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Full text of "Sammlung bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten"

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BEITRÄGE ZUR KENNTNIS 



DES 




HERAUSGEGEBEN 

VON 

KARL DZIATZKO. 



VI. 

MIT 2 TAFELN. 



LEIPZIG. 

VERLAG VON M. SPIRGATIS. 
1901. 



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Dem Andenken 



an 



Mlle. Marie Pellechet, 

weil. Ehren-Bibliothekarin 
und 

unermüdliche Arbeiterin auf dem Gebiete 
der Geschichte des frühen Bücherdrucks. 




Inhaltsübersicht. 

Seite 

I. Karl Dziatzko: Verlagsrecht und Pflichtexemplare 1 

II. Giovanni Bresciano: Di tre sconosciuti tipografl (napoletano 1’ uno, 

tedeschi gli altri) dimoranti in Napoli, nel secolo XV 13 

III. Max Spirgatis: Die litterarische Produktion Deutschlands im 17. Jahr- 

hundert und die Leipziger Messkataloge 24 

IV. Karl Dziatzko: Plan eines alle bekannten und noch zu ermittelnden 

Wiegendrucke umfassenden Katalogs 62 

V. Karl Dziatzko : Nachtrag über die Pflichtexemplare. (Siehe S. 1 ff.) .80 

VI. Johannes Joachim: Die „Mahnung der Christenheit wider die Türken“ 

aus dem Ende von 1454 87 




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Verlagsrecht und Pflichtexemplare. 

Die Frage der Pflichtexemplare, d. h. der gesetzlich vorge- 
schriebenen Abgabe von Freiexemplaren seitens der Verleger an be- 
stimmte Bibliotheken des Landes, hat den Deutschen Reichstag erst 
einmal, bei Beratung des Reichspressgesetzes (vom 7. Mai 1874) in 
seinen Sitzungen vom 20. II., 23. III. und 24. IV. 1874 ernstlich be- 
schäftigt. Es handelte sich damals um eine reichsgesetzliche Bestimmung 
über den bis dahin in den deutschen Einzelstaaten sehr verschieden ge- 
ordneten Gegenstand. Ein Versuch, den Pflichtexemplarzwang der Ver- 
leger zur Reichssache zu machen, wurde von den Vertretern der Reichs- 
gesetzgebung gar nicht gemacht, indes mit Majorität in § 30 Absatz 3 
die von der Reichsregierung vorgeschlagene und vertretene Bestimmung 
durchgesetzt, dass durch dieses Gesetz die Vorschriften der Landes- 
gesetze über Abgabe von Freiexemplaren an Bibliotheken und öffentliche 
Sammlungen nicht berührt werden. Dass diese Bestimmung nicht auf 
einem Fehler des Gesetzgebers beruht und die Pflichtexemplare in 
denjenigen deutschen Staaten, welche sie bis dahin hatten und nicht 
etwa durch besondere Bestimmungen aufgehoben haben, weder durch 
die Reichsgewerbeordnung (vom 21. Juni 1869) noch durch voran- 
gegangene Aufhebung der Censur in den Einzelstaaten beseitigt worden 
sind, das hat Professor Dr. Otto Fischer in Breslau in seinem Auf- 
satz des Centralblattes für Bibliothekswesen (16. Jahrgang 1899S. 20 — 27: 
Ist die in Preussen bestehende Verpflichtung der Verleger zur Abgabe 
von Freiexemplaren an die Bibliotheken durch die Reichsgewerbeordnung 
beseitigt?) — zunächst für Preussen — so erschöpfend und überzeugend 
nachgewiesen worden, dass ich es unterlasse, hierauf nochmals ein- 
zugehen. Es dürfen somit innerhalb des Deutschen Reiches in den 
Staaten Anhalt, Bayern, Hamburg — hier wird es bestritten — , Hessen, 
Lübeck, Preussen ausser Teilen der Provinz Hessen-Nassau, Schwarz- 
burg-Sondershausen- und Württemberg 1 ) — denn für sic alle gilt auf 
Grund ihrer besonderen gesetzlichen Bestimmungen Gleiches wie für 
Preussen — Pflichtexemplare der dort verlegten, beziehentlich der 

, ) In Elsass-Lothringen besteht die gleiche Verpflichtung noch aus französischer 
Zeit; das Reichspressgesetz wurde auf die Reichslande zunächst nicht ausgedehnt. 

Samml. bibl. Arb. XIV. 1 



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Karl Dziatzko 



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dort gedruckten Schriften weiter zu Gunsten der Bibliotheken oder 
anderer Sammlungen eingezogen werden. 1 ) 

Zur Ruhe kam damit allerdings die Sache nicht. Immer wieder 
wurden aus den Kreisen der Buchhändler Vorstüssc gegen diese Ein- 
richtung unternommen, teils in ihrem Hauptorgan, dem Börsenblatt für 
den deutschen Buchhandel und die verwandten Berufszweige, das nur 
auf Verbreitung in den eignen Kreisen berechnet ist, teils aber auch 
in der vollen Öffentlichkeit der Landtagsverhandlungen, besonders in 
Prcussen. Denn mit diesem Staate würde, wie die Gegner der Pflicht- 
exemplare richtig annehmen, diese Abgabe wohl überhaupt für Deutsch- 
land fallen. Zuletzt wurde sie noch im Jahre 1898 (am 16. März) bei 
Beratung des Etats für die Königliche Bibliothek in Berlin — natürlich 
angriffsweise — zur Sprache gebracht und allein vom Regierungstische 
aus in Bezug auf die Gesetzlichkeit des Vorgehens der Bibliotheks- 
vcrwaltunge'n verteidigt; übrigens hat gerade diese Debatte den Anlass 
gegeben zu dem angeführten Aufsatze O. Fischers. Nebenher geht, 
um auch das zu erwähnen, der kleine Kampf zwischen Bibliotheken 
und einzelnen Verlegern, welche es aus Abneigung gegen die ganze 
Einrichtung häufig genug bis zur Einforderung der Exemplare durch die 
Königlichen Regierungen und zur Androhung von Strafen kommen lassen. 

Neben der Gesetzmässigkeit ist die Zweckmässigkeit der 
Forderung wiederholt erörtert und besonders von den Bibliotheks- 
Verwaltungen lebhaft verteidigt worden. Für diese, ja selbst für die 
Notwendigkeit der Pflichtexemplare, trat, noch vor dem Erscheinen des 
Fischer’schen Aufsatzes und ebenfalls im Centralblatt für Bibliotheks- 
wesen (15. Jahrgang [1898] S. 482 ff.) Johannes Franke, der Ver- 
fasser des erwähnten Buches über die Pflichtexemplare, mit grosser 
Entschiedenheit ein. Für das Königreich Sachsen, wo bereits das Press- 
gesetz vom 24. März 1870 die Pflichtexemplare im wesentlichen abschafftc, 
hat der Dresdner Stadtarchivar Dr. Otto Richter wiederholt auf die 
üblen Folgen hingewiesen, welche jener Schritt für die Vollständigkeit 
der Sammlung aller Litteraturdenkmäler Sachsens hatte und noch hat. 
Die bereitwillige Hilfe, welche in diesem Kampfe früher die Bibliotheken 
an hervorragenden und auch mit Bibliotheksverhältnissen wohlvertrauten 
Gelehrten fanden, hat seitdem — wenigstens in der Öffentlichkeit — 
anscheinend nachgelassen. Möglicherweise haben die Stimmen des 
Buchhandels mit ihren stets wiederholten Angriffen auf die Pflicht- 
exemplare diese Wirkung hervorgebracht; vielleicht überlassen auch die 
P'ernerstehenden dem inzwischen zu grösserer Selbständigkeit erstarkten 

*) Das Nähere siehe bei Dr. Johannes Franke, Die Abgabe der Pflichtexemplare 
von Druckerzeugnissen mit besonderer Berücksichtigung Preussens und des Deutschen 
Reiches Berlin 1889 (= Sammlung bibliothekswissenschaftlicher Arbeiten, her. von 
Karl Dziat/ko, 3- Heft). 



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Verlagsrecht und Pflichtexemplare 



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Stande der Bibliothekare den Kampf und fassen die Sache vorwiegend 
als Geldfrage auf. Sie meinen, infolge der günstigeren finanziellen Lage, 
in welcher unser Vaterland im Vergleich zu früheren Zeiten sich be- 
findet, seien die deutschen Staaten wohl in der Lage, ihre Bibliotheken 
so zu dotieren, dass sie über das Notwendigste hinaus auch für den 
künftigen gelegentlichen Gebrauch sich mit den Ankäufen einzurichten 
vermögen. Jedenfalls befindet der Buchhandel sich auf diesem Stand- 
punkt und hebt immer wieder hervor, dass der Staat, beziehentlich die 
Bibliotheken, welche die sämmtliche gedruckte Litteratur zur Verfügung 
zu haben wünschen, sie doch kaufen sollen. 

Diese Auffassung stellt uns unmittelbar wieder vor die Frage der 
Rechtmässigkeit der hier behandelten Forderung. Ich meine 
diesmal aber nicht bloss die Frage der Gesetzmässigkeit, an welcher für 
Prcusscn und die andern in gleicher Lage befindlichen deutschen 
Staaten, wie wir schon sahen, gar nicht zu zweifeln ist, sondern die 
höhere der inneren Berechtigung, mit welcher die Billigkeit Hand in 
Hand zu gehen pflegt, also die Frage des acquom neben dem iiistum. 
Gerade der Zweifel daran, der Glaube, dass ihrem Stande allein diese 
unter Umständen nicht unerhebliche Steuer auferlegt sei, und zwar, 
wie sie meinen, nur aus Sparsamkeitsrücksichten des Staates, macht 
die Verleger Deutschlands so gut wie einmütig — denn qui tacet, 
consentire putatur — zu Feinden der Pflichtexemplare und hat auch 
ausserhalb des Kreises der engeren Berufsgenossen die Gegnerschaft 
oder abgeneigte Gleichgültigkeit gegen die Einrichtung grossgezogen. 
Auch scharfblickende, sehr angesehene Buchhändler, denen ich klein- 
liche Gesinnung nicht zuschreiben möchte, habe ich in gelegentlichen 
Gesprächen über diesen Punkt mit gleicher Entschiedenheit sich äussern 
hören, natürlich ganz im Sinne der schon dargelegten Standesinteressen. 
Dass übrigens der Verleger nicht allein die Kosten der Abgabe zu 
zahlen hat, sondern ebenso der Autor, insofern Erstcrer völlig in der 
Lage ist, bei Bemessung des Honorars die Kosten jener Freiexemplare 
für seinen Voranschlag in Anrechnung zu bringen, möchte ich hier, 
weil meiner Erinnerung nach dieser Punkt unerörtert geblieben ist, 
ausdrücklich hervorheben. 

Auffallcn muss cs nun in hohem Grade, dass gerade bei den 
deutschen Verlegern diese Opposition gegen die Pflichtexemplare so 
entschieden und einmütig ist. Weder in Frankreich noch in England, 
in welchen Staaten sich die Einrichtung am frühesten nachweisen lässt, 
weder in Italien noch in den Vereinigten Staaten Amerikas sehen wir 
die gleiche Erscheinung. An einem feineren Sinne der Deutschen für 
politische und soziale Freiheit oder einer stärkeren Gewöhnung daran 
kann cs also nicht liegen. Auch nicht an der Höhe der Abgabe, denn 
in den Vereinigten Staaten Nordamerikas ist sie gleich hoch, und in 

1 * 



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4 Karl Dziatzko 

England erstreckt sich die Verpflichtung bis auf fünf Exemplare; auch 
lauten die Bestimmungen über die pünktliche Einlicferung des für das 
Britische Museum bestimmten Excmplares ungleich strenger als in 
einem der deutschen Staaten. Erst die in bibliothekarischen Kreisen 
vereinzelt aufgetretenen, nach meiner Ansicht unberechtigten Be- 
strebungen nach einer noch weiteren Ausdehnung des Pflichtexemplar- 
zwangs haben in England und Amerika innerhalb des Buchhandels 
auch eine Gegenbewegung hervorgerufen, welche aber durchaus nicht 
so weit geht, die Axt an die Wurzel der Einrichtung ■ legen und die 
Verpflichtung überhaupt abschaffen zu wollen. 

Man könnte wohl denken, dass in Deutschland gerade die straffere 
Organisation des Buchhandels, welche ihm ein geschlossenes und 
planvolles Vorgehen ermöglicht, ihn auch zu einem solchen anregt 
in Fragen, welche nicht als vitale anzusehen sind und anderwärts 
nicht als solche behandelt werden. Der Korpsgeist und ein gewisses 
damit verbundenes Machtgefühl verleiten ja leicht dazu, herantretende 
Fragen als Macht- und nicht als Sachfragcn aufzufassen. Wenn diese 
Möglichkeit bei manchen Angehörigen des deutschen Buchhandels 
vielleicht auch eine Rolle spielen mag, so möchte ich sie doch keines- 
wegs als ausschlaggebend, ja sogar nicht als stark hervortretend an- 
sehen. Ein anderes liegt aber vor, w r as sowohl die besondere Auf- 
fassung des deutschen Buchhandels von den Pflichtexemplaren, wie das 
verschiedene Verhalten der auswärtigen Verleger, wenigstens in den 
wichtigsten Kulturländern, wohl zu erklären vermag. Dort ist nämlich 
die Forderung der Pflichtexemplare in einen engeren Zusammenhang 
mit dem Autorschutz gebracht, während in Deutschland die Gesetz- 
gebung ihn davon völlig gelöst und so das Bewusstsein der Verleger, 
ja selbst ihre Erinnerung daran, dass die Abgabe der Pflichtexemplare 
auf einer gegenseitigen Verpflichtung beruhe, beseitigt hat. Das 
Deutsche Reich gewährt den Verlagsschutz, der einzelne 
Staat im Reiche verlangt die Pflichtexemplare. 

Joh. Franke hat in seinem auf S. 2 angeführten Buche (S. 8 — 90) 
die Quellen der Verpflichtung scharfsinnig und im einzelnen 
originell in der Ccnsur und im Privilegiemvesen nachgewiesen. Für die 
neuere Zeit unterscheidet er — meines Erachtens vielleicht etwas zu 
scharf — vier Arten der Pflichtexemplare, nämlich Censur-, Über- 
w'aehungs-, Studien- und Schutzexemplare (S. 97 ff.). 1 ) Den Charakter 



*) Für eine künftige zweite Auflage des Buches möchte ich dem verehrten Herrn 
Verfasser zur Erwägung anheimgeben, ob es sich nicht aus praktischen Gründen, und weil 
die Grenzen der vier Klassen nicht immer strenge innezuhalten sind, empfiehlt, jene 
Unterscheidung in den historischen Teil des Buches zu ziehen, die Angaben aber über 
den gegenwärtigen Stand der Gesetze in den verschiedenen Ländern und Staaten einfach 
alphabetisch nach dem Namen zu ordnen. 



