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Full text of "Die neuen deutschen Erwerbungen in der Südsee: die Karolinen, Marianen und Samoa-Inseln;"

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Die neuen 
deutschen 
Erwerbungen 
in der Südsee 



Kurt Hassert 



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Die neuen 



DEUTSCHEN ERWERBUNGEN 



in der 



Die t. 



Karolinen, Marianen und Samoa-Inseln- 



von 



Dr. Kurt Hassert 

der Geographie an der Handels- Hochschule zu Köln. 



Nachtrag zu DEUTSCHLANDS KOLONIEN. 



1903. 

Verlag von Dr. Seele & Co. 



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Druck von C. Groinbach in Leipzig. 



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«35 



Vorwort. 



Da mir aus verschiedenen Gründen, insbesondere wegen eines zwei- 
maligen Wechsels des Wohnortes und wegen anderweiter litterarischer 
Arbeiten, die Bearbeitung einer zweiten Auflage meines Buches „Deutsch- 
lands Kolonien" (Leipzig 1899) bisher nicht möglich gewesen ist, so 
habe ich mich, einem langgehegten Wunsche der Verlagsbuchhandlung 
Rechnung tragend, entschlossen, wenigstens die neuesten deutschen 
Besitzungen im Stillen Ozean, die in jenem Buche noch nicht enthalten 
waren, in einer zusammenfassenden Übersicht zu schildern. Die Ein- 
teilung und Behandlung des Stoffes erfolgte nach denselben Grund- 
sätzen wie bei „Deutschlands Kolonien". Karten und Abbildungen 
dagegen sind dem Nachtrag nicht beigegeben worden. 

Köln, im November 1902. 

K. Hassert 



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Inhalt, 



I. Die neuen deutschen Erwerbungen in der Südsee ........ 


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. 32 




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S. Kolonialer Nuttwert der neuen deutschen Erwerbungen in der Südsee . . 


. .' 90 







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i. Die neuen deutschen Erwerbungen in der Südsee. 

Das überseeische Deutschland hat seine hauptsächlichsten Grund- 
lagen in Afrika, in Ostasien und in der Südsee. Von diesen drei 
Kolonial- und Interessengebieten hat die Südsee lange Zeit hindurch 
die Aufmerksamkeit am wenigsten auf sich gezogen, obgleich gerade 
die Verteidigung des deutschen Südseehandels schon in den siebziger 
Jahren des 19. Jahrhunderts unsere spät begonnene Koionialpolitik ein- 
leitete. In neuester Zeit hat aber ein völliger Umschwung Platz ge- 
griffen, und die Veränderungen, die so überraschend schnell und mit so 
ungeahnter Tragweite in der allgemeinen Weltlage eintraten, haben auch 
dem Stillen Ozean und damit der Stellung Deutschlands daselbst eine 
ganz andere Bedeutung verliehen. Denn die Herrschaft über den Stillen 
Ozean ist die Frage des 20. Jahrhunderts. 

Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Paciftk ein stilles Meer im 
wahrsten Sinne des Wortes. Handel und Verkehr schmiegten sich 
ängstlich an die Küsten und Inseln der ungeheuren, schwer erreichbaren 
und wenig belebten Wasserwüste mit ihrem gering entwickelten wirt- 
schaftlichen Leben, um so mehr als die eingeborenen Südseevölker, die 
schiffahrtskundigen Malayen und Polynesier nicht ausgenommen, nur 
eine beschränkte Seetüchtigkeit entfalteten. Auch den Europäern galt 
bis zu Cooks berühmten Weltumsegelungen die Fahrt über den Paci- 
fischen Ozean als ein Wagnis, so dass zwischen Asien und Amerika sehr 
geringe Beziehungen bestanden und der Pacifik eher ein völkertrennendes 
als ein völkerverbindendes Weltmeer war. Die Politik beschäftigte sich 
ebenfalls bloss vereinzelt mit jenen entlegenen Gegenden, die im Welt- 
handel erst eine Rolle zu spielen begannen, als sich die Kopra in Europa 
bezahlt machte und als man die kräftigen Bewohner gewisser Inselgruppen 
als Pflanzungsarbeiter schätzen lernte. Spät und zögernd stellten sich 
dort Kaufmann und Missionar ein, und noch ein volles Jahrhundert sollte 
verstreichen, ehe das prophetische Wort unseres Georg Forster in Er- 
füllung ging, dass die Inselwelt der Südsee dereinst eine Königin der 
gesamten südlichen Welt werden würde. 

Dieser Fall ist eingetreten mit den wirtschaftlichen und politischen 

Deutschland» Kolonien. 



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Folgen des Japanisch-Chinesischen Krieges und des Boxeraufstandes. 
Erst ein kommendes Geschlecht kann voll und ganz die weittragende 
Bedeutung jener Ereignisse erkennen, welche die ganze mongolische 
Welt wie aus tiefem Schlummer erweckt und sie aus vereinsamter Ferne 
in den Mittelpunkt des Weltverkehrs, Welthandels und der Weltpolitik 
gerückt haben. Das ungeheure Chinesische Reich, das in Jahrtausende 
langer strenger Absperrung sich selbst genügte, ist europäischen Ein- 
flüssen zugänglich gemacht worden, und als jüngste Grossmacht ist 
Japan selbstbewusst auf dem Plan erschienen, ein moderner Kulturstaat, 
der in kluger Weise abendländische Kultur und europäisches Wissen 
nicht bloss nachäfft, sondern sich ihnen mit Wahrung seiner nationalen 
Besonderheiten zweckmässig anpasst. 

Infolge jener Umwälzungen ist aber auch die Südsee erwacht und 
in die Weltgeschichte eingetreten; und wenn nicht alle Anzeichen trügen, 
so beginnt dort eine neue Zeit, etwa derjenigen vergleichbar, die durch 
die Auffindung des Seeweges nach Ostindien und die Entdeckung 
Amerikas am Ende des 1 5. Jahrhunderts angebahnt wurde. Fast scheint 
es, als ob nach der mehr oder minder gewaltsamen Erschliessung Chinas, 
die von allen Seiten her einen mächtigen Verkehrsstrom anzieht, der 
Pacifik den Atlantischen Ozean, der bisher der eigentliche Schauplatz 
des Weltverkehrs war, allmählich ablösen wird, genau so wie im Ent- 
deckungszeitalter der Atlantische Ozean das Mittelmeer überflügelte. 

Ein scharf beobachtender, weitblickender Staatsmann, der diesen 
grossartigen, Europas Vormachtsstellung schwer bedrohenden Umwande- 
lungsprozess vor sich gehen, der einen neuen weltgeschichtlichen Schau- 
platz und neue Wirtschaftsgebiete entstehen sieht, muss rechtzeitig Vor- 
kehrungen treffen, um den Thatsachen Rechnung zu tragen und seinem 
Volk den notwendigen Platz an der Sonne zu sichern. Das hat unsere 
Politik gethan. Zu einer Zeit, wo alle Grossmächte darnach trachten, 
sich im Pacifik festzusetzen und den zukunftsvollen Südseehandcl in 
ihre Hand zu bringen, hat auch die Reichsregicrung nicht versäumt, den 
deutschen Interessen im Stillen Ozean eine feste Stellung zu schaffen. 
Die Einreihung der Karolinen, Marianen und Samoa-Inseln in unsern 
Südseebesitz, der bisher mit der Marshall-Gruppe und dem Schutzgebiet 
der Neu Guinea-Kompagnie ohne rechten Zusammenhang war, hat ein 
einheitliches, in sich geschlossenes Kolonialland entstehen lassen. Im 
Süden sind Kaiser Wilhelmsland und der Bismarck- Archipel, die nicht 
nur räumlich, sondern auch wirtschaftlich die erste Stelle einnehmen, 
die wesentlichsten Stützpunkte und der Kern unseres Südseereiches. 



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— 3 — 



Im Westen breiten sich die Karolinen mit ihren sicheren Häfen aus, 
im Norden bildet Kiautschou die Eingangspforte für ein gewaltiges 
Handelsgebiet, und im Osten erscheint Samoa wie ein Wegweiser zum 
Mittelamerikanischen Weltmeerkanal. Seine Vollendung wird das Ver- 
kehrsleben der Südsee, aber freilich auch den Einfluss der Vereinigten 
Staaten entschieden fördern, die deshalb das lebhafteste Interesse am 
Bau und Besitz des Panama-Kanals haben. 

Die Politik der Vereinigten Staaten ist von dem Bedürfnis ge- 
tragen, im Westen, im Bereich des Stillen Ozeans, denjenigen Einfluss 
zu gewinnen, den ihnen im Osten, im Gebiet des Atlantischen Ozeans, 
die europäischen Staaten beeinträchtigen. Obendrein führt durch den 
Pacifik der Weg von der wirtschaftlichen Weltmacht der Zukunft, 
Amerika, zum wichtigsten Absatzgebiet der Zukunft, Ostasien : ein Weg, 
der in seinen Hauptrichtungen durch die amerikanischen Etappenpunkte 
Hawaii, Tutuila, Guam und die Philippinen bereits vorgezeichnet ist. 

Ein zweiter durchaus nicht verächtlicher Mitbewerber im Kampf 
um den Stillen Ozean ist Russland, das durch sein kraftvolles, ziel- 
bewusstes Vorgehen seinen paeifischen Küstenbesitz aus eisumstarrten, 
schwer zugänglichen Gebieten in südlichere Gegenden vorgeschoben hat, 
die ihm die Herrschaft über Ostasien sichern. Namentlich seit der 
Fertigstellung der sibirischen Eisenbahn und der Besetzung der Mand- 
schurei treten die Russen dort immer mehr als gebietende Herren auf. 

Die dritte und älteste paeifische Grossmacht, die, allen anderen 
Staaten voraneilend, zuerst auf dem Australischen Festland Fuss fasste 
und dann einen nicht unerheblichen Teil der Paeifischen Inselflur an sich 
brachte, ist England bezw. der neue Britisch-Australische Staatenbund. 
Als jüngster Nebenbuhler und als Bundesgenosse Englands ist endlich 
Japan zu nennen, das schon durch seine Lage auf die wirtschaftliche 
und politische Mitherrschaft über die Südsec hingewiesen wird. 

So stehen sich heute im und am Pacifik zwei gewichtige Elemente 
kampfbereit einander gegenüber, hier die alteingesessene gelbe Rasse, 
vertreten durch Japan und China, dort die neu angekommene weisse 
Rasse, vertreten durch Engländer, Franzosen, Russen, Amerikaner und 
Deutsche 1 ). Der Stille Ozean ist über Nacht zum Tummelplatz der 
verschiedenartigsten, sich durchkreuzenden Interessen geworden, und im 
Mittel- und Schnittpunkt dieser Gegensätze steht vermöge seiner geo- 
graphischen Lage der deutsche Südseeantcil. — 

>) Der elend verwaltete spanische Südseebesitz ist nach dem Zusammen brach des 
spanischen Kolonialreichs in deutsche und amerikanische Hände übergegangen. 

1* 



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Das deutsch-englische Abkommen vom Jahre 1885 hatte uns einen 
Raum als Interessengebiet zugesprochen, in welchem auf der einen Seite 
die eng zusammengehörigen Gebiete Kaiser Wilhelmslandes und des 
Bismarck-Archipels, auf der andern die wirtschaftlich ein Ganzes bilden- 
den Karolinen und Marshall-Inseln lagen. Die Besitznahme der Karolinen 
stiess aber auf unerwartete Schwierigkeiten. 

Nachdem nämlich der Portugiese Diego da Roche, die Spanier 
Saavedra, Salazar und eine Reihe anderer spanischer Seefahrer im Ent- 
deckungszeitalter einige Eilande der Karolinen aufgefunden hatten, 
nahmen die Spanier von der Inselflur Besitz. Doch wurden die Ent- 
deckungen nicht weiter verfolgt, weil lockende Schätze auf den ein- 
samen Inseln nicht zu finden waren und der Seeverkehr zwischen 
Mexiko und den Philippinen nördlichere Wege aufsuchte. Erst in der 
zweiten Hälfte des 1 7. Jahrhunderts, nach der endgültigen Besetzung der 
1521 von Magellan entdeckten Marianen, trat Spanien in nähere Be- 
ziehungen zu den Karolinen, und zwar erfolgte diese Annäherung durch 
die Mission, indem spanische Jesuiten die Eingeborenen gewaltsam zum 
Christentum bekehren wollten. Aber ihr Vorhaben scheiterte nach einer 
Reihe misslungener Versuche ; und als 1733 wiederum mehrere Missionare 
— darunter Pater Cantova, ein vortrefflicher Mann, der damals die voll- 
ständigsten Nachrichten über den Archipel sammelte — ermordet wurden, 
ohne dass man ihren Tod gerächt hätte, geschah seitens Spaniens nichts 
mehr, um die Karolinen zu kolonisieren oder Hoheitsrechte auf ihnen 
auszuüben. 1 ) 

') Auch die weitere Erforschung des Archipels geriet infolgedessen völlig ins Stocken. 
Erat 1783 entdeckte der englische Kapitän Wilson gelegentlich eines Schiffbruches die Polau- 
Inseln, und der Amerikaner Mortlock fand die nach ihm benannte Gruppe. Doch wirkten 
diese und die späteren Entdeckungen eher verwirrend als klärend, weil man die zahllosen 
Inselchen astronomisch und kartographisch nicht mit Sicherheit festzulegen vermochte, wes- 
halb sie wiederholt entdeckt und sehr verschieden benannt wurden. Grundlichere Unter- 
suchungen verdankt man dem russischen Kapitän Otto v. Kotzcbue, an dessen Welt- 
umsegelung auch der Dichter und Naturforscher Adalbert v. Chamisso teilnahm, und dem 
Franzosen Duperrey. Am glänzendsten waren jedoch die Leistungen des russischen Kapitäns 
Lütke und seines deutschen Begleiters v. Kitt Ii tz, die 1827/28 auf der Korvette „Senjavin" 
die gesamte Inselflur durchkreuzten und die noch heute unentbehrliche Grundlage für deren 
geographische Kenntnis schufen. Die wissenschaftliche Speztalerforschung der Palaus wurde 
in erster Linie von dem deutschen Zoologen Karl Semper, die der Karolinen durch Dumont 
d'Urville und die Vermessungen des englischen Kriegsschiffes „Lame", ferner durch den 
Kaufmann Hernsheim und den amerikanischen Missionar Dr. Gulick durchgeführt. In 
jüngster Zeit haben sich zwei Forscher besondere Verdienste um die Karolinen erworben : 
der Reisende Kubary, der 15 Jahre hindurch vornehmlich als Sammler für das um die 



Erst seit 1852 begannen protestantische Sendboten der amerika- 
nischen Hawaii-Mission zu Boston (American Board of Commissioners 
for Foreign Mission) auf Ponape und Kusaie eine im allgemeinen erfolg- 
reiche Wirksamkeit, worauf die Spanier 1875 bei einem diplomatischen 
Streit mit Deutschland und England ihre Besitzansprüche auf die Karo- 
linen wiederum geltend machten. Gelegentlich der Ausklarierung einiger 
deutscher und britischer Handelsschiffe nahm nämlich der spanische Konsul 
in Hongkong plötzlich die Oberherrschaft und das Zollerhebungsrecht 
Spaniens für den Archipel in Anspruch, trotzdem sich weder ein spa- 
nischer Beamter noch Soldat, folglich auch keine spanische Regierungs- 
gewalt dort befand. Obwohl beide Mächte Verwahrung einlegten und 
die spanischen Besitzansprüche nicht anerkannten, hielt es Spanien nicht 
der Mühe für wert, die ihm überreichten Noten zu beantworten. Somit 
sahen Deutschland und England die Inselgruppe als herrenlos an, zumal 
seitens Spaniens nichts geschah, was man als ein Zeichen thatsächlicher 
Besitzergreifung hätte deuten können. 1882 unternahm sogar ein bri- 
tisches Kriegsschiff eine Strafexpedition nach den Palau - Inseln , ohne 
dass Spanien Einwendungen erhoben hätte. Erst zwei Jahre später 
teilte ein spanisches Kriegsschiff an die Häuptlinge mehrerer Karolinen- 
Inseln spanische Flaggen aus. 

Deutschland hatte bisher keine erheblichen Interessen an der Insel- 
flur gehabt, die erst mit dem raschen Ausbreiten des deutschen Süd- 
seehandels erhöhte Bedeutung gewann, so dass sich das Reich 1885 auf 
Grund des Abkommens mit England zu deren Besitznahme entschloss. 
Denn einmal waren die Karolinen wirtschaftlich grösstenteils, mit 8o°/ 0 
der Handelsbcwegung, bereits in deutschen Händen, und dann trat der 
dort ansässige Händler O'Keefe gegen Konkurrenten wie gegen die 
Eingeborenen so rücksichtslos auf, dass ein Einschreiten dringend ge- 
boten schien. 

Inzwischen hatte aber in Spanien eine gereizte Stimmung gegen 
Deutschland Platz gegriffen, die durch von aussen hereingetragene Ur- 
sachen genährt und verschärft wurde. Als nun die deutsche Regierung 
der spanischen in freundschaftlichster Weise mitteilte, dass sie die Be- 
setzung der Karolinen beabsichtige und ihren Kriegsschiffen die ent- 
sprechenden Weisungen gegeben habe, beschloss der später von den 
Anarchisten ermordete Minister Canovas de Castillo, diesem Vorhaben 



Südseeforschung hochverdiente Hamburger Handelshaus Godcffroy thltig war, und der eng- 
lische Missionar Christian, der 9 Jahre lang auf der Inselflur weilte. 



zuvorzukommen und dadurch seine aus mancherlei Gründen wankend 
gewordene Stellung wieder zu festigen. Er protestierte unter Hinweis 
auf ältere spanische Rechte gegen Deutschlands Vorgehen und beauf- 
tragte den Gouverneur der Philippinen, die Inselgruppe sofort zu annek- 
tieren. Zu sehr gelegener Zeit fand sich auch ein Schriftstück vor, 
nach welchem spanische Kriegsschiffe schon vor fünf Monaten von 
den Karolinen Besitz genommen hätten. 

Um seinen Forderungen grösseren Nachdruck zu verleihen, reizte 
der Minister die öffentliche Meinung auf. Eine heftige Pressfehde gegen 
Deutschland setzte ein, und in Madrid erfolgte eine grosse deutschfeind- 
liche Demonstration, an der über 30000 Menschen teilnahmen. Einige 
Zeitungen verlangten sogar, der deutsche Gesandte solle seine Pässe er- 
halten und König Alfons XII. seine deutschen Orden zurückgeben, und 
einer der Hauptschrcier, der General Salamanca, schickte das ihm ver- 
liehene Grosskreuz des Roten Adlerordens mit einem Begleitschreiben 
zurück, in dem es u. a. hiess: „Die von dem deutschen Geschwader 
auf den Karolinen verübte That, welche die rudimentärsten Gefühle der 
Freundschaft und des Völkerrechtes verletzt, entzieht besagter Dekoration 
den einzigen Grund, der mir gestattete, sie ohne Schädigung meiner 
Ehre anzulegen. Deshalb gebe ich sie zurück, indem ich mir vornehme, 
die Lücke, die dadurch auf meiner Brust entsteht, durch eine andere, 
im Kampf gegen Deutschland erworbene Auszeichnung auszufüllen." 
Als General v. Loe, an den Brief und Orden zur Weitergabe abgesandt 
waren, Aufklärung forderte, lenkte der Prahler ein, wurde aber trotzdem 
als Patriot gepriesen und mit Albums und Ehrensäbeln beschenkt. Da 
er ungeachtet verschiedener Bemühungen seinen Orden nicht los werden 
konnte, erbarmte sich schliesslich die Preussische Regierung seiner und 
teilte ihm mit, dass er auf seinen Wunsch aus der Liste der Träger 
des Roten Adlerordens gestrichen sei. 

Inzwischen zog die Bewegung immer weitere Kreise und erreichte 
ihren Höhepunkt, als die Nachricht einlief, dass das deutsche Kanonen- 
boot „Iltis" im Angesicht zweier spanischer Kriegsschiffe auf der Insel 
Yap die deutsche Flagge gehisst habe. Wohl hatten die wenige Tage 
vorher angekommenen Spanier bereits Baumaterial und einige Haustiere 
ausgeladen, doch war die eigentliche Besitzergreifung noch nicht voll- 
zogen, und nunmehr kamen ihnen die Deutschen zuvor. Diese That- 
sache wirkte in Madrid wie ein Donnerschlag. Wütende Volksmasscn 
warfen die Fenster der deutschen Gesandtschaft ein, rissen Wappen und 
Fahnenstock herab und verbrannten sie unter den Rufen: Nieder mit 



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Deutschland! Krieg mit Deutschland! Dann brachte die Menge vor der 
französischen Gesandtschaft eine Ovation aus und konnte erst später 
durch Militär langsam zurückgedrängt werden. 

In Deutschland hatte man die ganze Angelegenheit sehr ruhig und 
zurückhaltend aufgefasst. Nachdem Fürst Bismarck für die der deutschen 
Gesandtschaft zugefügte Beleidigung Genugthuung erhalten hatte, erklärte 
er sich bereit, die Streitfrage einem Schiedsgericht zu unterbreiten, und 
nach längeren Verhandlungen wurde Papst Leo XIII. als Vermittler ge- 
wählt. Nach eingehender Prüfung kam er zu folgender, von beiden 
Mächten angenommenen Entscheidung: Auf Grund der in neuester Zeit 
vollzogenen Akte und aus älteren Ansprüchen ist Spanien die Ober- 
hoheit über die Karolinen zuzuerkennen. 1 ) Doch verpflichtet es sich, 
dort baldmöglichst eine geordnete und zum Schutz der Europäer aus- 
reichende Verwaltung einzurichten. Deutschland bekommt volle Freiheit 
des Handels, der Schiffahrt, der Gründung von Plantagen u. s. w. in der- 
selben Weise wie spanische Unterthanen und erhält das Recht zur An- 
lage einer Schiffs- und Kohlenstation. Doch machte es auf Wunsch 
Spaniens von dieser letzten Vergünstigung nach der Erwerbung der 
Marshall-Inseln keinen Gebrauch. 

So klang der leidige Zwischenfall friedlich aus, und es war ein 
Zusammenstoss vermieden, der die Handelsbeziehungen beider Länder, 
insbesondere unsere sehr beträchtliche Einfuhr nach Spanien, ohne 
Zweifel schwer geschädigt haben würde. Um einen solchen Preis und 
im Hinblick auf die gewährten Zugeständnisse kam der Verzicht auf 
die kleine Inselgruppe mit ihrem geringfügigen Handelsumsatz kaum in 
Betracht. In den spanischen Theatern konnte man in jener Zeit öfters 
eine Posse hören, in der sich die Kinder Hispania und Germania um 
die Puppe Carolina zankten, bis Papa kam und den weisen Spruch 
fällte, die Puppe gehöre der Hispania, Germania aber dürfe mit ihr 
spielen. — 



') Wenn der Papst in seinem schiedsrichterlichen Gutachten auf die Handlungen hin- 
wies, die Spanien zu verschiedenen Zeiten zum Wohle der Karolinier vorgenommen haben 
soll, und wenn er den wohlthatigen , auf die Eingeborenen unverkennbaren Einfluss rühmt, 
so kann sich das wohl nur auf die verunglückten Missionsversuche beziehen. Will man 
indes religiösen Unternehmungen überhaupt politische Rechtsansprüche beilegen, so hatte sie 
die amerikanische Mission am meisten verdient. Wie die Spanier im übrigen zum Wohl 
der Eingeborenen sorgten, das beweisen die von ihnen fast ganz ausgerotteten Marianen- 
insulaner. Auch den Karoliniern würde es nach den Erfahrungen der letzten Jahre kaum 
anders ergangen sein. 



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Auch nach dem Schiedsspruch kümmerte man sich in Spanien 
zunächst wenig um den so lange vernachlässigten und darum in seiner 
politischen Zugehörigkeit zweifelhaft gewordenen Besitz, der erst dann 
etwas an Wert gewann, als er für eine andere Macht begehrenswert er- 
schien. Im Juli 1886 landete endlich ein spanisches Kriegsschiff auf 
Ponape Beamte, Soldaten und Sträflinge. Allein mit dem nunmehr er- 
folgten wirklichen Einzug der spanischen Herrschaft war der Friede 
vorüber, ohne dass die Inselflur dem Mutterlande erheblich näher gerückt 
worden wäre. Im Gegenteil, man sah sich sehr bald in die Notwendig- 
keit versetzt, in der unruhigen Kolonie, deren Behauptung viele Menschen- 
leben kostete, zwei starke Militärstationen zu errichten, während der 
Handel ganz und gar von Fremden, vorwaltend von deutschen Firmen 
betrieben wurde. Im folgenden Jahr wurde an der Nordküste von Po- 
nape die Niederlassung Santiago angelegt und von spanischen Kapu- 
zinern eine Missionsstation gegründet, die, wie zu erwarten, sehr bald 
mit den protestantischen Sendboten der bereits dort ansässigen Bostoner 
Mission in Streit geriet. Der spanische Gouverneur Hess die amerika- 
nische Missionsanstalt mit Beschlag belegen und deren Leiter, als er 
Verwahrung einlegte, als Gefangenen nach den Philippinen bringen unter 
der Beschuldigung, er habe die Eingeborenen zum Aufruhr verleitet. 
So ging trotz zugesicherter Religionsfreiheit das 35 jährige Bekehrungs- 
werk der Bostoner Mission auf Ponape wieder zu Grunde. Die von 
Haus aus friedfertigen Insulaner wurden ebenfalls in so herausfordernder 
Weise behandelt, dass sie nach kaum drei Monaten verzweiflungsvoll 
zu den Waffen griffen und sich in offener Empörung gegen ihre Bedrücker 
auflehnten. Nachdem sie eine spanische Truppenabteilung aus dem 
Hinterhalt überfallen und aufgerieben hatten, erstürmten sie die Festung 
Santiago, wobei der Gouverneur und 20 Soldaten niedergemetzelt wurden. 
Die amerikanischen Missionare, in denen die Eingeborenen ihre natür- 
lichen Freunde sahen, blieben unbelästigt, und der Aufstand brach auch 
gerade am 4. Juli, dem amerikanischen Nationalfest, aus, was damals 
auf Ponape viel zu denken gab. 

Das erwartete Strafgericht trat nicht ein, weil der neue Gouverneur 
trotz der ihm zugewiesenen Truppenmacht von 600 Mann mit Unter- 
stützung der sprachkundigen amerikanischen Missionare, deren Oberhaupt 
wieder freigelassen wurde, den Zwist friedlich beilegte. Doch bald begann 
die Gärung von neuem. Denn die Kolonie sollte in echt spanischer 
Weise fiskalisch ausgenutzt werden, zu welchem Zwecke man drückende 
Steuern, harte Frondienste verschiedener Art und ein an Sklaverei gren- 



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zendes Arbeitssystem einzuführen suchte. Im Jahr 1890 brach ein 
zweiter grosser Aufstand aus, und in mehreren Zusammenstössen fochten 
die trägen, feigen Insulaner mit solchem Mute, dass über 160 Soldaten 
das Leben verloren. Natürlich waren auf seiten der schlecht bewaffneten 
Eingeborenen, deren Widerstand von den namhaft verstärkten Spaniern 
blutig niedergeschlagen wurde, die Verluste weit grösser. Immerhin 
erforderte die feindselige Stimmung der Unterworfenen die ständige 
Anwesenheit einer über 800 Mann zählenden Besatzung, und da der 
noch dazu mit einem kostspieligen Beamtenapparat verwaltete Besitz 
nur Unkosten verursachte, ohne etwas einzubringen, so war man schliess- 
lich froh, als sich eine Gelegenheit fand, um sich der einst so stürmisch 
begehrten Kolonie mit Vorteil entäussern zu können. 

Der verhängnisvolle Ausgang des spanisch-amerikanischen Krieges 
hatte Spanien um die letzten bedeutenderen Reste seines einst so ge- 
waltigen Kolonialreiches gebracht. Ausser einigen wenig wertvollen 
Besitzungen blieben ihm in Asien bloss noch die Karolinen und die 
kleineren Inseln der Marianen, da die grösste Insel der letzteren Gruppe, 
Guam, und die Philippinen von den siegreichen Vereinigten Staaten 
behalten wurden. Mit geschickter und schneller Benutzung der poli- 
tischen Verhältnisse entschloss sich nun die Reichsregicrung, die in 
Deutschland immer populär gebliebenen Karolinen auf friedlichem Wege 
zu erwerben, und entsandte noch während des Krieges ein Kriegsschiff 
zu einer längeren Erkundungsfahrt in die dortigen Gewässer. Anfangs 
erhoben sich nicht geringe Schwierigkeiten. Doch konnte das Aus- 
wärtige Amt nach dreivierteljährigen Verhandlungen endlich mit Befrie- 
digung wahrnehmen, dass die Vereinigten Staaten ein anerkennenswertes 
Entgegenkommen zeigten, während die Spanier, die einen Kaufpreis 
von 40 Millionen Pesetas verlangt hatten, von ihren Forderungen er- 
heblich nachliesscn. Nachdem dafür gesorgt war, dass der Widerspruch 
anderer Mächte kein Hindernis bereitete, kam am 30. Juni 1899 der 
Vertrag mit Spanien zu stände, durch den eine Inselgruppe endgültig 
deutsches Eigentum wurde, von der im Jahre 1885 niemand ahnen 
konnte, dass sie die Spanier 14 Jahre später freiwillig an ihren alten 
Gegner abtreten würden. Deutschland erhielt gegen eine Geldentschädi- 
gung von 25 Millionen Pesetas (16750000 Mark), die der Reichstag in 
einem Nachtragsetat genehmigte, die Karolinen und Marianen mit Aus- 
nahme Guams samt allen Hoheitsrechten. Andererseits gewährte es 
spanischen Handels- und Wirtschaftsunternehmungen und spanischen 
religiösen Ordensgesellschaften dieselben Vergünstigungen wie den eigenen 



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Unterthanen. Endlich sicherte sich Spanien das Recht, auf den Insel- 
gruppen drei Kohlenstationen für seine Kriegs- und Handelsmarine an- 
zulegen und sie auch in Kriegszeiten behalten zu dürfen. 

So hatte unsere Diplomatie einen erfreulichen Erfolg errungen. In 
Spanien rief der Vertrag keine besondere Misstimmung oder Über- 
raschung hervor, da man im Weiterbesitz jener Archipele keine wirt- 
schaftlichen Vorteile mehr sah. War doch unmittelbar vor Beginn des 
spanisch -amerikanischen Krieges und wiederum aus religiösen Gründen 
ein neuer Aufstand ausgebrochen, der zu einer empfindlichen Niederlage 
der Spanier und zur Belagerung von Santiago führte! Seit der Abtretung 
ist aber sofort Ruhe und Ordnung auf der Inselgruppe eingekehrt, ob- 
wohl die deutsche Verwaltung mit den einfachsten Mitteln arbeitet und 
auf die Anwesenheit einer starken Militärmacht von vornherein verzichtet. 
Die neuen Erwerbungen unterstehen dem kaiserlichen Gouvernement in 
Herbertshöhe. Doch ist wegen der grossen Entfernung des Hauptver- 
waltungssitzes den Beamten möglichste Selbständigkeit gelassen und die 
weitzerstreute Inselflur, wie schon in spanischer Zeit, in drei durch die 
geographischen Verhältnisse bedingte Verwaltungsbezirke eingeteilt worden. 
Die Marianen und die westlichen Karolinen sind Bezirkshauptleuten unter- 
stellt und werden von Saipan und Yap aus verwaltet. Der dritte und 
wichtigste Bezirk umfasst die östlichen Karolinen und hat einen Vize- 
gouverneur für das ganze Schutzgebiet mit dem Sitz in Ponape. 

Im gleichen Jahre erfolgte im Stillen Ozean noch eine zweite Er- 
werbung, die in Deutschland ebenfalls mit lebhafter Genugthuung be- 
grüsst wurde: Der Gewinn der Samoa-Inseln, die so lange ein Schmer- 
zenskind unserer Kolonialpolitik gewesen waren. 

Wegen seiner zentralen Lage inmitten der Inselwolken des Pacifik 
und wegen der Fruchtbarkeit seines Bodens war der Archipel seit dem 
Ausgang der 50 er Jahre der Mittelpunkt für die grossartigste kauf- 
männische Unternehmung innerhalb des Südseegebietes, das Hamburger 
Handelshaus Cesar Godeffroy, geworden. Der deutsche Handel war 
auf Samoa der älteste und bedeutendste, der deutsche Plantagenbesitz 
der ausgedehnteste und am besten entwickelte; auch der Kopfzahl nach 
standen dort die Deutschen an erster Stelle. Leider hatte das Reich 
den rechten Augenblick zur Besetzung Samoas versäumt und sich 
mit einem Handels- und Freundschaftsvertrag begnügt, der ihm eine 
für die kohlenarme Südsee nicht unwichtige Kohlenstation, den Hafen 
Saluafata, und die volle Gleichberechtigung mit England und Amerika 
sicherte, die wiederholt die Inselgruppe an sich zu bringen versucht hatten. 



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Da boten die Zahlungsschwierigkeiten der durch schwere Ver- 
luste infolge des Sinkens der Koprapreise erschütterten Firma Go- 
deffroy eine willkommene Gelegenheit, Samoa unter deutschen Schutz 
zu stellen und damit der Gefahr vorzubeugen, dass der umfangreiche 
Landbesitz jenes Hauses und im Anschluss daran die politische Besitz- 
ergreifung des Archipels an England übergehen würde. Um diesen ver- 
nichtenden Schlag von der allgemein anerkannten und bewunderten 
deutschen Kulturarbeit abzuwenden, brachte der Reichskanzler Fürst 
Bismarck 1880 die sogenannte Samoavorlage im Reichstag ein. Allein 
der freisinnige Abgeordnete Bamberger setzte die Ablehnung derselben 
durch ; und wenn auch der bedrohte Besitz von der deutschen Handels- 
und Plantagengesellschaft für die Südsee übernommen wurde, so begann 
doch seitdem für die deutschen Interessen auf Samoa und für die Insel- 
flur selbst eine lange Leidensgeschichte. Denn die Nebenbuhlerschaft 
der drei an Samoa interessierten Mächte Deutschland, England und 
Amerika nahm nicht bloss ihren Fortgang, sondern spitzte sich noch 
zu, indem die Briten und Amerikaner in immer schärferen Wettbewerb 
mit dem deutschen Einfluss traten, dessen rasches Anwachsen sie schon 
lange missgünstig verfolgten. Eine erwünschte Handhabe hierfür waren 
die von jeher unter den Eingeborenen herrschenden Zwistigkeiten , die 
aber erst dann für den europäischen Handels- und Pflanzungsbetrieb 
verhängnisvoll wurden, als sie das politische Ränkespiel sich dienstbar 
gemacht hatte. Fortan war der Friede von den Inseln geflohen. Un- 
aufhörliche Kriegswirren zerrütteten bis in die neueste Zeit den Wohl- 
stand der Ansiedler und der Insulaner und untergruben das gute Ein- 
vernehmen, das zwischen ihnen bisher bestanden hatte. 

Statt eines allgemein anerkannten Oberkönigs gab es auf Samoa 
drei grosse Parteien, deren Oberhäupter den Titel Malietoa, Tamasese 
und Mataafa führten und sich gegenseitig erbittert befehdeten, weil keiner 
sich dem andern unterordnen wollte. Der von den drei Mächten als 
Vertragskönig proklamierte Malietoa Laupepa wurde vollständig von 
England und Neuseeland gewonnen und wiederholt veranlasst, die britische 
Regierung um Einverleibung Samoas zu bitten. Obwohl dieses Vorhaben 
stets an dem nachdrücklichen Widerspruch Deutschlands scheiterte, 
fühlte sich der König infolge der ununterbrochenen Aufhetzungen so 
mächtig, dass sein feindseliges anmassendes Auftreten ein bewaffnetes 
Einschreiten des Generalkonsuls Dr. Stuebel, unseres jetzigen Kolonial- 
direktors, veranlasste. Nunmehr stellten sich die Engländer und Ame- 
rikaner offen auf Malietoas Seite und erkannten ihn damit in aller Form 



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als Gegner der Deutschen an, deren Bundesgenosse Tamasese, der alte 
Widersacher Malietoas, war. 1887 glaubten die Engländer ihren Schütz- 
ling dem Ziele nahe zu sehen und spornten ihn zu energischem Vor- 
gehen an. Als er indes Gewaltthätigkeiten gegen die deutschen Pflan- 
zungen begann und die geforderte Genugthuung verweigerte, wurde er 
zum Erstaunen und Missbehagen seiner Protektoren von den Deutschen 
gefangen genommen und in die Verbannung geschickt. 

Leider wurden dadurch die Zustände nicht besser, indem dem 
deutscherseits anerkannten und von der grossen Mehrheit der samoa- 
nischen Häuptlinge gewählten Tamasese ein Gegenkönig in dem von 
den beiden anderen Mächten begünstigten Mataafa erwuchs, der einen 
regelrechten Krieg gegen Tamasese begann und den deutschen Plantagen- 
betrieb ebenfalls empfindlich schädigte, üm Leben und Eigentum der 
Unterthanen zu schützen und Mataafa gewaltsam zu entwaffnen, wurde 
auf Veranlassung des deutschen Konsuls Dr. Knappe eine Truppen- 
abteilung gelandet, die aber in einen Hinterhalt geriet und trotz an- 
erkennenswerter Tapferkeit gegen die von dem Amerikaner Klein, einem 
heruntergekommenen Zeitungsreporter, geführte Übermacht 1888 bei 
Vailele eine verlustreiche Niederlage erlitt. Sie vereitelte nicht nur die 
geplante Entwaffnung der Gegenpartei, sondern kostete auch zwei Offizieren 
und 1 5 Mann das Leben, während ein Offizier und 38 Mann verwundet 
wurden. Dreien der Getöteten war von den Samoanern der Kopf 
abgeschnitten, einem der Hals durchgeschnitten worden. England 
und Amerika waren natürlich über Deutschlands Vorgehen empört und 
setzten die Abberufung des Konsuls Knappe durch, der in schwieriger 
Lage durchaus richtig gehandelt hatte und später wegen seiner Ver- 
dienste in allen Ehren rehabilitiert wurde. Um das Unglück voll zu 
machen, brach im März 1889 ein furchtbarer Orkan aus, der die deutschen 
Kriegsschiffe „Adler" und „Eber" und zwei amerikanische Kriegsschiffe 
an den Korallenriffen des Hafens von Apia zerschellte. 93 deutsche 
und 1 1 7 amerikanische Seeleute fanden dabei den Tod in den Wellen. 
Ausserdem gingen sämtliche auf der Reede befindlichen Handelsschiffe 
unter oder strandeten. Uneingeschränktes Lob verdiente bei dieser 
schrecklichen Katastrophe das Verhalten der Samoaner, die, alle 
Feindschaft vergessend, sich todesmutig an dem Rettungswerk beteiligten 
und als tollkühne Schwimmer furchtlos ihr Leben einsetzten, um ohne 
Unterschied Freund und Feind dem gierigen Ozean zu entreissen. 

Um den Wirren endlich Einhalt zu thun, traten die Bevollmächtigten 
der drei Schutzstaaten in Berlin zur Samoakonfercnz zusammen, die ein 



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grosses freiwilliges Opfer Deutschlands bedeutete, weil England und die 
Vereinigten Staaten nach langen Verhandlungen das erreichten, was sie 
bis dahin nicht zu fordern gewagt hatten, nämlich die Anerkennung der 
Gleichberechtigung auf Samoa. Die für unabhängig und neutral erklärte 
Inselgruppe stand nun thatsächlich unter der Oberaufsicht der drei 
Mächte, und ein vom König von Schweden ernannter Oberrichter übte 
die Verwaltung aus. Ferner setzten England und Amerika die Rück- 
berufung ihres Günstlings Malietoa und seine Ernennung zum ersten 
und einzigen allgemein anerkannten Oberkönig durch. Dadurch kamen 
die Deutschen in die wenig angenehme Lage, ihren einstigen Gegner 
gegen die befreundete und eben noch von ihnen unterstützte Tamasese- 
partei zu schützen. Der einzige greifbare Vorteil, den sie erlangten, 
war das Verbot weiterer Landabtretungen von den Samoanern und die 
Einsetzung einer Kommission zur Prüfung der Besitzanrechte der fremden 
Ansiedler. Die Arbeiten dieser Kommission waren erst 1894 beendet 
und lieferten überraschende Ergebnisse. Von den deutschen Ansprüchen 
wurden rund 35000 ha oder 56°/ 0 des gesamten Landbesitzes als 
berechtigt, d. h. als durch gültige Kaufverträge erworben, anerkannt. Von 
den amerikanischen Forderungen dagegen wurden bloss 8000 ha oder 
7 °, 0 , von den englischen gar nur 4000 ha oder 3 % bestätigt, obwohl 
die Briten für ihre Ansprüche etwa 1 2 500 ha mehr geltend gemacht 
hatten, als überhaupt Land vorhanden war. In solcher Weise hatten 
die Engländer ihre vermeintlichen Interessen übertrieben, während sie 
in Wahrheit zusammen mit denen der Amerikaner erst den dritten Teil 
des deutschen Besitzes ausmachten. 

Wie vorauszusehen, war auch das Aushilfsmittcl der Samoakonferenz 
bei der gegenseitigen Eifersucht der drei Mächte wirkungslos und Hess 
einen ganzen Rattenkönig neuer Misshelligkeiten entstehen. Die Ver- 
hältnisse blieben eben so unhaltbar und beschämend wie früher, und die 
Ordnung konnte nur mühsam durch die ständige Anwesenheit der fremden 
Kriegsschiffe aufrecht erhalten werden. Denn der Malietoa Laupepa 
war bloss durch den Willen der Vertragsmächte, keineswegs aber nach 
dem Willen der Samoaner Oberkönig geworden, und da der Oberrichter 
keine Macht besass, so dauerte der Bürgerkrieg fort und artete immer 
mehr aus. Als der Gegenkönig Mataafa gefangen genommen und ver- 
bannt wurde, gingen die Wogen der Erregung so hoch, dass man ihn 
wieder zurückrufen musste; und wie beliebt und einflussreich er war, 
geht daraus hervor, dass er 1898 nach Laupepas Tode mit erdrückender 
Mehrheit von allen samoanischen Parteien, sogar von seinen früheren 



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Feinden, zum Oberkönig gewählt ward. Damit wäre ganz Samoa 
endlich wieder einmal geeint und der langjährige Zwist beigelegt gewesen. 
Da jedoch Mataafa Katholik und vor allem ein kluger patriotischer Kopf 
war, der die englisch-amerikanischen Absichten wohl durchschaute, so 
bestritt der Oberrichter Chambers unter dem Einfluss der ihm eng be- 
freundeten englischen Mission sehr bald die Rechtsgültigkeit der Wahl 
und fand trotz dieser offenbaren Vertragsverletzung bei England und 
den Vereinigten Staaten Zustimmung. Sie stellten einen von einer ganz 
geringen samoanischen Minderheit gewählten Gegenkönig auf, während 
Deutschland im Einklang mit den Bestimmungen der Samoa-Akte den 
alten Gegner willig bestätigte und neutral blieb. Statt also den Frieden 
zu erhalten, wofür er eingesetzt war, führte Chambers das Wieder- 
aufflackern des Bürgerkrieges geradezu herbei, und der Gang der Er- 
eignisse Hess keinen Zweifel darüber, dass das Vorgehen des Ober- 
richters vornehmlich gegen die Deutschen gerichtet war, die in der 
Folge als Schwächere eine Reihe bitterer Demütigungen hinnehmen 
mussten. 

