcarole von Spohr, von denen besonders die beiden
letzten Piken mit wohlverdientem Beifall aufgenommen wurden.
Di« erste Schumaun-Soiröe des Herrn Franz Beudel fand
am 20. d. statt und halte ein zahlreiches, gewähltes Audilorium
in den Raumen des Coiicerlsaales im Grand Höfel de Rome
versammelt. Für das Unternehmen: io 3 SoirAen die bedeu-
tendsten Clavier • Compositionen und Lieder Rob. Schumaun's
vnrtuführen, gebührt Herrn Bendel der beste Dank, namentlich
gilt dies io Bezug aul die grossen Clavierwerke, welche lei-
der nur selten zu Gehör gebracht werden. Es gehört eben
eine gewisse Selbstverliugnung dazu, diesen, dem grossen
Publikum doch immer fremd gegenüber stehenden, individuell
geschaffenen Compoaitioneu den Eingang zu vermitteln, uod
dess Herr Bendel ein solches Unternehmen hat in’s Leben tre-
ten lassen, giebt Zeugnis» für seine ernste und wahre Kunsl-
aoschauung, uod dass er das Zeug dazu bat, um «ine so
schwere Aufgabe zu losen, bewies er an dem benannte» Abend
auf das Überzeugendst«; technisch-sichere Beherrschung uod
geistiges Erlassen gingen Hand in Hand. Die Fis-moll-Sonala
eröffne* e das Concert. Es ist dieselbe kein eigentliches Kunst-
product zu nennen, indem der Mangel an organischer Ent-
wickelung uod formeller Beherrschung sich sehr fühl-
bar macht, aber es ist doch eioe Compoeition voll gewalti-
ger, bedeutender Momeute, in der Sturm- und Drarigperiode,
unter fortwährenden Kämpfen mit dem Schicksale geschrieben.
Herr Bendel reprnducirte die äusserst schwierige Sonate vor-
züglich uod gelang es ihm mit der reizvollen Arie sowie dein
trotzigen Scherzo einen durchgreifenden Erfolg zu erzielen.
Dir weiteren Claviervortrlge waren: Romanze in Fis - dur,
„Aufschwung", „Warum?" uod Novellen* in E - dur. Der
nuancenreiche Anschlag des Künstlers kam besonders in der
ersteu uod dritten Piece, die glanzvolle Bravour m No. 4 zur Geltung;
den Aufschwung wünschen wir in seinem ersten Theile jedoch
feuriger, im Trio ruhiger und mehr piano gehalten. Die Wie-
dergabe des prichtigeo „Carneval", der den Schluss des Concer-
tes bildete, sfoad hinter den Leistungen Tausig’s und Rubin -
stein's in demselben Stücke, iu keiner Weise zurück, hm und
wieder hflllen wir eio wenig langsameres Tempo vorgezogen.
In Frau Franziska Wüersl, war für den gesanglichen Theil
des Concertas — die Lieder: „Er der Herrlichste" etc., „Der
arme Peter", „Mit Myrthen und Rosen*', „Ich grolle nicht" — eine
vorzügliche Kraft gewonnen. Sfimmlliche Gesänge wurden
von ihr mit tiefster Empfindung musterhaft vorgetragen, so
dass der Abeod eine seltene Befriedigung zurückliess.
Das zweite Quartett der Herren Joachim. Schiever,
de Ab na und W. Müller fand am 22. vor einem gedrängt
vollen Saale stalL Es brachte Meudehwohn*s erstes Es-dur-
Quartett (Op. 12), Haydn's C*dur (21 der Ries’schen Aus-
gabe) und zum Schlüsse das D - uioU von Schubert. Men-
delssohn» Quartette sind wohl die wenigst hervorragenden sei-
ner Werke — und es bedurfte der meisterhaften bis in die
kleinsten Einzelheiten vollendeten Ausführung der Meister, um
das Interesse und den stürmischen Beifall de« Publikums gerade
bei dieser Goroposilion zu erregen; das Scherzo bot ein En-
semble. wie es selbst bei den bedeutendsten Quartetlspieleru
bisher noch nicht gehört worden war. Für die Vorführung
des Hayduschen, dem Publikum noch ganz unbekannten Quar-
tetts müssen wir ganz besonder» Dank aussprechen. Joa-
chim hat sich augenscheinlich die Aufgabe gestellt. Jlaydn
47 *
wieder als den Grossineister erscheinen zu lassen, whhrend er
m der letzten Zeit mehr als der liebenswürdige Grossvater ge-
golten hat. Die Jugendfrische jedes Tactes in seinen Werken
ist und bleibt unerreicht. Das Publikum verlangte die Wieder-
holung des Menuettes. — Uns war das Andante eine unver-
gessliche Leistung, weil eine solche tiefe, warme und naive
Empfindung schon lange aus dem Cnnrertsnale geschwunden war
und erst gestern wieder auftauchte. Ueber das Schubert’sche
Ouartett wird der Leser wohl keinen detaillirten Bericht erwar-
ten. Joachim spielte es und seine Genossen eiferten ihm
würdig nach. d. B.
Correepondenien.
Dresden im November I8W.
Hinsichtlich unserer Theaterbau-Angelegenheiten kann ich
Ihnen noch melden, dass ein tweites Interimslhealer jetzt fest
io Aussicht steht und zwar in einer Grösse, dass die bedeu-
tendsten Opern darin zur Aufführung gelangen können. Der
Bau desselben dürfte indessen wohl schwerlich vor Herbst näch-
sten Jahres bendel seit», so dass io dem jetzigen Bau also nur
die Opern sur Aufführung gelangen werden, die keine grössere
Riumlichkeilen beanspruchen. „Figaro’s Hochzeit” wird die
erste Oper sein. — Das drille Concert der Generaldirection der
Hoflhealerkapelte brachte uns Mendelsaohn'a Ouvertüre zum
„Soromemachtfltraum“ und die Symphonie ß-dur voo Beetho-
ven als orchestralen Theil, der unter der Direclton des Herrn
Hofkapeltmeisler Biets vortrefflich ausgeführt wurde. Weniger
günstig wirkten die Solovortröge von Fröulein Boss Balde-
inua und Frau Sara Heinze. Die Vorträge der ersteren wa-
ren: Recit. und Arie aus „Cosi fao lulle” von Mozart und Ro-
manze aus „Zemire und Azor” von Spohr, die der letztem:
Concert für das Pianoforte von R. Schumann. Die prächtigen
Mittel, die FrAulein Baldamus sur Verfügung stehen, werden
namentlich durch die sehr unklare fast unverständliche Aus-
sprache des Textes getrübt, wie sie denn auch ihren Stimm-
fond nicht derart in der Gewalt hat, dass sie eine Zartheit wie
sie die Spohr'sche Romanze erfordert, iu die Darstellung zu
legen vermöchte. Ich erwähne dies nur, weil ich der Ansicht
bin, dass unter Umständen Fröulein Baldnmus eine ganz andere
Stellung unter den Sängerinnen einnehmen würde, als sie zur
Zeit noch hat. Um ein Concert wie das Schumann'sche zu
klarer Reproduction zu bringen, fehlt es Frau Sara Heinz« ein-
mal an der nölhigeo physischen Kraft wie an wirklich tiefer
Empfindung, Solovortröge ohne den Anhang der Orchester-
masse dürften für sie geeigneter sein. Das vierte dieser Con-
certo hatte Lachner'a Suite No. 2, Beethoven'* Arie „Ah per-
Udo” und Mendelssohn'* Arie „Höre Israel”, von Fröulein
Zimmermann aus Leipzig gesungen, ein Concertino für Po-
saune von David, vorgelrageo von Herrn Kaitiwermusikua
Bruns, und die Symphonie G-dur von Haydn auf dem Pro-
gramm. Dieses Concert wer in der That nach allen Seiten
hin eine wahre Erquickung. Die beiden Orchester werke ka-
men in ganz ausgezeichneter Weise tu Gehör und namentlich
gilt dies von der Symphonie, so dsss ich mich wundern muss,
dass unser sonst so beifulUumnössiges Publikum nicht wörmer
davon berührt wurde und sich demgemäss öusseele. Die Lei-
tung führte Herr Hufkapellmeister Krebs. Jn Fröulein Zmb-
mermann könnte meines Erachtens nach eine sehr gute Ac-
quisilion für unser Theater gemacht werden. Diese Dame ge-
bietet Ober eiue sehr angenehme, ni< tnllreiche Stimme, und
vor allen Dingen Ober eine recht bedeutende dramatische Aua*
druckslöhigkeiL Die Tiefe der Stimme ist etwas matt, die
Aussprache io den verschiedenen Registern noch nicht genug
geebnet, oft unklar, aber diese Mönget wird die Zeit bei sol-
cher Begebung gewiss verschwinden machen. In der ersten
Arie schien mir die Derne etwas befangen. Sie wurde sehr
ausgezeichnet und wir werden eie wohl bald wieder hören.
Herr Brons trug sein Concertino in kü ns tierischer Welse vor
und erntete dafür den verdienten Beifall der Zuhörer. — Dt«
Herren Roll Ines, Seelemann undBQrch'l »rftffaelen eben-
falls ihre Trio-Soirden und zwor mit dem Trio G-dur Op. 1
von Beethoven, der Suite E-dur Op. II von Geldmart und
dem Trio in F-dor Op. 80 von Schumann. SömmtKohe Vor-
Irige kamen voo Seiten dieser Herren in gewohnter solider
Darstellung tu Gehör. Die Geldmark'sche Compeeilioo fand
trotz aller Mühe, die sich die Harren Retlfoes und Seelemann
um dieselbe gaben, keine lebhaftem Sympathien. Der Com-
ponist bekundet zwar eine ganz entschiedene Begabung, doch
besteht die Suite «igeoiiich our aus 5 einzelnen Stücken , die
ganz zuaamiaenhaogslos neben einander sieben. Ueberhaupt
will mir die ganz modern romantische Richtung des Componi-
slen für dia Suitenform nicht recht geeignet scheinen. Ein sehr
gutes Stück und namentlich in der Stimmung ist der zweite
Satz. — Noch eine Academie für Kammermusik hat sich auf-
gethan und zwar durch die Herren A. Heitscb, H. Müller
uud W. Fitzen hagen. Die Herren haben sich mH ihrem
ersten Eintritt io die OeffenUichkait ein gutes Prognostiken für
die Zukunft gestellt, auch scheint es mir, als ob sich dabei
verwandle Naturen zusaoimengefuodan halten, eine Nothwco-
digkeil zum Ensemblesptel. Die Vortrüge erstreck ten sich auf:
Trio Op. 70 No. 1 von Beethoven, Violin-Sonate Op. 105 voo
Schumann und Trio No. 3. von Haydn, und wurden von Seiten
der Hörer mit lebhaftem Beifall entgegen genommen. Voo dem
Herrn Cellisten könnte man atwaa weniger Üiacretion (sonst
eine recht löbliche Eigenschaft) fordern. — Auch die Privat-
concerte der HofkapelJe haben ihren Anfaog genommen und
auch dieses Jahr die ansehnliche Zahl ihrer Freunde um sich
versammelt. Das Programm enthielt die Oberon-Ouvertüre von
Weber, Oxford -Symphonie voo Haydo, Ouvertüre su „Benve-
nuto Cellini” von Berlioz und Beethoven's D-dur-Symphonie.
Auf diese vortrefflichen Concerte komme ich noch ausführlicher
zu sprechen, für heute nur so viel, das» auch die diesmaligen
Vorführungen in gewohnter künstlerischer Darstellung die Hörer
erfreuten. A. p
Paris, 19. November 1869.
Am 13. November war es ein Jahr, dass Rossini gestorben.
Man hat diesen Tag in Frankreich, dem Lande des Hossioi-Cul-
tus und der zweiten Heimath des grossen Componisten, nicht
vergessen und veranstaltete zum Andenken des Dahin geschiede-
nen Gedächtnisfeier in Kirchen, Theatern und Concerten. In
Deutschland mussten leider hundert Jahre vergehen, damit man
sich des Geburtstages des grössten Componisten, Mozart s, erin-
nere. Unter der Leitung des Regens Chori, Vervoitte, verein-
ten sieh am obgenannlen Tage in der Saint Roche-Kirche viele
Künstler und Dilettanten, und executlrten in pietätvoller Weise
Bruchtheile aus Roasini's „Stabst mater 44 und aus der hinterlas-
seneo Messe, das Gebet aus „Moses 44 und Gesänge aus dem
13. Jahrhundert — Alles mit künstlerischem Geschmack in der
form des Messdienstes und nicht in der eines Kirchenconcertes
dargeboten. Eine ähnliche Feier findet morgen in der Eustache-
Kirche statt Am Mittwoch zuvor wurde die Bahre Rossini's aus
der Familiengruft der Grafen Pepoli in Anwesenheit zahlreicher
1 reundo in das definitive Grab, besleheod in einem aus weissem
Marmor neu errichteten Mausoleum am Friedhöfe Pöre Lacbaise, über-
tragen. Das Innere dieses Mausoleums ist roth — und auf einer
der weinen Marroortafeln findet sieb ale Inschrift in goldenen
Lettern dm einzige Wort „ftomini“. — Die Concerti populaires
erinnerten eich durch eine ziemlich mittelmässige Auffahrung
der Tell-Ouverture des Tages, das TbeAtre lyrique durch die Vor-
führung des „Barbier 4 ’, — die OpJra dagegen, wo „Wilhelm Teil“
fünfhundert Aufführungen erlebte, feierte gar nicht — hatte eie
doch schon bei Lebzelten durch diese Auffahrungen den Meister
gefeiert, was am Ende doch besser ist, als Solenoittten nach
dem Tode, welche der Betreffende doch nicht mitgenieseen kenn.
— In den Concerts Arban. im Valeotino wurde eine gleiche Feier,
ausschliesslich nur aus Rossini'schcn Composrtionen, unter Mit-
wirkung des Chorea „Enfants de Luttce“, mit vielem Erfolg ge-
stern, Freitag, abgehahen. — Das ThAAlre lyrique sucht wieder
mit musikalischem Moschus sein hinfälliges Leben zu fristen.
E« wurde vorgestern Verdi’s „Maskenball“ in der französischen
Ueberiragung von Duprez, zum ersten Male aufgefübrt, und zwar
mit nicht ungünstigem Erfolg, Dank dem leidlichen Ensemble
und der Darstellung des Tenor Maasy, und der Damen Mej|-
lot, Daram und Borgbise, obwohl die letztgenannte Altistin
schon vor zwanzig Jahren ihre grüneren Lorbeeren in der Optra
aojnique pflockte. Auch Wagner's „Hienzi“ mit dem Tenoristen
Monjauzc wurde wieder bervorgeaueht — doch ohne beson-
dere Anziehungskraft zu üben. Es giebt Krebsschaden im TbtAtre
lyrique, die nicht allein im figürlichen Sinne zu nehmen sind. Dass
„Hienzi“ mehrere Wochen hindurch sieht aufgefQhrt wurde, bat
zum Theil auch seinen Grund darin, das« FrAulein S., eine der
Darnlellerinzwa der Nebenparthien, am Krebse erkrankt war.
Wie man bisher glaubte, soll es dagegen kein radioales HeiJmit-
del geben. Doch Dank dem Genie des seit Kurzem in Paris eta-
bürten für Krebskrankheiteu berühmten indischen Doctore Ger-
hard v. Schmitt, welcher auch A. Dumas und andere Celebrltl-
iea davon gründlich befreite, wurde die Sängerin durch die
aehoierzloscu Heilmittel des Dr. Schmitt wunderbar schnei) ge-
hellt. /Der Menschheit bat der Herr Doclor durch seine neue
Heilmethode, wie schon so oft, auch diesmal, einen Dienst er-
wiesen, — dass er uns aber damit zugleich für den ganzen Best
der Winleraaisoii wieder den „JUenxi“ brachte, das mögen ihm
die klauen der »o dieser Oper schon tu Grunde gegangenen Sfin-
ger verzeihen. — im letzten Concert popuiairc wurden die Ouver-
türen zu „König Lear 44 von Berlioz und der Marche religieuee
aus „Lobengrin 44 von Wagner günstig aufgenommen, RalTs Suite
<Op. 101) erhielt iw vierten Concert einen succbs d estime. Mor-
gen werden u. A. Schumann ‘s Genoveva-Ouverture und Wagner's
TannhAuser • Ouvertüre aufgeführt. — Das zweite Concert de
i'Opers unter Utolffs Leitung bringt morgen neun Nummern,
worunter wir folgende hervorheben: Suite für Orchester von
Saint Satas unter des Componisten persönlicher Leitung und
Tbeile aus der orientalischen Symphonie „Selam" von Beyer,
mit Chor und Solo des Fräulein Reboux, gleichfalls unter des
Componisten Leituog, Arien von Mozart (aus „Prise de Jbricbo“)
und Gluck (aus „Alceste 44 ) gesungen von FrAuleio Reboux und
Harro David, die siebente Symphonie von Beethoven, Riverie
von Schumann für Streichinstrumente, Horn und Oboe: Scherzo
aus dessen „Ouvertüre, Scherzo und Finale 44 und zum Schluss
den Alleluja-Chor aus HAndel'a „Messias“. A. v. Cz.
St. Petersburg, den 2. November 1862.
Die QuartetUbeude der Russischen musikalischen Gesell-
schaft schlossen tuit dem Cis-undl- Quartett von Beethoven, mit
dem in E-rooll vou Mendelssohn, welche die ausserordentliche
Befähigung des Herrn Weniawski für das Quartett glänzend
fcewAhrlen, Nach der ganz im Kirchenslyigei&te vom Künstler
nieder gegebenen Cbiaccone von Bach wurde derselbe mehrmals
gerufen. Vor 20 Jahren galt -das Cia-mnU-Qwedelt für eine
unverständliche Ungeheuerlichkeit, für einen Bowew, da aa Bee-
thoven seinen Verstand verloren habe; heul’suT^e gehl man,
auch bei um, iu’a Cis-inoU-Quartett wia man in die Kirche geht,
um einen Kanselredner zu hören und recht viel gute uod so-
lide Gedanken nach Hauae tu tragen. Dia Beethoven’sche
Pentaide, wie ich «eine 5 lelzteu QuarleUdicbtungen nenne, ist
die in der Vioün-Faimlie am freiesten entwickelte Muak-Uee.
Nicht einzeln und für sich sind diese, von Allem in der Gattung
Erlabten sich unterscheidenden Quartette tu verstehen. Als Mu-
sikseele im Quortetlkörper, als die voo Mitteln und Gewflhoun-
gen abslrahirende Erfindung; als philosophische Quartel Ispecu-
lation, hat man sie su lassen. Nicht kleinbürgerlich kenn der
Weltbürger verstanden werden, nicht auf Planen uod Karten
des Hsydo-Mosart'achen Quartett- Weichbildes a«i neu Gedanken-
flug verzeichnet stehen und damit vorgesehen sein. Ob (nach
einem von Beethoven gebrauchten Ausdruck) ob seine Gewöhn-
lichkeit, das Ungewöhnliche au lassen im Stande? das frage
sieh .der Zweifler. Das Interesse der Beethuven’scben Quartett-
pentaide ist das Interesse am monschlicbeo Geiste überhaupt.
Sie giebt verkllrle uod verklärende Gestalten, die io Begeiste-
rung denken und handeln, herausreisseo aus dem Gebiet voo
Ursache uod Wirkung, io dem immer bürgerlich gestimmten
Leben. Hier gilt es, die io der Galtuog „Quartal!“ historisch
&u (gespeicherten Gedaokenfrüchte ah blosse Ausgangspunkte
für unbekannt gebliebene anzusehen uod, wo mau mit dem Be-
griff ferlig tu sein glaubt, von vorn auzu/angen. Was die
Kirchentooarten, der Fugenslyl, die Modulation aach in Beethoven
selbst gewirkt halten: in der Penlaide ist's vollbracht; hier
hsl’a die Probe bestanden. Zu keiner Zeit hatte die Quartett-
seele darin bestanden, an der Zusammenstellung voo 4 Saiten-
instrumenten genug zuhaben, sondern darin, den Mikrokosmus der
Musikseeie darzustellen. Die Gedankenfreiheit, die Emaricipalioo voo
Hergebrachten in Wäsche uod Kleidung, im Schnitt des Quaetett-
habit schickt uns diePeotaide. Mit ihr begin nt nicht nur dieN e ugestnl-
lung des Begriffs, sondern, und dies ist die Hauptsache, ein poteo-
zirtes Stadium der Musikider, die Zeit der von Ausdrucka-
railtdn abalrohirendan, für und an sich berechtigten Erfin-
dung. Dem Quartett, d. b. einer di« Kluft vom EmzeMoslru-
roent bis »um Musik-Demos (Orchester) ausföllendeo Oligarchie,
das Geheimste, du Beste (den 2ten Theil des Faust) ansuver-
trauen, lag Beethoven achoo deswegen nahe, weil dem Quar-
telt nur Geweihtere, ernsthafter angelassene Menschen, sich
nähern. — Es wird die Zeit kommen, wo man Alles auch in
Beethoven historisch Gewordene auch nur historisch anaehn
wird; wo voo den 11 ersten Quartetten nur das Ute (F-motl)
als sich selbst Form und Gesell, und damit freie Musikidee,
ein Lebendiges sein wird, womit wir den 6 ersten Quarletteo,
der so viel weiter gegangenen TrHogie der Rnsumnwski'schan
Quartette nicht su nahe treten, vielmehr, was auch diesen (mehr
im Einzelnen als im Ganzen) Unvergängliches einwohnt, zu
schätzen wissen. Die Pentaide hingegen kann nie und su kei-
ner Zeit historisch werden, weil st« keinem Geschmack, keiner
bestimmten Ferm und Zeftrkhtuog uolerthfini« isl, weil sie es
nur mit der Idee su thun hat. Auch die Penlaide wird Ge-
meingut werden (eine Arbeit, mit der kaum das laufende Jahr-
hundert io Europa zu Rande kommen dürfte), an sich selbst
sterben kann aber dieser Begriff mehl, denn er ist das Unsterb-
liche im Menschen, er ist der „Geist“. Technisch ausgedrückt
sind HaupluvomenlrC der lüuf leisten Quartette: a) die Abwe-
senheit jedes concer lauten Elementes; io der Theilnahme an
der Idee »iod alte 4 Stimmen ebenbürtig, erzählt die 2te Vio-
lioe so viel wie die Ute, die Bratsche so viel wie der Bass,
386
b) die vermoderte äuaserttcbe Satzökonoroie, welche eich von
4 bis su ft Sätze# steigert (B-dur Quartett Op. 130 1 oder ein
Ganzes io 7 Bewegungen giebl (Cia-moll Op. 1.11) oder aber
mehre Emselsälso verkeltol (Op. 132, 135 A-raoll, F-dur);
c) die verändert iooerliche Satzökonoroie, indem eio und der-
selbe Sals in mehrere Bewegungen sich spaltet (Op. 130, 132)
so su sagen eine Recitaliv-Reihe bildet; d) die selbst io dem
unerschöpflich manigfaltigen Beethoven, aufTillige, gänzliche
Verschiedenheit der 5 leisten Quartette io Gehall, im Ausdruck,
io der Wirkung. — Ich habe geglaubt, dsas diese auf den
StolT Beethoven eingehenden Bemerkungen dem Leser in Oeutech-
iend willkommen sein dürften, wo die letsleo Werkt von Bee-
thoven Hingst Gemeingut geworden sind; wo die Chorsyropho-
nie. die wir in Russland immer nur noch wie einen alljährlich
irrenden Kometen begrOssen, wöchentlich su hören tat.
W. -s.
Preg, 18. November 1869.
Der Winter hat sich nun auch bei uus eingestellt und
die Saison der Coocerte hat Jean Becker*# Florentiner Quar-
tett in wQrdiger Weise eröffnet. Mozarts fünfte* A-dur-Quar-
tett, eio neues Quartett F-dur von Joh. Herbeck und das be-
rühmte Op. 74 von Beethoven wurden da von den Meisterhänden
behandelt und machten so den diesjährigen Allerheiligentag su
einem iuaserst genussvollen. — Wenige Tage darauf wurden
unsere guten Prager nicht wenig überrascht von der Aüküodi-
gung eines Concertea, welches eine Damen-Musik-Kaprlk* unter
Directkm des Fräulein Jos. Weinlich su geben beabsichtigte.
Schaarenweise lief besonders die Männerwelt hinzu um sich
selbst tu überzeugen, wie ernst die Damen unseres Decenniums
darauf bedacht sind, die Frauenemancipation auch als factisch
durchführbar su veranschaulichen und wirklich war cs ganz
sonderbar, die Direclrice am Dirigentenpult und die übrigen
Damen mit ihren Instrumenten: Violine, Cello, Viola, Flöten,
Pauken, Piano und Harmonium hantiren tu sehen. Zur Auf-
führung kamen zwei Ouvertüren von Verdi und Balfe, eine
Nummer aus Rossini'.* „Stabst mater“, der Prophelenmarsch
und verschiedene Solonummern. Die Leistungen der Damen
wurden — und zwar nicht aus blosser Galanterie — mit groa-
aem Beifall ausgezeichnet. — Das feierliche „Veni Sancte“
für die Zöglinge des Prager Conservatoriums der Musik, fand
ebaofalls im Laufe dieses Monates in der Domioikanerkirche
statt. Km geleitet wurde dieses mit Fr. Sehuberl's grosser
Messe, hierauf folgte Abb4 Vogler'# „Veni^Sancte", ein Hym-
nus von Krejei und ein Offertorium von Wonitscheck. — Dieser
Tage gab der cechiache Gesangsverein „Hlahol“ im Vereine
mit den Damen der „Umelecka Reseda“ zum Besten der in
letzterer Zeit durch Brände Verunglückten ein Vocalconcert, in
welchem sich Fräulein Bubenitschek — jüngst aus Paris zu-
rückgekehrt — mit der Romanze „Mignons“ durch »rosse Bega-
bung und bedeutende Stimmmittel auszeichnete. Die übrigen
Nummern bestanden meist aus Männer- und gemischten Chö-
ren von Romberg, Gounod, Thomas u. A. — Die Hofpiaoo-
fabnkanten Herren Heintzmsnn und Schlögl eröffneten am 15. d.
ihren prachtvollen Concertsalon, ebenfalls mit einem Concerte
io weichem Herr ßeonewitz und Kapellmeister Smetana
Beethoven'* grosse Sonate Op. 96, letzterer noch eio« Cho-
piu’ache und eine eigene Composilion, mit gewohnter Künstler-
schafl zu Gehör brachten. Herr Pa I ec «*k ehrte das Andenken
an seinen Meister Tomaachek mit einer Nummer aus den Com-
posilionen zur Königinhofer Handschrift, Fräulein Bubenilschek
saog „Io soir“ von Gounod, eine neapolitanische Tarantella und
R. Schumann’» „Frübliogsnacht“ mit grossem Beifall. — Zu
Ende dieees Monats soll Frl. Olga Florian, Tochter des Re-
gierungs-Raths im Cabinet des Kaiser«, eine Dame von viel-
versprechenden Talenten, io Folge mehrseitiger Aufforderung
ein selbstständige« Concert geben. — Von unserer Oper ist
für dieses Mal wenig tu berichten, ausser dass in leister
Woche Herr Simon vom Pesier Nationalthealer, der auf En-
gagement für die nächstens verwaiste Stelle eines Bantoräteo
gastirtr, ein gelindes Fiasco gemacht, und bereits dahin zu-
rückgekehrl, von wo er hergekoramen war. Dr. B— r.
Journal-Hevue.
Die Neue Zeitschrift für Musik bespricht Wolzogen's neue
Don Juan-Inaeenirung. — Die Allgem. Musik-Ztg. setzt die „Bee-
thoveniana“ fori. Die Signale enthalten Mittheilungen von Beu-
ernfeld über Franz Schubert.
Die Revue et Gazette muaicale bringt deu G. Artikel „die
Saiteninstrumente der Orientalen“ von Fätis.
Nachrichten.
Berlin. MH Beginn nächsten Jahres trifft Herr Theodor
Wachtel zu einem längeren Gastspiel an unserer Kgl. Hofoper
wieder ein. Wie wir hören, ist der Künstler noch für 2 Jabre
der hiesigen Kgl. Operubüboe verpflichtet.
— Frau Elisabeth Dreyschock, die vor Kurzem aus Leip-
zig hierher Obergesiedelt ist, veranstaltete am Sonntag den 21. d.
in ihrer Privatwohnung eine Vorführung ihrer Schülerinnen Die
zuGebör gebrachten Leistungen, bestehend au* Gesangs-Etüden und
Opern- und Concert - Arien, befriedigten durchweg und stellten
ein beredtes Zeugnis« für die Vortrefflichkeit der Unterrriebtsme-
thode der Frau Dreyschock aus. Die Stimmen der vorgeschritte-
nen Schülerinnen . auf den Weg, der zur Bübnenfertigkoit
führt, bereits geleitet, überwanden leicht die Schwierigkeiten des
Reeitativs, des breiten Gesanges und der Coloratur. Wir kön-
nen schliesslich nicht umhin, unser Bedauern auszudrücken, dass
das Bemühen der Frau Dreyschock. die Leistungen ihrer Schüle-
rinnen einem grösaeren geladenen Kreise von musikalischen Per-
sönlichkeiten unserer Stadl vorzuführeu, ao der Tbeilnahmlosig-
keit derselben scheiterte, indem nur eine kleine Anzahl der Ge-
ladenen erschienen war.
Coburg. Die einactige komische Operette „Der Herr von Papi Hon“
von Rud. Bisl bat bei ihrer ersten hiesigen Aufführung einen sehr
günstigen Erfolg gehabt Fast jede Nummer wurde mit Beifall
ausgezeichuet. und der anwesende Componist vom Herzog io die
Loge befohlen, woselbst Seine Hoheit Seine besondere Zufrieden-
heit ihm aussprach.
Köln. 10. November. Das 3te Gürzenich • Concert eröffnete
mit einer Conoert-Ouverture von Ferd. Breunung, welche geachiekt
gearbeitet, eineu wohlthuenden Eindruck hervorbrachte. Herr
Carl Hey mann aus Amsterdam debutirte mit besonderem Erfolge
in lliller's Fis - moll - Concert. Der Künstler gebietet über eine
sichere, entwickelte Technik, sein Vortrag ist dabei ein musika-
lisch belebter. Fräulein Buren ne aus Cassel sang die herrliche
Arie aus „Rinaldo“ von Händel in empfundener Weise, obgleich
die Intouatiou manchmal in der Reinheit zu wünsehen übrig liess.
Die werthvollsteo Gaben des Abends waren aber unstreitig die
Bach'sche Cantate „für jede Zeit“ und Beethoven'» 9le Sinfonie.
Beide Werke wurden mit glücklichstem Getingen ausgefübrt, na-
mentlich leistete das Orchester unter der verdienstvollen Leitung
de« Herrn Kapellmeister Hill er in Beethoven'# gigantischer Sin-
fonie Vorzügliches. E—
VI Quellen Die seit Riohter's Abgang schwebende Kapell-
meister frage hat nun ihre Erledigung gefunden, indem am 15.
387
die Ernennaug des hiesigen Dlreclors Meyer zum K. Hofkapell-
meister erfolgte; da Herr Kapellmeister Meyer sieh durch sein
humanes, anspruchsloses Benehmen bisher beim Hofmuaikperso-
nale sehr beliebt gemacht hatte, so verfehlte die Ernennung nicht,
lebhafte Freude und Befriedigung in jenen Kreisen hervorgerufeo.
Prag Der Violinvirtuos Herr W. Besekirsky aus Moskau
hat am 91. d. ein Concert gegeben, in welchem er des Brucb'scbe
Vlolinconeert hier zum ersten Meie vorfOhrte. Der Künst-
ler spielte ausserdem noch eine effectvolle Concertpolooaise
eigener Composition, das Abendlied von Schumann, die Arie eus
der D-dur-Suile von Bach und int Vereine mit FrAuiein Diltrieh
das Rondeau brillant von Schubert In allen seinen Vortrigen
erwies »ich Herr Besekirsky eis ein Geiger bedeutenden Ran-
ges, ungetbeilter Beifall wurde ihm zu Theil. Von hier aus geht
Besekirsky naeh Wien um am 2S. d. im Philharmonischen
Concert daselbst, das Bruch'sche Concert, gleichfalls zum ersten
Maie in Wien, zu spielen.
Wien. Am 91. wurde Gluck’s „Armida“ im neuen Opern-
hause in trefflicher Scenirung und mit wahrhaft glAnzender Aus-
stattung gegeben. SAmmtlirhe Darsteller ernteten reichen Beifall.
— Mit Friuleiu Ben za, welche von Florenz nach Lissabon gebt,
wo sie mit Sieger singen wird, sind neuerlich Unterhandlungen
aiageknQpft worden und scheint das FrAuiein nunmehr auch ge-
neigt, auf eine früher beharrlich abgelehnte Bedingung ihres
Wieder-Engagemenls einzugehen; es ist jetzt die ernste Aussicht
vorhanden, die Sängerin im April 1870 vorerst als Gast im Hof-
opernthealer wiederzusehen.
— Flotuw's komische Oper „Zllda“ ist hier am Theater
an tl»r Wien in Seen? gegangen, hat aber keinen sonderlichen
Erfolg gehabt. — Am 92. d. findet di* erate bolre* des Florentiner
(jiiartrltvrrrlns hier stall.
— Der Compooist Ritter A. von Adel bürg hat vom König
von Griechenland den Auftrag erholtes, «Ine belteoiaebe National-
bymn« zu eompoulren uod hat derselbe dieser ehrenvollen Auf-
forderung bereit! Folgt geleistet.
Amsterdam. Der Gesangverein der Gesellschaft „zur Be-
förderung der Tonkunst“ bereitet eine Aufführung von Schumann*»
„Paradies und Pari“ vor; für die Besetzung der Soli sind die
Herren Schild und Bietzacher, sowie FrAuiein Schreck in
Aussicht genommen.
Krüssel. Im ersten Couceit der ,. Association des artistea
Mukicirns“ spulte Herr Wieniawskl das Bertboven'sobe C-moll*
Concert sowie die Ungarische Fantasie mit Oreheaterbegieltung
von Liszt. Drrimalige Applaussalven lohnten d«t» KQustler «eine
irvfflirhrn L-Istuugso. FrAuiein Troy vom Theater de I« Mon-
ome sang Arien von Grötry und Mercadanle sowie eine Romanze
in beifallswördiger Weis*. Das Orchester bracht* eine interes-
sante Ouvertüre von FAlis und die zu „Faust“ von Llndp aiot oer
zu Gehör. — Die in Aussicht genommene Auffohr ung des Wag-
ner'acben „Lohmitrio" marht viel von sieh reden. Man ist auf
das Werk Aueaerst gespannt und verspricht sich die Direction
des Thratre de la Monnaie einen grossen Erfolg.
Leiden. 1. Concert der Sempre Crescendo: H-moll- Sinfo-
nie von Schubert, 10. Violinconcert von Kreutzer, Es-dur-Cla-
vier-Concert von Weher, Ouvertüre zu „Egmont“ von Beetho-
ven etc. — Im zweiten Concert erregte namentlich Eckert 's
prächtiges Cello-Concert Interesse, welches dankbare Werk daui
Herrn Oudahooru vielen Beifall brachte.
Rotterdam- Am 91.: Vorführung von Rosaini a Messe so-
lennelie durch Strakoscb.
Paris, Srmet’o Oper „La petita fadetle“ ist bereit* bei ihrer
2B. Aufführung augrlaugl.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Berlia.
tt November. fl« Quartelt-Saire*
Ser Herren Joachim. Schierer,
de Ahns. W, VI aller. Quartett
Eadar lOp. 12) von M redete
• Quartett C-dur (No. tl)
v. Usycu Quartett D-moll v.
Sehubrrt-
25 Concert d ffollaender'arbru
6eaanc*ereins und de« Clei-
liet - Vereins , liier Üinrliai
dm Herrn A. Ilr.llarnrtrr Aef-
fObriiiiu von Acia und Galatea
von Hladrl
21. 3. .Musikalisch* Soiree der
Berliner Sinfonie- Kapelle unter
Leitung de» Herrn Professor
Stern Paalm 137 Air Chor,
Solo mm Orchester v. Vierling.
(I)aa Teuoraoln gesungen von
Hrrrn Ulla i Klarier ■ Coneert
(Ks-dur) von t-rclbovrn. (Herr
DeUburdo a Paria ) i Lieder
r Schubert (Hr. ÜHu.i Toc-
rat« (F-dur) fUi Pedal K tarier
•«« Bar». ( Herr Üelaborde )
Chor aua der Oper „l>i* beide«
Oeiaigeo* »un v. Gretrv. An-
tonie (C-dur mit der fuge) «
llewart.
iH. Conrerl von Pran C. .Nike-
mann, onler Mitwirkung von
Herrn und Frau Joarhim und
der Herren re Abna u Willi.
.Matter. Clav. er Quarten Ea-Cer
von St bemanr Arte a. Jepli»*“
v. Hlndel. Impromptu, uj> Ml
von Schubert. Srberao. B mall
von Cbopin. 2 Lieder ohne
Worte. Op Ilde Meodelaaoho.
„Warum** u. „Traometwirrer*
von Schumann Lieder tun
Schumann banale C-moll dir
CUvier e. Violine v. Beethoven.
W» |. Soiree dea Kolioll'achen
Gesangverein. Cln.rlied t. M.
Fraak. Taariieil v, Tb. Mor-
Concert- Repertorium.
lev. Hruuelte aue dem Jelire
IMS, vierstimmig too O. Kade.
2 Geringe a. Kreit. und Lied
aua „biaaaaiie'* von Haeudrl
b. Adelaide t. Beetb. trn (Herr
R Wie) Warnung r. Haydn.
Nord oder Sdd t Sehumann.
1 Lieder- a. Da* Veilchen «ob
M eadelaaobn b Grelriien am
Spii.nrede eon Srbobert (M«aa
Julie» Aualm) Da« Kubelhal
toii Mendelaaubn John An-
derann t. beb u mann Jubilate
ron WOcrat 2 Duette, a per
ealli. per buaehi von UUngmi.
b buleika und Hatem t. .Men-
delaaobn iMiaa Aualin u Herr
Wie). Der LSrrbenbaum tob
H aup(mann. Der üiBrklielM tob
Mendeluobn.
SO- Vortrag rleaai»,h-r Klarier
uod Kammermuaik durch die
Herren L Sehlollmaiin, Spuhe.
F Schul» u Dr Brun». Kla-
vier -Quarten, Ea-dur v. Moaert.
Baaske, K-dnr, dp IU6 *■ Bee-
thoven. Trio. fi-dnr von Hee-
tboveu.
Altesborg.
iS- November Ära Abonnement-
Conrerl onler Mitwirkung der
Conrerlskngrrin Fei. A. .Nteffan
au» blraeakn-rg uod dea Herr«
l.onrertmrisier Lauterbaeb aua
Dresden. Symphonie No. 4,
D-moll vo« >rhon*nnn. Arie
aua „Acta und OeUlhea“ von
BlndrL V. Violin- Coneert eon
Spnhr Her il. und Level, aua
.Lieds" eon Doniteiii. Varia-
tioi en für Vmliue tob Rode.
2 Lieder a. „Mil Myrihru und
Hoaen" v Schumann b. Per-
aiarbra Lied tob Rubinotein
Oueerlere tu ..Oberon* von
Weber
Basel.
16. November. 1 Soiree f Kam-
eerrmurik der Herrrn Reotorb,
Bargheer, Flacher und Kabul
unter Mitwirkung dea Herrn
R Gnyrho» Quartett K-moll,
Op. w Nu. 2 von Beethoven.
Tri« D-dor, Up. 7» No 1 von
Beethoven Quartett in D-mol|
ron -Schubert.
Breslau
14 November 3*e Soiree dea
Verein» f. Kammermusik unter
Mitwirkung d. Herren Fr. 6rtMt-
macber und Georg Hensehel.
Quartett in F-moll (Op. 93 ) to«
Beethoven. Lieder von Hebe*
berl Violoneell - Sonate von
Aaioli Lieder v. Liest Quin-
tett (C-dur) von Schubert.
13. Auffahrung dea „Paulus" r.
Mendelssohn in der St. Kfiaa
belli- K irrt- vom Kirrhenebor
unter Leilui g den Herrn Can-
tor Thoma
Garlsmha.
15 November. Concert von Carl
Tauaig -'-anale Op 31 v. Bee
I hi. veu Rnuree v Bach Prr«lu
ach« na ndo von Meodeltaohn.
Notlurne au» Op. 6. 2 Etüden
aua Op. fs. Zw vi Mainrkac aue
Op. 39 nnd 33 von Chopin.
Aufforderung (um Tant von
Tauaig - Weber KreialeHana
Op. 16 von >cbumaun. Sllnd-
r hen von Schubert l.iail Tn-
gariaebe Hbapaodie von Liaae.
CopeahsgcB.
|S. November. Conrerl d. „Mu-
sik • 'erema“. Ouvertüre to
„William Nhakepeare" v. Kuh-
lau. FiQhlingafautaaie f. 4 ho
loatimmen. Piano und Oreheater
von Gode Jie Nympbonie k>
Ea-dur von Nchumanu (I. Auf-
fflhrungr .Jenaer» der Bvrge“
für Metao - hopean aolo. C hor
und Oreheater v. J. P E Hert-
mann. Ouvertüre, Elfregeaeng
mit Chor, Notturno, Horbtrita-
marnh und hebluaa-Elfenchor
aua der Vtnaik tum «hoaimer-
nachlatraem von Me«daUa«bn.
Dresden.
IS November. I. Coneert de» Flo-
rentiner Quartettv erwnv Quar-
tett Adur No 3 von Moaart.
S uartett in P Op. 9 No. 2 von
erbeck. Quartett in Ea Op. 74
von Beethoven.
12 2. Concert de» Florentiner
Quartettverein» Quartett A-dur
N.3 von Moaert. Quartett F-dnr
Op. 41 No. 2 von Schumann.
Quartett F.-moli Op, 36 No. t
von Beethoven
13. November. Soiree muaieal«
de« Prltil Aaguele Gälte unter
Mitwirkung dea Florentiner
Quartett- Vereine nnd dea Herrn
Piani»! Biaaamaan. Quartett
No. 6 in C dur von Mm»rt.
„Dirbterlirbe“ von Sehumann
I. 1 heil. Soloataeke für Piano,
a. Nocturne ( Deo-dur Ul. 27).
b Pre»to a. d. Sonate i H-moll
Ob SB) von Chopin Dichter-
liebe II Theil. 3 Starke Wir
Slreirbqnarietl. a. Adagio von
Volkmann, b Serenade von
Haydn e. Preatu a. d D-moll
Suite eon Häring. 2 Lieder
a. ..Will»! Du dein Hers mir
■rhenken* v. Hark b Votko-
lied von Hilter.
16. Coneert von Jo»rph Schild,
unter Mitwirkung dea Printern
Mary Kreba, dea Conreetmei-
ater» Herrn KSmprl und dea
Mutikdirerlora Herrn Ricriua.
Kreuttrraouale. flp 47 v. Bee*
thovrn. 3 I Jeder au» den MOI
larliedern v Schubert, a. Wo-
hin? b. Dar Neugierige, c.
Mnrgengruaa d. Die liebe
Farbe, e. Die bSee Farbe. So-
aale in G - molt von Tarlini.
Arie ( »Komm Luide Dame“)
a. d. Oper „Die weiaae Dame"
von Boieldieu Tarantetle ana
der „Stnmmen von Portiri*' von
Liott SeJcaeHrke fOr Violine
von Spohr. __
Sc hertu c- Sarabande. I Li*
der. a. Im Erker von Kerb»,
b. FrtlfalingaJied von Holataia.
e. E» war me Traum v. La»
»eo. d. TaeaesdofhAn v. Eckert.
19. Auffahrung v Mendela»obn'a
J^anln»-* in der 3’rauenkirehe.
vrranalaltet von der Geaeral-
diroolion.
Frankfort a. B
15. November. Concert d. Rflkl’-
»chm Ge»ani>*r*ioa. Daa Pa-
radiea nnd die Perl von Schn-
mann. Sali; di* Damen Freu-
denbeeg-Ubrlaub a Wiesbaden
und Helene Hausen aus Manu*
heim, di« Herren Horchers aua
Wiesbaden und Oaaenbaeh von
hier
I» 31« Quartett-Soiree gegeben
v. d. Herren Ueermaoo. Becker,
Welker und MOller. onler Mit-
wirkung den Hro. Wallenauin.
Quartal! < Op T4 D-moll) von
Spohr. Sonate (Up 22 H-dnr)
von Beethoven Quartett C-dur
(Ni*. *J von Motarl.
26. I. Abonnement Coneert de»
' Cäcilienvereins. Trauer Hymne
v. Hlndel A caprlla Urslnge
a W*ibnachl»gc»*ug i.Eccard
b. WeihoaehtMied v. Prltnnu*
e ..Maria wallt'ium Heiti^lhum*'
von Ercard. d U»lergr»ang
von Rrcsrd. «. Fflntat Motetta
.Jesu meine Freude" v. S. Bach
Chor und Choral au« d«r Ca«
lata „Bleib' bei ono** v. S. Bach.
Hamborg
16. November. 1. Trio • Soiree
unter Mitwirkung der Herren
Bai» und Leo, gegeben von
(1 *. Holte«. Trio in D-omII.
No. 19, vo« Hayd«. Sonata far
PAe. «ad Violine io D mulL
üp. 121. *UO Schumann. Drei
So«»»*« flr PR*, i« E, Kia-moll
und D von Se»rla(U. Trio io
B. Op. 96. von Sebobert.
388
Kil>
U. November. 1 8oir*e f. K«e>-
mermu*ik. Quintett inB-dur
(Op. 87) von .Mendelaaohn
Quartett v. Schumann in F-dor
(Up. 41 Nb. 2) Trio io B-dur
(Op. 97) »oo Beelhoven-
$. & HOr*#*iW» • Ceeoert Cob-
^"5£dS «* **'*«*>”■ » MoaideyPoonUr
iFfkolcin Bureoae «ns Kawael). Coneeel. Qa*rirUiap-dor Op 44
Ar VMbomIL e Ar« Mono
von Sehohvrt. b. SehwaUer-
meludim. Lied«. *. Auf Fie-
le Io de« Ueaange« von Men-
dvUaohn b. 0 »taao Malter
von Remreke. c. Da« Mkdehen
*n den Mond Ton Don.
London
Clavteronneort in Ple-mell »ob
Killer (Herr Heymann »n« Am-
alerdam). C«i»i«t« «Flf jed«
Kai»" von Hach. «tt Slofoni«
von Brelhoven.
No I v, Moadeieeohn „B«»*-
lied“ roa Beethoven. Sonate,
Op ü von Beethoven. Sonnt«
in B dar ». Moiart. „Sulrike“
von MendeU»nKn Qoartrtt io
D-dnr (Op. 74 No. 8) v. Haydn,
15. 2. Monday Populär Ootieoit
Quartett E-moll. Op, 59. von
Beel hören. Lied v. Schubert.
Fantasie Op. 15 eon Schubert
(Hr Paner). Violoneell-Sonale
in F-dur, Op. 5 No. I r. Bee-
thoven (Herren Pauer n- Piatti).
Lied »on .Moiart. Quartett in
i«»-ni». B-dur (Op. 64. No. 5) v. Haydn.
Cherubim 87. Saturdey Populär Coneert
Ouiulett B-dnr, Up. 67 y. Men-
delaaohn Bnaalied v. Beetho-
ven. 8 Clev*ar»ltVrka v. Schu-
bert (Mr. Cltarlea Hallf). V«>.
lin-Roaiarue in U. Op 40 von
Beethoven (.Mad Norman • Ne-
ro da). Lied v. Schubert. Tri«
in Ea-dor. Op. TO Na. 8 von
Beathoven.
Königsberg
18. November. Beta I liehe« C.on-
eert der „Mneikallerten Aka-
demie Choral von S. Barh.
Domina vnn Subolewaki- Glo-
ria von Paleetrina. Cantate
-bleibe bei una“ vo« S. Haeh.
Te Deum (l'treehter) v. Handel.
8|. AnflÖhrnnK der Mimik-Aka-
demie „Requiem*" » *‘ ,_s
Leipzig.
fl. November. 4«. AaKBhmnjt
de« Dilettanten • tjrchealer Ver-
ein« unter Mitwirken* d Bra.
Diem und dea Frl. Klau well.
Ouvertüre m „Don Juan" von
-Vidiert Arie fOr Sopran aus
„Barbier von Sevill*" von Raa-
moi. Conrert fbr Violoncell
von Oollermann Symphonie
(F-mull) v. Kelliwoda. «SUIrk* 14. November. Concert dee Ver-
■agdeborg.
«io* f«r leiotl und weUi. Chor-
B9 wirÄ
Lieder fDr Minnerchor, a
„Mein Bar», thu" dich aof" von
Lvnge. b. „PrOhlinatreigen *
von Stade. Sonate Mr Violine
von Rub( (Herr Ho(coo<«rtm.
Ulrich). Coneert-Arie v. Men-
delaaohn (Frl. Mummenlhey).
Quartell aua ..Da« befreite Je-
ruaatem' v«.n Highini Bailode
und Polonaiaa für Violine von
Vieu ite mp«. Die Krouifaiirer
von Bade.
München.
16. November. I. Quartrtt-Soirie
dea K. ConoertmeiateraJ. Wal-
ter und der Hofmuaiker Ramft-
ler.Thomln uad Maller Quar-
tett in F-dur (Op. 77 No. 8) v.
Haydn. Quartett in D-4ar von
Momrt. Quartett io E-moll von
Beethoven.
17 8le» Abnnnrmenl-Concert der
muaikaluchen Akademie. 0*-
ford Sinfonie von llayde Arie
der Irene an» dem Oratorium
„Theodora** von Hltid»! (FrRul.
W. Ritter) Ouvertüre tlp 115
, ( Natnenafaier ) v«n Beethoven.
i Violin Coneert No. 7 R-oioll v.
1 Spohr (Harr Brückner). Zwei
Lieder, a. Roeamunde. b. La-
chen und Weinen v Schubert
(Prlul. W. Ritter). Ouvertüre
Sefeerio und Finale von Sv hu
Feat.
17. November, Coneert 4- Ofner
Sia^-u.Mualk- Akademie. „Ah-
acbied rum Walde“ von Men-
„Blanche de proveny«- v. Ch«,
rohini. ..Kaneller-Penliuir Nr
Klavier vou Laut. 8 Remiacbt*
Quartette, a „Romania vom
Olaaehiiben" von Srhumano.
b. „Die Wan*erro«e M v. (lade.
..N«f hurra eng’ von Vogt „Rn*
raanie“ (F-dor) fttr Violine von
Beethoven „Die Seligkeiten"
von Liail. Arie v Sire de Ile.
„ Morge n hymne" T- F. Laehner.
Posen.
10 Concert dea Gesangverein«
für „Beiatliche Muaik“ unter
Mitwirkung der Frau Wer-
nirke-Brldgeman : „Dir Schlp-
fung*’. Oratorium von Haydn
Regaosbnrg.
82. November. Concert dea Ilm.
r C. Tauaig. Phantasie Op 15
v, SchuberL Toccata Op T von
Sehumanu. Suite (ft-mnli) von
Bindet. Nouvelle* aoirdea de
Vienne. Valae capriee v. Tan-
aig. .74 Variationen v. Beetho-
ven. Bareamlle Op. 60, Vier
PrAlndien Op. 28. Valae Op. 41
und Polonaiae Op. 33 v. Chopin.
Cantiqqe. d’ammir u. Rapaodi«
No I von Liail
Sebwaao.
17. Navcmbar. 1. mueik. Soiree
gegeben v. Karl Maller a Ro-
«tocV Octetl v. Schubert. V».
riaHonon aber „BoU erhalt«"
von Haydu 8 VtolonoeU-SolL
a. JS» mm wia tuet Du“ v. Spohr.
b La Homaueaca (vertrag, von
Harra Wein) Vanal.onrn 'Jbcr
ein« Barcar ule fOr Streichtiuar-
Wt von Uroaa. S ep te tt »,W
tbuveu. Seren »d» f. Violine v.
Haydn (jmi. von Hm Jotiu»
V. Bojen Variationen au# de«
D-moll-Qavrtett von Schubert.
Scbeno mr 8 ViuUuob. VtuU.
Cello, B*ta. Clarinette. Fagott
und Born *tw Schubert
ItHtifurt.
IS. November. Concert v. Char-
lotte Dcckner Violin- Sonate
in A-mnll f. Klarier u. Violine
von Kubinaleia. jAm Meere“
von Schubert. Coneert milllaire
von Lip*nti.L 3 CUvieraUtcka.
a. Lien ohne Worte ln H moll
von Mendelsaoh«. b. La Ra-
f*la veniiaua v. Liaal n. „Erl-
könig“ v. I.iaxt (Herr Prucknery.
..Kaavaiidra" , ßcdirht v. Schil-
ler 3 Vinlinaoli. «, Sarabande
yon S. Barh. b Loura vou
Ä. Barh c Bcrceuae v, Rebrr.
2 Lieder, a. Wanderlied- vou
Schumann, b. .Frdhling und
Liebt" von öoltermann. Kljw
Caardaa vua K,ihne.
17. Coneert v. C Tauaig Pro-
gramm eicht Carlaruhe
Nova-Senduug No. 9.
von
B. Schott’» Söhnen in Mainz.
ThJr Sfr.
Hohl, A. Berceuse, Op. 21 — 10
5 Feuillets d'Album (2me Cahier), Op. 22 , — 20
Oodnfrold. I'. CIiaubou de Mai, Caprice poAtique, Op. 158 — 12|
— — Le Carillon de Moocrabeau. Op. 159 — 12}
Kellerer, K. Guillaume Teil, Kantaisie hrill., Op. 240 . — 20
Leybach, J. La Fanchonnette, Fant hrill., Op. 115 . . — 90
Rommel. J. Impromptus de Salon. No. 1. Le» Clo-
ches. No. 2. Idylle. No. 3. Chanson A boire. Na. 4.
Fabliau. No. 5. Marche dea Garde». No. & Souvenir A — 6
Staaay, L. Gliascuse, Polka-Mazourka, Op. 138 ... — 7}
Walterstein. A. Album 1870. 6 nouvelles Danses 416g. 1 —
Beyer, t'erd. 2 Polkas ä 4 mains, Op. 155. No. 1 dt 2 6 — 10
Duo hrill. aur un motif du Stabst mater, Op. 156
A 4 mains — 22}
Cramer, Ei. Potpourris A 4 mains.
No. 87. Armide de Gluck — 25
- 88. Rienxi de Waguer — 25
Gregolr, J. dt Leonard, II. Rienzi, Duo pour Plano et
Vlolon (36*»* Livre des Duos) 1 —
— — r — — Lohengrin, Duo pour Piano el Violon
(37«w Livre des Duos) 1 —
Gaeltler, E. Fr. PrAluditim und Fuge (G*moll) für die
Orgel, Op. 20 — 7}
Gadfrey, D. Danses de Salon pour Cornet A piston et
Piano. No. 2. Hilda-Valse . . — 22}
Danrla, Cb. 3 Duos pour Piauo et Violon. Op. 124.
No. 1. Robin des Bois. No. 2. Serenade de D. i.
No. 3. Air irlandais et le Caroaval de Venise . . ä — 20
ütauny L. Potpourri s. Don Carlos de Verdi, pour pe-
Ul Orchestra, Op. 135 195
— — Potpourri sur Les Mahres Chanteurs de Nurembourg
(Die Meistersinger v. Nürnb.i de Wagner, pour petit
Orchestra, Op. 140 2 12}
Lablache. L. Methode de Chant moderne. Nouv. Edit.
p. Mezzo-Sopran ou Contralto (Vollst. Gesangs-Schule) 3 25
Rossini, G. Messe solenneile A 4 voix, Soli et Choeurs.
Clflvier-Auflzug in 4<n- (Gross Hoch-Format) . . netto 3 15
Neue Musikalien
aus dem Verlage von
Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Beethoven, L. v. Sonaten für Pianoforte und Violine. Arrang.
für PRe. und Violoncell von Friedr. Grfltzmacher. Nr. 4.
A-moll. Op. 23. 1 Thlr. 10 Ngr.
Chopin, F. On 15. No. 1. Notturno, F-dur,. fflr Pianoforte.
Für Violoncell und Pianoforte bearbeitet von B. Bögler. 20Ngr.
fände, IQ. W. Op. 37. Hamlet Concert - Ouvertüre fQr Or-
chester. Arrang. fQr das Pianoforte allein von Fr. Brissler.
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Hey. Jul. Op. 1. Drei Lieder für eine Männerstimme mit Be-
gleitung des Pianoforte. 20 Ngr.
No. 1. Reiterlied. Dio bange Nacht ist nun herum.
- 9. In der Nacht; l«h sasa bei Nacht auf stiller HOh’.
• 3. Trinklied. Ohne Wein und ohne Minne.