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Verlagsrecht und Pflichtexemplare 



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von Studienexemplaren haben nebenbei zum Teil auch solche Exemplare, 
welche zu Censur- oder Überwachungszwecken oder zum Autorschutz 
verlangt werden; so z. B. in Frankreich, wo die „r^pression“, also 
die Überwachung vom Gesetz in den Vordergrund gestellt wird (vergl. 
Franke S. 111), und namentlich in England, wo zur Wahrung des Ur- 
heberrechtes das eine an das Britische Museum zu liefernde Exemplar 
allenfalls ausreichen würde und cs nicht vier weiterer bedürfte, die 
„on demand“ (auf Verlangen) noch an andere Büchersammlungen zu 
liefern sind. Aber auch für die früheren Zeiten der ganzen Einrichtung 
gilt das Gleiche von den Exemplaren, welche in Frankreich seit 1537 
für die Bibliothek des Königs und anderwärts ähnlich eingefordert 
wurden. Der König repräsentierte damals im absolut regierten Staate 
eben diesen selbst, und in der Bestimmung macht es deshalb keinen 
wesentlichen Unterschied aus, ob die eingclieferten Bücher früher in die 
mehr oder weniger geschlossene Bibliothek des Königs wanderten oder 
jetzt in die öffentliche Königliche oder sonstwie benannte Bibliothek 
gelangen. Ihres auf das Ganze des Staates weisenden Ursprungs ist sich 
die Bibliotheque du Roy in Frankreich sehr früh bewusst gewesen, 
und dort wie in den meisten anderen Staaten, in denen von alters her 
Pflichtexemplare für die Bibliothek des Herrschers verlangt wurden, 
hat sich diese zu einer öffentlichen Sammlung des Staates entwickelt. 
Andrerseits verdanken z. B. in Bayern (s. Franke S. 138) die heutigen 
Studienexcmplarc ihren Ursprung dem Autorschutz, und das Bundcs- 
pressgesetz vom 11. Juni 1870, welches in Bayern durch Gesetz vom 
22. April 1871 eingeführt wurde, hat nur diesen Zusammenhang auf- 
gelöst, ohne übrigens die Abgabe selbst zu beseitigen.. 

In jedem Falle hing bei den Pflichtexemplaren der älteren Zeit, 
auch soweit sic den Charakter von Studienexcmplaren trugen, die 
Leistung des Buchhandels an den Staat mit dem, was dieser für ihn 
(durch Schutz) oder doch ihm gegenüber (durch Censur und Über- 
wachung) that, eng zusammen. Diese Beziehungen sind in der modernen 
Gesetzgebung für das Deutsche Reich zum Schaden der Sache auf- 
gegeben worden. Daher kommt die weitverbreitete Meinung von der 
Ungerechtigkeit dieser Auflage, welche selbst ihre eifrigsten Verfechter 
meist ganz allein mit dem Hinweis auf ihren Nutzen für den Staat, auf 
die Unentbehrlichkeit einer Sammlung aller Litteraturdenkmäler für die 
möglichst lückenlose Vererbung der menschlichen Kultur zu verteidigen 
pflegen. Spricht doch auch Otto Fischer a. O. von den Pflichtexemplaren 
des l’reussischen Staates wiederholt als von „Studienpflichtexcmplarcn“, 
damit sich der Auffassung Joh. P'ranke’s in seinem Buche S. 122 ff. voll- 
kommen anschliessend. Und doch lässt meines Erachtens sich, ab- 
gesehen von ihrer dringenden Wünschbarkeit, auch ihre innere Be- 
rechtigung darthun durch den von mir bereits in dem Vorwort zu Frankc’s 



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() Karl Dziatzko 

Buch hervorgehobenen Hinweis auf den „besonderen Schutz, welchen 
der Vcrlagsbuchhandcl in höherem Grade als irgend ein anderer Ge- 
werbszweig gegen Nachahmung, d. h. hier: gegen Nachdruck geniesst“. 
Freilich leistet diesen Schutz in Deutschland nicht der einzelne Staat, 
sondern das Reich auf Grund des Urheberschutzgesetzes. Zur Reichs- 
sache müsste daher auch die Abgabe der Pflichtexemplare wieder 
gemacht und in den alten Zusammenhang mit dem staatlichen Schutz 
gebracht werden, wie es in England und den Vereinigten Staaten, in 
Italien, Spanien, Portugal, sowie in andern Ländern der Fall ist 
(vergl. Franke S. 1G4 ff.). 

Dass der Verlagsbuchhandel auch ohne Schutz gegen den Nach- 
druck bestehen und unter günstigen Umständen selbst blühen kann, 
lehrt seine Geschichte deutlich. Ist doch der Begriff des geistigen 
Eigentums oder des Urheberrechtes, welcher allein dem Schutze der 
Verleger die rechtliche Grundlage bietet, an sich von sehr jungem 
Datum. Wenn also der Verleger, durch dessen Vermittelung zumeist 
die geistigen Erzeugnisse eines Autors in den Handel gelangen, allen 
Nachdruckbestrebungen gegenüber in den meisten Kulturstaaten ge- 
schützt wird, so liegt darin für ihn ein Vorzug, dessen nicht jeder 
Gewerbe- oder Handeltreibende sich erfreut. Der Schutz, welchen in 
neuester Zeit das Markenschutzgesetz sowie unter Umständen das 
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb auch ausserhalb des Verlags- 
gewerbes in Fällen allzu rücksichtsloser Ausbeutung der guten Ge- 
danken des Einen durch einen Anderen gewährt, ist doch gar nicht 
zu vergleichen mit der Sicherheit, welche dem Verleger eines littera- 
rischen Werkes gegen den Nachdruck zur Seite steht. Freilich werden 
die Verleger mir einwenden, dass Konkurrenzunternehmungen zu den 
ihrigen, unbeschadet des Gesetzes wider den Nachdruck, gleichfalls in 
grosser Zahl erscheinen. Da muss indes das Wesentliche eines 
litterarischen Werkes, die eigentlich geistige Arbeit — abweichend 
von den vorhin angedeuteten Fällen der Konkurrenz — neu und 
eigenartig sein. Meine bereits ausgesprochene Behauptung, dass die 
Verleger einen viel weitergehenden Schutz ihrer Unternehmungen ge- 
messen als andere Geschäftsleute, ist also nicht widerlegt. 

Bereits Oskar Wächter, Das Urheberrecht an Werken der 
bildenden Künste, Photographien und gewerblichen Mustern (Stutt- 
gart 1877) hat S. 1 f. den Unterschied des Schutzes der Schriftsteller von 
dem der Künstler, dann aber auch von dem der Techniker und 
Fabrikanten hervorgehoben. Und aus neuester Zeit schreibt Neukamp 
im Wörterbuch der Volkswirtschaft (Jena 1898) unter „Urheberrecht“ 
mit ausdrücklichen Worten (S. 7ö0): „Abweichend vom Patent-, Mustcr- 
und Markenschutzrecht entsteht das Urheberrecht regelmässig nicht 
erst mit der Verleihung bezw. der Anmeldung oder der Eintragung in 



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Verlagsrecht und Pflichtexemplar« 



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ein öffentlich geführtes Register . . sondern bereits mit der Voll- 
endung des Werkes, welchem der Urheberrechtsschutz zusteht.“ 

An Analogien zu der besonderen Besteuerung der Verleger — 
hier in der Form von Freiexemplaren — neben der Gewerbesteuer 
fehlt es bei anderen Gewerben keineswegs. Die Steuergesetzgebung 
der einzelnen Staaten bietet in der Branntwein-, Brau- oder Malzsteuer, 
Tabaksteuer, Zuckersteucr, Steuer auf Schaumweine und der Börsen- 
stcucr Beispiele davon; auch die Schlachtsteuer gehört neben anderen 
hierher. In allen solchen Fällen weiss die Staats- und Finanzwissen- 
schaft stets bestimmte Vorteile nachzuweisen, welche die Angehörigen 
jener Gewcrbszweigc vor anderen Gewerben voraushaben, manchmal 
keine so offenkundige, als den Verlegern zuzuschreiben sind. 

Warum legen aber die zum Empfang der Freiexemplare be- 
rechtigten Bibliotheken solches Gewicht auf deren Abgabe? Ist es — 
allein oder vorwiegend — der pekuniäre Vorteil, der sie bestimmt, so 
zähe an dieser Forderung festzuhalten? Das mag bei vielen Verwaltungen 
ehemals der Fall gewesen sein, wie auch in ganz vereinzelten Fällen 
vor langer Zeit Missbrauch getrieben worden sein soll mit den Pflicht- 
exemplaren, indem solche von diesen, welche der bestimmten Bibliothek 
— nie konnte mir mehr als eine genannt werden, und die Zeit, auf 
welche zurückgegriffen wird, liegt schon etwa 30 Jahre hinter uns — 
entbehrlich schienen, von ihr zum Vorteil des Institutes antiquarisch 
verkauft, also nicht dauernd aufbewahrt wurden. Aus solchen Vor- 
kommnissen auf die Verwerflichkeit der ganzen Einrichtung schliessen 
zu wollen, wie von seiten hervorragender Buchhändler öffentlich und 
wiederholt gethan worden ist, geschieht mit gleichem Recht, wie wenn 
man aus dem Missbrauch, den einzelne Polizeibehörden gelegentlich 
mit ihrer Amtsgewalt treiben, die Abschaffung jeglicher Polizei als not- 
wendig folgern wollte. Ich habe es früher bereits ausgesprochen und 
halte noch jetzt auf Grund vieljähriger bibliothekarischer Erfahrung diese 
Behauptung aufrecht, dass, von wenigen bevorzugten Provinzen mit 
sehr entwickeltem Verlagsbuchhandel abgesehen, die Pflichtexemplare 
den Bibliotheken an Arbeit, Ausgabe für Bindelohn und Raumverlust 
alles in allem mehr Last verursachen, als pekuniären V orteil gewähren. 
Nur muss man erwägen, dass das Einfordern und geordnete Aufbewahren 
jener Drucksachen sich auch auf solche Veriagsartikel in grosser Anzahl 
erstreckt, welche die Bibliotheken nach Massgabe ihrer eigentlichen 
Aufgabe nicht anschaffen würden, der Vorteil dagegen nur in dem un- 
entgeltlichen Bezüge solcher Bücher besteht, die sie nach ihrem 
Programm sonst kaufen müssten. Bei einer solchen Vergleichung dürfen 
allerdings die zahlreichen Lokalzeitungen, deren Wert fast allein auf der 
sofortigen Benutzung nach ihrem Erscheinen und auf sehr beschränktem 
Gebiete beruht, nicht nach dem noch so geringen Abonnementspreise 



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Karl Dziatzko 



berechnet werden, sondern nach dem Preise, den sie in Wochen und 
Monaten nach dem Erscheinen als Makulatur haben würden. Es leuchtet 
doch ein, dass in den Provinzial- und Hauptstadtbibliotheken kein Mensch 
nach den Zeitungen des Städtchens oder Fleckens X. und Y. zu ihrer 
täglichen Lektüre verlangt und dass nach Wochen ihr aktueller Wert 
auf ein Minimum herabgesunken ist. Wohl aber kommt es alljährlich 
wiederholt vor, dass mehr oder weniger alte Jahrgänge von Zeitungen 
oder andere, im Grunde nur auf raschen Gebrauch berechnete Litteratur 
dringend begehrt wird aus den verschiedensten Anlässen. Litterarische 
und biographische, politische, juristische und statistische Interessen 
knüpfen neben anderen abwechselnd sich daran. Mit den Namen von 
Ort und Person sowie der begehrten Drucke könnte ich wie gewiss 
jeder meiner Kollegen solche Fälle aufzählen. 1 ) Wie äusserst selten 
vollständige Exemplare von Zeitungen sind, so dass sie im Buchhandel 
kaum Vorkommen, ist allbekannt; selbst von der Schlesischen Zeitung 
existiert, wie ich höre, überhaupt kein vollständiges Exemplar mehr. 
Alte Jahrgänge wichtiger periodischer Schriften werden, wenn auch 
nicht mit Gold, so doch mit Silber aufgewogen. Der Buchhandel bietet, 
wie die Erfahrung lehrt, keine Möglichkeit, geschweige denn eine 
Sicherheit, im Bedürfnisfalle kaufweise solche Lücken auszufüllen; dazu 
wäre für Antiquare das Sammeln zu umständlich, die Aufbewahrung zu 
kostspielig, die Gelegenheit des Verkaufes vor allem zu selten. Da 
müssen staatliche Einrichtungen an Stelle des Buchhandels treten, dessen 
Privatinteresse hierbei nicht gross genug ist, um selbst sich damit zu 
befassen. Aber auch von Zeitschriften mehr wissenschaftlichen Charakters 
gilt vielfach das Gleiche. So konnte ich z. B. vor kurzem, als es sich 
im Interesse eines Göttinger Universitätslehrers um Beschaffung eines 
vollständigen Excmplares von Masius’ Rundschau, Blätter für Ver- 
sicherungswissenschaft u. s. w. (1851 ff.) handelte, feststellen, dass von 
20 Bibliotheken Deutschlands, bei denen ich überhaupt den Besitz 
jener Zeitschrift vermuten konnte, nur eine einzige (Breslau) sie voll- 
ständig besitzt, dagegen nicht die Hauptbibliothek des Vcrlagsortes 
Leipzig, für den es keinen Pflichtexemplarzwang giebt, dass die meisten 
aber gar nichts davon haben. Wie ausserordentlich lückenhaft auch sonst 
die Bestände der grossen Bibliotheken gerade an Zeitschriften und Büchern 
von etwas populärem Charakter sind, wissen sicher Viele aus eigener 
Erfahrung und ist leicht erklärlich. Aus Geld- und Raumrücksichten 
schaffen die Verwaltungen zuerst die „schweren“ Werke an, denen ein 

l ) Bald handelt es sich beispielshalber in einer Prozesssache um Feststellung der 
erfolgten Ediktalladung, bald um die der Priorität von Titel und Vignette in einem Streit 
wegen unlauteren Wettbewerbs, sehr häufig auch um die Berichte der zahlreichen Lokal- 
vereine, welche in einiger Ausführlichkeit nur an die Zeitungen geschickt zu werden 
pflegen und mit diesen sich erhalten oder zu Grunde gehen. 



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Verlagsrecht und Pflichtexemplare 9 

bleibender Wert zugetraut wird und nach denen eine lebhaftere, sich 
dauernd wiederholende Nachfrage stattfindet. Darum kommt aber doch 
auch für die andern Pcriodica einmal die Zeit, wo man nach ihnen 
greifen muss, und da pflegen sie zu fehlen, falls sie nicht als Pflicht- 
exemplare notgedrungen an die Bibliotheken abgegeben, und von 
diesen aufgenommen wurden. 