Als die Gegenpartei zu Beginn des Jahres 1899 von Mataafa bei 
Apia völlig geschlagen wurde und die gereizte Stimmung zwischen den 
Vertragsmächten in beunruhigender Weise wuchs, eröffneten die britischen 
und amerikanischen Kriegsschiffe, angeblich um Mataafas Anhänger zu 
vertreiben, ein Bombardement auf die hauptsächlich von deutschen 
Händlern und Pflanzern bewohnte Stadt. Diese rücksichtslose Bedrohung 
deutschen Lebens und Eigentums, die obendrein eine schwere Verletzung 
früherer Abmachungen bedeutete, erfolgte in passiver Anwesenheit eines 
unserer Kriegsschiffe, wobei auch ein Granatsplitter im deutschen Konsulat 
einschlug. Noch mehrere Wochen lang beschossen die englischen Schiffe 
die nur von Frauen und Kindern bewohnten Küstendörfer, worauf die 
Verbündeten nach Eintreffen von Verstärkungen ein Landungskorps 
aussetzten. Es geriet jedoch, wie früher die Deutschen, in einen 
Hinterhalt und wurde von den erbitterten Leuten Mataafas bei Fangalii 
empfindlich geschlagen. Sieben Engländer und Amerikaner, dazu 38 
Samoaner ihres Anhangs fielen, und die ungeschulten, schlecht be- 
waffneten Gegner erbeuteten überdies zwei Schnellfeuergeschütze, die 
man in eiliger Flucht zurücklassen musste. Nunmehr suchte man, wie 
kurz zuvor den deutschen Polizeichef von Apia, Fritz Marquardt, als 
Anstifter und Zuträger der Eingeborenen den Kapitän Hufnagel ver- 
antwortlich zu machen. Beide wurden von den Engländern verhaftet, 
mussten aber auf entschiedenen Protest wieder ausgeliefert werden und 



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blieben an Bord des deutschen Kriegsschiffes, bis sie, was sehr bald 
geschah, ihre Unschuld klar erwiesen hatten. 

Zur Untersuchung der beklagenswerten Zwischenfälle wurde eine 
gemischte Kommission eingesetzt. Es gelang ihr, die erregten Gemüter 
zu beruhigen und eine teilweise Entwaffnung durchzusetzen, bei der 
über 5000 Gewehre zur Ablieferung kamen. Um ferneren Streitigkeiten 
vorzubeugen, wurde das samoanische Königtum ganz abgeschafft, und 
die Regierung sollte ausschliesslich durch die so unheilvolle europäisch- 
amerikanische Dreiherrschaft weitergeführt werden. Immerhin war ein 
zeitweiliges Einvernehmen zwischen den Vertragsmächten erzielt, und 
die Samoa- Angelegenheit begann allmählich in den Hintergrund zu treten. 
In Amerika gewann eine einsichtigere Beurteilung der Dinge die Ober- 
hand, und England wurde in den südafrikanischen Krieg verwickelt, der 
das öffentliche Interesse ganz in Anspruch nahm. 

Da erfolgte zu allgemeiner freudiger Überraschung die unerwartete 
Kunde von der Aufteilung der Samoagruppe unter Deutschland und die 
Vereinigten Staaten, und zwar gerade zu einer Zeit, als die Hoffnung, 
dass wir nach zwanzigjährigem Wettbewerb den Sieg erringen würden, 
ihren tiefsten Stand erreicht hatte. Nicht zum wenigsten scheint das Ab- 
kommen eine Wirkung des Burenkrieges gewesen zu sein, der England 
durch fortgesetzte Niederlagen zunächst in eine sehr missliche Lage brachte. 
Auch die Reise des Zaren Nikolaus nach Deutschland mag für das Ein- 
lenken Englands, das sich ohne zwingende Gründe wohl kaum nachgiebig 
gezeigt hätte, mitbestimmend gewesen sein. Denn wenige Stunden vor der 
Ankunft des Zaren in Potsdam kamen die so lange hingeschleppten Ver- 
handlungen plötzlich zum Abschluss. 

Der Vertrag vom 14. November 1899, der unter Vorbehalt der 
rasch erlangten Zustimmung der Vereinigten Staaten zu stände kam, 
sicherte endlich eine dauernde Auseinandersetzung zwischen den drei 
Mächten. Er hob die Samoa-Akte auf und bestimmte, dass die Ent- 
schädigungsforderungen für alle bei den letzten Wirren erlittenen Ver- 
luste durch ein Schiedsgericht geprüft werden sollten. Vor allem aber 
wies er die Hauptinseln Upolu und Sawaii samt allen westlich des 
171. Längengrades gelegenen Eilanden an Deutschland, während dio Ver- 
einigten Staaten Tutuila und die Manuagruppe erhielten. Denn die 
paeifischen Interessen Amerikas waren allmählich derart gestiegen, dass 
es Tutuila als Stützpunkt nicht preisgeben konnte. Dort besass es 
schon lange die Kohlenstation Pago-Pago, über welche die zukunfts- 
vollen Schiffahrtslinien zwischen Nordamerika und Australien führen. 



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Englands Interessen dagegen waren so gering und die ihm zugebilligten 
Entschädigungen so ansehnlich, dass es ihm ein leichtes war, sich 
aller Rechte auf Samoa zu entäussern. Denn Deutschland entsagte 
zu gunsten Grossbritanniens seinen nicht unerheblichen Ansprüchen auf 
die Tonga-Inseln und verzichtete auf seine bis 1902 währenden 
exterritorialen Rechte in Sansibar. Waren diese Rechte auch mehr 
formeller Art, so ist doch mit ihrer Preisgabe der letzte Faden zer- 
schnitten, der die Insel noch mit Deutschland verknüpfte, und wir stehen 
vor der unabänderlichen Thatsache, dass unmittelbar vor unserer ost- 
afrikanischen Kolonie eine britische Insel liegt, die unser Küstenland be- 
herrscht und stark entwertet. Ferner erhielt England die beiden deutschen 
Salomoneninseln Choiseul und Ysabel nebst den zugehörigen kleineren 
Eilanden, allerdings mit dem ausdrücklichen, für das Wirtschaftsleben 
der Südsee wichtigen Vorbehalt der ungehinderten Anwerbung von 
Plantagenarbeitern. Da wir die Salomonen wegen ihrer im allgemeinen 
europäerfeindlichen melanesischen Bevölkerung wirtschaftlich noch gar 
nicht ausgenutzt und die als Arbeiterlieferanten wertvollen Inseln Bougain. 
ville und Buka behalten haben, so will dieser Verlust nicht zu viel be- 
sagen. Schmerzlicher ist die für uns ungünstige Aufteilung des bisher 
neutralen Salagagebietes zwischen Deutsch-Togo und der englischen 
Goldküstenkolonie in Westafrika, wo wir bei der Neubegrenzung unseres 
Schutzgebietes den kürzeren gezogen haben. 

Alles in allem kann man sich dem Empfinden nicht verschliessen, 
dass die unsererseits für Samoa gewährten Gegenleistungen recht be- 
trächtlich waren und dass die schlauen Engländer, wie bei allen kolonial- 
politischen Verhandlungen mit Deutschland, auch diesmal die meisten 
Vorteile zu erringen verstanden. Andererseits darf man jedoch nicht 
vergessen, dass unsere Diplomatie mit nicht geringen Schwierigkeiten 
zu kämpfen hatte, weil sie nicht in der Lage war, durch maritime 
Machtmittel einen Druck ausüben und ihren Forderungen Nachdruck 
verleihen zu können. Deshalb fand, und mit Recht, das Samoa-Abkommen 
in Deutschland eine günstige Aufnahme. Hatte es doch den ewigen 
Bürgerkriegen auf der Inselflur ein Ziel gesetzt und, wenngleich erst 
spät, das 1880 in unbegreiflicher Kurzsichtigkeit verschuldete Versäumnis 
wieder gut gemacht, das uns zwei Jahrzehnte hindurch so schwere Opfer 
an Geld und Menschenleben kostete und eine ganze Reihe bitterer Er- 
fahrungen und tief schmerzlicher Demütigungen auferlegte. Seiner Zeit 
hätten wir ganz Samoa für 300000 Mk. haben können. Weil das aber 
dem Reichstag zu teuer war, so haben wir allein bloss für die Stationierung 



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unserer Kriegsschiffe vor Samoa von 1879 bis 1899 über 25 Millionen 
Mark ausgegeben. So war es eine Ehrenpflicht, einen Besitz zu be- 
haupten, der uns durch deutsches Blut und deutsche Arbeit kostbar ge- 
worden war und dessen Preisgabe die überwiegende Mehrheit des Volkes 
sicherlich als eine nationale Demütigung empfunden haben würde. Dass 
wir nicht ganz Samoa bekamen, darf uns die Freude an dem Erworbenen 
nicht beeinträchtigen. Freilich ist es nicht angenehm, hier und auf den 
Marianen die Vereinigten Staaten als unbequemen Nachbar inmitten 
unseres Kolonialgebietes zu haben. Doch haben wir erreicht, was unter 
den obwaltenden Verhältnissen zu erreichen möglich war. 

Dr. Solf, der bisherige Präsident der Municipal -Verwaltung in 
Apia, ein genauer Kenner von Land und Leuten, wurde zum ersten 
Gouverneur von Deutsch-Samoa ernannt, und am I. März 1900 fand in 
dem alten samoanischen Königssitz Mulinuu bei Apia unter festlicher 
Beteiligung der Fremden und Eingeborenen die Flaggenhissung statt. 
Seitdem sind aus unserer jüngsten Kolonie nur erfreuliche Nachrichten 
über die fortschreitende Beruhigung und Besserung der Dinge in die 
Heimat gedrungen, so dass Samoa immer mehr die Perle der Südsee zu 
werden verspricht, als welche man die Inselflur schon so lange gepriesen hat. 



Deutschland» Kolonien. 



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2. Die Marianen. 



Die Marianen und Karolinen liegen östlich von den Philippinen 
und gehören nebst den deutschen Marshall-Inseln und dem britischen 
Gilbert-Archipel geographisch zu Mikronesien, das seinem Namen Klein- 
inselland mit vollem Recht entspricht. Denn allen seinen Inseln ist die 
Kleinheit ihres Umfange» und das entschiedene Vorherrschen niedriger, 
kaum mannshoher Koralleneilande gemeinsam, die meist als sogenannte 
Atolle oder Ringinseln mit ihrem schmalen, weissleuchtenden Korallen- 
kalkband eine ruhige Lagune umsäumen. Trotz der weiten Ausdehnung 
über ein Gebiet, das in Europa vom Kanal bis zum Don und vom 
Kap Skagen bis Rom reichen würde, hat die gesamte mikronesische 
Inselflur mit 3545 km' Fläche noch nicht einmal die Grösse des Gross- 
herzogtums Sachsen-Weimar. 

Aus jener ungeheuren Wasserwüstc und aus der Unzahl flacher 
Riffe und Koralleninseln ragen nur wenige höhere Inseln vulkanischen 
Ursprungs empor. Die meisten und grössten finden sich in der Gruppe 
der Marianen, der nördlichsten Inselreihe Mikronesiens, die 1521 vom 
Weltumsegler Magellan entdeckt wurde. Wegen des diebischen Cha- 
rakters ihrer Bewohner taufte er sie Ladronen oder Diebesinseln. Da- 
neben wurden sie nach der dreieckigen Form der Segel, die an 
lateinische Segel erinnerten, Isias de las Velas Latinas, die Inseln der 
Lateinischen Segel, genannt. Später erhielten sie nach der Witwe des 
spanischen Königs Philipp IV., Maria Anna, den heute allgemein ge- 
bräuchlichen Namen Marianen. 

Die Nord-Süd verlaufende Inselflur erstreckt sich in Gestalt eines 
leicht gekrümmten, nach West offenen Bogens über eine fast 1000 km 
lange Strecke von 12 — 21° N., die, nach Deutschland verlegt, den Raum 
von der deutsch-dänischen Grenze bis zum Bodensce einnehmen würde. 
Durch einen unterseeischen Rücken hängen die Marianen mit den von 
Japan aus südwärts laufenden Bonin-lnscln zusammen, während sie von 
den Karolinen ein gewaltig tiefes Meeresbecken scheidet, das bei der Insel 
Guam bis zu 8800 m herabgeht und nach der Tongatiefe die zweitgrösste, 
bis heute gelotete Meerestiefe ist. Die zugehörigen 17 Inseln und 



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Inselchen haben insgesamt 1140 km 8 Flächeninhalt und gewinnen nach 
Süden immer mehr an Umfang, um mit Guam ihr grösstes Areal 
(514 km*) und ihre dichteste Bewohnerzahl (9000 Seelen) zu erreichen. 
Da Guam amerikanischer Besitz ist, so bleiben für den deutschen An- 
teil der Marianen nur noch 626 km*, d. h. kaum soviel wie Zweidrittel 
der Insel Rügen, mit 1938 Einwohnern (1253 Chamorro, 650 Karolinier, 
35 Fremde) übrig. Doch hat sich unter deutscher Verwaltung die Volks- 
zahl durch einen Geburten überschuss von 50 Seelen und eine aus Guam 
erfolgte Zuwanderung von 144 Köpfen 1900/01 auf 2132 Köpfe gehoben, 
die sich hauptsächlich auf den drei ständig besiedelten Inseln Saipan, 
Rota und Tinian zusammendrängen. 

Die bergige Inselgruppe ist durchaus vulkanischen Charakters und 
scheint gleich dem Bismarck -Archipel an eine Bruchspalte gebunden zu 
sein, längs deren die vulkanischen Auswurfsmassen emporquollen. 
Während aber die nördlichen Eilande rein vulkanisch sind und neben 
vielen erloschenen auch noch thätige Feuerberge besitzen, ist bei den 
südlichen Inseln, von Saipan bis Guam, der basaltische Kern bis zu den 
höchsten Gipfeln mit einem Panzer von gehobenem Korallenkalk um- 
geben, der nach Süden zu immer mehr überhand nimmt und schliesslich 
das vulkanische Gestein überwiegt. Schon aus der Ferne ist der Unter- 
schied der geologischen Zusammensetzung in der Umrissgestaltung der 
Inseln erkennbar. Hier steigt der Korallenkalk in scharf abgesetzten 
Terrassen an; dort erheben sich die regelmässigen Formen der Vulkan- 
kegel, die meist unbewohnt und, weil in den lockeren Aufschüttungs- 
massen die Feuchtigkeit rasch einsickert, trocken und wasserarm sind 
und nur ein spärliches Pflanzenkleid tragen. Auch die Ausdehnung der 
die Inseln umkränzenden Korallenriffe, auf denen kleine Riffinselchen 
im Entstehen begriffen sind, nimmt von Nord nach Süd zu, weil das 
Meer äquatorwärts wärmer wird und weil die südlichen Inseln älter als 
die nördlichen zu sein scheinen, so dass die riff bildenden Korallen 
bei ersteren früher mit ihrer Thätigkeit beginnen konnten als bei letz- 
teren. Manche der kleineren Eilande bestehen überhaupt bloss aus 
einem einzigen, von Regenrinnen oder Barrancos tief durchfurchten und 
am Fusse von den Mcereswellen angenagten Vulkandom. Nicht wenige 
solcher stattlichen Kraterberge mögen auf diese Weise von der Erosion 
ohne Mitwirkung vulkanischer Katastrophen abgetragen und wieder 
vom Meer verschlungen worden sein. Alle Inseln sind hafenarm und 
werden von einer starken Brandung umtost, die das Landen erschwert 
und rings um die kleinen, steil ansteigenden Vulkaneilande so heftig 

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auftritt, dass die meisten derselben bloss während der ruhigsten Jahres- 
zeit zugänglich sind. Erdbeben und heisse Quellen sind auf den 
Marianen nicht selten und erinnern im Verein mit den ständig 
rauchenden Vulkanschloten an die im Innern schlummernde vulkanische 
Kraft, die auf den ruhigeren Karolinen längst erloschen ist. 

Das nördlichste Eiland des Archipels ist die einsame Vogelinsel, 
auch Urracas oder Farallon de Pajaros genannt. Sie wird von einem 
mächtigen, in lebhaftester Arbeit begriffenen Vulkan eingenommen, der 
zwischen den Trümmern der älteren Insel aufgestiegen ist und in 
Zwischenräumen dichte Aschenmassen und Steine unter donnerndem 
Getöse auswirft. Sein auf ausgebrannten Lavafelsen ruhender Aschen- 
kegel trägt weder Baum noch Strauch. Nur Millionen von Seevögeln 
benutzen die am Fuss des Kraters sich ständig erneuernde heisse Asche 
zum Ausbrüten ihrer Eier oder tummeln sich in dem unaufhörlich empor- 
dringenden gelbbraunen Rauch. 

Der kleine Vulkanrest Maug, der fälschlich ebenfalls Urracas ge- 
nannt wird, aber mit dem vorigen nicht zu verwechseln ist, stellt das 
Überbleibsel eines einst gewaltigen Kraters dar und besteht aus drei 
Inselchen, die einen tiefen, geräumigen Hafen mit breiten, anscheinend 
auch für grössere Schiffe zugänglichen Einfahrten umschliessen. Hier 
wie auf Farallon de Pajaros haben zahllose Seevögel eine lockere Guano- 
schicht aufgehäuft. Doch entbehrt Maug auch nicht reichlicherer Vege- 
tation, die hauptsächlich aus Savannengras und Buschholz zusammen- 
gesetzt ist. 

Das Eiland Assongsong, spanisch Asuncion, ist wiederum ein regel- 
mässig gestalteter, von tiefen Schluchten zerrissener Vulkan, der schwache 
Rauchsäulen ausstösst und mit 950 m (nach anderen nur 640 m) Meeres- 
höhe als höchste Erhebung der Marianen gilt. Die weltabgeschiedene 
Insel hat Überfluss an Kokospalmen dank der Anwesenheit zahlreicher 
Kokoskrabben, die dadurch zur Verbreitung jener nützlichen Palme bei- 
tragen, dass sie die Kokosnüsse verschleppen, um sie für späteren Ge- 
brauch zu verstecken. Nicht selten finden sie jedoch die Vorratskammern 
nicht wieder, so dass die Nüsse keimen und bald hier, bald dort ein 
Palmenhain emporwächst. 

Agrigan ist ein 750 m hoher erloschener Vulkan, der mit steilen 
Wänden und Schluchten eine 34,2 km 2 umfassende Grundfläche bedeckt. 
Er trägt ebenfalls nicht unbedeutende Kokoswaldungen, die, von 37 Ar- 
beitern ausgebeutet, jährlich gegen 100 Tonnen Kopra liefern und seitens 
der deutschen Verwaltung durch Aussaat von Kokosnüssen noch ver- 



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mehrt worden sind. Sonst macht Steppengras den vorwaltenden Vege- 
tationstypus aus, der indes vielerorts von höherem Baumwuchs unter- 
brochen wird. 

Die Doppelinsel Pagan, mit 97,2 km 2 die grösste der rein vulka- 
nischen Marianen, setzt sich aus zwei durch eine flache Ebene verbun- 
denen Feuerbergen mit 300 m hohen Gipfeln zusammen, die zum 
Zeichen ihrer Thätigkeit stets von einer Rauchwolke verhüllt werden 
und breite, erst jüngst erstarrte Lavaströme in die erloschenen Krater 
einer dritten, älteren, fast bis zum Meeresspiegel versunkenen Vulkan- 
gruppe entsenden. Die Ausnutzung der Insel wird insofern erleichtert, 
als ihre hohe, steile Felsküste, die bloss an wenigen Punkten eine Boot- 
landung gestattet, einen guten sicheren Hafen besitzt, der allerdings 
wegen der von den Meeresströmungen angespülten Schlamm- und Sand- 
massen öfterer Ausbaggerung bedarf. Ferner sind heisse Quellen und 
genügendes Trinkwasser vorhanden, und unter der stellenweise üppigen 
Pflanzenhülle spielt längs des Strandes die Kokospalme eine solche Rolle, 
dass die von 137 Arbeitern gewonnene Kopra auf jährlich 200 Tonnen 
geschätzt wird. 

Alamagan ist nichts anderes als ein einziger mächtiger Krater von 
800 m Meereshöhe, der scheinbar erloschen ist und in dessen schroffe 
Böschungen der Regen tiefe Schluchten gewühlt hat, während der breite 
Fuss des Berges von der Brandung unterwaschen und zum Einsturz 
gebracht wird. Auf der kleinen Insel werden von 18 Arbeitern jährlich 
50 Tonnen Kopra gewonnen. Denn die deutsche Regierung hat Pagan, 
Agrigan und Alamagan für 8000 Mark an eine aus zwei Chamorros und 
einem Japaner bestehende Gesellschaft verpachtet und den Unternehmern 
gleichzeitig die Verpflichtung auferlegt, in jedem Jahr eine bestimmte 
Fläche neu mit Kokospalmen zu bepflanzen- Leider richten die Ratten 
grossen Schaden unter den jungen Beständen an. 

Das nun folgende Guguan besteht aus drei Kratern, von denen 
der südlichste nur noch zur Hälfte erhalten ist, da seine Südwand und 
mit ihr ein Teil der früher grösseren Insel der Erosion zum Opfer ge- 
fallen ist. Als Bezirksamtmann Fritz Guguan betrat, waren sehr viele 
Pandanussträucher, aber keine Kokospalmen sichtbar, mit deren An- 
pflanzung unverzüglich begonnen wurde. 

Umgekehrt trägt der fruchtbare Humusboden der Insel Sarigan, 
deren 600 m hoher Krater erloschen ist, viele Kokospalmen und dichten 
Baum- und Buschwuchs, der einer Unzahl brütender Vögel zum Auf- 
enthaltsort dient. 



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Anatahan wird ähnlich wie Pagan von zwei ausgebrannten, durch 
eine Ebene verbundenen Vulkanen erfüllt, deren tief durchschluchtete 
Steilhänge bis 8c» m ansteigen und mit hohem Steppengras überzogen 
sind. In der Nachbarschaft des Meeres gedeihen stattliche Kasuarinen 
und Kokospalmen, und zum Zweck der Kopragewinnung, die jährlich 
etwa 60 Tonnen und 1000 Mark Pacht einbringt, sind 11 Arbeiter auf 
der Insel ansässig. Die ergiebige Verwitterungskrume soll sich auch zum 
Anbau von Mais und Zuckerrohr eignen; doch herrscht leider die Ratten- 
plage gerade hier in sehr bedenklichem Masse. 

Die letzte der rein vulkanischen Inseln ist das an Seevögeln und 
an Guano überreiche Farallon de Medinilla. Kokospalmen wurden auf 
dem Eiland nicht beobachtet, weshalb Bezirksamtmann Fritz bei seiner 
dreistündigen Anwesenheit 100 Kokosnüsse und verschiedene Gräser 
aussäen Hess. 

Unter den grösseren Inseln der Südhälfte, die durch die Vergesell- 
schaftung von Basalt und Korallenkalk ausgezeichnet sind, ist als wich- 
tigste und umfangreichste (185,2 km 3 ) unter den deutschen Marianen 
Saipan erwähnenswert. Es besteht im allgemeinen aus niedrigem Hügel- 
land, das nach dem Innern zu bergig ansteigt und nur am Nordendc 
von einem 500 m hohen tafelbergartigcn Vulkan überragt wird. Die Küste 
umsäumt ein tiefgründiger, der Kokospalme sehr zusagender Sandboden ; 
doch macht der jährliche Kopraertrag wegen der Faulheit der Einge- 
borenen erst 200 Tonnen aus. Landeinwärts folgt rötlicher Lehmgrund 
und an den teilweise aus gehobenem Korallenkalk aufgebauten Bergen 
ein dunkler, tiefgründiger Humusboden. Ausgedehnte Grassavannen 
mit starrem, hochwüchsigem Gras, die als Viehweide dienen und einst 
das Kulturland der rührigen Urbewohner, der Chamorro, waren, be- 
stimmen den landschaftlichen Charakter der Insel; doch fehlt auch dichter, 
wertvoller Wald nicht, der namentlich die höheren Erhebungen des nörd- 
lichen Teils bevorzugt. Verwilderte Rinder, Schweine und Hühner sind 
in Menge vorhanden und könnten bei sachgemäss betriebener Viehzucht 
in lohnender Weise nutzbar gemacht werden. Auf der Insel giebt es 
bloss zwei grössere Siedelungen, Garapan mit 1032 und Tanapag mit 
205 Einwohnern. In ersterem Orte, der, zwischen Palmen versteckt, 
sich um eine ehemalige spanische Kaserne gruppiert, befindet sich das 
kaiserliche Bezirksamt und die Postagentur. Tanapag erfreut sich eines 
geräumigen, von Untiefen freien Hafens, der durch ein Riff und ein vor- 
gelagertes Inselchen geschützt wird und trotz der schmalen, durch Klippen 
bedrohten Einfahrt wohl der beste Ankerplatz der gesamten Inselflur ist. 



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Ein einmündender Fluss versorgt ihn jederzeit mit ausreichendem Trink- 
wasser. 

Eine 6 km breite Meerenge trennt Saipan von der ebenfalls flachen 
und hügeligen Nachbarinsel Tinian (130,2 km*). Die bloss von 70 
Menschen bewohnte Insel bildet eine nach West geneigte Kalkscholle, 
deren harter Korallenfels entweder bloss liegt oder von einer tiefen 
Schicht roten Thones verborgen wird. Nur im Süden erreicht die 
Platte beträchtlichere Höhen, bis zu 200 m, und trägt nur dort statt- 
lichere Waldungen. Sonst verschlingen sich übermannshohes Gestrüpp, 
windenartige Schlingpflanzen und ein seidelbastähnliches Schmarotzer- 
gewächs zu einer dichten Decke, unter der ein keineswegs üppiges 
Gras gedeiht. Diese weitaus vorherrschende Savannenvegetation, die 
das Überwiegen der Viehzucht bedingt, stirbt in besonders trockenen 
Monaten vollständig ab, um sich zur Regenzeit wieder einzustellen. 
Trotz reichlicher Niederschläge ist fliessendes Wasser auf der Insel nicht 
anzutreffen, doch schützen drei Lagunen und mehrere Brunnen, die gutes 
Trinkwasser liefern, vor Mangel. Die 30 — 50 m hohe Steilküste, um 
die eine starke Brandung steht, besitzt bloss am Südende der Insel 
einen bequemen und gefahrlosen Landeplatz. Leider bietet er nur 
kleineren Fahrzeugen Aufnahme, während grössere Schiffe in einiger 
Entfernung vom Lande Anker werfen müssen. 

Rota (114,2 km 2 ), die südlichste Insel der deutschen Marianen, 
wird von einem Korallenriff umkränzt und ist infolge der hohen Bran- 
dung, die sich an dem durchlassarmen Riffkranz bricht, noch schwerer 
zugänglich als Tinian. Den Strand zieren Kokoshaine, die jährlich 
45 Tonnen Kopra einbringen. Sonst besteht die Insel, deren 491 Be- 
wohner sich in einer einzigen Ortschaft zusammendrängen, im wesent- 
lichen aus einem 300 m hohen Berg, der nach drei Seiten in scharf 
abgesetzten Terrassen abstürzt und sich nur nordwärts langsamer zum 
Meere abdacht. Er ist fast ganz aus gehobenem Korallenkalk aufgebaut, 
der den vulkanischen Kern der Insel umgiebt und wegen seiner Klüftig- 
keit — an der Südwestseite befinden sich zwei geräumige Höhlen — 
den reichlich fallenden Regen rasch aufschluckt. Dagegen sammeln sich 
die Niederschläge im Bereich des schwer durchlässigen Vulkangesteins 
und seiner thonigen Verwitterungshülle zu ständig Wasser führenden 
Flüssen an. 

Die Hauptinsel des Archipels ist Guam oder Guahan, dessen riflf- 
umkränzte Steilküsten ein von massig hohen Gebirgszügen oder Einzel- 
bergen erfülltes Innere umschliessen. Die 50 km lange und bis 1 5 km 



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— 24 — 

breite Insel setzt sich im Norden aus wasserarmem Korallenkalk, im 
Süden aus Basalt zusammen und trägt trotz unglaublicher Verwüstungen 
immer noch prächtige Wälder, wenngleich die Steppenformation über- 
wiegt. An guten, meist bloss für kleinere Schiffe benutzbaren Häfen 
ist kein Überfluss. Der wichtigste und beste Ankerplatz, zugleich der 
Hauptort der Insel und Sitz der amerikanischen Verwaltung, ist Agana 
mit der berühmten Caldera von Guam. 

Das Klima der Marianen ist echt tropisch, doch keineswegs un- 
gesund und frei von ansteckenden Krankheiten. Nur die Frambösia 
genannte Hautkrankheit, die vielfach irrtümlich für Syphilis, Lupus oder 
Lepra gehalten wurde, scheint ziemlich häufig vorzukommen. Die Regen- 
zeit fällt in die Monate Mai bis Oktober, ist aber ziemlich verwischt, 
weil die reichlichen Niederschläge über das ganze Jahr verteilt sind. 
Trotzdem sind wegen des durchlässigen Kalkbodens und wegen des 
lockeren vulkanischen Aufschüttungsmaterials die Wasserverhältnisse im 
allgemeinen nicht günstig und lassen Dauerflüsse bloss auf Saipan und 
Rota entstehen, obwohl wirklicher Wassermangel kaum beobachtet 
wird. Namentlich der schwere rote Thon, der als gemeinsames Ver- 
witterungsprodukt des Korallenkalkes und des vulkanischen Gesteins die 
Thäler erfüllt oder sich auf den Terrassen ablagert, hält dort, wo er in 
grösserer Mächtigkeit auftritt, die Feuchtigkeit lange fest. 

Dank dem fruchtbaren Humusboden und dem feuchtwarmen Klima 
war die Vegetation von Haus aus üppig. Doch ist der Hochwald, der 
vornehmlich die grösseren Inseln bis zu den kegelförmigen Gipfeln über- 
kleidete und stellenweise noch undurchdringliche Dickichte bildet, im 
Laufe der Zeit stark gelichtet worden, so dass heute der Steppen- 
charakter entschieden überwiegt und das landschaftliche Bild bestimmt. 
Eine Aufforstung scheint daher nicht bloss dringend geboten, sondern 
auch erfolgversprechend zu sein, weil das hohe Savannengras die 
Feuchtigkeit zurückhält, zur Humusbildung beiträgt und dadurch den 
Boden für späteren Baumwuchs vorbereitet. Um die Wiederbewaldurig 
zu fördern, hat Bezirksamtmann Fritz entsprechende Massregeln ge- 
troffen und auf der Inselflur bereits über 15000 Kokosnüsse aussäen 
lassen. 

Das Pflanzenkleid der Marianen ist verschieden reich und schliesst 
sich hauptsächlich an die Vegetation der Philippinen an. Die Jahr- 
hunderte lange politische Verbindung beider Inselgruppen hat die Ein- 
führung einer Reihe philippinischer Nahrungs-, Genuss- und Nutz- 
pflanzen wie Mais, Sago, Tabak, Indigo, Baumwolle, Kaffee und Kakao 



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I 



— 25 — 

zur Folge gehabt Die Baumwolle überzieht auf Tinian ganze Berg- 
lehnen, und die Apfelsine kommt überall verwildert vor, wie überhaupt 
die meisten der neu eingebürgerten Kulturen unter der spanischen 
Herrschaft verwilderten und vom Savannengras überwuchert wurden. 
Zuckerrohr und Reis fanden die Europäer bei ihrer Ankunft bereits 
vor; denn die Chamorro bauten allein von allen Südsec- Insulanern 
den Reis an. Dazu benutzten sie noch den Pandanus, Süsskartoffeln, 
Taro, vier Arten von Brotfruchtbäumen und von Palmen hauptsäch- 
lich Areka- und Kokospalme, so dass ihre Nahrungsweisc derjenigen 
der Karolinier und der heutigen Marianen-Insulaner entsprach. 

Die Tierwelt des Archipels ist wie auf allen paeifischen Inselwolken 
arm, insbesondere arm an Landsäugetieren und Landvögeln. Sie wird 
vertreten durch fliegende Hunde, die bei den Eingeborenen als Lecker- 
bissen gelten, ferner durch Ratten, Tauben, Kokoskrabben, Flusskrebse, 
Schildkröten und eine auf der Indischen Inselflur weit verbreitete 
Schlange (Typhlops bramina). Die Vogelwelt zählt 56 Arten und stimmt 
in der Hauptsache mit der Avifauna der Karolinen überein. 

Einen eigentümlichen Bestandteil des Tierlebens machen auf den 
Marianen die Herden verwilderter Haustiere, insbesondere von Hühnern, 
Schweinen und Rindern, aus, die vor allem die einförmigen Savannen 
und die Bergwälder von Tinian bevölkern. Sie sind erst von den 
Spaniern, wohl aus Mexiko, eingeführt worden und haben sich so ver- 
mehrt, dass man bei einer Wanderung durch die Insel wie in einem 
grossen Dorf unaufhörlich von dem Krähen der Hühner begleitet wird. 
Schweine sind gleichfalls in solcher Menge vorhanden, dass wöchentlich 10 
bis 14 derselben in Schlingen gefangen und in Saipan lebend zum festen 
Preis von 4 Mark für das Stück verkauft werden. Das Gebirge be- 
völkern wilde Ziegen noch in grossen Rudeln. Die Rinder dagegen 
haben sich infolge unausgesetzter Verfolgungen so vermindert, dass ihre 
Jagd schon unter spanischer Herrschaft mehrere Jahre lang eingestellt 
werden musste und von der deutschen Verwaltung ganz verboten worden 
ist. Auch die Bestände prächtiger Axishirsche, welche die Spanier von 
den Philippinen mitbrachten und auf Rota und Tinian aussetzten, sind 
stark gelichtet, weshalb für sie ebenfalls eine unbestimmte Schonzeit 
angeordnet wurde. Die von den Spaniern eingeführten und verwilderten 
Hunde endlich hat man grösstenteils wieder abgeschossen oder sucht 
neuerdings ihrer Vermehrung durch eine Besteuerung der Hündinnen 
Einhalt zu thun, weil sie zu einer unerträglichen Landplage wurden und 
erheblichen Jagdschaden anrichteten. 



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26 - 



Die Urbewohner der Marianen, die Chamorro, waren bei der Ent- 
deckung der Inselgruppe sehr zahlreich, und überall stösst man noch 
inmitten des Waldes oder der Savanne auf die Trümmer von Nieder- 
lassungen, die Zeugnis von der einst viel dichteren Besiedelung der 
Inselreihe ablegen. Erst 1668, also 147 Jahre nach Magellans erstem 
Besuch, nahmen die Spanier den Archipel in Besitz und errichteten dort 
eine Jesuitenmission. Damals waren alle Inseln bewohnt, und man 
schätzte die Gesamtmenge der Eingeborenen auf 40—60000, ja sogar, 
was aber übertrieben scheint, auf 100—150000 Köpfe, die wie alle 
Polynesier Hochseefischerei trieben, in lebhaftem Verkehr miteinander 
standen und eine nicht unbedeutende Kultur besassen. Obgleich ihnen 
Magellan nicht ohne Grund diebische Eigenschaften nachsagte, traten 
sie den Europäern freundlich und zutraulich entgegen, versorgten sie 
im Austausch gegen Stoffe und eiserne Geräte mit Lebensmitteln und 
zeigten bei aller Unbeständigkeit und allem Leichtsinn grosse Anhäng- 
lichkeit. Sehr bald aber trieben die gewaltsamen Bekehrungs- und 
Knechtungsversuche der Fremden das stolze, tapfere, unbeugsame Volk 
zu verzweifeltem Widerstand gegen die drückende Zwingherrschaft und 
gegen den religiösen Fanatismus, der sich in blindem Eifer gegen alles 
Heidnische und gegen die althergebrachten Sitten kehrte. 30 Jahre hin- 
durch, bis 1699, dauerte der blutige Vernichtungskrieg, in dem viele 
spanische Soldaten und Missionare das Leben verloren, bis schliesslich 
die Chamorro unterlagen, nachdem sie fast vollständig aufgerieben waren. 
Viele, die nicht im offenen Kampfe umkamen oder dem religiösen Ver- 
tilgungseifer zum Opfer fielen, gaben sich freiwillig den Tod. Auch die 
Frauen brachten die neugeborenen Kinder um oder machten sich ab- 
sichtlich unfruchtbar, weil die heldenmütigen Eingeborenen, die ihre 
Freiheit über alles liebten, eher aussterben als noch länger ihren 
Peinigern unterthan sein wollten. 

Zur Erleichterung der Regierung und um die Unterworfenen besser 
unter kirchlicher und militärischer Zucht halten zu können, wurden alle 
Marianen-Inseln von den Spaniern absichtlich entvölkert und die Über- 
lebenden auf der Hauptinsel Guam zusammengepfercht, wo Krankheiten 
das ihrige thaten und die Zahl der Chamorro 17 10 auf 3678 zusammen- 
schrumpfen Hessen, von denen 80 Jahre später nur noch 1639 Seelen 
übrig waren. Bloss die Entvölkerung von Rota, wo sich der Hauptherd 
des Widerstandes gegen die Spanier befand, gelang nicht völlig, weil 
die zahlreichen Höhlen den Bedrängten willkommene, schwer zu ent- 
deckende Zufluchtsstätten darboten. Die erschreckende Bevölkerungs- 



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27 — 



abnähme bcwog die bestürzten Spanier, die Lücken durch freiwillige 
oder zwangsweise Einführung von spanischen Sträflingen, Karoliniern 
und philippinischen Tagalen einigermassen wieder auszufüllen. Infolge 
dieser künstlichen Volksvcrmehrung nahm die Bewohnerzahl allmählich 
wieder zu und war auf 9500 gestiegen, als 1856 eine verheerende Seuche 
fast die Hälfte derselben wegraffte. 1887 gab es nach amtlichen An- 
gaben wiederum 10276 Insulaner, von denen weitaus die meisten (8655 
Köpfe) auf Guam ansässig waren. Doch auch diese grösste Insel des 
Archipels, die einst 180 stattliche Dörfer gehabt haben soll, birgt gegen- 
wärtig nicht mehr als 10 armselige Ortschaften. 

So hat sich die unvernünftige Politik der Spanier bitter gerächt. 
Denn wenn sich auch die fremden Seefahrer gegen die Südseevölker 
viele bedauerliche Übergriffe zu schulden kommen Hessen, so haben sie 
sich an ihnen doch noch lange nicht in dem Masse versündigt, wie die 
Spanier an den unglücklichen Chamorro, denen die Berührung mit den 
Europäern wie keinem andern paeifischen Volksstamm verderblich ge- 
worden ist. Das kleine Häuflein der jetzigen Insulaner ist eine minder- 
wertige Mischrasse aus Chamorro, Tagalen und Spaniern, während die 
Karolinier sich mit den uransässigen Elementen nur wenig vermischt 
haben. Bloss auf Rota haben sich aus dem oben genannten Grunde 
noch reine Nachkommen der alten Chamorro erhalten. Sonst ist deren 
Schilderung heute nichts anderes als eine Erinnerung an Tote. 

Die Chamorro waren unzweifelhaft ein mikronesischer Stamm, etwa 
in der Mitte zwischen Polynesiern und Tagalen stehend. Gleich den 
heutigen Mikronesiern waren sie sehr einfach bekleidet und gingen ent- 
weder ganz nackt oder trugen nur einen schmalen Faserschurz, während 
die Vorliebe für reichen Schmuck und für Zierraten verschiedener Art 
um so ausgeprägter war. Dagegen scheint man die auf den Karolinen 
gebräuchliche Tätowierung nicht geübt zu haben. 

Nach echt polynesischer Sitte gliederten sich die alten Marianen- 
insulaner in zwei streng voneinander geschiedene Stände, die Vornehmen 
und die ihnen in allen Beziehungen untergeordneten Gemeinen. Ledig- 
lich die ersteren, die wiederum in die beiden Klassen der eigentlichen 
Häuptlinge und der mit geringeren Vorrechten ausgestatteten Häupt- 
lingssöhne zerfielen, durften Krieg führen, Seefahrten unternehmen, Boot- 
bau und Handel treiben und waren im Besitz alles Grundeigentums. 
Die letzteren hatten die Ländereien der Vornehmen zu bebauen und 
im Kriegsfall den Proviant herbeizuschaffen. Sonst war jeder Verkehr 
mit der Geburts-Aristokratic aufgehoben, und die Gemeinen durften sich 



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— 28 — 



den Vornehmen weder nähern noch ihre Geräte berühren und hatten 
ihr Leben verwirkt, wenn sie sich vor ihnen nicht tief verneigten. Auch 
insofern war die Scheidung zwischen Adel und gewöhnlichem Volk streng 
durchgeführt, dass Ehen bloss innerhalb der beiden Klassen geschlossen 
werden durften und dass die Heirat eines Vornehmen mit einem 
Mädchen niederen Standes den Tod des ersteren nach sich zog. 

Wie bei den Karoliniern gab es auch bei den Chamorro einen in 
zwei Klassen geteilten Priesterstand, dem die Ausübung des im wesent- 
lichen auf eine Ahnenverehrung hinauslaufenden religiösen Kultes oblag. 
Die Schädel der Verstorbenen wurden aufbewahrt und, weil man ihnen 
übernatürliche Kräfte zuschrieb, als siegverleihend in die Schlacht mit- 
genommen. Gegen die Überlegenheit der spanischen Waffen konnten 
sie freilich nicht helfen. Im übrigen waren Kriege unter den Chamorro, 
weil die Rachsucht einen Grundzug ihres Charakters bildete, zwar 
häufig, verliefen aber meist unblutig und endeten nach dem Verlust von 
2 — 3 Toten gewöhnlich mit der Unterwerfung der einen Partei. Die 
Toten kamen nach der Mythologie der Chamorro und Karolinier ent- 
weder ins Paradies oder in die Hölle. 

Obwohl das Mutterrecht nicht so ausgeprägt war wie bei den 
Karoliniern und Marshall -Insulanern, hatten die Frauen einen grossen 
Einfluss und erfreuten sich guter Behandlung. Der Mann hatte bloss 
eine gesetzmässige Frau, dazu aber mehrere Nebenfrauen. Ehebruch 
wurde für beide Teile streng geahndet. Doch galten die Frauen als 
keusch, während die Mädchen viele Freiheit hatten. Ungezwungener 
geschlechtlicher Verkehr mit den im Gemeindehaus lebenden Junggesellen 
war für sie eben so wenig anstössig und entwürdigend wie für die 
Armengols der Palauer und bildete hier wie dort kein Hindernis für 
eine spätere Verehelichung. Obendrein gab es noch Gesellschaften, die 
keinen anderen Zweck als Befriedigung der sinnlichen Gelüste hatten 
und zur Feier ihrer Orgien, die bis zur Blutschande ausarteten, in ein- 
zelnen Dörfern eigene Häuser besassen. Kindermord dagegen, wie er 
besonders auf Tahiti im Schwange war, wurde ursprünglich nicht aus- 
geübt und fand erst in den furchtbaren Rassenkämpfen gegen die 
Spanier als Verzweiflungsmittel Eingang. 

Die Werbung geschah durch eine weibliche Verwandte des Mannes. 
War sie angenommen, so musste der Bräutigam für den Unterhalt der 
Braut sorgen und ihr bis zur Hochzeit dienen, die erst nach sorgfältiger 
Prüfung aller Verhältnisse statt hatte und mit grosser Feierlichkeit be- 
gangen wurde. Feste waren überhaupt sehr beliebt und wurden bei 



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jeder Gelegenheit abgehalten. Eine Hauptrolle spielten dabei Tänze und 
Gesänge, die von Musikinstrumenten begleitet wurden. Auch an poetischem 
Talent fehlte es den Chamorro nicht. 

Diese alte Kultur ist unter der spanischen Herrschaft so vollständig 
zu gründe gegangen, dass nur noch verwilderte Anpflanzungen und 
höchst eigentümliche Hausruinen, die man auf Tinian, Rota und Ala- 
magan antrifft, an die glänzendere Vergangenheit erinnern. 