Ho Int c Io, F. ». Op. 22 Der H&ideichacht. Oper in 3 Acten.
Partitur 15 Thlr.
KOhler, L. Op. 158. Etndso in Tonbildem fQr CiaviersehQler
der Mittelstufe. 1 Thlr. 20 Ngr.
RendelHKohn-Bertholdy. F. Oavertoreo filr das Pianoforte
zu 2 H Anden. No. 1 — 7. Roth cartonnirt 2 Thlr.
.Hoxart, W. A. Opera. Vollständige ClavierauszOee naeh der
im gleichen Verleg erschienenen Partitur - Ausgabe. 8. Roth
cartonnirt No. 3. Der Sckanspieldlreeior. 20 Ngr.
Schnabel!, H. (1p. 23. Vier xweiatimmtge Gesinge mit Piano-
forte- Begleitung.
No. 1. Ad Emma. Weit in nelbelgrauer Feme. 15 Ngr.
• 2. Lerche and N&cbtle&ll. Wie nur jauchzen rings die
Lerchen.
- 3. Des Morgens in dem Thaue 15 Ngr.
• 4. Am Neckar, am Rhela. O, wAr’ ich am Neckar.
80 Ngr.
Vogt. Jean Op. 26. Etade No. 11, tirAe des 12 grandes Etu-
des pour Piauo. 7] Ngr.
Weyermann, «. Op. 10. Drlile grosse Souate. in E-moll, für
Pianoforte und Violine. 2 Thlr. 7} Ngr.
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Dradt von C. F. Schmidt m Barli«. Unter den Linden .1«. M.
Hierbei eine Beilage ton B. Schott'« Söhnen ia laias.
Di|
XXIII. Jahrgang M 48.
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1. Deccmber 1869.
Zu beneheo durch;
VIEH. Spin*. H**lin|?*r.
PARIS. feindai & [lafnar.
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Wen. — J'irrn-prir-pMiorioin. — IimotM*.
R
Volk man n. Roh Op 60. Erste Sonatine für Clnvier
und Violine. Pest, G. II ec kennst
— — • Op. 61. Zweite Sonatine für Clavicr und Violine.
Kbend» selbst.
durch diese beiden Werkchen hnt sich der rfilimlich
bekannte (Komponist ein wahres Verdienst erworben. Er
steift hier von seinem Kothurn herab utn sich in leicht
geschürzter Form, wie sie einem weniger in die Tiefen ge-
henden Inhalt entspricht, bei unschwerer Ausführbarkeit,
einem grösseren Kreise von Klavierspielern arrzubequemen.
damit sei nicht gesagt, dass diese Stücke nicht durch ihren
künstlerischen Gehalt an und fiir sich zu iuleressiren ver-
möchten und etwa bloss zu instructiven Zwecken tauglich
waren. Eben das. dass sie letztere Eigenschaft allerdings
besitzen, und zugleich (icmülh und Fantasie anregenden
Inhalts uiclil entbehren, rechnen wir ihnen besonders hoch
an. Ist doch sonst Alles, was die neuere Zeit gerade in
der Sonalinenfonn zu Wege gebracht, selten mehr als
trockenes Fomielwerk, während wir es hier mit stimmungs-
vollen, wenn auch nicht gewichtigen und grossen Tonbil-
dern zu Ihun haben.
Jede der beiden Sonatinen besteht nur aus einem Al-
legrosalz. dem ein Allegretto folgt, letzteres rondoartig.
Für die vorzüglichste halten wir die zweite in E-inoll, de-
ren erster Satz voll rhythmisch-origineller Melodik, in der
Dominante absrhlicsst, um sofort zum Schlusssatz überzu-
gehen. Dieser selbst ist in jener schon von Ifaydn, noch
mehr von Schubert cultivirien ungarisch-nfilionalen Weise
gehalten, die auf unsere Fantasie einen so seltsam-cha-
rakteristischen Reiz ausübt. — Mehr wird es nicht bedür-
fen, um auf diese neuesten Frfichle der VolkmannNchen
Muse aufmerksam zu machen, die wir hiermit besten» em-
pfohlen haben wollen.
Yolkinu int , Hob Op. 50. Weihnnehtslied aus dem
12 len Jahrhundert für gemischten Chor und Soli, Pest,
G. lim kennst.
Die vorliegende ziemlich umfangreiche CorapoaUion
giebt leider einen neuen wunderlichen Beweis, wie häufig
In unseren Tagen selbst hervorragende Talente in einer
Satzweise unbewandert sind, die in früherer» Kunstperiodon
auch die nuUelmassigslen Geister wenigstens so weit be-
herrsch len, dass sie des sinnlichen WoblUanges immer si-
cher waren. Sie verloren eben uie aus den Augen, dass
es sieb hier nicht lim abstracto Tone, sondern um die
menschliche Stimme handelt, deren Naturgesetze, weil ewig
dieselben, sich auch heule nicht ungestraft verachten oder
verkennen lassen. Wäre es zwar thörigt, in Gompositio-
nen modernen Geistes die ->triote Einhaltung der Regeln
des nitteUJteriichen Stylen fordern zu wollen, gegen welche
ja sclou ein Und* und Händel mit veilem Hecht gesündigt
haben, so reicht anderseits ein Verfahren doch lauge nicht
aus, velchem gemäss man nur etwa von den äussersten
Stiinmgränzen und schnelleren Bewegungsformen nbstrnhirt,
um in Modulation, Rhythmik und Zusammenhang sich so
ziemlich alle Freiheiten des inslruraeutalen zu gestalten. —
Es erwachsen hieraus die misslichsten Folgen, nicht blos
für den Wohlklang, sondern auch Tür die schöne Gesummt -
Gestaltung einer Gomposilion, die nun, weder Fisch noch
Fleisch, unter den Fesseln des Textes, auch nicht ein-
mal zu im instrumentalen Sinne bedeutsameren Motiven
und deren Durchführung gelangen kann. — Das. Werk, wel-
ches uns zu diesen einleitenden Bemerkungen Veranlassung
giebt. gliedert sich moleftenartig in 4 grössere Gruppen.
No. I beginnt mit folgendem Thema.
Allegro.
Tenor Er tat gu - wal
Up? und Ist stark, und ist stark.
48
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3Ö0
Hier ist zunächst tu bemerken, dass das Ohr des Hörers
die beiden Aofangstakte so:
auffassen wird, da es doch die Viertelpause einmal nicht
hören kann und also erst im dritten Tacte der Tactart
sicher wird. Warum nicht statt der unruhigen Synkope
einfach und herzhaft so?:
Er ist ge - wal - - - - tig. ge - wat lig,
Immerhin sind die gehäuften Motive, namentlich die lahm
nachhinkenden Quintenschrille nicht geeignet, den einfach-
machtvollen Ausdruck zu erzielen, der uns hier vom Text
gefordert scheint.
Nach nur einmaliger Durchführung des Themas durch
die vier Stimmen, macht sich ein homophones Sätzchen
von vier Tacten freundlich bemerkbar, das in C-dur anhebt,
nach einer Transposition in F sich aber sofort in vage
harmonische Gänge verliert. Ein drittes fugennrtig begin-
nendes Motiv auf die Worte: ,.Ihn preiset, was auf Erden“
würde durch sein körniges Wesen zu einer kraftvollen Ent-
wicklung recht geeignet gewesen und hiermit doch noch
ein festerer Mittelpunkt für die Nummer gewonnen worden
sein. Allein der noch in Sicht stehende Text lässt den
(Komponisten nicht zu Athern kommen. Nach einigen Imi-
tationen führt er uns sogleich wieder zu Gebilden ganz
entgegengesetzten Charaktere.
No. II, aus drei mehr choralartigen Sätzen bestehend,
macht in der hieraus von selbst sich ergebenden grösseren
Einfachheit und Einheitlichkeit auch einen harmonischeren
Eindruck und namentlich ist es der Schluss, an dessen
Klangwirkung mau ungetrübte Freude haben kann.
In No. III, Andante sostenuto, fällt dann wieder die
sinnentstellende Behandlung des Textes auf, wenn eine
Solostimme mit dem Chor in folgender Weise alternirt:
Solo ,.lcli habe leider lange“, Chor: „ich habe leider lange“,
Solo: „gedienet einem Manne“, Chor: „gedienet einem
Manne“, eine Zerreissung des Zusammenhangs, die uit so
näher an’s Komische streift, je mehr der (Komponist den
Eindruck einer gewissen düsteren Ascese hervorzubriigen
bemüht ist. Aehnliches später, wo einmal die drei liefe-
ren Stimmen ihren Text in folgender Weise hersagen:
Pi i l li » i i i| i ] I j| i ii l, i i
„dass ich aus, aus seiner, aus seiner. Haft mich iö-ae“.
Endlich fällt die llnerquicklichkeit vocnler Tonbilde'. wie
des folgenden, von dem wir der Kürze wegen nur die Ober-
stimme niederschreiben, sofort in die Äuget):
ner Haft mich lö - - - - - se.
No. IV bringt die Motive von No. II wieder und zwar
nun in reicherer Entwickelung, der wir aber leider nicht
recht froh werden, weil gerade hier das Stärkste in miss-
lichen Zusammenhängen beim a capelln-Gesang gewagt ist
W'ir verweisen den Leser, der sich hiervon näher überzeu-
gen will, beispielshalber nur auf Seite 26, Tact 6 bis II,
Seite 30, Tact 3 und 7. —
Schliesslich versichern wir, dass es uns keine Freude
gemacht hat, über die vorliegende (Komposition so wenig
Vorteilhaftes sagen zu können, da wir wahrlich zu den
Letzten gehören, des Coinponisten so oft bewiesene hohe
Begabung zu verkennen, wo immer sie uns entgegentreten
mag. Aber über dem einzelnen Künstler steht die Kuost
und es bandelt sich hier um die Bloslegung von Schaden,
die, wie schon früher angedeutet, mehr oder weniger das
Symptom einer tiefer liegenden KOnstlerkrankheit unserer
Tage zu sein scheinen. Zu ihrer Heilung mögen daher
klare Diagnosen in recht vielen Einzelfällen wohl nicht ganz
ohne Nutzen sein. — e— .
Berlin.
Her u e.
(Konigl. Opernhaus). Am 25. zum ersten Male „Romeo
und Julie“, grosse Oper in 5 Acten von Barbier und Carre,
Musik von Gounod. — „Er schreibt, wie das grosse Publikum
es liebt“, wer kennt die Redensart nicht, die so oft von Kriti-
kern gegen beliebte Coinponisten gebraucht wird? Als ob sich
das „machen“ Hesse! Als ob ein (Komponist bestimmen könnte:
das soll dem Publikum gefallen! Als ob die beliebtesten Com-
ponisten nicht auch von Misserfolgen zu erzählen wüssten!
Einen eclatanten Beitrag hierfür liefert uns Gounod in seiner
heutigen Oper. Gounod’s „Faust“ ist eine Weltoper geworden,
ein feststehender Bestand (heil der Repertoire deutscher, franzö-
sischer, italienischer, englischer Holmen. Die praclischen Ursa-
chen haben wir an dieser Stelle oft auseinandergesetzt. Nach
dem „Faust“ brachte Gounod zwei Werke, die bald verschwan-
den: „Mireille“, eine romantische Dorfgeschichte, nur in Frank-
reich und vorübergehend in der italienischen Oper zu London
gegeben, und „die Königin von Saba“, eine grosse Oper, die
in Paris selbst wenig Anklang fand mul auch am Darmstädter
Hoftheater nicht sonderlich gellet. Was war natürlicher, alsdassder
(Komponist die glücklichen Tage des „Faust“ wieder ersehnte?
dass er die Partitur jenes Werkes, welches ihm so rasch einen
Weltruf verschafft, vornehm und ausrief: No musst Du’» wie-
der machen?! Shakespeare'» unvergleichliche Liebestragödie
schien ihm für seine Zwecke den ergiebigsten Boden zu bieten,
und so entstand das Libretto der Herren Barbier und Carrä.
Jedoch um wieviol ungünstiger gestaltete sich schon das Sce-
narium des Werkes gegen das des „Faust“! Die Liebcsscencn
zwischen Faust und Margarethe sind Überaus geschickt in den
drillen Ad zusammen gedrängt; sie beginnen in dem Quartett
(in welchem die humoristischen Zwischengespräche des Mephisto
und der Martha den drastischsten Gegensatz bilden und in
glücklicher Weise die Monotonie verhindern) und eilen in un-
unterbrochener Spannung dem effeett ollen Actschluss zu. In
„Borneo und Julie“ sind es vier Duette, die mehr oder min-
der die gleichen Gefühle der Liebenden zum Ausdruck bringen,
ohne dass in den übrigen Personen der musikalischen Malerei
ein besonderes Feld zu dunklerer oder hellerer Farbenmischung
gegeben war. Und der (Komponist? Er hat gewissenhaft die
erprobten Receplc seines „Faust“ angewandt; wir finden die-
selbe Art der Melodik, dieselbe Art der Instrumentation. Aber
dem (Komponisten fehlten die glücklichen Stunden, und so gab
er statt der Inspiration diesmal mehr Mache, mehr Routine,
wenn auch mit Taleut, mit Geschick Die musikalischen Mo.
tive sind fast durchgängig ohne prägnante Frische; statt des
Gefälligen dringt sich nur zu oft (wir erinnern z. B. an die Aus-
drucksweise des allen Capulet im ersten Act, dessen Loblied
auf die Genüsse der Jugend hier mit Recht auf ein Minimum
reducirt wurde) Trivialität hervor; auch starke Reminisccnzen
machen sich gellend, Meyerbeer's „Hugenotten“ (besonders in
der Kampfscene des dritten Acts) haben vielfach als Vorbild
391
gedient; der Walzer Juliens im ersten Act erinnert gar sehr
an einen der frühesten Walzer des verstorbenen Johann Strauss
„das Leben ein Toni“; selbst Verdi 1 » und Richard Wagner's
Schreibweise ist stellenweise nachgeahmL Uns haben von den
Miutiknummern das erste Duett (Madrigal) des Liebespaars (das
freilich im Salon mehr gefallen wird als auf der Bühuet, im
dritten Art die Scene bei Pater Lorenzo, das Lied Stephano'»;
im vierten Act die duftige Plirase von der Lerche und Nachti-
gall und der Schluss des Werkes am meisten zugesagt. Der
vom Chor hinter der Scene gesungene Prolog, in Kürze das
nachfolgende Drama erzählend, hat trotz des dazu gezeigten, rei-
zenden, lebenden Bildes etwas Befremdendes; er vermag eine lebhaft
vorbereitende Ouvertüre nicht zu ersetzen. Sollen wir nun von
dem Eindrücke des Werkes auf das Publikum sprechen, so
müssen wir denselben als einen überwiegend matten bezeich-
nen. Das Publikum liatte von dem Componislen der stets gern
gehörten „Margarethe“ mehr erwartet, es fühlte sich auf die
Länge ungefähr wie in einem lauen Bode, das zuletzt nbspannt
stellt zu erfrischen und liess selbst wirklich hübsche Nummern
ohne lauto Theilnahme. Die meiste Anerkennung wurde der
Trauungsscene bei Lorenzo im dritten Act gezollt Der Dar-
stellung haben wir den Fleiss und die Sorgfalt aller Betheilig-
ten nachziirühtnen. Herr Bad ecke leitete die Oper umsich-
tig, Herr Hein halte eine geschmackvolle, mit mehreren hüb-
schen Decorationen «ungestaltete Scenerie hergostelU. Die
einzelnen Vertreter der Parthieen waren in der Lösung ihrer
Aufgaben — allerdings theilweise ohne ihr Verschulden — we-
niger glücklich. Herr Ferenciy wird weder als Sänger noch
als Darsteller jemals ein befriedigendes Bild des Romeo zu ge-
ben vermögen; sein phlegmatischer Vortrag, Gestalt und We-
sen sind ihm hier gleich hinderlich. Wir verkennen nicht die
Mühe, die der Sänger aulgewandt sie wird wohl von uns, nicht
aber vom Publikum gewürdigt das eben mehr beansprucht als
eine fleissige Malerei Grau in Grau, das statt der Energie kein
unruhiges Gebahren, statt der Innigkeit keine verschwommene
Weichlichkeit haben will. Auch Frau Mnllinger darf die Ju-
tta nicht zu ihren gelungensten Leistungen zählen; sie gab in
den Momenten der Innigkeit und Hingebung — in welchen je-
doch zun» Nnchtheil der Gesammlwirkung das langsame Tempo
vorherrsch! — Treffliches, vermochte jedoch den Auftritts-
Walzer (wenn wir nicht irren, um einen halben Ton nach der
Tiefe transponirt) nicht zur Geltung zu bringen. Die Parthie
ist für den hohen Sopran der Madame Carval ho geschrieben,
Frau Mallinger darf die hohe Tonlage wohl benutzen, aber
man spürt die Anstrengung an der Athemlosigkeit. Mil Ver-
gnügen haben wir wahrgenommen, dass Frau Mallinger die
von uns öfter gerügte Ueberschwenglichkeit in den Bewegungen
des Oberkörpers wie der Arme zu unterlassen vermag; möchte
ilir das auch mit der oft zu liefen Intonation gelingen. Frau
Mnllinger wurde durch Beifall und Hervorruf vielfach ausge-
zeichnet. Fräulein Gross» als Stephano fand Anerkennung
fOr ihr ansprechendes Lied. Sehr lobenswerlh waren Herr
Fricke als Lorenzo,Hr. Betz als Merculio, Hr. Salomo nah Fürst
und Hr. Wo w o r s k y als T y ball ; Letzterer thnt nur im Spiel des Guten
zu viel. Weniger haben uns Frftul. Brandt als Gertrude, ebenso
die Herren Krause und Krüger als Cnpulet und Paris zuge-
sagt. Orchester und Chor leisteten sehr Tüchtiges. Ob die
Oper sich auf dem Reperloir behaupten wird, vermögen wir
heut noch nicht zu bestimmen, glauben es aber kaum. — Die
übrigen Vorstellungen der Woche waren am 24. „Fra Dia-
volo“, am 20. „Troubadour“, beide Opern mit Frau Lucca
und Herrn Nicmann; ain 27. Wiederholung von „Borneo und
Julia *; am 28. „Joseph in Egypten“ mit Herrn Niemann.
Am Donuerstag den 25. v. M. führte Herr Alexis Hol-
la «oder im Saale der Stog-Academie mit dem Clcilien- und
dem unter seiner Leitung stehenden Gesang-Verein das Pasto-
rs! „Acis und Galatea“ von Händel auf. Zu unserem grossen
Bedauern konnte Herr Holländer die beabsichtigte Orchester-
hegleilung nicht ermöglichen, dieselbe musste also, wie im ver-
gangenen Winter, durch die am Flügel ersetzt werden, immer
nur ein leidiges Surrogat für die dem Werke erst das richtige
Colorit verleihende Instrumentation, selbst bei einer so vortreff-
lichen Ausführung wie der durch Herrn Holländer. — Das
hier schon öfter gehörte höchst frische Werk selbst ist bei frü-
heren AulTühruDgen hinlänglich besprochen, wir dürfen uns
diesina! auf die Leistungen der Solosänger und des Chores
beschränken. Von den ersteren ist zunächst Frau Anna Hol-
la ende r zu nennen, welche die Partie der Galatea mit der
ihr eigenen feinen musikalischen Auffassung vollständig zur
Wirkung brachte. Wir erwähnen beispielsweise nur der einen
Arie: „So wie die Taube“ etc., in welcher Frau Hollaender
die hohen Töne auf den leichten Silben mit einer Geschick-
lichkeit und Grazie behandelte, die wahrhaft erfreute. Lei-
der wurde der angenehme Eindruck der sonst so vortrefflichen
Leistung durch eine zu scharfe Intonation etwas beeinträchtigt,
ein Fehler, vor welchem sich auch Fräulein Adler, welche
als Dämon ihren hellen, klangvollen Sopran zum ersten Mal
mit glücklichem Erfolge öffentlich hören liess, zu hüten
hat. Der Königliche Dumsäoger Herr Geyer führte die
schwierige, sehr ungünstig liegende Partie des Acis so meister-
haft durch, seine Stimme klang bei aller Vorsicht, mit welcher
er die gefahrdrohenden Stellen behandelte, so weich und flies-
send, dass wir demselben für diesen Abend den Preis zuerken-
oen möchten. Der Poiypltem des Herrn Th. Krause war in
Stimme und Auflassung etwas zahm. Die Arie: „Treffe Fluch“
etc. muss doch wohl mit grösserer Kraft und Energie wieder-
gegeben werden. — Die Leistungen des Chors erwiesen »ich,
einige hohe Einsätze im Sopran abgerechnet, recht brav. —
Schliesslich möchten wir uns noch die Frage erlauben, würde
das Werk durch Kürzungen der einzelnen Musikstücke nicht
bedeutend gewinnen? Oft muss man eines ganz kurzen, aus
wenigen Tacten bestehenden, Mittelsatzes wegen, den ganzen
ersten Theil noch einmal hören. Die bei Händel herrschende
uoä versteinerte Form der Arien, Duetten etc. wirkt doch auf
die Länge ermüdend, und bedarf daher für unser an steten
Wechsel gewöhntes Ohr einer Kürzung.
Die Jenny Meyer'sche Singklasse des Stern'schen Musik-
cooeervaloriums veranstaltete am 25. November ein Conccrt zu
wohllliätigen Zwecken, welches ein zahlreiches Publikum an-
gezogen hatte. Die Herren Hermann und .Manstldt
(Schüler des Herrn Ehrlich) eröflneten das Concert mit den
Variationen von Schumann für zwei Claviere, und machten
ihrem Lehrer in jeder Hinsicht alle Ehre. Herr Hermann
spielte später noch zwei Sätze aus dem Chopin'schen E-inoll-
Concerte und beherrschte auch darin alle Schwierigkeiten mit
grosser Leichtigkeit. Fräulein Selma Kempner, der die Co-
loratur angeboren scheint, sang die grosse Arie aus „Lucia“
und erntete damit reichen Beifall. Ihre Stimme ist besonders
in der Höhe von angenehmer Klangfarbe, darf aber durchaus
nicht forcirt werden, da sie alsdann leicht einen etwos schnei-
denden Charakter annimmt. Fräulein Marie Fa Ik ner, welche
die Romanze der Alice aus „Robert der Teufel“ vortrug, hat
eine bedeutend vollere Stimme und zeichnete sich besonders
durch eine gelungene reine Intonation aus, welche gleich io
den beiden ersten Anfangstaktan so recht zur Geltung kam.
Von den beiden Solo-Altistinnen hatte sich Fräulein Johanna
48 *
392
Bernstein dns „Waldcsgespräch“ von Schumann gewählt,
ein Lied, welches im Vorträge mehr Schwierigkeiten darbietet,
als manche grosse Opernarie; und wenn auch die mit einer
schonen Stimme begabte junge Sängerin sich alle mögliche
flflOhe gab, so war ilire Leistung doch gerade nach dieser
Richtung hin keine durchaus vollendete zu nennen. Die nndoro
Altistin Fil. Emma Schmidt sang das Mignon-Lied von Liszt.
Gute Schule und eine wundernd!« Stimme waren bei dieser
Ausführung die HnuptFaklorcn * — aber mehr inneres Leben
wäre sehr zu wünschen; die Sängerin gerieth, Wie mau so
zu sagen pflegt, nie recht in Feuer und Flammen, und den-
noch bietet gerade dieses Lifd der Momente so viele, welche
den Vortragenden hinreissen müssen, weirft er wirklich dabei
innerlich empfindet. Fraulein Schmidt halte Vorher schon als
Schülerin des Königlichen Hofschauspielers Herrn Berndal mit
dem Vortrage des Gedichtes „Des Sängers Fluch“ von Uhland
debülirt, aber auch hierin mehr mit ihrem wundervollen Or-
gan »1s mit freiem Vorträge brillirt. Das Terzett aus „Die
heimliche Ehe“ von Cimarnsn , gesungen von den Damen
Falkner, Kempner und Schmidt, getlel ungemein und
war auch sehr gut einsludirt. Von den Frauenchören unter
Leitung des Hin. Engelhardt, welcher auch das ganze Acrom-
|mguemcnt der Sologesänge übernommen hatte, seien tpecfoll
das geistliche Lied von Wfierst und „Der Kukuk“, Lied von
Hitler, erwähnt. Während letzteres mehr eine leicht hiuge-
worfene Bluetle ist und durch seine Naivität gelallt, ist erste -
res eine wahrhaft feit» durchdachte Compositum , welche sich
kühn den besten Meisterwerken dieses Gehre* zur Seile »teilen
dnt L Das Fuhlikum war ein sehr auimirtes und belohnte
ju!e Nummer mit reichlich« m Beifall und die Solosängerinnro
Loch dazu mit zwei- hi* dreimaligem H«*ru»rruf.
Herr Xaver Schar wen ka, ein Schüler de» Herrn Prof.
Th. Kullnk, gab atu 2f>. V. M. in» Saale der Smg-Akademie ein
Coucerl, in welchem er sich dem hiesigen Publikum, das sich
zahlreich eingelunden halle, als Cumpohbt und Pianist vor-
» tellle. Als Letzterer, befindet er sich jedenfalls auf einer sehr
hi achtenswerten Stufe, seine technische Ausbildung »st fast
makellos, in allen Künsten de» wahren VirtuokentilUDis ist er
sattellesl; vor allem wollen wir »eine* schönen, nüancenreirhen
Anschlag», seiner perlenden Passagen und der wohtlhuenden
äusseren Ruhe, mit welcher selbst die grössten Schwierigkei-
ten ausgeführt werden, erwähnen. Bisweilen hätten wir be-
sonders in dem A-inotl-Concert von R. Schumann mehr Märk
und Fülle des Ton» gewünscht, obgleich es in diesem Stücke
für den Solisten eine schwere Aufgabe ist, au» dem steten
Kampf mit dem Orchester, dessen Fundament an diesem Abend
vier Contrabässe bildeten, und welche» vom Compotihten so
selbstständig behandelt ist, als Sieger hervorzugehen. Unserer
Ansicht nach sollte mau das Streichquartett in seiner vollstän-
digen Besetzung nur bei den Tulti’s eintreten lassen , die Wir-
kung derselben würde eine um so grössere sein, während der
Klavierspieler iu den Soli seine Krälte nicht zu übernehmen
brauchte. — Was die Auffassung de» Concertgebt-r» anbelangt,
so zeigte Herr Scharwenka ein richtiges musikalisches Verständnis»
sowohl in dem oben rrwähnteo SiliumaimV'hen Loncert Wie
in den übrigen Piecen von Clmpin, Mendelssohn, Kullnk und
Liszt; nur möchten wir einerseits, besonders iin Vortrag der Me-
lodie, mehr Wanne , anderseits grösseren Schwung. Bei ge-
nauerer Bekanntschaft mit dem Pubhkum wird sich Herr Schar*
wenka auch die Verve im Spiel aneignen, die der Virtuos
besitzen muss, um seiner Leistung den für das Publikum noth-
wendigen Glans zu verleihen. Simmtliclie Vorträge wurden
mit reichen Beifallsspenden belohnt. — Als Componist führte
uns Herr Scharwenka eine Ouvertüre für Orchester vor, die
durch abgerundete Form und gute Arbeit floissige Studien be-
kundete; zeigten die Themen noch nicht von grosser Selbst-
ständigkeit der Erfindung, so wurde unser Ohr auch nicht mit
wüsten, bizarren Einfällen gepeinigt, wie dies m dem LiszCscheo
Es-dur- Courerl in so hohem Grade der Fall war. Möge der
junge Künstler in den» schönen Erfolg, welchen er diesen
Abend errungen und wozu wir ihn aufrichtig beglückwünschen,
einen Sporn finden , die betretene Biihn mit steten» Eifer wei-
ter zu verfolgen.
Die 3le musikalische Soiree der Berliner Svmphonie-Ka-
pelle unter Leitung des Herrn Prof. Stern im Saale der Sing-
akademie an» 27. November bot des Interessanten viel. Zunächst
eine Compnsition des 137. Psalms für Chor, Solo und Orchester
von Vierling, eine treffliche Arbeit. Der erste Chor, in stren-
gem contrapunklincheo Slvt gehalten, zerfällt in zwei Hälften, das fol-
gende Solo mit Clinr: „wie sollten wir“ etc. gnuz im modernen Geiste
gefasst, wirkt dramatisch. Die am Schlüsse des Werke* «inlretende
Wiederholung des ersten Chors erscheint uns etwas unmotivirl, e»
hätte hier ein blosse» Anklingen an die in demselben ausge-
sprochene Stimmung genügt. Sodarrn da» Auftreten eines Pa-
riser Pianisten Dein borde. In dem von demselben vorgetra-
gent'n Es • dur-Concerte von Beethoven bewies derselbe einen
hohen Grad von technischer Gewandtheit, bei freilich nicht
immer vollständiger Präcisioo. Die Auffassung war im ganzen eine
des unvergleichlichen Werkes würdig«-; Jer Vortrag verriet!) vott*
komntne Freiheit uud die den Franzosen eigen Ihümliche Verve.
Schade, da»» der Ausdruck durch den PleyeTschen Flügel und
dessen spitzen unangenehmen Ton so wenig unterstützt wurde.
Da» Alkan’ »che mel«HÜenlose lind planlos in unausgesetzten Mo-
dulationen sich bewegend«* Lied' für Piaoofurtp konnte Nieman-
den' nnsprechrii. Eben so wenig sahen wir einen Grund zu
der Aikan'sehet» Transcrrplion des „Chor uud Tanz der Si-yfhen“
au» Gluck’» „Iphigenie“. Dagegen entwickelte Herr Delaborde
fn dem Praeludium und der Toccata (F-dtir) von S. Bach für
Pedal - Ctavier eine staunenswerthe Fertigkeit im Pedal,
welche dos Publikum zu einem dreimaligen Hervortut
hinriss. Unserer Meinung nach gehört das in Rede
stehende Instrument nicht in den Cont'ertsaal. Von den
beiden von Herrn Rud. Otto vorgetragenun Liedern „An die
Leyer* 4 und ;,Sci mir gegfffsal" von Schubert erntet« na-
mentlich »ia» letztere den wohlverdienten Beifall. — Auch der
»ehr zart vorgetrogene Chor von Gretry aus der Oper „Die
beiden Geizigen“ fand die beifälligste Aufmihiue und musste
wiederholt werden. Den Schluss bildete «iie Es-dur-Symphonic
von Mozart, in gewohnt trefflicher Weis«« geleitet und ausgeführt.
Das Hauptwerk, welches in der zweiten SoirA« de» Mobr’-
schcn Condert- Vereins zur Aufführung kam, war „der Wasser-
neck“, lyrische 'Cantate tfir Chor, Sole und Orchester vou
Richard \Vüer»t. Wie bri den früheren Aufführungen des an
musikalischen Schönheiten reichen Werkes , erwarb sich d«w-
st*H>e auch diesmal den ungethei!(en Beifall des zahlreichen
Auditoriums. Obgleich auch hier da» Klavier die inter«^sante
Orrhesterpartiiie nur mangelhaft zu ersetzen vermochte, eo
Wirkten doch die charakteristischen und melodiösen Chor- und
Solo-Sätze nachhaltig. Frl. von Zangrö, die Herren A.
Geyer und Jul Schmock, welche die Soloparthien über-
nommen, lösten (einige Schwankungen abgerechnet) ihre Auf-
gabe genügend; vor allem «-rfreute Frl. von Zaugri durch
einen natürlichen, edlen und gefühlvollen Vortrag, der von
einer , wenn auch nach manchen Seiten noch unvollkommen
gebildeten, wohlklingenden, ausgiebigen Soprauslimme unter-
stützt wurde. Den übrigen Th eil des Programms füllten zwei
VjC
sn
Luder von Mohr, gesungen von Frau Worgitzka, von denen
beKindtrs da» zweite: „Aussicht vom Hochgebirge“ (Gedicht
von R. Luiwcnstiin) beifällig aufgenomniei) wurde; «l«o A-
mothConmt lOr Cello von Pialli, gespielt von dem Kammer*
mutokus Herrn Zßrn und ein Duo IQ r zwei Pianofo rte voq
Jus. RtifmWrger*_jDr dessen Ausführung wir den Herren 0.
Eichberg und Mohr besonders danken, da dag Werk allge-
meiner bi könnt zu «erden verdient. Vor« den drei SAtzen
tritt besondirB der mittlere, ein Adagietto Canon a due, vor-
ttieiltialt hi r vor, der hei aller Strenge der Durchführung durch
»eine Grazie Ausser»! wohlthurnd wirkt. d. R.
€orr«tipou<i«nzen.
P7ris, 27 November 1809.
Oie Aufführung des „Fidelio“ von Beethoven im TheÄtra
Italien ging vorigen Donnerstag mit ein« Ul Ihttlweis« unei hoff-
ten Erfolg von Stallen. Die Oper wurde vor einer Reihe von
Jahren mit der Viardot-Garcin im Thcätre lyriijue, und
noch früher mit drr Schröder im TheAtre itolieii zur Darstel-
lung gebracht; doch damals war der Sinn für klassische Musik
nocli nicht so nllg«mein verbreitet, als dass »ich das Werk auf
dem Rrperloir hAite behaupten können, l'tn so erfreulicher
ist e», dass bei der nunmehrigen Reprise die musikalischen
Schönheiten de» „Fidel io“ volle, theilweisc enthusiastische
W ürdigung fanden, und dass, trotz der hie und da mangelhaf-
ten Aufführung, sogar einzelne Nummern zur Wiederholung
verlangt wurden. Volle», unbedingtes Lob muss der Leonore
de» Fi Aulein Kr auss gezollt «erden, welche in Wien nicht
nach ihrem vollen Werllie gewürdigte Künstlerin, »eil ihrem
nun zweijährigen Erscheinen im Pariser italienischen Tlienler,
in» besondere «eil ihrem grossen Ei folg in der Oper „Pohuto“
von der hiesigen Kritik als die „Rachel des Gesanges" gefeiert
und den grössten dramatischen Sängerinnen, der Sehr «"»der,
Ala librau, Sonntag, L’ngher, Cruvelli zur Seile gestellt
Wird. Allerdings, was Spiel, Seele und Geschmack im Vorträge
und dramatische Auffassung der Rollen betrifft, bat gegenwär-
tig da» TlicAlre Italien, und unseres Dafürhaltens selbst nicht
die Optoa, keine der Krau»» gleit ImjsMIeiule Künstlerin auf-
Xu weisen, und ist ihr Erfolg ein Weit schönerer und verdiente-
rer, als jener der Rukelen-SAogerin Adelina Pafli, mit wel-
cher man zu viel Götzendienst treibt. Was Rossini vor andert-
halb Jahren zu ihr sagte: „Sie singen mit Ihrer Seele, und
Ihre Seele ist schön" — das bewahrheitete FrAulciu Kraiiss
auch als Leonore, das Publikum wurde von der Wahrheit der
Leidenschaft, von den lief ergreifenden Tönen der sich nul-
opfernden Galten in dieser meisterhaften Darstellung «o gefes-
selt und hingerissen, ilns» Nn maud wahrzunebinen schien, wa»
eine früher" Opern - Direction au dem Orgnrie de» Frfidlein
KraUtt verschuldet halle. Wir freuen un* des vollen Trium-
phe* dieser, in der Schule der Klassiker gebildeten, durch und
durch musikalischen Sängerin, und ebenso grossen dramatischen
Darstellerin. Die Herren Frascliini und Agnesi verdanken
es ihrem künstlerischen Talente', dass »ie »ich in der unge-
wohnten Sphäre mit Ausland behaupteten; von dem Spiel des
Eruieren, welcher im Kerker sich wie im Salon geberdete und
sorgfältig frisirt erschien, wollen wir ahtlrahiroo, — grausam
auch gegen die Hörer war der Sänger des Pizarro und von
dem Chor der Gefangenen hälfen wir gewünsrht, dass er lieber
aus »einer Gefangenschaft nicht beireit worden wäre. LVber-
haupl hat es in Frankreich mil den Chören seine hebe Nofh.
Zufriedenstellender war da» Orchester, unter Scoszdopol's Lei-
tung, das, gleich dem Chore, fOr diese Oper und für die be-
vorstehenden Aufführungen von Schumann’» „Paradies und
Peri“ verstärkt wurde. — Heute Abend wird der Berliner Hof-
Opernsänger Wachtel im Tb<re itslien als Trovstore gasti-
ren. Wir wünschen dem Sänger, welcher somit zum ersten
Male in Paris aullritl, den besten Erfolg, — halten jedoch dio
Wahl dieser Rolle, wo so viele italienische Sänger hier bril-
lirteo, nicht für die glücklichste. — In der Optra gelangt nächste
Woche Mozart’» „Don Juan“ zur Wieder- Aufführung, ferner
wird daselbst Weber’» „Freischütz“ mit einem, dein Verneh-
men nach, grossen demtaliven Aufwand (mit Fau re in der
Roll« de» Caspar) in Scene gesetzt. — Den Preis des Cuncourses
der OpAra, behufs Couipositiiin des Opernfexlef „Ls coupo du
roi de ThoUlä", erhielt der Sohn de» berühmten Malers Diaz
de la Pena, von Welchem jungen Künstler vor einigen Jahren
eine Oper betitelt „Le roi Candaule" im Th^ätre lyriqu« mit
vielem Beifall nufgeführt wurde. Die au» dem Director Perrin
and dem Herrn Hnzin, Boulanger, Duprato, Gevaert, Masse,
Saint-Saöns und Seme! bestehende Jury sprach sieb unter
42 Werken einstimmig für diese Compositkin an»; ausserdem
worden mich vier Partituren einer besonder!» Erwähnung werlh
trachtet Die Aufführung des preisgekrönten Werkes wird An-
fangs der nächsten Herbslsaisnn »tatlflnden, und werden sich
die besten Krähe der OpAra daran helheiligeii. — Das Thfddre
lyrique schwelgt gegenwärtig in Verdi’* „Maskenball"; vwHeicht
deckt es damit die Kassen •Deferfe des „Bient!**, welch« letztere
Oper fortwährend, seit Genesung des Tenor Monjauze, bei
»rheinbnr gefülltem Hause gegeben wurde. Doch der Schein
kann uns eben so wenig mehr täuschen, als di« sonstigen
Wagner-Rerlamen, die dem wirklich Werth vollen in fernen
Werken mehr schaden, als nützen. — Das zweite Utolff-Con-
rert in der Opera hatte einen vnHat And» gerat! äm cce« als da»
>rs1e. Da» Alteg refto aus Beethoven’» 7ter Symphonie, Sctm-
roann’s Räverie, wie die Berlioz’schen Orchcstersitie aus „Faust’»
Verdammnis»" wurden stürmisch zur Wiederholung verlangt.
Schönen Erlnlg halten auch Beyer’» Fragmente aus „Stdatn",
ein Werk voll italienischem Feuer und morgenläirdisehem Co-
lorit Weniger Glück hatte Saint-Saäns mit seiner Orchester-
Suite, aus der mehr die Marli* eine* geschickten Musikers, als
die Inspiration eine* Poeten sprach. Die lalonl» und »liuunbe-
gable Anfängerin Fräulein Reboux grrieth durch L'ebernuwiss
der Empfindung in die Arie aus Mozart’» „Prise de Jericho"
aus dem Tacle. Herr David sang Gluck’» Scene au» „Alreote"
zur Freude des vollen Hauses, wie auch di« Chöre diesmal
besset eingtiffen. — In einer, von EnglAmlerti bestulitru bril-
laulen Soiree der Baronin von Merl ens liesseri »ich der nus-
gezeichnet« Pianist Carl Beck, welcher u. A. di« Liezt’sdie
Sommer narb (»träum- Paraphrase spielte und der Viotrnist CzekA
mit grossem Erfolge hören — In den nächster» Utolff-Con-
certen wird LAonnrd das MendeDsohu'sche Viotin-Conrert Vor-
fragen und Lilulff seihst, welcher sieh in den bisherigen Con-
eerlen afs unübertrefflicher Dirigent b"wätirte, eilt Ctavier-Con-
cert spielen. A. v. Ci.
Wiener Musikreminiscenaen.
XL
Ende November 1860.
Urllti, UtlliKili«rf«r, Hwirr, — Urinridi Slietil — Hrlo« Mignai. —
Lanr* Kuiirtr. — Kairo* KnrdUiWftky. — JiMunatte »iprn. — Ludwig Straa*» —
Kioto»'* „ZiJda" — lilorka „Arifiida“. — lifote
Mit zahlreicher GeselUehaR komme ich heut«, mit mehreren
fremden musikalischen Herrschaften, deren Bekanntschaft ich so
eben im November gemacht. Dem Neuen gebührt der Vortritt
und Sie werden e» wohl ganz zweckmässig finden, wenn ich
heute vorwiegend eben den fremden, anhergelangten Personen
mich zuneige, und unsere heimischen Kräfte und ihre Leistungen
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mehr nebenher betrachte. Was sollte ich Ihnen wohl auch aus
dem Concertlebeo, besonders den Philharmonikern, des Leber«
ritschenden notiren? die Programme gleichen sich ja meist von
Jahr zu Jahr — besser wird ’s auch nicht! — Ich beginne also
heute mit der Galerie der selbstständigen Concertantcn, der Indi-
viduellen Leistungen, um daun in den Kreis der grossen gesell*
schädlichen Academien einzutreten: daun machen wir einen Be-
such im Theater an der Wien zu Flotow's „Zilila“ und nach
einem kleinem Aufenthalt in der llofoper nehme ich wieder
meine Wege.
Die Anzahl der Kammcrconcerle ist heuer eine ausseror*
denlliche; vieles ist noch in Sicht; au Quartetten giebt es vollends
Leberfluss, aber dass man im grossen Publikum mit dieser Spei-
auug genügend versorgt worden, beweist der gemässigte Besuch
auch bei notorischen Lieblingen, wie Hellmesberger und Becker.
Ich will hier in dieser Richtung vorausschickeu, dass Wien
jetzt drei verschiedene Quartettanten aufzuweisen hat. Herr Grün,
früher am Peater Theater und in Pest mit seiuem Quartette frucht-
bar wirkend, kam als zweiter Concertmeister in’a Hofopem-
Orchester. Grün ist ein ganz guter Geiger und war in Peat rait
seinem Unternehmen am Platz; hier scheint mir, war die Notfi-
Wendigkeit eines solchen nicht vorhanden. Grün leidet viel un-
ter der Kritik uud that keineswegs klug, sich in ein Gefecht :u
wagen, in welchem Hellmesberger und Becker die Fahnenträger
sind. Hellmesberger setzte vorsichtig seine üblichen acht Abende
auf fünf herab und es ist die Frage, ob die Florentiner ihre hohe
vorjährige Zahl erreichen. Am ersten Abend bei Hellmesberger
kam des jungen GrAdener Quartett zur zweiten Aufführung und
gefiel sehr. Der junge Mann, ein entschiedenes Talent, fand hier
ein besseres Loos, als sein Vater, der uaeb knrzer Frist seine
Stellung am hiesigeu Conservatorium aufgab, und wie ich glaute,
wieder in Hamburg lebt. — Am ersten Abcud bei Becker machte
das A-dur-Quarlelt (No. 5) von Mozart Furore; sehr freundlichen
Anklang fand dort auch ein F-dur-QuarteU von Herbeck, eine
interessante Arbeit mit einer Menge origineller Aphorismen. Es
war eine Familiensecne im Publikum, wie denn der liebenswür-
dige Künstler hier auch persönlich Ausaerst beliebt ist Herbeck
hinter einer SAule versteckt, musste von Becker nach jedem
Satz hervorgeholt werden, um deu Dank des Publikums eutge-
genzunehmen. Im Uebrigen gehen beide Herreu Quartettcbefs
neueren oder neuesten Compositionen aus dem Wege, wodurch
wir io die Lage kommen, uus des Kürzeren über sie fassen zu
können. Die Herren gehen ganz sicher und halten sich an ’s
Alte. — Hier, nun haben Sie eine Galerie einzelner Coocertanten
aller Farben.
Heinrich Stiehl, ein geborner Lübecker, der lange Zeit als
Musikdirector und Domorganist in Petersburg gelebt, empfand
plötzlich deutsches Heimweh, verlies« seine ergiebige Stellung und
besuchte die Residenz, um sich hier künstlerisch zu erproben und
bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Stiehl war bereits vor etwa
zehu Jahren in Wien und fand als Componist ehrenwertbe Auf-
nahme. Sonderbarer Weise nauulc sich Stiehl diesesmal am Zet-
tel „Componist aus Petersburg". Wäre ein sehr geringer Em-
pfehlungsbrief! Aber nueh speciQsch Russisches hat seine Musik
nicht; seine Musik ist vielmehr gut deutsch; Mendelssohn lacht
und blickt ihm aus den Augen, eine warme, sympathische Stim-
mung klingt aus seinen Tönen; überall elegante, saubere, tüch-
tige Fortur. Mau muss Herrn Stiehl als Componisten Wohlwol-
len; wenn man sich auch nicht für ihn begeistern kann, weni-
ger zieht er uns als Clavierspieler an; ja, sein Vorlrag seiner
Compositionen fördert die Werke selbst nicht. Wir hörten dies-
mal das Trio (Op. 82), das Quartett (Op. 40t, Lieder uud kleine
Salonstücke für's Piano. Die Vorzüge des Compunislen wurden
vom Publikum anerkannt, aber es stellte sich auch in der Praxi«
die Kehrseite heraus: LAugen und Breiten, Mangel entschiedener
Originalität und der Energie in der Ausführung. Der Hofopem-
sänger Adams sang die zwei hübschen Lieder aomuthig und
ohne alle PrAteiision; das bisherige Monopol des Herrn Walter,
mit der damit verbundenen sichtlichen Ueberhebung, fand zu
grosser Befriedigung eines grossen Theils des Publikums durch
Adams eine Art Gegengewicht Wir zweifelo, dass der sehr
ehrenwertbe Stiehl sich hier behaupten wird.
Helene Magnus hielt tagsdarauf |8. November) ihr heuer
vorfrühes Concert ab. Sie will später als Gästin nach Deutsch-
land hinaus und wollte hier mit ihrer Ernte sicher gehen. Die
geist* und poesievolle Sängerin fand auch beute ihr empfäng-
liches, zahlreiches und beifaltspendendes Publikum. FrAulein
Magnus Ist eben ein weiblicher Stockhausen; aber das Brünnlein
ihrer Stimme versickert immer mehr; der Vortrag wird beinahe
transcendental, ein in Dämmerung gehülltes Gesäusel Es geh&rt
viel Fantasie dazu, in diesen Lauten Sang uud Klang zu Qndeu.
Indes» die junge Dame hat ihr Publikum, während einem ande-
ren Theil die Krankhaftigkeit, oder die Klanglosigkeit des Organs
geradezu nicht genehm ist. Wir erlauben uns endlich die Be-
merkung, das» so sehr wir Schumannianer sind — persönlich
noch aus den Jßhren 1840—1844 Freuude des Mannes — wir
doch den exclusiven Cultus gerade einzelner seiner Lieder, wie
z. B. der bis zum Verschmachten versungenen „Frühliogsoacht“,
etwas bei Seile wünschen!! Man ist zu bequem, um nach
Dutzenden anderen uuvergleich schöneren Liedern des genialen
Robert zu greifen, und tummelt Immer die allen Rösslein, weil
sie eben erprobt sind und nicht abwerfen. Schumann's „Früh-
lingsnacht“ — so schön und sinnig — singt und sAuselt hier
alle Weit; habt Erbarmen Künstler und Dilettanten! bringt und
versucht doch etwas des Neuen! — Wir gehen an dem Concert
der Magnus nicht vorüber, ohne mit Befriedigung einer gewissen
Neuwahl in ihrem Programm zu denken, der sinnigen Gade'schen
Souate (D-moll) und Hillers Duo für zwei Pianoforto.
Laura Kohrer. Sie tritt uns am 13. November, ein genia-
les Kind eutgegen; das Mädchen ist 14 Jahre all, und Kaiserin
Elisabeth, die selbst so schön die Physharmonics spielt, bestrei-
tet ihre musikalische Ausbildung Ja, das ist wieder „ein Zu-
kunftswunder“ und der graue, langmäbnige Leu des Claviers,
Franz Liszt, nannte Laura bei seinem heurigen Aufenthalt in
Wien, eine erstaunliche Künstlerin, ein ausserordentliches Talent.
Das Mädchen, aus Mistelbach in Oberösterreich geboren, eines
gewesenen gutsherrlichen Beamten Tochter, bereitet sich zur
Kunstreise; glaubt man aber, dass es in ihrem Concert hochherging?
Die Dutzende Künstler uud Kunstfreunde wareu da — ich sage Ihnen :
eine Minime herrscht in den compelentcu Kreisen über dieses Genie
am Clavier — das Publikum aber, das klingende, war ferne ge-
blieben. Die kleine Laura muss wohl auf grossen Umwegen,
vielleicht Über Australien zu uns kommen: aber ihre Zeit wird
kommen! Die Anwesenden gloriflcirten das Kind; so viel Durch,
geistiguug, Kraft und Aumuth fand sich wohl kaum bei einer
Künstlerin ihrer Jahre. Adams und Fräulein Eh nn sangen dem
lieben Kinde schmucke Lieder. (Schluss folgt)
Journal-Revue.
Die Neue Zeitschrift f. Musik beginnt einen Artikel „Ueber
das Dirigireu" von R. Wagner. — Die Allg. Musikztg., Signale u.
Südd. Musikztg. enthalten sämoitlich Fortsetzungen.
Die französischen Zeituugeu bringen rein Lokales.
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Nachrichten.
Berlin Herrn Musikdirector B. Wo erst ist vom Herzog
von Coburg-Gotb« da« Hitterkreuz des Ernestini'schen Hausor-
den» verliehen worden.
— Am 21 November starb hier die einstmals weltberühmte
Sängerin Grisi, die Gattin des Tenoristen Mario. Dieselbe hielt
sich behufs einer Operation hier auf.
— Carl Tausig, der bisher mit einem Erfolg, der um so
schwerer in's Gewicht fällt, als er nicht durch wohlfeile Mittel
der Virtuosität erzielt wird, in den Rheinischen Stldten concer-
tirte, befand sich i n^der vorigen Woc he in M ünchen, wo sein
erstes Concert eine so einschlagende Wirkung ausübte, dass der
ursprünglichen Disposition entgegen noch ein zweites Concert
des Künstlers stattflnden musste. Von München aus beabsichtigt
Herr Tausig einige Schweizerische Städte zu besuchen und als*
dann den in Holland eingegangenen Concert-Verpflichtungen zu
genügen.
— Der Pianist Eduard Ganz, Königlicher Kammermusikus
a. D. und Besitzer eines Clavier - Unterrichts • Instituts, ist hier
gestorben.
— Herr Professor Fr. Kiel ist zum Mitglied des Senats
der „Academie der Künste“ ernannt worden.
— Der Pianist August Scheuermann, welcher in Folge
seines Concerles in Darmstadt zum Grossherzoglich-Hessischen
llofpianisten ernannt wordeu ist, gedenkt seine musikalische
Laufbahn hier fortzusetzen, wo er Ende dieses Monats eln-
getrofFen ist,
tGotlia. Am 23. November leierte der hiesige von Andr.
Rom barg gegründete Gesangverein seiu bOjAhriges Stiftungsfest.
Zur Aufführung gelangten: Jubel-Ouverture von Weber, „Amen“
von Romberg, sowie dessen grösste Gessngscomposition : „Die
Glocke“. Die Soprausolo-Parthie hatte FrAulein Reiss aus Wei-
mar übernommen, die sich ausserdem durch den Vortrag Rode'-
scher Variationen grossen Beifall errang. Ouvertüre wie Beglei-
tung derGesangw erke wurden vom Dilettanten-Orchesterverein aner-
kennenswert!) executirb Sftmmlliche Nummern des Programms
leitete Herr Musikdirector Wände r sieb mit bekannter Umsieht
zur allgemeinen Befriedigung. M.
— Wüerst’s D-moll-Siofonie kommt in einem der nächsten
Hofconcerte zu Gehör.
Magdeburg. Am Todtenfeste führte Musikdirector Rebling
mit seinem Verein das Brahm'sche Requiem auf, welches von der
zahlreichen Zuhörerschaft mit Beifall aufgenommen wurde.
Oldenburg. Herr Hofkapellmeister Albert Dietrich wird
in den diesjAhrigen Abonnements-Concerten der Hofkapelle das
Rubinstein'sche Charakterbild „Iwan IV.“ sowie Wüerst'a Orche-
ster-Variationen zur Aufführung bringen.
Pari». Der ausserordentliche BeiTaH, den Seiner» Oper „La
petite fadette“ errungen hat und noch fortwährend ilndet, bat
mehrere Directionen von Proviuzbühnen bestimmt, dieses Werk
auf ihren Theatern zu geben. In dieser Woche fand eine Vor-
stellung aur Befehl des Kaisers statt, der mit seinem Sohne die-
ser Aufführung beiwohnte.
— Offenbach hat seine beiden neuesten Opern beendet.
Am 9. Decembcr wird die erste Aufführung der „Räuber“, am
10. Deceuiber die der „Prinzessin von Tribizond«" stattfinden.
Bekanntlich ist die letzte Oper bereits iu Deutschland (Baden-
Baden! unter Leitung des Componislen mit sehr güustlgem Er-
folge in Scene gegangen.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
C o n c e r t - R e p e r t n r j u m.
kacken.
18. N -ovember. £ Abonnements-
Cumrt. Ouvertüre „Dm Weihe
dem Hause«“ VOR Bcrtbove«.
für rirmt. Cbnr u. Or-
che hier v. Mendelssohn. Cos-
k rer I für Piaiioforte in Km dar
H hin Lieat (Frl. Sophie Mcnter)
" HlnnrUc de Pruvenee , Krau-
en cbor snt OrrLekterbagl. von
Cherubim „PrBhliBg8botM'ha(C
(Br Cbor u. Orchester *. Bade.
Polonaise (Sr Glavier in Aa-dur
von Chopin (Prl Wenter) Uno
van Fron* Sibub-rt, ftr Urchs-
nler eiliger. v. Juaet.h Joachim
(Zom er »len Male T 4 ”
20 Conrert de» Violin-VirUiucrn
Misea Hauser. Sonate ln G-moll
(Or Violine v. Tartiui 3 Stück»
fflr Violine a Ahnung, b. Wie.
gonlied e. Ungarische Rhap-
• o<1«p 2 bieder ». Srhumann.
a. Ich trolle nwht b. Frflb-
linganacht. Larghetto aua dein
A-dur-Quintett von Moiart. 2
Licdrr von Ttwrrl. a. Der
Ta*g »erblüht b. Dein Wohl
•ein meine ocliSne Maid. Vo.
gel-Caprire von Haute r-
Augsburg
mber. I«. Coi
IV. November. IS. Concert de*
Oratorien Verein». .Paulua“
von Mendelssohn
Basel.
28- November Drille« Abonoa-
(nenta- Concert Sinfonie io 0-
der No. B voo Moiart Cava-
ün« aus der Oper ..Aadaria
forion»la“ von Sepien»«. (FrL
M. Reiter) „Coeiala“ fBr Solo,
Cbor and UrrhrMer von Uade.
Braaeschwtlg.
**• November Dritte» Abonnr*
ment - Concert de» Vrrein lür
Conrerl Muaik Urteil v. Scho-
berl. An die fern# Geliebte,
Liedrrkrris von Beethoven |Hr.
Rill)- 2 Geringe fflr gemiscb*
len Chor von Srhumann a.
HivhDudmldehen. b Huch-
Isndburseh Divertimento von
Matart 2 Lieder v. Schumann.
«• Der Soldat, b. Der Spiel-
minn Zigeunerleben, fflr klei-
nen Chor mit Pianoforle von
Srhumann Erlkönig v. Schn*
brrt (Herr Hill).
Brenen.
KL November. I Pmst-Coneert.
4le Symphonie von Beethoven
(B-dur) Ana a. d Oratorium
„Herkaim" von Hlndel (Frau
Joachim) Concert für Violine
von David (D-moll) (Hr. Wil-
heim}! (luverture tu „Ana-
kreon" von Chernbini ft-eae
und Arie „Ah prrOdo“ v Bee-
thoven (Frau Joachim) 2t»i*ck«
Wr Violine, «, Wlnlln Phanla
aie v Ernst. b. Air v 8. tiarfi
(Herr Wj.L.Immi 2. Lieder,
a. „ Mein non “ von Schubert,
b ..:i)r Soidalenbran t" v Srha-
matin (Frau Joachim) Jabel-
Ouvertüre von Weber.
28 2 Privat -Concert Syntpbo-
nie C-dur mit der Srbluaa uge
von Mo» arl. Arie de« s«n*
achall eua ..Jean de Paria“ von
Boicldiro (Herr Jaiiua Stack -
bauten) Pisnofurta -Concert in
P-dor von Kubiitalrin (Hr. Ka-
pellmeister Treiber). Uavertor«
..Meerea*4ille“ v. McndeUkolin.