Aber nicht bloss für die Gesamtheit der Bewohner eines Staates 
und darüber hinaus sollen die gewissenhaft gesammelten Litteratur- 
denkmäler jederzeit zum ungehinderten Gebrauch zur Verfügung stehen, 
sondern wir haben uns diese Sammelstätten zugleich als Archive der 
Verlagsbuchhandlungen selbst zu denken, welche vorher sie — 
meist wohl widerwillig — als Pflichtexemplare dahin abgegeben haben. 
Ich möchte eine einzige der alten Verlagsanstalten Deutschlands kennen, 
welche sich im vollständigen Besitz je eines Exemplares aller ihrer 
Verlagswerkc befände, die nicht vielmehr die allergrüssten Lücken in 
dieser Hinsicht aufwiese und nicht doch zuweilen in die Lage käme, 
eines der fehlenden Werke einsehen und benutzen zu müssen, wäre es 
auch nur, wenn es gilt, einen Jubiläumskatalog anzufertigen oder gar eine 
Geschichte der Firma zu schreiben. Die alte und angesehene Buch- 
handlung von Ferdinand Hirt in Breslau wollte die 21. Bearbeitung 
der Kleinen Schulgeographie von E. v. Seydlitz im Jahre 18!). r > mit 
Mitteilungen und Proben aus der ersten Auflage (1824) begleiten, 
vermochte aber nach der Vorrede S. 1 kein Exemplar von dieser auf- 
zutreiben, und in die 2. Auflage erst „nach langem Suchen durch die 
Güte eines schlesischen Schulmannes Einsicht“ zu erlangen. Der Ver- 
leger erbot sich ebenda „für das erste angebotene Exemplar der ersten 
Auflage 100 M. zu zahlen oder diese Summe je nach Verabredung zu 
irgend einem wohlthätigen Zweck zu spenden“. Eine andere alte Firma 
welcher die Göttinger Bibliothek zu grossem Danke verpflichtet ist, 
indem sie seit einigen Jahren je ein Exemplar ihres bedeutenden wissen- 
schaftlichen Verlages aus freien Stücken ihr als Geschenk überweist, 
darf sic andererseits mit vollem Recht als Hüterin und Bewahrcrin dieses 
Materials zu ihrer Geschichte ansehen, und hat dementsprechend in einem 
Exemplar ihres Verlagskatalogs die nicht mehr in ihrem Besitz be- 
findlichen Werke, welche in der Göttinger Bibliothek vorhanden sind, 
für sich verzeichnen lassen. Es ist ja auch einleuchtend, dass cs für 
jede einzelne Verlagsbuchhandlung eine wesentliche Entlastung bedeutet, 
wenn sic alle ihre Vcrlagsartikcl, darunter besonders solche, die ihrem 
Inhalt nach schnell veralten und die sie nicht zu häufiger Einsicht im 
eignen Besitz zu behalten wünscht, in der sicheren Obhut irgend einer 
oder gar zweier wohlverwaltetcr Bibliotheken weiss. 1 ) 

*) Nebenbei sei der Buchhandel auch daran erinnert, dass der Pflichtexemplarzwang 
unter Umständen ihm Käufer zuitihrt, die sonst wahrscheinlich weggeblicben wären. Selten 



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Karl Dziatzko 



Aus dem Gesagten dürfte sich ergeben, dass es nach meiner Auf- 
fassung bei den Pflichtexemplaren nicht in erster Linie auf ihre mög- 
lichst ausgedehnte Benutzung, sondern aufihresichcreAufbcwahrung 
und die Gewähr ihrer jederzeitigen leichten Zugänglichkeit ankommt. 
Gebraucht dürfen und sollen sie natürlich werden — denn sonst wären 
sie ja völlig überflüssig—, aber nicht aufgebraucht; vielmehr müsste 
den Sammelstättcn die Verpflichtung obliegen, gerade unter den Pflicht- 
exemplaren vielbegehrte Bücher — ihre Zahl ist nicht allzu gross — , die 
schadhaft geworden oder verloren gegangen sind, unverzüglich zu ersetzen; 
das Publikum und nicht am wenigsten die Buchhändler selbst sollen 
die Gewissheit haben, an den bekannten Stellen Exemplare der be- 
stimmten Drucke vorzufinden. Ich möchte daher auch, ohne auf diese 
Aeusserlichkeit viel Gewicht zu legen, statt der Bezeichnung , .Studien- 
exemplare“ eine andere, etwa „Magazinexemplare“, vorziehen, welche 
der gegenwärtig in den Vordergrund tretenden Bestimmung mehr zu 
entsprechen scheint. Die „Studicnexemplarc“ kehren in ihrem Namen 
allzusehr einen Zweck heraus, für welchen der Staat, die Gemeinde oder 
das Individuum sonst allein aus eigenen Mitteln sorgt, ohne die Hilfe 
eines einzelnen Gewerbszweiges in Anspruch zu nehmen. Unter diesem 
Gesichtspunkt empfiehlt sich meines Erachtens auch nicht unter 
allen Umständen die von Joh. Franke in den Preussischen Jahr- 
büchern Bd. (i(J (1890) S. 504 ff. warm befürwortete Verteilung der 
Pflichtexemplare an solche Bibliotheken und Anstalten, wo deren aus- 
giebigste Benutzung zu erwarten ist. 1 ) Vielmehr kommt es vor allein 
auf die Sicherheit der Bewahrung und die leichteste dauernde Zu- 
gänglichkeit für jedermann, natürlich ebenso für die Verleger selbst 
an, und in dieser Hinsicht bieten die Centralbibliotheken des Staates 
und der Provinzen (im grösseren Staate) doch unbedingt die grösste 
Gewähr. Es muss jederzeit auch in später Zukunft und ohne Zuziehung 
irgend welcher Kataloge allgemein bekannt sein, wo man eine in 
Deutschland erschienene Drucksache mit der grössten Aussicht auf 
Erfolg, wenn nicht gar mit Sicherheit des Erfolges zu suchen hat. 

Für die Erhaltung einer festen, stetigen Tradition in unserer Kultur 
ist also die vollständige Sammlung und Aufbewahrung der gedruckten 
Litteratur das beste, ja das unentbehrliche Mittel. Ucber den Zufall, 

werden — wenigstens in Preussen — jene Exemplare sogleich nach ihrem Erscheinen an 
die berechtigten Bibliotheken abgeliefert. Dagegen werden sie gerade neu von den 
Interessenten am meisten zur Benutzung gewünscht und auf der Bibliothek begehrt. Brauchte 
diese nicht auf das Freiexemplar zu warten, so hätte sie in vielen Fällen das Buch bereits 
gekauft und könnte es verleihen; so aber muss sie es als noch nicht vorhanden bezeichnen 
und bestimmt gewiss nicht selten dadurch den Besteller, es sich zu kaufen, falls er seiner 
dringend bedarf. 

l ) Schon der Titel des Aufsatzes „Pflichtexemplare und Fachbibliotheken“ giebt 
seine Ansicht wieder. Vergl. auch Joh. Franke im Centrbl. f. Bibi. a. O. (1898) S. 48<>. 



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Verlagsrecht und Pflichtexemplare 



11 



welcher mit jeder Auswahl verbunden ist, die naturgemäss von den 
augenblicklichen Bedürfnissen, den herrschenden Strömungen und nicht 
am wenigsten von den verfügbaren Mitteln sich beeinflussen lässt, muss 
die Beschaffung der Litteratur gesetzlich hinausgehoben werden durch 
die Abgabe der Pflichtexemplare, welche der Verleger — mittelbar 
wie wir sahen, mit dem Autor — zu liefern hat. Das Recht zu dieser 
Forderung entnimmt der Staat — bei uns sollte cs das Deutsche Reich 
sein — dem besonderen, in gleichem Maasse keinem andern Gewerbe 
gewährten Schutze, den der Verlag mit Hilfe des Staates für Werke 
der Litteratur und Kunst geniesst. Billigerweise darf der Leistung des 
Staates das Verlangen einer Gegenleistung gegenübergestellt werden. 
Die Gelegenheit dazu ist gegenwärtig die günstigste, da zur Zeit dem 
Reichstage noch die Entwürfe eines Gesetzes, betreffend das Urheber- 
recht an Werken der Litteratur und der Tonkunst, sowie eines solchen 
über das Verlagsrecht zur Beratung vorliegen. Im Reichstage und 
nicht in den Häusern der einzelnen deutschen Staaten wird voraussichtlich 
und naturgemäss — jetzt oder dereinst — die Entscheidung über die 
Pflichtexemplare fallen. Bleibt die jetzige Gelegenheit unbenützt, so 
wird es immer schwieriger werden, später das Versäumte nachzuholen, 
und Deutschland wird in Bezug auf die sichere Erhaltung der heimischen 
Litteratur immer mehr hinter den anderen Kulturstaaten Zurückbleiben. 
Man täusche sich darüber nicht. Schon jetzt hat es sich heraus- 
gestellt, dass Frankreich und England, deren Hauptbibliotheken seit 
langer Zeit im ungestörten Besitz von Pflichtexemplaren sind, mit Hilfe 
dieser bibliographische Arbeiten und damit Hilfsmittel für die Wissen- 
schaft und Praxis von einem Umfang und einer Zuverlässigkeit liefern 
können und wirklich liefern, die in Deutschland trotz unsrer vor- 
züglichen Buchhändlerkataloge unmöglich sind. Ich erinnere z. B. an 
Fernand Drujon, Cataloguc des ouvrages, ecrits et dessins de .tonte 
nature poursuivis, supprimes ou condamnes depuis le 21 oct. 1814 jusqu'au 
jr juill. i8jj ; (d. augnt. (Paris i8j<j); ein Werk, welches alle Wand- 
lungen der inneren Politik Frankreichs im angegebenen Zeitraum wieder- 
spiegeln lässt; oder Maur. Tourncux, Bibliographie de Phist. de Paris 
pendant la Revolution francaise, T. 1. 2. (auf 5 Bde. berechnet; Paris 
i8ijo. 1894). Wir haben diesen Werken nichts Gleiches zur Seite zu 
setzen, und jedenfalls würden sie, wenn man sie bei uns unternähme, 
einen ungleich grösseren Aufwand an Kraft, Zeit und Geld erfordern. 
Man denke ferner an die geplante internationale Bibliographie aller 
neuen Bücher und Aufsätze aus dem Gebiete der Mathematik und 
Naturwissenschaften. Gewiss wird Deutschland die übernommenen Ver- 
pflichtungen gut und in vollem Maasse erfüllen; aber die halbe Arbeit 
dafür wäre gethan, wenn bereits für den gesamten Verlag des 
Deutschen Reiches die Verpflichtung bestände, ein Exemplar seiner 



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12 



Karl Dziatzko 



Drucksachen an die Königliche Bibliothek zu Berlin in gesetzlich fest- 
gelegtcm kurzen Zeitraum einzusenden. 

Den Vorwurf mangelnder Opportunität fürchte ich nicht für diesen 
Mahnruf. 1 ) Was unbedingt zweckmässig und zugleich innerlich be- 
rechtigt ist, ist allemal zeitgemäss, und in diesem Falle liegt die Sache 
sogar so, dass etwas versäumt würde, wenn nicht jetzt vor dem Forum 
des Reichstages die Frage der Pflichtexemplare zur Verhandlung käme. 
Es will mir scheinen, als wenn in Deutschland seit einiger Zeit das 
Verhältnis zwischen Bibliotheken und Buchhandel sich friedlicher 
gestaltete, als es zu Zeiten wohl gewesen ist; als wenn beide Teile, 
deren Arbeitsfeld in weitem Umfang ein gemeinsames ist, sich dauernd 
mehr davon überzeugten, dass ihre Interessen, wenn auch die Biblio- 
theken die Bücher unentgeltlich verleihen, welche die Buchhändler gern 
verkaufen möchten, nicht so sehr auseinander gehen. So möchte ich 
auch jetzt die Pflichtexemplarfrage nicht als Zankapfel dem deutschen 
Buchhandel entgegenwerfen, sondern nur eine für die Bibliotheken als 
die Sammelstätten der Litteraturdenkmälcr und damit für die gesamte 
nationale Kultur bedeutsame Frage anregen in der Hoffnung, dass es 
noch vor Erledigung der beiden Gesetze über das Urheber- und das 
Verlagsrecht gelingt, diese Einrichtung in einer auch für den Buch- 
handel nicht unsympathischen Form auf das gesamte Deutsche Reich 
auszudehnen. 3 ) Ich kann in Bezug auf die Abneigung der deutschen 
Buchhändler, welche in jeder gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe 
von Freiexemplaren eine Beeinträchtigung der Gewerbefreiheit sowie 
einen direkten materiellen Schaden für sie selbst erblicken, nur das 
wiederholen, was ich vor zwanzig Jahren in Band 48 der Preussischen 
Jahrbücher S. 37G schrieb: 8 ) „Sie [die Buchhändler] bedenken dabei 
das eine nicht, dass jede öffentliche Bibliothek — und um wieviel mehr ein 
deutsches Reichsinstitut? — nicht bloss die litterarischcn Bedürfnisse des 
Bücher suchenden Publikums befriedigt, sondern sie auch in hohem Grade 
weckt und somit durch die von ihr ausgehende litterarischc Anregung 
dem Buchhandel immer neue Konsumenten und Produzenten zuführt.“ 

Göttingen. Karl Dziatzko. 

*) Dass die Buchhändler ihrerseits zurZeit nicht gewillt sind, abzulassen vom Ansturm 
gegen die Pflichtexemplare, beweisen wiederholte Einsendungen ins Börsenblatt für den 
deutschen Buchhandel, z.B.ganz neuerdings in Jahrgang 1900 No. 300 und Jahrgang 1901 No. 5. 

2 ) Man könnte z.B. daran denken, die Verleger zurunentgeltlichen Abgabe eines Exem- 
plare* an die Königliche Bibliothek in Berlin zu verpflichten, ein zweites Exemplar aber von 
Reichs wegen zum Verlegerpreise zu kaufen (mit Ausnahme der Zeitungen, für welche nur die 
Expeditionskosten zu ersetzen wären), und dann nach seiner Benutzung für die internationale 
Bibliographie an die Einzelstaaten in der Regel gegen Entgelt — für deren Bibliotheken 
abzugeben. 

8 ) ln einem Aufsatz „Über die Bibliothek und den Lesesaal des Britischen Museums** 
ging ich zum Schluss auf die damals angeregte Frage der Gründung einer Reichsbibliothek 
und des auf ganz Deutschland auszudehnenden PUchtexemplarzwanges ein. 



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Di tre sconosciuti tipografi (napoletano 1’ uno, tedeschi 
gli altri), dimoranti in Napoli, nel secolo XV. 

Nelle ricerche, che da tempo stiamo facendo sulla storia della 
tipografia napoletana nel secolo XV, ci e occorso di rinvenire un 
interessantissimo documento, il quäle dä'notizia, con particolari degni 
di nota, su di una socictä contratta ncll’ arte della stampa di libri, fra 
Domenico Carafa e due tipografi tedeschi. 1 ) 

II documento, che, fin dal secolo XVII, aveva richiamata 1’ atten- 
zionc del Tutini 2 ), c di gran lunga importante, non solo perchc ci 
fa conoscere i noini di due artefici, finora ignoti e vari curiosi parti- 
colari, concerncnti imprese tipografiche, ma ancora perche ci fa 
rilevare che Domcnico Carafa, gia prima dell’ anno 1481, aveva fatto 
stamparc altri libri. 

Da esso documento 3 ), che ora per la prima volta riproduciamo 
integralmente 4 ), si rileva che addi 29 ottobre dell’ anno 1481 il 
Magnifico Domenico Carafa da una parte, ed i Maestri Giovanni 
Staingamer di Landsperg e Werner Raptoris di Marburg, dall’ 
altra parte, contrassero fra loro societä nelP arte di stampare libri, 
per la durata di un anno c mezzo, con i seguenti patti: 

1. Esso Messer Domcnico Carafa si obbligava di darc ai detti due 
soci, tipografi tedeschi, durante il tempo stabilito, oltre 1’ alloggio 
convcnicntc a detta arte, uii letto con sostegni (panchetti) 6 ), un torchio 
e le lettere, colle quali esso Domcnico fecc stampare gli Evangeli.“) 

*) Sono ignoti anche al Marzi (”I tipografi tedeschi in Italia durante il secolo XV“, 
in Centralblatt f. Bibliothekswesen. Beiheft XXIII). 