Die Chamorro kannten zwei Arten von Häusern. Die einen, die 
noch jetzt gebaut und vom ärmeren Volk bewohnt werden, waren 
niedrige Holzhütten, die unmittelbar über dem Erdboden auf 6— 8 Palmen- 
stämmen von 3—4 m Höhe errichtet und mit Palmenblättern oder 
Rohrgeflecht ausgekleidet waren. Daneben bemerkt man im Walde ver- 
steckt mächtige Steinsäulen, die, stets in zwei Reihen angeordnet, sich 
nach oben verjüngen und auf der Spitze ein halbkugeliges Kapital 
tragen, dessen Boden nach oben liegt. Diese Bauten finden, abgesehen 
von den merkwürdigen Steinfiguren auf der Osterinsel, im Stillen Ozean 
nirgends wieder ihresgleichen und haben deshalb nicht mit Unrecht 
Aufsehen erregt. Sie sind wohl nicht, wie man vermutete, alte Königs- 
gräber oder Tempel, sondern stellten das steinerne Gerüst von Häusern 
dar, die auf den Marianen heute gänzlich ausser Gebrauch sind, während 
man sie früher oft benutzte. Da nämlich die eben beschriebenen Hütten 
zur Regenzeit feucht und unbequem waren, so setzten die Vornehmeren 
unter Beibehaltung der sonst üblichen Hausform ihre Wohnungen auf hohe 
Pfeiler. Sie bestanden aus einer Mischung von Sand, Kalk und kleinen 
Steinen oder aus behauenen, durch Mörtel verbundenen Korallenkalk- 
blöcken, weil es für die bloss über sehr primitive Steinwerkzeuge ver- 
fügenden Eingeborenen viel leichter war, die überall zerstreuten Kalk- 
stücke zu verwenden, als einen Baum zu fallen. Auf den Säulen ruhte 
ein starker Fussboden, in dessen Mitte ein Loch den Zugang gestattete, 
und da die Pfeiler von aussen durch das grosse überhängende Blätter- 
dach, im Innern vom Fussboden verdeckt waren, so konnte es leicht 
geschehen, dass die sonderbaren Bauten den Spaniern nicht weiter auf- 
fielen und erst nach dem Verfall ihrer Hülle zum Vorschein kamen. 

Da für die wirtschaftliche Erschliessung der Inselfiur und die geistige 
Hebung der Eingeborenen fast nichts geschah — die von den Spaniern 
errichteten Schulen sind wieder eingegangen — so ist die unternehmungs- 
lustige Bevölkerung, die hohe Kultur mit ausdauerndem Fleiss verband 
und wegen ihrer regen Handelsbeziehungen erfahrene Bootbaucr und 
seetüchtige Schiffer lieferte, tief gesunken und hat mit ihrer Freiheit 



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— 30 - 



auch Wagemut, Frohsinn, Thatkraft und Selbstvertrauen verloren. Die 
Nachkommenschaft der alten Chamorro oder richtiger die heutige Misch- 
bevölkerung der Marianen hat die Sprache der Vorfahren zu gunsten 
des Spanischen verlernt und ist ein gutmütiges, ängstliches und unter- 
würfiges Völkchen , das der katholischen Religion anhängt — seit 1848 
hat die Genossenschaft der spanischen Augustiner-Rekollekten auf Saipan 
Missionsstationen errichtet — , aber bei aller Frömmigkeit sehr aber- 
gläubisch ist und in der gedankenlosen Übung religiöser Gebräuche 
einen kümmerlichen Ersatz für das alte Heidentum gefunden hat. Auch 
die Gewerbthätigkeit und die alten Kunstfertigkeiten der Urbewohner 
sind bei den verarmten, gleichgiltigen und im höchsten Masse trägen 
Eingeborenen völlig in Vergessenheit geraten. Ackerbau und Viehzucht 
werden trotz des günstigen Bodens und Klimas in sehr beschränktem 
Masse betrieben, und die Bodenkultur kann sich trotz des Ersatzes 
der primitiven Geräte durch eiserne Werkzeuge in keiner Weise mit 
den sorgsam gepflegten, durch kunstvolle Berieselungssysteme aus- 
gezeichneten Pflanzungen messen, die einst die Inseln in einen einzigen 
grossen Garten verwandelten und das lebhafte Erstaunen der Reisenden 
des 17. Jahrhunderts erregten. Die jetzigen Insulaner sind vielmehr zu 
einem Jägervolk herabgesunken, indem sie der Jagd auf die verwilderten 
Tiere, welche an die Stelle der verschwundenen Menschen getreten 
sind, mit einer gewissen Leidenschaft obliegen. Endlich wurde das 
Verkehrswesen seitens der Spanier so sehr vernachlässigt, dass der seit 
dem Ausbleiben der Walfischfänger wirtschaftlich fast wertlos gewordene, 
bloss noch als Verbannungsort dienende Besitz immer mehr verarmte 
und bis zu seiner Abtretung bloss einmal im Jahre Postverbindung mit 
den Philippinen besass. Auch zwischen den einzelnen Inseln des vom 
grossen Verkehr kaum berührten Archipels bestanden nur gelegentlich 
geringe Verbindungen, seit die Spanier einige Unglücksfälle als will- 
kommenen Vorwand benutzt hatten, um den ihnen unbequemen Ver- 
kehr zwischen den verschiedenen Stämmen zu verbieten. Der Be- 
förderungsdienst wurde für amtliche wie private Zwecke von den auf 
der Inselflur ansässigen Karoliniern ausgeübt, weil die plumpen Ein- 
bäume der heutigen Chamorro höchstens zur Küstenfahrt tauglich sind. 

So ist es im allgemeinen ein trübes Bild, das uns die Schilderung 
der Mariancn-Insulaner entrollt, und die deutsche Verwaltung hat eine 
Reihe schwieriger Aufgaben zu lösen. Immerhin beginnen sich unter der 
neuen Herrschaft, die verständnisvoll und fürsorgend sich ihrer Schutz- 
befohlenen angenommen hat, bereits die ersten leisen Anklänge an eine 



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bessere Zukunft bemerkbar zu machen. Es ist gelungen, eine wohl- 
disziplinierte Polizeitruppe aus Eingeborenen zu bilden und täglich 
30 — 60 freiwillig sich meldende Arbeiter mit Aufforstungsarbeiten zu 
beschäftigen. Ebenso sind einige der nördlichen Marianen an Chamorro 
verpachtet, die willig allen Verpflichtungen nachkommen und durch das 
Vorbild fleissiger Arbeit auf ihre Landsleute anfeuernd wirken. Vielleicht 
glückt es der deutschen Herrschaft, die verödete Inselflur und ihr schwer 
geprüftes Volk bald wieder besseren Zeiten entgegenzuführen und die 
letzten Reste der Chamorro vor völligem Untergang zu bewahren. 



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3- Die Karolinen. 

Von allen Südsee-Archipelen nimmt derjenige der Karolinen den 
weitesten Raum ein und macht den grösseren Teil Mikronesiens aus, 
indem er seine zahllosen Eilande in langer Reihe von West nach Ost 
gruppiert und von den Philippinen bis zu den Marshall - Inseln reicht. 
Im ganzen halten die Karolinen die Breitenlage zwischen dem Äquator 
und io° N. fest und sind einschliesslich der Palaugruppe über eine 
Fläche ausgebreitet, die in Europa einen Raum von mehr als der 
doppelten Länge Deutschlands bedecken und in der Breite von den 
Deutschen Meeren bis zu den Alpen sich erstrecken würde. Doch sind 
die Inseln, gegen 710 an der Zahl, als weit zerstreute Häuflein in un- 
gefähr 40 Gruppen gleich einem Mückenschwarm über diesen ungeheuren 
Meeresraum ausgesäet, da sie trotz der Ausdehnung über 35 Längen- 
grade und 10 Breitengrade nur 1450 km 2 Flächeninhalt besitzen. Die 
dem Menschen zugängliche Fläche der Inselflur ist somit nicht viel 
grösser als das Herzogtum Sachsen-Altenburg. Etwa 107 Inseln sind 
ständig von rund 35000 Eingeborenen bewohnt. 1 ) 

Die Inselflur erhielt ihren Namen in der zweiten Hälfte des 
17. Jahrhunderts nach der Gemahlin des spanischen Königs Karl I. 



*) Die wichtigsten Karolinen-Inseln sind Kusaie, Ponape, die Mortlocks, der Insel- 
kern des Rnk-Archipels, Naraonuito, Uleai, Uluthi, Yap und die Palaus. Die südlichste 
Gruppe des Archipels ist das aus fünf flachen, gut bewaldeten Eilanden bestehende, an sich 
gänzlich unbedeutende und lange Zeit hindurch fast unbekannte Lagunenriff Mapia, das bloss 
6 km' Land besitzt und dessen rein karolinische Bevölkerung grösstenteils von papuanischen 
Piraten vernichtet oder weggeführt wurde. Weil das Atoll bereits in den Gewässern von 
Holländisch-Neuguinea liegt, so machten nach der Abtretung der Karolinen die Holländer 
Besitzansprüche auf Mapia geltend, mit der Begründung, dass ein holländischer Kaufmann 
vom Sultan von Tidore, der sich als Herrn des Archipels ausgab, die Erlaubnis zur Anlage 
einer Faktorei daselbst erhalten habe. Obwohl der deutsch-spanische Vertrag von 1885 die 
Mapiagruppe ausdrücklich als spanisches Eigentum bezeichnete, ernannte die Niederländische 
Regierung 1898 einen Posthalter für Mapia. Das Abkommen von 1885 lässt aber an der 
Zugehörigkeit des Atolls zu den spanischen Karolinen keinen Zweifel, weshalb es mit deren 
Verkauf 1899 ohne weiteres in deutschen Besitz überging. — Die westlichste Gruppe der 
Karolinen ist die der Palau-Inscln, den östlichsten Pfeiler stellt die Insel Kusaie dar. 



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Doch wurde ursprünglich bloss die Insel Yap Carolina genannt, und erst 
nach und nach ging diese Bezeichnung auf den gesamten Archipel über. 

Die räumliche Anordnung der Karolinen und Marianen, sowie die 
Tiefen Verhältnisse der umgebenden Meere machen nach Max Frie- 
derichsen ehemals engere Beziehungen und Landzusammenhange mit 
einem alten Austral-Asiatischen Erdteil wahrscheinlich. Einmal spricht der 
in Inseln zerstückelte Gebirgsbogen, der sich von den Sunda-Inseln über 
Neuguinea bis Neuseeland zieht, für einen hier einst vorhanden gewesenen 
Kontinent aus archäischen und Schichtgesteinen, während jenseits des- 
selben fast nirgends mehr Sedimentgesteine, sondern bloss noch Korallen- 
und vulkanische Gesteine jugendlichen Alters anzutreffen sind. Ferner 
beginnt die eigentliche Tiefsee mit ihren über 5000 m betragenden Ab- 
gründen erst nördlich der Karolinen und östlich der Marianen und scheint 
von beiden Archipelen durch eine schmale Tiefenrinne getrennt zu 
werden, die den Aussenrand der Inselgruppen umsäumt und in der 
Gu am tiefe bis 8184 m, in der Tongatiefe sogar bis 9427 m abstürzt. 
Da ähnliche unterseeische Gräben vorzugsweise an den Rändern von 
Festländern vorkommen, so liegt nach Friederichsen die Vermutung 
nahe, dass solche Abstürze, denen man heute fern von einem Erdteil 
begegnet, auf einen einst hier verlaufenden Kontincntalrand hinweisen. 
Der Einbruch jener alten Festlandsscholle war von vulkanischen Kraft- 
äusserungen begleitet, denen die hoch vulkanischen Marianen und die 
vulkanischen Hochinseln der Karolinen ihre Entstehung verdanken. Dass 
die Senkung des Untergrundes noch fortdauert, beweist für Anhänger 
der Darwinschen Theorie über die Bildung der Koralleninseln der zweite 
Inseltypus der Karolinen, nämlich derjenige der niedrigen Korallen- 
eilande, die in Bodenbau und Pflanzenbedeckung durchaus von den 
hohen Inseln abweichen. 

Weitaus die meisten Karolinen-Inseln — ausgenommen sind nur 
die wenigen von Korallenriffen umsäumten Hochinseln vulkanischen 
Charakters — stellen winzigkleine korallinische Flachinseln dar, die als 
junge Aufschüttungen auf einem in sich geschlossenen, einem verzogenen 
Kranz ähnelnden Korallenriff ruhen und mit ihm ein bloss auf einem kleinen 
Teil seiner Fläche bewohnbares Lagunenriff oder Atoll zusammensetzen. 
Schroff fällt es nach aussen zu den gewaltigen Tiefen des offenen Meeres 
ab, sanfter neigt es sich nach innen unter den Spiegel der Lagune, deren 
ruhiges, seichtes Wasser im Gegensatz zum blauen, brandungsgekrönten 
Ozean meist grün gefärbt ist und sichere Ankergelegenheiten darbietet, 
wenn auch draussen ein wütender Sturm tobt. Als märchenhaft zauberische 

Deutschland» Kolonien. « 



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- 34 — 



Gebilde erscheinen in den kristallklaren Fluten die buntfarbigen Korallen- 
bauten mit wunderbarer Deutlichkeit, und prächtig schimmernde Fische 
schiessen in dem phantastisch gestalteten Labyrinth geschäftig hin 
und her. 

Meist führen mehrere genügend breite und tiefe Lücken, die des- 
halb für die Schiffahrt wertvoll sind, als sogenannte Passagen oder 
Durchlässe durch das Riff. Bei Ebbe, wo es ganz oder grösstenteils 
den Meeresspiegel überragt, kann man beobachten, wie die stock- 
artig miteinander verbundenen Korallen namentlich an der Nordostscite 
der Inseln das Riff weiterbauen, da ihnen die Brandung unter dem Ein- 
flüsse des Nordostpassates nach dieser Seite hin die meiste Nahrung 
zutreibt. Deshalb sind alle Atolle der Karolinen- und Marshall-Inseln 
nach Süd und West schwächlicher, zerrissener und reicher an Durch- 
lässen, nach Nord und Ost dagegen erscheinen sie massiger und ge- 
schlossener. Auf der Windseite liegen auch die meisten und höchsten 
Inselchen, und ihre Vegetation zeigt eine verhältnismässig kräftige Ent- 
wickelung, während die entgegengesetzte Seite unfruchtbar ist und ganz 
oder grösstenteils von der Brandung überwallt wird. Die Zahl und 
Grösse der dem Riffkranz aufgesetzten Inselchen ist sehr verschieden; 
doch kann man sie allesamt der Quere nach meist in wenigen Minuten 
durchwandern. 

Kaum zu Manneshöhe, selten mehr als 4 m, überragen die 
Flacheilande das Mittelwasser mit ihrem aus fest zusammengepressten 
Trümmern lichtgrauen Korallenkalkes bestehenden Boden, der nach der 
Mitte der Inseln zu immer mehr von gelblich-weissem Kalksand und 
bereits gebildeter Humuserde überdeckt wird. Deshalb blieben die 
Atolle den Seefahrern lange unbekannt. Denn nur bei unmittelbarer 
Annäherung verraten die weisschäumenden Brandungskämme und die 
hohen Wipfel der Kokospalmen dem Schiffer die Anwesenheit von Land. 
Beim Näherkommen erblickt man niedrigeres Baum- und Strauchwerk, 
bis endlich hinter der Brandung fahle Sandstreifen die durch Passagen 
getrennten Riffinseln verraten, die wie Perlen an eine Schnur aufgereiht 
erscheinen und hinter denen das grüne Wasser der Lagune hervor- 
leuchtet. Da diese niedrigen Inseln die Stürme nicht aufzuhalten ver- 
mögen, so brausen sie mit voller Wucht über sie wie über einen un- 
unterbrochenen Wasserspiegel hin. Dann binden die Karolinier Weiber 
und Kinder an Baumstämme und flüchten sich selbst in deren Kronen. 
Nicht selten wird ihnen aber durch die aufgeregte See der locker ge- 
fügte Boden der überschwemmten Insel buchstäblich unter den Füssen 



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- 35 — 



fortgerissen. Sturmwetter vermag auf solche Weise die mannigfachsten 
Veränderungen hervorzurufen, indem die Fluten das Riff stellenweise 
inselleer fegen, um anderwärts den Kalkschutt wieder anzuhäufen und 
insulare Neubildungen zu schaffen. 1 ) 

Während der dichte Urwald der Hochinseln die Feuchtigkeit fest- 
hält, fehlt den flachen Korallcneilanden trotz des feuchten Tropenklimas 
und der fast täglich niedergehenden ergiebigen Regengüsse jede Quelle 
und jeder Bach. Eingegrabene Löcher und Zisternen füllen sich bei 
der Durchlässigkeit des Kalksteins und des lockeren Aufschüttungs- 
bodens bald mit Brackwasser, so dass die Eingeborenen das Trink- 
wasser in Baumlöchern auffangen müssen oder Kokosmilch als haupt- 
sächlichstes Getränk benutzen. 

Die Atolle liegen einsam oder gruppenweise dicht beisammen. 
Ihre Flächenausdehnung ist im allgemeinen wenig verschieden, indem 
die Länge 4—8 km, die Breite bis 3 km beträgt. Zu den Ringinseln 
gesellen sich einfache Koralleninselchen ohne Lagune, und diese wie 
jene sind einander so täuschend ähnlich, dass die Schilderung einer 
niedrigen Koralleninsel auf alle andern passt. 

Man teilt die gesamte Inselflur der Karolinen gewöhnlich in die 
Palau-Inseln und in die grössere Hauptgruppe der eigentlichen Karolinen, 
die wiederum in die westlichen und östlichen Karolinen zerfallen und 
unter sich wie von den Palaus durch breitere, inselfreie Meeresabschnitte 
geschieden werden. 

Die abgesonderten Palau- oder Pelew- Inseln sind die grösste Insel- 
wolke des Archipels. Sie bestehen aus sieben bewohnten und dreimal 
sovielen menschenleeren Eilanden, die als ein klassischer Boden für das 
Studium der Korallenbauten gelten müssen, da sich alle drei Rifftypen, 
Saumriffe, Wallriffe und Atolle, auf engem Raum zusammendrängen. 
Der inselreichc Hauptarchipel wird mit Ausnahme der nördlichsten und 
südlichsten Insel von gewaltig ausgedehnten, teilweise mehrfach hinter- 
einanderliegenden Wallriffen zu einem schwer zugänglichen Ganzen 
zusammengeschlossen. Was indes die Eigenart Palaus ganz besonders 
ausmacht, ist wie bei den Marianen die Thatsache, dass es sich geo- 
logisch in zwei scharf getrennte Teile gliedert und dass hier wie dort 
vulkanische Eruptivmassen und grobkörniger gehobener Korallenkalk 
eine innige Verknüpfung miteinander zeigen. Das vulkanische Gestein 

') Die Ngatikgruppe wurde 1897 durch eine Flutwelle und eine nochmalige achttägige 
Überschwemmung im November 1898 schwer heimgesucht. Sämtliche Brotfruchtbäume 
starben ab, die Hälfte der Kokospalmen ward entwurzelt, und alles Vieh ging verloren. 

3« 



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— 36 



ist ein tertiärer Trachyt von lichtgrauer Farbe, der öfters von Basalten 
durchsetzt wird und in Gesellschaft grosserer Tuffmassen auftritt. Die 
Grenzen zwischen beiden so gegensätzlichen Gesteinsarten, die als 
gemeinsames Verwitterungsprodukt eine Schicht roten Thones über- 
lagert, sind noch nicht bekannt, ebensowenig ihre gegenseitigen geo- 
logischen und tektonischen Beziehungen. 1 ) 

Die Insel Baobeltaob (Babelthaub) ist mit 300 km« Fläche die um- 
fangreichste Insel des insgesamt 446 km* umfassenden Archipels und 
grösser als alle übrigen Palau-Inseln zusammengenommen. Sie bildet 
eine überwiegend vulkanische, im Süden jedoch aus Korallenkalk zu- 
sammengesetzte Landschollc, die nordsüdlich langgestreckt ist und stark 
angenagte Küstenränder besitzt. Die Erosion hat überhaupt die Palaus 
in tiefgehender Weise angegriffen und nicht bloss die mürben Vulkan- 
tuffe, sondern auch den festen, widerstandsfähigeren Kalkstein zerstört. 
Das beweist die Unzahl dicht gescharter Felsklippen, in welche sich die 
vielfach ein- und ausgebuchtete Küste aufgelöst hat. Sie deuten den 
früheren Umfang der einzelnen Inseln an, deren kalkige Oberfläche wie 
im Karst vom Regen narbig ausgefressen und infolgedessen höchst un- 
eben ist. Die Palaus selbst scheinen in ihrer Gesamtheit die Reste 
einer einst zusammenhängenden Kalkplatte zu sein, die von der Meeres- 
brandung zertrümmert wurde. Auf Baobeltaob steigen einige Gipfel bis 
zu 600 m an. Hier allein giebt es reichliche Bewässerung, und ansehn- 
liche Flüsse, darunter als längste Wasserader der Karolinen der aus 
einem kleinen See kommende Enkassar, haben zahlreiche Schluchten 
ausgewühlt. Doch sind sie meist nur dem vulkanischen Gestein eigen, 
da der klüftige Kalk keine Bäche besitzt. Auf Baobeltaob ist auch 
stark verwitterte Kohle, wahrscheinlich jugendliche Braunkohle, nach- 
gewiesen, die aber minderwertig und als Heizungsmaterial kaum brauch- 
bar zu sein scheint. Die höheren, oft stufenförmig sich erhebenden 
Binnenflächen sind von eintönigen Grassavannen mit eingestreuten Ka- 
suarinen und sparrigen Pandanusbäumen bedeckt. Auf der fetten Lehm- 



') Während auf den Marianen und Palaus die tektonischen Kräfte den Korallenkalk 
zu beträchtlicher Höhe emjvorgehobcn haben (vgl. S. 19), stellt innerhalb der eigentlichen 
Karolinen das Fclsinselchen Fais (Feys) östlich vou Yap das einzige Beispiel einer gehobenen 
Koralleninsel dar. Das den Meeresspiegel um 30 m überragende Eiland birgt ein steil- 
wandiges, wohlbebautcs Becken, das mit seiner tellerartigcn Gestalt als die ehemalige, 
jetzt trocken gelegte Lagune des Atolls erscheint. Sonst ist die mit senkrechtem Ausscn- 
rand abstürzende Insel hafenlos und wird durch ein rasch fortwachsende» Küsten ri ff, das 
sich dem Strand dicht anschmiegt, noch unnahbarer gemacht. 



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- 37 — 



und Humusschicht der tieferen I^agen dagegen hat sich eine üppige 
Tropenvegetation eingenistet. 

Auch die übrigen Eilande des Inselschwarms zeigen die Vergesell- 
schaftung des gehobenen Korallenkalks und des Trachyts und die ent- 
sprechenden Erosions Wirkungen. Die nächstfolgenden Inseln, die für den 
Verkehr wichtig sind, weil zu ihnen gute Zufahrten ohne Riffgefahr 
führen, sind aus Eruptivgestein aufgebaut. Von ihnen ist vor allem 
Korror durch gute Häfen ausgezeichnet. Von Urukthapel ab nach 
Süden beginnen plötzlich die aus reinem Korallenkalk zusammen- 
gesetzten Eilande, deren unebene, vielfach durchlöcherte Karstfläche bis 
zu 160 rn ansteigt. 

Innerhalb der eigentlichen Karolinen giebt es nur wenige vul- 
kanische Hochinseln, die aber — Yap, Ponape, Kusaie und die basal- 
tische Rukgruppe — zusammen mehr als zwei Drittel des Gesamt- 
flächeninhaltes der Inselflur ausmachen. Sie werden entweder von 
Küstenriffen umsäumt und zwar so eng, dass kein Platz für den Schiffs- 
verkehr bleibt, oder ausgedehnte Wallriffe ziehen sich in weitem Um- 
kreis um den Inselkörper herum und lassen eine Anzahl von Passagen 
frei, die durch das Aussen rifT zu einer Reihe guter Häfen führen. Die 
thonige Verwitterungshülle des ihnen allen gemeinsamen Basaltgesteins ist 
der unerschöpfliche Nährboden für eine zum Teil sehr üppige Pflanzen- 
decke. Wasser ist im Gegensatz zu den niedrigen Atollen ebenfalls reich- 
lich vorhanden, so dass die Hochinseln, von munteren Bächen durch- 
rauscht und von majestätischem Urwald überkleidct, von vollendeter 
landschaftlicher Schönheit sind und mit ihren ausdrucksvollen Bergen 
einen malerischen Anblick darbieten. Anzeichen neuerer vulkanischer 
Thätigkeit sind auf ihnen zum Unterschied von den Marianen nicht 
beobachtet worden. Bloss auf Yap, das nach Semper den Palauern 
unter dem Namen Ascheninsel bekannt ist, dürften vielleicht noch in 
geschichtlicher Zeit Ausbrüche stattgefunden haben. Bemerkenswerter- 
weise sind auf dieser Insel auch Erdbeben ziemlich häufig; sonst kehren 
sie im Archipel äusserst selten wieder. 1 ) Die hohen Inseln erfreuen sich 
reich gegliederter Küsten, denen wiederum vom Hauptkörper abge- 
schnittene Nebenmselchen vorgelagert sind. Da aber die kleinen Atolle 
im Verhältnis zu ihrer Fläche eine grössere Küstenentwickehmg haben 
als die Hochinseln, und da die Eingeborenen in ihren Daseinsbedingungen 
an die Nachbarschaft des Meeres gebunden sind, so haben die niedrigen 



J ) 1900 wurden auf Yap 6, 1901 4 Erdstösse beobachtet. 



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— 38 — 



Koralleneilande — ein Gesetz, das man überall in der Südsee be- 
obachten kann — eine verhältnismässig dichtere Besiedelung als die 
vulkanischen Hochinseln. Die letzteren sind wegen des die Nieder- 
lassung erschwerenden Urwaldes und aus dem eben angegebenen Grunde 
im Innern fast menschenleer. Doch scheint nach Finsch das bergige 
Binnengebiet von Kusaic und Ponape einst bewohnt gewesen zu sein, weil 
dort auf den höchsten Erhebungen Kokospalmen wachsen und weil die 
Kokospalme fernab vom Meeresstrande nur als Kulturbaum vorkommt. 

Das keilförmig gestaltete Yap (Uap) wird durch zahllose Vorsprünge 
und Buchten besonders reich gegliedert. Namentlich der enge, aber für 
Seeschiffe zugängliche Kanal der Tomilbai dringt mit seinen Seitenästen 
so tief ein, dass er die nach Süden spitz zulaufende Insel fast entzwei 
schneidet und dass nur ein ganz schmaler, neuerdings durchstochener 
Isthmus die beiden ungleich grossen Landhälften noch zusammenhält. 
Yap entspricht mit 213 km 2 Fläche dem Bremer Staatsgebiet und be- 
steht zu vier Fünfteln aus grüngrauen Schiefern. Der Basalt, der auf 
den übrigen Hochinseln eine so wichtige Rolle spielt, tritt hier auf- 
fallend zurück und baut bloss die nördlichen Teile auf. Darum ist 
die Oberfläche Yaps weit einförmiger gestaltet als die der andern vul- 
kanischen Eilande. Die Nordosthälfte steigt rasch zu einem 300 m 
hohen Plateau an; der grösste Teil der im übrigen bis 400 m hohen 
Südwesthälfte wird von einer fruchtbaren Niederung eingenommen. Nur 
diese Niederung und ein schmaler Küstenstreifen, den die von den 
höheren Erhebungen des Innern herrührenden Abschwemmungsmassen 
aufgebaut haben, eignet sich zur Bodenkultur und ist das Hauptwohn- 
gebiet für die etwa 8000 Seelen zählenden Eingeborenen, die den 
küstennahen Wald in eine einzige fruchtspendende Parklandschaft um- 
gewandelt haben. Das Innere dagegen ist wegen des allzu rasch ab- 
laufenden Regens, der die Zersetzungskrume mit fortführt, meist baum- 
los und trägt einen ausgesprochenen Steppencharakter. Da die Tomil- 
bai den besten und zugleich den einzigen für Dampfer zugänglichen 
Hafenplatz der Insel darstellt, so hat hier in den ehemaligen spanischen 
Regierungsgebäuden die deutsche Verwaltung für die Palaus und West- 
Karolinen ihren Sitz aufgeschlagen. Die Schwierigkeiten der Einfahrt 
sind dadurch wesentlich gemindert worden , dass der deutsche Vize- 
Gouverneur sofort nach Übernahme der Amtsgeschäfte alle Riffkanten 
und Untiefen durch Seezeichen kenntlich machen Hess. 

Die 132 km* grosse Rukgruppe (Hogoleu) ist nicht wie Yap und 
Kusaie eine einheitlich zusammenhängende Landmasse, sondern ab- 



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— 39 



weichend davon ein Inselkomplex, der aus 17 bis 300 m hohen Basalt- 
insein beschränkten Umfanges und 80 korallinischen Aufschüttungsinseln 
besteht. Letztere sind meist unbewohnt und erfüllen die von Korallen- 
bänken durchsetzte Lagune oder folgen in linearer Aufreihung dem weit 
ausgespannten Wallriff, das, 75 km lang und bis 60 km breit, mit un- 
regelmässig fünfeckigem Umriss den vulkanischen Inselkern umzieht. 
Die von der Kultur noch wenig berührten Inseln sind durchweg gut 
besiedelt und schön bewaldet. Kokos- und Steinnusspalmen, Brotfrucht- 
bäume und Kulturfrüchte gedeihen auf ihnen in Fülle, so dass die Er- 
richtung einer Regier ungs-Nebenstation für diesen nicht unwichtigen, 
volkreichen Archipel in Aussicht genommen ist. 

Die grösste und wichtigste aller Karolinen, die freilich mit 347 km 2 
Fläche erst den dritten Teil Rügens einnimmt, ist das rundliche Po- 
nape (Bornabi, Bonebe, Puinipet, Hunnepet, auch Senjavina-Insel genannt). 
Zur Hauptinsel gesellen sich innerhalb des bis 4 km entfernten und mit 
kleinen Koralleneilanden besetzten Aussenriffs inmitten der bis 60 m 
tiefen Lagune noch 33 kleine Inselchen, die stattliche Kokoshaine bergen 
und mit Ausnahme einiger Basaltinseln niedrige Koralleninselchen sind. 
Ponape ist überwiegend aus Basalt zusammengesetzt, dessen wild zer- 
klüftetes, trümmerbesätes Berggewirr von tiefen Wasserrissen durch- 
zogen wird. Die in sanft gerundeter Kegelform ansteigenden Gipfel 
sind höher als auf irgend einer andern Koralleninsel und erreichen im 
Tolokome (892 m) ihre grösste Höhe auf der Inselflur. Längs des 
Strandes verläuft ein sumpfiger Mangrovegürtel , der reich an gutem, 
hartem Holz ist. An ihn reiht sich ein schmaler, zum Ackerbau ge- 
eigneter Streifen, dem auch die kleinen Dörfer der Eingeborenen an- 
gehören. Dahinter folgt ein von Mulden, Thälern und Hochflächen er- 
fülltes Gebiet, das gegenwärtig menschenleer ist, sich aber in den an 
fruchtbarem Schwemmland reichen Thälern trefflich zum Plantagenbau 
eignet. Im Innern der Insel erheben sich wilde Basaltgebirge, deren 
ausgewaschenes, tief zerklüftetes Gestein eine sehr spärliche Pflanzen- 
hüile trägt. Ein dichter Moosteppich überzieht Bäume und Felsen; eine 
der Arekapalme ähnliche Palme, grosse Farne, Schlinggewächse und ein 
verkrüppelter Baum mit sehr hartem Holz sind die Hauptvertreter der 
Gebirgsvegetation. Wenngleich die durch Riffe gefährdete Lagune auf 
weite Strecken hin nur für flache Boote zugänglich ist, so giebt es an- 
dererseits auch eine Reihe besserer Ankerplätze. Am bekanntesten sind 
der Metalanimhafen und der Hafen von Santiago (Langarhafen), einst 
spanischer, jetzt deutscher Verwaltungssitz und Hauptmittelpunkt der 



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— 40 — 



katholischen Kapuziner-Mission. In dieser grössten europäischen Nieder- 
lassung des Archipels liefen 190 t 36 Handelsschiffe mit 6851 Tonnen 
Rauminhalt ein, wie überhaupt Ponape wegen seiner sicheren, räumlich 
allerdings beschränkten Häfen und seines Reichtums an Trinkwasser, 
Nahrungsmitteln und Brennholz schon seit langem der Hauptsammelplatz 
der Walfischfänger war. 

Die letzte und östlichste der vulkanischen Hochinseln ist das wie- 
derum von einem Wallriff umkränzte Kusaie (Ualan). Die 112 km* 
grosse Insel ist viel reizvoller als Ponape. Denn obwohl ihre Basaltberge 
nicht über 657 m hoch sind, überraschen sie aus der Ferne durch ihre 
kühnen Felsgestalten mit scharfen Graten, spitzen Hörnern und schroffen, 
turmartigen Gipfeln, die ausdrucksvoll die tief durchschluchteten, wal- 
digen Gehänge überragen. Auch hier schiebt sich zwischen das vom 
Regen fast vollständig abgewaschene Gebirge und den sumpfigen Küsten- 
saum der Mangroven ein Streifen schmalen Kulturlandes, auf dessen 
fettem Lehmboden die Pflanzungen und Hütten der Eingeborenen liegen. 
Als brauchbarster Ankerplatz gilt der Chabrolhafen mit der Insel Lele, 
der trotz seiner engen Einfahrt mit seiner schützenden Bergumgebung 
einen guten Zufluchtsort darbietet. 

Das Klima der Karolinen ist erst in den allgemeinsten Zügen be- 
kannt. Die äquatomahe Lage des Archipels, die Kleinheit und geringe 
Meereshöhe der meisten Inseln und die das ganze Jahr über hohe Meeres- 
temperatur bedingen die den Tropen eigentümliche sehr gleichmässige, 
hohe Luftwärme und die beträchtliche Luftfeuchtigkeit. Die Wärmeschwan- 
kungen sind gering und dürften tagsüber 3— 4 0 C nicht überschreiten. 
Auf Yap bewegte sich die Temperatur innerhalb einer siebenmonatlichen 
Beobachtungszeit zwischen 25 und 31 0 C, auf Ponape wurden als höchster 
Wärmegrad 31,7° C, als niedrigster 21 0 C, als Jahresmittel während 
eines dreijährigen Zeitraumes 28,3° C. beobachtet. Doch dürfte diese 
von Gulick herrührende Angabe etwas zu hoch gegriffen und die mitt- 
lere Jahreswärme des gesamten Archipels wie diejenige der Marshall- 
Inseln auf 26— 27 0 C zu veranschlagen sein. Auch die Wasserwärme 
ist sehr gleichmässig und geht nicht unter 20° C. herab, da sonst die 
Korallen nicht gedeihen könnten. Die Luftfeuchtigkeit mildert zwar die 
Hitze, macht aber die Wärme drückend fühlbar und wirkt erschlaffend, 
weil die Hautausdünstung in der mit Wasserdampf übersättigten, feucht- 
warmen Treibhausluft der Tropen geringer ist und weil es wegen der 
Gletchmässigkeit des Temperaturganges, der die einzelnen Jahreszeiten 
kaum voneinander unterscheiden lässt, an der Erfrischung des Körpers 



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— 41 — 



durch Abkühlung fehlt. Zum Glück weht den grösseren Teil des Jahres 
hindurch, namentlich zur Trockenzeit, ein frischer Nordostpassat. Er 
bringt klare Luft, und ihm verdankt der Archipel vornehmlich seine für 
ein Tropengebiet überraschend günstigen Gesundheitsverhältnisse, indem er 
die Malariakeime vertreibt und die schädlichen Ausdünstungen von Sumpf 
und Urwald wegfegt. Das Klima sämtlicher Inseln scheint den Europäern 
zuträglich zu sein, und gefürchtete Tropenkrankheiten wie Malaria, Dysen- 
terie und Beriberi sind unbekannt. Nur im Sommer (Juli bis Oktober), 
wo mit der Verschiebung des Passatgürtels nach Norden die Karolinen 
und Marianen in den Bereich wechselnder Winde (meist aus Südwest) 
und häufiger Windstillen eintreten, ist das Klima für Europäer wie für 
Eingeborene eine unangenehme Plage. In glühender Mittagshitze kann 
dann der dunkelfarbige Schlamm zwischen den Mangroven fast kochend- 
heiss werden, während ein darauffolgender Platzregen um so erquickender 
wirkt. Die Eingeborenen wollen von ihm allerdings nichts wissen. 
Gegen unmittelbare Berührung mit dem kühlen Regen tauchen sie den 
Körper bis zum Hals in das laue Meer, und auch bei ihren Feldern er- 
richten sie Schutzhütten gegen plötzlich hereinbrechende Niederschläge. 

Die Zeit der veränderlichen Winde ist zugleich die Regenzeit. Die 
Niederschläge fallen hauptsächlich in der zweiten Hälfte des Jahres 
(Juni bis Oktober) und sind sehr stark. 1 ) Wenn aber auch der feuchteren, 
niederschlagsreicheren Jahreshälfte eine vom Dezember bis Mai dauernde 
trockenere Zeit deutlich gegenübertritt und längere Trockenperioden 
unter Umständen nicht ausgeschlossen sind, so ist doch im allgemeinen 
kein Monat ohne Regen. Lange anhaltende Landregen sind allerdings 
eine Ausnahme. Die Regengüsse haben vielmehr einen böigen Charakter, 
indem schnell herbeieilende Wolken unter starken Windstössen sich 
plötzlich entladen, worauf wieder heiterster Sonnenschein folgt. 

Gegen den Anfang des wieder einsetzenden Nordostpassates, seltener 
gegen seinen Ausgang stellen sich mit- besonderer Vorliebe die für diesen 



') Beobachtungsstation 


Jahr 


j.'ihrl. Regen* 
hfthe in mm 


regenreich- 
ater Monat 


dessen Regon - 
hohe In mm 


Jährliche 
Regentage 


Malakal (Palau) .... 


1901/2 


3<>34,o 


Juli 


75 6 .4 


209 


Lamotrek (West-Karolinen) 


1900/01 


2852,8 


Dezember 




1-1 




1900 


2782,2 


Oktober 


338,o 


213 




1901 


3513.7 


Oktober 


640,0 


-»57 



Auf Ponape schobt die jährliche Regenmenge mit mehr als 4000 mm Regenhöhe 



ani grftssten zn sein. 



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— 42 



Teil der Südsee so verheerend wirkenden Taifune ein. Mit jenen furcht- 
baren Südweststürmen, die unter Umständen ganze Wälder entwurzeln, 
die Stämme abdrehen und die Früchte abreissen und statt einer grünen 
Insel ein kahles Korallenriff übrig lassen, ist sehr zu rechnen, wenn 
man den Nutzwert der auf den Karolinen und Marianen anzulegenden 
Pflanzungen in Betracht zieht. Zwar setzen die Taifune mitunter fünf 
Jahre und länger aus. Dann aber kann es geschehen, dass sie in jähr- 
lichen oder noch kürzeren Zwischenräumen drei bis viermal hintereinander 
wehen und so ein schweres Hemmnis für den Plantagenbetrieb bilden. 

Gewitter und elektrische Entladungen sind selten und nicht be- 
sonders heftig. Auf Lamotrek wurden 1901 18 Gewitter beobachtet. 

Da die abgelegenen Inseln infolge ihrer Entstehungsgeschichte nie 
mit dem Festland zusammenhingen und als junge Bildungen keine 
ihnen eigentümliche Flora mit endemischen Formen zu entwickeln ver- 
mochten, so besteht ihre Pflanzendecke lediglich aus zugewanderten 
Arten, die sie durch Winde, Strömungen und Vogelflug oder durch Zu- 
thun des Menschen von älteren Landmassen her erhielten. Die Ein- 
wanderung erfolgte in Übereinstimmung mit den im Sommer vorherr- 
schenden Südwestwinden und der durch sie bedingten äquatorialen Gegen- 
strömung von West nach Ost und erklärt es, dass die Pflanzenwelt der 
Karolinen einen überwiegend indomalayischen Charakter zeigt und sich 
besonders eng an die Flora der Philippinen anschliesst. Dabei wird sie 
nach Westen, nach dem Ursprungsgebiet der eingewanderten Gewächse 
hin immer reicher und erhält in zunehmendem Masse ein asiatisches 
Gepräge. Auf den westlichen Inseln z. B. ist die echt indomalayische 
Gattung der Sagopalme zu Hause, die den östlichen Karolinen völlig 
fehlt. Eine solche, ausnahmslos aus eingewanderten oder eingeführten 
Arten zusammengesetzte Flora muss naturnotwendig ärmlich und ein- 
tönig sein, und die durch Forsters überschwengliche Schilderungen her- 
vorgerufene Anschauung, dass die Südseeinseln ein irdisches Paradies 
seien, ist immer mehr als stark übertrieben oder als irrig erkannt worden. 
Gleichwohl können die Karolinen gegenüber den landfernen Korallen- 
inseln des östlichen Pacifik immer noch als reich gelten, und ihre we- 
nigen Arten, hauptsächlich Kokospalmen und Brotfruchtbäume, sind so 
formenschön und malerisch in immer neuem Wechsel gruppiert, dass 
man fast überall einem üppigen Pflanzenschmuck begegnet. 

Kaum ist auf einem Korallenriff ein Inselchen aufgeschüttet, so 
überzieht es sich mit Vegetation. Besonders einige strauchartige Ge- 
wächse, deren rascher Aufwuchs die schleunige Bildung von Dammerde 



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— 43 — 



fördert, leiten die Pflanzenansiedelung ein, die menschlicher Niederlassung 
die Wege ebnet, allen voran eine Scaevola mit grossen, hellen, saftigen 
Blättern. In dem durch sie und eine Reihe überall gleichartig wieder- 
kehrender Gewächse vorbereiteten Boden erheben sich schon nach we- 
nigen Jahren Sträucher und Bäume zum beginnenden Wald, der nach 
der offenen See zu regelmässig von den schlanken Stämmen der ge- 
sellig wachsenden Kokospalme umsäumt wird, so dass das landschaft- 
liche Bild der Koralleninseln, vom Meer aus gesehen, fast stets das 
gleiche ist. Die Kokospalme ist bekanntlich der eigentliche Charakter- 
baum des Stillen Ozeans und macht neben Strauchwerk nicht selten den 
einzigen Baumwuchs der Atolle au9, weil die Kokosnuss durch den 
Schutz ihrer doppelten Schale vorzugsweise zu langem Umherschwimmen 
im Salzwasser eingerichtet ist. 

Viel abwechselungsvoller und interessanter als die Flora der nied- 
rigen Koralleneilande ist diejenige der vulkanischen Inseln, die sich, 
überall deutlich erkennbar, in die drei Formationen der Mangrove, des 
Kulturlandes und des bergigen Binnenlandes gliedert. Auch hier sind 
es freilich immer nur wenige hundert Arten von Gewächsen, aus denen 
sich in stets neuen Gruppierungen die reichere Pflanzenwelt der Hoch- 
inseln zusammenfügt. 