Beeil u. Arie tue „Suaanna“
von H »ieide I (Hr. Slorkhatjaen).
2Clavier«oK a Caprire iB mnll)
von Mendelssohn b. Ballade
von H eiuecke (Herr Treiber).
2 Lieder a „Von ewiger Liebe“
von Brahms. b „W'aldeag*.
sprich" »on Srhumann (Herr
S(orkhanaen).
Breslau.
28. November. 4tea Abonnement*
Concert dca Brralaaer (Jrche-
»trr. Verein« Sinfonie in G-moll
von .VlMtrC Arie aua „Paria
und Helena“ von Gluck tPrlul.
Helene Maguue aua Wien).
I Kntr'acte aua „Roaamunde“
von SchnberL Trennung au»
deo „SommernZchlen'- ». Ber-
boa tFrlalein H Magauk) £
KntiVte aua „Roaainunde“ v.
Schubert. Lieder, geaungrn v.
Frl. Magnua «. „Salnka“ v.
Schubert, b. Lieb Kindlein v.
Taubert. Uovertare „Im Hoch-
land" von Gade.
Carlsrub«.
90 November. £ AbonnamenU-
Concert dea Groaalk U-f-Ur-
chekter«. Sinfonie iG-dur mit
Schlua« fuget von Moaart Jo
welen Arie a. d. Oper „Kau*)'’
v. Guunod (Frl PatiHigartoer)
Courert fBr Violonnello *. Carl
Krkert (Herr Kammermn»ikua
W. Lindner). Mnfonie (No. 8,
F-dur) von Beethoven.
24 Knie« Concert de« Phith»r-
moniacben Verein«. Die Sclift.
nfung , Ural.irium von Haydn.
Solielen : Frlulem Vfurjalin. Hr.
Kflrner, Hr. Rrullioi, llr. Zieg-
ler. PrJulein Hamunann
Gaffel.
19 Sovembrr. 2t»» Abonnement«'
Concert der Milglien er d KBmg-
Itrhen Theater- Orr he*t er* Oi-
ford-Symphome v Haydn (Zum
e raten Male ) Arie der Kra a.
der Oper ..Idomeneaa“ v. Mo-
«arl (FrZul Clrmen») Concert
fBr da« Piarmforia No 2 (F-dnr).
v. Rubinatein (tum erat»« Male),
Vorgeir von Herrn Kapellm.
W. Treiber aua ttra». Lteder.
a. Vor meiner Wiege » Schu-
bert b In der Fremde »on
Taubert (Frl Cicmen») Solo-
«Iflcke f d PiMiiofnrte. a. Fuge
(A n.oll) von S. Bert» b Ho-
manae (Fm-dur) v Schumann
« Ballade (Aa-dur) v. Reineek«
(Herr KapellmeMler Treiber),
symjibonie No. 8 (F-dur) von
Beethoven.
ZS. 8 Soiree für Kammennuaik
oater Mitwirkung de« Heim
Kapellmeikter Treiber. Trio
(B dar, Up. 97) von Beethoven.
Italienitrbea Concert v. S Bach.
Quintett (A-dur, Op. 83) von
Retneeke
Dar« sUdt.
29. November 2 Concert der
6rua*hcrtogl Hofmu«<k unter
Mitwirkung der Fianialin FrL
Anna Schumann aua Wieaba -
den und de« Gra««ben K*m
nirrk*nKcr» Herrn Karl Kecker.
5 Sude (C-mulli v, Y . L.i hner
(I. AuffDhrougi. Pianoforte Con-
cert in E« (eraterSat*) v. Bee-
thoven Arl« aua „Han« Hel-
ling“ » Maraehner SulovtOcke
IDr Planofoete. a. Barrarule v,
Rubinklnn b. Etüde v Chopin,
c Rigoletto Paraphraae v Ltazt,
vorgeir. v. FH Anna Schumann.
Lieder a „Jedem da« Seine“
v. Preyer. b. „leb klag'a euch
ihr Blumen“ V. Schul». Weida,
gesungen von Herrn Becker.
Ouvertüre iu .. Anakieo» * von
C-iernbini
Dresden
27 November, fite« Abonnement-
Concert. Ouvertüre an „Eory-
anthe“ von Weber Cavatiti»
an* „Euryantha“ von Weber.
(Frau Kama-Pranae.) Variatiu-
uen 1 6>ilt erhalte Frana den
Kaiser) von Haydn Arie aua
„Semiramide“ v. Rnaaini (Krau
KainiPrauae) Sinfonie C-dnr
von Srhubrrt
£ Dercmber Zweite Quartett
Akademie von K Medrflnd,
J. Ackermann, F. Meine!, M.
Karaaow»kt (Mil*l»*der der
Kfinlgl muaikali«cben Kapellet.
Quartett Op 2" No. 4 D-dur
von Haydu Quartrtt Op 29
A-moll von Schobert. Quarlrtl
Dp. 18 No. I F-dur von Bee-
tbovrn.
f. 1 Musikalische Akademie von
A Heitacb, U Malier. W FiUen-
hegen. Trio Dp. 17 (G-moll)
von Clara Schumann Streich-
Trio Op f No. I (G*duri von
Beethoven. Piauoforte-Quartett
Up, dB (C-dur) v A Rqbmatnn.
Bamberg.
19. November. Zweites phil
bannoiiiachea Privat Conrert
Ouvertüre au „Conolan* von
Beethoven. Concert -Arie von
Spohr (Frau Ur. Pesrbks-Leut-
ner aus Leipiigi. Violin-Con-
cert v. Knikt in Fia-moll (Herr
Conccrlmolr. Sehradierk). Arie
au« „König Manfred“ v. Hei-
necke (Frau Dr. Peaehka-Lent*
ner) Fuge f. Violine (G-moK)
von Bach (Heer Scbradieck).
Bravour- Variationen Ohar Mo
aart'a „Ah voua dirai-ie mi-
man" von Adam, mit obligater
PMtte (Herr W r Pupp) vorgrtr
von Frau ür. Prorbka Lrutner.
„Irdiariv** und Gd'tlicbea im
Meiikrlienlebrn“. Doppel -Sym-
phonie Ifir iwei Orchester von
Spohr.
2'. November. Erst»« Fnal-
Concert Satomo. OraL v. Hka-
dcl Solisten' Krau Pe*ehka
Leuluera Leipttg, FrauJ»aditm
aua BerUa, Herr Wolter» au«
Braunsehweig, Herr Adolph
Schnlie.
2k. Zweites Fest ■ Conrert. In-
lrodu>-|ioii ii Cltor mit Terirtl
a d Oratorinm „Au fr rote hang
and Himmelfahrt Jtia" von
F. W 6run-t Srene der Da-
Jamra aua „Heraelea“ v. Rin-
det [Fi'nu J.iachimJ. Zwei
Quintette an« Co«i tan (alle v.
Moiart. Uuvrrtnr« und erster
Art «- „Euryanlhe“ v tt'eber
Neunte Symphonie v Brethove«.
Solikten: Frau Peachka Leutnrr.
Krau Joachim, Herr Woher«.
Herr Scbuüs
Jllk.
f November | Academ Concert.
Noliate n : Hr. Srara , K Sich».
Uofopem« Hr.PianialRalicnher-
ger Oiford Mnfonie v. Haydn.
Arie aus d „Schöpfung* - - „Und
Gott apraeh* von H»y*iu Pia-
nuforte- Concert < Ea • dur) von
Beethoven. 3 Satt (Kapuamer.
Predigt) au« „Walltnstejn* von
396
Rbaloberger. Arie de* Ly»>»rt
au* „Eury«i*ll>e“ vun Weber.
Rhapnudte iK» durl y Liazl.
Lieder. *- ..Wie ich ii» deine
Augen eeli“ von H»rtiu«i»n.
b. ,.KfUlil<ngklied" * Gnunod.
21 2 Aeadrm. C«*ncefi Nnliwle.i* :
Prlulein A. HpU* und Herr
v. Milde «n* Wrlmaf C*M*t*
..Arti wie öaehüü" »• s. Barl»
Arie fdr Sopran (nrrbe»! »nn
P-iüeri ena Mradfll*. Bataaulo
lut der JnhUtne* Pa*ai*n von
lldndel. Ein deutsche* Requiem
v>'lt J. Bralini*
Kola
I« November OtMll der Mu-
• ikalischen Ue*ell«ebefl Ste-
fanie in A-tunll von M«ndel»-
dei«Kohii Variationen RlrSPia*
nnfnele von SfhiOl"* Iller-
reu Mtdlw und Gem*heiml.
Ouvertüre iu Lefl**n» III vnn
Beetbiavm
21. 4 Üilrxe.ii.b-Ci.ncvrt. «■-
vrvlnr« iu , Fifaru'* llornietl“
von Mozart- 6e*aeg Helntem»
und di r .N-nnen ein Grab«
Abarlanl«. Hymne fflr All-Solo
und Priwarhw von H-II*r (d**
Solo trorzc»4r. von Frlul Au*.
Balte »ii« |Jre»den). Gmbuks-
srene von >)*«ilif (llr, O. v Kö-
niKüWwl Meder nn* ..pwlKer.
liebe" von Schumann (Prü jl-in
Gölte). R-dnr Sinfonie v. Selm-
man» T«rk Marsch und Hrr-
wi*<-hC.li..r «m dm „Romen
von Alben* ▼ Heethuver». IleL
sazitr von Schumann i>'r8iilein
Gölte). Clo.r a-*|>rlla v. Ilorl-
Dianrly. Iwan der IV. v. Bu-
bi ii st ein
KoiiflBhagan.
22. Noveniher. Gnuncrt de» Vio-
linisten Henry Holme«. Pr»lu-
dium. Ad«K'o und tiu;« i F. vnn
Corrtll AII*«ro aaaai v Tar-
I ni 2 Gesinge v Heia», Trio
in C moll vöv Brr»hnVm. 2
Clavirr»tdfke a. Allegro von
lllndel b Inlermeuo » Srlm-
m»nn. Striliauau Fnqai G-nioll
Idr Violme um H«--h Fant*»ia
Ober inscbr Metodi>n von
S[>ohr. 2 Lieder « Sennnd*
«o» Girairod. b. Med au« der
„lUrht* rliebe“ von Srhmnanu.
2 Vmlnituk < Abvndlied von
Srlminanii b. Romanve in G
von Beethoven.
LalpiiR.
23. November, ifce« Conrrrt de*
Mn*-ik - Vere n« Futer|io nnler
Mitwirkung der Hainen Fria-
Iriu Lehmann . Rnrree *nd
llmharl »vwie der Herreo
Rebling. Mn SilgeMRl und
HeritM.il Svenen au» l»«i»!be«
„Kanal“ Iflr Soloali «immeu,
Chor und Orahftrt v. H. >eho-
Magdeburg.
16 November Anfltihriing de»
TonkOitfttler- Vereins unter Mil
wirkuog de« Herrn Cnnerrtm.
(Ullrich. Quartett A-dur von
Beethoven. VhXio - So»»le C-
•moll von Beethoven. Quartett
Kv dur v. ChrrubmL
II. Drille* Conrrrt im Logen-
hau**-. Stnfbnt*. Pie. 2, Udiif
v Beethoven. Arte a. d Oper
„Hi* Ewfnbrvi»ig" von Mozart
(Krau M VuuiÜKer). Coueert
fflr Pianofort*, enoip. n vor»,
vom KapelLii. lim. dritie'-ke
a. Laiptig . jeder, a. Halirim
von Abt b. Kröhltngslied von
Mvndelasobo. (Krau ' eom Hi-
lf r) GlavirralOek*. ». Srtifam-
inerli-d r. Schumann, b Bal-
lade von Bemerke, Uovrrlur*
zur Oper „Teil“ v Ro-aini.
24 Dritte* Hannnoie ■ OmeerL
Syinphoiiie tu H inoll v Snhil-
bert. Ar» «ns „ Figaro** von
Matsrt (Frsa F rantiska WQer«l
au« Iterlm) Triple • C*wvrt
von Merlliown [v»rgetragan v.
den H-rren Holenneeftm Uhl-
rieh an« Sonder*hau«eu, Hof
Conrerlnatr Jille* de Sur.rt
a. Berlin und einem Mitglied*
der H«rui»iiip-Ge*el|»rh»H Lie-
der. ge« v. Frau WQeral a. „Km
kleine* Uaii»“ von llaydn h.
„Durch den Wald'* v WOerat
Ane gud »wei GaroUao fdr
Violniirell v Bar.h |Hr d*-Sw-r«|.
Buvernrs tu ,. Kgmonte von
Beeth*iv-*n.
U (irna*e«Sinfc»ni*-C«npertviiin
ganzen Musikearp« de«. Kflingl.
26 |i.f««ii-ne Hegi'iienr«. mvtor
Leitung d. Mua -Dir ||rn Hoho*.
Trompete* -Otrveriure v. M»n*
drl*sulm Vorspiel zu „König
Manfred“ von Reiuerke. Sm-
fo'iie C • moll von Br-rilpw .
Ouvertüre zu „K'iryaoth*“ von
Wehet. Kiririiimg zur '»per
M Loreley** von Hru* h itrchc-
«ler - Variationen von Wfl*r*t-
Andanle und Moment muoiral
von S*-hwbert. Ouverlnre zu
„Ute Kutfdhruug" v. .Mozart
IfltlacheB.
21 Nnvembrr. C-«nc»H r C»H
Tausig Sonate 0». -A I v, Bi>e-
tliovei». B*rurve » Rseli. Kre«lo
»rbenando ven Meni|el*«nUn.
Nuelume Mp V, Zwei Etüden
Op- 2* und «wei Mazurka« Up. dB
und >U von Chopin AnfT«rde
ruog tum Tant von Weber
T«u*ig. Kreislenana t»p. |A
v. S Im mann S'indrken o*'h
Sibnbrrt u. 1‘ngartache Rhap-
sodie von Lilil.
£>. 2te« Coneert von C Teu-iir.
Sonata «ppamtiuaata Op yl
von Keeliiuvvu Allegro viv«*
ri«aim*t v S-ar'alti Prütudiuin
— Pue« - Allegro von Hae|| ,
Nurturne No. 4 v Field. Trau-
me<.wirren t S* huinann Mdi-
tatrinararb « Schubert T orrai«
Op. 7 v Srhumann. HarearoUe
Op Kl», Ballade Mp 41 und Po-
hwiaiae in Aa-dur öp. &S von
Clhipin. Hon Juan • PhantaHi*
von Mazl
Oldenburg.
19. November. I An*mnem' nt.
Coneert. Httverture tue iipor
.. Mh'ron •• von Weber. „Die
Priester. n der !••* i* Rom“
v Bruch [Fr«u Ja«ehim| V«. I
^ialionen und Marsch au« dar!
^1 Suite v^J^gslieivT Ari« „Alt!
r prfflilo" Von Beethoven. [Frau
Jnarhint|. Vorapael i 5 Art
der Oper „Ktt'iig Manfred" vou
Reiuerke Med*r, geaiiogen
v«m Frau Juerhim a. ,.t«n
ewnpr UtK. b. .Die SMda-
Irnhraur* von S lminann. Hte
Symplwnle in K-dur voo Bee-
thoven.
Paris.
21. November. « Onrert pnpn-
iaire Suite *«n M. MasseneL
{Paalnralc, Fuge. Thi-tne h-m-
grui«. Adagio. M«r«rbi Aud*nU
v. Mozart Ooirrlure zu „tle-
novr.a- von Snlwmoiiu. I*U>
Sinfonie C**lur von Beethoven.
Ouvertüre tu „Tanitblaanr” r.
Wagner.
21 i. Coneerl der Soeielc der
CoBeert* de l'Mpera unter Ui-
reotion von 11 Liio'E Muver-
Iure tu „t- reiaebdtt" r Weber.
Fragmente a. *i „Verdautmung
Faust'«“ von Bertios. Sutte v.
Saint SaP«*i|Pr*lud* , .’«»rahandp.
tiavotle. Rmuanre Finale) Arle
a d Op. „Fr«»e de Jrmhn" von
.Mosart <Frl Rebnut t Frag,
mente a. d. orientaii«e.hen Sin-
fonie „Selam” r. Rryrr. (Ha«
Solo |.e« v. FrL Helmut ) 7te
.Sinfonie ( \-duri v Beethoven
Ma-itch und Arie mH Chur au«
„M e«lc- VO«| Guck Fritjof
rei von SdlUolaML SeJiarxn
Hp. Si Von Scho n «nn Halte-
lut» au» den» „Mrvaias" v*u
Händel
Potsdam
16. November. I. Abonaement-
Cnnrert des H r*n M'inkdi-
rcciora F- W. Voigt unter
Mitwirkung de» Frl KAiling.
de« H**rri> K. H Seyffa l uod
de*. Herrn de Ahna. 2 SAiz«
der uiirirltewdrteu Sy>n;*h.mia
U-moll von SehuborL DueU
•u« t. Ho* -luan ■ von Mozart
I Romanze fflr Violine F-dur von
I Reel huren. Arie au* . Fidalio“
vou Beeil»» en. Nacliige*ang
»u« „BafVSnig* Tuehwe“ Voo
Gada. Vanaiioneu fl *er eiu
Originaltlieoia von Wd-rat 2
Ge*Nng« ( Frl ilem Kieling
• . W-rm du ein tiefes Leid
rrfaliren“ von E H Sryffart.
b. „Dein auf ewig** von Eckert.
Fantasie .Cajifiee fflr Violine v.
Visuitempa Ouvertüre «„Obe-
ron“ »o* Weber.
Prag
21 November CeaiKft des Vio-
lia • Virtumeu W ie-ekir-»ky
au« Moskau Rondeau brillant
t II ■oll) fllr Piano und eMM
von vlmbert Mlbriweh** Nu-
ttonallied vor» ProcSÄrke. Vin-
lin-Cuureri v. Krin-h .Jlarea-
rnlle* von Glinka f. lavier« oli
*■ „ Aulrefoi«!" von Liad- b.
Prento ap»««inojto von Sr hu-
mum Art* v de« Pagen *- d
Hper „Fig-ro"« H.fliieit' vou
M»«art.fVwliMta«lM.a. Abend*
Ile I v**n Vlluuiann b Adagio
von Hm-h Arie de« Siebei an«
der Uper „Fau«t.‘ von Gounod
Grosse Coneert- Polonaise voa
Besnkir«ky.
SluttgArl.
W Naveenhar 2. Sutrfe t. Kam-
mermuHik d. Herren Prueknee,
-Singer und Spei.M. unter Vir-
Wirkung der H-rren Wehrte.
W-i-n und Kruiubholf. Quartett
K» 1 ir I Na. 4) r M uert l‘no
C mn’l l)a. Vi v Alrnilefaeohn.
4|uariett F-mull Op. i*.i v. Bee-
Wlca.
21- November. |. Coneert de*
Hellmeaberger’sehea Q-iartHi«.
Q ii-tctt i« ibneD von Haydn.
Pmi •fiarlv- jijiittelt v. H G-J-
dener (Sohn) ! Piinafnrto Heer
Srtiennrr) Qu«rt**tl E« - Jur
(I3p 74l von Beethoven.
Neuer Verlag von Breilkopf A II Ariel in Leip xig.
La helle Griselidis.
Irnprovisatfl för zwei Pianoforte
Ober ein französisches Volkslied aus dum 17. Jabrhuudert
von
Carl Rrinerbe.
Op. 94 Hr. 1 TWr. l. 1 » Ngr.
Dieses schöne Werk, Herrn und I ran Jaoll zugccignet, wird
von diesen iu allen ihren Concertcn gespielt und Uudet unge*
wöhnlirhett Beifall.
Musikalieii, zu Weihnai'hts-h'e.si‘henkeii passend:
rtmntni, F. II. Op. 85. Kinderlieder mit Pfle. Iled 1 und 2.
ä 10 Sgr.
— — Op. 187. HenhlAttchens musikalischer llauaschaU. Kleine
(Jnlerhaltungsatricke nach beliebten Melodien eie. und Choral*
weludieii. limtd I. u. II. (48 Nummern enthaltend!, a 12 Sgr.
— — Op. 188. Weihnächte • Symphonie. Musikalischer Scherl
f. File, iu 4 Hdo. , mit 12 Kinderinstrumeuteu 1 Thlr. 5 »gr.
Frei« der hislrumenle circa 6 Thlr 15 Sgr.
Op. 193. Eine heilere SohHUenparthia. Musikaliaeher Scherz
f. Pfle. zu 4 ÜAnden mit Kinderinslrumentcn ad lib. 1 Thlr.
10 Sgr. Preis der Instrumente circa 8 Tlilr. 10 Sgr.
Beliebte Melodien fdr das Kinder - Piston (Trompetet mit
leichter Pianofurie - Begleitung, ad lib. Preis der Trompete In
llolzkHstclien iucl. Notenhetl 2 Thlr. 15 Sgr.
OrrvIrnberRrr . A. Op. 70. Fest marsch f. Pfle. iu 4 Händen
und 5 kiuderiuftlriiniente, ad lib. 15 Sgr. Preis der Instru-
mente 4 Thlr. 5 Sgr.
Weyer, I». 8 Kiader-Trios f. Pfle , Viol. U. Cello a 16— 28 Sgr.
Oewten. Th Op. 202. Kinderaeema. 6 leichte Klavierstücke
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Verlag voo ka. Lote 4 9. Bock (£. 800 * 1 . Königl- llofmusikhan.llung in Hertiu, FranaOstaolM S4r. SJ«. und U. d. Linden No. 27.
llrnok von « 7 . F, -S-hmMI ■■ R-rtin, Unter den Lin de» N«. JO
Hierbei eine Beilage von Ed. Bote & G. Bock (E. Book), Hor-Ytusikhiiiriluog in Berlin und Posen.
oo<
8. December 1869.
XXIII. Jahrgang m 49.
Vo« di(Mr 2 mi>M tmtoint waohanUieh
dM Nummer.
Zu beziehen durch:
VIER. Mpiaa. Ht*lin*«r
Paris Braudua 6t Oofoor.
LORDOI. Novtlln. Barer 6t Co Hamaood 6 1 Ce.
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BARGELOH. Aadrea Vldai.
Warschau. QeMhner a* vf»ur
AISTERDAS. Seyffiardt’aohe Bechhaodlueg.
MAILAND J. Rinordi V Luor.a
BERLINER MUSIKZEITLUG
gegründet von
unter Mitwirkung theoretischer
Gustav Bock
und practischer Musiker.
Briefe and Pakete
werden unter der Adresse: Redaction
BentellanKen nehmen an
In Berlin: E. Bote A 6. Bock. Kranzds.Str.3Se,
U. d. Linden No. 27. Posen. Wilbeimetr. No. 21,
Stettin, Kdnigsstrasse No. 3 und alle j| der Neuen Berliner Musikzeitung durch
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Jährlich 5 Thlr. i mit Musik-Prlmie. hesle*
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i| Insertionspreis für die Zeile 1) Sgr.
Inhalt. Rrrenako«) — Barlin. Rhu» — CorrMpandefiteo Brrmrn, Urodo, Part«. PSmMrg «ad
Wian. — Journal Rrvu«. — Narhn<-Mrrv — Caarrrlrrpertonum. — Inaaralr.
R
Vierling. Georg. Sinfonie für Orchester. Op. 33, |C-
diir}. Berlin, Trautwein |M. Bahn), Partitur und Cla-
vier-Ausiug zu vier Händen.
Die Darstellung der Madonna galt lange Zeit nach
deD erhabenen Leistungen eines Raphaels für die höchste
und schönste Aufgabe der Kunst. Lin Gleiches hat sich
in UetreiT der Sinfonie nach Beethoveir9 Zeit vollzogen.
Die Coroposilion einer Sinfonie steht jedem echten Künst-
ler als höchstes Ideal seiner ßestrebiuigen vor Augen.
Docli Viele sind berufen, Wenige auserwählt, so dass in
letzter Zeit die Componisten, an der Grossartigkeit der
Form und an dem stets eintret enden Misslingen verzweifelnd
auf verschiedene Einfälle verfielen, um einesteils den Or-
chestersatz zu verwertlien. anderntheils aber der breiten
und von Beethoven zu einein Riesenhaue ausgearbeiteten
Form aoszuweicheu; sie griffen daher zur Suite, zur sym-
phonischen Dichtung u. a.
Georg Vierling, eine echte Künstlernatur, welcher
nicht gerastet und geruhel hat, ehe er den schmalen Weg zum Par-
nasse gefunden und erklommen, welcher nicht rechts noch
links vom richtigen Pfade abgewichen, hat der Welt eine
Sinfonie geboren, eine Sinfonie in der schönsten, herrlichsten
Bedeutung ihres Wortes, ebenbürtig seinem hohen Stre-
ben Die Sinfonie wandert nun von des Meisters Pull hin-
aus in alle Welt und wird sich ihr Hecht erkämpfen müs-
sen, wie so viele bedeutende Werke.
Kein musikalisches Kunstwerk bietet dem sinnliclien
Genüsse so wenig Stoff dar als die Sinfonie. Der Grund
liegt in der Form selbst. Ohne jegliche vermittelnde
Hilfsmittel ragt sie als persönliches Subiect gleich einem
kühnen Felsen in den blauen Himmel hinein Der Hö-
rende muss sein eigenes Ich ganz vergessen und mit voller
Hingebung den ansteigenden Tonwellen lauschen. Doch
das nicht genug, der Zuhörer bedorf einer gründlichen musi-
kalischen Vorbildung, um den Tonheros erfassen zu kön-
nen, denn die Sinfonie ist der Inbegriff aller conlrapimkti-
schen Kunstfertigkeit; sie ist nicht der Ausfluss sentimenta-
ler melodischer Empfindungen, sondern, wenn ich sagen
darf, ein Kampf zwischen Molodie und Contrapunktik. Wie
zwei Elemente, welche erst vereint ein schönes Ganse
bilden, so bilden diese beiden Grundeleinente der Tonkunst
die Bestandtheile der Sinfonie. Nur ein einziges Kunstwerk
dieser Art besitzen wir, welches dem melodischen Elemente
theilwei.se eine grössere Ausdehnung giebt, ich sage theil-
weise, denn durchweg wäre ein Ding der Unmöglichkeit
oder sie würde längst, wie so viele andere, der Vergessen-
heit anheim gefallen sein, und dies ist Mendelssohn'» A-
moll-Sinfonie. Selbst der grösste Melodik er, Franz Schu-
bert. hat seiner melodischen Erfindungskraft in seiner C-
dur-Siofonie Fesseln angelegt und iio richtigen künstlerischen
Gefühle das schöne Ebenmaass zwischen diesen beiden Ele-
menten htfgestelit.
Wenden wir uns nun zur Vi«rling'schen Sinfonie. Das
Hauptmotiv trägt den Stempel seiner Bestimmung an der
Stirn, dass es zu etwas Grossem geboren ist. Eine festliche,
und Imposantes verkündende Einleitung führt uns in die
Vorhallen des Kunstlempels; erwartungsvoll harrt man des
Eintritts in die geweihten Hallen, sie öffnen sich — und
Ruhe und Klarheit strömt uns entgegen. Der Bass into-
nirt das Thema:
nach einmaliger Wiederholung wird es um einen Ton hö-
her, nach und nach von allen Stimmen mitgenommen und
wie davon durchdrungen, und wie >äule an Säule ge-
reiht. so klingt uns nah und fern das Motiv entgegen und
steigert sich fort und fort bis es mit gewaltigen Schlägen
abscliliesst und einer weicheren Stimmung Platz macht.
Hörner und Holzbläser nehmen ein zweites Thema abwech-
selnd auf. Es ist ah wenn wir in die freie herrliche Natur
oinlreten und vor Wonne tiefer aufathrnen, inan vergisst
in ihr alle Sorgen und überlässt sich ganz dem reinen
Naturgenus -.e:
49
4
398
I!
Hörner Oboe Hörner Oboe Fagott Fi. u. Ob.
Doch bald »tönt cs sich wieder hinein in den Strudel des
Lebens« gleich dem Menschen, welcher rastlos strebt und
schafft und sorgt; böse Weller liehen sich über seinem
Haupte zusammen ; nu durch eigene geistige Kraft und Energie
zerlheilt er sie und geht siegreich und unbeschadet hervor.
Das Scherzo ist in einer glücklichen Stunde entstan-
den und muss durch sein Feuer und seine genialen Blitze
selbst den weniger empfänglichen Zuhörer entzünden. Es
trögt in Form und Anlage ganz den Bcethoven'schen Ty-
pus des Scherzo*» der neunten Sinfonie, ohne irgendwie an
dieselbe zu erinnern. Das Trio versetzt uns wieder in er-
lebte Naturgenüsse zurück, träumerisch lauscht man diesen
sanften Klingen, Bild an Bild steigt in unserer Seele eur
und erfasst uns deroiaassen, dass mar» durch den scharf
markirten Eintritt des sich wiederholenden Scherzo’s wie
aus Träumen te 's Ihättge Leben toröckgenifen wW. ~So~
reibt und fügt sich Thal au That, rastlos wie das Leben
des Menschen selbst. Noch einmal werden, wie durch die
Wiederkehr dea“Trk>’ß an „Tage der Wonne*' erinnert,
doch schnell bricht es ab und eilt dem Abschluss« tu.
Ernst und feierlich tritt nun der dritte Salz ein, dem
Drängen und Jagen folgt die beschauliche Ruhe} der Mensch
kehrt bei sich selbst ein und seine Gedanken teilen ihn vom
Süsseren Leben zur Gottheit zurück; er fühlt sich ibr so
nabe, und Klarheit tritt vor seine Seele. Er beschaut sein
zurückgelegtes Leben, do beschleicht ihn innere Unruhe
und mit Bangigkeit erkennt er die Flecken in seinem Le-
ben. Die Schläge seines Herzens werden schneller und
schneller, es poebt und mahnt ihn, des Unrecht durch ver-
doppelte Anstrengung wieder gut zu machen. Die Rück-
kehr zur früheren Stimmung will noch nicht ganz gelingen,
unruhig wogt es hin und her, noch einmal tritt d e Mahnung
an ihn heran, doch der feste Wille siegt, die Rehe gewinnt
die Oberhand und sanft und feierlich verklingt der Salz.
Das Finale stürzt sich männlich fest und kühn hinein
in das bunte Leben. Der Schlussstein soll das Werk krö-
nen, und mit Kraft und Feuer stürmt es dahin. Mit Innig-
keit umfängt uns das zweite Thema; doch nicht lange
giebt es sich sanfteren Stimmungen hin, immer schneller
eilt es dahin, bis es flieh in die reinste Freude ergiesst.
Etoe Sinfonie tritt stets an uns heran wie ein Stück
Menschenschicksal, und nur. wenn sie uns so zu packen
weise, dass wir die Seelenkfimpfo Anderer und die eigenen
selbst zu erkennen vermögen, dann ist sie ein wahres
Kunstwerk. Die VierUng’sche Sinfonie tritt in wahrhaft
dramatischer Weise an uns heran und erweckt bei genaue-
rer Bekanntschaft ein immer tieferes Interesse, und wir le-
gen es den Herren, welche berufen sind, den Dirigentenstab
zu schwingen und auf die musikalische Bildung des Publi-
kums ihre Einwirkung ausüben sollen, dringend an's Hers,
die Sinfonie in ihre Concerl programme eufzunehmen; doch
nicht einmal, sondern so oft wie es die Verhältnisse zu-
lassen, denn das Publikum kann ein Kunstwerk erst lieb
gewinnen, wenn es genauer vertraut mit ihm ist. Das
vierhändige Arrangement ist jedem tüchtigen Dilettanten
zugänglich und wird am besten den Vermittler zwischen
ihm und dem Werke bewerkstelligen. Rob, Eitner.
Berlin.
Revue.
| König!. Opernhaus. | Das Hepertotr der verflossenen
Woche brachte wiederum vier Opern • Vorstellungen bei stets
ganz vollem Hsuse, am 20. November „Lustige Weiber von
Windsor 44 mit Frau Luocs; am 30. VFarmbfiuser“ mit den
Harren Ni ernenn und Bett; am 2. Ü ec« mb er „Afrikaoerin“
mit Frau Lucca, den Harren Bell und Niemann; am 5.
„Prophet 44 mit Herrn Ni ernenn.
Im Friedrich- WUhelmslldtischen Theater wurde neu gege-
ben: „Der Hahn von Bervin“, komische Oper in 1 Akt von
Mathias, Musik von Heinrich Hofrnann. Vor allen Dingen bit-
ten wir dem talentvollen Compootalen, der mit seinem „Car-
touche“ einen so hübschen Erfolg errang, ein besseres Libretto
gewünscht. Das diesmalige, von Heruj Mathias, dem belieb-
ten Mitglied« der Friedrich • WilheUnst. Bühne, ist doch nur
wenig interessant und überdies im Ausdruck oft zu platt, um
für die CotnposHion eine günstige Basis zu bieteo. Warum
denn immer nach diesen französischen frivolen Figuren greifen,
die wir wohl einmal belächeln, für die wir aber doch nicht die
geringste Sympathie — und hierin liegt für die musikalische
Behandluog der sichere Todeskeim — haben, besonders wenn
die Handlung nicht fesselt. Herr Hofmaon scheint das
während der Arbeit gefühlt zu haben, denu seine Musik erhebt
sich nicht zu der an ihm gewohuiea Frische. Dennoch finden
-wir auch hier ewige NtuniDero, wie dfe A'ffe der Gräfin, eio
Terzett, eio Duett, welche durch melodiösen Reiz und Sauber-
keit der Instramentirung lebhaft Ansprachen, io der Darstellung der
heutigen Operette lösten »ich besonders Fräulein Kocb und
Herr Adolf! hervor; Fräulein v. Rigäoo, dio Herren Mathias,
Schulz, Leszioaky standen ihnen wacker zur Seite. Zum
Schluss wurde auch der Couiponist gerufen.
Die erste diesjährige Soiree des KotzoH'achen Gesangver-
eins fand am Montag, den 29. November im Saale der Sing-
akademie vor einem zahlreichen Zuhörerkreis statt. Der Verein
iat seiner sich selbst gestellten Aufgabe: das Chorlied zu cul-
tivireo, treu geblieben, so dass wir auch diesmal als Choriei-
stungen nur Composiliooeo dieser Gattung von den verschie-
densten Zeitprrloden zu hören bekamen. Drei Lieder älterer
Zeit eröffnoteo das Concert: ein noch völlig im Kirch«nstyl
gehaltenes von Melchior Frank f 16021, ein heiteres, sehr an-
sprechendes Tanzlied von Thomas Morley (1595), welche« sich
schon freier bewegte, und eine von Otto Kade io Schwerin
mit vielem Geschick vierstimmig gesetzte Brünette aus detn
Jahre 1650. Es folgte Hsydn's humoristische „Warnung 44 als
Uebergang zu den Romantikern der Neuzeit, welche durch Lie-
der von Hauptmann, Wüerst und den Koryphäen dieses Genre
Mendelssohn und R. Schumann vertreten waren. Mit beson-
derem Beifall wurden Mendelssohn’» „Wenn im goldneo Abettd-
strahl“ und da» heilere „leb hab’ eio Liebchen 44 , sowie Rob.
Sehumaon's tief empfundene» „Nord und Süd 14 und da» cha-
rakteristische „John Anderten 44 «ufgenommen. Die Ausführung
war, wie wir es von diesem Vereine nur erwarten können,
vorzüglich; die Klangfülle erschien uns gegen früher sogar
grösser, dagegen vermissten wir öfter, besonders im Sopran
und Tenor, die vollkommene Einheit de« Tone«, zu welchen
sich die einzelnen Stimmen sonst vereinigten und dadurch auf
den Hörer so wohlthuend wirkten. — Unterstützt wurde dos
Concert durch Herrn Otto und Miss Austin, von denen der
ersiere ein Recitaliv und Liod aus „Susanne 44 von Händel und
die „Adelaide 44 von Beethoveo mit vielem Geschmack und gros-
ser Innigkeit vortrug. Mia» Austin, Ober deren Stimme und
GiOOQl
399
Leistung wir unser frOher ausgesprochenes Urtheil aufrecht er*
halten, sang Mendelssohn'» „Veilchen“ uod „Gretebeo am
Spinnrede“ von Fr. Schubert ; ausserdem im Verein mit Herrn
Otto ein höchst harmloses Duett von Blengini und Meodels-
aobn's fFanny Hansel'») „Suleika und Hatem“. Des Publikum
spendete auch den Solovortrlgen reichen Beifall, vor Allem
aber seigte sich dasselbe Herrn Otto für die Hogers Zeit nicht
gehörte Adelaide dankbar.
Herr Wandelt balle am 4. d. M. mit der Ober* und
einigen Mittel- Klasaen seines Instituts im Saale der Singaka-
demie eine Prüfungs-Aufführung vor eiugeladenen Zuhörern
veranstaltet, die kn Gänsen recht erfreuliche Resultate lieferte.
Das Programm bestand aus der Sonate sppassionata , dem
Sch« rso der Cis-moll- und dem ersten Sati der kleinen C-moll -Sonate
von Beethoven , den Concerten D-moll von Mozart und G-moll
( zweiter und dritter Satz ) von Mendelssohn, der Poliacca von
Weber und einigen kleinen Salooslückeo leichtester Waare
von Goria und Spindter. Alle diese Musikstücke wurden in
zwei* bis achtfacher Besetzung mit anerkenoenswerlher Präci-
sion ausgefOhrt. Anschlag, Technik und Vortrag, in so weit
sich derselbe auf die genaue Beachtung der dynamischen Zei-
chen erstreckt, bekundeten eine sichere, einsichtsvolle Leitung.
Von individueller Auffassung muss man bei den Ensemble-
Leistungen dieser Art Oberhaupt absehen, doch wurde uns
Gelegenheit , wenigstens einen Schüler der oben erwAhnleu
Anstalt auch in dieser Beziehung beurtheilen zu köoneD, da
Herr Becker aus Warschau das A-moll-Coocert von Schumann
und die As-dur* Ballade von Chopin allein vorlrug. Derselbe
besitzt einen schönen Anschlag, hinreichende Kraft und eine
sichere, saubere, uicht allzugrossen Schwierigkeiten gewachsene
Technik. Bei allen diesen Vorzügenerwärmleder Vortrag detSchu-
mano'schen Concertrs nicht recht, wir hätten, ganz besonders im drit-
ten Salz, eine schwungvollere, pointirlore Auffassung gewünscht.
Hr. Becker hätte die Aufgabe kühner, feuriger anfassen können, ein
fester accenluirtes Spiel würde jedenfalls ein besseres Ensem-
ble mit dein Orchester, dessen Leistungen an diesem Abend
nicht zu den glänzendsten zählen können, ermöglicht haben.
Bes seiner Jugend kann es Herrn Becker nicht schwer werden
die angedeuteten Mängel zu beseitigen, wenn er mit der Aus-
bildung des Virtuosen die des Musikers zu vereinigen sich
bestrebt. Der ihm io so reichem Maasao gespendete Beifall
möge ihn dazu ermuntern! d. R.
Correspo ndenzen.
Bremen, Ende November 1869.
Das erste Privatconcert am 15. d. M. im neuen Saalbau des
Künstlervereins gelangte durch die vorzüglichen Leistungen der
beiden Gäste: Frau Joachim und Herrn Wilhelmj aus Wies-
baden zu einer harmonischen Abrundung, wie dies eben nur un-
ter besonders günstigen Umständen möglich ist. Während Frau
Joachim in Bremen längst das künstlerische Ehrenbürgerrecht
erlangt hat, machten wir in Herrn Wilhelmj zum ersten Male die
Bekanntschaft eines Violinvirtuosen von glänzenden Eigenschaften.
In den ausgcwäbllen Sätzen: Violinconccrt von David t D-moll ),
Othello-Phantasie von Ernst, Arie von J. Seb. Bach (auf der G-Saitet
fesselte der geniale Künstler nicht minder durch seine eminente
Technik und den Zauber Überraschender Klangwirkungen, als
auch durch sein seelenvolles Cantabile; unter solchen Umständen
gelangte denn auch David s schwieriges Concert für Violine zum
klaren Verständnis», und dürfte Herr Wilhelmj die Lorbeeren des
Abeods mit Frau Joachim theilen, welche letztere Beethoven's
gross« AH«: „Ah perfidot 44 , Händel'« Alt-Arie aus „Herakles 4 * und
ausserdem 3 Lieder von Fr. S«bubert und Hob. Schumann: „Mem-
non 44 , „Di« Soldatenbraut“ und „Ich grolle nicht 44 mit grossem
Erfolg« vortrug und in den neuen ausgedehnteren Räumlichkei-
ten «ineu noch vorzüglicheren Spielraum für ihre köstlioben
Stimmmittel gefunden zu haben schien. Das Orchester brsehte
Beethoven's B-dur- Symphonie, Cherubim’« Ouvertüre zu „Ana-
kreon“ und Weber's Jubel-Ouverture io gewohnter Tüchtigkeit
wirkungsvoll zu Gehör und verdient nicht minder auch für sein
discretes Accompaguemeut io den Solosätzen besonderes Lob. —
Im 2ten Privatconcert 8 Tage später hatten wir gleicbfalla neben
einem stets gefeierten Gsete, Herrn J. Stockhausen, diesmal
in Herrn Kapellmeister Wilhelm Treiber vom Landestheater in
Graz einen uns bisher unbekannt gebliebanen Gast, der sich als
Claviervirtuose in Rubinstein's Concert für Clavier in F-dur, Ca-
priccio von F. Mendelssohn (B-inoli) und Ballade von Reinecke
vortheilhaft eiuführle und vielleicht mit noch grösserem Reifall
aufgenommen worden wäre, wenn er statt des Conoerts von Ru-
binstein eine mehr populäre Com position gewählt hätte, da daa
genannte Werk unbeschadet seines künstlerischen Werthes und
trotz mancher höchst anziehenden Einzelheiten immerhin beim
einmaligen Hören schwer zum Verständniss gelangt, und vorwie-
gend der modernen Sohule angehört; am einheitlichsten erschien
uns der Mittelsatz (A-moll), der in seiner melancholischen Grund-
stimmung, untermischt von nächtlichen Schauern, vollständig
den Eindruck einer Nordlands- Ballade macht; das darauffolgende
Allegro dagegen klingt weniger romantisch als salonmässig und
lässt mehr Einheitlichkeit zu wünschen übrig. Herr J. Stockhau-
sen iotroducirte sich diesmal als Seoesohall aus Roieldieu's „Jean
de Paris 4 - und zwar interessanter Weise als wirklicher Franzose,
was natürlich einen ganz besondern Eindruck machte. Merk-
würdig genug! klingt das Französische etwa besser? warum sang
er nicht auch Händel's Recitativ uod Arie aus „Susanns 44 auf
englisch'/ An OrcbestersAUen kam Mozart’» Symphonie in C-dur
mit der grandiosen Schlussfuge und Meudelasobü's „Meeresstille
und glückliche Fahrt 44 in vorzüglicher Weise zur Aufführung. Den
Schluss des Concerts bildeten diesmal eigentümlicher Weise
ohne Orchestorsatz die beiden Lieder von Joh. Brahms: „Von
ewiger Liebe 44 und Hob. Schumann: „Es ist schon spät, es wird
schon kalt 44 , welche natürlich durch Stockhausen's meisterhaften
Vortrag zu ganz besonderer Wirkung gelangen mussten. — In
Flotow’s „Martha 14 gastirte Fräulein Mathilde Schlömann ala
Nancy mit anstäudigem Erfolge und fand, wenn aneb ihr Spiel
noch sehr den Eindruck der Anfängerschafl machte, doch für
ihre gesanglichen Leistungen, besonders in der von Flotow nach-
träglich componirten grossen Scene des 3ten Acts mit schöner
breiter Cantilene und reicblieher Coloratur animirten Beifall. — ■
Kürzlich wurde Mozart’s „Cosi fan tutte 44 mit der neuen Textbe-
arbeitung von Devrient (?) mit erfreulichem Erfolge zum ersten
Male aufgeführt. H. K.
Dresden, im November 1869.
Die Ihnen schon angekündigte Concertfluth steigt immer höher
Einen ganz besonderen Genuss brachte uns in jüngster Zeit das
bekannte Florentiner Quartett An zwei Abenden: Quartette von
Mozart A-dur No. 3 u. 5, Herbeck in F Op. 9, Beethoven Op. 74
in Es, Op. 59 in E-moll No. 2 und Schumann Op. 44 No. 2 in
F-dur. Die Leistungen dieser Herren sind hinreichend bekannt
und gewürdigt worden, sie sind ein Unicum in ihrer Art. Die
Entgegennahme ihrer Vorträge war enthusiastisch. Das Her*
beck'sche Werk war hier neu. Es hat einen entschieden slavi-
seben Charakter, enthält recht pikante Klangfärbungen wie ori-
ginelle Melodiebilduogen. Doch konnte es, wahrscheinlich seines
fremden Charakters wegen, nicht recht erwärmen. Einige Tage
später hörten wir die Herren in einer Soiree des Fräulein Auguste
49 *
LiOC
400
Götze, io welcher eie noch Mozert'e Quartett No. 6 io E und
einzelne Sfitie von Volkmenn, Haydn ufcd Hartog unter rauscbeo-
deni Beifall au Gehör brachten. Fräulein Götze trug Schumann’«
Liedereyclue „Dichte! liebe** nach Dein« und Lieder von Bach
und Miller vor, ohne damit aber einen besonderen Eindruck hef-
vorzubriugcn. Sehr beifällig wurden dagegeu in dieser
Soiree die Vorträge zweier Stücke von Chopin durch Herrn A.
Blaes mann cntgegengenomnien, weicher eich euch der Beglei-
tung der Gcaflngc unterzogen batte und diese Aufgabe glücklich
löste. Da« Haue war gefüllt. — Daa füufte Abonnementscooeert
der König!. Kapelle brachte uns von Orchesterwerken, Scbumaua’e
Ouvertüre, Scherzo und Finale und Beethoven s Sinfonie No. 8
F - dur in der gewöhnlichen, musterhaften VorfÖhrungswelM.
Friuiein Nonitz und Herr Kanmternuns. Seelemann hatten
die Solovortröge Obernomminen. Erster« sang Mendelssohn'»
Arie aus dem „Elias“ und eine aua „Tancred“ von Rossini mR
künstlerischem VeratAndntes und war ganz besonders gut bei
Stimme. Herr Seelemann apieite Spohr's Vioiiueoncert No. 7
K-moll und brachte es mit der ihm eignen WArme der Eznpfln-
düng, wie sie Spohr'sch« Compoailioneu ganz besonders bean-
spruchen, unter allaeitiger Anerkennung zu Gehör. — Am Abend
des zweiten Busstages hatte die Generaldirection eine Auffahrung
des Mendelafiohn'scben „Paulus** in hiesiger Frauenkirche veran-
ataJtet. Die Darstellung war eine, namentlich was Chor und Or-
chester betrifft, höchst würdige nbd auerkenuenswerlbe. Von
den Solisten zeichnete sich besonders Herr Mitterwurzer (Paa-
lua| durch die künstlerische Auffassung und die strenge Vortrags-
weise seiner Perthie aus, wAhrend Herr Dr. Gunz aus Hannover
«einem Tenorpart einen zu entschiedenen dramatischen Opernan-
•trteh gab. Die übrigen Soli hatten Frau Bürde -Ney, Fräulein
Nanitz, Herr Eichherger und Herr Scharfe übernommen.
Die Kirche war bis auf deu letzten Platz gefüllt und bot einen
wahrhaft imposanten Anblick. A. F.
Pnris, 4. Decembpr I8B9.
Das erste Auftreten Theodor Wachtel'* ateTrovatore hu
Th&Urc italien, hatte nicht jenen enthusiastischen Erfolg, den
sieh dessen linpressario, Slrnkosch, der seinen neuen Goldmnnn
als „premicr tenor desThedlrcs royaux et impärinux d\Mlemagne“
auf den Aflichen bezeichnet, und ihm eine eigene Equipage
zum Sclbstkubrhiren zur Verfügung stellte, erwarten mochte.
Der „Figaro“ ging in seiner Malice sogar so weit, nach dessen
erstem Debüt schlechte Witze zu schreiben. W r ir wollen die
Verantwortung solcher Kutscher- Witze dem Figaro überlassen
— ebenso wie die übrigen wohlfeilen und geschmacklosen Be-
merkungen Aber des Künstlers Herkunft, müssen jedoch bedau-
ern , dass die Bepertoir - Verhältnisse des Thedtre italien nicht
gestatten, Herrn Wachtel in seinen Glanzparlhien: als Postillon
de Lonjumeau, als Georges Brown und Arnold vomilühren-
Die Part hie de» Travatore fordert das Publikum des italienischen
Theater« allzusehr zu Vergleichen mit den namhaftesten italie-
nischen Sängern heraus und so kaut es, dass Wachtel mit
seinem ersten Entree im ersten Akte und insbesondere mit der
Stretta der Arie des dritten Aktes Dank der ausserordentlichen
Organisation seiner Stimme und einigen kerngesunden C, zwnrgifin-
zend reuasirtc und letztere wiederholen musste, mit den übri-
gen Theilen der Parthie jedoch, namentlich im vierten Akte,
das Urtheil wachrief, sein Vortrag wäre zu kalt, und habe we-
der den Schwung, noch den feinen Geschmack der Italiener.
— Man scheint hierbei nur zu vergesseu, dass Wachtel, mag
man von seiner Vortrags-Art denken wie man wolle, denn doch
ein vielseitigerer Künstler ist, als die Italiener, welche ein un-
gleich beschränkteres Repertoir haben, als deutsche Tenöre.
Die Vorstellung des „Trovatore“ im TMAtre italien war «ell-
sanier Welse ans folgenden nicht italienischen Elementen ge-
bildet. Herr Wachtel aus Hamburg, FrAulern Kraus» aus
Wien, FMnfoin Morenal ans New -York, Herr Bonnehite
aus Toulouse, Herr Zimelli hob dem Eisass und als Kapell-
meister Herr Scodzopolc aus Prag — Und da behauptet mao
noch, Gm gAbe in Paris ein italienischen Theater! — In der
Op£ra wird nächste Woche „Don Juan“ mit den Dntuen His-
son und Carvalho in die Scene gehen. Das jetzige alte
Gebäude der ÖpFra wird in anderthalb Jahren gehaussmannt,
d. h. demolirt sein, — und wird der Boulevarl Hausamaim an
dessen Stelle vorüberlfthren. Es dürfte demnach die Eröffnung
de« neuen Gebäudes der Opdra binnen Jahresfrist erfolgen und
haben sich die Componisten Gounod, Ambroise Thomas und
Verdi bereits in Bewegung gesetzt, um hierzu Eröffnungsopern
zu schreiben. Gounod componirt eine Oper „Polyeucte“, Tho-
mas schreibt einen „Francois de Rimini“ und Verdi setzt Sar-
dou’a Drama „La Patrie** in Musik. Bekanntlich schreibt F6-
Hcien David zu demselben Zwecke etn „Fdte d’Eleusis“ — wer
wird von all' -diesen Bewerbern die Braut heimföhren? — Im
itatiemschen Theater, das gegenwärtig mit dem deutschen Mei-
sterwerke, BeethoveD’s „Fidelio“, seine Existenz fristet, beginnen
nächsten Montag die Conccrte mit der deutschen Musik Schu-
mann’s „Paradies und Perl“. — Der zu erwartenden Ensemble-
Aufführung dieses Werkes sind sehr bescheidene Hoffnungen
entgegen zu tragen. — Die „Concerts de fOpira“ sind mit dem
zweiten Concert unterbrochen worden, da Litolff als Dirigent
derselben seine Demission gegeben. Man sagt, man wollte
demselben die Aufführungen der Musik hiesiger componirenden
Damen autoctroiren , was seinen Zurücktritt veranlasst habe.
Die eigentliche Ursache dieser Sistimng glauben wir jedoch
in dem Umstande zu erblicken, dass diese Concerfe zu gross-
artig begonnen wurden (jedes Concert hatte über 7000 Francs
Spesen) und dass die Einnahmen, trotz aller künstlerischen
Erfolge, nicht in gleichem Verhältnisse standen. Man spricht
von einer baldigen Reorganisation dieser Concerte unter ande-
ren Modalitäten, doch immer unter LitoltTs Leitung und mit
heocheideneren Eintrittspreisen. — Die Violinistin Charlotte
Dekner ist hier etngetroffen und wird sich wahrscheinlieh m
den Concert« pnpulaires hören lassen. Im Privat-Salon spielte
kürzlich Fräulein Dekner Paganini's Concert in D und fand
ihr beseeltes, feurige« Spiel, dass die Schwierigkeiten der Tech-
nik nicht als Hauptsache, sondern als Mittel des Ausdrucks be-
luwdelt, «ine Aufnahme, die für die Pariser Erfolge der jungen
Künstlerin das beste verhebst. — Demnächst wird ein neuer
Quartett-Verein in die OefTeutlichkcil treten, der «ich aus Künst-
lern der Opera, den Herren van W aefelghem, Madier de
Montjau, de Czeke und dem Violinisten aus Leipzig Herrn
Hcgar gebildet. In namhaften Privat-Salon», wo sich diesel-
ben hören liessen, sprach man Ober dieselben das l’rtheil, es
sei ein nobles Quartett — was sich glücklicherweise nicht
allein auf die Adels -Bei werte bezieht. Die genanalen Künstler
führen namentlich Beethovens letzte Quartette und die ebenfalls
hier selten gehörten Schumann'schen Quartette vor. — Im mor-
gigen dien Concert populaire begegnen wir einer Ouvertüre
(Op. 7) von J. Rietz, der Manfred-Ouverture von Schumann
und der Su ite tQp. 113 , ) voa Lachner — nebst anderen öfter
gehörten Piecen. A. v. Cz.
Petersburg, den 28. November 1801).
Die Russische musikalische Gesellschaft hat die Reih«
ihrer 10 Symphoniecoocerte eröffnet und das Programm der-
selben, lobeoawerth, im voran» publicirl. Da wird von Beet ho-
Supplement zu No. 49 der „Neuen Berliner Musikzeitung“.
ven Vorkommen: die D-dur-, B-dur- und C-moll-Symphonie;
die Leonoren-Ouverture No. 3; die Egmonl-Musik; das Violio-
Concert; die Pianoforle-Coocerte io G-dur, C-moll und Es*dur.
Von Mozart: die G-rooll- und C-dur- Symphonie (mit der Fuge).
Von Haydn: eine nicht näher (!) beseichncte. Von Weber:
die Oberon* und Euryaothen-Ouverture. Von Mendelssohn: die
Reformations-Symphonie und Sommernachtstraummusiki von F.
Hiller: die Ouvertüre zum „falschen Demetrius", die symphonische
Fantasie und „0 weint um Sie" (Chor). Da linden auch noch die
Namen Paleatrina, Händel, Gluck, Bach, M. Haydn Vertretung,
wie die russischen Componisten, Glinka, Dargomijski, Säroff,
A. Rsjbinstein (und dessen musikalische Charakterbilder „Faust",
„Iwa n der Grausame", Pianoforte-Concert in F). Nicht vergessen
sind Bcrlioz, Lituld, B. Schumann (Symphonie in B, Manfred*
und Genoveva-Ouverture, Pianoforte-Concert in A*moll, Zigeu*
nerieben, Chor), Lachn er (Suiten), Wagner (Vorspiel xu „Lo-
beug rin"), Gade TNachklänge von Ossian), Svendsen (Sym*
phon ie in D), Spohr (Jessonda * Ouvertüre). Die GrossfQrslin
Helene, unter deren Patronat die Gesellschaft und das mit der-
selben zusammenhängende Cunservalorium besteht, hatte xum
ersten Concert xu einem hohen, von ihr gespendeten Preis
(2000 Franken), Frau Artöt, die Primadonna der italienischen
Oper in Moskau, xu xwei Piecen engagirl: dar Arie aus der Oper
„Alcina" von Händel und den Variationen von Rode, mit
denen einst die Calalam ihre Triumphe feierte. Frau Ar(öl ist
eine erste Sängerin zweiten Ranges, ein nicht recht ansprechen-
des Talent, so gross immer die Virtuosität sein mag. Für die
von Frau Pauline Viardot für Sopran gesetzte Mazurka von
Chopio, mangelte Frau Artöt das nöthige Brio und jene Voll-
endung der Technik, die an keiue allererst xu Oberwindende
Schwierigkeit denken lässt. Solche „toura de force" sind nur
Virtsjosinnen ersten Ranges erlaubt und xwar so selleo als mög-
lich! — Wir, in Russland, sind wahrlich nicht das Land der
Con-currenx. Dennoch ist der Gesellschaft, die ihr Prädikat
„Ru asische" betont, eine Concurrenz erwachsen, und xwar Io
der Person ihres früheren Orchester-Dirigenten Herrn Balakireflf.