J ) Di Camillo Tutini, famoso storico ed erudito, discorsero il F. Soria (Memorie 
storico-critiche degli storici napoletani. Napoli MDCCLXXXI1, tom. Il pp. 608 — 610), 
ed il Filangieri, (Documenti per la storia, le arti e le industrie delle provincie napo- 
lctane. Napoli 1888, vol. IV pp. 109, 399, 400, 405 — 407 e 455). 

а ) Trovasi indicato dal Tutini nei suoi "Notamenti di diversi antichi Notar i del 
Regno e di niolte cose cavatc dalli loro Protocolli“, alla scheda di notar Cesare Malfitano, 
cosi "Capitula et societas imprimendi libros inter Dominicum Carafam et 
quosdain impressores teotonicos“ Ms. brancacciano IV. B. 15, cc. 194 — 207. 

*) Vedi in fine il "Documento inedito 4 *. 

5 ) Crediamo che cosi debba tradursi, in questo caso, la voce”fulcitum“. (Vedi Doc cit.) 

б ) Non siarno riusciti ad identificare , per quante ricerche avessimo fatte, questo 



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14 



Giov. Bresciano 



Detti utensili e lctto passassero, alla cstinzione di esso contratto, in 
possesso di Messer Domenico. Qualunque altra spesa, da farsi per 
essa societä, dovesse essere in comune, fra esse parti. Qucste, inoltrc, 
si obbligavano di esercitare detta societä, con ogni sollccitudine, 
durante il tempo stabilito, stampando libri di piccolo c di grandc 
formato, secondo loro piaccrä e seinbrcrä necessario, su carta, 
che sarä consegnata da esso Messer Domenico ai detti Giovanni 
c Werner. 

2. Prometteva, poi, il Carafa di comprare del suo tutta la carta 
necessaria, per detta stampa. Lo Staingamer e il Raptoris crano 
tenuti a provvedersi da se del vitto, facendone perö conto ad esso 
Domenico alla fine di ogni mese. Questo s’obbligava dare loro la 
terza parte di esse spese. Di qucste e di altrc da farsi si doveva 
teuere chiaramente nota, in due quaderni, 1’ uno presso il Carafa e 
1’ altro presso i mentovati soci. I libri, poi, si dovevano vendere 
"pro communi et indiviso“, o dividere in tre parti, detratto il capitalc 
della carta e delle altre spese, col patto espresso che, ove mai capitasse 
danno in detta societä, senza colpa di veruno dei soci, ognuno di 
loro ne sopporti la intera terza parte. 

3. Che, ove mai occorrcrä, per incrcmcnto di detta arte, o per 
altro bisogno, avere garzoni salariati, si poträ farlo, dividendo le spese 
necessarie pel salario in tre parti. 

4. Il Carafa prometteva di far cucinare quanto sarä necessario, 
pel vitto di essi soci, durante il tempo stabilito. 

5. Che se mai sopravverrä pestilenza (che Dio liberi), in Napoli, 
durante esso contratto, sarä lecito ad essi Maestri di dimorare in detta 
cittä, col torchio 1 ) e lettere e terminare la stampa dei libri giä comin- 
ciata, dividendoli poi fra loro, e cominciare la stampa di altri, secondo 
i giä presi accordi. Se le dette parti, o 1’ una di loro vorrä abbandonare 
la Societä, lo poträ, solamente in tempo di pestilenza, dovendo poi 
ritornare e seguire essa societä, per tutto il tempo del contratto. 

6. Che le lettere dovessero essere del peso di 47 rotola a ) con 
una cassetta, da rimettere al Carafa, alla fine del contratto. Si obbliga- 
rono, poi, esse parti di osservare i preinserti patti e capitoli ec. ec., 
sotto pena di once 50 di oro ec. ec. Addi 4 gennaio 1482 fu cassato 
il preinserto strumento, per valontä di esse parti, le quali si dichiararono 



incunabolo, assolutamente impresso in Napoli. Crediamo possa essere, probabilmente, uno 
dei due, descritti dall* Hain (Repert. bibl.) ai n. 6628, 6629. 

*) Cosl e non altrimenti reputiamo possa tradursi la voce stfleo = stilo. "Stilus, 
a Graec. otoXo*, columna“ (Du Cange, Gloss. med. et inf. latin. 1886 t. VII p. 598). 

*) Che le lettere si calcolassero a peso, h confermato anche da un documento 
posteriore (9 decembre 1483), pubblicato dal principe Filangieri, ed al quäle accenneremo 
in prosieguo. 



Di tre sconosciuti tipografi dim. in Napoli ec. 



15 



bcn contente e soddisfatte, di quanto fu dichiarato, in cssi Capitoli ec. ec., 
obbligandosi ec. . . . sotlo pena di 20 once di oro ec. 

E assai notevole che, fra i tcstimoni prcsenti al contratto, si trovi 
Corrado Guidemund, il noto tipografo, che stampö in Napoli nel 1478, 
sccondo si rileva dai due unici incunaboli, che di lui si conoscono. 1 ) 

L’ inedito documento, che scguc in fine, sparge luce non dub- 
bia su Domenico Carafa, Giovanni Staingamer (Steingamer) di Lands- 
perg e Werner Raptoris di Marburg, due tipografi tedeschi, che 
dimorarono qui, ed csercitarono la loro arte. 

II Carafa ebbe una parte importante, nella storia della tipografia 
napolctana, non nel senso tecnico della parola, perche non e credere 
che lavorasse egli stesso da tipografo, come Sisto Riessinger o come 
Mattia Moravo; ma perche fu ccrtamente proprietario di officinc tipo- 
grafiche, nelle quali fece stampare, per suo conto, da operai tedeschi 
e di strumenti tipografici, che dava in fitto s ), come sopra dimostrammo. 
Circa la sua biografia sappiamo che fu figliuolo di Giovanni Antonio 
Carafa, Regio Consiglierc. Domenico sposö Lucrezia Saraceno, dalla 

quäle nacque Vincenzo. 3 ) Infruttuose sono tornate le ricerche com- 
piute sul Costanzo 4 ), sul Pacca 6 ), sul Reumont 6 ) e sui principali ge- 
nealogisti di famiglie nobili napoletane. 

Le nostre particolari ricerche, fatte sulle schede notarili del 
secolo XV, esistenti nell’ Archivio Notarile di Napoli, fruttarono 
parecchie notizie inedite. 

*) Sono: 

a) Mesne, J.: Opera. Neapoli, C. Guldenmund. M-CCCC-LXXVIII. die tertia 
mens. febr. 

(Ignoto all’ Hain, ma riportato dal Giustiniani nel suo Saggio storico-critico 
sulla tipografia del Regno di Napoli. 2“ edii. Napoli 1817, p. 141 e poi dal Graesse, 
nel Tresor des livres rares et pr£cieux. Dresde 1863, t. IV. p. 505.) 

b) Cleopbitus, O.: Epistolarum de amoribus über . . . Neapoli, C. Guidemund, 
MCCCCLXXVm. XIL Idus Martias. 

(Hain no. 5457 = Giustiniani, op. cit. p. 142.) 

*) Fin dal 1887 il principe G. Filangieri pubblico, nell’ Archivio storico per le 
provincie Napolitane (anno Xll p. 50, in nota) un contratto di societä, concluso dal 
Carafa con Giusto Tedesco. ”9 dicembre 1483 Maestro Giusto Thentonico 
prende in fitto da Domcnico Carafa una macchina da stampare, del peso 
di libbra 122, e questi dichiara aver ricevuto da esso Giusto altra mac- 
china, parimente da stampare, del peso di libbra 112“. 

(Prot, di C. Malfitano, a. 1483; c. 80, Arch. notar. di Napoli.) 

! ) Aldimari, B.: Historia genealogica della famiglia Carafa. Napoli, MDCLXXXXI, 
libr. 11 p. 22. 

4 ) Genealogia inedita della famiglia Carafa. 2 Mss. della Bibi. Naz. di Napoli 
(X. B. 34 e XIV. F. 39). 

*) Historia della famiglia Carrafa di Colaniello l’acca. Ms. Bibi. S. Martino in 
Napoli, 351 Inv. 

*) Die Carafa von Maddaloni. Berlin 1851. 



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1 (> 



Giov. Bresciano 



Cosl rileviamo da un protocollo *) che Giovanni Antonio tolse in 
moglie Caterina della chaya (de acaya?), la quäle pare sia stata la 
madre di Domcnico ed ebbe, oltre a lui, una figlia, di nome Sancia, 
che maritö nel 1457 a Giovanni Sanframondi. 

Dali’ anno 1471 al 1474 Domenico Carafa fu musico della corte 
Aragonese. Ciö si rileva dalle cedole della Tesorcria Aragonese, 
possedute dal Grande Archivio di Stato in Napoli. Infatti, tra i paga- 
menti fatti della corte Aragonese, il suo nome e cosi registrato: 

12. janer 1471. 

A Minico carraffa tnusic/i XXXVIIj duc. Ij tar. Son a com- 
pliment de XXXX duc. per una terca de sa provisio que ftni en 
lo mes de Decembre passat .... 

( Cedole d. Tes. Arag. vol. 56, c. 120 a .) 

10. man 1474. 

a Dominico carrafa musich Vlllj duc. llj tar. a complimcnt 
de X duc. perla dita raho [j<r provisio\. 

(Ced. cit. vol. 66, c. 312*.) 

Domenico si trova spesso nominato, ora come testimonc, ora 
come parte, in molti atti notarili degli anni 1474, 147(1, 1478, 1489, 
1491, 1492, 1493, 1497, 1498 e 1501.*) 

Parecchi di questi atti sono contratti di societä, conclusi in diversi 
tempi, per P csercizio di varie industrie. Da un altro documento, 
esistente nel Grande Archivio di Stato di Napoli 3 ) (Lettere regie del 
'2. ottobre 1477, con 1’ esecutoria del 6. novembre successivo, in- 
dirizzatc "magnifico viro petro Bernardo regenti regiam 
thesaurariam ac maiori dohanero fundaci maioris et dohane 
Civitatis ncapolis“) si rileva che il Re Ferdinando, avendo bisogno 
di danaro ”signanter pro stipendiis diversarum gentium armi- 
gerorum quas [!] intra et extra hoc nostrum regnum ad nostra 
scrvicia et pro statu nostro et defensione, sccuritatemque 
(sic!) dicti regni . . . substentamus et tenemus, nec non pro 
multis aliis variis et diversis impensis quibus undique 
vexamur et distringimur“ . . ., concede in vendita ”ex reddi- 

*) Capitoli matrimoniali rogati da notar Giacomo Ferrillo c. 109. (Arch. notar. 
di Napoli.) 

*) Protocollo di notar Francesco Russo, a. 1473 — 75, a. c. 87 a ; Prot, di C. Mal« 
fitano, a. 1476—78, c. 13^, 49* e 76b; 1481-82, a. c. 205»» e 207b; 1486-87, cc. 
212^, 213*; 1489-90, c. 137; 1490—91, c. 416; 1491—92, cc. 6, 10*, 59b, 148* e 
216; 1492—93, cc. 13*, 41 *>, 51 \ 52, 129*, 133*; 1496-97, cc. 191 1 > e 276b; 1497—1498, 
cc. 67* e 126b; 1500 — 1501, c. 203b; Prot, di Giovanni Majorano, a. 1501 — 1502, 
a. c. 63 b. 

8 ) Sommaria-Esecutoriale, VII. cc. 151 — 158. (Dobbiamo alla cortesia del 
chiarissimo Dr. M. Fava, bibliotccario nella biblioteca universitaria di Napoli, questa ed 
allre notizie favoriteci ) 



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Di tre sconosciuti tipografi dini. in Napoli ec. 



17 



tibus, introitibus, iuribus ct racionibus ipsius fundici ct 
dohane magnifico dominico carrafa de neapoli, filio mag- 
nifici viri Joannis antonii carrafe de neapoli J. V. doctoris 
düecti nostri Consiliarii, previa nostri consilii deliberacione 
et approbacione . . . ducatos centum annis singulis ex reddi- 
tibus introitibus et iuribus predictis.“ 

Peccato che non ci sia riuscito di rinvenire veruna notizia su 
Giovanni Steingamer, ne negli archivi napoletani, ne nello Staatsarchiv 
di Marburg. Si conoscono bensl i tipografi Martinus Landsberg 
de Herbipoli 1 ) e Wolfg. Landsberg Monacens. [?] (= Wolfgang 
Stöckel?) 8 ) i quali nulla hanno di comune collo Staingamer, del quäle 
finora pare non esista veruna edizione. 

Siamo stati piü fortunati per 1’ altro, poiche ci e occorso di 
rinvenire un incunabolo, da lui stampato, sfuggito sia all’ Hain, sia al 
Copinger 3 ), sia al Proctor 4 ) e (quel che piü monta) al diligentissimo 
Giustiniani (op. cit). II solo De Licteriis lo cita. 6 ) 

Eccone una descrizione bibliografica: 

c. 1“ [oder 2 “, wenn das leere erste Blatt mitgezählt wird) n. n. : 
IN COMENCIA el prolago Innel li ]| bro dela diuina doctrina rcuellata 
a ql |1 la gloriofa & fanctiffima vergene fanc || ta Catcrina de fiena forella 
del terczo a | bito de San: dominico fundatore & pa || tre dellordine 
de fra predicato^. : || 

Esso termina al verso della stcssa carta. 
c. l b n. n. : In comeza el lib° dela diuia doctrina da | ta alla 
gloriofa uirgene fanta Caterina || de Siena del terzo abito de fan 
domico | pla pfona del oipotete dio el qle parla || ua i nel fuo itellecto etc. 

c. 2” n. n.: Como p uirtu de lante oracione fe unif || ce la aia 
con dio & como quefta anima || de la quäle fe parla qui effendo 
eleuata || in cötemplacione adomädaua quactro || petecionc al lummo dio 
Capl’o i EVANDOSE vna ani || ma anfietata de grandiffi | mo difiderio etc. 

L’ opera e divisa in CLXVII capitoli e termina a. c. 
118 h n. n. Riportiamo il colophon (c. 118 a n. n.): 

Gloria pri qui fecit nos Gloria filii [!] qui || redemit nos Gloria 
fprritui (sic!) fanto qui fä || tificauit nos Sit laus Sit benedictio Sit || 
graciasj. accio füme & idiuidue trinita || ti p in finita feculospecula || 



*) C. Burger, Regist. zu Hain’s Repert. bibl. pp. 166 — 167. 

*) Ibid. p. 168. 

3 ) Supplement to Hain’s Repert. Bibi. part. I. II, 1. London 1895 — 98. 

4 ) An Index to the early printed books in the British Museum from the invention 
of printing to the vear MD. London, MDCCCXCVIII; 2 d sect. p. 446. 

5 ) Codicum saeculo XV impressorum, qui in regia bibliotheca Borbonica adservantur 
Catalogus . . . labore et industria F. Francisci De Licteriis. Neapoli, MDCCCXXV1II, 
t. I, p. 166. 