Wo ein vorgelagertes Riff die Brandung abhält, nistet sich auf dem 
bei Ebbe meerfrei werdenden Strand der Mangrovewald ein, der düster 
und unschön ist und dessen Stille bloss vom Girren der Tauben unter- 
brochen wird. Er besteht hauptsächlich aus der mehr buschartigen Rhizo- 
phora und der baumartigen, durch eine dichte Blattfülle ausgezeichneten 
Sonneratia. Die Stämme ruhen auf hohen Stelzwurzeln, die sich zur Flut- 
zeit unter Wasser befinden, zur Ebbezeit aber freistehen. Zu ihnen gesellen 
sich eigentümliche Atmungswurzeln, die, senkrecht emporstrebend, auch 
bei Hochwasser den Meeresspiegel überragen und den unterirdischen 
Teilen unmittelbar aus der Luft Sauerstoff zuführen. Von den Bäumen 
hängen ebenfalls lange Luftwurzeln herab, und endlich entsenden die von 
Schlinggewächsen übersponnenen Äste selbst lange Zweige nach unten, 
die gleich den Luftwurzeln im Schlamm Fuss fassen und neue Triebe 
zum Wachstum bringen. So bildet die Mangroveformation ein schwer 
durchdringbares Gewirr, das zahllose Insekten birgt und zwischen seinen 
dicht gedrängten Waldinseln ein Netz natürlicher Kanäle für den Boot- 
verkehr freilässt. 

Stellenweise wird der Mangrovegürtel , der die Küsten aller Hoch- 
inseln umgiebt und wertvolles Nutzholz liefert, durch eine Sandstrand- 



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— 44 



flora ersetzt. Ihr hervorragendster Bestandteil ist die Kokospalme, während 
unter den kleineren Gewächsen die am Boden hinkriechende und fast 
allen Tropenküsten der alten Welt gemeinsame Ipomoea pes caprae 
einen dichten Teppich erzeugt. Auch eine prächtige weisse Lilie und 
einige niedrige, lianendurchflochtene Bäume sind am Sandstrand heimisch, 
darunter eine schöne Borraginee, deren grüner Wall zuweilen jeden 
Durchblick hindert, und der Hibiscus tiliaceus, ein Baum aus der Familie 
der Malvaceen, der sich etwa zwei Monate hindurch vom Morgen bis 
zum Mittag mit schwefelgelben Blüten bedeckt, die allmählich dunkler 
werden und gegen 1 ,'o3 Uhr abfallen. Sonst bietet der Strand nichts 
bemerkenswertes. 

Hinter dem Mangrovesaum oder dem Küstenbusch folgt auf dem 
trockener werdenden Boden die angebaute und bewohnte Kulturland- 
schaft der Küste. Sie erscheint als ein vielgestaltiges, inniges Gemisch 
von Natur und Kunst, indem die Eingeborenen den Wald stark gelichtet 
und die offenen Stellen mit den verschiedensten Kulturgewächsen be- 
pflanzt haben, so dass das Ganze im Verein mit nutzlosen Bäumen, 
Sträuchern und Kräutern den Eindruck eines verwilderten Parkes macht, 
der wiederum durch die Kokospalme sein Gepräge erhält. 

An den schmalen Kulturstreifen schliesst sich der fast undurch- 
dringliche Urwald an. Als echter, von Schmarotzerpflanzen erfüllter 
tropischer Regenwald überkleidet er das Gebirge und zeigt unter der Ein- 
wirkung der reichlichen Niederschläge wie des fruchtbaren vulkanischen 
Verwitterungsbodens eine strotzende Entwickelung, die sich allerdings 
mit der unendlichen Pflanzenfülle des amerikanischen oder indischen 
Tropenwaldes in keiner Weise messen kann. Statt der seltener wer- 
denden Kokospalme stellen sich zierliche Arekapalmen und breitschir- 
mige Baumfarne ein, die unter allen Pflanzen die meisten Vertreter auf 
der Inselflur haben und durch ihr Vorherrschen den Charakter des ka- 
rolinischen Urwaldes nicht zum wenigsten bedingen. Zu ihnen kommen 
die Sagopalme (auf den westlichen Inseln) und einige in der Südsee 
sonst bloss noch auf der Fidschigruppe wiederkehrende Koniferenarten. 
Ebenso sind mehrere zur Verarbeitung geeignete Nutzhölzer vorhanden, 
vor allem die Stein- oder Elfenbeinnuss, die für die Knopfindustrie wert- 
voll ist. Im Dickicht gedeiht ferner die Banianenfeige mit ihrem riesigen, 
auf Luftwurzeln ruhenden Blätterdach, dazu ein majestätischer Muskat- 
nussbaum namens Nun, die Barringtonia mit zierlichen, lebhaft gelbgrünen 
Blatterbüscheln und prächtigen weissen Blüten mit langen, roten Staub- 
fäden und endlich der Lo, eine Hibiscusart mit wagerecht wachsendem 



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I 

- 45 — 

Stamm und rechtwinklig ausstrahlenden langen Zweigen. Den unteren 
Rand des palmenüberragten Bergwaldes schmückt die Rhexia, ein auch 
auf Hawaii häufiges Gesträuch mit dicht stehenden, kleinen, grellroten 
Blüten. Eine verhängnisvolle Zierde des Urwaldes sind zahllose Lianen 
und andere schlingende, windende oder würgende Schmarotzerpflanzen, 
die Baum mit Baum durch ein engmaschiges Netzwerk fest verknüpfen. 
Das Tierleben des feuchten dunklen Waldes ist spärlich. Nur zuweilen 
huscht eine flinke Eidechse über das Gestein, und zwischen den Stämmen 
flattert geisterhaft leise der fliegende Hund. Singvögel lassen sich selten 
hören; um so häufiger ertönt der Lockruf der als Jagdbeute geschätzten 
Fruchttaube. 

Im innersten Bergland zieht sich der Wald nur vereinzelt bis zu 
oen Liipiem ninaui. .sonst macnt er einer eintönigen sa\anne mit olt 
mannshohem Gras und gelegentlich eingestreuten lichten Beständen von 
Schraubenbäumen (Pandanus) und Kasuarinen Platz, weil das rasch ab- 
laufende Wasser den lockeren Humusboden beständig abspült. Nament- 
lich das Innere Yaps, etwa drei Viertel der ganzen Insel, wird ganz von 
solchen steoDcnartiL'cn Grasflächen eingenommen. 

^ — mm: mm mr m 1 *** p— ' m — * * — • ™ ■ m* * mmr • — ■— • * m^ — ^ mmi mpmmi mmmm-m V^. — — • ^— mmmmmm ^* mm • 

An den Nährgewächsen des Paciftschen Gebietes herrscht auf den 
Karolinen kein Mangel. Wohlschmeckende Früchte liefern mehrere 
zuckerhaltige Pandang- oder Pandanusarten mit schmalen, schilfartigen 
Blättern und runden, goldgelben Fruchtknollen. Die genügsamen Bäume 
ruhen auf Luftwurzeln wie auf Stelzen, nehmen mit dem schlechtesten 
Boden vorlieb, und ihre dicht fallenden, dunkelgrünen Blätter, die auch 
zur Bedachung der Häuser sowie zur Matten- und Segelverfertigung 
dienen, tragen wesentlich zur Erhöhung und Verbesserung der Humus- 
schicht bei. Merkwürdigerweise verlieren die ausgesaugten Früchte ihre 
Keimkraft nicht, so dass man an Stellen, wo sie häufig verzehrt wurden, 
dichte Gruppen junger Pandangs aufschiessen sieht. Der vielästige 
Brotfruchtbaum, der ebenfalls in mehreren Arten angetroffen wird und 
mit der Fülle seiner handförmigen Blätter unserer Eiche ähnelt, ist aus 
seiner südostasiatischen Heimat vielleicht erst durch den Menschen 
hierher gebracht worden. Drei Viertel des Jahres spendet er seine 
kopfgrossen, fleischigen, mehlhaltigen Früchte in solcher Menge, dass 
10 Bäume zur Ernährung einer Familie ausreichen. Das Zuckerrohr 
wird feldmässig angebaut, weü sein süsses Mark eine Lieblingskost 
der Eingeborenen bildet. Ähnlich verhält es sich mit der in vielen 
Spielarten vorkommenden Banane und den Caladium- Arten. Von letz- 
teren pflanzt man hauptsächlich den Taro (Caladium esculentum) an, 



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der, leicht kenntlich an seinen dunkelgrünen, auf mannshohen Stielen 
sitzenden Pfeilblättern, zusammen mit der an hohen Stangen sich empor- 
rankenden Yamswurzel und dem Maniok eine Art Mehl liefert und den 
gänzlich unbekannten Getreidebau überflüssig macht. Eine nicht un- 
wichtige Kulturpflanze ist auch eine Aracee namens Lack mit 4 m 
langen Riesenblättern. Zu nennen sind endlich Mangos, Orangen, Me- 
lonenbäume (Papaya) und die auch in ausserordentlich grosser Zahl ver- 
wildert vorkommende Ananas, dazu eine Reihe von Zierpflanzen, weil die 
Eingeborenen Blumen sehr lieben und die Wege mit schön blühenden 
Hecken einfassen. Auf Yap und Palau war schon vor Ankunft der 
Europäer der Tabaksbau bekannt. 

An Tieren ist das umgebende Meer überreich. Bei Niederwasser 
entfaltet sich innerhalb des Riffs und im Mangrovegürtel ein reges Tier- 
leben, das dem Vergnügen und noch mehr in gegenseitigem Vernich- 
tungskrieg dem Kampf ums Dasein nachgeht. Die See selbst wimmelt 
von zahllosen, häufig wunderbar bunt gefärbten und eigentümlich ge- 
stalteten Fischen aller Grössen und Klassen, darunter grossen Haien 
und Rochen, deren Fang nichts weniger als leicht und ungefährlich ist 
Seeigel und Seesterne haften am Meeresgrund, und träge ruhen in ihrer 
Gesellschaft bis meterlange Seegurken oder Trepangs, eine Holothurien- 
art, die eine kostbare Ware für den chinesischen Markt darstellt. Da 
aber viele Trepangfelder stark erschöpft oder fast abgefischt sind, so 
ist ein Verbot weiteren Fanges erlassen worden. Die Zahl der See- 
schnecken und Muscheln ist Legion. Unter ihnen ist für die Insulaner 
neben der Perlmuschel besonders die Riesenmuschel von Belang, aus 
deren Schalen mancherlei Geräte verfertigt werden. Einige giftige See- 
schlangen sind vorhanden. Schildkröten dagegen sind selten, weshalb 
ihr Fleisch meist nur den Häuptlingen zusteht. Bloss noch ganz ver- 
einzelt erscheint infolge der unausgesetzten Verfolgungen der Dugong, 
ein Seesäugetier, aus dessen Atlaswirbel die Palauer das hochgeschätzte 
Kliltarmband gewinnen. 

Um so ärmer an Arten und zwar weit ärmer als die Flora ist die 
Landfauna des räumlich beschränkten Inselgebietes. Sie weist mit ihren 
Hauptvertretern ebenfalls auf indo-malayischen Ursprung hin. Die erst 
zur Tertiär- und Ouartärzeit entstandenen landfernen Inseln entbehren 
wildlebender Säugetiere gänzlich und haben ihre vierfüssigen Bewohner 
erst durch die an treibende Pflanzenmassen sich anklammernden Fleder- 
mäuse oder als blinde Passagiere wie die durch den Schiffsverkehr ein- 
geführten Ratten und Mäuse oder wie die Haustiere absichtlich von 



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I 



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den fremden Seefahrern erhalten. Die sehr dreisten Ratten sind zu 
unangenehmen Hausmitbewohnern geworden und schädigen oft die 
Kokosprtanzungen, indem sie an den leicht geneigten Stämmen empor- 
klettern und die Früchte herabholen. Deshalb bringt man, wie Kittlitz 
von Kusaie berichtet, in der Mitte des Stammes ein Gitter an, um die 
ungebetenen Gäste fern zu halten. Am charakteristischsten ist der in 
mehreren Arten weit über die Südsee verbreitete Fliegende Hund 
(Pteropus), der als Leckerbissen gilt, aber unter den Brotfruchtbäumen 
ebenfalls grossen Schaden anrichtet. Diese im Fluge bis zu I m span- 
nende schwarzbraune Fledermaus, neben der noch ein anderes Fieder- 
tier (Emballonura) beobachtet wird, fliegt zur kühleren Tageszeit ge- 
räuschlos herum. In den heissesten Stunden dagegen krallt sie sich, 
den Kopf nach unten, an Baumäste fest, wo man die Tiere im Schatten 
zu Dutzenden wie Schinken in der Räucherkammer hängen sehen kann. 
Eine unschöne kleine Hundeart, die gleich dem Papuahund nicht bellen, 
sondern bloss heulen kann, wird um des Fleisches willen, daneben auch 
als Schosshund für die Damen auf Ponape gezüchtet und mit Brotteig 
förmlich genudelt wie bei uns die Gänse. Bei Festen werden Hunderte 
dieser Hunde gebraten und verspeist. Schweine besass man ursprüng- 
lich nicht; sie fanden erst spät als Haustiere und Festspeise Eingang 
und waren bei Lütkes und Kittlitzs Anwesenheit auf Kusaie so 
selten, dass sie den Reisenden als etwas ganz besonderes vorgeführt 
wurden, die darauf zur Vermehrung der Aufzucht ein Mutterschwein 
zurückliessen. Auf der Insel hat sich auch das von der Amerikanischen 
Mission eingebürgerte Rind gut akklimatisiert, während es auf Palau 
verwilderte. Damit ist der gesamte spärliche Bestand an Säugetieren 
erschöpft. 

Zahlreicher sind wegen ihrer grösseren Bewegungsfähigkeit die 
Landvögel, die mit 80 der indo-malayischen Vogelwelt angehörigen 
Arten, darunter nicht weniger als 56 auf Palau, die artenreichste Wirbel- 
tierklasse des Inselgebietes sind, jedoch nur wenige eigentümliche Formen 
aufweisen. So findet sich bloss auf Ponape ein Scharrhuhn und eine 
Eulenart, ausschliesslich auf Palau ein Grossfusshuhn, nur auf Ruk und 
Ponape eine Erdtaube. Den westlichen Karolinen ist ein schwarzer 
Glanzstaar, den centralen Karolinen ein unserer Drossel ähnelnder Sing- 
vogel (Calamoherpe syrinx) eigen. Über den ganzen Archipel dagegen 
ist eine grosse, wohlschmeckende Fruchttaube und unser Huhn ver- 
breitet, das wohl nicht erst als verwilderter, sondern von Haus aus als 
wilder, echter Waldvogel die Inselflur bewohnt und nur im Dickicht 



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lebt. Die Eingeborenen erfuhren erst durch die Europäer, dass Hühner- 
fleisch essbar sei, nachdem sie dem Vogel vorher lediglich um seiner 
Federn willen nachgestellt hatten. Ferner giebt es malayische Schwalben, 
welche die bekannten essbaren Vogelnester liefern, und als Strandvögel 
Würger, Fliegenfänger, Eisvögel und prächtig gefärbte Honigsauger. 
Unser Kuckuck und eine neuseeländische Art sind bei ihren Wander- 
zügen auf den Palaus nachgewiesen, wie überhaupt viele nordische Zug- 
vögel, die Kitt litz auf Kamtschatka gesehen hatte, trotz der ungeheuren 
trennenden Meeresflächc bis zu den Karolinen fliegen, um dort den 
Winter zu verbringen. 

Eine Froschart und drei Landschlangen giebt es bloss auf Palau, 
bis wohin sich zuweilen auch das indische Leistenkrokodil verirrt. 
Häufig sind Eidechsen, unter denen ein über I m lang werdender 
Leguan und auf Yap eine grosse Warneidechse bemerkenswert sind 
Gleich den meisten Südseeinseln' sind die Karolinen sehr spärlich mit 
Insekten ausgestattet, selbst die in den Tropen so mannigfache Käfer- 
welt tritt ganz zurück. Dasselbe gilt von den Schmetterlingen. Bloss 
Zikaden lassen ihr Gezirp ertönen, die Hausfliege ist häufig, und Mos- 
kitos peinigen zur Regenzeit. Am lästigsten fallen einige Ameisenarten, 
die alles Essbare angreifen und selbst das härteste Holz rasch zerstören. 
Öfters trifft man im Busch auch Krebse. Es sind Beutelkrebse (Birgus 
ladro) und Einsiedlerkrebse (Pagurus), die ihren weichen Hinterleib in 
ein leeres Schneckenhaus wie in einen schützenden Panzer bergen und 
mit ihm bis in die höchsten Baumwipfel klimmen. 

Der Archipel wird gleich den benachbarten Marshall-Inseln von 
Mikronesiern bewohnt, d. h., da es eine besondere mikroncsische Rasse 
nicht giebt, von einer etwas ins Papuanische überspielenden, nur gering 
veränderten Abart der aus den Malayen hervorgegangenen Polynesien 
Dass neben Zuzügen aus Westen auch solche aus Osten erfolgten, dafür 
spricht die auf Nukuor ansässige samoanische Kolonie und die Thatsache, 
dass neun Zehntel der angetriebenen Gegenstände aus Osten stammen. 
Volkens hält sogar eine Einwanderung aus Amerika nicht für unmög- 
lich, weil zwischen den Malayen und den Eingeborenen Yaps auffallende 
körperliche Unterschiede bestehen und weil die eigentümliche Sprache der 
Palauer mit ihren Auslauten unwillkürlich an die Indianersprachen Mittel- 
amerikas erinnert. In der neuen Heimat gingen die Polynesier gewisse 
Kreuzungen mit Papuastämmen ein und erfuhren noch von anderer Seite 
her Beimischungen. Darum findet man auf der Inselflur als das Ergebnis 
von Schiffbrüchen, freiwilligen und unfreiwilligen Wanderungen den 



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malayischen, melanesischen , polynesischen und japanischen Typus oder 
Angehörige der schwarzen, braunen und gelben Rasse in wechselnden 
Zusammenstellungen nebeneinander. Dazu gesellen sich auf Ponape, 
Ruk und einigen Eilanden der mittleren Karolinen Niederlassungen 
räuberischer Orang Laut, eines Stammes, dessen bekannteste Vertreter 
die Seeräuber des Sulu-Archipels und die kopfjagenden Dajaken sind. 
Auch unter den Palauern und den Mischbewohnern der Rukgruppe 
scheinen nicht unerhebliche Mischungen mit Melanesiern stattgefunden 
zu haben. Doch sind die 200 Bewohner des kleinen Nukuor- Atolls 
reine Polynesier und zwar Samoaner. Oberhaupt waltet das malayisch- 
polynesische Element so entschieden vor, dass sich trotz der Aufnahme 
fremden Blutes eine Mischrasse im eigentlichen Sinne, wie Christian an- 
nehmen möchte, nicht herausgebildet hat. Im einzelnen weichen natür- 
lich, je nach dem Masse der Vermischung, die Bewohner der verschie- 
denen Inselgruppen in Sprache, Körperbau, Sitte und Brauch nicht un- 
erheblich voneinander ab, so dass eine allgemein gültige ethnographische 
Schilderung für das ganze Inselgebiet trotz weit verbreiteter Überein- 
stimmungen nicht möglich ist. 

Die grosse polynesische Spracheinheit fehlt, und man trifft statt 
ihrer die papuanische Sprachenvielheit. Denn die Palauer reden ihre 
eigene Sprache, und auf den Karolinen zählt man ohne Mundarten 
mindestens 6 — 8 verschiedene Sprachen, unter denen sich als überall 
verstandene Handelssprache, gleichsam als lingua franca der Karolinen, 
der Dialekt der handelseifrigen Mortlock-Insulaner allgemeine Geltung 
verschafft hat. 

Wie alle Mikronesier sind die Karolinier von der Natur körperlich 
ausserordentlich begünstigt. Sie sind von mittlerem, wohlgestaltetem 
Wuchs, ebenmässig, kräftig und gelenkig, jedoch nicht herkulisch ge- 
baut. Die Hautfarbe ist braun mit verschiedenen helleren und dunkleren 
Schattierungen, wird indes durch Einreiben mit Curcumawurzel und 
Kokosöl beeinträchtigt, die der Haut eine gelbe Tönung geben. Das 
wohlgeformte, unserem Geschmack allerdings nicht als schön zusagende 
Gesicht wird durch hervortretende Backenknochen, die platte, breite 
Nase und die aufgeworfenen Lippen verunziert und hat einen etwas 
groben, nicht besonders durchgeistigten Ausdruck. Die Frauen stehen 
an Körpergrösse auffallend hinter den Männern zurück. In der Jugend 
nicht unschön, altern sie früh und werden dann sehr hässlich. Die 
lebhaften Augen und das Haar sind bei beiden Geschlechtern stets 
dunkel. Das schwarze, in einen Knoten zusammengefasste und mit 

Deutschland* Kolonien. 4 



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einem dreizackigen, weitzinkigen Kamm verzierte Haar ist meist schlicht 
oder schwach gelockt. Mehrfach zeigt es auch eine an Papuaart er- 
innernde Kräuselung, und ebenso bildet der keineswegs seltene, wenn- 
gleich spärliche oder durch Auszupfen ganz beseitigte Bartwuchs des 
Mannes einen papuanischen Zug. Besonders Palau und Ruk sind reich 
an dunkelfarbigen Leuten mit ausgeprägtem Papuatypus, stark ge- 
krümmter jüdischer Nase, dichtem Bart und üppigem Kraushaar. Doch 
dürfte das wollartig gekräuselte Haar vieler Eingeborener nicht zum 
wenigsten auch von der intimen Berührung der weiblichen Bevölkerung 
mit der schwarzen Mannschaft der zahlreichen Walfischfänger herrühren, 
die jährlich die Inseln aufsuchen und wochenlang dort verweilen, um 
sich mit Nahrung zu versorgen oder Ausbesserungen vorzunehmen. 

Die Charaktereigenschaften der Karolinier haben eine sehr verschie- 
dene Beurteilung erfahren. Die Eingeborenen machen im allgemeinen 
den Eindruck einer stolzen, sympathischen Bevölkerung, die durch Güte 
und Gerechtigkeit leicht zu lenken sein wird, während sie die spanische 
Gewaltherrschaft zu tapferem Widerstand aufreizte. Im Gegensatz zu den 
fremdenfeindlichen Papuas, deren verschlossenes, grausames, heimtückisches 
und dabei feiges Wesen die Verwaltung und wirtschaftliche Erschliessung 
der Melanesischen Inselflur aufs äusserste erschwert, kamen die Karo- 
linier wie alle Polynesier den Fremden freundlich und verständnisvoll 
entgegen. Vom schlimmsten Papualaster, der Menschenfresserei, scheinen 
sie frei geblieben zu sein, und ältere Reisende sind des Lobes voll über 
die Sanftmut, Friedfertigkeit, Gutmütigkeit und Zutraulichkeit des be- 
scheidenen, gastfreien Volkes. Leider hat der Verkehr mit den oft recht 
minderwertigen europäisch -amerikanischen Elementen und die schlechte 
Behandlung seitens der Spanier den Charakter der Eingeborenen höchst 
ungünstig beeinflusst , und das schlechte Vorbild der Weissen l ) trägt 
vielmehr als die melanesischc Rassenmischung die Schuld daran, dass 
man die einst über Gebühr gepriesenen Insulaner später als die mise- 
rabelsten aller Kreaturen bezeichnet hat, die unaufrichtig, geizig, lüg- 
nerisch, diebisch, unfreundlich und in schlau berechnender Gewinn- 
sucht nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht seien. Das ganze Denken 
und Handeln der Eingeborenen, vor deren seeräuberischen Gelüsten 
man wiederholt warnte, gehe darauf hinaus, möglichst viel zu nehmen 
und möglichst wenig zu geben. Sicherlich ist diese Betonung der schlech- 

') In den 50er Jahren des 19 Jahrhunderts wurden sämtliche Miiuncr der Xgatik- 
gruppe von Walfischlllngern und Eingeborenen aus Ponapc ermordet, um die dort auf- 
gespeicherten Schildpattschitie zu erbeuten. 



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ten Eigenschaften übertrieben, und unter der geordneten deutschen 
Verwaltung sind bereits mannigfache Wandlungen zum Bessern einge- 
treten. Namentlich die Yaper haben sich als höchst willig und bildungs- 
fähig erwiesen, und für die ziemlich hohe Entwickelung der geistigen 
Fähigkeiten spricht unter anderm die Thatsache, dass die 30 Yapleutc, 
die sich in die Polizeitruppe einreihen Hessen, schon nach dreimonat- 
licher Ausbildung es im Exerzieren und Schiessen mit jedem deutschen 
Soldaten aufnehmen konnten. Der Versuch, Palau-Insulaner zum Polizei- 
dienst zu verwenden, hat ebenfalls ein unerwartet gutes Ergebnis 
gehabt. 

Sittenschatz und soziales Leben zeigen gleichfalls mancherlei Be- 
rührungen papuanischer und polynesischer Eigentümlichkeiten. 

Polynesisch, aber in starkem Verfall begriffen ist die schroffe, zum 
Teil sehr verwickelte Ständegliederung und patriarchalische Verfassung, 
die einer geordneten Verwaltung eine willkommene Handhabe bietet. 
Man unterscheidet zwei grosse Klassen, die der Häuptlinge und Adeligen 
und diejenige der Untergebenen oder Gemeinen. Dazu kommen auf 
Yap noch Unfreie oder Sklaven, die fast den vierten Teil der Insel- 
bewohner ausmachen und in besonderen Dörfern wohnen. Die Gemeinen 
besitzen in der Regel kein Grundeigentum. Sie müssen die Vornehmen 
mit Nahrungsmitteln versorgen, ihre Felder bebauen und andere Arbeiten 
verrichten . und dürfen weder Haarkamm, noch Muschel- oder Schildpatt- 
schmuck tragen, so dass die Rangunterschiede schon äusserlich erkennbar 
werden. Der Freie darf eine Sklavin, ein Sklave aber nie eine Freie 
heiraten. Doch sind wegen des stark ausgeprägten Kastengeistes Ver- 
bindungen zwischen den beiden Ständen äusserst selten und finden 
meist bloss innerhalb der einzelnen Klassen statt. Die Kinder von 
Sklaven sind wieder Sklaven. 

Die Häuptlinge sind denselben Gesetzen unterworfen wie das ge- 
wöhnliche Volk. Ihre Macht beruht vor allem auf ihrem persönlichen 
Einfluss , und ihr Vorbild entscheidet, ob ihre Untergebenen gut oder 
schlecht sind. Es giebt 12 Rangklassen von Häuptlingen mit verschie- 
denen Würden, die alle mit grosser Unterwürfigkeit behandelt werden. 
Dem König darf man sich nur in gebückter Haltung nähern und leise 
mit ihm sprechen. Die Etiquette verlangt sogar, dass dem Handkorb 
des Königs die gleiche Verehrung wie ihm selbst gezollt wird. Der 
König geht aus der Zahl der grösseren Häuptlinge hervor und hat 
eine Art Minister oder Nebenregenten zur Seite, während die Bezirke 
von den Bezirkshäuptlingen, die Ortschaften von den Dorfhäuptlingen 

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verwaltet werden. Sie alle muss der König bei wichtigen Angelegen- 
heiten um Rat fragen. 

Zum Adel gehören auch die Priester, die wiederum in zwei Klassen 
zerfallen. Die Hauptrolle spielen die Oberpriester , weil sie in ihrer 
Person die Eigenschaften eines Arztes, Regenmachers, Zauberers, Wahr- 
sagers und Traumdeuters vereinigen. Sie verstehen sich auf die Kenntnis 
giftiger und heilsamer Kräuter, und ihnen liegt die Ausübung des reli- 
giösen Kultes, die Leitung der Feste und die Beseitigung von Hungers- 
nöten, Dürren und anderen Notständen ob. Neben den Priestern ver- 
mitteln auch die Häuptlinge den Verkehr mit den gefürchteten Geistern, 
um so mehr als sie selbst die meiste Anwartschaft haben, nach ihrem 
Tode als Geister verehrt oder gefürchtet zu werden. 

Echt polynesisch ist ferner die Sitte der Kawabereitung und der 
Tabuverbote, die sich vornehmlich auf die Fischerei und die zeitweise 
Benutzung der Baumfrüchte beziehen, so dass dem religiösen Brauch ein 
praktischer Beweggrund, die Schonung der Nahrungsmittel, zu gründe 
liegt. Echt papuanisch ist dagegen die politische Zersplitterung und 
Kleinstaaterei, die selbst der uralte Schiffsverkehr zwischen den Inseln 
nicht zu beseitigen vermochte. Auf der central gelegenen Rukgruppe 
hat der besonders lebhafte Warenaustausch Vertreter sämtlicher Stämme 
der mittleren Karolinen zusammengeführt, die sich aber gegenseitig fremd 
d. h. feindlich gegenüberstehen und, in zahlreiche kleine Gemeinschaften 
aufgelöst, entweder in offenem Krieg oder in unsicherem Frieden mit- 
einander leben. In den übrigen Teilen des Archipels giebt es ebenfalls 
Kleinstaaten in grosser Menge, zwischen denen Reibungen und Zu- 
sammenstösse leicht und häufig sind. Fast jede Insel oder jedes Dorf 
ist für sich ein politisches Gebilde, von denen auf den grösseren Inseln 
so viele vorhanden sind, dass Yap in 58, nach anderen sogar in 80 unab- 
hängige Bezirke mit eben sovielen Häuptlingen zerfällt, von denen jedoch 
einige im Bundesverhältnis miteinander stehn. Palau gliedert sich in 
18 selbständige Inselreiche, deren Macht wechselte, bis Korror mit Hilfe 
schiffbrüchiger Engländer, die Feuerwaffen und Mannschaften stellten, 
sich im 18. Jahrhundert mehrere Nachbarstaaten unterwarf und seine 
Oberhoheit nach und nach über ganz Palau ausdehnte. Eigentümlich 
sind jenem Archipel noch die Klubs, die Kaldebekel oder Klöbbergölls, 
in die sich das regierte Volk teilt. Jeder Klub besitzt einen dem Häupt- 
ling verantwortlichen Führer und ein eigenes Klubhaus oder Baj, das 
den Mitgliedern als Schlafraum dient. Die Mitglieder dieser Klubs, in 
welche schon die Knaben eintreten müssen, haben bei schwerer Strafe 



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gemeinsame öffentliche Arbeiten zu verrichten und erlangen gleich den 
ähnlich organisierten Bruderschaften auf Ponape unter Umständen einen 
solchen politischen Einfluss, dass sie auf eigene Faust Krieg führen 
und dass selbst mächtige Häuptlinge vor ihnen nicht sicher sind. Auf 
Palau haben auch die Frauen ihre eigene unabhängige Regierung und 
ihre Damenklubs mit besonderer Gerichtsbarkeit und einer Königin, der 
mehrere Häuptlingsfrauen zur Seite stehen. Die weibliche Regierung ist 
ebenfalls eine Macht, mit der die Häuptlinge rechnen müssen. Sie über- 
wacht die Ordnung unter den Frauen und hält Gericht über weibliche 
Angelegenheiten, ohne dass die Männer sich einmischen dürfen. Um 
die gesellschaftlichen Einrichtungen Palaus noch schwieriger zu 
machen, übt endlich auch die Priesterschaft eine theokratische Neben- 
regierung aus. 

Die Strafen bestehen ausschliesslich in Geld, das im Leben der 
Karolinier eine Hauptrolle spielt. Mit Geld ist alles zu machen, mit ihm 
kann selbst die Todesstrafe abgewendet und ein Mord gesühnt werden. 
Auf Palau ist ein eigentümliches Geld aus Glas, Jaspis, Porzellan, 
Emaille und künstlichen Perlen im Gebrauch, das genau wie unser Geld 
von Hand zu Hand geht und sich in drei Hauptgruppen mit 15 
verschiedenen Wertsorten gliedert. Doch kennen die meisten Palauer 
nur den geringsten Teil derselben, da die teueren Stücke im Werte bis 
zu 15000 Mark sich bloss in wenigen Exemplaren in der Hand der 
Reichen und der Häuptlinge befinden und meist ausser Umlauf sind. 
Die Herkunft dieses Geldes ist dunkel, und die Palauer schreiben ihm 
göttlichen Ursprung zu. Da man aber nirgends in Polynesien seine Her- 
stellung versteht, so muss es unzweifelhaft eingeführt sein und stammt 
wahrscheinlich irgendwoher aus Asien. Diesem Umstände verdankt es 
seine Wertschätzung. Die Bestrebungen fremder Händler, das einhei- 
mische Geld durch moderne Münze zu verdrängen, sind ebenso ge- 
scheitert wie die Versuche, es nachzumachen. Denn die Eingeborenen 
wissen die echten Stücke von den unechten leicht zu unterscheiden, in- 
dem sie dieselben beim Abschluss eines Geschäfts genau besehen, be- 
lecken, beriechen, abwischen, an der Nase reiben oder gegen das Licht 
halten, um sich von ihrer Beschaffenheit zu überzeugen. 

Auch auf Yap ist seit alters Geld als Zahlungsmittel bekannt. Zum 
Unterschied von dem handlichen Palaugeld besitzt es aber eine höchst 
eigentümliche, schwerfällige Gestalt. Es besteht nämlich aus runden 
Steinen von der Form und Grösse eines Schweizerkäses bis zu Mühl- 
steingrösse, und zwar aus Aragonit, einem rhombisch kristallisierten, fein- 



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körnigen Kalk, der auf Yap selbst nicht vorkommt, sondern aus seiner 
immerhin weit entfernten Heimat, den Palau-Inseln, unter Schwierigkeiten 
aller Art herbeigeschafft werden muss. Nachdem der Häuptling seine 
Einwilligung gegeben hat, fährt eine Anzahl junger Leute unter Benutzung 
des Nordostpassates nach Palau, holt von dem dortigen Häuptling gegen 
Erlegung von Geschenken die Erlaubnis zur Ausbeutung des Stein- 
bruchs ein und beginnt dann mit der Arbeit, die wegen der einfachen 
Instrumente, mit denen sie vorgenommen wird, ausserordentlich mühsam 
ist und mehrere Monate in Anspruch nimmt, worauf man mit dem im 
Sommer einsetzenden Südwestmonsun wieder nach Hause zurückkehrt. 
Da aber die Boote für derartige Lasten nicht eingerichtet sind, so müssen 
Flösse, die von den Canoes gezogen werden, den Transport vermitteln, 
was bei kompassloser Steuerung und stark bewegter See wiederum 
höchst mühselig und keineswegs ungefährlich ist. Gar mancher hat 
den sauer gewonnenen Schatz und in dem Bestreben, die kostbare Last 
zu retten, das eigene Leben verloren. Das Brechen, Behauen und die 
Verschiffung des Steingeldes verlangen also viele Arbeitskräfte, Unkosten 
und Beschwerden, und in dieser Unsumme von Arbeitsleistung oder 
richtiger Arbeitsverschwendung ist der hohe Wert des Steingeldes be- 
gründet, der es mit sich bringt, dass die grösseren Stücke, die behufs 
leichterer Fortschaffung in der Mitte ein Loch zum Durchstecken eines 
Stabes haben, meist Eigentum der gesamten Gemeinde sind. Sie 
werden mehr zum Ansehen und Prahlen als zum praktischen Gebrauch 
vor den Gemeindehäusern und längs der Wege aufgestellt, so dass auf 
Yap das Geld im wahrsten Sinn des Wortes auf der Strasse liegt. Mit 
einem schön behauenen grossen Stein erkauft man im Kriege Bundes- 
genossenschaft oder zahlt Busse, so dass das deutsche Bezirksamt durch 
die eingegangenen Strafgelder im buchstäblichen Sinn steinreich geworden 
ist. Als Scheidemünze dienen kleinere Stücke desselben Gesteins oder 
auf Schnüre aufgereihte Perlmutterschalen. Mit einem Stückchen Stein- 
geld von Tellergrösse und Armcsdicke deckt eine Familie den monat- 
lichen Bedarf an Lebensmitteln. Da aber heute europäische Schiffe den 
Transport des Steingeldes besorgen und grosse Mengen desselben nach 
Yap bringen, so ist infolge der erleichterten Zufuhr der Kurswert des 
Geldes erheblich gesunken. Immerhin mag es noch lange dauern, bis 
die Yaper ihm ganzlich entsagt und sich an weniger unhandliche Um- 
laufsmittel gewöhnt haben werden. 

Wo die Mission ihren Einfluss noch nicht geltend gemacht hat, 
herrscht Vielweiberei, die insofern von praktischer Bedeutung ist, als 



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die Frauen und deren Hilfskräfte, die Kinder, durch ihre Arbeit den 
Wohlstand des Hauses vermehren. Doch haben nur die Wohlhabenden 
mehrere Frauen, die sich überall einer angesehenen Stellung und guten 
Behandlung erfreuen. Der Mann zieht meist zum Stamme seiner Frau 
und kehrt nach deren Tode gewöhnlich mit Zurücklassung der Kinder 
in sein Dorf zurück. Nach dem im gesamten Pacifik gebräuchlichen 
Mutterrecht richten sich Vaterlandszugehörigkeit und Nachkommenschaft 
nach dem Stand der Mutter. Dem König folgt in der Regierung nicht 
der eigene Sohn, sondern der Sohn seiner Schwester. Dieses Erbrecht, 
das wahrhaft chaotische Verhältnisse entstehen lässt, verliert indes immer 
mehr an Bedeutung. 

Die eheliche Treue der Ehefrauen wird überall gerühmt, während 
der geschlechtliche Verkehr der Unverheirateten wie allerorts in der 
Südsee sehr frei ist. In Mikronesien ist nämlich die papuanische Sitte 
verbreitet, dass die ledigen Jünglinge im Gemeinde- oder Klubhaus 
schlafen. Dort finden sich aus auswärtigen Ortschaften heiratsfähige 
Mädchen, die Armengols oder Armunguls der Palauer, ein, mit denen 
sich bald ein zwangloser Verkehr entspinnt. Hat ein Mädchen mit 10 
bis 12 Jahren noch keinen Mann bekommen, so geht es als Armengol 
in einen fremden Bezirk und lebt dort mit allen Männern des Bajs oder 
als Geliebte eines derselben so lange, bis es die eheliche Frau eines 
Eingeborenen geworden ist. Oder es kehrt reich beschenkt und ohne 
an seinem Ruf Schaden gelitten zu haben, nach Hause zurück, wo es 
wegen der mitgebrachten Ersparnisse als Ehefrau ebenfalls sehr gesucht 
ist. Da auf Palau auch die verheirateten Männer in den Klubhäusern 
schlafen und mit den Armengols in wilder Ehe leben, so ist dort ein 
eigentliches Familienleben kaum vorhanden, um so mehr, als die Frau 
noch für den Unterhalt der Armengols zu sorgen hat. Ist sie ihrem 
Mann böse oder hat sie sonst einen Grund zur Unzufriedenheit, so 
siedelt sie ebenfalls für kürzere oder längere Zeit ins Baj über. Aus 
diesem Brauch hat sich eine eigenartige Keimform der Prostitution ent- 
wickelt, die zugleich eine Lockerung der ehelichen Verhältnisse bedeutet. 
Kein Wunder, dass die Ehen, die eben so leicht geschlossen wie gelöst 
werden können, zu drei Viertel kinderlos bleiben. Die meisten Palauer 
entstammen dem freien Umgang mit jenen fahrenden Mädchen. Adoption 
von Kindern ist ebenfalls allgemein üblich und hat eine verwickelte 
' Kette von Verwandtschaften im Gefolge. 

Die heimatliche Natur gab den Karoliniern trotz vieler kleiner 
Sonderzüge eine wesentlich gleiche Lebensrichtung. Die andauernd 



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hohe Temperatur machte die Kleidung fast entbehrlich, so dass sie viel 
unvollständiger als bei den Polynesiern ist. Papuanisches Nacktgehen 
soll früher unter den Männern in Patau allgemein üblich gewesen sein 
und ist dort auch heute noch nicht überall abgekommen. Innerhalb 
ihres Wirkungsbereiches hat die christliche Mission eine unschöne 
Kleidung eingeführt, leider nicht selten auf Kosten der Gesundheit, 
weil die Eingeborenen die Kleider, auch wenn sie durchnässt sind, stets 
auf dem Leib behalten und sich dadurch naturnotwendig Rheumatismus, 
Erkältung und andere Krankheiten zuziehen müssen. Sonst begnügt 
man sich mit einer schmalen Schambinde, mit feinen Matten oder einem 
einfachen Lendenschurz aus bunt gefärbten Blättern und Bananenfasern, 
den man auch unter der europäischen Kleidung trägt. Sehr beliebt ist 
ferner ein kurzer Rock aus Kokosblattstreifen, und um vornehm und 
elegant gekleidet zu sein, muss man mindestens sechs solcher Röckchen 
anziehen. Zuweilen bedeckt man den nackten Oberkörper mit einem 
ponchoartigen Überwurf und trägt beim Fischfang einen breiten, spitzen 
Hut aus Pandanusblättern. Da Hosen- und Rocktaschen fehlen, so hat 
man beim Ausgehen stets ein aus Palmblattstreifen geflochtenes Körbchen 
in der Hand, in dem Tabak, Feuerzeug, ein Holzkeil zum Spalten der 
Kokosnüsse und andere unentbehrliche Kleinigkeiten des täglichen Ge- 
brauches enthalten sind. Auch eine flach gepresste, wie ein längliches 
Brett aussehende Blattscheide der Betelpalme wird von den Männern 
beim Ausgehen stets mitgenommen, um sich unterwegs darauf setzen 
zu können. Auf einigen Inseln wird als merkwürdige Zuthat zur Klei- 
dung ein Gürtel benutzt, der aus mehreren Hunderten fein geschliffener 
Muschelscheibchen oder aus 15 — 20 nebeneinander laufenden Schnüren 
aus kleinen, runden Kokosscheibchen besteht, deren Zahl bei einem 
zwanzigschnürigen Gürtel auf 12000 und mehr solcher Blättchen geschätzt 
wird. Dieses mühsam anzufertigende Schmuckstück ist daher der ge- 
schätzteste Teil der Tracht. 

Der Schmuck, bei dem die verschiedensten Kleinigkeiten, nament- 
lich Muscheln, Schildpatt, Federn, Kokosschalen und Blumen zur Ver- 
wendung kommen, ist überhaupt sehr beliebt und reichhaltig wie wohl 
nirgends wieder in der Südsee. Ein Mikronesier, der bei Festlichkeiten 
seine sämtlichen Zierraten an sich trägt und am ganzen Leib mit Schnüren 
und Ketten bedeckt ist, macht einen überladenen Eindruck. Beide 
Geschlechter lieben Armringe, Halsbänder und Ketten und durchbohren 
die Ohrläppchen, um sie mit allerlei Gegenständen, Pflöcken, Blättern, 
wohlriechenden Blumen, Perlen, Tabakspfeifen und Rauchgerät zu 



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— 57 — 



schmücken. Oft werden dadurch die Öffnungen so erweitert, dass 
die Läppchen bloss noch als dünne Hautstränge erscheinen, deren 
Inhalt in unförmlichen Klumpen auf den Schultern liegt. Die früher 
beliebte polynesische Sitte der Tätowierung, die hauptsächlich Oberarm 
und Oberschenkel mit zierlichen dunkelblauen Streifenmustern bedeckt 
— das Gesicht bleibt frei — , kommt wegen des grossen Schmerzes, 
mit dem sie verbunden ist, und unter dem Einfluss der Mission mehr 
und mehr in Abnahme. Sklaven dürfen sich nicht tätowieren. Im 
übrigen steigt die Tätowierung mit dem Rang. Nicht allein aus Eitel- 
keit, sondern auch wegen der wohlthätigen Wirkung auf das Wohl- 
befinden des nackten Insulaners und um das in den Tropen weit ver- 
breitete lästige Hautjucken zu mildern, wird die Haut gern mit dem 
Pulver der Gelbwurz (Curcuma) eingerieben. Bei der vielfach herrschenden 
Unreinlichkeit sind Hautkrankheiten nichts ungewöhnliches. Besonders 
häufig ist ein die äussere Erscheinung beeinträchtigender, aber nicht als 
Leiden empfundener schuppiger Ausschlag. Viel schlimmer ist die 
stellenweise nicht seltene Lepra. 