Dieser talentvolle, aber noch uoreife Musiker, gehört der trau-
rigen Richtung bei uns an, die in Dilettanten das Heil der
Russischen Musikproduction sucht, die Symphonien und an-
dere „portents" der Herren Riraski-Korsakoff (eines Marine-
Offiziers), Kwi (eines PensionseigenthQmsrs und Mililairs) immer
wieder in der Reihe hören lies und nur Schumann und Berliox
goutirle! Dieser Dilettanteukram wurde denn doch nach gorade
der Gesellschaft xu viel. Sie verabschiedete Herrn BalakirelT
und engagirte Herrn Naprawnik (ohne Russischen Namen geht’s
nicht) und Herrn Ferdinand Hiller. Herr BalakirelT hat nun
einen Cyelus von Symphonie- Concerleo eröffnet, die aber wenig
besucht sind und kein Interesse bieten. In den beiden ersten
kam xur Aufführung die Faust-Musik von Schumann; die Fan-
tasie von Lisxt Ober Motive der „Ruinen von Athen", die C-
moll-Symponie von Beethoven, Oberon-Chor und ein formloses
Opus des Herrn BalakirelT selbst, unter dem Titel „Tausend
Jahre", womit das tausendjährige Bestehen des Russischen
Reiches angedeutet sein soll!! — Diese unmusikalische Don
Quicholiade ist ein gut instrumenlirtee Potpourri von russischeil
Nattonalmelodien mit Harfe und Tam-tain! — So etwas bringt
die speciflscb russische Phalanx mit russischem Namen zu
Markte, und glaubt sich den grossen Meistern deutschen Na-
mens ebenbürtig! — Das zweite dieser deutschen* fresserischen
Concerte, die an sich selbst und ihrer gänzlichen Ohnmacht
sterben werden, brachte Gluck’s Ouvertüre zur „Iphigenie in
Aulis", das Violoncell • Concert von Schumann, „Iwan der
Grausame" von A. Rubiostein, Romanzen russischer Dilettan-
ten, „Lelm" von Berliox (ein absurdes Monodrama) und die
Ouvertüre xum „Sommernachtstraum", obgleich Mendelssohn
insbesondere das Unglück hot, diesen Herren von der Nationa-
lität, ganz besonders xu missfallen. Um in den Augen dieser
•xtremeu Parteigänger Verdienst zu haben, ist es nicht etwa
genug, ein russischer Cnlerthan und damit ein Russe zu sein,
man muss auch noch eioeu gut russisch klingenden Namen
dazu tragen i|nd sich den Koryphäeo der Ultra - Nationalen
hübsch unlerordnen, Chorus mit ihnen machen! Dann erst
kann man hoffen von ihren Kritikern in den nationalen Haupt-
blättern gelobt, Beethoven ebenbürtig zu werden! Weber,
Mendelssohn und Meyerbeer aber weit zu Qbertreffen. Ange-
nommen, ein Deutscher leistete Ausgezeichnetes — es hiesse
in den Blättern dieser Herren: „wie schade, dass dieser Deutsche
nicht ein Russe ist", und dafür wird ihm 90 Procent vom Ver-
dienst abgexogen. Mit der Zeit wird auch noch an dem Rest
genagt, wie denn Herr Kwi, der unglückliche Compontsl der
unglücklichen Oper „William Rntcliff" (nach Byron) dahin ge-
bracht worden, das Finale der Beelhoven’achen C-moll-Sym*
phonie für einen Parademarsch anzusehn! — Mit dem Scheiden
des Herrn BalakirelT aus dem Verbände der ruisischen musi-
kalischen Gesellschaft, wird hoffentlich dieser Zwiespalt zwischen
Wollen und Nichtkönoen aufhören, sich wenigstens mässigen,
werden die Capuletti unserer Musiklage, die Existenz einiger
Monlecchi sich gefallen lassen. Der gefährlichste Feind der
Capuletti ist der als Kritiker wie Componist gleich ausgezeich-
nete Herr A. Säroff. Seine Opern „Judith" und „Rogneda"
haben grossen Erfolg in der russischen Oper erzielt und ver-
dient. Herr Säfoff ist ein wahrhaft gelehrter Musiker, mit
durchdringendem, originellen Blick; es hat wohl nie einen lie-
feren Kenner Beethoven'scheo Geistes gegeben. Er ist aber
auch äusserst extrem und wenn er im französischen Journal
von Petersburg, die letzten Produclionen Wagner 's Ober Alles
stellt was bis hiezu die Musik hervorgebracht, andererseits
Robert Schumann ganz herab würdigt ; so werden nur Wenige
diese extremen Urtheile theilen. Bei uns sind der Widersacher
Wagner’s mehr, als seine Anhänger. Säroff, der grosse, wir
möchten sagen der unvergleichliche Kenner Beethoveu'schen
Geistes, geht so weit, zu sagen, dass Wagner auch noch eine
Potenz Beethoven’scheo Symphoniestyls ist ! — Säroll coropo-
nirt nach Wagner’schem Muster, dessen Opern oder musikali-
sche Dramen genannte Recitative in so und so viel Acten,
bequem sein mögen, wenn sie mehr „Mache" als Erfindung,
mehr Wissen als Inspiralion haben. Säroff ist der Telamonier
der Gruppe Wagner'scher Anhänger in Deutschland, denn bei
uns ist nur so eben der Name bekannt, trotz der Aufführung
des wohl auf immer nach einigen Darstellungen vom Reper-
(oir verschwundenen „Loliengrin" der russischen Oper, unter
Leitung der Proben durch Säruff.
Die Eröffnung und Fortsetzung unserer Italienischen Oper
xeigt nichts von dem Palti-Fieber des vorigen Winters. In
Erwartung von Adeliun Patli, die abermals von ihrem Gemahl,
dem Marquis de Caux, begleitet ist, treten die Schwestern
Marchisio, Sterne der Mo-ikau’schen Italienischen Oper, auf,
waren uns aber keine Sternschnuppen, schon weil zwischen
Petersburg und Moskau stete Rivalität herrscht, was da gut,
hier schlecht sein muss, und umgekehrt. Die „Sappho" von
Paccini, die „Semiraraide" und der „Trovatore" waren die
Kampfplätze der beiden Schwestern. Carlotta Marchisio (So-
pran), Barbara Marchisio iContralto) sind gut geschulte Sän-
gerinnen, gut dramatischen Zeichens. Sie haben aber weder
Jugend noch Schönheit für sich; sie haben keine ansprechen-
den Stimmen; ihrem Organe fehlt die Frische; ihrer lutouatioo
402
di« Unfehlbarkeit. Der Beifall war denn auch ein massiger.
Herr Säroff nannte die „Semirainis“ das leiste „costumirle
CoDcerl", den Tod dieses ganten Genres! Die Kälte und
Blüsac dieses Kadavers könnten nicht durch die Herrlichkeiten
des flgurirten Volksslyls gedeckt werden. Die „Secniramis 44
geben, sei ein Versuch mit Galvanismus, der, ira besten Falle,
eineu Hauch des Lebens herstelle, nicht dss Leben. — Im „Tro*
vatore“ sang Carlotta die Leonore mit Feuer und Leben; Bar*
bara die Atucena mit grosser Intelligent und Virtuosität. Die
Italienische Musik kann aber den chic, den coup de Foult,
wie die Pariser auch noch sagen, nicht entbehren und diese
conventionelle Meestria fehlt den Marchisio. Mario (Manrico)
war nicht bei Stimme, die Arie im dritten Act des „Trovatore“
fiel weg. Mario ist zwar nur die Ruine eines grossen Tenors,
aber immer noch ein nicht mehr erreichtes Muster von Styl
und Vortrag. Auch ist er immer hoch dramatisch. Die Sonne
Patti ging der Oper auf in der Sonnambula, io der Traviata.
Signora Patti ist wohl die grösste YocaUslio, die grösste Vir-
tuosin im Solofeggio, im flgurirten Gesänge, die es bi» jetzt
gegeben hat. Nicht die Catalani, nicht die Malibran und Sonn-
tag kommen ihr darin gleich; ob die Patti aber deshalb eins
eben so grosse Sängerin, eine künstlerisch dramatische Erschei-
nung ersten Ranges, das ist denn doch noch sehr die Frage.
Ihre Musik ist die einer Spieldose, sie trägt nicht das göttliche
Zeichen der Inspiration an der Stirn wie Frau Lucca, mit wel-
cher Künstlerin von Gottes Gnaden, auch ein höheres, ein geistig
ansprechendes Repertoir zu uns kam und nicht immer wieder
eine alte Nummer aus dem allen italienischen Leierkasten. Der
Erfolg der Patti, ihr Empfang durch unser ungewisses, nicht
eben all* zu bewusstes und nationelles Publikum, war eiu küh-
ler, ein wenigstens sehr abgeschwächter. Es fehlte nicht an
Beifall, an Bouquets, ober wo und in welchem Theater kämen
die bei uns nicht vor? Von Enthusiasmus für die Seiltänzer-
•lückchen unter der Fahne Solfdge, war nichts zu spüren und
trotz aller Reklamen der Verbündeten, scheint die italienische
Saison kühl und unbedeutsam verlaufen su wollen. Das Haus
ist zwar ausabonuirt, die Oper spielt aber die Folge oiner viel
getragenen, ausgetragenen Mode, ohne Bedeutung.
W. v. Lenz.
Wiener Hasikreminiscenxen.
xi.
(Schluss.)
Emma Friodlowsky, hiess in Wien die erste Elisabeth,
als Wagner*« „Tannhüuser“ in dem nunmehr spielballartig be-
wcgleu Theater an der Josefstadt io Scene ging. Ihr Concert
(15. November) sollte eigentlich ihre Präsentation vor campe-
tentem Kreise sein, ob ihre Mittel noch zureichend und ihre
Ausbildung sich conform behauptete. Fräulein Friedlowsky
strebt nach Ausbreitung als Gesangsmeisterin und in dieser
Beziehung empfahl sie sich ihrem Kreise auf das Beste. Fräu-
lein Friedlowaky besitzt ein schönes gesangliches und poeti-
sches Vermögen und wir empfehlen sie bestens. Die Verehrer
Wagner 's lernten in diesem Cnocerte auch Gedichte desselben
kennen, die Fräulein Friedlowaky (3 Nummeru) mit gehobener
Stimmung für den adorirlen Meister sang. Da man in Wien
nie ein Wagner'sches Gedicht (?!) (soll heissen: Lieder, Worte
und Musik von R. W.) singen gohört, so war die erste Be-
kanntschaft von Interesse; es ist diesen Tonbildero ein gewis-
ser, wenn auch in mancher Position krankhafter Reu, nicht
abzusprecheo. Der Begleiter am Flügel möge nur seine Hände
weltlich ausspreilen. Die beiden Hefte dieser Compositum er-
schienen bei Schott in Mainz, für uns unbekannt, wann?
Jeanette Stern nennt sich ein kleines, freundliche» Mäd-
chen, wohl die erste Pianistin, die uns Odessa zugesnndt; sie
gab am 18. November ihr Concert und ihre Absicht wäre hier
zu bleiben. In Odessa führt Herr Tedesco das grosse Wort,
als Lehrer am Flügel, und er hat das anmuthige Fräulein her-
angebildet, mau muss sagen mit Geschick und Geschmack.
Fräulein Stern ist aber noch oiehl ersten Ranges, wohl aber
von Rang. Es glüht und sprüht nicht io diesem Herzen —
stille, sinnige Anschauung waltet vor; und so iat auch die Wir*
kung. Erat nach und nach wurden die wenigen Besucher lau-
ter und die talentvolle Künstleriu wurde selbst wärmer und
trat in ihre Rechte. Das Concert fand statt unter Mitwirkung
zweier jungen Damen aus Hamburg, den Schwestern Thoma
und Meta Börs, die vor Kurzem noch der Bühne angehörteo
und jetzt das Lied im Concertsaal pflegen wollen. Dass sie
einige Zeit bei Stockhausen unterwiesen worden, merkt inan
heraus. Hier sind nuo ein paar energische Naturen, mit offnen
Segeln bei lustigem Winde hioaussteuernd, langhaarige Blon-
dinen, frisch und frei blickend. Eine knappe Metzosoprao-
stimme und ein schmucker Alt. Sie sangen drei Schumaon*-
sche Duette mit Erfolg, ja Thoma Börs musste ihren Einzeln-
gelängen sogar noch einen zugeben. Auch diese Damen
wünschen Wien zu ihrem ferneren Aufenthalt Ueber die
Tragweite der beiden Stimmen lässt sich nach diesen Proben
nicht wohl bestimmt sprechen; die jungen Künstlerinnen —
alle Drei — beabsichtigen noch öffentlich Productionen abzu-
hallen und da vernehmen wir wohl von Seiten der beiden
Börs auch grössere Leistungen aus Opern, Oratorien u. d. g.
Das neue Opernhaus erhielt aoi 2. November seine Inau-
guration io der Eigenschaft als Concertlocal und zwar indem
daselbst das erste Abonnemenl-Concerl unter Herbeck's Lei-
tung abgehalten wurde. Herbeck, der erneuerte Dirigent, wurde
lumultuarisch gefeiert; er zeigte aber auch seine ausserordent-
liche Praxis in allen Stadien der Töne; Beethoven, Schubert,
Haydn, Mozart, Mendelssohn, er pflegte alle die Meister mit
sicherer Hand. Der Anblick, der in einen von allen Seiten
geschlossenen, prachtvoll, wenn auch carrikirl gemalten Con-
cerUaal verwandelten Bühne, der Glanz und tagehelle Schimmer
des ganzen Hauses und der Besucher sind wirklich einzig und
von bestechender Wirkung. Da geht eines in*» andere Über,
während es dagegen im alten Opernhau&e, bei den Philharmo-
nikern recht anständig, aber kahl nussieht, in der Aufstellung
des Orchesters, dem Mobiliar u. s. w. In dem ersten Abon-
nements - Concert dieses Körpers (im November) gab es eine
Art Demonstration zu Gunsten des dortigen Dirigenten, des
Herrn Dcssoff. Mau wollte sich, gewisserrnaassen anti-Her-
beckisch im Dessoff-Salutiren, gar nicht beruhigen. Allen Re-
specl für das redliche Wolleo des Sachseu; aber Herr Üessoff
wird sich wobl selbst der Einsicht nicht verschliessen, dass er
in dieser Potenz den Meister neben sich habe. Die nämlichen
Truppen, aber eio anderer Heerführer; das Resultat ist ein
uoläugbar anderes. In diesem Concert erschien vor den Wie-
nern eben ein Wiener, der in der Hcimalh fremd und in der
Fremde gross geworden. Es ist der, wie ich glaube in London
domicilireode, Ludwig Strauss, der zu den besten Geigen-
künstlern gerechnet werden darf. Fremd gekommen, von Kei-
nem willkommen geheissen, war er in wenig Minuten vom
Beifall überjubelt und Herr auf dem Platze. Er wird selbststän-
dige Concerle folgen lassen und dann eiu Weiteres über diesen
gediegenen Künstler. Bei dem im übrigen bekannten Programm
des letzterwähnten Concert«, steht uns nunmehr der Wog in
das Wiedener Theater offen zu Flotow's „Zilda“.
Die mehr durch ihren Text, als durch die Musik kurtwei-
403
lige Oper, gab Fräulein Geislinger volle Gelegenheil, ihre
Reiie flimmern *u lassen. De« Telenl dieser Derne gehör! io
der Thel lu den umfassendsten; sie ist eine vortreffliche Sän-
gerin, und »ie iet eine bedeutende Schauspielerin. Ihre Stimme
litt aber bereite durch die ungeheueren Anstrengungen, deren
sich Frflulein Geislinger durch wochenlang® ununterbrochene
Aufführungen einzelner Offen bat h’achen Operetten unlenog.
Heute als Zildn sollten wir wieder einmal das noch immer
schöne, wenn auch reife Weib bewundern; io Zedlils' „Wald-
fräukin" heisst es irgendwo: „Wie sehuf doch Gottes Gnade
so reizend ihre Wade". Nun behauptete eio Freund des Fräu-
leins diese wiren d’ran schuld, dass die „Ztlda“ von Fräulein
Geistinger io Scene gebracht wurde. Diese ZilHa, die nach
Bagdad geht, um eine alle Schuld für ihren Mann einzucassi-
ren, ist nämlich so sauber, dass sie allen Männern den Kopf
verdreht. Ihr Mann lässt sie daher aueh nur verschleiert reisen
und Ausgehen. Zilda kömmt zum Schuldner; der will auch
zahlen, zufällig beim Zahlen sieht ar ihr Antlitz, ist verrückt
und will wohl weiter zahlen, ja, wenn ihm die Holde eio Ren*
dez-voua gewährt. Warum nicht gar?! — Zilda geht zum
Cedi, drr flugs bereit ist ihr zu helfen, aber der alte Richter
möchte zu Dank ihr Gesicht ansehauen; sie gewährt dies, uud
der Cadi ist ebenfalls wie verrückt und will auch ein Rendez-
vous, oder er leistet keine Hilfe. Warum nicht gar? das brave
Weib bleibt ihrem Mann treu. — Nun wendet sich die Aermste
an den Vezier, der erzürnt über die beiden Schufte, Tod und
Teufel über sie herabschwörf. Kaum aber, dass zufällig
Zilda’s Schleier herabglill, wird auch dieser Alte rebellisch und
will auch ein Stündchen, oder — er thut nichts. — Auch er be-
kömmt einen Korb. Nun hat all* dies Treiben der verliebten
Gecken ein Derwisch mit angesehen; der heilige Mann giebl
Zilda guten Rath, und verbürgt ein gutes Ende; sic gewährt
also allen Dreien um 8—9 — 10 Uhr des Abends die Stelldich-
ein, und lockt sie damit zu sich in die F alle. Der Derwisch, der
auch, aber in anderer .Maske erscheint, ist aber niemand anders,
als der Kalif Harun Al Raschid von Bagdad, der bekanntlich öf-
ters ungekannt unter seiorm Volke gewandelt; die drei Schelme
werden tüchtig geprellt und geängstigt, am Ende erbittet Zilda
Gnade, sie erhält reiches Gold von den Schuldigen und der
Vorhang fällt. — Dazu hat nun Flotow eine recht hübsche
Musik gemacht, die unter gehöriger Besetzung, jedenfalls Er-
folg haben würde. Neben Fräulein Geistinger ist nun lediglich
Herr Swoboda eine eminente Kraft. Die andern noch so
braven Schauspieler haben nur für Parodie und Grimasse, für
die Verzerrung der Ironie Organe. Am ersten Abend giug es
mit der Aufnahme ziffolich gut; nach der dritten Vorstellung
der Oper, die sehr hübsch auagestallet war, verschwand die
M Zilda" von der Bühne. Fräuleio Geistinger sah des appetit-
lichsten aus; ihr blass goldgelb gefärbtes Haar, die pechschwar-
zen Braunen, die üppigen Formeo. — Selbst Flotow, der an-
wesend war, musste Ober diese Zilda seine Freude gehabt
haben? Für Wien ist die Oper für lange unmöglich geworden;
es thul uns leid, um die elegante, frische Musik, die ohne An-
sprüche zu machen, doch ihre gesellschaftliche Berechti-
gung hat.
Es erübrigt mir demnach nur noch, der am 20. November
erfolgten Wiederaufnahme von Gluck’s „Armida" zu gedenken,
die aus Anlass der dritten Vermählung des Kaiser Franz I. im
Jahr 1808 hier zur Aufführung kam, ein paar Wiederholungen
erlebte und so über 00 Jahre im Staub des Archivs lag. Herr
v. Dingelstedt batte das Möglichste für die schöne Aussteuer
Armidas gethan und sicherte diesem hochachtbaren , aber nicht
gloriosesten Produkte des Schöpfers der deutschen, klassischen
Oper eine ehrenvolle Aufnahme. In Paris behauptet sich „Ar-
mida" standhaft, bei Ihnea ist sie im Repertoir, dass sie es
hier werde, erwünschen wir aufrichtig und wäre es uns um
der declamatorischen Vorzüge willen, des Recitativs. Fr. Will
und Frau Friedrich-Materna (Armida u. die Furie des
Hasses! trugen den besten Theil davoo. Den Herren fielen die
Rollen sehr sauer, einzelne klagten und rangen beim Studium
die Hände . . , beschäftigt waren: Schmid, Walter, Lay,
Müller, v. Bigoio. Die Ballete langweilten aufrichtig. Den
Löwenantheil aber trug Brioschi, der Maler davon.
Die Reihe der Gäste in der Hofoper beschränkte sich im
November auf zwei. Fräulein Adolfine Mayer von Brünn kam
über Vermittlung des grossen Vertrauensmannes Schober hier
zu Gaste; er hatte sie in Brünn und gleich für 3 Gastrollen anher
berufen. Sie trat aber nur einmal als Auber's Zerline auf;
man zahlte dann das Honorar für die drei atipulirten Rollen
blank aus und dAs für eine kleine Bühne recht fähige Fräuleio
kehrte noch Brünn zurück. Dermal ist Fräulein ßoschetli von
Wiesbaden hier und erfreute sich als Mozart** Zerline piner
recht artigen Aufnahme. — Die traurigen Folgen des mit 15,000
Gulden engagirten Dresdner Tenors Herrn Labatt treten immer
greller hervor — wie ich Ihnen vorausgesagt , und Fräulein
Hahn hat sich über unsere Grenzen absentirt. Auch wie ich
Ihnen andeutete! Wir sind (roh, die schöne Sängerin loa zu
sein. Carillon.
Joarnal-Revae.
Sämmtliche Journale enthalten Fortsetzungen.
Nachrichten.
Berlin. Herrn Musikdirector B. Bilse hat der Sultan den
Medschid-Ordeu verliehen.
— Herrn Taglioni ist in Anerkennung seiner vielen Ver-
dienste um das Hoftheater der Titel als „Dlreetor des Ballets"
verliehen worden; gleichzeitig wurde Herr Gasperini zum Bal-
lelmeister ernannt
— Die erste Auffahrung der Thomas'schen Oper „Mignon“
im K. Opernhause ist auf den 10. Deccmber festgesetzt
— Am 26. No»-, kam die neue 3ac*ige Oper „Zieten’sche Hu-
saren“ von Bernh. Scholz auf dem Breslauer Stadlthcater zum
ersten Male und zwar mit glänzendem Erfolge zur Aufführung.
Mangel au Baum nöthigt uns, einen eingehenderen Bericht für
nächste Nummer zurückzustellen.
Aachen. (2. Abon.-Conc.) Zieht man in Betracht, wie schwierig
es ist, hei dem mangelhaften Besuch der Proben und der Gleichgültig-
keit eines Theiies der Sänger, grössere Voealwerke zur Ausführung
zu bringen, so wird man gewiss dem Dirigenten die Verantwort-
lichkeit uleht aufladen, auf die Vorführung von Händel « „Te Deum“
verzichtet und in letzter Stunde einen Ersatz in einigen kleinen
und leichten Chören gesucht zu haben, welche zwar befriedigend
vorgetrageu wurden, jedoch wirkungslos vorübergiogen. Das-
selbe müssen wir leider auch vou den Instrument«! werken nagen:
Beethoven'a Ouvertüre lur Weihe des Hauses, eins der schwä-
chen! Werke des grossen Meisters, uud Schubert'« Duo Tür das
Orchester eingerichtet von Joachim. Meister Joachim zollen wir
die höchste Anerkennung für das Geschick, mit dem er sein
schwieriges und keineswegs dankbares Unternehmen ausgeführt
hat. Als der wirksamste der vier Sätze erwies sich der erste,
eia pbantAsiereicbes, schwungvolles Allegro. Das Andante, hl
welchem Schubert s Verwandschaft mit Beethoven deutlich zu
Tage tritt, zeichnet sich durch Mannigfaltigkeit und Kühnheit der
zle
404
Wendungen aus, leidet jedoch an ühertnAesiger Breit«; höchst
unbedeutend in Miner Originalität erMhien uns des Scherzo;
der schwAcha*« der vier SMie und »m wenigsten zur Oreheetri-
rang geeignet, ist entschieden der letzte. Joachim'» Werk war
mit Liebe und VerstAndniss einstudirt und hatte sich, sowie eben-
falls Beethoven'* Ouvertüre, unter Herrn Direktor Breunung's
Leitung, einer vortrefflichen Ausführung zu erfreuen. Das Publi-
kum hielt sioh passiv im höchsten Grade, und bitte Fr* ulein
- Sophie Me nter eine bessere Auswahl der vorzuföhreodeu Werke
I zu treffen gewusst, sie hAtte keine günstigere Stellung auf einem
Programm einnehmen können. Die Künstlerin spielte ein Liszt'-
sehen Concert — sowie Cbopin's Polonaise in As-dur. f rfiukiu
Menter setzte das Publikum durch ihre hervorragende Bravour
in wahres Erstaunen; ihre PaatagengelAuligkcit ist perlend und
unfehlbar; mit der Bravour verbindet sieb ein krAftiger, elasti-
scher und eleganter Anschlag und eine grosse Bube. Schade,
| dass die Künstlerin uns statt aller Hexereien der Technik die
klassisch - ruhige Schönheit ihres gediegenen Vortrags nicht im
Goocerte zu bewuudcrn Gelegenheit gab, der Erfolg, wie glAn-
zeud derselbe aucli war, wir« gewiss noch glAnzender gewesen.
Dresden. Am 2. d. wurde das lotenmalhealer auf eine wür-
dige Wette mit einem Prologe, der Gluek'erbeo Ouvertüre tu
,, Iphigenie“ und der Darstellung der Goetbe'schen ..Iphigenie*' er-
öffnet In Bezug aef dm latrrlmsbau darf man sagen, das# er
seinem Zwecke in Summa ganz wohl entspricht, Man sieht und
hört von allen PlAliro befriedigend, und wAhreod die Klangwir-
kung für einen Holzbau, d«r so leicht einen ballend, hohlen oder
scharfen Ton begünstigt, uooh gut genug iat, zeichnet sich die
Beleuchtung als wobl geluogeo aus. Einige MAogel werden sieb
beseitigen lassen.
Frankfurt a. 91. Die hiesige Verwaltung des Mozartstifte«
macht bekannt, dass sie nach erfolgtem Gutachten der Preisrich-
ter deo Mitbewerber um das Mozart-Stipendium, Arnold Kruge
aus Hamburg, Schüler des Conservatoriuma zu Leipzig, zun
Stipendiaten dar Stiftung ernennt, und demselben den Bezug des
Stipendiums mit 600 fl. zuerkanot hat.
Kdla. Am 23. November fand das 4ie (Jörzenioh - Concert
statt und zwar mit einem so überaus reicheu Programme, dass
man ohne Bedenken einige Nummern hAtte streichen können.
Rubinsteine Charakterbild „Iwan IV.** (Der Grausame) dehütirta
als Novit AL Ich sage Herrn Kapellmeister Hill er meinen besten
Dank dafür, dass er diese« wirklich geniale Stück, welches un-
streitig eine der bedeutendsten Erscheinungen der Neuzeit ist,
zu Gehör brachte, dass er aber dieoes, seinem Vorwurf gcmAse
düstere Werk als Schlussstack nach 13 Nummern legte, zeigt
von wenig Geschick für die Zusammenstellung von Concert-
Programmen. Die Aufnahme der Rubinstein'schen Composition
war denn auch eine wenig erfreuliche, man kann dem Publikum
hierüber aber keine Schuld beimessen; das, was bei Anfang des
Conoertes ausserordentlich wirken musste, konnte narb der na-
turgemäß oingetretenen Abspannung keinen Erfolg haben. Der
geehrte Berichterstatter der Kölnischen Zeitung. Herr Dr. Franc
Gehring, kann sieb über die Zumuthung, dass man ihm solch'
«in Werk vorführte, gar nieht beruhigen und gitsbt «ein Ver-
dammurigsurtbeil iu grimmigster Weise von sieh. Was man von
dem Publikum nieht verlangen kann: dass eine so schwierige
Composition gleich beim erstenmal Hören zum vollstAodigen
VerstAndniss gelange, darf maa von einem musikalisch gebildeten
Kritiker erwarten, wenigstens sollte derselbe dann, wenn diese
Voraussetzung nicht eiutnfft, mit seinem Uriheile behutsam tu
Werke gehen. Wie ist nicht über Beethoven, Sobuiiianu, Chopin
U. A. einst gaurtbeilt worden uud wie denkt m«u jetzt darüber.
Die uuversiiudigcu Rooeuaeuleu sind vergessen, aber die Namen
der Componiste» strebten ala leuchtende Sterne am Kunsthlnunel.
FrAuletn Götze aus Dresden sang da« Solo in Hilier's „Gesang
Heloise ns und der Nonnen am Grebe AbAlerd'«“, sowie mehrere
Lieder au« der „DicMerliebe“ und den „Belsazar“ von Schu-
mann. Die SAngerin wirkt namentlich durch ihren musikalisoh
durchdachte« Vortreg, dabei ist ihr« Stimme von edlem Klang
und vorzüglich geschult. Herr v. Königslöw spielte Spohr's
Gesangssoene ganz famos, er ist ein Geiger von hervorragendem
Range. Der Chor sang ferner einen empfundenen Chor a capelU
von Bortnianeky „Du Hirte Israels“, sowie den Derwischehor ans
Beethoven'« „Ruinen von Athen“, namentlich zündete der letztere
durch «eine charakteristische FArbung. Die Ouvertüre zu „Fi-
garo“ von Mozart, der türkische Marach von Beethoven und
Scbussann's B-dur* Sinfonie bildeten dio weiteren Orohesleriei-
stuogen, mit deren Ausführung ich mich völlig einverstanden er-
klAren muss. — r.
— Herr Miska Hauser hat hier ein Coucert gegeben ond
nach einem Berichte der Kölnischen Ztg. vielen Sueoes gehabt.
Leipzig Herr Dr. Oscar Paul lat von der Redaction der
„Tonhalle“ zurückgetreteu und wird sieh als Redaeteur an der
von E. W. Frltzseh, hier, zu begründenden neuen Musik-Zeitung
beteiligen.
— , 5 DvoemW. Dee hiesige musikalische Leben der Sai-
son hat bereits so groeee Dimensionen angenommen, dass Ich
mich kurt fassen muss, um den in den Unten Wochen sieh an*
gehAuffen Stoff bewilligen tu können. Da let zuerst einer prAcb-
II gen Aufführung dea „Paul«#“ von Mendelssohn durch den Rie*
det’aeheo Verein zu gedenken, welche demselben wieder für
■eine LeietungsfAblgkeit das ehrendste Zeugnis* autslellte. Daran
•ehilrftsl sich dl« Ksmmermustksoird« der Herren David, Hegar,
Königen, Haubold und Hermann. Hier waren e» namentlich die
Streichquartette Io C * dur von Mozart und Es • dur Op. 74 von
Beethoven, deren Reproduktion fest zauberhaft wirkte. Auch er*
regte ein HAndel'eobea Concert für Streichorchester, 2 obligate
Violinen ond Violoncello io G-tnoll lebhaftes Interesse. Meister
David hat diese, Acht HAndel'eebeo Geist «tbmeode, Composition
bearbeitet ond mit »ioer wirkungsvollen Sohlusacadeoz versehen,
welche dem Ganzen noch eine besondere Wirkung verleibt. —
Eine grosse künstlerische Thal beging die „Euterpe“ durch die
Aufführung der vollslAodigeo Paust Musik von Scbomaoo. Wenn
das großartige Werk durch dieselbe noch nicht zur vollen Gel-
tung gelangte, so lag dies eben so deo verschiedenartigen frem-
den Elementen unter deo Auaführendeo, die erst durch längeres
Zusammenwirken ein Ganzes bieten köooen. Von den Solisten
zeichnete sich besonders Herr Max StAgemsoo aus Hannover
aus, sine Künstlernatur in des Wortes vollstar Bedeutung. Dem
Dirigenten, Herrn Musikdirector Volkland, sowie dem Direo*
loriura des Vereloa, sei bester Dank für die hier »eit undenk-
licher Zeit sicht stsitg-habte Vorführung der Faustmusik gezollt.
— Das 7te Gewandhauseoneert vermochte elgeotlicb nur durch
die Oroheeterproiluclioa zu befriedigen. Es waren dies die bu*
morlatischsle aller Haydo'echeo Sinfouten, die sogeoaoote Oxford*
Sinfonie und Relnrcke’s aomuthlge Ouvertüre zur „Dame Ko*
bold“. H-rr Salnt-Se Ans bat durch Selo neues Clavlarconcert,
welches er s-lbst vorirug , als Compooiat eine bedenkliche
Schlepp» erlitten, denn dasselbe hat so gut wie gar keineo lu*
hall, für deeaeo Fehlen man nicht einmal durch Formvollendung
eu'eehsdigl wird. Aueb eie Olavterspieler batte Herr Saint-Sadns
keinen glückliehen Tag; leb vermisste j-de Wirme und Ernpflo-
dung. Da« Vorhaudeuaeio einer bedeutenden Teeboik iAaat sich
allerdings nicht WecDugiieo. Frau Walter-Str ausa aus Basel
Wer nieht besondere dlepoulrt, mir schien e« ausserdem, als wenn
dt* tMimme im Vergleich zu Ihrem vorjährigen Auftreten ibge*
405
«emtneo Mil*. Dl« Dame «ang «Ine Art« an« „Johann von Pa-
rl»- and Uedor von Schubert, Schumann und Waller. — im 4.
Euterpe - CotHjert dfbuHrte der neu« Dlrlf*ot, Herr Volk land,
alt «loer Concerl * Ouvertüre «ig«o*r Coapoaltioo, welche von
eeiorm Talent« die vorlhvilbaftrate Meinung erweckte. Seine
Melodien atad böbaeb erfooden und die Verarbeitung drreelheo
Ist klar und logisch entwickelt. Haydo’e B-dor-Slofoalo, »owle
dfe Ballet- Musik au» „Orpbeaa“ von duck worde vom Orcbealer
gelungen ausgefObrt. üeber Frau Waller-StratM» muee leb stieb
auf dae hei Gelegenheit Ihres Auftreten« Im 7ten Gewandhaua-
CoLicerle Gesagte bnieben. Wenngleich dieselbe besser bei
Stimme war, eo erwireee alcb doch Ihre Vertrüge nicht küsst-
leriscb befriedigend. Am beeten gelang ihr jedenfalls die Coloratur*
Art« aus der Oper, .Le* Mouaquelalrea de la reine" von HalAvy. — ln der
Oper gab ra am 27. Ne». Cberublnl’a „Metfaa", lum «raten Male
In Ceipiig zur Aufführung gekommen. Wenn mir der Haum
nieltt su kurt lugemesaeo wire, würde ich eine auaiübrlicher«
Beschreibung der Darstellung folgen lassen, jdll nur »o viel,
daea die geniale, dramalleehv, mH grossem Unrecht ao vergeaern«
Oper, rtnen gewaltigen Erfolg erzielte, der hoffentlich die Direk-
tion bestimmen wird, noch recht viele Wiederholungen folgen
zu Jessen. Besonderes Lob verdient Fr Äuleio Schneider in der
Titelrolle. — Zum Schluss« oiathe ich Iboeo noch die traurige
Mltihrllung, dae« der Muaikalieahlndler Herr August Whlsiliog
am 2b. November im 57. Lebensjahre gestorben lat. Der deutsche Mu-
eikalieuhandel verliert so Ihn) einen der grössten Kenn*r der
muefkslisebeo Literatur. —
Magdeburg. Eins der glAnzendsten Concerto in dieser Sai-
son wird das dritte, reich ausgestattete Harmonleconccrt am letz-
tem Mittwoch bleiben, io welchem der Herr Concertmeister Uhl-
rich aus Sondersbausen, der Königl. Preußische Kammervirtuos
Herr de Swert und die ConcertsAngerin Frau Franziska W Berat
au« Berlin sich hören Hessen. Letztere hat von ihrem ersten
Au (treten an in nnsern Concerlen durch ihren wahrhaft künstle-
ris chen Vortrag ein bleibendes Andenken bei uns sich gestiftet.
Auch diesmal, wo alle ihre schon früher von uns gerühmten Vor-
sitze vor vielen Sflngerinnen in der Arie aus „Figaro** hervortraten
mt d wo sie durch den vollendeten, Innigen Vortrag des einfachen
Liedes von Haydn: „Ein kleines Haus** und durch ein Lied ihres
geschätzten Gemahls das zahlreiche Auditorium entzückte, errang
sie enthusiastischen Beifall, den sie durch die Hinzugabe des
Taubert'acben Kinderliedes „Der Hans und der Hahn** freund-
Ilchst erwiederte. Eine solche Künstlerin zu hören, das ist für ange-
hende SAnger und SAngerinnen und deren Lehrerinnen eine herr-
liche, schwer wiegende und gewiss wirkungsreiche Lectlon. Mit
Frau W fi erst rivalisirte heute im seelenvollen Gesänge der Vlo-
loncellvirtnose Herr de Swert bei m Vorträge der Arie von Jo-
hanu Sebastian Bach. Seit seinem grossen Lehrer Servals haben
wir keinen auf diesem schönsten aller Concertinstrumente wieder
gehört, der durch seinen vollen, blühenden, idealen Ton, durch
die Poesie seines Vortrages und seine vollendete Technik uns
zur Bewunderung so hingerissen hatte, wie dieser junge Belgier.
München. Der Kammersänger Herr Franz Nachbaur ist
durch einen neuen Vertrag, den er mit der General - Intendanz
schloss, auf 10 Jahre an unsere Hofbühne gefesselt worden.
Herr Nachbaur erhAlt 8000 fl. Gage, 50 fl. Spielgeld im grossen
Hause, 36 (I. im Residenztheater, 6 Mal im Monat garantirt, 3|
Monat Urlaub, und ist nach Ablauf der 10 Jahre pensionsberech-
tigt. — An Stelle des Herrn Richter wurde der Componist Herr
MaiyZenger zum Musikdirector, zum Regisseur Herr Dr. Gran-
dau r ernannt
Nürnberg. Am 27. November brachte der Emmerliog'sche
Oratorirnverein den 42. Psalm von Mendelssohn, die Ballade
„Schön Ellen“ von M. Brach und das „Slabat m«ter*‘ von Ros-
sini zur Aufführung. Die Wiedergabe dieser Tonschöpfungen
war sowohl von Seiten der trefflichen SolokrAfte, als des quan-
titativ und qualitativ gleich imponirenden Chores eine in allen
Theileu höchst gelungene. Die Solostimmen befanden »ich in
den HAnden der ConcertsAngerin Frau Hain-Scbneidtinger,
des Augsburger OpernsAngers Herrn v. Reden und der sehr ge-
sebfltzten Dilettanten Frau Redelaheimer und der Herren
Lenk und Liebei. Das Auditorium zollte allen einzelnen Num-
mern eiomüthig den wArmaten Beifall und verKess gewiss mit
Dank im Herzen gegen den unermüdlichen Dlrcctor, Herrn Em-
merling, den Concertsaal.
Potsdam Die diesjAhrigen Abonnementa-Concerte des Kgl.
Musikdirektors F. W. Voigt im Saale de« Palast Barberini erfreuen
sich einer außergewöhnlich zahlreichen Betheiliguog. Das erste
derselben am 18 d. M. brachte ausser der trefflich ausgeführten,
unvollendeten H - rnoll - Symphonie von Franz Schubert und der
feurigen Oberon • Ouvertüre von C. M. v. Weber, so Wie dem
Nachtgesaug aus Erlkönigs Tochter von Gsde, und den sehr an-
sprechenden Variationen über ein OriginBlthema von R. Wüerst,
ala hervorragendste Solopiecen: Roniance (F-durj für Violine
von Beethoven und Fantaisie • Capri te von Vieuxtemps, in
denen beiden Herr Concertmeister de Alma durch sein anerkannt,
vorzügliches Spiel den allgemeinsten Beifall erntete. FrAutein Clara
Kösliug, eine Schülerin des tüchtigen Gesaoglebrers Herrn
Seyffart, trug die grosse Arie der Leouore aus Beethovens
„Fidelio“, 2 Lieder von Seyffart und Eckert und in Verbindung
mit Herrn Seyffart das erste Duett aus Mozart’» „Don Juan**, letz-
teres insbesondere recht gelungen vor.
ReKenabiirg. Am 20. November fand dahier eine ziemlich
schwach besuchte SoirAe für Kammermusik statt In dem vor-
getragenen Quartett von Jos. Haydn Op. 64 B-dur ist der letzte
Satz der ergreifendste Das Lied „Der Himmel im Thale“ und
die F'antasie für Cello von Paque über Motive aus Verdi's „Tro-
vatore“ sind eigentlich Plattheiten. Reinthaler’s StAndclien wurde
von FrAulein Hülgerth etwas üherschrieen. Dagegen gelang
ihr Taubert’s „Ich muss nun einmal singen** vortrefflieb. Don
Schluss bildete ein grosgea Con eert für die Violine von Max
l| Zeuger. Es Ist eine sehr gute und wirksame ComposiHon, die
mehr Anklang linden wird, als seine misslungene Oper „Ruy Blas“.
— Am 22. November hörten wir zum ersten Male Tausig. Das
Programm enthielt die F'antasie von Schubert Op. 15, dann eine
Toccata von Schumann, Suite von HAndel |G-mollJ, die sehr ge-
fiel als Composition, dann die 32 Variationen von Beethoven,
eine Caprice von Tausig, 4 Nummern von Schumann und 2 von
Liszt, lieber das Spiel von Tausig giebt cs nichts Neues zu sa-
gen. Die viel vcntilirte Frage, ob Tausig, ob Bülow vortrefflicher
sei, wird ebenfalls nach dem verschiedenen Standpunkte und
Gesehmaeke entschieden werden. Hier sprach sich das Publikum
entschieden für Bütow aus. Man fand ihn ausdrucksvoller. Mög-
lich, dass das Programm daran einige Mitschuld hat. Chopin,
Schumann, seihst Schubert (mit Ausnahme der Lieder) sind hier
dem Publikum unbekannte Grössen, tüj Iu der BOlow'schen
Soiree wirkten die 2 Legenden von Liszt, dann Weber'« D-moll-
Sonate Op 49, endlich die Baoh’sche Fuge zündend. In Tausig’«
SoirAe gab es viel Beifall, allein warm wurde das Publikum nicht
Weimar. Vergangene Woche gingen Rieh. Wagner's „Mei-
stersinger von Nürnberg** mH glänzendem Erfolge in Scene.
W ien. Das Broch’sche Violinconcert hat im Philharmoni-
schen Concert nicht sonderlich gefallen, obgleich der Vortragende,
Herr W. Beaekirsky, sich alle Mübe gab, dasselbe den Höreru
in günstigtem Liebte eracheineu zu lassen.
— Der einzige noch lebende Nachkomme von dem Ton-
406
dichter Gluck ist «in K. K. Hauptmann, welcher In Pension in
Aschach hei Lina lebt Er ist schon sehr alt und gebrechlich
und dürfte sein Verscheiden in nicht au langer Zeit au erwa r-
ton sein.
Antwerpen. Die „Societe royale d'Harmonie“ hat am 19.
November ihr erstes Concert gegeben. Wilhelmy trat darin
auf und wusste sich die Gunst des Publikums sofort au erringen.
Die Olhello-Fautaaie von Ernst, ein ueues bis jetat noch unge-
drucktes Concert von F. David, sowie die Arie von S. Bach wur-
den von ihm vorzüglich wiedergegebeu.
— Die Musikalische Gesellschaft hat am 24. November ihre
erste Aufführung gehabt, welche leider ohne Orebestermlt Wirkung
war. Zu Gehör kanten eiu Tbeil aus „Judas Maccabäua“ von
Hfindel, Arie aus dem „Weihnachtsoratorium“ von Bach. Varia-
tionen aus dem 78. Quartett von Haydn und Fragmente aua den
„Jahreszeiten“ von HAydn. Die Gesellschaft wird noch mehrere
Concerte geben; das nächste stellt Werke von Gluck, Mozart,
Schubert und Beethoven in Aussicht
B rQsse I. Am 20. November eröffnet das erste Concert den
Helgen der Concerts populairea unter der sicheren Leitung des
Herrn Samuel. Das Orchester führte eine „Ouvertüre solenneile“
von Lasseu, die schottische Sinfonie von Mendelssohn. Allegretto
aus Volkmaun's zweiter Sinfonie in Es-dur und die Ouvertüre
zum „fliegenden Holländer“ von Wagner in wohl gelungener
Weise aus. Herr Louis Brasaiu spielte das monströse Es-dur-
Concert von Liszt Ein classhcbes Tonstück wäre uns allerdings
lieber gewesen, doch in der brillanten Wiedergabe der Liszt’*
schen Composition durch Herrn Brassin, lässt mim sich auch
einmal dergleichen Virtuosenklingeleien gefallen.
— Die Ernennung Louis Brassiu's zum Professor am hie-
sigen Conservatorium der Musik hat, da Brassiu Deutscher von
Geburt ist, in gewissen Kreisen der belgischen Presse eine grosse
Missstimmung gegen den Künstler hervorgerufen, so dass man
sogar öffentlich gegen ihn aufgelreten ist. Es ist dies bei der
vorzüglichen LehrthAligkeit des Herrn Brassiu um so lächerlicher,
als so viele belgische Musiker in sndereu Lindern hervorragende
Stellungen bekleideu.
— Ungeachtet der Indisposition des Herrn Peschard wer-
den die Proben zu Wagner's „Lobengrin“ mit grossem Eifer be-
trieben. Herrn Hans Richter’s ungewöhnlicher Befähigung als
Dirigent wird allseitige Anerkennung gezollt. Die Besetzung der
Oper ist folgende: König Heinrich: Herr Pons, Lohengrin: Herr
Peschard, Telramund: Herr Troy, Heerrufer: HerrMaurel,
Elsa: Fräulein Stern berg, Ortende: Fräulein Derasse.
— Am 17. d. wird Strakosch im Saale des ThöAIre de
la Monnale ein grosses Concert veranstalten, in welchem u. A.
Rossinis „Messe solennelle“ zur Aufführung gelangen wird.
Vieuxtemps und Botessini werden Solopiioen vortragen.
Rotterdam. In der deutschen Oper gelangte Wagner's„fliegender
Holländer“ zur Aufführung. — Die Concerte der „Eruditio Musica“,
welche Bargiel dirigirt, nehmen am 16 Decbr. ihren Anfang. Unter
den Solisten, die in diesen Coocerteu Auftreten werden, nennt
man von Pianisten: Tausig und Lübeck, sowie Fräulein Marie
Krebs, ferner den Violinisten Besekirsky aus Moscau, die Cel-
listen Jules de Swert und Popper und von Gesaugskräften
Frau Walter-Strauas und den Dresdner Opernsänger Scaria.
— Am 10. d. kommt Schumanns „Paradies uud Peri“ zur
Aufführung. Solisten sind: Fräulein Weyringer, Frau Wüerst
aus Berlin und die Herren Schneider uud EglL
London. Der Tod des hier hochaugesebeoeo deutschen Kapell-
meisters und Lehrers Adolph Ganz ist in hiesigen musikalischen
Kreisen lief betrauert worden. Obgleich er sich längst von der
öffentlichen Thäligkeil zurückgezogen, geuoss er doch immer
noch die Achtung hervorragender Musiker und Dilettanten und
sein Name halte in vielen englischen Familien einen guten Klang.
Viele Jahre hindurch leitete Herr Ganz die Kapelle im Opern-
hause zu Mainz und erwarb als Dirigent einen bedeutenden Ruf.
Später war er hier Dirigent bei der Deutschen Opern -Gesellschaft,
welche im Drurylane - Theater ihre Vorstellungen in den Jahren
1841 und 42 gab. Herr Ganz war ein intimer Freund Spohr'a,
Spootiui's (der ihm einen seiner Dirigentenstäbe verehrte) und
Meyerbeer s. Von Köuig Friedrich Wilhelm 111. erhielt er den
Orden pour le merite für Kunst und Wissenschaft, auch war er
Ehrenmitglied verschiedener musikalischer Gesellschaften.
— Die talentvolle Pianistin Fräulein Constanze Skiwa, hat
sich hier in einem der Monday Populär • Concerts sehr vorteil-
haft eingeführt.
Birmingham. Das erste der diesjährigen Kammer-Concerto
ist mit glänzendem Erfolge von statten gegangen. Das Programm
gab uns: Beelhoven's Quintett, E-moll, und Trio, G-dur, ein Duett
für Piano und Violiou von Chopin, ein Solo für Violine voa Ries (
welches der Componist selbst vorzüglich «xecutirte und schliesslich
das G - utoll • Quintett von Mozart. Die mitwirkenden Künstler,
ausser Herrn Riesa, waren: Herr Fla veil, der Leiter dieser
Concerte und die Herren Wiener, Abboth, Daubert und
Hay ward.
Petersburg. Die Zeitungen haben Cfoar Pugni zu früh
sterben lassen. Derselbe ist allerdings gefährlich erkrankt, vor*
liutig ist aber noch Hoffnung ihn am Lebeu zu erhalten.
— Frau Artöt-Padilla hat im letzten Conaervatorium-
Concert gesungen nnd wurde nach der vorzüglichen Ausführung
der Rode’achen Variationen vou der Grosafiteslio Helene in die
Loge befohlen, woselbst ihr dieselbe ihre besondere Anerkennung
aussprach.
JVew-York, 22. Üctober. Ea ist zur Zeit noch verzweifelt
ruhig in der musikalischen Welt, nachdem die Carlotla Patti
auagetrillert, die französische Oper fertig geworden und die
englische Oper abgereist ist Die Patti wird übrigens schon
am 21. d. nachdem sie in Boston, Hartford, Providonce u s. w.
gesungen bat, zu uos zurückkehren, um noeh fünf oder sechs
weitereCoocerte in Sleinway Hall zu geben. — Das „europäische
Conservatorium der Musik“ hat in der Allemania-Hallc ein Concert
gegebeu, weiches in jeder Hinsicht befriedigend ausgefallen ist.
Das Orchester spielte die Zampa-Ouverture; ein Herr Ward trug
u. a. Beethovens C-moli-Concert vor. — Mar et sek hat steh uun
definitiv entschlossen, am 1. Nov. die erste Italienische Operovor-
•lellung io drr Acadrmy of Mutic zu geben. Er macht Io srioem
Prospekte bekannt, dass die Saison 30 Vorslellungro umfassen wird.
Engagirtsiod Miss Clara Louise Kellogg. Mlle. Carlotea Patti, Hmi.
Carolina de Briol vom San Carlo-Opsrohaua io Neapel, Mona.
Lefranc, ein neuer erster Tenorist, Signor Cot tone, Banloulat
vom Covent-Gardso-Tbrater in Loodou, Signor Antoonucci,
Massimillani u. A. Voo neuro Opern verspricht Herr Maretzek
dro „Hamlet“ voo Thomas, „Piprlet“. komische Oper voo Fer-
rari, und „La Coolease di Amalfl“ voo Petrelia. Eine oder die
andere dieser Op»rn wird, da Marettrk edn Wort wenigstens
tbnlwelse zu halten pflegt, wohl zur AuffJhruog gelangen. Die
Saison verspricht übrigens keine Übels 7U werden, oemrnllteb,
wrnu drr neu« TeOOfist etwas werlh ist. Mit W'lcber Oper die-
selbe eröffnet werden soll, ist zur Zeit noch unbestimmt. - Herrn
H. Grau'a deutsche Op-rngeaellsrhaft hat in der Brooklyoer
Acadrmy ol Musio die „Mariba“ und die „ZauberOOte“ vor ge-
fullirn Hausern zur Aufftihruog g-bracht. In der nächsten Woche
wird dir»« G-s-llsehsft einig« Vorstellungen io dros fraozösisobaa
Theater veranstalte». __ St—.
Unter Verantwortlichkeit voo E. Bock.
407
Concert-Rrpertortaia
BhIIi.
& December. AuBhuni dfr
MCNKnll! Johann Ho»*,
Oratorium von C. L»tf.
4. Concert v. Carl KibenarliOtz
■nlcr Mitwirkung «Irr Piüiiln I».
Prl. Ln hlerlrld und de» Kgl.
lammcimualkua Herrn Spofir.
bonal« fflr Pianoforte und Vio-
Um in C-iih>II von Beethoven.
Arie an» „Panlu»* 4 v. Meinte tz-
■obn. ßallad* in Aa-dorv Cho-
pin 2 ürd*r • Jagdtie d von
Mandet»*oh». k Aufenthalt ».
Schubert Allegro de Coneert
von BaezinL t Lieder. « Dn
ja n Km Grün vou Schumann
b. TitlirrkiMiirliN Lied von
Kücken
& Conccr
Singer* Ilrrrn Pulseh in«
Kgl. K»m«nermu»iker Brrica
Heftmi« h und Rohne peg»ben
von Albert Werkenlhio- Trio
U-moil von T|uf|c An» au*
.Juda» Mac« »hlus*‘ ,.Frumiue
Ander hl
nalc
tbov»_ .
eeri «lud» Dcs-dur von Liszt,
b. Do AtieMfa awl e> Aut
ntKwuog v. S<buin»un. d. Ca-
priccio pi» »»II von Mendel»
•ohn. 2 Lieder, a. Buff KncWf
b. Wohin? » Schubert Dun-
Jüan Feilt«. i* von LUzl
7. Zweite» ( unrtrt von Frau
Clara S« human» . unter Mit
Wirkung de» Urrm Joatbim-
Sonate E-woll für Pianmforte
und Violine von Mozart. Prl
Indium H moll von Bark Ca
neu Ai-dur von Schumann.
Impr« mt-lu, F »oll Dp. IM v.
S< Ruh* rt. Chan-nne iflr Vio-
line von Barb. Kreialerlana
Op- |U v Sr bum» un. Kieulier-
■onete von BrcKovr»
II. IV. muaikaliach« Soiree der
Berlin« r Siufonie Kajrtle unter
Leitung de» Hern Pro# M
Stern Ouv*More „Die Heim-
kehr aua der Fremde" v. Men-
drDaolm Klavier. Omeert ( A-
nioll. Op. .VI) von .Schumann
(Hr Frei» btenmlnedt). Rertt.
und Arle „Endlich naht oieb
«he Stunde* 1 a der Oper „Di«
Boe hielt den Figaro“ v Mozart
BeHioz. Violin- Concert v. Pa-
ganinL Sinfonie No. 4 (D-
moK) von Schumann.
Breslau
Vierte Soiree de»
Vereine tflr Kammermusik.
Quartett A moll, Op. 9 v. Volk-
mana- Sehottiach* Liedrr von
Beethoven (Frl. Helene Mag-
na» t. Wien). ». Der »rhftnai«
Bub' war Heern. h. Treuer
Jbhnie. Quartrtt (D-dur) von
Haydn. Vier Gesinge a dem
„Liederkreia“ t»p. 3# v. Schu-
mann (Frl Magnun). a. In der
Fremde, b. lotormexio o-
W»ldc»ge»rrleh d. Srbflue
Fremde. Variation»» »u» dem
D moll Quart* (I von Schubert "
Drei GeaRage au» dem „Lia-
«lerkreia“ Op. 34 ». Scbumanu.
a. Die Stille, b. Mondnacht,
r. Prfthlmgenacht.
Brüssel
Frobn und Frau Jaell Traut -
mann. Sonate für 2 dariero
vo« Moiart. Ctavienttflck».
a. Norturu« v. Chopin b. Ga-
votte und Muaetlo v. 8- Bach,
o. WaUer *ou Chopin. Drcla-
metion von Frlofein Prohn
Chaconne Op ISO Iflr 2 Claviern
V. Raff. LTanervlörke v. Jaell.
a Ain Ztlrirhrr Se». b Fauat-
wal«rr. Impruviaaia iQr 2 Cla-
vier« Up. 94 Ober ein franztUi-
»rhiea Volkslied aua dem 14.
JahrbuBdrrt von Bemerke. De-
rlamatlon von FrSule«» Frohn.
Csnoertu Palbelique Iflr 2 Cla-
viere von Liszt-
Gers.
November. Coarerl ium Be-
uten dra Penaiona-Ponda de»
Stadium» ikehor» unirr Mitwir-
kung dra Cencertmeialrra Hm
Hertmann aua Leipzig Kra'rr
bau aua der Sinfonie D-dur
voii ’S»» n dar n. Violin-Coiirart
oii Brurh. Wallrnatrio’a La
Halivy (Frau Walter-Strass*).
HaLlrtmuaik aua der Oper „Or-
pheus" v Gluck Liedrr. vor» 2-
gdr. von Frau Walter Slrauas.
n. Uabm Botaehafl v. Schubert
b Ou wuudrratlaaea Kind vo«
Kirchner.
L Dectmber. Achte» bewand
hau» . Roiirert Ouverturo tu
„Die Abenreragen“ von Cberu-
bini Coucrrl- Allegro für Pia-
noforto von Chopin (Hr- Dala-
borde aua Partu). Arve m
JJon Juan* 1 von Moaarl (Frau
Walirr-Stm»*). (Tiortal und
Toccata von S. Hach Hr Pe-
daUiagri (Hr. Dflaborde) Arie
aua „Judaa Maeeabiua“ vun
Haeudel(Frau Walter- Strau»*|.
Solottark» Wr PUuofoHr. vor-
getrag. von Herrn Delaborde.
J Saite_ (No 3) von Fr. Laehner I
1 (tTnter DlfeHw«’ de» * Cooipo- 1
Potsdam.