Samml. bibl. Arb. XIV. 2 



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18 



Giov. Bresciano 



AMEN || Finis Anno M°CCCC # || LXXVIII 0 . Die vero vicefima octa || 
ua Menfis Aprilis Conpofitü p dii" || cretum Vucrnerum Raptor’ de 
Alma || nia Alta de haffea de terra che chiama || ln Dem gülden 
Trogbe j| Senza luogo. 

c. 118 b n. n.: Tabula huis [sic!) libri etc. 

ln 2° (di mm. 230X1^0) di cc. 118 [mit dem ersten leeren Blatte, 
das fehlt, 119] n. n., senza segnature c richiami; di lince 42, su doppia 
colonna; carattere rotnano, alquanto rozzo. La carta reca una sola 
tiligrana, di cui diamo qui il disegno, lucidato dall’ originale: 




I singoli fogli hanno 5 vergehe (Stege) verticali, distanti 1’ una dall' 
altra 3, 7 cm. Da una nota manoscritta sul foglio di risguardo, in 
principio si rileva, che 1’ esemplare esaminato apparteneva alla Biblioth. 
domus professe neapol. Soc. Jesu. 

(Bibi. naz. di Napoli. Sala delle Quattroccntine, III. E. 19.) 1 ) 

L’ incunabolo in parola non si trova sia nelle bibliografie gene- 
rali di scrittori italiani-’), sia nelle opere degli scrittori, che parlarono 
di Santa Caterina da Siena. :1 ) II solo Zambrini ne fa cenno. 4 ) Ecco 
le sue parole: 

[Dialogo di Santa Caterina da Siena.] 

Deila Divina Provvidcnza (Senza luogo) Guarnero Raptore, 
1498 6 ), 28 aprile; in f. piccolo. ”Ho notizia di questa stampa dall' 
onorevole sig. prof. Luciano Scarabelli, il quäle, nel darmi raguaglio 
di essa, soggiugne: 

') Esemplare alquanto maccbiato qua ela, con pochi fori di tarlo, nelle cc. 1,80—118. 

*) Fontanini, Haym, Gamba ec. 

3 ) Capecelatro, A.: Storia di Santa Caterina da Siena .... 4. ed. Siena 1878 

(pp. 520 — 579: Bibliografia). 

Flavigny (C<**** de): Sainte Catherine de Sienne. Paris, 1880 (pp. 395 — 439: 
Bibliographie). 

Pistelli, E.: Sul dialogo di S. Caterina da Siena e sui Mss. Cateriniani Ashburnha- 
miani: notizie ed appunti. Firenze, 1886. (Nozze Pistelli — Bonzani.) 

*) Le opere volgari a stampa dei secoli XIII e XIV indicate e descritte. 4. ediz. 
Bologna 1878, p. 234—235. 

6 ) La data i erronea, dovendo essere 1478. 



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Di tre sconosciuti tipografi dini. in Napoli ec. 



19 



Qui e uno enigma. Nessuno conoscc questo stampatore. I! 
Brunet cita 1’ edizione colla stessa data e impressum "per discretum 
virum Bernardum de Dacia“; poi altra ediz. "octaua aprilis pcl 
Fiorentino N.“ 

11 Catalogo dell’ Heberiana ha il "vigesima octava“, ma ”im- 
pressum per C. Bonebach de Almania alta de bassea deterra 
chiama In del guldem“. 1 ) Par che bassea sia Hassea o Assia 
e che il Bonebach cuopra il Vuernerum Raptor’ (sic!) de Al- 
mania alta de hassea de terra che chiama In dem guldem 
Trogbe dell’ edizione che cito. Bonebach suona rivo, e talvolta i 
rive sone piü che ladri. Il C. potrebbe essere errore di G. per Guar- 
nerio. Non e certo dell' Azzoguidi. Credo che 1’ Azzoguidi avesse 
privilegio dci Domenicani e che pur si ristampasse a Bologna e lc muta- 
zioni dei nomi strambi fossero per distogliere dalla dritta via chi cercasse 
1’ editor nuovo. I segni della carta sono la losanga e la stella cerchiata. 

Questa ediz. ha un prologo che manca all’ Azzoguidi.“ 

Dali’ esame dell’ infrascritto documento e chiaro che sono erronee 
le congetture dello Scarabelli, il quäle ne ignorava 1’ esistenza. E 
parimente erronea la indicazione, che da della fdigrana (“segni della 
carta“) denominata da lui losanga e stella cerchiata, laddove 
ehiaramente si scorge, esaminando alla luce la carta, che questa 
contiene una sola fdigrana, cioe uno scudo a losanga, sormontato da 
una corona. 2 ) Poiche, dunque, il Raptoris strinse, in Napoli societä 
con altri due tipografi, per la stampa di libri, ci sembra evidente, 
che 1’ incunabolo csaminato, che reca nel colophon il suo nomc, 
fosse stampato in Napoli. Altra prova convincente c il calco della 
fdigrana, da noi riscontrato solamente nella carta d’ incunaboli na- 
poletani (v. g. Perotti Regulae grammaticales. Neapoli, M. Moravus; 
sec. XV. Hain no. 12642). Come per lo Steingamer, cosi parimente 
pel Raptoris non ci e riuscito di trovare veruna notizia, che, com- 
unque, a lui si riferisse. lnfruttuose, altresi, sono tornatc le ricerche, 
diligentemente fatte, per rinvenire altre edizioni, uscite dai suoi torchi. 3 ) 

*) Il colophon riportato i 1 errato. Deve leggersi cosi alta de hassea de 

terra che chiama In dem gülden Trogbe (cfr. I’roctor. op. cit. Napoli; p. 446 [XI] 
no. 6723). 

*) Vedi sopra il disegno, da noi cavato dall’ originale. 

3 ) Herr Bibliothekar Dr. Falckenheiner in Göttingen teilt freundlichst aus den 
Matrikelbachern deutscher Universitäten und aus Urkundenbücheru Folgendes mit: 

Raptoris [Derselbe zum J. 1450: Reuber] de Haugcnhergszheim [= Herxheim 
in der Pfalz], Jac. : s. Matrik. d. Univ. Heidelberg, I, 257 vom J. 1448. 

— , Joh. (de Wormacia): ebd. I, 103 vom J. 1406. 

Roeber, Nie. ( — — ): ebd. I, 72 vom J. 1399. 

Raptoris, Conr., de Ilergeszheim, 1398: s. Quellen z. Gesch. d. Stadt Worms II, 
688, 41; 689, 14. 

2 * 



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20 Giov. Bresciano 

Fino a che non sara pubblicato dalla chiarissima Sig’ 11 * Pellechet 
1’ Atlante di Tavole, riproducenti i caratteri fotografati dei singoli 
incunaboli, posseduti da biblioteche franccsi 1 ), non possiamo istituire 
confronti fra 1’ incunabolo, su dcscritto e gli altri, che potessero 
esistere dello stesso tipografo, senza alcuna nota tipografica. In ultimo, 
ci si prcsenta un caso assai singolare: Esistono 4 incunaboli della 
stessa opera (La divina dottrina di S** Caterina da Siena), con 
la stessa data (28. aprilc 1478), che recano 4 soscrizioni diverse, coi 
nomi di 4 tipografi diversi c sono: 

a; AMEN Finis Anno M"CCCC° j LXXVIII 0 Die vero vicesima 
octa Ij ua Mensis Aprilis Inpressum (sic!) In ci :| uitate Neapolitana per 
Discretum Virum franciscum N. fiorentinum.*) 

b; AMEN j Finis Anno M°CCCC° ; LXXVIII 0 Die vero vicesima 
octa | ua Mensis Aprilis Inpressum p dis || cretum Virum Bemardum 
de dacia || 

(Hain no 4694; Giustiniani, op. cit. p. 149.) 

c; AMEN Finis Anno M°CCCC° LXXVIII 0 Die vero vicesima 
octa Iva Mensis Aprilis In prefiutn p difjj cretum Conradum Bonebach 
de Alma || nia alta de hassea de terra che chiama I 1 In Dem gülden 
Trogbe | [Nach einer Photographie der K. Universitätsbibliothek in 
Göttingen. K. Dz.] 

(Ignoto all’ Hain ed al Giustiniani; riportato dal Proctor, op. cit. 
p. 446, 450.) 

d; quello giä sopra riportato, di cui diamo qui un facsimile (il 
colophon cavato da una fotografia, anche per dare saggio dei caratteri 
dell’ incunabolo csaminato). 

Solo il no. a porta il luogo di stampa; gli altri, benche non 
1’ abbiano, sono indubbiamentc stampati a Napoli, come dimostrarono 
il Giustiniani (op. cit.) e il Proctor (op. cit.), e come reputiamo possa 
dirsi dell’ ultimo, teste esaminato. 

Non sappiamo come spiegarc questo fatto. Si potrebbe forse 
ammettere per i due citati tipografi (Bonebach e Raptoris), sconosciuti 
al Giustiniani (op. cit.), quanto questi dice di Bernardo di Dacia: ”E 
facile credere di aversi divisa 1’ edizione i suddivisati due 
tipografi, sia stato il primo a farla Francesco N., sia stato 

Einen Joh. Bonebach de Hombergh kann er aus Erfurt nachweisen (immatriku- 
liert im J. 1477 Som. Sem. (s. J. C. Herrn. Weissenborn, Akt d. Erf. Univ. 1 [1881] 
S. 369). Ferner vermutet er, dass Trogbe verdruckt sei filr Trog he und dies soviel 
wie Mulde, Thal bedeute Als „güldene Grafschaft“ sei Dietz (erst seit 1479 zu Hessen 
gehörig) genannt bei J. J. Winkelmann, Beschr. v. Hessen S. 121 b. 

') Siamo, cortesemente informati dalla valorosa autrice che, fra breve, vedri la 
uce. (Era sotto il torchio il presente articolo, quando apprendemmo la sua morte ) 

•) I,’ Hain (n° 6026) crede che sia Franciscus Nicol. Klorentinus (Giusti- 
niani. op. cit. p. 148). 



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Di tre sconosciuti tipografi dim. in Napoli ec. 



21 



Bernardo di Dacia, ed ogunno volle farlo comparire sotto 
il proprio nomc qucl numcro di copic, ch’ cra di sua pro- 
prictä“. *) 



[Documento inedito] 

Capitula et societas pro Mag' 0 dominico carrafa et socijs. 2 ) 

Die XXVIII 0 mensis octobris XV' Indictionis [a. 1481] Con- 
stitutis In nostri presentia Magnifico Dominico carrafa de neapoli 
agentc etc. ex una partc, Et Johanne staingamcr de landsperg et 
bernero raptoris de marburcs theothonicis agcntibus etc. ex parte 
altera, prefate vero partes spontc asscruerunt pariter coram nobis Inter 
sc Ipsas partes certa pacta et Capitula habita Inita et firmata fuissc, 
ratione ccrte Inpressionis librorum de novo fiendorum ad stampam 

*) [Ich halte obige mit grosser Vorsicht ausgesprochene Vermutung über das Ver- 
hältnis der vier Ausgaben und den Grund ihrer Übereinstimmung für völlig zutreffend. 
Übrigens hat auch Proctor a. O. S. 450 sich dahin erklärt, dass ”There can be no 
reasonable doubt that there is only one edition of the Caterina da Siena 
printed on 28. April 1478, although the names of three different printers 
are attached to the various coples.“ Dass die Drucke auch im Satze völlig über- 
einstimmen, was bisher nur angenommen wurde, habe ich zunächst für zweie von ihnen 
festgestellt, indem ich für den Bibliographischen Apparat der Göttinger Bibliothek durch 
die Freundlichkeit des Herrn Rob. Proctor vom British Museum Photographien der 
ersten und letzten (bezw. vorletzten) Seite des Londoner Exemplares mit dem Namen des 
Conr. Bonebach besorgte und mit den Photographien des Exemplars verglich, welches den 
Namen des Wern. Raptoris trägt. Nur der Druckername ist in der Unterschrift vertauscht 
worden zugleich mit dem ihrer Thätigkeit geltenden Ausdruck: von Werner Raptoris heisst 
er nicht impressum, sondern compositum; ihn haben wir uns demnach als Herausgeber, 
nicht als Drucker zu denken [vergl. das Facsimile der Schlussseite, ausser dem mir noch eines 
der ersten Seite vorliegt]. — Ebenso stellte Herr Comm. Biagi in Florenz auf Bitte des 
Verfassers dieses Aufsatzes für den Druck b) [s. oben], von dem nach gütiger Mitteilung 
der leider inzwischen verstorbenen M 11 « Marie Pellechet ein Exemplar sich in der Bibi. 
Riccardiana befindet, eine Vergleichung dieses mit der Photographie des Neapler Exem- 
plares an. Dabei ergab sich, dass mit Ausnahme der vier letzten Zeilen der Unterschrift 
[s. vorher S. 20] die beiden verglichenen Seiten völlig übereinstimmen, sogar in kleinen 
Unvollkommenheiten des Druckes. — Eine Verteilung der gedruckten Exemplare unter 
die drei Teilnehmer der Druckgesellschaft sieht auch der im Folgenden neu mitgeteilte 
Vertrag von 1481 als möglich voraus, wo es heisst [S. 22]: . . . libri ipsi vendantur 
pro communi et indiviso, seu dividantur inter eosdem etc. Gerade das 
Letztere scheint bereits 1478, auch in Neapel und unter Beteiligung desselben Werner 
Raptoris, mit dem besprochenen Drucke der Divina doctrina der hi. Catherina von 
Siena geschehen zu sein, infolgedessen jeder der Teilhaber seinen Namen in seine Exem- 
plare setzen liess. Dieser aus dem Vertrage und dem Vergleich jener vier Drucke ge- 
wonnene Gesichtspunkt wirft wahrscheinlich auch ein Licht auf manche der nicht seltenen be- 
kannten Fälle, in welchen verschiedene Exemplare desselben Druckes Abweichungen in der 
Unterschrift aufweisen, bald den Drucker nennen, bald nicht, teils mit einem Verlegerzeichen 
versehen sind teils auch nicht. Doch kann dies hier nicht weiter verfolgt werden. K. Dz.] 

*) [Die Interpunktion und Kleinigkeiten der Orthographie sind in üblicher Weise 
modernisiert. K. Dz.] 