Grundverschieden von den Karoliniern erweisen sich die Palauer 
beim Tragen von Leibesschmuck. Bei den Frauen beschränkt er sich 
auf eine dünne Schnur aufgereihten Steingeldes, und der einzige Männer- 
schmuck ist der Klüt, ein aus dem Atlaswirbcl des Dugong verfertigtes 
manschettenartiges Armband, ähnlich dem aus bearbeiteten Exemplaren 
der Kegelschnecke bestehenden Jatau der Yaper. Der Klilt ist kein 
Zeichen der Würde, auch kein Orden, dessen Tragen lediglich den 
Häuptlingen zusteht, sondern nichts anderes als ein sehr teures Arm- 
band, dessen Wert in seiner Seltenheit und darin beruht, dass die 
Häuptlinge das Vorkaufsrecht für jeden gefangenen Dugong haben. 
Der Preis jenes Seesäugetiers steigt bis 1500 Mark, wozu die Verferti- 
gungskosten für das Armband kommen, so dass bloss reiche Leute sich 
den viel begehrten Schmuck anschaffen können. Da man die Wirbel- 
öffnung nur wenig erweitert, so ist das Überstreifen des Klilt höchst müh- 
sam und verursacht oft schwere Beschädigungen der Hand, weshalb der 
sonderbare, mit vielem Geld gekaufte und mit grossem Schmerz angelegte 
Schmuck bloss unter ganz besonderen Umständen abgenommen wird. 

Am buntesten schmückt man sich zu den Tänzen, denen man 
leidenschaftlich ergeben ist und meist bis in den frühen Morgen hinein 
obliegt. Zuweilen sind sie unentbehrliche Bestandteile des Gottesdienstes 
oder finden zur Erntezeit auf Anordnung der Häuptlinge statt, um die 
Geister und Gottheiten friedlich zu stimmen. Sie sind entweder obseöne 



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Bewegungen auf der Stelle oder elegant ausgeführte Reigen mit kunst- 
vollen, schwierigen Verschlingungen, die öfters monatelanger Einübung 
bedürfen. Eifersüchtig wacht jeder Erfinder eines neuen Tanzes darüber, 
dass ihm ein Nebenbuhler nichts nachmacht. Auf den Marshall-lnseln 
hat sogar ein Häuptling einen andern wegen Tanzfigurendiebstahls oder, 
wie wir sagen würden, wegen Verletzung des Musterschutzgesetzes ver- 
klagt. Die Tänze werden von Gesängen begleitet, und es giebt einen 
besonderen Dichter- und Sängerberuf, der in hohem Ansehen steht und 
auf grossen Festen die neugedichteten Lieder prüft. Doch sind ausser 
auf Ponape Musikinstrumente unbekannt; nur die zum Kriegsruf dienende 
Muscheltrompete findet Verwendung. 

Hauptbeschäftigung sind Ackerbau und Fischfang. Die Flecht- 
industrie und die im gesamten Südseegebiet bloss auf den Karolinen 
heimische Handweberei liegen in der Hand der Frauen. Die Weberei 
ist am vollkommensten auf Kusaie entwickelt, während sie auf Yap nicht 
mehr geübt wird und auf Palau gänzlich unbekannt geblieben ist. Sie 
wird mittelst eines primitiven Webstuhls betrieben, der, ein Unikum in 
Polynesien, dem Webstuhl von Santa Cruz, einem Unikum in Melanesien, 
sehr nahe steht. Auch das Anfertigen von Matten, Körben und Gürteln, 
die auf verschiedene Weise gelb, rot, blau und schwarz gefärbt werden, 
sowie die Zubereitung der Speisen und die Führung des Haushaltes ist 
Sache der Frauen. Von ihnen wurde endlich noch und zwar ohne 
Drehscheibe die den Polynesien! völlig fremde, in Neuguinea dagegen 
wohlbekannte Töpferei betrieben , eine Kunstfertigkeit , die seit 'Einfüh- 
rung eiserner Geschirre so gut wie ganz aufgehört hat. 

Die Lieblingsbeschäftigung der Männer ist der Handel. Die Karo- 
linier, insbesondere die Bewohner der centralen Gruppen, sind wohl das 
rührigste Handels- und Kaufmannsvolk des Stillen Ozeans, und schon 
vor Ankunft der Europäer bestand ein lebhafter Verkehr von Insel zu 
Insel. Er führte 1788 zur Entdeckung des seitdem regelmässig und 
ohne Kompass von grossen Gesellschaften benutzten Seeweges nach den 
Marianen und zur Entstehung der blühenden karolinischen Kolonie auf 
Saipan. Untereinander tauschten die Karolinier die Erzeugnisse ihres 
Ackerbaues und Gewerbfleisses, vornehmlich die nur auf wenigen Inseln 
angebaute, aber von allen dringend verlangte Gelbwurz aus oder kauften 
die Waren gegenseitig in aller Form um Geld, während von den Euro- 
päern Waffen, Geräte und geistige Getränke eingehandelt wurden. 

Dass ein so handelslustiges Volk tüchtige Bootbauer und er- 
fahrene Schiffer besitzen muss, ist selbstverständlich. Die Boote sind 



1 



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— 59 — 



7 — 20 m lange ausgehöhlte Einbäume mit spitzem Kiel oder bestehen 
aus mehreren Stücken, die durch Taue und Schnüre zusammengehalten 
oder gleichsam zusammengenäht werden. Vorderes und hinteres Ende 
sind gleich spitz gebaut und werden auch abwechselnd gleichartig benutzt. 
Ein seitlich angebrachter Ausleger oder Schwimmbalken macht die langen, 
schmalen Fahrzeuge erst zur Schiffahrt brauchbar, indem er sie aufrecht 
hält und bei bewegter See vor Kentern schützt. In der Mitte der Fahr- 
zeuge, zwischen Boot und Ausleger, befindet sich eine Plattform, die 
durch ein Dach oder eine Hütte geschützt werden kann und zur Aufnahme 
von Personen und Gepäck dient. Die oft mit zierlichen Schnitzereien 
versehenen Boote führen ein dreieckiges Mattensegel an beweglichem 
Mast und leisten, wie die grosse Zahl freiwilliger und unfreiwilliger 
Hochseefahrten beweist, trotz ihrer Gebrechlichkeit Erstaunliches. Erst 
1901 haben vom Sturm verschlagene Karolinier einen Weg von mehr 
als 2000 Seemeilen zurückgelegt. Die einzige Sorge der Schiffer besteht 
darin, jederzeit genügend Trinkwasser und Nahrung zu haben. Für 
kurze Fahrten bedient man sich ausschliesslich der Ruderboote. 

■ 

Natürlich ist den Karoliniern eine genaue Kenntnis des Himmels 
und der wichtigsten Gestirne eigen. Sie verstehen geschickt die 
Dünung zu benutzen und ihre Erfahrungen in eigentümlichen Stäbchen- 
karten, den Mcdos der Marshall -Insulaner, niederzulegen. In jedem 
Boot befinden sich stets zwei Navigateure, die nach den Sternen zu 
steuern verstehen. Von früher Kindheit an wird nämlich eine Anzahl 
Knaben in dieser Art der Orientierung unterwiesen, und erst wenn ihre 
unter sachkundiger Leitung ausgeführten Probefahrten befriedigend aus- 
gefallen sind, wird ihnen die Führung ausgedehnterer Hochseefahrten 
anvertraut, welche Europäer ohne nautische Hilfsmittel kaum wagen 
würden. Die geographischen Kenntnisse sind infolge dessen sehr be- 
merkenswert, und mehrere weitgereiste Karolinier zeichneten Lütke 
recht brauchbare Karten der Karolinen und Marianen. 

Der Hausbau, der namentlich auf Palau eine durch besondere Bau- 
meister geübte Kunst darstellt, die sich vom Vater auf den Sohn forterbt, 
ist ebenfalls hoch entwickelt und gehört mit dem Bootbau und der Weberei 
zu den Glanzleistungen der Eingeborenen. Die Wohnhäuser sind trotz 
grosser Verschiedenheiten im Einzelnen meist rechteckige Hütten von 
10—12 m Länge und 5—6 m Breite, die sorgfältig gebaut und oft ge- 
schmackvoll verziert werden. Das hohe Giebeldach der luftigen Hütten 
ruht auf niedrigen Holzpfeilern und geflochtenen Mattenwänden, deren 
Thür- und Fensteröffnungen mit Matten aus Rohrgeflecht verschliessbar 



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— 60 — 



sind, während die einzelnen Hausteile, die sich fachweise herausnehmen 
lassen, nicht durch Zapfen, sondern durch Kokosfaserschnüre fest ver- 
bunden werden. Die Behausungen der Wohlhabenderen sind schon fast 
vollständig aus Brettern oder sogar ganz aus Stein erbaut. Das solide, 
wasserdichte Dach aus Palmblatt- oder Pandangblättern wird von den 
Stürmen öfters abgedeckt. Der Giebel, der hoch und spitzwinklig ist, um 
die heftigen Regengüsse rasch abfliessen zu lassen, wird gern noch mit 
einem besonderen Schutzdach unterhalb des weit vorstehenden Haupt- 
daches versehen. Oft ist das gesamte Haus nichts anderes als ein einziges, 
steiles Giebeldach. Der mit Matten belegte Bretter- oder Steinboden ruht 
wie das ganze Haus auf einem 5—6 Fuss hohen steinernen Unterbau aus 
Korallenkalk- oder Basaltblöcken. Das saubere Innere besteht meist bloss 
aus einem Raum und ist sehr einfach eingerichtet. Als Feuerherd dient 
eine flache, mit Steinen ausgelegte Vertiefung, und der geringe Hausrat 
beschränkt sich auf Körbe, Matten und einiges Küchengerät. Die in 
Mikronesien noch mehr als bei den Papuas in den Vordergrund tretenden 
Gemeinde- oder Klubhäuser sind weitläufiger und gewöhnlich länglich- 
sechseckig gebaut; sie werden auf Kosten der gesamten Gemeinde er- 
richtet. Die Häuser sind zu zerstreuten Dörfern vereinigt, die inmitten 
der Pflanzungen und Fruchtbäume stets in unmittelbarer Nachbarschaft 
der Küste liegen und von gepflasterten, heckenumsäumten Wegen durch- 
zogen werden. 

Zu den Waffen und Geräten benutzte man wegen des gänzlichen 
Mangels an Eisen hauptsächlich Holz, Fasern, Knochen, Fischzähne, 
Schildpatt und Muschelschalen. Als Waffen dienten mit Widerhaken 
versehene Lanzen und Wurfspeere in mehreren Formen, Schleudern aus 
Kokosfaser und wuchtige Keulen aus eisenhartem Holz. Bogen und 
Pfeil sind den Mikronesiern unbekannt. Doch haben europäische Feuer- 
gewehre — unter spanischer Herrschaft blühte ein ausgedehnter, jetzt 
streng überwachter Waffenschmuggel — die alten Waffen fast völlig ver- 
drängt, so dass sie, weil keine neuen mehr verfertigt werden, bereits zu 
den wertvollsten Gegenständen der ethnographischen Museen gehören. 
Ebenso sind die primitiven Beile, die aus geschliffenem Basalt oder aus 
der Riesenmuschel hergestellt und durch zähen Kokosfaserbast fest mit 
dem Axtstiel verbunden waren, längst durch eiserne Beile und Messer 
ersetzt worden. Zur wenig mühsamen Bodenbearbeitung genügte ein 
Holzspaten oder ein zugespitzter Grabstock. 

Die Karolinier führen eine einfache Lebensweise und sind im 
wesentlichen Vegetarianer, da die früher (vgl. S. 45) erwähnten Nähr- 



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— Öl- 



früchte ihre Hauptnahrung ausmachen. Zu dieser Grundlage des täg- 
lichen Lebens liefert die Landfauna Tauben, Hühner und einige andere 
Vogelarten; auf Ponape gelten Hunde, wo Schweine eingeführt sind, 
diese als Festspeise. Vor allem aber liefert das Meer die notwendige 
Fleischnahrung und Zukost in Gestalt von Muscheln, Krebsen und 
Fischen, die man in eigens ausgebrochenen Gruben täglich auf dem 
Riff fängt, wenn das Meer zur Ebbezeit zurückweicht. Noch häufiger 
benutzt man zum Fischfang Reusen, Netze und Speere oder bedient 
sich als eines besonders wirksamen Fischgiftes der Liane Derris elliptica, 
deren zerstossene und ausgestreute Wurzeln schon nach einer Stunde 
die Fische töten oder betäuben. Ein wochenlang andauerndes Freuden- 
fest bildet für die leichtlebigen, vergnügungssüchtigen Insulaner der Fang 
der fliegenden Fische. Ganze Flottillen ziehen nachts aufs Meer, um 
die Tiere durch Fackelschein anzulocken und sie zu Tausenden zu er- 
haschen. Die Nahrung wird nach polynesischer Art nicht auf offenem 
Feuer, sondern, in Blätter eingewickelt, zwischen heissen Steinen zu- 
bereitet. Doch bedient man sich zum Kochen immer mehr der von 
den Europäern eingeführten eisernen Öfen, während die Verwendung 
von Salz und Gewürzen nach wie vor unbekannt ist. Wasser und 
Kokosmilch sind die gewöhnlichen Getränke. Auf Kusaie und Ponape 
trinkt man auch Kawa, deren Wurzeln jedoch nicht gekaut, sondern in 
reinlicherer Weise zerstossen und mit Wasser vermischt werden. Der 
Tabak ist erst von den Europäern eingebürgert worden, wird aber jetzt 
allgemein benutzt. Auf Palau und den westlichen Karolinen ist auch 
die Sitte des Betelkauens heimisch. 

Das 19. Jahrhundert fügte die Karolinen allmählich ins Getriebe 
des Welthandels ein. Die Trepangfischerei gab den ersten Anstoss, 
worauf Walfischfängcr, Händler und Missionare den Eingeborenen euro- 
päische Gesittung brachten. Das war vielfach ein Danaergeschenk, weil 
desertierte Matrosen und andere fragwürdige Elemente die ersten Kultur- 
träger waren. Sie verbreiteten Unzucht und Trunksucht und schädigten 
die Insulaner an Körper und Geist. Doch hatten auf der andern Seite 
auch die abnormen ehelichen Verhältnisse, die zum Teil künstlich ver- 
ursachte Unfruchtbarkeit der Frauen, übermässige geschlechtliche Aus- 
schweifungen, Sittenlosigkeit und nicht zuletzt die infolge der Klein- 
staaterei fast unaufhörlichen Stammesfehden einen erschreckenden Rück- 
gang der Volkszahl hervorgerufen. So häufig aber die oft aus Trunkenheit 
oder aus andern sehr geringfügigen Ursachen entstandenen Zusammen- 
stösse waren, so unblutig verliefen sie ursprünglich, da sie nach Verlust 



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weniger Toter schnell wieder zum Frieden führten. Die Unterlegenen 
wurden nicht weit verfolgt, die Pflanzungen der Besiegten bloss in geringem 
Mass verwüstet. Die Gefangenen schonte man; nur in sehr seltenen 
Fällen wurden sie dem Kriegsgott des Stammes geopfert. Auf Ponape 
wurde der Krieg feierlich angezeigt und Tag und Schlachtfeld bestimmt. 
Auf Palau ging man einem offenen Zusammenstoss möglichst aus dem 
Wege und suchte nach feiger melanesischer Art den Gegner hinterlistig 
zu überfallen oder irgend ein wehrloses Mitglied eines andern Stammes 
zu erschlagen, um den abgeschnittenen Kopf als Siegestrophäe heimzu- 
bringen und ihn gegen Geld in den befreundeten Gemeinden zur Schau 
zu stellen. Viel furchtbarer als diese Kriege, die allerdings auf Ruk zu 
rücksichtsloser Zerstörung der Ortschaften und Pflanzungen ausarteten, 
haben die von den Europäern mitgebrachten Krankheiten gehaust und 
die zu wiederholten verlustreichen Aufständen führenden Drangsalierungen 
der Spanier gewirkt. 1854 rafften die Blattern, die durch das gewissen- 
lose Aussetzen eines an dieser bösartigen Seuche erkrankten Matrosen 
eines amerikanischen Schiffes auf Ponape eingeschleppt wurden, 2000 
Menschen weg, nachdem die unglückliche Insel schon 1843 durch Dysen- 
terie, 1845 durch Influenza schwer heimgesucht worden war. Noch in 
jüngster Zeit, bei Übernahme der deutschen Verwaltung, herrschte eine 
starke Keuchhusten -Epidemie, die weder Kinder noch Erwachsene ver- 
schonte und eine grosse Kindersterblichkeit verursachte. Auch das 
sympathische, bildungsfähige Völkchen der Yaper wird durch Schwind- 
sucht, Gonorrhoe, Syphilis und andere in schwerer Form auftretende 
Krankheiten, die zweifellos eine Folge der früheren Berührung mit den 
rohen Abenteuerern aus aller Herren Länder sind, in erschreckendem 
Masse gelichtet. Doch bemerkt Robert Koch, dass das, was man 
häufig für Syphilis hält, nichts anderes sei als die in der Südsee weit 
verbreitete Frambösia. 

Wenn indes die Zahl der Kusaie-Insulaner binnen 25 Jahren (1855/80) 
trotz des Christentums von 1 100 auf 400, die der Palauer in 100 Jahren 
von 40000 auf 4000 zurückgegangen ist 1 ), ohne dass verheerende Seu- 
chen die Schuld trugen, so ist es vor allem der Missmut über den ver- 



l ) Nach einer woh! übertriebenen Annahme zählte Palau um die Milte des 18. Jahr- 
hunderts 40 — 50000 Einwohner. Semper schätzte sie bei seiner Anwesenheit auf 10 000, 
während Kubary für den gleichen Zeitraum ((862) bloss noch 5000 annimmt. 1884 ver- 
anschlagte man die Menge der Palauer auf 4000, 1902 wurden 3823 gefunden. Überall 
findet man auf Baobcltaob verlassene Hausruinen und verwilderte Pflanzungen als Zeugen 
einer einst dichteren Bevölkerung. 



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I 

- 63 - 

sagenden Erfolg im Wettbewerb mit den Weissen, das Erlahmen der 
Kraft und die geistige Versumpfung, die diesen Naturkindern am Leben 
zehren und ihre alten Sitten, Tracht, Lebens- und Anschauungsweise 
und ihre Schaffensfreude verkümmern. So schreitet rascher noch als 
der Rassentod das Absterben der ursprünglichen Eigenart und alten Kultur 
über die Inseln als eine Wirkung der europäischen Zivilisation, die oft mit 
dünkelhafter Überlegenheit und in völliger Unkenntnis der bestehenden 
Verhältnisse die vielfach recht praktischen, als gut erprobten und einen 
keineswegs niedrigen Bildungsgrad verratenden Einrichtungen der soge- 
nannten Wilden zerstörte, ohne Besseres an ihre Stelle zu setzen. Die 
Folge war ein anarchischer Zustand, an dem der Eingeborene als 
schwächerer Teil allmählich zu Grunde gehen muss. Die alten Künste 
und Gewerbe, welche die Karolinier als eines der begabtesten Südsee- 
völker erscheinen Hessen , schwinden angesichts der vollkommeneren 
europäischen Waren und eisernen Werkzeuge rasch dahin oder sind 
bi-reits in Vergessenheit geraten, weil den fremden Erzeugnissen gegen- 
über die eigenen Arbeiten, die man mühsam mit primitiven Werkzeugen 
anfertigen musste, als minderwertig und wenig brauchbar erscheinen. 
Die einst so hoch entwickelte Schiffahrt geht rasch zurück, die aus- 
gedehnten Seereisen haben aufgehört und erstrecken sich nicht mehr 
weit über das die Inseln umsäumende Aussenriflf hinaus, der Bau der 
alten Boote, die Herstellung kunstvoller Waffen und Schnitzereien wird 
immer seltener, seit man diese Gegenstände viel besser und billiger von 
den Europäern erhalten kann. Zahlreiche Dinge des täglichen Lebens 
vermag man schon nicht mehr anzufertigen, weil die Einfuhr europäischer 
Waren und Geräte sie reichlich ersetzt und weil obendrein durch diese 
Erleichterung des Kampfes ums Dasein die angeborene Faulheit des 
Insulaners noch vermehrt wird. Wozu soll er sich anstrengen, um 
nach alter Sitte durch Reiben zweier Hölzer Feuer zu machen, da 
er jetzt die Zündhölzer um einen geringen Preis kaufen kann? Unter 
der Gunst des Klimas und eines leichten Lebenserwerbes ist auch der 
Trieb zur Arbeit leicht geschwunden. Die Befriedigung der Lebens- 
bedürfnisse erfordert geringe Anstrengungen, und alle Wünsche werden 
beim Tauschhandel gegen Kopra leicht erfüllt. Nur auf den ärmeren 
Inseln hat das harte Ringen um das tägliche Brot den Gewerbfleiss 
und den nautischen Wagemut der Insulaner noch aufrecht erhalten. 
Allerdings haben die eingeführten fremden Erzeugnisse die Daseins- 
bedingungen und das ursprüngliche Volkstum hier ebenfalls aufs schwerste 
erschüttert 



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Die grossartigste Erinnerung an die glänzendere Vergangenheit und 
das Gegenstück zu den Ruinenstätten der Marianen sind jene staunens- 
werten Cyklopenbauten aus riesigen Basaltblöcken, die haushoch und in 
stadtartiger Anlage in Ponape auf dem Riff von Metalanim, auch Nan 
Matal oder Nan Tauatsch (Platz der Wasserwege) genannt, und auf dem 
Inselchen Lele oder Pot Falat im Hafen von Kusaie angetroffen werden. 
Die Bedeutung dieser von Mangroven und Schlingpflanzen überwucherten, 
mehr durch ihre gewaltige Grösse als durch sorgfältige Herstellung wir- 
kenden Trümmerreste, die als stumme Zeugen längst entschwundener, 
von einem einheitlichen Willen beherrschter Thatkraft früherer Ge- 
schlechter im Stillen Ozean nicht ihresgleichen haben, ist noch unsicher. 
Wahrscheinlich waren sie Königsgräber, Unterbauten von Häusern, Wohn- 
stätten und Verteidigungswerke. Da einzelne Blöcke mehr als 4000 kg 
wiegen, so kann man sich kaum vorstellen, wie sie die Insulaner auf 
ihren schwachen Fahrzeugen fortzuschleppen vermochten und wie sie 
bei dem Mangel aller mechanischen Hilfsmittel die einzelnen Quader 
5 — 10 m hoch übereinandertürmten. Man hat deshalb gemeint und 
diese Vermutung mit allerlei phantastischem Beiwerk ausgestattet, dass 
die Ruinen von einem ausgestorbenen Kulturvolk oder gar von spanischen 
Freibeutern errichtet wurden und dass sie ursprünglich auf dem Lande 
lagen, bis sie eine Strandverschiebung unter Wasser setzte und die 
ursprünglichen Strassen in Kanäle verwandelte. Da indes steinerne 
Hausunterbauten, wie man sie in Metalanim und Lele findet, noch heute 
im Karolinen-Archipel allgemein gebräuchlich sind und da die in meh- 
reren Grabkammern entdeckten Skelettreste und Schmuckgegenstände 
mit denen der jetzigen Eingeborenen durchaus übereinstimmen, so sind 
allem Anschein nach deren Vorfahren die Schöpfer jener Bauwerke ge- 
wesen, die unter allen Umständen eine erstaunliche Leistung eines in 
voller Steinzeit lebenden Naturvolkes sind. Die heutigen Insulaner frei- 
lich stehen ihnen völlig teilnahmlos gegenüber und wissen bei dem 
Fehlen jeder Überlieferung nichts über ihre Entstehung zu berichten. 

Die Ruinen von Metalanim bedecken eine Fläche von 417 qm und 
sind auf 50—60 rechteckigen Inselchen angelegt. Zwischen ihnen ver- 
läuft ein Netzwerk schmaler Kanäle, die jetzt grösstenteils durch Sand- 
und Schlammanschwemmungen zugefüllt sind, während ein fester Wellen- 
brecher längs der tieferen See hinzieht und die schweren W r ogen ab- 
hält. Das Material zu den gewaltigen Bauten lieferten die benachbarten 
Steinbrüche, und man kann in einem derselben die behauenen, trans- 
portfertigen Steine noch deutlich erkennen, während andere Basaltblöcke, 



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die unterwegs verloren gingen, bald hier, bald dort im seichten Wasser 
zerstreut sind. 

Die Trümmerstätte von Lelc ist weniger sorgsam ausgebaut. Sie 
besteht ebenfalls aus einem Labyrinth von Steinwällen, die von engen 
Gässchen durchkreuzt werden und zahlreiche gehöftartige Innenräume 
umschliessen. Die mauerumsäumten Höfe waren noch zu Lütkes Zeit 
dicht mit Gärten und palmenüberragten Häusern erfüllt und bergen zum 
Teil noch heute Kokoshaine, Banancnpflanzungen und andere Kultur- 
anlagen. Metalanim dagegen, das mikronesische Venedig, ist völlig 
menschenleer. 

Endlich giebt es auch auf Palau umfangreiche, mühsam aufgeführte 
Steindämme, die bis 3 km weit ins Meer laufen, 3 m breit sind und 
selbst die höchste Flut überragen. 

Die Religion der Karolinier ist ebenfalls in zunehmenden Verfall 
geraten. Sie war ein Ahnendienst, für den es besondere Priester gab, 
und bestand in der Anbetung der Vorfahren oder Ani, namentlich der • 
verstorbenen Häuptlinge, die nach ihrem Hinscheiden in den Körper 
von Tieren oder Pflanzen übergehen sollten und unter deren Gestalt 
verehrt wurden. Eigentliche Götterbilder und Tempel waren nicht be- 
kannt. Da die betreffenden Vögel, Fische, Bäume u. s. w. geschont 
und gepflegt wurden, so war mit dem Geisterglauben zugleich eine Art 
Totemismus verbunden. Jede Familie, jedes Dorf, jeder Berg, jeder 
Waldfleck, jedes Thal und selbst das Riff hatte einen solchen Schutz- 
gott, und alle Krankheiten, Todesfälle, Geburten und sonstige Ereig- 
nisse wurden übernatürlichen Wesen guter und böser Art zugeschrieben. 
Die Toten wurden begraben, verbrannt oder ins Meer geworfen und 
kamen nach dem Mythus der Ponaper entweder ins untermeerischc 
Paradies oder in die unterirdische Hölle, deren kaltes, finsteres Reich 
,-. von zwei grimmigen Weibern bewacht wurde. 

Seit 1852 hat auf den Karolinen die Mission Fuss gefasst und zwar 
zuerst die amerikanische Boston -Mission, die anfänglich auf mancherlei 
Schwierigkeiten stiess, dann aber rasch Anklang fand. Sie besitzt heute 
zwei Hauptstationen (Kusaie, Ponape), zahlreiche Nebenstationen und 
7500 evangelische Bekenner (2i°.' 0 der Gesamtbevölkerung) und arbeitet 
mit farbigen Lehrern aus der Südsee, vornehmlich mit Eingeborenen 
aus Hawaii und aus Ponape selbst, die unter der Aufsicht der weissen 
Missionare stehen. Zur protestantischen Mission gesellte sich unter 
spanischer Herrschaft die römisch-katholische Gegenmission der spa- 
nischen Kapuziner, die 12 Stationen mit 6 Patres und 8 Laienbrüdern 

Deutschland Kolonien. 5 



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besetzt und von ihren Hauptsitzen Ponape und Yap aus die westlichen 
Karolinen ihrem Einfluss dienstbar gemacht hat. Beide Missionen 
haben mehrere Seminare und Schulen errichtet und die Kunst des 
Lesens und Schreibens mit ziemlichem Erfolg verbreitet. Namentlich 
die kulturlich verhältnismässig hochstehende Bevölkerung von Kusaie 
kann geläufig lesen und schreiben und spricht ein ziemlich gutes Eng- 
lisch. Interessant und erfreulich ist ferner die Thatsache, dass in den 
von der Mission bearbeiteten Bezirken die Bevölkerung neuerdings 
wieder langsam zunimmt. Im übrigen sind die Insulaner über die 
äusseren Formen des Christentums nicht weit hinausgekommen. Der 
alteingewurzelte Aberglaube besteht noch fort. Auch hat sich die amerika- 
nische Mission dadurch nicht wenig geschadet, dass sie in übertriebenem 
Eifer gegen die landesübliche Kleidung und selbst gegen harmlose Ge- 
bräuche, wie Einreiben des Körpers mit Gclbwurz, zu Felde zog und 
dass sie mit übermässiger Strenge die Durchführung der Temperenz- 
gesetze sowie das Verbot des Tabakrauchens und der Vielweiberei zu 
erzwingen suchte. Misshelligkeiten mit den Kautieuten blieben wegen der 
Interessengegensätze zwischen Mission und Handel ebenfalls nicht aus. 
Denn leicht erklärlicher Weise begünstigten die Händler den Wafifen- 
und Branntweinverkauf, während die Mission ihm ebenso entschieden und 
nicht ohne Grund entgegentrat. 

Die heutige Kopfzahl der Karolinier lässt sich nicht mit Sicherheit 
angeben. Christians neueste Schätzung ist mit 50000 Köpfen wohl eben 
so übertrieben, wie Meineckes Annahme von 25000 Seelen hinter der 
Wirklichkeit zurückbleibt. Wahrscheinlich überschreitet die Volksmenge 
nicht mehr als 35000 Seelen, von denen 3823 auf Palau, 8—9000 auf 
Yap, 3165 auf Ponape, 9000 — nach Hahl nur 5000, nach Vahlkampf 
dagegen 1 1 200 — auf Ruk und bloss noch 400 auf Kusaie entfallen. 
Eine viel dichtere Besiedelung als die Hochinseln haben, wie überall in 
der Südsee, wegen ihres grösseren Küstenumfangs die Flachinseln, soweit 
sie überhaupt bewohnbar sind (vgl. S. 37). Die drei kleinen Mortlock- 
Atolle z. B. erreichen mit 3300 Seelen auf 13 km 2 Fläche sogar die 
Dichteziffer des Königreichs Sachsen. 



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! 



4. Die Samoa-Inseln. 

Inmitten der inselerfüllten Wasserwüste des Stillen Ozeans, zwischen 
13 und 14 0 S. und 168 — 173 0 W., erhebt sich nördlich der Tonga- 
gruppe der Archipel der Samoa-Inseln auf einem OSO — WNW gerich- 
teten Bogen, der mit 500 km Länge der Entfernung zwischen Breslau 
und Hannover entspricht. Die Inselflur blieb bis ins 18. Jahrhundert 
hinein unbekannt. Erst 1722 wurde sie von dem holländischen See- 
fahrer Roggeveen gesehen und 46 Jahre später von dem französischen 
Weltumsegler Bougainville, dessen Namen noch heute eine der 
deutschen Salomonen - Inseln trägt, 1768 wiederentdeckt. Weil sein 
Fahrzeug hier den Kurs mehrerer anderer Schiffe kreuzte, nicht 
wegen der Seetüchtigkeit der Eingeborenen, nannte er die Insel- 
gruppe die Navigator- oder Schifferinseln : eine Bezeichnung , die 
heute fast völlig in Vergessenheit geraten ist. Dagegen hat der ein- 
heimische Name Samoa, herrührend von dem sagenhaften Gott Moa, 
der die ersten Einwanderer auf den Archipel gebracht haben soll, oder 
von dem in der neuseeländischen Volkssage eine Rolle spielenden Riesen- 
vogel Moa — die Samoa-Inseln sind wahrscheinlich von Neuseeland aus 
bevölkert worden — sich allgemeine Geltung verschafft. Samoa wurde 
von späteren Reisenden wiederholt besucht. Als aber, höchstwahrschein- 
lich nicht ohne Verschulden der Fremden, der französische Admiral 
Lap^rouse bei einem Zusammenstoss mit den Eingeborenen 13 Offi- 
ziere und Matrosen verlor 1 ), gelangten die Samoancr lange Zeit hindurch 
in den unverdienten Ruf blutgieriger Wilder, so dass erst seit dem 
Jahre 1830 die eigentliche Erforschung des Archipels einsetzte. Sie 
wurde eingeleitet durch die Mission, insbesondere durch die Londoner 
Mission und die Wesleyanisch-Methodistischc Missionsgesellschaft, worauf 
das um die wirtschaftliche und wissenschaftliche Erschliessung der Süd- 
see hochverdiente Handelshaus Godeffroy die Forschungsarbeiten fort- 
setzte. Auch neuerdings ist die Inselflur Gegenstand eingehender Unter- 
suchungen, vornehmlich auf wirtschaftsgeographischem Gebiet, geworden. 

*) Ein Denkmal in der seitdem so genannten Massacre-Bai auf Tutuila erinnert auf 
dem Grabe der gefallenen Franzosen an diesen ersten Kampf zwischen Samoancrn und 
"Weissen. 

6* 



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— 68 — 



An Flächeninhalt, der mit 2787 km 2 etwa demjenigen von Mecklen- 
burg-Strelitz entspricht, ist Samoa nach dem Hawaii- Archipel die um- 
fangreichste polynesische Inselgruppe. Auf den deutschen Anteil ent- 
fallen 2572 km 2 mit 32815 Einwohnern, der Rest gehört den Vereinigten 
Staaten von Nordamerika. 

Die Inselflur, die wegen der landschaftlichen Schönheiten ihrer 
wechselvollen Bodenplastik, wegen ihrer Wälderpracht, ihres Wasser- 
reichtums und ihres milden gesunden Klimas einen seltenen Reiz von 
Lieblichkeit erhält und mit vollem Recht als Perle der Südsee gefeiert 
worden ist, besteht aus vier grösseren Inseln, deren Fläche von West 
nach Ost abnimmt. Zwei derselben, Upolu und Sawaii, sind deutscher, 
die beiden andern, Tutuila und Manua (Tau), amerikanischer Besitz. 
Zu diesen bergigen Hauptinseln gesellt sich eine Anzahl kleinerer Ei- 
lande, die ebenfalls vulkanische Hochinseln sind. Bloss das einsame, 
flache Inselchen Rosa 1 ) ist ein echtes Atoll, das bis auf zwei an Kokos- 
palmen reiche Riffinseln zur Flutzeit ganz unter Wasser gesetzt wird 
und eine fischreiche Lagune umschliesst. Sonst sind Korallenbauten 
selten und unbedeutend. Barriereriffe fehlen ganz, auch Küstenriffe um- 
säumen die einzelnen Inseln nur in beschränktem Masse und werden 
auf weite Strecken von breiten Passagen unterbrochen. 

Die Samoa -Inseln stellen eine zusammenhängende Reihe von 
Kratergruppen dar, die in 2 — 3000 m Meerestiefe auf einem gemein- 
samen submarinen Rücken ruhen und als die höchsten Gipfel eines 
unterseeischen Gebirges erscheinen. Da diese Gipfel bis zu 1646 m, 
d. h. über Schneekoppenhöhe ansteigen und der unmittelbar benach- 
barte Ozean bis zu 5000 m Tiefe absinkt, so würde sich nach dessen 
Verschwinden hier ein malerisches Gebirge erheben, das mit 7000 m 
Höhe und steilem, zackigem Relief den gewaltigsten Hochgebirgen der 
Erde gleichkäme. 

Die Gesteinsschichten, aus denen der Sockel dieses Gebirges be- 
steht, sind unter einer mächtigen Hülle tertiärer Basalte und Trachyte 
samt den zugehörigen Tuffen und Laven begraben, die an einer der 
Längsrichtung der Inselflur folgenden, also OSO— WNW ziehenden 
Bruchspalte emporquollen und das Grundgerüst bildeten, auf dem nach 
und nach die zahlreichen Kraterberge als jungvulkanische Bildungen auf- 



') Das Atoll wurde von Freycinet nach seiner an Bord befindlichen Gemahlin 
Rosa benannt. Doch hatte, wai ihm unbekannt geblieben war, Roggeveen die Insel 
schon viel früher entdeckt und T'Vuile getauft. 



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— 09 — 



gebaut wurden. Die vulkanische Thätigkeit hielt bis in die jüngste Zeit 
hinein an und ist allem Anschein nach schrittweise von Ost nach West 
erloschen. Denn je weiter man in dieser Richtung wandert, um so besser 
sind die Krater erhalten; nach Osten hin sind sie in immer stärkerem 
Masse der Verwitterung und Meeresbrandung zum Opfer gefallen. In 
Manua und Tutuila sind die meisten der ehemaligen Feuerberge kaum 
noch erkennbar, da sie die Erosion in ein wildes Gewirr von Zacken 
und Graten aufgelöst hat. Aber noch 1866 fand zwischen den Inseln 
der östlichsten Gruppe eine unterseeische Vulkaneruption statt, indem 
östlich von Olosenga ein dichter Aschenregen mehrere hundert Meter 
hoch aus dem Meere aufstieg, der einige Wochen lang andauerte und 
viele Fische tötete. Die Ostseite von Upolu ist ebenfalls nichts anderes 
als ein bis zur Unkenntlichkeit zerstörtes Trümmerwerk alter Krater. 
In der Mitte der Insel dagegen sind sie als runde, mit Urwald aus- 
gekleidete Kessel noch wohl erkennbar, und der westliche Eckpfeiler 
Tofua (980 m) ist ein isolierter Vulkankegel von typischer Regelmässig- 
keit mit einem riesigen Kraterkessel. Auch die Zersetzung des ba- 
saltischen Untergrundes nimmt von Ost nach West sichtlich ab. Weite 
Strecken sind mit wirr übereinandergetürmten weitporigen, scharfrandigen . 
Lavablöcken, wahren Stein feldern , übersät, die durch Auswitterung 
der zwischen die Lavaströme eingeschalteten Tuffe und Aschen heraus- 
gearbeitet wurden und trotz ihrer steinigen Natur wegen der ergiebigen, 
fruchtbaren Verwitterungshülle sich trefflich zum Anbau eignen. Vor 
allem ist Sawaii mit ausgedehnten Blockfeldern dieser Art bedeckt, und 
die schwarzen Lavaergüsse sind dort stellenweise noch so frisch, dass 
sich an Stelle des von ihnen zerstörten Waldes eben erst schüchtern ein 
neues Pflanzenkleid zu bilden beginnt. Die Eingeborenen nennen diese 
kahlen Lavaflächen merkwürdigerweise O le Mu, d. h. das Glühende oder 
Verbrannte, so dass ihre Vorfahren den feurigflüssigen Lavastrom noch 
gesehen haben mögen. Vielleicht fielen die Ausbrüche in die erste 
Hälfte des 18. Jahrhunderts. Seitdem hielt man die Vulkane Sawaiis 
für erloschen, und das üppige Pflanzenklcid trug ebenfalls dazu bei, die 
wahre Natur jener Feuerberge zu verschleiern, als sie Ende Oktober 1902 
plötzlich und unerwartet wieder zu arbeiten begannen. Im Innern der 
Insel bildeten sich mehrere Krater, die Rauch und Flammen ausstiessen, 
und deren ausgeworfene Aschenmassen die Umgebung 5 cm hoch be- 
deckten. Doch sind Verluste an Leben und Eigentum nicht zu be- 
klagen gewesen. Beredte Zeugen der immer noch nicht erloschenen 
unterirdischen Gewalten sind endlich häufige, wenngleich nicht starke 



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— 70 — 



Erdbeben von kurzer Dauer, die meist in ost- westlicher Richtung 
verlaufen. 

Die Entwickelung der Korallenbauten, die stets erst geraume Zeit 
nach der Beruhigung eines vulkanischen Gebietes Fuss fassen können, 
ist ein neuer Beweis dafür, dass der Vulkanismus von Ost nach West 
erloschen ist. Sawaii besitzt als jugendlichstes Vulkangebiet Samoas 
erst Ansätze zur Korallenbildung, die Riffausstattung der folgenden Inseln 
wird ostwärts immer reicher, und Rosa endlich ist ein unverkennbares 
Korallenatoll. 

Die Küsten, die für Siedelung und Bewirtschaftung an erster Stelle 
in Betracht kommen, sind felsig und fallen meist steil und hoch ins 
Meer, weshalb sie arm an guten Häfen sind: ein Nachteil, der sich be- 
sonders auf Sawaii unangenehm fühlbar macht. Selbst kleine Segel- 
schiffe und leichte Ruderboote vermögen nicht immer genügenden Schutz 
zu finden. Überall dort, wo die Küste nicht schroff und tief ins Meer 
stürzt, wird sie von Korallenriffen umsäumt, weil die riffbauenden Ko- 
rallen nur bis zu einer gewissen Meerestiefe lebensfähig sind und des- 
halb den Steilküsten fehlen. Hier tobt eine starke Brandung und übt 
einen grossartigen Zerstörungsprozess aus, während sie sich im andern 
Falle an dem weit vorgeschobenen Aussenriff bricht. Dadurch wird 
zwar die Flachküste geschützt, aber die Annäherung sehr erschwert, 
weil die immer weiter wachsenden Korallenstöcke schliesslich den ganzen 
Raum zwischen Küste und Riffgürtel bis zum Niederwasserstand aus- 
füllen, so dass der Schiffsverkehr bloss zu gewissen Stunden möglich 
ist. Spuren säkularer Strandverschiebungen, Hebungen sowohl wie Sen- 
kungen, die man hier und dort erkannt zu haben glaubte, scheinen auf 
Grund genauerer Untersuchungen nicht vorhanden zu sein. 

In mehreren Stufen, über die zahlreiche Bäche in malerischen 
Wasserfällen herabstürzen, steigt das Gebirge rasch an und zeigt 
trotz der dichten Waldbedeckung schroffe Böschungen und ausdrucks- 
volle Umrisse. Doch giebt es auch, namentlich auf Upolu, ausgedehnte 
Ebenen. Sie sind wie der Küstensaum der Sitz eines ausgiebigen Plan- 
tagenbaues und einer dichten Bevölkerung im Gegensatz zum menschen- 
leeren Urwald des Innern, weil hier wie auf den Karolinen und auf 
allen Südseeinseln die Hauptdaseinsbedingungen, Kokospalme und 
Fischfang, die Eingeborenen an die Küsten weisen. 

Die westlichste und grösste Insel, das rhombisch gestaltete Sawaii, 
besitzt bei 85 km Länge und bis 50 km Breite 1691 km* Flächeninhalt 
und wird ganz von zwei vulkanischen Bergketten nebst einer Anzahl 



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vulkanischer Einzelkegel erfüllt, die wild und zerklüftet und wegen ihrer 
Unzugänglichkeit den Eingeborenen kaum bekannt sind. Als höchste 
Erhebungen des gesamten Archipels steigen sie bis zu 1646 m an. Die 
südliche Kraterreihe fällt schroff und unvermittelt zum nahen Meer ab, 
so dass die steil abbrechende Südküste felsig und hafenarm ist und den 
Verkehr der Eingeborenen untereinander fast ausschliesslich auf das 
Meer beschränkt. Die nördliche Gebirgsmasse dagegen erscheint als ein 
grosser einheitlicher Vulkandora, der allcrwärts mit parasitischen Kegeln 
wie mit Warzen besetzt ist und sich langsamer zur Küste abdacht, so 
dass hier und an der Ostseite breite Thäler und sanft geneigte Ebenen vor- 
kommen. Leider sind viele von ihnen wasserarm, weil der noch wenig zer- 
setzte lockere, trümmerhafte Lavaboden die reichlich fallenden Nieder- 
schläge rasch aufschluckt und sie in unterirdischen Schlackengängcn spur- 
los verschwinden lässt. Sawaii, insbesondere seine jugendliche Westhälfte, 
gleicht deshalb einem ungeheuren Sieb und ist weniger fruchtbar, minder 
stark bebaut und dünner besiedelt als Upolu, das, obwohl ungleich 
kleiner, bezüglich seiner landwirtschaftlichen Benutzbarkeit weitaus den 
ersten Platz einnimmt. Auch die Hafenverhältnisse Sawaiis sind wegen 
der vorherrschenden Steilküsten im allgemeinen nicht günstig. Kleinere 
Fahrzeuge vermögen zwar vielerorts zu landen, für grössere aber bieten 
nur die Matautu-Bucht und die zukunftsvolle Asau-Bai an der Nordküste 
einige Sicherheit. 