B'Abouuamewto
cooerrt dea Herrn Mutikdir
r. W Voigt On vertu r* JM
NaUitrn" v. Bonnett Arie ana
„Margaretba'* v. flooDnd (Frl
E Adler). Mo Ciavioruonate
K-dur v. C. BArgei (Hr. U Rrler).
Vorapiol« «Flucht nach Egvp
teu" von Brrbot. 2t er Knlr Ort
aua ,.Roaaiuunde u r. Schuber«
2 (jeder a Suleika v. Men
delaaohn b. Spanisches Lied
von De »sauer (Frlolein Adler)
A Claviemott a. Variationen
(l-moll von Hlndal. b. Trau-
er ription aua «Don Juan* 1 von
Bendel, e. 3t» Tarantello von
Heller (Herr Krier)- UoveHure
au „Fau»t‘* van Lindpaiutaer.
Mit.
ebt- von H Rodel So- 5. Devmber. t ConceH popu *«• Bm«- Wallenale.na La
U.r, Ob. M .o. B..- .1.1,.. Jnult.1.» Ir Ul.- 1 C.p.0.rr l ..i0jl w.
«. . Cb*- I m MÄjar“ .. „M.n. Slu F J 1 ",!"»"!'' CniK.rt.lH «.
Chi. ... I .III ‘ ..1 li. rl.il. Viuliru.m Tlu:l -- * B.I.I.- Oav.ft.r.
Vioilin* Violincon -j .
r«rt von l>TT CoiyM(. *• ^Ätryantke“ von Weber
Frkgmenlo aua dem ...Sommer* Cfcarorne v. Barb fflr V inline
o«i biHiraum" %. MrudrDaobn all»»»
Ouvertüre ..Die Abeueeragen** BIBkorg.
»ua Ciirruhim. 21k. November. Erale Tno-SoirOe
drr Herren ti. Schubert, Bdie
I nisten)
♦: Dritte Kammemtuaik
wirkende: die Herren A. W
ding au* Kopenhagen (Piano-
V-rtej , Concertmoiater David
und Concarlnveiater Rdotgen
(Viniino). Ilermano (Viola),
Prt«.
|. November. Coneart dea Flu-
rraliuer QuaHett-Vereina Joau
Becker. (/uartatt in A-dur.
Nu j von Mozart. Quartett
in F, Up. 9. No. i v. Herbeek.
Quartett in Ea-dur. Up. 74 von
Beethoven.
Hrgar l Violoncell) Trio von 18- II Coucart de» Florontlner
GmmI.
J. Dccember. ‘ DriMeu Abonne-
tnenta-CntKert «D» Mitglieder
dea Kflniglirhen Thealer-Oreho-
«er» „Hamlet“, Conceri-Uu-
verture v. Gadr ..Fntbjnl auf
seine» Vaters Urabhflgel , Con-
«eit-Sien» für Baritou, Frauen-
und Lee Trio Up 3b D-dur
von Reinerke. FanlaaieslOrk»
für Pianoforte u. Violine Op. 73
v. Schumann. Vier Impromp-
tu» (Op. 49. Manuai ript, im
Zuaammenhaage zu spielen) v.
hur Int. Trio Op. 70 No. t
Ea-dor von Beethoven.
Beethoven Variationen
Pianoforte »ob(F naofl, rum er
st» n Mal«)v. Haydn. Pfte.- Quar-
lr1t(Mana»»riPt t ioni ersten Ma-
le) v. A. Winding ConceH lOr
Slrei.-horc heatrr, IWri obligate
Violine u und obligate* Viol
cell von Haendet
ConceH gegeben V. K. M. De-
laborde aua Pari». Variationen
iuC-mollv Bealbovan- Stdrke
eher und IJnheater von ßrurh g. Daeember. Drille» pbilhanno-
QuaHett-Vereiii» Jean Becker.
Quartrtt in B-dur No 3 vo«
Mozart Quartrtt io F-dur,
Op. 41, No. 2 von Schumann
Quartett io E-moll, Op H,
igate No 2. von Beethoven.
»loa- 20. Dritte» Concert de* Floren-
tiner Quertell-Vereio». Jean
Beekrr. Quartett in A - muH
Op. 29 von Schubert Qnartelt
iu F-dur Op. 37 » . Volk manu
Quartett in A moll Op. 132 von
Beethoven.
(rum »roten Mafo). gea.
Herrn KrArkl uud den Damen
de» KAmgliibrn Theater« h«ir».
Viofineoneert von David lüerr
A- Wilhelmy). Lieder a FrAh-
lingairaum v Schubert b Auf
dem II hem v Scbnmann iHcrr
De, KrArkl). VwlinvortiRge de»
Herrn Wilhelmy a t>1 he Ho- ).
niachc» Privat - ConcerL lata
Symphonie iC-dur. Op. 21) von
Beethnve«. Snito (Or Orcheatnr
(D-durt vor S Bach 4te Sym-
phonie (U-BMtll, Op. ISO) von
Schumann.
IAr PedalflögeL a. Introducüoue
q. fuga in U-dur von S. Bach,
b. Prtira c. Scherzett o von _ . .
Alkan CUviara*U- a. PreJode EottArdk«.
von Chopin, b La Campanella II- Noveinbae. I.Kammermuaik-
. Toocnta v. Sohn. Sotr4e der Herren Wirth,Kunzr.
Fantasie
S. Baeh
tun C. t
an ErnsL b. Air v.
^ymi.hunie (Ea-dur)
Mangold
Herein her.
amborg.
t. Sinlun
[uni« • Suieco
ChAB
_ r „ . «Hh. ^
(Prl. von Zengre) 2 Clavierst. 24 November Coneeil der Aca-
Prlladium n. Fuge tK-moll) demie fflr Tonhunat PrRlu-
von Mendelaaohn. b Etud*
(C-dur) von Rubinatein H»rr
Mauuataedl). 2 Licdar. ge*,
vou Frl v Zaugre Sinlonie
(Nn 7 A dar) v. Bertbotrn
12. De .*»i humazn ■ Sollte de»
Brn Franz Be«d«l unter Mit-
dium und Fuga Ober „Bach
iFrltlrln Stahlkne« Ml G moll-
Coacert von Mendelaaobn (FrL
M Kautlera). ConcertalOck
Webrr thrlulein
Capricei* H-moll .
»ihn (Frlulem K Sander)
unter Leitung dea KapellmeL
•tera Garbe. Ouvertüre „Die
L 4 Mcoaebeaaltrr“ vun F. L*»h-
ner. Bfvaeia von VieuiTemp*
Liebeslied an» dem „Sturm**
von Taubert. Onverlura zum
.,Sommernacbt»lr*niR‘‘ v Men-
deiaaofan. 2ta Simonie D-dur
vun Beethoven.
mann. La f«atiu d'Esop» von
Alkan. X Stdck e fAr den Pe-
daldftgel vun -S« hu mann. ».
Studie, b. Skizze r. Studie
Choral und Tueeata in F für
PedaldOgel von 8- Bach.
Lende«.
Meerloo, Rberie und Lange )r.
Quartrtt D-dur v. Haydn. So-
uate mit Violotacell Op. 3 No t
vuo Beethoven. Quintett No. i
F-dur von Mozart Glavior-
qumiettUp.34 F- moll v. Brahma.
Schwerin.
Wirkung v. Mlva Julvet Anilin S.V |. Coaccrt de* Allgrm. C«n-
— . o.. *i— n_ ii« _ j.. tertverem*. B-dur Suilanio v.
Beethoven. Scene nnd Arle
„Ab perfldu" von Beethoven
(Frloi. Zimmermann aua Leip-
zig). VielinrMN’rt v Mendeia-
sjtin (Hrrr Franke aua Drea-
den) 2 Chorgeainge. a. Bar-
carole von Iklu h Im Krug
tum gronrn Kranze von ZAID
ner. 2 Lieder, a. .Er der
Herrliehate" von Schumann,
b. Frebiingabrd von Mendels
und des Brn- Alezi» Holländer.
Audsote und Varvatvotveu fAr
2 ( laviere SGeaRrge. a Mond-
nacht b Sehftne Wiege meiner
Leiden. Faotaaie in C • dor
Op 17 Von fremden I.Rndern
onrt Metiaeben. Am Spring-
brunam l’e» Alend». Gril-
len 2 GeaRnge » Der Nuaa-
bäum. b Waideagraprlch.
Eludra symphouique».
InnterdnB.
18. Nt-veml «r 0,n»erl der „Ci-
oiia" Ouvarturr, Scherzo und
Final« v. Seliumana. 4te Sin-
fauie B-dur von Gadr. Ourrr
Iura und Enlr'arte» zu
Leiten.
L Falka). 28 November 4ta» Coneert der
Mendeia- „Sempre ervaeendo** 3t e Sin-
fonie von KaUiwod». Adagio
und Rondo aua dem Violin-
conrert (A-mnll) v. VioltL Duo
(Ar Llar nette und Piano von
Weber. Onverture za Jphi-
S rni» in Aalt#“ v. Gluek«. An-
aute cantabile fBr Vtofioe vor
Moiart. Soli fAr Clanrvctie von
Kiel 2 VidtinsoK. a. Romanze
von Vienztempa. h Altegretto
caprieeioao v. Volkmznn. Ou-
vertüre , Entführung“ v, Mozart.
November. 5. Monday Popo- LV November Concert dea Groaa-
<• — »-»« » — h henogli« heubcbloasehnrnL Ad-
vent» - Choral : „ Wachet auf**,
Rat v. PrRtoriu». „Maria wallt
zum Heiligt liunt“, bat v. J, Ec-
eard. Arie Iflr Sopran a. dein
Oratorium „Theodore" v. HRn-
del (FrRuletn Goede). Miitei-
aatx aus der doppeldtAeigeD
Motette: „Singet, »luget** ton
Bach. Arie für Sopran von
S Bach (FrRul Goede)- Ad-
vent»- Motette. 6»L von Schatz
Faflaoie für Orgel v. Conradi.
Weiheaclttalied, 4»t. v Schld-
Irr Weifanachtalied, 4#L vor
Prlloeiua. Arie für Sopran v.
Cherohini (FrRoleJn Goede).
Benedirtus, 8*L v. Grell Psalm
48 van MeotMaaohn.
lar Cnncert. Quarten A
, 4V v. Schubert. Arte -Ueb
nl 44 von Moiart (Madame
Anna Jewell), datier - Sonate
in D-dur v. Mozart (Hr. HaiU).
T rio iu B dar von Schobert
Lied „Marie“ von Schubert
(Madame Jewelt). Sonata in
A moll Op. fflr Piaaofovt*
und 'ioiine von Beethoven.
4. Dezember. Salnrday Populär
Concert Quartrtt iu C • dur
Nu. • von Mozart. Clavier So-
nata in B-moll Up 90 v. Bee-
thoven tHr HalDj Violin-R*.
manu* iu K, Op- 80 vo« Bae-
tttoven Tri«> in C - moll eoe
Mendelaaohn.
fl, Mnnday Populär Courert.
Quartett Io G-dur Op- 18 No. 2
- Beihoven. „Ich grolle nicht“
Zwickau.
UlMl*.
an hn iFrXoirin Zimnieriuauu). 23. November. 8 Gonrert de*
t Schubert. Sinlonie
•rou » von Beethoven
21. I. Ccnrrrl der „PeUx meri-
lla“. * Sinf« nir in 6 moll van
Gada. Arieaua^ommertiacbD-
traum“ von Thomaa Viollu-
eoacert v. Meud-lMahn. Ha-
variere „Dl* Waidr.ymphe“ v.
Betitie It Cavatine aas „F»u»r 80.
von Gouuod. Andante und
Scheue » raprirrki von David.
2 Lieder von Hvl und Biller.
Ouvertüre zu „Lodoiaka" von
Cherubint
Fanlaaie lAr Violine v. Viona-
trmpa iHrrr Franke). Arie aua
dem ,,a«hw»rirn Dcrmno“ von
Au her (Frlni. Zimmermann).
2. Deeemher- Coucart der Sing-
arademie. „Arie und Gataihea**
von llRndet 9te Sinfonie >-,»
Muaikveretna „Etrterpe“ Sre.
nen aua GtMhe'a „Fauat“ (Ar
Solostimmea. Chor und Orche-
ater von Srhusnano. Sotialeo:
Frluleiun Dt naai, Bord* u.
Dm hs#l, Herren Rebling. Ma»
StRgemann und Uertz»ch
Braoofichwelg.
80. November. Virilen Abonne-
rnent-f oneerl dea tereina IAr
Coneert Muaik unter Mit wir-
kung «Jen lim. Aug Willi« Imi,
Ouvertüre zur Onrr „Der Hai- DlfCfUdt.
drarharhl“ von Holat« in Vmi- fl. De rem brr. Concert von AI-
lin-Coti« ert (neu) vnn David. fred Jaell unter Mitwirkung
Irrli« hier Tanz an» „Fauat“ v der Hulatbauapielenn Filulein
Beethoven. Snlialen: FrRulein 2& 7 Gewandbaun-Conrerl
Gutaaehebaueh , Herr Rebling furd Symphonie v. Haydn. Ana
** ” ‘ aua „Don Juan“ v«n Mozart
(Prau Walter-Slraoaa a. Baael).
Coneert Iflr Pianoforte ( Neo,
Manna« ript) tomp. u Vurgetr.
von Herrn Camille Saint SaPna
aua Pan* Uuiertar« zu Cal-
«lerun’o „Dame Kobold *" von
Reinerke Ana a. „Graf Ory“
v Rosaini (Fr. WaUrr-Strauao).
SoloatAike Iflr Piauolorla iHr.
8»i«4 - Saflna). Lieder- (Fraq
Wal(er-Strauaa).
). 4tea Concert de» Muaikver-
rma „Kutrrpe". Ouvertüre (neu,
zum »raten Mab) vnn Alfred
Copenhngen.
November late» Abonne-
ment» Cuoeert de» Muaikver-
»ins Uu»erture tu „Leonore“
No. 8 bi C-dur von Beethoven.
Die Prieaterin der isia in H«m
fflr Allaolu und Urrbester von
Rrueli. later Satz aua der
ll-moll Sinlonie von Schubert.
Cantaie von G R. F. Wey»«.
Jle Symphonie Ea-dur v. Sehn-
* S-tj«™»«. .g»I'« «•■■<* i Wol>,r. «™.. Ab<i,««nt,Bl-
Coneert dea Muaik vereina. Sin-
fonie v. Mozart (D-dur). Berit
und Arie au* „Orpheus“ von
Giurk (Friuleiu Nanitz. Polo-
naise in E-dur Op. 72 v. Webor.
Fflr Pianoforie und Orchester
inalrumentirt von Liszt (Frlul.
Aan» GRrtner) Ouvertur* von
. . . Beethoven. C-durl.Namrnafeier)
^te -gu tlo -ga-dnr v. P. Uchirer. » Trinklied au* „Lucret.a Borgia *
TO* aaa OrpVen.“ i.Wiä von n^i,,». (Frlul. Nanitz)
(Frau Wfler»l a. Berlin. Drit- a ctavkntflok«. “ ** *
tea Pianoforle Concert vo» Hu- “
binrtein (Beer B- Mi« hier. Lie-
der. gea. van Frau Wflerat.
a. Meine Mutter bat» gewollt
«au Leaamanu b Ltabrhen
wo biat Du v. Marachner. r.
MRdrhrn an den Mond v. Dorn,
in B-dur von Schubert Vlo-
Uu-Souale in F-dor v. Mozart.
Der Linden bäum ** v. Scho-
bert- Quartett in C • dur »ou
Haydn
■«gdeborg.
27. Noeember Zwweite» Abon-
nement • Coneert int Caaino.
Chopin (G-moll), b „Dia Fo-
relle* v. Heller (Frl (iirtnerv
Lieder, ge*, von Frlul. Nauitt
a. „Lockung" von Deasauer
b „Er, der nerrlicbate von Al-
len” von Schumann. Ouvertüre
- i- - zu „Kuryantbe“ von Weber.
■ *- f *:" : *■ ». n.„i„ s. Ab»nnc.«iA-«»„
Vulklan.i. Arm »ua der Oper
„Fausf* von Srohr tFrau W'al-
ter-Mrauaa). Hamid Sympho-
nie v. Bariiat. Arve au* „Le»
monzquetairva de la reim 1 * v.
Rache, b Polka v. Rubinatriu
(Herr Rlehter). Ouvertüre zur
Op. „Tanukluaer" v. Wau ner
T&rli .
28 November 7. Coneert pnpu-
laire. Ouvertur» u. Fragmente
aua .JMroensee** v. Meyerbeer.
Air de ballet v. Gouuod. Sin-
ionir (Gmoll) von Mozart.
Adagio aua dem Septett von
Beethoven Ouvertüre z „Frei-
■cliflti" von Weber.
Muaikvereins. Sinfonie B-dur
von Sc hu m an ri Cavatine »u«
„Paulua* v. Mrndeiaauh« (llr.
jtiaaiib Schild a Weimar. Vi».
iin- Coneert v. Hruch i. u. II. Satz
(llr Huger«hoB jun). Arie »ua
der „weiaarn Frau“ v. Hoildieu
( Herr Seluld ). Ouvertüre tu
..Tannhluser* 4 v. Wagner. Lie-
der, ge», v. Hrn Schild, a. Ka
war ein Traum von Laaaen
b. Alisde von Schubert
408
Nene Insikalieo
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Breilkopf d Härtel in Leipzig.
Bach, J. 9. OUTiamerke, mH f'io(tara«i und Vorlragaialcheo
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No. 1. Hört ihr das Posthorn dort?
- 2. Ich ruht' vou meinem Grame.
• 8. Agnes Rosenzeitt wie schnell vorbei.
- 4. Brsier Verlust. Ach, wer bringt die schönen Tage.
- 5. Die Nachtigall Das macht ca hat dis Nachtigall.
« 6. Verloste a. Welke Blätter seh' ich fallen.
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der Musikgeschichte eine weitere und allgemeinere Verbreitung
zu geben uud bestrebt sich hioaichta der Form, diesen Gegen-
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Der Verfasser, durch seiue raauuichfachcn Aufsätze Aber Di-
lettautenbühuen. Aufführung lebender Bilder u. s. w. in weiten
Kreisen längst bekannt, bietet Musikfreunden, namentlich denen
des dramatischen Gesanges ein relehhaltigea Vademecum ausge-
wählt schöner Operngesäuge nach Stimmen gruppirt uod mH
practicablen Notizen verteilen. Besonders werden Lakrtr und
Lehrerin aen des Gesanges dieses Verzekhoisa mit Freuden be-
grossen, da es denselben ein werthvoller Wegweiser durch alle
Branchen ihres Unterrichtes sein wird, der in allen fraglichen
Fällen mit Auskunft schnell bei der Haud ist.
Auch Musikalienhändlern, Besitzern von Musikalien-Leiban-
stalten, Theater di rectoren und namentlich Yorstehera uud Diri-
genten von ■■alkalischen Ytrtlstn in denen der Ckorgetaag ge-
pflegt wird , kann das schön ansgestattete Büchlein auf du«
Wärmste empfohlen werden.
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der Tonkunst in Berlin.
Da ich Gelegenheit batte, Ihre Finger- und Handgelenk-Gym-
nastik von meinen Schülern atmenden zu lassen, so kann ich
mit voiler Ueberzeuguug aussprechen, dass et nichts Einfacheres
und Praktischeres, nichts Vorzüglicheres für Entwickelung von
Muskelkraft, Gelenkigkeit und Eiaatfcität geben kann, als die von
Ihnen gebotenen Mittel. Die Resultate habet» mich in der Tbat
überrascht Indem somH mein Dank nicht eine leere Höflichkcis-
aprache, sondern aufrichtig und mit voller Anerkennung Ihres
Verdienstes von mir ausgestattet wird, spreche ich gleichzeitig
den Wunsch aus, dass es Ihnen belieben möge, eine Anzahl
Exemplare bei irgend einem der hiesigen Musikhändler zu depo«
niren, um Musikbeflisseae in den Stand zu aetzeu, sich die ge-
druckte Anleitung zu kaufet». Ich werde meinerseits Alles auf-
wenden, um für die VerbreHung Sorge zu tragen.
Herr Kön. Gehaimrath Dr. Berend in Berlin.
Es gereicht mir zuiu besonderen Vergnügen, Ihnen zugleich
im Namen der von mir präaidirton hiesigen Gesellschaft für Heil-
kunde den verbindlichsten Dank für Ihren interessanten Vortrag
über Finger- und Handgelenk-Gymnastik auszudrOckeo. Es un-
terliegt wohl keiuem Zweifel, dass der Gegenstand sowohl für
technische und pädagogische, als auch für Heilzwecke von gros-
ser Beachtung ist. Kür die beiden ersten Zwecke füllt Ihre
Methode eine biaher ob waltende Lücke un zw ei felhaft aua
In Betreff der Heilzwecke werdeu Sie sieh bei Ihren wiederholten
Besuchen des in meinem gymnastisch - orthopädischen Institute
befindlichen Kuraaala überzeugt habeu, dass ich bei Verkrüm-
mungen der Finger und Haud: bedingt durch Rheumatbismus,
Lähmungen, wie bei Schreibekrampf, neben den übrigen Hilfs-
mitteln der Kunst, auch eine apecislisirte Gymnastik der betreffen-
den Thcile anwende, und ich werde mich freueu, wenn auch
Ihre Bemühungen dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der Aerzte
auT die Uebungen der Finger und der Haodmuskeiii inehr und
mehr zu lenken und ihren Werth zur Geltung zu bringen. Wenn
auch die Heilgymnastik im wahren und richiigeu Sinne des Wor-
tes nur von Aerzten eine rationelle Anwendung linden kann, so
bleibt doch auch schon die technische Vervollkommnung und
Verbreitung, wie Sie sie apecicll für die genannten Tbeile ange-
slrebi haben, eine anerkennenswerthe Sache.
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I.«bp, J. C., Professor. Consonanzen und Dissonanzen. Ge*
sammelte Schriften aus Älterer und neuerer Zeit. Leipzig,
^ Baumgärtncr’s Verlagsbuchhandlung, 463 S.
©er Verfasser, einer unserer mierkauutesidk) Theoretiker
in d^F Musik, dessen kritische Grundsätze einer langjähri-
gen practischen Erfahrung entlehnt sind, und der. sich fern
haltend von jeder mystischen Unklarheit in überschwäng-
lichen Baisonnements, auf der Basis der klassischen Musik
doch bis in sein hohes Aller auch die Empfänglichkeit und
den Sinn für das wahrhaft Geniale und Schöne in den
Werken der modernen Componisten sich unverkilmmert zu
erhalten gewusst hat. verdient den Dank aller Musikfreund«,
dass er dasjenige, was er seit einer Reihe von Jahren in
verschiedenen Blättern, besonders in der,,Eurona\ Ober interes-
sante Erscheinungen auf dem Gebiete der Tonkunst, sowie
Ober wichtige Fragen, die Ausübung oder die Geschmacks-
richtung in derselben anlangend, veröffentlicht hat, hier zu
einem Ganzen verbunden dem Publikum darbietet. Denn
nicht bloss begegnen wir in demselben einem grossen Rcich-
thuni gesunder, unbefangener Ansichten und Prinzipien, son-
dern das Meiste von dem hier Dargebotenen, insbesondere
die auf Erfahrung gestützten Rath sch läge haben auch heute
noch volle Geltung. Sollen wir nun an dieses allgemeine,
anerkennende Urtiieil dasjenige sogleich anknüpfen, was
wir «n dem Werke rügen möchten, so wäre es ein vier-
faches: l! die Sonderung iin Inhnltsverzcichniss in „Allge-
meines und Besonderes“ giebt nach dem Vorliegenden kei-
nen genügenden Eintlieilungsgrund; 2) die Anordnung hätte
nach unserer Ueberzcugting eine chronologische sein müssen,
mit Angabe des Jahres der Abfassung jedes Artikels, viel-
leicht auch des Blattes, in dem er zuerst erschienen. Es
ist dies zur Hecht fertigung des Standpunktes, von dein aus
der Verfasser zu einer bestimmten Zeit urtheill. unerlässlich.
3t Oie einzelnen, einer früheren Zeit angeliörcnden biogra-
phischen oder sachlichen Artikel, hätten eine Ergänzung
desjenigen in Nachträgen erhallen müssen, was seitdem Be-
merkenswerthes in Beziehung auf das in ihnen Besprochene
geschehen. Endlich 4) hätte hei dem fast ausschliesslich
musikalischen Inhalt manches an sich ganz Anziehende,
doch niohl Musikalische, wie der Artikel: „Der alte Herr 1 '
(der Grosshorzog Gar! August von Weimar) S. 228 ff.,
„ein Wort zur Soliillerstiftung” S 69 ff. und „ein Gespräch
mit dem TheaterdirecAor ßiogelhardt” S. 454 ff. füglich
fortgelasscn werdeu können.
Von diesen etwaigen kleinen Desideratig abgesehen,
können wir den Musikfreunden nur dringend empfehlen,
sich mit dem interessanten Werke bekannt zu ainoben,
insbesondere den älteren unter ihnen, welche einen längorn
Zeitraum der Entwickelung unsres ganzen Musikwesens mit
Interesse durchlebt haben. Ihnen wird das Werk in die-
sem Rückblick auf die hinter ihnen liegende Zeit den mau-
nichfac listen Genuss gewähren.
Nach diesem allgemeinen Urtiieil hoben wir zur Be-
gründung desselben noch Einzelnes hervor. Von der prac-
tischen Erfahrung und nüchternen Besonnenheit des Ver-
fassers zeugen die noch heute in allen Punkten gültigen
Artikel: „einige Worte über musikalische Conservato^ieo , *,
S. 169 ff., „Sendschreiben über Preisaufgaben“ S. 215 ff.
„das Einsünimen uud Präludiren im Theater und Concert“
S. 243 ff., „das Orchesterspiel und seine Mängel“ (wahr-
haft goldene Wortell S. 279 ff., „für die Oper mit ge-
sprochenem Dialog“ S. 319 ff. und „Revue der Zeitphrasao
auf dem Gebiete der Musik 1 S. 417 ff. — Die grosso,
liebenswürdige Pietät docuinenliren „die Gespräche mit C.
M. v. Weber” S. 122 ff, welche sich in höchst interes-
santer Weise „über Totalität des Styls in der Oper“, ins-
besondere des „Freischütz“ verbreiten und in denen der
grosse Tondichter mit der ihm eigenen Bescheidenheit, den
Jünger der Kunst darauf liinweist, dass eine solche Tolali -
tat des Styls nicht sowohl eine unmittelbare Eingebung
des Genius sei, als vielmehr das Ergebniss des aufmerksamsten
Studiums der grossen Muster, unter denen er ausser Mo-
zart besonders Mehul in seinem „Joseph in Aegypten“ als
50
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410
denjenigen bezeichnel, der in dieser Oper das urössie und
Bewundernswürdigste geleistet habe, denn iu derselben
zeige sich durchgehend» wahrhaft patriarchalisches Leben
und orientalische Farbengebung. Sehr beherzigenswert!)
für die komische Oper sind die Artikel: '.Dittersdorf', eine
treffliche Würdigung des genialen Compouisten, S. 257 fl.
und „ein Gespräch mit Lortzing lt . S. 300. Eine grosse, bei
dem altern, wesentlich klassisch geschulten Musiker, um
so anerkenneuswerthere Unbefangenheit des L i theils tritt
uns in dem Artikel „Franz Liszt“ S. 329 ff., über dessen
symphonische Dichtungen, entgegen; nicht miuder erireulich
ist die Empfänglichkeit, die er sich für die Originalität und
liefe der Compositionen von llector Berüoz in dem betr.
Artikel, „ein Madyrer der Tonkunst“ 5». 35 ff. bewahrt und
die freimüihige Begeisterung, mit der er dasselbe zu einer
Zeit ausgesprochen, wo es in Deutschland lür Bertioz noch
gar keiue Anerkennung gab. Diesen beiden Artikeln fehlt
aber entschieden die ergänzende Hand. W ährend Felix
Mendelssohn uns io dem Artikel „ein Quartett bei Goethe“
•5. 288 ff. in seiner Jugend an der Seite Zelters vorgefübrt
wird, so verbreitet sich der Verfasserin „Gespräche mit Mendels-
Sohn“ S. 360 ff. über den Begriff der „Schule“, über„Aenderun-
geu in deu Compositionen bis zur Lebergabe des Manu-
skript“, über „Mangel au Froductionslust“, über „neue in
der Musik zu eröffnende Bahnen“, über „scharfe Selbstkri-
tik“, über „Selbstständigkeit des Componisten“ und über
„die hohlen Phrasen oft uufgeslelller Behauptung, dass die
W oltunschuuuug eine?» Componisten einen bedeutenden Ein-
fluss auf seine Werke haben solle“, der gegenüber Men-
delssohn die Ansicht vertritt, dass Weltanschauung uud
hnnslanschauung Dinge sind, die nichts miteinander gemein
haben. — Sehr lesenswert!) ist ein Artikel „Hichard Wag-
ner als Dichter*, der an „Tristan und Isolde* nach weist,
dass es ihm entschieden an richtiger ChurakLerzeicimung
und an dramatischer Einheit fohlt, dass sein holpriger, un-
gelenker Versbau, seine schwülstige Ausdrucks weis« weil
hinter den Forderungen zurückbleibt, die an einen Beforma-
lor des Dramas gestellt werden müssen, und dass die kran-
ken Elemente in seinen Texten und seino ganz exclusive
Dichlweise es unmöglich machen, dass seine Werke auf
die Dauer zur allgemeinen Geltung kommen konnten. t\ as
würde der Verfasser erst gesagt haben, hätte er den in
dieser Hinsicht Alles überbietenden Text zu „Kheingold“
gekannt, mit dem die Welt durch König Ludwig noleus
voleus beglückt werden soll! — in eiuem Artikel endlich
über „Meyerbeer* beantwortet der Verfasser die Frage, ob
die glanzvollen Erfolge desselben «las reine Werk seines
Künstlerverdienstes seien, durch Hinweisung auf die Trieb-
federn seines künstlerischen Gebahrens. ln dieser Beziehung
sagt er, ohne sein hohes Talent in Frage zu slelleu, Meyer-
beer war keiner der Künstler, die, wie C. M. v. Weber,
sich ein erhobenes Ideal bilden und demselben aus allen
Kräilen consequent zustrebeu, ihm treu bleiben, auf die
Gefahr hin, als Märtyrer desselben leben und sterben zu
müssen. Er wollte Ruhm erringen, gleich viel um welchen
Preis, gleich viel durch welche Mittel. Wir überlassen den
Musikfreunden die weitere Ausführung dieses Gedankens
in dem Buche selbst nachzulesen, indem wir ihnen die Ver-
sicherung geben, dass sie in demselben eben so viele ein-
gehende Belehrung als interessante Unterhaltung finden
werden. C. E. H. Alberti.
Berlin.
it e v u 4p.
(König!. Opernhaus ) Die General - Intendanz cntfnHet in
dieser Saison eine wirklich staunenswertbe Thäligkeit; wir
können uns picht erinnern, dass jemals in der kurzen Zeit von
zwei Wochen zwei grosse Opern-Novititen ihre ersten Vor-
stellungen erlebt hätten. Am 25. November Gouood’s „Borneo
und Julie“ und um 10. Deceuiber bereits Ambroise Thomas*
„Mignon“. Ambroise Thomas gehört in Paris zu den accre-
dilir testen Musikern, er ist iin Besitz vou Würden, Aeurtern,
Orden. Seit öber dreiasig Jahren hat er — abgerechnet seine
Compositionen auf anderem (kirchlichen) Felde — eine Reihe
von Opern geschrieben, welche in seinem Vaterland© mehr
oder minder gefleleo. Wenige von diesen Opern sind zu uns
gedrungen und die, welche in Berlin aufgeföhrt wurden, ver-
mochten nicht, sich auf dem Repertoir zu behaupten. Oie
Ursache ist leicht zu Anden. Ambroise Thomas ist ein tüchti-
ger Musiker, ausgerüstet mit Wissen, practischcr Fertigkeit,
Fleiss; ihm leblt ober das goldene Körnchen „Eigentümlich-
keil", welches jeden Künstler — welcher Kunst er auch ange-
hören mag — hervorhebt und ihn zu einer besonderen Er-
scheinung macht, die ihm eine längere Dauer seiner
Schöpfungen sichert. Thomas wusste sich mit Geschick stets
die Schreibweise anzueiguen, welche dem grade herrschenden
Tagesgeschmack huldigte; da er jedoch nur Gefälliges ohne
Neuheit und Eigenthümlicbkeit zu bieten vermochte, konnten
seine Opern auch keinen nachhaltigen Eindruck hervurbriugen.
Erst jetzt, iu bereits sehr vorgerückten Jahren, erlebte Thomas
in Paris mit der Oper „Mignon“ einen grösseren Er-
folg. Was das Libretto betrifft, so wissen unsre Leser
durch unsre viellachen Besprechungen des Gouood'schea
,, Faust*’, dass wir die Benutzuug Guthe’scher Figura u durch
französische Autoren niemals für eine Profanaliuu dos grossen
Dichters zu halten vermögen. Wir finden es sehr erklärlich,
dass sich die Herren Carrä und Barbier die anziehenden und
bühulich so wirksamen Situationen und Charaktere des Ro-
man'« „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ nicht entgehen liessen und
wir linden es ebenso erklärlich, dass die Autoren, die ihr Werk
ja zunächst nicht für ein deutsches, sondern für eio französi-
sches Publikum schrieben, dasselbe nach dem Geschoiacke ih-
rer Laudaleule einrichteten. Dass ihnen das gelungen, bewies
der Erfolg iu Paris. Die erste Aufführung am 10. hier ergab
ein günstiges Resultat für den ersten Act und die erste Hälfte
des zweiten Aktes, während die ganze sweite Hälfte der Oper
nur durch die wunderbare Leistung der Frau Lucca gehalten
wurde. Von den Musikouminero — die im Ganzen ohne Pre-
lentiou nutlrelcn Aber stellenweise für unser grosses Opernhaus
etwas zu dünu inslrumvntirt erscheinen — haben Acclamntion
gefunden: Im ersten Act: Mignon's Romanze, das Schwalben-
Duett; im zweileu Akt: Mignon's steyrisches Lied, im
drillen Act: Wilhelm'» Romanze. Philioen's brillante Po-
lacra im zweiten Finale musste fortbleiben, weil Fräu-
lein Grossi sie vor der Hand io technischer Hinsicht uicht ge-
nügend zu bewältigen vermochte. Die AuffQhruug, von Herrn
Kapellmeister Eckert trefflich geleitet, von Herrn Hein mit
bekanntem Talent sceuirt, und mit mehreren neuen Drcoratio-
uen ausgcaUiltel, war eine im Ensemble präcise, in den einzel-
nen Leistungen nach Maassgnbo der Kräfte theils vorzügliche,
theils zufriedenstellende. Da Fräulein Grossi noch zu sehr
Anfängerin ist, um im Gesänge wie im Spiel der schwierigen
Parthie der Philine so gerecht zu werden, wie die Rolle und
die Musik es für den Eindruck des Ganzen fordern, fiel der
Frau Lucca als Mignon die doppelte Anstrengung zur Errei-
chung de« Erfolges zu. Dass die Künstlerin vollständig siegte,
das zeigt wiederum ihre seltene Begabung, ihr grosses Talent.
Frau Lucca gab in der Thal — und wir sind mit di«.«em Prft-
dient wahrlich sehr vorsichtig — eine nnch allen Richtungen
vollendete Leistung; eine Schöpfung, trotz der vielen geistvol-
411
len und hinreisseoden Details, aus einem Gusse; einen genialen
Wurf, mit duftigster Poesie erdacht, mit staunenswerter Si-
cherheit und Klarheit ausgeführt. Dem Leser ein nur einiger-
wessen treffendes Bild der Mignon der Frau Lucca tu geben,
erscheint (selbst wenn wir den Baum hätten, ihr Scene für
Scene beschreibend zu folgen) unmöglich; das will gesehen und
gehört sein. Das Publikum überhäufte seinen Liebling mit Be-
weisen der grössten Anerkennung; nach allen ihren Sceneo
wurde Frau Lucca wiederholt stürmisch gerufen. Mil gros-
sem Lobe nennen wir sodann dio Herren Beta (Harfner Lotha -
rio) und Herrn Woworeky (Wilhelm Meister). Ueber FrAul.
Grosai als Pbiline haben wir oben bereits gesprochen; die
Partie kann nur im Besitze einer routinirten und technisch
glänzenden Coloratursäogerin zu höherer Bedeutung gelangen.
Fräul. Grossi gab sich alle MQbe, und leistete io dieser
Rolle Besseres wie in allen ihren früheren. Die klei-
neren Partien befanden sich io guten Händen; die Herren
Salomon (Laertes) der nur den Dialog etwas leichter behan-
deln könnte, Krüger (Friedrich) und Bost (Jarno) (baten das
Möglichr. Mit besonderem Lobe erwähnen wir der Kapelle,
welche die sehr oft eoncertireude Musik meisterhaft spielte und
io den vielen Soli wiederum zeigte, welche künstlerischen
Kräfte sie io sich schlisset. Auch dem Chor mögen wir die
verdiente Anerkennung nicht vorenthelteo. — Die übrigen Vor-
stellungen der Woche waren: am 6. „Hochzeit des Figaro"
mit Frau Lucca und Frau Mallinger; am 7. „Freischütz"
mit Herrn Niemann; am 8. Gounod's „Romeo und Julie" mit
Frau Mallinger; am II. „Margarete" mit Frau Mallinger
und Herrn Nie mann; am 12. „Robert der Teufel".
Das Coocert des Herrn Albert W erk out bien, welches
am Montag den 6. d. M. im Saale der Singakademie statlfaud,
eröffn etc ein Trio (D-rnoll) für Piano, Viohoe und Cello von
dem zu früh gestorbenen, sehr begabten Orgelvirtuosen Lud-
wig Thiele. Obgleich auch dieses Werk ernstes Streben und
gediegene musikalische Kenntnisse de* besonders für sein In-
strument bewährten Componisten bekundet, so flies»! der Quell
der Erfindung doch zu dürftig, als dass die sonst tüchtige Ar-
beit ein grosses Interesse erweckeo könnte. Der letzte Salz
ist jedenfalls der wirkungsvollste; sein erstes Thema erscheint
als das einzige charakteristische des ganzen Trios, wogegen
das zweite eine viel zu ausgesponnene Canlilene bringt, bei
welcher der Mangel an Originalität durch die gesuchtesten Har-
monien nicht gedeckt werden kann. An dein Andante ist die
Kraft des Componisten erlahmt, es wirkte in seiner unendlichen
Ausdehnung so ermüdend, dass selbst das diesmal richtig füh-
lende Publikum den Salz schon vor dem Schluss beendet
wünschte und zu applaudiren begann. — Die Ausführung durch
die Herren Kammermusiker Hellmich, Rohne und den Con-
cerlgeber war im Ganzen correcl und schwungvoll. — - Herr
Werkenthien spielte ausser Compositioneu von Liszt, R. Schu-
mann und Mendelssohn nie C-dur-Sunate Op. 53 von Beetho-
ven, deren Vortrag hinsichtlich der Technik wie der Auffassung
manches zu wünschen übrig liess. Bei einer gewissen Fertig-
keit und Kraft, die wir Herrn Werkenthien nicht abspret-hen
mögen, leidet sein Spiel an Monotonie , es ist weder genügend
nüancirl noch acceutuirl, wozu noch öfter Undeutlichkeit in
den Passagen tritt, die theilweis durch den zu häutigen Ge-
brauch des Pedals erzeugt wird. Unserem Ermessen nach
würde Herr Werkenthien mit den guten Eigenschaften seines
Spiels einen weit günstigeren Eindruck und grösaern Erfolg
erzielen, wenn sich derselbe die Lösung weniger schweren Auf-
gaben stellte; so kann man auch wohl ein vortrefflicher Pianist
sein, ohne die Don Juan-Phantasie von Liszt in sein Programm
aufzunehinen I — Herr Putsch unterstützte mit seiner wohl-
klingenden Stimme das Concert durch den Vortrag einer Arie
aus „Judas Maccabäus" von Händel und zweier Lieder von
Franz Schubert.
Am 1 1. d. fand die zweite Schumann-Soiree des Herrn Franz
Bendel statt. Dieselbe wurde milden „Andante und Variationen"
für 2 Cla viere eröffnet, welche der Concertgeber im Verein
mit Herrn Alexia Holländer Irefflich ausführle. Die grosse-
ren Clavierwerke waren die 3sätxige Fantasie in C-dur Op. 17
und die „Etudes symphoniques". Von ersterem Stücke gelang
ihm namentlich der 3te Theil, die ersten zwei Sätze wurden
durch eine gewisse Hast iin Spiel beeinträchtigt. Dagegen
prosperirte Herr Bendel mit dem Vorträge der „Etudes sym-
phoniques" auf das Glücklichste. Der schöne Anschlag und
die bedeutende Technik bildeten im Vereine mit geistreicher
AufTassung ein vollendetes Ganzes. Die kleineren stücke —
von fremden Ländern und Menschen, am Springbrunnen, das
Abends. Grillen — kamen ebenfalls zur vollen Geltung. Das zahlreich
versammelte Publikum tolinte die Leistungen des Künstlers mit
vielem Beifall sowie wiederholtem Hervorrufe. Miss Austin
unterstützte das Concert durch UedervorlrRge — der Nuss-
baum, Waldesgespräch, Mondnacht, Schöne Wiege meiner Lei-
den. Das erste und letzte Lied sang die Dame recht lobens-
wertli; das Tempo der herrlichen „Mondnacht" müssen wir
aber entschieden als vergriffen bezeichnen.
Die 4te musikalische Soiree der Berliner Symphonie-Kapelle
am 11. Deebr. brachte zunächst Mendelssohn’.« Ouvertüre zu dem
Uedcrspiel „Die Heimkehr aus der Fremde", nach unsrer Ansicht
nicht bedeutend genug zur Aufführung in diesen Concertcn. Von
SolovoitrAgen erhielten wir: Arie aus Mozart’s Figaro: „endlich
naht sich die Stunde" und zwei Lieder: „Das Veilchen" von Mo-
zart und „an den Sonnenschein" von R. Schumann, vorgetragen
von Fräulein von 7.nngrä. Die Sängerin, vorzugsweise für den
Vortrag des Tiefempfundenen begabt, führte unter allgemeinen
Beifall mit einer nicht gerade grossen, aber edel klingenden und
sehr gut gebildeten Stimme die erste Arie vorzüglich aus; nicht
minder gelang ihr das Mozart'sche Lied, weniger dagegen das
Schumann’sche. dem in ihrem Vortrage der naive Humor fehlte.
Als Pianist fungirte Herr Manuslaedt mit Schumanns A-moll-
Concert, Praeludium und Fug© lE-molh von .Mendelssohn und
Etüde (C-dur) von Huhinstein. Der junge Künstler war uns aus
früheren, Tüchtiges anstrebenden Leistungen schon vortheiihaft be-
kannt; die Auflassung und Ausführung des Schumann'schen Con-
cert» war eine dem Geiste des Werkes entsprechende Auch di«
* Solostücke wurden trefflich wiedergegeben, so dass wir dem ta-
lentvollen Pianisten ein „Bravo“ zurufen können. Er stellte sei-
nem Lehrer, Herrn H. Ehrlich, ein sehr günstiges Zcuguiss Tür
dessen Lehrmethode aus. Den Schluss bildete in würdiger Aus-
führung Beethoven « A-tlur-Symphonie
Herr E. Del« borde aus Paris trat am 12ten d. M. in
einem eignen Concerte, welches derselbe im Saale der Sing-
akademie veranstaltete, zum zweiten Mal als Pianist vor das
hiesige Publikum. Zunächst müssen wir dem Concertgeber eine
sehr brillante, bestechende Technik zugestehn; sein ganzes Stre-
ben scheint aber nur auf Entwicklung von Bravour und Rnpidi-
läl gerichtet zu sein, was durch den schneidenden, grellen, see-
lenlosen Ton und die fabelhaft leichte Spielart der Instrumente,
deren er sich aus der Fabrik der Herren Pleyel, Wut IT A Cie.
zu Paris bedient, aufs angemessenste unterstützt wird. So
erscheint die Tonbildung wie durch Stahlhämmer erzeugt; jeg-
liche Spur von Weiche und Fülle des Tones fehlt, weshalb
jede Melodie, sie mag noch so gesangreich sein, trocken, saft-
los und hart erscheint; dagegen führt Herr Delaborde Oclaven-
50 »
412
.Sexten*, Terzen-, chromatische Tonlolgen und besonders Hie
Triller mit einer seltenen, dmoemwcfflics Virtuosität «ns, so
dass man sich zu täuschen glaubt, wenn mnn wiederum Pas-
sagen hört, bei denen die Gleichheit und Deutlichkeit der ein-
zelnen Töne in bedenklichem AI nasse fehlen fein Zeichen, dass
die Finger doch nicht ganz gleichtnässig gebildet sind). — Von
den verschiedenen Nummern des Programms erwähnen wir we-
gen der vorzüglichen technischen Ausführung die Campanelln
von Us»t, die Toccata von IV Schumann und den Choral mit
der F-dur-Toccntn von S. Bach, letztere Pitt« för Pedal-Klavier,
wobei Herr Delaborde auch eine Erstaunen erregende Fussfcrlig*
keit entwickelte, die Um denn auch zu einer die Compositum
entstellenden Uobertreibung des Tempo verleitete, die wir um
so weniger billigen können, da cs uns frivol erscheint, die keu-
schen Schöpfungen eines Bach zu virtuosen, gymnastischen
Produi-tiuiieii zu \erw enden. Zu diesem Zwecke eignen sich
die Werke eines Atcan (den von Herrn Delaborde vorgetrtge-
ueu Piecen nach zu ur (heilen) viel besser, denn bei einer so
grossen Gedankenarmuth und hei einem so bedeutenden Feber-
fluss an Geschmacklosigkeit und musikalischem Blödsinn, des-
seu Endzweck nur eine Aufstapelung technischer Schwierigkei-
ten ist, beschleicht den gebildeten Znhörer ein Gefühl, dein
ähnlich, welches man hoi dem Anblick halsbrechendcr, lebens-
gefährlicher Schaustellungen im Circus empfindet. Wie aber
auch hier ein Theil des Publikums nur in dergleichen aufregen-
den ProducUonen Befriedigung findet, so giebt es auch im Con-
ccrlsaal ein Auditorium, dessen Schönheils- und Kuust-Sinn
derartig gebildet ist. dass^n durch eine vollendete Hand- und
Kuss-Gymnastik lollsländig befriedigt ist; ein solches belohnte
denn auch den Concerlgeber für seine Leistungen mit den gröss-
ten Beifnllsspeudeii. d. R.
C o r r e m p o n <1 n z p ii.
Jena, 4. December 1800.
An der Spitze unseres ersten diesjährigen, akademischen
Concerte», stand Haydn’» berühmte sogenannte Oxlord-Sinfonic.
Obgleich erst aus dem Jahre 1791 stammend, nllunet sie doch
so viel Frische und Jugendl. tu n , dass sie eine wahre musika-
lische Mairose heissen darf. Man ist verlegen, welchem Salze
derselben man den Vorzug geben soll. Sie bilden semmtlich
ein verschwislerles, harmonisches Ganzes. Das aus manchen
neuen Elementen zusammengesetzte Orchester, gab da» sehr
gut aufgriiommene Werk befriedigend wieder, wenn auch von
vornherein da» Zusamuifnspul einiges zu wünschen übrig lies».
Ein gutes Stück aus Rheinberger*» s infoni schem Tongemälde:
. .Wallrnste m“ ( Lager — Kapuzin crpredig l) machte den anitr*
reu längeren Theil der instrumentalen Sphäre des Abend» au».
Viel des Interessenten und Wohlgeluiigenen ist dann, ein arier-
keiineiistverfhe», ernstliches Streben, der bedeutenden und über- (
au» schwieriger) Aufgabe, die der Tondrchter in dem Gauzrii
sich gestellt, gerecht zu werden; manche originelle, künstlerisch
höchst wacker verarbeitete Gedanken; charakteristisches Leben,
im erstereu Satz« vorzüglich, während das musikalisch unge-
mein spröde Thema des letzteren nicht ganz so glückliche Be-
wältigung verrieth. An dergleichen scheitert gewöhnlich, ja
naturgermiss alle um! jede Progrninmmusik! — Herr Scnria
von Dresden erfreute das Publikum mit seinem sehr anspre-
chenden Vortrag mehrerer Gesangspiecen, Arie des Raphael
aus der „Schöpfung“ von Haydn | No. 7. „Und Golt sprach:
es bringe die Erde hervor etc.“), Lysiart's grosse, effektreiche
Arie aus Akt 2 der Wcber’schen „Euryanthe“ („Wo berg ich
mich, wo fänd* ich Fassung wieder“). Er erinnert* an einzelne
Stellen in dem Vorfrage der letzten Nummer an den unver-
gesslichen Stromeier, der gerade in dar Parlhie des Lysiart.
und beaundrrs in dieser Arie, das Höchste leistete. Der Beifall, der
Herrn Scaria begleitete, wiederholte sich ebenso bei den von
ihm mit schbnetu Ausdruck gesungenen Liedern: „Wie ich in
Deine Augen sah“ voll Hartman» und Gnunod’s „Frfthlmgalied“.
Sehr Erfreuliches bol Herr Kammervirtuos Ralsenberger
aus SoodershausCn, sowohl was beseelte, als technisch unta-
delhafte Wiedergabe betrifll, in Beethoven’« Es - dur - Concerto
und io Liszt** Ungarischer Rhapsodie (Fis-riur). — Dem zwei-
ten Co» (er tobende (21. Nov.j, wo nur gerstffebe Musik produ-
cfrt wurde — unter anderen Bralun’s „deutsches Requiem“ —
war Ref. verhindert beizuwnhnen. Oie übrigen Nummern des
Programms sind bereits in No. 48 dieser Zeitschrift angegeben
worden. — ■ Im dritten Concerle (I. Ree.) hörten wir Mendels-
sohn*» liebenswürdige Ouvertüre Zum Märchen „Van der aebft-
»en Melusine“ und tum Schluss Beethoven’» A-dur- Sinfonie,
beide vom Orchester mH Lust Und Liebe und correct durchge-
führt. Zu schwach ndt wotob in der letzteren verMItimsmäs-
sig die Violinen vertraten, so wie der erste Satz zu langsam,
de r Schlusssatz fast zu rapid genommen wurde. Durch Köm-
pel’a meisterliches, in jedem Betracht vollendetes Spiet wurde
seines Lehrers Spohr siebentes Coucert für die Violine — nicht
eben eines seiner besseren Werke — bedeutend gehobeo.
Der stürmische Beifall, der dem Vortragenden lohnte, war ein
durchaus wohlverdienter. Nicht minder gelungen kamen R.
Schumann'» treffliche „ Märchen bdder“ für Viola und Pianoforte
(Op. 113p durch genannten Virtuosen uud den Hol-Kapclluseister
Lassen zu ihrem Rechte. Ala von den Mitgliedern des aka-
demische» Gesangverein» mH Sicherheit eingeObt und mit rich-
tigem Veretflndnisa darge bracht. machten sich Becker'a »ner-
stimmiger Gesang: „ Nachtgebet Franz Schubert'» Lied:
„Widerspruch“ und der pikante, geniale Chor: „Die Wache
kommt, ’a ist Mitternacht“, au» Gretry’s Oper: „Die beiden
Geizigen“ geltend. Dr. M. M
Paris, den 11. Decenbtr.
Die Wiederaufführung des „Don Juan“ in der Optra, weiche
vorigen Sonntag gleichzeitig mit der ersten Concert-Prnduction im
Theätre Italien, der ersten Vorführung von Sohumann's „Paradies
lind Peri“, fitaltfand, that dem Besuch der letzteren etwas Eintrag,
ln der Don Juan-Voretelluug waren Faure in der Titelrolle und
Frau Carvalho als Zerline bemerkenswerth, ebenst* auch Chöre
und Orchester. Fräulein ttisson hingegen, welche die Ronua
Anna zum ersteu Male sang, ist den Aufgaben, welche grösser»?
Reinheit des Gennngsstyles, und nicht bloss Uidenschnffäebe, son-
dern auch correcte musikalische Interpretation erheischen, noch
keineswegs gewachsen. Den naturalistischen Kraftanstrengungeil
m einzelnen Stellen, welche einen gewissen Erfolg erziehen, folgt
regelmässige Ermattung und Unsicherheit im Vorträge. Die schö-
nen Stimmmittel und die Jugend des Fräulein lassen indesa 'hof-
fen, dass hei conscquehtcr Kfinslleriseher Ausbildung, derdranm-
tischen Gesaugskiinst ein neuer Stern erblühe. — In Schumann'«
„Paradies und Peri'\ welches Werk im italienischen Theater fran-
zösisch nach Wflder’s Uebersetzung der Th. Moore'srhen Poesie
aufprfuhrt ward, traten «1s Solisten Fräulein Kraus» und die
Herren Nieolini, üonnehee, Palermi undAgnest mit Ehren
hervor. Im Ganzen wurde aber hierbei Niemandem paradiesisch
zu Mulhe, denn die Schönheiten der Schumann’echen Musik lit-
ten allzusehr unter einer schablonenhaften, kaum als correct, viel-
weniger noch als künstlerisch zu bezeichnenden Gesainmt-Auffüh-
ruug. Es fehlten namentlich die guten deutschen Chöre hierbei.
Schumann halte demnach nur einen sehr bedingten, dem des
41-3
„Fidello“ nicht gleiohkom tuenden Erfolg. — Wachtel trat zum
dritten Male — nach zwei Trovatore Vorstellungen — in „Lucia' 4
auf, und zwar mit besserem Glück, da er hierbei weniger seine
Lun gen kräh, ala seine Gesangs kunst leuchten Hess. Auch Fräu-
lein Sessi in der Titelrolle rcussirte entschiedener, da sie die
Befangenheit ihres ersten hiesigen Auftretens abgeatrcill zu haben
schien — In dem nächsten Conceile des Thäälre Italien wird
di« Symphonie „Jeauue d’Arc", lür Orchester, Chor und Soli von
Holme», dieselbe, welche iin vorigen Jahre in der Oper zu Peters-
burg mit Beifall aufgeführt ward, unter des Componiateu persön-
licher Leitung an die Reihe kommen. — Die komische Muse bat
wieder dem ernsten Cothurn den Rang bestritten und einen glän-
zendem Sieg errungen. Offenbach’s „Priucesse de Trebizoudo“
ging in den „Boufl'es parisiunucs“ triumphirend hervor, und zeigte
sich io Paris nicht minder liebenswürdig, als hei ihrem ersten
Erscheinen in Baden-Baden. Alles lacht in dieser Operette: Dar-
ateller, Publikum, Diretor und Gomponist, nur ausgelacht wird
dabei Niemand. Wer das Publikum zu amiisircu versteht. — der
fand heutzutage den Stein der Weisen. Offeubach hat jedoch an
einem Erfolge nicht genug, — und so werden in den nächsten
Tagen seine ueuen „Brigauds“ im Variete- Theater auszieheu, um
die Welt mittelst Zw ercblell-l Überraschungen zu erobern. — Die
Hoilen-Vertheilung von Auber’s neuer Oper „Höve d'Aiuour“ ist
nun definitiv festgestellt, und wird die erste Aufführung «tu 17.
d. M. in der Opera-comique verhei&aeu. — Aus New -Orleans , iu
Amerika, wird uns von grossen Erfolgen der kürzlich Ui Paris
gebildeten französischen Opcrngesellschafl berichtet. In Boildieu s
„Dame blanche“ halte daselbst u. A. der junge Tenor Leopold
Kalten, welcher iu voriger Wintersaiaon im Athoaeo Theater iu
Ricci ‘s „Folie a Rome“ seine Carrier e glänzend eröffnete, ausser -
ordentlicheu Erfolg. — .»Die Conaervatoiro-Coucerte“, welche
morgen beginueu, versprechen au musikalischen Novitäten «in
Clavi er-Conccrt von Friedrich Gernsheim, ein Viuliu-Concert von
Jonciäres und eine musikalische Scene von Vaucorbeil. — Die Cou-
certn-populairc« bringen morgen zum ersten Male die „Meialur-
«iuger“- Ouvertüre vou Wagner. — Im Aihenee-Tkeater werden
„L« Madoue de Picdigrotla“, von Ltiigi Ricci und „Los Brigantls“
von Verdi ala hier neue Opern zur Aufführung vorbereitet.
A. v, Cz.
Joarnal-ttevu«.