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22 



Giov. Bresciano 



per Ipsos Johannem et bcrnerum durantc tempore anni unius et men- 
sium sex a presenti die In antca numerandorum, Quamquidem socie- 
tatem durante dicto tempore parte \sic ! J sponte coram nobis Inierunt 
et firmaverunt sub pactis conditionibus et declarationibus supradictis 
et Infrascriptis habitis et frematis [sic!] coram nobis. Tenor vero 
dictorum est talis videlicet, In primis quod dictus dominicus dare et 
assignare debeat dictis Johanni et bernero tempore supradicto durante 
habitacionem condeccntem dicte arti, ubi ad presens Ipsi Johannes et 
bernerus habitant, et lcctum unum fulcitum ut decet et unum torcular 
In ordine et licteras cum quibus alias dictus dominicus laborari fecit 
evangelia. Et In fine dicti temporis dictum lectum torcular et lictere 
sint et esse debeant dicti dominici; Alia uero de novo emenda sint 
Inter dictas partes communia pro ratis Introscriptis. Et promiserunt 
et conveuerunt prefati Johannes et bernerus et quislibet Ipsorum In 
solidum stipulatione legitima precedente dicto dominico presenti etc. 
durante dicto tempore dictam societatem bene et diligentcr exarcerc 
[sic!\ etc. omnesque libros tarn magnos quam parvos prout eis melius 
videbitur, Inprimere scu Inprimi faccrc semcl et pluries, prout fucrit 
necessarium, super cartas assignandas per eundem dominicum eisdem 
Johanni et bernero. Item promisit dictus dominus dominicus eisdem 
Johanni et bernero presentibus etc. de suo proprio emerc omnes 
cartas ad pecuniam manualem seu ad tempus necessarias pro Inpres- 
sione dictorum librorum; et quod Johannes et bernerus Ipsi tene- 
antur etc. sibi Ipsis facere exspensas pro eorum victu, et et [sic!] ln 
fine cuiuslibet mensis ponere eidem dominico rationem de exspensis 
per eos factis et [c. 27 a ] Ipsa sic posita ratione dictus dominus domi- 
nicus promisit dare et assignare etc. dictis Johanni et benero Intcgram 
terciam partem exspensarum ut supra fiendarum In pecunia numerata, 
minime deducendam per Ipsum dominicum seu detinendam ex libris 
ut supra fiendis; De quibus exspensis et aliis Inde fiendis clare 
debeanlur scribi et annotari per dictas partes duo quaterni, videlicet 
unus per eundem dominicum et alterum [sicf\ per Ipsos Johannem et 
berncrum; dictisque operibus factis et sic de aliis Inde faciendis modo 
et forma premissis, dicti libri In toto vel Inparte vendantur, et dcducto 
capitali dictarum cartarum et exspensarum Inde fiendarum ut supra, 
libri Ipsi vendantur pro communi et Indiuiso, seu diuidantur Inter 
eosdem dominicum, Johannem et bernerum, euilibet Ipsorum pro 
tercia parte, Tali quidem declaratione quod ubi dampnum, quod absit, 
contingeret Inde venire In societate predicta absque culpa alterius 
Ipsorum, quod unusquisque Ipsorum dominici, Johannis et bernori 
\sic!\ sensiet et supportet pro Integra tercia parte. Item fuit ctiam 
convcntum coram nobis Inter partes easdem, quod ubi contingerit [«V/] 
pro aumento dicte societatis scu necessitate alios laborantes habere, 



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Di tre sconosciuti tipografi dim. in Napoli ec. 



23 



qutxl possint Ipsos reciperc ad salarium seu aliter et in exspcnsis 
Inde fiendis quislibet Ipsoruin domirii dominici Johannis et bernori 
Intcrucnirc debcat pro tercia parte. Item prefatus dominus dominicus 
promisit coqui facere omnia necessaria ad victum Ipsorum magistrorum 
tempore supradicto durante. Item fuit etiain conventum Inter easdem 
partes, quod ubi, quod absit, pestis superveniret in hac Ciuitate nea- 
polis tempore supradicto durante, quod liceat etc. dictis magistris 
habitarc in dicto loco cum dicto stileo [v.p. 14] et rebus et finirc libros 
per eos Incohatos Ipsisque finitis dividerc seu alios Incohare, prout 
Inter dictas partes fuerit concordatum. Et ubi partes Ipsc seu altera 
Ipsarum velit relinquere societatem predictam, quod liceat tempore 
pestis durante eam relinquere et postmodum revertere et sequi dictam 
societatem eamque finirc pro tempore supradicto. Item quod lictere 
sint In pondere rotulorum quatraginta (sic!\ septem cum cassecta 
assignanda [j/r!] per eosdem magistros dicto dominico In fine dicti 
temporis habita consideratione usus Inde fiendi. Et promiserunt et 
convenerunt ambe partes Ipse et quelibet Ipsarum pacta Capitula et 
conventiones predictas factas modo premisso ac omnia prcdicta et 
subdicta alia et eorum singula semper et omni futuro tempore habere 
et tenere ratas gratas et firmas ac rata grata' et firma, pro quibus Om- 
nibus et eorum singulis firmiter per ambas partes Ipsas et quamlibet 
Ipsarum ac earum et cuiuslibet Ipsarum heredes et successores acten- 
dendis etc. prout ad unam quamque Ipsarum partium [c. 27 b ] spectat 
et pertinet, Ambe partes Ipse et quelibet Ipsarum sponte obligaverunt 
se Ipsas et quamlibet Ipsarum ac earum et cuiuslibet Ipsarum heredes 
successores et bona earum et cuiuslibet Ipsarum omnia etc. una pars 
videlicet alteri et altera alteri presenti etc. Sub pena et ad penam 
unciarum auri quinquaginta, Medietate etc. Cum potestate capiendi etc. 
Constitutione precarii etc. Et Renunciauerunt etc. Et lurauerunt etc. 
presentibus Iudice paulino de golino ad contractus, Antonio de Valle, 
berardino de ciofto et magistro Corrado guidemund theothonico. 

Die IIII mensis Januarii prime Indictionis |14S2] neapoli cassata 
est Introscripta nota de voluntate Introscriptarum partium, quia voca- 
verunt se Ipsas, alia in secus bene contentas de omnibus Introscriptis 
et propterea una pars alteram et altera aliam presentes etc. quieta- 
verunt etc. Et promiserunt quietationem Ip'sam habere ratam etc. 
Et proinde obligauerunt se Ipsa ad penam unciarum viginti renuncia- 
verunt et Iuraverunt etc. presentibus Iudice paulino de golino ad con- 
tractus, dardano ricepta, francisco de gapta et francisco cortese de neapoli. 

Napoli, Biblioteca della R. Universita, agosto 1900. 

Dr. Giovanni Bresciano 

Sottobibliotecario. 



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Die literarische Produktion Deutschlands im 17. Jahr- 
hundert und die Leipziger Messkataloge. 

Bei Ausarbeitung meines Aufsatzes über die Nürnberger Moliere- 
Ucbersetzungen (diese Sammlung, Heft 10) war ich genötigt, um mir 
ein Urteil über den Umfang und die Richtung des während dreier 
Generationen bestehenden Nürnberger Verlages der Familie Tauber 
zu bilden, auf die Leipziger Messkatalogc zurückzugehen, und aus 
ihnen, soweit sie mir zugänglich waren, für einen Zeitraum von rund 
100 Jahren einen möglichst vollständigen Verlagskatalog dieser Firma 
zusammenzustellen. Erscheint nun auch in meinem früheren Aufsatz 
das Resultat jener umfangreichen Vorarbeit nur in wenigen, der 
Charakterisierung der Tauber'schen Firma dienenden Zeilen, so war 
doch die Durchsicht einer so grossen Anzahl Messkataloge, für die 
jeder Titel einzeln geprüft werden musste, mit soviel interessanten, 
sich nebenbei darbietenden Wahrnehmungen verknüpft, sei es in Bezug 
auf die einzelnen Firmen, die durch das Kcnncnlcrnen ihrer Verlags- 
artikel erst Farbe und Leben bekamen, sei es in Bezug auf die Ver- 
änderungen der Geschmacks- und Kulturentwickelung, sei es endlich 
bezüglich der Littcrärgeschichtc , dass ich es nicht unterlassen wollte 
die Durchsicht der Messkatalogc noch weiter auszudehnen, mit den 
frühesten zu beginnen, und etwa mit dem Jahre 1700 abzuschliessen, 
um damit zu einem sicheren Urteil über den Wert derselben für die 
Feststellung der litterarischen Produktion Deutschlands zu kommen. 
Denn soviel war schon nach dem Durchlescn einer verhältnismässig 
kurzen Katalogfolge deutlich, dass die allgemein geltende Annahme, 
die auf der Statistik in Sch wetschkc's Codex nundinarius (Halle 1850) 
beruht, wonach die Messkatalogc doch wenigstens in der Haupt- 
masse eine sichere Grundlage für die Berechnung der jeweiligen 
litterarischen Produktion, wie für die Firmengcschichtc des Buchhandels 
bilden, jedenfalls für das 17. Jahrhundert sich nur mit Einschränkungen 
würde halten lassen. 

Die Schwetschke’schc Statistik beruht nicht durchweg auf den 
seit der Herbstmesse 15(14 halbjährlich erscheinenden Mcsskatalogen, 
Für die Jahre 1564 — 1592 ist vielmehr die Collcctio in unum corpus 



* 



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Die litter. Produktion im 17. Jahrh. und die Leipziger Messkntalogc \J5 

(Francof. 1592) zu Grunde gelegt (vergl. Cod. nund. S. VI), welche 
der Frankfurter Buchhändler Nikolaus Basse aus den halbjährlichen 
Messkatalogcn des Augsburger Buchhändlers Georg Willer zusammen- 
gestellt hatte, indem Schwetschke die hier (im Gegensatz zu den 
Willer’schen Einzelkatalogenl alphabetisch nach den Vornamen 
der Autoren angeordneten Titel wieder in die einzelnen Jahrgänge 
aufgelöst und dann deren Werke gezählt hat. Die Frage, wie sich 
die Collcctio zu den Willer’schen Katalogen verhält, ob sie Titel aus- 
gelassen hat, oder neue hinzugefügt, ob sie bezüglich Firmenbezeichnung 
Aenderungen vorgenommen hat, ist dabei nicht gestellt worden. 1 ) 

*) Freilich sagt die Collectio in der Vorrede zum 3. Bd.: ie rtay voulu effencer 
par negligence, aussi ie Kay par outrecuidance rien adiouster ausdicts Catalogues , lesquels 
seruent de fondement au present recueil. Aber dies ist nach keiner Richtung hin wörtlich 
zu nehmen. 

Dieses im Einzelnen nachzu weisen, erfordert allerdings eine besondere Untersuchung; 
dass diese aber nicht überflüssig sein würde, mag eine Nachprüfung der beiden ersten 
Jahre 1564 und 1565 nach den Willer’schen Einzelkatalogen und der Collectio zeigen. 
Der Einzelkatalog Willers für 1564 ergiebt an aufgenommenen Drucken 250, bei denen 
er nur ganz wenige Druckstädte angiebt (Antwerpen 1, Köln 1, Tübingen 1, Venedig 3, 
Worms 1); die Collectio gab dagegen nach dem Cod. nund. 256 Drucke mit 19 Druck- 
städten (Worms ist aber nicht darunter) und 4 Verlegerfirmen, welche letztere im Einzel- 
katalog grundsätzlich ausgelassen sind. Für 1564 liegt aber nur der Michaelismesskatalog vor, 
für 1565 existieren zum erstenmal Kataloge beider Messen. Die Gesammtsunime der 
Werke für dieses Jahr erreicht nach Willer 570, nach der Collectio 550. Es wäre aber 
voreilig daraus zu schltessen, dass in der Collectio somit nur 20 Werke weniger auf- 
genommen seien; thatsächlich fehlen 40 Werke, die aber scheinbar auf 20 dadurch ver- 
mindert werden, dass 20 Werke der Collectio wiederum dem Einzelkatalog fehlen, die 
von Basse also derselben nachträglich eingefügt sind. Diese Einzelheiten ergiebt die 
folgende Zusammenstellung, bei der die Zahlen des Cod. nund. in Klammer gesetzt sind: 

Augsburg 3 (2), Basel 30 (24), Breslau 1 (dieser Druckort fehlt im Cod. nund.), 
Bautzen 2 (2), Köln 25 (23), Dillingen 9 (10), Eisleben 27 (28), Erfurt 9 (11), Frank- 
furt a/M. 52 (41), Frankfurt a/O. 9 (12), Heidelberg 11 (11), Jena 5 (6b Ingolstadt 11 (11), 
Königsberg 1 (dieser Druckort fehlt ira Cod. nund.), Laugingen 3 (4), Leipzig 23 (24i, 
Magdeburg 2 (2), Mainz 3 (2), Marburg 1 (1), Mülhausen 2 (2), München 3 (3), Neu- 
stadt a. d. Hardt, fehlt im Einzelkatalog, (2), Nürnberg 11 (11), Prag 1 (1), Regens- 
burg 2 (2), Rostock 1 (1), Schmalkalden 3 (3), Strassburg 20 (19), Tübingen 11 (10), 
Ulm 2 (2), Ursel 9 (9), Weissenfels 1 (1), Wittenberg 31 (31), Zürich 8 (7), Ant- 
werpen 48 (42), Bologna 7 (7), Brescia 1 (2), Brügge 7 (6), Delft 1 (1), Douai 3 (3), 
Ferrara 1 (2), Florenz 3 (3), Genf 6 (6), Leiden 1 (1), Löwen 9 (9), Lyon 10 1 10), 
Mailand 2 (2), Neapel 1 (dieser Druckort fehlt im Cod. nund.), Padua 5 (4), Paris 39 (37), 
Pavia 1 (2), Perugia 2 (2), Rom 8 (8), Venedig 73 (78), Verdun 1 (1) und O.O. 11 (6). — 
Hei Mülhausen hat Schwetschke angenommen, dass es sich bei den beiden Drucken, 
die die Collectio wie die Einzelkataloge übereinstimmend angeben, um Mülhausen in 
Thüringen handle. Bei dem ersten Druck: Agendb'üchlein der Kirche zu Basel und Mül- 
hausen, handelt es sich infolge der Zusammenstellung mit Basel sicherlich um einen 
Druck von Mülhausen i/E. Zweifelhafter ist es bei dem unmittelbar darauf im Mess- 
katalog folgenden Druck: Chrysostomi erklerung des Spruchs: Niemand wird verletzet 
dann durch sich selbst , Mülhausen . Dieses soll nach (Deschamps), Dictionnaire de 
geographie , der erste Druck von Mülhausen i/Th. sein, hergestellt bei Georg Hantzsch; 



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M. Spirgatis 



26 



Für die Statistik der Jahre 1593— l, r >99 sind ebenfalls keine 
Einzelkataloge dem Cod. nund. zu Grunde gelegt worden, obwohl 
mit der Michaelismcsse 1594 die Leipziger Messkataloge zu erscheinen 
beginnen, sondern ein fünfjähriges Verzeichnis, nun aus den Leip- 
ziger Katalogen, das Henning Grosse unter dem Titel Elenchus etc. 
(Lipsiae 1Ö00) 1 ) zusammengestellt hatte (vergl. Cod. nund. S. VI). 
Ob diese Grosse’schc Zusammenarbeitung, die in grosser Eile aus 
Concurrenzzwecken hergestellt wurde, sich mit den Daten der Leipziger 
Einzelkataloge deckt bezüglich der Zahl der Werke u. s. w. , wäre 
ebenfalls noch zu untersuchen. 2 ) Erst von 1600 ab haben der 
Schwctschke’schen Statistik die jeweiligen Leipziger Oster- und 
Michaelismesskatalogc 8 ) als Grundlage, und zwar als alleinige Grundlage 
gedient, während alle andern gleichzeitigen Messkataloge, so die 
Willer’schen, die bis 1627 erschienen, die katholischen (seit 1606), die 
Privatmesskataloge einzelner Firmen (auf die Frankfurter Messkataloge 
kommen wir später zu sprechen) bei Schwetschke unberücksichtigt 
geblieben sind und nicht untersucht ist, ob diese durch die Leipziger 
Kataloge so vollständig überholt seien, dass sie ganz entbehrlich ge- 
worden, oder ob sie nicht dennoch und eventuell in welchem Grade 
zu denselben Ergänzungen bieten würden, die das graphische Bild 

ist diese Angabe des Druckers richtig, so wäre der vorstehende Kintrag von 2 Drucken 
für Mülhausen aufzulösen in: Mülhausen i/E. 1 und Mühlhausen 1. 