Zwischen Sawaii und Upolu liegen innerhalb einer 11 km breiten 
Meeresstrasse die kleinen Nachbareilande Apolima und Manono, die 
zusammen 13 km 2 Fläche einnehmen. Apolima, die „hohle Hand 4 ', ist 
ein erloschener Krater, der mit senkrechten Wänden 144 m hoch aus 
dem Ozean emporragt und nur an der eingestürzten Ostseite eine 
schmale, bei Niederwasser und hohem Seegang unpassierbare Einfahrt 
besitzt. Sie führt in ein tiefes, geschütztes Wasserbecken, in dessen 
Mitte ein zuckerhutartiger Ausbruchskegel aufsteigt. Das schwer zugäng- 
liche Inselchen war für die Samoaner eine uneinnehmbare Felsenfestung 
im Meer und bildete mit dem niedrigeren, wohlbebauten Manono, der 
heiligen Stätte zahlreicher samoanischer Häuptlingsgräber, das Herz des 
Archipels. Die Bewohner beider Inseln galten als die edelsten und 
vornehmsten Geschlechter des samoanischen Adels und übten über die 
umliegenden Inseln eine besondere Macht aus, bis sie in den 50 er Jahren 
ihre einflussreiche Stellung verloren. Nationalstolz und Standesbewusst- 
sein sind aber bei ihnen noch so stark entwickelt, dass bisher kein 
Weisser sich unter ihnen festgesetzt hat. 



— 72 — 



Die wichtigste und fruchtbarste, am stärksten bebaute und am dich- 
testen besiedelte unter den grossen Inseln Samoas ist Upolu, der Haupt- 
sitz des Plantagenbaues und der europäischen Kolonisation. Bei 70 km 
Länge, 5 — 26 km Breite und 220 km Küstenumfang ist Upolu die zweit- 
grösste Insel des Archipels und kommt mit 868 km 2 Flächeninhalt etwa 
der Insel Rügen gleich. Die nach beiden Enden sich verschmälernde 
Insel wiederholt in mancher Beziehung den Charakter Sawaiis. Den 
Westen nimmt eine mit Lavablöcken und dicht bewaldeten Lavaströmen 
erfüllte Ebene ein, die vom mächtigen Kraterring des isolierten Tofua 
überragt wird und, soweit sie nicht wasserarm ist, wegen ihrer Frucht- 
barkeit den wirtschaftlichen Mittelpunkt nicht nur Upolus, sondern der 
gesamten Inselflur darstellt. An sie schliesst sich ostwärts ein zwar 
bloss mässig hohes (980 m), aber schroffes, kühn gestaltetes Gebirge, 
das die reizvolle Insel in der Längsrichtung durchzieht und nach Süden 
steiler als nach Norden abfällt, so dass auch hier die Südseite als eine 
schroffe, hohe Felsküste erscheint. Das Gebirge ist aus mehreren Reihen 
dicht bewaldeter Vulkane zusammengewachsen, deren gewaltige basaltische 
Lavaergüsse die ganze Insel aufgebaut haben und bei genügend vor- 
geschrittener Verwitterung den Pflanzen einen ausgezeichneten Nährboden 
darbieten. Einer dieser erloschenen Vulkankegel, der Lanuto'o, südlich 
von Apia, birgt in seinem ausgebrannten Krater einen tiefgrünen See 
von 700 m Durchmesser, dessen wunderbar schöne Waldumgebung sich 
seit Errichtung einer einfachen Erholungsstation durch das Kaiserliche 
Gouvernement eines lebhaften Besuches erfreut, während die aber- 
gläubischen Samoaner das in stiller, erhabener Bergeinsamkeit ver- 
steckte Meerauge ängstlich meiden. Die Vulkanreihe teilt sich von 
der Mitte der Insel ab nach Westen in zwei Hauptarme, zwischen 
denen sich ein Hochplateau erstreckt, und lösen sich schliesslich im 
Osten zu einem regellosen Gewirr von Kegeln, Kämmen und Ein- 
senkungen auf. 

Upolu ist überreich bewässert und wird von vielen Gebirgs- 
flüssen durchzogen, die in steilwandigen, tiefen Tobein dahinrauschen 
und selbst in den trockenen Monaten nicht versiegen. Zur Regenzeit 
schwellen sie oft zu undurchschreitbaren Wildbächen an. In malerischen 
Wasserstürzen, die vom Meer aus wie glänzende Silberfäden erscheinen, 
müssen sie die unvermittelten Höhenunterschiede überwinden, die stellen- 
weise so beträchtlich sind, dass einer jener Wasserfälle nicht weniger 
als 235 m Fallhöhe besitzt. Andererseits wieder ist in den westlichen 
Ebenen der vulkanische Boden so durchlässig und unterhöhlt, dass ganze 



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! 

— 73 — 

Bäche in ihm verschwinden und erst am Meeresufer als starke Quellen 
neu zum Vorschein kommen. 

Das Gestade Upolus ist teils eine riffreie Steilküste, teils eine von 
passagenreichen Korallenriffen begleitete Flachküste, an die sich aus- 
gedehnte Ebenen anschliessen. Die Küsten sind viel mehr als die- 
jenigen Sawaiis mit brauchbaren, auch für grössere Schiffe benutz- 
baren Ankerbuchten ausgestattet. Selbst das hafenärmere Südufer 
hat in dem geschützten Falealili- Hafen , in der Safatu-Bucht und in 
der Le Fanga-Bai gute Zugänge. Eine weit grössere Auswahl bietet 
die reicher gegliederte Nordküste. Erwähnenswert ist die tief ins 
Land eindringende Fangaloa-Bai, die zur Zeit wegen mangelnden 
Schutzes zwar bedeutungslos ist, aber durch Kunstbauten in einen 
leidlichen Hafen umgewandelt werden kann. Zu nennen ist ferner 
die alte deutsche Kohlenstation Saluafata, deren 2 km 2 einnehmende 
Wasserfläche leider auf weite Strecken von Riffen durchsetzt ist, 
die tiefgehenden Fahrzeugen nur einen beschränkten Ankergrund 
gewähren. Doch ist die malerische Bucht den schweren Südsommer- 
stürmen nicht ausgesetzt und dient zu dieser Zeit den deutschen 
Stationsschiffen zum Aufenthalt. Denn das 17 km westlicher gelegene 
Apia ist zwar der Mittelpunkt des samoanischen Handels, hat jedoch 
leider keine besonders günstige Reede, die, räumlich beengt, nur einer 
geringen Zahl von Schiffen Aufnahme gewährt und bloss vor dem im 
Winter wehenden Südostpassat Sicherheit bietet, während sie infolge 
ihrer nach Norden offenen Lage gegen die im Südsommer häufigen 
Nordstürme nicht geschützt ist. Obendrein entsendet ein breiter, viel- 
zackiger Riffgürtel, den eine starke Brandung umbraust, gefährliche Aus- 
läufer und Klippen ins Hafenbecken hinein, die teils über, teils unter 
dem Wasserspiegel liegen, die Einfahrt erschweren und bei plötzlich 
hereinbrechenden Orkanen schon manchem Schiff den Untergang ge- 
bracht haben. Als trauriges Denkmal des furchtbaren Unglücks von 
1889 (vergl. S. 12) liegt auf dem Korallenriff noch heute das Wrack des 
deutschen Kanonenbootes „Adler". 

Die weit geöffnete Bucht, die eine Reihe kleiner Bergbäche auf- 
nimmt und im Hintergrunde von waldigen Gebirgsketten umrahmt wird, 
umsäumen halbkreisförmig die zwischen Gärten versteckten und von 
schlanken Palmen überragten Häuser der Kolonisten und Eingeborenen. 
Sie reihen sich zu einer 6 km langen Strasse aneinander, die in ihrer 
Gesamtheit das schmucke Städtchen Apia, den Sitz des deutschen 
Gouverneurs, bilden. Die anmutig gelegene Niederlassung, unter deren 



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• 



— 74 - 

1300 Einwohnern sich 375 Fremde und 1 29 Mischlinge befinden, besteht in 
der Hauptsache aus sieben Ortschaften. In der Mitte liegt das eigentliche 
Apia mit Kirchen, Schulen 1 ), Niederlagen, Läden, Missions- und Verwal- 
tungsgebäuden, Gasthäusern, Postamt und vielen Trinkstuben. Ostlich 
schliesst sich daran auf breiter Halbinsel das überwiegend englisch-ameri- 
kanische Matautu. Westwärts folgen nacheinander Mulivai, Matafele, Sa- 
valalo und Songi, wo viele Geschäftsleute, Handwerker und kleine Beamte, 
zum weitaus grössten Teil Deutsche, sich inmitten schattiger Gärten luftige, 
villenartige Landsitze erbaut haben. Songi und Savalalo werden fast 
ganz von den stattlichen Faktoreien, Schuppen, Warenlagern und Wohn- 
gebäuden der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft für die Süd- 
see zusammengesetzt. Den Beschluss bildet auf schmaler, weit ins Meer 
vorspringender Landzunge das Eingeborenendorf Mulinuu, der alte samoa- 
nische Königssitz und als solcher der Schauplatz vieler blutiger Kämpfe. 
Hier haben der Gouverneur und der offiziell anerkannte Oberhäuptling 
Mataafa ihre Residenz aufgeschlagen. 

Die Upolu östlich vorgelagerten Eilande Fanuatapu, Nuutele und 
Nuulua sind schwer zugängliche Felsklippen, vielleicht Reste eines mäch- 
tigen alten Kraters. 

Die dritte grosse Insel, Tutuila (134 km 2 ), die wildeste aller 
Samoa-Inseln, ist ebenfalls aus der Zusammenhäufung alter Krater- 
berge entstanden, die längst erloschen und grösstenteils der Ab- 
tragung zum Opfer gefallen sind. Ihre Reste scharen sich zu einem 
dicht bewaldeten Gebirge zusammen, das zwar nur 750 m hoch ist, aber 
schroff und mauerartig die ganze Insel erfüllt. Zeitweilig öffnen sich 
zwischen den Felswänden wohlverstcckte, geschützte Buchten, die nichts 
anderes als alte Kraterbecken sind und die vielfach zerschnittene Steil- 
küste in mannigfachster Weise gliedern. Einer dieser Einschnitte, der 
allseitig von steilen Bergflanken umkränzte Hafen Pango-Pango, dringt von 
der Südküste aus so tief in den Inselkörper ein, dass er ihn fast in zwei 
Hälften zerschneidet. Er macht Tutuila strategisch zum Schlüssel ganz 
Samoas, da er jederzeit leicht anzulaufen ist und da die geräumige, 
gegen allen Seegang geschützte Wasserfläche nur durch einen 

*) Besondere Erwähnung verdient die deutsche Schule in Apia (Matafele), die 1888 
dank den Bemühungen des Deutschen Schulvereins gegründet und mit dessen Unterstützung, 
sowie mit einer Beihilfe der Deutschen Regierung und der Deutschen Kolonialgescllschaft er- 
folgreich weitergeführt worden ist. Sie wird in vier Klassen von ;o Kindern, darunter 50 
deutschen, besucht und ist mit einem von einer Stmoanerin geleiteten Kindergarten ver- 
bunden. 



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- 75 — 

schmalen, leicht zu verteidigenden Eingang mit dem offenen Meere in 
Verbindung steht. Wird man Apia selbst mit erheblichem Kosten- 
aufwand nie zu einem brauchbaren Ankerplatz umgestalten können, so 
ist Pango-Pango, obwohl nicht frei von Schattenseiten, als Hafen ganz 
vortrefflich. Die Amerikaner haben das wohl erkannt und arbeiten unab- 
lässig daran, die alte Kohlenstation, die sie sich schon 1878 von den 
Samoancrn hatten abtreten lassen, in ein festes Bollwerk zu verwandeln. 

Die östlichen Hochinseln des Archipels fasst man unter dem Namen 
der Manuagruppe zusammen. Die grösste der drei, insgesamt 80 km 2 
einnehmenden Inseln, Manua oder Tau, ist nichts anderes als eine wohl- 
bebaute und wohlbewässerte Vulkankuppe von 800 m Höhe, die jäh 
und hafenlos ins Meer stürzt und von Korallenriffen umwallt wird. 
Westlich von ihr liegen, durch schmale Mceresstrassen voneinander ge- 
trennt, das doppelgipfelige Ofu und der schroff abfallende alte Vulkan 
Olosenga (900 m). 

Gleich den Karolinen und Marshall-Inseln besitzt Samoa wegen 
seiner äquatornahen Lage und der entschiedenen Beeinflussung durch 
die Wassermassen des Stillen Ozeans ein sehr gleichmässiges , heiss- 
feuchtes, tropisches Seeklima, dessen mittlere Jahrestemperatur in Apia 
25,8° C beträgt und dessen Schwankungen so gering sind, dass die 
Monatsmittel sich nur zwischen 26,7 (Dezember) und 24 °C (Juli), die 
absoluten Temperaturunterschiede zwischen 32 und C bewegen. 
Die Wärme des Meerwassers ist mit 27 — 30 0 C noch erheblich 
beständiger und zeigt tagelang keine merklichen Abweichungen. Infolge- 
dessen herrscht auf der Inselflur ein ewiger Sommer ohne scharfe Tren- 
nung der Jahreszeiten. Doch mildern örtliche Winde, tagsüber die See- 
winde, nachts eine aus den Bergen kommende Landbrise, die Hitze, 
so dass selbst die höchsten Wärmegrade nicht als drückend empfunden 
werden. Nur bei Windstille herrscht eine unangenehme Hitze. 

Das Jahr gliedert sich in eine regenreichere und niederschlagsärmere 
Zeit. Erstcre fällt in die Monate Dezember bis April, d. h. in den Südsommer, 
und ist zugleich die heisseste Zeit des Jahres, die Periode meteorologischer 
Schwankungen und unbeständigen, unberechenbaren Wetters. Während 
ihrer Dauer herrschen wechselnde Winde vor, von denen die aus dem 
westlichen Quadranten kommenden gewöhnlich Niederschläge bringen. 
Entsprechend dem Charakter aller tropischen Regenzeiten gehen sie ganz 
plötzlich in Form kurzer böiger Regenschauer mit wolkenbruchartigen 
Güssen nieder, die, mit heiterem Sonnenschein abwechselnd, unaufhörlich 
einander jagen. Tage oder gar Wochen hindurch anhaltende Landregen 



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— 76 — 



sind selten. Dann dringt freilich die Feuchtigkeit in alle Räume ein, 
Rost und Schimmelpilze überziehen jeden Gegenstand, und nichts bleibt 
trocken. Diese Zeit wirkt erschlaffend, wenngleich nicht ungesund, und 
auch den sonst durchaus nicht wasserscheuen Eingeborenen ist wie den 
Karoliniern (vgl. S. 41) der kühle Regen ebenso unangenehm wie die 
kalte Luft, weil ihr dem ewig gleichen Klima angepasster Körper bei 
stärkerer Temperaturabnahme nicht mehr recht im stände ist, selbst- 
tätige Erwärmung zu leisten. Ein Regenschirm gehört deshalb für die 
Samoaner zu den geschätztesten Errungenschaften der Zivilisation. 

Viel angenehmer und gesünder ist die regenärmere Zeit, die vom 
Mai bis zum November dauert, also im Südwinter stattfindet. Sie ist die 
Zeit des sehr regelmässig wehenden Südostpassates, der klare, kühle 
Luft und Trockenheit bringt. Doch ist er keineswegs arm an Feuchtig- 
keit, denn er verursacht starken Taufall und hat häufige Platzregen im 
Gefolge, die vornehmlich der südlichen Abdachung der Inseln zu gute 
kommen, weil die mit Wasserdampf gesättigten Wolken vom Gebirge 
aufgefangen werden. Somit sind die Niederschläge über das ganze Jahr 
verteilt, wenn auch der Südsommer die Zeit der grössten Regenhäufig- 
keit ist. Die Regenmenge erreicht in Apia den hohen Jahresbetrag von 
rund 3500 mm der das Sechsfache der in Deutschland fallenden 
Niederschläge ausmacht und sich im Jahresdurchschnitt auf 196,3 Regen- 
tage verteilt. Für das bergige Innere wird man, ohne zu hoch zu greifen, 
wohl das Doppelte dieses Betrages annehmen können. Da die fast 
ständig die Berggipfel einhüllenden Wolken den Flüssen immer neue 
Nahrung zuführen, so sind die Inseln überreich an rauschenden Wasser- 
adern, die einen belebenden Zug der samoanischen Landschaft bilden 
und nicht wenig zur Fruchtbarkeit des Bodens beitragen. Stellenweise 
verschwindet allerdings das Wasser im porösen Untergrund und läuft in 
unterirdischen Flussbetten durch verborgene Höhlengänge, um erst am 
Meeresstrande oder in einiger Entfernung von ihm als starke Quelle wieder 
zu Tage zu treten. Um diesem Übelstande abzuhelfen, ist daher die 
Untersuchung der Quell- und Grundwasserverhältnisse eine praktisch und 
wissenschaftlich gleich wichtige Aufgabe. 

Gewitter hat man selten, Wetterleuchten häufiger und zu allen Jahres- 
zeiten beobachtet. 

Im Sommer, vornehmlich gegen den Ausgang des Herbstäquinok- 



') In manchen Jahren überschreitet die Regenhöhe 4000 mm, in anderen wieder ist 
sie erheblich geringer (2500 mm). 



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tiums (Januar bis April mit einem Häufigkeitsmaximum im März), 
stellen sich verheerende Orkane ein, die meist von wochenlangen, regen- 
reichen Weststürmen eingeleitet werden. Sie fügen nicht bloss der 
Schiffahrt schweren Schaden zu — die trauervolle Katastrophe, die 1889 
den wenig geschützten Hafen von Apia heimsuchte, ist noch unvergessen 
— , sondern bedrohen auch die Pflanzungen, weil sie die Frucht- 
bäume umwehen oder ihrer Blätter berauben, und weil die Palmen zur 
Erholung und Wiederbelaubung geraume Zeit brauchen. Glücklicher- 
weise kehren die furchtbaren Stürme nur in längeren Pausen wieder 
und suchen das schon mehr ausserhalb ihrer Wanderbahnen gelegene 
Samoa viel seltener heim als die benachbarten Inselgruppen. 

Die Gesundheitsverhältnisse Samoas sind als überaus günstig zu 
bezeichnen, da gefährliche Seuchen und Tropenkrankheiten kaum be- 
kannt sind (vgl. Karolinen S. 41). Häufiger ist die Elephantiasis, die eine 
Anschwellung der Gliedmassen nach sich zieht, aber bei einiger Vorsicht 
leicht zu vermeiden ist. Wahrscheinlich ist sie eine Folge der Boden- 
ausdünstung, da die Samoaner auf ebener Erde schlafen und da die 
wenigen zum Lager dienenden Matten die starke nächtliche Ausdünstung 
des Untergrundes nicht abzuhalten vermögen. Das kurz vor oder nach 
der Regenzeit sich einstellende Samoafieber verläuft meist leicht und 
gutartig und ist für die Eingeborenen fast gefährlicher als für Fremde. 
Die Schwindsucht ist unter den Samoanern nicht selten und wird durch 
das feuchtwarme Klima begünstigt. Hautkrankheiten sind, wie bei allen 
Südseevölkern, nichts Ungewöhnliches. Im übrigen vereinigt jedoch die 
paradiesische Inselflur mit den Vorzügen landschaftlicher Schönheiten und 
beispielloser Fruchtbarkeit den Vorzug eines für Europäer durchaus zu- 
träglichen Klimas, so dass sie — ein seltener Ausnahmefall unter den 
Tropen — bei entsprechender Lebensweise ständig in Samoa leben und 
ohne Schädigung ihrer Gesundheit schwere Arbeiten im Freien ver- 
richten können. 

Das warme, gleichmässige Klima, der Überfluss an fallendem und 
strömendem Wasser und die unerschöpfliche Fruchtbarkeit des tiefgrün- 
digen Verwitterungsbodens, der bis 3 m mächtig wird, reich an Stick- 
stoff und Phosphorsäure ist und durch die fortschreitende Zersetzung 
des freiliegenden Gesteins immer neue Nährstofle erhält, erzeugen eine 
echt tropische Vegetation von strotzender Üppigkeit. Grossartig und 
lieblich zugleich, beginnt sie unmittelbar am Meer, überzieht jeden Stein, 
erfüllt jeden Riss und überkleidet Niederungen wie Berge mit einer 
dichten grünen Hülle. Die Triebkraft der Pflanzen ist wegen der gün- 



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stigen Daseinsbedingungen so erstaunlich, dass schon nach wenigen 
Monaten ganze Bäume entstehen. Ferner zeigen viele Gewächse wegen 
der klimatisch wenig verschiedenen Zeitabschnitte und der steten Regen- 
zufuhr eine ununterbrochene Entwicklungsperiode, so dass sie in ihrer 
Blüten- und Fruchtbildung an keine bestimmte Jahreszeit gebunden sind. 
In dieser Thatsache besteht allerdings die Schwierigkeit, Gewächse, die 
wie unsere mitteleuropäischen Pflanzen an den Wechsel der Jahreszeiten 
und damit an eine Ruheperiode gewöhnt sind, in Samoa einzubürgern und 
mit Erfolg zu kultivieren. Sonst hat indes die Plantagenwirtschaft die 
zukunftsvollsten Aussichten. Nur auf den trockenen Aschen-, Tufif- und 
Schlackenlagern und auf den schwer zersetzbaren jugendlichen Lava- 
strömen fand die pflanzliche Besiedelung keinen günstigen Boden und 
ist in diesen für Kulturen völlig ungeeigneten Landstrichen so langsam 
fortgeschritten, dass sich hier erst eine steppenhafte Flora mit anspruchs- 
losen Sträuchern, Kräutern, Farnen und Gräsern eingenistet hat, um mit 
den eigenen Verwesungsresten für eine höhere Vegetation den Grund 
zu schaffen. 

Dringt man ins Innere der Inseln vor, so hat man zunächst den 
Küstenbusch zu überwinden, ein fest verflochtenes Strauchgewirr immer- 
grüner Rubiaceen, Myrtaceen und Urticaceen, das von Kokospalmen mit 
ihren hellgrünen Fiederkronen, von Pandangartcn mit meterlangen, band- 
ähnlichen, scharf gezähnten Blättern, von Brotfruchtbäumen, Mangos, 
Hibiscusarten, stattlichen Barringtonien und riesigen Banianenfeigen, den 
„Elefanten des Pflanzenreiches", überragt wird. Ein Heer von Schling- 
pflanzen verwandelt den Küstenbusch in ein undurchdringliches Dickicht. 
Trotzdem ist er erst eine sekundäre Bildung. Denn die mächtigen Bäume, 
die ihn beschatten, sind die Reste und Wahrzeichen der ursprünglich 
vorhanden gewesenen Waldbedeckung. 

Weiter landeinwärts folgt das küstennahe Kulturland der Einge- 
borenen. Kokospalmen und Brotfruchtbäume bestimmen sein landschaft- 
liches Bild; aber auch andere Nahrungsgewächse wie Mangos, Zitronen, 
Apfelsinen, Bananen, Taro, Yams und Zuckerrohr, gedeihen ohne sonder- 
liche Pflege vortrefflich. Zum Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyri- 
fera), aus dessen Rinde die Samoaner den feinen, weichen Tapastoff 
bereiten, gesellen sich geschätzte einheimische Obstbäume. Auf den 
europäischen Pflanzungen werden Kokospalmen, Kakao, Thee, Tabak, 
Vanille und Zuckerrohr angebaut. 

Allmählich wird der Wald dichter und höher und nimmt immer 
mehr den Charakter des schwer passierbaren, menschenleeren Urwaldes 



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an, der die schroffen Umrissformen der Inselflur ausgleichend verhüllt. 
Schlingende, kletternde und windende Schmarotzergewächse, Orchideen, 
Flechten und über 100 Moosarten, Strauchwerk, niedrigere Bäume und 
baumartige Farne — die Farne sind hier und auf den Karolinen die 
hauptsächlichste Pflanzenfamilie und kommen in mehr als 150 Arten 
vor — verbergen die hohen Stämme der riesigen Bäume, deren meist 
kleine Blätter wenigstens einen Teil des belebenden Sonnenlichtes auf 
den feuchten Modergrund gelangen lassen. Stellenweise ist am Boden 
ein Teppich abgefallener Blüten angehäuft, die den unsichtbaren Baum- 
wipfeln entstammen und meist gelb oder weiss gefärbt sind. Doch ver- 
breiten nur wenige von ihnen einen süssen, weithin wahrnehmbaren 
Geruch oder zeichnen sich durch schöne Gestalt aus; die überwiegende 
Mehrzahl ist klein und geruchlos. Natürlich ist der Urwald auch reich 
an Nutz- und Farbhölzern verschiedenster Art, da mehr als 20 Baum- 
arten festes, widerstandsfähiges Holz für Tischlerei, Drechslerei, Schnitzerei 
oder für technische Zwecke liefern. Doch ist die Wegschaffung der 
Stämme mit übergrossen Schwierigkeiten verknüpft, weil vorläufig noch 
alle Mittel und Wege zur gewinnbringenden Ausbeutung der Wald- 
schätze fehlen. 

Endemisch oder der Inselflur eigen ist bloss eine verhältnismässig 
geringe Anzahl von Pflanzen. Auch zum Australkontinent und zur 
Melanesischen Inselwelt bestehen sehr geringe Beziehungen. Dagegen 
hat die Flora Samoas einen ausgesprochen indischen Charakter und zeigt 
eine unverkennbare Abhängigkeit namentlich von der javanischen Flora. 
Im allgemeinen stimmt sie mit derjenigen des benachbarten Tonga- 
Archipels überein und ist weder besonders reichhaltig noch charak- 
teristisch. 

Viel ärmer als die Pflanzenwelt ist wie auf allen polynesischen Inseln 
die Tierwelt Samoas, die ebenfalls mit der tonganischen Fauna überein- 
stimmt. Ganz spärlich sind die Landsäugetiere vertreten. Neben einem 
fliegenden Hund von Rattengrösse und zwei Fledermäusen, die zu Tausen- 
den in den vielen Lavahöhlen und Schlackengängen leben, finden sich 
nur Schweine, Ratten, Mäuse und Hunde, die erst im achtzehnten Jahr- 
hundert von Walfischfängern eingeführt wurden. Insbesondere die Ratten 
sind zu einer wahren Landplage und die verderblichsten Feinde der 
Hühnerställe und der einheimischen Vogelwelt geworden. Ausser dem 
Huhn, das zum Teil verwilderte und sich ins Dickicht zurückzog, ist 
das Schwein, das Lapörouse bei seinem Besuch bereits vorfand, das 
einzige Haustier der Samoaner, und da sie kein anderes grösseres Tier 



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kannten, so wandten sie anfänglich auf jedes derselben die Bezeichnung 
Schwein an. Auch die Pferde wurden von ihnen Reitschweine genannt. 
Die Schweine haben sich in der ihnen sehr zusagenden Umgebung trotz 
eifriger Verfolgung seitens der Eingeborenen in so unglaublicher Weise 
vermehrt, dass sie ebenfalls verwilderten. Die Samoaner jagen sie mit 
den in allen Ortschaften reichlich vertretenen , zur Saujagd sehr geeig- 
neten Hunden und fangen sie lebendig ein wobei es nie ohne Kampf 
und selten ohne Wunden abgeht. Von Australien her sind Pferde, Esel 
und Rinder eingebürgert worden und lassen sich verhältnissmässig billig 
züchten. Freilich wird die Viehzucht nie für die Ausfuhr, sondern 
lediglich für den eigenen Bedarf Samoas in Betracht kommen. Für 
Schafe ist das Klima zu feucht. Um so vorzüglicher gedeihen die Rinder, 
so dass von der Deutschen Handels- und Plantagengcsellschaft auf Upolu 
gegen 1600 Stück zu Milch-, Zug- und Schlachtzwecken gehalten werden. 
Sie haben zugleich die Aufgabe, das in den Kokospfianzungen wuchernde 
Unkraut wegzufressen. 

Die leichter bewegliche Vogelwclt ist mit 52 Arten verhältnismässig 
reicher und macht im Verein mit der im Oberfluss vorhandenen Meeres- 
fauna, die im wesentlichen derjenigen des Karolinenmeeres entspricht, 
die Hauptmasse der samoanischen Tierwelt aus. An Raubvögeln sind 
nur zwei Eulenarten beobachtet worden. Viel häufiger sind sperlings- 
artige Vögel, Honigsauger, ein schwarzgrauer Star mit metallisch 
glänzendem Gefieder, eine auch auf den Karolinen verbreitete (Tahiti-) 
Kuckucksart, ferner Würgerarten, drei Papageien, deren Federn den 
Samoancrinnen als willkommener Schmuck dienen, und neun wegen ihres 
schmackhaften Fleisches eifrig gejagte Taubenarten, die in grossen 
Schwärmen die Wälder bevölkern. Am zahlreichsten ist die Ordnung 
der Wat- und Schwimmvögel vertreten, die auf den Korallenriffen un- 
erschöpfliche Beute finden. Als zoologische Merkwürdigkeiten sind end- 
lich erwähnenswert ein im dichtesten Urwald vereinzelt lebendes 
Scharrhuhn, Moa genannt, und die im Aussterben begriffene Zahntaube 
oder Manumea (Didunculus strigirostris) , der letzte lebende Vertreter 
einer längst ausgestorbenen Vogelfamilie und der einzige Verwandte der 
ausgerotteten Dronte von Mauritius. Die Zahntaube besitzt in Samoa 
ihre einzige Heimat und wird dort noch heute gefangen. 

Von Amphibien giebt es bloss einige ungefährliche Schlangenarten 
und zwei Eidechsen. Auch die Insektenfauna ist nicht sehr reichhaltig. 
Schmetterlinge sind viel häufiger als die sehr einförmige und artenarme 
Ordnung der Käfer. Ameisen, Moskitos und viele Arten der mächtigen 



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Tropenschwabe sind ebenfalls in unerwünschter Menge vorhanden. Ein 
fast fingerdicker Regenwurm gilt den Samoanern als hochgeschätzter 
Leckerbissen, ebenso ein mariner Borstenwurm, der Palolo, der sich 
jährlich nur einmal im November und zwar bloss in der Morgen- 
dämmerung bis zum Sonnenaufgang einstellt, dann aber in ungeheurer 
Menge gefangen wird. 

Die Eingeborenen der Inselflur gehören dem polynesischen Völker- 
kreis an, der das gesamte Südseegebiet besiedelt hat. Bei diesen aus- 
gedehnten Wanderzügen spielte Samoa, das wahrscheinlich mit am frühe- 
sten, und zwar jedenfalls von Neuseeland aus, bevölkert wurde, wegen 
seiner zentralen Lage eine wichtige Rolle und entsandte nach den ver- 
schiedensten Richtungen hin strahlenförmig neue Wanderzüge. 

Die Männer sind schöne, wohlgebaute, muskulöse Leute von grosser, 
kräftiger Gestalt, erstaunlicher Gewandtheit und keineswegs unbedeuten- 
der Körperkraft, die sie, wie Europäer und Amerikaner wiederholt er- 
fuhren (vgl. S. 12, 14,67), im Nahkampf zu gefährlichen Gegnern machen. 
Die Hautfarbe ist hellbraun bis bronzefarben , das Haar schwarz und 
meist glatt, der Bartwuchs spärlich. Die Nase ist breit gedrückt, die 
Lippen sind wulstig, die Gesichtszüge etwas derb, aber ausdrucksvoll 
und in ihrem Gesamteindruck nicht unangenehm. Die Frauen sind 
kleiner und gehören unstreitig zu den schönsten Polynesierinnen. 

Von Natur sind die Eingeborenen freundlich und gutmütig, heiter 
und höflich und in übergrosser Gastfreiheit stets bereit, ihren Besitz mit 
Freunden und Fremden zu teilen. Diebstahl war bei ihnen so gut 
wie unbekannt und galt als ein schwer schändendes Verbrechen. Noch 
jetzt haben, abgesehen von Apia, die meisten Samoaner die Achtung 
vor fremdem Eigentum bewahrt. Geistig erscheinen sie geweckt und 
begabt. Während ihnen aber die einen hochentwickelte Intelligenz und 
schnelles Auffassungsvermögen nachrühmen — lesen und schreiben 
können die meisten, manche auch gut rechnen, und in Bibelkenntnis 
und biblischer Geschichte leisten sie Erstaunliches — , wird ihre Bildungs- 
fähigkeit von anderen bestritten mit der Begründung, dass die Samoaner 
nur als Knaben gut lernen, dass aber später alle Mühe vergeblich sei. 
Ein herrliches Klima und eine freigebige Natur, die ihren Kindern alles, 
was sie zum Lebensunterhalt brauchen, reichlich und ohne sonderliche 
Mühe in den Schoss wirft, hat die Samoaner träge und zu stolz zur 
Arbeit gemacht, die bei ihnen eher als Schande gilt. Die Arbeit als 
Mittel zum Zweck war ihnen ein völlig fremder Begriff und würde es 
noch heute sein, wenn nicht durch die Weissen das Streben nach 

Deutschland! Kolonien. g 



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materiellem Vorteil und nach europäischen Waren in ihnen geweckt 
worden wäre. Trotzdem entschliessen sich die Eingeborenen höchst 
ungern zu anhaltender, harter Arbeit in den Pflanzungen, weshalb man 
mit grossen Kosten auswärtige Arbeiter einführen musste. Essen und 
Trinken, Spielen, Singen, Tanzen und Erzählen von Fabeln und Ge- 
schichten , deren es eine Menge giebt , sind die Lieblingsbeschäftigung 
des vergnügungssüchtigen Phäakenvölkchens , das sorglos und ohne 
zu sparen einer heiteren Zukunft entgegenlebt. Eigentliche Musik- 
instrumente sind unbekannt, wenngleich tönende Instrumente zur Be- 
gleitung der Gesänge und Tänze dienen. Das wichtigste von ihnen 
ist die Holztrommel, die wie bei einigen Negerstämmen Afrikas zur Aus- 
bildung einer die Telegraphie ersetzenden Trommelsprache Anlass ge- 
geben hat und auch an Stelle der Kirchenglocken die Gläubigen zur 
Andacht ruft. Als Signalhörner im Kriege dienen grosse Muscheln. 

Ackerbau wird in geringem Masse betrieben, und da der viel- 
fach steinige Boden die Anwendung von Pflug und Spaten verbietet, so 
ist das einzige Fcldgerät wie auf den Karolinen ein spatenartiger Stock, 
während der fremde Pflanzer mit Axt, Hacke und Messer den stein- 
erfüllten Untergrund bearbeitet. Um so eifriger liegen die Samoaner 
der Tauben- und Schweinejagd ob, geradezu leidenschaftlich aber sind 
sie der Hauptbeschäftigung, dem Fischfang, ergeben. Fischturniere ge- 
hören zu den beliebtesten Wettkämpfen, bei denen ganze Dörfer ihre 
Geschicklichkeit zeigen. Mit der Lebensweise der Fische ist man genau 
vertraut, und jeder von ihnen wird nach besonderem Verfahren mit 
Angelhaken, Pfeilen und Speeren, in Netzen oder durch Fischgift ge- 
fangen. Als beliebte Betäubungsmittel dienen Pflanzensäfte, da der 
früher gern verwendete Dynamit wegen häufiger, durch unvorsichtiges 
Umgehen mit ihm verursachter Unfälle verboten worden ist. Abgesehen 
von Meerestieren, Tauben und Hühnern — Schweinefleisch wird nur 
bei Festlichkeiten verzehrt — ist die Nahrung der Eingeborenen vor- 
wiegend vegetabilisch und besteht aus den bereits genannten Pflanzen 
und Früchten. Das Kochen geschieht nach polynesischer Art ohne Töpfe 
zwischen heissen Steinen und ist im allgemeinen Sache der Männer; 
statt des Salzes benutzt man Seewasser. Nationalgctränke sind der als 
Kokosmilch bekannte kühle Fruchtsaft der Kokosnuss und die Kawa, 
ein schmutzig-graues, bitter schmeckendes Gebräu. Es wird dadurch 
gewonnen, dass man die von jungen Mädchen gekauten oder neuer- 
dings in reinlicherer Weise auf einem Reibeisen zerriebenen Wurzeln 
des Kawapfeffers in einem Gefäss sammelt und mit Wasser übergiesst. 



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Von ausländischen Nahrungs- und Genussmitteln haben hauptsächlich 
der von den Insulanern viel und sorgfältig angepflanzte Tabak, ferner 
Hartbrot und konserviertes Fleisch Eingang gefunden. Dagegen sind 
Branntwein und berauschende Getränke nicht recht in Aufnahme ge- 
kommen und begegnen instinktiver Abneigung. Europäische Werk- 
zeuge und Geräte wie Spiegel, Regenschirm, Petroleumlampe und 
selbst die Nähmaschine erfreuen sich ebenfalls grosser Beliebtheit. Die 
Nähmaschine ist ein unentbehrlicher Bestandteil vieler samoanischen 
Haushaltungen und der Stolz der samoanischen Hausfrauen geworden und 
wird von ihnen und den Mädchen geschickt gehandhabt. 

Weil das Wasser das Lebenselement der Eingeborenen ist und 
ihnen so viele ihrer Bedürfnisse liefert, so sind sie geschickte Schwimmer, 
gewandte Schiffer und tüchtige Bootbauer, die ihre zierlichen, mit Aus- 
legern versehenen Fahrzeuge durch Ruderkraft oder unter Benutzung 
von Mattensegeln schnell vorwärts zu bewegen wissen. Doch werden 
die alten Boote, darunter die bis zu 300 Mann fassenden Doppelboote, 
immer mehr durch europäische Fahrzeuge verdrängt; und da auch die 
früher so lebhaften Hochseefahrten nach andern Inselgruppen fast ganz 
aus der Mode gekommen sind, so haben die Eingeborenen kaum noch 
Gelegenheit, ihre reichen nautischen Erfahrungen und ihre genaue 
Kenntnis des gestirnten Himmels praktisch anzuwenden. Dagegen sind 
beim Fischfang die Kanoes alter Art den Samoanern noch unentbehrlich. 

Da die Eingeborenen durch Lebensweise und Gewohnheit ans Meer 
gebunden sind, so liegen ihre Wohnstätten ebenfalls in unmittelbarer 
Nachbarschaft des Strandes. Die ordnungslos zwischen Kokospalmen, 
Brotfruchtbäumen und Kulturanlagen errichteten Hütten vereinigen sich 
zu weitläufigen Dörfern, denen niemals ein zu Festlichkeiten oder 
Beratungszwecken dienender freier Platz fehlt. Hier steht das Haus des 
Häuptlings und das auf gemeinsame Kosten erbaute Gemeindehaus, in 
welchem fremde Gäste aufgenommen und bewirtet werden. 

Die Hütten selbst sind einfach, aber dauerhaft und zweckmässig 
angelegt Da das Klima nur Schutz gegen Sturm, Regen und Sonnen- 
schein verlangt, so wird auf die Herstellung des Daches besondere Sorg- 
falt verwendet, das mit steil geneigtem Giebel nicht selten bis 20 Fuss 
Höhe erreicht und einen seltsamen, einem umgedrehten Boot ähnelnden 
Anblick darbietet. Mit getrockneten Palmblättern bedeckt, ruht es auf 
12—40 Holzpfeilern, und die Zwischenräume zwischen dem Fachwerk 
werden von Matten verhüllt, die nach Belieben verschoben oder aufge- 
rollt werden können. Tagsüber bleiben sie offen, um der kühlenden 

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Seeluft den Durchzug zu gestatten; nachts schliesst man sie, um die 
Moskitos fern zu halten. Als Lagerstätten dienen Matten, die über einer 
den ganzen Fussboden 20 cm hoch bedeckenden Schicht glatter Rollkiesel 
ausgebreitet werden und auch Stühle und Tische ersetzen. Der Innen- 
raum ist sauber gehalten, allerdings sehr einfach eingerichtet. Denn 
soweit sich nicht europäische Gegenstände eingebürgert haben , be- 
schränkt sich der bescheidene Hausrat auf einige Körbchen, einige Kokos- 
schalen als Trinkgefässe, auf die notwendigen Haus- und Fischereigeräte 
und auf eine flache Holzschüssel zur Kawabereitung. Eine mit Lehm 
ausgekleidete schüsselartige Vertiefung ersetzt den Feuerherd. Doch 
kocht man nicht in den Wohnhäusern, sondern in abseits gelegenen 
besonderen Hütten. 

Dem Klima entsprechend, ist die Kleidung spärlich und beschränkt 
sich auf eine Hülle von Kattun, der wegen seines billigen Preises die 
einheimischen, zum Teil recht mühsam und zeitraubend herzustellenden 
Gewänder rasch verdrängt. Der landesübliche Hüftschurz (Lawalawa) 
besteht aus den roten Blättern des Ti-Baumes, aus gefärbten Baststreifen 
des Hibiscusbaumes oder aus dem feinen papierartigen Tapastoff , der 
aus geklopften und zusammengeklebten Stücken der inneren Rinde des 
Papiermaulbeerbaumes gewonnen und mittels eines Holzstempels mit 
einfachen roten, gelben und schwarzen Mustern bedruckt wird. Bei fest- 
lichen Gelegenheiten trägt man noch feine, von den Frauen verfertigte 
Matten, die zuweilen wahre Musterwerke der Flechtkunst sind und deren 
etwa unseren Orden entsprechende Verleihung seitens der Häuptlinge 
— jeder wichtige Akt ist mit der Verteilung solcher Häuptlings- oder 
Regierungsmatten verknüpft — oft einen politischen Anstrich hatte. Die 
feinsten Matten erben als kostbarer, unveräusserlicher Familienbesitz von 
Geschlecht zu Geschlecht fort, weil sie Rang und Reichtum der be- 
treffenden Familie gleichsam symbolisch andeuten. 

So einfach die Kleidung ist, um so reicher ist der Schmuck. Ohr-, 
Hals- und Armringe sind sehr beliebt. Um den Hals und im kurz ge- 
schnittenen, durch Kalk rötlich gebeizten Haar trägt man Blumen und 
Blätter. Wie bei allen Polynesiern ist auch trotz der Bemühungen der 
Mission und trotz der sehr schmerzhaften Operation die Tätowierung 
allgemein üblich, weil ein nicht tätowierter Jüngling als unmännlich und 
nicht als echter Samoaner gilt. Die Tätowierung wird von einer be- 
sonderen Künstlerkaste vorgenommen und besteht aus geradlinigen 
Figuren, die an Stelle des Lendenschurzes vom Nabel bis zum Knie 
aufgetragen werden. Die Feinheit der Ausführung steigt mit dem An- 



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sehen der Person und der Höhe des dem Künstler gezahlten Preises. 
Beim weiblichen Geschlecht ist die Tätowierung weniger gebräuchlich 
und wird durch Parfüme ersetzt, die man in unglaublichen Quantitäten 
und Qualitäten anzuwenden pflegt. Auf Reinlichkeit hält man grosse 
Stücke. Bei jeder Gelegenheit, oft mehrmals am Tage, wird ein See- 
oder Flussbad genommen. 