Die Neue Zeitschrift f. Musik setzt Rieh. Wagner’s interes-
santen Artikel „Ober das Dir-giren“ fort. — Die Allgeni. Musik-
Ztg. beginnt einen Aufsatz von BcHerinann „Die WerhatTnole
oder Camhisla bei den Componisten des lß Jahrhunderts“. —
Die Signale besprechen Lohes „Consouanzen und Dissonan-
zen"* — Die Tonhalle bietet eine sehr lobende Kritik über Con-
«tantio Bürgel s 2. Claviersonale in E-dur, in welcher die Frische
und Originalität der Motive sowie die vorzüglirhe formelle Abrun-
dung hervorgehoben werden. — Süddeutsche Muaik-Ztg.: „fcln
Blick auf die komische Oper“ vnu Lackowilz.
Die französischen Zeitungen besprechen die Aufführung von
Rob. Schumann s „Paradies oud Pari" im TheAlre italien. Rühm-
lich hervorzuheben ist die verständige Beaprechuog im Meneetrel.
K a c li r I c h t e n.
Berlin. Die Clavierscbule des verstorbenen Kamuiermusikus
Herrn Ed. Ganz hat der Piauist Herr Schwantzer übernom-
men. Unter der Leitung dieses Richtigen, strebsamen Musikers
dürfte sich das Institut in vortheilbafteater Weise weiter entwickeln.
— Herr Musikdirektor Richard Wüerst wird sich in den
nächsten Tagen in Folge einer Eiuladung des Herzugs Ernst
nach Coburg begeben, um dort die erste Aufführung seiner zwei-
ten Symphonie in einem Hofconcert persönlich zu dirigiren.
— Anton Rubinsteiu beginnt nun im kommenden Mo-
nate in Dresden seine Concert-Tournee für Deutschland. Er.
wird auf derselben u. A. folgernde Städte berühren: Dresden,
Görlitz, Breslau (2 Concertel, Berlin (2 Concertel, Potsdam. Mag-
deburg, COthen, Halle, Erfurt, Braunschweig, Hannover, Bremen,
Oldenburg, Posen, Stettin, Rostock, Hamburg (2 Concertel und
Lübeck. Aiu 20. Februar kommt in Wien sein Oratorium „Der
Thurmbau zu Babel“ zur ersteu Aufführung
llrealau. Aiu 26. November ging die 3 actige Oper „Zieteu'-
schc Husaren“ von Th. Rehhaum und Beruh. Scholz, Mu6ik
von Bernhard Scholz, zum ersten Male auf dem Stadtthealer in
Scene. Die hiesige Buhne hat sich schon öfter das Verdienst
erworben, neue Werke deutscher Componisten in'a Leben ein-
gefülirt zu haben. Wir erinnern an Rieh. VVflerst's „Vineta 14 , an
G. scbuiidt’s „La Reole“, deren Gehurtsstälte die Breslauer Bühne
war, und wie damals gebührt ihr auch diesmal dankende Aner-
kennung, einer deutschen Composition die Bahn eröffnet zu ha-
ben. Eine neue deutsche Oper gilt jederzeit als ein Ereiguiss
iu der Theaterwelt, ein Ereigniss schon in Hinsicht der einfachen
Thatsachc, dass auch einmal eine deutsche Composition die
Aufmerksamkeit eiuer Bühnen- Verwaltung auf sich gezogen hat.
hl die Novität aber gar, wie im vorliegenden Falle, das Erst-
lingswerk des Autors auf diesem Gebiete, er selbst ein Fremder,
der hier das erste Verdict Über seine Schöpfung vernehmen will,
uud gelingt es der neuen Oper, das Auditorium zu den rau*
schcudslen Beifallsbezeigungen hinzureissen, so verdient eine
solehc Aufführung sicherlich als ein ganz besondere« Ereignis»
verzeichnet zu werden, was wir denn auch hinsichtlich der ge-
strjgfC.* Vorstellung vornweg constntiren wollen. Dieselbe ist in
allen Thcil<;n mit so volhtimniigcu und einmüthigeu Beifallsbe-
w eisen uufgeuomnien worden, dass wir dem Componisten,
säuimllichen Mitwirkeudeu und der Direclion zu dem Erfolge
nur graüilireu können. Der Texlinbalt ist von grosser Einfach-
heit und Hsst sich mit wenigen Worten wiedergeben. Ein preu*
sshober Husnren-Ofllzier (Max v. Lichten) uccupirt gegen Ende
de» siebenjährigen Krieges mit seinem Gefolge, worunter sich
ein Wachtmeister (Büsching) und eju Trompeter (Finke) beson-
ders bemerkbar machen, das Schloss des Grafen Helmberg iu
B ühmui, woselbst sich auch die Tochter de» Grafen (F.ugcniet,
dessen Nichte (Joseph«), eine Magd (Lise) und ein Knecht (Ne*
poiuuk) beündeu. Der Oflizier gewinut das Herz der Grälin, de-
ren Vater aber einen xerrätherhehen Anschlag auszurühren ge-
deukl. Das Misslingen bringt den Grafen in Gefangenschaft und
über die Liebeudeu schweres Herzeleid. Der Hubertsburger
Friedensschluss jedoch führt Alles zu einem glücklichen Ende.
Der wesentlichste Vorzug dieses Texles lat sein historischer Hin-
tergrund, auf dem sich Charaktere um! Situationen scharf ah-
hetieu. Der vaterländische Stoff berührt swnphatisch und der
Vorgang fesselt von Anfaug herein die volle Theilnahnie des
Zuschauer«. Der Verlauf der Hnudluug jedoch ist ohne rechten
dramatischen Zug, und mit Ausnahme des zweiten Aktes, in
welchem allerdings der Schwerpunkt des Werkes liegt, habeu
wir eri eigentlich nur mit vereinzelten Stimmungsbildern zu Ihiin,
denen es au dramatischer Spannung und Steigerung gebricht,
ein Maugel, um so bedauerlicher, als uns die Begabung des
Lomponisteu gerade nach der dramatischen Seite hin eine aus-
scrgewöbnliche zu sein scheint. Vom Standpunkte dramatischer
GeslaUuug bat der Componist hier unstreitig den Textdichter
W'cil überholt. Die Tonsprache, die Bernhard Scholz in dieser
Oper führt, bat etwas von der Frische einer sprudelnden Quelle.
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Sie ist knapp, markig, vorwiegend realistisch uud von blühen-
der Gesundheit. Sie wird in den GcfOhlsstellen niemals weich«
lieh und banal, nnd in den heiteren versteht sie ea trefflich,
einen charakteristischen Localton anzuschlagen. Sie ist edel
und massvoll in der Lyrik und von glücklicher Inspiration in
der Behandlung volkstümlicher Weisen. Die Melodie flies st
dem Componisteu reichlich zu und er besitzt im hohen Grade
das Talent, ihr dramatische Gestaltung zu gehen, wAbrend sich
seine Ausdrucksweise im Ganzen durch eiue gewisse mAnnliche
Anmut auszeichuet, welche der jeweiligen Stimmung eben so
viel Kraft als Innerlichkeit verleiht. Eine besondere Meister-
schaft zeigt der Componisl sodann in der Behandlung des Or-
chesters, das durch pikante Farbenmischung und eine Menge
geistvoller Züge den aufmerksamen Zuhörer in lebendiger Span-
nung halt. Ein Werk von solchen Vorzügen ist gewiss als eine
höchst wertvolle Bereicherung der deutschen Oper zu bezeich-
nen. SSiumtliche .Milwirkende machten sich um die gelungene.
Aufführung verdient, die unter der sorgsamen Leitung des Com-
ponisten von den raiischendsten Beifallsbezeigungen des Audi-
toriums begleitet wurde. Fräulein v. Carina, Fräulein Deich*
mann, Fräulein Weber uud die Herren Biese, Gura, Simons,
Baumann, Kruis bildeten ein treffliches Ensemble, uud auch
Chor und Orchester, Hessen an diesem Abend wenig zu wün-
schen übrig. Die luacenirung war recht angemessen, und die
Vorstellung ging mit geringen Ausnahmen glatt und sicher von
statten. Herr Bernhard Scholz nnd die genannten Mitwirken-
den wurden nach jedem Akte wiederholt und stürmisch gerufen
B-Z.
— Im letzten Orcheatervcreiusconcert am 7. d. kam Hän-
del's „Alexaoderfeat“ vorzüglich zu Gehör.
Königsberg. Fräulein Marie Wieck gab hier ein Conoert
unter lebhafter Anerkennung. Die Küusllerin zeigt eine »o vor-
treffliche Bildung in der Technik und musikalischen Ausführung,
wie man sie von der Tochter eines unserer bedeutendsten Cls-
vierpädagogen, von der Schwester einer Clara Schumann wohl
erwarten konnte. Hat Letztere nun auch eine selbstständige,
geniale Individualität für sich, so waltet doch in dem Spiele der
Marie Wieck ein so tüchtiger Musikergeist und so treue Hinge-
bung an die Wahrheit des Ausdrucks, dass man sie gern und
oft hören mag. — Fräulein Helena Magnus concertirte mit ehren-
vollem Erfolge; ihr Gesang klingt zwar nicht frisch, ist nicht
frei von Tremolo und giebt sich im Vortrage etwas refleetirt,
doch bat derselbe durchweg ein geistiges und nobles Gepräge.
— „Die Afrikanerin" zieht selbst nach 12 rasch nacheinander
gegebenen Vorstellungen noch immer ein zahlreiches Publikum
herbei; namentlich sind es, ausser unserm wackern Kapellmei-
ster Hillniann, Fräulein v. Polin itz als Selica und Herr
Brandes als Nelusco, welche ihre Partbien höchst anerkennen« •
wertli ausführeo. In der Darstellung der Selica linden wir so-
gar (4. Act) geniale Momente.
Potsdam. Am 2. d. M. war das 2tu sehr zahlreich besuchte
Abonnements • Concert des Königl. Musikdirectors Voigt im Pa-
last Bitrberini. Von den OrehesterpiAcen: „Die Na jaden“, Con-
cert-Ouvcrture von W. Sterndales ßennett, stark an Mendelssohn
erinnernd, Ouvertüre zu „Faust" von Lindpninlner, und Vorspiel
zur bibl. Legende „Die Flucht nach Egypten" von Hector Berlioz,
sowie Entrsct aus „Rosamunde“ von Franz Schubert, erschie-
nen besonders die beiden letzten interessant, jenes durch den
ihm aufgeprAgten eigenthümlichen Charakter, wohl geeignet die
Schwüle der Luft des Orients uud die Mühen der Reisen zu
schildern, dieses durch sein aomuthig melodisches Thema, wel-
ches leider nur zu sehr in die Länge gezogen ist. Besondern
Beifall errangen sioli die Gesangspi&oen des Fräulein Elisabeth
Adler aus Berlin. In der Arie aus „Margarethe“ von Gounod,
sowie in dem Liede: „Suleika“ von Mendelssohn und „Spaoi-
aches Lied“ von Dessauer, erfreute die Sängerin eben so sehr
durch ihre schöne, klangreiche Stimme, als durch freien aus-
drucksvollen Vortrag. Das letzte Lied wurde stürmisch da capo
begehrt und ausgeführl. — In den vorgetragenen Soloslücken des
Pianisten Herrn Herrmann Erler, ebenfalls aus Berlin, erwarb
dieser sich mit jedem derselben steigenden Beifall, wie sein vor-
zügliches Spiel ihn mit Hecht verdiente. Trat dieser Beifall
in der Sonate von Constantia Bürgel (E-dur) noch am wenigsten
laut hervor, so ist dies eben dahin zu erklären, dass das Pu-
blikum einem so tief angelegten Werke gegenüber sich atels
etwas reservirl halten wird Die Composllion ist voller Schwung
und Lebeu. Schlösse der erste Salz nicht so unvermittelt ab,
wir würden nicht anslehen ihn ein Meisterstück an Formvollen-
dung zu nennen, der Mangel einer Coda macht sieh übri-
gens auch im letzten Satze geltend. Zu den vorzüglichsten
Sätzen zählen wir den zweiten. Andante, und dritten, Scherzo,
obgleich das Andante trotz seines getragenen Charakters nieht
sofort dem VerslAndniss der Menge sich ersebiiesst. Das Scherzo
ist von dein Componisteu in glücklichster Stunde geschaffen
worden, da ist Originalität und zündende Wirkung vorhanden.
Ausser dieser Sonate tiörteu wir von Herrn Erler noch: Pas4^ile
von Händel, effectvoll vortragen, Arie aus „Don Juan“, Transerip-
tion von Bendel, sehr ansprechend voll reizender Klangwirkun-
gen, und 5te Tarantelle von Stephen Heller, in welcher der Pia-
nist durch bedeutende Technik uud feurigen Vortrag die allge-
meinste Anerkennung sich erwarb.
Paria Der unermüdlichste aller Componisteu J. Offenbach
hat in der vergangenen Woche einen doppelten Triumph gefeiert.
In dem ThtAtre des Bouffes parisiens fand am Dienstag den 7.
die erste Aufführung der „Prinzessin von Trebizonde“, im ThAAtre
des Varietes am Freitag d. 10. die der „Räuber“ statt. Beide
dreiaetige Opern batten einen Erfolg, der dem der „Helena“, „Pa-
riser Leben“, „Grosslief zogin von Gerolstein“ an die Sette zn
stellen ist. Ausserdem ging in derselben Woehe noeh eine ein-
aktige Operette desselben Componisteu „Romance de la Rose“
in Scene.
Rotterdam. Das letzte Abonnements-Concert der Singaca-
demie brachte unter Bargiel’s einsichtsvoller Leitung „Para-
dies und Peri“ von Robert Schumann. Chor und Orchester
leisteten Tüchtiges. Fräulein Weyringer und Herr Schn eider
von hier führten das Sopran- und Tenorsolo in gauz ausgezeich-
neter Weise aus. Die Alt- und Mezzo - Sopran - Parthie war in
Händen der Frau Franziska Wüerst aus Berlio, welche durch
sympathischen Stimmenklaug und innigste Empfindung derselben
besondere Bedeutung verlieh Das Baritonsolo sang Herr Egli
aus Cöln. Sein schönes, sonores Organ wirkte vortrefflich, und
würde es in noch höherem Maasse gelhan haben, wenn er es
nicht immer in vollster Kraft ertönen Hesse. Die mehrstimmigen
Sätze und die Parthie des Jünglings wurden von Mitgliedern der
Singacademie in befriedigendster Weise ausgerührt.
Unter Verantwortlichkeit von K. Bock.
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hält ihre Pianofurtes aller Gatttungen, in Flügel-, Tafel-
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bestens empfohlen und ladet zum Besuche ihres Magazins
ein. Preislisten stehen zu Dienst.
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- 415 —
Concert-Repertorlu
in
Itltl.
12. Deeembrr. Vierte« Abooee-
tnaarts-Cotaeert, Oxford- Siafonie
von Conerrtaria „Ab.
irrflcu u n Beethoven (Frau
Lutie btringer). Cnnrrn fOr
Violutirrll v. KikerttHr Kabul).
Andante und Allegrrlto au* ei*
■irr Sinfonie in A dur (Manu-
al ripti vun U. Wille. Adagio
und Finale aua dmi 2i.Vii*lm-
coneert von Viulli iFrlulrii
Tbrp.»e Liebe a. Paria). Drti
Lieder, a. Auf dem Waaaer
tu singtn v. Schubert. b Kr
alea Gröl* ». SrbuBiaiin
Fr Abling im Feaea (F
ringer) Vorspiel xu der Oper
„l)re Melatrraingrr” r. Wagner.
Br&aoschwelg-
L Derember. Krale Sotrea für
Kammermusik. Trio Op L
„Bel reggiu- aua der Oper
..Semiraiin» ' v. Hosaitti. Arle
aua der Oper „Iphigenie auf
Tauris“ von Gluck. Coneert-
sldtk iF mull) lür Pianofdrle
vaa Weber Cavalitt« aus
t’aulua „Sei getreu“ t. Mt n
delasoha „GMkklria im Thal"
aua der Oper ,.Kur)antli«*' von
Weber. „Der Nuasbaum" nnd
„FrAbliMaanarbr v. Sibumann.
„Drr .Müller und der Bach“
und .. Morgrnallndebtn" wn
Schubert Uueerlure „Turan -
dof von Larbarr.
Hrrkrr. Weleker old Müller.
p. 64) von*
k-durop.19)*
Quintett iU-dbf
No. i roo Mcuart
Ser*
Dreher. Weleker 1.1
I Quartett (Cdm Op.
T LkiTnu r. Quartett IA-i
V Beeibuveu pül
sühn. llea Viuliiicunccrt von
Spohr (lir. Coneertmeitler Köm-
p»l;- 1 vieraumnuge Gcaloge.
a. >«cbrgebe4 von Bäcker, b.
Widerspruch v. Schubert e.
„Oie Wncbe kommt“, Qior aua
der Uptr „die beiden Geixigtn“
von ürelry. Mkrtlieubiliier (Ar
Piano und Viola v, Schumann.
«Herr Hodkapelim Laaaeu und
CbBcerim. hütnpel) )le Sin-
fonie in A-dur v Beethoven •
Kill.
L Uerewber. t-Auftrs üurietmb-
Coneert. Salumoa, Uraluri um
von llindel (Di* OrgelBliinme
von .Vlendelaaohn.) I)ie Soli
«erden »orgci rag* u von brau
Joachim aua Berlin . Fr lu lein
U)
Clavier und Violine {C-i
von Beethoven Adagio a dem
i, Conrerl (lir Violine v. Spohr
1 Ctatlersoli. a*"l reuiulo von
Tlialberg b. Hflhi eapricr kmm»
voa Mru;ela« Cbirtiert für
Violine voa Vieuitemp*. Cla
«ier- Banale ;D moll) v Bert Im
Cla viert tli a. Nocturna (Fie-
dur) von Chopin, b. Marria
gioroca von Miller, r. Ballade
v. Reivierke IJederkreis (^Vn
die ferne Geliebte“) v. Beadm-
ven (Herr Kammerainger füll i-
Scb<illi»<iie Ouvart. „Im Hoch-
land“ vaa Uade.
en. Othello Fantasie v Krnai. j lleebr. Krala Soiree t S-Ion n
Groaae Faulaaie Uber „V
voa Lasit.
Zweite Soiree der Rouigl
V o< »Ikapeüe. Molrtle „Hodie
Christus“ . doppelcb&ng von
Palralnua Ave Maria, vierel.
von Vmuria. fieeonet in lau-
dibu*, IQnfat v Errard. Arie
Mir Banlua von Slradrll* (Herr
K.uderinann). „In den Armen
Kammer- Musik. Trio (G moll)
von Schumann SoloulAcka für
Pianof Waiiderelunden Op ÖÜ
(HeflL No. IJ v Heller Marach
(ana Op. ?ft) vor) Schumann
Wandrrslunden Op.
. 2i and T
I Heller ^ii urteil (H-dur)
lüden Op. hü (Heft L
No. *1 und Tarantella (Op. SM
von Heller Quartett (H-dur)
von llay Jn. CUvier - Suuaie
(C dar) von Beethoven
No iL. G-dur von Beethoven, fl, Uccetubar. Coaeert d«a Mu
Drei Lieder von Baetbovan.
a. flatle n liebe, b .Maiengeaang.
e. Neue Liebe, neuea I^ben
(Hr. Woltern Zwei Fanlakie-
alflcke (Ar Pianvforte, Viuliae
und Cello r. Srbnmann. Op.
a fiuett b. Im Mancbtcmpo.
Zwei Lieder von Schubert a.
Im AbendroUi. b An mein
Hart (Herr Wolters). Vuarleit
v. jMradelaaobn. Op. II. K moll
Bremen
L Oerember. lln Privat * Cm-
cerl. Symphonie H - dur von
Srhumauu. Reell, und Arie
„Auf »larkem Filtige“ aua der
„SrhApfuag“ v u n Haydn (Frl.
Math. Wi ferlm. Iloloprrnain-
gerin a Deaaau). Concrrl für
Violine, A-uioll » Viotti (Hof-
kapellm J Itoll a lUnuovrr)
Aladdir, Mkhrrben - Ouv erluro
von C F. K Homrmann lium
laten Male; Cavatina a, „Nor-
ma* (Frl Wekerlinl Adagio
und Hondti für Violine » Spulir
(Herr Bu4l|. Zwei Li* drr von
alkalischen Verein». Ouvertüre — v w
Ketaehau aua Krfuri.' Ilru Vogl) dem“. KlnUi «.Frank,
au» Müi» heu und Frl Wciae «»-*-*■- *»-i~—ii-
aua Neuaa. Oie Orgtl geapiell
vuu drm KAnigl. Munk Lrirn lor
Herrn Weber.
Lelpllg.
Stlkrke für Violoncello a.
Stmlsaad
ce/l iF ntoll) Idr Planoforte
UeunttL Variationen für Or-
' h rat er über ein Orginai- 1 hema
v VViirr»! Oa» .MRUrben von
Cola von Reinlhalcr. Fantasie
für CUriueOe vun Heuaiger
tHerr UAsanrri Finale a. der
Uptr ,, Aior und Zeioira" von
Spobr
tiöttiogen
!L iitebe. Zweite» «kadeiai»! lies
Coneert uni. Vlilwiraung d Hm.
Albert Guwa. uuvtrlure xu der
Oper „Oie VeaUlin“ von ftpon-
U ui. Coiutrl lA moll) lür Vio-
luneell von Goliermanii Dop-
pel (faarlilt a <1. üralor.um
„Kliaa“ von Mendrlaaobn.
i StOeke für Cello a „Air**
voo Jv. Bach b. „ Musette u .
TartaH (Ilir FraueoaUnunea)
aua „Elia»" von Mcadetiauhn.
Musik xu .^Iguiont“ von Bee-
thoven.
Hamborg
hau» • CoucerL Ouvertüre xu
„Uberuu“ von Weber. Li»der
lür Soprau und Mlaucreiiur
vun F Hillrr. lila» Sopran -
Solo g«tuo«( v. Krau Peaehks-
Lentner i Symphonie C dur v
Georg Virriiug (lum ersten
Male), unter iJixetlioii de* Com-
pomateo Caeeilirn - Ode lür
Soli, Chor und Orebeater von
Haeadel. (Die Soli gesungen
Pergute»e ( Herr Hufmuaiker
Werner) Zwd doppelitürig»
Geatuge von Seiiumatm. a
An die Slrrne b Taliaaiaiie
Abendliad, viersl von H»yda.
Zwei ^ italieniarbe Tanxlieder
von Gatluldi. Zwei Lieder für
Sopran, a ,Jui 'chatten der
Cypresaen' von Hlndrl. b
„Uuldcr HHHbenutai“ v. Gluck
'.Frau Oiri). Urei aualAndiselie
V'olkst.edrr. lür vienL Oboe
bearbeit»! von Mairr. Oer
lli Psalm lür > ier»i Chor
und Urgei v. s. Hach.
Herrn Krbliug)
Li. FAn(t»a Coiirert de» Munk-
«rteiu» Kuterpe“. Ouvertüre
xu „Maulred'’ von sdiuuiaun.
Caip rrt I4r Piauo.'orte (Kt-dur;
vou Brelboveu (Herr Kapellui.
V„li Und) Arte au* „Tiiu»“
Moxart iFr.1a.iiii Auaa
Stornier) Zwei b«vh»*t Lied* r Dn embrr. t. CoiKert popu-
lär gern. (Uior mit Ptaiioloiie Uire. Cnnrrrt-Ouvtrlure Op. 2
Behob* rt a Du bist die Muh. Lleeember. Außülirang de#
b. Mofgentlindcban (Frlulem Musik-Vereiua v. IM . Har-
Wekrrün). Ouverl xu ..Leo-
nore“ (C-dur) No. 3 von Hea-
tkavu
Breslau
IL Den- rotier Fünfte Soiree des
Vereins für Knnnm rmasik.
Qa»r1e*t (D dur. No 1) v Mo-
xsrt Arie a „Figaro’s Hoch-
»eil“ von Moxart (Frl OrgCni).
Varialionen für Pianotorte und
Violotirell von Mrndrlasohn.
Drei Liedrr von Sehumann-
a. Milte Liebe b Volkslied
eh« b. e. leh »andre nidil |Frl.
Orgeni). Unart* H (F-dur) von
Sehumann £ Lirdrr. a. Mig-
non von IlertlMiven h. Perai-
»rliea Lied v Hubinttein (Frl
OrgCni)
L Coneert de# Orrlieslervereina.
„i'as Alexamierfesl*. Oratorium
von RIsitrL
Chemnltx
UL Derember L Abonnement-
Coneert der ChemniUer (6in-
rrrt-Geaeilseliali, unter Milwir-
Ir* des Herrn Kaprllu. ei*lcr
Reihe» ke »os Lejpng und der
Canrrrl»ingtrm Frl. K Adler
nun Berlin Sinfonie Op ~}j
laoni« der Spbirvo V A. Hom-
berg. Ihrtenhed von Mendels-
ncdin AUrgro »pasaionsto Idr
Plano von IL Ber*na. 2 Lie-
der Idr Minncratimmen von
.Solbrügk ». S-iinUg». Frühe
b- Im Wald. „|.a d«nse de«
leea*’ lür Piano v Jsell. Wi»
du ao lieb mir bist v. Kalling
Nm higesang von Solbrügk
Deals* hlsun von Mendrlssohn
Lobg«ssng vun Mendelssohn.
L. üicember ist« Soiree für
Kammermusik der Uerrru H.
Nie mann, Marwrge, Wiemanu
unle» .Mitwirkung des Hrn Lir-
barmanii S.iiiatr m K-inoll,
für 1 Viol.. Cello und P.tr >.
Coretli. Cbaeonne Idr Violine
von S. Harb, mit Ciavierbeglsi-
tung von Mendelaauhll. Varia-
tionen, Ks-dttr mit Fuge von
Beethoven. Tno. Op. il tEa-
duri von Kiel.
_ Ute Ouarlelt-L'nlerhalluag der
Herren Hnlmroati. Schmahl*
1 unil üble. Unart» tl G-dur
Li von Haydn yuartett
IVp «) von Uralitn». a. Dar-
It.ula'iTiirabgesaiig. b Viueta.
Meder atu Pi»nolofU (Ffiulnn
StüriDir). Harold Ui Italien.
Sinfonie vun Deriiui.
London.
LL Derember Monday Podu-
lar Gonreri Uuinlel (i moll
v. Moxart. Arie „Ach icii fohl'“
aus der .2UubertlBle*' v Moxart.
CUvirr-Sonat« InA-moll np 4 i
«on Schubert Kreutier-Sonsir
Op. 12 lleotboven. i Lie-
der Jxbkfers Klagelied“,
„Wohin“ von Schubert- Trio
in G-dur von Haydn.
Magdebärg.
iL Keeember Viertes Uanuonir-
CoaearL Symphunie F-dur v.
Berthuveo. Arte aus .Die
>dtlünmiliemt ‘ v " u , aellim
(Frt. Helene Gerl au» fätbunti.
VLultn-C» nnert v- -Molujue (Hr.
I.o dw. Straus* aua Lotidotij.
Zwei Lieder, a. ..Suleika • vou
VleiideUantiii b ..Irh muss
n.iu rium.il singen" v I '.it.nl
t Frlul. Gerl ). Nottnrn* von
Krnst (Herr Mraua) Ouver-
türe xu .. Imd»iaka*‘ v.-u Che-
rubim
Mönchen.
S Haeh b. Air von 1 December. Coneert der Kgl.
m.». u,.r^... ,i — Preuas. Coneert in J. de Swert
und Rehleld, unler Mitwirkung
der Frau Prlli Sirora und dea
Herrn Bratflarh. Sonate für
Violine von Huat Seene und
Arie aus ,, Oberon“ v Weber.
Faulasie AberGounod'a „Faust“
romponirt and vorgetragen van
Herrn da Swert C<avieralüejf
»o*t Bratflseh- ä Viofinaoli. a
Sfveria von Vteuxt-mps. b.
Abendlieu von Seltumaun 2
CellosolL a Alouient tnu-
»le.al von Schubert, b. Ada-
gio von Boeehenni Seehe
und Cavatine aus ..llernsni“
v Verdi ä Crlloaoli a. Air,
b. Gavolte von S Berh
Staligart.
L Derember AuBbhrung de«
Verein# lür kU-Hi»rin Kirtlien-
muaik unter Mitwirkung der
K ammerskngerin Frau M«riow
und der Upernskngerin Friul
Marselislk. Hierrrarn (Fuge)
lOr Orgel von Palesirina. Mo-
tette. sechasl. vun Orlandoa
de Lassun Trauergesang, 4*1
von J. Hlndel (Gajlua). Zwei
geHtliehe Csnximettrn fOr 3
-i ilosliminen mit Brgleit. der
Orgel, a. ,,llrrr Jcacr » Pale-
_ _ Tonrert populaire Jubel- »trma. b. .Jeau. mein Hort“
Ouvertüre von Weber. Sinfo- von S Veruvio. Fantasie aber
nie F-dur » Beethoven Ada- ein» Canione f#r Orgel von
gio aua dem Clariiirtlsn-Onin- Selieidt Cboral vou Sehmn.
lett von Moxart. Vorspiel tu Toeeata idr Orgel von Muffat
den „Vleielersingeru“ v, Wag- Duelt für Sopran und Alt mit
»er. Allegro appavaiouato, Orgelbegl. von Clan. Cantate
Sehern». Noelurne. Marsch aua für vienl *'f»or und Soloslnn
der Musik xum„Sotnmernarhts- men von S. Bsrh
treum" vun Meudelssnbn L Oes Abunueiiirnt • Coneert
L Coneert de* Consrrv atu- auler Leitung des Hefkapellm.
Courerlineistera Walter
und der Komgl Hofmugiker
Kanftler. Thums und Müller
Ouarletl A-dur No. i v. .Moxart
Ousrlett F-dur Op iS Nu. 1 i
Ueethuven. t)uarletl E* dar »
Cberubini.
PaHs-
on Hieix. Pasluralainfonie
Meulliutrn. Canxonelta a. dem
UuarleiiKa-durv Mendelaaohn
üuvrrture xu „Manfred“ von
SrhuniaiiB. L Suite Op LLI
y«aJ*ybp -*
1 y i). Cone
Sinfonie A - dur
.Mendelssohn- Motette von
S Raeh. Via|turoon«rt v. .Inn-
■ ikres Ouvertüre xu „Man
fre.l* i n Sibuinaiin Musik
xu den ..Ruinen vun Atlieu“ v.
Beethoven.
Pest.
Ln Derember L Ouarti-M-Abend
de* Florentiner Quartel!», üuae-
tett in A-dur No ± v Moxart.
Uuartrtt in F-dur » Hrrberk.
Ouarletl in Ka-dur Dp. II von
Beethoven.
lh. If Quartett- Abend d*«a Ho-
nttutr Qii ertrlln Quartett
llrn Doppler „Die S-Tiüpfuog“
v J. Haydn. Die Suli werden
aesangau. von Krau Marlow,
Hrn Jüger nnd Srhdlky
Wlei.
!tl November Zweites Abonne
menls-CiHierrl der Phiiharmn-
niaeben Cun erle unter Leitung
da* Huf-Opern Kapellm 0 Dea-
»olT. Ouvertüre, Seherin und
Finale van S-ltumann Vmlin-
Conrerl ( neu I von Brnrb (H-rr
ff Heir.iriL-j Ouvertüre tur
„FingalaliOhlr ' von Mendels-
sühn Sinfonie in G-ntnll von
Moxart-
A-dur > Schumann Quartett I .Derember. Drilles .Abunne- ifl B . dnr N „ ^ von M oxart IDeeember Coneert dea V,
i brhuhert-
B-dor v Schumann. Clavier- * le mosikaharhe Soiree d*»
Coaeert D dar v Moxart Ana
„Nun heut die Flur* aus der
„Scbüpfung“ v Haydn. Knlr’ar <
au« „Kfitng Manfred** v Hei
nerke. i Lieder, a Mund,
na* In v Schumann b >|uru
a*hea Lied < . Drssauer. Cla-
viersuli a. Noliiirno K» dur
v. Chopin, b. Marria gioeosa
von Hillrr. r. Balladr |0|
v. Rnureke. Oiiv*rtur<
Op LU von üi etbovi-ii
Coblens
& Deremhrr. LS«*w*e lür Kam-
mermusik d*r Herr*» v, Kd-
nigsKw. Japha. iDrrkum und
Renshurg Qii*rl*tt G-dur »on
Haydn Oaa’lell A muH (Op »J
von Schubert Qusrtrlt F dur
(Op. No Qiiin Keelbovrn
Fraokfart a B
1 1. Derrmbtr Cor-rert dea Or-
ebrster- Vereine unter .Mitwir-
kung v Krau Lederer- 1 brich,
llra. Dr (»unx und llrn Pianist I Dreember.
WallenateiB. Sinfonie Nu. 1 *' “ “
iC-dur) von Bretbuven. An»
Herrn S. hrailin k und i-rAul'in
Vftlkers. Viouii Sonate D moJI,
Op. 21 vun Gade. Viotm-Hu-
mauxe li-dur von Berllmvrn.
Fantasie F-mull Op. Dl *. t im-
Pin Bar<ar ule und Srüerxu
Iflr V ml in* >. Sp> hr Clavier-
Quartett ü-nibll tun Bruhms.
HADAover.
(Op 2Uj ^ November. Zweites Ahunne-
e C dur ■> eats-Cui << rt uni Mitwirkung
ilrs Hrn. Wulielmj. Ouvertüre
tum.Sumtneriisi bist rabin“ von
Mindrlsanhn- Arte „Ka ist
genug*- aus ..Elias“ von .Men-
drUiohn illr K*llrr). Vioün-
Cax»«ert von David. 2 Lieder.
„Mil Myrtbru und Hi »en“vnn
Sehumxnu. „ErMarruug** von
Schubert Othello Fantasie von
Ernst Arie Hlr Violine v. Hach
(flr Wilbitmi). Sinliwne No. B
(D-dur) von He. tltoven.
Jen*
ademii
meiit-Cjiicert der mnsiksl Aka
deinir Sinfonie No. 1 H-dur
Op. 2U. von Gade. Arie („Aeh
nur einmal norh iju l.etien")
a d. Oper „Tliua“ v .Moxart
(Friiileiii Stehle). Tripel-Cwn-
Qaartrtt in F-dttr Du ü No. 2
von Seliauiann. Qoartell in
E-nioIi Dp. IN« 2 von Bea-
Pf*|.
cert (A-ntoll) für Klavier. FKile 10er»mb*r L philhariuoinaelie»
nnd Violine mil Begleitung von , .- ,u ‘' r,u ^* * ,r lr, ‘
Strrn-hinatrumeiilrb vou S. *-l»*»l**^nky V W
R>r h (Herren IL Schnitt. Till- ■!•«•• LN*" »■*«•» F. Ha- h
melx und Ventil Zwe. Ll*der , Violm-Coneerl von Bruch (Hr
a Vorüber v itt.riohrrger b l Hetmewilx) Sinlome ero-
Die Mo.e. die LtlT- »F *on “'» voa Berlhue—
linvirtuoaen Wi heim B-ae
kiraky unter Mitwirkung drr
Hnfuprrnaliigerin Frt v Hali*
tinsky und des Hm.lguax Brüll
VmiIio Conrert -A-dur v. Ilrae-
kinky. Arie, ge» v Krfitilelu
v. HabaOnaky. Ballade (Aa-
dur) vun Chopin J Viulinauli
Abendlied v. Sehumann. Ad*
gio von Raeh Trufelslriller
TT SaU) von TarttSt ZWJT
i.ieilrr, gen von Frl v Haha-
Zenxy (Krlul. Slehl.j- Du» er- ^ J'hilharmoni.eJtea
Tore tur Oper „Olympia“ vt.n
Spontmi. 2. Stuf me U - dur
Op. 3S von Heethnvsn
L Coneert ton C Wallenreilar.
unter Mitwirkung dva Herrn
Herrn. S»hul(x und der Bnfmn
siker Herren Biürkurr und
Weriwtr Trio in B-dur von
Haydn. Liederkreis „An dia
fernr (ieli* bl«“ von llr*ihoven
Klavierstürke a. L>*s . Abende *.
.Jultui
t*it Otiverture
C«asar“ v . S> humann
riafilHtffM Diehiuug
C dur Sinf.ir.tr vun Sehubrrt
Vorspiel »o den „Meist* r»in-
gern“ von Warner.
Schwerin.
2U. Novembar Zweites Aboune-
meiiU-Coufert uut Mil Wirkung
de# Herrn Cipellm. Rei — l -
Ueaekirsky.
Coneert Polonaise von
Wartburg.
l^stl. L Derember l Quartett • S-urre
vrranalallet vun Carl Hamm.
Kaprlim. Brandt, Coneertm.
V flamm u. Bernhanl. Quar-
tett |B-duO v llaydn. Quartett
No Ll(F-dar) » Moxart. Solo-
Quartett (Kdurt von Spohr
Zwick**
, aus Leipxig. Suitt t>o- 2l vm*l«i. November II Kammermusik
Haff b Conerrt-Polonaiae V | F. Lai^ ntf- Coneert I riju-j C
ConrerL Ouvertüre xur ,^clt*- t Conrrrt von Herrn und Fr an
Meluaine“ v«n Mendels- Ziegler-Legraod Sonate für
Sdiolts(H-Sehullt) l.nd*rkrei» ' forte (Fla imill) von Heiuerke.
v. KrrlienJi rff * Seliuuiann. (Hr Rrinrcke I Arie der Con-
alanxe au* der ., Entführung“
voa Moxart (Krbulem Rudolf)
Soiree v HuB- relii'IT Schierge
und Türke. L Trio ( D-mull
(Op von Soltuman«. Kreu-
Ucr-Sonale v Beethoven. Trio
(C-nanll Op.6t*iv MendeUanhn
416
In unserem Verlage erscheint mit vollständigem Eigenthumsrecht:
DIE PRINZESSIN V. TREBIZONDE.
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Verlag von Ed. Bete 4 6 . Book lE.Boekr, königl. Holtaiisikhamlitm^ in Berlin 1 ! Französische Sfr. 33». und 17. d. Linden No 37.
■teunl iu# C. ft Sshmidl io lW(m. Unter den Lind«n So. 3«
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XXIII. Jahrgang M 51.
Vm dif*»r z»ilun* tr»f heint «tkbfallieh
eia« Nummer.
22. Deeember 1869.
Zu beziehen durch;
Will. »piiu. Ua%llng«r
Paris Brandet« .V Dufour.
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St PETERSBURG M Bernard
STOCKHOLM. A. LumJquuM,
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Die geehrten Abonnenten unserer Zeitung ersuchen wir, den nächsten Jahrgang rechtzeitig ver-
langen zu wollen, um eine Unterbrechung in der Zusendung zu vermeiden.
Wir fügen die Bemerkung hinzu, dass unsere Zeitung im nächsten Jahre wiederum in S2 Küm-
mern. und zwar jeden litt woelk- erscheinen wird. ■■ ■«
n
Cal. €«e*«r. William Rntcliff, Oper in 3 Acten.
Dies« russische noch der Hetneschen Tragödie von
Plestchejcff henrbeitete Oper, welche genannter Componist
in Musik gesetzt hol, ist im vollständigen Claviermiszug als
Eigenthum des Tondichters in prachtvoller Ausgabe bei
Robert Seitz, dem Leipziger Verleger, erschienen. Aus
der Vorrede erfahren wir, dass obiger Herr Pleslchejeff „die
Mitte des Uten Aktes, die Hälfte des 2Um. und den ganzen
3ten Akt ohne alle Veränderung des Heineschen Textes
ausgezeichnet übersetzt” habe. Natürlich passte hinterher
das deutsche Original nicht zu der auf russische Worte
komponirten Musik, und so war man genflthigt wieder eine
prosaische Uebersetzung in’s Deutsche zu unternehmen, um
die bereits in Petersburg nufgeföhrte Oper vielleicht auch
deutschen Rühnen zugänglich zu machen. Diese Ueber-
setzung ist nun aber so entsetzlich ausgefallen („wenn du
mir Liebe berat“ — „dies Hochzeilsfest wird gewiss lange
Zeit uns im Sinne stehn“ — „ihre Küsse gab ich ihr dop-
polt, möglichst dreifach, wieder” — „der Vorhang fällt
leise” — „er ersticht sie in der Alkowe u — „sein Schnarch
schrockt eucli wie ’n Donner“ — „ein jeder kann es sagen
dass du gemuxt zwei wohlgeborne Lorde“ — ) und die Re-
geln der Metrik und Prosodie sind wieder bei’m Unterlegen
so ganz und gar nicht beachtet worden lalle Augenblick
begegnen wir kurzen Sylben auf guten Takttheilen und lan-
gen Noten, oder langen Sylben auf schlechten Takttheilen und
kurzen Noten) dass fflr den allerdings undenkbaren Fall
einer Aufnahme der Oper diesseits des Niemens, jenes rus-
sische Deutsch nochmals in deutsches Deutsch übertragen
werden müsste. Indessen würde ein Componist . der sein
Werk in so splendider Weise auf eigne Kosten edirte, al-
lenfalls aucli noch einen deutschen Textdreher auffmden
und honoriren können, damit der Stein des sprachlichen
Anslosses aus dein Wege geräumt werde. Schlimmer sieht
es mit dem Sujet der Oper aus. Heine war gewiss ein
Dichter von Gottes Gnadeu — aber über seine Tragödie
Ralcliff, oinc Jugendarbeit aus dem Jahre 1822, hat die
Kritik schon längst den Stab gebrochen; nicht bloss wegen
der grausenerregenden Grundidee des Stoffes, sondern aucli
weil dieser Stoff in widersinniger Weise behandelt worden,
so dass er jetzt trotz einzelner poetischer Schönheiten dop-
pelt abstossend wirkt; auch ist das Stück — meines Wis-
sens — nirgends aufgeffihrt worden. So wenig nun die
Tragödie lebensfähig war, eben so wenig ist es, abgesehen
von allen textlichen Mangeln, diese ihr nachgebildete Oper.
— Und die Musik? Ja, die Musik verräth ©inen talentvol-
len Mann, der aber leider! auf falschen Wegen wandelt.
Es wäre Vermessenheit zu verlangen dass ein Componist
grade so componiren müsste, wie es mir als seinem Kritiker
gefüllt; die natürlichen Anlagen sind verschieden, der Ge-
schmack ist verschieden, und allerlei Volk kann seelig wor-
den. Reichardt, Zelter, Beelhoven, Schubert und Löwe
haben dieselben Göthe'schen Texte componirt, keiner dieser
Fünf wie der andro, jeder in seiner Weise, und alle zu-
sammen wieder nicht so als es ein Öler oder 7ter gemacht
hat oder hätte; desshnlb, weil ich nun Einem von ihnen
den Vorzug gebe, brauche ich die Leistungen der übrigen
nicht für misslungen zu halten, so wenig ich behaupten
darf: jener Eine müsse unbedingt der beste sein, weil Ich
ihn als solchen anerkenne. Die menschlichen Naturen sind
sich weder im Prodooiren noch im Recipiren gleich, und
grade diese Vielseitigkeit ist eio Vortheil für künstlerische
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Zwecke; sie können auf hundertlei Weise gefördert wer-
den, wenn ihre Hebel Oberhaupt nur auf geläuterter Em-
pfindung und Denkweise beruhen. Wie ich aber zu der
(Jeberzeugung gelange, dass jemand nicht empfunden son-
dern ergröbelt hat, wie ich seiner Musik das mühsam Her-
ausgetflftelte und ängstlich Gedrechselte anhöre, mit Einem
Wort; wie ich sagen muss, „das ist nicht Natur, das ist
Erdachtes und Gemachtes 1 ' dann ist mir die ganze Künstelei
keinen Heller werth. Wenn Herr C. Gui gleich im Uten
Takt seiner Ouvertüre folgende Akkordverbindung bringt:
und wenn er dies Vorspiel mit nachstehenden Takten schliesst :
so behaupte ich, dass solche Ideen nur dann natürlich sind,
wenn sie aus dem Kopfe eines mit Recht im Irrenhause
Eingesperrten entspringen ; und dass, wenn also ein vernünf-
tiger Mensch, wie Herr C. Cui doch gewiss sein wird, der-
gleichen Monstrositäten auf allen Seiten erkennen lässt,
dass er sie dann nur mit vollständiger Verleugnung seiner
ihm verliehenen Anlagen zu Papier bringt, um etwas ge-
leistet zu haben, was sobald kein andrer leisten wird —
wozu man aber gar nicht musikalisch zu sein, son-
dern nur eine gehörige Dosis Kühnheit zu besitzen braucht.
Lebernil wo der russische Compouist sich von diesen Ab-
normitäten fern hält, bringt er zumeist Gutes und Eigen-
tümliches; dies glaube ich ist das grösste Lob, was der
Erfindungsgabe oines Tonkfmstlers gespendet werden kann,
und es ist daher um so beklagenswerter, dass ein solcher
ach darin gefällt seinen gesunden Körper absichtlich durch
Aussatz und Pestbeulen zu prostituiren.
Allen denen aber, welche diesen Clavierauszug nicht zu
Gesicht und Gehör bekommen, theile ich zum Schluss aus
einer allgemein bekannten Oper eine musikalische Phrase
mit, die sich vortrefflich zu einem Gedenkblatt (mene teket)
Das ci$, welches hier im Bass ausgehalten und im vierten
Tact von der Singstimrae angegeben wird, ist für die har-
monische Struktur der oberen Akkorde ganz gleichgültig;
mit demselben Rechte könnte es h b gi* g f t d oder
sonst einer, vielleicht auch zwei oder mehrere, der in der
Oberstimme vorkommenden Töne sein. An dem Studium
solcher Vorbilder entwickeln sich denn die herrlichen Ka-
kophonieen der neuesten Schule! In dem hoffentlich bald
erscheinenden ..Lehrbuch von den Diskorden“ fdenn Ak-
korde kann man doch dies saure Ragout von Notenköpfeu
und -schwänzen nicht mehr nennen) wolle man gefälligst
obiges Beispiel aus Wagner s Tannhäuser (Clav.-Auszg. pag.
253. 254.) als Vignette auf das Titelblatt setzen.
H. Dorn.
Berlin.
Revue.
(Königl. Opernhaus.) Das Reperloir der verflossenen
Woche brachte am 14. „Loliengrin“ mit Frau Maltin ger und
Herrn Niemann; am 16. „Mignon“ mit Frau Luc ca; am
17. Gouood’s „Romeo und Julie“; am 18. „Mignon; am 19.
„Romeo und Julie“.
Im Friedrich-Wilhelroslädlischen Theater ist man nach
den wenig erfolgreichen Novitäten der letzten Zeit wieder zu
dem Offeobach - Reperloir surüekgekehrt. „Pariser Leben“,
„Schöne Helena“, „Grossherzogin von Gerolsleiu“ fanden den
gewohnten Beifall. Mil Spannung erwartet man die beiden
neuen Operetten des beliebten Maestro, die nach dem bedeu-
tenden Pariser Erfolge wohl sehr bald ihren Einzug in Deutsch-
land hallen werden.
Das Reperloir der vierten Sinfooie-Soiräe der Königl. Ka-
pelle gab diesmal ausschliesslich nur ältere Werke, und zwar
1, Sinfonie C-moll von Haydn, deren Violoncellesolo im Trio
der Menuett vom Concertmeisler Julius Slahlknecht sehr ge-
schmackvoll vnrgr -tragen wurde, 2, Ouvertüre zum „Beherrscher
der Geister“ von C. M. von Weber, 3, Ouvertüre zu „Ruy
Biss“ von Mendelssohn uud 4, Sinfonie A-dur von Beethoven,
welche sätnmllidi in so lebendigem Schwung exccutirt wur-
den. dass kaum etwas zu wünschen übrig blieb.
Das zweite Conccrt des Frauen-Vereins der Gustav Adolf-
Stiftung brachte am 17. d. M. ein seit längerer Zeit nicht ge-
hörtes Werk: den „Faust" mit der Compositon des Fürsten
Anton Radziwill und verbindendem Goethe'schen Text. Das
grosse Auditorium dieser Soireen kann sowohl für die Wahl
ah Ausführung dieser Schöpfung des kunstgebildeten. feinfüh-
lenden Componisten nur dankbar sein. Zunächst müssen wir
der meisterhaften Leistungen der königl Hofschauspieler Fräu-
lein Louise Erhartl und des Herrn Bernd al gedenken, welche
die Parthien des Gretchens einerseits und des Faust und Me-
phistopheles andererseits zu reciUreu übernommen hallen. Den
einen Wunsch möchten wir jedoch ausspreehen, dass Fräulein
Erhartl die Ausführung des Liedes: „Es war ein König in
Thule“ auch dem Fräulein Decker, welche mit dem Königl.
Domsänger Herrn Geyer die übrigen (Jeder und Arien mit
bestem Erfolg ausführte, überlassen hätte. Der Schwerpunkt
des Werkes liegt aber in den Chören, die mit grosser Vorliebe
und Wirkung behandelt sind. Die Ausführung derselben durch die
Mitglieder der Singakademie kann eine wohlgelungene genannt
werden: sehr gut waren Sopran und AU, während der Tenor
und Bass (besonders in den Männer - Chören» mehr Festigkeit
und Energie wünschen lieasen. Von ergreifender Wirkung
waren die Chöre: „Christ ist erstanden“ und „Schwindet, ihr
dunkeln Wölbungen“. Eine vorwiegende Aufgabe, die von
der Berliner Symphonie-Kapelle anerkennenswerth gelöst wurde,
fällt dem Orchester zu; in den melodramatischen TheHen wäre
jedoch, um die Recilirenden nicht zu decken, eioe discretere
itize
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Behandlung erwünscht gewesen. Das Ganze leitete Herr Mu-
■ikdirector Bl urinier mit Umsicht und Energie.
Die dritte Quartett-Soiree Joachim’» bot neben einem
liebreizenden Quartett von Haydn (dem der Meister ganz be-
sonderen Cultus zu weihen scheint) und dem E-moll Boetho-
ven's, das in A-dur von Schumann; bei diesem müssen wir
verweilen, da die Ausführung eine ganz für sich dastehende,
mit keiner andern zu vergleichen war. Wir haben dieses
Tonwerk schon zu öfteren Malen, und von den bedeutendsten
QuartettkünsUem Vorfragen hören, aber bei aller Vorliebe für
die ersten drei Sätze keine Freude am Finale gemessen kön-
nen; es erschien uns zu sehr rhythmisch einförmig in der
oftmaligen Wiederholung des Hauptthemas, und nicht genug
syntactisch gethoilt, um d e n Eindruck eines gegliederten Gan-
zen zu erzeugen, welcher die Hauplbedingung des Rondos ist;
von diesem verlangt man ja knappere, gedrängtere Form als
Gegensatz des ersten .Satzes und des Adagios, wo der Conipo-
nist seilten Ideen den breitesten Erguss gönnen mag. Wie aber
Joachim und seine Kunst-Genossen jenes Finale vortrugen, da
erschien cs uns mit einem Male in einem anderen Lichte; sie
nahmen das erste Motiv in rascher gedrängter Bewegung,
spielten dagegen den ganzen Mittelsatz ruhiger und langsamer
und beide mit solcher Klarheit, dass die Formen aufs Bestimm-
teste hervortraten, und gegen Ende, wo sich die meisten Künst-
ler durch den erregten (Ihnrakter des TonstQckes zu raschem
Tempo hinreissen lassen, entfallet Joachim eine immer mäch-
tigere Breite des Tones, wodurch die sonst in leidenschaftlicher
Hast sich Überstürzenden Passagen zur vollendetsten Anschau-
lichkeit gebracht wurden- Nur wer dieses Quartett genau
kennt, seine immensen, den Instrumenten oft härtesten Zwang
Audegenden technischen .Schwierigkeiten, die rhyythmischen
Verwickelungen, die oft verwirrenden Gange der melodischen
Sätze. die fast immer zwischen den verschiedenen Instrumen-
ten vertheilt, nur wer sich an die Harmonik -Schumanns ge-
wöhnt hat, die bei aller Innerlichkeit doch manchmal in pfad-
loses Dickicht abschwcifl, nur der vermag die Höhe dt? Leistung
Joachims und seiner wackeren Milstrebenden zu bemessen.
Sie war unvergleichbar auf höchster Höhe der wiedergeben -
den Kunst stehend. d. R.
t o r r f h p » n d f ii z e n.
Paria, den 18. December 1869.
Die zwei neuen grossen Erfolge OlTenbnch's: „Les Bri-
gands“ im Variötö-Theater und „La Princes.se de Tröbizonda“
in den BoutTes parisiennes sind die Quint-Essenz frischer pi-
kanter Melodien, und der vis comira des Offcnbach'schen
Genres. Neben den äusseren Reizen dieser leicht hin fliessen-
den Musik, die den Situationen trefflich angepasst erscheint,
Anden sich Acht musikalische Momente, würdig der besseren
Meister im Gebiete der komischen Oper. Es ist nicht mehr
die einseitige leichte, bloss parodirende Musik — es geseilt sich
hierzu eine sorgfältigere Instrumentation, und manchmal sogar,
tu drastischen Zwecken, ein kleiner Slreifzug in’s Gebiet der
Contrapunktik und Cauonik. Man erkennt, dass wenn (MTrnbarh
gelehrtere Musik schreiben will, es ihm nicht an Mitteln fehlt,
insbesondere bri seinen die Parodie erhöhenden Zwecken.
Das Sujet der „Brigands", verfasst von den Herren Meilhac
und Halevy, bietet eine gelungene Satyr** auf untreue Kassirer
und moderne Finanzwirthsehaft. Die Räuber, welche an einem
fremden Fürstenhofe mit einer falschen Braut • Prinzessin in
Verkleidung hausen, um daselbst die Mitgift der echten Prin-
zessin einsustreichen, finden alldorl, bezüglich des Verachwin-
deomachens der Millionen, ihren Meister. „Ich glaubte“, so
ruft der Chef der Bande, „einen Finanzminister zu ftndeu, und
finde einen CotlegenI“ Besonderer Jubel erregte in dieser er-
heiternden Scenenreihe das Rondo der Carabioier mit dem
„Entendez vous les boltea, les bottes, lesbotles!“ — Die Fräu-
leins Zu Ima-Bou ffar uud Aimöe, und die Herren Kopp
und Leo nee brillirlen in dieser lebensfrischen Piice,
welche dem Variöte - Theater nun täglich das Maximum der
Einnahme (über 6000 Francs) verschafft. Paris schwärmt für
diese Räuber, welche es auf unsere Kassen mit der unzwei-
felhaften Intention abgesehen, bald auch die Finanzen der
Theaterbesucher in den verschiedenen Ländern und Weltthei-
len in Contributiou tu selten. — Auch die neu ausataffirte
„Prinzessin von Trebizonde“ ist zu Eroberungen geboren ; diese
Dam« gefällt so sehr, dass sie nunmehr nicht, wie zuerst in
Baden-Baden, in zwei, sondern in drei Acten erscheint. Was
früher nur erzählt wurde, wird nun wirklich den Augen des
Publikums vorgeführl, und da dabei auch die Ohren, Dank der
neu hinzu componirten Musik OfTenbach’s, nicht zu kurz kom-
men, und da sich die Drollerie von Act zu Act nn glücklich-
sten Uebermaase steigert — ao gab es natürlich einen neuen
übermässigen Erfolg. Diese Prinzessin ist nun ebenfalls all-
abendlich von Pariser Elegants bestürmt und umworben, ob-
wohl, und vielleicht cbm weil sie keine <— echte Prinzessin.
— Gestern Freiing fand die Generalprobe zu Auber's neuester
Oper „R6ve d’Amour“ in der Opera comique statt; wird die-
selbe die goldenen Glückatage des „Premier jour de bonbeur*'
wieder bringen, oder wird sie nur ein kurzer Traum sein? Nach
der eben gehörten Generalprobe au urtheilen, wagen wir diese
Fragen nicht zu entscheiden. Das Sujet ist anmuthig, lyrische
Situationen wechseln glücklich mit erheiternden Episoden; ins-
besondere ist die Entwicklung des zweiten Actes von Interesse.