Aus vorstehendem Nachweis für die Jahre 1564 und 1565 geht hervor, dass die 
Collectio die einzelnen Messkataloge Willers nicht unverändert in sich aufgenommen hat, 
dass sie vielmehr einerseits Zusätze gemacht, andrerseits, was schlimmer 
ist, eine nicht unbeträchtliche Anzahl wirklich seiner Zeit zur Messe ge- 
kommener Bücher ausgelassen hat. 

l ) EUnchvs seu Index Generalis In quo continentur libri ortnies, qui ultimo seculi 
1500 lustro post annum 1593 vsque ad annum 1600 in S. Komano Impcrio vicinis 
regionibus novi auctive prodierunt .... S. I, (Lipsiae) Prodit Studium sumtumque in 
Typcgraphio suo procurantc Henningo Grosio. Auf dem Titel des 2. Teiles (Deutsche 
Bücher) das Datum: Anno .11. DC, (1600). Grosse zeigte sein Werk auch in seinem 
Messkatalog LMC. 1600, MM. Bl. D4a als erschienen an, aber unter solcher Verböserung 
des Titels, dass daraus ein lOOjähriger Katalog von 1500 — 1600 wurde: Elenchus seu 
index generalis in quo continentur libri omnes ultimo seculi 1500 histor. (so für lustro!) 
usque ad annum 1600 editae (!) apud Henning . Grosz . 

Die Daten 1593 — 1600 geben den Umfang des Elenchus nicht genau an, es sind 
darin auch Werke aus 1592 (so auf Bl. y2b gleich drei hintereinander) und er geht nur 
bis zur ersten Hälfte 1599. Die Bücher des 2. Halbjahres 1599 verzeichnet« Grosse als 
Elenchi Seu Indicis Quinquennalis Contitivalio Prima , welche er zur Neujahrsmesse 1600 
herausgab Die Bezeichnung öjähriger Katalog, welche auch auf dem Titel der deutschen 
Bücher stand (EünIT Järiger [!j Verzeichnisz der Newen Bücher etc.), ist mithin ungenau. 

*) Leider sind mir die ältesten Messkataloge Grosses (1594 — 1599) unzugänglich 
geblieben. 

a ) Ich gebrauche der Gleichmässigkeit wegen im Folgenden nur die Ausdrücke 
Ostermess - und Michaelismesskatalog (OMC. und MMC.), nicht auch die damit gleich* 
bedeutenden Fastenmess- und Herbstkatalog. 



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Die litter. Produktion im 17. Jahrh, und die I.eipiiger Messkataloge 27 

der Schwankungen der litterarischen Produktion anders gestalten 
könnten, als uns bei ausschliesslicher Zugrundelegung der Leipziger 
Kataloge bisher geboten wurde. In welcher Weise Privat- und süd- 
deutsche Messkataloge sowohl zur Ergänzung als zur Richtigstellung der 
(Frankfurt-) Leipziger Kataloge dienen können, mag ein Beispiel zeigen. 

Der erste Drucker Hanau's ist Wilhelm Antonius (Guillaume 
Antoine), der, aus einer französischen Familie stammend, wahrscheinlich 
mit der Wechel’schen Druckerei, welche infolge der Bartholomäus- 
nacht (24. Aug. 1572) nach Frankfurt übergeführt wurde, dorthin ge- 
kommen war, dann einige Jahre bei Wechel und auch selbständig in 
Frankfurt druckt, um später (1593) nach Hanau überzusiedeln und 
dort eine neue Druckerei zu gründen. Er war Calvinist, wie schon 
sein Verhältnis zu Wechel annehmen lässt und wie es die Kirchen- 
eintragungen über seinen Sohn in der Reformierten Kirche zu Hanau 
bestätigen. Wurde doch Hanau wenige Jahre später (1597) der Zu- 
fluchtsort der Calvinistcn, die Frankfurt, das streng lutherisch gesinnt 
war, sämmtlich verlassen mussten und in Hanau den Stadtteil Neu- 
Hanau gründeten. 1 ) Es ist von vornherein anzunehmen, dass Antoine 
als Drucker seinen Glaubensgenossen bei Verbreitung ihrer Werke 
behilflich war. Das würde sich zweifellos ergeben, wenn daraufhin 
seine Drucke, die von 1593 bis zu seinem Tode, Anfang 1611, gehen, 
untersucht würden, die in manchen Jahren 20 und mehr Werke nach 
der Schwctschke'schen Zählung aufweisen. Ein fast vollständiges 
Verschwinden seiner Verlagswerke soll dagegen 1598 stattfinden, für 
welches Jahr Schwetschkc nur ein einziges Verlagswerk Antoine’s 
aufführt. Nehmen wir nun den Privatmesskatalog der Frankfurter 
Firma Paul Brachfeld OM. 1598 zur Hand, so finden wir auf Blatt 
El und E2 (Abteilung: Der Caluinisten Lateinische vnd 'Deutsche 
Bücher) nicht weniger als sechs Hanauer Drucke verzeichnet, die sicher 
dem calvinistischen ersten Drucker Hanau’s zugehören, wenn auch 
nur bei dem ersten derselben seine volle Firma, angegeben ist. 

Während sich also hier aus einem einzigen Halbjahrskatalog 
ein nicht unwesentlicher Zuwachs zu dem (Frankfurt-) Leipziger Katalog 
ergiebt, muss in einem andern Jahre von der Schwetschke’schen Zahl 
für diese Firma ein Abzug gemacht werden, da sich herausstellt, dass 
nicht alle in den Leipziger Katalogen unter ihrem Namen aufgeführten 
Werke von ihr gedruckt oder verlegt sein können, vielmehr dem 
Auslande angehören. Der Augsburger Messkatalog OM. 1605, Bl. 
B2a führt auf: Tuba acadcmica, mit dem Verlagsort London. 

Dieser Titel findet sich im Leipziger Messkatalog (Lamberg) OM. 1605 

*) Die vorstehenden Angaben entnehme ich Kön necke, Hessisches Buchdrucker - 
buch, S. 121 ff. In den Mitt. d, Ilanauer Vereins f. hess. Gesch., 1880 Nr. 6, S 188 bi* 
192, sind 2 latein. Briefe des Antonius zum Abdruck gebracht. 



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auf Bl. Blb, aber mit dem Drockort Hanau, Wilh. Antonius, und 
dabei gleich noch sechs andere Werke desselben Verlegers, von 
denen zwei im Augsburger Messkatalog, wo die in Frage kommenden 
Drucke übrigens nicht hintereinander stehen, fehlen. Nun ergiebt 
aber eine Prüfung dieser sieben Titel 1 ), dass keine deutschen Ver- 
lagswerke vorliegen können, sondern die Angabe des Augsburger 
Messkataloges, wonach London ihr Vcrlagsort sei, richtig ist. Die 
dort aufgeführten Schriften von Thomas Morton, der nacheinander 
Bischof von Chester, Lichficld-Coventry und von Durham war, oder 
von Robert Abbot, dem späteren Bischof von* Salisbury, die Con- 
stitutionen der Diözese Canterbury etc. sind sicher keine deutschen, 
speziell Hanauer Verlagsartikel, noch in Hanau gedruckt worden, 
sondern können Antoine nur für den Vertrieb in Deutschland über- 
geben worden sein 2 ) und die Aufnahme dieser Werke unter der 

*) Es sind folgende Drucke: 

1. Gabr. Pauli (i. e. Powel). Disputationtim tkeologicarum et scholasti carum 
de Antichristo eins Ecclesia libri duo, Jesuitarum examini humiliter submissi. Hanouiae 
apud GuiL Anfottium. in 8 °. Vergl. Augsburg. MC. 1605. OM. Bl. B2a, wo als 
Verlagsort London erscheint. 

2. Tuba Academica qua patrum antiquorum defensionum author libere atuiac- 
terque suscipit ad modestam in causa fidei in concertationem Pontificios inuitat . Hanouiae 
apud eundem. in 8°. Vergl. Augsb. MC. 1605. OM. Bl. B2a, wo als Verlagsort 
London erscheint. (Anonym erschienen, die Vorrede unterzeichnet: J. E\) 

3. Apologia Catholica; scelera , quae Jesuitae Pontificii alii proteslantibus 

impingunt, fere omnia ex ipserum pontificiorum testimoniis diluuntur. Totnus /, de noiis 
Ecclesiae , autore Thoma Mortono. Ilattou, , apud eundem , in 4°. Vergl. Augsb. 
MC. 1605. OM. Bl. B2a, wo der Titel so lautet: Apologia Catholica, ex ttteris 
Jesuitarum Contradictionibus conflata > libri duo. Author e Thoma Mortono . 4°. Lon - 

dini 1605. (Es giebt Abdrucke beider Titclfassungen; das Brit. Mus. besitzt beide.) 

4. Antichristi demonstratio contra fabulas Ponlificias 6*» ineptam Kober . 
Bellarmini de Antichristo disputaiionem , autore Roberto Abbate Oxoniensi (i. e. 
Robert Abbot), Ilanouiae apud eundem , in 4°. Dieses Werk hatte Willer nicht gekauft, 
es fehlt deshalb im Augsburger MC. 

5. Constitutiones siue Canones Ecclesiastici per Episcopum Londinensem 
(Richard Bancroft) pro Cantuariensi prouincia ex regia autoritate tractati conclusi 
inchoati Londini anno 1603 &■» a Jacobo Angliae Scotiae etc. rege approbati. Hanouiae 
apud eundem , in 4°, Vergl. Augsb. MC. 1605. OM. Bl. B2a, wo London als 
Druckort angegeben ist. 

6. Matthaei Sutliuii (i. e. Matthew Sutcliffe) de Pontificis Kom, iniustissima 
in Ecclesia dominatione , aduersus Kob . Bellarminum , libri quittque. Hanouiae apud eundem , 
in 8°. Vergl. Augsb. MC. 1605. OM. Bl. B2a, wo ebenfalls Hanau als Verlagsort 
angeführt ist. 

7. Sibrandi L u b e r t i de principiis Christianorum dogmatum libri septem, Editio 
secunda, S, /. apud eundem , in 8°. Dieser Titel fehlt im Augsb. MC. 

9 ) Bei den meisten der angeführten Werke kann der Druckort nach den Drucken 
selbst festgestellt werden; er ist, wie nach dem Augsburger Messkatalog erschlossen, 
London und nicht Hanau, wie der Leipziger Katalog und damit der Cod. nund. angiebt: 

Morton, Thom ., Apologia catholica (Brit. Mus. 848. g. 1.; Cambridge F. 3.75.) 



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Die lilter. Produktion im 17. Jahrli. und die Leipziger Messkataloge 



21 ) 

deutschen Firma Wilh. Antonius lässt sich nur aus der Gepflogenheit 
der Frankfurter Behörde erklären, denjenigen Buchhändler als Ver- 
leger eines Werkes aufzuführen, der es in natura oder in Titelkopie 
eingereicht hatte, ganz gleichgültig wer auf dem Werke selbst als 

hat das Impressum: J. Norton, London. Von den Constitutiones pro Cantuariensi 
Provincia besitzt das Brit. Museum die Ausgabe von 1605 nicht, wohl aber eine von 1584, 
gedruckt bei C. B(arker) in London, und eine andere, wahrscheinlich von 1585, gedruckt 
von A. J (eff er) in London. Gabr. Powel, Disputationum theolog. libri duo (Brit. Mus. 
698. b. 21; Cambridge D.* 16. 35. F.) hat das Impressum: Ex Typographeio 
J. Windeti, Impensis Thomae Man, Londini 1605» Math. Sulcliffe, De Pontificis 
Pont, injusiissinta in Eccles. dominatione (Brit. Mus. 4051. b. b.; Cambridge F. 2. 44') 
hat das Impressum: Georgius Bishop, RadulphusNewberieand Robertus Baker, 
Londini 1599. (F., f.) Tuba academica (fehlt im Brit. Mus.; Cambridge G. 15. 44 4 . 
sei.) hat das Impressum: Londini ex officina Simonis Stafford. Abbot, Pob. 
(Bishop of Salisbury), Antichristi demonstratio (Brit. Mus. 8(50. i. 22 (2); Cambridge 
E.* 10.46. [D]) hat das Impressum: Londini excudebat Robertus Barker 1603. 

Die beiden andern Drucke, die Antoine für diese Messe zum Vertrieb erhielt, ver- 
mag ich vorläufig nicht nachzuweisen. Jedenfalls geht aber schon hieraus hervor, dass 
Antoine nicht von einem einzelnen Londoner Verleger Kommissionsartikel erhielt, sondern 
von einer ganzen Reihe Londoner Firmen und dass damit eine ausgedehnte buchhändleruche 
Verbindung infolge einer Angabe eines süddeutschen Messkataloges erschlossen wird, die in 
dem Leipziger Katalog gänzlich verschleiert ist. Es verdient ferner Erwähnung, dass 
zwei der angeführten Autoren (Gabr. Powel und Sutcliffe) in engster Beziehung zur 
Company of Stationers of London im Jahr 1604 und 1605 stehen. Vergl. die 
Einträge in Transcript of the Stationers Pegisters, 1554 — 1640, ed. by Arber. Voh 3, 
pag. 261 und 290. 291. 

Es würde sich wohl lohnen diesen Beziehungen nachzugehen und die Drucke 
Antoines durch alle Jahre seiner Thätigkeit daraufhin durchzusehen, um damit die Ver- 
bindung zwischen Hanau und der Londoner Gilde der Company of Stationers klarzulegen, 
die bisher ganz unbekannt geblieben ist. Mit Frankfurt hatte London seit 1571 einige 
Verbindung; im Jahr 1600 erscheint Peter Kopf, der Drucker des Frankfurter Mess- 
kataloges, als Kommissionär Londoner Verleger genannt: Frankf. MC. 1600, MM. Bl 
Bla: Bellum Papale siue concordia discors Sixti Quinti er» Clementis Octaui circa Micro- 
nymianam editionem , Londini excudebat Georgius Bishop, prostat (Francof.) 
in officina Kopfii. Verfasser dieses anonym erschienenen Werkes ist Thomas James 
und das Impressum lautet vollständig: G. Bishop, R. Newberie and R. Barker (Brit. 
Mus. 1412. e. 3; Cambridge, Syn. 7. 62. 14 13 )» also dieselbe Verlegerfirma, die später (1605) 
ein Werk an Antoine zum Vertrieb gab. 

Ein Kommissionärverhältnis zwischen Antoine und London erwähnt in einem 
andern Fall auch der Leipziger Messkatalog, was der Cod. nund. trotzdem nicht er- 
sehen lässt: Aaupactiados seu Lcpantiados Jacobi Magni Britanniarum , Franciae Hiberniae 

regis metaphrasis poetica autore Thoma Morauio. Londini prost, apud Wilhelmunt Anton. 
Hanouiensem; 4 °. (LMC. (Lamberg) 1605, OM. Bl. D2a.) Der Augsb. MC. dieser 
Messe hatte auch bei diesem Werk (Bl. C3a) den Verlagsort London allein, ohne 
Erwähnung Hanaus. Im Brit. Museum fehlt dieses unter einem Pseudonym verfasste Werk 
König Jacobs I., dagegen besitzt es die Universitätsbibliothek Cambridge (Syn. 7.64.61*); 
es trägt das Impressum: Londini excudebat Johannes Norton 1604. — Die vor- 
stehenden Standnummern des Britischen Museum entnehme ich (Bullen ) , Catalogue of 
Books in the Library of the Brit . Museum printed in England, Scotland and Ireland and 
of Books in English printed abroad io the year 1640 . 3 Bde. Lond. 1884. Die Stand- 



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Verleger angegeben war. (Den Nachweis hierfür siehe S. 44.) Während 
wir also bei der Firma Antonius für 1598 gegen Schwetschke einen 
Zuwachs sich ergeben sahen, wäre für 1605 ein erheblicher Abstrich 
bei dieser Firma nötig zur Richtigstellung der Schwetschkc’schen 
Statistik. 