Die Vielweiberei war früher erlaubt; doch hatten gewöhnlich bloss 
die Vornehmen mehrere Frauen, die gut behandelt wurden. Ebenso kann 
das Familienleben trotz mancher Absonderlichkeiten als glücklich be- 
zeichnet werden, und die Ehe gilt mit gewissen Einschränkungen als 
heilig, obwohl ihre Schliessung ebenso leicht ist wie ihre Lösung. 
Mischehen zwischen Weissen und Voll- oder Halbblut-Samoancrinnen 
sind keineswegs selten. 1 ) Der Ehebruch zog früher strenge Strafen, 
meist den Tod, nach sich und konnte, wenn hohe Häuptlinge dabei be- 
teiligt waren, sogar zum Kriege führen. Auch wachten die Vornehmen 
streng über die Keuschheit ihrer Töchter, die stets in Begleitung älterer 
Frauen ausgehen mussten und vor der Hochzeit genau untersucht wurden. 
Waren sie nicht mehr Jungfrauen, so wurden sie mit Schimpf und Schande 
zurückgewiesen. Unter besonders strenger Aufsicht stehen die Dorf- 
jungfrauen oder Taupous, die mit vornehm zurückhaltendem Wesen 
einen tadellosen Lebenswandel verbinden müssen. Sie werden schon in 
der Jugend auf ihren zukünftigen Beruf vorbereitet und gehören stets 
den edelsten Geschlechtern an. Jedes Dorf oder jeder Bezirk besitzt 
mindestens eines dieser Mädchen, die neben ihren besonderen Pflichten 
besondere Rechte haben und eine eigenartige sozialpolitische Rolle 
spielen. Sie nehmen bei feierlichen Anlässen an der Kawabereitung teil, 
sind bei religiösen Festlichkeiten als Vortänzerinnen thätig, bestimmen 
mit den Oberhäuptlingen über öffentliche Veranstaltungen und entscheiden 
über die weiblichen Glieder ihres Machtbereichs. Auch an Kriegszügen 
sind sie beteiligt, um die Verwundeten zu pflegen und gefallenen Feinden 
den Kopf abzuschneiden. 

*) Die Samoanerin lebt sich rasch in ihre neue Stellung ein und hat wegen ihrer aus- 
gezeichneten Hausfraueneigeuschaften schon ▼iele glückliche Ehen gestiftet. Dann bringt dem 
Fremden der Eintritt in eine angesehene samoanische Familie insofern Nutzen, als er, wenn 
er ein Händler oder Pflanzer ist, an den neuen Verwandten einen ausgedehnten Kundenkreis 
rindet und von ihnen die so sehr begehrten Arbeitskräfte erhält. Freilich fordert der sehr 
verschiedene geistige Standpunkt der Ehegatten und die Notwendigkeit, mit der Verwandt- 
schaft der Frau in gutem Einvernehmen zu leben, auf der anderen Seite auch manche Opfer 
und hat nicht wenigen bittere Enttäuschung gebracht, weshalb genaue Kenner im allgemeinen 
vor Mischheirateu warnen. 



Dig 



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Wegen der mühelosen Befriedigung des Lebensunterhaltes wurde 
Kindermord auf Samoa nicht geübt. Dafür war aus Bequemlichkeits- 
gründen und aus Abneigung gegen allzugrossen Kindersegen die Ab- 
treibung der Frucht um so häufiger. 

Unter dem Einflüsse der Mission geraten die alten heidnischen 
Religionsanschauungen mit ihrer zahlreichen Götterwelt und ihrer wohl- 
ausgebildeten Mythologie immer mehr in Vergessenheit. Ebenso geht 
die starre polynesische Kastensonderung in Vornehme und Gemeine, die 
sich streng an die Schöpfungssage anlehnte — der Adel soll unmittelbar 
von den Göttern, das gewöhnliche, geringschätzig behandelte Volk 
dagegen von Würmern abstammen — zusehends der Auflösung ent- 
gegen. 

Es gab zwei Klassen von Göttern, zwischen denen jedoch keine festen 
Unterschiede bestanden, nämlich die oberen ursprünglichen oder National- 
götter, die kaum verehrt wurden und für den religiösen Kult bedeutungs- 
los waren, und die aus den Seelen der verstorbenen Häuptlinge hervor- 
gegangenen Bezirks-, Dorf- und Familiengötter. Jede Ortschaft besass 
ihren Tempel und ihren heiligen Hain. Eigentliche Götterbilder gab es 
nicht, weil man gleich den Karoliniern der Ansicht war, dass die Götter 
irgend ein Tier, eine Pflanze u. s. w., die dann verehrt und geschont 
wurden, zu zeitweiligem Aufenthalt wählten. Der Gottesdienst bestand 
in Gebeten und in der Darbringung von Opfern essbarer Tiere und 
Feldfrüchte. Der Tabuglaube war allgemein, ebenso der Glaube an ein 
Fortleben nach dem Tode in der Unterwelt (Pulotu). Bezeichnend für 
die schroffe Ständegliederung der Samoaner, die selbst vor dem Tode 
nicht Halt machte, ist es, dass die Vornehmen, die feierlichst beerdigt 
wurden, durch ein grösseres Loch am Westende von Sawaii in ihre be- 
sondere Unterwelt eingingen, während die gemeinen Leute, deren Be- 
gräbnis ohne sonderliches Zeremoniell erfolgte, durch ein kleines Loch 
in eine andere Unterwelt kamen. 

Heute sind sämtliche Samoaner Christen. Mit Ausnahme von 6600 
Katholiken, unter denen die Maristen-Kongregation seit 1845 in *3 Sta- 
tionen wirkt, und abgesehen von einigen wenigen Mormonen, gehören 
sie dem evangelischen Bekenntnis an, das durch die Wesleyanische 
Methodistenmission und die Londoner Missionsgesellschaft vertreten 
wird. Die letztere fasste als älteste Missionsgesellschaft zuerst im 
Jahre 1 830 auf der Inselflur Fuss, wo sie sich ohne Schwierigkeiten und 
ohne jedes Blutvergiessen rasch ausbreitete, so dass sie heute auf ganz 
Samoa über 200 festgefügte Gemeinden mit 23000 Mitgliedern be- 



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sitzt. 1 ) Die aus mehr als 50 Häusern bestehende Missionsanstalt Malua 
auf Upolu bildet die Hochburg der Londoner Missionsgesellschaft und 
zugleich das Bollwerk des Engländertums in Deutsch-Samoa. Für das 
Bekehrungswerk ist sie von hoher Bedeutung geworden, weil sich hier 
das grosse Seminar befindet, in dem zahlreiche farbige Prediger und 
ihre eingeborenen Frauen ihre Erziehung erhalten haben. Doch sind die 
Eingeborenen trotz erstaunlicher Bibelkenntnis, trotz Sonntagsheiligung, 
fleissigen Kirchenbesuches und eifrigen Betens wahre Christen nicht ge- 
worden. Noch viele heidnische Gebräuche und Vorstellungen sind unter 
dem zäh am Althergebrachten festhaltenden Volk lebendig, und unge- 
achtet aller Bemühungen ist die Abschaffung der Tätowierung nicht ge- 
lungen. Die barbarische Sitte, gefallenen und verwundeten Feinden den 
Kopf abzuschneiden, ist ebenfalls unverändert geblieben. Sie wird sogar 
von den bibelkundigen Insulanern mit Stellen aus der Bibel gerechtfertigt. 

Die Mission hat aber das Gute gehabt, dass sie die Samoaner, die 
infolge europäischer Übergriffe lange Zeit hindurch als gewaltthätige 
Wilde und, was sie höchstwahrscheinlich niemals gewesen sind, als 
Kannibalen verschrieen waren, mit der Aussenwelt in Verbindung brachte. 
Zuerst kamen Walfischfänger, um Proviant einzunehmen, ihnen folgte der 
Kaufmann, und die Leichtigkeit, mit der es möglich war, Grundbesitz zu 
erwerben, gab seit 1857 Anlass zur Einrichtung ausgedehnter Pflanzungen, 
die sich gedeihlich entwickelten Wohl sind die Samoaner ein kriege- 
risches Volk, bei dem Freude am Kampf und Feigheit im Kampf neben- 
einanderstehen und das, leicht empfindlich und grenzenlos rachsüchtig, 
oft aus geringfügigem Anlass zu den Waffen griff. Aber diese Kriege, 
die zu Lande wie zu Wasser geführt wurden, waren ursprünglich fast un- 
blutig. 2 ) Sie galten mehr als ein allerdings gefährlicher Sport und machten 
vor den fremden Plantagen Halt. Mit der Zeit nahmen sie jedoch einen 



') Diesen überraschenden Erfolg verdankt sie in erster Linie ihrem berühmtesten 
Sendboten John Williams, dem Apostel der Sudsee. Schon bei seiner ersten Landung 
(am 22. August l8jo) wie bei späteren Besuchen wurde er von den Samoanem freudig em- 
pfangen und geradezu stürmisch um Unterweisung in der neuen Lehre gebeten. 

a ) Nur einmal, im Jahre 1830, spielte sich unmittelbar vor dem Eintreffen der ersten 
Missionare eine schreckliche Scene samoanischer Grausamkeit ab. Die Eingeborenen von 
Aana, der westlichen Landschaft Upolus, waren von den Mauono- Insulanern nach tapferer 
Gegenwehr überwältigt worden. Noch am Tage des Hauplgefechts begannen die entmenschten 
Sieger eine weite Grube auszuheben und sie mit Brennholz vollzufüllen. In das Feuermeer 
wurden zwei Tage und zwei Nächte lang die gefangenen Alten, Weiber und Kinder. 200 — 400 
an der Zahl, geworfen. Die eben vorbeifahrenden Missionare konnten vom Schiff aus die 
Flammen der brennenden Dörfer und jenes Riesenscheiterhaufens wahrnehmen. 



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i 



immer heftigeren Charakter an, weniger infolge der massenhaft einge- 
führten Gewehre, welche die alten Waffen — starke Speere mit Spitzen 
aus Rochenstacheln, Keulen und Schleudern — fast ganz verschwinden 
Hessen, als vielmehr wegen der unglückseligen Verquickung auswärtiger 
und politischer Fragen mit den inneren Angelegenheiten der Samoaner. 
Meist gaben Rangstreitigkeiten, insbesondere die Königswahlen, zu ernsten 
Zusammcnstössen Anlass, weil die Königswürde nicht erblich war, sondern 
von den 1 1 unabhängigen, einander voll Eifersucht gegenüberstehenden 
Bezirken der Inselflur erbeten werden musste. Obendrein war die Macht 
der Oberhäuptlinge oder Könige beschränkt, indem die Bezirkshäuptlinge 
einen gewissen Einfluss besassen, der wieder durch die Dorfhäuptlinge 
— mehrere Dörfer bilden einen Bezirk — bez. durch die Familien- 
häuptlinge — mehrere Familien vereinigen sich zu einem Dorf, und die 
Familie bildet die Grundlage des Staates — beeinträchtigt wurde. 

Die unbefriedigenden staatlichen Verhältnisse und die politischen 
Wirren haben leider die alten Sitten stark erschüttert und es mit sich 
gebracht, dass die früher geübte ritterliche Kampfesweise, bei der man 
vorher Ort und Zeit des Zusammenstosses bestimmte und weder nachts, 
noch an Sonntagen Krieg führte, immer mehr abgekommen ist. Wochen- 
lang lag man sich in befestigten Lagern in achtungsvoller Entfernung 
unthätig gegenüber oder suchte einander durch heimtückische Überfälle 
zu schädigen. Die Dörfer wurden verwüstet, die Kokospalmen umge- 
hauen, die Brotfruchtbäume durch Ablösen der Rinde zum Eingehen 
gebracht und die Felder zerstört, so dass trotz der erstaunlichen Frucht- 
barkeit des Bodens sich in den Gegenden, wo viele Krieger versammelt 
waren, Hungersnöte einstellten, welche die Eingeborenen zu Über- 
griffen gegen die fremden Pflanzungen trieben. Der deutsche Besitz als 
der älteste und ausgedehnteste auf der Inselflur hatte am meisten unter 
diesen Diebereien zu leiden, und die Urbarmachung des Bodens geriet 
unter der Ungunst der Verhältnisse ins Stocken. Die Plantagen konnten 
nicht mehr erweitert werden, die angelegten Kapitalien lagen brach, und 
ungeheure Mengen von Kokosnüssen verdarben, weil es zu ihrer Ver- 
arbeitung und Verwertung an Leuten fehlte. So war es höchste Zeit, 
dass endlich die politische Aufteilung Samoas und im Anschluss hieran 
eine vom deutschen Gouverneur mit Glück durchgeführte Entwaffnung 
der Eingeborenen folgte. 

Die Gesamtzahl der Samoaner soll früher, was indes unglaubwürdig 
scheint, gegen 180000, nach Laperouse sogar 400000 Köpfe betragen 
haben, schmolz aber durch ständige Kriege so zusammen, dass man sie 



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1 853 nur noch auf 34000 Seelen schätzte. Eine allmählich einsetzende 
Zunahme wurde wiederholt durch Seuchen unterbrochen, welche die 
Fremden als ein verhängnisvolles Geschenk nach Samoa brachten. 
Namentlich Masern, Scharlach und Influenza haben ungewöhnlich viele 
Opfer gefordert. 1894 traten die von einem europäischen Schiff ein- 
geschleppten Masern zum ersten Mal in Samoa auf und rafften mehrere 
hundert Insulaner weg, von denen allerdings die Mehrzahl bei vernünf- 
tigem Verhalten hätte gerettet werden können. 

Eine bald nach der Neuordnung der politischen Verhältnisse durch- 
geführte Volkszählung ergab 1900 für Deutsch - Samoa eine Gesamtzahl 
von 32815 Eingeborenen, unter denen 16894 männlichen und 15 921 
weiblichen Geschlechts waren. Bei einer mittleren Volksdichte von 
13 Einwohnern auf 1 km 2 verteilten sie sich über 101 Dörfer, und zwar 
entfielen auf üpolu 17755 Seelen in 53 Ortschaften, auf Sawaii 14022 
in 42 Siedelungen, auf Apolima und Manono 1038 in 6 Niederlassungen. 
Zu den Samoanern kommen noch gegen 1000 melanesische Pflanzungs- 
arbeiter und 400 Weisse, von denen 180 Deutsche sind. Die meisten 
stehen im Dienste der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft, 
die auch die überwiegende Mehrzahl der farbigen Arbeiter beschäftigt. 
Die amerikanischen Samoa- Inseln enthalten nur 215 km* Fläche mit rund 
4000 Eingeborenen. 



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5. Kolonialer Nutzwert der neuen deutschen Erwerbungen 

in der Südsee. 



Als die Begeisterung über die Erwerbung der Karolinen und Ma- 
rianeri einer nüchterneren Auffassung Platz gemacht hatte und als man 
den politischen und wirtschaftlichen Wert des neuen Besitzes kritisch 
zu prüfen begann, da drängte sich unwillkürlich die Frage auf: Hat 
Deutschland mit dem Ankauf der lange vernachlässigten und vom grossen 
Strom des Weltverkehrs abgelegenen Inselgruppen ein gutes Geschäft 
gemacht? Thatsächlich fehlte es nicht an pessimistischen und ablehnenden 
Stimmen, die sogar soweit gingen, dass man in den fernen Archipelen 
bloss nichtsnutzige Inselchen und Spielzeuge der Herren Geographen sah, 
von deren paar tausend Eingeborenen nichts zu gewinnen sei, weil sie 
selbst nichts hätten. Man berief sich bei diesem herben Urteil auf 
Bismarck, der nach dem glücklich beigelegten Streit mit Spanien von 
der „Lumperei der Karolinen" gesprochen hatte, die einen Krieg nicht 
wert sei. Das war aber im Jahre 1885 der Fall gewesen, wo Ostasien 
und der Stille Ozean noch nicht im Brennpunkte der Interessen standen 
und wo in Deutschland noch niemand an die Festsetzung in Kiautschou 
dachte, während heute unter den von Grund auf veränderten Verhält- 
nissen die paeifischen Inselgruppen eine ganz andere Stellung gewonnen 
haben. Für Spanien waren die Karolinen und Marianen, wie der Reichs- 
kanzler v. Bülow treffend hervorhob, nach dem endgültigen Zusammen- 
bruch seines einst so stolzen Kolonialreiches nur noch wertlose, unnütze 
Ausgaben verursachende Trümmer eines eingestürzten Gebäudes. Für 
uns sind sie die Strebepfeiler eines neuen, zukunftsvollen Baues und ein 
neues Glied in der Kette unserer Südseegebiete. Zunächst entspricht 
ihr materieller Wert allerdings nicht der Höhe des aufgewendeten Kauf- 
preises, und es wird sicherlich noch mancher Opfer und langer, müh- 
samer Arbeit bedürfen, um das unter spanischer Herrschaft verwahrloste 
Inselreich nutzbar zu machen. 

Bezüglich seiner wirtschaftlichen Wertschätzung können wir unsern 
mikronesischen Besitz weder jetzt, noch in Zukunft mit den ausgedehnten 
Kulturflächen Kaiser Wilhelms-Landes und des Bismarck-Archipels ver- 
gleichen. Wohl kommen der tiefgründige Anschwemmungsboden und 



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- 91 — 



die fruchtbare vulkanische Verwitterungserde der Hochinseln, die reich- 
liche Bewässerung und das gleichmassige, feuchtwarme Klima der Ein- 
bürgerung tropischer Nutzgewächse in jeder Weise entgegen, und die in 
den Missionsgärten, sowie in dem neuen staatlichen Versuchsgarten auf 
Saipan unternommenen Versuche kleineren Masstabs haben die besten 
Ergebnisse geliefert. Namentlich Baumwolle, Kakao, Kaffee, Tabak, Vanille, 
Zuckerrohr und Manilahanf gedeihen in vorzüglicher Güte, auf Palau haben 
die Japaner mit der Anpflanzung von Indigo begonnen, und Nährfrüchte 
wie Reis und Mais werden auf den Marianen mit solchem Erfolg gebaut, 
dass die deutsche Verwaltung, um die verödeten Reisfelder des Innern 
ihrer alten Bestimmung wieder dienstbar zu machen, auf die Neu- 
besiedelung des verlassenen und mit der Zeit verwilderten Binnenlandes 
eine Belohnung ausgesetzt hat. Für Pflanzungsunternehmungen grösseren 
Umfangs ist aber das verfügbare Land wegen der Kleinheit der vul- 
kanischen Hochinseln, die zum Plantagenbetrieb ausschliesslich geeignet 
sind, viel zu beschränkt. Dann sind die Absatzgebiete weit entfernt, 
und endlich wird der beste Boden bereits von den Kulturen der Ein- 
geborenen eingenommen, oder das Land muss, wie auf den Marianen, 
für die zunehmende Einwanderung eingeborener Kolonisten offen gehalten 
werden. Tinian soll wegen seines Reichtums an verwilderten Haustieren 
in erster Linie ein Viehzuchts- und Weideland bleiben. Die Rinderherden 
sind als Regierungseigentum übernommen, da die Viehzucht wegen der 
günstigen Lage der Marianen für den zukünftigen Südseeverkehr (vcrgl. 
S. 99) einen lohnenden Gewinn verspricht und deshalb durch staatliche 
Viehwirtschaften auf Rota und Saipan rationeller betrieben wird. Der im 
Hafenort Tanapag angelegte Viehpark vermag in wenigen Jahren das 
zur Verproviantierung der Schiffe erforderliche Schlachtvieh zu liefern; 
Schweine und Hühner können schon jetzt in beliebiger Menge abgegeben 
werden. Auch Ponape ist zur Viehzucht wohl geeignet: Klauenvieh aller 
Art gedeiht dort vortrefflich, und Viehkrankheiten sind bisher nicht be- 
kannt geworden. 

Obwohl schon 1892 in Ponape eine Dampfsägemühle in Betrieb 
gesetzt wurde, bleibt die Ausbeute des Urwaldes abzuwarten, weil die 
Transportkosten wegen des Mangels an geeigneten Verkehrsmitteln ziem- 
lich hoch sind und weil man die vorhandenen Nutzhölzer noch viel zu 
wenig kennt. Eine Rolle spielt bisher nur die für die Knopffabrikation 
und für Drechslerarbeiten wichtige Steinnuss, auch vegetabilisches Elfen- 
bein genannt, d. h. das weissliche, anfangs flüssige, dann weiche und 
zuletzt steinharte Sameneiweiss der Pandanusart Phytelephas macrocarpa. 



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- 92 - 

Die Pflege des auf den Karolinen wild wachsenden Ylang-Ylangbaumes, 
aus dem auf den Philippinen das bekannte Parfüm gewonnen wird, er- 
scheint ebenfalls lohnend, da die Vorliebe der Mikronesier für wohl- 
riechende Stoffe schon heute eine lebhafte Parfümeinfuhr ins Leben ge- 
rufen hat. Zu erwägen wäre endlich der Anbau der auf den Karolinen 
überaus häufig vorkommenden verwilderten Ananas, die wegen ihrer 
wohlschmeckenden Früchte und ihrer zu feinen Stoffen wie zu gröberen 
Seilen, Schnüren und Fäden verwendbaren Fasern in Westindien mit 
grossem Gewinn kultiviert wird. 

Von den Schätzen des Meeres sind für den Welthandel bloss kleine 
Mengen von Perlmutter, Schildpatt und Trepang erwähnenswert, die 
keine hohen Erträge abwerfen. Obendrein bedarf der vom chinesischen 
Markt sehr begehrte Trepang zur Wiedererneuerung der stark abge- 
fischten Fanggründe dringend einer längeren Schonzeit (vergl. S. 46). 

So nimmt im Aussenhandel der Karolinen und Marianen nur ein 
Erzeugnis eine bevorzugte Stellung ein, nämlich die Kopra, die an 
Menge und Wert alle anderen Ausfuhrgegenstände weit übertrifft. 1 ) 

Die Kokospalme, die Königin der Südsee, wie man diesen wich- 
tigsten Baum des Stillen Ozeans genannt hat, findet nicht bloss seitens 
der Eingeborenen die vielseitigste Verwendung, sondern bildet auch für die 
Fremden die Hauptgrundlage des paeifischen Handels. Sie ist es gewesen, 
die Deutschland zuerst und so fest mit dem Stillen Meer verknüpft hat. 
Fällt eine Kokosnuss zu Boden oder wird sie vom Meer ans Land getrieben 
— wegen ihrer eigentümlichen Dreiecksgestalt vermag sie sich leicht über 
W r asser zu halten, und noch während des Schwimmens befördern 
Feuchtigkeit und Sonnenwärme den Keimprozess — , so beginnt sie in 
dem mageren Sand- oder Kalkboden Wurzel zu schlagen. Da der 
heranwachsende Stamm lediglich von Unkraut, von Ratten und schäd- 
lichem Ungeziefer frei zu halten ist, und da der genügsame Baum, der 
zu seinem Gedeihen nur die Nachbarschaft des Meeres, salzhaltige See- 
luft und tropisches Klima braucht, mit dem kümmerlichsten Boden vor- 
lieb nimmt, so verlangt die Anlage und Unterhaltung einer Kokos- 
pflanzung weder übermässige Kosten, noch hohe Anlagekapitalien. Trotz- 
dem giebt es schwerlich ein lohnenderes, die aufgewendeten Mühen 
reichlicher verzinsendes Massengewächs als die Kokospalme. Wenn 
man bedenkt, dass für eine Tonne Kopra je nach dem Verkaufsort 



») 1900/01 bewertete sich die Einfuhr auf 460000, die Ausfuhr auf 263 500 Mark. 
Von letzterer Summe entfielen auf die Kopra nicht weniger als 250000 Mark. 



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120— 260 Mark bezahlt werden und dass 60 volltragende Bäume jähr- 
lich 1000 kg Kopra abwerfen, so bringt jede Palme im Jahresdurchschnitt 
3 — 4 Mark und 1 ha Kokosland bei niedrigstem Marktpreis 500 Mark 
ein, wovon mindestens die Hälfte als Reingewinn gelten kann. Da 
ferner die Palme vom 8. bis zum 80. Jahre alljährlich 60 — 100 Nüsse 
liefert, deren Zahl bis zum 30. Jahre stetig zu- und vom 40. Jahr ab 
langsam wieder abnimmt, so macht sie durch ihren erstaunlichen Frucht- 
segen das kleinste Atoll zu einer vegetabilischen Goldgrube. Allerdings 
richten ausser den gefrässigen Ratten, den gefährlichsten Feinden aller 
jungen Kulturen, auch verheerende Orkane, anhaltende Trockenheit und 
Blattkrankheiten zuweilen beträchtlichen Schaden an. Auf Yap sind in 
den letzten Jahren stellenweise 45 °/ 0 der Bestände an der Blattkrank- 
heit eingegangen, so dass die Kopraerträgnisse starken Schwankungen 
unterliegen. Nichtsdestoweniger bietet die Kokospalme eine der sichersten 
Einnahmequellen dar, deren Förderung um so notwendiger erscheint, 
als andere Kulturen aus den bereits angedeuteten Gründen den Plan- 
tagenbau nicht lohnen oder auf dem dürftigen Boden der niedrigen 
Koralleneilande überhaupt ausgeschlossen sind. Die wirtschaftliche 
Weiterentwickelung der Atolle ist somit lediglich durch die Vermehrung 
der Kokosbestände möglich. 

Früher wurde der ölhaltige Saft der reifen Kokosnüsse von den 
Eingeborenen mittels primitiver Pressen gewonnen und in Fässern zur 
Versendung gebracht. Diese Art der Verfrachtung bedeutete aber nicht 
bloss eine Raumverschwendung, sondern es ging auch viel Öl und vor 
allem der wertvolle Rückstand verloren, dessen stickstofifreiche Zellmasse 
den als Kraftfutter für das Vieh geschätzten kleienartigen Palmkuchcn 
liefert. Konsul Weber in Apia, der einstige Leiter der Deutschen 
Handels- und Plantagengesellschaft für die Südsee, führte daher das 
heute allgemein gebräuchliche Verfahren ein, nach welchem das reife 
Fleisch der Kokosnuss getrocknet und zerschnitten wird, um dann als 
Kopra zu weiterer Verarbeitung nach Europa oder Amerika zu gelangen, 
wo das ausgepresste Ol zur Herstellung feiner Seifen und Parfüme, bei 
der Kerzen- und Kokosbutterfabrikation und zu anderen Zwecken viel- 
fache Verwendung findet. So dient die Kopra einer ganzen Reihe von 
Geschäftszweigen, bei denen in Zukunft eher eine Zunahme als ein 
Rückgang erwartet werden darf und die es erklären, dass die Kokos- 
nuss von Jahr zu Jahr auf dem Weltmarkt an Bedeutung gewinnt. 

Da nun die Kopraerzeugung auf den Karolinen und Marianen, wo 
sie augenblicklich erst 2 500 Tonnen im Jahre einbringt, durch geeignete 



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Massnahmen erheblich gesteigert werden kann, so hat die Deutsche Re- 
gierung zunächst die herrenlosen Palmenwälder in Besitz genommen 
und sie mit Gewinn an einige Unternehmer verpachtet (vergl. S. 31). 
Zugleich ist ihnen die Verpflichtung auferlegt worden, jedes Jahr eine 
bestimmte Fläche neu mit Kokospalmen zu bepflanzen. Die Regierung 
ist aber auch selbst mit der Anlage von Kokosplantagen ermunternd 
vorgegangen und hat seit der kurzen Zeit ihres Bestandes bereits über 
1 5 000 Kokospalmen auf den Marianen angepflanzt. Ferner sind die 
Häuptlinge belehrt und angewiesen worden, die Vermehrung des für 
Eingeborene und Fremde gleich wichtigen Baumes energisch in die 
Hand zu nehmen. Die Karolinier kommen diesen Anordnungen bereit- 
willigst entgegen, da sie den Wert der Kopra immer mehr verstehen 
und sie als ein willkommenes Mittel zur Erfüllung neuer Wünsche und 
Bedürfnisse schätzen. Aus diesem Grunde hat eine ganze Anzahl spe- 
kulativer Häuptlinge schon ausgedehnte Kokospflanzungen angelegt. 

Zu gleichmässiger Arbeit freilich haben sich die Insulaner noch 
nicht aufgeschwungen. Da aber die Einfuhr fremder Arbeitskräfte er- 
hebliche Schwierigkeiten und Kosten verursacht, so ist hier wie überall 
in der Südsee die Arbeiterfrage eines der wichtigsten wirtschaftlichen 
Probleme, und eine der vornehmsten Aufgaben der deutschen Verwal- 
tung besteht darin, die bedürfnislosen Insulaner, denen die Natur frei- 
willig ihre Gaben spendet, wieder an geregelte Arbeit zu gewöhnen und 
sie zu zuverlässigen Menschen zu erziehen. Dieses Unterfangen ist 
schwer, erscheint aber nicht aussichtslos. Denn einmal ist eine Reihe 
von Karoliniern bereits im Dienst der Jaluit-Gesellschaft auf den Karo- 
linen und dem Marshall-Archipel thätig. Dann ist das intelligente, leider 
in raschem Rückgang begriffene Völkchen der Yaper mit bestem Erfolg 
zum Polizeidienst herangezogen worden und hat im Wegebau Verdienst- 
liches geleistet , so dass heute bereits 60 km Strassen , zum Teil kleine 
Kunstbauten, die Insel durchschneiden. Ein rühmliches Zeugnis ihrer 
Ausdauer, ihrer Geschicklichkeit und ihres Interesses sind ferner zwei 
Hafendämme, von denen der eine, 360 m lang, in drei Monaten, der 
andere, 916 m lang, in sieben Monaten fertiggestellt wurde. Endlich 
haben die fleissigen Leute den 838 m langen Isthmus, der beide ftälften 
Yaps verbindet (vergl. S. 38^, binnen acht Monaten durchstochen und 
trotz aller Schwierigkeiten einen für Boote benutzbaren Kanal angelegt, 
der für die zum Tomilhafen fahrenden Schiffe die bisher drei Tage 
dauernde, durch hohen Seegang sehr erschwerte und gefährdete Um- 
segelung der ganzen Insel auf einen Tag abkürzt. Auch den Palauern 



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— 95 - 



ist ein hohes Mass von Pflichtgefühl und gutem Willen eigen. Da aber 
bei ihnen die Reichen und Mächtigen die Armen ungestraft ausplündern 
konnten, so bauten letztere nur so viel, als sie zu ihrem Unterhalt 
brauchten, weshalb die geringe Produktion der Inselflur viel mehr auf 
soziale Misstände als auf die Unfruchtbarkeit des auf Palau weit ver- 
breiteten Kalkbodens zurückzuführen ist. Das Kaiserliche Gouvernement 
hat sofort die Verfügung erlassen, dass keine Leistung ohne eine ent- 
sprechende Gegenleistung gefordert werden darf. 

Auch sonst hat sich die Regierung der Eingeborenen in väterlicher 
Weise angenommen, um den Hass gegen die Fremden, den die drückende 
Gewaltherrschaft der Spanier grossgezogen, zu beseitigen und durch 
verständnisvolles Eingehen auf die Anschauungen und Überlieferungen 
der Insulaner deren wohlbegründetes Misstrauen gegen das neue Regi- 
ment zu zerstreuen. Thatsächlich hat mit dem Einzug der deutschen 
Herrschaft sofort eine Zeit friedlicher Entwickelung und offenbaren wirt- 
schaftlichen Fortschrittes ihren Anfang genommen. Die Bewohner der 
Marianen, die sich bei Ankunft der Deutschen in den Busch flüchteten, 
sind die friedfertigsten Unterthanen geworden, so dass die neu ein- 
gerichtete Polizeitruppe trotz ihrer geringen Stärke (40 Mann) für ihren 
Zweck vollständig ausreicht. Jedes Jahr wandern aus Guam neue Ein- 
geborene in unsern Anteil der Inselflur ein: ein erfreulicher Beweis 
dafür, dass sie sich unter deutschem Schutz wohler fühlen als unter 
der strengen amerikanischen Herrschaft. Die Karolinier, die mit den 
Spaniern in unausgesetzter Fehde lebten und von ihrer 800 Mann starken 
Besatzung nicht bezwungen werden konnten, bringen dem neuen Herrn 
ebenfalls Vertrauen und Gehorsam entgegen, obwohl man auch hier von 
vornherein auf den kostspieligen spanischen Militär- und Beamtenapparat 
verzichtet hat und sich mit einer bloss 50 Mann zählenden Polizeitruppe 
aus Eingeborenen begnügt. 

Um den Rechtsanschauungen der Insulaner möglichst entgegenzu- 
kommen und sie in ihren inneren Angelegenheiten möglichst selbständig 
zu lassen, sind wie auf dem Bismarck -Archipel die Häuptlinge mit einem 
Teil der Rechtspflege betraut worden, was bei dem verhältnismässig 
hohen Kulturzustand der Eingeborenen ohne Schwierigkeiten möglich 
war und schon erheblichen Nutzen gestiftet hat. Die Bezirksvorsteher 
und Ortsschulzen, sowie deren Stellvertreter sind für Aufrechterhaltung 
der öffentlichen Ordnung, für Einziehung der Steuern, Einrichtung und 
Pflege der innerhalb ihres Gebietes befindlichen Wege und Kokospflan- 
zungen verantwortlich und versammeln sich allmonatlich einmal im 



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Bezirksamt, um Bericht zu erstatten und neue Weisungen einzuholen. 
Im übrigen wird die Gerichtsbarkeit von den Bezirksämtern in Saipan, 
Yap und Ponape ausgeübt. 

Da die spanischerseits betriebene gewaltsame Entvölkerung der 
Marianen den deutschen Anteil besonders schwer betroffen hat, so muss 
jeder Menschenzuwachs für die der Arbeitskräfte bedürftigen Inseln 
dringend erwünscht sein. Deshalb begünstigt man die Einwanderung in 
jeder Weise und sucht die natürliche Vermehrung dadurch zu heben, 
dass unter Beibehaltung der von den Spaniern für alle männlichen Ein- 
geborenen von 15 — 60 Jahren eingeführten Arbeitsverpflichtung die 
Ledigen 20 Tage, die Verheirateten dagegen nur 12 Tage im Jahre 
unentgeltlich an öffentlichen, dem Gemeinwohl dienenden Unter- 
nehmungen arbeiten müssen. Familienväter von mehr als fünf Kindern 
bleiben ganz von der Frondienstleistung befreit. Auch wer seine Steuern 
nicht bezahlen kann — die von den Spaniern erhobenen Abgaben hat 
man als ein Zwangs- und Erziehungsmittel zur Arbeit ebenfalls bestehen 
lassen — , muss eine entsprechende Anzahl von Tagen dafür arbeiten. 

Als ein weiteres Erziehungsmittel wird die Unterdrückung der 
Branntwein- und Waffeneinfuhr streng gehandhabt. Obwohl schon die 
Spanier ein gleiches Verbot erlassen hatten, wurde es auf verschiedene 
Weise umgangen. Infolgedessen nahmen Trunksucht und Habgier in 
erschreckendem Masse zu. Der Erlös für die Kopra wurde Wochen 
lang in schlechtem Rum vergeudet, und schliesslich arbeitete man über- 
haupt nichts mehr, sondern borgte die Händler planmässig an, ohne je- 
mals an die Wiedererstattung der Schuld zu denken. Weil hierdurch 
jedes ehrliche Geschäft schwer geschädigt wurde und die aus der über- 
hand nehmenden Trunkenheit entspringenden Streitigkeiten zu förmlichen 
Stammesfehden ausarteten, so wurde im Interesse der Eingeborenen 
und des allgemeinen Wohles bestimmt, dass geistige Getränke nur mit 
besonderer Erlaubnis der örtlichen Verwaltungsbehörden verkauft werden 
durften. Da man jedoch bald die Erfahrung machte, dass sich die 
Karolinier nach Unterbindung der Spirituosenzufuhr in übertriebenem 
Masse dem Genuss eines selbstbereiteten berauschenden Getränks, des 
Palmweins, zuwandten, so wurde dessen gewerbsmässige Herstellung, 
die obendrein die Palmen schwer schädigte, ebenfalls streng untersagt. 
Ebenso ist man dem unter spanischer Herrschaft blühenden Waffen- 
schmuggel, der namentlich von japanischen Händlern betrieben wurde, 
nachdrücklichst entgegengetreten. 

Das in seiner Entwickclung weit zurückgebliebene, durch die un- 



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ruhigen Zustände der letzten 15 Jahre noch mehr herabgekommene und 
an natürlichen Hilfsquellen nicht übermässig reiche Inselgebiet der Karo- 
linen ist erst kürzlich in den Weltverkehr einbezogen worden, indem Yap 
und Ponape durch die Postdampfer des Norddeutschen Lloyd sechswöchige 
Verbindung mit Sydney und Hongkong erhalten haben. Den örtlichen 
Verkehr und, so lange der dem Gouverneur bewilligte Regierungsdampfer 
noch nicht fertiggestellt ist, auch den amtlichen Verkehr innerhalb des 
Schutzgebietes vermittelt ein Anschlussdampfer der Jaluit -Gesellschaft. 
Den Marianen dagegen, die schon in spanischer Zeit sehr stiefmütterlich 
behandelt waren (vergl. S. 30), fehlt noch immer jede regelmässige Ver- 
bindung. Sie werden nur in unbestimmten Zwischenräumen meist von 
japanischen Seglern angelaufen, weil die probeweise versuchte Ein- 
beziehung in die über die Karolinen führende Postdampferlinie sich als 
verfehlt erwies und wieder aufgehoben wurde. Auch eine telegraphische 
Verbindung mit dem Neuguinea-Schutzgebiet besteht zur Zeit noch nicht. 
Doch werden in den drei Bezirksämtern Ponape, Yap und Saipan Post- 
anstalten nebenamtlich verwaltet. 

Im Handel mit den Marianen steht Japan an erster Stelle. Der 
Handel mit den Karolinen dagegen lag schon lange vor ihrer politischen 
Besitzergreifung zu 80 Prozent in deutschen Händen, und zwar war es 
das Hamburger Haus Godeffroy, das hier in den sechziger Jahren die 
erste Station errichtete und auch in diesem Teile der Südsee als erster 
Pionier des vaterländischen Handels erschien. Die Niederlassungen 
wurden später von der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft 
für die Südsee übernommen, der sich das Hamburger Haus Hernsheim 
u. Co. hinzugesellte. Aus der Vereinigung beider Firmen ging die Ham- 
burger Jaluit -Gesellschaft hervor, die auch den Marshall- und Gilbert- 
Archipel ausbeutet und somit ganz Mikronesien wirtschaftlich beherrscht. 
Obwohl sie über 40 Haupt- und Nebenstationen verfügt, denen erst 
8 Niederlassungen fremder Firmen gegenüberstehen, so macht sich doch 
deren Wettbewerb in zunehmendem Masse fühlbar. Auf den westlichen 
Karolinen beginnt der Einfluss eines amerikanischen Geschäftes mit aus- 
gedehntem Wirkungskreis zu überwiegen, auf den östlichen Karolinen 
streiten sich Deutsche, Engländer, Amerikaner und die rührigen Japaner 
um den Vorrang. Das einzige spanische Handelshaus auf dem Archipel 
ist von untergeordneter Bedeutung. 

Sind unsere mikronesischen Kolonien alles in allem weit entfernt, 
im Welthandel eine Rolle zu spielen, so darf man doch über den wirt- 
schaftlichen auch politische Gesichtspunkte nicht vergessen, und gerade 

Deutschlands Kolonien. 7 



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sie sind für den Ankauf der Karolinen und Marianen nicht zum wenig- 
sten entscheidend gewesen. Man kann manchmal die Überzeugung 
hören, dass wir beide Archipele bloss deshalb genommen hätten, damit 
sie keiner andern Macht zufielen. Das mag richtig sein. Oft ist es 
jedoch politisch klug, etwas zu erwerben, nur damit es kein anderer 
bekommt, und Deutschland musste ein ganz besonderes Interesse daran 
haben, dass zu einer Zeit, wo alle grossen Handelsstaaten wegen der 
zukünftigen Bedeutung der Südsee in jenem viel umworbenen Weltmeer 
nach Besitztiteln streben, kein Keil zwischen seinen melanesischen und 
ostasiatischen Besitz geschoben wurde, der die Schaffung eines für den 
weiten Weg zwischen Kaiser Wilhelmsland und Kiautschou so notwendigen 
Stützpunktes vereitelt hätte. Nachdem wir einmal im Pacific Fuss gefasst 
haben, wäre es ein schwerer Fehler gewesen, wegen der Geringfügigkeit 
des Kaufgegenstandes und der Höhe des Kaufpreises das spanische An- 
erbieten zurückzuweisen, und wir sind unserer Regierung Dank schuldig, 
dass sie rechtzeitig einer solchen Möglichkeit vorzubeugen wusste. 

So aber hat der Gewinn der Karolinen unsern Südseebesitz ab- 
gerundet und auf die ungefähre Grösse des Australkontinents erweitert. 
Freilich bezeichnet das neuerdings so beliebt gewordene Schlagwort Ab- 
rundung mehr einen geometrischen Begriff, und diese Abrundung ist 
nicht einmal vollständig, weil sich inmitten des deutschen Südseeanteils, 
auf Guam, der besten, grössten und volkreichsten Marianen-Insel, die 
Vereinigten Staaten als unbequemer Nachbar festgesetzt haben. Auf 
der andern Seite ist uns durch die neue Erwerbung eine Seeprovinz zu- 
gefallen, die, vor den Thoren Chinas sich ausbreitend, trotz ihrer weiten 
Entfernung von Asien und vom direkten Wege nach Kiautschou die 
chinesischen Gewässer überwacht und eine fast ganz unter deutschem 
Einfluss stehende Brücke von Neuguinea nach Deutsch-China schlägt. 
Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil besteht darin, dass uns 
die Karolinen und Marianen nicht bloss schlechte, von furchtbaren Tai- 
funen, den Geissein jener Gewässer, bedrohte und an frischem Trink- 
wasser arme Atollhäfen eingebracht hat, wie wir sie bisher auf der 
Marshall-Gruppe besassen, sondern sturmsichere Berghäfen im Schutz 
der wohlbewässerten, fruchtbaren Hochinseln, die nach sachgemässem 
Ausbau zu Kohlenstationen 1 ), Zufluchtsstätten und Ausfallsthoren für 

') In der kohlenatmen Südsee erlangen Kohlenstationen eine ganz, besondere Be- 
deutung. Unseren maritimen Stützpunkten werden in absehbarer Zeit die deutschen Berg- 
werke in Schantung die Kohlen liefern, nachdem kürzlich der erste Kohlenzug aus den 
Gruben von Weishien in Tsingtau eingetroffen ist. 



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»- 



— 99 — 

unsere Kriegs- und Handelsschiffe wie geschaffen sind. Vor allem 
ist der geräumige Hafen Tanapag auf Saipan einer der besten 
jenes Gebietes, viel besser als alle Küstenplätze des amerikanischen 
Guam. Nach Fertigstellung des mittelamerikanischen Weltmeerkanals 
werden sämtliche Südsee-Inseln als Haltepunkte und Zwischenstationen 
für Kabel- und Schiffahrtslinien, als Kohlenstationen und aus strategischen 
Gründen erheblich an Wert gewinnen. Da nun die Marianen dank ihrer 
Lage im Schnittpunkte der grossen paciftschen Zukunftsstrassen zwischen 
Japan und Australien, zwischen Ostasien und Mittelamerika, zwischen 
den Philippinen und San Francisco die günstigsten verkehrsgeographischen 
Bedingungen aufweisen, und da auch die Marshall-Inseln und Karolinen 
durch eine vom Nicaragua- oder Panamakanal nach den Philippinen ge- 
zogene Linie geschnitten werden, so ist zu erwarten, dass sich die wirt- 
schaftlich wenig wichtigen, politisch- und verkehrsgeographisch aber um 
so wertvolleren Inselwolken unseres mikronesischen Besitzes trotz des 
unausbleiblichen Wettbewerbs der Vereinigten Staaten zu einem zukunfts- 
vollen Stück deutscher Erde entwickeln werden. 