Ein junger Bauer liebt eine junge Marquise, welche er unter einem
Baume schlafend fand und küsste; uud nur dieses Liebestrau-
ines halber seine Braut im Verlobung» • Momente verlässt. In
der Entwicklung stellt sich indes» bereu», dass die Marquise
nur ein angenommenes Kind, und ebenfalls gebürtige ßauers-
tochter sei, die das Vermögen des Marquis erbte — was an-
scheinend die Distanz zwischen dem liebenden Bauer uod ihr
vermindert, doch schliesslich findet der Liebestraum dahin seine
Ernüchterung, dass beide sich als Geschwister erkennen; wo-
rauf denn natürlich der Bauer, der mittlerweile Kapitain gewor-
den, und von seinem Rivalen, dein Liebhaber der obigen Mar-
quise, im raschen Avancement und im Handhaben der Waffen
aus dem Grunde unterstützt wurde, damit dieser sich als eben-
bürtig mit ihm duelliren könne — wieder zu seiner anfäng-
lich angelobten Braut zurückkehrt Was die Musik zu diesem
charmanten Sujet betrifft, so sagt eigentlich die Firma Auber
schon Alles. Klare, durchsichtige Factur, reizvolle Rhythmen,
edler Gesangsstyl, delicale Instrumentation — vertäugnen auch
hier nicht den berühmten, Acht französischen Alt-Meister. Die
Liebes • Romanzen des ersten Actes, die reizvolle Scene der
Blindekuh-Spiele im zweiten Acte, das Duo und Finale des-
selben Actes, ferner ein allerliebstes Terzett im dritten Acte gaben
ll. A. schon bei der Generalprobe Anlass zu den stürmischsten
Beifalls-Ovationen und beweisen die Jugendfrische des nun bald
90jährigen Meisters. Der Erfolg der uächslen Montag bevor-
stehenden ersten Aufführung dürfte überdies durch die treffliche
Aufführung und geschmackvoll« decorative Ausstattung assecu-
rirt sein. — Dt? Berliner HofopernsAnger Wachtel erntet o
vorgestern bei seinem vorletzten Auftreten im TheAtre Italien,
in der Oper „Sonnambula“ einen grossen künstlerischen Er-
folg. Es war diesmal eine seinem geschmackvolleren Vortrag
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getollte Ovation, und ist es unzweifelhaft, dass Wachtel seit
«einem Pariser Aufenthalt in dieser Richtung überraschend ge«
wocmen, wozu auch die trefflichen Gesangs-RnHiacItläge dos
Herrn Maurice Strakosch, welcher den Köostler auf sein Pari-
ser Debüt seit Wochen vorbereitete, wesentlich beigetragen
haben mochten. Wir beglückwünschen den Stimmheros der
Tenöre auf diesem künstlerischen Pfade. — In dem letzten
Concert pnpulaire im Cirque Napoleon gab es zur Abwechs-
lung wieder einen grossartigen Wagner-Tumult. Die zum er-
sten Male vorgefOhrte Ouvertüre zu den „Meistersingern“ wurde
von der Mitte an von einem derartigen Pfeifen und Toben be-
gleitet, dass man keinen Ton mehr hörte, uod dass daran die
enragirten Anti-Wagnerianer eine wahre Freude haben konnten.
Pasdcloup liess den Sturm ruhig Ober seine starken Schultern
ergehen, und sprach, als er endlich zu Wort kommen konnte,
an das Publikum: „Er begreife, dass ein solches Werk nach
erster Aufführung nicht gewürdigt werden könne, er werde es
daher am nächsten Sonntag wiederholen“. Der Heldenkämpfer
Wagner’« hielt Wort: Die „Meistersinger“ finden sich für da»
morgige Concert wieder nnnoncirt. Sollte es nicht zweckrofis-
sig sein, mit der Eintrittskarte zugleich Waffen und Rüstungen
zu verabreichen? A. v. Cz.
Petersburg, den 30. November 1869.
Das zweite Concert der russischen musikalischen Gesell-
schaft, unter Leitung des Herrn Naprawnik, brachte die G-
umll-Symphonie von Mozart, das von Herrn Auer, Professor
am Conservatorium, vorgetrageoe Violin-Concert von Beetho-
ven, die von Fräulein Lawrowskaja gesungene Arie aus
„Orpheus“ von Gluck „Che faro senza Eurklice“, mit dem gros-
sen voraufgehenden Rccilativ: „Chicne, dove trascorsi? 4 *, die
Fesiklftngo von F. Liszt, einen Chor aus H Ander* „Samson“
und die Jcssonda-Ouverture. Von der oft überschätzten Sym-
phonie Mozart*« sagen wir gern, was der national - russische
Kritiker A. Seroff im Allgemeinen von der symptomatischen
Muse des unsterblichen Mozart behauptet, nämlich, dass die
Geschichte der Symphonie nicht wesentlich, nicht sachlich af-
flcirt worden wäre, wenn Mozart nicht sein Contingent dazu ge-
liefert hätte. Haydn und Beethoven sind in der Thal Anfang
und Ende dieser Geschichte, der symphnnislische Styl Mozart*»
ist nur die Erweiterung des Haydn'achen und dies mehr im
räumlichen als inhaltlichen Sinne. Die einzige Ausnahme
möchte die Jupiter-Symphonie sein, deren Fuge als symphoui-
stisches Ereigniss ohne Beispiel da steht. Das .Motiv des ersten
Satzes der G-moll-Sympboiiie passt zu der Ouvertüre einer
französischen Opera mmique, nicht in den grossen Symphonie-
styl; die Durchführung hat Werth als solche, hat aber nichts
zu verwerthen, zumal daa zweite Thema (Gegenmotiv) noch
schwächer, d. h. inhaltsloser ist. Die Andante ist für ihren
geringeo, spielenden Inhalt zu lang und ermüdend. Das Me-
nuelto ist ein Meisterstück, das in Kraft und Energie immer-
hin Ober die Haydn'achen hinausreicht, dennoch keio inhalt-
liches Interesse zu beanspruchen vermag. Was aus der
Haydn*schen zu gebären war, zeigte Beethoven iu seiner ach-
ten Symphonie fF-dur). Das berühmte Mozarl'sclie Final«
hat viel Feuer und das Thema verspricht viel, es wird aber
nichts daraus uod Alles beschränkt sich auf ein zünftig gestal-
tetes, nicht tiefer greifendes Rondo. Die Festklänge gefielen
und bringen viel Neues in der Instrumentation. Fräulein Lnw-
rowskaja ist eine recht brave Schülerin des Couservatoriums,
ihr russischer Name sichert ihr Applaus beim blossen Erschei-
nen. Herr Czerny giebt sich mit den Chören viel Mühe und
ist zu bewundern, dass man einem nicht russischen Namen
diesen Plats einriuazle! Wir nannten Herrn Söroff, einen
national-russischen Kritiker, weil er einen russischen Namen
trägt, denn bei der Ultra-Propaganda gegen alle» Deutsche und
Fremdländische iReactioo der früheren gegenteiligen Richtung
bet uns) iel man keio Russe mehr, wenn man ein russischer
Unlerthnn mit deutschem Nameu, etwa ein Baltiker, oder eia
Ausländer von Geburt. Ich verweile bei dem Beethoven’sehen
Viuliocoacert. Hier Imt man nicht an die melodische Ober-
flächlichkeit, an die Passageostelzen und Schwierigkeilatouren
von Concertos zu dcnkco, sondern an eine Tondichtung, in
der da« Cancer Imalrument eiue, da« Orchester die andere Rolle
iu der Vermittlung eines vollgewichtigen Gehalts übernimmt.
In der Geschichte des Viotiueoncerls nimmt das Heelftoven'sehe,
als Benutzung von Solo-Instrument und Orchester, für die mu-
sikalische Idee den ersten Platz ein. Eigentliche Passagen
kommen gar nicht vor, nur in der Solostimme h er vortre lende
Figuren, die sich zur Idee, wie Theile zum Ganzen verhalten
und eine Virtuosität erfordern, die sich das Ziel setzt, einen
Gehalt, nicht mechanische Fertigkeiten zur Geltung zu bringen.
Der erste Satz, von der Länge eines Sympboniesatzes, beginnt
mit einem Paukensolo, das ein geisterhaftes I) auf jeden Tact-
theil hören lässt, als sollte damit gesagt sein, dass im Beetho-
ven’schen Orchester Niemand der Letzte, der Solo-Viulintpider
nur der primus ioter pares ist. Der zweite Tact bringt den
schwellenden Chor der Bläser, der, von den leWn Schlägen
der Pauke unterbrochen, ein still ziirückgehailenes Triumph-
gefühl ausströmt. Mit dem zehnten Tacto begegnen wir dem
unversöhnlichen Erzgeiste, der den Meister i«n Leben bekämpfte!
— Die Geigen röcheln Dis, eine in D*dur, schauerliche Disso-
nant ! Dieser Dis-Unisomis ist die Poteos des an länglichen D
in der Pauke, eine Fort sehr eit ung um einen halben Ton, der
wie ein Abgrund gähnt und das Ungeheuer erwarten lässt!
Aber nur die Dominante reisst alle Stimmen fort in die gewal-
tige Strömung des Orchesters. Der Satz ist di« Verherrlichung
de» GesammtbegrifT» musikalischer Kunst, nicht die Verehrung
dee goldenen Kalbes, in beglückten Virtuosen! Wo man dem
Eintritt der Solostimme entgegenseheo darf, da wird es dem
Meister erst recht wohl, auf der» breiten Wellen seines Or-
chesters. Ein neuer Zug Bläser; io den Tiefen kämpfende
Bässe in Moll; von einer kräftigen Harmonie unterstützt, zittert
das früher isolirt dissonirende Dia aus der Tiefe herauf, und
eine majestätische Figur wälzt sich, wie die Brandung des
Meeres, über das Ohr! Damit stehen wir vor dem ersten Solo.
Alles Folgende ist nur das Leben in die Breite der exponirten
Grundgedanken uod noch iu den Trillerkelteo der Soloviolioe
flimmern die Bilder der ursprünglichen Paukentön«. Der auf
jeden Tacttheil fallende Unisonus D, in der pianwaimo erbeben-
den Pauke, war gewiss das Geheimmotiv des Meisters, das
was ihm an der ganzen Sache gefiel, wie es denn ohne Bei-
spiel geblieben in der Geschichte musikalischer Kunst, dass
aus einem solchen Sandkorn ein Pallast aufgeführt wird. Es
ist im Wesen Beethoven’» begründet, dass der Einzelfunko 0
sein Motiv abgeb. dass er die sonstigen Motive in dem 537
Tacte zählenden Satze, nur als ein übriges für die Menschheit
erfand. Das Larghetto, in der Unterdominante (C-dur), ist
die Apotheose alles beglückenden Liebesgefühls im Rahmen
der Romaoze. Die erden zehn Tacte tutti sind gleich so un-
nachahmlich schön, dass man nicht begreift, wie noch etwas
folgen könne. Das Solo ist auch nur das Detail seiner ersten
Schilderung der idealen Gestalt, die unser Leben beherrschte.
Das zweite Solo bringt zwar einen neuen, unaussprechlich
zärtlichen, unaussprechlich schönen Gedanken; er erscheint in-
dess so unzertrennlich vom ersten, wie Schönheit von Liebe.
491
Diese« Solo berührt auf die unerwartetste Weise entfernte
Tonarten, als wollte «9 das Liebesglück de» Einzelnen Ober
die weile Welt verbreiten, und wird zum Muster der edelsten
aus dem Herzen, okht von der Schulbank, nicht vom musika-
liechen perruquier stammenden Ausschmückungen. Die Höner-
klflnge, die des erst« Solo herausiorderten, schlieesen das
letzte, das auf einer Cadenz in das Rondo mündet. Dieses
Rondo steht nun freilich der Würde, der Grosahmlichkeit des
Gefühls in den beiden ersten SAtzen, wenig an, ja! der banale
Zug im Gesichte des Hauptmotivs, um nicht mehr zu sagen,
wo es «ich um einen Heiligen iw Reiche des Geistes handelt,
cnntrastirt auf störende Weise mit den empfaogenen Ein-
drücken. Ein so alltägliches, nichtssagendes, vor allem zopfiges
Motiv, finden wir nur noch einmal im ganten Beethoven, im
Rondo der D-dur-Sonnte (iir Pianoforte und Violine (Up. 12
Salieri-Sonate). Audi Genies kennen Kinderkrankheiten; auch
Riesen haben Kinderschuhe getragen! — In den älteren Piano*
forte Coiuposilionen Mozart'« finden sich ganze Kommoden voll
solchen Schuhwerks und kleiner abgelegt er Zöpfe; in den Jugend-
arbeiten Beethoven'« sehr viel weniger, so wenige, dass wir sic
lieber gleich aufzAhlrn, wozu in Mozart ein «(autistisches Bu-
reau gehörte. Zöpfclieu, allerliebste kleine, echt Moxarl'schp,
finden sich in Beethoven: im Violin-Trio io Es (Op. 3, Finale),
im Violin-(Juintelt in Es Op. 4 (Fiuale), in der vierhändigen
Sonate in (> Op. 6 (hier, geflickte Kinderschuhei; in den Sere-
naden Op. 8, Op. 25 (erste Sülze); in der Promelheusroustk
Op. 43 (wie denn die Ouvsrturo, nur eine Sommersprosse auf
dem Gesicht des unsterblichen Meisters); in der Sonate in G
Op. 40, wo der erste Satz gar nicht, der zweite das „Zahme“
des unsterblichen Menueis iin Sepluor ist; iui Trio für zwei
Oboen und englisches Horn in C Op. 87; in deq Variationen
für Pianoforle und Flöte Op. 105, Op. 107 ; in einigen von
«len ohne Opuszahlen erschienenen Werkelten für Piapnforle;
in den drei ersten Solo- Sonaten ohua Opuszahl z. B.
Deshalb hat man nicht zu vergessen, dass Mozart in sei-
ner Fnutaisie und Sonate deui Pianoforte seine „Magna Charta“
ausstellte; dass Beethoven, nun! dass Beethoven der tiefste
Denker in musikalischen Zeichen ist, den musikalische Kunst
erlebt hat! — lim so auffallender ist das inhaltlose Romlomo-
tiv de« YioJiiicunctrlrs. Man erzählt sich denn auch, dass
der unglückliche Violinspieler klein ent für den Beethoven
dasselbe dichtete, Beethoven, dieses Thema, diesen Papier-
Schnitzel zugeiragen habe, damit doch etwas io dem Concerte
von ihm, Klement, dabei wäre! Die Conjecturalkrilik hat aber
anzunehuien, dass Beethoven cinr solche Visite bei seinem
Geiste surOckgewieseii bitte; das« er von Klement gedrängt,
auf den ersten besten Gedanken, der ihm kam. wahrschein-
licher viel früher einmal gekommen war. als er noch im Geiste
bei Haydn, Mozart Pensiotiair war, dein Dinge so ein Eadf
machte! Auch etwas Salyre gegen die Menschheit, und dass
das Motiv für ein Conccrt-Pubhkum immer noch gut genug
8*i, kann dabei mit uutergelauleu sein- Das Rondo eher auch
nimmt das Interesse in Anspruch, zu sehen, was aus einer
„expenentia in anima vih“ in den Händen des Generalissimus
wird, wie »ich Beethoven selbst nannte, denn nur Lumpen
sind bescheiden, ln der That wird aus dem Salz ein Rondo
A ta chasse sondergleichen mit dem Eintritt der Hörner, die
zu den lustigen Trillern der Solostimme dir« waUldufleeden
Klänge bringen. Die Durchführung. die Gestaltung des Gan-
zen ist ein um so grösserer Meialergriff, als der Ausgangs-
punkt eia so geringer war. Herr Auer war der Interpretation io
der grossen VieJiri-lospiration de« grössten symphonischen Gei-
stes der Welt, vollkommen gewachsen. Sein Ton ist gross.
»eine Intonation sicher, seine Bogenfübrung kühn und bewusst,
sein Verständniss des Textes des richtige, das Herz treffende. In
dem namenlosen Larghetto, in dessen Cantabile der Violinspieler,
der Schönsten im Saale, (und hätte er sie nie erblickt!) seine
Geheimliebe gesteht, erreichte Herr Auer den Gipfelpunkt des
Ausdrucks; sehen wir uns nach dar Adelaide um, die der Ma-
gier Beethoven etwa in den Saal zurDckgezaubert hätte! —
Mit Scbnee und Eis in den Haaren verbessert wir, ein Jüng-
ling, die Versammlung, wir wollteo, wie der Musikfeind E T.
A. Hoffiuann» durchaus nicht mehr hören, sehen und fühlen!
Dieses kleine, so unendlich grosse Cantabile wollten wir mil-
nehmen, das kalte Leben damit erwärmen zu ewiger Jugend.
W. v. Lenz.
Joarnal-Ileviie.
Die Neue Zisch, f. Musik und die Allgem. Mnsikztg. enthal-
ten Fortsetzungen. Die Signale enthalten einen Aufsatz über
„Mozart'» Grablegung in Wien, am 7. (6.) December 1791“. —
Die Süddeutsche Musik-Ztg. bringt die Fortsetzung de« l.acko-
witz'schcu Artikels: ,,Eiu Blick auf die komische Oper“.
Die französischen Zeitungen enthalten Locales.
Als Curiosum sind folgende Stellen aus der Besprechung
der „Art musicale“ über Schumann» „Paradies und Peri" anzu-
rühren: „Vnt Oeuvre tavs idee. tont mihdie. saut etprit. sani
ckarmt. tarnt ia moinJrt originali/e, taut en ttnl accord parfait (U)
ferner: „ha nuip« tont intpiraliou ne t'acclimatera jamait iir la
seine di out fiemri les melodttt dt Hotttni, de Belltui, de Donizetti,
de Verdi” etc. Das Letztere glauben wir gern.
N a r h r i c h t e n.
Berlin. Unter dem Titel „Aus dein Concertsaal“ erscheint
bei Braumüller in Wien eine Sammlung Kritiken und Schilderun-
gen aus den letzten 20 Jahren des Wiener Musikleben» von Dr.
Eduard Hansllck.
Coburg Am 14. d. fand die zweite Aufführung von der
lactigeu komischen Oper „Der Herr von Papillon“ von B. Bial
statt Das Werk (and auch diesmal wieder die wärmste Auf-
nahme und dürfte Repcrtoirstück bleiben.
— Im letzten llofconcertc kam Bich. Wüerst's D-moll-
Sinfonie mit »ehr grossem Beifalle unter Leitung de« Cornponisten
zu Gehör. Der Herzog sprach demselben seine ganz besondere
Befriedigung aus. d
Elberfeld. Der unermüdlich thfitige Kapellmeister Herr
August Langerl hat in vergangener Woche Richard Wagner's
,,Tannhäuscr“ hier in einer Weise zur Aufführung gebracht, die
für seiue Begabung als Operu-Dirigeut das glänzendste Zeugnis»
ablegte.
Gotha. Am 10 d. gab der Hofpiaui&t Herr Hermann Tietz
ein Concert, in welchem er sich als vorzüglicher Clavierapielcr
gerirtc. Der Künstler ist aus der renommirten Schule Th. Kul-
laks. — In der letzten Vcrrinaauffühning des Dilcttanten-Orcbe-
slervcreins trug der llormusiker Herr Seit« au» Sondershausen
ein David’sches Violinconcert vor und erwies sich als tüchtiger
Violinspieler.
Hainichen. Bei Gelegenheit der Feier des 100jährigen To-
destages de» Dichters Geliert» wurde hier Brahm’s „deutsches
Requiem“ unter Leitung des Kirchenmusikdirektors Schueider
aus Chemnitz ausgeführt.
Köln. Im bleu GOrzenich-Concert kam Händel'» Oratorium
„Salomo“ io einer wohl gelungenen Weise zur Aufführung. Von
den Solisten glänzte namentlich Frau Joachim durch den Zau-
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b«r ihrer herrlichen SUmme sowie auch durch ihre künstlerische
Gesangsweise.
Königsberg Die „Afrikaoerin“ ist nun schon bei ihrer 18.
hiesigen Aufführung aogelangt.
Leipzig, im 8. Gewandhauscoucert trat der alte Meister !
JranjXA^hjner mit seiner Men Suite vor das hiesige Kunstforum
und hat mit selber den Beweis geliefert, dass die Zeit seine mustk «li-
sch e Erfindungskraft nicht abgeschwächt hat. Die Suite ist ein
Werk voller melodischen Schönheiten, die Faotur eine meisterhafte .
Dafür fand denn auc h Lac hner eine überaus ehrenvolle Aufnahme.
Herr Delaborde, Pianist aua Paris, trug das Cbopin'scbe Con-
cert- Allegro und Stücke von Alkan, sowie Skizzen von Schu-
mann und Toccata in F-dur von Bach auf dem Pedalflilgcl vor.
Die letzte Nummer Ihrer Zeitschrift enthielt die Kritik über ein in Ih-
rer Stadt gegebenes Concert des genanuteo Herrn. Ich schliesse
mich diesem Urtheile iu jeder Weise an und bemerke uur noch, dass
daa Spiel und die Pleyel'schen Instrumente des Herrn Delaborde
sich wenig Sympathien zu erwecken vermochten. Frau Walter-
Straus» sang die grosse Briefaric aus „Don Juan“ und sodaunHecit.
und Arie aus „Judas Maccahäus“ von HAndel. Auch über die Vor-
trAge dieser Dame beziehe ich mich auf frilherGesagtes. Die Medea-
Ouverturc von Chcrubini vervollständigte das Programm. — Das
9te Concert brachte eine NovitAt von einem Berliner Compouistcn,
nämlich: Sinfonie in C-dur von Georg Vierling. Obgleich dieses
Werk lieh durch Eründung und Arbeit als eines der hervorra-
genden Kunstwerke der Neuzeit bewährte, so war der Er-
folg der Aufführung doch nur ein geringer. Der verdiente Künst-
ler möge sich damit trösten, dass es Ruhinstein’s genialem Cha-
rakterbild« „Iwan“ bei dessen Vorführung in Köln nicht besser
erging. Zwei aumutbige Lieder von Hitler für Sopran-Solo und
MAnuerchor, das Sopran-Solo von Frau Peschka-Leutner ge-
sungen, sowie die vorzüglich ausgeführte Oberon-Ouverture tru-
gen den meistcu Beifall des Abends davon. In der CAcilien-Ode
von HAndel saug Herr Behling das Tenor-Solo in künstlerischer
W r eise. — Das letzte Euterpe-Concert brachte von Orchesterstücken
die lange nicht gehörte Harold - Sinfonie von Berlioz und die
Ouvertüre zu „Manfred“ von Schumann. Da» erstere Werk ist
jedenfalls sehr interessant, für schön — nach musikalischen Grund-
sätzen — kann ich wenigstens es aber nicht halten. Die Ausfüh-
rung desselben sowohl wie auch der Schumann'schen Ouvertüre
liess Manches zu wünschen Übrig. Herr Kapellmeister Vo lk-
land produeirte sich zum ersten Male als Pianist in Beethoven's
Es - du r- Concert. Ich freue mich, couslatiren zu können, dass
auch in dieser Eigenschaft seine Leistungen trefflich zu neuoen
sind. Ein schöner Anschlag, klar entwickelte Technik und in
den Geist des Werkes dringende Auffassung zeichnen den Künst-
ler vortheilhaft aus. Die zwei Brahms'achen Chorlicder haben
mir wenig ztigcsagl, die Intonation der Ausführcuden war bis-
weilen sehr unrein. Die Sängerin Fräulein Anun Stürmer trat
zum ersten Mal öffentlich Auf und zeigte, wenngleich sie noch
etwas befangen war, hübsche Stimmittel und gute Schule. — In
der Oper gab es in einer vorzüglichen Insccuesetziiug und Aus-
führung Mozart's Meisteroper „Hon Juan“. Dur llaritonist par
excellenre Max SlAgemann aus Hannover sang die Titelrolle
meisterlich. —8.
Nürnberg. Am 4. d. kam Verdis „Trovatore“ zur Auffüh-
rung. iu welcher Oper unsere Primadonna, Fr. Grün, zum ersinn
Male als Leonore auftrat. Die Künstlerin gab diese Parthie mit
grosser musikalischer Sicherheit und enthusiasmirte das Publi-
kum durch ihre dramatische Wiedergabe.
Quedlinburg. Vorige Woche gab da.« Herzogi. Kammerquariett
Gebrüder Schröder au» Ballenstedt seine erste Soiree unter
Mitwirkung der ConcertsAngeriu Fräulein Mummentbey aus
Magdeburg. Den Schwerpunkt de« Programms blldeteu die bei-
den Quartette C-dur von Mozart und Quartett D-moll von Schu-
bert; sie wurden in jeder Beziehung correct und solide »usge-
führt, so dass das strebsame und bescheidene Künstlerkleeblatt
die vollkommeu verdiente Anerkennung den Publikums erntete.
Salzburg. Das kürzlich vorn Mozarteum und der Singaca-
detnie hier angeführte Oratorium von Schachner „Israel s Heim-
kehr von Babylon“, erregte grosse, ja ungewöhnliche Theiinahme.
Jetzt wird die zweite Vorführung vorbereitet.
Stuttgart Franz Lacbuor's „Catharina Cornaro“ hat bei
ihrer hiesigen Aufführung ausserordentlich gefallen. Sontheim
sang die mluulicbe Hauptparthie.
Wien. Direrlor Steiner, der der Aufführung von Offen-
bach's „Brigands“ io Paris beigewohnt, hat das Aufführungsrecht
für genannte Oper erworben und wird dieselbe in nicht zu fer-
ner Zeit zur Aufführung bringen. Zur Leitung der Proben kommt
Offenbach selbt hier her.
— Baron Sina ist der Gesellschaft der Musikfreunde als
Stifter beigetreten und hat zum Bau des Geselischaftshauses ei-
nen Stiftungsbeitrag von 8600 fl. gespendet. — Was die Auffüh-
rung der „Meistersinger 4 * hier betrifft, so ist an eine solche, trotz
aller offieiösen Gegentheüsversicherungen, vor ehestens zwei
Monaten nicht zu denken. Bis jetzt hat uAmlich noch nicht eine
einzige Gesammtprobe des schwierigen Werkes stattgeftinden.
Ungeachtet grosser MQheu llerbeck's, dem Wagner miau denket)
die Generalvollmacht ertheilt hat alle ihm zweckdienlich schei-
nenden Kürzungen nseh eigenem Gutdünken vorzunehmen, ba-
beu bisher nur Chor- und einige Clavierproben der Einzeldar-
steiler Ktattgefunden, ohne dass aber alle vorkommenden Chöre
auch nur vorgenommen, geschweige denn eingeübt wären.
WOrzburg, 7. Deccraber. Unsere Concert- und Theater-
Saison Ist im volleu Zuge. Der berühmte Pianist Tausig gab
ein stark besuchtes Concert mit grossem Beifall; er
spielte unter anderen Souata appassionata von Beethoven —
Präludium und Fuge von Bach — Allegro von Scarlalti u. m. —
Kaum bat uns der Künstler verlassen, erfreute uns mit ihrem
Besuche diu gefeierte Sängerin Fräulein Orgeui, die sechs Mal
bei überfülltem Hause sang und zwar als Gretchen im „Faust“,
Rosine, Nachtwandlerin, Dinorab, Margarethe in den „Hugenotten“,
sie hatte einen grossen Erfolg. — Auch die Kammermusik fand
hier ihre Vertreter, indem die Herren Carl Hamm (erste Violine),
Kapellmeister Brandt (zweite Violine', Concert meister V. Hamm
(Bratsche! und G. Rernard (Cello) einen Cyclus von vier Quar-
tett-Soireen eröffneten, deren erste am 4. December mit folgen-
dem Programm statlfaud: Quartett (B-durJ von Haydn, Quartett
No. 8 iF-dur) von Mozart. und Solo-Quartett (E-durl von Spohr.
Der Arrangeur dieser Quartette, Herr Carl Hamm, ein würdiger
Schüler seiues grossen Meisters Ferd. Laub in Moskau führt in
der Weise seines Lehrers die Quartette vor. Das gewählte,
kunstverständige Auditorium nahm diese Quartettproduclion mit
aufmunterudem Beifall auf.
London Die Ornlorieu-Concerie haben am 4. d. unter Di-
rectiou des Herrn Barnby ihren Anfang genommen. HAndel's Te
deum und das Pastorale „Acis und Galsthea 1 bildeten das Programm.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
„Kin Pröbchen, wie recennirt wird 44 .
Man lässt mich noch immer nicht in Ruhe wegen meines
Unterfangens, die grösste Oper Mozart s von Veruustalluogen rei-
nigen zu wollen Im Vorwort meiner Soll ri ft „Don Juan“ hatte
ich (Anmerkuug zu S. XXi dem Verfasser eines mir feindseligen,
von absoluter Kenutmsslosigkult zeugenden Artikelcbens über die
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Schweriner Don Juan-Aufführung dadurch gelohnt, da«a ich die
Hauptstellen daraus abdrucken lies». Dies bat nun eine ziemlich
verspätete Replik io Mo. 47 der „Neuen Zeitschrift Tür Musik“
hervorgerufen, worin kategorisch behauptet wird: „Jener Corres*
pondeDt, welcher sich (adelnd Ober den Text ausgesprochen und
den Wunsch geäusaert hat, man möge das alte Gute beibehalten,
hat nur ein ganz gerechtes Uriheil gefillt, aber keine Feindselig-
keit begangeu, wie Herr v. Wolzogen meint“. Ringewickelt ist
diese Behauptung in eine Reihe von Schmähungen gegen die
neue Uebersetzung, welche weit schlechter sei als die alte und
gar keine „poesievollen Gedanken (I)“ bringe, sodass deren
Adoptiou von meiner Seite sich lediglich als ein die „Kunst“ ig*
normender Freundschaftsdienst begreifen lasse Der ganze Auf-
satz, welcher z. B. dem frühem Text „flieesende Rhythmik“ (!)
nachrühmt und die alten Verse: „Diese Suite Kammerkätzchen
und so manches BürgerschAlzchen, an der Spitze drei Prinzessen
etc.“ für die wörtliche Uebersetzung des Originals er-
klärt «Hl. ist so abgeschmackt und verschroben, dass kein ver-
ständiger Mann sieb zu e ner näheren Beleuchtung oder gar Wi-
derlegung herbeilasset» kann. Aber ganz ungestraft soll der
weise Herr Verfasser doch nicht wegkommen, leb wähle das
nämliche Strafmittel, welches ich schon in der oben citirten An-
merkung meines „Vorworts“ angew endet bähe, indem ich wenig-
stens eine Probe aus dem Aufsatz mitlheile. Es heisst dort: „Oft
kommen wirklich kindische Aeuderungcn vor, z. B. :
Don Juan: Fort jetzt und schweige, wenn nicht Dein Rücken
etwas will.
Leporello: Nein, nein, der will uichts! Ich bin ja still!“
Für einen Leser, welcher den Originaltext nicht gerade zur Hand
hat, stehe hier das Italienische, nämlich:
D. Giovanni (in »tto di batteHol: Taci! vieu nteco, se non vuoi
qualche coaa ancor tu.
Leporello: Non vo’ nulla, Signor, non parlo piü.
Wo also der Herr Referent eine „kindische Aecdoruug“ entdeckt
hat, sieht Jeder, der ein bischen Italienisch lesen kann, eine
wörtliche Uebersetzung. Doch halt! der Verfasser des Aufsatzes
versteht ja Italienisch; denn um dies ausdrücklich zu beweisen,
hat er an einer früheren Stelle uns belehrt, „Hammer“ heisse in
jener Sprache martello, und da dieses Wort „im Original nicht
ein einzigesmal zu finden“ sei, habe der Uebersetzer (welcher
Leporello s Zeile: pelpüar il cor ms itn/o durch „schlägt das Herz
mir wie ein Hammer“ wiedergiebti sehr gefehlt. Also muss doch
wohl irgendwo eine willkürliche „Aenderung“ stecken? Vielleicht
argumentirt der tiefsinnige Herr Verfasser wie folgt: „Im deutsch-
italienischen Lexikon finde ich bei dem Worte Rücken die Aus-
drücke: dorto. do$to. urffo. schirmt, spelle; da nun kein einziger
von diesen dem Don Giovanni in den Mund gelegt ist, so kann
der italienische Dichter unmöglich gemeint haben, Don Juan wolle
mit seiner Schligedrobung (im alle di bet/erhj auf Leporello's
Rücken abzielen; eiu weit poesi evol lerer Gedanke ist es,
die Drohung auf denjenigen Körpertheil zu beziehen, der sich
zur Empfangnahme von Prügeln vorzugsweise eignet, uod dess-
balh hat der Uebersetzer durch unbefugte Nennung des Rückens
eine kindische Aenderung begangen“. Nun, mit der hochwichti-
gen Frage, ob der vorlaute Leporello seine Schläge vorn oder
hinten, auf dem Rücken oder tiefer unten zu spüren bekommen
bitte, haben wir Andern uns freilich nicht abgegeben; dagegen
dringt aich uns die andere Frage auf, woher es wohl rühre, dass
ein öffentliches Urtheil am liebsten von Solchen ausgesprochen
wird, welche am wenigsten von der Sache verstehen? — Worauf
es hei einer Verbesserung des deutschen Don Juan-Textes wesent-
lich ankomme, habe ich in meiner ohengedarhten Schrift wie
auch sonst schon vielfach klar und bündig ausgesprochen, und
solange mir nicht nachgewiesen wird, dass diese jedem Kenner
einleuchtenden Bedingungen durch die Guglersche Arbeit nicht
erfüllt werden, kann man mir meinen’Glauben an dieselbe ebenso
wenig rauben als die Ucberzeugung, dass Diejenigen von der
Sache nichts verstehen, weiche (von unmöglichen Standpunkten
aus) das, was ich empfehle, verwerfen.
Schwerin, im December 1869. A. v. Wolzogen.
Berlin.
20 Derember. 3 önarlr't*8oir6e
der berreti Joachim, Schierer,
de Ahn» n W. Möller. Ou»r-
teil v Haydn Quartett A-dur
v. Schumann. Quartett K moll
«n Hrdboica
Aachen.
0. De* c mbrr Dritte« Abonue-
■Dtnl«-Co»rert. unter Mitwir-
kung »un Frau Joachim au«
Herfin und Frlolein KrDrtiau
a. Erfurt. Symphonie in G dnr
mit der Fuge tu» Mourt Ur-
pheua U. Eurydice, Up v. Hl tick.
Amsterdam
1t). De« einher 2. Coneert der
~F»tii menti»“, unter Mitwir-
kung de« Herrn C. 1'au«ig.
Sinfonie D-moll v. Schumann
Ea-dur Coneert von Beetlwen-
Uu verlöre tu Kgraont“ von
Firethnvrn Ane au« „Luna“
von Doniiettl. Ciariorvoli rou
Meudcl«»i>hn. Chopin. Li«it u.
Weber Arie aua „Ga'atMr“
»- Mmw. OmeMorr IU ,,,Mh». 1
lia“ von Mendelssohn.
Bonn.
IS. Derember l«le« Abonne-
ment Conrert (Feier von Bee-
thoven» UeburUlag) anler Md.
Wirkung d. Hm. Kaptllmeiater*
HeJueche a. Leipzig. Ouvcrtnre
*a „Fidetio“ (R-dur). Sanrtn«
und Beuedirtu» aua der C dar-
IMeaae. Piniiafoelc-Conrerl 6*
dar F»nta«ie (C-dnr) f Piano,
Chor. SoloHüBunen u. Urcibetlrr.
Symphonie A-dur No 7 tSJmml-
Uebe CompoaMtonen amd von
Beethoven).
Braanachwaig.
14. December. Abonucmenl-Con-
C o n c e ■
rert dea Verrinn ilr Conceii-
mu«ik unter Mitwirkung der
Pianistin Fräulein Minna VoJ.
rker». der Frau Hulda (Hier*
Anatenaen u de« Herrn Gon-
rerlmelalrniSehradieri Sonate
in D-moll fdr Piano u. Violino
vo« (Jede. 2 Lieder, a. Da«
Veilchen von Moxart. h. Grel-
rhen am Spinnrad v. Schubert.
Orgel- Fuge No, I v. Haeh-Liatt.
2 braZnge fdr gern. Cher. *
Der l.ercbenbaum »on Haupt-
mann. b- Abschied vom Wald
v. Mendelssohn. Teufeit-So-
nalr von Tartiui. Die Zigeu-
nerin von DoniiettL Fantasie
Up IM fdr Piano und Violine
von Schubert
Breslau
IS. Derbr. 6. Soiree de« Verein« f.
Kammermusik Quartrtiti -dorr,
ileydli .MJtrrlicr bllder f Viola
und Ginvier * Schumann (Hr.
LOetner u. Lehnerli. Quartett
C mall ron Beeribnven.
Zt- #- UreKeatervereian-Coieeert.
Onirllre xur JEaubcrBote“ v.
Moieri Violinronrerl flo. 7
E m«ifl v Spobr (Hr. Ur. Dam-
ru«eh| Goneerl tat „«rhSnen
M«laninr‘*v. Mendelssohn. Ro-
ma, te A-dur fOr Violine von
liamroseh. Sinfonie G-moll v.
Beelho» en,
Brüssel.
14. December. 3. Conrert popn-
laire. Sinfonie D-dur » Haydn.
Violin-Concert von Beethoven.
Ouvertüre xu „Aihalia- v. Men-
delssohn. Rondo «u« dem .V
Conrert von Mutiqua. Uueer-
•ure m „Manfred“ »on Schu-
mann
-t-Repert
Coburg.
IS. December Hofooneert. Sym-
p tionie D- molj v. Ri« hard WSeral
(unter Direclton dea Compoeii-
ttrn) Finale aus der unvoil.
Uper „Loreley“ von Mendel»-
aohn. ge*, von Frau Fu-ktner-
Hpohr, den Mitgliedern de«
Sangefkranie« und dem Chor
personale de« lleriogl. Hoftbea-
irrs. .JachOn Hedwig“, Decla-
mation mit Pianoforte t. Schu-
mann (FrRulein Grahl). Arie
an« „Robert“ von Meyerbeer
(Frlolein Gort). Hymne fdr
Mlnuerehor vob dem Renog
Ernst tu Sachsen.
Erfort.
II. Derember. Coneerl de« Mb-
«kk- Vereins. Jupiter Sympho-
nie von Moxart „Ah Perlido“
v. Beethoven iFrlulrin Louise
Haderke). Fanlaaie Über „Ln-
nia“ von Doniietti, «Ir flarfo
von Pariah - Air am (Frlulein
Heermann). Gonrerl-Uuvrrtar«
A-dur »on Rielt. Arie aus
„Figaro'« Hoehxeit" v Moxart
(Frlulein Radenke) i MOrke
fOr Harfe von Godrlroid (Frt
Heermanu) 2 Lieder v. F. Bil-
ler und Ltndblatl (Frlulein
Rad ecke).
SoUlA.
14. December. Conrert de* llol-
pkanialrn H. TieU unter Mit-
wirkung von Frau Fichtner-
Spohr. Sonate appaa«ionata
«P- 37 v Beethoven. Coneert-
arle Up W von Mendelssohn
Variation* aeriensc* Op. M v.
Mendelssohn. De* Abend* ».
Schumann. Lfltsow’« wild«
Jagd Op. III, So. 4 v. Kodak
o r f ii oi
Romante „Rose, wie bist du"
au« „Zemire“ von Snohr. Noe-
tume Ea-dur Up. 9 Ko 1, Bla-
de A-moll Up. 23 K». II, Ber-
e»u*« Op. 57 u Sehern» H moll
Up 20 von Chopin. Zwei Lie-
der. a Widmung v. Schumann,
b Die Poel v Schubert. Spinn-
lied au« dem „Fliegend«« Hol-
länder und raraphraie Ober
..Rigoletlo“ von Ijsit.
17. DreitchnltL^Verein«- Auffüh-
rung des Dilettanten Urebralcr-
Vereina Symphonie No I G-dur
von Beethoven Coneert f. Vio-
line von David. Notturn« Mr
2 Violoncelli von Schnberth. In-
troduction und Rondo fOr 2
Violinen v. Kallkwod«. Jubel-
Uu*erlnre von Weber.
Jeaa.
17. December. Vierte« Aeadem.
Conrert Musik xu Schiller'«
..tilorke'* (Manuarrtpt) v C. Stör,
Triple -Coneert tC-dur Up .14)
v. Beethoven (die Herren La«-
»en, Kttmpel und Servai« au«
Weimar). SiBfonieC moll Op. 07
von Beethoven.
Köln.
21 Derciober. n GOrxenirh-Gon-
rert unter Mltnirkong d Hrn.
und trau Jartl Vorspiel x. d.
,,Mei«ter»ingern" v Wagner.
Coneert E«-dnr fdr 2 Claviere
von Moxart Fuge aua dem
Streichquartett tlp ^9 No 3 C-
dure. Beethoven (Beaetiung -.32
Violinen, 10 V,,|i. 12 Celli u. 9
(>>titr«bla»« ) Gr»»«*e* Doett Wr
t Pianforte von Hiller Op. 135.
Soli und Chöre a. dem unvoll.
Uratoriom ..Chrtstn» 4 ’ v. Meo-
defoaokn. Sinfonie C-moll von
Beethoven.
LXipilg.
17. tkeeember Vierte Kammer-
musik- .Mitwirkende.- Pra« JocU-
Trautnannn, Hr- Alfred JattL
die Herren Conrertmeiater Da-
vid, ROotgen , Hermann und
Hegar. Sonate für 2 Pianoforte
(D-dar) von Moxart Uu«rtrtt
(E moll Up. 44) v. Meooeimuih
S nate fOr Violine und Piano-
forte «D-moll, Up. 121) v. Srho-
mann Chaconne 1 2 Pianoforle
von R*fF
19 Neunundvi«rxlg*te Anffbh-
rung dea Dilettanten Urrbeeler-
Verein» unter Mitwirkung de«
Min nergeaangv err i n« Hell««.
Ouvertor« xu „Iphigeoir“ von
Gluck. Sturmeemjllb« X.p»or /
I nnd Urcheater von pLaciiner . f
Symphonie H dur »on Haydn.
Mlnoercbflre ■ Der ^dge-
noaaen Nacbtwaehe r. Schu-
mann b Auexug v. Mumme
ft. Volkslied r. Silcher Chöre
mit Urrhrsler au« ,Dh Mei-
stersinger von Nörnbe-x" von
Wtgner.
18. Deremccr 10. Grwandhsat-
eoncert unter Mitwirkung von
Herrn and Fr«u Jeell u. Frau
Peochk« - Lcntnrr. ttuverture
xu „Coriolan-' von Beethorru.
Comerl fU r 2 Pianoforte von
S. Bartl. Arte aoa „Salomo«“
von Haendel Concertattlck ftlr
Pianoforte v. Scliumann. Art«
aus „Enryanlhe“ von Weber
ImproviaMa für 1 Pianoforte
Ober ein franxosfoehe« Volka-
lied v. Reinerke. Symphonie
(No. 4 B-dnrj von Beethoven.
München,
13. December Vierten Abonne-
424
Mitwirkung dar Cnn»Mala|(e-
a Wrrttittk*-Brid|t*B>*n.
m»nls Cofirrrt d. imraikali**heu .. ..
Akademie Sinfonie Cdnr (ia rin Frau „
dm Sitten) too Mi.mrt Ari» Oorertnm zur „Vertaün
•an» der Opar „Putallo** ran Spontan. CUvi«r-Coac«rlC-owU
» BaaÜioveTi (Ff au Vuell. Cor- I t<ki fleelhoven. Arie ao«
Vfifi« J<o S ft-inotl , „Titoa“ n>» MoiiH Prl-
spoiir (Herr B. Watler)J fodiam and Fuge (E-eiolI) von
2wtd TfTMUan. a . LibaUmtani. — • « »
b. McndaclieioDacbt v Ladi-
ner (FrSalel« Lranoff, Frau
Vogl u. FH Riller) Uovertur«
«o „ Prometheus - ron Bar
siel, ftlnfonit B-dur Op. (kJ v.
Beethoven
Pest.
14. Deeember- Centerl den Pia-
«laten JoaelA. C»iuert E-moll
(Romaine und Rondo) v. Chn-
|.ia Sonate v. Searlattl. Wa-
nm, Traaiueawirm» und
Kreialeriana von Rrhnmann,
Ch,itit polonala voo Cbopiu
HeMMMoreicea v. Matt 7-4»«
V »lite von Bobbi. Menuett von
Sritumann. Kinde von Chopin.
Tarantelle *wt Lin«.
Paseo.
IS Dreember. Coneerl der Pia-
nistin Alma HoUfod*r, unter
MendeUaohn. i.p petit berger
von Kaliak. Hbapaodie hon-
Krrme (Cia-moll) von Liait 3
Lieder von l.»»*en und Blutn*
uer Polonaiae brillante (Ea-durl
von Chopin.
Pr«g
18 Deeewher Cnnctrt tom Vor-
(heile den Peneiona-Fondi de«
PrufrMoren-Colle«iom« a. Pra-
ger Couaerv«to r iuut der Mnuik
unter Mitwirkung den K Hof.
kappt Int Hm. Dr iulin« HieU
und der Pianistin Frl. Olga Flo-
rian hinfmie in Ka-dur No. 3
von Riet». Up 31 (unter per-
•Anlielier l,eitutie dea Comp-n-
Niatenl CUvier-GwOtert [t-inoll
No- 4 vnn Huhlnaleiii, Up. (ft.
„Ava Mari* 4 ' für Ureliealrr von
F Siltubrrt. Rhapsodie iFit-
dnr, No 2) *. Laut. Vorapiol
r tur Oper „Di* sieben Raben“
* von Rheinberger. ' ■ — 1
ti. SeUlHrhe* Coneerl der Ro-
llen • Akademie- „Waehel aut
rufet uns die Stimme“, Choral
von Praetorius Hymne fflr
»opra*-So!n ond Chor unt Or-
gel von Mendelssohn. „Leit*
rairh", Doett fOr Sopran und
Alt von Tau* ui „Die Aufer-
weckung des LataruB' 1 . Urato-
rium von C- Löwa
2t Sie» phillianoouisebe« C>n-
eert. Unvertor» T. Krej?i. Sin-
fuaio pastoral« von Beethoven
Roile v. Raff Ta* an v. Ltatt.
Regeosborg.
14. üecembrr Conrert de* Mu-
sik • Vereins. Ouvertur« iu
„Hamlet' v. Rade Scene and
Arie »ua „Der Frrwnhilti“ von
Weber. Cooeert fQr Cello von |
Kckert JJyx IlipP iaiii Müller) ’
Chor aa* „•»*• VM|ilärig v von
Haydn. Ouvertüre zu, .Silvana"
v. Weber Fantasie fbr Cello
ftbar „Der Barbier von Sevilla''
* Serval*. Suleik* und Früh
lingalied fQr Sopran *un Men-
deUMohn. Romani« dir OB»
’ v. Bottrrmann Uallelujal aus
dem mMeiaia»** von BtlndaJ.
18. Snirt» muaicale dea Herrn
und Frao Noaaek. Arie für
Sopran mit Viotinaolo «. Mo-
lart Teufala-Triller v Tsrtini.
Romaafe aue „Zeattee und
Ater" von 8pc.hr. Etüde ca-
pri re fQr Violioa sota v Paga-
(imi Pagen- Arie a. den „Hu-
cwioltMi“ r. .Mayerboer. Ari*
fttr Violine von Lolli. Varia-
tionen für tlraang von Rode.
Rotterd a.tn
i ftecember 2 Kammennuaik-
Snirie der Harren Wirth, Kunm,
Mearlow, Bberte ». S»kemeier.
Quartett Up 7« Jt-dur v. Iliydn
Sonate for Piano und Viobna
Up M fi-dur von Beethoven
. Cjavier-Sonate Up. 49 »on We-
ber Uuarl» 1 t Op. 12 v Men-
1 dalMühn.
Slattg&rL
11. (Wbr (»ritte .v»ir*e för Kam*
mermusik drr Herren Prurkoer,
Singer und Speidel unter Mit
Wirkung de* ll'-rrn J. Stack-
hausen. Rune fttr Klavier nt
Violine, Op II von Qotdtnark.
Arie an* ..Sosanna* v Hlndel.
Symphonische Ktuden Up |3
von Sehumann. Le trille du
diable van Tarünl Deutacbe
Volkaliedar. Trio in C-moO,
Op. 1 No. 3 von Borthuve«
17. Beethoven. Feier gegeben v.
Julia» Stothbaotan unter Mit-
wirkung der Herren Krotnbboit.
Prncfcoer, Ringvr und >pcid«t.
Slmmtliche ContposMionen vo»
Beethoven Adelaide. Up 4«.
Sonate für Piano und Violine
in C-mnll Op. 30 No 2 Lie-
der a Maigea»ng Up. fti No. 4-
b. Wonne der Wehmuth Up. 81
No I c_ Neue Liebe, neue* Le-
ben Up 7i No. 2. Trio in B-
dur (ip. 07 Lsedeekrehi „An
die ferne Geliebte* , Up. H.
Wien,
Dreember 31c* philhsnnotd-
srhe» Cnneert Serenade von
Brabmv (unter (tirectirm dea
Conipi»ni*teiit Coneerl f Slrrieb-
io-tm«r*iitc v BaHi. Sinfonie
A-dnr vun MendeL*ubn.
Verlag von A. H. Payne in Lelprig.
JnolUBOn’a
Finger- und Handgelenk-Gymnastik.
Zur Ausbildung und SUirkung der Muskeln, ftir musikalisch^
sowie für technische und medicintsche Zwecke.
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Aussprüche von berühmten Künstlern.
Herr Dr. Th. Kullnk. Kön. Professur und Direclor der Acfldemie
der Tonkunst in Berlin.
Da ich Gelegenheit batte, Ihre Finger- und Handgelenk-Gym-
nastik von meinen Schülern anwenden xu lassen, so kann ich
mit voller Ueberzeugung aussprechen, dass es nichts Einfachere»
und Praktiachero», nicht» Vorzüglicheres Tür Entwickelung von
Muskelkraft, Gelenkigkeit und ElasticilAt geben kann, als die von
Ihnen gebotenen Mittel. Die Resultate haben mich in der Tbat
überrascht. Indem somit mein Dank nicht eine leere Höflichkeit*-
spräche, sondern aufrichtig und mit voller Anerkennung Ihres
Verdienstes von mir ausgestattet wird, spreche ich gleichzeitig
den Wuusch aus, dass es Ihnen belieben mOge, eine Anzahl
Exemplare bei irgend einem der hiesigen Mnsikhündlcr zu depo-
niren, um Musikbeflissene in den Stand zu setzen, sieh diu ge-
druckte Anleitung zu kaufen. Ich werde meinerseits Alle» auf-
weoden, um fdr die Verbreitung Sorge zu tragen.
Herr KCn. Geheimrath Dr. Berend in Berlin.
E» gereicht mir zum besonderen Vergnügen, Ihnen zugleich
im Namen der von mir prAsidlrten hiestgeu Gesellschaft für Heil-
kunde den verbindlichsten Dank für Ihren iuteresaauten Vortrag
über Finger- und Handgelenk-Gymnastik auszudrücken. Es un-
terliegt wohl keinem Zweifel, dass der Gegenstand sowohl für
technische und pädagogische, als auch für Heilzwecke von gros-
ser Beachtung ist. Für die beiden ersten Zwecke füllt Ihre
Methode eine bisherobwaltendeLückc un zw ei fei ha ft aus.
In Betreir der Heilzwecke werden Sie sich hei Ihren wiederholten
Besuchen des in meiuein gymnastisch • orthopädischen Institute
befindlichen Kursaals Überzeugt haben, dass ich bei Verkrüm-
mungen der Finger und Hand: bedingt durch Hheumsthiamus,
Lähmungen, wie bei Schreibekrarapf, neben den übrigen Hilfs-
mitteln der Kunst, aueb eine specialisirte Gymnastik der betreffen-
den Theile anwende, und ich werde mich freuen, wenn auch
Ihre Bemühungen dazu beitrageu. die Aufmerksamkeit der Aerzte
auf die Hebungen der Finger und der Handmuskeln mehr und
mehr zu lenken und ihren Werth zur Geltuog zu bringen. Wenn
auch die Heilgymnastik im wahren und richtigen Sinne des Wor-
tes nur von Aerzten eine rationelle Anwendung linden kann, so
bleibt doch auch schon die technische Vervollkommnung und
Verbreitung, wie Sie sie spectcll für diu genannten Theile auge-
strebl haben, eine anerkenticnswerlhe Sache.
Bei Fr. Bartholon&os in Erfurt erschien und ist durch alle
Buchhandlungen zu beziehen:
Die Oper itn Salon. Ein reichhaltiges Rcpertoir
von ein- und mehrstimmigen Opcrn-GesAngen, welche ohne oder
mit Sccoerie und Costüoi von Dilettanten leicht besetzt und aus-
geführt werden können. Für alle Freunde des dramatischen Ge-
sanges namentlich für Dilettantenbühuen und Gesangvereine her-
ausgegeben von Edmund Wallner.
Verzeichniss: 1. Arien, Romanzen und Lieder für Sopran,
Alt, Teuor, Bariton lind Bass. II. Duette, Terzette, Quartette,
Quintette, Sextette, Septette und Chöre. Preis 10 Sgr.
Der Verfasser, durch seine menniehfaehen Aufsätze übor Di*
lettantenbühneo, Aufführung lebender Bilder u s. w. in weiten
Kreisen längst bekannt, bietet Musikfreunden, namentlich denen
des dramatischen Gesanges ein reichhaltiges Vadcmecum ausge-
wählt schöner Opariigesfinge nach Stimmen gruppirt und mit
practicablen Notizen versehen. Besonders werden Lehrer und
Lebrerionea des Gesanges dieses Verzeichniss mit Freuden be-
gründen, da ea denselben ein werlhvoller Wegweiser durch alle
Branchen ihres Unterrichte» sein wird, der in allen fraglichen
Fällen mit Auskunft schnell bei der Hand Ist.
Auch Musikalienhändlern, Besitzern von Musikatieu-Leiban-
staltcn, Theaterdirectoren lind namentlich Torslebern und Diri-
genten von masikaiiseheo Vereinen iu denen der Chorgesang ge-
pflegt wird , kann das schön ausgestatteto Büchlein auf das
Wärmste empfohlen werden.
Der billige Preis befördert sicher seine weiteste Verbreitung
Soeben erschien und ist in allcu Buchbandlungen vorrät big :
Aus meinem Leben.
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Inhalt. Hreanaioeen — Hcrlin. Revue — OorrvapoaSimaan aaa Bremen. Draoiloa. Paria and Weimar. — Jounial-Raro». —
Nachrichten — Conrertrep^rlorium. — laaaratr.
Die geehrten Abonnenten unserer Zeitung ersuchen wir. den nächsten Jahrgang rechtzeitig ver-
langen zu wollen, um eine Unterbrechung in der Zusendung zu vermeiden.
Wir fügen die Bemerkung hinzu, dass unsere Zeitung im nächsten Jahre wiederum in 52 Num-
mern. und /.war jeden Mittwoch, erscheinen wird.
Reer n »Ionen.
Die Musik eine Sprache, am Beispiele (!) von Spontini's
Vestalin erläutert, von Kram Poland. Dresden, A.
Brauer. 1870 (!)
Der Verfasser dieser Brochüre von nur 57 Octavsciten,
deren erste Bogen aber Vorrede sind, lebt als Assessor bei
dem K. Bezirksgericht und als Secretair bei dem Apostoli-
schen Vikariat in Dresden, und war früher als Violinist bei
der K. Sächsischen Kapelle angestellt. Sein Herr Vater,
der rühmlichst bekannte Violaspieler Poland, hat in Spon-
tiui’s Vestalin hei der Solostelle der Bratsche im zweiten
Akt (at. g fit. gj auf dem letzten g einen Mordent
gemacht. Dies erzählt pag. 38 der Sohn in folgender
Weise: „Auf diesen Ton schlug mein verstorbener Vater,
als erder, im höchsten Sinne der Kunst bekanntlich un-
übertroffener Bratschist hiesiger K. Kapelle, wie ich schon
in der „Neuen Zeitschrift für Musik“ erzählt habe, mit We-
ber’s unwillkürlichem Beifnlle , zu diesem grossen Augen-
blicke nach grossen hreitgezogenen Tönen einen breiten
Mordent mit jenem feiueu musikalischen Gefühl, aus italie-
nischer Methode hervorgegangen, worin aber der lauschende
Geist die Idee einer in Schmerz aufgelösten Betrachtung
eines qualvollen Lehens entdecken kann; ein solcher Mor-
dent drückt in seiner engen Umgebung des Gnindtones mit
nur einem Tone darunter und nur einem Tone darüber
und seiner alsbaldigen Rückkehr zürn Grundtone so recht
fühlbar die tiefste und darum auch einfachste Re lexion,
die gänzliche Erschöpfung eines von seinem Schicksal fast
erdrückten, aber doch noch von Liebe sanft getrösteten
weiblichen Gemüllies aus. " Leider ist dies das einzig Neue,
was ich neben obigem Nationale des Verfassers aus seiner
Schrift kennen gelernt habe. Und je heftiger die Begier
war über des hochverehrten Maestro grandioser Schöpfung
Belehrendes oder mindestens doch Interessantes zn erfahren,
desto grösser war die Enttäuschung als ich sah dass ein
gewiss achtungswerther Mann und Geiger, dabei Enthusiast
für Spontini, sich einer Arbeit unterzogen, welcher er doch
gar nicht gewachsen ist. Einzelne Textworte einzelner
Scenen (obenein in der allerschlechteston Uebersetzung z. B.
„Adieu, meine Schwestern“) sind mit der dazu gehörigen
Takt- und Tonart, mitunter auch mit Angabe ihrer harmo-
nischen Begleitung hingeschriehen ; dazu Erklärungen dass
eine Melodie von hier bis dorthin steige oder falle, dass
dies oder jenes Instrument den Gesang begleite, dass diese
oder jene Figur oben, unten oder in der Mitte liege —
und alle diese Momento werden jedesmal für unübertrefflich
proclamirt, und natürlich drücken sie auch immer genau
das aus. was die Situation erfordert. Aber in solcher Weise
kann man jede Oper nnnlysiren und upotheosiren, ohne
selber im geringsten musikalisch zu sein, wenn man nur
Text und Noten zu lesen fähig ist. Zu all’ diesem Ballast
findet sich noch eine Sprache, welche eigentlich unter Cu-
ratel gestellt werden müsste. Seite 23 liefert folgende Styl-
probe: „Sie lieht, die Göttin wolle ihre unheilvolle Leiden-
schaft ersticken, in Tönen unübertrefflich schön «usgodrückt.