Weitere Ergänzungen zu dem Leipziger Katalog ergeben sich 
zahlreich. So bringt Willer’s Augsb. MC. 1605 OM. schon folgende 
bei Schwetschke in diesem Jahr fehlende Druckortc, resp. Firmen, 
die Anzahl der Drucke setze ich in Klammer: Augsburg, Präto- 
rius (1), Avignon (1), Ansbach (3), Bamberg (1), Bern (1), Braun- 
schweig (1), Bordeaux, Millanges (1), Citcaux (l) 1 ), Franeker (2), 
Graz (7, davon 5 mit Firma Georg Widmanstadius ) 2 ), Groningen (1), 
Ingolstadt, Adam Sartorius (5 ) fl ), Lüttich (1), Luxemburg (1), 
Orleans (1), Valladolid [Pintia] (1), Pont-ä-Mousson (1)*), 
Samosc (l) 5 ), Stettin (2) und Würzburg (2). 

Angesichts derartiger Lücken und Irrtümcr erscheint die Be- 
vorzugung der Leipziger Messkataloge, unter grundsätzlicher Atisser- 
achtlassung aller übrigen, sehr einseitig und lässt sich nur dadurch 



nummern der Universitätsbibliothek Cambridge sind dem soeben erschienenen 1. Band 
von ( C. F. Sayle ) t Early English printed Hooks in the University Library Cambridge, 
(1475 — 1640) Cambr, 1900, entnommen. 

*) Bl. A3b: Breviarium Sacri ordinis Cisterciensis a tnendis repurgatum . 1(7', 
Cistercij. 1605. Einer der ältesten Drucke von Citeaux, wenn nicht der älteste. (Deschamps), 
Dictionnaire de geographie ancienne et moderne führt allerdings Sp. 1427 einen Druck 
von 1602 auf, es ist aber wenig glaublich, dass eine neue Klosterdruckerei mit einer 
weltlichen, im Patois Bourguignon abgefassten Schrift ihre Thätigkeit begonnen 
habe. Deschamps hält übrigens den aus Citeaux von 1602 datierten Druck für einen in 
Sens hergestellten. 

* i ) Dieser Druckort findet sich ebenfalls im LMC. 1605, OM. auf Bl. A4a; 
trotzdem hat ihn Schwetschke nicht aufgeführt. Es ist eine der wenigen Doppelaufnahmen 
des Augsb, MC.: Thomas a Kempis , de imitatione, Graecii, typis Georgii Widmannstadii 
(Bl. A2b und Bl. A4b), den Lamberg A4a aufführt mit: Graecii proslat (August.) apud 
Georg. Willerum , Auch unter Augsburg bei Willer findet sich der Grazer Druck von 
Schwetschke nicht erwähnt. 

8 ) Dieser Drucker findet sich auch im Leipziger Messkatalog dieses Jahres (Lam- 
berg 1605, OM. auf Bl. C3a (Theophylactus), und obwohl Schwetschke nach dem Leip- 
ziger Katalog gearbeitet, fehlt der Name dennoch in seiner Statistik. 

Vergl. im Cod. nund. unter Coeln , llierat, bei welchem Verleger Schwetschke 
einen in Pont-a-Mousson hergestcliten Druck gezählt hat. 

6 ) Bl. B2b: Juris Prouincialis , quod speculttm Saxonum vulgo nuncupatur , 
Jibri tres , Prius sub I). Sigismundi /. editi, nunc vero denuo mandante Sereniss, Sigis - 
mundo //. Poloniae Rege Herum recusi, in folio. Samosci. (1602,) Dieser Druck 
der erst 1588 von Stephan Batory gegründeten Stadt Samosc, gehört deren erstem 
Drucker Martin Lenski zu, der bis 1617 der einzige Drucker in Samosc war. (Vergl. 
Deschamps, a. a. O.) 



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Die litter. Produktion im 17. Jahrh. und die Leipziger Messkataloge 31 

erklären, dass Schwetschke a priori annahm, dass die Leipziger Mess- 
kataloge von Beginn an — bis auf zu vernachlässigende Ungenauig- 
keiten — • die vollständige Liste aller in Deutschland erschienenen 
Neuigkeiten geben. Nichts ist jedoch irrtümlicher. Unbewusst wirkt 
dabei die Kenntnis der relativen Vollständigkeit, welche heute in der 
Katalogisierung der deutschen Bücherproduktion erreicht ist, auf die 
Beurteilung früherer Zustände zurück, und lässt nur zu leicht die Vor- 
stellung erstehen, als ob die LCC. der Oster- und Michaelismessen 
annähernd ebenso einwandfreies Material von jeher böten, wie heute 
die Hinrichs’schen halbjährlichen Verzeichnisse der deutschen Publi- 
kationen. Dazu tritt, dass die Verarbeitung des an und für sich 
schon mangelhaften Materials durch Schw'. derart ungenau ist, dass 
die Angaben im Codex nundinarius ohne Nachprüfung kaum verwertet 
werden sollten. Zarncke urteilte schon, trotzdem er den Codex 
seiner graphischen Darstellung in Kapps Geschichte des deutschen 
Buchhandels zu Grunde legte, (pag. 780): Der Codex ist wirklich oft 
recht flüchtig gearbeitet und ungenau korrigiert , und meint deshalb — 
für einen Statistiker recht resigniert — : Die Ziffern müssen einiger- 
massen in Bausch und Bogen verstanden werden, wenn er auch hin- 
zufügt, da aber ziemlich (!) die gleichen Störungen Jahr für Jahr ein- 
getreten sein werden, so wird das relative Verhältnis im Auf- und 
Absteigen der Ziffern doch ein leidlich (!) richtiges Bild geben. Im 
Einzelnen wird diese Wahrnehmung nicht belegt, cs scheint indessen, 
dass Zarncke zu diesem abfälligen Urteil allein durch die Beobachtung 
geführt wurde, dass bei verschiedenen Jahren die von Schw. heraus- 
gercchnete Gesammtproduktion ziftermässig nicht übereinstimmt mit 
der Summe der von ihm aufgeführten Einzelproduktionen der Firmen. 
Aber die Ungenauigkeiten Schw. ’s sind doch schwerere. Schon seine 
bibliographischen Beschreibungen der Messkataloge machen einen 
ungünstigen Eindruck hinsichtlich der Akribie seiner Arbeitsweise. 
Sogar bei den Titeln der beiden ersten Messkatalogc, die er in 
Facsimile dem Cod. nund. beigegeben hat, hat er cs nicht erreicht, 
ihre textliche Wiedergabe gänzlich fehlerlos in Typendruck zu ge- 
stalten. So finden sich denn schon bei teilweiser Nachprüfung seiner 
bibliograplüschen Beschreibungen, neben genauen Angaben, ganz 
offenkundige und wesentliche Versehen. Eine der schlimmsten ist 
die Wiedergabe des Titels und der Vorrede zum Grosse’schen Mess- 
katalog, Neujahr 1(500 (Cod. nund. S. XXVI und XXVII). Bei ihr 
ist nicht allein eine volle Zeile des Titels ausgelassen 1 ), sondern auch 
die Angabe, dass die Rückseite des Titels bedruckt sei, ist irr- 



ln der fünfzehnten Zeile zwischen G rosen und ßuebläden sind die zwei Halb- 
zeilen einzuschalten: vnd seines Solt-nes Friderici G rosen. 






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tümlich 1 ), da sie thatsächlich leer ist; dann bietet die Wiedergabe der 
Vorrede eine ganze Reihe Falschlesungen 2 ), und endlich ist in der Inhalts- 
angabe die Abteilung: Artzney und Alehimisterey '■'•) ganz übersprungen. 
In ähnlicher Weise sind Schw. ’s Angaben ungenau bei dem Grosse’schen 
Messkatalog Ostern 1600, beim Lamberg’schen Messkatalog 1009, 
Ostern, u. a. m. Schwerer aber als solche bibliographische Un- 
genauigkeiten wiegen andere Versehen: Wir sind niemals sicher, dass 
Schw. bei einer Jahresbearbeitung wirklich alle P'irmen, Druckorte 
und die volle Anzahl der den einzelnen Firmen gehörigen Drucke 
in korrekter Weise aus den ihm vorliegenden beiden Halbjahrsmess- 
katalogen ausgezogen hat. Zahlreiche Wahrnehmungen des Gegenteils 
lassen das Gefühl der Unsicherheit auch in Bezug auf die übrigen 
Jahrgänge entstehen. So fehlt beim Jahr 1605 der Verlagsort Ans- 
bach, mit dem Buchhändler Paul Beitem, obwohl der von Schw. be- 
nutzte Leipziger Messkatalog (Lamberg) OM. Bl. Elb. den Ort sowie 
den Verleger mit zwei Drucken aufführt. Diese beiden Drucke sind 
deutsche Predigten des Johann Meelführer, Pfarrers des Stiftes zu 
St. Gumprccht in Onoltzbach (Ansbach), und sind die ersten Drucke 
dieses Ortes. Bei Schw. erscheint Ansbach zuerst mit dem Jahr 1606 
und zwar mit einem lateinischen Druck. 4 ) Ebenso hat der LMC. 1600 
OM. (Grosse) auf Bl. C2a einen Druck von Joh. Sauer in Frank- 
furt a. M. •’) Bei Schw. erscheint aber diese Firma im Jahre 1600 
überhaupt nicht. Aus dem gleichen Katalog führt Schw. für Lüttich, 
flcnr. Hoi’ius, einen Druck an, im Katalog sind aber thatsächlich 
zwei dieser Firma enthalten. 1 ') 

Für die Michaelismesse desselben Jahres (LMC. 1600, MM. 
Bl. F3b = FMC. 1600, MM. BI. E2a) werden ferner zwei deutsche 



*) Die Vorrede beginnt nicht auf der Rückseite des Titels, sondern auf der Vorder- 
seite des zweiten Blattes. 

a ) 1. Z .: DEm (Schw. Dem)-, 3. Z.: Vratislaviensi (Schw. Vratislawicnsi)-, 
9. Z,: vnnd (Schw. -and) ; Kt. Z.: dz (Schw. da) ; 18. Z.: Wercke (Schw. Werke)-, 
19. Z.: vnlangst (Schw. vnliingst)-, 21. Z.: thete (Schw. thethe)-, 22 Z.: vermercken 
(Schw. vermerken)-, 27. Z.: Jahrstage (Schw. Jahrestage). 

*) Bl. C4a ganz unten (weshalb es von Schw. übersehen wurde): Capvt XI. 
Darin begriffen die Autores so von der Arlsney vnd Alehimisterey geschrieben. 

*) Auf diese Drucke wurde schon S. 30 hingewiesen, da der Augsburger Mess- 
katalog OM. 1605, Bl. D2a u. b. drei deutsche Predigten Meelführers aufführt, mithin 
zum Leipziger Messkatalog wiederum eine Ergänzung bot. 

b ) Barthol. Külich, Christlicher Gegenbericht von dem Bäpstischen Komischen Jubel 
Jahr vnnd Ablas , so auff dis 1600. Jahr nach Christi Geburt ausgeschrieben worden . 
Kranckfort durch Johann Saurn in 4°, (Ingolstadt) bey Elia Willern. Joh. Sauer ist 
auch der Drucker des Frankfurter Messkatalogs von 1599 — 1608. 

6 ) Nämlich Bl. Dlb: Colloquia sine dielionarium 7 linguarum. Leodii in 16°, 
apud Ilenricum Houium, und Bl. D2a. : Elegantiae Aldi Manutii gallicae factae a Jac. 
Gualtherio, S, J. Leodii apud Ilenricum Houium. 12°. 



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Die litter, Produktion im 17. Jahrh. und die Leipziger Messkataloge 33 

Werke aufgeführt: gedruckt im Kloster Bruck , prostat apud Albumin ; 
bei Schw. fehlt sowohl diese Klosterdruckerci, als auch ihre Er- 
wähnung unter der Firma Albinus-Mainz, da er für diese Firma im 
Jahre 1600 nur vier lateinische Drucke zählt, ln der gleichen 
Messe giebt der Frankfurter Katalog (und gleichlautend der Leipziger) 
eine Anzahl Drucke italienischer Städte, welche der Firma Meiett in 
Venedig entweder überhaupt in Kommission gegeben waren, oder 
welche diese auf eigne Rechnung in Deutschland durch die Frank- 
furter Messe vertreiben wollte. Es sind Drucke aus Urbino, Trient, 
Messina, Verona, Vicenza und Treviso, und obwohl die beiden 
Kataloge diese Druckorte gleichmässig erwähnen, fehlen sie doch im 
Cod. nund., wo Schw. sie vermutlich als Venediger bei Meiett gezählt 
haben wird. Im gleichen Jahr führt der LMC. MM. Bl. F2b. 
(= FMC. 1600, MM. Bl. D4a) fünf Drucke des Leipziger Verlegers 
Georg Neuter auf (Frankfurt giebt den Namen Georg Nentcr). 
Im Cod. nund. fehlt die Firma gänzlich. Zur selben Messe gab 
Frankfurt (Bl. D2a) einen Druck ( Orlando di Lasso, Prophetiae 
Siby/lar.) Monachie apud Nicol. Henriatm, (August.) Georg. Willer, der 
Leipz. Kat. (Bl. E3a) liess die Münchener Firma fallen und gab nur: 
Apud Georg Willer. Damit ist von Schw. ein sicherer Druck des 
Münchener Nicol. Heinrich unter Augsburg im Cod. nund. registriert. 
Ebenso führt FMC. 1600 MM. Bl. E4b = LMC. 1600 MM. Bl. G3a 

auf: Trachten oder Stambuch Gedruckt au S. Gallen durch 

Georg Straub. Prostat (Francof.) in officina Spiessii; Schw. zählt im 
Cod. nund.: St. Gallen: 1 (gedruckt bei Georg Straub in Constanz, 
in Kommission bei Joh. Spiess). Eine Firma Georg Straub in Con- 
stanz giebt es nicht, wohl aber eine solche Leonh. Straub. Hier 
handelt es sich aber ganz deutlich um einen Georg Straub in 
St. Gallen, wo der Druck zu zählen war. 

Im Jahr 1631 soll nach Schw. Peter Hendel aus Königsberg 
acht Bücher zur Messe gebracht haben, nach LMC. 1631 MM. 
Bl. F2c — F3b sind es jedoch neun. Im Jahr 16S1 führt der LMC. 
MM. Bl. E4a drei Drucke des Joh. Phil. Thilo aus Eisenach auf, 
bei Schw. fehlt der Name vollständig. In dem gleichen Jahre giebt 
der OMC. für Joh. Baptist Mayr zwei in Laibach gedruckte Werke 
V B1. B3b und D4b). Schwetschke zählt unter Salzburg nur einen 
Laibacher Druck. Weitere Auslassungen Schw.’s werden sich im Laufe 
dieser Untersuchung ergeben. 

Ein anderer Übelstand für die Prüfung der Schwetschke'schen 
Zählung ist das Unterlassen der Festlegung seiner Prinzipien, denen 
er in Zweifelfällen, welche die MCC. zahlreich darbieten, gefolgt ist. 

Ebenso zählt Schw. 1673 nur ein für Joh. Georg Cotta in Esslingen gedrucktes 
Werk, der LMC. 1673, OM. giebt aber auf Bl. B4a zwei dieser Werke. 

Samml. bibl. Arb. XIV. 3 



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