Gleiches gilt von Samoa, dem wegen seiner zentralen Lage schon 
jetzt eine hohe Bedeutung zukommt. Denn über die reizvolle Insel- 
gruppe, die überdies den einzigen maritimen Stützpunkt Deutsch- 
lands im südlichen Pacifik darstellt und wegen ihrer Fruchtbar- 
keit die gleichzeitige Verpflegung mehrerer Kriegsschiffe gestattet, 
führt der kürzeste Weg von Hongkong nach Valparaiso. Ebenso 
wird sie von den Dampfern und unterseeischen Kabeln berührt, die 
zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada einerseits, Australien und 
Neuseeland andererseits die Wasserwüste des Stillen Ozeans durch- 
kreuzen. Da somit Samoa für den Weg zwischen Amerika und Austra- 
lien stets eine Hauptstation sein wird, so erklärt es sich, dass die Ver- 
einigten Staaten mit Zähigkeit an der Behauptung der Insel Tutuila fest- 
hielten und dass sie Millionen aufwenden, um den ihnen zugefallenen 
Hafen Pango-Pango zu einem starken Bollwerk auszubauen. Dorthin haben 
sie auch ihre früher über Apia gehende Dampferlinie verlegt, so dass 
ein kleiner Anschlussdampfer die deutsche Post nach und von Apia 
bringen muss, wo das kaiserliche Postamt für Deutsch-Samoa errichtet 
worden ist. Zur Schaffung eines Gegengewichts ist unsererseits die 
Anlage eines Kriegshafens, für den wegen der Mangelhaftigkeit der 
Reede von Apia die einen guten Unterschlupf gewährende Asau-Bucht 
auf Sawaii (vergl. S. 71) trotz ihrer Abgelegenheit und trotz des Mangels 
an fruchtbarem Hinterland am geeignetsten erscheint, ebenso notwendig 

V 



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wie die Gründung einer deutschen Schiffahrtslinie, die unserer jüngsten 
Kolonie noch völlig fehlt und sie von englischen und amerikanischen 
Gesellschaften abhängig macht. Doch ist dankbar anzuerkennen, dass 
sowohl die amerikanische wie die neuseeländische Dampferlinie sich in 
wirksamer und glücklicher Weise an der Entwickelung der Inselflur be- 
thätigt haben. Das kleine Samoa vermag noch keine Frachten für grosse 
Dampfer zu sichern, so dass ohne einen ansehnlichen Reichszuschuss 
die Einrichtung einer deutschen Schiffahrtslinie nicht möglich wäre. 

So sehr jedoch Samoa und die andern Südsee-Archipele den zu 
erwartenden pacinschen Verkehr zu fördern vermögen, ebensowenig 
darf man deren zukünftige Bedeutung überschätzen. Denn auch nach 
der Vollendung des Panama- oder Nicaraguakanals wird der europäische 
und ein Teil des amerikanischen Schiffsverkehrs mit Ostasien nach wie 
vor den alten kürzeren Weg durch den Suezkanal oder um Afrika herum 
beibehalten, so dass der mittelamerikanische Kanal niemals die Wichtig- 
keit des Suezkanals für den internationalen Verkehr erlangen wird. 
Dann können sich die pacinschen Inseln wegen ihrer Abgelegenheit und 
räumlichen Kleinheit nie mit den grossen Erzeugungsgebieten der Erde 
messen, wenngleich ihre wirtschaftliche Entwickelung noch sehr beträcht- 
lich gesteigert werden kann. 

Deutsch-Samoa ist wegen des Mangels an Gold und andern Schätzen 
lediglich eine landwirtschaftliche Kolonie. Unter den Kulturgewächsen 
stellt auch hier wieder die Kokospalme den für die Eingeborenen wie 
für die Fremden nützlichsten Baum dar, dessen Erträgnisse den weitaus 
überwiegenden Anteil an der Ausfuhr ausmachen. Weil aber die Kopra- 
gewinnung nicht unerheblichen Schwankungen unterliegt — ■ 1899 fand 
eine ungewöhnlich reiche Kopraernte statt, die 7792 Tonnen zum Ver- 
sand brachte, worauf die Erträge infolge schwerer Stürme und an- 
haltender Dürren, die den Palmen grossen Schaden zufügten, stark 
zurückgingen — , so wird dadurch die Ausfuhr und von ihr wieder die 
Einfuhr sehr entschieden beeinflusst. 1 ) Man hat deshalb für eine wesent- 



') Den Rückgang der Aus- und Einfuhr teigt folgende Tabelle (in Millionen Mark): 





«»97 


1899 


1900 


1901 




1 384 446 


» 954 4'5 


2 105 81 1 


» 571 093 


Ausfuhr ...... 


1 004 032 


1 485 41t. 


l 265 799 


1 00; Sq7 


Summa 


238X478 


.M39 83I 


3 37 » 610 


2 576 990 



Davon entfielen 1900 auf die Ausfuhr von Kopra 1 257 700 Mark, auf diejenige von Kawa- 
wurzeln nur 5000 und von Kakao erst 1900 Mark. An der Einfuhr sind in enrtei Linie 



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liehe Vermehrung der zur Zeit 120000 Stück zählenden Kokospalmen 
Sorge getragen, indem , die Plantagen vergrössert und die Eingeborenen 
durch entsprechende Verordnungen angehalten wurden, auf ihren brach- 
liegenden Ländereien jährlich mindestens 50 Kokosnüsse auszusäen, so 
dass sich in absehbarer Zeit die Kopraerzeugung verdoppeln oder ver- 
dreifachen wird. Ferner hat man, um die grossen Schwankungen der 
lediglich auf Kopra beruhenden Ausfuhr auszugleichen und um die ge- 
samte Handelsbewegung zu steigern , dem Anbau anderer tropischer 
Nutzpflanzen, die bisher gegenüber der Kokospalme eine ganz unter- 
geordnete Rolle spielten, erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. Auf Grund 
der gewonnenen Erfahrungen darf man mit gutem Grunde annehmen 
dass alle feuchttropischen Kulturen, soweit sie nicht an ganz besondere 
Lebensbedingungen geknüpft sind, in Samoa trefflich gedeihen und 
reichliche Erträge versprechen, vorausgesetzt, dass ihr Anbau verständ- 
nisvoll und umsichtig betrieben und gegen pflanzliche und tierische 
Schädlinge ausreichend geschützt wird. Für diese Zwecke wäre ein 
Versuchsgarten, wie sie bereits in unsern andern Kolonien bestehen, 
von grossem Nutzen. 

Von den in Frage kommenden Nutzgewächsen gedeiht der Tabak 
ausgezeichnet und wird von den Eingeborenen viel und sorgfältig an- 
gebaut. Die Baumwolle entwickelte sich ebenfalls vorzüglich und lieferte 
1 Million Pfund Wolle. Doch wurde ihre Kultur 1894 wieder ein- 
gestellt, weil sie sich zu wenig lohnte und weil in der Zwischenzeit die 
neu angepflanzten Kokospalmen tragfähig geworden waren. Die Kaffee- 
pflanzungen sind leider durch den gefährlichen Kaffeeschädling Hemileia 
vernichtet worden. Um so erfolgreicher sind die Anbauversuche mit 
Zuckerrohr, Thee, Bananen, Apfelsinen und Ananas ausgefallen, und 
gleiches kann für alle Gewürzpflanzen, wie Ingwer, Muskatnuss, Gewürz- 
nelken, Zimmet, Vanille und Pfeffer, ferner für eine ganze Reihe von 
Flecht- und Fasergewächsen behauptet werden, von denen zahlreiche 
Vertreter und Abarten als Bestandteile der einheimischen Flora auf der 
Inselflur wild wachsen. Auch an farbstoff- und gerbstoffhaltigen Pflanzen, 



Australien und Neuseeland beteiligt, weil sie wegen ihrer Nachbarschaft die meisten Lel*ns- 
mittcl für die Weissen und die bei den Eingeborenen so beliebt gewordenen Hattbrote und 
Fleischkonserven (vgl. S. 83) liefern. In weitem Abstand folgt Deutschland, das inzwischen 
die Vereinigten Staaten überflügelt hat. Die Ausfuhr dagegen liegt infolge des entschiedenen 
Überwiegens der deutschen Pflauzungen verwaltend in deutschen Händen, wie überhaupt die 
Inselgruppe schon lange vor ihrer endgültigen Besitzergreifung wirtschaftlich in engsten Be- 
ziehungen zu Deutschland stand. 



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an Harz-, Parfümerie- und heilkräftigen Gewächsen ist Überfluss vor- 
handen, und die Verarbeitung der in vielen Pflanzen reichlich enthaltenen 
ätherischen Öle dürfte ebenfalls erfolgversprechend sein. Endlich darf 
man annehmen, dass auch der Urwald eine Anzahl gut verwendbarer 
Nutz- und Bauhölzer birgt, an deren Verwertung bei den heutigen 
mangelhaften Verkehrsmitteln allerdings noch nicht zu denken ist. 

Die grösste Zukunft hat indes die Kakaokultur, da Samoa wegen 
seines f nichtbaren Verwitterungsbodens und seines feuchtwarmen Klimas 
mit den besten Kakaoländern der Welt wetteifert. Da auch der Kakao- 
verbrauch stetig zunimmt — in Deutschland ist er in der Zeit von 
1870— 1900 von 0,05 kg auf 0,28 kg für den Kopf gestiegen, und der 
Wert der in Deutschland verarbeiteten Kakaobohnen beträgt gegenwärtig 
28 Millionen Mark — , so haben nicht bloss die auf Samoa thätigen 
Pflanzungsgesellschaften den augenblicklich sehr lohnenden Kakaobau in 
grösserem Umfang aufgenommen, sondern 1902 hat sich ausschliesslich 
zum Zweck der Kakaokultur die deutsche Samoa-Gesellschaft gebildet. 

Die günstigen Aussichten und das immer mehr wachsende Interesse 
für Samoa locken Ansiedelungslustige, darunter nicht zum wenigsten 
Deutsche, in zunehmender Zahl auf die Inselflur, die noch Tau- 
sende von Hektaren unbenutzten, aber anbauwürdigen Landes um- 
schliesst. Ist doch erst der dreissigste Teil des überhaupt benutz- 
baren Landes in Arbeit genommen worden. Für unternehmungs- 
lustige, tüchtige Kolonisten bietet sich hier noch ein weites Feld erspriess- 
licher Thätigkeit, aber nur für solche, die über genügende landwirt- 
schaftliche Kenntnisse und über ein kleines Kapital verfügen. Denn gerade 
die Anfänge der Plantageneinrichtung, die Rodung des Urwaldes und 
das Reinhalten der jungen Pflänzlinge vom üppig wuchernden Unkraut, 
sind schwierig, mühsam und kostspielig, und die ersten Erträge sind 
beim Kaffee und Kakao nicht vor vier bis sechs Jahren, bei der Kokos- 
palme nicht vor dem achten Jahre zu erwarten. Um einer ins Unge- 
messene gesteigerten Bodenspekulation von vornherein einen Riegel vor- 
zuschieben, wie sie früher in hoher Blüte stand, hat das Gouvernement 
die weise Bestimmung der Samoa -Akte bestehen lassen, nach welcher 
die Eingeborenen ihr Land nicht mehr an Fremde veräussern dürfen. 
Denn wenn ein Samoancr sein Grundeigentum verkauft hatte, so pflegte 
er den Erlös so schnell als möglich durchzubringen und dann in seiner 
Unkenntnis über Verträge das Land zurückzuverlangen. Ob freilich 
dieses Verbot dauernd aufrecht erhalten werden kann, ist eine andere 
Frage. Denn die Samoaner sind nicht im stände, alles Land zu bearbeiten, 



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und im Interesse der Kolonie kann man nicht zugeben, dass der grösste 
Teil des kulturfähigen Bodens brach liegen bleibt. 

Das in Kultur genommene Land umfasst heute etwa 7500 ha, von 
denen über 4000 ha mit den Kokosplantagen der Deutschen Handels- 
und Plantagengesellschaft für die Südsee bedeckt sind: eine erstaunliche 
Leistung, wenn man die immer schwieriger werdende Arbeitergewinnung 
und die schweren Schädigungen bedenkt, denen die Pflanzungen durch die 
unaufhörlichen Wirren der letzten Jahrzehnte ausgesetzt waren (vgl. S. 88). 
Die Sicherheit des Lebens und Eigentums, welche die Mission angebahnt 
hatte, und die Leichtigkeit des Grunderwerbs lockten viele Fremde auf 
die Inselflur, die später der Mittelpunkt für die weit ausgedehnten Unter- 
nehmungen des mit der Begründung des deutschen Südseehandels und 
der wissenschaftlichen Erforschung des Pacifik untrennbar verbundenen 
Hamburger Hauses Godeffroy wurde. In der richtigen Voraussicht, 
dass der Wettbewerb nicht ausbleiben würde und dass die Zukunft des 
Geschäftsbetriebes nur durch die Entwickelung des Plantagenbaues ge- 
sichert werden könnte, erwarb die Firma, eine der grossartigsten und 
genialsten der Welt, die zeitweilig 32 Schiffe im Stillen Ozean laufen 
Hess, auf Upolu und Sawaii umfangreichen Landbesitz, der nach dem 
beklagenswerten Zusammenbruch des in der Vereinigung kaufmännischen 
und wissenschaftlichen Geistes einzig dastehenden Hauses 1880 an die 
Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft für die Südsee überging. 
Die neue Eigentümerin, deren weit verzweigte Handelsbeziehungen sich 
auf zehn Inselgruppen und sieben Einzelinseln mit über fünfzig Stationen 
verteilen, hat Samoa als Mittelpunkt beibehalten und den Pflanzungs- 
betrieb so gefördert, dass er samt allen seinen technischen, maschinellen 
und Wohlfahrtseinrichtungen für die gesamte Südsee vorbildlich geworden 
ist. Der ganze Besitz ist eine Musterwirtschaft. Stundenlang fährt man 
auf guten Wegen durch die einem wohlgepflegten Park vergleichbaren 
Kokoshaine, grosse Viehherden halten den Grund von Unterholz und 
Unkraut frei, und zahlreiche Stationen sind über die drei Hauptpflanz- 
ungen Vailele, Vaitele und Mulifanua verteilt. 

Leider steht auch hier die brennende Arbeiterfrage einer gedeih- 
lichen Entfaltung der trotz ihrer Kleinheit so reichen und vielver- 
sprechenden Inselflur entgegen und verlangt dringend nach einer be- 
friedigenden Lösung. Weil Meer und Boden den Eingeborenen alles 
das, was sie zu ihrem bescheidenen Lebensunterhalt brauchen, freiwillig 
und ohne sonderlichen Gegendienst in den Schoss werfen, so sind sie 
zu anhaltender, anstrengender Thätigkeit zu faul geworden und haben 



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die segensvolle Notwendigkeit des Arbeitenmüssens niemals kennen ge- 
lernt. Allerdings hängen die Samoaner mit Liebe an ihren kleinen 
Pflanzungen und haben am Handel mit ihren Erzeugnissen reges Interesse. 
Aber von den Fremden fordern sie selbst für die geringste Gegenleistung 
die unerhörtesten Preise, und wenn sie sich einmal zur Arbeit ent- 
schliessen, so lassen sie dieselbe liegen, wann und wo es ihnen gefällt, 
unbekümmert um irgendwelche Verträge. Wohl ist es geschickten An- 
siedlern gelungen, sich einen Stamm erprobter samoanischer Arbeiter zu 
sichern. Doch ist deren Zahl noch viel zu klein, und die aufgewendeten 
Kosten sind viel zu hoch, als dass diese Hilfskräfte für einen Plantagen- 
bau grossen Massstabes in Betracht kommen könnten. 

Da man aber mit der Anlage von Pflanzungen nicht so lange warten 
kann, bis die Eingeborenen willige, zuverlässige Arbeiter geworden sind, 
und da man auf der anderen Seite der Arbeitskräfte notwendig bedarf, 
so muss man sich nach anderweitigen Bezugsquellen umsehen. Obenan 
stehen die Bewohner der Melanesischen Inselflur, deren die Deutsche 
Handels- und Plantagengesellschaft auf Samoa jährlich 600—1000 be- 
schäftigt. Sie haben sich um so brauchbarer erwiesen und waren um 
so leichter zu gewinnen, eine je bessere Behandlung sie erfuhren. Die 
Arbeiter z. B., welche die Deutsche Handels- und Plantagengesellschaft 
auf den Salomonen und dem Bismarck-Archipel angeworben hatte, waren 
bei ihrer Ankunft mager, stumpfsinnig und von Hautkrankheiten ent- 
stellt. Als sie nach dreijähriger Dienstzeit zur Entlassung kamen, sahen 
sie dank zweckmässiger Unterbringung und reichlicher Verpflegung wohl- 
genährt, kräftig und selbstbewusst aus, und viele schlössen sofort einen 
neuen Vertrag ab, zumal es ihnen gestattet wurde, ihre Familien zu sich 
zu nehmen. Leider gestaltet sich die Anwerbung immer schwieriger, 
weil auch die andern Südsee-Inseln in steigendem Masse auf melanesische 
Arbeitskräfte angewiesen sind und weil trotz aller Vorsicht viele von 
ihnen in der Fremde zu gründe gehen oder Krankheiten mit nach Hause 
bringen, so dass die Entvölkerung Melanesiens sichtlich fortschreitet. 
Die Küstendörfer der Salomonen und des Bismarck-Archipels vermögen 
bei der gesteigerten Nachfrage schon nicht mehr genug Arbeiter zu 
liefern, und die in den Urwäldern des bergigen Innern versteckten Ort- 
schaften sind bei der Anwerbung nicht zu erreichen. 

Man hat deshalb daran gedacht, malayische, insbesondere javanische 
Kulis einzuführen. Da jedoch auf den Sunda-Inseln selbst eine starke 
Nachfrage herrscht, welche die wirklich brauchbaren Arbeiter im Land 
hält und nur die schlechten, wenig brauchbaren Elemente an die fremden 



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Kolonien abgiebt, so bleibt nichts übrig, als die viel angefeindeten 
Chinesen nach Samoa zu bringen, die leicht und in Menge zu haben 
sind. Die demoralisierenden Folgen einer chinesischen Einwanderung 
und die durch sie heraufbeschworene Gefahr der Einschleppung des 
Aussatzes sind nach dem Urteil erfahrener Kenner bei sorgsamer Über- 
wachung und Untersuchung der Einwandernden keineswegs so schlimm, 
als sie für gewöhnlich hingestellt werden. Denn neben vielen Untugenden 
hat der Chinese auch viele gute Eigenschaften, unter denen Anspruchs- 
losigkeit, Arbeitsfreudigkeit und Gewandtheit, die ihn zum Landarbeiter 
ebenso geschickt macht wie zum Viehzüchter, obenan stehen. Für den 
Kaufmann könnte der geriebene chinesische Händler allerdings ein nicht 
ungefährlicher Nebenbuhler werden. Dieser Möglichkeit lässt sich indes 
auf gesetzlichem Wege entgegentreten, indem die Niederlassung chinesi- 
scher Kaufleute und die dauernde Ansiedelung chinesischer Einwanderer 
überhaupt verboten wird. Der verstorbene Otto Ehlers hat auch den 
Vorschlag gemacht, japanische Kolonisten, die sich auf Hawaii vorzüg- 
lich bewährt haben, nach Samoa zu rufen. Da sie aber wahrscheinlich 
schwer zu haben sein werden, so Hesse sich endlich in Erwägung ziehen, 
ob man nicht diejenigen farbigen Arbeiter gewinnen könnte, die durch 
Gesetz aus Queensland ausgewiesen sind und deren Eingabe, dort 
bleiben zu dürfen, abschlägig beschieden wurde. 

Um der Spekulation vorzubeugen, hat das Gouvernement das Werbe- 
geschäft in die Hand genommen und beabsichtigt, zunächst chinesische 
oder javanische Kulis nach Samoa kommen zu lassen. Die Regierung 
hat damit aufs neue dargethan, wie sehr sie sich ihrer Pflichten bewusst 
ist. Ebenso hat sie zur Erleichterung des Plantagenbetriebes schwer 
zugängliche Gegenden durch Weganlagcn erschlossen und zwar ohne 
besondere Kosten und fremde Hilfe, lediglich mit Unterstützung der 
Samoaner. Eine weitere Neuerung ist die Gründung eines Gouverne- 
mentsrates, der als ein beratender Ausschuss von sieben kaufmännischen 
und landwirtschaftlichen Mitgliedern aus dem Kreise der Kolonisten dem 
Gouverneur zur Seite steht und die Aufgabe hat, zur Hebung des Handels 
und der Landwirtschaft die Regierung von Vorschlägen und Anregungen 
seitens der weissen Ansiedler zu unterrichten. 

Über den Angelegenheiten der fremden Bevölkerung hat man aber 
auch die Wohlfahrt der Eingeborenen nicht vergessen. Im Gegenteil, 
die Regierung betrachtete es als eine ihrer ersten und vornehmsten 
Aufgaben, die durch den ununterbrochenen Kriegszustand erregten und 
verbitterten Gemüter zu beruhigen und zu versöhnen. Hierbei musste 



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sie mit diplomatischem Geschick und ohne fühlbaren Druck vorgehen, 
weil ihr besondere Machtmittel nicht zu Gebote standen. Trotzdem hat 
. der neue Gouverneur Dr. Solf dank seiner Umsicht und Erfahrung und 
dank der berechtigten Rücksichtnahme auf Sitte und Brauch der Ein» 
geborenen unter geschickter Benutzung und gleichzeitiger Entkräftung 
der bestehenden Parteiverhältnisse mit gutem Erfolg die friedliche, ge- 
deihliche Entwickelung Deutsch-Samoas in die Wege geleitet. Die Ent- 
waffnung der kriegerischen Samoaner, die kein gewaltsamer Eingriff zur 
Herausgabe ihrer Feuerwaffen und zum Gehorsam zu zwingen vermochte, 
hat er 1901 ohne Schwierigkeiten und fast vollständig durchgeführt. Die 
Eingeborenen lieferten gegen eine nicht allzu reichlich bemessene Gcld- 
entschädigung ihr kostbarstes Gut, die Gewehre, freiwillig ab, so dass, 
wenn der immer noch versuchte Waffenschmuggel unterdrückt werden 
kann, die ewigen Stammesfehden hoffentlich dauernd ein Ende gefunden 
haben. 

Das zweitwichtigste Vorkommnis, zugleich ein neuer Beweis für die 
rasche Festigung der deutschen Herrschaft, ist die Abschaffung der 
samoanischen Königswürde und damit die Beseitigung der blutigen Partei- 
zwistigkeiten gewesen, die vor und nach den Königswahlen zwischen den 
verschiedenen Nebenbuhlern und ihrem Anhang ausgefochten wurden. 
Statt der Königswürde ist die neue, vom deutschen Kaiser zu besetzende 
Stellung eines Alii Sili oder höchsten Herrn geschaffen worden, deren 
Inhaber als Mittelsperson zwischen dem Gouverneur und den Einge- 
borenen steht, der aber, da er kaiserlicher Beamter ist und als solcher 
bezahlt wird, alle Anordnungen nur auf Befehl des Gouverneurs treffen 
darf. Weil der ehemalige König Mataafa auf dem Archipel den grössten 
Einfluss besass, so ist er mit der neuen Würde betraut und nach an- 
fanglichem Widerstreben ein williges, thatkräftiges Werkzeug des Gouver- 
neurs geworden. Da man den Samoanern aus Zweckmässigkeits- und 
Ersparnisrücksichten die Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten ganz 
und gar überlassen hat, so steht dem Alii Sili ein Häuptlingsrat (Faipule) 
zur Seite. Um die althergebrachten Einrichtungen möglichst zu schonen, 
sind auch die 1 1 traditionellen Zusammengehörigkeitsbezirke der Samoaner 
beibehalten und Bezirkshäuptlingen (Taitai Jtu) unterstellt worden, von 
denen wiederum die Ortsvorsteher (Pule Nuu) und deren Polizisten 
(Leoleo) abhängen. Die Verteilung feiner Matten an die Oberhäuptlinge, 
die Mataafa als Entgeld für seine Wahl zum Alii Sili veranstaltete und 
die als ein hochpolitischer, aber sehr gefährlicher Staatsakt früher aus 
Neid und Feindschaft selten ohne ernstliche Verwickelungen abging 



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(vgl. S. 84), verlief unter dem neuen Regiment zum ersten Male in fried- 
licher Weise. 

Ein weiterer Triumph der rasch erstarkten deutschen Herrschaft ist 
die anstandslos und allgemein erfolgte Zahlung der aus früheren Zeiten 
übernommenen, aber nie auch nur annähernd entrichteten Kopfsteuer, 
der sich die Samoaner um so williger fügten, weil sie ausschliesslich 
zur Bestreitung der Gehälter für die eingeborenen Beamten und zum 
Besten der Steuerzahler verwendet wird. Auch die Volkszählung, die 
als wichtige Unterlage für die Kopfsteuer diente, konnte ohne sonder- 
liche Hindernisse abgehalten werden. Zu den bereits bestehenden Steuern 
ist eine Waffensteuer hinzugekommen. Ausserdem sind die Einfuhrzölle 
wesentlich, auf io°/o des Wertes, erhöht, dafür aber alle Ausfuhrzölle 
abgeschafft worden. 

So ist auch auf Samoa die deutsche Verwaltung einfach, billig und 
gut organisiert und hat in kurzer Zeit mit geringen Mitteln Bedeutendes 
geleistet, so dass der Ausblick auf die Zukunft unseres jüngsten über- 
seeischen Besitzes, der eigentlich unser ältestes Schutzgebiet hätte sein 
können und gleichsam die Wiege unserer Kolonialpolitik war, gewiss 
nicht unerfreulich ist. Selbst bei nüchternster Berechnung kommt man 
zu dem Ergebnis, dass sich Deutsch - Samoa wie unser ganzes Südsee- 
reich langsam, aber sicher entwickelt und dass es sich in absehbarer 
Zeit selbst erhalten wird. Ist doch seine Handelsbewegung schon jetzt 
fast ebenso gross wie diejenige Neuguineas, der Karolinen und Marianen 
zusammengenommen. Möge der reich gesegneten Inselflur nach langen 
trüben Zeiten auch fernerhin ein fröhliches Aufblühen beschieden sein. 
Denn Samoa ist, um mit Ehlers zu schliessen, des Schweisscs selbst 
der Edelsten wert. 



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Litteratur- Zusammenstellung. 



Die in folgenden Zeitschriften enthaltenen Aufsätze sind nicht namentlich aufgezählt : 

Alldeutsche Blätter. Organ des Alldeutschen Verbandes. Berlin. 
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Berlin. 
Ausland, Das. Stuttgart. 

Beiträge zur Kolonialpolitik und Kolonialwirtschaft. Herausgegeben von der Deutschen 

Kolonialgesellschaft. Berlin. 
Deutsches Kolonialblatt. Berlin. 

Deutsche Kolonial- Zeitung. Organ der Deutschen Kolonialgesellschaft. Berlin. 
Export. Berlin. 
Globus. Braunschweig. 

Internationales Archiv für Ethnographie. Leiden. 

Koloniale Zeitschrift Herausgegeben von G. Meinecke. Berlin. 

Mitteilungen von Forschungsreisenden und Gelehrten aus den Deutschen Schutzgebieten. 
Berlin. 

Questions diplomatique« et coloniales. Paris. 

Der Tropenpflanzer, Zeitschrift für tropische Landwirtschaft. Organ des Kolonial -Wirt- 
schaftlichen Komitees. Berlin. 
Zeitschrift für Ethnologie. Berlin. 

I. Allgemeines. 

K. Andree, Das Erwachen der Südsee. In: Geographische Wanderungen, Bd. i (Dres- 
den I8S9), S. 308-349. 
A. Annoni, I nuovi acquisti coloniali della Germania. L'Esplor. commerciale Milano 1899, 

S. 33° 303 fg. 

M. Brose, Literaturverzeichnis über die Karolinen-, Polau- und Marianen -Inseln. Dtsch. 

Kol.-Ztg. 1899, S. 234— 23s, 241—242, 259—260 (enthält u. a. die spanische Litte- 
ratur über die Karolinen und Marianen). 
, Die deutsche Koloniallitteratur im Jahre 1899. Beitr. z. KoL-Politik u. Kol.- 

Wirtsch., Bd. 2 (1900/01), S. 47 — 51. 
K. Dove, Wirtschaftliche Landeskunde der Deutschen Schutzgebiete, S. 68 — 77. Hubertis 

Moderne Kaufmännische Bibliothek. Leipzig 1902. 
R. Fitzner, Deutsches Kolonial - Handbuch. 2. Auflage. Berlin 1901. Bd. H, S. 70— 86, 

107—127; Ergänzungsband I (1902), S. 39—44, 48—50. 
J. Joubert, Les nouvelles possessions allemandes en Oceame. Bull. Soc. d'Etudes col. et 

marit. Paris 1899, s - 261 *ß- 
K. E. Jung, Der Weltteil Australien. Bd. 3, S. 231—280; 4, S. 241—258. Leipzig 1883. 
J. F. G. Közle, Neuer Wegzeiger für die Deutschen Schutzgebiete in Afrika, der Südsee 

und Ostasien, S. 79 — 106. Stuttgart 1900. 



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G. Meinecke, Die deutschen Kolonien in Wort und Bild, S. 87 — 95. Leipzig 1899. 
C. Meinicke, Die Inseln des Stillen Ozeans. 2 Bde. Leipzig 1888. 
W. Sievers, Australien und Ozeanien. 2. Auflage. Leipzig und Wien 1902. 
A. Seidel, Deutschlands Kolonien. Koloniales Lesebuch für Schule und Haus, S. 251—284. 
Berlin 1902. 

A. Tromnau, Japan und die deutschen Interessen in der Südsee. Ztschr. f. Schulgeogr. 
1900, S. 129—135. 

E. Zimmermann, Die Bedeutung der neuen Erwerbungen in der Südsee. Dtsch. Wochen- 

blatt 1899, S. 1077. 

II. Karolinen und Marianen. 

A. Bastian, Die Religion der Palauer. Berlin 1882. 

— — , Die mikronesischen Kolonien aus ethnologischen Gesichtspunkten. Berlin 1900, 

M. de Berard, Note sur les iles Mariannes, Carolines et Palaos. Bull. Soc. Geogr. Comm. 

Paris 1899, S. 34 fg. 
R. v. Bieberstein, Der Wert der Karolinen. Gegenwart 1899, S. 369—370. 

F. Blumentritt, Die spanischen Ansprüche auf die Karolinen. Mtlgn. K. k. Geogr. Ges. 

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, Die Marianen und Karolinen. Daheim 1899, S. 684 — 687. 

A. v. Chamisso, Reise um die Welt in den Jahren 1815/18. Chamissos Werke, 2. Bd. 
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L. Eisenreich, Aus der Palaugruppe. Gäa 25 (1889). 

O. Finsch, Ethnologische Erfahrungen und Belegstücke aus der Südsee. Wien 1893. 

O. Finsch, Karolinen und Marianen. Virchow u. Holtzendorffs Smlg. gemeinverst. wiss. 
Vortrage Heft 331/332. Hamburg 1900. 

L. Friederichsen, Ober die Ruinen von Nanmatal auf der Insel Ponape. Zweiter 
Jabresb. Geogr Ges. Hamburg 1875, S. 83 — 96. 

M. Friederichsen, Die Karolinen. Sonderabdruck aus den Mtlgn. Geogr. Ges. Ham- 
burg 17 (1901). 

G. Ger Und, Die Mikronesier und nordwestlichen Polynesien Fortsetzung von Waitz, 

Anthropologie der Naturvölker V, 2. Abtlg. Leipzig 1870. 
U. v. Hasseil, Die Karolinen-, Marianen- und Palau-Inseln. Allg. Konservat. MonaUschr. 

1899. S. 735 fg. 
F. Hernsheim, Südsee-Erinnerungen. Berlin 1885. 
Die Karolinen. Archiv für Post u. Telegr. 1890, S. 860 fg. 

A. Kirchhoff, Sind die Karolinen ein wertvoller Erwerb? Deutsche Stimmen 1 (1899), 
S. 229—233. 

— — , Streifzüge durch den Karolinen- Archipel. Die Natur 1899, S. 532 — 536. 

, Umrisse zu einer Landeskunde der Karolinen. Geogr. Ztschr. 1809, S. 543 — 562. 

F. H. v. Kittlitz, Denkwürdigkeiten einer Reise nach dem russischen Amerika, nach 
Mikronesien und durch Kamtschatka. 2 Bde. Gotha 1858. 



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J. Knbary, Ethnographische Beiträge zur Kenntnis der Karolinischen Inselgruppe und 

Nachbarschaft. Berlin 1885. 
, Beitrag zur Kenntnis der Nukuoro- oder Monte Verde-Inseln ^Karolinen-Archipel). 

Mtlgn. Geogr. Ges. Hamburg 16 (1900), S. 71 — 138. 
, Ethnographische Beiträge zur Kenntnis des Karolinen-Archipels. 3 Hefte. Leiden 

1889-95. 

Die anderen Arbeiten Kubarys »ind meist enthalten im Journal des Museum» Godaffroy. 
Die Ladronen (Marianen). Dt*ch. Rdsch. f. Geogr. u. Statistik 21 (1899), S. 18 1 fg. 
P. Langbans, Karte der deutschen Verwaltungsbezirke der Karolinen, Palau und Marianen. 

Mit statistischen Begleitworten. Gotha 1899. 
A. Marche, Rapport gcoöral sur une rnission aux Sles Mariannes. N. Arth. Miss. sc. et 

lit. Paris 1 (1891), S. 241—280. 
, Notes de voyage sur les iles Mariannes. Bull. Soc. Geogr. Comm. Ha vre 1898/99, 

S. 49. 65. 

W. H. Maxwell, On the Caroline Archipelago. Proceed R. Geogr. Soc. London 1882, 

S. 92 fg. 

Th. Muir, The Caroline Islands. Scott. Geogr. Mag. 1 (1885). 

E. Oppermann, Die Karolinen und Marianen. Ztschr. f. Schulgeogr. 20 ( 1 899), S. 3 2 1 — 3 2 5 . 

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A. Renouard, Les iles Carolines. Bull. Soc. Geogr. Lille 4 (1885), S. 468 fg. 

S. Rüge, Geschichte der Entdeckung der Karolinen. Allg. Ztg. München 1885, Nr. 324. 

A. Schück, Die astronomischen, nautischen und geographischen Kenntnisse der Bewohner 

der Karolinen- und Marshall-Inseln. Aus allen Weltteilen 13 (1882), S. 51, 242. 
J. Servigny, L'Oceanie Allemande. Les Carolines, Mariannes, Palaos. Rev. francaise de 

l'Etr. et des Col. 24 (1899), S. 400—408. Mouv. Geogr. Bruxelles 1899, S. 341 fg. 
K. Semper, Die Palau-Inseln im Stillen Ozean. Leipzig 1873. 
H. Singer, Die Karolinen. Globus 76 (1899), S. 37 — 5*. 
A. W. Taylor, Les iles Carolines. Paris 1890. 

G. Volkens, Einige Ergebnisse einer Reise nach den Karolinen und Marianen. Vhdlgn. 

des 13. Deutschen Geogr.-Tages. Berlin 1901, S. 167 — 179. 

, Cber die Karolineninsel Yap. Vhdlgn. d. Ges. f. Erdk. Berlin 1901, S. 62—76. 

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Politik u. Kol.-Wirtsch. 3 [1902/3], S. 6—9). 
A. Wich mann, Die Mapia- oder Bunat-Inseln. Geogr. Mtlgn. 1900, S. 66 — 69. 

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Die Generalakte der Samoa-Konferenz, mit einer Karte der Samoa-Inseln. Berlin 1899. 

100 Tage auf den Samoa-Inseln. Deutsche Marinezeitung 1899, S. 326 fg. 

A. Krämer, Die wirtschaftliche Lage auf Samoa und in der umgebenden Südsee. Geogr. 

Ztschr. 1899, S. 489—508. 

, Die angeblichen Hebungen und Senkungen in Samoa. Geogr. Mtlgn. 1900, S. 8—12. 

— — , Die Samoa-Inseln. Entwurf einer Monographie mit besonderer Berücksichtigung 

Deutsch-Samoas. Bd. 1. Stuttgart 1901. 



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G. Kurze, Samoa. Das Land, die Leute und die Mission. Berlin 1900. 
C. Marquardt, Zur Lösung der Samoafrage. Berlin 1899. 
, Der Kampf um und auf Samoa. Berlin 1899. 

— — , Die Tätowierung beider Geschlechter auf Samoa. Berlin 1899. 

F. Reinecke, Die Flora der Samoa - Inseln. Englers Bot. Jahrbücher, Bd. 23, Heft 3 

(1896); Bd. 25, Heft 5 (1898). 

— — , Samoa. Süsseroths Kolonial- Bibliothek, Bd. 3/4. Berlin 1902. 

Samoa. Freimütige Äusserungen über diplomatische und völkische Weltpolitik. Berlin 1899. 

M. Schanz, Australien und die Südsee. Berlin 1901, S. 209—259. 

R. Schmidt, Deutschlands Kolonien, Bd. 2, S. 413—429. Berlin 1895. 

G. Wegener, Samoa, Land und Leute. Ztschr. d. Ges. f. Erdk. Berlin 1902, S. 411— 419. 



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Verlag von Dr. Seele & Co. in Leipzig. 

Hochschul -Vortrage für Jedermann. 

Jedes Heft 30 Pfennig. 

Heft i. Professor Dr Mar»hall: Die Wan- Heft Ig. Professor Dr. Burchard: Der Hin- 
derungen der Tiere. heitsgedankc in der deutschen Rechtsentwickel - 
Heft a. Professor Dr. von Hchu Uert - Hol- ung. 

de in: Die soziale Bedeutung der ästhetischen Heft ia. Professor Dr. HteiudorA*: Das Kunst - 

Bildung. gewerhe im alten Aegypten. 

Heft 3. Privatdozent Dr. Hat**ert: Aus den Heft 13. Professor Dr. Heinrici: Die Entsteh- 

Oebirgsländern der Balkan-Halbinsel .• Das Für- ung des neuen Testaments, 

stentum Montenegro. Heft 14. Privatdozent Dr. Wa^Ber: Werden 

und Vergehen der Steinkohle. 



sienium Montenegro. 
Heft 4. Professor Dr. Witkowsltl: Die An 

finge des Deutschen Theaters. Heft 15. Professor Dr. Barth: Welche Beweg- 

Heft 5. Professor Dr Conrady : Die Beziehung gründe giebt es /um sittlichen Handeln 

der chinesischen Kultur zur abendländischen. Heft 16. Professor Dr. Beckmann: Wein und 



o. Professor Dr. Hanek: Der Kampf um Bier, 
die Gewissensfreiheit. Heft 17. Professor Dr. Trlepel : Die Entstehung 



* 7. Privatdozent Dr Ht uniine: Nordwest- der konstitutionellen Monarchie, 

afrika. Heft 18. Professor Dr. W. Hl«: ( 



Heft 8. Professor Dr. WOlker: Charl. Dickens Krankheit. 

und seine Werke. Heft 23—88. Professor Dr. Bnrahall: Oesel- 
Hett 9. Professor Dr. Wcig-nnd: Die natio- lige Tiere. 

nalen Bestrebungen der Balkanvölker. Heft 19- aa. 29'. 30. Professor Dr. 
Heft 10. Professor Dr. Bucher: Die wirthschaft- Chinas Kultur und Littcratur. 

liehen Aufgaben der modernen Stadtgemcindc. 



Fraisse, Professor Dr : Skizzen von den Balearischen Inseln. Aus der W'andermappe 
eines Naturforschers. Mit 4 Vollbildern. Kart, mit Goldschnitt 2.— 

Grothe, Dr. L. H.: Trlpolitanien und der Karawanenhandel nach dem Sudan. —.50 

— Trlpolitanien. Landschaftsbilder und Völkertypen. 1.— 

Der Herr Verfasser hat lange in den afrikanischen Ländern am Mittelmcer gelebt; er kennt 
sie gründlich, schreibt anregend und schildert in Tripolitanien mit seinen nach dem Süden hin- 
weisenden Beziehungen ein Gebiet, das wahrscheinlich sehr bald in politischer, wie handelspoli- 
tischer Art eine hervorragende Rolle spielen wird. (Globus.) 



Oberl'ainder, Seminar-Dir. Dr.. Der geographische Unterricht nach den Grundsätzen der 
Ritterschen Schule historisch und methodologisch beleuchtet, 6. Aufl. Heraus- 
gegeben von Schuldirektor Paul Weigeldt. Brosch. 4.—, geb. 4.80 

Das Werk hat auch diesmal manche Veränderungen. Erweiterungen und Kürzungen erfahren, 
wie sie durch die Fortschritte der geographischen Wissenschaft und Methodik bedingt waren. 
Es ist noch immer die enapfchlcnwwerteatc Arbeit »junge Lehrer hineinzuführen in Ritters 
Oeist und die besten Werke seiner Schule«. ' Die deutsche Schule 1902 Heft 5.) 

— Sachsens Boden in Beziehung zur Geschichte und zum Kulturleben seiner 
Bewohner. Festrede. —.30 



I .m roiit/. Hans: Der Ideengehalt der Versunkenen 6locke. —.30 

Wir können die Lektüre dieser Auseinandersetzung nur empfehlen, denn sie wird wirksamer und 
zugleich nachhaltiger über Hauptmanns Werk informiren, als irgend eine noch so gründliche, 
aber nüchtern trockene Wiedergabe. Neue Vogtl. Zeitung. 



Traut. Oberlehrer Dr.: Die Hamlet-Kontroverse im Umrisse bearbeitet. 2.— 
Wttkowski, Professor Dr.: Die Handlung des zweiten Teils von Goethes Faust. 1.20 

Das' Büchlein, das sich durch ausserordentlich klare und gewandte Darstellung auszeichnet, ver- 
dient beste Empfehlung. Münchener Allg. Zeitung. 

>ou Warzbach, Wolff-anfr: Lope de Vega und seine Komödien. Mit Porträt 

Bro ch. 6. — geb. 7.50 

Leider hat bis jetzt ein Buch gefehlt, das den Lcbensg.ing des merkwürdigen Mannes und die 
Gesamtheit srines litterarischen Schaffens der grösseren Lrsewelt dargelegt hätte. Diese Lücke 
füllt in dankenswertester Weise Wolfgang v. Wurzbach mit gegenwärtiger Schrift au*. Ein aus- 
gezeichneter Kenner des spanischen Dramatikers sowohl in philologischer als auch isthetischer 
Hinsicht, brmeistert er den schwierigen und massenhaften Stoff mit vollkommener Objektivitit 
und durchsetzt ihn, unbeschadet der Vt issenschaftlichkeit und Akribie der Behandlung, mit einem 
behaglichen Humor, der das Lesen des Buches wirklich genussreich macht. 

Prof. Dr. H. C Kellner. 
(Wlssenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitung 1899 So. 35.) 



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Hassert, Professor Dr.: 

Deutschlands Kolonien. 

Erwerbs- und Entwickelungsgeschichte, 
Landes- und Volkskunde und wirtschaftliche Bedeutung 

unserer Schutzgebiete. 

Broschiert 6.50, 

einschliesslich, vorliegenden Heftes. 



Deutschlands Kolonien von Kurt Hassert verdienen als eine vortrefflich 
orientierende Arbeit über den gegenwärtigen Znstand unserer kolonialen Besitzungen 
die weiteste Verbreitung. Kölnische Zeitung. 

Wir zögern nicht, das Hassertsche Werk für das beste tu erklären, 
das bisher über die deutschen Kolonien geschrieben worden 
ist, und da die äussere Ausstattung in jeder Hinsicht dem hohen inneren Werte des 
Buches entspricht, empfehlen wir es aufs wärmste. Findet es die Beachtung, die ihm 
gebührt, dann wird es, weil mit warmem Interesse für die vaterländische koloniale 
Sache geschrieben, auch „beitragen, die Kenntnis Neudeutschlands fördern zu helfen 
und den alten Freunden der deutschen Kolonialbestrebungen neue Freunde zu 
gewinnen." (Pädagog. Jahresbericht Bd. 61.) 



Druck von C. Grumbach io Leipzig. 



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