Von Et immer wieder herabsteigend und dorthin wieder
ansteigend, sinkt sie in halben Takten erst um eine Sep-
time. dann um eine Sexte, dann uin eine Quinte herab;
vom Basse werden diese unteren Intervallen in ansteigen-
den Sexten zu halben Takten begleitet, die Mittelstimmen
erzittern bezeichnend; sie ringt offenbar in Niederdrückung
ihrer Leidenschaft, diese gewinnt aber immer mehr die
Oberhand |iin Ansteigen der tiefer angeschlagenen Töne),
bis sie das Niederkämpfen aufgieht und vom herrschenden
52
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426
Es bis zum bittersüssen Ges aufsteigend Ober das gleich*
Artige Ces und A (schon mehr erschöpft! herunter sinkend,
in den folgenden Tönen etwas ruhiger und zuversichtlicher
bittet, dann aber in dringenderen Flehen wieder aufseufzt,
bis sie bei der Bezeichnung „unheilvoll" für ihre Gluth auf
B mit durchgehendem Bass H zu durchgehenden, ihre un-
klare, trübe Stimmung köstlich malenden Akkorden nach Es
ermattet mit ihrer Gluth herabsinkt.“ Damit sei das Büch-
lein abgethan und nur noch bemerkt, dass der Verfasser
wunderbarer Weise die schöne Arie des Cinna im ersten
Akt ganz übersehen hat. H. Dom.
Krignr. Hermann Kyrie für Doppel - Chor a capeUa.
Op. 30. Partitur und Stimmen. Berlin, Kd. Bote &
G. Bock
Der Komponist hat in gedrängter Kürze hier eine
tüchtige Arbeit geliefert; vertraut mit den ällern Meistern
und an ihrem Geiste, der in seiner Einfachheit und Tiefe
unübertroffen geblieben ist, herangebildet, ist sein Kyrie
einfach und würdevoll, lind wird Gesangvereinen, welche
sich mit ernsterer Musik beschäftigen, um so mehr eine
willkommene Gabe sein, als die Ausführung keinen beson-
deren Schwierigkeiten unterliegt. C. E. R. Alberti.
Triest, H Die Oceaniden, Cantate von B. Prutz, comp,
für Solo, Chor, Orchester und Pianoforte. Op. 28. Cla-
vier-Auszug. Magdeburg, lleinrichshofen’sche Musikhandlg.
Der Verfasser ist dem Unterzeichneten als ein tüchtig
geschulter Musiker bekanut, der durch mehrere gediegene
Arbeiten auf dem Gebiete der Kammermusik sieh vorlhell-
haft bekannt gemacht hat. Als langjähriger Dirigent eines
Gesangvereins hat derselbe vielfache Gelegenheit gehabt,
auch für Chorgesang so manches Werthvolle zu schaffen,
ln diese Kategorie gehört auch die vorliegende Cantate.
Sie hat, vermöge ihres Textes, der eine wahrhaft poetische
Schilderung des Wallens dieser Oceaniden vom Beginne der
Schöpfung an, in zuweilen ergreifender Weise, ent-
lnilt, dem Componistcn Gelegenheit gegeben zu einer
eben so anmiithigen als geschmackvollen Komposition, in
welcher, neben dem durchweg melodiösen Element, dem
Orchester die Aufgabe zugefallen ist, den Gesang, theils
Solo- theils Chorgesang, malerisch das Auf- und Abwogen
der Meereswellen darstellend, zu begleiten. Die Komposition
ist wesentlich homophon und erinnert ihrem Charakter nach
an Spohr und Weher; überall ansprechend, ohne gesuchte
harmoni-che Wendungen, vermag sie zwar zu der ergreifen-
den Erhabenheit sich nicht zu steigern, welche in den Tex-
tesworten uns mehrfach entgegentrilt ; es liegt dies aber in
der ganzen, mehr dem Zarten, sinnigen zugewendeten
Eigentümlichkeit des Komponisten. Dennoch sind wir
überzeugt, dass trotz einer gewissen Monotonie, an der das
Ganze aus diesem Grunde leidet*}, das W erk geschmackvoll
vorgetragen, nicht blos Singvereinen bei der Ausführung
selbst Zusagen, sondern dass es auch bei Concertauil'ührun-
gan beifällig mitgenommen werden wird.
C. E. R. Alberti.
•j Das Kauze Werk, ununterbrochen fortlaufend im J Takt, aus
einen) grossen Satze bestellend, bringt zunächst einen homopho-
nen Uiorsntz in F-molt, aus Thema und Gegentbetna bestehend,
nach deren Wiederholung ein Solosatz piu lento, | in As-dur
eintritt, seinem Charakter nach jenem vielleicht zu sehr verwandt,
auf den ein zweiter piu moto in Des-dur folgt. Den Schluss bil-
det dann der erste Chorsatz F-moll, der in F-dur abschliesst.
Man siebt, dass der an sieh enge Haluneu, durch den sieb un-
ausgesetzt gleich bleibenden | Takt eine Mannigfaltigkeit nicht zu-
liess und dass namentlich innerhalb desselben dem Texte in sei-
nen grossartig ergreifenden Theilen kein entsprechender musika-
lischer Ausdruck gegeben werden konnte.
Schubert. Franz. Sechs bisher ungedruckte Lieder, nach
der in der Königlichen Bibliothek zu Berlin vorhandenen
Original - Handschriften herausgegeben. Berlin, Wilhelm
Müller.
Die vorliegenden sechs Lieder.— No. 1 „Sehnsucht"
(Schiller), No. 2 „Thekla, eine Geisterstimme" (Schiller),
No. 3 ..An d»n Mond" (Goethe), No. 4 Romanze (Matthis-
son), No. 5 ..Abendlied der Fürstin" (Dichter?), No 6
„An die Entfernte" | Goethe) — sind von sehr ungleichem
Werthe und stammen wohl unzweifelhaft aus den ersten
Jahren des Schaffens. Höchstes Interesse erwecken sie
natürlich gerade riesshalb dem Musiker und dem Forscher,
nicht gleichen Grad der Anerkennung dürften sie aber bei
dem grösseren musiktreibenden und gesanglustigen Publikum
finden. Nur zwei Nummern sind davon auszunehmen, näm-
lich No. 0 und besonders No. 3, merkwürdiger Weise ge-
rade die beiden Gedichte von Goethe. Das ist wieder ein
Beweis von der W ahrnehmung, dass Schubert berufen war,
der echte, bis heut im Ganzen noch unerreichte Repräsen-
tant der Lyrik im musikalischen Liede zu sein, in welchem
das Wort des lyrischen Dichters sofort denselben Gefühls-
zug erweckte, dem es in der Dichterbrust entsprungen war,
und der desshalb auch den ihm einzig und ganz entsprechenden
musikalischen Ausdruck dafür linden musste. Namentlich in
No. 3 offenbart sich schon der reiche Genius, der uns
nachmals mit einer solchen Fülle von Gaben beschenken
sollte. Wir können das W erk daher allen Verehrern Schn-
bert's, die beiden genannten Lieder aber auch dem gesamm-
ten singenden Publikum warm empfehlen. W. Lackowitz.
Berlin.
H e r te es.
t König!. Opernhaus.) Die Königl. Oper gab in vergange-
ner Woche em 21. „Mignon“ mit Frau Lucca; am 22. „Mar-
garethe“ mit Frau Ma Dinger und Herrn Ni ernenn; am 23.
„Schwarze Domino“ mit Frau Lucca; am 25. „Lohengrin“
mit Frau Ma Dinger, Fräulein Brandt, Herrn Niemano,
Herrn Betz; am 2(5. „Mignon“.
lin Friedrich- W'iltn-linslAdhsclie« Theater wurden uns am
22. abermal» zwei neue einactige Operetten geboten: „Gen-
duifo“ nach dem Französischen von E. Pohl, Musik von Lecocq,
machte schon durch da« unterhaltende Libretto einen sehr gün-
stigen Eindruck. Gandolfo, Polizeiralh in Florenz, der seine
junge Frau aus Eifersucht einsrhliesst und doch nicht verhin-
dern kann, dass während seiner Abwesenheit ein junger Musi-
ker (der Liebhaber des Kammermädchens) der Frau Liebeslieder
vorsingt, und ausserdem ein Renommist sich einschleicht, um
der Frau in Folge einer Wette einen Kuas zu rauben —
schliesslich der Polizeiralh jedoch tu Kreuze kriechen muss,
da eine gefundene Börse Zeugnisa giebt, dass er selbst galan-
ten Abenteuern nachgeht — diese Vorgänge geben zu einer
Reihe pikanter und heilerer Sirenen Anlass, die sich rasch und
spannend abwickeln und mit vielen drastischen Details nnsge*
schmückt sind, ohno sich irgend auf das lascive Gebiet zu ver-
irren. Die Musik des Herrn Lecorq, welcher sich durch die
Operette „Thecblume“ bereits in vorlheilhafter W r eise einföhrle,
ist eine durchweg angenehme und in feinerem Styl gehaltene ;
die Romanze Stenio'a, ein Duett und ein Quartett zeichnen sich
durch melodischen Rei 2 besonders aus. Die Damen Ungar,
Koch, Wieorich sowie die Herren Adolfi (sehr wirksam
im Charakter des Renommisten) und Schulz fanden fQr ihre
animirten Leistungen grossen Beifall, so dass die Operette in
diesem gelungenen Ensemble sicher viele Wiederholungen er-
427
lebeo wird. — Weniger Günstiges vermögen wir der Burleske
„Der Flötenspieler von Rom“ nach dem Fr amusischen von
Treumaon, Musik von Herv6, oachzusagen. Blödsinn ohne be-
sonders witzige Pointen, eine zusammengewürfelte Musik, eine
lostrumentiruog, die in der Bevorzugung des Piston oft an den
Circus erinnrrt, das Ganze so gut als möglich ausgeführt von
den Herren Adolfi, Schulz, Leazinsky, den Damen Re-
nom und Rig6nu — voila lout! Wir glauben kaum, dass
unser Publikum an dergleichen Absurditäten Geschmack flodet.
Das Nuwack-Theater wurde am 23. eröffnet. Die Räume
des früheren Liebhaber-Theaters Thalia sind freundlich herge-
richtet und genügend erleuchtet; der Mangel an Draperie be-
günstigt die Resonuanz so sehr, dass die Blech-lo9lrumente sich
werden roissigen müssen. Die Vorstellung — zu welcher
(da das Unternehmen vorzugsweise die Oper zu cultiviren ver-
spricht) sämratlicho Vertreter der rousikalichen Presse sich einge-
fuodeu hatten — begann mit einer Ouvertüre des eogagirten
Kapellmeisters Herrn Götze, welche zuerst aehr die Neu-
deutsche Schule verrathend, sich doch später zu Beethoven,
Spohr und Marscluier liiuneigte und im Ganzen einen recht guten
Eindruck machte. Ein acenischer Prolog von Tielz, welcher,
wie gewöhnlich das Publikum belehrte, was es von dem neuen
Unternehmen zu erwarten habe, schloss mit einem gut nüan-
cirten Couplet des Komikers Horm Meissner. Das nun fol-
gende grosse Duett aus dem 3. Acte der „Hugenotten“ war
keine Nolhwendigkeil, da sich die kleine Bühne doch schwer-
lich zu dem Genre der grossen Oper versteigen dürfte und
ausserdem die beiden Vortragenden ihrer Aufgabe nicht ge-
wachsen waren. Sehr zufrieden können wir uns mit der Auf-
führung des Kreutzer’schen „Nachtlager in Granada“ erklären.
Wir fanden friache angenehme Stimmen bei Fräulein Rück-
auf, deren Gabriele sich sofort nach der ersten Arie das Au-
ditorium gewonnen hatte, bei Herrn Reichmann, einem
Bariton von sehr weichem, sympathischen Klenge, der bei
lleiasigem Streben eine günstige Zukunft haben wird und auch
bei dem Tenor Herr Polack, welcher jedoch nicht ganz dis-
pooirt schien. Auch die drei Hirten befriedigten. Der Chor,
in dieser Oper von hervortretender Bedeutung — leistete Ober-
aus Lobenswerlhes. Als besonderen Vorzug erwähnen wir,
dass Soli wie Chöre reio intonirten. Das Orchester wird sich,
wie wir schon oben erwähnten, im Blech mäßigen müssen,
um so mehr, als die Harmonie in den Milteistimmen nicht stark
vertreten iat. Deo Dirigenten Herrn Götze aber ersuchen
wir, beim Tacliren die Arme nicht so übermässig auszubreiten;
dergleichen ist besonders in einem so kleinen Hause, für den
Zuschauer unendlich störend und hat für Niemand einen Nutzen.
Das Publikum liesa es an ermunterndem Beifall nicht fehlen
und wünschen wir dem Unternehmen, welches so glücklich
debülirle, den besten Fortgang; er wird ihm nicht fehlen, wenn
das Repertoir die Wünsche des Publikums und die vorhande-
nen Kräfte berücksichtigt. d. R.
Correspondenzen.
Bremen, December 1869.
Unter Mitwirkung des Fräulein Mathilde Wekerlin vom
Hoftheaier zu Dessau und des Herrn Hofkapellmeisler Joseph
Bott aus Hannover, gestaltete sich das 3te Privat concerl zu
einem genussreichen Abende voll mannichfacher Abwechselung,
und vertragen sich unter solchen Umständen oeben den Alt-
meistern Beethoven, Haydn etc. euch sehr gut die Namen :
Fr. Schubert, Rob. Schumann, Viotli, Brllmi und C. F. W.
Hornemann (Alladin-Ouverture) neben einander. Fräulein We-
kerlin führte sich in Haydn's Arie aus der „Schöpfung“: „Auf
starkem Fillige schwinget sich“, durch eine höchst ansprechende
jugendlich klangvolle Sopranslimme bei wohlgeschultern Vor-
trage vorteilhaft ein und vermochte durch ihre ferneren Lei-
stungen im weitern Verlauf des Abends: Cavatine aus „Norma“
und 2 Lieder von Franz Schubert „MorgenstAndchen“ und
„Du bist die Ruh“ das luleresse noch zu steigern. Herr Ka-
pellmeister J. Bott, unser altbekannter und stets freudig ange-
nommener Gast, brachte in Viotti’s A-moll- Concert die gute
alte Schule wieder einmal zu gebührender Anerkennung und
erwarb ausserdem in einem Adagio nebst Rondo von L. Spohr
auch durch den innigen verständnisvollen Vortrag dieses neue-
ren Meisters begeisterten Beifall. Bei dieser Gelegenheit möch-
ten wir, ohne irgend wie dem geschätzten Gaste persönlich
nahe treten zu wollen, dennoch ein für allemal an die säramt-
liehen Violin- und Claviervirtuosen die unmassgebliche Frage
richten, ob die mehr oder weniger auffälligen Vorbereitungen
während der Einleitung zu den botreffeuJeu Concertsätien
wirklich so unvermeidlich seien, wie sie störend sind. Es ist
freilich keineswegs gleichgültig, wie das Notenpult des Geigers,
oder der Stuhl des Pianisten steht, von der Disposition
der Finger hängt ja ohnehin alles ab — aber mail könnte
denn doch em wenig verstohlen dafür sorgen, abgesehen da-
von, dass vor Beginn des Stückes Zeit genug für die Vorbe-
reitungen bleibt; in der vollständigen Ignorirung des einleiten-
den Orchestersatzes bis zum Eintritt der Priozipnhtimine liegt
jedenfalls eine künstlerisch nicht gerechtfertigte Rücksichts-
losigkeit gegen des vorgeführte Werk, das ebeu nur in der
vollständigen Hingabe sämmtlicher Vortragenden zur harmoni-
schen Abrundung gelangen kann. — Die neue Ouvertüre von
Hornemann „Alladin“ entsprach ihrem märchenhaften Titel
sehr wohl und zeichnete sich durch ansprechende Melodie,
natürlichen Fluss und interessante Faclur, wie nicht minder
durch wirkungsvolle Instrumentation vorlheilhafl aus. In den
Übrigen Orchestersilzen, Symphonie von Schumann (No. 1,
B-durj und Leonoren* Ouvertüre No. 3 (C-dur) von Beethoven
bewährte sich das Orchester unter Reinthaler's umsichtiger
Leitung gewohntermassen. — Als allbekannte und stets wie-
der freudig begrüsate Novität der Saison gelangte Marschnor's
„Templer und Jüdin“ ziemlich unverhofft zur Aufführung und
fand lebhaften Beifall, der denn auch, besonders was die mu-
sikalische Darstellung betrifft, durchaus gerechtfertigt war. Die
vorzüglichen Leistungen der beiden Hauptreprlseolanten (Fräu-
lein Löwe und Herr Schelper) wurden durch sämmtliche
Milwirkenden, Orchester und Chor ehrenvoll mit inbegriffen,
aut** Vortrefflichste unterstützt. Herr Bernard (Ivanchoe)
war ausgezeichnet bei Stimme und (hat in der bekannten Ro-
manze: „Du stolzes England“ sogar noch mehr, als Marsch-
ner befohlen, indem er gegen den Schluss zweimal übermüthig
genug noch ein glanzvolles hohes H extemporirle. Herr Franz
Krolop sucht ah Ordensmeisler der Templer seines gleichen;
Herr Schmidt (Bruder Tuck) leistete mit »einen Stimmmitteln
das Möglichste und animirte durch anregenden Vortrag den
für die Aufführung noch besonders verstärkten Chor zu effect-
vollen Refrains. Bedauerlicherweise liess auch diesmal das
sceniache Arrangement viel zu wünschen übrig. H. K.
Dresden, im December.
Ueber die Eröffnung des interimisliscben Hoflbeaters ha-
ben Sie bereits eine Notiz gebracht. Die erste Oper, die ich
daselbst hörte, war Mozart’s „Figaro* 1 unter Direction des Herrn
Hofkapellmeister Rietz. Trägt man den obwaltenden Umstiti-
deo Rechnung, so kann man mit den akustischen Verhflllois-
52 *
424
spo so ziemlich zufrieden sein, doch würde man diese jeden-
falls noch bedeutend bessern , wenn namentlich die gros-
sen Bckverliefungen bei den Königs-Logen beseitigt würden.
Die Oper ging im ganzen gut, doch müsste das Orchester,
welches wie immer seine Schuldigkeit thnf, künftig etwas stär-
ker besetzt werden. Fräulein Georgine Schubert ilus Meck-
lenburg-Slrelilz gastirta als Susanne und gefiel, obgleich sie
gegen ihre Vorgängerin, Frau Jauner-Krall einen schwie-
rigen Stand hatte. Herr Sc ariaalsKigaro ist gesanglich vertrefflich,
nur wäre seinem Spiel etwas mehr Lebendigkeit und Leichtig-
keit zu wünschen. Ausser Genannten wirkten noch die Damen
Baldaniua. Weber und die Herren Mitterw urzer, von
Witt und Weis 5 mit und brachten dem Gelingen des Ganzen
vortreffliche Lcistuogeu entgegen. Selbigen Abend fand die
zweite Quarte tt- Soiree der Herren Lauterbach, Hüllwck etc.
mit Frau Sara-Heinte statt. — Das sechste und achte
Abonnement - Coucert der Geiieraldireclion brachte uns Schu-
berts C-dur-Symphonie sowie die iu A-dur von Mendelssohn,
die Ouvertüren zur „Vestalin“ von Spontini und „Guryanthe“
von Weber und die Variationen aus dem KaUer-Quaitell von
Haydn für Streich • Orchester. Ausserdem kam noch Mozart*«
Sinfonie concertautc lür Violine und Viola mit den Herren
Lauterbach und Göring zur Vorführung. Diese selten gehörte
Componition wurde in künstlerischer Vollendung mit aller Gra-
zie und Feinheit ausgeführl und unter lebhaftem Bei-
fall enfgegengenoinDieu. Die Gesangssoh waren in den
Händen der Frau K ainz-Prause, Frau Alv sieben,
ries Fräulein Baldnmus und des Herrn Sc a rin. Gm hoher
Genuss wurde uns noch durch die AufTQhrung der Missa so-
lemnis von Beethoven bereitet. Dieses grosaarlige, nur in der
Hiich’schen H imdl-Mefse einen Nebenbuhler habende Werk
wurde, einige Schwankungen im Benedictus und einige unsi-
chere Einsätze des Solo* Tenors obgenchnrl, sowohl in chorf-
acher, orchestraler Hinsicht und von Seiten der Solisten (die
Damen Alv sieben, Nanitz, Herren Scaria und von Will)
in der anerkennenswertnesleb Weise ausgeführl. Jenes vom
Himmel zur Erde berniedersteigende Geigm-Solo halte Herr
Coocerliurisfcr La ul erb ach übernommen. Die Leitung lag
in den Händen des Herrn Hofkapellnnister Rietz, doch ver-
dienen auch die Herren Musikdireclnr Riccius und Kantor
Loren t .erwähnt zu .werden, da genannte Herren sich der
schweren Arbeit der Einstudirung mit Eiter und Lieb* unterzo-
gen hatten- — Das zweite PrivnUoncert der Königlichen Holka-
pelle (filirtc uns Schumann*» C-dur-Symphonie, die Fingalshöh-
lenouverture von Meiidelseolm, den Marsch aus „Tarppjn“, das
GratulalionsnunueH und türkischen Marsch von Beethoven lind
(Or die ursprünglich angepetzte Symphonie von Lassen eine
solche von Haydn No. 7 C-dur vor. Die vorgelülirten Werke
kamen wie gewöhnlich in musterhafter Weise zu Gehör, doch
wollte es mir scheinen, aU ob in der MetidcliSohn'sclioii Ouver-
türe der Chor der Holzbläser zuweilen nicht bestimmt genug
zusamutenhielte. — Die Herrcu Heit sch, Müller und Fitzen-
hagen haben ihre zweite Acndemi« bereits abgehalten; Clara
Schumann*« Trio Op. 17, Beethoven*« Trio Op. 9 und Rubin-
stein*s Quartett Op- 06 standen auf dein Programm. Die Her-
ren rechtfertigten die gute Meinung, die ihr erstes Auftreten
bereits erweckte, und es ist in der That recht anerkenneos-
werlh, wenn Künstler, die sich selbst erst einen Platz in de#
Winlerconcerten erringen wollen, von vornherein für Werke
neuer Comporiisten in die Schranken treten. Rubinstein’» Werk
ist kein eigentliches Quartett in» hergebrachten Sinne, es ist
vielmehr ein Stimmungsbild von mimischem Charakter. Die
Anlagen des Comporiisten weisen ihn entschieden auf das Or-
chester hin und desshalb bedaure ich, dass wir in dieser Hinsicht
hier so selten etwas zu Gehör bekommen. A. F.
Paris, den 25. DeCember 1869.
Der reTormatorische Geist, der das jetzige Zeitalter bewegt,
ist sogar bis in die allen und engen Räume der Conservalolre-
Concerte gedrungen. Das conservative Element, welches bis vor
Kurzem in denselben vorherrschte und das, wie unsere neudeut-
sehen Musiker sieh ausdrücken — als Haydn- nnd Mozart-Zopf
noch immer bei vielen Musikfreunden als das Alleinseligmachende
gilt, ist nun in den Streit mit den Kunst-Sceptikern, den Revolu-
tionären, mit Schumann, Wagner u. s. w. geralhen. Beide Ele-
mente scheinen sich hier indes» in den von alten Stammgästen
besuchten Conservatoire-Goncerten, weit besser zu vertragen, als
in den demokratischen Concerts populair* des Cirquc Napoleon,
wo es vorigeu Sonntag wieder, bei der angekündigten zweiten
Aufrührung der Wagner'schen „MeislersiugeP'-Ouverture ein Cha-
rivari gab, als war' dies irgend eine Wähler-Versammlung der
Pariser Vorstädte. Der Rocheforl unter den Componisleu, Richard
Wagner, schien jedoch diesmal, Dank der energischen Vorsorge
Pasdeloup s, die Stimmenmehrheit davongetrageii zu haben.
— l'm auf die Neuerungen in den Conservatoire-Goncerten zu-
rückzukomuien , sei hier erwähnt, dass Schumann'« „Manfred-
Ouvertüre“ in den zwei bisher stattgehabten Concerten, bei treff-
licher Exeeution, eine weit wohlwollendere Aufnahme fand, als
man sonst in Paris den Schumann'schen Werken atigedeihen
lies». Das neue Violin-Conccrt von Jouciöres, vorgetragen von
Herrn Daube, ist zwar zu unbedeutend um an der Seite Bach’s,
Mendelssohn’«, Beethoven'« zu fuugireu, und kann weder der
Form, noch dem Inhalte nach auch nur annähernd in Vergleich
mit den Claseikern gebracht werden, doch ist der Andanto-Satz
desselben ein Beweis besserer künstlerischer Intentionen, die
sich überall im Werke offenbaren, aber nicht die rechte Form
des Ausdruck« zu linden wissen. — Constatireu wir indess die
erfreuliche Tbateachc, das« überhaupt neue und lebende Compo-
nisteu iu den Conservaloire-Concerten zugelassen werden; auch
ist in» Orchester eine Veränderung cingetreteu, indem Altere Mit-
glieder ausgeschieden und durch jüugere ersetzt worden; der
Cellist Jacquard, an derStelle des nun ausgeschiedeuen Solo-Celli-
sten Franc ho in me, dürfte hierbei die bedeutendste Acquisition
sein. — In dem morgigen Coucert populairc, bemerken wir
Bach’s Orchester-Suite, i-ompouirt im Jahre 1718, und ein neues
Violin-Concert von Landen, vorgetrageu vom Autor, welcher die
Stelle eines Concertmeisters seit der Bildung des Orchesters der
Concerts populaires inuc hat. — In der Ictzlcu Quartett-Matinee
Goude's wurde unter ausserordentlichem Beifall eine Sonate
für Clavier „Souvenir de Mitlweyda“, coniponirt von Haenel von
Cronenlhal, aufgeführt lind fand diese« charniaule Werk in Fräu-
lein Melanie Levy (eine hiesige hochgeachtete Clavier-Profes-
sorin) die geistig und technisch vollendetste Interpretation. —
Die Academie der schÖDen Künste hielt vorige Woche ihre öf-
fentliche Jahrea-Silzung. In derselben ward al« Preis-Aufgabe
de« nächsten Jahres IVst gestellt: „Es sei' zu deBniren der Charak-
ter und Ursprung der dramatischen Musik und sind die Ursachen
zu bestimmen, unter deren Einfluss das dramatische Element der
Musik in Frankreich seit Lully bi« aur die heutigen Tage bald
vorherrschte, bald schwächer geworden“. — Danu folgte eine
historische Notiz über das Leben und die Werke Rossini'«, vor-
getragen vom Secrelär Beule. Beachtenswert!) ist darin die Pa-
rallele, welche der Vortragende zwischen Mozart und Rossini
aufstellte. — Die Bouffes parisiennes erzielen fortwäh-
rend mit Offcubach's „Priucessin de Trehizonde“ die möglichst
höchste Einnahme. Dazu gesellt eich noch eiue einac-
Google
429
lige Novität deeseiben unerschöpflichen Componiaten, beti-
telt „I* Romanre de !a rose“, Text von Träfeu und Prövel
welche die bekannte schottische Romance von der letzten Rose,
von Flotow in der Oper „Martha“ so wirksam benutzt, zum Ge-
genstände einer Llebesiiilrigue macht, welche damit endet, dass
die Romanze der daför schwlrmendeu Dame endlich ganz ver-
leidet wird. Auch diese Pfoce batte Erfolg. Zu den durchschla-
genden Triumphen, welche OfTenbach mit obigen Operetten
und den „Brigands“ erntete, gesellt sich, wenn auch nicht
mit gleichem Succes, llervd mit der musikalischen BouiTo-
nerie „Lea Ton»“ im TWItre Folie» dramaliquc. Es ist
aber so viel SeraH-Wirthschaft in diesem Stöcke, dass die „Schöne
Helena“ Offenbart)’» dagegen ala keusche Diana erscheint -*•
Luigi Ricci’s Oper „La Föte de Piedigrola“, deren erste Aufführung
vorgestern im Athenäe-TheAtre stattfand, halte einen sehr schwa-
chen Erfolg. Die unbedeutende Handlung gipfelt sich in einem
Tarantella-Tanze. — Auber's „Röve d’amour“ dagegen, am Sonn-
tag in der Opera comique zum ersten Male auftreführt, rechtfer-
tigt die in unsenn vorigen Bericht ausgesprochene glückliche
Verheissung. Einzelne Nummern, wie die Romanze Capoul's im
ersten Akte, das von Fräulein Priola gesungene Couplet und
dag Duo der beiden Genannten, namentlich aber das höchst ori-
ginelle Terzett im dritten Akte, wurden stürmisch zur Wiederho-
lung verlangt — Und so hat denn der berühmte Meister im
höchsten Aller ein Werk geschaffen, das in maucher Beziehung
als eine Jiigeiid-Arbelt mit Recht bezeichnet werden kann. Wie
viele unserer jungen Componisten, namentlich unter den Neu-
deutschen, sind schon lange vor der Zeit — alt. A v. Cz.
Weimar, Ende Decemher 1869.
Auch wir sind in Arkadien gewesen — d. h. mit andern
Worten in’s Neiideulsche franse ribirt — wir haben die „Mel*
utersinKcr“ gehabt und zwar am 28. und 30. November, sowie
am 5. Decemher in einer Wirklich ausgezeichneten Darstellung,
die unserer Holbflhne und vor Allen dem (reiflichen Chef der-
selben, Kammerherrn von Lnön, welcher mit seltener Energie
und ungewöhnlichem KunstversfArirfriiss Alles gclhan hat, um
das Ausserst schwierige und romplicirto Kunstwerk mit einhei-
mischen KrAfteh möglichst würdig darzustellen. Schon glaubten
wir, dass es Hm. v. Lofn nicht möglich sein wflrde, mit uoge-
flbr 40 Proben (davnn 6 lOr's Orchester) die ungeheure Auf-
gabe, welche wohl noch kein anderer Oprrncotnponrst den
Executirendeti so geboten hat, bis zum 28 November, wie
Herr von Lofn uns versprochen, genügend zu bewältigen, aber
bei diesem vortrefflichen Intendanten heisst es wirklich: „Ein
Wort, ein Mann!“ Dank sei aber auch allen Atisföhrendeo,
AD deren Spitz« HoikaprllirietMrr Lassen. Als einen höchst
sichern und tuvrirfftasigen Orches forchef kannten wir ihn schon
llngst, dass er aber aus seiner klassischen Ruhe völlig hrr-
austreten und gehörig ih’s Zeug treten könne, wussten wir
noch nicht. Dass auch das Publikum diese neu entdeckte
Eigenschalt zu würdigen wusste, geht daraus hervor, dass un-
ser Lassen bbidererslen und dritten Vorstellung mehrlach stürmisch
gerufen wurde *| Mag man nun von Wagner 1 « Werken nrthSh*
Ibn. wie man will, mag man selbst viele Bedenken, die Herr
Prof. Dorn in d. Hl. ausgesprochen hat, theileo, so muss man
dennoch bei unbefangen«? Beurtheilung Von Wagner 1 * Schöpfungen
anerkennen, das» seinen Tondichtungen, trotz mancher Schwä-
chen nach Text und Musik, doch noch ao Vieles bleibt, was
die gerechteste Bewunderung erregen tnu»s. Zu rhesen be-
• ) Ale heeoudre Anerkennung sein«* humanen Wallen* über-
reichte ihm das kapvllpersonal bei der 2. Aufführung einen ge-
schmackvoll gearbeiteten Taktstock und einen Lorbeerkranz.
wundernswertheo Eigenschaften gehört in erster Linie sein ste-
tes, energisches Fortschreiten, sein Suchen und Forschen nach
neuen Darstellung» formen. Man betrachte z. B. den „Rienzi“
welcher noch vollslAndig in homophonen Bahnen wandelt, und
vergleiche damit die „Meistersinger“, in welchen das polyphone
Element so meisterlich verkörpert ist, wie noch in keiner anderen
Oper. Diese ungemein reiche Molivenweit, diese meisterhafte
Thematik, diese oft wirklich bewundarnswcrlhe psychologische
Charakteristik mag man W. einmal nachmachen! Freilich hat
diese loriwöhrende, polyphone Illustration des Orchesters in Be-
ireff der Singer, die fast fortwährend gegen mehrere selbst-
slAndige Cant denen nnkämpfen müssen, nicht unbedeutende
Bedenken. Auch dass dem Hörer das Verständnis« derartiger
Werke nicht leicht gemacht ist, und dass doch der Erfolg eines
Werkes davon mit abhAogl, kann nicht in Abrede gestellt wer-
den. So möchte Ref. behaupten, dass das eben durch feine
eminente, polyphon« Schreibweise »ehr interessante Vorspiel
nie in dem Grade populflr werden kann und werden wird, wia
z. B. der Marsch und die Ouvertüre aus „TaunhAuser“, Vor-
spiel und Enlr'act zum 3. Aufzuge im „Lohengrin“, nament-
lich wenn dieses verwickelte Tonstück nicht in Verbindung mit
der Oper aufgeführt wird. £m volles Verständnis» desselben
ist erst überhaupt möglich, wenn man die 16 Hauptmotive in
allen Nüancen und Verschlingungen klar erkennt.**) Zu dem
vollständigen, glinzeuden Erfolge der bet reffenden Tondichtung
trug aber auch die volle Hingabe aller Mitwirkenden an da*
Kunstwerk, die ausgezeichnete Inscenirung und die prarhtvolle
Ausstattung demselben redlich das Ihre bei. Unser Gesangmei-
»l«r F. v. Milde verdiente als Hans Sachs sowohl in gesang-
licher als auch in rein dramatischer Hinsicht den ersten Preis.
Er hatte sein« schwierige Aufgabe so vollkommen erfasst, dass
er mehrfach mitten in der Scene stürmisch npplaudirt wurde,
abgesehen davon, dass das Publikum ihm, sowie den andern
Vertretern der Hauptrollen, jubelnde Ovalionen nach jedem Akt-
schlüsse entgegen brachte. Wie sehr bedauerte mau, dass es
Frau v. Milde nicht vergönnt war al* Eva, welche Rolle lür
die Individualität dieser ausgezeichneten, jetzt leider penstourrten
Künstlerin besonders passte, zuglönzen. Fr. Bar na y|Eva (genügte
ihrer Rolle zwar nicht vollkommen, abpr trotzdem hatfesie ihre Par-
thie &|hr sicher und mit Liebe studirl. Auch der Vertreter de*
Walther von Stolzing, unser fleissiger und energischer Tenor,
Herr M eifert, suchte seiner grossen Part hie möglichst gerecht
zu werden, was ihm namentlich im ersten und dritten Akte
in aaerkenneikswerlher Weise gelang. Die Mängel seiner Ton-
bddung traten indes* namentlich im 2. Akt« hervor, auch lies»
er in Bezug auf richtige luloualiou besondere im Quintett, das
überhaupt noch nicht «iogoeungen, d. h. wie aus einout Gusse
ging, zu wünschen übrig. Ohne jegliche Beschränkung müs-
sen wir iiidrst» Herrn Knopp als Darsteller des Lehrburschen
David loben. Er wusste diese frisch« Gestalt mit so viel kecker
Jogendtust und Humor aiMZustaften, da*« man schon vergessen
konnte, wie die Stimme de» Betätigen und intelligenten Künst-
ler» focht wehr so jugemWnsch klang, ata man dasselbe von
einem Lehrbuben erwarten konnte. Kurzum, der Lehr junge
Knopp'* war ein Meisterjunge! Unser verdienter Opernregisseur
Herr Schmidt gab den Beckmesser gar ergötilich; er halt«
die Luther an I swmrr Beile, ob er aber nicht manchmal etwas
I) «tobte, wollen wir dahin gestellt soin lassen. Frau Podotaky
genügt« als Evaa Arume, Magdalen«, vollständig. Nicht ao
**l In dieser Beziehung und auch hiusiohtlich der Texter-
klärung kann Fr. Müller s Buch über das in Rede stehende
Musikdrama: „Di« Meistersinger in Nürnberg 4 ' (München. Kaiser)
warm empfohlen werden.
430
ganz gelang es Herrn Harlinauri, mit der Pogner-Rolle fertig
tu werden und damit namentlich in der 3. Scene des ersten
Actes Sensation xu machen. Der Chor leistete «ehr Rühmli-
ches, so dass die Vorstellung, gehoben durch die vorzügliche
Thätigkeit der Kapelle, die mit Lisxt'scher Verve spielte, zwar
keine Münchener Muster Vorstellung, aber trotzdem eine (ür
Weimer ausserordentlich anerkennenswerte genannt werden
muss. — Holkapellmeister Müller-Hartung debutirte als
Operndirigent ausserordentlich glücklich in Mozarts „EntiOhruog
aus dem Serail". Kr leitete diese köstliche, alte Oper ao sicher
und verslSodiiissvoll, als sei er schon Jahre lang Operndirigent
gewesen. — Von Concerterlebnissen bebe ich Ihnen nur noch
Ober die drei letzten AbonoemenLsconcerte unter Kapellmeister
Stör xu berichten. Dieselben waren im Allgemeinen interes-
santer als im vorigen Jahre, in welchem mau sich fast ledig-
lich auf schon öfter Gehörtes beschränkte. Im xweilen dieser
Coocerte hörten wir: Cuocert - Ouvertüre von Taubert. das
G - moll - Coucerl für Piauo von Mendelssohn (Fräulein hlraraa
13 ra ndes aus Schwerin), „Mein Lied" und „0 glücklich wer
ein Herz gefunden" von Lassen (FrSul. Heiss), „Am Abend"
von Schumann und Walzer (in As) von Chopin, Schiller’s Lied
von der Glocke mit Tonbildern von Stör. Die 3. derartige
Vorführung brachte Hornemanu’s Mährchen- Ouvertüre, die so
gut wie — nichts machte, wa9 auch recht gut zu erklären ist,
da dieses gegenwärtig ziemlich protegirle Stück wenig idealen
Werth und keine originale Haltung hat, sondern sich vorzüg-
lich an Mendelssohu und Beethoven aolehnt. H. Schumann's
interessante Es • dur • Symphonie packte namentlich im ersteQ
Salze, schien aber dem Orchester noch nicht vollkommen in
Fleisch und Blut Obergegangen zu sein. Concerlmeister Da vid
aus Leipzig excellirte mit einem Viotlfschcn Violinconcert und
mit einer eignen effectvollen Compositum. Zwei Gesaugcompo-
sitionen „Mignon" und „Krühlingslied" von Klughardl waren noch
nicht von ausgeprägter Individualität. — Das letzte derartige
Concert brachte: Gades ö-dur-Symphonio und Liszl’s Präludien.
Statt letzterer schon oft gehörten Composilion hätten wir lieber
eio hier noch unbekanntes Werk des fernen Meisters, wie t. B .
die Dante-Symphonie, die„Hungaria"oderdeo„Hamlet"gewünscbt.
Die Solovorträge wurden von der Harfenvirtuosio Fr Aul. Heer-
mann und Herrn Schild (Alinde von Schubert und „Es war
•io Traum" von Lassen) auagrführl. /•
Journal - II «vue.
Die Neue Zeltschr. f. Musik enthält die Fortsetzung des Wag-
ner'achen Artikels — Die Allgemeine Musik-Zlg. bietet einen le-
aenswerthen Aufsatz von W. Oppel „Ueber mancherlei Schwächen
der Virtuosen". — Signale: Die Musik in Carlaruhe.
Nachrichten-
Berlin. Der Herzog Georg zu Saehsen-Meinigen hat dem
Herzoglich Sacbaen-Meioingenschen Kammervirtuosen und Lehrer
der akademischen Hochschule, Herrn Wilhelm Müller hier, das dem
Sachaen-Erneeltuiachen Hausordao affililrte Verdienstkreuz ver-
liehen.
— „Fidel io“, Oper in zwei Acten von Beethoven, ist soeben
im vollständigen Clavierauexoge mit deutschem und französischem
Texte, bearbeitet von G. D. Olten, bei Bieter-Biedermann io einer
so prachtvollen Ausstattung erschienen, dass sieh auf diesem
Felde kaum eine Parallele namhaft machen lässt Nicht allein
der ausserordentlich schöne Stich und Druck der Firma C. G. Rö-
der, sondern auch die geistvoll entworfenen und vorzüg-
lich ausgeführten Bilder zu den Sceoen der Oper von der
Meisterhand v. Schwind'« geben dem Werko eine dem tiefen In-
halte recht entsprechende äussere Form. Der Preis dieses Pracht-
werkea ist 15 Thlr.
Breslau. Der Piauist Herr Conrad Scbmeidler hat ver-
gangene Woche hier eine Soiree gegeben, in der er sieb als
gewandter Clavierspieler dem Publikum bekaunt machte.
— Das 6. Orchester - Vereins- Concert war wohl das gelun-
genste der in dieser Saison staugefundenen. Die Ouvertüren zur
„Zauberflölc“ von Mozart und „schönen Melusine" von Mendels-
sohn erfuhren eine nahezu vollendete Ausführung. Herr Dr.
Da in ros cb, der dem Institute als Dirigent in so erfolgreicher
Weise vorsteht, errang sich aber auch als Solist wohlverdiente
Auszeichnung. Seine Vorträge: das E-raoll-Concerl für Violine von
Spuhr. sowie eiue Romanze in A - dur eigener Compo-
sition fanden grossen Beifall. Die Romanze, als Composition,
konnte uns wegen ihrer Formlosigkeit nicht sonderlich gefallen.
Erfurt Am IX. d. M. gab der hiesige Musik • Verein sein
zweites Concert. Von auswärtigen Kräften waren die Hofopern-
Sängerin Fräulein Kadecke aus Weimar und die HarfeDvirtuosiu
Fräulein Heer mann aus Baden-Baden gewonnen wordeu. Fräu-
lein Ra decke zeichnete sich ebenso durch Frische und Anmuth
der Stimme, als durch gute Schule und kunstverständigen Vortrag
aus. Vortrefflich kamen diese Eigenschaften in der Susannen-
Arie aus „Figaro" zur Geltung. Sehr befriedigend wirkte auch
der Vortrag der weniger effectreichen, als ruhigen und heiter an-
sprechenden Lieder. Bei der Becthoven’scbeu lionceftarie störte
leider eine gewisse Indisposition der Stimme den vollen Genuas
der von gründlichem Studium uud gediegener Auffassung zeu-
genden Gesangsleistung. Fräulein Heermann zeigte sich als
Meisterin ihres Instruments, das sie mit eben solcher Kraft als
Zartheit und Lieblichkeit behandelte. Den incisteu Beifall fand
der Sylphidentaaz von Godefroid. Eine grössere Bedeutung als
die Vorträge der Gäste hatten diesmal für unsere musikalischen
Verhältnisse die Leistungen des Orohesters. Wie Herr Musikdi-
rector Mertel in der kurzen Zeit seines Hierseins nach einstim-
migem Uribeil den Erfurter Gesangverein neu zu beleben und zu
heben verstanden bat, so hat er auch die bereite im ersten Con-
cert bewiesene Fähigkeit der Orchesterleitung auf’s Neue glän-
zend bewährt, und diesem musikalisch vielleicht am höchsten
stehenden Theiie des Programms die Anerkennung des Publi-
kums ln reichem Maasse zu erringen vermocht. Es ist das in
unserm an wirklichen Kunstleistungen nicht gerade überreichen
Erfurt eine nicht hoch genug anzuschlagende Thatsache.
Köln. Herr Kapellmeister H Iller ist am 22. d. nach Peters-
burg abgereist, wo er bekanntlich eine Reihe von Concerten di-
rigiren wird.
Leipzig, 18. Decbr. Im 10. Gewandhausconcert hatten wir das
Vergnügen Herrn und Frau Jaöll zu hören. Das Zusammenspiel
derselben — Bach s D-moll-Concert für 3 Claviere und Reineeke's
Improvisata über das alt-französische Volkslied „la belle Griseli-
dis" — ist kaum zu Qbertreffco, Ferner spielte Herr Jaöll noch
das Concertstück in G - dur Op. 92 von Rob. Schumann. Wir
sind ihm für die Vorführung dieses, merkwürdiger Weise so sel-
ten öffentlich gespielten Concertos sehr daukbar. Denn das ba-
regte Stück zählt mit zu den schönsten Schöpfungen des Meisters
und ist für den Solisten auch dankbar. Wozu denn immer die
bekannten Coooerte von Beethoven (C-moll, G-dur, Es-dur), Cho-
pin (E- und F-moll), Mendelssohn iG-moll) und Schumanu (A-
moll) spieleo, es existiren ja noch mehr Coocerte, die es wohl
werth sind, öffentlich gehört zu werden. Die Ausführung durch Herrn
Jaöll sowie von Seiten des begleitenden Orchesters war muster-
gültig. Fran Peschka-Leutner aaog 3 Arietten aus „Susanns"
von Händel uod Recitativ und Arie der Eglaatme aus der „Eu-
Digitized by (jOO*
43 *
ryanthe“ von Weber. Da dieselbe sehr gut disponirt war, so*
trugen ihre Leistungen wie sonst den Stempel der Vollen-
dung. Das Orchester betheiligte sieh mit der Coriolan-Ouverture,
der B-dur-Sinfonie von Beethoven und fügte seinen gewonnenen
Lorbeeren einen neuen Kranz ein.
— Für die 4te AbeudunteibaHimg war ebenfalls Herr
und Frau JaAH gewonnen, welche diesmal HalTs Chaconne, die
D-dur-Sonate für zwei Claviere von Mozart und als Zugabe die
oben erwähnte Reinecke’sche Improvisata spielten. Das Zusam-
menwirken des Küustlerpaares war auch diesmal von seltener
Vollendung und der grosse Beifall somit ein gerechter. Der
Hauptgenuss des Concertes war für mich die Violin - Souate in
D-nioll von Srhamann, die wir hier längere Zeit nicht gehört
batten. Dieses grossartige Stück, unbedingt zu ächuniann's be-
deutendsten Werken gehörend, wurde von Herrn J agil im Verein
mit Herrn Concertiucister David, dem Schumann die Sonate
zugeeignet hat, meisterlich reproducirt. Mendelssohns leiden-
schaftlich gehaltenes E • moll • Quartett Ohte eine zündende Wir
kung aus. — s.
Hagdeburg. Das Harmonie-Concert, welches unter Mitwir-
kung des Violinvirtuosen L. Straus aus London und der Opern-
Sängern) Fräulein Helene Gerl aus Coburg statlfand, machte
einen glänzenden Beschluss des ersten Cyolus dieser Concerle.
Herr Strauss bewährte sich in dem Molique'scheu A-moll-Con-
rerte und einem Nocturne von Ernst mir» Neue als «du Virtuos
ersten Ranges. Fräulein Gerl wusste sich namentlich mit ihrer
ausgezeichneten Coloraturfertigkeit den allgemeinsten Beifall zu
erringen. Das Orchester spielte Beethoven s 8te Sinfonie (F-dur)
und die Lodoiska-Ouverture. — Herr Musikdireclor Rehling wird
demnächst Schumann's Faustmusik zur Auffahrung bringen.
Posen. Fräulein Alma Holländer hat hier am 15. d, ein Cou-
cert gegeben, in dem sie durch ihre künstlerischen Leistungen
allgemeinen luterenau erweckte. Beethoven’« C-moll-Concert, so-
wie die Polouaise in Es-dur von Chopin waren die Werke, wel-
che mit Orchesterbegieitung ausgeführt wurden. Ausserdem
spielte Fräulein Holländer noch die E-moll-Fuge von Mendelssohn,
le petit berger von F. kullak lind die Cis - moll - Rhapsodie von
Liszt. In dem Vortrage »Jtmnitlicher Piecen documeutirte die
Dame eine klare, durchgehildete Technik und was noch mehr
sagen will — musikalisches VcrslAndniss. Der ihr gezollte Bei-
fall war denn auch ein reicher. Die Zwiachcunummern batte
Frau Weruicke- Bridge mann übernommen, welche die grosse
Arie aus „Titus“ i parto, parto — und Lieder von Lassen und
S. Blumner vortrug.
.srhwerl«. Am 22. Decemher starb hier in seiner Vaterstadt
im Alter von 25 Jahren der Cumponist und erste Stipendiat der
Meyerheer-Stiltung Wilhelm CI aussen. Die Kunst verliert an
ihm eiu ausserordentliches Talent. Sein bedeutender musikali-
scher Nachlass wird iu nächster Zeit durch den Druck veröffent-
licht werden. Als besondere hervorragend sollen sich 2 Sinfo-
nien, ein Clavier-Quintett, sowie mehrere Ouvertüren auszeichnen.
Mralsund. Am 20. fand im ftatbhaussaAt ein Vocal- und
Iiistrumental-Concert zum Besten des auT der Insel Rögen zu er-
richtenden Arndt- Denkmal- Fonds statt Das Programm bestand
vorzugsweise au» Dichtungen von E. M. Arndt, unter denen be-
sonders das im Jahre 1841 gedichtete und von Edwin Schultz
für gr. Männerchor äusserst wirksam componirle Kriegslied ge-
gen die WAlschen sich des grössten Beifalls zu erfreuen hatte.
Natürlich durfte auch das 1813 gedichtete und von einem Pom-
mern, Reich ardt, componirle „Was ist des Deutschen Vaterland“
nicht fehlen. Den Schluss bildete das „Geht nun hin und grabt
mein Grab 14 . Der Mendelssohn'sche Festgesang an die Künstler
fand eine begeisterte Aufnahme, ebenso die Claviersoli der Her-
ren Bratfisch und G. Müller. Freierer brachte den schönen
Bechslein'schen Flügel durch einen ausdrucksvollen Anschlag zur
Geltung; Letzterer spielte mit grossem Verständnis. 1 « das poesie-
reiche G - dur - Concert von Beethoven mit Orchesterbegieitung.
Die Militair-Kapelie, unter der Leitung des Musikmeister Schmidt,
vervollständigte das Programm durch die Ausführung der Eg-
mont- Ouvertüre.
Antwerpen Auber's „Erster Glückstag“ ist hier vor circa
14 Tagen gegeben worden und zwar mit einem ungew öhnlichenErfolg.
Pari». Hier hat sich unter dem Titel „Societe Schumann“
eine neue Musik-Gesellschart gebildet, welche beabsichtigt, die
Schuntann'scbeu Werke für Kammermusik öffentlich aufzufübren.
Diese Idee ist von dem jungen Pianisten und Componisten De-
labaye ausgegangen, der in Folge dessen von Frau Cläre
Schumann ein sehr schmeichelhaRea Schreiben erhalten hat.
— Schumann's .Paradies und Peri“ ist zürn 2leu Male im
TMMre italien aufgefrihrt worden. — Die ersten 10 Vorstellungen
der „Prinzessin von Trehizoude“ haben die Kleinigkeit von 40,687
Frcs. ergeben. — Die Einnahmen der Theater, Concerte etc. be-
liefen sieb im Monat November auf 1,915,864 Frcs.
ftoskau. Die italienische Oper macht brillante Geschalte
und der Succis, den die Schwestern Marchisio, Madame Artöt-
Padilla, sowie deren Gemahl erringen, ist nur im Steigen be-
griffen. Zur Aufführung gelangte u. A. Saffo, Semiramin. Cetie-
rentola, Barbier, Fra Diavolo, Robert, Teil, Kaust und Regiments-
tochter. Der Kapellmeister Dupont leitet die Opern vortrefflich
und erfreut sich sowohl bei den Sängern wie auch hei dem
Publikum grosser Sympathien. — Die russische Musikgesellscbaft
hat ihr erstes Concert gegeben, in dem Mendelssohn'» Sotniner-
nachtstraummusik, die 4te Symphonie von Beethoven, Fragmente
aus Schumann's Messe und die Tannlifitiser-Ouverture von Wag-
ner zu Gehör gebracht wurden. Die Gesellschaft bereitet die
Aufführung von Rossinis „Messe soleuuelle“ mit den Damen Ar-
töt, Marchisio und den Herren Stagno und Rota vor.
Unter Verantwortlichkeit von E. Bock.
Basel-
ZI (JtftmlH-r lll Soiree für
Kamni'rmuail unirr Milwir*
hung v. Frau Waller Sir»«»*
Uu/riri» Nt, ft c-dnr v. Mm.rl
•I I jeder. a. Der Wadiirl«! Mag
von Beethoven. b Liebenbot-
arliab von Nhubrrt c. Mit
MyltWIt und lloeen von Seliu-
naiui. (JuarIHt in Ka-üur von
Mendel«»olni
Bremen.
il. DrrrmlMr Vierten Privat-
l.oorert. Zwei Situ dt r uuvoU.
Symphonie Hmi.ll v Schubert
Arie aua Mitrane’* von Ro**i
ifrWrin A Kort«) \iot« o-
relFCulKerl V Srliurnar n |Rr
Grttimai hin. 4 l.udrr au»
der „Diehl* Hiebe“ v Schumann
iKrbulrin lioelir) Ptianlatie
C o n c e i
för Vtolonrall Uber .Sani«
Cbiira** liiert Grfliimarherl
Symphonie C moll yuu Bee-
thoven.
fehlt dz.
13. Deceiuber. f (ica» IVltalla
Concrrt dr« Cleiliei»- Vereins.
Ouvertüre zu „Ule Heimkehr
an* der Pretoria'' v Vkndela-
aohti. Lardiello a. dt-m t/u»n-
l*fl in A-dur fdlr Clarineite von
Mozart * Ltedrr a. ..Loeknng“
von Deaaaurr b. „Widmung“
von Schumann. Symphonie
hu. i ln D-dur v. Beelhoven.
Düsseldorf
t. November. I. Conrerl de«
Allgemeinen .Mu»ik - Vereint.
Feal-Uuvaztnre von Haff CJa-
vi«r-Coueert i£a-dur) von Bee-
thoven I Harr Tauaig). Der
rt-llepert
114 l’aalm von Mendelssohn.
Clavit-r Soli, »orgcir»* v. Hm.
TaOfcuc. a. Allegro vi»*ei«»imo
V SearUiti b- Nocturne (Nu. 4)
v«ii Firld. r Turttiia (Op. J)
vun Saliumann. Ave Vi nun V.
Mozart. Don Juan- Phantasie
von Liait tUrrr Taoaig) Sin-
lunie (No. 4, D-mollj v. Schu-
n*nn.
18. Zweilea Concert dea Allgem
Muaik - Verein« „Aü-iaader
Feat“ von Rlndel. Uuvatlura
und Arie an« „Euryanihe“ v.
Weber (di« Arie gea. v. Herrn
Srarial Dort! und .Vhlo*erbor
au« drr „Sehtatong" v Haydn
(da» Dort! gea von Frau Cli-
nch-Hohn uud Herrn Nraria).
16. Deeember. UrMlra Concert
de« Allgam Mu«ik - Verein«.
« r i g m.
Aledilin. (Jo vertu re von Horoe-
mann. Arie au» Jeaaoetria von
Sjiohr (llarr Hlaue). Orpheus
von Li«al- Arte au» Tilus von
Mozart (Frau ÜtifafierfthingerJD
l-i*aa) Cotrola von Wade (die
Soh gea. »on Frau Lisee, Fri.
Daberkow und Herrn Blaue).
Hannover.
18. Iherember. Drille« Abonne-
ment». (ioncert Uuvertnre «u
„Coriolan“ v. Beethoven ...Die
jung« Nonne“ von Schubert
(Kran v. Halft» | Concert (N<i. 4
H nuilll für Violonrell v. liol-
termano (Herr Coneerim. Lü-
beck). Schall eola nt -Ario nnn
„Din«r«h" v Meyert)*er (Frau
v. Bald«) Violoneell-Soli von
Moiart n. Bach (Hr. Conoerim
Lftherk). Sinfonie No. i O-dtir
von Moiart
Schwerin.
17. ]lr eemtier. Fe*l • Feier m
Beethoven'« Uebur(»Dg Uuver-
luie(No 3) in Leonorc von
Beethoven. ..Adelaide". Genre-
bild von Müller. Uavicf-Cno-
eert in C-moll von »erthoven
(Herr Befkapellm Sehmill).
Liederkrtia (.Ad die ferne
Geliebte") ron Beethoven (Hrrr
Kammeraiiiger llill). Sinfooi«
C-moll von Beethoven.
Torgca.
16. Deeembar. Aufltlhrung de«
Heaangverelna. „ liuleoberg“,
Uraioriont von C Id««.
Digiti.
432
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BtamtrltHn. L. Op. 28. Sophie. Polka-Mazurka f. Pianof. — 12}
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Basa. Part und Stimmen (Bia her ungedruckte Com-
positionenlj — 20
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